TORONTO OF UNIVERSITY Suede 1127142 i . Nee * ˖— e ee Ade. ca: 2 1 Ne: 79 75 ——+ n e. ed. r RN Te 4414 „ cles: en FERIREST? AN, reine Be are re er 27 284 Ars reg Se e „e 7 71 5 1 Le era “I. nt win ie, a rene n . 2 ü ee un regt nn ee 2 er rast ert, “ 77777172 N ur“ D l ee NIT EE IST AR TER vr... 8 2 75 ti 9 ia, 744 1 au n an, 1194 aan ” nina 8 e eee te, 17 eee 484.7 1777⁰—ͥ. 471 11 m. Vol ade 42 7 1“ r 1 4 % . e nne ken 745517 „. e eee n r 14 wein lan Medina „3 EL ER eee lee — sure? 2512775 — Ser“? 1 12 7 77 eee eee eee 12 1 2 ip 5 vn. eee: b a ir 1 9 3 479 779 — 55 E An ue DSH . Er 97 — ** . 26277 2 Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Toronto http://www.archive.org/details/allgemeineencykl0O3domb ir 1 1 N | 8 7 ur 8 f Br re n u Pr * j — 1 5 * F 935 1 1 * * N Allgemeine Encyklopädie der geſammten Jorſt⸗ und Jago wiſſenſchaften. Dritter Band. . Huruklupädie 1 der geſammten 8 I: x) 8 85 u) . ee / Unter Mitwirkung der bedeutendſten Fachautoritäten herausgegeben 1 N. von Naoul Bitter von Dombrowski Donat I. Claſſe des hohen ſouveränen Malteſerordens mit der Diftinetion für Jeruſalem, Ritter I. Cl. des königl. ſächf. Ordens Albrecht des Beherzten, Officier des königl. ſerbiſchen Takowa-Ordens, Beſitzer des Marienkreuzes des hohen deutſchen Ritterordens, Beſitzer der königl. württemberg'ſchen goldenen Medaille für Kunſt und Wiſſenſchaft, der k. k. Kriegsmedaille und der päpftlichen Kriegs⸗Erinnerungsmedaille Pius IX. 2c. ꝛc., em. Mitglied des Landes-Culturrathes f. d. Königreich Böhmen, der k. k. Central⸗Commiſſion für Kunſt⸗ und hiſtoriſche Denkmale, Ehrenbürger mehr. Gem., Mitglied zahlreicher wiſſenſchaftl. und hum. Vereine ꝛc. 2c., Verfaſſer der nationalökonomiſchen Eſſays „Urproduction And Induſtrie“, der jagdzoologiſchen Monographien: „Das Edelwild“, „Das Reh“, „Der Fuchs“, „Der Wildpark“, „Die Geweihbildung der europäiſchen Hirſcharten“, des „Lehr— und Handbuchs für Berufsjäger“ ꝛc. ꝛc. Dobnenfang — Flügge. Mit 4 Doppeltafeln, 16 einfachen Tafeln und 108 Figuren im Texte. LIBRARY FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO EARTH SCIENCES “ LIBRARY Wien und Weip zig. Verlag von Moritz Perles. 1888 * u * rl * aux r 2 ä * m A. N . * 2 A ? > . N * “ Va * v 7 \ * 4 =>, 9 7 4 N 1 Wi * 4 iR 3 I Ke ens | ; i Alle Rechte A hi 8 * 1 3 = * 3 Er ach 2 PLN) 1 . ee RE 76 Y 0 * gan 1 l =! i Das von Johann A. Bernap in Bier. 1 Bi Verzeichnis der Autoren und der ihren Artikeln beigeſetzten Namenskürzungen. Dr. Joſeph Albert, em. Director und Profeſſor der böhmiſchen e Weißwaſſer in München. — At. Dr. Günther Beck, Vorſtand des k. k. botaniſchen Hofeabinets und Docent an der Univerſität in Wien. — Bk. Dr. DB. Benecke, Profeſſor an der Univerſität in Königsberg i. Pr. — Bcke. Dr. Rudolf Blaſtus, Präſident des perma— nenten internationalen ornithologiſchen Co— mite, Docent der Hygienie an der herzog— lichen techniſchen Hochſchule und Redacteur der 1 „Ornis“ in Braunſchweig. Dr. Wilhelm Blaſtus, Profeſſor der Zoologie, Vorſtand des herzoglichen naturhiſtoriſchen Muſeums in Braunſchweig. — W. Bl E. v. d. Bofh in Berlin. — v. d. B. Dr. A. von Brandt, Profeſſor der Zootomie an der Univerſität in Charkow. — v. Bdt. Ludwig Dimitz, k. k. Oberforſtmeiſter und Vicepräſident des oberöſterreichiſchen Schutz— Bene für Jagd und Fiſcherei in Linz. Ernſt Ritter v. Dombrowski in Wien. — E. v. D. Aaoul Nitter v. Dombrowski in Wien. — R. v. D. Julius von Egerväry, Secretär des ungariſchen Landes⸗Jagdſchutz-Vereines und Redacteur der Beil „Vadäszlap“ in Budapeſt. Dr. Wilhelm Franz Exner, k. k. Hofrath, Director des technologiſchen Gewerbe— muſeums und Profeſſor an der k. k. Hoch— ſchule für Bodencultur in Wien. — Er. G. A. Förfter, k. k. Forſtmeiſter in Gmun— den. — Fr. Dr. Hans Gadow, Srickland⸗Curator, Docent für Morphologie der Wirbelthiere an der Univerſität zu Cambridge. — Gw. Dr. Carl Theodor Ritter von Gohren, Director und Profeſſor des k. k. landwirtſchaftlichen Inſtitutes in Mödling bei Wien. — v. Gn. Dr. Touis Großmann, an der Seewarte zu Hamburg. — Gßn. Zulius Theodor Erunert, kgl. preuß. Ober⸗ forſtmeiſter a. D., em. Director und Pro— feſſor der kgl. preuß. Forſtakademie Neu— ſtadt⸗Eberswalde, Redacteur der Zeitſchrift „Forſtliche Blätter“ in Trier. — Gt. Adolf Ritter von Guttenberg, k. k. Forſt⸗ rath, Profeſſor an der k. k. Hochſchule für Bodencultur in Wien und Redacteur der öſterreichiſchen Vierteljahresſchrift für das geſammte Forſtweſen. — v. Gg. Dr. Robert Hartig, Profeſſor an der kgl. Univerſität in München. — Hg. Dr. Fr. Heincke, Profeſſor in Oldenburg i. Gr. — He. Guſtav Henſchel, k. k. Forſtmeiſter und Pro⸗ feſſor an der k. k. Hochſchule für Boden— cultur in Wien. — Hſchl. Eugen Ferdinand von Homeyer, Mitglied des permanenten internationalen ornitho- logiſchen Comité, auf Stolp in Pommern. — E. F. v. Hmr. C. A. Sofeph, großherzoglicher Forſtinſpector in Eberſtadt bei Darmſtadt. — Iph. Dr. Fr. von Zudeich, kgl. ſächſ. geheimer Ober— forſtrath, Director und Profeſſor an der kgl. ſächſiſchen Forſtakademie zu Tha— randt. — v. Ich. Hans Freiherr Jüptner von Jonſtorff in Neu— berg, Ingenieur und Correſpondent der k. k. geologiſchen Reichsanſtalt. — v. Ir. Heinrich Kadich Edler von Pferd, k. k. Ge neralmajor a. D. in Wien. — v. Ka. J. C. Keller, Redacteur der Zeitſchrift „Weid mannsheil“ in Kötſchach in Kärnthen. — Klr. Dr. Friedrich K. Knauer in Wien, Redacteur der Zeitſchrift „Der Naturhiſtoriker“. Kur. Alois Koch, Veterinärarzt in Wien. — Kch Ferdinand Langenbacher, Profeſſor an der mähriſch-ſchleſiſchen Forſtlehranſtalt in Eu lenberg. — Lr. 1 Dr. Joh. Latſchenberger, Leiter des chemiſch phyſiol. Laboratoriums am k. k Thier arznei-Inſtitute in Wien. Lbr. r. Guftav Marchet, Profeſſor an der k. k. Hochſchule für Bodencultur in Wien. — Macht. Leopold Martin, Conſervator in Stutt⸗ gart. — L. Mn. Saul Martin, Profeſſor an der Thierarznei⸗ ſchule in Zürich. — P. Mn. Michael von Menzbier, Profeſſor der Zoologie an der Univerſität zu Moskau. — v. Mzr. Dr. A. Metzger, Profeſſor an der kgl. Forſt⸗ akademie Hann.-Münden. — Mgr. Dr. Max Neumeiſter, Profeſſor an der kgl. ſächſ. Forſtakademie Tharandt. — Nr. Oskar von Nolte, kgl. Oberſtlieutenant a. D. in Bensheim, Großherzogthum Heſſen. — v. Ne. Dr. Paul Vancritius in Königsberg. Carl Pieper, Ingenieur in Berlin. — Pr. C. G. C. Quenſell, kgl. * in Bla⸗ ſewitz bei Dresden. — Qul. r. Quiſtorp in Greifswald. — Qup. r. Guſtav von Hadde, kaiſ. ruſſ. wirkl. Staats⸗ rath, Director des kaukaſiſchen Muſeums und der öffentlichen Bibliothek in Tiflis, Mitglied des permanenten internationalen ornithologiſchen Comité. — v. Rde. 9 Dr. Emil Aamann, Profeſſor an der kgl. preuß Forſtakademie Neuſtadt-Eberswalde. — Rn. Oskar von Rieſenthal, Oberförſter des kgl. preuß. Ackerbauminiſteriums und Redacteur des „Allgemeinen Holzverkaufs-Anzeigers“ in Charlottenburg. — v. Kl. Dr. Carl Ruſs, Redacteur der Zeitſchriften „Die gefiederte Welt“ und „Iſis“ in Berlin. A. von Schmiedeberg, Redacteur der „Neuen deutſchen Jagdzeitung“ in Berlin. — v. Schg. Dr. Adam Schwappach, Profeſſor an der kgl. preuß. Forſtakademie Neuſtadt-Eberswalde. — Schw. Ewald Thiel, kgl. Artillerie- Major a. D. in Karlsruhe. — Th. Victor Bitter von Tſchuſt zu Schmidhoffen, Mitglied des permanenten internationalen ornithologiſchen Comité. Villa Tännenhof bei Hallein in Salzburg. — v. Tſch. r. Martin Wilckens, Profeſſor an der k. k. Hochſchule für Bodencultur in Wien. — Ws. Dr. Moritz Willkomm, kaiſ. ruſſ. Staatsrath, Director des botaniſchen Gartens und Prof. an der Univerſität in Prag. — Wm. Die Illuſtrationen werden hergeſtellt durch die Herren: H. Braune in Königsberg, Raoul Aitter von Dombrowski in Wien, G. A. Förfter in Gmunden, Nobert Hartig in München, Guſtav Henſchel in Wien, Ferdinand Tangenbacher in Eulenberg, X. G. Mützel in Berlin, H. Sperling in Berlin, in Wien u. v. a. Martin in Stuttgart, Friedrich Specht in Stuttgart, M. Streicher Die Reproduction erfolgt in Lithographie und Chromolithographie durch Th. Vannwarth in Wien, in Holzſchnitt durch V. Eder in Wien und Fr. Vieweg & Sohn in en in Zinkographie durch Angerer & Göſchl in Wien. P Eichenblüthengallen Perzeichnis der Alluſtrationen des III. Bandes. Doppeltafeln: 1. Eichengallen, v. Prof. G. Henſchel und M. Baron Schlereth in Wien, z. Artikel und Eichen⸗ knoſpengallen. 3. 2. 1 3. | Anatomie der Feder, v. Prof. Dr. Hans Gadow in Cambridge, z. Artikel Feder. und 4. Anatomie der Fiſche, v. H. Braune in Königsberg, z. Artikel Fiſche— Einfache Tafeln: Darſtellung der verſchiedenen Doh- nenarten, v. C. G. L. Quenſell, z. Artikel Dohnenfang. Abbildung verſchiedener Drehwerk— zeuge, v. E. Weſſely, z. Artikel Dreh- werkzeuge. Verſchluſs des Drillings von Sauer & Sohn in Suhl, z. Artikel Drilling. 4—9. Zum Artikel Edelhirſch, u. zw. T. I- IV Geweihbildung des Edel— hirſches, v. Raoul Ritter von Dombrowski; V. Schädelbildung des Edelhirſches, v. M. Baron Schlereth; VI. Plan eines eingeſtellten Jagens, v. Ernſt Ritter von Dombrowski. 10. 13. 14. 15. 16. — 12. Zum Artikel Elch, u. zw. T. I u. II Geweih-, T. III Schädelbildung des Elchs, erſtere v. Raoul Ritter von Dombrowskt, letztere v. M. Baron Schlereth. Graphiſche Darſtellungen zurthieri— ſchen Elektrieität. Roth buche, Fagus sylvatica, v. M. Strei cher in Wien, z. Artikel Fagus. Verſchiedene Arten von Kaſtenfal— len, v. Ernſt Ritter von Dombrowski, 3 Artikel Faſan. Schädelbildung des Feld- und Alpen haſen, v. M. Baron Schlereth in Wien, z. Artikel Feldhaſe. Textilluſtrationen: . Doppelhade. . Seiltrommel. und 247. Details der Bremsvorrich— tung bei Drahtſeilrieſen. Graphiſche Darſtellung des Drall- winkels bei gezogenen Gewehrläufen. Holzdrehbank. . Univerjal - Frais>, Windeapparat. und 232. Details der einfachen Dreh— ſcheiben. 3. Drilling, von P. Oberhammer in München. . Gewölbedohle bei Straßendurchläſſen. Apparat Field force gauge. 6. Trittſcala des Edelwildes. Cannelier- und Fig. 257. Edelhirſchlauf, von unten geſehen. 258. Das Schränken und der Kreuztritt des Edelhirſches. . Heupuppe zur Edelwildfütterung. Grundriſs Edelwild. 262. Mikroſkopiſche Anſicht kaffeepulver. 263. Steckbrett zur Eichelſaat. 264. Stangenzaun. 265. Flechtzaun. 266. Eisbrecher. 2 2 2 eines Fangkaſtens für von Eichel * — 7. Steinſchraube. . Doppelt T-förmiger Träger. . Blechträger. D 85 A Fig. 270 und 271. Schmalblätterige und Ameri- Fig. kaniſche Olweide, Elaeagnus angusti- folia und argentea. „ 272. Graphiſche Darſtellung zur Elektri⸗ " cität der Luft. . „ 273 und 274. Schuppenloſe Ellritze, Phoxinellus alepidotus. n „ 273. Krähnenbeere, Empetrum nigrum. „ 2276. Draufſicht eines großen Entenfanges. " „ 277-302. Graphiſche Darſtellungen zur Entwicklungsgeſchichte der Wirbel— " thiere. „ 303. Ertragstafel für die Rothbuche von 5“ Baur. 5 „ 304. Tauſendguldenkraut, Erythraea cen- taureum. 2 305—307. Gemeiner, breitblätteriger und warziger Spindelbaum, Evonymus europaeus, latifolius und verrucosus. „ 308. Schematiſche Darſtellung der ver— ſchiedenen Fadenkreuzformen. 5 „ 309. Querſchnitt eines Kaſtenfangdammes. 5 310 und 311. Graphiſche Darſtellung eines Fallenſteiges und eines Fajanen- treibens. 312. Horde zum Haſenfange. 313-322. Graphiſche Darſtellungen zum Verſtändnis des Fernrohres. 323. Fraßſtücke von Cecidomyia piceae und abietiperda. 324. Schematiſche Darſtellung einer auf den Horizont reducierten Terrainfigur. 325 und 326. Abbildung der Legebüchſe für Fiſchotter. 327. Teller- oder Tritteiſen zum Otterfange. 328 und 329. Fang des Fiſchotters im Stangeneiſen. 330. Otterfalle nach Döbel. 331—339. Darſtellungen von Brut- und ſonſtigen Apparaten zur künſtlichen Fiſchzucht. 340—349. Graphiſche Darſtellungen zur Flächenberechnung. 350. Gewehr- und Munitionsſyſtem Flobert 351. Details des Floßbaues. Druckkehler und Berichtigungen. II. Band. Auf Tafel „Brutängge“, al. 4 „ſoll es ſtatt „ſatzförmigen“ richtig heißen „blattförmigen“. Auf Tafel „Cerambycidae“, a 15 15 v. o., ſtatt „Lispus“ richtig e Auf Tafel „Coraebus“ ſtatt „©: A. Anderle und G. Henſchel“ richtig „G. Henſchel del.“. Auf Tafel „Cossidae“ ſtatt „G. L . Anderle und G. Henſchel“ richtig „G. L. Anderle del.“. Auf pag. 587 b ſetze nach al. 4 v. o.: „Dienſtpragmatik, |. Dienftordnung. At.“ Auf pag. 394 b, al. 13 v. o. ſoll es ſtatt: „verſteht man zumeiſt. ..“ richtig lauten: „verſteht man zunächſt. ..“ Auf pag. 394 b, al. 30 v. u. ſoll es ſtatt: „ſtarke Weibchen“ richtig lauten: „ſterile Weibchen“. Auf pag. 621 b, al. 7 v. o. ſoll es ſtatt: „articolatio“ richtig lauten: „articulatio“. Auf pag. 621 b, al. 9 v. o. ſoll es ſtatt: „obligua“ richtig lauten: „obliqua“. III. Band. Auf pag. 38, Tabelle, ſoll es in der letzten Zeile der erſten Rubrik ſtatt & richtig 2 heißen. Auf pag. 324, Sp. a, al. 11 v. o. lies: „Walderzeugniſſe“ ſtatt: Waldeszeugniſſe. Auf pag. 344, Sp. a, al. 4 v. o. lies: „Ganerbſchaften“ ſtatt: Gauerbſchaften. Auf pag. 357, Sp. a, al. 14 v. u. lies: „P. Mn“ ſtatt: Pets. „* 72 | | D. Dohnenfang. (Hiezu eine Tafel.) Unter Dohnenfang verſteht man im allgemeinen die Art und Weiſe, in verſchiedenartig herge— richteten ſog. Dohnen aus paſſend gebogenen, theilweiſe wiedenartig gedrehten oder auch ver— flochtenen Schöſslingen oder Baumzweigen in Dreiecks- oder Eiform, welche mit Schlingen von Pferdehaar, ſeltener gewichstem ſtarken Zwirne verſehen ſind, Federwild zu fangen. Im weiteren Sinne des Wortes rechnet man dahin auch noch andere, aus Holzſtäbchen und ebenſo wie die beſchriebenen gefertigten Schlingen hergeſtellte Vorrichtungen zu gleichem Zwecke. Es werden hienach unterſchieden: 1. Hängedohnen. a) Für Laubholzwald; b) für Nadelholzwald. 2. Steckdohnen. Beide Arten ſind vorzugsweiſe für den Fang von Droſſelarten (Krammetsvögeln) beſtimmt, obgleich ſich vielfach allerdings auch andere Singvögel darin fangen, welche ihrer Nützlich— keit halber lieber gejchont werden ſollten, jo Rothkehlchen, Meiſen, Gimpel u. ſ. w., zuweilen indeſſen werden auch wohl Heher (Garrulus glandarius) und der große graue Würger (Lanius excubitor), welche als ſchädlich ſonſt nicht er ſchonen ſind, gefangen. 3. Laufdohnen zum Krammetsvogel- und Schnepfenfang. 4. Falldohnen oder Spriegeldohnen, auch Schnelldohnen und Schleifenſpriegel Bm, on Schnepfenfang. Schleifen, Schlingen, oder Schnüre. a) Trittſchleifen oder Trittſchnüre; b) Halsſchleifen oder Halsſchnüre, nament— lich für Rebhühner, Wachteln ze. Alle hier genannten Vorrichtungen dieſer Art ſind beim Fange der betreffenden Wildarten ſpeciell angegeben, und ihren Gebrauch erläutert das Nachſtehende. 1. Hängedohnen, auch wohl einfach Sprenkel genannt, finden ihre Anwendung faſt ausſchließlich beim Fange der Droſſeln, die mit dem allgemeinen Ausdrucke „Krammets— vögel“ bezeichnet werden und mit Ausnahme der Amſel ober Schwarzdroſſel (Merula vulgaris) Zug⸗ und Strichvögel find. Sie werden aus Vogelbeer- oder Eber— eſchenſchöſslingen, Fichtenzweigen, jungen, lange unterdrückt geweſenen Kiefern, Wachholder, ſelbſt aus Weiden, Birken, aus Schießbeeren Schnuren Dombrowski. Encyklopädie d. Forſt⸗ und Jagdwiſſenſch. III. Bd. 1 oder Faulbaum angefertigt. Die Wachholder⸗ holzdohnen ſind wohl die beſten, weil ſie unter Umſtänden acht bis zehn Jahre aus⸗ dauern, ohne erſetzt werden zu müſſen. Die gebräuchlichen Schlingen oder Schleifen in den Dohnen macht man aus Pferdehaaren; wenn es zu haben iſt, ſo verwendet man gern weißes, weil dieſes am wenigſten auffällt. Die Dohnen werden an oder in eigens dazu angelegten Wegen oder Schneiſen, welche man Dohnenſteige, Dohnenſtege, Dohnen- ' ſtriche, auch einfach Schneiſen nennt, ab— wechſelnd zu beiden Seiten, oder wenn ein be— ſtimmter Weg nicht vorhanden, an einzelnen Büſchen oder ſelbſt Hecken, wie im nordweſtlichen Deutſchland, z. B. im Ad Oſtfries⸗ land, Holland u. ſ. w., aufgehängt (j.Dohnen- ſteig oder Schneiſeh. Für die Hängedohnen im jungen Laubholz— wald wird in der Regel die Form des Dreiecks gewählt (Fig. 1) und dieſelbe angefertigt wie folgt. Man wählt am liebſten eine gabelförmig gewachſene Ruthe oder ſchneidet ſonſt einfache Ruthen aus zähen paſſenden Holzarten von 85 em Länge und 8 mm Durchmeſſer am dicken Ende, dreht an einer Stelle 15 cm von letzterem her die Ruthe wie eine Wiede, dann wieder auf 27 em, und formt zuletzt die Dohne wie in der Zeichnung angegeben, aus welcher gleich— zeitig die Art und Weiſe der Befeſtigung der Beeren zu erſehen iſt. Eine ſehr leicht herzuſtellende Dohne, welche in einigen, namentlich den im ordne e Theile Deutſchlands gelegenen, der Ebene angehörigen Gegenden Anwendung findet, aber um deswillen nicht gerade als zweckmäßig an⸗ empfohlen zu werden verdient, weil ſie, wenn ſie nicht aus Wachholder- oder anderem zähen, überhaupt dauerhaften Holz gemacht iſt, oft ausgewechſelt werden muss, wird durch die Zeichnung (Fig. 2 bildlich dargeſtellt und braucht wohl nicht weiter erklärt zu werden. Die Befeſtigung der Dohnen beim Auf— hängen geſchieht ebenſo wie bei der vorher be— ſchriebenen Dohne. 5 Zu Hängedohnen in jungen Nadelholz— beſtänden wählt man in der Regel zweck⸗ mäßig die in der Zeichnung (Fig. 3) darge ſtellte Form. Die Anfertigung dieſer Hängedohne geſchieht wie folgt: Man biegt zwei eingeſtutzte Auirlzweige etwas zuſammen und ſchiebt dann die Dohne, 2 Dohnenfang. welche ſich in ſtärkeren Beſtänden aber nicht gut mehr aufhängen läſst, weil paſſende Zweige in der richtigen Baumhöhe fehlen, darüber. Es wird zur Herſtellung eine 94—95 em lange, in der Mitte nur 9, oder wenn ſie nach der Spitze zu nicht zu ſehr abfällt, auch wohl 7mm ſtarke Ruthe von möglichſt zähem Holze geſchnitten und dieſelbe auf 24 cm Länge vom dickem Ende her wiedenartig gedreht, hier rechtwinkelig gebogen und auf 35—46 cm Länge wieder wie eine Wiede gedreht und von hier ab das bleibende obere Ende über das untere Ende gelegt und um den entſtehenden Bogen herum gewickelt. In dem geraden oberen Theil befeſtigt man in der Regel 3 Schleifen oder Schlingen, die im Durchmeſſer 65mm halten müſſen und mit ihrem Rande 4 em weit über dem Bogen zu hängen kommen. Die Beeren werden befeſtigt, wie die Zeichnung es darſtellt. 2. Steckdohnen, welche man nur da ver— wenden ſollte, wo keine Hängedohnen angebracht werden können (alſo in Beſtänden, welche ſich bereits von unteren Aſten gereinigt haben), weil ſie zu leicht durch Mäuſe, die am Baume hinauflaufen, und baumende Marder ausge— beert werden, weshalb einige Jäger ſehr richtig ſagen: „Steckdohnen liefern Mäuſefutter.“ Wo ſie indes am Ort ſind, verfährt man, wie nach— ſtehend beſchrieben. Es gibt von den Steckdohnen manche ver— ſchiedene Formen, zuweilen kann ſogar ein paſſend ſitzender Aſt dazu mitbenützt werden, wie aus den Zeichnungen (Fig. 4—9) ſich ergibt. Zunächſt ſind die Bügeldohnen zu nennen, als die ſich vorzugsweiſe empfehlende Art der Steckdohnen, weil ſich das Material dazu in den Dickungen leicht findet oder ein geeignetes Aſtchen vorhanden iſt, das als Bügel dienen kann, und ſie meiſt ſpäter keine weitere Arbeit verurſachen, da kaum an eine Zerſtörung von außen her ge— dacht werden kann. Dichte Kiefernſchonungen liefern in der Regel im Überfluſs unterdrücktes Holz, welches zweckmäßig ausgeforſtet werden kann, ſich aber zur Anfertigung von Steckdohnen ſehr gut eignet. Man ſchneidet ſich zu dem Zwecke 40 em lange und 9mm dicke Stämmchen, ſpitzt ſie an beiden Enden etwas zu und bohrt mit einem paſſenden Spiralbohrer ein Loch in den Baum, an dem die Dohne angebracht werden ſoll; das dicke Ende des Bügels gehört nach unten, das dünnere nach oben, der lichte Raum muj3 16cm Durchmeſſer behalten. Die Befeſtigung der Schlingen und Beeren erhellt aus der Zeich— nung (Fig. 4—9). 3. Laufdohnen werden vom Jäger heute nur noch, wie bereits angedeutet, zum Fange von Schnepfen und Krammetsvögeln angewandt, allerdings wurden ſie früher auch wohl zum Rebhühnerfang geſtellt, was jetzt aber wohl nur unbefugterweiſe oder vielmehr durch Wild— diebe hier und dort geſchieht, vom weidgerechten Jäger wird der Fang verſchmäht. In ſüdlicher gelegenen Ländern, wie in Italien und im ſüd— lichen Frankreich, werden Wachteln in Lauf— dohnen unter Zuhilfenahme einer Wachtelpfeife gefangen, im allgemeinen jedoch mehr Laufnetze dazu gewählt. Die Laufdohnen werden gewöhnlich auf den ſchmalen Pfaden des Viehes auf Weiden geſtellt, wo ſich Gebüſch befindet, und man ſucht einen ſolchen Pfad, oder wie G. L. Hartig ſagt, ein ſolches Pfädchen noch dadurch einzuengen, dass man zur Seite Geniſt und Reiſig legt, damit die Schnepfe oder ein Krammetsvogel richtig durch die Dohne paſſieren muſs, wobei ſie in die Schlingen gerathen und ſich fangen. Die äußere Form der Laufdohnen zum Schnepfenfang und zum Krammetsvogelfang iſt gleich, jedoch unterſcheidet man zweierlei Laufdohnen. Als erſte Form iſt die Bügel- oder Bogenlaufdohne zu nennen (vgl. Fig. 10). Zum Schnepfenfang muſs der Bogen, welchen der Bügel der Dohne beſchreibt, 26 en hoch und 21 em weit ſein, für Krammetsvögel jedoch nur 18 em hoch und ebenſo weit; 3 em hoch über dem Boden werden beide Schenkel des Bügels durch einen ſtraffen Bindfaden ver— bunden, um die Schnepfe zu zwingen, den beim Laufen auf dem Pfade meiſtens nach unten geſtreckten Schnabel dicht vor dem Bind— faden zu heben und durch eine der Schlingen zu ſtecken, deren in jeder Laufdohne gewöhn⸗ lich 3, ſonſt wenigſtens 2 hängen. Die Laufdohnen für Schnepfen unterſcheiden ſich hinſichlich der Schlingen dadurch von denen für Krammetsvögel, dajs die für erſtere acht— drähtig, die für letztere aber nur dreidrähtig ge— dreht werden. Für Schnepfen müſſen die Schlingen Sem hoch über dem Boden hängen, während die für Krammetsvögel nur 6—7 em Durch⸗ meſſer haben und 4 em hoch hängen. Das Befeſtigen der Schlingen (Einziehen) geſchieht dadurch, daſs man mit einem ſtarken ſpitzen Meſſer (Genickfänger) ganz genau durch die Mitte des Bügels, ſenkrecht nach unten zu, an der entſprechenden Stelle eine Spalte ſticht und dieſe mittelſt geringen Hin- und Herbiegens ſo erweitert, daſs die Schlinge durchgezogen werden kann, ſteckt dann die letztere neben dem Meſſer durch die Spalte von oben herab, ſo dass der an der Schlinge befindliche Knoten nach außen bleibt, damit dieſer verhindert, daſs ſie ganz durchgezogen werden kann; wie weit man die Schlinge, welche, ſobald man das Meſſer zurückzieht, eingeklemmt iſt, durchſteckt, hängt davon ab, wie groß der Durchmeſſer, reſp. der Umfang derſelben bleiben ſoll. Die in Figur 11 dargeſtellte Laufdohne enthält eine weitere gebräuchliche Form, deren Höhe 31 em bei einer unteren Weite von 21 em beträgt. Für die Aufſtellung iſt keine weitere Beſchreibung erforderlich, es ergibt ſich das Verfahren bereits aus der bildlichen Darſtellung. 4. Die Falldohnen, Schnelldohnen, Spriegeldohnen oder Schleifenſpriegel ſind gewiſſermaßen auch Laufdohnen, nur mit dem Unterſchiede, daſs ſie neben den Schlingen oder Schleifen auch noch ein Stellwerk haben. Sie werden ausſchließlich zum Schnepfenfange verwendet, übrigens ebenſo wie die Laufdohnen geſtellt. Die Herſtellung der Falldohnen geſchieht in nachſtehender Weiſe (vgl. Fig. 12). An der einen Seite des ſchmalen Pfades oder Steiges auf einer Viehweide ꝛc. wird da, wo die Dohne Zum Artikel „Dohnenfang“. N 0 5 5 NEN NE x 7 WEN ? 2) ö N) L + 8 \ N / — — — ZEN END Nu 0 > Nez 12 V. Eder xylogr. Spriegeldohne. 13 Hals C. G. L. Quensell del. 1 g. 1—3 Hängedohnen. 4—6 Bügeldohnen. 7—9 Steckdohnen. 10 Laufdohne mit, 11 ohne Bügel. 12 ſchleife. 14 Trittſchleife. co 4 Dohnenſteig. zu ſtehen kommen ſoll, ein kleiner, 30—35 cm langer Pfahl fo tief eingeſchlagen, daſs er 10 em hoch über den Boden herausragt; am oberen Ende desſelben befindet ſich an der Innenſeite ein flacher Kerb eingeſchnitten, jo dass er gewiſſer— maßen als Zunge dient. Dann ſucht man ſich im nebenſtehenden Gebüſch oder Geſtrüpp ein Stämmchen oder einen paſſend ſtehenden Zweig aus, der nicht zu ſtarke Schnellkraft be- ſitzt, aber ſich über den Steig biegen läſst. Iſt kein ſolches Bäumchen ꝛc. vorhanden, jo mujs man ſtatt deſſen einen entſprechenden Stock oder eine Stange ſo tief in den Boden eintreiben, daſs er vollſtändig feſtſteht. In dem Bäumchen oder in der Stange werden die Schlingen be— feſtigt, und an dem oberen Ende desſelben muss ſich ein paſſendes Stellhölzchen befinden, wel— ches mit einem Faden angebunden wird, der die Stange und die niedergebogene Zunge in an— gemeſſener Höhe hält. Soll die Falldohne auf— geſtellt werden, ſo legt man die Stange ſo weit zur Erde, daſs das Stellhölzchen in die beiden Kerbe ſo loſe eingreift, daſs, wenn letzteres fortgeſtoßen wird, die Stange in die Höhe ſchnellt. Die Schleifen müſſen mit dem Rande 5—8 em hoch vom Boden hängen. Läuft dann eine Schnepfe in dem Steige bis zur Dohne heran, ſo findet ſie dort ein Hindernis in der Vorrichtung und hebt den ſonſt vorgeſtreckt ge— haltenen Kopf, wobei ſie ſich in der über der Zunge hängenden Schlinge fängt, tritt dann jedenfalls auf die Zunge und wird, weil ſie ſich gefangen fühlt, anfangen zu flattern, wodurch das Stellhölzchen aus den Kerben getrieben wird, und das Bäumchen oder der Schnellſtock ſchnellt mit der Schlinge und der darin gefan— genen Schnepfe in die Höhe. Um ein Aus- weichen der Schnepfe zu verhüten, legt man wie bei den Falldohnen Geniſt und Reiſig neben den Steig. Die Spriegeldohnen haben den Vortheil vor den Laufdohnen, daſs der Fuchs, welcher aus letzteren gern das gefangene Wild raubt, die emporgeſchleuderte, hoch hängende Schnepfe nicht erreichen kann und, an die Geſchichte von den ſauren Weintrauben denkend, abſchnürt. 5. Schleifen, Schlingen, Schnuren oder Schnüren (in einigen Gegenden jagt man fälſchlich Schnürre oder auch Schnarke, im Plural Schnürren und Schnarken, welche beide Ausdrücke wohl aus dem Niederdeutſchen oder Plattdeutſchen herſtammen). a) Halsſchleifen werden vorzugsweiſe zum Fange von Rebhühnern, aber jedenfalls nicht von einem weidgerechten Jäger geſtellt, ſondern höchſtens von ſog. Jagdſchindern oder Sonntagsjägern und Wilddieben, von letzteren, weil die Fangmethode leicht unbemerkt ausge— führt werden kann, z. B. in Ackerfurchen, mit Gras bewachſenen ſchmalen Grenzgräben u. ſ. w. Beim Fang werden die Schlingen zu beiden Seiten der Furchen oder Gräben, die auch wohl Grippen oder richtiger Krippen genannt werden, die Schleife ſelbſt nach innen gekehrt, ſchräg oder ſenkrecht eingeſteckt, doch jo, dafs das lau- fende Wild, welches meiſtens den Kopf vorge— ſtreckt hoch hält, leicht mit dieſem hineingeräth und ſich fangen muſs; gewöhnlich ſteht auf alle 2m Länge ein Paar derſelben, dem Laufe der Furche oder des Grabens folgend. Sonſt wer— den dieſe Schleifen auch wohl an Orten, wo das zu fangende Wild ſich in großen Zügen aufzuhalten pflegt, in die Pfädchen geſtellt, in dieſem Falle müſſen die Schlingen maſſenhaft geſtellt werden, wenn der Fang erfolgreich ſein ſoll, z. B. für Regenpfeifer. Fig. 13 zeigt ſolche Halsſchleifen. b) Trittſchleifen oder Trittſchlingen ſind namentlich für Strandläufer und auch wohl Regenpfeifer im Gebrauch, ſie werden an Orten, wo ſich dieſes Wild zahlreich aufhält und umherläuft, namentlich für die Regenpfeifer oder kleinen Brachvögel (Tüten) in großen Heiden, wo Schafe geweidet werden und viele dicht neben einander und durcheinander laufende ſchmale Pfade bilden, denen das Wild folgt, an dieſen geſtellt. Es gehören aber ebenfalls viele Schlingen dazu, wenn auf namhafte Beute zu rechnen ſein ſoll, ſie müſſen dabei auf einer großen Fläche, vorzugsweiſe aber in den Stei— gen dicht neben einander ſtehen. Für Strandläufer ſtellt man ſie etwa 8 em weit auseinander. Die Schlingen müſſen hori⸗ zontal dicht über dem Boden ſtehen (Fig. 14); zu den Stäbchen, worin dieſelben eingezogen werden, wählt man am beſten friſches biegſames Holz, ſpitzt ſie an beiden Enden zu und drückt ſie ſo in den Boden ein, daſs ſie mit den Schleifen aufliegen, die letzteren werden dann hoch ge— richtet und dadurch veranlaſst, daſs das Wild beim Laufen leicht hineingeräth. Ein derartiger Fang iſt aber nach unſerer Anſicht ſtets eine Thierquälerei, die der Weidmann jedenfalls ver— abſcheut. Qul. Dohnenſteig, Dohnenſteg, Schneiſe oder Vogelſchneiſe. Mit dem Ausdruck Doh⸗ nenſteig bezeichnet man einen Steig oder Fuß— weg, auf oder an welchem die Dohnen zum Fange der Krammetsvögel aufgehängt oder auf andere Weiſe an Bäumen oder Gebüſch be- feſtigt werden. Bei der Anlage eines Dohnenſteiges kommt es zunächſt ſehr darauf an, den richtigen Ort zu wählen. Es iſt bei dem Fang vorzugsweiſe auf die Strich- und Zugvögel, weniger auf die Heck- oder Brutvögel abgeſehen, es muss daher dem Jäger bekannt fein, wo im Revier erfah- rungsmäßig die Strich- und Zugvögel einfallen, hauptſächlich die verſchiedenen Droſſelarten, welche namentlich außer der Amſel (Merula vulgaris), welche Standvogel iſt, dazu gehören. Wenn ſich der Fang nicht auf ein ganzes Revier erſtrecken ſoll, ſondern nur etwa auf einen Forſtort, ſo wähle man einen ſolchen, der beim Vorhandenſein der übrigen Erforder- niſſe nicht zu fern liegt. Zu den Erforderniſſen für den Ort gehört aber, wenn ein ſicherer Er- folg erwartet werden ſoll, wie ſchon geſagt wurde, daſs dort die meiſten Zugvögel einfallen, daher in der Regel die nach Oſten zu liegenden Wald- ränder, auch höher gelegene Stangenholzorte oder ſolche mit horſtweiſem Gemiſch aus Laub- und Nadelhölzern oder Beſtände mit vielen alten Oberſtändern, vor dem Felde oder vor mit Wachholdergebüſch bewachſenen Heiden, an Dohnenſteig. 3 ſommertrockenen Brüchen, welche von Bächen durchzogen ſind, u. ſ. w. Man benützt, wo es irgend angeht, alte, nicht mehr begangene Fußſteige oder nicht mehr im Gebrauch befindliche einſpurige Holzwege, die temporär zur Holzabfuhr gedient haben, an den Beſtandesgrenzen, z. B. wo Laubholz und Nadelholz aneinanderſtoßen, altes, mittel- wüchſiges und junges Holz grenzt, denn dort pflegen die Vögel ſehr gerne einzufallen. Daſs man darauf ſieht, daſs die zur An— lage eines Dohnenſteiges gewählten Orte nicht zu ſehr durch Paſſage beunruhigt werden, z. B. von Leſeholzſammlern, Spaziergängern oder reiſenden Paſſanten u. ſ. w., verſteht ſich zu— nächſt von ſelbſt. Dicht am Waldesſaume lege man den Steig möglichſt in junge dichte Scho— nungen, weil dort die Vögel bei ungünſtigem, naſſem, nebeligem, ſtürmiſchem Wetter gerne Schutz ſuchen und, hungernd eingefallen, ſofort die Beeren annehmen und ſich dabei fangen. Übrigens muſßs auch ſchon von vornherein bei der Anlage im allgemeinen darauf geſehen werden, daſs Abwechslungen im Beſtande, durch welche der Steig führt, entſtehen. So hat man dafür zu ſorgen, daſs der Steig ſich bald dem Waldrande zu dreht, auch zu vorhandenen Blößen, die ringsum von Beſtand umgeben ſind, und an deren Grenze ſich herumzieht, bald auch wieder Lichtungen berührt, denn dort über— all fallen gern Vögel ein, und es werden die etwa ziehenden Vögel durch die Beeren, welche ſie weit erkennen können, verführt, einzufallen, und werden dabei gefangen. Außerdem muſs der Dohnenſteig unter ſteter guter Aufſicht ſein und der Beſuch von Unbefugten möglichſt ferngehalten werden. Um zu erreichen, dajs etwa im Bohnenſteige ſich ergehende Spaziergänger nicht ſtören, iſt es zweckmäßig, an einigen Stellen den Steig gar nicht aufhauen zu laſſen, daſs es etwa den Anſchein hat, als ſei er dort zu Ende; oder man bricht im ſcharfen Winkel denſelben ab, jo dass es ſcheint, als ob er ſich verliere oder nehme eine ganz entgegengeſetzte Richtung, obgleich er nur ausſetzt und nach einer Unterbrechung weiter fortläuft. Im allgemeinen richtet man gern den Steig jo ein, daſs er eine in vielfachen Krüm— mungen fortgeſetzte, in ſich ſelbſt zurücklaufende Linie bildet, aber auch jo, daſs man wenigſtens von Haus aus nach einem Ende desſelben hin nicht weiter vom Wohnorte entfernt iſt als vom anderen beim Heimwege. Die Vorarbeiten zu einem neuen Dohnen— ſteig, das Aufhauen des Weges, wo es nöthig iſt, um ungehindert paſſieren zu können, die Reinigung des Bodens inſoweit, daſs ſich be— quem gehen läſst, ohne auf abgefallene Aſte ꝛc. zu treten, die dann Geräuſch verurſachen, ſind mit dem Ende des Monats Auguſt zu voll— enden. In der zweiten Hälfte des September müſſen die Dohnen in genügender Menge fertig und möglichſt auch aufgehängt oder eingebohrt ſein. Dieſelben müſſen in einer Entfernung von fünf bis ſechs Schritten nach links und rechts abwechſelnd und jo zu ſtehen kommen, daſs die Vögel immer von der einen ab die andere Dohne ſehen können. Man hängt die Dohnen durchſchnittlich 1/8 —1½ m Hoch über den Boden, es ſchadet jedoch nicht, wenn einmal eine höher oder etwas niedriger hängt, ſie müſſen nur durch den Jäger, der ſie nachſieht, zu erreichen ſein. Das zu niedrige Hängen hat manche Nachtheile, nament⸗ lich werden dabei die gefangenen Vögel leicht Beute von Fuchs, Marder, Katzen und ſon— ſtigem Raubzeuge. Die Steckdohnen werden in gleicher Höhe wie die Hängedohnen ſtehend angebracht. Der Steig iſt ſchließlich abzuharken, damit man geräuſchlos denſelben entlang gehen kann; das Ausharken oder Reinigen von abge— fallenem Laub, Nadeln, Reiſig und ſonſtigem Geniſt iſt noch umſomehr zu empfehlen und von Zeit zu Zeit zu wiederholen, weil die Vögel gerne auf den abgeharkten Stellen ein— fallen, um nach Gewürm ꝛc. im Boden zu ſuchen. Zuletzt wird das Einbeeren und Ein— ziehen und Rollen der Schlingen zu Ende September vorgenommen, alſo dicht vorher, wenn die erſten Zugvögel bemerkt werden. Beert man ſchon früher ein und ſtellt die Dohnen fängiſch, ſo fängt man faſt lauter Heck— vögel, die man doch immer gern ſchont. Das Einbeeren muſs in der Art ausgeführt werden, daſs die Vögel vom Stamm aus, an welchem die Dohnen angebracht ſind, nicht die Beeren, wozu die der Ebereſche oder Vogelbeere (Sorbus aucuparia) am meiſten gewählt werden, er— reichen können. Aushilfsweiſe werden auch wohl die Beeren des rothen oder Traubenholunders (Sambucus racemora) und des Schneeballs (Viburnum opulus), ſehr ſelten Wachholder— beeren oder Preiſelbeeren verwendet. Daſs ein Vogel die Beeren vom Stamm aus leicht erreichen kann, geſchieht dann, wenn unter einer Steckdohne ſich ſtarkriſſige Rinde befindet, die in einem ſolchen Falle zu beſei— tigen iſt, wenn man nicht lieber die Dohne an einer neuen, beſſeren Stelle einbohren will. Die Steckdohnen ſollten ſchon aus dieſem Grunde ſo wenig wie möglich, jedenfalls aber nur im Nadelholzwalde, welcher namentlich im jüngeren Alter eine glatte Rinde hat, Platz finden, wo ſie, wenn ſie angewendet werden, durch den Harzfluſs, der am Stamm durch das Einbohren hervorgerufen wird, leicht recht gut feſtſitzen, was im Laubholz nicht der Fall iſt. Die Schlingen müſſen ſo breit aus einander zu ſtehen kommen, dajs der lichte Raum in der Dohne ſo gut wie möglich ausgefüllt wird, was zur Folge hat, dajs der Vogel, wenn er zu den Beeren gelangen will, den Kopf durch die Schlingen ſtecken muſs, ohne zur Seite hin vorbei zu können. Dabei ſind die Schlingen ſo einzuziehen, daſs ſie ſich nirgends anlehnen, ſondern frei, breit und ſonſt richtig ſtehen, ohne dass ihre Stellung durch Wind ꝛc. ver ändert werden könnte; fie müſſen nach jeder derartigen Bewegung wieder in ihre urſprüng liche richtige Stellung zurückſpringen. Die Ebereſchenbeeren werden am zweck mäßigſten zu Ende Augnuſt oder anfangs Sep tember gepflückt und dann au einem kühlen, luftigen Orte aufbewahrt; ſehr gut halten ſi ſich in friſchem, reinem weißen Sande, wenn 6 Dohrn. — Dolomit. man ſie haufenweiſe aufſchichtet und, nachdem auf dem Boden eine Unterlage von Stroh, trockenem Laub oder Moos gegeben iſt, eine Schicht Beeren legt, darüber Sand bringt, dann aber wieder eine Schicht Vogelbeeren, und in dieſer Reihenfolge fortfährt, bis alle Beeren untergebracht ſind. Es kann zu dieſer Auf— bewahrungsmanier auch ein genügend großes »Faſßs benützt werden. Laufdohnen pflegen nicht in einem eigent- lichen Dohnenſteig, wie er hier beſchrieben iſt, zur Anwendung zu gelangen, ſondern mehr in der Heide, wo viel Wachholdergehüſch ſteht, oder auf Viehweiden; in letzteren Ortlichkeiten vorzugsweiſe zum Schnepfenfang (vgl. Lauf- dohnen). Das tägliche Begehen des Dohnenſteiges, was nicht unterbleiben darf, geſchieht am zweck— mäßigſten in den Mittagsſtunden, weil ſich in den Morgen- und Abendſtunden die meiſten Vögel fangen; wenn nebeliges oder regne— riſches Wetter iſt, fangen ſich oft die Vögel den ganzen Tag über, und es iſt bei ſolchen Tagen angemeſſen, den Dohnenſteig zweimal zu begehen und zu revidieren. Es iſt dann rathſam, in den ſpäten Nach⸗ mittagsſtunden zu gehen, um zu vermeiden, daſs Füchſen, Mardern und anderem Raub⸗ zeuge die gefangenen Vögel nachts zur Beute werden. Bei ſonſt günſtigen Verhältniſſen darf man an Ausbeute, wenn ſie eine gute iſt, die Zahl der gefangenen Vögel auf ein Fünftel der Doh— nenzahl annehmen, im günſtigſten Falle aber auf ein Drittel derſelben rechnen; es kommen daher auf 1000 Stück ausgehängte Dohnen im Durchſchnitt etwa 200— 300. Die Jahre, in denen es die wenigſten Beeren gibt, ſind mei- ſtens die ergiebigſten und auch der Fang ſehr lohnend, wenn bald kaltes Herbſtwetter ein— tritt, was veranlaſst, daſs Inſecten und Ge⸗ würm von den Vögeln nicht mehr gefunden werden und ſie auf die Beeren damit mehr angewieſen ſind. Qul. Dohrn (Karl Auguſt), geboren zu Stettin am 27. Juni 1806, hervorragender Coleoptero— loge, abſolvierte die juridiſche Facultät in Berlin, übernahm im Jahre 1843 (nach dem Tode Dr. Schmidts) die Leitung des im Jahre 1838 gegründeten entomologiſchen Vereines in Stettin, deſſen Präſident (und Redacteur der Vereins- ſchrift) Dohrn heute noch iſt. Dohrns Coleo— pterenſammlung wird auf ungefähr 40.000 Arten geſchätzt und erhält ihren ganz beſonderen Wert auch noch überdies durch die große An— zahl von Originalſtücken der betreffenden Au- toren. Hſchl. Dolchweſpen, deutſcher Name für die Fa— milie der Scoliiden (im weiteren Sinne) und der Gattung Scolia im engeren Sinne. Hſchl. Döle, auch Thöle, Däle, Diele = Hündin, ſelten. Die Etymologie iſt unſicher; ſchwed.: tillika = Hündin; ſchleſ.: dele, töle, ud. dole, döle nach Weinhold, Stieler und Grimm liederliche Weibsperſon. „Döle, Däle.“ Hartig, Lex., Ed. I, 1836, p. 68, und Ed. II, 1861, p. 107. — „Thöle.“ Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lex. VI., p. 48. E. v. D. | | | | Dolerit iſt die kryſtalliniſch⸗körnige Aus⸗ bildungsform der Baſaltgeſteine. Man unter⸗ ſcheidet Plagioklasdolerit, Nephelindolerit und den ſeltener vorkommenden Leueitophyr, je nachdem neben dem Augit die Hauptmaſſe des Geſteines von dem einen oder anderen Be⸗ ſtandtheil gebildet wird. Die Plagioklasdolerite ſind die ver⸗ breitetſte Form; der Plagioklas waltet meiſt vor und tritt in weißen oder graulichen Kry⸗ ſtallen auf. Die Nephelindolerite ſind ſeltene Ge⸗ ſteine, in denen der Nephelin von heller, gelb⸗ licher oder grauer Färbung an dem Fettglanz und muſcheligen Bruch zu erkennen iſt. Die Dolerite ſind rein vulcaniſche Geſteine; viele der Laven noch thätiger Vulcane gehören zu den Doleriten. In Mitteleuropa ſind Dolerite wenig verbreitet und zumeiſt auf einzelne Kuppen beſchränkt. Rn. Dolerus Klg., Blattweſpengattung; durch⸗ ſchnittliche Körperlänge der hiehergehörigen zahlreichen, vorherrſchend ſchwarzen Arten 8 bis 12 mm; Kopf und Thorax grob und verworren punktiert, dicht mit aufwärts ſtehenden, kurzen Haaren beſetzt, 2 Radial-, 3 Cubitalzellen; die lanzettförmige Zelle durch Schrägadern getheilt, Hinterflügel mit 2 Mittelzellen. Taſchenberg (Hymenopteren Deutſchlands) bringt die etwa 40 deutſchen Arten in 3 Farbengruppen: roth mit ſchwarzen Zeichnungen, ſchwarz mit rothen Zeichnungen und ganz ſchwarze Arten. Hſchl. Dolichocephalie, Langſchädeligkeit, nennt man das Überwiegen der Länge des menſch⸗ lichen Schädels über die Breite; ſ. Brachy⸗ cephalie. ur. Dolichopiden, Langbeinfliegen, ſchlanke, graugrüne oder goldgrüne, faſt nackte Arten, ausgezeichnet durch blaſsgelbe, ſehr lange Beine, nicht ſelten in großen Scharen die mit Gebüſch bewachſenen Bachufer bevölkernd; für die Fiſchzucht von Bedeutung. Hſchl. Dollinen ſind trichterförmige Vertiefungen der Erdoberfläche, welche durch Einſturz von Höhlen entſtehen. Namentlich die Kalk- und Gipsgebirge ſind reich an ſolchen Erdtrichtern, vor allem die Karſtgebiete. Die Dollinen ſind dort von wirtſchaftlicher Bedeutung, da ſie in jenem öden Kalkgebirge die einzigen vor Wind geſchützten Stellen ſind und ſo eine Wiederauf⸗ forſtung erleichtern. Die Dollinen des Karſtes haben oft erheblichen, ſelbſt bis 700 m meſſenden Durchmeſſer, ein Beweis, welch großartige Zu- ſammenbrüche erfolgt ſein müſſen. Rn. Dolm, j. Groppe. Hcke. Dolometis Cooki Cabanis — Pica Cooki Gould, Blaueliter. E. v. D. Dolomit iſt eine iſomorphe Miſchung von kohlenſaurem Kalk und kohlenſaurer Magneſia, in ſeiner reinſten Form je ein Aquivalent der beiden Beſtandtheile, alſo CaCO, E MgCO; (mit 34˙4 kohlenſaurem Kalk und 45˙6 kohlenſaurer Magneſia). Geſteine mit geringerem Magne— ſiumgehalt bezeichnet man als dolomitiſche Kalke. Der Dolomit kryſtalliſiert rhombosdriſch und iſt mit Kalkſpat iſomorph, unterſcheidet ſich von dieſem äußerlich durch die Ausbildung Dolopius marginatus. —- Dolus. 7 des Grundrhombosders, welches beim Dolomit weitaus die häufigſt vorkommende Form iſt, beim Kalkſpat dagegen nur ſehr ſelten auftritt. Dolomit iſt ein auf Erzgängen u. ſ. w. häufig vorkommendes Mineral und ſetzt als dichter Dolomit ganze Gebirge zuſammen. Häufig enthält der Dolomit noch kohlen— ſaures Eiſenoxydul, färbt ſich dann bei der Verwitterung durch Bildung von Eiſenoxyd— hydrat braun. Derartige Abarten bezeichnet man als Braunſpat. Der Gehalt an Eijen- carbonat ſteigt in denſelben oft bis zu 20%. Der dichte Dolomit und die dolomi— tiſchen Kalke nehmen einen erheblichen Antheil an der Zuſammenſetzung der Gebirge. Das Geſtein iſt in den meiſten Fällen von heller, gelbbräunlicher oder grauer Farbe. Von den Kalkſteinen unterſcheidet ſich der Dolomit durch ſein höheres Eigengewicht, größere Härte und die vielfach auftretende poröſe oder cavernöſe Structur. Chemiſch läſst ſich Dolomit durch Betupfen mit Salzſäure erkennen. Er braust damit nur wenig und löst ſich erſt bei län— gerer Einwirkung. Der Dolomit kann direct aus Gewäſſern abgeſetzt werden, die kohlenſauren Kalk und kohlenſaure Magneſia gelöst enthalten. Ein ſehr großer Theil der Dolomitgebirge iſt jedoch entſtanden, indem die Gewäſſer den kohlenſauren Kalk ſehr viel leichter löſen als die kohlen— ſaure Magneſia. Aus mäßig magneſiumhaltigen Kalkſteinen kann ſo ein faſt reiner Dolomit her— vorgehen. Eine zweite Entſtehungsart iſt die Ein— wirkung von Magneſiumcarbonat enthaltenden Gewäſſern auf Kalkſteine. Es bildet ſich Dolo— mit, während ein Theil des Kalkes in Lö— ſung geht. In beiden Fällen iſt das Volumen des entſtandenen Dolomits geringer als das des urſprünglichen Kalkſteines, da er aus dieſem durch Wegführen von Material gebildet wird und in dem letztbeſprochenen Falle die zuge— führte kohlenſaure Magneſia ein geringeres Volumen erfüllt als die entſprechende Kalkver— bindung. Durch dieſes Verhalten iſt der Dolo— mit ſo vielfach mit Poren und cavernöſen Stellen durchzogen und oft ganz von kleinen, unregelmäßigen Höhlungen und Zellen durch— ſetzt. Derartige Geſteine bezeichnet man als Rauchwacke. Die einzelnen Hohlräume ſind dabei vielfach von einem loſen, feinen Dolomit— pulver, der Dolomitaſche erfüllt; durch An— wendung eines Mikroſkops erkennt man, daſs dieſelbe aus lauter einzelnen kleinen Dolomit— rhomboödern beſteht. Entſprechend der Entſtehung des Dolomits unter Volumverminderung bildet er meiſt völlig ungeſchichtete, ſtark zerklüftete und von Höhlen durchzogene Gebirgsmaſſen. Die Verwitterung des Dolomits iſt eine verſchiedene. Die reinen kryſtalliniſchen Dolo— mite werden nur ſehr langſam von den Ge— wäſſern angegriffen und geben einen trockenen, unfruchtbaren Boden, während die ſteileren Felſen meiſt nackt und unbewachſen hervor— ragen. Ganz anders verhalten ſich Dolomite, die thonige Beimiſchungen enthalten, ſowie viele dolomitiſche Kalke. Bei der Verwitterung dieſer Geſteine bleibt viel Dolomitſubſtanz in Form eines feinen Sandes zurück, der ſich mit dem vorhandenen Thon miſcht und einen Boden gibt, der in ſehr vielen Eigenſchaften mit einem echten Lehm übereinſtimmt, ſich aber durch das Fehlen von Quarzſand davon unterſcheidet. Solche Dolomitböden zeichnen ſich durch hohe Fruchtbarkeit aus und tragen ausgezeich⸗ nete Waldbeſtände. Rn. Dolopius marginatus L., Elateridenart, deren Larve ein ſog. Drahtwurm und als Forſt⸗ ſchädling bekannt iſt. Wurzelfraß (ſ. Elateridae). 5 Hſchl. Doloſe Vermögensſchädigung des Wald- beſitzers durch einen Angeſtellten iſt ein jtraf- rechtliches Real (Vergehen), welches § 266 des deutſchen Reichsſtrafgeſetzes mit Gefängnis be— droht, neben welchem auf Verluſt der bürger— lichen Ehrenrechte und, wenn die Untreue zum eigenen Vortheile oder dem eines anderen be— gangen wurde, auch auf Geldſtrafe bis zu 3000 Mark erkannt werden kann. Die Schadenerſatzklage gehört vor das Ci— vilgericht. At. Dolp, ſ. Groppe. Hcke. Dolus (dolus, Betrug, Liſt) iſt die rechts— widrige Abſicht bei einer Handlung oder Unter— laſſung, im Gegenſatze zur Culpa (culpa, Schuld, hier Fahrläſſigkeit), durch welche eine nicht beabſichtigte, aber doch vorauszuſehende Rechtsverletzung herbeigeführt wird. Dolus und Culpa werden nur in der Gegenüberſtellung gebraucht und kommen beide ſowohl im Civil— als im Strafrechte vor. Im Civilrechte erſcheint der Dolus, da doloſe Sachbeſchädigungen nach den SS 303 bis 305 des deutſchen Reichsſtrafgeſetzes vom 15. Mai 1871 als Vergehen beſtraft werden, nur als abſichtliche Täuſchung beim Ber- trage, welche jedoch nicht durch Vorſpiegelung falſcher oder durch Entſtellung oder Unter- drückung wahrer Thatſachen zum Betruge werden darf, den das Reichsſtrafgeſetz (SS 263-265) ebenfalls als ein Vergehen betrachtet. Die Haf— tung für den durch Dolus verurſachten Schaden iſt eine unbedingte und kann ſelbſt nicht durch einen vorherigen Vertrag ausgeſchloſſen werden. Bei einem nur durch Dolus zuſtande gekom— menen Vertrage kann die Klage auf Reſeiſſion desſelben geſtellt werden. Die Beſchädigung fremden Eigenthumes durch Culpa verpflichtet nur zum Schadenerſatze, mit Ausnahme der Forſtfrevel durch Beſchä— digung (ſ. Forſtſtrafrecht), bei welchen auch auf Strafe erkannt wird. Ebenſo hat der durch Vertrag zu einer beſtimmten Sorgfalt für das Eigenthum eines anderen Verpflichtete für die Außerachtlaſſung ſeiner Obliegenheiten Schaden— erſatz zu leiſten (ſ. Culpoſe Handlungen eines Vermögensverwalters). Dolus, welcher im Strafrechte die ver brecheriſche Abſicht oder die Richtung des Willens auf das Übel, deſſen Herbeiführung mit Strafe bedroht iſt, bedeutet, iſt im Reichsſtraf— geſetze nicht definiert. Dieſes Geſetz hat von den verſchiedenen Eintheilungen des Dolus nur 8 Domänen. — Domänenweſen. jene in überlegte Abſicht (dolus praemeditatus) und in aus einer heftigen Gemüthsbewegung ent— ſtandenen Dolus (Affectdolus, impetus dolus re- pentinus) adoptiert und auf ſolche insbeſondere den Unterſchied zwiſchen Mord und Todtſchlag (Tödtung im Affectdolus) gegründet. Endlich kennt das Reichsſtrafgeſetz die praesumtio doli nicht, indem es die Feſtſtellung des Dolus dem richterlichen Ermeſſen überläjst. Die Culpa oder Fahrläſſigkeit, welche im allgemeinen in einem Mangel an gehöriger Auf- merkſamkeit beſteht, wird in die unbewuſste (negligentia, Unvorſichtigkeit) und in die be- wuſs te (luxuria, Frevelhaftigkeit) unterſchieden, je nachdem an die Möglichkeit des eingetretenen üblen Erfolges der Handlung gedacht wurde oder nicht. Eine Definition der Culpa ſowie allgemeine Vorſchriften über dieſelbe finden ſich im Reichs- ſtrafgeſetze nicht. Dasſelbe geht dagegen mit der neueren Theorie und Geſetzgebung von der Anſicht aus, daſs zur Strafbarkeit einer Hand⸗ lung in der Regel eine doloſe Willensrichtung gehört, und es enthält deshalb auch nur aus⸗ nahmsweiſe für bloß culpoſe Handlungen (ſiehe Culpoſe Handlungen nach dem Strafrecht) Straf- beſtimmungen. Das Hinzutreten von Culpa zum Dolus (3. B. wenn eine doloſe Brandſtiftung den Tod eines Menſchen zur Folge hat) bewirkt eine Strafſchärfung. At. Domänen (von dominium, Herrſchaft) ſind jene Grundbeſitze, mit welchen früher die Aus- übung von Herrſchaftsrechten verbunden war; die Bezeichnung Domänen wird aber außerdem überhaupt für den großen Güterbeſitz gebraucht. Das mittellateiniſche domanium bezeichnete ſpeciell die Güter, deren Ertrag für Staats- zwecke oder für den Haushalt des Landesfürſten beſtimmt war, in welchem Sinne auch heute vielfach unter „Domänen“ vorwiegend die Güter des Staates und des Landesfürſten verſtanden werden. Über die Stellung der Forſtwirtſchaft in der Verwaltung des Domänenbeſitzes ſ. bei „Dienſteinrichtung“ und „Direction“. v. Gg. Domänenweſen. Deutſchland.) Domä⸗ nen nannte man im Mittelalter den land- und forſtwirtſchaftlichen Grundbeſitz der zahlreichen Territorialherren oder überhaupt des Adels und der Corporationen. Die Waldungen ſtanden in Selbſtbewirtſchaftung des Domänenbeſitzers, die landwirtſchaftlichen Ländereien waren zum größten Theil gegen beſtimmte Leiſtungen den unfreien Bauern zur Nutzung überlaſſen. Die Aufhebung der Leibeigenſchaft ſowie die Grund— entlaſtung und übrige Geſetzgebung infolge der Ereigniſſe des Jahres 1848 haben nicht nur aus den Bauern auf Koſten der Domänen freie Grundeigenthümer gemacht, ſie haben auch die Vorrechte der Domänenbeſitzer beſeitigt. Nur in Mecklenburg, wo erſt im Jahre 1820 die Leib- eigenſchaft aufgehoben wurde, befindet ſich heute noch der geſammte Grund und Boden im Eigen— thum des Landesherrn (über /, das Domanium), der Ritterſchaft (meiſt als Lehen), der Stif— tungen und der Städte (Landſchaft). Der Bauer iſt faſt nur Erbpächter und hat im Landtage (Ritterſchaft und Landſchaft) keine Vertretung. Mecklenburg iſt, ſoweit es nur immer die Reichs⸗ geſetzgebung zuläſst, noch ein Feudalſtaat, in welchem z. B. erſt durch das deutſche Gerichts- verfaſſungsgeſetz vom 27. Januar 1877 die Patrimonialgerichtsbarkeit aufgehoben wurde. Unter Domänen verſteht man übrigens gegenwärtig nur den land- und forſtwirtſchaft⸗ lichen Grundbeſitz des Staates, welcher überall aus dem Domanium des Landesherrn hervor— gegangen iſt. Dieſer beſtritt nämlich, wie jetzt noch in Mecklenburg, mit den Einkünften aus den Domänen nicht nur die Koſten ſeiner Hof- haltung, ſondern auch jene der Staatsverwal⸗ tung und nahm nur für ein etwaiges Defieit die Steuerkraft der Stände in Anſpruch. Mit Einführung von Repräſentativverfaſſungen in den einzelnen deutſchen Staaten mujste aber das Eigenthumsrecht an den Domänen geregelt werden, und es ſind hier in einzelnen Fällen langjährige Streitigkeiten zwiſchen Landesherrn und Landesvertretung entſtanden, welche zum Theil, wie in Sachſen-Weimar, noch jetzt nicht entſchieden ſind. Die Domänen ſind nun entweder, wie in Anhalt, Sachſen-Altenburg (% der Domänen), Lippe⸗Detmold, Schaumburg-Lippe, beide Reuß und Waldeck, gegen Verzicht auf die Civilliſte oder einen Theil derſelben in das Eigenthum des regierenden Hauſes übergegangen und Fideicommiſs desſelben geworden, oder ſie wurden als Staatseigenthum erklärt und in dieſem Falle entweder zunächſt ganz oder zum Theil zur Dotation der Krone beſtimmt, wie in Preußen, Württemberg, Baden, Heſſen, Braunſchweig, Oldenburg, Sachſen-Weimar, Sachſen-Coburg-Gotha, Sachſen-Meiningen, Schwarzburg-Rudolſtadt und Schwarzburg— Sondershauſen, oder, wie in Bayern und Sachſen, dem allgemeinen Staatsgute zuge— wieſen. Krongut iſt Staatseigenthum und dem jeweiligen Regenten zur Nutznießung überlaſſen. Dasſelbe erſtreckt ſich auch auf bewegliche Sachen und ſtammt vielfach auch, wie z. B. die Schlöſſer, aus dem Domänenbeſitze. Unbewegliches Privatvermögen des Landes⸗ herrn, über welches weder unter Lebenden noch für den Todesfall verfügt wird, wächst in Preußen nach dem allgemeinen Landrechte den Staatsdomänen, in Bayern nach der Verfaſſung dem Krongute zu. Die Veräußerung von Domänen iſt überall an die Genehmigung des Landesherrn geknüpft. Die Zuſtimmung der Volksvertretung zu ſolcher iſt dagegen direct nirgends verlangt, indirect aber iſt derſelben in fraglicher Beziehung der nöthige Einfluſs gewahrt durch das Budget- bewilligungsrecht und die ihr zuſtehende Con- trole über die Einhaltung der geſetzlichen Vor— ausſetzungen und Bedingungen der Minderung des Domänenbeſitzes. So ſind z. B. in Preußen die Domänen (mit Ausnahme der im Jahre 1866 annectierten) den Staatsgläubigern verpfändet, es iſt daher der Erlös für jede Veräußerung von Domäneneigenthum zur Staatsſchuldentil⸗ gungscaſſe an die Hauptverwaltung der Staats⸗ ſchulden abzuführen, und hat die Beſitztitel⸗ berichtigung für ein veräußertes Domänen⸗ x Domänenweſen. 9 grundſtück auf den Namen des Erwerbers nur gegen Beibringung der Quittung der Staats- ſchuldenverwaltung über richtige Abführung des Kaufgeldes an den Staatsſchuldentilgungsfonds zu erfolgen. Im übrigen iſt in Preußen wie auch in den übrigen deutſchen Staaten die Ver— äußerung von Staatseigenthum zuläſſig, wenn der Staat durch nutzbringende Verwendung des Erlöſes ſchadlos gehalten wird. Am unbedenk— lichſten iſt hier der Tauſch eines Grundſtückes gegen ein gleichwertiges oder auch die Verwen— dung des Erlöſes zum Ankaufe einer Realität. Der Beſitz des Staates an landwirtſchaft— lichen Domänen iſt mit Ausnahme von Mecklen— burg (über 12% der Landesfläche) nur gering (in Preußen z. B. 1%, in Bayern 01%, des Areals) und die Beibehaltung oder Veräußerung dieſer Güter deshalb meiſt von keiner beſonderen volkswirtſchaftlichen Bedeutung. Dieſe Domänen ſind aus finanziellen Gründen in der Regel verpachtet und nur ausnahmsweiſe, wie z. B. mit landwirtſchaftlichen Lehranſtalten verbun- dene Güter oder Weinberge (Bayern), in Selbit- bewirtſchaftung. Die Felddomänen unterſtehen gewöhnlich den Behörden der allgemeinen Fi— nanzverwaltung, in Heſſen jedoch den Ober— förſtern. Bezüglich der zu den Domänen gehörigen Waldungen ſ. Staatswaldungen. Die Domänen (Kammergut) des Landes— herrn wurden übrigens in Deutſchland ſchon lange vor der geſetzlichen Regelung der Domänen— frage als eine Art Staatsgut betrachtet und von dem landesherrlichen Privatvermögen (Chatouille- oder Cabinetsgüter) unter— ſchieden. Die deutſchen Regentenfamilien beſitzen nun meiſt außer den Dotationen aus den Do— mänen Privatvermögen in der Form von Fidei— commiſſen, bei welchem jedoch mitunter, wie bei dem in Preußen unter dem Namen Kron— fideicommiſs aus dem Kammergute ausge— ſchiedenen Stammgute des Regentenhauſes (an Waldungen allein 49.470 ha), der privatrecht— liche Charakter desſelben fraglich erſcheint. At. Domänenweſen. (Oſterreich.) Seit 1848 iſt in Oſterreich der Begriff Domäne im Sinne einer grundherrliche Rechte verleihenden Grund— beſitzung wie in Deutſchland verſchwunden und bezeichnet man dermalen mit dieſem Worte den Staatsgüterbeſitz, obwohl man großen, liegen— den, insbeſondere früher herrſchaftlichen Beſitz auch heute noch manchmal Domäne nennt. Das Domänenweſen, inſoferne es den Staatsbeſitz an ertragbringenden liegenden Gütern umfaſst, hat von ſeiner früheren großen Bedeutung ſehr viel verloren und auch ſeinen Charakter geändert. Anfangs, als Fürſt und Staat noch ungeſchieden waren, beruhte das finanzielle Einkommen des Staates faſt aus— ſchließlich auf dem Domänenbeſitz, welchen theils der Fürſt wirklich beſaß, theils ſich arro— gierte, wozu die Unklarheit der Rechtsverhältniſſe weſentlich beitrug. Steuern hatten damals ge— ringe Ausdehnung und beſaßen nur tranſito— riſchen Charakter. Die Wendung ſowohl in dem Verhältnis zwiſchen Fürſt und Staat ſowie in Bezug auf das Steuerweſen bereitete ſich im XVII. Jahrhundert vor und wurde im XVIII. Jahrhundert durchgeführt. In dem Maße, als die Aufgaben der Staatsverwaltung ſtiegen, der Begriff „Staat“ (hauptſächlich durch das Medium der Regalien, ſ. d.) ſich über den ein- zelnen ſowie über den Herrſcher ſtellte, drang auch das Steuerweſen vor und trat das Do- mänenweſen zurück. Da es nicht unſere Aufgabe ſein kann, über die landwirtſchaftlichen Domä- nen hier ausführlicher zu ſprechen, ſo möge die Conſtatierung der Thatſache genügen, dajs in der Mehrzahl der Staaten die landwirtichaft- lichen Domänen aus dem Staatsbeſitze immer mehr verſchwinden und nur inſoweit dem Staate verbleiben, als für den Staatsbeſitz ſpecielle, nicht ausſchließlich wirtſchaftliche, ſondern Ver— waltungsmotive angeführt werden können. Die landwirtſchaftlichen Domänen werden regelmäßig verpachtet und wird durch Erbpacht oder durch Zerſchlagung häufig der Zweck angeſtrebt, land— wirtſchaftliche Mittelbevölkerung ſeſshaft zu machen, wie u. a. in Ungarn und Deutſchland. Der Staat zieht ſich immer ausſchließlicher auf ſeine ſpeciellen, eigenthümlichen Aufgaben zurück, zu welchen die Bewirtſchaftung von Grund und Boden lediglich um des finanziellen Ertrages willen deshalb nicht gerechnet wird, weil dieſen Erfolg die Staatsbürger immer ebenſogut, meiſt aber beſſer als der Staat zu erreichen ver— mögen. 5 | Anders jteht die Sache bei dem Forſt— beſitze. Die Staaten legen in neuerer Zeit wieder größeren Wert auf ihren Waldbeſitz und ſind im Gegenſatze zu der in den Sechzigerjahren maßgebend geweſenen mechaniſchen Anſicht, daſs der Staat „wenig geſchickt ſei zum Gewerbe— betriebe“, dermalen auf Erhaltung, ja auch auf Vermehrung des Staatsforſtbeſitzes bedacht. Man kann Gründe gegen und für die Staats— waldungen anführen. In erſterer Richtung hat man zunächſt den „allgemeinen“ Grund angeführt, dajs der Staat zur Erwerbsthätigkeit ungeeignet ſei; es fehlte ihm der treibende Motor des Selbſtintereſſes, der ſtaatliche Apparat ſei zu ſchwerfällig u. ſ. w. Dagegen iſt zu bemerken, dajs die Forſtwirt— ſchaft regelmäßig zu den extenſiveren Betriebs— zweigen zu rechnen iſt, wobei die Factoren Arbeit und (Betriebs-) Capital eine geringere Rolle ſpielen und daher auch die Wirkung des self-interest nur eine beſchränkte ſein kann; insbeſondere in Bezug auf die Verarbeitung des Rohſtoffes zu Halbfabricaten u. ſ. w. iſt zu erwähnen, daſs dieſe induſtrielle Thätigkeit, ſo— weit ſie überhaupt innerhalb des Rahmens der Forſtwirtſchaft vorgenommen wird und werden kann, eine im Vergleiche zur ſonſtigen Induſtrie weit einfachere iſt, jo daſs die Bedenken, welche gegen die ſtaatliche Induſtrie im eigentlichen Sinne beſtehen, hier wegfallen. Jene Beweg— lichkeit in der Wirtſchaftsführung und Ver wertung der Producte, welche bei der Forſt wirtſchaft möglich und nöthig iſt, kann auch beim Staatsforſtbetrieb erreicht werden durch eine entſprechende Dienſtesorganiſation, worüber wir uns hier nicht zu äußern haben, durch An wendung geeigneter Lohnformen, durch Ein führung von Licitationen, Einräumung ent ſprechender Credite, Aufſuchung von Abſatz 10 Domänenweſen. märkten, Anpaſſen an die Nachfrage u. ſ. w. — lauter Dinge, welche lange nicht jenen Grad von Energie verlangen und jene Complicationen in ſich tragen, wie ſie die eigentliche Induſtrie und der Handel, ſelbſt die Landwirtſchaft in ihrer intenſiveren Geſtaltung zeigen und darum auch nicht das leitende, auf eigenen Vortheil bedachte Individuum vorausſetzen, ſondern auch dem Staate vorbehalten werden können. Dazu kommt auf der anderen Seite, dajs rationelle Forſt⸗ wirtſchaft große Complexe erheiſcht, was eben- falls mindeſtens nicht gegen den Staatsbeſitz ſpricht. Thatſächlich läſst es ſich ferner mehrfach conſtatieren, daſs der Ertrag der Staatsforſte hinter jenem der Privatwaldungen nicht zurück— ſteht, wobei beſonders die auf Staatsforſten häufig ſchwer laſtenden Einforſtungen (j. Dienſt⸗ barfeiten) und oft ungünſtige Lage in Rech⸗ nung gezogen werden müſſen. So lieferten die preußiſchen Staatsforſte (1875) per Hektar des zu Holzzucht- und anderen productiven Zwecken nutzbaren Bodens 4˙68 fl. (die Mark — 50 kr.), Baden 1688 fl., Bayern 7˙25 fl. In Frankreich brachten 1840 die Staatsforſte 31˙35 Franes per Hektar, die Privat- und Gemeindeforſte 2355 Francs, in Belgien jene 34˙42 Francs, während der allgemeine Steueranſchlag für Waldungen nur 19°33 Francs annimmt. — Die Schindler'ſche Monographie über die Staatsforſte enthält über die Erträge keine Angaben. Nach dem letzt⸗ erſchienenen Berichte des Ackerbauminiſteriums (1880) betrug im Jahre 1879 (bei einem Wald⸗ ſtande von 985.115 ha) der Reinertrag 551.900 fl., d. h. per Hektar 0°56 fl., bei den Fondsforſten (52.356 ha) der Reinertrag 147.836 fl., d. i. per Hektar 282 fl. Der Reinertrag der Staats⸗ forſte war 1875 1,288.576 fl., 1876 1,159.686 fl., 1877 732.734 fl., 1878 483.039 fl. Über die Ertragsverhältniſſe in den mweit- öſterreichiſchen Staatsforſten (ohne Fondsforſte) entnehmen wir die neueſten Daten den „Er— läuterungen zum Staatsvoranſchlage des k. k. Ackerbauminiſteriums für das Jahr 1885“. Ob- wohl dieſe Präliminarziffern nicht auf Authen— ticität Anſpruch erheben können, wohnt ihnen doch ein ſehr hoher Grad von Richtigkeit inne, weil dieſelben auf Grund der Ergebniſſe der Jahre 18811883 aufgeſtellt wurden. Die Einnahmen der Staatsforſte pro 1885 werden präliminiert mit 3,947.490 fl., die Aus⸗ gaben mit 3,219.480 fl., daher Überſchuſs 728.010 fl., was gegen das Präliminare pro 1884 eine Erhöhung von 49.610 fl. und gegen- über den Gebarungsergebniſſen pro 1881/83 eine ſolche von 42,413 fl. ergibt. Unter An⸗ nahme einer geſammten Productivarea von 715.368 ha, wovon auf das Waldland 634.766 ha gerechnet werden, reſultiert für das Hektar Staatsbeſitz an productivem Boden ein Reinertrag von 1˙02 fl. Faſst man nur die präliminierten Reſultate der ordentlichen Gebarung pro 1885 ins Auge, weil das außerordentliche Erfordernis ſehr variabel iſt, ſo beziffert ſich der Rein⸗ ertrag per Hektar productiven Bodens (Forſte und Domänen) auf 1'308 fl. — Zieht man die Servitutsbelaſtung in Rechnung, deren Geld— wert an Holz- und Streubezügen und an Vieh- weide in den „Erläuterungen“ auf 765.369 fl. veranſchlagt wird, ſo erhöht ſich der Reinertrag der productiven Domänenfläche auf 2˙037 fl. für die Geſammtgebarung und auf 2˙341 fl. für die Ergebniſſe aus den ordentlichen Ein- nahmen und Ausgaben. Die ungariſchen Staatsforſte brachten im Durchſchnitte der Jahre 1881—1884 per Hektar und Jahr (nach den Angaben Bedös) 123 fl., die kroatiſch-ſlavoniſchen 2˙16 fl. Damit iſt aber auch erwieſen, daſs der Staatsforſt als ſolcher in der Rentabilität gegen den Privat- oder Corporationswald nicht zu⸗ rückzuſtehen braucht, und ſomit auch dieſer Grund gegen den Staatsforſtbetrieb widerlegt. Furcht vor Holzmangel oder wenigſtens Mangel an ſtarken Sortimenten tauchte im XVIII. Jahrhundert mit der Entwicklung der holzverzehrenden Gewerbe, der Induſtrie und des Bauweſens auf und erreichte ihren Höhepunkt in den Dreißigerjahren unſeres Jahrhunderts. Dieſer für den Staatsforſtbetrieb angeführte Grund wird heute nur mehr in ſehr geringem, keinesfalls ausſchlaggebendem Maße angeführt. Trotz des Umſtandes, dajs die Forſtwirtſchaft Producte erzeugt, deren Preis in ihrer Ernte- zeit beim Beginne der Production nur als wahrſcheinlich calculiert werden kann, was aller⸗ dings mehr oder minder bei ſehr vielen Pro⸗ ducten zutrifft, läſst ſich doch aus der Richtung der Conſumtion, Entwicklung der Induſtrie immerhin aus der Gegenwart auf die Zukunft ein ziemlich begründeter Schluſs ziehen, welcher für die wirtſchaftlichen Dispoſitionen des Wald- beſitzers entſcheidend ſein wird. Demzufolge wird es auch hier im Intereſſe des Angebotes liegen, der als wahrſcheinlich erkannten Nach⸗ frage zu entſprechen und daher jene Vorkehrungen zu treffen, durch welche dem Holzmangel u. ſ. w. vorgebeugt wird. Und die Waldungen insge⸗ ſammt in die Hand des Staates legen, damit die entſprechenden Holzſortimente erzogen werden, damit nicht voreilig die Ernte anticipiert werde, heißt ebenſoſehr dem Privaten die Erkenntnis ſeines Intereſſes und ihm eine Vorausſicht ab⸗ ſprechen, welche der Staat beſitzt, als die That⸗ ſache leugnen, daſs viele, ja die meiſten Wald⸗ beſitzer, wenn ihr Beſitz groß genug iſt, rentabel und rationell, d. h. auch entſprechend conſervativ wirtſchaften. Von wirtſchaftlichen Gründen für den Staatsbetrieb könnte man allenfalls noch an⸗ führen, daſs der Staat vermöge der Dauer ſeiner Perſönlichkeit, ja vermöge ſeiner „Un⸗ perſönlichkeit“ gerade für die weitausſehende Forſtwirtſchaft beſonders geeignet ſei, daſs er wegen ſeiner ſonſtigen finanziellen Hilfsquellen leichter als ein Privater lange Jahre Zins auf Zins häufen könne und keinen vorzeitigen Ein- griff im Falle der Noth in den Holzvorrath zu machen braucht. Neben den wirtſchaftlichen Erwägungen ſind es aber ſolche von allgemeiner Bedeutung, welche den Staatsforſtbetrieb nicht bloß ge- ſtatten, ſondern bei Eintritt gewiſſer Umſtände direct indicieren. Dieſer Fall iſt dann vorhanden, wenn die Wälder nicht bloß Quellen für Holz Domänenweſen. 11 und andere Forſtproducte ſind, ſondern als Schutzwälder in dem Sinne aufzufaſſen ſind, dafs ſie nothwendigen Einfluſs auf das Klima, die oro- und hydrographiſchen Verhältniſſe be— ſitzen, ſo daſs durch Devaſtation oder Be— ſeitigung dieſer Waldungen die bezeichneten Factoren in allgemein ſchädlicher Weiſe beein- flufst würden, oder in dem Sinne, dajs ſie Schutz gegen Lawinen, Bergſtürze, Auswaſchun⸗ gen u. ſ. w. bieten. In dieſen Fällen tritt die wirtſchaftliche und finanzielle Bedeutung zurück gegen die allgemeine; der Wald wird aus einem privatwirtſchaftlichen Capital eine allge— meine Verwaltungsanſtalt. Wälder dieſer Be— ſchaffenheit dürfen, nach allgemeinen Verwal⸗ tungsgrundſätzen, nicht vom privatökonomiſchen Geſichtspunkte aus geleitet werden, ſondern unterſtehen den allgemeinen Verwaltungsmaxi⸗ men. Der einzelne hat dem Staate gegenüber aber nimmermehr die Pflicht, ſeinen ökonomi— ſchen Vortheil zu gunſten der Allgemeinheit ohne Entgelt zu opfern; außerdem bringt die Vorſchreibung und Überwachung der nöthigen Wirtſchaftsmodalitäten ſehr viele Schwierigkeiten und Koſten mit ſich und bietet doch keine wirk- liche Gewähr, jo dajs in dieſen Fällen der Staat die Forſte mit ſolchem Charakter unbe— dingt in ſeiner Hand behalten muſs und den Neuerwerb ſolcher Waldungen, ſei es neu zu er— ziehender, ſei es beſtehender, auf das ernſteſte ins Auge zu faſſen hat. (In Preußen betrug die jährliche Vermehrung der Staatswaldflächen von 1867 bis 1873 0•19, in Bayern von 1844 bis 1868 0˙24, in Württemberg von 1861 bis 1867 0˙23, in Baden von 1856 bis 1870 029, in Sachſen von 1843 bis 1874 0˙73 %; aus Oſterreich-Ungarn können wir nur über eine Abnahme der Staatswaldungen berichten, ſ. u.) Die Ausgabe für derartige Neuerwerbungen muſs vom ſtaatswirtſchaftlichen Geſichtspunkte aus beurtheilt werden, indem das Ertrags— minus gegenüber der Verzinſung des Ankaufs— preiſes als allgemeine Staatsausgabe betrachtet werden mus, geradeſo wie das wirtſchaftliche Defieit derartiger, bereits im Beſitze des Staates befindlicher, nicht voll rentierender Waldungen. Dieſe Wälder leiſten eben andere Dienſte, als dass fie Holz u. ſ. w. erzeugen, und dieſe anderen Dienſte müſſen vergolten werden durch Über— nahme des Ertragsminus oder des Ertrags— entganges auf die Allgemeinheit. Wenn wir das Vorangeſchickte und unſere Meinung über die Frage: Staatsforſte oder Privatforſte, reſumieren ſollen, ſo geſchähe dies in folgender Weiſe: Der Staat iſt im allge— meinen ebenſo geeignet, Forſte zu bewirtſchaften, wie der Private, ſoll alſo ſeinen Forſtbeſitz jedenfalls in Eigenregie weiter betreiben und ſoll nur zerſtreut gelegene Parcellen, deren Bewirtſchaftung und Beaufſichtigung ſchwierig iſt, abgeben. Waldungen von allgemeiner Be— deutung darf er nicht nur nicht aus ſeinem Beſitze abgeben, ſondern ſoll trachten, ſeinen Beſitzſtand in dieſer Richtung zu vergrößern; Einrichtung der Bewirtſchaftung muſs dann vom allgemeinen Verwaltungs- und darf nicht vom privatwirtſchaftlichen Standpunkte aus er— folgen. (S. a. Ad. Wagner, Finanzwiſſenſchaft, 2. Auflage, I., p. 341 ff., beſonders p. 434 ff.; Stein, Finanzwiſſenſchaft, 5. Auflage, II., ., p. 138 ff., beſonders p. 196 ff. und die dort citierte Literatur; außerdem etwa Bericht über den 1873 in Wien abgehaltenen internationalen land- und forſtwirtſchaftlichen Congreſs „Wald— ſchutzfrage“; neueſtens Roſcher, Finanzwiſſen⸗ ſchaft, 1886, p. 61 ff., welche insgeſammt im ganzen und großen den hier vertretenen Stand— punkt theilen.) Die Grundzüge für die Verwaltung der Staats- und Fondsforſte und Domänen wurden in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern durch A. H. Entſchl. vom 22. März 1873 (Kundmachung des Ackerbauminiſteriums vom 3. April 1873, R. G. Bl. 44) aufgeſtellt; wir haben dieſelben hier nicht weiter zu erör— tern. Die Staatsforſte ſtehen in beiden Reichs- hälften unter dem Ackerbauminiſterium (in der weſtlichen Reichshälfte ſeit 1872, in der unga— riſchen Hälfte ſeit 1881). Wir wollen nun zum Schluſſe einige Daten über die Staatsforſte in den beiden Reichs- hälften einfügen und ſtützen uns hiebei auf die amtlichen Werke von K. Schindler und A. Bedö, auf welche wir auch wegen des De— tails verweiſen müſſen. In der weſtlichen Reichshälfte unter— ſcheidet man zwiſchen den eigentlichen Staats- und den je nach Eigenthum und Widmung der Erträgniſſe benannten Fondsforſten, welche Religions-, Studien-, Stiftungs- und Inva⸗ lidenfondsforſte ſind. Auch die letzteren werden durch den Staat verwaltet, doch dienen deren Reinerträgniſſe regelmäßig beſtimmten Zwecken. Die unter der Verwaltung des k. k. Ader- bauminiſteriums ſtehenden Staats- und Fonds- güter haben, mit Einſchluſs des griechiſch-orien— taliſchen Religionsfonds, nach dem Stande des Jahres 1884 folgende Ausdehnung: Staatsbeſitz. . . . 1,021.314'29ha= 759% Fondsbeſitz 325.299˙34 % 241 1,346.610°63 ha = 100%, Über das wiſſenswerte Detail, ſpeciell über die Zuſammenſetzung der Zahl von 633.40 8˙38 ha Staatsforſtbeſitz (62˙02% des geſammten Staatsbeſitzes) gibt die folgende Tabelle Auf— ſchluſs. Aus dieſer Tabelle ergibt ſich, daſs der öſterreichiſche Domänenbeſitz, inſoweit er über— haupt ertragbringend iſt, aus Forſten beſteht, denn neben dieſen, welche 6202 % des ge— ſammten Domänenbeſitzes ausmachen, ſtehen noch 30°09%, unproductiven Bodens, jo daſßs auf alle übrigen Kategorien 789% fallen, von welchen wiederum auf Gewäſſer 266% kommen. Die Thatſache, daſs der Domänenbeſitz fait ausſchließlich in Forſten beſteht, würde in der Durchſchnittsziffer noch eclatanter, als dies ohnehin der Fall iſt, hervortreten, wenn nicht die Verhältniszahlen bei Dalmatien ſtörend wirken würden. Das Verhältnis bei den Fonds— beſitzungen iſt ein ähnliches, doch treten Acker und Wieſen einer-, Alpen und Weiden anderer— ſeits etwas mehr in den Vordergrund. N änenweſe Dom 2 Productiver Grund Unproductiver Grund ir x ER Waldungen ee den Gewäſſe 55 6 ce 5810 ha 970 ha % ha 7700 ha 170 ha 97 ha 90 Oſterreich unter der Enns | 27.824°87 | 9510 79922 | 2:67 36432 | 124 72:49 | 0'235 6411 0 02 210660 072 29.277˙87 Oſterreich ob der Enns . . 56.314°91 6184 8617 | 0101 4.473˙31 | 2931 3.87274 427 4.68 | 0:02 | 26.208°52 | 28°84 90.960°3: Stlaburgn. ar 2 2 egg sos! 253:09 | 0-12] 7.04793 3•48 6.00452 |) 2:96 833 — 67.477914 33˙13 202.786 89 lh [ine 119˙14 004 12.966˙55 | 4181 1.267 0 041 10:92 — [184.202:86 | 59:32 310.524°89 Botanlberg . co. 2 ..2 cl. 1.080,80. 1394 — 2:90 | 012 18.42 0176 — — 1.300˙46 2.35728 Steiermark . 57.055368 62˙06 967˙18 | 1:05| 9.97442 10˙85 976˙26 106 2015 | 0:02] 22.939'86 94.928˙25 Mirontheit.. n 14396746 878 72˙49 | 044 54592 | 3:08 id 092 | — 2.68730 1518 17.704˙43 e828 974% 17˙86 0546 50:90 | 0:46 6144 | 0:55 091 | 001 418709 | 1:68 11.141063 Görz und Gradiska . . .. 9.872˙4 90:98 66˙83 630˙90 581 = ee, 276˙ 99 | 2:56 10.850 A Er RE ao — — = — - — —— — — — — eee ep Ron A Ne 23˙87 93:66 154˙62 | #49 6:59 | 019 3889 | 112 125 | 0:03 1763| 0:5 3.439'85 ee 2.880 •68 14 1.185:03 | 5801 3.53476 | 1731| 12.508°70 | 6112 - - 34661 | 4:70 20.475°78 de ER Be, 3.94026 96:67 1120°| 1:46 58:50 | 0:95 29-41 | 047 71 | 0:01 60 | 074 6.145297 Mähren - — -- — — — — -- . — - Schlee; — — — — — = — — — — — — Galeere 20829293 | 3.903:65 | 1:76 1:03 81:62 | 0:04 075 222.117'86 Duloipinae So 90 94:79 | 5:90 151% — 032 | — — — 1.600˙2 Zuſammen ... 633.408˙38 0g 8 che 7.79837 | 076| 2 % | #46| 27.13132 ] 2006| 13630 1420 273, 245 718837 | 076 4.46 | 27.131°32 2 60 136˙30 | 0:04 [623.10838] 202] 78837 | 0760| 15.572605 | #36] arasıa2 | 806] 13630 Tf 00821820 307.274˙27 | 30:09 | 1,021.311°29 Fondsforſte und Domänen | 259.432:83 | 7975 | 29.084°09 | 8:95 | 24.729146 | 7°60| 2.160115 | 0:66 23119 | 0:07 | 9.66492 2:97 325.299°34 Hauptſumme .. . 892.8421 66:30 36.872˙46 70.304841 | 5:22] 29.291˙47 | 217] 36749 | 0:03 | 316.936°19 | 23:54 | 1,346.610'63 Domänenweſen. 13 Über das Verhältnis zwiſchen Staats- und Privatforſten geben folgende Ziffern Auskunft: Gejammt-| +. Harn Tondsforſte Staats- und] Privat und waldſtand Staatsforſte] Fondsforſte Fondsforfte | jonftige Forſte Land ha ha 9510 Ha % f ha 97 ha YA Dfterreich u. d. Enns] 678.779] 27.825 | #10) 1.517| 023] 29.342] #33] 649.437 95:67 Oſterreich o. d. Enns| 407.758] 56.315 | 1381| 7.459) 1'83| 63.774 1564) 343.984 84°36 Saburg. . ... 231.889] 122.301 | 32˙7 — — 122.301 5274] 109.588] 47˙26 Dil 1,037.271J 111.958 | 10˙79 563| 0:05j112.521| 1084] 924.750 8916 Vorarlberg 67.675 1.036 | 153 13) 0:02] 1049| 755] 66.626 9845 Steiermark 1,075.141] 37.054 5˙31] 2.769 0:25] 39.823 3˙3604,015.3180 9444 F 456.871] 14.396 | 315] 1.969 0•43J 16.365 3°58] 440.506 9642 ini oe 442.309] 10.823 | 2451 1.555| 0:35] 12.378 2:80] 429.931| 9720 Görz und Gradisfa 66.990 9.872 | 147 — — 9.872 1473] 37.1480 85˙27 . 2.2077 — — — — — — 2.207100 A 164.516 3.224 | 1:96 44 — 3.2280 196] 161.288] 98:04 Dalmatien 381.762 2.880] 0751 2.765] 0:72] 5.645 147] 376.117| 98 33 Böhmen 1,507.325| 3.940 0.39] 1.297 0-09| 7.2370 0·4804, 500.0880 99:52 E 609.7880 — — — — — — 609.7880100 ier a 174.1100100 ee 2,021.829] 208.293 | 10•30] 10.302] 0°51j218.595) 10˙81J4,803.234 89:19 Bulvwina.-.... 451.194 1.290 | 0'331 229.219150-80]230.709| 51'135] 220.485| 48˙87 Zuſammen .|9,777 #14] 633 408 6 480285 26388928 8410 9•13ʃ8, 884.373 90˙87 Der Procentſatz der eigentlichen Staats- waldungen erreicht in Weſtöſterreich nicht ganz 6%%, der geſammten Waldfläche, während 3. B. in Württemberg faſt ein Drittel aller Waldungen im Staatsbeſitze ſich befindet, circa ebenſo in Bayern und Heſſen, in Baden über ¼, in Braunſchweig / des Waldſtandes, euro— päiſches Ruſsland 69% der Waldfläche Staats— forſt. Von der geſammten Landesfläche Weſt— öſterreichs bildet der Staatswaldbeſitz 21%, im Deutſchen Reich 84%, in Preußen 687, Bayern 124, Württemberg 977, Baden 5˙67, Sachſen 11:00, Elſaſs-Lothringen 9˙44, in den kleineren Staaten 12— 24% der Landesfläche. In den Jahren 1800 bis 1870 wurden iu Oſterreich 833.472 ha Staatsgüter für 31,796.91 fl. verkauft; von 1800 bis 1877 an Fondsgütern 300.371 ha für 28,444.04 fl., zuſammen 1,133.843 ha für 83,241.43 fl. Seit dem Übergange der Domänenverwaltung in das Reſſort des Ackerbauminiſteriums (1872) nahmen die Staatsdomänen um 23.689 ha, die Fonds— beſitzungen um 63.792 ha ab. Der ſtärkſte Ab— fall fand ſtatt in den zwei letzten Decennien, da neben großen Verkäufen in den Jahren 1860-1870 auch bedeutende Flächen zur Ab— löſung und Regulierung von Dienſtbarkeiten verwendet werden muſsten. Im Jahre 1868 wurden die Grundſätze für die Veräußerung von Staatsgütern geſetzlich feſtgeſtellt: a) Wal— dungen von klimatiſcher, überhaupt für die Productionsfähigkeit ganzer Länder hervor— ragender Bedeutung ſollen in der Hand des Staates verbleiben; b) ebenſo ſind vom Ver— kaufe ausgeſchloſſen die für den Salinen- oder ſonſtigen Staatsmontanbetrieb unentbehrlichen Wälder; c) endlich Staatsgüter, welche des geringen dermaligen Erlöſes halber für künf— tige Generationen aufzubewahren ſind. Nach dem Staats-Gr. G. vom 21. HH 1867, R. G. Bl. Nr. 141 (8 11, al. c), iſt „die Ver⸗ äußerung, Umwandlung und Belaſtung des = beweglichen Staatsvermögens“ nur mit Zuſtim— mung des Reichsrathes möglich. Von den Staatswaldungen werden 627.155 ha (über 99%) im Hochwaldbetrieb bewirtſchaftet, von den Fondsforſten 256.056 ha (über 98%). — In den Ländern der ungariſchen Krone liegen die Verhältniſſe für den Staatsforſtbetrieb günſtiger. Nach den Beſitzkategorien ſcheiden ſich die Waldungen der Länder der ungariſchen Krone in folgender Weiſe: Wälder «.. 0 Municipal⸗ kirchli Offe Wälder N Dlumieipalz kirchlicher Offen Privat- Fidei .... von Br Er en Miete fonds⸗ commiſs ompoNeNd® Aetien älder Bemeinde⸗ rationen Fonds 7 ratswälder Land wälder Gemeinde 11 Fonds wälder wälder ( de geſell wälder Berjonen | wälder ſchaften 2 ha | ang 1,168.996 | 1,792.627 | 487.204 82.380 1.960 | 317.7900 907.319 169.328 „ — Croatien und Sla— | | vonien und gew. | Militärgrenze .. 313.216 331.1412] 49.2030 — — 413.8044 1482 212 2123739 536709082. 580 1.960 | 317.790| 1.321.123 [09.328 Zuſammen „1,482.2 12 2, 123.739 336.409 82.580 1.960 317.790 1,321.123 |169.328 14 Dombrowski In Summe bilden die Staatswaldungen demnach von der geſammten Waldfläche der Länder der ungariſchen Krone (1,332.61 ha) 16 14% „F die Privatwaldungen 27 75%. — Die Geſammtheit der Waldungen, welche gemäß § 17 des ungar. F. G. nach einem behördlich zu genehmigenden Betriebsplane zu bewirt— ſchaften ſind, beträgt 67:89% aller Waldungen, jo dass die ſtaatliche Ingerenz auf die Forſt— wirtſchaft in den Ländern der ungariſchen Krone bedeutend nachdrücklicher iſt als in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern. Von den ungariſchen Staatswaldungen ſind ½ mit Buchen und anderen Laubholz— arten, / mit Eichen und ¼ mit Nadelhölzern beſtockt; von den kroatiſch-ſlavoniſchen etwa ½ mit Laubhölzern, der Reſt im Verhältnis von 2:1 mit Eiche und Nadelhölzern. Von den ungarischen Staatswaldungen ſtehen 92˙3%, die kroatiſch-ſlavoniſchen insgeſammt im Hoch— waldbetrieb. Mcht. Dombrowski (richtiger Dabrowski) Raoul Ritter von, zu Paprosz und Kruszwice, ent— ſtammt einer der älteſten polniſchen Adels— familien, deren hiſtoriſche Überlieferungen bis ins XI. Jahrhundert zurückreichen, und die dem Lande eine Reihe hervorragender Männer gab. Der Großvater Dombrowskis, Ernſt Andreas, war Staroſt von Polen, und ſein Großoheim der berühmte General und Staatsmann Jan Hendryk von Dombrowski, der als Führer der polniſchen Legion unter Napoleon ſich mit Ehre und Kriegsruhm bedeckte und durch ſeine beiſpiel— loſe Tapferkeit ſo manche Siegestrophäe an die Fahnen ſeiner Heldenſchar heftete. Vater Otto Ritter von Dombrowski war Rittmeiſter im . k. vierten Uhlanenregiment, machte die an kühnen Waffenthaten ſo reichen Freiheitskriege mit und wurde mehrmals nicht unbedeutend verwundet. In der Schlacht bei Leipzig, wo er als Ordonnanzofficier mitfocht und ſeinem vorangeführten Oheim als Feind gegenüber— ſtand, wurden ihm zwei Pferde unter dem Leibe erſchoſſen und er ſelbſt auch wieder ſo ſchwer verwundet, daſs er bald darauf den activen Dienſt verließ. Auf ſeinem Landgute Habern bei Prag widmete er ſich fortan voll— kommen der Landwirtſchaft und ſpäter der Er— ziehung ſeiner beiden Kinder, Karoline und Raoul (Rudolf Otto). Raoul Ritter von Dombrowski wurde in Prag am 3. Juni 1833 geboren. Die erſte Schulbildung erhielt er im elterlichen Hauſe und bezog dann ſpäter das akademiſche Gym— naſium in Prag. Nach Abſolvierung desſelben im Jahre 1848 trat er, 15 Jahre alt, als Kaiſereadet in die Armee. Da er zu ſeinem Truppenkörper, dem 4. Uhlanenregimente, nicht einrücken konnte, weil dasſelbe bei Temes var abgeſchnitten war, frequentierte er den Winter— curs an der Artillerieſchule in Prag. Nach Abſolvierung dieſes Curſes wurde es dem jungen Raoul in Prag und in den öden Gar— niſonsmauern mit ihrem eintönigen Einerlei zu enge. Draußen lohte ja wieder die Fackel des Krieges, dort gab es Gelegenheit, ſich aus— zuzeichnen, ſich Ruhm und Ehre zu erwerben. Das echte Soldatenblut begann ſich zu regen. Wie einſt die Vorfahren als Männer, ſo wollte auch der Knabe dabei ſein, wo die Schärfe des Schwertes das entſcheidende Wort ſprach. Auf jeine dringenden Bitten wurde Raoul von Dombrowski endlich zu dem ungariſchen In— fanterieregimente Erzherzog Joſef Nr. 37 trans— feriert. Dieſes Regiment hatte directe Ordre nach Italien, wo es gerade heiß genug her— gieng. Von der Überzeugung ausgehend, dais ſolch einem markigen Stamme auch ein kräf— tiges Reis entſpringen müſſe, wurde dem jungen Manne die Fahne anvertraut. Welcher Stolz machte die Bruſt ſchwellen, als er das erſtemal dieſe hochwichtige Inſignie im Winde flattern ließ, als er ſie beim Ausmarſche zum letzten⸗ male zu einem ſtummen Gruße ſenkte! In Italien angekommen, ließ der ernſte Strauß nicht lange auf ſich warten. Das Re— giment hatte bald ſeine erſte Waffenthat vor dem Feinde gefeiert, hatte ſich wacker gehalten. An der Seite ſeiner bärtigen Kameraden folgte der junge Fähndrich in den feindlichen Kugel— regen, in das fürchterliche Toſen der wilden Feldſchlacht, ohne mit einer Wimper zu zucken. Er trug ſeine Fahne in vollen Ehren durch eine ganze Reihe von Gefechten, bis er dieſelbe mit der Officierscharge vertauſchte. In ſeinem fünfzehnten Lebensjahre ſtand er bereits bei Novara und Mortara, wo er allgemein die Aufmerkſamkeit ſeiner Officiere auf ſich lenkte. Bei Rimini und Ferrara ſtand er dem damals von einem ſagenhaften Nimbus umgebenen Garibaldi gegenüber, um dann bald darauf ſchon wieder an der Belagerung des ſtolzen Venedig theilzunehmen. Vor dieſer Stadt war es beſonders die Artillerie, welche fürchterlich gelitten hatte. Cholera und das giftige Sumpf— fieber ſtreckten die Leute maſſenhaft nieder, andererſeits erlagen ſie zu hunderten den feind— lichen Kugeln, jo dajs in kurzer Zeit dieſe Truppe jo deeimiert war, daſs eine ernſte Ac- tion ohne ergänzenden Zuſchub nicht mehr denkbar ſchien. Raoul von Dombrowski meldete ſich freiwillig zum Eintritte in den Artillerie— dienſt, und ſeine Umſicht, verbunden mit außer- ordentlicher Tapferkeit, zogen auch hier die Aufmerkſamkeit ſeiner Vorgeſetzten auf ſich; er wurde unter Marſchall Radetzky im Alter von 16 Jahren (Auguſt 1849) vor Venedig zum Officier ernannt. Der ruhmreiche Feldzug war zu Ende, und Raoul von Dombrowski verſah nun in ver— ſchiedenen Garniſonen den Dienſt als Truppenz, Waffen- und Ordonnanzofficier und auch als Lehrbataillonsadjutant. In dieſer dienſtlichen Stellung lernte Raoul von Dombrowski unter vielen anderen den im Jahre 1832 als Cadet zum Regimente einrückenden Stephan v. Milen- fovics kennen, in dem wir heute unter dem Pſeudonym Stephan Milow einen hervorra— genden, herz- und gemüthvollen Dichter ver— ehren. Ein gleichartiges ideales Streben, eine warme Begeiſterung für alles Gute und Schöne ließ dieſe beiden Seelen ſich bald genug finden und in einem ſchönen Freundſchaftsbunde ſich vereinen, der nicht bloß ein vorübergehendes Aufflackern gleicher Gefühle bedeutete, aus dem Dombrowski. ſich vielmehr jene herzenswarme Freundſchaft entwickelte, die noch heute die beiden nun ge— reiften Männer innig verbindet. Im Jahre 185% nahm von Dombrowski, inzwiſchen zum Oberlieutenant befördert, an der Expedition in die Donaufürſtenthümer wäh- rend des Krimfeldzuges theil und hatte — in die höchſten Geſellſchaftskreiſe eingeführt — reichlich Gelegenheit, Land und Leute kennen zu lernen. — Seine Mußeſtunden widmete er mit Ernſt und Erfolg wiſſenſchaftlichen Studien auf verſchiedenen Gebieten und erwarb ſich eine reiche univerſelle Bildung. Familienverhältniſſe veranlaſsten ihn als einzigen Sohn, nach dem Tode ſeines Vaters den Dienſt zu quittieren und ſich der Land— und Forſtwirtſchaft zuzuwenden. Vielfach und in ſelten hohem Maße befähigt, von regem Wiſſens⸗ und Schaffensdrang beſeelt, mit eiſer— ner Willens- und Thatkraft ausgeſtattet, gelang es ihm, auch auf dieſen realen vielſeitigen Ge— bieten reiche Erfolge zu erringen. Im Jahre 1857 beſuchte er die damals weitberühmte Akademie Hohenheim, und wie er als tapferer Soldat von ſeinen Comman— danten hoch geſchätzt, von ſeinen Kameraden und Untergebenen geachtet und geliebt war, ſo gewann ihm ſein mäunlich offenes Weſen, ſein vielſeitig gebildeter Geiſt, ſein tiefes Gemüth auch in der Fremde die Herzen aller, eine Reihe ſinniger lyriſcher Dichtungen insbeſon— dere die Sympathie der Frauenwelt. Mit eiſernem Fleiße und regem Eifer wid— mete er ſich dem Studium der verſchiedenen Disciplinen des Ackerbaues, der Forſtwiſſen— ſchaften, der Thierzucht und Technologie, die er nach Verlauf von drei Semeſtern mit vor— züglichem Erfolge abſolvierte. Nachdem dies geſchehen war, begnügte ſich Raoul von Dom— browski nicht mit dem Erfolge ſeiner theore— tiſchen Studien, ſondern wollte nun die ge— wonnene Wiſſenſchaft an dem Schleifſteine der praktiſchen Ausübung erproben. Zu dieſem Zwecke machte er mehrere große Reiſen durch Europa, überall dort verweilend, wo er Ge— legenheit fand, ſich praktiſche Kenntniſſe zu er— werben und Theorie und Praxis mit einander in Einklang zu bringen. Mit vielfachen Keunt— niſſen und Erfahrungen bereichert, kehrte er auf ſeine Scholle zurück, vermählte ſich am 21. Juni 1859 und ließ ſich bleibend auf den Gütern Ulig und Jesna bei Pilſen in Böhmen nieder. Nun begann für ihn eine ganz neue Thätigkeit, verklärt von dem Widerſcheine glück— lichen Familienlebens, andererſeits angeregt durch den praktiſchen Wirkungskreis, der des neuen Beſitzers harrte. Erſt vorſichtig, dann immer energiſcher begann er mit der Verbeſſerung des Vorhan— denen und ſtand ſchließlich vor einer nahezu vollſtändigen Reform ſeiner Gutswirtſchaft. Bald zeigte es ſich, daſs der junge Beſitzer nicht nur neue Ideen, ſondern auch die nöthige Energie zur Realiſierung derſelben heimge— bracht hatte. Der Beſitz war binnen wenigen Jahren nicht bloß verändert, er war zu einer wahren Muſterwirtſchaft umgeſtaltet, der ſelbſt 15 die gewiegteſten Großökonomen ihre volle An— erkennung nicht verſagen konnten. In raſcher Aufeinanderfolge erſtanden eine Brauerei, eine Malzfabrik, eine Dampfmühle, eine Knochenmehlfabrik, Schloſſerei und Zie⸗ gelei auf ſeinen Gütern, welche Anlagen Raoul von Dombrowski unter dem gemeinſamen Titel „Das Induſtriale“ zuſammenfaſste und nach dem Principe, „die landwirtſchaftliche Rohpro— duction mit der induſtriellen Verwertung der Rohproducte zu vereinigen“, angelegt hatte. Mit dieſen Etabliſſements hatte Rabul von Dombrowski für die Verwertung der land— wirtſchaftlichen Rohproducte ein ſozuſagen neues Feld geſchaffen, weil jedes Product der relativ höchſten Verwertung zugeführt wurde und doch für die anbaufähige Fläche immer jene Summe von Abfallſtoffen reſerviert blieb, welche voll— kommen ausreichte, eine Verarmung des Bodens zu verhindern, mithin deſſen gleichmäßige Pro— ductivität zu ſichern. Dieſe Grundſätze vertrat Raoul von Dom— browski auch, als er, 1864 zum Vicepräſidenten und Leiter des landwirtſchaftlichen Vereines für Weſtböhmen gewählt, daran gieng, das land- und forſtwirtſchaftliche Ausſtellungsweſen zu refor— mieren. Wie glücklich der Gedanke war, das be— wieſen am beſten die wahrhaft glänzenden Er— folge, welche im Laufe weniger Jahre erzielt wurden. Das nun eintretende Kriegsjahr 1866 riss den rüſtig ſchaffenden Mann für einige Zeit aus ſeiner Sphäre heraus. Im Süden und im Norden des Reiches lohte die Kriegsfackel auf. Es erwachte der Gedanke, der Regierung ein Freicorps zur Verfügung zu ſtellen. Die Durch— führung dieſes Gedankens war eine ſchwierige, ja vorausſichtlich unmögliche, falls nicht die rechten Männer an die Spitze traten. Durch das ehrende Vertrauen ſeiner Standesgenoſſen und der umliegenden Bezirke wurde Raoul von Dombrowski die Miſſion mitübertragen, der Regierung ein Freicorps anzubieten, in welches eine größere Zahl herrſchaftlicher Berufsjäger eingereiht und auf Koſten der Grundbeſitzer ausgerüſtet werden ſollte. Dieſer patriotiſche Antrag wurde von der Regierung dankend ab— gelehnt. Als aber die Schlacht bei Königgrätz geſchlagen, ein großer Theil des Landes in Feindeshand war, griff die Regierung dieſe Idee ſelbſt wieder auf und übertrug dem Feld— marſchall-Lieutenant Jochmus die Bildung von Freicorps und die Organiſierung des Land— ſturmes. Raoul von Dombrowski bezeichnete dieſes Project nicht bloß als ein verfehltes, ſondern geradezu gefährliches. Er ſcheute ſich nicht, dieſer Anſicht, wohlmotiviert, an leitender Stelle offenen Ausdruck zu verleihen. Als aber der damalige Statthalter Graf L. immer unge— ſtümer in ihn drang, ein Diſtrietscommando zu übernehmen, entſchloſs er ſich, ſeine Perſon dieſem Unternehmen zu weihen, trotzdem er ſich die Gefährlichkeit und Hoffnungsloſigkeit des— ſelben nicht verhehlte. Factiſch war es auch ein Glück zu nennen, daſs faſt gleichzeitig der Waffenſtillſtand geſchloſſen wurde, ſonſt hätte er entſchieden ſeinen Patriotismus mit dem Leben bezahlt. Der Feind hatte nur zu bald Wind 16 Dombrowski. von der Bewegung erhalten und ſogleich auch ein Streifcorps in jene Gegenden entſendet, um das verfehlte und verzweifelte Unternehmen im Keime zu erſticken. Dombrowski berief, nachdem er die gefahr— volle Miſſion übernommen hatte, Vertrauens- männer der umliegenden Gemeinden und legte denſelben die Sachlage in warmen, patriotiſchen Worten dar. Seine Beliebtheit, ſeine Beredtſam— keit und der ſchäumende Gerſtenſaft, den er aus der herrſchaftlichen Brauerei reichlich eredenzen ließ, thaten ihre Schuldigkeit, und begeiſtert ge— lobten die Männer, ihm zu folgen. Das war mittags. Zwei Stunden ſpäter kam ein reitender Bote von der Kreisſtadt und überbrachte Dom— browski einen Zettel folgenden Inhalts: „Zwei— tauſend Mann Preußen im Anmarſch. Retten Sie ſich.“ Konnte er das nun noch? Er blieb und ordnete gefajst ſeine Angelegenheiten. Den folgenden Tag verſicherte ihn der Commandant des Streifcorps mit dürren Worten, daſs er zum warnenden Beiſpiel erſchoſſen worden wäre, wenn nicht der abgeſchloſſene Waffenſtillſtand allem halt geboten hätte. Nach dem erfolgten Friedensſchluſſe kehrte auch Raoul von Dombrowski wieder zu ſeiner vielſeitigen ländlichen Beſchäftigung zurück, jedoch nicht für lange, denn ſchon das Jahr 1867 fand ihn thätig für die Weltausſtellung in Paris, wo er collectiv die große goldene, die große ſilberne und die Bronzemedaille erhielt und überdies ſpeciell für ſeine ſocialen und nationalökonomi— ſchen Verdienſte bei der Concurrenz um den großen Kaiſerpreis durch ehrenvolle Nennung ausgezeichnet wurde. Für die darauffolgende Landesausſtellung in Linz wurde ihm der ehrenvolle Poſten eines Preisrichters übertragen. Im Jahre 1868 wurde er als Obmann der politiſchen Bezirksvertretung gewählt und von Sr. Majeſtät dem Kaiſer allergnädigſt beſtätigt. Eine hervorragende Auszeichnung wurde Raoul von Dombrowski zutheil, als die Aka— demie Hohenheim ihr Jubiläum feierte. Damals wurde er neben Hof- und Miniſterialrath Wil— helm von Hamm und Domänenrath von Komers als ausgezeichnetſter Repräſentant der öſter— reichiſchen Hörer zur Jubiläumsfeier eingeladen und ſprach hiebei im Namen der einſtigen Hörer, von begeiſtertem Beifall begleitet, den Dank an den Lehrkörper. An der in Wien abgehaltenen Ausſtellung im Jahre 1868 betheiligte ſich Raoul von Dom— browski ebenfalls in hervorragender Weiſe und wurde dafür mit der damals erſt geſtifteten Staatspreismedaille — dem höchſten Preiſe — ausgezeichnet. Von da an wurde er von allen folgenden Ausſtellungen in reichem Maße prämiiert. Unter den vielen Prämien befinden ſich vier Staats- preiſe erſter Claſſe, fünf Staatspreismedaillen, zahlreiche goldene und ſilberne Medaillen, Ehren— Diplome 2c. Bei der im Jahre 1869 in Pilſen abge- haltenen land- und forſtwirtſchaftlichen Aus— ſtellung wurde er zum Präſidenten derſelben ernannt und erwarb ſich auch hier um die Hebung der Urproduction und Induſtrie hohe Verdienſte. In dieſen Zeitraum voll unermüdeten öffent- lichen Schaffens fällt auch der Beginn ſeiner be— deutenden literariſchen Thätigkeit. Zahlreiche in verſchiedenen Blättern zerſtreute Artikel und Abhandlungen über die ſchönen Künſte, Politik, Agricultur und Jagd hatten ihm auch als Schriftſteller bald einen klangvollen Namen ge— bracht. Als er 1869 bei Calve in Prag „Harm⸗ volle Lieder und harmloſe Gedanken“, eine Sammlung lyriſcher Gedichte und Aphorismen erſcheinen ließ, wurde das Buch von der in— und ausländiſchen Preſſe mit Beifall aufge- nommen, während er ſelbſt fie als Jug end— ſünde bezeichnet. Noch in demſelben Jahre folgte das geiſt⸗ volle Werk „Die Urproduction und In⸗ duſtrie gegenüber den Forderungen un⸗ ſerer Zeit“. Das in dieſem Buche entwickelte Syſtem, ſo einfach es erſcheint, iſt ein tiefdurchdachtes, von der Natur ſelbſt gebotenes. Aus wenigen Sätzen leitet der Autor dasſelbe klar und logiſch ab: „Der Urquell dauernder Kraft eines Landes ruht in der nachhaltigen und hochentwickelten Urproduction desſelben, die jedoch nur dann ge— dacht werden kann, wenn ſie auf dem Kreis⸗ lauf der Stoffe und Kräfte baſiert und den Abzug mit dem Rückerſatz in ſtetem Gleich— gewichte zu erhalten verſteht. Die Arbeit im wei⸗ teſten Sinne des Wortes iſt mittelbar und un⸗ mittelbar die Quelle aller Werte, und auf dem Vortheil der Productivität und dem Reichthum des Individuums beruht der Vortheil, die Pro— ductivität und der Reichthum der Geſellſchaft.“ Auf dieſer Grundlage fußen die drei Theſen ſeines Syſtems. 1. Theilung der Urproduction und Ver⸗ weiſung derſelben in ihre natürlichen, von Klima und Bodenverhältniſſen gezogenen Grenzen. 2. Directe Verwandlung der Rohproducte in Ware innerhalb der vorangeführten Grenzen. 3. Mittelbare und unmittelbare Verwendung und Verwertung der gewonnenen Abfälle für die Rohproductionsflächen. Das Aufſehen, welches dieſes Buch hervor- rief, wird vielleicht am klarſten gezeichnet, wenn ich ein paar Stellen aus Briefen und Kritiken anführe. Der große Juſtus v. Liebig ſchrieb: „Ihre prächtige Schrift birgt Ideen und Ge— danken von höchſter Wichtigkeit für den Staat ſowohl wie für die Bevölkerungen . . . Ihre in- haltsreichen und eindringlichen Worte werden, wie ich zuverſichtlich hoffe, nicht nur in Oſter⸗ reich, ſondern auch anderwärts die gedeihlichſten Wirkungen hervorbringen. Werden Sie nicht müde, immer und immer wieder darauf zurüd- zukommen, bis das Trägheitsmoment der Maſſe überwunden iſt.“ Dr. William Löbe ſagt ebenſo kurz als treffend: „. . . Das Buch iſt ein gedankenreiches Unicum auf dem Gebiete der volkswirtſchaft— lichen Literatur.“ i Dr. Moriz Wollner bezeichnet Raoul von Dombrowski als einen Mann, „der durch dieſes Buch im vollſten Maße die ihm eigene Kunſt zeigt, in wenigen Worten Vieles und Geiſtvolles zu jagen“. Dombromsfi. 17 Wo ſolche Autoritäten geſprochen haben, kann ich füglich jede weitere Kritik über dieſes gedankenreiche Werk unterlaſſen. Für die prak— tiſche Verwertung des Syſtems ſelbſt ſprechen überdies klar die Muſterwirtſchaften im Sinne dieſes Syſtems. Nach der Auflöſung der k. k. patriotiſch— ökonomiſchen Landesgeſellſchaft für das König— reich Böhmen, deren Centralausſchuſsmitglied von Dombrowski war, wurde derſelbe vom k. k. Ackerbauminiſterium zu der Ehrenſtelle eines Landesculturrathes unter ehrenvollſter Anerken— nung ſeines ausgezeichneten Wirkens erhoben. Die beiden muſtergiltig bewirtſchafteten Beſitzungen Ullitz und Jesna verkaufte Raoul von Dombrowski im Jahre 1872 und erwarb an deren Stelle die beiden landtäflichen Güter Kämen und Eſche bei Täbor in Böhmen. Nicht bloß in Böhmen, auch in Wien wuſste man Raoul von Dombrowskis Kenntniſſe voll— kommen zu würdigen und trachtete dieſe un— ſchätzbare Kraft für die Weltausſtellung 1873 zu gewinnen. Trotzdem er im oppoſitionellen Lager der Wählerſchaft des Großgrundbeſitzes ſtand, wurde er durch den Erzherzog-Protector auf Vorſchlag der, Regierung zum Weltaus— ſtellungscommiſſär und Juror ernannt, in wel— cher Stellung er ſehr weſentliches zum Gelingen dieſes Unternehmens beitrug. Nachdem infolge nationaler Zerwürfniſſe in Böhmen eine Collectivausſtellung der reichen Urproduction dieſes Königreiches aufgegeben werden ſollte, war es Raoul von Dombrowski, welcher mit ſeiner reichen Fachkenntnis und er— probten Energie das Project durchaus ſelb— ſtändig aufnahm. Seinen ausgezeichneten uni— verſellen Fachkenntniſſen, der unermüdlichen Ausdauer und patriotiſchen Thatkraft war es zu danken, daſs das culturell jo hoch ent— wickelte Königreich in würdiger Weiſe vertreten war. Der wahrhaft geniale Plan für die In— ſcenierung der Ausſtellung, die Raoul von Dom— browski durchaus ſelbſtändig und unter den denkbar ſchwierigſten Verhältniſſen ſchuf, alles bis ins kleinſte Detail ſelbſt ausarbeitete, brachte die Urproduction und Induſtrie in einer durch— aus originellen, hochintereſſanten Weiſe zur Dar— ſtellung. Indem er, mit der geologiſchen For— mation beginnend, die ganze Urproduction in Höhenſchichten gruppierte, die aus denſelben reſultierenden Induſtriezweige und Gewerbe bis zur Verwendung und Verwertung der Abfälle zur Darſtellung brachte, legte er dadurch in der glänzendſten Weiſe ſein ſchon in dem früher beſprochenen Buche entwickeltes Syſtem „Von der Erde wieder zur Erde“ dar. Die inter- nationale Jury hat dieſe großartige Schöpfung mit ihrem höchſten Preiſe unter einſtimmiger Votierung des Ehrendiploms anerkannt und gewürdigt. In demſelben Jahre noch wurde Raoul von Dombrowski zum Donat J. Claſſe des ſouve— ränen Malteſerordens mit der Diſtinction des heiligen Grabes von Jeruſalem erhoben. In dieſer Zeitperiode erfolgreichen Schaffens traf von Dombrowski ein herber Schlag. Sein bevollmächtigter Anwalt entzog ſich durch Selbſt— mord der ſtrafenden Gerechtigkeit, nachdem er Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 2 den alloden Theil des bedeutenden Vermögens beider Gatten defraudiert hatte. Sie trugen beide die Kataſtrophe mit ruhiger Faſſung; der ſchwere Schlag vermochte es nicht, Dombrowskis Thatkraft zu lähmen, ſeine eiſerne Energie zu beugen. Raſtloſes Schaffen war ſein Troſt. Man ſollte glauben, dafs eine ſo vielſeitige ausgedehnte Thätigkeit einen Mann vollauf in Anſpruch nehmen müſſe. Bei Raoul von Dom⸗ browski war dies nicht der Fall. Er fand neben dieſen rieſigen Arbeiten doch noch immer Zeit, ſeinem lieben Walde die ſüßen Geheimniſſe ab— zulauſchen und dem Weidwerk in reichem Maße zu huldigen. Wie er auf ſeinen Feldern, in ſeinen Etabliſſements, in den weiten Ausftel- lungsſälen die dominierende Kraft war, ſo war er im Walde der weid- und fährtengerechte Jäger, dem kein Jota von dem entgieng, was das Wild in ſeinen Hieroglyphen in den weiten Revieren geſchrieben. Auch hier lautete ſeine Deviſe: Beobachten, ſchauen, ſinnen und denken. In welch hervorragendem Maße Raoul von Dombrowski zum Beobachten und Schauen be— fähigt war, das beweiſen wohl am beſten ſeine außerordentlich reichen Schuſsprotokolle und die Werke, die er ſeit der Zeit in jagdlicher Be— ziehung geſchrieben. Exacte Forſchung im Bunde mit praktiſchem Können ſchufen jene Werke, die als Zierden unſerer jagdlichen Literatur den erſten Rang einnehmen und denſelben auf lange Zeit hinaus behaupten werden, denn ſie ſind nicht eine Compilation, eine Neumodelung, ſondern das Reſultat ſelbſtändiger, umfaſſender Forſchungen. Naturtreu und wahr, unbeküm— mert um gewiſſe verroſtete Vorurtheile, gelangt alles zum Ausdrucke, was Wild und Wald einem ſeiner höchſtbegnadeten Jünger verrathen und erzählt. Durch die Bethätigung und ſeltene Vereinigung hoher, allumfaſſender Geiſtesgaben hat es Raoul von Dombrowski dahin gebracht, daſs ſein Name als einer der erſten und ge— feiertſten auf jenen Gebieten genannt wird. 1876 erſchien von ihm in der Wallis— hauſſer'ſchen Buchhandlung (Joſef Klemm) „Das Reh. Ein monographiſcher Beitrag zur Jagd— zoologie.“ Dieſe Monographie wurde von der Kritik allgemein als das Beſte anerkannt, das bis dahin auf dieſem Gebiete geliefert wurde. Raoul von Dombrowski beſitzt die vollendetſte Meiſterſchaft, jenen Ton anzuſchlagen, der zu des Herzens tiefſtem Innern unwiderſtehlich dringt. Der eminent praktiſche Weidmann, der ſinnige Beobachter, der poetiſch verklärende Seher reichen ſich überall die Hand, ſtimmen den vollkommen melodiſchen Dreiklang. Der reiche Inhalt, die unübertroffene Art der Dar— ſtellung, die ebenfalls ſeinem Künſtlerſtifte ent— ſprungenen bildlichen Darſtellungen räumen ſchon dieſem jagdlichen Erſtlingswerke einen hervor— ragenden Platz in der Literatur ein. Ja, „Das friſche Grün zum Grau der Theorie Iſt Weidwerks Farbenharmonie!“ Im Jahre 1876 überſiedelte von Dom— browski nach Linz, um jedoch ſchon 1877 in Wien ſeinen bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Schon 1878 trat er mit ſeiner Monographie über das Edelwild hervor. Auch dieſe Publi cation wurde von der Preſſe mit allgemeiner * 18 Dombrowski. Freude begrüßt und vom Publicum mit leb- haftem Beifalle aufgenommen. Eine Wiener Zeitung ſchrieb damals: „Raoul Ritter von Dombrowski iſt einer jener ſeltenen Menſchen, der mit allgemeiner eine weitgehende naturwiſſen— ſchaftliche Bildung verbindet, mit dem Sinne für die Natur und deren Schönheiten auch die Feder, den Griffel und die Palette beherrſcht und nebenbei Poet iſt. All dieſe Talente und Kenntniſſe ſetzen ihn denn auch in hohem Maße in die Lage, das edle Weidwerk, deſſen volle Beherrſchung und Schilderung das Genannte fordert, in ebenſo wahrer als praktiſcher und geiſtreicher Weiſe zu behandeln. Sie ſetzen ihn auch in die Lage, den Freunden der Natur und des edlen Weidwerks ein Bild des vornehmſten, in die Reihe des zu der hohen Jagd gehörigen Wildes zu liefern ... Wo wir es (das Werk) aufſchlagen, begegnet uns ein blühender Stil, eine auf gründlichen Studien und umfaſſender Selbſtbeobachtung beruhende Kenntnis des Stoffes.“ So und ähnlich ſprach ſich die ge— ſammte Fachpreſſe aus, ein Beweis, wie ſehr Inhalt und Form dem Gegenſtande entſprachen, und wie ſehr das Buch einem wahren Bedürf— niſſe entgegenkam. Die volle Würdigung der literariſchen Arbeiten fand ihren weiteren Ausdruck auch darin, daſßs Raoul von Dombrowski am 25. März 1878 als Hofforſtmeiſter in den aller- höchſten Hofjagddienſt berufen wurde. In An— ſehung ſeiner Verdienſte wurde er ferner aus— gezeichnet durch das Ritterkreuz I. Claſſe des königlich ſächſiſchen Ordens Albrecht des Be— herzten; der Berliner Jagdelub überſendete ihm ein Ehrendiplom, und der niederöſterreichiſche Jagdſchutzverein feierte ihn durch Verleihung der erſten Hubertusmedaille in Silber. Das Jahr 1882 brachte ihm das Officierskreuz des königlich ſerbiſchen Takowa-Ordens. In dieſem Jahre zog er ſich dann völlig ins Privatleben zurück und widmet ſich nun ausſchließlich ſeinen vielſeitigen Studien und literariſchen Arbeiten. Als Frucht dieſer Muße erſchien zunächſt 1883 bei Carl Gerolds Sohn in Wien die Mo— nographie „Der Fuchs“. Die Jagdzeitung „Weidmanns⸗Heil“ ſchrieb hierüber: „Für jeden Weidmann iſt es gewiſſermaſſen ein Ereignis, wenn von Dombrowski mit einem neuen Buche erſcheint. Mit Freuden greifen wir danach, denn wir wiſſen, dafs uns nur Gediegenes, nur wertvolle Erfahrungen und Forſchungen auf dem Gebiete des Jagd- und Thierlebens in einem vollendet ſchönen Gewande geboten wer— den. Auch „Der Fuchs' reiht ſich würdig an ſeine Vorgänger an. Mit wirklicher jagdlicher und zoologiſcher Fachkenntnis verfolgt der Ver— faſſer den Lebenslauf des ſchlauen Räubers von ſeiner dunklen Wiege bis zur Strecke, zieht alles auf den Fuchs Bezügliche in den Rahmen ſeiner Beſprechung und weiß ſelbſt den trockenſten Epiſoden durch eine humorvolle Darſtellung und glänzenden Stil ein reizendes, lebendiges Colorit zu verleihen. Als ein beſonderes Verdienſt be— trachten wir es, daſs der Verfaſſer gleich an⸗ fangs gewiſſen Seriblern den Fehdehandſchuh hinwirft in dem Satze: Der Fuchs überragt weder mit ſeinen Sinnen noch durch deren Ge— brauch die freien Thiere des Naturhaushaltes.“ Dies iſt nur eine Stimme aus vielen, die aus Fachkreiſen laut wurden. In demſelben Jahre erſchien auch bei Moritz Perles in Wien das geiſt- und gemüth⸗ volle Büchlein „Splitter“, eine Sammlung von Gedanken, Aphorismen und reizenden Bildern. Jede Zeile dieſes Buches trägt die Signatur eines ernſten Denkers, eines vollendeten, durch reiche Welterfahrung gereiften Geiſtes, iſt daher ein reicher Schatz in jeder Lage, in jeder Sphäre und für jedermann, der — kein Feind eigenen Denkens iſt, ſo lautet die Kritik. Da ſich der Mangel eines geeigneten „Lehr- und Handbuches für Berufsjäger“ immer mehr fühlbar machte, gab Raoul von Dombrowski 1884 bei Moritz Perles ein ſolches heraus, das alles bis jetzt Erſchienene hoch überragt und auch bald nach dem Erſcheinen als officielles Fachwerk für Prüfungen vom k. k. Miniſterium approbiert wurde. Auch dieſes Buch trägt den Stempel des gerechten Jägers, des ernſten, durchdringenden Denkers und iſt beſonders be— müht, an die Stelle des Handwerkerthums den idealen Hauch ernſter Berufsauffaſſung und ſtrengen Corpsgeiſtes zu ſetzen. Es iſt für jeden Berufsjäger ein äußerſt zuverläſſiger, ermun⸗ ternder, zu freudigem Streben aneifernder Führer. j Hieran reihte ſich die äußerſt praktiſch zu⸗ ſammengeſtellte „Chronik der Jagdbeute“ und das „Waldbrevier“. Letzteres führt uns Wild und Wald in zwölf reizend ausgeſtatteten Bildern vor, knüpft daran kurze Erzählungen aus dem Jägerleben, durchweht von köſtlicher Phantaſie und einem echt gottbegnadeten Humor. Das Jahr 1885 brachte uns von dieſem Autor wieder eine Reihe epochemachender Er⸗ ſcheinungen. Seine Arbeit „Der Wildpark“ iſt ein Werk, welches eine erſtaunliche Summe agronomiſcher Kenntniſſe mit dem genauen Wiſſen über das Thierleben und deren Lebens— bedingungen, Eigenthümlichkeiten ꝛc. verbindet. Der Wildpark, wie ihn Raoul von Dombrowski uns vorführt, iſt keine quälende Gefangenanſtalt, der die bekannten Zerrbilder des edlen Wildes entſpringen, es iſt eine Schöpfung, welche jeder Wildgattung das Ihre in erforderlichem Maße bietet, allen Eigenthümlichkeiten der Gattung Rechnung trägt, für alles ſorgt, was für das Wohlbefinden des Wildes wünſchenswert iſt. Nicht den ledernen Doctrinen, nicht den Anz ſichten alter und älterer Schriftſteller iſt das Buch angepaſst, ſondern trägt rein den Bedin- gungen des Wohlbefindens und der ungehemmten Entwicklung des Wildes Rechnung, iſt mithin gleichſam aus der Natur desſelben als ein na⸗ türliches, nur verkleinertes Stück Freileben herausgewachſen. So mancher von den bisherigen Wildparks hat ſich nur ſelbſt dadurch in Miſs⸗ eredit gebracht, weil der Beſitzer ſein Wild nach dem Parke und nicht dieſen nach dem Wilde einrichten wollte. Als ein geradezu monumentales Werk darf „Die Geweihbildung der europäiſchen Cer— vinen“ angeſehen werden. Der jährliche Ab- wurfsproceſs und die Wiedererneuerung des annuellen Hauptſchmuckes ſind uns bisher feines- Dombrowski. 19 wegs in ihrem ganzen Umfange und in den einzelnen Details ſo klar geworden, wie es dieſe intereſſanten Vorgänge verdienen. Wohl haben ſich einzelne Gelehrte an dieſe ſchwierige Frage herangewagt, aber trotz des Aufwandes von Wiſſen und Beredtſamkeit wollten die Löſungen nicht recht befriedigen, konnten den Kern der Sache höchſtens tangieren, weil der größte Theil der Forſchungen nur vom Schreibtiſche aus und an gezähmten Exemplaren gemacht war. Raoul von Dombrowski hatte, wie nicht bald ein Zweiter, Gelegenheit, ſeine Forſchun— gen im Walde ſelbſt, am Wilde in ſeiner Un⸗ gebundenheit zu machen. Die beſten Reviere ſtanden ihm zur Verfügung, in denen er das Wild in allen jenen Stadien ſtrecken konnte, welche geeignet waren, einen Blick in den Ab— wurf⸗ und Aufſetzungsproceſs zu geſtatten. Dazu war er auch geiſtig hervorragend be— fähigt, an ſolche Unterſuchungen heranzutreten. Dieſes Werk baſiert lediglich auf eigenen Un— terſuchungen und langjährigen Erfahrungen. Sowohl die textlichen Ausführungen als die in meiſterhafter Vollendung dargeſtellten Figuren verdienen den Titel einer Meiſterleiſtung im vollſten Maße. Tritt uns in dieſem Werke Raoul von Doms browski als Gelehrter, als Meiſter mit Feder, Stift und Loupe entgegen, ſo begegnet er uns andererſeits wieder mit einer Fülle ſprudelnden Humors und geiſtreichen Witzes in ſeinem Buche: „Der Jäger, deſſen naturhiſtoriſche Be— ſchreibung, Hege, Jagd und Fang. Humoreske zu Nutz und Frommen der reiferen weib— lichen Jugend.“ (Verlag von Wilhelm Bänſch, Berlin.) Wie der Titel ſagt, iſt dasſelbe der zarteren Hälfte unſeres Geſchlechtes gewidmet. Hat der Autor mit ſeinen jagdlichen Schriften ſtets das freie Völkchen „der Grünen“ erbaut und erfriſcht, wird er mit dieſer Humoreske die Schönen dieſer Gilde elektriſieren, und ſelbſt der alte verbiſſene Graubart wird vergnüglich in ſich hineinſchmunzeln und dem Autor unbe— dingte Abſolution gewähren, weil er in ſo feſſelnder Weiſe — aus der Schule geplaudert. Gleichzeitig und im gleichen Verlage er— ſchienen „Die zwölf Gebote für den Weidmann“. In zwölf Bildern führt uns der Verfaſſer hinaus zum fröhlichen Jagen, ergötzt uns durch ſeine der Natur abgelauſchteu Schilderungen, vergiſst aber auch nicht, uns mitzunehmen zu dem beſchwerlichen Geſchäfte der Wildhege und Pflege, wenn draußen Winter und Wetter ihre unliebenswürdigſten Seiten herauskehren, wenn der Schnee in dichten Flocken im wirren Tanze niederwirbelt, oder wenn derſelbe hartgefroren unter unſeren Füßen knarrt, als empöre er ſich über den Druck des eiſenbewehrten Schuhwerks. Zwiſchen den ernſten Inhalt ſtreut der Autor launige Epiſoden, packende humoriſtiſche Be— merkungen in reicher Fülle. Der Verfaſſer hat in dieſem Buche in äußerſt gelungener Weiſe das Nützliche mit dem Angenehmen ver— bunden und damit zweifellos ſeinen edlen Zweck bei allen Hubertusjüngern erreicht. Das Jahr 1886 endlich war dazu auser— ſehen, ein wahrhaft monumentales Werk, „Die Encyklopädie der geſammten Forſt- und Jagd— wiſſenſchaften“ in die Offentlichkeit treten zu laſſen. Es war dies eine Aufgabe, an die ſich nur ein keine Schwierigkeiten kennender Geiſt heranwagen konnte. Mit kundigem Feldherrn- blick hat ſich Raoul von Dombrowski unter den Männern der Jagd, des Forſtweſens und der Wiſſenſchaft umgeſehen, hat ſich ſeine Mit- arbeiter gewählt. Mit Ausnahme meiner We⸗ nigkeit ſind es durchwegs die hervorragendſten Capacitäten, die ſeinem Rufe gefolgt ſind, die ihre Feder angeſetzt haben, um zu zeigen, was der deutſchen Männer geeinte Kraft zu ſchaffen vermag. Möge St. Hubertus ihr Werk mit ſeinem Segen geleiten. Die geſammte Fachkritik hat auch bereits das rüſtig fortſchreitende Un— ternehmen durch das höchſte Lob, Sr. Majeſtät der König von Württemberg auch jüngſt von Dombrowski als Schöpfer desſelben mit der goldenen Medaille für Wiſſenſchaft und Kunſt ausgezeichnet. Raoul von Dombrowski iſt glücklicher Familienvater. Der älteſte Sohn Ernſt von Dombrowski, geboren am 7. September 1862 auf Schloſs Ullitz, hat ſich durch ſeine ornitho— logiſchen und jagdhiſtoriſchen Schriften ebenfalls ſchon einen guten Namen erworben und iſt gleichzeitig ein hervorragender Mitarbeiter dieſes Werkes. Mit den vorſtehenden Schilderungen haben wir die Vorzüge Raoul von Dombrowskis noch nicht erſchöpft. Er iſt nicht bloß Agronom, Forſtmann und Schriftſteller, ſondern auch ein vortrefflicher Maler und Zeichner, ein berühmter Schütze, der ſeinesgleichen ſucht. Viel bewundert und beneidet iſt die Blitzesſchnelligkeit und Sicherheit, mit welcher er das Wild jtredt. Seine coups doubles auf den großen Jagden ſind unter allen anderen daran kenntlich, daſs die beiden abgegebenen Schüſſe nahezu, auch bei Doubletten mit der Kugel, in einen Schall zu— ſammenfallen. Die Zahl des Wildes, das er in den verſchiedenen Theilen Europas ſtreckte, be— ziffert ſich auf nahezu 40.000 Stück, das iſt gewiſs eine ſeltene Leiſtung, und doch, über die merkwürdige Art ſeines Schießens befragt, be— tont er ſelbſt jederzeit, daſs auch er Jagdtage zu verzeichnen habe, die reich an Fehlern ſeien, was übrigens jedem Sterblichen paſſiert. Raoul von Dombrowski iſt ein ganzer, ein gerechter Jäger, ein enthuſiaſtiſcher Verehrer der Natur und Kenner von Jagd und Wald. Dies zeichnet er auf unübertreffliche Art in folgendem Verſe: „Wenn einſt mein Herze ſtille ſteht — Dann ſcharrt es tief im Holze ein; Im Föhrenduft — in Waldespracht, Dort laſſet es gebettet ſein. Und einen „Bruch“ noch gebt mir mit, Ein Weidmannsheil — des Jägers Luſt; Verwelkend ſei's der letzte Schmuck Der ſchlummermüden, treuen Bruſt!“ — Sein warmherziges, edelmüthiges Weſen, die ungezählten Wohlthaten, die er, jeden Dank ablehnend, ſtets ſpendete, erwarben ihm aller— orts die wärmſten Sympathien, die ungetheilte Verehrung. Zahlreiche Gemeinden ernannten ihn zum Ehrenbürger, hunderte von Bedürftigen * 20 Domeſtication. — Doppelgewehr. ſegnen ſeinen Namen. Seinen Beamten war er ſtets ein wohlmeinender Freund. Bei einem verheerenden Brande zu Eſche in Böhmen drang er mit eigener Lebensgefahr, nachdem dies niemand Anderer wagen wollte, in die bereits mit dichtem Rauch erfüllte Stube eines in Flammen ſtehenden Gehöftes und rettete ein junges Bauernweib, welches bereits bewuſst— los mit ihrem Säugling am Boden lag. Bei wiederholten ähnlichen Anläſſen war er ſtets unter den erſten helfend zur Stelle, und willig unterordnete man ſich ſeinen mit beſonnener Ruhe ertheilten Anordnungen. Auch ließ er es nicht nnr hiebei bewenden, ſondern wies den Beſchädigten, wenn ſie mittellos waren, auch das nöthige Baumaterial zu unentgeltlichem Be- zuge von ſeinen Beſitzungen an. Noch heute, und nach Jahren gedenkt die ländliche Bevölkerung dankbar ehrerbietig des edlen Mannes. Beſonders waren es die Kinder ohne Unterſchied der Con- feſſion, welche das Scheiden ihres Wohlthäters betrauerten. Unter Beihilfe der Seelſorger und Lehrer wurden alljährlich die bedürftigſten Kinder der umliegenden Ortſchaften nebſt den erwerbsunfähigen Greiſen conſigniert. Unter dem Weihnachtsbaum im Schloſſe verſammelten ſich da jährlich über hundert ſolcher Gäſte und ſchieden reich beſchenkt mit einem Segensſpruch auf den Lippen für ihn und ſeine edle Gattin. Als bald nach ſeinem Scheiden aus Böhmen im Schloſſe zu Kämen die Glocke geweiht wurde, die er zum Andenken geſpendet und den Gemeinden des Gutsgebietes geſchenkt hatte — als vom alten Thurme herab ihr erſtes Geläute ertönte und der Prieſter in warm empfundenen Worten des Spenders und ſeines Wirkens ge— dachte, da blieb in den Reihen der vielhundert— köpfigen Menge kein Auge trocken. Am 12. September feierte Raoul von Dom⸗ browski ſein vierzigjähriges Jägerjubiläum, bei welchem Anlaſſe von den mit innigſter Liebe an ihm hängenden Kindern ein reizendes Fa— milienfeſt veranſtaltet wurde. Raoul von Dombrowski verſtand es nicht nur tapfer das Schwert und erfolgreich den Pflug, er verſteht auch mit gleicher Meiſterſchaft Büchſe, Loupe und Feder, Stift und Pinſel zu führen. Er iſt einer der gottbegnadeten Men- ſchen, die mit eiſerner Willens- und Thatkraft ein warmes ideales Fühlen harmoniſch vereinen; er iſt eben ein ganzer Mann ). Klr. Domeſtication nennt man die Umwand— lung einer wildlebenden Species in ein Haus— thier; ſie erfolgt innerhalb längerer Zeitläufte und führt erſt nach und nach zu dem ge— wünſchten Grade von Vollkommenheit; ſie iſt nicht zu verwechſeln mit Zähmung, die ſich nur auf ein einzelnes Individuum bezieht. Kur. Dominierende Holzarten, ſ. herrſchende Holzarten. Gt. *) Quellen: Allgem. Literaturzeitung Wien 1869; Schriftſtellerlexica, Böhmens Volkswirte v. D. Max Wallner, 1877; Genealogiſches Taſchenbuch der Adelsfamilien, Ig. 1882; Kürſchners Literaturkalender 1886, Amtliche Ur⸗ kunden und Journale; Waidmanns Heil, Jahrgang 1884 und 1886. — Über Dis neueſte Erfindungen auf dem Ge⸗ biete der Jagdwaffentechnik ſ. die Artikel Das Univerſal⸗ jagdge wehr und D.s Hochwildbüchſe. Dompfaff, j. Gimpel, mitteleuropäiſcher. E. v. D. Donaulachs. j. Huchen. Hcke. Donner, ſ. Gewitter. Gßu. Doppelathmer — Dipneusta. Kur Doppelbilder, ſ. Sehen. Lbr. Doppelbüchſe, die, zweiläufiges Gewehr. „Doppelbüchſe iſt eine Büchſe mit zwey Läufen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 95. Winkell III., p. 761. — Behlen, Real- u. Verb.⸗ Lex. I., p. 474. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 354. — Grimm, D. Wb. I., p. 1261. — Sanders Wb., I., p. 236 a. — Frz.: carabine à deux coups. E. v. D. Doppelflinte, die, zweiläufiges Schrot⸗ gewehr. „Doppelte Flinte iſt eine Flinte entweders mit zwey Läufen neben oder unter einander.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 94. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, II., p. 58. — Winkell, III., p. 491. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 95. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 42 u. ſ. w. — Grimm, D. Wb. I., p. 1263. — Sanders, Wb. I, p. 465. — Frz.;: fusil à deux coups. E. v. D. Doppelffug bei Inſecten: die von der nor- malen abweichende Erſcheinung des zweimaligen Schwärmens innerhalb einer Entwicklungs- periode. Die Urſachen können verſchiedene ſein. Am häufigſten tritt dieſe Erſcheinung auf, wenn während der normalen Schwärmzeit durch plötzlich eintretendes ungünſtiges, kaltes und naſſes Wetter das Schwärmen auf längere oder kürzere Dauer unterbrochen wird. Aber auch Abweichungen rein individueller Art können zu Doppelflug Veranlaſſung geben, indem bei manchen Inſectenarten die Entwicklung über⸗ haupt ſehr ungleichmäßig erfolgt. Hſchl. Doppelgarn, das. „Doppelgarn iſt ein ſolches, das zwey Spiegelwände (ſ. d.) und ein Inngarn (ſ. d.) hat.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 95. — Behlen, Wmſpr., 1826, p. 42. — Grimm, D. Wb. II., p. 1263. — Frz.: la rafle. E. v. D. Doppelgehörn, das, neuer, von C. A. Joſeph in die Weidmannsſprache eingeführter Ausdruck für die von ihm zuerſt beobachtete und beſchrie— bene Doppelgeweihbildung des Damhirſches (ſ. Damhirſch, p. 506). — C. A. Joſeph in der Monatsſchr. f. d. Forſt- u. Jagdw. 1876. — R. v. Dombrowski, Geweihbildung, p. 39. E. v. D. Doppelgewehr (auch doppelläufiges Gewehr) iſt ein Gewehr, welches zwei zu einem Ganzen feſt verbundene Läufe (Doppellauf) in einem Schafte eingebettet beſitzt; ſind die beiden Rohre gezogen, jo heißt das Gewehr Doppelbüchſe oder Büchs zwilling, ſind die beiden Rohre glatt: Doppelflinte (ſeltener Flintenzwil⸗ ling); die Zuſammenſtellung eines glatten und eines gezogenen Laufes ergibt die Büchsflinte. Die Läufe liegen faſt immer neben einander, ſelten über einander; im letzteren Falle heißt eine Doppelbüchſe wohl auch Bockbüchſe; noch ſeltener ſpricht man in demſelben Sinne von Bockflinten und Bockbüchsflinten. Jeder Lauf eines Doppelgewehres hat ſein eigenes Schloss, die Viſiervorrichtung iſt dagegen auf der die Läufe verbindenden Schiene für beide Läufe gemeinſchaftlich. Doppelgewehr. 21 Zweck der Verbindung iſt entweder, wie bei der Doppelflinte und der Doppelbüchſe, die ſtän— dige und ſofortige Bereithaltung eines zweiten Schuſſes nach abgegebenem erſten und dadurch unter anderem die Möglichkeit einer Doublette, oder, wie bei der Büchsflinte, die Bereitſchaft des Jägers für verſchiedene Arten von Wild und Jagd. Gegen die hiedurch erlangten Vortheile fällt der Nachtheil des etwas größeren Gewichtes — Doppelbüchſen im Durchſchnitt ca. 100 — 200 g ſchwerer als Birſchbüchſen — nicht in Betracht, zumal letzteres gegen den Rückſtoß günſtig wirkt. Unangenehmer iſt die im Gegenſatz zu einläu- figen Gewehren etwas geringere Treffſicherheit, welche durch die Verbindung der Läufe zu einem einzigen Syſtem bedingt wird. Wie nämlich jedes Gewehr während des Schuſſes von der ihm urſprünglich gegebenen Richtung abweicht und die Geſchoſſe dieſer Ab— weichung zu folgen zwingt (ſ. Vibration), jo findet bei doppelläufigen Gewehren außer der gewöhnlichen noch eine dieſen ganz eigenthüm— liche Ablenkung der Geſchoſſe nach der Seite hin ſtatt. Während man erwarten ſollte, dass die Schüſſe zweier in genau paralleler Lage ihrer Seelenachſen mit einander verbundenen Rohre im Durchſchnitt nur um den Abſtand der Seelenachſen (15 —30 mm je nach dem Caliber ꝛc.) von einander entfernt einſchlügen, gleichgiltig auf welche Entfernung geſchoſſen wird, ſehen wir vielmehr die Trefferbilder zweier ſolcher Rohre, u. zw. das des rechten Rohres nach rechts, das des linken Rohres nach links mit der Ent— fernung zunehmend, auf der Scheibe mehr und mehr auseinanderfallen. Die auf geringen Ent— fernungen überhaupt noch nicht fühlbar werdende, bei gezogenen Feuerwaffen eintretende Derivation (ſ. d.) der Geſchoſſe hat mit dieſer Erſcheinung nichts zu thun; letztere iſt lediglich ein Beweis, daſs, während der Schufs das rechte Rohr durch— eilt, das Gewehr eine Bewegung mit der Mün— dung nach rechts und umgekehrt eine ſolche nach links macht, wenn mit dem linken Lauf ge— ſchoſſen wird. Urſache dieſer Bewegung iſt der Umſtand, daſs die mit Entwicklung der Gaſe, bezw. der Vorwärtsbewegung des Geſchoſſes entfeſſelte und zur Wirkung gelangende Kraft des Rückſtoßes (1. d.) infolge der ſeitlichen Lage des feuernden Rohres nicht central, ſondern ſeitlich angreift und daher außer der einfachen Rückwärtsbe— wegung auch noch eine Neigung des Gewehres nach rechts, bezw. nach links, d. h. eine (Seit— wärts⸗) Drehung hervorrufen muss. Der Mittel- punkt dieſer Drehung würde bei gänzlich freier Bewegung des Gewehres im Schwerpunkt des— ſelben und bei Beſchränkung der Bewegung durch die Schulter des Schützen etwa in dem Berührungspunkt von Kolben und Schulter zu ſuchen ſein, wenn — Gewehr und Schulter aus ſtarren und unnachgiebigen Körpern beſtänden; in der That wird indes infolge der Elaſticität des Gewehrmateriales (Stahl, Einſen, Holz) ſowie der Nachgiebigkeit der Schulter jene ſeit— liche Bewegung zu einer ſehr complieierten, von der wir nur jo viel wiſſen, dajs in dem Mo— ment, in welchem das Geſchoſs die Mündung paſſiert, ſich dieſe in einer nach außen gerichteten Bewegung befindet. Da glücklicherweiſe ein Theil der Kraft des Rückſtoßes, bevor er dieſe Dre— hung bewirken kann, anderweit in Anſpruch ge— nommen wird (ſ. Vibration), ſo erreicht die Drehung in der kurzen Zeit, welche das Ge— ſchoſs zum Durcheilen des Laufes gebraucht, keinen ſehr großen Betrag, jo dass wir die Wirkung derſelben ziemlich unſchädlich machen können. Außer von der Conſtruction der Waffe (Stärke der Verſchlüſſe und Läufe!) hängt die Größe der Drehung hauptſächlich von der Pulverladung ab und iſt bei ſchwächerer Ladung geringer als bei ſtärkerer. Bei gleichbleibender Ladung bleibt auch die Drehung ziemlich con— ſtant, jo daſs man durch eine entſprechende Verſchiebung der Viſierlinie, wie dies auch für die Wirkungen der Derivation und Vibration im allgemeinen möglich iſt (j. Viſiervorrichtung), den Schützen von der Berückſichtigung dieſer Drehung beim Schufſßs ſelbſt befreien kann. Die Nothwendigkeit einer für beide Läufe gemein- ſchaftlichen Viſiervorrichtung zwingt dazu, dieſe Verſchiebung der Viſierlinie durch eine Neigung der beiden Rohre gegen einander, bezw. gegen die gemeinſchaftliche Viſierlinie herbeizuführen. In Berückſichtigung des Umſtandes, dajs die beim Schuſs erfolgende Drehung des Ge— wehres unter gewöhnlichen Umſtänden eine ziemlich conſtante Winkelgröße aufweist, würde die gegenſeitige Neigung der Läufe zu einander dieſer Winkelgröße gerade entſprechen (doppelt ſo groß ſein) müſſen, um die Schüſſe ſtets und auf alle Entfernungen genau mit der Viſierlinie in Übereinſtimmung zu bringen, d. h. dieſelben auf der Scheibe nur um den Abſtand der Seelen— achſen von einander entfernt einſchlagen zu laſſen; in praxi iſt indes das Verfahren, jene Neigung der Läufe zu einander herbeizuführen, ein ſo ſchwieriges, daſs man ſich damit begnügt — und in anbetracht des geringen durch das genaueſte Verfahren vielleicht zu erlangenden Vortheiles ſich zu begnügen auch berechtigt iſt — die Schüſſe nur auf einer beſtimmten Entfernung, nämlich der gewöhnlichen Gebrauchsentfernung (Viſier⸗ oder Kernſchuſsweite) jo zu vereinigen, daſs die Mittelpunkte beider Trefferbilder (des rechten und des linken Rohres) vollkommen oder wenigſtens annähernd zuſammenfallen. Unſere gewöhnlichen Doppelbüchſen würden bei genau paralleler Lage der beiden Rohrachſen ihre Schüſſe (Mittelpunkte der bezüglichen Treffer bilder) auf der üblichen Maximalgebrauchsent— fernung (80 m) je nach der Stärke ihrer Rohre und Verſchlüſſe und je nach der Conſtruction, der Ladung u. ſ. w. ungefähr 9— 12 cm von ein ander entfernt einſchlagen laſſen: ſeitlicher Aus— ſchlagwinkel des Gewehres, während der Schuss den Lauf durcheilt, ungefähr 2— 2 / Minuten; um die Schüſſe auf dieſer Entfernung zuſammen— zubringen, neigt man die Rohre ſo gegen ein ander, daſs die Seelenachſe des rechten Laufes 4½ —6 em links und die des linken Laufes um ebenſoviel rechts an dem anviſierten Punkte vorbeizeigt; beim Schießen vereinigen ſich als dann die mittleren Flugbahnen (j. Balliſtik II.) beider Rohre infolge der während des Schuſſes eintretenden Drehung in dem anviſierten Punkte 22 Doppelgewehr. ſelbſt. Wird mit den auf dieſe Weiſe für den Schuss auf eine beſtimmte Entfernung um ein beſtimmtes Maß gegen einander geneigten Rohren auf weitere Entfernung geſchoſſen, jo kreuzen ſich mit der Entfernung zunehmend die Mittelpunkte der Trefferbilder; wird auf kürzere Entfernung geſchoſſen, ſo liegen die Trefferbilder nach außen (das des rechten Laufes nach rechts, das des linken nach links) auseinander; wird die Ladung verringert, ſo vereinigen ſich die Mittelpunkte der Trefferbilder bereits auf kürzerer Entfernung und kreuzen ſich darüber hinaus (alſo auch auf derjenigen Entfernung, für welche die Büchſe eigentlich eingeſchoſſen ift); wird die Ladung verſtärkt, ſo vereinigen ſich die mittleren Flug— bahnen erſt auf weiterer Entfernung und fallen auf der Gebrauchsentfernung (80 m) noch nach außen auseinander. Bei Doppelflinten iſt wegen der meiſt ſchwächeren Conſtruction (beſonders der Ver— ſchlüſſe und Läufe) und wegen der größeren Leichtigkeit des Ganzen der Betrag der durch den Schuſs hervorgebrachten Drehung des Ge— wehres für gewöhnlich ein bedeutend größerer (12—15 Minuten), und find daher bei Doppel— flinten die Läufe gewöhnlich ſtärker gegen ein- ander geneigt; meiſt jo, daſs auf 36 m die Rohrachſen bereits auf 11—15 em rechts und links der Viſierlinie liegende Punkte hinweiſen. So einfach die Herbeiführung der richtigen Neigung der Rohrachſen zu einander zu ſein ſcheint, ſo ſchwierig iſt ſie in der That zu er— reichen. Den allgemeinen Betrag dieſer Neigung für eine beſtimmte Conſtruction mag der Fa— brikant leicht durch Proben ermitteln, da aber weder das Material noch auch deſſen Zuſammen— paſſung bei dem einen Individuum derſelben Gattung genau ſo beſchaffen iſt wie bei dem anderen, und da beſonders das Schaftholz in ſeiner Beſchaffenheit (Dichtigkeit, Maſerung) ſchwer beherrſchbar iſt, ſo ändert ſich jener Be— trag in gewiſſen Grenzen von Gewehr zu Ge— wehr; dem ſorgfältigen Fabrikanten bleibt daher kaum ein anderer Weg übrig als der eines geduldigen Probeſchießens und dementſprechenden Anderns bei jedem Gewehr, welches nicht von vornherein der Bedingung genügt. Dieſe Ande— rung wird meiſt dadurch erreicht, daſs nur der vordere Theil der Läufe aufgelöthet und dem— nächſt in entſprechender Weiſe gebogen wird, und daſs man in dieſer Weiſe mit Probieren und Biegen ſo lange fortfährt, bis der richtige Schufßs erreicht iſt. War vorher der für die Con— ſtruction im allgemeinen paſſende Grad der Neigung richtig getroffen, ſo ſchadet das als— dann nur in ſehr geringem Maße für das ein— zelne Gewehr nothwendig werdende Biegen der Läufe in ihrem vorderen Theil nicht viel. Manche Fabrikanten geben den Läufen von vornherein eine für die Mehrzahl der Gewehre etwas zu ſtarke Neigung und ſetzen vorn einen dünnen, etwa 10 em langen Stahlkeil ein, der, eventuell nach dem erſten Probeſchießen hereingetrieben, das richtige Maß herſtellt. Wenn die Arbeit des Zuſammenſetzens der Läufe nicht auf ſehr gut eingerichteten Maſchinen geſchieht, welche die genaue Lage derſelben in einer horizontalen Ebene gewährleiſten, ſo kann ihre unſymmetriſche Anordnung ſowie die Ver— ſchiedenartigkeit des verwendeten Materiales hin und wieder auch eine gewiſſe — meiſt indes unerhebliche — Nichtübereinſtimmung der Treff— punkte in verticaler Richtung herbeiführen, und wird in dieſem Falle die endgiltige Erzielung guter aus beiden Läufen vollkommen überein⸗ ſtimmender Schuſsleiſtungen erheblich erſchwert. Das mehr oder weniger vollkommene Zu— ſammenfallen der Trefferbilder beider Läufe auf derjenigen Entfernung, für welche das Gewehr als eingeſchoſſen vom Fabrikanten bezeichnet worden iſt, wird ſtets einen ſehr vortrefflichen Maßſtab für die Sorgfalt abgeben, welche letzterer auf die Herſtellung verwendet hat; dabei iſt allerdings nicht zu überſehen, daſs die Zuſammenpaſſung des Gewehres bei ſtarkem Gebrauch — beſonders infolge mangelnder Be— ſtändigkeit des Schaftholzes — allmählich einer Anderung unterliegen kann, welche es mit ſich bringt, daſs zuweilen ſelbſt ſehr ſorgfältig zu— ſammengepaſste Rohre im Laufe der Zeit nicht mehr die nöthige Übereinſtimmung in ihrem Schuſs zu zeigen beginnen; es mußs alsdann das Correcturverfahren durch den Büchſenmacher wiederholt werden, wenn man nicht lieber auf leit vollkommene Übereinſtimmung Verzicht leiſtet. Die beſprochene Erſcheinung iſt nicht nur der einzige Grund für die Nothwendigkeit, die Rohre eines Doppelgewehres gegen einander zu neigen, ſondern bedingt auch vorzugsweiſe die etwas geringere Treffähigkeit eines ſolchen im Gegenſatz zu einem einläufigen Gewehr. Abge— ſehen nämlich von den bereits erwähnten Ver— änderungen, welchen die Verbindung im Laufe der Zeit unterliegen kann, iſt der Einfluſs der— ſelben auch nicht einmal von Schuss zu Schufs ein vollkommen gleichartiger: der wechſelnde Stoß der Pulverladung, der verſchiedene Feuch— tigkeitsgehalt der Luft in ſeiner Wirkung auf das Schaftholz, die wechſelnde Erwärmung der Luft und ganz beſonders des Laufes (anhalten— des Schießen), ja ſogar die verſchiedene Lage des Gewehres (mehr oder weniger feſtes Einſetzen in die Schulter) beim Abfeuern bedingen einen von Schuſs zu Schußs in etwas verſchiedenen ſeitlichen Ausſchlagwinkel des Gewehres und fügen dadurch dem Schießen aus Doppelge— wehren ein Moment der Unſicherheit hinzu, welches den einläufigen Gewehren entweder gänz— lich oder im gleichen Umfange abgeht (j. Vi bration); auf die Erreichung der für einläufige Gewehre angegebenen Daten der Treffſicherkeit (ſ. Birſchbüchſe) wird man daher bei der Ver— wendung von Doppelgewehren im Durchſchnitt nicht rechnen dürfen; für eine Doppelbüchſe oder Büchsflinte kann ein Streuungskreis von etwa 20 em auf 100 m Entfernung als hinreichend angeſehen werden; beim Schrotſchuſs wird in Anſehung der an ſich ſehr großen Streuung der Schrotkörner das für die Doppelflinte im Gegen- ſatz zur einfachen Flinte ungünſtige Moment ſich nicht in gleichem Grade fühlbar machen, und ſelbſt ohne beſondere Sorgfalt zuſammengepaſste Läufe werden ihre Streuungskreiſe meiſt in ſo vollkommen ausreichender Weiſe zuſammenfallen laſſen, daſs das Ziel nicht aus dem wirkſamen Doppelgewehr. Bereich des Geſammtſtreuungskegels beider Läufe heraustreten kann. Zur Herſtellung der Verbindung zweier Läufe zu einem Doppellauf können die äußer: lich ſtark koniſch geſtalteten Rohre meiſt nicht unmittelbar neben einander gelegt werden, ſon— dern müſſen zur Erzielung der richtigen Neigung entweder am hinteren Ende an je einer Seite flach gefeilt oder aber vorn dem verlangten Nei— gungswinkel entſprechend auseinandergehalten, „breit gelegt“ werden; erſteres ſchwächt die Rohre gerade an einer Stelle (Patronenlager), an wel— cher ſie den größten Gasdruck auszuhalten haben, und iſt deshalb die letztere Art vorzu— ziehen, wenn auch dadurch der Doppellauf etwas breiter wird. Die Verbindung der Läufe geſchieht durch Löthung: früher durch die ſog. Hartlöthung vermittelſt Meſſing oder Kupfer, was einen Hitzegrad von ca. 900, bezw. 1100-1200 C. erfordert, neuerdings zum Theile durch die ſog. Weichlöthung vermittelſt Zinn bei ca. 200° C. Bei dem früher allgemein, jetzt nur noch in mangelhaft ausgeſtatteten Büchſenmachereien ge— bräuchlichen Verfahren wurden die innen und außen annähernd fertig gebohrten und geſchliffe— nen Rohre (ſ. Lauf) nebſt den beiden Schienen und dem Verſchluſshaken mittelſt der Feile 2c. zuſammengepaſst, demnächſt etwa von 10 zu 10 em Eiſenkeilchen zwiſchen die Rohre gelegt, um die richtige Auseinanderſtellung zu regu— lieren, und endlich das Ganze mit Draht um— wunden und der ganzen Länge nach (hart) ver— löthet. Dieſe Art der Vereinigung iſt gewiſs ſehr dauerhaft, der bedeutende Hitzegrad jedoch inſofern ſchädlich, als er nicht nur die Härte und Elaſticität des Laufmateriales zu alterieren geeignet erſcheint, ſondern auch ein Verziehen und Verwerfen der Läufe in um ſo unangenehmerer Weiſe zur Folge hat, als die Erhitzung nur allmählich von einem zum anderen Ende fort— ſchreitet, alſo einſeitig und unregelmäßig wirkt. Die krumm gewordenen Läufe laſſen ſich nur dann wieder geraderichten, wenn ſie ſich nach einer und derſelben Seite hin verzogen haben; meiſt indes haben ſie ſich nach verſchiedenen Seiten hin gekrümmt, und bleibt alsdann nichts anderes übrig, als die Seele wiederum nachzubohren und die äußeren Wandungen mit beſonderen, hobelartig geformten Feilen der Länge nach mög— lichſt concentriſch mit der neu hergeſtellten Seele abzuhobeln. Bei dieſer ganzen ungemein ſchwierig und nur mit größter Sorgfalt einigermaßen ge— nügend durchzuführenden Operation des Richtens, Bohrens und Hobelns 2c. iſt es unvermeidlich, daſs die früher ringsum gleichmäßige Stärke der Seelenwand an den bearbeiteten Stellen vermindert wird; es iſt wohl anzunehmen (wenn auch bisher noch nicht jtreng bewieſen), daſs in— folge deſſen beim Schuſs ſtatt der bei einem voll— kommen ſymmetriſchen Laufe gleichmäßigen und mit dem Drucke der Gaſe gleichmäßig fortſchrei— tenden Erweiterung des Laufes (ſ. Vibration), welche die Richtung desſelben nicht beeinträchtigt, eine ungleichmäßige, d. h. an den dünneren Stellen größere Erweiterung der Laufbohrung eintritt, welche eine wenn auch an ſich unmerk— | > 23 bare, ſo doch im Reſultat fühlbar werdende ganz uncontrolierbare jedesmalige Krümmung des Laufes hervorbringt. Die durch die unſymmetriſche Lage der Läufe an ſich ſchon gegen einläufige Gewehre geringere Treffſicherheit der Doppelgewehre muss durch dieſe Folgen der über die ganze Länge der Läufe ſich erſtreckenden Hartlöthung noch weiter vermindert werden; es lag daher der Gedanke nahe, die beiden Läufe möglichſt derart zu ver⸗ binden, daſs ihre bei der Herſtellung als Einzel— lauf erreichte vollkommene Symmetrie (nebſt Härte und Elaſticität des Materials) durch die Verbindung nicht mehr alteriert und jedem Lauf beim Schujs möglichſt die ihm eigenthüm— liche Bewegung rein und unbeeinflusst durch den Nebenlauf geſtattet werde. Dieſem Gedanken trug man zuerſt in Eng- land dadurch Rechnung, daſs die beiden innerlich und äußerlich vollkommen fertig bearbeiteten Läufe nur am hinteren Ende (etwa in der Länge des Patronenlagers) nebſt dem Verſchluſshaken mittelſt Meſſing oder Kupfer, im übrigen aber mit den Schienen nur mittelſt Zinn zuſammen— gelöthet wurden; dieſe Weichlöthung mit weit geringerem Hitzegrad bringt keine Krümmung der Läufe hervor und erfordert daher keine ſpätere Nacharbeit; hin und wieder wird für die Feſtigkeit der Verbindung noch auf beſondere Weiſe (Verſchrauben) Sorge getragen, jedoch iſt dies bei ſorgfältiger Arbeit kaum erforderlich. Dieſe Methode der Löthung iſt jetzt auch auf dem Continent in allen beſſeren Werkſtätten und in gut eingerichteten mechaniſchen Fabriken wohl durchgehends eingeführt. H. Pieper in Lüttich iſt in ſeinem Dianagewehr (ſ. d.) noch einen Schritt weiter gegangen und verhindert durch den Fortfall jeglicher Hartlöthung das Auftreten ſelbſt der geringſten, die Treffähigkeit möglicherweiſe ſchädigenden Spannung im Rohr— material. Der Verſuch, die Schwierigkeiten der Ver— bindung zweier Läufe zu einem Ganzen da— durch zu umgehen, dass man einen ſolchen Doppellauf aus einem einzigen Stück Metall herſtellt, ſcheitert daran, daſs alle bei der Rohr— bearbeitung vorzunehmenden, auf Drehung (Bohrung ꝛc.) beruhenden Manipulationen mit hinreichender Genauigkeit nur durchgeführt wer— den können, wenn ſich der betreffende Maſchinen— theil oder das Werkſtück ſelbſt ſtets genau con— centriſch um die Seelenachſe dreht; das Ein— bohren zweier unter einem beſtimmten Winkel gegen einander geneigten Bohrungen in ein Stahlſtück würde daher ebenſo ſchwierig aus— zuführen ſein wie alle ſpäteren an dieſem Dop— pelrohr vorzunehmenden Arbeiten. Eine ſpätere Correctur der Neigung der Seelenachſen, wie ſie ſich bei jedem Gewehr doch erſt nach der Einbettung des Doppelrohres in den Schaft als nothwendig herausſtellen kann, wäre hiebei vollends ausgeſchloſſen. . Ebenſowenig kann die Anordnung der Läufe über einander, wie wir ſie bei den ſog. Bock büchſen finden, als Hilfsmittel empfohlen werden; derartige Gewehre werden allerdings keinen be deutenden ſeitlichen Ausſchlagwinkel ergeben, dafür aber eine Verſtärkung der noch viel un 24 Doppelhacke. — Doppelroſe. angenehmeren Höhenabweichung (j. Vibration) aufweiſen. Die Anſichten über den eigentlichen Grund, welcher die Läufe eines Doppelgewehres gegen einander ſich zu neigen zwingt, ſowie über den Einfluſs, welchen die beſondere Art und Weiſe ihrer Verbindung auf den Schuſs (Zuſammen— fallen der Treffer des rechten und des linken Rohres) hat, gehen ſelbſt in Büchſenmacher- und Fabrikantenkreiſen noch weit auseinander; viel- fach wird nach empiriſchen, von einander ſehr abweichenden Regeln und unter ſtarrem Feſt— halten an der Überlieferung ohne eingehendes Verſtändnis, ja oft ſogar lediglich mit Rückſicht auf das äußere Anſehen gearbeitet, jo dafs ſich ſowohl eine große Verſchiedenheit der Neigungs— winkel (bei Büchſen von 4 bis zu 26, bei Flinten von 20 bis zu 36 Bogenminuten) als auch die mannigfaltigſte Zuſammenpaſſung und Löthung der Rohre vorfindet. Eine größere dieſer ſchwierigen Aufgabe gewidmete Sorgfalt vertheuert allerdings das Gewehr, macht ſich aber in der beſſeren und bei beiden Rohren übereinſtimmenden Schuſsleiſtung 1 be⸗ zahlt. Doppelhacke. Man verſteht Henker ein von Burckhardt empfohlenes Werkzeug zum Einhauen von jedesmal zwei Löchern in berasten Boden, die mit je einer Eichel belegt werden. Fig. 244 ſtellt die Hacke dar, an welcher der eiſerne Querbalken ab 3739 em, die beiden rechtwinkelig zu jenem ſtehenden eiſernen Arme 37 bis ab eiſerner Querbalken, 39 cm lang, ac einer der beiden rechtwinkelig umgebogenen Fig. 244. Doppelhacke. bei e geſchärfte, 65 mm im Durchmeſſer haltende Hackplatte. eiſernen Arme; je 23 em lang ſind. An letzteren befinden ſich bei e eiſerne Platten von 65 mm Durchmeſſer, welche die beiden Saatplätzchen bereiten, die nach Einlegen der Eicheln wieder durch die ausgehauenen Raſenſtückchen geſchloſſen werden. In der Regel wird man jedoch bei Eichelſteck— ſaat das Geräth entbehren können. Gt. Doppelhals, der, entſprechend der weid— männiſchen Bedeutung Hals Gebell des Hundes, die Eigenheit jener Hunde, die einen doppelten, d. h. einen höheren und einen tieferen Laut ausgeben können; ſelten. „Der Jagdhund mufs eine helle, laute, wohlklingende Stimme, nach dem Jägerausdruck einen guten Hals haben. Man zieht die grobhälſigen den feinhälſigen vor, weil die erſten auf eine weitere Entfernung hör— bar bleiben. Einige haben einen Doppelhals, d. h. ſie geben beym Jagen einen doppelten Laut von ſich, und dies iſt dem Ohre angenehm.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 65. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. | Doppelkrone, die, jene jeltene Kronen- bildung am Rothhirſchgeweih, bei welcher die Stange am Kronenanſatz ſich nicht ſchaufel⸗ oder kelchförmig verbreitert, ſondern ſpaltet und ſonach gleichſam zwei, je durch mindeſtens drei Enden gebildete Kronen trägt, die je nach ihrer Geſtalt und Endenzahl wieder als Hand-, Kelch⸗ oder Schaufelkronen und die ganze Krone ſomit als Doppelhand-, Doppelkelch- oder Doppel⸗ ſchaufelkrone angeſprochen werden könnte. R. v. Dombrowski, Geweihbildung, T. XXIII fe. — — Fehlt in allen Wbn. — Frz.: teste en- fourchie (Fouilloux 1561). E. v. D. Doppellatte, j. Nivellieren. Lr. eee doppelläufiges W ſ. Doppelgewehr. Th. Doppeln, verb. trans., Jagdzeuge doppelt, d. h. in zwei parallelen Linien neben einander ſtellen oder auch Lappen zweireihig über einander hängen. Das deutſche doppeln iſt ſelten, da es faſt immer durch das dem Franzöſiſchen ent— lehnte doubliren (ſ. d. bei Gallicismen) ver⸗ treten erſcheint.„DJe Schlagwände . .. Bisweilen werden ſie gedoppelt offtermals aber nur einfach gebraucht.“ Hohberg, Georgica curiosa, 1687, II., fol. 830 a. E. v. D. Doppelocular, ſ. Fernrohr. Lr. Doppelpflügen. Wo die Beſchaffenheit der zum Holzanbau beſtimmten Flächen ihrer Aus⸗ dehnung, Lage und Bodenbeſchaffenheit nach zur Pflugarbeit geeignet Be kann dieſe in ſehr verſchiedener Weiſe bewirkt werden, nach dem Zweck, den die Lockerung durch den Pflug verfolgt, wie vollen Umbruch, ſtreifenweiſe Ver⸗ wundung, flaches oder tiefes Eindringen in den Boden u. dgl. Beſonders letzteres hat oft ſeine Schwierigkeit und iſt mit dem zur Hand lie- genden Pfluge nicht zu erreichen, wenn dieſer nur allein in Anwendung gebracht wird. Man läſst daher unter ſolchen Umſtänden die Furche zuerſt von einem gewöhnlichen feſten Feldpfluge vorziehen und dieſelbe durch einen zweiten, tiefgreifenden Pflug, gewöhnlich einen ſog. Schwingpflug, alſo einen Pflug ohne Vorder⸗ wagen, auch ohne Stelz, verbreitern und ver— tiefen. Man nennt dieſe Art der Tiefcultur Doppelpflügen. Es kommt bei ſehr ver⸗ heideten Böden, bei denen eine Mengung der oberen Bodenſchichten nothwendig erſcheint oder eine tiefere feſtere Schicht durchbrochen werden mufs, vor, und wird bei der Koſtſpieligkeit des Verfahrens zur Forſtcultur in der Regel nur ſtreifenweiſe mit unbearbeiteten Zwiſchenſtreifen (Balken) ausgeführt. Man pflegt in dieſer Weiſe z. B. im Hannover'ſchen (nach Burckhardt) wohl 1˙6 m von einander entfernte Streifen von 2˙4 m Breite 36—45 cm tief aufzupflügen, was pro Hektar durchſchnittlich 50 Mark koſtet, wenn der Pflüger das Geräth ſtellt. Gt. Doppelpyramide, ſ. Homopola. Sur. Doppelring, j. Jahrring. Hg. Doppelroſe, die, jene ſeltene Bildung des Damhirſch- und Rehbockgehörnes, bei welcher drei Stangen zur Entwicklung gelangen und zwei derſelben auf zwei zuſammengewachſenen Roſen, der Doppelroſe fußen. „Ich ſelbſt er⸗ legte einen Capitalſchaufler im freien Revier, deſſen Hauptſchmuck rechts eine breite prächtig Doppelſalze. vereckte Schaufel, links eine Doppelroſe mit einer Löffel- und einer Schaufelſtange aufweist.“ R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 89 u. 90. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Doppelſalze nennt man Salze, welche nur eine Säure, dagegen zwei verſchiedene Baſen enthalten, z. B. ſchwefelſaure Kalithonerde (Alaun), ſchwefelſaures Eiſenoxydkali, ſchwefel— ſaures Chromoxydkali u. ſ. w. Auch Haloid— ſalze bilden Doppelverbindungen ähnlicher Art, 3. B. Kaliumaluminiumchlorid, Natriumzinn— jodür u. ſ. w. Ganz beſonders ausgezeichnet durch ſeine Neigung, mit Metallſalzen Doppel- ſalze zu bilden, iſt das Ammoniak. v. Gn. Doppelſchaufel, die, eine ſeltene Bildung des capitalen Damhirſchgeweihes, bei welcher ſich die Schaufeln entſprechend der auf der Löffler— ſtufe entwickelten Bildung völlig in zwei Hälften, ähnlich wie die Doppelkrone des Rothhirſches, theilen. „Die Schaufeln nehmen nun von Jahr zu Jahr in Bezug auf ihre Auslage, Breite und Abzweigung zu, und einzelne, beſonders kräftige (Dam-) Hirſche verecken häufig im achten bis zehnten Lebensjahre Doppelſchau— feln in mächtigen, mitunter höchſt bizarren Formen.“ R. v. Dombrowski, Geweihbildung, p. 37. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Doppelſchleichen, Amphisbaenae (ſ. d. und Syſtem der Kriechthiere), Chalcidicus glypto- dermes, Saurierfamilie der Ringelechſen (Annu- lati, Amphisbaenoidea) mit den wichtigſten Gattungen Blanus Wagl. und Amphisbaena L. (ſ. Syſtem der Kriechthiere). Kur. Doppelſchlüſſel, ein Gewehr, bei welchem zur Herſtellung, bezw. zur Löſung der Verbin— dung von Lauf und Vorderſchaft ein zweiter vorderer Schlüſſel dient, ähnlich dem hinteren, für den (abklappenden) Verſchluſs angebrachten, heißt „Gewehr mit Doppelſchlüſſel“ (ſ. e Doppelſehen a) mit einem Auge findet ſelbſt bei dem normalen Auge ſtatt; der ſtrah— lige Bau der Kryſtallinſe verhindert die ganz regelmäßige Brechung und veranlajst um jeden Lichtpunkt einen Kreis ſtrahliger Ausläufer. Bei krankhaften Trübungen der Kryſtallinſe kann ein ſo aufdringliches zweites Bild entſtehen, daſs auch dieſes zum Bewuſstſein kommt, wäh— rend bei normalen Augen dieſes Doppelbild überſehen wird. b) Mit beiden Augen. Wir ſehen innerhalb unſeres Sehfeldes den Fixa— tionspunkt, dann alle im Netzhautbild von dieſem Fixationspunkt gleich weit und in glei— cher Richtung gelegenen Punkte, reſp. Objecte, alle anders gelegenen Punkte doppelt, ſind aber bei normalen Augen gewohnt, in unſerem Bewuſstſein dieſe Doppelbilder zu ignorieren; tritt aber eine krankhafte Veränderung der Augapfelmuskeln ein und erſcheint ſo ein Auge verhindert, mit dem anderen Auge die Fixie— rungsbewegungen gleichzeitig auszuführen, ſo kommen auch dieſe Doppelbilder zum Bewuſst— ſein (Diplopie). Kur. Doppelwüchſiger Hochwald, ein geregelter Hochwaldüberhaltbetrieb, gewöhnlich unter dem Namen zweialtriger oder zweihiebiger Hochwald vorkommend und beſonders bei der Buche früher und auch jetzt ortsweiſe in Dorngrasmücke. 25 Gebrauch. — Der von Homburg in jeiner Schrift: „Die Nutzholzwirtſchaft im geregelten Hochwaldüberhaltbetriebe, Caſſel 1878“, be- ſchriebene Betrieb geht ebenfalls unter dieſem Namen, fällt auch im weſentlichen mit dem „zwei⸗ altrigen Hochwalde“ zuſammen und verfolgt nur als Hauptzweck die Nutzholzerziehung in Form desſelben (ſ. b. Buchenerziehung — Lich⸗ tungs hieb). Gt. Doppil oder doppiſche Verrechnung iſt die Buchführung in doppelten Poſten (kaufmänniſche Buchführung) [ſ. Buchführung]. v. Gg. Dorcus, Gattung der Familie Lucanidae, Hirſchkäfer, enthält nur eine Art, Dorcus pa- rallelopipedus L. (ſ. Lucanidae). Hſchl. Dornbock, deutſcher Name für die Bock— käfergattung Rhamnusium (ſ. Lepturini). Sſchl. Dornbüchſe, eine für die erſten Lang⸗ geſchoſſe conſtruierte Vorderladebüchſe, deren Kammer in der Mitte einen freiſtehenden Dorn beſaß, auf welchem das Geſchoſs geſtaucht wurde . (ſ. Geſchoſſe). g Th. Dorndrechsler, ſ. rothrückiger Würger. E. v. D. Dorndreher, der, uralte Bezeichnung für die Würger, Lanius, in älterer Zeit wahrſcheinlich wie noch heute vorzugsweiſe für den roth— rückigen Würger, Lanius collurio, ſ. d. — — „Furfarius. dorndraeul.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 896. — „dorndral.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Zwettler Hs. Nr. 293. — „Furfario quod pius farre in farinam redacto pascet. dorndragel.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 2400. — „dorndregil.“ Gloſſ. a. d. XIII. Jahrh., Wallerſt. Bibl. — „dorndrelle.“ Gloſſ. a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 1325. — „Dornträher . .. der Teutſche Nahm ſoll daher kommen daſs er die Käfer oder Vögel | jo von ihm gefangen werden | an einen Dorn ſteckt und daran umdrähet und ertödtet.“ Hohberg, Geor- gica curiosa, 1687, II., fol. 799 b. — „Neun⸗ tödter oder Dorndreher, Dornkreul, Dorn— reich und Kruck-Elſter . . .“ Heppe, Wohlred. Jäger. — Die von Hohberg gegebene Etymo— logie iſt die richtige. Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 387b. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 452. — Grimm, D. Wb., II., p. 1294. — Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 398. — Höfer, Etym. Wb. d. öſterr. Monarchie I., p. 161. E. v. D. Dornſiſch, ſ. Stichling (1. Art). Hcke. Dornfliegen, deutſche Bezeichnung der zur Syrphidenfamilie gehörigen Fliegengattung Ay- lota. Hſchl. Dorngoldweſpen, deutſcher Name für die zur Chryſididenfamilie gehörige Goldweſpen— gattung Euchroéus. Hſchl. Dorngrasmücke, Sylvia cinerea Lath. Ficedula curruca, Brisson, Orn. III., p. 372 (1760); Ficedula curruca cinerea sive cine- raria, ibid., p. 376; Motacilla sylvia, Linné, Syst. nat. I., p 330 (1766); Motacilla rufa, Bodd. Tab. des Pl. Enl., p. 35 (1783, ex D’Aubenton); Sylvia einerea, Latham, Ind, Orn. II., p. 314 (1790); Motacilla fruticeti, Bechstein, Gemeinn. Naturgeſch. Deutſchl. IV., p. 555 (1795); Sylvia fruticeti, ibid., Ed. II, p. 530 (1807); Sylvia eineraria, ibid., p. 534 26 (1807); Curruca fruticeti (Bechst.), Koch, Bayr. Zool. I., p. 157 (1816); Curruca eine- racea, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 420 (1831); Curruca caniceps, ibid., p. 420 (1831); Sylvia rufa (Bodd.), Newton in Tarrell, Bri- tis! Birds, Ed. IV, p. 406 (1873); ebenſo in Dreſſer, Birds of Europe II., p. 377 (1876). Abbildungen: 1. Vogel. Dreſſer, B. of Europe II., T. 57, Fig. 1 und 2; Naumann, Vögel Deutſchlands, T. 78, Fig. 1 und 2. — 2. Eier. Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 39, Nr. 9; Thienemann, Abbildungen von Vogeleiern, T. 20, Nr. 6; Seebohm, A History of british birds I., T. 10. Gemeine, graue, fahle, braune, rothe, braunflügelige, große graue, geſchwätzige Gras— mücke, Graſemucke, Graſemütſche, große Graſe— hätſche, Graſemückfohle, fahler Sänger, fahle Nachtigall, kleine braune Weißkehle, Arfenbieter, Schmellenſtrüpper, Flachsdöddel, wilder Döddel, Fliegenſtecher, großer Heckengetzer, Dorn- oder Heckenſchmätzer, Dornſchmatz, Dornreich, Haag— ſchlüpfer, Waldſänger, Nachtſänger, Spottvogel, Wüſtling, Schnepfli, Kuckucksammer, Weiß— kehlchen. Böhm.: Pönice popelavä; engl.: White- throat; dän.: Torn Sanger, Graa Graesmutte; finn.: Harmajakerttu; frz.: Fauvette grise; holl.: Riet-vink; ital.: Scoperagnola, Ster- pazzola, Sterparola. Silvia cenericcia, Cana- vrola, Canavröta, Canavröta grisa, Bianchet, Buscarin, Gazzalina, Gasgettina, Stregazza, Sardagna, Mornarin, Sardagnina, Sardagnola, Aleta, Bisbai, Gozeta, Farfougn, Cieciarina, Favaroèul, Beccafigh, Beccafich, Biancheta, Biancolina, Becafigo seléga, Canevela, Rosèto, Bezetina, Boscardela, Moratüle, Baiarella rossa, Gazzetta, Baiarella, Foracésa, Bous- carla boundassiera moyena, Beccafigo do peto gianco, Sepajola, Beccafico passerino, Ster- pajola, Scopacciola, Strupparella di maggio, Macchetta, Fucetola cannavalo, Facedua, Bianculiddu, Vranculiddu, Acciduzzu di fava, Beccaficu, Oculiminti, Occhipiseiati, Fava- rotta, Stampacresuras, Beqquafig ahmar; froat.: Prosta grmusa; norweg.: Graasanger; poln.: Pokrywka popielata; ſpan.: Piuzoleta, Tayareta; ſchwed.: Tornsmyg, Grä-sängare; ungar.: Poszäta Zener. Die Dorngrasmücke, die wir nach Briſſon, Bechſtein und den meiſten ornithologiſchen Schriftſtellern, wie Temminck, Vieillot, Wolf, Menetries, Jenyns, Maegillivray, Keyſerling und Blaſius, Nordmann, Cabanis, Naumann, Bonaparte, Gray, Schlegel, Selby, Salvadori, Degland und Gerbe, Sundevall, Lindermayer, Loche, Heuglin, Blanford, Fritſch, Shelley, Se— vertzow, Gould ꝛc. auch cinerea nennen und nicht rufa, wie ſie unglücklicherweiſe von einigen engliſchen Schriftſtellern in neuerer Zeit be— zeichnet iſt, tritt uns als eine der häufigſten Sylvienarten auf. Sie iſt ein außerordentlich häufiger Brutvogel durch ganz Europa, nörd— lich in Skandinavien und Weſtruſsland bis zum 65. Grad, im Ural bis zum 60. Grad, in Kleinaſien, Paläſtina, Perſien, Turkeſtan und Südweſtſibirien. —— ———————— . — •—0—. . ů ·˖*rtl ⅛ ——..ͤͤ ̃ͤu1ͤ“—ꝰ?——ů—s—ðX—iʒ — .l.—ꝛ—ůů—ß—ů—— — — . ' — —e—ä—.ęiꝓ!.ã ĩ —ò¼ h Añ—ͤò6 — Dorngrasmücke. Totallängnge 15˙7 cm Flügellänge... 0 Schwanzlänge 6˙5 „ Darſus 2050, Schnabel 1:08 (5 10/5. 1884. S. R. Blaſius, ſchweig.) Der Schnabel iſt von mittlerer Länge, an der Baſis breit, von oben nach unten zuſam— mengedrückt, an der Spitze ſchmäler werdend, ſeitlich comprimiert, der Oberſchnabel abwärts gekrümmt, den Unterſchnabel ſpitz hakenförmig überragend. Die Flügel ſind ſtumpf zugeſpitzt, die 2., 3., 4. und 5. Schwinge bilden die Flügelſpitze, die 3. und 4. find auf der Außen- fahne bogig eingeſchnürt. Die Flügel reichen bis faſt zur Hälfte des Schwanzes hinab, nicht ganz bis zum Ende der oberen Flügeldeckfedern. Der Schwanz iſt von mittlerer Länge, etwas abgerundet, die äußeren Federn ca. 4 mm kürzer als die mittleren. Die Läufe mittellang, die Zehen und Krallen zart. Altes Männchen im Frühjahre: Ober- ſeite grauroſtbraun, auf dem Kopf mehr grau, auf Rücken und Bürzel mehr roſtbräunlich ge— färbt; die Schwanzfedern braun, die äußerſte weißlich mit braunem baſalen Längsfleck an dem Innenſaume der Innenfahne, die zweit— äußerſte mit roſtbräunlichweißem Endfleck und Saume, die Schwungfedern braun mit ſchmalen hellbräunlichen Säumen an den Vorderſchwin— gen, mit breiten hellroſtbraunen Säumen an den Hinter- und Mittelſchwingen. Unterſeite hell weißlich, Kehle weiß, Oberbruſt ſchmutzig weinröthlich angeflogen, mit etwas bräun⸗ lichem, dunklerem Anſtriche an den Rumpf⸗ ſeiten und etwas gelbröthlichem Anſtriche an Bauch und unteren Schwanzdecken. Schwanz— und Schwungfedern von unten braungrau, die unteren Flügeldeckfedern hellbräunlichgrau mit Dunkelbraun durchſetzt am Flügelbuge. Kopf⸗ ſeiten wie die Kopfplatte grauroſtbraun. (Nach dem oben gemeſſenen Exemplare.) Altes Weibchen gleicht dem alten Männchen faſt vollſtändig, nur find im allge— meinen die Farben etwas duffer, auf Kopf und Nacken etwas bräunlicher, auf der Bruſt nicht deutlich röthlich, ſondern mehr hellgraubräun— lich angeflogen. (Nach altem p aus Mus. brunsv. 28./4. 56.) Die Jungen vor der erſten Mauſer glei— chen den Alten, nur ſind ſie ſchmutziger und unanſehnlicher in den Farben. Der Schnabel iſt hornbraun, an der Baſis des Unterſchnabels und der Baſis der Ober- kieferſchneide etwas heller. Iris hellbraun, bei den Jungen hellgrau. Läufe hellbraun, Zehen und Krallen dunkelbraun, bei den Jungen gelb— lichbraun. (Außer den oben bezeichneten beiden Exemplaren benutzt: 3. 5 25./5. 1884 von Braunſchweig, 4. 2 29./7. 1880 aus Tiflis, beide aus meiner Sammlung; 5. 8 23./5. 1853 aus Mus. brunsv.) Die Dorngrasmücke iſt in ganz Europa Sommerbrutvogel, vielleicht überwintern einige in Südgriechenland und den kleinen Inſeln des Mittelmeeres, die Hauptmaſſe geht immer bis Afrika und Paläſtina, einige wurden in Süd⸗ Braun⸗ Dorngrundel. — Doronicum. 27 afrika und im Damaralande im Januar beob- achtet. In Norddeutſchland treffen ſie Mitte bis Ende April ein und ziehen im September wieder ab. Der Zug ſelbſt findet nachts ſtatt und meiſtens in kleineren Geſellſchaften zu 1 bis 6»Stück. Die Männchen pflegen einige Tage vor den Weibchen zu kommen; ſofort wird zur Brut geſchritten. Das erſte volle Gelege findet man anfangs bis Mitte Mai, das zweite (es finden in der Regel zwei Bruten ſtatt) anfangs bis Mitte Juni. Die Brutperiode dauert 13—14 Tage; in der Mittagszeit löst das Männchen das Weibchen beim Brüten ab. Das Gelege beſteht in der Regel aus 5 Eiern, ſeltener aus 4 oder 6, bei der zweiten Brut meiſt nur aus 4 Eiern. Dieſelben ſind von kurzovaler Form, Längsdurchmeſſer durch— ſchnittlich 18˙3 mm, Querdurchmeſſer durch- ſchnittlich 13˙8 mm, Dopphöhe 8˙3 mm. Auf grauweißer Grundfarbe mit einem entweder blaſsgrünlichen oder lichtbräunlichen Tone ſind dieſelben ziemlich gleichmäßig über die ganze Schale hin gelbgrünlich oder bräunlich faſerig gefleckt und bieten vereinzelte tieferliegende, am Doppende und der Gegend des größten Quer— durchmeſſers etwas dichter auftretende graue rundliche Flecken. Die Schale iſt glanzlos, das Korn fein und flach. Das Neſt ſteht dicht über der Erde im Gebüſch oder zwiſchen Grashalmen oder Neſ— ſeln ꝛc., im Buſchwerk meiſt 1—2 Fuß über dem Erdboden. Es iſt verhältnismäßig tief, beſteht hauptſächlich aus Gras- und anderen Pflanzen- halmen mit einzelnen Pferdehaaren und iſt faſt immer oben am Rande mit kleinen Flocken Pflanzen- oder Schafwolle verſehen. Im allge— meinen zeichnet ſich das Neſt im Vergleich zu anderen Sylvien durch eine beſonders kunſt— fertige Bauart aus. Die Dorngrasmücke iſt einer unſerer fleißigſten Sänger. Der Geſang beſteht aus einem beginnenden längeren Piano, das man nur hören kann, wenn man ſich ganz in der Nähe des Sängers befindet, und einigen voll— tönenden Schluſsſätzen, die der oberflächliche Beobachter leicht für den einzigen Geſang des Vogels hält. Naumann ſchreibt darüber: „Das Piano iſt zuſammengeſetzt aus vielerlei abwech— ſelnden, pfeifenden und zirpenden Tönen, welche ſehr ſchnell auf einander folgen und leiſe her— geleiert werden; aber das beſchließende Forte wird mit ſchöner Flötenſtimme und mit voller Kehle geſungen.“ Sie ſingt nicht nur im Sitzen und Hüpfen im dichten Gebüſch, ſondern kommt auch oft leiſe ſingend auf die Spitze des Buſches, ſteigt dann flatternd bis 30 m hoch in die Luft und kehrt, immerfort ſingend, flatternd oder mit angezogenen Schwingen nach dem erſten Buſche zurück. Bald nach der Ankunft im Früh— jahre ſingt ſie unaufhörlich den ganzen Tag, ſpäter, wenn ſie das Weibchen beim Brüten ablöst, macht ſie eine Mittagspauſe, zuletzt ſingt ſie nur noch morgens und am Spätnach— mittage. Ich habe ſie bei Braunſchweig niemals ſcheu gefunden, allerdings beobachtet, dass ſie ſich, wenn ſie ſich verfolgt glaubt, ſchleichend und ſich windend in die dichteſten Büſche zurück— zieht und vor unſeren Augen verbirgt. Die Lockſtimme beſteht in einem eigenthümlichen ſchnalzenden Ton, den man nachahmen kann, wenn man die Zunge vorne an den Gaumen andrückt und raſch zurückzieht. Wenn der Vogel in Angſt iſt, z. B. ſich Feinde ſeinem Neſte nähern, ſo ſträubt er die Kopffedern, fliegt ängſtlich flatternd, als wenn er lahm wäre, dicht über der Erde hin und ſtößt einen eigenthümlichen ſchnarrenden Ton aus, der wie „ſchaar“ klingt, der dann von den raſch hinter einander fol— genden ſchnalzenden Lauten häufig unterbrochen wird. Beim Bauen des Neſtes find fie außer— ordentlich ſcheu und verlaſſen dasſelbe, ſobald ſie geſtört werden, ſehr leicht, häufig auch noch, wenn einige Eier gelegt ſind. Kommt man vorſichtig an das brütende Weibchen heran, das ſchon über acht Tage über den Eiern oder über eben ausgeſchlüpften Jungen ſitzt, ſo kann man es faſt auf dem Neſte fangen; zuletzt ent— ſchlüpft es wie eine Maus durch das Gras und die Zweige dicht über der Erde hin. Sind die Jungen kaum flügge, und man nähert ſich dem Neſte, ſo ſtieben ſie nach allen Richtungen aus— einander und verbergen ſich im Graſe. Aber auch ungeſtört verlaſſen die Jungen das Neſt ſehr früh, häufig mit noch ganz kurzen, eben hervorwachſenden Schwanzfedern. Unmittelbar nach dem Ausfliegen der Jungen ſchreitet das Paar zur zweiten Brut. Sehr häufig legen die Kuckucke ihre Eier in das Neſt der Dorngrasmücke. Die Nahrung beſteht in allerlei Inſecten, Raupen von Käfern und Schmetterlingen, Spin— nen, Fliegen, Inſecteneiern, die ſie von den Zweigen, Blättern und Knoſpen ableſen. Später im Sommer gehen ſie mit Vorliebe in den Raps⸗ und Rübſaatfeldern auf die Inſecten— jagd. Häufig habe ich auch die Neſter in ſolchen Feldern gefunden. Sehr lieben ſie auch die Beeren, wie Himbeeren, Brombeeren, Johannis- beeren, Flieder- und Holunderbeeren, ähnlich wie der Plattmönch. Durch die vorwiegende Inſectennahrung und durch den vorzüglichen Appetit, den unſer Vögelchen entwickelt, iſt es als unbedingt nützlich zu betrachten. Nach der zweiten Brut im Auguſt findet die Mauſer ſtatt, die Vögel ſind dann außerordentlich ſtill und ſcheu; im September, zuweilen erſt an— fangs October, verlaſſen ſie uns. R. Bl. Dorngrundel, ſ. Steinbeißer. Hcke. Dornheher, j. rothrückiger Würger. E. v. D. Dornkönig, ſ. Zaunkönig. E. v. D. Dornreich, ſ. rothrückiger Würger. E. v. D. Dornſchneller, deutſcher Name für die der Elateridenfamilie zugehörige Gattung Dia- canthus. SH ſchl. Dornwanzen, deutſche Bezeichnung für die der Petamotidenfamilie zugehörige Wanzen— gattung Asopus Burm. Hſchl. Dornzirpen, deutſcher Name für die zu den Buckelzirpen (Membraciden) gehörige Gat— tung Centrotus. 2 Hſchl. Doronieum L. (Fam. Compositae), Gems wurz. Staude mit knolligem Wurzelſtock und ſtraff aufrechtem Stengel, abwechſelnden ganzen Blättern und großen endſtändigen, 37—T5 im Durchmeſſer breiten Blütenkörbchen, goldgelben Strahl- und Scheibenblüten. Korb 28 Dorſum. — Drachenblut. hülle halbkugelig, grün, aus einer Reihe von Blättchen gebildet; Früchtchen mit haariger Krone. Zwei Arten kommen in Deutſchland und Dfter- reich-Ungarn als Waldpflanze auf fetteren Böden vor: gemeine Gemswurz, D. Pardalianches L., Stengel bis 1˙25 m hoch, einfach, einköpfig, oder oben doldentraubig äſtig. Blätter ſammt dem Stengel weichhaarig, gezähnt, grundſtändige herz- oder herz-eiförmig, geſtielt, die übrigen eiförmig⸗länglich, ſitzend. In ſchattigen Gebirgs— waldungen, zerſtreut, beſonders in den Alpen. Blüht im Mai und Juni. — Oſterreichiſche Gemswurz, D. austriacum Jacqu. Sehr ähnlich, aber verſchieden durch die Blätter, von denen die unteren kleiner als die mittleren, herzförmig und mit einem breitgeflügelten Stiel begabt, die mittlere herzförmig-länglich, oft geigenförmig eingeſchnürt und halbſtengelumfaſſend-ſitzend ſind. In Bergwäldern der Alpen, Sudeten, des bayriſchen und Böhmerwaldes. Blüht im Juli und Auguſt. Wm. Dorſum (bei den Inſecten) — Hinterleibs— rücken; daher „dorſal“ — rückenſeits, rücken— ſtändig. Dorſulum (nach Kirby) S „Rücken⸗ ſtückchen“, der zwiſchen Schildchen und Collare liegende Theil des Meſonotums mit der Flügel— pfanne (pteropega). Hſchl. Diaortheſta, Gattung der Familie Coccidae (ſ. d.). Hſchl. Doryenium Pentaphyllum Scop. (Fam. Papilionaceae). Fünfblättriger Backenklee. Buſchiger Halbſtrauch mit aufrechten oder auf— ſteigenden, ſehr äſtigen Stämmchen. Blätter ſitzend, dreizählig, Blättchen ſammt den gleich— großen und gleichgeformten Nebenblättern lineal— lanzettförmig bis oval, bald abſtehend zottig behaart (Waldform), bald ſeidenhaarig ſilber— glänzend (Form der ſonnigen Hügel und Gras— plätze). Blüten in geſtielten blattwinkelſtändigen Köpfchen, klein, weiß, mit violett geflecktem Kiel; Hülſen klein, kugelig, einſamig. Auf Kalkböden in der unteren Region aller Kronländer des öſterreichiſchen Kaiſerſtaates (mit Ausnahme Böhmens und Galiziens), auch in Bayern (um München). Blüht vom Mai bis Juli. Wm. Dorytomus, ſ. Erirhini. Hſchl. Doſenlibelle, ſ. Libellen. Lr. Doſenverſchluſs, ein zur Umänderung von Vorder- zu Hinterladern beſonders bei Infan— teriegewehren vielfach angewendeter Klappen— verſchluſs, deſſen Klappe nach Art des Deckels einer Schnupftabakdoſe (daher Tabatierever— ſchluſs) um ein links befindliches Gelenk auf- und zugeklappt werden konnte (j. Verſchluſs). Th. Doffierung, ſ. Ausladung. Fr. Dotter, ſ. Zeugung. Lbr. Dotterblume, ſ. Caltha. Wm. Dotterhöhle, ſ. Ei. Kur. Dotterkreislauf, ſ. Kreislauf. Kur Dotterſack, ein vorübergehendes Nahrungs- reſervoir für den Embryo, ſo lange dieſer noch keine äußere Nahrung aufzunehmen imſtande iſt, bei den Säugethieren ſchon während der Geburt verſchwindend, bei den eierlegenden Vertebraten zur Zeit der Geburt wohl noch vollentwickelt, aber dann raſch verſchwindend. Er entſteht, wenn nicht das ganze Entoderm der Keimdarmblaſe zum Darmrohr wird, ſon— dern ſich vorerſt in zwei mit einander frei eom— municierende Abſchnitte gliedert. Kur. Dotterweide, ſ. Salix. Wm. Doublette machen, bedeutet, mit jedem Laufe des Doppelgewehres ſchnell nach einander und ohne abzuſetzen je ein Stück Haar- oder Federwild zu erlegen, vorausgeſetzt alſo, dafs die erlegten Stücke gleichzeitig in den Schuſs— bereich des Jägers gekommen ſind. Auch findet dieſer Ausdruck Anwendung, wenn man mit jedem Laufe des Gewehres je einen von zwei gleichzeitig in die Luft geworfenen Gegen— ſtänden trifft. v. Ne. Dove, H. W., als Phyſiker durch Arbeiten auf dem Gebiete der Optik und Elektrieität und beſonders durch ſeine meteorologiſchen For— ſchungen berühmt; geboren den 6. October 1803 zu Liegnitz, ſtudierte er ſeit Oſtern 1821 in Breslau und Berlin Mathematik und Phyſik, habilitierte ſich 1826 als Privatdocent an der Univerſität Königsberg, wo er 1828 zum außer- ordentlichen Profeſſor ernannt wurde; 1829 er- folgte ſeine Berufung in gleicher Eigenſchaft an die Univerſität Berlin, 1845 dort die Ernen⸗ nung zum ordentlichen Profeſſor und gleichzeitig die Aufnahme in die Akademie der Wiſſen— ſchaften; ſtarb zu Berlin am 4. April 1879. Es iſt Doves großes Verdienſt, ungleich irgend einem Anderen zu meteorologiſchen For— ſchungen angeregt und auch durch ſeine eifrigen kritiſchen Sammlungen meteorologiſcher Beob— achtungen den Grund für eine Wiſſenſchaft der Meteorologie gelegt zu haben. Bedeutend vor allem ſind ſeine Arbeiten über die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. Wenngleich ſein wohl am meiſten verbreitetes Werk „Das Geſetz der Stürme“, welches zugleich eine Zu— ſammenſtellung eines großen Theiles ſeiner vorangegangenen, in Zeitſchriften verſtreuten oder einzeln erſchienenen Abhandlungen ent— hält, Lehren entwickelt, welche heute nicht als richtig anerkannt werden, aber von Dove gegen den Widerſpruch hartnäckig vertheidigt wurden, ſo hat dieſes Feſthalten an ſeiner Anſchauung vom Weſen der Stürme doch jedenfalls viel dazu beigetragen, die Arbeiten über dieſen Gegenſtand zu häufen und zu vertiefen. Es läſst ſich hieraus folgern, daſs der Fortſchritt der Wiſſenſchaft nach Überwindung der Dove— ſchen Anſicht vermöge der inzwiſchen erfolgten vertieften Einſicht in das Wirken der Natur dann ein beſchleunigterer geweſen ſein wird, und daſs der Fortgang ſich in der Folge um ſo gleichmäßiger geſtaltete. Dove ſchuf ein meteorologiſches Beobach— tungsſyſtem in Preußen und Deutſchland und war der Begründer des preußiſchen meteoro— logiſchen Inſtituts, welches 1846 in Berlin als Abtheilung des königlichen ſtatiſtiſchen Bureau, welchem Dove von 1848 an vorſtand, errichtet wurde. Gßn. Drachenblut iſt ein dunkelrothbraunes Harz, welches durch Einſchnitte in den Stamm von Pterocarpus Draco oder Dracaena Draco erhalten wird und auch auf den Früchten und zwiſchen den Deckblättern verſchiedener Calamus— Arten ſich findet. Es kommt in der Regel in Dracosaurus. — Drahtſchleife. 29 mit Schilf umwickelten Stangen in den Handel | und dient zum Färben. v. Gn. Dracosaurus Bray et Pom (Drachen— echſe). Ausgeſtorbene Eidechſengattung aus dem Tertiär. Kur. Dracunculus Kämpfer, Fadenwürmergat— tung, zu der der berüchtigte Medinawurm oder Guineawurm (Dracunculus medinen- sis L.) gehört. Kur. Draht wird nach der allgemeinen Draht: leere per Kilogramm berechnet. Fr. Drahtfallen, ſ. Mäuſefallen. Hſchl. Drahtgitter (Sandgitter) dienen zum Durchwerfen oder Sortieren von Erde, Sand, Schotter u. dgl. und erhalten verſchiedene Größe und Maſchenweite. Das Gewicht des gewöhn— lichen Gitters ohne die hölzerne Umrahmung ſchwankt per Quadratmeter zwiſchen 5 und 8 ke. Fr. Drahtgitterpatrone, auch Drahtſchrot— kartätſche genannt, iſt eines der (unſicheren) Mittel zur Herbeiführung eines concentrirten Fernſchuſſes durch Zuſammenhalten der Schrot— ladung bis auf weitere Entfernungen. Ein cylindriſches weitmaſchiges Geflecht von feinem Draht mit umgebogenem Rand (halbgeſchloſſener Boden) dient einem dünnen Papiercylinder mit Filzpfropfboden als innerer Halt (Gerüſt); mit Schroten (oft mit Sägemehl feſtgelegt) gefüllt, wird dieſer Cylinder auf die Pulverladung in die Patronenhülſe eingeſetzt und letztere wie ge— wöhnlich geſchloſſen (ſ. Laden). Th. Drahthürde, ſ. Einfriedung. Gt. Draßtkraßer iſt ein Bündel von dünnem Stahldraht, welches an den Putzſtock angeſchraubt wird und dazu dient, harte Pulverrückſtände, Blei oder Roſt, welche ſich im Lauf angeſetzt haben, zu entfernen. Es gibt zwei verſchiedene Arten von Drahtkratzern: bei der einen iſt der Draht knäuelförmig zuſammengerollt, bei der anderen werden die parallel neben einander ge— legten Drahtborſten an dem einen Ende durch einen Ring zuſammengehalten und bilden eine 3—7 em lange pinſelförmige Bürſte. v. Ne. Drahtlarven, Drahtwürmer, deutſcher Name für Elateridenlarven (ſ. Elateridae). Hſchl. Drahtlauf, ſeltenere Bezeichnung für da— mascierte Rohre, inſoferne zu deren Herſtellung drahtähnliche Eiſenſtäbe verwendet werden (ſiehe Damaſt). Th. Drahtrieſen dienen dem Transporte von Laſten im geneigten Terrain und beſtehen aus einem einfachen Eiſendraht, der an ſeinen beiden Endpunkten unter der erforderlichen Spannung befeſtigt wird. Gleichzeitig iſt am unteren oder tieferen Befeſtigungspunkte eine Vorrichtung zum Spannen des Drahtes angebracht. Als oberer Punkt der Befeſtigung eignet ſich am beſten ein vorſpringender Felſenkopf oder Plateaurand mit ſteil abfallendem Hange, damit die Laſten in entſprechender Höhe über dem Boden hinweggleiten können. Für die Befeſti— gung des oberen Drahtendes genügt ein ſtehender aum, Baumſtock oder ein in den Boden ein— getriebener Pfahl. Damit ferner das Aufhängen der Laſten keine Schwierigkeiten verurſache, führt man den Draht vom Befeſtigungspunkte über einen 1/½—2 m hohen Holzbock hinweg. Das untere Drahtende iſt über eine höl— zerne Welle geſchlungen, die zwiſchen Pfählen oder ſtehenden Bäumen befeſtigt wird und durch entſprechende Drehung derſelben zur Spannung des Drahtes dient. Vor dieſer Spannwelle wird ein Schutzdamm aus leichtem Materiale herge— ſtellt. Um die Brüchigkeit des Drahtes zu ver- meiden, empfiehlt ſich ein Ausglühen oder doch Durchziehen desſelben durch ein Kohlenfener. Bruchſtellen werden auf 6—9 em Länge ſchief zugefeilt und aufeinandergelegt, wobei ein dün⸗ nes Kupferblech dazwiſchen einzulegen iſt, ſo— dann mit Draht gebunden und in einem Kohlen— feuer geglüht und ſchließlich entſprechend zu— gefeilt, bezw. die Unebenheiten an der Bruchſtelle beſeitigt. Wäre die zu rieſende Laſt Q, L die Länge, s der Spannungsgrad, q das Gewicht eines Längenmeters Draht von beſtimmtem Quer- ſchnitt, 4 der Neigungswinkel des Drahtes oder der Rieſe, k der erwünſchte Grad der Sicher— heit, 1 die Tragfähigkeit des Drahtes mit Rück— ſicht auf ſeinen Querſchnitt, ſo kann der erfor— derliche Querſchnitt x berechnet werden: * P K s + cos c X. dL oder * — f (8s + cos zo) FF in mme, wobei nach Redtenbacher T = 70 kg per Quadratmillimeter und q = 0˙0077 kg per Quadratmillimeter und Um Länge anzuneh— men iſt. Als gewöhnliche Stärke gelten 6—9 mm und als Neigung 30— 60“. Das Aufziehen, Spannen, die vollſtändige Inſtandſetzung des Betriebes einer 2—3 km langen, 65mm im Durchmeſſer dicken und 390— 880 kg ſchweren Drahtrieſe erfordert einen Aufwand von 4 Tagſchichten. Das einmalige Löthen und neuerliche Aufziehen erheiſcht gleich— falls 4 Tagſchichten. Zwei Arbeiter vermögen per Tag 2400 Stück Um lange, 15—20 em dicke Faſchinenbündeln (Reiſigwellen) abzurieſen. Das Abrieſen von einem Cubikfeſtmeter Scheit— holz (20 —25 Scheiter per Bund oder Trag laſt) erfordert 008 Tagſchichten. Die Laſten werden mittelſt hölzerner oder eiſerner Haken auf den Draht gehängt und gleiten dann infolge der einen Schwercompo— nente ſelbſtthätig nach der Tiefe (j. Drahtſeil rieſen). Fr. Drahtſchleife, die, oder Drahtſchlinge, eine aus geglühtem Draht hergeſtellte Schlinge zum Fange des Wildes, wie ſolche namentlich von Wilderern für alle Wildgattungen, vorzugs weiſe aber für Rehe und Haſen gebraucht wird. „Drahtſchleifen oder Drahtſchlingen wer den von ausgeglühtem meſſingenen Drath ver fertiget und denen Rehen und Haaſen heimlich gerichtet.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 95. - Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 159. — Onomat. forest. I., p. 496. — Behlen, Wmſpr. 1829, p. 42. — Hartig, Lexik., p. 121. — Grimm, D. Wb. II., p. 1330. — Sanders, D. Wb. II., p. 952 b, 960 c. — Frz. le lacet de fil d’archal E. v. D 30 Drahtſeilbahnen. — Drahtſeilrieſen. Drahtſeilbahnen ſind Transportanſtalten, bei denen die Fortbewegung der Laſt nicht mehr ſelbſtthätig durch die Schwercomponente erfolgt, ſondern durch einen eigenen Motor be⸗ werkſtelligt wird. Die Fortbewegung geſchieht entweder in der Weiſe, daſs der Motor ein Zugſeil treibt, an welchem die Laſt befeſtigt iſt, oder auch ein Seil ohne Ende in Bewegung ſetzt, welches ſodann die Laſten oder Fahrmittel mittelſt Reibung nach ihrem Beſtimmungsorte befördert. Eine Drahtſeilbahn mit Motor und Zug⸗ ſeil beſteht gegenwärtig noch an der Aurach (bei Gmunden) im öſterreichiſchen Salzkammer⸗ gut. Sie hat eine Länge von 65˙08 m und über⸗ windet einen relativen Höhenunterſchied von 3775 m. Die Anlage umfaſst die untere Sta- tion mit dem Motor (Waſſerkraft), die gedeckte Fahrbahn, die obere Station mit der Seil⸗ ſcheibe und den Drehſcheiben und endlich die Fahrmittel. Das 17 mm dicke Drahtſeil läuft in der oberen Station über eine Seilſcheibe mit vertical geſtellter Achſe und dem Durch— meſſer von 2˙2 m und iſt in der unteren Sta⸗ tion mit ſeinen beiden Enden auf eine Seil— trommel in umgekehrter Richtung aufgerollt, ſo zwar dass, wenn ſich das Seil in der einen Trommelhälfte abwickelt, gleichzeitig ein Auf⸗ winden desſelben auf der zweiten Seiltrommel— hälfte ſtattfindet, wodurch ein gleichmäßiges Auf⸗ und Abfahren der zwei Bühnenwägen erzielt wird (Fig. 245). Fig. 245. Seiltrommel. Als Motor dienen zwei unterſchlägige Waſſerräder, deren Breite Um, deren Durch— meſſer 4˙2 m und deren Felgendicke 11 em be— trägt, während der Umfang 32 Stück 36 em breite Schaufeln hat. Die Fahrbahn hat 24/20 em ſtarke Langſchwellen, 4—6 m lange, 35mm breite und 5 mm dicke Flachſchienen und eine Spurweite von 106 em. Innerhalb der Fahr— bahn bewegt ſich das Zugſeil über 30—40 cm ſtarke Holzrollen. Der ſchief geſtellte und mit horizontaler Plattform verſehene Bühnenwagen trägt die be- oder entladenen Rollwagen mit der Spurweite von 73 em. Zum Betriebe find vier Mann erforderlich. Die Wagenladung be— trägt Urms, während die Fahrt einen Zeitauf— wand von 8 Minuten beanſprucht. Der Ar⸗ beitsaufwand für das Aufziehen des Holzes beträgt 0°07 Tagſchichten per Cubikraummeter (ſ. Seilbahn Hodgſon, Müller und Siegel). Fr. Drahtſeildauer. Die Drahtſeile ſind ſtets nach abgeſchloſſenem Betriebe zu entfernen und in gedeckten Räumen aufzubewahren und vor jeder weiteren Verwendung mit einem Theer⸗ anſtrich zu verſehen. Einen guten Auſtrich gibt Steinkohlentheer, welcher bei einer Temperatur von 120 C. gekocht wurde und dem nach ſei⸗ nem Erkalten 15— 20% Talg zugeſetzt worden ſind. Eine gute Schmiere gibt auch die Miſchung von 3 Theilen Leinöl und 1 Theil Colophonium. Der Durchmeſſer der Seilſcheiben (Trom⸗ meln) muſs dem Steifigkeitswiderſtande des Seiles entſprechen, ſonſt wird das letztere ge— brochen und ſehr raſch abgenützt. Er ſoll min⸗ deſtens das 75—150fache des Seildurchmeſſers betragen. Desgleichen muſßs auch die Breite der Trommel derart berechnet ſein, daſs das Seil bei einer einfachen Aufwicklung darauf Platz findet, weil es ſonſt bei einem mehrfachen Über⸗ einanderwickeln ungemein leidet. Ingenieur Maus hat die Dauerhaftigkeit der Drahtſeile dadurch erhöht, dajs er die Drahtlitzen mit Hanf oder grobem Baumwoll- garn umſpinnen ließ. Dadurch werden die Seile allerdings um etwas theurer, bleiben aber da— gegen viel biegſamer und ſicherer und erhalten ſich zudem bei unausgeſetzter Benützung zehn Jahre in gutem und brauchbarem Zuſtande. Seile, in dieſer Art angefertigt, laſſen ſich daher bei einer Drahtſeilrieſe vorausſichtlich 20 bis 30 Jahre lang verwenden, wenn ſie während ihrer Nichtbenützung gegen äußere Einflüſſe ge— ſchützt werden. 175 Drahlſeilrechen find Fanggebäude, bei denen an Stelle der gewöhnlichen Spindelbäume Drahtſeile in Verwendung treten, die geſpannt und am Ufer an eingerammte Pfähle entſprechend befeſtigt werden. Einen Drahtſeilrechen von klei⸗ nem Umfange hat die Staatsbahngeſellſchaft auf der Domäne Orawicza im Jahre 1872 er⸗ baut. Die Pfeiler ſind in Form eines dreiſeitigen Prismas aus 14 Stück 20—26 cm ſtarken und 4—5 m langen Pfählen aus einer 75 mm dicken Verſchalung aus Lärchenbohlen und aus einer Steinfüllung gebildet. Die Spindeln ſind 5 bis Sem ſtark und in Entfernungen von 48 cm mittelſt Waldreben oder Bindwieden an die Drahtſeile befeſtigt. Der Fangrechen hatte drei und die als Abweisrechen fungierende Fort- ſetzung zwei Drahtſeile. Dieſe waren auch um die Pfähle der ſieben in Abſtänden von 10 m erbauten Pfeiler befeſtigt (ſ. Holzrechen, Stan- rechen). Fr. Drahtſeilrieſen. Im weſentlichen beſtehen dieſelben aus dem eigentlichen Drahtſeil, der Brems vorrichtung, dem Förderwagen und den Unterſtützungsanlagen. Die eigentliche Bahn, auf der die Laſten ſelbſtthätig mit der Kraft P == (in «a — f cos q) niedergleiten (wenn nämlich die Laſt mit Q, die Neigung mit und der Reibungscoöfficient mit f angenommen wird), bildet das fixe, ent⸗ ſprechend geſpannte Drahtſeil. Behufs Berechnung der Drahtſeilſtärke empfiehlt Redtenbacher den Feſtigkeitscosffi⸗ cienten für Eiſendraht mit 7000 kg per Qua⸗ dratcentimeter, als Sicherheitsmodul / und die Tragfähigkeit mit 1400 kg per Quadrat⸗ centimeter anzunehmen. Wäre nun d der Durch⸗ Drahtſtellen. 31 meſſer des Drahtes, aus welchem das Seil ge— fertigt werden ſoll, a die Anzahl der Drähte und P die Widerſtandsfähigkeit, welche das Seil aushalten ſoll, ſo iſt r 400 1 — V&.P a N 1400 Wenn D der Durchmeſſer des Seiles ohne eine Hanfſeele wäre, d. i. nahezu gleich d Ma, jo wird VI. P — 1400. 008 V7 Nach Rziha it D = 1˙5 d Ma Zerriſſene Drahtſeile werden in der Weiſe geſpleißt, das man die beiden Seilenden auf 30 — 40 em öffnet und ſodann in einander verflicht. Die Befeſtigung und Spannung erfolgt wie bei den gewöhnlichen Drahtrieſen. Im Ge— brauche ſtehen Drahtrieſen mit einem oder auch mit zwei Drahtſeilen. Bei Drahtſeilrieſen mit einem Drahtſeile unterſcheidet man weiters noch den einfach und den doppelt wirkenden Betrieb. Im erſteren Falle wird die Laſt ſelbſtthätig abgelaſſen und der Förderwagen dann mittelſt des Bremsſeiles durch Menſchenhand emporgezogen. Beim dop— pelt wirkenden Betriebe bewegt ſich die Laſt nach abwärts und zieht gleichzeitig einen zweiten entladenen Wagen zur Anfangsſtation empor. Die Brems vorrichtung beſteht aus einer Bremsſcheibe und aus dem Bremsſeile und iſt mit Rückſicht auf die größeren und wertvolleren Laſten, die auf den Drahtſeil— riefen zur Ablieferung kommen, unbedingt noth— wendig. Man hat einfach und doppelt wirkende Bremsvorrichtungen, je nachdem das Bremsſeil in einfacher oder doppelter Länge zur Anwen- dung kommt. Von einer hölzernen Welle, die mit der Bremsſcheibe verbunden iſt, wird das Bremsſeil beim einfach wirkenden Betriebe durch die ſelbſtthätig abgleitende Laſt abgerollt, wäh— rend infolge des neuerlichen Aufrollens des— ſelben durch Menſchenhand gleichzeitig der För— derwagen auf die Anfangsſtation zurückgeſchafft wird. Eine Verminderung oder Regelung der Gleitgeſchwindigkeit beſorgt der Arbeiter, indem er mit einer einfachen Bremsſtange aus Holz auf den Umfang der Bremsjcheibe hebelartig drückt. Die Bremsvorrichtung für einen doppelt wirkſamen Betrieb iſt verſchieden, je nachdem eine oder zwei Wellen mit horizontal oder vertical geſtellten Achſen in Verwendung kom— men. Das Bremsſeil iſt zumeiſt ein Seil ohne Ende oder ein Seil mit Ausgleichsketten. Die Bremſung erfolgt dann entweder mittelſt eines Bremsbalkens durch die Hand oder wird ſelbſt— thätig durch die Bremsſcheiben und Brems— bänder bewerkſtelligt. Der Wagen oder die Förderungsvorrich— tung beſteht aus Metallrollen (Fig. 246) mit tiefeingekerbtem Umfang und aus eiſernen oder Haken, die, wenn deren mehrere angewendet werden müſſen, mittelſt einer eiſernen oder höl— zernen Führungsſtange a (Fig. 247) ver⸗ bunden werden, welche ihrerſeits wieder ober— oder unterhalb des Tragſeiles anzubringen iſt. Die Führungs- oder Tragſtange hat gewöhn⸗ lich eine Länge von 3—4 m. Zum Unterbau zählt man jene Anlagen, die dem fixen oder beweglichen Seile als Stützen dienen, dann jene Vorkehrungen, welche den gleichzeitigen Verkehr des beladenen und entladenen Wagens auf einem und demſelben Tragſeile ermöglichen. Für das bewegliche Seil genügen Laufrollen, jedoch in größerer An⸗ zahl als die gerüſtartigen Träger des fixen Seiles. Bei den Rieſen mit doppelt wirkendem Betrieb bedarf es in der Mitte der Bahn einer Vorrichtung (Ausweich vorrichtung), welche das Ausweichen der be- und entladenen Wagen, die ſich an dieſem Punkte treffen müſſen, er— möglicht. Entweder beſteht die Ausweichvor— richtung (Wechſel) aus einem Gerüſte, auf welchem Arbeiter ſtehen, die den leeren Wagen abheben und überſtellen, oder es werden ver— ſchieden conſtruierte, ſelbſtthätig wirkende Wechſel benützt. Letztere beſtehen aus einer eiſernen Stange, parallel zum Tragſeil, mit zwei Armen ausgeſtattet, wovon der untere auf dem Seile aufruht, während der obere, mit einem Gegen— gewichte verſehen, erſt durch die Schwere des darübergehenden entladenen Wagens auf das Seil herabgedrückt wird (ſ. Panz'ſche Draht⸗ rieſe, Schweizer Drahtſeilrieſen, Drahtſeil— dauer). Fr. Drahtſtellen, das — Stellen von Draht: ſchlingen, veraltet. „Un nachdem Wir auch in glaubwürdige Erfahrung kommen] daſs etliche Bürger und Unterthanen das kleine Waidwerck als nemlich mit Schießen] Lauſen und Drat- ftellen | in Unſerer Wildfuhr zu treiben ſich 32 unterſtehen ſollen . ..“ Brandenbg.-Onolzb. Jagdediet vom 1. u 1604. E. v. D. Drahtſtifte, ſ. Nägel. Fr. Drahtzaun, i. Einfriedung. Gt. Drainierung bedeutet die Trockenlegung feuchter oder naſſer Culturgründe unter An— wendung von Röhren aus gebranntem Thon, welche das Waſſer ableiten. Die Richtung der einzelnen Leitungen oder Stränge wird durch die Einhaltung des gebotenen oder noth— wendigen Gefälles beſtimmt. Wie tief die Lei- tungen zu legen find, muj3 je nach der Boden— beſchaffenheit und der Culturart fallweiſe durch locale Erhebungen, Bohrungen, Probegruben u. dgl. ermittelt werden. Bei Ackerland dürfte eine Tiefe von 1˙2—1˙5 m genügen, während bei Wiesgrund ſchon eine mäßige Tiefe ent— ſprechen wird. Als äußerſte Tiefe können 2˙4 bis 3 m angeſehen werden. Die einzelnen Lei— tungen oder Stränge ſind in Entfernungen von 3—12 m zu legen, wobei gleichfalls die Boden— beſchaffenheit einen maßgebenden Einfluſs nimmt. Die Röhren ſollen bei 3 em Röhrenöffnung 75 mm Wandſtärke 7 5 7 5 90 7 n 9 6 7 m 105 "n n 7 9 7) 7] 141 7 77 7} 12 7) 7 174 [77 n PR 1 204 „ 5 „ 18 " 225 „ " erhalten. Die Rohrkänge ſchwankt zwiſchen 30 und 45 cm. Das Gefälle, unter dem die Leitungen liegen ſollen, iſt von der Röhrenweite abhängig und wird erfahrungsgemäß als zuläſſig kleinſtes Gefälle für Röhren mit 0˙03 em Offnung. 0˙35 % Gefälle „ 006 „ rn: K 507095 n RT R DIE la 5 0° 12 " A a 0:09 " U „015, BAER 0705 % 6% 7 0 18 7 rn 0˙04 7 n angenommen. Das Waſſer tritt in die Röhren durch die Stoßfugen ein. Die Drainierung kann man als eine gut ausgeführte bezeichnen, wenn das in den Boden innerhalb eines beſtimmten Zeit— raumes eingetretene Waſſer in der halben Zeit abgeleitet wird. Gleichwie bei der Entwäſſerung durch offene Gräben bezeichnet man auch hier die Haupt— leitung als Sammeldrain, die Nebenlei— tungen als Saugdrains. Beim Legen der Röhren iſt auf die mög— lichſte Ebnung der Sohle des ausgehobenen Grabens zu achten und wird hiebei eine eigene Legehacke benützt. Bäume oder Sträucher dürfen in der Nähe der Leitungen nicht geduldet werden. Als Dauer der Leitungen kann man annähernd eine Iriſt von 20 Jahren anſetzen. Fr. Drall, der, in älterer Zeit ſynonym mit Zug im Büchſenlauf, gegenwärtig nur für die Art und Weiſe der Windung der Züge gebraucht, jo daſs man z. B. von Zügen mit Progrejfiv- drall ſpricht, d. h. Züge, bei welchen ſich der Neigungswinkel der Windung, der Drall- winkel, gegen die Mündung verjüngt. Das Drahtſtifte. — Drall. Wort, ſtamm- und ſinnverwandt mit dem Ad— jectivum drall = rund, iſt von drehen ab— zuleiten. „Drall oder Züge ſind die in einen Büchſenlauf eingeſchnittene Hohlungen, welche anfangs gerad, hernach genächlich gewunden nach der „Schwanzſchraube zugehen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 95. — Winkell, III. ‚P- 437. — 35 v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. . Ber. Vüger, p. 528. — Grimm, D. Wb. II., p. 188 u Wb. I., p. 311. — Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 409. — Frz. la rayure, l’inclinaison des rayures. E. v. D Drall iſt die ſchraubenartige Windung der Züge in dem Rohr der gezogenen Feuerwaffen; er bezweckt, dem Geſchoſs eine beſtimmte Ro⸗ tation (ſ. d.) — dem Langgeſchoſs eine Drehung um deſſen Längsachſe — zu geben. Dieſe Drehung kann (von hinten geſehen) entweder von unten über links nach oben rechts (im Sinne eines rechtsläufigen Schraubengewindes) erfolgen: Rechtsdrall, oder ſie findet umgekehrt von unten über rechts nach oben links (links- läufiges Schraubengewinde) ſtatt: Linksdrall. Beide Anordnungen ſind für den Zweck, bezw. den Erfolg der Rotation gleichwertig; meiſt haben die Büchſen Rechtsdrall. Denkt man ſich ein rechtwinkeliges Dreieck abe, deſſen Baſis ab gleich dem Umfange der Seele iſt, um einen der Seele gleichen Cylinder ſo gewickelt, daſs ab einen geſchloſſenen Kreis und ac eine im Cylindermantel liegende gerade Linie (parallel der Achſe) bildet, ſo ſtellt die nunmehr ſchraubenartig gekrümmte Linie be die Drallinie, d. h. die Führungskante eines Zuges dar. Die Entfernung ac ijt die Drall- länge, d. h. diejenige Länge, auf welcher der Zug (das Geſchoſs) eine volle Umdrehung macht, da nach der Umwicklung b als Ausgangspunkt der Schrauben- (Drall-) Linie ſenkrecht unter e liegt. Da die Neigung der Hypotenuſe be ge— gen die beiden Katheten durch das Größenver— hältnis der letzteren zu einander beſtimmt wird, ſo kann man dieſe Neigung, d. h. die Stärke des Dralls, nicht nur direct durch die Größe des Drallwinkels (4), ſondern auch durch die An⸗ gabe bezeichnen, wie oft der Seelenumfang ab, oder was zu demſelben Ergebnis führt, wie oft der Seelendurchmeſſer (Caliber) in der Drall- länge ac enthalten iſt; z. B. Drallänge — 50 Caliber. Große Drallänge und ſchwacher (ſanfter) Drall, kleine Drallänge und ſtarker (ſcharfer, ſteiler) Drall ſind daher identiſch. Häufig findet man die Drallänge auch lediglich in Längenmaß (Meter, Fuß) angegeben; zur genauen Vorſtellung über die Stärke des Dralls fehlt alsdann die andere Kathete, nämlich der Seelenumfang, bezw. das Caliber; gänzlich un⸗ genügend iſt endlich die Angabe der Zahl der Umdrehungen, welche die Züge (das Geſ 08) im Laufe machen; ein Drall von z. B. % U drehungen iſt in ſeiner Stärke nur dann 4 10 bezeichnet, wenn Caliber und Länge des Rohres bekannt ſind, bezw. als feſtſtehend angenommen werden, und hat daher dieſe Bezeichnungsweiſe nur inſoweit einige Berechtigung, als Caliber und Hänge der Läufe übereinſtimmen. Die Windung der Züge, welche das Ge— ſchoſs zur Drehung zwingt, ſetzt dem letzteren Draudt. — Drechslerei. bei ſeiner Vorwärtsbewegung im Lauf einen gewiſſen Widerſtand (Reibung) entgegen, wo— durch die Geſchoſsgeſchwindigkeit beeinträchtigt wird; da nun die durch die Rotation zu er⸗ langende Stabilität der Drehachſe nicht nur von der Rotationsgeſchwindigkeit (Zahl der Um— drehungen in der Secunde) an ſich, ſondern weſentlich auch von der Geſtalt und Maſſen— vertheilung (Gewicht) des Geſchoſſes abhängig iſt, ſo hat man, falls letztgenannte Momente günſtig ſind, im Intereſſe einer verminderten Reibung den Drall ſo ſchwach als möglich zu machen; die Rotationsgeſchwindigkeit wächst mit der Stärke des Dralls und der fortſchreitenden Geſchwindigkeit des Geſchoſſes. Hieraus folgt, daſs lange, dünne und leichte Geſchoſſe einen ſtärkeren Drall verlangen, um während des Fluges gegen Überſchlagen geſichert zu ſein, als kurze, dicke und ſchwere Geſchoſſe; die größere Anfangsgeſchwindigkeit erlaubt im allgemeinen die Anwendung ſchwächeren Dralls als bei ge⸗ ringerer Geſchoſsgeſchwindigkeit. Das Caliber der Geſchoſſe hat nur unweſentlichen Einfluss, obſchon bei den ſtärkeren Calibern die Maſſen⸗ vertheilung für die Stabilität der Drehachſe etwas günſtiger iſt. Wird die Steilheit des Dralls über das nothwendige, der Geſchoſsform ꝛc. und -Ge- ſchwindigkeit entſprechende Maß hinaus ver— größert, ſo tritt nicht nur unnütze Reibung, ſondern auch die Gefahr des ſog. Überſpringens der Züge ein: das Geſchoſs folgt den Windungen der Züge nicht mehr, ſondern geht unter ſtarker Deformation (Abſcheerung feiner Führungstheile) mehr oder weniger gerade durch den Lauf und erhält damit eine unſichere Führung, unregel— mäßige Flugbahn und mangelnde Treffge⸗ nauigkeit. Das geeignetſte Maß der Drallſtärke wird für jeden einzelnen Fall praktiſch durch Ver— ſuche ermittelt; für 2½ Caliber lange Geſchoſſe und große Anfangsgeſchwindigkeiten hat ſich als am meiſten zutreffend ein Drallwinkel von etwa 3% (S ca. 30 Caliber Drallänge) heraus— geſtellt. Da es zur Erzielung der erforderlichen Rotationsgeſchwindigkeit genügt, wenn der Drall nur auf einer kurzen Strecke an der Mündung die richtige Steilheit zeigt, ſo findet man, um die gerade im Anfang der Geſchoſsbewegung ſehr ungünſtige Reibung zu vermindern und das Eintreten des Geſchoſſes in die Züge zu erleichtern, letztere im hinteren Theil des Rohres zuweilen in ſchwächerer oder ſogar gänzlich ohne Drehung geführt und dann den Drallwinkel nach vorn zu allmählich zunehmend: Progreſſiv— drall. Dieſer Drall, den man auch wohl para— boliſchen oder kreisförmigen Drall nennt, je nachdem die (abgewickelte) Drallinie einen Theil einer Parabel oder eines Kreiſes darſtellt (ſiehe Fig. 248, de), bedingt neben ſchwierigerer Herſtellung noch den Übelſtand, dajs der vor— dere Geſchoſstheil auf eine ſtärkere Drehung hin angegriffen wird als der hintere, wodurch eine gute Führung erſchwert wird, wenn man den Führungstheil am Geſchoſs nicht auf einen einzigen ſchmalen Ring beſchränkt. Meiſt wird daher der gleichförmige oder conſtante Drall Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 3 33 (mit ſtets gleichem Neigungswinkel) angewendet, der abgewickelt eine gerade Linie (be, Fig. 248) darſtellt. Zur Erzielung der Rotation iſt es nicht nothwendig, dass die Seele auf ihrer ganzen „ a 1 1 Fig. 248. a Länge gezogen ift: es genügt hiezu bereits ein verhältnismäßig kleines Stück; zur Verminde— rung der Reibung bleibt daher häufig der größte Theil der Seele glatt und findet man die Züge nur auf einem kurzen Stück an der Mündung oder im hinteren Theil der Seele (ſ. Rotations- ſtück). Siehe auch Rotation und Züge. Th. Draudt, ſ. Aufnahme und Berechnung der Beſtandesmaſſe. Lr. Drechslerei. Das Drechslergewerbe beruht auf der Anwendung der Drehbank und der dazu gehörigen Werkzeuge. Hier wird nur von der Holzdrechslerei die Rede ſein. Das zur Verarbeitung beſtimmte Holz wird mit der Säge in der erforderlichen Größe zuge— ſchnitten (wobei man es gewöhnlich im hölzernen Schraubſtock feſthält), mit dem Beile aus dem Groben behauen oder mit dem Schnitzmeſſer roh ausgeformt, an der Drehbankſpindel (nöthi— genfalls mit Hilfe des Reitſtockes) eingeſpannt und zuerſt mit der Röhre, nachher mit dem Meißel und wenigen anderen Drehſtählen in der beabſichtigten Geſtalt ausgearbeitet. Löcher und Höhlungen erzeugt man mit Bohrern (Löffel⸗ und Centrumbohrern) und erweitert ſie durch den Ausdrehſtahl. Schraubengewinde werden mit Schraubſtählen geſchnitten. Zum Nach— meſſen des Arbeitsſtückes während des Drechſelns dienen Zirkel verſchiedener Art (beſonders Dick zirkel), Lehren und der Ausdrehwinkel oder Schubwinkel. Bei hohlen Gegenſtänden iſt es Regel, die Höhlung auszuarbeiten, bevor das Außere völlig abgedreht wird, weil ſonſt na= mentlich bei dünnen Wänden leicht eine Be ſchädigung ſtattfinden könnte, wenn man den 2 34 Drechslerei. nöthigen Druck von innen heraus zuletzt an— wenden würde. Der fertige Gegenſtand wird mit dem Meißel von zurückbleibenden Reſten des Holzes losgeſchnitten („abgeſtochen“). Feinere Gegenſtände werden von neuem eingeſpannt, mit Bimsſteinpulver und Ol auf Filz, mit Schachtelhalm oder Glaspapier ge— ſchliffen und mit Schellackauflöſung poliert oder in anderer Weiſe ausgeſtattet. Wenn Gegenſtände zu drechſeln ſind, welche nach der Vollendung aus zwei oder mehreren Theilen beſtehen ſollen, ſo darf man ſie nicht erſt zuletzt zerſchneiden, weil der Sägenſchnitt Holz wegnimmt, welches dann an der vollen Geſtalt fehlen würde. Man dreht demnach das Stück nur halb fertig, zerſchneidet es, hobelt die Schnittflächen glatt ab, leimt die Theile mit einem zwiſchengelegten feinen Papierblatte wieder zu— ſammen und beendigt das Abdrehen. Das Papier geſtattet nachher die Trennung der Theile durch vorſichtiges Zerſpalten, jo dajs ſchließlich nur noch die inneren Flächen zu reinigen ſind. Einige eigenthümliche Methoden und Hilfs— mittel der Holzdreherei ſind folgende: 1. Zur Darſtellung hölzerner Ringe (für Vorhänge u. dgl.) wird an eine in der Drehbank umlaufende Holzſcheibe außerhalb des Mittel— punktes, zuerſt von der einen Fläche ein Schneid— werkzeug angehalten, welches zwiſchen zwei ſcharfſpitzigen Zähnen eine Schneide von der durch das Profil des Ringes vorgeſchriebenen Geſtalt enthält; dann auf der anderen Seite ein ähnliches Werkzeug zur Wirkung gebracht. Dieſe beiden Inſtrumente bilden ein gabelförmiges Ganzes, in deſſen Ausſchnitt die Holzſcheibe eintreten kann, und welches ſich um einen Stift auf der Auflage dreht, jo daſs eine einfache Wendung genügt, um entweder die eine oder die andere Schneide zum Angriff zu bringen, und beide ſicher einander gegenüber arbeiten. 2. Dreht man aus Scheiben eines leicht ſpaltenden Holzes (Fichte, Tanne ꝛc.) concen— triſch zu den Jahren ringförmige Körper von beliebiger Querſchnittsgeſtalt (Reifen), ſo können dieſe nachher in radialen Richtungen zu einer Menge übereinſtimmend geformter Stücke ge— ſpalten werden; dieſes Verfahren iſt üblich zur Verfertigung kleiner Thierfiguren (Kinder— ſpielzeug), welche nach dem Herausſpalten aus den Ringen durch Schnitzen vollendet werden. 3. Verſchiedene Apparate als Zugabe zur Drehbank find z. B. der Drehſchlitten, ein Sup- port, welcher ganz nahe am Drehſtahle mittelſt zweier hölzerner Backen das Arbeitsſtück faſst und ſo deſſen Ausweichen verhindert, um lange und dünne eylindriſche Stangen abzu— drehen, eigenthümlich geſtaltete Scheiben 2c. 4. Bei einer Drehbank zu Geländerſtäben u. dgl., welche der Länge nach geſchweift, alſo an verſchiedenen Stellen ungleich dick ſind, be— findet ſich das Dreheiſen an einem Hebel, der bei ſeinem Fortſchreiten längs des Arbeits— ſtückes auf einem zweckmäßig ausgeſchweiften Lineale (Schablone, Patrone) gleitet und durch dasſelbe veranlaſst wird, ſich nach Vorſchrift dieſer Lehre zu heben und zu ſenken. Es gibt eine vollkommenere, ſelbſtthätige Einrichtung nach demſelben Principe zu gleichem Zwecke, wobei die Bewegung eines mit dem Dreheiſen ausgeſtatteten Schlittens (Supportes) durch die Lehre geregelt wird. Bei einer anderen (in Nordamerika üblichen) Conſtruction befindet ſich ein einziger faconnierter Stahl von ſolcher Länge an einem verticalen Schlitten, daſs eine bloße geradlinige Verſchiebung desſelben normal zur Drehungsachſe des Arbeitsſtückes genügt, das— ſelbe von einem Ende zum anderen fertig zu drehen. 5. Zum fabriksmäßigen Drechſeln hölzerner Spulen hat man eine eigene Maſchine, bei welcher mehrere Stähle gleichzeitig oder kurz nach einander auf das Arbeitsſtück einwirken. 6. Eine völlig ſelbſtthätig wirkende, durch Elementarkraft zu betreibende Maſchine zum Drehen kleiner hölzerner Büchſen (für Zündhölzer) haben Mannhardt in München und nach ihm andere conſtruiert. An der Spindel derſelben iſt das Schneidwerkzeug angebracht, welches enthält: a) einen breiten Centrum bohrer zum Aus— bohren der Höhlung; b) eine ſchräg ſtehende Schneide, ähnlich dem Meißel der Holzdrechsler, um das Außere der Büchſe abzudrehen; c) eine kleinere Schneide zum Andrehen des Halſes. Die feſte Vereinigung dieſer drei Schneid— inſtrumente dreht ſich ſchnell und ſchiebt ſich zu— gleich vor, bis die Büchſe tief oder lang genug iſt. Ihr gegenüber iſt ein langer, roh rundge— hobelter Holzſtock unbeweglich eingeſpannt. Wenn das Ende desſelben, wie erwähnt, zur Büchſe gebildet iſt, rückt eine Kreisſäge heran und macht den Schnitt, durch welchen das fertige Stück vom Reſte des Holzes getrennt wird. Letzterer ſchiebt ſich ſogleich um eine Büchjen> länge gegen das Schneidwerkzeug hervor, und das Spiel beginnt von neuem. Auf ganz ähnliche Weiſe werden die Deckel verfertigt. Zum Drehen einer 35 mm langen Büchſe ſind 18, zu einem Deckel höchſtens 9 Secunden erforderlich; rechnet man 3 Secunden hinzu, um den Zeitverluſt beim Einſpannen neuer Holzſtücke zu berückſichtigen, ſo hat man als Leiſtung zwei Büchſen nebſt Deckel in einer Minute oder 120 in einer Stunde. Man hat zum Büchſendrehen auch eine Reihe von drei getrennten Inſtrumenten, womit die Arbeiten des Abdrehens und des Bohrens von Untertheil und Deckel nach einander ver— richtet werden. 7. Um an den Enden von Holz- (auch Rohr und Fiſchbein-) Stäbchen kugelige oder ähnliche Köpfe zu drehen, verbindet man mit der Drehbankſpindel ſtatt eines Futters zum Einſpannen einen das geeignete Schneid— werkzeug enthaltenden Kopf, in deſſen Bohrung das Stäbchen eingeſchoben wird. 8. Zündhölzer (Schwefelhölzer) können in vierkantiger Geſtalt auch auf einer drehbank— ähnlichen Maſchine verfertigt werden. Die zu verarbeitenden Holzſtücke ſind hier auf der Stirnfläche eines großen Rades befeſtigt, welches ſich um eine Achſe dreht. Ein Support, im weſentlichen von der gewöhnlichen Bauart, wird parallel zur Radachſe daran vorüber bewegt Drechslerei. 35 und trägt zwei Schneideiſen oder Meſſer, die zu einander unter einem rechten Winkel ſtehen. Das zuerſt angreifende beſchreibt vermöge der ſtetigen Fortrückung des Supports auf dem Radumfange eine Schraubenlinie, durch welche die hier befindlichen Holzſtücke mit parallelen Schnitten (in Abſtänden gleich der Breite der Schwefelhölzchen) verſehen werden. Das andere Eiſen folgt nach und ſchält — da es zur Rad— achſe parallel eindringt — von den Holzſtücken eine Schichte ab, deren Dicke gleich jener der Schwefelhölzer iſt; die abgedrehte Schale zer— fällt ohneweiters in lauter Stäbchen *). 9. Krumme Stäbe, welche nach und nach an verſchiedenen Stellen ihrer Länge ab— gedreht werden müſſen (3. B. guirlanden— förmig im Bogen an einander gereihte Kugeln als Verzierung auf Stuhllehnen u. dgl.), erfordern eine beſondere Vorrichtung zum Ein— ſpannen, damit für jede zu bearbeitende Stelle einzeln die Drehung um den richtigen Mittel- punkt herbeigeführt werden kann. 10. Schraubenartig gewundene Säu— len an Möbeln werden durch ein Verfahren hergeſtellt, welches man das Gewunden— drechſeln nennt, und das dem Schrauben— ſchneiden naheſteht. Der zu bearbeitende Cylinder wird an einem ſeiner Enden mit der Führungs— welle (einer Schraube, deren vertiefte Gänge nur ſchmal ſind, aber weit aus einander liegen) verbunden. Dieſe Welle bewegt ſich, wenn man ſie vermittelſt einer Kurbel um ihre Achſe dreht, in einer Docke der Drehbank oder auf einer für ſie beſtimmten Unterlage und zwingt ſomit auch das Arbeitsſtück zur ſchraubenförmigen Bewe— gung an dem feſtgehaltenen Drehſtahle vorbei. Kleine gewundene Gegenſtände, z. B. For— men für Quaſten, welche mit Seide überkleidet werden, kann man ohne Drehbank auf einer ſelbſtändigen, nach dem Principe der Schrauben— ſchneidmaſchinen gebauten Vorrichtung ver— fertigen. 11. Das Drehen nicht runder Gegenſtände (Paſſigdrehen) iſt als Mittel der Kunſtdrechs— lerei veraltet, indem der Geſchmack ſolchen Producten abhold geworden iſt; allein man hat es in der neueren Zeit in einer anderen Be— ziehung wieder aufgenommen, nämlich zur fabriksmäßigen Herſtellung gewiſſer Gegenſtände, die ſonſt mit viel mehr Zeitaufwand geſchnitzt werden müſſen, z. B. Gewehrkolben, Piſtolen— ſchäfte, Wagenradſpeichen, Hutformen, Perücken— köpfe, Stiefelformen, Schuhleiſten, Axthelme, Hammerſtiele u. dgl. (ſ. Copiermaſchinen). Von einer hiezu beſtimmten Maſchine (Copierdrehbank) wird Folgendes einen Be— griff geben. Das Drehen geſchieht nach einem Modelle von einer mit dem zu formenden Holzſtücke gleichen Geſtalt; beide, das Modell und das Werkſtück ſind an derſelben Achſe be— feſtigt. Dieſe Achſe wird von einem pendelartig freiſchwebenden ſenkrechten Rahmen getragen und kaun ſomit zurückweichen, wenn die Geſtalt des Modells es erfordert, wird aber immer— fort durch ein Gewicht gegen das Schneidrad *) gl. die Beſchreibung der Erzeugung ſchwediſcher Zündhölzchen in Marchet und Exner: Holzhandel und Holzinduſtrie der Oſtſeeländer, Weimar 1874. hingetrieben, welches hier ſtatt eines Dreh— ſtahles angebracht iſt. Das Schneidrad (Fräſe) beſteht aus einer ſchnell um ihre Achſe ge— drehten Scheibe, an deren Umkreis eine Anzahl ſcharfer hakenförmiger Schneideiſen befeſtigt ſind, die folglich in ſehr kurzen Zwiſchenzeiten nach einander auf das Holz wirken. Auf der Achſe des Schneidrades befindet ſich eine glatt— randige runde Scheibe, welche ebenſo dem Mo— delle gegenüber ſteht wie das Schneidrad dem Arbeitsſtück. Indem letzteres und das Modell ſich um ihre gemeinſchaftliche Achſe drehen, rückt zugleich durch Umdrehung einer Füh— rungsſchraube das Schneidrad längs des Ar— beitsſtückes und die glatte Scheibe längs des Modelles allmählich fort. So kommen nach und nach alle Stellen des Modelles mit der Scheibe in Berührung, und je nachdem die verſchie— denen Theile des Modelles mehr oder weniger excentriſch ſind, wird der ſchwingende Rahmen zu ungleichen Schwingungen genöthigt, infolge deren das zu bearbeitende Holzſtück alle Be— wegungen des Modells mitmacht und demnach von der Schneidſcheibe zu gleicher Geſtalt aus— gearbeitet wird. 12. Guillochierung eignet ſich im all— gemeinen wenig zur Ausführung auf Holz; höchſtens können in den feinſten und dichteſten Holzarten Muſter durch Zuſammenſtellung ein— gedrehter Kreiſe und verſchiedenartig gebohrter Löcher gebildet werden. Dazu gibt es eigene auf der Drehbank ſtatt des Supportes anzu— bringende Vorrichtungen und auch eine ſelbſtän— dige kleine Maſchine. 13. Über das Ovaldrehen, Paſſig— und Vierkantdrehen wird ſich der Leſer Klarheit verſchaffen können durch den Artikel „Drehbank“, in welchem die hiefür dienlichen Werksvorrichtungen beſchrieben ſind. Bei der fabriksmäßigen Verfertigung höl— zerner Drechslerwaren machen die Spindeln der vom Waſſer getriebenen Drehbänke wohl 2000 — 2500 Umläufe in einer Minute, wodurch eine außerordentliche Beſchleunigung der Arbeit erlangt wird, jo dafs z. B. eine eylindriſche Büchſe von 70 mm Höhe, 50 mm Durchmeſſer nebſt ihrem Deckel in ungefähr 4 Minuten her— geſtellt werden kann. Mit der ſo ſchnellen Umdrehung des Ar— beitsſtückes ſind mancherlei überraſchende und praktiſch nutzbare Erſcheinungen verbunden, welche auf der durch Reibung entwickelten be deutenden Wärme beruhen. So verſieht man die gedrechſelten Gegenſtände mit weißen me tallglänzenden Reifen durch Anhalten eines ſchmalen Stückes Zinn, welches unter der hef tigen Reibung ſich ſo erhitzt, daſs es an der Berührungsſtelle ſchmilzt und ſich in dünner Schicht an das Holz anlegt; durch Anhalten eines recht harten Stückes Eichenholz bringt man eine oberflächliche Verkohlung hervor, wovon die ſo behandelten Stellen glänzend braunſchwarz werden, als ob ſie ſchwarz gebeizt und poliert worden wären ꝛc. Gelbe Reifen auf gedrehten Spielwaren von weißem Holze (Ahorn z. B.) erzeugt man ſchon bei viel geringerer Umdrehungsgeſchwindigkeit durch Anhalten eines zugeſpitzten Stückchens Curcumawurzel. 3 36 Dreckhahn. — Drehbank. Die Drechslerei bildet die techniſche Seite von in drei verſchiedenen Productionsformen erſcheinenden Betrieben. 1. Die großinduſtriell oder fabriksmäßig betriebene Drechslerei, concentriert in großen Etabliſſements, denen bedeutende motoriſche Kräfte, Waſſer oder Dampf, zur Verfügung ſtehen. Hieher gehört auch der Fall, dass die Holz— drechslerei nur eine Abtheilung eines größeren Fabriksbetriebes bildet, wie z. B. in den Waffen- fabriken und in den Fabriken zur Erzeugung von Möbeln aus gebogenem Holze. 2. Drechslerei als ſtädtiſches Kunſt- und Kleingewerbe, welches der Kurzwareninduſtrie, ferner der ſog. Galanteriedrechslerei, der Er— zeugung von Hausrath und der Möbeltiſchlerei dienſtbar iſt. 3. Die hausinduſtriell betriebene Drechs— lerei, meiſtens in Verbindung mit Schnitzerei. Dieſe ſteht im Dienſte der Erzeugung von Spielwaren, Gegenſtänden des Küchenbedarfes und gelangt häufig zu großer Ausdehnung. Intereſſante Beiſpiele dieſer Art ſind: Die Spielwareninduſtrie im oberen Grödenerthale (vgl. Mittheilungen des technologiſchen Gewerbe— muſeums, Jahrgang 1886, Nr. 80), die Haus— induſtrie in der Vichtau, welche eine überaus ſorgfältige monographiſche Darſtellung durch Herrn Forſtmeiſter Nekola in Gmunden gefun— den hat (ſie produciert Spielwaren und Haus— rathgegenſtände); die Spulendreherei in Vorarl- berg; die Büchſen- und Spunddrechslerei bei Bergreichenſtein im Böhmerwalde; die Knopf— drechslerei in Tachau ꝛc. ꝛc. Die hausinduſtriell betriebenen Drechslereien ſind von einigem Be— lang für die wirtſchaftliche Seite des Forſt— weſens und ſollten auch von Seite der Forſt— verwaltungen Beachtung und Förderung finden. Es kann doch z. B. nicht unerwogen bleiben, wenn die Exiſtenz von hunderten von Familien durch die Art des Rohſtoffbezuges, hier des Holzes, bedingt iſt. Die Tachauer Knopfdrechslerei iſt einfach von dem Bezuge an Erlenholz, jene im Grö— denerthal von dem Preiſe des Zirbenholzes abhängig. In neueſter Zeit hat man es verſucht, beſtehende Hausinduſtrien durch Fachſchulen und Lehrwerkſtätten techniſch und wirtſchaftlich zu heben (Tachau, Bergreichenſtein, Neukirchen in der Vichtau), andererſeits war man mit Erfolg beſtrebt, beſtehende Holzvorräthe einer wirt— ſchaftlich beſſeren Verwertung und dem Bevöl— kerungsnachwuchs Erwerbsfähigkeit durch Fach— ſchulunterricht zu vermitteln. Beiſpiele: Oliven— holzdrechslerei in Arco und Riva, Stockdrechs— lerei (Hajel und Dirndl) in Gottſchee, Galan— teriedrechslerei und Schnitzerei in Zakopane. Karmarſch-Hartig, Mechaniſche Technologie, Leipzig 1875, Baumgärtners Buchhandlung. Karmarſch und Heeren, Techniſches Wörterbuch, 3. Aufl., Prag 1877, Verlag der „Bohemia“. Er. Dreckhahn, . Wiedehopf. E. v. D. Drehbank, Drehwerkzeuge (zum Holz— drechſeln). Das Princip des Drehens oder Drechſelns beſteht darin, Ddajs ein Arbeitsſtück, während ein ſchneidendes Werkzeug darauf ein- wirkt, in eine rotierende Bewegung verſetzt wird. Je nachdem ſich die Drehungsachſe als unveränderliche fixe Linie ergibt oder periodiſch nach einem gewiſſen Geſetze ihren Ort ändert, reſp. die Entfernung des Drehwerkzeuges von der fixen Drehungsachſe im Laufe einer jeden Umdrehung zu- und abnimmt, unterſcheidet man das eigentliche Drehen, Runddrehen und das Paſſigdrehen im weiteſten Sinne, in welch letzterem auch das Ovaldrehen in— begriffen iſt. Allgemein läſst ſich das Drehen etwa in viererlei Arten eintheilen. 1. Abdrehen von Körpern an ihrem Um⸗ fange, jo daſs das Drehwerkzeug rechtwinkelig oder ſchräg gegen die Achſe liegt (Runddrehen). 2. Drehen von ebenen Flächen, wobei das Werkzeug meiſt parallel zur Achſe ſteht (Plan⸗ drehen). 3. Ausdrehen von Höhlungen im Innern mit ſtets annähernd paralleler Stellung des Schneidwerkzeuges zur Achſe. 4. Guillochieren oder das Erzeugen von Furchen mit meiſt kreisförmigem Querſchnitt. Die Vorrichtungen zum Drehen beſtehen im Drehſtuhl für kleinere Arbeiten, in der Drehbank für größere. Der erſtere erfordert zum Betriebe nur die Hände des Arbeiters, während die letztere Hände und Füße des Ar— beiters oder nebſt den Händen eine motoriſche Kraft beanſprucht. Bei den Drehſtühlen wird die Drehung des Arbeitsſtückes durch eine kleine gerillte Rolle, die auf dem Werkſtück ſelbſt ſitzt, vermittelt und durch das Hin- und Herziehen des Drehbogens hervorgebracht. An einer vollſtändigen Drehbank kann man folgende Theile unterſcheiden: das Ge— ſtell, die Docken, die Spindel, den Spin- delſtock, den Reitſtock, die Auflage, den Support und die Antriebs- oder Be wegungs vorrichtung. Das Geſtell beſteht bei den meiſten Dreh- bänken aus zwei 1—3 m (zuweilen 9 m) langen horizontal liegenden parallelen Conjtructions- theilen, die auf ihren oberen Flächen ſehr ge— rade abgerichtet ſind, auf zwei oder mehreren Füßen ruhen und unter einander verſpreizt werden. Bei den kleinen Drehbänken ſind „die Wangen“ oft von hartem Holze, bei großen gewöhnlich von Guſseiſen; der Zwiſchenraum beträgt ca. 5 em. Der obere Theil des Geſtelles heißt das Bett. Gewöhnlich zeigen die Holz— drehbänke ein durchgehendes Bett. Dasſelbe läſst ſich bis an den Sockel vorſchieben, auf dem der Spindelſtock ſteht. Die Docken ſind ſenkrechte Stützen von Holz oder Guſseiſen, welche auf den Wangen ſtehen. Zu einer vollſtändigen Drehbank gehören drei Docken: zwei davon ſtehen am Ende der Drehbank links vom Arbeiter, unbeweglich, Vorderdocke und Hinterdocke, die dritte läſst ſich längs der Wange en verſchieben und in jeder Entfernung von den beiden anderen mit⸗ telſt eines Keiles, einer Schraube o. dgl. be- feſtigen. Dieſe Docke wird Reitſtock, Spitz⸗ docke, fahrende Docke genannt. Vorder- und Hinterdocke ind bei eiſernen Drehbänken in einem Stücke gegoſſen, welches man den Spindelkaſten, Spindelſtock oder die 3 Drehbank. 37 Spindeldocke nennt, und dienen zur Unterſtützung der Spindel, Drehbankſpindel, Laufſpindel einer genau abgedrehten, richtig rund laufenden Achſe von geſchmiedetem Eiſen oder Stahl. Die Lage der Spindel muſßs vollkommen hori— zontal und parallel zu den Wangen ſein. Es gibt zwei Hauptarten, die Spindel in den Docken zu lagern. Nach der erſten läuft ſie in zwei metallenen, cylindriſchen oder koniſchen Lagern (bei kleinen Drehbänken iſt die Lager— ſchale aus Zinn mit Zuſatz von Zink oder An— timon gegoſſen, bei großen aus Bronze, Gujs- eiſen oder Stahl), von welchen jede Docke eines enthält; dieſe Einrichtung iſt zu ſchwerer Arbeit unentbehrlich, gewährt aber weniger Sicherheit im präciſen Rundlaufen. Nach der zweiten Art liegt die Spindel am rechten oder vorderen Ende in einem koniſchen Lager der Vorderdocke und wird im Mittelpunkte des hinteren Endes von der Spitze einer Schraube gehalten, welche durch die Hinterdocke geht; hiebei iſt für Arbeits- ſtücke von beträchtlichem Gewichte nicht genügende Solidität vorhanden, aber eher das vollkom— mene Rundlaufen zu erreichen, daher auch fait alle Drehbänke zu feinen Arbeiten mit dieſer Einrichtung verſehen ſind. Aus der Vorderdocke ragt immer nur ein kurzes Ende (Kopf) der Spindel hervor, welches gewöhnlich mit einem äußeren und einem inneren Schraubengewinde verſehen iſt. — Der Reitſtock enthält den cylin- driſchen oder prismatiſchen eiſernen Reitnagel (die Pinne), deſſen Achſe genau in die Spindel- achſe fallen muſs, und welcher an dem der Spindel zugekehrten Ende mit einer kegelför— migen Spitze verſehen iſt. Der Reitnagel läſst ſich in einer horizontalen Durchbohrung des Reitſtockes verſchieben und durch eine Druck— ſchraube in jeder Lage feſtſtellen. Oft iſt es nöthig, zu jener Verſchiebung eine Führungs— ſchraube anzuwenden, welche lang genug ſein muſs, um den Reitnagel einen Weg von 100 bis 300 mm durchlaufen zu laſſen. Die Spindel ragt über die rechte Wand der Vorderdocke hinaus, iſt mit einem äußeren und oft auch mit einem inneren Schrauben— gewinde verſehen. Dieſe geſtatten das Aufſchrau— ben eines Futters und das Einſchrauben eines Körners oder ſtatt des letzteren auch eines Futters, wenn es mit dem entſprechenden Schraubenbolzen verſehen iſt. Die ſenkrechte Entfernung von der Oberfläche der Wangen bis an den Mittelpunkt (die Achſe) der Spindel wird die Dockenhöhe oder Spitzenhöhe genannt, und dieſe beträgt gewöhnlich zwiſchen 120 und 300 mm, zuweilen bis 600 am und mehr; durch ſie iſt der Halbmeſſer des größten Gegenſtandes gegeben, welcher auf einer be— ſtimmten Drehbank noch eingeſpannt und bear— beitet werden kann. Die Höhe der Spindelachſe über dem Fußboden beträgt durchſchnittlich 1m, bei kleinen Drehbänken wohl bis 115m, bei großen oft nur 850—900 mm. An der Spindel werden mit oder ohne Hilfe des Reitſtockes die zu bearbeitenden Gegen— ſtände dergeſtalt befeſtigt, daſßs die Umdrehung der Spindel auf dieſelben ſich fortpflanzt. Man nennt dieſe Befeſtigung das Einſpannen und bewirkt ſie auf zwei weſentlich verſchiedene Arten, bezüglich welcher die Wahl durch die Geſtalt des Arbeitsſtückes und die mit demſelben vor— zunehmende Bearbeitung bedingt wird. Ehe das Werkſtück auf die Drehbank kommt, erhält es bereits annähernd jene Form, die ſchließlich verlangt wird. Wenn das Arbeits— ſtück lang und verhältnismäßig dünn iſt und nur auf ſeinem Umkreiſe abgedreht werden ſoll, ſo ſpannt man es zwiſchen Spitzen ein, wobei es an beiden Enden, einerſeits von der Spindel, andererſeits vom Reitſtock, gehalten wird. Gegen- ſtände aber, die von geringer Länge oder von großem Durchmeſſer ſind, oder endlich auf ihrer Endfläche bearbeitet werden müſſen, erhalten bloß eine Befeſtigung an einem Ende, an der Spindel, und ſtehen im übrigen frei. Beim Drehen zwiſchen Spitzen wird das Werkſtück — bei der Drehbank wie beim Dreh- ſtuhl — an ſeinen Endflächen mit einem trichter- förmigen Grübchen verſehen, welches entweder mit einer koniſchen Spitze aus gehärtetem und gelb angelaſſenem Stahl, dem Körner, ein— geſchlagen oder bei größeren Dimenſionen ge— bohrt werden mußs. Um die zum Einſpannen zwiſchen Spitzen erforderlichen koniſchen Vertiefungen im Mittel- punkte der Endflächen des Arbeitsſtückes anzu— zeichnen, hat man ſehr bequeme Hilfsgeräthe, die Mitteſucher. Die Umdrehung der Spindel wird mittelſt eines Führers oder Mitnehmers auf das Werkſtück übertragen. Bei allen Befeſtigungen auf der Drehbank handelt es ſich darum, das Arbeitsſtück jo ein— zuſpannen, dajs die Achſe desſelben in die Ver— längerung der Achſe der Drehbankſpindel fällt. Iſt dies der Fall, ſo ſagt man, das Stück laufe rund. Das völlige Rundlaufen kann mit Sicherheit nur dann erreicht werden, wenn beide Spitzen unbeweglich ſind, d. h. wenn man zwiſchen feſten oder todten Spitzen dreht. In dieſem Falle wird die Spindel mittelſt Druckſchrauben in ihren Lagern unbeweglich gemacht und auf der— ſelben eine loſe aufgeſteckte Rolle angebracht, welche mittelſt der Schnur des Rades umge— dreht wird und durch den Mitnehmer dem Werkſtück die drehende Bewegung ertheilt. Ofters bringt man auch, indem man die Spindel vorübergehend ganz außer Gebrauch ſetzt, zwiſchen derſelben und dem Reitſtocke eine beſondere Docke (Centrierſtock) an, in welcher ein unbeweglicher Cylinder mit einer Spitze und einer beweglichen Rolle enthalten iſt. Arbeitsſtücke, welche nur an einem Ende befeſtigt werden können, überhaupt kleine Ge— genſtände, verbindet man mit der Spindel durch ein Futter, eine Patrone, wobei der Reit— ſtock nicht benützt wird. Die Futter zeigen ſehr verſchiedene For— men, je nach der Beſchaffenheit des Holzſtückes, das abzudrehen iſt; immer ſind ſie derart ein— gerichtet, daſs ſie ein raſches Einſpannen und Centrieren ermöglichen. Gewöhnlich haben ſie am vorderen Ende eine Höhlung, in welche das Holz entweder bloß eingetrieben wird, ſo daſs es durch Reibung feſthält, oder man kann darin das Arbeitsſtück durch Schrauben cen— trieren und feſthalten. 38 Drehbanf. Außer dem Schraubenfutter werden noch der Dreiſpitz oder Zwirl, auch die Plans ſcheibe und das Univerſalfutter benützt. Das Schraubenfutter iſt ein eiſerner Bolzen, an deſſen einem Ende eine Schraube angeordnet iſt. Der Dreizack (Zwirl) hat eine Mittel- ſpitze, die dem Körner entſpricht, und noch zwei ſeitliche Spitzen oder ſchneidige Vorſprünge, die in das Holz geſchlagen werden und als Mit— nehmer dienen. Die Planſcheibe iſt eine kreisrunde Scheibe, welche in den Quadranten Rinnen be— ſitzt, in denen vier Backen durch Schrauben verſchoben und durch Klemmſchrauben feſtgeſtellt werden können. Für Gegenſtände, welche durch gewalt— ſames Eintreiben in ein Futter beſchädigt werden könnten, gebraucht man Klemmfutter, welche nach dem Hineinſchieben des Stückes durch einen Ring, eine Schraube o. dgl. zu— ſammengepreſst werden. Die Klemmfutter werden aus einem koni— ſchen Holze, welches durch zwei ſenkrecht auf einander ſtehende Schnitte kreuzförmig getrennt iſt, hergeſtellt. Dieſelben ſind vorne zur Auf— nahme des Arbeitsſtückes etwas eingedreht und können nach Einbringung desſelben durch das Anziehen eines eiſernen Ringes dasſelbe feſt— halten. Bei langen Gegenſtänden, welche ſich nicht mehr am freien Ende bearbeiten laſſen, ohne ſich durchzubiegen, wird das Werkſtück auf der Spindelſtockſeite durch den Dreizack ge— halten, an das andere Ende der Reitſtock an— geſchoben, der Reitnagel vorgeſchraubt und ſo das Holz zwiſchen Dreizack und Reitſtockkörner feſtgeklemmt. Manchmal ſind Gegenſtände zu drehen, welche durch Schnitte in zwei, drei oder ſelbſt mehrere Theile getrennt ſind und nach dem Drehen vollkommen zuſammenpaſſen müſſen. Da der Sägeſchnitt einen Materialverluſt ergibt, ſo muſs das Werkſtück vorher roh zugearbeitet, zerſchnitten und mit einer Zwiſchenlage von Papier an einander ;geleimt werden. Nachdem der Gegenſtand vollendet iſt, können dann die einzelnen Theile leicht wieder von einander ge— nommen werden. Die Auflage iſt diejenige Vorrichtung, durch welche der Drehſtahl unterſtützt wird, während deſſen Schneide das Werkſtück bear- beitet und Theile desſelben, „Drehſpäne“, weg— nimmt. Die gewöhnliche Auflage beſteht aus einem Eiſenſtücke oder einem mit Eiſen belegten Holz— ſtücke in der Form eines J. Der obere horizon— tale Theil muſs eine Länge von 70—200 mm beſitzen, damit man das Werkzeug nach Erfor— dernis darauf fortrücken kann. Der verticale Theil oder Schaft läſst ſich in einer Hülſe oder ausgefalzten Platte auf- und niederſchieben und durch eine Klemmſchraube in der gewünſchten Höhe feſthalten. Die Hülſe ſteht in einer hori— zontalen Ebene drehbar auf einem gabelför— migen Fuße, welcher quer über den Wangen der Drehbank liegt, ſich längs derſelben fort— ſchieben, auch horizontal herumdrehen und in jeder Lage befeſtigen läſst. Durch dieſe Einrichtung kann die Auflage folgende Bewegungen machen: a) eine Verſchiebung parallel mit der Spindel; b) ein Verrücken rechtwinkelig zur Spindel; e) eine ſenkrechte Hebung und Senkung; d) eine Drehung in der Horizontalen. Die eben beſchriebene einfache Auflage iſt nur für Arbeiten in Gebrauch, wo der Dreh— ſtahl aus freier Hand gehalten und bewegt wird. Bei allen jenen Werkſtücken, wo eine ſtreng geradlinige Fortrückung des Drehſtahls geboten iſt, bedient man ſich des Supportes, der feſten Auflage, in welcher der Drehſtahl mittelſt Schrauben im Stichelhauſe feſtgehalten und mittelſt eines Schiebers durch Drehung einer Führungsſchraube gleichmäßig fortbewegt wird. Ein zweiter Schieber, auf dem erſten an— gebracht, gegen denſelben rechtwinkelig ge— ſtellt und auch durch eine Schraube zu be— wegen, geſtattet den Stahl dem Arbeitsſtücke mehr oder weniger zu nähern, bedingt alſo das Maß des Angriffes. Der Support beſteht ganz aus Eiſen und wird auf der Drehbank auf ähnliche Art wie die gewöhnliche Auflage an— gebracht. Die Vorrichtung, durch welche die Spindel in Umdrehung verſetzt wird, beſteht, ſoferne Menſchenkraft die Drehbank antreibt, aus einem hölzernen (zuweilen eiſernen) Rade, welches mit einer auf der Spindel angebrachten Rolle (Schnurwirtel) durch eine Schnur oder einen Riemen in Verbindung ſteht. Der Schnur- wirtel iſt ein hölzerner Conus mit prismatiſch eingedrehten Schnurläufen, deſſen kleinſter Durch⸗ meſſer nicht unter 10 em ſein ſoll. Die Verbin⸗ dung des mit mehreren Schnurläufen verſehenen Schwungrades mit dem Wirtel kann durch eine endloſe, offene oder gekreuzte Schnur, ſeltener durch Riemen geſchehen. Man benützt Woll-, Draht⸗ und Hanfſchnüre, Darmſaiten und ges drehte Lederriemen. Gewöhnlich verwendet man Hanfſchnüre von 8—9 mm Dicke. Das Rad wird bei kleinen Drehbänken mittelſt einer Kur⸗ bel, einer Zugſtange und eines Trittes von dem Arbeiter mit einem Fuße bewegt (Fuß dreh— bank, Mechanismus mit einer Schnur und Rolle ſtatt der Zugſtange; Vorrichtung zur bes ſtändigen Spannung der Schnur oder des Riemens). Bei größeren Drehbänken wird das Rad neben die Drehbank geſtellt und von einem oder von zwei Gehilfen mit den Händen an einer Kurbel gedreht (Drehbank mit dem Schwung— rade). Wo mehrere Drehbänke oder eine Dreh— bank und noch andere Maſchinen zugleich in Gang zu ſetzen ſind, oder auch in anderen Fällen, wo eine lange andauernde Arbeitszeit vorausgeſetzt wird, iſt der Betrieb durch Elemen— tarkraft (Dampf, Waſſer ꝛc.) mittelſt eines Treibriemens zu bewerkſtelligen. Um jederzeit die den Umſtänden — d. h. der Größe und dem Materiale des Arbeitsſtückes — ange— meſſenſte Umdrehungsgeſchwindigkeit zu erlan⸗ gen, trägt dann die Spindel mehrere Riemen- ſcheiben von verſchiedenem Durchmeſſer, oder beſſer eine Stufenſcheibe (mit entſprechendem Vorgelege in Connex), während man ſich beim Drehbank. 39 Betriebe durch Menſchenkraſt ſehr oft ohne dieſes Mittel, allein durch ſchnelleres oder langſameres Treten oder Kurbeldrehen zu helfen pflegt. Die Spindeln ſehr großer Drehbänke em— pfangen — da ſie nur eine langſame Umdrehung erfordern und ein Riemen bei beträchtlichem Wider— ſtande leicht auf ſeiner Scheibe gleitet — oft mittelſt verzahnter Räder ihre drehende Be— wegung. Die mit Elementarkraft betriebenen Dreh— bänke erfordern eine Abſtellungs vorrichtung (Ausrückung), durch welche ſie beliebig zum Stillſtande gebracht oder in Gang geſetzt wer— den können. Eine ſolche Einrichtung iſt auch bei den mittelſt Schwungrades durch Menſchenhände bewegten Drehbänken höchſt zweckmäßig, damit nicht wegen jedes kleinen Stillſtandes, den der Drechsler nöthig findet, die Raddreher ge— zwungen ſind, das Schwungrad anzuhalten. Manchmal findet man noch einzelne Dreh— bänke älterer Art, die ſtatt des Schwungrades mit einer Wippe verſehen ſind, wodurch dem Arbeitsſtücke eine abwechſelnde Drehung um mindeſtens 180° ertheilt wird, wie auf dem Drehſtuhle. In ihrer einfachſten Geſtalt hat dieſe Drehbank keine Spindel, ſondern auf den Wangen zwei Docken ſtehen, von denen die eine unbeweglich, die andere willkürlich verſtellbar iſt. Jede der Docken beſitzt eine Spitze, zwiſchen denen das zu bearbeitende Holz gelagert wird. Über der Drehbank, nahe unter der Zimmer— decke, iſt eine horizontale, 1˙8 bis 2˙ m lange biegſame und elaſtiſche hölzerne Stange (die Wippe) angebracht, welche am dickeren Ende befeſtigt iſt. Die an dem dünnern Ende be— feſtigte Schnur wird einigemale um das Arbeits— ſtück herumgeſchlungen und zuletzt mit dem Fußtritte verbunden. Wird der Tritt niedergezogen, ſo dreht ſich das durch die Reibung der Schnur mitgenommene Arbeitsſtück um, welchem der Drehſtahl ent— gegengehalten wird. Die Wippe wird durch das Niederziehen der Schnur gebogen. Sobald der Tritt losgelaſſen iſt, zieht ihn die Wippe infolge ihrer Elaſticität durch die Schnur empor, und das Arbeitsſtück macht dadurch die entgegengeſetzte Bewegung wie vorher. Der Drehſtahl darf hiebei nicht gebraucht werden. Die im Wiener Technologiſchen Gewerbemuſeum aufgeſtellte Karpathen-Drehbank gehört in dieſe Claſſe von Drehbänken. Statt der Wippe wird hin und wieder der Paleſterbogen angewendet, eine bogenförmige, 1˙56 m lange, in der Mitte befeſtigte Stange, an welche, von einem Ende zum andern reichend, eine Darmſaite geſpannt iſt. Von der Mitte der— ſelben reicht eine Schnur mehreremale um das Arbeitsſtück gewunden zum Trittbrette. Die Wirkung iſt dieſelbe wie bei der Wippe. Eine weitere Vorrichtung dieſer Kategorie iſt die ſog. Luftfeder, ein meſſingener oder eiſerner, etwa 450 mm langer, 25 bis 35 mm weiter, am oberen Ende verſchloſſener Hohl— cylinder, in welchen ein luftdicht ſchließender, belederter Kolben ſteckt, an dem eine mäßig lange Kolbenſtange und an dieſer angebracht eine Schnur befeſtigt iſt, die in derſelben Weiſe wie bei der Wippe und dem Paleſter läuft. Der Kolben ruht dicht an dem geſchloſſenen Cylinder- ende, wird durch das Niederziehen des Tritt- brettes nach abwärts gezogen und ſchnellt beim Aufhören der ziehenden Kraft vermöge des Luftdruckes wieder nach aufwärts. Wenn das Drechſeln des Gegenſtandes ein Herumſchlingen der Schnur nicht geſtattet, gibt man der Drehbank eine in zwei Docken ge⸗ lagerte Spindel mit einer Rolle, um welche dann die Schnur läuft. Die Geſchwindigkeit, mit welcher das hölzerne Arbeitsſtück ſich dreht, unterliegt nicht ſolchen Einſchränkungen wie beim Metalldrehen. In der Regel kann man annehmen, daß der Arbeiter, beim Vordrehen aus dem Groben, die Bewegung ſo beſchleunigen wird, als es ſeine Körperkraft auf die Dauer erlaubt, wonach die Umfangs- geſchwindigkeit mindeſtens 500 bis 750 mm pro Secunde betragen dürfte. Bei einer durch Elementarkraft angetriebenen Drehbank kommen häufig 2000 Spindelumläufe in einer Minute vor, was für einen Durchmeſſer des Arbeits— ſtückes von 500 mm die Umfangsgeſchwindigkeit von 5˙23 m ergibt. Für Holzarbeit beſtimmte Drehbänke er— fordern nicht jene außerordentlich ſorgfältige Ausführung wie die zu feinen Metall— arbeiten beſtimmten. Die äußerſte Genauigkeit iſt nämlich beim Drechſeln hölzerner Gegen— ſtände nicht nur unnöthig, weil man Beſtand— theile, die eine ſolche Bearbeitung verlangen, nie aus Holz macht, ſondern ſie wäre ſogar unnütz, weil das Holz, ſeiner natürlichen Eigen— ſchaften wegen, eine ihm etwa gegebene genaue Rundung doch auf die Dauer nicht behält. Die Drehbänke der Holzdrechsler ſind daher mehr mit Berückſichtigung der Einfachheit und Wohlfeilheit als mit Bedachtnahme auf große Solidität gebaut, z. B. haben ſie ſeltener eiſerne Geſtelle. Auch was die Antriebsvorrichtung an— belangt, herrſcht meiſtens die Einfachheit vor, der Antrieb geſchieht meiſtens durch Treten, ſeltener durch ein mit der Hand bewegtes Schwungrad. Wo eine billige, leicht zu be— ſchaffende Waſſerkraft zur Verfügung ſteht, wird dieſelbe ſelbſtverſtändlich gerne benützt; in den ſüdöſterreichiſchen Gebirgsgegenden verwendet man häufig als Motor das ſchnellaufende venetianiſche Stoßrad. Beigegebene Abbildung (Fig. 249) zeigt eine Drehbank, auf welcher kurze Faconjtücde mittelſt eines Profilmeſſers ausgearbeitet und von einem längeren Holzſtabe nach einander abgeſtochen werden, wie z. B. Griffe, Hefte, Spulen, Naben, Spunde 2c., auf welcher aber auch die An fertigung langer Fagçonſtücke nach einer Schablone bewerkſtelligt werden kann. Die Spindel des Spindelſtockes iſt aus Stahl und läuft in ſelbſtölenden Compoſitions lagern; fie iſt mit einem koniſchen Gewindefutter und auch mit einer Krone zum Einſpannen der Hölzer verſehen. Am Support befinden ſich ein Vor— ſchneider zum Rundſchneiden der Hölzer, eine Rundführung, ein Faconmeſſer und ein Abſtech meſſer. Beim Drehen kurzer Fagonſtücke iſt der Doppelhebel, welcher das Fagonmeſſer trägt, mit dem Abſtechmeſſer verbunden, und beide werden durch einen gemeinſamen Hebel bewegt. 40 Drehbank. Wenn lange Fagonſtücke angefertigt werden, gleitet der Doppelhebel, welcher dann ein ein- faches Meſſer an Stelle des Faconmejjers bejigt, mit einem Stahlbacken an der Schablone und wird von dieſer geführt. e Ip | N am, ume -o u nagvluomploıpy® wog@hlyppl aaa yuvggaagtjad 6778 018 | 0 N Mm Die Bewegung des Supportes erfolgt durch ein Handrad, Getriebe und Zahnſtange. An der Drehbank befindet ſich ferner eine beſondere Einrichtung, um fein- und ſcharfkantig profilierte Stellen vollkommen rein herzuſtellen. Nag Zu dieſem Zwecke liegt an der Rückſeite der Wange eine feſte Welle, auf welcher beſonders conſtruierte Hebel, an denen die Profilſchlicht— meſſer angebracht ſind, ſtecken. Die Hebel ſitzen zwiſchen Stellringen und können in beliebiger Entfernung von einander feſtgeſtellt werden. Bei der Anfertigung kurzer Fagonſtücke kommt nur ein Schlichtmeſſerhebel, welcher mit dem Support verbunden iſt und gleichzeitig mit dieſem verſchoben wird, zur Anwendung. Drehbank. 41 Der Reitſtock iſt für das Drehen langer Stücke mit einer Spitze verſehen, die mit rotiert und ſich gegen ein Metallager ſtützt. Derſelbe kann ferner mit dem Support verbunden und mit dieſem verſchoben werden, wodurch er zum Bohren und zur Bearbeitung der Gegenſtände an der Stirnſeite geeignet wird. Der Univerſal-Frais⸗, Cannelier- und Windeapparat (Fig. 250) iſt eine Vorrichtung, die auf jeder gewöhnlichen Drehbank angebracht werden kann, und dient als Beiſpiel einer mo— dern gebauten Maſchine dieſer Kategorie. Die Arbeiten, welche auf dem Apparat ge— macht werden können, ſind: Herſtellung von Cannelierungen auf ge— drehten Gegenſtänden, auch in die kleinſten Hohlkehlen hinein in vertiefter oder erhabener Form, Perlen, Roſetten, rund und oval, Flächen in beliebiger Anzahl, Windungen nach rechts Das Ovalwerk beſteht aus zwei Haupt— theilen, einer auf der Drehbankſpindel aufzu— ſchraubenden Scheibe und einem mit der Docke des Spindelſtockes verbundenen Ringe, welcher durch eine Schraube excentriſch zur Drehbank— ſpindel geſtellt werden kann. Auf der Scheibe iſt ein Schieber zwiſchen Führungen verſtellbar. Mit dem Schieber ſind Backen in Verbindung, welche an den excentriſch geſtellten Ring tan— gieren und bewirken, daſs bei der Rotation der Drehbankſpindel und der mit ihr verbun— denen Scheibe der Schieber nebſt der rotierenden Bewegung auch eine geradlinige zwiſchen den Führungen zu machen gezwungen iſt. Das Arbeitsſtück oder das zur Befeſtigung dienende Futter wird auf der Scheibe aufge— ſchraubt und dadurch feſt mit dem Schieber verbunden; es iſt daher genöthigt, alle Bewe— gungen desſelben mitzumachen. Fig. 250. Univerſal⸗Frais⸗, Cannelier- und Windeapparat. A. Geigens Patent, Stuttgart. oder links, Einbohrung gleichmäßig getheilter Löcher in beliebigem Winkel. Es können auch alle dieſe Formgebungen auf Gegenſtänden ge— arbeitet werden, die auf der Scheibe gedreht find, z. B. auf Becher, Teller, Tiſchplättchen ꝛc. Zu dieſen Zwecken iſt der Support und der auf ihm ſenkrecht ſtehende in verſchiedenen Lagen verſtellbar, wodurch eine Bearbeitung des Werk— ſtückes bei rundem und koniſchem Querſchnitt parallel und ſenkrecht zur Spindelachſe ermög— licht iſt. Durch die Theilſcheibe iſt die Erzeugung der gleichmäßig getheilten Löcher gegeben, die Neigung der Windungen iſt durch die Wahl der Zwiſchenräder beſtimmt. Roſetten werden in einer ſpeciellen Stellung des Supportes, bei Gebrauch von vier Leitrollen ausgearbeitet. Das Ovaldrehen geſchieht durch eine Vorrichtung, das Ovalwerk, das an der Dreh— bank angebracht wird, und welche bewirkt, dajs der Drehſtahl nach einer Ellipſe zur Wirkung kommt. Iſt mit dem Support der Drehbank ein Drehſtahl verbunden und wird derſelbe ſenk recht gegen die Achſe des Arbeitsſtückes bewegt zum allmählichen Angriff gebracht, ſo nimmt er anfänglich Material nur von jenen Stellen des Werkſtückes weg, welche durch die Verbindung der geradlinigen und rotierenden Bewegung dem Stichel ausgeſetzt werden. Erſt bei allmählichem Vorſchub des Drehſtahles wird die vollkommene Ellipſe ausgearbeitet. Das Paſſigdrehen wird zu dem Zwecke angewendet, um faconnierte Gegenſtände herzu— ſtellen. Der Spindelſtock iſt bei der Paſſigbank ſo um ſeine Achſe drehbar, daſs er während der Arbeit um dieſe Achſe regelmäßige Schwin gungen macht, daher das Arbeitsſtück jene Form erhalten wird, welche aus dem Zuſammenwirken der drehenden und ſchwingenden Bewegung ſich zuſammenſetzt. Dem Spindelſtocke werden die Oſeillationen dadurch gegeben, daſs die mit der 42 Drehbank. Spindel verbundene Schablone oder Patrone ſtets an einer feſtſtehenden Rolle anliegt. Derſelbe Erfolg kann auch erzielt werden, wenn das Werkſtück ſich um eine feſte Achſe dreht, das Werkzeug hingegen die ſchwingende Bewegung durchführt. Je nachdem die Patrone dann Wellen hat oder z. B. als Fünfeck geſtaltet iſt, erhält auch das Werkſtück eine ähnliche Form. Über das Kugeldrehen iſt gelegentlich des Artikels Billard, Billardkugeln (ſ. d.) abgehan— delt worden. Mit Hilfe des Schraub- oder Gewinde— ſtahles (Fig. 1 u. 2 iſt es möglich, in ein Ar- beitsſtück, welches nicht raſch rotiert, aus freier Hand eine Schraube einzuſchneiden. Beſſer gelingt die Arbeit mit der Patronendrehbank, wo die Drehbankſpindel jo gelagert iſt, daſs ſie ſich in der Richtung ihrer Länge etwas verſchieben kann. Mit ihr iſt eine oder es ſind mehrere Schrauben- patronen verbunden, gegen welche meiſt von unten ſich ein hölzerner Keil ſtemmt, in welchem ſich die Gewindgänge der Patrone eindrücken, und welcher nun, da er ſelbſt feſtgehalten iſt, die Spindel zwingt, in der Richtung ihrer Länge ſich entſprechend zu verſchieben. Wird nun die Drehbankſpindel gegen den Arbeiter gedreht, ſo ſchraubt ſich die Patrone am Keil hin, die Spindel und das Arbeitsſtück verſchieben ſich während der Drehung nach rechts, während zugleich der Schraubſtahl angedrückt wird, deſſen Zähnchen nun Schraubenlinien einſchneiden. Bevor noch die Spindel am Ende ihrer Mutterſchraubengänge im Keil angelangt iſt, wird das Werkzeug entfernt und die Bewegung in die entgegengeſetzte verwandelt; dann der erſtbeſchriebene Vorgang wiederholt. Die Arbeit wird natürlich ſo lange fortgeſetzt, bis die Ge— winde hinreichend tief eingeſchnitten ſind. Die Anwendung periodiſch bewegter Kreuz— ſchlitten ermöglicht es, Rechtecke mit ſcharfen oder abgerundeten Ecken und beliebigem Seitenverhältnis ſo herzuſtellen, daſs der Stahl unter einem conſtanten Schneidwinkel arbeitet. Das Werkſtück wird wie bei den gewöhnlichen Kopfdrehbänken auf eine Scheibe geſpannt, welche die verlangte Bewegung ausführt. Wenn der Meißel genau in der Wellenmitte ſteht, erhält die gegen das Werkſtück beſchriebene Figur ſcharfe Kanten; iſt jedoch der Meißel von der Mitte entfernt, ſo entſtehen abgerundete Ecken. Eine andere Conſtruction iſt die, dass die Werkſtücke auf ihren Drehbankbetten aufge— ſpannt ſind, aber nicht rotieren, ſondern ſich zu einander parallel bewegen und ſo vor einem feſtſtehenden Stahl vorbeigeführt werden. Nach— dem das Werkſtück einen Umlauf vollendet hat, wird dasſelbe vermöge der angebrachten Schalt— vorrichtung um eine n-tel-Umdrehung gedreht und ſo das gewünſchte Vielkant erhalten. Beſſer als die Anwendung eines feſtſte— henden Stahles iſt die Benützung einer Fräſe. Eine Vorrichtung zum Kantigdrehen von Stäben mit nicht ebener Begrenzungsfläche iſt dem Weſen nach die, dajs der zu drehende Gegenſtand excentriſch eingeſpannt und, nachdem eine Fläche abgedreht wurde, umgeſpannt wird. Zwiſchen den Spitzen der Drehbank läuft eine Achſe, auf welcher zwei Scheiben ſitzen — von denen mindeſtens eine verſchiebbar iſt —, deren Entfernung von einander der Länge des her— zuſtellenden Gegenſtandes entſpricht. Um das Arbeitsſtück auf den Scheiben zu befeſtigen, iſt dasſelbe an ſeinen Enden mit einem Zapfen verſehen, der ſo viele Flächen beſitzt, wie der zu drehende Gegenſtand erhalten ſoll, und in eine entſprechende Vertiefung der Scheiben paſst. Nachdem das Werkſtück eingeſpannt und nach dem verlangten Profil abgedreht wurde, wendet man es um 180° und bearbeitet die zweite Fläche. Beim Drehen der erſten Fläche bildet ſich auf der Oberfläche der Ausfütterungen das zu drehende Profil, welches als Führung für die folgenden Flächenbearbeitungen dient, jo dass jede Meſſung umgangen wird. An einer Supportdrehbank für Holz machte man die folgenden Beobachtungen: Durchmeſſer der Planſcheibe 800 mm; Durchmeſſer des größten Arbeitsſtückes 2˙50 m; minutliche Tou⸗ renzahl der Planſcheibe 44—480; größte beob— achtete ſtündliche Leiſtung V = 0'044 ems Fichtenholz abgedreht bei 12˙3 m Schnittge⸗ ſchwindigkeit pro Secunde, 0:62 mm Schnitt⸗ breite, 2˙63 mm Schnitthöhe, 995 mm Durch⸗ meſſer; hiebei Arbeitsverbrauch im Leergang N, = 064 Pferdeſtärken, im Arbeitsgang N 094 Pferdeſtarken; Raumbedarf der Ma⸗ ſchine 4˙67 X 214—= 10˙0 m?; allgemein iſt der Arbeitsverbrauch dieſer Drehbank bei Bear- beitung von Fichtenholz nach der Formel N = 0:05 +0·0023 u. + 10˙6 V Pferdeſtärken zu berechnen, worin u, die minutliche Umdre⸗ hungszahl der Spindel, V das in der Stunde zeripante Holzquantum in Cubikmetern be⸗ zeichnet. An einer Copierdrehbank für Axthelme, mit ſchwingendem Werkzeug wurde Folgendes beobachtet: Durchmeſſer des größten Arbeits— ſtückes 130 mm, Länge 1135 m; minutliche Umdrehungszahl des Arbeitsſtückes 3˙98 bis 38·9, des Fräskopfes (mit vier hakenförmigen Stählen) 2280, ſecundliche Umfangsgeſchwindig⸗ keit des letzteren 194 m; ſtündliche Leiſtung V 00038 m? (G = 2˙63 kg) Eſchenholz ab- gedreht bei Herſtellung von drei Axthelmen von 930 mm Länge, 35—50 mm Dicke; hiebei Ar⸗ beitsverbrauch im Leergang N, — 018 Pferde- ſtärken, im Arbeitsgang N = 0˙44 Pferde⸗ ſtärken; Raumbedarf 1˙63 X 1'35 — 2˙23 m?, Gewicht der Maſchine 1000 kg; allgemein be- rechnet ſich, wenn u, die minutliche Tourenzahl des Arbeitsſtückes, Holzquantum in Kilogrammen bezeichnet, der Ar— beitsverbrauch beim Abdrehen von Eſchenholz zu N = C12 +0˙0083 u, + 010 G Pferdeſtärken. Zur Bearbeitung des Holzes auf der Dreh- bank werden Dreheiſen oder Drehſtähle, manchmal auch bloß Meißel genannt, ver- wendet, welche im Gegenſatze zu jenen für Metallarbeiten eine größere Breite beſitzen, von der naturgemäß die Spanbreite abhängt, und andererſeits eine größere Schärfe der Schneiden haben, meiſt mit Winkeln von 20—30°. Die allgemeinſte Anwendung finden der Drehmeißel und die Röhre. G das ſtündlich zerſpante S w U aan aalpıyanzou %/; eee or vayaagag 6 UPS 8 au pıIL 2 egi 9 "avıldıda "ıBolÄx 1opıL "A 01 — . 2 T — 1 1 90 75 5 7 —— 55 —— e l L 9 9 5 Er i x au 3 S 1 e A — 2 2 — TTT „uvggoack“ PR ung aadıpaasır 9 "Iduglgaageng e engen Su a0 gung € don gnvalps & 8 qun 1 618 0 V. le | erjl > Ip. ]1% | 4 7 | | ö ' 1 S i 1 Y 1 1 1 ! ö * s b R S — > ı b ! H ' 1 N - H i f | | i * | ! 8 1 8 * 44 Drehbaum. — Drehſcheiben. Der Meißel, Fig. 10, hat eine durch Ver⸗ jüngung ſeiner Dicke gebildete zweiſeitige und ſehr ſchlanke Zuſchärfung, welche durch An- Iteifen kaum ſichtbarer Facetten erhöht wird. Die 5 desſelben ſteht nicht rechtwinkelig zu der Längenachſe des Werkzeuges „ſondern unter einem Winkel von 70° bei den deutſchen, 80—85° bei den englischen, iſt geradlinig oder nur äußerſt ſchwach bogenförmig. Die Breite des Meißels liegt zwiſchen 6 und 30 mm. Der engliſche Drehmeißel hat eine durchaus gleichbreite Klinge, der deutſche verbreitert ſich vorn an der Schneide zu beiden Seiten, wo— durch die eine Ecke mehr ſpitz und zu manchen Arbeiten geeigneter wird. Beim Drehen wird der Meißel ſo geführt, daſs die ſtumpfe Ecke der Schneide vorangeht. Um ſchmale und tiefe Einſchnitte (Stiche) aus⸗ zuarbeiten, wird der Meißel in einer ſenkrechten Ebene, die ſpitze Ecke unten dem Werkſtück ent⸗ gegengeführt. Die Röhre, Fig. 9, iſt ein Stahl von halbkreisförmigem Querſchnitt, der einerſeits in eine Angel endigt, andererſeits 5 eine halb⸗ elliptiſche ſcharfe Kante ausläuft ). Die Breite der Röhren ſchwankt zwiſchen 6 ne 36 mm; die engliſchen ſind von der äußeren (convexen) Seite her zugeſchärft, die deutſchen von innen aus. Mit dieſem rinnenförmigen Werkzeuge arbeitet man beim Drehen aus dem Groben mehr oder weniger tiefe runde Furchen aus. Obwohl durch die Geſchicklichkeit des Drechs— lers mit Röhre und Meißel allein dem Arbeits— ſtücke die mannigfaltigſten Formen gegeben werden können, ſo ſtellen ſich doch noch andere Drehwerkzeuge als unentbehrlich heraus. Zum Ausdrehen von Höhlungen, die vorgebohrt wurden, benützt man den Ausdrehſtahl (Fig. 3 und 4) mit ſeitwärts ſtehender Schneide; zur Er— weiterung von Höhlungen mit nicht ſenkrechten Wänden die Hacken- und Mondſtähle; zum Reindrehen ſehr harter Hölzer den höchſtens 25mm breiten Schlichtſtahl mit geradliniger Schneide, die rechtwinkelig zur Achſe ſteht und nur von der unteren Seite aus zugeſchärft iſt; zum Eindrehen rechtwinkeliger Furchen den Stichſtahl (Fig. 8), der dem vorigen ähnlich, aber an der Schneide ſehr ſchmal iſt. Das Baucheiſen, der Ausdrehhaken, der Ein- ſchneider und der Zweiſchneider, ſämmtlich hakenartig gekrümmte, dünne und meſſerartig geſchliffene Drehwerkzeuge, dienen zur Bearbei— tung großer ebener Flächen, flacher, ſchalen— artiger Vertiefungen oder der Bodenfläche von Höhlungen. Zum Abſchaben feiner Holzſpäne verwendet man auch ſcharfkantige Bruchſtücke von Feu— ſterglas. Immer mehr verwendet man den Support und die Leitſpindel beim Abdrehen großer, flacher Scheiben, langer Cylinder und genauer geometriſcher Körper. Die hiebei in Verwen— dung kommenden Drehſtähle ſind kurz, ohne * Die Schneide der Drehröhre entſteht geometriſch genommen infolge der Durchdringung einer Cylinderfläche mit der auf dieſer ſenkrecht ſtehenden Meißelröhre bei ſich durchſchneidenden Achſen. Hefte, hinſichtlich ihrer Schneide den Grab- ſticheln, Spitzſtählen oder Schroppſtählen ähn⸗ lich; auch Formen, wie ſie bei Hobelmaſchinen in Gebrauch ſind, finden Verwendung; mit Vor— theil bedient man ſich auch kleiner, runder, ſchräg angeſchliffener Stahlſtückchen oder auch ſolcher mit drei- und viereckigem Querſchnitte. Karmarſch und Heeren, Techniſches Wörterbuch, 3. Aufl., Prag 1877, Verlag der „Bohemia“; Karm arſch⸗ Hartig, Handbuch der mechaniſchen Technologie, 5. Aufl., Leipzig 1875, Baumgärtners Buchhandlung. Er. Drehbaum. Derſelbe dient zum Ausdrehen der Stöcke, an die er in entſprechender Weiſe mit— telſt Eiſenketten befeſtigt wird, und beſteht aus einer 6 m langen und 10—15 em ftarfen Stange (ſ. Stockroden). Fr. Drehbüchsflinte, die — Dreher mit einem glatten und einem gezogenen Lauf. „Vorzüg— lichen Nutzen gewähren die Drehbüchsflinten, einmal, weil, wenn der Flintenlauf mit Schrot geladen wird, man auch darauf eingerichtet iſt, vorkommendes kleines Zeug, beſonders aber Raubzeug leichter in der Flucht zu erlegen, als dies mit andern Büchsflinten, wo nicht anders als durch das Viſier abgeſehen werden kann, der Fall iſt.“ Winkell, III., p. 489. E. v. D. Dreher, der — Vorderladergewehr, mit zwei, drei oder vier ober einander liegenden Läufen, die durch einen eigenen Mechanismus gewechſelt werden können; veraltete, ſeit Einfüh⸗ rung der Hinterlader außer Gebrauch geſetzte Conſtruction. „Außerdem gibt es noch ſog. Wender oder Dreher, deren Benennung darauf deutet, daſs von den unter einander liegenden Läufen jeder nach Willkür des Schützen hinauf oder herunter gedreht werden kann.“ Winkell, III., p. 485. — „Dreher nennt man die Ge— wehre mit zwei Läufen, wenn vor dem zweyten Schuſs der unten liegende Lauf erſt obenhin gedreht werden muss.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 95, und Lexik., p. 121. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 42, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 474, VI., p. 196, 210, VII., p. 149. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Drehſlinte, die = Dreher mit glatten Läufen. Winkell, III., p. 488. E. v. D. Drehhals, ſ. Wendehals. E. v. D. Drehlrangheit, ſ. Pathogeneſe und un logie des Wildes. P. M Drehſcheiben. Sie dienen dazu, um 91 Geleiſe von Rollbahnen zu verbinden, die ſich unter einem rechten Winkel kreuzen oder jtrahlen- förmig von einem gemeinſchaftlichen Punkte ausgehen. Drehſcheiben ſind kreisförmige horizontale Scheiben von Eiſen oder Holz, die um ihren Mittelpunkt leicht gedreht werden können. Die Drehſcheiben liegen zumeiſt in der Bahnebene, tragen Schienen von gleicher Größe und Con⸗ ſtruction wie die Bahn und ſind derart feſt ge— baut, dafs auf ihnen gleichzeitig auch ein normal beladener Wagen gedreht werden kann. Eine Drehſcheibe von ſolider Conſtruction iſt in Fig. 251 dargeſtellt. Entweder werden die Theile insgeſammt aus Eiſen hergeſtellt, oder es werden nur der Drehzapfen und die Lauf— räder aus jenem Metalle angefertigt. c r Drehungsgeſetz der Winde. 45 Die Größe der Drehſcheiben wird durch das Ausmaß der Bahnwägen beſtimmt. Eine Drehſcheibe der einfachſten Conftruc- tion iſt in Fig. 252 dargeſtellt. Dieſe Drehſcheibe ä F Fig. 251. kann an jedem beliebigen Punkte ſchnell einge— legt und auch wieder beſeitigt werden, wenn für den Zapfen der Scheibe eine Offnung her— der polare Strom andererſeits verliert an In— tenſität und Dichtigkeit, dehnt ſich immer mehr aus und erfaltet dabei. Mit dem weiteren Vor⸗ gen von dem Orte ihrer Herkunft müſſen ſich alſo die Höhendifferenzen dieſer Strömungen mehr ausgleichen, und für gemäßigte Breiten nahm Dove ſchon ein angenähertes Neben- und Durcheinander dieſer Strömungen an. Mittelſt der Annahme, dass die Verdrängung des nördlichen durch den ſüdlichen zuerſt in den oberen Schichten, die des Marien durch den nördlichen zuerſt in den unteren Schichten erfolge, folgerte Dove aus der Vergleichung der Veränderung der Spannungsverhältniſſe, welche zugleich mit einer vergrößerten Ablenkung aus der vergrößerten Herkunftsentfernung der Ströme reſultiert, dass der ſüdliche durch den nördlichen nur dann ab— gelenkt werden könne, wenn dieſer beinahe zu Oſt abgelenkt war, als das Zuſammentreffen der Ströme erfolgte, dass alſo hiedurch die Drehung E. SE. 8 geboten jei. Eine ähnliche Überlegung vervollſtändigte den Beweis für dieſe Drehungsrichtung der Winde, für das ſog. Dove'ſche Winddrehungsgeſetz. Hienach joll ſich der Wind allgemein auf beiden Halbkugeln mit der Sonne drehen, d. h. die Veränderung der Winde erfolgt nicht planlos, ſondern auf der nördlichen Halbkugel durchlaufen die Winde bei ihrer Veränderung die Windroſe in der Rich- tung N, E, 8, W, N und 9 auf der ſüdlichen in der Richtung E, N, W, Schon lange hatte man die große Häu⸗ figkeit des Vorkommens dieſes Drehungs— ſinnes beobachtet, aber noch niemand hatte dieſe Erſcheinung zum Geſetz erhoben; erſt geſtellt wird. Das Anſtoßſtück a ermöglicht das Auf⸗ und Abfahren der Wägen, im Falle die Scheibe über dem Niveau der Schienen liegen ſollte. Fr. Drehungsgeſetz der Winde. Dove ſtellte, wie bekannt, die Theorie von dem ſich unmit— telbar zwiſchen den Polen und dem Aquator der Erde beſtändig vollziehenden Luftaustauſch auf, indem er den kalten, trockenen und ſchweren Polarſtrom von Norden nach Süden, nach den Tropen gelangen läſst, wo er als Paſſat auf— tritt, während der warme, feuchte und leichte Aquatorialſtrom aus den Tropen den Polen als Antipaſſat zuſtrömt. Beide Strömungen werden auf der nördlichen Halbkugel nach rechts, auf der ſüdlichen nach links durch die Erd⸗ drehung abgelenkt, der Südſtrom der Nord— hemiſphäre (aus Süd) mußs ſich in ſeinem Fortſchreiten in ein immer engeres Bett ein— zwängen wegen der Annäherung der Meridiane, wird dadurch dichter, gewinnt an Geſchwindigkeit; Dove glaubt auf Grund des theoretiſchen Beweiſes hiezu berechtigt zu ſein (vgl. das Geſetz der Stürme von H. W. Dove, 1866). Heute haben wir den Dove'ſchen Stand— punkt verlaſſen; es iſt ein allgemeines Geſetz an die Stelle getreten, welches die N des Doveſſchen Geſetzes, die Drehungen gegen die Sonne, gleichmäßig einbegreift. Vor allem iſt der Standpunkt aufgegeben, wonach die Winde die Ande— rungen des Luftdruckes (der Luftſpannung) hervorrufen; wir nehmen heute die Luftdruck— vertheilung als das Primäre, die Windrichtung Bedingende an. : Nach dem Buys-Ballot'ſchen Geſetze fließt die Luft in den unteren Schichten der Atmoſphäre aus der Gegend höheren Luftdruckes nach der Gegend niederen Luftdruckes und wird dabei durch die Erdrotation auf der nördlichen Halbkugel nach on auf der ſüdlichen nach links abgelenkt. Die hieraus ſich ergebenden atmoſphäriſchen Wirbel ſollen bei dem Artikel „Wirbel“ zur Beſprechung gelangen, und wir erwähnen hier nur die Anderungen der Wind richtung beim Vorübergang eines Wirbels, welche bei einem Maximum dieſelben ſind wie bei dem Vorübergang eines Minimums (Gebiet niederen Luftdrucdes) und an genannter Stelle abgeleitet werden ſollen. Es folgt nämlich aus dem Buys-Ballot'ſchen Geſetz: Zieht ein ſich öſtlich bewege ndes „Maximum oder Mini mum an einem Orte auf ſeiner dem 46 Drehwuchs der Bäume. — Dreifußſtativ. näheren Pole zugekehrten Seite vorüber, jo erfolgt die Drehung auf beiden Halb- kugeln mit der Sonne, beim Vorüber⸗ gang auf der anderen Seite drehen ſich die Winde, falls der Ort überhaupt in den Bereich der Erſcheinung gelangt, in entge— gengeſetzter Richtung. Die entgegenge— ſetzte Drehung erfolgt, wenn der Wirbel nach Weſten fortſchreitet. . Da nun die Minima und Maxima fait ſtets eine öſtliche Richtung einſchlagen und die beſonders in die Erſcheinung tretenden atmo— ſphäriſchen Wirbel niederen Druckes, die Minima, in den allermeiſten Fällen durch höhere Breiten ziehen, ſo muſs nach dieſem Geſetz die Drehung mit der Sonne in den gemäßigten Breiten allerdings die gewöhnliche Erſcheinung ſein. Hienach iſt das Dove'ſche Geſetz nur ein beſonderer Fall des allgemeinen Geſetzes, und mit dieſer Erkenntnis muſsten die dem Beweis jenes Geſetzes zugrunde liegenden Annahmen im großen Ganzen aufgegeben werden. Nach unſerer heutigen Anſicht machen nicht die Winde den Druck, ſondern der Druck beſtimmt die en Bn. Drehwuchs der Bäume. Bei den meijten Holzarten iſt der Längsverlauf der Faſern des Holzes und des Baſtes zur Längsachſe des Baumes etwas ſchief ſtehend. Selten liegt die Abweichung in der Radialebene, und meiſt iſt ſie in dieſer Richtung mehr eine abnorme Er— ſcheinung; dagegen iſt die Schrägſtellung in der Tangentialebene jo häufig, daſs unter 167 unter- ſuchten Holzarten dieſelbe bei 111 Arten ſich als normal erwies. Man erkennt bei ſtärker gedrehten Bäumen zumal in höherem Alter dieſe Drehung ſchon an dem Verlauf der Borkenriſſe. Der Drehungs— winkel iſt nach Holzart und außerdem auch in— dividuell verſchieden. Sehr ſtarke Drehung von 10—20° zeigt Aesculus Hippocastanum. Dre— hungen von 5° treten bei Pinus silvestris häufig auf, Drehung von 3—4 zeigt Populus dilatata und Betula alba. Die Drehung kann mit dem Alter des Baumes zunehmen, aber auch in anderen Fällen kleiner werden. Die Richtung der Neigung iſt bei manchen Holzarten immer dieſelbe, z. B. bei Aesculus rechts, bei Populus dilat. links. Vollſtändig zu fehlen ſcheint ſie z. B. bei Pinus Cimbra, Ulmus, Fraxinus ex- celsior. Man hat verſucht, den Drehwuchs ana— tomiſch zu erklären aus dem Umſtande, dass die Cambialfaſern und alle Organe, die daraus hervorgehen, in den ſucceſſiven Jahresringen an Länge zunehmen. Da nun aber die Länge des Stammabſchnittes nicht zunehmen kann, jo muſs mit der Verlängerung der Organe eine Schräg— ſtellung derſelben eintreten. Ich glaube, daſss man zwiſchen einem erblichen, auf inneren Ur— ſachen beruhenden und einem durch äußere Momente herbeigeführten Drehwuchs unter— ſcheiden muſs. Der erbliche Drechwuchs iſt eine Eigenthümlichkeit, welche auch bei der Auswahl der Sämereien, z. B. beim Sammeln der Eicheln Berückſichtigung verdient, da ſtark drehende Judividuen, welche aller Wahrſcheinlichkeit nach dieſe Eigenſchaft auf einen Theil ihrer Nach- — ——. — — — — — —— — . — . ——— ͤ — kommen vererben, in ihrer Verwertbarkeit ſehr geſchädigt ſind. Ich beſitze in meiner Sammlung ein Stammſtück einer Lärche aus dem Hochgebirge, die bis etwa zu 30 Jahren faſt ganz gerad- wüchſig geweſen war, dann aber plötzlich Dreh- wuchs zeigte, der, mit jedem Jahre zunehmend, im Laufe der nächſten 30 Jahre ſo arg geworden war, daſs die Faſern der letzten Jahre im Winkel von 35 Graden wie eine Spirale den Stamm umliefen. Es liegt hier der Gedanke nahe, daſs etwa plötzliche Freiſtellung und Erponierung gegen den herrſchenden ſtarken Wind durch beſtändige Einwirkung auf eine einſeitig entwickelte Krone den Stamm gewiſſer⸗ maßen immer in der Richtung um ſeine Achſe gedreht und dadurch eine wenn auch langſame, aber doch ſtetig wirkende Streckung der Cambial- faſern zur Folge gehabt hat, die nun in immer ſchrägerem Winkel um den Stamm verlaufen ſind. Eine befriedigende Unterſuchung der hieher gehörenden Erſcheinungen hat noch nicht ſtatt— gefunden. Hg. Drei Dreien, die, ſtehende Formel der Weidſprüche. Unter den „drei Dreien“ ſind die drei Zeichen des Rothhirſches verſtanden, welche zu deſſen gerechtem Anſpruche genügend er— ſcheinen, ſ. Fährtenkunde. „Ho! ho! ho! mein lieber Weidmann, ſag mir frey, Welches ſind, ho! ho! woit gut des edel Hirſches Dreyen drey? — Jo, ho! ho! ho! mein lieber Weidmann, das will ich dir ſagen an: die Fehrte drey Finger breit, der Schritt drey Schuh weit Und drey Finger zurücke bleib, die thu ich dir nennen, Woran ein braver Weidmann, Ein jagdbaren Hirſch allzeit anſprechen kann.“ Döbel, Ed. I, 1746, III., fol. 45. — „Die alten Jäger haben dieſen Weidſpruch in Gewohnheit gehabt, daſs wenn der Weidemann in des Hirſches Ferte 3. Dreyen obſerviren könte, möchte er unbedencklich denſelben als Jagdbar anſprechen, nemlich wenn ſein Tritt oder Schaalen drey Finger breit zurücke bleibe, und wenn er drey Schuhe weg ſchritte, welches auch mehr als zu wahr eintrifft.“ Notabilia Venatoris, Ulm 1731, p. 27. E. v. D. Dreiecknetz, ſ. Bouſſole und u r. Dreieckspflanzung, ſ. Verband. Gt. Dreifaltigkeitsblümchen, ſ. Arien m. Dreifußſtativ. Um Inſtrumente über irgend welche Punkte der Natur aufſtellen zu können, bedarf man für ſelbe gewiſſer hölzerner Geſtelle (Stative) als ſolide Unterlagen, und muſs von der Conſtruction letzterer verlangt werden, dajs . ſie in leichter Weiſe eine möglichſt ſchnelle Hori— zontalſtellung der Inſtrumente zulaſſen. Man unterſcheidet Stockſtative und Dreifußſtative. Das Stockſtativ beſteht in einem 1˙4 bis 15m langen Stabe (ca. 3 em Durchmeſſer), der an ſeinem unteren Ende zugeſpitzt und daſelbſt mit einem eiſernen Schuh verſehen iſt. Das obere Ende des Stockſtativs iſt gewöhnlich zu einem Zapfen abgedreht, über welchen dann die Hülſe des Inſtrumentchens (nur kleinere In⸗ ſtrumente erhalten derartige Stative) geſchoben wird. Das Dreifußſtativ beſteht aus einem höl- zernen oder metallenen Kopfe, mit welchem drei Dreiläufer. — Dreſſer. 47 Füße in Verbindung ſtehen. Iſt der Kopf eine kreisrunde Scheibe, jo nennt man die Einrich- tung Scheibenſtativ, iſt er nach oben zapfen- förmig geſtaltet, ſo heißt das Geſtelle ein Zapfen— ſtativ. Die Füße müſſen mit dem Kopfe be— weglich verbunden ſein, jo daſs es möglich wird, ſie bald enger, bald weiter zu ſtellen; anderer— ſeits ſind auch die nöthigen Schrauben vor— handen, um durch deren Anziehen in jeder mög— lichen Stellung eine ſolide Bindung zwiſchen Kopf und Füßen des Stativs herbeiführen zu können. An ihren unteren Enden erhalten die Stativfüße Metallbeſchläge, die in Eiſenſpitzen enden. Über dieſen Beſchlägen findet man auch häufig Anſätze zum Feſttreten der Füße in nicht zu hartem Boden. Das nähere Detail der Sta— tive iſt bei den einzelnen Inſtrumenten nach— zuſehen. Lr. Dreiläufer, der. I = Drilling, d. h. dreiläufiges Gewehr. „Dreiläufer oder Drillinge.“ R. v. Dom- browski, Lehr⸗ u. Hb. f. Berufsjäger, p. 526. S. Drilling. II. ſcherzhafte Bezeichnung für junge Feld— haſen, die erſt drei Viertel ihrer normalen Größe erreicht haben, alſo gleichſam erſt auf drei Läufen gehen; vgl. Quarthaſe, halbwüchſig. „Dreyläufer ſind junge Haaſen von erſterm Satz, und werden um Bartholomäi mit obigem Namen benennt.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 93. — „Die jungen Haſen werden halbwüchſig ge— nannt, wenn ſie ihr Wachsthum halb vollendet haben; Dreiläufer, wenn ſie drei Viertheile ihrer vollkommenen Größe erreicht haben.“ Winkell, II., p. 1. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 95. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 42. — Laube, Jagdbrevier, p. 246. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 192. III. veraltete und ſeltene Bezeichnung für Haſen, die im Lauf mit dem einen Hinterlaufe ausſchlagen, daher für einen Augenblick auf drei Läufen gehen. „In der Regel läuft der Rammler ſchneller als der Mutterhaſe. Unter den erſten gibt es einige von mittlerer ranker Statur, die, wenn ſie behetzt werden, während dem Laufen mit dem einen Hinterläufte eine Bewegung, wie wenn ein Pferd ausſchlägt, machen, und die man hier zu Lande Dreyläufer — weil ſie in dem Augenblick, da ſie jene Bewegung machen, auf drey Beinen zu laufen ſcheinen — nennt.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, IV., bSrimm, D. Wb. II., p. 1383. — Sanders, Wb. II., p. 34a. E. v. D. Drepanulina, Familie der Abtheilung Spinner, Ordnung Lepidoptera. Nebenaugen fehlend; Vorderflügel mit 12 Rippen, einer An- hangzelle und nur einer Dorſalrippe. Hinterflügel mit 8 gleich ſtarken Rippen, 2 Dorſalrippen, 1a in die Mitte des Innenrandes, 8 aus der Wurzel oder aus Rippe 7, Rippe 4 und 5 ge⸗ nähert. Die nackten, höckerigen, gegen den After ſich zuſpitzenden Raupen leben auf Laub— holz (Birken, Erlen, Eichen, Buchen). Verpuppung in lockeren Cocons. Flugzeiten: Mai, Juni und Auguſt, September. Generation mithin doppelt. Trotz ihres Vorkommens auf den genannten Baumarten ohne forſtliche Bedeutung. Hſchl. Dreſſer, Henry, Eeles, einer der fleißigſten und productivſten jetzt lebenden engliſchen Or— nithologen, wurde geboren am 9. Mai 1838 in Thirſk, Porkſhire, in der Thirſk-Bank, deren Director ſein Vater war. Seine Vorfahren waren für viele Menjchen- alter zurück Freiſaſſen in Yorkſhire. Der erſte, der unter ihnen erwähnt wird, war ein Deutſcher, genannt Dreſcher, der mit einem Reiterregiment des Prinzen Ruprecht, des ſog. Cavaliers, Sohnes des Kurfürſten Friedrich V. von der Pfalz und der Eliſabeth von England, gegen 1643 in die Dienſte des Königs Karl I., Oheim des Prinzen Ruprecht, trat. Nach dem Kriege ließ er ſich in Wenby in Porkſhire nieder und heiratete eine Engländerin. Wahrſcheinlich hatte derſelbe im Kriege genug Beute gemacht, um ſich eine kleine Farm zu kaufen, wo er lebte und ſtarb. Ungefähr um 1775 kaufte ſich Dreſſers Urgroßvater eine kleine Beſitzung in Topelyffe in Yorkſhire, lebte dort mit ſeiner Frau und ſtarb 1808. Er hinterließ ein Kind, den Groß— vater unſeres Ornithologen, Joſeph Dreſſer, der mit Hinterlaſſung zahlreicher Kinder 1846 ſtarb. Einer der jüngeren Söhne war Henry Dreſſer, geboren 1802, der einzige, der wieder Kinder hatte, er lebte in Thirſk bis 1840, zog dann nach Leeds und gegen 1844 oder 1845 in die Nähe von London, wo er 1881 ſtarb. Unſer Dreſſer iſt das ſiebente von zehn Ge— ſchwiſtern, von denen neun noch leben. Er wurde 1846, alſo acht Jahre alt, auf die St. Petersſchule in London, Eaton Square, ge— geben, ſchon nach einem Jahre dort fortge— nommen, da ſein Vater nach Farnborough in Kent zog, und in eine Privatſchule in Bromley in Kent aufgenommen. Dort blieb er bis 1852 und beſchäftigte ſich, ſo viel er irgend konnte, mit Naturwiſſenſchaften, wobei ihm ein Freund ſeiner Familie, der Revd. A. Rawſon, der eine kleine Vogelſammlung beſaß, hilfreich zur Seite ſtand. Im December 1852, alſo erſt 1% Jahre alt, gieng er ins Ausland und beſuchte die Schule in Ahrensburg, zwiſchen Hamburg und Lübeck, für ein Jahr, um deutſch zu lernen. Dreſſer hatte den Wunſch, zu ſtudieren, aber ſein Vater gab dies nicht zu, ſondern wünſchte ſeinen Sohn, da er ſelbſt Holzhändler war, in eine kaufmänniſche Beſchäftigung hineinzu bringen. . Deshalb wurde Dreſſer 1854 nach Gefle in Schweden geſandt, um ſchwediſch zu lernen. Er lebte dort bei dem Lector Berndtſon, einem ausgezeichneten Lehrer, der als literariſch ge— bildeter und ſprachkundiger Mann bekannt war. Im Winter 1855 kehrte er nach England zurück, nachdem er ſich unterwegs einige Zeit in Götaborg aufgehalten und dort bei Dr. Malm das Abbalgen und Ausſtopfen von Vögeln ge lernt hatte. Im Frühjahr 1856 wurde er nach Viborg in Finnland zu Hackmann & Co., einem befreundeten Hauſe ſeines Vaters, in die Lehre gegeben. Dort benützte er ſeine ganze geſchäfts freie Zeit, um Vögel und Eier zu ſammeln. Bald machte er die Bekanntſchaft von Profeſſor von Nordmann und Magnus von Wright. Dieſer hatte eben angefangen, ſein Werk „Finn lands Foglar“ zu ſchreiben, Dreſſer war ihm 48 Dreſſer. behilflich in der Sammlung ornithologiſcher biologiſcher Notizen. Im Frühjahr 1857 bekam er gelegentlich einer Geſchäftsreiſe nach Haparanda vier Wochen Urlaub und verbrachte dieſelben in Uleäborg, um Vögel und Eier zu ſammeln. Von dort gieng er nach Schweden und dann in demſelben Jahre nach England zurück. 1858 reiste er für ſeines Vaters Firma wieder nach Finnland und brachte wieder einige Zeit in Uleäborg zu. Hier hatte er das ſeltene Glück, bei Karlön ein Neſt des Seidenſchwanzes, Ampelis garrulus, ſelbſt zu finden, das damals noch zu den größten ornithologiſchen Seltenheiten ge— hörte. Wieder nach England zurückgekehrt, lernte er faſt alle maßgebenden ornithologiſchen Per- ſönlichkeiten dort kennen, beſonders Profeſſor Alfred Newton in Cambridge, der ihm ſtets ein treuer Freund blieb. Im Herbſt 1858 be— ſuchte er Frankreich und Italien. Am Sumpf— fieber erkrankt, kehrte er nach der Heimat zu⸗ rück und war einige Monate zur Wiederher— ſtellung und Erholung aus Haus gefeſſelt. 1859 gieng er nach Amerika auf ein Wald- gut bei St. John in Neu-Braunſchweig, wo er Gelegenheit hatte, die Vogelwelt der dortigen Gegend genau zu beobachten. 1861 übernahm er auch einmal auf ein Jahr die Verwaltung dieſes Gutes. Zwiſchendurch bis 1863 war er viel auf Reiſen und lernte den größten Theil Europas kennen. Im Sommer 1863 betheiligte er ſich bei einer Schiffsladung von Militär- vorräthen für die Conföderirten (Süd-) Staaten, gieng erſt nach Matamoros in Mexiko und dann nach Texas, wo er bis Herbſt 1864 blieb. Jede freie Zeit wurde zu ornithologiſchen Aus— flügen benützt, Vögel und Eier geſammelt und Beobachtungen niedergeſchrieben, die ſpäter im „Ibis“ zur Veröffentlichung kamen. Im Herbſte 1864 kehrte er nach Europa zurück und gieng nach einem kurzen Aufenthalte in England wieder für den Winter in Geſchäften nach Schweden. Bis 1870 reiste er dann wieder viel in Europa, zweimal nach Spanien, dreimal nach Ruſsland und der Türkei, nach Deutſchland, Oſterreich, Serbien, Bulgarien, Rumänien u. ſ. w. Überall ſammelte er mit offenen Augen und ſchrieb ſeine Beobachtungen in genauen Tage— büchern nieder. 1870 fing er an, ſein berühmtes Werk, die „Birds of Europe“ zu ſchreiben. In dem⸗ ſelben Jahre gab er den Handel mit Nutzholz auf und begann ein Eiſen- und Stahlgeſchäft, das ihn mehr an das Haus band und dem er ſich täglich von 10—5 Uhr widmen muſste. Nur die Stunden vorher und nachher konnte er der wiſſenſchaftlichen ornithologiſchen Thätig— keit widmen. Trotzdem hatte er ſein Rieſenwerk, die Vögel Europas, bereits 1880 vollendet. Im Jahre 1878 verheiratete er ſich mit Fräulein Eleanor Hodgſon und ließ ſich in Norwood nahe dem Wohnſitze ſeines Vaters nieder, um dieſem, der alt und ſchwach gewor- den war, beiſtehen zu können. Nach dem Tode desſelben gab Dreſſer ſeine dortige Wohnung auf und kaufte ſich in Farnborough in der Grafſchaft Kent an, nahe dem Orte, wo er als Knabe angefangen hatte, die Natur zu lieben und Vögel und Eier zu ſammeln. Drei blühende Kinder, ein Knabe, Henry, Heinzie von ſeinem deutſchen Dienſtmädchen genannt, von 8 Jahren und zwei Mädchen von 5%, und 21/, Jahren beleben den ſchönen Landaufenthalt. Ob der Knabe in ornithologiſcher Beziehung in die Fußtapfen ſeines Vaters treten wird, iſt noch nicht zu ſagen, jedenfalls liebt er die Thiere ſehr und pflegt ſchon eine Reihe von Lieblingsthieren. Dreſſer hat eine Reihe kleinerer ornitho— logiſcher Artikel im Ibis veröffentlicht. Sein Hauptwerk, durch das er ſich einen unſterblichen Namen gemacht hat, iſt ſein A History of the birds of Europe, including all the species inhabiting the western palaearctic region, das in einzelnen Lieferungen vom Jahre 1871 bis 1881, alſo in 10 Jahren erſchien und vollendet wurde. Dasſelbe enthält die ausführliche, man möchte ſagen monographiſche Beſchreibung von 623 Vogelarten, die die weſtliche paläarktiſche Region bewohnen. Bei jedem einzelnen Vogel iſt eine ausführliche Synonymik gegeben, der die Trivialnamen ſämmtlicher Länder folgen, in denen der Vogel lebt. Nach genauer An⸗ führung der wichtigſten bis dahin erſchienenen Abbildungen wird eine kurze, aber vollſtändig erſchöpfende lateiniſche Diagnoſe der ver⸗ ſchiedenen Kleider gegeben, der eine ausführ⸗ liche engliſche Beſchreibung einzelner Exemplare folgt. Sehr ausführlich und gründlich iſt dann mit Benützung eigener Beobachtungen und Quellenangabe der früheren Schriftſteller die Verbreitung, das Vorkommen, die Lebensweiſe und Fortpflanzung des betreffenden Vogels ge- ſchildert und zum Schluſſe die ſämmtlichen Exemplare genau aufgeführt, auf Grund deren die Beſchreibung erfolgte. Außerdem iſt eine Charakteriſtik der Gattungen eingefügt, mit entſprechender Synonymik. Die einzelnen Vögel ſind von Keulemann auf vorzüglichen Tafeln in Großquart abgebildet, ſo natürlich, als wenn ſie alle dem Leben abgelauſcht wären. Das ganze Werk, deſſen erſte zwölf Lieferungen mit Sharpe zuſammengearbeitet, deſſen Haupt⸗ theil aber allein von Dreſſer fertiggeſtellt wurde, umfajst 8 Bände. Nur ein Mann wie Dreſſer, der ſo weit gereist war, überall im Freien und in Muſeen mit offenen Augen geſehen und mit offenen Ohren gehört hatte, der ſo großartige Sammlungen wie die des britiſchen Muſeums, ſeine eigenen und viele Privatſamm⸗ lungen zur Dispoſition hatte, der die haupt⸗ ſächlichſten europäiſchen Sprachen, wie außer ſeiner Mutterſprache deutſch, franzöſiſch, italie⸗ niſch, ſpaniſch, däniſch, ſchwediſch, im Leſen und Sprechen vollſtändig beherrſchte, der ſo gewiſſen⸗ haft und unermüdlich jede freie Stunde des Tages zu ſeinen Lieblingsarbeiten ausnützte, war imſtande, ein derartiges Werk zu ſchreiben, das ſich unſeren größten ornitholo⸗ giſchen Werken aller Zeiten würdig an die Seite ſtellt und für jeden Ornithologen, der ſich mit europäiſchen Vögeln beſchäftigt, vollſtändig unentbehrlich iſt. In den letzten Jahren hat Dreſſer wieder ein großes ornithologiſches Prachtwerk, eine Monographie der Meropiden mit ſehr ſchönen Dreſſieren. — Dreyſe. 49 Abbildungen aus der Meiſterhand Keulemanns fertiggeſtellt, und eine Monographie der Cora— ciiden, deren Abbildungen und Text vollendet vorliegen, wird demnächſt erſcheinen. Bei der körperlichen und geiſtigen Rüſtig⸗ keit und Arbeitskraft unſeres großen engliſchen Ornithologen iſt zu erwarten, dajs wir noch manche ſchöne ornithologiſche Arbeit von ihm erleben werden. März 1887. R. Bl. Dreſſieren, Dreſſur und alle Zuſammen⸗ ſetzungen, ſ. Gallicismen. E. v. D. Dreyſe, Johann Nicolaus von, be— rühmter Gewehrfabrikant, geb. am 22. No⸗ vember 1787 als Sohn des Schloſſermeiſters Joh. Chriſt. Dreyſe zu Sömmerda (Reg.-Bez. Erfurt), geſtorben ebendaſelbſt am 9. December 1867. Nachdem Dreyſe in der Werkſtätte des Vaters ſeine Lehrlingszeit beendet, arbeitete er (1806) in Altenburg und Dresden und gieng 1809 nach Paris, wo er in mechaniſchen und optiſchen Werkſtätten ſowie in Waffenfabriken thätig war. In einer der letzteren (Maſchinen— und Gewehrfabrik von Pauli), in welcher man ſich auf Wunſch Napoleon I. mit der Conſtruc⸗ tion von Hinterladern beſchäftigte, mag Dreyſe wohl die Anregung zu ſeinen ſpäteren Gewehr— conſtructionen erhalten haben; zugleich veran⸗ laſste ihn der Pariſer Aufenthalt zu mechaniſchen, phyſikaliſchen, ja ſelbſt zu chemiſchen Studien, ni welch letztere ihn u.a. mit dem neu (1799) ent⸗ deckten Knallqueckſilber (ſ. Knallpräparate) be- kannt machten. Im Jahre 1814 kehrte Dreyſe nach Sömmerda zurück und beſchäftigte ſich in er Werkſtätte ſeines Vaters hauptſächlich mit er Conſtruction und Einrichtung verſchiedener Naſchinen zur ſchnelleren und billigeren Her— tellung von Schloſſerarbeiten; 1821, in welchem Jahre er ſich auch verheiratete, errichtete Dreyſe mit dem Kaufmanne Kronbiegel eine Fabrik zur maſchinellen Herſtellung von Eiſenwaren (Nägel, Fenſterbeſchläge, Striegel ꝛc.) auf kaltem Wege; nach dem Tode Kronbiegels wurde der Kauf— mann Collenbuſch Theilhaber der Fabrik. Eine von Dreyſe conſtruierte Dampfmaſchine beſon— derer Art wurde 1824 in Preußen patentiert. Die allgemein beginnende Umänderung der Infanterieſteinſchloſsgewehre zur Percuſſions— zündung lenkte Dreyſes Aufmerkſamkeit wieder auf das zur Zeit noch wenig in den Handel gekommene Knallqueckſilber, und mit Hilfe des Apothekers Baudius in Sömmerda gelang es ihm, eine als Zündſatz zu Zündhütchen voll— kommen geeignete Miſchung herzuſtellen; auf die Anfertigung dieſer Zündhütchen, welche ſich vor den franzöſiſchen dadurch auszeichneten, daſs der Zündſatz noch durch ein Metallplättchen gegen äußere Einflüſſe geſchützt war, erhielt die Firma Dreyſe & Collenbuſch im Jahre 1824 in Preußen ein Patent. Die Fabricate dieſer noch jetzt beſtrenommierten Firma erwarben ſich bald allgemeine Anerkennung und waren außer in Jägerkreiſen in allen dentſchen und manchen außerdeutſchen Armeen eingeführt; die Zuſammenſtellung der Zündmaſſe und die Her— ſtellung der Zündhütchen geſchieht in dieſer Fabrik im allgemeinen noch heute in der von Dreyſe angegebenen Art. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt- u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 4 Die Mängel der Infanteriepercuſſionsge⸗ wehre (von der Patrone getrennte äußere Zün— dung, umſtändliche Ladeweiſe der aus mehreren Theilen beſtehenden Patrone mittelſt Ladeſtocks) veranlajsten Dreyſe zu mannigfachen Verſuchen, die Zündung ins Innere des Gewehres zu ver— legen, die Patrone aus einem Stücke herzu⸗ ſtellen (ſog. Einheitspatrone) und ſie wo möglich ohne Ladeſtock zu laden. Der Gang dieſer Ver⸗ ſuche, welcher ſich im einzelnen nicht mehr mit Sicherheit verfolgen läſst, führte 1827 zu dem erſten (glatten!) Vorderlade-Zündnadelge⸗ wehr, welches die jenen Verſuchen zugrunde liegende Idee in allerdings noch unvollkommener Weiſe verwirklichte. Die Arbeiten in der Zünd- hütchenfabrik hatten die Möglichkeit erkennen laſſen, den wegen ſeiner geringeren Empfindlichkeit dem Knallqueckſilber vorzuziehenden und auch als Erſatz des Pulvers verſuchten chlorſauren Kalizündſatz noch durch Nadelſtich zur Ent— zündung zu bringen, und ſo konnte aus dem gewöhnlichen Vorderlader (mit Stein- oder Percuſſionsſchloſs) die Conſtruction eines Zünd— nadelgewehres entwickelt werden, bei welchem das als Zünd⸗ und als Treibmittel dienende Knallpräparat in einer Aushöhlung am Boden des ovalen Geſchoſſes ſaß und durch den Stich einer Nadel entzündet wurde. Letztere war mit dem Hahn eines Percuſſionsſchloſſes verbunden und erhielt in einer centralen Durchbohrung der Schwanzſchraube ihre Führung; das Ge— ſchoſfs war behufs genauerer Centrierung im Laufe von einem (unten offenen) hohlen Papier— cylinder, dem Vorläufer des ſpäteren Zünd— ſpiegels, umgeben, fiel zwar in dieſem mit Leichtigkeit durch den Lauf, mufste aber noch mittelſt Ladeſtocks feſt in die nach oben ausge— trichterte centrale Höhlung einer Bodenplatte gepreſst werden; letztere bedurfte wegen der zerſtörenden Einflüſſe des verwendeten Zünd— und Treibmittels nach je 60 Schujs der Er— neuerung. In den Jahren 1827 und 1828 wurde dieſer unvollkommene und beim Laden (mit geſpanntem Schloss!) gefährliche Mechanismus verbeſſert und eine aus Geſchoſs, Pulverladung und Zündmittel beſtehende Einheitspatrone ein— geführt; an die Stelle des Percuſſionsſchloſſes tritt ſchon ein mittelſt Hebel (rechts hinten am Lauf) zu ſpannendes Spiralfederichlojs*) mit Nadelbolzen; der Pappſpiegel ſitzt hinter dem Geſchoſs und die Zündpille im Boden der die Einheitspatrone umgebenden Papierhülle (Pa— tent vom Jahre 1828); der Ladeſtock war ent— behrlich geworden, da die mit Spielraum durch den Lauf fallende Patrone in einer nach oben koniſch ſich erweiternden Kammer durch einen „) Nach M. Thierbach (Die geſchichliche Ent- wicklung der Handfeuerwaffen, Dresden 1886) kommen ſchon im Anfange des XVIII. Jahrhunderts ver⸗ einzelte Conſtructionen vor, welche an das Dreyſe ſche Zündnadelſchloſs erinnern. Bei einem dieſer Gewehre ent hält eine an den Lauf geſchraubte Hülſe das Schloss, be ſtehend aus Bolzen mit Drahtſpirale; das vordere Ende des Bolzens dient als Hahnkopf und nimmt den Feuerſtein auf; hinten im Bolzen zwei Raſten, oben am Bolzen ein Griff zum Zurückziehen (Spannen). Die durch eine ſchräge Fläche am vorderen Ende der Hülſe gebildete Batterie kann aufgeklappt werden, um Pulver in die darunter liegende Pfanne zu ſchütten. 7 50 ſeitlich eingreifenden mit dem Schloſsmechanis— mus in Verbindung ſtehenden Halteſtift bis zum Abfeuern feſtgehalten wurde. Um beſſere Ber- brennung des Pulvers und der die Patrone einſchließenden Papierhülle durch Entzündung der Ladung von vorn zu erzielen, ſetzte Dreyſe ſpäter in die Bodenplatte ein ins Innere des Rohres hineinragendes Nadelrohr, durch welches die vorſchnellende Nadel hindurchgehend den nun im Pappſpiegel angebrachten Zündſatz ent⸗ zündete; das Pulver wurde hiefür loſe einge— ſchüttet (alſo nicht mehr Einheitspatrone). Das preußiſche Kriegsminiſterium, welchem Dreyſe ſeine Erfindung zum Ankauf angeboten hatte, lehnte letzteren nach einigen Verſuchen im Jahre 1828 zwar ab, da das Gewehr nicht kriegsbrauchbar ſei, allein letzteres hatte doch ſo viel Beachtung gefunden, daſs der Kron— prinz (ſpäter König Friedrich Wilhelm IV.) und der Prinz Wilhelm von Preußen (der ſpätere Kaiſer) ſich im Jahre 1829 bei einem Beſuche in Weimar das Gewehr durch den Erfinder ſelbſt im Gebrauch zeigen ließen. 1830 durfte Dreyſe ein neues Exemplar zu weiteren Ver⸗ ſuchen ans preußiſche Kriegsminiſterium liefern, und in den folgenden Jahren wurden die Ver— ſuche mit den nach den Vorſchlägen der milt- täriſchen Autoritäten in mannigfacher Weiſe abgeänderten, aber immer noch als glatte Vorderlader conſtruierten Gewehren fortgeſetzt. Die Truppentheile, welchen das Gewehr probe— weiſe überwieſen wurde, erhielten, um das Ge— heimnis der Einheitspatrone zu bewahren, nur getheilte Patronen. 1834 wurde Dreyſe in den Staatsdienſt übernommen, um ihn und ſeine Erfindung an Preußen zu feſſeln. Die weitere Ausbildung des Syſtems durch den Staat unter thätiger Mithilfe Dreyſes führte 1835 zum Hinterlader, und das 1836 als gezogener Hinterlader conſtruierte Gewehr (mit Einheits— patrone) zeigte im weſentlichen bereits alle Ein— richtungen des definitiven Modells (ſ. Zünd— nadelgewehr). Dieſes Gewehr wurde, mehrfach verbejjert*), im Jahre 1840 zur endgiltigen Ein- führung, jedoch einſtweilen nur bei den Füſilier— bataillonen beſtimmt, und erhielt Dreyſe den Auftrag, für dieſe Truppenkörper 60.000 Stück anzufertigen. Zu dieſem Zwecke errichtete er mit Unterſtützung des Staates in Sömmerda unter der Firma Nicolaus Dreyſe eine Gewehr- und Munitionsfabrik, welche bereits im October 1841 in Betrieb geſetzt werden konnte und an deren Leiſtungsfähigkeit ſehr bald die höchſten Anfor— derungen geſtellt wurden, da die Gewehrfabriken des Staates noch nicht auf dieſe neue Yabri- cation eingerichtet waren. Im Jahre 1843 ſchied Dreyſe aus der Firma Dreyſe & Collenbuſch aus, und beſteht dieſe Zündhütchenfabrik in Sömmerda ſeitdem vollkommen unabhängig neben der Firma Dreyſe. Das unter der Benennung m//41 für die Bewaffnung der geſammten preußiſchen Infan— terie beſtimmte Gewehr wurde fürs erſte noch in den Depots zurückbehalten, bis 1848 die Füſilierbataillone der damaligen 32 Linienregi- N Näheres über die Entwicklungsgeſchichte dieſes Gewehres ſ. in v. Plönnies, D Zündnadel— gewehr, Darmſtadt 1865. g Das Drift und Drifterſcheinungen. menter damit bewaffnet wurden; 1857 war die Ausrüſtung der Linie und der Cavallerie, 1859 die der Landwehr I durchgeführt. Bis 1863 hatte die Fabrik (mit damals 1500 Arbeitern) 300.000 Stück, bis Ende 1866 363.000 Stück Zündnadelgewehre nebſt zugehöriger Munition geliefert. Nach den erſten Erfolgen des däniſchen Feldzuges (1864), in welchem das Zündnadel⸗ gewehr die Probe feiner Kriegsbrauchbarkeit ablegte, wurde der bereits früher mehrfach aus⸗ gezeichnete (u. a. 1854 Geh. Commiſſionsrath) Erfinder am 22. März 1864 in den erblichen Adelsſtand erhoben. In ſpäteren Jahren beſchäftigte ſich Dreyſe, nachdem die Conſtruction des Zündnadelgewehres als Infanteriegewehr im weſentlichen als ab— geſchloſſen betrachtet werden konnte, vielfach mit Geſchützeonſtructionen, unter welchen leichte, der Infanterie und Cavallerie beizugebende Hinter- ladefeldgeſchütze kleinen Calibers die beſondere Beachtung der Regierung auf ſich zogen. Zünd⸗ nadelwallbüchſen und Exploſionsgeſchoſſe hatte Dreyſe bereits früher (1837 und 1838) con⸗ ſtruiert. Die Leitung (und den Beſitz) der Fabrik übernahm nach dem Tode des Vaters der be— reits ſeit längerer Zeit in derſelben als tech— niſcher Betriebsdirector thätig geweſene Sohn, jetzige Geh. Commiſſionsrath Franz von Dreyſe (geboren 2. März 1822), welcher ſein Hauptaugenmerk auf die Ausnützung der Er⸗ findung des Vaters auch für Jagd- und Luxus⸗ waffen richtete und als vielſeitiger Conſtructeur von Zündnadeljagdgewehren (f. d.) bekannt iſt. Seit Preußen ſeinen Bedarf an Infanterie⸗ gewehren in eigenen Staatsfabriken ſelbſt her⸗ ſtellt, betrachtet die Firma (N. von Dreyſe) die Herſtellung von Jagdgewehren, ſowohl des Zünd— nadel⸗ wie anderer Syſteme, als ihre Haupt⸗ aufgabe (Niederlage in Berlin). Daneben be⸗ ſteht ſeit 1870 eine Maſchinenfabrik und Eiſen⸗ gießerei, hauptſächlich für Eiſenbahnbedarf. Th. Drift und Drifterſcheinungen. Als Drift bezeichnet man die Wegführung feſter Geſteine und Sandmaſſen durch ſchwimmendes Eis. Die Gletſcher der arktiſchen Gebiete reichen bis ins Meer, ſchieben ſich in dieſem noch ein Stück vor, bis endlich der Auftrieb des Meer- waſſers ſo mächtig wirkt, daſs ein Bruch des Eiſes erfolgt und der abgebrochene Gletſcher— theil als Eisberg ſchwimmend weiter bewegt wird. Gleichzeitig führt ein ſolcher Eisberg oft große Maſſen von Geſteinen, Erde und ſonſti⸗ gen Mineralmaſſen mit ſich. Allmählich jchmilzt das Eis ab, die eingelagerten Beſtandtheile fallen ins Meer und erhöhen deſſen Boden. So gibt Nordenſkjöld an, daſs in den Gebieten öſtlich von Grönland ein Arbeiten mit dem Schleppnetz unmöglich wird, da der ganze Boden mit von Eis bewegten Geſteinsblöcken bedeckt iſt. Auch an den Küſten des Baltiſchen Meeres hat man gelegentlich Steinblöcke beob- achtet, welche durch ſchwimmende Eisſchollen von den nördlicheren Gegenden übergeführt ſind. Eine große Bedeutung gewannen die Drift⸗ erſcheinungen, als, namentlich nach dem Vor⸗ gange von Lyell, alle nordiſchen Diluvialabla⸗ Zum Artikel Ding Enevklopädie der Forst u. Jagdwissenschaften Drilling von J F Sauer & Sohn in Suhl Bei Figur J ist da W Y 1 7 1 5 Kuge! rohr, bei Figur II das rechte Schrot! r abo Verlag von MORITZ PERLES, Wien und I wipzig u‘ 4 — 5 — 6 * * * — » 2 zer... 3 5 * Sa = 5 ur RG >= * ER * an 3 wre Drilling. gerungen als durch Drift herbeigeführt be— trachtet wurden. Alle die erratiſchen Blöcke, die Sand⸗ und Mergelmaſſen, welche Mittel- und Nordeuropa zum großen Theil bedecken, und die zweifellos von Eis bewegt ſind, wurden der Drift in der Diluvialzeit zugerechnet und ſind vielfach in übertragener Weiſe einfach als „Drift“ bezeichnet worden. Rn. Drilling oder Dreiläufer (hiezu eine Tafel) iſt ein Gewehr, welches die der Büchsflinte zugrunde liegende Idee durch die Zufügung eines dritten Laufes weiter ausgebildet hat und daher den Jäger in noch höherem Maße zur Jagd auf alle Arten von Wild befähigt. Für die meiſten Fälle wird ein Drilling — je nach den jagd— lichen Verhältniſſen eine Doppelflinte mit zu— gefügtem gezogenen Lauf oder (ſeltener) eine Doppelbüchſe mit zugefügtem Flintenlauf — den Jäger von der Nothwendigkeit entbinden, je nach der Art der Jagd verſchiedene Gewehre (oder Unlegeläufe) zu führen und ihm dadurch den vollen Vortheil der Gewöhnung an ſtets unveränderte Verhältniſſe (Anſchlag) gewähren. Selbſt in Gegenden mit dem ausgeſprochenſten Charakter der niederen Jagd wird dem Jäger zuweilen das Bedürfnis nach einem Kugelſchuſs entgegentreten, ohne daſs dasſelbe im allge— meinen groß genug wäre, die Mitführung einer beſonderen Büchſe zu rechtfertigen; die Büchs— flinte entſpricht zwar dieſem Bedürfnis, es fehlt ihr aber die für die intenſive Niederjagd nöthige Möglichkeit zweier unmittelbar hinter nander abzugebender Schrotſchüſſe. Ahnlich wird, wenn auch ſeltener, der Hochgebirgs- ꝛc. Jäger zu— weilen in den Fall kommen, einen Schrotſchuſs für wünſchenswert zu halten, ohne dass er dieſem zuliebe auf die Mitführung des dop— pelten Kugelſchuſſes verzichten möchte. Der Mög— lichkeit gegenüber, ſelbſt für dieſe ſeltenen Fälle gerüſtet und für etwaige Nothlagen (Wilddiebe, gefährliches Wild) mit ſtets drei Schüſſen ver— ſehen zu ſein, dürfte der Nachtheil des etwas größeren Gewichtes (Caliber 16 ca. 3½, Ca— liber 12 ca. 3¼ kg, 2 Büchsläufe mit I Schrot- lauf wohl noch etwas ſchwerer) nicht in Betracht kommen. Für die Birſchjagd erſcheint der Dril— ling beſonders geeignet, während bei Treib— jagden mit ſchnellem und ſtarkem Feuern die Erhitzung der Läufe beim Drilling leichter zu mangelhafter Treffſicherheit führen kann. Die Verſuche, drei Läufe mit einander zu einem Gewehr zu verbinden, datieren ſchon aus älterer Zeit, die Ausführung ſcheiterte indes an der mangelnden Technik; die älteren Dreiläufer, welche zum Theil für jeden Lauf ein Schloss aufwieſen, waren unbehilflich und von mangel— hafter Treffähigkeit. Bei den modernen Dril— lingen ſind im Intereſſe einfacherer Handhabung durchgehends nur zwei Schlöſſer (und zwei Ab— züge) vorhanden; die Sorgfalt des Conſtruec— teurs (Büchſenmachers) hat daher nicht nur die vollkommene Übereinſtimmung der Schußslei— ſtungen (Zuſammenfallen der Trefferbilder) aller drei Läufe anzuſtreben, ſondern auch die mög— lichſt zweckmäßige Art und Weiſe ausfindig zu machen, wie ein Schloss (meiſt das rechte) für zwei Läufe dienſtbar gemacht (umgeſchaltet) werden kann. 31 „Die Verbindung der Läufe geſchieht heute meiſt derart, dajs der dritte Lauf ſich unter den beiden anderen nebeneinanderliegenden be— findet; die breite Schiene erleichtert alsdann, wie bei der Doppelflinte oder Büchsflinte, das Abſehen; für das unten liegende Kugelrohr befindet ſich die Viſierlinie bei dieſer Einrich- tung zwar ziemlich hoch über demſelben, dies ſchadet indes (entgegen einer vielfach verbrei— teten Anſicht) ſelbſt bei etwaigem Kanten (Ver⸗ drehen) des Gewehres nicht. Biüchſenrohr über der Doppelflinte findet ſich ſelten; andere Zuſammenſtellungen verbieten ſich aus naheliegenden Zweckmäßigkeitsgründen. Über die Schwierigkeiten der Erzielung guter Schuſsleiſtungen bei verbundenen Rohren ſiehe Doppelgewehr. Die Vorrichtung, mittelſt welcher (faſt immer) der rechte Hahn je nach dem Willen des Schützen den rechten oberen oder den un— teren Lauf zum Feuern bringt, iſt in ſehr ver— ſchiedener Weiſe conſtruiert. Ein beweglicher Hahnkopf, welcher auf einen der beiden Schlag— ſtifte eingeſtellt und durch eine kleine Feder feſt— gehalten wird, läſst eine Veränderung der Zündung, d. h. einen raſchen Übergang vom Kugel- zum Schrotſchuſs oder umgekehrt beim Gewehr im Anſchlage wohl ebenſowenig zu, als ein verſtellbarer Kopf des einen Schlag— ſtiftes, welcher vor den niedergehenden rechten Hahn geſchoben, bezw. aus deſſen Bereich her— ausgerückt werden kann. Beiden Vorrichtungen wird wegen der geringen Dimenſionen des Hahn⸗, bezw. Schlagſtiftkopfes leicht der Vor— wurf geringer Haltbarkeit gemacht. Der von P. Oberhammer in München angewendete excentriſche (obere) Schlagſtift (Fig. 253) genügt der oben erwähnten Forde— rung (ſchneller Übergang von der einen zur anderen Schuſsart) beſſer. Wenn der an dem Schlagſtift (b) angebrachte Hebel (a) nach oben umgelegt wird, jo rückt er den excentriſch ſich drehenden Stift b aus dem Bereich des nieder— ſchlagenden Hahnes nach oben heraus, jo daſs letzterer den unterhalb angebrachten Schlag ſtift e für das Kugelrohr treffen kann (Stellung in Fig. 1 und 3); wird der Hebel dagegen nach unten umgelegt, ſo dreht ſich der obere Schlagſtift jo über und vor den unteren, dajs nur erſterer vom niederſchlagenden Hahn ge troffen werden kann (Stellung in Fig. 2). Der Hebel iſt in ſeiner aufrecht ſtehenden Stellung (Fig. 1 und 3) einigermaßen exponiert und mag zu unbeabſichtigten Anderungen der Zün dung Veronlaſſung geben können; auch iſt die Stellung des unteren Schlagſtiftes ſteiler, als für ſichere Zündung vortheilhaft. J. P. Sauer & Sohn in Suhl vermeiden dieſe Steilheit der Stellung dadurch, daſs fie die Zündung des unteren Schlagſtiſtes nicht dem Kopf, ſondern der tiefer ſitzenden Bruſt des Hahnes übertragen, an welcher eine beſondere Schlag fläche b angebracht iſt (vgl. die Tafel). Wird mit telſt eines auf dem Kolbenhalſe in Geſtalt des Toplever (Scottverſchluſshebel) liegenden Um ſchaltehebels h ein im Innern des Schloſskaſtens liegender federnder Schieber, die ſog. Umſcha! tung u, von innen nach außen vor den Schlag 5 K. 1 — ſtift des Kugelrohrs geſchoben und letzterer da— durch nach rückwärts verlängert, ſo trifft der niederſchlagende Hahn mit ſeiner Bruſt b auf dieſen Schieber und drückt dieſen mitſammt dem unteren Schlagſtift vor, ohne dajs der Hahnkopf k zugleich den oberen Schlagſtift er⸗ reichen könnte (ſ. Tafel); wird durch die ent⸗ gegengeſetzte Bewegung des Umſchaltehebels (nach 35 Drillingswender. Da infolge des hinzugekommenen dritten Rohres die beiden oberen Rohre etwas höher über dem Verſchluſsgelenk liegen und hiedurch der auf Offnung hinarbeitende Hebelarm des Rückſtoßes vergrößert wird, jo muſs der Ver⸗ ſchluſs bei allen Drillingen beſonders ſtark gearbeitet ſein und beſondere Einrichtungen zum Auffangen jenes Stoßes beſitzen. Das rechte Fig. 253. Drilling von P. Oberhammer in München. rechts) der federnde Schieber wieder ins Innere des Schloſskaſtens hineingezogen, ſo ſchlägt der Hahn, an ſeiner Bruſt nicht mehr durch den Schieber aufgehalten, mit ſeinem Kopf bis auf den oberen Schlagſtift und treibt dieſen vor, ohne jedoch mit feiner Bruſt den unteren Schlag- ſtift erreichen zu können. Dieſe Umſchaltevor⸗ richtung empfiehlt ſich durch die Leichtigkeit der Bedienung lim Anſchlage durch den Zeigefinger der rechten Hand) und' durch die ſichere Lage des Umſchaltehebels zwiſchen den Hähnen. Schloſs hat meiſt einen Stecher; das Viſier (für das Kugelrohr) liegt wie bei der Büchs⸗ flinte in der oberen Schiene verſenkt und iſt zum Aufklappen eingerichtet. Caliber und ſon⸗ ſtige Einrichtung der Rohre ſind nach dem Ge—⸗ ſchmack des Beſtellers verſchieden. Th. Drillingswender, der — Dreher oder Wender mit drei Läufen. „Ich fand in einer Gewehrſammlung — wo, das iſt mir nicht mehr erinnerlich — ſogar einen Drillingswender, der aber ſo ſchwer war, daſs Simſon nur ihn Dromatherium. — Droſſeln. 53 würde haben führen können. Doch war es ein ſchönes Kabinetsſtück.“ Winkell, Ed. II, 1820, III., p. 488. E. v. D. Dromatherium Emmons, ausgeſtorbenes Beutelthier aus der Trias. Kur. Dromius Bonelli, Gattung der Familie Carabidae, kleine flache Laufkäferchen von durch ſchnittlich 3—6 mm Länge; darunter mehrere Arten unter Baumrinde lebend. Dr. nigriven- tris Thoms.; — Dr. marginellus Fab. — Dr. agilis Fbr.; — Dr. quadrimaculatus Lin.; — Dr. quadrinotatus Pz. (ſ. Carabidae). Hſchl. Drosera L., Sonnenthau. Hauptgattung der nach ihr benannten Familie der Drosera— veae, deren ſämmtliche Arten zu den ſog. „fleiſchfreſſenden“ Pflanzen gehören. Die bei uns vorkommenden Arten ſind kleine, zarte Kräuter mit bloß grundſtändigen, büſchel— oder roſettenförmig angeordneten, langgeſtielten, bleichgrünen Blättern, deren Spreite ringsherum und auch auf ihren oberen Flächen mit beweg— lichen, langgeſtielten Drüſen von purpurrother Farbe (Tentakeln zum Ergreifen kleiner In- ſecten) beſetzt iſt. Blüten klein, weiß, in lockeren Ahren an der Spitze des blattloſen, aus der Mitte der Blattroſette hervorbrechenden Stengels. Junge Blätter und Blütenähren uhrfederartig zuſammengerollt. — In Polſtern von Waſſer— mooſen (Sphagnum), auf Holzmooren und an mooſigen Sumpfſtellen und Wieſen in und außerhalb des Waldes, in den Ebenen und im Gebirge. Blüht von Juni bis Auguſt. Häufigſte Art: der rundblättrige Sonnenthau, D. ro- tundifolia L. mit kreisrunder Blattſpreite. Wm. Droſometer, ſ. Thau. Gßn. Droſſel, die. I. Name eines Vogels, bezw. einer Familie der Ordnung Sänger, Cantores. Das Wort iſt uralt, doch läſst ſich nicht beſtimmen, welche Art oder Arten mit demſelben bezeichnet wurden; ahd. drosca, droscela; mhd. droschel, trostel; angelſächſ. dhrostle; änhd. drussel, trussel, troschel, trostel; ma. öjterr. draschel, bayr. Aroschel; ſchweiz. drostla; das Wort iſt ſtamm— und ſinnverwandt, bezw. abgeleitet von Droſ— ſel, ahd. droza, mhd. drozze = Schlund, Kehle, von driezen, lat. trudere — treiben, drängen, drücken, bezieht ſich alſo auf den Geſang des Vogels. Hienach zu urtheilen, dürfte der Name zuerſt der Singdroſſel, Turdus musicus, bei— gelegt worden ſein. — „Turdela. troscila.“ Weißenauer Gloſſ. a. d. X. Jahrh. — „Turdela. droscela. troschella.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. Hs. no. 269 d. Stiftes Admont. — „Turdela. Aroskl.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 901. — „Turdela quasi minor turdus. drossele.“ w. v. no. 2400. — „Turdela. - droschl.* w.v.no.896. — „Turdela. dro- schila.“ Gloſſ. a. d. XIII. Jahrh. d. Wallerft. Bibliothek. — „drosche!.“ Trojanerkrieg, v. 10.003. — „trostel, droschel.* Oswald v. Wolkenſtein, hrsg. v. Weber, 41, 6. — Heinzelin v. Conſtanz, hrsg. v. Pfeifer, 26, 624. — Hein— rich v. Neuenſtadt, Apollonius v. Tyrland, v. 4257. — „Turdus. draschel.“ Gloſſ. a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 1325. — „Tordela. drossyl.“ w. v. no. 4335. — „Arussel.“ P. d. Crescentiis, Straßburg 1493, IX., 93, X., 4. — Waidwergk, s. 1. e. a., c. 4. — „drossel.“ Eb. Tapp, Weidwerk vnd Federſpil, 1542, c. 16. — „Turdela. trostel. troschel.* Ryff, Thierbuch, 1544. — „dros- se ].“ Ch. Eſtienne, überſ. v. M. Sebiz, Straß⸗ burg 1580, fol. 722. — „Droſſel, Troſſel, Troſtel.“ Onomat. forest. I., p. 500, u. ſ. w. II. — Schlund, Kehle, Luftröhre der Hirjch- arten; urſprünglich der allgemeinen Sprache angehörig, iſt das Wort heute nur mehr in der Weidmannsſprache erhalten; in erſterer reflec- tiert es nur mehr in erdroſſeln — die Kehle zuſchnüren. „Droſſel wird des Hirſches Schlund benennt.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 95. — Onomat. forest. I., p. 503. — „Droſſel wird die Luftröhre beym Wilde genannt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 95. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 484, VI., p. 202. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 35%. — R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 8. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, p. 136 (vom Reh). — Frz. la gorge, le gosier. III. — Droſſelknopf. „Die dicken Knoten (beim Hirſch), wo hinten die Zunge an dem Schlunde und der Gurgel iſt, nennet man die Droſſel.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 17. — Winkell, I., p. 146. Graff, Ahd. Sprſch. V., p. 250, 265. — Benecke und Müller, Mhd. Wb. I., p. 398 a, 339 b. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 468, 469. — Grimm, D. Wb. II., p. 1435. — Sanders, Wb. I., p. 320 c. — Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 415, 416. — Höfer, Etym. Wb. d. öſterr. Monarchie I., p. 164. E. v. D. Droſſel, ſ. Alnus. Wm. Droffefknopf, der — Droſſel III., der Knoten, an welchem Schlund und Luftröhre zuſammenhängen, bei allen Hirſcharten. Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 96. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 490. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 354. — R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 8. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 136 (vom Reh). — Sanders, Wb. I., p. 959 c. E. v. D. Droſſeln (Turdi) nennt man eine Gattung von Vögeln, deren Typus unſere Singdroſſel iſt. Zahlreich an Arten und Individuen, ſind ſie über die ganze Erde verbreitet, bis in den hohen Norden und tiefen Süden, auch dort noch zahl reich, wo außer ihnen nur noch wenige andere Arten von Landvögeln brüten. In ihrer großen Mehrzahl haben die Droſſelu einen etwas geſtreckten Schnabel, der an der Wurzel gerade, gegen die Spitze abwärts gebogen und daſelbſt ſchwach zuſammen— gedrückt iſt, mit ſcharfer Schneide und zwiſchen Auge und Naſenloch ſcharfen Borſten. Der mittelſtarke Fuß iſt getäfelt, nur zur Wurzel wohl mit 1—2 kleinen Schilden verſehen. Die Außenzehe iſt mit der Mittelzehe verwachſen. Die Hinterzehe iſt groß; alle Zehen haben ſtarke, flach gebogene Nägel. g Der Flügel beſteht aus 19 Schwungfedern, von denen die erſte ſehr klein, die zweite ge— wöhnlich länger als die fünfte, bei einigen Arten jedoch kürzer iſt. Gewöhnlich iſt die dritte allein oder mit der vierten die längſte. 54 Droſſeln. Der zwölffederige Schwanz iſt ziem⸗ lich en oder abgerundet, etwas ausge- ſchnitten und bei manchen Arten die Außenfeder etwas verkürzt. (Nur einige Arten der Gruppe der mond— fleckigen Droſſeln [Oreoeinela] weichen darin ab, daſs ſie 14 Steuerfedern und auch auf— fallend ſtarke gebogene Schnäbel haben.) Die große Mehrzahl verläſst ihre Sommer- aufenthaltsplätze bei Eintritt der rauheren Jahreszeit, um für dieſelbe mildere Klimate aufzuſuchen, und kehrt im Frühjahr dahin zurück. Bei Gelegenheit dieſer Wanderungen ſammeln ſich ſo große Schwärme, wie ſie nur bei wenigen anderen europäiſchen Landvögeln vorkommen, wenn auch dieſe Züge gewöhnlich im lockeren Verbande wandern. Es liegt nun wohl nahe, daſs dieſe Wan— derungen in verſchiedenen Jahren ſich mehr oder weniger weit ausdehnen, und dajs einzelne Vorläufer die Linie weit überſchreiten, welche die Mehrzahl einhält, auch dajs die ſüdlich und weſtlich erſcheinenden Wanderer nicht alljährlich in gleicher Zahl beobachtet werden können, theils weil in gelinden Wintern manche früher zurückbleiben als die Mehrzahl, theils weil der Zug je nach der Witterung mehr oder weniger bemerkt wird. In gewöhnlichen Jahren ziehen nämlich die Droſſeln vorzugsweiſe in der Abend- und Morgendämmerung, wo man ſie wohl hören, aber nicht ſehen kann, bei lange anhaltender unfreundlicher Witterung, welche den Zug mehr oder weniger unterbricht, wächst der Wander— trieb und das Verlangen, die Heimat zu er— reichen. Kommt dann ein ſtiller ſchöner Tag, ſo ziehen die Droſſeln wie viele andere Vögel auch maſſenweiſe bei Tage, gewöhnlich aber im lockeren Verbande. In jeder Gegend iſt gewöhnlich nur ein ſo ſtarker Zugtag je in einer Jahreszeit. Derſelbe iſt jedoch ein allgemeiner. Gewöhnlich von Süd— weſt nach Nordoſt (im Frühjahre), aber in weiter Linie, ſo daſs die Wandervögel überall — ſo weit dieſe Linie reicht — in ganz ähnlicher Weiſe beobachtet werden, im Winkel dieſer Zug— richtung jedoch nach Südweſt früher, nach Nord— oſt ſpäter erſcheinen, wenn nicht der Umſchlag der Witterung jo gleichmäßig tft, daſs in weiten Strecken auch in dieſer Richtung der Zug gleich— zeitig erſcheint. Solche große gleichmäßige Züge kom— men jedoch nur im ebenen Lande vor. Ge— birge beeinfluſſen die Zugrichtung und veran— laſſen die Vögel, mehr oder weniger ihre Rich— tung durch einzelne Päſſe zu nehmen. Oft zieht auch nicht eine Art allein, ſondern mehrere durch- und miteinander. Im Herbſte leben ſie weſentlich von Beeren, im Frühjahr von Inſecten und ihren Larven. Wohl alle ſind fleißige, viele hervorragend ſchöne Sänger. Wald und Buſch iſt ihnen Bedürfnis, wenn auch — wie im hohen Norden — dieſelben durch die Einflüſſe des Klimas verkümmert ſind. Ihre Neſter ſind ſehr ſtark und feſt gebaut, in der Mittellage mit Erde oder zuſammenge— kittetem faulen Holze befeſtigt, jo daſs die— ſelben — auch ohne beſonders wärmende Ein— lage — der Brut hinlänglichen Schutz gegen die oft recht winterliche Witterung gewähren. Die Droſſeln der alten Welt und die Mehr⸗ zahl jener aus der neuen Welt ſind Vögel mittlerer Größe, gewöhnlich etwas ſtärker als die Sing- droſſel. In Nordamerika lebt jedoch eine Gruppe einer Droſſeln — etwa von Lerchengröße — welche in Form und Färbung der Singdroſſel ſehr ähnlich ſind, und die wir Zwergdroſſeln nennen. Die Amſeln, welche ſich weſentlich durch ihre verſtecktere Lebensart und die tief dunkle Färbung unterſcheiden, bleiben hier von den Droſſeln ausgeſchloſſen. Bei der großen Ahnlichkeit der Droſſeln in Form und Größe ſind manche Arten ſchwer zu unterſcheiden, beſonders eine Gruppe ſibiriſcher Arten, bei welcher zwar die alten Vögel, beſon⸗ ders die alten Männchen in der Regel kenntlich genug ſind, jüngere Vögel jedoch und einzelne alte leicht verwechſelt werden können, was denn auch ſehr oft geſchehen iſt. Es war dies um ſo erklärlicher, als dieſe Arten in unſeren Samm⸗ lungen vor gar nicht langer Zeit recht ſelten waren und erſt die letzten Jahrzehnte ein aus⸗ reichendes Material gebracht haben. Die Beſtimmung der einzelnen in Mittel⸗ europa erbeuteten ſibiriſchen Droſſeln iſt daher vielfach unrichtig. Seit langer Zeit bin ich bemüht geweſen, nicht allein die eigene Sammlung zweckmäßig. zu vermehren, jondern auch andere Sammlun⸗ gen und Sendungen zu durchmuſtern. Dazu dienten beſonders die reichen Sendungen von Prof. Dr. Dybowski, von Tanerés Sammlern und die bedeutenden Sendungen der Söhne des Herrn Dörries. Die vortrefflichen Samm— lungen des Herrn Taners in Anclam und des zoologiſchen Muſeums zu Berlin wurden genau durchmuſtert. So viel es mir möglich war, habe ich ein— zelne in Deutſchland gefangene Stücke unter- ſucht, um die Art feſtzuſtellen, doch bin ich weit entfernt zu glauben oder zu behaupten, dais ich vermöchte, alle in den verſchiedenſten Samm= lungen verſtreuten Exemplare nach den vorhan⸗ denen Beſchreibungen zu beſtimmen. Indeſſen glaube ich, daſs es möglich wurde, manche Irr⸗ thümer zu beſeitigen und künftige Beſtimmungen auch dem weniger Kundigen zu erleichtern. Die Angaben über das Vorkommen einzelner Arten ſind nach möglichſt zuverläſſigen Mittheilungen, die Beſchreibungen nach der Natur. Die Zahl der in Europa niſtenden echten Droſſeln beträgt nur 4, die uns aus anderen Welt- theilen auf dem Zuge recht ſparſam beſuchenden großen Droſſeln 8—9, von denen das Vorkom⸗ men der einen jedoch noch zweifelhaft iſt; dazu kommen 2 kleine echte Droſſeln, jo daſs in Eu ropa bisher 14, vielleicht 15 echte Droſſeln be⸗ obachtet ſind. Wir gruppieren dieſelben weſent⸗ lich nach der Färbung der Unterſeite der Flügel: A. Große Droſſeln. Mindeſtens von Singdroſſelgröße; nur eine europäiſche Art, die Weindroſſel, ein wenig kleiner. * Droſſeln. 55 I. Gebänderte Droſſeln. Die Unter- ſeite der Flügel iſt auf weißer Grund— färbung mit breiter, dunkler Querbinde gezeichnet. In Europa nur zwei aſia⸗ tiſche Arten, die bunte Droſſel, Turdus varius Pall., und die ſibiriſche Droſſel, Turdus sibiricus Pall. 1. Die bunte Droſſel. Turdus varius, Pall., Zoogr. Rosso-As. L, p. 449 (1811). — Turdus aureus, Hollander, Annuaire de Verronais, 1825, p. 310. — Turdus Whitei, Eyton, Rarer Brit. Birds, p. 92 (1836). Oreoeinela varia (Pall.), Gould. Proc. Zool. Soe., 1837, p. 136. Oreocincla Whitei, Gould, ut supra. Oreoeinela aurea, Bp. Cat. Uec. Eur., p. 34 (1842). Turdus varius, E. F. v. Homeyer, Rhea, 1849. p. 144. Turdus Whitei (Eyton), Naumann, XIII., p. 262 (partim). Oreoeincla Hancii, Swinhoe, Ibis 1863, p. 275. Dresser, Birds of Eur. II., p. 77. Turdus dauma, von Pelzeln, Verh. d. k. k. zool.⸗bot. Geſellſchaft, Wien 1871, p. 703. (Nach brieflicher Mitthei— lung des Autors.) Bunte japaneſiſche Droſſel, bunte aſiatiſche Droſſel, große mondfleckige Droſſel, Golddroſſel, bunte Golddroſſel. Frz.: Oreocincle doré; ital.: Tordo asquame, Tordo dorato; böhm.: Drozd menary; poln.: Drozd pstry; kroat.: Sareni drozd. Naumann, T. 354. — Dreſſer, T. 10. Bei den Schriftſtellern herrſcht nicht die zu wünſchende Klarheit, ſelbſt Naumann in ſeinen Nachträgen verwechſelt T. varius und Whitei, denn ſonſt wäre derſelbe nicht zu dem Aus— ſpruche gekommen, daſs die Zahl der Steuer— federn und das Verhältnis der Schwungfedern einem weſentlichen Wechſel unterworfen ſei, da doch bei allen ſibiriſchen und allen bisher in Europa gefundenen Vögeln hierin eine große Übereinſtimmung herrſcht. Die Abbildung von Dreſſer (J. c.) iſt keines- falls ein alter Vogel von Turdus varius, aber auch für einen jungen Vogel dieſer Art iſt die Färbung bedenklich, da ſie keine Spur von Goldfarbe zeigt, die auch jüngere Vögel haben; indeſſen zeigt die Beſchreibung, die Zahl der Steuerfedern und das Verhältnis der Schwung— federn die echte Turdus varius. Dreſſer gibt dem Bilde die Bezeichnung Turdus Whitei, und da mujs ich bekennen, daſs dasſelbe mit einem Stück meiner Sammlung ſehr übereinſtimmt. Es ſcheint mir nämlich keineswegs ſicher, daſss Turdus Whitei und Turdus dauma identiſch ſind, und mache ich darauf aufmerkſam, damit diejenigen, welche Gelegenheit haben, eine größere Zahl zu vergleichen, den Blick darauf richten. Die bunte Droſſel iſt noch etwas größer als die Miſteldroſſel. Die Maße ſind folgende: die ganze Länge iſt bei einem alten Männchen, im zeitigen Frühling am Baikal erlegt, 30˙3 em, die Breite 30˙8 em, der Schwanz überragt die Flügel um 47 em. Die anderen Maße betragen nach fünf ſibiriſchen Exemplaren: Flügelſpitze 15°7—17 em, Fußwurzel 34—3'6 cm, Schwanz 9—10˙3 em, Schnabel vom Mundwinkel 3˙2 bis 37 em. Der Flügelbau weicht von dem ihrer Verwandten, auch denen der Gattung Oreoeincla weſentlich ab. Die erſte, verkümmerte Schwung- feder iſt weſentlich kürzer als die Handfedern, erreicht gewöhnlich nur die Spitze des hellen Fleckes auf denſelben, die zweite iſt weſentlich länger als die fünfte, die dritte allein oder mit der vierten die längſte. Der vierzehnfederige Schwanz iſt ab— gerundet und etwas ausgeſchnitten. Schnabel und Füße ſind ſtärker wie bei den echten Walddroſſeln. Erſterer iſt hellbraun, letztere ſind licht röthlichbraun, die Iris nuſs⸗ braun. Die alte bunte Droſſel iſt trotz ihres ein⸗ fachen Farbenkleides ein ſehr ſchöner Vogel. Die ganze Oberſeite deckt eine olivenbräunliche Gold— bronze, welche am Unterrücken und an der Mitte der Kopffedern in reine Goldbronze übergeht. Die Kopffedern ſind ringsum mit tiefem Sammt⸗ ſchwarz eingefajst, das übrige Gefieder iſt an der Spitze jeder Feder mit breitem halbmond— förmigen ſchwarzen Saume bekleidet. Die Flügel ſind graulich olivenbraun, an den Hin- teren Schwingen mit leichtem goldigen Schein, an den Spitzen der großen Deckfedern und an der Wurzelhälfte der Saumfedern goldbronze. Der Außenſaum der Schwungfedern erſter Ord— nung und die Spitzen und Endſäume derer zweiter Ordnung goldbronze. Der Schwanz, welcher aus 14 Federn be— ſteht, iſt in ſeinem mittleren Theile ſchwarz, an den Seiten und den beiden Mittelfedern oliven— bräunlich, aſchgrau, welches an der nächſten Feder mehr oder weniger in Schwarz verdunkelt wird. Die Federn haben weiße Spitzen, welche ſich auf den beiden äußeren zu größeren Keil— flecken ausdehnen. Die Grundfarbe der Unterſeite iſt weiß, am Halſe und auf der Bruſt leicht mit Gelb überflogen. An den Halsſeiten und an der Ohr— gegend hat jede Feder eine kleine tiefſchwarze Spitze, die ſich vom unteren Kieferaſte zur Bruſt und vom Mundwinkel unter der Ohrgegend zu einem Streifen geſtalten, welch erſterer Kehle und Vorderhals umfasst. Bruſt- und Seitenfedern haben große, tiefſchwarze halbmondförmige Spitzenbinden; Bauch und untere Schwanzdecken ſind rein weiß. Die kürzeſten und die längſten unteren Deck— federn der Flügel ſind rein weiß, die mittleren bilden ein breites rein ſchwarzes Band; der Saum des Flügels iſt weiß. Die untere Seite der Schwungfedern iſt lichtgrau, nur von der vierten ab iſt die Wurzelhälfte der Innenfahne matt röthlich weiß, einen Längsſtreifen bildend. Der jüngere Vogel hat weſentlich mattere Farben. Die Oberſeite iſt olivengrün, nur am Unterrücken, auf dem Kopfe und an den kleinen Flügeldeckfedern, in der Mitte der Federn mit mattem Goldſchein. Die Zeichnung auf den Schwungfedern gelblichweiß, olivenbraun. An der Unterſeite zieht ſich die Schwarze Spitzen bänderung mehr nach dem Bauche hin fort. Das Vaterland dieſer ſchönen Art iſt das nordöſtliche Aſien, von wo ſie im Winter nach China wandert. Wie weit ſie in Mehrzahl ſich nach Weſten und Norden ausbreitet, iſt noch nicht feſtgeſtellt, doch fand ſie Middendorff nicht 56 Droſſeln. auf ſeiner nördlichen Reiſe. In Japan und Formoſa iſt ſie gefunden, und in der Gegend des Baikal lebt ſie noch regelmäßig, indeſſen fanden Tancrés Sammler bei ihrem mehr- jährigen Aufenthalte am Altai ſie zu keiner Jahreszeit. So viel bekannt, liebt die bunte Droſſel dicht bebuſchte Berge, iſt ſcheu und vor— ſichtig und daher ſchwer zu ſchießen, weshalb ſie auch ſeltener erſcheint, als ſie iſt. In Mitteleuropa iſt ſie mehrfach beob— achtet, wohl weſentlich um deswillen, weil ihre bedeutende Größe und auffallende Färbung ſie auch dem Laien auffällig macht. Es liegen folgende zuverläſſige Angaben vor: Schweden. Jemtland 1837 im Reichs- muſeum in Stockholm. (Ein Exemplar im Mu- ſeum zu Lund, welches angeblich bei Fyen ge— fangen ſein ſoll, iſt aus Händlerquelle und ge— hört nicht zu dieſer Art.) Großbritannien. 24. Januar 1828, Heron Court bei Lord Malmesbury, beſchrieben von Eyton unter Turdus Whitei; December 1842, Bandon, Mr. Spraine; 26. Januar 1859 (Ibis 1859, p. 379). Ein Stück Ballymahon, Irland; eines Heſterkombe bei Taunton, Ja— nuar 1870; eines Langsford, 6. Januar 1871; eines Hickland, Norfolk, 10. October 1871, und eines Caſtle-Wen Dene, Durham, 17. Januar 1872. Verſchiedene ſind geſehen und ſicher er— kannt, ſo daſs man für Großbritannien 16 Stück dieſer Art berechnet. Belgien. Dubois berichtet über das Vor— kommen von zwei Stück. October 1842 und October 1856. Frankreich. Im Muſeum von Marſeille befindet ſich ein ſchlechtes Exemplar, welches im October 1840 unfern der Stadt erbeutet wurde. Italien. Collection Turati, Markt von Genua. Ein zweites Stück befindet ſich im Museo civico, aus der Gegend. Oſterreich. Althammer berichtet über ein im Jahre 1861 in Tirol erbeutetes Stück. In der Sammlung des Fürſten Khevenhüller-Metſch zu Ladendorff ein Stück, welches derſelbe im Fleiſche vom Wiener Wildbretmarkte erhielt. Das Wiener Muſeum erhielt durch Parreyß ein Stück, angeblich vom Wiener Markte. Deutſchland. Von Hamburg wurden vor etwa 40 Jahren verſchiedene bunte Droſſeln verſendet, welche angeblich auf Helgoland er— beutet ſein ſollten. Dieſe Herkunft iſt jedoch ſehr zu bezweifeln, umſomehr als — ſo weit ich ſie unterſuchen konnte — dieſelben nicht zu Turdus varius, ſondern zu einer indiſchen Art, Turdus Whitei oder dauma gehören, und alle ſicher auf Helgoland gefundenen bunten Droſſeln (Oreoeincla) echte varius find. Auch meine Sammlung bewahrt noch ein ſolches Stück, was ich für untergeſchoben halten mujs, obgleich ich die Schuld nicht demjenigen beimeſſen kann, von dem ich den Vogel erhielt. Gaethke erhielt friſch im Fleiſch: 4. De- tober 1864, 23. April 1869 ein Männchen, 16. October 1869 ein Weibchen, und ſah am 1. October 1869 und 18. September 1875 noch je ein Stück. — Das akademiſche Muſeum zu Eberswalde erhielt einen ſchönen, am 26. No- vember 1874 in Flammersheim, Negierungs- bezirk Cöln erbeuteten Vogel; das Königsberger Muſeum beſitzt ein 1842 bei Elbing erbeutetes Stück. In derſelben Gegend wurde, wie berichtet wird, ſpäter noch eines erlegt, jedoch nur ein Flügel aufbewahrt. In Straßburg im Elſaſs befand ſich ein im Jahre 1788 im Walde bei Rezonville ge— fangenes Exemplar, welches Hollander unter Turdus aureus beſchrieben hat. Die Fortpflanzungsgeſchichte dieſer Art iſt noch ſehr unſicher. Dreſſer erwähnt eines Neſtes auf einer Kiefer, welches dem der chineſiſchen Schwarzdroſſel ähnlich gebaut, drei Eier ent- hielt, welche weißlich und mit kleinen röthlichen Flecken gezeichnet waren. Derſelbe vergleicht die Färbung mit derjenigen der Miſteldroſſel. Be- kanntlich ſind jedoch auch die Eier der Miſtel— droſſel nicht unerheblich verſchieden gezeichnet. Zweifelhaft iſt bisher überhaupt noch das Vor— kommen der Art als Brutvogel in China, woher das Neſt ſtammt. 2. Die ſibiriſche Droſſel. Turdus sibiricus, Pall., Reiſe III., App., p. 694 (1776); Turdus aurereus, Pall., Zoogr. Rosso-Asiatica I., p. 448 (1814); Turdus leu- cocillus, Pall., I. c., p. 450; Turdus Bechsteini, Naum., Vögel Deutſchl. II., p. 310 (1882, par- tim); Turdus auroreus, Gloger, Isis 1828, sp. 1041; Turdus atrocyaneus, von Homeyer, Isis 1843, sp. 604: Cyeloselys sibiricus, Bp., Cat. Parzed., p. 5 (1856). Naumann, XIII., p. 348, T. 363; Dreſſer, 2 Schwarzblaue Droſſel, mondfleckige Droſſel, gelbliche Droſſel. Engl.: Siberian Thrush; ital.: Tordo di Siberia; ungar.: sziberiai Rigo; böhm.: Drozd sibiksky; poln.: Gajöwka lutniczka, Tyz; kroat.; Sibirski drozd. Die ſibiriſche Droſſel iſt von der Größe unſerer Singdroſſel. Die Maße ſind folgende: Sie iſt 24 em lang, der Schwanz 8˙5 em, Flügel 12˙3 em, Fußwurzel 3 em, Schnabel von der Stirn 2 em. Die Iris iſt umbrabraun, der Schnabel ſchwarz, die Füße ſind braunroth- ockergelb oder fleiſchbräunlich. Die Hauptfärbung des alten Männchens iſt ein ſchwarzbräunliches Schieferblau, welches an der Oberſeite einfarbig, auf der Unterſeite mit feinen weißlichen Schaftſtrichen gezeichnet iſt. Die Mitte der Unterſeite iſt von der Unter— bruſt ab rein weiß bis zu den Schwanzdecken. Dieſe ſind weiß und haben an jeder Seite der Feder einen großen länglichen Fleck von der Färbung des Rückens. Die Spitzen der beiden äußerſten Steuerfedern jederſeits haben breite, die dritten ſchmale weiße Spitzen. Über das Auge bis zum Hinterkopfe geht ein breiter rein weißer Streif. Die Unterſeite des Flügels iſt weiß, welche Farbe ſich in einen breiten Streif, der faſt bis zur Spitze des Flügels geht, verlängert. Quer über die Unterſeite des Flügels geht ein breiter Streif von der Färbung des Rückens. Droſſeln. 57 Ein Weibchen meiner Sammlung, welches am 25. September 1851 in der Gegend von Elbing gefangen wurde und gar keine Spur der Mauſer trägt, halte ich für alt, obgleich es von dem alten Weibchen, welches Naumann, T. 363, Fig. 4, abbildet, weſentlich abweicht. Den Naumann'ſchen Vogel halte ich für ein jüngeres Männchen, und den meinigen mufs ich auch um deswillen für alt halten, weil die Schwungfedern an den Spitzen eine abgerundete Form haben, was nicht allein bei den Droſſeln, ſondern auch bei vielen anderen Vögeln ein ſehr gutes Kennzeichen des Alters iſt. Immerhin iſt die Zahl der ſibiriſchen Droſſeln, welche ſich bisher in den Sammlungen befinden, ſo gering, und die Beſtimmungen über das Geſchlecht ſind auch nicht überall ſicher, ſo daſs eine endgiltige Entſcheidung noch einer ſpäteren Zeit vorbehalten bleiben muſßs. Das Weibchen meiner Sammlung hat folgende Zeichnung: Die Oberſeite iſt dunkel olivenbraun, auf den Flügeln mit leicht röth— lichem Schein und mattockerbraunen Flecken an den Spitzen der Deckfedern erſter und zweiter Ordnung, welche zwei wenig auffällige Binden bilden. Die drei äußerſten Steuerfedern haben weiße Spitzenflecken, von denen der an der dritten Feder ſehr klein iſt. Über das Auge geht ein ſchmaler gelblichweißer Streif, die Ohr— gegend iſt weiß, gelblich gemiſcht; vom Unter— kiefer ein Streifen von der Rückenfärbung ab— wärts. Die Federn der Kehle ſind gelblichweiß und wie die an den Halsſeiten mit ſehr kleinen, nach der Bruſt hin allmählich größer werdenden olivenbraunen Spitzen. Die Bauchmitte und die unteren Schwanzdeckfedern weiß, letzte mit dunkel olivenbraunen Flecken in der Mitte der Fahne; die Seiten von der Rückenfärbung. Unterhals und Bruſt haben ein eigenthüm— lich in Weiß und Dunkelolivenbraun geſchupptes Anſehen. Dieſe Zeichnung entſteht dadurch, dass ein mehr oder minder großer weißer Fleck ſich an der Mitte der Feder befindet und derſelbe auf der Unterbruſt und nach den Seiten zu ſehr vortritt, jedoch immer begrenzt durch ein olivenbraunes Spitzenband. Über die Oberbruft ſind dieſe weißen Flecken kleiner und bilden ein dunkles Querband mit kleinen gelbweißen Flecken. Die Unterſeite des Flügels iſt wie beim alten Männchen gezeichnet, nur daſs das Weiß einen bräunlichgelben Ton hat und der breite Querſtreif ſchwärzlich— olivenbraun iſt. Von der Lebensweiſe dieſer Art kennt man wenig, doch hat man dieſelbe vorzugsweiſe in bergigfeuchten Gegenden im dichten Waldgebüſche gefunden. Meſſerſchmid fand ſie an der Lena und am Jeniſei in den Gebirgen heimiſch. Im ſüd— lichen Sibirien wurde dieſelbe ſowohl von Pallas als von den neueren Reiſenden ſehr ſelten auf dem Zuge gefunden. Daſs ſie auch auf Japan brütet, iſt dadurch feſtgeſtellt, daſfs von dort Vögel im Jugendkleide eingeſendet wurden. Ihre regelmäßige Zugrichtung ſcheint gegen Südoſt zu ſein. Auf ihren Wanderungen beſucht ſie dann China, Formoſa, ja ſie geht bis Ce— lebes und Java. Merkwürdig erſcheint es daher, daſs ſie auf ihren Zügen auch Mitteleuropa | beſucht, namentlich iſt ſie mehrfach in Deutſch— land gefangen worden. Lange Zeit kamen in- deſſen nur junge Vögel vor, und dieſelben wurden fortwährend mit anderen Arten ver— wechſelt. Im Jahre 1842 erhielt ich indeſſen ein prachtvolles altes Männchen, welches am 1. October desſelben Jahres auf Stubbenkamer im Nordoſten der Inſel Rügen in den Dohnen gefangen wurde. Bei der erſten ornithologiſchen Verſammlung zu Cöthen im Jahre 1843 zeigte ich den Anweſenden dieſen prächtigen Vogel vor, und Naumann beſchreibt denſelben in ſeinen Nachträgen und gibt auf T. 363 ſchöne Bilder der Art. Immerhin dauerte es noch einige Jahre, bis man die jungen Vögel, die damals ſchon in einigen Sammlungen vorhanden waren, er— kannte. Sie waren bei der einen oder anderen Art untergebracht. Später wurde man durch Übergangsvögel auf den richtigen Weg gebracht, und Naumann brachte in ſeinen Nachträgen über dieſe Art volle Klarheit durch ausführliche Beſchreibung und Abbildung des Übergangs— kleides. Bisher wurden in Mitteleuropa folgende Stücke ſicher beobachtet: In Eberswalde be— fanden ſich ſchon unter der Direction des Pro— feſſors Rathke zwei jüngere Exemplare, denen der Profeſſor Altum noch ein ſchönes altes Männchen von dem Oberförſter Stumpff zu Grünhaus bei Treptor an der Rega, Regie— rungsbezirk Stettin, am 10. October 1877 ge— fangen, hinzufügen konnte. Das erſte Stück, einen jungen Vogel, erhielt Naumann etwa um das Jahr 1820 aus Braunſchweig, wohin es aus dem Harz gekommen war. Am 22. Dc- tober 1828 erhielt die akademiſche Samm— lung zu Breslau gleichfalls einen jungen in den Dohnen gefangenen Vogel aus Oberſchleſien, welchen Gloger in der Iſis 1828, sp. 1841, als Turdus auroreus beſchrieb. Der Amtsrath Heine auf St. Burchardi bei Halberſtadt erhielt ein Stück aus dem Harz, die Sammlung in Stettin hat ein Stück aus der Umgegend, und ich ſelbſt beſitze noch ein bei Elbing gefangenes altes Weibchen. Außer Deutſchland iſt ein Exemplar in England erbeutet, von dem Dreſſer berichtet. Degland und Gerbe berichten über ein Stück, welches im Jahre 1847 Loché auf dem Markte von Saintonge fand, A. Cullen über die Er— legung einer ſibiriſchen Droſſel nahe bei Küſtendje in der Türkei. Über die Fortpflanzung dieſer ſeltenen Art fehlen noch ſichere Nachrichten. * Es iſt bemerkenswert, daſs in Deutſchland junge Vögel gefangen wurden, welche noch Federn vom Neſtkleide trugen und wohl nicht aus Oſtſibirien gekommen ſein konnten. ’ Man möchte daher anzunehmen berechtigt ſein, daſs die Art Brutplätze habe, welche viel weiter nach Weſten gelegen ſind, als man dies bisher nachweiſen kann. Andererſeits iſt es nicht ſo auffällig, Vögel während der Mauſer auf der Wanderung zu ſehen, ja dies iſt bei den Droſſeln, den Sängern und den meiſten Strand— vögeln die Regel. a II. Weißflügelige Droſſeln. Die Un⸗ terſeite der Flügel iſt rein weiß. Zwei europäiſche Arten. 3. Die Miſteldroſſel. Turdus viscivorus, Linn., Syst. Nat. I., p. 291 (1766); Sylvia viscivora, Savi, Orn. Tosc. I., p. 208 (1827); Ixocossyphus viscivo- rus, Kaup, Natürl. Syſt., p. 145 (1829); Turdus major, Brehm, Vögel Deutſchl., p. 379 (1031); Turdus arboreus, Id. tom. cit., p. 380 (1831); Merula viscivora, Selby, III. Brit. Om. I., p. 158 (1833). Miſtelziemer, Miſtel; große Droſſel, blei— farbene Droſſel, doppelter Krammsvogel (oder Krammetsvogel) großer Krammsvogel, gemeiner Krammsvogel, Schnarrdroſſel, Schnarrziemer, Schnarre, Schnerre, Schnerrer, Schnarrer, Za— ritzer, Zarer, Zerrer, Zehrer, Zaher, Ziering, Zierling, Ziemer, doppelter Schneekader. Engl.: Missel-Thrush, Misseltoe-Thrush, Storm-cock, Holm-Thrush, Fulver; frz.: Grive Draine; ital.: Tordela; ſpan.: Charla, Drena; portug.: Tordeira, Tordoreia; malt.: Malvitzun; ſchwed.: Dubbeltrast; finn.: Kulorastas (Wright); Droſſeln. ruſſ.: Drozd Dergaba; ungar.: lep Rigo; böhm.: Brävnik; poln.: Drozd paszkot; kroat.: Drozd imelas. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 66, Fig. 1; Dreſſer, II., T. 1. Die Miſteldroſſel unterſcheidet ſich leicht von ihren Verwandten, erſtens durch ihre Größe, in welcher ſie nur der bunten Droſſel weicht, alle anderen europäiſchen Arten aber weit über— trifft; zweitens durch die ſchneeweißen unteren Deckfedern der Flügel. Mehr wie irgend eine andere Droſſel, vielleicht mehr wie irgend eine zur Claſſe der Sänger gehörige Art weichen die Mitteldroſſeln unter einander in der Größe ab. Die kleinſten Miſteldroſſeln findet man in Spanien, die größten im Südoſten Europas und in Oſtaſien, indeſſen kommen auch unter den in Deutſchland niſtenden Miſteldroſſeln ſehr bedeutende Verſchiedenheiten in der Größe vor. Einige Maße der wichtigſten Theile werden dies erläutern: er Maße der Miſteldroſſel in Centimetern = Fundort Datum Flügel⸗ 2 Fuß⸗ | Mittel- | ganze Brei 8 ſpitze N wurzel] zehe Länge ER? 8 Pommern 3. December 1874 16˙0141˙3 3˙8 2˙6 5 Pommern 11. November 1846 i > a 2:6 1 Pommern 20. December 1874 15˙0 | 10:5 339 2˙4 11% Pommern Winter 181053 3˙3 2˙2 5 5 Oſtpreußen 13. April 1884 15:4 40.3 36 25 | 270 |. 440 & England 13. April 1883 15°0 90 | 36 2˙6 ! E Helgoland 27. April 1882 15˙49˙8 3·2 | 2% & Helgoland 18. October 1882 14˙8 9˙8 32 2˙5 5 Griechenland 29. April 1878 130 00 2˙0 8 Siebenbürgen Frühling 15% |. 10°0 4 1 Turkeſtan 7. November 1,6:6 1,1058 3˙6 2˙0 5 Altai 18. März 15˙8 14036 IK Indien 21. October 1873 169 | 100 | 28 . Rs Turkeſtan l 3˙8 2˙6 8 Madrid 18. Februar 13˙0 9 8 Altai Mai 16˙8 10˙0 32 85 Damiette 11. November 164 | 102 5 7 Anclam 20. April 14˙6 97.1 33 a € i 8 Ungarn 22. Januar 15:0 | 103 35 3:8. | DIA | 2 & Ungarn 26. März 14˙8 | 10:2 |: 3˙6 26 | 252 | 496 Die Miſteldroſſel iſt in der Färbung, wenn man die Unterſeite der Flügel unbeachtet läſst, der Singdroſſel ſehr ähnlich, zeigt jedoch auf der Oberſeite mehr einen olivengrauen als oliven— braunen Ton und hat auf der Unterſeite im Herbſte einen gelben, im Frühjahr einen gelb— lichweißen Grund. An den Spitzen der Federn befinden ſich größere und rundere Flecke. Die Ohrgegend iſt gelblich und olivengrau gemiſcht; vom Mundwinkel führt ein ſchmaler, nicht im— mer ſcharf begrenzter Zügelſtreif abwärts zur Bruſtſeite. Die Schwung- und Deckfedern des Flügels haben im Herbſte breite, roſtbräun⸗ liche, im Frühjahr ſchmale, roſtweiße Feder— ränder. Die erſte Schwanzfeder iſt weißlich oliven— grau und wie die zweite und dritte mit weißem Spitzenrande verſehen. Männchen und Weibchen ſind ſich ſo ähn— lich, daſs ſie mit Sicherheit nicht zu unter- ſcheiden ſind. Das Herbſtkleid iſt lebhafter gefärbt als das Frühlingskleid, und die Jungen ſind ſchon im erſten Herbſtkleide den Alten ähnlich, doch ſind bei den Jungen die ſchwarzen Flecken an der Unterſeite kleiner. Die unvermauſerten Jungen haben auf der ganzen Oberſeite einen entſchiedenen, aber ſchwa⸗ chen rothbräunlichen Ton; an den Federſpitzen des Scheitels und des Hinterhalſes einen gelb— lichweißen Fleck mit dunkelbrauner Spitze, auf denen des Oberkörpers und der Hinterflügel lange, ſchmale weißgelbe Schaftſtreifen mit ſchwarzer Spitze; breite weißgelbe Ränder an den Schwung- und weißliche an den Steuerfedern. Hinter den Spitzen der Ohrfedern befindet ſich A) 1 4 A Droſſeln. 39 ein ſchwarzes, halbmondförmiges Band. Die Unterſeite iſt ähnlich wie bei den Alten, doch mit kleineren Flecken. Der Vogel, von welchem dieſe Beſchrei— bung gegeben iſt, wurde am 8. Mai 1846 er- griffen, als derſelbe, wie dies gewöhnlich ge— ſchieht, das Neſt verlaſſen hatte, bevor er völlig flügge war. (Vögel aus dem Altai haben oft am Hinter— halſe und am Oberrücken einzelne haarförmige ſchwarze Schaftſtreifen; dabei iſt der Oberkopf ſehr dunkel und die äußerſte Steuerfeder wäſ— ſerig gebändert. Ahnlich gefärbte Vögel findet man zur Winterszeit in Nordägypten, ein er— neuerter Beweis, daſs es aſiatiſche Vögel und nicht deutſche ſind, welche man im Winter in Nordoſtafrika findet.) Nicht allein in ganz Deutſchland, ſondern in ganz Europa, mit Ausnahme des äußerſten Nordens, findet man die Miſteldroſſel. Für Aſien iſt ſie bis zum Altai, in Turkeſtan und Oſtindien nachgewieſen. Mehr wie die meiſten verwandten Arten lebt ſie paarweiſe oder in kleinen Geſellſchaften, auch auf dem Zuge, doch habe ich zuweilen, aber doch recht ſelten, während eines ganzen Winters einen Flug von über hundert Stück in einem kleinen Kiefernwäldchen und in deſſen Nähe beobachten können, wo ſie ihre Nahrung unter dem Heidekraut (Calluna vulgaris) juchten. Es geſchah dies allerdings in ſehr ſchueearmen Wintern. Zur Winterszeit zieht die Miſteldroſſel, wie manche andere ihres Geſchlechtes, Feld— gehölze und Waldränder dem Innern großer Wälder vor, iſt auch nicht geneigt, ſich anderen Arten anzuſchließen. Sie iſt ein kräftiger Vogel und fühlt auch ihre Kraft. Nicht allein duldet das Männchen am Brutplatze in weiterer Umgebung kein an— deres Paar, ſondern greift auch Krähen, Holz— heher, ja Raubvögel muthig an und vertreibt ſie aus der Nähe des Neſtes. Die Miſteldroſſel iſt einer unſerer erſten Sänger, der ſeine ſchöne klangvolle Stimme gerne von der Höhe eines ſtarken Baumes herab erſchallen läſst. Viele Schriftſteller nennen dieſen Geſang unbedeutend, aber wenn er auch nicht ſo mannigfaltig iſt wie bei der Sing— droſſel und der Amſel, ſo iſt er doch bei alten Männchen gar nicht leicht von dem Geſange der erwähnten beiden Arten zu unterſcheiden. Freilich muſs man keinen Stümper vor ſich haben, aber auch bei den beſten anderen Sän— gern, z. B. bei der Nachtigall, verhält es ſich ganz ähnlich. Ich freue mich, ſagen zu können, daſs ich auch hier mit dem ausgezeichneten Naturbeobachter Herrn Profeſſor Liebe in Gera und mit meinem alten Meiſter C. L. Brehm übereinſtimme. Zum Brutplatze wählt die Miſteldroſſel gerne ein 30—40jähriges Stangenholz, oft ein ſolches, welches mit einzelnen gleichaltrigen Eichen untermiſcht iſt. Das Neſt ſteht gewöhn— lich nahe am Stamm auf trockenem Ouirl, etwa 8—12 m hoch und iſt von außen aus lockeren Reiſern und Moos, in der Mitte von ſtärkeren Pflanzen und Moos, im Innern mit Grashalmen und Moos gebaut und das Ganze ſo feſt verfilzt, das es dem Wetter ſicheren Widerſtand zu leiſten vermag. Dasſelbe enthält gewöhnlich 5 oder 4 Eier, welche man zur Größe des Vogels im Verhältnis zu anderen Droſſeln klein nennen kann. Die Grundfarbe der Eier weicht gewöhn— lich von derjenigen anderer europäiſcher Droſ— ſeln etwas in röthliches Weiß ab, und die roth— braune Fleckung iſt auch meiſt beſtimmter als bei den anderen Arten. R Das Männchen löst das Weibchen beim Brüten am Morgen und am Nachmittage ab. Die Brutzeit dauert, wie ſchon Naumann ſagt und Profeſſor Liebe beſtätigt, 15—17 Tage. Meine eigenen Beobachtungen ſtimmen hiemit vollkommen überein. (In Thienemanns Rhea habe ich Theil II, p. 150, eine Droſſel beſchrieben unter dem Namen Turdus Hudgsonii mit der Dia— gnoſe: „Unterſeite des Flügels weiß, mit ſehr breiter ſchwarzer Querbinde.“ Man hat dieſe Art fait überall zu Turdus viscivorus gezogen, ſelbſt Dreſſer in ſeinem ſchönen Werke über die europäiſchen Vögel, obgleich ich wieder— holt und an vielen Orten erklärt habe, dajs meine Angabe ſich auf Turdus mollissimus be— ziehe. Wie man nach meiner Diagnoſe verſucht ſein kann, meine Droſſel für T. viscivorus zu halten, erſcheint mir unerklärlich.) 4. Die Wachholderdroſſel. Turdus pilaris, Linn., Syst. Nat. I. p. 291 (1766); Sylvia pilaris, Savi, Orn. Tosc. I., p. 209 (1827); Arcenthornis pilaris, Kaup, Natürl. Syſt., p. 93 (1829); Turdus subpilaris, Brehm, Vögel Deutſchl., p. 384 (1831); Turdus juni- perorum, Brehm, Vögel Deutſchl., p. 385 (1831); Turdus musieus, Pall., Zoogr. Rosso-Asiat. I., p. 434 (1811); Merula pilaris, Selby, Brit. Om. I., p. 161 (1833); Turdus fuscilateralis, Brehm, Naumannia, 1855, p. 281; Planesticus pilaris, Jerdon, Birds of Ind. I., p. 530 (1862). Krammetsvogel, Ziemer, Großziemer, Blau— ziemer, Schacker, Schnarre. Ungar.: fenyöo Rigo; böhm.: Kvicala; poln.: Drozd kwiezol; kroat.: Drozd bravenjak ; ital.: Cesena; engl.: Fieldfare; frz.: Grive Litorne; ſchwed.: Björktrast; dän.: Fjeldtrost; ruſſ.: riabinnik. Naumann, Vögel Deutſchl. II., T. 67; Dreſſer, II., p. 2, T. 9 und 10; Fritſch, Vögel Europas, T. 20, Fig. 17. Die Wachholderdroſſel iſt die zweit größte ihrer Familie unter den europäiſchen Brutvögeln. Sie iſt 24˙3—26 cm lang, 43 bis 44 cm breit, mit 9—9˙5 em langem Schwanze. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel im Frühling bis auf die bräunliche Spitze wachsgelb, im Herbſte bis auf die gelbliche Wurzelhälfte des Unterſchnabels braun; die Füße ſind braun. Das ſehr alte Männchen iſt ein ſehr ſchöner Vogel. Ein ſolcher meiner Sammlung hat fol gende Farben: Kopf, Hinterhals, Kopfſeiten, Unterrücken und Bürzel ſind aſchgrau. In der Mitte der Federn des Oberkopfes ein großer, theilweiſe von grauen Rändern verdeckter Fleck 60 Droſſeln. Der Oberrücken bräunlichſchwarz, mit roth— braunen Federrändern. Dieſe Färbung geht auch auf das kleinere Gefieder des Flügels über und wird an den Außenfahnen der hinteren Schwingen mehr braun, die Schwungfedern ſind braunſchwarz mit graulichen Rändern, die Steuerfedern tief ſchwarz, an der Spitze der äußerſten Feder graulich. Vor und unter dem Auge iſt ein ſchwarzer Fleck; der Vorderhals gelblich, mit an der Kehle einzelnen, ſchmalen, an den Seiten breiten, ſchwarzen Flecken, die wie bei faſt allen Droſ— ſeln auf einer Stelle des Unterhalſes fehlen; Bruſt und Seiten ſind tief ſchwarz, mit breiten Federrändern, die an der Bruſt ockergelb ſind, an den Seiten allmählich mehr in Weiß über— gehen. Die übrige Unterſeite und die unteren Deckfedern der Flügel rein weiß, nur an den großen Schwanzdeckfedern hellbraune ein— zelne Längsflecken. Im Herbſte iſt das ſchöne Grau der Ober— ſeite, beſonders des Hinterhalſes mit Braun getrübt und die Unterſeite hat mehr Ockergelb. Gewöhnlich gefärbte alte Männchen haben den Rücken mehr dunkelockerbraun, we— niger dunkelkaſtanienbraun, die Bruſt und die Seiten mit großen ſpatenförmigen, weiß oder ockergelb geränderten Flecken gezeichnet. Bei anderen und den meiſten Weibchen ſind die Flecken auf der Bruſt in Form von Längs— ſtreifen. Junge Vögel haben das Grau an der Oberſeite mit Braun, das Braun mit Grau getrübt und das Braun wird matter. An Hals und Bruſt werden die Flecken kleiner und ſchmäler und oft das Ockergelb vorherrſchender. Dies iſt beſonders bei Herbſtvögeln der Fall, während bei Sommervögeln gewöhnlich nur etwas mattes Gelb an Hals und Bruſt übrig bleibt. Das Jugendkleid hat zwar den allge— meinen Charakter der Färbung wie bei den bereits vermauſerten Vögeln, doch iſt das Grau auf dem Oberkopfe und dem Hinterhals mit Erdbraun getrübt und hat kleine gelbliche Schaft— ſtreifen; auf dem Unterrücken iſt jede Feder vor der Spitze mit einem dunkelgrauen Bande ver— ſehen. Das Braun des Rückens iſt mit Grau getrübt, und jede Feder hat wie die kleinen Flügeldeckfedern einen langen gelben Schaft— ſtreif, mit ſchwarzer Spitze. Die Deckfedern erſter Ordnung haben weißliche Spitzen, die Schwanzfedern auf ſchwärzlichem Grunde, an den Außenfahnen ein grauliches Braun. Die Unterſeite iſt von der Kehle zur Oberbruſt auf gelbem, von der Unterbruſt zu den Schwanz— decken auf weißem Grunde ſchwarz gefleckt. Dieſe Flecken fehlen ganz auf der Kehle, ſind groß und dicht auf der Oberbruſt und an den Seiten und werden zur Unterbruſt und nach dem Schwanze zu einzelner und kleiner, jo daſßs der Unterbauch und die Schwanzdecken unge— fleckt ſind. Die Wachholderdroſſel lebt im nördlichen und nordöſtlichen Europa und im Nordweſten Aſiens. Sie iſt bis in Oſtpreußen, in Polen und Galizien zahlreich und kommt auch in manchen Gegenden Hinterpommerns und Schleſiens nicht ſelten brütend vor, wurde auch in geringer Zahl in Vorpommern, Mecklenburg, Holſtein, der Mark, Sachſen, Böhmen, dem nördlichen Bayern und einzeln noch in verſchiedenen anderen Gegenden gefunden; auch Landbeck führt dieſelbe als im Jahre 1831 bei Mergentheim brütend in handſchriftlichen Mittheilungen auf. Beſon— ders mit dem Aufleben des Intereſſes für die Vogelwelt in den Vierzigerjahren und bei dem zu dieſer Zeit ſehr regen Eierſammeln war es erklärlich, daſßs die Kenntnis der Vögel allge— meiner wurde und mancher Vogel an einer Stelle gefunden wurde, an welcher er vorher nicht geſehen war, zumal ſolche Arten, welche, wie die Wachholderdroſſel, ein unſtetes, wechſelndes Leben führen, welches C. L. Brehm als zigeuner- artiges Leben bezeichnete. Man glaubte vor Augen zu haben, wie eine Vogelart aus dem Nor— den in ſüdliche Regionen einwandere, gleichſam als Erſatz für die vielen Arten, welche im Laufe der Zeit Mitteleuropa verlaſſen und ſich mehr nach Norden zurückgezogen haben. Dieſe Anſicht wurde allgemein, als die Localitäten ſich mehrten, wo man niſtende Wachholderdroſſeln fand. Die Mittheilungen über dergleichen Beobachtungen kamen meiſt von ſolchen Beobachtern, welche nicht Gelegenheit hatten, das Treiben dieſer Art genügend zu ſtudieren, ſich auch nicht die Frage ſtellten, ſeit wann dieſe Einwanderung datiere, und ob ſeit der Zeit der erſten Beobachtung auch eine fernere Verbreitung oder doch minde— ſtens eine Conſtanz ſtattgefunden habe. Man war allgemein geneigt zu glauben, daſs das Erſcheinen eines — wie man meinte — ſo lärmenden Vogels nicht hätte verborgen bleiben können, wenn derſelbe früher dage— weſen wäre. Die Vorausſetzung war auf gänzlicher Un⸗ kenntnis des Lebens und Treibens dieſer Art begründet, indem man aus dem lärmenden Weſen des Vogels auf der Wanderung und bei den Jungen berechtigt zu ſein glaubte, anzu— nehmen, dass derſelbe ſich beim Neſte ebenſo verhalte. Man hätte nur Analogien mit anderen Arten ziehen dürfen, z. B. mit unſerem Eichel— heher, der ſich zur Brutzeit bei den Eiern ſo wenig bemerklich macht und im Herbſte bei den Jungen doch ein recht lärmender Geſelle iſt. Wenn man, wie gewöhnlich, die Zeit der Vierzigerjahre als den Zeitpunkt des Einwan— derns der Art in Deutſchland annahm, ſo zeigte ſich ſehr bald, daſs lange Zeit vorher, ja bereits Ende des vorigen und anfangs dieſes Jahrhun— derts niſtende Wachholderdroſſeln in Deutſch— land gefunden wurden. Naumann erwähnt das Jahr 1805 für Schleſien. Als ich ein Neſt dieſer Art im Jahre 1836 in Nerdin (Kreis Anclam, Pommern) fand, theilte ich dies meinem lieben verſtorbenen Freunde, dem Baron v. Loebenſtein auf Lohſa bei Hoyerswerda mit, und derſelbe ſchrieb mir, daſs die Wach— holderdroſſel dort ſehr häufig wäre und ich ſo viel Eier erhalten könne, wie ich wolle. Im Jahre 1838 ſah ich dieſe Brutcolonien, und die Förſter und Jagdfreunde ſagten mir überein— ſtimmend, daſs die Art jo lange in der Gegend niſte, als ſie denken könnten; dieſe Colonien ſind daher ſehr alt. Droſſeln. 61 Schon vor 60 Jahren ſah ich bei einem alten Herrn v. Winterfeldt (Kreis Anclam) ver— ſchiedene aus dem Neſte genommene Wachholder— droſſeln im Käfig, und anfangs der Dreißiger— jahre war auf dem Gute Pritzenow (Kreis Dem— min) eine Colonie. Es mufs bemerkt werden, daſs bis auf die heutige Zeit eine Vermehrung derſelben für Pommern nicht beobachtet werden konnte, ebenſowenig in irgend einer anderen Gegend, wenn es ſich um eine dauernde Nieder— laſſung handelt, ja, was Vorpommern anbe— langt, ſo iſt die Wachholderdroſſel in neuerer Zeit überhaupt nicht ſicher beobachtet worden. Als ich mich im Jahre 1840 in der Stolper Gegend begab, fand ich an verſchiedenen Locali— täten niſtende Wachholderdroſſeln, einzeln oder in mehr oder weniger großen Geſellſchaften, jedoch durchaus nicht conſtant, ſondern ſehr unſtet, ſelbſt an ſolchen Orten, wo es nicht mög— lich war, irgend eine Störung zu ermitteln. Ebenſo erſchienen ſie an Stellen, wo ſie früher nie geweſen, verweilten mehr oder minder lange Zeit und ließen ſich in ſpäteren Jahren nicht mehr ſehen. Seit faſt 50 Jahren habe ich nun dieſe Gegend aufmerkſam durchforſcht, aber eine Vermehrung iſt beſtimmt nicht eingetreten, viel eher könnte man behaupten, dajs die Art ſeltener geworden ſei. Auch alle meine Bekannten, die gute Beobachter waren und ſind, haben Ahn— liches erfahren. Übrigens haben wir Gelegenheit gehabt, bei manchen anderen Arten Ahnliches zu ſehen, u. zw. aus demſelben Grunde: ver— mehrte Beobachtung und Hinführung der Aufmerkſamkeit auf einen beſtimm— ten Gegenſtand. Vor 30 Jahren war das öſtliche Pommern in ornithologiſcher Beziehung noch eine terra incognita, und Oſtpreußen iſt es zum Theil heute noch. Seit dieſer Zeit iſt ſelbſt ein großer Raubvogel (der Schlangenadler) als Brutvogel aufgefunden; man wuſste ferner nicht, dass der arktiſche Seetaucher (Colymbus arcticus) auf den hinterpommerſchen Seen niſte, man kannte kaum den Gartenammer, den Heuſchreckenrohr— ſänger, den Zwergfliegenfänger, die Alpenlerche, die uraliſche Eule, den Rothfußfalken. Erſt als Herr Hartert auf meine Veranlaſſung Oſt— preußen durchforſchte, wurde der Tannenheher dort als Brutvogel aufgefunden. Von hohem Intereſſe iſt auch die Beobach— tung des Herrn Taners über eine nicht unbe— trächtliche Zahl von Leinzeiſigen, die einmal auf Hiddenſoe geniſtet, aber nicht wieder. Ebenſo haben Bienenfreſſer in Süddeutſchland in ein— zelnen Jahren gebrütet. Ganz ähnlich war es, als der zweibindige, im Nordoſten Russlands lebende Kreuzſchnabel im Jahre 1846 ſehr zahlreich in Sachſen und Thüringen erſchien und viele 1847 dort niſteten, ſpäter jedoch nicht wieder bemerkt wurden. Bei manchen nordiſchen Zugvögeln kommen, wenn ſie in auffallend großer Zahl erſcheinen, ganz ähn— liche Fälle vor. So blieben nach dem großen Wanderzuge des Tannenhehers im Herbſte 1844 im Sommer 1843 noch verſchiedene zurück. Es kommt vor allen Dingen darauf an, daſs ein guter Beobachter vorhanden iſt, um einen Vogel aufzufinden. Aber auch der gute Beobachter, zumal wenn er die Lebensweiſe der Art nicht kennt, ſollte ſich hüten, ſo leicht wie dies öfter geſchieht, eine negative Behauptung aufzuſtellen. Es wird doch wohl niemandem in den Sinn kommen, alle die vorhin aufgeführten Arten und noch manche andere für in jüngſter Zeit eingewanderte betrachten zur wollen, denn Beobachter finden ſich wohl um der Naturpro— ducte willen, aber nicht umgekehrt. Das Reſultat dieſer Unterſuchung iſt nun, dajs die Wachholderdroſſel ſich in der Zeit von 60 Jahren in Deutſchland nicht vermehrt hat, daſs ſie hie und da ohne örtlichen Zuſammen- hang niſtet, mehr oder weniger lange bleibt und verſchwindet, ohne daſs man jagen kann, aus welchen Gründen, auch ebenſo unerwartet er— en an Stellen, wo man ſie früher nicht ge- ehen. Wer Gelegenheit hatte, dieſen Wechſel in den Brutplätzen zu ſehen, der wird an eine regel— mäßige Einwanderung der Art nicht glauben, doch eine vielfache, langjährige Beobachtung dieſes Vogels war ſehr wenigen beſchieden, und auch in neueſter Zeit iſt man geneigt, das zufällige Er— ſcheinen bei dem Hin- und Herwandern dieſer Art vielfach als Einwanderung zu betrachten. Es wurde mir ſogar von einem jungen ſtrebſamen Forſcher mitgetheilt, daſs derſelbe Beobachtungen außerhalb der Grenze der bisherigen Beobach— tungen zu machen gedenke, um, falls er dort die Wachholderdroſſel finde, die Frage wegen des Vorrückens endgiltig feſtzuſtellen!!! Aus dieſem Ausſpruche geht nun deutlich ein gänzliches Verkennen der Frage hervor, um welche es ſich handelt, be— gründet auf die Unkenntnis der Lebensweiſe der Art. Um die Behauptung des ſtillen Verhaltens der Wachholderdroſſel beim Neſte auch von anderer Seite zu begründen, mögen einige ander— weitige Beobachtungen erwähnt werden. Herr Kuvert, Gutsbeſitzer in Kujavien (Oſt— preußen), berichtet: Vor mehreren Jahren baute ein Paar Wach— holderdroſſeln in meinem Garten, 5 Fuß hoch auf einem Pflaumenbaume ein freiſtehendes Neſt. Das Weibchen verließ dasſelbe nur, wenn man ſich auf etwa 6 Schritte dem Neſte genähert hatte. Das zweite Neſt wurde, als die erſten 5 Jungen erwachſen waren, ſofort auf einem 15 Schritte entfernten Pflaumenbaum gebaut. Es ſtand ebenſo frei und offen als das erſte, und wurden auch 5 Junge aufgebracht. Auch in den folgenden Jahren baute ein Paar Wachholderdroſſeln ſein Neſt in dem Gar: ten, und in allen dieſen Jahren verhielten ſich die Vögel ſtill und ließen ſich gewöhnlich ſehr nahe kommen, nur in einem Jahre flog das Weibchen früh, aber immer ſtill ab (Cabanis J., 1870, p. 206). a Der den Ornithologen als tüchtiger und zuverläſſiger Beobachter wohlbekannte Förſter Hintz fand im Jahre 1820 eine Colonie im Dams— häger Revier bei Rügenwalde (Pommern). Die- ſelbe war etwa 20 Paare ſtark in einer Birken ſchonung, aber die Neſter ſtanden auf einzelnen alten vom Sturme gebrochenen Eichen. Dieſe Bäume wurden ſpäter geſchlagen, und mit ihnen 62 verſchwanden auch die Wachholderdroſſeln aus der Gegend. Derſelbe Beobachter fand Ipäter das erſte Neſt im raumen Kiefernbeſtande. Der Vogel flog nur vom Neſte, wenn man ſich dem⸗ ſelben bis auf 3 Fuß genähert hatte. Ein Neſt ſtaud 6 Fuß hoch in einer jungen Kiefer, wurde gefunden am 24. Mai 1843. Das brütende Weibchen hielt gut aus. Am 3. Juni 1844 ein Neſt auf einer Erle, 12 Fuß hoch. Das Weib— chen ſaß jo feſt, daſs es auf dem Neſte ergriffen werden konnte. Bei verſchiedenen Neſtern in anderen Jahren hielten die Weibchen ſehr gut aus, mit nur einer Ausnahme. Ein Weibchen flog bei der geringſten An- näherung ſtill ab, jo daſs es ſelten geſehen wurde. Major Alexander v. Homeyer ſagt in Cab. Journ. 1864, p. 292: „Im abgemeinen iſt Ruhe in der Colonie, ſo daſs man in der Nähe vor— übergehen kann, ohne das Vorhandenſein der— ſelben zu ahnen.“ Dergleichen Beobachtungen habe ich vielfach gemacht und kann nur annehmen, dafs bei ent- gegengeſetzten Wahrnehmungen die brütenden Vögel großen Störungen unterworfen waren. Die Wachholderdroſſel läſst, wie viele Wandervögel, ihren wenig ſchönen Geſang oft ſchon auf dem Zuge hören, doch ſingt ſie am Brutplatze ungleich ſchöner. Ich habe dies öfter am frühen Morgen gehört, als ich auf den Birkhahn anſaß und eine kleine Colonie der Wachholderdroſſel in der Nähe auf einer jungen Cultur niſtete, worauf ſich einige kleine Über— ſtänder befanden. Kaum graute der nahende Morgen, und noch bevor der Birkhahn ſich hören ließ, ſtiegen einzelne dieſer Droſſeln von | der Spitze eines Baumes ſingend auf, mit ra— ſchen, kurzen Flügelſchlägen, etwa wie die Pie— per, und ſenkten ſich auch in ähnlicher Weiſe auf ihren früher i e Sitz herab. Dies Spiel wiederholte ſich oft. War es die nächtliche Stille, war es die Spannung der Erwartung, genug, der Geſang erſchien mir nicht ſo trivial, wie der Geſang dieſes Vogels im allgemeinen betrachtet wird und auch auf der Wanderung erſcheint. Die Wachholderdroſſe °F ilt ein ſehr geſelliger Vogel, der ſich ſogar in der Nähe des Brut⸗ platzes auf gemeinſchaftlichen Futterplätzen zu— ſammenhält. Dieſe ſind gewöhnlich Viehweiden, hohe Wieſen mit kurzem Graſe, Acker und kleine Gehölze. Wenn aber gejagt wurde, dafs dieſe Plätze ſich nie in Gehölzen befänden, wo ſie ihre Neſter haben, ſo iſt dies doch nicht überall richtig, denn im lichten Stangenholze, wo ſie gerne ihre Neſter bauen, ſieht man ſie auch die Bodendecke durchſuchen. Ende Auguſt und anfangs September zeigen ſich in Pommern kleine Geſellſchaften oft mit Jungen, die noch nicht ganz vermauſert ſind, und zu dieſer Zeit fängt man in früh geſtellten Dohnen einzelne, aber bald ziehen dieſe in der Nähe erzogenen Vögel in andere Gegenden, und man ſieht erſt in der zweiten Hälfte des Dc- tober die Ankömmlinge aus dem Norden, deren Hauptzüge gewöhnlich Ende October und im November erſcheinen. Viele bleiben nicht nur in Droſſeln. Norddeutſchland während des Winters, ſondern ſogar im ſüdlichen Schweden und in den ruſ— ſiſchen Oſtſeeprovinzen. Wenn in einem warmen trockenen Herbſte die Ebereſchenbeeren feſt an den Bäumen ſitzen, jo ſind dieſelben ihr Lieblingsaufenthalt, beſon— ders wenn die Alleen groß oder mehrere in der Nähe ſind, denn die Wachholderdroſſel iſt vor— ſichtig und läſst ſich nur an warmen Früh⸗ lingstagen oder beim Brutplatze ſchuſsrecht an- gehen. Bei ſolcher Gelegenheit, beſonders aber im Frühjahr, ſammeln ſich große Flüge, die oft aus vielen hunderten beſtehen und dann faſt ſtets ihren Aufenthalt auf freien oder leicht bebuſchten Flächen nehmen. In der zweiten Hälfte des April verlaſſen ſie gewöhnlich Norddeutſchland, mit Ausnahme der Zurückbleibenden, doch kommt es auch vor, daſs noch weit in den Mai ſtarke Flüge in vollbelaubten Bäumen geſehen werden, denn zu dieſer Zeit ſcheinen ſie die Wälder und bejon- ders die Laubwälder zu lieben. Es ſind dies gewöhnlich alte ſcheue Vögel, mit einem Far- bencharakter, wie ihn die Individuen des hohen Nordens haben. Ahnliche Erſcheinungen kommen auch bei anderen nordiſchen Vögeln vor, beſonders dann, wenn die Art in dem voraufgegangenen Winter ſehr zahlreich vertreten war, z. B. bei den Lein⸗ zeiſigen; aber auch bei Strandvögeln, z. B. bei dem Kiebitzregenpfeifer. Im hohen Norden niſtet die Wachhol— derdroſſel vorzugsweiſe auf Birken, vielleicht aus dem Grunde, weil ſie keine andere Wahl hat. Man glaubte auch in Deutſchland die Neſter auf der Birke ſuchen zu müſſen. Dies iſt jedoch eine recht ſeltene Ausnahme. Unzäh- lige Neſter ſah ich auf Kiefern, Eichen und Erlen, aber nie eines auf einer Birke, obgleich ſehr oft Birken in der Nähe des Brutplatzes ſtanden; indeſſen ſind von anderen Beobachtern Neſter auf Birken gefunden. Man hat auch zu beobachten geglaubt, daſs auf einem Brutplatze die Neſter gewöhn⸗ lich in einer Höhe ſtanden. Dies habe ich wohl ähnlich, jedoch auch i in vielen Fällen anders ge— ſehen, ſo z. B. im Stangenholze auf herabhän⸗ genden Zweigen, jo dafs man das Neſt mit der Hand erreichen konnte, während andere Neſter in der drei- und vierfachen Höhe ſtanden. Man kann wohl im allgemeinen jagen, dajs die Mehrzahl der Neſter 15—30 Fuß hoch ſtand, jedoch habe ich Neſter von weit ver⸗ ſchiedener Höhe geſehen, jo im Kiefernwaldrande eines auf einer einzelnen kleinen Kiefer, in welches ich bequem hineinſehen konnte, und an⸗ dere mindeſtens 40—50 Fuß hoch. Einen recht eigenthümlichen Brutplatz ſah ich einſt am Rande eines Kiefernwaldes, wo derſelbe an eine Wieſe grenzte. Es ſtanden drei alte ſtarke, indeſſen nur etwa 60 Fuß hohe Bäume neben einander. Dieſelben waren an der einen freien Seite ſchirmartig gewachſen und bildeten ver⸗ eint auf dieſer Seite eine dichte Decke, von etwa 30 Fuß Höhe, von der Mitte bis zur Spitze des Baumes. Darin befanden ſich, nach möglichſt genauer Unterſuchung, etwa 60 Neſter, Droſſeln. 63 von denen natürlich viele ſehr nahe bei ein— ander ſtanden. Auch dieſe ſtarke Colonie machte ſich bei meiner und meines Jägers Annäherung durch— aus nicht bemerkbar. Nur einzelne ganz ſtill abfliegende Weibchen verriethen dieſelbe, und auch bei langer Beobachtung wurden die Vögel nicht laut. Die Wachholderdroſſel baut ihr Neſt gerne am Stamm, auf einem abgebrochenen oder grünen Aſt, in einem Winkel der Zweige oder einem Quirl, auf einzeln ſtehenden Eichen in die äußerſten Zweige, wo dasſelbe ſich gut und ſicher anbringen läſst. Wenn ſolche Eichen auf Viehweiden ſtehen, finden ſich öfter zwei, drei, ja vier Neſter auf einem Baume. Schon Mitte April, oft aber auch erſt im Mai baut die Wachholderdroſſel ihr Neſt. In der Lauſitz ſind manche Junge Mitte Mai flügge. In meiner Sammlung befindet ſich ein ziemlich ausgewachſener Vogel, den ich am 7. Mai 1838 in der Lauſitz aus einem Neſte nahm, worin ſich noch ſechs ſeiner Geſchwiſter befanden. Die gewöhnliche Zahl der Brut iſt indeſſen fünf. Sechs und vier Eier ſind ſeltener, und ſieben kommen recht ausnahmsweiſe vor. Das Neſt iſt groß und ſtark gebaut und enthält in der Mittellage, wie faſt alle Droſſeln, einen feſten Kitt, der hier aus Erde beſteht. Die Eier ſind auf blaſs meergrünem, bis— weilen durch Lehmbraun getrübtem, mehr oder weniger glänzendem Grunde mit vielen kleinen verwaſchenen lehmbraunen oder lehmrothen Flecken dicht bedeckt. Nur in wenigen Fällen ſind dieſe Flecken ſchärfer begrenzt und haben dann gewöhnlich auch eine beſtimmtere, roth— braune oder dunkelrothbraune Färbung. Manche Varietäten ſind den Eiern der Schwarzamſel ähnlich. Die Maße ſind folgende: Längsachſe: 28 28 28 29 3·˙0 3˙2 cm 22 ᷣ2˙1 21 21 21 „ III. Roſtflügelige Droſſeln. a) Europäiſche Arten: Singdroſſel, Turdus musicus, und Weindroſſel, Turdus iliacus. Die Unterjeite des Flügels iſt ockergelb oder roth. 5. Die Singdroſſel. Turdus musicus, Linn., Syst. Nat., p. 292 (1766); Turdus minor, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 382 (1831): Turdus philomelos, id., I. e.; Sylvia musica, Savi, Orn. Tose. I., p. 211 (1827); Merula musica, Selby, Brit. Birds I., p. 162 (1833); Iliacus musicus, Des Murs, Traité d'Ool., p. 292 (1860). Droſſel, Droſtel, Droſchel, Durſtel, Druſtel, Droſſig, Droſch, Droſchel, Dröſchel, Sang- dröſchel, graue und weinrothe Droſſel, Wein— druſchl, Zippdruſtel, Zipp-, Ziep⸗, Sang-, Ge- ſang⸗, Pfeif⸗, Weiß⸗, Sommer-, Graag-, kleine Miſtel⸗, Winter⸗, Berge, Zier-, Roth⸗ und Wiendroſſel. Engl.: Song-Thrush, Mavis, Throstle, Throstle Cock, Grey Bird, Garden-Thrush, Smeorach; frz.: Grive; ital.: Tordo bottaccio; ſpan.: Zorzal; portug.: Tordo; malt.: Malviz; norweg.: Naaltrost; ſchwed.: Talltrast, Säng- trast; dän.: Drossel, Sang-, Graa-, Bögdrossel; finn.: Haukirastas; ruſſ.: Drozo-pavtschi; ungar.: enekes Rigo; böhm.: Drozd obecny; poln.: Drozd Spiewak; froat.: Gajski drozd. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 66, Fig. 2; Dreſſer, T. 2. Die Singdroſſel iſt die bekannteſte Art ihrer Gattung und wohl als der Typus der— ſelben zu betrachten. In der Größe ſteht ſie über der Weindroſſel, wird jedoch von der Miſtel⸗ und der Wachholderdroſſel weit über— ragt. Auch die Mehrzahl der ſibiriſchen Droſ— ſeln iſt etwas größer, doch die blaſſe Droſſel (Turdus pallens) und die ſibiriſche Droſſel (Turdus sibiricus) ſind ungefähr von derſelben Größe. Ganze Länge 23—24 cm, Breite 37—38 em, Flügelſpitze 115—12 cm, Schwanz 8—8·5 cm. Der Augenſtern iſt braun, der Schnabel braun, an der Wurzel des Unterkiefers röthlichweiß, die Füße graulich fleiſchfarben. Die Unter⸗ ſeite der Flügel iſt blaſs ockergelb, am hellſten von allen Droſſeln dieſer Gruppe, welche bisher in Europa gefunden wurden. Die Ober— ſeite iſt geſättigt olivenbraun; die Spitzen der Deckfedern des Flügels erſter und zweiter Ord— nung ſind blass ockergelb und bilden zwei mehr oder weniger deutliche Binden; die Unterſeite des Körper iſt weiß, an der Bruſt und dem Halſe gelblich überflogen, mit vielen ſchwarz— braunen Flecken, namentlich auf der Bruſt, an den Halsſeiten und den Flanken. Vom Unter- kiefer um die Kopfſeiten herum bilden dichte Flecken einen deutlichen Bogenſtreifen; Kehle, Vorderhals und gewöhnlich auch die Bauchmitte ſind rein weiß, letztere mit einzelnen, ſehr kleinen Schaftflecken. Im Herbſte iſt die Fär- bung etwas lebhafter und die gelben Spitzen— flecken ſind größer. Das Jugendkleid hat auf der Oberſeite viele blass ockergelbe Schaftſtriche und Schaftflecken an der Federmitte. Männchen und Weibchen ſind einander ähnlich. Die Singdroſſel hat eine außerordentlich weite Verbreitung; nicht allein das ganze ge— mäßigte Europa bis zum hohen Norden hinauf, ſondern auch ein großer Theil Aſiens ſind ihr Vaterland. In der Mehrzahl verläſst fie ihre Sommerwohnplätze im September und October und geht theils in die ſüdlichen Länder Europas und Aſiens, theils noch über das Mittelländiſche Meer hinaus. Auf dem Zuge erſcheint ſie zwar nicht in ſo feſten, großen Scharen wie andere ihres Geſchlechtes, aber ſie kommt, wenn auch im lockeren Verbande, in alle Wälder und Ge hölze, ja in die Gärten unſeres Vaterlandes in großer Zahl. Sie erſcheint zeitig im Frühjahr, ſchon im März, und läſst gewöhnlich von der höchſten Spitze eines Baumes ihren herrlichen Geſang erſchallen, welcher dem Jäger am Abend beim Waldſchnepfenſtrich die prächtigſte Unterhaltung bietet. Ihr Neſt baut ſie ſtets niedrig; dasſelbe iſt von innen mit zuſammengekittetem, faulem Holze gebaut, von außen mit groben Pflanzen ſtengeln und Wurzeln. Es enthält Ende April oder anfangs Mai in der Regel 5 Eier von 64 Droſſeln. blaſsblaugrüner Färbung mit ſchwarzen ſcharf— begrenzten Flecken. Ende Juni ſchreitet ſie ge- wöhnlich zur zweiten Brut. Es iſt die Frage aufgeworfen, ob dieſe Art in neuerer Zeit minder zahlreich ſei als früher. Dies läſst ſich wohl nicht ſo allgemein beantworten, ſondern hängt weſentlich von localen Verhältniſſen ab. Wer Gelegenheit gehabt hat, verſchiedene Brut— plätze dieſer Art längere Jahre zu beobachten, der wird wohl die Überzeugung gewonnen haben, daſs in denjenigen Localitäten, welche für dieſe Art paſſen, eine Verminderung ent⸗ ſchieden nicht eingetreten ſei, wenn dieſelben jägeriſch behandelt wurden, wozu auch weſent— lich gehört, daſs jegliche Störung am Brut- platze ſorgſam vermieden wird. Man mußs dabei allerdings nicht ein einzelnes Jahr als Norm annehmen. Jeder Naturbeobachter weiß, daſs in einzelnen Frühjahren faſt alle Vogel- arten in auffällig geringer Zahl von ihren Wanderungen zurückkehren, was in erſter Linie davon abhängt, wie große Verluſte die Art in den ſüdlichen Gegenden erlitten hat, jedoch muſs, was den Zug anbelangt, die Jahreswitterung berückſichtigt werden. Sit der Hauptzug durch ungewöhnlich kalte Witterung auffällig lange zurückgehalten worden, und tritt dann an einigen Tagen ſchönes, ſtilles Wetter ein, ſo ſieht man Vögel aller Art in großen Maſſen; hält aber die kalte Witterung an, ſo ziehen die Vögel einzeln und in kleinen Geſellſchaften jo unmerklich vorüber, dafs ſie ſich der allge— meinen Beobachtung weſentlich entziehen, und dies iſt ein Grund, weshalb man in einzelnen Jahren auffällig wenig Vögel auf dem Zuge beobachtet. Aber es kommt ja auch vor, dajs an den Brutplätzen in manchen Jahren viel weniger Vögel erſcheinen als gewöhnlich. Das hat allerdings den Grund darin, daſs dieſelben auf der Winterwanderung außerordentliche Ver— luſte erlitten haben, und dajs die Zahl wirklich abgenommen hat. Es iſt unzweifelhaft gewiſs, daſs die Vogelwelt in den mitteleuropäiſchen Culturländern und auch an vielen anderen Orten von Jahrzehnt zu Jahrzehnt merkbar abnimmt, u. zw. beſonders diejenigen Arten, welche mehr oder weniger Wald oder Gebüſch zu ihrem Auf— enthaltsorte fordern. Dahin gehört ja allerdings auch die Singdroſſel; jedoch iſt dieſelbe nicht ſo wähleriſch wie manche Vogelarten, wenn ſie auch einen ſtillen Neſtplatz beſonders gern hat. Was die hieſige Gegend (Pommern) anbe— langt, ſo kann mit gutem Grunde behauptet werden, daſs die viel allgemeinere Schonung der Jagd, wie ſie in weiten Kreiſen ſtattgefunden hat, auch den Droſſeln ſehr zugute kommt, we⸗ ſentlich weil die Schonung nicht allein in dem Nichttödten des Wildes beruht, ſondern beſon— ders auch jede Störung möglichſt vermeiden heißt. Manche nicht große Wälder der hieſigen Gegend haben im letzten Jahrzehnt eine wejent- liche Vermehrung der Art aufzuweiſen, ſo dass es eine Freude iſt, den vielſtimmigen Geſang dieſes ſchönen Vogels zu hören. 6. Die Weindroſſel. Turdus iliacus, Linn., Syst. Nat. I. p. 292 (1766); Sylvia iliaca, Savi, Orn. Tosc. I., p. 215 (1827); Turdus betularum, C. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 386 (1831); Turdus vine- torum, Brehm, Vögel Deutſchl., p. 386; Turdus gracilis (Brehm), Naum. 1855, p. 281; Iliacus illas, Des Murs, Ool. Ornith., p. 293 (1860): Iliacus minor, Des Murs, ibid. Noth-, Winter», Wald⸗, Berg-, Heide, Blut-, Bunt⸗, Sing», Pfeif⸗, Sipp⸗ oder Weißdroſſel, Weinziepe, Weingart- oder rothfittiger Kram⸗ metsvogel, Walddröſcherl, Weindruſtel, Heide-, Klein- und Beemerziemer, Weiſel, Weizel, Win⸗ ſel, Winze, Gererle, Girerle, Bitter, Behemle, Böhmle, Bäuerling, Zippe. Engl.: Redwing; frz.: Grive mauvis; ital.: Roseiolo; malt.: Malvitz; dän.: Roeddrossel; ſchwed.: Rödvinge Trast; norweg.: Roedvinge, Boegtrast; finn.: Punasüpirastas; ruſſ.: Droz- doriechowyi; ungar.: Boros Rigo; böhm.: Cvr&ala; poln.: Drozd rdzawoboczny; kroat.: Crvenkasti drozd. Naumann, Vögel Deutſchl. II., T. 67, Fig. 1. Dreſſer, II., T. 3. Fritſch, Vögel Europas, T. XVIII, Fig. 5. Die Rothdroſſel iſt weſentlich kleiner als die Singdroſſel. Sie iſt 21—22 em lang, 35 bis 37 em breit. Der Schwanz miſst 7˙2—7˙6, der Tarſus 27—3 em. Die Vögel vom Jen-e⸗ſay Seebohm) und vom December 1883 bei Weſel erlegt (Hartert) haben gleiche und die kleinſten Maße. Der Kopf, die Kopfſeiten, die ganze Oberſeite, die Flügel und der Schwanz ſind graulich plivenbraun, dunkler als bei der Sing⸗ droſſel. Über das Auge und vom Mundwinkel unter die Ohrgegend gehen weiße Streifen, welche im Herbſte roſtgelb überlaufen ſind. Die Unterſeite iſt auf weißem Grunde, an Hals, Bruſt und den Flanken mit mehr oder weniger dichten Längsflecken von der Rücken⸗ färbung gezeichnet; die Tragfedern ſind rojtroth. Ein Fleck an der unteren Kehle, die Mitte der Unterbruſt, des Bauches und die unteren Schwanzdeckfedern rein weiß, doch haben letztere einige mehr oder minder verdeckte Längsflecken an den Seiten der Federn. Die Flecken ſind am Halſe dunkel und werden nach dem Schwanze zu allmählich blaſſer. f Im Herbſte iſt die weiße Grundfärbung, beſonders nach dem Kopfe zu, mehr oder minder mit Roſtgelb überlaufen. Die unteren Flügel- deckfedern ſind lebhaft roſtroth, etwas dunkler als bei der Naumannsdroſſel, und von allen europäiſchen Droſſeln am lebhafteſten roſtroth gefärbt. Die Art ändert nicht unerheblich nach der Jahreszeit und individuell ab, indem die Flecken bald lichter, bald dunkler ſind, bald dichter, bald entfernter ſtehen, oder die Roſtflecke ſchwächer oder intenſiver auftreten. Einzelne haben eine ganz dunkle, ſchwärz⸗ licholivenbraune Fleckung an der Unterſeite, die ſich an den Seiten und der Unterbruſt in kleinen rundlichen Flecken zeigt. Ein Neſtjunges, welches in einigen Tagen flugbar geweſen wäre und am 24. Juni in Schweden gefangen wurde, hat folgende Fär— bung: Droſſeln. 65 Die Grundfärbung der Oberſeite iſt ähnlich wie bei den Alten, kaum einen Stich dunkler, aber die Federn des Rückens haben breite ſchwarze Spitzen und roſtgelbe Schaftſtriche. Die Flügel— federn ſind breit roſtröthlich gerändert; Hals— ſeiten und Bruſt haben ſtarke braunſchwarze Flecken, die ſich um die Kehle herum mit dem Mundwinkelſtreifen vereinigen und um Kinn und Kehle, die einfarbig gelblichweiß ſind, einen hufeiſenförmigen Ring bilden. Die Flanken zeigen ſchon etwas von dem Roſtroth der Alten; die Bauchmitte iſt rein weiß. Der Norden Europas und des weſtlichen Aſien iſt die Heimat dieſer Art. Es iſt geſagt worden, dajs dieſelbe auch in Deutſchland ge— niſtet habe, doch iſt bisher dieſe Angabe nicht ſicher nachgewieſen. Es könnte dies immer nur ein einzelnes zufälliges Zurückbleiben ſein, denn Meves fand ſie auch nicht im ſüdlichen Schweden. Andererſeits berichtet Ruſſow (Ornis Liv-, Eſth⸗, und Curlands): Die Rothdroſſel niſtet ſehr häufig in ſumpfigen Laubhölzern und beſonders gerne im jungen Nachwuchs auf Holzſchlägen, immer an Stellen, wo es najs iſt. Ihr Neſt ſteht auf der Erde im dichten Gebüſch. Im Oetober, ſelten in den letzten Tagen des September, kommt ſie in Norddeutſchland an und verläſst uns der Mehrzahl nach in der Mitte des November. Je nach der Jahres— witterung kommt ſie früher oder ſpäter im März und verläſst uns im April. Im Jahre 1835 erſchien dieſelbe zuerſt am 4. März, und am 12. desſelben Monats ſang ſie ſchon mit den Singdroſſeln und Miſteldroſſeln. In manchen Jahren bleiben einzelne an offenen Fluſsläufen während des ganzen Win— ters, namentlich war dies der Fall im December 1841 und im Januar und Februar 1842 in hieſiger Gegend. Nicht allein daſs man täglich einzelne am Lupowfluſſe ſehen konnte, auch in meinem Dohnenſteige wurde ein Stück am 12. Januar und am 12. und 14. Februar mehrere gefangen. Auf dem Frühjahrszuge ſieht man die Rothdroſſel in manchen Jahren in gewaltigen Maſſen. Es gibt Tage, wo nicht allein jeder Wald, ſondern auch jedes Feldgehölz von dichten Schwärmen erfüllt iſt, und dieſe Verſammlungen beſchränken ſich keineswegs auf einzelne Gegenden, ſondern dehnen ſich jo weit aus, dass eine Grenze nicht zu finden iſt. Ich habe an ſolchen Tagen nicht allein verſchiedentliche größere Fahrten gemacht, ſondern auch nachträglich vielfach Er— kundigungen eingezogen, aber überall in weitem Umkreiſe waren dieſe Wanderzüge beobachtet, ja in Entfernungen von 30—40 Meilen fanden ſich dieſelben Erſcheinungen. Es ſind faſt aus— nahmslos ſtille, warme Tage, an denen ſich die Vögel ſo recht wohl fühlen und einen gemein— ſchaftlichen Geſang ertönen laſſen, den man ſehr weit hört. Iſt jedoch die Witterung längere Zeit rauh und kalt und ſind die Vögel da— durch ungewöhnlich lange zurückgehalten wor— den, ſo ziehen ſie — bei eingetretenem ſtillen, warmen Wetter — gewöhnlich niedrig über den Boden hin, durchſuchen jedes ſich bietende Ver— ſteck nach Nahrung und treten ihre Wanderung ſoſort wieder an; ſind auch am nächſten Tage regelmäßig verſchwunden, während die Sänger öfter einige Tage an derſelben Stelle bleiben. Dieſes gleichzeitige Verweilen und gleich- zeitige Vorhandenſein auf der Wanderung zeigt, daſs der Vogelzug in den Ebenen, wie ich dies in meinen „Wanderungen der Vögel“ erwieſen habe, nicht auf ſchmalen Straßen, ſondern im breiten Bogen erfolgt, nur eingeengt oder ver— ſchoben durch Gebirge oder durch Sammel- oder Raſtſtationen, welche die Vögel veranlaſſen, hie und da ſich zu vereinigen, an einer Stelle, die ihnen beſonders zuſagt. Solche Punkte ſind für die Droſſeln einzelne, auf baumloſer Ebene ge— legene Waldungen oder Berge und Bergſpitzen, die weitaus ſichtbar ſind, beſonders wenn dieſe für die Herbſtwanderung an der Nordoſtecke (für den Frühjahrszug an der Südweſtſeite) eines Gebirges oder größeren Waldes gelegen ſind. Dieſe Thatſache kannten bereits die alten Vogelſteller, indem ſie ihre Herde vorzugsweiſe an der Nordoſtſeite des Waldes anlegten. Da— von gibt auch noch der Vogelherd des großen deutſchen Kaiſers Heinrich J. Auskunft, der ſich auf einem ſchroff anſteigenden Felſen an der Nordoſtecke des Harzes befindet. Auch die Tageszeit, in welcher die Droſſeln vorzugsweiſe wandern, konnte man auf dem Vogelherde erkennen. Es war dies das erſte Morgengrauen, in welchem der Zug begann, und vor dem vollen Licht, wo er beendet war. Daſs große allgemeine Züge in anderer Weiſe erfolgen können, iſt bereits geſagt worden, aber manche ſehr allgemeine Wanderungen ſind auch wieder anderer Art. Wenn bei an ſich hellen Nächten Erdnebel kommt, ziehen die Droſſeln, beſonders die Singdroſſeln niedrig über den Boden, jo daſs man annehmen kann, dass ſie nicht höher fliegen, als ihr Auge noch den Boden erreicht. Dajs fie unvermögend find, ihren Flug nach hervorragenden Punkten zu richten, ſondern daſs ſie die Richtung des Flu— ges einzig und allein durch ihren Ortsſinn be— ſtimmen, erhellt ſchon daraus, daſs, wenn man der Zugrichtung entgegengeht, hier und dort eine Droſſel dem Kopfe des Wanderers ſo nahe kommt, daſs nur eine raſche kräftige Wendung derſelben einen Zuſammenſtoß vermeiden kann. Die Begegnung iſt jedoch oft eine jo nahe, dass man den Flügelſchlag nicht allein hört, ſondern auch die durch die Flügel bewegte Luft fühlt. Hieraus erhellt, daſs der Vogel nicht vermag, auch nur in einiger Entfernung die Gegen— ſtände zu überblicken und die Flugrichtung da nach zu beſtimmen. Auch dieſe Beobachtung beſtätigt die Aus führungen in meinen „Wanderungen der Vögel“ und zeigt wiederum, daſs der Ortsſinn das weſentliche Moment der Leitung der Vögel auf ihren Zügen iſt. 1 Wie ſchon erwähnt, wählen die Rothdroſſeln zu ihren Brutplätzen feuchte, dicht bebuſchte Ortlichkeiten. Sie bauen das Neſt an der Erde und in ähnlicher Weiſe wie ihre Verwandten, doch iſt dasſelbe weſentlich kleiner. In den ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen bauten ſie anfangs Mai und Mitte Juni, im hohen Norden ver— hältnismäßig ſpäter. Die Eierzahl beträgt 4—5 Dieſelben ähneln in der Färbung den blaſſen Dombrowski. Encyklopädie d. Forſt⸗ und Jagdwiſſenſch. III. Bd. 3 66 Eiern der Wachholderdroſſeln und manchen der Schwarzdroſſeln, doch ſind einige auch mit größeren, lebhafteren und ſchärfer umrandeten Flecken gezeichnet. Die Maße ſind folgende: Längsachſe eee Queradjie . FT Wie aus dieſen Maßen hervorgeht, iſt be— ſonders der Querdurchmeſſer des Eies weſentlich geringer, ſowohl im Verhältnis zum Längs- durchmeſſer als auch im Vergleich mit allen anderen Droſſeln der Gruppe A. Schluſsbemerkung. Die ändert wie doch iſt wohl das auffallendſte Beiſpiel einer ſolchen Abänderung ein Vogel, den mein ver— ſtorbener lieber Freund, der Baron von Loeben— ſtein auf Lohſa bei Hoyerswerda erhielt und ſeinerzeit in der Naumannia als Turdus illu— minus, die düſterfarbene Droſſel, bekannt ge— macht hat, und welche Naumann in ſeinen Nach— trägen, Band XIII, p. 285 beſchrieb und T. 356, Fig. 1, abbildete. Nicht allein die nicht un— Rothdroſſel viele ihrer Verwandten ſehr ab, Droſſeln. weſentlich von der gewöhnlichen Färbung ab— weichende Zeichnung, ſondern auch die weſentlich bedeutendere Größe würde dieſes Stück als eigene Art betrachten laſſen, wenn es nicht eben ein Unicum wäre. b) Aſiatiſche Droſſeln. Von dieſer Gruppe ſind bisher vier aſiatiſche Arten in Europa gefunden, und dieſe ſind es, welche am meiſten zu Verwechslungen Veranlaſſung gegeben haben. 1. Naumanns Droſſel, Turdus Naumanni Temm. . NRothflügelige Droſſel, T. fuscatus Pall. . NRothfehlige Droſſel, T. ruficollis Pall. . Schwarzfehlige Drofjel, T. atrigularis Temm. Der Überſichtlichkeit und der leichteren Unterſcheidung der vier nun folgenden, ſo oft verwechſelten Arten wegen geben wir eine Ta- belle, worin die weſentlichſten Kennzeichen jeder Art hervorgehoben find, in der Überzeugung, dajs = d dadurch eine Verwechslung auch der ſchwierigen Formen möglichſt vermieden werden kann. Weichen Dieſe Färbung zieht ſich in etwas blaſſe— rem Ton auf die Innenfahnen der Schwin— gen bis zur Spitze Zimmtroth Gewöhnlich ſchwarz ge— fleckt, bisweilen, vorzüglich an jüngeren Vögeln, mit ſchwärzlich braunrothen Flecken | Schwarzkehlige Naumannsdroſſel Rothflügelige Drofiel Rothhalsdroſſel Droſſel Turdus Naumanni Turdus fuscatus Turdus ruficollis oe atri- gularis Dunkelbraun mit grau— lichen Federrändern auf kurse ; Trüb erdaſchgrau, ſtets Kopf und Rücken und Der Ih Trüb erdaſch⸗ mit mehr oder minder breiten, roſtbraun— Oliv 6 1 En grau, bisweilen Ober⸗ ſtarkem Anflug vonDliven- rothen Säumen an giert und ſehrſel⸗ mit leichtem eite braun, mit ſtarker oder den Schwungfedern, 101 am den e Anflug von geringerer Fleckung von die ſich bei alten Männchen ch ingen mit | Olivenbraun lebhaftem Zimmtroth, die ſo ausbreiten, daß der 10 83 ſtroth ohne jegliche bisweilen herrſchend wird zuſammengelegte Flügel | . 95 15 Roſtfarbe ganz roſtbraunroth er— ie ſcheint Nur ſelten über Mit mehr oder weniger dem lichten Grau Bürzel lebhaftem Zimmtroth, Mit trübem Roſtbraun mit wenig Roſt⸗ Ohne jegliche | welches oft herrſchend überlaufen roth überlaufen, Roſtfarbe wird oder mit ſolchen Schaftſtrichen Gewöhnlich, an der Unter⸗ Braunſchwarz, gewöhnlich ſeite lebhaft zimmtroth, einfarbig, ſelten an der) Ganz ähnlich Steuer- ſehr ſelten nur an den Wur⸗ Ob 7 it s 1 5 9 N Ohne alle Roſt⸗ federn zeln der äußerſten Federn. Oberſeite mit ſehr feinen wie bei der Nau⸗ farbe e e e on roſtbraunen Säumen der | mannsdroſſel An der Oberſeite vorherr- Federrat ſchend olivenbraun e ! Ganz ähnlich 1 Ein lebhaftes Zimmtro t,, N | 2ebhaft ſchön wie bei rufi- | federn ſchöner und lebhafter als Ein trübes Roſtbraun mit ockergelb, auch collis, nur der bei 5 der anderen einem Stich ins Röthliche leicht mit Roth T gewöhnlich Flügel Arten angehaucht 19055 PR Die Färbung dehnt ſich nicht auf die Unterſeite der Schwungfedern aus Von an ohne jegliche Roſtfarbe Außer den un⸗ der Bruſt teren Flügel- decken über⸗ haupt keine Roſtfarbe Droſſeln. Die Maße dieſer vier Arten ſind ſich ſehr ; ähnlich, indeſſen ſollen dieſelben doch bei jeder Art gegeben werden. Die Längen- und die Breitenmaße von einer Flügelſpitze zur andern ſind bei friſchen Vögeln gemeſſen. 7. Die Naumannsdroſſel. Turdus Naumanni, Temm., M., d'Orn. II., p. 170 (1820): Turdus ruficollis, Gloger, Handb. d. Vögel Europas, p. 180 (1834, nee Pallas); Turdus ruficollis, Middend., Reiſe in Sibirien II., p. 170 (1851); Turdus dubius, Jau- bert et Barth., Ornith. Midi. p. 213 (1859) [partim, nec Bechst.]; Turdus fuscatus, Radde, Sn Sibirien, p.240 (partim); Turdus ruficollis, Pallas, II., p. 453, Varietät 8. Bergdroſſel, kleiner Krammetsvogel, kleiner Ziemer, zweideutige Droſſel, Fichtendroſſel. Engl.: Red tailed Fieldfare; frz.: Grive de Naumann; ital.: Tordo oscuro; böhm.: Drozd Naumannuv; poln.: Drozd Naumanna, Tyzh; ruſſ.: Drost Naumanna. Naumann, T. 68 und 338; Dreſſer, T. 6; Fritſch, Vögel Europas, T. 20, Fig. 9; Radde, Sib. Reiſe, T. VIlla, altes Männchen; Jaub. und Barth., T. 14, Fig. 2 (nec Fig. 1). Ausmeſſung der Naumannsdroſſel in Centimetern. & = 8 23 = = . 3 Vaterland nr 755 = 8 8 & 249104 12˙7 84] 32| Uſſuri & 125°0|0°7|13°0| 8°5| 3˙3 Onon h 2454041350 841 34] Kultuk 2. April 5247 39•5/12˙8 8˙4] 3˙3] Ascold 5 |24°9|40°4|12°6) 8-0) 3˙2 1 1 124°5138°8|12:0) 8°0| 32] Baikal Das alte Männchen der Naumanns- droſſel iſt ein ſchöner Vogel. Im Frühjahr iſt der Schnabel gelb mit brauner Spitze, das Auge braun, die Fußwurzel hellröthlich-weiß— braun, die Zehe hellröthlichbraun, die Sohle gelb, im Herbſte iſt der Schnabel braun und die Füße ſind röthlichbraun. Die Frühlingsfärbung iſt: am Vor— derhalſe mit Einſchluſs der Halsſeiten, um die Ohrgegend, die Bruſt und die Seiten zimmt— rothbraun, mit ſchmalen weißen Federrändern an Hals und Bruſt und ſehr breiten an den Flanken. Bei vielen Vögeln iſt der Vorderhals nicht zimmtrothbraun, ſondern roſtröthlichweiß. Die Mitte des Bauches iſt bis zum Schwanze ſchneeweiß. Gewöhnlich geht vom Mundwinkel zur Bruſt eine Linie, welche aus ſchwarzen Spitzen einer Federreihe gebildet wird, bis— weilen befindet ſich ein zweiter Streifen unter der Ohrgegend. Der Oberkopf iſt erdgrau, mit einem dunklen Fleck an der Mitte jeder Feder. Vom Oberſchnabel über das Auge zum Hinterkopfe —— ———— —1ä } 1 67 geht ein breiter weißlicher oder roſtrothweißer Streif. Die Oberſeite iſt olivenbraun, gewöhn- lich mit mehr oder weniger zimmtrothen Schaft- ſtrichen, die auf dem Bürzel gewöhnlich in die Grundfarbe verlaufen und oft herrſchend werden, bisweilen aber auch nur in ſchmalen Strichen oder Federrändern ſichtbar bleiben. Die Oberſeite der Flügel und die Schwingen find dunkel olivenbraun mit roft- weißlichen Federrändern. Oft haben manche Außenfahnen der großen Deckfedern mehr oder weniger Roſtroth, bei einzelnen iſt es aber gar nicht vorhanden oder erſcheint nur in ſchmalen Säumen oder in einzelnen Schaftſtrichen. Die Hauptfärbung des Schwanzes iſt zimmtroth— braun, an den beiden Mittelfedern an beiden Fahnen braun, nach den Seiten allmählich ſchmäler werdend, ſo daſs an den äußeren nur die Außenfahne etwa zwei Drittel ihrer Länge dunkel olivenbraun iſt. Die Unterſeite des Flügels iſt lebhaft zimmtroth. Bisweilen, jedoch ſelten, zieht ſich das Olivenbraun der Oberſeite an die Halsſeiten und den Vorderhals herab und macht dieſe Stellen düſter. Ein altes Männchen von Kultuk iſt über die Bruſt mit einer rothbraunen Binde verſehen und hat an den Seiten ebenjo gefärbte ſpatelförmige Flecken, während die ganze Ober— ſeite zimmtroth überlaufen iſt. Ein ſehr ſchönes altes Männchen vom 13. Auguſt, am Uſſuri erbeutet, hat auf der Oberſeite faſt gar kein Roth, iſt jedoch an den Seiten und am Schwanze ſehr ſchön leb— haft zimmtroth und hat rings um die Kehle einen breiten ſchwarzen Streif. Jüngere Vö— gel ſind etwas matter gezeichnet Die alten Weibchen ſind den jüngeren Männchen ähnlich, haben jedoch am Halſe und an der Gurgel (gewöhnlich) viele ſchwarze Flecke, die bei jüngeren Weibchen bisweilen denen der Turdus fuscatus ähnlich, jedoch nie das viele Rothbraun auf dem Hinterflügel haben. (Beſchreibung nach 14 Stück des Muſeum E. F. v. Homeyer und 11 Stück des Muſeum R. Taneré.) Dieſe Art iſt von verſchiedenen Schriftſtel— lern mit ihren Verwandten verwechſelt worden, indeſſen wird die vergleichende Tabelle dies wohl ferner unmöglich machen. Wenn man jedoch be— hauptet, daſs der ſcharfſichtige Pallas dieſelbe nicht erkannt hat, jo iſt dies ein Irrthum. Pallas gibt in jeiner Zoographia Rosso-Asia- tica, Theil II, p. 453, bei Turdus ruficollis, var. 8, eine deutliche Beſchreibung, indem er jagt: „jugulo, pectore, lateribus obsolete ferru- gineis.“ Dies allein genügt, um dieſe Varietät des Pallas mit aller Sicherheit als unſern Turdus Naumanni zu erkennen, weil die Rothhals droſſel in den Flanken niemals Roſtfarbe hat. Pallas hat dieſe vermeintliche Varietät nur ein mal gefunden und hat wohl deshalb dieſelbe nicht als Art, ſondern als individuelle Abände rung betrachtet. ER 0 Middendorff und Radde unterſcheiden dieſe Art nicht von T. ruficollis, ja Radde ver , 4 68 Droſſeln. wechſelt die Naumannsdroſſel auch noch mit T. fuscatus, welche Middendorff ſchon ihres ſcheuen Benehmens wegen trennt. Radde bildet ein außerordentlich ſchönes altes Männchen von T. Naumanni, T. VIII, Fig. a als T. ruficollis ab und gibt auf derſelben Tafel drei Köpfe von Weibchen und jüngeren Vögeln, die ſich, da die weſentlichſten Theile fehlen, nicht mit Sicherheit beſtimmen laſſen. Dagegen tritt v. Schrenk mit voller Entſchiedenheit für die Art auf. In den Nachträgen von Blaſius dem Alteren ſind die Arten auch vermiſcht, was ſich jedoch wohl daraus erklärt, daſs damals die ſibiri— ſchen Droſſeln in den deutſchen, ja europäiſchen Sammlungen noch ſehr wenig vertreten waren. So wenig es uns nun auch für möglich erſcheinen will, dafs bei genauer Kenntnis der Naumannsdroſſel der alte Vogel mit der Rothhalsdroſſel zu verwechſeln iſt, ſo leicht könnte dies bei jungen Herbſtvögeln mit der roſtflügeligen Droſſel vorkommen, wenn man nur wenige Exemplare vor ſich hat. Aus dieſem Grunde iſt es auch nicht möglich, nach den An⸗ gaben der Schriftſteller die in Europa vorge— kommenen hieher gehörigen Vögel zu beſtimmen. Alte Exemplare der Naumannsdroſſel befinden ſich jedoch in den Muſeen von Breslau und Wien. Nächſt der ſchwarzkehligen Droſſel iſt dieſelbe auch in Mitteleuropa, in verſchiedenen Gegenden Deutſchlands, Frankreichs, Belgiens, Italiens und beſonders in Ungarn, Siebenbürgen und an den Karpathen am öfteſten vorgekommen. Das erſte bekannt gewordene Stück erhielt Nau— mann (Vater) im Jahre 1804 von einem Jäger, welcher dasſelbe im November dieſes Jahres in den Dohnen gefangen hatte. Dieſe Wanderung iſt um ſo bemerkenswerter, als die Art weſentlich dem nordöſtlichen Aſien angehört, daher, um zu Mitteleuropa zu ge— langen, ſehr große Strecken durchziehen mufs. Vom Herbſte bis zum Frühjahr iſt ſie in Japan und im nördlichen China zahlreich in großen Flügen verbreitet, ſowohl in der Ebene als auch in den Bergen. Es iſt daher unzweifel— haft, daſs ſie im nordöſtlichen Sibirien und im nördlichen Amurlande zahlreich lebt. Nach den Mittheilungen der Reiſenden, ſoweit die— ſelben ſich auf dieſe Art beziehen, führt ſie ein verſteckteres Leben als die roſtflügelige Droſſel und zieht Nadelhölzer den Laubhölzern vor, be— ſonders im Winter. Über die Fortpflanzung der Art fehlen noch ſichere Nachrichten. Dybowski erwähnt in Cab. Journ. 1876, p. 193 einer eigenen Form, welche nur am Japa— niſchen Meere lebt, die er Turdus abrekianus nennt. Es mußs dahingeſtellt bleiben, ob die wenn auch nur geringen Abweichungen von Turdus Naumanni eine locale Form begründen. 8. Die roſtflügelige Droſſel. Turdus fuscatus, Pall., Zoographia Rosso-Asiatica II.,p. 451 (1811). Turdus Nau- manni, Tem., Man, d’Ornith. IV., p. 604 (1840), nec I., p. 179. Turdus dubius Jaubert et Bar- thélemy, p. 213 (partim). — Turdus fuscatus C. L. Brehm., Vogelfang, p. 161 (1855). Pla- nesticus fuscatus (Pall.), Blyth, Ibis 1866, p. 376. Turdus dubius Dresser, II., p. 63 (nee Bechstein). Roſtflügelige, dunkelbraune, bräunliche Droſſel, Roſtflügeldroſſel, zweifelhafte Droſſel, Lerchendroſſel. Ruſſ.: Drost-chernosoby. Naumann, T. 359; Dreſſer, T. 7; Fritſch, T. 20, Fig. 10; Jaubert und Barth., T. 14, Fig. 1 (nec Fig. 2); Pallas, T. 12. Die roſtflügelige Droſſel hat fol⸗ gende Farben: die Iris iſt rothbraun, der Ober⸗ ſchnabel und die Wurzel des Unterſchnabels gelb (im Frühling); die Füße röthlichbraun. Im Herbſte iſt der Schnabel dunkelbraun. Das alte Männchen im Frühjahr hat die Kehle und den Hals weißgelb, vom Mundwinkel nach der unteren Ohrgegend und vom Kiefern⸗ aſte zur Bruſt ſchmale ſchwarze Streifen; über die Bruſt ein breites ſchwarzes Band, welches zur Unterbruſt und an den Seiten in mehr einzelnen ſpatenförmigen ſchwarzen Flecken aus⸗ läuft. Die Federn, welche dieſes Band bilden, haben nach dem Bauche zu und an den Seiten weiße Ränder, deren Breite nach hinten all⸗ mählich zunimmt. Der Bauch iſt in der Mitte rein weiß. 6 Die Unterſeite der Flügel iſt bräunlichroſt⸗ roth, am dunkelſten von allen Droſſeln. a Im Herbſte befinden ſich an Bruſt und Flanken ſehr breite, ſchneeweiße Federränder, welche bei manchen alten Vögeln die herrſchende Farbe bilden. Die Grundfarbe des Halſes iſt zu dieſer Zeit gewöhnlich blajsgelb. Die Oberſeite iſt ſchwarzbraun, auf Kopf und Hinterhals graulich, mit ſchmalen, oliven⸗ grauen, auf Bürzel und Unterrücken roſtbraunen Federrändern; die Flügeldeckfedern und die Schwingen braunſchwarz, an dem kleinen Ge⸗ fieder mit olivenbraunen Federrändern. Die Mitte des Flügels oft in großer Ausdehnung roſtbraun. Die Steuerfedern ſind braunſchwarz, beſonders an der Unterſeite mit leichtem roſtlichen Schein. Die ganz alten Weibchen ſind den Männ⸗ chen ähnlich gefärbt, haben jedoch auf der Unter⸗ ſeite etwas weniger Schwarz und auf dem Flügel weniger Roſtbraun. Dem jüngeren Weibchen fehlt das Roſtbraun noch mehr oder zeigt ſich nur an den Rändern, den mittleren und hinteren Schwingen, während auf dem Rücken die Feder⸗ ränder einen roſtbräunlichen Schein tragen und das Schwarz der Alten an den Flanken auch in Roſtbraunſchwarz mehr oder weniger über⸗ geht. Bei manchen verſchwindet das breite Bruſt⸗ band der alten Vögel in einzelnen Flecken. Ein⸗ zelne haben auf dem Unterrücken ſchmale roſt⸗ braune Schaftſtriche an jeder Feder. Dr Im Herbſtkleide iſt eine Stelle an der Gurgel ohne Flecken, die Fleckenſtreifen am Kopfe ſind ſehr deutlich und dicht; Bruſt und Flanken haben ziemlich große, dreieckige, rothbraune Flecken an den Spitzen der Federn. (Beſchrei⸗ bung nach 14 Exemplaren des Muſeums E. F. v. Homeyer.) Die Maße ſind folgende: Droſſeln. 69 | | 2 3 a3 S 3 S S Vaterland 30. Mai 5 23 ·038˙512•7 84] 29] Baikal 27. März 7 24239-60130 80) 31] Ascold 26. Mai 8 23˙542˙2 141 8434| Kultuk 24. April 2 24639512 8 81] 3°3| Baikal 19. April | & 2451030131 82] 30| Japan October & 248 38·8012˙5 84] 31] Uſſuri Dieſe Droſſel ſcheint ſehr hart, ähnlich der Wachholderdroſſel zu ſein und derſelben auch in ihrem Betragen ſehr zu ähneln. Sie hält ſich auch wie dieſe gerne frei auf den Spitzen der Bäume und iſt ſcheu. Ihre Stimme iſt hart. Ihr Vaterland iſt das nordöſtliche Aſien und Japan, von wo ſie bisher recht einzeln nach Mitteleuropa gekommen iſt, weit ſeltener als die Naumannsdroſſel, vielleicht weil ſie überhaupt nicht ſo wanderluſtig iſt wie dieſe, vielleicht weil ſie öfter überſehen wurde. Im Winter iſt die Art in China ſehr häufig und in großen Flügen. Über die Fortpflanzung iſt wenig bekannt. Ein Gelege, welches dieſer Art zugehören ſoll und ſich in meiner Sammlung befindet, enthält vier Eier. Dieſelben ſind aus der Gegend des Baikal und auf ziemlich lebhaftem blaugrauen Grunde mit kleinen, ſcharf begrenzten, lebhaften, rothbraunen Flecken regelmäßig bedeckt, jedoch weſentlich kleiner als die Eier des Turdus atri— gularis. Die Maße find folgende: Längsachſe 2:6—28, Querachſe 2˙0 em. Die Eier ſtammen aus ganz ſicherer Quelle von einem berühmten ſibiriſchen Reiſenden, indeſſen war derſelbe über die Art nicht ganz ſicher. In der Form ſind dieſelben den Eiern der Wachholderdroſſel ähn— lich, ſind jedoch kleiner und haben lebhaftere, ſcharf begrenzte Flecken. Auch bei dieſer Art ſind mannigfache Ver— wechslungen vorgekommen. Dies datiert ſchon aus alter Zeit. Der Bechſtein'ſche Turdus dubius iſt nicht allein zu dieſer Art, ſondern auch zu urdus Naumanni und zu Turdus atrigularis gezogen. Ich ſelbſt habe mich dahin ausge— ſprochen, daſs die größere Wahrſcheinlichkeit für dieſe Art ſpreche, aber immer bleibt es nur eine Wahrſcheinlichkeit. Wenn nun Dreſſer in ſeinem großen Werke den Turdus fuscatus als Turdus dubius aufführt, jo kann ich mich damit durchaus nicht einverſtanden erklären, denn einestheils beibt es immer nur eine Wahr— ſcheinlichkeit, keine Sicherheit, und der Turdus dubius iſt ſo viel hin- und hergeworfen worden, daſs der Zweck jeglicher Namengebung, die ſichere Beſtimmung des Ojectes ganz verloren geht. Die Priorität darf doch nicht allein um deswillen geübt werden, um den erſten Autor zu feiern, ſondern die ſichere Beſtimmung bleibt das Hauptmoment. Wäre dies anders, ſo würde ſehr oft die eraſſe Unwiſſenheit die Lorbeerkrone erhalten, wie dies leider vielfach geſchehen iſt, indem Schriftſteller einen Namen gaben, weil ſie die Art nicht kannten. Hier will ich nur Wittek, Gmelin und den famoſen Müller, Überſetzer des Linné'ſchen Werkes erwähnen. Aber auch ein eingeführter Name, wenn er allgemein angenommen wird und mindeſtens 30 Jahre — der juriſtiſchen Verjährungsfriſt — beſtanden hat, darf unter keinen Umſtänden geändert werden. Es iſt eine dringende Noth- wendigkeit, daſs die Naturforſcher ſich hier dem bürgerlichen Geſetze unterwerfen, im dringenden Intereſſe der Wiſſenſchaft. Seebohm (British Museum V., p. 262) hat den Namen von Pallas beibehalten, es ſind daher nicht alle Engländer dem Beiſpiele Dreſſers gefolgt. 9. Die rothhalſige Droſſel. Turdus ruficollis, Pall., Reiſe III., An⸗ hang, p. 694, no. 9 (1776). — Planesticus ruficol- lis (Pall.), Bonap., Cat. Parzudacki, p. 5 (1856). Rothkehlige, roſthalſige Droſſel, Roſthals— droſſel, der Rothhals, die Fichtendroſſel. Engl.: Red-throated Thrush; ruſſ.: Drost erasnosoboy; ital.: Tordo dal, collo rosso; ungar.: vörahenyesnyekü Rigo; böhm.: Drozd rudokrky; froat.: Ridji drozd. Naumann, Vögel Deutſchlands, T. 360; Dreſſer, T. 8; Pallas, Zoogr. Rosso-Asiatica I 23. Die Rothhalsdroſſel hat im Frühjahr den Schnabel gelb mit brauner Spitze, die Iris rothbraun, den Fuß röthlich-weißbraun, die Zehen etwas dunkler. Bei den jungen, beſonders aber den Herbſt— vögeln ſind die Füße mehr braun. Das ganz alte Männchen hat das Vor- dertheil vom Kinn bis zur Bruſt und einen Streifen vom Naſenloch über das Auge braun— roth, bisweilen mit weißgelben ſchmalen Feder— rändern; die übrige Unterſeite weiß mit mehr oder minder leicht olivengrau verwaſchenen Schaft— flecken, die am Unterbauche gewöhnlich ſich über die ganze Feder verbreiten. Vom Unterkiefer— aſte geht zur Bruſt eine ſchmale Fleckenlinie von ſchwarzer Farbe. Die unteren Deckfedern der Flügel find ſchön hochockergelb, welche Färbung ſich jedoch nicht wie bei manchen anderen Arten auf die Unterſeite der Schwingen ausdehnt, ſon— dern dort in einer mehr braunröthlichen Fär— bung erſcheint. Die unteren Schwanzdecken ſind rein weiß. Die Ohrgegend, ein Fleck zwiſchen Schna bel und Auge und die ganze Oberſeite iſt aſch— grau, mehr oder minder leicht mit Olivenbraun überzogen, bisweilen auf dem Oberkopfe an der Mitte der Federn dunklere Flecken. Die Schwungfedern graulich, dunkeloli— venbraun mit ſchmalen weißgraulichen Säumen. Die bräunlich-roſtrothen Steuerfedern haben mit Ausnahme der äußerſten an der Hälfte oder dem Drittel der Außenfahne oliven— braune Streifen; die beiden mittelſten dieſe Färbung ganz oder nur etwas Roſtroth an der Wurzel. Die etwas jüngeren Vögel haben das Roſtroth der Alten mehr in Gelb verblaſst, viele gelbweiße breitere Federränder, auch ge— 79 Droſſeln. wöhnlich noch einen zweiten ſchwarzen Streif funden. Von daher ſtammt auch die große Mehr- vom Mundwinkel unter der Ohrgegend. Ganz alte Weibchen ſind den jüngeren Männchen ähnlich, doch ſind die Ränder der roſtrothen Bruſtfedern gewöhnlich weißgrau, und auf der grauen Unterbruſt haben die Federn olivenbraune Schaftſtreifen oder kleine Flecken. Wie bei den jüngeren Männchen haben die Steuerfedern etwas weniger Roſtfarbe. Manche Weibchen im zweiten Lebensjahre ſind an Hals und Oberbruſt weißlich roſtgelb mit dunkeloliven⸗ braunen Flecken an der Mitte der Federn, bei anderen iſt die Grundfärbung dieſer Theile und des Superciliarſteifens weiß mit leichtem gelb— lichen Schein. Manche alte Männchen, beſonders in der Gegend von Kultuk, ändern von den regel— mäßig gefärbten Vögeln darin nicht unweſent— lich ab, daſs ſie an Stelle des Rothbraun des Vorderhalſes und deſſen Umgebung eine mehr oder minder ſchwarze Färbung an dieſer Stelle haben, die vom röthlichen Schwarz bis zum ſchwärzlichen Rothbraun geht. Dieſe Form iſt hie und da mit der ſchwarzhalſigen Droſſel ver- wechſelt worden, doch bleibt ſie an der vorherr— ſchenden Roſtfarbe der Steuerfedern immer ſicher zu erkennen. Im erſten Herbſtkleide iſt die Oberſeite mehr olivenbraun überlaufen, die Ränder der Flügelfedern ſind breiter und haben bei ein— zelnen eine weißlich-roſtrothe Färbung. Die Federn des Halsgegend ſind zur Bruſt roſtigweiß oder trübroſtbraun, mehr oder weniger dunkel, am Hals und an der Kehle gewöhnlich gelbweiß, nach der Bruſt zu mit breiten, weiß— lichen Federrändern. Die Steuerfedern ſind in der Mitte des Schwanzes dunkel-olivenbraun, und dieſe Färbung verdrängt die Roſtfarbe mehr als bei den alten Vögeln. Sehr ſelten findet fich auf dem Oberkörper, doch — ſo viel mir bekannt — nie an der Unterſeite des Körpers Roſtfarbe mit alleiniger Ausnahme der unteren Flügeldecken. Der Schna— bel iſt im Herbſte braun. (Beſchreibung nach 16 Exemplaren des Mu— ſeum E. F. v. Homeyer und 17 Exemplaren des Muſeum R. Taneré.) Die weſentlichſten Maße ſind: — = 2 — = = > = s S „ 3 3 | Vaterland ea 8 — = + 125:5120°6|13°2| 90) 3°6 & |26°7)42°7113°6| 8°9| 3°3 & 126°2]42°3]13°3| 9°0| 3°5 2| — | — 13˙4 88| 3˙3 Baikal dunkl 5 atka 8 Varietät 132 8°5| 3° 2. April & 2474110134 8:3] 3% 0 125°1141:6113°9| 8°6| 3°3 2.126°0/40 51130] 8°9| 3˙2ʃ Die Rothhalsdroſſel lebt weſentlich im nördlichen Mittelaſien. Am zahlreichſten wurde ſie bisher in der Gegend des Baikalſees ge— zahl derjenigen Exemplare, welche namentlich von Dybowski eingeſendet wurden, indeſſen ſind auch vom Japaniſchen Meere von Herrn Dörries manche eingeſendet. Zur Winterszeit iſt die Art in der Mandſchurei, in Thibet und China zahl— reich gefunden. Soweit man aus den Einſen⸗ dungen der Reiſenden und Sammler urtheilen kann, wird die Art im Amurlande weſentlich durch die Naumannsdroſſel vertreten. Auch in Nordindien und Turkeſtan iſt die Rothhalsdroſſel nicht ſelten. Für Mitteleuropa iſt die Rothhalsdroſſel die ſeltenſte der bisher aufgefundenen ſibiriſchen großen Droſſeln. In Deutſchland ſind bisher drei Stück dieſer Art gefunden worden, wenn man die zuletzt erwähnte als ſicher betrachten kann. Im November 1843 erhielt Gaethke ein Stück auf Helgoland; Mitte October 1836 wurde in der Nähe von Redeburg unfern von Dresden ein junger Vogel gefangen und kam in die Sammlung des Oberſtlieutenant Raabe, der damals in Dresden lebte. Dieſes Stück iſt von Naumann in ſeinen Nachträgen abgebildet. Am 10. November 1866 fand Profeſſor Altum auf dem Markte zu Münſter ein in der Gegend gefangenes junges Weibchen, worüber derſelbe berichtet. Die Beſchreibung iſt jedoch nicht ganz ausreichend, um die Art mit voller Sicherheit zu erkennen, indeſſen läſst die Zeichnung der Steuerfedern an der Unterſeite doch annehmen, dass dieſe Art vorliege. Über die Fortpflanzungsgeſchichte iſt mir nichts Sicheres bekannt. 10. Die ſchwarzkehlige Droſſel. Turdus atrigularis, Temm., M. d'Orn. I., p. 169 (1820); Turdus Bechsteinii J. F. Naum., Vögel Deutſchl. II., p. 310 (1822); Cichloides (T. Bechsteinii, Naum.), Kaup, Natürl. Syſt., p. 153 (1829); Sylvia atrogu- laris (Temm.), Savi, Orn. Tosc. III., p. 203 (1831); Merula atrogularis (Temm.), Bp., Comp. List, p. 17 (1838): Turdus atrigularis (Temm.) Keys. et Blas., Wirbelthiere Europas, p.51 (1840); Planesticus atrogularis (Temm.), Bp., Cat. Parzud., p. 5 (1854); Cichloides atrignlaris (Temm.), Tytler, Ibis, 1869, p. 124. Bechſteinsdroſſel, zweideutige Droſſel, ſchwarzkehliger Ziemer, kleiner Krammetsvogel. Engl.: Black-throated Thrush; frz.: Merle à gorge noire; ital.: Tordo dal petto nero; dän.: Sortstrubet Drossel; ungar.: feketetorkü Rigo; böhm.: Drozd Cernohrdly; poln.: Drozd czarnogardlisty, Jar; kroat.: Crnogrli drozd. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 361, Fig. 1 und 2. — Dreſſer, T. 11. — Fritſch, Vögel Eu⸗ ropas, T. 24, Fig. 19—21. Die ſchwarzkehlige Droſſel übertrifft die Singdroſſel etwas an Größe. Die Iris iſt dunkelbraun; der Schnabel beim alten Männ⸗ chen im Frühjahre oben und an der Spitze des Unterſchnabels dunkelbraun, der übrige Theil des Unterſchnabels gelb, welche Färbung ge— wöhnlich ſich auch am Rande des Oberſchnabels findet; die Füße ſind ſchwärzlichbraun, an den Tarſen fleiſchfarbig durchſchimmernd. Bei Droſſeln. 1 jüngeren Vögeln erſcheint die Färbung etwas lichter, und bei den Weibchen tritt das Fleiſch— roth ſtark hervor. Auch im Herbſtkleide findet ſich eine mehr lichtröthliche Färbung. Das alte Männchen — mindeſtens im dritten Jahre — iſt auf der ganzen Oberſeite erdgrau oder aſchgraulich, mit leichtem olivenfarbenen Schein, am Unterrücken am lichteſten, auf der Mitte der Kopffedern ein braunſchwarzer Fleck. Bei einzelnen ſehr alten Vögeln ſind die läng— ſten oberen Schwanzdeckfedern ſchwarzbraun, gewöhnlich nur wenig dunkler als die Rücken- färbung. Flügel und Schwanzfedern ſind ſchwarz— braun, erſtere am Außenrande und an der Außenfahne der hinteren Schwingen graulich— weiß; die Steuerfedern nur ebenſo geſäumt. Die Unterſeite iſt vom Kinn bis zur Bruſt tiefſchwarz, welche Färbung ſich rings um die Ohrgegend und an den Halsſeiten vom Schna— belwinkel zum Auge hinzieht. Oft geht über das Auge ein ſchwarzer Streifen, und die Ohr— gegend iſt mehr oder weniger von Schwarz überlaufen. Die übrige Unterſeite iſt weiß, an den Seiten mit leicht weißgrauen Federrändern oder Schaftſtrichen, die ſich bisweilen auch als ſehr ſchmale lichte Federränder an anderen Theilen der Unterſeite zeigen. Das Herbſtkleid iſt auf der Oberſeite mehr olivenfarben und hat an den Seiten (Flanken) mehr Grau. Die unteren Schwanzdecken haben dergleichen deutliche Striche an jeder Seite der Feder, die Kehle und der Kopf weiße Feder— ränder. Außer den ſehr hellen ockergelben unteren Flügeldecken findet ſich keine roſtartige Färbung, nur ſehr ſelten iſt an der Unterſeite der äußeren Schwanzfedern ein roſtfarbener Schein. Sehr alte Weibchen ſind den jungen Männchen ähnlich. Die Vögel im erſten Herbſt— kleide haben an Stelle der ſchwarzen Färbung des Halſes und des Kopfes auf lichtgrauem Grunde große ſchwarzbraune Schaftſtriche, die nur an der Mitte der Kehle ganz fehlen und am Kinn durch ſehr kleine Flecken angedeutet ſind. Die Oberſeite iſt dann weniger rein grau, ſondern leicht in Olivenbraun tingiert. (Beſchreibung nach 22 Stück des Muſeum E. F. v. Homeyer und 32 Stück des Muſeum R. Taneré.) Ausmeſſung: 5 2 2 | 2 „ Vaterland ä un 82 D 9 = Frühling | & 138) 9:81 37] Altai + 137 98| 3-6 5 5 14:0) 9°7| 3:6 f 5 13°6| 92] 34] Indien Herbſt |& 135) 9:0) 3:2] Thüringen 9 13•109˙03˙3] Altai 2 13°5| 8°4| 32] Turkeſtan N 13:0| 8-6 3:0 1 | Taneres Die ſchwarzkehlige Droſſel gehört mehr dem weſtlichen Aſien an als die ver- wandten Arten, während ſie im Oſten dieſes Continents von manchen der neueren Reiſenden gar nicht oder recht ſelten gefunden wurde. Sehr zahlreich niſtet ſie am Altai, von wo Tanerés Sammler viele ſchöne Frühlingsvögel, auch ver— ſchiedene Gelege von Eiern einſendeten. Severzow traf ſie häufig in Turkeſtan, wo ſie brütet und überwintert; Blanford fand ſie gemein in Beludſchiſtan im Winter. Aus Nordindien iſt ſie zahlreich einge— liefert, doch brütet ſie dort wahrſcheinlich nicht Radde fand ſie nicht im Kaukaſus, doch Sammler erbeuteten ein Stück in Lenkoran. Von allen ſibiriſchen Droſſeln iſt dieſe Art in Europa, namentlich auch in Deutſchland am zahlreichſten beobachtet, und ſolche Wanderer ſind in den deutſchen Sammlungen von allen ſibiriſchen Droſſeln weitaus am meiſten ver— treten. In Dalmatien; Norditalien (Savi, Salva⸗ dori); Südfrankreich (Jaubert), Nordfrankreich (de la Motte); Finnland (Malmgreen); Däne— mark (Collin); Tirol (Althammer); Prager Markt (Fritſch); Wien (v. Pelzeln); Bayern (Jaeckel); Schleſien (Breslau); Münſter mehr⸗ fach (Altum); Oldenburg zweimal (Wiepken): Mecklenburg zweimal (Muſeum Waren); Greifs— wald (Muſeum); Mark (Fürſt Radziwill zwei— mal); Stettin (Sammlung); St. Burchardi (Heine); Göttingen (Rudolf Blaftus). In meine Sammlung kamen 4 friſche Exem— plare: Pritznow (Kreis Demmin), (Meyer) Sachſen; hieſige Gegend ein altes Männchen im Herbſte und ein Stück aus der Gegend von El— bing. Mit dem hier erhaltenen Vogel war noch ein anderer in den Dohnen gefangen, leider konnte ich denſelben nicht mehr erlangen. Außer dieſen ſpeciell erwähnten Vögeln ſind noch verſchiedene andere vorgekommen. Es wird auch erwähnt, daſs die Art in Württem— berg vor langer Zeit geniſtet habe. Dies iſt jedoch ſehr unſicher. Die Wanderungen dieſer Art ſcheinen ſich in ſehr verſchiedenen Richtun— gen zu bewegen. Ein großer Theil überwintert im weſtlichen Aſien, aber auch ein nicht uner— heblicher Theil bewegt ſich weſtlich bis an das Mittelländiſche Meer, nach Skandinavien und an die Nordſee. Wenn man erwägt, wie wenige Luſt und Kenntnis haben, die gefangenen Droſſeln zu be— achten, darf wohl ſicher angenommen werden, daſs nur ein ſehr kleiner Theil der gefangenen ſeltenen Arten bekannt wird. In der Altaigegend niſtet die ſchwarzkehlige Droſſel nicht ſelten. Nach den Mittheilungen wird das Neſt ähnlich gebaut wie bei den an— deren Droſſeln. Taners erhielt verſchiedene Gelege vom Altai, von denen zwei in meine Samm lung kamen. Dieſelben enthalten je vier Stück und ſind auf blaſs-meergrünem, ziemlich glän zendem Grunde mit kleinen deutlichen lehm rothbraunen Flecken gleichmäßig und dicht be deckt. Die Färbung des Grundes iſt bei beiden ganz ähnlich, die Fleckung zwar in demſelben Farbenton, doch bei dem einen Gelege ein 72 Droſſeln. wenig größer und intenſiver. Die Maße zweier Gelege ſind: Dunkles Gelege: Längsachſe . . . . 3˙4 34 2˙9 2˙8 em Queradje..... 2˙3 2˙2 2˙2 21 Helles Gelege: Längsachſe . . . . 3˙2 31 3:0 3˙0 cm Queradjie..... 22 3 2 IV. Grauflügelige Droſſeln. Zwei einander ähnliche Arten aus Aſien ſind als in Europa vorgekommen erwähnt. Die eine dieſer Arten iſt mehrfach ſicher in Mittel— europa gefunden, über das Vorkommen der zweiten herrſcht weniger Klarheit, was um ſo er— klärlicher iſt, als die Synonymie derſelben auch von neueren Schriftſtellern ſehr durcheinander geworfen iſt und die Namen und die Färbung einander ſehr ähnlich ſind. 11. Die blaſſe Droſſel. Turdus obscurus Lath. Turdus obscu— rus Gm., Syst. Nat. I., p. 816 (1788 ex Lath.); Turdus pallens Pall., Zoogr. Rosso-Asiatica I., D- 457 (1811); Turdus Seyfertitzi, CH: Brehm, Lehrbuch II., p. 972 (1824); Turdus Verneri (Gene, Mem. A. R. Tor. XXXVII., p. 296, pl. 2 (1834 [?]); Turdus pallidus Temm., Man. d’Ornith. III., p. 97 (1835); Turdus modestus Eyton, Proc. Zoel. Soc., 1839, p. 103; Tur- dus dubius, al. ap. Bp., Consp. Gen. Ad. I., p. 273 (1850 nee Bechst.); Planesticus obscu- rus, Bp., Cat. Parzud., p.5 (1856); Geoeichla obscura, Jerdon, Ibis 1872, p. 136. Blaſsbauchige Droſſel, ungefleckte Weindroſſel mit ungefleckter Bruſt. Engl.: Dusky Thrush; frz.: Merle pale; ital.: Tordo pallido; böhm.: Drozd plavy; poln.: Drozd drozdzik ciemny, Tyz.; kroat.: Plavi drozd. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 357; Dreſſer, T. 9; Fritſch, Vögel Europas T. 18, Fig. 11. Die blaſſe Droſſel Hat die Iris roth- braun, den Oberſchnabel und die Spitze des Unterſchnabels hornbraun, den übrigen nl gelb; der Fuß iſt röthlich . Länge 240—243 mm, Breite 385—393, Tarſen 26 bis 27 mm. Das Kinn, ein breiter Streif vom Schnabel bis unter das Auge, ein dergleichen über das Auge bis zum Hinterkopfe, bei einigen eine End— binde an der Innenfahne der erſten Schwinge weiß. Das mindeſtens dreijährige Männ— chen iſt am Vorderhalſe und Kropf chocolate— grau, welche Färbung ſich um die Halsſeiten zum Oberkopf und auch den Nacken zieht, an letzterem einen olivenbraunen Schein erhält und in das ziemlich dunkle Olivenbraun der oberen Körperſeite und der Flügel übergeht. Die Schwung— und Steuerfedern ſind schwärzlich olivenbraun mit lichteren Rändern. Die Weichen matt u braungelb mit Grau gedämpft, die Bruſt- und Bauchmitte ſowie die unteren Schwanzdecken rein weiß. Bei zweijährigen Männchen und den Weibchen iſt der Vorderhals in der Mitte weiß mit einzelne en kleinen Flecken, vom Unterkieferaſte ein breiter olivenbrauner Streif Droſſel, abwärts, die Halsſeiten mit Weiß gemiſcht; die Unterſeite der Flügel hellgrau. Im Herbſtkleide haben die Flügeldeck— federn erſter Ordnung weiße oder roſtweiße an ebenſo die drei kleinſten Schwungfedern. Das Jugendkleid hat auf der Oberſeite ſchmale, kleine, gelbliche Roſtflecken, auf der Unterſeite auf lichterem Grunde, beſonders an Bruſt und Hals ziemlich große ſchwarze Spitzen⸗ flecken. Die von den Sundainſeln und aus Hinter- indien haben gewöhnlich mattere Farben. Die Art lebt von Jakutkſch und dem Baikal ab im öſtlichen Sibirien und geht im Winter zahlreich nach China, nach Thibet, Formoſa, Hinterindien und den Sundainſeln. In Mitteleuropa iſt dieſelbe, wenn auch ſelten, verſchiedentlich vorgekommen, z. B. in Italien, Frankreich, Belgien. Auch in Deutſchland iſt die Art mehrfach gefangen, z. B. in Oſterreich (Wiener Muſeum), in Böhmen (Fritſch), in verſchiedenen Gegenden Norddeutſchlands (Brehm, E. F. v. Homeyer). David und Ouſtalet jagen, dajs die Xebens- weiſe der dunklen Droſſel der unſerer Sing- droſſel ſelbſt in der Stimme ähnlich ſei. Sie lebt auf Bergen. Eine nahe verwandte Art, Turdus palli- dus, vielleicht identijch mit Turdus Werneri Geng, erwähnt Temminck, Manuel d’Ornithologie IV., p. 605. Derſelbe jagt, daſs die Art zweimal in Italien gefangen ſei. Nach der von Temminck gegebenen Beſchreibung iſt die Art nicht zweifel⸗ haft, doch bleibt das Vorkommen derſelben in Europg unſicher. Dieſe Art hat im allgemeinen viel Ahnlichkeit mit Turdus obseurus, doch iſt fie größer, hat einen röthlichen Farben⸗ ton auf der Ober- und Unterſeite, ihr fehlt der weiße Augenſtreif, dagegen haben die beiden äußerſten Steuerfedern große, die dritte eine kleine weiße Spitze. Ihr Vaterland iſt Japan und der öſtliche Theil des Amurlandes. In meiner Sammlung befinden ſich 3 Stück vom Amurlande und aus Japan. Von Turdus obscurus waren bei der Be- arbeitung dieſer Art zur Hand: 7 Stück aus dem Muſeum Taneré, 9 Stück aus dem Muſeum Homeyer. V. Amerikaniſche Droſſeln. a) Große Droſſeln. 12. Die Wanderdroſſel. Turdus migratorius, Linn., Syst. Nat. I., p. 292; Merula migratoria (Linn.), Swains., Faun. Bor.-Amer. II., p. 176; Planesticus migratorius (Linn.) Baird, N. Amer., p. 218 (1858). Amerikaniſche Wanderdroſſel; ſcher Rothvogel; rothbrüſtige Droſſel. Engl.: Robin, Red-breastet Trush; frz.: Grive de Canada, Merle erratique, la Litorne de Canada; ital.: Tordo migratorio; ungar.: vändor Rigo; böhm.: Drozd stehovary; poln.: Drozd wedrowiee; froat.: Drozd selac. Naumann, XIII. „p. 336, T. 362, Fig. 1—3; Fritſch, Vögel Europas, p. 143 (1870). amerikani⸗ Droſſeln. 73 Die Wanderdroſſel gehört zu den größeren Arten der Gattung und ähnelt darin der rothkehligen Droſſel. Sie miſst: Flügel 12˙4, Schwanz 8˙8, Fußwurzel 3˙3, Schnabel vom Mundwinkel zur Spitze 2˙6 cm. Beim alten Männchen im Frühling iſt der Schnabel gelb mit brauner Spitze, der Fuß röthlichhellbraun, die Iris rothbraun. Der Oberkopf, Hinterhals und die Hals— ſeiten ſind bräunlich ſchieferſchwarz, dunkler als der Rücken, bei Weibchen und jüngeren Vögeln mit graulichen Federrändern. Die übrige Ober— ſeite iſt erdbräunlichgrau, Schwung- und Steuer- federn ſchwärzlicherdbraun. Die äußerſte Steuer- feder mit großer, die zweite mit kleinerer weißer Spitze, die dritte mit kleinem weißen Spitzen— fleck. Die Flügel haben weißgraue ſchmale Feder— ränder. Das Kinn iſt weiß, ebenſo der Vorder— hals, doch dieſer mit ziemlich großen ſchwarzen Flecken an jeder Feder. Die unteren Schwanz— decken und der Steiß ſind weiß, die übrige Unterſeite iſt roſtigbraunroth, welche Färbung auch die unteren Flügeldecken einnimmt. Bei den Weibchen und jüngeren Männchen geht das Braunroth der alten Männchen in Roſtgelb über. Im Herbſte haben die Federn der Unter— ſeite graulichweiße, die der Oberſeite graue Ränder. Das Jugendkleid iſt an Kopf und Ober— ſeite mehr braun. Das Gefieder des Rückeus hat große roſtweißgelbe Flecken und ſchwarze Spitzenſäume, auf den Flügeln weißgelbe Schaft— ſtriche und ſchwarze Spitzenflecke; der Unter— rücken und Bürzel auf mehr graulichem Grund matte gelbliche Schaftſtreifen. Die Unterſeite iſt auf roſtweißem oder roſtgelbem, ja roſtbräunlichem Grunde mit ſchwarzen Spitzenflecken der Federn verſehen; Bauch, untere Schwanzdecken, Kehle und Vor— derhals weiß. Dieſe Art lebt zahlreich in den Vereinigten Staaten Nordamerikas und in den engliſchen Beſitzungen bis zum arktiſchen Kreiſe. Sie iſt auch ſüdlicher in Gebirgsgegenden gefunden worden, wie ſie denn auch nicht wähleriſch in ihrem Aufenthalte iſt, der ſowohl in Bergen als auch in Sümpfen fein kann. In ihrem Be- tragen iſt ſie unſerer Wachholderdroſſel ähnlich, ebenſo geſellig und geht im Herbſte in ſehr großen Flügen ſüdlich, bei welcher Gelegenheit ſie auch die Antillen beſucht. Da ſie jedoch auch die im Nordweſten Amerikas befindlichen Inſeln nicht vermeidet, jo wäre es möglich, dafs fie auch Aſien bisweilen beſuche und auf dieſem Wege nach Europa käme. Wie Naumann berichtet, iſt es wahrſchein— lich, daſs fie auf dem Wiener Wildbretmarkte gefunden ſei, doch ſind mehrere ſichere Daten über ihr Vorkommen in Deutſchland vorhanden. Der Fürſt Bogislaw Radziwill erhielt durch Vermittlung eines Händlers ein Stück im Fleiſche, welches in der Gegend von Mei— ningen gefangen und von dem Inſpector Ram— melsberg in Berlin präpariert wurde. Am 31. October 1876 erhielt das Oldenburger Muſeum ein Männchen, welches bei Üpjever in den Dohnen gefangen war, und endlich erbeutete H. Gaethke ein auf Helgoland vorgekommenes Stück. Zeichen vorhergehender Gefangenſchaft waren bei keinem dieſer Vögel zu entdecken. In ihrem Vaterlande niſtet die Wander- droſſel ſowohl in Gärten, kleinen Gehölzen als auch in der Mitte der Wälder. Sie baut ihr Neſt ſowohl an Riegelfenzen, Wurzelwerk und Baumſtümpfen als auch auf Bäume und Sträu- cher und macht zwei Bauten in einer Höhe von 4 bis 60 Fuß. Das Neſt iſt ähnlich wie ein Amſelneſt gebaut und enthält 4 —5 lebhaft grünblaue Eier, welche mehr abgerundet ſind wie die europäiſchen und nordaſiatiſchen Droſſel⸗ eier, auch ziemlich lebhaften Glanz haben. Ein Gelege meiner Sammlung hat fol— gende Dimenſionen: Längsachſe: 28 2˙8 27 Querachſe: 22 22 2˙1 b) Kleine Droſſeln. In Nordamerika gibt es eine Anzahl Droſſeln, die ſich weſentlich durch weit gerin— gere Größe unterſcheiden, in der Färbung aber ſich ſehr nahe ſtehen. Früher nahm man drei Arten an, ſchon ſeit längerer Zeit ſieben, und heute will mancher noch einige Arten mehr unterſcheiden. In der prächtigen Sammlung des Herrn Amtsrath Heine auf St. Burchardi bei Halber— ſtadt befinden ſich Originalexemplare der ſieben Arten. Ich habe auch eine große Zahl kleiner nordamerikaniſcher Droſſeln direct erhalten, fühle mich jedoch außerſtande, alle oder auch nur die Mehrzahl der heutigen Arten ſicher zu unter— ſcheiden, von denen zwei — ſehr einzeln — bisher in Europa gefunden find. In der Form und der Färbung ſtehen ſie unſerer Singdroſſel am nächſten, nur iſt die Unterſeite der Flügel weißgrau oder roſtweißgrau, mit dunklerem Bande; die Größe iſt der unſerer Feldlerche ähnlich. Der ansgezeichnete Ornitholog Herr See— bohm hat im fünften Bande der „Vögel des britiſchen Muſeums“ auch die Gruppe der Droſſeln bearbeitet. Derſelbe ſtellt die kleinen nordamerikaniſchen Droſſeln in Gruppen zu— ſammen, deren Theile er als Subſpecies be— trachtet. Wenn man erwägt, daſs die Droſſeln ſehr zu klimatiſchen und individuellen Abände— rungen hinneigen, und daſs die Herbſt- und Frühlingskleider auch manche Verſchiedenheiten bieten, ſo wird die Grenze dieſer Trennungen wohl kaum zu beſtimmen ſein. So entſchieden wir auch für die artliche Trennung der ſibiri ſchen Arten aufgetreten ſind, ſo wenig können wir für alle dieſe Trennungen ſtimmen. Will man daher die bisher benannten Formen unter— ſcheiden, ſo erſcheint es zweckentſprechend, hier Subſpecies anzunehmen, wenn es auch nicht wünſchenswert iſt, daſs dieſe Art der Unter— ſcheidung zu weit ausgedehnt und das Ge dächtnis mit einem unnöthigen Ballaſt von Namen belaſtet wird. 5 Zu der Gruppe der roſtſchwänzigen Drof ſeln gehören: Turdus Auduboni, die ſich durch bedeutendere Größe auszeichnet, Turdus Pallasi, die wir in Europa gefunden haben, und Tur- dus aunalaschkae, die kleinſte Art. 2˙7 cm 2˙0 " I en 13. Die Pallas-Droſſel. Turdus Pallasi, Cab., Arch. f. Naturg. (1847); Coues, Birds of Colorado Valley I., p. 20; E. F. v. Homeyer, Rhea II., p. 147 (1849); Turdus solitarius, Wilson, Amer. Ornith. V., p. 95 (nec T. XLIII, Fig. 2); Turdus solitarius (Wilson) Naumann; Turdus minor, Degl. et Gerb., I., p. 424; Turdus nanus, Audub., Orn. V., p. 201. Einſame Droſſel, kleine Droſſel, Zwerg— droſſel, roſtſchwänzige Zwergdroſſel, Zwergſing— droſſel, Zwergzippe, Wilſons Droſſel. Engl.: Unalaschka Thrush, Hermit Thrush; frz.: Merle "grivette, Naumann, XIII., p. 272, T. 355, Fig. 1 und 2. Pallas' Zwergdroſſel iſt von Ler— chengröße, hat die Steuerfedern und die oberen Schwanzdecken rothbraun, die unteren Flügeldecken roſtweißlich mit dunkler Binde, die zweite Schwung— feder iſt ungefähr ſo lang als die fünfte. Die Oberſeite iſt olivenbraun, mehr oder weniger mit Roſtbraun angeflogen; der Ober— kopf hat in der Mitte jeder Feder einen dunklen Fleck. Vorderhals, Halsſeiten und Bruſt ſind auf gelblich weißem Grunde mit dunkel oliven— braunen bis ſchwarzen großen Flecken gezeichnet, und die Mitte des Vorderhalſes iſt ohne Flecken und jederſeits durch einen von einer Flecken— reihe gebildeten Streifen eingefaſst. Die übrige Unterſeite iſt weiß, an den Weichen olivenbraun überflogen; die unteren Seiten der mittleren und hinteren Schwingen matt roſtfarben. Im Herbſte hat das Gefieder auf Bruſt und Hals einen gelblichen, auf der Oberſeite einen roſtigen Ton. Die Jungen haben über dem Flügel zwei roſtgelbe Binden. Die Iris iſt rothbraun, der Schnabel an der Oberſeite und an der Spitze braun, an der Wurzel des Unterkiefers gelb, im Herbſte und bei den Jun— gen braun; die Fuß wurzel rothbräunlichweiß; Zehen lichtbraun, im Herbſte und bei den Jungen hellbraun. Flügelſpitze 9'2—9'5 cm. Schnabel vom Mundwinkel 1˙8— 21 cm. Fußwurzel 2˙8—3 cm. Das Vaterland dieſer kleinen Droſſel iſt Nordamerika, wo ſie beſonders gerne in feuchten Gegenden, in kleinen Gehölzen lebt, auch in den Gärten nicht ſelten vorkommt. Sie kommt gegen Mitte April aus dem Süden und verläſst ihre Brutgegend Mitte October. Auch in Europa iſt die Art verſchiedent— lich vorgekommen, doch gewöhnlich als Turdus minor bezeichnet, daher nicht immer ſicher zu beſtimmen. Das Bürgerrecht für Europa erhielt ſie durch den Fang eines ſchönen Männchens in einer Dohne am 22. December 1825 bei Kleinzerbſt (Anhalt) von dem herzoglichen För— ſter Naumann, dem Bruder des berühmten Or— nithologen, welches Naumann in der Iſis 1. e. beſchrieb. Dieſes Stück befindet ſich in der her— zoglichen Sammlung. In der Iſis 1847 erwähnt Graf von der Mühle zwei kleine Droſſeln, welche derſelbe Droſſeln. Turdus solitarius nennt, die jedoch, wie der— ſelbe ſagt, als T. minor aufgeſtellt ſind. Eine ſteht im Naturaliencabinet in Straßburg i. E. und iſt im Schwarzwalde von Herrn Dieß gefangen, die zweite beſaß Herr v. d. Mühle und war in der Oberpfalz in den Dohnen ge— fangen. Herr v. d. Mühle jagt, dafs beide ſich ſehr ähnlich ſeien, und bezeichnet die Färbung des Schwanzes dem der Nachtigall ähn— lich, was ausreicht, um dieſelben von allen anderen kleinen nordamerikaniſchen Droſſeln zu unterſcheiden. Das Neſt iſt niedrig, nach Art der an— deren Droſſeln gebaut und enthält 4—5 Eier, welche in der Längsachſe 2˙2— 23, in der Quer⸗ achſe 17—1˙8 cm meſſen und ähnlich abgerundet wie bei dieſen ſind. Sie haben auch eine ähn— liche Färbung von ſchönem grünlichen Blau, ohne alle Flecken, doch iſt die Farbe noch tiefer und glänzender. Zu der Gruppe der ſingdroſſelartigen kleinen nordamerikaniſchen Arten rechnen wir mit Seebohm: Turdus Swainsoni, Turdus ali- ciae und Turdus ustulatus, welche wir mit dieſem Schriftſteller nur als Subſpecies be— trachten können. Für uns handelt es ſich nur um eine Art, welche bisher in Europa gefunden wurde, doch erſcheint es nicht ſicher, welche der erwähnten Subſpecies beobachtet wurde. Wir nehmen die Stammart an, obgleich es einige Wahrſcheinlichkeit für ſich hat, daſs Turdus aliciae diejenige Form iſt, die man bisher in unſerem Welttheil beobachtet hat. 14. Die Swainſons Droſſel. Turdus Swainsoni, Cab. Tschudis, Fauna, Peru, p. 188 (1846); E. F. v. Homeyer, Rhea II., p. 149 (1849); Turdus solitarius, Wils., Am. Orn. V., p. 95; Turdus Wilsoni (Bonap.), Swainson, Faun. Bor.-Amer.-Birds, p. 182; Turdus Swainsoni, Degl. et Gerb., I., p. 427. Zwergdroſſel, Swainſons Droſſel, einſame Droſſel, Wilſons Droſſel, olivenfarbige Droſſel. Engl. Olive-backet Thrush, Swainsons Thrush, Brown Thrush, Swamp Robin; frz.: merle de Swainson, Grive de Swainson; ital.: Tordo americano. Naumann, T. 355, Fig. 4. Swainſons Droſſel iſt wie Pallas' Droſſel von Lerchengröße. Die ganze Oberſeite iſt grünlich olivenbraun, ohne Andeutung von Roſtbraun; um die Augengegend befinden ſich kleine weiße Punkte; die Unterſeite iſt auf weißem, am Halſe und Kropfe gelblichem Grunde auf Hals und Kropf — mit Ausnahme der Kehle — durch große braunſchwarze Flecken ges zeichnet, die zur Bruſt allmählich kleiner werden und in das verwaſchene Olivengrau der Flanken übergehen. Die Unterſeite der Flügel erſcheint gelblich roſtgrau am kleinen Gefieder, an den Schwungfedern rein roſtgelb, durch ein dunkel olivengraues Band getrennt. Iris rothbraun, Füße lichtbraun, Schnabel ſchwarzbraun, an der Wurzelhälfte des Unterkiefers gelb. Flügel .. . 10 bis 11 em Schwanz 6 „ 6˙5 „ Tarſus ls Droſſelrohrſänger. Bei Vergleichung einer großen Zahl dieſer Droſſeln finden ſich in den Ausmeſſungen Ver— ſchiedenheiten, wie vorſtehende Angaben klar— legen, auch der Ton der Färbung der Ober— ſeite iſt bei den großen (öftlichen) Vögeln dunkler als bei den kleineren weſtlichen. In— deſſen läſst ſich die weſtliche Form (Aliciae) nicht ſcharf trennen, und auch Coues ver— einigt beide. Bei der Bearbeitung lagen 20 Stück aus einer großen Zahl ausgewählter Stücke vor. Das Vaterland der Art iſt das nörd— liche Amerika, von wo ſie im Winter (October) in die Südſtaaten und zu den Antillen, ja ſogar bis Südamerika geht, gegen Ende April zahlreich, aber in kleinen Flügen zurückkehrt. In neuerer Zeit wurde ſie auch im nord— öſtlichen Aſien, u. zw. in der im Weſten Ame— rikas lebenden Form (Aliciae) gefunden. Auch in Mitteleuropa iſt Swainſons Droſſel mehrfach vorgekommen. Ein Stück wurde auf Helgoland von Gaethke geſammelt, ein zweites in Holſtein in den Dohnen gefangen, welches ſich im Hamburger Muſeum befindet, ein drittes im October 1843 von dem eifrigen Forſcher Dubois auf dem Markte von Namur friſch gefunden. Auch in Italien und in Süd— frankreich iſt dieſelbe beobachtet. Die Lebensweiſe dieſer Art iſt der Pallas-Drofjel ähnlich, und ebenſo wie dieſe iſt ſie ein hübſcher Sänger. Sie baut ein droſſelartiges Neſt und legt zweimal im Jahre 4—6 Eier, welche in der Form ähnlich abgerundet wie bei Turdus mi- gratorius find, auch dieſelbe Grundfärbung haben, jedoch mit kleinen deutlichen oder matten rothbraunen Flecken dicht gezeichnet ſind. f E. F. v. Hmr. Droſſelrohrſänger, Acrocephalus tur- doides Meyer. Turdus arundinaceus, Brisson, Orn. II., p. 219 (1760); Turdus arundinaceus, Linn., Syst. Nat. I., p. 296 (1766 ex Brisson); Sylvia turdoides, Meyer, Vögel Liv- u. Eſthl., p. 146 (1815); Muscipeta lacustris, Koch, Syſt. Bayr. Zool. I., p. 166 (1816); Calamo- herpe stagnatilis, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 442 (1831); Salicaria turdoides (Meyer), Keys. et Blas., Wirbelth. Europas, p. 181 (1840); Salicaria turdina (Meyer), Schlegel, Rev. Crit., p. 27 (1844); Calamo- herpe major, Chr. L. Brehm, Vogelfang, p. 2335 (1855); Calamoherpe longirostris, Chr. I.. Brehm, ibid.: Calamoherpe arundinacea (L.). G. R. Gray, Hand-List o. B. I., p. 208, Nr. 2940 (1869). Abbildungen: 1. Vogel. Dreſſer, B. of Europe II., T. 88, Fig. 1 und 2; Naumann, Vögel Deutſchlands, T. 81, Fig. 1. — 2. Eier. Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 29, Nr. 10; Thienemann, Abbildungen von Vogeleiern, T. 21, Nr. 5; Seebohm, A History of british birds I., T. 10. Großer Rohrſänger, großer Rohrſchirf, Rohrſchliefer, Rohrvogel, Sumpfnachtigall, Waſſernachtigall, Fluſsnachtigall, Waſſerweiß— kehle, Waſſerdornreich, großer Rohrſperling, droſſelartiger Sänger, Rohrdroſſel, Bruchdroſſel, Schilfdroſſel, Weidendroſſel, großer Spitzkopf, u a en — — ——e— 75 Rohrſperling, Schlotengatzer, Rohrſproſſer, Karrakinkkink. Böhm.: Räkosnik velky; engl.: Great Reedwarbler; dän.: Rördrossel; frz.: Rousse- rolle turdoide, Rossignol des marais, Carasse, Racasse; holl.: de Karekiet, Rietlijster; ital.: Cannajola maggiore, Silvia rossiecia, Canna- reccione, Re di roussigneui, Crè-erè, Becca- figh gross, Passera di cann, Ricch e pover, Passera cannera, Cannette, Pässera canne- lera, Passra canäria, Lusgnol da val, Canna- röl, Foracanele, Canaröna, Canevelön, Selega canarona, Celega palugäna, Canelon, Passara palugana, Passara canaröl, Re di Rusignul, Beccafigom, Fraschettöm, Roussignouloun, Ruscigneu lumbardo, Cannajolone da padule, Rossignolone, Beccafino, Rosignolo marino, Fucetolone, Facedua gross, Re de li Becca- fichi, Acidduzzu di caccia nova, Turdu, Baal. Baghal; froat.: Trstenjara drozdovica; poln.: Trzeiniak drozdowka; jpan.: Moscareton, Rusinyol d’aygua, Chinchafoes, Carrisalero; ungar.: rigo Zener (nadi Rigo). Der Droſſelrohrſänger, den wir nach Meyer und den meiſten ornithologiſchen Schriftſtellern, wie Temminck, Boie, Naumann, Kaup, Méns⸗ tries, Brehm, Leſſon, Gould, Bonaparte, Creſpon, Keyſerling und Blaſius, Nordmann, Werner, Kjaerbölling, Sundevall, Jaubert und Barthélemy-Lapommeraye, Degland und Gerbe, Loche, Heuglin, Döderlein, Salvadori, Fallon, Shelley, Seebohm u. a. m., auch turdoides nennen und nicht arundinaceus, wir er von Briſſon urſprünglich und zuerſt beſchrieben, ſpäter von Linns bezeichnet und in neuerer Zeit namentlich von Dreſſer benannt wurde, iſt der europäiſche Vertreter der von Seebohm als Subgenus Acrocephalus unterſchiedenen Gruppe der größeren droſſelartigen Rohrſänger. Dazu gehören fünf Arten: 1. australis (Auſtra— lien), 2. longirostris (Auſtralien), 3. stentoreus (Weſt⸗ und Centralaſien und öſtliches Afrika), 4. orientalis (Oſtaſien, ſüdlich bis zu den Sundainſeln, Molukken ꝛc.) und 5. unſer tur- doides. Derſelbe kommt brütend vor in Central— und Südeuropa, bis Nordperſien und Turkeſtan, Paläſtina und Kleinaſien hin und in Nord— afrika, und zieht im Winter bis Südafrika, wo er an der Weſt- und Oſtküſte beobachtet wurde. Sein nördlichſtes Vorkommen als Brutvogel ſind die Inſeln am Eingange des Golfes von Riga und in Ruſsland das Thal der Wolga, in Südſchweden und England kommt er nur verflogen einzeln vor. 5 Der Vogel iſt zu erkennen an der auffal— lend kurzen erſten Schwinge, der Innenein— ſchnürung der zweiten und Außeneinſchnürung der dritten Schwinge, der gelblichroſtgrauen Oberſeite, dem deutlichen hellen Augenſtreifen und der roſtgelblichweißen Unterſeite. Totallänge . . .. 19˙8 em Flügellänge .. 95 „ Schwanzlänge .. 80 „ Tarſus 2, Schnabel * [77 (& 12./5. 1877. Braunſchweig, M. brunsv.) Der Schnabel iſt ſehr kräftig, droſſelartig, der Oberkiefer der Firſte nach leicht gebogen, 76 Droſſelrohrſänger. mit der Spitze den Unterſchnabel ſchaufelförmig überragend, kurz vor der Spitze deutlich, faſt rechtwinkelig hakenförmig eingeſchnitten. Die Flügel ſind lang, zugeſpitzt, die 3. Schwinge bildet die Flügelſpitze. Die 2. Schwinge iſt auf der Innenfahne, die 3. auf der Außenfahne bogig eingeſchnürt: 3 ,⏑‚ , > P Die 1. Schwungfeder iſt auffallend kurz, ſie überragt die längſten der unteren Flügeldeckfedern nicht und iſt circa 5—8 mm kürzer als die oberen Handflügeldeckfedern. Die Flügel ragen über die Mitte des Schwanzes hinab bis zum Ende der oberen Schwanzdeck— federn. Der Schwanz iſt mittellang, ſtufen— förmig verſchmälert, die äußeren Federn faſt I em kürzer als die mittleren. Die Läufe, Zehen und Krallen ſind ſehr kräftig und ſtark. Altes Männchen. Oberſeite gelblich-xoſt⸗ grau, mit einem leichten olivenfarbigen Anſtrich, der auf dem Bürzel etwas heller wird. Schwin— gen und Schwanzfedern braun, mit ſchmalen helleren Säumen an den Schwingen. Unterſeite weißlich mit bräunlich-gelblichem Anfluge an den Rumpfſeiten, dem Bauche und den unteren Schwanzdeckfedern, braungraue Schwanz- und Schwungfedern, letztere mit leicht roſtgelblichem Saume der Innenfahne und lichter roſtgelb— lichen unteren Flügeldeckfedern. Kopfſeiten bräun— lich mit einem deutlichen helleren lichtbraunen Streifen von der Schnabelbaſis über dem Auge hin. (5 12./5. 1877. Braunſchweig, M. brunsv.) Altes Weibchen im Frühjahre gleicht dem alten Männchen faſt vollſtändig, nur iſt der roſtgelbliche Anflug auf der Unterſeite noch deutlicher ausgeprägt, namentlich auch auf der Mittelbruſt. (J 15./6. 1876. Braunſchweig, M. brunsv.) Der junge Vogel zeichnet fi) durch ſtärker bräunlich gefärbte Oberſeite und ſtärker hellbräunlichgelb angeflogene Unterſeite aus, nur die weiße Kehle hat dieſelbe Farbe wie bei den alten Vögeln. Der Schnabel iſt hornbraun, an der Baſis des Unterſchnabels hellbräunlichgelb. Die Iris iſt braun, im inneren Kreiſe heller, gelblich— braun. Die Läufe ſind hellbräunlich, die Zehen und Krallen dunkelbraun. (Außer den beiden genannten Exemplaren benützt: 3. 3 22./5. 1876, Braunſchweig; 4. & von demſelben Tage; 5. 5 aus Algier, ſämmt— lich aus M. brunsv.) Die großen Rohrſänger treffen im Früh— jahr in Oberitalien, Iſtrien und Dalmatien ſchon in der erſten Hälfte April, ja zuweilen bereits im März ein, in Süddeutſchland Ende April, in Norddeutſchland meiſtens anfangs Mai; ſie ziehen nachts, meiſtens einzeln oder zu wenigen Individuen zuſammen und halten ſich auch auf dem Zuge faſt nur im Rohre an Teichen und Flüſſen auf. Bei Braunſchweig langen ſie meiſtens an, wenn das Rohr 1½ bis 2 Fuß aus dem Waſſer emporgeſchoſſen iſt, ſo daſs ſie ſich kaum darin verbergen können. Sehr bald, wenn das Rohr in einer Länge von circa Um über das Waſſer hervorragt, ſchreiten ſie zur Brut. Das Männchen ſingt unermüdlich, ſofort nach der Ankunft läſst es ſein lautes Lied erſchallen. Sie brüten, wenn ſie nicht geſtört werden, in der Regel nur ein- mal, die volle Eierzahl findet man in Nord- deutſchland meiſtens Ende Mai, die Zeit der Bebrütung dauert 14—15 Tage, die Jungen ſitzen 1% Tage im Neſte und verlaſſen dann dasſelbe, an den Rohrſtengeln auf- und ab- kletternd. Das Gelege beſteht in der Regel aus 5, ſeltener 6 Eiern, bei jüngeren Weibchen zu— weilen aus 4 Eiern; dieſelben ſind von länglich— ovaler Form, Längsdurchmeſſer durchſchnittlich 238mm, Querdurchmeſſer 16˙9 mm, Dopphöhe 1mm. Auf lichtgrünlicher Grundfarbe find dieſelben mit zahlreichen kleineren und größeren grünlichbraunen Flecken und ſpärlicheren, etwas tiefer liegenden größeren grünlichgrauen Flecken verſehen, die beide häufig am ſtumpfen Ende dichter ſtehen und eine Art Kranz bilden. Die Schale iſt glanzlos, das Korn fein und flach, die Poren ſehr vereinzelt. Das Neſt ſteht faſt ohne Ausnahme im Rohre, u. zw. meiſtens 2—3 m vom Rande des Röhrichts entfernt, meiſtens an der Seite desſelben nach dem Waſſer zu, durchſchnittlich ½% m über dem Waſſerſpiegel entfernt, jo hoch, dass dasſelbe durch plötzliches Anſteigen des Waſſers nicht zerſtört wird. Dasſelbe iſt zwiſchen 4—56 Rohrſtengel eingeflochten, iſt viel höher als breit, ſtark und dickwandig und oben am Rande etwas einwärts gebogen; es beſteht aus Grashalmen, Grasblättern, Baſt— fäden, die nach innen zu feiner werden und mit feinen Würzelchen oder einzelnen Pferde— haaren nach innen ausgekleidet ſind. Das Neſt iſt in der Regel ſehr kunſtvoll gebaut; in Jahren, wo das Rohr während des Neſter— baues noch ſtark und zuweilen ungleichmäßig wächst, kommt wohl eine ſchräge, ſchiefe Zer— rung des oberen Neſtrandes vor. In ſehr ſeltenen Fällen habe ich bei Riddagshauſen das Neſt auch ca. 20—25 Schritte vom Waſſer entfernt im Gebüſch zwiſchen Zweigen in der Art des Baſtardnachtigallenneſtes angelegt ge— funden, es ſind dies aber ſehr ſeltene Aus— nahmen. — Die Eltern hängen mit treuer Liebe an ihrem Heim und ihrer Brut, ſie ver- tragen es ſehr wohl, wenn man einzelne Eier wegnimmt, und legen häufig ruhig weiter, wenn die erſten 2 oder 3 Eier genommen wurden. Im Juli ſind die Jungen meiſtens vollſtändig flugfertig, Ende Auguſt und anfangs September verlaſſen ſie uns wieder; in den letzten Wochen ihres Hierſeins verhalten ſie ſich ziemlich laut— los, jo daſs man glaubt, ſie hätten uns ſchon viel früher verlaſſen. Um ſo lebhafter und lauter ſind ſie bald nach ihrer Ankunft im Frühjahr. Das Männ⸗ chen ſingt von Morgen bis Abend, zuweilen auch die ganze Nacht hindurch. Da ſie gerne geſellig leben, wenigſtens an kleineren Teichen zu 3—4 Paaren, an größeren alle 40 bis 50 Schritt des Teichrandes ein Paar (in Jah- ren, wo ſie ſehr häufig ſind), dabei aber jedes Paar auf ſeinem ganz beſtimmt abgegrenzten Reviere, ſo entſteht ein fröhlicher Sangeslärm, indem ein Männchen das andere zu überbieten . 9 c — a ein eigenthümliches klägliches Droſte-Hülshoff. ſucht und im Rohr und von der Waſſerfläche der Geſang wiederhallt. Dabei ſitzen ſie am Tage nicht ſehr lange an einer Stelle, ſuchen ſich meiſtens einen hohen Sitz an der Spitze eines Rohrſtengels oder im Weidengebüſch aus und wechſeln dieſen oft. Nachts bleiben ſie lange auf demſelben Fleck. Merken ſie Gefahr, ſo verſchwinden ſie geſchickt kletternd nach unten in das Rohrdickicht, ſingen aber unermüdlich weiter. Der Geſang klingt: Kärre, Kärre, Kärre Dorre, Dorre, Dorre — Karre, Karre, Karre — Kai, Kei, kei, kei — Karra, Karra, king, king. — Wenn derſelbe auch nicht die Spur von ſchönen flötenden Tönen hat und durch ſein Quietſchen und Knarren gewiſſermaßen an das Quacken der Fröſche erinnert, ſo heimelt er mich doch außerordentlich an. Durch die luſtige, unermüdliche Art und Weiſe, wie der Geſang vorgetragen wird, ſpricht er an. Das Männchen geberdet ſich dabei, als wenn der ganze Teich ihm gehörte, mit hochaufgerichtetem Kopfe, hängenden Flügeln, ausgebreitetem Schwanze, aufgeblaſener Kehle ſträubt und glättet es abwechſelnd die Scheitelfedern, ſträubt zuweilen auch das übrige Gefieder, jo daſs es viel größer ausſieht, als es in Wirklichkeit iſt, und ſchmettert ſein knarrendes Lied laut hinaus in den ſonſt nur von Waſſergeflügel, ſchnat— ternden Enten und Gänſen, ſchreienden Bläſs— hühnern bewohnten Rohrwald. Stundenlang habe ich mit dem größten Vergnügen dieſem unermüdlichen Muſikanten zuhören können, wenn ich als Knabe mit Freund A. Nehrkorn auf den Teichdämmen bei Riddagshauſen meine ornitho— logiſchen Ausflüge machte. Die Lockſtimme iſt ein ſchnalzendes tiefes Tack oder Zatſch und ein eigenthümliches Knarren, etwas dumpfer und gröber als bei der Nachtigall. Wenn man ſich dem Neſte nähert, ſo kommen beide Eltern bis auf wenige Schritte an den Störenfried heran und ſtoßen ſchäkerndes Geſchrei aus, ähnlich wie die Würger, wenn man ſie ihrer Brut berauben will. Die Jungen haben, ſo lange ſie mit den Alten ziehen und gefüttert werden, eine hellere, quäkende Stimme. Häufig legen bei uns die Kuckucksweibchen ihre Eier in die Neſter des großen Rohr— ſängers. Die Nahrung beſteht in allerlei Inſecten, die über dem Waſſer im Rohre leben. Sie erhaſchen dieſelben nicht im Fluge, ſondern im Sitzen und Laufen, indem ſie vorſichtig, ohne zu ſtark zu rütteln, an den Rohrſtengeln auf⸗ und abklettern. Iſt das Rohr bei ihrer Ankunft noch nicht hoch genug, ſo revieren ſie in den naheliegenden Gebüſchen nach Nahrung umher. Nach Naumann ſollen ſie auch ſchwarze Holunderbeeren und Faulbaumbeeren freſſen, wenn dieſelben in der unmittelbaren Nähe der Teiche wachſen. — Jedenfalls ſind ſie durch ihre reichliche Inſectennahrung als unbedingt nütz— liche Vögel zu betrachten, die in jeder Beziehung R. Bl. zu ſchützen ſind. Droſte-Hülshoſf, Ferd. Frhr. v., geboren den 16. Februar 1841 (als das zehnte Kind 1 des Freiherrn Wern. Conſt. v. Droſte-Hülshoff 77 und der Caroline, geb. Freiin v. Wendt- Papenhauſen) auf Haus Hülshoff bei Münſter in Weſtfalen, wo er auch die erſten Jugend— jahre verlebte. Schon als Knabe zeigte er ein lebhaftes Intereſſe für die Natur, ganz bejon- ders für die Vogelwelt, deren heimiſche Ver— treter er bereits mit dem zwölften Jahre genau kannte. 1856 kam Droſte auf das Gymnaſium nach Münſter. Gelegentlich eines im Frühjahr 1858 in der Nähe der Stadt ausgebrochenen Brandes leiſtete er, obgleich durch einen Sturz in einen Bach ganz durchnäſst, die Nacht hin— durch hilfreiche Hand, zog ſich dabei aber in— folge heftiger Erkältung einen anhaltenden Huſten und den Beginn eines Lungenleidens zu. Ein Blutſturz am 17. Juli, der ſich im folgenden Jahre wiederholte, veranlaſste ſeinen Austritt aus dem Gymnaſium und den Ent— ſchluſs, ſich ausſchließlich den Naturwiſſenſchaften zu widmen, wozu ganz beſonders die Bekannt— ſchaft des damals in Münſter lebenden Pro— feſſors Dr. B. Altum beitrug, der mit der Droſte'ſchen Familie befreundet war. Schon 1862 begegnen wir einigen intereſſanten Auf— ſätzen aus ſeiner Feder über Wald- und Waſſer— ſchnepfen in der von Altum und Michelis redi— gierten Zeitſchrift „Natur und Offenbarung“. Der Beſuch des Bades Soden im Taunus ſowie ein einjähriger Aufenthalt an den Schwei— zer Seen beſſerten ſeinen Geſundheitszuſtand erfreulich, worauf er ſich nach der Nordſeeinſel Borkum begab, deren reiches Vogelleben ihn nicht nur feſſelte, ſondern auch Stoff zu mehr— fachen Arbeiten bot. Hier war es auch, wo er mit J. H. Blaſius zuerſt zuſammenkam und ſich für die Folge mit ihm befreundete, welcher auch auf Droſtes wiſſenſchaftliche Ausbildung und ſeine ganze Geiſtesrichtung den weſent— lichſten Einfluſs ausübte. Häufige Reiſen nach verſchiedenen Theilen Europas brachten ihn in nähere Berührung mit vielen Gelehrten, und ein längerer Aufenthalt in Württemberg führte zu einem engeren An— ſchluſſe an Rich. Baron v. König-Warthauſen. Als im Sommer 1870 der Krieg gegen Frankreich ausbrach, war Droſte in Ausübung ſeiner Pflicht als Johanniter auf den Schlacht— feldern thätig und erhielt in Anerkennung ſeiner Verdienſte das eiſerne Kreuz zweiter Claſſe. Seine ohnehin ſchwache Geſundheit erhielt durch die vielen Strapazen, denen er ausgeſetzt war, den letzten Stoß, von welchem er ſich nicht mehr zu erholen vermochte. Eine während des Som— mers 1871 nach Süditalien unternommene Reiſe ſchadete ebenfalls, und ſein nachheriger Aufent halt in Tirol und Süddeutſchland brachte nur geringe Beſſerung. Wenn auch wiſſenſchaftlich noch immer thätig, verſchlechterte ſich doch Droſtes Zuſtand ſtetig, bis ein heftiger Blut ſturz, dem in letzterer Zeit mehrere vorange gangen waren, ihn am 21. Juli 1874 von ſeinen Leiden erlöste. 5 . 7 Von Droſtes Arbeiten iſt in erſter Linie fein Werk: „Die Vogelwelt der Nordſeeinſel Borkum“ (Münſter 1869, 8., 389 pp., mit einer Tafel und Karte) hervorzuheben, welches Zeug nis gibt ebenſowohl ſeines vorzüglichen Beol 78 achtungs- und Schilderungstalentes als auch ſeiner genauen Literaturkenntunis, welche bei Angabe der geographiſchen Verbreitung der von ihm erwähnten Arten zur Geltung kommt. Außerdem veröffentlichte er verſchiedene orni— thologiſche Arbeiten, auch Überſetzungen aus dem Schwediſchen, Däniſchen und Holländiſchen in „Cabanis' Journal für Ornithologie“, in den Berichten über die Verſammlungen der „Deutſchen Ornithologengeſellſchaft“, die Droſte von 1868 bis 1873 herausgab und redigierte, im „Zoo— logiſchen Garten“ und in der „Illuſtrierten Jagd— zeitung“, deren erſter Jahrgang (1874) ſeine letzte Arbeit „Das gemeine Feldhuhn“ enthält, welche auch ſeparat erſchienen iſt. An Ehrenſtellen bekleidete Droſte ſeit 1868 die Stelle eines Geſchäftsführers, bezw. Präſi— denten der „Deutſchen Ornithologengeſellſchaft“, er war Director der zoologiſchen Section des „Weſtfäliſchen Provinzialvereines“, correſpon— dierendes Mitglied der „Zoological society of London“, Ehrenmitglied der „Senkenberg'ſchen Geſellſchaft“ in Frankfurt a. M. und der „Oſt— frieſiſchen naturforſchenden Geſellſchaft“ in Emden. v. Tſch Druck, ſ. Gasdruck. Th. Drücken, verb. trans. und reflex. I. trans., der Hund ein geſchoſſenes Wild beim Apportieren, ſelbes quetſchen. „Drücken . . . der Hühnerhund drückt, wenn er das Ap- portierte zu feſt hält und dadurch quetſcht.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 490, VI., p. 232. — Hartig, Lexik., p. 131. II. reflex., von allem Wilde: ſich am Boden, auf einem Aſte u. ſ. w. flach niederlegen, um nicht geſehen zu werden; auch einfach für nicht aufſtehen, auffliegen wollen‘; vgl. ſtecken. „Drücken [nennt man es wann ſich ein Haaſe | oder Thier gantz auff die Erde nieder leget und den Kopf nieder beuget umb nicht geſehen zu werden.“ Joh. Täntzer, der Dianen Hohe und Niedere Jagt-Geheimbnüß, Kopen— hagen 1682, fol. 11. — „Die Raub-Vögel, vor welchen fie (die Rephüner) ſich drücken.“ Fle— ming, T. J. I., fol. 49 b. — „Drücken wird ges ſagt, wenn ein Thier, beſonders aber der Haaſe, ſo man vorüber gehet, ſich drücket, in der Mey— nung, daſs man es nicht ſehen möge.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 96. — Onomat. forest. I., p. 504. — „Wenn ſich wilde Thiere über die Erde oder über einen Aſt hinſtrecken, um ſich vor Men— ſchen oder Raubthieren zu verbergen, ſo ſagt man: ſie drücken ſich.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 96. — Behlen J. c. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 71. — „Selbſt wenn ſie (die Mutter, das Edelthier) verſcheucht wird, entfernt ſie ſich nie weit und trachtet durch fin— gierte Flucht den nahenden oder eingebildeten Feind über den Aufenthalt des Kalbes zu täuſchen, welches ſich inzwiſchen drückt.“ R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 34. — Grimm, D. Wb. II., p. 1447. — In geänderter Bedeutung von der Gemſe: „Drücken thut ſich das Gems— wild, wenn es ſich vor dem hohen Schnee mehr in die tieferen Lagen zieht.“ F. C. Keller, Die Gemſe, p. 494. — Sanders, Wb. II., p. 323 a. Druck. — Druckformen. 2 Frz. se blotter, se raser, fpec. von Rebhühnern se motter. E. v. D. Drücker, der. J. der Abzug (ſ. d.) am Gewehr. „Drücker heißt der zum Losſchießen eines Gewehres an— gebrachte Stift.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 499, VI., p. 210. — Hartig, Lexik., p. 131. — Frz. la detente. II. der Abzug an einem Eijen; jelten. „Auch nennet man denjenigen Theil am Ber- linereiſen, der auf die Schnellſtange drückt, den Drücker.“ Behlen J. e. — Grimm, D. W. II 7 p. 1448. — Sanders, Wb. I., p. 324 a. E. v. D. Druckſigur, Druckbild, Phosphem, heißt die bei mechaniſcher Erregung der Seh— haut (durch Druck, Stoß) zur Wahrnehmung kommende ſubjective Erſcheinung. Kur. Druckformen. Unter Druckform oder Druckmodel, auch kurzweg Model verſteht man eine Platte, auf deren Oberfläche eine Figur, ein Muſter, ein Deſſin hervorragend angebracht iſt, jo daſs dieſe Zeichnung von der— ſelben zum Abdruck gebracht werden kann. Die Aufertigung der Druckmodel iſt ein Zweig der Holzſchneidekunſt und wird Model— ſtecherei oder Formſchneidekunſt genannt. Die Model dienen zum Aufdrucken der Farben (auch ätzender Subſtanzen) auf gewebte Stoffe und auf Papier, finden daher in der Kattundruckerei, bei der Wachsleinwandfabri- cation und der Erzeugung von Tapeten, Bunt- papier und Spielkarten Verwendung. Die zu Druckmodeln beſtimmten Holztafeln werden gewöhnlich aus drei, zuſammen 30 bis 80 mm dicken, in ihrem Faſerverlauf ſich kreu— zenden Holzſchichten, die ihrerſeits häufig aus 12—18 mm breiten Stäbchen beſtehen, zujammen- geleimt. Die oberſte Schichte iſt Birnbaum- oder Buchsbaumholz von ca. 12—13 mm Dicke. Die beiden unteren Schichten beſtehen aus Tannen-, Linden- oder Pappelholz. Nachdem die oberſte Fläche recht eben ab— gehobelt, mit der Ziehklinge abgezogen und mit Bleiweiß in Leimwaſſer angerieben dünn be— ſtrichen iſt, wird der Deſſin durch Abpauſen (Kalkieren) von einer Zeichnung übertragen und mit Bleiſtift nachgezogen. Bezüglich des Aufpauſens der Zeichnung iſt zunächſt zu bemerken, dajs — da das Dri- ginal gewöhnlich in mehreren Farben ausge— führt iſt und ſo viele Model angefertigt werden müſſen, als verſchiedenartige Farben in der Zeichnung enthalten ſind — die Contouren jeder einer Farbe entſprechenden Stelle auf eine Platte aufgepaust werden müſſen. N Damit das richtige Paſſen ſtattfindet, ſind am Originale Paſspunkte, Puncturen vor⸗ handen, an welchen Stellen ſpäter Paſsſtifte in die Model eingeſchlagen werden, damit jeder an der richtigen Stelle aufſitzen gemacht werden kann. Statt des Aufſpannens wird auch folgender Weg eingeſchlagen. Man macht ſich vom Original eine Copie aller Contouren, tränkt die Copie mit Ol und Firnis, legt dieſelbe aufs Original und zeichnet die Orte der einzelnen Farben durch verſchiedene Schraffen oder durch Anlegen an. Dieſes Blatt wird dann verkehrt auf ſo viele Platten aufgelegt, als verſchiedene Farben Druckpunkte. — Drüſenthätigkeit. 79 vorkommen, und die Zeichnung durch Über— klopfen mit einem leichten Hammer mit polierter Bahn auf das Holz übertragen. Alles, was vertieft ſein muss, wird theils mit dem Meſſer herausgeſchnitten, theils mit kleinen Eiſen, als: Flacheiſen, Grundeiſen, Hohl— eiſen, herausgeſtochen. Des Meſſers bedient man ſich hauptſächlich zum Einſchneiden der Umriſſe, der Eiſen zum Herausheben der Holztheile. Die Tiefe des Ausſchnittes beträgt 2—3 mm, kann aber bei großen Flächen bis zur nächſten, unteren Holzſchichte reichen, die dann mit einem Olfarbenanſtrich geſchützt wird. Enthält die Zeichnung feine Linien oder kleine Punkte, die in Holz ausgeſchnitten theils ſehr mühſam zu verfertigen wären, theils gar zu leicht brechen würden, ſo bildet man dieſelben aus Meſſing, ſelten aus Kupfer, u. zw. die Linien aus Blech, die Punke aus Draht. Nach— dem das Holz auf eine Tiefe von 3—4 mm entfernt, das Meſſingblech in der gehörigen Breite zugeſchnitten und mit einer Zange oder in einer Stanze richtig gebogen wurde, feilt man die untere Kante ſchneidig zu, treibt das— ſelbe mit dem Hammer ins Holz, nachdem man vorher mit einem Schlageiſen oder Hohleiſen die entſprechende Furche gebildet hat. Runde Punkte entſtehen durch Anwendung gewöhn— lichen runden Drahtes, ſternförmige, mond— artige ꝛc. durch Fagçondraht. Zum Einſchlagen der Drahtſtifte, picots (zum Picotieren) dient, damit dieſelben ſich nicht biegen, eine Punze aus Eiſen oder Meſſing (Picotiereiſen, Stiftenſetzer, Drahteiſen), in deren unterſten Theil der Draht gerade hineinpaſst, u. zw. in jener Länge, als derſelbe aus dem Holze hervorragen ſoll. Dadurch wird erreicht, daſs alle Stifte gleich hoch ſtehen. Dickere Stifte ſchlägt man in ein vorgebohrtes Loch, das mit einem Centrumbohrer hergeſtellt wurde. Auch für Fagondraht bohrt man runde Löcher vor. Formen, auf welchen ein großer Theil der Zeichnung aus Punkten zuſammengeſetzt iſt, nennt man Stippelformen. Nach Vollendung der Form werden die ſämmtlichen Meſſingtheile mit einer flachen Feile vorſichtig abgeglichen und zur völligen Berichtigung mit einem Handſchleifſteine abge— ſchliffen. Man läſst ſie indes über das Holz hervorragen, da beim Gebrauch der Form das Holz durch die Näſſe der Druckfarbe anqguillt, ſich erhöht und daher ſonſt höher zu liegen kommen könnte als die Metallbeſtandtheile, was ein ſchlechtes Abdrucken zur Folge hätte. Nicht ſelten werden Formen ganz in Meſſing ausge— führt, z. B. zu Monogrammen 2c. Die Richtigkeit des Models wird dadurch eprüft, daſs man den mit Farbe überzogenen odel auf der Unter-, d. h. Rückſeite der Pauſe zum Abdruck bringt und das Übereinſtimmen der Contouren vergleicht. Dort wo die Stippel ſehr dicht ſtehen muſsten, ſogar in größeren Flächen allein die Contouren des Muſters bilden, wendet man mit Vortheil gegoſſene Druckformen an, zu deren Herſtellung man ſich der Modelſtech— maſchinen bedient. Er. 7 Druckpunkte ſind beim preußiſchen Zünd— nadel- und bei den dieſem nachgebildeten Ge— wehren an dem wagrechten Arm des knie— hebelartigen Abzuges auf der oberen Fläche angebrachte (2 oder 3) kleine Erhöhungen, welche beim Abziehen ſich gegen die Verſchluſsgehäuſe— wand legend das Abdrücken erleichtern, bezw. den Schützen auf den Moment des Löſens des Schloſſes vorbereiten und ſo ein rechtzeitiges (bejonders gemeinſchaftliches) Feuer gewähr— leiſten ſollen. Th. Druckſchraube iſt ein ſeltener gebrauchter 1 0 für Klemmſchraube oder Bremsſchraube d Lr. Druckſinn, ſ. Taſtſinn. Lbr. Druckſorten, j. Correſpondenz. v. Gg. Drühe oder drü, die, auch druch, der, ahd. und mhd. — Wildfalle, von driuhen — fangen. „Mit drühen jouch mit striche be— sueich er die hasen vil dicche.“ Geneſis, Fundgruben II., p. 36. — „Ez wirt vil tiere in drühen und in stricken oft ersnellet ...“ Der Hardegger, Bartſch, deutſche Liederdichter, 2. Auflage, p. 290. — „Mit dräuhen wilt vähen . . Urkunde v. J. 1255, Monumenta Wittelsbacensia, 59, 33. — „druch.“ Lohen— grin 2626. — Meleranz 11.782. — Ebernand v. Erfurt, Heinrich und Kunigunde, hrsg. v. Bechſtein, v. 4749. — „Ein zobil als er wart in einer drüch gevangen ...“ Athis und Prophilias, hrsg. v. W. Grimm, p. 148. — „Drauche. domit man die wolf greifet oder vahet.“ Vocabularius theut.-lat., Nürnberg 1482. — Graff, Ahd. Sprſch. V., p. 254 — Benecke und Müller, Mhd. Wb. I., p. 40a. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 470. E. v. D. Drühen, richtiger driuhen, verb. trans., mhd. — Wild mit Fallen fangen; davon der drüher = Jäger, welcher Fallen ſtellt. „Unde wo ein druwer ist in deme Budinger walde, der gedruwet hat oder druet, der hat dye rechtin hant verlorn...* Weisthum des Büdinger Reichswaldes vom Jahre 1380, Grimm, Weisth. III., p. 430. — „Wär er auch das man einen druher begriffe an wahrer thate, dem soll man die hand abschlagen...“ Weisthum des Lorſcher Wildbaunes vom Jahre 1423, ibid. I., p. 465. — Benecke und Müller, Mhd. Wb. I., p. 401 b. — Lexer, Mhd. Wb. I., p. 466, 471. E. v. D. Drummond'ſches Licht Siderallicht) wird erhalten, wenn man die Flamme des Knallgas gebläſes auf einen Kreidekegel leitet. Letzterer glüht dann im intenſivſten Lichte. Man benützt dieſes Licht zur Beleuchtung mikroſkopiſcher Gegenſtände (Hydrooxygengasmikroſkop) und als Signallicht auf Leuchtthürmen. v. Gnu. Drüſen, j. Secrete. Hg. Drüſencapillaren, ſ. Drüſen und Gefäß— ſyſtem. Kur. Drüfenendkapfeln, j. Nervenendigung. Kur. Drüſengewebe, j. Drüſen. Kur. Drüſenmagen, Vormagen, j. Proventri- eulus, Kur. Drüſenröhren nennt man die langgeſtreckten Drüſenſchläuche der Hoden und Nieren. Kur. Drüfenthätigkeit. Die Drüſen ſind wie alle anderen Organe des Körpers ebenfalls von 80 Zellen gebaut, und man bezeichnet die die charakteriſtiſchen Drüſenfunctionen ausführenden Zellen als „ſpecifiſche“ Drüſenzellen. Die Drüſen liefern ein Product, welches von ſeiner Bildungs- ſtätte, der Drüſe, fortgeführt wird und bei dieſer Gelegenheit ſpecifiſche Functionen voll— führt oder bloß ausgeſchieden wird, wie dies 3. B. beim Harn der Fall iſt. Die Producte der Drüſenthätigkeit, bei manchen als „Drüſenſecrete“ bezeichnet, ſind zunächſt zweierlei Art; entweder werden Zellen produciert oder Flüſſigkeiten — die Drüfenjecrete. Bei den Zellen erzeugenden Drüſen bleiben entweder dieſe Zellen nach der Erzeugung am Leben, wie dies bei den von den Hoden erzeugten Sper— matozoiden, den von den Eierſtöcken erzeugten Eiern, den von den verſchiedenen Arten von Lymphdrüſen erzeugten Lymphkörperchen z. B. der Fall iſt, oder es gehen die Zellen eine ſog. „regreſſive“ Metamorphoſe ein, ſie zerfallen, und die Maſſe der zerfallenen Zellen bildet das Drüſenſecret; ſo tritt bei den in den Talgdrüſen erzeugten Zellen die fettige Degeneration ein, und die aus den zerfallenen Zellen gebildete Maſſe iſt der Hauttalg, das Secret der Talg— drüſen. Bei den Flüſſigkeiten ſecernierenden Drüſen zerfällt entweder ein beſtimmter Theil der ſecernierenden Zelle, und das Zerfallsproduct miſcht ſich der abgeſonderten Flüſſigkeit bei und bildet den ſpecifiſchen Beſtandtheil des Secretes, wie dies Heidenhain bei der Bauchſpeichel— drüſe nachgewieſen hat, oder aber es bleibt die ſecernierende Zelle vollſtändig intact bei der Secretion der Flüſſigkeit, wie es bei der harn— bildenden Niere der Fall iſt. Bei einem Theile der Drüſen hat man den Einfluſs von Centralorganen des Nervenſyſtems nachweiſen können, bei den übrigen aber nicht, die von den Centren zu den Drüſen laufenden Nervenfaſern, die „Seeretionsfaſern“, find jo wie die motoriſchen, zu den Muskeln verlaufenden Nervenfaſern natürlich centrifugale Faſern; ſie können bei derſelben Drüſe aber verſchiedener Art ſein, die Speicheldrüſen beſitzen z. B. zweierlei Arten von Gecretionsfajern. Während jedoch die quergeſtreiften Muskeln in ihrer Thätigkeit voll— ſtändig von ihren motoriſchen Faſern abhängig ſind, iſt dies bei den Drüſen nicht der Fall, indem ſie auch unabhängig von den nervöſen Centren functionieren können. Lbr. Dryadinae Günther, Natterbaumſchlangen, Subfamilie der Colubridae; ſ. Syſtem der Kriechthiere. Kur. Dryobates Boie = Picus Linné. — Dryo- bates major Boie, j. großer Buntſpecht; — D. minor Gray, ſ. kleiner Buntſpecht. E. v. D. Dryocoetes Eichhoff*). Gattung der Fa⸗ milie Scolytidae, Gruppe Tomicini (Borfen- käfer), Ordnung Coleoptera (Tetramera). Füh⸗ lergeißel 5gliedrig, Keule rückſeitig verhüllt, an der Spitze ſchief abgeſtutzt, ſchwammig. Schie- nen breit gedrückt, ihre Außenkante abgerundet, gekerbt. Halsſchild gleichmäßig ſchuppenartig gehöckert; die Baſis nicht erhaben gerandet. Vorderhüften durch deutlichen Bruſtfortſatz ge— trennt. Flügeldeckenſpitze ohne erhabene Ran⸗ * Berliner entomologiſche Zeit. 1864, p. 38. — Derſ., Die europäiſchen Borkenkäfer, Berlin 1881. Dryadinae. — Dryocoetes. dung ). Ausſchließlich Rindenkäfer. 5 Arten, davon 4 an Laubhölzern, 1 Art an Nadel- bäumen. Nachſtehend die Charakteriſtik der Arten: 1. Punktierung der Punktreihen und Zwi⸗ ſchenräume nahezu gleich ſtark, daher die Flügeldecken zum Theil faſt unregel⸗ mäßig punktiert erſcheinend. Flügeldecken faſt ohne Behaarung, quer⸗ runzelig, Punktierung grob, die Reihen fait verſchwindend; Nahtſtreifen am Ab⸗ ſturze ſchwach punktiert geſtreift. Länge 2—2'5 mm. Dr. aceris Lindem. 2. Flügeldecken mit ſchütterer Behaarung; Punktierung fein, weitläufig; Reihen un⸗ deutlich; Abſturz ſteil; Längseindruck neben der Naht, breit, flach, glänzendglatt, Länge 1'7—2 mm. Dr. coryli. Perris. 1. Punktierung in den Zwiſchenräumen be⸗ deutend feiner und weitläufiger als in den Reihen. 3. Abſturz einfach, aber ziemlich hoch ab⸗ gewölbt, ohne vertieften Nahtſtreifen; Naht faſt eben; Zwiſchenräume der Punktſtreifen breit, mit feiner, reihiger Punktierung. Behaarung lang, aber nicht dicht. 3—4 mm. Dr. autographus Ratz. 3. Nahtſtreifen beſonders gegen die Spitze zu merklich vertieft, daher die Naht er⸗ haben vortretend. Punktierung der Flügeldecken grob und tief, beſonders in den Punktreihen; Zwiſchenräume ſchmal; Nahtſtreifen fur⸗ chenartig, am Abſturze verbreitert, Be⸗ haarung ſehr lang und dicht. Länge 2˙3 bis 3 mm. Dr. villosus Fbr. 4. Punktierung der Flügeldecken in den Zwiſchenräumen ſehr fein, reihig; in den Streifen bedeutend gröber; Behaarung ſehr ſchwach. Länge 2—2˙3 mm. Dr. alni Georg. Dryocoetes aceris (Ahornborken⸗ käfer) von Profeſſor Lindemann in Moskau in fingerdicken, morſchen Zweigen von Acer platanoides entdeckt, fertigt bis 23 em lange, tief im Holz liegende, unregelmäßige Längs⸗ gänge; ohne forſtliche Bedeutung. Dryocoetesalni Georg, Erlenborfen- käfer (Bostrychus alni Georg; Bostrychus Marshami Rey; Dryoc. alni Eichh.), bebrütet nach Eichhoff Alnus glutinosa; ich erhielt den Käfer ſammt Brutobjecten im Jahre 1862 durch einen mir befreundeten Akademiker aus Mariabrunn zugeſchickt, wo er im dortigen. botaniſchen Garten einen Weißerlſtamm (Alnus incana) tödtete. In Steiermark fand ich ihn ebenfalls an Alnus incana brütend. Brutgang⸗ form ſehr veränderlich, aber faſt ausnahmslos 0 * längsläufig; öfters gegabelt oder breit darm⸗ *) Eine der Gattung Dryocoetes naheſtehende Gat⸗ tung, Coecotrypes dactyliperda F., ſei hier erwähnt als die einzige Tomieinenart, deren Entwicklung in Frucht⸗ kernen (der Datteln und Betelnüſſen) erfolgt. Der kleine 2—2’5 mm lange Käfer gehört dem heißen Afrika und Oſt⸗ indien an und gelangt mit der Ware nicht ſelten ſogar noch lebend nach Europa. Er iſt eiförmig, hinten einfach abgerundet, die Flügeldecken ſehr dichtreihig, das Hals⸗ ſchild dicht höckerig punktiert. Dryocolaptes. — Dübel. ähnlich, an den Brutgang von Hillastes pal- liatus erinnernd, mit zapfenartigen ſeitlichen Erweiterungen und Einſchnürungen. Länge der Brutgänge zwiſchen 25 und 6 em; nur ſchwach den Holzkörper berührend; Larvengänge vereinzelt, längsläufig; Puppenwiege in der Rinde. Flugzeit (Steiermark) Mai. Genera- tion (2). Als Vertilgungsmittel Anwendung von Fangbäumen. Dryocoetes autographus Rtzb. (Bo- strychus Ratz.), Zottiger Fichtenſtockholz— borkenkäfer. Vorkommen an allen unſeren Nadelhölzern; immerhin aber wird Fichte vor— gezogen. Mit Vorliebe ſind es (an gefälltem Holze) die unteren dickborkigen Partien des Wurzelſtockanlaufes und Stockholz ſelbſt. Nach Eichhoff auch gemeinſchaftlich mit Hylastes cunicularius in Wurzelſträngen; er kommt aber auch nicht ſelten, mit anderen Rindenbrütern zuſammen, in den oberen Stammtheilen bis zu den erſten Aſtanſätzen vor. Brutgänge ohne beſtimmte Richtung; meiſt etwas geweihartig, kurz, breit; Eierkerben fehlend; die Eier haufen— weiſe in den Buchtungen, daher (wenigſtens zu Anfang) keine getrennten Larvengänge. Stehen- des, lebendes Holz ſcheint der Käfer gänzlich zu meiden; daher kaum von irgend forſtlicher Bedeutung. Dryocoetes coryli Perris (Bostry- chus), Haſelborkenkäfer. Vorkommen Süd— frankreich, Thüringerwald, Rheinpreußen, Weſt⸗ falen, an Haſel; von Eichhoff auch an Weiß— buche (Carpinus betulus) in anbrüchigem, ſchwä— cherem Reiſig und Aſtholz. Wenn der von mir an einem 1 em dicken Haſeläſtchen leider ohne Inſecten im Ennsthale gefundene Brutgang zu D. coryli gehört, dann läge nicht ein Quergang (Eichhoff), ſondern ein dem D. alni täuſchend ähnlicher Längsgang vor. Forſtlich ohne Be— deutung. Dryocoetes villosus Fabr. (Hyle- sinus Fbr., Bostrychus Ratz.), Zottiger Eichenborkenkäfer. Vorkommen in Eichen; Castanea vesca; bebrütet nur die dickborkigen Stammpartien, daher ausſchließlich an alten Eichen oder am Stockholze friſch gefällter Stämme. Muttergänge unregelmäßige und un— rein gearbeitete, 5—8 em lange Quergänge; nach Eichhoff mitunter auch Sterngangform annehmend; Larvengänge zahlreich, faſt aus— ſchließlich im Rindenkörper, nur den Baſt durch— ſetzend, aber weit ausgreifend; Verpuppung im Rindenkörper. Seine forſtliche Bedeutung ſcheint noch nicht hinreichend feſtgeſtellt zu ſein. — Ich fand eine an der Straße von Grein nach Klamm (Oberöſterreich) zur Fällung gebrachte, jchon nahezu abgeſtorbene Eiche dicht mit den Bruten von villosus beſetzt, und die Frage, ob der Käfer die Urſache des Abſterbens oder ob umgekehrt das Anfliegen eine Folge des Abſterbens, ſcheint mir in dieſem Falle nicht ſpruchreif. Hſchl. Dryocolaptes Gloger = Dryocopus Boie. g E. v. D. Dryocopus, Boie, Gattung der Familie Spechte, Picidae, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa nur eine Art: Dryocopus martius Linné, Schwarzſpecht. E. v. D. 81 _ Dryocosmus Giraud, Gallweſpengattung, ſ. Cynipidae. Hſchl. Dryophanta Förster, Gallweſpengattung, j. Cynipidae. Hſchl. Dryopicus Malherbe = Dryocopus Boie. E. v. D. Dryophidae Günther, Oxycephalicus D. B., Peitſchenſchlangen, Familie der Colubrina in- nocua, ſ. Syſtem der Kriechthiere. Knr. Dryopithecus Lartet, ausgeſtorbene an- thropomorphe Affengattung aus dem Miocän. Kur. Dryospiza Keyserling und Blasius — Serinus Koch. — Driospiza serinus Ca- banis, ſ. Girlitz. E. v. D. Dryoteras Förster — Biorhiza West- wood, Gallweſpengattung, j. Cynipidae. Hſchl. Dryotomus Swainson == Dryocopus Boie. E. v. D. Dualin iſt ein in den Handel gebrachtes Sprengmittel, das aus 30 Theilen Nitrogly— cerin, 30 Theilen feinen Sägeſpänen und 20 Theilen Kaliſalpeter beſteht. v. Gn. Dualiſtiſche Theorie (Binärtheorie). Nach dieſer Theorie faſste man die Salze als aus zwei Sauerſtoffverbindungen beſtehend auf, u. zw. als eine Verbindung eines Anhydrides der Baſis mit einem Anhydrid der Säure, und gab z. B. den Sulfaten die atomiſtiſche Formel MeO.SO, und nannte ſie ſchwefelſaure Metalloxyde, indem die Säureanhydride, z. B. SO,, als eigentliche Säuren angenommen wur— den. Dieſe Annahme ſtützte ſich hauptſächlich darauf, daſs die Salze aus den Anhydriden gebildet werden können, und dafs bei der Elek— trolyſe einiger Salze an der Kathode die Baſis, an der Anode die Säure zum Vorſchein kommt. Abgeſehen davon, daſs dieſe Berufung ſehr anfechtbar iſt, kann die dualiſtiſche Theorie ent— weder mit unſeren Moleculargewichten oder mit unſeren Atomgewichten nicht in Einklang gebracht werden. v. Gn. Dübel, ſ. Döbel. Hcke. Dübel, Dippel, Diebel, Döbel, Düb- bel. Unter Dübel verſteht man meiſt runde, ſeltener vier- oder ſechskantige, entweder cylin— driſch, prismatiſch oder von der Mitte aus koniſch zulaufende Holzſtücke (in dem letzteren Falle an den Enden zugeſpitzt), die zur Ver— bindung von Holztheilen oder einzelner Hölzer unter einander dienen. Das zur Verwendung kommende Holz iſt häufig Buche, ſeltener Fichte. i Gewöhnlich geſchieht die Verbindung mit Dübeln in der Weiſe, daſs die Kanten der zu verbindenden Stücke abgehobelt, ſtumpf geſtoßen und geleimt werden. Bevor jedoch die beiden Theile durch Leimen mit einander verbunden werden, bohrt man in Entfernungen von 300 zu 300 oder 400 zu 400 mm Löcher, in denen ein runder Zapfen (Dübel) bis zur Hälfte ein geleimt wird, während die andere Hälfte beim Bujammenfügen in ein gegenüberſtehendes Loch des zweiten Theils eingreift. Fi Bei Verbindung von Balken zum Schutze gegen Verſchiebungen z. B. in den Decken ver wendet man Dübel oder Dippel, welche quadra tiſch, 15—18 em lang, 2½ em im Gevierte Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ und Jagdwiſſenſch. III. Bd. 6 82 haben, gegen das Ende zu verjüngt und zuge- ſpitzt ſind. Dieſelben werden in Entfernungen von ca. 2m alternierend eingetrieben, jo daſs nicht zwei Dübel an denſelben? Querſchnitt treffen, ſondern ca. Am von einander entfernt ſind. Ein Leimen findet dabei nicht ſtatt. Die in dieſer Weiſe abgeſchloſſenen Decken oder Böden werden „Dübel- oder Dippelböden“ benannt. Das zur Verwendung gelangende Holz— material iſt Schwarzföhre, Buche oder Eiche. Die hiebei verwendeten Dübel werden mei— ſtens nicht maſchinell erzeugt, ſondern einzeln geſchnitten. Die cylindriſchen Dübel hingegen werden am leichteſten und regelmäßigſten mit dem Dübel⸗ oder Döbeleiſen verfertigt. Dasſelbe iſt ein] If ⸗förmiges Eiſen, deſſen ſenkrechte Arme in ſpitzige Angeln enden, welche in einem Holz— klotz ſtecken. Auf dem wagrechten Querſtücke ſind mehrere größere und kleinere ſcharfrandige hohle Cylinder mit aufwärtsſtehender Schneide an⸗ gebracht. Das zu verarbeitende Holz wird in ent— ſprechender Länge abgeſchnitten und durch Spalten bis zur gewünſchten Dicke gebracht. Man treibt dann ein Stück nach dem anderen, indem man es mit der Hirnſeite auf die € Schneide ſtellt und mit einem Hammer bearbeitet, durch. Damit die Schneide nicht durch einen Hammer- ſchlag beſchädigt wird, ſetzt man, ehe noch das erſte Holzſtück vollſtändig durchgetrieben iſt, das zweite auf. Dadurch, daſs die ſcharfe Kante des Cylin⸗ ders alles Holz, welches über den Rand hinaus ſteht, entfernt, erhalten die unten herausfallen⸗ den Stifte, die Dübel, eine völlig runde, cylin— driſche Geſtalt. Karmarſch⸗Hartig, Handbuch der mechani— ſchen Technologie, Baumgärtners Buchhandlung, Leipzig 1875. Karmarſch und Heeren, Techni⸗ ſches Wörterbuch, Prag 1877, Verlag der „Bohemia“. Er. Ducatenfalter, deutſcher Name für Po- lyommatus virgaureae L. (Tagſchmetterling). Hſchl. Duckhütten ſind Häuschen im Wiener⸗ walde, in welchen ärariſche Holzhauer wohnten und noch wohnen. Als der Holzbedarf Wiens zu ſteigen begann, ließ man ſeinerzeit Holz— arbeiter aus Salzburg, Bayern und Schwaben kommen, um dem einheimiſchen Gewerbe und Ackerbau die Arbeitskräfte nicht zu entziehen. Dieſen Arbeitern wurden Unterſtandshütten (Duckhütten) angewieſen. Als durch Vermehrung des Arbeiterſtandes das Bedürfnis nach dem anfangs eingehaltenen Modus nicht mehr vor— handen war, überließ man den überflüſſig ge— wordenen Duckhüttlern die Hütten ſammt Gründen, jedoch nur auf Widerruf und ohne ſie an die „Gewähr“ zu bringen. Die Hüttler ſcheinen hiefür Abgaben und die Pflicht, im Bedarfs- falle ein Maximalquantum von Holz aufzu⸗ arbeiten, übernommen zu haben. Nach dem Er- ſcheinen des Tractatus de juribus incorporalibus (1696) wurden die Duckhütten in das Ruſtical⸗ grundbuch der Waldamtsherrſchaft Purkersdorf eingetragen und verloren dadurch ihre Dominical- eigenſchaft. Das Waldamt verlor im Laufe der Zeiten durch Verjährung das Eigenthumsrecht an den Hüttengründen und anerkannte dieſe Ducatenfalter. — Ductus deferens. Thatſache durch Abforderung des ſog. Aus⸗ ſchreibegeldes von 6 kr. per Kopf als Grund- buchgebür. Die Bewohner der Duckhütten ge- noſſen viele Beneficien, wie z. B. unentgeltlichen Holz⸗ und Weidegenuſs, Unterſtützung in air | nad) der A. H. Reſolution vom 18. Juni 1681) eine heitsfällen u. ſ. w., und mussten dafür gewiſſe Menge Holz billiger hacken und aus⸗ bringen. Ende des XVIII. Jahrhunderts wurden ſie auch von dieſer Verpflichtung befreit; der unentgeltliche Bezug von Brennholz wurde 1776 eingeſtellt und dafür den wirklich Armen das auch heute noch beſtehende Sammeln von Klaub⸗ holz gegen Licenzſcheine geſtattet. — In der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts ſiedelten ſich im Wienerwalde — gegen Bewilligung — wiederum Perſonen an, die ſich der Holzarbeit widmen wollten, indem ſie auf ärariſchem Grunde in der Nähe der Schläge Hütten er- bauten. Die Bewohner dieſer Hütten ſind zu ärariſchen Holzarbeiten verpflichtet und dürfen ohne Genehmigung der Forſtbehörde die Duck— hütten weder veräußern noch umändern. Vielen dieſer Duckhüttler wurde allgemach der Dud- hüttengrund käuflich überlaſſen; es ſind dies die jog. begwährten Duckhüttler oder Kleinhäusler. Die hiebei regelmäßig für das Forſtärar be⸗ dungene und intabulierte Servitut, daſs das Kleinhaus nur an einen dem Arar genehmen Holzarbeiter verkauft werden dürfe, wird in letzterer Zeit nicht mehr geltend gemacht. — Durch die Errichtung von Duckhütten entſtanden dem Arar auch mancherlei Unannehmlichkeiten, welche in Beſchädigung des Waldeigenthumes beſtanden. Demgemäß trachtet man nach Be⸗ ſeitigung oder wenigſtens Umbildung des Duck⸗ hüttenweſens. Die Duckhütten erſcheinen in neuerer Zeit durch die Errichtung von ärariſchen Forſt⸗ arbeiterhäuſern überflüſſig. Um nun ſowohl den Intereſſen des Forſtärars als denen der Dud- hüttler gerecht zu werden, wurden von den im Jahre 1872 vorhandenen 199 Duckhütten jene 51 ausgeſchieden, welche theils wegen ihrer iſo⸗ lierten Lage, theils wegen ihrer Unentbehrlichkeit für Unterbringung der zum Schwemmbetriebe nöthigen Klausknechte, abſolut erforderlich ſind und daher allmählich eingelöst werden ſollen, wogegen die übrigen, entbehrlichen Duck⸗ hütten ſammt dazu gehörigen landwirtſchaft⸗ lichen Grundſtücken an die Beſitzer gegen mäßige Entſchädigung überlaſſen werden. Ende 1880 verblieben noch 141 Duckhütten, von denen 47 zur Belaſſung und 94 zur Freigebung beſtimmt waren. Nach Schindlers „Staats- und Fonds⸗ üter“, welchem wir hier folgen, ſoll Ende 1882 dasſelbe Zahlenverhältnis beſtanden haben. Der jüngſte Bericht des Ackerbauminiſteriums (bis Ende 1880 reichend) ſpricht die Hoffnung aus, daſs der Abſchluſs der Verhandlungen über die 94 zur Freigebung beſtimmten Duckhütten „in nicht ferner Zeit zu gewärtigen ſei“. Mcht. Ductus Arantii, j. Gefäßſyſtem. Kur. Ductus Bartholinianus, Bartholiniſche Gang, ſ. Unterzungendrüſe. Kur. Duetus Cuvieri, ſ. Gefäßſyſtem. Kur. Ductus deferens, vas deferens, Same gang, ſ. Samenleiter. Kur. Ductus ejaculatorius. — Dumme Lumme. 83 Ductus ejaculatorius, d. exeretorius, Ausſpritzungscanal, Endabſchnitt des Samen— leiters (ſ. Ge ſchlechtsorgane). Kur. Ductus 25 tneri, Gartner’fche Gänge, die bei dem weiblichen Geſchlechte verkümmerten, beim männlichen zu Samenleitern werdenden Wolff'ſchen Gänge. Kur. Ductus Muelleri, Müller'ſcher Gang, ein beim Männchen verſchwindender oder doch ver— kümmernder, beim Weibchen zum Eileiter wer— dender Gang (neben dem Urnierengang) im Em- bryo der amphirrhinen Vertebraten. Kur. Ductus Nuckiani, Nucki'ſche Gänge, drei bis vier kleine Ausführungsgänge der Augen— höhlendrüſe (glandula orbitalis). Kur. Ductus Rathkei, Rudimente des Müller- ſchen Ganges bei Männchen. Knr. Ductus Riviniani, Rivinis Gänge, die Ausführungsgänge der Unterzungendrüſe (glan- dula sublingualis). Kur. Ductus thoracicus, Milchbruſtgang, Blut— lymphgang, der Hauptſammelſtamm des Lymph- gefäßſyſtemes. Knr. Ductus Whartonianus, Whartonianiſcher Gang, der Ausführungsgang der Unterkiefer— drüſe (glandula submaxillaris). Knr. Ductus Wirsungianus, d. pancreaticus major, großer Hauptausführungsgang der Bauchſpeicheldrüſe. Kur. Duftbock (Biſam⸗, Moſchusbock), deutſcher Name für Aromia (moschata). Sl. Duhamel du Monceau Henri Louis, ge— boren 1700 in Paris, geſtorben 23. Auguſt 1782 daſelbſt, ſtudierte Jurisprudenz und erwarb ſich in Orleans die Würde eines Licentiaten, lebte aber ſpäter nur ſeinen wiſſenſchaftlichen Neigungen, welche ihn zu den Naturwiſſen— ſchaften, namentlich zur Botanik hinzogen. Er wurde Marineinſpector, Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften in Paris (1728) ſowie zahl— reicher anderer gelehrter Vereine und machte ausgedehnte wiſſenſchaftliche Reiſen namentlich in den franzöſiſchen und engliſchen Küſten— gegenden. Duhamel war ein eminent praktiſcher Ge— lehrter, und ſein Name glänzt in faſt allen Ge— bieten der angewandten Naturwiſſenſchaft, bei ſeinen Forſchungen hatte er vor allem die Ver— wertung derſelben für Wiſſenſchaft, Handwerk, Gewerbe und Kunſt vor Auge. Duhamel machte eine Reihe wertvoller Experimente und Beob— achtungen und bearbeitete eine große Reihe forſtwiſſenſchaftlicher Fragen auf Grund ſeiner Naturkenntnis, ſeine Specialität war Anatomie und Phyſiologie der Holzgewächſe, er hat auch mächtig auf die Entwicklung der deutſchen Forſtwirtſchaftslehre eingewirkt, nicht nur die Forſtcameraliſten des XVIII. Jahrhundert ver— dankten ihm den beſten Theil ihres forſtlichen und namentlich ihres forſtbotaniſchen Wiſſens, ſondern auch die jog. „Holzgerechten“, nament- lich J. G. Beckmann haben ihn viel benützt. Seine auf das Forſtweſen bezüglichen Schriften ſind: Traité de la culture des terres suivant les principes de M. Tülle, 1750—1762, 6 vol.; Traité des arbres et arbustes, qui se eultivent en France en pleine terre, 1755, 2 vol.; La physique des arbres, 1758 (jein Hauptwerk); Des semis et plantations des arbres et de leur culture, 1760: De l’exploi- tation des bois, ou moyen de tirer un parti avantageux des taillis, demi futayes et hautes futayes, 1764, 2 vol.; Du transport, de la con- servation et de la force des bois, 1767. Bei dem damaligen Stand des Bildungs- grades der deutſchen Forſtmänner wären Du- hamels Schriften denſelben vollſtändig unzu⸗ gänglich geblieben, wenn nicht Olhafen von Schöllenbach, Waldamtmann der Stadt Nürn⸗ berg, die wichtigſten derſelben vortrefflich ins Deutſche überſetzt hätte. Schw. Dulcamarin, C22 Hz 010, iſt das Glykoſid in den Bitterſüßſtengeln (Solanum dulcamara). Amorph, löslich in Waſſer und Alkohol, von bitterem, dann anhaltend ſüßem Geſchmack, durch Bleieſſig fällbar. Heiße verdünnte Säuren ſpalten es in Glykoſe und eine harzartige Maſſe, das Dulcamaretin, C6 H 2606. v. Gn. Dulcit, Co I. Oe, eine dem Mannit ijo- mere und ſehr ähnliche Subſtanz im Kraute von Melampyrum nemorosum. v. Gn. Dullack, ſ. Dohle. E. v. D Dumme Summe, die, Uria troile Linne; — Uria lomvia Brünnich, Ornith. bor. 27: — Colymbus troyle, Linné, Fauna suecica, 52; — Uria norvegica und leucopsis, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl, 983: — Uria californica Coues, Proceed. acad. Philadelphia 1868; — Colym- bus minor Gmelin; — Uria leucophtalmos Faber; — Uria minor Stephens: — Uria intermedia Nilsson; — Catarractes troille Bryant; — Alca lomvia Schlegel; — Uria hringvia Keyserling et Blasius. Dumme, dünnſchnäbelige, graue Lumme, Troillumme, Lumbe, Trottellumme. Frz.: Guillemot troile; engl. Common Guillemot; holländ.: Zeekoet; dän.: Langnae- bet Teiste; farber.: Lomvia; isländ.: Langnefia. Langvia; noriweg.: Lomvia, Spidnaebbet Alke; ſchwed.: Sillgrisla. Silldopping. Abbildungen: Naumann,? XII., T. XII, 1—3. — Eier: Gräſsner, Fig. Za und b. Die dumme Lume beſitzt etwa die Größe der Schnatterente, iſt aber plumper gebaut als dieſe; ihre Länge beträgt 46, die Flugweite 72, die Fittichlänge 21 und die Schwanzlänge 6 em; der Schnabel, ſeitlich befiedert, iſt länger als der Lauf, ſchmal und von ſchwarzgrüner Farbe Die Füße ſind bis auf die ſchwarzbraunen Schwimmhäute und die ins Dunkelolivengrüne ſpielenden Zehenrücken mattſchwarz. Die Iris iſt braun, das Federkleid variiert je nach der Jahreszeit wie folgt: Sommerkleid: Kopf und Hals ſchwarz braun, ebenſo die ganze Oberſeite, welche jedoch etwas grau beſtäubt iſt; Steuerfedern und Schwingen ſchwarzbraun mit weißlichen Spitzen an den Armſchwingen; ganze Unterſeite rein weiß. Winterkleid: Ahnlich dem Sommerkleid, jedoch an den Kopfſeiten und am Vorderhals weiß, am Scheitel weiß mit braunen Flecken aD einer tiefbraunen über das Auge hinziehen den Längsbinde. Übrigens ſind zwei ziemlich ſcharf abgegrenzte Varietäten vorhanden: eine der ſelben (Alea troile lomvia) hat ein völlig dunkles 6 * Vögel Deutſchl. a 84 Düne. — Dünenkäfer. Kopfgefieder ohne Weiß, die andere (Alca hrin- gvia) iſt durch einen weißen Augenkreis und eine feine von da über das Ohr hin an den Halsſeiten verlaufende weiße Linie gekenn— zeichnet. Die jungen Vögel ähneln den alten im Sommerkleide ſehr, ſind aber immer deutlich an dem heller gefärbten und auch etwas ſchwächeren Schnabel zu erkennen. Die Verbreitung der dummen Lumme erſtreckt ſich über das nördliche Europa und die atlantiſchen Küſten Nordamerikas, doch brütet ſie nicht ſo hoch im Norden als die dickſchnä— belige Lumme. Auf Island und den Yardern brütet ſie zu hunderttauſenden, ebenſo in enor— mer Menge an den nördlichen Küſten Sfandi- naviens und Lapplands; geringzähliger bevöl— kert ſie die däniſchen Inſeln. An den atlantiſchen Küſten Nordamerikas iſt ſie ziemlich zahlreich vorhanden, im höchſten Norden aber fehlt ſie und iſt z. B. ſchon in Grönland, wo ſie durch Uria Bruennichii vertreten wird, eine ſehr ſeltene Erſcheinung. Im Winter verbreitet ſich die dumme Lumme über den geſammten Atlan— tiſchen Ocean bis an die Nordweſtküſten Afrikas und die Südküſten Neuenglands in Nordamerika. Wie die meiſten zur Familie der Alken ge— hörigen Arten iſt auch die dumme Lumme außer der Brutzeit faſt nur auf hoher See zu treffen. Sie brütet in unabſchätzbaren Mengen auf den ſog. Vogelbergen, d. h. ſteil ins Meer ab— fallenden, meiſt terraſſenförmigen Felſen der nor— diſchen Küſten, welche ſie Ende März oder anfangs April aufſucht und im Vereine mit verwandten Arten bald jeden Abſatz, jeden Vorſprung, jeden Spalt beſetzt, um ſich daſelbſt häuslich nieder— zulaſſen. „Jetzt“, ſchreibt Brehm, „wird der Vogelberg in der That zu einem ungeheuren Bienenſtocke. Eine Wolke von Vögeln umlagert ihn fortwährend; tauſende und hunderttauſende ſitzen, ſcheinbar in Reihen geordnet, die weiße Bruſt dem Meere zugekehrt, auf allen Vor— ſprüngen, Winkeln, Spitzen, Geſimſen, überhaupt da, wo es einen Sitzplatz gibt, andere hundert— tauſende fliegen von oben nach unten und von unten nach oben, andere Maſſen fiſchen und tauchen unten im Meere. Auch der größte Berg, die ausgedehnteſte Felswand wird überfüllt mit Bewohnern; aber jeder einzelne begnügt ſich und niemals ſieht man Streit um die Niſtplätze ent- ſtehen. Jeder ſcheint ſich in Duldung gegen den Nachbar überbieten zu wollen, einer ſucht dem andern zu helfen und beizuſtehen, ſo viel als möglich. Die Paare hängen auf das innigſte zuſammen, ſitzen, bevor die Eier gelegt werden, beſtändig neben einander, liebkoſen ſich mit den Schnäbeln, reiben die Hälſe gegen einander, fliegen in demſelben Augenblicke auf und in das Meer hinab, fiſchen gemeinſchaftlich und kehren wieder zum Neſte zurück, an welchem ſie ſich ſpäter in alle Geſchäfte der Bebrütung theilen.“ Das Weibchen legt ein einziges, in der Größe etwa einem Gänſeei entſprechendes, ge— ſtreckt birnförmiges Ei mit rauher, glanzloſer poröſer Schale, deren Grundfarbe bald weiß— gelb, ockergelb, gelbgrün bis tiefblaugrün er— ſcheint, doch iſt letztere Färbung ſehr ſelten; ebenſo variabel iſt die aus ſchwarzen, braun- ſchwarzen, gelbbraunen, graubraunen und ajch- grauen Flecken, Punkten und Schnörkeln be- ſtehende Zeichnung, welche, gegen das dicke Ende zu ſich häufend, daſelbſt mitunter einen förm⸗ lichen Fleckenkranz bilden. Das Ei wird ohne jede Unterlage auf den Felſen gebettet und durch 30—35 Tage nicht nur von beiden Gatten des betreffenden Paares, ſondern bei zufälliger Abweſenheit beider auch von fremden überzähligen Männchen bebrütet, die ſich auf jedem Vogelberge oft in bedeutender Zahl vorfinden und ſich dieſem Geſchäfte eifrig widmen. Nach der genannten Friſt fallen die Jungen aus, welche anfangs mit grauſchwarzem Flaum bekleidet ſind, jedoch raſch in ihrer Ent- wicklung vorſchreiten und ſchon nach einem Monat ein vollſtändiges Federkleid tragen. So⸗ bald ſie dieſes angelegt, ſtürzen ſie ſich unter Anleitung der Alten von den Felſen herab ins Meer, wo ſie ſich gleich heimiſch fühlen; binnen kurzem iſt dann der Vogelberg bis auf wenige Nachzügler und andere zurückbleibende Arten entvölkert. Die dumme Lumme iſt, wie alle ihre Ver— wandten, ein Meiſter im Tauchen und Schwim⸗ men, ihr Flug iſt trotz der kurzen, ſchmalen Flügel und des maſſigen Körpers ein ſehr raſcher, doch fliegt ſie ungern, nie weite Strecken und erhebt ſich nur höher in die Luft, um zu ihrem Brutplatze zu gelangen; übrigens liegt auch dieſer meiſt nicht ſehr hoch, und dort, wo auch Gryllumen brüten, immer tiefer als bei dieſen. Der Gang iſt ſchwerfällig und rutſchend; nur wenn ſie die Flügel zu Hilfe nimmt, vermag ſich die dumme Lumme in eigenthümlicher tänzelnder Bewegung auch am Lande ziemlich raſch fortzubringen. Ihre Nah- rung bilden faſt ausſchließlich Fiſche. Die dumme Lumme iſt im allgemeinen ein wenig ſcheuer und keineswegs mit vorzüglichen Sinnesorganen ausgeſtatteter Vogel; gleichwohl weiß ſie ſich, wenn ſie am Lande weilt, ſowohl vor den Feinden aus der Thierwelt, als, wo ſie viel beſchoſſen wird, auch vor dem Menſchen ſtets rechtzeitig und raſch in ihr eigentliches Element zu retten, wo ſie infolge ihres gewandten und anhaltenden Tauchens vor jeder Gefahr ge— ſichert iſt. Zu den gefährlichſten Feinden der dummen Lumme und der verwandten Arten zählen in erſter Reihe der Seeadler, der isländiſche Falke, der Kolkrabe und die großen Raubmöwen, welch letztere den Eiern am Brutfelſen eifrig nach⸗ ſtellen; ebenſo fällt manche Lumme Raubfiſchen zum Opfer. Trotz dieſer Nachſtellungen jedoch, und trotzdem die Vogelberge ſyſtematiſch aus⸗ gebeutet werden, hat ſich die Zahl der dummen Lummen bis heute noch nicht merklich ver⸗ ringert. Die Eier werden von den Eingebornen unter Lebensgefahr geſammelt und verzehrt; die Jungen werden eingepökelt und für den Winter aufbewahrt; das Fleiſch der Alten iſt unge- nießbar. v. Mzr. Düne, ſ. Flugſandcultur sub 2. Gt. Dünenbau, ſ. Flugſandeultur sub 2. Gt, Dünenkäfer, deutſcher Name für Poly- phylla fullo L. (ſ. d.). Hſchl. Dünenrohr. — Düngung. Dünenrohr, ſ. v. w. Sandrohr (Arundo arenaria), ſ. Slugjandeultur sub 2a. Gt. Dünger aus Waldſtreu iſt nicht als ein Forſtproduct im Sinne der forſtgeſetzlichen Be— ſtimmungen anzuſehen und unterliegt daher auch nicht den einſchränkenden Beſtimmungen des F. G. (Entſch. des Miniſteriums des Innern im Einvernehmen mit dem Ackerbauminiſterium vom 3. Mai 1878, 3. 2871). Mcht. Dungkäfer, Miſt⸗, Roſskäfer, deutſche Namen für die Arten der Scarabaeidengattung Geotrupes. Hſchl. Dungmücke, deutſcher Name für die zur Bibionidenfamilie gehörige Gattung Scatopse. Hſchl. Düngung. Während die Landwirtſchaft ihre Erfolge zum großen Theile auf künſtliche Düngung des Bodens gründet, hat die Forſt— wirtſchaft im allgemeinen mit dieſer wenig zu thun, kann aber der natürlichen Düngung nirgends entbehren. Sie liefern vor allem die Holzpflanzen ſelbſt durch ihre zu Boden fal— lenden Blattorgane und abgeſtoßenen Holztheile, welche im Laufe der Zeit den Humus oder die Dammerde bilden. An der Humusbildung nehmen aber auch die niedrigen pflanzlichen Bodenüber— züge, welche den Waldboden freiwillig über— ziehen, in größerem oder geringerem Maße theil, indem auch ſie Verweſungsſtoffe bilden. Die Erhaltung aller dieſer natürlichen Humuser— zeuger zum Zwecke der Walddüngung iſt eine wichtige Aufgabe der Bodenpflege (ſ. d.), da ohne ſie in der Regel der Wald ſein kräftiges Gedeihen mehr oder weniger einbüßt, ſelbſt ver— nichtet werden kann. Eine künſtliche Düngung iſt darum jedoch in der Forſtwirtſchaft nicht ganz ausge— ſchloſſen und kommt unter Umſtänden beim Holz— anbau, namentlich aber bei der Kampwirtſchaft vor. Bei ihnen genügen nicht immer die Mittel zur Verbeſſerung der phyſikaliſchen Bodeneigen— ſchaften durch Regelung des Feuchtigkeitsgrades mittelſt Waſſerabziehens oder Waſſeranhaltens, einer angemeſſenen Bindigkeit des Bodens, durch zweckmäßige Bearbeitung, Zuführung von bin— denden oder lockernden Mineralien, wie Lehm oder Sand, ſondern ſie erheiſchen noch ein Zuhilfe— kommen durch Beimengung von beſonderen, chemiſch und phyſikaliſch wirkenden Stoffen, durch wirkliches Düngen. Man kann, nach Peſchkes Vorgang (Oſterr. Monatsſchrift XXIII., 337), den Dünger unterſcheiden als thieriſchen, pflanz— lichen, mineraliſchen und ſolchen aus organiſchen und mineraliſchen Stoffen gemengten. Der reine thieriſche Dünger findet in der Forſtwirt— ſchaft wohl kaum Anwendung, der rein pflanz— liche ſyſtematiſch etwa bei der Grün düngung, die hie und da mit Lupinen bewirkt wird, wie erſt kürzlich wieder Auff'm Ort in ſeiner Bro— ſchüre „Die Lupinencultur“, Oppeln 1885, zeigte, dann beim Verbeſſern des Bodens durch Auf— bringen von Waldhumus oder Einmengen von alter Kohlenſtübbe, endlich auch durch Einbringen von grünem Unkraut oder ſeiner Aſche, bei Bodenbearbeitungen behufs der Forſt— cultur. Reiner Mineraldünger iſt im Forſt⸗ haushalte kaum in Gebrauch, doch werden Kalk 85 und künſtliche Mineraldünger, letztere bei ſehr vorſichtiger Anwendung, u. zw. in Form von Kaliſalzen, Phosphaten ꝛc., hin und wieder anderen Düngſtoffen zur Verſtärkung beige- geben. Am meiſten dagegen iſt in Gebrauch der Mengdünger, und dieſer tritt namentlich als ſog. Raſenaſche, dann als Compoſt in Er- ſcheinung. Raſenaſche iſt ein uneigentlicher Ausdruck für ein Gemenge von veraſchten pflanzlichen Bodenüberzügen, namentlich Gras, Heide, Pfrie— men, Beerkraut, bei zugegebenem Brandholze u. ſ. w., und gut durchgebranntem, an jenen Überzügen mittelſt ihrer Wurzeln hängendem Mineralboden, wie ihn der ſog. „Brand“ beim Schmoden des Bodens (ſ. Brennen) und na- mentlich das Bereiten der Biermans'ſchen Raſen⸗ aſche (ſ. Biermans'ſches Culturverfahren) liefert. Die Wirkſamkeit der gedeckt überwinterten, beim Reinverwenden, in dünnen Schichten etwas zu⸗ ſammengedrückten, ſonſt mit dem Waldboden in etwas gemengten Raſenaſche auf die Entwick— lung der jungen Holzpflanze iſt eine entſchieden günſtige, vorausgeſetzt daßs ſie von paſſenden Bodenſtellen gewonnen wurde. Zu dieſen rechnen wir ſolche, die gut benarbt ſind und mineraliſch kräftigen Boden haben. Eines iſt ſo wichtig wie das andere. Was die zu veraſchende Benarbung anbetrifft, ſo pflegt man dichten Raſenüberzug als beſonders günſtig zur Darſtellung wirkſamer Raſenaſche anzuſehen, doch wirkt oft Heide- oder Heidelbeerüberzug in gleicher Weiſe. Raſenaſche, aus Palten von leichtem Boden mit loſer, dürftiger Pflanzendecke bereitet, hat eine ſehr ge— ringe Wirkung, beſonders wenn ſie noch einem leichteren Boden beigemengt wird. Ein fernerer Mengedünger iſt der ſog. Compoſt, der durch Zuſammenhäufung von leicht verweslichen thieriſchen und pflanzlichen Stoffen, von Plaggen, Schlamm, Mergel erde ꝛc. entſteht, wenn dieſe Stoffe öfter tüchtig unter einander gemiſcht und ſo in eine Erdmaſſe, die Compoſt⸗, Cultur- oder Füllerde, ver— wandelt, bezw. verwest ſind. Zur Bildung dieſer Erde gehören in der Regel mehrere Jahre, je nach der Beſchaffenheit der Stoffe, ihrer Fäulnis— beförderung durch Friſcherhalten mittelſt Decken (mit Palten, Erde ꝛc.), Benetzen 2c. und dann ihres mehr oder minder fleißigen Durcharbeitens. Der ganze Proceſs kann weſentlich befördert werden, wenn die Compoſthaufen (auch Faul— oder Brühhaufen genannt) in dichten Schichten aufgeſetzt werden und zwiſchen die Schichten gebrannter Kalk (Atzkalk), auch wohl Holzaſche oder Salz gebracht und nach 4—6 Wochen der bis dahin mit Erdmaſſe gedeckt gehaltene, etwa 1˙5 m hohe Haufen zum erſtenmale und dann etwa alle ſechs Wochen nochmals durchgearbeitet wird. Bei ſolcher eingreifenderer Behandlung kann ein im Laufe des Sommers angeſetzter Haufen oft ſchon im nächſten Frühjahre brauch bare Culturerde liefern. Letztere macht man ver wendbarer, wenn man ſie zuvor durch ein Erd ſieb gehen und dadurch von groben Theilen befreien läſst. Für Forſteulturen ſteht die Com poſterde, allen übrigen Düngſtoffen gegenüber, durch die Billigkeit ihrer Bereitung und die 86 Sicherheit ihrer Wirkung auf den Wuchs der jungen Holzpflanze, u. zw. ohne alle Gefahr einer Überreizung, die ſelbſt bei Anwendung von Raſenaſche nicht ganz ausgeſchloſſen, aber beim Gebrauch von Mineralſtoffen ſehr naheliegend iſt, ſehr im Vordergrunde und iſt namentlich bei Kampwirtſchaft nicht zu entbehren, aber auch bei Freiculturen unter ſchwierigen Verhältniſſen oft mit Nutzen zu verwenden. Schließlich ſei bemerkt, daſs, wo es ſich um Düngung großer, ſtändiger Forſtgärten handelt, welche weit weniger in das Bereich des Forſtweſens als in das der Gärtnerei fallen, die Frage der Düngerbeſchaffung und Bereitung nicht ſo einfach zu löſen iſt wie bei unſeren gewöhnlichen Waldkämpen, die oben behandelt wurde, ſondern daſs dieſe lediglich ihre Er— ledigung in der allgemeinen Düngerlehre der Land- und Gartenwirtſchaft findet. Gt. Dunkelkäfer, deutſche Bezeichnung für die Tenebrioidenfamilie, zu der auch die bekannten Mehlkäfer (Mehlwürmer) gehören. Hſchl. Dunkelfhlag, ſ. Beſamungsſchlag. Gt. Dunkles Zeug, das — Jagdtücher, im Gegenſatze zu „lichtes Zeug“ — Netze und Lappen; vgl. a. Blendzeug. „Dunkle Zeuge nennt man die Jagdtücher.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 26, und Lexik., p. 132. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. Lian? 499, WI. p. 210. — Die hohe Jagd, Ulm 1856, I., p. 354. E. v. D. Dünnbauch, f „Ziege. Hcke. d Naſenbremſe, ſiehe Gastrophilus nasalis. 1 Dünnung, die, Dünne oder Dünnwild⸗ brät, das, die Weichen des zur hohen Jagd gehörigen nützlichen Haarwildes. „Der Luchs ... alsdann er nicht den Schweiß von Thieren ſauget, ſondern insgemein am beſten Wildbret, als an denen Keulen, oder im Dünnen an— fänget . ..“ Notabilia venatoris, Nürnberg 1731, p. 43. — „Flämmen, Flanken, Dünnwildpret, Wammen iſt das zarte Wildpret, ſo den Bauch eines Thieres formieret und von denen Rippen bis zum Schlegel gehet.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124. „Ferner löſet man die Keule aus der Kugel und die Dün ungen oder Flanken hinauf bis an die Ribben ab.“ J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, I., p. 338. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. VI., p. 223. — Hartig, Lexik., p. 132. — Grimm, D. Wb. II., p. 1557. — Sanders, Wb. I., p. 332 a. E. v. D. Dunſt bedeutet eigentlich nichts Anderes als Dampf, daher Dunſtdruck und Dampfdruck in der Meteorologie gleichbedeutend mit der Span— nung der in der Luft enthaltenen Waſſergaſe. Im beſonderen Sinne indes ſpricht man von Dunſt in der Luft erſt wenn eine Trübung vor— handen iſt, und ſchon der Umſtand, daſs man für Dunſt und Nebel zwei verſchiedene Sym— bole (ſ. meteorologiſche Symbole) gewählt und ferner noch ſtarken Dunſt von ſchwachem Nebel durch beigefügte Indices zu unterſcheiden ver— ſtanden hat, weist darauf hin, daſs unter Dunſt im engeren Sinne eine Trübung der Atmoſphäre zu verſtehen iſt, welche nicht von Waſſerdämpfen allein herrührt, ſondern hauptſächlich durch Rauch— Dunkelkäfer. — Durchbrechen. und Staubtheilchen hervorgerufen wird. So er- füllt der Rauch aus den Schornſteinen in Städten in weitem Umkreis die Luft mit Dunſt, bejon- ders wenn keine Luftſtrömungen ſtattfinden, und in großartigerem Grade verbreiten die alle Jahre wiederkehrenden Moorbrände, welche für die Cultur der Moore zum Theil ſehr rationell und unentbehrlich ſind, bis auf viele Meilen im Umkreiſe eine nicht allein von Nebel her— rührende Trübung. Da andererſeits bekannt iſt, daſs Nebelbildung durch in der Luft ſchwebende Staubtheilchen ſehr begünſtigt wird, daſs in völlig reiner Luft überhaupt keine Nebelbildung ſtattfindet (nach Coulier, Mascart und Aitkin), ſo wird dieſer Dunſt im engeren Sinne ſehr häufig von Nebel begleitet ſein, ſo daſs es häufig ſchwierig iſt, zu entſcheiden, welches meteorologiſche Symbol für die beobachtete Er— ſcheinung zu ſetzen iſt. Gßn. Dunſt, der, die feinſten Schrotſorten, welcher man ſich nur zum Schießen kleiner Vögel bis zur Größe der Wachtel oder Becaſſine bedient. „Etliche find jo ſchlauhen | ſonderlich was alte Wachteln find | dajs ſie neben dem Netze heraus kommen oder wohl gar darüber ſpringen | da hab ich allzeit ein Rohr mit Dunſt geladen bey mir gehabt und ſolche argliſtige Wachteln wann ſie ſich im Schlagen aufgerichtet | und ſichtbar gemacht geſchoſſen.“ Hohberg, Georgica curiosa, 1687, II., fol. 826b. — „Dunſt iſt die kleinſte Nummer von denen Schröten zum Schießen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 96. — „Dunſt, Schrot, Vogeldunſt iſt ein zu ganz kleinen runden Körnlein gegoſſenes Bley oder die kleinſte Art von Schroten, womit man nur nach kleinen Vögeln zu ſchießen pfleget, damit ſie nicht gar zu ſehr zerriſſen werden.“ Onomat. forest. I., p. 505. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 96, und Lexik., p. 132. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 499, VI., p. 196. — Friſch, Teutſch⸗lat. Wb., 1740, I., p. 2116. — Grimm, D. Wb. II., 1563. — Sanders, Wb. I., p. 332 b. — Frz. la cendrée, la menue dragee (ſ. Schrot). E. v. D. Dunſtflinte, die. „Dunſtflinten werden die Flinten mit denen kleinen Läufen benennt, haben auch den Namen Vogelflinten.“ Dee Wohlred. Jäger, p. 96. — Grimm, D. Wb. I P. 1564. Duodecimalmaß, ſ. Maß. Dura mater, harte Hirn- und Rüden- markshaut, die äußerſte von den drei Fer des nervöſen Centralorganes. Durchbauſen (Durchpauſen), Durcgeicinn (ſ. Eopieren der Pläne). Durchbrechen, verb. trans. J. eingeſtelltes größeres Wild die Zeuge oder Treiberkette, meiſt mit Auslaſſung des Ob- jectes; vgl. ausbrechen, durchfliehen, durch— fallen, durchgehen, durchſchlagen, durchſchneiden, überfliehen, überfallen; ſelten von Vögeln durch Netze. „. . . und ſehen alleſampt fleißig umb und umb zu wo die Staaren durchbrechen wöllen daſs daſelbſt gewehret wird.“ J. C. Aitinger, Vollſtändiges Weydbüchlein, Caſſel 1684, p. 97. — „Durchbrechen nennt man es, wenn Hochwild mit Gewalt durch die Treibleute dringt.“ \ Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 96. — Behlen, Durchbrennen. — Durchfluſsprofil. 87 Wmſpr., 1829, p. 43. — „. . . aber dann ſollte auf die Gewohnheit der Rehe, an den Seiten des Treibens durchzubrechen, gehörige Rück— ſicht genommen werden.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 163. — Frz. vider l’enceinte, dresser par les fuites. II. Schwarzwild den Boden — durch- oder aufwühlen, vgl. brechen. „In den Wieſen thun ſie (die Sauen) vielen Schaden; wenn viel Feld— kümmelwurzeln daſelbſt wächſet, durchbrechen ſie die Wieſen nach dieſer ihnen ſo angenehmen Nahrung, als wenn ſie gepflüget wären.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 177. III. durchſchneiden I, abbrechen III, ab- ſchneiden I; ſelten Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 300, VI., p. 232. — Grimm, D. Wb. II., p. 1392. E. v. D. Durchbrennen nennt man das Entweichen von Pulvergaſen am Verſchluſs des Gewehres oder an undichten Stellen dünner Flintenläufe. Verurſacht wird dasſelbe im erſteren Falle durch einen mangelhaften oder abgenützten Verſchluſs oder durch das Platzen der Patronenhülſen, wenn letztere von ſchlechter Qualität und die Patronenlager für dieſelben zu weit ſind; im anderen Falle durch Löcher und Riſſe im Lauf, welche infolge fehlerhafter Zuſammenſchweißung des Damaſtes oder durch langen Gebrauch und Beſchädigungen entſtanden ſind. Zu erkennen iſt der Beginn des Durchbrennens an dem nach jedem Schuſs in der Umgebung der betreffen— den Stelle niedergeſchlagenen Pulverrückſtand. Das Durchbrennen am Verſchluſs nimmt, wenn nicht rechtzeitig vorgebeugt wird, bei fortgeſetztem Gebrauch des Gewehres zu, indem die ausſtrö— menden Pulvergaſe die ſchadhaften Stellen immer mehr vergrößern, und kann ſchließlich Augen und Geſicht des Schützen erheblich gefährden; auch macht es ſich oft für das Gehör ſehr un— angenehm bemerkbar, indem es ein ſchrilles Klingen in den Ohren verurſacht. Läufe, bei welchen man das Durchbrennen in ihrer hin— teren, einem ſehr ſtarken Gasdruck ausgeſetzten Hälfte beobachtet, ſind, ſelbſt wenn die Off— nung nur klein iſt und ſofort mit Meſſing zu— gelöthet werden konnte, dennoch ſtets mehr oder weniger der Gefahr des Springens oder einer plötzlichen bedeutenden Vergrößerung des Scha— dens ausgeſetzt und daher zu verwerfen. Zeigte ſich hingegen das Durchbrennen in der vor— deren Laufhälfte, welche nur noch einen ver— hältnismäßig geringen Gasdruck auszuhalten hat, iſt die Offnung nicht bedeutend und ergibt eine ſorgfältige Unterſuchung durch den Büchſen— macher keine ſonſtigen bedenklichen Erſchei— nungen, ſo iſt der betreffende Lauf nicht un— bedingt unbrauchbar, kann vielmehr erfah— rungsmäßig in der Regel noch lange Zeit benützt werden. Auch bei den (jetzt nur noch wenig ge— bräuchlichen) Percuſſionsgewehren iſt das Durch— brennen eine nicht ſelten beobachtete Erſchei— nung und zeigt ſich vornehmlich da, wo die Schwanzſchraube mit dem Lauf zuſammenſtößt, wo in erſterer die Piſtons eingeſchraubt ſind, und an den Zündlöchern der Piſtons, wenn dieſelben durch langen Gebrauch zu weit ge— worden ſind und die Schlagfeder das Hahnen— maul nicht mit gehöriger Kraft herunterdrückt. v. Ne. Durchfallen, verb. trans. — durchbrechen I, durchfliehen, durchſchneiden II, durchſchlagen II, jedoch nur von den Hirſcharten und nur in Be— ziehung auf Jagdtücher, nicht auch die Treiber— kette. „Durchfallen nennt man es, wenn Roth- wild die Tücher oder Netze zerreißt und durch— paſſiert.“ Hartig, Anltg. z. Wiſpr., 1809, p. 96, und Lexik., p. 132. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 354. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Durchfangen, verb. trans., Wildbret, Decke, Haut, Balg oder Schwarte eines erlegten Wildes beim Abdecken, Aufſchärfen oder Zerwirken mit dem Weidmeſſer durchſtechen. „Einhäßen iſt, wenn man ein geſchoſſen Rehe, auch Haaſen, Fuchs ꝛc. an einen hinderen Laufft eröfnet, durchfanget und einen Lauft durch des andern Flächſen ſtecket.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 500, VI., p. 217. — Hartig, Lehrb. f. Jäger I., p. 31. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 334. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D Durchfliehen, verb. trans. — durchgehen, durchbrechen, ausbrechen ꝛc; ſelten. „Ein wohl— eingerichteter Hirſch heißet ein Hirſch, der ſo im Zeuge ſtehet, daſs er nirgends mehr durch— fliehen kann.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 67. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Durchfluſsproſil. Dasſelbe iſt zuſammen— geſetzt aus der Breite des Bachbettes und deſſen zwei ſeitlichen Abgrenzungsflächen. Bei Cor— rection eines Waſſerlaufes trachtet man für die Abfluſsmaſſen ein normales, d. h. den ört— lichen Verhältniſſen entſprechendes Abflujsprofil zu ſchaffen. Die richtige Ermittlung der Profils oder Bachbettbreite iſt eine hochwichtige Auf— gabe; denn mit der Bachbettbreite ſteht die Tiefe, die Geſchwindigkeit des Waſſers und deſſen geſchiebeführende Kraft, bezw. der Erfolg einer Correction im engen Zuſammenhange. Wäre m die Abfluſsmaſſe, t die Waſſer— tiefe, h das Gefälle, » die Abfluſsgeſchwindigkeit und F der Abfluſscoöfficient bekannt, jo iſt die D) 72 mittlere Bachbettbreite b — e F2 h. t v? Auf Grund dieſer mittleren Profilsbreite laſſen ſich ſodann bei dem bekannten Böſchungs— verhältniſſe die Sohlenbreite, die obere Profils— weite, die Höhe der ſeitlich herzuſtellenden Ufer— werke (Uferdämme) und die Dimenſionen dieſer beſtimmen (ſ. Dämme). Ein Normalprofil kann durch die Herſtel— lung von Längs- und Querbauten erzweckt werden. Bei den Längs- oder Parallelbauten kommen zwei Syſteme, das einfache oder das Doppelprofil in Anwendung. Das einfache oder Hochwaſſerprofil empfiehlt ſich für die Correction kleinerer Fluſsläufe und beſteht aus zwei parallelen Dämmen, deren Krone über dem Hochwaſſer ſpiegel liegt. Das Doppelprofil wird aus vier parallelen Dämmen gebildet, wovon die inneren über dem mittleren Waſſerſpiegel, aber 88 Durchforſtung. unter dem des Hochwaſſers liegen. Das Hoch— waſſer nimmt ſomit zwiſchen den äußeren Däm— men über die inneren hinweg ſeinen Lauf. Es beſteht daher das Doppelprofil aus einem engeren (Mittelwaſſerprofil) und einem weiteren (Hochwaſſerprofil). Will man An⸗ landungen erzielen, ſo werden die Dämme des Doppelprofiles mit Querbauten (Traverſen) verbunden (ſ. Spornbauten, Traverſen, Trift- bachcorrection, Gewäſſer). 1. Durchforſtung. Sobald ein Beſtand aus dem Gertenzuſtande in den des Stangenholzes übergegangen iſt, tritt ein mehr oder weniger deutliches Streben einzelner Stämme hervor, ſich über ihre Nachbarn zu erheben, und unter— ſcheiden ſich dann die den Beſtand bildenden Stangen in ihrem Höhenwuchſe und ihrer Aus— bildung überhaupt, ſo daſs man in den empor— ſtrebenden den Hauptbeſtand erblicken kann, während die zurückbleibenden nur einen Neben- beſtand bilden. Jener Hauptbeſtand iſt, zur baldigen Entgegenführung des Ortes zur Hau⸗ barkeit, durch beſondere Pflege zu fördern, der Nebenbeſtand aber nur ſo weit beizubehalten, als es zur vollſtändigen Bodenbedeckung ſowie zur Stützung und Emportreibung des erſteren erforderlich erſcheint. Dieſe Pflege über— nimmt die ſog. Durchforſtung durch Be— ſeitigung der überflüſſigen, bezw. namentlich durch Druck des Hauptbeſtandes ſchädigenden Stämme mittelſt des Hiebes. Sie ſetzt in dieſer Beziehung das fort, was die Ausläuterung früher begonnen hat, zählt auch wohl theilweiſe noch zu letzterer, wo dieſe nicht vollſtändig durch— geführt wurde, bezw. durchgeführt werden konnte, letzteres beſonders aus Rückſichten der Schluſs— erhaltung, wie dies bei eingeſprengten Weich— hölzern, Weißbuchen o. dgl. öfter vorkommt. Aber die Durchforſtung dient nicht nur der Be— ſtandspflege, ſondern iſt oft noch ein Gegenſtand der Forſtbenützung, namentlich wenn Form oder Stärke des Durchforſtungsholzes deſſen gute Verwertung geſtatten. Jedenfalls darf aber die Nutzungserhöhung bei der Durchforſtung nicht dahin führen, die Beſtandspflege in den Hinter— grund treten zu laſſen, wenn nicht etwa ab— ſonderliche Fälle vorliegen, die hier eine Aus— nahme rechtfertigen könnten. Der Hauptbeſtand beſteht aus entſchieden herrſchenden Stämmen (dominierenden oder prädominierenden) und ſolchen, welche bemüht ſind, dieſen die Herrſchaft ſtreitig zu machen, die man dann wohl als mitherrſchende bezeichnen und ihnen überlaſſen kann, ob ſie zu herrſchenden oder beherrſchten werden und im letzteren Falle zum Nebenbeſtande zurückfallen, in welchem eben die beherrſchten, die unterdrückten und die dürren Stämme ihren Platz haben. Wenn ſich auch nicht mit mathematiſcher Ge— wiſsheit beſtimmen läſst, zu welcher dieſer Claſſen der einzelne Stamm des Beſtandes ge— hört, ſo unterſcheidet ſie der forſtliche Blick im allgemeinen ohne beſondere Schwierigkeiten, was ausreichend iſt, um die Regeln der Durchforſtung zu verſtehen und anzuwenden. Dieſe allgemeinen Regeln der Durch— forſtung in Beſtänden, in welchen man der Bodenpflege eine hervorragende Stelle ein— räumen, dabei aber auch der Beſtandspflege in— ſoferne ihr Recht laſſen will, dans man dahin trachtet, in möglichſt kurzer Zeit ein lang— ſchäftiges, gerades und aſtfreies Nutzholz zu erziehen, was ja für die meiſten größeren Forſt— wirtſchaften eine Hauptaufgabe zu bilden pflegt, werden ſich etwa in Folgendem zuſammenfaſſen laſſen: 1. daſs ſich die Durchforſtung zunächſt auf die Stämme zu erſtrecken hat, die bereits abgeſtorben, dürr ſind, und die, welche ſich als entſchieden unterdrückt erweiſen; 2. daſs man beim Weitergreifen des Hiebs in die übrigen, namentlich die beherrſchten Stämme ſtets darauf ſieht, dafs durch dasſelbe nicht der Kronenſchluſs des bleibenden Beſtandes aufgehoben und der Boden nirgends in irgend erheblichem Maße freigelegt wird, weshalb man ſelbſt ſolche Hölzer, die zur Beſtandbildung nicht gewünſcht werden, aber noch Lücken füllen, mög- lichſt lange hält und nur dann aushaut, wenn durch ein vorherzuſehendes baldiges Zuſammen— wachſen des Hanptbeſtandes ein rechtzeitiges Füllen der Lücken erwartet oder ein anderweitiges Holz auf dieſen angebaut werden kann, von dem ein gedeihliches Fortwachſen ſo zu erwarten ſteht, daſs die Lücke ſicher in nicht zu langer Zeit wieder gefüllt, namentlich aber ihr Boden bald wieder gedeckt wird; 3. dabei iſt jedoch nicht ausgeſchloſſen, dass unter beſonders günſtigen Wuchsver⸗ hältniſſen, und wo es darauf ankommt, den Einzelſtämmen des Beſtandes einen weiteren Raum zur Kronenentwicklung zu verſchaffen, der Durchforſtungshieb auch auf Stämme des Hauptbeſtandes, namentlich dann ausgedehnt wird, wenn ihr Beherrſchtwerden doch in den nächſten (5—10) Jahren vorauszuſehen iſt, oder wenn ſich etwa noch in ihm Stämme vorfinden ſollten, die bleibend ſchlechte Formen zeigen. Ein ſolches Weitergreifen in die Claſſe der mit— herrſchenden Stämme iſt namentlich in reinen Eichenbeſtänden öfter ein dringendes Bedürfnis, ſteigert ſich oft in gemiſchten Beſtänden zur Beſchaffung von Kronenfreiheit für die Eiche dahin, dafs ſelbſt herrſchende Stämme der bei— gemengten Holzart beſeitigt werden; 4. daſs man ferner da, wo breite Stock— ausſchläge im Beſtande vorkommen, dieſe er— forderlichenfalls, zur Vermeidung zu ſtarker Auslichtung, durch allmähliches Ausforſten bis auf die wüchſigſte Stange des Stocks vereinzelt, um dieſe ſpäter entweder zu halten oder beim Nachwachſen beſſerer Kernſtämme als über— flüſſig ebenfalls zu beſeitigen; 5. daſs man mit den Durchforſtungen möglichſt früh beginnt, nur allmählich durch— forſtet, dagegen die Durchforſtung öfter (etwa alle 5—10 Jahre) wiederholt und beſonders auf trockenen Böden, an zugigen oder trockenen Hängen, auch, trotz öfters auftretender gegen— theiliger Anſicht, bei zu befürchtendem Schnee— und Duftbruch, mit ihr beſonders mäßig und vorſichtig iſt, dieſelbe auch an Feldrändern, breiten Wegen und Triften, überhaupt an allen den Witterungseinflüſſen ſehr ausgeſetzten Be— ſtandsrändern auf einem etwa zehn Schritte breiten Streifen ſo gut wie ganz unterläſst; N * * Durchforſtungsertrag. — Durchgehen. 89 6. daſs man die Durchforſtung nicht gleich— zeitig mit einem ſtärkeren Aushiebe von Alt— holz verbindet, ſondern hier nur die durch dieſen gebrochenen oder beſchädigten Stangen aushaut und jene erſt eintreten läſst, wenn der Beſtand die Eingriffe des Aushiebes ganz über— wunden hat. Im allgemeinen ſei hier jedoch bemerkt, daſs die Anſichten über Führung der Durch— forſtungen, namentlich in Bezug auf Beginn, Wiederholung und Stärke, ziemlich weit aus— einandergehen, daſs man aber jedenfalls am erſten dann Fehler vermeiden wird, wenn die Durchforſtungen im Anfange, alſo etwa vom 20. bis 30. Jahre ab, ſehr mäßig gegriffen, da— gegen öfter wiederholt werden, daſs man ſie aber bei lebhafterer Entwicklung des Wuchſes an- gemeſſen verſtärkt, in längere Perioden wieder— holt und dahin trachtet, dafs mit Beendigung des Längenwachsthums des Beſtandes eine möglichſt vollſtändige Kronenentwicklung des Einzelſtammes erreicht, dabei aber der Kronen— ſchluſs überall vorhanden iſt. Späterhin iſt zwar keine Veranlaſſung da, die Durchforſtung ganz ausfallen zu laſſen, wird ſich aber der Natur der Sache nach erſt dann wieder er— giebiger geſtalten, wo man bei den bezüglichen Holzarten mit ihrer Hilfe etwa in eine Vor— bereitungsſchlagſtellung übergehen will. Das oft verlangte ſtarke, das oben angegebene Maß überſchreitende Durchforſten bringt in der Regel nur Nachtheile über die Beſtände, beſonders wenn kein ſtarker Boden die Fehler ſeines Bewirtſchafters auszugleichen vermag. Dabei mag man nicht glauben daſs die Wirtſchafter der Vorzeit, welche ihre Durchforſtungen meiſt ſpät begannen und überhaupt, beſonders der Aushiebmaſſe nach, beſchränkten, die Vortheile eines gegentheiligen Verfahrens immer verkannt hätten. Der mangelnde Abſatz für Durch— forſtungsholz und ſein koſtſpieliges Auf— arbeiten ſchrieb oft genug die bezüglichen Maßregeln vor und hinderte ſie ſo am Auf— ſtellen unausführbarer Theorien. Auch heute gibt es Waldgegenden bei uns, wo die bezeich— neten Schwierigkeiten regelrechter Durchforſtung noch keineswegs ganz überwunden ſind. Endlich ſei hier noch auf eine neuerdings von Borggreve in ſeiner Schrift „Die Holz— zucht“, Berlin 1883, aufgeſtellte neue Theorie der Durchforſtung hingewieſen, die er Plenter— durchforſtung nennt. Statt nämlich in den älteren Stangenorten, in welchen nach Obigem in der Regel die Durchforſtungen mehr zurück— treten, dieſe Ruhe eintreten zu laſſen, will er, unter möglichſter Verlängerung des Umtriebes in dieſen Orten, außer den etwaigen völlig ab— geſtorbenen oder doch gänzlich hoffnungsloſen Stämmen, noch in einzelner Vertheilung vor— kommende Stämme herausplentern, die bei un— günſtigen Stammformen ꝛc. von oben her die Kronen ihrer Nachbarn einengen, ſeitwärts drücken 2c. Mit dieſer „Plenterdurchforſtung“ ſoll etwa vom 60. Jahre des Beſtandsalters ab begonnen, ſie in zehnjährigem Turnus wieder— holt und dabei 0˙1—0˙2 der Beſtandsmaſſe, die ſich in dieſen zehn Jahren durch geſteigerten Zuwachs erzeugt haben ſoll, weggenommen werden. Erfahrungen über dieſe, jedenfalls als ſyſtematiſcher Hieb ſeither noch nicht geübte Durchforſtung liegen nicht vor. In literariſcher Hinſicht iſt bezüglich der Durchforſtungen auf G. Krafts „Beiträge zur Lehre von den Durchforſtungen, Schlagſtellungen und Lichtungshieben“, Hannover 1884, hinzu— weiſen, in denen jedoch die ſtärkeren Lichtungen empfohlen werden. Gt. Durchforſtungsertrag iſt der Ertrag einer ſyſtematiſch ausgeführten Maßregel der Beſtands— pflege. In den Waldwertrechnungsformeln, welche den Geſammtertrag eines Beſtandes einſtellen, erſcheint der auf dem Wege der Durchforſtung gewonnene Vorertrag auf das Abtriebsalter des Beſtandes vernachwertet. Wenn z. B. im Jahre a ein Durchforſtungsertrag Da eingeht, ſo ſtellt ſich derſelbe bei dem Abtriebe des Beſtandes im Alter u in der Größe Da. 10p un dar. Je zeitiger mithin die Durchforſtungserträge ein— gehen, um ſo höhere Werte repräſentieren ſie im Abtriebsalter des Beſtandes. Dieſes günſtige Verhältnis findet man vornehmlich in den induſtriereichen oder durch Communications— mittel hinreichend zugänglichen Gegenden, weil dort ſelbſt ſchwache Stangenſortimente gut be zahlt und mithin genutzt werden können. Die Durchforſtungserträge ſind je nach dem Standorte, nach der Holzart, Betriebsart, Be— ſtandsbonität und den Abſatzverhältniſſen ſehr wechſelnde und finden noch lange nicht in vielen Waldungen die Beachtung, welche ihnen 5 Nr. Durchforſtungsfläche nennt man die Be— ſtandsfläche, welche innerhalb eines beſtimmten Zeitraumes zur Durchforſtung projectiert wird. Es iſt meiſt gebräuchlich, bei den Forſtein— richtungsreviſionen von den Revierverwaltern einen Durchforſtungsplan zu verlangen, welcher auch Flächenangaben enthält. Dieſe Vorſchläge werden von den Forſteinrichtungsbeamten be gutachtet, bezw. ergänzt. Wenn nun auf dieſe Weiſe für den nächſten 5- oder 10jährigen Wirtſchaftszeitraum die zu durchforſtenden Be— ſtände zuſammengeſtellt worden ſind, ſo reſul tiert daraus ohneweiters der Jahresdurchſchnitt der Durchforſtungsfläche, abgeſehen von dem Umſtande, daſs manche Beſtände innerhalb der vorliegenden Zeiträume auch zweimal durch— forſtet werden können. } 1 Nr. Durchforſtungsſchere, ſ. Ausäſten sub 3. Gt. Durchforſtungsſchläge, Bodenſtreu. Dicht, Durchgehen, verb. trans. I. Wild durch die Treiberkette = aus- oder durchbrechen, jedoch namentlich vom hohen Wilde weniger gebräuchlich. „Was von Wildpret durch die Treiber zurück rennet, nennt man durch gehen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 96. — Hartig, Anlt. z. Wmſpr., 1809, p. 96. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 44, und Real- u. Verb. Lexik., VI., p. 217, 233. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 354. | 1 II. vom Wild, namentlich vom Schwarz wild, ſ. v. w. ſich aus dem Staube machen, alſo in ähnlichem Sinne wie vom Pferd. „Wenn ein Wild ſich aus dem Jagen gemacht, wird auch ge ſprochen, es iſt durchgegangen.“ Heppe J. e. 90 Durchhacken des Bodens. — Durchläſſe. III. ein Revier — ohne Lärm durchtreiben. „Durchgehen heißet ſo viel als eine Dickigt austreiben.“ Heppe J. e. — Behlen 1. e. — Hartig 1. c. und Lexik., p. 132. E. v. D. Durchhacken des Bodens, ſ. Bodenpflege, Beſamungsſchlag. Gt. Durchhau, Durchhieb, der — Flügel, Geräumt, Stellweg, Richtweg, Richtſtatt, Stell— flügel. „Durchhieb heißt eben ſo viel als Richtweg oder Geräumte.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 96. — Grimm, D. Wb. I., p. 1626, 1628. — Frz. la percee, la trouée. E. v. D. Durchhetzen, verb. trans., ein Revier — dasſelbe hetzend abjagen, eine Hatz in demſelben vornehmen; aus der Literatur nicht belegbar. Sanders, Wb. I., p. 755 b. — Frz. parcourir. E. v. D. Durchhieb eines Beſtandes nennt man ent— weder den völligen Abtrieb desſelben oder die Anlage eines 1 Schlages durch den— ſelben in Form eines Loshiebes. Der letztere verfolgt die Tendenz, den umfänglichen gleich— altrigen Beſtand zu trennen. Nr. Durchklappern, verb. trans., ein Revier, von den Treibern: dasſelbe mit Klappern lär⸗ mend oder mit Stöcken an die Bäume ſchlagend abtreiben; vgl. Klapperjagd. „Mit Hunden aber und ohne Netze zu jagen, und die Waldungen und Forſte mit Bauren durchtreiben und durch— klappern zu laſſen, wird ihnen im geringſten nicht verſtattet.“ Fürſtl. Anhalt. Jagdedict vom 10. October 1720, bei Beuſt, Traet. de jure venandi, 1744, p. 202. — „Dergleichen Jagd— frohne aber iſt bey tiefem Schnee, in Gebürgen und ſtarken Waldungen vor die armen Leute eine harte Sache, weil ſie alle Bögen und Dickungen durchgehen und durchklappen, auch verlappen, und den Wolfszeug ſtellen helfen müſſen.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 188. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D Durchlaſchen, Durchſchalmen nennt man das Anbringen von Laſchen (Lachen), meiſt in Bruſthöhe, an den Bäumen, um dun im Be⸗ ſtande eine Linie feſtzulegen. Dieſe Arbeit findet regelmäßig bei dem Abſtecken der Schlaglinien in den Hiebsorten Ei Nr. Durchläſſe oder Dohlen (Abzugsdohlen). So nennt man verdeckte Abzugsrinnen, welche unter der Fahrbahn oder der Wegoberfläche durchgeführt werden. Durchläſſe verſchottern wohl leicht und ſind die diesfälligen Räumungs⸗ arbeiten umſtändlich, erſchweren oder behindern aber die Benützung eines Weges in keiner Weiſe und ſind von längerer Dauer als die offenen Abzugsrinnen. Den Abzugsdohlen fällt die Aufgabe zu, alles Waſſer aus den bergwärts angelegten Ab— zugsgräben aufzunehmen und ſenkrecht oder in ſchiefer Richtung unter der Wegkrone abzuleiten. Man unterſcheidet Röhren-, Deckel- und Gewölbdohlen. Die einfachſten Röhrendohlen ſind hölzerne Röhren (Deichel) von 40 em lichter Weite, die aber mindeſtens 50 em unter die Wegkrone zu lagern ſind, damit ſie nicht unter dem Drucke der ſchweren Fuhrwerke leiden. Die einzelnen Röhren werden in einander geſchoben und an der Verbindungsſtelle waſſerdicht geſchloſſen. Statt Röhren können auch hölzerne Dohlen aus Brettern, Bohlen (Eichen) mit viereckigem Querſchnitt verwendet werden. Vortheilhafter ſind Cementröhren, die an der Stelle des In— einandergreifens (Stößen) durch eingelegte Wülſte von Kautſchuk waſſerdicht geſchloſſen werden. Deckeldohlen ſiud Canäle aus Stein herge- ſtellt, die auch mit entſprechend großen Stein⸗ platten überdeckt werden. Sie finden Anwendung, wenn der Durchlass größere Waſſermaſſen auf- zunehmen und abzuführen hat. Sie beſtehen aus den zwei Seiten- oder Widerlags— mauern, dem Rollpflaſter mit den zwei Schwellen, aus den Flügelmauern und dem Einfallstrichter, den Deckplatten und ſchließlich aus der Eindeckung. Die Widerlagsmauern erhalten mit Rück⸗ ſicht auf den größeren Druck als bei Futter- mauern bei einer Höhe von Fee 40—60 em Stärke 9. % 60.70 „ 1530 een 70-80, Die innere lichte Weite ſchwankt zwiſchen 50 und 80 em. Die Frage der Lichthöhe entſcheidet die Abfluſsmenge und die örtliche Beſchaffenheit des Wegkörpers; jedenfalls aber mujs fie jo groß ſein, daſs ein Mann hindurchkriechen kann. Die Widerlager erhalten ein 30—60 em tiefes Fundament und das Rollſteinpflaſter eine Stärke von 20—30 cm. Das letztere wird unter dem gleichen Gefälle wie die Straßengräben ange— legt und durch zwei Steinſchwellen am Ein- und Auslauf der Dohle abgeſchloſſen. Bei ge— nügender Anzahl der Steinplatten kann die Dohlenſohle auch mit dieſen ausgelegt werden; in letzterem Falle erhält die Sohle in der Mitte eine Vertiefung von 5 em. In gleicher Stärke Fig. 254. Gewölbdohle. ſchließen ſich an dieſe Widerlagsmauern, u. zw. unter einem rechten oder ſtumpfen Winkel die Flügelmauern an, die ein allfälliges Hinter- ſpülen der Widerlagsmauern verhindern und das erleichterte Einweiſen des Waſſers beſorgen ſollen. Auf die Widerlagsmauern werden die 10—20 em dicken Steinplatten derart gelegt, daſs ſie die Hälfte oder ein Drittel der Wider— lagsmauern bedecken. Auf die Deckplatten kommt weiters eine 7—10 em dicke Lehmſchichte und erſt hierauf der Fahrbahnkörper. Der an der oberen Einlafsöffnung anzu⸗ bringende Einfalltrichter wird gewöhnlich 60 em im Geviert angelegt und durch ſenkrechte oder auch geneigte trichterförmige Wände abgeſchloſſen. Durchrichten. — Durchſchlagskraft. Dohlen werden angelegt, wenn die Wegtrace tiefe Terraineinſenkungen, Waſſerrinnen u. dgl. überſchreitet, ſollen aber je nach den örtlichen Waſſeranſammlungen nicht zu weit von ein— ander entlegen (100 —200 m) erbaut werden. Für Dohlen mit einer lichten Weite von 30—40 em genügen einfache Trockenmauern für die Widerlagsmauern. Gewölbdohlen (Fig. 254) empfehlen ſich dort, wo die Wegkrone in genügender Höhe über dem natürlichen Boden liegt und die innere lichte Weite 1˙2 m nicht überſteigt. Im übrigen werden ſie wie Brückengewölbe hergeſtellt (ſ. Steinbrücken). Fr. Durchrichten, verb. trans., das Jagd— zeug — ſelbes quer durch einen Beſtand durch— ſtellen. „Durchrichten heißt, Jagdzeug quer durchſtellen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 96, und Lexik., p. 132. — Behlen, Real- u. ei 1, p. 302, und VI., p. 247. Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 354. — Laube, Jagdbrevier, p. 247. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, D. Wb. W 0 EU. Durchrinnen, verb. trans., ein Gewäſſer = durchſchwimmen, vorzugsweiſe vom hohen Wilde, aber nicht, wie Kehrein ſchreibt, nur von dieſem. „Er (der Hirſch) durchſchwimmet, oder Jäger— mäßig geſprochen,durchrinnetgroße Ströhme.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 145. — „Er (der Hirſch) durchrinnet auch große Ströme.“ J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, I., p. 152. — „Durchrinnen nennt man es, wenn das zur hohen Jagd gehörige eſsbare Wild durchs Waſſer ſchwimmt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 96, und Lexik., p. 132. — Behlen, Real- und Verb.-Lexik. I., p. 502, VI., p. 233. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 354. — Laube, Jagdbrevier, p. 247. — „Schwimmt er (der Haſe) durch Waſſer, ſo nennt man dies bei ihm, wie überhaupt beim Wilde, „durchrinnen““ Diezel, Nieder— jagd, Ed. VI, 1886, p. 193. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. II., p. 763 b. — Schmeller, Bayr. Wb. III., p. 104. E. v. D. Durchrupfen, ſ. Ausſchneiden ſowie Kamp sub 10. Gt. Durchſchlag der Geſchoſſe iſt die Wirkung der Durchſchlagskraft und wird durch die Größe der Eindringungstiefe in Ziele von beſtimmter Beſchaffenheit gemeſſen (. e 0 Durchſchlagen, verb. trans. und reflex. I. trans. Schrote oder Kugel das Wild — durchbohren; auch einen Theil desſelben — bis zu einem gewiſſen Punkte ein- oder durchdringen; daher z. B. Verbindungen wie Durchſchlags— kraft der Kugel, der Schrote u. ſ. w. „So ein Schuſs durch und durch gegangen, heißet es, er hat durchgeſchlagen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 97. — „Dieſe Forderung iſt: dafs das Büchſenrohr die Kugel in möglichſt raſanter Flugbahn und mit eminenter Durchſchlags— kraft jenem Punkte zuſende, welcher — hier das Wild — in weidgerechter Entfernung ſich befindet.“ R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 529. 91 II. trans., beim Graben eines Baues von oben eine Offnung in denſelben machen, um den vom Dachshund geſtellten Dachs oder Fuchs auszuheben; vgl. einſchlagen. „Durchſchlagen nennt man es, wenn man beym Dach- und Fuchs⸗Ausgraben ein Loch in die Röhre macht.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 97. — Laube, Jagdbrevier, p. 247. — Diezel, Nieder- jagd, Ed. VI, 1886, p. 123. III. reflex, vom hohen, namentlich vom Schwarzwild: mit Gewalt durch die Zeuge brechen; vgl. ausbrechen, durchbrechen, durch— ſchneiden u. ſ. w. „Sich durch den Zeug ſchlagen, heißet, wenn ein Schwein mit ſeinen Waffen eine ſolche Ofnung oder Riß in ein Tuch machet, wodurch es auch ſo bald durch— brechen und wieder ins Freye fortſtreichen kann.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 67. — „Die Sauen ſchlagen an den aufgeſtellten Tüchern hin und her, und haben ſie erſt ein Loch gemacht, fahren ſie mit dem Rüſſel und endlich ganz und gar durch, welches man nennt, die Sauen ſchlagen ſich durch.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 239. — Heppe, 1. e. — Hartig 1. e. — Grimm, D. Wb. II., p. 1669. — Sanders, Wb. II., p. 989 b. E. v. D. Durchſchlagen des Fernrohres. Sit das Fernrohr an einem Inſtrumente ſo angebracht, daſs dem erſteren durch bloße Drehung um ſeine (Drehungs-) Achſe zwei einander gerade entgegengeſetzte Richtungen gegeben werden können, ſo ſagt man, das Fernrohr laſſe ſich durchſchlagen. Dies Durchſchlagen kann an dem Objectiv- als auch an dem Ocularende des Fernrohres ermöglicht werden. Sr: Durchſchlagskraft, auch Bercujjions- kraft genannt, iſt die Kraft, mit welcher ein Geſchoſs, am Ziele ankommend, den ihm durch letzteres entgegengeſetzten Widerſtand zu über— winden, d. h. in das Ziel einzudringen und dasſelbe zu durchſchlagen ſucht. Allgemein wird die Kraft oder Fähigkeit eines bewegten Kör— pers, irgend eine Arbeit zu leiſten, alſo u. a. einen Widerſtand zu überwinden, als die le— bendige Kraft dieſes Körpers bezeichnet und a 5 v” LER R in dem Ausdruck —— . = zuſammengefaſst (die Herleitung j. lebendige Kraft), worin v die Auftreffgeſchwindigkeit, p das Gewicht des be— wegten Körpers und g die Beſchleunigung der Schwere bedeutet. Dieſe lebendige Kraft drückt beim auftreffenden Geſchoſs auf denjenigen Theil des Ziels, welcher vom Geſchoſs getroffen wird; da der Widerſtand, welchen die getrof— fene Fläche dem Eindringen entgegenſetzt, im allgemeinen als mit deren Größe in geradem Verhältnis wachſend angenommen werden kann, ſo wird das Geſchoſs um ſo leichter eindrin— gen, je größer einerſeits die Kraft und je kleiner andererſeits die getroffene Fläche iſt, d. h. von zwei Geſchoſſen, welche mit gleicher Kraft ankommen, wird dasjenige tiefer ins Ziel eindringen, welches von dem zu durchſchießen den Körper weniger vor ſich her zu treiben, bezw. zur Seite zu ſchieben, alſo das kleinere Loch zu erzeugen hat. Letzteres entſpricht im 92 Durchſchlagskraft. allgemeinen dem Querſchnitt des 5 den (d Caliber), und man kann daher die + Durchſchlagskraft als das Verhältnis der dem Geſchoſs beim Auftreffen innewohnenden leben— digen Kraft zur Größe des Geſchoſsquerſchnittes oder als die auf die Einheit des Geſchoſsquer— ſchnittes bezogene lebendige Kraft auffaſſen und durch den Ausdruck E e l Tr e — de = 4 darſtellen. Die Auffaſſung, daſs zum Eindrin— gen ins Ziel nicht die Bewältigung der getrof— fenen Fläche ſeloſt ( . de *) ſondern nur das Herausſchneiden des Umfanges derſelben (dr) erforderlich ſei, iſt für Handfeuerwaffen bei der Natur der Ziele jedenfalls nicht zutreffend. Auftreffwinkel, Material und Form (Spitze) des Geſchoſſes ſowie die Beſchaffenheit des Zieles ſind, wenn auch nicht für die Größe der dem Geſchoſs verliehenen Durchſchlagskraft an ſich, ſo doch für die Wirkung dieſer letzteren (Percuſſions wirkung) auf das Ziel, d. h. für den ſichtbar hervortretenden Theil der Kraft, den Durchſchlag, von Wichtigkeit. Iſt der Auf— treffwinkel ein ſpitzer, ſo kommt nur ein Theil der Durchſchlagskraft (der dem sin? entſpre— chende) als ſolche zur Geltung, während der andere Theil (der dem cos? entſprechende) le— diglich zur Verſchiebung des Zieles benützt wird; iſt der Auftreffwinkel gar zu ſpitz, ſo prallt das Geſchoſs je nach Härte und Elaſti— cität des Geſchoſſes und der Zieloberfläche (ſowie je nach der Form beider) ab und dringt gar nicht ein; nur bei rechtwinkeligem Auftreffen wird die Durchſchlagskraft voll ausgenützt. Iſt das Geſchoſsmaterial im Verhältnis zur Zielbe— ſchaffenheit zu weich, ſo ſtaucht ſich das Ge— ſchoſs beim Auftreffen, vergrößert dadurch ſeinen Querſchnitt und vermindert in demſelben Maße ſeine Fähigkeit, ins Ziel einzudringen (ſ. De— formation); iſt das Geſchoſs zu ſpröde, ſo kann es an feſten Zielen zerſchellen und ſeine Durch— ſchlagskraft einbüßen. Durch die Form der Geſchoſsſpitze kann das Eindringen ins Ziel erleichtert werden: die zur Überwindung des Luftwiderſtandes günſtigſte Form (ſ. Luftwider— ſtand und Geſchoſs) treibt auch das Material des Zieles am eheſten auseinander und erhöht damit den Durchſchlag. Bei Handfeuerwaffen bildet die Durch— ſchlagskraft wenn auch nicht den einzigen, ſo doch den Hauptfactor der Geſchoſswirkung (ſ. d.) und iſt daher ihre möglichſte Größe anzuſtreben. Aus dem Ausdruck vs. 1 daſs die Durchſchlagskraft im quadratiſchen Verhältnis mit der Zunahme der Auftreffge— ſchwindigkeit und der Verkleinerung des Calibers wächst, während das Gewicht des Geſchoſſes ſie nur in einfachem Verhältnis vergrößert. In Bezug auf die Geſchoſsconſtruction (für welche 2 — geht hervor, Geſchoſſes | 2 ; = die Größe — als unveränderlich außer Betracht bleibt) iſt alſo weniger das abſolute Gewicht (p) des Geſchoſſes als vielmehr deſſen relative Größe in Beziehung zum Querſchnitt, d. h. deſſen möglichſt große Querſchnittsbelaſtung (ſ. d.) anzuſtreben. Dieſer letztere Factor (I=) iſt für die Durchſchlagskraft ebenſo wichtig als das Quadrat der Auftreffgeſchwindigkeit (v?), und da er im allgemeinen leichter, d. h. mit geringeren Nachtheilen erreicht werden kann als die große Auftreffgeſchwindigkeit und er für die Überwindung des Luftwiderſtandes (Raſanz der Bahn, Erhaltung der Geſchoſsgeſchwindig— keit) gleich gute Dienſte leiſtet, ſo erſcheint es zur Erzielung einer großen Durchſchlagskraft vortheilhafter, mehr Wert auf Querſchnittsbe— laſtung als auf übergroße Geſchoſsgeſchwindig— keiten zu legen. Die Meſſung der Durchſchlagskraft iſt zur Beurtheilung der Leiſtungsfähigkeit von Ge— wehr, Geſchoſs und Pulverladung (bezw. ein- zelner Anordnungen derſelben) ungemein wich— tig, in völlig zutreffender Weiſe indes nur ſchwer auszuführen. Da die Eindringungs- tiefe (Durchſchlag) der Geſchoſſe in feſte Stoffe im allgemeinen als im geraden Verhältnis zur Durchſchlagskraft ſtehend angenommen werden kann, jo bietet ſich die Ermittlung des Durch— ſchlages durch Schießen gegen geeignetes Ma— terial als einfachſter Vergleichsmaßſtab für die Durchſchlagskraft dar. Das Zielmaterial mujs dabei von möglichſt gleichmäßiger Beſchaffenheit und einer der zu meſſenden Durchſchlagskraft, bezw. der zu erwartenden Geſchoſsdeformation entſprechenden Dichtigkeit, Zähigkeit und Härte ſein; für ganz ſchwere und harte, einer Defor— mation wenig unterworfene Geſchoſſe (aus Ge— ſchützen) nimmt man Eiſen oder Stahl, für Handfeuerwaffen bei Einzelgeſchoſſen (Kugeln) meiſt Holz, bei Schroten gewöhnlich Pappe oder Papier. Eine beſondere Schwierigkeit für die Meſſung beſteht hiebei darin, dafs vor dem eindringenden Geſchoſs eine Zuſammenpreſſung (Stauchung) des Zielmateriales eintritt, welche als unbeherrſchbar und je nach dem Zuſtande des Materiales ungleichmäßig wirkend, das Re— ſultat ſehr unrein zu machen geeignet iſt; um ihre Wirkungen abzuſchwächen und dem Material Gelegenheit zum Ausweichen zu geben, iſt es vortheilhaft, das Ziel nicht aus einer einzigen zuſammenhängenden ſoliden Maſſe, ſondern aus einzelnen gleichmäßig ſtarken und in gleich— mäßigen Zwiſchenräumen aufgeſtellten Lagen be⸗ ſtehen zu laſſen. Für Kugeln aus Handfeuer⸗ waffen benützt man daher meiſt (möglichſt aſt— freie) trockene Fichtenbretter von etwa 2½ —3 cm Stärke mit vielleicht je 20 — 30 em Zwiſchen⸗ raum; für Schrote gewöhnlich Pappen von be— ſtimmter Stärke (bezw. Gewicht per Bogen) mit etwa 1 em Zwiſchenraum (j. Einſchießen). Da die Deformation der Geſchoſſe beim Aufſchlage infolge Vergrößerung des Quer- ſchnittes derſelben die Eindringungstiefe ſehr weſentlich alteriert, ſo iſt bei der Meſſung auf dieſe Erſcheinung beſonders Rückſicht zu nehmen. Durchſchlagskraft. 93 Dieſelbe richtet ſich in ihrer Größe ſowohl nach der Härte des Zieles als nach der Beſchaffen— heit und ganz beſonders nach der Auftreffge— ſchwindigkeit des Geſchoſſes; beim Schießen auf größere Entfernungen (kleinere Auftreffgeſchwin— digkeit) tritt fie bei gleicher Ziel- und Geſchoſs— beſchaffenheit weniger leicht ein als auf nähere Entfernungen (größere Auftreffgeſchwindigkeit ), und zeigen daher die Geſchoſſe auf letzteren häufig eine geringere Eindringungstiefe als auf weitere Entfernungen; dies iſt ganz beſonders der Fall, wenn das Material des Zieles (wie 3. B. Erde) ſich vor dem Geſchoſs leicht zuſam— menſtaucht. Infolge dieſer Verhältniſſe dringt z. B. das Weichbleigeſchoſs des deutſchen Infanterie— gewehres auf 25 m Entfernung nur etwa 15 cm in friſch und loſe aufgeſchüttete Sanderde ein, während mit den Entfernungen zunehmend die Eindringungstiefe bis zu etwa 36 em (auf ca. 1000 m) wächst und erſt von da an wegen zu gering werdender Geſchwindigkeit wieder ab— nimmt. Härtere, der Deformation nicht unter— worfene Geſchoſſe, wie z. B. Stahlverbundge— ſchoſſe, zeigen dieſe Erſcheinung nicht, ſondern dringen auf näheren Entfernungen tiefer ein als auf weiteren; in Sand, in welchen ein Weichblei— geſchofs auf 10 m Entfernung nur 15—20 cm eindrang, gieng ein auf gleiche Entfernung ver— ſchoſſenes Stahlverbundgeſchoſs 38 —44 em weit. Beim Schießen gegen Fichtenbretter tritt, wenn das Ziel nicht ſehr nahe ſteht, eine we— ſentliche die Eindringungstiefe behindernde De— formation der Weichbleigeſchoſſe nicht ein; das deutſche Weichbleigeſchoſs zeigt daher auf den verſchiedenen Entfernungen (bei der erwähnten Anordnung der Bretter) eine der Durchſchlags— kraft, bezw. der lebendigen Kraft ziemlich genau proportionale Eindringungstiefe: auf 100 m 19 em, auf 200 m 16 em, auf 300 m 15 em, auf 400 m 13½ em, auf 500m 12 em, auf 1000 m noch 6¼ em. Da die Forderung einer möglichſten Raſanz jo große Geſchoſsgeſchwin— digkeiten bedingt, wie ſie für die zur unmittel— baren Wirkung (Tödtung) nöthige Durchſchlags— kraft gar nicht erforderlich wäre, ſo iſt letztere auf allen Entfernungen weit mehr als hinrei— chend, Menſchen außer Gefecht zu ſetzen (wozu man den Durchſchlag von 2½ em Fichtenholz als genügend anſieht); aus demſelben Grunde kann der Durchſchlag der mit ähnlichen La— dungen feuernden Jagdbüchſen wenigſtens gegen europäiſche Wildarten als durchgehends voll— kommen ausreichend betrachtet werden. Beim Schießen gegen härteres Holz tritt wiederum eine bedeutende die Eindringungs— tiefe herabſetzende Deformation der Weichblei— geſchoſſe ein, ſo daſs letztere auf 10 m Entfernung verſchoſſen z. B. in Buchenholz nur 8—9 em eindringen, während Stahlverbundgeſchoſſe auf gleicher Entfernung 18 em Buchenholz und da— hinter noch 30 em Fichtenholz durchſchlugen. Für Schrote empfiehlt ſich zur Meſſung ein weicheres Material und wird daher allge— mein Papier oder beſſer Pappe genommen. In der Regel macht man dieſem Material den Vorwurf mangelnder Gleichmäßigkeit, und in der That iſt Dichtigkeit, Härte und Feſtigkeit nicht einmal in einer und derſelben Lieferung vollkommen gleich, während Aufbewahrungsver— hältniſſe und der Zuſtand der Luft (Feuchtigkeit) ſogar größere Verſchiedenheiten hervorbringen können; ſelbſt bei ganz gleichen Schuſsbedin— gungen ſind daher Differenzen (6 bis 7, ja bis zu 10%) in dem erzielten Durchſchlag beim Schießen gegen Pappe nicht zu vermeiden. Trotz⸗ dem empfiehlt ſich das Verfahren für den Jäger wegen ſeiner verhältnismäßigen Einfachheit, fer= ner weil es demſelben ohne weiteres ein Bild nicht nur der Kraft, ſondern gleich des erzielten Durchſchlages darbietet, und endlich weil es ein Urtheil gewährt über das Verhalten der Schrote (Stauchung) beim Aufſchlag auf ein Material, welches wenigſtens annähernd der Beſchaffen— heit der für den Schrotſchuſs in Wirklichkeit be— ſtimmten Ziele entſpricht. Da es praktiſch großen Schwierigkeiten be— gegnen würde, etwa 40 Stück dieſer Pappen in einer ſolchen Größe (mit ca. Jem Zwiſchenraum) hinter einander aufzuſtellen, daſs alle Körner des Schuſſes aufgefangen werden, ſo begnügt man ſich mit der Auffangung des inneren Kerns des Streuungskegels als des für das praktiſche Schießen bedeutſamſten Theiles (Größe der Pap— pen etwa 17 zu 17½ cm). Alle Körner in jeder Pappe zu zählen und dann etwa die Anzahl der in den hinteren Scheiben ſitzenden Durch— ſchläge als Procente der Durchſchläge in der vorderſten Pappe auszudrücken und ſchließlich zu ſummieren, würde zwar das genaueſte Ver— fahren darſtellen, aber für den gewöhnlichen Gebrauch zu umſtändlich ſein; man begnügte ſich daher anfänglich damit, diejenige Anzahl der Pappen anzugeben, welche überhaupt noch, wenn auch nur von einem Korn durchſchlagen wurden; das Verfahren zeigte indes große Un— ſicherheiten, da ſelbſt bei ganz genau gleichen Lade- ꝛc. Bedingungen die Geſchwindigkeit gerade der am ſchnellſten fliegenden Körner von Schuſs zu Schujs eine ungemein verſchiedene iſt; um dieſe Unſicherheit wenigſtens einigermaßen aus— zugleichen, einigte man ſich ſpäter dahin, nur diejenigen Pappen zu zählen, welche von min— deſtens drei Körnern durchſchlagen wurden. In Deutſchland hat ſich leider die zu einem Vergleich unbedingt nothwendige Gleichmäßigkeit in der Wahl (Stärke und Feſtigkeit) der Pappe noch nicht herausgebildet und müſſen wir uns daher auf die in England ſeit langer Zeit all— gemein im Gebrauch befindliche Strohpappe - 25 Stück von 6 zu 7 Zoll (engl.) Seitenlänge wiegen 1 Pfund (engl.) = 25 Stück von 17 zu 17½ em Seitenlänge 300g — als Vergleichs maßſtab beziehen. Nach C. Pieper, „Was leiſten unſere modernen Gewehre?“ ſtellt ſich bei dieſen Pappen der Durchſchlag auf ca. 36 m bei un gefähr / Ladungsverhältnis und Verwendung von Neweaſtler Hartſchrot folgendermaßen: Nummer der Anzahl der Körner Anzahl der durch Körner auf je 10g ſchlagenen Pappen 2 143 32—44 4 60 24—36 6 95 16—21 8 159 14—17 10 300 9—10 94 Durchſchlagskraft. Der Hauptmangel dieſer Meſſung mittelſt Pappendurchſchlages dürfte darin zu ſuchen ſein, daſs bei dem üblichen und in praxi allein mög⸗ lichen Zählverfahren nur die wenigen am ſchnellſten fliegenden Körner die Grundlage der Meſſung bilden, von welchen der für die Wir— kung immerhin wichtige Durchſchnitt des ganzen Schuſſes weit entfernt bleiben kann; dies und die Ungleichheit des verwendeten Materiales ſowie der bei dauernden Verſuchen (für Gewehr⸗, Schrot- und Pulverfabrikanten) eintretende große Verbrauch an Material (Koſtſpieligkeit) veran⸗ laſsten mancherlei Vorſchäge zur anderweitigen Meſſung. H. Pieper in Lüttich will in einen vorne durch ein Stück Pergamentpapier geſchloſſenen Waſſerkaſten ſchießen, in welchem die Schrote, je nach ihrer Kraft eine größere oder geringere Strecke zurücklegend, auf dem etwa von Centi⸗ meter zu Centimeter abgetheilten und zum Herausnehmen eingerichteten Siebboden nieder— ſinken und ſo den Durchſchlag des aufgefangenen mittleren Theiles des Schuſſes in dem von ihnen (in dem durchaus gleichartigen Mittel) zurück— gelegten Wege deutlich darſtellen. Das Heraus- ſtrömen des Waſſers durch die Schuſsöffnungen kann durch eine durch den Schujs ſelbſtthätig ſich vorlegende Guttaperchaſcheibe in genügend ſicherer Weiſe verhindert werden. In England conſtruierte der Herausgeber des „Field“, J. H. Walſh, Ende der Siebziger⸗ jahre mit Hilfe zweier Gewehrfabrikanten einen beſonderen Apparat, welchen er force gauge (ſprich: förß gedſch) S Kraftmeſſer nannte und zuerſt im Jahre 1879 öffentlich verſuchte; ſeitdem hat ſich derſelbe, mannigfach verbeſſert, unter dem Namen Field force gauge (Fig. 255) in England eingebürgert und wird faſt bei allen Concurrenzſchießen der Prüfung zugrunde elegt. - Durch den Anprall der Körner auf die eiſerne Platte aa wird dieſe entſprechend der Anzahl und der lebendigen Kraft der aufſchla⸗ genden Körner zurückgedrückt; ſie trägt auf ihrer Rückſeite einen feſten Rahmen b, mittelſt deſſen ſie an vier beweglichen Armen ce jo an dem Geſtell dd des Kaſtens aufgehängt iſt, dass der geringſte Druck hinreicht, ſie nach rückwärts zu bewegen. Dieſe Bewegung wird durch eine kleine, bei k angebrachte Frictionsrolle auf den kurzen Arm f eines um h drehbaren Zeigers g Fig. 255. Apparat „Field force gauge“ zur Meſſung der Durchſchlagskraft. übertragen, deſſen mit einem Stift verſehenes oberes Ende längs der kreisförmigen Einthei⸗ lung 11 läuft und hier auf einer vor jedem Schuſs zu ſchwärzenden Platte einen um ſo längeren Strich — in der Zeichnung bis 115 — hinterläſst, je ſtärker die Schrote die Platte a a zurückgetrieben hatten. Der Stoß der Platte hat die Kraft einer am Zeiger g angebrachten ſtarken Feder zu überwinden, welche den Zeiger ſtets nach dem Nullpunkt der Eintheilung zu⸗ rückzieht und in ihrer Wirkung durch eine Schraube reguliert werden kann. Um den in⸗ neren Mechanismus vor abgeſpritzten Bleipar⸗ tikeln zu ſchützen, wird der Kaſten während des Schuſſes durch eine (in der Zeichnung abge⸗ nommene) eiſerne Thür geſchloſſen. Die Eintheilung beruht, was der eigentlichen Aufgabe des Apparates (Meſſen der lebendigen Kraft) nicht ganz entſprechen dürfte, auf der Er⸗ Durchſchneiden. mittlung der Bewegungsgröße (ſ. d.) und wird erhalten, indem man mittelſt des beweglichen Armes (Hammers) p aus einer beſtimmten Höhe (1 Fuß engl. = 30% em) verſchiedene Gewichte (in Unzen) auf die Platte a ſchlagen läſst und den erhaltenen Ausſchlag als das Product des fallenden Gewichtes p und der in dem angegebenen Fallraum (1 Fuß) erlangten Geſchwindigkeit von 8 Fuß engl. auf der Ein- theilung aufträgt. Der Apparat kann vor jedem Schießen genau gleichmäßig eingeſtellt werden, indem die Kraft der Feder mittelſt der Schraube ſo reguliert wird, daſs ein beſtimmtes Gewicht ſtets einen und denſelben Ausſchlag ergibt. Die Platte a hat 10 Zoll engl. — 25'4 cm Seiten- länge und fajst daher nur einen Theil des Streukegels; vor jedem Schuſs wird fie neu angeſtrichen, um die aufſchlagenden Körner zählen zu können; die bei jedem Schuss er— haltene Indexangabe wird durch die Anzahl der aufgeſchlagenen Körner dividiert, um die Bewegungsgröße per Korn zu erhalten. Der Apparat kann hinter dem zur Ermittlung der Trefffähigkeit aufgeſpannten Papierbogen zweck— entſprechend aufgehängt werden, jo daſs Treff— fähigkeit und Kraft (Bewegungsgröße) zugleich gemeſſen werden. Dieſer Kraftmeſſer empfiehlt ſich trotz ſeines ziemlich hohen Preiſes “) allen denen, welche, wie Gewehrfabrikanten 2c., viel und häufig zu ſchießen haben; er bringt hier durch Erſparung an Pappmaterial die urſprüngliche Auslage bald wieder ein und iſt in ſeiner Bedienung ungemein bequem. Sein Hauptvorzug beſteht darin, daſs er wegen der genau herzuſtellenden Gleichmäßigkeit ſich vorzüglich zu Vergleichs— verſuchen in Betreff der Güte ꝛc. verſchiedener Gewehre und Ladungen eignet. Die Art der Herſtellung des Index erlaubt, wenn man von den im Apparat liegenden Fehlerquellen — Kraftverſchluckung durch Deformation der auf— ſchlagenden Schrote, todtes in Bewegung zu ſetzendes Gewicht, Reibung ꝛc. — abſieht, durch Diviſion der Indexangabe durch das Gewicht der auftreffenden Schrotkörner (in engl. Unzen) die mittlere Geſchwindigkeit (in engl. Fuß) der letzteren zu ermitteln. Der Hauptmangel dürfte fein, daſs der Apparat nicht, wie man wünſchen ſollte, die Summe der Bewegungsgröße aller die Scheibe treffenden Körner zum Ausdruck bringt, ſondern nur den Maximalbetrag der Bewegungsgröße der in einem beſtimmten Moment gleichzeitig aufſchlagenden Körner. Da nämlich die Feder in jedem Augenblick beſtrebt iſt, den Zeiger zurückzuziehen, ſo kann ſich die Kraft der hinter einander (wenn auch ſehr raſch hinter einander) aufſchlagenden Körner in dem Aus— ſchlag des Zeigers nicht ſummieren, und es gelangt daher die Kraft derjenigen Körner überhaupt nicht zum Ausdruck, welche vor und nach dem erwähnten Maximum der gleich— zeitig ankommenden Körner die Scheibe treffen. Setzt man an Stelle der Gradeintheilung einen ſich raſch drehenden Cylinder, ſo zeichnet der *) 61/, Livres Sterling (S ca. 128 Mark) bei W. P. Jones in Birmingham, Bath Str. 75, welcher auch Re⸗ ductionstabellen zum bequemeren Gebrauch mitliefert. — Durchſchnitt. 95 Stift des Zeigers auf dem (mit Papier über- zogenen) Mantel dieſes Cylinders während des Schuſſes eine Curve auf, welche in ihrer Aus— dehuung und mehr oder weniger regelmäßigen Geſtalt genau der Bewegungsgröße der nach einander auftreffenden Körner entſpricht; auf dieſe (etwas umſtändliche) Weiſe läſst ſich die im Verlaufe eines Schrotſchuſſes auftretende Verſchiedenartigkeit in der Geſchwindigkeit und Zeitfolge der auftreffenden Körner annähernd nachweiſen (vgl. Walſh, The modern Sports— man's Gun and Rifle, Bd. I, p. 39 ff.). — Eine Folge dieſer Verſchiedenartigkeit iſt der Um— ſtand, daſs eine Vermehrung der Pulverladung oder die Verwendung eines kräftigeren Treib- mittels auf der force gauge nicht immer und beſonders dann nicht einen entſprechend größeren Ausſchlag hervorruft, wenn die Ladung dem Gewehr nicht entſpricht und daher eine größere Unregelmäßigkeit im Fluge der Schrotkörner herbeiführt. Ahnliche Erſcheinungen ſind aus gleichem Grunde allerdings auch beim Schießen gegen Pappe zu beobachten und hat daher hie— gegen die force gauge immer noch den Vortheil der größeren Regelmäßigkeit der Wirkung. Wenn demnach die Aufgabe der genauen Meſſung der Durchſchlagskraft des Schrotſchuſſes bis heute noch nicht in vollkommener Weiſe ge— löst erſcheint, ſo bietet doch für den Jäger das Schießen gegen Pappe immerhin genügende Beurtheilung und zugleich das ſehr bequeme Bild des Durchſchlages ſelbſt; für den Fabri— kanten, der viel zu ſchießen hat, dürfte ſich da gegen die force gauge als ſehr gleichmäßig wirkend, bequem und für mancherlei beſondere Ermittlungen geeignet erwetjen. Th. Durchſchneiden, verb. trans. und reflex. I. trans. ein Revier, einen Diſtriet —= ab- brechen III, durchbrechen III, abſchneiden 1. „Nun ſiehet man zu, wie viel und was für Wildpret in das Jagen iſt, und ſchneidet nochmahlen auf das Geſtelle A T (am beige— gebenen Plane) durch.. .“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 78. — „Durch ſchneiden . .. Dieſes Wort wird auch ge- nommen, anſtatt einen Bogen bey dem Beſuch, Jagen 2c. enger machen, und ſpricht man, da oder dort ſchneidet durch.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 97. II. reflex. von Raubthieren durch Zeuge = ſelbe durchbeißen und ausbrechen; vgl. ab- ſchneiden, anſchneiden, ſchneiden. „Die Wölfe ſchneiden ſich durch Blahen und Zeugen, und beißen ſich nicht durch.“ Pärſon, Hirſchger Jäger, 1734, fol. 82. — „Wenn ein Wolf, Luchs, Dachß oder Bieber aus dem Netz ge kommen, das iſt, ſich durchgebiſſen hat, wird geſprochen: es hat ſich durchgeſchnitten.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, — Winkell, I., p. 542%, III., p. 28. — Jagdbrevier, p. 247. — Grimm, D. Wb. II., p. 1692. — Sanders, Wb. II., p. 989 b. Durchſchnitt, der. J. Die Stelle, wo im Sinne ſchneiden I oder II durchgeſchnitten Heppe, Wohlred. Jäger, p. 97. von durch wurde. 96 Durchſchnittsalter. — Dynamit. II. Nach Grimm und Schmeller in Bayern die Wildwechſel im hohen Getreide, namentlich bei Rehen; vgl. Schmeller, Bayr. Wb. III., p. 498. — Grimm, D. Wb. II., p. 1677. E. v. D. Durchſchnittsalter eines Beſtandes iſt deſſen mittleres Alter, welches am einfachſten als arith- metiſches Mittel aus einer hinreichend großen Anzahl Altersauszählungen der Bäume gefunden wird. Dasſelbe iſt nur dann brauchbar, wenn der Beſtand aus nicht ſehr ungleichaltrigen Individuen beſteht. Iſt dagegen die Ungleich— altrigkeit auffallend, ſo ermittelt man das Durchſchnittsalter als Maſſenalter. Das Maſſenalter eines ungleichaltrigen Beſtandes iſt jenes, welches ein gleichaltriger Beſtand erreicht haben müſste, um dieſelbe Holzmaſſe zu be— ſitzen, die der ungleichaltrige Beſtand hat. Die Beſtimmung des Maſſenalters geſchieht entweder mit Hilfe von Ertragstafeln oder mit Hilfe des Durchſchnittszuwachſes. Nr. Durchſchnittszuwachs iſt der Quotient aus der Anzahl der Jahre eines beſtimmten Zeit- raumes in den während desſelben erfolgten Zu— wachsbetrag. Man unterſcheidet periodiſchen und Geſammtalters-Durchſchnittszu⸗ wachs. Im eriteren Falle kommt nur ein mehr- jähriger Abſchnitt aus dem Beſtandsleben in Betracht, im letzteren wird deſſen gegenwärtiges, bezw. Abtriebsalter unterſtellt. Wird das Ab— triebsalter als Diviſor in die Geſammtmaſſe augen jo ermittelt man den Haubar= keits⸗Durchſchnittszuwachs. Sind die Perioden, für weche man den Durchſchnitts⸗ zuwachs beſtimmt, ſehr kurze, ſo iſt der perio— diſche Durchſchnittszuwachs von dem jährlichen wenig verſchieden, und deshalb kann man letzteren aus erſterem am einfachſten beſtimmen. Nr. Durchſchub, ſ. Schließen. Fr. Durchſprengen, j.gemijchte Holzarten. Gt. Durdftellen, verb. trans., Zeuge durch ein Revier — durchrichten. „Durchſtellen heißet ſo viel, als ein Holz mit Tüchern, Netzen oder Lappen durchrichten. “ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 97. — „Auf dem Stellwege, wo wieder durchgeſ ſtellt werden ſoll . % Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 40 b. — Mellin, Anwſg. 1 Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 273. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 505. — Hartig, Lexik., p. 133. — Grimm, D. Wb. II., p. 1692. — Sanders, Wb. II., p. 1205 b. — Frz. tendre des panneaux ou des, filets dans un bois. E. v. D. Durchſtiche, ſ. Abſchluſsbauten. Fr. Durchtreiben, verb. trans., ein Revier — abtreiben I, ſ. d. u. vgl. durchgehen, durchhetzen. „Während die Treiber ruhig und ohne Lärm die Dickung mehrere Male auf und ab durch— treiben“ . ..“ R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 167. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Durchwintern des Holzſamens, j. Aufbe⸗ wahrung desſelben. Gt. Durchzug, ſ. Holzrieſen. Fr. Durchzug balken, j. Zwiſchenböden. Fr. Dürer Albrecht, über deſſen Kupferſtich „St. Euſtachius“, ſ. Mythologie. E. v. D. Dürlitze, ſ. Cornus mas. Wm. Durol iſt ein Cymol, welches als vierfach⸗ methyliertes Benzol aufgefasst wird, und entſteht aus einem Gemiſch von Einfach-Brompſeudo⸗ cumol und Jodmethyl durch Zerſetzen mit Na⸗ trium. Es iſt ein feſter, in Alkohol leicht lös⸗ licher, bei 80° ſchmelzender Körper von 190° Siedetemperatur. Es wird von verdünnter Sal⸗ peterſäure zu Durylſäure und weiterhin zu der zweibaſiſchen Cumidinſäure oxydiert. v. Gn. Dürrholzhieb, ſ. Durchforſtung. Gt. Dürrſpieße, bei Kiefer das Vertrocknen des Wipfels bis auf einige Quirle abwärts: nach Ratzeburg eine Folge anhaltenden Eulenfraßes (Trachea piniperda); Kahlfraß. Dürrſpieße find demnach nicht zu verwechſeln mit dem durch Verpilzung hervorgerufenen Kienzopf. Sal Durſt, j. Verdauung. Durſtel, ſ. Singdroſſel. E. 5 5 Durylſäure rin He . (c, ee entſteht wie bei Durol angegeben, ſchmilzt bei 150°, iſt auch in ſiedendem Waſſer faſt un⸗ löslich, in Alkohol leicht löslich, kryſtalliſiert daraus in glänzenden, harten Prismen, geht bei fortſchreitender Oxydation in Cumidin⸗ ſäure über. v. Gn. Duſel, die, oder Düſel, Bezeichnung für das weibliche Geſchlecht der Vögel, ſelten und veraltet; Etymologie unſicher. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 97. — Nemnich, Polygl Lexik. d. Naturgeſch. I., p. 118. — Grimm, D. Wb. II., p. 1758. — Sanders, Wb. I., p. 3366. — Vgl. Häſe, Sie, Sicke. E. v. D. Duſtholt, doufholt (dust, mud. — Spreu, Hülſe), bezeichnet die geringeren, nicht „blumen⸗ tragenden“ Holzarten, gewöhnlich alle Bäume mit Ausnahme der Eiche und Buche. Das Recht auf Duſtholt, d. h. die dustwar, ſtand gewöhnlich den Hinterſaſſen zu, während die Grundherren die bloemwar, d. h. das Recht auf die beſſeren Holzarten ſich vorbehielten. Schw. Duſtwar, ſ. Duſtholt. Schw. Düte, Dütvogel, j. Goldregenpfeifer. E. v. D. Düttelmann, ſ. Maräne (1. Art). Hcke. Dynamit iſt eine feinkörnige, ſich fett an⸗ fühlende plaſtiſche Maſſe von röthlicher Farbe und dem ſpecifiſchen Gewichte von 1˙6. Dynamit wird durch mechaniſche Mengung von 73% Nitro⸗ glycerin und 25%, Kieſelerde (Kieſelguhr), d. i. einer weiß gefärbten und poröſen Maſſe aus mineraliſchen Algenreſten, erzeugt. Durch längere Aufbewahrung leidet der Dynamit und find auch Fälle von Selbſtent⸗ zündung vorgekommen. Desgleichen fehlt ihm auch die chemiſche Beſtändigkeit; ungeachtet deſſen iſt die Gebarung mit Dynamit weniger gefähr⸗ lich als die mit dem Pulver. Vor dem Pulver hat das Dynamit den Vorzug einer ſchnelleren und leichteren Zuberei⸗ tung, der größeren Sicherheit gegenüber äußerem Feuer oder glühenden Körpern, der größeren Un- empfindlichkeit gegen Stöße und Schläge bei der Verfrachtung und einer vortheilhaften Verwen⸗ dung bei Sprengungen in naſſem Geſtein oder unter Waſſer; in letzterer Beziehung kann man den Kojten- und Zeitgewinn mit annähernd 30% veranſchlagen. Wird Dynamit und Pulver hinſichtlich der Wirkung verglichen, ſo iſt bei Anwendung des { ARE AUT 133 3 * 8 6 * * Dyskraſie. — Earias. 97 gleichen Gewichtes die Wirkung des erſteren eine 2—10fach größere als jene des Pulvers; bei Annahme eines gleichen Volumens überſteigt die Wirkung des Dynamits jene des Pulvers um das 4—16fache. Mit Dynamit wird beim oberirdiſchen Steinſprengen eine 5—6fach größere Steinmaſſe gewonnen als bei Anwendung der gleichen Gewichtsmenge Pulver, und dem Volu— men nach ſteigert ſich dieſe Mehrleiſtung bis zum 8—10fachen. Zur Entladung des Dyna— mits bedarf es eines ſehr ſtarken, anhaltenden Stoßes auf einer ſehr harten Unterlage; das Durchleiten elektriſcher Ströme oder intenſive Sonnenſtrahlen vermögen feine Exploſion her- beizuführen. In der Kälte wird der Dynamit hart und explodiert dann um ſo ſchwerer (ſ. Steinſprengen, Zündſchnüre). Fr. Dyskrafie, ſchlechte Säftemiſchung. Kur. Dyslyſin, C36 03, iſt das letzte Product der anhaltenden Einwirkung von kochender Salz— ſäure auf Glycocholſäure oder Cholalſäure. Das Dyslyſin iſt in Ather, in Löſungen von Cholal— ſäure und ihren Alkaliſalzen löslich, ſchwieriger in Alkohol, gar nicht in Waſſer, Alkalien, Eſſig— ſäure und Salzſäure. Es iſt eine weiße, amorphe, geſchmack- und geruchloſe leichte Maſſe, die bei 140° ſchmilzt, mit ruſſender Flamme brennt und ſchwer verbrennliche Kohle zurückläſst. Kocht Earias Hübner, Gattung der Familie Noctuophalaenidae (Spannereulen, Kahneulen), Ordnung Lepidoptera (Macrolepidoptera), Ab— theilung Noctuae (Eulen), enthält einen der wichtigſten Schädlinge der Weidenculturen. — Familiencharakter: Palpen beſchuppt oder dünn⸗flaumhaarig, den Kopf wenig überragend, entweder ſchwach aufſteigend oder ſichelförmig aufgekämmt. Thorax gerundet, anliegend be— ſchuppt oder behaart, vorne ohne Schopf oder Kamm. Schienen unbewehrt. Saum der Vorder— flügel ganzrandig. Rippe 7 der Hinterflügel aus der vorderen Ecke der Mittelzelle; Rippe 5 nicht oder wenig ſchwächer, oder ganz fehlend; Mittel— zelle von gewöhnlicher Länge. Flügel in der Ruhe dachförmig. Raupen meiſt 12füßig, daher ihre Bewegungen ſpannend. Zu den 16füßigen Ausnahmen gehören die Raupen der Gattung Earias. Augen nicht bewimpert; Nebenaugen vorhanden; Palpen kurz, anliegend, beſchuppt; Vorderflügel dreieckig, Anhangzelle fehlend, Rippe 7 und 8 geſtielt. Hinterflügel Rippe 5 fehlend, Rippe 8 aus der vorderen Mittelrippe entſpringend. Durch die ſtark geſchulterten Vor— derflügel ſowie auch rückſichtlich der Lebensweiſe der Raupe erinnern dieſe Arten ſehr an die Dombrowski. Encyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 7 E man Dyslyſin längere Zeit mit alkoholiſcher Kalilauge, jo wird cholalſaures Kalium re- generiert. v. Gn. Dyspnoé, ſ. Athmung. Lbr. Dysporus Illiger = Sula Brisson. — Dysporus bassanus IIliger, ſ. Baſstölpel. E. v. D. Dysporus infaustus Swainson = Gar- rulus infaustus Vieillot, ſ.Unglücksheher. E. v. D. Dysteleologie, Unzweckmäßigkeits⸗ lehre, nennt Haeckel die Lehre von den rudi⸗ mentären Organen, indem dieſe zwecklos, ja (3. B. der Wurmfortſatz) für das betreffende In⸗ dividuum zuweilen gefahrbringend ſind. Kur. Dystetrapleura, j. Tetrapleura. Kur. Dytiseidae, Schwimmkäfer, Waſſer⸗ käfer; ſie ſeien hier erwähnt mit Rückſicht auf den Schaden, den die größeren Arten bei ſtarker Vermehrung den Teichwirtſchaften und Fiſch— zuchten überhaupt zuzufügen vermögen, indem ſie Fiſche anfallen. Im Larvenzuſtande ver- tilgen ſie Froſchbruten, Waſſerlurche ꝛc. Es ſind hieher zu zählen: Dytiscus latissimus L., bis 40 mm lang; D. marginalis L., bis 30 mm; D. eircumeinctus Ahr., bis 33mm, und D. eireumflexus L., bis 30 mm lang. Die Käfer fliegen gut, was es ihnen ermöglicht, in lauen Nächten nach Bedarf ihren Aufenthaltsort zu wechſeln. Hſchl. Wickler. Die Schmetterlinge ſpannen etwas über 20 mm, ſind grün, die Franſen an der Spitze weißlich, Hinterflügel glänzend weiß, am Saume ſchwach grün beſtäubt. Hinterleib weißgrau. Zwei Arten; beide an Weiden. Generation dop— pelt; nach Altum einfach, aber die Entwicklung des Falters und mithin die Flugzeit ſehr un— regelmäßig. Earias chlorana L., ganz ohne Zeich— nungen, Vorderrand der grünen Vorderflügel breit weißlich geſüäumt. Die Hauptflugzeit im Monat April. Belegen der Triebſpitzen ſchmal— blätteriger Weiden mit je einem Ei. Das Räup— chen ſpinnt nun die zarten Blättchen der Länge nach aneinander und ſtellt ſich ſo eine Röhre her, in der es lebt. Zum Theile werden die Blätter am Stiele abgebiſſen, in der Regel auch die Triebſpitze ſelbſt; wird aber durch das Heranziehen unterer Blätter und durch Ver— ſpinnen der Spitzen derſelben am Abfallen ge hindert. Solche von der Raupe beſetzte Ruthen bilden an ihrer Spitze einen nach einer Seite geneigten Blattſchopf, der ſich ſchon von weitem in auffälliger Weiſe bemerkbar macht. Am häu— figſten konnte ich ſie beobachten im Mai und dann wiederum Ende Juli, Auguſt. Die kleinköpfige — 98 Ebbezone. — Eccoptogaster. Raupe erreicht erwachſen eine Länge von 25 bis 27 mm, iſt nach beiden Enden hin ſtark ver⸗ ſchmälert, weißlich, mit zwei dunklen Rückſtreifen und einzelnen kurzen Börſtchen. Zur Zeit der Verpuppung verläſst die Raupe die Geſpinſtröhre und verpuppt ſich im Freien in einem ſeiden⸗ artigen, weißen Cocon. Bei dem oft maſſenhaften Auftreten dieſer Eule ſind die von den Raupen angerichteten Schäden ſehr bedeutend. Die des Wipfels beraubten Ruthen erſetzen den Verluſt desſelben durch Entwicklung zahlreicher Seiten zweige und ſind für techniſche Zwecke verloren. Ausſchneiden der mit der Raupe beſetzten Ruthen, oder noch beſſer, öfteres Revidieren der Heger zu Anfang Mai und ſpäter wiederum gegen Ende Juli nach vorhandenen Raupen und Zer- drücken derſelben. Um dieſe Zeit ſind meiſt die Triebſpitzen noch intact und für die Weiter- entwicklung noch geeignet. Die zweite Art Earias vernana E. hat zwei dunkelgrüne Querlinien über die weißlichgrünen Flügel. Hſchl. Ebbezone, ſ. Meerfauna bei Thiergeo— graphie. Kur. Eber, der, ahd. épar, mhd. ©ber, ebir, ewer, angelj. eofor, éfor, allgemeine Bezeich- nung für das männliche Schwein, u. zw. haupt⸗ ſächlich das männliche Wildſchwein; in der Weidmannsſprache wurde das Wort ſchon im XVI. Jahrhundert durch Bacher und Keiler verdrängt; überdies war damals ſowie ſchon früher ſeit dem XI. Jahrhundert das vom mlt. aper abgeleitete Bär (pero, ber) ebenfalls häu- figer als Eber für das männliche Wildſchwein üblich. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 320. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 510. — Grimm, D. Wb. III., p. 17. — Sanders, Wb. ebe. E. v. D. Eber, ſ. Aber. E. v. D. Ebereſche, ſ. Sorbus. Wm. Ebermayer, Ernſt, Dr. phil., geboren 2. November 1829 in Rehlingen bei Pappen⸗ heim, erhielt ſeine Vorbildung an den Gym— naſien zu Windsbach, Nördlingen und Ans— bach, beabſichtigte zuerſt die pharmaceutiſche Laufbahn einzuſchlagen, widmete ſich aber an der Univerſität und an der polhptechniſchen Schule zu München dem Studium der Natur- wiſſenſchaften. 1852 wurde Ebermayer Aſſiſtent bei Profeſſor von Kobell und machte im Juli 1853 den Lehramtsconcurs für Chemie, Natur- geſchichte und Technologie. Bereits im Novem- ber desſelben Jahres erfolgte ſeine Anſtellung als Lehrer für Chemie, Mineralogie, Techno— logie und Landwirtſchaft an der königlichen Gewerbeſchule zu Nördlingen und 1858 die Beförderung zum Rector und Lehrer für Che— mie, Mineralogie und Technologie an der Ge— werbſchule zu Landau (Rheinpfalz). Bei der Reorganiſation der Centralforſtlehranſtalt in Aſchaffenburg erhielt Ebermayer die Berufung auf die dort neu errichtete Profeſſur für Chemie, Mineralogie und Landwirtſchaft, welcher er Oſtern 1859 Folge leiſtete. Seit jener Zeit wirkt Ebermayer für den forſtlichen Unterricht in Bayern und wurde 1878 zum ordentlichen Profeſſor für den bodenkundlichen und klima— tologiſchen Theil der Forſtwiſſenſchaft an der Univerſität München ernannt. Ebermayer gehört zu den erſten Begrün- dern einer den modernen wiſſenſchaftlichen An⸗ forderungen entſprechenden Behandlungsweiſe der Beziehungen zwiſchen anorganiſcher Natur und Waldvegetation und hat hervorragenden Antheil an der Entwicklung des forſtlichen Ver⸗ ſuchsweſens. Bereits 1866 wurden auf ſeinen Antrag die erſten forſtlich-meteorologiſchen Sta⸗ tionen in Bayern errichtet und im Jahre 1867 daſelbſt die ausgedehnten Unterſuchungen über den Einfluſs des Streuentzuges begonnen. Die Ergebniſſe dieſer Beobachtungen hat Ebermayer in ſeinen zwei viel benützten Werken „Die phy⸗ ſikaliſchen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden“, Aſchaffenburg 1873, und „Die ge- ſammte Lehre der Waldſtreu“, Berlin 1876, bearbeitet. Von 1868—1883 wurden ferner auf Ebermayers Anregung forſtlich-phänologiſche Beobachtungen nach einer von ihm verfaſsten Inſtruction auf ca. 80 bayriſchen Revieren vor— genommen, deren Reſultate nunmehr ebenfalls zuſammengeſtellt ſind und demnächſt erſcheinen werden. Seit 1877 beſchäftigt ſich Ebermayer mit ausgedehnten Unterſuchungen über den Kohlenſäuregehalt der Luft im Walde und Waldboden ſowie über das Verhalten des Waldes gegen die atmoſphäriſchen Niederſchläge; außerdem hat er eine „Phyſiologiſche Chemie der Pflanzen“, Berlin 1882, geſchrieben. Eber⸗ mayer iſt als ein eifriger Vertreter des forſt— lichen Univerſitätsunterrichtes mit großer Ent- ſchiedenheit und Wärme für Verlegung des bayriſchen Forſtunterrichtes an die Univerſität München eingetreten. Im Jahre 1873 war Ebermayer Delegierter Bayerns beim Erſten internationalen Meteorologencongreſs in Wien und 1876 Mitglied der Erſten internationalen Conferenz für forſt- und landwirtſchaftliche Me⸗ teorologie in Wien. Schw. Eberſpieß, der = Saufeder, ſ. d.; ver⸗ altet, vgl. Bärenſpieß. „Clenabulum. ebir spis.“ Gloſſ. a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 4535, fol. 256 v. — „eberspiss.“ Petrus de Crescentiis, Deutſche Ausgabe, Straßburg 1493, 1. X, c. 29. — Grimm, D. Wb. III., p. 17. E. v. D. Ebonit (horniſierter Kautſchuk) iſt eine Modification des vulcaniſierten Kautſchuk, die ſich durch braunſchwarze oder ſchwarze Farbe, eine dem Horn oder Fiſchbein faſt gleichkom⸗ mende Härte und Elaſticität ſowie durch hohe Politurfähigkeit auszeichnet (j. a. u v. Gn. Ebſchbeerbaum, ſ. Sorbus. Wm. Ecardines Bronn — Lyopomata Owen, Unterabtheilung der Brachiopoden. Hieher die Brachiopoden ohne Schloſsverbindung zwiſchen beiden Schalen. Kur. Ecaudata Scopoli = Anura, ſchwanzloſe Lurche, Froſchlurche, ſ. Syſtem der i ur. Eccoptogaster Herbst, gleichbedeutend mit der heutigen Gattung Scolytus Geoffroy (ſ. d.). Durch die Erſetzung des Gattungsnamens Ecco— ptogaster durch den mit dieſer Gattung ver- bundenen Artnamen scolytus haben ſich Ver- ſchiebungen in der Nomenclatur nothwendig ge— macht, welche keineswegs als eine glückliche Echenibothrium. — Eckflügelſpanner. 99 Errungenſchaft für die forſtliche Entomologie betrachtet werden können. Sie ſeien in nach— ſtehender Überſicht zuſammengefaſst: Eccopto- gaster destructur Ratzb. — Scolytus destructor Thoms. = Scolytus Ratzeburgi Jonson; Eecoptogaster scolytus Ratzb. = Scolytus de- structor Oliv. — Scolytus Ratzeburgi Thoms. = Scolytus Geoffroyi Goetze; Eccopto- gaster noxius Ratzeb. = Scolytus pyg- maeus Cupuis. Hſchl. Echenibothrium van Bened., eine Gat- tung der Bandwürmer. Kur. Echiniden, Echini, die Seeigel im all- gemeinen oder im engeren Sinne eine beſtimmte Familie (mit der Gattung Echinus). Kur. Echinites, ein aus früherer Zeit, in der man über die eigentliche Natur dieſer Verſtei— nerungen noch im unklaren war, ſtammender all— gemeiner Ausdruck für verſteinerte Seeigel. Kur. Echinobothrium van Beneden, Band— würmergattung. Kur. Echinocoeeifer Weinland, Bandwürmer— gattung. E. echinococcus v. Siebold im Darm des Hundes. Kur. Echinococeus Rudolphi, Hülſenwürmer. Für Hausthiere und Menſchen ſehr gefährliche Blaſenwürmer. Wurde eine Zeitlang als eigene Bandwurmgattung angeſehen, ſtellt aber (wie Cysticercus und Coenurus) eine Zwiſchenphaſe in der Entwicklung eines den Täniaden ange— hörigen Bandwurmes vor. Der Echinococcus hat die Geſtalt einer größeren oder kleineren (oft größer als ein Hühnerei, bis zu 15 kg ſchwer) Blaſe, welche im Innern eine trübe Flüſſigkeit enthält, in der kleine, weiße, ſand— kornförmige Bläschen ſchwimmen, welche unter Vergrößerung einen Bandwurmkopf mit vier Saugnäpfen und Hakenkranz zeigen. Dieſe Bandwurmköpfe (Scolices) entſtehen nicht direct aus der Blaſeninnenwand, ſondern mittelbar aus nadelkopfgroßen Brutkapſeln, welche aus der Innenwand der Mutterblaſe entſpringen; ſowie die Köpfchen entwickelt ſind, ſtülpen ſie ſich um und ſchlüpfen in die Brutkapſeln hin— ein, in deren jeder bis 12 und mehr ſolcher Seolices entſtehen können; da an Brutkapſeln in einer Mutterblaſe oft viele tauſende ſich bilden, ſo iſt die Anzahl dieſer Bandwurm— larven eine oft ſehr große. Da der Echino- coccus-Blaſe faſt alle Muskelfaſern fehlen, iſt ſie nicht wie die Cysticercus- und die Coenurus- Blaſe mit Bewegung begabt. Echinococcus- Blaſen treten in der Leber, Lunge, ſelbſt in den Knochen der Schafe, Rinder, Kameele, Ziegen (und anderer Wiederkäuer), der Schweine und des Menſchen auf. Durch die Fleiſcherhunde, welche die weggeworfenen Echinococeus-Blaſen freſſen, wird die Echinococcus-Krankheit immer wieder fortgepflanzt; wo der Verkehr des Men— ſchen mit Hunden ein beſonders naher, iſt die Gefahr der Anſteckung durch die letzteren eine ſehr große (in Island ſind aus dieſem Grunde wiederholt bis ein Fünftel der Bewohner der Echinococcus-Krankheit erlegen). Wir können hier auf die Entwicklung u. ſ. w. dieſes Para— ſiten nicht weiter eingehen und verweiſen auf die Arbeiten Siebolds (Band- und Blaſen— würmer, Leipzig 1854), Leuckarts (Blaſen— bandwürmer und ihre Entwicklung, Gießen 1856; Die menſchlichen Paraſiten u. a.), Kü⸗ chenmeiſters (Paraſiten des Menſchen). Kur. Echinodermen, Stachelhäuter, Thiertypus. Im erwachſenen Zuſtande von ſtrahligem Bau, ein von der allgemeinen Leibeshöhle unter- ſchiedener Darmeanal vorhanden; die Haut meiſt mit Kalkeinlagerungen von beſtimmter Form, an der Oberfläche häufig mit Stacheln. Man unterſcheidet vier Hauptabtheilungen: Cri⸗ noiden (Seelilien), Echini (Seeigel), Aſteriden (Seeſterne) und Holothurien (Seewalzen). Kur. Echinodon Owen, Igelzahn, ausgeſtorbene Echſengattung. Kur. Echinomyia, eine zur Sippe der Raupen⸗ fliegen (Tachinini) gehörige Gattung der großen Familie Muscidae (ſ. d.). Hſchl. Echinorhynchus Müller, Stachelrüſſel, Kratzer. Eingeweidewürmergattung. Im Darm von Säugethieren, Vögeln, Kriechthieren, Lur— chen und Fiſchen. Hieher E. gigas Goeze, Rieſenkratzer. Im Darm des zahmen und des Wildſchweines nicht ſelten. Knr. Echinorhynchus proteus, ſ. Fiſchkrank⸗ heiten. P. Mn. Echinostomum van Beneden, Bandwür— mergattung. Nicht ſelten im Darm unſerer Stockfiſche. Kur. Echinotaeniidae, Stachelbandwür⸗ mer. Kopf mit vier Saugnäpfen; in deren Mitte ein hakentragendes, zurückziehbares Ro— ſtellum. Im reifen Zuſtande im Dünndarm fleiſch- und inſectenfreſſender Säugethiere und Vögel, im Larvenzuſtande (als Blaſenwürmer) in verſchiedenen Organen von pflanzenfreſſenden Säugethieren und Inſecten. Hieher u.a. der Bandwurm des Menſchen (Taenia solum L.), Taenia crassicollis Rudolphi der Haus— katze (der zugehörige Blaſenwurm in der Leber der Mäuſe), Taenia serrata Goeze des Hundes (Blaſenwurm in der Haſenleber), Taenia varia- bilis Rudolphi im Darm der Schnepfe (Haupt⸗ beſtandtheil des ſog. Schnepfendrecks), Taenia coenurus Küchenmeister des Hundes (Blaſen— wurm im Gehirn des Schafes), Taenia echino- coccus v. Siebold des Hundes (Blaſenwurm in Leber und Lunge von Schwein, Rind, Menſch) u. ſ. w. Kur. Echis Merr., Schlangengattung der Vi— pern. Kur. Echiuridae Greef, Stachelſchwänzer. Spritz— würmerfamilie. Der nicht einftülpbare Rüſſel dient zur Fortbewegung. Kur. Echtwort, j. Achtwort. Schw. Ecken, veraltet für Enden der Hirſchge weihe. „Die Ecken oder Enden.“ Döbel, Ed. J, 1746, I., fol. 5, 18. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 333. — Sanders, Wb. I., p. 340 e. E. v. D. Eckert'ſcher Waldpflug, ſ. Waldpflug. Gt. Eckert'ſcher Antergrundspflug, ſ. Unter grundspflug. Gt. Edifalter, Eckflügelfalter, deutſcher Name für die Tagſchmetterlinge der Gattung Vanessa (ſ. d.). Hſchl. Eckſlügelſpanner, deutſcher Name für die Spannergattung Macaria Ert. (ſ. d.). Hſchl. 7 * 100 Eckköpfe. — Edelhirſch. Ehköpfe, Eckkopfläuſe, deutſcher Name für die an tauben- und hühnerartigen Vögeln ſchmarotzende Läuſegattung Goniodes Nitz. (ſ. d.). Bei Faſanenzucht zu berückſichtigen. Hſchl. Ectoparaſiten (Außenſchmarotzer) — Epi- 20a, Beiben zum Unterſchiede von den im Leibe eines Wirtes lebenden Entoparaſiten die auf der äußeren Fläche anderer Thiere lebenden Paraſiten (Saugwürmer, Läuſe, Flöhe, einige Blutegel, Krebsthiere); ſchmarotzen fie nur zu⸗ fällig oder zeitweilig, ſo heißen ſie temporäre Ectoparaſiten, hauſen ſie aber immer oder doch im entwickelten Zuſtande auf anderen Thieren, jo heißen ſie ſtationäre Eetopara— ſiten. Kur. Eetopterygoideum os — os transversum (ſ. pterygoideum), ein Stück des Kieferaufhäng⸗ apparates. Knr. Eetotheca nennt man die zarte, jtructur- loſe, äußerſte Hülle, welche die Gonophoren vieler Hydroidpolypen umgibt. Kur. Edel, adj., ein ſeit dem XII. Jahrhundert gebräuchliches Epitheton für die weidgerecht ausgeübte Jagd im allgemeinen, für das hohe und ſpäter für alles eſsbare Wild, für den Jagdhund, den Beizvogel und das Gebeize; edler Jäger — weidgerechter Jäger; edler Hund oder Beizvogel —= Hund oder Beizvogel von guter Race; edle Jagd — männlich, weidge⸗ recht betriebene Jagd. Vgl. a. adelich. — „Ein edel luttich hont.“ Heinrich v. Veldecke, Eneit, v. 1774. — „Daz wilt . . ez trat gar e de- lichen.“ Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 77. — „Recht als ein edel e Peter Suchenwirt, Ulrich v. Wallſee, v. 161. „Der vogel ... ist starckmütig vnd gar e geslechtes.“ P. de Crescentiis, Deutſche Aus⸗ gabe, Straßburg 1493, 1. . c. 8. — „Der falck wirt ſchön vnd edel geacht, wann. Eberhard Tapp, Weidwerck vnd Vederſpil, Frankfurt 1342, 1. II, c. 3. — „Der edel Hirſch P. de Crescentiis, Deutſche Aus⸗ gabe, Frankfurt 1383, fol. 489. — „Unter den Falcken ſind die mittelmäßigſten die beſten; ein edel Falck ſoll haben ein kleines oben flaches Haupt...“ Hohberg, Georgica curiosa II., fol. 764 b. — „Was iſt ein Leithund? — Es iſt der edelſte und vornehmſte Hund ...“ „Edel und hirſchgerecht heißet die ne darum: dieweil ſie am meiſten zu arbeiten hat auf das edelſte Thier im Wald, nämlich: den Hirſch, Es wird aber auch dieſer Rothhirſch ſeiner ſehr edlen Eigenſchaften halben ſo genennet: ein edles Thier.“ „In der Färthe thut das edle, oder geſchalte Wildpret ſeine Zeichen . . .“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 3, 86. — „Man giebet in der Jägerey denenjenigen Thieren den Beynamen Edel, welche ſich von Graß, Kräutern, Früchten und Körnern nähren, und für uns Menſchen eſsbar ſind.“ Mellin, Anwſg. 5. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 123. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 97. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, Nürnberg 1783, I., p. 116. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, VII., p. 134. — Vgl. a. ritterlich. E. v. D. Edeladler, der, Bezeichnung für! die „rauh⸗ füßigen“ Adler, d. h. jene, deren Tarſen bis an die Zehen befiedert ſind; es ſind dies für Europa der Gold-, Schell⸗, in Kaiſer⸗ und Zwergadler. E. v. D. Edelfalke, der, früher 9 Bezeich⸗ nung für die großen zur Beizjagd verwendeten Falken, heute ſpeciell für den isländiſchen Falken, Falco candicans Gmelin. „Ich finde aber für nöthig zu bemerken, daſs die Falkeniere den Nahmen Edelfalk wohl eigentlich keiner be⸗ ſonderen Art ausſchließlich beylegen. Sie nennen in ihrer Sprache jeden Baizfalken, ohne Rück⸗ ſicht auf Art, edel, ſobald er wirklich abge⸗ richtet iſt, dagegen ſie ihm vor dieſer Zeit jenen Nahmen nicht zugeſtehen.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, Königsberg 1797, a p. ar Edelfink, der, ſ. Buchfink. E. v. D. Edelſiſch, ſ. Maräne (4. Art). Hcke. Edelſiſche nennt man die durch Wohlge⸗ ſchmack des Fleiſches ausgezeichneten Arten aus der Familie der lachsartigen Fiſche oder Salmoniden, namentlich den Lachs, die Meer⸗ forelle, die Seeforelle, die Bachforelle, den Huchen, den Saibling, die Aſche und die Ma⸗ räne. Sie ſind die wichtigſten Objecte der künſtlichen Fiſchzucht. cke. Edelhirſch, der. Cervus elaphus Linné. (Hiezu ſechs Tafeln.) Der Name Edelhirſch erſcheint in der Literatur erſt ſeit dem vorigen Jahrhundert, früher war er, wie auch heute noch häufig, durch das ſeit dem XIII. Jahrhundert nachweisbare Rothhirſch, Rothwild neben dem allge⸗ meinen älteſten Namen Hirſch, ahd. hiruz, hirz, mhd. hirz (heute noch ſo in Heſſen), änhd. hirtz, mud. und und. hert, altnord. hiart ver⸗ treten, welcher nach Curtius, Diez und Grimm auf das griechiſche 28 s — Horn, bezw. das hieraus entſtandene lateiniſche cervus zurüd- zuführen iſt. „Cervus emissus. hrusse hiruz.“ Glo. R. a. d. VIII. Jahrh., Germania XI., 34 ff. „Ceruus. hir z.“ Darmſt. Gloſſ. no. 6 a. * X. Jahrh. — Physiologus, Cod. ms. Vindob., no. 2721 a. d. X. Jahrh., fol. 144v. — Zwettl. Gloſſ. no. 293 a. d. XI. Jahrh. — Gloſſ. a. d. III. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 2400, fol. 36r. — „De hert.“ Heinrich v. Veldecke, Eneit, v. 4585. — Sachſenſpiegel, hrsg. v. Sachße, II., 63. — Reinecke de Vos, v. 1775, 5075, 3959. — „Der hir z.“ Gottfried v. Straß⸗ burg, Triſtan und Iſolde, v. 1762. — Hart⸗ mann von Aue, Erec, v. 1101. — Der Pleier, Meleranz, v. 1964. — Niebelungenlied, str. 937. — Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 2384. — Schwabenſpiegel, hrsg. v. Laßberg, 339. — Hada⸗ mar v. Laber, Diu Jagt. str. 88. — Peter Suchen⸗ wirt, Von hern Hansen dem Trawner, v. 19. — „Der hirss, hir zz, hyrzz, die hirzzen, hirsen.“ Conrad v. Megenberg, Buch der Natur, Cods. mss. Vindobs. no., 2669, 2812, 2797 u. 3071 a. d. IN un AM. Jahrh. — „Der hirsz.“ Abh. v. d. Zeichen d. Roth⸗ hirſches a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 2952. — „Der hyrsch. die hyrschen.“ P. d. Erescentiis, Deutſche Ausgabe, s. 1. 1493, IX., c. 80; X., E. 29. DeR hiersch.“ Kaiſer Maximilian 1 Geheimes Jagdbuch, Cod. ms. Vindob., no. 2837.— „Der Hirsch.“ r N Edelhirſch. g 101 Hans Sachs, Kurtze lehr eynem waydmann, e z8pepder Hirsch, Hirs, Hirss.“ Cuno v. Winnenburg und Beilſtein, Abh. v. d. Zeichen d. Rothhirſches Hs. d. Stuttg. Hof— u. Staatsarch. — „Der Hirſch.“ Waidwergk, Augspurg 1532, c. 29. — „Der hirtz“ Wal⸗ ther Ryff, Thierbuch, Frankfurt a. M. 1544. — „Der hirz.“ Conrad Gesner, Thierbuch, über]. v. C. Forer, Zürich 1557, fol. 79. — „Der Hirſch.“ Nos Meurer, Ed. I, 1560, fol. 85. — „Der hirtz.“ Ch. Eſtienne, Deutſche Aus⸗ gabe, Frankfurt 1579, fol. 666, 668. — „Der Hirſch.“ P. d. Crescenzi, Deutſche Aus⸗ gabe, Frankfurt a. M. 1583, fol. 449. — J. Colerus, Oeconomia ruralis, Mainz 1645, fol. 397. — Hohberg, Georgica curiosa, Nürn⸗ berg 1682, II., fol. 686. — Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., fol. 20. — „Edelwild, Edel— wildpret.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 1. — „Adelwildpret wird von einigen alſo das Rothwildpret genennet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohl- red. Jäger, p. 22.— „Der Hirſch.“ Mellin, Aultg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 129. — „Das Edelwild.“ Wildungen, Taſchenbuch f. d. J., 1794, I. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt J., p. 312. — Bechſtein, Hb. d. Jagdwiſſenſchaften, Th. I, Bd. 1, e. 8. — „Vorlängſt ſchon er⸗ hielt der in unſeren Wäldern einheimiſche Roth- hirſch den Namen Edelhirſch.“ Winkell, Ed. I, 4805, I., p. 145. — „Edelwild wird auch das Rothwild genannt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102, Hb. f. Jäger, Ed. I, 1812, p. 31, und Lexik., Ed. I, 1836, p. 123. — Behlen, Wmſpr., 1827, p. 44. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. — Laube, Jagdbrevier, p. 266. Vgl. Graff, Ahd. Sprſch. IV., p. 1017 — Benecke und Müller, Mhd. Wb. I., p. 691. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 1305. — Schiller und Lübben, Mud. Wb. II, p. 255. — Grimm, D. Wb. III., p. 30, u. IV., p. 1363, und Gramm. III., P. 326. — Sanders, Wb. I., p. 766. — Wei⸗ gand, Wb. I., p. 508. — Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 1166, 1171. — Vilmar, Kurheſſ. Idiot. p. 171. — Fick, Wb. d. indogerm. Sprn. II., P. 34. — Curtius, Grundzüge d. griech. Etymol. III., p. 140. — Diez, Wb. d. rom. Sprn. — Diefenbach, Nov. gloss., p. 87 a. — Nemnich, Polyglottenlexik., I., p. 964. — Förſtemann, Altdeutſches Namenbuch I., p. 688. Uber das Anſprechen des Edelwildes nach Alter, Geſchlecht und Standort vgl. Rothhirſch, Rothwild, Roththier, Thier, Hindin, Schmal— thier, Altthier, Geltthier, Kalb, Hirſchkalb, Thierkalb, Wildkalb, Hindenkalb, Stückwild, Kahlwild, Wild, Schmalſpießer, Spießer, Gab— ler, Sechſer, Achter, Zehner, Zwölfer, Vier— zehner, Sechzehner ꝛc., Sechsender, Achtender 2c., Schadhirſch, Grashirſch, Kolbenhirſch, Edel— knabe, Schachtel, Haupt-, Brunft-, Feiſthirſch, Platz⸗, Plan-, Beihirſch, Auen-, Berg-, Gebirgs-, Ried⸗, Sand-, Land-, Moorhirſch; ferner brav, alt, gut, ſtark, angehend, gering, jagdbar, altjagd— bar, capital (b. Gallicismen), gelt, anſprechen. Fremdſprachliche Nomeneclatur. Frz.: le cerf, la böte fauve; f. la biche, la böte; Schmalthier la here, ad. le faon; Spießer le daguet, broquart; geringer Hirſch jeune cerf, angehend jagdbarer Hirſch cerf de dix cors jeunement, jagdbarer Hirſch cerk de dix cors, gut jagdbarer Hirſch vieux cerf oder grand cerf, Haupthirſch grand vieux cerf; ital.: il cervo, ciervo; f. la cerva, cervia; ad. cervetto. cervietto, cerviatto, cerbiatto, cerviatello; Spießer susone; ſpan.: el ciervo; f. la cierva: Spießer el estaquero; geringer Hirſch onodio oder nuevo, angehend jagdbarer Hirſch eier vo de diez candiles nuevo, jagdbarer Hirſch eiervo de diez candiles, Haupthirſch ciervo viejo; port.: o ciervo, o veado; f. cerva, bicha: ad. veado- zinho, cervazinho; Spießhirſch veado novo, in den ſpäteren Stufen nach dem Alter veado de dous, de tres ꝛc. annos; Haupthirſch veado esgalhado; engl.: the hart, the deer, the red deer; f. the hind; Schmalthier hearse; ad. the calf; Spießer the knobber; im 3. Jahr the brock, brocket, bricket, spade; im 4. Jahr the stagard; im 3. Jahr the stag; im 6. Jahr und jpäter the hart; angelſächſ.: heorot, heort. f. hinde; corn.: caro; walliſ.: carw, hydd; f. eilid, feadhmanach, adhfeidh: ad. elain; gäl.: carıfhiadh; f. ewig; ad. laogh; holländ.: edel hert; f. hinde; ad. jong hert; Spießer spiessert; jpäter een jong hert van drie, vier, vyf jaaren; jagdbarer Hirſch hert van zes jaren u. ſ. w., Haupthirſch ond hert van zeven jaaren; dän.: hiort, adelhiort, kronhiort: f. hinde; ad. hindkalv; Spießer spydhiort, Gabler gaffelhiort; norweg.: röd dyr; f. drykolle; ſchwed.: hjort, adalhjort, kronhjort; f. hjortko, hind; ad. hjortkalf, hindkalf; isländ.: hiörtr; poln.: jelen, f. beka sie, cielna sie, jelonka: ad. bekowisko, rykowisko; Spießer szpiczak. podciolk; Gabler widlak; dann nach der Endenzahl szostak, ösmak, dziesiatak, dwnna- stak 2c.; jagdbarer Hirſch jelen towny, Haupt⸗ hirſch jelen kapitalny oder glöwny; böhm.: jelen, f. lan; ad. tele, kolouch; ruſſ.: olen: f. lan, olenü samka; ad. olenok; Spießer olen pramorogoi; ſerb.: jelen: f. jelenica; illyr.: jelen; f. kotsuta; krain.: jelen; ungar.: szarvas; f. nosteny szarvas, suta; ad. borju; epirot.: dree; f. suta; lett.: wahzsemmes breedis; f. wahzsemmes breeschu mahte; eſthn.: hirw, hirwe; f. emmane hirve; finn.: peura; lappländ.: sorv; baſchkir.: mischäs; wotjak.: potschei; irkutsk.: isubr, isiubr; burät.: gohu; buchar.: goreschun, mural; tatar.: suun, buga: f. kerekschim; tunguſ.: kümaka; falm. u. kirgiſ.: bogö maral; jafut.: kumakä; perj.: gewazen; türk.: soëgün; arab.: ajal; hebr.: ayal; chald.: ajela. E. v. D. Beſchreibung. Der Edelhirſch iſt das vornehmſte Wild unſerer heimiſchen Wald— reviere. Die ſtattliche, impoſante Geſtalt dieſes Wildes, die Schönheit ſeiner Formen, das Ebenmaß, die eherne Muskelkraft ſeiner Glieder und die ſtolze aufrechte Haltung des ausdrucks— vollen Kopfes haben demſelben ſchon zur Zeit unſerer Vorväter und mit Recht das Epitheton „edel“ zugebracht. Das Edelwild gehört der Ordnung der Wiederkäuer (ruminantia) an, u. zw. bildet es den typiſchen Vertreter der zur Familie der Hirſche, Cexvina, gehörigen Gattung Cervus. Charakteriſtiſche Merkmale des Edelwildes find die Eckzähne, Haken, Gränel (meiſt 102 Edelhirſch. nur mundartlich „Grandeln“), im Oberkiefer beider Geſchlechter und das Geweih, der an— nuelle Hauptſchmuck der männlichen Thiere. Das Körpergewicht wie die Längen- und Höhenmaße des Edelwildes ſind von den Stand— orten und deren klimatiſch-telluriſchen Einflüſſen, ſehr weſentlich aber auch von der Hege ab— hängig, welche der Weidmann demſelben ins⸗ beſondere in Hinblick auf die Fortpflanzung, d. h. auf ein qualitativ und quantitativ cor— rectes Standesverhältnis angedeihen läſst. Ein jagdbarer Edelhirſch der mitteleuro— päiſchen Waldreviere erreicht ein Gewicht von 150—170 kg; ein ſolcher in beſonders gün— ſtigen Lagen — wie in den üppigen Rieden und Auenwäldern der Donau nächſt Wien, der Drau nächſt Bellye und Darda in der ſüdlichen Ba— ranya, in der Romintener Heide in Oſtpreußen und den herrlichen Waldgebieten der Karpathen in Ungarn, Oſtgalizien und der Bukowina — ein Gewicht von 220—280 kg ohne den Auf— bruch. Das Edelthier, weſentlich geringer als der Hirſch, erreicht ein Gewicht von 90—140 kg. Dem Wildbretgewichte entſprechen auch die Körpermaße, welche ich nach meinen perſönlich vorgenommenen Meſſungen und im Hinblicke auf die vorangeführten Gewichtsverhältniſſe untereinanderſtelle: Jagdbarer Edelhirſch, 150 kg Gewicht: Widerriſthöhe ä 150 em CCC 244 „ eee 0 er 58 „ C ee. 89 „ Vorderlauffährte 7 em breit, 8°5 em lang. Jagdbarer Edelhirſch, 250 kg Gewicht: %%% 174 em e,, War. ar une cyan 272 „ CCCP 64 „ S A A 90 „ Vorderlauffährte 95 em breit, 11 em lang. Der Kopf des Edelwildes, insbeſondere jener des Hirſches, iſt ungemein ausdrucksvoll, desgleichen die glänzenden Lichter. Die Pupille iſt länglichrund, oben und rückwärts mäßig ein— gebuchtet, glänzend ſchwarzblau, die Iris gelb— braun, hell gerandet. Unterhalb der Lichter, u. zw. vom vorderen Augenwinkel ſchräg gegen den Windfang, verläuft ein ſchmaler kahler Streif bis zur Thränengrube (Thränenhöhle), eine Hautfalte von etwa 2˙8 em Tiefe und Länge. In dieſe Hautfalte wird von einer Drüſe eine fette, breiartige Ausſchwitzung ab— gelagert, welche anfangs einen unangenehmen, ranzigen Geruch verbreitet, ſpäter aber ver— härtet und wohlriechend wird. In dieſem Zu— ſtande entfernt ſie das Wild durch Reiben, und die etwa bohnengroße erhärtete Maſſe von glänzend brauner, ſchwarz geäderter Farbe wird Bezoar, Hirſchbezoar genannt. Der Windfang iſt von einer breiten, nackten, feuchtkalten, rauhgekerbten Haut von ſchwarzer Farbe bedeckt, welche die Naſenlöcher am oberen Rande umgibt und ſpitz gegen die Oberlippe herab verläuft. Der Rand der Unterlippe iſt unbehaart und ihre Innenſeite hinter den Schneidezähnen rauh gekörnt und gegen die Mundwinkel zu gezahnt. Das Edelwild trägt acht Schneidezähne im Unterkiefer, von welchen die beiden mittleren breiter als die ſeitlichen, an der Krone ſchaufel⸗ förmig gebildet ſind. Der Oberkiefer trägt keine Schneidezähne, wohl aber die charakteriſtiſchen länglichrunden Eckzähne, Haken, Gränel, Gran⸗ deln genannt. Dieſelben ſchleifen ſich mit zu⸗ nehmendem Alter allmählich ab und zeigen zu— meiſt eine ſchöne, braun abgeſtufte Zeichnung, welche bei ſehr alten Individuen eine lichte, faſt durchſcheinende Färbung annimmt. Im Ober- und Unterkiefer finden ſich beiderſeits je ſechs Backenzähne, und die Zahnbildung erweist folgende Anordnung: 5 Oberkiefer 0 2 12 34 Unterkiefer 8 0 12 Die Zahnbildung des Edelwildes vollzieht ſich in Bezug auf den Wechſel der Milchzähne und die volle Ausbildung des Gebiſſes inner— halb des Zeitraumes von drei Jahren. Alsbald nach dem Setzen beſitzt das Edel— wildkalb die Schneide- und Eckzähne nebſt je drei Backenzähnen im Ober- und Unterkiefer als Milchzähne. Mit dem Ablaufe des zweiten Lebensjahres iſt der Wechſel der Eck- und Schneidezähne voll- zogen und erleidet nur bei kümmerndem Wilde eine Verzögerung. Innerhalb dieſer Zeitperiode ſind auch das vierte und fünfte Paar Backenzähne, u. zw. das vierte im erſten, das fünfte in der erſten Hälfte des zweiten Lebensjahres emporgewachſen, wäh rend das ſechste Paar durchzubrechen beginnt. Nach Vollendung des zweiten Lebensjahres findet der Wechſel der erſten drei Paare Backen⸗ zähne innerhalb 2—3 Monaten meiſt in raſcher Aufeinanderfolge ſtatt, jo dafs ſich derſelbe zu— nächſt beim dritten, dann beim zweiten und endlich beim erſten Paare vollzieht. Anfangs October iſt der Wechſel der vorgenannten drei Backenzahnpaare vollendet; das vierte, fünfte und ſechste Paar, die „bleibenden“ Backenzähne, werden nicht gewechſelt. Den Kopf des männlichen Edelwildes ſchmückt ein annuelles knochiges Gebilde, das Geweih, welches der Hirſch periodiſch „aufſetzt“, „verreckt“, „fegt“ oder „ſchlägt“ und „abwirft“, um es im folgenden Lebensjahre durch ein an Höhe, Durchmeſſer und meiſt auch an Endenzahl der Stangen zunehmendes Neugebilde zu erſetzen. Dieſe allmähliche Zunahme iſt ebenſowohl mit der fortſchreitenden körperlichen Entwicklung im Zuſammenhange, als ſie andererſeits ſehr weſentlich von der Vererbung der Dis- oder Indispoſition des Individuums und endlich auch von den telluriſch-klimatiſchen Einflüſſen des Standortes im allgemeinen wie auch des Jahrganges im beſonderen abhängig iſt. Deu hochintereſſanten Proceſßs des Aufbaues und Abwurfes der Geweihe einer ſpeciellen Schil- derung vorbehaltend (ſ. Gehörn- und Geweih— bildung der europäiſchen Hirſcharten), werde ich mich an dieſer Stelle lediglich darauf beſchränken, die ſtufenweiſe Ausbildung des annuellen Haupt- ſchmuckes des Edelhirſches zu beſchreiben. Im achten Lebensmonate werden die Vor- bereitungen zum Aufbaue der Geweihe an der Stirne des Edelhirſchkalbes äußerlich bemerkbar, Edelhirſch. 103 indem ſich die Stirnbeine ſeitlich zu wölben und die „Roſenſtöcke“, die Baſis der emporwachſen— den Stangen, unter dem Schutze der Stirnhaut emporzuwachſen beginnen (T. I, Fig. 2). Dieſer Vorgang wird durch die Einflüſſe des Stand— ortes und der phyſiſchen Dispoſition des Indi— viduums weſentlich beſchleunigt oder verzögert. Auf den 3½ —6 em hohen, ſteil empor— ragenden Roſenſtöcken verreckt der Edelhirſch— ſpießer ſein Erſtlingsgeweih (T. I, Fig. 1 u. 3). Die erſte Geweihſtufe, Spießerſtufe, ſtellt ſich in der Form von glatten, durch ſeichte Längsrillen gefurchten, mäßig nach außen ge— bogenen Spießen dar, deren Baſis durch un— regelmäßig geformte und mehr oder weniger dicht gereihte wulſtige Erhabenheiten gebildet wird (T. I, Fig. 4—6). Die Höhe und Stärke des Erſtlingsgeweihes iſt wie bei den folgenden Stufen von den vorangeführten Einflüſſen ab— hängig und erweist folgende Verhältniſſe: Stangenhöhe S—45 em, Durchmeſſer der Stange 1˙5—2˙8 em, Durchmeſſer des Roſen— ſtockes 1'6—2'7 cm. Die zweite Geweihſtufe, Gablerſtufe, wird im allgemeinen wohl durch kräftiger und höher geſtaltete Spieße repräſentiert, an deren Baſis ſich unmittelbar oberhalb der aus dichten und regelmäßiger angeordneten rundlichen Er— habenheiten — „Perlen“ — gebildeten „Roſe“ ein kurzer, in ſtumpfem Winkel nach vor- und auf— wärts gerichteter Aſt abzweigt, welcher weid— gerecht als „Augſproſs“ angeſprochen wird. Der Augſproſs, welcher in den höheren Altersſtufen die Trutz- und Angriffswaffe des Edelhirſches bildet, deutet in ſeiner noch rudimentären, nicht aggreſſiven Erſtlingsbildung auf die Impubertät ſeines Trägers. Dieſe typiſche Bildung der zweiten Geweih— ſtufe erleidet indes Ausnahmen in überwiegen— der Zahl, ſo daſs man in vielen Standorten des Edelwildes die Gabelform als zweite Ge— weihſtufe gar nicht kennt. Während der Hirſch in einigen meiſt minder günſtigen Lagen auch auf der zweiten Geweihſtufe lediglich Spieße verreckt, welche nur durch die regelmäßigere Roſenbildung und relative Stärke und Höhe der Stangen kenntlich werden, übereilt er unter günſtigen Verhältniſſen mit der Bildung des zweiten Geweihes die Gabelform und verreckt Stangen, welche die charakteriſtiſche Form der folgenden Geweihſtufe tragen (T. I, Fig. 7 u. 8). Die dritte Geweihſtufe — Sechſer— ſtufe — (T. I, Fig. 8 u. 9) wird durch die Aus— ladung eines „Mittelſproſſes“ charakteriſiert, welcher aus der Mitte der Stange nach vor— wärts und aufwärts gerichtet abzweigt, während dieſelbe auf der entgegenſetzten rückwärtigen Seite und in derſelben Höhe eine merkliche Einbuch— tung — Knickung — aufweist. Der Perlenkranz der Roſe iſt bereits dichter gereiht, und der in ſeiner Peripherie verſtärkte Roſenſtock zeigt be— reits an ſeiner Abwurffläche eine weſentliche Neigung nach vor- und ſeitwärts (T. I, Fig. 1, und Gehörn- und Geweihbildung), welche ſtufen— weiſe zunimmt. Die vierte Geweihſtufe — Achterſtufe — (T. II, Fig. 1). Der Edelhirſch naht auf dieſer Stufe gleichſam der vollen Mannbarkeit, und es prägt ſich dieſes Stadium deutlich durch die geſenkte ſtreitbare Stellung der weſentlich ver- ſtärkten Augſproſſen wie auch durch die Ge— ſtaltung des Stangengipfels aus, welcher gabelnd ein zweites „Ende“ abzweigt und hiedurch die beginnende Bildung des zur Abwehr im Kampfe beſtimmten Theiles der Stange, d. h. der Krone, andeutet. Die fünfte Geweihſtufe — die Zehner⸗ ſtufe — verreckt ſich in zwei verſchiedenen typi— ſchen Formen. Während die eine Art den Aug⸗ und Mittelſproſs und im Gipfel der Stange die einfache Krone durch Abzweigung von drei Enden bildet, verreckt die andere Art dicht ober dem Augſproſs und parallel mit dieſem einen zweiten Sproſs, welcher „Eisſproſs“ genannt wird. Die Bildung der Mittelſproſſen und das Gabelende der Stange iſt jener der Achterſtufe conform. Es finden ſich häufig Edelwildſtämme, welche keine Eisſproſſen verrecken (T. II, Fig. 2 und 3). Die ſechste Geweihſtufe — die Zwölfer— ſtufe. — Der Edelhirſch erreicht mit derſelben auch die Vollkraft der Mannbarkeit und verreckt entweder nebſt dem Eisſproſs die dreiendige einfache Krone oder in dem anderen vorge— ſchilderten Falle keinen Eisſproſs, dagegen aber die doppelte Gabelkrone, indem das vordere gleich dem hinteren Gipfelende gabelförmig und meiſt derart abzweigt, daſs die Gabelenden ſeitlich über den Mittelſproſs geſtellt erſcheinen und das rückwärtige Paar das vordere überragt. Auch hier zeigt ſich die vorangeführte Knickung an dem rückwärtigen Theile der Stange in gleicher Höhe mit den nach vor- und ſeitwärts abzweigenden Sproſſen und Enden (T. II, Fig. 4 u. 3). Der Augſproſs und der Eisſproſs er— ſcheinen nunmehr auf dieſer Stufe in ihrer tiefen Auslage als Trutz-, bezw. Angriffswaffe ausgeſtaltet, während der vollentwickelte Mittel— ſproſs und die Kronenenden, zur Abſchwächung und zur Abwehr der gegneriſchen Angriffe dienlich, als Schutzwaffe zu betrachten ſind. Mit dieſer Stufe ſchließt im allgemeinen die in ihrer architektoniſchen Anordnung typiſch gleichmäßige ſtufenweiſe Geweihbildung des Edelhirſches ab, und es ſind nur beſonders günſtig gelegene Gegenden als Ausnahmen der vorangeführten Regel zu bezeichnen, wo der Edelhirſch mit ſeiner Geweihbildung noch eine Stufe höher ſteigt. Es iſt dies Die ſiebente Geweihſtufe — die Vier— zehnerſtufe. — Auf derſelben verrecken die Edel— hirſche zwei typiſche Formen. Stämme, welche den Eisſproſs neben dem Augſproſs normal verrecken, bilden aus zwei gegabelten Gipfelenden vierendige Kronen (T. II, Fig. 4 der Zwölfer- ſtufe und T. IV, Fig. 1, typiſche Kronenbildun gen), während Hirſche, welche keinen Eisſproſs tragen, eine fünfendige Krone, die ſog. Hand krone verrecken (T. IV, Fig. 2). Der bisher unangefochtenen Lehre, dais der Edelhirſch noch höhere Geweihſtufen normal erreiche, ſtelle ich eine entſchiedene Negation mit der Theſis entgegen, daſs die Erreichung höherer Geweihſtufen wie jener des Sechzehn-, Achtzehn⸗ und Zwanzigenders und noch höherer Entwick— 104 lungsſtufen lediglich von der Condition und Potenz des Individuums abhängt, keineswegs aber mit den ſteigenden Lebensjahren desſelben in Verbindung und Übereinſtimmung ſteht. Der Beweis hiefür wird allerorts, wo Hirſche noch ſechzehn und mehr Enden tragen, ohne Schwierigkeit durch die ſicher zutreffende Thatſache zu erbringen ſein, daſs die Architektur dieſer Stangen durchaus keine geſetzmäßige, vielmehr eine durchaus verſchiedene, gleichſam willkürliche Anordnung der Enden und Kronen deutlich erkennen läſst, und dass ſich nur äußerſt ſelten ſelbſt innerhalb eines Stammes zwei die gleich hohe Endenzahl tragende Hirſche finden, deren Stangen eine gleichmäßige Architektur, bezw. Endenſtellung aufweiſen“). Die Tafel III ſtellt den Stangenbau und die Endenſtellung eines Haupthirſches, die Tafel IV, Fig. 3—5, die Verſchiedenheit der Kronenbildung dar. Fig. 3 repräſentiert die Form der Kelch-, Fig. 4 jene der Schaufel⸗ und Fig. 5 die Doppelkrone jener ſeltenen Geweihe, welche vierundzwanzig und mehr Enden tragen. Die Anordnung und Aus— lage dieſer Kronenenden iſt eine ungemein for— menreiche. Beachtenswert iſt die allmähliche ſtufen⸗ weiſe Umgeſtaltung der Roſenſtöcke in Bezug auf die Neigungswinkel der Abwurfflächen, welche ſich neben der ſtetig zunehmenden Ver— ſtärkung vollzieht und die zunehmende Auslage der Stangen bedingt. T. I, Fig. ! ſtellt dieſe Um- bildung der Roſenſtöcke und die Neigungswinkel der Abwurfflächen der ſechs normalen Bildungs- ſtufen der Geweihe dar. Nicht ſelten kommen Miſsbildungen der Geweihe vor, welche auf verſchiedene Urſachen zurückzuführen ſind und in einem monogra— phiſchen, die Phyſiologie, Pathologie und Pa— thogenie der Geweihbildung behandelnden Eſſay (ſ. Gehörn- und Geweihbildung) eingehend be— ſchrieben werden ſollen. Die Periode des Ab— werfens der Stangen fällt in den Vorfrühling. Das Edelthier trägt keinen annuellen Haupt⸗ ſchmuck, und es find nur höchſt ſelten Ausnahmen dieſer naturgeſetzlichen Regel zu verzeichnen. Die Ohren —Gehöre, Lauſcher, Loſer — des Edelwildes, an der Außenſeite ſchlicht und kurz, innerhalb der Ohrmuſchel weich und dicht be— haart, ſind eiförmig, am Gipfel zugeſpitzt und nach allen Richtungen beweglich. Der ſchlanke, rückwärts ſanft eingebogene, bei den männlichen Individuen weitaus ſtärker entwickelte Hals mündet in den geraden Rücken, welcher mit dem verhältnismäßig kurzen Schwanze — Blume, Wedel, Ende, Sturz, Bürzel, Hirſchſchwaden — abſchließt. Derſelbe, 22— 26 em lang, deckt das Weidloch und das Feuchtblatt, und die grünlich gefärbte Fleiſchmaſſe desſelben hat einen intenſiv gallig-bitteren Geſchmack, welchen ſelbſt der gierige Wolf und der keineswegs wähleriſche Mönchs⸗- und Aasgeier verſchmäht. *) Die vielverbreitete Anſicht, daſs die jagdbaren Hirſche in den vergangenen Jahrhunderten typiſch eine höhere Endenzahl verreckten, muss ich, auf zahlreiche und authentiſche Überlieferungen geſtützt, mit dem Bemerken berichtigen, daſs auch damals, und trotz der begünſtigenden Zeitverhältniſſe, Hirſche mit zwanzig und mehr Enden ebenſo ſelten waren wie in der Gegenwart (j. Hirſch⸗ jag d). D. V. Edelhirſch. Die Bruſt iſt im Verhältnis zu dem ge⸗ rundeten Rumpfe nicht allzu breit, aber tief entwickelt, die Schulterblätter vortretend und die Keulen — Schlegel — kräftig gerundet. Der ſtattliche Rumpf ſtützt ſich auf die ſeitlich ſtark zuſammengedrückten, relativ ſehr ſchlanken Läufe, welche mit dem geſpaltenen Hufe — weidgerecht Schalen genannt — abſchließen. Die Schalen ſind glänzend ſchwarz, und rückwärts über den- ſelben befinden ſich zwei Afterklauen — Ober- rücken, Geäfter, Sparren — von gleicher Farbe, welche ſich, wenn das Edelwild flüchtig wird, mit den Schalen in der Fährte in tiefem Boden deutlich ausgeprägt finden. Die ſcheinbar ſchwach entwickelten Läufe ſind indes außerordentlich leiſtungsfähig, und wer je Gelegenheit hatte, zu beobachten, mit welcher Leichtigkeit das Edelwild Hinderniſſe von bedeutender Breite oder Höhe überwindet — überfällt, überflieht —, der wird die erſtaunliche Kraft und Elaſticität der Sehnen und Sprung⸗ gelenke bewundern müſſen. Die Behaarung des Edelwildes wechſelt im Frühjahre und im Herbſte ſowohl in Bezug auf die Farbe als auch in ihrer Beſchaffenheit — das Edelwild „färbt“, „färbt ſich“, „verfärbt ſich“, „färbt roth oder grau“ —, und es üben überdies die Standortsverhältniſſe, wie nicht minder die Vererbung einen weſentlichen Ein- fluſs auf die Abſtufung der Haarfarbe. Das Sommerkleid des Edelwildes beſteht aus kurzem dichten rothen Haar, welches bei einzelnen Stämmen hell rothgelb, bei anderen braunroth abgeſtuft erſcheint. Das Haar an der Stirne zeigt ſich mäßig gewellt, bei ſtarken Hir— ſchen gekraust und dunkel überflogen, verkürzt ſich gegen das Geäſe (Maul) und iſt an der Kuppe des Windfanges (der Naſe) auffällig heller gefärbt. Jederſeits an den Oberlippen befinden ſich drei Reihen etwa 5 em langer Borſten, und auch die Lichter (Augen) find von ſolchen (Tait- haaren) umgeben; die Augenlider find dicht be= wimpert. Das Haar an den Seiten des Kopfes iſt heller ins Graue ſpielend gefärbt, und die Innenſeite der Lauſcher, die Unterſeite des Leibes wie die Innenſeite der Keulen zeigen eine ähn⸗ liche Färbung in mehr oder weniger heller Ab— ſtufung. Die Keulen in der Steißgegend zeigen eine fahl gelbbraune, dunkel geſäumte Färbung, mit welcher jene des Wedels übereinſtimmt. Die Unterſeite des Halſes und die Außenſeite der Läufe ſind graubraun. Im Herbſte wird das glatte, ſchlichte Som— merkleid durch dichtes, bedeutend längeres, grau— braun gefärbtes, fahlgelb geſäumtes Haar er⸗ ſetzt. Die männlichen Individuen ſind meiſt dunkler gefärbt, und namentlich ſtarke Hirſche zeichnet die auffallend verlängerte dichte Be— haarung des ſtark entwickelten Halſes aus. Die jagdbaren Hirſche verfärben im Herbſte meiſt ſchon 14 Tage früher als das übrige Wild. Die Kälber tragen ein fahlbraunrothes Jugendkleid, welches mit rundlichen gelblich- weißen Flecken beſät iſt. Dieſe verſchwinden all⸗ mählich im Spätſommer, und das Winterkleid iſt mit jenem der älteren Stammesgenoſſen gleich. Geſtützt anf vielfältige Beobachtungen in den verſchiedenen Standorten des Edelwildes, — ' 2 1. Systematische Darstellung der stufenweisen Verkürzung der Rosenstöcke und der Neigu rer Abwurfsflächen. — 2. Bildung der Rosenstöcke beim Hirschkalbe. — 3. Erstlingsgeweih ist. — 4. Erstlingsgeweih in geringer, 5. in normaler Entwickelung mit steiler, und 6. mit breit Auslage. | N R. v. Dombrowski del. M. Streicher litn. Druck Th. Bannwarth, Wier — 7. und 8. Hauptformen der zweiten, 9 und 10 der dritten Geweihbildungsstufe. . % natürlicher Grösse 8 B: 50 * 1 1 { Pa? + 7 * * * N i ’ 8 * ar 1 len. icher lith. Druck v. Th. Bannwarth, W M. Stre i del. v. Dombrowsk IR | ) er sechsten Geweihbildungsstufe 1 2 1 — 6 = 2 — 28 — * S 2 — S 2 2 = 2 5 — 258 S 5 De 8 S — — O 2 [eh] he Eormen 1 der viert Ypise Wien und Leipzig Verlag von MORIZ PERLES u ie 8 Darin Zu. * . „ . 1 2 “a “. — ? 8 . “ * 5 Zr * * 1 4 * — Bi h . 2 * * Be u - + ‚> * — 8 2 2 1 r * * * rr I 9 " * u a r REED RUN IT EIER Raoul R. v. Dombrowski dei. 5 i N i Druck v. Th. Bannwarth Schädel mit Geweih eines Haupthirsckes. ? % natürlicher Grösse. 4 Di: x 2 = * 2 7 0 * * ** - u ; 3 A 2 * Ye 975 1 8 N 9 * * e 1 R . . 1 x Ü . 4 * * 4 „* * 0 x 1 « * N 1 N - * * E % * 31 n 10 Streicher lith. Druck v. Th. Bannwarth, Wien Raoul R. v. Dombrowski del. M. | Typische Kronenbildungen. Fig. 1. Doppelte Gabelkrone. 2. Handkrone. 3. Kelchkrone. 4. Schaufelkrone. 5. Doppelkrone, ½ natürlicher Grösse. 0 Verlag von MORIZ PERLES, Wien und Leipzig ir: * ar * a * 1 — * * r * 143 7 N * 1 gi i * 9 * * u 2 ue nr * 4 * 5 . 1 . . . . ‚ 2 * ET r Zum Artikel „Edelhirsch' V Eneyklopädie der Forst u. Jagdwissenschaften. Verlag von MORITZ PERLE S, Wien und Leipris Edelhirſch. möchte ich zwei Hauptracen unterſcheiden, die ſich insbeſondere bei den männlichen Indivi— duen typiſch und in auffälliger Weiſe bemerk— bar machen. Die eine iſt im allgemeinen lichter gefärbt und hochläufiger; der Kopf länger, das Najen- bein gewölbt, und die Hirſche verrecken ihre Ge— weihe mit langgeſtreckten Enden in breiter Aus- lage. Die Kronen der Geweihe ſind auf den höheren Altersſtufen endenreich und neigen zur Schaufelbildung. Die andere Race zeichnet ſich durch einen kürzeren, edler geformten Kopf aus, iſt gedrun⸗ gener im Körperbau und auch kurzläufiger. Das Haar iſt im Sommer- und Winterkleide dunkler, am Rücken verläuft ein dunkler Aalſtreif, und der Hals ſtarker Hirſche iſt auffallend dunkel und dicht behaart. Die Geweihe ſind ſtark beperlt, verrecken kürzere knorrige Enden bei weſentlich ſteilerer Auslage, und die Kronen neigen in den höheren Altersſtufen meiſt zur Kelchbildung. Die Tieflandshirſche, insbeſondere jene der üppigen Auwaldungen und Riede im Oſten des Continents gehören der erſtgenannten Art, der anderen zumeiſt die Hochlandshirſche an. Farbenvarietäten kommen relativ ſelten vor; es ſind dies: 1. Das ſilbergraue Edelwild. Die Haar- farbe iſt zu jeder Jahreszeit dieſelbe, und es haben ſich einige Stämme dieſes prächtigen Wildes bis zur Gegenwart erhalten, welche in größeren Wildparks, z. B. dem gräflich Stol— berg'ſchen zu Wernigerode am Harze, gehegt werden. Die Lichter dieſes Wildes zeigen die normale Färbung; als Seltenheit kommt es vor, dass ſich den Rücken entlang ein dunkel- brauner Aalſtreif hinzieht; ebenſo ſind manchmal die Läufe von reinweißer Farbe; die Schalen ſind gelbbraun. 2. Das weiße Edelwild iſt eine ſeltene, nur vereinzelt vorkommende Spielart, hat rothe Lichter und gelbweiße Schalen ). 3. Das Bläſsedelwild trägt die Farbe des gewöhnlichen und unterſcheidet ſich bloß durch einen ſternförmigen oder länglichen blendend weißen Stirnfleck; manchmal zieht ſich auch ein weißer Streifen an der Vorderſeite der Keulen bis zum Kniegelenke herab. Dieſe Varietät ver— erbt ſich bei ſorgſamer Hege ziemlich conſtant, und ich fand einen ſtarken Stamm derſelben im Wildpark des Fürſten L. zu K. in Böhmen. Vereinzelt kommt auch geflecktes Edelwild vor, und die Urſache dieſer abnormen Färbung dürfte wohl auf krankhafte Störungen im Or— ganismus zurückzuführen ſein. Das Edelwild erfreut ſich hochentwickelter Sinne und bethätigt, häufig beunruhigt oder gefährdet, einen geradezu erſtaunlichen Grad von Schlauheit, Vorſicht und Gedächtnis. Unter den Sinnen ſtehen das Gehör und der Geruch — das Vernehmen und Winden — obenan. *) Ich ſah vor Jahren im königlich württembergiſchen Wildparke Solitude mehrfach weißes Edelwild, darunter auch einen braven Hirſch von 16 Enden; desgleichen auch in einigen Wildparks in Böhmen. Gelegentlich einer Jagd auf Feiſthirſche in den herrlichen Revieren des Fürſten Sch. in Böhmen war ich ſelbſt ſo glücklich, auf einem Stande nebſt drei anderen Hirſchen einen weißen Edelhirſch zu erlegen. D. V. 105 Das Edelwild wittert jeinen Feind auf un⸗ glaublich weite Entfernungen; ebenſo iſt ſein Ge— hörſinn ungemein hoch entwickelt und unterſchei— det die veranlaſſenden Urſachen des vernomme— nen Geräuſches meiſt mit geradezu verblüffender Sicherheit. Das Hämmern des Spechtes, der ſauſende Flügelſchlag des aufbaumenden Auer⸗ geflügels wird das Wild lediglich zu ruhigem Umheräugen veranlaſſen, während ein einziger unvorſichtiger Tritt des heranbirſchenden Jägers ſofort die Beunruhigung erkennen läſst. Unbe⸗ weglich verhofft dann das Wild ſcharf äugend und lauſchend eine geraume Zeit und wird ſo— fort flüchtig, ſobald es das geringſte Verdächtige oder Ungewöhnliche wahrnimmt. Weit weniger ſcharf und mit unvollkommenem Unterſcheidungs— vermögen iſt das Geſicht des Edelwildes ent— wickelt, und ich habe ſehr häufig die Erfahrung gemacht, dajs mich mit dem Winde heran— ziehendes Edelwild ſelbſt auf geringe Entfer— nungen nicht wahrnahm, ſofern ich angemeſſen gekleidet war, regungslos blieb und dem Wilde das eigene Auge nicht ſehen ließ. Aus der Stellung der fluchtbereiten Läufe erſah ich, daſs mich das Wild, nachdem es mich wahrgenom— men, miſstrauiſch anäuge, dann den Kopf, als wolle es äſen, zum Boden neigte, um denſelben plötzlich wieder zu heben und, einige Schritte wegtretend, wieder eine geraume Zeit ſcharf zu verhoffen. Beſtand ich dieſe Probe, dann äste es thatſächlich, oder zog vertraut weiter. Das Edelwild iſt verträglich und geſellig. Alte Hirſche ſondern ſich jedoch meiſt ab, und es iſt eigenthümlich, dafs ſie ſich in der Regel einen angehend jagdbaren Hirſch gleichſam als Adju— tanten beigeſellen. Zur Zeit der Brunft kämpfen die jagdbaren Hirſche erbittert und todesmuthig um die Gattenrechte, und nicht ſelten endet ein ſolcher Zweikampf ebenbürtiger Gegner erſt dann, wenn der unterliegende, tödlich geforkelt, ver— endend zuſammenbricht. Das Edelwild iſt zutraulich, obwohl es die nöthige Vorſicht nie außeracht läſst, ent— wickelt aber — wenn es beunruhigt wird —, wie bereits vorerwähnt, einen erſtaunlichen Grad von Klugheit und Schlauheit. Der Hirſch wehrt ſich, von Hunden oder vom Raubwilde ange— griffen, tapfer, und ſcheut, ſcharf bedrängt, ſelbſt die Offenſive gegen den Menſchen nicht. Auch das ſäugende Edelthier beſchützt das hilfloſe Kalb mit bewundernswerter opfermuthiger Treue, und es iſt mir ein Fall bekannt, wo ein Altthier einen Waldhüter energiſch angriff und zur Flucht zwang, welcher ſein kaum einen Tag altes Kalb rauben wollte. Der Mann, welcher einem Auftrage gemäß handelte, büßte deſſen Aus— führung mit einem Rippenbruche und mehrfachen ſehr fühlbaren Contuſionen. Jung eingefangen wird das Edelwild un gemein zutraulich, doch ſollte man es ſtets unterlaſſen, Hirſchkälber zu zähmen, da ſie mit zunehmendem Alter geradezu lebensgefährlich werden. Die Begattungsperiode — die Brunft — fällt in die Monate September und October und währt etwa ſechs Wochen. In rauheren Lagen beginnt ſie meiſt erſt Mitte September, während in Tieflandsrevieren die ſtarken Hirſche 106 bereits in den letzten Tagen des Auguſt zu ſchreien — zu röhren — beginnen. Bereits in der zweiten Hälfte dieſes Monats erwacht im jagdbaren Hirſch, welcher nun, zu Ende der Feiſtzeit, von Kraftfülle ſtrotzt, der Begattungstrieb. Ohne die ſonſt gewohnte Vor- ſicht, die ſich dem Jäger insbeſondere während der Feiſtzeit in hohem Maße fühlbar macht, trollt der Hirſch unruhig umher, wühlt mit den Kronenenden ſeines Geweihes in tollem Über— muth den Boden auf oder ſchlägt mit den Stangen krachend in das Aſtwerk, das ſeinen Wechſel beſchattet, und läſst endlich auch — gleichſam verſuchsweiſe ſeine dröhnende Stimme erſchallen. Das Verhalten des Edelwildes während der epiſodenreichen Zeitperiode der Begattung iſt ſehr weſentlich von den telluriſchen Verhält— niſſen des Standortes abhängig, und ich mujs auf Grund vielfacher perſönlicher Beobachtungen und Erfahrungen die diesfälligen, in der Litera- tur faſt ausnahmslos gleichlautenden Beſchrei— bungen als unvollſtändig bezeichnen. In manchen Gegenden zieht das Edel— wild, u. zw. die Hirſche meiſt einzeln, die Thiere mit ihren Kälbern in mehr oder weniger ſtark— zähligen Rudeln, welchen ſich die Schmalthiere und geringen Hirſche anſchließen, den gewohnten Brunftplätzen zu, welche ſie, wenn nicht weſent— liche Abſtockungen oder Veränderungen in der Benützung des Terrains ſtattfanden, alljährlich aufſuchen. Angrenzende Reviere, in welchen ſonſt das Edelwild während der übrigen Zeit des Jahres ſteht, ſind dann verödet, während ſich dasſelbe auf relativ engem Raume zuſammen— drängt. Man wird ſich dieſes Vorkommen er— klären können, wenn man die Configuration der bewaldeten Flächen und die localen Verhältniſſe einer kritiſchen Betrachtung unterzieht. In anderen Gegenden wählen die einzelnen Haupthirſche ihren Stand und locken die Thiere, in welchen ſich der Begattungstrieb nicht minder heftig zu regen beginnt, mit dem Klange ihrer dröhnenden Stimme. Ein Platzhirſch verſammelt in ſolchem Falle einen Trupp von 4—10 und oft noch mehr Alt- und Schmalthieren, welchen ſich die Kälber unwiſſend, die Spießer und ge— ringen Hirſche hingegen wohlahnend, was ſich da vollziehe, anſchließen. Der Platzhirſch ver— ſprengt die letzteren ſofort und bewacht das Kahl— wild mit wilder Eiferſucht. Der gewaltige Klang des um den Sold der Minne werbenden Platzhirſches lockt indes auch ebenbürtige Gegner heran, welchen es noch nicht gelungen war, ſich mit weiblichen Thieren zu vereinigen, und trotzig antworten ſie in gleicher Weiſe. Nun geſtaltet ſich der Minne— geſang — wenn man das tiefdröhnende Orgeln ſo nennen darf — ſofort zum Kampfſchrei. Eiferſüchtig und in kampfluſtiger Erregung um— kreist und bewacht der Platzhirſch ſeinen Harem, während der ebenbürtige Gegner, mit trotzigem Schrei die Herausforderung erwidernd, näher heranzieht. In ruhiger, todesmuthiger, ſiegbe— wuſster Majeſtät harrt nun der Platzhirſch ſeines heranziehenden Gegners, und dampfender, heißer Odem entſtrömt den Nüſtern des zornig gerunzelten Windfangs. Edelhirſch. Mit glühendem, funkelndem Zornesblick ſtehen ſich die Rivalen eine kurze Weile gegen⸗ über, dann ſtürzen ſie plötzlich mit geſenktem Haupt auf einander los, und die mächtigen Schutz- und Trutzwaffen ſchlagen krachend, mit wuchtigem Anprall in einander. Kein Laut außer den ſchnaufenden Athem⸗ zügen der um die Gattenrechte ringenden Gegner ſtört den gewaltigen Kampf, welchem gegenüber ſich die Thiere ſcheinbar gleichgiltig verhalten, wohl gar abſeits mit einem heranſchleichenden Beihirſch tändeln. Der Zweikampf endet, oft geraume Zeit unentſchieden und ſtets mit geſteigertem Grimme wieder aufgenommen, entweder mit der Flucht des beſiegten Gegners, oft genug mit dem Tode desſelben. Die ehernen, ſtahlharten Muskeln und Sehnen beben, und mit wilder Kraft ſtemmen ſich die Hinterläufe in den zerwühlten Boden der Walſtatt, und wehe dem Kämpfer, welcher, von dem ſtärkeren Gegner bedrängt, ſeinen Halt verliert oder ausgleitet. Tief in Bruſt und Flanke bohren ſich die mächtig entwickelten ſcharfen Aug- und Eisſproſſen, und das Braut⸗ bett wird zur Bahre. Während der Beſiegte verendend ohne Klagelaut zuſammenbricht, erhebt ſein Beſieger in majeſtätiſcher Ruhe das mächtig bewehrte edle Haupt, und ſeine dröhnende Stimme kündet ſeinen Sieg und ſein heißerkämpftes, heißbe⸗ gehrtes Gattenrecht weithin in den ſtillen, finſteren Wald . . . Es iſt ein Bild voll unbe⸗ ſchreiblicher Hoheit und Wildheit, ſolch ein ſtummer Todeskampf um der Minne ſüßen Sold; es wirbt und kämpft der majeſtätiſche Edelhirſch! Nicht ſelten ereignet es ſich auch, daſs ſich ſtarke, endenreiche Geweihe tragende Brunft- hirſche derart „verkämpfen“, dajs die verſchlun⸗ genen (verſchlagenen) Geweihe ſelbſt die äußerſte »Kraftanſtrengung nicht mehr zu trennen ver⸗ mag und beide Gegner endlich verſchmachtend zuſammenbrechen und qualvoll verenden. Schon Kaiſer Maximilian I. (F 1519) erwähnt in ſeinem „Geheimen Jagdbuche“ (Cod. ms. Vindob. no. 2837. fol. 186 v.) ſolcher verkämpfter Ge⸗ weihe: „Zwen Hierſch jn der prunfft habendt mit ainander gekemphfft vnd ſindt mit den ge⸗ hurn in ainander komen vnd nit von ainander mogen das der ain Hierſch todt iſt pliben, alſo ſindt ſy gefunden wordn vnd die gehurn noch alſo jn ainander.“ Ein Paar verkämpfter Ge⸗ weihe (Zwölf- und ungerader Vierzehnender) bes ſitzt die Geweihſammlung der Moritzburg in Sachſen; dasſelbe iſt in A. B. Meyers „Pracht⸗ geweihen der Moritzburg“ und meiner „Geweih⸗ bildung“, T. XXXII, abgebildet. Ahnliche Stücke beſitzen mehrere der großen Geweihſammlungen. Der Begattungsact dauert wenige Secun⸗ den, und es iſt geradezu erſtaunlich, welche Leiſtungsfähigkeit ein Brunfthirſch entwickelt, während durch die ſinnliche Einwirkung auch die Begehrlichkeit der Altthiere angefacht, die widerſtrebende Scheu der Schmalthiere zu willigem Gewähren geſtimmt wird. Der Brunft⸗ hirſch, welcher ſich in dieſer Zeitperiode kaum einige Zeit zum Aſen gönnt, ſucht mit Vorliebe ed Edelhirſch. 107 Waſſerlacken im Holze auf, in welchen er ſeine ermatteten Glieder kühlt — ſuhlt — und zu erneuten Leiſtungen ſtärkt. Über das Schreien der Hirſche, deſſen Urſache, Art und Dauer haben ſich in der Jagdliteratur vielfache Irrlehren eingeſchlichen, welche ich, auf perſönliche Beobachtungen geſtützt, zu berichtigen verſuchen will. Die Haupthirſche ſchreien zuerſt und nur ſo lange, bis ſie ſich eine Anzahl Thiere bei— geſellt haben. Dann verſtummen ſie und laſſen nur einen dumpfen, kurz abgeſtoßenen, in raſcher Folge wiederholten Schrei — das ſog. Trenſen — vernehmen, wenn ſie ein noch nicht will- fähriges Thier ſprengen. Um ſo intenſiver ſchreien inzwiſchen die ſtarken Beihirſche, welche kein Thier bei ſich haben und dem Platzhirſch, wel— cher dann nur gelegentlich einer allzu trotzigen Herausforderung dröhnend antwortet, ſchwere Sorgen bereiten. Erſt in der zweiten Hälfte der Brunft be— ginnen auch die angehend jagdbaren und gerin— geren Hirſche ihren Minnegeſang, und in dieſe Zeit fallen auch zumeiſt die erbittertſten Kämpfe der aufs höchſte erregten Liebeswerber. Im Laufe der Brunftperiode ſchwillt der Hals der Hirſche mächtig an, die ſtrotzende Körperfülle jedoch, welche der Hirſch aus der Feiſtzeit mit auf den Brunftplan bringt, ſchwin— det bald im übereifrigen Minnedienſt, und ziem— lich herabgekommen — „abgebrunftet“ — zieht ſich der mächtige und muthige Liebeswerber vom Brunftplan zurück, um die vergeudeten Kräfte durch Ruhe und reichliche Aſung — wenn man ſie ihn finden läſst noch vor Eintritt der Winternoth wieder zu erſetzen. Während der Tagesſtunden zieht ſich der Brunfthirſch zumeiſt vom Rudel zurück, ſucht den Suhlplatz auf, um die erhitzten und er— matteten Glieder zu erfriſchen, und thut ſich dann nieder. Vor Sonnenuntergang geſellt er ſich wieder zu den Thieren, ſchreit, kämpft und wirbt mit erneuter Glut die Nacht hindurch, bis endlich das Kopfthier äſend dem Ruheplatz im Waldesſchatten zuzieht. Dieſes im allgemeinen zutreffende Ver— halten der ſtarken Brunfthirſche erleidet indes unter dem Einfluſſe localer Verhältniſſe viel— fache Modificationen, und ich wüſste keine Wild— art zu nennen, welche mit ihren Lebensgewohn— heiten ausgiebiger jedweder Schablone ſpottet, als das Edelwild. Während der Brunftperiode wird beim Brunfthirſchen eine penetrante Ausdünſtung wahrnehmbar, und ſelbſt der Menſch wittert mit ſeinen relativ ſtumpfen Geruchsorganen die Nähe des Brunfthirſches. Die dunkle, faſt ſchwarze Färbung, welche das Haar in der Peripherie der Brunftruthenſcheide während der Begattungsperiode annimmt, wird als Brunft— brand oder Brunftfleck weidgerecht angeſprochen. Wenn die Begattungsperiode ihrem Ende zuneigt, haben die Haupthirſche meiſt bereits die Rudel verlaſſen und geſellen ſich dann in Trupps von vier und mehr Stücken, um nun den Winter hindurch friedfertig Freud und Leid zu theilen. Auch die Thiere beziehen wieder ihre gewohnten Standorte. Die Altthiere verſagen nun ihren Kälbern das bis dahin willig gewährte Geſäuge und trennen ſich von denſelben, ſobald im Frühjahr — Ende Mai bis Mitte Juni — die Setzzeit herannaht. Das Altthier wählt für dieſe Zeit abgelegene, geſchützte Standorte, verjagt ſein Kalb vom Vorjahre und duldet auch keinen Hirſch in der Nähe ſeines Wochenbettes. Nach einer Tragzeit von etwa vierzig Wochen, wäh— rend welcher das Altthier als hochbeſchlagen weidgerecht angeſprochen wird, ſetzt dasſelbe ein, ſelten zwei Kälber. Das Kalb, welches je nach ſeinem Ge— ſchlechte Edelhirſchkalb oder Edel wild kalb angeſprochen wird, iſt in ſeinen erſten Lebens— ſtunden wohl in hohem Grade des Schutzes der Mutter bedürftig, folgt derſelben aber ſchon nach wenigen Tagen auf kurze Strecken. Von der Mutter zeitweilig verlaſſen, thut es ſich im Dickicht, im Schilfe oder Riedgras nieder und drückt ſich inſtinetiv, wenn es ein Geräuſch ver— nimmt oder eine nahende Gefahr wittert. Die Mutter ruft mit einem ſanften, näſelnden Tone das Kalb in ihre Nähe, und es iſt ein lieb— liches Naturbild, welches das Koſen des mun— teren Kalbes und die Zärtlichkeit der ſäugenden Mutter gewährt. Das Edelthier iſt eine ſorg— ſame, ſelbſtloſe, ja ſelbſt todesmuthige Mutter. Nach altem Weidmannsbrauch wird das Kalb nach dem Martinitage als Schmalſpießer, bezw. als Schmalthier weidgerecht angeſprochen. Der Schmalſpießer wird, wenn er ſein Erit- lingsgeweih verreckt, Spießhirſch, das Schmal— thier, ſobald es beſchlagen wurde, Altthier, ſpäter auch Kälberthier und endlich Geltthier genannt, ſobald es mit zunehmendem Alter un— fruchtbar geworden. Das Lebensalter des Edelwildes darf man wohl durchſchnittlich auf 30—36 Jahre an— ſchlagen. Während das Edelthier mit dem voll— endeten dritten Jahre ſein Wachsthum im all— gemeinen vollendet hat, nimmt es dennoch bis etwa zum 12. Jahre noch ſtetig an Wildbret— gewicht zu, während der Hirſch erſt nach dem ſechsten Geweihwechſel als völlig ausgewachſen angeſprochen werden darf. Vielfache comparative Wägungen und Meſſungen am Knochengerüſte berechtigen mich zu dieſer mit den bisherigen Annahmen nicht übereinſtimmenden Behauptung. Welch weſentlichen Einfluſs der hegende Weidmann auf die phyſiſche Entwicklung des Wildes auszuüben imſtande iſt, werde ich in dem die Hege und Wildzucht behandelnden Ab— ſchnitte nachweiſen. . Das Edelwild iſt im Gebrauche jeiner Stimmittel ziemlich beſchränkt. Nebſt dem dröh— nenden, aus den Lauten o und a zuſammenge— ſetzten und verſchieden modulierten Brunftſchrei des Edelhirſches iſt dem Thiere als Brunft— und Locklaut ein gedämpfter näſelnder Ton und beiden Geſchlechtern ein Schrecklaut eigen. Die vielfach noch verbreitete Anſicht, dass ſich die Abſonderung der Galle in der im Wedel eingebetteten Drüſe vollzieht, iſt nicht zutreffend, ſie wird vielmehr in der Leber abgeſondert. Die Lebensgewohnheiten des Edel— wildes kennzeichnen es als Standwild in vollem Sinne, da es den ſeinen Bedürfniſſen eutſpre— 108 Edelhirſch. chenden Aufenthalt nur gezwungen verläjst. Es unternimmt lediglich Ortsveränderungen inner⸗ halb desſelben in den verſchiedenen Jahres- zeiten und mit Rückſicht auf die zeitgemäße Aſung. Das Edelwild bewohnt den Wald und wählt, da es die Ruhe liebt, geſchützte und zu— ſammenhängende Holzbeſtände mit Vorliebe zum Aufenthalt. Am Abend nach Sonnenunter— gang zieht es auf Aſung aus und kehrt bei Sonnenaufgang auf den gewohnten Standort wieder zurück, wo es ſich ins Lager ſetzt, bezw. um zu ruhen niederthut. Eine Ausnahme er⸗ folgt zumeiſt nur im Hochſommer, wo es, von Mücken und Bremen beunruhigt, oft auch am Tage umherzieht. Einen hohen Grad von Schlauheit ent- wickelt der alte Feiſthirſch und bietet dem Weidmann reichlichſt Gelegenheit, darüber nach⸗ zudenken, ob deſſen Quelle nur im Inſtinct und nicht auch im Gedächtnis und in überlegtem Ausbeugen vor jenen Gefahren zu ſuchen ſei, welche eine Begegnung mit jenem gewaltigen Feinde meiſt zur Folge hat, der zugleich ſein wärmſter Freund und Hüter iſt. Starke Feiſthirſche wählen demgemäß Ruhe- plätze, wo ſie der Unerfahrene gewiſs nicht vermuthet, und treten meiſt jo ſpät und jo vor- ſichtig zur Aſung aus, daſs das alte Sprich— wort, „der Feiſthirſch fürchte ſeinen eigenen Schatten“, volle Berechtigung hat. Die gleiche Vorſicht wird man auch bei dem Verhalten des Kopfthieres beobachten können, deſſen Führung ſich ein Rudel Wild anvertraut. Am Abend, wenn das Wild aus dem Bette hoch wird, übernimmt das Kopfthier, meiſt ein Altthier, ſofort die Führung, und ſelten entgeht den ſcharfen Sinnen desſelben, was beunruhigend oder gefahrdrohend werden kann. Meiſt erſt in den ſpäten Abendſtunden tritt das Edelwild aus den ſchützenden Beſtän— den auf die Feldfluren aus, wo es, um zu äſen, während der Nacht verweilt und bei Tagesanbruch wieder ins Holz einzieht. Den Kahlwildrudeln ſchließen ſich meiſt die geringen Hirſche an, während ſich die angehend jagd— baren Hirſche in kleinere Trupps von 4—6 In⸗ dividuen vereinigen, und die Haupthirſche, zu— weilen mit einem geringeren Hirſche im Gefolge, vereinſamt bleiben. Nach dem Einziehen liebt es das Edelwild, welches die gewohnten Wechſel einzuhalten pflegt, gewiſſe geeignete Orte, meiſt kleine, un— ebene Blößen, aufzuſuchen und daſelbſt zu ſcherzen. Solche Tummelplätze ſind durch die zahlreichen Fährten und den zerwühlten Boden ſofort kenntlich, und die Beobachtung dieſer Spiele gewährt einen ungemein heiteren Anblick. Eines der Kälber wagt zunächſt einen tollen Sprung, verhofft dann und äugt gleich— ſam herausfordernd nach ſeinen übrigen Alters- genoſſen, und nun beginnt alsbald ein tolles Scherzen und Jagen. Die Altthiere ſtehen ſcheinbar theilnahmslos dabei, bis es endlich auch in den Läufen einer oder der anderen alternden Schönen bedenklich zu zucken beginnt und auch dieſe einen tollen Sprung hügelauf und ab wagen. Sobald jedoch das Kopfthier, welches ſein Wächteramt keinen Augenblick außeracht läſst, ſichernd weiterzieht, ordnet ſich das Rudel wieder zur gewohnten Reihe und folgt, da und dort an der Vegetation des Wald- bodens und dem Gezweige äſend, ſeiner be— währten Führerin, um ſich niederzuthun. Die Nahrung des Edelwildes beſteht aus Vegetabilien aller Art, wie ſie die Jahreszeiten und die Standortsverhältniſſe bieten, u. zw. aus Gräſern, Klee- und Getreide⸗ arten, Gemüſen, Hülſenfrüchten und Knollen⸗ gewächſen, den Blättern, Knoſpen, Rinden und Früchten verſchiedener Holzarten und Schwämmen. Ich werde mich hier lediglich darauf be⸗ ſchränken, die Nahrungsmittel anzuführen, nach⸗ dem ich in den die Hege und Wildzucht be- handelnden Abſchnitten die Ernährung dieſer Wildgattung mit beſonderer Rückſichtnahme auf die durch dieſelbe verurſachten Culturſchäden und deren thunlichſte Verhütung erſchöpfend erörtern werde. An zutreffender Stelle ſoll auch der lei⸗ digen Untugend des Edelwildes, dem Schälen (ſ. d.), eine die Wirkungen wie die Urſachen und deren Verhütung beachtende kritiſche Be— leuchtung zutheil werden. Die zumeiſt ſaftreiche vegetabiliſche Nahrung, welche das Edelwild im thaufriſchen Zuſtande auf- nimmt, befriedigt zugleich auch den Durſt, und dasſelbe trinkt demgemäß relativ wenig und ſelten. Nur im Winter, wo es vorherrſchend trockene Nahrſtoffe äst, ſucht es eisfreie Quellen auf, oder nimmt Schnee auf, um ſeinen Durſt zu löſchen. Salzlecken werden unter dem bezüglichen Schlagworte eingehend beſchrieben. Die Fährtenkunde. Der Tritt, mit welchem das Edelwild ſeine Fährte in den Waldboden prägt, iſt nach Alter und Geſchlecht nicht nur in ſeinen Maßen, ſondern auch in ſeiner Anordnung weſentlich unterſchieden, und das zutreffende Anſprechen der Fährte hat ſich ſchon vor Jahrhunderten zu einer Disciplin des Weidwerkes heraus⸗ gebildet. Im Hinblicke auf die Einwirkungen der Standortsverhältniſſe und die von denſelben weſentlich abhängige phyſiſche Entwicklung des Edelwildes wird die Theorie der Fährten— kunde allerorts auf empiriſchem Wege modi— ficiert werden müſſen. In Revieren z. B., deren telluriſch-klima⸗ tiſche Verhältniſſe dem Gedeihen dieſer Wild- gattung minder günſtig ſind, wird die Fährte eines jagdbaren Edelhirſches um ein Drittheil geringer ſein als in Gegenden, wo der Hirſch gleichen Alters in dem vorangeführten Ver⸗ hältnis ſtärker und ſchwerer At. Es iſt deshalb nothwendig, daſs ſich der Jäger vorerſt mit der Beſchaffenheit des Wildes eines Gegend vertraut machen muſs, bevor er imſtande iſt, nach der Fährte das Geſchlecht und das Alter eines Wildſtückes zutreffend anzuſprechen. Die Fährte des Kalbes und des Schmal⸗ thieres iſt alsbald und unſchwer richtig anzu⸗ Ze EN, run = F lg Edelhirſch. 109 ſßprechen, beim Altthier iſt es ſchon deshalb nicht ſich, insbeſondere auf hartem, ſteinigem Boden, mehr der Fall, weil dieſelbe mit jener des raſch ab, und ein gut jagdbarer Hirſch prägt Spießers leicht verwechſelt werden kann, wenn ſeine Fährte meiſt in einem auffällig abge— man nicht ganz fährtengerecht und überdies ſtumpften Oval. localkundig iſt. Die nebenſtehende Zeichnung 3. Die Ballen ſind ein verlässliches (Fig. 256) veranſchaulicht das Maßenverhältnis Zeichen beim Anſprechen der Hirſchfährte, der Edelwildfährten, während Fig. 257 den Hirſch- weil dieſelben ſchon beim Spießhirſch ſtärker llauf mit ſeinen Theilen, u. zw. a die Schalen, ſind als jene des Altthieres. b den Ballen und ce die Oberrücken darſtellt. 4. Die Oberrücken des Hirſches der Der Hauptzweck der Fährtenkunde iſt in dritten Geweihſtufe erweiſen ſich bereits ſtumpfer erſter Reihe die volle Sicherheit, den Hirſch auf ſein Alter, bezw. auf den Grad ſeiner Jagdbarkeit anzuſprechen, und unſere Altmeiſter haben zu dieſem Behufe 72 Zeichen namhaft gemacht. | Bei aller Pietät, die ich den Lehren der- ſelben zolle, habe ich mich infolge perſönlich an— geſtellter Beobachtungen denn doch der Über— zeugung nicht zu verſchließen vermocht, daſss mit der Fährtenkunde, bezw. mit den Zeichen des Hirſches im XVII. und XVIII. Jahrhun- dert ein Cultus getrieben wurde, welcher die Grenze zweckentſprechender Nothwendigkeit doch wohl weit überſchreitet. Ich werde demgemäß lediglich jene Zeichen hier aufnehmen, deren Kenntnis zum weidgerechten Anſprechen einer Edelwildfährte erforderlich und zugleich auch genügend iſt. Es ſind folgende: 1. Der Tritt. Die Fährte, welche derſelbe prägt, iſt in Hinblick auf das Alter und Ge— — 000, ccc Fig. 257. Edelhirſchlauf, von unten geſehen. ¼ natürl. — 1 . ng . Größe. a Schalen, b Oberrücken, e Ballen. und breiter entwickelt als jene des Altthieres und bieten ein gerechtes Zeichen für das An— ſprechen der Fährte des Hirſches überhaupt f . Fd 1 r und ſeiner Stärke insbeſondere. ſchlecht eine auffällig verſchiedene, wie dies aus 5. Der Schritt. Der Hirſch vom dritten den Verhältniſſen, welche Fig. 256 veranſchau- Kopf greift bereits weiter aus als das ſtärkſte licht, erſichtlich wird. Altthier, und es iſt deshalb die Schrittweite auf 5 Die Schalen des Spießhirſches erreichen | jedem Boden und zu jeder Jahreszeit ein bereits die Stärke jener des Altthieres, und der durchaus gerechtes Zeichen. Abweichend von der Hirſch vom dritten Kopf trägt bereits eine | Gepflogenheit anderer Schriftſteller enthalte ich Fährte, welche für das mit den Verhältniſſen | mich, die Schrittweiten ziffermäßig anzugeben, des Standortes halbwegs vertraute Auge ſchon weil ſie in den verſchiedenen Standorten ſo ſehr in ihrer Peripherie leicht kenntlich wird. Fig. 257 verſchieden find, dajs ſolche Angaben weit eher veranſchaulicht die Formen des Hirſchlaufes und | verwirrend als belehrend wirken. Es iſt die ihrer Theile. Pflicht des Jägers, ſich mit den localen Ver— 2. Die Schalen des Hirſchlaufes ſtumpfen | hältniffen vollkommen vertraut zu machen und 110 Edelhirſch. ſich ſo die Sicherheit im Anſprechen auf empiri⸗ ſchem Wege zu erwerben. Die Weite dieſes ge⸗ rechten Fährtezeichens iſt immer von den Stand- ortsverhältniſſen, von welchen die Stärke des Wildes abhängig iſt, bedingt und muſs daher ſtets auf empiriſchem Wege an Ort und Stelle geprüft werden. 6. Das Schränken, d. h. die Anordnung der Tritte wie folgt? „ „ „ , iſt wohl beiden Geſchlechtern eigen, doch ſchränkt der Fig. 258. Das Schränken der Edelhirſchfährte. a a ſchrei⸗ tend, bb in der Flucht. jadgbare Hirſch ununterbrochen und doppelt auf— fällig in der Feiſtzeit, während ſelbſt das hoch— beſchlagene Altthier nur zeitweilig ſchränkt (Fig. 238). a 7. Der Burgſtall oder das Grimmen iſt insbeſondere ein auf feuchtem Boden gut wahrnehmbares Zeichen, welches durch das Ein-, bezw. Vorwärtsſchieben des Ballens entſteht und ſich als eine kleine, gewölbte, länglich ge— dehnte Erhabenheit vor dem Eingriff der Ballen darſtellt. 8. Das Zwängen entſteht dadurch, dafs der Hirſch die im Tritte zuſammengedrückte Erde mit den Schalen an ſich und nach rück⸗ wärts zieht. 9. Der Beitritt iſt ein durchaus verläjs- liches Zeichen der guten Hirſchfährte und in be- ſonders auffälligem Maße dem jagdbaren Feiſt⸗ hirſche eigen. Derſelbe ſtellt ſich dadurch dar, daſs die Fährte des Hinterlaufes etwa 2—3 cm weiter auswärts liegt als jene des Vorderlaufes. Das tragende Altthier macht wohl auch den Beitritt, doch ſchließt ſchon die Stärke der Fährte jedweden Irrthum aus. 10. Der Kreuztritt (Fig. 259). Dieſes vollkommen gerechte Zeichen iſt nur dem jagd⸗ baren Hirſch eigen. Fig. 259. Der Kreuztritt des Edelhirſches. a Vorder⸗, b Hinterlauftritt. 11. Das Hinterlaſſen oder Zurück⸗ bleiben entſteht, wenn die Tritte der Hinter⸗ läufe einige Centimeter hinter jenen der Vorder⸗ läufe zurückſtehen. Dieſes gerechte Zeichen iſt nur alten feiſten Hirſchen eigen. Das hochbe⸗ ſchlagene Altthier hinterläſst nur in der letzten Periode der Tragzeit und iſt ſelbſtverſtändlich mit jenem den Haupthirſch charakteriſierenden Zeichen ſelbſt von unerfahrenen Jägern nicht zu verwechſeln. 5 12. Das Ballen- oder Vierballen⸗ zeichen entſteht, wenn ſich die Ballen aller vier Läufe deutlich ausprägen. Dieſes wie da folgende ; 13. Übereilen, d. h. das Vorſetzen der Hinterlauftritte vor jene der Vorderläufe, iſt nur geringen Hirſchen eigen. 14. Auswärtsſtellung der Tritte charak⸗ teriſiert nur den Tritt des Hirſches, nicht aber jenen des Thieres. 15. Das Blenden iſt ſtets ein Zeichen ge⸗ ringer Hirſche, welche meiſt mit dem Hinterlaufe derart in die Fährte des Vorderlaufes treten, dafs derſelbe ſcheinbar länger und breiter wird. 16. Der Faden iſt eine Folge des Zwän⸗ gens auf bindigem Boden, wodurch ſich ein Bere ſchmaler kantiger Streif des letzteren zwiſchen den Schalen bildet. 17. Der Abtritt entſteht, indem der Hirſch mit der Kante der Schalen Gräſer und Halme ſchneidet, wobei der eine Abſchnitt ſtets in der Fährte liegt. Das Thier drückt die Vegetation in den Boden, ohne jedoch die einzelnen Halme zu trennen. 18. Das Inſiegel. Bei feuchtem Wetter und bindigem Boden haftet zuweilen an den Schalen ein comprimierter Erdklumpen, welcher die Fährte deutlich ausprägt und vom Hirſch im Weiterſchreiten abgeſtreift wird. 19. Der Einſchlag. Der Hirſch behält oft einzelne abgetretene Grashalme (j. Abtritt) zwi⸗ ſchen den Schalen, welche dann, jobald er un⸗ berasten Boden betritt, in der Fährte liegen bleiben. Es iſt dies ein gerechtes Zeichen der Hirſchfährte. 20. Das hohe Inſiegel. Wenn der Hirſch über ſteil geneigte feuchte Grundſtücke zieht, ſo hebt er im Weiterſchreiten ſtets jenen Theil des Erdreiches unmittelbar vor und über den Schalen mit empor, und es findet ſich vor der Fährte meiſt umgelegt. 21. Der Schloſstritt bezeichnet den Tritt eines Laufes, welchen der Hirſch mitten in das Lager (Bett) prägt, aus welchem er hoch wird. 22. Der Wiedergang. Wenn der Hirſch vom Feld zu Holze zieht, wendet er ſich häufig am Rande desſelben, einen Bogen beſchreibend, und zieht dann erſt an einer entfernteren Stelle ein. 23. Das Näſſen. Der Hirſch näſst zwiſchen die Fährte, das Thier inmitten der Hinter— lauftritte. 24. Der Umſchlag. Dieſes Zeichen ent— ſteht, indem der Hirſch zuweilen eine Moosplatte mit den Schalen loslöst und mit den Wurzeln nach aufwärts wendet. Die Himmels zeichen. 1. Das Schlagen oder Fegen. Der Edel- hirſch fegt ſeine verreckten Stangen an Stangen— hölzern vom Baſte rein, und die Höhe, in welcher dies geſchieht, deutet auf die Stärke desſelben. 2. Das Wenden. Wenn der Hirſch durch Laubholz zieht, knickt und wendet er belaubte Zweige mit ſeinem Geweih. Die Loſung iſt nicht minder ein zuver— läſſiges Zeichen, da ſie von jener des Thieres weſentlich unterſchieden iſt. Auch zeigt ſich ihre Beſchaffenheit je nach den Jahreszeiten weſent— lich verſchieden. Die Winterloſung des Hirſches iſt in kleine rundliche Stücke geformt, welche an einem Ende ein Zäpfchen, am anderen eine Höhlung zeigen. Die Loſung des Thieres, ähnlich] dem Schafdünger, fällt in ungleich geformten Stücken. Die Frühjahrsloſung fällt in dickeren, breitgedrückten und zuſammenhäugenden Knoten, bezw. Klumpen. Die Sommerloſung zeigt ſich wieder länglichrund und bis zum Ende der Feiſtzeit auch mit Schleim überzogen. Sie erſcheint hart und traubenförmig, vom September ab wohl noch gezäpft, aber bereits merklich dünner. Die Herbſtloſung iſt ſchleimig und zu— Edelhirſch. 111 ſammenhängend und von jener des Thieres nur ſchwer zu unterſcheiden. Standorte und Verbreitung. Das Edelwild wählt ruhige zujammenhän- gende Waldungen, welche von Grasland durch— zogen und von Ackerflächen geſäumt ſind, als Standort und verläjst denſelben dauernd nur dann, wenn es gewaltſam aus demſelben ver— drängt wird. Die vielverbreitete Anſicht, das Edelwild ziehe den Gebirgswald jenem der Ebene vor, iſt durchaus irrig. Wenn das Edelwild in den Alpenländern bis an die Holzgrenze empor— ſteigt und dort vorzugsweiſe ſeine Standorte wählt, ſo iſt die Urſache lediglich in der viel— fachen Beunruhigung zu ſuchen, welcher dasſelbe zumeiſt in den tieferen Lagen ausgeſetzt iſt, keineswegs jedoch als freie Wahl anzuſehen, da die Configuration des Terrains dem Körperbau und dem vollen Gebrauch der Glieder im Hin— blick auf deren Beſchaffenheit nicht in jenem Maße entſpricht, wie dies z. B. bei den Wild- ſchafen, den Wildziegen, der Gemſe und dem Steinwild der Fall iſt. Auenwälder und Riede bergen nicht minder gute und zahlreiche Edel— wildſtände als die Hügel- und Bergwälder. Die Heimat des Edelwildes umfaſst nahezu ganz Europa und einen großen Theil des nörd⸗ lichen Aſien. Es findet ſich daſelbſt als Stand— wild im ſüdlichen Sibirien vom Altai und dem ſüdlichen Ural bis zur Lena und vom Kaukaſus und den Grenzgebirgen der Mandſchurei bis zum Baikalſee. In Europa begrenzt der 65., in Aſien der 55. Grad Nordbreite das Verbrei— tungsgebiet des Edelwildes. Während es in Norwegen noch bei Dront— heim und Bergen vorkommt, fehlt das Edelwild im öſtlichen und nördlichen Sibirien und auch in dem größten Theile von Ruſsland gänzlich. In Schottland und auf den Hebriden iſt es Standwild, fehlt aber in Irland. In England ſteht es als freies Wild nur noch in den Forſten von Cornwall und Devonſhire. Am europäiſchen Continent ſind heute noch ſämmtliche Länder mit Ausnahme der Schweiz als Heimat des Edelwildes zu nennen. Nutzen und Schaden. Das Wildbret bietet eine geſunde, leicht verdauliche, ebenſo kräftige als wohlſchmeckende Nahrung. Nicht minder nutzbar ſind auch alle übrigen Körpertheile des Edelwildes. Die Decke liefert ein weiches, elaſtiſches Leder von geradezu unverwüſtlicher Dauer, doch iſt der Wert desſelben von der Zeitperiode be einfluſst, in welcher das betreffende Wild zur Strecke gelangte. Zur Zeit des Verfärbens im Frühjahre hat die Wilddecke den geringſten, während der Feiſtzeit, Ende Juli und im Au⸗ guſt, den höchſten Wert, und es liefert dieſelbe, wenn ſie das Sommerhaar trägt, ſtets das beſte Leder. Eine vielfache Verwendung findet das Geweih des Edelhirſches. Auf der Hirnſchale bildet es eine wertvolle, und wenn es endenreich und vollentwickelt iſt, auch mit ſehr hohen Preiſen bezahlte Jagdtrophäe. Die Abwurf— ſtangen werden für Drechslerwaren und Luxus- möbel verwendet, auch werden aus denſelben 112 Edelhirſch. einerſeits wertvolle Farbſtoffe, Beinſchwarz, ge— branntes Hirſchhorn und, im IL der Deitillation, ein ſtarker Spiritus erzeugt. Die weichen Kolben während der Baſtperiode ſind genießbar und waren in früheren Zeiten ein geprieſener Lecker⸗ biſſen, welchem man ganz beſondere Kräfte und Conſequenzen zuſchrieb. Knochen, Mark und Talg finden die allgemein bekannte Verwendung, doch it der letztere auch in hygieniſcher Richtung beſonders wertvoll. Das Haar wird zu Polſte— rungen verwendet. Der Schaden, welchen das Edelwid an ſeinen Standorten verurſacht, iſt ein zweifacher. Einerſeits ergibt ſich derſelbe aus der Nahrung, welche dasſelbe auf den Culturgründen auf— nimmt, und andererſeits aus einer leidigen An— gewohnheit, welche es in einigen Gegenden übt: dem Schälen. Es iſt nicht zu leugnen, daſs die vom Edelwilde verurſachten Culturſchäden unter Um— ſtänden das Maß der wirtſchaftlichen Zuläſſig— keit weit überſchreiten, und dem Volkswirt im allgemeinen wie dem Forſtwirt im beſonderen ſoll weder das Recht noch die Pflicht, hievon Act zu nehmen, abgeſprochen werden?). Die Einſeitigkeit aber, mit welcher dies zu— meiſt geſchieht, die Abſichtlichkeit, welche eben nur mit den Wirkungen als Mittel zu gewiſſen Zwecken rechnet, ohne zugleich auch die veran— laſſenden Urſachen in Betracht zu ziehen, die Forderung jener extremen Fraction endlich, welche das Gedeihen der Forſte und ihre Rentabilität von der gänzlichen Vernichtung des Wildſtandes abhängig machen, ſind nicht die Factoren, welchen diesfalls ein maßgebendes Votum zu— zuſprechen iſt. Ein dem Areale und ſeiner Productivität angemeſſener Wildſtand wird allerorts mit den berechtigten Intereſſen der Cultur vereinbart werden können und erſcheint auch vom ethiſchen, volkswirtſchaftlichen und ſocialpolitiſchen Stand— punkte aus für die Inanſpruchnahme geſetzlichen Schutzes vollberechtigt. Eine rationelle Wildzucht und Hege iſt mit der Cultur vollkommen ver— einbar. Zur Löſung dieſes nicht unwichtigen Pro— blems der Gegenwart und Zukunft ſind nicht Voreingenommenheit, Unwiſſenheit und Fahr⸗ läſſigkeit, wohl aber erprobte Fachkenntnis, Sorg— ſamkeit und Billigkeit als die hiezu berufenen Kräfte zu betrachten. Der Forſtwirt im Ver- eine mit dem Berufsjäger verfügen über ein ausreichendes Maß einfacher und wirkſamer Mittel, einerſeits einen angemeſſenen Wildſtand nutzbringend zu hegen, andererſeits die Schädi— gung der Culturintereſſen durch denſelben nach— haltig zu verhüten. Der folgende, die Hege und Wildzucht be— handelnde Abſchnitt wird die diesfälligen er— probten Maßnahmen in entſprechender Ausführ— lichkeit darzulegen haben. Feinde und Krankheiten. Der gefährlichſte Feind des Edelwildes iſt der Menſch im allgemeinen und der fahrläſſige *) Das Schälen wird unter dieſem F om gehend erörtert werden. D. V Jäger im beſonderen. Unter dem Raubwild iſt als grimmiger Feind in erſter Reihe der Luchs und nächſt ihm der Wolf, und in jenen nörd- lichen Diſtricten, wo der Fiälfraß mit dem Edel⸗ wilde den Standort theilt, auch dieſer. Der Bär iſt — ich darf dies auf Grund perſönlicher, in den Standorten beider Wildgattungen gejam- melter Erfahrungen behaupten — durchaus un⸗ gefährlich, und ſelbſt Hauptbären, welche den Rindern und Pferden auf den Hochgebirgs⸗ weiden höchſt gefährlich ſind, laſſen das Edel⸗ wild unbehelligt. Der jagdbare Hirſch gebietet neben ſeiner Schnelligkeit und Kraft über eine beachtenswerte Schutz- und Trutzwaffe, und das Kahlwild ſchützt die Vorſicht und Wachſamkeit jedes einzelnen Thieres und des Kopf- oder Leit⸗ thieres insbeſondere. Die Unbilden des Wetters verträgt das Edelwild wohl ohne Schaden, doch ſind ſtarke Schneelagen mit vereister Oberfläche auch dieſem kräftigen Wilde um ſo gefährlicher, als ſie meiſt auch moch die Noth im Gefolge haben. Die gewöhnlichen Krankheiten der Wieder— käuer, wie der anſteckende Milzbrand, dann auch die Leberfäule, die Ruhr und Auszehrung be— fallen wohl auch das Edelwild, doch hat der hegende Weidmann allerorts die Mittel in der Hand, die Krankheiten zu verhüten oder im Keime zu erſticken. Jene Reviertheile, in welchen ſich die erſten Anzeichen des Milzbrandes zeigen, müſſen ſofort (durch Lappen u. dgl.) iſoliert, das Fallwild mußs ſofort tief vergraben und mit ungelöſchtem Kalk dicht bedeckt werden, auch iſt die Desin- fection in umfaſſendem Maße zweckentſprechend vorzunehmen. Eine „große Plage verurſachen dem Edel— wilde die Oſtriden (ſ. d.), u. zw. die Najen- und Rachenbreme und die Hautbreme. Die erſtere kann, ſoferne ſie ein geringeres Stück in der Mehrzahl befällt, demſelben lebensgefährlich werden, da die Larven derſelben heftige Ent— zündungen der Schleimhäute verurſachen. Läſtig ſind dem Edelwilde überdies eine Reihe von Stechfliegen und die Hirſchlaus, welche ſich in ſein Fell einniſtet. Näheres über die Krankheiten des Edel— u ſ. u. Pathologie und Pathogeneſe des Wildes. Hege und Zucht des Edelwildes. Aus der Eigenart und den Bedürfniſſen des Wildes einer- und der telluriſch-klimatiſchen Beſchaffenheit des Standortes mit ſeiner Pro- ductivität andererſeits reſultiert die Lehre von der Hege. Dieſe Lehre iſt keineswegs lediglich auf theoretiſchem Wege zu gewinnen, wie dies ſchon die beiden vorangeſtellten Momente klarſtellen, und auch auf praktiſchem Wege unter Berüd- ſichtigung der localen Verhältniſſe nicht mühe— los zu erwerben. Die telluriſch-klimatiſchen Verhältniſſe des Standortes bedingen die Productivität desſelben ebenſowohl in quantitativer als qualitativer Beziehung, und dieſelbe modificiert von Fall zu Fall auch die Lebensbedürfniſſe und Gewohn— heiten des Edelwildes ſehr weſentlich. K — Edelhirſch. Der hegende Weidmann hat mit dieſen Thatſachen, welche ein ſchablonenmäßiges Vor⸗ gehen abſolut ausſchließen, ſehr gründlich und gewiſſenhaft zu rechnen, und nur auf dieſem Wege wird es demſelben möglich werden, den Wildſtand numeriſch mit dem Areale des Stand— ortes in jenes richtige und haltbare Verhältnis zu bringen, welches das Gedeihen beider ſichert. Der hegende Weidmann wird zu erheben haben, wie viel das Grasland und der Waldboden des Standortes an jener natürlichen Aſung bietet, welche das Wild in den verſchiedenen Jahres— Fig. 260. Heupuppe zur Fütterung des Edelwildes. zeiten ohne Culturſchädigung in Anſpruch nehmen darf, und was und wie viel zur Hintanhaltung derſelben auf culturellem Wege aufzubringen oder von außen zu beſchaffen ſein wird. Bedarf und Deckung der dem Wilde un— entbehrlichen und deſſen Gedeihen weſentlich fördernden Aſungsmittel ſollen thunlichſt ein— gehend in den folgenden Sätzen erörtert werden, nur möchte ich gleich von vorneherein der viel— fach geltenden Meinung entgegentreten, welche glaubt, der Hege ſei mit der Vorlage einiger Heubündel im Winter vollauf Genüge gethan. Neben der Nachhilfe im Winter halte ich die | Wildpark“, Verlag von C. Gerolds Sohn in Wien 113 Anlage von Wildäckern an der Peripherie und wenn thunlich innerhalb der Holzbeſtände für nicht minder unentbehrlich, da dieſelben das Auswechſeln des Wildes hintanhalten und auch die Culturſchäden auf ein Minimum reducieren. Der Rechenſtift wird es mühelos beweiſen, dajs die geringe Vorauslage für die Beſtellung ſolcher Wildäcker mit den umſonſt zu leiſten⸗ den Schadenerſätzen in keiner Parallele ſteht. Sobald der Schnee einfällt, zieht ſich das Edelwild in die geſchützteren Lagen der Holz— beſtände und in die Nähe der Schläge, während es im Hochgebirge thalab zieht und dort die ſonnigen Lehnen als Stand— ort wählt. Demgemäß und mit Rück⸗ ſichtnahme auf die localen Verhält- niſſe ſind die Futterplätze für den Winter einzurichten und ſoll die Auf— ſtellung derſelben ſtets an ſolchen Orten erfolgen, welche dem Wilde einen entſprechend weiten Rundblick geſtatten. Im Gebirge wird es häufig vor— kommen, dajs vorzeitig eintretende ſtarke Schneefälle einen Theil des Wildes hindern, rechtzeitig die ge— ſchützteren Stände zu erreichen, und es wird ſich diesfalls die Anlage von Nothfütterungen beſtens bewähren, welche in folgender Weiſe einfach und billig herzuſtellen wären. Es wird ein entſprechend ſtarkes Rundholz in der Höhe von 2½ m feſt in den Boden gerammt, in der Höhe von 70 em vom Boden ab mit einem Kreuz von Stäben verſehen, welche, von ſchwächeren Zweigen durchfloch— ten, die tellerförmige Baſis für die Heuablagerung bilden, während in entſprechenden Abſtänden rechtwinkelig Stäbe Quirlen) befeſtigt werden. Das friſche Heu wird dann dicht aufge— ſchlichtet und mit einem Schirmdach aus Baumrinde verſehen (Fig. 260). Dieſe mit geringen Auslagen ver— bundene Vorſorge wird häufig den Wildſtand vor empfindlichen Verluſten bewahren und wird ſich auch in jenen Revieren des Tieflandes bewähren, welche erfahrungsgemäß oft plötzlichen Überſchwemmungen ausgeſetzt ſind ). Als Futterration pro Stück Edel— wild während der Wintermonate wer— den 1˙5 kg Kaſtanien und 1 kg gutes Heu dem abſolut nöthigen Bedarf genügen und können in entſprechendem Ver⸗ hältnis auch durch Surrogate, wie z. B. Hafer⸗ garben, gutes Stroh von Hülſenfrüchten, Lu- pinen und ſorgſam getrocknete Laubbüſchel er⸗ ſetzt, bezw. ergänzt werden. Sehr vortheilhaft erweist ſich die Anlage von Wildäckern, welche mit der Erdbirne — Topinambur — bepflanzt und, da dieſes Knollengewächs perenniert, drei bis vier Jahre belaſſen werden können. Bei der ) In Hinblick auf den knapp bemeſſenen Raum enthalte ich mich der Beſchreibung der gewöhnlichen Winterfutter⸗ plätze und verweiſe diesfalls auf meine Monographie „Der D. V 2 2 Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ und Jagdwiſſenſch. III. Bd. 8 11% Edelhirſch. jährlichen Ernte belässt man das zur gleich⸗ mäßigen Beſamung, bezw. Beſtockung nöthige Quantum im Boden, während der Reſt, durch— ſchnittlich 7 des Bruttoertrages, als nahrhafte und geſunde Futterzulage dem Wilde vorgelegt werden kann. Das Gipfelholz der jährlichen Abtriebs— flächen gewährt dem Wilde gleichfalls einen weſentlichen Beitrag zur Ernährung und ſollte, da das Abäſen der Knoſpen und der jüngſten Triebe den Forſtertrag keineswegs ſchädigt, einige Zeit unaufgearbeitet liegen bleiben. Mit Rückſicht auf eine kräftige Geweih— bildung der Hirſche ſoll die Vorlage von Ka— ſtanien in der Abwurf- und Aufbauperiode ent- ſprechend erhöht, bezw. bis zum Eintritte der Feiſtzeit fortgeſetzt werden. Die Miſtel, Viscum album, Bohnen oder Mais können, dem vor— angeführten Zwecke in hohem Maße förderlich, als Zugaben vorgelegt werden. Neben den dem Anbau von Topinambur überwieſenen Wildäckern empfiehlt es ſich, ſofern der Forſt Eigenthum der Jagdberechtigten iſt, entweder einen geeigneten Theil der jährlichen Abtriebsflächen für einen dreijährigen Turnus der Anlage von Wildäckern zu überantworten, oder einzelne Parcellen, welche entweder inner— halb der Holzbeſtände oder unmittelbar zunächſt denſelben liegen, als ſtändige Wildäcker zu adaptieren. Dieſelben wären dann in entſpre— chendem Turnus mit Winterroggen, Hack- und Hülſenfrüchten (getheilt in einem Schlage) und Kleegras oder Futtergemenge zu bebauen und in entſprechenden Theilen dem Wilde zeitweilig preiszugeben. Der hegende Weidmann mufſßs ſorgſam be— müht ſein, das Wild kräftig in den Vorfrühling zu bringen, damit dasſelbe die grüne Aſung nicht allzu gierig aufnehme und deren Nähr- kraft durch Störungen der Verdauung nicht paralyſiert werde. Eine der wichtigſten Maßnahmen einer ra— tionellen Hege iſt die Anlage und Erhaltung einer genügenden Zahl von Salzlecken (ſ. d.). Das Salz übt im thieriſchen Organismus einen unmittelbaren und dominierenden Ein— flujs auf die Verdauung und den normalen Umſatz der Nährſtoffe überhaupt und der orga— niſchen Subſtanzen insbeſondere. Dieſer hoch— wichtige anorganiſche Nährſtoff findet ſich dem— gemäß auch in gelöstem Zuſtande in allen thieriſchen Flüſſigkeiten, Geweben und Organen. Für ein Stück Edelwild find pro Tag 10 g, pro Jahr 365 kg Salz als Ration zu paſſieren. Der Nährbedarf an organiſchen Subſtanzen, d. h. an Eiweißſtoffen, Kohlehydraten und Fett und deren Gehalt in den verſchiedenen Futter— ſtoffen wird unter dem Schlagwort „Futter— mittel und ihr Nährgehalt“ für die Wildgat— tungen tabellariſch nachgewieſen werden. Dieſer Nachweis und praktiſche Verſuche an der Hand desſelben werden allerorts den Beweis liefern, daſs auf dem Gebiete der Er— nährung das Quantum keineswegs allein, ſon— dern in erſter Reihe das Quale und deſſen pro— centiſche Zuſammenſetzung jenes volle und ſomit auch hoch verwertende Gedeihen des gehegten Wildes ſichere, welches man demſelben in den Futterraufen unmittelbar und mittelbar auf dem Boden der Holzbeſtände, der Wildäcker und Wieſen bietet, oder bieten ſollte. Es mer- den ſich auch in jedem Forſtreviere geeignete Plätze finden, wo man ohne Schädigung der Forſtrente auf relativ geringen Flächen ge— ſchloſſen oder horſtweiſe in den Beſtänden ein- geſprengt oder endlich als Säumung von Gra⸗ ben⸗ oder Schneiſenrändern jene Holz- und Strauchpflanzen cultivieren kann, welche dieſer Wildgattung gedeihlich ſind, und werde ich die— ſelben unter dem Schlagworte „Hege“ detail— liert anführen. Nicht minder wichtig als die Ernährung iſt auf dem Gebiete der zielbewuſsten weidge— rechten Wildhege die Sorge für die Standes- erhaltung, bezw. Vermehrung des Wildes. Sie hat, wenn fie erfolgreich fein ſoll, zwei gewich⸗ tige Momente unentwegt im Auge zu behalten, u. zw. a) das richtige Verhältnis des Wild- ſtandes nach Geſchlechtern und Altersſtufen und b) die ſtrenge Schonung jener Zahl der ſtärkſten Hirſche von Leib und Geweih, welche der ap— proximative Zuchtſtand der Thiere fordert. In Bezug auf den erſteren Punkt und ſpeciell im Hinblick auf die Intereſſen des Jagd⸗ betriebes vertrete ich im allgemeinen und ohne Rückſicht auf die Altersſtufen das Standes- verhältnis der Geſchlechter im Verhältniſſe 1:4. Innerhalb dieſes Rahmens ſoll man indes von der ſtrengen Regel ohneweiters ab— weichen, wenn dieſelbe durch den gerechtfertigten Abſchuſs geringer, einen problematiſchen Zucht⸗ wert repräſentierenden Kälber, Spießer oder Schmalthiere und Geltthiere hin und wieder einmal alteriert würde. In Bezug auf den zweiten Punkt ſoll man jedoch in Hinblick auf die Erhaltung eines Fräf- tigen Stammes und braver Geweihbildung für die Erhaltung einer genügenden Zahl vollfräf- tiger älterer Vaterthiere — Haupthirſche — ſtrenge vorſorgen. Die Natur bietet dem hegen⸗ den Weidmann mit ihrem drakoniſchen Geſetze, welchem zufolge nur die kraftvollſten männlichen Individuen nach ſiegreichem Kampfe die Gatten⸗ rechte genießen, eine deutliche Lehre, und das Zurückgehen und allmähliche Degenerieren des Edelwildes, wie es leider überwiegend beob— achtet werden kann, iſt in erſter Reihe der kurz⸗ ſichtigen Tendenz beizumeſſen, welche alljährlich die ſtärkſten Hirſche ohne jedwede Beſchränkung auf den Abſchuſsetat ſtellt. Ein gut genährtes Edelthier von einem kraftſtrotzenden älteren Haupthirſch mit mächtig verrecktem Hauptſchmuck beſchlagen, ſetzt eine ganz andere Deſcendenz, als dies ein hungerndes Mutterthier imſtande iſt, welches ſich mit einem ſchmalen Schneider begattete. Ein Wildſtand beſter Condition im Ver⸗ hältnis von 1 Stück Edelwild auf 25 Hektar Holzland, Wieſen und Wildäcker mit einge- rechnet, wird bei ſorgſamer Hege im Sinne des Vorgeſagten die Intereſſen der Cultur nicht nennenswert ſchädigen und den berechtigten Anforderungen des Weidwerkes vollkommen entſprechen. N W EEE Edelhirſch. 115 Der Abſchuſfs des in den jährlichen Nutzungsetat eingeſtellten Wildes wird ſich een in folgender Weiſe abtheilen laſſen: a) Zu birſchen wären: jagdbare Hirſche, Geltthiere und das gering entwickelte oder kümmernde, mit Rückſicht auf die Wildzucht auszuſcheidende Wild. b) Im Jagen wären zu erlegen: die über⸗ zähligen jüngeren Hirſche und die nach Abzug des Zuchtſtandes erübrigenden Thiere. Der Abſchuſs von jagdbaren Hirſchen im Treiben hat, wie jener der Kälber, den meiſt zutreffenden Nachtheil zur Folge, daſs eben jene Stücke zur Strecke gelangen, deren Erhal— tung wünſchenswert geweſen wäre. Vortheilhaft in jeder Richtung wird es ſein, wenn für Treib— jagen lediglich ein Drittheil des Abſchuſsetats eingeſtellt und der Reſt unter ſtrenger Be— obachtung der Standesregelung, bezw. durch qualitative Auswahl der Birſche durch hirſch— gerechte Schützen überwieſen wird. Der hegende Weidmann iſt unter allen Umſtänden in der Lage, einen ſehr weſentlichen Einfluſs auf die phyſiſche Entwicklung des Edelwildes wie nicht minder auf die Geweihbildung auszuüben, und er möge nicht überſehen, daſs deren Beſchaffen— heit ein Ehrenzeugnis für ſein weidgerechtes Wirken oder das Gegentheil bekundet. Jagd und Fang des Edelwildes. Die Jagd auf Edelwild, unſtreitig die vor— nehmſte auf den Gebieten des Weidwerkes, iſt ſtets nur hirſch- und fährtegerecht auszuüben und zerfällt in zwei Haupttheile, welche wieder in verſchiedene Methoden und Arten abzwei— gen, u. zw.: I. In den Jagdbetrieb durch einen Jäger, u. zw. entweder a) durch den Anſitz, den Anſtand, oder b) mittelſt des Birſchganges, der Birſche. II. In den Jagdbetrieb durch Vereinigung mehrerer Jäger und gleichzeitige Beihilfe von Treibern, Benützung von Hunden und Jagd— zeug aller Art. Dieſe Jagdmethoden ſind: a) das Antreiben durch einzelne Gehilfen, das jog. Riegeln, oder bp) das Treiben durch eine entſprechende, von Jägern geführte Zahl von Treibern; c) das Jagen mit Hunden; d) das Treibjagen mit Hunden; e) das Treibjagen mit theilweiſer oder vollſtändiger Benützung der Jagdzeuge. I. a) Der Anſitz oder Anſtand. Dieſer hat den Zweck, das Wild aus einem entweder unmittelbar und unvermittelt gewähl— ten oder eigens für dieſen Zweck künſtlich ein— gerichteten Hinterhalt zu erlegen. In erſterem Falle genügt die erſtbeſte Deckung, wie z. B. ein Felsblock oder ein dicht bemantelter Baum— ſtamm; in letzterem Falle benützt man Schirme (Blenden) oder aber Hochſtände (Kanzeln) für dieſe Zwecke. Dieſelben müſſen ſelbſtverſtändlich an Orten errichtet werden, welche das Wild erfahrungsgemäß mit Vorliebe aufſucht, und ſollen ſtets dem Charakter der Ortlichkeit an— Treibern und gemeſſen, d. h. thunlichſt unauffällig hergeſtellt werden (ſ. Hochſtand und Schirm). Der Anſitz iſt in erſter Reihe eine vor— treffliche Schule für den angehenden Jäger, welcher ihn mit dem Anblick und dem Weſen des Wildes vertraut macht und auch dem er— fahrenen Weidmann reichlich Gelegenheit bietet, ſeine Beobachtungen und Kenntniſſe zu be— reichern. Bei dieſer wie bei allen übrigen Jagd- methoden iſt die Richtung des Windes ſorgſam zu beachten. Unauffällige, in der Farbe mit der Um⸗ gebung thunlichſt harmonierende Kleidung, Ruhe und Beſonnenheit ſind mit der beſte Schirm am Anſtitz. b) Die Birſche. Dieſe Art des Weidwerkes iſt unſtreitig die weitaus intereſſanteſte, zugleich aber auch die ſchwierigſte zu nennen. Ein planloſes An- und Umherſchleichen im Reviere iſt kein Birſchgang, derſelbe fordert vielmehr ein den ſcharfentwickelten Sinnen wie der inſtinetiven Vorſicht des Wildes ebenbür— tiges, aus phyſiſcher und fachkundiger Eignung reſultierendes zielbewuſstes Vorgehen des Jäges. Die Birſche iſt die hohe Schule des Weidwerkes und für den oberflächlichen Dilettantismus ein Problem, welches neben körperlicher Mühſal meiſt nur Miſserfolge, für das Revier und ſein Wild nur nutzloſe Beunruhigung zur Folge hat. Der birſchende Jäger muſs, ganz abge— ſehen von der Revierkundigkeit, mit der Eigen— art und den Lebensgewohnheiten der zu be— jagenden Wildgattung vollkommen vertraut ſein, und obwohl ich diesfalls theoretiſche Lehrſätze für durchaus unzulänglich halte, will ich jene Behelfe in knapp gehaltene Sätze zuſammen— faſſen, welche ich in einer ziemlich reichen Praxis zu ſammeln und zu erproben Gelegenheit fand; es ſind folgende: 1. Die Kleidung des Birſchjägers muſs im Schnitt bequem, in der Farbe dem Terrain an— gemeſſen, durchaus unauffällig ſein. Die Be— ſchuhung darf keineswegs knarren, und es ſind Schnürſchuhe allerorts dem Röhrenſtiefel des— halb vorzuziehen, weil das oft unvermeidliche Anſtreifen mit den letzteren an Aſtwerk und Stauden ein weit hörbares Geräuſch ver— urſacht. 2. Was man an abſolut nöthigen Aus— rüſtungsſtücken, Perſpectiv, Patronentaſche, Jagd ruf, mitführt, möge man an einem Ledergürtel, der Weidmeſſerkoppel, um den Leib, keinesfalls aber an Riemen oder Schnüren über die Schulter tragen, da dies beim Vorbeugen des Oberkörpers vielfach ſtörend und hinderlich würde. 3. Man muſs auch, wenn man bereits Wild in Sicht hat, ruhigen, bedächtigen Schrittes birſchen und ſtets mit dem ganzen Fuße gleich— mäßig auftreten. Ein Schleichen auf den Fuß ſpitzen ermüdet, macht weit mehr Geräuſch und geſtattet nicht — was häufig nothwendig wird — ein ſofortiges Einſtellen jedweder Bewegung. Ein haſtiges Anſchleichen raubt den Athem, be ſchleunigt mindeſtens den Pulsſchlag und iſt dem Schuſserfolge nicht förderlich. 8 * 116 4. Blitzſchnelles Erfaſſen der momentanen Situation, kluge Benützung des Terrains, Be- ſonnenheit und Ruhe ſind unerläſsliche Eigen— ſchaften des Birſchjägers. 5. Beim Anbirſchen eines in Sicht ſtehen— den Wildes trachte man nur inſoweit Deckung zu finden, als ſie das ſtete Beobachten desſelben nicht beeinträchtigt. Sobald das Wild verhofft, was auch auf weite Entfernungen durch die Haltung des Kör— pers und insbeſondere der Lauſcher erkennbar wird, bleibe man ſofort, wenn auch minder gut gedeckt, unbeweglich und ſetze das Anbirſchen erſt dann wieder fort, wenn das Wild wieder vertraut geworden. 6. Wird das Wild miſstrauiſch, trollt es einige Schritte mit zurückgelegten Lauſchern und hochgehobenen Läufen und verhofft dann wieder, oder ſchreckt es, ohne ſofort flüchtig zu werden, dann hat dasſelbe wohl eine Gefahr geahnt, jedoch noch nicht erkannt. In dieſem Falle darf man ſich am allerwenigſten übereilen, wenn das ſo alarmierte Wild, ſcheinbar um zu äſen, den Kopf ſenkt. Es äugt und vernimmt dann um jo ſchärfer, und der Unerfahrene erkennt dieſes kluge, überlegte Verhalten des Wildes, wenn es zu ſpät iſt. Man beachte ſcharf die Stellung der Läufe in den Sprunggelenken und die Haltung der Lauſcher, welche eine ſichere Antwort auf die Frage bieten, ob das Wild noch miſstrauiſch oder bereits wieder vertraut ſei. 7. Das Wild wittert und vernimmt erſtaun— lich ſcharf und bekundet diesfalls ein bewunderns— wertes Unterſcheidungsvermögen. Den minder entwickelten Sehorganen iſt dieſe letztere Eigen— ſchaft nicht zu vindicieren. 8. Jagdbare Hirſche möge man niemals dort ſuchen, wo ſich zahreiche Wildfährten kreuzen. Alte Hirſche lieben die Einſamkeit, mit— unter in Ortlichkeiten, wo ſie der Unerfahrene am allerwenigſten ſuchen würde. 9. Trifft man unvorgeſehen mit dem Wilde zuſammen, und verhofft dasſelbe, ohne ſofort flüchtig zu werden, was auf weitere Entfer- nungen häufig geſchieht, dann gehe man, ohne es ſcheinbar zu beachten, ruhigen Schrittes — keinesfalls aber ſchleichend — ja ſelbſt halblaut ſingend weiter und trachte im verengten Bogen näher zu kommen. Hat man einen Begleiter, dann läſst man denſelben ruhig und ſcheinbar ſorglos weiterſchreiten, während man hinter der nächſtbeſten Deckung ſtehen bleibt und den Schuſs abgibt. 10. Bei ſtark bewegter Luft ſuche man das Wild nicht dort, wo es heftigen Strömungen derſelben ausgeſetzt iſt. Auch iſt das Wild bei ſtürmiſchem Wetter ſtets unruhiger und auf— merkſamer. 11. In Hochgebirgsrevieren fordert die Kenntnis der periodiſchen Luftſtrömungen ein beſonderes Studium, für welches in erſter Reihe locale Beobachtungen und Erfahrungen maß— gebend ſind. Eine Beſtändigkeit der Luftſtrö— mung iſt lediglich vor und nach Sonnenunter— gang zutreffend, nachdem dieſelbe im erſteren Falle abwärts, dann aber aufwärts ſtreicht. 12. In Revieren, wo die Birſche als be— ſondere Jagdart regelmäßig geübt wird, ſoll Edelhirſch ein combiniertes, auf volle Local- und Fach⸗ kenntnis bafiertes Netz von Birſchpfaden ange⸗ legt werden. Es genügt diesfalls, einen Pfad von etwa 80 em Breite von raſchelndem dürren Laube, morſchem Aſtwerk und loſem Geſtein zu ſäubern und den etwa vorfindlichen Unterwuchs, wo ein Ausbeugen unthunlich wäre, zu entfernen. Ein zielbewuſst und thunlichſt unauffällig angelegtes Netz von Birſchpfaden iſt keine Dilet- tantenarbeit. 13. An geeigneten Plätzen, welche eine weitere Überſicht des Terrains geſtatten, em⸗ pfiehlt es ſich, unauffällige Blenden anzubringen, welche ein längeres Verweilen daſelbſt begün⸗ ſtigen. 14. Die Brunft — jene epiſodenreiche hochintereſſante Zeitperiode — bietet für die Birſche auf jagdbare Hirſche die günſtigſten, an auf- und anregenden Momenten überreichen Bor- bedingungen, und wenn ich an dieſer Stelle den empfindſamen Gegnern der Brunft- und Balz⸗ jagd entgegentrete, ſo geſchieht es mit dem aus⸗ drücklichen Vorbehalt, daſs der Abſchuſs nach Zahl und Qualität weidgerecht normiert und auch hirſch- und fährtegerecht ausgeführt und ſtrenge eingehalten werde. 15. Der Brunftſchrei des Edelhirſches iſt um dieſe Zeit meiſt der beſte Wegweiſer, doch treten diesfalls häufig Pauſen ein, und die Hirſche melden oft mehrere Tage hindurch ſchlecht oder gar nicht. Die vielfach verbreitete Anſicht, daſs die a je ſtärker fie find, deſto intenſiver ſchreien, mujs ich als irrig bezeichnen. Die Haupt⸗ hirſche im Revier ſchreien nur im Beginn der Brunftperide, bis ihr Minneruf eine entſpre⸗ chende Zahl von Kahlwild herbeigelockt hat. Dann ſchreit der Platzhirſch in der Regel nicht mehr, nr er läſst nur zeitweilig einen dumpfen, kurz abgeſtoßenen Brunftlaut vernehmen. Aus⸗ nahmen dieſer von mir im Tieflande wie in Bergwäldern und im Hochgebirge beobachteten Regel treten nur dann auf, wenn den Platz- hirſch ein ebenbürtiger Gegner zum Kampfe um die Gattenrechte herausfordert oder ihn der ſach— kundig nachgeahmte Ruf des Jägers zur Ant⸗ wort verleitet. Das beſte der zum Nachahmen des Brunft⸗ ſchreies verwendeten Inſtrumente wird aus der Tritonſchnecke, einer im Indiſchen Ocean und an den weſtlichen Küſten Afrikas heimiſchen Muſchel⸗ ſpecies, hergeſtellt, indem man die Spitze des Gehäuſes derart abſägen läſst, daſs ein Mund⸗ ſtück von 25 em Durchmeſſer gebildet wird. Dünnſchalige Muſcheln von beiläufig 22— 23 cm Länge und 10—1 1 em Breite geben den beſten Ton. Der Hirſch und das eingehende Studium der Modulationen ſeines Minne- und Kampf⸗ rufes ſind die beſten Lehrbehelfe für das cor— recte und erfolgreiche Handhaben der Muſchel. 16. Beim Anbirſchen des meldenden Platz⸗ hirſches möge man ſtets des Umſtandes einge— denk bleiben, dass in der Peripherie des Brunft⸗ planes zumeiſt einige Beihirſche einer günſtigen Gelegenheit harren und die äußerſt aufmerk— ſamen Alt- und Schmalthiere die ſchuſsmäßige Annäherung des birſchenden Jägers ſehr wejent- lich erſchweren. Edelhirſch. 117 17. Der birſchende Jäger wird ſichere Er— folge erzielen, wenn er nicht, wie dies ſeitens Unerfahrener geſchieht, bemüht iſt, ein möglichſt weites Terrain zu durcheilen. Vortheilhaft iſt es, ruhig und langſam zu birſchen, zeitweilig einige Minuten ſtehen zu bleiben und das um— liegende Terrain mit freiem Auge und dem Per— ſpectiv ſorgſam zu recognoſcieren. 18. Bevor der Schujs abgegeben wird, ſoll ſich der Jäger den Standort des Wildes genau ins Gedächtnis prägen und nach Abgabe des— ſelben unbeweglich ſtehen bleiben, um aus dem Brechen des Wildes, ſoferne es nicht im Feuer blieb, deſſen Fluchtrichtung kennen zu lernen. Dieſes Verhalten erſpart Mühe und Zeit— aufwand. 19. Iſt das bezielte Wild im Feuer zu— ſammengebrochen, dann trete man ſofort an dasſelbe heran, um entweder durch einen Gnaden— ſchuſs aus unmittelbarer Nähe oder durch den Fang das ſofortige Verenden desſelben herbei— zuführen. Im Falle das Wild aber flüchtig wurde, dann prüfe man ſorgſam den Ausriſs, achte auf die Beſchaffenheit von Abſchuſshaar und Schweiß und verbreche die Fährte, ohne dieſelbe zu vertreten. Die „Schuſszeichen“ ſind unter Anſchuſs und Birſchzeichen eingehend be— ſchrieben. 20. Birſchfahrten können in zweifacher Weiſe ausgeführt werden, u. zw. in einem eigens für dieſen Zweck gebauten offenen Jagdwagen, welcher, mit vertrauten, ſchuſsfeſten Pferden beſpannt, das Anfahren des Wildes ermöglicht, oder mit Bei— hilfe eines Birſchkarrens. Dieſer hat lediglich den Zweck, eine thun— lichſt gedeckte Annäherung des birſchenden Jägers an das Wild untertags zu vermitteln. Die zweck— entſprechendſte Vorrichtung für dieſe Jagdme— thode, welche ich herſtellen ließ und perſönlich erprobte, iſt folgende: Zwiſchen zwei gewöhnlichen größeren Wagen— rädern wird eine Lage gefügter Bretter von 1˙8 m Länge und 1˙3 m Breite als Tragfläche derart an der Achſe befeſtigt, daſs fie zu Zwecken des Auf- und Abladens nach rückwärts herabgebogen werden können. Voran iſt eine Gabeldeichſel derart ange— bracht, daſs der Karren auch kurz gewendet werden kann, und das ſo hergeſtellte Fahrzeug, welches mit einem beliebigen Zugthiere beſpannt werden kann, dient einem doppelten Zwecke. Mit Reiſig oder einigen Heubunden beſtreut, deckt es als Birſchkarren den nebenher ſchreiten— den Jäger, während es, ſobald das Wild erlegt iſt, zur Abfuhr desſelben benützt werden kann. II. Die Treibjagd auf Edelwild. a) Das Antreiben durch einzelne Ge— hilfen, das ſog. Riegeln. Dieſe in Hinblick auf die relativ weſentlich verringerte Beunruhi— gung des Wildes empfehlenswerte Jagdmethode fordert volle Localkundigkeit der Individuen, welche zum Durchgehen der Jagdböden ver— wendet werden, ſowie deren Vertrautheit mit der Eigenart und den Gewohnheiten des zu bejagen— den Wildes. Nachdem die Stände nächſt den Wechſeln in gutem Winde beſetzt ſind oder, falls nur ein Schütze verfügbar iſt, die anderen durch Lappen verſtellt wurden, verfügt ſich der zum Riegeln beorderte Mann in den Jagdboden und trachtet, hie und da ein dürres Aſtchen knickend, das Wild rege zu machen und, ohne es ernſtlich zu beunruhigen, vor die beſetzten Stände zu bringen. b) Das Treiben durch eine entfpre- chende, von Jägern geführte Zahl von Treibern. Die Zahl der zu verwendenden Treiber iſt von der Breite der Triebe abhängig und ſoll derart bemeſſen werden, daſs die in gerader Reihe langſam und gleichmäßig vor— gehenden Männer gegenſeitig Fühlung und Rich— tung halten können. Das Edelwild lässt ſich erfahrungsgemäß ſelbſt durch eine dichte und geordnet vorgehende Treiberkette nur ſelten vorwärts treiben, es trachtet vielmehr, je lauter getrieben wird, zu— rückzubrechen. Die Jägerei hat mit dieſem Mo— ment zu rechnen und die Vertheilung der Stände danach vorzunehmen. Die in der Treiberkette eingetheilten Jäger haben ſtrenge darauf zu achten, daſs kein Treiber — insbeſondere in dichten Beſtänden — auf den Wildwechſeln ein— herſchreite, da das meiſt in toller Flucht zurück— brechende Wild kein Hindernis achtet und eine ſolche Fahrläſſigkeit ſchwere, ja lebensgefährlich Folgen haben kann. Wie jede Art combinierten Jagens über— haupt, fordert insbeſondere das Treibjagen auf Edelwild eine ſorgſame, planmäßige Anord— nung und ſtreng geordnete Ausführung. Die Dispoſitionen werden ſich nur dann erfolgreich erweiſen, wenn ſie mit der Beſchaffenheit des Terrains, der Jahreszeit und Windrichtung wie auch mit der Eigenart des Wildes fachkundig rechnen. Für die Schützen gelten diesfalls folgende Regeln: 1. Der Schütze darf unter keinem Vor— wande ſeinen Stand eigenmächtig verändern und denſelben dann erſt verlaſſen, wenn der Jagd— leiter das diesbezügliche Signal gegeben hat. 2. Derſelbe mufs ſich über die Richtungen, in welchen ſich die benachbarten Stände befinden, genau informieren. 3. Der Schütze darf erſt dann die Büchſe in Anſchlag bringen, wenn das Wild die vom Jagdleiter bezeichneten Schufsrichtungen betreten hat, und es iſt durchaus unſtatthaft, mit der Büchſe im Anſchlage auf das Wild zu zielen, während es die Schützenlinie paſſiert. 4. Unmittelbar nach Beendigung eines Trie— bes hat der Schütze ſeine Büchſe entweder zu verſichern oder zu entladen und dieſelbe dann erſt wieder ſchuſsfertig zu machen, nachdem er ſeinen Stand eingenommen hat. 5. In der Regel darf erſt dann auf aus— brechendes Wild geſchoſſen werden, wenn das Signal für den Beginn des Treibens gegeben iſt. 6. Sobald der Schütze auf Wild geſchoſſen hat, ſoll er nach Beendigung des Treibens den Anſchuſs genau prüfen, weidgerecht verbrechen und dem Jagdleiter hievon Mittheilung machen. In keinem Falle darf er eigenmächtig der Fährte folgen. 7. Ein regungsloſes Verhalten auf dem Stande gebietet nicht nur die Rückſicht für den 118 Edelhirſch. eigenen Anlauf, ſondern auch auf jenen der benach— barten Schützen. Während dem ruhig geradeaus gerichteten Blicke auch ſeitwärts herankommendes Wild nicht entgeht, würde ein unabläſſiges Hin⸗ und Herwenden des Kopfes dasſelbe vorzeitig und meiſt triebeinwärts flüchtig machen. c) Das Treibjagen mit Hunden. In Revieren, deren Lage oder Terrainbeſchaffenheit die Verwendung von Treibern nicht zuläjst, können Wildbodenhunde zum Jagen verwendet werden. Jene kurzläufigen Stämme, welche aus einer Kreuzung ſchwerer Dachshunde mit Bracken her⸗ vorgehen, ſind für dieſe Zwecke unbedingt der Verwendung hochläufiger Hunde vorzuziehen. Auch reingezüchtete Dachshunde können mit beſtem Erfolge Verwendung finden. Hochläufige Bracken verſprengen das Wild und beunruhigen das Revier weitaus nachhaltiger, ohne dem Jagderfolge förderlich zu ſein. Die kurzläufigen Hunde — insbeſondere die Dachshunde — fürchtet das Wild weit weniger, ſtellt ſich den— ſelben wiederholt und kommt nicht allzu flüchtig vor die Schützenſtände. Über das Einjagen der Hunde und deren Führung wird in dem Artikel Wildbodenhunde (ſ. d.) das Wiſſenswerte erörtert werden. d) Das Treibjagen mit Treibern und Hunden. In einem Jagdterrain, deſſen ausgedehnte dichte Schonungen ein erfolgreiches Treiben insbeſondere in der Feiſtzeit oder auch bei Schneeanhang bei ausſchließlicher Verwen— dung von Treibern nicht begünſtigt, wird ſich die folgende nicht allenthalben bekannte Jagd— methode beſtens bewähren. Auf die Gewohnheiten des Edelwildes im allgemeinen und des jagdbaren Feiſthirſches ins- beſondere, im Hinblick auf die Meiſterſchaft namentlich, mit welcher es der letztere verſteht, ruhig im Bette ſitzend, ſich im Treiben über— gehen zu laſſen, ſich durch die Treiberkette zu ſchleichen oder in toller Flucht dieſelbe zu durch— brechen, um dann in kurzer Entfernung wieder ruhig ſtehen zu bleiben, auf die Summe dieſer dem erfahrenen Jäger wohlbekannten Schlau— heiten ſtützt ſich die vorbenannte combinierte Jagdmethode und wird zweckentſprechend in fol— gender Weiſe inſceniert: In entſprechenden Zwiſchenräumen werden in der Treiberfront Jäger eingetheilt, welche je einen gut eingejagten fermen Dachshund am Riemen führen. Sobald nun ein Hirſch die Treiberfront durchbricht, hat der zunächſt ein getheilte Jäger die Obliegenheit, den Hund ſo— fort an die Fährte zu legen und abzuhalſen. Der Hund folgt nun ſcharf halsgebend der warmen Fährte und zwingt den Hirſch, da er ihn unabläſſig beunruhigt, endlich den Trieb zu verlaſſen. Da der Hirſch den Dachshund nicht fürchtet, ſtellt er ſich oft und verſucht es nach mannigfachen Wiedergängen, den tapferen krumm- beinigen Geſellen abzuſchlagen, und wechſelt end- lich meiſt trollend aus dem Jagdboden. Ein ſolches Jagen iſt reich an ſpannenden Momenten und Epiſoden und wird ſich auch allerorts erfolgreich geſtalten. Weidlaute, un- botſame Hunde dürfen indes nicht verwendet werden. e) Das Treibjagen mit theilweiſer oder vollſtändiger Verwendung der Jagdzeuge. Dasſelbe zerfällt in ſolgende Arten: 1. Treibjagen mit Verwendung von Blend- zeug; 2. Treibjagen mit Garnen, lichtem Zeug und 3. Treibjagen mit Blendzeug, lichtem Zeuge und Verwendung von hohen Tüchern — dem dunklen Zeuge. In Hinblick auf die nahezu gleichartige Verwendung der Jagdzeuge bei ſämmtlichem zur hohen Jagd zählenden Haarwilde wird alles diesbezüglich Wiſſenswerte, u. zw.: a) die weidgerechten Maßnahmen der Jä— gerei unter dem Schlagworte „Zeugjagen“ und b) die Beſchreibung und Stellung der Jagdzeuge unter dem Schlagworte „Jagdzeuge“ eingereiht werden. Schließlich erlaube ich mir, nur nochmals auf die Schwierigkeiten hinzuweiſen, welche die Klugheit des Edelwildes dem Bejagen und ins- beſondere dem Treibjagen und ſeiner zielbe⸗ wuſsten Ausführung bereitet. Die fachkundige Rückſichtnahme auf die Eigenart des Wildes und auf die Configuration des Jagdterrains — und nur dieſe — werden günſtige Erfolge ſichern. Fang des Edelwildes. Das Einfangen von Edelwild iſt ein Stück miſslicher und ſchwieriger Weidmanns⸗ arbeit, welches zweckentſprechende Dispoſitionen des Leiters, Geſchicklichkeit und Beſonnenheit der Ausführenden fordert. Der Fang geſchieht in dreifacher Weiſe, u. zw.: 1. in umfriedeten Wildäckern für Zwecke des Zeugjagens (der eingeſtellten Jagen); 2. in fängiſch geſtellten Netzen und 3. in Fangkaſten behufs Transportierung des Wildes in lebendem Zuſtande. 1. Die erſtgenannte Methode findet ihre praf- tiſche Anwendung in jenen umfriedeten größeren Wildgehegen, in welchen man periodiſch Zeug⸗ jagen abzuhalten beabſichtigt. Man wählt hiezu am zweckmäßigſten jenen Theil des Wildparkes — etwa ausbuchtende Winkel —, wo zwei Wände des zum Zeugjagen ſtändig auserſehenen Areals durch die äußere Umfriedung des Wildgeheges geſchloſſen ſind, und grenzt die dritte Wand des thunlichſt ob⸗ longen Terrains mit Zeugen ab. An der Stirn- ſeite dieſes Waldareals legt man Wildäcker an, welche gegen dieſes ſowohl als auch gegen die übrigen Theile des Wildparkes mittelſt Holz— gattern abgegrenzt und mit Thoren nach außen und innen verſehen werden. Die Thore müſſen ſo eingerichtet werden, daſs ſie mittelſt Zug⸗ leine von einem verdeckten Wachhäuschen aus raſch geſchloſſen, bezw. geöffnet werden können. Zweckmäßig werden ſolche Thorflügel mit Roll— vorrichtungen verſehen, welche ein raſches Schließen mit geringem Kraftaufwande be⸗ günſtigen. Der beifolgende Situationsplan veran⸗ ſchaulicht dieſe auch für den Fang des Wildes in lebendem Zuſtande adaptierbare Einrichtung. Zum Artikel „Edelhirſch“ VI. Situationsplan einer dauernden Vorrichtung zum Fange des Edelwildes und zu Beugjiagen. a „55 ere a 0 a N a &- eu, ,. I Say 75 e. 22 n = b 3 = Se. no Zlae: Fr G 9 a 7 4 za ME je PH } B aa 2 2 = = D —.— 2. 5 2. . = =, Ta- ae a aa: — . EN EEE u AN I ee 7 . | — 4 A n = = 5 e SE Q_a f „5% | Be a? e_ „„ WP r Ber a „ 4. Ss Fa ou Tai a a 7 2 r e 2 atga age 2 N EEE = = ee Eau ß en ee ee et — — 2 832 1 au ER ung Erz ae ge EL S 7 — 2 = az ne .. 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Man kirrt das Wild der umliegenden Diſtricte an die Wildäcker, und ſobald ein Rudel durch die an der Stirnſeite angebrachten geöffneten Thore auf die Wildäcker einzieht, werden dieſelben raſch geſchloſſen. Gilt es, das Wild für Zwecke des Zeug— jagens zu fangen, dann werden eben nur die gegenüberliegenden, in das Jagdterrain führen⸗ den Thore geöffnet. Soll aber das Wild zum Transporte in lebendem Zuſtande gefangen werden, dann werden an der Innenſeite ent⸗ weder Netze fängiſch geſtellt oder aber Fang- kaſten eingefügt, welche, voranſtehend sub 2 und 3 angeführt, nachſtehend beſchrieben werden. 2. Fang des Edelwildes in Netzen. Man umſtellt vorerſt einen Revierdiſtrict, in welchem man Edelwild zu fangen gedenkt, mit Zeugen und ſchließt, nachdem man das Wild unter Vermeidung jedweden Lärmes durch eine erleſene Schar von Treibleuten rege gemacht und in den umſtellten Diſtrict gedrängt hat, den Diſtriet raſch und ruhig mit Blendzeug ab. Nun errichtet man mit Rückſicht auf die Configuration des abgeſchloſſenen Diſtrictes die Fanggarne in gerader Richtung (eventuell dop— pelt und entgegengeſetzt). Die Fanggarne müſſen buſenreich geſtellt und die Stellſtangen, welche hier als Fangſtangen zu dienen haben, mit einem nach unten rechtwinkeligen Kerbe ver— ſehen werden, in welchen die Oberleine einge— legt wird. An beiden Enden des Fanggarnes wird ein etwa 80 em langer ſtarker Heftel — Fangblock —, welcher oben einen 10 em tiefen und 3 em weiten Einſchnitt zur Aufnahme der Oberleine hat, angebracht. Nun ſpannt man die Oberleine möglichſt ſtraff an und befeſtigt ſie an den Fangblock in der Weiſe, daſs ſie hinter demſelben einen 10 em langen Knebel bildet, welcher den Zweck hat, die Oberleine ge— gebenenfalls möglichſt raſch nachlaſſen zu können. Nachdem nun bei jedem Fangblock ein Jäger beſtellt iſt, treibt man das Wild gegen das Garn, welches es nun zu forcieren trachtet. Das buſenreich geſtellte Garn thut nun ſeine Schuldigkeit, und ſobald dies der Fall iſt, werden je ſechs Mann beordert, welche die einzelnen Wildſtücke raſch und ruhig in vorher genau angeordneter Weiſe faſſen, die Läufe, wenn nöthig, mit etwa 10 em breiten, ſtarken Leinen⸗ bändern leicht feſſeln und ſofort in den auf Streifwagen verblendet aufgeſtellten Trans— portkaſten bringen (ſ. Wildtransportkaſten). — Nimmt ein jagdbarer Hirſch das Fanggarn an, jo mußs durch die bei den Fangblöcken ſtehenden Jäger die Oberleine ſofort nachgelaſſen werden, da ſie, ſtraff geſpannt, bei dem heftigen An— prall einen Bruch oder eine Verrenkung des Genickes zur Folge haben könnte. Durch den Anprall und das Fangen der zunächſt ins Garn gehenden Wildſtücke wird das Garn natürlich umgeriſſen und von dem nachdrängenden Wilde überfallen und muſs dann, nachdem die Gefan— genen ausgelöst werden, ſofort wieder fängiſch aufgerichtet werden. Dieſer Vorgang wird ruhig und mit beſonnener Ausführung der diesfälligen Dispoſitionen jo lange wiederholt, bis die er— forderliche Zahl des einzufangenden Wildes er- reicht iſt. b Dieſe Fangmethode erfordert fachkundige Voreinleitungen, eine exacte Ausführung und hat bei all dem unvermeidliche Nachtheile im Gefolge, indem, abgeſehen von den Gefahren für das oft bis zur äußerſten Erſchöpfung ge⸗ hetzte Wild, auch ſolche für das hiebei in Verwendung ſtehende Perſonale nicht ausge- ſchloſſen ſind. 3. Die Fangkaſten, bezw. Fanghütten be⸗ ſtehen aus zwei Theilen, u. zw. aus einem feſten durch zwei parallele Lattenwände gebildeten Vorhof (Fig. 261 a), an deſſen Antrittsſtirnſeite die Fallthüre, bezw. ein feſtes, entſprechend be- ſchwertes Rolltuch (e) angebracht iſt. Unmittel⸗ bar an dieſen feſtſtehenden Theil des Fang⸗ apparates, welcher aus unentrindeten Waldlatten mit etwa 10 cm weiten Abſtänden gebildet wird, ſchließt der bewegliche Theil, der Fangkaſten ſelbſt (b), vor oder auf deſſen feſtem Bretterboden das Stellbrettchen (f) angebracht iſt, welches die Fallthüre, bezw. das Rolltuch an der Eintrittſeite in Bewegung ſetzt. Der Vorhof wie der eigent⸗ liche Fangkaſten ſollen eben nur ſo breit ſein, daſs ſich das einziehende Wild wohl vorwärts bewegen, nicht aber wenden kann. Zwiſchen dem Vorhof und dem Fangkaſten, u. zw. an des letzteren Stirnſeite, iſt eine aus leichten Brettern gefügte Verſchalung (d), welche den Kaſten gegen den Vorhof zu abſchließt, ein⸗ zuſchieben und zu befeſtigen, ſobald das Wild gefangen iſt. Die vordere mit einem Netze ab⸗ geſchloſſene Stirnſeite (e) wird, ſobald das Wild im Kaſten interniert iſt, mit einem Rolltuch ge⸗ blendet und derſelbe ſofort auf den Streifwagen verladen. Dieſe ſehr empfehlenswerten Fangvorrich⸗ tungen werden innerhalb der Holzbeſtände an⸗ gebracht. Als Kirrung wird am zweckmäßigſten die Miſtel — Viscum album — verwendet, welche am Netze des Kaſtens befeſtigt werden kann. Als Aſung während des Transportes reiche man ſaftreiches Futter, wie Rüben, Wild⸗ obſt oder Kohl. Die nebenſtehende Skizze dient zur Veranſchaulichung der vorbeſchriebenen, ebenſo einfachen als wirkſamen Fangvorrichtung. I I I ‘ e I I Fig. 261. Grundriſs eines Fangkaſtens für Edelwild. — Zeichenerklärung: a der Vorhof; b der Fangkaſten; e Rolltuch; d Verſchalung zum Abſchluſs des Transport⸗ kaſtens; e Netz nebſt Rolltuch; f Stellbrett. Das weidgerechte Zerwirken des Edel— wildes wird unter dieſem Schlagworte einge⸗ hend erörtert. R. v. D. Edelkaſtanie, ſ. Castanea. Wm. Edelkaſtanienerziehung. Die echte Ka⸗ ſtanie hat ihre eigentliche Heimat bekanntlich im ſüdlicheren Europa, in Südfrankreich, Italien u. ſ. w., kommt aber auch in verſchiedenen Theilen des öſterreichiſchen Kaiſerſtaates und im ſüdweſtlichen Deutſchland, beſonders auch in Elſaſs-Lothringen vor. In dieſen letzteren Ge⸗ Edelkaſtanienſchädlinge. — Edelvogel. 121 genden hat ihre Anzucht nur deshalb einige Schwierigkeiten, weil ſie in der Jugend der Froſtgefahr ſehr unterworfen iſt. Deſſenunge— achtet betreibt man ſie ziemlich eifrig, da die Kaſtanie, neben wertvoller Gerbrinde, beſonders reichlich gute und theure Rebpfähle liefert, die ſchon bei 12jährigem Umtrieb ungeſpalten gern benützt und gut bezahlt werden (ſ. a. Castanea). Man legt die Kaſtanienbeſtände beſonders durch Pflanzung an, indem man die Pflänz⸗ linge in Kämpen erzieht, ſeltener durch Saat. Die Anzucht der Pflänzlinge erfolgt, nach Vogelgeſang, ſonſt in Markirch im Elſaſss (Forſtl. Bl. 1877, p. 73), in Saatbeeten. Dieſe werden tief gegraben und mit Compoſt, doch auch wohl mit Stalldünger gut gedüngt, u. zw. im Herbſte vor Ausführung der Frühjahrs— einſaat. Zum Zweck der letzteren werden die Saatbeete, wo nöthig, nochmals gelockert und die Kaſtanien, die von den Waldanwohnern für 20 Mark der Hektoliter (à 15.000 Stück) ange- kauft zu werden pflegen, in 30 em von einander entfernte, 8 em tiefe und breite Furchen in 3 em Dreiecksverband eingelegt und 5 em hoch mit Erde bedeckt. Im günſtigen Falle laufen nach 4—5 Wochen die eingeſäten Kaſtanien auf, und kann man zufrieden ſein, wenn man auf dem Ar, welches mit 1˙5 hl beſät wurde, 5—6000 kräftige, ſchon im erſten Jahre auf 25 cm Höhe heranwachſende Pflanzen erzogen hatte, was nur der Fall ſein wird, wenn die Saatbeeten mit Jäten, Hacken und, bei Dürre, durch Gießen gepflegt wurden. Die Pflänzlinge bleiben unter ähnlicher Pflege 2—3 Jahre im Kampe und werden dann im Anfange des Mai als Stummelpflanzen mit nur 2—3 Augen ins Freie verpflanzt, wozu man einen engen Ver— band (1˙20 m) wählt, den man höchſtens bei Nachbeſſerungen etwas erweitert (auf 160 m). Die Pflanzkoſten kann man bei 3 Mark Tag- lohn auf 3—4 Mark pro 100 berechnen, wenn die Pflanzlöcher nach Maßgabe der ſtarken Be— wurzelung der Pflänzlinge gehörig tief auf— gegraben und gelockert, auch die Pflanzen mit Sorgfalt in den friſchen Boden eingeſetzt wurden. Die frühe Entwicklung einer ſehr ſtar— ken Pfahlwurzel verbietet das Verpflanzen ſchon 3 Jahre alter Sämlinge ohne vorgängige Ver— ſchulung, die man daher in der Regel vermeidet. Soll die Kaſtanie zur Beſtandserziehung im Freien angeſät werden, ſo geſchieht dies, zur Begegnung des ungünſtigen Graswuchſes, auf 40—50 em breiten, 40 em tief gelockerten Streifen, die in 1˙30—4·60 em Entfernung an- gelegt und in welche die Kaſtanien in Entfer— nungen von 5—10 cm einzeln eingeſteckt und 4—5 em hoch mit Erde bedeckt werden, wo man dann 8—10 hl pro Hektar zu verwenden hat. Die Saaten leiden oft durch Dürre ſehr, nicht minder unter der Beraubung von Wild und von Nagern verſchiedener Art, die alle den ſüßen Kern der Kaſtanie („Keſte“ im Trieri— ſchen) ebenſo lieben wie die Menſchen. Die neuen Kaſtanienanlagen, wenn ſie gut vorwärts gehen ſollen, erfordern durchaus einer Pflege. Dieſe beſteht einmal im Behacken des Bodens der ganzen Anlage, ſpäter, im 6- bis Sjährigem Alter derſelben, im Aufäſten der Pflanzen. Die Arbeit iſt aber theuer auszu⸗ führen, da man für das Behacken von 1 ha ca. 100 Mark, für das Aufäſten 60 Mark Koſten annehmen kann, weshalb wohl die eine oder die andere Arbeit, beſonders die letztere, unterbleibt, wo dann der eingetretene Schluss die Lohden in die Höhe drängen und das Be— ſchneiden erſetzen muſs. Aus dem Vorſtehenden ergibt ſich, daſs die Anlage der Kaſtanienwälder ziemlich gärt— nermäßig zu erfolgen hat, dass ſie aber darin nicht gar zu weit hinter einer ſorgſamen An⸗ lage von Eichenſchälwäldern zurückbleibt. Unter günſtigen Verhältniſſen, wie ſie z. B. die Vor— berge Elſaſs-Lothringens darbieten, übertreffen aber die Reinerträge des Kaſtanienſchlagholzes die der Eichenſchälwälder nicht ſelten in einer Weiſe, daſs es ſich wohl empfiehlt, ihrer Anlage den Vorzug vor der der letzteren einzu— räumen. Gt. Edelkaſtanienſchädlinge. Unter den Wild- arten: das Reh; ſchadet durch Verbiſs; der Haſe, durch Verbiſs und Schälen; das Schwarz— wild, durch Aufzehren der Früchte. Unter den kleineren Säugethieren ſind es die Nager, welche ſchädlich werden: das Eichhörnchen und die Schlafmäuſe (Haſelmäuſe), durch Verzehren der Samen und Anplätzen der Rinde; Mäuſe und Wühlmäuſe durch Benagen der Rinde jüngerer Stämmchen und zum Theil der Wurzeln. Von den Inſecten kommen in Betracht: Maikäfer (Blattfraß) und ihre Engerlinge (Wurzel— fraß); Anobien, Platypus cylindrus, Lye— tus canaliculatus, Ptilinus peetinicornis, Cerambyx Scopoli, ſämmtlich Holzzerſtörer; Callidium sanguineum (unter Rinde und im Holze), Dryocoetes villosus (unter Rinde Quergänge fertigend). Unter den Schmetterlin— gen ſind zu nennen: Dassychira pudibunda und Acronycta aceris (Blattfraß), Cossus ligniperda und Zeuzera aesculi (im Holz und Markkörper freſſend), Carpocapsa Reaumu— rana Hd. und Myelois (Ilithyia) ceratoniae Zell. (als Raupen in den Samen lebend). Hſchl. Edelknabe, der, locale Bezeichnung für den geringen oder angehend jagdbaren Roth— hirſch, dann ſpeciell für den Gabler. „Wenn der Hirſch zum andern oder dritten mahl aufgeſetzet, wird er ein Edelknab genannt.“ Pärſon, Hirſchger. Jäger, 1734, fol. 80. — „Gabeler (einiger Orten wird der Gabeler auch ein Edel— knabe genennt).“ C. v. Heppe, Aufr. Lehr— prinz, p. 71. — „Edelknab, jo nennen einige den Hirſch von 8. Endten, weil dieſer zum näch— ſten hin hat, jagdbar und ein Edler Hirſch benennt zu werden.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 98. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 131. — Sanders, Wb. I., p. 947 c. E. v. D. Edelkrebs, ſ. Fluſskrebs. Hcke. Edelmaräne, ſ. Maräne. Hcke. Edeltannenerziehung, ſ. Weißtannener ziehung. Gt. Edelvogel, der, veraltete Bezeichnung für das Auerhuhn und den Trappen. „Edelvogel heißt im Walde das Auerhuhn, im Felde der Trappe.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 44. Hartig, Lexik., p. 134. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Edelwild, das. I. wm. Sammelname für den Edelhirſch (ſ. d.). II. ſ. v. w. edles Wild, alſo Sammelname für alle eſsbaren Gattungen; ſelten. „Weil man auf dieſe Weiſe nicht nur alles Edelwild— pret, ſondern auch alle flüchtige Raubthiere jaget .. .“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wild⸗ bahnen, 1779, p. 196. E. v. D. Edentata Cuv. — Bruta L., Zahnloſe, Zahnarme. Ordnung der indeciduaten Säuge⸗ thiere (ſ. Thierſyſtem). Knr. Edictalien oder Edictalladungen nennt man die gerichtlichen Ladungen, Zuſtellungen oder Aufforderungen zur Geltendmachung etwaiger Anſprüche, wenn dieſelben den Be— theiligten nicht unmittelbar zugehen, ſondern öffentlich, d.h. durch Anſchlag an der Gerichts— tafel oder durch Bekanntmachung in den Zei— tungen erfolgen. Die Bezeichnung entſtammt dem römiſchen Civilproceſſe, in welchem die Ladungen der Magiſtrate an die Parteien Edicte genannt wurden. Die deutſche Civilproceſsordnung vom 30. Januar 1877 läſst Edictalladungen zu im Civilproceſſe gegen abweſende Parteien und im Aufgebot3- (Edictal-) Verfahren. Die öffentliche Zuſtellung an eine Partei, deren Aufenthalt unbekannt iſt, erfolgt auf An- trag der Gegenpartei durch das Gericht mittelſt Anheftung einer beglaubigten Abſchrift des zu— zuſtellenden Schriftſtückes an die Gerichtstafel. Enthält das Schriftſtück eine Ladung, ſo iſt außerdem die zweimalige Einrückung eines Aus- zuges des Schriftſtückes in dasjenige Blatt, das für den Sitz des Proceſsgerichtes zur Ver— öffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen beſtimmt iſt, ſowie die einmalige Einrückung des- ſelben in den Deutſchen Reichsanzeiger erforder— lich. Das eine Ladung enthaltende Schriftſtück gilt als an dem Tage zugeſtellt, an welchem ſeit der letzten Einrückung des Auszuges in die öffent— lichen Blätter ein Monat verſtrichen iſt, ſofern nicht das Gericht ſchon bei Genehmigung der öffentlichen Zuſtellung eine längere Friſt für er— forderlich erklärte. Enthält das Schriftſtück keine Ladung, ſo iſt dasſelbe als zugeſtellt anzuſehen, wenn ſeit der Anheftung des Schriftſtückes an die Gerichtstafel zwei Wochen verſtrichen ſind. Das Aufgebots verfahren (SS 823 bis 850) iſt die öffentliche gerichtliche Aufforderung zur Anmeldung von Anſprüchen oder Rechten, mit der Wirkung, daſs die Unterlaſſung der Anmeldung einen Rechtsnachtheil zur Folge hat. Dasſelbe findet nur in den durch das Geſetz beſtimmten Fällen durch das nach dem Geſetze zuſtändige Gericht auf Antrag der Betheiligten ſtatt. Die öffentliche Bekanntmachung des Auf— gebotes erfolgt durch Anheftung an die Gerichts- tafel und durch Einrückung in den Deutſchen Reichsanzeiger, außerdem aber, ſofern nicht das Geſetz für den betreffenden Fall eine abwei— chende W getroffen hat, nach den Vor ſchriften für die Ladung Abweſender. Der Auf⸗ gebotstermin muſs vom Tage der erſten Ein⸗ rückung an mindeſtens ſechs Wochen umfaſſen. Nach Ablauf des Aufgebotstermines iſt das Ausſchluſsurtheil in öffentlicher Sitzung auf An⸗ Edelwild. — Ehealpen. trag zu erlaſſen, gegen welches kein Rechtsmittel, wohl aber in beſtimmten Fällen eine Anfech⸗ tungsklage zuläſſig iſt, welche aber in jedem Falle binnen zehn Jahren nach Verkündung des Ausſchluſsurtheils geſtellt werden mujS. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung (Amortiſation) abhanden ge⸗ kommener oder vernichteter Wertpapiere, Wechjel und der in den Art. 301 und 302 des Handels⸗ geſetzbuches bezeichneten Urkunden ſind noch be= ſondere Beſtimmungen erlaſſen. Nach der Reichsſtrafproceſsordnung vom 1. Februar 1877 gilt ein Beſchuldigter als abweſend, wenn ſein Aufenthalt unbekannt iſt, oder wenn er ſich im Auslande aufhält und ſeine Geſtellung vor das zuſtändige Gericht nicht ausführbar oder angemeſſen erſcheint. Gegen einen Abweſenden kann eine Hauptverhandlung nur dann ſtattfinden, wenn die den Gegenſtand der Unterſuchung bildende That nur mit Geld⸗ ſtrafe oder Einziehung, allein oder beide in Verbindung mit einander, bedroht iſt. Die Ladung erfolgt hier durch Anheftung einer beglaubigten Abſchrift derſelben an die Gerichtstafel bis zum Tage der Hauptverhandlung und durch dreimalige Einrückung eines Auszuges in das Amtsblatt und, nach dem Ermeſſen des Gerichtes, auch in ein anderes Blatt. At. Edle Metalle ſind ſolche, welche ſich an der Luft nicht oxydieren, es gehören zu den⸗ ſelben Silber, Queckſilber, Gold, Platin. v. Gn. Edles Blut nennt man durch Harmonie der Körperformen und ausgezeichnete Nutzlei⸗ ſtungen vor anderen Individuen gleicher Art beſonders hervorragende Thiertypen der Haus⸗ thiere. Kur. Efa (Echis carinata), Giftſchlangenſpecies der Vipern. Kur. Effodientia Nliger, Familie der zahn⸗ armen Säugethiere. Kur. Egelſeuche, ſ. Distoma. Kur. Egerer Chriſtof, geboren 18. Februar 1781 in Frankfurt a. M., geſtorben 19. De⸗ cember 1815 in Aſchaffenburg, abſolvierte forſt— theoretiſche und cameraliſtiſche Studien, wurde 1807 Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft, ſpäter auch der Jagdkunde an der Forſtſchule zu Aſchaffenburg, wo er, ſeit 1812 mit dem Titel „Forſtrath“, bis zu ſeinem Tode wirkte. Seine „Encyklopädie der Forſtwiſſenſchaft“, 2 Theile, 1812 und 1813, charakteriſiert ihn als logiſchen Syſtematiker und gebildeten Staats- wirt, zeigt jedoch einen Mangel an praktiſchen Kenntniſſen der Wirtſchaft. Ein weiteres Werk Egerers, „Grundſätze des Forſtrechts“, wurde 1818 nach ſeinem Tode von Behlen heraus- gegeben. Schw. Egge, ſ. Waldegge. Gt. Eggenſchär, ſ. Wieſenralle. E. v. D. Egli, ſ. Barſch. Hcke Ehealpen ſind ſolche Alpen, bei welchen den Alpsintereſſenten ein Grundeigenthumsrecht erb- rechtlich in beſchränkter oder unbeſchränkter Weiſe gebürt, reſp. eine Theilung des Grund und Bodens auf den Alpen zwiſchen dem Landes⸗ herrn und den Alpsintereſſenten beſteht, u. zw. ſolche mit dem Eigenthumsrechte der Alpsinter- eſſenten auf die Alpsblößen ohne Schwendrecht 8 Pr a TE er A r T are 1 4 „ Eherecht. — Eiablage. (d. h. ohne das Recht, auf einer gewiſſen Fläche allen Holzwuchs zu verhindern) und ſolche, bei welchen die Verleihung dieſes Schwendrechtes urkundenmäßig oder ſonſt erwieſen vorliegt. Bei dieſen beiden Kategorien von Alpen ſteht den Alpsbeſitzern übrigens in der Regel ein Hol— zungs⸗ und Weiderecht in den dem Landesfürſten vorbehaltenen Alpswaldungen zu (ſ. Alpen). Mcht. Eherecht, ſ. Familienrecht. At. Ehrenpreis, ſ. Veronica. em Ehrenrechte, bürgerliche (Oſterreich), bilden die Vorausſetzung für die Bekleidung eines öffentlichen Amtes und gewiſſe Rechte. Das maßgebende Geſetz datiert vom 15. No- vember 1867, R. G. Bl. Nr. 131. Dasſelbe hebt den bis dahin mit ſtrafgerichtlicher Aburtheilung verbundenen Verluſt oder die Beſchränkung der bürgerlichen Handlungsfähigkeit auf und nor— miert, daſs der Verluſt des Adels, der Orden und Ehrenzeichen, Titel, akademiſcher Grade, öffentlicher (Staats- oder Selbſtverwaltungs—) Amter, Advocatur, Notariat, Penſionen u. ſ. w., nur mehr bei Ver urtheilungen wegen Verbrechens oder Übertretung des Diebſtahls, der Verun— treuung, Theilnehmung an denſelben und des Be- truges eintreten könne. Bei den eigentlichen poli— tiſchen Verbrechen, dann Aufſtand und Aufruhr, öffentlicher Gewaltthätigkeit gegen Amtsperſonen aus politiſchen Motiven, bei gewiſſen Fällen der öffentlichen Gewaltthätigkeit und ſchweren körper— lichen Beſchädigung, Zweikampf, Vorſchubleiſtung und Verhehlung bei Verbrechen u. ſ. w. hören die Straffolgen mit dem Ende der Strafe auf. Dieſelben, zu welchen auch der Verluſt des (activen und paſſiven) Wahlrechtes gehört, dauern bei anderen Verbrechen 10 Jahre nach der Strafe, wenn der Schuldige zu mindeſtens fünfjähriger Strafe verurtheilt wurde, außerdem fünf Jahre nach der Strafe; bei Übertretungen des Diebſtahls, der Veruntreuung, Theilnehmung daran und des Betruges drei Jahre nach dem Ende der Strafe. Mcht. Ehrenrechte, bürgerliche (Deutſchland), können nach 8 32 des deutſchen Reichsſtrafgeſetzes vom 15. Februar 1871 neben der Todes-, Zucht— haus⸗ und Gefängnisſtrafe aberkannt werden, neben der Geſängnisſtrafe aber nur dann, wenn die Dauer der erkannten Strafe drei Monate erreicht und entweder das Geſetz den Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläſst oder die Gefängnisſtrafe wegen Annahme mil— dernder Umſtände an Stelle von Zuchthaus— ſtrafe ausgeſprochen wird. Die Dauer dieſes Verluſtes beträgt bei zeitiger Zuchthausſtrafe mindeſtens zwei und höchſtens zehn Jahre, bei Gefängnisſtrafe min— deſtens ein Jahr und höchſtens fünf Jahre. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehren— rechte bewirkt den dauernden Verluſt der aus öffentlichen Wahlen für den Verurtheilten her— vorgegangenen Rechte, ingleichen den dauern— den Verluſt der öffentlichen Amter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen (aljo nicht des Adels). Dieſe Aberkennung bewirkt ferner die Un— fähigkeit, während der im Urtheile beſtimmten Zeit die Landescocarde zu tragen, in das 1 123 deutſche Heer oder die kaiſerliche Marine ein— zutreten, öffentliche Amter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen, in öffentlichen Angelegenheiten zu ſtimmen, zu wählen oder gewählt zu werden, oder andere politiſche Rechte auszuüben, Zeuge bei Aufnahme von Urkunden zu ſein, Vormund, Nebenvormund, Curator, gerichtlicher Beiſtand oder Mitglied eines Fami⸗ lienrathes zu ſein, es ſei denn daſs es ſich um Verwandte abſteigender Linie handle und die obervormundſchaftliche Behörde oder der Fami— lienrath die Genehmigung ertheile. Die Verurtheilung zur Zuchthausſtrafe hat die dauernde Unfähigkeit zum Dienſte in dem deutſchen Heere und der kaiſerlichen Marine ſowie die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter (die Advocatur, Anwaltſchaft, das Notariat ſowie den Geſchwornen- und Schöf— fendienſt inbegriffen) von rechtswegen zur Folge. Neben einer Gefängnisſtrafe, mit welcher die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte über— haupt hätte verbunden werden können, kann auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt worden. Die Aberkennung der Fähig— keit zur Bekleidung öffentlicher Amter hat den dauernden Verluſt der bekleideten Amter von rechtswegen zur Folge. At. Ehrenwerth, Ignaz Johann, geboren 1. Auguſt 1740 in Weiſchowitz (Mähren), ge⸗ ſtorben 25. November 1834 in Prag (?), machte ſeine forſtlichen Studien bei Zanthier zu Ilſen— burg (am Harz) und diente ſeit 1761 als Forſt— amtsſchreiber, ſpäter auch als Revierverwalter zu Göding (Mähren). 1771 trat Ehrenwerth als Oberjäger in die Dienſte des Grafen von Rottenhahn zu Rothenhaus (Nordweſtböhmen), wurde 1772 Forſtmeiſter, 1773 Kreisforſtexa— minator und 1791 Cameralforſtmeiſter im Staatsdienſt, dem er bis 1827 angehörte. Ehrenwerth führte nicht nur zuerſt die regelmäßige Schlageintheilung in Böhmen (Rothenhaus) ein, ſondern gründete 1773 auch die erſte Forſtſchule in Oſterreich im Schloſs zu Platten auf den Beſitzungen Rothenhaus unter der Gönnerſchaft ſeines Dienſtherrn. Dieſes Inſtitut, welches Ehrenwerth bis 1791 leitete, erlangte große Berühmtheit und wurde nicht nur von Inländern, ſondern auch von Ausländern beſucht. Kaiſer Joſef II. erkannte das verdienſtvolle Wirken des Leiters bei Ge— legenheit eines Beſuches durch ein Ehrengeſchenk von 100 Ducaten an. Schw. Ei (der Wirbelthiere), ſ. Zeugung. Lbr. Ei (der Inſecten), ſ. Inſeeten. Hſchl. Eiablage. Dieſe findet vielfach in der Weiſe ſtatt, daſs das Weibchen im Intereſſe der Nach kommenſchaft in einfacherer oder complicierterer Weiſe vorkehrend eingreift. Jenen Fällen, in denen die Entwicklung der Eier im erweiterten unterſten Abſchnitt des weiblichen Eileiters vor ſich geht (ſ. Viviparität), kommt die ſelbſtthätige Mitwirkung des Weibchens bei der Eierablage am nächſten dort, wo die Eier irgendwo am mütterlichen Körper befeſtigt werden (ſ. Brut— pflege) und bis zu ihrem Ausſchlüpfen herum getragen werden. Andere Weibchen legen die Eier auf oder in Pflanzen, von denen die aus 124 friechenden Larven leben, oder ſtechen (wie die Gallweſpen und Gallmücken) Pflanzentheile an und erzeugen ſo Gallen, in welchen die Larven leben, oder ſtechen (wie die Schlupfweſpen) Thiere an und führen in dieſe Wunden die Eier oder legen die Eier in die von anderen Inſecten für deren Junge aufgehäuften Vorräthe ab oder bringen (wie die Grabweſpen) zu den in die Bruträume abgelegten Eiern eine nicht getödtete, ſondern durch einen Stich bloß ge— lähmte Inſectenlarve. Wieder andere Weibchen errichten (wie die Vögel, einige Lurche, Fiſche, die Bienen, Weſpen, Hummeln, Ameiſen u. ſ. w.) eigene, mehr oder weniger complicierte Neſt— baue. Bei zahlreichen Arten werden die Eier von dem Secrete eigener Drüſen der Eileiter oder der äußeren Haut umhüllt (hieher die vielfach verſchiedenen Cocons, Gallerthüllen, Kapſeln von Inſecten, Schnecken, Krebsthieren U. ſ. w.). Bei vielen anderen Thieren wieder begnügen ſich die Weibchen, einen hinſichtlich ſeiner Lage, Temperatur, Feuchtigkeitsverhält— niſſe u. ſ. w. am beſten geeigneten Ort zur Ab— gabe der Eier aufzuſuchen, zu welchem Zwecke ſie oft weite Wanderungen unternehmen müſſen (jo beim Laichen der Fiſche, Lurche, vieler nie— derer Thiere). Kur. Eibe, Eiben baum, ſ. Taxus. Wm. Eibencypreſſe, ſ. Taxodium. Wm. Eibenſchädlinge. Als ſolche ſind in erſter Reihe das Roth- und Rehwild zu nennen (Verbiſs): und an anbrüchigen Stammſtellen Anobien. Ferner beherbergt die Eibe eine Gallen— mücke, Cecidomyia taxi, deren Larve in Nadelblätterſchöpfen der Zweigſpitzen lebt und auch ihre Verwandlung daſelbſt beſteht. Hſchl. Eichbuſcheule, W Name für Taenio— campa cruda W. V. (ſ. d). Hſchl. Eiche, 1. Quercus. Wm. Eichel, ſ. Zeugung. Lbr. Eichelbohrer (großer, Keen deutſcher Name für Balaninus (ſ. d.) elephas Schönh. und B. turbatus Schönh. Hſchl. Eichelcacao. Dieſes Product, das ſeit kurzem beſonders als Nahrungsmittel für Kinder in den Handel kommt, beſteht aus Cacao, ge— röſtetem Weizenmehl und Eichelextract. Nach Tſchirch (Tageblatt der 39. Naturforſcher— verſammlung in Berlin 1886, p. 422) mujs ein derartiges Präparat, um den kliniſchen An- forderungen zu entſprechen, unaufgeſchloſſenen, reinen, ſchalenfreien Cacao, der genügend ent— fettet wurde, Eichelextract in einer einem Pro— centſatze von etwa 2% Gerbſäure entſprechen— den Menge und gutes geröſtetes Weizenmehl, einem urſprünglichen Procentſatze von etwa 53% Stärke entſprechend, enthalten und in ein ſtaubfreies, ſo gleichmäßiges Pulver verwandelt ſein, das mit bloßem Auge keine einzelnen Körner mehr erkannt werden können. v. Ir. Eichelheher, der, Garrulus glanda- rius Linné. — Lanius glandarius Nilsson. — Glandarius pictus Koch. — Glandarius germanicus Chr. L. Brehm. — Glandarius sep- tentrionalis. — Glandarius robustus. — Glan- darius taeniurus. — Glandarius leucocephalus. — Corvus glandarius Linne. — Garrulus Kry- Eibe. — Eichelheher. nickii Kaleniczenko, G. melanocephalus Gens, G. hyrcanus Blandford. Ahd., mhd. u. nhd. „Atacus. Gloss. Salisburg. a. d. X. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 2732. — „Orix. hehera.“ Weiße⸗ nauer Gloſſ. a. d. X. Jahrh. — „Orix. heher.“ Zwettler Hs., no. 293 a. d. XI. Jahrh. — „Or- nix. he ra.“ Frankf. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Attacus. hehera.* Engelsbg. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — Prag. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — Admonter Hs., no. 269 a. d. XI. Jahrh. — „Orix uel cariola. heher.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. Vindob., no. 896. — „Nuci- fraga, nuzpreche.“ Id. a. 8% XE Jahrh, no. 2490. — „Garrulus haist ain heher.* C. v. Megenberg, Buch der Natur, Cod. ms. Vindob., no. 2669, 2797 und 2812 a. d. XIV. Jahrh. — „Garrulus ein Höher... den man auch gemeiniglich Markolffus nennt.“ Ruff, Thierbuch, Frankfurt 1544. — (Welche dieſer Stellen auſ Garrulus glandarius, welche auf Nuecifraga caryocatactes zu beziehen find, muss dahingeſtellt bleiben.) — „Sitta vom griechiſchen rem ein Nuſſer Nujshader | Nuſshäer Nujshäger | Megapol. Nöte byter.. die Märcker nennen dieſen Vogel Holtzſcherren.. 2 J. Colerus, Oeconomia ruralis, Maintz 1645, fol. 626b. — „Der Häger oder Marcolif.. Aitinger, Vollſtändiges Jag⸗ vnnd Weydbüch⸗ lein, Caſſel 1653, p. 302. — „Häger, Häher, Heger, Heyer, Holzſchere, 1 Nujshader und auch Markolf ...“ Chr. W v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 155. „Der Nufs⸗ häher, Nuſshäger, Nuſsbiker, Nujs- hacker, Holzſcheere .. .“ Onomat. forest. II., p. 23. — Außerdem Eichelhäher, Waldheher, Heiſter, Holzheiſter, Hatzel, Hägert, Herold, N Marquart, Griengl, Tſchui, Tſchoja, Jäck. Fremdſprachlich: Frz.: le gaie, gay, jay, gayon. jaques, gauterau, vautrot, richard. girard; ital.: ghiardaia, berta, bertina, bare- tino, gazza verte; jardin.: piga, cetti; ſpan.: graja, gayo; portug.: gaio; engl.: the jay; angelſächſ.: higro; gäl.: scriachag -choike; walliſ.: pyogen y coed, ysgrech y coed; holl.: gaay, gaey, vlaamsche gaey, eikelaakster, scharrelaar, markolf, meerkol; dän.: skov- skade, oldenskade; ſchwed.: ällonskrika, korn- skrika; poln.: sojka, sojka pospolita; böhm.: sojka; krain.: soja. soga; froat.: soika, soika krestalica; ruſſ.: korscha, kukscha, ronscha, soja; lett.: silla wahrns; eſthn.: paskraat; ungar.: eser szajk6; tatar.: Urmann kargasse, kukeschle; armen.: khor; gruſin.: tschchikwi. E. v. D. Der Eichelheher iſt eine allgemein bekannte Vogelfigur. In ſeinem äußeren Habitus läſst ſich unſchwer ſeine Verwandtſchaft mit den Raben errathen. Auch in Bezug auf ſeine Ge— fräßigkeit eriunert er an dieſelben; in der übrigen Lebensweiſe dagegen weist er tief ein- ſchneidende Verſchiedenheiten auf. Was ihn von den Raben ganz beſonders unterſcheidet, das iſt ſein kurzer, ſtumpfer, aber doch ſtarker Schnabel, die ſchwachen Füße, die gerundeten, kurzen Flügel und der im Verhältnis lange Schwanz. Das Gefieder iſt nicht ſo feſt, nicht hehara.“ kagno agraw; perj.: balut- F ͤ o U W = — Ip en N a a g 0 1 Eichelheher. 125 jo geſchloſſen anliegend, ſondern vielmehr weich, in einzelnen Partien faſt ſeidenartig. Abwei— chend iſt ebenfalls der Bau des Kehlkopfes und durch die Beweglichkeit, Elaſtieität und Ver⸗ ſchlingung der Stimmbänder vor den Raben ausgezeichnet. Er iſt weder ein Freund der Lüfte noch ein Minierer im Erdboden, ſondern gibt dem ausgeſprochenen Baumleben den Vorzug. Der Eichelheher hat ein weiches, ſtrahliges Gefieder. Der Schnabel iſt derb und ſchwarz, den Kopf ziert eine röthliche, ſchwarzgeſtreifte und lichter untermiſchte, ſehr bewegliche Feder— holle und auf jeder Seite ein ſchwarzer Backen— ſtreifen. Die Kehle iſt licht bis gelblichweiß, der übrige Körper graubräunlich, unterſeits heller, oberſeits bis dunkelröthlichgrau. Die Schwung— federn ſind ſchwarz mit weißer Randeinfaſſung, die großen Flügeldeckfedern ſchön purpurbraun, die kleineren leuchtend blau mit ſchmalen Quer— binden. Der Stoß iſt ſchwarz, an der Wurzel weiß, hie und da blaugrau gefleckt. Die Fänge ſind ſchwach röthlichbraun, das Auge hellblau mit ſchön braunem Stern. Weiße und graue Varietäten kommen vereinzelt vor. Die drei oft als ſelbſtändige Arten abgetrennten Garrulus Krynickii Kaleniezenko, G. melanocephalus Gené und G. hyrcanus Blandford unterſcheiden ſich von G. glandarius L. hauptſächlich nur dadurch, dafs das Schwarz der Schaftſtriche an den Scheitelfedern mehr zuſammenfließt und ſo den Scheitel völlig ſchwarz erſcheinen läſst. In Bezug auf Dimenſionen und die übrige Färbung zeigen ſich bei ihnen keine conjtanten Verſchiedenheiten, ebenſo kommen Übergänge von einem Typus in den anderen vor und ſind ſie daher nach Radde nicht als Arten, ſondern als klimatiſche Varietäten zu betrachten. Männchen und Weibchen des Eichelhehers unterſcheiden ſich nicht weſentlich in der Färbung des Gefieders, in ſehr vielen Fällen auch nicht durch die Größe; nicht ſelten ſogar kommt es vor, daſs die Maße des Weibchens jene des Männchens noch überſteigen. Die jungen Vögel ſind an dem weniger ſchön ausgefärbten Ge— fieder leicht erkenntlich. Für die Größe des Eichelhehers führt Brehm in ſeinem „Thierleben“ folgende Ver— hältniſſe an: Länge 34, Breite 35, Fittichlänge 17 und Schwanzlänge 15 cm. In der folgenden Tabelle ſind noch wei— tere Maße erſichtlich gemacht. Unter „Oſterreich“ ſtehen die Maße von einem Männchen, das nach den Vergleichungen an Exemplaren aus den verſchiedenen Kronländern ziemlich genau das Mittelmaß darſtellt. Die folgenden Größenver— hältniſſe (nach Radde) ſind durch die angefügten Bemerkungen hinreichend erklärt. 2 | | öfter] Se | Lenz Beta-, Kod⸗ ' | reich] 23 toran| nien Tiflis ſhori n a | | h 2 or var. Übergänge von | typ typ melano- Krynickii Kryniekii zu hyreanus var, hyreanus cephalus e 1 FFF Totallänge 370 385/ 340] 330 | 365| 3551 3350 3150 3100 310 315] 305] 295] 290 F 180] 188) 193] 418% | 190| 1860 1830 174 177 165| 168 152) 164/165 5 165] 170 167] 453 | 166 163] 157 148 145] 140 1410 144| 1360 130 Schnabel a. d. Firſtef 30 30 28 28 280 28 30] 27 28] 29 27 27 260 25 see 461 47 44 44 47 45] 43] 40| 42] 421 42 401 39] 36 Verbreitung. Das Verbreitungsgebiet des Eichelhehers umfaſst ganz Europa mit Ausnahme des hohen Nordens. In Schweden und Norwegen wird er noch ziemlich hoch im Norden angetroffen. Man könnte ſagen, er gehe da ſo weit hinauf, als ihm die nöthigen Exi— ſtenzbedingungen geboten werden. Sonſt iſt er über den ganzen Erdtheil zerſtreut, ohne jedoch in einzelnen Gegenden ſich ſcharenweiſe ſehen zu laſſen. Mit ſeinen hier als locale Varie— täten aufgefaſsten Abarten umfaſst ſeine Ver— breitung noch Nord- und Weſtafrika und ganz Mittelaſien. In Europa bewohnt er ziemlich gleichmäßig Thäler, Auen, Vorberge und Berg— wälder, wird aber auch nicht ſelten noch in der ſubalpinen Region angetroffen, jedoch immer mehr vereinzelt. Zwiſchen Laub- und Nadel— wäldern ſcheint er keinen Unterſchied zu machen, ſoferne es ſich nicht um größere Eichenbeſtände handelt, denen er beſonders zur Zeit der Frucht— reife entſchieden den Vorzug gibt. Lebensweiſe und Fortpflanzung. In dem größten Theile ſeines Verbreitungsgebietes —— ——— — qTſ —— iſt der Eichelheher Stand- oder Strichvogel, dehnt jedoch ſeinen Strich auf bedeutende Eut— fernungen aus und beobachtet hierin eine ge— wiſſe Regelmäßigkeit. Bis jetzt iſt dieſem Um— ſtande bei uns leider noch viel zu wenig Aufmerk— ſamkeit geſchenkt worden. Herr Victor Ritter v. Tſchuſt zu Schmidhoffen beobachtete, dass in der Umgebung von Hallein in Salzburg die Eichelheher ſich gegen Ende October allmahlich verlieren und durch nachrückende Heher erſetzt werden, die dann zum Theil überwintern. In Kärnthen habe ich die ganz gleiche Wahrneh mung gemacht. Bei einiger Aufmerkſamkeit iſt es nicht ſchwer, in dem Treiben der einhei— miſchen und in jenem der nachrückenden Vögel gewiſſe Verſchiedenheiten herauszufinden. Auch im Frühjahre läſst ſich das Verſchwinden der überwinterten Exemplare und ein Nachrücken aus ſüdlicheren Gegenden bemerken. Dieſes voll— zieht ſich in der Regel ſchon im März. Mit Ende dieſes Monats hat der Heher faſt immer ſchon ſeinen Sommerſtand eingenommen. Ich glaube nicht, daſs dieſe in kleinerem Maßſtabe 126 Eichelheher. ausgeführten Wanderungen hier vereinzelt da— ſtehen, möchte vielmehr annehmen, daſs in allen nördlicher gelegenen Gebieten ſich eine ſolche vollziehe, bis jetzt aber wegen ihrer ge— ringen Auffälligkeit noch wenig bemerkt wurde. Den Winter hindurch leben die Eichelheher entweder vereinzelt oder in kleinen Trupps, je— doch in einem ſehr loſen Verbande. Jedes ein— zelne Stück ſchält ſich los, wenn es ihm behagt, und ſchlägt ſich wieder zur Geſellſchaft, ſobald es ihm für ſein Fortkommen gedeihlicher er— ſcheint. Sie halten ſich gerne in den Wäldern auf, kommen aber von Zeit zu Zeit wieder in die Auen und Baumgärten, um dieſelben nach Nahrung zu durchſtöbern. Im Walde ſchenken fie beſonders hohlen Bäumen große Aufmerk- ſamkeit, um die von ihren Kameraden, Tannen— hehern und Eichhörnchen, etwa aufgeſpeicherten Vorräthe an Haſeln, Buchnüſſen und Eicheln ausfindig zu machen. Die Ameiſenhaufen werden ebenfalls fleißig abgeſucht. Gerne benützen ſie hiebei die von den Spechten minierten Gänge, um durch dieſe zu dem tiefen Winterlager zu gelangen. Können ſie nebenbei einen kleinen Vogel erhaſchen, jo iſt derſelbe ſtets hochwill— kommen. In dem hart am Waldesrande ſich hinziehenden Dörfchen Weidenburg bemerkte ich einen Heher, der ſtill verſteckt in einer dichten Fichte ſaß, dann plötzlich wie ein Pfeil auf die ſich herumtreibenden Sperlinge ſtieß. Der Ge— wandtheit nach zu ſchließen, muſste der Heher dieſen Fang ſchon öfter prakticiert haben. Ich ſtellte mich auf die Lauer und konnte be— merken, dass er in einer Stunde drei Sper— linge holte und jedesmal wieder ſtill in ſein Verſteck eilte. Bei den im Winter erlegten Hehern fand ich oft Federn, daneben aber auch Reſte von Mäuſen, Sämereien, Beeren, Puppen, kurz alles, was nur ein hungriger Magen zu ertragen vermag. Im erſten Frühjahre iſt dann wieder das Hauptbeſtreben, das Wochenbett der Frau Lampe ausfindig zu machen. Trifft ein Heher den Satz allein, ſo iſt er unrettbar verloren; iſt dagegen die Häſin dabei, ſo ſchlägt ſie ſolche Attaquen nicht ſelten erfolgreich zurück. Kann ein einzelner Heher bei ſolchen Gelegenheiten nichts aus— richten, ſo erhebt er ein wildes Geſchrei, worauf ſofort ein paar Spießgeſellen zur Hilfe herbei— eilen. Mit einer bedeutenden Virtuoſität weiß der Heher auch die Horſte der Eichhörnchen zu öffnen und demſelben die Jungen zu ent— nehmen. Ende März oder anfangs April, wenn die Aufenthaltsverſchiebung bereits ohne alles Aufſehen vollzogen iſt, löſen ſich die kleinen Trupps in Paare auf. Dieſe durchſtöbern dann heimlich ihr Gebiet, um ſich einen paſſenden Niſtplatz zu ſuchen. Sind mehrere Paare in einem kleinen Bezirke, ſo ſetzt es wilde Rau— fereien ab, denn jedes Paar will für ſich allein einen möglichſt großen Rayon behaupten. So unbarmherzig und raubgierig der Heher kleineren Vögeln gegenüber iſt, ſo zärtlich iſt der Spitzbube gegen ſein Weibchen. Da ſitzt er in faſt undurchdringlicher Dickung hart neben dem Weibchen auf einem Aſte, plappert und ſchwätzt allerliebſt, ſträubt die Federholle, wippt mit dem Schwanze, legt ſein Diebsgeſicht zärt- lich auf den Rücken ſeiner Erkorenen u. dgl. m. Sich in Flugſpielen zu producieren, liebt er dagegen nicht, weil er ſich wohl bewuſst iſt, daſs ihm das gefährlich werden könnte. So verſteckt der Heher zu leben liebt, am verſteck— teſten treibt er ſein Spiel zur Zeit der Liebe. Dabei iſt aber das Männchen wieder ein echt egoiſtiſcher Schlaumeier. Wenn es ſich darum handelt, über eine größere Blöße zu fliegen, ſo muſs gewiſs das Weibchen voran, und das Männchen folgt erſt, wenn es vollkommen ſicher zu ſein glaubt. Das Neſt baut der Heher gerne in dicht veräſtelten Bäumen, bald hoch, bald niedrig, am Stamme oder von ihm entfernt in einer Aſtgabel, nur auf gute Deckung und einen un⸗ gehinderten Zu- und Abflug bedacht. Der Bau beginnt entweder Ende April, gewöhnlicher je— doch anfangs Mai. Beide Gatten tragen erſt grobe Reiſer herbei, um daraus die Unterlage zu fertigen. Darauf kommen etwas feinere Reiſer, Würzelchen, Halme u. dgl. Die Arbeit wird ſehr läſſig betrieben, und das Neſt ſelbſt wird auch durchaus kein Kunſtbau. Die 5 bis 9 Eier ſind ſchmutzig gelblichweiß oder weiß— grünlich, mit graubraunen Tüpfelchen überall beſpritzt, am meiſten aber an dem ſtumpfen Ende. Nachſtehend die Maße von zwei Gelegen aus Niederöſterreich aus der Sammlung des Herrn Robert Ritter von Dombrowski: 1886 33/24 34/25 33/25 33/25 34/26 33/25 1887 36/24 35/24 34/24 33/24 35/24 34/24 Millimeter. Um Mitte Mai iſt gewöhnlich das Gelege vollzählig und wird innerhalb ſechzehn Tagen erbrütet. Dieſe Angaben beziehen ſich ſpeciell auf das Gebiet der Alpen. Im Flach- oder Hügellande erwacht der Liebestrieb viel früher, und kann man dementſprechend ſchon Ende März fertige Reiter und bis zum 6. April hin ſchon voll- zählige Gelege finden. In Kärnthen allein dif- feriert die Legezeit zwiſchen dem milden Lavant⸗ thale und dem höher gelegenen rauhen Gail— thale ſchon um volle 14 Tage. Nach dem Ausfallen der Jungen theilen ſich die Alten in das Geſchäft der Atzung. Erſt erhalten dieſelben Würmer, kleine Aſſeln, zarte Larven, Käferchen u. dgl. Auch die Eier anderer Vögel werden nicht ſelten hiezu verwendet. Mit zunehmendem Alter beſteht ein großer Theil der Atzung aus jungen Vögeln. Die Alten plündern das ganze Gebiet rein aus. Das iſt auch eine ſchlimme Zeit für die Junghaſen, Reb- und Haſelhühner, deren letzteren oft die ganzen Gelege geraubt werden. Sind dann endlich die Jungen flügge, dann beginnen die Diebereien im größten Maßſtabe. Die erſten Fangübungen machen die Jungen an Käfern und Heuſchrecken, verſtehen es aber recht bald, einen wehrloſen Waldesſänger zu ſchlagen oder kleine Vögel der zweiten Brut aus dem Neſte zu rauben. Die kleinen Wald- und Feld- mäuſe müſſen ebenfalls fleißig herhalten, jedoch erſt dann, wenn an Vögeln bereits Mangel eingetreten iſt. Eichelheher. 127 Als wahrer Allesfreſſer bequemt er ſich im Sommer im Nothfalle jeder Nahrung an. Die Sommer- und Herbſtnahrung beſteht in Eiern, Vögeln, Junghaſen, Mäuſen, Inſecten und Kerbthieren, Beeren, Früchten, Eicheln, Haſel— und Buchnüſſen. So lange ſie erhältlich iſt, überwiegt die animaliſche Nahrung weitaus die vegetabiliſche. Lenz hielt große Stücke auf den Eichel— heher, weil er in demſelben einen Hauptver- tilger der Kreuzotter erblickte. Ob des Hehers Verdienſt darin ſo hoch anzuſchlagen ſei, möchte ich bezweifelu, es müſste denn der Fall ſein, daſs anderwärts die Heher auf den Fang der Kreuzotter erpichter wären als hier in meinem Gebiete. In dem jog. Hammerfelde, in den Wieſen der Mauthner Alpe und in der Valentin gibt es Kreuzottern in Hülle und Fülle, und ich beobachtete mindeſtens zwanzigmal, daſs Heher hart neben den aufgerollten Kreuzottern nach Heuſchrecken und Grillen jagten, das Reptil aber keines Blickes würdigten. Ganz junge Kreuzottern werden wohl gelegentlich mitge— nommen, aber die Alten bleiben in den aller— meiſten Fällen ungeſchoren. Hierin leiſtet uns in dieſer Gegend der Mäuſebuſſard entſchieden erklecklichere Dienſte. Dieſen habe ich oft mit einer alten Kreuzotter aufſteigen ſehen, einen Heher aber nie, höchſtens in wenigen Fällen mit einem Jungen von Spannenlänge. Sein Verdienſt um die Kreuzottervertilgung iſt da— hier, wo dieſes gefährliche Reptil doch ſehr häufig vorkommt, als ein ſehr geringes zu be— zeichnen. Wenn die jungen Eichelheher am Neſte nicht geſtört werden, ſo verbleiben ſie in dem— ſelben verhältnismäßig lange, ſetzen ſich am Tage auf den Neſtrand und laſſen ſich von den Alten füttern. Erſt wenn die Schwingen recht erſtarkt ſind, unternimmt die Sippſchaft den erſten Ausflug nach dem nächſten Aſte, von dort wieder weiter, immer unter beſtändiger Aufſicht der Alten. Sind die Jungen ermüdet, ſo drücken ſie ſich ins dicke Geäſt, meiſt nahe beiſammen. Die Alten fliegen indeſſen aus, um Atzung herbeizuſchaffen. Abends kehrt die Fa— milie noch einige Zeit hindurch zum Neſte zu— rück; wird ſie jedoch geſtört, ſo erfolgt die Rück— kehr nicht mehr. Auf einſamen Waldblößen, an der nicht beunruhigten Waldlijiere erhalten die Heher ihren erſten Unterricht im Haſchen und Fangen der Nahrung. Heuſchrecken, Grillen, Käfer 2c. bilden die anfänglichen Übungsobjecte. Iſt dieſe Stufe abgethan, dann beginnt das Huſchen und Schlüpfen durch das ſtille Waldesdickicht. Da ſitzt ein kleiner Sänger gedeckt unter dem Laub— dache, aber die Alten haben ihn ſchon erſpäht. Mit pfeilartigem Stoße ſchießt das eine der Alten dahin, ein lauter Nothſchrei erſchallt, und das Vögelein verendet unter einem ſcharfen Schnabelhiebe. Mit einem rätſchend-plappernden Tone werden die Jungen herbeigerufen. Alle ſtürzen ſich auf die kleine Beute, und in der nächſten Secunde iſt ſie in Fetzen geriſſen. So geht es Tag für Tag durch Wald, Vorholz und Gebüſche, alles raubend, was ſie zu be— wältigen vermögen. Die Familie hält ſich loſe! und loſer zuſammen in dem Verhältniſſe, wie die Jungen in der Kunſt des Raubens vor— wärtsſchreiten. Bis gegen den Herbſt hin iſt jeder junge Heher in ſeinem Fache ein Meiſter geworden, jagt nun auf eigene Fauſt, obwohl ſich die Familie nur inſoweit auflöst, dafs ein gewiſſes Gebiet noch von allen zuſammen be— wohnt wird. Nur in den Mittagsſtunden macht der Heher eine Ruhepauſe, indem er wohlgedeckt wo aufblockt und wie zur Unterhaltung ratſchende, plappernde Töne hören läſst, die ſich, falls der Burſche gut gelaunt iſt, zu einem völligen Ge— ſchwätze verbinden und oft viertelſtundenlang ausgeſponnen werden, in den mannigfaltigſten Variationen, aber immer ſtill und heimlich, als fürchte er ſich, ſeine Gegenwart zu verrathen. Kommt indeſſen wo ein Waldſänger Räupchen ſuchend einher, dann verhält er ſich plötzlich ſtille. Wie aus Erz gegoſſen ſitzt er auf ſeinem Aſte, mit einem einzigen blitzartigen Rucke ab— ſchnellend, wenn ihm das Vögelein ſtoßgerecht gekommen iſt. Nicht bloß im unbemerkbaren Huſchen und Schlüpfen, auch im Stoßen ent— wickelt der Eichelheher die vollendetſte Meiſter— ſchaft. Dies allein iſt ſchon der ſprechendſte Beweis dafür, daſs er ſich weniger mit der Kerfenjagd als vielmehr mit der Jagd auf Vögel beſchäftigt. Ich habe mich vergebens be— müht, bei dieſem Vogel eine nützliche Seite herauszufinden. Überall, wo er mir begegnete, ertappte ich ihn bei Räubereien, überall fand ich in ſeinem Aufenthaltsgebiete die Vogelneſter geplündert, die Jungen ausgenommen, die Sän— gerwelt decimiert. Trinthammer ſagt vom Eichelheher: „Was treibt dieſer fahrende Ritter, dieſer verſchmitzte Burſche, der ſchmucke Vertreter der Galgen— vögelgeſellſchaft, die ganze Brutzeit hindurch? Von Baum zu Baum, von Buſch zu Buſch ſchweifend, ergattert er die Neſter, ſäuft die Eier aus, verſchlingt die Jungen mit Haut und Haar, haſcht und zerfleiſcht die ausgeflogenen Gelbſchnäbel, welche noch unbeholfen und un— gewitzigt ihn zu nahe kommen laſſen. Der Sperber und die drei Würger unſerer Wälder ſind zwar ebenfalls ſchlimme Geſellen; aber ſie alle zuſammen hauſen noch lange nicht ſo arg unter den Sängern des Waldes als der Heher. Er iſt der ‚Neunmalneuntödter“, der Würger in des Wortes eigentlicher Bedeutung und als ſolcher geſchmückt mit Federbuſch und Achſel bändern. Wo dieſer Strauchmörder überhand— nimmt, iſt an ein Aufkommen der Brut nicht mehr zu denken.“ Das iſt ein hartes Urtheil, aber nach den gemachten Beobachtungen mujs ich es leider unterſchreiben Wort für Wort. Nebenbei iſt der Eichelheher wieder ein vollendeter Tonkünſtler und Spötter. Es iſt bewunderungswürdig, mit welcher Treue er den Geſang verſchiedener Vögel vom zarten Zwitſchern bis zum flötenden Rufe nachzu— ahmen vermag. Das Trommeln der Spechte, das Krächzen der Elſter, der Ruf des Wür— gers, der Schrecklaut der Amſel, das alles macht ihm nicht die mindeſten Schwierigkeiten. Oft ſingt, plappert und ſchwätzt er halbſtundenlang ohne Unterbrechung, eine Strophe an die an 123 Eichelkaffee. dere reihend, bis ſein ganzer zuſammengetra— gener Tonreichthum zu Ende geht. Durch ſein ſanftes Geplapper weiß er die Vogelwelt über ſeine Gefährlichkeit hinwegzutäuſchen, durch die Schrecklaute der Amſel die gedrückt und ver— ſteckt ſitzenden Vögelein herauszuſcheuchen. Der Heher erlernt die verſchiedenartigſten Vogel— ſtimmen nicht aus reiner Privatunterhaltung, die meiſten ſind dem ſchlauen Burſchen nur ein Mittel, um damit ſeine Zwecke zu er— reichen. Ein Glück mujs man es nennen, daſs dieſer geriebene Gauner ſelbſt auch eine große Zahl von Feinden hat, die ihm emſig nachſtellen. Deſſen iſt er ſich aber auch wohl bewuſst, bleibt am liebſten in grüner Dickung, in geſchloſſenem Walde, weil er das für ſeine Sicherheit unbedingt am beſten weiß. Soll eine größere Waldblöße oder eine Waldwieſe überflogen werden, da wird erſt ſorgfältig alles abgekundſchaftet, dann erſt getraut ſich der keckeſte Vogel den Flug zu unternehmen. Ihm folgt dann ein zweiter, ein dritter u. ſ. f., jeder einzeln, nie mehrere zu⸗ gleich. Eine etwaige Gefahr wird raſch aviſiert, und in der nächſten Secunde iſt kein Heher mehr zu erſpähen. Alle ſind wie in die Erde verſunken. Am Neſte ſind dem Heher ganz beſonders der Baummarder und das Eichhörnchen gefähr— lich, die mit großer Vorliebe die Eier aus— trinken oder die fetten Jungen für ſich oder ihre Deſcendenz kapern. Auf den Schlafbäumen werden zur Nachtzeit auch alte Heher eine Beute des Baummarders. Unter den be— ſchwingten Räubern iſt es beſonders der Ha— bicht, der es auf den Heher abgeſehen hat und nicht ſelten ſtundenlang an einem Punkte lauert, wo er weiß, daſßs Heher gerne einfallen. Bei einem ſtark von den Hehern beflogenen Mais— felde ſah ich einen Habicht, der im Laufe eines Nachmittags drei dieſer Vögel ſchlug. Zur Nachtzeit hält auch der Uhu ſcharfe Streifung und holt manchen Heher aus ſeinem Schlaf— verſtecke. Der Wanderfalke weiß dem Heher eben— falls ganz prächtig beizukommen und raſch mit ihm fertig zu werden. Alte Sperber unter- nehmen es wohl auch, auf Heher zu ſtoßen, aber da entſpinnt ſich immer ein langer grim— miger Kampf, der nicht jedesmal zu gunſten des Sperbers endet. Im Herbſt und Winter, wenn der Heher die Minen an den Ameiſen— haufen beſucht, überraſcht ihn ab und zu ein Schwarz- oder Grünſpecht. Da ſich der Über— raſchte hiebei immer ſehr rabiat anſtellt, ſo machen die Spechte gar kurzen Proceſs und hauen ihm einfach den Schädel ein. Jagd und Fang des Eichelhehers ſind faſt immer eine Sache des Zufalls. Den meiſten Fallen und Schlingen weiß er geſchickt auszu— weichen, und ſonſt iſt er ſo vorſichtig und ſcheu, daſs der Jäger nur unter guter Deckung und mit gutem Winde ihn mit Erfolg anſchleichen kann. Am beſten iſt es, wenn es gelingt, einen Heher nur zu flügeln. Sodann iſt derſelbe bald gefangen — jedoch mit Vorſicht, da er Schna— bel und' Krallen ſehr ausgiebig zu gebrauchen weiß — und gefeſſelt. Zieht man von Zeit zu Zeit an der Schnur oder drückt ihn, ſo erhebt er ein zorniges Zetergeſchrei und ruft damit ſeine Kameraden aus allen Gegenden zuſammen. Iſt der Jäger gut gedeckt, ſo kann er reiche Beute machen, darf ſich aber nicht verleiten laſſen, aus ſeinem Verſtecke hervorzukommen, um ein geſchoſſenes Stück aufzuheben. Mit einem geflügelten Heher habe ich im Herbſte ſchon zwanzig und mehr Stück in einem Nach⸗ mittage erbeutet. Solch geflügelte Vögel verheilen oft ſchnell und können durch mehrere Tage hindurch be= nützt werden. An ſolchen Exemplaren Zäh⸗ mungsverſuche zu machen, iſt eine undankbare, ja meiſt vergebliche Arbeit, da nur ſelten ein alter Heher erträglich zahm wird. Jung dem Neſte entnommen, werden ſie dagegen leicht und ſehr zahm, gewöhnen ſich ans Aus- und Ein⸗ fliegen, ſind ſehr zutraulich und machen dem Pfleger ob ihrer Poſſierlichkeit manche ver⸗ gnügte Stunde, aber auch nicht ſelten bitteren Verdruſs. Ihr Diebsgelüſte und ihre Zerſtö— rungsſucht machen ſich immer und überall geltend. Glänzende Sachen vertragen und ver— ſtecken ſie, an anderen Dingen zauſen und zupfen ſie wieder ſo lange herum, bis etwas bricht oder in Fetzen geht. Mein „Hans“ hatte ſich einmal ſogar das Vergnügen gemacht, in einer unbewachten Stunde ein ganzes Bündel Schriften klein aufzuzupfen und unter hellem Geſchrei im ganzen Zimmer herumzuſtreuen. Das Nachahmungstalent des Hehers geht ſo weit, dass er leicht einzelne Worte ſprechen lernt, ganz beſonders dann, wenn er dieſelben einem Papagei ablauſchen kann. Die aufgefan⸗ genen Worte weiß er nicht ſelten ſo treffend zu verwerten, das man kaum weiß, ob es Zufall oder Abſicht ſei. Ein Gauner indes bleibt er immer, und es erſcheint gerathen, Truhen und Kaſten vor ihm beſtens verſchloſſen zu halten und ihn nie in die Nachbarſchaft anderer Stubenvögel zu bringen. Klr. Eichelkaffee. Der Eichelkaffee gehört neben dem Feigen- und Cichorienkaffee zu den ver⸗ breitetſten Kaffeeſurrogaten. In dieſer Richtung gilt von ihm genau dasſelbe wie von den übrigen. Sie enthalten alle eine ziemlich be— deutende Menge meiſt brenzlicher Extraetivſtoffe, die auf den daraus bereiteten „Kaffee“ dunkel färbend einwirken und demſelben einen bitteren Geſchmack ertheilen, aber den eigentlichen Zweck des Kaffees, als Genuſsmittel anregend zu wirken, nicht erfüllen, da ſie kein Coffein ent⸗ halten. Der Eichelkaffee wird durch Röſten der Eicheln (Glandes s. Semen quereus) enthalten. Von den Eichelfrüchten entfällt ungefähr „ auf die Schalen. Nach v. Bibra enthalten 100 Theile der Eicheln: Stärke e 34˙9 % Unkryſtalliſierbaren Zucker (Eichelzucker) 81 „ Stickſtoffhaltige Subſtanzen u Gerbfäure. : 2.2. SEE 735 Fettes ol ee 3˙8 „ Harz ran De 2˙0 „ Atheriſche Ole. Spuren Gummi Celluloſe, Aſche ꝛc.. ...... 366% APR 3 4 ee d . Beim Röſten verlieren die Eicheln 20 bis 40 % an Gewicht und nehmen am Volum um 5 bis 6 % zu. Die geröſteten Eicheln (Glandus quercus tostae) enthalten außer unzerſetztem Zucker, Gummi und Gerbſäure noch Dextrin, Röſtbitter (Assamar) und brenzliche Ole. Wie aus obigen Angaben über die Zuſammenſetzung der rohen und geröſteten Eicheln hervorgeht, bilden die— ſelben (beſonders die erſteren) eine ganz vor— zügliche (fettbildende) Nahrung, und es iſt ja bekannt, dass Eicheln bei der Schweinemaſt Ver— wendung finden, als Genuſsmittel jedoch (wie es ja der Kaffee in erſter Linie ſein ſoll) können ſie gewiss nicht betrachtet werden. Der Eichelkaffee ſoll, mit Milch und Zucker verſetzt, ein gutes diätetiſches Mittel bei ſkrophuloſen Anlagen ſein. Hiebei dürfte wohl hauptſächlich der hohe Kali- und Phosphorſäuregehalt der Eichelaſche wirkſam ſein, der aus nachſtehenden Analyſen von Eichelaſchen erſichtlich iſt: Analytiker Hofmann Beſtandtheile und Campbell Kleinſchmidt P 62˙8 64'6 FFF 0˙7 0˙5 r 70 6˙9 Magneſia 49 5°6 Eifenoryw .:... 06 14 Phosphorſäure .. 12˙6 17˙0 Kieſelſäuenre 43 1:0 Schwefelſäure 3 27 Eule nn. 2:9 06 Der Eichelkaffee bildet bei richtiger Röſtung ein ſchön hellgelbes Pulver, das in Päckchen in den Handel kommt. Unter dem Mikroſkope iſt er leicht an dem ſtets noch theilweiſe unver— ändertes Stärkmehl (b) und Gerbſtoff führenden großzelligen Gewebe der Keimlappen (a) zu er⸗ kennen (Fig. 262). Fig. 262. Die aus dem ſüdlichen Frankreich (von Quercus ilex) und aus Spanien (von Quereus esculus) ſtammenden Eicheln ſollen nach Perron Eichelkrähe. — Eichenblattgallen. als Diebſtahl erklärt (ſ. Forſtfrevel). 129 einen beſſer ſchmeckenden Kaffee geben als die aus dem nördlichen Frankreich ſtammenden. v. Ir. Eichelkrähe, ſ. Eichelheher. E. v. D. Eichelmaſt, die, Sammelname für die Früchte der Eiche, inſoferne dieſelben als Fraß des Schwarzwildes betrachtet werdenn; vgl. Buch⸗, Brut⸗, Erdmaſt und Maſt. „Eichel⸗ maſt iſt zu verſtehen wo viel Eichen oder Eckern ſeyn.“ Joh. Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, fol. 11. — „Die Maſt iſt auch unter⸗ ſchieden in Anſehung der Eichen und Buchen, weil nicht alles gleich gut mäſtet. Denn Eichel- maſt iſt überhaupt beſſer als Buchmaſt ...“ Onomat. forest. II., p. 787. — „Wo Eichel- oder Buchmaſt vorhanden, ziehen ſich die Schweine aus ihren Ortern, wenn keine Maſt allda vor- handen, auf etliche Meilenweges dahin.“ Kluger Forſt⸗ u. Jagdbeamte, 1774, p. 324. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 99. — R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 124. — Grimm, D. Wb. III., p. 81. — Sanders, Wb. II., p. 249 a. — Frz. la glandée, vive päture, panage. E. v. D. Eicheln (Deutſchland), ſ. Forititraf- recht. At. Eicheln- und Knoppernſammeln l(eigen⸗ mächtiges) [Oſterreich] in fremden Waldungen wurde ſchon durch Hfkzld. vom 23. Juli 1808 Mcht. Eichelpflänzer, ſ. Forſtculturgeräthe sub 6. Gt Eichelſteckbrett, ſ. Abb. bei Eichenerziehung sub 2 a, ſonſt bei Forſteulturgeräthe sub 6. Gt. Eichelzerſtörer: fußloſe Larven, ſ. Balani- nus; 16⸗füßige Räupchen, ſ. Carpocapsa. Hſchl. Eichenbaſtkafer, j. Eichenborkenkäfer. Hſchl. Eichen blattgallen k (ſ. Tafel zu „Eichen⸗ blattgallen“) können rückſichtlich ihrer Erzeuger eingetheilt werden in A. Milbengallen (Aca⸗ rocecidien), Gallenmilbenbildungen; B. Mücken⸗ gallen (Dipterocecidien), durch Cecidomyiden hervorgeruſene Bildungen; und C. Wejpen- gallen, Cynipidengallen (Hymenopterocecidien), von Gallenweſpen erzeugte Blattgallen. A. Die Milbengallen treten ausnahms— los in Form von Erineum-Raſen oder Blattfilzen an der Unterſeite der Blätter auf, u. zw. 1. an Quercus pubescens: Erineum quereinum Pers. als vertiefte, hellbraune, aus ſteifen, wenig verwebten, hellbraunen Haaren beſtehende Filze. 2. Auf den den Mittelmeerländern angehörigen immergrünen Eichen, Quercus Aegilops und Quercus ilex, das Erineum ilicinum Pers., braunrothe, nicht vertiefte Raſen bildend. B. Die Mückengallen gehören der Quer- eus cerris und Quercus ilex an; ſie find fegels, ſcheiben- oder eiförmig; die in der Galle lebende Larve entbehrt eines eigentlichen Kopfes und unterſcheidet ſich dadurch hinlänglich von jenen der Gallweſpen. a) An Quercus cerris L. 1. Galle blattoberſeits, einkammerig, kahl, kegelförmig, unterſeits mit halbkugeligem, be— *) Die bei den Cynipidengallen öfter gebrauchte Bruchform bezieht ſich auf den Längen- und Querdurch r mm bedeutet 3—3°6 mm ; meſſer der Galle. Z. B. hoch oder lang, 2—2˙5 mm dick. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 9 130 Eichenblattgallen. haartem Deckel geſchloſſen. Verwandlung in der Erde. &2. Cecidomyia cerris Kottar. 2. Galle ſcheibenförmig, 4—5 mm Durch⸗ meſſer, hart, faſt holzig; blattoberſeits nur wenig, blattunterſeits 2—3 mm hoch vortre— tend, mit ſpitzem Zähnchen in der Mitte; dicht graugrün filzartig behaart. Larvenkammer ſehr flach. Die Larve verläſst die Galle, indem ſich unterſeits ein kreisrundes Deckelchen von der Galle abhebt. & 2. Ceeidomyia homocera Löw, 3. Galle blattunterſeits, 2mm hoch, eine kreisrunde oder nierenförmige Scheibe von 5 bis 6mm Durchmeſſer darſtellend; dicht, ab⸗ ſtehend, grau oder gelb behaart; der Gallenmitte entſprechend blattoberſeits ein gelblicher Ring— wulſt von 2—2˙5 mm Dusche e Querdurch⸗ ſchnitt der Galle einen kreisförmigen Canal zeigend. Entwicklung in der Galle. Mücke im April. 7 &. Cecidomyia circinans Gir. b) An Quercus ilex. Galle meiſt blatt⸗ unterſeits, eiförmig, liegend, 3—3°5 mm lang, 2mm breit, 25 mm hoch, ziemlich hart, mit kurzem, weißlichgrauem Haarüberzuge; auf der anderen Blattſeite correſpondierend mit der Galle eine flache, mit Schlitz verſehene Vertiefung. Larvenkammer halbkreisförmig. Verwandlung in der Galle. & 2. Cecidomyia Lichtensteini F. Löw. C. Weſpen⸗ (Cynipiden⸗) Gallen: Larven mit, wenn auch eingezogenem, kleinem, aber deutlichem Kopfe. Nachſtehend das Schema zur Beſtimmung der Gallen: 1. Galle dem Blatte nicht aufſitzend. 2. Galle in Form von Anſchwellungen des Blattſtieles oder eines Theiles der Mittel- rippe von Quercus sessiliflora; ein- kammerig; im Gallengewebe zerſtreut meiſt Innengallen von Andricus noduli Hart. eingebettet. Weſpe 5 7 Auguſt; hie⸗ her die agame Form Andricus Sieboldi (ſ. Eichenrindengallen). Vgl. a. Andricus ostreus (9) und Neuroterus saltans (7). Andricus testaceipes Hart. Galle als mit Blättern beſetzte Auf- treibung oder roſettenförmiger Blätter— ſchopf ſich darſtellend. 3. Galle von Haſelnuſsgröße, meiſt zweig— ſpitzenſtändig, ei- oder krugförmig, reich lich behaart, grün, an der Spitze geöffnet, die Mundöffnung mit verkümmerten, die Gallenoberfläche mit zum Theil minder verkümmerten einzelnen Blättern beſetzt. Quercus cerris; 5 2; erſte Hälfte Juni. Andricus eydoniae Gir. 3. Galle end-, jelten ſeitenſtändig, ein Ge⸗ wirre verkrüppelter, auf harter, unregel⸗ mäßiger, behaarter Scheibe aufſitzender Blätter darſtellend. Quercus cerris; Mai. Weſpe 5 2? im Juli. Andricus multiplicatus Gir. 1. Galle dem Blatte aufſitzend, ausnahms⸗ los, auch bei traubigen Anhäufungen die Einzelgalle deutlich erkennen laſſend. 4. Galle hornförmig, im Mittel 10 mm lang und etwa 2 mm dick, einkammerig, * 11 12. 14, S. 13. Gallen an Quercus cerris; Gallen theils der Mittel-, blattunterſeits. Quercus pubescens. Juni. Agam. Weſpe im Freien (?). Dryophanta cornifex Hart. Galle nicht hornförmig, ſondern fugel-, linſen⸗, nieren⸗, ei- oder kurzkegelförmig. . Gallen auf der Mittelrippe, zum Theil auch wohl am Blattſtiele. einzeln bis traubig; im letzteren Falle öfter das Blattparenchym zum Theil oder ganz fehlend. . Gallen kugelig, hirſekorngroß, grün oder roth, abſtehend behaart, ſpäter hart, gelb; oft dicht gedrängt, traubig, an Mittel⸗ und Seitenrippen; dieſe meiſt farnwedel⸗ förmig eingerollt. Weſpen 5 2 Juni. Andricus crispator Tschek. . Galle ausſchließlich aus der Mittelrippe, zum Theil wohl auch aus dem Blattſtiele aus einem Längsriſſe hervorbrechend und mitunter kettenförmig aneinandergereiht; kahl, glatt, grün oder braunroth, ſpindel— förmig, bis 3mm lang und 1˙2 mm breit. Weſpe: April oder darauffolgen den Oe— tober. Agam. Neuroterus saltans Gir. . Gallen auf Quercus sessiliflora, pedun- culata oder pubescens; einzeln. . Gallen kugelig. . Einzeln, ſeitlich der Mittelrippe, blatt⸗ unterſeits, eiförmig bis kugelig, bis 3˙8 mm lang, glatt, unbehaart, grün oder gelb, öfter roth oder violett gefleckt; fallen im Auguſt, September ab. Weſpe im Herbſt. Agam. Andricus ostreus Gir. . Gallen ſtark erbſengroß, ſehr ſaftig (vgl. Nr. 26). Neuroterus (Spathegaster) baccarum L. . Gallen ſpindel-, ei- oder walzenförmig. . Gallen jpindel- oder walzenförmig, auf der Haupt- oder einer der Seitenrippen; u mm (vgl. Nr. 16 u. Nr. 9). Dryophanta verrucosa Schlecht. Gallen eiförmig oder fälschenförmig. Gallen an Quercus sessiliflora. An der Mittelrippe oder dem Blattrand; 1 mm (vgl. Nr. 14). Neuroterus (Spathegaster) albipes Schenk. theils einer Seitenrippe entſpringend, mit Längs⸗ leiſtchen. —5 er > z mm (vgl. Nr. 16). er, marginalis Schlecht. An Quercus pubescens; Gallen hirſe⸗ korngroß, geſtielt, längsriefig, hart, grün, roth, rothbraun, unter Blattein⸗ rollung. Weſpen im Frühjahr. Agam. Andricus urnaeformis Mayr. . Gallen nicht auf oder an der Mittel- rippe (Blattfläche, Rand, Seitenrippen). Gallen jpindel-, ei- oder walzenförmig; Quercus sessiliflora und pedunculata. a ” 14. 14. 15. 15. 16. 16. 13. IM: 18. 18. 19. 19. 20. Eichenblattgallen. Gallen am Seitenrande des Blattes (vgl. auch Nr. 16); länglich- eiförmig, 1 grüngelb, ſpäter gelb, meiſt mit 1 einem Wärzchen. Weſpe 5 ? Mitte Mai. (Zugehörige agame Form: Neuroterus laeviusculus Schenk.) Vgl. Nr. 12. Neuroterus albipes Hart. Gallen auf Seitenrippen entſpringend. Gallen breiter als hoch, nicht gerieft, hanfkorngroß, quer-eiförmig, Baſis ab- geflacht, an das Blatt angedrückt, aber nicht verwachſen; glatt, kahl, mit zer⸗ ſtreuten, flachen Höckerchen; gelblichweiß, ſpäter gelbbräunlich. Weſpe im No⸗ vember; agam. Dryophanta agama Hart. Galle höher als breit oder längsriefig. Galle ſpindelig-walzenförmig, mit etwas kegelförmiger Spitze; gelb⸗ oder blau⸗ grün, theilweiſe röthlich, mit ſaftigen Haaren dicht bedeckt; SIE mm. Weſpe b 7 Mai (dazu die agame Form Dryoph. divisa Hart.). Vgl. auch Nr. 10. Dryophanta verrucosa Schlecht. Galle durch die Blattfläche gewachſen, ziemlich eiförmig, lichtgrün, roth ge— ſtreift, längsriefig, — > mm. Weſpe: April; agam. Vgl. Nr. 13 oben. Andrieus marginalis Schlecht. Gallen fugel-, linſen-, nieren- oder blaſenförmig. Gallen linſen- oder nierenförmig; von 2—6 mm Durchmeſſer. Gallen nierenförmig, oft zu dicht ge— drängten Maſſen vereinigt, öfter wohl auch mehr oval oder kugelförmig, nur an einem Punkte mit dem Blatte befeſtigt; blattunterſeits; Mitteldurchmeſſer 2 mm. Ende September an Quercus sessiliflora, pedunculata und pubescens. Weſpe im folgenden Sommer. Agame Form von Trigonaspis megaptera Pnz. Trigonaspis renum Gir. Gallen flach, linſenförmig. Gallen kreisrund, mm, eine blaſige weißliche Auftreibung der beiden Blatt— epidermen darſtellend; obere und untere Scheibe mit kleiner, kegelförmiger, 1˙3 mm von einander entfernter Nabe. Quercus sessiliflora; Quercus pedunculata. Weſpe 52 Juni. Neuroterus vesicatrix Schlecht. Gallen nicht blaſige, auf beiden Blatt- ſeiten vortretende Auftreibungen dar— ſtellend; faſt ausſchließlich blattunterſeits; nur im Mittelpunkte mit der Blattfläche verwachſen. Gallen mit kleinem erhabenen Nabel in der Mitte. . Galle nur bis 3 mm Durchmeſſer, Rand mehr oder weniger aufgebogen, röthlich— gelb, mit kurzen roſtrothen Sternhaaren 26. 27. 2. Galle . Galle nur 3 mm, . Galle bis 6mm, 5. Gallen bedeutend größer, . Gallen knorpelhart, 134 ſparſam bekleidet. Stieleiche. Weſpen 5 7 im Juni; zugehörige agame Form Neuro- terus fumipennis Hartig. Neuroterus tricolor Hartig. . Galle 4—6 mm Durchmeſſer; mehr oder weniger behaart. 4—6 e 3 mm, blattoberſeits nicht ſichtbar; ſchön roth gefärbt, reichlich weiß ſeidenartig behaart; die obere Seite flach, die untere mehr oder weniger ge— wölbt; einkammerig. Quereus cerris. Weſpe Ende März. Agame Form. Neuroterus lanuginosus Gir. 2. Galle nur 4 mm, flach, ſpärlich behaart, Rand öfters aufgebogen, ausnahmsweiſe auch blattoberſeits; Quercus pedun- culata. Weſpe Monat März; agame Form (dazu die ſexuelle Neuroterus albipes Schk.). Neuroterus laeviusculus Schk. . Gallen ohne erhabenen Nabel, entweder flach gewölbt oder vertieft. in der Mitte turban⸗ artig vertieft, braun, mit hellbraunen, ſeidenglänzenden Haaren, einkammerig. Quercus sessiliflora, pedunculata, pube- scens. Weſpe Februar, März. Agame Form (mit zugehöriger ſexueller Neuro- terus vesicatrix Schl.). Neuroterus numismalis Ol. blattunterſeits, gelb oder roth, mit ziemlich langen braunen Sternhaaren; Unterſeite nächſt dem Rande meiſt weiß gefleckt. Vorkommen wie oben. Weſpe im März; agame Form (zuge— hörige ſexuelle Neuroterus baccarum L.). Neuroterus lenticularis Ol. Vgl. Trigonaspis renum (18); — Dryo- phanta agama (15); — wenn feine von dieſen Arten: . Gallen durch das Blatt gewachſen, oder eine ſehr ſaftige durchſcheinende Beeren— galle. 3. Nur hirſekorngroß, meiſt ſehr zahlreich, traubig, dicht gedrängt und dann oft das ganze Blatt abſorbirend (vgl. 7). Andricus crispator Tschek. mehr oder weniger kugelförmig. ziemlich dünnwan dig mit großer Kammer; oberſeits kahl, unterſeits (an Quercus pubescens beider jeits) kurz und ſchütter behaart; öfter am Blattrande ſitzend, oder 2—3 Gallen mit einander verwachſen. Quercus sessili- flora, pedunculata, pubescens. Weſpe Ende Mai, Juni desſelben Jahres. 5 ? (zugehörige agame Form Andricus col- laris Hıtg.). Andricus curvator Hartg. Gallen ſaftig bis ſehr ſaftreich. An Querceus cerris; an beiden Blatt— ſeiten gleichmäßig vortretend, kugelig, erbſengroß, durchſcheinend, grün, mit 9 * 28. Galle bis 30. 31. 31. Eichenblattgeſpinſte. kurzen veräſtelten Haaren dicht beſetzt; einkammerig. Weſpe im Juni. & 2. Dryocosmus nervosus Gir. An Quercus sessiliflora, pedunculata und pubescens; Galle ſehr ſaftreich. ſtark Erbſengröße, grün, durchſcheinend, unbehaart (nur an Quer- cus pubescens zerſtreut behaart), an der Blattoberſeite (wenn nicht auf der Mittelrippe aufſitzend) als kreisrunde, in der Mitte mit Nabel verſehene Con- vexität vortretend; auch auf Staubblüten⸗ kätzchen vorkommend, dann mehr oder weniger roth gefärbt. Weſpe Mai, Juni desſelben Jahres; & 2 (zugehörige agame Form Neuroterus lentieularis Ol.). Neuroterus baccarum L. Gallen kleiner, höchſtens bis 4°6 mm Durchmeſſer erreichend, mit feinen, ab- ſtehenden, bis 1—2 mm langen Haaren reichlich beſetzt. Quercus sessiliflora. Weſpe 5 5 im Juli (zugehörige agame Form Neuroterus fumipennis Hart.). Neuroterus tricolor Hart. Gallen nicht durch das Blatt gewachſen; aufſitzend; kugelig oder flachkugelig, mit nabelförmigem Querleiſtchen (Nr. 34, Dryophanta disticha). . Gallen an Quercus cerris, 1—6mm Durchmeſſer. Gallen auf dem netzartig feinen Seiten- geäder ſitzend, kugelig, ſtecknadelkopfgroß, rothbraun, mit kurzen kegelförmigen Wärzchen dicht beſetzt. Weſpe (?). Neuroterus minutulus Gir. Gallen 4—6 mm Durchmeſſer, mittelſt kurzen Stielchens auf einer Seitenrippe (blattunterſeits) befeſtigt, hellgrün, mit kurzen, ſehr dichten gefilzten Sternhaaren bedeckt; einkammerig. Weſpe im Juli, Auguſt des nächſten Jahres; agam. Chilaspis nitida Gir. . Gallen an Quercus sessiliflora, pedun- culata, pubescens. Galle 10—20 mm Durchmeſſer, grün-, gelb- oder rothwangig, vollkommen ku— gelig, mit kleinen, verſtreuten, kegelför— migen Höckerchen; blattunterſeits, anfangs ſaftig, nur an einem Punkte verwachſen; einkammerig; an Quercus sessiliflora und pedunculata. Weſpe Ende Winter; agame Form zur ſexuellen Dryophanta Taschenbergi (vgl. auch Nr. 35, Dryo- phanta longiventris). Dryophanta folii Lin.) Gallen kleiner oder doch ohne Höckerchen, höchſtens mit einem ſehr kleinen Nabel an der Spitze, oder unſcheinbaren, flachen zerſtreuten Wärzchen oder licht gebändert. 2. An Quercus pubescens (vgl. auch unter Nr. 34, Dryophanta disticha Hart.), blatt- unterſeits, von Erbſengröße, bräunlich- gelb, glanzlos, kahl, nur an einem Punkte verwachſen, ziemlich hart; einkammerig. Weſpen (2). Dryophanta folii Lin.) 31. Gallen an Quercus sessiliflora oder Quercus pedunculata. 2. An Quercus sessiliflora, blattunterſeits. 33. Galle im Mai, 5—7 mm Durchmeſſer, nur an einem Punkte angewachſen, voll⸗ kommen kugelig, ſaftig, grün, glatt; fällt im Juni ab. Weſpe bis zum Herbſte; agam. Trigonaspis synaspis Hart. 33. Galle bis Emm hoch, Querdurchmeſſer meiſt nur unbedeutend größer; ſehr kurz geſtielt, an einer Seitenrippe ſitzend, oben flach, mit nabelartigem Querleiſtchen, ziemlich hart, kahl, gelblichweiß (Juli, Auguſt), ſpäter braungelb, öfters theil⸗ weiſe roth; zeigt durchſchnitten zwei über einander geſtellte Kammern, deren untere die Larve enthält. Weſpe im Oc⸗ tober, November; agam. Dryophanta disticha Hart. 33. An Quercus pedunculata. 35. Galle unten etwas abgeflacht, kugelig, 7-12 mm, roth, mit ziemlich breiten, um die Galle herumlaufenden gelben Streifen. Weſpe Auguſt bis October; agame Form (zur jeruellen Dryophanta similis Adler). Dryophanta longiventris Hart. 35. Galle kugelig, beiderſeits etwas flach⸗ gedrückt, Durchmeſſerverhältnis zum, nur an einem Punkte mit einer Seiten⸗ oder der Mittelrippe verwachſen, bräun⸗ lichgelb, oft rothwangig, glänzend glatt, nur mit wenigen flachen, dunkleren Wärzchen; einkammerig. Weſpe Ende October; agame Form (dazu die ſexuelle Dryophanta verrucosa Schl.). Dryophanta divisa Hart. Hſchl. Eichenblattgeſpinſte gehören ausſchließlich Schmetterlingsraupen an; die Blattgeſpinſte ſind entweder A. von bedeutendem Umfange und dann von größeren Raupenfamilien be⸗ wohnt, oder ſie beſtehen B. nur aus einer von einer einzigen Raupe bewohnten, aus zuſammen⸗ geſponnenen oder umgeklappten Blättern her⸗ geſtellten Geſpinſtröhre. A. Größere Geſpinſte anfertigend; Spinner: Gastropacha la- nestris L.; Cnethocampa procossionea L.; Das ychira detrita Esp.: Porthesia chry- sorrhoea L. — B. Einzeln oder in kleinen Ge⸗ ſellſchaften in Geſpinſten oder Geſpinſtröhren lebend. 1. Spanner: Cheimatobia bru- mata L.; 2. Wickler: Teras ferrugana W. V.; T. literana L.; Tortrix viridana; T. Löfflin- giana L.; Grapholitha corticana Hb.; Gr. profundana S. V.: Gr. Mitterbacheriana S. V. (in bauchig zuſammengeleimten Eichenblättern); Gr. badiana S. V.; 3. Zünsler: Nephopte- *) Mayr, Dr. Guſt., Die mitteleuropäiſchen Eichengallen, Zweite Hälfte, Wien 1871, p. 35 u. 36, Fig. 48 u. 49, führt Dryophanta seutellaris Ol, = Dryophanta folii Hart,, Schenk, Schlecht. (= Nr. 31 des vor⸗ ſtehenden Schemas) und an Quereus pubescens (= unjerer Nr. 32) Dryophanta folii Lin. auf; faſst aber (Europäiſche Arten der gallenbewohnenden Cynipiden, 1882, p. 36) dieſe beiden Arten als Dryophanta folii Linnè wiederum zuſammen. r a a ryx roborella S. V.; N. similella Zk. (Raupen gejellig); Acrobasis (Phyeis) tumidella Zk.; A. rubrotibiella F. R. (Raupe gejellig); A. con- sociella F. R.; 4. Motten: Psoricoptera gebbosella Zell.; Gelechia triparella Zell.; Gracilaria achimiella Scop. (Raupe unter einem umgebogenen Blattlappen). Hſchl. Eichenblattminierer. 1. Coleopteren: die Rüſſelkäferarten Orchestes quercus L.; O. ilicis Fbr.: O. signifer Crtz. II. Lepido⸗ pteren: die Mottenarten Ineurvaria musca- lella Fbr.; I. Körneriella ZIl. (beide Arten in der Jugend minierend, ſodann als Sackträger überwinternd); Nemophora Swammerdam- mella L. (anfangs minierend, dann am Boden überwinternd); Tischeria complanella L.: do- donaea Stt. (letztere Mine concentriſche Ringe zei- gend); Lithocolletis roboris ZI. (Mine blatt- unterjeits); L. hortella F.; L. amyotella Dup.; L. parisiella Wocke; L. distentella Zell.; L. abra- sella Zell.; L. Cramerella F.; L. Heegeriella Zell. (ſehr kleine Mine am Blattrande); L. tenella Zell.; L. Mannii Zell.; L. quereifoliella Zell. (Mine blattunterſeits); L. messaniella Zell. (Blattunter- ſeite); L. Iautella v. Heyd. (blattunterſeits zwiſchen zwei Rippen); Nepticula atricapitella Hw.; N. ruficapitella Hw.; N. quinquella Hw.; N. sub- bimaculella Hw.; N. basiguttella Hein. Hſchl. Eichenblattweſpen, den Gattungen Selan- dria und Emphytus angehörig, ſind folgende: a) Larven 20füßig: Dineura stilata; Selan- dria pubescens Zadd.; S. lineolata Klg.; S. me- lanocephala Fb. (), albida Klg. (5); S. annu- lipes Klg. b) Larven 22füßig: Emphytus cer- ris Koll.; E. serotinus Klg. In forſtwirtſchaft— licher Hinſicht bedeutungslos. ſchl. Eichenblattwickel, ſ. Attelabus curculio— noides L.; Apoderus und Rhynchites. Hſchl. Eichenblütengallen“ (j. Tafel zu „Eichen⸗ gallen“), Cynipidengallen; ſie können eingetheilt werden in ſolche, welche an den männlichen (Staubblütengallen), und in ſolche, welche an den weiblichen Blüten (Fruchtgallen) vor- kommen. 1. Gallen an männlichen Blüten. 2. Gallen an Quercus cerris. 3. Gallen zu einem faſt maulbeerähnlichen Gebilde von 2—4 em Länge und 1'5 bis 35 em Dicke zuſammengedrängt; Einzel— galle gelbgrün oder roth, wenn ausge— bildet becherförmig mit gelapptem Rande, 10 mm hoch bei 6—8 mm oberem Durch— meſſer; einer Coniferenzapfenſchuppe nicht unähnlich; mehrkammerig. Weſpe 52 Juli, Auguſt. Andricus aestivalis Gir. 3. Gallen ſowohl rückſichtlich Gruppierung als Farbe und Größe den Johannis— beeren ähnlich; Einzelgalle verkehrt birn— förmig, 6—7 mm lang, 5—7 mm dick, anfangs grün, dann roth bis braunroth. Weſpe & ? Ende Juni, Juli. Andricus grossulariae Gir. 2. Gallen nicht an Quercus cerris vor— kommend. a J 4. Gallen zu oft nuſsgroßen, wolligen, ) Vgl. Anmerkung zu „Eichenblattgallen“. Eichenblattminierer. — Eichenblütengallen. Ss Or Or 133 weißen oder braungelben Ballen zu- ſammengehäuft und von den Wollhaaren verdeckt. Einzelgalle hirſekorngroß, braun, hart, einkammerig und ähnlich dem Baumwollſamen, dicht mit langen, viel- fach gedrehten Haaren bedeckt. Quercus sessiliflora, pedunculata, pubescens. Weſpe Ende Mai anfangs Juni; 7 5 (zugehörige agame Form Andricus au tumnalis Htg.). Andricus ramuli L. Gallen einzeln, nicht ballenförmige Ge⸗ bilde darſtellend. Galle ſehr klein, eine grüngelbe, etwa Imm Ouerdurchmeſſer erreichende An⸗ ſchwellung des Staubfadens und des an- grenzenden Staubbeuteltheiles bildend, wodurch der letztere an der Baſis aus⸗ einandergetrieben erſcheint. Quercus ses— siliflora, pedunculata, pubescens. Weſpe agam; Juli desſelben Jahres. Neuroterus Schlechtendali Mr. . Galle ei- oder ſpindelförmig. An Quercus sessiflora oder Quercus pubescens (vgl. a. unten Nr. 6). „Galle eiförmig, ſtumpfſpitzig, aus einer Staubblüte hervorbrechend, höchſtens 5 1 ſteifen, abſtehenden Haaren beſetzt; ein— kammerig. Weſpe & ? gegen Ende Mai. Andricus amenti Gir. mm, grün, ſpäter braun, mit kurzen, Galle nur an Quercus pubescens; 1 bis 3 Stück an nicht zur Entwicklung ge— langten, zwiſchen den becherförmig ge— öffneten Knoſpenſchuppen ſteckengeblie— benen oder doch ſehr verkürzten Blüten— kätzchen; rothbraun, eiförmig, 2—2˙5 mm lang, meiſtens einige Perigonblättchen tragend, die obere Hälfte, beſonders aber die Spitze mit rothbraunen und gelben Haaren reichlich beſetzt. Weſpe 52 im Mai. Andricus occultus Tschek. . Ausſchließlich an Quercus pedunculata. . Galle von Gerſtenkorngröße, auf einer verdickten Blütenſpindel aufſitzend, grün, ſpäter braun, mitunter roth-längsſtreifig, ſpindelförmig, mit mehr oder weniger deutlichen Längskielen und an der Spitze mit einer am Grunde mit dichtem Haar— kranze umgebenen Warze. Weſpe agam; April des zweiten Jahres. Andricus seminationis Gir. 8. Galle eiförmig. 3 0 Bi 9. Galle braun, kahl, — mm; Oberfläche un- eben, mit erhabenen Längswülſten und Längsriefen durchzogen; einkammerig. Weſpe agam. Andricus quadrilineatus Hart. 52 Ä En, Galle 7, mm, braun, mit weitläu⸗ 3 ˙5 figen, undeutlichen, ſchwach erhabenen Längsſtreifen und unregelmäßig ver— theilten Wärzchen; die Spitze mit einem Körnchen; die Baſis noch Reſte von Beri- gonblättchen zeigend; auf der Blüten— ſpindel aufſitzend. Nach G. L. Mayr wahrſcheinlich zur vorigen Art gehörig. Weſpe agam. Andricus verrucosus Schenk. 1. Fruchtgallen. 10. An Quercus cerris. 11. In ausgereiften Eicheln innerhalb der inneren verdickten Samenhaut liegende hanfkorngroße, harte, meiſt eiförmige, im Durchſchnitte weiße Innengallen. Weſpe agam; oft erſt nach drei Jahren; zugehörige ſexuelle Form Andricus ru- fescens Mayr. Andricus glandium Gir. 11. Die weibliche Blüte erſcheint um Mitte Mai mehr oder weniger roth gefärbt, bedeutend vergrößert (Erbſen- bis Hajel- nuſsgröße), nahezu kugelig, die linearen, meiſt gerötheten, verlängerten Hochblätter hüllen in gleichmäßiger Vertheilung die Galle ein; Griffel und Narbe ſtets er- kennbar; mehrkammerig. Weſpe 5 7 Mai, Juni. Neuroterus glandiformis Gir. 10. An Quercus sessiliflora, pedunculata oder pubescens. 12. An Quercus pedunculata; Eichel zu einem halbkugeligen, mit radial ver— laufenden, ſeitlich mehr oder minder breit— gedrückten, lappenartigen Längskielen be- deckten, unregelmäßigen, an der Spitze geöffneten Gallenkörper umgewandelt, welcher den Becher mehr oder weniger umſchließt; einkammerig (die bekannte Knopper). Weſpe Februar, März; agame Form. Cynips calicis Burgsdorff. 12. An Quercus sessiliflora und pubescens; Galle ein umfangreiches, dichtes, buntes Gewirre von dickeren und feineren, meiſt ſehr langen, vielfach gekrümmten und ver— äſtelten dorn- oder haar- und fa denför- migen Gebilden darſtellend, welche eine ſcheibenförmige einkammerige Galle ein— ſchließen. Weſpe Februar; agam. Cynips caput medusae Hart. Hſchl. Eichenbockkäſer, in spec. für Cerambyx cerdo* (Hammaticherus heros). Andere in Eiche fi) entwickelnde Bockkäfer find: Cerambyx Scopoli (Hammaticherus cerdo); Spondylis buprestoides (Nördlinger); Liopus nebulosus; Prionus coriarius L.; Callidium sangui- neum L.*; Callidium alni L.; Callidium femoratum L.; Callidium fennicum L.; 5 variabile L.; Clytus detritus ; Clytus arcuatus L.*; Clytus gazella F.; Clytus arietis L.; Clytus tropicus; Gra- cilia pygmaea F.; Molorchus abbrevia- tus F.; Astynomus griseus F.; Exocentrus balteatus F.; Pogonochaerus pilosus F.; Anaesthetis testacea F.; Rhagium mor- dax F.*; Rhagium inquisitor F. Die mit Sternchen (*) bezeichneten Arten gehören aus⸗ ſchließlich der Eiche an; darunter Cerambyx cerdo die wichtigſte. Hſchl. Eichen borkenkäfer (einſchließlich Baſt⸗ und Splintkäfer) ſind folgende Arten: 1. Baſt⸗ käfer: Hylesinus crenatus F. (Hauptbaum iſt Eiche); 2. Splintkäfer: Scolyt us intri- | Eichenbockkäfer. — Eichenerziehung. catus Ratzb.; 3. Borfenfäfer: a) unter der Rinde: Taphrorychus Bulmerinqui Kolen.; Dryocoetes villosus F.; b) im Holzkörper: Xyleborus dispar F.; Xyleborus Saxeseni Rtz.; Xyleborus dryographus Rtz.; Xyleborus monographus Fb.; Trypodendron quercus Eichh.; Platypus cylindrus Fbr. Hſchl. Eihenerdfioß, deutſcher Name für Haltica erucae Ol. (ſ. d Hſchl. Eichenerziehung. Bei der Forſtwirtſchaft im großen kommen nur zwei Eichenarten in Betracht, die Trauben- und die Stieleiche. Beide werden in der Wirtſchaft in der Regel nicht getrennt, obſchon bei künſtlichen Anlagen der Traubeneiche beſonders in Gebirgslagen, auch wohl in den Heiden, hie und da auch im Schälwalde öfter ein Vorzug vor der Stieleiche eingeräumt wird, da man ihr dort ein raſcheres Wachſen, hier eine beſſere Rindenerzeugung zuſprechen will, während man ebenſo die Stiel⸗ eiche als beſonders geeignet für Oberbaum im Mittelwald, auch für den Hochwald in Auen⸗ gegenden bezeichnet. In allen Betriebsarten, namentlich auch im Hoch-, Mittel- und Nieder⸗ wald ſpielt die Eiche eine Rolle. In erſteren beiden als vorzügliche Nutzholzerzeugerin, in letzterem wegen der kaum in anderer Weiſe voll zu erſetzenden Gerbrinde, die ſie dort liefert. Auf friſchen, kräftigen, tiefgründigen Böden, wie ſie hin und wieder der Wald der Ebenen und mäßigen Höhenlagen noch bietet, vorzugs⸗ weiſe aber die kräftigen Böden der Niederungen und eigentlichen Fluſsthäler tragen noch heute reine Eichen wälder und laſſen ſie in gleicher Geſtalt nachziehen; in milderen Lagen, wie ſie z. B. das weſtliche Deutſchland bietet, findet ſich auf ſonſt mineraliſch kräftigem Boden, auch wenn er nicht gerade die zuerſt angedeutete Beſchaffenheit in vollem Maße haben ſollte, die Eiche noch unter ähnlichen Verhältniſſen vor, während eben dort dieſe Böden, ſelbſt in flach⸗ gründiger Beſchaffenheit, noch vortrefflichen Eichenſchälwald tragen können. Unter anderen Standortsverhältniſſen kommt die Eiche ver⸗ hältnismäßig ſeltener rein vor, ſondern viel⸗ fältig im Gemiſch mit anderen Hölzern, be⸗ ſonders häufig mit Buche, doch auch mit Weiß⸗ tanne, mit dieſer z. B. in Eljajs, mit Fichte, 3. B. in Oſtpreußen, dagegen im friſcheren Sande der Ebene oder des Hügellandes, auch mit der Kiefer, z. B. in den preußiſchen Forſten der Mark. Hier iſt ein ſolches Gemiſch auch durch⸗ aus an ſeiner Stelle und bei Nachzucht der Eiche kaum zu entbehren, wenn nicht der Boden unter fortſchreitender Lichtſtellung der Eiche bei hohem Umtriebe verarmen und ihre Weiterent- 1 leiden ſoll. Was die Erziehung der Eiche in den verſch een Betriebsarten betrifft, ſo kommt zunächſt a) dieſe im Hochwalde in Betracht, u. zw.: aa) auf dem Wege der Samenſchlag⸗ ſtellung oder durch Naturbeſamung. Es iſt nicht in Abrede zu ſtellen, dajs dieſe be⸗ ſonders in den Aue- und Niederungswaldungen, wo die Eiche, wie bemerkt, nicht ſelten, wenigſtens faſt rein vorkommt, inſoferne ihre Schwierig⸗ 2 Eichenerziehung. 135 keiten hat, als der dort unſchwer erzielte Auf— ſchlag vielfach mit dem ſehr ſtarken Graswuchs, auch wohl mit dem ſich leicht in Menge einfin- denden drückenden Strauchwuchſe kämpfen muſs, ein Übelſtand, der reine Eichenbeſtände in höheren Lagen weniger bedrückt. 5 Jener Übelſtand in erſteren Ortlichkeiten wird außerdem durch das Fällen und Aus— ſchaffen von einer großen Menge von ſchweren Nutzſtämmen im Schlage in der verhältnis- mäßig kurzen Zeit der Lichtung und des Ab- triebes des Mutterbeſtandes öfter ſo vermehrt, daſs er den Wirtſchafter in derartigen Eichen— beſtänden, obſchon ſie, wie bemerkt, keineswegs arm an Aufſchlag zu ſein pflegen, zur Vermei- dung einer weſentlichen Schädigung derſelben von ihrer natürlichen Verjüngung ganz Abſtand nehmen läſst, und ihm umſomehr räth, zu künſt⸗ lichen Neuanlagen zu greifen, als die Saatfrucht hier unſchwer zu beſchaffen iſt, und es häufig ſelbſt nicht an Mitteln fehlt, die künſtliche Eichencultur durch landwirtſchaftliche Zwiſchen— nutzungen an Grasſchnitt, vorübergehenden An— bau von Feldfrüchten ꝛc. vor Schäden zu be— wahren oder ſelbſt einen Nebenertrag aus den— ſelben zu erzielen. Wo aber ſolche Übelſtände nicht oder we- nigſtens nicht im Übermaß vorliegen, läſst ſich eine natürliche Verjüngung der reinen Eichen- beſtände jo durchführen, daj3 man den Schlag vor der bei Maſteintritt zu bewirkenden Stel- lung des Beſamungsſchlages, der etwa die Form eines lichten Buchenbeſamungsſchlages anzunehmen hat und dem ein Vorbereitungs— ſchlag nicht vorhergeht, durch Eintrieb von Rindvieh, Schafen, Schweinen zu dieſem Zweck vorzubereiten ſucht, wie man denn auch, nach erfolgtem Abfall der Maſt, dieſe durch Schafe oder Rindvieh möglichſt eintreten läſst, wozu man ſelbſt mit Vorſicht Schweine während des Maſtabfalles verwenden kann. Iſt der Boden vernarbt und fehlt es dabei an Gelegenheit zu wirkſamem Vieheintrieb, jo mußs natürlich die Hacke ꝛc. gut nachhelfen (ſ. Schweineeintrieb). In der Stellung eines lichteren Buchenbeſamungs— ſchlages halten ſich die jungen Eichen, nament— lich in den milderen Lagen, vortrefflich zwei bis drei Jahre, worauf man die Lichtung durch Einſchlag etwa des halben Schirmbeſtandes eintreten läſst, den man dann höchſtens nach weiteren vier Jahren räumt. Da das Vorkommen und Nachziehen reiner Eichenbeſtände nach Vorſtehendem nur in einem Maße angänglich iſt, welches dem Begehr von Eichenholz auch im Hochwalde nicht entſpricht, jo muſs ein Erziehen der Eiche in der Mi- ſchung mit anderen Holzarten ſtattfinden und kann dies auch auf natürlichem Wege mit Erfolg geſchehen. Am gewöhnlichſten und in vieler Beziehung auch am günſtigſten bietet ſich zu dieſem Zwecke die Rothbuche dar, da ſie die Lücken zwiſchen den Eichen lange Jahre vollſtändig zu füllen und den Boden gut zu düngen vermag, eine Eigenſchaft, die der Eiche oft ſchon auf Böden mittlerer Güte in vorge— ſchrittenerem Alter nicht mehr eigen iſt. Die Nachzucht von Eichen und Buchen in der Vermiſchung hat, beim Vorliegen derartig gemiſchter Beſtände, unter gewöhnlichen Ver— hältniſſen meiſt keine Schwierigkeiten. Es iſt in dieſem Falle ſchon früh bei den Durchforſtungen darauf zu ſehen, daſs man die fehlerfreien einge- miſchten Eichen allmählich kronenfrei zu machen ſucht, im Vorbereitungsſchlage aber dieſen Frei— hieb, ſoweit es ohne dauernde Schädigung des Bodens geſchehen kann, jo weit ausdehnt, dass dieſes Freiſein der Kronen erreicht iſt und ſie ſo zum Samentragen geneigter werden. Bei Stel⸗ lung des Baſamungsſchlages, die im allge— meinen nach den Regeln des lichteren Buchen- beſamungsſchlages erfolgt, ſetzt man jedoch jenes Freihauen bei den maſttragenden Eichen fort und lichtet dabei etwa vorhandenen guten Eichenaufſchlag ſchon vor der allgemeinen Schlaglichtung zur ſicheren Erhaltung desſelben, worauf dann die Weiterführung der Schlag— verjüngung unter Mitanzucht der Buche in ge= wöhnlicher, bei der Buchenverjüngung gezeigter Weiſe eintritt. Zweckmäßig erſcheint es übrigens hier, wie in anderen Fällen, wo man junge Eichen in den Samenſchlägen eingeſprengt ſehen will, ſich nicht allein auf den natürlichen Samen⸗ abfall zu verlaſſen, ſondern dieſen durch künſt— liches Einbringen der Eiche zu unterſtützen, wozu meiſt eine nicht zu ärmliche Eichenbeiſaat das beſte Mittel bietet. Die Eiche, jo auf natür⸗ lichem oder künſtlichem Wege in die Buchen— ſchläge gebracht, wird eine Einſprengung derſel— ben in den neu zu erziehenden alten Ort ſicher— ſtellen, und ſich, nach Menge und Vertheilung, durch rechtzeitige Läuterungsarbeiten regeln laſſen, da die natürlich aufgeſchlagene Buche noch in ſolcher Menge neben der Eiche vorkommen wird, um dieſe Regelung in angemeſſener Weiſe bewirken zu können, alſo die Buche zu beſei— tigen, wo dies die Erhaltung der Eiche noth— wendig macht, dagegen ſie da ſtehen zu laſſen, wo die Eiche fehlt. Bemerkt ſei hier, dass eine derartige Miſchverjüngung, die unter Verhält- niſſen, in denen ſich die Eiche überhaupt ge— fällt, unſchwer durchzuführen iſt, doch in rauhen, kalten Lagen ſehr ungünſtige Erfolge inſoferne haben kann, als man hier gewöhnlich den küm— mernden Eichen durch Lichthiebe zu helfen ſucht, die ihre Wirkung auf dieſe Holzart mehr oder weniger verfehlen, während ſie die Buche vernichten, jo dass ſchließlich Flächen, ſtatt mit Laubholzwuchs, mit Heide- und Beerkrautüber— zug entſtehen, die ſchließlich der Fichtencultur anheimfallen. Auf natürlichem Wege die Eiche mit an— deren Holzarten als der Buche in Miſchung erziehen zu wollen, ſtößt oft auf Schwierig- keiten. Derartig gemiſchte alte Beſtände kommen wohl vor, verdanken aber ihren Urſprung in der Regel ganz anderen Vorgängen, als wir jetzt bei der Nachzucht in Anwendung zu bringen vermögen. Jene beruhten beſonders in der Plenterwirtſchaft, deren Anwendung ſich gegenwärtig doch nur ausnahmsweiſe empfiehlt. Auf Auboden ſiedelt ſich jedoch die Eſche in älteren Eichenorten leicht durch Anflug an, wenn Sameneſchen vorhanden ſind. Bei der natür— lichen Verjüngung der Eiche kann jener inſo— ferne beläſtigend werden, als er ſtandhafter und ſchnellwüchſiger als Eichenaufſchlag iſt und 136 dieſen daher leicht erdrückt. Rechtzeitiger Aus⸗ hieb der Sameneſchen kann hier dringlich wer⸗ den, da auf großen Flächen das Ausläutern der Eſchen aus den Eichen oft kaum durchzu— führen iſt. Von unſeren Nadelhölzern eignet ſich zu einer derartigen Miſchzucht jedenfalls am erſten noch die Weißtanne, entweder dieſe allein oder in Zuſammentritt mit der Buche. Solche Beſtandsmiſchungen bietet hin und wie— der auch die Natur, und ſie können ſehr wohl zur Nachzucht gleicher Miſchbeſtände benützt werden, wenn man daran denkt, der Eiche ſtets einen Vorſprung vor dem Miſchholze zu ver⸗ ſchaffen, ſonſt aber im weſentlichen die Erzie— hung nach den Regeln der Buchenſamenſchlag— wirtſchaft führt. Fichte und Kiefer eilen der Eiche in der Regel voran, die erſtere fpäter, die andere von vornherein. Jedenfalls iſt die Fichte ſchon durch ihren Standort und bei ihrer dunklen, Schatten und Kälte erzeugen- den Benadelung keine geeignete Begleiterin der Eiche auf längerem Wege, weit mehr würde ſich dazu die Kiefer eignen, wenn ſie nicht ſpäter bei weitem zu vorwüchſig würde. Die Eiche durch horſtweiſen Anbau zwiſchen Miſch— hölzer, unter vorzugsweiſer Benützung der kräf— tigeren Bodenſtellen, zu bringen, iſt vielfach verſucht worden, doch ſind die dadurch erlangten Vortheile keineswegs ſo groß, als man von ihr verhofft, namentlich wenn es ſich um Erziehung von Starkholz handelt. Will man die Eiche in ſolchen Horſten dauernd erhalten, ſo müſſen die— ſelben ſchon eine ziemliche Ausdehnung bekommen, und nehmen dieſe dann den Charakter der reinen Eichenbeſtände mit ihrer Neigung zum Lichtſtellen nur zu leicht an, ſo daſs man dann, wenigſtens nach dieſer Richtung hin, wenig oder nichts gewinnt. Dieſe ſich bei der Eichennachzucht im Miſch— beſtande darbietende Schwierigkeit des Vorwüch— ſigwerdens des Miſchholzes gegen die Eiche tritt in nur wenigen Fällen zurück. Ganz beſonders iſt dieſer glückliche Umſtand da zu be— obachten, wo ſich die Eiche an ihrem milden Standorte und auf ihrem kräftigen Boden ge— fällt und daher ſtets in etwas dem Miſchholze im Wuchſe voraneilt. Dies kommt hin und wieder da vor, wo ihr die Buche, ſeltener wo ihr die Weißtanne beigeſellt iſt. Wird hier nur der Eiche in den Durchforſtungen ſachgemäß geholfen, ſo iſt wohl zu erwarten, daſs man ſelbſt ſtärkeres Eichenholz in ſolcher andauern— den Miſchung in guter Nutzholzeigenſchaft nach— ziehen kann, ohne einen Rückgang der Boden— kraft befürchten zu müſſen. bb) Liegt aber der beregte Miſsſtand nun einmal vor, ſo bleibt in der That nichts übrig, als den Eichenhochwald künſtlich mit Un⸗ terſtand zu erziehen. Zu dieſem Zweck müſſen die jungen Eichenſtangenorte nach Beendigung der Ausläuterung frühzeitig, aber ſehr allmählich durchforſtet und muſßs dadurch eine gute Kronen— entwicklung des Einzelſtammes angeſtrebt wer⸗ den. Sit dies in etwa 40jährigem Alter des Orts erreicht, jo muss derſelbe mit Rothbuchen, nach Umſtänden auch wohl ſtatt dieſer mit Weißbuchen unterbaut werden. In Gegenden, Eichenerziehung. wo die Weißtanne heimiſch iſt, kann auch ſie zum Unterbau verwendet werden, fliegt ſogar, 3. B. in einzelnen Gegenden im Eljajs, wo fie als eingemiſchte Holzart unter Eichen vorkommt, gerne freiwillig in die etwas lichteren jungen Eichenorte ein. Der Unterbau erfolgt in der Regel durch Einſetzen junger Pflänzlinge, da die Saat nur bei einer größeren Auslichtung des Eichenorts guten Fortgang haben würde, iſt aber darum hier doch nicht ausgeſchloſſen. Das untergebaute Holz verträgt die lichte Beſchattung der Eiche in der Regel gut, wenn nicht etwa der Boden zu ſchwach iſt, wo es überhaupt mit der Eichennachzucht zu Starkholz ſchwach be— ſtellt ſein möchte. Fehlt es dem Unterbau am nothwendigen Licht, jo mujs durch Eichenhieb etwas nachgeholfen werden, indem man die am wenigſten gut ausgebildeten Stämme ausforſtet. Im 60⸗- bis 70jährigen Eichenſtangenort mujs ſich derſelbe bereits in ſtufiger Form der Ein⸗ zelſtämme darſtellen und die untergebaute Holz- art den Drang zeigen, zwiſchen den nach und nach ſehr gelichteten Eichen in die Höhe zu wachſen und demnächſt den Schluſs des Be⸗ ſtandes und die Decke des Bodens bis zur Nutzbarkeit der Eiche zu übernehmen, wo es noththut. Wo die Rothbuche im Unterbau keinen be⸗ ſonderen Fortgang verſpricht, vertritt hiebei nicht ſelten mit Glück die bereits erwähnte Weißbuche ihre Stelle. Sie leiſtet hier als Kernlohde weniger, recht viel aber als Stock— ausſchlag in kurzem, etwa zehnjährigem Um⸗ triebe, den ſie im lockeren Schirm der Eichen nachhaltig entwickelt und den Bodenſchutz immer mehr übernimmt, je mehr derſelbe bei vorge⸗ ſchritteuem Alter des lichter werdenden Eichen- waldes erforderlich erſcheint. Auf dieſe Holzart iſt daher unter Umſtänden beim Unterbau der Eichen Gewicht zu legen, dagegen nicht, wie öfter geſchieht, auf die Fichte, die auf ſchwächerem Boden im Eichenſchirm verkümmert, unter gün⸗ ſtigen Verhältniſſen dagegen raſtlos in die Höhe ſtrebt und in ſpäteren Jahren die Eiche nur beläſtigt. cc) Eine weitere Art, die Eiche im Hoch— walde zu Starkholz zu erziehen, iſt vorge⸗ ſchlagen und wird zur Zeit vielfach verſucht durch den jog. Lichtungsbetrieb (ſ. d.). Er iſt für dieſe Holzart abgeleitet worden von dem modificierten Buchen hochwaldbetrieb und nach dieſem bisher allerdings mehr theoretiſch ausge— bildet worden für Buche und Eiche. Hiezu gab beſonders Burckhardt in ſeinem 1877 in „Aus dem Walde“, Heft VIII, erſchienenen Aufſatze „Der Lichtungsbetrieb der Eiche und Buche“ lebhafteren Anſtoß. Er beruht darauf, bereits mittelalte Eichenbeſtände nach und nach zu lichten und unter Zuhilfenahme eines boden⸗ deckenden Unterholzes wie bei bb) zu Starkholz zu erziehen, was man etwa im 120jährigen Alter der Eichen zu erreichen hofft. Es iſt leicht erſichtlich, dafs dieſe Art der Eichenerziehung weſentlich erleichtert wird, wenn dieſelbe von Jugend an nach dem oben unter bb) Angeführten vorbereitet wurde, und nun bis zum 60 —80jährigen Alter des Beſtandes an mäßigen Freiſtand gewöhnte, von wüchſigem r Eichenerziehung. 137 Bodenſchutzholz begleitete Eichenorte . Dieſe werden dann einer weiteren allmählichen Auslichtung bis zu Erreichung des Starkholz⸗ alters, welches übrigens in der Regel über jenen vermutheten 120 Jahren liegen dürfte, unterworfen und vermögen auf dieſe Weile aller— dings gleichzeitig erhebliche Vorerträge neben der Hauptnutzung zu liefern. Bedenklich wird aber jedenfalls die Einführung des Lichtungs— betriebes bei Eichen, wenn fie das 80jährige Alter erreicht oder gar, ohne die bezügliche Vorbereitung, überſchritten haben. Nur unter beſonderen Verhältniſſen ertragen hier die Eichen eine erhebliche, wenn auch allmähliche Freiſtellung. Sie werden vielfach fortdauernd zopftrocken und gehen im Zuwachs zurück. Auch das aufwachſende, Boden und unteren Stamm— theil deckende Unterholz vermag dieſem Übel— ſtande in der Regel nicht Einhalt zu thun. Es hat ſonach dieſe Art des Lichtungsbetriebes der Eiche immerhin ſeine mannigfachen Bedenken und iſt durch ihn die Aufgabe, Eichenſtarkholz in lückenloſen Hochwaldbeſtänden ſicher und in verhältnismäßig kurzer Zeit zu erziehen, nur ſehr bedingt gelöst. Beſonders iſt es Borg— greve, der auf das Bedenkliche dieſer Art der Eichenerziehung ſchon ſeit langem (vgl. Forſtl. Bl. 1877, p. 214 ff.) aufmerkſam macht und den⸗ ſelben auch in ſeiner Schrift „Die Holzzucht“, Berlin 1885, geradezu als unzweckmäßig ver— wirft. — Die Frage „Wie iſt bei Einbringung der Eiche in Buchen- und andere Beſtände behufs Erziehung von wertvollem Nutzholz zu ver— fahren?“ iſt auch bei Gelegenheit der XI. Ver— ſammlung des elſaſs-lothringiſchen Forſtvereines ausführlich und ſachgemäß behandelt, ohne dass auch hier dieſelbe, wie zu erwarten, beſtimmt beantwortet wäre (vgl. Vereinsheft Nr. 10, Barr. 1887). b) Die Eiche als Oberholz des Mittelwaldes hat eine große Bedeutung und erhöht ganz beſonders die Erträge dieſer Betriebsart. Bei ihr werden, kräftigen Boden und mildere Lage vorausgeſetzt, ohne beſondere Mühe ſtarke, wenn auch nicht gerade langſchäf— tige Eichen erzogen, die aber deſſenungeachtet f t durch Lieferung von ſtarken Aſt- und Wur⸗ zelkrümmen für den Schiffbau großen Wert haben. Um langſchäftige Eichenſtämme zu er— ziehen, muſs das Oberholz für ſie horſtweiſe gehalten werden, was bei Nichtbeachtung des Unterholzertrages wohl angänglich, dem Cha— rakter des Mittelwaldes im allgemeinen aber weniger entſprechend und hierin mehr ein Hin— neigen zur Plenterform zu erblicken iſt, die übrigens ihre Anhänger auch beim Mittelwald— betriebe hat. Auch ſorgfältige und vorſichtige, nur ſchwache Aſte beſeitigende Aufaſtungen können dazu beitragen, die Form des Eichen— oberholzes zu verbeſſern und ſie ſo wertvoller zu machen. Sie kommen daher nicht ſelten in einzelnen Gegenden zur Anwendung. Das Eichenoberholz wird aus den Eichenkernlohden, welche das Unterholz enthält, ergänzt. Dais man auf ihr Entſtehen in dieſem auf natür— lichem und künſtlichem Wege hinzuarbeiten hat, auch daſs ihre Aufzucht im Unterholze nicht ohne beſondere Pflege geſchehen kann, iſt leicht erkennbar. Kurze oder zum Zweck der Lohden— aufziehung verkürzte Unterholzumtriebe ſowie Läuterungsarbeiten müſſen hier helfen, während die freiſtehenden Laſsreidel im Nothfalle durch Schneiden fsejend geformt, auch durch Ein- ſtutzen oder Stützen, Befreien von Schnee- ꝛc. Anhang gegen Gedrücktwerden geſchützt werden müſſen. Fehlt es an Eichennachwuchs, jo muſßs der— ſelbe natürlich, wie bemerkt, künſtlich beſchafft werden. Einſaaten haben vom Unterholze ſehr zu leiden und ſind oft ſelbſt bei fleißigem Aus⸗ buſchen desſelben zu gunſten der Jungeichen ſchwer in die Höhe zu bringen, ſo dass zur Heiſterpflanzung gegriffen werden mufs. Das Unterholz befindet ſich im allge— meinen unter einem nicht zu dichten Eichenober— holzſtande wohl, was gerade einen ſolchen für dieſe Betriebsart mit empfiehlt. Eichen als Unterholz ſind aber unter einem gleichartigen Oberholze nicht am Platze, da ſie auch ſeinen Schatten nicht gut ertragen. Weißbuche, Roth- buche, Weißerle, ſelbſt Haſel ꝛc. find bei Eichen- oberholzſtande eher am Platze. c) Eiche als „ zu bewirt⸗ ſchaften, lohnt ſich beſonders da, wo ein Schäl— waldbetrieb hergeſtellt werden ſoll, während für bloße Holznutzung hier andere Holzarten günſtiger find. Dabei behält ſie ihre Ausſchlags— fähigkeit aber ſehr lange, ſelbſt unter ungün— ſtigen Verhältniſſen, wie wir z. B. an den aus- gedehnten Eichknackbeſtänden einiger Gegenden Norddeutſchlands ſehen, die ſich dort nicht nur unbeſchirmt, ſondern auch unterm Schirm, beſon— ders dem der Kiefer, erhalten, gehauen, unermüd— lich neue Ausſchläge treiben, ohne dabei Stock— lohden von nennenswerter Nutzbarkeit zu liefern, und daher nur der Anlage von neuen Culturen hinderlich ſind. Bei neuen Anlagen von Eichenſchäl— wald, ortsweiſe „Lohhecke“ genannt, kommt ſelbſtredend die Frage in Betracht, welche Art der Eiche, Stiel- oder Traubeneiche, zu wählen ſei. Eine beſtimmte Antwort auf dieſe Frage iſt kaum zu geben, da namentlich auch die Gerber ſelbſt ſie kaum zu beantworten wiſſen, indem ſie hier die Traubeneichenrinde, dort die Rinde der Stieleiche für ihr Geſchäft vorziehen. Man thut jedenfalls am beſten, die Eichenart zu wählen, die gerade die betreffende Gegend von Natur hervorbringt, und in dieſer Beziehung nicht zu pedantiſch zu ſein. Schließlich bringen gute Standorte, z. B. warme Thonſchieferlagen, ſtets gute Lohe ohne Rückſicht auf Art, wäh— rend man in den rauheren Gegenden allerdings im ganzen wohl beſſere Lohergebniſſe mit der Traubeneiche erzielen möchte. Da die Stieleiche etwa 14 Tage früher als die Steineiche ihr Laub entwickelt und dies für die Zeit der Rindennutzung, das Schleißen, von Einfluss iſt, jo vermeidet man wohl das Miſchen der Eichen beider Arten für einen und denſelben Schlag. Bei Neuanlagen von Eichenſchälwald kommt Saat und Pfanzung in Betracht (j. auch hinten bei 2). Eignen ſich die zur Eicheneultur beſtimmten Flächen zum Fruchtbau, ſo wird dieſer, nament— 138 Eichenerziehung. lich auf Ländereien, die ſich im Gemeindebeſitz befinden, gern mit der Eichenanlage verbunden. Dies kann nur als zweckentſprechend erachtet werden, ſobald der Fruchtbau nicht zu lange betrieben und ſo durch ihn der Boden nicht ent— kräftet wurde. Günſtig iſt es, wenn die letzte Frucht vor der Eiche die Kartoffel war, da man dann die Eicheln unmittelbar vor der Ernte der Kartoffeln breitwürfig, etwa 8—9 hl per Hektar in jene ausſäen kann, wo ſie dann beim Aus—⸗ nehmen der Kartoffeln genügend untergebracht werden, während man ſie ſonſt auch nach der Ernte, z. B. nach Hafer, breitwürfig ſät und flach einpflügt. Hat man es mit einer Anlage auf ge— ſchmodetem (im Trier'ſchen ſog. „geſchiffeltem“) Boden, der zur Getreideſaat beſtimmt iſt, zu thun, ſo pflegt man auch wohl die Eicheln nach ausgeführtem Brennen der Fläche zu ſäen, mit der Branderde zu decken und dann bei der Beſtel— lung mit Getreide gleichzeitig einzupflügen. Das Verfahren hat aber einmal injoferne ſeine Be- denken, als nach dem Schiffeln in vielen Gegenden die Pfriemen oft maſſenhaft erſcheinen, die, wenn ſie nicht rechtzeitig ausgeſchnitten werden, was freilich oft zum Zwecke des Bezuges einer Zwi— ſchennutzung geſchieht, die Eichen leicht verdäm— men, dann daſs letztere ſchon beim Einernten des Getreides beſchädigt werden können, wenn es nicht mit großer Vorſicht geſchieht. Statt der Vollſaat kommen auch bei Mit- vollzug des Fruchtbaues ſowohl Streifen- als Plätzeſaaten vor, doch gibt man der Vollſaat meiſt den Vorzug, obſchon nicht zu verkennen iſt, daſs Pflanzen, in regelmäßiger Vertheilung auf der Culturfläche ſtehend, jedenfalls bei der Getreideernte beſſer vor Beſchädigungen zu be— wahren ſind, als wenn ſie aus Vollſaaten her— vorgiengen. Eine ſolche regelmäßige Pflanzen— vertheilung erzielt man übrigens ortsweiſe auch durch Einpflanzen von Eichenſämlingen im Herbſt in das eingeſäte Wintergetreide, im Frühjahre wenn die Fläche mit Sommer— getreide beſät wurde, welches letztere der Eichen— anzucht aber in der Regel weniger günſtig iſt als das erſtere. Ohne Fruchtbau wird die Eiche zur Schälwaldnutzung ſelbſtredend vielfach angebaut, da jener keineswegs überall angänglich iſt, nicht nur wegen der Lage des Ortes an Berghängen u. dgl., ſondern auch wegen ausgetragener Be— ſchaffenheit, wegen Geröllhaltigkeit ꝛe. Sit die Gelegenheit für Pflugarbeit günſtig, ſo benützt man ſie auch hier gern, indem man ſie entweder in etwa 1˙2 m von einander entfernten Streifen oder voll ſtets mit möglichſtem Tiefgang des Pfluges im Herbſt ausführt. Die Eicheln werden ſofort im Herbſte eingelegt, jo dajs ſie in fri- ſchen loſen Boden, nicht zwiſchen Schollen zu liegen kommen, weshalb man vollgepflügte Flächen, die ſich ſchollig zeigen, vor der Saat noch kreuzweiſe klar eggt, Einzelfurchen aber in ſolchem Falle durch Lockerung mit der Hacke oder durch eine zweite Pflugfurche zur gedeih— lichen Aufnahme der Saat fähig macht. Bei vollem Umbruch ſät man in der Regel breit⸗ würfig, hier etwa 10 hl per Hektar ein und bringt die Eicheln mit Egge, Walze, doch auch wohl mit der Hand und dem Setzholze unter die Erde, welches letztere auch beim Streifen⸗ pflügen zu geſchehen hat. Kann die Culturfläche nicht gepflügt werden, ſo tritt an ihre Stelle eine tief eingreifende Hackarbeit, die ſtreifen⸗ oder platzweiſe ausgeführt wird. Die Einſaat erfolgt möglichſt im Herbſt, wenn nicht etwa der Winter beſondere Gefahren, Wildſchaden, Mäuſe⸗ fraß ꝛc., dringend befürchten läſst. Sit das Auf⸗ gehen und Anwachſen der eingebrachten Eicheln geſichert, was bei entſprechender Ausführung und in für Eichenzucht geeigneter Ortlichkeit in der Regel anzunehmen iſt, ſo wählt man gerade für Schälwaldanlagen nicht zu enge Verbände, da in ihnen ein zu dichter Stand der künftigen Stöcke keineswegs günſtig auf Er⸗ zeugung reichlicher und guter Rinde rl wirkt. Man gibt daher auch den platzweiſen Saatculturen vor den ſtreifenweiſen im allge⸗ meinen den Vorzug und wählt für jene einen Verband von 1'25—150 m. Auf ſchwächerem Boden, der ſtets den weiteren Verband erheiſcht, iſt eine leichte Beiſaat von Kiefern, auch wohl Lärchen zu den Eichen nur erwünſcht, indem dieſe Nadelhölzer bodenbeſſernd wirken und wohlthätig ſchatten. Wird die Beſchattung zu ſtark, ſo muſs ausgeläutert, ſpäter das Beiholz ganz hinweggenommen werden, welches öfter noch eine nicht unerhebliche Nutzung an ſchwa⸗ chem Holz ohne Gefährdung der Eichen ge— währen kann. Außer Saaten kommen bei Neuanlagen von Eichenſchälwald vielfach Pflanzungen in Betracht. Die Pflänzlinge werden entweder und am beſten aus Saatſchulen, doch auch aus Frei⸗ ſaaten oder aus dichten Eichenaufſchlägen der Naturbeſamungen entnommen. Man pflanzt aus dem Saatbeet hin und wieder ſchon einjährige Eichen ins Freie, vielfach 3—4jährige, oft aber, z. B. im Trier'ſchen, aus dem Freien noch 6= bis 10jährige Pflänzlinge. Alle dieſe ſtärkeren Pflänz⸗ linge werden hart überm Wurzelknoten geſtutzt, „geſtummelt“, und jo eingepflanzt, daſs der Schnitt mit dem Erdboden gleichhöhig erſcheint, auch wohl bei leichtem Boden 2—3 em hoch mit Erde bedeckt wird. Man nennt dieſe Art der Pflanzung Stutz- oder Stummelpflanzung. Sind nicht etwa tief gelockerte Pflugſtreifen für die Pflanzen vorhanden, was ſelten der Fall ſein wird, ſo werden einzelne Pflanzlöcher im vor⸗ her angegebenen Verbande möglichſt tief auf- gegraben und die Eichen mit entſprechend ge— kürzten Pfahlwurzeln in den klaren Boden gut eingeſetzt. Fehlt letzterer im Geröll u. dgl., ſo muſs Culturerde zur Umhüllung der Eichen⸗ wurzel im Pflanzloche beigebracht werden. Bei⸗ ſaat oder Beipflanzung von Kiefern oder Lärchen ſind unter den früher angedeuteten Umſtänden auch bei Eichenpflanzungen nicht unerwünſcht, und iſt die Anordnung dann nur ſo zu treffen, daſs nach Aushieb des Nadelholzes die Eichen in ungefährer Entfernung von 1˙5—1˙6 m von einander ſtehen. Es iſt leicht zu erkennen, daſs ſorgſam im Kampe erzogene und verſchulte Eichenpflanzen, die demnächſt in weit und tief aufriolte Löcher ins Freie gepflanzt werden, ſich raſcher ent- wickeln als weniger gut behandelte, doch iſt nicht anzunehmen, daſs die auf dieſe Weiſe Eichenerziehung. etwas früher zu beziehende Nutzung der Loh— hecke die bedeutenden Mehrkoſten der erſten An— lage zu decken vermag, weshalb dann auch die oben geſchilderte einfachere Art der Anlage zur Zeit in den Gegenden der Eichenſchälwaldwirt— ſchaft noch die gewöhnlichere iſt. Nachbeſſerungen von Eichenanlagen werden meiſt durch Eichenſtutzpflanzung bewirkt, doch füllt man Lücken und unwüchſiges Eichen— ſchlagholz auch wohl mit Kiefern oder Lärchen, die nach Erfordern ausgeläutert, bezw. ausge— hauen werden. Zu bemerken iſt, daſs man zwar im allge- meinen zuvörderſt bei der Anlage einer Loh— hecke dahin trachtet, per Hektar etwa 6000 Stück Eichenpflanzen zur Stockbildung zu erlangen, daſs aber oft 3000—4000 Stöcke einen reich- lichen Ertrag zu liefern vermögen, und die Anlage daher einen Verluſt an Stöcken wohl ertragen kann, wenn nur die gleichmäßige Ver- theilung der Eichenſtöcke über die Fläche nicht weſentlich geſtört wurde. Die Pflege der Lohhecke muſs eine an— dauernde ſein und mufs ſie vor aller Streuent— nahme und vor Viehhude geſchützt, beim gleich- zeitigen Betrieb von Getreidebau nach dem Holzabtrieb durch Schiffelwirtſchaft aber die äußerſte Vorſicht angewendet werden, um den Fortbeſtand des Eichenſchlagholzes nicht mehr oder weniger in Frage zu ſtellen. Zur Beför— derung des Holzwuchſes iſt bereits des Ein— baues von Treib- und Schutzholz, auch der Ausläuterung erwähnt. Bemerkenswert iſt, daſs die meiſten jetzt vorhandenen Lohhecken nicht, wie allerdings zu erſtreben iſt, reine Eichen, ſondern noch einen Zwiſchenwuchs von anderen Holzarten enthalten. Dieſer iſt ohne große Koſten oft nicht zu ver— tilgen, muss aber durch den Hieb jo eingeſchränkt werden, daſs er dem Eichenlohden nicht ſchädlich wird, wozu Ausläuterungen in der erſten Jugend dienen müſſen, denen ſpäter die regelmäßigen Durchreiſerungen (Durchforſtungen) auch in dieſer Beziehung zu Hilfe kommen. Dieſe Durch— reiſerungen werden beſonders zur Beſſerung der Rindengüte durch Freierſtellung, dann zur Erleichterung des Schälgeſchäftes durch Beſeiti— gung des dabei nicht in Betracht kommenden Holzes nothwendig. Es ſcheint daher zweck— mäßig, die Hecke mindeſtens 1, 2, doch auch wohl ſchon 6— 7 Jahre vor dem Abtriebe einmal zu durchreiſern. Bei dieſem Geſchäft wird dann das Zwiſchen- oder Raum— holz, welches andere Holzarten als die Eiche bilden, ebenſo beſeitigt wie alles ſchwache und unterdrückte, namentlich das am Boden liegende dünn⸗ und kurzwüchſige Eichenholz (Flatter— lohden), welches ſpäter nicht geſchält werden kann. Das ſo gewonnene Reiſerholz bildet in Gegenden, wo das Brennen des Bodens (das Schiffeln) in Gebrauch iſt, vielfältig das Brand— holz (die ſog. Schiffelſchanzen oder Schiffel— wellen). Laſsreidel im Schälwalde zu halten, iſt im allgemeinen nicht zu empfehlen, da dieſe Maßregel dem Niederwalde zuvörderſt viele kräftige Stöcke entzieht und demnächſt das Ober— holz in der Hecke dem Wuchs des Schlagholzes U8— — ͤ0ĩ—— EEE EEE EEE EEE 139 und ſeiner Rindenaus bildung nur hinderlich iſt, während es ſelbſt eine beſondere Bedeutung an dieſer Stelle kaum erlangen kann. Beachtenswerte Schriften über den Eichen- ſchälwaldbetrieb ſind: Grunert, Der Eichen- ſchälwald im Regierungsbezirk Trier, 1868; Neubrand, Die Gerbrinde mit beſonderer Be— ziehung auf die Eichenſchälwaldwirtſchaft, 1869; Fribolin, Der Eichenſchälwaldbetrieb mit be— ſonderer Berückſichtigung württembergiſcher Ver— hältniſſe, 1876. 2. Eichencultur. a) Eichenſaat. Sie iſt bei den Freicul- turen im allgemeinen der Pflanzung da vor— zuziehen, wo Saateicheln genügend vorhanden ſind und die Bodenbeſchaffenheit derart iſt, dafs man der Eichel ein gutes, d. h. tief gelockertes, mit loſer, fruchtbarer Erde verſehenes Keim— bett verſchaffen kann, und wo die aufgehende Eichenſaat vor Druck von Graswuchs, Unkraut, Strauchwuchs, üppigen Stockausſchlägen u. ſ. w. zu ſchützen und trotz dieſer Wüchſe in die Höhe zu bringen iſt. Eine tiefe Bodenbearbeitung fördert das Gedeihen der jungen Eichenpflanze ungemein, und ſehen wir auf riolten, an ſich ſchwachen Heideböden, z. B. im holländiſchen Gelderlande, vortreffliche Eichenanlagen für künf— tigen Schälwald (ſ. a. Heideaufforſtung sub 4 c). — Tiefe Bodenbearbeitungen, wie das Riolen, vertheuern aber die Culturen ſehr, jo daſs die Forſtwirtſchaft im großen von denſelben nur wenig Gebrauch machen kann und man ſich daher mit einer langſameren Entwicklung der Eiche zufriedengeben und erwarten mujs, daſs auch eine ſo aufwachſende Eiche ſpäter ihren Zweck doch erfüllt. Eine Bodenlockerung auf Spaten— ſtichtiefe oder auf etwa 20 cm wird man aber doch immer für die Eichelſaat fordern müſſen, wenn nicht etwa der Boden ſchon an ſich locker oder durch vorgängigen Fruchtbau gelockert iſt. Die Herbſtſaat iſt bei der Eiche der Frühjahrs— ſaat vorzuziehen, bei der man überdies die immer umſtändliche Überwinterung (ſ. Aufbe— wahrung der Holzſamen) der Eicheln vermeidet. Unglücksfälle, welche der im Boden liegenden Eichel über Winter drohen, verbieten jedoch nicht ſelten die Herbſtſaat. Die Saat der Eicheln er— folgt häufig in Verbindung mit Fruchtbau, wie wir ſchon oben bei Beſprechung der Anlage des Schälwaldes (ſ. 1. c) erwähnten. Sie erfolgt dann entweder voll über die ganze Fläche oder ſtreifenweiſe in die Pflugfurche, unter Über— ſpringung von einer oder zwei nicht mit Eicheln zu belegender Furchen. Soll die Eichelſaat auf ſchwererem Boden, der einen dichten Getreide— ſtand erzeugt, mit einer Getreideſaat verbunden werden, ſo iſt es nothwendig, die letztere um ein Viertel ſchwächer zu nehmen, als es ſonſt ohne Eichelſaat geſchieht. In der Regel pflügt man erſt die Eicheln nicht zu tief ein und eggt über den Eicheln die Getreideſaat beſonders ein, doch tommt es auch vor, dajs man erſt pflügt, die Eicheln auf den gepflügten Boden ſät, die Fläche dann noch mit Getreide überſät und ſchließlich Eicheln und Getreide gleichzeitig ein— eggt. Bei der Getreideernte ſind die jungen Eichen möglichſt zu ſchonen, was durch Be— nützung der Getreideſichel ſtatt der Senſe, dann 140 Eichenerziehung. durch Belaſſung einer hohen Stoppel mit ge- ſchieht. Bei Eichenſtreifenſaaten läſst man einen unbeſäten Zwiſchenſtreifen von 1—1'5 m Breite. Statt des Einſäens der Eicheln in die ge⸗ lockerten Streifen kommt auch ein Einſtecken derſelben vor. Dies geſchieht z. B. auf abge⸗ erntetem Kartoffelland jo, dajs man die Eicheln nach der Schnur, etwa 15 cm von einander, 5—6 cm tief in die Erde bringt. Das Einſtecken kann ſelbſtredend in verſchiedenſter Weiſe be- wirkt werden. Bei lockerem, ebenem Boden ge— braucht man hiezu wohl ein ſog. Steckbrett (Fig. 263), deſſen 5—6 daumenſtarke Zapfen die Stecklöcher vorzeichnen und in den Boden drücken. Iſt auf gutem, zum Fruchtbau ge⸗ Fig. 263. Steckbrett. eignetem Boden Gelegenheit, zwiſchen den Eichen— ſtreifen mittelſt Hackarbeit ſolchen Bau auszu⸗ führen, ſo iſt dies in der Regel zu begünſtigen, da dieſe Culturart außer der landwirtſchaftlichen Zwiſchennutzung, den Eichenwuchs durch das Behacken weſentlich fördern kann. Dieſer Zwi- ſchenbau läſst ſich bei einer Breite des Bal- kens (des mit Eicheln unbelegten Flächentheils) von 1˙25—2 m wohl drei- bis viermal, nach Maßgabe von Boden und Zwiſchenfrucht, aus— führen, ohne Gefahr der Bodenverſchlechterung für die Eiche. Die Ausbreitung der jungen Eiche beſchränkt in der Regel rechtzeitig den Frucht- zwiſchenbau. Streifenweiſe Bodenverwundung zu Eichel— ſaat geſchieht vielfach, auch bei Wegfall von Fruchtbau, durch Pflugarbeit. Hier kommt bei leichterem, ſtöckefreiem Boden mit beſtem Erfolg der Waldpflug mit nachfolgendem Untergrundspfluge (ſ. d.) in Anwendung, doch genügt öfter auch ein tiefgeſtellter Acker— pflug, dem unter Umſtänden zur weiteren Lockerung ein zweiter Pflug folgt (ſ. Doppel- pflügen), oder dem die Hacke, ſelbſt der Spaten (ſ. Spatpflügen) nachhilft. Bei Pflugarbeit, bei welcher die Eichel nicht durch die Pflug— furche gedeckt wird, bewirkt man ihr Decken durch Überziehen von lockerer Erde mittelſt der Harke in der Stärke von 3—8 cm. Bei ſchwerem Boden und bei Frühjahrsſaat genügen ſchwache Decken vollſtändig, während man bei leichterem Boden und bei Frühjahrsſaat ſtärkere in An⸗ wendung bringt, beſonders wenn die Decke nicht durch Laubabfall an Verſtärkung gewinnt. Werden die Streifen mit der Hacke gearbeitet, ſo wird ähnlich wie oben verfahren. Die Hack— ſtreifen erhalten, beſonders nach Maßgabe der Graswüchſigkeit des Bodens, eine Breite von 30—60 cm, die Balken eine ſolche von ca. 1˙25 m, werden tief aufgelockert und entweder mit Eicheln voll beſät, oder es wird für dieſe in der Mitte der Hackſtreife noch eine beſondere Saatrille zum Einlegen der Eicheln aufgehackt. Sind die Hackſtreifen breit, ſo werden auf denſelben auch wohl zwei parallellaufende Saatrillen gezogen. Bei nur einer Mittelrille wird es ermöglicht, die jungen Eichen nöthigenfalls zur Wuchsför⸗ derung zu behacken und ſerkkich mit Erde zu be⸗ häufeln. Soll die Eiche unter Beimsſchung von anderen Holzarten, beſonders der Buche, er⸗ zogen werden, ſo kann die Beimiſchung eben⸗ falls ſtreifenweiſe (in Voll- oder in unterbrochenen Streifen) geichehen, u. zw. unter gleichmäßig wechſelnden Streifen oder unter Verſtärkung der Streifenzahl der einen Holzart gegen die andere, wobei jedoch ſtets darauf zu achten iſt, dass die Eiche vom Beiholz nicht gedrückt wird, bezw. daſs ſie leicht vom Druck desſelben durch Läuterung muſs befreit werden können. Als eine zweckmäßige Vermiſchung von Eiche und Buche iſt z. B. die erkannt, wo drei Eichenſtreifen mit drei Buchenſtreifen wech⸗ ſeln, in der Abſicht, die beiden ſeitlichen Buchen⸗ ſtreifen durch Läuterung nach und nach, ſo wie es das Bedürfnis der Eichenſtreifen erheiſcht, zu beſeitigen. Plätzeſaaten werden beſonders da ange⸗ wendet, wo die Bodenbeſchaffenheit der Streifen- arbeit nicht günſtig iſt, oder wo man, wie ſoeben erwähnt wurde, die Eiche nur zwiſchen anderen Holzarten, beſonders zwiſchen Buchen, ein⸗ ſprengen will. Hier empfiehlt es ſich aber meiſt, größere Eichenplätze zu arbeiten, dieſe auch wohl ſchon einige Jahre vor Einbringen der beiwüchſigen Holzart anlegen zu laſſen, wenn letztere der Eiche im Wuchſe bald voranzueilen geneigt iſt. Sogenannte Einſtufungen von Eicheln kommen in den Beſamungsſchlägen nicht ſelten vor, ebenſo ihr Ubererden (ſ. d. und Buchen⸗ erziehung). Unter beſonders günſtigen Umſtänden und bei lockerer Bodenbeſchaffenheit kommt auch ein bloßes Stecken der Eicheln in vorgeſtochene oder vorgebohrte enge, etwa 6—8 em tiefe Löcher unter Nachfüllen lockerer Erde vor. Die Stechinſtrumente (Eichelſtecker) können natürlich ſehr verſchiedener Art ſein, wenn ſie nur ein geeignetes Steckloch öffnen. Das Stecken geſchieht in der Regel reihenweiſe bei 60—80 em Reihen⸗, 15 cm Löcherabſtand in der Reihe, und bringt man die Eichel gern mit der Spitze nach unten in das enge Steckloch (ſ. Forſteulturgeräthe sub 6 a). N Was die Saatmenge an Eicheln anbe⸗ trifft, ſo iſt dieſelbe nach dem Grade der Boden⸗ bearbeitung, auch nach dem Zwecke der Eichen⸗ anzucht (ſ. a. Schälwald) verſchieden. Bei Eichenvollſaat mit oder hinter Frucht⸗ bau wird man mit 7—8 hl per Hektar reichen, bei weniger gut bearbeitetem Boden zu ihr aber gut 10 hl gebrauchen, Bei Streifenſaat in Pflugfurchen in 1˙25 m Entfernung genügen 4—5 hl, bejonders bei rillenweiſem Einlegen der Eicheln; bei breiteren, vollbeſäten Streifen werden mehr, etwa 6 hl erfordert; werden die Eicheln JH ale at > 2 Eichenfruchtgallen. — Eichenknoſpengallen. 141 nur mit der Hacke eingeſtuft oder in Stecklöcher, wie oben beſchrieben, eingelegt oder auf Plätzen von etwa 30—35 em? und 1˙25 m Verband ein- geſät, jo wird man 3˙5—4 hl gebrauchen, wäh- rend bei ſchwächerer Einſtufung oder bei Steck— löchern in weiterem Verbande ſchon 2˙5 hl ge= nügen können. Nimmt man an, daſs die Vollſaat durchſchnittlich 10 hl geſunde Eicheln per Hektar erheiſcht, und weiß man, dajs 1 hl ca. 24.000 Stück Stiel-, 30.000 Stück Trauben⸗ eicheln enthält, ſo wird ſich übrigens leicht der Samenbedarf nach Maßgabe der verwundeten Bodenfläche berechnen laſſen, wobei man nur auf die verſchiedene Keimfähigkeit der Früchte gebürende Rückſicht zu nehmen haben wird, ob— ſchon ſich ſchlechte Eicheln durch verſtärkte Ein— ſaat in ihrem Culturerfolge keineswegs voll— ſtändig ausgleichen laſſen. b) Eichenpflanzung. Da wo man mit der Eichelſaat nicht zum Ziele gelangt, mujs Eichenpflanzung eintreten, die bei irgend begünſtigenden Standortsverhältniſſen nach den verſchiedenſten Methoden, ſofern ſie nur der Natur der Holzart und den örtlichen Verhält— niſſen entſprechen, bei ſorgfältiger Ausführung in der Regel gute Erfolge zeigen. Das Pflanzen von Eichenwildlingen kommt in der Regel thatſächlich nur bei Schälwaldanlagen vor, wie wir bereits (bei 1e) ſahen. Aber auch bei dieſen ſind im Kamp erzogene unverſchulte oder, noch beſſer, verſchulte Pflanzen den Wildlingen im allgemeinen vorzuziehen. Auch Kamppflanzen pflegt man zu ſtummeln, obgleich dies, beſonders bei verſchulten Pflanzen, nicht unerlässlich iſt. Aus Freiſaaten entnommene zweijährige Pflanzen verpflanzte übrigens auch der preußiſche Ober— förſter v. Alemann (vgl. deſſen „Über Forſtcultur— weſen“, 1884) in langjähriger Praxis mit beſtem Erfolge auf lehmigen Sandboden zur Begrün— dung von Hochwaldbeſtänden mit un verkürzter Pfahlwurzel, jo daſs in dem aufgegrabenen Pflanzloche noch mittelſt eines Vorſtecheiſens ein beſonderes Loch zur Einbringung der Pfahl— wurzel geſtochen, und erſt wenn dieſe in dem Stechloche gut befeſtigt war, die eigentliche Ein— pflanzung erfolgte. Die Kamppflanzen der Eiche erzieht man zunächſt in gut durchgegrabenen Saat— beeten, auf denen, am beſten im Herbſte, in etwa 30 em von einander entfernten Rillen die Eicheln mit 2—3 em Zwiſchenraum unter ſich eingelegt werden und eine etwa 3 em hohe Erd— decke erhalten (ca. 0:20 hl per Ar). Soll eine Verſchulung der Sämlinge vorgenommen werden, ſo erfolgt dieſe im ein- bis zweijährigen Alter unter Abſtutzung der Pfahlwurzel auf etwa 15 em Länge. Das Einſchulen erfolgt auf eben- falls gut durchgegrabene Beete in Entfernungen der Pflanzen unter ſich von etwa 043 em, wenn fie, 5—6 Jahre alt, als ca. 2m hohe Pflanzen ins Freie gepflanzt werden ſollen; andern— falls, wenn man ſie zum Erziehen von Heiſtern und dann zu einem nochmaligen Verſchulen be— ſtimmen will, in 30 em Pflanzenentfernung. Auch beim Verſchulen der Eichen wie beim Pflanzen derſelben aus dem Kamp ins Freie wird ein Beſchneiden (ſ. d.) derſelben erforderlich. Zur Auspflanzung ins Freie eignet ſich beſonders das Frühjahr. Der Verband iſt für ein- bis zweijährige Sämlinge etwa me, für Lohden von etwa Um Höhe 1˙25—4˙5 m, für etwa 2m hohe Halbheiſter 2 me, für 3 m hohe Heiſter 3 m'. Die Einpflanzung geſchieht in Löcher, die weit und tief genug ſind, um die gut aus⸗ einandergelegte Wurzel bequem in ſie einzu⸗ bringen und allſeitig mit loſer Erde, die beſſere unmittelbar an der Wurzel, die übrige zum Füllen, innig umhüllen zu können. Der Pflänz⸗ ling muſs feſt im Loche, aber nicht tiefer als früher im Kampe ſtehe (ſ. Anſchlemmen, Baum⸗ pfahl). Außer der ſoeben geſchilderten Löcher— pflanzung kommt noch vor: die bereits erwähnte Alemann ſche Pflanzung mit ganzer Pfahlwurzel, die Buttlar'ſche, die Biermans'ſche und die Manteuffel'ſche (ſ. d.). Auch mit ihnen iſt orts⸗ weiſe Nennenswertes in Bezug auf Eichenpflan— zung geleiſtet, doch nicht mehr als mit jener Löcherpflanzung in guter Ausführung. Als Schriften, die ſich mit Eichenerziehung beſonders befaſſen, nennen wir: Burckhardt, Über Eichenerziehung, 1862; v. Manteuffel, Die Eiche, 1869; C. W. Geyer, Die Erziehung der Eiche, 1870; v. Schütz, Die Pflege der Eiche, 1870. Über „weichhaarige Eiche“ und über „Zerreiche“ t ſ. d. beſ. Artikel. Gt. Eichenfruchtgallen, ſ. Eichenblütengallen. Hſchl. Eichengallen können ſein: Wurzel-, Rin⸗ den⸗, Knoſpen⸗, Blatt- oder Blüten- und Frucht⸗ gallen (ſ. die betreffenden Artikel unter Eiche). Hſchl. Eichengerbſäure, ſ. Gerbſäuren. v. Gn. Eichengeſpinſtraupen, ſiehe Eichenblattge— ſpinſte. Hſchl. Eichengoldafter, deutſcher Name für Por- thesia chrysorrhoea (ſ. d.). Hſchl. Eihenkernkäfer, deutſcher Name für Pla- typus cylindrus (ſ. d.). Hſchl. Eichenknoſpengallen (ſ. Tafel zu „Eichen— gallen“), ausnahmslos einer Knoſpe entſprin— gend. In Fällen, wo Zweifel entſtehen könnten, ob gegebenen Falles Knoſpen- oder Rindengalle, entſcheiden meiſt ſchon die am Grunde der Gallen aufſitzenden Knoſpenſchuppen, ganz ſicher aber das baſal in die Galle eintretende Gefäßbündel (der Knoſpenachſe). 1. Gallen an älteren als einjährigen Trieben und Zweigen, an Aſten oder am Stamme (ſelbſt alter Eichen). . Galle perückenförmig mit '% em langen, radialen, gewimperten Fäden bedeckt; einkammerig; Larvenkammer groß. Quer- cus sessiliflora, Quercus pubescens; nahe am Boden oder überdeckt von Erde oder Moos. Agam (Aphilothrix). Andricus serotinus Gir. Gallen ohne fädige Bekleidung; glatt oder höckerig. 3. Galle bis erbſengroß, kugelig, roth, ſaftig, einkammerig; alte Stämme; zwiſchen Bor kenritzen; Weſpe im Juni. (Cynips Pnz., Trigonaspis crustalis Hartg.) Sexuelle Form von Trigonaspis renum Gir. (vgl. Eichenblattgallen). Trigonaspis megaptera Pnz. Galle gehöckert, facettiert oder gefurcht. 1 1 =. w 4. Gallen Galle Eichenknoſpengallen. Galle mehr oder weniger unregelmäßig geformt, mit ſtark abgerundetem Spitzen⸗ theile; 9—12 mm Längen- und Quer⸗ durchmeſſer haltend; braun, mit kurzen, weißen Sternhaaren bedeckt; von etwas erhöhten Längsadern mehr oder weniger netzartig durchzogen; einkammerig. Mehr⸗ jährige Aſte von Quercus pedunculata und pubescens. Weſpe anfangs März. Agam. Cynips conifica Hartg. Gallen ziemlich regelmäßige Felderungen zeigend, mit Naben in der Mitte. Galle an Quercus sessiliflora, der Ad- ventivknoſpe eines Aſtes oder des Stammes entſpringend, bis 3 em im Durchmeſſer haltend, mehr oder minder halbkugelig, dunkelbraun, blauweiß be— reift und mit vielen kurzen, dicken, längsrippigen, kegelförmigen Fortſätzen beſetzt; friſche grüne Galle im Mai. Einkammerig; agam. Cynips Hartigi Koll. . Galle an Quercus pubescens; aus Ad— ventivknoſpen des Stammes und der Aſte; von ca. Erbſengröße; braunſchwarz; Oberfläche tiefriſſig; Riſſe an der End- hälfte der Galle ſich zu langen, gleich— ſchenkeligen, mit ihren Spitzen zuſammen— ſtoßenden Dreiecken formierend. Einkam— merig. Agam. Wahrſcheinlich zu C. Har- tigi gehörig. Cynips truncicola Gir. an jüngſten bis einjährigen Trieben aus Terminal- und Axillar⸗ knoſpen. hopfenzapfenähnlich, dicht und ziemlich lang beſchuppt; Innengalle 8—9 mm lang, hart, von Form eines Langgeſchoſſes; in den Blattachſeln von Quercus pedunculata, sessiliflora. pube- scens. Weſpe im April des dritten Jahres; agame Weſpe Andricus pilosus Adl. (Cy- nips gemmae; Aphilothrix). Andricus fecundatrix Hart. Galle nicht hopfenzapfenähnlich. Galle klein, von Hirſekorn- bis ſtark Erbſengröße, entweder zum Theil von den Deckſchuppen der Knoſpe umhüllt; oder wenigſtens an der Baſis oder an der Mantelfläche die Schuppenblättchen zeigend; oder lang, fadenförmig geſtielt; oder langgeſchwänzt; oder einzelne Blätt— chen tragend. . Galle eine an 12—18 mm langem Faden ſitzenden Keule darſtellend, oder keulen— förmig, aufſitzend, einen langblattigen Schwanz bildend. . Galle lang (12—18 mm), fadenförmig geſtielt, der Spitze einer kleinen, ſchein— bar unverändert gebliebenen Axillar— knoſpe entſpringend; von Gerſtenkorn— größe; grün oder roth, ſpäter rothbraun, glatt oder längsrippig, mit warzen- oder kegelförmiger, unbehaarter Spitze; groß— einkammerig. Quercus pubescens. Agam (Cynips; Aphilothrix). Andricus callidoma Gir. (Hartg.) Galle langgeſchwänzt, mit zum Theil 13. 14. 15. Galle blattartigen Anhängen und an der ver- dickten Baſis noch die Knoſpenſchuppen der Axillarknoſpe zeigend. Agam. Cynips aries Gir. mehr oder weniger eiförmig, kugelig, glocken- oder ſpindelförmig, höchſtens mit gekrümmtem Nagel an der Spitze, aber weder geſchwänzt noch lang fadenförmig geſtielt; einzeln oder zu mehreren in einer Knoſpe ſitzend. Gallen zu mehreren in einer Knoſpe vor⸗ handen. 1. Galle 2˙5 mm lang, länglich-eiförmig, kahl, bräunlichgelb bis hellroth, einkam⸗ merig, bis zu 8 Stück in einer Axillar⸗ (Blatt-) Knoſpe, von den inneren breiten Deckſchuppen bis zur halben Länge umſchloſſen und von den äußeren lang⸗ lanzettlichen Deckblättern überragt. Quer- cus cerris. Weſpen 5 2 April. Andricus eirculans Mayr. Galle der eben bejchriebenen ganz ähn⸗ lich, aber in männlichen Blütenknoſpen vorkommend (ausſchließlich?). Quercus cerris. Weſpen 5 ? Mai. Andricus burgundus Gir. . Gallen ſtets einzeln, die ganze Knoſpe einnehmend (vgl. a. oben Nr. 11). Galle ſpindelförmig, etwa 3 mim dick und 5—7 imm hoch, mit langem, gekrümmtem Nagel an der Spitze und häufig auch kurzem, dickem Stiele, mit dem ſie in der Knoſpe feſtſitzt; braun, holzig, friſch etwas wollig. Quercus pubescens, ses- siliflora. Agam; Weſpe September (Cy- nips ferruginea Hartg., Aphilothrix). Andricus solitarius Fonse. Galle ohne dieſen langen gekrümmten 13. Nagel an der Spitze. Galle glocken- oder turbanartig geformt, im Mittel 6 mm lang und breit; der kegelförmige obere Theil mit warzen— förmiger, gelber, glatter Spitze; der untere gewulſtet, gewöhnlich von den Knoſpenſchuppen umſchloſſen; im friſchen Zuſtande grün mit weißer, ſeidenartiger Behaarung. Quercus sessiliflora. Agam (Aphilothrix). Andricus glandulae Hartig. Galle nicht glocken- oder turbanähnlich; mehr oder weniger kugel-, kegel- oder eiförmig oder ganz unregelmäßige, den Trieb in Mitleidenſchaft ziehende An⸗ ſchwellung darſtellend. Gallen kugelförmig oder nahezu kugel— förmig. „Galle kugelig, etwas breitgedrückt (3 bis 4˙3 mm Querdurchmeſſer), grün, weich, im Herbſte netzrunzelig, an der Spitze mit gelber oder roſtrother Warze; bis zur Hälfte oder mehr von den Knoſpen⸗ ſchuppen bedeckt. Quercus sessiliflora, pubescens; liefert im April des dritten Jahres die agame Form zu Andrieus inflator Hartig (Cynips, Aphilothrix). Andricus globuli Hartig. Galle faſt vollkommen kugelig, 7-10 mm, mit dem Zweig verwachſen, aber faſt 14. 16. 17. #7. 16. 18. 18. 19. 19. 20. 20. 21 Eichenknoſpengallen. 143 immer noch Deckſchuppen vorhanden; Spitzentheil meiſt mit kleiner, vertiefter oder kegelförmig hervortretender Nabe; jung grünlich, ſpäter lehmgelb bis ſchwärz— lich, mit weißlichen Wärzchen überſät; ein- kammerig. Quercus cerris. Weſpe & ? März, April des zweiten Jahres (vgl. 17). Synophrus politus Hartig. Galle nicht kugelig geformt. Galle von unregelmäßiger Geſtalt, als Verdickung der Zweigſpitze erſcheinend, einkammerig; bis 10—12 mm Durch⸗ meſſer; Blätter oder blattähnliche Gebilde tragend. Galle eine terminale, mit Blättern beſetzte Anſchwellung des jungen Triebes darſtel— lend. Quercus pedunculata, pubescens; ergibt die Weſpe (ſexuelle Form zu An- dricus globuli Hartig [Nr. 15]) im Juni. Andricus inflator Hartig. Galle trägt ebenfalls (aber verkümmerte) Blättchen und kommt an Quercus cerris vor. Vgl. 15. Synophrus politus Hartg. Gallen regelmäßig geformt. Galle (im Mittel) von Größe einer Erbſe, vereinzelte Deckſchuppen tragend, eiför— mig oder der Kugelform ſich nähernd oder knollig, blaſig, weißlich oder grün— lich, zum Theil mit rothem Anflug, ſaftig, 1—5fammerig. Quercus sessili- flora, pubescens. Weſpe & 2 April des erſten Jahres. (Spathegaster Hartg.: Ameristus Forst.; Manderstjernia Rad.) Neuroterus aprilinus Hrtg. Galle feine an der Mantelfläche ver— wachſene vereinzelte Blättchen zeigend. Galle mit ſaftreichen, rothen, abſtehenden Haaren reichlich bedeckt; eiförmig, 2˙7 bis 45 mm hoch, (friſch) grün oder röthlich, nur an der Baſis die Kuoſpenſchuppen tragend; einkammerig; im Frühjahr aus nadelkopfgroßen Axillarknoſpen der letzt— jährigen ſchwächſten Zweige. Quercus pubescens. Weſpe in der erſten Hälfte Mai. Agam. (Spathegaster Giraudi Tschk.: Liodera.) Dryophanta flosculi Gir. Galle ohne abſtehende ſaftige Be— haarung. Galle nur 2—3 mm hoch, deutlich kegel— förmig, ſeltener kugelig, braun, meiſt mehr als zur Hälfte von den Knoſpen— ſchuppen eingebettet; Quercus sessili- flora; Blattachſeln. Ergibt die agame Form zu Andricus curvator Hrtg. (Cy- nips; Aphilothrix.) Andricus collaris Hartg. Galle eiförmig oder mehr der Kugel— form ſich nähernd, die beiden Pole durch kegel- oder körnchenartige Erhabenheiten markiert. Galle 35—5 mm Längen- und 2˙5 bis 35 mm Querdurchmeſſer, ei- oder läng— lich-eiförmig, gewöhnlich über die Hälfte von den Knoſpenſchuppen eingehüllt; (friſch) grün, oder (ſpäter) braun und ſchwach längsrippig; an der Spitze und 19 [er] meiſt auch am entgegengeſetzten Pole mit kleiner rundlicher Warze. Quercus sessi- liflora und pubescens. Gibt die agame Form zu Andricus ramuli L. (Cynips, Aphilothrix.) Andricus autumnalis Hartg. Galle braungelb, fein gerunzelt, mehr der Kugelform ſich nähernd, etwa 5 mm Durchmeſſer, an den beiden Polen (be- ſonders am oberen) mit ſtumpfkegelför— miger Spitze und mehreren unregel— mäßig vertheilten Höckern auf der Ober— fläche; Quercus sessiliflora. Agam. Weſpe im Frühling des nächſten Jahres. (Cy- nips: Aphilothrix.) Andricus Clementinae Gir. . Gallen von Hirſekorn- bis Kartoffel- größe; die Knoſpenſchuppen an der Baſis fehlend; verſchiedenſt geformt: glatt, kugelig, gehöckert, gelappt; oder in lange fädig⸗keulenförmige, mehr oder minder radial abſtehende Gebilde eingehüllt. . Galle turbanartig, aus zwei überein— andergeſtellten, tief abgeſchnürten Theilen beſtehend: Baſaltheil kiſſenartig (5 mm Quer-, 2˙3 mm Längendurchmeſſer) erwei⸗ tert, braunroth, zerſtreut mit weißen, ziemlich langen Wollhaaren bedeckt; dieſer Baſaltheil trägt einen knuoſpen— artigen, nach oben ſich kegelförmig ver— längernden, in einen oder mehrere faſe— rige Fortſätze endigenden, kurzwollig be— haarten und grob längsgefurchten Aufſatz. End⸗ und Achſelknoſpen; Quercus pu— bescens, pedunculata. Weſpe im Some mer des zweiten Jahres. Agam. Cynips galeata Gir. 2. Gallen anders geformt; von regelmäßi— ger oder unregelmäßiger Geſtalt. . Kugelgallen, mit oder ohne weißlichen Überzug, gehöckert oder glatt oder fein geädert; einkammerig. Gallen ohne Höcker, höchſtens mit ein— zelnen kleinen oder flachen Wärzchen oder ſchön facettiert; ganz kahl oder behaart oder mit weißlichem Überzuge. Gallen mit ſchuppenartiger Behaarung oder weißlichem Überzuge. Gallen von 5—10 mm im Durchmeſſer, mit weißlichem, ſtellenweiſe wohl auch fehlendem oder in der oberen Hälfte ein unregelmäßiges Netz bildendem Über— zuge; roſtroth bis ſchwärzlichrothbraun; im Spätherbſt vollkommen entwickelt. Quercus sessiliflora und pedunculata. Weſpe Mai, Juni. Agam. Cynips lignicola Hartg. Gallen erbſengroß; Oberfläche ſchön fa cettiert; Facetten mit kleinen glänzenden Wärzchen; anfangs grün, ſpäter braun, reichlich ſchuppenförmig behaart; blatt— achſelſtändig. Quercus pubescens, sessi- liflora, pedunculata. Weſpe im Auguſt desſelben Jahres. Agam. Cynips calieiformis Gir. 25. Gallen glatt. 27. Galle von 12—23 mm Durchmeſſer, it im Sommer grün, im September gelb— 19 — NO) [oT 23. 30. 31. 31. 32. 1 N Eichenknoſpenmotte. — Eichenläuſe. lich, mitunter mit kleinen Warzen beſetzt; gibt die Weſpe Ende September. Quer- cus sessiliflora, pubescens. Agam. Cynips Kollari Hartg. Galle von Erbſengröße; meiſt in größerer Anzahl beiſammenſtehend, dann öfter ſeitlich gedrückt oder in die Länge ge- ſchoben, grün, im Herbſt ſchmutzig gelb⸗ braun mit kleiner Warze an der Spitze; Quercus sessiliflora, pedunculata, pu- bescens. Agam. Weſpe November. Cynips conglomerata Gir. 24. Gallen gehöckert. Galle pokalförmig von 17—30 mm Durchmeſſer; das obere Drittel in Form einer ſcharfen, in einen Höckerkranz kro⸗ nenartig erweiterten Leiſte abgegrenzt; die Spitze mit kurzer oder kegelförmig vortretender Nabe; gelbbraun, hart, flach gekörnelt; im Spätherbſte ausgebildet. Quercus pubescens (sessiliflora). Weſpe im nächſten Februar. Agam. Cynips argentea Hartg. 28. Galle unregelmäßig gehöckert. 29. Galle 13—35mm im Durchmeſſer; auf der ganzen Oberfläche mit ſpitzen und ſtumpfen, unter einander häufig durch Leiſten in Verbindung ſtehenden Höckern beſetzt; ziemlich hart, braun, einzeln an Quer- cus pedunculata; Weſpe im Frühjahr. Agam. Cynips hungarica Hrtg. Galle 10—15 mm im Durchmeſſer, zer⸗ ſtreut mit rundlichen oder warzenför— migen Höckern beſetzt, rothbraun, blatt⸗ achſelſtändig. Quercus sessiliflora, pu- bescens. Weſpe im nächſten Frühjahre. Agam. Cynips tinctoria L. Gallen keine Kugelgallen; anders ge— formt; häufig mit platten⸗, lappen- oder flügelartigen, oder fadenförmigen An⸗ hängen; regelmäßig oder unregelmäßig geſtaltet; oder ſchwammig, knollenförmig; ein⸗ oder vielkammerig. Galle keine Iappen- oder plattenartigen oder fadenförmigen Auswüchſe und An- hänge zeigend. Galle im friſchen Zuſtande klebrig, gelb, zum Theil roth; im trockenen Zuſtande braungelb, von durchſchnittlich 10 mm Durchmeſſer, rundlich, an der Baſis auf⸗ geblajen, die Spitze grubig vertieft, ge- nabelt; einkammerig. Quercus peduncu- lata, sessiliflora. Weſpe März, April. Agam. Cynips glutinosa Gir. Gallen nicht klebrig. Schwammgalle von 20—40 mm Durch⸗ meſſer; meiſt end-, ſeltener achſelſtändig, knollenförmig, blaſsgelb bis bräunlich, mitunter etwas rothbackig; Kammern ſehr zahlreich; Mitte Mai ausgewachſen; Quercus pedunculata. sessiliflora, pu- bescens. Weſpe & 7 Ende Mai, anfangs Juni; zugehörige agame Form Biorhiza aptera (ſ. Eichenwurzelgallen); beherbergt oft Synergus facialis H. als Einmietler. (Dryoteras Först.; Apophyllus und Teras Hartg.) Biorhiza terminalis Fabr. 32. Galle rothbraun, kahl, 4—5 mm lang, ſcheinbar aus 2—3 an den Baſen ver⸗ wachſenen, kurzen, kegelförmigen, nach oben und außen gerichteten, auf einem kurzen, cylindriſchen, die Kammer ent⸗ haltenden Stücke ruhenden Gallen be⸗ ſtehend, welche in ihrer Mitte meiſtens eine kleine, mit einem Wollhaarkranze umgebene Warze einſchließen. Quercus pubescens. Weſpe im Mai des zweiten Jahres. Agam. (C. corruptrix Schlecht.) Cynips amblycera Gir. 30. Gallen Anhänge zeigend. 33. Galle klebrig; am oberen Theile mit einer dornlappigen Krone und in der Mitte mit einer Nabe verſehen; oder mit plattenförmigen Erweiterungen. Quercus pubescens. Das Übrige wie 31. (Cynips coronata Gir.) Cynips glutinosa Gir. 33. Galle (friich) nicht klebrig. 34. Galle von Kirſch- bis Wallnuſsgröße, fahlgelb, kugelig; die ganze Oberfläche in radial ſtarr abſtehende, in ein rothes Knöpfchen endigende, ſtiel- oder faden⸗ förmige Fortſätze eingehüllt; mehrkam⸗ merig; Quereus pedunculata, sessili- flora, pubescens. Weſpe im März, April. Agam. Andricus lueidus Hart. 34. Die Anhänge beſtehen nicht aus ge⸗ knöpften faden- oder ſtäbchenartigen Ge⸗ bilden. 33. Galle vielkammerig, hart, braun, nicht klebrig, mit vielen langen, auf- und ab⸗ wärts gebogenen, ungleichen, nach den Enden zu ſich verjüngenden, zum Theil zu Platten verwachſenen, dann mehr⸗ zipfelig endigenden Fortſätzen; reift im Herbſte. Quercus pubescens, sessili- flora; Weſpe im Frühjahr des zweiten Jahres. Agam. Cynips coriaria Hartg. 33. Galle einkammerig, anfangs grün, jpäter braungelb, verfehrt-fegelförmig, von ca. 10 mm mittlerer Länge, nach oben eine nahezu kreisrunde, 10 mm im Durch⸗ meſſer haltende, flache, von einem meiſt deutlichen ſcharfen Rande begrenzte und ein kleines Knöpfchen in der Mitte tra⸗ gende Scheibe bildend, deren ſcharfer Rand meiſtens noch in mehrere ſpitze, nach außen gerichtete Fortſätze erweitert iſt. Quercus pubescens, sessiliflora, pedunculata. Weſpe Ende October und anfangs November. Agam. (C. subter-. ranea Gir.) Cynips polycera Gir. l. Eichenknoſpenmotte, deutſcher Name für Coleophora lutipennella Zell. (ſ. d.). Hſch. Eichen läuſe. 1. Schildläuſe, Lecanium cambli Rtz.; L. ilicis L.; L. quercus Reaum. 2. Blattläuſe: Aphis quercus Klt.; A. quercea Kalt.; Lachnus (Dryobius) eroaticus Koch; L. roboris L.; L. quereus L.; Vacuna dryophila Schk. 3. Kolbenläuſe: Phyllo- xera coceinea Heyd. (quereus Boy. d. F.); Ph. corticalis Kalt. . Naben r re ee N — — — A & re Na Eichenminiermotte Eichenminiermotte, deutſcher Name für Tischeria complanella (ſ. d.). Eichenminier⸗ motten, ſ. Eichenblattminierer. Hſchl. Eichenmiſtel, j. Lovanthus und Viscum. Wm. Eichennutzholzzerſtörer, Käfer und deren Larven; und Schmetterlingsraupen. A. Käfer (nebſt Larven): 1. Lymexylon navale (Kapuzen⸗ larven; die Gänge mehr oder minder recht— winkelig auf einander ſtoßend). 2. Hylecoetus dermestoides (Kapuzenlarven; die Gänge ſich allmählich erweiternd, quer den Holzkörper durch— ſetzend). 3. Xestobium rufo-villosum Deg., Ano- bium pertinax L. und Ptilinus peetinicornis (gekrümmte, kleine, ſechsbeinige Larven [j. Ano- biidae, Anobiini]). 4. Lyctus canaliculatus (ſ. d.). 3. Platypus cylindrus (ſ. d.). 6. Apate capucina*). 7. Tomiciden (j. Eichenborkenkäfer). 8. Cerambyx cerdo (ſ. d. u. vgl. Eichenbod- käfer). B. Schmetterlingsraupen (16füßig): Cossus ligniperda (j. Cossidae, Cossus). Hſchl. Eichenprachtkäfer, an Eichen ſich ent⸗ wickelnde Bupreſtiden ſind folgende: Eury- thyrea austriaca L; Chrysobothris affinis F.; Chr. chrysostigma L.; Coraebus undatus; Cor. bifasciatus Ol.; Cor. elatus F.; Agrilus biguttatus F.; Agr. tenuis Rtz.; Agr. angu- stulus III.; Ag r. coryli Rdtb. Hſchl. Eichenproceſſtonsſpinner, deutſcher Name für Cnetocampa processionea (ſ. d.). Hſchl. Eichenrindengallen (ſ. Tafel zu „Eichen- gallen“), am Wurzelſtock und an den unteren Theilen der Stocklohden, am Stamme und an den Zweigen — der Rinde direct (nicht einer Knoſpe) entſpringende Gallen. 1. Gallen einkammerig, am Wurzelſtock oder am unterſten Theile der Stock- und Wurzelſchoſſe; in der Regel noch von Erde, Laub ꝛc. bedeckt. 2. Gallen frei, nicht von der Rinde bedeckt; fegel= oder becherförmig, kahl; meiſt zahl— reich, dicht gedrängt; 5—9 mm hoch. 3. Gallen kegelförmig, 5—6 mm hoch, im Durchſchnitte an der turbanartig ver— breiterten Baſis ebenſo breit, mit grober Streifung von der Baſis zur Spitze. An meiſt noch im Boden ſteckenden Theilen tief ſitzender Stock- und Wurzel- lohden. Ergibt die agame Form zu A. testaceipes Hartg. (Aphilotrix; Cal- lirhytis Först.). Andricus Sieboldi Hartg. 3. Galle becherförmig, 7—9 mm hoch, 35—5 mm oberen Durchmeſſer, bis zur Hälfte oder bis zum oberen Rande mit der Spitze in der Rinde von Über— wallungsſtellen alter Eichen eingebettet. Ergibt die agame Form zu Andricus gemmatus Adi. (Aphilothrix). Andricus cortieis L. 2. Gallen zum Theil von der Rindenhaut 9) Käfer walzig, ſchwarz, Flügeldecken und Bauch iegelroth; Halsſchild kapuzenförmig, dicht getörnt, die örnchen am Vorderrande und an den Seiten größere Höckerchen bildend; Flügeldecken tief und verworren punf- tiert. 8—15 mm; gehört zur Anobiidengruppe Apatini. Larven buckelig; erſter Bruſtring ſtark kapuzenförmig er⸗ weitert. Larvengänge verworren. Kann an Eichenvorräthen großen Schaden anrichten. . — Eichenrothfäule. 145 bedeckt, 2—3 mm aus derſelben hervor- tretend; kugel- oder eiförmig, lehmgelb, hart, äußerlich ungefurcht; Flugloch an der Spitze. Die zugehörige ſexuelle Form unbekannt (Aphilothrix). Andricus rhizemae Hart. 1. Gallen an oberirdiſchen, jüngeren Zwei— gen und Trieben; theils frei, dann zu traubigen oder knolligen Maſſen zu⸗ ſammengedrängt (ſelten einzeln); oder von der Rinde oder Rindenhaut bedeckt, als ſehr kleine Puſtelchen, oder als keulenförmige Triebverdickung ſich dar⸗ ſtellend. 4. Gallen an Quercus pedunculata und pubescens; 1'3 mm lang; zwiſchen Rinde und Holz, oder im Holze ſelbſt liegend; äußerlich nicht ſichtbar, und als kleine, 15—2 mm im Durchmeſſer haltende Puſtelchen an der Oberfläche jüngſter Triebe hervortretend, welche bei Quer- cus pubescens von den Rindenhaaren verdeckt ſind. Fluglöcher oft in großer Anzahl an einem Triebe, wie Nadelſtiche. Weſpe Ende September, iſt die ſexuelle Form zu Andricus radieis (ſ. Eichen- wurzelgallen) [Andricus noduli Hart.; Aulax fecundatrix Gir. ]. Andrieus trilineatus Hartg. Gallen an Quercus cerris. . Gallen unter der Rinde verſteckt, an den jungen Trieben keulige Verdickungen (bei dicht gedrängter Anhäufung) oder kleine Beulen (bei einzelnem Vorkommen) er- zeugend. Kammern vertical zur Zweig— achſe; agame Weſpe (Dryophanta). Neuroterus macropterus Hart. Gallen frei. . Gallen von ſtark Hanfkorngröße, kugelig oder verfehrt-eiförmig bis keulig, kurz- geſtielt, mehr oder weniger dicht ge— drängt, um den Zweig herumſitzend. Einkammerig. Agam. Dryocosmus cerriphilus. 6. Gallen kurzfilzig, nach Größe und Form verſchieden; Hanfkorn- bis Wallnujs- größe, Knollen bildend. Mit kurzem Stiele auf dem Holze aufſitzend; bei Anhäufungen unregelmäßig verdrückt; im Hochſommer blaſsgrün, im Spätherbſte gelb bis bräunlich. Einzelne Gallen von Erbſen- bis Haſelnuſsgröße (Cynips). Agam. Aphelonyx cerricola Gir. . Hſchl. Eichenrothſäule. Unter den Krankheiten des Holzes der Eiche zeichnen ſich einige Arten dadurch aus, daſs die durch Pilze erzeugte Zer— ſetzung eine braunrothe Färbung des Holzes herbeiführt. Am häufigſten tritt als Erzeuger der Rothfäule der Eiche Polyporus sul- phureus auf, deſſen Mycel die bei der Zer⸗ ſetzung ſich bildenden Riſſe und Hohlräume aus- füllt und gewaltige Pilzkörper zu bilden ver— mag. Seltener iſt es Fistulina hepatica, die eine tiefer ſchwarzbraune, und Daedalea quereina, welche eine graubraune Färbung des Holzes hervorruft. Oft bezeichnet man als rothfaul auch ſolches Eichenholz, welches durch Oe Y Oe Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 10 146 Thelephora Perdix oder Stereum hir- sutum krank gemacht worden iſt. Jenes iſt durch die weißen Flecken, letzteres durch die weißen Streifen auf braunem Grunde charak— teriſiert. Auch Polyporus dryadeus färbt das Holz dunkler, doch treten neben einander regel— los helle und rothbraune Stellen neben unver— änderten Partien von normaler Eichenholzfarbe auf. An verbautem Holze kann Merulius lacry- mans eine Rothfäule des Eichenholzes her— vorrufen, welche von derjenigen, welche Poly- porus sulphureus erzeugt, in der Färbung nicht verſchieden iſt, ſo daſs für das unbewaffnete Auge nur die äußeren Myeelbildungen den Charakter der Krankheit bezeichnen. Hg. Eichenſchädlinge recrutieren ſichaus Säuge— thieren (wildlebenden wie zahmen), Vögeln und Inſecten. Von den letzteren beſonders findet eine ſehr große Anzahl ihre Entwicklung an dieſer Holzart; Kaltenbach führt deren über tauſend Arten an. I. Säugethiere. A. Wildthiere: 1. Hochwild. Verbiſs trifft Eiche weniger als Eſche, Roth- und Hainbuche; und bei reichlichem Vorkommen der genannten Holzarten, beſonders aber von Aſpen, Sahlweiden, Weißtanne, bleibt Eiche meiſt gänzlich vom Verbiſſe verſchont; heilt übrigens vermöge reichen Reproductions— vermögens die erlittenen Verluſte leicht aus. Rückſichtlich des Schälens nimmt die Eiche in der freien Wildbahn unter den Laubhölzern den erſten Platz ein. Hauptſächlich ſind es Stocklohden oder kräftige Kerngewächſe im 15—20—23jährigem Alter. Die Schälſtellen überwallen bei der Eiche raſch und wohl am vollkommenſten unter den bedrohten Holzarten. Die Gefahr des Gefegt- und Geſchlagen— werdens hängt, wie bekaunt, weniger von der Baumſpecies als vielmehr von der Menge des Vorhandenſeins und der Art ihrer Betheiligung an der Beſtandesbildung ab. Einzeln einge— ſprengt, leidet die Eiche, wie jede andere Holz— art, in hohem Grade. Den Eichelſaaten (Rillen— ſaaten) wird durch das Heraus hauen und Ausziehen der Keimlinge und Abäſen der jungen Saatpflanzen nicht unerheblicher Schaden zugefügt; ingleichen durch Verliegen und Vertreten der Pflanzen in den Cul— turen; — und ſchließlich ſei noch des Aufäſens der Eichelmaſt Erwähnung gethan. 2. Dam⸗ wild verbeißt meiſt intenſiver als Roth— wild und betheiligt ſich überhaupt an allen den oben aufgezählten Beſchädigungsarten. Ob Eiche vom Dam (in der freien Wildbahn) geſchält wird, dafür liegen keine Beobachtungen vor. Überhaupt ſchält dieſe Wildgattung nur höchſt jelten (vgl. Tanne). 3. Rehwild wird der Eiche nachtheilig durch Verbeißen und Fegen, obwohl durch letzteres die Eiche we— niger betroffen wird als die meiſten übrigen Holzarten. 4. Nager: Haſen wie Kaninchen ſcheinen Eiche nicht zu ſchälen; wohl aber thun dies die nicht jagdbaren kleinen Nager, das Eichhörnchen, die Schlaf- und Wühl⸗ mäuſe und die echten Mäuſe (Murini), wenn auch im Verhältnis zu anderen Holzarten in nur geringem Maße (Myoxus glis und Myoxus avellanarius; Arvicola glareolus). Unter den Wühlmäuſen nimmt in Bezug auf Schädlichkeit Eichenſchädlinge. die Mollmaus (Hypudaeus amphibius) den erſten Platz ein. Wurzelſchnitt bis zu 4 em Stärke und Benagen des Rhizoms unter dem Boden bis dicht über demſelben. Am Auf- zehren der Eichelmaſt betheiligen ſich die genannten kleinen Nager alle, mit Ausnahme der Mollmaus. Das Eichhörnchen ſchädigt die Saaten durch Ausſcharren der ankeimen⸗ den Saateicheln, deren Kotyledonen es nach— ſtrebt. B. Die Hausthiere, inſofern ſie rüd- ſichtlich der Waldweide hier in Betracht fom- men können, ſchaden in ähnlicher Weiſe wie Hoch-, Dam- und Rehwild durch Verbiſs und durch Vertreten und Verliegen der Culturen und jüngeren Beſtände. Immerhin aber gehört Eiche zu jenen Holzarten, welche vom Weide— vieh, mit Ausnahme des Pferdes, minder gern genommen werden. Unter den Vögeln iſt nur der Eichelheher (Garrullus glandarius) [Ver⸗ zehren und Verſchleppen der Eicheln] und der große Buntſpecht (Dendrocopus major) zu nennen; letzterer durch das Anſchlagen der Bäume, was am Altſtamme gleichgiltig, am friſchen Heiſter aber doch wohl nur äußerſt ſelten vorkommen wird. Das größte Contingent bilden unter den Eichenſchädlingen C. die In⸗ ſecten: 1. Gallenerzeuger (j. Eichengallen). — 2. Blattminierer (j. Eichenblattminierer). — 3. in Geſpinſten lebende Raupen (Eichenblattgeſpinſte); darunter die wichtigſten: a) 16füßig: Gastropacha lanestris, Gastropacha neustria, Cnethocampa processionea, Porthesia chrysorrhoea, Teras ferrugana, Tortrix viri- dana; b) 10füßig: Cheimotobia brumata (ſ. d.). — 4. Frei an den Blättern freſſende, keine Geſpinſte anfertigende Raupen und Larven: a) 20—22füßig (ſ. Eichenblatt- weſpen). b) 16füßig: Oeneria dispar, Ocneria monacha und die beiden Bürſtenraupen von Da- sychira pundibunda und Orgyia antiqua (ſ. d.). e) 6beinige (Blattkäfer-) Larven: Haltica ole- racea L. und Haltica erucae Ol. (ſ. d.). — 3. An Blättern, Knoſpen und jüngſten Trieben nagende Käfer: Melolontha vulgaris, Melo- lontha hippocastani; Haltica oleracea L., Hal- tica erucae; die Rüſſelkäfer: Rhynchites pau- xillus Germ. (Anbohren der jungen Triebe); Strophosomus coryli L. (Benagen der Knoſpen und der Rinde jüngſter Triebe); Brachyderes in- canus L. (ebenjo), Polydrosus micans Eb. (Knoſpenfraß); Otiorhynchus pieipes F. (Be⸗ nagen der Rinde); ferner die Weichkäfer Can- tharis obscurus L. und Cantharis fuscus (Be⸗ nagen der Schoſſe). — 6. Blattwickel erzeu⸗ gend (j. Eichenblattwickel). — 7. Blatt- und Schildläuſe (ſ. Eichenläufe). — 8. An den Wurzeln freſſende Larven und Raupen. a) 6beinige Larven: Meloloutha vulgaris, hip- pocastani und Polyphylla fullo (Engerlinge), Elateridenlarven (Drahtwürmer). b) 16füßige (Agrotis-) Raupen, ſog. Erdraupen. — 9. Die Samenzerſtörer (ſ.Eichelzerſtörer).— 10.3 wi⸗ ſchen Rinde und Holz, zum Theil im Holzkörper nagend (j. Eichenbock-, Eichen⸗ borken- und Eichenprachtkäfer). — 11. Den Holz⸗ körper zerſtörend (ſ. Eichenholzzerſtörer). Alles Nähere enthält der der betreffenden Spe— cies gewidmete Artikel. Hſchl. U „ TT n . — * 5 * 4 1 4 * ’ * X f |; | 0 8 N 4 B L #4 ö Pur 4 | u 0 u Zu Artil { ‚eilw. Benützung der Tafeln v.D* G.Mayr undNat 1 chlereth del GHenscheluMB. Schlere Enerklopädie d 0 1 Andricus Sieboldi. 2 Dryocosmus cerriphilus. 3 Andricus trilineatus. 4 Andricus nosa.1) Cynips amblycera.il Cynips galeata.12 Cynips calieitormis.13 Andricus a, auf 7 Andricus circulans. 18 Andricus burgundus. 19 Andricus, a, cydonias, b,testaceipes. 20 er Andrio us umaeformis. 22. a, Neuroterus fumipennis,b,soltans. 23 Neuroterus laeviuscuhl | 28 Oyrups caput medusae. 29. Cyrups calicis. 30 m mnultiphcatus. j Verlag von Jagdwissenschaften. 19 Gyrips Kollari. 6 Cyrips conglomerata. 7 8 I Cynips hgrüocla. & Cynips polycera9 Cytups gluti, b; collaris, c,globuli. + Synophus politus 15 Andrious infletor.16 Neurot aprilimus hanta disticha, b,Trigonaspis.renum. 21.a, Dryophanta longiventris, b,Andricus curvotor, woterus numismalis. 25 Andricus amenti. 26 Andricus aestivalis.27 Andrieus grossulariae „Wien und Leipzig. r 1 Eichenſchälwald Eichenſchälwald, über ſeine Cultur ſiehe Eichenerziehung sub 1e ſowie Schälwald und Lohhecke. Gt. Eichenſchälwaldbetrieb iſt derjenige forſt— liche Betrieb, bei welchem ein vorherrſchend mit Eichen beſtockter Niederwald vornehmlich auf Gerbrinde (Spiegelrinde) genutzt wird, während die Holzproduction nur untergeordnetes Wirt— ſchaftsziel bleibt. Der Umtrieb ſchwankt meiſt zwiſchen dem 15. und 18. Lebensjahre des Be— ſtandes. Die zweckmäßigſte Umtriebszeit erkennt man an dem Wachsthumsgange der Ausſchläge. Sobald über dem Wurzelknoten die Rinde rauh und riſſig zu werden anfängt und die gleich— mäßige ſilbergraue Färbung dort verliert, iſt die Zeit des Abtriebes gekommen. Hinſichtlich der Forſteinrichtung der Eichenſchälwälder iſt zu erwähnen, daſs jo viele Schläge abzutheilen ſind, als der Umtrieb Jahre umfaſst. Es wird die rein geometriſche Schlageintheilung vorge— nommen, und es bedarf bei der gewöhnlich vor— handenen Gleichmäßigkeit des Standorts nicht der proportialen Schlageintheilung. An den Enden der Schlaglinien ſind Schlagſteine zu ſetzen. Iſt die Schlaglinie mehr als 100 m lang, ſo empfehlen ſich außerdem Zwiſchenſteine. Die Schläge reiht man meiſt von Weſten nach Oſten oder von Südweſten nach Nord— oſten aneinander, um die rauhen Oſt- und Nordoſtwinde thunlichſt durch vorliegende alte Schläge abzuhalten. Bei neubegründeten Schäl— wäldern, die in der Hauptſache Kernpflanzen tragen mit langſamem Wuchs und geringwertiger Rinde, kürzt man gewöhnlich den erſten Umtrieb auf 10 Jahre ab. Nr. Eichenſchildläuſe, ſ. Eichenläuſe. Hſchl. Eichenſplintkäfer, deutſcher Name für Sco— lytus intricatus Rtzb. (ſ. d.). Hſchl. Eichenſpringrüſſelkäſer, deutſcher Name für Orchestes quercus L. (ſ. d.). Hſchl. Eichentriebzünsler, deutſcher Name für Phycis tumidella Zck. (ſ. d.). Hſchl. Eichenweißfäule nennt man diejenigen Zerſetzungserſcheinungen des Eichenholzes, bei denen die urſprüngliche normale Holzfarbe einen auffallend helleren Ton bekommt. Am häufigſten erzeugt Polyporus igniarius eine gelblichweiße Zerſetzung, ſeltener Hydnum diversideus eine hellaſchfarbene oder Polyporus fomentarius eine ſchmutziggrauweiße Farbe. Durch den Proceſs der Wundfäule, durch welche Aſtſtummel beim Abſterben zerſetzt werden, und wobei ſehr verſchiedenartige ſaprophytiſche Pilze eine Rolle ſpielen, wird ebenfalls das anfänglich braune Holz weiß gefärbt. Man kann hierhin auch die Splintfäule zählen, welche durch verſchiedene Pilze an ſolchem Holz erzeugt wird, welches nicht von echten Paraſiten befallen, ſondern aus anderen Gründen abgeſtorben iſt. Hg. Eichenwickler, ſ. Eichenblattgeſpinſte, B. 2. (Wickler). Hſchl. Eichenwurzelgallen, von Gallweſpen her— rührend und die agame Form der Weſpe liefernd. Zwei Arten: 1. Galle hart, holzig, rauhrindig, dunkelbraun, nuſs- bis fauſtgroß; Kammern ſehr zahlreich, eiförmig, geräumig; Vorkommen: meiſt ſeicht im Boden liegend, un— weit vom Wurzelſtock. Alte Bäume von Quer- — Eichhörnchen. 147 cus robur. Die Gallen liefern (April) die agame Form zu Andricus trilineatus Hrtg. (Andricus noduli Hartg. Aulax fecundatrix Gir.) [vgl. Eichenrindengallen]. Andricus (Aphilothrix) radieis Fabr. 2. Galle von Größe und Form einer Erbſe oder Kirſche; ſeltener einzeln; meiſt zu vielen an einem Punkte, dann ſich gegenſeitig preſſend, abplattend, zu einem Knollen ſich vereinigend; Gewebe locker. Kammern groß, eiförmig, von einer dünnwandigen, gelben Kapſel umgeben; die Durchmeſſer bis 4—6 mm; ihre Zahl mit der Größe der Galle ſteigend: 1—3—5—9. Vorkommen an federſpulenſtarken Wurzeln alter Eichen. Aus ihr die agame Form zu Biorhiza terminalis Fbr. (vgl. Eichenknoſpengallen). Biorhiza aptera Fbr. Hſchl. Eicher, ſ. Eichhorn. E. v. D. Eichhoff, W., kaiſerlicher Oberförſter zu Chateau⸗Salins in Lothringen, hervorragender Eutomologe und auch unter dem forſtlichen Publicum rühmlichſt bekannt durch ſein claſſi— ſches Werk: Die Europäiſchen Borken— käfer (mit 109 Originalabbildungen), Berlin 1881. — Ich muſs mich auf dieſe kurze Notiz beſchränken, da die von mir erbetene biogra— phiſche Skizze leider ausgeblieben iſt. Hſchl. Eichhörnchen, Eichkätzchen, Eicher, Seiurus vulgaris L., zur Nagerfamilie Hörn— chen (ſ. d.) gehörig. Körperlänge bis 42—45 em (davon kommen 20 em auf den zweizeilig be— haarten Schweif) bei etwa 10 em Schulterhöhe. Augen groß, weit hervortretend; Schnurren ſchwarz; die Ohren mit ſteif aufgerichteten Haarpinſeln; Lippen und meiſt auch die Kinn— gegend grauweiß. Farbe nach Jahreszeit und Breiten ſehr veränderlich: fuchsroth, braun, braungrau, grau bis rein ſchwarz; bei allen Farbenänderungen iſt nur die Bauchfarbe con— ſtant weiß. Gefleckte und ganz weiße Exemplare kommen vor, aber ſehr ſelten. — Das Eich— hörnchen findet ſein Verbreitungsgebiet über ganz Europa und Nordaſien, iſt aber überall an das Vorhandenſein von Wald gebunden. Nadelwald zieht es dem Laubwalde (wenigſtens dem reinen Laubwalde) vor. Mit vorzüglichem Kletter- und Sprungvermögen ausgerüſtet, bil— den die dichten Baumkronen der Wälder ſeine eigentliche Welt. Seine Neſter, welche es da oben baut, ſind aus Moos, Zweigen, Bart flechten, Rindenſtückchen, Laub u. dgl. zuſam mengefügt, mit von der herrſchenden Windſeite abgekehrtem Eingange. Solcher Neſter baut das Eichhörnchen mehrere, oft bis S—10; aber nur ſelten findet man eines vollſtändig ausge— führt, d. h. bis auf die Eingangsöffnung ganz geſchloſſen. Die Nächte verbringt das Eich hörnchen mit Schlafen; aber auch an ſtürmi ſchen Tagen und bei ſtarker Winterkälte oder im Sommer bei großer Hitze ſucht es ſeine Zuflucht in einem ſeiner zahlreichen Neſter, rollt ſich ein und ſchläft. Das Eichhörnchen be— gattet ſich das erſtemal im März; bringt nach vierwöchentlicher Tragzeit 3—4 blinde, nach 9 Tagen ſehende Junge zur Welt; ſäugt ſie 4 Wochen lang, und nachdem die junge Ge ſellſchaft mit der Eichhörnchentechnik genügend 10 * 148 Eichhörnchen. vertraut gemacht worden iſt, wird im Juni für ein zweites Wochenbett Vorſorge getroffen. Im Herbſte endlich vereinigt ſich nicht ſelten die ganze vielköpfige Familie, die älteren mit den jüngeren Geſchwiſtern, um nun in größeren Geſellſchaften unſere Wälder zu beleben und ihr Unweſen zu treiben. Denn obwohl eine der ſchönſten Zierden der Forſte, ſo läſst ſich doch nicht leugnen, daſs die Verheerungen, welche durch dieſen niedlichen Kletterer der Waldwirt— ſchaft zugefügt werden, derart empfindliche ſind, daſs man bei aller Zuneigung, die man für das Thier hegt, unmöglich bloß paſſiver Zu— ſchauer bleiben und nicht anders kann, als zur Flinte zu greifen Wenden wir uns nun dem Sündenregiſter zu. Die durch das Eichhörnchen zugefügten Schäden ſind theils als directe, theils als indirecte zu bezeichnen. Zu den letzteren ſind die Räubereien zu rechnen, welche es an den Vogelbruten, an den Eiern und Jungen verübt und wodurch gar mancher Inſectenfreſſer für den Forſtſchutz ver— loren geht. — Die dem Walde zugefügten di— recten Beſchädigungen find: 1. Auffreſſen der Waldſämereien: Bucheln, Eicheln, Nadelholzſamen jeder Art (beſonders auch Zirbe), Nüſſe. — 2. Aus⸗ ſcharren der Saateicheln und Saatbucheln in den freien, beſonders Rillenſaaten. — 3. Ab⸗ beißen der jungen Keimpflanzen (Xaub- und Nadelhölzer) und Verzehren der Kotyle— donen. — 4. In ſchon mehr erſtarkten Saaten der Frühjahrculturen (Juni) Ausgraben der Keimpflänzchen (Eichen) und Abbeißen und Verzehren der noch mit den Kernſtücken be— hafteten Wurzeln. — 5. Ausbrechen und Ent- ſchuppen der Nadelholzzapfen, um zu den von den Schuppen bedeckten Samen zu gelangen. Unter allen Sämereien liebt das Eich— hörnchen die Zirbelnüſſe wohl am meiſten und unternimmt förmliche Wanderungen, um zu denſelben zu gelangen. Das im ſteten Fort— ſchreiten begriffene Zurückweichen dieſer Holzart in den Hochalpen kann daher wohl auch zum Theil dem Eichhörnchen mit zur Laſt gelegt werden. — 6. Abbeißen der mit Blüten⸗ knoſpen beſetzten Nadelholzzweige (vor— wiegend Fichte, Tanne) [j. Abbiſſel. — 7. Ab⸗ beißen der Triebſpitzen, beſonders der Fichten (wohl auch Kiefern), Jungorte (ſ. Ab⸗ bilie). — 8. Schälen der Laub- und Na⸗ delholzbäume, u. zw. an den erſteren auf Grund der vorliegenden Beobachtungen faſt ausſchließlich mit Umgehung der Saftzeit, von Juni-Juli angefangen, oder wohl auch in den Spätſommer-, Herbſt- und Wintermonaten bis Februar; bei den Nadelhölzern hingegen fallen dieſe Schälſchäden faſt ausſchließlich in die Zeit des regſten Wachsthums, alſo etwa Mai bis Juli. In einzelnen Fällen wurde beobachtet, daſs die ſchälenden Individuen faſt ausſchließ— lich Weibchen waren, und daſs die ſtärkſten Beſchädigungen ſich in der nächſten Umgebung ihrer Neſter befunden haben. Unter den Nadel- hölzern ſcheinen Lärche und Kiefer am meiſten, Tanne am wenigſten angegriffen zu werden. — Die meiſten Schälungen kommen im Alter von 15--20— 30 Jahren vor; ſeltener in jüngeren; 3 5 STE > . noch jeltener in älteren (bis 90jährigen) Be⸗ ſtänden (Fichte und Weißtanne). Geſchält wird nur der Stamm, nicht aber auch die Aſte, und verbreiten fich die Schälſtellen an Stangen mitunter über die ganze Länge herab, bis wenige Meter über dem Boden (Lärche). Je nach Größe und Form der Wunde führen dieſe Verletzungen zum Dürrwerden entweder nur des Wipfels, oder aber des ganzen Stammes, oder auch wohl zum theilweiſen ſeitlichen Ab⸗ ſterben der Beaſtung. Geringere Schälwunden werden ausgeheilt. Man unterſcheidet mit Rück⸗ ſicht auf die Form der Wunden: die plätze⸗ weiſe Schälung (Anplätzen), das Ringſchälen (Ringelung, Spiralringelung), das Rie⸗ menſchälen (Losreißen ſchmaler langer Rin⸗ denſtreifen) und das Kahlſchälen. Sie alle laſſen mehr oder minder deutlich die Zahn— ſpuren erkennen. Beim Anplätzen oder Plattenſchälen bleiben Rindenpartien zwiſchen den Wundſtellen in größerer oder geringerer Ausdehnung un⸗ verletzt und unter ſich im Zuſammenhang. Die Größe der Wundſtellen ſelbſt ſchwankt von 0°5 bis 10 em und darüber. Dieſe Schälſtellen ſtehen häufig in einer gewiſſen Regelmäßigkeit etagenförmig über einander, Etagenſchälung, oder ſie umfaſſen den betreffenden Stammtheil ganz. In dieſem Falle nimmt das Platten- ſchälen die Form des Ringſchälens an, und nehmen dieſe Ringe (bei einer geringen Breite von meiſt nicht mehr als 2—3 em) einen ſpi⸗ raligen, öfter bis 5—10 Umgänge zeigenden Verlauf, dann wird die Ringſchälung zur Spiralringelung. Der Kahlſchälung be⸗ gegnet man häufiger in den oberen als in den unteren Partien der Krone. Sie iſt im weſent⸗ lichen eine Ringſchälung von oft ſehr beträcht- licher Ringhöhe, bei verhältnismäßig ſehr ge— ringem Durchmeſſer. Dieſe Form erinnert einigermaßen an von Hoch- und Rehwild ge⸗ fegte Stämme. Eine letzte Form der Schälung iſt das Riemenſchälen, wobei das Eichhörn⸗ chen die Rinde quer durchbeißt und ſie vom Stamme losreißt. Die Länge dieſer Streifen ſchwankt zwiſchen 3 und 70 em. Gewöhnlich wer⸗ den ſie von oben nach unten (ſelten umgekehrt) geriſſen. Kleinere Rindenſtücke werden gänzlich vom Stamme getrennt und, nachdem das Eich— hörnchen die ſaftige Baſtfläche benagt hat, zu Boden fallen gelaſſen. Die langen Riemen aber bleiben zum Theil als loſe Rindenfetzen am Stamme hängen, vertrocknen und werden erſt ſpäter vom Winde zu Boden geworfen. Nebſt der Baſtfläche der abgetrennten Rinde wird auch die bloßgelegte Jungholz- ſchichte benagt und der austretende Saf geleckt. — Das Schälen ſcheint nicht allen Thieren eigen, ſondern mehr individuell z ſein. Plötzliches Auftreten und ebenſo plötzliche Erlöſchen dieſes Übels auf lange Perioden is für dieſe Form der Waldſchädigung charaf teriſtiſch; ſowie die weitere Erſcheinung, da faſt ausſchließlich nur die kräftigſten Baun individuen davon betroffen werden. Für de. Schutz der Wälder gibt es nur ein Mittel, d. i. Abſchuſfs der Thiere gegen Gewährung einer entſprechenden Prämie. — Als die natür⸗ | Eichhörnchen. — Eid. lichen Feinde dieſes Schädlings ſind hervorzu— heben der Baummarder und die größeren Tag— raubvögel. B Hſchl. Eichhörnchen (Oſterreich) gehören zu jenen Thieren, bezüglich deren ſowohl das Occupationsrecht, als auch die rechtliche Fähig— keit, deſſen Eigenthum durch Occupation zu erwerben, ausſchließlich dem Jagdberechtigten zuſteht, deren Fang, Erlegung und Zueignung daher anderen Perſonen verboten iſt. Der Grund hievon liegt darin, daſs Fang und Erlegung der Eichhörnchen durch kein Geſetz anderen Per— ſonen als den Jagdberechtigten eingeräumt iſt und das Eichhörnchen in der Regel auf weid— männiſche Art erlegt wird. Über den durch Eichhörnchen angerichteten Wildſchaden ſ. Wild— ſchaden. Mcht. Eichhörnchen (Deutſchland) zählt in der Regel zu den jagdbaren Thieren, deren Er— legung nur dem Jagdberechtigten zuſteht. In Elſaſs⸗Lothringen wird dasſelbe jedoch zu jenen ſchädlichen Thieren gerechnet, welche nach dem Jagdgeſetze vom 7. Februar 1881 durch den Eigenthümer, Beſitzer oder Pächter eines Grund— ſtückes vertilgt werden dürfen (ſ. Jagdrecht). At. Eichkätzchen, ſ. Eichhorn. E v. D. Eichvogel, ſ. Habicht. E. v. D Eid (juramentum, jusjurandum, sacra- mentum) ijt die Verſicherung der Wahrheit einer Ausſage unter Beobachtung bejtimmter Formalitäten, insbeſondere unter Anrufung Gottes. Liegt der Inhalt der Ausſage in der Zukunft, d. i. in dem Verſprechen, etwas zu thun, ſo iſt der Eid ein promiſſoriſcher (juramentum promissorium), bezieht ſich der— ſelbe aber auf die Vergangenheit, auf eine Thatſache, ſo wird der Eid ein aſſertoriſcher (juramentum assertorium). Zu den promiſſoriſchen Eiden gehören der Eid des Regenten und der Unterthanen, der Fahneneid, der Dienſteid (ſ. d.) der Beamten, der Eid der Geſchwornen, Schöffen u. ſ. w. Die Be— ſtellung einer Sicherheit durch eidliches Ange— löbnis vor Gericht (cautio juratoria) iſt eben— falls ein promiſſoriſcher Eid. Der Offenbarungs— oder Manifeſtationseid (juramentum mani— testationis) iſt ein aſſertoriſcher bezüglich der Verſicherung, daſs der Schwörende kein weiteres Vermögen beſitze, ein promiſſoriſcher aber hin— ſichtlich des Verſprechens, von dem Vorfinden weiteren Vermögens Mittheilung machen zu wollen. Die eidliche Bekräftigung einer Zuſage, welche nach römiſchem und canoniſchem Rechte ſelbſt einem ſonſt ungiltigen Rechtsgeſchäfte Gil— tigkeit verſchaffte, iſt dem jetzigen deutſchen Privatrechte fremd geworden. Der Zeugen- und Sachverſtändigeneid iſt ein aſſertoriſcher, auch wenn derſelbe vor der Vernehmung mit dem Verſprechen geleiſtet wurde, nur die Wahrheit ſagen zu wollen, da der Gegenſtand der Ausſage immer der Ver— Zangenheit angehört. Ebenſo wird der Dienſteid u einem aſſertoriſchen durch die Berufung auf denjelben bei Behauptung einer Thatſache. Der in einem Civilproceſſe zugeſchobene, zurückge— ſchobene und auferlegte Eid iſt immer ein aſſer— toriſcher. Der gerichtliche Eid iſt nach allen ſeinen ä— —— ͤ—ͤ6—— — — — — —U—— — — Fr . . ... ——— 149 Beziehungen für Deutſchland einheitlich ge— regelt durch das Strafgeſetz vom 15. Mai 1871, die Strafproceſsordnung vom 1. Februar 1877, die Civilproceſsordnung vom 39. Januar 1877 und die Concursordnung vom 10. Februar 1877. Der Eid enthält dasjenige, was der Schwörende als wahr erklärt, die Eidesnorm (3. B. dass Zeuge die reine Wahrheit gejagt habe), und die Betheuerungs- (Eides-) Formel. Beide Theile zuſammen werden auch als Eides— formel bezeichnet. Der deutſche Gerichtseid iſt ein mono— theiſtiſcher, aber kein confeſſioneller, indem er mit den Worten: „Ich ſchwöre bei Gott dem Allmächtigen“ beginnt und mit den Worten: „So wahr mir Gott helfe“ ſchließt. Es beſteht ein Eideszwang, indem dieſer Eid auch von ſolchen geſchworen werden mujs, welche ſich als Atheiſten bekennen. Nur für Mitglieder einer Religionsgeſellſchaft, welcher (z. B. Men⸗ noniten) das Geſetz den Gebrauch gewiſſer Be— theuerungsformeln an Stelle des Eides geſtattet, beſteht eine Ausnahme. Der Eid muſs von dem Schwurpflichtigen in Perſon geleiſtet werden. Eine Stellvertretung (in animam domini) iſt nicht mehr zuläſſig. Die Eidesmündigkeit be— ginnt mit dem vollendeten 16. Lebensjahre, ſo— fern nicht wegen mangelnder Verſtandesreife oder wegen Verſtandesſchwäche die genügende Vorſtellung von dem Weſen und der Bedeu— tung des Eides fehlt. Die Verurtheilung wegen Meineides hat die dauernde Unfähigkeit zum Sachverſtändigen- und Zeugeneide, nicht aber eine ſolche zur Leiſtung eines anderen Eides im Civilproceſſe zur Folge. Der Eid iſt ein unentbehrliches Beweis— mittel im Straf- und Civilproceſſe. Der Strafproceſs hat nur den Zeugen— und Sachverſtändigeneid, da der jog. Rei— nigungseid (juramentum purgatorium) von Seite des Angeklagten, welcher z. B. noch in der unterm 12. Juni 1844 aufgehobenen ſchleswig— holſtein'ſchen Forſt- und Jagdverordnung vom 2. Juli 1784 zugelaſſen war, den jetzigen Rechts— anſchauungen nicht mehr entſpricht. Im Civilproceſſe ſtützt ſich der Zeugen— und Sachverſtändigenbeweis auf den Zeugen— und Sachverſtändigeneid, der Urkunden— beweis aber inſofern auch auf den Eid, als derjenige, welcher behauptet, nicht im Beſitze einer dem Gerichte vorzulegenden Urkunde zu ſein, dies eidlich erhärten muſs — Editionseid eid (juramentum diffesionis oder juramentum diffesorium), welcher die Ableugnung der Echt— heit einer Urkunde zum Gegenſtande hat, iſt im deutſchen Civilproceſſe nicht zuläſſig Obgleich die eidliche Vernehmung der Par— teien nach der deutſchen Civilproceſsordnung ausgeſchloſſen iſt, ſo erſcheint der Eid der Parteien nach derſelben doch als ein directes Beweis mittel. Derſelbe wird im Anſchluſſe an die Be ſtimmungen des römiſchen Rechtes unterſchieden in den freiwilligen (juramentum volun- tarium) und den nothwendigen oder Noth eid (juramentum necessarium). Der freiwillige Eid der Parteien (Schiedseid) hängt von dem Ermeſſen der 150 Eidechſe. ſelben ab und unterſcheidet ſich in den zuge— ſchobenen (juramentum delatum) und den , (juramentum relatum). Das Zuſchieben des Eides (Eidesantrag, Eides- delation) beſteht darin, daſs der Beweisführende (Producent, hier Deferent) erklärt, daſs er von der Behauptung einer ihm vom Gegner beſtrittenen Thatſache abſtehen wolle, wenn ſein Gegner (Product, hier Delat) ihm die Un— wahrheit derſelben eidlich erhärte. Schwört Delat nicht und überläſst dem Deferenten die eidliche Beſtätigung ſeiner Behauptung, ſo iſt dieſer Eid ein zurückgeſchobener, und aus dem Delaten wird der Referent und aus dem De— ferenten der Relat. Ein referierter Eid kann nicht von neuem zurückgeſchoben werden. Durch Leiſtung des Eides wird voller Beweis der be— ſchworenen Thatſache begründet, durch Ver— weigern desſelben das Gegentheil der zu be— ſchwörenden Thatſache bewieſen. Der nothwendige richterliche) Eid iſt der von dem Richter der einen oder anderen Partei für den Fall auferlegte, dafs das Er— gebnis der Verhandlung und einer etwgigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um die Über- zeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit der zu erweiſenden Thatſache zu begründen. Derſelbe erſcheint demnach als Ergänzungs— oder Erfüllungseid (juramentum supple- torium). Ein ſolcher Ergänzungseid iſt auch der ſchon durch das Reichshandelsgeſetz zur Ver— vollſtändigung der Beweiskraft ordnungsmäßig geführter Handelsbücher zugelaſſene Eid. Der Reinigungseid (juramentum purgatorium), welcher bei mangelhafter, den Gegner (Pro— ducten) verdächtigender Beweisführung dieſem auferlegt wird, iſt nach der deutſchen Civilpro— ceſsordnung nicht zuläſſig. Die Höhe eines ver— urſachten Schadens oder eines zu erſetzenden Intereſſes kann nach richterlichem Ermeſſen ent— weder durch Sachverſtändige oder durch eidliche Erklärung des Beweisführers (Schätzungs⸗ oder Würderungseid, juramentum in litem) feſtgeſtellt werden, wobei in letzterem Falle das Gericht den Betrag zu beſtimmen hat, welchen die eidliche Schätzung nicht überſteigen darf (taxationem jurejurando adjicere). Der bereits erwähnte Offenbarungs- oder Manifeſta⸗ tionseid iſt bei der Zwangvollſtreckung wegen Geldforderungen nach der deutſchen Civilproceſs— ordnung von dem Schuldner dahin zu leiſten, daſs er ſein Vermögen vollſtändig angegeben und wiſſentlich nichts verſchwiegen habe. Wird glaubhaft gemacht, daſs der Schuldner ſpäter Vermögen erworben hat, ſo kann derſelbe zur Leiſtung eines neuen Eides angehalten werden. Außerdem aber bleiben nach § 16, Abſ. 3 des Einführungsgeſetzes zur Civilproceſsordnung die Vorſchriften des bürgerlichen Rechtes über die Verpflichtung zur Leiſtung des Offen- barungseides in Kraft. Es gelten demnach auch noch die an das römiſche Recht ſich anſchließen— den particularrechtlichen Beſtimmungen über den Offenbarungseid, welchen der Erbe auf Antrag der Erbſchaftsgläubiger, Legatarien und Fidei— commiſſarien zur Feſtſtellung des Erbſchafts— beſtandes zu leiſten hat. Der Armeneid (jura- mentum paupertatis), durch welchen eine Partei nachzuweiſen hat, daſs fie die Proeeſskoſten nicht zu tragen vermag, wird nach der deutſchen Civilproceſsordnung nicht verlangt, da hier der fragliche Nachweis durch obrigkeitliche Zeugniſſe genügt. Der Gefährde- oder Calumnien⸗ eid (juramentum calumniae), d. i. das eidliche Verſprechen einer Partei, ihre proeeſſualiſchen Rechte nicht zur Chikane des Gegners miſs⸗ brauchen zu wollen, wurde in Deutſchland durch die Civilproceſsordnung beſeitigt. Die unbegründete Eides verweigerung von Seite eines Zeugen im Civil- und Straf⸗ proceſſe wird nebſt Verurtheilung zu den ver⸗ urſachten Koſten mit Geld bis zu 300 Mark, bei Uneinbringlichkeit der Geldſtrafe mit Haft bis zu ſechs Wochen beſtraft. Bei wiederholter Weigerung kann auf Haft bis zur Beendigung des Proceſſes in der Inſtanz erkannt werden, im Strafproceſſe jedoch nicht über 6 Monate, bezw. 6 Wochen bei Übertretungen. Gegen renitente Sachverſtändige kann, wenn die⸗ ſelben nach ihrer öffentlichen Stellung zur Ab⸗ gabe von Gutachten verpflichtet ſind, nebſt Er⸗ ſatz der Koſten eine Geldſtrafe bis zu 300 Mark und bei wiederholter Weigerung eine ſolche bis zu 600 Mark verfügt werden, welche jedoch im Falle der Uneinbringlichkeit nicht in Haft um⸗ gewandelt werden darf. Die wiſſentliche Verletzung eines promiſ⸗ ſoriſchen Eides iſt Eidesbruch, jene eines aſſertoriſchen Meineid. Als Eides bruch wird nach dem Reichs— ſtrafgeſetze mit Gefängnis bis zu zwei Jahren beſtraft die wiſſentliche Verletzung des Offen⸗ barungseides (einſchließlich des aſſertoriſchen der Civilproceſsordnung) und der eidlichen Sicherheitsbeſtellung. Die Verletzung der übri⸗ gen promiſſoriſchen Eide iſt ſtraffrei. Es haben dieſe Eide, als bloße Bekräftigung einer bereits vor der Eidesleiſtung beſtandenen Verpflichtung, demnach nur eine ethiſche Bedeutung. Der Meineid, d. i. die wiſſentlich falſche Leiſtung eines zugeſchobenen, zurückgeſchobenen oder auferlegten Eides ſowie des Zeugen- oder Sachverſtändigeneides wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren beſtraft, wobei auch noch auf Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte und auf dauernde Unfähigkeit zur eidlichen Vernehmung als Zeuge oder Sachverſtändiger zu erkennen iſt. Der fahrläſſige Meineid iſt mit Gefäng⸗ nis bis zu einem Jahre bedroht. Die wiſſentlich falſche Abgabe einer Ver⸗ ſicherung an Eidesſtatt, welche particular⸗ rechtlich in beſonderen Fällen zuläſſig iſt, wird mit Gefängnis von einem Monat bis zu drei Jahren beſtraft. Es kann hiebei auch auf Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. At. Eidechſe, ſ. Lacerta. Kur. Eidechſe. Legislatur in Sſterreich.) Durch § 9 des mähriſchen Vogelſchutzgeſetzes vom 30. April 1870, L. G. Bl. Nr. 36, „iſt das Fangen und Tödten der Eidechſen gänzlich unterſagt“. Durch 8 7 des Vogelſchutzgeſetzes ko Salzburg vom 18. Januar 1872, L. G B Nr. 7, „iſt das Fangen 5 Tödten der Ewechſen, ausgenommen in Häuſern, Höfen und Gärten und bei culturſchädlicher Überhandnahme derjel- ben, gemeinhin unterſagt“. Mcht. — Eon a U a Eidechſenlarven. — Eiderente. 151 Eidechſenlarven (eidechjenähnliche Larven), ſ. Larven der Inſecten. Hſchl. Eiderente, die, Somateria (Leach) mollissima Linné. — Anas Farnensis, Willugby. — A. Sti. Cuthberti Ray. — A mollissima Linné. Anser lanunginosus. — Somateria thulensis, danica, norwegica, islan- dica, borealis, feroensis, platyuros, megauros, planifrons. Leisleri, Cuthberti, Dresseri. Eiderente, -gans, vogel, -gansente, Eider, St. Cuthbertsente, St. Ruthbertsente, große weiß⸗ſchwarze Ente. Frz.: leider, l’ederdon, l’oie a duvet, le canard & duvet, le canard eider; ital.: edre- done, oca die plume mollissime, oca di pe- luria; jpan.: la oca del plumon, oca de floxel; portug.: pato de frouxel; engl.: theeider, eider- duck, St. Cuthberts duck, colk, edder-fowl; orfney.: the duntur goose; gäl.: lacha lochlan- nach; walliſ.: hwyad swythblu; holländ.: eider- eent, eidervogel; dän.: edderant, edderfugl, eddergaas; farör.: eiderblicke, aerblick; nor- weg.: edderfugl, aerfugl, aeesteig, aerbolte, gieldfugl, gieldaee; isländ.: aedarfugl, aedur- fugl;jchwed.:äd, äda,eider, ädarfogel, gudunge; grönländ.: mitek, merkit, arnaviak; finn.: haalka; lappländ.: hand, likka, muokke, hover; poln.: kaczka erdordrenowa; rujj.: gachka; böhm.: Kahajka obecnä, kajka obeena; kroat.: Lagana gavka; ungar.: lägy Dunna. Abbildungen: Naumann, Vögel Deutſchl. XII., T. 321, Fig. 1—3, T. 322, Fig. 1. — Fitzinger, Bilderatlas, Fig. 323. Beſchreibung. Die Eiderente nimmt ſchon wegen ihrer bedeutenden Größe den erſten Rang unter allen Tauchenten ein. Sie iſt ein ganz ſtattlicher, in ihrem Prachtgefieder ſogar ein ſchöner Schwimmvogel. Sie beſitzt ein ſehr dichtes, an einzelnen Körperſtellen vielfach zer— ſchliſſenes, aber doch weiches Gefieder, das aber an den Wangen des Männchens im Prachtkleide in eine ſteife, abſtehende, faſt borſtenartige Federpartie übergeht. Das Hochzeitskleid des Männchens ſteht jenem anderer Prachtenten wenig nach, obwohl dasſelbe nicht durch eine reiche Farbenabwechs— lung zu brillieren vermag. Stirn und Schlä— fengegend iſt ſchön ſattſchwarz, ſticht grell ab gegen das reine Weiß an Oberkopf, Hals und Rücken. Die Wangen ſind ſchön meergrün, durch das Abſtehen der Federn und den ſanften Glanz noch vortheilhaft gehoben. Auf der Vorderbruſt iſt das ſchwächere Weiß zart röth— lich überlaufen. Die reinweißen Oberflügel— deckfedern laſſen die braunſchwarze Farbe der Schwingen- und Steuerfedern ſcharf hervor— treten. Der Spiegel iſt tief ſammtſchwarz, Unterrücken und Bauch ſind ebenfalls ſchwarz. Die ſichelartig gekrümmten Tertiärſchwingen ſind glänzend reinweiß Der Schwanz iſt braun— ſchwarz, Bürzel und Schwanzdeckfedern etwas lichter. Die Unterflügel ſind weiß, die Schwin— gen glänzend grau, die Spitzen graubraun. Die äußerſt zarten, zerſchliſſenen Schulterfedern haben einen gelblichen Glanz. Am Kopfe zeigt ſich eine Federpartie ſchwach fleiſchfarbig bereift. Der Schnabel iſt olivengrün, auffallend ge— ſtreckt und reicht bis tief ins Stirngefieder hinein. Das Auge iſt glänzend lichtbraun, von hellen Lidern umrandet. Die Füße ſind ölgrün. Im Sommerkleide des Männchens ſtechen die Farben weniger grell ab. Der Kopf iſt düſterbraun, mit vereinzelten Flecken. Wangen und Kopfſeiten ſind ſchwarzbraun, und tönt ſich dieſe Farbe unvermerkt bis unter die Kehle hin ab. Der Hals iſt wieder düſterbraun, mit vielen ſchwärzlichen Flecken und Halbmonden gezeich— net. Rumpf und Schwanz ſind ſchwarz. Ober— rücken und Schultern ſind ſattbraun, mit etwas lichteren Federkanten. Die Deckfedern der Ober- flügel ſowie die ſichelförmigen Schwingen ſind weiß. Der Übergang aus dem Hochzeitskleide in das Sommergefieder iſt ein äußerſt langſamer, ſo daſs der Vogel völlig in jedem Monate andere Farbennuancierungen und Übergänge zeigt, ſelbſt noch nach der vollſtändigen Aus— fiederung zahlreiche Unterſchiede erkennen läſst. Das Weibchen iſt merklich kleiner als das Männchen und zeigt nie die grelle Abwechslung in den Federfarben. Es iſt mehr roſtfarben, zeigt an Kopf und Hals braune Längsflecken, zwiſchen welche ſich vielfach ſchwarze Halbmond— flecke einkeilen. Bruſt und Bauch ſind braun— grau, oft ſchwarzbraun gewölkt. Den Bruſt⸗ anfang markiert ein ſchmales, hellroſtbraunes Band. Oberrücken und Schultern ſind ſchwach roſtbraun, vielfach von unregelmäßigen dunk— leren Bändern und Linien durchzogen. Der Stoß iſt braunſchwarz, lichter berandet. Die Flügeldeckfedern ſind braungrau, mit dunkleren Halbmonden, Kanten und Flecken. Der Spiegel iſt ſchön chocolatebraun und trägt eine weiße Einfaſſung. Die Tertiärſchwingen zeigen ein röthliches Schwarzbraun, dunkleres und helleres Roſtbraun in bunter Miſchung und Ver— wäſſerung. Im Jugendkleide ſind Kopf und Wangen düſterbraun, von ſchwarzen Wellenlinien durch— quert. Kinn, Kehle und Hals zeigen ein von einem ſchwachen Grau überhauchtes Schmutzig— weiß. In dem bräunlichen Nackengefieder ſtehen zahlreiche braune Fleckchen hervor. Kropf und Oberbruſt ſind hellroſtbraun, von ſchwärzlichen Wellenſtreifen durchzogen und durch vereinzelte weiße Flecken unterbrochen. Das Dunkelbraun an Bruſt und Bauch iſt von weißlichen oder grauen Wellenlinien durchſetzt. Der Unterrumpf trägt in der braungrauen Grundfärbung ein beinahe ſchwarzes Querband. Oberrücken und Schultern ſind dunkelbraun, mit braunſchwarzen Streifen und roſtfarbigen Halbmonden. Unter— rücken und Bürzel zeigen braunſchwarze Grund— farbe mit hellroſtigen Federſäumen. Die Oberflügel zeigen in dem düſteren Graubraun wieder hellere, aber dunkler berandete Halbmonde. Der Spiegel iſt chocolatefarben, vorne ſehr ſchmal weißlich, hinten breiter und rein weiß eingefaſst. Die längeren Achſelfedern und Deckfedern der Vor— derſchwingen ſind braungrau, mit zartem Atlas— glanze. Der Schwanz iſt oben braunſchwarz, unten glänzend ſchwarzbraun, mit lichteren, ſchwachen Kanten. Das Weibchen unterſcheidet ſich ſchon im Jugendkleide von dem Männchen, iſt im allge— meinen weniger dunkel gefärbt, verſchiedenfarbig geſtrichelt und geſprenkelt. Hals, Kropf, Schul 152 tern und Rücken ſind frisch braunſchwarz. Der Spiegel iſt oben und unten von einem voll⸗ ſtändigen weißen Querſtreifen begrenzt. Im Dunenkleide herrſcht die braungraue Farbe vor. Das ganze Körperchen iſt mit einem langen, ſehr weichen, aber dichten, haarartig geſpitzelten Flaum bekleidet. Auf dem braun⸗ grauen Grunde ſetzt ſich ein ſchwacher Stich ins Grünliche an. Die Schläfen ſind ſchwarz— grau, von einem helleren Striche quer über das Auge durchſetzt. Bruſt und Bauch ſind weiß. Das der Eiderente eigenthümliche lange Geſicht iſt ſchon ſcharf ausgeprägt. Das Auge iſt ausdrucks— los grau, Schnabel und Füße hell bleifarbig. Die ausgewachſene Eiderente kommt an Größe jo ziemlich der jog. türkiſchen Ente gleich. Naumann führt als Größenverhältniſſe an: Länge 23—26 Zoll, Flugbreite 42—48 Zoll, Flügellänge 11—12 Zoll, Schwanzlänge 4 bis 4½ Zoll. Das Weibchen iſt kleiner und hat eine Länge von 20½ —23 Zoll, Flugbreite 39—42 Zoll, Flügellänge 10½% —11 Zoll und die Schwanzlänge 3 Zoll. Der Schnabel: Länge von der Spitze der Befiederung auf dem Stirn- Eiderente. firſte bis zum Ende des Nagels 23—23 Linien, vom Nagelende bis zur Spitze der Schnabel— arme neben der Stirn von 32 bis 39 oder gar bis zu 42 Linien; vom Mundwinkel bis vor 35—40 Linien; die Länge des Nagels 8 bis 10 Linien, deſſen Breite 6½ bis gegen 8 Linien; die Schnabelbreite gleich hinter dieſem 8 bis 9 Linien; an der Wurzel 10—11 Linien; die Schnabelhöhe hier 11— 14 Linien, zwiſchen Naſe und Nagel 7—8 Linien. Der Lauf (von dem Buge des Ferſengelenkes bis zum gemein⸗ ſchaftlichen Zehenballen) iſt gewöhnlich 2 Zoll lang, auch 2—3 Linien darüber, aber ſelten etwas weniger als 2 Zoll; die Mittelzehe mit der 5 Linien langen Kralle 2% bis volle 3 Zoll, manchmal noch einige Linien darüber; die Hin⸗ terzehe mit der 2½ Linien langen Kralle 9 bis 10½ Linien lang. Brehm gibt in ſeinem „Thierleben“ fol⸗ gende Maße an: Länge 63, Breite 52, Fittich⸗ länge 29, Schwanzlänge 9 cm. Behufs weiteren Vergleiches mögen hier noch einige weitere Maße von Exemplaren ver- ſchiedener Länder angereiht werden: Pr. Patrik Inſ. 5 5 Zntibhor 2 2 > — Grönland [Spitzbergen Island | Schweden Sylt Nordam | + J ee eee Totallänge ... 640 582] 600 380 394 540 610 570 620 385 650 645 | 590 Fittichlänge 300 290 295 283 284 278 280 272 290 | 280 320 315340 Stoßlänge 94 901 91 901 90 881 90 86 90 88 95 93 90 Schnabellänge . | 70] 68] 69 68] 69 68] 70 69] 70 701 72] 72 70 Lauflänge 47 46] 46 46] 46 46 47 45 47 46 48 47 46 Bezüglich der Maße bei den Weibchen | dafs ſie dichten Wolken gleich niedrig über das möge hier bemerkt werden, dajs ſämmtliche oben angeführten zu den allergrößten gehören, und daſs ich ſonſt zahlreiche Weibchen maß, welche ſtets um ein ſehr Bedeutendes hinter dieſen Maßen zurückblieben. Dieſe Zahlen wären daher ſo ziemlich als ein nicht allzu häufig vor— kommendes Größenmaximum zu betrachten. Verbreitung. Die Eiderente bewohnt den hohen Norden der geſammten Erde. Man findet ſie im Norden von Europa in großer Zahl, ebenſo aber auch in Aſien und Nord— amerika. Vom 55. Breitegrade bis etwas über den nördlichen Polarkreis hinaus iſt das Ge— biet ihres Sommeraufenthaltes. Spitzbergen beſucht ſie nur noch in geringerer Zahl, häu— figer dagegen Island, die Faröerinſeln, Schott— land, Schweden und Norwegen, die Lofodden, He— briden, Orkaden, Scheeren, Fünen, die nörd— lichſten Inſelausläufer von Schottland. Ferner bewohnt ſie den ganzen Norden von Ruſsland, ebenſo jenen von Aſien, wo ſie ſich beſonders in tiefen Buchten und den zahlloſen Halb— inſelchen und den nahen Inſelreihen in geradezu erſtaunlichen Mengen vorfindet. Den ganzen Norden von Amerika mit ſeinen Buchten, Golfen, Halbinſeln und Inſelgruppen bevölkert ſie ebenſo reich als Nordaſien. Nordiſche Fiſcher behaupten Stellen angetroffen zu haben, wo auf Flächen von einer Quadratmeile und darüber alles nur von Eiderenten wimmelte, und —: — — — — Meer hinſtrichen, wenn ein Dampfer luſtig auf ſie zuſteuerte, oder wenn einige Boote mit raſchen Ruderſchlägen nahten, um mit dem Feuerrohre unter ihnen Beute zu machen. Ihre ſüdlichſten Brüteplätze ſind auf Sylt, Bornholm, Seeland, Northumberland. Auf erſterer Inſel war ſie durch den Unverſtand der Bewohner ſchon nahezu ausgerottet, hat ſich jedoch in den letzten Jahren wieder ganz anſehnlich vermehrt, ſeitdem man damit begonnen hat, ihr eine ver— nünftige Hege angedeihen zu laſſen. Eine be- deutende Abnahme bemerkt man auch auf Grön— land, weil daſelbſt alle Rückſichten beiſeite geſetzt und mit einem wahren Vandalismus an ihrer Ausrottung gearbeitet wird. Die Neſter werden rückſichtslos geplündert, die Alten zu jeder Jahreszeit erlegt oder in Netzen gefangen. Einige Länder haben zum Schutze der Eiderente Geſetze geſchaffen, Verordnungen erlaſſen, die ſehr wirk— ſam ſein müſsten, wenn man dortſelbſt nicht auch das Sprichwort kennen würde: „Der Himmel iſt hoch und der Czar ſo weit.“ Zur Zeit der Wanderung vereinigen ſich nicht ſelten Schwärme von geradezu erſtaun⸗ licher Anzahl. Sie wandern gewöhnlich nur ſo weit, als ſie das Eis und die zugefrorenen Buchten zwingen. Ein großer Theil der Eider- enten des europäiſchen Nordens überwintert in den Buchten und Golfen im ſüdlicheren Schwe— den, auf den zunächſt liegenden Inſeln, im ht a ͤö!⏑ d L m -W ũ -w v Eiderente. 153 Kattegat, Jütland, Däuemark, Schleswig-Hol— ſtein, in der Nord- und Oſtſee, beſonders dort, wo der Golfſtrom immer offenes Meer erhält, kommen auch an die Küſten von Holland, Bel— gien und Frankreich. In Aſien ziehen ſie ſich in die tiefſten Buchten und ſelbſt in die Strom— läufe zurück. In Oſtaſien wandern ſie in die Behringsſtraße, wo ſie mit unzähligen Eider— enten des amerikaniſchen Nordens zuſammen— treffen und ſich dann an den Küſten vertheilen. Diejenigen Amerikaner, welche in den Atlantiſchen Ocean kommen, werden in ſtrengen Wintern ſogar auf Long Island angetroffen. Ein be— liebter Überwinterungsplatz iſt auch der tiefe Einſchnitt der Hudſons Bay mit ihren un— zähligen Buchten und Meerzungen. Obwohl die Eiderente ihre Wanderungen gerne auf dem Meere macht, ſo bequemt ſie ſich doch im Nothfalle auch dazu, von ihren Flügeln Gebrauch zu machen und einzelne Länderſtrecken zu überfliegen. Bei dieſer Gelegenheit werden ihrer nicht wenige durch widrige Winde oder Stürme jo weit verſchlagen, dass ſie nach Oſter— reich und Süddeutſchland kommen und dort auf größeren Seen oder ſelbſt Teichen beob— achtet werden können. P. Blaſius Hanf zählt die Eiderente zu den ſeltenen Irrgäſten in dem Bereiche des Furtteiches. Auch auf dem Boden— ſee wurde ſie ſchon wiederholt beobachtet. In mehreren Gegenden Deutſchlands wurden ſchon vereinzelte Eiderenten erlegt, bleiben jedoch immerhin eine große Seltenheit. Fortpflanzung und Lebensweiſe. Die im Herbſte ſüdlicher gewanderten Eiderenten verleben die kalte Zeit in den offenen Buchten, wohl auch am offenen Meere, meiſt in großen Geſellſchaften, Männchen, Weibchen, Alt und Jung, alles in trauter Vereinigung. Da ſie ſehr tief tauchen, ſind ſie an offenen Stellen nie in Gefahr, Mangel leiden zu müſſen. Um das Land kümmern ſie ſich wenig, wie alle anderen Meeresvögel. Sobald im Norden das Eis zu ſchmelzen beginnt, rüſten ſie ſich zum Zuge. Langſam, mit oft längeren Unterbrechungen ſtreben ſie ihren Brüteſtätten zu. Ein Schwarm nimmt den anderen mit, jo daſs ſich zuletzt beinahe unüberſehbare Scharen zuſammengethan haben und dort, wo ſie in einer ruhigen Bucht einfallen, das Meer auf weite Strecken buch— ſtäblich bedecken. Da entwickelt ſich ein buntes, vielgeſtaltiges Leben. Einzelne treiben ruhig dahin, andere ſpannen die Schwingen wie Segel aus, ſo eifrig davonrudernd; wieder andere tauchen und werfen dann beim Aufgehen eine eben ruhig treibende Ente um. An Lärm fehlt es ebenfalls nicht. Ein verworrenes Geſchrei mit den unbeſchreiblichſten Klangfarben erfüllt die Luft. Das gewöhnliche Korerekorrkorrkorr, aus tauſend Kehlen in verſchiedenen Zeitinter— vallen ausgeſtoßen, macht auf das Ohr eine ganz eigenartige Wirkung und läſst das Trom— melfell ordentlich vibrieren. Die Männchen prangen bereits ſchon in ihrem ſchönen Hochzeitsſtaate, denken aber vor— läufig noch nicht an Eroberungen. Die Eider— enten der mehr ſüdlicheren Breiten treten eine Wanderung nicht an, ſind alſo Standvögel und ſehen ganz gemächlich der Abreiſe ihrer nor— diſchen Verwandten entgegen. Viele ſind nur ſo weit gewandert, als ſie gerade der Selbſt— erhaltungstrieb gezwungen; auch dieſe bleiben zurück, ſobald ſie die bekannten Sommerwohn— ſtätten erreichen. Die noch weiter Ziehenden gelangen gewöhnlich erſt nach langen Pauſen in ihre kalte Heimat, treffen daſelbſt erſt im Mai ein. Um dieſe Zeit wird es in den Schwär— men unruhiger. Man vernimmt immer häufiger das tiefe, aber weithin ſchallende Aa — Aa (ge— ſprochen wie Ao) der werbenden Männchen. Die Schwärme lockern ſich und vertheilen ſich in einzelne Paare, welche der Küſte zu oder dieſelbe entlang ſchwimmen. Nach wenigen Tagen ſind alle gepaart, und nur noch die einjährigen, noch nicht fortpflanzungsfähigen Eidervögel halten ſich, zu Schwärmen vereinigt, auf dem Meere. Die Paare ſteigen ans Land, watſcheln da recht unbeholfen und plump herum, bis ſie ein paſſendes Plätzchen für ihr Neſt gefunden haben. Das Männchen folgt auf Schritt und Tritt dem Weibchen, iſt aber mit ſeinen Liebesäußerungen nicht beſonders freigebig. Es begnügt ſich meiſt damit, ſeine ſchöne Figur ſtolz aufzurichten, die Schwingen auszubreiten und ſeinen Lockruf er— ſchallen zu laſſen. Naht es ſich dann noch mit neckiſch ſeitwärts getragenem Kopfe, mit dem es einige elegante Wendungen auszuführen ver— mag, ſo iſt es meiſt am Ziele ſeiner Wünſche und erſpart ſich jedes weitere Mühen. Während das Weibchen unter Geſträuch oder zwiſchen den Steinen und halbverfaulten Rohrſtengeln ſeine Niſtſtätte ſucht, hält das Männchen getreulich Wache und aviſiert ſeine Hälfte vor einer drohenden Gefahr durch ein ſcharfes Kurren, wartet aber die Zurückkunft nicht ab, wenn es mit der Gefahr ernſt wird, ſondern bringt ſich ſelbſt möglichſt ſchnell in Sicherheit. Von Kämpfen und Heldenthaten iſt es entſchieden kein Freund, ja iſt beinahe zu bequem, zur Zeit der Paarung mit einem Ri— valen ernſtlich anzubinden. Ein paar Schläge mit dem langen Schnabel genügen meiſtens, die Begriffe über die vermeintlichen Rechte zu klären. Zur Anlage des Neſtes wird ſtets eine gedeckte Stelle ausgeſucht. An vielen Orten ſind die Bewohner den Eiderenten behilflich und ſchaffen alte Kiſten u. dgl. an den Strand. Das Weibchen acceptiert dieſe Vorrichtungen gerne, iſt überhaupt da, wo es vom Menſchen noch nicht oft Übles erfahren, mit demſelben ſo ſchnell bekannt und befreundet, daſs man einen völlig domeſticierten Vogel vor ſich zu haben glaubt. Sehr treffend ſagt Brehm von dem Eidervogel: „Er hält ſich des Schutzes abſeiten des Menſchen im voraus verſichert und läſst ſich durch deſſen Treiben in keiner Weiſe behelligen oder ſtören. Bis unmittelbar an das einſame Gehöft des Küſtenbewohners, bis in dieſes ſelbſt, bis ins Innere der Hütte watſchelt er, um ſich einen paſſenden Platz zum Neſte aufzuſuchen, und gar nicht ſelten geſchieht es, daſs einzelne Eider— vögelweibchen in Kammern und Ställen, Backöfen und ähnlichen Orten brüten, ja der Hausfrau förmlich läſtig werden.“ Die Anlage des Neſtes ſelbſt erfordert wenig Zeit und noch weniger Kunſt. Gras, Halme, Röhricht, Blätter u. ſ. w. 154 werden aufgeichichtet, mit feineren Tangen die Neſtmulde ſchwach belegt, und die Arbeit iſt fertig. Die Ente legt ſechs bis acht, 85/88 und 60/62 mm große, glattſchalige, graugrüne oder ſchmutziggrüne Eier, die innerhalb 25 bis 26 Tagen erbrütet werden. Das brütende Weib⸗ chen ſitzt ſehr feſt, gleicht in der Färbung der Oberſeite ſo ſehr der Umgebung, daſs man oft auf zwei Schritte eine brütende Ente nicht bemerkt, ſie auch häufig erſt dann entdeckt, wenn ſie durch einige raſch geführte Schnabelhiebe ſagt, daſs ſie auch da ſei. Nähert man ſich dem Neſte, jo erhebt die Ente den Kopf jo viel, dass ſie denſelben frei nach allen Seiten bewegen und den Nahenden beſtändig im Auge behalten kann. Außer der unmerkbar langſamen Dreh- bewegung des Kopfes rührt ſich keine Muskel. Nur in ſeltenen Fällen erhebt ſie ſich vom Neſte, läſst ſich ſogar auf demſelben greifen, aufheben und wieder niederſetzen. Trägt man eine Ente ein Stückchen vom Neſte weg, ſo watſchelt ſie ſpornſtreichs wieder in dasſelbe zurück. Während der Brütezeit kümmert ſich das Männchen nicht im mindeſten mehr um die Ente, ſondern ſtreicht gemächlich dem Meere zu, wo es ſich zu anderen Gefährten und den ein— jährigen Eidervögeln geſellt. Zu dieſer Zeit verliert es auch ſein Prachtkleid und vertauſcht es wieder mit dem Sommerkleide. Da ſich dieſe Mauſer ſogar auf die Schwingenfedern erſtreckt, halten ſich die Entvögel ſorgfältig vom Lande fern, weil ſie nicht zu fliegen vermögen. Die hohe See iſt nun ihr ſtändiger Aufenthalt, und auch da noch zeigen ſie ſich jo ſcheu, daſs es nahezu unmöglich iſt, mit einem Kahne auf Schuſsweite heranzufahren. In dieſer Eigen— thümlichkeit liegt der Hauptgrund, warum ſo ſelten ein Entvogel in ſeinem reinen Sommer- kleide zu erhalten iſt. Die meiſten Exemplare unſerer Muſeen ſtellen nur verſchiedene Über— gänge aus einem Gefieder in das andere dar. Die Ente kümmert ſich um den Entvogel und ſein Strohwitwerthum ebenfalls nicht. Hat ſie ihr Gelege glücklich erbrütet, ſo eilt ſie mit den watſchelnden Flaumbällchen auch gleich dem Meere zu. Dies wird nur dann ſchwierig, wenn der Niſtplatz weit vom Waſſer entfernt iſt. Die Jungen purzeln und kollern unter und über einander, kommen trotz der aufmunternden Lock— rufe der Mutter nicht weiter. In ſolchen Fällen erbarmt ſich gern der Bewohner der armen Dinger, packt ſie in einen Korb und trägt ſie zum Waſſer, während Mama unbeſorgt hinter- drein watſchelt. Die jungen Eiderenten fühlen ſich auf dem Meere ſehr bald heimiſch, werden jogar ſchon nach wenig Wochen vollkommen ſelbſtändig, obwohl ſie eigentlich langſam groß werden. Ende Mai, zumeiſt aber erſt im Juni beginnt die Erbrütung. Der größte Theil der Jungen jällt in der zweiten Hälfte oder gegen Ende Juli, viele auch noch Mitte Auguſt aus und entwickeln ſich bis zum Herbſte nur ſo weit, daſs ſie eben flügge und fähig ſind, ſich nöthi⸗ genfalls ohne alle fremde Hilfe im Leben durch- zu) ſchlagen. In Ortlichkeiten, wo günſtige Niſtplätze nur in verhältnismäßig geringer Zahl vor— handen ſind, bauen ſich an den eben vorhan— Eiderente. denen Plätzen 2—3 Paare hart neben einander an und leben ganz friedlich. Verläſst aber eine brütende Ente ihr Neſt, ſo deckt ſie das Gelege zwar reichlich mit den vorhandenen Dunen zu, kann aber dadurch nicht verhindern, daſs die Nachbarinnen einige Eier ſtehlen und dieſelben den eigenen zugeſellen. Iſt die Brütezeit noch nicht weit vorgeſchritten, ſo gleicht die Beſtoh⸗ lene die Differenz einfach dadurch aus, dafs ſie wieder einige Eier dazu legt. Zur eigentlichen Brütezeit verlaſſen die Enten ihr Gelege gewöhnlich nur morgens. Um dieſe Zeit eilen ſie dem Meere zu, tauchen mit möglichſter Eile und kehren in der Regel nach einer halben Stunde mit vollgepfropftem Kropfe wieder zurück, ſich dem Verdauungs- und Brüte⸗ geſchäfte gleichzeitig hingebend. Die Eiderente nährt ſich hauptſächlich von Conchylien. Muſcheln, Krebsarten, Seeigel, Weichthiere aller Art, kleine Fiſche, Fiſchabfälle, Fiſchlaich, alles wird zuſammen in den weiten Kropf hinabgewürgt, jo daſs derſelbe ganz un- förmig vorſteht und der Vogel nach vollendeter Mahlzeit um 7 — 9 kg ſchwerer iſt als vorher. Einen beſonderen Vorzug gibt der Eidervogel der eſsbaren Mießmuſchel (Mytilus edulis) und den zunächſt verwandten Arten. Dieſe ihre Aſung holt die Eiderente von dem Meeres- grunde herauf und taucht um dieſelbe bis zu einer ſehr bedeutenden Tiefe. Die Angabe je- doch, daſs ſie 6—8 Minuten unter Waſſer ver⸗ weilen und bis 30 m tief zu tauchen imſtande ſei, dürfte denn doch etwas zu hoch gegriffen ſein. Mehrere neuere Forſcher, darunter auch Brehm, haben beobachtet, daſs ſie 2 Minuten unter Waſſer aushält. Ich beobachtete ein ein— zigesmal ein Ausbleiben einer tauchenden Eider- ente von 2 Minuten und 45 Secunden und konnte in dieſem Falle eine Meerestiefe von 12m ermitteln. Geradezu erſtaunlich iſt die Verdauungs⸗ fähigkeit der Eiderente. Die Panzer der Cruſta⸗ ceen, die Schalen der Muſcheln, Grund- und Uferſchnecken werden vollſtändig im unverletzten Zuſtande verſchlungen, von den Kropf- und Magenſäften aber ſofort und mit ſolchem Er- folge angegriffen, daſs ſie ſchon nach wenig Stunden zerbröckeln und hernach zu einem groben, ſchieferartigen Sande zerrieben und in ſolchem Zuſtande wieder gelöst werden. Die Eiderente iſt imſtande, eine faſt unglaubliche Quantität von Aſung zu vertilgen, kann aber dagegen, wenn es darauf ankommt, lange hun⸗ gern, mehrere Tage ſogar mit vollkommen ent- leertem Kropfe ausdauern. Trifft aber Nah⸗ rungsmangel mit Anſtreugung des Fliegens zuſammen, dann ermattet ſie bald, fällt in der nächſtbeſten Waſſerlache ein, bohrt mit dem Schnabel tief in den Grund, in ihrem unbän⸗ digen Hunger den Kropf mit dem feinen Grund- ſchlamme anfüllend, was jedoch in den meiſten Fällen ihr Verenden zur Folge hat. In den Gegenden, wo die Eiderente zum halben Hausvogel wird, wirft ſie für den Be— wohner einen ſehr bedeutenden Nutzen ab. Zur Legezeit werden jedem Neſte einzelne Eier ent- nommen, wodurch ſie gezwungen wird, wieder neuerdings eine größere Eierzahl zu produ— Eiderente. 155 cieren. Es iſt möglich, durch dieſes juccejjive ausgeführte Entnehmen der Eier eine Ente bis auf 20 und noch mehr Eier zu bringen. In dieſem Falle jedoch werden die Eier ſchon merk— lich kleiner und ſind ſchon aus dieſem Grunde für eine ungeſchwächte Nachzucht bedenklich; außerdem bleiben viele derſelben taub und ſind nicht erbrütungsfähig. Nebſt den Eiern ſind es beſonders die Dunen, denen der Bewohner des Nordens nachſtellt. Hievon werden erſtaunliche Mengen den Neſtern entnommen, ſogar ſchon während der Brütezeit, weil hiedurch die Ente veranlajst wird, wieder neue Dunen auszu— rupfen und ins Neſt zu geben. Hiebei mujs jedoch Bedacht genommen werden, daſs die Ente nicht gewaltſam vom Gelege vertrieben werde, weil ſie ſonſt die Dunen beſudelt und unbrauchbar macht. — Eine allzu große Nutzung liefert zwar momentan einen erhöhten Ertrag, vermindert ſich jedoch im Verlaufe der Jahre, daſs das Sammeln nicht mehr die darauf ver— wendete Mühe lohnt. Will ſich der Nordländer einen gleichmäßigen Ertrag ſichern, ſo iſt er auf eine vernünftig rationelle Wirtſchaft bei ſeinen Enten angewieſen. Je mehr die Jungen im Verlauf des Som— mers erſtarken, umſomehr drängen die Ketten dem offenen Meere zu, wo ſie ſich mit vielen anderen Ketten und zuletzt auch mit den Männ— chen und der letztjährigen Deſcendenz zu Schwär— men vereinigen. Um dieſe Zeit erſt findet nun auch das Weibchen Muße, ſein abgeſchabtes, vielfach zerzaustes Federkleid zu erneuern. Da es damit nahezu die ganze Flugtüchtigkeit ein— büßt, hält es ſich gerne dem Lande möglichſt fern, wo ihm außer dem nordiſchen Hermelin und dem Polarfuchs auch der Menſch gefähr— lich werden könnte. Kurze Zeit nach dem Gefiederwechſel treten die Eiderenten des hohen Nordens ihren Zug in die ſüdlicheren Breiten an. Ende September oder zu Anfang October ſieht man ſchon wieder unzählbare Schwärme ſüdwärts treiben. Je weiter die Reiſe führt, umſomehr vergrößert ſich der Zug, weil ſich alle Vögel einer Zug— ſtraße den erſten Wanderern anſchließen. Die voranſtehenden Angaben beziehen ſich zum allergrößten Theile auf das Leben der Eiderente im halbdomeſticierten Zuſtande oder doch wenigſtens auf einen ſolchen, der nicht ein vollkommen wilder genannt werden. Nach ihrer Lebensweiſe in Gegenden, wo ſie den Menſchen nicht eigentlich fürchtet, ſcheint ihre geiſtige Be— gabung auf einem ſehr niedrigen Punkte zu ſtehen; ſie erſcheint dumm, faſt blöde. Dies iſt jedoch ihre ureigenſte Charaktereigenſchaft nicht. Da wo ſie gezwungen iſt, ihre Exiſtenz unter ungünſtigen Bedingungen zu friſten, legt ſie ihr apathiſches Weſen vollkommen ab und er— ſchwingt ſich zu einem nicht unbedeutenden Grade von Intelligenz. Über das Leben im unbedingt wilden Zu— ſtande danke ich einige Notizen meinem Freunde F. Curt, der Jahre hindurch den amerikaniſchen Norden bereiste. Derſelbe ſchreibt: „Die Eider— ente des amerikaniſchen Nordens iſt in Bezug auf die Lebensweiſe von der europäiſchen grund— verſchieden. Die unausgeſetzte Verfolgung hat ſie geiſtig zu einem ganz anderen Vogel ge— macht. Hier arbeiten nicht bloß die Bewohner des höchſten Nordens an einer unvernünftigen Vertilgung, ſondern es ſtehen ihnen die Jäger von Profeſſion, die Robbenſchläger und Fiſcher redlich bei. Zu Anfang der Brütezeit werden jene Inſeln aufgeſucht, auf denen man Eiderenten vermuthen kann. Wenn man ſich einer ſolchen wohlbeſetzten Inſel naht, erheben ſchon die im Meere ſchwimmenden Entvögel von weitem einen ohrzerreißenden Lärm, ſtehen vom Waſſer auf und ſtreichen den Inſeln zu, dort alles alar— mierend. Die brütenden Enten beſudeln ihre Gelege auf die abſcheulichſte Weiſe, erheben ſich dann ebenfalls unter wildem Geſchrei und um- flattern ſo die Inſel. Legt ein Boot an, ſo ſtreichen ſie in ziemlicher Höhe einher, ſtoßen mit einer wahren Wuth auf den einzelnen Menſchen, vertheilen ſich aber mit ungeheurer Schnelligkeit, ſobald derſelbe ein paar Schüſſe unter die lärmenden Scharen abfeuert. In der Anlage des Neſtes ſind unſere Eidervögel viel wähleriſcher als in Europa. Sie meiden unbedingt und unter allen Um⸗ ſtänden die Nähe des Menſchen, ſiedeln ſich in ſeiner Nähe nicht an. Auf den unbewohnten Inſeln ſuchen ſie die allerdichteſten Gebüſch— partien zur Anlage des Neſtes auf, ſitzen aber dort jo dicht beiſammen, daſs zehn, zwölf und noch mehr Neſter ſich jo vereinigen, dass eine Ente hart neben, vor und hinter der anderen ſitzt. Finden ſie Auskolkungen und kleine Stein— höhlen, jo bauen ſie ſich gerne in denſelben an. Auf manchen Riffen findet man ſolche Löcher zu hunderten, ſelten aber wird eines derſelben unbeſetzt bleiben. Die Gefahr hat die Eiderente ichon beinahe zu einem Höhlenbrüter gemacht. In dieſen Löchern glauben ſich die Enten ſicher, ſtehen bei einer Annäherung auch nur ſelten auf, drücken ſich vielmehr noch feſter in die Neſtmulde. Läſst man ſich aber einfallen, in ein ſolches Loch zu greifen, fängt die Ente wüthend an zu fauchen und ſchlägt blitzſchnell mit ihrem Schnabel, u. zw. ſo kräftig, daſs es klaffende Wunden abſetzt. Mir riſs einmal jo eine Ente einen ſehr ſtarken Lederhandſchuh in wenig Schlägen total in Fetzen. Hier iſt die Ente eben wild in jeder Beziehung. Ihre Flug— tüchtigkeit iſt eine merklich größere als jene der europäiſchen Eidervögel. Wäre ihre Lebens— weiſe ſo wie in Europa, wir hätten dahier längſt keine Dune mehr zu erobern.“ Nebſt dem Menſchen hat die Eiderente noch allerlei Raubzeug zu Feinden. Das nor— diſche Hermelin und der Eisſuchs plündern die Neſter, Seeadler, größere Edelfalken, Kolkraben und Raubmöwen ſtellen den Jungen und ſelbſt den Alten nach. Zur Zugszeit werden ſie förm— lich von dieſen beſchwingten Räubern begleitet und arg deeimiert. Die Jagd auf Eidervögel wird auch mit der Feuerwaffe betrieben. Auf offenem Meere wird es zwar ſelten einem Kahne gelingen, eine Schar auf Schuſsweite anzufahren, aber wo ſie ſich in gedeckten Buchten ſcharen, können ſie vom Lande aus angebirſcht und mit grobem Hagel auf einen Schuſs mehrere Stücke erlegt 156 Eidervogel. — Eigenschaften der Hölzer. werden. Die amerikaniſchen Entenjäger führen zu dieſem Zwecke weite, nach vorne ſich immer noch erweiternde Rohre, um einen großen Streukegel zu erzielen. Auf einen ſolchen Schuſs fallen dreißig und mehr Stück. In vielen Ge⸗ genden werden ſie auch mit weitmaſchigen Netzen ähnlich wie die Bergenten gefangen. Da die Eiderente vorzüglich im Meere lebt, ſich von dort ausſchließlich ihre Aſung holt, kann man von einem eigentlichen Schaden kaum ſprechen. Wohl vertilgt fie ſehr viel Fiſch— laich, aber das kommt in dieſen Meeren nicht ſo ſehr in Betracht als in unſeren Flüſſen und Seen. Der Schaden wird von dem ganz bedeu— tenden Nutzen jedenfalls mehr als dea aufgewogen. Eidervogel, ſ. Eiderente. E. v. 8 Eidesbruch, ſ. Eid. At. Eier der wildlebenden Vögel, ſ. Jag d— ſtrafrecht und Vogelſchutz. At. u. Mcht. Eiergrübchen, Eierkerben, ſ. Brutgang. Hſchl. Eierlegende, Ovipara, heißen — gegenüber den lebende Junge zur Welt bringenden Vivi- para — alle Thiere, welche ihre Jungen, von den Eihüllen noch nicht befreit, in Form von Eiern zur Welt bringen; ſind die Jungen im Ei ſchon ſo reif, daſs dieſelben den Eiern ſo— fort nach dem Eierlegen oder ſchon während desſelben entſchlüpfen, ſo nennt man dies Ovovivipara. Knr. Eiern (Ratzeburg), Bekämpfungsmittel ſchädlicher Schmetterlinge, darin beſtehend, daſs man die Eier aufſucht, in geeigneter Weiſe ſam— melt und ſodann vernichtet. Selbſtverſtändlich iſt das Eiern nur gegen Schmetterlinge an- wendbar, welche ihre Eier nicht zerſtreut, ſon— dern in Haufen ablegen (Gastropacha pini, Oeneria monacha, dispar u. a.). Anſtatt des Sammelns wird das Zerdrücken als einfachere Procedur empfohlen. Die einfachſte Form, die Eier zu zerſtören, iſt das Überſtreichen mit ordinärem Leinöl mittelſt eines ſteifen Pinſels. Man erreicht damit ſelbſt noch die tief in den Borkenritzen ſitzenden, verwohlfeilt die Arbeit und ſichert den Erfolg wohl am beſten, indem das Ei erſtickt wird. Hſchl. Eierniſchen, ſ. Brutgang. Hſchl. Eierſammeln (auf Inſecten bezogen), vgl. Eiern. ſchl. Eierſtock (der Wirbelthiere), 2 Lbr. Eierſtock der Inſecten), ſ. Geſchlechtsorgane der Inſecten. Hſchl. Eierzügel, Frenum, nennt man zwei kleine Hautfalten des Mantelſackes geſtielter Cirri⸗ pedien; ſie halten mit Hilfe einer klebrigen Ab- ſonderung die Eier ſo lange feſt, bis ſie im Eie rſack ausgebrütet ſind. Kur. Eifollikel. Eiſäckchen, heißt die bei vielen Thieren zum Schutze und zur Ernährung des Eies vorhandene, das Ei umgebende Zellhülle (ſ. Ei). Kur. Eigang (des weiblichen Inſectes), ſ. Ge⸗ ſchlechtsorgane der Inſecten. Hſchl. Eigelb, ſ. Ei. Knr. Eigenbrodt, Karl Chriſtian, Dr. jur. h. c., geboren 20. November 1769 in Hof⸗ Lauterbach (Heſſen), geſtorben 10. Mai 1839 in Darmſtadt, ſtudierte 1784—1788 auf der Univerſität Rinteln, wurde 1795 Adminiſtrator der freiherrlich v. Hammerſtein'ſchen Beſitzun⸗ gen in Gesmold (bei Osnabrück), 1803 Kam⸗ merrath und Mitglied der Hofkammer des Her⸗ zogthums Weſtfalen zu Arnsberg, 1806 da⸗ ſelbſt Regierungsrath und 1809 Oberforſtrath zu Darmſtadt. Von 1811 an hielt ſich Eigen⸗ brodt längere Zeit in Weſtfalen auf, um eine neue Organiſation des Forſtweſens daſelbſt durchzuführen. Im Jahre 1818 erfolgte ſeine Ernennung zum Mitglied der Appellations⸗ commiſſion in Adminiſtrativjuſtizſachen aus der Provinz Rheinheſſen und 1819 jene zum Di⸗ rector dieſer Commiſſion. 1821 wurde Eigen⸗ brodt zum Geh. Staatsrath im Finanzmini⸗ ſterium ernannt und trat 1830 in das Mini⸗ ſterium des Innern über. Auf dem Gebiete des Forſtweſens hat ſich Eigenbrodt namentlich als Organiſator des heſſiſchen und weſtfäliſchen Verwaltungs dienſtes große Verdienſte erworben, er war ferner der Schöpfer vieler ausgezeichneter Einrichtungen in Heſſen, u. a. der Verordnung über Wild⸗ ſchadenerſatz von 1810 ſowie der vorzüglichen organiſchen Forſtordnung von 1811 und des Gemeinheitstheilungs- und Ablöſungsgeſetzes von 1814. Außerdem war Eigenbrodt auch Mitbegründer der heſſiſchen Verfaſſungsurkunde und erſter Präſident der zweiten Kammer des erſten heſſiſchen Landtages (eröffnet am 27. Juni 1820). Schw. Eigenjagdrecht, |. e und Jagd⸗ gebiet. Mcht. — At. Eigen licht der Netzhaut, ſ. Sehen. Lr. Eigenſchaften der Hölzer. Es iſt nicht genau feſtgeſtellt, welchen Umfang und Inhalt der Begriff „Eigenſchaften der Hölzer“ hat, da ſowohl der innere Bau als auch die chemiſche Zuſammenſetzung, ja ſogar Krankheiten und Fehler der Hölzer den „Eigenſchaften“ beigezählt werden. Indes dürfte es gerathen ſein, dieſen weit umfaſſenden Begriff enger zu umſchreiben und ſowohl den anatomiſchen Bau als auch die Chemie des Holzes hier auszuſcheiden und dieſe Mate- rien der Behandlung durch Specialiſten vorzu— behalten. Die Veränderungen der Eigenſchaften nach dem räumlichen und ſtofflichen Aufbau des Holzes hin ins Auge gefaſst, die Beziehungen derſelben unter einander ſowie die Wechſelwir⸗ kung zwiſchen den Eigenſchaften und den Ver⸗ fahrungsweiſen der Umgeſtaltung und Bearbei⸗ tung des Holzes ſowie der hiezu benützten Hilfsmittel bilden noch wenig erforſchte Gebiete, auf denen man ſich häufig mit Vermuthungen und Annahmen jtatt der Schärfe richtiger Er- kenntnis genügen laſſen mujs. - Eine Reihe von Vertretern verſchiedener Wiſſenſchaften bemüht ſich, faſt von einander völlig unabhängig, zur Klärung der Einſicht beizutragen. Pflanzenphyſiologie, Biologie, Anatomie, Agriculturchemie, Standortslehre ſtehen neben den Fächern der Holzproduction und Techno⸗ logie und gelangen auf analytiſchem oder induc= Ber er. — u DD ZU m ZU UL. UT 2 0 u nd MM ** Eigenſchaften der Hölzer. tivem Wege zu Anſchauungen, auf ſyuthetiſchem oder ſpeculativem Wege zu Regeln für die Praxis. Die ſpecielle Xylotomie lehrt die Kenn— zeichen der Holzarten; hierauf folgt die Er— forſchung der jog. „techniſchen“, d. i. der für die Verwendung des Holzes zu Gebrauchszecken des Ingenieurweſens und der Induſtrie wichtigen Eigenſchaften. Botaniker, Phyſiker, Mechaniker, Forſtleute, Vertreter der ſog. Warenkunde ſowie Techno— logen beſchäftigen ſich alle von ihrem Stand— punkte aus mit der Löſung einzelner Aufgaben, wobei nur ausnahmsweiſe nach dem Zuſammen— hang einer auftretenden und fixierten Erſchei— nung mit den Bedingungen der Entſtehung des Holzes geforſcht wird. Seit den Jahren 1707 und 1708, wo Parent Unterſuchungen über die Feſtigkeit des Eichen- und Tannenholzes veröffentlichte, haben ſich eine lange Reihe von Autoren mit den „techniſchen“ Eigenſchaften der Hölzer befaſst. Muſchenbroeck (1762) beſchäftigte ſich u. a. mit der Veränderlichkeit der Feſtigkeit nach der Höhenlage im Stamme, nach der Entfernung vom Kerne und mit dem Einfluſſe der Himmels— richtung auf die Jahrringbreite. Buffon ſtudierte die mechaniſchen Eigen— ſchaften des Eichenholzes. Duhamel du Monceau veröffentlichte 1780 ſein Werk: Traité de la conservation et de la force, welches eine Reihe von richtigen Beobachtungsreſultaten enthält. Über Elaſticität der Hölzer hatten die vor— angeführten Autoren noch keine Unterſuchungen gepflogen. Girard (Traité de la resistance des solides, 1798) und Perronet (Oeuvres de Perronet, 1782, tome I, M&moire sur les pieux et pilotis) unterſuchten die Elaſticität der Eiche im Verhältnis zu jener der Tanne, Bélidor (Architecture hydraulique, 1782), Rondelet (Art de bätir), Barlow (Essay on the strength of timber, 1817), Ebbels und Tredgold ſuchten die Dichte, Feſtigkeit und den Elaſticitäts— coéfficienten für eine Reihe von Hölzern. Charles Dupin berichtete im Journal de Ecole polytechnique, tome X, 1815, über die mechaniſchen Eigenſchaften des Holzes, über die Natur der elaſtiſchen Curve, die Lage der neutralen Schichte u. ſ. w. Savart (Memoires de l’Academie des sciences, 1830) und Wheatſtone (Philosophi- cal transactions, 1833) bedienten ſich der Ton— ſchwingungen zur Ermittlung der Elaſticität. Poncelet gibt in ſeinem Werke (Meca- nique industrielle, 1839) Einzelnheiten über die Elaſticität der Hölzer ſowie über Drehungs— verſuche an. i Hagen unterjuchte die Elaftieität mehrerer Hölzer durch Biegen von Stäben in der Rich— tung der Faſern und ſenkrecht darauf. Paceinotti und Peri veröffentlichten im Jahre 1845 (Il Cimento, III. Jahrgang) eine Unterſuchung über die Elaſticität der Hölzer, die äußerſt genau und bis in die kleinſten Ein— zelnheiten durchgeführt wurde. Leider haben die Autoren es vernachläſſigt, den Theil des Baumes, 157 dem die Verſuchsſtücke entnommen wurden, ſowie den Feuchtigkeitsgrad derſelben bekanntzugeben und in Rechnung zu ziehen. Eine epochemachende Arbeit lieferten Che— vandier und Wertheim, ein Forſtmann und ein Techniker (Mémoire sur les proprietes mecaniques du bois, 1848), welche vogeſiſche Hölzer unterſuchten, deren locale Verhältniſſe ihnen vollkommen genau bekannt waren. Im Jahre 1860 erſchien „Die techni— ſchen Eigenſchaften der Hölzer für Forſt— und Baubeamte, Technologen und Ge— werbetreibende“ von Dr. H. Nördlinger, Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft und Oberförſter zu Hohenheim. In Beziehung auf die mecha— niſchen Eigenſchaften ſtützte ſich Nördlinger auf die Arbeit von Chevandier und Wertheim; für alles andere gab er neue Impulſe, fruchtbare Ideen. Nördlinger bezog in ſein Werk auch die Schilderung des „inneren Baues“ der Hölzer ein; außerdem behandelte er Feinheit, Farbe, Glanz und Durchſcheinen, Geruch, Wärmelei— tungsfähigkeit, die Eigenſchaft des Holzes zu dunſten und Waſſer oder Dunſt einzuſaugen, ſpecifiſches Gewicht, Härte, Spaltbarkeit, Schwin— den, Quellen, Werfen, Federkraft, Biegſamkeit und Zähigkeit, Feſtigkeit, chemiſche Zuſammen— ſetzung, Brennkraft, natürliche Dauer und Fehler des Holzes. Die Abhandlungen über Spalt— barkeit und Schwinden ſowie manches andere waren vollſtändig originell. Eine an einer langen Reihe von Hölzern durch den Ingenieur-Capitän Francis Fowke mit Zuhilfenahme einer hydrauliſchen Preſſe vorgenommene Unterſuchung in den Jahren 1855 und 1862 wurde im Jahre 1867 unter dem Titel „Tables of the results of a series of experiments on the strength of british colonial and other woods“ veröffentlicht. Durch die Errichtung von mechaniſch⸗tech— niſchen Laboratorien und die Erbauung der Werder'ſchen Probiermaſchine war neue Ge— legenheit geboten, die Unterſuchungen mit einer Genauigkeit durchzuführen, wie ſie vorher uner— reichbar war. J. Bauſchinger, ordentlicher Profeſſor der techniſchen Mechanik und graphiſchen Statif in München, gab im IX. und XVI. Heft der „Mittheilungen aus dem mechaniſch-techniſchen Laboratorium der königlichen techniſchen Hoch— ſchule in München“ die Reſultate bekannt, welche er über die Elaſticität und Feſtigkeit bayriſcher Nadelhölzer ſowie über die Veränderung der Feſtigkeit nach dem Fällen geſammelt hatte. Die Ergebniſſe, welche J. Bauſchinger er halten hat, ſind umſomehr von Belang, als die Verſuchsſtücke von verhältnismäßig großen Ab— meſſungen waren. s . Der berühmte Technologe Karl Karmarſch, welcher bekanntlich die „beſchreibende Techno— logie“ zum Range einer Wiſſenſchaft erhob, legte mit ſeinem epochemachenden Werke: Hand⸗ buch der mechanischen Technologie, 5 Auflagen (I. Aufl. 1837, V. Aufl. unter der Redaction des Dresdener Profeſſors Dr. E. Hartig, Hannover 4875), die Grundlage für die Erörterung aller techniſchen Eigenſchaften, die zur Verarbeitung und Verwendung des Holzes in der In— 158 duſtrie in Beziehung jtehen. Seine Nachfolger Egbert Hoyer (Lehrbuch der vergleichenden me- chaniſchen Technologie, Wiesbaden 1878), Franz Stübchen-Kirchner (Karmarſch-Heerens tech— niſches Wörterbuch, III. Aufl. ergänzt und be⸗ arbeitet von Friedrich Kick und Dr. W. Gintl, Prag 1886), endlich Profeſſor A. Ledebur (Die Verarbeitung des Holzes auf mechauiſchem Wege, Braunſchweig 1881) konnten, wie Karmarſch in den ſpäteren Auflagen ſeines Werkes, ſchon die Arbeiten der Forſtleute und Botaniker Dr. H. Nördlinger, Dr. Julius Wiesner, Dr. R. Hartig, Th. Hartig ꝛe. mit in ihre Darſtellung einbeziehen. Unſere Auffaſſung der Rolle, welche die Eigenſchaften in technologiſcher Richtung ſpielen, acceptierte Ledebur, indem er zwiſchen Arbeits- und Gewerbseigen⸗ ſchaften unterſcheidet. Profeſſor Dr. Julius Wiesner behan— delt in ſeiner „Einleitung in die techniſche Mikroskopie“, Wien 1867, und in „Die Rohſtoffe des Pflanzenreiches“, Leipzig 1873, das Holz vornehmlich vom Standpunkte der Anatomie aus. Dr. J. Moeller hat durch ſeine ausge— zeichneten „Beiträge zur vergleichenden Ana— tomie des Holzes“ ſowie durch die höchſt wert— volle Monographie „Die Rohſtoffe des Tiſchler— und Drechslergewerbes“, I. Theil, Das Holz, Caſſel 1883, außer den dem Botaniker wichtigen Eigenſchaften beſonders in letzterem Werke auch die techniſchen Eigenſchaften geſchickt dargeſtellt. Eine ganze Reihe von Autoren, wie die Botaniker Böhm, R. und Th. Hartig, Höhnel, Reinke, Roſsmann, Unger, Sanio, Schacht, Weiß, Willkomm, dann Nördlinger und Sachs haben noch monographiſche Arbeiten geliefert. Endlich ſind noch jene Beiträge zur Kennt— nis der Eigenſchaften des Holzes zu nennen, die aus den Bedürfuiſſen der Praxis unmittelbar hervorgegangen ſind, wie: „Instruction sur les bois de marine et leur application aux construc- tions navales. Publiee par Ordre de S. Exc. le ministre secrétaire d’etat au département de la marine“, Paris; Holzhandel und Holz— induſtrie der Oſtſeeländer, von Dr. G. Marchet und Dr. W. F. Exner, Weimar 1875; Studien über das Rothbuchenholz, von Dr. W. F. Exner, Wien 1875; Les bois indigenes et étrangers. Physiologie — Culture — Production — Qua- lites — Industrie — Commerce. Par Adolphe E. Dupont et Bouquet de la Grye, Paris 1875; Unterſuchungen über den Einfluſs der Fällungszeit auf die Dauerhaftigkeit des Fichten— holzes, ausgeführt an der königlich ſächſiſchen forſtlichen Verſuchsſtation zu Tharand und am königlich ſächſiſchen Polytechnikum zu Dresden, mitgetheilt von Dr. E. Hartig in Dresden 1877; Burkarts Sammlung der wichtigſten europäiſchen Nutzhölzer in charakteriſtiſchen Schnitten, herausgegeben vom Technologiſchen Gewerbemuſeum in Wien. Mit einem erläu— ternden Text. Brünn 1880; Die Unterſcheidungs— merkmale der wichtigeren in Deutſchland wach— ſenden Hölzer, von Dr. R. Hartig, München 1879; Experimente über Gewichts- und Volumen⸗ erweiterung am Holze der juraſſiſchen Wald— bäume vom grünen Zuſtande bis zur Ver⸗ kohlung, ausgeführt 1877, erweitert und ergänzt Eigenſchaften der Hölzer. 1883 zur Beſchickung der ſchweizeriſchen Landes- ausſtellung von J. A. Frey, Münſter im Jura 1883; Die induſtrielle Verwertung des Roth— buchenholzes, eine Denkſchrift, herausgegeben von einer Commiſſion, welche von dem öſter⸗ reichiſch-ungariſchen Verein der Holzproducenten, Holzhändler und Holzinduſtriellen und dem Tech- nologiſchen Gewerbemuſeum eingeſetzt wurde, Wien 1884 ꝛc. Obwohl dieſe flüchtige Aufzählung der verſchiedenen Arbeiten und ihrer Autoren ge— nügen dürfte, um anzudeuten, daſs mancher Schatz bereits gehoben wurde, ſo iſt doch in wiſſenſchaftlicher Hinſicht noch wenig geſchehen. Während Hartig in Dresden gelehrt hat, die Maſchinen zur Bearbeitung des Holzes auf ihre Leiſtung zu erproben, ihren „Wirkungsgrad“ zu ermitteln, hat es noch niemand verſucht, die Arbeitseigenſchaften des Holzes in ſolcher Weiſe ziffernmäßig feſtzuſtellen, daſs ſie zur Voraus beſtimmung des Arbeitsaufwandes dienen könnten. Von dem Zuſammenhang dieſer Eigenſchaftsgrade mit den mechaniſchen und phyſikaliſchen Eigen⸗ ſchaften und mit dem Baue und der Chemie des Holzes war überhaupt noch nie die Rede. Die Erörterung des Baues des Holzkörpers, ſeiner Conſtitution, Structur oder Textur, ſeines Gefüges, der chemiſchen Zuſammenſetzung und der das Leben der Holzpflanze bedingenden Umſtände und der Vorausſetzungen obiger Ver⸗ hältniſſe wird hier entfallen. Die Eigenſchaften des Holzes mögen wie folgt gruppiert werden?): I. Außere Erſcheinung. Eigenſchaften, welche in jedem Zuſtande durch die Sinne wahr- genommen werden. II. Materieller Zuſtand. Eigenſchaften, welche dem Holze phyſikaliſch zukommen (Dichte, ſpecifiſches Gewicht, Feuchtigkeitsgehalt, Ver- änderlichkeit desſelben, Verſchiedenheit des Vo— lumens, Folgen desſelben). III. Mechaniſche Eigenſchaften. a) Geſtaltsveränderung ohne Aufhebung des Zuſammenhanges der Subſtanz (Claſticität, Biegſamkeit, Zähigkeit). b) Geſtaltsveränderung mit Aufhebung des Zuſammenhanges (Feſtigkeit, Spaltbarkeit, Härte). I. Außere Erſcheinung. Eigenſchaften, welche bloß durch die Sinne wahrgenommen werden. 1. Farbe des Holzes. Die Farbe ſtellt nicht nur eine wichtige Gewerbseigenſchaft dar, ſondern dient auch im beſchränkten Maße zur Beurtheilung der Qualität des Holzes. Das Holz hat ſehr häufig durch ſeine Farbe einen erhöhten Verbrauchswert, namentlich für jene Gewerbe, in welchen nebſt der Form des Gegenſtandes auch die Farbe der Oberfläche von Wichtigkeit iſt, wie bei den Kunſtgewer⸗ ben. In der Möbeltiſchlerei iſt jelbjtverjtänd- lich die beabſichtigte Farbe der Oberfläche mit ) Vgl. desſelben Autors Abhandlung: Die techni⸗ ſchen Eigenſchaften des Holzes in Tuisko Loreys „Handbuch der Forſtwiſſenſchaft“, 13. und 14. Lieferung, P. 105. Tübingen, Laupp'ſche Buchhandlung, 1887. Eigenſchaften der Hölzer. 139 entſcheidend für die Wahl der zu verwendenden Holzart, ebenſo bei den Holzmoſaikarbeiten. Ahn— lich verhält es ſich, wenn Holz im Vereine mit Perlmutter, Schildkrot, Elfenbein und Metallen zur ſog. „Boule“-Arbeit verwendet wird, wo die dunklen Holztöne einen angenehmen Gegen- ſatz zu den übrigen lebhaften Farben, den Fond für die Zeichnung bilden. Da die Hölzer nicht immer von Natur aus in den gewünſchten Farbtönen erſcheinen, ſo werden häufig techniſche Verfahrungsweiſen zu Hilfe genommen, um die natürliche Farben— wirkung des Holzes zu erhöhen oder vollſtändig zu verändern, wie dies durch das Beizen, Färben an der Oberfläche und durch das Dämpfen oder Imprägnieren die ganze Maſſe hindurch erreicht wird. Was die Farbe als Kennzeichen für die Beſchaffenheit des Holzes anbelangt, ſo unter— ſcheidet man: 1. die Farbe des friſch gefällten Holzes, dieſelbe kurze Zeit ſpäter, endlich die— ſelbe des trockenen Holzes; 2. den Unterſchied zwiſchen der Farbe des Splint- und Kernholzes in allen drei angeführten Fällen. Nördlinger ſagt unter anderem: „Beſonders auch bei Eichenholz iſt die Gleichförmigkeit der Farbe ein gutes Kenn— zeichen. Nicht bloß die ganze Fläche des Kern— holzes ſoll dieſelbe Färbung haben, ſondern auch die einzelnen Jahresringe. Dies iſt vor— zugsweiſe der Fall, wenn der Porenring nur aus ſparſam zerſtreuten Poren beſteht. Iſt er breit und vielporig, ſo pflanzt ſich die Poro— ſität noch über einen Theil des feſten Ringes fort, wodurch, zumal infolge der beginnenden Austrocknung, concentriſch verſchiedene Färbung, Ringſtreifung entſteht.“ Die Farbe hat aber auch einen beſtimmten Zuſammenhang mit den Verwendungs- oder Gewerbseigenſchaften, wie ſolches in dem früher ſchon erwähnten Werke des Staatsjecretärs des Marinedepartements in Frankreich zum Aus— druck gelangt. Man unterſcheidet nämlich nach einer „Ver— ordnung“ jenes Eichenholz, welches auf der friſchen Schnittfläche eine ſtrohgelbe Farbe be— ſitzt, von jenem, welches blaſs oder braun bis rothbraun iſt. Von dem erſteren wird behauptet, daſs es erfahrungsmäßig viel mehr unter den atmoſphäriſchen Einflüſſen leidet, alſo in hohem Grade geneigt iſt, zu ſchwinden, zu quellen, ſich zu werfen und zu reißen, daſs es aber trotzdem das geeignetſte Holz für das geſammte Rippen— werk des Schiffes bilde, während hingegen das letztere bei großer Sprödigkeit eine höhere Widerſtandsfähigkeit gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen zeigt, weshalb es für Parquetten-, Tiſchlerarbeiten, für Schiffsver— kleidungen Verwendung findet. Die Grünholzfarbe des Eichenkernes ſoll nach den däniſch-preußiſchen Marineſatzungen (Häring, Zuſammenſtellung der Kennzeichen, 1853, p. 6) weißlichgelb, bräunlichgelb, röthlich— gelb ſein, alle drei häufig mit einem Stich ins Graue. Auch Duhamel gibt in ſeinem be— reits erwähnten Werke an, daſs das ſtroh— gelbe Eichenholz der Provence ſehr hoch ge— ſchätzt wurde, und der bekannte Forſtmann Pfeil bemerkt, daſs eine rothe oder weiße Streifung des Eichenholzes, wenn ſie ſich beim Austrocknen des Hirnholzes an der Sonne nicht verliere, von den Schiffsbauern als Kenn⸗ zeichen von unbrauchbarem Holz aufgefajst werde. Aus den vorangeſtellten Beiſpielen geht der Einfluſs, den die Farbe auf den Verkaufs⸗ wert des Holzes ausübt, zur Genüge hervor. Wichtiger als die oft nach dem Standorte ver— ſchiedene Farbe iſt jene Verſchiedenheit der Farbe von Splint und Kern, da die Ausbil- dung dieſer beiden Schichten und die des da— zwiſchen liegenden Reifholzes für die Holzart charakteriſtiſch iſt; man unterſcheidet ja Splint⸗-, Reifholz-, Kern- und Reifholzkernbäume. Na- mentlich bei Kernholzbäumen kann aus der Verſchiedenheit der Farbe Splint und Kern leicht erkannt werden. Die Induſtrie hat ſich den bedeutenden Farbenunterſchied zunutze gemacht und erzeugt aus Eibe, Wachholder und Ceder, welche einen lichten Splint und einen ſchönen braunen Kern haben, Gegenſtände, welche in der Weiſe der Cameen geſchnitzt werden, z. B. Gabeln und Löffel mit reicher Verzierung des Holzgriffes, Manſchetten- und Rockknöpfe, Eierbecher, Zahn— ſtocher, Serviettenringe u. ſ. w. Das Zirbenholz erhält dadurch einen größeren Wert, daſs die kaſtanienbraunen, wachsartig glänzenden Aſtknoten, welche oft recht zahlreich auftreten und mannigfaltig an— geordnet ſind, im lichten Holze feſthalten. Am auffälligſten iſt der Abſtand der Far— ben zwiſchen Splint- und Kernholz beim Eben— holz und Guajakholz. Der Splint iſt bei beiden gelblichweiß, der Kern bei erſterem ſchwarz, bei letzterem dunkel grünlichbraun. Das Splintholz, welches vom Kerne leicht abſplittert, hat keinen techniſchen Wert. Das Guajakkernholz, welches ſehr hart, ſchwer und widerſtandsfähig iſt und zu Kegelkugeln verarbeitet wird, würde unter Beibehaltung von etwas Splint ſich einſeitig ab— nützen. Das Kernholz der Tropenländer zeigt meiſtens eine ſatte, dunkle Farbe, der Splint iſt licht, während bei den einheimiſchen, in der ge— mäßigten Zone erwachſenen Hölzern der Unter— ſchied zwiſchen Splint- und Kernholzfarbe ein minder greller iſt. Faſt alle Hölzer dunkeln unter dem Ein— fluſſe der Atmoſphärilien und des Sonnenlichtes nach, nicht bloß die faſt weißen Coniferenhölzer, ſondern auch dunkle, wie z. B. Mahagoni- und Nuſsholz. Eine beſonders auffällige Veränderung der Farbe zeigt das Amarantholz, bei welchem, längere Zeit in lichten Räumen aufbewahrt, das urſprünglich graubraune Holz dunkelblau violett wird, daher der Name Luftholz. Dieſe Erſcheinungen der Farbenveränderung ſind von den Pflanzenphyſiologen noch nicht völlig auf— geklärt worden. Von der den Hölzern im geſunden Zuſtande eigenthümlichen Farbe ſind jene Färbungen zu unterſcheiden, welche ſie infolge von Krankheits— erſcheinungen annehmen, z. B. bei der Weiß-, Roth⸗ und der ſeltener beobachteten Grünfäule. 160 Eigenſchaften der Hölzer. Veränderungen der Farbe durch zufälliges Zuſammentreffen von Umſtänden treten z. B. bei gerbſäurehaltigen Hölzern ein, wenn ſie im grünen Zuſtande mit eiſernen oder ſtählernen Werkzeugen bearbeitet wurden (dunkelblaue und braune Streifen), oder wenn Eichenholz ſehr lange unter Waſſer aufbewahrt wird (Wajjer- eichenholz mit grau- oder blauſchwarzer Fär— bung). Eine vorübergehende hellere Färbung nehmen z. B. die aus Ahorn- und Birkenholz hergeſtellten Schuhſtiften an, wenn ſie mit fein pulveriſiertem Schwefel geſchüttelt werden u. ſ. w. Farbenänderungen, durch künſtliche Mittel herbeigeführt, gehören indes bereits in das Ge— biet der Holzfärberei. 2. Glanz des Holzes. Man verſteht unter dem Glanze oder dem Spiegeln des Holzes die auf den Spaltflächen entſtehenden Lichtreflexe. Auf den radialen Spaltflächen, auf welchen die Markſtrahlen oder Spiegel ihrer Längenausdehnung nach zum Vorſchein kommen, zeigt ſich bei manchen Holzarten ein hoher Glanz, und man nennt deshalb dieſe Flächen auch Spiegelflächen. Wenn die Markſtrahlen als verhältnis⸗ mäßig große, deutlich ſichtbare Körper auf der Spaltfläche des Holzes erſcheinen, ſo glänzen ſie für ſich, und es iſt dann nicht die ganze Spaltfläche, welche ſpiegelartig das Licht zurüd- wirft, ſondern die platten Seiten der Mark— ſtrahlen. Ein Beiſpiel hiefür iſt die Rothbuche. Bei gewiſſen Hölzern bildet der Glanz der Spiegelfaſern ein Hauptmoment der Wert— ſchätzung des Holzes, wie beim Ahornmaſer nnd dem jog. ungariſchen Eſchenholze, welche eine Art Seidenglanz beſitzen. 3. Feinheit. Nach dem Sprachgebrauche verſteht man unter feinen Hölzern ſolche, welche mit freiem Auge keinerlei Einzelheiten des Baues oder doch dieſe nur ſehr unvollkommen erkennen laſſen, wo alſo im Querſchnitte die Jahrringe, im Längenſchnitte das Herbſt- vom Frühjahrsholze kaum zu unterſcheiden iſt. Die Größe der Zellen an und für ſich iſt dabei nicht entſcheidend. Allerdings werden Hölzer, welche aus kleinen und zarten Theilen aufge- baut ſind (Buchsholz), als feiner angeſehen wie jene, welche großzellig ſind (Linde). Die Feinheit des Holzes iſt im allgemeinen für die Holzart eigenthümlich, was nur durch Wachsthumsverhältniſſe in gewiſſem Maße ver- ändert werden kann; ſie iſt eine Eigenſchaft, welche nicht bloß das Ausſehen mitbeſtimmt, ſondern auch die Art und Weiſe des Verfahrens der Formgebung bedingt. 41. Textur, Zeichnung, Flader, Ma- ſer. Der Ausdruck Textur des Holzes iſt gleich— bedeutend mit Structur und bezeichnet beiläufig das anatomiſche Gefüge des Holzes; die Ge— werbetreibenden nennen hingegen häufig ſo die aus dem inneren Baue hervorgehende äußere Erſcheinung. Je weniger fein das Holz iſt, deſto deut— licher tritt dann die Zeichnung hervor; ſie iſt bei regelmäßig erwachſenen Bäumen im Quer-, Sehnen- und Radialſchnitt verſchieden. Das charakteriſtiſche Merkmal des erſteren iſt der Ringbau, das der beiden Längenſchnitte die parallele Streifung. Die Hirnſchnitte treten in der Holzinduſtrie ſeltener an der Oberfläche auf, deſto häufiger die beiden anderen. Iſt das Holz regelmäßig erwachſen (ſchlicht), jo wird die Zeichnung des Holzes häufig „Fla⸗ der“ genannt. Die Zeichnung von Theilen eines Baumes, der die Abzweigungsſtelle eines oder mehrerer Aſte enthält, wird unter gewiſſen Umſtänden wegen der belebten Zeichnung beſonders geſchätzt. Die durch unregelmäßiges Wachsthum, wie Aſte, ſchlafende Augen oder Verwundungen aller Art entſtehenden Holzbildungen nennt man wimmerig oder maſerig und die dadurch bedingte Zeichnung der Schnittflächen „Maſer“. Für die Zwecke der Kunſttiſchlerei und Drechs⸗ lerei bildet der Maſer, der bei Bauholz und Schnittware als „Fehler“ gilt, ein geſchätztes Vorkommen; ſo wird z. B. ungariſches Eſchen⸗ holz als Fournier vielfach in der Kunſttiſchlerei verarbeitet und iſt wegen der Schönheit der Zeichnung und des prächtigen Seidenglanzes beſonders beliebt. Maſerbildungen an der Wurzel von Buchs werden zu Tabaksdoſen, ſolche von Birken zu Pfeifenköpfen, jene von Erlen, Ulmen ꝛc. in der Technik mannigfaltig ver— wendet. Die maſerwüchſige Wurzel der Erica ar— borea, das ſog. Bruyéreholz, wird wegen ſeines bedeutenden Kieſelgehaltes und ſeiner dunfel- ziegelrothen Farbe beſonders gern zu Pfeifen gebraucht. 5. Geruch des Holzes. Im friſchen Zu⸗ ſtande hat jedes Holz einen eigenthümlichen Geruch, der für die betreffende Holzart bezeich⸗ nend iſt. Häufig verliert das Holz jedoch den Geruch nach dem Austrocknen; nur wenige bleiben wohlriechend und verdanken dieſer Eigenſchaft ihren höheren Gebrauchswert, z. B. werden die jog. Cedernhölzer und das Wach⸗ holderholz wegen der erwähnten Eigenſchaft als Bleiſtiftholz, bei Galanteriewaren, für Cigarren⸗ kiſten u. ſ. w. verwendet und das Zirbenholz hoch geſchätzt. Wohlriechende Hölzer, die faſt nur dieſem Umſtande ihre techniſche Verwertung verdanken, ſind das auſtraliſche Veilchenholz, das gelbe Sandelholz, die im Süden Oſterreich-Ungarns häufig vorkommende und um Baden bei Wien gezogene Mahalebkirſche. Letztere wird im aus⸗ gedehnten Maße zu Holzgalanteriewaren aller Art, Spazier- und Schirmſtöcken, Fächern, Pa⸗ piermeſſern u. ſ. w. verarbeitet. 6. Geſchmack des Holzes. Das Holz iſt entweder ganz geſchmacklos, etwas harzig, bitter, ſüß, zuſammenziehend oder unausge⸗ ſprochen ſchmeckend. Einen charakteriſtiſchen Ge- ſchmack beſitzen nur einige Wurzeln und Rinden. Die horizontal verlaufenden Wurzeln von Olycyrrhiza glabra L. und echinata L. liefern das bekannte Süßholz, welches hauptſächlich aus Spanien und Ruſsland bezogen wird. Das— ſelbe wird entweder in roher Form genoſſen, Eigenſchaften der Hölzer. 161 ausgeſaugt, oder zur Bereitung des Lakritzen— ſaftes verwendet, der eingedickt in ſchön ſchwar— zen Stangen im Handel erſcheint. Auch Palmen, Ahorn, Birken, Weißbuchen, Linden u. ſ. w. ent- halten bis 3% Zucker, beſonders im Frühlings— ſaft. Beim nordamerikaniſchen Zuckerahorn (Acer saccharium) findet der mehr als 5% enthal- tende Saft induſtrielle Verwertung. Das Chinin kommt in allen Rinden der Einchoneen vor, je nach der Art in ſehr ver— ſchiedener Menge. Tannin, das außer in der Mediein und Pharmacie, wie das Chinin, auch noch in der Färberei, Gerberei, Tintenfabrica— tion, zum Schönen des Weines u. ſ. w. ver- wendet wird, kommt am vorzüglichſten in der Rinde, den Galläpfeln und Knoppern der Eiche, aber auch im Sumach und in den Myrobalanen vor. Einen bitteren Geſchmack haben auch die Weidenrinden. Der Zimmt iſt die innere Rinden- und Baſtſchicht verſchiedener Arten von Cinnamonum, von denen C. ceylanicum die feinſte iſt. Die an der Sonne getrockneten Rindenſtücke rollen ſich ein, beſitzen eine bräunlich-goldgelbe oder hellbraune Farbe und einen ſüßen aromatiſchen Geſchmack. II. Phyſikaliſche Eigenſchaften des Holzes. Dieſe Gruppe von Eigenſchaften beſitzt die beſondere Eigenthümlichkeit, daſs dieſe unter einander weſentlich zuſammenhängen. Es ge— hören hiezu die Dichte oder das ſpecifiſche Ge— wicht, der Waſſer- oder Feuchtigkeitsgehalt des Holzes und die Volumsveränderlichkeit. Letztere vollzieht ſich nicht in einer nach allen Richtun— gen hin gleichen Weiſe, führt daher auch zu Veränderungen der Geſtalt, was zuletzt die Aufhebung des Zuſammenhanges einzelner Theile bewirken kann. 1. Dichte des Holzes. Unter Dichte des Holzes verſteht man bekanntlich das Verhält— nis der Gewichte eines gleichgroßen Volumens Holz und chemiſch reinen Waſſers von 4° C. Die gefundene Ziffer iſt nur für das eben unter— ſuchte Holzſtück und für jene Zeit richtig, in welcher die Beobachtung gemacht wurde, vor— ausgeſetzt daſs durch den Verſuch ſelbſt der Feuchtigkeitsgehalt nicht merklich geändert wurde. Beim Holze laſſen ſich eine Reihe von charakteriſtiſchen Stadien feſtſtellen, welche einen Zuſtand bezeichnen, der mit einem gewiſſen Feuchtigkeitsgrade im Zuſammenhang iſt, ſo das Grüngewicht des Holzes im lebenden Baume oder unmittelbar nach der Fällung, das Lufttrockengewicht, nachdem es geraume Zeit im Freien gelegen, und das Darrgewicht, wenn es bei einer Temperatur von ca. 110° C. künſtlich getrocknet worden iſt. Für die Technik genügt gewöhnlich das Lufttrockengewicht, bei dem man einen durchſchnittlichen Waſſergehalt von 8—22 % des Gewichtes annimmt. Da das Lufttrockengewicht mit dem Feuch— tigkeitsgehalte der Luft ſchwankt und ſich mit dem Standorte, der Jahreszeit, dem Klima u. ſ. w. ändert, ſo können in der nachfolgenden Tabelle nur Mittelwerte angegeben werden. Speeifiſches Gewicht Name der Holzart im Mittel i ae Akazie (Robinia Pseudoacacia L.) . 088 0:72 Apfelbaum (Pyrus malus L.) 14110 0˙75 Aſpe (Populus tremula L.)) 0:80 | 0:50 Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) 09% | 0:66 Birnbaum (Pyrus communis L.) . 462 | 072 Cypreſſe (Cupressus fastigiata L.) .] — | 0'66 Edelkaſtanie (Castanea vesca Gärtn.)] 0°99 | 0:66 Edeltanne (Abies pectinata DC.) . 100 049 Eibenbaum (Taxus baccata L.) .. . 404 | 0'84 Elsbeerbaum (Sorbus torminalis Linde, kleinblätterige (Tilia parvi- Grantz). ea ne 1:00 | 0:79 Eiche (Fraxinus excelsior L.). ...[0'92 | 0'76 Feldahorn (Acer campestre L.)...[0'96 | 0:68 Feldrüſter (Ulmus campestris L.).[0'96 | 0:69 Fichte (Abies excelsa DC.)....... 0˙74 0˙48 Kiefer (Pinus sylvestris L.) 0˙70 0˙52 0 — 0 Mehlbeerbaum (Sorbus Aria Crantz)| 112 088 Olbaum (Olea europea L.) — 098 Pflaumenbaum (Prunus dome- ne, N a 402 0. Platane (Platanus occidentalis L.).| 0:89 | 06 Roſskaſtanie (Aesculus Hippocasta- num L. Rothbuche (Fagus sylvatica L.) Salweide (Salix Caprea L.)...... Schwarzerle (Alnus glutinosa Gärtn.)| 0'82 | 0:53 Schwarzkiefer (Pinus laricio var. „%%% ò ͤ Blau ala eh a) nge/lclelune AuSbrIaGa , een nen 1:00 | 0°57 Spitzahorn (Acer platanoides L.) 096 0:69 Stieleiche(QuercuspeduncalataErh.)| 1'141 | 0°86 Traubeneiche (Quercus sessiliflora FFF . 1:02 | 0˙75 Wachholder (Juniperus communis L.) 1:07 | 0:62 Wallnuſsbaum (Juglans regia L.).| 092 | 068 Weißbirke (Betula alba L.) 0˙95 064 Weißbuche (Carpinus Betulus L.) 109 0:72 Weymuthskiefer (Pinus Strobus L.)[ 074 | 0˙44 Zirbelkiefer (Pinus Cembra L.) . . . . 0-879 0˙70 Ausländiſche Hölzer. (Nach einer Zuſammenſtellung von Dr. J. Moeller.) Specifiſches Gewicht im Name der Holzart { Mittel Bambus (Bambusa ) 0˙4 Braſilienholz (Caesalpinia brasi- liensis) * Bruyere (Erica arborea) .. 1:0 Cocus (Lepidostachys Roxburghii). 1 Ebenholz, ſchwarzes (Diospyros Ebenum) Eiſenholz (Mesua sp.) Gruadille (Brya Ebenus) . Grünholz (Nectandra sp.) . 0 Guajak (Guajacum officinale) ... . 07—1'4 Mahagoni (Swietenia Mahagoni) | 0˙6—0˙9 Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt-⸗ und Jagdwiſſenſch. III. Bd. 11 162 Eigenſchaften der Hölzer. Name der Holzart St Mittel Roſenholz (Convolvulus scoparius) 1:0 Satinholz (Ferolia guyanensis).... 10 Teak (Tectonia grandis) ........ 0˙8 Veilchenholz (Acacia homalophylla) 1˙4 Zebraholz (Omphalobium Lamberti) 14 Die Forſtleute, Holzhändler und Holz— induſtriellen legen dem ſpecifiſchen Gewichte eine größere Bedeutung bei als die Ingenieure, da dasſelbe auf die Transportkoſten und den Ge⸗ brauchswert einen bedeutenden Einfluſs ausübt. Die Menge der feſten Subſtanz beträgt nach R. Hartig bei Eiche 37˙6, bei Buche 36˙6, bei Birke 32˙6, bei Lärche 29˙4, bei Kiefer 27˙3, bei Fichte 24°0 Volumprocente der ganzen Sub⸗ ſtanz, während das übrige Luft und Waſſer iſt. Innerhalb derſelben Gruppe ändert ſich jedoch das Gewicht nach der Jahrringbreite und iſt im allgemeinen das engringige Nadelholz ſchwerer als breitringiges, umgekehrt jedoch bei den ringporigen Hölzern. Die Jahreswärme ſpielt, wenn nicht die äußerſten Grenzen ins Auge gefaſst werden, im allgemeinen keine ſehr bedeutende Rolle für die Holzdichte, während hingegen die Bodenfeuchtigkeit und Qualität die Jahrringbreite und mit ihr die Dichte weſentlich beeinfluſſen. Das ſpecifiſche Gewicht des Aſtholzes iſt meiſtens größer, das des Schaftholzes kleiner als jenes des Wurzelholzes; Maſerwuchs, wim⸗ meriger Bau, geſunde Wundnarben, Aſtknoten, Überwallungswuchs u. dgl. erhöhen ſtets die Schwere des betreffenden Holztheiles. Was den Gewichtsunterſchied zwiſchen Splint⸗, Kern⸗ und Reifholz anbelangt, ſo gibt es kein Geſetz, welches alle Holzarten um⸗ faſst. Bei gleichen Jahrringbreiten iſt das Kernholz (trocken) meiſt leichter als Splint (3. B. bei Birke, Buche u. ſ. w.), bei anderen iſt der Kern ſchwerer als Splint (z. B. bei Eiche, Kiefer, Lärche u. ſ. w.), und bei einigen Holzarten beſteht kein Unterſchied (3. B. bei der Fichte). Bei ſehr alten Nadelholzbäumen liegt das größte Gewicht gegen außen, bei den ring⸗ porigen Hölzern (meiſt auch bei der Buche) mehr im Innern des Stammes. In jungen Schäften iſt ein Unterſchied zwiſchen Kern und Splint in nur ſehr unbe- deutendem Grade oder auch gar nicht wahr— nehmbar. Was die Veränderlichkeit des Trockenge⸗ wichtes nach der Höhenlage anbelangt, ſo iſt derſelbe hauptſächlich durch die Jahrringbreite bedingt. Die Kiefer und die Rothbuche haben im unteren Schafttheile dichteres Holz als im oberen; vom Kronenanſatze wächst die Dichte wieder und erreicht innerhalb der Krone ihr Maximum. Das Gegentheil findet mitunter beim Grün⸗ gewicht ſtatt. Ganz im Freien erwachſene, tief herab beaſtete Stämme von Fichten und Tannen haben das leichtere Holz unten; umgekehrt hat Stangenholz im dichten Schlujs das leichtere Holz oben. Bei jungen, ca. 50jährigen Eichenſtämmen ſteigt das Gewicht von unten nach oben; um⸗ gekehrt rückt bei zunehmendem Alter das größere Gewicht nach unten. 2. Der Waſſergehalt. Das grüne oder friſche Holz enthält nahezu zur Hälfte ſeines Gewichtes Waſſer. Wird ein ſolches, eben ge⸗ fälltes Holz der Luft ausgeſetzt, ſo verdunſtet ein Theil des Waſſers, bis ſich der Luftdruck und das Verdunſtungsbeſtreben einander die Wage halten; man nennt es lufttrocken. Da die Spannung der atmoſphäriſchen Luft be⸗ ſtändig wechſelt, ſo iſt auch der Feuchtigkeits⸗ grad des Holzes mit dieſem Schwanken ein verſchiedener; das Holz daher hygroſkopiſch. Die Waſſerhaltungskraft des Holzes iſt bei Nadelhölzern größer als beim Laubholz. Das enthaltene Waſſer iſt nie chemiſch rein, ſondern enthält gelöste Stoffe, Saft⸗ ſtoffe, die nach der Holzgattung, der Jahres⸗ zeit u. ſ. w. in Quantität und Qualität ſehr verſchieden ſind. Nicht nur daſs man dem Holze die Quan⸗ tität Waſſer, die es beim Trocknen an der Luft verloren hat, wieder zuführen kann, man iſt auch imſtande, durch Untertauchen in Waſſer während einer entſprechend langen Zeit, dem „Tränken des Holzes“, den Waſſergehalt über die urſprünglich vorhanden geweſene Waſſer⸗ menge hinaus zu vermehren. Weißbach beobachtete, dajs auch friſch gefälltes Holz noch eine bedeutende Quantität Waſſer aufzunehmen vermag, wenn es getränkt wird; ſo hatte Fichtenholz um 23% ſeines Ge⸗ wichtes, das ſpecifiſche Gewicht von 0˙79 auf 0°97 zugenommen und das Volumen um 04%. Über das Waſſeraufſaugungsvermögen ſtellte Forſtverwalter L. Hampel in Guſswerk eine Reihe von Unterſuchungen an, welche das Ver⸗ hältnis der aufgenommenen Waſſermenge im Verhältniſſe zum Volumen in Procenten des⸗ ſelben nachwieſen. (Centralblatt f. d. geſammte Forſtweſen, November 1881.) Holzart Volumprocente der Waſſeraufnahme Bergahorn 38˙671 Eſ che Fer 47˙322 Roth buche 43'347 Kiefer! 39174 Birjil e 38·879 IHimmmne ee 36˙360 Fichte 33-540 Eibte 33˙036 Lür che 23˙529 Die Waſſeraufnahme und das Quellen des Holzes gehen nicht gleichmäßig vor ſich. Nach den Beobachtungen Weißbachs iſt das Quellen binnen 1½—2 Monaten beendigt, während ſich die Gewichtszunahme ein halbes Jahr, oft auch Eigenſchaften der Hölzer. 163 2—3 Jahre fortſetzt, um zu ihrem Höhepunkte zu gelangen. Dieſe Betrachtung hat ſowohl für den Schwemmtransport wie auch für die Berech- nung des Gewichtes von Holzwänden an Schiffen, bei hölzernen Waſſerrädern u. ſ. w. einige Wichtigkeit. Specifiſches [Zunahme infolge Name (Gewicht im Mittellder Durchnäſſung der vollkommen am am Holzart —PVolumen Gewichte lufttrocken durchnässt 0% 0% Ahorn ....| 0649 1133 85 75 Diele. ;..... 0607 | 1:090 7˙9 94 Buche 0698 | 1'107 | 10˙6 81 S 0690 | 14110 67 76 S 0˙463 1080 6˙3 150 Eide ..... 0700 | 4105 Ye 70 Fichte 0˙446 0841 6˙5 118 Föhre 0'463 | 0'890 48 102 Tanne 0480 | 0914 54 103 N 0˙•609 [1123 9:7 102 Die bis jetzt durchgeführten Unterſuchungen über den Geſammtwaſſergehalt des Holzes ſind nach Hermann Schild (Mittheilungen aus den kgl. mech.⸗techn. Verſuchsanſtalten in Berlin, 3. Heft 1886) ſammt und ſonders nicht genau, da keiner dieſer Arbeiten Harzgehaltsbeſtim— mungen vorangegangen waren. 3. Veränderlichkeit des Volumens. Die Abnahme an Waſſergehalt bewirkt beim Holze auch eine Verringerung des Volumens, welche nach den verſchiedenen Richtungen im Holzkörper nicht gleichartig vor ſich geht und „Schwinden“ oder „Schrumpfen“ ge— nannt wird. Jene Größe, welche die Veränderung der Abmeſſung nach den Hauptrichtungen, Achſe, Ra— dius und Sehne angibt, nennt man lineares Schwindmaß; aus demſelben berechnet ſich das Flächen- und Volumsſchwindmaß. Der Techniker hat für das lineare Schwind— maß nach der radialen und Sehnenrichtung, der Forſtmann für die Volumenſchwindung ein erhöhtes Intereſſe. „Die Dauer des Schwindens iſt bei den weichen Nadelhölzern eine auffallend geringere als bei den harten Laubhölzern. Das langſam trocknende Kernholz ſchwindet weniger raſch als der Splint. Einen maßgebenden Einfluſs auf die Dauer und das Maß der Schwindung nimmt das Belaſſen in der Rinde oder die theilweiſe oder vollſtändige Entrindung. Nördlinger war der erſte, welcher ſich eingehend mit den verſchiedenen Umſtänden vertraut machte, die beim Schwinden des Holzes gewiſſe Erſcheinungen hervorrufen; er beob— achtete dieſe Verhältniſſe bei allen Holzſorti— menten und hat das Ergebnis ſeiner Forſchun— gen anſchaulich und klar dargeſtellt. Schwindmaß der techniſch wichtigſten einheimiſchen Hölzer. Schwindmaß im Sinne Name der der des der Jahr⸗ Holzart Faſern Radius ringſehne = 07 0 0 /o /o Yo Ahorn 0-41 2:06 413 Afpf e 0:00 397 333 Birke 0˙50 305 319 Eiche 0˙00 2:65 413 Erle. PER 0:30 316 445 Eſ che 0˙26 535 690 Fichte 0•09 2˙08 262 Föhrese 0˙00 2˙49 2˙87 Sinde 010 943 117 Rothbuche n)... 020 53 703 ns 0:05 3˙85 440 Weiß buche 0:24 682 8:00 Die Schwindung in der Faſerrichtung be- trägt im Mittel 01%, in der Sehnenrichtung 10% und in der Richtung der Radien 3%, Von den ausländiſchen Hölzern ſchwindet Ma— hagoni am wenigſten. Nördlinger kam nach Verſuchen, welche er 1878 anſtellte, zur Überzeugung, daſs kurze Zeit geflößtes Holz keine andere Schwindungs— größe beſitze als ſolches, welches trocken aufbe— wahrt blieb. 4. Folgen der Waſſeraufnahme aus der atmoſphäriſchen Luft und der Ver— änderlichkeit des Volumens. Das Schwin- den iſt die Veranlaſſung zu einer Volums⸗ verkleinerung und Geſtaltsveränderung, welche häufig die gewerbliche Verwertung des Roh— ſtoffes beeinträchtigt. Das Anquellen von bei trockenem Zuſtande des Holzes hergeſtellten Gegenſtänden und die damit verbundene Ge— ſtaltsveränderung, das „Werfen des Holzes“, hat ebenfalls häufig ſehr ſtörende Conſequenzen. Können ſich dieſe Vorgänge nur dann voll— ziehen, wenn an einzelnen Theilen der Zu— ſammenhang der Holzſubſtanz aufgehoben wird, ſo entſtehen Spalten, Klüfte und Riſſe, die entweder klaffend oder fein und klein ſind. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daſs im erſteren Falle das Maß der Verwendbarkeit erheblich ver— ringert wird. Manche Vorſichtsmaßregeln und Verfahren vor, während und nach der Fällung dienen dazu, das Schwinden, Werfen u. ſ. w. zu ver— mindern, nicht aber gänzlich aufzuheben. 5. Beſondere Eigenthümlichkeiten. Farbhölzer. Die Farbſtoffe kommen bei den Hölzern als kleine Körper vor, die in den Zell— wänden eingelagert find; dieſelben ſind ent= weder unlöslich oder in Waſſer, Alkohol ꝛc. löslich. Viele finden ſich im Kernholz, wie bei den verſchiedenen Rothhölzern (Fernambuk, Sappan, Braſilienholz, d. i. Caesalpinia-Arten), beim Blau- oder Campecheholz (Haematoxylon *) Der Verfaſſer fand durch ſeine eigenen Unter⸗ ſuchungen bei der Rothbuche das Schwindmaß in der vollen Scheibe beim Radius mit 4%, bei der Sehne mit 8¼ %. 1 164 Eigenſchaften der Hölzer. Campechianum), beim rothen Sandel- oder Caliaturholz (Pterocarpus santalinus), beim Perrückenbaume (Rhus cotinus), manche im Stammholz, wie beim Färbermaulbeerbaum (Maclura aurantiaca), einige im Wurzelholz, wie beim Sauerdorn (Berberis vulgaris), an⸗ dere in der Rinde, bei der ſchwarzen (Quer⸗ citron) Eiche (Quercus nigra, Quercus tinctoria). Es iſt ſelbſtverſtändlich, dafs bei den Farbhölzern das Holz an und für ſich vollſtändig in den Hinter⸗ grund tritt, da die Gewinnung und Berwer- tung des Farbſtoffes den Hauptzweck bildet. Harzgehalt. Abgeſehen davon, dajs fait feine der höher organiſierten Pflanzen voll- ſtändig harzfrei iſt, beſteht eine Gruppe von Holzarten, die gerade wegen ihres entweder ſehr reichlich vorhandenen oder durch beſondere Eigenſchaften ausgezeichneten Harzgehaltes ihren Handelswert erhalten haben. Die harzreichſten Pflanzentheile ſind die Rinde und das Holz. Harzreiche Hölzer ſetzen dem Eindringen der Näſſe größeren Widerſtand entgegen und ſind deshalb als Bauholz, welches häufigem Wechſel von Näſſe und Trockenheit ausgeſetzt iſt, geſucht und geſchätzt. Die Harze ſind Oxydationsproducte der ätheriſchen Ole, wie die Balſame. Bei letzteren wickelt ſich jedoch der Vorgang innerhalb der lebenden Pflanze ab. Nach den charakteriſtiſchen, beſonderen Eigen- ſchaften kann man vier Gruppen unterſcheiden: die Hartharze, die Weichharze oder Balſame, die Gummi⸗ oder Schleimharze und die Federharze. Von den wichtigeren Harzen ſollen ge— nannt werden: der Terpentin und das Fichten⸗ harz (aus verſchiedenen Pinus-, Abies- und Pice-Arten), der Copal (aus Hymenaea-Arten und aus Damara australis), der Maſtix (aus Pistacia Lentiscus), der Gummilack, Schellack (aus Ficus- und Croton-Arten), das Drachen- blut (aus Calamus Draco), dann das als Farbſtoff geſchätzte Gummigutt (aus Gareinia- Arten), die wohlriechenden Gummiharze Weih— rauch Myrrhe u. ſ. w., endlich der Kautſchuk (aus Artocarpeen, Apocyneen und Euphorbiaceen) ſowie die Guttapercha (aus Sapotaceen). Die Harze werden entweder von der Pflanze ſelbſt ausgeſchieden oder bei Verletzun⸗ gen, welche zufällig oder abſichtlich hervorge— bracht worden ſind, zum Ausfließen gebracht. Stärkegehalt. Stärke kommt mit Aus⸗ nahme der Schmarotzer in allen Pflanzen als Zellinhalt vor. Nur während der Winterszeit ſind die Rinde, das Mark und die Markſtrahlen mit Stärkekörnchen reich gefüllt, im Holze führen meiſt nur die Parenchymzellen Stärke, ſeltener die Holzfaſern, niemals die Gefäße. Die Eigenſchaften des Holzes werden durch das Vorkommen oder das Fehlen der Stärke un- mittelbar nicht verändert; nur die Zeit der Fällung iſt dadurch gekennzeichnet. Zu den ſtärkemehlartigen Stoffen gehören auch die verſchiedenen Gummiarten, das Ara- bin, Ceraſin und Baſſorin u. ſ. w. Der ge⸗ wöhnliche Ort der Gummibildung iſt die Rinde, aus welcher der Gummi in Tropfen austritt und durch Verdunſten des Waſſers trocknet und feſt wird. Gummi und Harze haben das Ge⸗ meinſame, dass beide Erzeugniſſe einer rück⸗ ſchreitenden Bildung ſind. Die bekannteſten Gummiarten ſind: das arabiſche Gummi (aus Acacia-Arten), das Kirſchgummi (aus pflaumenartigen Bäumen, Prunus), das Traganthgummi (aus Astragulus). Aus dem Holze der Birke, des Kirſchbaumes, der Eiche, Buche u. ſ. w. kann durch heißes Waſſer eine Subſtanz ausgeſogen werden, welche Holz⸗ gummi genannt wird und, wie ſchon der Name beſagt, dem Gummi ähnlich iſt. III. Mechaniſche Eigenſchaften. 1. Elaftieität und Feſtigkeit. Für die Bedeutung des Holzes als Baumaterial iſt die Frage des Zuſammenhanges zwiſchen den phyſikaliſchen und mechaniſchen Eigenſchaften ausſchlaggebend. Dieſe Frage iſt indes ſo ſchwierig, daſs noch eine Reihe von Unter⸗ ſuchungen nach den verſchiedenſten Richtungen hin wird gepflogen werden müſſen, ehe die⸗ ſelbe der endgiltigen Entſcheidung nahegerückt ſein wird. Es ſind dabei ja ſo mannigfaltige Umſtände zu berückſichtigen, wie: der Zuſam⸗ menhang von Elaſticität und Feſtigkeit mit der Dichte und dem Feuchtigkeitsgehalt; die Ver⸗ änderung dieſer Eigenſchaften mit der Lage am Hauptſtamme oder an einem Aſte in Beziehung auf ihre Entfernung vom Erdboden und der Richtung nach den vier Weltgegenden; das Ab- hängigkeitsverhältnis in Bezug auf Kern-, Splint⸗, Reifholz und Jahrringbreite; der Wechſel je nach dem Standorte, dem Einfluſſe des Bodens, Klimas, der Fällungszeit zc. Ehe man von den bisher gewonnenen Re⸗ ſultaten ſprechen kann, müſſen die vorkommen⸗ den Begriffe in Erinnerung gebracht werden. Elaſticität iſt die dem Körper innewoh⸗ nende Kraft, welche er einer Formveränderung entgegenſetzt, und mit welcher er eine aufge- nöthigte Formveränderung nach dem Aufhören der Urſache wieder aufhebt. Die Grenze, bis zu welcher dieſe Fähigkeit elaſtiſcher Körper reicht, ihre urſprüngliche Geſtalt wieder herzuſtellen, heißt Elaſticitätsgrenze. Die Kraft, welche die Verlängerung eines Stabes um das Dop⸗ pelte der urſprünglichen Länge innerhalb der Elaſticitätsgrenze herbeiführen könnte, nennt man den Elaſticitätsmodul. Tragmodul iſt die Spannung, welche der Elaſticitätsgrenze, Bruchmodul jene, welche dem Bruche des Holzes per Flächeneinheit des Querſchnittes entſpricht. Die Feſtigkeit oder der Widerſtand des Holzes, den es der Trennung in Theile durch Aufhebung des Zuſammenhanges derſelben ent⸗ gegenſetzt, läſst ſich bekanntlich je nach der Art und Weiſe, wie dies herbeigeführt werden ſoll, unter folgende Fälle ſubſumieren: 1. Zugfeſtigkeit, der Widerſtand, den das Holz bei dem Zerreißen oder Abreißen in der Faſerrichtung oder ſenkrecht zu derſelben äußert. 2. Druckfeſtigkeit, die Kraft, die das Holz bei im Verhältnis zur Breite und Dicke kleiner Höhe oder Länge dem Zerdrücken entgegenſetzt. 3. Knickfeſtigkeit, die Kraft, die erfor⸗ derlich iſt, das Holz bei größerer Höhe oder mn | Eigenſchaften der Hölzer. Länge im Vergleiche zur Breite und Dicke zu knicken, wobei der ſtabförmige Körper vor der Zerknickung einer Durchbiegung unterworfen iſt. 4. Biegungsfeſtigkeit, jene Kraft, welche, ſenkrecht zur Längenachſe des Holzes wirkſam, dasſelbe durchbiegt und abbricht. 3. Drehungsfeſtigkeit, die Kraft, welche das Holz einem Verdrehen der Faſer— bündel um die Längenachſe derſelben unter Aufhebung des Zuſammenhanges entgegenſtellt. 6. Scherfeſtigkeit, der Widerſtand, welchen das Holz einem Verſchieben und Trennen ſeiner Faſern unmittelbar an der Befeſtigungsſtelle, wo auch die Kraft wirkſam gedacht iſt, entgegenſetzt. 7. Spaltungsfeſtigkeit, der Wider⸗ ſtand, den das Holz dem Zertheilen der Faſerbündel durch Keile, parallel zu dieſen be= wegt, entgegenſtellt. 8. Schnittfeſtigkeit, die Kraft, die das Holz dem Löſen ſeines Zuſammenhanges durch ein ſchneidendes Werkzeug nach dieſer oder jener Richtung entgegenſetzt. In den voranſtehenden Erklärungen iſt die Feſtigkeit einmal als die Größe der zer— ſtörenden Kraft, ein anderesmal als der dieſer Zug parallel zur Faſerrichtung * * (* 8 per cm” Bruchgrenze Holzart modul kg fläche in em? Elaſtieitäts-— grenze k per cm? Querſchnitt Elaſticität Buche ). 3.725 | 5645| 122.250 813 Tanne?) 6241| 369 110.167 358 Fichte )) 6:035 | 368 119.633 | 596 Lärche) 5:949 3173 141.000 | 611 Fichte ). 5968 301 101.960 | 435 Die Verſuche Jennys wurden wie jene von Tetmajer und Bauſchinger mit der Feſtigkeits⸗ maſchine von Werder durchgeführt. — Außer den vorhin angeführten Unterſuchungen wurden 165 Zerſtörung entgegenwirkende Widerſtand be— zeichnet. Dies involviert keinen Widerſpruch, indem die Kraft in dem Momente, wo ſie dem Widerſtande gleich kommt, den Zuſammenhang der Theile aufhebt, ziffermäßig als Kraft und Widerſtand an der Bruchgrenze gleich iſt. Am unwichtigſten für die Qualität des Holzes iſt die Drehungsfeſtigkeit, da dieſe Art von Beanſpruchung ſeltener vorkommt; wich⸗ tiger ſchon ſind die Spaltungs- und Schnitt⸗ feſtigkeit für Werk⸗ und Nutzhölzer. Alle übrigen Feſtigkeiten bilden zuſammen das Maß der Brauchbarkeit von Bauhölzern. Eingehende und genaue Unterſuchungen wurden von Karl Jenny, k. k. Bergrath, 1873, Dr. E. Hartig 1876, Prof. Karl Mikolaſchek 1879, Profeſſor L. Tetmajer 1883, Profeſſor J. Bau⸗ ſchinger 1883 —1887 u. ſ. w. durchgeführt. Die Verſuche Jennys enthalten die Reſultate über die Ermittlung der Zug-, Druck- und Ab⸗ ſcherungsfeſtigkeit von ungariſchen Buchen, Tannen, Fichten und Lärchen. Das Alter der unterſuchten Bäume war beiläufig überall 120 Jahre. Die Mittelwerte aus den Verſuchs— reihen ſind in der nachſtehenden Tabelle vereinigt: Scherkraft parallel zur Faſerrichtung Druck parallel zur Faſerrichtung 8. + — | | Claſticitäts⸗ Abſcherfeſtig— keit kg per grenze kg per em? Elaſticität kg per em? fläche in em? Querſchnitts fläche in em! Querſchnitts— modul k Bruchgrenze 19323] 87˙5 83.500] 391 74969 7170 19439 119 62.625 | 353°5 74229] 3920 19205 114 78.975 335°5 748630 43˙15 19052 114 88.933 446 69484 33˙80 19412 133 78.817 345°5 70587 34˙70 | auch noch ſolche über Fichten und Tannen aus Siebenbürgen, der Marmaros, den Oſt- und Weſtkarpathen angeſtellt; die Endergebniſſe ſind in Mittelwerten in folgender Tabelle vereinigt: Zugverſuche parallel zur Faſer d er Mitielwer te — 1 Abſcherver⸗ Druckverſuche parallel ſuche parallel zur Faſer zur Faſer * e Bezugsquelle Holzart | S, ER — N En =. a S 2 2 2 8 22 == 2 8 en 2 5 m3 8 [SS ®5 [a 2 8 S a2 28 erh DEF ae ae ein, TE = 89 = 99 8 Zyo Zu S 2 so S 4 2 2 2 S 5 S >) 5 S >) = = Buche | 565 | 122.250 | 81388 83.650 | 39 70 Kroatien Tanne | 369 115.175 558119 | 67.625 | 354 393 | Fichte 372 | 117.350 | 596 [114 77.975 337 4322 Lärche 312 | 130.820 | 551114 88.933 446 55˙8 he ich gg gegn 428 378817 5 34˙7 Nordkarpathen Fichte 288 | 99.967 436133 78.817 346] 3477 F Fichte | 310 113.392 494220 | 127.565 | 3653| 420 8 5 1 336 | 1135.5: 426 1209 04.970 357 40˙2 Oſt⸗ und Weſtkarpathen Tanne 336 115.531 | 426 104.97 | ) ) Von dem Forſtamte Zucine (Kroatien). — % Von dem Foritamte Hradek (Nordkarpathen). 166 Die Arbeit W. F. Exners enthält die Ermittlung des ſpecifiſchen Grün- und Trocken⸗ gewichtes, die Schwindung und Druckfeſtigkeit einer 130jährigen Rothbuche (aus dem Wiener⸗ walde) in Beziehung auf den Einfluſs der Höhenlage im Stamme ſowie nach den ver— ſchiedenen Weltgegenden. Mit 0'945 wurde das mittlere ſpeeifiſche Grüngewicht, mit 0˙64 das mittlere ſpecifiſche Trockengewicht des Stammholzes gefunden. Die Abmeſſungen der Cylinder, denen ein beſtimmter Jahresring als äußerſte Begrenzung angehörte, hatten 80 mm Länge und 40 mm Durchmeſſer. In der nachſtehenden Tabelle iſt die mittlere Druckfeſtigkeit per Quadratcentimeter der zur Beſtimmung des Trockengewichtes beſtimmten Cylinder zuſammengeſtellt, u. zw. ſind dem Splintholz angehörige Cylinder, deren äußerer Jahrring vor ſechs Jahren gebildet wurde, mit a, der nächſte, welcher als äußere Begren— zung den 42. Jahrring hatte, mit b, endlich ſolche, welche ſchon theilweiſe Kernholz ent- hielten und mit dem 80. Jahrring begannen, mit c bezeichnet. Alle Cylinder ſind dem unterſten Theile je 2m langer Stücke entnommen, in welche der ganze Stamm getheilt worden war. Von den Walzen I—VI zweigten kleinere Aſte, von der Walze X vier Aſte ab; die Walze IX be- zeichnet den Beginn der Kronenentwicklung, und in der höher gelegenen XI. Walze gabelte ſich der Stamm in zwei ziemlich gleich ſtarke Theile. Mittelwerte der Druckfeſtigkeit einer Rothbuche in kg per ems. 5 SE J Mittlere Feſtigkeit 25 3 - JE der Probecylinder in Sr a kg per cm? S 2 S 88 80 == | =3 [28 a5 | =” Ess b 10) 2 = — a [6 1 0.5] 59% | 597 | 575 612 II 2˙3 J 607 610 | 583 622 III 45 | 599 602 595 60% IV 65 | 559 542 557 597 V 85 372 399 373 329 VI 10˙5 380 393 367 — VII 125 J 583 589 74 — VIII 445 | 575 561 584 BP IX 165 I 550 584 333 — X 185 | 601 601 — — XI 20˙5 | 546 546 — — | Eine Beziehung zwiſchen der Druckfeſtigkeit und der Höhe im Stamme konnte nicht ge— funden werden; es ergab ſich jedoch, daſs das Maximum der Druckfeſtigkeit von der Oſtſeite über die Weſtſeite zur Nordſeite gehe, um an der Südſeite als Minimum zu erſcheinen. Profeſſor Dr. E. Hartig hat eine Unter⸗ ſuchung geführt, in welcher er die Einfluis- nahme der Fällungszeit auf die Verminderung der Feſtigkeit bei lufttrockenen und in Sand- boden eingegrabenen Fichtenhölzern zu ermitteln ſuchte. Die zwei Holzreihen wurden von ihm Eigenſchaften der Hölzer. mit „Luftholz“ und „Faulholz“ bezeichnet und durch eine hydrauliſche Preſſe die Zerdrückungs⸗ feſtigkeit in der Richtung des Faſerlaufes zu beſtimmen geſucht. Es ergab ſich, daſs die Feſtigkeit auf ein Achtel ihres Wertes geſunken war, u. zw. von 300 kg des Luftholzes zu 65 kg per Quadratcentimeter des Faulholzes. Als Durchſchnittswert für das jpecifiihe Gewicht des Faulholzes wurde 0'469, für das Luftholz 0537 gefunden. Außerdem wurde die Stoß— feſtigkeit durch einen Schlagapparat (4881 kg bei einer Fallhöhe von 0˙373 ) zu meſſen geſucht und in nachfolgender Tabelle vereinigt. 2—15 Schläge genügten beim Faulholz, 10—33 bei Luftholz, um die vollſtändige Zerſtörung herbeizuführen. Faulholz Luftholz 8 Wider⸗[ 8 Wider⸗ustient Fällungszeit s = ſtand | $| ſtand | Ke == 5 = per 1 K a KR K. Januar 8 706 | 7 | 1449 | 0'487 Februar. . 7 | 1096 | 4 | 1621 | 0676 März 7 503 | 6 | 1367 | 0'368 April. 4 564 | 5 | 1003 | 0'552 I 6 775 | 5 | 1458 | 0'532 SU en. 6 466 | 8 1374 | 0'339 Sk ae 8 | 362 | 9 | 1089 0-332 Auguſt 3 578 | 5 | 1118 | 0'517 September . 2 345 | 2 946 | 0'365 October 6 682 7 1138 0590 November .. 5 431 | 6 | 1120 | 0'385 December ... 6 601 | 7 867 | 0693 Der Waſſergehalt der Probeſtücke ergab als Mittelwert für Faulholz 134%, für Luft⸗ holz 141%. Trotzdem daſs der niedrigſte Wert der Feſtigkeit auf einen Sommermonat, der höchſte auf einen Wintermonat als Fällungszeit gefallen iſt, trotzdem der Durchſchnittswert für die Früh⸗ jahrs- und Sommermonate (April bis Sep⸗ tember) um 176% niedriger war als für die Herbſt⸗ und Wintermonate, konnte doch aus den Schluſszahlen nicht mit Beſtimmtheit ge= folgert werden, daſs die Wintermonate für die Fällung des Holzes günſtiger jeien. Die Verſuche Mikolaſcheks hatten den Zweck, die Elaſticität und Feſtigkeit der wich⸗ tigſten Bau- und Nutzhölzer Böhmens hinſicht⸗ lich der Lage des Holzes im Stamm ſelbſt zu erfahren; es wurden 14 verſchiedene Holzarten unterſucht und dem Untertrumm, Mitteltrumm und Aſtholz je ein meterlanges berindetes Stück entnommen. In den nachfolgenden drei Tabellen ſind die Ergebniſſe der Verſuche, welche ſich auf das Mitteltrumm (4—12 m über dem Stocke) beziehen, dargeſtellt. Bei den Zugverſuchen wurden Stäbe von 17 em Länge und prismatiſchem Querſchnitt, für die Druckverſuche nahezu Würfel von 6 em Höhe, zu den Biegungsverſuchen hochkantig ge⸗ ſtellte Stäbe bei 0˙5 m Stützweite, für die Tor⸗ ſionsverſuche 40 em lange kreisrunde Stäbe mit quadratiſchen Köpfen, für die Abſcherverſuche cylindriſche Stücke gewählt. Eigenſchaften der Hölzer. 167 ee beni eee d Zugverſuche parallel zur Faſerrichtungſ Druckverſuche parallel zur Faſerrichtung Elaſtici-⸗ Elaſtici-⸗Abſolute 8 Elaſtici-⸗ Elaſtici⸗ n CJ wen, ats | a | an ſchnitts⸗ 5 dul grenze ſchnitts⸗ 5 dul feſtigkeit fläche grenze modul kg per] fläche grenze modu feſtigkei en e Wer cm? em [kg per [kg per | kg per cm” 3 cm” cm“ cm” Fichte .. 8°865 | 14100 | 95.880 | 2777 | 32'900 | 246°20 32.570 | 30045 rr 3159 | 168°60 145.0007366 | 34'928 28630 246.000 | 31493 ier 54170 | 13920 124.000 5561 | 29920 200˙53 66.100 | 267°37 SIE... 4418 | 17480 |137.600 | 3764 ][ 35'462 | 21150 31.720 | 31010 Schwarzerle....| 7124 98:30 |108.400 | 343°9 | 34748 | 12950 91.050 | 19785 Weißerle 6˙692 | 145°00 135.400 395˙2 | 34'100 | 115°48 98.970 | 15762 | Salweide ..... 7360 | 203:80 |102.140 | 2717 | 35'640 | 12626 | 101.000 | 27216 Winterlinde ...| 7121 419:40 |411.900 | 3723 | 33˙350 | 22489 60.000 | 258°62 Teldulme...... 3:935 | 190°50 | 158.000 | 6607 | 24110 |186°57 | 131.170 | 23840 Bergahorn..... 3935 | 228°70 |100.800 | 55911 I 30'800 | 13516 96.690 | 24351 Weißbuche . 4.512 14960 | 94.200 | 4710] 32˙890 |12770 | 144.000 | 281˙24 Rothbuche .. 4.066 | 313°57 189.600 385°6 I 35'340 | 35370 | 174.300 | 37493 Traubeneiche .. 7725 | 26150 | 76.350 | 323°6 | 35'400 | 22245 — 264˙81 Stieleiche 6290 | 333˙86 101.350] 643˙9 | 35'868 | 233°50 66.030 | 34501 | er enriıTjermder Biegungsverſuche Torſionsverſuche x Q itts⸗Elaſtici-Elaſtici-⸗ n; 8 ſchnitts⸗ Elaſtici-⸗[Elaſtici⸗Tor⸗ Holzart (nor täts⸗ täts⸗ 1 und täts⸗ täts ſions⸗ bez. auf em grenze modul 5 bez. auf em] grenze modul |fejtigfeit . kg per kg per kg Be IE kg per | kg per | kg per > ) = 55 | 55 ( f ) eme en (cm? Fiche 29.498 | 171701 78.840 466113 99792 | 30°06 40.083 52600 FF 67˙988 | 12410 | 66.300] 432˙06 78˙922 | 33:26 | 46.730 34477 le RR 81'601 76˙60 53.300 | 28721 116793 | 2312 | 60.200 | 51370) Di 35549 | 211°00 | 72.330 545°00 59319 | 35°40 | 48.170 | 36˙720 Schwarzerle ...] 35639 | 118:00| 63.180 | 39315 71.1470 | 33:72 | 55.463 | 60'070 Weißerle 33485 141˙80 | 64.260 43863 103193 | 2762 | 51.600 | 43·610 Salmeide...... 27'627 | 20405 | 78.670 38840 36'362 | 30˙94 | 93.750 | 109300 Winterlinde....| 47439 79:05 | 73.900 | 382°06 58527 | 20:50 36.250 76'880 Seldulme. .. . 44.932 | 200°25 | 59.660 | 500:63 32667 | 2755 | 72.310 | 80'350 Bergahorn... 43:580 18644 63.940 | 5301˙94 106684 | 4921 | 73.360 | 94'900 Weißbuche 35˙569 | 302˙20 70.400] 632˙57 30°918 | 33•96 [110.220 | 109200 Rothbuche . 63·225 [17790 100.600] 632 66 101˙666 3836 | 78.700 | 84'840 Traubeneiche . 52:854 | 212˙84 63.300 | 473°00 1416793 | 3214 6.590 | 73'850 Stieleiche .... 43808 | 313·87 73.400] 67792 | 109-055 | 4814 | 82.530 | 96'280 Ergebniſſe der Abſcherverſuche Druckwirkung ſenkrecht zur Druckwirkung parallel zur Holzart Faſerrichtung Faſerrichtung Querſchnittsfläche] Abſcherfeſtigkeit e Abſcherfeſtigkeit cm kg per cm? em kg per em? Dh enn 9:90 222˙2 9:78 58:80 | enn ee 984 2795 9-95 3770 ee eee - 9-90 204°5 9:90 32:80 era ee 9:90 262˙6 9:90 48:00 Schwarzerle ....... 9:78 2045 9:90 | 5550 erlre 9:62 239-0 9:90 30:00 beide 10˙06 273˙4 9-90 7070 TE 9:67 2171 9:95 42:70 ume 9:90 237% 973 77:00 Bergahorn 9:84 3404 9:90 90:90 Meißbude ......... 9:78 3170 9-90 73˙20 Roth buche 9˙78 3684 9-84 | 9140 Traubeneiche ...... 9:90 176˙7 9˙90 75°70 Stieleiche e 9:84 376˙0 9:84 7621 168 Eigenschaften der Hölzer. Aus dieſen Tabellen und jenen, welche Mikolaſchek für das Untertrumm und Aſtholz gefunden hat, ergibt ſich Folgendes: J. Die Zugelaſticitätsgrenze iſt im allge⸗ meinen bei dem Untertrumm größer als beim Mitteltrumm, und dieſe liegt manchmal höher als jene von Aſtholz. Der Elaſticitätsmodul iſt beim Untertrumm meiſtens größer als beim Aſtholz und beim Mitteltrumm größer als bei beiden. Die Elaſticitätsgrenze beträgt ca. 0˙2 bis 0˙5 der Bruchgrenze, welche beim Unter— trumm größer als bei den anderen iſt. 2. Die Drudelafticitätsgrenze iſt meiſtens beim Aſtholze höher als beim Mittelholze und letztere höher als beim Unterholze. Der Ela— ſticitätsmodul iſt beim Unterholze größer als beim Mittelholze. Die abſolute Druckfeſtigkeit iſt beim Aſtholze am größten. 3. Die Biegungselaſticitätsgrenze ſtellt ſich beim Unterholze höher als beim Mittelholze; die des Aſtholzes iſt jedoch am größten. Sie iſt beiläufig 025—0°50 der Bruchgrenze. Die Bie— gungsfeſtigkeit iſt beim Unterholze am kleinſten, beim Aſtholze am größten. 4. Die Drehungselaſticitätsgrenze iſt für Aſtholz am größten, für Mittelholz am kleinſten und beträgt ein Drittel bis drei Viertel der Beanſpruchung an der Bruchgrenze. Der Ela- ſticitätsmodul iſt beim Mittelholze kleiner als beim Unterholze, und dieſer iſt wieder bald kleiner, bald größer als beim Aſtholze. 5. Die Abſcherfeſtigkeit in der Richtung quer gegen die Faſern iſt beim Aſtholze am kleinſten, beim Unterholze theils größer, theils kleiner als beim Mittelholze; die Abſcherfeſtig— keit iſt in der Richtung der Faſerbündel meiſtens beim Mittelholze größer als beim Aſt- und Unterholze. Nach der Feſtigkeit und Elaſticität rang— weiſe gereiht, kommt zuerſt das Aſtholz, dann Unterholz, endlich Mittelholz, woraus Miko— laſchek ſchließt, daſßs dem Holze von größerer Feſtigkeit auch größere Elaſticität innewohne. Tetmajer ſuchte eine genaue Aufſtellung der Feſtigkeitscosfficienten jener Bauhölzer zu erlangen, welche bei Holzconſtructionen am häufigſten ſind; außerdem beſchäftigte er ſich mit den Feſtigkeitsverhältniſſen der verſchiedenen Theile des Stammes, ihrer Abhängigkeit vom Klima u. ſ. w. Seine Beſtimmungen erſtreckten ſich auf die Ermittlung der Feſtigkeit von Zug, Druck, Knickung, Abſcheren und Biegen bei Föhre, Weißtanne, Rothtanne, Lärche, Eiche und Buche, die bald auf Nord-, bald auf Süd— gehängen, theils mehr, theils weniger als 1300 m über der Meeresfläche, entweder auf Molaſſe-, Kalk-, Thonſchiefer-, Granit- oder Gneisböden erwachſen waren. Zur Ermittlung der Zähigkeitsverhältniſſe verwendete Tetmajer die Biegungsarbeit. Alle Probeſtücke (mit Aus» nahme jener für die Zugfeſtigkeit) waren pris— matiſche Balken quadratiſchen Querſchnitts von 10 em Seitenlänge. Die Zugverſuche wurden an Bauſchin⸗ ger'ſchen Normalſtäben, welche eine Schaftdicke von 0˙5 —0˙7 cm bei einer Breite von 3—4 em hatten, angeſtellt. Auch bei dieſen Verſuchen ergab ſich, dass das Kernholz ſchwächer iſt als das Reifholz; auch Feſtigkeit und Zähigkeit ſind geringer, ſo iſt z. B. die Biegungsfeſtigkeit des Reifholzes ſeitlich der Stammitte bei Coniferen um 16%, die Leiſtungsfähigkeit um 39% größer als für die Stammitte. Nach ihren Feſtigkeitsverhältniſſen geordnet ſtehen die Bauhölzer in folgender Reihe: Feſtigkeit. &| Zug Druck Abſcheren Biegung 1 [Weißtanne] Föhre Föhre Föhre 2 | Rothtanne| Rothtanne | Weißtanneſ Rothtanne 3] Lärche [Weißtanneſ RothtanneWeißtanne 4] Föhre Lärche Lärche Lärche 5] Eiche Buche Eiche Eiche 61 Buche Eiche Buche Buche Für die Beurtheilung des Wertverhältniſſes der Bauhölzer unter einander, meint Tetmajer, ſowie zur Vergleichung des Holzes aus ver- ſchiedenen Theilen des Stammes iſt das Maß der Arbeitscapacität beſtimmend; dieſelbe ſtellt eine durch Feſtigkeit und gleichzeitige Zähigkeit bedingte Zahl dar, die unter ſonſt gleichen Um— ſtänden ſich ſowohl mit der Zähigkeit als der Feſtigkeit ändern kann. Iſt das Holz ſpröde, brüchig (nicht zähe, biegſam), ſo wird ſein Arbeitswert gering ausfallen, umgekehrt kann das Arbeitsvermögen ſich bedeutend erhöhen, wenn das Material neben geringer Bruchfeſtig⸗ keit große Zähigkeit und Biegſamkeit beſitzt. Bezüglich der Knickungsverſuche gelangt Tet— majer zu folgenden Schlüſſen: 1. Die Druckfeſtigkeit ändert ſich mit der wachſenden Länge der Balken mehr oder we— niger ſprungweiſe. 2. Die Knickungsgefahr beginnt bei Balken⸗ längen von 5—10facher Querſchnittsbreite. 3. Die Abnahme der Druckfeſtigkeit bei Balkenlängen von 10—20facher Querſchnitts⸗ breite wächst unerheblich, jedoch faſt ſtetig. Aus den Unterſuchungen, welche G. Lauböck über Druck- und Biegungsfeſtigkeit des Ailan⸗ thusholzes angeſtellt hat, ergab ſich die mitt- lere Druckfeſtigkeit in der Richtung der Faſern mit 652 kg per Quadratcentimeter und zu 316 kg per Quadratcentimeter ſenkrecht darauf. Der Elaſticitätsmodul wurde mit s = 721˙76 parallel zur Faſer und mit s = 5002 ſenkrecht darauf berechnet. Die Elaſticitätsgrenze lag bei 538 kg per Quadratcentimeter parallel zur Faſer und bei 77 kg per Quadrateentimeter ſenkrecht zu derſelben. Bei Beanſpruchung auf Biegung, die Kraftrichtung gleich gerichtet mit den Faſernbündeln, war die Biegungsfeſtigkeit 1184 kg per Quadratcentimeter, die elaſtiſche Biegungsſpannung 973 kg per Quadrateenti⸗ meter, der Elaſticitätsmodul 89.840 kg per Quadratcentimeter; bei der Kraftwirkung ſenk— recht zur Faſer waren die entſprechenden Werte 1144, 972 und 84.070 kg per Quadrateenti⸗ meter. Der Feuchtigkeitsgrad wurde mit 10:2% erhoben. Eigenſchaften der Hölzer. 169 Zu gleicher Zeit mit dieſen Beobachtungen wurden Vergleiche des Ailanthusholzes mit dem Eſchenholze angeſtellt, welche für beide nahezu gleiches Schwind- und Quellmaß er— gaben, während die mittlere Biegungsfeſtigkeit des Ailanthusholzes (mit 1164 kg per Qua— drateentimeter) um 274% größer iſt als jene der Eſche. Es iſt daher das Ailanthusholz be— fähigt, nicht nur die Eſche zu erſetzen, ſondern ſogar noch zu übertreffen. Die Unterſuchungen, welche J. Bauſchin⸗ ger 1882 gelegentlich der bayriſchen Landes— ausſtellung in Nürnberg an Kiefern machte, er— gaben, daſs das Holz im Kerne bezüglich aller Feſtigkeiten geringer ſei als zunächſt dem Splint. Schon 1879 hatte indes Bauſchinger Unter— ſuchungen über die Feſtigkeit von Fichtenholz gemacht. Uber beide Holzgattungen wurden dann in den Jahren 1882 und 1886 aus— führliche Unterſuchungen durchgeführt, welche die Elaſticität und Feſtigkeit derſelben ſowie die Veränderung dieſer Eigenſchaften nach dem Fällen behandelten. Als Unterſuchungsmaterial dienten vier Stämme, jeder von einem anderen Standort, von denen zwei im Sommer, zwei im Winter gefällt worden waren. Die zu den Biegungs— verſuchen verwendeten Balken hatten eine Spann- weite von 250 cm; ihr Querſchnitt ſchwankte zwiſchen 152% em Breite und 33˙49 cm Höhe. Die Druckverſuche wurden an Probeſtücken von 9 gem Querſchnitt und 13 em Länge vor- genommen, während für die Abſcherungsver— ſuche Scheiben von 8 em Dicke zur Verfugung ſtanden. Bauſchinger unterſcheidet fünf typiſche Bruchformen, u. zw. kurz ſtumpf, kurz zackig, blätterig, faſerig und langfaſerig, und findet, daſs die Zugfeſtigkeiten in directem Zuſammen— hange damit ſtehen, indem die kleinſte Zug— feſtigkeit (in der Regel) dem kurz ſtumpfen Bruche, die größte dem langfaſerigen zukommt. Bauſchinger bemüht ſich auch, den Zuſam— menhang zwiſchen den mechaniſchen und phyſi— kaliſchen Eigenſchaften des Fichtenholzes zu finden, und ſagt: „Im großen und ganzen iſt bei geringerem Feuchtigkeitsgehalt und größe— rem ſpeeifiſchen Trockengewichte ein höherer Elaſticitätsmodul und eine größere Feſtigkeit vorhanden, die indes durch die örtliche Be— ſchaffenheit der Holzſubſtanz weſentlich geändert werden kann.“ Bauſchinger hat eine Beziehung zwiſchen der Druckfeſtigkeit, reſp. der Schubfeſtigkeit und dem Feuchtigkeitsgehalt zu finden geſucht und folgende Formeln aufgeſtellt: 5 2 81 - I ( — ol und „le = po)! wobei B die Druckfeſtigkeit beim Feuchtigkeitsge— halt o, 60 jene bei einem niederen Feuchtigkeits— gehalt 9%, y die Schubfeſtigkeit beim Feuchtig— keitsgehalt p und 7 jene bei po, A, reſp. p. eine Conſtante bezeichnet, die im Mittel zu 0•0366, reſp. 00430 ermittelt wurde. Bauſchinger fand, daſs die Zugfeſtigkeit unabhängig iſt von der ganzen Jahrringbreite, weſentlich abhängig aber von der Breite und Feſtigkeit der Herbſtzone ſei; einer dichten Herbſtzone von verhältnismäßig großer Breite entſpricht eine große Zugfeſtigkeit und Dich— tigkeit, einer locker gewebten und verhält— nismäßig dünnen Herbſtzone aber eine gerin— gere Feſtigkeit des ganzen Querſchnittes. Die Zugfeſtigkeit nimmt mit dem Gehalt an Cellu⸗ loſe zu, fällt mit der Zunahme an Lignin, welches das Holz härter, ſpröder und wider— ſtandsfähiger gegen Biegung zu machen ſcheint. Bei den Druckverſuchen ließ ſich ein Ein— fluſs der Himmelsrichtung nicht erkennen. Die Feſtigkeit der im Winter gefällten Bäume war größer als jene von Stämmen, welche im Som- mer zum Hiebe gelangten, u. zw. verhielten ſich die beiden Feſtigkeiten bei luftrockenem Zu— ſtande im Mittel wie 1:1˙22. Die Schubfeſtigkeit war unabhängig von der Breite der Jahrringe und nahm vom Kern gegen den Umfang hin zu; häufig indes ver— ringerte ſich dieſelbe in der. Nähe des Splintes wieder. Ein Einfluſs der Weltgegenden ſowie der Höhenlage im Stamme konnte mit Gewiſs— heit nicht beobachtet werden. Bei der Schub— feſtigkeit war jene der im Winter geſchlagenen Bäume 1˙27fach größer als die der im Sommer gefällten. Bauſchinger ſagt dann am Schluſſe: 1. Fichten⸗ oder Kiefernſtämme, welche bei gleichem Alter ungefähr gleichen Durchmeſſer haben, die alſo ungefähr gleich ſchnell gewachſen ſind, haben, unabhängig vom Standorte, die gleichen mechaniſchen Eigenſchaften bei gleichem Feuchtigkeitsgehalt. Stämme, welche bei gleichem Alter größeren Durchmeſſer, alſo breitere Jahr— ringe haben, deshalb ſchneller gewachſen ſind, haben eine geringere Feſtigkeit als langſamer gewachſene. 2. Fichten- oder Kiefernſtämme, welche im Winter gefällt wurden, haben, 2—3 Monate nach ihrer Fällung geprüft, unter ſonſt gleichen Umſtänden eine um ca. 23% größere Feſtig— keit als ſolche, welche im Sommer geſchlagen werden. Anſchließend an die vorhergegangene Unter— ſuchung ſtellte Bauſchinger eine ſolche über die Veränderung der Feſtigkeit des Nadelholzes nach dem Fällen an und fand, daſs die Zunahme der Druckfeſtigkeit bei den im Sommer gefällten Hölzern größer ſei als bei den im Winter ge— ſchlagenen, fo dass die anfänglich, kurze Zeit nach dem Fällen, geringere Druckfeſtigkeit ſich ſo er— heblich ſteigert, daſs ſie während des Ablagerns jene der im Winter gehauenen Stämme beinahe oder ganz einholt. Die Ablagerungszeit betrug ca. fünf Jahre. Bezüglich des Zuſammenhanges der Feſtig— keitseigenſchaften mit dem anatomiſchen Bau fand Bauſchinger ſeine erſten Folgerungen nicht beſtätigt. Es hat ſich vielmehr ergeben, dajs die verhältnismäßige Breite der Sommer- gegenüber der Frühjahrszone von der ganzen Breite der Jahrringe unabhängig iſt, daſs verhältnismäßig größere Breiten der Sommerzone ſowohl bei weit⸗ als bei engringigen Stämmen vorkommen und ebenſo verhältnismäßig kleinere Breiten. Bauſchinger hat in ſeiner zuletzt veröffent— lichten Arbeit als Maßſtab für die Beurtheilung der Qualität des Holzes den Elaſticitätsmodul 170 Eigenſchaften der Hölzer. empfohlen und in graphiſcher Weile den Zu⸗ ſammenhang des Elaſticitätsmoduls mit der Druck- und Biegungsfeſtigkeit gezeigt. Daraus folgt, daſs zur Ermittlung der Qualität in bau⸗ techniſcher Hinſicht die Druckverſuche maßgebend ſind, u. zw. ſollen aus dem zu prüfenden Stamme drei ca. 15 em dicke Platten, je eine in der Bruſthöhe, am Gipfelanfang, die dritte in der Mitte des Abſtandes zwiſchen beiden entnommen werden, durch zwei ſenkrecht auf einander ſtehende radiale Schnitte gleich nach der Entnahme in vier Sectoren zerſchnitten und jeder Sector zu einem parallelopipediſchen Probeſtück bearbeitet werden, deſſen Länge in der Faſerrichtung das 1½ fache der kleinſten Querdimenſion beträgt. Die Druckfeſtigkeit derſelben iſt für einen beſtimmten Feuchtigkeitsgehalt zu ermitteln, als welcher 15%, empfohlen wird, weil dieſer nahezu durch Austrocknen in offenen gedeckten Räumen er— halten wird. 8 Ahnliche Unterſuchungen, wie Bauſchinger an nichtimprägnierten Hölzern angeſtellt hat, ſind an imprägnierten Stämmen angeſtellt und in den folgenden Abhandlungen veröffentlicht worden: Dr. W. F. Exner, Studien über Roth— buchenholz, Wien 1875. Dr. Böhme, Reſultate der Unterſuchungen mit imprägnierten und nichtimprägnierten Holz— proben. Mittheilungen aus den königlichen tech— niſchen Verſuchsanſtalten zu Berlin. IV. Jahr- gang, 1. Heft. Dr. E. Winkler, Die Elaſticitäts- und Feſtigkeitscosfficienten, Civilingenieur. Neue Folge, IX. Bd. Denkſchrift über die Einrichtung von Prü— fungsanſtalten und Verſuchsſtationen von Bau— materialien ſowie über die Einführung einer ſtaatlich anerkannten Claſſification der letzteren. Deutſche Bauzeitung Nr. 19, 1878. J. Bauſchinger, Verhandlungen der Mün— chener Conferenz und der von ihr gewählten ſtändigen Commiſſion zur Vereinbarung ein— heitlicher Prüfungsmethoden für Bau- und Con- ſtructionsmaterialien (Mittheilungen aus dem mechaniſch-techniſchen Laboratorium der könig— lichen techniſchen Hochſchule in München 1886). 2. Biegſamkeit und Zähigkeit. Bieg- ſamkeit und Zähigkeit bilden jene Eigenſchaften, welche die dauernde Formgebung eines Gegen— ſtandes ermöglichen, wobei beträchtliche perma— nente Ausdehnungen und Zuſammenpreſſungen platzgreifen, bei denen eine Überwindung der Cohäſion nicht ſtattfindet. Die beiden Eigen— ſchaften ſind Arbeitseigenſchaften. Je weiter die Bruchgrenze von der Elaſticitäts— grenze entfernt iſt, deſto biegſamer oder zäher iſt das Holz; im entgegengeſetzten Falle nennt man es brüchig oder ſpröde. Bildſamkeit iſt die der Biegſamkeit ent⸗ ſprechende Eigenſchaft zwiſchen der Elaſtieitäts— grenze und Bruchgrenze, während die Biegſam— keit im engeren Sinne ja nur bis zur Elaſtiei⸗ tätsgrenze reicht. Ein erhöhter Grad der Bild— ſamkeit iſt die Zähigkeit. Beide Eigenſchaften ſind am grünen Holze hervorragender auftre— tend als bei halb oder ganz getrockneten Stäm— men. Wird trockenes Holz mit heißem Waſſer, warmer Leimlöſung oder Dampf behandelt, ſo ſteigert dieſer Vorgang die vorgenannten Eigen— ſchaften. Das Biegen von Holzſtäben, u. zw. um geraden eine gekrümmte Geſtalt und umgekehrt zu geben, findet in mancherlei Gewerben An- wendung, z. B. bei der Stockfabrication, bei der Möbelinduſtrie aus Rothbuchenholz nach dem Verfahren von Thonet, bei dem Biegen von Radfelgen (bei Luxusfuhrwerken aus Hickory⸗ holz), im Schiff- und Wagenbau, zu Faſsdau⸗ ben und Reifen, zu Bandweiden, Wieden u. ſ. w. Die Bildſamkeit und Zähigkeit ſpielen aber eine beſonders wichtige Rolle in der Korb— flechterei und Holzweberei (Sparterie). Das Hauptflechtmaterial bilden ganze oder geſpaltene Weidenruthen, ebenſo zugerichtete Fichten- und Föhrenwurzeln, Späne von Fichtenſtammholz, Spältlinge aus Bambus, das ſpaniſche Rohr, Baſt und diverſe Gräſer ſowie Stroh, die Pia— ſara u. ſ. w. Zur Holzweberei werden dünne und ſchmale Späne von Aſpenholz verwendet. Nördlinger jagt, daſs nach einem alten, jedenfalls für Buchen, Eichen und noch andere Holzarten geltenden Satze naſſer Boden ſprödes, trockener oder nur mäßig feuchter zähes Holz hervorbringe. Wurzel- und Stockholz ſind zäher als Stammholz. Das Aſtholz bei Eichen, Linden, Erlen, Kiefern gilt für ſpröder als das Stamm- holz. Das zäheſte Holz liefern die jungen Triebe der Flechtweiden, Schlingſtrauch, Haſel, Birke, Ulme, Waldrebe, Hainbuche, Maßholder, Eibe, Eiche, Aſpe u. ſ. w. Mit dem Alter und Kranf- heiten verliert das Stammholz ſeine Zähigkeit mehr und mehr. Harzgehalt vermehrt im all- gemeinen die Zähigkeit. Abgewelktes Holz gilt als zäher wie ſaftreiches und trockenes. 3. Die Spaltbarkeit. Die Eigenſchaft des Holzes, ſeinen Zuſammenhang durch Ein- treiben eines Keiles in der Richtung des Faſer— verlaufes mehr oder weniger leicht zu verlieren, nennt man die Spaltbarkeit. Man unterſcheidet die radiale und die darauf ſenkrechte tangen— tiale Spaltrichtung. Schwerſpaltige Hölzer ver- lieren nicht nur ſchwer ihren inneren Zuſammen⸗ halt, ſondern es ſind auch die Spaltflächen minder glatt. Bei der Herſtellung von Halbfabricaten bildet die Spaltbarkeit einen maßgebenden Factor. Nördlinger hat über die in Rede fte- hende Eigenſchaft experimentelle Unterſuchungen gepflogen. b Vorderhand muj3 man ſich indes noch mit den Ergebniſſen der Erfahrung begnügen. Die Spaltfeſtigkeit iſt bei manchen Hölzern ſo gering, daſs im Stamme auftretende Spannungen, welche durch Temperaturs- oder Feuchtigkeits⸗ veränderungen hervorgerufen wurden, hinreichen, die Klüftung des Holzes herbeizuführen (Froft- und Waldriſſe). Moeller bemerkt, daſs die Art der Zellen für den Grad der Spaltbarkeit, noch mehr aber für die Beſchaffenheit der Spaltfläche entſcheidend ſei. Das Holz iſt meiſtens in der Sehnenrichtung ſchwerer ſpaltbar als nach dem Durchmeſſer, am Umfange leichter als gegen innen. Die einmal durch den Keil geſchaffene Offnung erweitert ſich um ſo leichter, je elaſtiſcher Eigenschaften einer Floßſtraße. — Eigenthum. 171 das Holz iſt. Gewiſſe Hölzer ſind im friſchen Zu— ſtande ſchwerer zu ſpalten als trocken, wie Aſpe, Pappel, Erle, Salweide, andere hingegen um— gekehrt, wie faſt alle Harthölzer. Der Froſt ver— mindert die Spaltbarkeit ebenſo wie hoher Harz— gehalt. Es können als leichtſpaltig Fichte, Tanne, Weymouthskiefer, Kiefer, Lärche, Erle, Linde, als ziemlich leichtſpaltig Eiche, Buche, Eſche, Edelkaſtanie, Schwarzkiefer, Zürgelkiefer, als ſchwerſpaltig Maßholder, Hainbuche, Ulme, Sal— weide, Birke, Ahorn, Elsbeer, Pappel, Legföhre u. ſ. w. bezeichnet werden. Die Spaltbarkeit findet als Arbeitseigen— ſchaft ihre beſondere Würdigung bei den „Spalt— waren“ und „Spaltholzſortimenten“, wie Faſs— dauben, Dachſchindeln, Schachtelwänden, Wein— pfählen, Reſonanzhölzern, Korbflechtſpänen zc., bei der Holzdraht- und Schuhſtiftenerzeugung, in der Spielwareninduſtrie u. ſ. w. Als Gewerbseigenſchaft tritt die Spaltbar— keit in ungünſtigem Sinne auf. 4. Härte. Härte iſt der Widerſtand, den das Holz dem Eindringen eines anderen Körpers in dasſelbe entgegenſetzt. Ein weſentlicher Unter— ſchied zwiſchen Härte und Schnittfeſtigkeit (der Widerſtand gegen das Vordringen eines Werk— zeuges im Innern) beſteht nicht. Je nach dem anatomiſchen Bau des Holzes, dem Angriffs- orte des Werkzeuges, je nach der Inanſpruch— nahme und dem bei der Benützung angewen— deten Verfahren kann die Härte an einem und demſelben Stammſtücke weſentlich verſchie— den ſein. Bedeutender Harzgehalt, hohe Dichte und Feſtigkeit laſſen auf eine größere Härte ſchließen. Daſs trockene Hölzer härter ſind als grüne, gilt nicht allgemein. Nördlinger, E. Hartig, W. F. Exner und G. Lauböck haben Beobachtungen und Unter— ſuchungen über Schnittfeſtigkeit, reſp. die Nutz— arbeit an Holzbearbeitungsmaſchinen angeſtellt. Nach den von Nördlinger, Gayer und Moeller aufgeſtellten Verzeichniſſen gelten als ſehr hart: Ebenholz, Guajak, die verſchiedenen Eichenhölzer, Sauerdorn, Buchs, Rainweide, Syringe, Kornelkirſche, Hartriegel, Weißdorn, Schwarzdorn; als hart: Akazie, Maßholder, Ahorn, Hainbuche, Waldkirſche, Mehlbeer, Kreuzdorn, Holunder, Eibe; als ziemlich hart: Eſche, Stechpalme, Maulbeer, Legföhre, Pla— tane, Pflaumenholz, Zerreiche, Ulme, Buche, Eiche; als weich: Fichte, Tanne, Roſskaſtanie, Schwarzerle, Weißerle, Birke, Haſel, Wachholder, Lärche, Schwarzföhre, gemeine Föhre, Trauben— kirſche, Salweide; als ſehr weich: Paulownia, Weymouthsföhre, alle Pappelarten, Aſpe, die meiſten Weidenarten und Linde. Er. Eigenſchaſten einer Floßſtraße. Zu den natürlichen Eigenſchaften einer Floßſtraße rechnet man eine genügende Menge Waſſers und eine gehörige Eignung derjelben mit Rückſicht auf die ituation, das Längen- und Querprofil, die erforderliche Breite, endlich auf paſſende Ein— bindplätze. Für den Floßbetrieb iſt eine mittlere Waſſertiefe von 40—60 em erforderlich, die nöthigenfalls durch künſtliche Aulagen (Schwell— werke) zu beſchaffen iſt, während es anderer— ſeits genügt, wenn die Floßſtraße nur ſo viel Breite beſitzt, daſs der ſchmälere Theil des Vorderfloßes genügenden Platz findet. Die rück— wärtigen Geſtörre können einen förmlichen Bogen bilden und die Ufer ſtreifen, wodurch der Gang des Floſſes öfter zu deſſen Vortheil verzögert wird (ſ. Flößerei, Geſtörrflößerei, Breunholzflößerei, Einbindplätze). Fr. Eigenſchaftsausweis Qualificationsliſte). Um bei zahlreichem Perſonale des Forjtver- waltungs- und Jagddienſtes über die dienſt— lichen Leiſtungen und Eigenſchaften der einzelnen Angeſtellten ſtets in Evidenz zu ſein, um ferner bei Beförderungen für die Beurtheilung der Eig— nung und Würdigkeit der in Frage kommenden Perſonen einen feſteren Anhalt zu gewinnen und dieſe Beurtheilung nicht allein von dem perſönlichen Ermeſſen des jeweils entſcheidenden Vorgeſetzten abhängig zu machen, werden in großen Verwaltungen, insbeſondere den Staats- forſtverwaltungen, nebſt den Perſonalſtands— und Rangsliſten (für welche letztere lediglich die in der betreffenden Dienſtſtufe zurückgelegte Dienſtzeit entſcheidet) auch beſondere Eigen— ſchaftsausweiſe oder Qualificationsliſten an— gelegt. Dieſelben haben alſo den Zweck, die dienſtlichen und außerdienſtlichen Eigenſchaften der einzelnen Angeſtellten, ihre Verwendung in der jetzigen Dienſtſtelle und den Grad der Würdigkeit zur weiteren Beförderung zum Ausdruck zu bringen. In der Regel erfolgt die Verfaſſung dieſer Ausweiſe nach beſtimmten, vorgeſchriebenen Rubriken, welche in der Haupt— ſache die zurückgelegten Studien und ſonſt er— worbenen Kenntniſſe (Sprachkenntniſſe), die für den Forſt⸗ oder Jagddienſt abgelegten Prüfun— gen, die geiſtige Befähigung und körperliche Rüſtigkeit (Geſundheit), das ſittliche und geſell— ſchaftliche Verhalten (Benehmen), die Verwen— dung in den früheren und der jetzigen Dienſt— ſtelle, die beſondere Eignung für ſpecielle Dienſt— zweige u. ſ. w. umfaſſen. Als Geſammtergebnis dieſer Einzelbeurtheilungen kann dann der Grad der Verwendbarkeit und Würdigkeit in einer Hauptqualificationsnote zum Ausdruck gebracht werden. Die Abfaſſung der Qualificationsliſten ſoll ſtets im collegialen Wege durch die unmittelbaren und höheren Vorgeſetzten der betreffenden An— geſtellten erfolgen, und iſt dieſelbe in kürzeren Zeiträumen (jährlich oder alle 2—3 Jahre) einer Reviſion zu unterziehen; auch ſoll allen Be— amten das Recht zuſtehen, in den ſie ſelbſt betreffenden Eigenſchaſtsausweis Einſicht zu nehmen, bezw. die Mittheilung desſelben zu verlangen. In der öſterreichiſchen Staatsforſt— verwaltung iſt der Eigenſchaftsausweis zugleich mit dem Dienſtaus weiſe verbunden und ſind daher auch die Angaben über Alter, Geburts— ort, Religion, Familienſtand und die Dar— ſtellung der bisherigen Dienſtlaufbahn darin enthalten. v. Gg. Eigenthum (Deutſchland), ſeit dem XIV. Jahrhundert als gleichbedeutend mit dominium gebraucht, iſt die rechtliche Herrſchaft über eine Sache, nach neuerer Auffaſſung auch über eine 172 unkörperliche, ein Recht. Dasſelbe zählt zu den dinglichen Rechten (ſ. d.) und erſcheint als ein Inbegriff verſchiedener Herrſchaftsbefugniſſe, die ſtets als ein einheitliches Ganzes zu betrachten ſind, wenn auch einzelne derſelben geſetzlich ab⸗ getrennt, oder zeitweiſe oder beſtimmten Perſo⸗ nen gegenüber beſchränkt ſind. Es iſt durch dieſe Auffaſſung die Exeluſivität des Eigenthums Dritten gegenüber gewahrt, und es folgt aus ihr, dajs der Eigenthümer alle Befugniſſe, un⸗ beſchadet der fremden Rechte (3. B. Mitbenützung bei Forſtſervituten), ausüben darf, und daſs nach Erlöſchen derſelben das Eigenthum von ſelbſt wieder ein unbeſchränktes wird. Die in dem Eigenthume enthaltenen Be— fugniſſe ſowie die Eigenthumsbeſchränkungen wurden bereits unter Autonomie des Wald- eigenthümers erörtert. Die Einheit und Ausſchließlichkeit des Eigenthums nach römiſchem Rechte erlitt deutſch⸗ rechtlich in dem getheilten Eigenthume, bei welchem ausgedehnte Nutzungsbefugniſſe ausgeſchieden und einem Anderen übertragen werden, eine weſentliche Anderung. In den ver⸗ ſchiedenen Fällen des Leihens, insbeſondere bei dem Erblehen (ſ. Erblehenwaldungen) und Lehen (ſ. Lehenwaldungen), bezeichnet man näm⸗ lich den Nutzungsberechtigten als Unter- oder Nutzungseigenthümer (dominus utilis), den Eigenthümer aber als Obereigenthümer (domi- nus directus). Dies iſt unrichtig, da das Recht des Untereigenthümers kein Eigenthum, ſondern nur ein jus in re aliena iſt, und die neueren Romaniſten verwerfen daher das getheilte Eigen- thum. Der Beſitz (ſ. d.) des Untereigenthümers iſt ein abgeleiteter (derivativer), indem hier an die Stelle des animus domini der animus pos- sidendi tritt, gerichtet auf das vom Obereigen- thümer überlaſſene Beſitzrecht (jus possessionis). Bezüglich einer weiteren Modification des römiſchen Eigenthumsbegriffes durch das deutſche Privatrecht ſ. Gemeinſchaftliches Wald⸗— eigenthum. Die Klage zum Schutze des Eigen⸗ thums iſt für den nicht im Beſitze befindlichen Eigenthümer die vindicatio (ſ. d.), für den die Sache beſitzenden die actio negatoria (ſ. d.), ge⸗ richtet gegen jede Beeinträchtigung ſeines Eigen- thums, insbeſondere gegen die Anmaßung von Servituten. Bei Immobilien gelten bezüglich der Eigenthumsklage nach den deutſchen Par- ticularrechten in der Hauptſache die Grundſätze des römiſchen Rechtes, während dieſelben bei Mobilien öfter durch ältere einheimiſche Rechts- anſchauung modificiert ſind. Einem dritten Be⸗ ſitzer gegenüber kommen auch die geſetzlichen Vorſchriften über Entwehrung (ſ. d.) in Anwen⸗ dung. Die Eigenthumsklage (petitorium) darf nach der deutſchen Civilproceſsordnung vom 30. Januar 1877 nicht mit der Beſitzklage (pos- sessorium) in einer Klage verbunden werden und iſt (wie auch die Beſitzklage) bei Immo⸗ bilien und dinglichen Rechten an ſolchen bei jenem Gerichte anzubringen, in deſſen Bezirke die Sache liegt. Bezüglich des Erwerbes von Eigen— thum mußs man unterſcheiden den originä— ren und den derivativen Erwerb ſowie die r. —:. — — — — . Eigenthum. Erſitzung (ſ. d.), welche an und für ſich eine originäre, aber auch inſoferne eine derivative Erwerbsart iſt, als ſie durch Ergänzung der Mängel der Erwerbstitel erfolgt. Zu den originären Erwerbsarten zählen die Occupation (f. d.) oder der Beſitzerwerb herrenloſer Sachen, die Acceſſion durch die phyſiſche Verbindung einer Sache mit einer im Eigenthume befindlichen (accessio cedit prinei- pali), ſowohl einer beweglichen mit einer unbe⸗ weglichen (ſ. Alluvion und Bauführungen) als auch einer beweglichen mit einer beweglichen (3. B. Anſchweißen, Malen, Schreiben), die Specification (ſ. d.) oder Hervorbringung einer neuen Sache (nova species) durch Be⸗ arbeitung eines einem Anderen gehörigen Stoffes und der Fruchterwerb (ſ. d.) bei Grundſtücken und Thieren. Der derivativeEigenthumserwerb, welcher der gewöhnlichſte iſt, beſteht in der Succejjion in das Eigenthum einer beſtimmten anderen Perſon. Derſelbe ſtützt ſich immer auf ein Rechts⸗ geſchäft, den Rechtsgrund (titulus juris), und iſt an eine gewiſſe Form der Übertragung des Eigenthumes (modus acquirendi) geknüpft. Der Rechtsgrund des Eigenthumserwerbes kann in den verſchiedenſten Rechtsverhältniſſen liegen. Die freiwillige Eigenthumsübertragung inter vivos (Kauf, Tauſch, Schenkung, Ver⸗ gleich u. ſ. w.) und mortis causa (Teſtament, Codicill), einſchließlich der Inteſtaterbfolge, be⸗ ruht auf dem eigenen freien Willen des Eigen⸗ thümers, während die unfreiwillige auf Grund geſetzlicher Beſtimmungen (Enteignung für öffent⸗ liche Zwecke, Rechte der Gläubiger, richterliches Urtheil u. ſ. w.) erfolgt. Bezüglich der Noth⸗ wendigkeit eines Rechtsgrundes für den Eigen- thumserwerb ſtimmt das deutſche Privatrecht mit dem römiſchen überein. Nach römiſchem Recht gehört bei Mobilien und Immobilien zum Eigenthumserwerbe durch Privatübertragung inter vivos unbedingt die Beſitzübergabe (traditio), während in den übrigen Fällen der Eigenthumsübergang mit den be⸗ treffenden Thatſachen von ſelbſt (transitus lega- lis) erfolgt. Die Übergabe beſteht bei Mobilien in der Aushändigung derſelben, bei Immobilien, z. B. einem Walde, durch ein bloßes Hinweiſen auf den mit den Augen erreichbaren Wald (tra- ditio longa manu) oder durch eine förmliche Überweiſung durch genaue Vorzeigung der Grenzen und der Acceſſorien. Eine eigentliche Übergabe iſt nicht nöthig, wenn der Empfänger die Sache (3. B. der Nutznießer, Pächter) bereits im Beſitz hat (traditio brevi manu), oder die⸗ ſelbe für ihn vom Geber noch vorläufig in Ber- wahrung behalten wird (constitutum posses- sorium). Zur Giltigkeit der Übertragung, welche Vertragsnatur hat, gehört der übereinſtimmende Wille der Betheiligten, durch die Übergabe, bezw. den Empfang der Sache ein Rechtsgeſchäft (causa traditionis) zum Abſchluſſe zu bringen. Bei Mobilien hat auch das deutſche Privatrecht die traditio, nicht aber bei Immobilien und den dinglichen Rechten an ſolchen (Servituten, 1 1 I Pfandrechte), indem hier zum Eigenthumsüber⸗ gange die Auflaſſung (ſ. d.) erforderlich iſt, auf welche dann die Beſitzergreifung folgt. Eigenthum. 173 Die Gründe für den Verluſt des Eigen- thumes ergeben ſich aus jenen für den Erwerb desſelben von ſelbſt. Es ſteht hier insbeſondere der Occupation die Aufgebung (Dereliction) einer Sache und der Acceſſion (3. B. durch Allu— vion) die Lostrennung einzelner Theile einer ſolchen (z. B. die Abriſſe an Grundſtücken durch Waſſer) gegenüber. Der Untergang einer Sache durch Elementarereigniſſe hat ſelbſtverſtändlich immer auch den Eigenthumsverluſt zur Folge. Das Reichshandelsgeſetz regelt den Eigen⸗ thumserwerb und Verluſt in Handelsgeſchäften nach allen ſeinen Beziehungen und gewährt gegenüber den Beſtimmungen des römischen Rechtes im Intereſſe des Verkehres manche Er— leichterungen (3. B. bezüglich der Übergabe beim Warenhandel unter Abweſenden und der Ver— äußerung fremder Sachen), Bei den Staatsforſtverwaltungen beſtehen überall beſondere Vorſchriften über Erwerb und Veräußerung von Mobilien und Immobilien (vgl. J. Albert, Lehrbuch der Forſtverwaltung, München 1883). Die Eigenthumsübertragung der veräußerten Forſtproducte erfolgt durch Anweiſung (j. d.), bezw. Aushändigung des Ab— folgeſcheines. Der Auflaſſung bei Immobilien folgt eine förmliche Beſitzergreifung, bezw. Be— ſitzübergabe unter Zuziehung der Betheiligten und mit protokollariſcher Feſtſtellung des be— treffenden Actes. At. Eigenthum. (D ſterreich.) Unter einem Eisenihiimer pflegt man ſich eine in der Verfü⸗ gung über die eigene Sache vollkommen unbe— ſchränkte Perſönlichkeit vorzuſtellen; zugleich ſcheidet man die Begriffe Eigenthümer, Beſitzer und Inhaber meiſtens nicht näher. Indem wir bezüglich dieſes letzteren, rechtlich ſehr bedeut— ſamen Unterſchiedes auf den Artikel „Beſitz“ ver— weiſen, wollen wir uns hier mit dem Eigen— thumsrecht etwas näher beſchäftigen. Die gang— bare Begriffsbeſtimmung des Eigenthumsrechtes findet in dem a. b. G. B. ($ 354) eine ern indem dort das Eigenthumsrecht definiert wird als „das Befugnis, mit der Subſtanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu ſchalten und jeden An— dern davon auszuſchließen“. Selbſt oberflächliche Überlegung zeigt aber z. B. dem Eigenthümer eines Forſtes, daſs er mit ſeinem Forſte nicht immer „nach Willkür ſchalten und jeden Andern davon ausſchließen“ kann; brauchen wir doch nur das Wort „Dienſtbarkeiten“ (ſ. d.) auszu— ſprechen, um ſofort klarzumachen, daſs es viele und oft recht einſchneidende Beſchränkun— gen dieſer als abſolut hingeſtellten Dispoſitions— berechtigung des Eigenthümers gibt. Wir wollen hier einzelne derſelben anführen und verweiſen überdies auf die Artikel „Nachbarrecht“, „Aſte“, „Waſſerrecht“, „Waffen“, „Bauführungen“, „Straßenweſen“ „„ZFiſcherei“, „Eiſenbahnen“. Die Beſchränkungen ſind entweder privat- oder öffentlich-rechtliche, d. h. ſie wurzeln entweder in privatrechtlichen Beziehungen der Staats— bürger unter einander (für uns Hauptfall: Dienſtbarkeiten), oder ſie ſind durch öffenliche (Verwaltungs-) Geſetze, z. B. das Forſtgeſetz, Jagdpatent, Waſſerrecht, Berggeſetz u. ſ. w., ſtatuiert. Die erſtgenannten ſind von unendlicher Mannigfaltigkeit und können hier nicht erſchöpft werden, von den öffentlich- rechtlichen ſeien ein— zelne hier berührt. Arariſche Montursſtücke ſind, ſo lange ſie als Ganzes brauchbar ſind, dem Privatverkehre entzogen und daher, wo immer ſie angetroffen werden, dem nächſten Monturs⸗ depot abzuliefern; Kreuzpartikel und Reliquien können nur unentgeltlich 5 niemals an Akatholiken übertragen werden; Ordensperſonen, welche das Gelübde der Armut abgelegt haben, können Eigenthumsrechte nicht erwerben (vgl. Amortiſationsgeſetze). Jeder Grundeigenthümer iſt verpflichtet, auf ſeinem Grunde das Schürfen nach vorbehaltenen Mineralien gegen Schadlos— haltung, behördliche Bewilligung vorausgeſetzt, zu geſtatten (. Bergweſen). Jeder Grundbeſitzer, deſſen Grundſtücke nicht einen mindeſtens 115 ha großen zuſammenhängenden Complex bilden, mujs ſein Jagdrecht durch die Gemeinde, reſp. durch deren Jagdpächter ausüben laſſen (vgl. Jagdgebiet), ferner muſs jeder Grundeigen— thümer geſtatten, daſs der Eigenthümer eines häuslichen Bienenſchwarmes oder anderer zahmer oder zahmgemachter Thiere dieſelben auf ſeine Grundſtücke gegen Schadenerſatz ver— folge, und kann das Betreten ſeines Grundbe— ſitzes nicht unter Berufung auf die Ausſchließ— lichkeit ſeines Eigenthumsrechtes verweigern In dem Artikel „Bienen“ wurde bereits her— vorgehoben, daſs mit dieſer Beſtimmung unſer Civilrecht ein allgemein giltiges Princip aus— geſprochen hat, jo daſs das Betreten fremder Grundſtücke behufs der Abholung einer auf ein ſolches gerathenen Sache geſtattet iſt. (Wir haben hier des Zuſammenhanges halber eine wichtigere privatrechtliche e des Eigenthumsrechtes eingefügt.) Das F. G. ge— ſtattet endlich (SS 24 u. 39 F. G.) das Betreten und Benützen fremder Grundſtücke behufs Brin— gung von Waldproducten zu Lande (ſ. „Brin— gung“) und zu Waſſer (ſ. Trift). Die Waldbe— ſitzer ſind (nach dem Hfd. vom 25. November 1844) zur unentgeltlichen Lichtung der längs der Straßen liegenden Waldtheile verpflichtet. Das F. G. enthält ferner eine große Anzahl von Be— ſchränkungen des Eigenthümers von Waldungen aus Rückſichten der Förderung der Waldcultur, ſo z. B. durch die Beſtimmung über die Rodung (ſ. d.), Aufforſtung (ſ. d.), Verwüſtung (ſ. d.), Bannlegung (ſ. d.), Waldungen an ſteilen Ab— hängen (ſ. Abhänge), über die Theilung der Ge— meindewälder (ſ. Gemeindewälder), die Zahl der für ein Gebiet von beſtimmter Größe zu beſtellen— den forſtlichen Wirtſchaftsführer (ſ. Wirtſchafts— führer) u. ſ. w., kurz, gerade der Eigenthümer eines Forſtes iſt häufig durch privatrechtliche und immer durch eine Reihe von öffentlich— rechtlichen Beſchränkungen in ſeiner freien Ver— fügung über den Forſt beengt. Unverkennbar ſteigt mit der Verſchlingung des Verkehres und mit der zunehmenden Erkenntnis der allge— meinen Bedeutung gewiſſer Productionsquellen, z. B. ſpeciell der Forſte, ſowie mit dem Zurück— e des reinen Individualismus in Wirt— ſchaft und Geſellſchaft und entſprechend dem Vorgreifen der Staatsgewalt die Nothwendig— keit, das nach rein individuellen und oft kurz— ſichtig egoiſtiſchen Motiven geleitete Gebaren eines Eigenthümers mit den Anſprüchen der 174 Allgemeinheit in Einklang zu bringen Sache der ſtaatsmänniſchen Einſicht iſt es, die Mitte zu halten zwiſchen dem rein individualiſtiſchen laisser faire, welches auch den Eigenthümer ganz uneingeſchränkt läſst, wie ſie um die Mitte der Sechzigerjahre des XIX. Jahrhunderts üblich, und einer die Selbſtthätigkeit und Energie läh- menden Vielregiererei, wie ſie das XVIII. Jahr- hundert charakteriſierte. Auch die Inſtitution des Eigenthumsrechtes befindet ſich im Fluſſe, ihre Charakteriſtik iſt gleichzeitig ein Merkzeichen der Culturſtufe eines Volkes (ſ. a. Forſtgeſetz). Wie immer das nun ſein mag, jedenfalls ſteht feſt, daſs eine vollkommene Unbeſchränkt— heit nicht das nothwendige und immer vor— handene Charakteriſticum des Eigenthumsrechtes iſt, daſs vielmehr dasſelbe, u. zw. neueſtens in immer höherem Grade Einſchränkungen unter— worfen iſt. Richtig iſt allerdings, daſs das Eigenthumsrecht, inſoferne weder private noch öffentliche Beſchränkungen in einem concreten Falle vorliegen, die vollkommen freie Dispoſition gewährt, das Recht gibt, eine Sache zu be— nützen, zu verbrauchen, zu veräußern, unbenützt zu laſſen und jeden Andern davon auszu— ſchließen. Demnach hat das Eigenthumsrecht a priori keinen beſtimmten Umfang, ſondern erhält ihn erſt durch die vorhandenen oder nicht vorhandenen Beſchränkungen. Der Idee nach ſchrankenlos und abſolut, wird es in concreto durch die beſtehenden Einſchränkungen begrenzt. Unſer Civilrecht erklärt ausdrücklich (im $ 353), daſs ſowohl körperliche als unkörperliche Sachen (Rechte) Gegenſtand des Eigenthumes ſein können; man würde ſonach von einem Eigenthume an einer Dienſtbarkeit ſprechen können. Das iſt aber offenbar tautologiſch, jedenfalls ſprachwidrig und überflüſſig. Die Eintheilung unſeres Civilrechtes in vollſtändiges und unvollſtändiges Eigenthums— recht geht dahin, daſs das Recht auf die Sub— ſtanz einer Sache und deren Früchte verſchiedenen Perſonen zuſtehen kann; erſterer wird Ober-, letzterer Nutzungseigenthümer genannt, und ein Eigenthumsrecht, welches beide Berechtigungen vereinigt, gilt als vollſtändiges, jedes andere als unvollſtändiges. Dieſe Eintheilung, welche im a. b. G. B. häufig verwertet wird (insbe— ſondere bei Erbpacht-, Erbzins- und Boden— zinsverträgen, ſ. Beſtandsrechte), findet heute, nach der Grundentlaſtung, überhaupt nur mehr Verwendung bei Lehen und Fideicommiſſen, eigent- lich nur mehr bei letzteren, da auch die Lehen bald antiquiert ſein werden. Dieſe Eintheilung wird aber von der neueren juridiſchen Literatur mit Recht verworfen, da beim Fideicommiſſe der jederzeitige Fideicommiſseigenthümer wirk— licher, aber durch verſchiedene Anordnungen beſchränkter Eigenthümer iſt. Die ſog. Anwärter haben keinerlei Eigenthumsrecht, ſondern nur gewiſſe Rechte an der ihnen fremden Sache (ſ. Fideicommiſs). Deshalb, weil ein Eigenthümer durch Rechte Dritter beſchränkt iſt, wird ſein Eigenthumsrecht nicht getheilt. Wenn ein Forſt noch ſo ſehr mit Dienſtbarkeiten belaſtet iſt, ja wenn er ſo ſehr belaſtet wäre, daſs dem Eigen- thümer kein Ertrag mehr übrig bleibt, ſo bezieht derſelbe keine Nutzungen und hat nur die Sub- | Eigentum. ſtanz — d. h. der Fall des ſog. getheilten Eigenthumsrechtes iſt vorhanden —, und doch wird niemand behaupten, der Eigenthümer des Forſtes ſei ein unvollſtändiger Eigenthümer, oder gar die Servitutsberechtigten haben ein Stück Eigenthumsrecht erworben. Über das Miteigenthum vgl. Gemeinſchaft des Eigenthumsrechtes u. ſ. w. Wenn dem Eigenthümer ſeine Sache vor— enthalten wird, d. h. wenn Beſitz und Eigen⸗ thumsrecht nicht in derſelben Hand ſind, wie das z. B. der Fall wäre, wenn jemand dem Eigen⸗ thümer deſſen Jagdhund, Gewehr u. ſ. w. nicht ausliefern will, etwa weil er ſeinerſeits das ſtärkere Recht an der Sache behauptet, jo ver- langt er die Sache, abgeſehen von einer etwaigen Beſitzſtörungsklage (f. Beſitz), durch die Eigen⸗ thumsklage zurück. Dieſe bezweckt nicht, wie die Beſitzſtörungsklage, die Herſtellung eines ruhigen Zuſtandes, ſondern will direct die Frage löſen, wer an der Sache das ſtärkere Recht hat, und verlangt demnach die Rückſtellung der Sache ſowie Anerkennung des Eigenthumsrechtes. Vor⸗ ausſetzungen zur Klage: Der Kläger mußs wirklich Eigenthümer (nicht bloß Beſitzer) ſein und ſein Eigenthumsrecht beweiſen; die Sache muſs dem Eigenthümer durch den Geklagten (Beſitzer) vorenthalten werden; endlich muſs die zurückgeforderte Sache durch Angabe von unter⸗ ſcheidenden Merkmalen unverkennbar beſchrieben werden; Sachen, welche ſich nicht diſtinct beſchreiben laſſen, wie z. B. bares Geld, bilden regelmäßig nicht den Gegenſtand der Eigen— thumsklage. Wenn jemand zwar nicht das Eigenthumsrecht, aber Titel und correcte Er— werbungsart des Beſitzes erweiſen kann, ſo gilt er gegen jeden, der kein ſtärkeres Recht nach— weiſen kann, als Eigenthümer, alſo z. B. jedem unredlichen, unechten, unrechtmäßigen Beſitzer gegenüber (j. Beſitz), ebenſo der entgeltliche Be— ſitzer dem unentgeltlichen gegenüber. — Wenn jemand den Beſitz einer Sache leugnet, aber doch Beſitzer iſt, und es wird ihm nachgewieſen, daſs er z. B. den zurückgeforderten Hund trotz ſeines Leugnens beſitzt, jo muſßs er ſchon des— halb allein den Hund abtreten, doch kann er eventuell die Eigenthumsklage anſtellen. Ebenſo haftet derjenige, welcher vorgibt, eine Sache, die er nicht beſitzt, zu beſitzen, für allen Scha- den, der etwa z. B. durch Verzögerung in der Ver⸗ folgung des eigentlichen Beſitzers eintritt; end— lich muſs derjenige, der den Beſitz einer Sache nach angeſtellter Eigenthumsklage fahren läſst, alſo z. B. den Hund einem anderen übergibt, dem Kläger die Sache auf eigene Koſten be— ſchaffen oder den außerordentlichen Wert der⸗ ſelben erſetzen (ſ. Schadenerſatz) Uber die An⸗ ſprüche des Eigenthümers an den Beſitzer und die Gegenanſprüche des letzteren gegenüber dem erſteren ſ. Beſitz. Nach unſerem Civilrechte wird das Eigen⸗ thumsrecht, wie jedes dingliche Recht (s. d.), durch Titel und Erwerbungsart erworben, d. h. es muſs ein vom objectiven Rechte anerkannter Rechtsgrund, alſo z. B. ein giltiger Vertrag, Erſitzung u. ſ. w. vorhanden ſein und außerdem eine Thatſache, durch welche die Erwerbung des Eigenthumsrechtes vermittelt wird, z. B Ergrei— Fr Eigenthum. 175 fung einer Sache, Übergabe u. ſ. w. Die moderne Literatur iſt in der Verwerfung dieſer über— flüſſigen Theorie von Titel und Erwerbungs— art einig, doch folgt unſer a. b. G. B. noch derſelben. Als Titel gelten: Vertrag, letztwillige Ver— fügung, richterliches Urtheil und das Geſetz (letzteres z. B. beim Fund). Als Erwerbungs- arten gelten: Zueignung, Zuwachs, Übergabe. Bei einer an den Käufer zu überſchickenden Ware geht das Eigenthumsrecht auf den Käufer in dem Augenblick über, in welchem der Verkäufer dieſelbe (mit Zuſtimmung des Käufers) an einen Fuhrmann (Verkehrsanſtalt, Spedi- teur) zur Überführung an den Käufer über— geben hat. Von dieſem Augenblick trägt der Käufer (auch nach dem Handelsgeſetze, Art. 345) die Gefahr für Verſchlechterung oder Vernich— tung der Sache, Normen, welche bei Holzlie— ferungen bedeutſam werden können (ſ. Entſch. d. O. G. H. vom 5. December 1878, Nr. 11.939, U. W. Pf.“), Bd. XXI, Nr. 9717). Die Zueignung, als die urſprünglichſte Erwerbungsart (Occupation), beſteht darin, dass eine jog. freiſtehende Sache (ſ. d.), deren Zu— eignung nach dem Geſetze jedermann geſtattet iſt, ergriffen wird. Es tft ſelbſtverſtändlich, dass der Kreis dieſer Sachen ein immer engerer wird und überhaupt niemals umfangreich war. Der Zueignende erwirbt nur ſo viel, als er thatſächlich zu ergreifen vermochte. Rechte ſind von jeder Zueignung ausgeſchloſſen. Über das Zueignen der jagdbaren Thiere wird am ge— eigneten Orte geſprochen werden; über das Zu— eignen verlorener Sachen ſ. Finden und Schatz. „Zuwachs heißt alles, was aus einer Sache entſteht oder neu zu derſelben kommt, ohne dass es dem Eigenthümer von jemand an— derem übergeben worden iſt“ ($ 404 a. b. G. B.). Die natürlichen Früchte eines Grundes, welche derſelbe ohne Bearbeitung hervorbringt, z. B. Kräuter, Schwämme, Beeren, Geſträuche, even— tuell Bäume u. ſ. w., wachſen dem Grundeigen— thümer zu, ohne daſs es noch einer ſpeciellen Zueignung bedürfte; ebenſo wachſen alle Nutzun— gen aus Thieren dem Eigenthümer des Thieres zu, z. B. Wolle, Milch. Hieher gehören auch die Jungen der Thiere, welche dem Eigen— thümer des Mutterthieres „zuwachſen“. Der Eigenthümer des Vaterthieres kann weder einen Lohn noch einen Antheil an dem Wurfe ver— langen, wenn dies nicht ausdrücklich bedungen worden iſt. — Über den Erwerb des Grundes an einem verlaſſenen Fluſsbette ſ. Fluſsbett, Regulierungsgrund, außerdem Alluvio und Avulsio, — Über das Eigenthumsrecht an ein— gepflanzten Pflänzlingen, ausgeſätem Samen und errichteten Bauten ſ. Bauführungen. Kurz ſkizziert müſſen noch jene Fälle wer— den, in welchen jemand fremde Sachen, z. B. Bretter, Bloche, Steine u. ſ. w., verarbeitet oder mit den ſeinigen vermiſcht. Können verarbeitete Sachen wieder in ihren vorigen Stand zurück— verſetzt oder vermiſchte wieder ſortiert werden, ) Die Sammlung der eivilrechtlichen Entſch. d. O. G. H., welche bis incl. Bd. XX von Glaſer, Unger uud Walther ediert wurde, wird von Bd. XXI an durch Unger, Walther und Pfaff (U. W. Pf.) herausgegeben. ſo erhält jeder Eigenthümer das Seinige und derjenige Schadenerſatz, dem er gebürt. Iſt die Herſtellung des vorigen Standes nicht mög— lich, ſo wird die verarbeitete Sache oder das Gemiſch den Eigenthümern gemeinſam. Der- jenige, der an der Verarbeitung oder Vereini— gung unſchuldig iſt, hat dann die Wahl, ob er den neuen Gegenſtand oder das Gemiſch gegen Erſatz der Verbeſſerung behalten oder dasſelbe dem Schuldtragenden gegen Schadenerſatz über— laſſen will. Beſteht auf keiner Seite ein Ver- ſchulden, ſo hat derjenige die Wahl, deſſen Antheil (Material oder Arbeit) wertvoller iſt. — Werden fremde Materialien zur Ausbeſſerung der eigenen Sache verwendet, ſo fallen dieſelben dem Eigenthümer der ausgebeſſerten Hauptſache zu, doch hat dieſer dem Eigenthümer der ver— wendeten Materialien deren Wert zu erſetzen, u. zw., wenn er geglaubt hatte, ſeine eigenen Materialien zu verwenden, alſo irrthümlich vorgegangen iſt, den jog. gemeinen Wert (Markt- preis), hat er aber gewuſst oder bei Anwen— dung normaler Aufmerkſamkeit wiſſen müſſen, daſs er fremde Materialien verwendet, den ſog. höchſten Wert (ſ. Schadenerſatz), nicht aber den Wert der beſonderen Vorliebe. Am häufigſten wird das Eigenthumsrecht vermittelt durch Übergabe (traditio), welcher die Übernahme durch den Erwerber entſprechen muſs. Die Erwerbung des Eigenthumsrechtes geſchieht auf dieſelbe Weiſe wie die des Beſitzes. Die Erwerbung des Eigenthumsrechtes (und an— derer dinglicher Rechte) an Immobilien wird nur durch die Intabulierung derſelben er— worben (Eintragungsprincip). Hat jemand ein Grundſtück nicht buchmäßig, ſondern nur factiſch, wenn auch ganz giltig erworben, hat er alſo z. B. ein Grundſtück gekauft, es übergeben er— halten und auch übernommen, ſo hat er nur das Natural- und nicht das Bucheigenthum. Er iſt correcter Eigenthümer, kann die Sache benützen, verbrauchen u. ſ. w., auch veräußern, muſßs aber gewärtigen, daſs, wenn ſein Vormann das Grundſtück, das er ihm verkauft hat, an einen Dritten veräußert und ſich dieſer redlich ins Grundbuch eintragen läſst, er das Grundſtück räumen mujs, wobei ihm allerdings Schaden— erſatzanſprüche gegen den Veräußerer zuſtehen können. Der Naturaleigenthümer hat ein ſog. „vermuthetes Eigenthum“ (nach $372 a. b. G. B.), d. h. er wird gegenüber denjenigen Perſonen obſiegen, welche nur einen ſchwächeren Titel, überhaupt eine ſchwächere Verbindung mit der Sache nachweiſen können als er (ſ. Eigenthums— klage). Um ſich daher gegen alle Eventualitäten zu ſchützen, muſs ſich jeder Erwerber eines Grundſtückes oder eines intabulierbaren Rech— tes daran ins Grundbuch eintragen laſſen. Das Eintragungsprincip erleidet aber folgende Aus— nahmen, d. h. Eigenthumsrecht an Grundſtücken wird auch ohne Intabulation erworben: Der Staat erwirbt neu entſtandene Inſeln in ſchiff— baren Flüſſen ohne Zueignung und Intabu— lierung; herrenloſe, öde oder verlaſſene (dere— linquierte) Grundſtücke werden durch bloße Zueignung ohne Intabulierung erworben; ent— eignete Grundſtücke gehen bereits im Momente der Zahlung des Schätzungswertes ins Eigen— 176 Eigenthumsalpen. — Eigenthumserwerb. thumsrecht des Erwerbers über (ſ. Enteignung); durch Erſitzung (ſ. d.) wird Eigenthumsrecht an Grundſtücken ſelbſt gegen den dermaligen Buch- eigenthümer erworben; bei executiver Verſtei⸗ gerung wird das Eigenthumsrecht an Immo— bilien im Momente des Zuſchlages erworben (ſ. Execution); der Grundeigenthümer erwirbt die auf ſeinem Grundſtücke eingeſenkten Pflan- zen, errichteten Gebäude u. ſ. w. ins Eigenthum, in einem Falle der redliche Bauführer das Eigenthumsrecht an dem verbauten Grundſtücke ohne Intabulierung (ſ. Bauführungen); endlich entfällt der Bucheintrag dann, wenn für ein Grundſtück noch kein ſelbſtändiges Folium er— öffnet iſt, oder wenn in einem Lande Grund— bücher im Sinne des Geſetzes vom 23. Juli 1871 nicht beſtehen (3. B. Dalmatien) [j. a. Grundbuchl. Zur Erwerbung des Eigenthumsrechtes durch Übergabe iſt unerlässlich, daßs der Tradent ſelbſt Eigenthümer war; niemand kann mehr Rechte übertragen, als er hat. War alſo der Übergeber ſelbſt nicht Eigenthümer, ſondern nur (wenn auch redlicher und rechtmäßiger) Beſitzer, ſo kann durch die Traditio allein der Über— nehmer nicht Eigenthümer werden, ſondern mujs dieſer das Eigenthumsrecht dann ſelbſtändig (etwa durch Erſitzung) erwerben. Hievon exi- ſtieren einige tiefgreifende Ausnahmen. Der Übernehmer erwirbt Eigenthumsrecht an be— weglichen Sachen ſchon durch die Übergabe, auch wenn der Übergeber nicht Eigenthümer war, in folgenden Fällen: 1. Wenn jemand eine bewegliche Sache redlich und entgeltlich bei einer öffentlichen Ver— ſteigerung erworben hat. Als öffentliche Feil— bietung gilt jene, welche von Gerichts- oder Verwaltungsorganen (z. B. Gemeinden), von Notaren, von amtlichen Maklern oder auch von Privaten mit behördlicher Bewilligung veran— anſtaltet wurde. Die Erhaltung der behörd— lichen Autorität ſowie die Rückſicht auf die Sicherheit des Verkehres haben dieſe Ausnahme von der allgemeinen Regel veranlasst. 2. Wenn jemand redlich eine bewegliche Sache von einem Gewerbsmanne (Handwerker, Fabrikant, Handelsmann), welcher zum Verkehre mit derlei Gegenſtänden befugt iſt, an ſich gebracht hat, z. B. Vieh von einem Viehhändler, Ankauf von einem Hauſierer u. ſ. w., das Gewerbe mag ein freies oder ein conceſſioniertes ſein. Entgeltlich- keit der Erwerbung wird nicht gefordert; auf Veräußerungen eines Urproducenten der von ihm ſelbſt erzeugten Gegenſtände hat dieſe Norm keine Anwendung, da dieſe von der Gewerbeordnung überhaupt ausgenommen ſind. Motive dieſer Verfügung wie sub 1. 3. Wer eine bewegliche Sache redlich und entgeltlich von demjenigen an ſich gebracht hat, dem ſie der Eigenthümer derſelben zum Gebrauche, zur Aufbewahrung oder aus ſonſt einem Grunde anvertraut hat, z. B. einen Hund zur Dreſſur, wird nach dem Satze „Hand wahre Hand“ Eigen- thümer der Sache, obwohl der Veräußerer das Eigenthumsrecht nicht hatte und daher auch nicht übertragen konnte. Der frühere Eigen- thümer kann ſich in allen dieſen Fällen nur an den ihm Verantwortlichen wegen Schadloshal— tung wenden, im letzteren Falle alſo kann z. B. der frühere Eigenthümer des Hundes dieſen von dem neuen Eigenthümer nicht zurückfor⸗ dern, ſondern nur Schadenerſatz von demjeni⸗ gen fordern, dem er den Hund zur Dreſſur an⸗ vertraut hat. Daſs die Anweiſung von Holz ein wir⸗ kungsvoller Act der Übergabe und demzufolge der Erwerbung des Eigenthumsrechtes iſt, wurde bereits im Artikel Anweiſung erörtert. Der Verluſt des Eigenthumsrechtes er⸗ folgt mit Willen des bisherigen Eigenthümers, wenn er die Sache verläſst, wegwirft (dere⸗ linquiert, derelictio), oder wenn er ſie auf einen Nachfolger überträgt und dieſer fie über- nimmt; ferner in manchen Fällen durch das Geſetz, z. B. beim Finden (ſ. d.), beim Schatz (ſ. d.), bei Verarbeitung oder Vermiſchung fremder Sachen (ſ. o.), bei Bauführungen (ſ. d.), bei Aſten (ſ. d.), bei der Erſitzung (ſ. d.) u. ſ. w. Weiters durch richterlichen Ausſpruch, wenn eine bisher gemeinſame Sache körperlich getheilt wird (ſ. Gemeinſchaft des Eigenthumsrechtes), oder bei Executionen (ſ. d.). Weiters wenn eine Sache vollkommen und dauernd zugrunde ge⸗ gangen iſt, wenn ſie enteignet wird (ſ. Ent⸗ eignung), wenn ſie dem Verkehre durch behörd- liche Verfügung entzogen wird, wenn ein wildes Thier ſeine natürliche Freiheit wieder erlangt, ein zahmgemachtes Thier, ohne dajs es gefan- gen gehalten wird, nicht mehr wiederkehrt, ein häuslicher Bienenſchwarm zwei Tage hindurch nicht verfolgt wird. Das Eigenthumsrecht an unbeweglichen Sachen geht nur durch die Löſchung aus dem öffentlichen Buche verloren. Literatur. Die bedeutſamſte und neueſte Monographie über die hier erörterten und damit zuſammenhängenden Fragen iſt Randa, Das Eigenthumsrecht (1884 die erſte Hälfte erſchienen). Boshafte (abſichtliche) Beſchädigung frem⸗ den Eigenthumes, z. B. durch Auftrieb von Vieh in ein von der Weideſervitut befreites Grundſtück (Plenarbeſchluſs des O. G. H. vom 19. December 1861, Z. 8188), durch Tödtung eines fremden Hausthieres oder ſonſtwie, iſt als Verbrechen zu behandeln, wenn der ent⸗ ſtandene oder beabſichtigte Schade 25 fl. über- ſteigt oder wenn ohne Rückſicht auf Schaden aus dem Vorgehen Gefahr für Leben, Geſund— heit, körperliche Sicherheit von Menſchen oder in größerer Ausdehnung für fremdes Gut ent⸗ ſtehen kann, oder wenn die boshafte Beſchädi⸗ gung an Eiſenbahnen (mit oder ohne Dampf⸗ kraft), den dazu gehörigen Anlagen oder Be⸗ triebsmitteln, Dampfmaſchinen, Waſſerwerken, Brücken, Bergwerksvorrichtungen u. ſ. w. verübt wird, ſonſt als Übertretung. Strafe für das Ver⸗ brechen Kerker 6 Monate bis 1 Jahr, weiters 1—10 Jahre, ja ſelbſt Todesſtrafe; Übertretung Arreſt von 1 Tage bis zu einem Monate (SS 88, 86, 468 Str. G.). Mcht. Eigenthumsalpen ſind ſolche Alpen, bei welchen die Alpwirtſchaft und die Alpenweide ganz auf privateigenthümlichem Alpengrunde und Waldgrunde, die mit Zäunen (Grundhagen) umgeben ſind, ausgeübt wird (ſ. Alpen). Mcht. Eigenthumserwerb, ſ. Eigenthum. At. nu — 9 Eigenthumsgrenzen. — Einbeißen. Eigenthumsgrenzen ſind eine Art der politiſchen Grenzen, welche benachbarte Grund- ſtücke trennen. Es werden äußere und innere Eigenthumsgrenzen unterſchieden. Wird 3. B. die Wieſe des Eigenthümers A von dem Walde des Eigenthümers B umſchloſſen, ſo ſind die Grenzen dieſer Wieſenenclave zugleich innere Grenzen für den Wald des B (ſ. Abgrenzen). Nr. Eigenthumsklage, ſ. Eigenthum. At. Eigenthumsrecht, „ i. Eigenthum. — Mcht. Eigenthumsvorbehalt Mk = dem Ver⸗ käufer einer Sache nur dann gemacht werden, wenn er creditiert, da bei Barzahlung die Sache ſofort in das Eigenthum des Käufers übergeht. Die Sicherung der Forderungen des Verkäufers durch den Eigenthumsvorbehalt iſt nach der Art der veräußerten Sache verſchieden. Bei Mobilien, welche, wie z. B. Lebens⸗ mittel, Brennholz u. ſ w., durch den Gebrauch zerſtört oder im Werte ſehr vermindert werden, wird der Zweck des Eigenthumsvorbehaltes durch Aushändigung der Sache vor der Zahlung verfehlt. Es muſs deshalb z. B. das unter dem Eigenthumsvorbehalte verkaufte Holz bis nach der Zahlungsleiſtung im Walde verbleiben und dem Waldbeſitzer zur weiteren Verfügung an— heimfallen, wenn die Zahlung innerhalb des beſtimmten Termines nicht erfolgt. Die Abfuhr des Holzes in rechtswidriger Abſicht durch den Käufer vor geleiſteter Zahlung iſt Diebſtahl (j. Entwendung). Sachen, welche durch den Ge— brauch nicht ſofort den Wert verlieren, werden (wie bei den Abzahlungsgeſchäften) dem Käufer übergeben, können aber bei Nichteinhaltung der Zahlungsfriſten von dem Verkäufer ſofort wieder zurückgenommen werden. Veräußert der Käufer die Sache vor vollſtändiger Zahlungs- leiſtung in rechtswidriger Abſicht, ſo macht er ſich nach dem Reichsſtrafgeſetze vom 13. März 1871 des Vergehens der Unterſchlagung ſchuldig, welches, da demſelben die Sache an— vertraut war, mit Gefängnis bis zu fünf Jahren beſtraft wird. Die neuere Geſetzgebung (Preußen, Würt— temberg) betrachtet den Eigenthumsvorbehalt bei Immobilien nur als einen Hypotheken— titel, während derſelbe nach den älteren Par— ticularrechten bei Nichteinhaltung der Zahlungs— bedingungen die Auflöſung des Kaufvertrages begründet. In jedem Falle aber bedarf der Eigenthumsvorbehalt der Vormerkung im Hypo— thekenbuche. At. Eigenthumswaldungen ſind ſolche Wal— dungen, welche den Unterthanen mit Siegel und Brief verliehen, förmlich verbrieft, und mit Zäunen (Grundhagen) umgeben, als „inner Band und Stecken“ befindlich bezeichnet, endlich auch veranlaitet wurden (ſ. Reſervat). Mcht. Eigenwärme, ſ. Wärme. Kur. Eihüllen, Eihäute, heißen alle die der einfachen Eizelle vom Momente der erſten Differenzierung bis zur Eiabgabe äußerlich ſich auflagernden einhüllenden Gebilde (ſ. Ei). Kur. Eileiter (bei Inſecten), ſ. Geſchlechts sorgane der Inſecten. Hſchl. Eilen, verb. trans., wird allgemein für ſchnelles Gehen des Rothhirſches gebraucht, na— Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 177 mentlich des geringen, welcher bei dieſer Gangart das Zeichen des Er- oder Übereilens (f. d.) macht; auch ſynonym mit letzterem. „Eilen, ſagt man, wenn ein Hirſch geſchwind gehet, iſt nun ein Hirſch gering von dem Leib, tritt er mit dem hinten Laufft über die fordern Ferte, ſo das Übereilen benennt wird. Ein guter Hirſch kan dieſes nicht thun.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 100. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 97, und Lehrb. f. Jäger I., p. 31. — Velen, Real“ u Verb.⸗Lexik. VI., p. 194. E. v. D Eilſeeſchwalbe, die. Sterna Bergii Lichtenstein. Sterna cristata Stephenson. Sterns velax Rüppel. Sterna pelecanoides King. Sterna longirostris Lesson. Pelecanopus pelecanoides Wagler. Thalasseus pelecanoides Gould. Thalasseus foliocereus Gould. Sterna rectirostris Peale. Sterna Novae Hollandiae Pucheran. Thalasseus cristatus Swinhoe. Phoetusa astrolabae Bonaparte. Abbildung: Naumann, Vögel Deutjch- lands X., T. 251, Fig. 1 u. 2. Die Eilſeeſchwalbe iſt etwas kleiner als die Raubmeerſchwalbe (ſ. d.), mit welcher ſie im allgemeinen einige Ahnlichkeit beſitzt und mit der ſie auch in ihrer Lebensweiſe ziemlich über— einſtimmt. Im Frühjahr und Sommer ſind alte Vögel am Scheitel ſchwarz, auf der Oberſeite aſchgrau gefärbt; Stirne, Zügel, Hals, die Kopfſeiten und die ganze Unterſeite ſowie die Flügeldecken ſind weiß, die Schwungfedern ſilbergrau. Das Winterkleid unterſcheidet ſich durch den ſchwarz und weiß geſcheckten Kopf, das Jugendkleid durch bräunlich quergefleckte Oberſeite. Schnabel gelb, Iris braun, Füße mit Ausnahme der gelben Schwimmhäute ſchwarz. Die Eilſeeſchwalbe gehört dem Indiſchen und Stillen Ocean an. Nur in außerſt jeltenen Fällen beſuchen hin und wieder einige Exem— plare das Mittelmeer oder die europäiſchen Küſten des Atlantiſchen Oceans. v. Mzr. Einathmung, ſ. Athmung. Lbr. Einbeere, ſ. Paris. Wm. Einbeeren, verb. trans., die Dohnen, den Dohnenſteig S mit Beeren verjehen; vgl. be= beeren, ausbeeren. „So beeret man den ſtrauch im Herde ein und läſst die Seidenſchwäntze etliche Mal den Herd ausbeeren.“ Döbel, Ed. J, 1746, II., fol. 261 a. — „Er (der Jägerpurſch) muß. die Dohnen abgehen, einbeeren, die Vögel auslöſen. “C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 226. — „Wenn! die rothen Eber-Eſchen-Beere in die Vogel⸗Schneiſſen gehängt werden, daß die Vögel dernach fliegen und ſich fangen ſollen, ſo heiſt ſolches . J. A. Groß— kopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, p. 87. „Einbeeren, die von Vögeln aus gefreſſene Beeren in dem Geſchneide wiederum mit friſchen erſetzen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 100. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 44. — Hartig, Lexik., p. 147.— Sanders, I., p. 103 a. E. v. D Einbeißen, verb. reflex. I. veraltet für das Vertreiben, Verbeißen Standvögeln durch einwandernde Strich— „Die Repphühner Döbel, Ed. J, von vögel von den Aſungsplätzen. beißen ſich zu den andern ein.“ 1746, II., fol. 18. 12 4 a 178 Einbeizen — Einfahren. IL von angeſchoſſenen, namentlich geflügelten Enten — ſich an den unter dem Waſſerſpiegel befindlichen Schilfſtengeln oder ſonſtigen Waſſer⸗ pflanzen feſtbeißen; vgl. Entenjagd. Hartig, Lexik., p. 147. — Grimm, D. Wb. III., p. 148. — Sanders, Wb. II., p. 112 a. E. v. D. Einbeizen, verb. traus., einen Beizvogel — ihn abtragen, berichten; vgl. einjagen, einhetzen; ſelten und veraltet. „5. Soll dem jenigen der Haſen-Vögel zu halten befugt meiſtens ſechs— mal ſolche mit zwey Hunden einzubaiſſen hernach aber niemalen anders in den ebenen Fel- dern | er fange oder nicht als nur mit Eine Hund jelbige zu baiſſen erlaubt ſeyn.“ Oſterr. Hetz⸗ u. Baiß⸗Ordnung v. J. 1673. — Hoher Georgica curiosa, 1687, 115 fol. 689 b. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einbinden, verb. trans., Garne, Archen, Leinen, Schlingen und ſonſtiges Zeug in ge— höriger Weiſe befeſtigen. „Einbinden, wenn gewiſſe Garne nothwendig an Reiffe, wie die Treib⸗Zeuge, oder aber an Stäbe, wie die Steck— Garne angeheftet werden müſſen, ſo heiſt ſolches eingebunden.“ J. A. Großkopff, Weidewercks⸗ Lexicon, 1739, p. 87. — „Garne in die Spin- deln oder Reiffe, dann Schlingen in die Ge— ſchneid-Bögen feſt machen, wird das Einbinden benennet. Auch ſagt man alſo, wenn die Archen oder Leinen einwerts gebunden werden müſſen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 100. — Behlen, Wmſpr. 1829, p. 44, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 556. — Grimm, D. Wb. I., p. 153. E. v. D. Einbindplätze ſind Lagerplätze, auf denen die zur Abflößung beſtimmten Hölzer vorge— richtet werden, die man dann in das Waſſer oder in die Triftſtraße einrollt, um ſie dort zu eigentlichen Flößen zuſammenzufügen. Dieſe Plätze müſſen geräumig ſein, damit im vor— hinein die Möglichkeit geboten ſei, die Hölzer nach den verſchiedenen Stärkeclaſſen getrennt zu lagern, und auch die Arbeiter beim Zurichten und Einrollen der Floßhölzer in keiner Weiſe behindert ſeien. Dann ſoll die Floßſtraße zu— nächſt der Einbindſtelle eine Waſſertiefe von mindeſtens 60 em beſitzen oder doch derart ge— legen ſein, daſs dieſe Waſſertiefe durch ein Stau— werk künſtlich erreicht werden kann. Weiters iſt ein ſanftes Verlaufen des Ufers zunächſt der Ein— bindſtelle gegen den Waſſerſpiegel und eine Verbindung des Lagerplatzes mit einer geeig⸗ neten Transportanſtalt erwünſcht, damit einer- ſeits die Hölzer leichter ins Waſſer gerollt, andererſeits zu dieſen Plätzen ohne große Koſten und Schwierigkeiten beigeführt werden können (ſ. Geſtörrflößerei). Fr. Einbögnen, verb. trans., ein Revier oder ein Wild S dasſelbe einkreiſen, einzirken, ein- gehen, bekreiſen, bezirken. E. v. D. Ein bohrloch, J. Brutgang. Hſchl. Einbrechen, verb. trans. u. reflex. I. trans., vom Schwarzwild — die Erde aufwühlen, brechen. Hartig, Lexik., p. 147. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. II. reflex, vom Schwarzwild ſich in der Erde ein Lager wühlen, ji einwühlen, ein- ſchlagen. Ibid. E. v. D. Eindämpfen, verb. trans., einen Lockvogel [ dämpfen (ſ. d.). „Des Frühjahrs nun, wenn ſie (die Finken) aufangen zu ſingen, muſs man ſie eindämpfen, entweder in eine finſtere Kammer .. oder ich mache hiezu eine beſondere Dämpfe.“ Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 233 6. — J. A. Großkopff, Weidewercks Lexicon, 1759, p. 87. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 100. — Onomat. forest. I., p. 568, IV. (v. Se p. 190.— Sanders, Wb. I., p. 263b. E. v. D Eindringungstiefen der Geſchoſſe in ver⸗ ſchiedene Materialien, ſ. Durchſchlagskraft. Th. Eindrücken, verb. trans., Wild in ein be⸗ ſtimmtes Revier, welches abgejagt werden ſoll, vgl. andrücken; der Ausdruck iſt im Sprach⸗ gebrauche häufig, in der Literatur jedoch ſelten und fehlt in allen Wbn. „Etwa zehn bis zwölf Tage vor dem Jagen wird das für das Jagen beſtimmte an die eingefriedeten Acker grenzende Terrain verlappt, mit Tüchern und Netzen eingeſtellt, nachdem vorher das in den angrenzenden Reviertheilen ſtehende Wild durch ruhig geführtes combiniertes Treiben in möglichſt großer Zahl in den für das Jagen beſtimmten Diſtrict eingedrückt wurde.“ R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 166. — „Die herausſtreichenden Faſanen ... dieſe werden in den Ruhepauſen wieder eingedrückt, letztere aufgeleſen.“ Id. Lehr.⸗ u. Hb. f. Berufsjäger, p. 180. E. v. D. Eindunkeln, verb. trans., = eindämpfen, dämpfen. E. v. D. Einfache Flinte = — einläufige Flinte 1 Flinte). Einfacher Ausſchlag holzbetrieb, im 7 genſatz zum doppelten Ausſchlagholzbetrieb und zum zuſammengeſetzten Betriebe. Im erſteren Falle bedeutet er einzeln den Niederwaldbetrieb, den Kopfholzbetrieb oder den Schneidelholz— betrieb, während der doppelte Ausſchlagholz⸗ betrieb eine Vereinigung des Niederwaldbe⸗ triebes mit dem Kopfholz⸗ oder Schneidelholz— betrieb darſtellt. Im letzteren Falle unterſtellt er den Niederwaldbetrieb, den Kopfholzbetrieb, den Schneidelholzbetrieb und den doppelten Ausſchlagholzbetrieb namentlich gegenüber dem Mittelwaldbetrieb. Nr. Einfahren, verb. intrans. J. in den Bau kriechen, von allen Wild- gattungen, die einen „Bau haben, ſowie v. Dachs⸗ hund u. Frett; vgl. einkriechen, ſchlieffen, fahren, befahren, ausfahren. „Es giebt (Dachs-) Hunde, die trotz aller Zuverläſſigkeit die Gewoynheit haben, im Anfange nach einer kurzen Suche aus dem Baue zurückzukehren, dann ſich zu löſen, mehrmalen ein- und auszufahren, und nun erſt den ganzen Bau anhaltend zu viſitiren.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, V., p. 20. — „Einfahren nenn man es, wenn das zur nie⸗ deren Jagd gehörige Wild... zu Bau kriecht.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 97, und Lexpik., p. 147 (von Dachs und Fuchs). — Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. I., p. 557, VI., p. 236. II. in die Netze ſpringen, von allem Nieder⸗ wild; vgl. annehmen, anfallen, anfliehen, über⸗ fallen, überfliehen, einfallen. „Einfahren, wird geſprochen, wenn ein Fuchs, Haaſe oder Ca⸗ ningen in die Garne einſpringet.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 100. — Hartig J. e. — Behlen 1. c. een — Einfahrt. — Einfallwinkel. 179 III. vom Hühnerhund — einſpringen. „Ein— fahren, wird geſprochen .. . wenn ein Hühner- hund unter die Hühner ſpringet.“ Heppe J. e. — Behlen 1.0. — Sanders, Wb. I., p 392 a. E. v. D. Einfahrt, die, — Röhre eines Raubthier⸗ baues; vgl. einfahren, Einfall, Geſchleife. „Vom Dachs) Bau — ſeine unterirdiſche Wohnung; Röhren, Geſchleife, Einfahrten — die Ein— gänge des Baues.“ Winkell, Ed. I, 1805, III., p. 2. — Behlen, Real- u. Verbal⸗Lexik. I., p. 557. — Sanders, Wb. I., p. 395 a. E. v. D. Einfall, der. . das Einfallen I, namentlich von Wild— enten gebräuchlich, aber auch von allem anderen Federwilde; vgl. Anfall, anfallen. „Einfall, hierunter wird verſtanden: Wenn das Auer— geflüg, dann die wilden Endten und Raubvögel zu Abends ſich einſchwingen und auf die Bäume, die Endten aber auf das Waſſer zur Ruhe ſich ſetzen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 100. — Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 174. — Ahnlich wie bei anderen ähnlichen Ausdrücken der Wmſpr. erſcheint Einfall auch local, d. h. als Bezeich— nung des Platzes, wo Federwild mit Vorliebe regelmäßig einfällt; endlich nennt man auch jene künſtlichen Vorrichtungen Einfälle, die an vom Federwilde, namentlich Rebhühnern, regel— mäßig frequentierten Plätzen zum Schutze des— ſelben vor Unwetter und Raubzeug angelegt werden; ſ. Rebhuhn. „Zweckmäßig angelegte und an jenen Ortlichkeiten aufgeſtellte Winter- einfälle, wo die Hühner erfahrungsgemäß mit Vorliebe zu liegen pflegen, werden dieſem Übelſtande gründlich abhelfen.“ „Mit Rückſicht auf dieſe Übelſtände habe ich Rebhühnerein⸗ fälle in einer Form conſtruieren laſſen . . .“ „Ein blauer Wollfaden, welchen man in einem Abſtande von / m rings um den Einfall und in gleicher Höhe an ſchwachen Gabeläſtchen ſpannt.“ R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 259, 260, 261. — Frz. allg. la chutte. II. Einfahrt. „Einfall, hierunter wird verſtanden: Die Röhre, in welcher der Dachs oder Fuchs aus- und eingehet.“ Heppe J. e. — Behlen J. . — Sanbers, Wb. I., p. 398 (I un- vollſtändig). E. v. D. Einfallen, verb. intrans. u. trans, I. intrans. — einſitzen, einſchwingen, ein- ſtreichen, anfußen, anfallen, antreten ꝛc. von allem Federwilde; vgl. Einfall I. — „So aber die Kram— vethvögel verbaint wären und nicht einfallen wolten | jo ſuche ſie wo fie etwan in einem Geäſe liegen .. .“ Hohberg, Georgica curiosa, 1687, II., fol. 82142. — „Wenn das Auergeflüg, Endten, Hühner und Raubgeflügel Abends Zeit ſich wo anſetzet, heißet einfallen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 101. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 44, 50, 53. — „Einfallen, wenn der Auer⸗Hahn oder ſonſt gleichmäßiges Feder— Wildpret, des Abends auf den Baum, oder an den Ort, wo es des Nachts bleiben will, hin— flieget, wie auch die Feldhühner in der Däm— merung thun, ſo heiſt ſolches eingefallen.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, 87. — Jeſter, Ed. I, 1797, I., p. 58. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 97, und Lexik., p. 147. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 44, und Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. I., p. 557, VI., p. 233, 236. — Frz. am Vogelherd: les oiseaux volent a l' aire; von Enten: les canards volent à l'eau; von Rebhühnern und anderem Federwild: les perdrix etc. se remettent. II. intrans., Wild in Garne, vgl. einfahren, einschlagen, annehmen, anfallen, überfallen, über- fliehen; in der Regel nur für hohes Wild, da für das niedere der Ausdruck einfahren gilt. „So die Kirſchenernde vorüber und ſie (die Staare) alsdann nicht gerne mehr ins Zeug einfallen | kann fie mancher nicht mehr fan⸗ gen.“ Aitinger, Volſtändiges Jagd- und Weyd⸗ büchlein, Caſſel 1681, p. 89. — „Bey jedem Garn ſollen ein oder zwey geordnet ſeyn mit Röhren Prügeln und Tremmeln wann ein Fuchs oder Wolff einfiel | ihn alſobald | ehe er jih wieder loßwickeln fan | todt zu jchla- gen.“ Hohberg, Georgica curiosa, 1687, II., 101.737 a. — „Der Hirſch und Thier fället oder ſchläget ein in die Zeuge, und laufet nicht ein.“ Pärſon, Hirſchger. Jäger, 1734, fol. 80. — „Man läſst auch Wildpret in die Zeuge einfallen, oder einſchlagen, um es dar- innen ſo gleich abzufangen; welches aber eine ſchlechte Freude iſt.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehr⸗ prinz, p. 63. — „Einfallen, ſagt man: Wenn ein Hirſch, Thier, Sau, Rehe in den Zeug ſpringt.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 101. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 290. — Hartig 1. e. — Behlen 1. e. III. trans. vom Hund, u. zw. ſpeciell vom Leithund eine Fährte oder auf eine ſolche einfallen — ſie anfallen, an⸗ oder aufnehmen; dann „mit der Naſe einfallen‘, im Gegen— ſatze zu ‚hoch verfahen‘ — eine tiefe Suche haben; ſelten, nur durch folgende Stellen be— legbar: „Volgends ſoll er (der Jäger) Eſſig in die hole der Hand nemen den ſeinem Hund in die Naßlöcher gieſſen [damit er deſto beſſer die färt einfallen vnnd verfangen möge.“ „ . jonderlich die hund jo mit der Naſen nicht recht tieff einfallen | ſondern ſehr leicht— fertig weit vnd hoch verfahen.“ „Alsdann mujs er (der Jäger) ſeinen Hund darauff (auf der Fährte) richten vnnd wo müglich biß ſchier zum ſtand einfallen laſſen.“ „Dann wann der Hirſch (mit dem Geweih) angerürt hat | jo können ſie (die Hunde) dardurch die rechte fart bald widerumb einfallen.“ J. du Fouilloux, New Jägerbuch, Straßburg 1590, fol. 34, 34 v, 35 u. 51 v. — Dieſe Bedeutung fehlt in allen Wbu. IV. vom Dachs in den Bau, entſprechend Einfall II S einfahren; ſelten. „Dachshaube iſt ein Garnſack, welcher vornen mit einem eiſernen Ring verſehen; dieſer wird in die Röhre an gemacht und ſodann der Dachs nächtlicher Zeit von denen Feldern zu Holz geſprengt, wenn er nun in den Bau einfallen will, ziehet ſich die Haube hinter ihm zu, und er iſt alſo gefangen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 90. — Grimm, D. Wb. III., p. 171. — Sanders, Wb. I., p. 402 b. E. v. D. Einfallwinkel, auch Fallwinkel ge nannt, wird gebildet durch die im Endpunkte der Flugbahn des Einzelgeſchoſſes an dieſe Bahn gelegte Tangente und die durch dieſen Punkt 12 * er A Ge 180 Einfang. — Einfriedigung. gehende wagrechte Ebene (vgl. auch a, und Balliſtik II, Fig. 85). 1155 Einfang, i. Neubruch. Einfangen, verb. trans. u. reflex. I. trans., Wild — mit Netzen fangen. Einfangen, wenn ein Bär, oder ſonſt wildes Thier, aus einem Garten, oder ſonſt vermachten Platz, nach der Hof— Statt, zu einem Luſt⸗ oder Kampff⸗Jagen ſoll geſchafft werden, ſo wird es vorher in einen Kaſten gebracht, daß man ſolches ohne Schaden über Land führen kan, ſo heiſt es ein gefangen. Deßgleichen, wenn die Hühner- Fänger die Feld-Hühner zur Herbſt-Zeit Fit- weiſe fangen und lebendig zur Hof-Statt lie⸗ fern, allwo ſie in darzu gemachten Cammern gefüttert, und nach und nach verſpeiſet werden, alſo heiſt es auch die Hühner einfangen.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 87—88. — „Einfangen heißet: das um⸗ ſtellte Wildpret mit Garnen fangen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 101. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43. II. trans., Wild S einſtellen. „Einfangen heißet: Ein Wild mit Garnen oder Zeugen um— ſtellen.“ Heppe J. c. III. reflex., von Raubthieren und Hatzhun— den — ſich verfangen, verbeißen. „Einfangen, heißet man, wann ein Raubthier oder Hund hat in das andere gebiſſen.“ Fleming, T. J. I., Anh., fol. 106. — Onomat. forest. I., p. 569. — „Einfangen, wenn ſich ein Hund in ein Thier verbiſſen hat.“ Behlen J. e. — Grimm, D. Wb. III., p. 173. — Sanders, Wb. I., p. 410 a. E. v. D. Einfärbler, ſ. Borkenkäfer, praktiſche Ein- theilung. Hſchl. Einfaſſen, verb. trans., Wild — verlappen, einſtellen, einfangen II. „Verlappen heißet, das Wildpret mit Tuch- oder Federlappen ein— faſſen oder umſtellen.“ „Will man aber, in Ermanglung der 1 und Netze, Roth- und Tannwildpret mit Lappen einfaſſen und es jo gleich darinnen erlegen . . .“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 146, 147. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einſorſtung, ſ. Dienſtbarkeiten. Mcht. Einfriedigung. 1. Die entweder durch Na— turbeſamung oder durch künſtliche Cultur erzogenen Holzjungwüchſe erfordern, ſo lange ſie durch Weidevieh oder Wild beſchädigt werden können, eine Überwachung gegen dieſe Thiere, ebenſo wie gegen ſchädliche Eingriffe durch Menſchen in dieſer erſten Jugendperiode. Sie hat zuvörderſt und im allgemeinen der Forſtſchutz, gegen Wild beſonders auch ein zu gunſten des Waldes geregelter Abſchuſs zu übernehmen. Oft genügen dieſe mehr allgemeinen Forſtſchutzmaßregeln nicht, und der Forſtmann muſs zu Einfriedigungen, auch Umfriedi— gungen oder Einhegungen genannt, greifen, um das Eindringen in dieſe Anlagen mechaniſch zu verhindern. Dies iſt jedoch bei Weidevieh nur ſelten und nur etwa da nöthig, wo ſich Viehtriften durch die Schonungen oder dieſe entlang ziehen, wo dann aber oft ſchon eine Grabenziehung, den Auswurf nach der Schonung zu gelegt, genügt, höchſtens ein einfacher, 1 bis 125 m hoher, zweiſtangiger Rückzaun, wie ihn der Landwirt überall an Weidekoppeln er⸗ richtet, erfordert wird. Bei Wild, wenn dasſelbe in Menge gehegt wird und die angebauten Holzarten von ihm gern angenommen und ſtark beſchädigt (verbiſſen, geſchält) werden, reicht man aber mit derartigen leichten Vermachungen nicht aus und müſſen ſie dichter, oft auch höher, nach der Wildart, angelegt werden. Hiebei iſt jedoch zu beobachten, daſs, nament- lich bei freien Wildſtänden, gegen Roth- und Damwild die Einhegungen nicht etwa die Höhe und Feſtigkeit zu haben brauchen wie die Wildgatter, welche das Wild am Austreten aus dem Reviere hindern ſollen, da dasſelbe Innengatter um Schonungen 2c. nicht mit dem lebhaften Drange annimmt wie jene Außengatter. In der Regel reicht man bei Ver⸗ machungen im Waldinnern, um die es ſich hier nur handelt, ſchon mit Einfriedigungen von 1m bis 1˙8 m Höhe über dem Boden aus, je nach— dem man Reh-, Dam- oder Rothwild abzu⸗ halten hat. Gegen Schwarzwild ſchützen Am hohe Vermachungen vollſtändig, wenn ſie nur feſt und von unten an dicht ſind. Die Einfrie⸗ digungen ſtehen entweder feſt am, bezw. im Boden oder find bewegliche (transportable). a) Jenen dienen Pfähle, die ſenkrecht in Entfernungen von 3˙5—4˙5 m, etwa 0'6—0'8 m tief, feſt in die Erde gegraben wurden, zum vorzüglichſten Halt. Die Pfähle oder Pfoſten werden dann mit einer Füllung verſehen. Dieſe wird vielfältig durch wagrechte, mittelſt Ein— lochens oder Einſchneidens unter Verfeſtigung mit Holz- oder Drahtnägeln in Verbindung gebrachte Stangen oder Latten hergeſtellt, von denen die erſte höchſtens 20 em über den Boden zu liegen kommt, die folgenden, etwa 9 bis 10 Stück, in nach oben von etwa 25 bis zu 50 em wachſenden Entfernungen an den Pfählen be— feſtigt werden. Das Dichtliegen der Stangen nach unten zu ſoll das Durchkriechen des Wil- des verhindern, die oberen Stangen das Über— fallen desſelben. Letzteres kann noch durch eine beſonders hoch angebrachte Stange oder Latte, die Sprunglatte, weſentlich erſchwert wer— den. Statt der wagrecht liegenden Stangen oder Latten, die den ſog. Stangenzaun (Fig. 264) bilden, kann auch die Füllung durch ſcharf an- geſpannte, wagrecht liegende, meiſt verzinkte Eiſendrähte zwiſchen den Pfoſten in ganz ähn⸗ licher Weiſe hergeſtellt werden. Sind dieſe Drähte jo geſpannt, daſs ſich das Wild nicht durch ſie hindurchzwängen kann, ſo ſchützen die Drahtzäune ſehr gut, da ſie das Wild in der Regel ſchwerer überfällt als die Stangen⸗ zäune. b) Die beweglichen oder transpor⸗ tablen Einfriedigungen beſtehen aus ein⸗ zelnen ſelbſtändigen Hürden von der Höhe der feſten Zäune und im weſentlichen von derſelben, wenn auch leichteren Bauart, mittelſt ſenkrechter Seitenpfoſten (Rahmſtücke), bezw. eines Mittel- pfoſtens, die durch wagrecht liegende angenagelte Stangen oder Latten verbunden und durch ein paar übergenagelte Strebebänder weiter be— feſtigt werden. Die Hürden werden auf dem Boden, eine dicht an die andere, aufgeſtellt und in ihren Seitenpfoſten in einfacher Weiſe (durch Einfriedung. Drahtnägel, Bandwieden o. dgl.) verbunden, auch durch ſchräg in den Boden geſetzte Stütz— hölzer am Umfallen verhindert. Die einzelnen Hürden haben eine Länge von 4—5 m. Der- artige Hürdengatter können leicht von einem Ort zum anderen geſchafft werden, doch iſt ihre Dauer nach Maßgabe des verwendeten Ma— terials und des Aufſtellungsortes meiſt eine geringe und wird 10—15 Jahre ſelten über- 181 6 Horizontaldrähten. Bei Kam peinfriedigungen kommt es aber oft darauf an, dieſelben nament⸗ lich unten dicht zu machen, damit auch Haſen und Kaninchen am Eindringen verhindert wer⸗ den. Dazu dienen in der Regel Flechtzäune von etwa Am Höhe mit 3 Horizontallatten zwiſchen den Pfoſten, um welche die Flecht⸗ ruthen, die von oben bis zum Boden reichen, dicht eingeflochten werden (Fig. 265), doch werden auch Staketen- oder Spriegelzäune gefertigt, bei denen nur oben und unten eine Horizontallatte an den ſenk⸗ rechten Pfoſten liegt, an welche die Staketen ſenkrecht angena- gelt werden, was aber eine be— deutende Anzahl von Draht- nägeln erheiſcht. Des beſſeren Ausſehens wegen werden wohl auch die Staketen nicht parallel neben einander geſetzt, ſondern rautenförmig aufgenagelt, , Fig. 264. Stangenzaun. ſchreiten, öfters aber unter dieſer Zeit zurück— bleiben. 2. Handelt es ſich um den Schutz von Kämpen gegen die vorherbezeichneten Ein— dringlinge, ſo ſind dieſelben eines ſolchen in der Regel weit bedürftiger als die unter 1 be— trachteten Schonungen. Nur ausnahmsweiſe wird man etwa Kämpe, die nur vorübergehend zur Erziehung von 1- bis 2jährigen Sämlingen für benachbarte auszupflanzende Forſtflächen dienen, jog. wandernde Kämpe, ganz ohne Ein— friedigung laſſen oder ſie höchſtens durch einen Umfaſſungsgraben oder einen leichten Rückzaun bewähren, je nachdem ſie von Weidevieh und Wild gar nichts oder nur ausnahmsweiſe zu fürchten haben. Sonſt werden die vorher be— ſprochenen Einfriedigungen durch Stangen- oder Drahtzäune auch hier nothwendig und am Platze ſein. Es bedarf aber eine enge Kampfläche, die Fig. 265. Flechtzaun. das Wild überblicken kann, meiſt nur die niedrigeren Arten jener vorher erwähnten Ein— zäunungen, da es in den beſchränkten einge— friedigten Raum ſelten unter Kraftanſtrengung eindringt, namentlich ungerne überfällt. Daher genügen hier öfter, ſelbſt bei Rothwildſtänden, Drahtzäune von nur etwa 1h m Höhe mit wodurch ſich die Koſten gegen die vorige Anordnung aber noch erhöhen. Es verſteht ſich von ſelbſt, daſßs auch Stangen— zäune unten mittelſt Flechtruthen noch mehr verfeſtigt werden können, als dies durch die Horizontalſtangen möglich iſt, und daſs auf ſolche Weiſe Groß- und Kleinwild vom Kampe abgehalten werden kann. Auch Draht wird zu niedrigeren, ſehr dichten Zäunen ſo verwendet, daſs man die Pfoſten mit 4 Horizontaldrähten beſpannt und dieſe mit ſenkrechten Holzſpriegeln (Bohnen— ſtangen) durchflicht. Transportable dichte Drahtzäune werden auch ſo hergeſtellt, daſs man Draht— geflechte von 13 cm? Maſchenweite, die auf einen entſprechend großen 6 am ſtarken Drahtrahmen geſpannt wurden, an 10—14 cm ſtarke Pfoſten, die in den Boden gegraben wurden, mittelſt Drahtöſen befeſtigt. Die Drahtgeflechttafeln laſſen ſich leicht von den Pfoſten löſen, dieſe aber aus dem Boden ziehen, jo dajs auch eine ſolche Einfriedigung leicht von einem Orte zum andern zu ſchaffen iſt. Im allgemeinen iſt noch anzuführen, dafs ſtändige Kämpe, z. B. Forſtgärten, feſtere Einhegungen geſtatten, bezw. erfordern, dagegen Kämpe, die nur kürzere Zeit der Pflan⸗ zenzucht dienen ſollen, ohne gerade Wan— derkämpe zu ſein, leichter zu umfriedigen ſein werden. Der Zweck kann hier ſelbſtredend in ſehr verſchiedener Weiſe erreicht werden, und hat die Erfindungsgabe des Pflanzenzüchters hier einen weiten Spielraum, der aber gewöhn— lich in den zu Gebote ſtehenden Mitteln ſeine Beſchränkung findet. Im Vorſtehenden ſind daher bezüglich der Einfriedigungen nur Finger— zeige gegeben. 0 Gt. Einfriedung. (Legislatur in Oſterreich.) Die Einfriedung eines Grundſtückes zieht eine Reihe rechtlich wichtiger Folgen nach ſich. Be trachten wir zunächſt die civilrechtliche Seite der Frage. Nach $ 854 des a. b. G. B. „werden Erdfurchen, Zäune, Hecken, Planken, Mauern, Privatbäche, Canäle, Plätze und andere der— 182 Einfriedung. gleichen Scheidewände, die ſich zwiſchen benadj- barten Grundſtücken befinden, für ein gemein— ſchaftliches Eigenthum angeſehen, wenn nicht Wappen, Auf- und Inſchriften oder andere Kennzeichen und Behelfe das Gegentheil er— weiſen“. Stellt ein Grundeigenthümer eine Ein- friedung auf ſeinem eigenen Grunde her, ſo iſt er alleiniger Eigenthümer derſelben und mufs daher auch die Koſten allein tragen. Steht eine Einfriedung auf der Grenze zwiſchen zwei Grundſtücken, ſo vermuthet das Geſetz gemein- ſchaftliches Eigenthum und daher auch gemein— ſame Erhaltungspflicht. Dieſe Vermuthung läſst aber Gegenbeweis zu; das Geſetz ſtellt ſogar eine gegentheilige Vermuthung auf, wenn Wappen, Inſchriften u. dgl. auf das Allein- eigenthum des einen Grundeigenthümers hin— deuten, ſowie (nach $ 857 a. b. G. B.) wenn „die Ziegel, Latten oder Steine nur auf einer Seite vorlaufen oder abhängen, oder wenn die Pfeiler, Säulen, Ständer, Bachſtälle auf einer Seite eingegraben ſind“. Da wird das Alleineigenthum der Einfriedung zu gunſten desjenigen ver— muthet, nach deſſen Grundſtück die Einfriedung abdacht, die Pfeiler ſtehen u. ſ. w. „Auch der— jenige wird für den ausſchließlichen Beſitzer einer Mauer gehalten, welcher eine in der Richtung gleich fortlaufende Mauer von gleicher Höhe und Dicke unſtreitig beſitzt.“ Gegen dieſe Ver— muthungen iſt aber ebenfalls Gegenbeweis zu— läſſig; auch ſind die obbenannten Fälle nur Beiſpiele und können daher auch andere Mo— mente eine derartige Vermuthung begründen, 3. B. Blenden und Vertiefungen in einer Mauer, die ſich nur auf einer Seite befinden. Gemein- ſchaftliche Mauern dürfen von jedem Nachbar bis zur Hälfte der Dicke benützt werden, auch durch Anbringung von Blindthüren und Wand— ſchränken, letzteres aber nur dort, wo auf der entgegengeſetzte fungen angebracht ſind, weil ſonſt die Mauer durchbrochen oder wenigſtens ſehr geſchwächt würde. Die Erhaltungskoſten gemeinſchaftlicher Einfriedungen obliegen den Miteigenthümern, doch kann ſich jeder derſelben durch Aufgeben ſeines Antheils am Eigenthume von der Erhal— tungspflicht befreien. Als allgemeine Regel gilt, dafs jeder Grundeigenthümer ſein Eigenthum ab— ſchließen kann, hiezu aber nicht verpflichtet iſt, letzteres auch dann nicht, wenn er ſich da— durch vor Schaden, für welchen ein Dritter ein— zuſtehen hat, befreien kann, oder wenn er eine Einfriedung ſeit langer Zeit immer erhalten hat, ſie aber nunmehr aufläſst. So hat der V. G. H. mit Erk. vom 21. März 1878, 3. 310 (Budwinski, Bd. II, Nr. 236) erklärt, daſs weder eine eivil- noch eine verwaltungsrechtliche Verpflichtung eines Grundeigenthümers vorliegt, ſich durch Einzäunung ſeines Grundſtückes (oder Aufſtellung eines Hirten) vor dem Eindringen fremden Weideviehes zu ſchützen, daſs vielmehr der Viehbeſitzer verpflichtet iſt, ſein Vieh von fremden Grundſtücken abzuhalten und einen etwa doch angerichteten Schaden zu vergüten. — Ferner hat der O. G. H. mit Entſch. vom 22. Februar 1871, Nr. 8836 (G. U. W., Bd. IX, Nr. 4059) einen Kläger abgewieſen, welcher ver— langte, daſs ein Grundeigenthümer (Nachbar) Seite keine derartigen Bertie- | einen Zaun, den dieſer über 40 Jahre zum Schutze ſeines eigenen Grundſtückes gegen frem⸗ des Weidevieh erhalten hatte, nun aber beſeitigte, auch weiterhin erhalte, offenbar in der Meinung, das Recht auf das Beſtehen dieſes fremden Zaunes erſeſſen zu haben. Ein ſolches Recht müſste thatſächlich erwieſen werden, kann aber bloß dadurch, daſs der Zaun über 30, bezw. 40 Jahre vom Grundeigenthümer erhalten wurde, nicht erworben werden, weil die Einzäunung des Grundſtückes zu den Attributen des Eigenthums⸗ rechtes gehört, welches ohne Erwerb eines Unter— ſagungsrechtes nie verloren gehen könne, jo dass der Eigenthümer auch nach 30 oder 40 Jahren einen Zaun auflaſſen kann. Nur dann wenn durch die Nichterhaltung „für den Grenznachbar Scha— den zu befürchten ſtände“, muſs eine verfallene Mauer oder Planke neu aufgeführt werden. Nach § 858 a. b. G. B. „iſt aber jeder Eigen- thümer verbunden, auf der rechten Seite ſeines Haupteinganges (d. h. die Seite zur Rechten des in das Haus Eintretenden) für die nöthige Ein⸗ ſchließung ſeines Raumes und für die Abthei— lung von dem fremden Raume zu ſorgen“. Dieſe Beſtimmung gilt wohl nur für Grund⸗ ſtücke, welche gegen den Zutritt von Menſchen geſichert zu werden pflegen, z. B. Gärten, Höfe und andere unmittelbar an den Häuſern liegende Grundſtücke, nicht aber für offene Felder, Wieſen, Wälder, Weingärten u. ſ. w., weil man da nicht wohl von einem „Haupteingange“ ſprechen könnte (ſ. a. Grenzen und Gemeinſchaft des Eigenthums). Durch die Feldſchutzgeſetze (ſ. d.) wird über- einſtimmend „das unbefugte Gehen, Lagern, Reiten, Fahren in Gärten und auf Wieſen ſowie auf allen anderen durch Einfriedungen, Gräben und Grenzfurchen, Verbotstafeln oder andere kennbare Warnungszeichen als abgeſperrt be— zeichneten Grundſtücken“ als Feldfrevel be— zeichnet. § 10 der Dienſtesinſtruction für die Forit- techniker des Küſtenlandes und für Tirol und Vorarlberg verpflichtet dieſelben u. a. bei Gemeinſchaftswaldungen auf eine allenfalls nöthige Einſchränkung des Holzbezuges, der Waldweide und Streugewinnung, regelmäßige Anweiſung des Holzes ſowie der Weide- und Streuplätze, bezw. auf Einführung der Scho— nungsflächen und deren gehörigen Schutz durch Einfriedung und Aufſtellung von Hirten ſowie auf entſprechende Bringung der Forſtproducte bedacht zu ſein. Das Geſetz vom 9. November 1880, L. G. Bl. Nr. 2 ex 1881, über die Aufforſtung in Dal⸗ matien beſtimmt im 8 7, daſs „jede Fläche, auf welcher in Gemäßheit des Aufforſtungs⸗ geſetzes die Weide ausgeſchloſſen iſt, vom Grund— beſitzer durch eine zweckentſprechende Einfriedung gegen das Vieh geſchützt werden muſs“ (ſ. a. Aufforſtung). Von tiefgreifender Bedeutung iſt die Ein— friedung eines Grundſtückes auf die Ausübung der Jagd und den Wildſchadenerſatz. Be⸗ züglich des Einfluſſes, welchen die Einfriedung eines Grundſtückes auf die Ausübung der Jagd ausübt, ſind zunächſt die Länder, in welchen - N 0 j Einfriedung. 183 das allgemeine Jagdgeſetz vom 7. März 1849 gilt, von Böhmen und Iſtrien zu trennen. Die SS 4 und 5 des Jagdgeſetzes vom 7. März 1849 beſtimmen, daſs die Jagdge— rechtigkeit in geſchloſſenen Thiergärten (ſ. d.) nach wie vor aufrecht bleibt, und daſs dem Be— ſitzer eines zuſammenhängenden Complexes von mindeſtens 115 ha das Eigenjagdrecht gebüre. Durch $ 6 „wird auf allen übrigen inner- halb einer Gemeindemarkung gelegenen Grund— ſtücken die Jagd der betreffenden Gemeinde zugewieſen“, d. h. alſo auch auf eingefrie— deten Grun deomplexen, wenn dieſe nicht einen geſchloſſenen Thiergarten bilden oder ein 115 ha umfaſſendes Jagdgebiet darſtellen. Dieſer aus dem Wortlaute des geltenden Jagdpatentes geſchöpften Anſicht, daſs auch eingefriedete Com— plexe in das Gemeindejagdgebiet fallen, daher von der Gemeinde verpachtet werden können, und daſs der Eigenthümer ſolcher Complexe die Aus— übung der Jagd durch den Gemeindejagdpächter nicht unter Berufung auf ſein ausſchließliches Eigenthumsrecht hindern könne, widerſpricht allerdings die Entſch. des Ackerbauminiſteriums vom 14. Auguſt 1880, Z. 7332. Es handelte ſich darum, ob ein gegen das Betreten dritter Perſonen vollſtändig abgeſchloſſener Faſanen— garten von deſſen Beſitzer dem Pächter der Gemeindejagd, innerhalb welcher der Faſanen— garten liegt, zur Ausübung der Jagd in dem— ſelben geöffnet werden müſſe. Die citierte Ent- ſcheidung des Ackerbauminiſteriums verneinte im Widerſpruche mit den beiden unteren In— ſtanzen dieſe Verpflichtung des Beſitzers des Faſanengartens und ſprach demnach dem Ge— meindejagdpächter das Recht ab, in dem Faſanen— garten zu jagen. Aus den Gründen führen wir an: „Aus den Acten ergibt ſich und wird auch von den Streitgegnern nicht in Abrede geſtellt, daſs der ſog. Faſanengarten beim Graf E. 'ſchen Schloſſe S. ganz umzäunt und eingefriedet ſo— wie durch ſperrbare Thüren, welche theils durch die Wohngebäude, theils von außen her in den Faſanengarten führen, gegen das Eindringen und Betreten durch Fremde vollſtändig abge— ſchloſſen iſt. Derlei eingefriedete Hausgärten oder mit einem Wohnhauſe unmittelbar zuſam— menhängende und mit demſelben gemeinſam eingefriedete Parks können, als zum Wohnhauſe gehörig, ihrer Anlage und Beſtimmung nach nicht als Jagdgründe angeſehen werden und dürfen daher ohne Zuſtimmung des Beſitzers oder ſeines Beſtellten von keinem Fremden be— treten, noch kann der Beſitzer verhalten werden, dritten Perſonen die Thüren des Parks zu öffnen und ſie darin jagen zu laſſen.“ Dieſe Entſcheidung des Ackerbauminiſteriums wurde mit Erk. des V. G. H. vom 15. Septem- ber 1881, 3. 1434 (Budwinski, Bd. V, Nr. 1133) „als im Geſetze nicht begründet“ aufgehoben, „weil der ſog. Faſanengarten zu den in den SS 4 und 3 des a. h. Patentes vom 7. März 1849 ausgenommenen Grundſtücken (geſchloſſene Thiergärten und Grundeomplexe von mindeſtens 115 ha) nicht gehört, und weil durch die Ein— friedung eines Grundſtückes nach dem erwähnten Geſetze (§S 6) das der Gemeinde bezüglich des— ſelben zuſtehende Jagdrecht nicht aufgehoben wird. Die in der Gegenſchrift des Ackerbau— miniſteriums aufgeſtellte Behauptung, daſs es Grundſtücke gebe, welche, wie der in Frage ſtehende Faſanengarten, zwar zum Gemeinde- jagdgebiete gehören, auf welchen aber die Jagd weder von der Gemeinde noch vom Grundeigen— thümer ausgeübt werden dürfe, entbehrt jeder geſetzlichen Begründung. Ebenſo unrichtig iſt die Behauptung, daſs der Eigenthümer einge- friedeter Grundſtücke nicht verhalten werden könne, dem Jagdberechtigten die Einfriedungen, bezw. deren Thüren zu öffnen; der Grundeigen- thümer iſt vielmehr nicht befugt, den Jagdbe— rechtigten an der Ausübung ſeines Rechtes zu hindern, und daher allerdings verpflichtet, ihm dieſelbe durch Offnung der Einfriedung möglich zu machen.“ (Über dieſe öffentlich-rechtliche Be— ſchränkung des Eigenthumsrechtes ſ. a. Eigen— thumsrecht.) In Iſtrien dürfen nach § 6 des Wild- ſchongeſetzes vom 18. November 1882, L. G. Bl. Nr. 28, „die Jäger einen abgeſperrten Grund— beſitz nur mit vorläufiger Erlaubnis des Be— ſitzers zur Jagdausübung betreten, wobei als abgeſperrter Grundbeſitz jener anzuſehen iſt, welcher von allen Seiten von Mauern, Zäunen, Gittern oder ähnlichen Herſtellungen, welche den Wechſel des Wildes mit den anrainenden Grund— flächen hintanhalten, umſchloſſen iſt“. Die Übertretung dieſer Vorſchrift wird nach dem Feldſchutzgeſetze für Iſtrien vom 28. Mai 1876, L. G. Bl. Nr. 18, als Feldfrevel beſtraft. Die normale Strafe für einen Feldfrevel iſt Geld— ſtrafe von 1—40 fl. oder Arreſt von 6 Stunden bis zu 8 Tagen; bei abgeſperrten Grundſtücken wird dieſe Strafe verdoppelt. Im Gegenſatze zu den Normen des allge— meinen Jagdpatentes vom 7. März 1849 be— ſtimmt $ 3 des Jagdgeſetzes für Böhmen vom 1. Juni 1866, L. G. Bl. Nr. 49: „Auf vollſtändig und bleibend durch Mauern oder Zäune einge- friedeten Grundſtücken bleibt ohne Rückſicht auf das Ausmaß derſelben das Recht zur Aus— übung der Jagd dem Grundeigenthümer gewahrt. In Fällen, wo über die Vollſtändig— keit der Einfriedung ein Streit zwiſchen dem Grundbeſitzer und dem benachbarten Jagdherrn entſteht, entſcheidet der Bezirksauſchuſs.“ Ein hieher gehöriges wichtiges Erkenntnis des V. G. H. datiert vom 2. October 1885, Z. 2489 (Budwinski, Bd. IX, Nr. 2703). Ein Complex von 51 Joch wurde von dem Beſitzer „mit an Eichen— pfoſten befeſtigten Eiſendrähten (Drahtgitter) behufs Hegung von Rehwild als Thiergarten eingefriedet“ und in Gemäßheit des obeitierten § 3 des böhmiſchen Jagdgeſetzes als aus dem jagdgenoſſenſchaftlichen Gebiete ausgeſchloſſen erklärt. Die beſchwerdeführende Jagdgenoſſen ſchaft beſtritt die „dauernde und vollſtändige Einfriedung“ des Complexes, weil der Zaun „den Haſen den freien Ein- und Austritt aus der Einfriedung geſtattet“, weshalb dieſer Thier— garten nicht aus dem genoſſenſchaftlichen Jagd gebiete auszuſcheiden wäre. Sachverſtändige er klärten die Einfriedung für ſolid, vollſtändig und dauerhaft und hoben hervor, daſs „dem Reh⸗ und Damwild der Ein- und Austritt aus dem Thiergarten abſolut unmöglich gemacht 184 iſt“. Demzufolge betätigte der V. G. H. die Ausſcheidung des Thiergartens aus dem genoſſen⸗ ſchaftlichen Jagdgebiete, „denn die Anſicht der Beſchwerde, daſs nach § 3 des böhmiſchen Jagd⸗ geſetzes die Einfriedung eine ſolche ſein müſſe, daſs das Kleinwild weder in den zum Thier⸗ garten eingerichteten Wald ein-, noch aus dem⸗ ſelben austreten könne, iſt im Wortlaute dieſer Geſetzesſtelle nicht begründet. Es muſs vielmehr aus § 32 J. c., der nur das Dam⸗, Hoch- und Schwarzwild als Hegewild der Thiergärten be— zeichnet, ſowie aus dem § 38 ebenda, welcher ſpeciell für Thiergärten, in welchen Schwarz- wild gehalten wird, die Beſtimmung trifft, daſs dieſe gegen Ausbruch wohlverwahrt ſein müſſen, abgeleitet werden, daſs die Vollſtändigkeit einer Einfriedung dann gegeben iſt, wenn der freie Zutritt fremder Perſonen zu den Grundſtücken ausgeſchloſſen iſt und daher das Grundſtück ſelbſt als Thiergarten benützt wird, der Ausbruch der als Hegewild bezeich- neten Thiergattungen unmöglich gemacht er— ſcheint.“ Durch Erk. vom 22. September 1880, Z. 1515 (Budwinski, Bd. IV, Nr. 863), hat der V. G. H. ſpeciell anerkannt, daſs nach dem böh- miſchen Jagdgeſetze „eingefriedete Bau- und Gartenparcellen einem genoſſenſchaftlichen Jagd— grundcomplexe nicht zugehören können“, d. h. aus demſelben auszuſcheiden ſind, ſowie dajs der Zuſammenhang eines Jagdgebietes durch den Zaun eines Thiergartens nicht auf- gehoben wird. Durch Erk. vom 11. Mai 1882, Z. 1017 (Budwinski, Bd. VI, Nr. 1403), erklärte der V. G. H., daſs zu den über die Frage der Vollſtändigkeit der Einfriedung u. ſ. w. einzu⸗ leitenden Erhebungen die betheiligten Grund— beſitzer zuzuziehen ſind (ſ. a. Igel). Das Jagdgeſetz für Böhmen ($ 39) ge- ſtattet jedermann, durch Zäune das Wild von ſeinem Grundbeſitze abzuhalten; ebenſo iſt durch Erlaſs des Miniſteriums des Innern vom 15. December 1852, R. G. Bl. Nr. 257 ($ 11 der jagdpolizeilichen Vorſchriften) „jeder Grund— eigenthümer befugt, ſeine Gründe mit... Planken oder Zäunen von was immer für einer Höhe oder mit aufgeworfenen Gräben gegen das Ein— dringen des Wildes und den daraus folgenden Schaden zu verwahren. Doch ſollen ſolche Plan— ken, Zäune und Gräben nicht etwa zum Fangen des Wildes gerichtet ſein. Auch ſind bei Gegenden an Wäſſern alle 500 Schritte in den Planken oder Zäunen Thore zu machen, damit bei größerer Anſchwellung des Waſſers ſich das Wild durch dieſelben retten könne.“ Nach 8 2 des Vogelſchutzgeſetzes für Böhmen vom 30. April 1870, R. G. Bl. Nr. 39, findet das Verbot des Fangens und Tödtens bezüglich des Maulwurfes in eingefriedeten, dann in Zier⸗, Gemüſe- und Handelsgärten ſowie an Dämmen keine Anwendung. Streitig wurde auch die Frage, ob die Be— ſitzer eingefriedeter Gärten an dem Erträgniſſe der verpachteten Gemeindejagd partici⸗ pieren. Das Ackerbauminiſterium erkannte un⸗ term 14. Mai 1875, 3.4941, in Übereinſtimmung mit den beiden Unterbehörden zu gunſten der Gartenbeſitzer. Nach $ 8 des kaiſ. Patentes vom 7. März 1849 wird der Jagdpachterlös unter die Pi ba ar, * N Einfriedung. Geſammtheit der Grundbeſitzer, „auf deren in der Gemeindemarkung gelegenem Grundbeſitze die Jagd von der Gemeinde ausgeübt wird, nach Maßgabe der Ausdehnung des Grundbe⸗ ſitzes“ vertheilt. Nachdem nun ſowohl nach dem Patente vom 7. März 1849 als nach § 12 der Jagd- und Wildſchützenordnung vom 28. Februar 1786 das Jagdrecht auch auf eingefriedeten Grundſtücken und daher wegen des insbeſondere im Winter in Gärten möglichen Zutrittes des Wildes auch in Gärten geſtattet iſt, ſo ſind auch die Beſitzer von eingefriedeten Gärten berechtigt, einen Antheil vom Jagdpachterlöſe der Gemeinde zu beanſpruchen; nur die verbauten Grundflächen begründen keinen derartigen Anſpruch. Durch dieſe Entſcheidung hat das Ackerbauminiſterium, wenigſtens indirect, den Anſpruch auf Ausübung der Jagd auf eingefriedeten Grundſtücken zuge⸗ geben, welchen dieſe Behörde durch die obeitierte Entſch. vom 14. Auguſt 1870, 3. 7332 (aufge⸗ hoben durch das Erk. des V. G. H. vom 15. Sep⸗ tember 1881, Z. 1434 [ſ. o.]) negierte. Der Umſtand, daſs einem Jagdberechtigten die Ausübung der Jagd auf einem eingefrie⸗ deten Grundſtücke verwehrt wurde, hebt deſſen Pflicht zum Erſatze des auf einem ſolchen Grundſtücke angerichteten Wildſchadens nicht auf (Entſch. des Miniſteriums des Innern vom 18. September 1862, 3. 13.110, vom 15. März 1866, 3. 4487, und vom 8. April 1871, 3. 3502). Die Nichtausübung der Jagd auf einem einge⸗ friedeten Grundſtücke kann die Verpflichtung zum Wildſchadenerſatze nicht aufheben, weil dieſe Erſatz⸗ pflicht ganz allgemein ſtatuiert iſt (ſ. Wildſchaden), und weil im $ 13 der jagdpolizeilichen Vor⸗ ſchriften (Erlaj3 des Miniſteriums des Innern vom 15. December 1852, Z. 5681) dieſe Erſatz⸗ pflicht auch bei anderen Grundſtücken, auf welchen ebenfalls nicht gejagt werden darf, ausgeſprochen iſt, z. B. auf Saaten, angebauten Grundſtücken, wenn ſie nicht feſtgefroren ſind, Weingärten vor geendigter Weinleſe u. ſ. w. Eine in anderen Provinzen nicht beſtehende Wirkung übt die Einfriedung eines Grundſtückes auf die Wildſchadenerſatzpflicht in Steiermark aus. $ 4 des Geſetzes vom 17. September 1878, L. G. Bl. Nr. 10 lautet: „Der Grundbeſitzer iſt zwar nicht verpflichtet, ſein Gut durch Ein- zäunung oder andere Vorkehrungen gegen Wild⸗ ſchaden zu ſchützen, er kann jedoch den Erſatz des vom Wilde in Obſt⸗, Gemüje- oder Ziergärten, in Baumſchulen, an einzelnen jungen Bäumen angerichteten Schadens nur dann verlangen, wenn dargethan wird, daſs der Schade erfolgte, obgleich ſolche Vorkehrungen beſtanden, wodurch ein ordentlicher Grundwirt derlei Gegenſtände zu ſchützen pflegt.“ Aus dieſer Geſetzestextierung ergibt ſich, daſs die Frage nach der Berechtigung des Wild- ſchadenerſatzauſpruches ſich ſehr oft auf die That⸗ frage ſtützen, ja beſchränken wird, ob die vom Ge— ſetze geforderten entſprechenden Vorkehrungen zum Schutze gegen Wildſchaden bei Gärten, Baum⸗ ſchulen und einzelſtehenden Bäumen getroffen waren, eine Frage, welche gewöhnlich nur durch das Urtheil von Sachverſtändigen gelöst werden kann. Das Miniſterium des Innern hat mit Erlaſs vom 25. November 1885, Z. 15.282, den P | 1 Einfriedung. 185 Erſatzanſpruch eines Obſtbaumſchulbeſitzers ab- gewieſen, „weil die Abſchließung der fraglichen Baumſchule mit einem theilweiſe undichten, den Zutritt des Wildes nicht hindernden Latten— zaune, unter weiterer theilweiſer Anbringung eines lebenden Fichtenzaunes, nicht als eine Vor— kehrung angeſehen werden könne, durch welche ein ordentlicher Grundwirt ſeine Obſtbaumſchule vor Schaden zu ſchützen pflegt“. Dieſer Latten— zaun war 4—5 Fuß hoch und an zwei Seiten durch einen Fichtenzaun verdoppelt; an dieſen zwei Seiten ſtanden die Latten nicht ganz enge und hatten Lücken, durch welche ein Haſe durch— ſchlüpfen konnte, an den anderen beiden Seiten war der Lattenzaun ganz dicht. Wir führen dieſes Beiſpiel hier deshalb an, weil die Sach— verſtändigen den Zaun als ein genügendes Schutzmittel erklärten, die Behörde aber, auf Einſpruch des Erſatzpflichtigen, denſelben wegen mangelnder Dichtigkeit des Lattenzaunes auf zwei Seiten, trotz Verſicherung durch einen Fichtenzaun, als ungenügend bezeichnete. Die Einfriedung eines Waldes hat auf die Frage, ob Diebſtahl von Holz und Wild aus demſelben ein Verbrechen oder eine Über— tretung iſt, weſentlichen Einfluſs. Derartiger Diebſtahl wird zum Verbrechen, wenn der Wert des geſtohlenen Holzes oder Wildes 3 fl. über— ſteigt und der Diebſtahl in einem eingefriedeten Walde vollführt wurde, ſonſt Übertretung ($ 174, II, e und g Str. G.) [j. Diebſtahll. Weſent⸗ liche Orientierung über den Begriff des „eingefriedeten Waldes“ gewährt die Entſch. des O. G. H. als Caſſationshof vom 3. September 1880: Ein Angeklagter entwen— dete aus einem Forſte, welcher mit einem 4 bis 5 Fuß breiten Graben und einem 2 Fuß hohen Erdwall umgeben war, und deſſen Fahrwege mit Schranken verſchloſſen waren, mehrere Stämme im Werte von mehr als z fl. Die erſte Inſtanz verurtheilte den Thäter bloß wegen Übertretung, weil der Wert des geſtohlenen Gutes zwar 5 fl. überſtieg, aber 25 fl. nicht er— reichte, und weil der Wald nicht als eingefriedet angeſehen werden könne, indem in denſelben auch Fußwege führen, welche nicht durch Schranken abgeſchloſſen ſind, und weil zur Zeit der Ver— übung des Diebſtahles die Gräben mit Schnee angefüllt, ſomit nicht leicht zu erkennen waren. Der O. G. H. verurtheilte den Thäter wegen Verbrechens des Diebſtahles, da er den Wald als eingefriedet bezeichnete. Als eingefriedete, d. h. kennbar abgegrenzte und beſonderem Schutze empfohlene Waldung muſs nach dem gemeinen Sprachgebrauche diejenige Waldung jedenfalls angeſehen werden, welche mit deutlich wahrnehmbaren, mehrere Fuß breiten und tiefen Gräben ihrem ganzen Umfange nach oder ſelbſt mit einzelnen geringen Unterbrechungen, welche vielleicht durch die Rückſicht auf die Benützung des Waldes geboten erſcheinen, umgeben iſt. Die Einfriedung des Waldes wird dadurch nicht aufgehoben, dass in denſelben einzelne Fußwege führen, indem es für das Vorhandenſein der Einfriedung genügt, wenn der Wald nur im ganzen mit Gräben umgeben oder mit anderen unzweifelhaften und gewiſſermaßen ſchützenden Grenzbezeichnungen verſehen iſt. Und am wenig— ſten vermag an der Einfriedung im Sinne des Geſetzes der Umſtand etwas zu ändern, dajs die Grenz- und Schutzgräben ſtellenweiſe oder ſelbſt ganze Strecken weit mit Schnee angefüllt ſind, u. zw., ganz abgeſehen von der Zufälligkeit eines ſolchen Ereigniſſes, ſchon darum nicht, weil andernfalls der beſondere Schutz, welchen das Strafgeſetz im $ 174, lit. e den eingefriedeten Waldungen offenbar gewähren will, gerade im Winter, wo der Wald diebiſchen Eingriffen am meiſten ausgeſetzt, die Überwachung aber am ſchwierigſten iſt, häufig durch eine lange Zeit ſehr unwirkſam ſein müſste. In der Entſcheidung des O. G. H. als Caſſationshof vom 7. Februar 1876, 3. 11.400, wurde erklärt, daſs der Ausdruck „eingefriedete Waldung“ im $ 174, II, e und g (Holz- und Wilddiebſtahl) den gleichen Sinn habe, und daſs die Annahme eines Gerichtes, beim Holz— diebſtahl genüge für den Begriff „eingefriedeter Wald“ ein Graben oder Wall, während beim Wilddiebſtahl der Wald nur dann als einge— friedet gelten könnte, wenn die Einfriedung des Waldes das Ausbrechen des Wildes hindert und das Halten einer größeren Menge Wildes er— möglicht, unrichtig und im Geſetze nicht be— gründet ſei; unter „eingefriedeten Waldungen“ nur Thiergärten zu verſtehen, ſei unberechtigt, vielmehr beruhen die ſtrengeren Beſtimmungen des § 174, II, e und g Str. G. auf der Er⸗ wägung, dajs die Einfriedung die Grenzen des Eigenthums beſtimmter und mehr erkennbar bezeichnet, zum Theile auch ein Hindernis für den Eingriff bildet und darum zur ſtrengen Be— ſtrafung herausfordert. Die Herſtellung einer Einfriedung iſt eine bauliche Angelegenheit, und müſſen wir daher, unter Bezugnahme auf den Artikel Bauführungen, einiges hierüber beibringen. Neu⸗, Zu⸗ und Umbauten bedürfen bekannt⸗ lich eines Bauconſenſes. Das Miniſterium des Innern hat aber mit Erlaſs vom 4. December 1875, Z. 14.439, erklärt, „daſs die Ausbeſſerung oder Wiederherſtellung einer hölzernen (ver- fallenen) Einfriedung (nach der niederöſterreichi— ſchen Bauordnung) keines gemeindeamtlichen Bauconſenſes bedürfe“, jo daſs in einem ſolchen Falle die bloße Anzeige an die Gemeindevor— ſtehung genügt. Die Reconſtruction einer zum Theil eingeſtürzten Gartenmauer iſt laut Erlaſſes des Miniſteriums des Innern vom 11. No— vember 1879, 3. 4680, nicht als ein Umbau, ſondern nur als eine weſentliche Ausbeſſerung im Sinne des $ 1 der niederöſterreichiſchen Bauordnung vom Jahre 1866 anzuſehen und daher ohne Rückſicht auf eine neue Baulinie in der dermaligen Baulinie zuläſſig, doch bedarf es hiezu eines Bauconſenſes. Das Miniſterium des Innern erklärte auch in einem anderen Falle, daſs die Wiedererrichtung einer neuen Holz— planke an Stelle einer beſtandenen alten Holz— planke, welche einen Holzlagerplatz umſchloſs, keines Bauconſenſes bedürfe und nicht als Neu— oder Umbau zu betrachten ſei. Durch Entſch. des Miniſteriums des Innern vom 15. Februar 1875, 3. 1165, wurde erklärt, daſs die gänzliche Reconſtruierung eines Zaunes 186 längs einer Straße ebenfalls nicht als neue Ein- friedung anzuſehen ſei. Für Tirol ſpeciell wurde mit Gubernial- decret vom 11. Juni 1830, Z. 9469 (erneuert mit Erlaſs vom 20. März 1835), aufgetragen, die Abſtellung der nicht durchaus nothwendigen todten Holzzäune, insbeſondere der ſchon mit Gubernialcircular vom 31. October 1777 verbotenen Mitterzäune zu bewirken und des⸗ halb an Private aus Staats- oder unvertheilten Gemeindewaldungen nur dann zur Anlegung oder Ausbeſſerung ſolcher Zäune Holz abgeben zu laſſen, wenn ſie nothwendig oder in über— wiegendem Grade nützlich befunden worden ſind, und an Gemeinden zu ihren Gemeinde— zäunen nur dann Holz zu verabfolgen, wenn die Subſtituierung eines lebenden Zaunes wegen beſonderer Verhältniſſe als unthunlich erkannt worden iſt, endlich die Anlegung lebendiger Zäune (Heckenzäune) zu befördern. Die für die Kreiſe Innsbruck und Brixen behufs möglichſter Beſeitigung der todten Holzzäune und An— legung lebendiger Zäune ergangene tiroliſche Statthaltereiverordnung vom 20. März 1855, L. G. Bl. vom Jahre 1855, Abtheilung II, p. 28, wurde ſpäter auf die vormaligen Kreiſe Trient und Vorarlberg ausgedehnt. In Ungarn kann der Beſitzer eines Grund⸗ ſtückes, welches zwar 200 Joch nicht umfaſst, aber gartenmäßig cultiviert wird und mit einer Umzäunung oder einem Graben abgeſchloſſen it (nach § 2, al. 2, Jagdgeſetz vom 19. März 1883), das Jagdrecht ausüben. Weiters ſagt § 18 des ungariſchen Jagdgeſetzes, dass „der Eigenthümer oder Jagdpächter an gehörig um— zäunten Orten, an welchen das Wild nicht zu wechſeln vermag, die Jagd zu jeder Zeit aus— üben oder geſtatten kann“, d. h. an die Schon— zeit nicht gebunden iſt (ſ. a. Fiſcherei). Mcht. Einfriedung (Deutſchland), ſ. Feld— polizei, Forſtſtraf-, Jagd- und Zaun⸗ recht. At. Einfriedungskoſten ſind die Koſten, welche für die Sicherung des Beſtandes gegen von außen drohende Gefahren durch verſchiedene Abſchluſsmittel aufgewendet werden. Vornehm— lich entſtehen ſie bei Pflanzenerziehungsſtätten oder Culturen, um dem Verbiſſe durch Wild vorzubeugen. In dieſem Falle ſind die erwach— ſenden Koſten thatſächlich der Jagd zur Laſt zu ſchreiben. Die gewöhnlichen Koſten, welche für die Einfriedung der Pflanzgärten und Saatkämpe bei geringem Wildſtande erwachſen, gehören zu den Culturkoſten, inſofern dieſen die Pflanzenerziehungskoſten mit inbe— griffen ſind. Nr. Einführungsgeſetz enthält für ein größeres, mit ihm gleichzeitig erlaſſenes Geſetz nähere Be— ſtimmungen über Zeit, Ort und Modalitäten der Geltung und vermittelt insbeſondere den Über— gang vom bisherigen Recht zum neuen. Können dieſe Beſtimmungen bei einem einfachen Gegen— ſtande in das Geſetz ſelbſt unbeſchadet der Ein- heit und Überſichtlichkeit desſelben aufgenom- men werden, ſo iſt ein Einführungsgeſetz nicht erforderlich. Die Rechtsverſchiedenheit in Deutſchland machte Einführungsgeſetze für die bedeutenderen unter Einfriedung. — Eingehen. Reichsgeſetze (3. B. Strafgeſetz, Civil- und Strafproceſsordnung, Gerichtsverfaſſungsgeſetz, Concursordnung u. ſ. w.) nöthig, welchen dann die Geſetzgebung der einzelnen Bundesſtaaten noch beſondere Einführungsgeſetze beifügte. At. Eingang, der. I. = Einwechſel des Wildes, im Gegen⸗ ſatze zu Ausgang J, Ausfahrt (ſ. d.). „Ez sol auch nyman keyn wilt jagen in sinem in- gange noch in sinem uzgange des selben waldes in der banmyle.“ Urk. v. J. 1326, Mo- num. Boica, XIXXIX., p. 278. — „So du einen Hirss suchest vff dem gees, wie for ange- zeigt, so sultu mit dem leidthuntt an den forwelden oder dikhten her suchen, verfengt dir dan der leydthuntt eine jngank zo for- weldenn oder dikhten, so solltu guetlich ein wenig mit deme leidthuntt nachschlichen vnnd nicht ferre vnnd darnach widerumb hinder sich zihen, vnnd eyn reyss brechen, vnnd vff den jngank legen, dass nennen die jeger die fart verbrechenn.“ Cuno v. Winnen- burg u. Beilſtein, Abh. v. d. Zeichen d. Roth⸗ hirſches a. d. XVI. Jahrh., Hs. d. kgl. Hof- u. Staatsarch. z. Stuttgart. — „Es iſt bey Ar⸗ beiten des Leit-Hundes die Gewohnheit, dajs wenn man den Leit-Hund auf den Ein- und Wiedergange genugſam gearbeitet hat, dajs man ihn alsdenn liebet. ..“ Notabilia venatoris, Nürnberg 1731, p. 6. — „Eingänge, oder Eingang, wenn ein Hirſch oder Thier früh morgens vom Felde zu Holtze oder von einem jungen Schlage oder Hauung in ein Dickigt geſpühret wird, ſo heiſt es ein Eingang.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexikon, 1739, P. 88. — „Eingang iſt diejenige Ferte oder Spur, die von Feld zu Holz gehet.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — „Eingang oder Ausgang nennt man den Ort, wo Wild zu Holz, oder herausgegangen iſt.“ Hartig, Anltg. 3. Wmſpr., 1809, p. 97, und Lexik., p. 147.— Behlen, Wmſpr., 1829, p. 45, und Real- und Verb.⸗Lexik. I., p. 360, VI., p. 194, 236. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. II. = Einfahrt, Einfall II. „Eingang nennet man die Röhre, wo Dachs oder Fuchs in die Erde ſich begiebet.“ Heppe J. e. — Fehlt bei Benecke und Müller, Lexer und Sanders. — Grimm, D. Wb. III., p. 183. E. v. D. Eingänger, der = Hauptſchwein, weil ſich dasſelbe überhaupt und namentlich zur Rollzeit meiſtentheils abſeits vom Rudel hält. Hartig, Lexik., p. 147. VII., p. 474. Eingangsfährte, die — Eingang I, Ein- wechſel. „Hat er (der Hirſch) nun einen — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. E. v. D. ſolchen Wiedergang einen guten Strich weit gethan; ſo ſchlägt er ſich auf einmal vom Wie⸗ dergang ab, wendet den Kopf zu Holze; und nachdem er einen großen Umſchweif genommen hat, ziehet er denn gerade auf ſeinem alten Holzweg in den Wald hinein. Und das heißet: der Eingang, oder die Eingangsfährte.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 122. E. v. D. Eingehen, verb. trans. u. intrans. J. trans. ein Wild — einbögnen, einkreiſen, einzirken, beſtatten. „Einkreißen, eingehen, Eingeräuſch. — Einheitspatrone. 187 beſtätten oder einzirken . . .“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. II. „Eingehen, auch fallen, ſagt man. wenn Wild ſtirbt, ohne geſchoſſen worden zu ſein.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 45, und Real- u. Verb.⸗Lex. VI., p. 237, u. VII., p. 174. — Hartig, Lexik., p. 148. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 353. — Für hohes Wild find die Aus⸗ drücke fallen, Fallwild, gebräuchlicher; ſpeciell für den Beizvogel galt der . ea U Eingeräuſch, ſ. Ingeräuſch. E. v. D. Eingerichtetes Jagen, j. Einſtellen und Ein- richten. E. v. D. Eingeronnen, „iſt die Fährte auch ver⸗ ronnen, verwaſchen, wenn ſie durch Waſſer, Sand oder Sonne unkenntlich geworden“. Beh— len, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 174. E. v. D. Eingeſchlechtlich, monocöiſch, heißen Thiere, bei welchen nur eine Art von Geſchlechts— organen ſich ausbildet, indem bei der Weiter- entwicklung des urſprünglich meiſt hermaphro— ditiſchen (zweigeſchlechtlichen) Embryos das eine der beiden Geſchlechtsorgane ganz oder theil— weiſe verkümmert. Knr. Eingeſchoſſen, j. einſchießen. E. v. D. Eingeſprengt nennt man eine Holzart in einem Beſtande dann, wenn ſie gegenüber der Hauptholzart in geringerer Menge und in einer gewiſſen Vertheilung vertreten iſt. Eine Holz— art kann horſtweiſe, truppweiſe, reihenweiſe, ſtreifenweiſe oder einzeln eingeſprengt ſein. Wenn ſie in ganz geringer Anzahl vorhanden iſt, Io, bezeichnet man dies gewöhnlich mit „einige“. Nr. Eingeſtelltes Jagen, ſ. Einſtellen u 99 85 jagen. E. v Eingeweidenerven, |. e en Eingeweidewürmer, ſ. Entozoa. Eingraben, verb. trans. u. reflex. I. trans. = einbrechen I, ſelten. Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 175. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. II. reflex. einbrechen II, einkeſſeln, ein— ſchlagen. „Eingraben heißt in der Jägerey, wenn Dachſe, wilde Schweine, und andere wilde Thiere die Erde mit ihren Rüſſeln oder Klauen aufſcharren, und ſich darinn gewieße Löcher, oder Hölen zu ihrem Lager machen, welches ſonſt auch Einwühlen genennet wird.“ Onomat. forest. I., p. 570. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 45. E. v. D Eingreiſen, verb. trans. J. vom Wild mit den Schalen, Branten oder Klauen in den Boden S dieſelben ein— drücken, namentlich vom Schalwild üblich; vgl. nageln. „Eingreifen heißet, wenn Wildpret vornen mit den Spitzen der Schalen, der Bran— ten und Klauen zwey kleine Grüblein in den Boden eindrücket; welche die Hirſche am ſtärkeſten machen, dieweil ſie auf dem Kopf ſchwer tragen müſſen.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 94. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102.— „Eingreiffen, wenn ſich ein Hirſch oder Thier auf der Erden wohl ſpühren läſſet oder aber in der Flucht ſich anſtemmet, daſfs man es gar wohl ſehen und erkennen kann, ſo heiſt es, der Hirſch hat tüchtig eingegriffen, aber nicht eingetreten.“ er Kur. J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, 88. — „Eingreifen, wenn Wild in der Flucht die Fährte ſtark ausdrückt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 45, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 364, VL, p. 202. — Die Hohe Jagd, Um 1846, I., p. 355. — Frz. marquer bien ou mal sa voie. II. vom Leithund: mit der Naſe nahe an der Erde ſuchen, jyn. mit dem veralteten ein— fallen III. „Wenn der Leithund mit der Naſe gut zu Boden ſuchet, wird geſprochen: der Hund greift gut ein.“ Heppe J. c. — Hartig. Anlt. z. Wmſpr., 1809, p. 97, und a f. Jäger I., p. 32. — Behlen J. e. — Die Hohe Jagd l. c. — Grimm, D. Wb. III., p. 193. — San⸗ ders, Wb. II., p. 623 b. E. v. D. Eingriff, der — das Eingreifen. „Ein- griff nennt man die ftarfe Vertiefung in der Erde, welche das Wild mit den Klauen (Scha— len) macht, wenn es ſehr ſchnell läuft (flüchtig iſt).“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 97, und Lexik., p. 148. — Behlen, Real⸗ u. Verb. Lexit. I., p. 564, VI., p. 194. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, v. Boſch, p. 171. Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Einhächſen, verb. trans., mit den Neben- formen einhäckſen, einhäſſen, einhäſen, einheeſen, einheſſen — hächſen (ſ. d. u. vgl. ſchränken) „Einhäſen, wenn dem Haſen an einem Hinter Lauffte, zwiſchen der Röhre und der Hoße, ein Loch durch den Balg gemacht worden, und der andere Laufft durchgeſtecket wird, daſs man ihn daran tragen oder einhängen kann, ſolches heiſt eingehäſet.“ J. A. Großkopff, Weidewercks— Lexicon, 1759, p. 88. — „Einhäßen iſt, wenn man ein geſchoſſen Rehe, auch Haaſen, Fuchs 2c. an einen hindern Laufft eröffnet, durchfanget, und einen Lauft durch des andern Flächſen ſteckt.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — „Ein⸗ heeſen .. .“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 98. — „Einhäſen ...“ Behlen, Amr. 1829, p. 45. — Grimm, D. Wb. III., p. 197. Sanders, Wb. I., p. 634K a. E. v. D. Einhäſſen, j. einhächſen. E. v. D Einhauen, 0 trans. J. veraltet ſtatt zerwirken bei Schwarz— wild. „Einhauen wird genommen, anſtatt eine Sau zerwirken.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 175. II. = einſchlagen. „Einhauen nennt man, wenn man bei Dachs- und Fuchsgraben dort eingräbt, wo der Hund Laut gibt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 45. III. „Einhauen, Einſchlagen, frz. empieter iſt ein Kunſtwort bey der Falknerey, und wird von einem Raubvogel, und beſonders von dem Geyer geſagt, wenn er den Raub mit ſeinen Klauen aufhebet, und davon führet.“ Onomat. forest. I., p. Behlen an beiden a. O. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D Einheeſen, ſ. einhächſen. E. v. D. Einheitspatrone nennt man eine Patrone, bei welcher alle Theile der Munition — Ge ſchoſs, Pulverladung, Zündung — in der zum Laden und Abfeuern nöthigen Stellung ver einigt und durch eine beſondere Hülſe, die Pa- 569. — 188 tronenhülſe, zuſammengehalten, direct zum Ab— feuern in den Lauf geſchoben werden können (ſ. Patrone und Laden). f Th. Einheſſen, j. einhächſen. E. v. D. Einhetzen, verb. trans. — behetzen II, d. h. die Wind- oder Hatzhunde, ſeltener auch den Schweißhund abrichten, vgl. einjagen, anbringen, berichten, bereiten, abführen, führen. „Die Hajen- Jagt und Hetzen wird verwilligt von der Zeit an wann der Habern aus dem Felde kommet bis zu Ende des Aprils doch daſßs jeder nur mit zweyen Hunden | neben einem jungen dabey einzuhetzen ſolches verrichte | joll auch dieſes auſſer dem Kayſerlichen Gejaid geſchehen | wie zugleich das Einhetzen der jungen Hunde nur allein auf die erſte Hetze zu verſtehen ijt | weiln aber unter dem Praetext des Einhetzens drey Hunde das gantze Jahr hindurch gehetzt werden iſt ſolches keines Weges zu paſſieren.“ Dfterr. Hetz- u. Baiß⸗Ordnung v. J. 1675. — „Wann man will junge Hunde einheßen iſts am beſten im Herbſt | da es junge heur⸗-gefallene Haſen gibt. . . das erſtemal muß man einen jungen Hund mit zwey guten alten Hunden an einen vortheilhafftigen Ort einhetzen ...“ v. Hoh⸗ berg, Georgica curiosa, 1687, II., fol. 736 b. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 102. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 88. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — Mellin, Anwſg. 3. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 217, 227. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 78. — Winkell, Ed. I, 1805, II., p. 37. — „Einhetzen nennt man es, wenn Schweiß- und Hatzhunde jeder Art oft gebraucht werden, um ſie dadurch gut zu machen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, P. 98, Lehrb. f. Jäger, I., p. 32, und Lexik., p. 148. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 45, und Real- u. ein Veri r e, il e 0 Ne Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 333. — Grimm, D. Wb. III., p. 203. — Sanders, Wb. I., p. 755b. — Frz. dresser à la chasse de... E. v. D. Einholen, verb trans., ein Wild — er- eilen, erreichen, vom Hatz- und Laufhund. „Wenn die Hatz-Hunde an eine Saue, der Schweiß— Hund an ein verwundetes Thier, oder die Wind— Hunde an einen Haſen gelaſſen werden, dafs ſie ihm nahe kommen, ſolches ſtellen, fangen und würgen, ſo heiſt es, der oder die Hunde haben es eingehohlet.“ J. A. Großkopff, Weidewercks⸗Lexicon, 1759, p. 89. — „Einholen iſt, wenn ein Hund das vor ihm flüchtig ge⸗ wordene Wild durch ſchnelles Nachlauffen ein⸗ holet, ſtellet oder fanget.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — „Eingeholt wird von dem Wilde und beſonders von den Sauen geſagt, wenn ſie von den Hunden angepacket werden.“ Onomat. forest. I., p. 569. — Hartig, Anltg. 3. Wmſpr., 1809, p. 98. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46, und Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. I., P. 565, VI., p. 202. — Die hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. E. v. D. Einhufer. Jetzt nicht mehr gebräuchlicher Ordnungsname bei den Säugethieren. Die Ein- hufer (Pferde) ſtammen, wie ſich beſonders aus den paläontologiſchen Funden in Nordamerika ergibt, von Vielhufern ab, u. zw. zunächſt von Dreihufern, denen wieder die Fünfhufer voran— Einheſſen. — Einkommenſteuer. giengen. Die bei den heutigen Einhufern erhalten gebliebene Zehe iſt die mittlere. Kur. Einjagen, verb. trans., — einhetzen, be⸗ hetzen II., u. zw. ſpeciell von Lauf- und Wild⸗ bodenhunden. „Von Einjagung der jungen Hunde.“ Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 107, IV., fol. 100. — „Einjagen, geſchieht, wenn die jungen Jagd-Hunde ſo lange mit den alten Hunden aus- und angeführt werden, bis fie firm und das ihrige thun.“ J. A. Großkopff, Weide⸗ wercks⸗Lexikon, 1759, p. 89. — „Nachdem die Hunde völlig gehorſam ſind und der Stimme und dem Horn des Jägers willig folgen, fängt man an, ſie einzujagen.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 221. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — „Einjagen, heißt ſo viel, als einhetzen, man bedient ſich dieſes Ausdrucks vorzüglich bey Bracken oder deutſchen Jagdhunden.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 98, und Lexik., p. 148. — Sanders, Wb. I., p. 829 a. — Frz. dresser à la chasse de... E. v. D. Einjährige Kiefern, ihre Pflanzung, ge⸗ ſchichtlich und in Bezug auf Ausführung, vgl. Kiefernerziehung sub 3 b bb ſowie Freipflan⸗ zung sub 1 h. Gt. Einkammern, verb. trans., gefangene Fa⸗ ſanen — ſie in der Faſanenkammer (f. d.) un⸗ terbringen. E. v. D. Einkehle, die S Brücke, d. h. das Ingarn beim Treibzeug; auch ſchlechtweg Kehle (j. d.). „Hierein (in das Treibzeug) muſs aber auch eine bis zwo Einkehlen, wie in einem Fiſcher⸗ garnſacke, geſtrickt werden. Dieſe Einkehle zu machen, muß man da, wo die Einkehle werden ſoll, an jeder Maſche eine zunehmen und ſo ein— mal rund herum ſtricken. Wenn man alsdann zum zweytenmal herum ſtrickt, läſst man allemal eine Maſche fallen und ſtrickt ſo eine Maſche um die andere den Hahmen fort.“ J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, II., p. 170. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 89. — Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 98, und Lexik., p. 149. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46, und Real- u. Verb.⸗ Lexik. I., p. 565, VI., p. 210. — Grimm, D. Wb. III., p. 213. — Sanders, Wb. I., p. 885 e. — Frz. le goulet, goulot. E. v. D. Einkehren, j. Erdgefährte. Fr. Einkeſſeln, verb. reflex., ſich im Keſſel (ſ. d.) lagern, vom Schwarzwild. Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 173. — Laube, Jagdbrevier, p. 268. — Die hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. — Sanders, D. Wb. I., p. 901 a. E. v. D. Einknebeln, verb trans., eine Arche oder Leine beim Zeugſtellen im Knebel (j. d.) be⸗ feſtigen; ſelten. „Es hat (beim Zeugſtellen) ein jeder ſeine beſondere Arbeit: denn da leget De- 1. die Oberarche an; Der 2... — Der 5. fner belt ein...“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 142. — Fehlt in allen Wwn. E. v. D. Einkommenftener (vom Standpunkte der Betriebseinrichtung), ſ. Beſteuerung. Nr. Einkommenſteuer (Legislatur in Oſter⸗ reich), ſ. Steuerweſen. Mcht. Einkommenſteuer (Legislatur in Deutſch⸗ land), allgemeine, iſt eine Subject- oder Perſonalſteuer, welche das individuelle Ein⸗ - kommen neben den von den einzelnen Beſtand— theilen desſelben erhobenen Steuern, den Ob⸗ ject⸗ oder Ertragsſteuern, trifft. Dieſelbe ſoll, indem ſie etwa noch ſteuerfreies Einkom— men zur Beſteuerung zieht, die Ertragsſteuern ergänzen und die Nachtheile ausgleichen, welche den einzelnen Steuerpflichtigen durch Annahme eines unveränderlichen und durchſchnittlichen Ertrages der Steuerobjecte, insbeſondere des Grund und Bodens, und durch Nichtabrechnung der Zinſen für die auf ſolchen laſtenden Schul- den erwachſen. Es kommt bei der Feſtſtellung dieſer allgemeinen Einkommenſteuer nur der durchſchnittliche Reinertrag der einzelnen Arten des Einkommens in den letzten (gewöhnlich drei) Jahren in Rechnung. Ausgaben für die Beſtreitung des Haushaltes und für die Er— weiterung und Verbeſſerung des Geſchäftes dürfen von dem Steuerpflichtigen nicht in Ab- zug gebracht werden. Die Feſtſtellung des Einkommens erfolgt entweder, wie in England, nur auf Grund der Selbſtſchätzung (Faſſion, Declaration) des Steuer— pflichtigen, oder, wie in Preußen, von beſon— deren Schätzungscommiſſionen durch Einreihung in die betreffende Einkommensclaſſe des Geſetzes (elajjificierte Einkommenſteuer, Claſſeu— ſteuer), gegen deren Entſcheidung jedoch dem Steuerpflichtigen die Reclamation zuſteht. Die preußiſche Einkommenſteuer (Geſetz vom 1. Mai 1851 mit Nachtrag vom Jahre 1873) iſt eine Claſſenſteuer, welche das Ein— kommen über 420 Mark trifft, aber ſpäter, ſo— fern es die Finanzverhältniſſe geſtatten, auf das Einkommen über 1200 Mark beſchränkt werden ſoll. Die einzelnen Claſſen (im ganzen 30) nehmen an Umfang ungleichmäßig zu, indem 3. B. die erſte Claſſe eine Einkommensdifferenz von 600 Mark, die vorletzte Claſſe aber eine ſolche von 120.000 Mark umfaſst und die letzte alles Einkommen über 720.000 Mark enthält. Der Steuerſatz iſt zu 3% der Anfangsgröße einer jeden Claſſe angenommen, und es iſt dieſe Steuer demnach nicht nur keine progreſſive, ſondern es iſt ſogar innerhalb einer und der— ſelben Claſſe das höhere Einkommen verhältnis— mäßig niedriger beſteuert. Die Einkommenſteuer erſtreckt ſich auf das Geſammteinkommen, welches der Steuerpflichtige aus Grundeigenthum, Capi— talvermögen oder aus Rechten auf periodiſche Hebungen oder auf Vortheile irgend einer Art ſowie aus dem Ertrage irgend eines Gewerbes oder einer anderen Art gewinnbringender Be— ſchäftigung bezieht. Preußen beſitzt außer der Claſſenſteuer noch eine Grund-, Gebäude- und Gewerbeſteuer, aber keine Beſteuerung der Capitalrenten und des Arbeitseinkommens. Die preußiſche Einkommen— ſteuer entſpricht daher den eingangs an eine ſolche geſtellten Anforderungen nicht vollſtändig. In Sachſen wurde durch Geſetz vom 22. De— cember 1874 und 2. Juli 1878 eine allgemeine Einkommenſteuer eingeführt, neben welcher nach dem Geſetze vom 3. Juli 1878 nur noch die Grundſteuer und die Steuer vom Gewerbetriebe im Umherziehen als directe Steuern beſtehen. Eine allgemeine Einkommenſteuer nach dem Muſter der preußiſchen beſteht ferner in Sachſen— Einkreiſen. — Einkriechen. 189 Weimar (Geſetz vom 19. März 1851), Heſſen (1869), Oldenburg (1864), Reuß jüngere Linie (1874), Lippe (1868) und in den freien Städten. Die Einkommenſteuer in Bayern, Württem⸗ berg und einigen anderen Staaten gehört nicht hieher, da ſie nur eine Ertragsſteuer für Bejol- dungen und ſonſtigen Arbeits verdienſt bildet. At. Einkreiſen, verb. trans., ein Wild, im Winter bei Schnee den Standort desſelben da⸗ durch genau auskundſchaften, daſs man die Peripherie des Diſtrictes, in welchen es einge— zogen, genau abſpürt, ſich alſo überzeugt, dass es noch nicht ausgewechſelt iſt; vgl. Kreiſer, kreiſen, bekreiſen, beſtatten, einbögnen, eingehen, einzirken, ausmachen, feſtmachen, umſchlagen. „Nachdem er (der Jäger) dann gejehen was für ein Hirſch vnd wie der geſtalt ſey |... ſol er zwey oder drey mal gerings ſein fürgriff vnnd vorfärt für ſich nemen | zugehen | für- ichlagen | einfratjen | einmal den gebanten offnen weg... das ander mal durch die Dicke deſs Holtz. . .“ „Item | ob die abgäng nicht bey der Nacht beſchehen . . . ſo muſs er (der Jäger) für greiffen einkraiſen vnd den Hirſch mit allen ſeinen abſprüngen vnd abgängen darein einſchließen.“ J. du Fouilloux, New Jägerbuch, Straßburg 1590, fol. 34 v, 35 r. — „Ein⸗ kreyſſen wird benennet, wann die Bauren oder Leuthe Wölffe in die Sträucher ſpühren, im Schnee, aber nicht wieder heraus, dajs ſie rings herumb gehen.“ Fleming, T. J. I., Anh., fol. 106. — „Einkreißen, eingehen, beſtätten, oder ein— zirken, Winterszeit auf dem Schnee eine Sache ausſpühren und anſagen, wo es ſich verhalte, hier kan es leichter als mit dem Leithund be— ſtättet werden, es brauchet ſo ſpitzige Augen nicht, auch iſt eine Ferte leichtlich nicht zu über— ſehen, als auf feſten Boden in der Vorſuch.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 102. — J. A. Groß- kopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 89. — Onomat. forest. I., p. 569. — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 175. — „Wenn man durch den Leit— hund oder im Winter auf dem Schnee Sauen eingekreiſſet hat.. .“ Mellin, Anwſg. z. An⸗ lage v. Wildbahnen, 1779, p. 210. — „Ein⸗ kreiſen heißt: bey einem friſchen Schnee einen Walddiſtriet umgehen und nach den Fährten oder Spuren beurtheilen und beſtimmen, was für wilde Thiere darin ſtecken.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 98, Lehrb. f. Jäger I., p. 32, und Lexik., p. 149. — Winkell, Ed. I, 1803, I., p. 236 (v. Bären). — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46, und Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 366, VI., p. 217. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 315. — Grimm, D. Wb. III., p. 218. — Sanders, Wb. J., p. 10266. — Frz. faire l’enceinte de... E. v. D. Einkriechen, verb. intrans., der Dachs— hund in einen Dachs- oder Fuchsbau, vgl. ein— fahren I, einfallen IV, ſchliefen. „Man bedient ſich dieſer Hunde, Füchſe und Dachſe aus dem Bau zu graben, indem man ſie einkriechen läſſet, damit ſie vor dem Fuchs oder Dachs liegen, ihn verbellen ...“ Mellin, Anwſg. 3. An⸗ lage v. Wildbahnen, 1779, p. 230. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 379. — Grimm D. Wb. III., p. 218. E. v. D. 190 Einkünfte, Einnahmen der Waldwirt— ſchaft trennt man nach Hauptnutzungen und Nebennutzungen. Unter den Hauptnutzungen verſteht man die Holznutzungen, welche nach der Zeit des Einganges als Abtriebsnutzung, bezw. Haubarkeitsnutzung oder als Zwiſchen— nutzung eingetheilt werden. In einigen Forſt⸗ haushalten rechnet man die Rinde nur dann zur Hauptnutzung, wenn ſie bei der Ernte nicht vom Holze getrennt wird. Eigentlich ſollte man die Rinde ſtets zur Hauptnutzung zählen. Zu den Nebennutzungen gehören: Baumfrüchte, Futterlaub, Harz, Gras, Streu, Beſtandtheile des Grund und Bodens, landwirtſchaftliche Gewächſe, welche im Walde erzogen werden, Jagdthiere, Fiſche ꝛc. Alle vor dem Abtriebs— alter eingehenden Zwiſchen- und Nebennutzungen bezeichnet man auch als Vornutzungen. Nr. Einlager der Jägerei, ſ. Atzungspflicht. Schw. Ein landern, verb. trans., ein Revier — dasſelbe einfrieden, einhegen; ſelten und ver— altet. „Das Recht, einen Wald einzulandern oder mit einem Gehäg einzufangen, heißt man die Gerechtigkeit des Hagens.“ „So mufßs auch derjenige, der den Wald einzulandern willens und befugt iſt, den Hag mit ſeinem eigenen Holtz verfertigen.“ Beuſt, Tractatus de jure venandi, Jena 1744, p. 112, 115. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einlappen, verb. trans., ein Wild oder einen Diſtrict — mit Lappen verſtellen, ein- ſtellen; vgl. belappen, verlappen. „Vorher ver— lappet man des Nachts einen Ort Holz alſo, daſs in dem Lappen ein Stück vom Vorholze, da auch ein Dickigt darinnen iſt, mit ein ge— lappt werde.“ J. Chr. Heppe, Jagdluſt J., p. 315. — Laube, Jagdbrevier, p. 271.— „Ein auf die vorbeſchriebene Weiſe eingelappter Fuchs ...“ R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 95. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 377, 431. — Grimm, D. Wb. III., p. 220. — Sanders, Wb. II., p. 28 a. — Frz. tendre les toiles au- tour d'un. E. v. D. Einlattung, ſ Schindel- und 1 r Einlauf, im Kanzleiweſen die Bezeich- nung der von anderen Amtern oder Perſonen ein— langenden Geſchäfts- oder Schriftſtücke, zu deren Empfangnahme und Eintragung in beſondere Vormerkbücher (Einlaufs- oder Exhibiten— protokoll) bei größeren Amtern eine eigene Abtheilung, das Einlaufs- oder Einrei— chungsbureau beſteht. Im übrigen vgl. Ge— ſchäftsjournal. v. Gg. Einlauf der Karten iſt das mit der Zeit erfolgende Zuſammenfahren derſelben. Dasſelbe zeigt ſich namentlich bei dünnem Papier, welches auf Leinwand aufgezogen wird, iſt dagegen verſchwindend klein bei einer Unterlage von guter Pappe. Der Einlauf iſt vielfach ungleich nach den verſchiedenen Richtungen auf der Karte. Es iſt erklärlich, dajs dadurch Abweichungen gegen die urſprünglichen Maße entſtehen. Man kann die Maße dann nur noch auf einem Maß— ſtab richtig abgreifen, welcher gleichzeitig mit der Zeichnung auf die Karte gebracht wurde und deshalb demſelben Einlaufe unterworfen war. Einkünfte. — Einlegen. Oder man mujs die Maße auf einem Maß⸗ ſtab abnehmen, welcher mit Berückſichtigung des Einlaufs beſonders conſtruiert worden iſt. Nr. Einlauf, der, eine neuere, den Einſprung (ſ. d.) erſetzende Einrichtung; vgl. Wildpark. „Nicht minder empfehlenswert als die vor- ſtehend beſchriebenen Einſprünge ſind die Ein⸗ läufe. Zu dieſem Zwecke läſst man zwei Felder des Wildzaunes aus der geraden Linie park— einwärts zurückſpringen. Dieſe zurückſpringenden, den Einlauf geſtaltenden Zaunfelder werden aus geſunden, ſorgſam gewählten, horizontal ge— ſtellten Fichtenſtangen derart gebildet, dass ſelbe über den letzten Zaunpfahl noch etwa 2 m ein- wärts reichen und mit ihren elaſtiſchen Spitzen etwa 12 cm loſe über einander greifen. Dieſe Einläufe ... werden vom Rothwilde, wie auch vom Dam- und Rehwilde ohne Scheu ange⸗ nommen.“ R. v. Dombrowski, Der Wildpark, p. 180. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einlaufen, verb. intrans. I. Schwarzwild auf die Saufeder; jelten, vgl. anlaufen IV., auflaufen. „Thut der waid⸗ man nit darauff jchamwen | dajs er im (dem Wildſchwein) mit dem ſtich fürkumb | So laufft es ein und haut ihn umb.“ Hans Sachs, Kurtze lehr eynem waidman, 1555, v. 20 — 22. — Fehlt in allen Wbn. II. Wild aller Gattungen, doch in der Regel nur niederes, in Garne, Netze und Fallen; vgl. einfallen, einſchlagen. „Die gemeldte Forckeln iind nun darumb alſo gemacht] damit wann die Netze geftellet | ſolche darauff geſtellet wer- den damit wann ein Hirſch oder ein Thier einlaufet die Oberleine auff die Erd nach der Niederleine fallen kann.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, II., fol. 34. — „Wenn etwas von Haar- oder Feder-Wildpret, groß oder klein, in die aufgeſtellte Garne gehet, und ſich fänget, ſo heiſt es eingelaufen.“ J. A. Groß⸗ kopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, p. 89. — „Ein⸗ lauffen, ſagt man, wenn Hühner, Wachtel und Lerchen ꝛc. in die aufgeſteckte Garne einrinnen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 103. — „Einlaufen, wenn Feder- und Haarwild in die aufgeſtellten Netze läuft und ſich fängt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46, und Real- u. Verb.⸗Lex. VII., p. 175. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einläufig werden die Gewehre mit einem Lauf im Gegenſatze zu doppelläufigen Gewehren genannt. Th. Einlegeläufe, auch Wechſelläufe genannt, ſind Flinten-, Büchſen- oder Büchsflintenrohre — meiſt zu Doppelgewehren gehörig — welche in einen und denſelben Schaft gelegt werden können, dadurch (auf Reiſen ꝛc.) die Mitführung verſchiedener Gewehre erſetzen und dem Jäger den Vortheil des ſtets genau gleichen Anſchlages gewähren; allerdings paſst letzterer wegen der Verſchiedenheit der Viſierung nicht gleich gut für Flinten- und für Büchſenlaufe, indes erſcheint dieſer Nachtheil unerheblich. Aufbewahrung der loſen Läufe in Lederfutteral oder Etui. Th. Einlegen, verb. trans. und reflex. I. trans., der Rothhirſch ſein Geweih beim Annehmen. „Auch nennt man es einlegen, wenn ein Hirſch das Gehörne vorhält und auf den Jäger oder Hund losrennt.“ Hartig, e } Einleſen. — Einrichten. 191 Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 98, und Lexik., p. 149. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46, und Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. I., p. 566, VI., p. 202. II. reflex., vom Leithund, ſeltener vom Schweißhund; vgl. anlegen VII. „In die Fauſt oder Hängeſeil ſich einlegen heißet: wenn der Hund, indem er hitzig fortſuchet, das Hängeſeil immer ſtrav anziehet, das der Jäger an ihm p. 225. — Sanders, Wb. II., p. 80 b. E. v. D. Einleſen, verb. trans., die Maſchen eines Netzes — eine Leine durch ſelbe ziehen; ſelten. „Die großen (Wände) hebt man mit einer Moſchen an wiewohl ſie ſouſten etzliche lieber mit dreyen oder mehr Moſchen anfangen die— weil es im Einleſen ſich nicht ſo liederlich ver— wirret.“ Aitinger, Jagd- vnd Wehbdbüchlein, Caſſel 1681, p. 167. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einmeſſen von veränderten Beſtandslinien, Schlaglinien u. ſ. w. geſchieht von feſten Punkten aus. Als letztere gelten namentlich die Grenz— ſteine und die Sicherheitspunkte, welche durch das Eintheilungsnetz gewährt werden. Nr. Einmiete bezeichnete die gegen eine gene— relle Abgabe von Naturalien oder Geld er— theilte Erlaubnis, während eines beſtimmten Zeitraumes, meiſt für die Dauer eines Jahres, gewiſſe Nutzungen aus einem Walde beziehen zu dürfen. Näheres ſ. Geſchichte der Forſtwirt— ſchaft und vgl. a. Heidemiete. Schw. Einmieter, ſ. Aftergallweſpen. Hſchl. Einrammungsaufwand, j. Rammaſchine, Fundierungsaufwand. Fr. Einraumen, verb. trans., die Raumnadel oder einen gewöhnlichen Draht in das Zünd— loch eines Vorderladers einführen oder letzteres mit dieſer putzen — auf- oder ausraumen; jelten und veraltet. „Zum Pürſchen gehören gute Röhr | jo wol mit der Kugel | als mit Schröten zu ſchießen | er (der Jäger) bedarff eyner Waid— taſchen [Pulverflaſchen“ Spanner | Drat zum Einraumen einen Weidner .. .“ v. Hohberg, Georgica curiosa, 1687, II., fol. 712 a. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einrede, exceptio, iſt nach römiſchem Recht im Civilproceſſe eine jede neue poſitive Gegen— behauptung (nicht die einfache Ableugnung) des Beklagten zur Entkräftung der auf Thatſachen und Schlüſſe geſtützten Behauptung des Klägers. Man unterſcheidet Proceſseinreden, welche die Zurückweiſung der Klage aus formellen Gründen, d. i. auf Grund des Proceſsrechtes verlangen, und Sacheinreden, welche die Klage aus Gründen des materiellen Rechtes beſtreiten. Beide können dilatoriſche und peremtoriſche ſein, je nachdem ſie die Klage nur zeitweilig beſeitigen oder für immer aus— ſchließen. Die dilatoriſchen Klagen haben, wenn ſie für begründet erachtet werden, nicht die Ent— bindung von der Klage (absolutio ab actione), ſondern nur jene von der Inſtanz (absolutio ab instantia) zur Folge, indem die Klage „an— gebrachter Maßen“ abgewieſen wird und damit nur vorläufig ihre Wirkung verliert. Der Be— klagte muſs natürlich die von ihm behaupteten Thatſachen beweiſen und wird in dieſer Be— ziehung ebenſo behandelt wie der Kläger (reus excipiendo fit actor). In dem Eingehen des Beklagten auf die Behauptungen des Klägers liegt keine Anerkennung des Klaggrundes (qui excipit non fatetur). Die Einrede des Klägers gegen die vom Beklagten erhobene Einrede heißt Replik, die Einrede des Beklagten gegen die Replik des Klägers Duplik u. ſ. w. Die deutſche Civilproceſsordnung vom 30. Januar 1877 kennt ($ 247) nur die pro⸗ ceſshindernden (litis ingressum impedien- tes) Einreden der Unzuſtändigkeit des Ge— richtes (exceptio incompetentiae), der Unzu— läſſigkeit des Rechtsweges (exceptio fori), der Rechtshängigkeit (exceptio litis pendentis), der mangelnden Sicherheit für die Proceſskoſten, des Nichterſatzes der Koſten für das frühere Verfahren ſowie der mangelnden Proceſsfähig— keit oder der mangelnden geſetzlichen Vertretung. Über dieſe proceſshindernden Einreden iſt ($ 248) beſonders zu verhandeln und durch Urtheil zu entſcheiden, wenn der Beklagte auf Grund der— ſelben die Verhandlung zur Hauptſache ver— weigert, oder wenn das Gericht auf Antrag oder von amtswegen die abgeſonderte Verhand— lung anordnet. Die privilegierten Einreden des römi- ſchen Rechtes (wie z. B. jene des macedoniſchen und vellejaniſchen Senatusconſults und der Com— penſation), welche, obgleich ſchon der Klage gegenüber begründet, auch noch nach der Rechts- kraft des Urtheils erhoben werden dürfen, haben durch die Beſtimmungen der Civilproceſsordnung über die Wiederaufnahme des Verfahres dieſes Vorrecht verloren. Die Sacheinreden beſtehen entweder in einer Entgegenſetzung von den Behauptungen des Klägers widerſprechenden Thatſachen (3. B. exceptio alibi und rei non sic sed aliter gestae) oder Deductionen (3. B. exceptio defi- eientis momenti agendi), oder in einer directen Bemängelung des klägeriſchen Rechtes bezüglich ſeiner Entſtehung (z. B. Wahnſinn eines Con- trahenten) oder Fortdauer (3. B. Erlöſchen durch Zahlung), oder endlich in der Geltendmachung von Umſtänden, welche das an ſich vorhandene Recht des Klägers ungiltig machen (die eigent— lichen exceptiones des römiſchen Rechtes) und entweder in einem Gegenrechte des Beklagten beſtehen, wie z. B. die exceptio hypothecaria gegen die Vindication und die exceptio non impleti contractus, oder in dem klägeriſchen Rechte ſelbſt begründet find, wie exceptio doli, metus u. ſ. w. Man vergleiche auch Eventual— maxime. At. Einrichten, verb. trans. l. allgemein eine Jagd, d. h. alle zu ihrer weidgerechten Durchführung nöthigen Vorberei— tungen und Maßnahmen treffen. „Einrichten, ſagt: Ein Jagen behörig anſtellen.“ Heppe, Wohlred. Jäger, p. 103. II. = einjtellen, ein Revier oder Wild. „Zeug— jagen heißt eigentlich dasjenige, wo zum Ein— richten des Wildprets entweder der hohe Zeug, 192 oder die dänischen Tücher . .. genommen werden.” C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 64. — „Ein⸗ richten, wenn etwas mit dem Leithunde be- ſtätiget, und mit dem hohen Zeuge umſtellet wird, ſo heiſt es eingerichtet.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 89. — „Einge⸗ richtetes Jagen, wird dasjenige benennt, ſo vor⸗ hero mit dem Leithund verſichert, und hernach mit dem Zeug umſtellet worden iſt.“ Heppe J. c., p. 102. — Hartig, Anltg. 3. Wmſpr., 1809, p. 97 u. 98, Lexik., p. 148 u. 149. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43 u. 46. — Die hohe Jagd, Ulm, 1846, I., p. 355. — Grimm, D. Wb. III., p. 250. — Sanders, Wb. II., p. 748 b. — Frz. traquer. E. v. D. Einrichtung, ſ. Forſteinrichtung. Nr. Einrichtungsarbeiten. Die Arbeiten der Forſteinrichtung (Betriebseinrichtung) umfaſſen nebſt der geodätiſchen Aufnahme nach Umfangs⸗ grenzen und innerem Detail der Forſte ein⸗ ſchließlich ihrer räumlichen Eintheilung, der Kartierung, der ſtatiſtiſchen Beſchreibung und ſpeciellen Beſtandesaufnahme, dann der Ertrags- beſtimmung und der Verfaſſung der Wirtſchafts⸗ pläne auch die Nachtragsarbeiten und die Führung der Wirtſchaftsbücher, endlich die periodiſchen Reviſionen des Einrichtungswerkes; ſie gehören daher zum größten Theil zu den nur ein⸗ für allemal oder periodiſch auszu⸗ führenden Geſchäften des Forſthaushaltes; nur ein geringer Theil derſelben, die Nachtrags— arbeiten und die Führung der Wirtſchafts— bücher, iſt den ſtändigen Obliegenheiten der Forſtverwaltung zuzuzählen. Die erſte Durchführung der Forſteinrichtung iſt eine nach Zeit- und Koſtenerfordernis ſehr bedeutende, für die ganze Wirtſchaft und deren Erfolg höchſt wichtige und dabei ſpecielle Kennt⸗ niſſe und Übung in den betreffenden Zweigen erfordernde Arbeit. Dieſelbe kann daher nicht wohl dem Forſtverwalter zugewieſen werden, ſondern iſt beſſer an beſonders dafür beſtellte Kräfte zu übertragen, und die Wichtigkeit dieſer Arbeiten als Grundlage des ganzen künftigen Betriebes ſpricht dafür, dieſelben mit der Direc- tionsſtelle zu vereinigen. Gegen die Zuweiſung der Einrichtungsarbeiten an die Forſtverwalter ſpricht — abgeſehen davon, daſs dieſe den be— deutenden Zeitaufwand und die ununterbrochene Beſchäftigung damit, wie ſie z. B. die Ver⸗ meſſung erfordert, ohne Vernachläſſigung ihrer ſonſtigen Dienſtesobliegenheiten nicht könnten, und dajs vielen Forſtverwaltern auch die erforderliche Übung in den Vermeſſungs— und Taxationsgeſchäften mangelt, daher durch dieſe mit größerem Zeit- und Koſtenaufwand doch oft nur weniger entſprechende Arbeiten geſchaffen würden — auch der Umſtand, dais mit der Einrichtung ſtets auch eine kritiſche Würdigung der bisherigen Wirtſchaft verbunden ſein ſoll, welche von dem Wirtſchafter ſelbſt nicht zu erwarten iſt, daſs ferner in dieſem Falle leicht die Bequemlichkeit, die Vorliebe für das bisher Gewohnte bei der Einrichtung des künftigen Betriebes in den Vordergrund treten könnten. Auch die wünſchenswerte Gleichmäßig⸗ keit und Einheitlichkeit des ganzen Einrichtungs⸗ leiſten Einrichtung. — Einrichtungsarbeiten. weſens kann nur bei der Übertragung desſelben an eine beſondere Stelle gewahrt werden. — Andererſeits wäre es aber keinesfalls zweck⸗ mäßig und berechtigt, die Forſtverwalter von der Mitwirkung bei den Einrichtungsarbeiten gänzlich auszuſchließen; vielmehr ſoll es eine Pflicht und zugleich ein Recht der Verwaltungs⸗ beamten ſein, bei denſelben möglichſte Beihilfe zu leiſten und bei der Feſtſtellung der Grund⸗ lagen für die künftige Bewirtſchaftung ihr Votum abzugeben. Damit wird deren beſſere Kenntnis der localen und perſonalen Verhält⸗ niſſe für die Arbeit verwertet, die Forſtver⸗ walter werden mit dem Weſen und den Ab⸗ ſichten der ganzen Einrichtung vertraut gemacht, ſie gewinnen ſelbſt über alle Verhältniſſe ihres Verwaltungsbezirkes eine beſſere Überjicht und auch wohl durch den Meinungsaustauſch mit den Organen der Forſteinrichtung neue Geſichts⸗ punkte bezüglich ſeiner Bewirtſchaftung. Ferner wird damit einerſeits der ſonſt leicht eintreten⸗ den Einſeitigkeit und Nichtbeachtung wirtſchaft⸗ licher Forderungen von Seite der Betriebsein⸗ richter, andererſeits dem Widerwillen entgegen⸗ gewirkt, welchen ſonſt häufig die Forſtverwalter einer octroyierten Betriebseinrichtung bei ihrer Durchführung entgegenbringen. Insbeſondere ſollten der Entwurf der räumlichen Eintheilung, die Feſtſtellung der künftigen Hiebsfolge und die Aufſtellung der Wirtſchaftspläne ſtets im Wege collegialer Berathung durch den Forſteinrichter, den Localverwalter und den inſpicierenden Be⸗ amten des Bezirkes erfolgen. Die Nachtrags⸗ arbeiten und die Führung der Wirtſchaftsbücher obliegen zumeiſt dem Forſtverwalter; dagegen gilt von der Durchführung der Reviſionen, mit welchen ſtets auch eine Prüfung der bisherigen Wirtſchaftsführung verbunden ſein ſoll, dasſelbe wie von der Ausführung der erſten Einrich⸗ tungsarbeiten. Faſt in allen Staatsforſtverwaltungen be⸗ ſtehen für die Ausführung der Einrichtungs⸗ arbeiten eigene Forſteinrichtungsbureaux, u. zw. entweder nur eine ſolche Anſtalt bei der Centralſtelle (in Preußen, Sachſen, Baden ꝛc.) oder je eine ſolche bei den Localdirectionen (in Oſterreich). In Oſterreich haben auch einzelne große Privatforſtverwaltungen, wie z. B. jene des Fürſten Liechtenſtein und des Fürſten Schwarzenberg, eigene Forſteinrichtungsbureaux. Das Perſonale dieſer Stelle wird am beſten nur aus Forſttechnikern, u. zw. in der Regel zumeiſt aus jüngeren Kräften, unter Leitung eines Oberingenieurs oder Forſtmeiſters zu⸗ ſammengeſetzt, und es iſt zweckmäßig, wenn auch die Aſpiranten auf die Forſtverwalterſtellen durch einige Zeit in dieſem Dienſtzweige ver⸗ wendet werden. Die vorübergehende Aufnahme eigentlicher Geometer für die Vermeſſungs⸗ arbeiten dürfte nur ſehr ausnahmsweiſe ſich als zweckmäßig herausſtellen, ſchon deshalb, weil die Vermeſſung mit den ſonſtigen Einrich⸗ tungsarbeiten (Eintheilung, Beſtandesausſchei⸗ dung 2c.) ſtets Hand in Hand gehen ſoll und dieſelbe daher ohne ſpeciell forſtliche Kenntniſſe nicht entſprechend ausgeführt werden kann. Auch gewähren heute wohl alle höheren Forſtlehr⸗ anſtalten eine für die vorliegende Aufgabe voll⸗ W kommen ausreichende geodätiſche Ausbildung (ſ. Forſteinrichtung und Wirtſchaftsplan). v. Gg. Einrichtungsbureau (Forſteinrichtungs-⸗ bureau) iſt das Bureau einer Forſteinrichtungs- anſtalt, welches deren Geſchäftsgang aufrecht erhält. Nr. Einrichtungszeit iſt die Zeit, während welcher von einem Walde das Forſteinrichtungs- werk aufgeſtellt wird. Nr. Einrichtungszeitraum iſt die Berechnungs⸗ zeit, welche zur Durchführung einer Forſtein⸗ richtung in Ausſicht genommen wird. Meiſt greift man den Einrichtungszeitraum kürzer als den Umtrieb und ſtellt die Ertragsberech— nung nur auf einen Theil des Einrichtungs- zeitraumes feſt. Nr. Einſaat. Wenn der zum Boden gelangte Holzſamen in demſelben ſicher aufgehen und der Keimling gehörig anwachſen, dabei auch der Pflanzenſtand auf der Saatſtelle eine zweck— entſprechender ſein ſoll, jo müſſen bei dem Ein⸗ bringen des Samens an, bezw. in den Boden gewiſſe Bedingungen erfüllt werden. Zum ſicheren Aufgehen des Samens und Anwachſen des Keimlings gehört zuvörderſt, abgeſehen von der Samengüte (ſ. Samenprobe), daſs die rich— tige Saatzeit gewählt, dem Samen ein gutes Keimbett bereitet, von ihm eine entſprechende Samenmenge auf die zu beſäende Fläche ge— bracht, dieſe dort auch angemeſſen vertheilt wird, dass er ferner die nothwendige Bedeckung mit Boden, auch noch gegen ungünſtige äußere Einflüſſe möglichſt Schutz erhält. 1. Was zunächſt die Saatzeit anbetrifft, ſo kommt hiebei die Frühjahrs- und die Herbſt— zeit in Betracht und iſt, nach den Holzarten und äußeren Verhältniſſen, bald die eine, bald die andere vorzuziehen, wie bei der Erziehung der einzelnen Holzarten angegeben iſt. Die Natur ſtreut den Samen der meiſten Holzarten im Herbſt aus, doch bei unſeren Nadelhölzern, mit Ausnahme der Tanne, auch im erſten Frühjahr, bei Hainbuche, Eſche, Erle in winterlicher Zeit, bei Rüſter und Birke ſchon im Sommer. Im allgemeinen wird der natürlich im Herbſt vom Mutterbaum zur Erde gelangte Same auch in derſelben Zeit bei der künſtlichen Anſaat dem Boden anvertraut. Beſondere Fälle, namentlich ein zu befürchtender erheblicher Samenabgang während des Winters oder der Froſtſchaden, welcher im Frühjahr den Sämlingen droht, rathen jedoch auch wohl, ſtatt der Herbſtſaat, die Saat im Frühjahr, namentlich bei Eicheln, Bucheln und Edelkaſtanien vorzunehmen. Die Frühjahrsſaat findet aber nicht bloß bei den im Herbſt gefallenen, künſtlich überwinterten Samen der genannten Holzarten ſtatt, ſondern auch bei überliegenden, eingeſchlagen geweſenen Samen, bei ſolchen, welche im Winter geſam— melt wurden, und endlich bei den durch Klengen gewonnenen Nadelholzſamen. Sie wird vorzugs— weiſe in den Monaten April und Mai ausge— führt und nur ausnahmsweiſe etwas früher oder ſpäter vorgenommen. Frühe Saaten, vom April ab, empfehlen ſich in der Regel, wo man nicht ein zu frühes Auflaufen der Samen und darauf Froſtgefahr für die Sämlinge zu fürch— Einrichtungsbureau. — Einſaat. 193 ten hat; auch ſäet man wohl Kiefern, Fichten und Lärchen in Gegenden, in denen erfahrungs⸗ mäßig der April trocken und rauh iſt, der Mai eher Feuchtigkeit und mäßige Wärme erwarten läſst, erſt in letzterem Monat. Birken⸗ und Rüſterſame muſs gleich nach der Reife im Sommer in den Boden gebracht werden, wenn man ein gutes Auflaufen desſelben erzielen will. 2. Damit der mit dem Boden durch die Ausſaat in Verbindung gebrachte Holzſame dort zu keimen und der Keimling zu wachſen ver⸗ mag, iſt es erforderlich, dass derſelbe auf der Culturſtelle zuvörderſt ein geeignetes Keimbett findet, welches eine mehr oder minder künſt— liche Bodenzurichtung erheiſcht (ſ. a. Keimbett). Die Bereitung des Keimbettes erſtreckt ſich unter Umſtänden über die ganze Culturfläche, doch auch nur über einzelne Stücke derſelben. Be- ſonders hierauf beruhen die verſchiedenen Cultur— methoden, die ſich dann bei Freiſaaten als Voll- oder Stückſaaten herauszuſtellen pflegen (ſ. Frei⸗ ſaat sub 1 und 2), während ſich bei Kamp⸗ ſaaten (ſ. d. sub 10) die Bodenbearbeitung in der Regel über die ganze, meiſt in Beete ge- theilte Kampfläche erfolgt. 3. Die Beſäung des bereiteten Keimbettes erfolgt nun entweder über deſſen ganze Fläche breitwürfig oder nur in Saatrillen, die ſich mehr oder weniger linienförmig über das vorhandene Keimbett der Culturfläche ziehen. Werden durchwegs bearbeitete Culturflächen breitwürfig beſät, ſo entſtehen die eigentlichen Vollſaaten, wie ſie bei Freiſaaten, z. B. oft nach ſtattgehabtem Fruchtbau, bei Kampſaaten ebenfalls, doch ſeltener vorkommen. Auch bei ſtückweiſer Bodenbearbeitung kann das Keim— bett voll, doch auch rillenweiſe beſät werden. 4. Das Ausſtreuen des Samens auf dem Keimbett erfolgt vielfältig aus freier Hand. Da aber, um auf dieſe Weiſe den gerade erwünſchten Stand der zu erwartenden Säm— linge herbeizuführen, geübte Säeleute nöthig find, jo läſst man die Saat auch mittelſt gewiſſer Vorrichtungen, Säegeräthe und Säema— ſchinen (ſ. Forſtculturgeräthe sub 8 ſowie Säemaſchinen) ausführen, welche unabhängiger von der Geſchicklichkeit und dem Willen der Säer machen, auch wohl eine Samenerſparnis herbeiführen ſollen. 5. Um namentlich bei Handſaaten mit einer beſtimmten Samenmenge auf einer Culturfläche auszureichen und dabei den erwünſchten Pflan— zenſtand zu erlangen, welches ſelbſtredend das Ausſtreuen des Samens in beſtimmter gleich— mäßiger Entfernung der Körner von einander noth— wendig macht, iſt es wohl erforderlich, vor der Beſäung der ganzen Culturfläche erſt auf kleinerer Fläche Verſuchsſaaten zu machen. Iſt näm- lich, geſtützt auf früher gemachte Erfahrungen, die Samenmenge nach Maß bekannt, die auf eine Flächeneinheit (Hektar oder Ar) fallen muſs, und danach die Samenmenge für die ganze Culturfläche berechnet, ſo empfiehlt es ſich, vor Ausführung der Saat im ganzen erſt auf einer kleinen, der Größe nach bekannten Fläche die auf dieſe beſtimmungsmäßig treffende Samenmenge in vorgeſchriebener Form auszu— Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 13 194 ſäen, aus dieſer Verſuchsſaat durch Anſchauung die Lage der Samenkörner zu einander den Säeleuten feſt einzuprägen und dann von ihnen nach dieſem Bilde die Saat im großen aus⸗ führen zu laſſen. Man kann aber auch noch, um mit einer beſtimmten Samenmenge auf einer großen Cul⸗ turfläche möglichſt gleichmäßig auszukommen und jo nicht in die Verlegenheit zu gerathen, dajs am Ende der Saat der Same fehlt oder im UÜbermaße vorhanden iſt, jo verfahren, daſs man die ganze Culturfläche in kleinere, der Größe nach bekannte Unterabtheilungen, ebenſo, im Verhältnis, die ganze Samenmenge in Theile zerlegt und nunmehr die Beſäung der einzelnen Theile mit dem auf ſie fallenden Samen aus⸗ führt. Hier wird ſich wenigſtens ein etwa vor- gekommener Fehler beim Ausſäen vertheilen Einſaat. e und die Saat im ganzen einen genügenden Er⸗ folg haben. 6. Was nun die Bemeſſung der Samen⸗ menge anbetrifft, um durch die Saat einen gewünſchten Pflanzenſtand zu erzielen, ſo iſt derſelbe allerdings nach den Umſtänden ein verſchiedener (ſ. Beſtand, Beſtandsbegründung), doch haben ſich für Bemeſſung derſelben durch die Erfahrung für gewöhnliche Verhältniſſe ge⸗ wiſſe Durchſchnittsſätze gebildet. Die Zahlen für dieſe ſind in der Literatur verſchiedentlich geſammelt, und verweiſen wir in dieſer Bezie⸗ hung auf Hempels „Taſchenkalender für den öſterreichiſchen Forſtwirt für 1887“ und auf die Angaben auf p. 544 in Henſchels „Forſt⸗ wart 1883“, geben ſie aber auch hier nach dem Judeich-Behm'ſchen „Forſt- und Jagdkalender für 1887“ wie folgt: 4 Samenmenge Holzart für 1 ha Vollſaat Bemerkungen hl kg | | (rt A 7—15. |500—1000] Zur See Streifenſaat 4—7 hl; im Saatkamp 0°1—0'2 P. a. Buche 3—6 150—300 | Löcherſaat in 0:3m Abſtand 1 hl; Platz⸗ und Streifen⸗ 1 ſaat 2—4hl; Saatkamp 0°2—0'4hl p. a. S 2˙5—3 40—50 | Zur Streifen / und Platzſaat ¼ dieſes Quantums; | Saatkamp 15—2kg p. a. NP 3—4 50—50 ] Streifenſaat , Platzſaat ½ dieſes Quantums; Saat- . kamp 1•5—2 kg p. a. | ECT 6—7 30—40 Streifenſaat , Platzſaat / des Quantums; Kamp⸗ | Weißbuche ſaat 15—2kg p. a. mit Flügeln 6 60—70 | Streifenſaat ¼, Platzſaat / des Quantums; Saat⸗ ohne Flügel 1 35 30 kamp (ohne Flügel) 1—1 5 kg p. a. Birke 4 30—40 u Quantum für breite Streifenſaat; Saatkamp 2 1 is 1 kg p. a. Schwarzerle 0˙5—0˙715—20 | Ahnliches Quantum für breite Streifenſaat. In Saat⸗ . beeten 2—4 kg p. a. — Weißerlen etwas | Kiefer St ſtärker einzuſäen. mit Flügeln 1 14 Streifen⸗ und Furchenſant 985 kg. — Zur Zapfenſaat | ohne Flügel 0˙12—0˙13 6—8 7—13 P. ha; 1 hl Zapfen wiegt 50—60 kg. — Fichte Saatkamp 0 8-1 2 kg p. a. mit Flügeln 1˙0 15—2 Für Streifen- und Platzſaaten ziemlich dasſelbe Quan⸗ ohne Flügel.. 0˙2 8—12 tum. — Im Rillenſaatkamp 1—1 5 kg p. a. Tanne a mit Flügeln N 3—4 60—80 | Streifen- und Platzſaat ziemlich dasſelbe Quantum. | _, ohne Flügel. 225 50—60 | Saatkamp 812 kg p. a. Lärche mit Flügeln 4 22 Für Streifen- und Platzſaaten etwas weniger. ohne Flügel 0˙4 15—20 | Kampſaaten mit 15—2kg p. a. Wir bemerken hiebei, daſs außerdem von Henſchel für die Schwarzkiefer für ein 1 ha Vollſaat 15 kg geflügelter, 10 kg entflügelter Same angegeben werden, wobei die Streifenſaat eine Verminderung um 4, die Plätzeſaat um 8 kg zu erleiden haben würde, dass derjelbe Schrift- ſteller aber der Zirbelkiefer bei Vollſaat 180 kg zubilligt, für Stück- und Kampſaaten aber bei ihr die um etwas verminderte Samenmenge der Buche für angemeſſen erachtet. Dieſe iſt von ihm bemeſſen auf 25—1'5 hl für Streifen⸗ und Plätzeſaat, 0˙6 hl für Löcherſaat in 0˙3 m Abſtand, für Kampſaat auf OU hl per Ar. Ferner weiſen wir auf die Saatmenge⸗ angaben hin, die hier noch bei den einzelnen Artikeln über Erziehung der verſchiedenen Holz⸗ arten gemacht wurden. E 7. Die Bedeckung des von Natur zum | Boden gelangten Samens beſorgt dieſelbe durch Laub⸗ und Nadelabfall oder durch etwa vor⸗ handene friſche Moosſchichten, in welche jener bis zum Boden verſinkt. Bei künſtlichen Saaten erfolgt das Decken des Samens in der Regel mit einer Erdſchicht, die ihn den Samenfreſſern möglichſt entzieht, ihm beſonders aber ein fri⸗ ſches, ſein Keimen begünſtigendes Lager ver⸗ ſchafft und dabei ſeinen auswachſenden Wür⸗ zelchen das Eindringen in den unterliegenden, in der Regel aufgelockerten Boden erleichtert. Im allgemeinen ſind ſchwache Erddecken über dem Samen günſtiger als ſtarke, doch hängt die Stärke auch vom Deckmaterial inſoferne ab, als man von einem leichteren Stoffe, Füllerde, Sand ꝛc., eine ſtärkere Decke geben kann als — ͤ — C TTT 4 von ſchwererem, alſo z. B. von Lehmboden u. dgl.; ebenſo deckt man auf einem trockenen Boden ſtärker als auf einem feuchten, im Herbſte ſtärker als im Frühjahre. Dabei müſſen na- mentlich leichte Samen eine ſchwache, ſie oft nur dem Auge entziehende, ſonſt 1 cm kaum errei— chende Decke erhalten, während ſchwere Sa— men, wie Eicheln, Kaſtanien, Bucheln 2—6 em ſtark gedeckt werden, was übrigens auch für Akazienſamen gilt (ſ. Decken des Samens). 8. Der Schutz und die Pflege der Saaten iſt bei Kampſaaten am erſten wahr- zunehmen und auch in dieſer Beziehung bei Kamp sub 12 das Erforderliche angeführt; bei Freiſaaten gibt die Lehre vom Forſtſchutz in dieſer Beziehung ebenfalls verſchiedene Mittel an die Hand, ſie beſchränken ſich jedoch bei ihrer waldbaulichen Ausführung meiſt auf recht— zeitige Ausführung, auf zweckmäßige Erddecken, auf Benützung von etwa vorhandenen Vor— ſtänden und mäßigen Schirmen von älterem Holze (ſ. Schirmſchlag) und auf ein Bewirken der Saat hinter gegen die Mittagsſonne ſchützen— den Erdaufwürfen in Saatſtreifen und Saat⸗ plätze, ſowie durch angemeſſene Anlage derſel— ben, wie bei Freiſaat sub 2 a angedeutet wurde (j. a. Freiſaat sub b). Schließlich ſei zu dem Artikel „Einſaat“ noch bemerkt, daſs über die beſonderen Saat— verfahren bei den verſchiedenen Holzarten die Artikel über deren Erziehung, alſo z. B. Eichen- erziehung, Bucherziehung u. ſ. w. weitere Aus- kunft geben, auch über Kampſaat bei dem Ar— tikel Kamp sub 10 gehandelt iſt. Gt. Einſammlung des Holzſamens. Bei der Einſammlung des Holzſamens kann der Stand— ort der Mutterbäume, ihr Alter und ihre Aus- bildung in Betracht gezogen werden, indem man erwartet, daſs ein günſtiger Standort auch reichliche, gut ausgebildete Samen hervor— bringen, ebenſo daſs dies bei Bäumen im kräf— tigſten Alter und von guter Kronenaus— bildung und beſonders wieder bei einem guten Samenjahre der Fall ſein müſſe, dann dafs unter ſo günſtigen Verhältniſſen erzeugte, gut ausgebildete Samen beſonders befähigt ſein wer— den, eine gute Baumnachkommenſchaft zu liefern. Iſt auch letzteres im allgemeinen nicht zu bezwei— feln und iſt ebenſo auf einen günſtigen Stand— ort der zum Sameneinſammeln beſtimmten Mutterbäume ſowie auf einen guten Jahrgang des Samentragens Gewicht zu legen, ſo treten doch auch wohl Ausnahmen von dieſer Regel ein, welche namentlich in Bezug auf das Alter der ſamenliefernden Bäume gar nicht ſelten be— merkbar werden, indem man einestheils ſehr junge, anderntheils faſt überalte Bäume voll— kommene Samen reichlich liefern ſieht. Es kommt daher umſomehr auf eine Prüfung der Samen in jedem einzelnen Falle an, als vielfältig die Holzſamen im Handel bezogen werden müſſen, wo der Urſprungsort des Samens nicht ſelten kaum feſtzuſtellen iſt (ſ. Probe des Holzjamens). Jedenfalls iſt das Einſammeln des Holz— ſamens von ſeiner vollſtändigen Reife ab— hängig und ſind überdies, wenn dasſelbe vom Forſtwirt ſelbſt beſorgt oder geleitet werden ſoll, gewiſſe Vorkehrungen zu treffen, um Einſammlung des Holzſamens. 195 den Samen möglichſt billig und gut zu erlan- gen und zu erhalten (in letzterer Beziehung ſ. Aufbewahrung des Holzſamens). Wir führen daher über das Einſammeln der verſchie— denen Holzarten das Nachſtehende an: 1. Eicheln werden nicht vor dem October, nachdem die erſten unvollkommenen oder wurm⸗ ſtichigen Früchte gefallen und der Hauptſache nach beſeitigt ſind, wozu oft das Aufhüten mit Vieh dient, durch Aufleſen geſammelt, wobei man aber ſtets wieder ſchlechte Eicheln liegen und nur gut ausgebildete, gleichmäßig bräun⸗ liche, glatte Früchte aufnehmen läſst. 2. Bucheln oder Bucheckern werden ebenfalls im October, wenn ſie von dem Bäu— men fallen und in glänzender dunkelbrauner Schale volle, weißliche Kerne zeigen, geerntet. Es geſchieht dies durch Aufleſen, doch auch durch Zuſammenkehren der auf dem Boden liegenden Maſt. Man beſchleunigt das Geſchäft, wenn man mit Stangen die reifen Früchte von den Zweigen ſchlägt und fie auf untergebrei- teten Leintüchern auffängt. Gekehrte und ge— ſchlagene Bucheln müſſen von Blättern, Kapſeln u. dgl. durch Wurfen und Sieben befreit werden. 3. Soll Weißbuchenſamen zur Ausſaat geſammelt werden, ſo geſchieht dies im October und November, auch wohl noch ſpäter, nachdem die Blätter gefallen ſind, indem man die in Büſcheln meiſt reichlich an den Bäumen ſitzen— den Samen durch Pflücken oder Abſchlagen gewinnt, ihn auch wohl auf dem Boden zu— ſammenkehrt. Zur Saat wird er meiſt durch Dreſchen entflügelt und durch Wurfen ge— reinigt. 4. Der Eſchenſame bleibt nach ſeiner Reife im October über Winter büſchelweiſe an den Bäumen hängen, wo er durch Pflücken leicht zu gewinnen iſt. Entflügelt kann er nicht werden. 5. Der Ahornſame reift im September und October und wird, ſobald ſich ſeine Flügel bräunen und ſein Abflug von den Bäumen be- ginnt, was meiſt bald nach der Reife geſchieht, durch Pflücken, doch auch durch Abklopfen auf untergehaltene Tücher oder durch Zuſam— menkehren, wenn er in Menge unterm Baum liegt, eingeſammelt und demnächſt mit den Flü— geln geſät. 5 6. Der Rüſterſame reift ſchon im Mai und Juni und fliegt bald von den Bäumen, weshalb man ihn, ſobald das Abfliegen be— ginnt, durch Abſtreifen von den Zweigen oder durch Zuſammenkehren auf dem Boden, wenn er dort, friſch abgefallen, in Menge liegen ſollte, zur ſofortigen Ausſaat ſammelt. 7. Der Birkenſame reift zwar öfter ſchon früh im Sommer, meiſt aber im Auguſt und September bis in den October hinein, wo dann ſeine Einſammlung ungeſäumt vorgenommen wird, ſobald ſich ſeine Zäpfchen bräunen und beim Druck leicht zerfallen. Der ſehr früh ab⸗ fliegende und der im Winter an den Zweigen hängen gebliebene Same iſt meiſt taub und zum Sammeln ungeeignet. Letzteres erfolgt durch Streifen, doch können auch wohl die zapfentragenden Aſte abgeſchnitten, in 13 * 1 196 Einſammlung des Holzſamens. Bündel vereinigt und aufgehängt werden, bis der Same ausfällt. Zur Saat werden die Zäpfchen mit den Händen zerrieben und dann jo geſiebt, daſs der Same mit den Schuppen durchs Sieb fällt, die gröberen Theile aber in dieſem bleiben. 8. Der Erlenjame reift erſt im Septem- ber, October und ſelbſt noch im November, ſo daſs man mit ſeiner Einſammlung erſt im De⸗ cember beginnt, von wo ab ſich ſeine Zapfen⸗ ſchupfen leicht öffnen und den Samen fallen laſſen. Die Zäpfchen werden durch Pflücken gewonnen, auch werden wohl die ganzen mit Zapfen behangenen Zweige abgebrochen. An trockenen, warmen Orten fällt dann der Same leicht aus den Zapfen, und kann deren Entleerung nach beſchleunigt werden, wenn man ſie halb geöffnet in Siebe bringt und wieder- holt durchrüttelt. Bemerkt man im Winter nach Froſt das Ausfliegen des Samens von den Bäumen, ſo läſst ſich dieſer auch durch Be— klopfen der Zweige zum ſtärkeren Ausfallen bringen und auf untergebreiteten Tüchern auf— fangen. Schwimmt der Same der Schwarzerlen im Frühjahre in Menge auf dem Waſſer, an welchem ſie ſtehen, ſo läſst ſich derſelbe dort oft leicht und in Menge ausſchöpfen, beſon⸗ ders wenn man etwa eine einfache Stauvor— richtung anbringen kann. Solcher Waſſer— ſame iſt aber im Aufgehen nur ſicher, wenn ſeine Ausſaat unverweilt nach der Gewinnung erfolgt. 9. Die Weißtanne trägt ziemlich häufig reifen Samen. Man pflückt die in den Gipfeln der Bäume ſitzenden reifen, aber noch feſt ge— ſchloſſenen bräunlichen Zapfen Ende Sep— tember und anfangs October. Ihre Aufſchüt⸗ tung erfolgt zunächſt in Höhe von etwa 1s bis 20 em auf einem trockenen, luftigen Raume. Hiezu wird oft eine Scheuntenne benützt, doch liegen die Zapfen noch beſſer auf Darrhorden, wo dieſe vorhanden ſind. Auf dieſen Lager- ſtätten werden die Zapfen zur Vermeidung eines Brennens (ſ. d.) 4—5 Wochen lang, nach Umſtänden 2—3mal täglich tüchtig umgearbeitet, wobei ſich die Schuppen mit den Samenkörnern von der Zapfenſpindel löſen. Dieſes Gemiſch von Zapfentheilen und Samen kann nach Beſeitigung ſeiner gröbſten Theile zweckmäßig bei Freiſaaten, die am Urſprungsorte vorge— nommen werden ſollen, ſofort im Herbſt aus- geſät werden, doch iſt z. B. bei weiterem Sa⸗ mentransport ein Ausſieben des Samens aus jenen anderweitigen Rückſtänden oft unver- meidlich, obſchon der Transport reinen Samens, ſelbſt wenn er noch im Herbſt der Ernte zur Ausſaat kommt, ſeine Keimkraft merklich ſchä⸗ digt. Soll nun aber der Same gar zur Früh⸗ jahrsſaat beſtimmt werden, wegen zu befürch⸗ tender Froſtgefahr für die jungen, ſchon früh keimenden Sämlinge oder aus Rückſichten eines weiteren Verſandts u. dgl., jo muſs eine Über⸗ winterung jenes Gemiſches von Zapfentheilen und Samen auf Schütträumen oder auf jenen Horden ſtattfinden. Hiebei iſt ſorgfältig zu über⸗ wachen, daſs der Same weder durch Luftzug zu ſtark austrocknet noch durch zu ſtarke Auf- häufung verdumpft. Erſt kurz vor der Früh⸗ jahrsausſaat, bezw. vor dem Verſenden zum Zweck derſelben erfolgt dann ſeine etwa noth- wendig werdende Reinigung. Sind übrigens die Zapfen nicht zu jpät und ſorgfältig ſo gepflückt, daſs ſie ganz auf dem Schüttraume ankommen, ſo kann man ſie dort, nachdem ſie 2—3 Tage lang zur voll⸗ ſtändigen Abtrocknung gewendet wurden, auch unzerfallen überwintern, wenn ſie nur zu höchſtens 3 Stück übereinandergelegt und nicht weiter gewendet werden. Erſt im Frühjahre, kurz vor der Aus ſaat, findet wieder ein ſtarkes Wenden der Zapfen ſtatt, wodurch fie zerfallen und nun der Same, wenn es die Aus⸗ ſaat erfordert, auch gereinigt werden kann. 10. Fichtenſame reift nur periodiſch, aber dann meiſt in Menge, wo man ſeine Zapfen vom November bis in den März am jtehenden oder, auf Schlägen, am liegenden Baume brechen läſst. Die ſpät gepflückten Zapfen öffnen in der Wärme leichter ihre Schuppen, und ſind aus ihnen die Samenkörner müheloſer heraus⸗ zubringen als bei früh geſammelten Zapfen, doch müſſen die Darranſtalten (ſ. Darren) mit dem Zapfenankauf früh beginnen, um die er⸗ forderlichen Vorräthe zu beſchaffen, weshalb jener meiſt ſchon vom November ab ſtattfindet und ſich alſo auch auf früher geſammelte, ſtärker zu darrende Zapfen erſtreckt. Der Same wird nämlich aus den Fichtenzapfen mittelſt erhöhter Wärme, durch Darren (Klengen), künſtlich, jedoch ohne beſondere Schwierigkeit herausge- bracht und in der Regel im entflügelten Zu⸗ ſtande verwendet. Das Entflügeln geſchieht durch Dreſchen, das Reinigen durch Fegen und Sieben. Auf 1 hl Zapfen kann man gut 1˙3 kg reinen Samen rechnen. 11. Die Kiefer trägt häufiger als die Fichte Zapfen, aber die Zapfenernten ſind nicht ſo reich wie die der Fichte. Man gewinnt die Zapfen, wie bei der Fichte angegeben wurde, doch darf ihr Pflücken erſt nach Eintritt eines ſtärkeren Froſtes ſtattfinden, da ſie ſonſt beim Darren ſchwer ſpringen. Man pflegt daher auf den Darren erſt vom December ab mit dem Zapfenankauf vorzugehen. Während die Fichten⸗ zapfen in der Wärme leicht ſpringen, kann dies von den Kiefernzapfen nicht geſagt werden, weshalb dieſe auf den Feuerdarren einen ſtär⸗ keren Hitzegrad (35—40° R.) erfordern als jene und daher bei ihnen die Gefahr des Ver⸗ darrens nicht unerheblich größer iſt als bei Fichtenſamen, wie denn auch jeine Keimfähig- keit ſich weniger lange hält als bei letzteren. Die Ausbeute an Samen iſt bei der Kiefer ebenfalls geringer als bei der Fichte und liefert, ſelbſt bei gehäuftem Meſſen der Zapfen, im Durchſchnitt auf Eytelwein'ſchen Darren das Hektoliter nur 0˙95 kg reinen Samen. 12. Der Schwarzkieferſame reift, nach den Jahren, in ſehr ungleicher Menge zu Ende October und wird wie der Same der gemeinen Kiefer geſammelt, dabei werden jedoch geharzte Stämme nicht als Samenbäume benützt, da ſie viel tauben Samen tragen. Das Klengen der Zapfen erfolgt auf Sonnen- und Feuerdarren ohne beſondere Schwierigkeiten. Auf letzteren genügen 32—35 R. zur Entſamung der Zapfen Einſatzſtück. — Einſchießen. 197 und kann man auf I hl Zapfen durchſchnittlich 1 kg reinen Samen rechnen. 13. Lärchenſame wird in Deutſchland nur ſelten gewonnen und meiſt aus Tirol be— zogen. Die ſchwer ſpringenden Zapfen werden hier im Nachwinter geſammelt, erſt in der Wärme ſoweit vorgeklengt, dajs ſich die Schup— pen eben öffnen, dann aber gewöhnlich in be— ſonderen Schwingfäſſern (Bollerten) zer— rieben. Die Samenkörner müſſen dann aus der Reibmaſſe durch Fegen und Sieben rein her— geſtellt werden. Es läſst ſich übrigens auf Sonnendarren und, bei gelindem Klengen, auch auf Feuerdarren Lärchenſame gewinnen. Der Ertrag an Samen iſt bei der Lärche reichlicher als bei Fichte und Kiefer und kann auf 1 hl Zapfen 225 kg reiner Same im Durch- ſchnitt gerechnet werden. Gt. Einſatzſtück, Embolium, am Flügel der Schnabelkerfe, ſ. Rhynchota. Hſchl. Einſchätzen eines Beſtandes bedeutet in der Regel das Anſprechen ſeines Maſſengehaltes oculariter. Man ſchätzt überdies ein die Stand— ortsbonität, die Beſtandsbonität, das Schluſs— verhältnis, wohl auch die Formzahl, die Richt— punktslage u. ſ. w. (ſ. a. Forſtabſchätzung, Boni— tierung). Nr. Einſchichtigkeit nennt G. Jäger jene Stufe der Organiſation, auf der die Organismen bloß aus einer Schichte von Zellen beſtehen; dieſe Organiſationsſtufe iſt bei den Volvocinen, Ca— tallakten eine dauernde, bei dem Morula- und Blaſtulaſtadium eine weitergehende Entwick— lungsphaſe. Kur. Einſchieben, verb. reflex., vom Schwarz— wild — ſich in das Lager niederlegen, vgl. ein— keſſeln. „An ähnlichen Orten und auf die nehm— liche Art bereitet das Rudel gemeinſchaftlich den Keſſel, in welchem ſämmtliche dazu gehörige Einzelweſen neben und gegen einander ſo ſich einzuſchieben pflegen, daß alle Köpfe nach der Mitte hin gerichtet find.” Winkell, Ed. I, 4805, I., p. 452. — „Einſchieben heißt es, wenn die Sau ſich in ihr Bette legt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46. — Hartig, Lexik., p. 140. — Laube, Jagdrevier, p. 249. — Sanders, Wb. II., p. 916. E. v. D. Einſchießen, verb. trans. u. reflex. I. trans., ein Gewehr S für dasſelbe durch Verſuche die normale günſtigſte Ladung ermitteln, ſ. u.; ſynonym ſind beſchießen II, anſchießen J. „Wenn die Büchſe nach allen Regeln gut ge— macht, ſo iſt ſie darum noch nicht brauchbar, ſondern ſie muſs erſt eingeſchoſſen werden. Dadurch wird die Ladung des Pulvers zu der Schwere der Kugel, und die Höhe des Viſiers zu der beliebigen Entfernung beſtimmt, in wel— cher man gewöhnlich mit der Büchſe zu ſchießen gedenket.“ Mellin, Anltg. z. Anlage v. Wildbah— nen, 1779, p. 257. — Ch. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 62. — J. Ch. Heppe, Jagdluſt I., p. 237. — „Wenn der Jäger das Korn und Viſir oder die Ladung eines Gewehres ſo lange verändert, bis dasſelbe gut und auf den Fleck ſchießt, ſo heißt es: er ſchießt das Gewehr ein.“ Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 99. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46. — Die Hohe Jagd, Ulm 1845, b. 355. — Frz. Eprouver, essayer un fusil. II. reflex., ſich einſchießen- ſich im Schießen üben (ſ. Schießkunſt). „Einſchießen nennt man es, wenn ſich der Jäger mit einem Gewehr übt, um gut damit zu treffen. Alsdann ſagt man: der Jäger ſchießt ſich ein.“ Hartig 1. c. — Behlen I. c. — Die Hohe Jagd J. c. — Grimm, D. Wb. III., p. 269. — Sanders, Wb. III., p. 921. — Frz. s’exereir au tir. E. v. D. ad I. Das Einſchießen der Feuerwaffen findet bereits in den Fabriken oder durch die Büchſen⸗ macher, welche ſie angefertigt haben, ſtatt und wird je nach Zweck und Preis der Gewehre mit größerer oder geringerer Sorgfalt ausge— führt. Das Einſchießen der Militärgewehre, bei welchen durch die Art der maſchinellen Anfer- tigung ſowie durch genaue Reviſion Gleich— mäßigkeit und normale Beſchaffenheit des Laufes gewährleiſtet wird, beſchränkt ſich gewöhnlich auf Prüfung und Regulierung der richtigen Stel— lung von Viſier und Korn durch Schießen nach einer Strichſcheibe; bei Privatfeuerwaffen, welche ſehr mannigfachen Zwecken dienen, in großer Verſchiedenheit angefertigt werden, und von welchen im allgemeinen größere Präeciſion ge— fordert wird, muſs das Verfahren beim Ein— ſchießen nicht nur ein viel ſorgfältigeres ſein, ſondern auch der Verwendung entſprechen, zu welcher das Gewehr beſtimmt iſt. Das Ein- ſchießen von Privatfeuerwaffen an den Anferti- gungsſtellen gewährt jedoch, ſelbſt wenn dabei durchaus gewiſſenhaft verfahren worden iſt, noch keine unbedingte Garantie dafür, dafs ein Gewehr beim praktiſchen Gebrauch ſich bewährt, da hiebei auch noch in Betracht kommt, ob ſeine Lage dem Körperbau und ſeine Viſierung dem Auge des Schützen entſprechen. Um eine Feuer— waffe in dieſer Beziehung zu prüfen, und um Gewiſsheit zu erlangen, dass ihre Schuſsleiſtung auch wirklich gerechten Anforderungen genügt, empfiehlt ſich ein Einſchießen des Gewehres durch den Beſitzer, wobei folgendes Verfahren zu beobachten iſt: a) Büchſen. Eine geeignete Lage des Schießplatzes iſt in erſter Linie erforderlich, damit ein richtiges und gleichmäßiges Abkommen nicht durch ungünſtige Beleuchtung verhindert und die Flugbahn des Geſchoſſes durch den Einfluſs des Windes von ihrer normalen Rich— tung abgelenkt wird (ſ. Schießkunſt). Die Scheibe, nicht zu klein, damit alle Geſchoſſe auch bei einem ungünſtigen Reſultat aufgefangen werden, iſt weiß und in der Mitte mit einem ſchwarzen Zielpunkt verſehen; ein gleichſeitiges, mit einer Spitze nach unten gerichtetes Dreieck von etwa 10 em Seitenlänge oder ein ſenkrecht ſtehendes Kreuz, deſſen Arme etwa 25 em lang und 4 em breit ſind, gewähren das beſte Abkommen. Der Schütze ſitzt auf einem Stuhl, hat vor ſich einen Tiſch, auf welchen er beide Ellenbogen aufſtützen kann, und legt das Gewehr mit dem vorderen Drittheil des Laufes auf einen Sand- oder noch beſſer auf einen gut geſtopften Wollſack oder auch auf ein nicht zu weiches Kiſſen. Der Vibra— tion wegen (s. d.) muſs beim Einſchießen von Büchſen durchaus vermieden werden, den Lauf des Gewehres auf einen harten Gegenſtand oder ſeitlich an einen ſolchen (einen Pfahl) anzulegen, da man durch eine ungeeignete Feſtlegung des 198 Einſchießen. Gewehres zu völlig unrichtigen Reſultaten fom- men kann; es iſt z. B. wohl möglich, dajs ein Gewehr, welches ſeitlich in der Gegend der Mündung feſt gegen einen Pfahl gedrückt, auf den Strich eingeſchoſſen wurde, vom Strich ab— weicht, ſobald der ſeitliche Druck nicht ſtatt— findet; ebenſo beobachtet man Höhendifferenzen, je nachdem ein Gewehr beim Schießen auf einen nicht nachgiebigen Gegenſtand aufgelegt wurde oder nicht. Die zum Einſchießen von Büchſen in An- wendung kommende Munition muj3 fehlerfrei und gleichartig ſein. Da die Herſtellung der Metallpatronen in der wünſchenswerten Gleich- mäßigkeit zum Theil nur auf majchinellem Wege möglich iſt, ſo ſind beim Einſchießen von Büchſen die aus größeren Fabriken fertig be— zogenen Patronen den ſelbſtgefüllten vorzuziehen (ſ. a. Laden). Man gibt nun an einem hellen, windſtillen Tage auf 80—100 m Entfernung unter uns verrückter Beibehaltung desſelben Ab— kommens und unter Beobachtung aller ein— ſchlägigen Regeln der Schießkunſt (beſonders muſs hier auf Reinigung und Abkühlung des Laufes nach je fünf Schuſs durch Durch— gießen von Waller und Auswiſchen aufmerk- ſam gemacht werden) eine nicht zu kleine An- zahl von Schüſſen (15—20) ab, um zunächſt nach dem Durchmeſſer des Streuungskreiſes (ſ. Balliſtik II) beurtheilen zu können, ob das Gewehr die erforderliche Treffſicherheit (ſ. Birſch— büchſe, Büchſe, Büchsflinte, Doppelbüchſe) be— ſitzt. Leiſtete dasſelbe in dieſer Beziehung nicht das Verlangte, iſt alſo der Durchmeſſer des Streuungskreiſes zu groß, ſo wiederhole man den Verſuch unter nochmaliger ſorgfältiger Prü— fung aller auf die Genauigkeit des Schießens einwirkenden äußeren Umſtände und widme vor allem der Munition beſondere Aufmerkſamkeit. Nicht ſelten wird durch Anwendung eines anderen, langſamer verbrennlichen Pulvers, durch Ver— minderung (z. B. beſonders bei ſtarkem Stoßen des Gewehres) oder Vergrößerung der Ladung, wohl auch durch Veränderung des Geſchoſſes oder durch Wahl einer anderen, dem Auge des Schützen beſſer zuſagenden Viſierung die Büchſe einen hinreichenden Grad von Treffſicherheit er— langen; nur beachte man bei Vornahme von Munitions veränderungen, daſs die Länge der Patrone ſtets der des Patronenlagers entſprechen mujs; bei einer Ladungsverminderung wird daher der fehlende Theil der Pulverſäule durch geeignete Pfropfen erſetzt werden müſſen, damit weder zwiſchen Ladung und Geſchoſs ein leerer Raum bleibt, noch die Patrone verkürzt wird. Ladungsvermehrung hat nothwendigerweiſe eine Verlängerung der Patrone zur Folge und wird, wenn Büchſe und Munition nicht von vorne— herein in einem fehlerhaften Verhältnis zu ein— ander conſtruiert waren, nur in geringem Grade möglich ſein, da das Geſchoſs, wenn nicht Nach— theile für die Treffſicherheit und Ladeunbe— quemlichkeiten herbeigeführt werden ſollen, an einer beſtimmten Stelle des Patronenlagers ſich befinden muſs und beim Laden nicht in den koniſchen Übergang hineingepreſst werden darf. Vorderladebüchſen, welche zwar immer ſeltenere Verwendung finden, jedoch noch nicht gänzlich verſchwunden ſind, werden in analoger Weiſe unter Berückſichtigung des Syſtems, nach welchem fie conſtruiert ſind, auf ihre Treffſicher—⸗ heit geprüft; doch kann man ſich bei denſelben, da Patronen der Regel nach nicht zur Verwen— dung kommen, einen viel größeren Spielraum bezüglich des Ladeverhältniſſes als bei Hinter- ladern geſtatten, um ein günſtiges Reſultat zu erzielen. Bleibt trotz aller Verſuche die Treffſicher⸗ heit einer Büchſe hinter den zu ſtellenden An⸗ forderungen zurück, jo iſt anzunehmen, dajs ein fehlerhafter Lauf oder eine ungeeignete Con⸗ ſtruction die Urſachen des ungenauen Schießens ſind; ein ſolches Gewehr mujs an die Anferti⸗ gungsſtelle zur Reviſion und Nachbeſſerung zurückgehen, wenn man nicht vorzieht, dasſelbe ganz zurückzugeben. Iſt hingegen den Anforderungen bezüglich der Treffſicherheit genügt, ſo ſchreite man zur Beſtimmung des mittleren Treffpunktes (ſ. Bal⸗ liſtik II) aller Schüſſe und vergleiche ſeine Lage mit der des Zielpunktes; fallen beide Punkte zuſammen, ſo iſt die Büchſe als auf die be⸗ treffende Entfernung eingeſchoſſen zu betrachten; andernfalls ändere man die Stellung und Höhe von Viſier und Korn jo lange, bis bei wieder⸗ holtem Schießen Treff- und Zielpunkt nicht mehr von einander abweichen. Hiebei iſt Folgendes zu beachten: 1. Durch Vermehrung der Viſier- und Verminderung der Kornhöhe wird der Viſier— winkel vergrößert, alſo eine höhere Lage des Treffpunktes erzielt und umgekehrt. Nicht zu empfehlen und überhaupt wohl nur bei Vorder- ladern angänglich iſt es, durch Vermehrung oder Verminderung der Ladung auf größere oder geringere Raſanz einwirken und hiedurch erreichen zu wollen, daſs eine Büchſe ohne Ver⸗ änderung der Viſierung höher oder kürzer ſchießt; denn durch ein ſolches Verfahren würde in den meiſten Fällen ungünſtig auf die Treffſicherheit eingewirkt werden, welche, wie bereits weiter oben ausgeführt wurde, mehr oder weniger von einer beſtimmten, vorher feſtgeſtellten Ladung abhängig iſt. 2. Durch ein Seitwärtsſchieben des Kornes wird der Treffpunkt nach der entgegengeſetzten Seite, nach welcher man das Korn verſchoben hat, verlegt; das Umgekehrte findet bei einer Verſchiebung des Viſiers ſtatt; lag alſo z. B. der mittlere Treffpunkt links von dem Ziel⸗ punkt (ſchoſs die Büchſe links), ſo wird man entweder das Korn nach links oder das Viſier nach rechts rücken, bis beide Punkte zuſammen⸗ fallen (bis die Büchſe Strich ſchießt). 3. Die angegebenen Veränderungen des Verhältniſſes zwiſchen Viſier und Korn werden nach dem Augenmaß proportional zu der Ent— fernung und der beobachteten Größe des Fehlers vorgenommen. Es ſei noch darauf hingewieſen, daſs es beim Einſchießen von Büchſen die Erlangung eines zuverläſſigen Reſultates erſchwert, wenn, ehe man völlige Gewiſsheit über die Trefflicher- heit des Gewehres und über die Lage des mitt— leren Treffpunktes erlangt hat, die Vereinigung Einſchießen. 199 von Ziel- und Treffpunkt angeſtrebt wird, d. h. wenn man bereits nach wenigen Schüſſen, welche etwa ſeitwärts, kurz oder hoch ſitzen, Ande— rungen an der Viſierung vornimmt. Jede, auch die beſte Büchſe ſchießt aus mancherlei Gründen (ſ. Balliſtik) nicht abſolut genau, ſondern die Schüſſe weichen mehr oder weniger, bald in größerer, bald in geringerer Zahl von der normalen (mittleren) Flugbahn in Bezug auf Höhen- und Seitenrichtung ab, eine geringe Zahl von Schüſſen gibt deshalb ebenſowenig Sicherheit über hinreichende Treffähigkeit wie über richtige oder unrichtige Stellung von Viſier und Korn. Beim Einſchießen von Büchsflinten oder Drillingen mit einem Büchſenlauf und zwei Flintenläufen wird bezüglich des ge— zogenen Laufes ganz wie bei einfachen Büchſen verfahren; bezüglich der glatten Läufe wie bei Flinten (ſ. unten). Da es jedoch für den die Büchsflinte oder den Drilling führenden Jäger nicht ſelten erwünſcht ſein wird, noch eine zweite Kugel ſtatt des Schrotſchuſſes verfügbar zu haben, z. B. beim Treiben auf Hochwild, ſo empfiehlt es ſich, auch den glatten Lauf der Büchsflinte und wenigſtens einen Flintenlauf des Drillings mit einer gut paſſenden Rundkugel einzuſchießen, vorausgeſetzt daſs die betreffenden Läufe ſich überhaupt zum Schuſs mit der Kugel eignen, was bei Läufen mit Würgebohrung der Regel nach nicht der Fall iſt. Der geringen Präciſion wegen findet dieſes Einſchießen jedoch auf eine geringe Entfernung (50—60 m) ſtatt und iſt eigentlich nur als eine Probe zu betrachten, durch welche man ſich überzeugen will, wie und wohin der glatte Lauf ſchießt; eine Ande— rung der Viſierung, mit welcher der gezogene Lauf eingeſchoſſen wurde, darf man daher dem glatten Lauf zuliebe ſelbſtverſtändlich nicht vor— nehmen. Beim Einſchießen der Doppelbüchſen und der (ſeltener vorkommenden) Drillinge mit zwei gezogenen Läufen und einem glatten Laufe wird zunächſt jeder (gezogene) Lauf einzeln auf Treffſicherheit geprüft, indem man mit jedem Lauf auf ein beſonderes Schei— benbild ſchießt. War die Treffſicherheit eine ge— nügende, ſo lege man die beiden Scheibenbilder jo aufeinander, daſs die Zielpunkte ſich decken; fallen hiebei die mittleren Treffpunkte ebenfalls zuſammen oder nur wenige Centimeter aus— einander, ſo ſind die Läufe richtig mit einander verbunden, und man kann nunmehr, wenn nöthig, in der oben angegebenen Weiſe dazu ſchreiten, durch Regulierung der beiden Läufen gemein— ſamen Viſierung Ziel- und Treffpunkt in Überein⸗ ſtimmung zu bringen. Bekanntlich iſt jedoch die Herſtellung gleicher und in einem richtigen Ver— hältnis zu einander liegender Läufe bei Doppel— büchſen eine von der Waffenfabrication ſchwer zu erfüllende Aufgabe (ſ. Doppelgewehr), und es ſchießen deshalb nur ſelten beide Läufe ganz gleichmäßig. Liegen z. B. die mittleren Treff— punkte ſo weit auseinander, als der Streuungs— radius jedes einzelnen Laufes betragen darf (alſo bei Doppelbüchſen auf 100 m Entfernung höchſtens 11 em), ſo decken ſich die Trefferbilder noch zur Hälfte, und die Geſammtſtreuung der Doppelbüchſe ließe ſich durch eine Ellipſe zur Anſchauung bringen, deren lange Achſe = 33 und deren kurze = 22 cm wäre. In anbetracht der Ausdehnung der bei der Jagd in betracht kommenden Ziele erſcheint eine derartige Streu- ung zu bedeutend, und das betreffende Gewehr würde zu verwerfen oder zur geeigneten Nadj- beſſerung der Läufe ſo lange an die Anfer⸗ tigungsſtelle zurückzugeben ſein, bis deren diver⸗ gierendes Schießen auf ein ſo geringes Maß reduciert iſt, daſs die Geſammtſtreuung in ihrer größten Ausdehnung ca. 24 cm nicht überſteigt. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daſs bei dem Theil des Einſchießens, bei welchem es ſich um Ver- einigung von Ziel- und Treffpunkt handelt, einem nicht ganz gleichmäßigen Schießen einer Doppelbüchſe Rechnung zu tragen iſt, u. zw. empfiehlt es ſich, den Fehler auf beide Läufe zu vertheilen. Bei den für die Jagd beſtimmten Büchſen folgt dem Einſchießen auf 80 oder 100 m eine Schuſsprobe auf nähere und weitere Entfer— nungen (25, 50, 75, bezw. 100, 110, 120 m), um die Haltepunkte für dieſe Entfernungen zu ermitteln; es iſt dies beſonders bei geringer Pulverladung und gekrümmter Geſchoſsbahn erforderlich. Da unter gewöhnlichen Verhält— niſſen für das Schießen auf der Jagd die Ent- fernung von 120 m als äußerſte Grenze zu be⸗ trachten iſt und bis dahin bei einem richtig conſtruierten Gewehr das Standviſier ausreicht, ſo iſt dem Einſchießen etwa vorhandener Klappen (ſ. Viſierung) keine große Bedeutung beizulegen; einige Schüſſe auf die bezüglichen Entfernungen werden genügen, um den Haltepunkt zu er— mitteln und um feſtzuſtellen, ob die Kimme der Klappe im richtigen Verhältnis zu der des Standviſiers ſteht, das Gewehr alſo bei Ge— brauch der Klappe Strich ſchießt, jo dass der Jäger in Ausnahmefällen ſich der Klappe mit einiger Sicherheit bedienen kann. Da Scheibenbüchſen auf nähere Ent— fernungen als 100 m wohl kaum zur Verwen- dung kommen, ſo erübrigt bei denſelben nach einem ſehr ſorgfältigen und dem Grade der verlangten (meiſt ſehr großen) Präciſion ent= ſprechenden Einſchießen auf dieſe Entfernung nur noch ein ſolches für diejenigen weiteren Entfernungen, auf welche man von ihnen beim Scheibenſchießen Gebrauch machen will. Es mujs auch hiebei mit größter Genauigkeit verfahren werden, und es ſind nicht nur die Viſierhöhen für die betreffenden Entfernungen zu ermitteln, ſondern es iſt auch die ſeitliche Stellung der höheren Viſierkimmen mit Rückſicht auf die Derivation (ſ. d.) und alle diejenigen Einflüſſe zu corrigieren, welche ein progreſſives ſeitliches Abweichen der Geſchoſſe aus gezogenen Läufen veranlaſſen (ſ. Vibration). Beim Einſchießen von Scheibenbüchſen auf weitere Entfernungen iſt daher wohl darauf zu achten, ob die Viſierung richtig conſtruiert iſt, ſo daſs bei einer Er⸗ höhung des Viſiers gleichzeitig eine die etwaige größere Seitenabweichung aufhebende jeitliche Verſchiebung der Kimme ſtattfindet. Sollte dies nicht der Fall ſein, jo muss durch den Büchſen— macher in geeigneter Weiſe am Viſier nachge— holfen werden; ganz zweckwidrig aber wäre es, 200 Einſchießen. das Korn oder das ganze Viſier zu verſchieben, da hiedurch ein Abweichen der Geſchoſſe vom Strich auf die näheren Entfernungen herbeige- führt werden würde. Eine beſondere Prüfung der für die Jagd beſtimmten Büchſen, Büchsflinten und Doppel⸗ büchſen auf Durchſchlag iſt, ſo lange man nur europäiſche Jagdverhältniſſe im Auge hat, beim Einſchießen nicht erforderlich, da bei den mo— dernen Gewehren durchgängig jo ſtarke Ladun⸗ gen angewendet werden, daſs ihre Geſchoſſe zum Durchdringen des in Europa vorkommenden Wildes auf die üblichen Gebrauchsentfernungen hinreichende Durchſchlagskraft beſitzen. Nur bei älteren Vorderladebüchſen iſt die Ladung mit⸗ unter jo gering bemeſſen, dafs man Zweifel hegen kann, ob die Geſchoſſe hinreichend durch- ſchlagen; in dieſem Falle ſtelle man eine Anzahl tannene Bretter von 2½ em Stärke mit Zwiſchen⸗ räumen hinter die Scheibe und zähle, wie viele davon durch die Geſchoſſe durchbohrt werden; durchſchlagen dieſelben drei Bretter, ſo iſt dies für europäiſches Wild ausreichend. Zur Er- legung der großen nichteuropäiſchen Wildarten bedarf es jedoch Gewehre, deren Geſchoſſe eine nicht nur dieſes Maß, ſondern auch die Durch⸗ ſchlagskraft der meiſten in Europa verbreiteten Jagdfeuerwaffen weit übertreffende Eindrin— gungstiefe entwickeln (ſ. a. Durchſchlagskraft). Gewehre kleinen Calibers mit geringer Ladung (Floberts, Teſchings, Salongewehre), welche für den Kugelſchuſs beſtimmt ſind, wer— den in ähnlicher Weiſe wie die eigentlichen Büchſen, jedoch auf nähere, ihrem Caliber und Ladungsverhältnis entſprechende Entfernungen eingeſchoſſen. b) Flinten ſind in erſter Linie für den Schrotſchufs und nur ausnahmsweiſe für den Kugelſchuſs beſtimmt. Sie werden daher vornehmlich mit Schrot eingeſchoſſen; ſollten ſie unter beſonderen Verhältniſſen auch zum Schießen mit Rundkugeln verwendet werden, ſo verfährt man beim Einſchießen wie bei den glatten Läufen der Büchsflinten (ſ. oben). Sitzen die aus Flintenläufen geſchoſſenen Kugeln auf 50 m Entfernung innerhalb eines Kreiſes von 30 em Durchmeſſer, jo kann man mit dieſer Leiſtung zufrieden ſein, wenn außerdem Ziel— und Treffpunkt ziemlich zuſammenfallen. , Bar werden, wie bereits erwähnt, auch die Flinten auf den Schrotſchuſs geprüft und kann man ſich bis zu einem gewiſſen Grade hierauf verlaſſen, vorausgeſetzt daſs die Ge— wehre aus ſoliden Fabriken oder von bewährten Büchſenmachern bezogen wurden. Allein die Wirkſamkeit des Schrotſchuſſes iſt viel weniger conſtant als die des Kugelſchuſſes und hängt von einer ſolchen Menge zum Theil noch nicht hinreichend erklärter Nebenumſtände ab, dafs es unbedingt erforderlich iſt, jedes neue Gewehr nochmals einzuſchießen. Es iſt ſogar rathſam, bei Flinten dieſes Einſchießen zu wiederholen, nachdem dieſelben einige Zeit im Gebrauch waren, da es nicht ſelten vorkommt, dass die Laufbohrung ſich nach einer gewiſſen Anzahl von Schüſſen verändert (ſ. Lauf). Die Prüfung der Flinten hat ſich zu er- ſtrecken auf Treffſicherheit, Deckung und Durchſchlag (ſ. dieſe Artikel) und wird am ge⸗ eignetſten auf eine mittlere Gebrauchsentfernung (30—36 Meter) vorgenommen. Als Scheiben ver⸗ wende man bei jedem Schuſs zu erneuernde Papierbogen von ziemlicher Größe (etwa 1m im Quadrat), damit möglichſt alle Schrote auf- gefangen werden, und damit man bei jedem Schuſs und ſelbſt bei etwa vorgekommenen Zielfehlern ein deutliches Bild von der ganzen Gruppierung derſelben erhält. Die Bogen ver⸗ ſehe man in der Mitte mit einem ſchwarzen Fleck als Abkommen und ſchlage um dieſen als Mittelpunkt einen Kreis von 70—76 cm Durch⸗ meſſer. Hinter dem Papierbogen iſt eine Vor⸗ richtung anzubringen, um den Durchſchlag der Schrote zu meſſen, wozu am geeignetſten eine Anzahl mit etwa Jem Zwiſchenraum aufge⸗ ſtellter Pappdeckel iſt. In England hat man ſich über die Abmeſſungen der Ziele geeinigt, welche bei der Prüfung von Schrotgewehren zur An⸗ wendung kommen; der Kreis, in welchem die Treffer gezählt werden, hat einen Durch— meſſer von 76 em; hinter deſſen Mitte ſtehen mit Jem Zwiſchenraum in eine Art von eiſernem Regiſter Strohpappdeckel, von denen bei 17 zu 17% em Seitenlänge 25 Stück 500 g wiegen; ſtatt dieſes Pappdeckels kommt auch ein Kraft⸗ meſſer (force-gauge) zur Anwendung (vgl. Durchſchlagskraft); es iſt dies jedoch eine ziem⸗ lich theure Maſchine, über welche ein Privat- mann nur ſelten wird verfügen können, und welche überdies den Durchſchlag des Schrotes nicht ſo unmittelbar zur Anſchauung bringt als die einfachere Pappdeckelaufſtellung. Bezüglich des Auflegens der Flinte bei der Schuſsprobe gilt das hierüber beim Ein⸗ ſchießen der Büchſe Geſagte. Ganz beſondere Aufmerkſamkeit iſt der zur Anwendung kommenden Munition und dem Laden der Patronen zu widmen (j. Laden). Es iſt nicht rathſam, beim Einſchießen von Flinten bereits gefüllt gekaufter Patronen ſich zu be⸗ dienen, ſondern man beſorge das Laden der Patronen ſelbſt, um ſicher zu ſein, daſs das⸗ ſelbe ſorgfältig und den ſpeciellen Verhältniſſen entſprechend ſtattgefunden hat, ſowie daſs das verwendete Material völlig gleichmäßig und gut iſt, was bei fertig gekauften Schrotpatronen nicht immer zutrifft. Die Pulverladung iſt ab⸗ zuwiegen, der Schrot zu zählen. Man wähle zum Einſchießen eine Schrotnummer von mitt⸗ lerer Stärke, etwa von 0'3—0'35 g Körner⸗ gewicht; es iſt dies eine Schrotſorte, welche in einigen deutſchen Fabriken (3. B. Köln, Münden) nach der durch den allgemeinen deutſchen Jagd⸗ ihußgverein herbeigeführten Übereinkunft [ein Korn von 3½ mm Durchmeſſer und 0•34 g Ge⸗ wicht! mit Nr. 3, in anderen (3. B. Freiberg) mit Nr. 7 bezeichnet wird, und von welcher 90 bis 105 Körner auf 30 g gehen. Dieſe Num⸗ mer kommt nicht nur beim Jagdbetrieb in Deutſchland häufig zur Verwendung, ſondern gibt auch für die Leiſtungsfähigkeit des Ge⸗ wehres einen ziemlich ſicheren Anhalt, indem ein Gewehr, welches dieſe mittlere Nummer gut ſchießt, meiſt auch mit ſchwächerem oder ſtärkerem Schrot ähnliche Reſultate liefern wird, während man wohl auf größere Differenzen Einſchießen. 201 für ſtärkere Nummern gefajst ſein kann, wenn man die Prüfung mit einer bedeutend ſchwä— cheren Nummer vornimmt. Auch bei Flinten iſt eine nicht zu geringe Anzahl von Schüſſen (wenigſtens 10 für jeden Lauf) zur Erlangung eines ſicheren Urtheils erforderlich, da Schrotſchüſſe aus demſelben Lauf ſelbſt unter Verwendung der gleichmäßig— ſten Munition häufig ſehr von einander ab— weichende Trefferbilder liefern; erſt aus dem Durchſchnitt einer ganzen Serie von Schüſſen und aus der Größe der Differenz zwiſchen den beſten und ſchlechteſten Schüſſen kann man einen Schluss auf die Leiſtungen eines Gewehres und beſonders auf die Gleichmäßigkeit derſelben ziehen. Aus der Gruppierung der Schrote auf den Trefferbildern iſt zunächſt feſtzuſtellen, ob die Treffſicherheit des Gewehres eine hinreichende iſt, und ob die Mitte des Schuſſes (der mittlere Treff— punkt) mit dem Zielpunkt zuſammenfällt; iſt dies nicht der Fall, befindet ſich bei einer Reihe von Schüſſen die Hauptmaſſe des Schrotes regel— mäßig oder abwechſelnd bedeutend rechts, links, über oder unter dem Zielpunkt, ſo iſt die Treffſicherheit des Gewehres eine ungenügende, und dasſelbe iſt zurückzugeben, wenn ſich bei verändertem Ladeverhältnis nicht noch eine Beſſerung herausſtellt. Möglicherweiſe kann der Büchſenmacher durch Biegen der Läufe, anderes Zuſammenlöthen derſelben 2c. dem Mangel ab— helfen (ſ. Doppelgewehr). Die geringe Treff— ſicherheit der Flinten iſt ein Fehler, der ziem— lich häufig, den Beſitzern jedoch wegen der großen Streuung oft gar nicht bekannt iſt. Gleichzeitig wird die Durchſchlagskraft und die Deckung ermittelt, indem man nach jedem Schuſs die durchbohrten Pappdeckel und die Treffer in dem auf den Papierbogen geſchlagenen Kreiſe zählt. Es iſt nur ſchwer angänglich, durch Zahlen poſitiv und allgemein giltig auszu— drücken, wie groß die Durchſchlagskraft eines guten Gewehres ſein muſs, da leider in Deutſch— land weder für die Nummern des Schrotes noch für die Stärke und Dichtigkeit der Papp— deckel ein beſtimmtes Maß beſteht; doch diene als allgemeiner Anhalt, daſs auf 36 m Ent- fernung ein ſcharf ſchießendes Gewehr mit Schrot, von welchem ca. 100 Korn 30 g wiegen, im Durchſchnitt 30—32 Scheiben von der weiter oben erwähnten Strohpappe durch— ſchlagen muſs (näheres über Ermittlung der Durchſchlagskraft ſ. d.). Wem dieſe Strohpappe nicht zur Verfügung ſteht, der verwende eine andere Art oder gewöhnlichen Pappdeckel (etwa Imm ſtark), dünne Bretter von Kiefernholz u. dgl. und vergleiche den Durchſchlag des zu prüfenden Gewehres mit dem eines anderen von anerkannt guten Leiſtungen. Etwas prä— eier laſſen ſich die Anforderungen an Deckung in Zahlen angeben, jedoch auch nur zwiſchen ziemlich weitgeſteckten Schranken, da nicht nur die Gewehre nach Caliber und Conſtruction ſehr Verſchiedenes leiſten, ja ſogar leiſten ſollen, ſondern da auch dasſelbe Gewehr ſich durchaus nicht immer für alle Schrotnummern gleich bleibt. Als Durchſchnittsleiſtung verlangt man von cylindriſch gebohrten Läufen auf 36 m in einem Kreiſe von 76 cm Durchmeſſer an Treffern wenigſtens 40 % der geſammten Körnerzahl des Schuſſes, von Läufen mit unvollſtändiger Würgebohrung (modified choke) 45—55 % und von Läufen mit vollſtändiger Würge- bohrung (full choke) 55—80 %,. Außer der Zahl der Treffer im Durchſchnitt iſt auch die eines jeden Schuſſes in betracht zu ziehen, da es häufig vorkommt, daſs die einzelnen Schüſſe in der Zahl der Treffer ſehr variieren; je ge= ringer in dieſer Beziehung die Differenzen ſind, um ſo gleichmäßiger ſchießt das Gewehr und um ſo niedriger kann die Procentzahl für den Durchſchnitt ſein. Endlich kommt es auch noch auf die Vertheilung der Schrote im Streuungs— kreiſe und in dieſer Beziehung beſonders darauf an, daſs das Gewehr nicht hohl ſchießt (vgl. Hohlſchuſs). Um ſich hierüber Sicherheit zu ver— ſchaffen, ſchlägt man in dem großen Kreiſe noch einen kleinen, zu dieſem concentriſchen Kreis von etwa 20 em Durchmeſſer und zählt auch die Treffer in dieſem kleinen Kreiſe; verhalten ſich dieſelben zu der Geſammtzahl wie die Kreisflächen, alſo im vorliegenden Fall unge— fähr wie 1:14, ſo iſt die Vertheilung der Schrote eine gleichmäßige und kann, was die Mitte des Schuſſes betrifft, als genügend be— trachtet werden; beſſer iſt es, wenn ſich in der Mitte des Streuungskreiſes verhältnismäßig mehr Treffer befinden als in den nach ſeiner Peripherie zu liegenden Theilen; es wird dies regelmäßig jedoch nur bei wenigen, beſonders gut ſchießenden Gewehren der Fall ſein. Sollte ein Gewehr einer oder mehreren der vorſtehend aufgeführten Bedingungen in Bezug auf Deckung und Durchſchlag nicht ent— ſprechen, ſo iſt dasſelbe nicht ſofort zu ver— werfen, ſondern mit veränderter Ladeweiſe oder anderer Munition weiter zu prüfen. Je nach dem anfänglichen Ladeverhältnis und nach den gemachten Beobachtungen wird man ſich zu entſcheiden haben, ob man unter Beibehaltung des Lade verhältniſſes die ganze Ladung ver— mehrt oder vermindert, oder ob man das Ver- hältnis zwiſchen Pulver und Schrot durch Zu— ſatz oder Wegnahme des einen oder des andern verändert. Auch durch Wahl anderer Patronen— hülſen und Ladepfropfen, einer anderen Sorte Pulver oder Schrot (vgl. a. Hartſchrot) oder einer anderen Schrotnummer kann verſucht werden, das Reſultat zu verbeſſern. Ganz beſonders iſt die Nummer, d. h. die Stärke des Schrotes für die Leiſtung eines Gewehres oft von der größten Bedeutung; es kommt nicht nur häufig vor, daſs ein Gewehr mit feinem Schrot beſſer ſchießt als mit grobem oder umgekehrt, ſondern die Fälle ſind auch gar nicht ſelten, daſs einem Gewehr eine beſtimmte Körnergröße ganz be— ſonders zuſagt, und daſs es mit dieſer Vor— zügliches leiſtet, aber ſofort bedeutend nachläſst, wenn man eine andere, auch nur um eine Nuance verſchiedene Schrotnummer wählt (vgl. Paſsſchrot). Daher iſt es auch erforderlich, ein mit einer mittleren Schrotuummer eingeſchoſſenes Gewehr demnächſt noch mit ſtärkeren oder ſchwä cheren Nummern zu prüfen; hiebei wird ſich nicht ſelten die Nothwendigkeit eines anderen Ladeverhältniſſes oder auch die geringe Brauch— 202 Einſchlag. barkeit der einen oder anderen Nummer für das betreffende Gewehr herausſtellen (vgl. a. Schrotſchußs). Wenn beide Läufe eines Gewehres gleich— mäßig fehlerhafte Leiſtungen in Bezug auf Deckung und Durchſchlag lieferten, kann man mit mehr Ausſicht darauf rechnen, das Gewehr durch Ladungsveränderungen richtig einzu— ſchießen, als wenn mit einer beſtimmten La⸗ dung der eine Lauf gut, der andere ſchlecht ſchießt, denn in dieſem Fall verliert man (vor⸗ ausgeſetzt dajs man ſich, wie der praktiſche Gebrauch es erfordert, für beide Läufe der gleichen Maße bedienen will) durch Ladungs⸗ veränderungen oft bei dem einen Lauf, was man bei dem anderen gewinnt. Flinten, welche trotz aller Verſuche mit verſchiedenen Ladungen ꝛc. keine genügenden Reſultate liefern, ſind dem Büchſenmacher oder Fabrikanten zurückzugeben; vielfach wird es möglich ſein, durch eine ſorgſame Unterſuchung die Urſachen, welche die ſchlechten Schuſsleiſtun— gen verſchuldeten, zu entdecken und zu beſei— tigen (ſ. Lauf). Bei allen Gewehren, ſowohl Büchſen wie Flinten, welche zur Jagd benützt werden ſollen, iſt es erforderlich, ſich nach dem eigentlichen Einſchießen derſelben gegen feſtſtehende Scheiben auch noch davon zu überzeugen, ob die Lage des Gewehres für denjenigen paſst, der das Gewehr führen ſoll. Es geſchieht dies: 1. durch ſchnelles Anſchlagen gegen feſtſtehende und be— wegliche Ziele, wobei man darauf achtet, ob man ſofort das betreffende Ziel richtig an— viſiert oder auf dem Korn hat; 2. durch Schießen nach beweglichen Zielen, u. zw. mit der Büchſe nach ſolchen, welche ſich auf der Erde bewegen (Zugſcheiben), mit der Flinte außerdem auch nach in die Luft geworfenen Gegenſtänden; 3. durch Schießen auf der Jagd nach laufendem und fliegendem Wilde. Erſt wenn ein Gewehr auch hiebei allen Anforde— rungen entſpricht, kann man dasſelbe als voll— ſtändig eingeſchoſſen betrachten. c) Piſtolen und Revolver. Dieſe ſind faſt ausſchließlich zum Schießen von Kugeln (Einzelgeſchoſſen) auf geringe Entfernungen be— ſtimmt; das Einſchießen derſelben wird ſich daher auch nur hierauf erſtrecken. Gezogene Scheibenpiſtolen ſchießt man mit den zuge— hörigen Patronen oder Ladungen (Scheiben- piſtolen werden noch vielfach als Vorderlader conſtruiert) gewöhnlich auf 15m ein, wobei man den Lauf auflegt und bezüglich der Re— gelung von Viſier und Korn wie bei Büchſen verfährt. Bezüglich der Treffſicherheit verlangt man, daſs auf die genannte Entfernung eine nicht zu kleine Anzahl von Schüſſen (15— 20) inner⸗ halb eines Kreiſes von 3—4 em Durchmeſſer ſitzt. Dem Einſchießen auf 15m kann man ein ſolches auf weitere Entfernungen folgen laſſen, doch wird dasſelbe auf 40 m wegen der Kürze der Viſierlinie und der eine feſte Handlage der Waffe nicht erlaubenden Conſtruction der Schäf— tung wohl im allgemeinen ſeine Grenze finden. Während es bei Büchſen, wie oben angegeben, nicht zuläſſig erſcheint, durch Verminderung oder Vermehrung der Pulverladung zu bewirken, daſs das Gewehr höher oder kürzer ſchießt, iſt dies bei Vorderladepiſtolen wohl angänglich; die Treffſicherheit wird bei den verhältnismäßig ſehr geringen Ladungen der Piſtolen auf die kurzen Entfernungen durch Abbrechen oder Zu— ſetzen von Pulver (ſelbſtredend in gewiſſen Grenzen) gewöhnlich nicht beeinträchtigt werden; man kann daher wohl Piſtolen, wenn es nicht ausnahmsweiſe auf eine beſtimmte Durchſchlags⸗ kraft ankommt, für den Fall, daſs die Höhe des Viſiers ſich nicht verändern lässt, für die nächſte Entfernung mit einer Minimalladung und für die weiteren Entfernungen durch allmähliche Verſtärkung der Ladung einſchießen. Von Pi⸗ ſtolen mit glatten Läufen, welche als Vorder⸗ lader wohl noch hie und da im Gebrauch ſind, kann keine große Treffſicherheit verlangt werden; das Einſchießen derſelben beſchränkt ſich auf Feſtſtellung der geeigneten Ladung durch Schießen auf 10—15 m; es genügt, wenn auf dieſe Ent⸗ fernungen die Kugeln in einem Kreiſe von 23 em Durchmeſſer ſitzen und Zielpunkt und mittlerer Treffpunkt zuſammenfallen. Revolver werden in ähnlicher Weiſe wie Scheibenpiſtolen eingeſchoſſen; ihre Treffjicher- heit iſt jedoch nach Größe und Conſtruction eine ſehr verſchiedene; von einem guten Re— volver mittleren Calibers und mittlerer Lauf- länge kann man verlangen, daſs auf 15—25 m beim Schießen mit Auflegen ſämmtliche Kugeln innerhalb eines Kreiſes von 25 em Durchmeſſer ſitzen. Vorderladerevolver, d. h. ſolche, deren Kam— mern von vorne geladen werden, finden ſich nur noch ſelten vor; man kann bei denſelben ebenſo wie bei Vorderladepiſtolen, um nöthigen— falls höher oder kürzer zu ſchießen, die Pulver⸗ ladung vermehren, bezw. vermindern. v. Ne. Einſchlag, der. I. Gerechtes Zeichen der Rothhirſchfährte; ſyn. Mitnehmen und Auswurf. „Die⸗ weil der Hirſch jederzeit beſchloſſen und ge— zwungen gehet; ſo zwinget er, wenn er alſo zu Holtze ziehet, und über Gras oder jung grün Getreyde kommt, Gras ab, und behält es in der Schale. Wenn er aber über den freyen Weg oder Boden kommt, ſo läſt er es in der Fährten liegen. Solches heiſt der Einſchlag. Iſt gerecht.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., 9b. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, p. 90. — Ondmat. forest. I., p. 569. — Ch. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 103 u. 217. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 176. — Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 99, und Lexik., p. 149. — J. M. Bechſtein, Jagdwiſſenſchaft, 1820 bis 1827, I., p. 246. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 46. — Laube, Jagdbrevier, p. 249. — R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 97. II. — das Einſchlagen II. „Und wie man den Eingang derer Röhren (des Baues) von außen judicieren kan, ſo ſchlägt man alsdenn auch ſo ein, daß es quer über die Röhre komme, und der Einſchlag (Loch) wird lieber etwas länger als kürtzer gemacht.“ Döbel J. c., II., p. 140. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. I., p. 570. — Sanders, Wb. III., p. 934 c. E. v. D. Einſchlag. — Einſchuss. 203 Einſchlag (des Holzes), bei oder nach ausgedehnten Inſectenverheerungen, ſ. Holzein— ſchlag. Sicht. Einſchlagen, verb. trans., intrans. u. reflex. I. intrans. — einfallen, einfahren. „Der Hirſch und Thier fället oder ſchläget ein in die Zeuge, und laufft nicht ein.“ Pärſon, Der Hirſchgerechte Jäger, 1734, fol. 80. — „Eins ſchlagen ... einige nehmen das Wort anſtatt einfallen, eines Wildpret in den Zeug.“ Ch. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 103. — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 63. II. trans., mit Aus laſſung des Obj. Einſchlag oder Loch — einen Einſchlag (ſ. d. II) machen; ſyn. Durchſchlagen. „Einſchlagen, wer einen Dachs graben will, der muß erſt von oben hinein genau hören, wo der Hund vorlieget, alsdenn wird accurat auch von oben hinein, auf den Hund loßgegraben, das heiſt einge— ſchlagen.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexi⸗ con, 1739, p. 90. — „Man bedienet ſich dieſer (der Dachs⸗) Hunde, Füchſe und Dachſe aus dem Bau zu graben, indem man ſie einkriechen läſſet, damit ſie vor dem Fuchs oder Dachs liegen, ihn verbellen, und man ſich nach dem Anſchlagen dieſer Hunde richten kann, um gerade auf dieſen Laut dergeſtalt in die Erde einzuſchlagen (einzugraben), daſs man zwiſchen den Hund und den Fuchs kommt, wenn man zu graben fort— fähret.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 230. — Ch. v. Heppe J. ce. — Winkell, Ed. I, 1805, III., p. 22. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 99. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 43. — Frz. deterrer (le renard). III. trans., mit Auslaſſung des Obj. die Fänge. „Einſchlagen, Einhauen, frz. empieter, iſt ein Kunſtwort bey der Falknerey, und wird von einem Raubvogel, und beſonders von dem Geyer geſagt, wenn er den Raub mit ſeinen Klauen aufhebet und davon führet.“ Onomat. forest. I., p. 569. — Behlen, I. e. IV. trans., mit Auslaſſung des Obj. Geſchoſs oder intrans. „Wenn eine Flinte oder Büchſe einen guten Trieb hat und tief der Schujs ein— dringet, wird geſaget, er ſchläget gut ein (intrans.).“ Ch. W. v. Heppe J. e. — „Auch jagt man von einem Gewehr, das ſcharf ſchießt: es ſchlägt gut ein (trans.) oder durch.“ Hartig, J. e. — Behlen J. c. V. trans., einen Jagdhund S ihn beim Abdecker in Koſt geben; veraltet und ſelten. Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 355. VI. trans., Salzlecken einſchlagen S ſie auffriſchen; ſelten. „Die Sultzen werden jähr— lich zwey mahl eingeſchlagen, als Frühlings— Zeit, ſobald der Schnee weggehet, dann Herbſt— Zeit, gleich nach der Prunft.“ Pärſon, Hirſch— gerechter Jäger, 1734, fol. 10. VII. intrans. „Wenn Jagdhunde gut ge— rathen ſind, ſo nennt man ſie eingeſchlagene Hunde.“ Hartig J. e. — Behlen J. e. — Die Hohe Jagd J. e. VIII. reflex., vom Bären: „Wenn ſich der Bär ins Winterlager begibt, ſo ſagt man, er habe ſich eingeſchlagen.“ Hartig J. e. — Behlen J. e. — Die Hohe Jagd J. e. — Laube, Jagdbrevier, p. 249. — R. R. v. Dombrowski, Lehrb. f. Ber.⸗Jäger, p. 183. — Grimm, D. Wb. III., p. 273, 275. — Sanders, Wb. II., p. 942 a. — Schmeller, Bayr. Wb. III., p. 439. E. v. D. Einſchlagen des Samens, ſ. Aufbewahrung des Samens. Gt. Einſchlämmen, j. Anſchlämmen. Gt. Einſchrecken, verb. trans., Federwild ins Garn treiben; ſeltener von anderem Wild, z. B. dem Dachs. „Einſchrecken, beym Lauſch⸗ Netzen, und nächtlichen Dachsfangen, durch ein Geräuſch oder Geſchrey, das am Garn ſeyende Thier furchtſam machen, damit es ins Garn ſpringe und ſich fange.“ Ch. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 103. — Onamat. forest. I., p. 570. — Hartig, Lexik., p. 150. — Seltener in ſpecieller Anwendung am Vogelherd: „Einſchrecken heißt, wenn zwei Raubvögel in auf Stangen be- feſtigten Käfigen ſitzen, welche, wenn Vögel beim Vogelheerde ſind, durch eine Schnur aufgezogen werden, damit ſie bloß ſitzen und die Vögel, da— durch erſchreckt, die in den Vogelheerd fallen.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 47. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 90. — Grimm, D. Wb. III., p. 283. — Sanders, Wb. II., p. 1007 b. — Frz. affaroucher. E. v. D. Einſchuſs, der, oder Anſchuſs (ſ. d.), heißt im Gegenſatze zu Ausſchuſs die Stelle am Wildkörper, wo die Kugel eindrang; Einſchuſs— ſeite iſt die Seite, wo der Einſchuſs liegt. „Das jo angeſchweißte Wild... macht meiſt eine halbe Wendung und bricht, wenn dies nicht beſon— dere Umſtände hindern, auf der Einſchuſs— ſeite verendend zuſammen.“ R. R. v. Dom⸗ browski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 26. — Fehlt in den Wbn. E. v. D. Der Einſchuſs an feſten Körpern entſpricht in den meiſten Fällen dem Querſchnitt des ver— wendeten Geſchoſſes und zeigt glatte, nach innen gedrückte Ränder, während die Ausſchuſsöffnung unregelmäßig, zerriſſen, gewöhnlich größer als der Querſchnitt des Geſchoſſes iſt und an der— ſelben die Ränder und oft auch Theile des durchſchoſſenen Gegenſtandes hervorſtehen. Eigen- thümliche Einſchüſſe verurſachen die Langge— ſchoſſe aus gezogenen Gewehren mit ſehr großer Auftreffgeſchwindigkeit (etwa von 350m an) bei Körpern, welche ganz oder theilweiſe mit Flüſſigkeit gefüllt ſind, wie es bei lebenden Weſen der Fall iſt, indem dieſe Geſchoſſe, be— ſonders bei ſtarker Deformation, infolge der Seitenwirkung und des hydrauliſchen Druckes eine exploſionsartige Wirkung nach allen Seiten, alſo auch nach rückwärts ausüben; dadurch ent⸗ ſtehen nicht ſelten ſehr große, unregelmäßige Einſchüſſe, aus welchen ſogar zermalmte Theile des Körperinhaltes mehrere Meter weit nach der Richtung, aus welcher der Schuſs kam, herausgeſchleudert werden. Im Gegenſatz hiezu kommen aber auch Einſchuſsöffnungen vor, welche kleiner ſind als der Querſchnitt des Ge— ſchoſſes, durch welches ſie verurſacht wurden; beſonders findet dies ſtatt, wenn der getroffene Gegenſtand eine ſehr elaſtiſche Oberfläche hat, wenn bei lebenden Weſen die Haut und die darunter liegenden Muskeln im Augenblick der Verletzung geſpannt waren und ſich dann wieder zuſammenziehen. v. Ne. Einſchwingen, verb. reflex., von größerem Flugwild ſ. v. w. ſich auf einen Baum ſetzen; vgl. einſtehen, einſitzen, anfußen, auffallen, antreten, aufbaumen, aufholzen u. ſ. w. „Einſchwingen nennt man es, wenn Auer- oder Birigeflägel ſich auf einen Baum ſtellt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 100, u. Lexik., p. 150.— Behlen, Wmſpr., 1829 p. 47. — Laube, Jagdbrevier, p. 249. — Grimm, D. Wb. III., p. 289. — San⸗ ders, Wb. II., p. 1052 b. — Frz. se percher. E. v. D. Einſetzen, verb. trans. u. reflex. I. trans. Gefangene wilde Vögel in einen Käfig oder eine Kammer ſetzen. „Die gefange- nen wilden Tauben | jo eingejeget | ver- geſſen gar vngern jhrer Gefängnüß ...“ J. C. Aitinger, Bericht von dem Vogelſtellen, Caſſel 165%, p. 123. II. reflex. — einſitzen; ſelten. Grimm, D. Wb. III., p. 293. — Sanders, Wb. II., p. 1083 b. E. v. D. Einſetzen der Holzpflänzlinge, ſ. Pflan- zung sub 2, Verband, Freipflanzung sub 1g und 2, Kamp sub 14, Anſchlämmen, Baum- pfahl. Gt. Einſetzen, ſ. Härten. T Einfiedfer, der, ſ. v. w. Eingänger, . d. Hartig, Lexik., p. 147. — Behlen, Real- u. Berb.- Lexik. VII., p. 174. — Auch für alte Gems⸗ böcke: „Alte Böcke, welche Einſiedler, Laub— oder Lauberböcke, Latſchen-, Wald- und auch Stoßböcke genannt werden, leben das ganze Jahr hindurch einzeln . ..“ R. R. v. Dom⸗ browski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 112. — F. C. Keller, Die Gemſe, p. 88 u. 494. — Grimm, D. Wb., III., p. 296. E. v. D. Einſiedlerkrebſe, ſ. Paguriden. Kur. Einſiedlerſpatz, ſ. Blaudroſſel. E. v. D. Einſitzen, verb. intrans., v. Vögeln S ſich einſetzen, niederlaſſen, einfallen; ſelten. Hohberg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 832. — Grimm, D. Wb. III., p. 298. E. v. D. Einſpeichelung, ſ. Speichel. Kur. Einſperren, verb. trans., den Fuchs im Bau — alle Röhren des letzteren verſchlagen; ſelten. „Will man den Fuchs in den Bau ein- ſperren, nachdem man unverrichteter Dinge abziehen muſſte . . .“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 380. E. v. D. Einſprengen, verb. trans. „Einſprengen heißt: das Wild aus einem Diſtrict oder Revier ins andere treiben, um nachher ein Jagen darauf zu machen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 99, und Lexik., p. 150. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 27. — Grimm, D. Wb. III., p. 304. — Frz. pousser dans. E. v. D. Einſprießig, adj., ma. einſpröſſig, ein⸗ ſprüßig, Bezeichnung für ein abnormes Spießer— gehörn oder Geweih; vgl. Sproſs. „Es finden ſich Hirſche, die an Stangen keine Ende haben, die werden einſprießige Hirſche genennet.“ Pärſon, Der hirſchgerechte Jäger, 1734, fol. 79. — „Ein- oder widerſprüßig Gehbrn ſind ſtarke Gehörne, die keine Enden haben und nur Spieße vorſtellen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — Hin und wieder wurde auch das Geweih des Sechſerhirſches einſprießig ge— | Einſchwingen. — Einſprung. nannt, da dasſelbe nur ein Ende, außer dem Aug⸗ und Mittelfprojs, die mit dieſen ſpe⸗ ciellen Namen belegt werden, trägt; indes iſt dieſe zu Verwechslungen Anlass 1 Be⸗ nennung nicht oder doch nur dann zu empfehlen, wenn es ſich um ein abnormes Sechſergeweih eines alten Hirſches handelt, der außer dem Gipfelende lediglich den Aug- und Eisſproſs verreckt hat. „Einſprüßlichte Hirſche, welche an ihren Stangen entweder gar keine, oder aber auch, neben den Aug-Sproſſen, nur den Eis⸗ Sprüſſel noch haben, das werden einſprüßlichte Hirſche genennet.“ J. A. Großkopff, Weidewercks⸗ Lexicon, 1759, p. 92. — „Einſpießige (sic) Hirſche, Hirſche von 6 Enden. “ Behlen, a 1829, p. 47. E. v Einfpringen, verb. intrans. I. vom Damwild: flüchtig werden, doch nur einige Sprünge mit allen vier Läufen zu⸗ gleich machen und wieder ſtehen bleiben. Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VI., p. 202. Selten. II. vom Vorſtehhund, auch in Verbindung mit laſſen. „Entweder ruft man nun ‚faſs!' und läſst den Hund plötzlich einſpringen, oder man läſst ihn unter dem Zuſpruche avance ganz nahe heranziehen.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 38. — „Einſpringen, wenn ein Vorſtehhund auf das Wild losgeht, vor welchem er ſtand.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 47. — Hartig, Lb. f. Jäger I., p. 33, und Lexik., p. 150. — Laube, Jagdbrevier, p. 249. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 45. — Grimm, D. Wb., III., p. 304. — Sanders, Wb. II., p. 1134 b. III. ſ. v. w. ſich einſtellen, ſ. d. u. vgl. Ein⸗ ſtand, Einſprung II, ſelten. „Einſpringen thut die Gemſe, wenn ſie eine Felsſtelle annimmt, wo ihr weder Treiber noch Hunde zu folgen vermögen.“ F. C. Keller, Die Gemſe, p. 494. IV. Wild ſpringt über die Einſprünge (ſ. d. J.) in den Thiergarten ein; ſelten. E. v. D. Einſprößig, j. Einſprießig. E. v. D. Einſprung, der. I. eine Vorrichtung in der Umzäunung eines Wildparks, welche es außerhalb desſelben befindlichem Wild wohl möglich macht, in den Wildpark zu gelangen, andererſeits aber die Rückkehr des einmal eingeſprungenen Wildes nicht mehr geſtattet (ſ. Wildpark). „Es iſt auch befandt | daß wo Thier-Gartten fein auch noch außwendig herumb allerhand Gehöltze und Wildtbahnen | und auch darin unterſchiedliches Wiltpreth vorhanden iſt nun möchte jemand ſein der gerne ſehen möchte, daß ſo von den— ſelben was gern in den Thiergarten wolte leichtlich dahinein | und jo wohl dieſes als das andere nicht wieder heraus kommen könte | jo habe . . . ich vorſtellen wollen... wie ein Ein- ſprung außwendig und inwendig in den Thier- Gartten zu erſehen.“ Täntzer, Ed. I, Kopen⸗ hagen 1682, II., fol. 83. — J. A. Großkopff, Weidewercks— Lerieon, 1759, p. 91. — H. W. 9 Fleming, T. J. II., fol. 30 Döbel, Ed. L 1746, I., p. 121. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 35. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 103. — Hartig, Anltg. z Wmſpr., 1809, p. 99. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 47. — Laube, Jagdbrevier, p. 249. — R. R. v. Einſprüßig. — Eintagsfliege. Dombrowski, Der Wildpark, p. 179. — San⸗ ders, Wb. II., p. 1239 a. — Frz. le saut. II. ſ. v. w. Einſtand, ſ. d. u. vgl. einſtellen IT. Selten. F. C. Keller, Die Gemſe, p. 494. E. v. D. Einſprüßig, j. einſprießig. E. v. D. Einſtand, der oder Einſprung, in be— ſonderer Bedeutung von der Gemſe; vgl. ein⸗ ſpringen III, einſtellen II. „Einſtand, Ein- ſprung heißt die ſchwierige Stelle, welche die Gemſe erklimmt, wenn ſie ſich in Gefahr weiß und dann daſelbſt im Gefühl der Sicherheit ruhig verharrt.“ F. C. Keller, Die Gemſe, p. 494. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einſtandsrecht, ſ. Vorkaufsrecht. At. Einſteckrohr iſt ein zum Kugelſchuſs be— ſtimmtes Rohr kleineren Calibers, welches — je nach Bedarf und Wunſch — in einen Flinten- lauf eingeſetzt werden kann, um unter Beibe— haltung derſelben Schäftung ꝛc. aus einer Flinte eine Büchſe oder aus einer Doppelflinte eine Büchsflinte, bezw. Doppelbüchſe herzuſtellen. Hiezu kurze (Piſtolen-) Läufe zu benützen, er— ſcheint, wenn auch für die Leichtigkeit des Ge— wehres, ſo doch weniger für die Sicherheit des Schuſſes vortheilhaft, da anzunehmen iſt, dass die das Geſchoſs vor dem kurzen (eingejegten) Lauf überholenden Pulvergaſe in der Seele des weiteren Flintenrohres Prellungen erleiden, welche den Flug des Geſchoſſes irritieren; in der That wird die Treffähigkeit ſolcher kurzen Einſteckrohre vielfach angezweifelt, und benützt man daher neuerdings meiſt lange Rohre, welche vorne an der Mündung noch beſonders durch eine Schraube befeſtigt werden. Dem Wunſch nach Leichtigkeit kann dadurch Rechnung getragen werden, dajs das dünne Einſteckrohr äußerlich nur an einigen Stellen ringartig das Caliber des Flintenlaufes erreicht. Um auch für das eingeſteckte Büchſenrohr die gewöhn— liche Viſierung der Doppelflinte (mit einem beſonderen Korn) benützen zu können, iſt es häufig erforderlich, das Einſteckrohr excentriſch in der Seele des Flintenlaufes zu befeſtigen (Patent von B. Beermann zu Münſter in Weſt⸗ falen). Dreyſe in Sömmerda löste die Aufgabe unter Beibehalt des Calibers des Flinten— laufes durch Einſetzen eines kurzen Rotations— ſtückes (s. d.). Um eine gewöhnliche Flinte oder Büchſe (auch Militärgewehre) zum Zimmergewehr ein— zurichten, werden ebenfalls dünne Einſteckrohre kleinſten Calibers verwendet. Th. Einſtehen, verb. intrans. — ſich einſchwin⸗ gen (ſ. d.). „Einſtehen oder einſchwingen heißt es, wenn ſich Auer- oder Birkwild auf einen Baum ſtellt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 47. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356. E. v. D. Einſteigen, verb. intrans., vom Otter und Biber, ſ. v. w. ſich vom Land in das Waſſer be— geben; vgl. ausſteigen, Einſtieg, Ausſtieg. E v. D. Einſtellen, verb. trans. u. reflex. 1. ſ. v. w. einrichten, einfangen, d. h. einen Walddiſtriet oder das Wild in demſelben zu Jagd— zwecken mit Jagdzeug umſtellen; vgl. einlappen, verlappen, belappen. „Einſtellen, wenn etwas gekreiſſet, und mit Garn umgeben wird, jo heiſt 205 ſolches eingeſtellet.“ I. A. Großkopff, Weide- wercks⸗Lexicon, 1759, p. 92.— „Einſtellen jagt eben dasjenige, als was einfangen oder -richten, nemlich in Netz oder Garne bringen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 104. — „Am beſten iſt es, dieſes Jagen im Winter vorzunehmen, weil alsdann das Wildpret mit dem Schnee ſeinen Durſt löſchen kann, wenn etwa in der Gegend des Thiergartens, wo es eng einge— ſtellet, kein Waſſer wäre.“ „Wir wollen an— nehmen, die beſtätigten Hirſche wären in einem Theil eines Feldholzes den Tag vorher ein— geſtellt worden ...“ Mellin, Anwſg. z. An⸗ lage v. Wildbahnen, 1779, p. 78, 272. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 99, und Lexik., p. 131ff. — Grimm, D. Wb. III., p. 310. — Sanders, Wb. II., p. 1205 b. — Frz. traquer. II. reflex. von Gemſen, ſ. v. w. einen Ein⸗ ſtand nehmen; in der Literatur ſelten. E. v. D. Einſtieg, der, Gegenſatz zu Ausſtieg, die Stelle, wo ſich ein Biber oder Otter vom Lande ins Waſſer begibt. „Einſtieg heißt der Ort, wo der Biber in Ruhe ins Waſſer ſteigt.“ Winkell, Ed. I, 1805, II., p. 117. — „Einſteig nennt man jenen Ort an einem Fluſſe, wo ein Fiſchotter oder Biber ins Waſſer geht.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 47. — Laube, Jagdbrevier, p. 249. — Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗ Jäger, p. 419. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 484. — Sanders, Wb. II., p. 1213 b. E. v. D. Einſtreichen, verb. intrans. u. trans. I. wenn Rebhühner abends an den Platz fliegen, wo ſie ſich über Nacht aufhalten wollen, ſo ſagt man, ſie ſtreichen dort ein. „Ein⸗ ſtreichen wird gejagt, wenn die Hühner Abends zeit auf die Felder fallen, ihre Weide zu ſuchen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 104. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VI., p. 236. II. für das Einfliegen von Federwild in zu deſſen Fang geſtellte Hochgarne oder ſonſtige Netze. „Einſtreichen nennt man es, wenn die Schnepfen in die aufgeſtellten Netze fliegen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 100. — „Einſtreichen heißt, wenn Schnepfen in die für ſie aufgeſtellten Netze fliegen; ebenſo bei den Lerchen.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 48. — „Einſtreichen heißt das Einfallen des Federwilds in ein Garn.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 336. — Frz. se donner dans les tirasses. III. trans. Federwild in zu deſſen Fang geſtellte Netze treiben, vorzugsweiſe von Lerchen. „Einſtreichen heißet ſo viel als eintreiben, nemlich die Lerchen.“ „ . . So bald nun der Abendſtern ſich blicken läſſet, wird mit einem lauten Getöß eingeſtrichen.“ Chr. W. v. Heppe J. e. — Hartig J. e. — Behlen J. e. — Grimm, D. Wb. III., p. 315. — Sanders, Wb. IH, p. 1237a. E. v. D. Einſlülpung, Invagination, ſ. Gastrula. Kur. Eintagsfliege, deutſcher Name für Ephe- mera; gemeine Eintagsfliege (Ephemera vul- gata L.), einer der beſten künſtlichen Köder beim Angelfiſchen (Fliegenfiſchen), beſonders für Forellen und Aſche. Die Eintagsfliege beſteht eine Hypermetamorphoſe. Hſchl. 206 Eintheilung. — Einziehung. Eintheilung, Eintheilungsnetz, vgl. Waldeintheilung. Nr. Eintupfen, verb. trans. I. „Eintupfen wird genennt, wenn der Leithund mit der Naſe zur Ferte riechet und dieſe zeiget.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 104. — „Zeichnen oder zeigen, man ſagt auch eindupfen, heißet: der Leithund bleibt in wehrenden Nachhängen auf einmal ſtille ſtehen, und bringet ſeine Naſe dichte auf den Tritt oder Färthe, davor er ſtehen geblieben; iſt aber die Färthe ſichtbar und dem Boden wohl eingedrucket, ſo dupfet er mit der Naſe recht mitten hinein.“ „. . . ſo muſs er den Hund wieder lieben, und zum darauf ſuchen und Eindupfen mit dem Zuſpruch anfriſchen, die a e Färthen mit ihren Zeichen genau merken ...“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 120, 122. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VII., B 177 II. veraltet für das Stechen (ſ. d.) des Büchſenſchloſſes; vgl. Tupfer. „Eintupfen wird genennt, wenn der Tupfer an einer Büchſe ge⸗ ſtellet oder eingedruckt wird, um ſodann ſchießen zu können.“ Chr. W. v. Heppe l. c. — Grimm, D. Wb. III., p. 232. E. v. D. Einwanderungen der Thiere und Pflanzen. In Conſequenz der in Hinblick auf den gegebenen Raum und die Exiſtenzverhält⸗ niſſe zu großen Vermehrung jeder Thier⸗ und Pflanzenart tritt ein lebhaftes Ausbreitungs⸗ beſtreben zutage, das ſich in mehr oder minder energiſchem Wandern äußert. Mit guten Loco— motionswerkzeugen ausgerüſtete Thiere wer— den leichter einwandern können, als diesbezüg— lich minder gut ausgeſtattete Thiere, fliegende alſo leichter als gehende, Renner beſſer als kriechende. Meeresſtrömungen, Winde, fließende Gewäſſer verſchleppen Thiere nach anderen Gegenden. Durch verſchiedene Transportmittel des Verkehrsweſens werden Thiere und Pflanzen auf weite Strecken von ganz entgegengeſetzten Gegenden verſchleppt. Große Thiere nehmen andere Thiere mit; ſamen- und früchtefreſſende Thiere ſetzen die Samen verſchiedenſter Pflanzen an weit entfernten Stellen ab. Durch Wind- und Waſſerſtrömungen werden Thiere und Pflanzen nicht bloß überhaupt paſſiv befördert, ſondern ihnen auch die Directive gegeben. Wüſten, große Gebirge, große Waſſerflächen ſetzen der Weiter- wanderung gewiſſer Thiere ein Ziel; desgleichen machen weſentlich verſchiedene klimatiſche Ver— hältniſſe Thieren aus anderem Klima die Einwanderung unmöglich. Je günſtiger die Exiſtenzbedingungen einer Gegend überhaupt, je entſprechender für gewiſſe Thiere, je accom— modationsfähiger die eingewanderte Thierart, von deſto beſſerem Erfolge iſt die Einwanderung begleitet. Feſtlandthiere haben ſich bei der Ein— wanderung acclimatiſationsfähiger erwieſen als Inſelthiere, Thiere der Ebene fähiger als Hoch— landsthiere. Selbſtverſtändlich hat die bleibende Einwanderung für die Einwanderer ſelbſt in— folge der Accommodation an die neuen Verhält⸗ niſſe eine mehr oder weniger tiefgreifende Ab⸗ änderung zur Folge, die im Laufe der einander folgenden Generationen immer ſchärfer ſich aus⸗ prägt. Kur. Einwechſel, der, die Stelle, wo ein Wild ſich aus einem Revier in ein anderes begibt, einwechſelt, ſ. d. u. vgl. Eingang, Ausgang, Auswechſel, ausziehen, i Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, p. 150. — Sanders, Wb. II., p. 1507 a. E. v. B. Einwechſeln, verb. intrans., vom hohen Haarwilde ſ. v. w. ſich in ein Revier begeben. „Der Jäger muß ſich gewiss machen, wo die beſten Hirſche und Sauen auf ſeinem Revier aus- und einwechſeln.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 128. — Sanders 1. 6. E. v. D. Einweiſen, verb. trans. „Einweiſen, einem neu angenommenen Jäger die Wald- und Wildbahngrenzen vorzeigen, damit er wiſſe, wo und wie weit ſeine Waldung und Jagd gehe.“ Ch. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — J. A. Großkopff, Weidewercks⸗ Sericon, 1759, p. 92. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1 Abth., p. 14. — Behlen, Real⸗ u. Verb. Lexik. 1. „5 — Fehlt in allen Wbn. E! v D. Einzelgeſchoſs iſt im Gegenſatz zum ee geſchoſs (Schrot) der Flinte das einzeln gela⸗ dene ꝛc. Geſchoss der Büchſe; meiſt, wenn auch gewöhnlich unzutreffend, „Kugel“ genannt. Th. Einzellader iſt im Gegenſatz zum Repe⸗ tiergewehr ein Gewehr, welches bei jedem Schuss die Einführung der Patrone in den Lauf ꝛc. mittelſt der Hand bedingt. Th. Einzelmiſchung iſt in einem Beſtande dann vorhanden, wenn die Holzarten in ein- zelnen Exemplaren neben einander auftreten. Sie beſteht im Gegenſatz zur horſtweiſen, 1 weiſen ꝛc. Miſchung. Einzelpflanzung, ſ. Holzpflanzung. Gt Einziehen, verb. intrans., Gegenſatz zu ausziehen, vom Wild ſich Morgens vom Feld wieder zu Holz begeben. „Beyde Rudel ziehn aber flüchtig hinter einander im Walde ein. ..“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 159. — „Gegen Abend, wo das Edelwild zur Aſung zieht, und Früh Morgens, wenn es wieder einzieht.. „Im Morgen gane zieht das Edelwild wieder zu Holz. Das Ein⸗ ziehen geſchieht nicht ſo eilig und das Wild verweilt gerne an bruchigen Stellen ...“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 20, 144. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Einziehung oder Confiscation auf Grund ſtrafrichterlichen Urtheiles iſt nach 8 40 des deutſchen Reichsſtrafgeſetzes vom 15. Mai 1871 zuläſſig bei Gegenſtänden, welche durch ein vorſätzliches Verbrechen oder Vergehen her— vorgebracht oder zur Begehung eines ſolchen gebraucht oder beſtimmt ſind, ſofern dieſelben dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören. Außer dieſer principiellen Ermächtigung des Richters iſt die Einziehung für einzelne Ver⸗ brechen, Vergehen und ſelbſt Übertretungen noch beſonders durch das Reichsſtrafgeſetz angeordnet und auch nach verſchiedenen Specialreichsgeſetzen, z. B. den Zollvereinsgeſetzen, zuläſſig. Nach § 295 des Reichsſtrafgeſetzes iſt neben der durch ein Jagdvergehen verwirkten Strafe auf Einziehung des Gewehres, des Jagdgeräthes und der Hunde, welche der Thäter bei dem un⸗ 1 8 berechtigten Jagen bei ſich geführt hat, ingleichen Einzirken. — Eis. der Schlingen, Netze, Fallen und anderen Vor- richtungen zu erkennen, ohne Unterſchied ob ſie dem Verurtheilten gehören oder nicht. Von der Ermächtigung des § 5 des Ein— führungsgeſetzes vom 31. Mai 1870 zum Reichs- ſtrafgeſetze hat man, mit Ausnahme von Bayern und Sachſen⸗Meiningen, in allen deutſchen Forſt— ſtrafgeſetzen Gebrauch gemacht und die Ein— ziehung der Frevelwerkzeuge, nicht aber der zur Fortſchaffung des Entwendeten gebrauchten Thiere und anderen Gegenſtände angeordnet. Die eingezogenen Gegenſtände verfallen dem Fiscus und werden entweder vernichtet, unbrauchbar gemacht oder veräußert. Perſonen, welche einen rechtlichen Anſpruch auf die eingezogenen Gegenſtände haben, ſind nach $ 478 der Reichsſtrafproceſsordnung zur Strafverhandlung zu laden. At. Einzirken, verb. trans., ſ. einkreiſen, ein⸗ bögnen (ſ. d.). Ch. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 178. E. v. D. Eis. (Oſterreich.) § 13 ſämmtlicher Landes— waſſergeſetze (nur Krain § 1) erklärt, daſs „in öffentlichen Gewäſſern der gewöhnliche, ohne beſondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benützung durch andere nicht aus— ſchließende Gebrauch des Waſſers zum Baden, Waſchen, zu hauswirtſchaftlichen Zwecken, Trän— ken, Schwemmen und Schöpfen, dann die Ge— winnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, ſoweit dadurch weder der Waſſerlauf und die Ufer gefährdet, noch ein fremdes Recht verletzt, noch jemandem ein Schade zugefügt wird, gegen Beobachtung der Polizeivorſchriften, an den durch dieſelben von dieſer Benützung oder Gewinnung nicht ausgeſchloſſenen Plätzen jedermann geſtattet iſt“. Die Einſchränkungen, welche demnach der Ge— winnung von Eis entgegenſtehen, ſind: even— tuelle Gefährdung des Waſſerlaufes oder der Ufer, Verletzung eines fremden Rechtes, Be— ſchädigung eines Dritten, polizeiliche (Sicher— heits⸗) Vorſchriften. Steht keines dieſer Hinder— niſſe entgegen, ſo kann Eis in öffentlichen Ge— wäſſern von jedermann gewonnen werden; unter dieſelben Geſichtspunkte, wobei aber regel— mäßig nur polizeiliche Rückſichten maßgebend ſein werden, fällt die Benützung des Eiſes zum Schlittſchuhlaufen und zum Eisſchießen, wie dies in den Alpenländern häufig geübt wird; dieſe Benützungsweiſen des Eiſes ſind daher regel— mäßig freizugeben. Die tiefſtgreifende Einſchränkung erfährt die Gewinnung von Eis aus öffentlichen Gewäſſern durch „fremde Rechte“, indem die Eisgewinnung als lucratives Unternehmen mehrfach ausſchließ— lich erworben und verliehen wird. Schon nach der oben mitgetheilten Textierung des § 15 Landeswaſſerrecht kann ſich niemand einem be— ſtehenden ausſchließlichen Rechte auf Eisgewin— nung gegenüber auf die allgemeine Geſtattung der § 15 berufen, vielmehr wird dieſe durch be— ſtehende Rechte eingeſchränkt. Dieſer wohlbe— gründeten Auffaſſung entſprang auch das Erk. des V. G. H. vom 29. September 1880, 3. 1491 (Budwinski, Bd. IV, Nr. 872). Es wurde von A Beſchwerde geführt, weil er durch Berechtigte 207 an der Eisgewinnung aus der Moldau gehindert wurde, u. zw. unter Berufung auf $ 15 Landes- waſſergeſetz für Böhmen, weil dieſes Geſetz jeder— mann die Gewinnung von Eis in öffentlichen Gewäſſern geſtatte. Die Beſchwerde wurde ab— gewieſen, weil dieſe allgemeine Erlaubnis nur ſo weit eintrete, als nicht Privatrechte entgegen— ſtehen. Zugleich wurde, und das iſt wichtig, an— erkannt, daſs zur Erledigung dieſer Fragen die politiſchen Behörden competent ſeien, da ihnen die Überwachung und Regelung des Gemeingebrauches der Gewäſſer und die Hand— habung des Waſſerrechtsgeſetzes überhaupt ob— liegt und ſie daher auch, um die ihnen über— wieſenen Verwaltungszwecke erfüllen zu können, über den Beſtand derartiger Rechte Erhebungen pflegen und nach dem Reſultate derſelben ihre weiteren Maßnahmen einrichten können, um— ſomehr als dieſen Behörden die Führung des Waſſerbuches, die Eintragung der bereits be— ſtehenden Rechte und im Falle von Anſtänden die Entſcheidung als „competente Behörde“ ob— liegt. Über die behördliche Competenz erkannte in gleicher Weiſe in Betreff der Eisgewinnung in öffentlichen Gewäſſern (Moldau) die Entich. des O. G. H. vom 12. November 1879, Nr. 12.306 (G. U. W., Bd. XVII, Nr. 7648). Im Zuſammenhange damit iſt die Entſch. des O. G. H. vom 12. Mai 1886, Z. 5712 zu erwähnen, in welcher in Betreff der Eisgewin— nung auf einem öffentlichen Fluſſe (Moldau) für die Competenz der Gerichtsbehörden erkannt werden muſste, weil es ſich nicht um die Frage der Eisgewinnung als ſolcher, ſon— dern um eine Beſitzſtörung des Rechtes zur Eis— gewinnung handelte. A übte ſeit vielen Jahren den Beſitz des Rechtes der Eisgewinnung aus, indem er die Eisgewinnung verpachtete und der Pächter ebenfalls dieſes Recht lange Zeit hin— durch ungeſtört ausübte. Plötzlich ließ C durch Arbeiter auf der fraglichen Strecke Eis hacken; der Pächter des A ſtellte die Beſitzſtörungsklage an, und der O. G. H. anerkannte die Berechti— gung dieſer Klage, weil hier alle Merkmale einer Beſitzſtörung (ſ. d.) vorliegen. Gletſchereis iſt als freiſtehende Sache (ſ. d.) jedermann zur Zueignung überlaſſen ($ 287 a. b. G. B. [in Frankreich Staatsgut!). In Tirol ſind die Gletſcher durch Hfd. vom 7. Januar 1839, J. G. S. Nr. 325, als Staatsgut erklärt und gehört demnach auch das Gletſcher— eis zum Staats vermögen. a g In Privatgewäſſern ſteht die Gewin nung von Eis mit den oben in $ 13 der Landes— waſſergeſetze normierten Beſchränkungen dem Beſitzer des Privatgewäſſers zu, u. zw. nach Maß⸗ gabe der Uferlänge des Privatgrundbeſitzes (S 3 der Landeswaſſergeſetze; Krain hat dieſen Para⸗ graphen nicht). „Gehören die gegenüberliegenden Ufer eines fließenden Gewäſſers verſchiedenen Eigenthümern, ſo haben, wenn kein anderes nachweisbares Rechtsverhältnis obwaltet, die Beſitzer jeder der beiden Uferſeiten nach der Länge ihres Uferbeſitzes ein Recht auf die x e⸗ nützung der Hälfte der vorüberfließenden Waſſer⸗ menge ($ 14 aller Landeswaſſergeſetze, Krain hat dieſen Paragraphen nicht), alſo auch das Recht der Eisgewinnung bis in die Mitte des 208 Eis. — Eisbär. Gewäſſers. Bei fließenden Privatgewäſſern darf (nach S 10 aller Landeswaſſergeſetze, Krain hat dieſen Paragraphen nicht) hiebei kein Rück⸗ ſtau, keine Uberſchwemmung oder Verſumpfung fremder Grundſtücke herbeigeführt werden. Weiters beſtimmen die Landeswaſſergeſetze (S 20, Böhmen $ 21, Bukowina und Steier⸗ mark $ 19, Krain 8 6), daſs Waſſeranlagen und Vorrichtungen jo herzuſtellen und zu er- halten ſind, dajs ſie dem Waſſer und dem Eiſe thunlichſt ungehinderten Ablauf laſſen. Die poli⸗ tiſche Behörde hat über Anſuchen eines etwa Beſchädigten in angemeſſener Friſt dem Be— ſitzer der Anlage die Abſtellung der Gebrechen aufzutragen und dieſelbe nach fruchtlos ver— ſtrichener Friſt auf Koſten des Säumigen zu bewerkſtelligen (ſ. Waſſerweſen). Mcht. Eis. (Deutſchland.) Nach dem römiſchen und deutſchen Rechte ſowie nach dem franzöſiſchen Code civil find alle öffentlichen Flüſſe (ſ. Flüſſe) Staatseigenthum, und jede Privatnutzung in denſelben bedarf der Conceſſion des Staates. Privatrechtlich oder durch das Waſſergeſetz (3. B. das bayriſche vom 28. Mai 1852) iſt aber überall der Gebrauch des Waſſers aus öffent— lichen Gewäſſern (auch Seen u. ſ. w.) durch Schöpfen, Baden, Waſchen und Tränken jedem un verwehrt, vorbehaltlich der Polizeivorſchriften und des Rechtes der Uferbeſitzer zum Verbote des Durchganges durch ihre Grundſtücke. Das preußiſche Geſetz vom 28. Februar 1843 über die Benützung der Privatflüſſe geſtattet dieſe Nutzung auch jedermann in jenen Theilen der Privatflüſſe, welche von Wegen oder öffentlichen Plätzen begrenzt ſind, und das bayriſche Waſſer— geſetz geht noch weiter, indem es in fraglicher Beziehung die Privatflüſſe und Bäche gleich den öffentlichen dem allgemeinen Gebrauche unter— ſtellt. In allen dieſen Fällen iſt aber von der Gewinnung von Eis, deſſen ausgedehnte Ver— wendung überhaupt erſt unſeren Tagen ange— hört, keine Rede, und es iſt dieſelbe daher in öffentlichen Gewäſſern, wie die Entnahme von Sand, Kies u. ſ. w., an die Genehmigung der Staatsbehörden geknüpft, in Privatflüſſen aber Fremden nicht geſtattet. In Privatgewäſſern ſteht jedem Miteigen- thümer nach Maßgabe ſeiner Berechtigung und unbeſchadet der Rechte Dritter die Eisnutzung zu. Durch den Gebrauch (ſ. Erſitzung) kann an öffentlichen Gewäſſern weder ein Eigenthum noch eine Servitut erworben werden. Eine Ser— vitut zum Waſſerſchöpfen oder Viehtränken in Privatgewäſſern berechtigt nicht zur Gewinnung von Eis, da Servituten immer ſtreng auszu— legen ſind. Gletſchereis kommt in den deutſchen Alpen nicht vor. Das Schlittſchuhlaufen, Eisſchießen u. f. w. auf öffentlichen Gewäſſern iſt, abgeſehen von polizeilichen Vorſchriften, wohl überall freige— geben. At. Eisbär, der. Thalassaretos polaris. Ursus maritimus Linné. Obwohl auf den erſten Blick hin mit dem europäischen Landbären in Bezug auf die Ge- ſtalt ähnlich, iſt der Eisbär von dieſem dennoch in ſeinem Körperbau ſcharf unterſchieden. Der Kopf iſt verhältnismäßig länger und ſchmäler, die Schnauze mehr zugeſpitzt, die Ohren ſind kürzer, die Naſenlöcher größer, der Hals länger und dünner, der ganze Leib geſtreckter; die Sohlen ſind viel länger und breiter und die Zehen der Vorder- und Hinterpranten zur Hälfte mit Schwimmhäuten verbunden. Die Haut iſt weit dichter behaart, ja ſelbſt die Fußſohlen ſind mit langen Grannen beſetzt. Naſe, Augen⸗ ringe und Waffen ſind ſchwarz, die Lippen⸗ ränder und die Zunge ſchwarzgrau, die Mund⸗ höhle ſchwarzviolett. Die Behaarung iſt weiß, bei manchen Exemplaren ſtellenweiſe gelblich angehaucht. Die Körperlänge beträgt bis 3 m, die Widerriſthöhe bis 170 em, die Länge des Bürzels 12— 15 em. Das Gewicht variiert je nach der Jahreszeit und individuell außer⸗ ordentlich. Die Weibchen ſind ſtets bedeutend ſchwächer. Die Verbreitung der Eisbären erſtreckt ſich über das circumpolare Gebiet nördlich des 55. Breitegrades; vorzugsweiſe bilden die Küſten des Eismeeres ſeine Heimat, von wo aus er, aber immer nur vereinzelt und ſelten, auf Eis⸗ ſchollen treibend weite Wanderungen bis in den Atlantiſchen und Stillen Ocean, an die Küſten Norwegens, Islands und des europäiſchen Ruſsland unternimmt; Parry begegnete einſt auf hoher See zwei Eisbären, etwa 20 Meilen vom nächſten Ufer entfernt. Häufig iſt er in Grönland, auf Spitzbergen und Novaja Semlja, im arktiſchen Amerika bis an die Küſten der Hudſonsbay, der Baffinsbay und von Labra⸗ dor, ferner an den Küſten Sibiriens, nament⸗ lich öſtlich der Mündung des Jeniſei, in Neu- ſibirien und auf den Bäreninſeln. Im allge⸗ meinen iſt der Eisbär infolge der ihm zutheil werdenden Nachſtellungen ſchon weit ſeltener geworden, als er früher war; namentlich iſt dies im ſüdlichen und mittleren Theile Grönlands ſowie auf den Weſtufern von Spitzbergen und Novaja Semlja der Fall. Die Paarzeit (Bärzeit) der Eisbären liegt etwa im September. Nach derſelben ziehen ſie ſich in ihre Lager zurück, halten jedoch keinen eigentlichen Winterſchlaf; die Lager ſind etwa 1 Faden tiefe in den Schnee gegrabene Höhlen mit zwei Eingängen. Im April bärt die Bärin ein oder zwei Junge, welche anfangs die Größe eines Kaninchens haben und weiß bewollt ſind. Sie werden von der Bärin bis zu ihrer Selb⸗ ſtändigkeit mit größter Sorgfalt gepflegt und im Nothfalle mit der größten Hartnäckigkeit vertheidigt. Der Angriff auf eine Eisbärin, die Junge bei ſich führt, iſt daher in jedem Falle lebensgefährlich, im allgemeinen jedoch ſind die Schilderungen vieler Reiſenden, welche den Eis⸗ bären als eines der grimmigſten und aggreſſivſten Raubthiere hinſtellen, bei weitem übertrieben und unwahr. Im Gegentheile iſt der Eisbär ſehr ſcheu, ja faſt furchtſam und wird dem Menſchen nur wenn er verwundet iſt oder der Hunger ihn drängt, wirklich gefährlich. Der Eisbär raubt vorzugsweiſe Fiſche, Robben und junge Walroſſe; drängt ihn der Hunger, ſo greift er in Geſellſchaft auch Ren⸗ thiere an; im Nothfalle nimmt er mit Lemmingen, ja ſelbſt mit Wurzeln und Beeren vorlieb. Aas nimmt er jederzeit begierig an, namentlich ſam⸗ meln ſich z. B. um einen todten Walfiſch oft viele, bis 20, 30 und mehr Eisbären an. Zu gemeinſamer Jagd ſammeln ſich die Eisbären auch regelmäßig zwiſchen Spitzbergen und Grön— land im Herbſte, wo hier tauſende von jungen Robben erſcheinen. Dort lauern ſie dann, oft hinter förmlichen Bruſtwehren von Schnee, an den Athemlöchern der Robben im Eis; ſobald die Robbe ausgetreten iſt, ſchleudert ſie der Eisbär mit einem Brantenſchlage weit vom Athemloche fort und bemächtigt ſich dann des am Lande vollends unbehilflichen Thieres. Die Gewerbsjäger auf den arktiſchen Inſeln ſtellen dem Eisbären nach Kräften nach, da einerſeits ſeine Haut ſowie ſein Fett geſchätzt ſind, andererſeits weder der Inhalt der Fallen noch bei den Wohnungen aufgeſtapelte Vorräthe vor ihm ſicher ſind; auch wird das Fleiſch häufig genoſſen, die Tſchuktſchen betrachten es als Leckerbiſſen, und Goldway, welcher es bei ſeiner Polarexpedition wiederholt genoss, be— zeichnet es als ſchmackhaft. In der Gefangenſchaft hält ſich der Eisbär bei entſprechender Pflege ziemlich gut, durch— ſchnittlich 15 Jahre. Im Zoologiſchen Garten ſetzte eine Bärin ſogar 2 Junge, fraſs ſie aber nach einigen Stunden auf. v. Mzr. Eisbein, das, richtiger Iſchbein, vom It. os ischium — Hüftknochen, holl. ijsbeen, ſchwed. isben, die beiden das Schloſ s bildenden Knochen, alſo das Hüft- und Schlüſſelbein. „Ein Eiß-Bein wird ein halb theil von dem ſchloſſe genannt.“ J. Täntzer, Ed. I, 1682, fol. 11. — „Eißbein wird ein halb Theil von dem Schloſſe eines Thieres genannt, wann aber beyde noch beyſammen, jo heißet es das Schlois.“ Fleming, Ed. I, 1729, I., fol. 106. — „Eiß⸗ bein, wird benennet dasjenige Bein, welches die hintern Läufe oder Schlegel zuſammenhält und den Schluſs macht.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — J. A. Großkopff, Weidewercks⸗Lexicon, 1739, p. 93. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 146. — Abweichend und un zutreffend iſt folgende Erklärung: „Die Dün— nungen, ſo die Geſcheide umſchließen, heißen die Eis-Beine oder die Flancken.“ Döbel, Ed.], 1746, I., fol. 17. — Onomat. forest. I., p. 570. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 48. — Grimm, D. Wb. III., p. 362. — Sanders, Wb. I., p. 109 c. E. v. D. Eisbrecher haben den Zweck, die Joche und Mittelpfeiler von Brücken gegen Eisgang und zum Theil gegen die Einwirkung des Trift- holzes in Triftſtraßen zu ſchützen. Man unter— ſcheidet einfache und doppelte Eisbrecher; bei den gewöhnlichen Brücken finden nur die erſteren Anwendung. Der Eisbrecher beſteht aus einer Reihe von Pfählen a (Fig. 266), von denen die zwei längſten unter einem Winkel von 60-70 mit einer Stellramme eingeſchlagen werden. Unter der Linie des tiefſten Waſſer— ſtandes ſind die Pfähle mit einer verſchraubten doppelten Gurtung b verbunden und erhalten am Kopfe einen Zapfen zur Aufnahme des Eis— baumes c. Dieſer wird außer der Verzapfung noch durch eiſerne Schienen mit den Pfählen verbunden. Auch iſt ſein unteres Ende in die Eisbein. — Eiſen. 209 Gurtung eingezapft. Der Eisbaum erhält eine Neigung von 35—42° und wird auf dem Rücken mit Schienen armiert. Die Gurthölzer werden an jenen Stellen, wo ſie an die Pfähle treffen, ausgeſchnitten, jo zwar dafs ſie letztere Fig. 266. Eisbrecher. a Grundpfähle, b Gurtung, e Eisbaum. vollſtändig einſchließen, bezw. ſich berühren. Über⸗ dies werden ſie noch mittelſt Schraubenbolzen mit jedem einzelnen Pfahle verbunden. Ofter erhält der Eisbrecher noch eine beiderſeitige Verſchalung aus 8 em dicken Bohlen und iſt unmittelbar vor das Brückenjoch zu ſtellen, aber keinesfalls etwa mit dieſem ſelber zu ver— binden. Fr. Eiſchale, ſ. Eihüllen. Knr. Eiſchnüre, ſ. Eiablage. Kur. Eiſen, Fe = 36, iſt ein zweiwertiges, un⸗ edles Metall, welches gediegen nur ſelten (in Meteorſteinen) vorkommt, hingegen in ſeinen Verbindungen in allen drei Naturreichen weit verbreitet iſt. Als Material zur Herſtellung von Geräthſchaften, Werkzeugen und Maſchinen hat es die größte Bedeutung für das praktiſche Leben. Im großen wird das Eiſen durch Re— duction der Eiſenerze beim Hochofenproceſs (ſ. d.) gewonnen, jedoch nie in reinem Zuſtande, ſondern gemengt und verbunden mit größeren oder geringeren Mengen Kohlenſtoff, wohl auch Silicium, Phosphor, Schwefel, Arſen. Chemiſch reines Eiſen kann man darſtellen, wenn man fein geſchnittenen Eiſendraht mit reinem Eiſenoxyd mengt und in einem Tiegel unter einer Decke von metallfreiem Glaſe bei ſtarker Weißglühhitze ſchmilzt, wobei die in dem Eiſen noch enthaltene Kohle durch den Sauer— ſtoff des Eiſenoxyds verbrannt wird. Alle etwa noch vorhandenen Unreinigkeiten gehen hiebei nebſt dem überſchüſſigen Eiſenoxyde in die aus dem Glaſe ſich bildende Schlacke, während das reine Eiſen als geſchmolzene Maſſe im unteren Theile des Tiegels ſich anſammelt. Das durch Waſſerſtoffgas in der Glühhitze reducierte Eiſen aus reinem Eiſenoxyd (kerrum hydrogenio reductum der Apotheken) enthält gewöhnlich noch Eiſenoxydul beigemengt. Auch noch auf andere Weiſe kann man chemiſch reines Eiſen erhalten, ſo z. B. durch Elektrolyſe und durch Glühen von Eiſenchlorür in Waſſerſtoffgas; hiebei erhält man das Eiſen in kleinen hexas— driſchen Kryſtallen. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 14 210 Eiſen. Chemiſch reines Eiſen iſt ein glänzendes, faſt ſilberweißes, ſehr ſtrengflüſſiges Metall von 78% ſpecifiſchem Gewicht; es iſt noch weicher als Schmiedeeiſen, iſt auch noch hämmerbarer als dieſes, hat aber eine geringere Feſtigkeit. Je nach dem größeren oder geringerem Kohlenſtoffgehalt unterſcheidet man Roheiſen mit 3% Kohlenſtoff, Stahl mit ½ bis 1½ % und Schmiedeeiſen mit höchſtens / / Koh— lenſtoff. In techniſcher Hinſicht hat man das Eiſen claſſificiert: I. Nicht ſchmiedbares und nicht ſtreckbares Eiſen, leicht ſchmelzbar: Roheiſen. A. Mit amorphem Kohlenſtoff: Weißes Roheiſen. Zu dieſem gehören: Spiegeleiſen, blumige, ſtrahlige, luckige und ge— krauste Floſſen; abgeſchrecktes Weißeiſen, Weiß- eiſen vom Gaar- und Rohgange. B. Mit Graphitgehalt: Graues Roheiſen oder Guſseiſen mit den Unterarten: ſchwarzgraues, graues, gaares und halbiertes Roheiſen. II. Schmiedbares und ſtreckbares Eiſen, ſchwer ſchmelzbar: Schmiedeeiſen und Stahl. C. Nicht härtbar: Schmiedeeiſen oder Stabeiſen. a) Im nichtflüſſigen Zuſtand erhalten: Schweißeiſen; je nach der Darſtellungsart: Renneiſen, Herdeiſen, Friſcheiſen, Puddeleiſen und geſchweißtes Paketeiſen. b) Im flüſſigen Zuſtande erhalten: Fluſs— eiſen; Beſſemereiſen, Martineiſen, Siemens- eiſen. D. Härtbar: Stahl; je nach der Daritel- lung zu unterſcheiden: a) Stahl aus Schmiedeeiſen durch Zu— führung von Kohle: Wootz, Cementſtahl, Parrys Cupolofenſtahl, Chenots Stahl aus Eiſenſchwammgerbſtahl. b) Stahl aus Roheiſen durch Entkohlung: Glühſtahl, Friſchſtahl oder Schmelzſtahl, Herd— ſtahl, Puddelſtahl, Beſſemerſtahl. c) Stahl direct aus Erzen: Rennſtahl. d) Stahl aus Roheiſen und Eiſenerz (Erz- ſtahl), Uchatiusſtahl. e) Stahl aus Schmiedeeiſen und Roheiſen (Fluſsſtahl): Beſſemerſtahl, Tiegelfluſsſtahl, Martinſtahl. f) Umgeſchmolzener Stahl: Gujsitahl. g) Zuſammengeſetzte Stahlarten: Wolfram— ſtahl, Manganſtahl, Titanſtahl, Nickelſtahl, Silberſtahl. Beim Hochofenproceſs, durch welchen das Roheiſen aus Eiſenerzen durch Reduction des Oxydes und Entfernung der Beimengungen (meiſt Thon= oder Kieſelerde) durch Schlacken— bildung gewonnen wird, unterſcheidet man: a) das mechaniſche Aufbereiten der Eiſen— erze, bei welchem die Erze ſortiert und zertheilt werden (Eiſenerze unter 20% Eiſen heißen arm, und ihre Verarbeitung iſt unrentabel, Erze über 50% Eiſen geben nicht den größten Ausnützungs⸗ effect); b) das Röſten, durch welches die Erze aufgelockert und die flüchtigen Beſtandtheile ausgetrieben werden; c) das Gattieren, die Siemens' Vermiſchung reicher und armer Erze, jo dafs ein Durchſchnittsgehalt von ca. 40% Eiſen er⸗ reicht wird; gleichzeitig wird durch Beimen— gungen von Kalkſtein oder Quarz (die Zu⸗ ſchläge) eine zur Bildung von Schlacke (Thon⸗ erde-Kalkglas; Verwendung zu Bauſteinen und Schlackenwolle) geeignete Miſchung hergeſtellt; d) das Beſchicken, d. h. das Vermengen der Erze, Zuſchläge und Brennmaterial und Ein- bringen des Gemenges in den Hochofen; e) den eigentlichen Schmelzungsproceſs. Das ſo gewonnene Roheiſen iſt je nach der Art und Menge der Beimengungen ent⸗ weder weißes, graues oder halbiertes (Forellen- Eiſen. Das weiße Roheiſen enthält 5—6 % Kohlenſtoff, iſt ſilberweiß, leichter ſchmelzbar als das graue, aber dickflüſſiger. Das graue Roheiſen enthält 0˙5—2 % Kohlen- ſtoff, iſt hellgrau bis dunkelſchwarz, ſchwerer ſchmelzbar, aber dünnflüſſig. Das halbierte Roheiſen iſt eine Vereinigung von weißem und grauem in einem Stück. Die Guſsſtücke werden entweder direct aus dem Hochofen oder nach vorherigem Umſchmelzen der Gänze in Tiegeln, Flammenöfen oder Cupolöfen hergeſtellt und können durch Ad ou⸗ cieren oder Tempern weicher gemacht werden. Das Roheiſen iſt nicht ſchweiß- und ſchmied⸗ bar, ſpröde und nicht elaſtiſch. Der grauweiße, ſehr feinkörnige, politur- fähige, ſchmiede- und ſchweißbare, ſehr harte und ſpröde Stahl wird dargeſtellt entweder durch theilweiſe Entkohlung von Roheiſen (Roh⸗ oder Schmelzſtahl), oder durch Vermehrung des Kohlenſtoffgehaltes des Schmiedeeiſens (Cement- oder Brennſtahl), oder durch Zuſammenſchmelzen von Roheiſen und Schmiedeeiſen. Die Ent⸗ kohlung des Roheiſens geſchieht entweder durch Friſchen auf den Friſchherden (Friſchſtahl) oder durch Puddeln in den Puddelöfen (Pud— delſtahl) oder durch Einblaſen von Luft in weiß⸗ glühendes Roheiſen (Beſſemerſtahl). Bei der Fabrication des Cementſtahles wird Schmiedeeiſen in luftdicht verſchloſſenen Käſten mit Kohlenpulver und Cyanverbindungen längere Zeit erhitzt. Beim Erhitzen an der Luft nimmt der polierte Stahl verſchiedene Farben an (220° gelb, 240° ſtrohgelb, 260° purpurroth, 280° hellblau, 300° dunkelblau, 320° ſchwarzblau), wodurch der Grad ſeiner Härte und Elaſtieität, der von der Temperatur abhängt, beſtimmt werden kann. Zur Herſtellung des Schmiede- eiſens verwendet man faſt ausſchließlich weißes Roheiſen, deſſen Kohlenſtoff auf Friſchherden oder in Flammenöfen (Puddelöfen) verbrennt, während gleichzeitig das oxydierte Silicium mit dem entſtandenen Eiſenoxydul als Schlacke ent⸗ fernt wird. Die entkohlte Eiſenmaſſe wird unter einem Hammer noch tüchtig durchgearbeitet. Schmiedeeiſen iſt hellgrau, ſchweißbar, hämmer⸗ bar, dehnbar. Ein Gehalt an Schwefel, Arſen oder Kupfer macht es rothbrüchig, ein ſolcher an Phosphor kaltbrüchig, durch Kieſel wird es faulbrüchig (hart, mürbe), durch Calcium hadrig (verliert die Schweißbarkeit). Das Stabeiſen wird zur Blech- und Drahtgewinnung verwendet. Eiſen. 211 Von den Verbindungen des Eiſens mit Sauerſtoff haben allgemeineres Intereſſe das Eiſenoxydul und das Eiſen oxyd und dieſe weniger für ſich als in ihren Salzen. Eiſenoxydul, FeO, Eiſenhydroxydul, H. FeO,; erſteres entſteht beim Glühen des Eijen- oxydes in einem Gemenge von Kohlenoxyd- und Kohlenſäuregas als ein ſchwarzes, unmag— netiſches Pulver. Wird Eiſen in verdünnten Säuren gelöst, ſo bilden ſich Eiſenoxydulſalze, durch Zuſatz von Alkalien zu den Löſungen derſelben erhält man einen weißen Niederſchlag von Eiſenhydroxydul, der ſehr ſchnell Sauer- ſtoff aufnimmt und alsdann grau, grün und zuletzt gelbbraun wird. Eiſenoxydul färbt das Glas grün. Größere Bedeutung haben von den Eiſen— oxydulſalzen das ſchwefelſaure, das kohlen— ſaure und das phosphorſaure Eiſen— orydul. Das ſchwefelſaure Eiſenoxydul (Fer⸗ roſulfat), FeSO,, wird im großen durch Röſten, Verwitternlaſſen und Auslaugen von Schwefel- kies erhalten und findet Verwendung in der Färberei und als Desinfectionsmittel. Ahnlich dem Gips wird es auch zur Bindung des Am— moniaks dem Stallmiſt und der Jauche zugeſetzt. Die Annahme, dafs die Eiſenoxydulſalze Gift für die Pflanzen ſeien, iſt nur bezüglich con— centrierter Löſungen richtig. Das kohlenſaure Eiſenoxydul (Ferro— carbonat), FeCO,, natürlich als Spateiſenſtein vorkommend, iſt in kohlenſäurehaltigem Waſſer löslich und findet ſich in vielen Stahlwäſſern (Pyrmont, Spaa). Das phosphorſaure Eiſenoxydul (Eiſenphosphat), Fe, (PO,),, iſt im Boden ziem⸗ lich weit verbreitet, hie und da kommt es in größeren Lagern als „Blaueiſenerde“ vor. Die Eiſenoxydulſalze nehmen gern Sauer— ſtoff aus der Luft auf und orydieren ſich höher; dieſe Eigenſchaft läſst eiſenoxydulhaltige Mi— neralien raſch verwittern. Andererſeits entſtehen Eiſenoxydulſalze, wenn Eiſenoxyd bei Abſchluſs der Luft und Gegenwart von Waſſer mit orga— niſchen Körpern in Berührung kommt. Dieſe Reduction läſst ſich oft an verſumpften und an organiſchen Stoffen reichen Stellen auf Wieſen und in Wäldern beobachen. In der Ackerkrume, wo jedes Bodentheilchen mit der Luft in Berührung iſt, wird gewöhnlich nur Eiſenoxyd, im Untergrund aber, wohin der Luftzutritt ein beſchränkter iſt, meiſt Eiſenoxydul gefunden. Eiſenoxyd, Fe. Oz, und Eiſenhydro— yd, Hs Fe 0, erſteres findet ſich kryſtalliſiert in dem Eiſenglanz, dunkel, eiſenſchwarz, ſtark glänzend. Künſtlich wird es durch Glühen eines Gemenges von Eiſenchlorid und Waſſerdampf ſchwarz und kryſtalliſiert erhalten. Im großen wird es als Abfall (Caput mortuum) bei der Bereitung der Nordhäuſer Schwefelſäure ge— wonnen. Es dient zur Gewinnung metalliſchen Eiſens, als Poliermittel und Malerfarbe. Das Eiſenhydroxyd findet ſich als Eiſenroſt und Brauneiſenſtein. Das mit Ammoniak aus Eiſen— oxydſalzen ausgefällte wird als Gegenmittel bei Vergiftungen mit arſeniger Säure ange— wendet. Im Ackerboden findet ſich das Eiſen— hydroxyd weit verbreitet und ſcheint dort eine viel wichtigere Rolle zu ſpielen, als man ge— wöhnlich annimmt. Es dient als Oxydations- mittel, vermag ähnlich der Thonerde Ammoniak und Phosphorſäure zu abſorbieren und zu binden und liefert den Pflanzen den nöthigen Bedarf an Eiſen. Eiſenoxyd färbt das Glas gelb. Von den Sauerſtoffſalzen des Eiſen⸗ oxydes hat für den Forſt- und Landwirt nur das phosphorſaure Eiſenoxyd, Fe. (PO) + 4H 0, welches in manchen Phosphoriten, im Raſeneiſenſtein und im Grüneiſenſtein vorkommt, Intereſſe. Eiſenoxyduloxyd, Fe,O,, kommt als Magneteiſenſtein, eines der beſten Eiſenerze, natürlich vor; auch bei der Darſtellung von Waſſerſtoff durch Hinüberleiten von Waſſer— dampf über glühendes Eiſen bildet ſich Eiſen— oxyduloxyd. Von den Verbindungen des Eiſens mit Schwefel find das einfach und zweifach Schwefel- eiſen zu nennen. Einfach Schwefeleiſen (Ferroſulfür), Fes, erhält man beim Glühen von Eiſenfeil— ſpänen mit Schwefel im Verhältnis von 7:4 gemengt als braune, bronzefarbene Maſſe, die zur Darſtellung von Schwefelwaſſerſtoff Ver⸗ wendung findet. Wird ein Eiſenſalz durch Schwe— felammonium gefällt, ſo bildet ſich ſchwarzes, waſſerhaltiges Schwefeleiſen. Zweifach Schwefeleiſen (Eiſenbiſulfid), FeS,, findet ſich als meſſinggelber, metall— glänzender Schwefelkies und als graugelber Waſſer⸗ oder Sperrkies. Schwefelkies dient zur Gewinnung des Schwefels und zur Darſtellung der engliſchen Schwefelſäure. Von den Haloidſalzen des Eiſens haben größere Bedeutung das Eiſenchlorür und Eiſen— chlorid ſowie die Cyanverbindungen des Eiſens. Eiſenchlorür (Ferrochlorür), Fele, ent- ſteht durch Auflöſen von Eiſen in Salzſäure, aus welcher Löſung dasſelbe in blaſsgrünen, zerfließlichen Kryſtallen ſich ausſcheidet. Eiſenchlorid (Ferridchlorür), Fe,Cl,, wird erhalten durch Auflöſen von Eiſen in Königswaſſer, iſt in Waſſer, Alkohol und Ather löslich. Mit dem Cyan geht das Eiſen zwei Ver bindungen ein: Eiſeneyanür, FeCy,, und Eiſencyanid, Fe,Cy,, die beſonders durch ihre Verbindungen Wichtigkeit gewinnen. Von dieſen letzteren ſind zu nennen: das Kalium— eiſeneyanür, Kaliumeiſencyanid, Eiſencyanür— cyanid und das Nitropruſſidnatrium (f. d.). Die hauptſächlichſten Reactionen auf Eiſen ſalze ſind folgende: Mit Eiſenoxydulſalzen geben Alkalien einen weißen Niederſchlag von Eiſenhydroxydul, der ſich ſofort oxydiert, ſchmutziggrün und braun roth wird; Schwefelammonium fällt in neu- tralen und alkaliſchen Löſungen ſchwarzes Schwe feleiſen; kohlenſaure Alkalien fällen weißes kohlenſaures Eiſenoxydul; Kaliumeiſencyanür gibt einen weißen Niederſchlag, der ſich ſofort bläut; Kaliumeiſencyanid gibt einen blauen Niederſchlag (Turnbulls Blau); Galläpfeltinctur 14 * 212 Eiſen. — Eiſenbahnen. gibt in ganz reinen Eiſenoxydulſalzen keinen Niederſchlag. In Eiſenoxydſalzen fällen Alkalien rothbraunes Eiſenhydroxyd, das in Ammoniak unlöslich iſt; kohlenſaure Alkalien hellrothes Eiſenhydroxyd; Schwefelammonium in neu⸗ tralen und alkaliſchen Löſungen Schwefeleiſen; Kaliumeiſencyanür Berlinerblau; Kaliumeiſen— cyanid gibt keinen Niederſchlag, färbt aber die Löſung braun; Galläpfeltinetur liefert einen blauſchwarzen Niederſchlag; eſſigſaures Kali gibt in neutralen Löſungen blutrothes eſſig— ſaures Eiſenoxyd; Rhodankalium färbt ſaure Eiſenoxydlöſungen blutroth. Das Eiſen gehört zu den für Pflanze und Thier nothwendigen Stoffen. In den Pflanzen, denen es am beſten in der Form von phosphor— ſaurem Eiſenoxyd geboten wird, iſt es unent— behrlich zur normalen Ausbildung des Chloro- phylls. Pflanzen, welchen Eiſen fehlt, werden gelbſüchtig (chlorotiſch) und können wegen man— gelnder Ausbildung des Chlorophyllapparates nicht mehr aſſimilieren. Abgeholfen kann dieſem Übel werden durch Begießen mit verdünnten Eiſenſalzlöſungen; auch das Beſpritzen der Blätter mit ſolchen Löſungen iſt empfehlens— wert. Manche Pflanzen ſind überaus reich an Eiſen; ſo enthält z. B. die Aſche der abge— fallenen Früchte der Sumpfpflanze Trapa natans 68˙6 % Eiſenoxyd. Im Thierkörper iſt das Eiſen zwar nicht in großen Mengen zu finden (im Blute eines 140 Pfund ſchweren Mannes ſind 34996 g Eiſen vorhanden; der Procentgehalt der Blut— aſche verſchiedener Thiere ſchwankt zwiſchen 3˙89 [Huhn] und 12°75%, [Hund !), ſcheint aber ſehr wichtige Functionen zu erfüllen und beſonders als weſentlicher Beſtandtheil des Blutfarbſtoffes bei dem Chemismus der Athmung eine Rolle zu ſpielen. Dotter und Weißes des Eies unter— ſcheiden ſich bezüglich des Eiſengehaltes, in der Dotteraſche wurden 145%, in der des Weißen des Eies nur 034% Eiſenoxyd gefunden. Re— lativ reich an Eiſen ſind die Galle und die Haare. In welcher Verbindungsform das Eiſen im Blute vorkommt, weiß man bis jetzt nicht; die größte Wahrſcheinlichkeit hat wohl die An— ſicht, daſs es in organiſcher Verbindung auf— tritt. Es gelangt durch Nahrung und Getränke in den Körper (ſ. Metalle und Blut). v. Gn. Eiſen, das, allgemeiner Ausdruck für eiſerne Fangvorrichtungen. „Eiſſen, es giebt verſchie— dene Maſchinen, womit man die Raub-Thiere abfanget, als da ſind die ſogenannten Schwan— Hälſe, oder Berliner Eiſſen, item die Teller— Eiſſen, Fang-Eiſſen und dergleichen davon theils Wolfs-Eiſſen, Fuchs- und Marder-Eiſſen, jedes nach ſeiner Größe und Force, genennet werden.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, p. 94. — „Eiſen, hierunter wird verſtanden alles dasjenige Eiſenwerk an Fallen, ſo ein Jäger zu ſeiner Profeſſion benöthigt iſt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 130. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 48. — Hartig, Lexik., p. 151. — Grimm, D. Wb. III., p. 365. — Sanders, Wb. I., p. 358 c. E. v. D. Eiſenbahnen. (Legislatur in Oſter⸗ reich.) Der Einfluſs, welchen die Eiſenbahnen. auf die Forſtwirtſchaft ausüben, iſt ein mehr⸗ facher: Die Bewirtſchaftung der längs Eijen- bahnen gelegenen Waldungen kann mehr oder minder tiefgreifenden Modificationen unter- worfen werden; ferner können Waldtheile zur Anlage einer Eiſenbahn benöthigt und im Noth— falle enteignet werden; außerdem ſind dem Wald⸗ eigenthümer mehrfache Beſchränkungen zu gunſten. der Eiſenbahnen geſetzlich auferlegt; der Wald iſt durch die Eiſenbahnen Beſchädigungen aus⸗ geſetzt; das Betreten des Bahnkörpers iſt unter⸗ jagt; endlich ſind jene Normen zu jfizzieren, welche bezüglich der Waldbahnen beſtehen. Zu gunſten von Eiſenbahnen, welche durch bewaldete Gegenden führen, kann, wenn dies nöthig und durch die politiſche Behörde die Nothwendigkeit anerkannt iſt, die Bannlegung verfügt werden. Neben der jog. „ſtrengen“ Bann⸗ legung kann auch eine „beſchränkte Bannlegung“ (wie es in den ſeither aufgelaſſenen „Mitthei- lungen des Ackerbauminiſteriums“ vom Jahre 1873 heißt) platzgreifen. Dieſelbe iſt in den oberhalb des Bahnkörpers gelegenen Wald— theilen nothwendig und bezieht ſich auf Hint— anhaltung der Gefährdung des Bahnkörpers oder Betriebes durch unvorſichtige Fällung oder Abbringung des Holzes. Entſchädigung für dieſe Beſchränkungen iſt nach §8 19 F. G. und dem Erlaſſe der Mini- ſterien für Ackerbau und Handel vom 30. De— cember 1874, Z. 14.005, im Wege des Expro⸗ priationserkenntniſſes zu ermitteln (ſ. Bann— legung und Enteignung). Wenn eine Eiſenbahn gebaut werden ſoll, jo ſteht dem Unternehmer das Enteignungsrecht, „inſoweit zu, als die Gemeinnützigkeit des Unternehmens von der hiezu berufenen ſtaat— lichen Verwaltungsbehörde anerkannt iſt“ (8 A des Eiſenbahnexpropriationsgeſetzes vom 18. Fe- bruar 1878, R. G. Bl. Nr. 30; ſ. Enteignung). Hiebei iſt durch das Gericht zunächſt der ge— meine Wert jedes Grundſtückes zu beſtimmen und hierauf die Abſchätzung der durch die Ent⸗ eignung entſtehenden Wirtſchaftserſchwerniſſe zu veranlaſſen (Entſch. d. O. G. H. vom 5. Mai 1874, Nr. 4211, G. U. W., Bd. XII, Nr. 5355). Wenn der Grundbeſitzer mit der Schätzung nicht zufrieden iſt, ſteht ihm zur Veranlaſſung einer neuen Schätzung nur der ordentliche Rechtsweg offen, jo dajs dieſelbe nicht durch die politische Behörde neuerlich vorgenommen werden kann (Entſch. d. O. G. H. vom 20. Mai 1873, Nr. 5092, G. U. W., Bd. XI, Nr. 4975). Wirtſchaftser⸗ ſchwerniſſe müſſen ſofort bei Durchführung der Expropriation in Anſchlag gebracht werden; ſpäter können derartige Anſprüche nicht mehr erhoben werden. So hat der V. G. H. mit Erk. vom 22. Juni 1878, 3. 875 (Budwinski, Bd. II, Nr. 289), die nachträgliche Geltendmachung von Entſchädigungsanſprüchen wegen der durch Grundſtücksdurchſchneidung veranlaſsten Wirt- ſchafts-(Zugangs-) Erſchwerniſſe abgewieſen. — Gerichtliche Deponierung des behördlich feſtge— ſtellten Entſchädigungsbetrages iſt der Baraus⸗ zahlung desſelben völlig gleichgeſtellt (Entſch. d. O. G. H. vom 14. October 1874, Nr. 10.817, Be Eiſenbahnen. G. U. W., Bd. XII, Nr. 5503, und Geſetz vom 29. März 1872, R. G. Bl. Nr. 39, § 1). Die | Beſitzergreifung eines Grundſtückes durch die Eiſenbahngeſellſchaft ohne (vor) Expropriations— erkenntnis involviert eine Beſitzſtörung (Entſch. d. O. G. H. vom 18. Januar 1870, Nr. 417, G. U. W., Bd. VIII, Nr. 3667). Zu bemerken iſt hier, daſs die zu gunſten einer Eiſenbahn— geſellſchaft expropriierten Grundſtücke nicht öf— fentliches Gut werden, ſondern ins Privat— eigenthum des Beſitzers (der Bahngeſellſchaft) kommen. Für dieſelben beſteht eine eigene Art von öffentlichem Buch, nämlich das Eiſen⸗ bahnbuch (Geſetz vom 19. Mai 1874, R. G. Bl. Nr. 70; für Ungarn Geſ. Art. I ex 1868, ddo. 7. April 1868). Die Eiſenbahnen können den Waldungen gefährlich werden, insbeſondere durch Fun— kenflug. Die Erſatzpflicht der Eiſenbahnen in dieſer Richtung iſt in der Literatur mehrfach beſtritten, und beruft ſich die einſchränkende Interpretation insbeſondere auf § 1305 a. b. G. B., nach welchem derjenige, der „von ſeinem Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken Ge— brauch macht, den für einen anderen daraus entſpringenden Nachtheil nicht zu verantworten hat“. Hienach würde die Eiſenbahngeſellſchaft 3. B. einen durch Funkenſprühen verurſachten Waldbrand nur dann zu vertreten, bezw. Erſatz zu leiſten haben, wenn ihr ein Verſchulden, alſo 3. B. nachgewieſen werden könnte, dajs ſie keine entſprechenden Funkenfänger in Verwendung habe. Auf dieſem Standpunkte ſteht z. B. Randa („Eigenthumsrecht“, p. 142 ff.) und die Entſch. d. O. G. H. vom 30. December 1859, Nr. 13.948, G. U. W., Bd. II, Nr. 948. Dieſe Entſcheidung geht einerſeits von den SS 1305 und 1306 a. b. G. B. aus, andererſeits davon, daſs eine regelrecht conceſſionierte Eiſenbahn zum Be— triebe berechtigt, dafs „das Ausſprühen der Funken aus dem Schornſteine der Locomotive mit dem Eiſenbahnbetriebe untrennbar (2) ver- bunden iſt“ und der durch Funkenflug verurſachte Waldbrand nicht der Bahngeſellſchaft zur Laſt gelegt werden kann, weil ein Verſchulden nicht vorliegt. Anderer Anſicht iſt z. B. Pfaff (Über Schadenerſatz), Mages (Nachbarrecht), neueſtens insbeſondere auch Joſ. Unger in Grünhuts Zeitſchrift für das Privat- und öffentliche Recht, XIII. Bd., 1886, p. 715 ff., ſpeciell p. 728 ff. (Zur Lehre vom öſterreichiſchen Nachbarrechte) Uu. a., welche die Schadenerſatzpflicht in manchen Fällen auch dann anerkennen, wenn der Be— ſchädigende nur innerhalb ſeiner Rechtsſphäre gehandelt, und ſpeciell Beſchädigungen durch Funkenflug bei Eiſenbahnen hieher rechnen. Dieſe Anſicht, welche uns die begründetere zu ſein ſcheint, ſtützt ſich auf folgende Momente: Das Eiſenbahnconceſſionsgeſetz (Verordnung des Handelsminiſteriums vom 14. September 1854, R. G. Bl. Nr. 238, auf Grundlage der A. H. Entſchl. vom 8. September 1854) jagt im $ 10, lit. b ganz allgemein: „Die Eiſenbahnunter— nehmungen ſind verpflichtet, allen Schaden an öffentlichem und Privatgute zu vergüten, wel— cher durch den fraglichen Eiſenbahnbau veran— laſst worden iſt“, und weiter: „Die Eiſenbahn— 213 unternehmungen haben ferner ſolche Vorkehrun— gen zu treffen, daſs die angrenzenden Grundſtücke, Gebäude ꝛc. durch die Bahn weder während des Baues derſelben noch in der Folge Schaden leiden, und ſind verpflichtet, für derlei Beſchädigungen zu haften.“ — Durch dieſe allgemeine Beſtimmung reduciert ſich die Frage nach der Erſatzpflicht im ein⸗ zelnen Falle darauf, ob die Eiſenbahngeſell— ſchaft die vorgeſchriebenen „Vorkehrungen“ zur Verhütung des Schadens in entſprechender Weiſe getroffen hat oder nicht, d. h. auf eine durch techniſche Sachverſtändige zu löſende Thatfrage. Daſs dieſe Frage heute anders als vor 30 Jahren (ſ. die obeitierte Entſch. d. O. G. H. vom 30. December 1859) beantwortet werden mufs, und dajs man heute den Funkenflug nicht mehr als mit dem Bahnbetriebe „un— trennbar verbunden“ anſehen kann, bedarf keines Beweiſes; vielmehr iſt man heute der Anſicht, daſs der Funkenflug bei Anwendung entſpre— chender Maßregeln und Apparate und ſorgfäl— tigem Gebaren der Locomotivführer vollſtändig vermeidlich iſt. Dadurch erhält ſelbſtverſtändlich § 10, lit. b des Conceſſionsgeſetzes einen völlig anderen Sinn und viel größere Tragweite. Wenn Funkenflug vermeidlich iſt, jo mujs die Bahngeſellſchaft für einen durch Funken ange⸗ richteten Schaden unter allen Umſtänden haften. Von dieſem Geſichtspunkte geht denn auch die für uns ſehr wichtige Entſch. d. O. G. H. vom 30. November 1881, Nr. 7322 (G. U. W., Bd. XIX, Nr. 8568) aus. Durch Funkenflug brach in mehreren von der Eiſenbahn durch— fahrenen Waldrevieren Feuer aus, indem trockenes langes Waldgras in Brand geſteckt wurde. Die erſte Inſtanz wies den Schaden— erſatzanſpruch des Waldbeſitzers ab, weil hier ein „Zufall“ vorliege, den nach SS 1306 und 1311 a. b. G. B. niemand zu verantworten und der Beſchädigte zu tragen hat. Die zweite und dritte Inſtanz ſprachen dem Waldbeſitzer die durch die competente politiſche Behörde (Be— zirkshauptmannſchaft) erhobene Schadenſumme zu; der O. G. H. ſpeciell mit der Motivierung, daſs trotz der angewendeten Funkenfänger und Injectoren der Schade erſetzt werden müſſe, weil nach dem Ausſpruche der Sachverſtändigen „durch zweckentſprechende Apparate der Ausflug zündender Funken vollſtändig vermeidlich iſt“. Dieſer Punkt iſt irrelevant, da es auf ein Ver— ſchulden überhaupt nicht ankommt, ſondern auch für conceſſionierte Anlagen und Betriebe der Grundſatz gilt, dass fie ihren Betrieb auf eigene und nicht auf Gefahr der Adjacenten führen. Trotzdem darf aber dem Waldbejiger doch nicht immer der ganze angerichtete Schade zuge— ſprochen werdeu. Es wird demſelben nämlich für ein ihm etwa zur Laſt fallendes Verſchulden an dem Schaden ein entſprechender Abzug vom Schadenerſatz gemacht werden. In dem zuletzt beſprochenen Falle hat der O. G. H. die Schaden— erſatzſumme in zwei gleiche Theile getheilt und die eine Hälfte der Bahngeſellſchaft, die andere Hälfte dem Waldbeſitzer auferlegt, d. h. dem— ſelben nur die Hälfte des Schadens vergüten laſſen. Der Grund hiefür lag darin, weil der 214 Eijenbahnen. Waldbeſitzer es verſäumt hatte, das mehrjäh— rige lange Waldgras, welches durch die Hitze des Sommers ganz trocken und daher ſehr feuergefährlich geworden war, rechtzeitig abzu— mähen, obwohl ihm die Möglichkeit eines Wald— brandes nicht entgangen ſein konnte und durch kleine unſchädliche Brände des Waldgraſes be— ſonders klar geworden ſein muſste. Die böhmiſche Statthalterei hat am 18. Auguſt 1884, Z. 61.603, einen für dieſe Frage lehrreichen und bedeutſamen Erlass an alle Bezirkshauptmannſchaften gerichtet über das Verfahren, welches bei Waldbränden, die durch den Eiſenbahnbetrieb hervorgerufen wurden, einzuhalten iſt. Dieſer Erlass ſtützt ſich auf einen vom Ackerbauminiſterium im Ein— vernehmen mit dem Miniſterium des Innern am 15. Juli 1884, 3. 8156, erfloſſenen Erlass und beanſprucht daher auch aus dieſem Grunde größere Beachtung. In dieſem Erlaſſe wird zunächſt die Mei— nung ausgeſprochen, daſs $ 459 Str. G. (Nicht- beachtung der über Funkenausſprühen bejtehen- den e bei Fahrten durch oder in der Nähe von Ortſchaften iſt eine Übertretung) auch auf die durch die Eiſenbahnen entſtandenen Waldbrände Anwendung finden kann, dass aber andererſeits auch unabhängig von einem Straf— verfahren nach $ 44 F. G. (ſ. Waldbrände) durch die politiſche Behörde die Verhandlung eingeleitet, bezw. ein Schadenerſatzerkenntnis ausgeſprochen werden kann. Zu einem Straf— ſpruche iſt die politiſche Behörde erſt dann com— petent, wenn das Strafgericht nicht einſchreitet. Nachdem mit einem Strafverfahren gleichzeitig die Erledigung der privatrechtlichen Schaden— erſatzanſprüche möglich iſt, empfiehlt dieſer Er— laſs der Statthalterei (bezw. der Miniſterien) den politiſchen Behörden erſter Inſtanz, An— zeigen wegen Waldbränden, welche durch Eiſen— bahnen hervorgerufen ſein dürften, „ſtets mit aller Beſchleunigung an das zuſtändige Gericht (ſ. Behörden) unter Berufung auf S 459 Str. G. zu leiten, wenn aber ſeitens des be— treffenden ſtaatsanwaltſchaftlichen Organes, bezw. des Gerichtes ein Strafantrag nicht geſtellt oder ein Strafurtheil nicht gefällt wurde, weil die Anwendung des Strafgeſetzes als ausgeſchloſſen erkannt wurde, ſofort nach Einlangen der diesbezüglichen Mittheilung ſelbſt gemäß § 44 F. G. das Amt zu handeln“ (ſ. a. Feuer— rayon). Zum Schutze der Eiſenbahnen wurden bereits durch das Hfd. vom 29. Auguſt 1844 Vorſchriften erlaſſen; dieſelben wurden neueſtens durch die Eiſenbahnbetriebsordnung (fail. Verordnung vom 16. November 1851, R. G. Bl. Nr. 1 ex 1852) in folgender Weiſe codificiert. § 99 Eiſenb. Betr. O. jagt: „In der Umgebung der Bahn dürfen von den Anrainern Anſtalten nicht getroffen oder Herſtellungen nicht ausge— führt werden, welche den Beſtand der Bahn oder ihres Zugehörs oder die regelmäßige und ſichere Benützung derſelben gefährden, oder welche eine Feuersgefahr herbeiführen könnten .. Bei Waldanlagen und überhaupt bei Baumpflan— zungen iſt auf die Beſeitigung der Möglichkeit, daſs durch Windbrüche die Bahn verlegt werde, Rückſicht zu nehmen.“ Weiters jagt § 100 Eiſenb. Betr. O.: „Das Abtreiben der Waldungen, Gebüſche oder Sträucher, das Fällen oder Her ablaſſen einzelner Bäume, das Austreiben des Viehes auf die Weide, die Gewinnung von Schotter, das Graben von Lehm und überhaupt jede Handlung, durch welche das Erdreich auf— gelockert wird, Gegenſtände auf die Bahn fallen, Erdrutſchungen oder Steinablöſungen hervor— gebracht werden können, iſt auf denjenigen Strecken und Punkten der Grundſtücke, welche von der dazu berufenen Behörde ausdrücklich aus dieſem Anlaſſe bezeichnet worden ſind, unterſagt.“ Die Gemeindevorſtände, Sicherheitsorgane und überhaupt die politiſchen Behörden haben die Befolgung dieſer Vorſchriften zu überwachen, dem Bahnperſonale wirkſame Aſſiſtenz zu leiſten, die Übertreter in Gewahrſam zu nehmen und der competenten Gerichtsbehörde zur Beſtra— fung zu übergeben. Die hierauf beeideten An⸗ geſtellten der Bahn dürfen Übertreter, welche Ermahnungen nicht Folge leiſten oder eine ge— fährdende Handlung bereits begangen haben, in Fällen, wo die behördliche Hilfe zu jpät käme, anhalten und der nächſten Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde übergeben. Über das Betreten des Bahnkörpers wurde für Niederöſterreich durch die Regie— rungsverordnung vom 18. November 1847, 3. 59.097, den k. k. Jägern innerhalb der lan⸗ desfürſtlichen Jagdreviere geſtattet, bei Verrich— tung ihres Dienſtes den Bahnkörper ohne Be— ſchränkung auf die allgemeinen Zugänge zu betreten; die Jäger müſſen äußerlich erkennbar oder doch mit einem Ausweis verſehen ſein. Privatjägern wurde dieſe Begünſtigung nicht, gewährt. Dermalen gilt allgemein für das Betreten des Bahnkörpers durch das zum Schutze der Landescultur beſtellte Wachperſonale (Feld-, Forſt⸗, Jagd-, Fiſcherei-, Waſſerſchutzperſonale u. ſ. w.) $ 96 der Eiſenb. Betr. O. vom 16. No⸗ vember 1851. Hienach iſt dieſem Perſonale das Betreten des Bahnkörpers mit Ausnahme der allgemeinen Zu-, Ab- und Übergänge nicht geſtattet. Das Handelsminiſterium kann aber (ſ. Erlaſs des Handelsminiſteriums vom 31. De⸗ cember 1878, Z. 35.834) über jpecielles An⸗ ſuchen und unter Feſtſtellung der mit Rück- ſicht auf die Verkehrsverhältniſſe und das Haft⸗ nitichtaeieb für Eiſenbahnen vom 5. März 1869, G. Bl. Nr. 27 (wonach die Eiſenbahnen für 9 körperlichen Verletzungen und Tödtungen erſatzpflichtig find, wenn fie keine vis major oder unabwendbares Verſchulden einer Perſon, für welche die Bahngeſellſchaft nicht zu haften hat, nachweiſen), nöthig erſcheinenden Bedin— gungen und Einſchränkungen geſtatten, dass, dieſe Aufſichtsorgane in Ausübung ihres Dien- ſtes die Bahnanlagen betreten und zur uns mittelbaren Verhinderung einer Gejeßesüber- tretung oder bei Verfolgung eines Geſetzesüber— treters die Bahn auch außerhalb der beſtimmten Bahnübergänge überſchreiten. Die Dienſtherren haben das Anſuchen bei der Eiſenbahnverwal— tung einzubringen, und dieſe legt dasſelbe dem Handelsminiſterium vor. Die Aufſichtsorgane a Eiſenbahnen. 215 ſind von der Bahnverwaltung mit Legitima— tionen zu verſehen und dürfen die Bahnſtrecke nicht als Fußweg benützen. Das Bahnaufſichts— perſonale iſt durch die Bahngeſellſchaft in dieſer Richtung genau zu informieren (ſ. Conven— tionen). Endlich ſei bemerkt, daſs Eiſenbahnen den Zuſammenhang eines Jagdgebietes nicht auf— heben (ſ. Jagdgebiet). „Zur Anlage einer Eiſenbahn, welche be— ſtimmt iſt, als öffentliches Transportmittel für Perſonen und Waren zu dienen, oder wodurch eine Landſtraße in eine Eiſenbahn umgewan— delt werden ſoll“, iſt die Bewilligung zu den Vorarbeiten und dann die Conceſſion zur Anlage der Bahn und der Gebäude noth— wendig (S 1 Conceſſionsgeſetz vom 14. Septem⸗ ber 1854). „Zur Anlage einer Eiſenbahn, welche ein Unternehmer lediglich zu ſeinem eigenen Gebrauche auf eigenem Grund und Boden oder unter Zuſtimmung des Grundeigenthümers, welche vorläufig nachzuweiſen iſt, auf fremdem Grunde erbauen will, iſt bloß der in den all— gemeinen Geſetzen vorgeſchriebene Baucon— ſens erforderlich (ſ. Bauführungen). Derſelbe kann nur ertheilt werden, nachdem Eiſenbahn— bauverſtändige mit ihrem Gutachten gehört wurden“ (8 1 Coneeſſionsgeſetz), jo daſs für Bahnen, welche nicht dem öffentlichen Verkehre dienen (Bergwerks- und Induſtriebahnen), die (ſonſt vom Handelsminiſterium zu ertheilende) Vorconceſſion wegfällt. Durch die Verordnung des Handelsmini— ſteriums vom 29. Mai 1880, R. G. Bl. Nr. 57, wurden über Schleppbahnen folgende Nor— men (in den SS 21— 23) erlaſſen: „Der nach 83 der M. Vdg. vom 1. November 1859, R. G. Bl. Nr. 200, dem Handelsminiſterium im Einver— nehmen mit dem Ackerbauminiſterium vorbe— haltenen Baubewilligung unterliegen nur diejenigen Bergwerkseiſenbahnen, welche mit gleicher Spurweite in öffentliche Bahnen derart einmünden, daſs ein Übergang von Fahrbetriebsmitteln ſtattfinden kann. Bei Anlage ſonſtiger Bergwerksbahnen, welche auf dem Territorium öffentlicher Eiſen— bahnen ausmünden, unterliegen der Genehmi— gung des Handelsminiſteriums nur die durch die Ausmündung der Bergwerksbahn an der öffentlichen Bahn hervorgerufenen baulichen Veränderungen. Nur für die in al. 1 bezeich— neten Bergwerksbahnen wird der Benützungs— conſens durch die Generalinſpection der öſter— reichiſchen Eiſenbahnen ertheilt. Bei Einführung des Locomotivpbetriebes auf ſonſtigen ober- irdiſchen Bergwerksbahnen bleibt es der poli— tiſchen Landesbehörde nach Einholung des Gut— achtens der Generalinſpection der öſterreichiſchen Eiſenbahnen vorbehalten, den Vollzug der vor— geſchriebenen Sicherheitsvorkehrungen vor Er— öffnung des Locomotivbetriebes zu conſtatieren und bei entſprechendem Befunde die Betriebs— eröffnung zu geſtatten.“ Auf Schienenwege, welche zur Bringung der Forftproducte dienen ſollen, finden die hier für Bergwerks— bahnen gegebenen Beſtimmungen, ſoferne die— ſelben in öffentliche Bahnen mit gleicher Spur— Oe weite ausmünden, Anwendung ($ 23 der Ver— ordnung vom 29. Mai 1880). Mcht. Eiſenbahnen (Legislatur in Deutſch⸗ land) bilden einen Gegenſtand der Geſetzgebung des Reiches und der einzelnen Bundesſtaaten. Bezüglich der Reichsgeſetzgebung gilt als Grundſatz, daſs derſelben nur das ange— hört, was ihr nach der Reichsverfaſſung aus- drücklich zugewieſen iſt, daſs auch in allen zur Competenz des Reiches gehörigen Sachen die Landesgeſetze bis zum Erlaſſe eines ſie auf— hebenden Reichsgeſetzes in Kraft bleiben, und daſs der Vollzug der Reichsgeſetze, ſofern in einem ſolchen nicht anders beſtimmt iſt, den Einzelſtaaten zuſteht. Nach Art. 4, Abſ. 8 der Reichsverfaſſung vom 1. Januar 1871 unterliegt der Beaufſichti— gung des Bundes und der Geſetzgebung des— ſelben das Eiſenbahnweſen und die Herſtellung von Land- und Waſſerſtraßen im Intereſſe der Landesvertheidigung und des allgemeinen Ver— kehres. Es kann deshalb durch Reichsgeſetz der Bau von zu dieſen Zwecken nöthigen Eiſen— bahnen unbeſchadet der Landeshoheitsrechte an- geordnet werden (Art. 41), und es können durch die Reichsgeſetzgebung einheitliche Normen für die Conſtruction und Ausrüſtung ſolcher Eijen- bahnen aufgeſtellt werden, welche für die Landes— vertheidigung von Wichtigkeit ſind. Sämmt— liche Eiſenbahnverwaltungen haben (Art. 47) den Anforderungen der Bundesbehörden in Betreff der Benützung der Eiſenbahnen zum Zwecke der Vertheidigung des Bundesgebietes unweigerlich Folge zu leiſten. Insbeſondere iſt das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern. Dieſe Beſtimmungen der Reichsverfaſſung gelten für das ganze Bundesgebiet, während die Art. 42 bis 46 derſelben, welche die ein— heitliche Regelung des Betriebes, der Bahn— polizei, des Zuſtandes der Bahnen und der Tarife zum Gegenſtande haben, auf Bayern keine Anwendung finden. Durch Geſetz vom 27. Juni 1873 wurde zum Vollzuge der Beſtimmungen der Reichs— verfaſſung ein Reichseiſenbahnamt errichtet, welches unterm 1. Juli 1874 ein Betriebsregle— ment erließ, das ſich in der Hauptſache jenem des Vereins deutſcher Eiſenbahnverwaltungen, welchem auch die meiſten öſterreichiſchen Eiſen— bahnen angehören, anſchließt und bezüglich der Frachtgeſchäfte den Beſtimmungen des Reichs- handesgeſetzes unterordnet. Es folgte dann ein Bahnpolizeireglement, welches den Zuſtand, die Unterhaltung, Bewachung der Bahnen und der Betriebsmittel, die Fahrgeſchwindigkeit (Mari- mum 73, bezw. bei beſonders günſtigen Ver— hältniſſen für Perſonenzüge 90 km per Stunde bei Hauptbahnen, 30 km bei untergeordneten Bahnen) u. ſ. w. zum Gegenſtande hat, und den Schluſs bildeten die im Jahre 1878 erlaſſenen Anordnungen bezüglich der Conſtruction und Ausrüſtung der Hauptbahnen ſowohl als auch der Secundärbahnen. Die Vorſchriften des Reichseiſenbahnamtes ſind für Bayern infolge ſeines Reſervatrechtes nicht rechtsverbindlich, aber die bayriſche Eiſen— bahnverwaltung ſucht doch im Verordnungswege 216 ihren Betrieb mit dem der übrigen deutſchen Eiſenbahnen möglichſt in Einklang zu bringen. Das Reichsſtrafgeſetz vom 15. Mai 1871 enthält in den Art. 305, 315 und 316 Straf⸗ beſtimmungen für die Zerſtörung oder Beſchä⸗ digung der Eiſenbahnen und ihres Zubehörs ſowie für die Gefährdung von Eiſenbahnzügen. Die Aufgabe der Landesgeſetzgebung beſteht daher nach dem Geſagten in der Haupt- ſache nur in der Erlaſſung von Normen für die Enteignung (ſ. d.) und die Ertheilung von Conceſſionen zum Baue und Betriebe von Eiſenbahnen an Private, Gemeinden oder Actien— geſellſchaften. Preußen hat durch das Geſetz vom 3. November 1838, die Eiſenbahnunterneh⸗ mungen betreffend, und das Geſetz vom 9. No⸗ vember 1843 über die Actiengeſellſchaften die Grundlage für ſein Privatbahnſyſtem geſchaffen, während in den übrigen deutſchen Staaten bei dem beſtehenden Staatsbahnſyſteme derartige Beſtimmungen entweder ganz unnöthig waren, oder bei Ertheilung einzelner Conceſſionen durch dieſe ſelbſt und auf Grund derſelben durch ſpätere Verordnungen erlaſſen wurden. Übrigens wird eine Neuertheilung von Eiſenbahnconceſ— ſionen nach der jetzt herrſchenden Anſicht nur noch ausnahmsweiſe und bloß für Secundär— bahnen vorkommen. Die Übertretungen der polizeilichen Vor- ſchriften über den a. der Eiſenbahnen und ihres Betriebes ſowie über die Aufrechthaltung der? ſtrafrechte, in Bayern z. B. nach Art. 88 des Polizeiſtrafgeſetzes vom 26. December 1871 einer Ordnung bei dieſem unterliegen dem Landes⸗ Geldſtrafe bis zu 60 Mark oder einer Haft⸗ ſtrafe bis zu 14 Tagen. Die Eiſenbahnen ſelbſt unterſtehen, auch wenn ſie dem Reiche gehören, der Landeshoheit des Bundesſtaates, in deſſen Gebiete ſie liegen. Die Staatsaufſicht erfolgt auf Grund der Landes- und Reichsgeſetze. Um der Staatseiſenbahnverwaltung die Wahrung der Intereſſen der Forſt— ihrem Betriebe zu erleichtern, hat man in neueſter Zeit mehrfach, wie z. B. in Preußen (Geſetz vom 1. Juni 1882), Bayern und Sachſen, der oberſten Staatseiſenbahnbehörde (in Preußen auch den Bezirksdirectionen) einen aus Ver— tretern der betreffenden Productionszweige be— ſtehenden Eiſenbahnrath als berathendes Organ zur Seite geſtellt. Polizeimaßregeln gegen die Gefährdung der Eiſenbahnen durch die Fällung und Aus- bringung des Holzes im Gebirge waren bis jetzt nicht nöthig, da die bayriſchen Eiſenbahnen zur Zeit nur an den Fuß der Alpen führen. Verurtheilungen der Eiſenbahnen zum Schadenerſatze für die durch ihren Betrieb ent— ſtandenen Waldbrände ſind mehrfach, nament- lich in Norddeutſchland, vorgekommen. Entſpre— chende Vorrichtungen an den Locomotiven, Vor- ſicht der Locomotivführer ſowie Erhaltung eines hinlänglich breiten Streifens holzleeren Landes, deſſen Oberfläche in den dürren Kiefernheiden durch Aufpflügen ſtets wund zu erhalten iſt, find hier die Mittel zur Verhütung von Wald- bränden. Die Eiſenbahnverwaltungen, welche und Land⸗ wirtſchaft, der Induſtrie und des Handels bei Eiſenbahnſchwellen. ſelbſtverſtändlich das Eigenthum an den frag⸗ lichen Sicherheitsſtreifen zu erwerben haben, befreien ſich durch genaue Befolgung der be⸗ treffenden polizeilichen Anordnungen von jeder Haftung, da ſie hier für einen durch Zufall (ſ. d.) entſtandenen Schaden nicht aufzukommen haben. Die Haftpflicht der Eiſenbahnen iſt durch das Reichs handelsgeſetz für das Frachtgeſchäft geregelt und nur in jenen Fällen ausgeſchloſſen, in welchen der Schaden durch höhere Gewalt (vis major) oder durch die Schuld des Abſen⸗ ders verurſacht wurde. Art. 423 unterjagt den Eiſenbahnen, ihre Verpflichtung zum Schaden⸗ erſatze durch Verträge oder Reglements im voraus auszuſchließen oder zu beſchränken. Im gleichen Umfange wie beim Frachtgeſchäfte be⸗ ſteht auch die Erſatzpflicht der Eiſenbahnen bei der Perſonenbeförderung (Reichsgeſetz vom 7. Juni 1871). Die Abgaben der Privateiſenbahnen an den Staat wurden entweder, wie in Preußen (nach dem Geſetze vom 30. Mai 1853 bis zu 4%, des Reinertrages des Aetiencapitales Y,, des⸗ ſelben, dann progreſſiv höher), geſetzlich oder, wie in den meiſten übrigen deutſchen Staaten, durch die Conceſſionsurkunde feſtgeſtellt und damit die Befreiung derſelben von der Gebäude-, Grund⸗ und Gewerbeſteuer ausgeſprochen. Die Staats- bahnen wurden ohnehin ſteuerfrei belaſſen. Die Privateiſenbahnen müſſen überall zu den Gemeindelaſten beitragen, und bei der Verſtaat⸗ lichung derſelben geht dieſe Verpflichtung an den Staat über. In den Staaten mit Staats⸗ bahnſyſtem wurden die Staatsbahnen als Staats⸗ anſtalten von den Gemeindeſteuern befreit. Die in neueſter Zeit zur Ausbringung des Holzes aus den Schlägen verwendeten Eijen- bahnen gehören nicht hieher, ſondern zu den Holztransportanſtalten. At. Eiſenbahnſchwellen. Hölzerne Eiſenbahn⸗ ſchwellen bilden die Unterſtützung, bezw. die Verbreiterung des Schienenfußes entweder der ganzen Schienenlänge nach oder nur an be⸗ ſtimmten Stellen in gewiſſen Abſtänden. Je nach der Art dieſer Unterſtützung ſpricht man von einem hölzernen Langſchwellen- oder Quer⸗ ſchwellenoberbau. Der erſtere iſt in Amerika, der letztere in Europa vorherrſchend. Langſchwellen werden in Europa gewöhnlich nur zu Zahnrad», Straßen- und Pferdebahnen verwendet. In Europa benützt man Eiche, Lärche, Kiefer, Fichte, Tanne und Buche zur Schwellen- er zeugung. In England und Norddeutſchland ver⸗ wendet man meiſt Kiefer und Fichte, in Süd⸗ deutſchland, Oſterreich, Frankreich, Belgien und Ruſsland meiſt Eiche. Bei allem Holz zu Schwellen iſt darauf zu achten, daſs es langſam gewachſenes, möglichſt aſtfreies „Holz ſei. Schwellen mit faulen Aſten, großen Sprüngen, verſtockten Stellen und Krüm⸗ mungen, die nicht in der horizontalen Ebene liegen, werden von den Eiſenbahnverwaltungen nicht zugelaſſen. Gewöhnlich erfolgt von den betreffenden Orgauen die Übernahme im Walde ſelbſt, um ſich von der Art der Beſtände und der dort üblichen Holzfällung Kenntnis zu verſchaffen. Eiſenbahnſchwellen. 21 Überſtändige Bäume, beim Lärchen- und Kie— fernholz auch ſolche, welche zur Harzgewinnung benützt wurden, ſowie Stämme, welche nicht auf trockenem, oder ſolche, welche gar auf ſum— pfigem Boden gewachſen ſind, ſollten zur Schwellenerzeugung nicht zugelaſſen werden. Eichen und Buchen ſollen zwiſchen dem 15. Oc— tober und 15. März gefällt ſein und kurz nach der Fällung zur Verwendung gelangen. Die Schwellenabmeſſungen ſind nicht nur bei den verſchiedenen Bahntypen, wie z. B. Welt⸗ oder Haupt-, Local- oder Nebenbahnen, normal⸗ oder ſchmalſpurigen ꝛc., verſchieden, ſondern ſchwanken leider ſogar bei demſelben Typus, z. B. „normalſpurige Hauptbahn“, auch in demſelben Lande und mitunter ſogar bei derſelben Bahnunternehmung ganz erheblich, abgeſehen davon, dajs fie je nach ihrer Ver— wendung als Mittel- oder Stoßſchwelle anders beſchaffen ſein müſſen. (Die Stoßſchwelle iſt jene, welche unter oder bei dem Schienenende liegt.) Nach Heuſinger v. Waldeggs „Handbuch für ſpecielle Eiſenbahntechnik“ ſchwankt z. B. in Deutſchland die Länge der Stoßſchwellen zwiſchen 225 und 2˙98 m, deren Breite zwi— ſchen 235 und 350 mm. Die Länge der Mittel- ſchwellen iſt gewöhnlich gleich jener der Stoß— ſchwellen und beträgt im Mittel 2˙4—2˙6 m; die Breite liegt zwiſchen 184 und 294 mm, reſp. zwiſchen 250 und 270 mm. Die Höhe ſchwankt zwiſchen 150 und 180 mm, doch kann dieſelbe bei feſtem Eichen— holz bis auf 130 mm ſinken, bei minderen weichen Hölzern auf 209 mm, ja ſogar bis auf 260 mm (niederländiſche Rheinbahn) ſteigen. Im Durchſchnitt kann man nach Ober— ingenieur M. Grell annehmen: für eine Normalſchwelle 9:5 m 4 160 mm 260-300 mm für eine Vieinalbahnſchwelle 9:3 m 120140 mm 220—250 mm für eine Schmalſpurbahnſchwelle 120 mm 1˙8 m 180200 mm 120 mm. Bei Stuhlſchienen müſſen die Schwellen um ca. 300 mm länger ſein als bei breitbaſigen Schienen. Die Form des Querſchnittes der Schwellen bildet ein liegendes Rechteck oder ein liegendes Rechteck mit ein- oder beiderſeitig, ſchwach oder ſtark abgeſtutzten oberen Ecken, ein Parallel- trapez, ein gleichſchenkeliges Dreieck, ein Halb— kreis oder ein durch zwei parallele Sehnen be— grenztes Kreisſtück. Die Schwellen ſind entweder baumkantig oder beſchlagen. Bei den letzteren werden die breiten Auflagerflächen mit der Säge beſchnitten, die Seitenflächen mit der Axt oder der Säge hergeſtellt. Je weniger Rinde und Splint an der Schwelle vorhanden iſt, deſto dauerhafter wird dieſelbe ſein. Zur Aufnahme der Schienenfüße werden die Schwellen entſprechend der Schienenentfer— nung und Neigung mit einem Einſchnitt (Dexel— fläche) verſehen, der / bis ½ zur Horizontalen 150 mm; 140 mm; =! gegen die Mitte des Geleiſes zu geneigt ift. Meiſtens gejchieht dieſe Arbeit mit dem Dexel (ſ. Axt), ſeltener wird die Neigung durch ein Zuſammenpreſſen der Holzfaſern hervorgebracht, obwohl dies für die Dauer und Feſtigkeit der Schwellen bedeutend vortheilhafter wäre. Die Schwellen werden entweder ohne vor— hergegangene beſondere Vorbereitung in das Schotterbett verſenkt oder nicht. Abgeſehen von der Beſchaffenheit dieſes Schotterbettes in Bezug auf Reinheit von organiſchen Subſtanzen, Waſſer⸗ durchläſſigkeit, Wetterbeſtändigkeit, weiter abge— ſehen von der feilenden oder ſägenden Wirkung, welche die Schiene durch die darüberrollenden Maſſen auf ihre Unterlage ausübt, ſchließlich abgeſehen von der Zerſtörung, welche mechaniſch durch das Eintreiben der Nägel, Schrauben u. ſ. w., durch das Unterkrampen geſchieht, er— leidet das Holz, der Luft und dem Waſſer, der Sonne und dem Wind ausgeſetzt, Einflüſſe, welche deſſen Zerſtörung, u. zw. durch Fäulnis herbeiführen, wenn auch die früher angeführten Umſtände nicht mitwirken würden. Die mittlere Dauer einer Eiſenbahnſchwelle wird in Oſterreich ichen mit 14 bis 16 Jahren „ harzreicher Lärche . „ 9 „ 10 7 " 7 Kiefer r N 8 „ Tanne und Fichte. „ 3 + iche „ angenommen. Man war daher ſeit langem beſtrebt, die Dauer des Holzes künſtlich zu erhöhen, u. zw. entweder durch Dörren, ſeltener durch Dämpfen, meiſtens durch ein Tränken mit der Fäulnis entgegenwirkenden Stoffen entweder unter ge— ringem oder größerem Druck. Nach dem Referate für die am 14. Juli 1884 in Danzig abgehaltene Verſammlung deutſcher Eiſenbahntechniker ſind die Imprägnierungs— methoden bei den Bahnanſtalten des deutſchen Eiſenbahnvereines damals wie folgt vertheilt geweſen: Anzahl der Eiſen— Bezeichnung bahnverwaltungen, der verſchiedenen Impräg-ſwelche dieſe 1 . ) de nierungsmethoden j_— renden 186511868/1878|1884 n n | SEIN ELDTEIKIOL.. cn me e Eiſenvitriol und Zink— F 1 Schwefelbarium u. Eiſen⸗ F Queckſilberſublimat ... F e eee Zinkchlorid und Kreoſot | BER en au ade al — — A 7 Kreoſotdämpfe (L. d. Bas | DE — | — 41 1 — Kreoſotdämpfe u. Kreoſot F — — #1 Antiſepticum mitteljt Ein» FF — 1 — 1 — | 218 Eiſenbahnſchwellen. Nach Funk (Über die Dauer der Hölzer, Wiesbaden 1880) läſst ſich für ein Imprägnie⸗ rungsverfahren bei hohem Druck mit Zinkchlorid oder Kreoſot als mittlere Dauer der Schwellen Folgendes annehmen: Eiche 195 Jahre Kiefer on me 14—16 „ Fiche 8-10 „ Aus obiger Zuſammenſtellung iſt durch den Vergleich mit der Dauer der nicht impräg⸗ nierten Schwellen erſichtlich, daſs die Buche das günſtigſte Verhältnis zeigt, indem die Dauer auf das 5—6fache erhöht wurde. Nach demſelben Autor betragen die Koſten der Imprägnierung per Schwelle im Durch— ſchnitt: Buche Kiefer bis von Gulden öſterr. Währung FF 0'144 | 0'336 0192 0'306 0294 0'480 SEHDTELDIELLOT EN 0216 | 0'450 0360 0510 0540 0600 h Queckſilberſublimat (ohne Druck) .] 0'498 | 0600 0'600 0:960 — | Kreoſot (unter Druck) 0˙328 0'810 0876 1'380 — 1•˙068 Aus dem ſchon früher erwähnten Berichte der Verſammlung deutſcher Eiſenbahntechniker iſt nachſtehende Tabelle der Imprägnierungs— koſten bei Buchenholz für eine Schwelle ent— nommen: | | | Nach J. Ribar, Centralinſpector der öjter- reichiſchen Nordweſtbahn (Über den ökonomiſchen Wert der Schwellenimprägnierung, Zeitſchrift des öſterr. Ing.- u. Arch.⸗Ver. 1887, 1. Heft), ſind nach dem Ausweiſe des k. k. Handelsmini⸗ ſteriums für das Jahr 1884 in Oſterreich Be . Preis 1,265.689 Stück harte und 449.688 Stück Imprägnierungsverfahren fl. ö. W. weiche Schwellen eingelegt worden, worunter bloß 526.986 Stück harte und 174.895 Stück Ros h 1:0%0 weiche Schwellen imprägniert waren, d. i. bei⸗ Zinkchlorid e 0264 läufig 40˙9 / der Geſammtmenge; für Ungarn Zinkchlorid mit Kreofot .. .... 0516 ergaben ſich bei 1,059.426 Stück harten Schwellen Syſtem de Paradis' Patent 5 0•436 nur 17.645 Stück imprägnierte, d. i. 16% der Da die Erfolge des Imprägnierens mit Zinkchlorid und Kreoſot faſt vollſtändig gleiche ſind, das letztere aber nahezu 3½ mal jo viel koſtet, ſo hat die Mehrzahl der Bahnverwal— tungen das Imprägnierungsverfahren mit Zink— chlorid angenommen. Beim Imprägnieren mit Zinkchlorid nehmen 0108 ms Eichen-, Kie- fern⸗ und Buchenſchwellen 00108 ms, bezw. 00216 m?, 00210 m? der Imprägnierungs— flüſſigkeit auf. In den Buchenſchwellen haften die Nägel feſter als z. B. in Kiefern und Tannen, ſie haben aber den Nachtheil, daſs ſie beim Auf— bewahren leicht ſtocken und in den Bahnkörper verlegt, häufig von außen noch wohl erhalten ſcheinen, im Innern jedoch ſchon zerſtört und völlig morſch ſind. Der Verbrauch an Holz für Eiſenbahn— ſchwellen iſt ein ganz ungeheurer. Großbri— tannien benöthigte z. B. 1869 an jährlich zu erneuernden Querſchwellen 4 Millionen Stück. Aus einem Vortrage von Claus (Central— blatt für Holzinduſtrie 1883) iſt zu entnehmen, daſs im Jahre 1880/81 die in Deutſchland im Betriebe befindlichen Eiſenbahnen 52.175 km, Oſterreich-Ungarn 24.547 km Holzſchwellenober— bau beſaßen. Unter den 56,686.000 Holzſchwellen Deutſchlands befanden ſich nur 656.276 Buchen- ſchwellen, etwas mehr als 1%; in Oſterreich— Ungarn unter 27,183.910 Holzſchwellen 905.265 buchene, etwas mehr als 3%. Geſammtmenge. Oberingenieur Moritz Grell (Eichenſchwelle und Waldſubſtanz oder der bevorſtehende Ruin der Eichenwälder, zwei Vorträge, gehalten im Club der öſterreichiſchen Eiſenbahnbeamten in Wien am 21. December 1886 und 25. Januar 1887, Wien, Spielhagen und Schurich) ſucht an der Hand von Daten, die ihm Herr Albert von Bedö, königlich ungariſcher Oberlandforſt— meiſter, und Forſtrath Schindler bieten, nach⸗ zuweiſen, daſßs bei Annahme der für Oſter⸗ reich-Ungarn jährlich benöthigten 21%, Millionen Schwellen nur aus den Eichenforſten allein nach ca. 11 Jahren der geſammte Beſtand an haubaren, im empiriſchen Betriebe ſtehenden Privateichenforſten aufgebraucht ſein wird, ſo daſs z. B. in Cisleithanien nur noch etwa 7500 ha ſchlagbarer Eichenhochwald, welcher im ſyſtematiſchen Betriebe ſteht, vorhanden bleibt. Wenn auch die Gefahr für die Eichenwälder noch nicht ſo groß iſt, da ja für Schwellen nicht ausſchließlich Eichen gebraucht werden, ſo iſt dieſer Wink immerhin beherzigenswert, um⸗ ſomehr, da aus nationalökonomiſchen ſowie reinen Sparſamkeitsgründen eine ausgebreitetere Verarbeitung des Rothbuchenholzes geboten er— icheint*). So jagt ſchon Claus (Centralblatt für Holzinduſtrie 1883): *) W. F. Exner, Studien über das Rothbuchenholz, Wien 1875. Die induſtrielle Verwertung des Rothbuchen⸗ holzes, Wien 1884, Verlag des Technologiſchen Gewerbe⸗ muſeums. . ͤ ——— _ . —ͤ— ä „Wo Buchenholz verhältnismäßig billig zu haben iſt, zeigen ſich gut imprägnierte Buchen— ſchwellen auch in finanzieller Beziehung vor— theilhaft. In Hannover koſtete z. B. im Jahre 1874 eine Eichenſchwelle 6˙10 Mark, das Im— prägnieren derſelben 0˙25 Mark, zuſammen alſo 6˙35 Mark; eine Buchenſchwelle 3˙35 Mark, das Imprägnieren derſelben 0˙50 Mark, zu— ſammen 3˙85 Mark. Wird die durchſchnittliche Dauer der imprägnierten Eichenſchwellen zu 22 Jahren angenommen, ſo werden bei den angegebenen Preiſen, und wenn für das Aus- wechſeln einer Schwelle 050 Mark gerechnet wird, die Koſten der Beſchaffung und Erhal— tung der buchenen Schwellen denen der eichenen gleich, wenn erſtere die mittlere Dauer von 11˙4 Jahren erreichen. Dieſe Dauer iſt aber nach den auf der hannoverſchen Bahn ge— machten Erfahrungen um 3˙4 Jahre größer.“ Und Moritz Grell ſagt in ſeinem Vor— trage, wie folgt: „Ich führe Sie nun in einen 80— 90jäh— rigen Vorgebirgseichenhochwald des Banates. Derſelbe beſteht aus ca. 70% Traubeneichen und 30% Zerreichen, Roth- und Weißbuchen ze. Da ſtehen die herrlichen geradegewachſenen, 35—50 em Durchmeſſer am Schafte meſſenden, faſt aſtloſen, 10—14 m hohen Eichen wie die Tannen ſchlank, und nur die Wipfel bilden im geſchloſſenen Beſtande den grünen Dom! Dieſer ſchöne vielverſprechende Wald wird jetzt haupt— ſächlich zu Sleepern, der Reſt als Brennholz und nur ein geringer Theil zu Extrahölzern für Weichen verarbeitet. — Typus eines Sleeper— waldes! — Der Stamm, mit der Säge ge— fällt, wird vom Aufſeher eingetheilt. Nun bear— beiten ihn die Kroaten mit der langſchneidigen, ſchweren und ſcharfen Axt, ähnlich wie die Zim— merleute, wenn ſie Bauholz behauen. Gelingt es ihnen, achtſeitige Prismen für Doppelſchwellen zu erzeugen, deſto beſſer für ſie, da ſie per Stück bezahlt ſind, und deſto beſſer für das Ausnützungsprocent. Im Durchſchnitte reſul— tieren pro Stamm 5—6 Schwellen, u. zw. die Hälfte Normal- und die Hälfte Vieinalſchwellen, da von etwa 10.000 Stämmen nur etwa 1500 — 13% mehr als dieſe normale Anzahl ergeben. Nehmen wir beiſpielsweiſe einen ſtärkeren Eichenbaum von 48 em Schaftdurchmeſſer. Der— ſelbe gibt vier Klötze à 25 m, und das Zopf— ende des ſchwächſten iſt noch immer 28 em, während die kleinſten Diameter der drei an— deren Klötze 43, 38 und 33 em meſſen. Wie ſich aus einer einfachen Rechnung leicht finden, reſp. graphiſch darſtellen lässt, jo können aus dem = (unterſten) Klotze ? Normalſchwellen S020 ms 2. e 045 . „ 1Normalſchwelle —=010 „ 4. r er zuſammen 0˙525 m5 Holzmaſſe herauegebracht werden, während der Stamm ſelbſt ca. 1˙2 Feſtmeter Holzmaſſe enthält; demnach iſt das Ausbringen noch nicht ganz 50% Nutzholz. Darin aber liegt eben die große Holzver— wüſtung, daſs von dem beſten Holzmateriale Eiſenbahnſchwellen. 219 etwa die Hälfte in faſt unverwertbaren Abfällen verlorengeht. Abgeſehen daher von der übrigens unbedeutenden Sleepererzeugung in ſchlechten Niederwäldern und abgeſehen von jener Sleeper⸗ erzeugung, wo ſie als Nebennutzung bei Erzeu- gung von wertvolleren Sortimenten figuriert, iſt die ausſchließliche oder doch faſt ausſchließ⸗ liche Sleepererzeugung im ſchön beſtandenen, geradwüchſigen Eichenhochwalde in Bezug auf das auszubringende geringe Nutzholzprocent leider zu beklagen, jedoch einſtweilen nicht zu ändern.“ Welch günſtige Erfolge in finanzieller Hin— ſicht imprägnierte Schwellen gegenüber nicht⸗ imprägnierten aufweiſen, hat J. Ribar in ſeinem bereits früher eitierten Vortrage an einem Beiſpiele, der ſüdnorddeutſchen Verbin— dungsbahn, erörtert. Um die Schwellen (bis 1878 Fichten, Tannen und Kiefer, nachher nur Kiefer) gegen den Einfluſs der Schienenfüße zu ſchützen, wurden auf jeder Schwelle Unterlagsplatten gelegt. Die Schwellen wurden nach dem Syſtem Burnett in den Jahren 1876— 1879 theils mit reiner Zinkchloridlauge, theils mit einem Ge— miſche dieſer Lauge und kreoſothaltigem Theer— öle imprägniert. „Im Jahre 1880 wurde zur Imprägnie— rung mit der verdünnten Zinkchloridlauge von 1% Beaumé Dichte übergegangen, welcher jedoch behufs leichteren Eindringens derſelben in das Holzmateriale kreoſothaltiges Theeröl, u. zw. 1½ kg per Schwelle, zugeſetzt wurde.“ Der Unternehmer hatte für Fichten⸗ und Tannenſchwellen eine ſiebenjährige, für Kiefer— ſchwellen eine neunjährige Haftpflicht. Der Ver- lehr war ziemlich lebhaft, die Geſchwindigkeit der Perſonenzüge iſt 40 km per Stunde, und die Laſtzüge werden größtentheils von vier— achſigen Maſchinen von 42 t Gewicht befördert. Aus einer Tabelle, welche die Gebarungsreſul— tate dieſer Bahn bis 1887 und auf Grundlage von Daten, welche erfahrungsgemäß bei an— deren Bahnen gemacht wurden, auch noch die vorausſichtlichen Koſten bis 1893 umfaſst, er— hellt der Vortheil der Schwellenimprägnierung auch bei weichem, billigem Material. Die Aus— wechslung betrug bei nicht imprägnierten Schwellen 1871 175%, und der Aufwand 177 fl., bezw. 224 fl. per km (letzteres in— eluſive des Lohnes für Schwellenauswechslung); die größte Auswechslung im Jahre 1874 be— trug 263% mit einem Koſtenaufwande von 311 fl., bezw. 384 fl. per km. Seit Verwen— dung von imprägniertem Materiale war die größte Auswechslung im Jahre 1880 177%, die Koſten 276 fl., bezw. 321 fl. per 1 km, die geringſte Auswechslung im Jahre 1885 mit 34%, und 75 fl., bezw. 86 fl. Koſten per 1 km. Durch die Imprägnierung wurde eine jähr- liche Erſparnis von durchſchnittlich 114˙40 fl. per 1 km, d. i. 40% des früheren Aufwandes erzielt. Aus den Tabellen ergab ſich weiter, dajs nach einer achtjährigen Verwendungsdauer bei Fichten- und Tannenſchwellen 209%, bei Kiefer— 220 Eiſenbahntransport. — Eiſenproben. ſchwellen bloß 469% des Beſtandes ausgewech— ſelt wurden. Aus den Erfahrungen, welche bei der öſterreichiſchen Nordweſtbahn gemacht wurden, führt J. Ribak an, „daſs von den im Jahre 1877 eingelegten 42.396 Stück imprägnierten Eichenſchwellen bis Ende 1886, d. i. innerhalb 9 Jahren, bloß 409 Stück — 0•94% ausge⸗ wechſelt wurden, hievon 272 Stück wegen me⸗ chaniſcher Zerſtörung; wogegen von den im Jahre 1873 eingelegten 91.000 Stück nicht im- prägnierten Eichenſchwellen innerhalb des glei— chen Zeitraumes 33.624 Stück — 37% und mit Schluſs des Jahres 1886, d. i. nach 13 Jahren, 78.617 Stück — 864% ausgewech— ſelt wurden“. Dieſe Auswechslungsprocente ſtim— men mit den von der Direction der k. k. priv. Kaiſer Ferdinands-Nordbahn und der k. k. Ge- neraldirection der öſterreichiſchen Staatsbahnen veröffentlichten Daten überein, jo daſs dieſelben als der Beſchaffenheit der in Oſterreich ver— wendeten Eichenſchwellen entſprechend bezeichnet werden müſſen. Nicht allein auf die Eiſenbahnverwaltun— gen, auch auf den Wald- und Forſtbeſitz übt die endlich immer mehr und mehr um ſich greifende Schwellenimprägnierung ihre Rück- wirkung aus. Der Forſtwirt iſt imſtande, auch ſein minderwertiges Material zum guten Abſatz zu bringen, und hat Gelegenheit, ſeine koſtbareren Holzgattungen zu wertvolleren Holzſortimenten zu verwenden. Manche Bahnverwaltungen tragen ſich mit dem Gedanken, nach und nach ihren hölzernen Oberbau ganz aufzugeben und denſelben durch einen eiſernen zu erſetzen. Wenn dies auch im Lauſe vieler, vieler Jahre erſt vor ſich gehen wird, ſo mußs ſich der Forſtwirt doch allmählich darauf vorbereiten. Er. Eiſenbahntransport. Gewöhnlich wird die Ladung per Achſe beim Locomotivbetrieb mit 20—30 q bemeſſen. Ein Wagen mit ſechs Rädern fasst 20—25 m? Brennſcheiterholz. Langholz über 6m Länge muſs auf zwei Wagen verladen werden. Wird Langholz von 12—16 m Länge verladen, jo müſſen die zwei Wagen ge- kuppelt werden. Fr. Eiſenblech, ſ. Metalle. Fr. Eisende, das, j. v. w. Eisſproß (ſ. d.). E. v. D Eiſendraht, ſ. Metalle. Fr. Eiſenhut, ſ. Aconitum. Wm. Eiſenkitte. Zur Verbindung von Waſſer— und Dampfrohren, Dampfkeſſeln ꝛc. wird ein Kitt aus 2 Theilen Salmiak, 1 Theil Schwefel— blume und 60 Theilen feinen Eiſenſpänen erzeugt, der vor dem Gebrauche mit Waſſer anzumachen und mit einem Sechstel Eſſig oder etwas Schwe— felſäure zu verſetzen iſt. Zum Ausſtreichen der Fugen eines eiſernen Ofens wird ein Kitt aus fein geſiebter Holzaſche und geſtoßenem und ge— ſiebtem Lehm, beides zu gleichen Theilen, mit etwas Salz gemengt und mit Waſſer zu einem ſtreichbaren Teig geknetet. Fr. Eiſenproben. Von den verſchiedenen Me— thoden, Eiſen quantitativ zu beſtimmen, ſind die in der Technik gebräuchlichſten: die trockene Eiſenprobe, die Chamäleonprobe, die Zinn— chlorürprobe, die Jodkaliumprobe und die Fuchs'ſche Eiſenprobe. Bei der trockenen Eiſenprobe wird das Erz mit Zuſchlägen beſchickt, welche mit den in jenem enthaltenen erdigen Theilen Schlacke bilden. Man reibt 1—3 g gepulvertes, bei 110° getrocknetes Erz mit den Zuſchlägen zuſammen, bringt das Gemiſch in einen mit einer Maſſe aus Holzkohlenpulver und Gummiwaſſer aus⸗ gekleideten Thontiegel, überſtreut mit etwas Fluſsſpat, füllt mit Kohlenpulver auf und ſchmilzt bei bedecktem Tiegel 1—2 Stunden in einem Wind- oder Gebläſeofen. Nach dem Er⸗ kalten wird die Schmelzmaſſe gewogen, die Schlacke abgeſtoßen und pulveriſiert, die Eiſen⸗ körnchen mit dem Magnet ausgezogen und mit dem Metallkönig gewogen. Die Beſchickungs⸗ verhältniſſe ſind: a) für reiche Erze mit wenig oder keinen Erden ſowie für geröſtete Schwefelkieſe: 10% Fluſsſpat, 10%, Kreide, 15— 20% Thon oder 30-35 / garer Hochofenſchlacke; b) für kalkige Erze: 13—20 % Thon, 20—40%, Quarz; bei größerem Magneſiagehalt 5 noch 10% Kreide; e) für thonige Erze: 20—23 % Kreide, 20—25%, Fluſsſpat; d) für fiejelige Erze: 20%, Kreide, 235% Fluſsſpat, 510%, Thon; e) für Eiſen i Eiſenfriſchſchlacken: 13—20 % Kreide, 15—20 % Fluſsſpat, 5 bis 10° Yo Thon. Bei der Chamäleonprobe löst man 05—1g Erz in Kolben mittelſt verdünnter Schwefelſäure, hängt in einem Platindrahtnetz ein amalgamiertes Zinkblech in die Flüſſigkeit, nimmt dasſelbe heraus, ſobald ein Tröpfchen Löſung auf Rhodankaliumpapier keine rothe Färbung erzeugt, ſpült ab, ſetzt etwas Natrium⸗ bicarbonat zu, gießt die ſchwefelſaure Löſung in eine ebenfalls etwas Natriumbicarbonat ent⸗ haltende Maßflaſche, verdünnt auf 250 cm®, nimmt 30 ems in ein Kölbchen und titriert mit 5 Chamäleonlöjung. * N Zinnchlorürprobe. Man löst 0:3 bis 0˙5 g Erz in ſtarker Salzſäure, ſetzt bei An⸗ weſenheit von Eiſenoxydul Kaliumchlorat zu, bis eine Tropfenprobe mit Ferricyankalium keine blaue Färbung gibt, verdünnt auf 230 ems, zu 30 cm? der ſtark ſauren, ſiedendheißen 4 Eiſenchloridlöſung jest man von titrierter Zinn- chlorürlöſung (1 cm? Zinnchlorür = 0'008 mg Eiſenoxyd) jo lange zu, bis die gelbe Farbe ver⸗ ſchwunden iſt, ſetzt nach dem Erkalten Stärke⸗ kleiſter zu und titriert mit Jodlöſung bis zum Eintritt der blauen Färbung. Jodkaliumprobe. Die Eiſenchloridlöſung wird mittelſt Jodkaliums reduciert und das freigewordene Jod durch Natriumthioſulfat aus⸗ titriert. f Fuchs'ſche Eiſenprobe. Man löst 1 bis 2 gepulverten Erzes in 30 cm? Salzſäure von 112 Volumengewicht, oxydiert mit Kalium⸗ chlorat, kocht das Chlor weg, ſetzt etwas Na⸗ triumbicarbonat zu und bringt raſch einen ges wogenen, etwa 2g ſchweren, mit Platindraht umwickelten Kupferblechſtreifen ein, ſetzt ein 5 Kautſchukventil auf und läſst 2—3 Stunden gelinde ſieden. Wenn die Flüſſigkeit farblos ge— worden iſt, nimmt man das Kupferblech heraus, ſpült es ab, trocknet zwiſchen Fließpapier, erhitzt bei 100° und wägt. Das geſuchte Eiſen iſt gleich dem Gewichtsverluſt des Kupferbleches 6 . 85 IX Gar da ein Aquivalent gelöstes Kupfer einem Aquivalent Eiſen entſpricht. v. Gn. Eiſenſchwellen, ſ. Dietrich'ſche Stahlbahnen. Fr Fr. Eisente, die. Harelda (Leach) gla- cialis Leach. — Anas glacialis Gmelin. — A. hyemalis Linné. — A, islandica Brisson, — A. longicauda id. — A. brachyrhynchos. — A. mielonia. — Clangula glacialis Boje. — C. hyemalis. — C. megauros. — C. brachy- rhynchos. — C. musica. — C. Faberi. — Fuli- gula glacialis Stephenson. — Platypus gla- cialis Chr. L. Brehm. Eis⸗, Eistauch⸗, Eisſchell-, Fabers Eisſchell-, Winter⸗„isländiſche, isländiſche Spieß, Schwanz, nördliche Schwanz⸗, breitſchnäbelige, kurzſchnä— belige, großſchwänzige, kurzſchwänzige, islän— diſche Eisſchellente, Langſchwanz, Weißback, Spitz— ſchwanz, kleiner Pfeilſchwanz, Kurzſchnabel, Kirre, Gadelbuſch, Angeltaſche, Hanik, Klashanik. Irz.: harle glaciale, canard d’Island, canard à longue queue, canard de Miclou, miclou; ital.: moretta pezzata; engl.: long- tailed duck, swallowtailed duck. sheldrake; walliſ.: hwyad gynffon gwennol; holländ.: ijs— eend, Wintereend; dän.: Islands-and, vinter- and, klaeshan, gladisse, dykker; norweg.: ungle, angletaske, troeförer, havold.havaelder, ha=ella, haold; isländ.: haavella, haold; ſchwed.: alfogel; faröer: vedel; grönländ.: aglek; finn.: alli; poln.: kaczka lodöwka; ruſſ.: kaumbak, sawka; böhm.: kachna ledni, ho- holka; froat.: norka savka; ungar.: jeges rucza. Abbildungen: Naumann, Vögel Deutſchl. XII., T. 19, Fig. 1—5; Fritſch, Vögel Europas, T. 48, Fig. 7, T. 49, Fig. 1, 3; Fitzinger, Bilder— atlas, Fig. 322. Beſchreibung. Wenige Entenarten zeigen ſo zahlreiche Abweichung in Färbung und ee als die Eisente. Nicht bloß in den bergangskleidern zeigt ſich eine weitgehende Ver— ſchiedenheit, auch das vollkommen fertige Winter— und Sommerkleid zeigt auffallende Verſchieden— heit der Zeichnung ſowie Nuancierung der Farben. Wären nicht gewiſſe ausgeprägte Artenkennzeichen, die ſie immer trägt, ſo wären Verwechslungen ſehr leicht möglich; noch leichter aber könnte man verſucht werden, ſie für ein Baſtardierungsproduct anzuſprechen. Der feſte Artentypus hingegen ſchützt den aufmerkſamen Beobachter vor ſolchen Irrthümern, mögen ein— zelne Zeichnungen und Schattierungen auch noch ſo abwechſeln. Der Körper der Eisente iſt kurz, gedrungen, mehr breit als hoch, der Kopf iſt dick, der Hals kurz. Die Befiederung der Oberſeite iſt dicht und ziemlich derb, an der Unterſeite dagegen pelzartig weich. Die Primärſchwingen ſind lang, der Spitze zu verſchmälert und reichen ca. 3em über die Schwanzwurzel hinaus. Der Schwanz mal Eiſenſchwellen. — Eisente. 221 iſt meiſt ſechzehn⸗, ſeltener vierzehnfedrig. Die Mittelfedern verlängern ſich ſehr auffällig, die anderen verkürzen ſich ſtufenweiſe; beim alten Männchen verlängern ſich dieſe Mittelfedern zu langen Spießen. Der Schnabel iſt kurz, an der Wurzel hoch, mit einem flachen Bogen gegen die Mundwinkel ſcharf in die Federgrenze ein⸗ ſpringend, an der Spitze ſchmal, abgerundet, mit einem beim Trocknen einſpringenden weichen Schnabelrande. Beim Prachtkleide des Männchens zeigen ſich Oberkopf, Vorder- und Hinterhals, Nacken, Bauch und Seiten ſchön weiß. An jeder Halsſeite herunter zieht ſich ein ſchön tiefbrauner Streifen, der ſich verbreitert und gleich über Oberflügel und Rücken ſich ausbreitet. Gegen den Unterrücken zu verdunkelt ſich dieſes Braun, bis es am Bürzel ganz ins Schwarze überge— gangen iſt. Die Bruſt iſt tiefbraun, etwas lichter die Schwingen. An den Armſchwingen bildet ſich durch die röthlichbraune Berandung ein wenig hervortretender Spiegel. Die ſpießartig ver- längerten Schwanzfedern ſind ſchwarz, mit weißer Außenfahne, die äußeren Schwanzfedern mehr dunkelgrau. Der Ober- und Hinterkopf trägt buſchig verlängerte Federn, die ſich zu einer ſchwachen Holle aufrichten laſſen. Von der Wange bis zur Halsmitte verläuft ein kaſtanien— brauner Fleck. Die Schulterfedern verlängern ſich, flattern loſe über die Hinterflügel herab, ſind blaſsgrau, der Spitze zu immer lichter ſich abtönend, bis ſie in reines Weiß ſich ausſpitzen. Das Auge iſt hochgelb, mit röthlichem Schim— mer und wird von dem fein weißbefiederten Lide hübſch umſäumt. Der Schnabel iſt faſt ſchwarzgrün, vor den Naſenlöchern hell ziegel— bis flammend orangeroth. Der Unterſchnabel iſt heller röthlich. Der Lauf zeigt ſich trüb blaugrau. Das männliche Sommerkleid iſt mehr düſter und zeigt langſamere Übergänge der Farbentöne. Zügel und Ohrgegend ſind grau, an den Schläfen weißlich geſpitzelt. Der übrige Kopf erſcheint ſatt chocolatebraun, ebenſo der ganze Hals und die Oberbruſt, wo dann ein greller Übergang ſich findet in das Weiß von Bruſt, Bauch und Unterſchwanzdecke. Oberrücken und Schultern tragen ſchwarze Farbe mit roſt— farbigen Kanten. Die verlängerten Schulterfedern heben ſich deutlich vom übrigen Gefieder ab. Die Spießfedern des Schwanzes ſind erheblich kürzer als im Prachtkleide. Die Oberflügel mit ihrem ſatten Braun laſſen den roſtgelb umſäumten Spiegel ſchwach hervortreten. Je älter das Männchen iſt, um ſo dunkler iſt in der Regel die Hauptfärbung. Der Schnabel iſt bleiſchwarz und das Band vor den Naſenlöchern ſchwächer roth bis fleiſchfarbig. Das Weibchen hat einen mujsbraumen Scheitel, von dem aus ein gleichfarbiges Band auf den Hinterhals hinab verläuft; zwei gleiche Flecken ſtehen an den Wangen. Kinn, Kehle und Kropf ſind noch dunkler braun, auf der Oberbruſt von einem nuſsbraunen Bande begrenzt, das dann in einzelnen Flecken in das Weiß der Bruſt übergeht; Bauch und Unter ſchwanzdeckfedern leuchten ebenfalls blendend weiß. Der ganze Rücken iſt glänzend ſattbraun— Die Schulterfedern gehen ins Braunſchwarze 222 Eisente. über, ſind kürzer als beim Männchen, tragen | dunkel bleifarbig, das Auge dunkelbraun. — ſcharfgezeichnete Kanten nebſt einem ſchwarzen Schaftfleck. Das Auge iſt gelbbraun, der Schnabel bleiſchwarz, mit einem kleinen orangefarbenen Fleck zwiſchen dem Nagel und den Naſenlöchern. Die Füße zeigen eine ſchwärzliche Färbung mit einem ſchwachen Stich ins Grünliche. Im Jugendkleide tritt das reine Weiß an Bruſt und Bauch leuchtender hervor. Das ab- grenzende Bruſtband geht mehr in halbmond- förmige braune Flecken über. Die ganze Ober— ſeite iſt ebenfalls braun, die Schulterfedern ſind weniger entwickelt und mehr roſtrothbraun. Der ſchwach hervortretende Spiegel iſt dunkelbraun, roſtgelb geſäumt. Der Schnabel iſt einförmig Das Dunenkleid iſt bräunlich, vorn weißgrau, ſehr zart, an den Spitzen wollig zertheilt, mit einem faſt ſchieferfarbigen Schimmer. In der Größe variiert die Eisente ebenfalls bedeutend. Naumann führt an: Länge 21½ bis 4½ Zoll, Breite 30 bis 32 Zoll, Flügellänge 9, Zoll, Schwanz (Mittelfedern) 8%, bis 11%, Zoll, Schnabellänge von der Stirn aus Linie bis 1 Zoll 3 Linien, Lauf 1 Zoll 1 1 Zoll und 7 bis 8 Linien. Brehm gibt an: Länge über 60, Breite 70, Fittichlänge 22 und Schwanz 30 em. Hiezu mögen noch einige Maße aus ver⸗ Ländern folgen: ſchieden Verbreitung. Die Eisente iſt zu den echt 1882 erſchienen zwei Exemplare im 9 ö 3 nordiſchen Vögeln zu zählen, da ihre eigent— liche Heimat zum weitaus größten Theile über dem nördlichen Polarkreiſe liegt. Unter denſelben ſteigt ſie als Brutvogel nur an wenigen ganz beſonders zuſagenden Stellen herab. Innerhalb des Polarkreiſes breitet ſie ſich ziemlich gleich— mäßig über Europa, Aſien und Nordamerika aus. Von dem Norden Islands, Grönlands und den Aleuten ſteigt ſie bis Spitzbergen empor, findet ſich häufig auf Nowaja-Semlja und den meiſten benachbarten Inſeln. Ebenſo bewohnt ſie in großen Mengen die nördlichſten Inſelgruppen des amerikaniſchen Continents. Im Herbſte, wenn die fortſchreitende Ver— breitung des Eiſes das Leben durchaus un— möglich macht, läſst ſich die Eisente langſam den ſüdlicheren Küſten zutreiben und erſcheint dann in großen Scharen in Ruſsland, Schwe— den, Norwegen, Dänemark, Jütland, Schleswig— Holſtein, an den ſämmtlichen Geſtaden der Nord- und Oſtſee, verbreitet ſich über die Faröerinſeln, Schottland, England und Ir— land, beſucht auch die holländiſchen, belgiſchen und franzöſiſchen Küſten. In Amerika kommt ſie nicht bloß an die Küſten von New-Pork, ſondern bewohnt auch einen Theil der großen Seen im Norden des Landes. In ungünſtigen Zugszeiten werden ſie nicht ſelten verſchlagen und erſcheinen ſodann tief im Innern von Deutſchland. In der Elbe, Oder, am Main und Mittelrhein, in Schleſien und Thüringen iſt ſie ſchon öfter beobachtet worden. Auch der Boden— ſee wird nicht gar ſo ſelten von den Eisenten beſucht. In Norditalien ſind ebenfalls ſchon ſolche Irrvögel erlegt oder gefangen worden. Nach G. Kolombatovic erſcheint ſie äußerſt ſelteu in der Umgebung von Spalato in Dal- matien. Blaſius Hauf zählt ſie zu den ſeltenen Irrgäſten an den Furtteichen. Am 28. October | Grönland [Spitzbergen] Island Schweden | Ruſsland | Hudjonsbai | . 1.5 [0 ee Ä | Totallänge .. . | 610 | 450 | 550 440 | 600 | 455 390 | 450 | 560 | 435 | 620 | 460 Fittichlänge . . | 240 | 224 | 225 | 215 | 240 | 228 | 230 | 220 | 230 | 220 | 250 | 230 Schwanzlänge. 300 | 78 | 240 | 74 | 295 78 | 305 | 75] 308 | 72 | 310 | 80 Schnabellänge. 27 | 25 26 26] 27| 27 27 26 26 26 [Lauflänge . 3 28292830 | 301 30] 29 30 28% an oberen Gailthale in Kärnthen. In Niederöſterreich er- ſcheint ſie faſt alljährlich als flüchtiger Durch⸗ zügler auf der Donau, ebenſo in Ungarn am Neuſiedler- und Plattenſee, und nach Prof. A. v. Mojſiſovies in Bellye (Draueck), doch an allen dieſen Orten immer nur in geringer Zahl und ohne ſich längere Zeit aufzuhalten. In Böhmen iſt ſie nach W. Schier zahlreich nach⸗ gewieſen, doch immer nur als unregelmäßige Erſcheinung. Im großen und ganzen genom⸗ men dürfte die Eisente übrigens häufiger und regelmäßiger auftreten, als man gegenwärtig annimmt. Doch wird ſie ſehr häufig mit der Schellente (Clangula glaucion), die gleichfalls vielerorts den Namen Eisente führt, verwechſelt und müſſen daher alle unter dieſem Namen ge⸗ machten Angaben, wenn ſie nicht aus ganz guter Quelle ſtammen, ſorgſam geprüft werden. Fortpflanzung und Lebens weiſe. Schon im erſten Frühjahre ſuchen die Eisenten mit einem gewiſſen Ungeſtüm nach Norden vor⸗ zudringen, mit ihrem heiſeren Lärm auch die noch weiter nördlich überwinternden Brüder und Schweſtern zum Aufbruche mahnend. Hiebei kommen Scharen von mehreren tauſend Stück zuſammen. ſchwimmen ſie oft tagelang unausgeſetzt, immer dem erſehnten Norden zuſteuernd. Auch zur Nacht⸗ zeit machen ſie die unglaublichſten Schwimm⸗ touren. Hat der Zug dagegen ſehr Eile oder iſt die Windrichtung eine günſtige, ſo erheben ſie ſich, um von ihren Schwingen Gebrauch zu machen. Sie fliegen ziemlich hoch und beſitzen trotz des ſchwer erſcheinenden Fluges eine ganz namhafte Ausdauer. Mit Vorliebe wählt die Eisente zum Zuge die Nachtzeit und fällt beim Sonnenaufgange patſchend ins Meer ein, taucht dort eine oder zwei Stunden nach Nahrung und treibt dann ſchwimmend vorwärts. Unterwegs Bei einem langſamen Vordringen . — a ii —— . RE u or er gibt es manchen längeren oder kürzeren Still— ſtand, wobei ſich die verſchiedenſten Entenarten in den Buchten zuſammenfinden. Da die Eisente ſehr zänkiſch iſt, ſo ſetzt es zwiſchen ihr und an— deren Tauchenten manchen ernſten Strauß ab. Ihre Schnelligkeit im Austheilen von Schnabel- hieben ſichert ihr in den meiſten Fällen den Sieg, ſo daſs andere Entenarten, die zwiſchen ſie eingefallen ſind, nach und nach ausgebiſſen werden. Schon während des Zuges kann man be— merken, daſs ſich die Paare mehr und mehr zuſammenſchlagen. Die Männchen laſſen ſehr häufig den Paarungsruf ertönen, den Naumann ziemlich treffend mit Au auh lik va a auh lik oder Ah a glek ah a glek wiederzugeben ſucht. Nach dieſer Lautreihe vernimmt man indes noch ein heiſeres, aber nicht weithin vernehmbares Schnarren, das von dem Weibchen gerne mit ſeinem eintönigen Wack wack beantwortet wird. Hat einmal die Paarung begonnen, ſo löſen ſich raſch die Schwärme in die einzelnen Paare auf, halten aber doch noch locker zuſammen. Das Männchen iſt gegen ſeine Erkorene ſehr auf— merkſam, richtet ſich vor ihr in die Höhe, ſträubt die Scheitelfedern auf und richtet ſeinen Stoß faſt ſenkrecht empor, wippt und wiegt mit dem— ſelben ſowie mit dem Kopfe auf und ab, was auf den Zuſchauer eine äußerſt drollige Wirkung macht. Noch viel närriſcher nehmen ſich dieſe Bewegungen aus, wenn ſich das Männchen auf dem Feſtlande um die Gunſt ſeiner Ente be— müht, denn die graziöſen Kopfbewegungen ſtellen ſich dann in einen grellen Contraſt mit dem übrigen ſchwerfälligen Benehmen. Anfangs Mai, ſelten noch im April, kommen die Eisenten auf ihren Brüteplätzen an und begrüßen dieſelben mit einem lauten Lärm. Der erſte Tag iſt ge— wöhnlich der Ruhe oder einer nicht ſehr an— ſtrengenden Recognoſcierung gewidmet. Am zweiten Tage dagegen geht es ſchon ernſtlich an die Suche eines Niſtplatzes, wobei das Männ— chen dem Weibchen beſtändig nachwatſchelt und geſchäftig plappert und knarrt, die emſige Suche aber nicht ſelten durch ſeine verliebten Tände— leien unterbricht. Das Neſt baut ſich das Weibchen ganz allein. Erſt ſcharrt es ſich an einem geeigneten, von Geſtrüpp oder Blattpflanzen geſchützten Orte eine flache Mulde aus, trägt dann Röh— richt, Gräſer, Mooſe und Flechten zuſammen, aus denen ein kunſtloſes Neſt geformt wird. Im Innern ſind ſtets die weicheren Gräſer und Mooſe, die überdies noch reichlich mit Dunen ausgefüttert werden. Die Eierlage wird raſch hinter einander abgemacht, jo daſs dieſelbe meiſt in zehn bis elf Tagen fertig iſt. Das Gelege beſteht aus ſechs bis zehn grünlichen Eiern, welche ungefähr 52—56 und 40—44 mm groß ſind, jedoch jo variieren, daſs man häufig auf— fallend größere und kleinere in einem und dem— ſelben Neſte findet. Trifft das Weibchen einen zuſagenden Niſt— platz nur ſchwer, ſo ſucht es jene der Bergenten (Fuligula marila) auf, verjagt die nächſtbeſte Ente von ihrem Neſte und nimmt davon Beſitz, gleichviel ob es ſchon belegt iſt oder nicht. Es trifft ſich gar nicht ſelten, daſs die Eisente ihre Eier Eisente. 223 zu jenen der Bergente legt und alle mitſammen ausbrütet. Nebſtbei iſt ſie am Neſte äußerſt zänkiſch gegen alle anderen Entenarten, verträgt ſich dagegen wieder leidlich mit ihresgleichen und nimmt keinen Anſtand, in ziemlich engen Colonien zu brüten. Die Zeit der Erbrütung dauert 26 Tage. Während dieſer Zeit ſitzt die Ente mit vieler Hingebung und ſehr feſt, ver— läſst das Gelege täglich nur einmal, um nach Aſung auszuziehen. Vor ihrem Abgange wird das Gelege ſorgſam mit den Dunen zugedeckt. Von dem Tage an, an welchem die Ente auf ihrem Gelege ſitzen bleibt, empfiehlt ſich das Männchen und fliegt dem Meere zu, wo es ſich in Geſellſchaft anderer Eutvögel herumtreibt und ſeine erſte Mauſer durchmacht. Nach dem Ausfallen der Jungen führt die Eisente dieſelben ſofort dem Meere oder dem nächſten Waſſer zu. Oft niſtet ſie tiefer im Lande und trachtet dann in dieſem Falle durch ein Flüſschen oder eine größere Waſſerader ins Meer zu gelangen. Die Eisente beſchränkt ſich nämlich bei der Anlage des Neſtes nicht unbe— dingt auf die unmittelbare Nähe der Salzflut, ſondern nimmt auch mit der Nähe des Süß— waſſers vorlieb, falls ihr nur die anderen Be— dingungen, Ruhe, Ungeſtörtſein, Deckung und Aſung, entſprechen. In der erſten Zeit beſchränkt ſich die Nahrung der Jungen meiſt auf den Laich von Dorſchen und Schellen, zarte Waſſer— ſchnecken, Würmer und verſchiedene Inſecten. Allmählich gehen ſie zur Aſung der Alten über. Dieſe beſteht vorwiegend aus Herz-, Mieß- und Tellmuſcheln, Meerſchnecken, kleinen Krebſen und allerlei Gewürm. Zum Deſſert nimmt ſie auch vegetabiliſche Stoffe, wie zarte Keimtriebe, Wur— zelſproſſen und ſaftige Knoſpen auf, doch iſt dies immer nur etwas Nebenſächliches und nie Hauptnahrung, wenn ſie überhaupt animaliſche Aſung erlangen kann. Im Meere vereinigt ſich das oder we— nigſtens überhaupt ein Männchen wieder mit einer Familie, denn daſs dies immer unbedingt der „richtige“ Entvogel ſei, daran hege ich be— gründete Zweifel, ſeitdem ich geſehen, u. zw. zu wiederholtenmalen, dass der bei einer Familie abgeſchoſſene Entvogel ſchon meiſt am folgenden Tage wieder durch einen anderen erſetzt wird. Beide konnten doch ſchwerlich ein Familienanrecht haben, mithin ſcheint es mehr die Macht ge— ſelliger Gewohnheit als das Gefühl der Vater— ſchaft zu ſein, was den Entvogel wieder zu einer der im Meere erſcheinenden Entenfamilien drängt. Die Familien bleiben bis zum Herbſte in ziemlich enger Vereinigung und ſcharen ſich erſt zuſammen, wenn ſie das Vorgefühl der be— vorſtehenden Wanderung beichleicht. Es wird den Eisenten ſichtlich Schwer, ihr geliebtes Heim zu verlaſſen. Nur langſam weichen ſie dem immer mehr um ſich greifenden Eiſe, erheben ſich von den eingefrorenen Buch— ten, ſtreichen ins Innere der Inſeln, dort auf einem kleinen See oder einem breiteren Waſſer— laufe noch für ein paar Tage halt zu machen. Wenn dann aber vollends alle Enten des hohen Nordens in ſchreienden Scharen und ſichtlicher Eile ankommen, dann entſchließen ſich auch die Eisenten zu einem raſcheren Zuge. Wo die [57 Hauptſchwärme ihre Raſt- und Sammelſtationen halten, da kann man Millionen der verjchieden- ſten Entenarten in einem bunten Durcheinander ſehen. Von einer kleinen Anhöhe aus geſehen, gewährt ſo ein Zug ein prächtiges Schauſpiel. Die Jagd auf die Eisente wird meiſt ſo wie auf andere Meerenten betrieben. Solche Eisenten, welche weder den Menſchen noch ſein Feuerrohr kennen gelernt haben, ſind wenig ſcheu und halten vor einem Kahne bis auf 20 bis 30 Schritte aus, können daher oft, beſonders wenn ſie langſam gegen eine Bucht gedrückt werden, mit einer Doublette in größerer Anzahl erlegt werden. Nach einem Schuſſe erheben ſie ſich er— ſchrocken, überfliegen gerne den Kahn, kehren aber nochmals an die erſte Stelle zurück, falls im Kahne alles ruhig geblieben iſt. Wiederholt ſich jedoch das Beſchießen, ſo bemerken ſie gar bald, welche Gefahr hierin liegt, und ändern dann ganz ihre Taktik. Auf hundert, ja auf zwei— hundert Schritte ſchon gehen ſie vor dem Kahne auf, überfliegen denſelben unter keiner Bedin- gung mehr, ebenſowenig laſſen ſie ſich in eine Bucht drücken. So zähe ſie ſonſt am Waſſer halten, ſo ungern ſie auch aufgehen, eine oft beſchoſſene Schar entſchließt ſich zum Außerſten, ſogar zum Fluge landeinwärts, ehe ſie einen Kahn auf Schuſsdiſtanz anfahren läjst. Der Schütze kennt ſchon in großer Entfernung, ob er es mit einer vergrämten Schar zu thun habe, und weicht einer ſolchen gerne aus, damit ſie ihm mit ihrem Höllenlärm nicht auch die anderen, etwa noch vertrauten Scharen entführe. Zur Zugszeit werden ſie zu tauſenden neben den Bergenten erlegt. Ihr Fleiſch hat jedoch den thranigen Geſchmack und wird höchſtens von dem wenig verfeinerten Gaumen eines Nord— bewohners geſucht und geſchätzt. Wo die Eisente in größeren Colonien brütet, werden an den Neſtern die Eier und die Dunen geſammelt, mehr jedoch letztere als erſtere. Die Dunen ſind nicht ſo geſchätzt wie die der Eider— ente, werden daher meiſtens in kleinem Pro— centſatze mit dieſen gemiſcht und ſo verkauft. Ein hervorragender Nutzen iſt bei der Eis— ente nicht zu verzeichnen, dagegen aber macht ſich ihr Schaden auch nicht direct fühlbar. Wenn ſie auch an manchen Stellen die Mießmuſcheln zehentet, ſo iſt anderwärts wieder hinlänglich bei der wenig intenſiven Nutzung für einen Erſatz geſorgt. Klr. Eiſen verbindungen. Eiſenbeſtandtheile wer— den unter einander entweder verſchraubt oder vernietet. Die erſtaufgeführte Verbin- dung iſt die häufigere und erfolgt mittelſt Schraubenbolzen, die in dem einen Ende ein Schraubengewinde, an dem anderen einen vorſtehenden quadratiſchen Kopf haben. An das Schraubengewinde wird eine ſechseckig geformte Schraubenmutter angeſchraubt (ſ. Bolzen). Bei Holzeonftructionen, die verſchraubt werden, kommt unter die Schraubenmutter noch eine kleine Unterlagsplatte von Metall. Mitunter er— ſetzt man auch den Kopf des Bolzens durch einen durchgeſteckten Keil. Steinſchrauben (Fig. 267) haben einen nach abwärts verſtärkten prisma— tiſch geformten und an den Kanten eingekerbten 24 Eiſen verbindungen. — Eiſerne Träger. Bolzen à und finden Anwendung, wenn eiſerne Platten auf Steinunterlagen (Steinquader) be⸗ feſtigt werden ſollen. Dieſen Bolzen verſenkt man in eine in dem Steine hergeſtellte Offnung und gießt den Zwiſchenraum mit Blei, Schwefel oder Cement aus, legt dann die Platte auf und ſchraubt die Mutter b feſt. Ankerſchrauben beſtehen aus längeren Eiſen⸗ ſtäben, die oben ein Schraubengewinde, unten eine Offnung erhalten, durch die ein eiſerner — Ca)» N N SS N N Fig. 267. Steinſchraube. Querſtab durchgeſteckt wird. Sie werden ver— wendet, wenn eiſerne Platten auf ein Mauer- werk befeſtigt werden müſſen. Der Eiſenſtab (Anker) wird mit dem Querſtab eingemauert, die Platte aufgelegt und ſodann die Mutter aufgeſchraubt. Statt der Querſtäbe finden auch Eiſenplatten Verwendung. Das Verbinden von Eiſentheilen mittelſt des Vernietens findet durch Nietbolzen bei den verſchiedenen Blechen ſtatt. Die Bolzen werden durch vorgebohrte Löcher geſteckt und die vorſtehenden Theile beiderſeits mit einem Hammer zu Nietköpfen ausgeſchlagen. Die Verlängerung von Eiſenſtäben geſchieht in der Weiſe, dass dieſe gerade oder ſchief über- plattet und dann zuſammengeſchweißt werden. Neben der Schweißung wird die Überplattungs⸗ ſtelle noch vernietet oder verſchraubt. Soll jedoch die Verbindung eine bewegliche bleiben, dann werden die Stabenden in eine gabelförmige Form gebracht und mittelſt Bolzen befeſtigt. Fr. Eiſenvogel, ſ. Heckenbraunelle. E. v. D. Eiſerne Stützen und Säulen werden mit Rückſicht auf die Anforderung der Druckfeſtigkeit aus Guſßseiſen hergeſtellt. Die vielſeitigſte Ver- wendung finden hohle guſseiſerne Säulen, die ſich nach oben zu verjüngen, derart, daſs der obere Durchmeſſer ca. 70-80 % des unteren beträgt. Bei Säulen bis 13 em Durchmeſſer beträgt die Wandſtärke 2 em, von 13 bis 18 em. Durch- meſſer 25 em und bei noch ſtärkeren 3 em. Die Säulen erhalten dann gewöhnlich unten einen Fuß und oben einen Kopf (Capitäl). An den vortretenden Fuß ſind gleichzeitig Flanſchen an⸗ gegoſſen, die dann an den Unterbau mittelſt Steinſchrauben befeſtigt werden. Ofters ſind am Kopf der Säule noch verzierte Conſols ange- bracht, die als Träger des aufruhenden Balkens benützt werden. Fr. Eiſerne Träger werden in neuerer Zeit vielfach bei Bauconſtructionen des Hochbaues verwendet. Es ſind das die hochkantigen Eijen- Eiſerner Leithund. — Eisfilamente. bahnſchienen, die einfachen und doppelten förmigen gewalzten Träger, die ein— fachen und kaſtenförmigen Blechträger und die Gitterträger. Zu den eiſernen Trä— gern wird vorwiegend Schmiedeeiſen benützt, nachdem hiedurch einerſeits eine größere Sicher— heit erreicht, andererſeits den Trägern eine größere Länge gegeben werden kann. Die hoch— kantigen Eiſenbahnſchienen finden bei Zwiſchen— decken, Balkons, Treppen, bei Überdeckung von Maueröffnungen u. ſ. w., vorwiegend alſo nur bei kleineren Bauconſtructionen Anwendung. Ofter werden auch zwei Schienen mit den Füßen aneinanderſtoßend (gekuppelte Schienen) angewendet, die auf ihren Auflagern mittelſt paſſend geformter guſseiſerner Platten verbun— den ſind. Eine vielſeitigere Anwendung finden die in Fig. 268 dargeſtellten gewalzten, doppelt T-för— migen Träger. Sie beſtehen aus den horizon— talen Flanſchen b, die durch die vertical ge— ſtellte Rippe a (Steg) unter einander verbun— den werden. Die Höhe h ſchwankt zwiſchen 15 und 40 cm, die Stärke des Steges je nach der W SSS N C & N AN 2 n 2 5 NIS N Fig. 268. Doppelt T-fürmiger Träger. a Rippe, b Flanſchen. Höhe zwiſchen 0˙5 und 1˙6 em und die Breite der Flanſchen zwiſchen 5 und 15 em bei einer Stärke von 0˙8 bis 1˙9 em. Die Blechträger haben zumeiſt den doppelt T-förmigen Querſchnitt und erhalten die ver— tical geſtellten Bleche a (Fig. 269) eine Stärke von 0°8 bis 1˙2 em und eine Breite bis 1'5 m. Auf den Steg a kommen die obere und untere Härtung b, die mit dem Steg durch Winkel— eiſen e mit 6—10 em Schenkellänge vernietet iſt. Die Deckplatten und Winkeleiſen erhalten eine Stärke von lem und überragen die erſteren die letzteren. Erhalten die Blechträger doppelte Blechwände, dann nennt man ſie Kaſten— träger. Die Gitterträger finden nur bei größe— ren Bauten Anwendung. Man unterſcheidet Träger mit horizontalen Gurtungen, Träger mit einer horizontalen und einer gekrümmten Gurtung und Träger mit zwei gekrümmten Gurtungen (Bogenträger). Die Gitterträger unterſcheiden ſich von den Blechträgern nur da— durch, dafs anſtatt der verticalen Blechwand ein aus Eiſenſtäben gebildetes Gitternetz ver— wendet wird. Fr. Eiſerner Leithund. „Zu ſolchem Ende muß er denn alle Abende die Wildfuhr — Wechſel) 225 mit einem Bruch, oder Dornbeſen, welcher ftets dabey liegen ſolle, fein eigentlich überfahren, und die Färthen darauf zuſtreichen. Alsdann kann er früh morgens auf der Wildfuhr, auch ohne Leithund, gut ausmachen, was er vor Wildpret auf dem Revier habe, wo es ſeine Aus- und Eingänge gehabt, und wie ſtark es am Rudel hin und her gezogen iſt. Dahero wird die Wildfuhr auch der ſtill liegende Leithund, ferner, der eiſerne Leithund genennet.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 133. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Eiseſſig, ſ. Eſſigſäure. v. Gn. Eisſilamente nennt man eigenthümliche kryſtalliniſche Eiswucherungen, die bisweilen bei Froſtwetter aus gewiſſem Boden oder aus ab— geſtorbenen Baumſtämmen an der Oberfläche hervorblühen, zum Theil aber ihren Sitz noch unter der Oberfläche haben. Es iſt beobachtet worden, daſs durch ſolche Eisauswachſungen, die, genau betrachtet, aus regelmäßigen pris— matiſchen Kryſtallen zuſammengeſetzt waren, die ganze oberſte Bodenſchicht bis zu 8 mm ge- hoben wurde, und dajs die Rinde der Stämme Fig. 269. Blechträger. a Bleche, b Härtung, e Winkel— eiſen. und Aſte durch derartige Bildungen abgelöst zu werden vermag. Begünſtigt wird dieſes Phä— nomen durch einen laugſam einſetzenden Froſt von 0—6°; haben ſich Eisfilamente bei mäßi gem Froſt gebildet, ſo bleiben ſie bei ſtärkerem beſtehen, treten dagegen bei ſcharfem Froſt nicht auf. Wo die Erſcheinung in der Natur an Holztheilen beobachtet wurde, gelang die Wie derholung der Bildung vollkommen durch eine Kältemiſchung; nicht alle Hölzer ſollen imſtande ſein, ſolche Eisfilamente hervorzurufen, während man gleiche Bildungen auch durch das Aus blühen von Salpeter aus Thonzellen, die mit Salpeterlöſung getränkt waren, beobachtet hat. Nach der Erklärung von Wood Smith ent ſtehen dieſe Bildungen in der Weile, dajs ſie aus Capillaren gewiſſermaßen emporwachſen; es bildet ſich ein kleines Eisröhrchen, in welchem aufs neue Waſſer empordringt, das dann zum Gefrieren kommt; ſinkt die Temperatur ſehr ſchnell, jo ſchließen ſich die Poren, und die Bil- dung der Eisfilamente hat ein Ende. Gegen die Entſtehung durch feuchten Nieder— ſchlag aus der Luft ſpricht entſchieden das Auf— treten der Eisfilamente unter der Oberfläche (vgl. Met. Zeitſchr., 1885). Gßu. Dombrowski. Encyflopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 13 226 Eisſiſchen, Verbot desſelben, ſ. Fiſcherei. Mcht. — At. Eisheilige, ſ. Eismänner. Gßn. Eishütten ſind außerhalb eines Gebäudes hergeſtellte oberirdiſche Eisbehälter. Die Eis⸗ hütten ſtellt man an einen möglichſt ſchattigen Platz und gibt ihnen verſchalte doppelte Riegel⸗ wände, deren Zwiſchenräume mit Aſche oder ge- ſtampfter Schlacke auszufüllen ſind. Die Wände ruhen auf einem gemauerten Sockel (Unterbau), erhalten eine hölzerne Decke mit einer darauf ruhenden mächtigen Strohlage und eine einfache Überdachung. Der Eingang iſt an der Nord— ſeite anzulegen und mit einem Vorbau zu um⸗ geben. Das Eis wird wie in einem Eiskeller auf einen Holzroſt gelagert, und falls der Boden zum Verſchlucken des Schmelzwaſſers nicht ge⸗ eignet iſt, wird dieſes durch einen Canal mit einer Waſſerſperre abgeleitet. Die letztere ſoll den Zu- tritt der Luft verhindern. Fr. Eisknochen, der, veraltet ſtatt Eisbein (ſ. d.), „Weiter ſchneidet er an den Eiß-Knochen etwa einen Finger breit hinunter ...“ J. v. Göchhauſen, Notabilia venatoris, Nürnberg und Altorff 1731, p. 238. — Grimm, D. Wb. III., p. 379. E. v. D. Eismänner, Eisheilige, die geſtrengen Herren. In unſeren gemäßigten Breiten, wo die Veränderlichkeit des Wetters eine ſehr große iſt, wechſeln kalte und warme Tage, ohne dajs uns dieſer Wechſel im allgemeinen beſonders zum Nachdenken Anlaſs böte; die warmen Tage im Spätherbſt, welche die Abnahme der Tempe⸗ ratur in ihrem jährlichen Gange zeitweilig unter— brechen, erfreuen uns, während uns die Rück— ſprünge der Temperatur im Frühjahre gemein- hin unbehaglich erſcheinen. Wo jedoch derartige Unterbrechungen im Temperaturgange von ver— hängnisvollen Folgen begleitet auftreten, ge— winnen ſie für den Menſchen ein beſonderes Inter⸗ eſſe und treten in dieſem Falle ſehr bald in ſein Bewuſstſein. Dies gilt hauptſächlich von dem Zurückſinken der ſteigenden Frühjahrstem⸗ peratur zum Froſtpunkt, wodurch in einer ein- zigen Nacht häufig der Landwirtſchaft wie dem Forſt unermeſslicher Schaden zugefügt worden iſt. Dieſe Zeit, wo die meteorologiſchen Ver— hältniſſe noch ein Zurückgehen der Temperatur auf den Froſtpunkt geſtatten, fällt bei uns mit der Blüteperiode unſerer Objtbäume zuſammen, in den Mai, und die Erfahrung lehrt leider zu häufig, daſs zu dieſer Zeit auch die jungen Triebe unſerer Waldbäume und insbeſondere die zarten noch am Boden vegetierenden Pflänz— chen Temperaturen unter dem Gefrierpunkte nicht zu widerſtehen vermögen und durch Froſt zum großen Theile vernichtet werden. Das Verhängnisvolle dieſer Fröſte beruht vor allem auf den vorangegangenen warmen Tagen und ihrem mächtigen Einfluſs auf die Entwicklung der Vegetation und wird erſt durch ſie hervorgerufen. Es liegt aber wohl in der Natur des Menſchen, daſs jene angenehmen warmen Tage weniger auffielen als die nach— folgenden kalten, und ſo fajste man die Er- ſcheinung durchwegs allein als einen Rückfall Eisfiſchen. — Eismänner. der Kälte ins Auge, wiewohl die Erſcheinung als mit durch die vorangegangene hohe Tempe⸗ raturſteigerung bedingt erſcheinen möchte. Vielleicht im Zuſammenhange mit der ge⸗ ringeren Gefährdung der Baumblüte am Ende Mai als in den früheren Wochen dieſes Mo- nats ſind es vornehmlich die Tage Mamertus, Pankratius, Servatius (11. bis 13.) ſowie Pankratius, Servatius und Bonifacius (12. bis 14.), welche von altersher beſonders gefürchtet werden, jene mehr im nördlichen, dieſe mehr im ſüdlichen Mitteleuropa. Jedenfalls werden dieſe Tage vom Volke als die Eisheiligen oder Eismänner, oder die geſtrengen Herren, in Frankreich als les trois saints de glace ver- ſchrien und ihr Herannahen ganz beſonders ge— fürchtet. Der Glaube, daſs gerade dieſe Tage die verhängnisvollen ſeien, iſt beim Volke noch heute feſt eingewurzelt und reizte natürlich zu wiſſenſchaftlicher Forſchung an. Ermann erklärte die Kälterückfälle um Mitte Mai aus der Annahme, dajs die Sternſchnuppen⸗ ſchwärme, welche uns im November erſcheinen, im Mai in Conjunction zur Sonne ſtehen und zu dieſer Zeit bei ihrem Vorübergang an der Sonne während ihres Knotendurchganges für uns die Wärmeſtrahlen dieſes Himmelskörpers theilweiſe zurückhalten. Mädler (1843) führte die Eisheiligen auf den Eisgang der nordiſchen Flüſſe, insbeſondere der Dwina, zurück. Die erſte umfaſſende wiſſenſchaftliche Be- arbeitung der Frage rührt indes von Dove her: „Uber die Rückfälle der Kälte im Mai“, 1856. Die Theorie Ermanns widerlegt Dove durch den Nachweis, dafs die Erſcheinung keineswegs jene gleichmäßige Verbreitung auf der Erde be— ſitze, wie ſie aus einer außerhalb der Erde lie- genden kosmiſchen Urſache hervorgehen müſſe, während er gegenüber Mädler den Nachweis liefert, daſßs jene Eisgänge meiſt etwas ſpäter erfolgen. An der Hand des damals vorhandenen Materiales an vieljährigen Beobachtungen wies Dove nach, daſs eine Temperaturverminderung im Mittel der Jahre in Mitteleuropa durch⸗ ſchnittlich auf jene Tage entfalle, daſs ſie von nördlichen Winden begleitet und daher eine Verſpätung ihres Eintrittes nach dem Süden wahrſcheinlich ſei. Er bemerkt, „daſs die Rüd- fälle nie gleichzeitig überall hervortreten und ebenſowenig an ganz beſtimmte Epochen ge⸗ knüpft ſind, jo dajs erſt im längeren Jahres⸗ mittel die Zeit ſich kenntlich macht, welche für eine gegebene Localität den Eintritt derſelben wahrſcheinlicher macht als zu anderen Zeiten. Steigert ſich die Temperatur ungewöhnlich, ſo iſt ein Rückſchlag faſt mit Sicherheit zu er⸗ warten. In Jahren, wo die kritiſchen Tage un— gewöhnlich heiß, trifft dann die Abkühlung auf einen ſpäteren Zeitraum.“ Um darzulegen, wie hoch in den vieljährigen Mitteln die Unterbrechungen im Gange der Temperatur gefunden wurden, ſeien hier einige von Dove berechnete Mitteltemperaturen wieder⸗ gegeben: Eismänner. 227 | | | h 2 Ä . Im Mittel Mai: 8 | 9 | 10. | 11. 12. | 13. | 14. 15. 486. n Berlin 10•13 1026| 990 937) 9.12 9242| 991 1015| 10-43] 110 Breslau 1032| 1021| 9832| 9.77 963 977 961 977 1023| 66 Arnſtadt 10.60 10:35) 1008| 963 9·88 9.78 9.47 931 1008| 2 ld 1228 | 12:32 | 11-71 1140 11@8 | 11·81 | 11-60 | 1163| 11·834 40 Karlsruhe 8.19 8 15 7˙98 824 sıa| 8.26 845 8093| 9.088 40 Mittel 1030 1026 0 962 961977 981 10˙00 es | | | Den Grund der Erſcheinung, bejonders nach milden Wintern, ſucht Dove zum Theil in der Auflockerung des Luftmeeres über Hin— doſtan, vermochte jedoch mittelſt ſeiner Theorie der polaren und äquatorialen Strömungen nicht von dieſem Ausgangspunkt aus den Verlauf der Erſcheinung genügend aufzuklären. Die Be— deutſamkeit der beſprochenen Arbeit und die Wichtigkeit des Gegenſtandes laſſen es geboten erſcheinen, den Schluſsſatz hier anzuführen: „Dieſe Ergebniſſe ſchließen jede der Erde äußere periodiſch wiederkehrende Urſache aus; die be— ſprochenen Erſcheinungen erläutern ſich natur— gemäß aus den Bewegungen der Atmoſphäre, die, wie ſie im ganzen die Temperaturextreme auszugleichen ſuchen, ſo auch einen local hervor— tretenden großen Wärmeunterſchied auf ſein richtiges Maß zurückzuführen ſtreben. Es ſind Schwankungen um den Zuſtand des Gleich— gewichts, von denen wir vorzugsweiſe nur die der einen Seite beachten, da nach dem langen Winter der Frühling uns nie früh genug er— wacht und wir bei den erſten lauen Vorboten desſelben meinen, daſs die Kraft des Winters bereits vollſtändig gebrochen. Die geſtrengen Herren ſind die letzten leidigen Triumphe der Reaction des ſich überlebt habenden Winters in dem fröhlich und unaufhaltſam ſich entwickeln— den Leben der Vegetation.“ Ein Fortſchritt in der Erkenntnis wurde erſt durch das Buys-Ballot'ſche Geſetz, welches die Abhängigkeit der Windrichtungen von dem Verlauf der Curven gleichen Druckes lehrt, mög— lich; den bei dieſen Rückfällen beobachteten vor— herrſchenden nördlichen Windrichtungen muſste dem Geſetz zufolge eine gewiſſe Druckvertheilung entſprechen und eben jenen Wind hervorrufen. Abgeſehen von darauf abzielenden zerſtreuten Bemerkungen in der meteorologiſchen Literatur waren es in der Folge beſonders zwei unab— hängig von einander entſtandene eingehendere Unterſuchungen, welche weiteres Licht über die für uns ſo wichtige Erſcheinung der Maifröſte verbreiten ſollten, von Aſsmann „Die Nacht— fröſte des Monats Mai“, 1881, und von v. Be— zold, „Die Kälterückfälle im Mai“, 1883, und des weiteren hieran anknüpfend eine Arbeit von van Bebber, „Die geſtrengen Herren“, Oſterr. Met. Zeitſchr. 1883. Assmann wies in der genannten Arbeit (er ſchienen in der „Magdburger Zeitung“) zunächſt nach, dass die Erſcheinung der Maifröſte im Jahre 1881 an eine ſehr charakteriſtiſche Druck— vertheilung gebunden war. „Während bis zum 8. Mai im Nordweſten (Europas) ſehr niederer Luftdruck herrſchte, trat am 9. Mai ein Gebiet mit ſchwerer kalter Luft dort auf (780 Milli— meter!), welches am 10. Mai über Schottland und der nördlichen Nordſee lagerte, während ringsum leichtere wärmere Luft vorhanden war, am 11. Mai aber noch erheblich an Ausdehnung zunahm. Demgemäß ſtrömte die ſchwerere Luft nach allen Seiten hin langſam aus, überall die leichteren Luftmaſſen vor ſich her und in die Höhe drängend. Infolge hievon traten zunächſt ſtärkere Bewölkung und Niederſchläge auf, da die wärmere Luft in der nun auf ſie einwir— kenden niederen Temperatur ihren Waſſerdampf nicht länger aufgelöst erhalten konnte. Nach— dem aber gewann auch die mächtige kalte Luft— ſtrömung an Höhe, jo daſs klarer Himmel ein— trat und mit ihm energiſche nächtliche Aus— ſtrahlung ... Die Temperaturen des 9. Mai waren nun ſchon im ganzen ſüdlichen Schweden und öſtlichen Deutſchland erheblich erniedrigt, aber erſt in der klaren Nacht vom 9. zum 10. kam der breite Strom kalter Luft zum vollen Durchbruch. Das Gebiet der Nachtfröſte er ſtreckte ſich vom Ladogaſee quer durch Deutſch land hindurch in ſüdweſtlicher Richtung bis nach Karlsruhe der Strom kalter Luft ergoſs ſich (am 11.) ſogar bis nach dem ſüd— lichen Frankreich, dort und in Süddeutſchland Schneefälle veranlaſſend . . . An allen Stationen (Mitteldeutſchlands) herrſchten an jenem und den nächſten Tagen nordweſtliche bis nordöſt— liche Winde und meiſt klares Wetter. Der 12. Mai zeigt das Gebiet hohen Luftdruckes etwas nach Nordoſt verſchoben, ebenſo der 13. Mai. Am 14. zeigte ſich im Nordweſten ein Gebiet niederen Luftdruckes, verbunden mit weſtlicher Lage des Maximums, wodurch wär mere Luft über Centraleuropa geführt wurde, infolge deſſen die Bewölkung zu- und dement ſprechend die nächtliche Ausſtrahlung abnahm.“ Die durch den hohen Luftdruck im Nordweſten bedingte Zufuhr nördlicher Winde wurde wäh— rend dieſer Periode der Nachtfröſte durch nie drigen Luftdruck in Südoſt öſtlich des Adria— tiſchen Meeres noch unterſtützt. Um darüber zu entſcheiden, ob in früheren Jahren die Erſcheinung in gleicher Weiſe ſtatt gefunden habe und daher beſtimmte Bedin gungen für das Eintreten der Fröſte an eine gewiſſe Epoche gebunden ſeien, benützte Aſsmann die Jahrgänge 1877—1881 der Wetterberichte der Seewarte; aus dieſen berechnete er für 92 Stationen die Tagesmittel des Luftdruckes 13 * 228 Eismänner. für den 5. bis 20. Mai und zeichnete auf Grund dieſer in eine Karte eingetragenen Werte die durchſchnittlichen Iſobaren für jeden der ge⸗ nannten Tage. Den Verlauf der nächtlichen Froſtgrenze erhielt Aſsmann unter der Annahme, dafs ſtets Nachtfroſt habe ſtattfinden müſſen, wo die Temperatur morgens 8 Uhr unter 6° C. gelegen habe. Die ſo erhaltenen Kärtchen zeigen einen ähnlichen Verlauf der Luftdruckverlagerungen und ſomit, „daſs das Phänomen des Kälterück— ſchlages allerdings zu jener Zeit nahezu con— ſtant eintritt, meiſt jedoch ſchon früher, am 8. Mai, beginnt und am 12. beendigt iſt“. Unter den vom Verfaſſer hervorgehobenen Urſachen, welche die Froſtgefahr vergrößern, ver— dient beſondere Beachtung — außer der Beto— nung der durch die nördlichen Winde vermin— derten Luftfeuchtigkeit und hiedurch vermin— derten Bewölkung, alſo vergrößerten Ausſtrah— lung — der Hinweis, daſs der noch vom Winter her erkaltete Boden von ſeinen inneren Schichten den Oberflächenſchichten keinen Schutz gegen in— tenſive Erkaltung gewähre; anders im Herbſt, wo die tieferen Bodenſchichten von ihrem Wärme— vorrath abzugeben vermögen und die Erkaltung der Oberfläche verlangſamen. Zu beachten iſt jedenfalls, daſs der hier gewählte Zeitraum von fünf Jahren ein ziem— lich kurzer iſt, um zu allgemein giltigen Reſul— taten zu gelangen, und vor allem, daſs das eine der in Betracht gezogenen Jahre, 1884, durch den abnorm hohen Luftdruck von 780 Milli— meter im Nordweſten die fünfjährigen Durch— ſchnittszahlen und vielleicht auch den Verlauf der mittleren Iſobaren ſtark beeinfluſſen muſste. Unabhängig von ſeinem Vorgänger ſuchte v. Bezold die Maifröſte ebenfalls auf die Druck— vertheilung zurückzuführen; ſeine Unterſuchung galt der Frage, ob aus dem Durchſchnitte lang— jähriger Beobachtungen die Iſobaren für die Pentade vom 11. bis 15. Mai jene Luftdruck— vertheilung erkennen laſſen, hohen Luftdruck im Nordweſten, tiefen im Südoſten Europas, und zum andern, welches die Urſache dieſer eigen— artigen Vertheilung des Luftdruckes gerade um dieſe Zeit ſei. | Da über den Luftdruck nicht genügend lange Beobachtungsreihen vorliegen, jo muſste die Frage auf einem Umwege gelöst werden, und hiezu bot der Satz von Wild das Mittel, welcher ausſagt, daſs jederzeit der Verlauf der Iſanomalen der Temperatur angenähert übereinſtimme mit dem der Iſobaren; die Iſano— male verbindet die Punkte der Oberfläche, welche gleich große Temperaturabweichung von der für ihre geographiſche Breite berechneten idealen Temperatur beſitzen. Es wurden dem— nach die von Dove und Jelinek berechneten viel— jähren fünftägigen (Pentaden-) Mittel der Tem— peraturen zunächſt unter Berückſichtigung der Meereshöhe der Stationen auf das Meeresniveau reduciert und dieſe reducierten Pentadenmittel mit den Normaltemperaturen der betreffenden Breite, wie ſie von Dove und Wild berechnet wurden, verglichen. Es ergab ſich, „daſßs ſich um die kritiſche Zeit ein relativ ſehr warmes Gebiet in der ungariſchen Tiefebene entwickelt. Dies tritt gerade in der III. Pentade, d. h. in der Zeit vom 11. bis 15. Mai am entſchiedenſten hervor, während es in den vorhergehenden nur ſchwach angedeutet, in den darauffolgenden aber ſchon wieder im Verſchwinden begriffen iſt. Man iſt demnach vollkommen berechtigt, anzunehmen, dajs die mittleren Iſobaren für die III. Pentade des Mai gerade jenen Ver— lauf zeigen, welchen wir oben als charakteriſtiſch für die Kälterückfälle haben kennen lernen. Die mittleren Iſobaren für die Zeit vom 11. bis 15. Mai zeigen jedenfalls ein barometriſches Maximum im Weſten Europas und ein ſehr ausgeprägtes Depreſſionsgebiet im Südoſten mit einem Kern über Ungarn Hienach über- nimmt nach v. Bezold im Frühjahr bei der Er⸗ wärmung des Continents die Balkanhalbinſel mit dem ganzen zwiſchen der Adria und dem Schwarzen Meere gelegenen Hinterlande bis zu den Karpathen die charakteriſtiſche Rolle eines vorgeſchobenen Continents.“ v. Bezold weist darauf hin, dafs die Kälte⸗ periode darum nur von kurzer Dauer ſein könne, weil die Depreſſionen in Ungarn Trübung und damit Niederſchläge verurſachen und ſomit die Keime ihres baldigen Verſchwindens in ſich tragen, da mit der Abkühlung ein Steigen des Druckes wieder eintreten müſſe. Nach Aſsmann würde das Ende der Erſcheinung dadurch her— beigeführt, daſs der hohe Luftdruck im Nord— weſten ſich nach Süd und Südoſt, alſo dem Gebiete der ſtärkſten Abkühlung folgend, ver— lagert, wodurch die weſtlichen Winde, alſo die Zufuhr wärmerer feuchter Luft, wieder die Oberhand gewinnen. Nach v. Bezold bedingt alſo die ſtarke Er— wärmung im Südoſten in Verbindung mit dem im Weſten Europas herrſchenden und um dieje Zeit nordwärts ſtets an Ausdehnung gewin⸗ nenden hohen Luftdruck die Rückfälle der Kälte im Mai; nach ihm iſt die Pentade vom 14. bis 15. Mai beſonders zu ſolchen Rückfällen ge- eignet, da zu dieſer Zeit das Gebiet hoher poſitiver Anomalie über Ungarn am entſchie— denſten ausgeprägt iſt. Die vom Verfaſſer aufgeworfene Frage (p. 12), welches die Urſache der eigenartigen Vertheilung des Luftdruckes gerade um dieſe Zeit ſei, iſt ſomit auf die andere zurückgeführt, welches die Urſache der gefun— denen Temperaturvertheilung gerade zu jener Zeit ſei. Der Kernpunkt der Frage erſcheint alſo durch dieſe Unterſuchung nur verſchoben, wie auch van Bebber am Schluſſe ſeiner ſchon an⸗ geführten Unterſuchung (Oſterr. Met. Zeitſchr. 1883) über denſelben Gegenſtand hervorhebt; van Bebber entwarf unter Benützung der Hoff— meyer'ſchen Karten von 1874 und 1873 ſowie der Wetterkarten der Seewarte von 1876 bis 1882 die mittleren Luftdruckkarten für die Tage vom 10. bis 13. Mai für 8 Uhr morgens, welche alſo den Zeitraum von neun Jahren umfaſſen, und findet im weſentlichen die gleiche Druckvertheilung wie Aſsmann (diejer die Jahre 18771881, van Bebber 1874— 1882), „das Luft— druckmaximum im Nordweſten der britiſchen Inſeln am 10., welches ſich in den folgenden Tagen langſam nach Südoſt herabſenkt, wäh— I) Eismänner. 2 rend im hohen Norden eine Depreſſion erſcheint, die ihren Einfluſs über Skandinavien und Nord— centraleuropa nach und nach ausbreitet. Der tiefſte Luftdruck liegt beſtändig über Südoſt— europa.“ Die genannte Schluſsbemerkung, „Dajs das am meiſten Räthſelhafte des ganzen Phäno— mens noch gänzlich unaufgeklärt bleibt, nämlich warum die Kälterückfälle im Mai an jene be— ſtimmte Zeit geknüpft ſind und ſich über den ganzen Monat mit Rückſicht auf die jährliche Periode nicht gleichmäßiger vertheilen“, wies v. Bezold zurück mit dem Hinweiſe, daſs der Faden, welcher die Kälterückfälle an eine be— ſtimmte Zeit knüpft, ein äußerſt dünner ſei, ſo daſs die größere Häufigkeit an gewiſſen Tagen nur in vieljährigen Mitteln hervortrete. Es könnte indes ſcheinen, daßs nur in dem Falle, wo die Wahrſcheinlichkeit für das Eintreffen eines Ereigniſſes an gewiſſen Tagen wirklich größer iſt als an anderen, die für dieſes Ereignis be— rechnete Curve im Mittel aus einer genügenden Reihe von Jahren an der betreffenden Stelle Ungleichmäßigkeiten zeigen wird, während die Curve ſonſt gleichmäßig verlaufen müſste. Wäre beiſpielsweiſe die Froſtwahrſcheinlichkeit für den 8. Mai ½, für den 11. dagegen ½, jo würde das Eintreffen des Froſtes im einzelnen Falle dem Zufall ſehr überlaſſen ſein, da wir ihn in zehn, reſp. fünf Jahren nur einmal an dieſen Tagen zu erwarten haben würden; gleichwohl aber wäre die Froſtwahrſcheinlichkeit für den 11. in dieſem Falle doppelt ſo groß als für den 8., und ebenſo müſste die Curve, welche die Zahl der Froſt— eintritte als Ordinate gibt, falls die Zahl der Beobachtungsjahre wirklich groß genug wäre, für den 11. doppelt jo groß ſein als für den 8. Machen wir alſo die Annahme, das die Mittel— werte, welche v. Bezold zugrunde legte, ſich den wahren Mitteln genügend nähern, ſo würde aus ſeiner Unterſuchung ſicher hervorgehen, dass die Wahrſcheinlichkeit der Fröſte am 14. bis 15. größer ſei als in den übrigen Pentaden, und eben die Urſache des Hervortretens dieſer Periode als einer beſonders begünſtigten müſste nach wie vor geſucht werden. Natürlich beſteht die Richtigkeit des von v. Bezold erbrachten Be— weiſes in erſter Linie noch auf der Voraus— ſetzung, daſs jenes Geſetz von Wild über den nahe gleichen Verlauf der Iſanomalen und Iſobaren in dieſem Falle wirklich den Iſo— barenverlauf zur Darſtellung gebracht hat. Jedenfalls iſt der Faden, welcher die Mai— fröſte an eine beſtimmte Periode knüpft, ſo weit er durch die genannten Unterſuchungen gewonnen wurde, noch ein ziemlich dünner, und dieſe Er— kenntnis mag wohl die Urſache ſein, dass weitere ſpecielle Arbeiten über dieſe ſchwierige Frage nicht unternommen wurden. Buys-Ballot, welcher das nach ihm be— nannte berühmte Geſetz über den Zuſammen— hang von Luftdruck und Windrichtung zuerſt beſtimmt ausſprach, blieb jedenfalls der Anſicht, daſs die Maifröſte auf keine beſtimmten Tage mit Vorliebe treffen, wie aus ſeinen Worten hervor— geht (Oſterr. Met. Zeitſchr. 1884, p. 324): „Es wundert mich immer, daſs einige Meteorologen noch ſtets von dieſen Rückfällen ſprechen. Jeder ID 29 Monat hat ſeine Rückfälle und der Mai noch am wenigſten. Die neue Unterſuchung des Herrn Hellmann (Dr. Hellmann, Über den jährlichen Gang der Temperatur in Norddeutſchland, Zeitſchr. des Kgl. Stat. Bureau, Jahrg. 1883) beweist es wieder, obgleich er es nicht ſo direct hervorgehoben hat... Allerdings gibt dieſe Arbeit auch zu gewiſſen Zeiten des Jahres eine kleine Erniedrigung, reſp. Erhöhung, aber eben im Mai iſt alles regelmäßig, wie ſogleich ins Auge fällt, wenn man die Differenzen der auf einander folgenden Pentaden in eine Tabelle zu— ſammenſtellt.“ Indeſſen könnte eine an gewiſſen Tagen vergrößerte Froſtgefahr im Pentadenmittel ver- wiſcht werden, wie dies auch in der genannten Unterſuchung von Dove hervorzugehen ſcheint, denn bei ſolchem Zuſammenfaſſen werden Glei— ches und Ungleiches vereinigt und beeinfluſſen ſich gegenſeitig. Indem Dove außer der Erwärmung des Luftmeeres über Hindoſtan noch beſonderes Gewicht auf die gegenſeitige Einwirkung der herrſchenden Luftſtröme in Amerika und Europa legt, bezeichnet er die Maifröſte in einem an— deren Aufſatz als geborene Amerikaner, v. Be— zold nennt ſie geborene Ungarn, van Bebber geborene Schweden, indem er auf den Ort der Herkunft der kalten Luft das größere Ge— wicht legt. Die wichtige Rolle, welche Ungarn bei der Erſcheinung ſpielen ſollte, gab Anlaſs zu einer ſehr eingehenden Unterſuchung über „die meteoro— logiſchen Verhältniſſe des Monats Mai in Ungarn“ von Kabos Hegyfoky (Budapeſt 1886). Die Unterſuchung erſtreckt ſich über den Zeit— raum von 1871 bis 1880, baut ſich alſo auf zehnjährigen Mitteln auf, während die Jelinek— ſchen Mittelwerte, welche v. Bezold brauchte, zufolge Angabe Hegyfokys zum Theil acht— jährige waren, die auf ſechzehnjährige reduciert wurden. Hegyfoky weist beim Vergleich der Pen— taden für die zweite Pentade eine Abnahme, dann Steigen und in der letzten wieder eine Abnahme des Luftdruckes nach; die niedrigſten Stände berechnen ſich für den 9., 10. und 13. Die Temperatur ſteigt in der zweiten Pentade gegen die erſte, ſinkt aber um weniges in der dritten und ſteigt dann ziemlich gleichmäßig von Pentade zu Pentade. Siebzehnjährige Be— obachtungen (1867-1883) ergaben für Buda peſt folgende Mitteltemperaturen: I. Pentade 13˙2 Celſius II 15°0 III. N 14˙8 IV. er 15°8 V. 5 16°9 Mrz 18:3 und als Mittel der Morgentemperaturen (7 Uhr) für die einzelnen Tage am 6. 113° Celſiu ERS 8. 13˙6 9. 134 10. 129 ES 230 am 12. 423° »Celſius 13 5 14. 125 135 Be Vom 9. ſinkend erreicht hienach die Tem- peratur ihren tiefſten Punkt am 12.; ebenſo findet der Verfaſſer die berechneten Temperatur- anomalien, jene Größen, welche zur Conſtruction der Iſanomalen (j. oben) dienen, größer in der II. als in der III. Pentade; „längere Beob- achtungen rechtfertigen mithin nicht die Behaup- tung des Dr. v. Bezold, dajs die III. Pentade auffällig warm ſei“, ſchließt hieraus der Ver⸗ faſſer. Jedenfalls erſcheint es gewagt und das Reſultat nicht völlig beweiskräftig, wenn aus ſo wenigen Jahren, die wohl die genäherte Berechnung der Monatsmittel geſtatten, Mittel für Pentaden abgeleitet und als Grundlage einer Unterſuchung angenommen werden. Dem Unterfangen, ſolche Mittelwerte unter einander zu vergleichen, liegt offenbar ſchon die An— nahme zugrunde, dajs die Unterſchiede einer ſtets wiederkehrenden Geſetzmäßigkeit unter— worfen ſind; denn Ausbuchtungen in einer Mittelcurve, die nicht auf ſicher hinreichend viel Jahre baſiert iſt, beweiſen an ſich noch nichts Eismänner. für die relative Wahrſcheinlichkeit der Ausbuch⸗ tung im einzelnen Falle, in dem Sinne wie oben ausgeführt wurde. Durch ein Nebeneinanderſtellen der ein- zelnen Jahre, wenn auch nur für wenige Stationen, wäre die ſehr eingehende Unter— ſuchung weſentlich vervollkommnet worden. Sicher ſtellen ſich uns die Maifröſte als das letzte Aufflackern des Winters dar, indem auf kürzere Zeit die Verhältniſſe des Winters, nicht allein die Froſttemperaturen, ſondern die geſammte Witterungslage, ein gleiches Bild der Iſobaren oder der Luftdruckvertheilung, wieder— kehren. Um den Einflujs des jährlichen Ganges der Temperatur auf die Luftdruckvertheilung zu ver— ſtehen, vergegenwärtigen wir uns zunächſt die Verhältniſſe des Winters. Im Januar iſt in unſeren Breiten der Ocean in gleicher Breite wärmer als der Continent, die über jenem lagernde Luftſäule wird alſo im allgemeinen höhere Temperaturen beſitzen, und da wärmere Luft leichter iſt als kältere, ſo wird man, nach der Höhe von der Oberfläche ausgehend, in beiden Luftſäulen je ungleiche Strecken zurück— legen müſſen, um jedesmal das gleiche Sinken des Luftdruckes zu beobachten; über dem Ocean ſind dieſe Strecken größer, d. h. die Flächen gleichen Luftdruckes liegen über dem Ocean höher als über dem Continent und fallen nach dem Innern des Continents ſchräg ab. Hie— durch mujs ein Abfließen der Luft in der Höhe ſtattfinden, dies bedeutet eine Druckabnahme über dem Ocean, während über dem Continent durch den Zufluſs in der Höhe der Druck in der Tiefe ſteigen muſs. Wenn dieſe Druckunterſchiede nun auch in der Tiefe eine Luftbewegung zur Folge haben, inſofern Luft aus dem Orte höheren Druckes fort und nach der Gegend niederen Druckes hinſtrömen mufs, jo bleibt doch wegen der Conſtanz der Urſache, hier der Temperatur⸗ unterſchiede, der Druckunterſchied beſtehen; wir haben daher im Winter über dem Meere nie- drigen, über dem Innern der Continente aber hohen Luftdruck. Es iſt zu beachten, dass nicht Temperaturzunahme an ſich Abnahme des Luft⸗ druckes bewirkt, weil etwa wärmere Luft leichter iſt, ſondern der Luftdruck muſs ſo lange unver⸗ ändert bleiben (falls nicht durch vermehrte Spannung ſogar eine Zunahme eintritt), bis Luft in der Höhe abfließt; und ebenſo verhält es ſich entſprechend bei Temperaturabnahme. Wenn die Temperatur im Frühjahr ſteigt, ſo erwärmt ſie ſich über dem Lande natürlich ſchneller als über dem Meere, die iſobariſchen Flächen heben ſich über dem Continent alſo ſchneller als über dem Meere, der Luftdruck ſinkt alſo über dem Continente durch den Ab⸗ fluſs in der Höhe, ſteigt dagegen über dem Meere zunächſt durch die verminderte Abfuhr in die Höhe. Bildet ſich in dieſer Weiſe tiefer Luft⸗ druck im Südoſten Europas, hoher im Nord— weſten, jo verurſachen beide Luftwirbel, und be- ſonders iſt das Minimum die Urſache des Zuſtrömens warmer Luft aus nördlichen Ge- genden. Sobald durch die im Gebiet des Mini- mums aufſteigende Luft Trübung herbeigeführt wird, nehmen die Temperaturunterſchiede ab, und es vermag ſich dann auf kürzere Zeit wieder die urſprüngliche Druckvertheilung herzuſtellen, welche weſtliche Winde zur Folge hat. In jedem Falle müſſen wir als Ergebnis der Forſchung zu erwarten haben, daſs die Maifröſte häufiger bei Nord- und Oſt- als bei Süd- und Weſtwinden vorkommen, nicht allein wegen der niedrigeren Tagestemperaturen, jon- dern auch wegen der geringeren Luftfeuchtigkeit. Wir wiſſen, daſs die Lufttemperatur an unſerer Oberfläche nach dem höchſten Sonnen⸗ ſtande noch länger ſteigt, u. zw. ſo lange, als die zugeſtrahlte Wärme größer iſt als der Ver- luſt durch Ausſtrahlung; dieſen können wir bei klarem Himmel für jede Tagesſtunde nahe con⸗ ſtant annehmen. Wo Einnahme und Ausgabe gleich werden, wendet ſich der Temperaturgang; dieſe ſinkt erſt langſam, dann ſchneller und von Sonnenuntergang an ziemlich gleichmäßig bis vor Sonnenaufgang. Der Temperaturrückgang iſt aber auch bedingt durch den Feuchtigkeits⸗ gehalt der Luft (vgl. Dampfdruck); das Mini⸗ mum liegt dem Thaupunkt der Luft meiſt nahe. Die niedrigſte Temperatur iſt alſo bedingt durch vorangegangene höchſte Tagestemperatur, die Dauer der Ausſtrahlung ohne Wärmezufuhr, alſo der Nacht, durch den Grad der Ausſtrah⸗ lung, alſo mittelbar durch die Bewölkung und durch die Luftfeuchtigkeit. 3 Geringer Feuchtigkeitsgehalt bedingt nie- drige Nachttemperaturen durch den tiefen Thau⸗ punkt der Luft und durch die verminderte Be⸗ wölkung. Wenn die Oberfläche des Bodens trocken iſt, die Feuchtigkeit der Luft alſo durch Verdunſtung von der Oberfläche nicht weſentlich am Tage geſteigert wird, ſo wird die Tempe— ratur trotz der ſtärkeren Erwärmung am Tage nahe den gleichen tiefen Punkt erreichen, be⸗ dingt eben durch die Feuchtigkeit, es wird ſomit ein Stagnieren in der Temperaturzunahme ein⸗ treten. Wenn dagegen an Winters Ende vom e 3 —. ü Pr Boden die Schneedecke in den tieferen Lagen zu ſchwinden beginnt, die Sonne alſo gewiſſer— maßen feſten Fuß faſst, ſo bietet die Oberfläche genügend Feuchtigkeit, um die unteren Luft ſchichten zunächſt zu durchfeuchten; die Nacht— temperaturen heben ſich alſo plötzlich mit den Tagestemperaturen ſehr ſchnell. In dem Grade aber, wie die höheren Schichten durchwärmt werden, entziehen ſie den unteren Feuchtigkeit; die Feuchtigkeit entſchwindet allmählich von der Oberfläche des Bodens, die ganze Luftſäule iſt feuchter geworden und abſorbiert vielleicht mehr von den zugeſtrahlten Wärmeſtrahlen, die Feuch— tigkeit der unteren Schichten nimmt ab auf Koſten der oberen, es tritt Bewölkung ein, Gründe genug, um auf den abnormen Wärme— vorfall, der weſentlich durch die auf der Ober— fläche noch ſtellenweiſe lagernden Schneemaſſen und die feuchte Bodenoberfläche ermöglicht wurde, einen jähen Rückſchlag eintreten zu laſſen. Dass dann im Mai noch Fröfte eintreten kön— nen, liegt eben daran, daſs im Verhältnis zur vorhandenen Luftfeuchtigkeit die Einſtrahlung gegen die Ausſtrahlung nicht groß genug iſt, um ein Erkalten bis zum Thaupunkt auszu— ſchließen, und je niedriger die Tagestemperatur, alſo bei Nordwinden, um ſo leichter wird ein Nachtfroſt eintreten. Wir brauchen aber deshalb bei Nachtfröſten im Mai nicht immer vorauszu— ſetzen, daſs die kalte Luft direct aus Schweden eingeführt worden jet (vgl. Großmann, Eine Studie über die abſolute Feuchtigkeit der Luft; Aus dem Archiv der Seewarte 1885). Wir müſſen noch auf eine andere Erklärung des Phänomens der Maifröſte hinweiſen, näm— lich auf die Unterſuchung von Ney, Vegetativer Wärmeverbrauch und Lufttemperatur, Met. Zeitſchr. 1885, welcher die Abnahme der Tem— peratur aus der Größe der um dieſe Zeit be— ſonders geſteigerten Verdunſtungsthätigkeit der Pflanzenwelt herzuleiten ſucht. Der Verfaſſer weist nämlich darauf hin, daſs der Wärmerück— gang, wie auch im Frühjahre 1885, bei Weſt— wind ſtattfinden könne, und ſtellt jene Hypo— theſe zu weiterer eingehender Prüfung hin, nachdem er eingehend nachzuweiſen geglaubt hat, welche ungeheure Menge Wärme die Pflanzen zur Verdunſtung des Waſſers ver— brauchen. Abgeſehen von der Unſicherheit über die Größe der Transſpiration der Vegetation ſcheint es nicht unmittelbar erwieſen, dass ein Blatt, um eine gegebene Menge Waſſer aus ſeinem Innern heraus zu verdunſten, genau die gleiche Menge Wärme braucht, welche erforder— lich iſt, um die gleiche Menge Waſſer in der Luft von einer Waſſerfläche zu verdunſten, bezw. ob wirklich dieſe Wärmemenge der Luft jedes— mal entzogen wird; die Zufuhr von Wärme vermag dieſe Arbeit zu leiſten, ob aber die Pflanze ſelbſt nicht eine gewiſſe Arbeit bei der Verdunſtung verrichtet, wäre durch Temperatur- meſſungen experimentell erſt zu prüfen. So viel iſt gewiſs: Fröſte kommen leider im Mai in Mitteleuropa vor, u. zw. häufiger bei nördlichen Winden; je wärmer die voran— gegangene Zeit, umſomehr haben wir ihre Wir— kung zu fürchten. Ob ihr Auftreten gerade an den berüchtigten Tagen wirklich ein häufigeres Eismöwe. 231 iſt als an den übrigen Maitagen, iſt durch die meteorologiſche Forſchung noch nicht überzeu- gend beantwortet; die Arbeiten von Dove, welche ſich über den längſten Zeitraum er— ſtrecken, weiſen vielleicht darauf hin, daſs der Name der geſtrengen Herren nicht ganz unrecht vom Volke gewählt wurde, aber ebenſowenig wie wir über dieſen Punkt Gewiſsheit haben, können wir Gründe für die etwaige Auszeich- nung beſtimmter Tage beibringen. Gßn. Eismöwe, die. Larus glaucus Brün- nich. Larus giganteus Temmincki. Larus leu- ceretes Schleep. Larus consul Boie. Larus islandicus Edm. Larus glacialis Macgillivray. Leucus glaucus Kaup. Larus Hutchinsii Ri- chardson. Plantus glaucus Reichenow. Laroi- des glaucus Bruch. Abbildung: Naumann, Vögel Deutjch- lands X., T. 264, Fig. 1—3. Eismöwe, Bürgermeiſter. Engl.: Glaucous gull; holl.: Burgemeester; dän.: Graamaage, Perlemaage; ſchwed.: Hvit- trut. Ismäse; isländ.: Hvitfugl, Grä-mäfur, Hvit mäfur; farör.: Maasi; grönländ.: Naya, Nayavek, Nayainak; poln.: Mewa blada; böhm.: Racek Sedy; ruſſ.: Morskaia Tschaika; kroat.: Sjeverni galeb; ungar.: jeges Siräly; ital.: Gabbiano bianco. Das Federkleid der alten Vögel im Früh— jahre und Sommer iſt bis auf die möwen— blauen Meantel-, Schulter- und Flügeldeckfedern ſowie die hell aſchgrauen Handſchwingen rein ſilberweiß. Das Winterkleid iſt nur durch eine ſchwache bräunliche Fleckung an Kopf und Hals unterſchieden. Das Gefieder des Jugendkleides iſt auf ſchmutzigweißem Grunde graubraun ge— fleckt und gewellt; die Handſchwingen ſind hell bräunlichgrau. Der Schnabel iſt gelb, am Un— terſchnabel mit rothem Kinneck, die Iris ſtroh— gelb; Füße hell fleiſchfarbig. Die Länge er— reicht 75, die Flugweite 170 em. Die Verbreitung der Eismöwe iſt eine circumpolare. Als Brutvogel bewohnt ſie Grön— land, Island, Nordſkandinavien, das nördliche Ruſsland und Sibirien, Novaja-Semlja, Spitz— bergen und das ganze arktiſche Amerika. Im Winter erſcheint ſie meiſt in ſehr großer Zahl an den engliſchen, norddeutſchen und däniſchen Küſten, namentlich aber an jenen des Bottniſchen Meerbuſens; ſeltener zieht ſie bis zu den Küſten Spaniens, noch ſeltener beſucht ſie das Mittelmeer und nur in beſonderen Ausnahme— fällen auch vereinzelt das mitteleuropäiſche Binnenland. In Sibirien geht ſie bis an den Baikalſee, an der Oſtküſte Aſiens bis zu den japaneſiſchen Inſeln. Die Eismöwe brütet faſt ausſchließlich auf den Geſimſen, Vorſprüngen und in den Riſſen ſteil ins Meer abfallender Felswände, auf welche ſie ihr aus Moos und Waſſerpflanzen beſtehendes Neſt baut. Ihr Gelege beſteht aus drei blaugrünen, bald ſtärker, bald ſchwächer kaſtanien- bis purpurbraun gefleckten Eiern. Die Hauptnahrung der Eismöwe beſteht im Fleiſche warmblütiger Thiere. Eier und Dunenjunge fremder Vögel aller Art und Lem minge ſind ihre Lieblingsbeute; ebenſo folgt ſie ! oft in Scharen den Walroſsjägern, um ſich, 2 232 Eisrieſen. — Eisſturmvogel. wenn ein Walroſs erlegt und an Ort und Stelle zerwirkt worden, an deſſen Reſten gütlich zu thun. Übrigens nimmt fie auch Fiſche be— gierig auf. v. Mzr. Eisrieſen, ſ. Erdrieſen. Mcht. Eis ſeetaucher, ſ. Seetaucher. E. v. D. Eisſproß, der, auch Eisſprießel, Eis— ſprüſſel, Eisende, das zweitunterſte, knapp ober dem Augſproſs (ſ. d.) von der Stange ab- zweigende Ende des Hirſchgeweihes; in älterer Zeit häufig auch auf den Augſproſs angewendet. „Der Eisſprüſſel .. der ander Eisſprüſſel.“ R. Ruff, Thierbuch Alberti Magni, 1544. — „Wie der Jäger vom Hirſch bei Jägern Weydmän⸗ niſch reden vnd das Weydmeſſer verhüten ſol: Brunfft Wichßlet Widergehet . .. Schal | Ge- hirn End Eißſprüſſel Stang...” P. d. Crescentii, überſ. Frankfurt a. M. 1583, fol. 496. — „Das erſte end wird andoiller genennt |... vnd wirt von Teutſchen Jägern der Eisſprüſſel genennt.“ J. du Fouilloux, überſ. v. J. Wolff, Straßburg 1590, fol. 24 r.— „Der Eisſprüſſel iſt das erſte Ende am Kopf.“ Pärſon, der Hirſch— gerechte Jäger, 1734, fol. 79. — „Die Eiß— ſprüſſel ſind die nächſten Enden an denen Augſproſſen.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 17. — „Eiſs⸗Sprüſſel, ſind die nechſten Enden über den Aug-Sprofien an des Hirſches Stangen, denn die allererſten über dem Kopffe werden Aug-Sprofjen genannt.“ J. A. Großkopff, Weide- wercks⸗Lexicon, 1759, p. 94. — „Eisſpriſſel oder Sproſſen ſind die zweitunterſten Ende an denen Hirſchſtangen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — „Augſproſſen, iſt das untere erſtere Ende an der Stange; das zweyte Ende, welches zunächſt über den Augſproſſen ſtehet, heißet der Eisſprieſſel.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 132. — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 115. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt I., p. 143. — „Die unterſten langen Ende an den Hirſchgeweihen heißen Aug-Ende oder Augſproſſen, und die darauf folgenden gewöhnlich viel kürzeren heißen Eis-Ende oder Eisſproſſen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 100, Lexik., p. 143, Lb. f. Jäger I., p. 34. — „Eisſprüſſel.“ J. M. Bechſtein, Jagdwiſſenſchaft, 1820 — 27, J., p. 251. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 48. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356. — R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p.37. — Nur ausnahms- weiſe auch vom Reh: „Im dritten Jahre be— kommt das neue Gehörne noch einen kleinen Eisſprießel an jeder Stange dazu.“ Mellin in Wildungens Neujahrsgeſchenk, 1797, p. 14. — Grimm, D. Wb. III., p. 381. — Frz. Augſproß andouillier, Eisſproß surandouillier. E. v. D. Eisſturmvogel, der, Procellaria gla- cialis Linné. Procellaria cinerea Brisson. Rhantistes glacialis Kaup. Procellaria hie- malis Chr. L. Brehm. Procellaria borealis id. Procellaria minor Kjaerbölling. Fulmarus mi- nor Kjaerbölling. Eisſturmvogel, Eismöwenſturmvogel, arkti— ſcher Sturmvogel. Frz.: Pétrel fulmar; holl.: Noordsche Stormvogel; dän.: Is-stormfugl; isländ.: Fy- lingur, fill, fyll; grönländ.: Kakardluk-Igar- sok; norweg.: Stormfugl; ſchwed.: Stormfogel, Malemack; farör.: Heavhestur. Abbildung: Naumann, Vögel Deutſch⸗ lands XII., T. 276, Fig. 1, 2; Fitzinger, Bilder⸗ atlas, Fig. 330. Der Eisſturmvogel, der einzige Vertreter der typiſchen Sturmvogelgattung Procellaria in Europa, ſteht bezüglich ſeiner Körperformen zwiſchen dem Baſstölpel und den Möwen. Der an der Wurzel grünliche, ſonſt goldgelbe Schna⸗ bel iſt etwas kürzer als der Kopf und beſitzt eine durch eine Furche deutlich vom übrigen Schnabel abgeſetzte Hakenkuppe; die Naſenlöcher liegen in einer Röhre auf der Schnabelfirſte, die nur im Innern der Länge nach in zwei Hälften getheilt iſt. Die Iris iſt braun. Die gelblichen Füße ſind ſtark, niedrig; die Vorder⸗ zehen ſind durch vollſtändige Schwimmhäute verbunden, die Hinterzehe iſt rudimentär. Das Gefieder des Rückens und die Flügeldecken ſind möwenblau, der Bauch licht ſilbergrau, die Schwingen ſchwärzlich; alle übrigen Theile ſind weiß. Bei jungen Vögeln ſind dieſe letzteren bläulichgrau gewölkt. Die Verbreitung des Eisſturmvogels er— ſtreckt ſich im weſentlichen über die nördlichen Meere zwiſchen Grönland und Novaja-Semlja; brütend tritt er in ſehr großer Zahl in Island, auf Spitzbergen, den Faröern und der Hebri— deninſel St. Kilda, geringzähliger an den Nord- küſten Skandinaviens auf. Im Herbſt und Winter ſowie im Frühjahre vor Beginn des Brutgeſchäftes verirrt ſich hin und wieder, doch, nur bei ſtarkem Nebel oder anhaltendem Nord⸗ ſturme ein Exemplar an die Nordküſten Franf- reichs und Deutſchlands; weiter ſüdlich, z. B. an der franzöſiſchen Weſtküſte oder im Mittel- meere wurde der Eisſturmvogel bisher nie be= obachtet. Der Eisſturmvogel iſt ein Meervogel im vollſten Sinne des Wortes, da die hohe See ſeine eigentliche Heimat bildet, die er nur während der Brutzeit verläjst. Nur bei ſtarken Stürmen erſcheint er mitunter auch in der Nähe der Küſten, ſonſt iſt er von dieſen ſtets meilen⸗ weit entfernt. Um die Mitte oder zu Ende des März nähert er ſich den Brutplätzen, ſammelt ſich hier in bedeutender Zahl, oft zu tauſenden, und brütet colonienweiſe auf den Vorſprüngen nackter, ſteil ins Meer abfallender Felsklippen. Durchſchnittlich in den erſten Tagen des Mai legt das Weibchen ſein einziges Ei, welches ſehr rauhſchalig und von kalkweißer Farbe iſt. Ende Juli oder anfangs Auguſt ſind die Jun⸗ gen flügge, und mit dieſem Augenblick ſind die Brutplätze entvölkert. Wie erwähnt, bringt der Eisſturmvogel nur die Brutzeit größtentheils am Lande zu, daher er ſich außer dieſer lediglich ſchwimmend und fliegend bewegt, auch die Nacht im Schwim⸗ men ſchlafend auf hoher See zubringt. Sein Flug iſt ziemlich raſch, gewandt und ſehr aus⸗ dauernd; ebenſo iſt er ein vorzüglicher Schwim— mer, dagegen aber taucht er ungerne und nur im Nothfalle, weshalb er auch ſeine Nahrung zumeiſt vom Waſſerſpiegel nimmt. Dieſe beſteht aus Fiſchen und allerlei anderen Seethieren, auch Meduſen. Er verſchmäht auch Speck ſowie Eistaucher. friſches Fleiſch nicht und erſcheint zu tauſenden auf einem Platze, wo ein Walfiſch zerlegt wurde. Das Wildbret des Eisſturmvogels iſt wie jenes ſeiner Gattungsverwandten zähe und thranig und wird nur von den Bewohnern des hohen Nordens genoſſen. Dieſe tödten an den Brutplätzen jährlich tauſende halbflügger Jun— gen, um ſie für den Winter einzuſalzen. v. Mzr. Eistaucher, ſ. Säger, weißer. E. v. D. Eisvögel, Alcedidae, Familie der Drd- nung Insessores, Sitzfüßler; dieſelbe iſt in Europa nur durch eine Art vertreten, welche zu der typiſchen Gattung Alcedo Linné ge- hört; ſ. d. und Syſt. d. Ornithol. E. v. D. Eisvogel, Alcedo ispida, Linné, Syst. nat. I., p. 179 (1766); Alcedo subispida, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 149 (1831); Alcedo advena, Chr. L. Brehm, ibid., p. 130: Alcedo hispida, Less., Traité d'Orn., p. 243 (1834); Alcedo Pallasii, Reich. Handb., Alced., p. 3 (1854); Alcedo brachy rhynchos, Chr. L. Brehm, Vogelfang, p. 51 (1855): Alcedo pal- lida, Chr. L. Brehm, ibid.; Alcedo bella, Chr. L. Brehm, ibid. Abbildungen: 1. Vogel. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 223; Reich. Handb., Alced., T. 392, Fig. 3043 u. 3044, T. 393, Fig. 3043 u. 3046; Dreſſer, B. of Europe, V., T. 290; Sharpe, Mon. Alced., pl. I. — 2. Eier. Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 11, Nr. 9; Thienemann, Abbildungen von Vageleiern, T. 13, Fig. 2; Seebohm, A History of british birds II., T. 18. Eisvogel, Königsfiſcher, Fiſchermartin, St. Martinsvogel, Uferſpecht, Waſſerſpecht, See— ſpecht, Waſſermerl, Waſſerhähnlein, Waſſer— henle, Seeſchwalme, Eiſengart. Böhm.: Lednäéek; engl.: Common King- fisher; dän.: Jisfugl; frz.: Martin-pecheur; holländ.: Psvogel; ital.: Uccello pescatore, Ispida, Uccel S. Maria, Martin pescatore, Al- cione, Uccello del paradiso, Pescatore del Re, Piombino, Picupiolo, Alcedine, Vetriolo, Serena, Merla pesquera, Merla biovä, Merlo pescadour, Sirena, Martin pescadu, Martin pescadour, Piombin, Piombi, Martin pescou, Martin piapess, Becapess, Piombei, Martin pescador, Martin d’or, Fendss, Pesca-martin, Ciombi, Pioumben, Merael acquareu verd, Piomben, Plumben, Plumbein, Piumbein, Plombin, Piombim, Blavie, Uecello della Ma- donna, Pescatore, Re pescatore, Piombinello, Beccapesci, Uecel bel verde, Marteniello, Uc- cello di S. Martino, Aciedd di S. Giuan, Ni- cola o Cola pescatore, Pietro marinaro, Acieddru de Santu Nicola, Aceddu S. Giu- vanni o San Martinu, Acidduzzu di Paradisu, Acidduzzu piscaturi, Aceddu celesti, Mar- tineddu, Camula, Coceiu di camula, Puzone de Santu Martinu, Pilloni de Santu Perdu, Ghasfur a San Martin; kroat.: Vodomar; maur.: Kandil et behar; portug.: Pica peixe; poln.: Zimorodek europejski; jpan.: Martin pescador, Blavet; ſchwed.: Kungsfiscare; ruſſ.: Zemorodok; ungar.: Jeger. Der Eisvogel kommt in den centralen und ſüdlichen Theilen der ganzen paläarktiſchen — Eisvogel. 233 Region vor. Man kann nach Seebohm nach der Größe des Flügels drei Formen unterſcheiden in der geographiſchen Verbreitung; die weſt— liche, bei uns in Europa vorkommende iſt die typiſche Alcedo ispida mit dem längſten Flügel, ſie iſt beſchränkt auf die weſtliche paläarktiſche Region Europas, vom 35. Grad n. Br. an ſüd⸗ lich, Ruſsland, Oſtſeeprovinzen, Südſchweden, Dänemark, England bis Spanien, Italien, Griechenland und Nordafrika, die centrale mit etwas kürzerem Flügel, Alcedo Pallasii, findet ſich in Südweſtſibirien, Agypten, Pa— läſtina, Kleinaſien, Perſien und Turkeſtan, die öſtliche mit dem kleinſten Flügel, Alcedo bengalensis Gm., in Südoſtſibirien, Indien, China, Japan und im malayiſchen Archipel. Nach Radde kommt er im Kaukaſus bis zu einer Höhe von 6300 Fuß vor, iſt aber häu— figer in der Ebene; der Größenangabe nach ſcheinen die dortigen Vögel zu der mittleren Form, Alcedo Pallasii, zu rechnen zu ſein. Votallänge 17˙2 cm Flügellänge TRIER; Schwanzlängne 1 Darss, ASIEN: 073 „ Schnabel 3 (altes 2 aus Königslutter). Der Schnabel iſt gerade, von der Baſis an bis zur Spitze ſtark verſchmälert. Die Flügel ſind kurz, abgerundet, die 1., 2., 3. und 4. Schwinge bilden die Flügelſpitze, die 2. und 3. ſind ganz unbedeutend auf der Außenfahne bogig eingeſchnürt. 3> 22 42 12823 >M>H>D. Die Flügel reichen faſt bis zur Mitte des Schwanzes hinab. Der Schwanz iſt abgerundet und ſehr kurz. Die Läufe ſind ſehr kurz, hinten weichhäutig, fein genetzt, vorn ge— täfelt, faſt halb ſo lang als die Mittelzehe, die beiden äußeren Zehen ſind faſt doppelt ſo lang als die Innenzehe und bis zum Nagelgliede mit einander verwachſen. Die Krallen ſind ſehr klein und zart. Das Gefieder iſt grün, blau und roſtroth. Altes Männchen. Oberſeite dunkelgrün— blau, auf den Federn des Kopfes und Nackens mit hellbläulichen Querflecken, auf dem unteren Theile des Rückens, dem Steiße und den oberen Schwanzdeckfedern leuchtend laſurblau, Schwung— federn ſchwärzlich, mit breitem grünlich-laſur⸗ blauen Saume der Außenfahne, Flügeldeckfedern dunkelgrünblau, mit vereinzelten helllaſurblauen Tropfenflecken. Schwanzfedern leuchtend blau. Unterſeite: Kehle und Hals weiß, mit ſehr ſchwachem roſtgelblichen Aufluge, übrige Unter— ſeite roſtroth, am Bauche und After etwas heller gefärbt, Schwungfedern dunkelbraun, mit breitem grauroſtröthlichen Innenſaume, Deck federn hell roſtfarbig. Schwanzfedern ſchwärzlich, von den roſtrothen unteren Schwanzdeckfedern faſt verdeckt. g Kopfſeiten dunkelgrünblau, mit laſurblauen hellen Flecken. Vom Naſenloche zieht ſich ein roſtrother Augenſtreif bis hinter das Ohr, unterbrochen vor dem Auge durch einen dunkel— ſchwarzen Fleck, nach der Schulter zu in einen weißlichen Fleck auslaufend, der in die roſt rothe Färbung der Seiten der Oberbruſt übergeht. 234 Das alte Weibchen iſt dem Männchen ſehr ähnlich im Gefieder, hat nur die leuchten— den Farbentöne nicht ganz ſo intenſiv. Die jungen Vögel im Herbſte zeichnen ſich durch eine ſchmutzigere, dunklere Oberbruſt aus, deren Federn hier ſämmtlich noch einen ſchwachbläulichen Saume tragen. Junge, eben ausgeflogene Vögel zeichnen ſich durch eine noch ſchmutzigere, dunkelbraun— roſtrothe Unterſeite aus, die an der Oberbruſt einen faſt grauſchwärzlichen Anſtrich hat (nach Exemplaren aus der Gegend von Braunſchweig). Der Schnabel iſt dunkelbraunſchwarz, bei den Alten am Unterkiefer hell roſtroth an der Baſis des Kiels gefärbt, bei den Jungen gleichmäßig ſchwarz. Auffallende Unterſchiede zeigt der Schnabel nach dem Alter; bei einem jungen Vogel vom 6. October 1884 iſt er 3.5 cm lang, bei zwei jungen Vögeln, die am 9. Juli eben dem Neſte entſchlüpft und gefangen waren und noch bis zum 14., reſp. 16. Juli lebten, 2:3 em, reſp. 2˙25 em, während die einjährigen alten Eisvögel eine Schnabellänge von über 4 cm zeigen. Die Läufe ſind bei den Alten hellroth, bei den Jungen dunkel ſchwarzbraun, die Zehen bei den Alten hellbraun, bei den Jungen dunkel— braun. Iris dunkelbraun. Durch Deutſchland und Oſterreich iſt der Eisvogel ziemlich allgemein verbreitet, ſowohl im Gebirge (in den Alpen bis zu 1800 m) als in der Ebene. Im Winter ziehen ſich die Eis— vögel in die Ebenen hinab, aber auch viele von unſeren Vögeln der Ebene ziehen im Win— ter fort und gehen weiter nach Süden oder von Oſten nach Weſten; ſo ſteht es jetzt mit Beſtimmtheit feſt, daſs nicht bloß an den italie— niſchen Küſten und in Agypten im Winter zahl— reiche Gäſte aus dem Norden eintreffen, ſondern auch im Weſten Europas, auf Helgoland und an der Oſtküſte Englands regelmäßig im Herbſte öſtliche Gäſte ſich zeigen, die dann im Frühjahr ab-, reſp. wieder durchziehen. Immerhin noch ein ganz beträchtlicher Theil bleibt den ganzen Winter bei uns in Deutſchland, namentlich da, wo die Bäche offen bleiben oder Gelegenheit iſt, bis zu einer nahegelegenen Stadt am Fluſſe hin zu wandern. So hält ſich z. B. regelmäßig jeden Winter ein Paar Eisvögel an meinem an der Oker in Braunſchweig am Rande der Stadt gelegenen Garten auf, das im Sommer eine halbe Stunde weiter abwärts in dem nahe— liegenden Wieſenterrain brütet. Der Eisvogel lebt immer nur einzeln oder paar-⸗, reſp. familienweiſe, möglichſt ruhig und zurückgezogen, am liebſten an Flüſſen und Bächen mit klarem Waſſer, namentlich wenn dieſelben durch Wälder fließen oder wenigſtens mit Buſchwerk an beiden Ufern bedeckt ſind. Hierin, auf einem über das Waſſer ragen— den Zweige, ſelten mehr als einen halben Meter vom Waſſerſpiegel entfernt, wählt er ſich ſeinen Lieblingsſitz aus, auf dem er ſtundenlang ruhig aushält, den Blick unverwandt auf das Waſſer gerichtet. Plötzlich ſieht man ihn den Hals lang ſtrecken, nach vorne überbiegen und dann mit faſt ſenkrecht nach unten gerichtetem Schnabel pfeilſchnell ins Waſſer ſtürzen. Nur wenn gar keine Beute mehr zu machen iſt, als unterhalb derſelben, bei niedrigen Ufern, Eisvogel. verläſst er ſeinen Sitz, fliegt mit großer An⸗ ſtrengung, aber ungeheuer raſch mit den kleinen Flügeln ſchlagend, ſchnurrend, ganz gerade in derſelben Höhe über das Waſſer hin, bis zum nächſten, vielleicht 500 Schritte weiter gelegenen Sitzplätzchen, um hier aufs neue ſein Glück zu verſuchen. Zuweilen erhebt er ſich auch in die Luft über das Waſſer, flattert, rüttelt und ſtürzt ſich dann mit einemmale in die Tiefe des Waſſers hinab auf ſeine erſchaute Beute. Im Winter hält ſich der Eisvogel an offenen Waſſerſtellen, warmen Quellen oder an den Weihern und namentlich an den Flüſſen in den Ortſchaften, die ja durch warme Zuflüſſe aus den Häuſern und Fabriken länger offen bleiben. Manche von den im Winter bei uns zurückge⸗ bliebenen Eisvögeln gehen durch Nahrungs- mangel bei langem Froſte zugrunde. Über die Fortpflanzung des Eisvogels liegen ſeit Brehm Vater, Leisler, Naumann zahlreiche Beobachtungen vor, die in neuerer Zeit namentlich durch Kutter und Liebe und viele andere vervollſtändigt wurden. Auch ich hatte Gelegenheit, mehrfach das Brüten der Eisvögel unterhalb Braunſchweigs an der Oker zu beobachten. Je nach dem früheren oder ſpä— teren Eintritte des Frühjahres, je nachdem das Hochwaſſer in den Flüſſen im Frühjahr raſcher oder langſamer, früher oder ſpäter abfließt, ſchreitet er mehr oder weniger zeitig zur Brut. Wenn dieſe nicht geſtört wird, brütet er nur einmal, ſonſt wiederholt er die Brut bis jpät in den Sommer hinein. Häufig ſchon in der zweiten Hälfte März beginnen die Eisvögel ſich an einer ſenkrecht abfallenden oder über— hängenden glatten Uferwand, jo weit vom Wajjer- ſpiegel entfernt, daſs dieſer wahrſcheinlich nicht in die Neſthöhle eindringen wird, mit dem Schnabel ein 5—8 em im Durchmeſſer haltendes Loch auszugraben, das horizontal oder etwas nach oben gerichtet, / bis Um tief in die Erde hineingeht und am hinteren Ende ſich zu einer rundlichen 8—10 em hohen und 10-12 em breiten Höhle erweitert. Dieſe Arbeit wird in 2—3 Wochen, zuweilen ſogar in kaum einer Woche (je nach der Härte des Materials) voll— endet; treffen die Vögel dabei auf Steine in der Erde, ſo werden dieſe im Bogen umgangen oder es wird, falls zu viele Hinderniſſe ſich dem Erdarbeiten entgegenſtellen, die Arbeit ver— laſſen und eine andere Niſthöhle gewählt. Die Höhe der Neſtröhren unter dem Uferande richtet ſich nach der Höhe des Ufers ſelbſt. Bei hohen Uferwänden liegt fie ebenſo oft in der Mitte z. B. bei den Okerwieſen unterhalb Braun⸗ ſchweigs, habe ich ſie 15—20 em unter der Oberfläche gefunden; Brehm gibt 30—60 cm an. Das Aushöhlen ſelbſt geſchieht mit dem Schnabel, das Hinausbefördern der losgehackten Erde nach Liebes Beobachtungen durch Scharren mit den Füßen des allmählich ſich rückwärts aus der Offnung hinausbewegenden Vogels. Während der Paarungszeit iſt der Eis- vogel außerordentlich lebhaft, er läſst ſein hohes ſchrillendes „Tiht, Tiit“ oder „Si, ſi“ laut und raſch hinter einander erſchallen und fliegt, was man ſonſt gar nicht an ihm beob— achtet, auf den nächſten Baum oder Strauch oben auf den Gipfel. Dann kommt das Weib— chen heran, beide jagen ſich, fliegen oft mehrere hundert Schritte vom Waſſer entfernt auf ein— zelnſtehende Bäume und ergehen ſich in den komiſchſten Liebesſpielen. Die fertige Bruthöhle iſt ohne eine Spur von Niſtſtoffen, erſt mit Beginn des Eier— legens lagert der Eisvogel die als Gewölle ausgeſpienen Gräten oder Schuppen der ver— zehrten Fiſche in der Neſthöhle ab, jo daſs man ſchon ein volles Gelege und jedenfalls be— brütete Eier immer auf einer faſt centimeter- hohen Schicht von Fiſchgräten und -Schuppen findet, die als ſchlechte Wärmeleiter die Eier vor Abkühlung und Erdfeuchtigkeit ſchützen. An dem Fiſchgeruche kann man ſchon von außen an der Röhre erkennen, ob dieſelbe von einem Eisvogel beſetzt iſt oder nicht. Sehr ſelten ſcheint er auch anderes Niſt— material zu benützen; ſo wird im zweiten öſter— reichiſchen Berichte von Altmann in Brims in Böhmen von einer Neſthöhle erzählt, die auch Moos und Grashalme enthielt, vielleicht waren dies die Überreſte eines Uferſchwalben— neſtes. Das Gelege beſteht in der 7 Eiern; Kutter fand bei ca. 30 Bruthöhlen niemals mehr, ſelten weniger. Naumann gibt 8, ja ſogar 11 als höchſte Eierzahl an, in den deutſchen und öſterreichiſchen Beobachtungsbe— richten ſind auch meiſtens Gelege von 7 Eiern erwähnt; ich beſitze zwei Gelege von 6, reſp. 7 Eiern von der Weſer; Seebohm erhielt aus Oxfordſhire ein Gelege von 9 Eiern. Dieſelben ſind von kurz-ovaler, fait ellip— tiſcher Form, Längsdurchmeſſer durchſchnittlich 233mm, Querdurchmeſſer 18˙9 mm, Dopphöhe Regel aus mm; von Farbe rein weiß mit glänzender glatter Oberfläche, die bei Betrachtung mit der Loupe ſehr zahlreiche feine, flache Poren er— ſcheinen läſst. Die Dopphöhe, die faſt gleich der Hälfte des Längsdurchmeſſers iſt, bedingt die faſt elliptiſche Form. Bei einigen Eiern liegt der größte Querdurchmeſſer genau in der Hälfte des Längsdurchmeſſers, jo daſs es ſchwer hält, das ſog. Doppende (das ſtumpſe Ende) von dem ſpitzen Ende zu unterſcheiden. Bei friſchen Eiern ſchimmert der rothgelb ausſehende Dotter deutlich durch. Schon anfangs April findet man volle Gelege, am häufigſten aber von Mitte April bis Mitte Mai. Werden die Bruten öfter zer— ſtört, ſo brüten ſie unermüdlich weiter bis in den Auguſt hin, jo dafs häufig Neſter mit Jungen gefunden wurden. Es ſcheint, Tage ein Ei legt. Im ſiebenten Jahresberichte des Ausſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands liegt eine ſehr intereſſante Beobachtung von Martius aus Plänitz bei Neuſtadt a. d. Doſſe vor. Dieſer fand am 21. Juni ein Neſt mit 7 Eiern, entnahm die— ſelben durch eine von der Oberfläche zur Neſt— höhle hin gegrabene künſtliche Röhre, die nach— her wieder ſorgfältig verſtopft wurde. Inner— halb ca. 20 Tagen wurden derſelben Neſthöhle noch 6, 4 und zuletzt 3 Eier entnommen, ſo im September noch Eisvogel. daſs das Weibchen in der Regel alle 235 daſs, wenn man nach jeder Entleerung des Neſtes 3—4 Tage Zwiſchenpauſe zur Wieder— herſtellung des Neſtes annimmt, auf jeden Tag ein Ei kommt. Die Bebrütungszeit dauert 15—16 Tage. Naumann gibt an, dajs das Weibchen allein brütet, Seebohm ſchreibt beiden Eltern die Mühe der Bebrütung zu; nach den meiſten Beobachtern iſt es die Regel, daſs nur das Weibchen brütet und während dieſer Zeit vom Männchen gefüttert wird, das auch zu gleicher Zeit die Reinhaltung der Niſthöhle von Unrath beſorgt. Naumann beſchreibt die erſte Jugendzeit des Eisvogels folgendermaßen: „Die unlängſt aus den Eiern geſchlüpften Jungen ſind häſsliche Geſchöpfe. Sie ſind ganz nackt, mehrere Tage blind und von jo un— gleicher Größe, dajs ich ſog. Neſtküchlein ge— funden habe, welche kaum halb ſo groß als die anderen waren. Ihr Kopf iſt groß, der Schnabel aber noch ſehr kurz und der Unter— ſchnabel meiſtens zwei Linien länger als der Oberkiefer. Sie ſind höchſt unbehilflich, zittern öfters mit den Köpfen, ſperren zuweilen den weiten Rachen auf, wiſpern leiſe, wenn ſie hungrig ſind oder wenn ſie gefüttert werden, und kriechen durcheinander wie Gewürme. Zu dieſer Zeit werden ſie von den Alten mit Kerb— thierlarven und vorzüglich mit Libellen, denen dieſe zuvor Kopf und Flügel abſtoßen, gefüt tert. Später bekommen ſie auch kleine Fiſche, und wenn ihnen nach und nach die Federn wachſen, ſo ſcheinen ſie überall mit blauſchwarzen Stacheln bekleidet zu ſein, weil die Federn in ſehr langen Scheiden ſtecken und dieſe nicht ſo bald aufplatzen. Sie ſitzen überhaupt lange im Neſte, ehe ſie zum Ausfliegen fähig werden, und ihre Ernährung verurſacht den Alten viel Mühe, weshalb ſie ſich denn auch in dieſer Zeit ungemein lebhaft und thätig zeigen.“ Die Alten lieben ihre Brut und ihren Brutplatz ungemein; es geht das ſchon aus der oben angeführten Beobachtung von Martius hervor. Außerordentlich ſchwer hat es mir ge— halten, das brütende Weibchen von den Eiern abzujagen durch Klopfen auf dem Erdboden und Rütteln in der Röhre. Naumann fieng ein Weibchen mit einer Schlinge vor der Niſtröhre, trotzdem vorher in der unliebſamſten Weiſe die Brut geſtört war — die Mutter hatte es den noch verſucht, zu ihren Kindern zu gelangen, um Nahrung zu bringen. Vor einigen Jahren erhielt mein Bruder eine Familie von 7 halberwachſenen Jungen, die mit ihren blauſchwarzen Stoppeln ganz ſtachelſchweinartig ausſahen und ſich ganz jo benahmen, wie ſie Naumann ſchildert. Leider gelang es nicht, mit rohem Fleiſch, Milch und Weichſemmel, Mehlwürmern ſie länger als einige Tage am Leben zu erhalten. Die Mutter, die mit den Jungen gefangen wurde, nahm nichts zu ſich und ſtarb bald. Eine ſehr intereſſante Beobachtung iſt im erſten öſterreichiſchen Jahresberichte von Baron Waſhington angegeben. Am 9. April wurde bei Pöls in Steiermark an einem Teiche ein Weib— chen ſtark angeſchoſſen, aber nicht gefunden. Am 15. April wurde das vollſtändig flügellahme Thierchen 300 Schritte entfernt aus der in 236 einer ſteilen lehmigen Wand eines Hohlweges gelegenen Niſthöhle hervorgeholt; es ſaß auf 3 Eiern. Das zum Fliegen abſolut untaugliche Thierchen hatte den weiten Weg zu Fuße zu⸗ rückgelegt im ſchwerverwundeten Zuſtande, war in unbegreiflicher Weiſe an der ſteilen Wand nach dem 1½ m hoch gelegenen Flugloche ge— langt und hatte das Brutgeſchäft fortgeſetzt. Das aus- und einfliegende Männchen verrieth die treue Mutter. Die Eier wurden in ein Niſt— käſtchen gelegt, die Mutter nahm kleine Fiſche als Nahrung zu ſich, wurde aber doch nach zwei Tagen todt auf den Eiern gefunden. Es hält eben ſehr ſchwer, die Eisvögel großzuziehen und in der Gefangenſchaft zu erhalten. Gelingt es, ſo kann man ſich für einen Vogelfreund kaum einen größeren Genuss denken, als dem Treiben dieſer Thierchen zuzuſchauen. So hatte ich Gelegenheit, 1881 unter der Füh- rung von Forbes die Eisvögel in dem zoolo— giſchen Garten in London zu beobachten, wo ſie am Boden ihres großen Käfigs ein Waſſer— becken mit zahlreichen kleinen Fiſchen haben und ſich hier ganz ſo ſchön, vielleicht noch bequemer als im Freien ihre Nahrung ſuchen können. Dieſe beſteht im freien Zuſtande aus kleinen Fiſchen, Larven von Amphibien, Krebſen und Kerbthieren. Über die Nützlichkeit, reſp. Schädlichkeit der Eisvögel liegt bereits eine umfangreiche Literatur vor. Es iſt durchaus nicht zu leugnen, daſs ſie bei künſtlichen Fiſchzüchtereien durch Verſpeiſen der jungen Brut, namentlich bei Forellenteichen, erheblichen Schaden thun, und daſs es den Beſitzern ſolcher Fiſchereien unbe— dingt geſtattet werden muſs, die Räuber an ihren Teichen abſchießen zu dürfen. An den jog. wilden Fiſchereien „thun ſie darum“, wie Naumann ſchon ſagt, „doch keinen erheblichen Schaden, weil ſie die in Menge vorhandene kleine Brut größerer Arten nicht einmal ſo gerne fangen als wirklich kleine Arten, deren Wert ſehr gering iſt. In Karpfenteichen finden ſich ebenſo reich neben dieſen noch andere wenig geachtete Arten, z. B. Rothfedern, Rothaugen u. ſ. w., die ſich ohnehin zum Schaden der Karpfen oft nur zu ſehr vermehren, und deren Brut die Eisvögel viel lieber fangen als Karpfen⸗ brut. Hier möchte man fie daher eher für nütz⸗ lich halten.“ Es iſt deshalb durchaus nicht zu rechtfertigen, den Eisvogel, wie dies von ein— zelnen Fiſchereivereinen geſchehen iſt, auf die unbedingte Proſcriptionsliſte zu ſetzen und ſogar Prämien für die Einlieferung zu zahlen. Nur zu bald würde dieſer ſchöne Vogel, die Zierde unſerer Gewäſſer, unſerer Wieſen und Park— anlagen vertilgt ſein um einiger Fiſche halber, während man es noch vielfach duldet, dajs Millionen junger Fiſchbrut durch die Einleitung ſchädlicher Fabricatswäſſer in unſere Ströme ſtraflos vernichtet werden. R. Bl. der niederöſterreichiſchen Statthaltereiverordnung vom 5. März 1884, 3.9883, L. G. Bl. Nr. 14 (zur Durchführung der Fiſchereigeſetze vom 20. Januar 1883 und vom 30. Auguſt 1883) iſt es, nach $ 12 des Geſetzes vom 20. Januar 1883, L. G. Bl. Nr. 49, „den Fiſchereiberechtigten geſtattet, den Eisvogel. — Eiweißkörper. Eisvogel (als dem Fiſchſtande erheblich ſchädlich) in ſeinem Fiſchwaſſer oder unmittelbar an dem⸗ ſelben zu jeder Zeit auf beliebige Art, jedoch ohne Anwendung von Schuſswaffen oder Gift- ſtoffen zu fangen oder zu tödten; dem Jagd⸗ berechtigten ſteht ein Einſpruch dagegen nicht zu, doch bleibt ihm die Verfügung über die in ſolchen Fällen gefangenen oder erlegten Thiere vorbehalten. Dieſelbe Befugnis haben jene Per⸗ ſonen, die vom Fiſchereiberechtigten zum Schutze ſeines Fiſchwaſſers beſtellt oder von ihm mit be- ſonderer behördlicher Geſtattung mit dem Fange oder der Erlegung für die Fiſcherei ſchädlicher Thiere betraut werden.“ Mcht. Für Deutſchland ſ. Fiſcherei. At. Eiszeit. Im Gefolge des Eintretens und des Verſchwindens der Eiszeiten machte ſich ein Fortſchreiten der Thierarten vom Pol zum Aquator und dann wieder ein Rückſchreiten geltend. Doch darf man nicht glauben, dajs nach dem Schwinden der Eiszeit einfach die fau- niſtiſchen Verhältniſſe vor denſelben platzgriffen. Da ſich mittlerweile in Europa die Alpen er- hoben hatten und eine Verbindung unſeres Con- tinents mit Vorderaſien eingetreten war, konnten die bis an das Mittelmeer vorgedrungenen Thierarten bis auf die mobilſten Arten nicht mehr in ihre früheren Gebiete zurückkehren und fand eine ausgiebige Einwanderung von Thieren der nordaſiatiſchen Fauna ſtatt. Desgleichen kehrte die während der Eiszeit nach dem Süden gewanderte Polarfauna nicht einfach wieder nach dem Norden zurück, ſondern zog ſich (wie Gemſe, Steinbock, Murmelthier) in die Hoch— gebirge zurück. Die während der Eiszeit inftinc- tiv fixierte Gewohnheit, im Winter ſüdlicher vorzugehen, im Sommer in die Heimat zurüd- zuwandern, verblieb; dieſe Arten blieben Wander- thiere, und nur jo erklärt ſich der Wandertrieb unſerer heutigen Zugvögel. Knr. Eiter beſteht aus weißen Blutkörperchen und Blutplasma, iſt alſo Blut ohne rothe Blutkörperchen. Eiter bildet ſich, wenn die Ca⸗ pillaren durch Verletzung oder ſonſtwie jo ver⸗ ändert ſind, daſs wohl weiße Blutkörperchen und Plasma, nicht aber rothe Blutkörperchen durch die Offnungen hindurchgehen können. Kur. Eiterbiſſig, adj. „Eiterbiſſig nennt man diejenigen Hunde, die einen ſchwärzlichen Gaum oder Rachen haben.“ Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 144. — „Eiterbiſſig nennt man Hunde, deren Biß ſchwer heilt.“ Id. op. Ed. II, 1861, p. 152. — Grimm, D. Wb. III., p. 392. — San⸗ ders, Wb. I., p. 1450. E. v. D. Eiweiß, ſ. Eiweißkörper. v. Gn. Eiweißkörper (Proteinſtoffe, Albuminate). Die Eiweißkörper ſind eine Gruppe organiſcher Stoffe, die aus den Elementen Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Stickſtoff (14.7—18:4%), Sauerſtoff und Schwefel beſtehen. Man findet ſie entweder 5 . in löslichem oder in unlöslichem Zuſtand. Ge⸗ Eisvogel. Legislatur.) Durch Art. X löst (circulierendes Eiweiß) ſind fie in den Säften der Organismen, unlöslich (Organ⸗ eiweiß) erſcheinen ſie in organiſierter Form. Die im Waſſer löslichen Eiweißkörper hinterlaſſen, wenn fie bei niedriger Tempe⸗ ratur verdunſtet werden, gelbliche, dem ara⸗ biſchen Gummi ähnliche, geruch- und gejchmad- e 8 * loſe Maſſen, die in Waſſer wieder löslich, in Alkohol und Ather unlöslich ſind. Aus der wäſſerigen Löſung werden ſie durch Kupfer-, Blei⸗, Queckſilber- und Silberſalze gefällt (Ei- weiß als Gegenmittel bei Vergiftungen mit Metallſalzen). Den polariſierten Lichtſtrahl lenken ſie nach links. Die unlöslichen Protein— ſtoffe ſind in friſch ausgeſchiedenem Zuſtande flockig, und wenn auch in Waſſer, Alkohol und Ather unlöslich, ſo doch löslich in Eſſigſäure und Phosphorſäure. Die Albuminate ſind in— differente, nicht flüchtige, leicht ſich zerſetzende Stoffe, die beim Verbrennen einen intenſiv un— angenehmen Geruch geben. Bei der trockenen Deſtillation liefern ſie Waſſer, empyreumatiſches Ol, Ammoniak, flüchtige Baſen und Schwefel— verbindungen, durch concentrierte Schwefelſäure werden ſie in Leuein, Tyroſin, Glutaminſäure, Aſparaginſäure u. ſ. w. zerſetzt. Bei ſtarkem Anſäuern der Löſung mit Eſſigſäure und vor— ſichtigem Zuſatz weniger Tropfen einer ſchwachen Ferrocyankaliumlöſung entſteht eine weiße Fäl— lung, welche in einem Überſchuſſe von Ferro— cyankalium leicht wieder verſchwindet; nach dem Kochen einer Eiweißlöſung bildet ſich beim An— ſäuern mit ſtarker Salpeterſäure ein Nieder— ſchlag; war ein ſolcher ſchon während des Kochens entſtanden, ſo darf ſich derſelbe, falls er aus Eiweiß beſteht, nicht in der Säure löſen; mit concentrierter reiner Salpeterſäure färben ſich die Eiweißſtoffe gelb, und dieſe Farbe verwandelt ſich auf Zuſatz von Ammoniak in tief orange (Kanthoproteinſäurereaction); nach ſtarkem Anſäuern mit Eſſigſäure entſteht auf Zuſatz des gleichen Volumens einer concentrierten Natriumſulfatlöſung beim Kochen ein Niederſchlag; nach ſchwachem Anſäuern mit Eſſigſäure gibt Millons Reagens (ſ. d.) bei An— weſenheit beträchtlicher Eiweißmengen einen Niederſchlag, der, kurze Zeit gekocht, wie die darüber ſtehende Flüſſigkeit roth wird. Feſtes Eiweiß färbt ſich ebenſo; ſind nur Spuren von Eiweiß vorhanden, ſo bildet ſich keine Aus— ſcheidung, ſondern nur eine Rothfärbung, welche auch erſt nach einiger Zeit deutlicher werden kann; mit Natronlauge und einigen Tropfen ſehr verdünnter Kupferſulfatlöſung verſetzt, färbt ſich die Flüſſigkeit violett, beim Sieden pflegt die Färbung noch intenſiver zu werden (Biuret— reaction). Metaphosphorſäure, als Pulver in die Flüſſigkeit eingetragen, bewirkt eine weiße Fällung; in Eiseſſig gelöst, geben die Eiweiß— körper bei allmählichem Zuſatz von concentrierter Schwefelſäure und vorſichtigem Erwärmen eine violette Löſung mit ſchwach gelbgrüner Fluo— reſcenz, deren Spectrum ein Abſorptionsband zwiſchen b und F aufweist (Reaction von Adamkiewicz); mit concentrierter roher Salz— ſäure erwärmt, färben Eiweißſtoffe die Säure violett; durch Gerbſäure (in ſchwach eſſigſaurer), Phosphorwolframſäure (in ſtark ſalzſaurer), durch Jodqueckſilber-Jodkalium (in mäßig ſalz— ſaurer Löſung) werden die Eiweißkörper aus ihren Löſungen gefällt. Die Albuminate ſpielen im Lebensproceſs der Pflanzen und Thiere eine ſehr wichtige Rolle, ohne Eiweißkörper iſt überhaupt keine Lebensthätigkeit möglich. So weit verbreitet Eiweißkörper. 237 und ſo wichtig die Eiweißkörper ſind, über deren innere Conſtitution hat man bisher nur Hypothetiſches aufſtellen können. Nach den Einen ſollen es Verbindungen aus Kohlen— waſſerſtoffradicalen und Cyan, nach Anderen Verbindungen von Amiden mit einem dem Harnſtoffe gleichenden Atomencomplex, nach Dritten Verbindungen von Nitrilen mit Alde— hyden u. ſ. w. ſein. Mulder meinte, die ver— ſchiedenen Eiweißförver ſeien Schwefel- und Phosphorverbindungen eines ſauerſtoffhaltigen, organiſchen Radicals Protein. Trotz der jeither erwieſenen Unrichtigkeit dieſer Auffaſſung nennt man noch jetzt die ganze Gruppe der Eiweiß— körper Proteinſtoffe. Ebenſo hypothetiſch wie die Anſchauungen über die Conſtitution der Eiweißkörper ſind die Anſichten über ihre Bil— dung in Pflanze und Thier. Krukenberg theilt die Eiweißſtoffe des Thierkörpers ein in 1. Native Eiweißſtoffe, 2. Albuminate und 3. Proteide. Zu den nativen Eiweißſtoffen gehören die in den Geweben und Flüſſigkeiten des leben— den Thierkörpers als ſolche vorfindliche; es ſind dies a) Albumine, b) Globuline und c) Fi— brinogene. Die Albumine ſind noch in ſehr ver— dünnten Salzlöſungen löslich, ſalzfrei in Waſſer aber unlöslich, werden durch ſehr verdünnte Säuren, wie durch verdünnte Alkalicarbonat— löſungen, durch Chlornatrium, Magneſium— ſulfat, nicht gefällt, wohl aber aus der bei 30° C. mit Magneſiumſulfat geſättigten Löſung durch Eintragen von Natriumſulfat. Sie ſcheiden ſich beim Kochen aus und zerſetzen ſich. Zu den thieriſchen Albuminen gehören das Serum— albumin, das Eieralbumin und das Muskelalbumin. Das Serumalbum in (C 5305, H 683, N 16˙04, S 18%) gerinnt in ca. 1% iger mög— lichſt ſalzfreier Löſung bei 50°C, (4) D — 62˙6 bis — 646°, eine ſchwach ſalzhaltige Löſung wird durch Ather nicht coaguliert, Al— kohol fällt das Serumalbumin, in concentrierter Salzſäure iſt es leicht löslich, Waſſer fällt aus dieſer Löſung raſch wieder in Waſſer übergehen: des Aeidalbumin, in ſtarker Salpeterſäure iſt Se— rumalbumin gefällt oder geronnen leicht löslich. Das Eieralbumin (C 52˙23, H 69, N 1525, 8 193, 0 23°67°%,) coaguliert bei etwa 70° C., (4) D = — 37˙89, wird durch Ather gefällt, der ſo entſtandene Niederſchlag iſt in concentrierter Salzſäure nicht leicht lös lich, in dieſer Löſung ruft viel Waſſer einen in Waſſer ſehr ſchwer löslichen Niederſchlag her— vor. Geronnenes Eieralbumin iſt in ſtarker Salpeterſäure nur ſchwer löslich. Muskelalbumin coaguliert in neutraler Löſung bei 47° C. Die Globuline ſind in verdünnten * u 2 4 1 0 Löſungen neutraler Alkaliſalze (3. B. 10% Chlornatrium) löslich und ſcheiden ſich aus dieſen Löſungen beim Erhitzen oder bei ſtarker Verdünnung mit Waſſer oder beim Sättigen mit neutralen Alkalilöſungen aus. Zu den Glo bulinen gehören das Myoſin (Coagulations temperatur 55—60° C.) und das Serumglo bulin (Coagulationstemperatur 69 bis 76° E.). 238 Die Fibrinogene Sind globulinartige Körper, deren Gerinnungspunkt ſehr von einander abweicht. Zur Abſcheidung ſämmtlicher Fibrinogene aus ihren ſchwach ſalzhaltigen Löſungen und ihrer dabei erfolgenden Um— ſetzung in Fibrin bedarf es ausſchließlich nur der Dazwiſchenkunft eines beſtimmten Enzyms oder Fermentes. Das Fibrinogen aus Säuger— blut (C 5293, H 690, N 16:66, S 1˙23, 0 2226%,) gerinnt in verdünnten Salzlöſungen bei 35— 56 C. und zerfällt bei 58-60 C. in zwei Eiweißkörper, von denen der eine (C 5246, H 6˙84, 5124, 0 22·33%) ſich ausſcheidet und in Waſſer unlöslich iſt, der andere (C 52˙84, H 6:92, N 16:25, S 103, 0 22-96) in Löſung bleibt. Unter Albuminaten in specie verſteht Krukenberg die künſtlich (durch Erhitzen, chemiſch, enzymatiſch oder fermentativ) veränderten Ei- weißkörper und zählt zu ihnen die coagulierten Eiweißſtoffe, die Aeidalbumine, die Al— kalialbuminate und die enzymatiſch oder fermentativ veränderten Eiweißſtoffe. Die Acidalbumine entſtehen aus na— tiven Eiweißſtoffen durch Einwirkung von Säuren und bei Behandlung derſelben mit ver— ſchiedenen Salzen ſchwerer Metalle. Beim Er⸗ wärmen gerinnen ſie nicht, bei vorſichtiger Neutra— liſation fallen ſie aus und löſen ſich, friſch ge— fällt, mit Leichtigkeit, ſowohl in ſehr verdünnter Salzſäure wie in Sodalöſung. Durch Atzalkalien entſtehen Alkalialbuminate. Alkalialbuminate entſtehen bei Be— handlung von nativen Eiweißkörpern mit Al- kalien. Die alkaliſche Löſung gerinnt nicht mehr beim Erhitzen, der Eiweißkörper wird vollſtändig bei der Neutraliſation gefällt, und der in Waſſer wie in neutraler Chlornatrium— löſung unlösliche Niederſchlag iſt in verdünnten Säuren und Alkalien leicht löslich. Zu den enzymatiſch oder fermentativ veränderten Ei— weißkörpern gehören die Fibrine, die Anti- albumoſe, Hemialbumoſe und die Pep— tone. Das Fibrin aus Säugerblut (C 52:68, H 6˙83, N 1691, S 110, 0 22˙48) iſt in Waſſer wie in Salzlöſungen unlöslich, quillt in ver— dünnten Säuren ſtark gallertartig auf und wird beim Erwärmen auf 73 C. ſowie durch Ein— wirkung von Alkohol weiß und brüchig. Die Antialbumoſe verhält ſich den Acidalbuminen ähnlich; die Hemialbumoſe bildet ein Übergangsglied zwiſchen Eiweiß— körpern und Peptonen. Die Peptone werden weder durch Säuren noch durch Alkalien, weder durch Eſſigſäure und Ferrocyankalium noch durch Eſſigſäure und Sättigung von Natrium- ſulfat gefällt. In concentrierter Löſung geben ſie bei der Biuretreaction ſchon in der Kälte eine purpurrothe Färbung, während die der Eiweißſtoffe und der Hemialbumoſe in dieſem Falle immer mehr violett iſt. Die übrigen Reactionen theilen ſie mit den Eiweißſtoffen. Die Broteide ſind Eiweißverbindungen, welche bei Spaltungsvorgängen neben anderen Stoffen Eiweißkörper liefern. Zu den Proteiden rechnet man die Hämoglobine, Nueleoal— bumine, Nucleine und die Enzyme. Eiweißſtoffe der Pflanze. — Eizelle der Pflanze. Die Hämoglobine zerſetzen ſich bei län⸗ gerer Erwärmung auf 80° C., durch Einwirkung von Alkohol, Säuren, wie von ſtärkeren Al⸗ kalien in coaguliertes Eiweiß und Hämatin. Die Nuclevalbumine zerfallen bei ihrer Zer⸗ ſetzung in Nuclein und Eiweiß. Zu ihnen ge⸗ hören Caſein (aus ſeinen Löſungen durch die Labfermente flockig fällbar, im übrigen den Alkalialbuminaten ähnlich), Vitellin (aus Ei⸗ dotter), Kryſtallin (aus der Kryſtallinſe) und die pflanzlichen Aleurone; die drei letzt⸗ genannten ſind den Globulinnen verwandt, doch nicht wie dieſe durch Sättigung ihrer neutralen Löſung mit Chlornatrium fällbar. Die Nu⸗ eleine ſind in Alkohol und Ather unlöslich, in Waſſer und verdünnten Mineralſäuren wenig oder gar nicht löslich, in Alkalilaugen leicht löslich; ſie enthalten Phosphorſäure, welche durch verdünnte Mineralſäuren in der Kälte nicht abzuſpalten iſt. Die Nucleine der Hefe, des Eiters und der kernhaltigen rothen Blut⸗ körperchen zerſetzen ſich beim Kochen mit Waſſer oder verdünnten Säuren unter Bildung von Eiweiß, Phosphorſäure und Hypoxanthin, die Nucleine des Eidotters und der Milch zerſetzen ſich beim Kochen mit Waſſer oder verdünnten Säuren in Eiweiß und Phosphorſäure. Die Enzyme ſind durch Glycerin, durch ſchwach alkaliſiertes oder ſchwach angeſäuertes Waſſer aus friſchen Geweben zu extrahierende eiweiß— artige Körper, welche unter gewiſſen Bedin- gungen löſend und zerſetzend auf Eiweißſtoffe, Kohlehydrate oder Fette einwirken. Man theilt die Enzyme in eiweißver dauende, jacha- rificierende, Labenzyme, invertierende und fettverſeifende Enzyme. Das Optimum der Wirkung der eiweißverdauenden En- zyme liegt bei 40° C., zu ihnen gehören: die nur in ſchwachſauren Flüſſigkeiten wirkſamen Pepſin, Homaropepſin, Helicopepſin, Conchopepſin u. ſ. w., das in ſchwachſauren Flüſſigkeiten am wirkſamſten, aber auch in al⸗ kaliſchen und neutralen nicht unwirkſame Pa⸗ payotin und die in alkaliſchen Flüſſigkeiten am wirkſamſten Trypſin und Iſotrypſin. Zu den ſaccharificierenden Enzymen, die Stärke, Glycogen u. ſ. w. in Zucker und Dextrin ſpalten, gehören die animaliſche Diaſtaſe, deren Wirkungsoptimum bei 40° C. liegt, und die vegetabiliſche Diaſtaſe, deren Wirkungs⸗ optimum bei 70-75 C. liegt. Von den Labenzymen hat man die der Wirbel- und der wirbelloſen Thiere (Optimum 40° C.) und die verſchiedener Ficus-Arten und anderer Pflanzen zu unterſcheiden (Optimum bei nahezu 100° C.). Die invertierenden Enzyme vermögen Rohrzucker in Lävuloſe und Dextroſe zu ſpalten (Invertin in der Hefe). Die fettverſeifenden Enzyme werden von flüſſigen Fetten aufgenommen und behalten ihre Wirkſamkeit in einzelnen Fällen noch nach dem Kochen des Oles bei. Es finden ſich ver- ſeifende Enzyme bei Thieren (Pankreas) wie bei Pflanzen (Olgewächſe). S. a. Nahrungs⸗ mittel und Blut. v. Gn. Eiweißſtoffe der Pflanze, ſ. Zelle. Hg. Eizelle der Pflanze, ſ. Fortpflanzung. Hg. — VE, BEE LH re ² ˙ A A 1 A 4 Fi 2 ee N; Ya Ejaculation des Samens, ſ. Zeugung. Lr. Ejector (vom lateiniſchen Supinumſtamm eject — hinauswerfen) — Auswerfer (ſ. d.). Th. Ekderon nennt Huxley zum Unterſchiede vom Enderon (Dermis, Cutis, Lederhaut ſ. d.]) das als Epidermis erſcheinende, mit der darunterliegenden Schichte des Meſoderms — über dem Enderon — in innige Verbindung tretende ſecundäre Ektoderm der höheren Me— tazoen. Knr. Ektoblaft, ſ. Keimblätter. Kur. Ektocarpen, eine Abtheilung der Coelen— teraten, bei welchen die Geſchlechtsorgane aus dem Ektoderm ſtammen, frei nach außen treten oder als größere Haufen nachher in die Tiefe treten und ihre Producte unter Platzung der ektodermalen Decke unmittelbar ins Waſſer ent- leeren, während bei den Endocarpen die Ge— Fig. 270. Elaeagnus augustifolia Linné, ſchmalblättrige Olweide. ſchlechtsorgane aus dem Entoderm ſtammen, im Innern des Körpers in Ausweitungen des Gaſtrovascularſyſtems geborgen ſind, die Ge— ſchlechtsproduete einzeln im Meſoderm lagern und in die Gaſtralhöhle und von hier’ durch den Mund nach außen entleert werden. Kur. Ektoderm, ſ. Keimblätter. Kur. Ektoftofe, ſ. Primordialſchädel. Kur. Elacepten nennt man den flüſſig bleiben— den Theil von ätheriſchen Olen, wenn dieſelben abgekühlt werden. v. Gn. Elachistidae, eine Mottenfamilie; zarte, kleine Schmetterlinge, deren ſechzehnfüßige Räup— chen minierend in Blättern leben; Verpuppung außerhalb der Mine. Hſchl. Elaeagnus L., Olweide, Oleaſter. Hauptgattung der kleinen, nach ihr benannten Familie der Elaeagneen aus der Abtheilung der Ejaculation des Samens. — Elaeagnus. 239 apetalen Dikotyledonen. Sommergrüne Bäume und Sträucher mit wechſel- oder gegenſtändigen Blättern, welche ſammt den Zweigen und Kno— ſpen mit ſilberglänzenden oder roſtrothen ange- drückten Schüppchen dicht bekleidet ſind. Blüten zwei⸗, ſelten eingeſchlechtig, mit glocken- oder trichterförmigem, vierſpaltigem, auswendig ſil— berſchuppigem, inwendig gelbem Perigon, deſſen bauchiger Grund den Fruchtknoten einſchließt und 4 oder 8 Staubgefäße enthält. Einſamige Nuſsfrucht, welche dadurch, daſs der den Frucht- knoten umhüllende Perigontheil ſtark anſchwillt, fleiſchig und ſaftig wird und ſich färbt, das Anſehen einer Steinfrucht erhält. In Gärten und Parks findet man als Ziergehölze ange— pflanzt: die ſchmalblättrige Olweide, E. augustifolia L. (Fig. 270). Blätter lineal- bis ei⸗lanzettförmig, beiderſeits beſchuppt, ober⸗ ſeits graugrün, unterſeits ſilberglänzend, 5—8 em lang, geſtielt; Blüten (a) vier⸗ männig, kurz geſtielt, zu 2—3 blattwinkel⸗ ſtändig, nach der Entfaltung der Blätter aufblühend, balſamiſch wohlriechend; Frucht (be) länglich, bis 2 cm lang, rothgelb, mit ſüßlichem Fleiſch. Baum oder Großſtrauch von 5—7 em Höhe, mit oft dornſpitzigen Fig. 271. Elaeagnus argentea Pusch., ameri- kaniſche Olweide. Kurzzweigen. Durch die ganze Mediterranzone verbreitet, daher noch wild auf ſteinigen Kalk— hügeln in Iſtrien und Dalmatien und auf den dalmatiniſchen Inſeln. Blüht im Juni, reift die Früchte (nur im Süden) im September. — Die amerikaniſche Olweide, E. argentea Pusch. (Fig. 271). Blätter länglich-rund oder elliptiſch, beiderſeits ſilberglänzend, bis 8 em lang; Blüten (a) eingeſchlechtig - zweihäuſig, männlich mit 8 Staubgefäßen. Aus dem öſtlichen Nordamerika ſtammender Großſtrauch, welcher widerſtandsfähiger gegen Fröſte und Winterkälte iſt als der vorige und daher noch in Nord- europa im Freien fortkommt. Kann, da er auf Sandboden reichliche Ausſchläge aus ſeinen dann weit ausſtreichenden Wurzeln erzeugt, zur Feſtlegung des Flugſandes angepflanzt werden, wie dies z. B. bei Memel mit Erfolg geſchehen iſt. Blüht im Sommer. Wm. 240 Ekaecoblaſt heißt ein ventral am Körper⸗ hautrande zwiſchen Epiblaſt und Darmrohr liegendes, in der Entwicklung der Salpen und einiger Aſcidien auftretendes proviſoriſches Ge- derbruſt mit einem in eine Aushöhlung der bilde von nicht bekannter Function. Kur. Elaidinſäure, Ciel Oe, iſt eine der Ol⸗ fäure iſomere Säure, welche ſich bildet, wenn ſalpetrige Säure in Olſäure eingeleitet wird. Feſt kryſtalliniſch, ſchmilzt bei 45°, iſt in Waſſer unlöslich, leicht löslich in Alkohol, weniger leicht in Ather. Sie kryſtalliſiert aus warmer alkoholiſcher Löſung beim Abkühlen in ſchönen, perlmutterglänzenden Tafeln. Von der Olſäure unterſcheidet fie ſich dadurch, dass fie in einer ſauerſtoffreien Atmoſphäre unverändert deſtil— lierbar iſt. v. Gn. Elain, ſ. Olein. v. Gn. Efainfäure, ſ. Olſäure. v. Gn. Elanus Savigny, Gattung der Familie Falconidae, Falken, ſ. d. u. Shit. d. Ornithol.; in Europa nur eine Art: Elanus melanopterus Daudet, Gleitaar. E. v. D. Elapida, Familie der Giftſchlangen, ſiehe Kur. Toxiophidia. Elasmodon F. Cuv., Untergattung von Elephas, auf dem indiſchen Elefanten baſierend. Kur. Elasmognatha (Plattenfiefer). Unterabthei— lung der deckelloſen Landſchnecken, mit platten— artiger Verlängerung des Kiefers nach hinten und oben. Kur. Elasmotherium Fischer, foſſiles Säuge— thier der Unpaarzeher, den Rhinoceroſſen angereiht. Kur. Elaſticität der Muskeln, |. Muskeln. Lr. Elaſticitätsgrenze. Darunter iſt eine mit der Sicherheit verträgliche größte Inanſpruch— nahme eines Materiales zu verſtehen, wobei jedoch die Widerſtandsfähigkeit dieſes durch die Anſtrengung in keiner Weiſe beeinträchtigt werden darf. Wird ein Körper über ſeine Elaſticitätsgrenze hinaus belaſtet, ſo wird zwar nicht ein ſofortiger Bruch desſelben bewirkt, indes kann ein ſolcher durch längere Einwirkung oder öftere Wiederholung herbeigeführt werden. Die Elaſticitätsgrenze iſt '% bis / der Trag— feſtigkeit. Fr. Etaſtin (C55°5, H 74, N16˙7, 0 20˙4 %) iſt die Grundſubſtanz der elaſtiſchen Faſern und wird erhalten, wenn ſorgfältig präpariertes, fein zerzupftes Nackenband vom Pferd oder Rind mit heißem Ather und Alkohol ausgezogen, dann 18 Stunden in Waſſer und 6 Stunden in con— centrierter Eſſigſäure gekocht, mit heißem Waſſer von der Eſſigſäure ausgewaſchen, mit 2% iger Natronlauge gekocht, wieder ausgewaſchen, ſchließlich noch 24 Stunden in Salzſäure dige— riert und bis zum Verſchwinden der ſauren Reaction mit heißem Waſſer behandelt wird. Das ſo gewonnene Elaſtin behält die urſprüng— liche Structur des verwendeten Materiales bei, iſt gelblichweiß, in feuchtem Zuſtande ſehr elaſtiſch. Mit verdünnter Schwefelſäure gekocht, liefert Elaſtin Leuein (kein Tyroſin). v. Gn. Elateridae, Schnellkäfer, Familie der Ordnung Coleoptera (Abtheilung Pentamera). Elaeoblaſt. — Elateridae. Fühler fadenförmig, geſägt oder gekämmt, unter den Augen, u. zw. unter dem meiſt leiſten⸗ artig vortretenden Seitenrande des Kopfes ein- gef gt. Dieſer geneigt. Oberlippe deutlich. Vor- Mittelbruſt verſenkbaren Fortſatz (Bruſtſtachel). Hinterecken des Halsſchildes mehr oder minder in einem ſpitzen Dorn ausgezogen. Bauch fünf⸗ ringig. Vorderhüften kugelig, ohne Anhang, die der Hinterbeine groß und lanzettförmig, von der Mitte bis zum Seitenrande der Bruſt reichend. Füße ö5gliedrig. — Die Käfer, auf den Rücken gelegt, vermögen ſich mittelſt ihres Bruſtſtachels, den ſie an die Kante der Mittel- bruſtgrube aufſtemmen, in die Höhe zu ſchnellen. Das was bis jetzt über Entwicklung be— kannt, iſt noch lückenhaft; beſchränkt ſich auf verhältnismäßig nur wenige Arten. Die Lar- ven, als Drahtwürmer bei den Forſt- und Landwirten bekannt, find 12ringelig, 6beinig, gelblich bis kaſtanienbraun, hornglatt und hart, drehrund oder etwas abgeplattet und zeigen große Ahnlichkeit mit den allbekannten „Mehl⸗ würmern“. Die Ringe ſind, mit Ausnahme des größeren Prothoraxringes, unter einander faſt gleich groß und gleich geformt. Charakteriſtiſch für die Feſtſtellung der Species iſt das After— ſegment und der von unten ſchief aufſteigende, flache, frei vortretende Kopf. Mandibeln vor— ſtehend, mit einem Zahne innenſeits. Beine kurz. Die Drahtwürmer leben ohne Ausnahme verſteckt. Unter der Rinde moderiger Stöcke oder im Holzmoder und in anderen in Verweſung begriffenen Vegetabilien ꝛc. begegnet man ihnen häufig. Für die Cultur find dieſe Arten be= deutungslos. Andere aber halten ſich ausſchließ— lich im Boden auf und können, wenn ihre An— griffe auf lebende Pflanzen oder ausgeſäte Samen gerichtet ſind, in hohem Grade ſchädlich werden. Die Drahtwürmer ſind wohl ohne Ausnahme polyphag, obſchon ihnen vielleicht eine gewiſſe Vorliebe für Laubhölzer wird zugeſtanden wer— den müſſen. Von 3 Arten iſt die Schädlichkeit nachgewieſen; nämlich: 1. durch Befreſſen der Wurzeln und des Wurzelknotens junger Fichten und Kiefern in Saat- und Pflanzſchulen und in der Freicultur (beſonders bei Büſchelpflan⸗ zungen) durch Dolopius marginatus L., Dia- canthus aeneus L. und Agriotes lineatus L (?); 2. durch Zerftören der Samen und Keim⸗ linge in den Saatrillen und Plätzeſaaten. Bucheln, Eicheln, Roſskaſtanien, Hainbuchen- ſamen durch Larven von Agriotes lineatus L. und Athous subfuscus Müll.; vielleicht auch Athous hirtus; Nadelholzſamen durch Agriotes obscurus L. (2) und Agriotes lineatus L. (2). — An der Zerſtörung der noch zarten Keim— pflanzen (Fichte, Kiefer, Tanne, Lärche) betheili— gen ſich Diacanthus aeneus und Dolopius mar- ginatus. — 3. Abnagen und Durchbohren ſtärkerer Wurzeln älterer Pflanzen durch Athous subfuscus und Diacanthus aeneus. Der Larvenzuſtand ſcheint 2—3 Jahre zu dauern. Bei Arten, deren Larven in modrigem Holze oder unter Rinde von Stöcken leben, er— folgt auch die Verpuppung daſelbſt; ſonſt wohl ausnahmslos unterirdiſch. Der Käfer iſt nach von Altum erzielten Züchtungsreſultaten im 2 1 n Elateridae. Spätſommer fertig und überwintert; Copula und Eierablage im folgenden Frühjahr. Wir haben gende: oben nur von der Schädlichkeit der Larven be— richtet; hier ſei auch jener der Käfer kurz Er— wähnung gethan, welche im Benagen der zarten Maitriebe verſchiedener Holzpflanzen (an Eiche durch Lacon murinus) beſteht, wodurch dieſe jüngſten Theile zum Vertrocknen gebracht werden. — Die Vorbeugungsmittel gegen Schädigungen in den Saat- und Pflanzſchulen und Freiculturen ſind in der gründlichen Rein⸗ haltung der Böden von verweſenden Pflanzen- ſtoffen zu erblicken. Vor allem hat man bei Anlage der Forſtgärten das Unterarbeiten des Unkräuterüberzuges zu vermeiden, da ſich in ſolchen Raſenfetzen die jungen Larven feſtſetzen, um von hier aus, wenn jene nicht mehr ge— nügend Nahrung bieten, ſich über die Wald— pflanzen und Saaten zu verbreiten. Sehr zu empfehlen iſt auch die Einſchlichtung von un— gelöſchtem Kalk, wo das bei Reinigung der Gartenbeete gewonnene Unkraut zur Com— poſtierung verwertet werden ſoll. Durch Er- hitzung des in abwechſelnden Schichten zwiſchen den Bodenabraum eingebetteten Kalkes werden die etwa vorhandenen Larven und Eier getödtet. Fangbeete, d. h. mit umgekehrten Raſenſtücken vollkommen gedeckte, richtig vertheilte kleinere Bodenflächen, dürften aller Vorausſicht nach die günſtige Wirkung nicht verſagen. Die Gattungen, von denen Repräſentanten unter den Larven bekannt find, gehören zur Gruppe mit einfachen Fußgliedern und ſind fol— 1. Halsſchild unterſeits mit einer Furche zum Einlegen der Fühler. 2. Zweites und drittes Fühlerglied klein, kugelig. Gattung Lacon. (11—15 mm breit, plump, ſchwärzlich, mit wolkiger, grauer und weißer Beſchuppung, was dem Käfer eine mehr bleigraue Färbung verleiht.) Lacon murinus L. Nur das zweite Glied klein, die folgen— den dreieckig; Fühler IIgliedrig. 3. Verbindungsnaht zwiſchen der Vorder— bruſt und dem umgeſchlagenen Seiten— rande des Halsſchildes bildet eine der ganzen Länge nach ſich hinziehende tiefe Furche zum Einlegen der Fühler. Gattung Adelocera. 3. Bildet nur nach vorn eine kurze Rinne. Gattung Alaus. 1. Halsſchild unterſeits ohne Fühlerrinnen. 4. Vorderbruſt vorn gerade abgeſtutzt, nicht in einen das Kinn bedeckenden Vorſprung erweitert. Stirn durch eine ſcharfe Leiſte begrenzt. Kieferntaſter mit beilförmigem letzten Gliede. Gattung Campylus. Vorderbruſt vorne in eine vorſpringende, das Kinn bedeckende Platte erweitert. 5. Klauen ſägeförmig gezähnt; Stirn durch g eine ſcharfe Leiſte abgegrenzt; Endglied der Kieferntaſter ziemlich groß. Gattung Melanotus. 5. Klauen einfach oder nur an der Wurzel mit einem Zähnchen. 6. Stirn durch ſcharfen, aufſtehenden Rand begrenzt. 2 — de 16. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forit u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. Erweiterung der 241 Hüften der Hinterbeine lanzettförmig, nicht jäh nach innen erweitert. Stirn⸗ kante vorn abgeſetzt, ſchwach gerundet oder ſeicht ausgebuchtet. Stirn gewöhn⸗ lich nicht oder nur ſchwach vertieft. Fühler fadenförmig. Erſtes Fußglied jo lang als die beiden folgenden zuſammen. Nähte der Vorder- bruſt durchaus einfach. Gattung Athous. Der ganze Käfer tiefſchwarz, ſtark glän⸗ zend, mit feinen aſchgrauen Härchen be⸗ kleidet. Viertes Fußglied auffallend kürzer und ſchmäler als das dritte — und das zweite Fühlerglied viel kleiner als das dritte. 12— 13 mm. Athous hirtus Herbst. Käfer, einſchließlich der Fühler, röthlich— gelbbraun ohne Querbinden, ſchmal, linear; Scheibe oder das ganze Hals— ſchild ſchwarz, ſtark glänzend. Fußglieder vom erſten angefangen allmählich an Länge und Breite zunehmend. 8—9 mm. Athous subfuseus Müller. . Erjtes Fußglied wenig länger als das zweite. Nähte der Vorderbruſt vorn eine (wenn auch nur ganz kurze) Fühler⸗ rinne andeutend. Gattung Limonius. Hüften der Hinterbeine jäh nach innen erweitert. . Schildchen herzförmig; Fortſatz der Vor— derbruſt gegen die Mittelbruſt kurz ab- geſtutzt. Gattung Cardiophorus. Schildchen eirund. . Erweiterung der Hinterhüften eckig; aus- gerandet. Zweites und drittes Fühler— glied klein, kegelförmig oder rundlich; die folgenden dreieckig. Nähte der Vorderbruſt nach vorne zu kurzen Fühlerrinnen geöffnet. Gattung Elater. Nähte der Vorderbruſt ohne Spur einer Fühlerrinne. Gattung Megapenthes. Hinterhüften abge— rundet. Die Fußglieder durchaus ein— fach. Halsſchild ohne Haarbüſchel. Endglied der Taſter gerade abgeſtutzt. Gattung Cryptohypnus. Endglied der Taſter ſehr ſchief abge— ſtutzt, daher zugeſpitzt erſcheinend. Gattung Drasterius. . Stirn vorne ohne aufſtehenden ſcharfen Rand. Hüften der Hinterbeine nach innen jäh und buchtig erweitert. Gattung Ludius. Hüften der Hinterbeine nach innen nur allmählich erweitert. 5. Zweites Fühlerglied deutlich kleiner als das dritte. Drittes Fühlerglied dem vierten gleich. (Actenicerus als Subgenus.) Gattung Corymbites. Drittes Fühlerglied ſchmäler und kürzer wie das vierte; Halsſchild breiter als lang; Flügeldecken hinter der Mitte er— weitert. (Tactocomus und Hypoganus als Subgenera.) Gattung Diacanthus. Schmutzig metallgrün bis ſtahlblau und ſchwarz; Flügeldecken regelmäßig ge— 16 242 17. 18. 18. 1. Elateridae. ſtreift, die Zwiſchenräume eben, punktiert; Stirn ohne tiefen Eindruck. 11—15 mm. Diacanthus aeneus L. 5. Zweites Fühlerglied vom dritten und den folgenden an Größe wenig verſchieden. Fühler fadenförmig oder ſtumpf geſägt. Halsſchild vor der Mitte etwas er— weitert, hoch gewölbt; Seitenrand an den Vorderecken ſtets ſtark nach abwärts unter die Augen gedrückt, öfters faſt ver- ſchwindend. Gattung Agriot es. (Fühler⸗ glied 2 = 4, länger als 3.) Flügeldecken einfärbig heller oder dunkler braun, ſtark gewölbt; Halsſchild breiter als lang, kiſſenartig; Fühler (bis auf das erſte Glied) und Beine rothbraun. 9—10 mm. Agriotes obscurus Gyll. Flügeldecken braun, der zweite und vierte Streifenzwiſchenraum ſchwarz oder dun— kelbraun; Fühler, Beine, Vorderrand und Hinterecken am Halsſchild und der Seitenrand des Hinterleibes rothbraun. 8 bis 9g mm. Agriotes lineatus L. Halsſchild ſo lang als breit; vor der Mitte nicht erweitert; am Grunde am breiteſten; gleichmäßig gewölbt; Seiten— rand faſt durchaus ſcharf und faſt ge— rade zur Mitte der Augen hin ver— laufend. Gattung Dolopius. 6—8 mm, braun, Ränder des Halsſchildes, Wurzel der Fühler, die Beine und die Flügel— decken gelbbraun, Naht und die Seiten— ränder dunkler; mitunter der ganze Käfer gelbbraun. Dolopius margi- natus L. Über die Elateridenlarven gibt Forſtmeiſter Beling (Thaxander Forſtl. Jahrb., Bd. 29, p. 305) eine Überſetzung der Perris'ſchen Ar— beiten (Annales de la société Linnéenne de Lyon 1875 und 1876), welche hier folgt: dr Untergefiht und Lippe ſehr deutlich; Vorderrand des Kopfes nicht gezähnt. Gattung Cryptohypnus. Untergeſicht und Unterlippe fehlen oder ſind wegen ihres Verwachſenſeins mit der Stirne nicht ſichtbar. Vorderrand des Kopfes gezähnelt. Körper abgeflacht, ziemlich breit, gewöhn— lich nach beiden Enden hin etwas ver— ſchmälert; der letzte Leibesabſchnitt an den Seiten mit zackenförmigen, gewöhn— lich ſtumpfen Zähnen beſetzt und mit 2 zweilappigen Verlängerungen endend, die zwiſchen ſich einen tiefen runden Ausſchnitt laſſen. Dieſe Verlängerungen zeigen ſich weder gelappt noch gezähnt und ſo nahe zu— ſammentretend, daſs ſie ſich mit ihren Enden faſt berühren (L. Bructeri). Gattung Limonius. . Dieje Verlängerungen enden in zwei oder drei Lappen oder Zähne. . Endlappen oder Zähne der Verlänge— rungen von gleicher Geſtalt. Endglied an der Oberſeite rund erhaben (convex) mit borſtentragendem, nach hinten hin immer ſtärker werdendem Stachel— höcker; die Afterwarze mit Dornen fein; „ — — — — — — — — — — — —— —r:—: !! !2 6. an. 10. beſetzt. Letzter Leibesabſchnitt nur mit zwei Furchen verſehen (Klaus oculatus und myops). Gattung Ala us. Letzter Leibesabſchnitt oberſeits ausge— höhlt (concav) oder eben, oder faſt eben (ſchwach erhaben). Letzter Leibesabſchnitt an der Oberſeite ausgehöhlt (concav); After zwiſchen zwei am Ende einer umfangreichen und mehr oder weniger freiſtehenden Afterwarze befindlichen Dornen, aber ohne ſonſtige Bedornung. . Afterwarzen wenig frei, an den Seiten mit von einem langen Haar überragtem hornigen Höcker; letzter Leibesabſchnitt mit ſeitlichen ſtumpfen Ausrandungen, die Oberſeite mit zwei Längsfurchen und mit welligen, ebenmäßig (ſymmetriſch) geſtellten Runzeln. Gattung Lacon. Afterwarze groß und frei wie ein Zapfen unter dem letzten Leibesabſchnitte; dieſer mit ſpitzausgezacktem Seitenrande; ſeine Oberfläche mit kleinen Körnchen beſät. Gattung Adelocera. Letzter Leibesabſchnitt an der Oberſeite eben oder ſehr ſchwach convex, wegen des gekerbten Randes concav erſchei— nend. After an das Ende einer koniſchen, einziehbaren, nicht mit Hakenzähnen ver⸗ ſehenen Warze geſtellt, von einem halb- kreisförmigen Rande eingeſchloſſen. Alle Hinterleibsabſchnitte über die vordere Hälfte der Oberſeite hinaus ſtark punf- tiert (mit Ausnahme von Athous man- dibularis). Gattung Athous. „Nur ein Theil der Hinterleibsringe (nicht alle) oberſeits punktiert, oder Punktierung ganz fehlend, oder Seulptur anders. Die erſten acht Hinterleibsabſchnitte mit vier roſtfarbenen Flecken auf blaſsgelbem Grunde; das übrige wie bei Diacanthus (ſ. u.). Subgenus Hypog anus. 9. Ohne die roſtfarbenen Flecken. 10. Letzter Hinterleibsring mit vier Furchen verſehen. Furchen von ziemlich gleicher Länge, im übrigen der letzte Hinterleibsabſchnitt und After wie bei Athous; die anderen Hinterleibsringel ſeicht netzförmig ge— ſtrichelt oder wenigſtens etwas punktiert mit Ausnahme des letzten, an der Ober⸗ ſeite gerunzelten Gliedes. Subgenus Dia- canthus; Subgenus Tactocomus. Wie Diacanthus; aber der letzte Hinter⸗ leibsabſchnitt kaum gerunzelt und deſſen beide mittere Furchen ſehr kurz. Subgenus Actenicerus. Letzter Hinterleibsring ohne Furchen, aber ſtark gerunzelt; das übrige wie bei Diacanthus. Subgenus Corymbites. Lappen oder Zähne der Endglied verlän⸗ gerungen ungleich, der innere Zahn viel kürzer. 2. Der äußere Zahn nach auswärts ge⸗ richtet, hakenförmig, vertical erhoben; Hinterleibsabſchnitte an der Oberſeite glatt oder kaum einige kleine Punkte zei⸗ gend. Athous (mandibularis). 1 M. Streicher lith. Druck ». Th. Banunwarth, W aul M. v. Dombrowski del. 1 Erstlingsgeweih; b, e, d und e Darstellung der e Verkürzung und Neigung ſenstö cke. — 2 zweite, 3 dritte, 4 vierte oder fünfte, 5 fünfte oder sechste Geweihbildungsstut | % natürlicher Grösse. 4 Verlag von MORIZ FERLES, Wien und Leipzig, 4% iS oul R. v. Dombrowski del. Zum Artikel „Elch“, II. M. Streicher lith. Stange eines Hauptschauflers. % natürlicher Grösse. Lerlag von MORIZ PERLES, Wien und Leipzig Druck v, Th. Rannwarth, * 1 Zum Artikel ‚Eich” III. Eucrklopadie der Forst-u. Jagdwissenschaften 1 1 5 IRH r Ses. 1. Ansich 1 rt ort 3 7 | 1a d \ Verlag von MORITZ PERLES, wien aud Leipzig. CC ²˙ eʃʃ——. De uf Du „una id 2 [gg —d ZnZEEEEEn > Zu 12. 2 13. 13: 14. . Geftalt groß, letzter Leibesabſchnitt ſehr 16. 16. 14. EI: 18. 18. . 19. Der äußere Zahn rechtwinkelig und hakenförmig aufwärts gerichtet; Hinter— leibsabſchnitte auf den vorderen zwei Drittheilen ihrer Oberſeite mit in der Quere zuſammenfließenden Punkten. Gattung Campulus. 8 1 0 cylindriſch oder nahezu eylin— riſch. Körper cylindriſch, häutig (mit Aus— nahme des hornigen Prothorax), ſchlank und ſehr biegſam; die ſieben erſten Hinter— leibsabſchnitte der Verlängerung fähig, indem ſie ſich dergeſtalt auseinander- ſchachteln, daſs jeder Abſchnitt aus drei Ringen zuſammengeſetzt erſcheint; dieſe ſieben Abſchnitte ſowie auch der achte der Länge nach gerieft. Mandibeln regelwidrig, in zwei Arme getheilt, von denen nur der obere gezähnt iſt. Letzter Leibesabſchnitt lang und genau halb- elliptiſch; Afterwarze frei mit zwei häuti— gen, gebogenen und auseinandertretenden fußartigen Anhängen endend. Gattung Cardiophorus. Körper faſt cylindriſch und hornig. Körper glatt. lang, koniſch, am Ende gerundet. After— warze ſehr klein, kaum ein Viertel ſo breit als der letzte Leibesabſchnitt an ſeiner Baſis. Gattung Ludius. Afterwarze groß, beinahe jo breit wie der letzte Leibesabſchnitt. Geſtalt klein, letztes Leibesglied ziemlich lang, halbelliptiſch, mit einer abge— ſtumpften Spitze endend; Afterwarze bei— nahe ſo breit als jenes Leibesglied an ſeiner Baſis. Gattung Drasterius. Letztes Leibesglied lang, halbelliptiſch, flach und an der Oberfläche öfters ſelbſt etwas ausgehöhlt und mit vier Furchen auf etwa der vorderen Hälfte; endend in drei zahnförmige Auszackungen, deren mittlere die längſte iſt; Afterwarze ziem— lich groß, faſt ebenſo breit wie der letzte Leibesabſchnitt an ſeiner Baſis. Gattung Melanotus. Körper punktiert. Körper ſparſam und klein punktiert. Letzter Leibesabſchnitt lang und halbellip— tiſch, in eine pfriemenförmige Spitze endend, jederſeits nahe an der Baſis mit einer einem großen Luftloch ähnlichen Höhlung. Gattung Agriotes, Letzter Leibesabſchnitt koniſch, mit einer kleinen ſcharfen Spitze endend, mit großen und in drei Querreihen geord— neten Höckern beſetzt, von denen die vor— derſte Reihe in der Mitte des Abſchnittes, die letzte in der Nähe der Baſis der End— ſpitze ſteht. Dol. marginatus.) Gattung Dolopius. Körper ſtärker und dichter punktiert, insbeſondere an den letzten Leibesab— ſchnitten. Letzter Leibesabſchnitt lang und regel— mäßig halbelliptiſch, in eine Spitze endend, mit zwei ſeitlichen Rückenfurchen; Elatobranchia. — Elch. f 243 Afterwarze die vorderen zwei Fünftel des letzten Leibesringes nicht überragend. Gattung Elater. 19. Letzter Leibesabſchnitt auch mit zwei ſeit⸗ lichen Rückenfurchen, aber wegen einer unweit des Endes befindlichen Ausbuch⸗ tung nicht ſo regelmäßig halbelliptiſch; endend entweder mit drei Lappen, von denen die beiden ſeitlichen wenig augen⸗ fällig und der mittlere ſpitz iſt, oder mit drei faſt gleichen Zähnen; Afterwarze drei Viertel der Länge des letzten Leibesab- ſchnittes erreichend. Gattung Megapenthes, Hſchl. Elatobranchia (Plattenkiemer) — La- mellibranchia. Kur. Elayl, ſ. Athylen. v. Gn. Elben, ſ. Alſe. Hcke. Elbiz, Elb ez, der, mhd. Name der Schwäne, ahd. elpiz, alpiz, angelſächſ. ylfet, iſt wie der Fluſsname Elbe, and. alpt, auf das lat. albus — weiß zurückzuführen. Neben elbiz erſcheint ſchon im XI. Jahrhunnert auch der Name swan, u. zw. bald ſynonym, bald für den Singſchwan (Cygnus musicus, mit. eygnus), wogegen dann elbiz den Höckerſchwan (Cygnus olor, mlt. olor) bezeichnete. — „Olor. elwis. Cignus. s wan.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 896. — „Olor. elbiz.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. monast. Admont no. 269. — „Olor. elb z.“ Frankf. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Cignus. quod totus plumis sit albus. elbiz.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2400. — „Cignus et olor. elbiz.“ Id. no. 901. — „Albiz, elbiz.“ Conrad v. Würzburg, Schwanenritter, 140, 160, 237, 247. — „Elbiz.* Biterolf und Dietleib, v. 6985. — „Cignus s wan. olor elbiz.“ Gloſſ. a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 1325. — „Cignus haist ain elbis oder ain schwan.“ Conrad v. Megenberg, Buch der Natur, Cod. ms. Vindob. no. 2797 a. d. XIV. Jahrh. — Vgl. Graff, Ahd. Sprſch, III., 315. — Diefen⸗ bach, Gloſſ., p. 118 b. — Maaler, 100 a. — Friſius, 360 b, 913 a. — Grimm, D. Wb. III., p. 402. E. v. D. Elbthier, ſ. Iltis. E. v. D. Elch, Alce palmata (Klein). Wichtigſte literariſche Hinweiſe und wiſſenſchaftliche Benennungen: Tharandos. Ariſtoteles (lebte 384 bis 322 v. Chr.), Theophraſt und andere ältere griechiſche Schriftſteller. Dieſer Ausdruck iſt an fangs, wie J. F. Brandt nachgewieſen hat, für Elch und Renthier gemeinſam gebraucht. Alce. J. Cäſar, De Bello gallico, 1. VI. c.26 u. 27. (Mehrzahl: Alces; die Stelle lautet: „sunt item in Hercyniae sylvis, quae appel- lantur alces“.) — Plinius (lebte 23 bis 79 n. Chr.), Historia naturalis, 1. VIII, c. 15: ed. Detlefsen, vol. II, p. 54. — Pauſanias, Periegeſis, ca. 170 n. Chr., ed. Imm. Bekker (Berlin 1826), IX., XXI, 3; V., ul, 1, und ſpätere griechiſche Schriftſteller. — C. J. Soli— nus (lebte 401—450 n. Chr.), Collectanea re- rum memorabilium, hrsg. v. Th. Mommſen 1864, p. 108, Polyhistor., c. 32 u. 33. — Ap. 16 * 244 Menabenus, Tractatus de magno animali, Colonia 1581, 8°, ins Italieniſche über). v. Felici 1584, 8°. — J. Wigand (Biſchof von Pomezanien), De alce vera historia, Regio- monti 1582, 4°. Mit Holzſchn. Histor. Aleis Borussici, Act. Borussic. III., p. 610. Ed. alt. Jenae 1590 in Wigands phyſikal. Schriften, hrsg. v. Roſinus (auch „Alces“). — Sev. Goebel, Historia brevis de Alce, Venetiis 1595. — A. Baccius, Diss. de magna bestia, a non- nullis Alce, germanis Ellend appellata, aus dem Italieniſchen ins Lateiniſche überſ. v. Wolf— gang Gabelchover, Stutgardiae 1598, p. 9. — Caſp. Schwenckfeld, Theriotropheum Silesiae (1603), p. 53 (auch „Asinus sylvestris“). — Ul. Aldrovandi, Quadrupedum omnium Bi- sulcorum historia, Folio (1621), p. 866, c. fig. p. 869 & u. p. 870 . — J. Jonſton, Hist. natur. de Quadrupedibus (1657), p. 96, T. 30 2 (Al- ces), 31 & (Alce), 34 % (Hippelaphus), 36 (Elend, Alce); holländ. hrsg. v. M. Grauſius, Amſter⸗ dam (1660), p. 77 c. — Olaus Worm, Musei Wormiani hist. Leyden, Folio, 1655, p. 336. — Caſp. Scottus, Physica euriosa, 1662, 4°, p. 901, T. 24. — Gualt. Charleton, Ono- masticon zoicon, Londini (1668), p. 9. — Adam Olearius, Gottorf. Kunſtkammer (1671), tab. 9, Fig. 2, II. Aufl. (1674), p. 12. — J. Rajus (geſt. 1707), Synops. Animal. Quadrup., p. 86. Neue Ausgabe 1713. — Ulr. Heinſius (Heinſe, reſp. Lentner), Dissert. de Alce, Jenae 1681, 4°, u. 1697, 4°. — Joh. Cyprianus, Histo- riae Animalium a Wolfg. Francio scriptae Continuatio (1688), P. I, p. 242. — J. F. Leo⸗ pold, Dissert. de Alce, Baſel 1700, 4°. — Nicolai Lemery, Materialien-Lexicon, deutſch von Chr. Fr. Richtern, Leipzig (1721, Folio), p. 30 (auch „Alces“). — Rzaczynski, Hist. nat. curiosa regni Poloniae (1721), p. 212. Auctuarium, p. 304 (auch „Alces“). — Dic- tionnaire raisonne et universel des ani- maux, vol. I (1759), p. 88 („Alcé“). — Aleſ⸗ ſandro, Anim. quadrup., vol. III, T. 130 (). Achlis (von einigen Machlis geleſen). Pli⸗ nius, Histor. natur., 1. VIII, c. 13, Ed. Det- lefsen, vol. II, p. 54. (Die Stelle lautet: „Sep- tentrio fert et equorum greges ferorum, sicut asinorum Asia et Africa, praeterea alcen, juvenco similem, ni proceritas aurium et cer- vicis distinguat, item natam in Scandinavia insula, nec unquam visam in hac urbe, mul- tis tamen narratam achlin [machlin], haud dissimilem illi etc.“; es iſt noch nicht voll— ſtändig aufgeklärt, ob Plinius mit dem zweiten Namen im Gegenſatze zum Elch den Rieſen— hirſch hat bezeichnen wollen.) Dieſer Name wird auch von Solinus (ſ. o.), Gesner (ſ. u.) u. a. gebraucht. Equicervus, auch Alches und Aloy. Al- bertus Magnus von Bollſtatt (lebte 1193 bis 1287), De animalibus libri vigintisex, 1. II, Tract. 1, c. 3, fol. 37 a, und 1. XXII, Tract. 2, c. 1. De equicervo, fol. 220 b [veröffentlicht 1478-1519] (die Bezeichnung gilt theilweiſe mit für das Renthier). Onager. Olaus Magnus, De Gentibus septentrionalibus historia. Antverpiae 1558, Elch. p- 205, 1. XI, c. 36, 1. XVIII, &Rapıs Elent, wilder Eſel u. ſ. w.). Alces (entſtanden durch Miſsverſtehen von Cäſars Bezeichnung) wird bisweilen neben Alce angewendet von den genannten Autoren, außerdem von: Conr. Gesner, Historiae Ani- malium, I. I, de Quadruped. viviparis, Tiguri 1551, p. 1, c. fig. p. 1 % u. p. 2 (Geweihſtangen), und 1. II, p. 2. — J. J. Becher, Parnassus medicinalis illustrata (1663), Folio, vol. I, Zoo- logia, p. 50. — J. Scheffer, Lapponia, 8° (1673), c. XXIX, p. 336. — Ph. Bonannius, Museum Kircherianum (1709), tab. 293. Neu hrsg. v. Joh. Ant. Batarra 1773, p. 7, tab. III, Fig. 53. — J. B. Groſſinger, Historia phy- sica regni Hungariae, T. I, Quadruped., p. 308 (1793). — Leem, De Lapponibus, Kopenhagen, 4, p. 186. Elend. Kantzow, Pommerania 1530 bis 1540, hrsg. v. Koſegarten, Greifswald 1817. — Gesner, Thierbuch, p. 85 ff., mit Figuren 5 p. 86 u. 88, P p. 83 u. 87. — Orn, Lappland (1707), 8°, p. 58. — J. G. Weygand, Vom Elend⸗ Thiere (Supplement IV der Breslauer Samm⸗ lung von Natur und Mediein), 1729, p. 35 bis 51. — Haller, Naturgeſchichte der vierfüßigen Thiere I., p. 338, T. 8 2 [Elendthier] (1757). — Scheller, Reiſebeſchreibung n. Lappland (1748), 8°, p. 50. — Kurze Beſchreibung des Elendthieres weiblichen Geſchlechtes. Lichten— bergs (Voigts) Magazin, Bd. IX, St. 3 (1794), p. 18. — J. A. Güldenſtädt, Reiſen durch Ruſsland, hrsg. v. P. S. Pallas, 2. Theil, 1791, p. 409. — Müller, Sammlung ruſſ. Geſch., Band III, p. 552 (auch Elendthier); Naturf., Band J, p. 381. — H. O. Lenz, Naturgeſchichte, I. Säugethiere (1851), p. 539. Eig. Tornaeus, Torneä och Kemi-Lapp- marker (1672), 8°, IX., p. 43. — Laeſtadius (auch Bergman, Burman, Littorin und Boſtröm), Tijdskr. f. Jäg., Bd. III (1834), p. 941-946. Elant. Perrault (lebte bis 1688), Des- cription anatomique d'un Elant (mit 2 Tafeln), verfaſst 1676, ſpäter veröffentlicht in den Mem. Acad. d. Sciences d. Paris pour servir à l’hist. nat. des animaux von Perrault u.a. aus den Jahren 1666— 1699, vermehrt von Du Verney, hrsg. v. Winslow, Petit und Morand 1731 bis 1734, tom. I (1733), p. 179 (auch p. 83), tab. 26 (2) u. 27 (Anatomie); ins Deutſche überſ. v. Joh. Joach. Schwabe 1757, Bd. I, p. 207216, T. 26 u. 27. Vgl. Observation ana- tomique sur un Elant, ibid., tom. I, p. 83. Cervus cornibus, acaulibus palmatis. Linné, Syst. Nat., Ed. II, p. 50 2c., Ed. VI (1748), p. 13; Fauna suecica, Ed. I, p. 13, Nr. 37. — J. Hill, A general natural History: Animals, p. 577, t. 28 (65), (auch „Elk, (1748 bis 1752). Cervus palmatus. Alce vera et legitima, J. Th. Klein, Quadrupedum Dispositio, 4° (1751), p. 24; deutſche Ausgaben: Natürliche Ordnung der vierfüßigen Thiere, hrsg. v. G. Reyger, Danzig, 4° (1760), p. 27, und Claſſi⸗ fication der vierfüßigen Thiere, überſ. v. F. D. Behn, Lübeck, 8° (1760), p. 80. U Duanicae Prodrom, p Cervus Alce (oder fälſchlich Klees). M. J. Briſſon, Regne anim. Quadrup., p. 93, Nr. 9. — C. Linné, Syst. Nat., Ed. X, T. I (1760), P. 66, Nr. 2 2c., Ed. XII, 4766), p. 92. — Fauna suecica, Ed. II, p. 13, Nr. 89 (1761) ꝛc., auch in der Ausgabe von A. . Retzius (1800). — O. Fr. Müller, Zoogr. 85 Nr. 34. — J. Chr. Erx⸗ leben, Systema a, regni animalis, Classis I, Mammalia, p. 298,2. — A. W. v. Zimmer⸗ mann, Specimen Zoologiae geographicae Quadrupedum (1777), p. 279, 285; Geogra⸗ phiſche Geſchichte des Menſchen und der Thiere, Bd. II, p. 127, Nr. 40 (1778). — nn Sv. Vet. Ak. Handl, vol. XXXIII, 5 (1772). — Severin, Zool. Hung., p. MR Nr. 1. — Boddaert, Elench. anim., vol. I, p. 135, Nr. 1. — Gilibert, Indagatores naturae, Vilnae 1781, p. 66. — Miller, On various subjects of Nat. Hist., T. 10 A (1785). — Ph. A. Nem⸗ nich, Catholicon: I. Allgem. Polyglotten-Lexi⸗ con der Naturgeſchichte, Bd. 1 (1793), p. 960. — Schreber, Säugthiere, Bd. V, 1. (fortge— ſetzt von Goldfuß), p. 968, Nr. 1, T. 246 A, C (5), B (Geweih) und D (2); dieſer Band iſt erſt mehrere Jahrzehnte ſpäter, 158 0 von Joh. Andr. Wagner vollendet. — J. F. G me⸗ lin, Linnes Syst. Nat., Ed. XIII, T. I, P. 4, p. 175, Nr. 2 (1788 — 1793). — G. v. ii Tableaux (lem. d’hist. Mate, p. 161, Nr. 3 Regne anim., Ed. I, vol. I, p. 254 (1816); Ed. nouv. avec figures, ‚vol T,p: 261 (1829) („Elan“), mit Tableau von 5: Achille Comte. Ruminants (1832), ins Deutſche überſ. v. F. S. Voigt, Bd. J, p. 296 (1831); Recherches sur les Ossemens foss., vol. IV, p. 64, tab. 4, f. 22—29 (Geweihe); 3, f. 40, 6, f. 8 (Schädel), 4. Ed., vol. VI., p. 132 (1835), Atlas, voll II, p 44, Pl. 165, 166 ff. (1836). — C. Illiger, Überblick der Säuge⸗ thiere nach ihrer Vertheilung (1811), p. 21: Pro- dromus Systematis Mammalium et Avium (1811), 8°, p. 105. — P. S. Pallas, Zoogra- phia Rosso-asiatica, vol. I, p. 201, T. 14, 1814 (neuer Titel 1831); Reiſe, Th. I, p. 198 und 201, Th. III, p. 10. — Gotth. Fiſcher v. Waldheim, Zoognosia, vol. III, Mosquae (1814), p. 443. — J. af Darelli, Berättelse om Elgar, Vet. Ak. Handlingr, Stockholm 1819, p. 207— 241. — L. Th. Funke, Ausführl. Text zu Bertuchs Bilderbuch, III. Bd. (1799), p. 107, T. 9, Fig. 5. — A. G. Desmareſt, Nouv. Diet. d’hist. nat., vol. V, p. 519, Nr. 1, Table D, f. 16; Mammalogie, p. 430, Nr. 662. — Fr. Cuvier, Diet. des Sciences nat., vol. VII, p. 461. — Fr. Cuvier und Et. Geoffroy⸗ St. Hilaire, Hist nat. des Mammiferes, vol. II. Fasc. 34 und 39, 1819 —1835. — A. Des⸗ moulins, Dict. class., vol. III, p. 374, Nr. 1. — R. P. Leſſon, Manuel de Mammalogie, p. 356, Nr. 936 (1827). — Hamilton Smith, Griffith’ Animal. Kingdom, vol. IV, p. 72 (Kopf), vol. V, p. 771, Nr. 1. — J. v. d. Brinc⸗ ken, M&m. sur la foröt imp. de Bialowieza (1828), p. 73 c. fig. — J. B. Fiſcher, Synop— sis Mammal., p. 441 und 613 (fälſchlich „413, Nr. 1 (1829). — J. Wagler, Syſtem der Am— phibien (Säugethiere und Vögel, 1830), p. 34. — G. A. Goldfuß, Ausführl. Erläuter. des Elch. 245 naturhiſtor. Atlaſſes (1824 — 1843), III. Th. (1832), p. 186. Dazu T. 260; Nova Acta, vol. X (1831), p. 455. — Landſeer, Charact. Sket- ches of animals (1832). — S. Nilſſon, Skan⸗ dinav. Fauna, I., Däggdjuren, Ed. I (1820), p. 274, Ed. II (1847), p. 487. — A. Fr. A. Wiegmann, Abbild. und Beſchr. merkwürdiger Säugethiere, gez. v. Bürde, beſchr. v. J. F. Brandt und Wiegmann, Berlin, 4°, mit Atlas in Fol., Lief. II, p. 98 mit Bild (1831). — Pander und D' Alton, Vergl. Oſteolog. Skelette der Wiederkäuer, T. 4 (Skelet). — A. Wagner, Geograph. Verbreit. d. Säuge— thiere, Abh. Münch. Akad., Bd. IV, p. 79 (1851). — J. F. Brandt und Ratzeburg, a: Zoologie, Bd. I, p. 30, tab. 5 (1829). Eichwald, Zoologia specialis, I, p. Er (1831). — J. G. Bufack, Naturgeſch. d. Elch— wildes oder Elens, Königsberg, 8°, 1837, mit Bild (Skelet), Abdr. aus d. Preuß. Provinzial⸗ blättern. XVIII. Auguſtheft 1837, p. 33—65 und 126 — 4165. — L. Oken, Naturgeſchichte, Bd. 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Folge (1886), p. 41. — Jean Bungartz, Die jagdbaren Thiere Europas (1886), p. 6—10, T. 2. — A. Nehring, Zoolog. Samml. d. landwirtſch. Hochſchule, Katalog der Säugethiere, Berlin 1886, p. 97. Elan. Dictionnaire raisonné universel d’hist. nat. (animaux etc.), vol. II (1759), p. 82. Nouv. Ed. par Valmont de Bomare, vol. II (1768), p. 84. — G. L. v. Buffon, Hist. nat. des Quadrupeds, vol. XII (1764), p. 79, T. 7 (&juv.), 8 u. 9 (Geweihe). Supplement VII, p. 318. Deutſche Ausgabe: Allgemeine Hiltoriezc., Th. VI, Bd. II, Leipzig (1769), p. 49 ff. Eland. Mart. Houttuyn, Nat. vol. III, p. 40. Elk. Bell, Travels in Russia, T. I, p. 5, 221. — Pennant, Synopsis Quadrup., p. 40, Nr. 35; Hist. of Quadrupeds, vol. I, p. 93, Nr. 42; Arct. Zoolog., vol. I, p. 18. — Kerr, Syst. nat. I., p. 295, Nr. 639. — Shaw, Museum Leveria- num, vol. I, p. 33, tab. 8; Gen. Zoolog., vol. II, P. II, p. 261, tab. 174, 173. — W. Wittich, Description of the horn of the Prussian Elk. Journ. Royal Instit., vol. 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Bd., 1865, p. 424. — Charles Gérard, Faune historique de I Al- sace 1871, p. 285. — Fitzinger, Naturge— ſchichte der Säugethiere, Bd. IV, p. 86, f. 181 (c); die Gattungen der Hirſche, Sitzber. Akad. Wien, Bd. LXVIII, I. Abth. (1874), p. 348; Kri⸗ tiſche Unterſuchungen über die Arten der Hirſche, ibid., Bd. LXIX, I. Abth. (1874), p. 521. Alce palmata. v. König-Warthauſen, Verzeichnis der Wirbelthiere Oberſchwabens, I., Säugethiere (1875), p. 88. Alces Linnei. A. W. Malm, Göteborgs och Bohusläns Fauna, Ryggradsdjuren (1877), P. 147. Viele von den anfgezählten Literaturan— gaben beziehen ſich nicht allein auf die Elche der alten Welt, ſondern auch auf diejenigen Nordamerikas, vor allem die Veröffentlichungen von Erxleben, Zimmermann, Boddaert, Gmelin, Desmareſt, Fr. Cuvier, G. Cuvier, Desmoulins, H. Smith, Schinz, Wagner, Giebel, Pennant, Shaw, Ogilby, Gray, Sundevall, Rouillier, Sclater, Caton ac. Für die nordamerikaniſchen Indi— viduen allein gelten folgende Benennungen und Hinweiſe: Ellan, stagg or aptaptou. De Mont, Nova Francia (1604), p. 250. Mosse. Purchas, Pilgrimes, T. IV, p. 1829 (1625). Eslan ou Orignat. Theod. Sagard, Voyagen Canada (1636), p. 749. Mose, Mosedeer, Moose, Moosedeer, Moos u. ſ. w., P. Dudley, A description of the Moose- Deer, Philos. Transact. Nr. 368, vol. 31, p. 165 (1724). — M. Catesby, Natural History of Ca- rolina ete., Append., p. 27 (1731—1748) ſauch „Elk“], deutſcher Auszug Nürnberg 1755. — Sam. Dale, Philos. Transact. Nr. 444, vol. 39, p. 384 (1736), mit Abbildung des Geweihs. — Diction— naire raisonné universel d’hist. nat. (ani- maux etc.), vol. III, p. 126. Nouv. Ed. par Valmont de Bomare, vol. III (1768), p. 126. „Mose, Moos, auch Moose.“ — Pennant, Arct. Zoolog., vol. I, p. 17, tab. 8 u. Titelbild (1784), überſ. v. Zimmermann, Bd. I, p. 20. Leipzig 1787 („Elendthier“, „Mus-Thier“). — Umfreville, Hudſon-Bay (1790). — Warden, Elch. 247 Unit. States, vol. I, p. 328; Description des Etats-unis V., p. 636. — J. D. Godman, American Natural History, vol. II, p. 274 (2. Ed. Philadelphia 1855). El, (ein Name, der in Amerika ſonſt für Cervus canadensis gebraucht wird). Lawſon, Hist. of Carolina, p. 123. — Brickell, Nat. Hist. of Carolina, p. 108, mit Bild. — Caton u. Dickey, Transact. Ottawa Acad. Nat. Se., May 1868, Silliman Amer. Journ. 48, p. 144. — Caton, The Antilopes and Deer of America, New-NYork 1877. Orignal. Dierville, Voyage du Port Royal de l’Acad., p. 122 (auch „Elan“). — Charlevoix, Hist. de la nouv. France, T. III, p. 126; T. V, p. 185 (1744). — Denys, De- Script. de Pammer, vol, I, p. 463, vol. II, p. 321, 425. — Du Pratz, Louiſiana, vol. I, p. 301. — Bertuch, Bilderbuch, Bd. IX, Säuge⸗ thiere, T. 123, Fig. 3 u. 4. — G. L. v. Buffon, Hist. nat. des Quadrup. (1764), vol. XV, p. 50, tab. 2, Suppl. III, p. 133. Deutſche Ausgabe: All⸗ gemeine Hiſtorie ꝛc., Th. VI, Bd. 2, Leipzig (1769), P. 49 ff. — Fr. Cuvier u. Geoffroy, Hist. nat. des Mammiferes, vol. II, Fasc. 34 (Fig. Sommer), Fasc. 39 (Fig. 5 Winter); auch „Elande d'Amérique“. — Le Hontan, Voyage, p. 72 (1703). Elendsthier. Behr Kalm, Reiſe nach dem nördl. Amerika, Bd. III, p. 382. Flat-horned Elk. Thomas Jefferſon, Notes on the state of Virginia, p. 49 (1788). Orignac. Hist., de l’Amerique, 1723. Cervus Alces. John Richardſon, Fauna boreali-americana, 4°, vol. I, p. 232 (1829). — Rich. Harlan, Fauna americana, p. 229 (1825). — Audubon u. Bachmann, Quadrupeds of North-America, New Tork, vol. II, p. 179, tab. 76 (1851). — Spencer Baird, General report upon the Zoology of the several Pa- eific Railroad Routes ete., Wajhington 1857, I., Mammals, p. 631. — Newberry u. Spencer Baird, Californian-Oregon-Exploration, vol. VI, Waſhington 1857, vol. X, 1839, vol. XII, i (1860). — A. Hall, Canadian Naturalist, 1861. P. 307. Cervus Alces var. 8, Ch. Hamilton— Smith, Griffith Anim. Kingd., vol. IV, p. 72 (Fig. Kopf), vol. V, p. 771, Nr. 1, 8 („var. 8“, „American black Elk“). J. B. Fiſcher, Synopsis Mammal., p. 441, 613, Nr. 1, 8 (1829). — Wagner, Schrebers Säugth., Suppl., Bd. IV, p. 342, Nr. 18 („americanus“). Cervus Alces vdr. americanus. G. v. Cu— vier, Le Regne anim., Ed. accomp. de planches, beendigt von Cuviers Schülern 1848. Planche (juv.) var. „américaine“. — Maximilian Prinz zu Wied, Verzeichnis der in Nord- amerika beob. Säugethiere, Berlin 1862, p. 217; Archiv f. Naturgeſch., 1862, Ig. XXVIII, T. BD ). 169. Alces americanus. W. Jardine, Na- turalists Library, Mammalia, vol. III, p. 125, pl. 5 (1835); deutſch bearb. von A. Diezmann, IV., Wiederkäuende Thiere, I. Th. (1837), Peſth, p. 41—48. — De Kay, Nat. Hist. of New York, Part I Zoology (1842), vol. I Mammalia, p. 113, t. 29, f. 2. — Roſs, Canad. Nat. 248 VI. (1861), p. 436—438; N. Edinburgh Journ. (1861), XIII., p. 162. —G. Jägern. E. Beſſels, Geogr. Verbreit. der Hirſche, Petermanns geogr. Mitth. 1870, p. 82. Mit Karte. — A. E. Brehm, Illuſtr. Thierleben, II. Aufl. Säugethiere, Bd. III, p. 116 (1877). — v. Martens, ©. Jäger und A. Reichenow, Handwörterbuch der Zoologie, Bd. I, 1880, p. 74. — Pagenſtecher, Allgem. Zoologie, Bd. IV (1881), p. 856 (mit Geweih— abbildung). Cervus (Alces) Orignal. L ee ee Vollſt. Naturgeſch. d. Wiederk., p. 10, Nr. 2, T. J, Fig. 3, 4, 6 (&) [1845]. — Leunis, Synopsis, Zoologie, II. Aufl. (1860), p. 164. — A. u. K. Müller, Wohnungen .. . der höheren Thier— welt (1869), p. 35. Aces Orignal. A. E. Brehm, Illuſtrirtes Thierleben, I. Aufl., Säugethiere, Bd. II (1865), P. 431. Cervus lobatus. Louis J. R. Agaſſiz, Silliman Amer. Journ. 1847, p. 436; Ann. Nat. Hist., vol. XX, p. 142; Proc. Boston Soc. Nat. Hist., vol. II (1847), p. 187. Aces Muswa. John Richardſon, On the osteology of the Tuktu (Alces Mus wa), The Zoology of the Voyage of H. M. S. Herald dur. the y. 1845—51, p. 102—114, pl. 20,21, 22, Fig. , 2, 4 [Sfeletabbildungen] (1854). Aces lobata. Fitzinger, Die Gattungen d. Hirſche, Sitzber. Akad. Wien, Bd. LXIII, I. Abth., p. 348 (1874). Krit. Unterſuch. üb. d. Arten der Hirſche, ibid., Bd. LXIX, I. Abth. (1874), p. 528. Naturgeſch. d. Säugethiere, Bd. IV, p. 99. Alce malchis. J. A. Allen, Mammalia of Massachusetts, Bull. Mus. Comp. Zool. Cam— bridge, Nr. 8, p. 193 (1869). Alce americamus. C. Hart. Merriam, The Mammals of the Adirondack Region (1884), p. 138 Alces alces var. americana. Jentink, Mus. d. Pays-Bas, tom. IX, p. 146 (1886). Für die foſſilen Funde der Art gilt noch folgende Synonymie: Alce. Hermann, Relat. de ossibus Alces Maslae detectis, Hirschberg 1729, 4° (mit Tafeln). Cervus fellinus. G. Fiſcher von Wald— heim, Bull. des nat. de Moscou, T. III (1831), P. 155. Cervus Alces fossilis. H. v. Meyer, Nov. Act. Acad. Caes. Leop., T. XVI, 1832, p. 464, und viele andere Autoren: Chriſtol, Gervais, Kaup, Cornalia, Kornhuber, Leidy, Eichwald, Al. v. Nordmann, Roger, G. Schwarze, A. Neh— ring, Ferd. Roemer 2c., deren Werke ich im Texte, ſoweit erforderlich, citieren werde. Viel— fach werden auch bei den Veröffentlichungen über paläontologiſche Funde die betreffenden Vul— gärnamen oder andere oben citierte wiſſenſchaft— liche Namen benützt. Cervus (Megalocerus) savinus. G. Fiſcher vonWaldheim,Bull.desnat.deMoscou,T.VIIL, 1834; Orxetognosie du Gouv. de Moscou, p. 117, T. IIIc, 1830—1837 = Alces savinus Rouillier, vgl. das letzte Citat bei Alces re- supinatus, wo auch das Geweih von A. savinus abgebildet iſt. Elch. Alces e Puſch, Neues Jahrb. f. Mineralog., 1840, p. 69 ff., vgl. Kaup, ibid., p. 166 ff., mit Tafel (auch Kaup, ibid. 1839, p. 168, und Karſtens Archiv f. Min., Bd. VI, 1833, p. 217). Alces resupinatus. K. Rouillier, Rap- port ann. de l’Univers. de Moscou 1842; Bull. des nat. de Moscou 1843, p. 817; ibid. 1846, p. 389; Etudes paléontologiques, G. Fischeri de Waldheim Jubilaeum semisee. Moscou 1847, Folio, p.5, T. I, Fig. 1, II, Fig. 1, III, Fig. 1, IV, Fig. 1, während jedesmal Fig. 2 dieſer Tafeln ſich auf A. savinus bezieht. Außer den angeführten Autoren haben noch Aichhorn, Baker, Belke, v. Berg, Berthold, Bog⸗ danow, Bowden, Bouillet, Brauer, Breislack, Büttner, Chabriol, Clarke, Czernay, Daſchkow, Droſte, Ermann, Friedel, Garrigou, Gebler, Georgi, Gimmerthal, S. G. Gmelin, Göppert, Grewingk, Hagemeiſter, Hallborg, Heda, Heer, Helmerſen, Hibbert, Hildebrandt, Hupel, Junker, Kawall, Keſsler, Lehmann, Le Hon, v. Linſtow, Loew, Lomatf chefsky, Marignola, Markewitſch, M., Muſton, Plath, Pöſchel, Prſchwalski, Fr. W. Radloff, Rathke, Reiſch, Ries, Ritter, Rytſch⸗ kow, Schaum, Schlözer, Schloſſer, Osc. Schmidt, Schober, Al. Schrenck, R. A. Scott, Severzow, J. A. Smith, Stricker, Tempel, Theilleux, Thompſon, Triſtram, Ulrich, Voigt, Wahlgren, v. Wrangell, Zawadski, M. Zeiller und manche andere das Elch gelegentlich erwähnt oder mehr oder weniger ausführlich behandelt. Ich werde deren auf das Elch bezügliche Schriften an der entſprechenden Stelle eitieren. Deutſche Benennungen. Ahd.: Eliogin, Elaho, Eleho, Elho, Elo für das weibliche Geſchlecht; Selo, Scelo, Schelo für das männliche. Mhd.: Elch, Elk, Echl, Achl für das weib- liche, Schelch, Schelk u. ä. für das männliche Geſchlecht. Anhd.: Elch, Elch, Elen, auch Elenn, Ellen, oder fälſchlich mit d oder f oder dt am Ende: Ellend, Hellend, Elent, Elendt, Elend. Alle dieſe Wörter werden mit dem Zuſatz Thier, Kuh o. dgl. für das weibliche, Hirſch, Ochſe (3. B. Elendt-Ochſe 1591) für das männliche Geſchlecht gebraucht. Der Name Elch und die verwandten Formen ſind im Mhd. meiſt, z. B. im Nibelungenliede, als männlich, augenblicklich meiſt als ſächlich betrachtet. Deutſche Ortsnamen, wie Ellwangen, El⸗ hingen S Alchingin bei Ulm, Schelklingen S Schelkaling oder Schaelkalingin ſind auf das Elch zurückzuführen. Die Meinung Bujads, daſs mit den Namen Elch und Schelch die ver- ſchiedenen Geſchlechter eines und desſelben Thieres bezeichnet wurden, hat ſich im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte bei allen Natur⸗ forſchern Bahn gebrochen. Da aber beſonders in den Kreiſen der Sprachforſcher noch immer die Anſicht zahlreiche Vertreter findet, daſs mit dem Namen Schelch der ausgeſtorbene Riejen- hirſch oder wo möglich ein anderes, nur der Fabel angehörendes Thier bezeichnet worden ſei, mag die folgende ausführliche Begründung der erſteren Meinung, die ich dem Herrn Ernſt Uu n von Dombrowski verdanke, hier ihre Stelle finden: „Das Elch führt im Althochdeutſchen die Namen elaho und scelo, woraus im Mittel- hochdeutſchen elch und schelch entſtand. Franz Pfeifer, Germania VI., 2, hat die Hypo⸗ theſe aufgeſtellt, elaho bezeichne den Elch, scelo dagegen den Rieſenhirſch (Cervus mega- veros). Dieſe gegenwärtig in philologiſchen Kreiſen durchwegs angenommene Behauptung iſt jedoch, abgeſehen davon, daſs der Rieſen— hirſch auch in den erſten Jahrhunderten n. Chr. nicht mehr gelebt hat, ſchon durch mehrere der unten angeführten Belegſtellen, in welchen beide Namen ſynonym aufgeführt ſind, unhaltbar. Allerdings finden ſich z. B. in der unten eitier— ten Stelle des Nibelungenliedes auch beide Namen neben einander für verſchiedene Begriffe geſetzt, doch neige ich mich diesfalls entſchieden der Anſicht Johann Newalds zu, welcher ela ho durch Elchthier, scelo durch Elch hirſch überſetzt; hiefür ſpricht namentlich auch der Umſtand, daj3 scelo (von scelan - ſchälen, beſchälen) den Zuchthengſt Beſchäler be⸗ zeichnete. — Belegſtellen: „Alx. elho.“ Weißen⸗ auer Gloſſ. d. fürſtl Lobkowitz'ſchen Biblioth. a. d. X. Jahrh. — „Tragelafus. scelo. alx elanx. eleho... Tragelafus elaho. Trage- lafı a grecis nominati eadem specie ut cervi sed uellosos habent carnes ut hirci et mento promissis hirto barbi qui circa Phasidem gignuntur.“ Darmſtädt. Gloſſ. Nr. 6 a. d. X. Jahrh. — „Alx elaho.“ Prager Gloſſ. d. fürſtl. Lobkowitz'ſchen Biblioth. a. d. XI. Jahrh. — Ebenſo die Bibl. Gloſſ. zu Engelsberg a. d. XII. Jahrh. — „Alx uel flanx. elaho.* Gloſſ. X. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 1761. — „Alx uel clanx. elho.“ Id. a. d. XI. Jahrh. no. 896. — „Tragelafus. scelo. est similis cervo uillosis armis. latis cornibus. barbam habet ut hircus. Idem hircocervus uel plato- ceros... alx. uel flanx. elho.“ Id. a. d. XII. Jahrh. no. 2400. — „. .. Interdieimus, ut nul- lus comitum aliorumve hominum in pago forestensi... cervos, ursos, capreas, apros, bestias insuper, que teutonica lingua Elo aut Schelo appelantur, venari praesumat.“ Urkunde Kaiſer Ottos I. v. 26. Nov. 943, W. Heda, Historia episcopatus Ultrajeetensis, 1642, fol. 83—84. Ahnlich ſteht es in den Ur- kunden Heinrichs II. v. J. 1006 und Conrads II v. J. 1025. „Dar nach sluog er schiere einen wisent und einen elch, starker üre viere und einen grimmen schelch.* Nibe— lungenlied, str. 945. — Vgl. a. Graff, Ahd. Sprſch. VI., p. 475. J. Grimm, Gram— matik II., p. 314, und D. Wb. III., p. 406. — Benecke und Müller, Mhd. Wb. I., p. 428 b. — Lexer, Mhd. Wb. II., p. 538. — Curtius, Griech. Etymol. I., p 102. — Zeitſchr. f. d. Philologie 408, Mas C. Grewingk, Schriften der gelehrten 10 1 ſchen Geſellſchaft, Dorpat 1867, en. 6, p. 13 k Benennungen. Engl.: Elk; angelſächſ.: Elch; in Nord— amerika: Moose, Moosedeer, Moos, Mose, Mosedeer, Mosse (daher Namen wie Mooſe Elch. 249 Hill, Mooſe River, Mooſehead Lake in Maine, Mount Mooſehillock in Vermont ꝛc.); ſchwed.: Elg, Alg, Aelg, Elg- -Hjort, Elgoxe (5), Elgko (7) und Elgkalf (juv.); in Dalekarlien Brimd. Brinne; in Jemtland Dyr; norrl.: Elk; alt- nord. : Elgr; norweg.: Ele, Elsdyr, Ellgur; altnorweg.: Yllgur; isländ.: Elgur, Elgsdyr; dän.: Elsdyr, Elsdiur; altgoth.: Eigen, Aelgen; holland. : Eland, Elanddier; altholländ.: Al. lant, Eelandt; frz.: Elan, Elan à criniere, Elant, Eland, "Elend, Elland; altfrz.: Elain, Eslam; felt.: Elch (nach Köppen), Elk (nach Fitzinger), Lon (nach Edlinger); in Canada frz.: Orignal, bei den baskiſchen Anſiedlern Orignae (aus dem baskiſchen orenac oder oreñ für Hirſch abzuleiten); ital.: Alce. Grand- Animale, Gran-Bestia (d. i. großes Thier, wie auch viele andere Völker das Elch in ihrer Sprache jo bezeichnen); ſpan.: Alce, Gran- Bestia, Elan; portug.: Gram- Besta, Alce; ungar.: Javor oder nach Bonannius Jajus, wie auch der Name in der Walachai und Türkei lauten ſoll; ruſſ.: in Europa Losz, Loss, Lossj, vielleicht von dem lettiſchen Worte loss für „gelb— braun“ abzuleiten, daher die ruſſiſchen Orts— namen: ee Loſſ'jewka, Loſſewka, Loſſenka, Loſſewskij, Loſſewo, Foſſewo e toilo, Loſſinaja⸗ Luka, Loſſinowka, Loſſewa, el, Loſſinskoje, Loſſinnaja, n Loſſ'je, Loſſenki, Loſſews— kaja, Loſſewi, Loſſenkowo ꝛc.), bei Perm Swjer' („Thier“) oder Skotina („Vieh“), bei Nijchnij- Nowgorod Builo, das halb- bis einjährige Junge Wölen, etwas älter Juman, im Ural⸗ gebirge Waljun, das zweijährige Junge Ju— schak; ruſſ. in Sibirien Sochat (von Ssocha, Haken, Gabel, Pflug), Sochäte, Ssochätgi swjer oder sweer, d. i. gegabeltes Thier; czech.: Los oder Elegen; ſlowak.: Los; illyr.: Los oder Gelin; poln.: Los; lett.: Bredis, Breedis, Boreedis; litth.: in Preußen Bredis, in Ruſs— land Briedis (wohl dem litthauiſchen Ausdruck bredie für „Schlendern“ abzuleiten) oder wie der Hirſch Elnis, am meiſten mit dem alten indogermaniſchen' Worte Alna verwandt, daneben die Elchkuh Briediene, oder, wie die Hirſchkuh, Loné; lappländ.: Sarw, Sörwa, Zorva, Sarva, am Imandra Ssyrb; finn. und karel.: Hirwi. Hirvi, Hirwo, verwandt mit Cervus ſowohl als auch mit Hirſch (nach dem finniſchen Worte ſind viele Ortsbezeichnungen gebildet, wie Hirwijärvi, Hirwasjäyri, Hirwihara, Hirwikoski, Hirsjärvi, Hirwelä, Hirwonen, Hirwone, Hir— wasjärvi, Hirwopä, Hirwenſari, Hirwiſalo, Hir— wimetſä, Hirwipuiſto ꝛc.; der Stadttheil von St. Petersburg, auf welchem die großen Aka demiegebäude liegen, Waſſilij-Oſtrow, hieß in alten Zeiten Hirwiſaari, d. i. Elchsinſel); eſthu.: Pödder; livländ.: Poddors, Pudros, Pudrs; mordwin.: Sardo, Saerda, Sjärda; tſcheremiſſ.: Schorda, Tschorda, Schörda, Tschörda; wotjak.: Köik, Koje und Ryik oder Pushej, Pusche; permjak.: Moss; ſyrjän.: Kyberda, Jöra, Lola, Los, Löss; wogul.: Schörbur, Tout; an der Tſchuſſowaja: Aless; bei Pelym: Suos; bei Werchoturje: Wassu; an der Sſoßwa: Se moerby pylli; bei Bereſow: Jenywoi, d. i. „großes Thier“; oſtjak.: Kurungwai, d. i. „hochbeiniges | Thier“, oder Pianga; ſamojed.: Juna, Peak, 250 Eid. Peäka, Peang, Peänga, Piänga; bei Tomsk: Pjangka; bei Narym: Pjaek; juraf.: Gabörta oder Chaa; am Jeniſſei: Chaaja; inbazkienſiſch: Kchäaje; bei den Bergbewohnern: Gha; coibal.: Chai; buchariſch: Chowas, Kuk; tawginziſch: Kougjae; kamaſchinziſch: Ket oder Bulän; tatar. in Sibirien, zugleich teleutiſch, kirgiſ., barab. und tſchuwaſſiſch: Bulän (daher wohl der Flujs- name Bulanfa); bajchfir.: Bulan, Blon; bei Kaſan am Ud: Buhr; mongol. und beſonders in Daurien bei den Söjoten und Burjäten im öſtlichen Sajangebirge: Chandagai, Chandaga, Chondugai, ſo das Männchen, die Kuh Indi, das Kalb Chandagai-Dsorogol; kalmückiſch: Chondugai; perſ.: Girän; gruſin.: Iremi oder Lossi; chineſ.: Han-ta-han; jacut.: Ulü-Kyll, d. i. „großes Thier“; tunguſ.: Pejyn und Tooki oder Took; burät.: Bogü; arinziſch: Okhjäischi; aſſaniſch: Altschangsch; cotoriſch: Atschansch; jukagiriſch: Ongeu; tſchuktſch.: Wopcha; tangut.: Schavaraleth; motoriſch: Hidae; pumpocoliſch: Chaju; nach L. v. Schrenck nennen die Giljaken das Elch Toch, die Man- gunen, Sſamagern und Golde unterhalb des Uſſuri To und Buju, d. i. „Thier“, die Oro— tſchonen am Meere, die Kile am Kur und die Golde oberhalb des Uſſuri Toke, Toki, ebenſo oder Bojun, Bujün die Biraren, Monjagern und anderen Orotſchonen; der Name der Ehi- winzen iſt Sugun. Die Benennungen einiger Völkerſtämme Nordamerikas ſind folgende: Algonkins Muse oder Musu (von dieſem Namen iſt der anglo— amerikaniſche Ausdruck Moosedeerzc. abgeleitet); Cree⸗Indianer Mongsoo oder Moosöä; Oji⸗ buäs Mons; Aſſiniboins Täh; Mandans Päh— chub-Ptapta; die Blackfeet Sikitisuh; Arri- karas Wah-suchärut; Mönnitarris Apatapa; die Huronen Sondareinta; die Cluches-Indianer Kistu; am Fluſſe Colomb Moluck; an der Hudſonsbai Waskesse; die Caribous Ausquoy. Namenserklärung. Der wiſſenſchaftliche Name Alce, den Cäſar zuerſt gebraucht hat, und der ſpäter zur Be— zeichnung der Gattung verwendet worden iſt (unrichtigerweiſe in Alces verändert), ſcheint, wie neuerdings auch noch Auguſt v. Edlinger (Erklärung der Tiernamen, 1886) hervorge— hoben hat, richtig von der altdeutſchen Benen— nung des Thieres abzuleiten zu ſein. Andere wollen den Namen von dem griechiſchen Worte G ⁰νν, d. i. Kraft, Stärke, abſtammen laſſen; beide ſind übrigens wahrſcheinlich auf dasſelbe indogermaniſche Wort Alna zurückzuführen. Fitzinger will Alce von dem Worte Elk her— leiten, das er für die urſprüngliche, u. zw. gal⸗ liſch⸗keltiſche Bezeichnung hält, eine Anſicht, die auch Ch. Gerard (Faune historique de Alsace, 1871, p. 294) theilt, während Edlinger Lon als alten keltiſchen Namen anführt. s Die Benennung Elen, die erſt ſpäter als die Namen Elaho und Elch in Deutſchland auftritt, iſt vielleicht auf das indogermaniſche Wort Alna oder auf die altſlaviſchen Wörter al'n' oder jelen' zurückzuführen, oder auch auf den ruſſiſchen und czechiſchen Ausdruck olen oder den polniſchen Namen jelen für Hirſch. Nach einigen Schriftſtellern, z. B. A. Wagner, ſoll Elenn von dem alten deutſchen Worte „Elend“ oder „Elent“ abſtammen und ſo viel wie Stärke bedeuten, was dem Sinne nach mit dem oben genannten griechiſchen Worte Huy überein⸗ ſtimmen würde. Dieſe Ableitung iſt jedoch des⸗ halb unwahrſcheinlich, weil die Endigung mit d, t, dt erſt ſehr ſpät in Deutſchland ſich ein⸗ gebürgert hat. Wahrſcheinlich iſt der Aber⸗ glaube, daſs das Elch an der Fallſucht, dem Elend, leidet, der von Gesner und anderen älteren Schriftſtellern verbreitet wurde, die Ur⸗ ſache der unrichtigen Veränderung des Namens Elenn. Die Ableitung einiger fremder Benen⸗ nungen habe ich ſchon oben bei der Erwähnung derſelben angedeutet. Syſtematiſche Stellung. Das Elch gehört zur Ordnung der Paar⸗ zeher (Artiodactyla), in dieſer zur Unterord⸗ nung der Wiederkäuer (Ruminantia) und innerhalb derſelben wieder zur Familie der Hirſche (Cervidae). Unter den Hirſchen nimmt das Elch eine ſehr abweichende Stellung ein, jo daſs es durchaus gerechtfertigt erſcheint, für dasſelbe eine beſondere Gattung Alce zu bilden. Die wichtigſten Kennzeichen der Gat⸗ tung ſind folgende: Der Schädel zeichnet ſich durch Höhe und Breite, beſonders zwiſchen den Augen, aus; dabei zeigt er eine ſehr kurze und breite Aus⸗ bildung der Naſenbeine, welche den Zwiſchen⸗ kiefer nicht erreichen und vorn in ihrer Mitte eine winkelige Einbuchtung machen, und beſitzt einen weit vortretenden, ſchmalen und langen Zwiſchenkiefer, wodurch es bewirkt wird, dajs der Schnauzentheil ſchmal und niedrig ſich ge- ſtaltet, und das knorpelig entwickelte Naſenrohr ſowie auch die zwiſchen Gaumen und Kinn⸗ ſymphyſe liegende Zungenrinne eine außerge⸗ wöhnliche Länge erhält. Die Naſenöffnung iſt am Schädel auffallend lang und viel größer als bei den anderen Hirſchen. Die Naſenhöhle wird in dem hinteren Theile nicht durch das Pflugſcharbein (Vomer) in zwei Kammern getheilt. Die Scheitelgegend iſt verhältnismäßig lang und wenig breit ausgebildet; die zwiſchen den Augen auffallend vertiefte Stirn iſt verkürzt und dabei erweitert, zumal beim Männchen, bei welchem ſich dieſelbe breit zwiſchen die ziemlich weit nach vorn entſpringenden Geweihe legt, die im Alter von dem Urſprunge an ſich nahezu in der Ebene der Stirne faſt horizontal direct nach außen wenden (ſ. Fig. 1 auf T. D. Die einzelne Stange des Geweihes iſt an der Baſis rund, nach dem Ende zu flach er⸗ weitert und ſchaufelartig gebildet, ferner finger⸗ förmig gefurcht und eingeſchnitten, ſowie mit zahlreichen, im Alter meiſt nur randſtändigen Zinken verſehen; das ſchaufelartige Ende iſt in den hinteren Theilen allmählich nach außen und oben gebogen. Die Backenzähne ſind ſehr breit, breiter als bei anderen Hirſchen und mit ſtärker ent⸗ wickelten Schmelzleiſten verſehen; die vorderen drei (prämolaren) Backenzähne ähneln, wie bei l der Giraffe, mehr als bei anderen Hirſchen den drei hinteren (molaren). Die acht Vorderzähne des Unterkiefers ſind unter einander ziemlich gleich an Stärke, die mittleren nur wenig ſtärker als die ſeitlichen und nicht unſymmetriſch nach der Seite zu ſchaufelartig erweitert. Eckzähne fehlen. Die Schädelbaſis iſt in den hinteren Theilen ſehr verdickt, mit ungewöhnlich ſtarkem Hinterhauptsgelenk. Die Schädelhöhle (Gehirn— höhle) iſt ziemlich weit, faſt gleichförmig cy- lindriſch, von dem Keilbein an nach hinten faſt winkelig abwärts geneigt. Die Thränengruben ſind klein wie beim Reh. Das Thränenbein ſchwillt über den Backen⸗ zähnen zu einer ſtarken Blaſe an, die ſich aber in der Art concav aushöhlt, daßs die Augen⸗ höhle dadurch nicht verengt wird. Die übrigen Knochen des Skelets ſind im allgemeinen maſſiver und kräftiger gebaut als bei anderen Hirſchen. Von den Metacarpal- knochen der Afterhufe iſt nur das untere Ende erhalten, ein Verhältnis, das Brook (Proc. Zool. Soc. 1874, p. 37, u. 1878, p. 915) zur Aufſtellung der Gruppe der Telemetacarpi veranlaſste, zu welcher auch das Renthier, Reh und die meiſten amerikaniſchen Hirſche gehören, während die anderen Cerviden mit Erhaltung der oberen Enden der Metacarpalknochen die Gruppe der Plesiometacarpi bilden. Rütimeyer (Studien J. c., p. 28 u. 414) hat nachgewieſen, dass viele der aufgezählten Schä- deleigenſchaften an diejenigen des Giraffenſchä⸗ dels ſich anlehnen, ſo daſs wir in dem Elch gewiſſermaßen die Brücke zu der Giraffe er— blicken können, die jetzt auch meiſt den Hirſchen angeſchloſſen wird. Wenngleich die Hornbildung beim Elch und der Giraffe eine ganz verſchie— dene iſt und beſonders auch in der Länge des Halſes ein auffallender Unterſchied beſteht, ſo zei en ſich doch wieder gewiſſe Ähnlichkeiten im äußeren Bau des Körpers. Beſonders mag hier auf die bedeutende Höhe desſelben bei geringerer Längenausdehnung und auf die relativ ſtarke Ausbildung der Vorderbeine mit Erhebung des Körpers nach vorn, die bedeutende Höhe des Widerriſtes, hingewieſen werden. Im übrigen iſt der Körper des Elches als plump, kurz und ziemlich gedrungen zu bezeichnen; die Beine ſind hoch und kräftig und plumper als bei den anderen Hirſchen, der Hals ziemlich kurz und dick. Die vorne ab— ſchüſſige Naſe iſt wie beim Renthier dicht be— haart, die Oberlippe ſehr groß, faſt viereckig, über die Unterlippe vorragend, durch ſtarke Mus- culatur zu einem beſonderen Greiforgan umge— ſtaltet und vorne tief gefurcht; nur ein kleines nacktes ſchwieliges Naſenfeld findet ſich vor den Naſenlöchern mitten über der behaarten Ober— lippe, eine kleine Abweichung vom Renthier, die gewiſſermaßen den Übergang zu den übrigen nackt— naſigen Hirſchen andeutet. Stirn breit, in der Mitte vertieft. Die Augen von der Schnauzenſpitze weit entfernt. Die Ohren ſind breit und mäßig lang. Lange, dichtſtehende Barthaare finden ſich an der Kehle beim Männchen ſowohl, wie auch in geringerem Grade und ohne vorragenden Fleiſch— Elch. 251 ſack beim Weibchen, ebenſo bei beiden Ge— ſchlechtern zwei ſtark hervortretende Haar— büſchel (Haarbürſten) an jedem Hinterlauf, einer innen an der Ferſe und ein zweiter außen über der Mitte des Metatarsus. Schwanz kurz. — Durch alle dieſe Merkmale zeigt ſich das Elch merklich von allen anderen lebenden Ver⸗ tretern der Familie der Hirſche unterſchieden. Auch unter den ausgeſtorbenen Formen von Hirſchen ſteht keine dem Elche nahe, am nächſten noch, wie es ſcheint, von den europäi⸗ ſchen der Rieſenhirſch (Cervus eurycerus), der als eine Zwiſchenform zwiſchen Elen und Hir⸗ ſchen angeſehen werden kann, ſich aber ſelbſt in der Bildung des Geweihes und Schädels ſehr weſentlich von ihm unterſcheidet. Genauere Vergleiche derſelben hat z. B. Goldfuß (Nov. Act., vol. X, 1831, p. 455) angeſtellt. Neuer⸗ dings hat W. B. Scott (Cervalces americanus, a fossil Moose, or Elk from the Quaternary of New Jersey: Proc. Acad. Nat. Se., Phila⸗ delphia 1885, p. 182—190) verichiedene Foſſil⸗ funde von New-Jerſey in Nordamerika zu einer bejonderen Gattung Cervalces geſtellt, in welcher er einen Übergang zwiſchen den echten Elchen und den übrigen Hirſchen erblickt. Die ſyſtematiſche Stellung des nach einem im Pariſer Muſeum befindlichen, angeblich aus Amerika ſtammenden ſehr kleinen elchähnlichen Geweih beſchriebenen Cervus coronatus Geoffroy Msept. (Alces lobata, coronata Fitzinger I. e., p. 332) iſt noch nicht vollſtändig aufgeklärt. Vielleicht handelt es ſich bei dieſem Stücke um eine einfache Miſsbildung des Geweihes eines kleinen Hirſches oder Rehes. Die einzelne Stange iſt kaum 1 Fuß lang, beinahe ſtiellos, ſchon vom Roſenſtock an ſchaufelförmig ausgebreitet und von ſchwärzlicher Färbung. Die Schaufel iſt einfach, dünn, ſehr glatt, ſchwach ausgehöhlt und hat 16 Enden. Die Stangen ſtehen nur etwa 1 Zoll auseinander und mehr nach vorne und innen als beim Elche. Die Arten der Gattung. Nach den ſehr ſorgfältigen Unterſuchungen J. F. Brandts (Beiträge zur Naturgeſchichte des Elens, Mém. Acad. Saint-Pétersbourg, VII. Serie, tom. XVI, Nr. 3, p. 1-84, 1870, 4°, mit 3 Tafeln Geweihabbildungen), denen mit ſtichhaltigen Gründen bisher von keiner Seite widerſprochen iſt, dürfen wir an— nehmen, dajs die Elche der alten und der neuen Welt und auch alle Foſſilfunde von Reſten eigentlicher Elche (mit Ausnahme des oben er— wähnten noch zweifelhaften Cervus coronatus) zu einer und derſelben Art gehören. Dais Puſch' auf foſſile Reſte, zwei alte Geweihe und einen jugendlichen Schädel aus Polen, begründete Art Alces leptocephalus (dünnköpfig, ſchmalſtirnig) ſich von der durch H. v. Meyer beſchriebenen foſſilen Elchform nicht unterſcheidet, haben ſchon bald nachher Kaup und ſpäter Eichwald u. a. nachgewieſen. G. Fiſcher von Waldheims Cervus fellinus, nach dem Fundorte Fellin in Livland benannt, gründet ſich auf eine einzelne etwas abweichende jugendliche Geweihſtange; desſelben Forſchers 252 Eid. Cervus (Megaloceros) savinus auf einen alten Schädel, der auf einem Savin'ſchen Gute im Gouvernement Moskau gefunden war; ich hatte Gelegenheit, dieſen rieſigen Schädel mit großem Geweih im Jahre 1884 wohlerhalten im zoo⸗ logiſchen Muſeum der Univerſität Moskau zu ſehen. Rouilliers Cervus resupinatus iſt nach einem ſubfoſſilen Schädel nebſt Geweih von einem jüngeren Individuum beſchrieben. Die Zugehörigkeit aller dieſer Formen zu Cervus Alces fossilis H. v. Meyer hatte ſchon Eichwald behauptet; ebenſo A. v. Nordmann, der übrigens nach paläontologiſchen Funden in Südruſsland die Möglichkeit einer anderen abweichenden aus— geſtorbenen Form annahm. Die meiſten Foſſil⸗ reſte ſcheinen in der Größe die Knochen und Geweihe der lebenden Individuen zu über— treffen. In dieſem Sinne ſprach ſich z. B. Nilſſon (Skandinavisk Fauna, II. Aufl., T. I, p. 490) aus und neuerdings A. A. Inoſtranzeff nach den Funden am Ladogaſee (deutſch bearbeitet von L. Stieda, Ruſſ. Revue von Röttger, 1883, b. 101), während andererſeits Wahlgren 1871 Über die Größe des Elenns und des Hirſches ſonſt und jetzt) glaubte nachweiſen zu können, dajs die in Torfmooren gefundenen Reſte im allgemeinen auf kleinere Individuen als die in Dalecarlien lebenden Elche ſchließen laſſen. Die weſentliche Übereinſtimmung aller altweltlichen Foſſilreſte mit der lebenden Art Europas und Aſiens hat dann J. F. Brandt (I. c. p. 2129) 1870 ſchlagend nachgewieſen. — Derſelbe Forſcher hat auch in derſelben Abhandlung (J. c. p. 31 bis 39) die eingehendſten Unterſuchungen „Über die Identität des europäiſch-aſiatiſchen und ameri— kaniſchen Elens“ angeſtellt, welche von Linns, Buffon, Wangenheim, Cuvier, Brandt und Ratze— burd, De Kay, J. E. Gray, Gervais u. a. be- jaht, von Wagner, Altum u. a. vermuthet, von Richardſon, H. Smith, Wiegmann, Cuvier, Geoffroy u. a. dagegen angezweifelt und endlich von Schreber, Fiſcher, Jardine, Roſs, Sp. Baird, A. E. Brehm, Agaſſiz, Fitzinger und neuerdings von Merriam und Jentink verneint worden iſt. Die letzterwähnten Forſcher haben theilweiſe nur eine Varietät oder Raſſe für die neuweltlichen Individuen unterſchieden, theil— weiſe aber auch, wie zuerſt Jardine (nicht Richardſon), die Berechtigung eines beſonderen Artnamens Cervus s. Alces americanus Jardine S. Muswa Richardson s. Orignal Reichen- bach s. lobatus Agassiz angenommen. J. F. Brandt hat aber in Übereinſtimmung mit vielen früheren und ſpäteren Forſchern überzeugend dargethan, daſs alle angeführten Unterſchiede nicht ſtichhaltig find, und daſs die einzigen vielleicht aufzuſtellenden Unterſchiede für die Unterſcheidung einer beſonderen Art nicht aus— reichen. Auch Caton, der ſowohl in Norwegen (A summer in Norway, American Naturalist 1876, p. 39) als auch in Nordamerika (Die Hirſche Amerikas. Transactions Ottawa Acad. of Nat. Sciences, May 1868; Silliman Am. Journ. 48, p. 144) Gelegenheit hatte, Elche zu beob— achten und zu unterſuchen, hat ſich 1877 für die Identität beider Formen ausgeſprochen (The Antilopes and Deer of America, New- York 1877, mit vielen Holzſchnitten). Beſchreibung der Art. Die Größe iſt ungefähr entſprechend der⸗ jenigen eines mäßig großen Kameels oder eines ſtarken Pferdes. Han : Gebifs. Zahnformel i 4 6 5 0 3 3 3.3.0 0% Te . oder 3.3 0 a2 052 Von den nur im Unterkiefer vorhandenen 8 (jederſeits 4) Vorderzähnen (i) ſind im ausgebildeten Ge- biſs allein die mittleren nur wenig nach vorne ſchaufelförmig erweitert; die Erweiterung jedes einzelnen Zahnes iſt eine ſymmetriſche. Eckzähne (e) fehlen. Backenzähne jederſeits oben und unten 6, ſehr geradlinig geſtellt, un⸗ gewöhnlich breit und groß ſowie durch ſtark vorſpringende Kanten an den Seiten ausge⸗ zeichnet. Von denſelben ſind die drei vorderen, dem Zahnwechſel unterworfenen, prämolaren Backenzähne (p) in ihrem Bau einfacher ge⸗ ſtaltet und nur mit einer oder gar keiner regel⸗ mäßigen Schmelzeinſtülpung verſehen; immer⸗ hin zeichnen dieſelben ſich im Vergleich zu an⸗ deren Hirſcharten durch ihre compliciertere, den hinteren Backenzähnen ähnlichere Bildung aus, worauf noch neuerdings M. Schloſſer (Zool. Anz. 1883, p. 685) hingewieſen hat. Im Ober⸗ kiefer erſcheinen die 3 Prämolaren in ihrem Baue faſt wie die Hälften der dahinter befind- lichen 3 Molaren und nehmen von vorn nach hinten an Größe zu, wobei der vorderſte un— gefähr die Größe des letzten Prämolaren des Unterkiefers beſitzt; die 3 Molaren zeichnen ſich durch je zwei tiefe, ſichelförmige, nach innen convexe Schmelzeinſtülpungen aus, zwiſchen denen nur der letzte auf ſeiner Innenſeite einen kleinen Zapfen, die beiden anderen meiſt nur Spuren eines ſolchen beſitzen. Im Unterkiefer iſt der vorderſte Molarzahn (ps) verhältnis⸗ mäßig klein, der folgende (pe) größer, der dritte (p.) trotz ſeiner noch einfachen Schmelz⸗ faltenbildung faſt ſo groß als die beiden vor⸗ derſten, ſich unmittelbar daran reihenden Mo⸗ larzähne (m, und m.), welche zwei regelmäßige ſichelförmige, nach außen convexe Schmelzein⸗ ſtülpungen beſitzen, während der letzte Molar- zahn (mz) wie bei den übrigen Hirſchen noch eine beſondere Schmelzfalte am hinteren Ende zeigt und daher in die Länge ausgedehnt er⸗ ſcheint; alle drei Molarzähne haben zwiſchen den Schmelzfalten auf der Außenſeite verhält⸗ nismäßig ſtarke Zäpfchen, der letzte 2, die anderen und mit ihnen ausnahmsweiſe auch wohl der letzte Prämolarzahn je 1 Zapfen. (Vgl. Taf. III, Fig. 2 u. 2. Andere Abbildungen des Gebiſſes findet man z. B. bei Nordmann, Pa⸗ läontologie Südruſslands, 1839, p. 217— 226.) ö 0 0 3 [a7 1 a [a4 1 — — Im Milchgebiſs (Formel! 1 9 Das 90 ) 5 oder 3. 0 . 3) ſind die mittleren Schneidezähne mehr unregelmäßig und un⸗ ſymmetriſch geſtaltet und mehr, ähnlich wie bei den anderen Hirſchen, ſchaufelförmig erweitert; die Backenzähne ſind locker gebaut, mit weiter Trennung der vorderen und hinteren Zahnhälfte, faſt ohne innere Faltung. r 2 — Br Der Gaumen hat 16—18 in der Mitte getheilte, hinten gefranste Querfalten. Der Kopf iſt von häſslicher Form, dick und groß, langgeſtreckt, länger als der Hals. Die Lippen ſind ſeitlich mit kegelförmigen hor— nigen Warzen und Drüſen bedeckt. Die derbe, knorpelartige und muskulöſe Oberlippe iſt in der Mitte gefurcht, abgerundet viereckig, über die Unterlippe hinausragend. Die Schnauze lang und nach vorne aufgetrieben erweitert. Naſenrücken gerade. Naſe behaart und nur in der Mitte über der Oberlippe wit einer kleinen nackten Stelle ohne Drüſen. Die ziemlich kleinen Augen haben eine längliche horizontal geſtellte Pupille; Iris ſchwarzbraun. Das Ohr iſt mäßig lang, eirund, breit, zugeſpitzt, dicht behaart; kürzer als die Hälfte der Kopfeslänge. An der Kehle ein derbhaariger dunkler Bart, der ſich in einem Haarſtreifen über den Vorderhals fortſetzt. Dieſer Bart iſt beim alten Männchen ſehr lang und an einem herabhängenden Haut⸗ ſack (Wamme) befeſtigt. Eine der Länge nach getheilte, aufrichtbare Mähne von derben, län— geren, bis zu 20 em langen Haaren zieht vom Genick über den Hals bis auf den Rücken, hier allmählich endigend. Der Hals iſt kurz und dick und gerade vorgeſtreckt. Rücken wenig ge— bogen, aber abſchüſſig nach hinten. Die Schultern, der Widerriſt, höher als der Hinterkörper. Vier Zitzen an den Weichen. Der Schwanz iſt ſehr kurz, erreicht etwa den vierten Theil der Ohrlänge und iſt unterwärts nackt, ſonſt nur mit kurzen Haaren bedeckt. Die Beine ſind auf— fallend hoch und kräftig, die Hinterbeine mit ſtarken Haarbüſcheln innen an der Ferſe und außen über der Mitte des Mittelfußknochens. Die Zehen ſind tief geſpalten, mit zwei ziemlich ſchlanken, ſchmalen, geraden, braunſchwarzen Hufen verſehen, die durch eine ausdehnbare Bindehaut vereinigt ſind. Klauendrüſen vor— handen. Die beiden Afterhufe ſind länglich und abgerundet und jo dicht am Ballen, dafs fie unter Umſtänden den Boden beim Laufen leicht berühren können und infolge des Anſchlagens an den Ballen ein klapperndes Geräuſch her— vorbringen ſollen, das ſog. „Schellen“, das aber vielleicht wie beim Renthier durch das Knacken der Fußgelenke entſteht (Lichterfeld, Thierbilder, p. 276), oder auch von andern durch Springen der Sehnen erklärt worden iſt. Behaarung: Das Unterhaar, Wollhaar, iſt ziemlich kurz und fein, das Oberhaar beſteht aus etwas derberen, dickeren, gekerbten, etwas brüchigen und wellig gedrehten Grannen. Die Behaarung am Bauche iſt von hinten nach vorne gerichtet; diejenige an den Gliedmaßen iſt kürzer als am übrigen Körper. Das Unterhaar iſt braungrau, das Oberhaar roſtgrau bis röthlichbraun, weißlich und ſchwarz gemiſcht, an der Baſis grau. Der Schwanz iſt oben und an der Spitze ſchwarz— braun, an den Seiten bis unterwärts weißlich behaart. Die Färbung und Länge des Haares wechſelt mit den Jahreszeiten und iſt im Winter im allgemeinen etwas heller und länger, im Sommer dunkler und kürzer. Das dunklere Sommerkleid, das im April und Mai all— mählich angenommen wird, iſt an der Mähne des Nackens, der Kehle und des Vorderhalſes Elch. 233 ſowie an den Kopfſeiten ſchwarzbraun, auf der Unterſeite und an der Innenſeite der Beine weiß⸗ lich-aſchgrau, an der Innenſeite der Ohren und an den Augenringen aſchgrau, am Maul bis über die Naſenlöcher gelblichgrau bis grau, am übrigen Körper röthlichbraun und an der Stirn röthlich. Anfangs Juli beginnt nach Altum (Forſt⸗ zoologie I., p. 197) der herbſtliche Haar- wechſel und damit die Farbenänderung, welcher Wechſel, von den Seiten nach oben fortſchrei— tend, erſt im September auf dem Rücken voll- endet iſt. Dieſe lange Dauer des herbſtlichen Haarwechſels hat wohl zu der Meinung Veran- laſſung gegeben, als ob das Elch außer im Frühjahr und Herbſt noch einen dritten Haar— wechſel im Sommer zeige. Das Winterkleid iſt wenigſteus bei den Eichen der alten Welt etwas heller graubraun und durchwegs mehr mit Grau gemiſcht. Die Mähne des Nackens iſt weißlich—⸗ grau und endigt in braune Spitzen. Ganz junge Thiere ſind einfarbig roth— braun, ohne Spur einer fleckenartigen Zeich— nung. Das Durchſchnittsgewicht der Elche beträgt 300 —400 kg; ſehr alte Hirſche, beſon— ders amerikaniſche, können 500 —600 kg ſchwer werden. Pennant führt als größtes Gewicht 1229 Pfund an. Im Folgenden gebe ich die Maße eines mittelgroßen Individuums; die Länge des Leibes beträgt 290 em, des Kopfes 70 em, des Schwan— zes 6˙85 cm, des Ohres 28 em, des Unter— armes 47 em, des Vorderfußes von der Hand— wurzel an 67˙3 em, des Schienbeines 50°5 cm, des Hinterfußes von der Ferſe an 77 em. Die Höhe beträgt am Widerriſt etwa 190 (bei alten Hirſchen bis zu 250) em, hinten am Kreuz nicht unbeträchtlich weniger. Die äußerſten Spitzen der beiden zuſammengehörenden Geweihſtangen ſtehen bei einigen mittelſtarken Stücken des Braun— ſchweiger Muſeums (einem Sechsender und einem ungeraden Achtender) 80, bezw. 90 em von einander entfernt. Bei größeren Geweihen kann dieſe Entfernung zunehmen, doch nicht in dem gleichen Verhältnis wie die größere Zahl der Enden, was ſich aus der Entwicklung des Ge— weihes ergibt. Der zu dem obenerwähnten Sechs— endergeweih gehörende männliche Schädel des Braunſchweiger Muſeums zeigt noch folgende wichtigere Maße: Entfernung der Roſen, alſo der äußeren Roſenſtockenden auf der oberen Fläche des Schädels (der Stirn) gemeſſen 18°5 cm. Größte Länge des Oberſchädels vom Hinter— hauptbein bis zu der vorderen Spitze des Zwiſchenkiefers 57 em. Länge der Naſenbeine 10°6 em; größte Breite des Naſenbeinpaares in den hinteren Theilen 7'1 cm. Die Entfer— nung der vorderen Spitzen der Naſenbeine von der vorderen Spitze des Zwiſchenkiefers 23°8 cm. Größte Breite des Schädels an den Augen höhlen 23 cm, an den Jochbögen 20˙6 cm. Ge— ringſte Breite des Schädels zwiſchen den Augen und den Roſenſtöcken 18˙3 em. Baſilarlänge 49˙5 em, d. h. die Entfernung des vorderen Randes des Hinterhauptsloches von der Spitze der Zwiſchenkiefer. Geringſte Breite des Gehirn ſchädels dicht hinter den Roſenſtöcken 10˙ cm, * Bu 254 Elch. Entfernung des hinteren Gaumenrandes von der Spitze des Zwiſchenkiefers 32 cm. Länge der ganzen oberen Backenzahnreihe 14°5 cm. Entfernung der Backenzahnreihen von einander am letzten Backenzahn (mz) 9˙3 em, am vor⸗ derſten Backenzahn (pz) 6 em. Größter Quer⸗ durchmeſſer von m, 3056 em, von pz 2˙2 em. An einem alten weiblichen Schädel des Braunſchweiger Muſeums meſſe ich die größte Länge des Oberſchädels (wie oben) 48 em, die Länge der Naſenbeine 8˙1, bezw. 84 em, größte Breite derſelben zuſammen hinten 61 cm, die Entfernung der vorderen Spitzen der Naſen— beine von der vorderen Spitze des Zwiſchen— kiefers 19°6, bezw. 19˙8 em, die größte Breite des Schädels an den Augenhöhlen ca. 17˙5 em, an den Jochbögen 17˙0 em, die Baſilarlänge 433 em, die Entfernung des hinteren Gaumenrandes von der Spitze des Zwiſchenkiefers 28°7 em, die Breite des Gehirnſchädels in dem hinteren ſchmalſten Theile der Stirnbeine 9˙ cm, die Länge der ganzen oberen Backenzahnreihen 14˙6 em, die Entfernung derſelben von einander hinten 7˙2 em, vorn 3˙9 em, den größten Quer- durchmeſſer von m, 2˙95 em, von p, 2˙J cm. Am Unterkiefer zeigt das weibliche Individuum folgende Größenverhältniſſe: ganze Länge des— ſelben von der Spitze der Kronenfortſätze bis zur vorderen Spitze der Schneidezähne 44 cm, Condylarlänge von der Mitte der Gelenkfläche bis zum Vorderrande der Alveole des erſten Schneidezahns derſelben Seite 39 em; ganze Länge der Backenzahnreihen 15˙6 em, größter | Querdurchmeſſer von m, 2:15 cm, größter Quer- durchmeſſer von pz 1˙33 em. Genaue Meſſungen an zwei canadiſchen Individuen führte z. B. A. Hall aus (Can. Nat. 1861, p. 307). Im allgemeinen ſcheinen nicht nur die amerikaniſchen, ſondern auch die in Sibirien lebenden Elche größer als die oſtpreußiſchen und ſkandinaviſchen zu werden; die ojtpreußi- ſchen, beſonders diejenigen des Ibenhorſter Forſtes ſollen wiederum größer ſein als die der Oſtſeeprovinzen. Gute oder doch ziemlich gute Abbildungen des ganzen Thieres findet man bei Pen— nant, Thiergeſchichte der nördl. Polarländer, überj. v. Zimmermann, Th. I, p. 20 (1787); Pallas, Zoographia rosso-asiat. I., p. 201, T. 14 (1811); Brandt und Ratzeburg, Medic. Zoologie I., T. V (1829); Schreber, Säug— thiere, T. 246 A, C, D; Jardine, Naturalists | Library, Mammalia, vol. III, T. 5 (1835), p. 123 bis 132; Graf Krockow, Leipziger Illuſtrirte Zeitg., Nr. 1140 vom 6. Mai 1865; Landois, Weſtfalens Thierleben, Säugethiere, 1883, p. 34; A. Goldfuß, Atlas, T. 260 (1832); Wiegmann, Abbildgn., gez. v. Bürde, Lief. II (1831); Jean Bungartz, Die jagdbaren Thiere Europas (1886), T. 2; A. E. Brehm, Illuſtr. Thierleben, 1. Aufl. (1865), II. Bd., p. 424, 2. Aufl., III. Bd., p. 116 (1877); Fr. Cuvier und Geoffroy, Mammiferes, vol. II, Fasc. 34 und 39 (1819—1835). In den öffentlichen und privaten Gemälde- gallerien ſieht man bisweilen (allerdings nicht häufig) gute Olgemälde von Elchen. Be⸗ merkenswert iſt ein Bild von Löſchin von 1836, ein Gemälde im Beſitze des Freihern Rich. v. König⸗Warthauſen und einige andere. Neuer⸗ dings hat u. a. Richard Frieſe Elche mit Erfolg gemalt. Abbildungen des Kopfes, bezw. Vor⸗ derkörpers mit Geweihen lieferten: Audu⸗ bon und Bachmann, Quadrupeds of North- America, Pl. LXXVI (1851); Ham. Smith, Griffith Anim. Kingdom, vol. IV, p. 72; A. Nehring, Zoologiſche Sammlung der königl. landwirtſchaftl. Hochſchule in Berlin, Katalog der Säugethiere, 1886, p. 96 (5), u. a. Abbildungen des Geweihes gaben: R. v. Dombrowski, Geweihbildung (1884), T. XXVXIV und XXXV; Schreber, Säug⸗ thiere, T. 246; G. Cuvier, Ossemens foss., 4. Ed., Pl. 165 (1836); Buffon, Hist. Nat. des Quadrupeds, vol. XII, (1764) T. 8 und 9; Altum, Geweihbildung des Elchhirſches, Ber⸗ lin 1875, 3°; Brandt, Beiträge z. Natur⸗ geſchichte d. Elens (1870), mit 3 Tafeln; Fr. Cuvier und Geoffroy, Mammiferes, vol. II, Fasc. 34 und 39 (1819—1835); J. H. Blaſius, Wirbelthiere Deutſchlands, Säugethiere, 1857, p. 434, u. a. Foſſile Geweihe ſind von Gold fuß, H. v. Meyer, Puſch, Rouillier, Kaup u.a. dar⸗ geſtellt. Anatomie. Skeletbau. Die Eigenthümlichkeiten des Schädels und des Gebiſſes ſind ſchon bei der Kennzeichnung der Gattung und der Beſchrei⸗ bung der Art aufgeführt. Gute Schädelabbildungen findet man bei G. Cuvier (Ossemens foss., 4. Ed., Pl. 466, Fig. 49), Regne anim. avec planches; Gold⸗ fuß, Nov. Act. X, 1831, p. 455; G. Fiſcher (Oryetogn.de Moscou); Rouillier (G. Fischeri Jubilaeum semiseculare); Cuvier (Regne anim. accomp. d. planches) u. a. Auch das übrige Skelet zeigt einige be- ſondere Eigenſchaften: die Halswirbel ſind kurz und tragen lange und ſtark nach vorn geneigte Dornfortſätze und wenig entwickelte Querfort⸗ ſätze. Von den Bruſtwirbeln iſt es der 11., an dem ſich das Zwerchfell befeſtigt. Die Dornfort⸗ ſätze ſind an denſelben anfangs noch ſehr lang, verkürzen ſich dann aber ſchnell bis zu den Lendenwirbeln, auf denen ſie niedriger als bei den anderen Hirſchen ſind. Das Becken iſt auffallend klein, die Knochen desſelben kurz und breit. Die Rippen ſind wenig gebogen, die vor⸗ deren in der unteren Hälfte ſehr breit. a Die Knochen der Beine ſind auffallend lang und ſtark, die Ulna vom Radius getrennt und vollkommen ausgebildet; die Fibula fehlt. Die Metacarpalknochen der Afterklauen ſind mit ihrem unteren (Diſtal-) Ende erhalten, wie beim Renthier, Reh, Moſchusthier, Hydropotes, Cariacus, Coaſſus und Pudu (Brook, Proe. Zool. Soc. 1874, p. 37, wo dieſes Verhältnis durch gute Holzſchnitte veranſchaulicht iſt). Skeletabbildungen finden ſich bei Pander und D'Alton, Skelette der Wieder⸗ käuer, T. IV; Richardſon (On the osteology ' of the Tuktu, Pl. 20 — 22). SEN er Erst? a Elch. Die Skelette des Elches ſind in den mittel— und weſteuropäiſchen Muſeen noch verhältnis— mäßig ſelten; im Oſten und beſonders in Ruſs⸗ land findet man ſie zahlreicher, ſo z. B. ſah ich 1884 in dem zootomiſchen Cabinet der Univerſität zu Kiew nicht weniger als 4 (zwei männliche und zwei weibliche), die wohl noch von der Wilnaer Univerſitätsſammlung her— ſtammen mögen. Auch die zootomiſchen Cabi— nete zu Warſchau und Moskau beſaßen 1884 Elchſkelette; erſtere ein ſolches neben einem großen foſſilen Elchgeweih. Von der Anatomie der Weichtheile iſt Folgendes hervorzuheben: Die Oberlippe be— ſitzt außerordentlich kräftig entwickelte Muskeln. Der Darmcanal iſt dem des Rindes ähnlich. Der Magen beſteht, wie bei den meiſten Wieder— käuern, aus vier Abtheilungen; der erſte und größte Magen, Wanſt, Panſen (rumen), iſt zum Theil durch ein Häutchen verſchloſſen; oberhalb und rechts von demſelben liegt der kleine Netz— magen oder die Haube (reticulum), dahinter der kleine mit blattartigen Vorſprüngen auf der Innenſeite verſehene Blättermagen, Löſer, Buch oder Pſalter (omasus), und am meiſten nach hinten der eigentliche Magen, Fett- oder Lab— magen (abomasus). Wie bei den Boviden finden ſich oft Haarballen im Magen. Merkwürdiger— weiſe iſt der Dünndarm bei ſeinem Übergange in den Dickdarm faſt noch einmal ſo dick als der Anfang des letzteren; der hier befindliche Blind— darm iſt kurz und dick, etwa 13 Zoll lang und 5 Zoll breit. Die Leber iſt ſehr ſtark, etwa 12 Zoll lang und 7 Zoll breit, abgeplattet und ungelappt. Eine Gallenblaſe fehlt. Die Lunge iſt mehrlappig. Perrault fand jederſeits drei Lappen und in der Mitte noch einen ſiebenten; Pallas zählte nur vier Lungenlappen. Die Zirbeldrüſe iſt verhältnismäßig ſehr groß, etwa % Zoll lang. Das Gehirn iſt verhältnismäßig klein, etwa 4½ Zoll lang und 3½ Zoll breit; die Wurzeln der Geruchsnerven ſind etwa Zoll dick, mithin ſehr ſtark, ſtärker als bei anderen verwandten Säugethieren. Die erſten Abbildungen von Weichtheilen des Elches (Herz, Blinddarm u. ſ. w.) gab noch im XVII. Jahrhundert Perrault (I. c., Abh. zur Naturgeſchichte, deutſche Ausgabe, Bd. J, p. 207, T. 27). Auch Pallas (Zoographia J. c.), Gilibert (Indagatores naturae, Vilnae 1781, p. 66) und Brandt und Ratzeburg (Medic. Zoologie J. c.) haben eigene Unterſuchungen über die Anatomie der Weichtheile des Elches ver— öffentlicht. Neuerdings haben Watſon und Moung (Journ. of the Linn. Soc. XIV., 1878, P. 371—390) beſonders die Verdauungsorgane, die Geſchlechtstheile und die Muskulatur behan— delt und dabei die Zunge, die Wangenpapillen, den Magen, die Leber, den Kehlkopf und die männlichen Geſchlechtsorgane in Abbildungen dargeſtellt. Varietäten des Elchs. Wenn es zweckmäßig ſein ſollte, die amerika— niſchen Elche von den altweltlichen abzutrennen, ſo würden dieſelben, wie ſchon oben auseinander— geſetzt, höchſtens als eine Varietät Alce palmata var, americana zu bezeichnen ſein. Als Cha— 2 22 255 rakter dieſer Form würde vielleicht die dunklere ſchwarzbraune oder rothbraune oder beinahe ſchwarze Färbung des Haarkleides, die mehr hutpilzartige Form des nackten Naſenfeldes ſowie die Neigung zu einer tieferen Theilung der Sproſſen und beſonders zu einer ſchärferen Trennung zwiſchen dem Augenſproſſen und dem Hautſproſſen des Geweihes nebſt im ganzen kräftigerer Ausbildung derſelben aufzuführen ſein. Auch ſcheinen die amerikaniſchen Indi⸗ viduen durchſchnittlich eine bedeutendere Größe des Körpers und des Geweihes zu erreichen, und der herabhängende Kehlbart ſcheint ſich nach Prinz Maximilian zu Wied (Verzeichnis der auf ſeiner Reiſe in Nordamerika beobachteten | Säugethiere, Berlin 1862, p. 217; Archiv f. Naturgeſch., Ig. XXVIII, 1862, I. Bd., p. 169) etwas verſchieden zu verhalten. Wenn Jardine und Fitzinger recht haben, die die Winterfärbung der amerikaniſchen Elche als die dunkle, die Sommerfärbung als die helle hinſtellen, ſo würde hierin ein bedeutendes Kennzeichen der Varietät liegen. Richardſon will auch geringe Skeletunterſchiede haben nach— weiſen können. Desmareſt hat eine ſchwarze Abart (var. nigra) beſchrieben (Mammalia, p. 431). Fitzinger (J. c. p. 526) erwähnt, daſs Al— binismen vorkommen, jo daſs auch eine weiße Abart (var. alba) unterſchieden werden könnte. Die Geſchlechtsunterſchiede ſind von einem gewiſſen Alter an ſehr bedeutend. Das Männchen allein trägt ein Geweih, das Weib— chen nicht, höchſtens in ganz ausnahmsweiſen Fällen krankhafter Entwicklung. (Edward R. Alſton empfieng von Dreſſer die Mittheilung, daſs derſelbe in Neu-Braunſchweig einmal eine Elchkuh friſch im Fleiſche unterſuchen konnte, die ein gabelförmiges Geweih trug. Proc. Zool. Soc. 1879, p. 298.) Das Männchen iſt größer (vgl. die oben gegebenen Maße eines männlichen und eines weiblichen Schädels) und plumper; die Mähne iſt ſtärker beim Männchen als beim Weibchen. Erſteres erhält im dritten Lebens— jahre einen langbehaarten Auswuchs (häutigen Kehlbeutel, Wamme) an der Kehle, der im hohen Alter wieder einſchrumpft und der dem Weibchen fehlt oder höchſtens im Alter in ge— ringer Entwicklung wächst. Die Kehlmähne des Weibchens iſt weniger lang und tiefer geſtellt. Das Weibchen hat längere, ſchmälere Hufe ſowie kürzere und weniger nach auswärts ge— richtete Afterklauen; ſein geweihloſer Kopf hat eine gewiſſe Ahnlichkeit mit dem eines Maul thieres oder gar eines Eſels. Im Winterkleide unterſcheidet ſich das weibliche Elch vom Elch hirſche durch einen ſenkrecht geſtellten ſchmalen Streifen unter dem Feigenblatte. Altersunterſchied und Altersbeſtim— mung. Wie bei den übrigen Hirſchen wird auch bei dem Elch das Gebiſs und beſonders der Zahnwechſel in der erſten Lebensperiode die ſchärfſten Altersunterſchiede darbieten und am beſten zum Beſtimmen des Alters in den erſten Lebensjahren zu verwenden ſein. H. Nitſche hat ſich der Mühe unterzogen, in dem jährlich er— ſcheinenden Deutſchen Forſt- und Jagdkalender überſichtliche und ſehr brauchbare Tabellen zum Beſtimmen des Alters nach dem Zahnwechſel beim Roth-, Dam⸗ und Rehwilde zu geben. Leider gibt es für das Elchwild bis jetzt keine ſolchen Tabellen; ja es ſcheint ſogar, dass der Zahnwechſel des Elches bis jetzt noch nicht näher erforſcht iſt. Prof. Roſenberg in Dorpat zeigte mir 1884 im vergleichend-anatomiſchen Inſtitut der Univerſität zu Dorpat eine Reihe von 15 Elchſchädeln, die er zum Zwecke ana- tomiſcher Vergleichungen geſammelt hatte, eine Reihe, wie ich ſie noch nicht anderwärts vereinigt gefunden habe; ich glaube aber, daſs die Er— gebniſſe der diesbezüglichen Unterſuchungen noch nicht veröffentlicht worden ſind. 236 Elch. Nitſche (J. c.) ſpricht die Vermuthung aus, daſs „die Reihen- folge des Zahnwechſels auch bei Elch und Ren die gleiche ſein dürfte“ wie bei den drei anderen Cerviden, für welche er die Regel aufſtellt, daſs die Schneidezähne wechſeln, wenn die Männchen noch ihr erſtes Geweih tragen, die Backenzähne dagegen während ſie ihr zweites Geweih bilden oder tragen. bei dem Elche zu, ſo müſste dasſelbe, wie wir bei der Beſprechung der Geweihbildung noch des Näheren begründet ſehen werden, im zweiten Lebensjahre die Schneidezähne allmählich von der Mitte nach der Seite wechſeln und im dritten Lebensjahre die drei prämoloren Backenzähne gleichzeitig, während vorher oder daneben all— mählich von vorn nach hinten vorſchreitend die Reihe der drei hinteren molaren Backenzähne ſich ausbildet. Nach Nitſches Tabellen bildet ſich der letzte Backenzahn beim Rothwild kurz vor, beim Rehwild gleichzeitig mit und beim Damwild kurz nach dem Wechſel der drei Backenzähne des Milchgebiſſes. In dieſer Beziehung ſcheint Trifft dieſes Geſetz auch (Säugethiere), Altum (Geweihbildung des Elch⸗ hirſches) u. v. a. der Ausdruck „Schaufel“ für jede der beiden Hälften eines Geweihes, ja ſogar für jeden der ungleichen Theile einer einzelnen Geweihſtange benützt, während doch bei jungen Elchen überhaupt noch nicht von einer ſchaufel⸗ förmigen Bildung die Rede ſein kann, und auch bei alten Individuen nicht immer die ganze Bildung der Geweihhälfte und der Name ſich decken. Um eine für ältere und jüngere Geweihe in gleicher Weiſe giltige und der Benennungs⸗ weiſe anderer Hirſchgeweihe entſprechende Be⸗ nennung zu erreichen, hat J. F. Brandt (I. e. 1870, p. 10) für jeden der beiden Theile eines ganzen Geweihes den Ausdruck „Geweihſtange“ oder „Geweihſtock“ gewählt, bezw. eingeführt. Am letzteren iſt der rundliche, meiſt etwas zu⸗ ſammengedrückte Grundtheil „Geweihſtiel“ und der eigentliche Geweihtheil zu unterſcheiden. Dieſer letztere wieder zerfällt bei älteren Indi⸗ viduen in einen nach vorne gerichteten „Augen⸗ ſproſstheil“, der häufig, von einem gewiſſen Alter an in der Regel, auch zur Schaufelbildung hinneigt, und den nach hinten gerichteten und aufwärts gebogenen, meiſt viel größeren, im Alter faſt immer ſchaufelförmigen eigentlichen Schaufel, Haupt- oder Hinterſproſstheil. In dem verſchiedenen Grade der Entwicklung und Verſchmelzung dieſer beiden geſonderten Theile der Geweihſtange beruhen die großen Ver⸗ ſchiedenheiten des Elchgeweihes, die ſich theils auf das Alter, theils aber auch auf individuelle und locale Gründe zurückführen laſſen. Die Geweihbildung läſst ſich in ihren erſten Anfängen auf die Zeit kurz nach der Geburt zurückführen. In dieſem Sinne haben ſich die meiſten Beobachter ausgeſprochen, wäh⸗ rend allerdings R. v. Dombrowski (Geweih⸗ ſich das Elch wie das Reh zu verhalten; denn Stirnbeines, welche die Geweihbildung einleitet, an ein paar ſubfoſſilen jugendlichen Unterkiefern, die ich vor wenigen Jahren aus dem Torfmoor bei Vechelde in der Nähe von Brauſchweig erhielt, ſehe ich übereinſtimmend die drei Prämolaren und den letzten Molaren in gleichem Entwick— lungsgrade aus den Alveolen des Unterkiefers hervorbrechen, während der 4. und 5. Backen— zahn (1: und 2. Molarzahn) alt und ſchon ab- genützt ſind. Es würde dies eine intereſſante Über einſtimmung zwiſchen Reh und Elch auch auf dieſem Gebiete beweiſen, während ſte in der Bildung der Metacarpalknochen bekanntlich ebenfalls im Gegenſatze zu den altweltlichen Hirſchen übereinſtimmen (Telemetacarpi). Nach der Vollendung des definitiven Gebiſſes wird man den Grad der Abnützung desſelben ſowie die Ausbildung des ganzen Schädels, den Grad der Verwachſung der Schädelknochen u. ſ. w. bei der Beurtheilung des Alters zu berückſichtigen haben. Abgeſehen von der Größe des Körpers iſt außerdem für die Altersbeſtimmung beſon— ders in den erſten Lebensjahren am maß⸗ gebendſten die Geweihbildung. Geweihbildung. Die Benennung der einzelnen Geweihtheile iſt von den zahlreichen Schriftſtellern ſehr ver⸗ ſchieden und theilweiſe nicht ganz zweckmäßig gehandhabt. So z. B. wird von J. H. Blaſius bildung ꝛc., 1884, p. 66) die Vorwölbung des auf eine viel ſpätere Zeit ſetzt. Wegen des Mangels eigener Unterſuchungen über die Ge⸗ weihbildung der Elche kann ich im Folgenden mich nur darauf beſchränken, von den oft ſich wider⸗ ſprechenden Angaben anderer diejenigen anzu⸗ führen, die mir als die wahrſcheinlichſten er⸗ ſcheinen; in einigen Fällen werde ich verſchie⸗ dene Angaben und Meinungen nebeneinander⸗ zuſtellen haben, und es mujs der Zukunft überlaſſen bleiben, klarzulegen, auf welcher Seite das Richtige getroffen iſt. Bei den in Mitteleuropa Ende April oder im Mai (für einige Gegenden wird wohl auch der Juni, ja ſelbſt der Juli als Setzzeit ange⸗ geben) geworfenen männlichen Elchkälbern zeigt ſich nach v. Wangenheim von vornherein, nach Ulrich (Altum ꝛc.) dagegen erſt Ende Juli jeder⸗ ſeits auf der Stirn eine anfangs nackte Warze, ein Buckel oder Knopf, der einige Wochen ſpäter, ſpäteſtens im erſten Herbſt, ſich mit einem dichten Haarwulſt bedeckt. Unter dieſem bildet ſich all⸗ mählich bis zum nächſten Frühjahr, nach Pa⸗ genſtecher (Allgem. Zool. IV., 1881, p. 862) ſchon bis zum September desſelben Jahres, von dem ſich erweiternden Stirnknochen aus der etwa zolllange oder etwas längere Roſenſtock. Dieſer Roſenſtock iſt eigenthümlich geformt und geſtellt, er iſt nämlich weder eylindriſch . Bi; 5 Elch. noch kegelförmig, ſondern zuſammengedrückt und abgeplattet gebildet und zeigt von den Stirn- beinen an die Richtung nach der Seite, u. zw. ſchräg nach außen und oben. Dieſe Richtung iſt auf T. I, Fig. 1, bei a dargeſtellt. Bei den weiteren Entwicklungen in ſpäterer Zeit wird der Roſenſtock breiter, kürzer und mehr horizontal, zuletzt ſogar ein wenig abwärts geneigt. Es ſind einige dieſer verſchiedenen Stufen in derſelben Figur bei b, e und d an- gedeutet (vgl. auch R. v. Dombrowski, Die Ge— weihbildung der europäiſchen Hirſcharten, 1884, T. VIII). Ein ſehr lehrreiches Bild von der Entwicklung des Roſenſtockes vor der Ausbil— dung eines Erſtlingsgeweihes gibt B. Altum (JI. e. p. 2, Fig. 1, Nr. 1). — An dem Roſen⸗ ſtocke bildet ſich bei Beginn des zweiten Lebens- jahres, alſo etwa im 14. Monate, das im folgen— den Winter zum Abwerfen gelangende Erſt— lingsgeweih des Elchhirſches, das im Laufe des Sommers gefegt wird; es beſteht dies aus kurzen, in der Richtung der Roſenſtöcke ſtehenden, mit ſeichten Rillen durchfurchten Spießen ohne Roſe, nur mit bisweilen ſchon reichlichen Perlen am Grunde verſehen. Dieſe Perlen umfaſſen nicht nur die Spitze, ſondern auch die vordere Fläche des ſtark zuſammen— gedrückten Roſenſtockes, ſo daſs ſich die Spieße an den Roſenſtock halb anlehnen, halb auf dem— ſelben aufſitzen. Hiedurch kommt es, daſs die Abwurffläche des Spießes beim Abwerfen ſchief und concav ſattelförmig ausgehöhlt erſcheint. Altum bildet zu dieſer erſten Geweihſtufe ge— hörende Spießerſtangen von nur etwa 7’5 cm Länge ab. Es ſcheint das Erſtlingsgeweih auch wohl die doppelte Länge und mehr erreichen zu können, was von der Individualität und den örtlichen und zeitlichen Verhältniſſen, der Nah— rung u. ſ. w. abhängen dürfte. Nach Altum iſt es wahrſcheinlich, dafs auch bei Beginn des dritten Lebensjahres das Geweih ſich noch einmal als Spießergeweih entwickelt, obgleich viele Autoritäten (darunter Ulrich und Axt, die beiden früheren Oberförſter im Ibenhorſter Re— vier, denen 1888 im Amte der Oberförſter Reiſch gefolgt iſt), welche die Elche lebend zu be— obachten viel Gelegenheit hatten, ſich dafür aus— geſprochen haben, daſs im dritten Lebensjahre ſchon die Gablerſtufe erreicht würde. Die Frage iſt noch unentſchieden; es iſt aber immerhin möglich, daſs die zu beobachtenden größeren Spießergeweihe von einer Länge von 19—36 em dem dritten Lebensjahre angehören (vgl. Altum I. c., p. 2, Fig. 3 und b); auch das auf T. III in drei verſchiedenen Anſichten mit dem Schädel abgebildete Geweih ſowie T. J Fig. 2 gehören vielleicht dieſer entwickelteren Spießerſtufe des dritten Lebensjahres an, obgleich ſich bei dieſen eine Roſe ſtatt des Perlengrundes ſchon aus— gebildet zu haben ſcheint, und bei dem letzteren ſchon der Anſatz zu einer Gabeltheilung, eine unentwickelte Gabel, bemerkbar iſt. Es ſpricht dafür auch das Zeugnis Hamilton Smiths, das Jardine anführt (J. c., deutſch p. 44), der jeiner- ſeits ferner erzählt, daſs in Paris ein in der Ge— fangenſchaft lebendes Elch im dritten Lebensjahre ein einfaches Geweih von 16—18 Zoll Länge verreckt habe. Auch nach Oscar von Loewis ſoll 257 dies jehr oft bei livländiſchen Elchen vorkommen (Zool. Garten 1886, p. 54). Es würde dieſe Ge— weihform demnach höchſt wahrſcheinlich als die zweite der beiden erſten Entwicklungs⸗ ſtufen, die man mit Altum als Impubertäts⸗ ſtadien anſehen kann, zu bezeichnen ſein. Die dritte Geweihbildungsſtufe zeigt die Aus⸗ bildung des aggreſſiven Augenſproſſes vollendet, und der Hauptſproſs iſt nicht mehr in der Richtung des Geweihſtiels und des Roſenſtockes geſtellt, ſondern nach hinten und aufwärts ge— bogen; es iſt dies die eigentliche Gablerſtufe, die erſte, welche im Zuſtande der Pubertät er— reicht wird (vgl. T. I, Fig. 3, in welcher eine rechte Gabelſtange zur Abbildung gelangt iſt). Unter Umſtänden kann die Bildung des Augen— ſproſſes unterbleiben, während die Hauptſtange die für die Gabler charakteriſtiſche Biegung nach hinten und oben annimmt. Man würde eine ſolche ſpießerartige Stange als eine verkümmerte Gabelſtange anzuſehen haben. Ein ſehr lehr— reiches Beiſpiel einer ſolchen Bildung auf der rechten Seite des Geweihes, während die linke eine jugendliche Gabelſtange trägt, bildet Altum (I. c. p. 7, Fig. 2 a und b) ab. Derſelbe Forſcher hält es für möglich, daſs die Gablerſtufe in denjenigen Fällen überſprungen werden kann, in denen ausnahmsweiſe ſchon während des Spießergeweihes die Geſchlechtsreife eingetreten iſt. Andererſeits hält Oscar von Loewis die Gablerſtufe für eine häufige und regelmäßige Erſcheinung; ja es iſt ſogar Zweifel darüber, ob das Gablergeweih ſich in verſtärkter Form zunächſt nicht noch einmal oder gar zweimal wiederholt, wie dies R. v. Dombrowski ver— muthet. In dieſem Falle würde als vierte Geweihbildungsſtufe diejenige des ſtarken Gablers zu bezeichnen ſein. Oscar von Loe— wis iſt auf alle Fälle der Überzeugung, dajs es Gabler von 2½ und ſolche von 3½ Le— bensjahren gibt, deren Geweih an Wert ſich wie 1:3 verhält. An der Theilungsſtelle der beiden Enden pflegt eine Abplattung einzutreten, der erſte Anfang zur Schaufelbildung. Wenn dieſe Abplattung nur in einem geringen Grade eintritt und auch bei der weiteren Theilung des Hauptſproſſes in zwei Enden die Abplat- tung eine geringe bleibt (eine größere Theilung des Hauptſproſſes und eine weitere Theilung des Augenſproſſes überhaupt pflegt in dieſem Falle nicht einzutreten), jo ſpricht man im Ge⸗ genſatz zur Schaufelbildung wie bei der Spießer— ſtufe von einem Stangengeweih. Stangen geweihe werden alſo nur als Sechsender-, Gabler— und ſelbſtverſtändlich auch als Spießergeweihe ausgebildet. Wenn Gabler- und Sechsender— Elchhirſche nur ein Stangengeweih ohne Schaufel beſitzen, ſo liegt meiſt eine ungünſtige zeitliche oder örtliche Beeinfluſſung, in der Regel ſchlechte Aſung in ungünſtigen Jahren oder an uns günſtigen Stellen, vielleicht auch eine indivi— duelle und erbliche Anlage zugrunde. Nach den Beobachtungen, welche in dem Reviere Ibenhorſt, früher auch in Skalliſchen von Ul— rich, Schultz u. a. angeſtellt ſind, kommen zur ſelben Zeit in demſelben Reviere Stangen- und Schaufelgeweihe neben einander vor, jo daſs wohl an eine individuelle und erbliche Anlage Dombrowski. Encyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 17 258 Elch. gedacht werden kann; auf der anderen Seite iſt beobachtet, daſs Elchhirſche, die ſchon ein großes Schaufelgeweih getragen haben, unter ungünſtigen Verhältniſſen nur ein Stangen— geweih, ja nur einen einfachen kurzen Stummel, der aber doch noch jährlich abgeworfen ward, an— geſetzt haben. Eichwald führt dieſe Rückbildung des Geweihes auf die mit dem hohen Alter eintretende Unfruchtbarkeit zurück (Naturhiſt. Skizze von Litthauen 1830, p. 243); das von Altum auf p. 9, Fig. 1—3 abgebildete unechte Gablergeweih iſt vielleicht eine ſolche Rück— bildung. Im Ibenhorſter Reviere hat man beob— achtet (A. v. Krüdener, Zool. Garten 1886, p. 152), daſs periodisch die Geweihe der alten Hirſche zurückgehen und wieder ſtärker werden können. Augenblicklich ſetzen dort, wie in Liv— land, die alten Elchhirſche nur Stangengeweihe an; ähnliches iſt ſchon vor etwa ſechs Jahren be— obachtet worden. Dazwiſchen aber hat es ſtarke Schaufler gegeben. Es ergibt ſich hieraus, dass überhaupt von der Bildung des Sechsender— geweihes an die Form und Stärke desſelben nicht mehr als Maßſtab für Altersbeſtimmun— gen verwendet werden kann. Das Sechsender— geweih, mag es ſich nun abnorm als Stangen- geweih entwickeln oder in normaler Weiſe als Schaufelgeweih (wie es auf T. J in Fig. 4 ab- gebildet iſt), gehört der vierten, oder wenn wir die erſtarkte Gablerſtufe als vierte bezeichnen, der fünften Entwicklungsſtufe an. Auf dieſer Stufe bleibt unter normalen Umſtänden immer der Augenſproſstheil ungetheilt, während der Hauptſproſs eine neue Theilung in zwei Enden zeigt. Erſt nachdem dieſe Stufe durch— laufen iſt, kann auch der Augenſproſstheil ſich in zwei Enden theilen, jo dafs auf dieſe Weiſe ein Achtender entſtehen kann. Ulrich hat, wie Altum ſchreibt, in Ibenhorſt dieſe Bildung be— obachtet, und mir liegen foſſile und halbfoſſile Achtendergeweihe dieſer Bildung vor. Die Regel iſt allerdings, dafs eine Theilung des Augen— ſproſſes in zwei Enden erſt eintritt, wenn der Hauptſproſs mindeſtens drei Enden trägt, alſo beim Zehnender. Ja es kann die Theilung des Augenſproſſes ſich ſelbſt bis zu den ganz ſtarken Schaufelbildungen des Hauptſproſſes verzögern. Als Beiſpiel mag die auf T. II abgebildete linke Stange eines Hauptſchauflers dienen, wo bei außergewöhnlich ſtarker Gliederung des Hauptſproſſes eine Theilung des Augenſproſſes in zwei Enden eben nur angedeutet iſt. Sehen wir vorläufig von dieſen Theilungen des Augen— ſproſſes, der auch ſehr häufig ganz ungetheilt bleibt (Altum erwähnt einen Zwölfender mit ungetheiltem Augenſproſs), vollſtändig ab, jo können wir als fünfte oder ſechste Geweih— bildungsſtufe diejenige bezeichnen, bei welcher der Hauptſproſs in drei Enden getheilt, der Augenſproſs dagegen ungetheilt geblieben iſt (vgl. die rechte Stange T. I, Fig. 5, in welcher allerdings ſchon die Andeutung eines vierten Endes des Hauptſproſſes zu ſehen iſt, alſo ein Übergang zur folgenden Stufe vorliegen würde). R. v. Dombrowski nimmt als höchſte normale Entwicklungsſtufe diejenige an, bei welcher der Augenſproſs zwei, der Hauptſproſs vier Enden beſitzt. Wenn man ſolche Geweihe auch häufig findet, ſo darf man ſo allgemein dieſen Satz doch nicht gelten laſſen, wie ſich aus dem Folgen- den ergeben dürfte: Mit dem zunehmenden Alter der Elchhirſche können unter günſtigen äußeren Verhältniſſen die Enden des Hauptſproſſes bis zu einer gewiſſen Grenze beſtändig an Zahl zu- nehmen, und etwas ſpäter und langſamer theilt ſich auch der Augenſproſs. Ulrich hat nach ſeinen Beobachtungen im Ibenhorſter Reviere feſtſtellen zu können geglaubt, daſs der Augen- ſproſs eine Dreitheilung früheſtens erſt beim Zwölfer, eine Viertheilung erſt beim Zwanziger, eine Fünftheilung erſt beim Vierundzwanziger zeigt. Dieſer Behauptung entſprechen jedoch nicht alle Beobachtungen, die von Anderen an anderem Elchwild gemacht ſind. Es gibt offenbar manche ſtärkere Geweihe, bei denen der Augenſproſs ebenſoviele Enden trägt als der Hauptſproſs, jo daſs alſo z. B., gerade wie Ulrich eine Zweitheilung des Augenſproſſes bei Achtern und eine Dreitheilung bei Zwölfendern beobachtete, auch eine Viertheilung bei Sechzehn— endern, eine Fünftheilung bei Zwanzigern und eine Sechstheilung bei Vierundzwanzigern vor— kommt. Altum führt mehrere Beiſpiele von ſolchen Bildungen an. In ſeltenen Fällen kommt es auch vor, daſs der Augenſproſs mehr Enden trägt als der Hauptſproſs. Altum bildet auf p. 13 in Fig. 7 Nr. 3 eine ſolche Geweihſtange mit 5 vorderen und 4 hinteren Enden ab. In manchen Fällen dürfte es jedoch zweifelhaft bleiben, ob nicht die mittleren Enden richtiger zum Hauptſproſs als zum Augenſproſs zu rechnen ſind, und nach der Abbildung allein zu urtheilen, kann die abgebildete Stange von Altums Achtzehnender ebenſogut als mit drei Enden des Augenſproſſes und ſechs Enden des Hauptſproſſes verſehen gedeutet werden. Es führt uns dies zu der Beſprechung der allmählichen Verſchmelzung des Augenſproſs— theiles und des Hauptſproſstheiles einer Ge— weihſtange zu einer einheitlichen Schaufel, an welcher die Grenzen des einen und des anderen Theiles nur noch ſchwer zu erkennen ſind. Es kommen ſolche Bildungen bei älteren Indivi— duen häufig vor. Bisweilen gelingt es durch den Verlauf der Aderrinnen die ehemalige Thei— lung noch genau nachzuweiſen. Auch wenn die Schaufel zu einer einheitlichen ſich geſtaltet, werden die beiden Theile meiſt von geſonderten Blutadergruppen verſorgt, die von der Baſis an getrennt verlaufen. Es kann ſich übrigens an der einen Stange eine einheitliche Schaufel ausbilden, während ſich an der anderen Stange desſelben Geweihes die Scheidung zwiſchen beiden Theilen erhält. Ebenſo kann in Bezug auf die Ausbildung der einzelnen Theile und in Bezug auf die Zahl der Enden ſich die eine Stange ſehr verſchieden von der anderen Stange desſelben Geweihes verhalten. — Es ergibt ſich aus allen dieſen Thatſachen, dass von einer ge— wiſſen Entwicklungsſtufe an die Form und Enden⸗ zahl der Stangen nicht mehr charakteriſtiſch für das Alter iſt, daſs man alſo keine Altersbeſtim— mungen allein danach machen kann. Man hat aber noch, wie Altum ausgeführt hat, andere Merkmale, die, wenn auch nicht ein jedes für Elch. ſich allein, ſo doch in ihrer Geſammtheit bei der Beſtimmung des Alters ſtarker Elchhirſche vielleicht verwendet werden können. Dahin gehört zunächſt der Winkel, den der hintere innere Rand des Hauptſproſſes (und der vordere innere Rand des Augenſproſſes) mit dem horizontalen oder ſogar zuletzt etwas geſenkten Geweihſtiel machen. Hauptſächlich kommt es dabei auf die Rich— tung des hinteren inneren Randes des Haupt— ſproſſes an, die bei ganz alten ſtarken Schau— feln wohl nur einen Winkel von 80“ zu bilden braucht; es dürfte dies ungefähr bei der auf T. IJ abgebildeten linken Stange eines Haupt— ſchauflers der Fall ſein. Bei älteren Elchgeweihen beträgt dieſer Richtungsunterſchied in der Regel einen rechten Winkel (90°), bei jüngeren iſt er bedeutend größer. Bei ſchwacher Schaufelbildung und Stangengeweihen kann der Winkel 115 bis 135° betragen. Die mit dem Alter zunehmende Verkleinerung dieſes Winkels iſt, wie Altum feſtgeſtellt hat, die Urſache davon, daſs trotz des Wachsthums eines Geweihes ſich der Zwi— ſchenraum zwiſchen den beiderſeitigen Spitzen des Innenrandes des Hauptſproſſes von einem gewiſſen Alter an nicht mehr vergrößert, und daſs derſelbe bei den ſtärkſten Geweihen etwa nur 75 em beträgt und bei den ſchwächeren nicht viel weniger. Eine andere Eigenthümlichkeit des Elch— geweihes, die bei der Altersbeſtimmung benützt werden kann, iſt die, daſs die von dem Haupt— ſproſs und dem Augenſproſs gebildeten Flächen in einem nach dem Alter veränderlichen Winkel einigermaßen windſchief gegen einander geneigt ſind. Der Winkel, den dieſe Flächen mit ein— ander bilden, kann bei den jugendlichen Ge— weihen (Gabler und Sechsender, zu denen auch die Stangengeweihe zu rechnen wären, obgleich hier nicht eigentlich von einer Flächenbildung die Rede iſt) 145 — 1602, ja faſt 180° be— tragen; mit zunehmendem Alter ſcheint dieſer Winkel ziemlich regelmäßig kleiner zu werden, fo dass jchon bei Geweihen mittlerer Stärke ein rechter Winkel, bei noch älteren ein ſpitzer Winkel erreicht werden kann. Berückſichtigt man dabei, dass bei älteren Geweihen meiſt auch noch die Zinken aus der Ebene der einzelnen Sproſstheile einander ent— gegengeneigt erſcheinen, ſo iſt es erklärlich, wes— halb die größte Entfernung der äußerſten Enden einer und derſelben Geweihſtange von einander auch nicht mit dem Alter in demſelben Ver— hältnis zunimmt, wie man nach der ſtärkeren Entwicklung des ganzen Geweihes erwarten ſollte. An einer ſtarken Stange eines Zwanzigers im braunſchweigiſchen Muſeum meſſe ich dieſe Ent— fernung 79 em, an der Stange eines Achtzehn— enders 68°5, an einer Zehnenderſtande 77 em, an derjenigen eines Achtenders mit gabelförmi— gem Augenſproſs 60 em, an den im Beſitze meines Bruders befindlichen abgeworfenen Stan— gen eines ungeraden Vierzehnenders aus Liv— land 62˙7, bezw. 65°5 em. Oscar von Loewis gibt allerdings dieſe Entfernung bei der Stange eines Zweiunddreißigenders im Mitauer Mu— ſeum auf 104 em, bei derjenigen eines Sechsund— zwanzigenders daſelbſt auf 121m an (Zool. Garten, p. 309). 259 Altum hat neben den im Vorſtehenden er- örterten Verhältniſſen auch die verſchiedene Stärke der Roſenſtöcke, der Roſen und der Bruchflächen abgeworfener Stangen zur Altersbeſtimmung zu benützen verſucht; er iſt aber zu dem Ergebniſſe gekommen, dass ſich ein ein— zelnes dieſer Merkmale nicht ſicher verwenden läjst, während man jedoch andererſeis vielleicht hoffen darf, daſs dieſelben in ihrer Geſammt— heit, oder indem man doch mehrere mit ein— ander im Zuſammenhange betrachtet und ſich gegenſeitig ergänzen läſst, bei fortgeſetzter Unterſuchung reichhaltigeren Materiales ſich der— einſt nach beſtimmten Geſetzen verwenden laſſen. s bleibt uns noch übrig, die Jahres— zeiten zu erwähnen, in denen beim jährlichen Wechſel des Geweihes die Stangen zum Ab— wurf gelangen und an Stelle derſelben dann neue allmählich hervorwachſen und endlich ge— fegt und verreckt werden. Oben erwähnte ich ſchon, daſs das Erſtlingsgeweih bei den mittel— europäiſchen Elchen etwa im 14. Lebensmonate, alſo etwa im Juni, ſich bildet; dasſelbe wird im Auguſt, eher etwas ſpäter als früher, gefegt und verreckt, um dann im folgenden Winter etwa um die Mitte desſelben, alſo anfangs Januar, früheſtens im December oder Ende November abgeworfen zu werden. Je jünger der Hirſch iſt, deſto ſpäter im Jahre treten dieſe Zeiten ein, je älter und kräftiger andererſeits, deſto früher. Dieſe Regel gilt für ein und dasſelbe Land, wenigſtens für einen und denſelben Elch— beſtand. Die verſchiedenen Gebiete verhalten ſich aber auch wieder hierin nicht übereinſtimmend. So werfen z. B. alte Hirſche in Sibirien das Geweih durchſchnittlich im November, in den Oſtſeeprovinzen Ruſslands im December, im benachbarten Ibenhorſter Reviere auffallender— weiſe ſchon October bis November, in Nord— amerika im Januar oder Februar. Jugendliche und ſchlechtgenährte Hirſche werfen überall das Geweih entſprechend etwas ſpäter. Analog den Abwurfszeiten verſchieben ſich nach dem Alter und den Gegenden auch die Zeiten für die Neu bildung des Geweihes ſowie für das Fegen und Verrecken. Das letztere ſcheint bei alten Hirſchen im Ibenhorſter Reviere in Deutſchland Ende Juni, in Sibirien im Juli, in den Oſtſeepro— vinzen im Auguſt, in Nordamerika ebenfalls im Auguſt oder noch etwas ſpäter ſtattzufinden. Überall fegen ältere und kräftigere Hirſche etwas früher als junge und ſchwache. Es mag dieſe Geſetzmäßigkeit noch durch einige Beiſpiele er— läutert werden. Die übereinſtimmenden Beob— achtungen A. v. Krüdeners (Zool. Garten 1885, p. 29) und Oscar von Loewis' (ibid. 1886, p. 54) ergeben für Livland nach dem Kalender a. St. Folgendes: die mittlere Abwurfszeit der Ge— weihe iſt der Monat December, jo daſs alte Elchhirſche (3. B. Zehnender) nicht vor Ende No vember, meiſt in der erſten Woche des December, alſo ziemlich genau drei Monate nach Beginn und zwei Monate nach Schluſs der Brunftzeit, werfen, jüngere (3. B. Sechsender und Gabler) im December, noch jüngere (ſchwache Gabler und Zweijahrſpießer) in der erſten Hälfte des Januar, die ſchwächſten Einjahrsſpießer erſt in der zweiten Hälfte desſelben Monats oder gar anfangs Fe 7 * 1 260 Elch. bruar. Dieſe Zeiten würden noch um 12 Tage hinausgeſchoben, d. h. ſpäter angeſetzt werden müſſen, um mit den folgenden Zeitangaben des Ibenhorſter Revieres nach dem neuen Kalender verglichen werden zu können. An dieſen Stellen werfen ſtarke Hirſche Mitte October, ſpäteſtens Mitte November, ſchwache im November, ſpäte— ſtens anfangs December u. ſ. w. Es ergibt ſich hieraus die merkwürdige Thatſache, daſs in zwei nahe benachbarten Ländern eine Zeitdiffe⸗ renz von etwa zwei Monaten in Betreff der Zeiten des Geweihwechſels herrſcht, eine That— ſache, an welche man bis zu der in der letzten Zeit erſt ſtattgefundenen abſolut ſicheren Feſt— ſtellung nicht recht glauben wollte. Sehr merk— mürdig iſt es, daſs die in den übrigen Revieren des Regierungsbezirkes Königsberg vereinzelt vorkommenden Elche ſich in dieſer Beziehung nach den Verſicherungen des Oberförſters Reiſch genau ſo wie die livländiſchen und nicht wie die Ibenhorſter verhalten ſollen, obgleich dieſelben doch höchſt wahrſcheinlich wenigſtens zum großen Theile von den letzteren abſtammen, u. zw. aus der Zeit, in welcher (beſonders zuletzt noch 1862) eine zahlreiche Auswanderung von Elchen aus den Ibenhorſter Forſten beobachtet wurde. Es ſpricht dies faſt gegen die Annahme Oscar von Loewis' (Zool. Garten 1886, p. 150), als ſei den Ibenhorſter Elchen durch die günſtigen Be— dingungen ihrer Exiſtenz im Laufe der Zeit gewiſſermaßen die als eine beſonders günſtige Eigenſchaft anzuſehende frühe Abwurfszeit der Geweihe durch Inzucht und die Gunſt der Ver— hältniſſe angewöhnt worden. Es ſpricht auch der Umſtand hiegegen, daſs ſelbſt nach der Einfüh— rung fremden Elchwildes nach Ibenhorſt, um das Blut aufzufriſchen, die frühe Abwurfszeit dieſelbe geblieben iſt. Es ſcheinen daher rein örtliche, in den günſtigen Orts- und Nahrungs— verhältniſſen liegende Gründe zu bewirken, dass ſich die Ibenhorſter Elche kräftiger entwickeln und beſſer ernähren können als die benach— barten, woraus ſich dann, ſo lange dieſe gün— ſtigen Verhältniſſe dauern, die frühe Zeit des Geweihwechſels individuell geradeſo erklären kann, wie es überall beobachtet iſt, daſs die ſtarken Hirſche früher abwerfen als die ſchwachen. Amerikaniſche Schriftſteller geben als die durchſchnittliche Abwurfszeit der nordameri— kaniſchen Elche die Monate December bis Februar an; gutgenährte ſtarke Hirſche werfen dort December und Januar, in ſtrengen Win— tern etwas ſpäter, ſchwächere Januar oder meiſt Februar, bisweilen erſt März; die Angabe v. Wangenheims, daſs die ſchwächſten Spießer bisweilen erſt im April oder Mai abwerfen, mag daher für ſtrenge Winter ihre Berechti— gung haben. A. E. Brehm ſchildert das Wachsthum des neu hervorbrechenden Geweihes als anfangs nur ſehr langſam vor ſich gehend, jo daſs das— ſelbe erſt vom Mai an ein ſtärkeres würde und die Kolben mit dem Baſte nicht vor Ende Mai oder Anfang Juni ſichtbar ſeien. Dieſe An— gabe kann ſich nicht auf die Ibenhorſter Elche, ſondern höchſtens auf die in der Entwicklungs— zeit ſich am meiſten verſpätenden amerikaniſchen Elche beziehen, denn O. v. Loewis konnte ſogar in Livland ſchon in der zweiten Hälfte des April die Kolbenzahl deutlich angedeutet er⸗ kennen und Ende Juni unter dem Baſte völlig entwickelte und erhärtete Geweihe beobachten, die dann erſt im Auguſt gefegt wurden. — So lange das Geweih im Wachſen begriffen und weich iſt, ziehen ſich die Hirſche an Stellen zurück, an denen ſie nicht Gefahr laufen, mit den Stangen an feſte Stämme o. dgl. zu ſtoßen, hauptſächlich in Weidengebüſche. Das Fegen geſchieht mit Vorliebe an Kiefernſtangenholz. Bemerkenswert iſt, das die Elche den gefegten Baſt nirgends zu freſſen ſcheinen, wodurch ſie ſich von anderen Cerviden unterſcheiden. Selbſt an den größten Geweihen, den Haupt⸗ ſchauflern, ſind ſelten mehr als 28 Enden zu zählen; unrichtig iſt es aber, dieſe Zahl als die höchſte zu erreichende Ausbildungsſtufe zu betrachten. Eichwald (Naturh. Skizze v. Lit⸗ thauen, p. 243) ſpricht z. B. von einem Dreißig⸗ ender, und in dem Mitauer Muſeum befindet ſich eine 1867 in einem Brunnen gefundene Stange eines Zweiunddreißigenders. Auch im Petersburger Muſeum ſoll ſich das Geweih eines Zweiunddreißigenders befinden. Das größte Gewicht des Geweihes iſt bei amerikaniſchen Elchen beobachtet. Pennant erzählt von einem dort vorgekommenen rieſigen Geweihe, deſſen äußerſte Spitzen 34 Zoll ent⸗ fernt waren, und deſſen einzelne Stangen 32 Zoll Länge und 13½ Zoll Breite aufwieſen, daſs dasſelbe ein Gewicht von 75 Pfund ge- habt habe. Jardine führt ein Durchſchnitts⸗ gewicht alter Geweihe von 50—60 Pfund an. Sehr ſtarke Geweihe altweltlicher Elche dürften höchſtens im Gewichte von 40—50 Pfund zu finden ſein. Einige Abnormitäten der Geweih— bildung habe ich ſchon bei den vorſtehenden Auseinanderſetzungen berühren müſſen, z. B. den Mangel des Augenſproſſes bei begonnener Thei⸗ lung des Hauptſproſſes oder den Mangel des Augenſproſſes auf der Gablerſtufe, die dann durch die Richtung des einzig ſich entwickelnden Zinken angedeutet iſt. Auch die Gabler- und Sechsender⸗ ſtangengeweihe kann man zu den Regelwidrig— keiten rechnen. Aſymmetrien (nach Martin ſoll meiſt die linke Stange ſtärker als die rechte ſein) und ungerade Ender ſind ebenfalls ziemlich häufig. Zwei Fälle, in denen die Zacken des Augenſproſſes ſich theilweiſe auffallend nach unten richten, erwähnt Altum, einen von ihm auf p. 17 abgebildeten ungeraden Zehnender aus der Sammlung des Oberförſters Ulrich und einen Sechsundzwanzigender des Herrn Kröker. Einen foſſilen Elenſchädel mit monſtröſem Ge⸗ weih hat A. A. Berthold (Nova Acta Acad. Leop. Carol., tom. 22, P. II, 1850, p. 428) be⸗ ſchrieben und abgebildet. Ein weibliches Gablergeweih, das in Neu-Braunſchweig von Dreſſer beobachtet war, habe ich bereits oben erwähnt (Edward R. Al- ſton, Proc. Zool. Soc. 1879, p. 298). Schon Haller hat 1757 auf die Möglichkeit einer ſolchen abnormen Elchgeweihbildung beim weib⸗ lichen Geſchlechte hingewieſen (Naturgeſch. d— vierfüßigen Thiere I., p. 338). Elch. Die Verbreitung des Elches erſcheint überall abhängig von den Vegetations— verhältniſſen. Ohne Wald, der mit Sumpf- oder Moorboden vermiſcht iſt, fehlen die Exiſtenz— bedingungen. Von den Grenzen der Waldregion hängen daher die Grenzen des Verbreitungs— gebietes des Elches ab, nicht, wie man oft fälſchlich angenommen hat, von den Linien gleicher mittlerer Jahres- oder Wintertempe— ratur. Das Klima hat nur einen indirecten Einfluſs, inſofern es auf die Standorts- und Nahrungsverhältniſſe einwirkt, von denen das Elch abhängig iſt. Im übrigen ſcheint dasſelbe ebenſogut hohe Kälte- wie Wärmegrade ver— tragen und ſich denſelben anpaſſen zu können. Ehemals war das Elch bedeutend weiter als jetzt über den Norden der alten und der neuen Welt verbreitet. Nach den in den ver— ſchiedenen Ländern gemachten Funden foſſiler Reſte ſowie nach den Reſultaten prähiſtoriſcher und hiſtoriſcher Forſchungen kann man anneh— men, dajs zur Zeit der ſtärkſten Entwicklung des Elchgeſchlechtes das Verbreitungsgebiet desſelben ſich von der Mitte Europas an nach Oſten durch den nördlichen Theil von Europa und Aſien und über die Beringsſtraße hinaus durch den Norden von Nordamerika ununterbrochen ausgedehnt hat. Von J. F. Brandt iſt die Hypo— theſe aufgeſtellt, daſs die Elche aus dem nörd— lichen Aſien zur Zeit des Diluviums nach Europa gedrungen ſind und erſt allmählich durch Wanderung von Oſten nach Weſten, bezw. Südweſten die Weſtgrenze ihrer Verbreitung erreicht haben. In das nördliche Aſien ſind nach Anſicht desſelben Forſchers die Elche mög— licherweiſe über die Beringsſtraße aus Nord— amerika eingedrungen, jo dajs wir die Urheimat derſelben wahrſcheinlich in der Miocänzeit Nordamerikas zu ſuchen hätten. Für Nord— amerika als Urheimat des Elches ſpricht der kürzlich von W. B. Scott (Proc. Acad. of Nat. Sciences of Philadelphia, 1885, p. 184 ff.) ge- lieferte Nachweis, daſs in dieſem Lande einſt eine Hirſchform gelebt hat, welche in vielen Beziehungen als Zwiſchenform zwiſchen dem gewöhnlichen Typus der Hirſche und der ſehr abweichenden Form der Elche erſcheint (Cer— valces americanus). Allerdings ſind ja auch in der alten Welt, u. zw. in dieſer allein, ge— wiſſe zum Theil ausgeſtorbene Hirſchformen aufgefunden, die entſchiedene Verwandtſchaft mit dem Elche zeigen, wie der iriſche Rieſenhirſch, und die Gattungen Camelopardalis (Giraffe) und Helladotherium, Funde, welche auf eine europäiſche Urheimat des Elches ſchließen laſſen würden. Für die amerikaniſche Urheimat dürfte andererſeits wieder ſprechen, daſs ſich die Elche in anatomiſcher Beziehung zuſammen mit den wie ſie ſelber im Norden der alten und neuen Welt verbreiteten Renthieren am nächſten an die Mehrzahl ſämmtlicher amerikaniſcher Hirſche anſchließen. Mag die Frage bis zu weiteren paläontologiſchen Ergebniſſen unentſchieden bleiben, zu welcher Zeit und in welchem Lande die Elchform entſtanden iſt! In Europa finden ſich die Elche von der Diluvialzeit an. Die weiteſte Verbreitung ſcheinen dieſelben ſodann 261 in der Periode des Alluviums in Europa ge— funden zu haben, bis ſpäter in hiſtoriſchen Zeiten ein allmähliches Ausſterben und Zurück— treten der Art zu beobachten iſt, was, wie Köppen nachgewieſen hat, ein Schwanken in den Grenzen des Verbreitungsgebietes, eine vorübergehende Wiederausdehnung desſelben infolge von Wan— derungen, nicht ausſchließt. Betrachten wir nun zunächſt die Grenz— länder der ehemaligen Verbreitung und ſuchen wir für dieſe Belege aus der Literatur zu— ſammenzuſtellen! Es liegen im äußerſten Weſten aus Großbritannien und Irland einige, jedoch nicht viele Funde von Foſſilreſten des Elches vor. Im Leydener Muſeum befindet ſich eine foſſile ſchaufelförmige Geweihſtange des Elches aus Irland, die H. v. Meyer (Nov. Act. Acad. Caes. Leop., T. XVI [1832], p. 471 und T. XXXII, Fig. 3) beſprochen und abgebildet hat. Ernſt Friedel erwähnt, daſs im Torf bei Stewarts— town, Grafſchaft Tyrone, ein Elchgeweih aus— gegraben ſei (Zool. Garten 1879, p. 309). Dies wird dasſelbe ſein, das Thompſon (Proc. Zool. Soc. 1837, p. 51) erwähnt hat. (Vgl. R. A. Scott, Catalogue of the Mammalian Fossils in Irland, Dublin Quart. Journ. of Science, vol. V, 1265, p. 49, und J. A. Smith, Proc. Scot Anthr. Soc., vol. VII 1868/69, vol. IX 1870/71.) Sam. Hibbert (Edinb. Journ. of Science, vol. III, 1825, p. 15—28, und 1830 [April], p. 301) ſpricht von einem auf der Inſel Man gefundenen Elchgeweihe, das aber vielleicht zu Cervus euryceros gehört. In Schott- land ſind einzelne ſeltene Funde von Elchreſten bekannt geworden (Zoologist, vol. VII, 1849, p. 2345). Zu Chirdon Burn wurde unter dem jüngeren Torf eine im Muſeum zu Neweaſtle auf— bewahrte Elchgeweihſtange gefunden (Dawkins und Sanfort, Palaeontogr. Soc. XVIII., p. XIII). Auch in der Nachbarſchaft von London, bei Walthamſtow und bei Croſsneſs in Kent find Elchreſte entdeckt worden (W. Boyd Dawkins, Cave Hunting, London 1874, p. 137). Für das ehemalige Vorkommen des Elches in Frankreich können wir das Zeugnis des Pauſanias anführen, der um die Mitte des II. Jahrhunderts n. Chr. das Elch als Bewohner des Landes der Kelten bezeichnet: „Das Elen— thier (Alce) ſieht dem Hirſch und Kameel ähn— lich und bewohnt das Land der Kelten“; „das Männchen hat Hörner, die dem Weibchen fehlen“. Foſſilfunde gibt es nur wenige aus Frankreich. Bei Iſſoire, Puy-de-Dome, iſt ein Elchgeweih gefunden, das von Devez de Cha— briol und J. B. Bouillet (Essai geolog., Pl. IX, Fig. 1 und 2) beſchrieben und abgebildet iſt. Theilleux fand Elchknochen im Diluvium von Niort (Patria, p. 514), Muſton in Höhlen bei Montbéliard (Recherches anthropologiques I., p. 109) und Garrigou ebenſo Foſſilreſte des Elches in Steinbrüchen beim Dorfe Soute im Departement Charente infér. Das ſüdlichſte Vor— kommnis in Frankreich nicht allein, ſondern in ganz Europa dürften die von Chriſtol (Ann. Sc. Nat. 1835, tom. IV, p. 201, pl. 6 und 7) bei Pézénas, Departement Hérault, ca. 43 ½“ n. Br., gemachten und abgebildeten Funde be— weiſen. 262 Elch. Es ſind dies die am weiteſten nach Weſten und zugleich nach Süden vorgeſchobenen Stellen der ehemaligen Verbreitung in Europa. In der Schweiz finden ſich Elchreſte im Lignit aus der interglacialen Zeit (Heer, Urwelt der Schweiz, p. 513) und in den Pfahlbauten (Rütimeyer, Fauna der Pfahlbauten, p. 63, und andere Werke). Nächſt dem Vorkommen im ſüdlichen Frank— reich ſcheint der ſüdlichſte Fund in der Lombardei (Oberitalien) gemacht zu ſein. E. Cornalia (Mammif. foss. d. Lombardie) beſchrieb diluviale Elchreſte und bildete ſie auf T. XVI und XVII ab; Rütimeyer (Über Pliocän und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen, 1876, p. 71) ſpricht von vortrefflich erhaltenen Elchreſten aus dem Allu— vium des Po, in der Umgebung von Lodi und Pavia, und im Senckenberg'ſchen Muſeum zu Frankfurt am Main wird eine von Rüppell her- rührende Geweihſtange aus dem Diluvialthon der Lombardei aufbewahrt, welche ſchon von S. Breislack (Mem. del Istituto di Milano) er- wähnt und von H. v. Meyer (Nov. Act. Ac. Caes. Leop., T. XVI, p. 465 und 469, T. XXXIII, Fig. 1 und 2) beſchrieben und abgebildet wor— Dei ik Für Oſterreich iſt ein Fund von Elen— reſten neben ſolchen vom Höhlenbär auf der Grebenzer Alpe bei Neumarkt unweit St. Lam⸗ brecht in Oberſteiermark intereſſant (Schmidt, Sitzber., Akad. Wien, Bd. XXXVII, 1859, p. 249 mit Tafel; Aichhorn, Mitth. des Naturw. Ver— eins f. Steiermark, 1875). In Galizien haben Elche ſicher bis 1760, zu welcher Zeit das letzte erlegt wurde, gelebt (Zawadski, Fauna, p. 33, und Temple, Die ausgeſtorbenen Säugethiere in Galizien, Peſth 1869). In Ungarn ſind in der Theiß und an anderen Orten diluviale und ſubfoſſile Reſte des Elches gefunden (Kornhuber, Synopſis der Säugethiere in Ungarn, Preſsburg 1857, p. 15; Groſſinger, Histor. phys. regni Hungariae I., p. 509). Auch ſollen Elche in einigen Theilen des Landes noch bis ins XVII. Jahrhundert lebend vorgekommen ſein. Die Südgrenze der ehemaligen Verbrei— tung des Elches verläuft dann weiter durch das ſüdliche Ruſsland. Gehören die Reſte einer unbeſtimmten Elchform, welche A. v. Nordmann (Paläontologie Südruſsl., 1859, p. 228) aus der Gegend von Odeſſa und Nerubaj beſchrieben hat, unſerem Elche an, wie mit Brandt ver— muthet werden darf, ſo würde dies vielleicht das ehemalige ſüdlichſte Vorkommen des Elches in Ruſsland bedeuten. Übrigens kann die Grenze auf alle Fälle nicht viel nördlicher verlaufen. Hat doch Brandt unter den ſkythiſchen Alter— thümern in der Eremitage zu St. Petersburg in kleinen, goldene Geweihe tragenden Figuren mit großer Wahrſcheinlichkeit Elche zu erkennen vermocht! Und in den Rokitno-Sümpfen im Fluſsgebiete des Pripet (Wolhynien) leben nach den neueſten Nachrichten noch jetzt Elche. Sichere Nachrichten über das ehemalige Vorkommen in den ſüdlichſten Theilen Ruſslands ſind die fol— genden: in Podolien lebten die Elche einſt ſicher, vielleicht noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts (Eichwald, Naturh. Skizze v. Litth., 1830, p. 240). Nach K. Keſsler (Istoria Trud. Komm. 2c. [rufj.], 1851, p. 84) kamen 1851 die Elche im Kiew'ſchen Gouvernement nur noch ſelten vor, und G. Belke bezeugt 1866 (Bull. Moscou., T. 39, T. 1, p. 229), daſs die Elche noch im nördlichſten Kreiſe Radomysl des Gouvernements Kiew lebten. Für das Gouver— nement Tſchernigow iſt zunächſt Junker zu citieren, der 1736 und 1737 noch viele Elende dort fand (Müllers Samml. ruſſ. Geſchichte, Bd. 9, 1764, p. 45), und ſodann Güldenſtädts Zeugnis heranzuziehen (Reiſen durch Ruſsland, II. Th., p. 409), welcher das Elch 1770 in den Wäldern des Kreiſes Starodub im Gebiete der Desna fand; ſpäter noch bezeichnet Keſsler (1. c.) das Elch als im Gouvernement Tſchernigow häufig vorkommend, und im Muſeum zu Charkow befindet ſich, Köppens Angabe zufolge, ein Elch, das 1833 im Tſchernigow'ſchen Gouvernement erlegt worden iſt. Nach Markewitſch (1836, ruſſ. Abh., p. 425) ſind früher an den mit un⸗ durchdringlichen Wäldern bedeckten Ufern des Trubeſh im Gouvernement Poltawa zahlreiche Elche vorgekommen. In dem am meiſten nach Süden vorgeſchobenen Gouvernement Sefateri- noslaw glaubt Köppen aus den Namen zweier Ortſchaften auf das frühere Vorkommen ſchließen zu dürfen. Im Charkow'ſchen Gebiete ſollen nach Junkers Angabe (Müllers Samml. ruſſ. Geſch., Bd. 9, 1764, p. 45) 1736 und 1737 Elche noch zahlreich vorgekommen ſein, und Al. Czernay (Bull. des nat. de Moscou, 1851, Part. I, p. 272) berichtet über foſſile Elchge⸗ weihe, welche im Charkow'ſchen Lehrbezirke kurz vorher gefunden worden ſind. Dajs in dem Gouvernement Woroneſch einſt Elche vorkamen, vermuthet Köppen nach einigen Ortsnamen, 3. B. Loſſewa am Bitjug ſüdlich von Bobrow. Im nördlichen Theile des Kreiſes Kamyſchin im Gouvernement Sſaratow am oberen Laufe der Sſura auf der Waſſerſcheide zwiſchen der Wolga und der Ilowja ſind ferner M. Bogdanows An- gaben zufolge Elchgeweihe gefunden, die nur ganz oberflächlich von Kiefernadeln und Lauberde bedeckt waren. Auf das ehemalige Vorkommen im Gouvernement Sſamara deuten nach Evers- mann manche Namen von Wäldern und anderen Gegenden. Daſs Elche an den Ufern der Sſamara noch lebten, erwähnte Pallas (Reiſe, Th. I, p. 198 und 201), das Vorkommen im Orenburgiſchen Eversmann (Orenburg, Säugethiere, 1850, p. 248) und Al. Lehmann (Reiſe, Zoolog. Anh. von J. F. Brandt, p. 309). Nach P. Rytſchkow (Orenburger Topographie (ruſſ.], 1762, p. 294) kamen die Elche um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zwiſchen den Flüſſen Kinel und Sſamara zahlreich vor, beſonders häufig bei der Feſtung Borskaja in einem Kiefernwalde. Auf dem Uralgebirge gehen die Elche ſüdlich bis zu 34½ n. Br. Dann verläuft die Grenz⸗ linie in oſtnordöſtlicher Richtung in dem Fluſs⸗ gebiete des Iſſet weiter, welcher ſeine Gewäſſer in den zum Fluſsgebiete des Ob gehörenden Tobol ergießt, und erſt wieder als ſicheres ſüd— liches Grenzgebiet bezeichnet werden kann. Bei dieſer Feſtſtellung der ehemaligen ſüdlichſten Verbreitung der Elche in Ruſsland habe ich auf Grund der eingehenden Unterſuchungen Elch. Köppens (1. c., p. 16 ff.) die mehrfachen Angaben über das Vorkommen derſelben im Kaukaſus vernachläſſigen zu können geglaubt. Die alten Angaben G. Schobers (Beſchreibung des St. Peters⸗Bades bei Terki in Müllers Samml. ruſſ. Geſchichte, Bd. IV, 1760, p. 159), daſs am Terek Elendthiere vorkämen, ferner S. G. Gme— lins (Reife, Th. IV, p. 17), daſs an der Kuma ſich Elene finden, Georgis (Geograph.-phyſikal. Beſchreibung des ruſſ. Reiches, Th. 3, Bd. 6 [1800], p. 1607), daſs die öſtlichen Steppen am Kaukaſus Elche beherbergen, und endlich Pallas' (Zoogr. rosso-asiatica, vol. I, p. 202), dajs Elche in ganz Ruſsland vom Weißen Meere bis zum Kaukaſus verbreitet ſind, erſcheinen unbeglaubigt und ſehr wenig maßgebend. Auch Eichwald (Fauna Caspio-Caucasica, 1841, p. 30) läſst das Elch an den waldigen Abhängen des Kaukaſus vorkommen und Middendorf (Reiſe, Bd. IV, Th. 2, p. 1006) ſogar weiter öſtlich bis über den 40. Breitengrad ſüdwärts hinausgehen. Der einzige Gewährsmann, der im Gegenſatze zu den erwähnten Angaben Elche im Kaukaſus ſelbſt geſehen zu haben ſcheint, iſt E. D. Clarke (Travels in various countries, Part. I, 1810, 4°, p. 386). Derſelbe ſchreibt: „At Kalaus were two young elks, very tame; and we were told that many wild ones might be found in the steppes during Spring.“ Nach dieſen Worten, die in den Überſetzungen ungenau wiedergegeben ſind, bleibt es aber, wie Köppen ausdrücklich erwähnt, immer noch zweifelhaft, ob er die Thiere ſelbſt geſehen hat, und, wenn dies der Fall, ob es wirklich Elche geweſen ſind. Brandt gibt allerdings die Nachricht, daſs Oberſt Fock erſt neuerdings gehört haben will, daſs die Elche noch jetzt am Kuban vorkommen. Allen dieſen mehr oder weniger unbeſtimm— ten Angaben ſteht die Thatſache gegenüber, dass alle neueren und faſt alle älteren Erforſcher des Kaukaſus von dem Vorkommen des Elches dort nichts erfahren haben, und daſs die neueſten Forſcher, die zeitweilig eigens die Abſicht ver— folgt haben, Spuren des Elches im Kaukaſus zu entdecken, das Vorkommen leugnen, ſo Modeſt Bogdanow (Stiud. russ., 1873, p. 8) und Guſtav Radde (Fauna und Flora des ſüdweſtlichen Caſpi-Gebietes, 1886, 8°, p. 10, Anmerkung). Ebenſowenig als die Angaben über das ehemalige Vorkommen des Elches im Kaukaſus Glauben verdienen, iſt die Mittheilung von Rieß (Schriften der Kaukaſ. Abth. d. kaiſerl. geogr. Geſellſchaft, Bd. III, 1855, p. 3) der Beachtung wert, daſs das Elch im nordweſt— lichen Theile des Talyſcher Gebirges vorkomme. Dieſelbe wird zudem von G. Radde (Fauna und Flora des ſüdweſtlichen Kaſpigebietes, 1886, P. 10) ausdrücklich widerrufen. Auch H. B. Tri- ſtrams Bemerkung, daſs von ihm 1864 in der Knochenbreccie des Libanon Zähne und Knochen des Elches neben ſolchen des Renthieres und Hirſches gefunden ſeien, wodurch das ehemalige Verbreitungsgebiet weit nach Süden vorge— ſchoben würde, bedarf ebenfalls noch ſehr der Beſtätigung von anderer Seite (Proc. Zool. Soc. London 1866, p. 86). Ich vermuthe, dass es ſich hiebei um Damhrirſchreſte handelt, die 263 Jeitteles 1874 aus dem Libanon erwähnt. Einige Autoren haben auch behauptet, dajs die Elche früher bis zum Hindukuſch und Thian-Schan⸗ gebirge vorgedrungen ſeien. Doch ſind dieſe Angaben vollſtändig unbeglaubigt. Auffallend iſt es allerdings, daſs die Perſer das Elch gekannt und dem Thiere einen eigenen Namen gegeben haben. Ebenſo ſcheint noch nicht ſichergeſtellt, ob die von Lieutenant W. E. Baker im Haripur⸗ pass an der weſtlichen Abdachung des Himalaya⸗ gebirges gefundenen Foſſilreſte (Journ. asiat. society of Bengal, vol. IV, 1835, p. 506, Pl. XLIV) wirklich einem Elch angehört haben. Sehen wir von dieſen unſicheren Thatſachen ab, ſo können wir im aſiatiſchen Ruſsland die Süd— grenze der ehemaligen Verbreitung des Elches durch die Fluſsgebiete des Tobol (Georgi, Beſchreibung des ruſſ. Reiches III, 1607) und Irtyſch (Erman, Reiſe, Hiſtor. Ber. I., 1, p. 334, ſowie Hagemeiſter, Stat. ꝛc. ſruſſ.], 1857, St. Petersburg, 8“, I., p. 327) bis zum Tar⸗ bagatai verfolgen, wo nach Ritters allerdings von Finſch angezweifelter Angabe (Aſien II., p. 418) Elche beobachtet ſind. Carl Anton Meyer (Ledebours Reiſe durch das Altaigebirge 1830, Th. II, p. 478) fand 1826 Elche („doch nicht häufig“) im Kent⸗ oder Ken-Kaslykgebirge bei Karkaraly ſüdlich vom oberen Irtyſch etwa unter 49° n. Br. Weiter iſt das Altaigebirge und der Oberlauf des Ob als ſüdlicher Ver— breitungspunkt hervorzuheben. Brandt fand in Höhlen des Altai foſſile Reſte des Elches, und Eversmann (J. c.) ſowohl als Gebler (Katun. Gebirge, p. 77) berichten, daſs die Elche um die Mitte unſeres Jahrhunderts noch häufig im Altai waren. Helmerſen fand Elche am Telez— kiſchen See im kleinen Altai, nördlich von den Ouellen des Irtyſch, etwa 50° n. Br. Am oberen Jeniſſei bei Krasnojarsk führt ſchon Pallas (Reiſe III., p. 10) Elche an. Es folgen ſodann die Sajaniſchen Gebirge an der Grenze des chineſiſchen Reiches (Pallas, Zoogr. I., p. 202), von wo aus die Grenzlinie öſtlich durch die ſüdlichen Theile von Transbaikalien, vielleicht auch etwas mehr ſüdlich, durch chineſiſches Ge— biet bis zum Chingangebirge verläuft, wo Lange auf ſeiner Reiſe nach China im Jahre 1736 am Naloflufjfe, einem Nebenfluſſe des in den Sungari, der von Süden den Amur erreicht, fließenden Naunfluſſes, Elche antraf (Plath, die Völker der Mongolei J., p. 28) und auch Radde dieſelben ſowohl auf den Oſt- wie auch auf den Weſtabhängen als nicht ſelten bezeichnete. Wie weit ſich an dieſen Stellen die Elche in die Mandſchurei nach Süden verbreitet haben, iſt bis jetzt nicht vollſtändig aufgeklärt. Radde glaubt, daſs das Shotarflüſschen die Südgrenze bildet. Der Umſtand, daſs die Elche in dem ruſſiſchen Küſtengebiete am Uſſuri vorkommen (Maak, Reiſe durch das Fluſsthal des Uſſuri (ruſſ.], St. Pe- tersburg 1861, p. 91 ff.) und am Suifunfluſſe ſogar ſüdlich bis zu 43° n. Br., dem ſüdlichſten bekannten Punkte der Verbreitung in der alten Welt, ſich ausdehnen (Prſchwalski, bei J. F. Brandt J. e., p. 62), läſst faſt auf eine weitere Verbreitung auch auf chineſiſchem Gebiete ſchließen. In dem Stromgebiete des Amur und dem Stanowojgebirge trafen Maak, Maximowicz, 264 Middendorff, L. v. Schrend und Radde (j. deren bekannte Reiſewerke) die Elche an vielen Stellen zahlreich an, und Wosneſſenski fand dieſelben im ganzen Küſtengebiete des Ochotskiſchen Meeres, namentlich bei Udskij, Ajan und Ochotsk; auf Sachalin ſcheinen dieſelben dagegen zu fehlen. Es führt uns dieſes Küſtenland zu dem öſtlichſten be— kannten Vorkommen im Gebiete der alten Welt, nämlich zu dem Pentſchinskiſchen Meerbuſen (Pallas, Zoogr. rosso-asiat. I., p. 202) und dem Fluſsgebiete des auf den Nordabhängen des nördlichſten Ausläufers des Stanowojgebirges entſpringenden Kolyma, in welchem Elche zahl— reicher bis in die Gegend von Sſredne-Kolymsk (679 n. Br.) und bis in das Gebiet ſeines Ne- benfluſſes Anjuj (68 n. Br.) vorkommen. Auch dringt das Elch nach Ferd. v. Wrangel (Reiſe längs der Nordküſte von Sibirien) bis zu dem Cap Baränow am nördlichen Eismeer, wo das- ſelbe zuſammen mit dem Bergſchaf faſt unter dem 70. Grad n. Br. noch vorkommt (v. Mid— dendorff, Sibir. Reiſe, Bd. IV, Th. I, p. 1004). Es iſt auffallend, daſs weiter öſtlich, nämlich aus der eigentlichen Tſchuktſchenhalbinſel und von Kamtſchatka, keine ſicheren Vorkommniſſe bekannt ſind, die über die Beringsſtraße hinaus die Brücke mit Nordamerika bauen würden. Da hier eine Lücke eintritt, ſo will ich zunächſt die Grenzlinie im Norden der alten Welt von Oſten nach Weſten weiter verfolgen. Dieſelbe fällt mit der Grenze des Baumwuchſes zu— ſammen und ſcheint im allgemeinen von dem Fluſsgebiete der Indigirka an, wo nach Al. Bunge und Baron Ed. Toll die Elche noch 1886 häufig geweſen ſein ſollen, nahezu in dem Polar- kreiſe oder etwas ſüdlicher als der Polarkreis zu verlaufen und nur an wenigen Punkten, z. B. außer den oben erwähnten Stellen beim Cap Baränow und am Anjujfluſſe bei Werſchojansk an der Jana unter 67° 33“ n. Br., den Polar- kreis zu überſchreiten, wo Elche nach Wrangel (Reiſe längs der Nordküſte von Sibirien II., p. 238) noch angetroffen worden ſind, und von wo ſie ebenfalls den 70. Breitegrad erreichen ſollen. Am Ob gehen die Elche nördlich bis zum 64. Grad n. Br., am Jeniſſei bis zur Mündung der unteren Tunguska, alſo faſt bis zum Polarkreiſe. Eversmann (J. c.) erwähnt das Vorkommen der Elche im nördlichen Ural. Nach M. Bogdanow ſollen dieſelben im Norden des europäiſchen Ruſsland im allgemeinen ſich nur bis zur Grenze des Nadelhochwaldes verbreiten, alſo bis zu 64 oder höchſtens 66° n. Br. und nicht über den Polarkreis hinaus. Alex. von Schrenck (Reiſe nach dem Nordoſten des europ. Ruſsl. II., p. 408, 1848) bezeugt, dajs Elche im Fluſsgebiete der Petſchora 1837 (allerdings nur ſehr ſelten) angetroffen worden ſind. Georgi (Beſchreibg. d. ruſſ. Reiches III., 1607) zieht das dem Fluſsgebiete der Dwina angehörende Gou— vernement Archangel ausdrücklich in das Ver⸗ breitungsgebiet der Elche. Auch das ſüdlich vom Weißen Meere ſich ausbreitende Gouvernement Olonetz beherbergte nach den Zeugniſſen W. Daſchkows (Opisanie Olonetzkoi ꝛc. [ruff.], 1841, p. 208) 1841 und D. Lomatſchewskijs (Stastist. ꝛc. [rufj.], 1858) 1858 Elche und ent⸗ hielt nach den von Brandt (I. c., p. 58) eitierten Elch. Ausſprüchen des Prinzen Reuß noch 1870 die Art. Finnland beſaß früher einen großen Reich⸗ thum an Elchen, doch ſcheinen dieſelben in den Lappmarken und nördlich davon nur vereinzelt und ausnahmsweiſe vorgekommen zu ſein. Zu den nördlichſten bekannten Vorkommniſſen dürfte das⸗ jenige eines Elchhirſches bei Sſongelskij Pogoſt gehören, der im Herbſt 1879 dort erlegt wurde, und deſſen Geweih Th. Pleske im Herbſte 1880 in Kola erwerben konnte (Säugethiere und Vögel der Kolahalbinſel, Th. I, p. 177, 1884), ferner das Vorkommen bei Utsjoki 1800 (Jac. Fell⸗ man, Bidrag till Lappmarkens Fauna, 1880, 89, p. 263, n. 30), im Tanathale 1848 und in dem ſüdlichen Finnmarken (Collett, Nyt Mag. f. Naturv., Bd. 22, p. 127, n. 47, u. p. 129), end⸗ lich dasjenige bei Enontekis (Laeſtadius, Tidsk. f. Jag. och Naturf., Bd. III, 1834, p. 941). An dieſen Stellen wird im Gegenſatz zum nörd- lichen Ruſsland, in welchem an der Petſchora, im Gouvernement Archangel und an der Dwina nur niedrigere Breiten erreicht werden, der Polarkreis überſchritten und faſt der 70. Breiten⸗ grad berührt. Auf der ſkandinaviſchen Halbinſel waren nach zahlreichen Nachrichten die Elche früher ziemlich allgemein verbreitet, während ſie jetzt auch auf einige mittlere Bezirke Schwe⸗ dens und Norwegens beſchränkt ſind (vgl. J. Bowden, The naturalist in Norway, London 1869). Wir haben damit den Verlauf der Grenzen des ehemaligen altweltlichen Verbrei— tungsgebietes bis in die Nähe des Ausgangs⸗ punktes (Großbritannien) zurückverfolgt. Es bleibt nun noch übrig, die ehemalige Verbrei- tung in der neuen Welt zu betrachten. In der Nordhälfte von Nordamerika bildet das ehemalige Gebiet der Elche einen Landgürtel, welcher im allgemeinen ſchräg von Oſtſüdoſten nach Weſtnordweſten das Land durchzieht und vom Atlantiſchen Ocean bis zum Stillen Ocean und der Beringsſtraße ſowie bis zum nördlichen Eismeer öſtlich von der letzteren reicht. Beginnen wir die Begrenzung dieſes Gürtels mit dem ehemaligen ſüdlichſten be— kannten Vorkommen des Elches überhaupt: in Virginien, ſüdlich vom 40. Grad n. Br. (Hist. de la Virginie, Orleans 1707, p. 213)! Nord⸗ öſtlich davon in dem Staate New-Nork und der früher als Neu-England bezeichneten nordöſt— lichen Gruppe der Vereinigten Staaten: Connec⸗ ticut, Rhode Island, Maſſachuſetts, Vermont, New-Hampſhire und Maine, ſcheint das Elch den Atlantiſchen Ocean erreicht zu haben (Denys, Beſchr. v. Nordamerika, Th. I, p. 27 u. 163, Th. II, p. 321). Dafür, dass weiter nordöſtlich, in Neu-Braunſchweig, an der Fundybai, in Neu- Schottland und auf der vorgelagerten Inſel Cap Breton, die Elche früher zahl- reich vorgekommen ſind, gibt es viele Belege (Wichtigkeit. v. Cap Breton, 1747, 8°, p. 71, Denys J. c.). Auf der anderen Seite des St. Lawrenceſtromes ſind die Elche durch Canada und nach Fitzinger (I. c.) auch bis Labrador verbreitet durch alle bewaldeten Gebiete der eigentlichen Pelzgegenden Nordamerikas öſtlich, ſüdlich und weſtlich von der Hudſonbai (Zim- mermann, Geogr. Geſch., Bd. I, p. 264). Da die Elche die der Hudſonbai vorgelagerten arktiſchen * Inſeln, beſonders zunächſt Baffinsland nicht zu bewohnen ſcheinen, die Waldgrenze außer- dem hier ziemlich weit ſüdlich verläuft, etwa bei 58° n. Br., jo geht die Nordgrenze im Oſten der Hudſonbai höchſtens etwa bis zu dem 60. Grad n. Br. oder ſehr wenig darüber hinaus; anders iſt dies weſtlich von dem genannten Meerbuſen, wo z. B. ſchon an dem in die Coronationbai ſich ergießenden Kupferminen- fluſſe der 65. Grad erreicht werden ſoll (Ri— chardſon, Fauna boreali- americana, 1829, p. 233). Noch weiter geht das Verbreitungs— gebiet am Unterlaufe des Mackenzieſtromes, wo die Elche unter 69° n. Br. nach Capitän Frank— lins Beobachtungen bis zum nördlichen Eis— meer gelangen. In Alaska, an der Berings- ſtraße konnte Wosneſſenski die Elche am Kotze— bueſund unter dem Polarkreiſe und durch das ganze Land ſüdlich bis zur Halbinſel Alaska und dem Kenaibuſen verfolgen (Brandt 1. c., 1870), und Aurel Krauſe (Die Tlinkit-Indianer, 1885, p. 191) ſammelte in den Jahren 1880/81 Notizen über die Jagd auf Elche bei den Tſchilkat⸗Indianern ca. 39 ½“ n. Br. An der Küſte des Stillen Oceans ſcheinen die Elche dann ſüdlich bis zum Columbiafluſſe in der nord— weſtlichen Ecke der Vereinigten Staaten (Diftrict Waſhington) ſich auszudehnen (etwa 46° n. Br.). Von hier geht die ehemalige Südgrenze des Gebietes oſtſüdöſtlich durch das obere Flujs- gebiet des Miſſouri (3. B. beſonders am Milk— River nach Prinz Maximilian zu Wied, VBerzeich- nis 1862, p. 217, Archiv f. Naturgeſch., Ig. XXVIIL I. Bd., 1862, p. 169), des Miſſiſſippi und des Ohio bis Virginia (Baird, Explo— rations and Surveys for a Railroad Route from the Mississippi River to the Pacific Ocean, vol. XII, u., 1860). Innerhalb dieſes großen Landgürtels in Nordamerika ſowie des früher geſchilderten Gebietes der alten Welt ſcheint das Elch alle für ſeine Lebens— bedingungen geeigneten Gebiete ehe— mals bewohnt zu haben. Natürlich konnten die Prairien, Tundren und Steppen dem Elche keine geeigneten Wohnſtätten bieten. In ſumpfi— gen Wäldern, vorzugsweiſe von Kiefern und mit Weidengeſtrüpp oder doch wenigſtens in Wäldern, von denen aus Moore und Sümpfe leicht zu erreichen waren, ſind die Elche durch das ganze Verbreitungsgebiet, wie es ſcheint, ehemals an— zutreffen geweſen. Es laſſen ſich für das ehe— malige Vorkommen in den zwiſchengelegenen Ländern, in denen es jetzt nicht mehr vorkommt, zahlreiche Beweiſe beibringen. Von den Orts— namen, die auf die Benennungen des Elches zurückzuführen ſind, und den hiſtoriſchen Be— weiſen abgeſehen, ſprechen überaus viele Foſſil— funde oder Funde von ſubfoſſilen Reſten des Elches für die ehemalige Verbreitung. Be— ſonders reich iſt Deutſchland mit den be— nachbarten Ländern au ſolchen Funden. Es ſei mir geſtattet, einige derſelben hier anzuführen: In den Torfmooren bei Braunſchweig find im Laufe unſeres Jahrhunderts zu den verſchie— denſten Zeiten neben den Reſten des Urochſen (Bos primigenius) Geweihe, Schädeltheile und andere Knochen vom Elch gefunden, und zahl— reiche Stücke dieſer Art verwahre ich in dem Elch. 265 naturhiſtoriſchen Muſeum in Braunſchweig. Ahnliche Funde erwähnt Altum aus dem Mün— ſterlande in Weſtfalen (Säugethiere des Mün⸗ ſterlandes, p. 11); andere weſtfäliſche Funde fügt noch Landois hinzu (Weſtfalens Thier- leben, Säugethiere, p. 33). A. Nehring erwähnt Reſte aus dem Torf von Schroda und aus dem Spreebett bei Spandau. Th. Schmidt machte eine Zuſammenſtellung der Pommer'ſchen Funde (Zur naturgeſchichtlichen Statiſtik der in Pom- mern ausgerotteten Säugethiere, Jubelſchrift, Stettin 1856, p. 4). Göppert hat die ziemlich vielen ſchleſiſchen Foſſilfunde zuſammengeſtellt (50. Jahresber. der ſchleſ. Gel. f. vaterl. Cultur, 1873, p. 47; vgl. auch W. Stricker, Zool. Garten 1874, p. 196). C. F. Wiepken (Wirbel⸗ thiere Oldenburgs, Säugethiere, p. 7; Über Säugethiere der Vorzeit ꝛc., Oldenburg 1883, p. 6) erwähnt ein 7 Fuß tief im Bornhorſter Moor gefundenes Geweih und andere Stücke von anderen Gegenden Oldenburgs. Liebe fand ferner Elchreſte in der Lindenthaler Hyänenhöhle bei Gera, Ferd. Römer in den Knochenhöhlen von Ojcow in Polen, beſonders in der unteren ſog. Mammuthöhle von Wierszſchöw nordweſtlich von Krakau (Palaeontographica, Bd. XXIX, N. F. IX, 1882/83, p. 193) u. ſ. w. Ahnliche Funde wurden bei Suslowitz in Böhmen, in der Thay— inger und Freudenthaler Höhle bei Schaff— hauſen ſowie in Oberſchwaben gemacht (R. v. König⸗Warthauſen, Verzeichnis, I., Säugethiere, 1873, p. 89). Ob auch bei Steten a. d. Lahn am Unkelſtein bei Remagen und in der Bal— verhöhle in Weſtfalen Elchreſte ſich gefunden haben, wie anfangs behauptet worden iſt, ſcheint nach Nehrings Prüfungen noch nicht ſicher. Einige der erwähnten Funde und viele andere findet man bei Brandt (I. c., p. 14) auf- gezählt. Die vollkommenſte Liſte aller Beweiſe über das Vorkommen des Elches innerhalb des europäiſch-ruſſiſchen Gebietes ſind bei Köppen zu finden. Aus vielen dieſer Gebiete iſt das Elch im Laufe der Zeit wieder verſchwunden, aus manchen in hiſtoriſchen, aus anderen ſchon in vorhiſtoriſchen Zeiten. Ich will zunächſt einige Thatſachen über die allmähliche Ab— nahme und das vollſtändige Verſchwin— den der Elche in einigen Ländern zuſammen— ſtellen und dabei im allgemeinen von Weſten nach Oſten vorſchreiten. — Über das Aus— ſterben in Großbritannien und Irland ſcheinen hiſtoriſche Nachrichten nicht überliefert zu ſein. In den Niederlanden (Flandern) ge— ſchieht noch in einer Urkunde des X. Jahrhun derts des Elens als eines Bewohners des Lan— des Erwähnung (Le Hon, L'homme fossile, 1867, p. 86, sect. 1), ſpäter nicht mehr. In Frank⸗ reich, dem alten Gallien, müſſen die Elche zwiſchen der Mitte des II. Jahrhunderts n. Chr., zu welcher Zeit Pauſanias von deren dortigem Vorkommen ſpricht, und dem XIV. Jahrhundert ausgeſtorben ſein, da der 1390 geſtorbene be— rühmte Jagdſchriftſteller Gaſton Phoebus in ſeinen Schriften des Elches gar keine Erwähnung thut. In der Schweiz lebten nach Polybius? von Strabo citiertem Zeugnis Elenthiere noch zur Zeit des zweiten puniſchen Krieges. Da Polybius die Thiere als etwas für Italien 266 Eid. Fremdes aufführt und Plinius dieſelben jogar in den hohen Norden verſetzt, müſſen zu dieſer Zeit in Oberitalien die Elche ſchon ver- ſchwunden geweſen ſein. In Schenkungsurkunden Kaiſer Heinrichs II. über Wälder der Vogeſen von 1004 und 1017 fehlt in der Aufzählung der Jagdthiere das Elch. Ch. Gérard (Faune historique de l’Alsace, 1871, p. 302) ſchließt daraus, daſs dasſelbe ſpätens im X. Jahrhundert dort aus— geſtorben ſein muſßs. In Deutſchland werden Elche noch in den ſchon oben angeführten Urkunden des Kai— ſers Otto I vom Jahre 943 (in der Land— ſchaft Drenthe am Niederrhein zwiſchen Vecht und Ems), Heinrichs II. von 1006 und Kon— rads II. von 1025 erwähnt (Heda, Hist. Episcop. Ultraject., 1642, fol. 83, 101 und 144; Schlözer, Neuer Briefwechſel, Heft II, 1776, Göttingen, 8°). Da Albertus (Magnus) von Bollſtadt und Gesner bezeugen, daſs im XII. Jahrhundert Elche nur noch in Preußen, Sla— vonien und Ungarn, aber nicht mehr im eigent— lichen Deutſchland vorgekommen ſeien, iſt an— zunehmen, daſs die Elche theils im X., theils im XI. Jahrhundert im Süden, Weſten und Nordweſten Deutſchlands ausgeſtorben ſind, und daſs dieſelben mindeſtens gleichzeitig auch in den Niederlanden, in Jütland und auf den däniſchen Inſeln zu leben aufhörten. In Un⸗ garn, Galizien, Böhmen, Sachſen, Schleſien, Brandenburg und den öſtlich und nordöſtlich davon gelegenen Ländern ſcheinen die Elche noch einige Jahrhunderte länger gelebt zu haben. Vielleicht iſt die vollſtändige Vernich— tung in dem Nordoſten Deutſchlands (mit Aus— nahme des äußerſten Winkels), wie R. v. Dom- browski meint, großentheils auf den dreißig— jährigen Krieg zurückzuführen. Am meiſten mögen ſie durch die fortſchreitende Cultivierung des Landes vertrieben und zum Untergange geführt ſein. Joh. Marignola überreichte Kaiſer Karl IV. eine Chronik Böhmens (Dobneri Monumenta hist. Boemiae, T. II, p. 138), aus der ſich ergibt, daſs im XIV. Jahrhundert noch Elche in Böhmen lebten. In Ungarn und Galizien wurden Elche noch im XVII. Jahr— hundert häufiger beobachtet, während zu Ende des XVIII. Jahrhunderts ſich in Ungarn keine mehr finden. In dem benachbarten Ga— lizien iſt 1760 das letzte Elch geſchoſſen, wie Temple und Zawadzki angeben, nicht 1769, wie A. Wagner und Lichterfeld ſchreiben. Nach Sachſen, Anhalt und Brandenburg ſcheinen 1720 und 1730 noch einmal polniſche Elche verpflanzt zu ſein, und es wird wahrſcheinlich eines dieſer angeſiedelten Stücke oder ein Nach— kömmling derſelben geweſen ſein, das als letztes 1746 in Sachſen erlegt ward. In Schleſien ſollen noch, nach einer allerdings angezweifelten Überlieferung, im XII. Jahrhundert mit Erfolg große Jagden auf Elche veranſtaltet ſein, z. B. bei Oppeln, während im XVI. Jahrhundert nach den Zeug— niſſen Schwenckfelds und Bujacks dort Elche nicht mehr vorkamen. Es ſchloſs dies nicht aus, daſs von dem benachbarten Polen her bis ins XVIII. Jahrhundert hinein einzelne Elche ſich nach Schleſien verliefen, jo daſs ſolche mehrmals in den Sechzigerjahren des XVII. Jahrhunderts noch bei Ols, 1675 bei Kotzenau und Modlau nördlich von Liegnitz, 1725 bei Stein, 1743 wie⸗ derum bei Ols und zuletzt noch eines 1776 im Lublinitzer Kreiſe erlegt wurden. In Pom⸗ mern, wo Kantzow Pommerania) 1530—1540 noch von zahlreich gepflegten Elenden ſpricht, ſind die Elche ſeit der Mitte des XVI. Jahr⸗ hunderts nach W. Stricker auf den öſtlichen Theil beſchränkt; hier ſollen ſie noch bis in das XVIII. Jahrhundert vorgekommen ſein. In Weſtpreußen waren die Elche Standwild bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts (Bujack I. c., p. 15; v. Wangenheim, Naturgeſch. d. preuß.-litth. Elchs 1. e., p. 6). Das letzte weſt⸗ preußiſche Exemplar, von deſſen Wildbret H. O. Lenz geſpeist hat (Gemeinnützige Natur⸗ geſch. , 1851, p. 539), ſcheint in den Dreißiger⸗ jahren unſeres Jahrhunderts bei Roſenberg unweit Marienwerder erlegt zu ſein (Brandt I. c., p. 33). Wahrſcheinlich war dasſelbe aus Oſtpreußen dorthin verirrt, wo ſich um dieſe Zeit die Elche noch ziemlich verbreitet fanden. Ju Ende vorigen Jahrhunderts gab es nach J. Hagen in Oſtpreußen noch zahlreiche Elche, z. B. in der Kaporniſchen Heide, nur zwei Meilen von Königsberg, ferner am friſchen Haff bei Kutten und Ogonken unweit Anger- burg, bei Ae Ortesburg und Soldau. Auf der Kaporniſchen Heide weſtlich von Königsberg waren die Elche vorher jo mafjen- haft vorgekommen, dajs Friedrich I., König von Preußen, dem Czaren Peter J. dort bei Fiſchhauſen einſt eine große Jagd geben konnte, bei welcher, wie Klein ſich 1731 erinnert, viele hunderte von Elchen mit Pfeilen erlegt worden ſind (Klein, Überſicht der vierfüßigen Thiere, deutſch von Reyer, 1760). Zu Anfang unſeres Jahrhunderts waren Elche außer in dem Forſte von Ibenhorſt in denen von Schorell, Tzulkien und Skalliſchen zahlreich zu ſinden. Der Be⸗ ſtand nahm aber in den drei letzteren Gebieten beſtändig ab. Seit dem Jahre 1862 ſoll eine Auswanderung der Elche aus dem Ibenhorſter Revier wiederum dazu geführt haben, dajs mehrere um Königsberg gelegene Oberförſtereien noch vor kurzem Vertreter dieſes ſeltenen Wildes aufweiſen konnten. Nach einer von Ferd. Baron Droſte (Zool. Garten 1869, p. 30) gegebenen Statiſtik befanden ſich 1868 in der Oberförſterei Gauleden öſtlich von Königsberg 30 Elche, in Leipen 1, in Fritzen zwiſchen Königsberg und der Neer 10, in Pöppeln am kuriſchen Haff 3, in Gruben ebenda 12 und endlich in Bludau am friſchen Haff 1. Wie weit dieſer Zuſtand bis heute ſich erhalten hat, iſt mir nicht bekannt geworden. In dem Ibenhorſter Revier im Memeldelta bei Tilſit haben ſich die Elche, in der Zahl ſchwankend, bis auf den heutigen Tag in einem verhältnismäßig großen Beſtande er— halten. Der Elchwildſtand wurde von Bujad 1837 auf 450 Stück geſchätzt. 1848 waren es noch etwa 300—400, die 1849 auf 14 zurück⸗ giengen; 1850/51 waren es 13, 1856 70, 1862 nach Meyerinck wieder 300; die große Dürre, die dann eintrat, veranlasste bis 1868 eine Auswanderung und einen Rückgang auf etwa Bee * l 50 Stück; in den Siebzigerjahren gab es nach Brehm etwa 80 Stück, in den Achtzigerjahren aber nach R. v. Dombrowski wieder ca. 150. Was Rufsland anbetrifft, jo finden ſich die Elche in den Oſtſeeprovinzen, nach ver— ſchiedenen Schwankungen des Beſtandes, augen— blicklich durchwegs noch ziemlich zahlreich; Oscar von Loewis ſchätzt 1880 den geſammten Elch— beſtand Livlands auf mindeſtens 600 Stück, von denen jährlich 15— 20% abgeſchoſſen wer— den (Zool. Garten 1880, p. 307). Auf der der livländiſchen Küſte vorgelagerten Inſel Oſel, auf welcher nach Oscar von Loewis (Zool. Garten 1886, p. 54) als Beweis des ehemaligen Vorkommens ſubfoſſile Elchgeweihe gefunden worden ſind, müſſen die Elche aber ſchon vor ſehr langer Zeit ausgeſtorben ſein. In Polen waren nach einer im Jahre 1361 von Freiherrn Joh. Bonarius von Balicze an Gesner gemachten Mittheilung damals Elche in manchen Gegenden nicht mehr vertreten. Doch müſſen noch zu Ende des vorigen Jahr— hunderts dieſelben an vielen Stellen zahlreich gelebt haben, ſo z. B. im Palatinat Kaliſch, im großen Walde von Kampinos fünf Meilen von Warſchau und im Walde von Lubochnia und Kozience. Der Befehl Kaiſer Pauls J., dass die Reiterei mit Reithoſen aus Elenfellen auszu— ſtatten ſei, hat zu einer großen Vernichtung in Polen geführt; 1828 waren die Elche an den meiſten Stellen vertilgt und nur noch im Raygrod'ſchen Walde vertreten (v. d. Brincken, Mem. descript. sur la foret de Bialowicza, p. 78). Damit ſtimmt allerdings nicht ganz die Bujack'ſche Nachricht, daſs noch 1836 große Mengen (12 Centner) von Elengeweihen aus Ruſſiſch⸗Polen nach Königsberg eingeführt wor— den ſind. Aus dem Galizien benachbarten Po— dolien ſcheinen die Elche Ende des vorigen Jahrhunderts verſchwunden zu ſein. Eichwald (Naturhiſt. Skizze von Litthauen ꝛc., 1830, p. 240) jagt ausdrücklich 1830, daſs keine Elche in Podolien mehr vorkommen. Ebenſo ſind auch aus den übrigen ſüdlichen Provinzen des ruſſiſchen Reiches die Elche früher oder ſpäter zu— rückgedrängt, z. B. vom Oberlauf des Don, wo der Mönch Ignatius noch 1389 Elche antraf, bald nachher, jo daſs auf Grund überaus ſorg— fältiger Unterſuchungen Köppen (I. c., p. 40 und 41) für die Mitte unſeres Jahrhunderts die Verbreitung derſelben nach Süden hin in folgender Ausdehnung feſtſtellen konnte: Da— mals gab es einige inſelartige Verbreitungs— gebiete im Gouvernement Wladimir und im Norden der Gouvernements Rjäſan und Sſim— birsk und vereinzelte Vorkommniſſe ſüdlich von Moskau an der Oka und ſüdöſtlich von Tula ſowie im Gebiete der Wolga öſtlich und weſt— lich von Niſchnij-Nowgorod; im übrigen hatte die Grenzlinie der ſtetigen Verbreitung im Weſten und Süden von Europa folgenden Ver— lauf: von der Mündung des Memel (Niemen) in Oſtpreußen (Ibenhorſter Forſt) geht ſie über den nördlichſten Theil des Czarthums Polen zum Bialowiczer Wald und zum oberſten Lauf des Prypet; dann folgt ſie ziemlich genau der weſtlichen und ſüdlichen Grenze der Pinskiſchen Sümpfe (in Wolhynien), tritt, dem linken Ufer Elch. 267 der Uſcha folgend, ins Gouvernement Kiew über, bis zur Mündung des Prypet in den Dniepr; dann nördlich den letzteren Strom hinauf bis zur Mündung des Sſoſh und dieſen aufwärts bis etwa Homel; hier wendet ſich die Grenzlinie wieder nach Oſten, durchſchneidet den nördlichen Theil des Gouvernements Tſcherni— gow ſowie die weſtlichen Theile der Gouverne— ments Orel und Kaluga und den öſtlichen Theil des Gouvernements Smolensk, faſt ſteil nach Norden gehend; von hier tritt ſie ins Gou— vernement Twer hinüber und ſcheint eine Zeit- lang dem linken Ufer der Wolga zu folgen; dann wendet ſie ſich wieder nördlich zum un— teren Lauf der Mologa; von hier durchſchneidet ſie in weſtöſtlicher Richtung die nördlichen Theile der Gouvernements Jaroslaw und Koſtroma, ſenkt ſich längs der Wetluga ſüdlich, berührt den nordöſtlichen Theil des Gouverne— ments Niſchnij-Nowgorod und den nordweſtlichen Theil des Gouvernements Kaſan; weiter über— ſchreitet ſie die Grenze des Gouvernements Wjatka, geht eine kurze Zeit ſüdöſtlich längs des gleichnamigen Fluſſes und wendet ſich dann wieder nach Oſten, in welcher Richtung ſie eine Strecke die Kama hinaufgeht und dann etwa unter 36 ½ n. Br. den nordöſtlichſten Streifen des Gouvernements Ufa bis zum Uralgebirge durchſchneidet, auf welchem ſich die Verbrei— tungsgrenze des Elens bis zu 34½ “ n. Br. ſenkt; öſtlich vom Ural ſcheint ſie längs des Iſſet zum Tobol zu verlaufen. Merkwürdigerweiſe hat Köppen nachweiſen können, daſs nach 1850, u. zw. bis 1880 durch großartige Wanderungen, die in ihrer Aus— dehnung faſt nur mit der pojtglacialen Ein— wanderung verſchiedener größerer Säugethiere aus Aſien nach Europa vergleichbar ſind, das Elch ſich in dem mittleren Ruſsland bis un— gefähr zum 33. Grad n. Br. und darüber hinaus von neuem hat ausbreiten können, ſo daſs die jetzige Grenzlinie, vorausgeſetzt dass die Elche ſich haben feſtſetzen können, zwiſchen Orel und Tula und weiter oſtwärts nördlich von Tambow und ſüdlich von Penſa und Sim— birsk hindurchführt, immerhin noch erheblich nördlich von der ehemaligen Verbreitungsgrenze, die wir oben betrachtet haben. Auch im nördlichen Europa, in Skandi— navien, Finnland und Nordruſsland, iſt eine allmähliche Einſchränkung des Verbreitungs— gebietes zu beobachten. Was Schonen, die ſüd— lichſte Provinz Schwedens, anbetrifft, ſo gibt J. W. Grill bei Mariedamm im ſüdlichſten Schweden die Elche im Anfange der Dreißiger— jahre unſeres Jahrhunderts als noch häufig an. 1844 kamen hier die Elche noch in einem Rudel von 8 bis 10 Stück vor, nachher bis 1863 nur einzeln oder in kleinen Familien. In den Wäldern zwiſchen Närike und Oſtgotland ſollen Ende der Dreißigerjahre noch etwa 100 Stück erlegt ſein (Zool. Garten 1863, p. 55). Als Standwild fehlen die Elche in dieſen Gegenden jetzt ſchon lange. A. W. Malm (Göteborgs och Bohusläns Fauna, 1877, p. 147) ſtellt einige letzte Vorkommniſſe ſolcher bis 1868 aus Bohuslän zuſammen. Ebenſo ſind dieſelben in anderen Küſtengebieten und im Norden von 268 Skandinavien nur ausnahmsweiſe noch als regel- mäßig vorkommend zu bezeichnen, während ſie ſich in der Mitte der ſkandinaviſchen Halbinſel, in den ausgedehnten Wäldern, welche ſowohl nach ſchwediſcher als auch nach norwegiſcher Seite hin das Kjölengebirge bedecken, nament— lich in den benachbarten Landſchaften Werme— land, Dalekarlien, Herjedalen, Oſterdalen, Hede— marken, Gulbrandsdalen und Valdersdalen noch ziemlich reichlich verbreitet finden. Wie groß der Elchbeſtand in Skandinavien noch jetzt iſt, ergibt ſich daraus, daſs amtlichen Nachrichten zufolge allein in 13 Amtern Schwedens im Jahre 1886 nicht weniger als 1197 Elche erlegt worden find, die etwa 200—300 Stücke nicht mitgerechnet, welche Wilddieben in die Hände gefallen ſein werden. In Finnland ſind die Elche trotz der Schonung, die ihnen zutheil wird, ebenfalls im Norden und Weſten nicht mehr als regelmäßig und zahlreich vorkommend zu bezeichnen. Nördlich vom 62. Grad n. Br. wird in dieſem Lande augenblicklich das Elch nach A. J. Mela (Vertebrata fennica, 1882, p. 53) nur noch ſehr ſelten beobachtet, u. zw. ſind die Thiere in dieſen Breiten jetzt immer nur als verirrt zu bezeichnen. Nach den An— gaben Laeſtadius', Colletts, Melas und Pleskes kamen einzelne Individuen 1800 bei Uſtjoki vor, 1834 bei Enontekis, 1852 bei Muonio— niska in Lappland und am Imandraſee, 1860 im ruſſiſchen Karelien am Weißen Meere, 1877 bei Sotkamo und 1879 bei Sſongelſkij Pogoſt. Südlich vom 62. Grad n. Br. iſt das Elch in Finnland ebenfalls ſchon ſehr ſelten geworden und nach Mela eigentlich nur noch im äußerſten Südoſten des Landes im Gouvernement Wi— borg als Standwild zu bezeichnen. Auf den vor der finniſchen Küſte liegenden Alands— inſeln, wo nach L. O. Hallborg (De Alandia dissertatio, 1730) das Elch früher zahlreich vorkam, iſt nach Fr. W. Radloff (Beskrifning öfver Aland, Abo 1795, p. 229) das letzte Indi— viduum im Jahre 1778 erlegt, u. zw. in Lem— land. — Im weſtlichen Theile des Gouvernements Olonez wird das Elch 1839 nicht mehr unter den jagdbaren Thieren des Landes von Pere— lygin aufgeführt, und ebenſo konnte J. H. Bla— ſius 1840 bei Uſtjug Weliki feſtſtellen, daſs die Elche dort immer ſeltener werden (Reiſe im europ. Ruſsland, I. Th., 1844, p. 262). Auch in Betreff des Nordens von Sibirien deuten die Angaben Wrangels und anderer Reiſender darauf hin, dajs die Elche in ihrer Verbreitung zurückgehen. Noch neuerdings (1886) konnten Al. Bunge und Baron Ed. Toll feſtſtellen, daſs im Werſchogansker Kreiſe an der Jana die Elche faſt vollkommen geſchwunden ſind, wäh— rend die Thiere nach Erkundigungen des Barons Toll im Flussgebiet des Dolgulach, eines Neben— fluſſes der Jana, in der letzten Zeit wieder häufiger geworden ſind (Berichte über die Ex— pedition nach den neuſibiriſchen Inſeln, Beiträge zur Kenntnis des ruſſ. Reiches, 1886, 3. Folge, P. 41). Aus dem Süden von Sibirien liegen einige Angaben über das Zurückgehen des Elchbeſtandes am Altai vor, und Radde konnte in den Fünfzigerjahren feſtſtellen, dajs am Turanski'ſchen Poſten keine Elche mehr Elch. lebten, während dieſelben früher dort erlegt waren. Aus dieſen und anderen ſpärlichen Nach- richten von Reiſenden geht hervor, daſs die Elche auch in Aſien ſeltener werden und aus manchen Gegenden ihrer früheren Verbreitung ſich verdrängt ſehen, daſs aber im ganzen an günſtigen Stellen dieſes Gebietes wie auch im mittleren Russland dieſelben noch ziemlich reich— lich vertreten ſind. In Nordamerika ſcheint ſich das ehe— malige Verbreitungsgebiet der Elche, wie ich es oben geſchildert habe, ebenfalls beſtändig ein- zuengen. Aus Virginien, dem ehemaligen ſüd— lichſten Lande der Verbreitung, ſind die Elche ſchon ſeit ſehr langer Zeit verſchwunden, ebenſo auch aus den nordöſtlich ſich daran jchließen- den meiſt bevölkerten Theilen der Vereinigten Staaten. Nach De Kays Angaben waren die— ſelben 1841 in Maſſachuſetts ausgerottet. In dem Staate New-York, in welchem zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Elche noch ziemlich weit nach Süden hin vorkamen, waren dieſelben nach desſelben Gewährsmannes Mit- theilung 1841 nur noch in den nördlichen, weniger oder gar nicht bewohnten Gegenden ſüdlich bis etwa 43½ n. Br. zu finden. In dem Adirondack-Gebirge im Norden des Staates New-York waren ſie im Anfange der Fünfziger- jahre unſeres Jahrhunderts noch häufiger. Dann aber beginnt ihre ſchnelle Ausrottung, und C. Hart Merriam (The Mammals of the Adirondack Region, 1884, p. 138), der jorg- fältig über die letzten Vorkommniſſe in dieſen Gegenden Nachrichten geſammelt hat, konnte feſtſtellen, daſs hier das letzte Individuum etwa 1861 erlegt worden iſt. In den Staaten Ver⸗ mont, New-Hampſhire und Maine gab es 1841 gleichfalls noch Elche ziemlich weit verbreitet, aber J. A. Allen (Mammalia of Massachusetts, Bull. of Mus. of Comp. Zool., Nr. 8, p. 195, 1869) ſpricht ſich 1869 ſchon dahin aus, daſs dieſelben ſicher nur noch ſüdlich bis zu den Umbagogſeen vorkommen. Daſs auch auf cana⸗ diſchem Gebiete die Elche ſeltener werden, dahin ſprechen ſich übereinſtimmend faſt alle Schriftſteller über dieſe Gegenden aus. Auf der Inſel Cap Breton find die Elche ſchon von Denys als ausgeſtorben bezeichnet. In ähn— licher Weiſe ſcheinen dieſelben weſtlich von der Hudſonbai ſeltener zu werden. So z. B. führte Roſs 1861 das Elch nicht mehr unter den Säugethieren der arktiſchen Region von Nord— amerika zwiſchen 62 und 67½ n. Br. auf (N. Edinb. Journ. 1861, XIII., p. 162), während er dasſelbe im Gebiete der Chipewyan-Indianer noch als ein ſehr nützliches Säugethier erwähnt (Can. Nat. VI., 1861, p. 433 ff.). Aus den vorſtehenden Darlegungen ergibt ſich ſchon mehr oder weniger das Wichtigſte über die jetzige ſtändige Verbreitung des Elches. Vorzugsweiſe kommen hier die oben— genannten norwegiſchen und ſchwediſchen Land— ſchaften aus der Mitte Skandinaviens, der Ibenhorſter Forſt im Memeldelta und einige andere im Regierungsbezirk Königsberg gelegene Oberförſtereien Oſtpreußens, dann Litauen und die Oſtſeeprovinzen Ruſslands, beſonders Kurland und Livland, ferner der äußerſte Süd— oſten von Finnland, die Rokitnoſümpfe in Wolhynien und verſchiedene günſtige Wald- gebiete in einem mittleren, bezw. nördlichen Gürtel Russlands, ferner in Aſien das Strom- gebiet des Ob (Finſch, Reiſe nach Weſtſibirien 1876, Wirbelthiere, p. 11; Verh. d. k. k. zool.-bot. Geſellſch., 1879, p. 123), des Jeniſſei, der Lena, Jana, Kolyma ꝛc., ferner die Gegend des Baikalſees, die Amurländer, die Mongolei und Tunguſien in Betracht. In Nordamerika iſt das Elch jetzt vorzugsweiſe im Norden, nament- lich in Canada, Neu-Braunſchweig und an der Fundybai, ferner in Alaska, an den Abhängen der Felſengebirge, an der Quelle des Elk-Rivers u. ſ. w. verbreitet. Die aus führlichſten Angaben über die geographiſche Verbreitung der Elche find zu finden bei: Zimmermann, Geogr. Geſch. ꝛc., Bd. II (1778), p. 127. Pallas, Zoographia Rosso-asiatica, vol. I, p. 201 (1811). — Brandt und Ratzeburg, Mediein. Zoologie, Bd. I, p. 30 (1829). — Richardſon, Fauna bo- reali- americana, vol. I, p. 232 (1829). — Wieg⸗ mann, Abbild. merkw. Thiere, Lief. II, p. 98 (1831). — Schreber, Säugthiere, Bd. V, I., p. 968 (1836). — Wagner, Geogr. Verbr., Abh. Münchner Akad. (1846), Bd. IV, p. 79. — N. A. Sevérzow, Loss 2c. (ruſſ.), 1854, p. 289 bis 300. — Brandt, Bemerkungen über die Wirbelthiere des Urals, E. Hoffmanns Reiſe im Ural, Bd. II, Zoolog. Anh., p. 44 (1856). — Brandt, Beiträge ꝛc., 1870. — M. Bog da⸗ no w, Ptizi ꝛc. (ruſſ.), Kaſan 1871, p. 176; Etud. russ., 1873, p. 8; IIlustr. (ruſſ.), 1873, p. 30 und 31 (Verbreitungskarte). — Köppen, Die Verbreitung des Elenthieres, 1883. Mit Karte. — Vgl. auch G. Jäger und Beſſels, Peter— manns Geogr. Mittheilungen 1870, p. 82— 92 (mit Karte), und v. Middendorff, Sibir. Reiſe, Bd. IV, Th. II. Lebensweiſe. Der Nahrung geht das Elchwild meiſt zur Nachtzeit und nur an ſolchen Stellen, an denen es ganz ungeſtört iſt, auch ſchon Nach— mittags und in den frühen Morgenſtunden nach. Dieſelbe beſteht vorzugsweiſe aus der Rinde, aus den ein⸗, höchſtens zweijährigen Schöſslingen und den Knoſpen und Blättern verſchiedener Holzgewächſe. Unter dieſen kommen beſonders in Betracht die verſchiedenen Weidenarten (Salix incubacea L., Caprea L., einerea L. var. aquatica Smith u. a.), alle Arten von Birken, ſowohl die großen (Betula verrucosa und pu— bescens), als auch beſonders in Aſien die Strauch⸗ und Zwergbirken (Betula fruticosa und nana), die Erlen (Alnus glutinosa u. a.), Eſchen (Fraxinus excelsior), Eſpen und Pap— peln (Populus tremula, nigra 2c.), Kornellkirſchen (beſonders in Amerika Cornus alba), weniger Ebereſchen (Sorbus aucuparia), Ahorne (Acer platanoides, in Amerika rubrum, pensylvani- eum u. a.), der Faulbaum (Rhamnus cathar- tica und frangula), der Haſelſtrauch (Corylus avellana 2c.), Linden (Tilia parvifolia, grandi— folia u. a. Arten), Eichen (Quercus peduncu— lata und sessiliflora), von den Nadelhölzern Elch. 269 Arten), weniger die Lärchen (Larix europaea, sibirica ꝛc.) und Wachholdern (Juniperus com- munis) und am wenigſten die Fichte (Picea excelsa). Von den niedrigen Strauchpflanzen der Wälder, Moore und Heiden liebt das Elch die Heidelbeergewächſe (Vaccinium myrtillos, vitis idaea ꝛc.), die Heide (Calluna vulgaris und Erica-Arten), den Moorrosmarin (Andro- meda polifolia) und zur Brunftzeit ſelbſt den überaus giftigen Sumpfporſt (Ledum palustre), was allerdings Bujack beſtreitet, und in Nord- amerika den Wintergrünſtrauch (Gaultheria shallon oder procumbens). Die Angabe Sar- raſins, daſs dort die Elche auch an dem übel- riechenden Stinkſtrauch (Anagyris foetida) Gefallen fänden und dieſen ſelbſt aus dem Schnee hervorkratzten, um ihn abzubeißen, eine Angabe, die ſchon Schreber anzweifelte, muss auf einer Verwechslung beruhen, da dieſe Pflanze der ſüdeuropäiſchen Flora angehört. Von krautigen Gewächſen kommen beſonders Rohr und Schilf (Phragmites communis), Ge- treide, beſonders Hafer (Avena sativa) und Roggen (Secale cereale), nebſt anderen Gräſern (3. B. Festuca fluitans) auch Wollgras (Erio- phorum latifolium), Schachtelhalme (Equisetum palustre, limosum 2c.), ferner beſonders im Frühling die Kuhblume (Taraxacum offieinale), ſelbſt die giftige Sumpfdotterblume (Caltha pa- lustris), ja ſogar nach Krüdener der Waſſerſchier— ling (Cicuta virosa) in Betracht; auf den Feldern iſt neben Getreide beſonders Flachs (Linum usi— tatissimum) beliebt; in ſtehenden und fließenden Gewäſſern tauchen die Elche mit Vorliebe nach den ſtärkemehlhaltigen und fleiſchigen Wurzeln der Teichroſen (Nymphaea und Nuphar-Arten) und mancher anderer Waſſerpflanzen, die ſie als Leckerbiſſen anſehen müſſen. Das eigentliche Abgraſen niedrig wachſender Sträucher und anderer Gewächſe iſt den Elchen infolge ihrer Körperbeſchaffenheit (hohen Widerriſtes, kurzen Halſes u. ſ. w.) ſehr erſchwert. Sie können zwar durch Zurückziehen der Vorderläufe und Vor— biegen des Körpers ſowie durch Niederknien in beſonders günſtigen Fällen reichlicher Nah— rung am Boden mit der Schnauze den Erd» boden erreichen; allein es iſt die Ausführung dieſer Bewegungen einigermaßen umſtändlich, weshalb nicht häufig davon Gebrauch gemacht wird und die Elche in der Regel erſt dann die genannten Pflanzen angreifen, wenn dieſelben eine gewiſſe Höhe erreicht haben. So kommt es, daſs in Gegenden mit Getreide- und anderem Feldbau die Saaten meiſt nur dann den Elchen zur Aſung dienen, wenn ſie im Schoſſen ſind und blühen. Später, wenn die Halme ſich zur Zeit der Reife feſtigen, ſind dieſelben nicht mehr ſaftig und ſchmackhaft genug. An die Sitte, ſich die Nahrung zu gewiſſen Zeiten auf den beackerten Feldern zu ſuchen, haben ſich die Elche meiſt erſt allmählich gewöhnt. So ſollen die Ibenhorſter nach E. F. v. Homeyer (Zool. Garten 1876, p. 284) erſt ſeit den Sechziger— jahren dieſe Gewohnheit angenommen haben, die von A. E. Brehm (J. c.) zuerſt hervorge— hoben, in ſpäterer Zeit von O. v. Loewis nach Beobachtungen am livländiſchen Elchwild mit am meiſten die Kiefern (Pinus sylvestris u. a.! Unrecht geleugnet, kürzlich aber wieder von 270 Reiſch voll und ganz beſtätigt worden iſt (Zool. Garten 1886, p. 153). In anderen Ge⸗ genden haben ſich die Thiere früher ſchon an dieſe Nahrung gewöhnt; ſo ſchreibt z. B. ſchon 1824 Bechſtein (Jagdzoologie, p. 293): „In der Nähe der Felder gehen ſie auch ins reifende Getreide, nicht aber auf die grüne Saat.“ Es iſt wohl möglich, dajs es jetzt noch viele Ge— genden gibt, in denen den Elchen die Ver— ſuchung, auf den Feldern ſich Aſung zu ſuchen, noch nicht gekommen iſt. Die Hauptnahrung bleibt unter allen Umſtänden, ſchon des Gerb— ſtoffgehaltes wegen, der den Thieren offenbar ſehr zuträglich iſt, die Reihe der erſterwähnten Holzgewächſe. Wo eine größere Auswahl ſolcher iſt, ſollen ſie im Februar und März die Rinde der Nadelhölzer, im Frühjahr die Rinde von Laubhölzern, im Winter die Knoſpen der Laub— hölzer und die jungen Triebe der Nadel— hölzer vorziehen, während des ganzen Jahres aber die Weidenſchöſslinge am meiſten lieben. Wegen der ſaftigeren Beſchaffenheit ſind von den verſchiedenen Holzarten die Blätter und dün— neren, bis höchſtens fingerdicken Zweige ſowie die Rinde der etwas dickeren, bis höchſtens arm— dicken Aſte ſtets vorgezogen; an die Rinde älterer Stämme gehen ſie dagegen weniger gern. Die ſtarke, muskulöſe, zu einem Greif— organ umgewandelte Oberlippe wird beim Ab— brechen der Zweige geſchickt benützt. Höhere Stangen, ſelbſt 5—6zöllige Kiefern biegen die Elche, wenn nöthig, auf den Hinterläufen ſich erhebend, mit ihrem Kopfe und Halſe nieder und brechen dann die Kronen ab, um die Zweige derſelben und die Rinde bequemer genießen zu können. Wenn es beſonders in den erſten Mo— naten des Jahres auf das Abrinden des Stan— genholzes ankommt, ſo werden die Schneide— zähne wie ein Meißel in die Rinde eingeſetzt, um zunächſt nur ein Stückchen der Rinde zu lockern und vortreten zu laſſen. Indem ſie dann dieſes Stückchen mit der Lippe und den Zähnen faſſen, ſuchen ſie nach oben zu einen langen Streifen loszulöſen. Wenn ſie in ihrem Reviere gefällte oder gefallene Bäume finden, ſo ziehen ſie es vor, dieſe in genannter Weiſe zu bear— beiten, weshalb wohl auch in denjenigen Forſten, in denen die Elche gehegt und geſchont werden, periodiſch, beſonders im Winter, Bäume eigens zu dieſem Zwecke gefällt werden. Die Vorliebe für mit Weiden und anderem Laubgeſträuch vermiſchte, nicht zu trockene Kiefernwälder geht im öſtlichen Ruſsland ſo weit, daſs Köppen zu der Anſicht gelangt iſt, daſs die Verbreitung des Elches und diejenige der Kiefer in innigſter Beziehung zu einander ſtehen, derart, daſs den Elchen da, wo die Kiefer fehlt, eine Grenze der Verbreitung geſetzt iſt. Oscar von Loewis hat allerdings andererſeits in Livland beobachtet, daſs Elche paſſendes Laubholz als Nahrung ſtets den Kiefern vorziehen. Jedenfalls können die Elche auf die Dauer nicht ohne Hoch— wald oder doch dichten Wald leben, wenn ſie auch in Sibirien zu Zeiten, wo die Gebirgs— wälder mit übermäßig vielem Schnee bedeckt ſind, bisweilen in die Ebene, in die Hochſteppen, aus— wandern oder an anderen Stellen während ge— wiſſer Jahreszeiten entfernte Moore aufſuchen, Elch. wenn nämlich der Wald, den ſie als Aufenthalt gewählt haben, dieſe nicht enthält. Am liebſten ſuchen ſie daher ſolche Wälder als Aufenthalt auf, welche Brüche und unzugängliche Moore ſelbſt umſchließen. Da den Elchen jede Störung noch unangenehmer als anderen Vertretern der Hirſch— familie iſt, ſo müſſen dieſe Wälder möglichſt einſam, von menſchlichen Anſiedelungen und dem lauten Eiſenbahnverkehr entfernt gelegen ſein. Auffallenderweiſe ſcheinen Viehherden die Elche gar nicht oder wenig zu beunruhigen. Ja es iſt ſogar von Radde in Oſtſibirien und von O. v. Loewis in Livland beobachtet, daſs ſich die Elche tagelang weidenden Viehherden an- geſchloſſen haben. Der für Deutſchland beſon⸗ ders intereſſante, im Memeldelta gelegene Forſt von Ibenhorſt ſcheint ganz außerordentlich geeignet, den Elchen ein behagliches Leben zu ſichern; derſelbe liegt am kuriſchen Haff, läuft etwa 1½ Meilen weit von der Mündung des Athnathfluſſes bis zum Loyefluſs und beſteht aus 2000 Morgen Höhenboden, der von ehemaligen Dünenhügeln gebildet wird und mit Kiefern, Fichten und Birken beſtanden iſt, 6000 Morgen Torfmooren und etwas über 40.000 Morgen ſchlickhaltigen Alluviums mit Erlenbruch und ein- geſprengten Birken und Eſchen, mit vielen Wei- den, reichlichem Rohr, Schilf und anderen Grä— ſern u. dgl., wodurch an manchen Punkten ein kaum durchdringbarer Urwald entſteht, der bei Sturmfluten und Eisgang leicht Überſchwem⸗ mungen ausgeſetzt iſt. Freie Waſſerſtellen müſſen an den Standorten der Elche reich— lich vorhanden ſein, da ſie häufig und viel zu ſaufen nöthig haben, und auch im Sommer gern, bis zur Schnauze untertauchend, baden, bejon- ders wenn ſie von Inſecten geplagt werden. Im Winter lecken ſie zur Stillung des Durſtes Schnee. An ſolchen und ähnlichen Stellen vereinigen ſich die Elche im Herbſte zu größeren oder kleine— ren Nudeln von 15— 20, auch wohl mehr Stücken, die meiſt nur aus Elchhirſchen und unbeſchla— genen Elchkühen und mutterloſen Kälbern beſtehen. Ein ſolches Rudel zeigt jedoch, im Gegenſatze zu dem Benehmen der anderen Hirſche, kein feſtes Zuſammenhalten. Es fehlt in der Regel ein das Rudel führendes Leitthier, und jedes einzelne Stück handelt mehr oder weniger nach eigenem Ermeſſen. Das Mutterthier bleibt mit ſeiner Nachkommenſchaft von drei Generationen, näm- lich im Maximum zwei fertigen Thieren, zwei Schmalthieren und zwei Kälbern (die Dreizahl der Kälber gehört zu den ſeltenen Ausnahmen), in der Regel für ſich allein. Es ſcheint das Mutterwild aus übergroßer Fürſorge für ſeine Nachkommenſchaft ſehr unverträglich zu ſein, jo dass ſelbſt verſchiedene Mutterthiere mit ihren Kälbern ſich nicht zu Rudeln zu vereinigen pflegen. Auch mutterloſe Kälber werden von ihnen abgewieſen. Im Frühjahre zerſtreuen ſich die Rudel in der Regel wieder, jo dass höch— ſtens zwei oder drei Individuen vereinigt blei- ben. Zur Satzzeit bilden oft die alten Elch— hirſche eigene Trupps weiblichen Wildes, die fie zu führen ſuchen und von denen jie eifer- ſüchtig alle anderen Hirſche fernzuhalten wiſſen. Die Bewegungen des Elches auf der feſten Erde ſind plump und viel weniger ſchön als die der übrigen Hirſche; es läuft schwer und nicht lange im Galopp, trabt aber mit ſchaukelnder Bewegung, die Hinterläufe bei großer Eile weit nach außen ſetzend, ſehr ſchnell und ausdauernd, ſo daſs an einem Tage wohl eine Strecke von 30—30 Meilen zurück— gelegt werden kann. Nach Ausſage der Indianer ſollen Elche ununterbrochen dreimal 24 Stunden traben können (La Hontan, Voyages I., 1705, p. 83). Dies iſt einer der wenigen Vorzüge des Elches im Kampfe um das Daſein. Auf ſpiegel— glattem Eiſe kann das Elch anfangs eine Zeit— lang gut laufen, wie in Übereinſtimmung mit Olaus Magnus, dem Biſchof von Upſala, kürz— lich wieder Graf Krockow (Leipz. Illuſtr. Zeitg. 1865, Nr. 1140) erklärt hat; dann aber ſcheinen ſich die Schalen der Hufe ungünſtig zu ver— ändern und es gleitet leicht aus und ſtürzt dann leicht und oft. Wenn es auf dem Eiſe gefallen iſt, kommt es nur ſehr ſchwierig wieder auf die Beine. Auch auf der Erde fällt der Elchhirſch leicht, da er beim Laufen das Geweih, um im Walde nicht zu ſehr in den Zweigen ſich zu verwickeln, faſt wagrecht in den Nacken legt und die Naſe hoch in die Höhe hebt, infolge deſſen er den Weg nicht beachten kann. Um nach einem Falle wieder auf die Beine zu kommen, zuckt das Elch in eigenthümlicher Weiſe mit den Läufen und ſtellt beſonders die Hinterläufe weit nach vorwärts, als wenn es ſich hinter den Ohren kratzen wollte. Auf dieſes Benehmen und die eigenthümlichen faſt krampf— haften Zuckungen der Beine gründet ſich der Aberglaube, daſs die Elche leicht an der Fall— ſucht leiden ſollen. — Elche können über etwa 5 Fuß hohe Gegenſtände wegſetzen. In der Regel ſpringt es nicht, ſondern ſteigt über die— ſelben, wie Jardine berichtet. Homeyer ſah Elche 12 Fuß breite Gräben ohne Anlauf über— ſpringen (Deutſchl. Säugethiere, Zool. Garten 1876, p. 284, Sonderdruck, p. 37). Ein ſehr eigenthümliches Verhalten zeigen die Elche auf weichem, moorigem Boden. Nach Wangenheims Schilderung laſſen ſie ſich an ſolchen Stellen auf die Heſſen nieder, ſtrecken die Vorderläufe gerade vorwärts aus, greifen mit den Schalen ein und ſtemmen mit den Heſſen nach. Darüber, ob ſie ſich auch an ganz weichen Stellen auf die Seite legen und durch Schlagen und Schnellen mit den Läufen fort— zubewegen wiſſen, ohne einzuſinken, iſt ein lite— rariſcher Streit ausgebrochen, der noch nicht vollſtändig und endgiltig abgeſchloſſen iſt. v. Wangenheim (I. c.) hatte dies ſchon berichtet und ſpäter Brehm (Illuſtrirtes Thierleben, 2. Aufl., Bd. III, p. 110) auf Grund der Aus— ſage des Förſters Ramonaht beſtätigt. O. v. Loewis ſprach ſich wiederholt dagegen aus, während E. F. v. Homeyer feſtſtellen konnte, daſs Ramonaht dies wirklich einmal, allerdings nur einmal, bei einem weiblichen alten Thiere in einer überwachſenen Torfgrube geſehen hat. Gegen die allgemeine Verbreitung einer ſolchen Fortbewegungsweiſe ſpricht allerdings die von O. v. Loewis (Zool. Garten 1886, p. 58) hervor— gehobene Thatſache, daſs Elche öfters im Moore verſinken, ohne ſich retten zu können. Beſonders gefährlich werden ihnen diejenigen Moore, Elch. 271 welche ſteile Ufer haben, deren Höhe ſie mit den Vorderbeinen nicht erreichen können. In das Waſſer begeben ſich die Elche gern und häufig; ſie ſind Meiſter im Schwim— men, was wohl vorzugsweiſe durch das Klaffen der Hufe und die zwiſchen denſelben ausge— ſpannte Bindehaut, bezw. Schwimmhaut ſich erklärt. Sie können ſchwimmend über große Ströme und Seen ſetzen, nur den Vordertheil des Kopfes aus dem Waſſer emporhaltend; ſie ſind jo imſtande, Strecken von 7—15 Werſt (1—2 deutſche Meilen) in einem Zuge ſchwim— mend zurückzulegen, wie Oscar von Loewis be— richtet hat (Zool. Garten 1878, p. 67). Zur Ruhe werden die Tagesſtunden ge— wählt. Ein eigentliches Bett bereitet ſich das Elch niemals; es legt ſich ohneweiters in den Sumpf, ins Moor, auf trockenen Boden und im Winter ſelbſt bei ſtärkſter Kälte auf den Schnee. Daſs die Elche ſtehend, an Bäume ge— lehnt, ſchlafen ſollen, iſt eine Fabel, die Julius Cäſar zuerſt erzählt hat. Von den Sinnesorganen iſt das Gehör am beſten ausgebildet, weniger das Geſicht und trotz der großen Naſenröhren und Naſenlöcher ſowie der bedeutenden Entwicklung der Geruchs- nerven am wenigſten der Geruch. Die geiſtigen Fähigkeiten ſcheinen nicht ſehr groß zu ſein. Es dauert lange, bis ſie ſich entſchließen, einer drohenden Gefahr auszuweichen. Geſchrei laſſen ſie ſelten, eigent— lich nur in der Brunftzeit hören. Für gewöhn— lich ſind die hervergeſtoßenen Laute dem „Schrecken“ des Edelwildes ähnlich. Nach Pö— ſchels Angabe ſtößt das Elchwild einen eigen— thümlichen, klagenden, gepreſsten Kehllaut aus, der wie „ua“ klingt, ſobald es in der Ruhe geſtört wird. Das orgelnde Brunftgeſchrei er— wähne ich bei der Beſprechung der „Fort— pflanzung“. Die Elche führen ein unſtetes Leben und ſcheuen ſich nicht vor größeren oder kleineren Wanderungen. Die größeren Wanderungen, welche Köppen beſonders in den Gouvernements Nowgorod, Twer und Wologda im mittleren Ruſsland für die Jahre 1850 — 1880 nachweiſen konnte, erwähnte ich ſchon früher. Dieſelben ſcheinen auf mannigfache Urſachen meteorologiſcher und anderer Art, auf die Lichtung der Wälder, das Austrocknen der Sümpfe, die zunehmende Unruhe des Eiſenbahnverkehrs, ferner auch auf Waldbrände, Übervölkerung und Nahrungs— mangel zurückzuführen zu ſein. Infolge von Wald- bränden ſind, wie v. Wrangel berichtet (Reiſe J., p. 98 u. 210), die Elche 1770 aus den Gebieten des Kolyma- und Philippowkafluſſes im Norden des öſtlichen Aſien weit nach Weſten gewan— dert. Die große Dürre, welche ſeit dem Jahre 1862 eine Zeitlang in dem Ibenhorſter Reviere in Oſtpreußen herrſchte und die Aſung ſparſam machte, veranlajste das Elchwild zum Aus— wechſeln in benachbarte oſtpreußiſche Forſte, wo dieſelben nebſt wenigen von früher her dort verbliebenen Individuen wahrſcheinlich den Stamm für das jetzt noch dort mehr oder weniger vereinzelt vorkommende Elchwild ge— bildet haben (M., Wanderſucht des Elchwildes, Waidmann 1873, p. 233). 272 Kleinere Wanderungen Stehen mit dem Wechſel der Jahreszeiten in Zujammen- hang. So berichtet Martin Zeiller (Neue Be⸗ ſchreibung des Königreichs Schweden und Gothen ꝛc., Ed. 3, Ulm 1638, p. 44), daſs in alten Zeiten an den Stellen, wo jetzt St. Pe- tersburg ſteht, die Elche regelmäßig zweimal jährlich die Newa durchſchwommen haben, ein— mal im Frühjahr und einmal im Herbſte, wo— bei ſie in großer Menge gefangen ſein ſollen. In dem Ibenhorſter Forſte lebt das Elch im Sommer in den tiefer gelegenen naſſen Gegen— den und in den Brüchern, im Winter dagegen auf erhöhtem, den Überſchwemmungen nicht aus— geſetztem, daher eisfreiem Gelände, auf den höher gelegenen Torfmooren und in den Laub— und Kieferwaldungen. Ahnlich haben ſich nach v. d. Brincken die Elche des durch die Auerochſen berühmten Waldes von Bialowicza verhalten. Dieſelben hatten eine noch größere Wanderung auszuführen: ſie ſuchten Mitte Juli regelmäßig die Pinskiſchen (Rokitno-) Sümpfe auf, um ſich vor den Inſecten zu ſchützen, und kehrten im Sep— tember wieder in ihren Wald zurück. Ahnliches berichtet auch Baron Nolde über die kurländi— ſchen Elche ( Waidmann, Bd. VI, 1873, p. 75). Von den amerikaniſchen Elchen erzählt Jardine ebenfalls, daſs dieſelben im Sommer in den Niederungen, an den Ufern der Seen ſich auf— halten, während ſie im Winter die bewaldeten Hügel vorziehen. Am Oſtabhange des Apfel— gebirges in Oſtſibirien ſah Radde ebenſo das Elchwild im Sommer in die breiteren Thäler der Zuflüſſe des Onon zu den Seen treten. Anders ſcheint ſich das Verhältnis bei den ganz hohen und rauhen Gebirgen zu geſtalten. Dieſe biet oft während der Winterszeit wegen der b£ uütenden Schneemengen und des Nahrungs- mengel® keine geeigneten Aufenthaltsplätze; dann kommt es vor, daſs die Elche aus dem Gebirge zur Winterszeit in die tieferen Gebiete, in die Ebene wandern. So ſpricht Brehm von einer Winterwanderung der Elche aus einigen hohen Gebirgen Oſtſibiriens in die Steppen, Tundren u. ſ. w., und es ſollen beſonders die Hirſche dieſe Wanderung antreten, während die Elchthiere und Kälber, die durch das Geweih nicht behindert werden, auch wohl zum Schutze die mit Strauchwerk gut beſtandenen Nordab— hänge der Gebirge zum Winteraufenthalte wählen. Hagemeiſter (Statisk. ꝛc., ruſſ., St. Pe⸗ tersburg 1857, 8, I., p. 327) erzählt, daſs aus dem Altaigebirge im Herbſte die Elche herden— weiſe auswandern und in die tieferen Theile des Fluſsgebietes des Irtyſch treten. Auch Radde ſah im Sajangebirge die Elche im Winter thalwärts wandern. Noch anders geſtaltet ſich die Wanderung im Uralgebirge nach Severzom (Loss 2c., ruſſ., 1854, p. 289). Auf der Weſt⸗ ſeite dieſes Gebirgsrückens iſt meiſt der Schnee— fall ſtärker, während auf der Oſtſeite meiſt mit weniger Schnee höhere Kältegrade herrſchen. Im November, nach Eintritt des ſtarken Schnee— falles, pflegt nun das Elchwild von der Weſt— ſeite auf die Oſtſeite hinüberzuwandern und im Frühjahre wieder zurück. Dies iſt eine deutliche Veranſchaulichung des Geſetzes, dajs die Elche zwar vor dem mit dem Winter einkehrenden Elch. Nahrungsmangel, aber nicht vor der Kälte fliehen. Auch die Tageszeiten und Witte⸗ rungsverhältniſſe können kleine Wande⸗ rungen verurſachen. Bei ſtillem, heiterem Wetter ſucht das Elch meiſt Laubholzwaldungen, bei Regen, Schnee und Nebel Nadelholzdickungen auf. Wenn dasſelbe nachts auf Nahrung aus⸗ geht, ſo legt es oft weite Strecken zurück, um Flüſſe, Seen und Teiche zu erreichen, und ſucht dann des Morgens wieder die ſicheren Wald- ſtellen auf. Die Richtung aller dieſer, der kleinen und der größeren Wanderungen iſt meiſt von der Ausdehnung des Waldes abhängig, da be— waldete Gebiete nur ungern auf längere Zeit vom Elchwilde verlaſſen werden. Dem Werke der Brüder Adolf und Karl Müller über Wohnungen, Leben und Eigen⸗ thümlichkeiten in der höheren Thierwelt (Leipzig 1869, p. 38) entnehme ich eine intereſſante Schil- derung Woods (Sketches and anecdotes of animal life, London 1854/55) über die in Nord- amerika während des Winters bisweilen beob⸗ achteten Elchburgen oder Elchhöfe, die ſich die Elche im Schnee bauen und einrichten ſollen, um dadurch ſich vor wilden Thieren und an⸗ deren Gefahren beſſer ſchützen zu können. Dieſe Winterwohnung hat einen ſehr einfachen Bau, da ſie aus einem großen Platz beſteht, auf dem der Schnee durch beſtändiges Zuſammentreten jo niedergeſtampft wird, dajs er ſowohl eine harte Oberfläche, auf der das Thier einhergehen 1 kann, als auch eine Art Feſtung bildet, in den es völlige Sicherheit findet. Der ganze aum iſt nicht zu einer gleichmäßigen Höhe nieder⸗ getreten, ſondern beſteht aus einem Netzwerk von Gängen oder Wegen, auf welchen das Thier nach Belieben ſchreiten kann. Bei einem dieſer Höfe weiß man, dajS er beinahe eine Meile im Durchmeſſer enthält und ein voll⸗ ſtändiges Netzwerk von vielen in den Schnee eingetretenen Pfaden bildet. Dieſe ſind bis⸗ weilen jo tief, daſs, wenn die Elchhirſche durch die Pfade wechſeln, ihre Rücken nicht über die Höhe der weißen Oberfläche hervorragen. H Fortpflanzung. 1 Das Elch iſt durch eine im Verhältnis zu ſeiner Körpergröße bedeutende Fortpflanzungs⸗ fähigkeit ausgezeichnet; es mag dies ein Haupt grund dafür fein, dafs ſich das ganz vorſünd⸗ flutlich ausſehende Elchgeſchlecht, das im Vereine mit ſeinen inzwiſchen ausgeſtorbenen Altersgenoſſen, dem Rieſenhirſch, Urochs, Mam⸗ mut, Höhlenbär, Höhlenhyäne und Nashorn, einſt unſere Gegenden und große Theile der Erdoberfläche bewohnte, bis auf den heutigen Tag verhältnismäßig ſo viel beſſer als jene Thiere erhalten hat. — Die Brunftzeit tritt in dem Ibenhorſter Forſte Ende Auguſt, in an⸗ deren Gegenden erſt ſpäter, im September, Oe⸗ tober oder ſpäteſtens im November ein und dauert einige, in der Regel vier Wochen. zu dieſer Zeit ſind die Elchhirſche ſehr erregt und laufen, ohne ſich genügend zu ernähren, unſtet bei Tag und bei Nacht umher, die Naſe nach dem Boden zu geneigt, als ſuchten ſie die — Bee Zi Fährte der Elchthiere; dieſe verfolgen ſie ojt tagelang durch Wald, Moor u. dgl. und ſelbſt ſchwimmend durch breite Ströme und Seen. Dabei ſchlagen die ſtärkeren Hirſche alle minder kräftigen und jüngeren durch Kampf ab, und dieſe irren infolge deſſen in ihrer Verſtimmung wandernd oft weit umher, ebenſo ſich vernach— läſſigend und abmagernd wie die anderen Hirſche, bis ſie nach Schluſs der Brunftzeit wieder ruhig in ihr altes Revier zurückkehren. Nach Art der Edelhirſche ſtoßen die Elchhirſche in dieſer Periode ein orgelndes Geſchrei aus, jedoch in kurzen Abſätzen und mehr plärrend als ſchreiend, faſt wie der Damhirſch, nur tiefer. Die Begattung wird mit kurzen Zwiſchen— pauſen oft wiederholt, bisweilen 2—3mal in einer Stunde und dauert jedesmal nur kurze Zeit; der Hirſch ſteigt auf das Thier, und nach der Begattung rückt das letztere nach vorne unter dem Hirſche weg. Die Tragzeit dauert nach Loewis' genauen Beobachtungen 35 bis höchſtens 36 Wochen, nicht länger; die Angaben Brehms und anderer Forſcher, daſs ſie zwei bis drei Wochen länger dauerte, ſcheinen auf unge— nauen Beobachtungen zu beruhen. Die trächtigen Elchthiere ſondern ſich ab von den übrigen; bisweilen ſollen ſie einſame Plätze, z. B. Inſeln der Seen u. dgl. aufſuchen. Über die intrauterine Entwicklung hat H. Rathke Unterſuchungen an⸗ geſtellt (Meckels Arch. f. Anat. u. Phyſ., 1832, p. 389). Die Geburt findet offenbar ſchwieriger als bei anderen Hirſchen im Liegen, oft unter Ausſtoßen pfeifender Töne ſtatt, u. zw. bei Ibenhorſt Ende April oder anfangs bis Mitte Mai, in Sibirien im April, im übrigen Europa Mitte Mai bis Ende Juni (einige geben ſogar erſt den Juli an). Zum erſtenmale trächtig ge— wordene Thiere ſetzen nach den meiſten Ge— währsmännern nur 1 Kalb. Die Bemerkung Voigts (Cuviers Thierreich, Bd. I, 1831, p. 297), es würden das erſtemal zwei Kälber verſchiedenen Geſchlechtes geſetzt, erſcheint demnach unwahr— ſcheinlich. Später ſcheinen abweichend von dem Verhalten größerer Säugethiere ziemlich regel— mäßig zwei, ſehr ſelten drei Kälber geſetzt zu werden, alſo im ganzen verhältnismäßig viel. Wie es ſcheint, kommen im Ibenhorſter Forſte Dril— linge häufiger, in Livland dagegen Loewis' An— gabe zufolge nie vor. Die Kälber ſind wie beim Renthier ungefleckt, von röthlichbrauner Färbung. Sofort nach der Geburt verzehrt die Mutter den Mutterkuchen; dann leckt ſie das Kalb oder die Kälber ab, worauf dieſelben taumelnd aufſpringen. Anfangs können ſie nur ſehr ſchlecht auf den Beinen ſich fortbewegen und thun dies nicht aus eigenem Antriebe. Am 3. oder 4. Tage dagegen folgen ſie ſchon der Mutter, die ſie bis zur Brunftzeit oder gar bis in den Winter hinein ſäugt und eine große Liebe und Anhänglichkeit zu ihnen zeigt. Die jungen Elche wachſen ſchnell und ſind z. B. nach 14 Tagen ſchon am Widerriſt etwa 2½ Fuß 3 Zum Saugen müſſen ſie ſich bald auf die nie, zuletzt gar auf den Rücken legen. Während der ganzen Zeit des Säugens pflegt das Mutter— thier ſich mit ſeinen Kälbern allein zu halten und von den anderen Elchen zu trennen. Selbſt andere Mutterthiere und mutterlos gewordene Elch. 273 Kälber werden zurückgewieſen. Unter Umſtänden bleiben die Kälber, ſelbſt wenn ſie Schmalthiere und fertige Thiere geworden ſind, noch immer bei der Mutter und den jüngeren Geſchwiſtern. Fortpflanzungsfähig werden die jungen Elche durchſchnittlich nach 2 Jahren; bei reichlicher Nahrung ſoll dieſes Ziel ſchon mit 1 Jahren erreicht werden können. Über den in dieſer Zeit ſtattfindenden Zahnwechſel und die erſten der Impubertät angehörenden Geweihbildungsſtufen iſt früher gehandelt (ſ. o.). Lebensalter. Nach Ausſage verſchiedener Gewährsmänner ſoll das Alter, das die Elche zu erreichen pfle— gen, kaum mehr als 18—20 Jahre, nach Bujad 16—18, nach anderen ſogar nur 15—16 Jahre betragen. Sie verlieren dann die Schneidezähne und verkümmern. In der Gefangenſchaft iſt bis jetzt regelmäßig ein noch viel geringeres Lebens- alter beobachtet worden. Bujack erklärt ſich dieſe abnorm kurze Lebensdauer (bei den meiſten Säugethieren dauert das Leben ſiebenmal ſo lang als die Wachsthumsperiode) mit dem Er— löſchen der Lebenskraft der Art, die offenbar in vorhiſtoriſchen Zeiten zur Zeit des Allu— viums die größte Blüte der Entwicklung ge— zeigt hat. Das geringe Lebensalter wiegt reich— lich die bedeutende Fortpflanzungsfähigkeit auf. Gute Schilderungen der Lebens— weiſe und einzelner Vorkommniſſe aus dem Elchleben findet man in den früher angeführten Schriften von Wangenheim, Pallas, Bu⸗ jack, Loewis, Krüdener, Brehm, Altum, Lichterfeld, A. und K. Müller, Köppen, ferner aus der Feder v. Meyerincks (Gru— nerts Forſtliche Blätter IV.), Ulrichs (De eel⸗ manns Zeitſchrift für Forſt- und Jagdwe en, Bd. IV, 1. Heft, 1872, p. 69 ff.), v. Bergs (Allgem. Forſt- und Jagdzeitung 1859) u. ſ. w.; über die amerikaniſchen Elche handeln z. B. ausführlicher Pennant, Richardſon, De Kay, Jardine, Audubon und Bachmann, Wood u.a. in den oben angeführten Schriften. Zucht und Hege. Wir haben geſehen, wie faſt auf allen Ge— bieten der ehemaligen Verbreitung ein Zurück— gehen zu beobachten iſt, wie manche Gegenden, in denen, wie in Deutſchland, das Elch früher maſſenhaft vorgekommen iſt, dieſen Zeugen des Diluviums vollſtändig verloren haben, und wie an anderen Stellen die Art immer ſeltener ge worden iſt. Es iſt gewiſs gerechtfertigt, dieſer offenbar vor unſeren Augen ſich abſpielenden allmählichen Vernichtung und Ausrottung an den Punkten, wo ſich Elche noch erhalten haben, ein Ziel zu ſetzen und ihnen Schonung und Hegung zutheil werden zu laſſen, wie dies durch höchſte Verordnung für die oſtpreußiſchen Forſte, beſonders Ibenhorſt, befohlen iſt. Schon Fried— rich der Große unterſagte auf das ſtrengſte, Elche zu verfolgen und zu tödten (Fräderie II. Mém. de Brandebourg, Oeuvres compl. I., 26). Auch in anderen Ländern ſind ähnliche Ver— ordnungen oder Schongeſetze für das Elch er- laſſen, ſo z. B. in Finnland 1868 (Jagdgeſetz, 8 AT), wo ein Jeder, der zu irgend einer Zeit Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 18 274 des Jahres Elche fängt, erlegt oder auch nur verwundet, mit einer Strafe von 200 finniſchen Mark beſtraft wird. In Norwegen iſt eine Strafe von 180 Mark oder 60 Thalern deut⸗ ſcher Reichswährung auf die Erlegung eines Elches geſetzt. Auch in Ruſsland ſind Geſetze oder örtliche polizeiliche Vorſchriften zum Schutze des Elchwildes erlaſſen, worüber Köppen (I. c., p. 80) genauere Mittheilungen gemacht hat. Es wäre zu wünſchen, dajs ähnliche, wenn auch nicht ganz ſo ſtrenge Schongeſetze überall erlaſſen würden, wo es eine Staatsbehörde gibt, die die Befolgung der Geſetze beaufſich— tigen kann. Dass die Schongeſetze und Verord— nungen übrigens nicht immer Erfolg gehabt haben, ſieht man aus den ſchon oben erwähnten kaiſerlichen Erläſſen in Betreff der Schonung des Elchs am Niederrhein von Otto I., Hein⸗ rich II. und Konrad II. In den oſtpreußiſchen Forſten, beſonders Ibenhorſt, hat man auch noch auf andere Weiſe den Elchſtand zu heben geſucht. Da die beſtändige Inzucht ein Entarten des Geſchlechtes befürchten ließ und ſich die Elchkühe mehr und mehr unfruchtbar bewieſen, derart daſs in den Siebzigerjahren, wie Brehm erzählt, die damals vorhanden geweſenen un— gefähr 40 Mutterthiere durchſchnittlich jährlich nur 12 Kälber geſetzt haben, hat man in neuerer Zeit fremde Elche aus Schweden eingeführt, um das Blut damit wieder aufzufriſchen (Zool. Garten 1879, p. 223). Ein günſtiger Erfolg dieſer Maßregel ſcheint ſich ſchon zu zeigen. Die Zahl der Ibenhorſter Elche hat ich | jeit- dem ungefähr wieder verdoppelt, und es wird der Nutzen, zumal wenn die Einführung fremden Elchwildes in Zukunft von Zeit zu Zeit wieder— holt wird, mehr und mehr hervortreten. Oscar von Loewis empfiehlt, um das Aus⸗ ſterben der Art zu verhindern, in Livland und in anderen Ländern, die günſtige Verhältniſſe dazu darbieten, die Anlage umſchloſſener großer Wildparks für Elche zu verſuchen. Übrigens hat ſich, dank ſeinen und v. Anreps Bemühun⸗ gen, der Elchwildſtand Livlands durch zweck⸗ mäßige Schonung ſeit 1840 wieder bedeutend erhöht, jo dass derſelbe 1880 auf etwa 600 Stück geſchätzt werden konnte. Eine eigentliche Züchtung und Pflege in der Gefangenſchaft ſcheint recht ſchwierig zu ſein. Ganz jung eingefangene Kälber kann man friſchmilchenden Kühen zum Saugen zu— geſellen. — Wie Bolau erwähnt, hat man in den zoologiſchen Gärten, beſonders in Schön— brunn, Berlin, Cöln, Hamburg, bis jetzt mit Eichen ungünftige Erf fahrungen gemacht (Zool. Garten 1879, p. 109). In dem Hamburger Garten haben verſchiedene Elche, die man dort zu halten verſuchte, nur 1 bis höchſtens 4 Jahre gelebt. Brehm glaubt, daſs durch zweckmäßige Darreichung von Gerbſtoff, den die Elche in der Gefangenſchaft nicht genügend von ſelbſt in der Nahrung erhalten, das Gefangenleben verlän— gert werden kann. In den königlich preußiſchen lithauiſchen Geſtüten hat man nach Wangenheim ſechs Jahre lang Verſuche gemacht, jung eingefangene Elch— kälber zu zähmen und abzurichten. Sie wurden zahm und konnten ſelbſt zum Ein- und ... ⁵ X.... — —— ———.— — — — —— — . ¼¼ . e a . Elch. Ausgehen gewöhnt werden; allein die Abrich— tung zum Reiten und Fahren gelang nicht, und ſpäteſtens im dritten Jahre ſtarben ſie ſtets an Entkräftung. In den nördlichen Ländern hat man beſonders zum Schlittenziehen die Elche abzurichten verſucht. Eine allgemeine Verwen⸗ dung des Elches zu dieſen Zwecken als Haus⸗ thier iſt aber nicht gelungen, vielleicht auch ab- ſichtlich ſpäter unterlaſſen oder gar verboten, weil man, wie es heißt, in der Geſchwindigkeit der Elche eine große Gefahr bei der Verfolgung von Verbrechern erblickte. Immerhin aber dürfte es intereſſant ſein, hier einige Beiſpiele von Zähmung und b der Elche im Dienſte der Menſchen anzuführen, wie ſie beglaubigt in der Literatur erwähnt werden: So z. B. be⸗ richtet Jardine, daſs unter der Regierung Karls IX. in Schweden Elche zur Weiterbeför- derung von Courieren benützt ſeien und vor dem Schlitten täglich 36 ſchwediſche Meilen zu— rückgelegt haben (I. e., p. 131). Ebenſo wird berichtet, daſs die Indianer im nordweſtlichen Amerika Elche zum Schlittenziehen benützen. Zimmermann erzählt in ſeiner Überſetzung von Pennants Arktiſcher Zoologie, daſs ein ſicherer Gewährsmann (Finukane) im Mai 1784 bei einem Pächter in der Nähe des St. Johnfluſſes in Neuſchottland ein zahmes Elch gefunden habe, das einen Schlitten zog und alle Dienſte eines Pferdes verrichtete; auch ſoll nach an⸗ deren Berichten im Staate New-York der Prä⸗ ſident Levingſton zwei Elche an das Ziehen des Pfluges gewöhnt haben. Nutzen. Aus den ſoeben angeführten Thatſachen ergibt ſich, daſßs die Elche ſogar im lebenden Zuſtande, gezähmt und in Hausthiere umge⸗ wandelt, dem Menſchen nützlich werden können. Hauptſächlich ſind es aber die verſchiedenen Theile des todten Körpers, aus denen der Menſch Nutzen zieht. In erſter Linie kommt das Wildbret in Betracht; dasſelbe iſt zwar, beſonders im Alter, etwas zähe, aber doch wohlſchmeckend und ſehr nahrhaft und ſtärkend. Am beſten ſchmeckt das Fleiſch der Kälber im Juli und Auguſt, das der Schmalthiere vom Juni bis November, das der alten Thiere vom Auguſt bis Mitte November. Das Wildbret des Hirſches iſt nur von Juni bis Mitte Auguſt genießbar. Die Zunge, die Schnauze und die Naſe, die wie Mark ſchmecken ſoll, ja ſelbſt die Ohren und die werden bei einigen nördlichen Völkerſchaften als Leckerbiſſen verzehrt, ebenſo wie das Mark der ö Knochen. Die Indianer eſſen ſehr gerne die Nieren und die Hoden, gewöhnlich roh und noch warm. Das Fleiſch wird auch wohl in ſchmale Riemen oder getrocknet. Talg gibt ein Elch nicht viel, höchſtens 20—25 Pfund. Es werden davon Lichter ge— fertigt und heilende Salben bereitet. Die Geweihe werden wegen ihrer feſten Beſchaffenheit von den Drechslern, Meſſer⸗ ſchmieden und Schwertfegern lieber als andere Hirſchgeweihe zur Anfertigung von allerlei noch weichen Geweihkolben geſchnitten und dann zum Zwecke der Conſervierung geräuchert, eingeſalzen 2 „„ — NY vn Elch. 275 Horngeräthen verwendet. Man macht auch für die Ausſtattung von Jagdſchlöſſern u. dgl. Möbelſtücke, Kronleuchter und ähnliche Gegen— ſtände daraus. Die Wilden Nordamerikas be— nützen die concave Krümmung der Schaufeln, um vermittelſt geringer weiterer Aushöhlung Löffel daraus herzuſtellen; in Jemtland iſt es Sitte, gewiſſe Theile des Pferdezeuges davon zu bereiten. Beſonders ſo lange die Geweihe noch weich ſind, wurden dieſelben früher auch in manchen Ländern als Arzneimittel ver- wendet. Als offieinell ſind ſie zuletzt noch in der Pharmacopoea Fennica, p. 6 aufgeführt. Aus Abfällen und unbrauchbaren Stücken der Geweihe wird Leim geſotten und eine genieß— bare Gallerte bereitet. Die Knochen zeichnen ſich durch ihre harte und feſte Beſchaffenheit ſowie durch ihre außer— ordentlich weiße Farbe aus. Sie können daher, beſonders die dickeren und ſtärkeren, als Elfen— bein zu Drechslerarbeiten Verwendung finden. Die Sehnen werden in kleine Riemen geſpalten und dienen in dieſem Zuſtande den unciviliſierten Völkern des Nordens noch jetzt bisweilen zum Nähen anſtatt des Zwirnes; in Europa werden ſie wohl noch zu Sattlerarbeiten benützt. Das Fell (Decke), welches vorzugsweiſe im Winter verwertbar iſt, kann mit den Haaren rauh gargemacht werden und wird in dieſem Zuſtande 3. B. zur Herſtellung von Pferdedecken verwendet. Die Indianer bereiten daraus Zeltdecken, die Dächer ihrer Schwitzhäuſer, Überzüge über Boote u. dgl. Zu letzterem Zwecke werden meh— rere Felle aneinandergenäht und über die Boote (Canoes) gezogen; die Nähte werden ſodann entweder mit einer fetten Erde oder mit einer aus dem Elchtalg ſelbſt bereiteten fetten Schmiere gedichtet. Kleinere Stücke des Felles werden zur Anfertigung von mancherlei Winterkleidungs— ſtücken und von Schneeſchuhen (raquets) benützt. Schon das Unternageln eines kleinen Stückes mit nach rückwärts gerichteten Haaren genügt dazu, um die Schneeſchuhe zum Anſteigen auf abſchüſſigen Schneefeldern gut verwenden zu können. Aus dem Fell der Läufe können Flinten— futterale, Jagdtaſchen, ſelbſt Winterſchuhe, Mo— caſſins u. dgl. möglichſt ohne Nähte hergeſtellt werden; auch benützt man dieſelben als ſchmücken— den Überzug bei großen Trinkbechern. — Wird das Fell von den Weißgerbern ſämiſch gargemacht, ſo erhält man ein vortreffliches Wildleder, das ſich durch ſeine Feſtigkeit und beſtändige Ge— ſchmeidigkeit ſelbſt nach dem Naſswerden aus— zeichnet. Es eignet ſich dieſes Leder daher ganz beſonders gut zur Herſtellung von Decken, welche beim Reiten oder auch beim längeren Darniederliegen in Krankheiten untergelegt wer— den können, um das Wundwerden zu verhüten. In Rußsland befahl Kaiſer Paul J. die Ver— wendung des Elchleders zur Herſtellung der Reithoſen für die Cavallerie, infolge deſſen ein wahrer Vernichtungskrieg gegen die Elche be— gann und tauſende und abertauſende von Exemplaren getödtet wurden. — UÜbrigens wuſste man ſchon im Mittelalter die Feſtigkeit und Kugelſicherheit des Elchleders zu ſchätzen; 1 ſo wurden ſchon damals Collets für Küraſſiere, beſonders in der öſterreichiſchen Reiterei, aber auch in der preußiſchen unter dem großen Kur— fürſten und Friedrich Wilhelm I. davon ange— fertigt, ebenſo Degenkoppeln, Riemen, Hand— ſchuhe u. dgl. „Er trägt ein Koller von Elends— haut, das keine Kugel kann durchdringen“ (Wallenſteins Lager). — In China wurden ſchon vor alten Zeiten die Völker des Amur— landes dazu angehalten, den ſchuldigen Tribut in Elchfellen zu entrichten, und dieſe Sitte iſt ſpäter auch von Ruſsland angenommen, das auf dieſe Weiſe von den ihm unterworfenen Völkern Aſiens den Tribut entgegennahm und zugleich das Material erhielt, um die Uniform— ſtücke der Cavallerie zu beſchaffen. Wie in dieſen Fällen die Elchhäute zu einem Zahlungsmittel geworden waren, ſo iſt es auch vorgekommen, daſs Ruſsland in früheren Zeiten größere Zah— lungen von Kriegskoſten u. dgl. an Oſterreich nicht mit Geld, ſondern mit vielen hundert Wagenladungen von Elchfellen leiſtete. Die Elchhaare werden hie und da als Polſtermittel, in Amerika z. B. zur Anfertigung von Matratzen und Sätteln verwendet; ſie ſind ziemlich elaſtiſch und ſtehen in der Güte zwiſchen Pferde- und Rindshaaren in der Mitte. Die Klauen werden von dem Kamm— macher und Horndrechsler zur Anfertigung von Kämmen, Bechern, Doſen, Armbändern und Ringen benützt. In dem Aberglauben, daſs die Elche an der Fallſucht litten und ſich davon durch Kratzen mit ihren Klauen hinter dem Ohre, beſonders mit dem linken Hinterlaufe, ſelbſt zu heilen verſtänden, kam man auf den Gedanken, die Klauen in der mannigfaltigſten Weiſe als Heilmittel gegen Epilepſie zu ver— wenden. Aldrovandi, Becher, Schwenckfeld u. a. gaben hierin ganz ſpecielle Anweiſungen. Man ſah die Klauen des alten Elchhirſches für wirk— ſamer an und von dieſen die linken Hinter— klauen für die wirkſamſten. Sie wurden im zerkleinerten Zuſtande innerlich gegeben oder in der Form von Fingerringen, die oft in Gold gefaſst wurden, Armbändern, Amuletten, Hals bändern u. dgl. getragen. Aus Bechern und Doſen von Elchklauen muſsten die Kranken Trank und Speiſe einnehmen. Nach Virey ſollen die noch jetzt in England empfohlenen und ge— bräuchlichen Kinderhalsbänder gegen Epilepſie aus Elchklauen verfertigt werden. Die Indianer laſſen die Klauen von dem Kranken in der linken Hand halten, legen die— ſelben auf das Herz des Kranken oder reiben die Ohren desſelben damit ein. — Außer gegen Epilepſie hat der Aberglaube in den Elchklauen ein Mittel gegen Veitstanz, Kolik, Schwindel, Schlagfluſs, Scharlach und viele andere Krank heiten zu finden geglaubt. — Aus den Läufen mit Haut und Klauen hat man wohl Tiſch— füße, Beine zu Ständern, Leuchtergeſtellen, Ge— wehrfutterale u. ſ. w. verfertigt. Zur Brunftzeit ſondern die Klauendrüſen eine ſtark und übel riechende ölige Flüſſig— keit ab, die wie Moſchus und Bibergeil als nervenerregendes Mittel benützt worden iſt. Nach Jonſton (J. c., p. 97) ſollen in Schwe— den auch die Nerven gegen Krämpfe (spasmus) 18 * 276 Elch. angewendet ſein, indem daraus im gedörrten Zuſtande ein Gürtel bereitet iſt, der um das kranke Glied gelegt wurde. Becher ſchreibt im Parnassus medicinalis (p. 50) 1663: „Das Elend Thier, das giebt die Nerven und die Klawen, Man darff umb andre Stück nicht viel herumber ſchawen, Man bindet umb das Glied die Nerven in dem Krampff, Ein Serupel Elends-Klaw, die Fraiß erlegt im Kampff.“ Das Elch hat auch eine heraldiſche Be— deutung, z. B. für Kurland; es ſteht im alt— kurländiſchen Wappen zweimal ſchreitend auf blauen Feldern, und aus dem rechten der drei überragenden Helme ſchaut ein Kopf desſelben hervor. Die alten Deutſchen haben dem Elch, wohl wegen des vielfachen Nutzens, den dasſelbe darbot, und wegen der Größe eine Art von göttlicher Verehrung geſchenkt. Auch in dem religiöſen Glauben der Indianer ſpielt das Elch noch jetzt eine große Rolle. Schaden. Der Schaden, den die Elche dem Menſchen zufügen, iſt im Verhältnis zum Nutzen gering; derſelbe ergibt ſich beſonders aus ſeiner Nah- rung. Sie verwüſten vorzugsweiſe junge Holz— beſtände und werden in denſelben in fünf ver— ſchiedenen Weiſen ſchädlich, nämlich durch Ver— beißen, Schälen, Fegen, Schlagen und Abbrechen. Junge Bäume und Sträucher ſehen infolge deſſen in Elchbeſtänden meiſt ſo aus, als ob ſie unter der Schere gehalten würden. Eine ge— regelte Forſtwirtſchaft, beſonders ein ordnungs- mäßiges Heranziehen junger Beſtände, iſt daher unmöglich, wenn man nicht imſtande iſt, die Elche von denſelben durch Gatter u. dgl. abzu— halten. Altere Beſtände mit dickeren Bäumen ſind andererſeits nur wenig durch Elche ge— fährdet. Da dieſelben nun vorzugsweiſe Hoch— wald oder ſolches Gelände bewohnen, das eine geregelte Forſtwirtſchaft überhaupt nicht ge— ſtattet, ſo dürfte der forſtliche Schaden als nicht ſehr bedeutend anzuſehen ſein. Dem Ackerbau fügen die Elche ebenfalls keinen übermäßig großen Schaden zu. Natürlich können ſie, wenn ſie einmal die Felder betreten, durch das Zerſtampfen mit ihren breiten Hufen manche Saat vernichten, und oben ſetzte ich ſchon auseinander, daſs die Elche ſich in verſchiedenen Gegenden im Laufe der Zeit auch daran gewöhnt haben, zu gewiſſen Zeiten ihre Aſung auf den Feldern zu ſuchen, daſs ſie dies aber nur zu thun pflegen, wenn die Saaten im Schoſſen ſind und ehe ſie der Reife entgegengehen und hart werden. Es er— gibt ſich hieraus, daſs die Felder nur während einer verhältnismäßig kurzen Zeit gefährdet ſind, und es iſt nicht mit großen Mühen und Koſten verbunden, wenn man zu dieſen Zeiten durch Aufſtellen von Wachen und andere Mittel die Elche von den Feldern fernzuhalten ſucht. Hauptſächlich anfangs im Sommer iſt es wichtig, die Thiere nicht in Geſchmack kommen zu laſſen; wenn dies gelingt, bleiben die Felder ſpäter auch meiſt unangerührt. Durch perſönliche Angriffe können die Elch— hirſche dem Menſchen und dem Vieh gefährlich werden, beſonders zur Brunftzeit oder wenn ſie ſonſt durch Hetzen, Anſchuſs o. dgl. gereizt ſind. Während zu anderen Zeiten ſich Elche jelbjt Rinderheerden auf längere Zeit friedlich an— ſchließen, kämpfen ſie dagegen zur Brunftzeit oft mit dem Bullen und können denſelben lebens⸗ gefährlich verletzen. Mutterthiere werden dem Menſchen verderblich, wenn ſie ihre Nachkommen⸗ ſchaft gefährdet glauben. Dieſelben ſchlagen, wie auch angeſchoſſene Elche, vorzugsweiſe mit den Vorderläufen. Es iſt deshalb eine alte Jäger⸗ regel, dajs man ſich von hinten denſelben nähern ſoll. Der Angriffe gereizter Thiere ſoll man ſich nach den Verſicherungen des Förſters Ramonaht leicht dadurch erwehren können, daſs man bei dem Anſtürmen derſelben jedesmal ſchnell zur Seite ſpringt. Das Elch iſt bei ſeinem plumpen Körper nicht imſtande, kurze Wendungen zu machen, ermüdet bald und läjst dann von den Angriffen ab. Jagd. Gebirſcht kann das Elch werden, u. zw. zu Fuß, zu Pferde und im Schlitten. Es iſt aber ſehr ſchwierig, ihm nahezukommen, da es ſehr ſcheu iſt und beim leiſeſten Knacken eines Zweiges oder beim Raſcheln des Laubes ſich, zwar langſam, aber nach einiger Überlegung ſicher zur ſchleunigen Flucht entſchließt. Am beiten ſoll es noch gelingen, nahezukommen, wenn das Elch der Ruhe pflegt und ſich im Lager befindet. Iſt man dem Lager nahegekommen, ſo ſoll es nach Jardine rathſam jein, dasſelbe durch das Knacken eines Zweiges aufzuſchrecken, um das— ſelbe mit einem weidgerechten Schujs zu treffen. Das Thier hat nämlich die Gewohnheit, ſich zuerſt nur halb aufzurichten und eine Zeitlang, in einer kauernden Stellung zu verharren. Pennant ſpricht ſich ähnlich aus und meint, daſs nach längerer Ruhe das Elch erſt nöthig habe, Urin zu laſſen, ehe es fortläuft, und dass es aus dieſem Grunde zunächſt noch in hockender Stellung an der Stätte des Lagers verbleibt. In Gegenden, in denen Feld- und Wald⸗ arbeiter dem Elchwilde in ihrer friedlichen Be— ſchäftigung oft vor die Augen kommen, ſoll es leichter gelingen, ſich an dasſelbe heranzubirſchen, wenn es der Jäger vermag, durch paſſende Kleidung und durch entſprechendes Benehmen demſelben die Täuſchung beizubringen, als wäre er ein gewöhnlicher Arbeiter oder Bauer. Da das Elch regelmäßige Wechſel einzuhalten pflegt, kann es natürlich auch auf dem Anſtande ge— jagt werden. Um die Elche zu fangen, werden auch wohl Fallgruben, ſog. Sau- oder Wolfsgruben, auf ihren Wechſeln angelegt. An der Lena werden dieſelben etwa 2 Faden tief hergeſtellt und oben mit Querſtangen, Reiſig und Moos bedeckt. Auch in Ruſsland und (bis vor kurzem) in Preußen ſoll dieſe Fangmethode in Gruben an- gewendet werden. Man treibt ſie dann auch wohl in ſolche Gruben hinein, indem man durch Fällung von Bäumen, durch Ausſpannen von Netzen und Anbringen von Lappen und Tüchern Gaſſen macht, die an den Gruben endigen. An ſolchen Gaſſen und auf den Wechſeln hat man auch wohl Selbſtſchüſſe angelegt, die durch den Tritt der Elche zum Entzünden gebracht werden Elch. und dieſelben tödten. Charlevoix erzählt (I. o. V., p. 188), daſs die Indianer in Nordamerika in ähnlicher Weiſe durch Anlage von Gaſſen zu jagen verſtehen. Sie bringen in der Form der beiden Schenkel eines großen Winkels undurch— läſſige Wände an, die ſie aus Pfählen und zuſammengeflochtenen Baumzweigen herſtellen. An der Spitze bleibt dieſer Winkel offen; hier werden Schlingen, die aus rohen Häuten ge— fertigt ſind, aufgehängt. Die Elche werden nun in dieſes Gehege hinein- und an der offenen Spitze des Winkels hinaus- oder zuſammen— getrieben. Diejenigen, die ſich nicht in den Schlingen fangen, gelangen in ein zweites rings— umſchloſſenes Gehege, in welchem ſie mit Pfei— len getödtet werden. — In Europa hat man ſeit jeher und auch jetzt noch im Winter gern große Treibjagden auf Elche veranſtaltet, wobei die Treiber vorſichtig und ruhig vorgehen und höchſtens durch Klopfen an den Bäumen die Elche vorwärtszutreiben ſuchen müſſen. In Kurland nennt man dieſe Jagden daher auch wohl Klapperjagden. Die Elche können auch zuſammengetrieben und mit Lappen, Tüchern und Netzen umſtellt werden. Im Sommer ver— anjtaltet noch jetzt gern der kurländiſche Adel nach den Schilderungen Max Roſenhains Par— forcejagden auf Elche mit laut jagenden Hun— den; früher waren ſolche Jagden an fürſtlichen Höfen ſehr beliebt, und die Chroniken berichten von manchen Elchhetzjagden. Im Sommer ſind dieſelben mit größeren Schwierigkeiten als im Winter verbunden; denn im Schnee, beſonders in weichem Schnee, ermüden die Elche leicht. So jagen z. B. die Bewohner der nördlichen Gebiete die Elche gern auf Schneeſchuhen, wenn der Schnee hoch liegt und höchſtens eine dünne Kruſte beſitzt, durch welche die Thiere beſtändig hindurchbrechen. Auch hat man es an paſſenden Stellen verſucht, die Elche auf glattes Eis zu treiben, wo ſie nach einiger Zeit, wie im Schnee, leicht ermüden. Die Wilden Nordamerikas, welche Seegebiete bewohnen, treiben die Thiere auch wohl ins Waſſer an eine Stelle, wo ſich vorher eine Reihe Canoes im Halbkreiſe aufgeſtellt hat, worauf die Boote die ſchwimmenden Elche um— zingeln und die in den Booten befindlichen Indianer derſelben leicht mit Lanzen, Keulen, oder jetzt auch mit Schuſswaffen habhaft werden können. Von einer ähnlichen Jagdart bei den Tunguſen an der Lena hat J. G. Gmelin be— richtet. Zur Brunftzeit ſollen nach Jardine ameri— kaniſche Jäger es verſtehen, die Elchhirſche durch ein eigenthümliches Kratzen und Pfeifen auf Elchſchulterblättern anzulocken. Die Fährte wird in der Größe ähnlich derjenigen eines großen Ochſen geſchildert, ſonſt iſt ſie ähnlich derjenigen des Edelhirſches. Die Schalen ſind ſelten gänzlich unverletzt, vielmehr in der Regel vorn und ſeitlich abgeſtoßen, wodurch die Fährte leicht unregelmäßig wird. Diejenige des Elch— hirſches ſoll ſich nach der Angabe des Ober— förſters Axt durch ihre rundere, mehr zu— ſammengedrückte Form kennzeichnen, diejenige des Thieres dagegen länglicher und ovaler ſein. 277 Es iſt übrigens gerade für Elche charakteriſtiſch, daſs die Geſchlechtsunterſchiede in der Fährte ſehr geringfügig und viel weniger ausgeſprochen als beim Edelhirſch ſind. Die Fährtenzeichen des Elches ſind im all- gemeinen analog denjenigen des Edelhirſches; beſonders zeigt er wie dieſer das „Schränken“ der feiſten Hirſche und bisweilen der tragenden Elchkühe (rechter und linker Tritt neben ein⸗ ander; je ſtärker und feiſter der Hirſch, deſto weiter der „Schrank“), das „Hinterlaſſen“ oder „Zurückbleiben“ der alten feiſten Hirſche (die Tritte der hinteren Schalen liegen einige Centi— meter hinter den vorderen) und der tragenden Thiere (die hinteren Tritte ſind etwas ſeitwärts und hinter den vorderen), ferner den „Schritt“ (je weiter der Schritt, deſto ſtärker der Hirſch; ein vierjähriger Hirſch hat einen weiteren Schritt als das ſtärkſte Thier), den Beitritt der feiſten Hirſche und tragenden Thiere (der hintere Tritt etwa einen Finger breit neben dem vorderen) und das Ballenzeichen der jungen und ſchlechten Hirſche, indem ſich die Ballen möglichſt in allen vier Tritten ausdrücken. Wenn der Elchhirſch mit dem Geweih durch niedriges Geſträuch trollt, ſo macht er durch Umknicken und Drehen der kleinen Zweige das ſog. „Himmelszeichen“. Die Loſung der Elche ſcheint, abgeſehen von der Größe, derjenigen der Edelhirſche ähnlich zu ſein. Jägerſprache. Das männliche Elch heißt Elchhirſch, Elen— hirſch, Elchochs u. ſ. w., das weibliche Elchthier oder Elchkuh, Elenthier, das Junge heißt Kalb, das weibliche Wildkalb, das männliche Elch— hirſchkalb. Das weibliche wird mit dem zweiten oder dritten Jahre Elchſchmalthier, im folgenden fertiges Thier und ſpäter Altthier genannt. Das Hirſchkalb wird im zweiten Lebensjahre Spießer, dann Gabler oder Gabelhirſch, geringer Elch— hirſch, geringer Schaufler, oft ſchon im ſechsten Jahre ein guter Schaufler und ſpäter ein Haupt⸗ oder Capitalſchaufler, wobei auch die Zahl der Enden gezählt werden kann, wie beim Edelhirſch. Die Stangen am Gewicht werden Schaufeln genannt, der behaarte Kehlbeutel Bart. Die übrigen Ausdrücke ſind geradeſo oder ähnlich wie beim Edelhirſch. Die Elche ſehen am Leibe gut oder ſchlecht aus; ein Elchhirſch mit unvollkommen ausgebildetem Geweih heißt Kümmerer. Das Fleiſch heißt Wildbret, das Blut Schweiß, das Fett Feiſt, die Beine Läufe, die Schultern Blätter, die Schenkel Keulen, der Hinterrücken Ziemer, die Weichen Flanken, die Luftröhre Droſſel, der Kehlkopf Droſſelknopf, der Schwanz Wedel, die Augen, mit denen ſie äugen, Lichter, die Ohren, mit denen das Elch vernimmt, Gehör oder Lauſcher, die Hörner Geweih, das Fell Haut, die Eingeweide Ge— ſcheide, die inneren Theile Lunge, Geräuſch oder Gelunge, der After Weideloch, die Hufe Schalen, die Afterklauen Oberrücken oder Geäfter, der Euter Geſäuge. Die Elche ſind vereinigt in Trupps oder Rudel, ſtehen oder ſtecken im Revier, wechſeln auf beſtimmten Wegen, ziehen auf Aſung oder zu Holze, treten aus dem Holze auf die Felder oder Gehaue, gehen vertraut, 278 Elch. wenn langſam im Schritt, trollen, wenn ſie traben, ſind flüchtig, wenn ſie laufen, wobei durch Anſchlagen der Afterklauen ein Schellen ent- ſteht, fallen ins Garn, thun ſich nieder oder betten zum Ausruhen, löſen ſich, wenn ſie ſich entleeren, verenden durch den Schujs, fallen oder gehen ein durch Krankheit, brunſten oder brunften; die Thiere gehen hochbeſchlagen und ſetzen ein Kalb. Man unterſcheidet feiſtes und ſchlechtes Elchwild und ſpricht den Elchhirſch auf die Stärke des Geweihes an, das er auf— geſetzt und verreckt hat, wobei er den Baſt ab— fegt, ſo daſs das Gefege zur Erde fällt. Feinde und Krankheiten. Außer dem Menſchen, der ſeit jeher wegen der vielfach nutzenbringenden Verwendungen den Elchen ſtark nachgeſtellt hat und dies auch noch zu thun pflegt, wo nicht durch ſtrenge Schongeſetze, wie in Oſtpreußen, Finnland u. ſ. w., dies verboten iſt, und der auch indirect durch die fortſchreitende Cultur des Bodens, durch Entwäſſerung der für das Elch unentbehrlichen Sümpfe u. ſ. w. demſelben verderblich wird, kommen als Feinde hauptſächlich Wolf, Bär, Luchs und Fiälfraß in Betracht. Des ein- zelnen Wolfes können ſich die Elche noch am beſten erwehren, denn das Geweih und die Waffe, welche ſie in den harten und ſcharfen Schalen ihrer Vorderläufe beſitzen, kann dem Wolfe ge— fährlich, ja tödlich werden; in Rudeln ver— einigt, werden die Wölfe aber einzelnen Elchen gefährlich. Man ſagt, daſs die Wölfe ſelbſt Elche auf das Eis oder ins Waſſer locken, um ihrer leichter habhaft zu werden. Auch Bären können nur unter günſtigen Verhältniſſen und hinterrücks oder von der Seite einzelnen Elchen beikommen und dieſelben niederreißen. Viel weniger verſtehen die Elche ſich vor den hinter— liſtigen Angriffen der Luchſe und Fiälfraße zu ſchützen. Der Luchs ſoll hauptſächlich nur junge mutterloſe Kälber beſchleichen und niederreißen, bezw. an der Kehle faſſen. Es iſt intereſſant, daſs Luchs und Elch nach Middendorf faſt die gleiche Verbreitung haben. Gegen die verbreitete Anſicht, als ob der Luchs auch alten Elchen wo möglich durch einen Sprung von oben beikommen könnte, iſt O. v. Loewis (Zool. Garten 1880, p. 308, 1886, p. 58), wie es ſcheint, mit Recht, aufgetreten. Der Fiälfraß iſt beſonders in Amerika dem Elche gefährlich; er ſpringt, wie Sarraſin erzählt, auf dasſelbe und ſchneidet ihm trotz aller ſeiner abwehrenden Bemühungen die Kehle durch. Die Erzählung, daſs auch das Her— melin dem Elche tödlich werden kann, indem es demſelben in die Ohren kriecht und hier empfind— liche Biſſe beibringt, oder wie Olaus Magnus berichtet, indem es dem Elche die Kehle durch— ſchneidet, gehört ſicherlich in das Reich der Fabel. Diejenigen Raubthiere, welche ſich an Kehle und Rücken des Elches feſtklammern, ſucht dasſelbe an Bäumen oder Felſen zu erdrücken oder doch abzuſtreifen. — Naturereigniſſe wer— den den Elchen auch bisweilen verderblich, be— ſonders Überſchwemmungen, Einfrieren der über— ſchwemmten Gebiete, ſtarke Schneefälle u. dgl. Merkwürdig oft ſoll Elchwild auf ein Eis von ungenügender Dicke gehen, einbrechen und da— durch zu Tode kommen. Über das verderbliche Einſinken im Moore ſprach ich oben. Das Elchwild ſcheint außerdem in einigen verheerend auftretenden Krankheiten ſchlimme Feinde zu beſitzen. Es iſt beobachtet, daſs ſich die Rinderpeſt auf Elche übertragen hat, ſo 3. B. 1735 in Livland, wie Hupel (Topogra⸗ phiſche Nachr. v. Lief- und Ehſtland, Bd. II, Riga 1777, p. 439) berichtet hat. Auch Milz⸗ brand und ein ruhrartiger Durchfall ergreift die Elche, beſonders, wie Köppen nach einer brieflichen Mittheilung des Barons A. Nolcken in Moiſekatz vom Januar 1883 mittheilt (J. e., p. 74), in dürren Sommern. Schon Wangenheim führt die Urſache dieſer Krankheiten auf die Dürre zurück, durch welche die Brücher aus⸗ trocknen oder infolge des Stagnierens des Waſſers in denſelben faul werden und zu ſticken anfangen. Nach Bechſtein ſollen die Elche ungefähr alle zehn Jahre von Milzbrand und Ruhr ſtark ergriffen werden, was vielleicht mit der in gewiſſen Perioden bisweilen wieder— kehrenden Dürre im Zuſammenhang ſteht. Auch Lungenfäule und andere Krankheiten der Wie- derkäuer ſollen am Elch beobachtet ſein. Die meiſten dieſer Krankheiten werden nach den neueren Anſichten der Pathologen durch pflanzliche Paraſiten (Bacterien verſchie— dener Art) hervorgerufen. Es führt uns dies zum Schluſs zur Beſprechung der Schmarotzer— thiere, durch welche die Elche zu leiden haben. Thieriſche Schmarotzer. Eigentliche Entozoa (Eingeweidewürmer) ſind bis jetzt in dem Elche verhältnismäßig wenige aufgefunden worden. v. Linſtow erwähnt in ſeinem 1878 erſchienenen Compendium der Helminthologie nur Amphistomum conicum Rud. aus dem Magen des Elches, eine Art, welche auch im Ochſen gefunden worden iſt. Ob inzwiſchen noch andere Arten im Elch ent— deckt ſind, iſt mir nicht bekannt. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daſßs man bei genauer Prüfung der verſchiedenen Eingeweide die meiſten der bei anderen Hirſchen und großen Wiederkäuern entdeckten Eingeweidewürmer auch bei den Elchen wird finden können. Wichtiger für das Wohl und Wehe der Thiere ſcheinen die Epizoa zu ſein, von denen allerdings die zu den Arachniden gehörenden Zecken oder Holzböcke (Ixodes sp.) am wenigſten in Betracht kommen dürften (fälſchlich führt Wangenheim, I. c., p. 59, zwei Käfer: Leptura melanura und rubra, an, die ſich als Holzböcke am Elche feſtſaugen ſollen). Als Lausfliege lebt auf dem Elche dieſelbe, welche auch auf dem Edelhirſche und dem Reh ſchmarotzt, nämlich Lipoptena cervi L., die auch als „Elensfliege“ in Kurland bezeichnet wird, und die von J. G. Büttner (Okens Iſis 1838, p. 364) zuerſt als Peiniger der kurländiſchen Elche erwähnt wird. Köppen, deſſen ſorgfältiger Zuſammen⸗ ſtellung (J. e., p. 71 ff.) ich dieſe und die folgen- den Nachrichten entnehme, hat auf Grund von Fr. Brauers ausführlichen Mittheilungen auf die Identität mit Kawalls und B. A. Gimmer⸗ thals Alcephagus pallidus (Stettiner entomol. Zeitg. 1845, p. 132; Bulletin de Moscou 1845, Be - Elektricität der Luft. 279 P. 2, p. 328; = Ornithobia pallida Meigen) hingewieſen. Nach Schaum und Loews Unter- ſuchungen (Stettiner entomol. Zeitg. 1849, p. 294) kommt dieſelbe Fliege in ungeflügeltem Zuſtand auf Hirſcharten, in geflügeltem dagegen auf Haſelhühnern und anderen Vögeln vor. Wenn ſchon dieſe Lausfliege die Elche zur Auswan— derung in Sümpfe, ja ſelbſt zur Flucht ins offene Waſſer veranlaſſen kann, ſo haben die— ſelben durch die Daſſelfliegen und Bremsfliegen noch mehr zu leiden. Die Daſſelfliegen (Oſtri— den) legen ihre Eier in die Naſenhöhle oder unter die Haut, und es entſtehen daraus wie bei anderen Cerviden und Wiederkäuern die Larven als ſog. „Engerlinge“. Diejenige Daſſelfliege, oder Biesfliege, welche die Eier unter die Haut legt, iſt ſchon von Pallas erwähnt, ſpäter von Wangenheim, Schreber und anderen Forſchern fälſchlich als Oestrus tarandi L. und Oestrus bovis L. bezeichnet und neuerdings von Hilde— brandt (Über die Daſſelbeulen bei Cervus Alces; Grunerts Forſtl. Blätter, Bd. XIV, P. 155) als Hypoderma alcis beſchrieben, von anderen auch als Oestrus alces bezeichnet. Die Bremsfliege der Naſenhöhle wurde anfangs fälſchlich für Oestrus nasalis L. gehalten, bis ſie von Fr. Brauer (Verh. der k. k. zool.-bot. Geſ. Wien 1860, p. 653, ibid. 1862, p. 973; Monographie der Oſtriden, 1863, p. 199, mit Abbild.) als Cephenomyia Ulrichii beſchrieben wurde. Brauer ſah Larven dieſer Art aus Oſt— preußen, Ruſsland und Nordamerika; es iſt alſo wahrſcheinlich, daſs dieſelbe das Elch durch ſein ganzes Verbreitungsgebiet verfolgt, ein Umſtand, der, wie die vielen anderen oben er— örterten Verhältniſſe, auch für die Identität der amerikaniſchen und altweltlichen Elche ſpricht. Auch die Bremsfliegen, Tabanus bovinus L. und andere Tabaniden werden den Elchen läſtig, ebenſo andere Fliegen, Schnacken, Mücken u. ſ. w. Amerikaniſche Naturforſcher haben auch von der Plage erzählt, die dem Elche in Nord— amerika durch Mosquitos würde, ohne dais die Art dieſer mückenartigen Dipteren angeführt worden iſt. Es frägt ſich, ob es ſich hier noch um andere als die ſchon erwähnten Inſecten handelt. W. Bl. Elektricität der Luft oder atmoſphäriſche Elektricität. Blitz und Donner, einſt der Zornes— ausdruck, die Waffe der oberſten Gottheit — und ſeit dem vorigen Jahrhundert eine analoge Erſcheinung wie der A und das Kniſtern des geriebenen Bernſteins! Dieſe Analogie wurde von dem Engländer Wall zuerſt hervorgehoben, ihre Richtigkeit jedoch von Franklin durch das Experiment erſt außer Zweifel geſtellt. 1749 legte dieſer berühmte amerikaniſche Naturforſcher ſeine Anſicht über den Blitz dar und ſchlug auf Grund der ihm bekannten Thatſache, dass das elektriſche Flui— dum durch die Spitzen metalliſcher Leiter an— gezogen wird, die Errichtung einer iſolierten 20—30 Fuß langen Metallſtange auf einem hohen Thurm vor, aus welcher es dann mög— lich ſein müſste, Funken zu ziehen. Franklin führte dieſen Verſuch nicht aus, ſondern bediente ſich eines Drachens aus Seide, der an einer Hanfſchnur, die wieder an eine kürzere in der Hand gehaltene Seidenſchnur geknüpft war, ge— halten wurde. Aus einem Schlüſſel, um welchen die Hanfſchnur gewickelt war, konnten kräftige Funken gezogen werden, mittelſt deren Franklin auch Leydener Flaſchen zu laden vermochte (1756). Als de Romas 1757 den Verſuch wieder- holte, erhielt er Funken bis zu m Länge und 3 em Stärke. Daſs elektriſche Kräfte den Gewittererſchei— nungen zugrunde liegen, hatte Franklin jedoch ſchon 1752 nachgewieſen, als er das untere Ende einer auf ſeinem Hauſe aufgeſtellten iſo— lierten Stange mit einem ſog. elektriſchen Glockenſpiel verband. Während des Vorüber— ziehens ſchwerer Wolken ertönten dieſe Glocken häufig, ſogar ohne daſs Blitz und Donner be— obachtet wurden. Der Verſuch, aus ſolchen iſolierten Stangen durch Verbindung mit der Erde 11 zu ziehen, wurde 1752 von Dalibard ausge führt und dabei Funken, wenn auch nur von 1½ Zoll, erhalten. Bekannt iſt der unglückliche Verlauf eines derartigen von Prof. Richmann in Peters— burg unternommenen Verſuches, wobei die ſtark angeſammelte Elektricität nach dem Körper des der Stange zu ſehr genäherten Gelehrten in Geſtalt einer Feuerkugel überſprang und ihn auf der Stelle tödtete. Durch die Erkenntnis der elektriſchen Natur des Blitzes wurde Franklin zu dem Vorſchlag, durch Blitzableiter Schutz zu ſuchen, geführt, und unabhängig von ihm ſoll der Pfarrer Procopius Diviſch den gleichen Gedanken aus— geſprochen haben. 5 Schon im Jahre 1732 zeigte Le Monnier, daſs die Luft ſtets elektriſch ſei, indem man aus einer mit einer Spitze verſehenen leitenden iſo— lierten Stange ſogar bei ganz klarem Himmel Funken ziehen könne. Seine Verſuche ergaben bereits die Erkenntnis, daſs die Luft bei heiterem Himmel ſtets poſitiv elektriſch ſei, daſs die Elektricität einen täglichen Gang ihrer Stärke zeige, ſowie den Einfluſs der Himmelsbedeckung. Auch Muſchenbroek war zu gleichen Re— ſultaten gekommen, und das Überraſchende dieſer Erkenntnis reizte in der Folge zu eingehenden langjährigen Beobachtungen. Beccaria ſchlug zuerſt den Weg regelmäßiger Beobachtungen ein; an Stelle der elektriſchen Drachen bediente er ſich eines Drahtes, der iſoliert zwiſchen einem Kirchthurm und einem Baum geſpannt war, und deſſen oberes Ende mit einem Holunder— marf-Eleftrometer im Zimmer in Verbin— dung ſtand. Cavallo benützte bei ſeinen Verſuchen einen kürzeren iſolierten Metallſtab, der nach Art der Angelruthen verkürzt und ſomit bequem transportiert werden konnte. Mit einem ähn— lichen Inſtrumente erforſchte Sauſſure die Luftelektrieität in den Alpen und bediente ſich dabei des Goldblattelektroſkopes zur Erkennung des ler dischen Zuſtandes. Volta erſetzte die Me— tallſpitzen des Leiters durch brennende Flammen und Lunten, welche die Eleftricität beſſer leiten; bei Beobachtungen an einem beſtimmten Ort bediente er ſich feſt aufgeſtellter iſolierter Stan— gen und verband die an der Spitze angebrachte Flamme oder Lunte mit einem Strohhalm— 280 eleftrometer. Nach ſeiner Methode wurden in der Folge noch vielfach Verſuche ausgeführt, beſonders die zwanzigjährigen Beobachtungen von Schübler in Tübingen. Als die Elektricität der Luft durch die ange— gebenen Beobachtungsmethoden erkannt wurde, lag es natürlich am nächſten, den Sitz der Elek— tricität in der Luft ſelbſt zu ſuchen, eine Anſchau— ungsweiſe, welche am Anfange dieſes Jahrhun— derts durch die Verſuche von Erman ſtark erſchüt— tert wurde. Erman ſtellte feſt, daſs man bei heiterem Himmel durch Emporheben eines iſo— lierten Leiters poſitive, aber ebenſo durch Senken, nachdem derſelbe zuvor abgeleitet worden, wieder negative Elektricität hervorrufen könne; befindet man ſich auf einer freien Ebene und bewegt den iſolierten Leiter horizontal, ſo entſteht dagegen keine Elektricität, wohl aber wenn der hori— zontal bewegte Leiter nach der Seite eines etwa in der Nähe befindlichen Berges oder eines Waſſers bewegt wird, Ergebniſſe, die in der Folge durchwegs beſtätigt worden ſind. Erman gelangte zu den gleichen Beobach— tungen, als er den bewegten Leiter ganz in ein Glasgehäuſe einſchloſs, und ſprach daher die Vermuthung aus, dafs nicht die Luft, ſondern die Erde elektriſch ſei und alle Erſcheinungen der Luftelektrieität nur Inductionswirkungen ſeien, nicht aber Erſcheinungen der elektriſchen Mittheilung durch Leitung, wie man früher annahm. Durch die Gleichheit der Stärke der Induction in gleicher Höhe über der ebenen Oberfläche, bezw. durch die Ungleichheit in ver— ſchiedenen Entfernungen von der Oberfläche er— klärten ſich alle bisherigen Beobachtungen. Dieſe Vorſtellung der Erde als einer negativ elektriſchen, im Raume iſolierten Kugel wurde durch den berühmten Naturforſcher Peltier 1836 wieder aufgenommen und weiter durchgeführt; er bediente ſich zu ſeinen Verſuchen eines auf jenem Prineip der Eleftricitätserregung bei der Ortsveränderung in der Verticalen beruhenden Apparates und wandte zuerſt ſtatt der Elek— troſkope wirkliche Elektrometer an, um möglichſt zu abſoluten Meſſungen zu gelangen, in welcher Beſtrebung ſich auch Dellmann beſonders her— vorthat. Ju der Folge machte die Verfeinerung der Meſsapparate große Fortſchritte, beſonders durch die Conſtruction der Elektrometer von Thom— ſon, des Bifilarelektrometers von Palmieri u. a. Zur Erzeugung der zu meſſenden elektriſchen Spannung bediente ſich Palmieri einer am oberen Ende mit einer Metallplatte verſehenen iſolierten Metallſtange, welche je um 1½ m gehoben wurde, während Thomſon einen Waſſercollector fol— gender Art, ähnlich wie ihn Palmieri auch an— gegeben hat, in Anwendung brachte. Thomſon benützt als Sammelgefäß der Elektrieität ein mit Waſſer gefülltes Metallgefäß, aus welchem das Waſſer durch ein am Boden angebrachtes Rohr tropfenweiſe ausfließt; wird das Gefäß iſoliert und läjst man das Waſſer in leitende Verbindung mit dem Boden gelangen, ſo wird das Gefäß poſitiv elektriſch. Mittelſt des Waſſer— collectors gelang Mascart die Conſtruction eines regiſtrierenden Luftelektrometers, welches in Paris aufgeſtellt iſt. Neben dieſen Apparaten iſt das Elektricität der Luft. Volta'ſche Inſtrument, Iſolierſtange mit Flamme oder Lunte, auch noch in Gebrauch. Die Spitzen wie das ausfließende Waſſer, die Flammen und Lunten, ſollen die Wirkung der Induction möglichſt ſteigern, alſo die höchſte Stärke der elektriſchen Erregung herbeiführen. Vergleiche haben ergeben, daſs die Meſſungs⸗ ergebniſſe für jede Vorrichtung bei genügender Vorſicht wohl je unter einander vergleichbare Zahlen ergaben, daſs aber die Wirkung eine ſehr ungleiche; die Methoden der Flammen, des Waſſerausfluſſes und der Lunte ergaben nach den Unterſuchungen von Pellat Zahlen, die im Verhältniſſe von 1:0˙5:0˙1 ftanden. Vorzeichen der Luftelektrieität. Alle Beobachtungen haben übereinſtimmend ergeben, daſs bei heiterem, wolkenloſem Wetter die Luft ausnahmslos poſitiv elektriſch iſt. Palmieri macht nach ſeinen Erfahrungen hiezu die Einſchränkung, daſs auch gleichzeitig inner— halb eines Umkreiſes von 10 km kein Nieder- ſchlag von Regen, Schnee oder Hagel fallen dürfte; denn nur in dieſem angegebenen Falle fand Palmieri gelegentlich negative Elektrieität bei klarem Himmel. Die poſitive Elektricität bei heiterem Him— mel iſt im allgemeinen intenſiver als die bei bewölktem Himmel beobachtete, welche nach Pal— mieri bei Abweſenheit von entfernten Nieder- ſchlägen zwar auch poſitiv, aber mehr variabel iſt und keine klar ausgeſprochene Tagesſchwan— kung zeigt. Als Palmieri auf dem Veſuv wochenlang in Wolken eingehüllt war, die mehrere hundert Meter unter das Niveau des Obſervatoriums herabreichten, beobachtete er doch immer poſi— tive Elektricität, „die manchmal eine bemerkens⸗ werte Intenſität hatte, doch niemals ſehr ſtark war“. „Wenn der Himmel klar iſt und ſich zu bewölken anfängt, jo werden die elektriſchen An⸗ zeichen ſtärker“ und beſonders wenn in den Abend- ſtunden reichlicher Thau fällt Nach Palmieri nimmt die atmoſphäriſche Elektrieität während eines Regens ſowohl am Beobachtungsort als in einer gewiſſen Entfer— nung von demſelben ſtark zu, wenn auch noch keine Blitzſchläge auftreten; dieſe Zunahme hält an während des Regens und verſchwindet nach demſelben. „Unter ſolchen Umſtänden und be— ſonders bei einem in gewiſſer Entfernung ſtatt⸗ findenden Regen wird es vorkommen, daſs man negative Elektricität beobachtet, die nach einer gewiſſen Zeit poſitiv wird und ſich manchmal von neuem wieder umkehrt.“ 1854 ſtellte Balz. mieri auf Grund ſeiner Beobachtungen folgendes Geſetz auf: „Dort, wo Regen fällt, hat man reichlich poſitive Elektricität mit einer fie um⸗ gebenden, mehr oder weniger breiten Zone von ſtarker negativer Elektrieität; auf dieſe folgt eine andere Zone ſtarker poſitiver Elektricität, die dann in größerer Entfernung raſch abnimmt.“ Entgegen Palmieri fand Exner aus Beob⸗ achtungen, die wenig günſtig in einem Hofe im Innern der Stadt angeſtellt wurden, dass die abnimmt oder einen Zeichenwechſel zeigt, wie au 4 der Vorübergang jeder Cumuluswolke im 509 1 Dh BRAND ed 2 0 poſitive Elektricität während jedes Niederſchlages r . e, — . an ANZ tes R s — Ya By Tee De Be Ar = eine vorübergehende Depreſſion bewirkt. Er ſchloſfs daher, daſs eine Anhäufung bedeu— tender Waſſermaſſen in der Atmoſphäre ſtets mit einem Sinken der normalen poſitiven Luft— eleftricität verbunden iſt. Wie ſelten negative Electrieität der Luft vor— kommt, geht daraus hervor, dafs Quetelet inner— halb vier Jahren nur 23mal negative Elektri— cität und nur bei regneriſchem und ſtürmiſchem Wetter beobachtete; aus den fünfjährigen Be— obachtungen von Birt wie auch aus denen von Duprez ergibt ſich die Häufigkeit der negativen Elektricität gleich 41%, aller Beobachtungen. Dellmann ſprach auf Grund ſeiner 20jährigen Beobachtungen den Satz aus: „Die Luftelek— tricität eines Ortes iſt eine conſtante Größe.“ Ebenſo iſt die Luft im normalen Zuſtand über dem Meere poſitiv elektriſch. Negative Elektricität beobachten wir da— gegen faſt immer, wenn die Luft durch Staub ſtark verunreinigt wird; dieſe Störungsquelle tritt natürlich im Sommer, wo die Erdober— fläche trocken iſt, häufiger auf. Beſonders be— kannt iſt die Beobachtung von W. Siemens auf der Spitze der Cheopspyramide in Agypten; bei plötzlich auftretendem Samum, dieſem heißen, ſandführenden Wüſtenwinde, beobachtete er ſo ſtarke negative Elekricität, daſs es ihm gelang, aus einer ſchnell improviſierten Leydenerflaſche bedeutende Funken zu ziehen. Thomſon wies ebenſo den Staub als die Urſache nach, daſs in Zimmern die Luft meiſt negativ elektriſch ſei. Bei ſtarkem Nebel wird häufig ſehr ſtarke poſitive Eleftrieität beobachtet, jedoch vorzugs— weiſe bei den Morgennebeln. Täglicher und jährlicher Gang. Bei klarem Himmel zeigt die Luftelek— tricität nach faſt allen Beobachtungen am Tage zwei Maxima und zwei Minima; den höchſten Wert erreicht ſie in der Regel abends kurz nach Sonnenuntergang, das andere Maximum fällt gegen Sonnenaufgang, nach einigen Be— obachtern damit nahe zuſammen, nach anderen 1½ Stunden und mehr ſpäter; die geringjte Elektricität wird zur Zeit der höchſten Tages— temperatur und ein ſchwächeres Minimum in der Nacht gegen Tagesanbruch beobachtet. Nach dem Sommer zu rücken die Maxima einander näher. Nach Schübler beträgt das Verhältnis zwiſchen Maximum und Minimum im Decem— ber 1˙6, im Juli 3°0. Mascart beobachtete in Paris nur ein Maximum und ein Minimum der Luftelek— trieität im täglichen Gang, u. zw. einen Ausfall der geringeren nächtlichen Schwankung, alſo eine continuierliche Zunahme vom Minimum am Mittag bis zum Maximum am Morgen. Da dieſes Reſultat wie das gleiche einer ein— jährigen Beobachtungsreihe in Liſſabon mit allen übrigen im Widerſpruche ſteht, ſo kann wohl mit Exner angenommen werden, daſs der über großen Städten ſtets beobachtete Dunſt— kreis als Urſache der Störung im gewöhnlichen Gange der Erſcheinung angeſehen werden müſſe. Nach Palmieri wird dieſe tägliche Periode „durch den wehenden Wind, durch eine am Hori— zonte erſcheinende Wolke, durch einen vom Meere Elektricität der Luft. 281 kommenden Nebel und andere oft ſchwer feſtzu— ſtellende Urſachen leicht geſtört“; er fand die Curven im allgemeinen ſo winkelig, „daſs man an denſelben ſtarke Erhöhungen und Vertie— fungen von einer Viertelſtunde zur anderen ſieht“. Im jährlichen Gang findet man ein Maxi- mum im Winter und ein Minimum in den Sommermonaten. Abhängigkeit von der geographiſchen Lage. Alle Beobachtungen in Deutſchland, Neu- ſchottland und St. Louis in Nordamerika, fer— ner am Cap Horn haben die gleichen ange— führten Reſultate ergeben. Zuverläſſige Meſ— ſungen aus den Polarländern liegen leider noch nicht vor, da die bisherigen Bemühungen an der Schwierigkeit, die Apparate genügend vor der Luftfeuchtigkeit zu ſchützen, ſcheiterten; ent— gegen den Unterſuchungen von Bravais und Lottin in Norwegen, welche eine Luftelektrieität nicht zu erkennen vermochten, iſt aus Beob— achtungen von Lemſtröm im Jahre 1885 zu ſchließen, daſs die Luftelektricität in den Polar— ländern vielleicht noch ſtärker iſt als bei uns. Veränderlichkeit mit der Höhe. Alle Beobachtungen haben bei klarem Wetter eine Zunahme der poſitiven Elektricität mit der Höhe ergeben; beſonders hat Exner den Nach— weis geliefert, daj3 dieſe Zunahme der Höhe proportional verläuft. Entſprechend der Verringerung des Maßes der linearen Zunahme der Elektricität mit der Zunahme der Waſſerdampfmenge der Luft fand Exner, als er in einem Ballon aufſtieg, mittelſt zweier Waſſercollectoren, dafs in größerer Höhe, wo die abſolute Dampfmenge bedeutend ge— ringer geworden iſt, die Efeftricität viel ſchneller mit der Höhe zunahm als in der Nähe der Erdoberfläche. Exner hat ferner experimentell den Nach— weis geliefert, daſs die Zunahme der poſitiven Luftelektrieität über concav gekrümmter Erd— oberfläche, alſo über einem Thale am kleinſten, über convexer Fläche am größten und über der Ebene einen mittleren Wert habe. Bei gleicher Erhebung über dem Meere iſt die Elektricität ſtärker über einem iſolierten Felſen als über der Spitze eines allmählich anſteigenden Berges. Die Flächen gleicher elektriſcher Wirkung verlaufen alſo der Oberfläche nur annähernd parallel, in— dem ſie über Vertiefungen ſich von der Ober fläche entfernen, über Erhebungen aber ſich ihr nähern. Von dieſen Sätzen ausgehend, wies Exner nach, daſs die Beobachtungen Palmieris in den Fällen, wo höher gelegene Punkte geringere poſitive Elektrieität ergaben, im Grunde keinen Widerſpruch gegen das Geſetz der Zunahme mit der Höhe enthalten. Vergleich des Ganges der Luftelektri cität und der übrigen meteorologiſchen Elemente. Auf umſtehender Figur iſt der tägliche Gang (im Sommer in der Ebene unſerer Breiten) des Luftdruckes, der Lufttemperatur, der abſo— luten Feuchtigkeit, der relativen Feuchtigkeit und e EEE 282 der Luftelektricität ſchematiſch in der Weiſe dar⸗ geſtellt, daſs der Zeitpunkt der Minima durch einen kleinen Kreis, der der Maxima durch einen großen Kreis auf der für jedes der Ele- mente gezogenen Geraden, für welche die darüber geſetzten Zahlen als Stundenmarken gelten, an= gezeigt iſt. Die doppelte Periode des Luftdruckes wie der abſoluten Feuchtigkeit deckt ſich mit dem der Elektricität nur zum Theil, nämlich die Wendepunkte am Nachmittag und am Abend; 10 2,028 VENEN UFER 12 2 — —— —-—— — — — — — æę—àmꝛ — — — i. — ng — Fig. 272. dagegen erſcheinen die Wendepunkte am Vor— mittag gegen einander etwas verſchoben. Von einigen Beobachtern wurde ein jpä- teres Eintreffen des Maximums der Elektricität am Morgen beobachtet und demgemäß die Parallelität des Ganges von Aufteleftricität | und Luftdruck hervorgehoben, zuerſt vielleicht von Neumayer auf Grund ſeiner Beobachtungen in Melbourne. Aus dem gleichen Reſultate leitete Ragona ſpäter die Hypotheſe her, daſs Zunahme der Luftelektricität die Spannkraft der Luft ver- größere, Abnahme verringere, und ſomit die Parallelität eine einfache Folge ſei. Dellmann fand, dajs das tägliche Minimum der Elektricität ſtets unmittelbar nach dem Minimum der Temperatur ſtattfindet, und ebenſo zog Quetelet aus ſeinen Beobachtungen den Schluſs, dajs Elektricität und die Temperatur— grade umgekehrt verlaufen. Die einfache Periode der Tagestemperatur wie der relativen Feuchtigkeit beſitzt zwar ihre Wendepunkte gemeinſchaftlich mit der Elektricität, vermag aber für die nächtliche Schwankung der Elektricität keine Parallelität aufzuweiſen. Die Übereinſtimmung des jährlichen Ganges von Lufttemperatur und relativer Feuchtigkeit mit dem der Luftelektricität, der größere Betrag der Tagesſchwankung beider Elemente im Sommer als im Winter führen gleichwohl auf einen analogen Verlauf hin, auf welchen ſchon früh— zeitig aufmerkſam gemacht wurde. Beide Ele— mente haben aber noch ein gemeinſames Merk— mal, nämlich eine ſehr ſchnelle Anderung gegen Sonnenuntergang und dann gleichmäßige lang— ſame Anderung bis zu dem Wendepunkte bei Sonnenaufgang, wodurch in zu beſprechender Weiſe die nächtliche Schwankung der Luftelef- tricität verurſacht werden könnte. Beſonders die relative Feuchtigkeit wurde in ihrer Parallelität zum Gange der Elektricität näher verfolgt und zur Erklärung der Erſchei— Elektricität der Luft. nungen herangezogen. Bei den ſtarken Thau⸗ bildungen am Abend wurde bei hoher relativer Feuchtigkeit das Maximum der Elektrieität be- obachtet, ferner von Palmieri eine Zunahme bei anhaltendem Regen. Im Winter iſt ein gleiches Anſteigen der relativen Feuchtigkeit wie im Sommer in dieſem Falle nicht zu erwarten; daher vielleicht das entgegengeſetzte Reſultat von Exner. Im Winter ſteigt die Temperatur bei Regen, im Sommer ſinkt ſie, wenigſtens bei Tage; hier nähert ſie ſich aus dieſem Grunde gan ſich der Sättigung, dort entfernt ſie ſich 10 12 vom Sättigungspunkte. Mit der Verringerung der Wärmeſchwan⸗ kung bei wolkigem Wetter verringert ſich ebenſo die Schwankung der relativen Feuchtigkeit. Wollte man der relativen Feuchtigkeit den Einfluſs auf die Elektricität zuſchreiben, jo würden ſich alle Erſcheinungen erklären, wenn gleichzeitig noch die Geſchwindigkeit der Ver⸗ änderung der relativen Feuchtigkeit als von Einfluſs betrachtet wird. Bei gleichem Waſſer⸗ gehalt der Luft haben wir vielleicht bei verſchie⸗ dener relativer Feuchtigkeit dort die größere abſolute Raumerfüllung durch die Molecüle, wo die relative Feuchtigkeit größer iſt, alſo größere Volumina der Waſſergasmolecüle. Ob hierin ein Einfluſs der relativen Feuchtigkeit auf den Gang der Luftelektricität begründet liegt, iſt vor⸗ derhand nicht zu entſcheiden. Wenn plötzliche Temperaturabnahme durch Steigerung der rela— tiven Feuchtigkeit eine andere Elektrieitätsver⸗ theilung oder eine Anderung der Spannung zur Folge hätte und eine ſolche den Beobachtungen zufolge eine Steigerung der poſitiven Luftelek— tricität bewirkte, ſo würde die Steigerung wieder aufhören müſſen, ſobald die Temperaturabnahme ſich verlangſamt hat, und ſchließlich aufhören können; immer ließe ſich die nächtliche Schwan⸗ kung der Elektricität einfach auf eine abnorme plötzliche Steigerung gegen Sonnenuntergang zurückführen, auf welche zunächſt Rückkehr zu den normalen Werten und dann der weitere normale Gang folgen würde. Jedenfalls können wir den Gang der Tem- peratur an ſich nicht für den der Luftelektricität verantwortlich machen. Bedeutung des Waſſerdampfes für die Entſtehung der Luftelektrieität. Die Rolle, welche der Waſſerdampf bei der Luftelektricität ſpielt, ſei es daſs er als Wolke, als Nebel, als Regen die Beobachtung be- einfluſst, fiel ſchon frühzeitig auf, und beſon⸗ ders die naheliegende Anſchauung, die Wolken als Sammelſtätten der Elektrieität aufzufaſſen, führte dahin, vielfach dem Waſſerdampfe auch die Entſtehung der Luftelektricität zuzuſchreiben. Die Elektricität der Luft ſollte nach den verſchiedenen Theorien herrühren von der Ver⸗ dunſtung des Waſſers, wobei die Dämpfe ſich poſitiv laden, aus der Condenſation der auf- gelösten Dämpfe, aus der Ausdehnung der auf⸗ ſteigenden Waſſerdämpfe, aus der Reibung der Wolken an einander oder an der Luft, aus der Reibung der Waſſer- und Luftmolecüle an ein⸗ ander, aus der Reibung der in der Luft ſchwe⸗ benden Eiskryſtalle an der darunter lagernden . En Ne r —— TITTEN r 1 2 8 Et feuchten Luft, aus der Reibung der Hagelkörner an der Luft u. ſ. w. Viele dieſer Theorien ſtehen mit der Erfahrung in Widerſpruch, dajs die Luftelektricität im Winter, wo die Menge der Waſſerdämpfe am geringſten iſt, ihren größten Wert erreicht. Um die Elektricitätserregung beim Ver— dampfen und bei der Condenſation nachzuweiſen, wurden mit den feinſten Meſſungsmethoden Verſuche in Laboratorien angeſtellt; die neueſten mit allen Vorſichtsmaßregeln angeſtellten Ver— ſuche haben indeſſen zu negativen Reſultaten geführt, und jedenfalls iſt die etwa ſtattfindende Elektricitätserregung jo ſchwach, dass ſie der Meſ— ſung entgeht. Dagegen hat Exner wohl den Nachweis geliefert, daſs die aus einer elektriſchen Flüſſig— keit aufſteigenden Dämpfe die Elektricität der Flüſſigkeit mit fortführen. Auf Grund dieſes Verſuches nimmt Exner den Waſſerdampf in der Atmoſphäre entgegen den früheren An— ſchauungen als negativ elektriſch an, indem ſich auf dieſe Weiſe auch erkläre, warum Luftelek— tricität und der Waſſergehalt den entgegen— geſetzten Gang haben; Anhäufung von Waſſer— dämpfen ſchwächt ihm zufolge die poſitive Elektricität. Dieſer Theorie widerſprechen die Beob— achtungen von Palmieri über Zunahme der Elektricität bei Regen; ferner zeigen der Waſſer— dampf und die Luftelektricität nicht die gleichen Wendepunkte im täglichen Gang, und die Größe der täglichen Schwankung des Waſſergehaltes iſt eine an ſich recht kleine Größe im Vergleich zu der Schwankung der relativen Feuchtigkeit, die an Sommertagen häufig zwiſchen 30 und 100% ſchwankt, alſo zu einer Tageszeit dreimal ſo groß erſcheinen kann wie zu einer anderen. Andere Hypotheſen über die Urſache der Luftelektrieität. Nach Pouillet ſollten die von Pflanzen ausgeathmeten Gaſe poſitiv elektriſch ſein; nach Mühry entſtünde die Elektricität direct durch die Beſtrahlung der Erde durch die Sonne. Meißner leitet die Elektricität aus der bekannten An— nahme ab, daſs das Molecül des gewöhnlichen Sauerſtoffes aus einem Atom Ozon und einem Atom Antozon beſteht; da letzterer gegen jenen poſitiv elektriſch iſt, ſo ſoll bei der Oxydation, alſo den Verbrennungserſcheinungen, welche meiſt durch den Ozon bewirkt werden, poſitive Elektricität entſtehen. Planté nahm für alle Weltkörper einen urſprünglichen Vorrath von poſitiver Elektri— cität an, welche dieſen, alſo auch der Erde, entſtrömt und ſich in den verdünnten oberen Schichten unſerer Atmoſphäre ſammeln ſollte; die Fortführung der Elektricität ſollte durch die Verdampfungsproceſſe begünſtigt werden. Durch die ſtarke Anſammlung poſitiver Eleftricität in der Gewitterwolke ſollte an der Erdoberfläche negative induciert und hiedurch die Entladung herbeigeführt werden. 5 Peltier betrachtete nach Erman die Er— ſcheinung als reine Inductionswirkung durch die negativ geladene Erde; ebenſo ſchrieb La— mont der Luft an ſich keine Elektricität zu, Elektricität der Luft. 283 ſondern ſprach ihr ſogar das Vermögen ab, ſolche zu leiten und zu behalten. Werner Siemens wie Wilhelm Sie— mens nahmen eine hohe elektriſche Sonnen- ladung an, die durch Reibung der von den Sonnenpolen nach dem Sonnenägquator ſtrömen— den Gasmaſſen an dem feſten Innern entſtehen ſollte. Durch die ſtarke Rotation ſollen dieſe elektriſchen Maſſen zum Theil in den Welten- raum fortgeſchleudert werden und influeicierend auf die Erde wirken, wobei die Erdoberfläche negativ elektriſch werden ſollte, während die poſitive Elektricität der Erde im Weltenraum zerſtreut wird. Ebenſo hatte ſchon Becquerel die Urſache der Elektricität in die Sonne verlegt, welche durch die Zerſetzung waſſerſtoffhaltiger Sub- ſtanzen elektriſch werden ſollte; der poſitiv er— regte Waſſerſtoff ſollte ſeine Elektricität an die im Weltenraume befindlichen Körper abgeben und dieſe ſo in unſere Atmoſphäre gelangen. Sitz der Eleftricität. Es liegen an ſich als mögliche Fälle vor: Anhäufung der Elektricität in der Luft ſelber — ſo daſs unſere Apparate die Veränderungen der Elektricität in der Verticalen, wie ſie durch die Schichtung der Eleftricität bedingt wären, anzeigen würden, Anhäufung der poſitiven Elektricität in den höchſten Schichten der Atmo— ſphäre oder endlich der negativen an der Erd— oberfläche. Nur im erſteren Falle würde es ſich bei unſeren Beobachtungen der Elektricität um Lei— tung, ſonſt aber um eine Inductionserſcheinung handeln. Verſuche, welche in der Weiſe ange— ſtellt wurden, dajs der elektriſche Anſammlungs— apparat von einem zur Erde abgeleiteten Metall— gitter umgeben war und durch dieſe Anordnung die Induction ferner elektriſcher Maſſen aus— geſchloſſen wurde, haben noch zu keinem end— giltigen Urtheil geführt, da geringe elektriſche Erregungen auch bei dieſer Anordnung beob— achtet wurden. Nach unſeren heutigen Anſichten haben wir es aber jedenfalls weſentlich mit In— ductionserſcheinungen zu thun. Palmieri verlegt den Sitz der Eleftricität in die höchſten Schichten der Atmoſphäre und läſst dieſe auf die Erde influenzierend wirken, beſonders weil er die Beobachtung gemacht hatte, daſs ebenſo wie die Luft auch die Erde bisweilen an verſchiedenen relativ nicht ent— fernten Punkten verſchiedene Vorzeichen der Elektricität beſitzt, eine Anordnung der Elek tricität, wie er ſie nur einer inducierten zu ſchreiben möchte. Um die elektriſche Ladung der Erde nachzuweiſen, bewegte dieſer Forſcher zwei metalliſche Leiter horizontal gegen einander, von denen der eine iſoliert, der andere aber mit der Erde verbunden war. Bei der Annäherung zeigte der mit einem Elektrometer verbundene iſolierte Leiter bei heiterem Himmel negative, bei ver Entfernung poſitive Elekricität; die Vor— zeichen der Ladung wären überhaupt mit ſehr wenigen Ausnahmen die entgegenſetzten von denen, welche eine iſolierte Franklin ſche Stange angab. Gegen die Annahme der Erdoberfläche als Sitz der Elektricität glaubte Palmieri die eigene 234 Elektricität, thieriſche. Beobachtung anführen zu können, daſs, wenn man die iſolierte Metallſtange umkehrt, jo dass die Spitze nach unten gerichtet iſt, die Stange dieſelbe Elektrieität wie vorher anzeigt. Allgemeiner iſt aber jetzt die alte Peltier— ſche Annahme der Erde als einer negativ elek— triſch geladenen Kugel, welche durch Induction die elektriſchen Erſcheinungen hervorruft; als ihre jüngſten Vertreter ſind beſonders zu nennen Thomſon und Exner. Hohe Spannung der Gewitterwolken. Während Palmieri dieſe ausſchließlich aus der ſtarken Elektricitätsentwicklung bei der plötz— lichen Condenſation der Wolken zu Regen her— leitete und als begünſtigenden Umſtand Trocken— heit der Luft in der Umgebung der Wolke her— vorhob, zeigte Exner, dass auch ſtarke elektriſche Differenzen ſchon durch die verſchiedene Höhe zweier Wolken über der Erde verurſacht würden und an ſich ſchon ſtarke Blitzentladungen zwi— ſchen übereinandergelagerten Wolken, wie man ſie bei Gewittern häufig beobachtet, zur Folge haben könnten. (Vgl. „Die atmoſphäriſche Elek— tricität“ von Luigi Palmieri, deutſch von Diſcher, 1884; Wallentin, „Über atmoſphäriſche Elek— tricität, deren Beobachtung und muthmaßliche Urſachen ꝛc.“, Monatszeitſchrift Humboldt 1886; Exner, „Über die Urſachen und die Geſetze der atmoſphäriſchen Elektricität“, Repertorium der Phyſik von Exner, 1886; Exner, „Über trans— portable Apparate zur Beobachtung der atmo— ſphäriſchen Elektricität“, Sitz.-Ber. d. k. Ak. d. Wiſſ., 95. Bd., 1887.) Gßn. Elektricität, thieriſche. Unter dieſer Über— ſchrift fast man alle Erſcheinungen am leben— den Thierkörper zuſammen, welche auf den im intacten Körper ſowohl als an ausgeſchnittenen noch lebenden Organen vorhandenen elektriſchen Spannungen — Potentialdifferenzen — beruhen; dieſe Spannungserſcheinungen ſind die Ur— ſachen, daſs man durch paſſende Vorrichtungen von den thieriſchen Theilen elektriſche Ströme ableiten kann. Die Schwierigkeiten, welche zu überwinden ſind, um von thieriſchen Theilen elektriſche Ströme abzuleiten, die jenen eigenthümlich ſind und nicht in den ableitenden Apparaten ihre Entſtehungsurſache haben, ſind bedeutende; Du Bois-Reymond hat zuerſt dieſe Schwierigkeiten vollends beſeitigt und die den thieriſchen Theilen zukommenden Spannungen durch in den Jahren 1840 — 1843 angeſtellte Unterſuchungen mit Sicherheit beſtimmt. Es wird dem Leſer das Verſtändnis der verwendeten Apparate und Methoden leichter ſein, wenn er die in dieſem Gebiete beobachteten Erſcheinungen kennen ge— lernt hat; wir wollen daher zuerſt die beobach— teten Thatſachen anführen und zum Schluſſe die Apparate, Methoden und einen kurzen Ab— riſs der Geſchichte unſeres Wiſſens auf dieſem Gebiete der Phyſiologie bringen. Am geſammten lebenden Thierkörper und an allen ſeinen noch lebend ausgeſchnittenen Theilen können, ſo lange ſie lebendig ſind, elek— triſche Ströme abgeleitet werden. Von den Muskeln, den Nerven, den Drüſen, der äußeren Haut, den Schleimhäuten, den Sehnen, den Knochen ꝛc. hat man Ströme abgeleitet; wir müſſen aber hier erwähnen, daſs dieſe That- ſache nicht allein an Thieren beobachtet iſt, ſondern daſs man auch bei den Pflanzen, alſo in der anderen Hälfte der organiſchen Welt, die gleichen Erſcheinungen beobachtet hat. Der Bau der Muskeln und Nerven iſt für das Studium der elektriſchen Vorgänge an denſelben ſehr günſtig, wir beſitzen daher auch über ſie die meiſten Kenutniſſe. Die Muskeln ſind wie die Nerven aus Faſern gebildet, die vollſtändig parallel aneinandergelagert ſind; Figur 1 ſtelle einen Muskel- oder Nervencylinder vor, deſſen Endflächen ſenkrecht zur Achſe und deſſen ſämmt— liche Faſern mit der Achſe parallel ſind. Da ſolche Muskel- und Nervencylinder nirgends im Körper präformiert ſind, ſo müſſen ſolche Formen künſtlich aus dem Körper heraus— geſchnitten werden, die Endflächen ſind durch „künſtliche“ Querſchnitte gebildet, und wir ſpre⸗ chen auch in dieſen Fällen von „künſtlichen“ Querſchnitten im Gegenſatze zu den natürlichen, die bei den Muskeln an der Übergangsſtelle in die Sehne und beim Nerven an der natürlichen Endigung liegen, z. B. im Auge in der Neß- haut. Die Mantelfläche bezeichnet man immer als Längsſchnitt, obwohl ſie beim Muskel ſehr ſelten und beim Nerv nie künſtlich hergeſtellt wird. In der Mantelfläche iſt der Aquator (a), deſſen Punkte gleich weit von den Enden des Cylinders entfernt ſind, und im Querſchnitte die Durchtrittsſtelle (p) der Achſe hervorzu— heben. Als ausnahmsloſes Geſetz für die elek— triſche Spannung an der Oberfläche eines ſol- chen Körpers gilt der Satz, daſs jeder Punkt des Längsſchnittes poſitive Spannung und jeder Punkt des künſtlichen Quer⸗ ſchnittes negative Spannung zeigt. Man kann alſo durch entſprechende Vorrichtungen, welche ein empfindliches Rheoſkop enthalten, einen „Muskel- oder Nervenſtrom“ vom Längsſchnitt und Querſchnitt ableiten, welcher vom Längsſchnitt durch das Rheoſkop zum Querſchnitt und im Muskel oder Nerven ſelbſt vom Querſchnitt zum Längsſchnitt fließt; dieſer Strom wird auch als „Ruheſtrom“ bezeichnet. Die Spannung iſt aber weder im Längs- noch im Querſchnitt in allen Punkten dieſelbe; im Längsſchnitt beſitzen die Punkte des Aquators (Fig. 1,a) die ſtärkſte poſitive Spannung; dieſelbe nimmt gegen das Ende des Cylinders allmählich ab, im Onerſchnitt iſt die größte negative Spannung in der Nähe der Achſe (Fig. 1, p), ſie nimmt gegen die Peripherie allmählich ab. Man erhält alſo von zwei Punkten des Längsſchnittes, von welchen der eine dem Aquator näher iſt als der andere, einen „Längs⸗ ſchnittſtrom“ und von zwei Punkten des Quer— ſchnittes, von welchen einer der Achſe näher liegt als der andere, einen „Querſchnittſtrom“; dieſe Ströme find bedeutend ſchwächer als der Ruhe⸗ ſtrom. Zwei Punkte des Längsſchnittes, die gleich weit vom Aquator abſtehen, haben gleiche poſitive, und zwei Punkte des Querſchnittes, die gleich weit von der Achſe abſtehen, gleiche negative Spannung; von ſolchen Punktpaaren kann alſo kein Strom abgeleitet werden. Die beobachteten Thatſachen bleiben dieſelben, wenn Efeftrieität, thieriſche. 285 Zum Artikel „Elektricität, thieriſche“. Din. . Ln. Fig. 10. A: 11 01, r 286 Elektricität, thieriſche. man an die Stelle des regelmäßigen Cylinders ein regelmäßiges Prisma bringt, deſſen End— flächen ebenfalls ſenkrecht zur Achſe ſtehen; auch bei ihm iſt die größte poſitive Spannung im Aquator der Längsſchnittfläche und die größte negative an der Achſe in der Querſchnittsfläche u. ſ. w. Sobald aber ein Cylinder oder Prisma unterſucht wird, deren Querſchnittsflächen nicht mehr ſenkrecht, ſondern ſchief zur Achſe ſind, ſo tritt eine neue Erſcheinung auf; Figur 2 ſtelle den durch die Achſe eines ſolchen ſchiefen Cylinders oder Prismas gelegten Durchſchnitt vor, welcher ein Rhombus iſt, der die Achſe pp” des Cylinders oder Prismas einſchließt und bei aa’ die ſtumpfen, bei bb’ die ſpitzen Winkel hat. Man erhält nun, wenn man von den beiden vom Aquator des Längsſchnittes gleich weit entfernten Punkten a und b ableitet, einen Strom, welcher von der ſtumpfen Kante a durch das Rheoſkop zur ſcharfen Kante b fließt; ebenſo erhält man von den beiden von der Achſe gleich weit abſtehenden Punkten a“ und b des Querſchnittes einen Strom, der ebenfalls von der ſtumpfen Kante a“ durch das Rheoſkop zur ſcharfen Kante b fließt; bei ſenkrechten Cy— lindern und Prismen geben ſolche Punktpaare keinen Strom. Man bezeichnet dieſe Ströme als „Neigungsſtröme“; ſie können ſchon durch bloßes Schiefziehen der regelmäßigen Körper erhalten werden. Sämmtliche angeführte Er— ſcheinungen treten nur auf, wenn wir künſt— liche Querſchnitte, alſo bei aus dem Körper herausgeſchnittenen Muskeln und Nerven haben, ſie verhalten ſich negativ gegen jeden Punkt des Längsſchnittes; der natürliche Querſchnitt jedoch, alſo das Ende des Muskels an der Sehne, Aponeuroſe, Knochen und des Nerven in den Organen, z. B. des Sehnerven in der Netzhaut, verhält ſich zum Längsſchnitt ſehr unregel— mäßig, ſehr oft erhält man bei Ableitung vom Längsſchnitte und natürlichen Quer— ſchnitte gar keinen Strom, manchmal einen ſolchen, der dem Ruheſtrom bei künſtlichem Quer— ſchnitt geradezu entgegengeſetzt iſt. Engelmann hat gezeigt, daſs auch der künſtliche Querſchnitt des Muskels, wenn dieſer im lebenden Thiere dem Heilungsproceſs überlaſſen iſt, ſeine „Nega— tivität“ gegenüber dem Längsſchnitt vollſtändig einbüßt, jo daſs man von einem ſolchen Querſchnitt und dem Längsschnitt keinen Strom erhalten kann, während durch Herſtellung eines neuen künſtlichen Querſchnittes durch Schnitt, Atzung, Verbrühung u. ſ. w. der Ruheſtrom in der alten Stärke wieder hervorgerufen wird; bei einem ausgeſchnitteuen Nervenſtück ver— ſchwindet auch allmählich am künſtlichen Quer— ſchnitt die negative Spannung, bis ſie nach einem Tage vollſtändig verſchwunden iſt und man vom Querſchnitt und Längsſchnitt keinen Strom mehr erhält; ſobald man an einem ſol— chen vor Vertrocknung und Juſulten geſchützten, alſo am Leben erhaltenen Nervenſtück wieder einen neuen Querſchnitt anlegt, ſo tritt der Strom nahezu in der alten Stärke wieder auf. Der Ruheſtrom des Muskels ſowohl wie des Nerven wird nur von den lebenden Organen erhalten, er kann alſo als Zeichen des Le— bens derſelben angeſehen werden. Alle Ein— griffe, die das Leben des Muskels oder Nerven vernichten, beſeitigen auch die Muskel- und Nervenſtröme, alle Mittel, welche die Lebens- thätigkeit ſteigern, ſteigern auch die Stärke des Ruheſtromes. Die dem Muskelſtrom zugrunde liegende Spannung, alſo die elektromotoriſche Kraft des Muskelſtromes iſt ca. 0.04—0'08 Volt, die des Nervenſtromes ca. 0024 — 0029 Volt. Wir haben den engen Zuſammenhang der elektriſchen Erſcheinungen des Muskels und Nerven mit der Lebensthätigkeit kennen gelernt, und es iſt ſomit auch zu erwarten, dajs die ſpecifiſche Function dieſer Organe bei ihrer Durchführung ſich in den elektriſchen Erſchei— nungen derſelben ebenfalls kenntlich machen werde. Figur 3 ſtelle uns einen Muskel- oder Nervencylinder vor; von dem Punkte a des einen künſtlichen Querſchnittes (g) und von dem Punkte b des Längsſchnittes () ſei der Ruheſtrom abgeleitet. Bei r werde der Muskel oder Nerv durch eine Reihe von Inductions— ſchlägen oder eine Reihe ſchwacher mechaniſcher Stöße oder chemiſch u. ſ. w. erregt; ſobald die Erregung eintritt, nimmt der Ruheſtrom an Intenſität bedeutend ab, beim Muskel kann die Abnahme 40% betragen; bis 0 geht die Stromintenſität weder beim Muskel noch beim Nerven zurück. Die Abnahme des Ruheſtromes während der Thätigkeit des Muskels oder Nervens bezeichnete Du Bois-Reymond als „negative e auch ſie wird natürlich nur an lebenden Organen beobachtet und iſt als eine Begleiterſcheinung, als ſicheres Zeichen des Lebens von größter Bedeutung. Über die negative Schwankung des Organſtückes ab während ſeiner Erregung ſind eingehende Stu— dien angeſtellt worden; hat man Inductions— ſchläge als Reizmittel gewählt, ſo läſst ſich mit ſehr empfindlichen Inſtrumenten zeigen, daſs jede durch einen einzigen Inductionsſchlag erzeugte Reizung auch von einer negativen Schwankung begleitet wird. In Figur 4 ſtelle a einen Froſchwaden— muskel (Gastrocnemius) mit ſeinen Nerven vor und b einen zweiten Wadenmuskel, welcher bei q quer durchſchnitten iſt. Das Nervenſtück n des Präparates a iſt an den künſtlichen Quer- ſchnitt (g) und den Längsſchnitt des Präpa⸗ rates b angelegt, es bildet alſo den Schließungs— bogen für den Ruheſtrom des Präparates b, es wird von demſelben durchfloſſen. Wird der Nerv von b bei r durch einige Inductions⸗ ſchläge getroffen, ſo zuckt nicht nur b, ſondern auch a; dieſe Zuckung von a wird als „jecun- däre“ Zuckung bezeichnet und zeigt, daſs eine Stromſchwankung, alſo in dieſem Falle die nega— tive Stromſchwankung den Nerven von a erregt hat, denn nur eine Strom ſchwankung wirkt er⸗ regend (ſ. Nerven, Erregung derſelben). Bei dieſem Experimente vertritt das Nervmuskelpräparat a die Stelle des empfindlichen Galvanometers; ſo wie bei einem ſolchen die Schwankung des Stromes durch die Schwankung des Magnetes beantwortet wird, ſo wird ſie bei unſerem Verſuche von der Zuckung begleitet, das Prä⸗ parat a iſt alſo ein phyſiologiſches Rheoſkop. Wird durch eine Reihe von Inductionsſchlägen das Präparat b in dauernde Contraction, in Elektricität, thieriſche. 287 „Tetanus“ verſetzt, ſo geräth auch das Prä— parat a in „ſecundären“ Tetanus; dadurch wird bewieſen, daj3 durch die raſch aufeinander— folgenden Inductionsſchläge in b auch ebenſo raſch aufeinanderfolgende negative Schwankun— gen erzeugt werden, da der Nerv a nur durch eine Reihe von Stromſchwankungen, aber nicht durch einen continuierlichen Strom von gleich— bleibender Intenſität in dauernde Contraction, in Tetanus verſetzt werden kann. Man erkennt auch daraus, daſs die durch andauernde „Te— taniſierung“ durch Inductionsſchläge bedingt negative Schwankung nicht durch eine conti— nuierliche Abnahme des Ruheſtromes bedingte iſt, ſondern durch die durch eine Reihe von nega— tiven Schwankungen hervorgerufene Schwächung desſelben. Dieſe Thatſachen zeigen uns die Exiſtenz der die Function begleitenden nega— tiven Schwankung; es iſt aber von beſonderer Bedeutung, auch die zeitlichen Verhältniſſe zu kennen; es müſſen die Fragen gelöst werden: wann tritt nach dem Reizmoment die negative Schwankung auf, und wie lange dauert ſie? Figur 5 ſtelle einen Muskel- oder Nervencylin— der vor; vom Punkte a des Querſchnittes (q) und vom Punkte b des Längsſchnittes () werde der Ruheſtrom abgeleitet und bei r durch ein— zelne Inductionsſchläge gereizt. Figur 6 ver— anſchaulicht ſchematiſch die hiebei ſtattfindenden Vorgänge; xx’ iſt die Abſeiſſenachſe und yy' die Ordinatenachſe eines rechtwinkeligen Coordi— natenſyſtems, deſſen Urſprung O iſt. Als Or— dinaten ſind die Stromſtärken des Ruheſtromes aufgetragen und auf der Abſeiſſenachſe in der Richtung des Pfeiles die Beobachtungszeiten; während das Präparat nicht erregt wird, ver— läuft der Ruheſtrom mit gleicher Stärke von a bis b, nach dem Reizmoment r, bleibt auch noch durch die Zeit r, bis s, die Stromſtärke unverändert, erſt zur Zeit s, beginnt die nega— tive Schwankung, welche ſich von e bis d er— ſtreckt. Dieſen zeitlichen Verlauf hat Bern— ſtein durch ſein Differentialrheotom feſtgeſtellt. Figur 7 ſtelle genau ſo wie Figur 6 die zeit— lichen Verhältniſſe dar; denken wir uns nun den Bouſſolkreis nicht während der ganzen Beobachtungszeit geſchloſſen, ſondern nur wäh— rend der kleinen, vollſtändig gleichen Zeiten «. Hat nach der erſten Reizung der Bouſſolſchluſs bei m. ſtattgefunden, bei einer zweiten etwas hinter m, u. ſ. w., endlich bei m, u. ſ. w., jo iſt es ſelbſtverſtändlich, dafs bei m, während der negativen Schwankung ein kleinerer Ausſchlag erfolgen muſs als bei mi, da der Strom wäh— rend der gleichen Zeit mit geringerer mittlerer Stärke wirkte; die Ausſchläge ſind proportional der mittleren Stromſtärke, und es kann auf dieſe Weiſe durch ſie der Curvenverlauf feſt— geſtellt werden. Die praktiſche Durchführung dieſer Methode ſtößt auf Schwierigkeiten, da unſere Bouſſolen nicht empfindlich genug ſind, um bei der kurzen Einwirkungszeit der ſchwa— chen Ströme ſchon genügende Ausſchläge zu geben; Bernſtein hat bei ſeinem Inſtrumente dieſe Schwierigkeit dadurch beſeitigt, daſs er nicht nur nach einem einzigen Reiz die Bouſſole in einer beſtimmten Zeit ſchloſs, ſondern dieſes Verfahren raſch hinter einander wiederholte, 3. B. achtmal in der Secunde; die Einzelſchlüſſe ſummieren ſich in ihrer Wirkung auf die Bouſ— ſole. Wird bei dieſem Verſuche alles unge— ändert gelaſſen und nur die Entfernung des Schließungsmomentes vom Reizmoment va— riiert, jo find auch in dieſem Falle die Bouſ— ſolausſchläge der mittleren Stromſtärke pro— portional, und der Verlauf der Curve kann annähernd feſtgeſtellt werden. Figur 8 zeigt den zeitlichen Verlauf der Erſcheinungen; es folgen bei k, r, 18, 1. u. ſ. w. die ein⸗ zelnen Reize mit derſelben Stärke, und bei den Punkten m findet ſtets der Bouſſolſchluſs ſtatt, die Wirkungen des Stromes während der einzelnen Schlüſſe ſummieren ſich, und es wird die mittlere Stromſtärke anf dieſe Weiſe für die Punkte m gefunden werden können. Figur 9 veranſchaulicht die Principien der Conſtruction des Differentialrheotoms. Es beſitzt ein hori— zontal drehbares Rad (r), welches bei c eine iſolierte Metallſpitze trägt, die über den Draht d bei der Bewegung hinübergleitet und dadurch momentan den Reizſtrom (R) ſchließt; dieſe Spitze iſt durch einen Draht mit dem in eine Queckſilberrinne qs tauchenden Läufer verbun— den; qs und d find mit den Enden des Reiz— kreiſes verbunden. Der Spitze gegenüber ſind am Radkranze iſoliert zwei andere Spitzen be— feſtigt, die mit einander metalliſch verbunden ſind; dieſelben berühren bei der Rotation die Queckſilberkuppen der Queckſilbernäpfchen q, und dz, welche mit den Enden des Bouſſolkreiſes (B) verbunden ſind. Sind dieſe Näpfchen ſo geſtellt, daſs fie gleichzeitig beide Spitzen berühren und gleichzeitig dieſelben verlaſſen, ſo iſt während dieſer ganzen Zeit des gemeinſamen Contactes der Bouſſolkreis geſchloſſen; ſind ſie aber ſo ge— ſtellt wie in der Figur 9, ſo berührt zuerſt die eine Spitze in qu, ſpäter die zweite Spitze in dz, und erſt in dieſem Momente iſt der Bouſſolkreis geſchloſſen; dann unterbricht die Spitze in q,, weil fie zuerſt das Näpfchen ver— läſst, die Schluſszeit iſt alſo kürzer als die frühere, und es kann auf dieſe Weiſe durch die Verſtellung der Näpfchen q. und q, die Schluſs— zeit beliebig verkürzt werden. Iſt der Draht d jo auf der Kreistheilung geſtellt, daſs ihn die Spitze e in dem Momente berührt, in welchem der Bouſſolkreis geſchloſſen wird, ſo fällt der Reizmoment mit dem Bouſſolſchluſs zuſammen; iſt er aber ſo wie in der Figur 9 geſtellt, daſs er früher von der Spitze e berührt wird, als der Bouſſolſchluſs ſtattfindet, ſo ver— geht eine beſtimmte Zeit zwiſchen Reizmoment und Bouſſolſchluſs, die genau beſtimmt werden kann, da die Umlaufszeit bekannt iſt und die Stellung des Drahtes d auf der Kreistheilung abgeleſen werden kann. Durch dieſe Beſtim mungen werden alſo die Abſeiſſen und durch die Bouſſolableſungen die Ordinaten der Curve des zeitlichen Verlaufes der negativen Schwan kungen gewonnen. Die auf dieſe Weile erhal- tenen Curven haben gezeigt, daſs bei Muskeln die negative Schwankung durch 90044 Secunden, bei Nerven durch etwa 00007 Secunden an— dauert, daſs der Zeitraum zwiſchen Reizmoment und negativer Schwankung um ſo länger iſt, je entfernter die abgeleitete Strecke von der ge 288 reizten iſt, daſs alſo die negative Schwankung eine gewiſſe Zeit braucht, um den Muskel oder Nerven zu durchlaufen, und dieſe Zeit den zu— rückgelegten Wegſtrecken proportional iſt. Da dieſe Zeiten und die durchlaufenen Wegſtrecken, d. h. die Abſtände der Reizſtellen von den ab— geleiteten Stellen bekannt ſind, ſo erhält man durch Diviſion dieſer Abſtände durch die ent— ſprechenden Zeiten die Fortpflanzungs— geſchwindigkeit der negativen Schwan— kung. Dieſe iſt bei Muskeln gleich der Fort— pflanzungsgeſchwindigkeit der Contractionswelle, d. i. 2˙93 m in der Secunde, die negative Schwankung geht aber der Contractionswelle etwas voraus; beim Nerven iſt ſie gleich der Fortpflanzungsgeſchwindigkeit der Erregung ſelbſt, geht aber derſelben nicht voraus, ſondern begleitet ſie. Dieſe Thatſache legt die Ver— muthung nahe, welche durch die Beobachtung mit dem Differentialrheotom beſtätigt worden iſt, daſßs die negative Schwankung ſich nicht nur am Ende des Präparates bei abgeleitetem Ruheſtrom, ſondern auch in allen übrigen Theilen geltend machen werde. Wird von einem Muskel oder Nerven (vgl. Fig. 10) von zwei Punkten (I. und Je) des Längsſchnittes, welche gleich weit vom Aquator (a) entfernt ſind, alſo unwirkſam abgeleitet und bei r durch ein Dif— ferentialrheotom gereizt, jo erſcheint auch hiebei, obwohl kein Ruheſtrom vorhanden iſt, in der Welle des Muskels oder Nervens die negative Schwankung. Sie beſitzt aber zwei entgegen— geſetzte Phaſen; in der erſten iſt der Punkt J. gegen Je negativ, dann iſt einen Moment hin— durch kein Strom zugegen, und in der zweiten Phaſe verhält ſich der zweite Punkt J negativ gegen den erſten I.; es pflanzt ſich alſo von r aus über die Punkte 1, und ], hinweg ein Zu— ſtand der Negativität fort, welcher beim Muskel der Contractionswelle vorausgeht, beim Nerven die Erregungswelle begleitet. Für den Muskel, bei welchem ſich die Erregung langſamer fort— pflanzt, hat ſchon Bernſtein dieſe Verhältniſſe klargelegt, für den Nerven hat Hermann die— ſelben durch einen Kunſtgriff nachgewieſen, in— dem er durch Kälte die Fortpflanzungsgeſchwin— digkeit der Erregung im Nerven verlangſamt hat. Es ſteht alſo feſt, daſs jeder erregte Muskel- oder Nervenpunkt ſich negativ gegen jeden ruhenden verhält. An dieſe Erſcheinungen reiht ſich noch eine andere an, die am Muskel nicht ſo deutlich auftritt, deſto beſſer aber am Nerven beobachtet werden kann; wenn man anſtatt einer Reihe von Inductionsſchlägen einen conſtanten Strom durch den Nerven ſendet, ſo erſcheint, wenn man vorher unwirkſam von den von dem Aquator (aq) gleich weit abſtehenden Punkten J. und Je ableitet (Fig. 11), in der abgeleiteten Strecke ein mit dem conſtanten Strom gleich— gerichteter Strom; hat man den Ruheſtrom von a und b vorher abgeleitet, jo entſteht auch ein Stromzuwachs, der je nach der Richtung des „toni— ſierenden“ Stromes, mit dem er gleichgerichtet iſt, den Ruheſtrom ſchwächt oder verſtärkt. Den Zuſtand des Nerven, wenn er an irgend einer Stelle von einem conſtanten Strom durchfloſſen wird, bezeichnet man als Elektrotonus. Elektrieität, thieriſche. Der Tonusſtrom kommt nur am lebenden Nerven vor, er iſt um ſo ſtärker, je ſtärker der toniſierende Strom und je näher die abge— leitete der Reizſtrecke iſt. Am intacten menſch⸗ lichen Körper wurden von Du Bois-Reymond bei willkürlicher Contraction der Muskeln der einen Seite Ströme gefunden, die er auf die negative Schwankung bezog; Hermann bezieht ſie auf die Drüſenthätigkeit der Haut und be— zeichnet ſie als „Secretionsſtröme“. Zur Erklärung der Thatſachen hat man verſchiedene Theorien aufgeſtellt, von welchen wir nur zwei anführen wollen, die von Du Bois-Reymond aufgeſtellte „Moleculartheorie“ und die von Hermann aufgeſtellte „Alterationg- theorie“. Du Bois-Reymond denkt ſich die Muskeln und Nerven aus elektromotoriſchen Molekeln beſtehend, die von zwei untrennbaren Hälften gebildet werden; in Figur 12 beſtehen die ein⸗ zelnen Molekeln (m) aus ſolchen kugelförmigen Hälften, welche die dunkler gezeichnete negative Hälfte nach außen, dem Querſchnitt zukehren, die poſitive heller gezeichnete einander zuwenden. Ein ſolches Molekel iſt länger als dick; ſeine Mantelfläche zeigt poſitive, der Querſchnitt ne— gative Spannung, und es ſtellt uns die kleinſten elektromotoriſch wirkſamen Muskel- oder Nerven⸗ elemente dar; die einzelnen Molekel ſind mit pa— rallelen Längsachſen in den Muskeln und Nerven angeordnet; man erhält vom Quer- und Längs⸗ ſchnitt den Ruheſtrom; daſs der natürliche Querſchnitt unwirkſam iſt, rührt davon her, nach Du Bois-Reymonds Annahme, daſs eine jog. „parelektronomiſche Schichte“ exiſtiert, welche aus beſonderen Molekeln zuſammengeſetzt iſt. Die negative Schwankung entſteht durch Ab- nahme der elektromotoriſchen Kraft der Mole— keln an der erregten Stelle, der Elektrotonus dadurch, daſs der conſtante Strom die Hälften der Molekeln ſäulenartig anordnet, jo dafs alle poſitiven Hälften nach einer Richtung und ebenſo alle negativen nach der anderen Rich— tung gekehrt werden und ſo der Ruheſtrom verſtärkt wird. Hermann nimmt an, dafs nie in intacten, ruhenden Muskeln oder Nerven ein elektro— motoriſcher Gegenſatz vorhanden iſt, es entſtehe erſt der Ruheſtrom bei künſtlichem Querſchnitt durch den elektromotoriſchen Gegenſatz der am Querſchnitte abſterbenden Subſtanz gegen die intacte lebende Subſtanz, bei der negativen Schwankung infolge des elektromotoriſchen Ge— genſatzes zwiſchen erregter und nicht erregter Subſtanz. Der Elektrotonus hat nach ihm in einer inneren Polariſation des Nerven ſeinen Grund. Da es uns zu weit führen würde, wenn wir die bei den Beobachtungen benützten In⸗ ſtrumente, deren Beſchreibungen in allen Lehr- büchern der Phyſik zu finden ſind, beſchreiben würden, ſo mögen dieſelben nur dem Namen nach angeführt werden. Vor allen wird der Multiplicator und in neueſter Zeit die Tan- gentenbouſſole mit Spiegelableſung benützt. Der Widerſtand der thieriſchen Theile iſt ſehr groß, es iſt der Querwiderſtand bei Muskeln und Nerven ca. 5mal jo groß als der Längs— hen widerſtand; der Längswiderſtand ijt nach Her— mann 12—13 millionenmal jo groß als der des Queckſilbers; da aber die Spannungen gering ſind, ſo werden von thieriſchen Theilen Ströme von nur ſehr geringer Intenſität ab— geleitet werden können, und es müſſen die zur Beobachtung benützten Galvanometer ſehr em— pfindlich ſein. Da es ein phyſikaliſches Geſetz iſt, daſs die Ausſchläge des Galvanometers am größten ſind, wenn der Widerſtand im Galva— nometer gleich iſt dem Widerſtande außerhalb desſelben, ſo können des großen Widerſtandes der eingeſchalteten thieriſchen Theile wegen auch die Widerſtände im Galvanometer ſehr groß ſein. Man findet deshalb bei Multiplicatoren, welche zu phyſiologiſchen Zwecken conſtruiert ſind, eine große Zahl, bis zu 26.000, von Windungen aus feinſtem, mit Seide umſpon— nenem Kupferdraht; das gleiche iſt auch bei den Rollen der Tangentenbouſſole der Fall. Zum Nachweis der phyſiologiſchen Ströme hat man außer den angeführten Inſtrumenten noch an— dere Mittel verwendet, ſo Lippmanns Capillar— elektrometer, Bells Telephon, auch den leben— den Froſchunterſchenkel im Zuſammenhang mit dem Hüftnerven (ſtromprüfenden Froſchſchenkel). Endlich hat man mit W. Thomſons Quadrant- elektrometer direct die Spannungen gemeſſen. Alle angeführten Inſtrumente beſitzen mit Aus— nahme des ſtromprüfenden Froſchſchenkels me— talliſche Leitungen, und es iſt deshalb noth— wendig, beſondere Apparate anzuwenden, um die Ströme der thieriſchen Theile abzuleiten, u. zw. deshalb, weil die metalliſchen Beſtand— theile in Berührung mit den feuchten thieriſchen ſelbſt ſehr ſtark elektromotoriſch wirken und dadurch ohne Anwendung beſonderer Vorſichts— maßregeln die Beobachtung der thieriſchen Ströme unmöglich wird. Um zunächſt feſte Metalle mit Flüſſigkeiten in Berührung zu bringen, iſt die Anwendung der Combination von amalgamierten Zinkflächen mit geſättigter neutraler Zinkſulfatlöſung nothwendig, welche Combination nach den Erfahrungen von J. Regnauld, Matteucci und Du Bois-Reymond elektromotoriſch unwirkſam iſt; da die thieriſchen Theile durch die concentrierte Salzlöſung an— geätzt würden, ſo ſchaltet man zwiſchen beiden eine Schicht von mit indifferenter 0˙6- bis 07% iger Steinſalzlöſung getränktem Modellier— thon ein. Die von Du Bois-Reymond benützten Elektroden zeigt Fig. 13; gl iſt ein Glas— röhrchen, welches durch den beliebig geformten Thonpropft, der mit der indifferenten Kochſalz— löſung durchtränkt iſt, geſchloſſen iſt; ſeine Spitze sp wird an die thieriſchen Theile direct angelegt. Im Glasrohr gl befindet ſich die concentrierte Zinkſulfatlöſung, in welche das amalgamierte Zinkblech 7 taucht; von dieſem führt der Ableitungsdraht D zur Bouſſole. Galvanis im Jahre 1786 ausgeführter Verſuch, bei Schließung einer metalliſchen Ver— bindung zwiſchen dem lebenden Muskel und ſeinem Nerven eine Zuckung hervorzubringen, führte zur Aufſchließung zweier großer For— ſchungsgebiete, des Galvanismus und der thieriſchen Elektrieität; das phyſiologiſche Rheo— Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 8 Elektriſches Gewehr. 289 ſkop lenkte alſo zuerſt die Aufmerkſamkeit des menſchlichen Geiſtes auf die Exiſtenz der elek— triſchen Ströme. Während Volta durch ſeine claſ— ſiſchen Unterſuchungen den Grund zur Lehre des Galvanismus legte, zweifelte er ſchließlich die Exiſtenz der phyſiologiſchen elektriſchen Ströme an, welche Galvani vertheidigte. Es gelang den Arbeiten A. v. Humboldts, Nobilis, Matteuccis, die Exiſtenz der phyſiologiſchen Ströme ſicher nachzuweiſen, bis endlich im Jahre 1848 Du Bois⸗Reymonds epochemachendes Werk „Unter— ſuchungen über thieriſche Elektricität“ vollſtän— dige Klarheit in dieſes Gebiet der Phyſiologie, das für dieſelbe eines der wichtigſten iſt, ge— bracht hat; ſeit jener Zeit haben viele verdienſt— volle Forſcher durch wertvolle und ebenſo mühevolle Arbeiten unſere Kenntniſſe von der thieriſchen Elektricität bedeutend erweitert. Lbr. Elektriſches Gewehr. Die ſchon bis in die Dreißigerjahre unſeres Jahrhunderts hin— aufreichende Benützung der Elektricität zum Entzünden exploſibler Stoffe mujste den Ge— danken nahelegen, auch die Patrone des Ge— wehres durch Elektricität abzufeuern. Den erſten praktiſchen Verſuch (Patent vom Jahre 1866) machten die Pariſer Büchſenmacher Le Baron und Delmas, welche in dem Kolben des Ge— wehres eine kleine Batterie (Bunſenelemente) zur Erzeugung des durch Induction verſtärkten Stromes anbrachten und dieſen — an der Stelle des Abzuges in geeigneter Weiſe unter— brochen — zu zwei in der Patrone befind— lichen Eiſenſpitzen führten, die im Pulver in geringem Zwiſchenraum von einander abſtanden. Wurde durch den Abzug, bezw. einen deſſen Stelle vertretenden Druckknopf der Strom ge— ſchloſſen, ſo ſprang in der Patrone von der einen zur anderen Eiſenſpitze ein Funke über, welcher das Pulver zur Exploſion brachte. Abgeſehen davon, dafs dieſe letztere Entzün— dungsart nicht ſehr ſicher iſt, beſtand der Haupt— mangel des Gewehres in der mit Säure ge— füllten Batterie, welche weder einfach zu be— handeln (abzuſchließen) noch auch conjtant genug war, um nicht beſtändiger Sorge und Nach— hilfe zu bedürfen. Einen Vorzug vor Gewehren mit gewöhnlicher Zündung beſaß dieſes Ge— wehr nicht. H. Pieper in Lüttich vervollkommnete das Princip hauptſächlich in der Richtung der Si— cherheit gegen unbeabſichtigtes Abfeuern da— durch, daſs zu letzterem ſtets die Schließung zweier Contacte — und nicht wie bei dem oben genannten Gewehr nur eines einzigen — nothwendig iſt (Patent vom Jahre 1884); als Elektricitätsquelle wird meiſt ein Accumulator benützt, welcher bei einem Gewicht von nur 100 bis 130 g im Kolben untergebracht oder nach einer anderen Conſtruction in Form eines Etui vom Schützen in der Bruſttaſche getragen werden kann und einige Wochen für eine faſt unbeſchränkte Schuſszahl aushalten ſoll; er ſei zuhauſe in ſehr einfacher Weiſe durch eine kleine, während einer ganzen Jagdſaiſon aus— haltende Batterie von drei Elementen (ohne Säure; geringe Koſten) wieder zu laden und nütze ſich nicht ab, werde im Gegentheil durch den Gebrauch immer beſſer. 19 290 Elektrochemiſche Theorie. — Eleonorenfalke. Von den erwähnten zwei Contacten wird der eine ſtets durch den Abzug geſchloſſen; die zweite Stromunterbrechung iſt dagegen je nach der Conſtruction verſchieden angeordnet. Be— findet ſich der Elektricitätserzeuger im Gewehre ſelbſt, ſo kann der zweite Contact durch einen mit der Hand oder der Schulter beim Anlegen des Gewehres auszuübenden Druck geſchloſſen werden: es befindet ſich z. B. auf der metallenen Kolbenkappe ein iſolierter Metallknopf, während der Schütze an der Schulter eine Metallplatte (Geflecht 2c.) trägt; wird der Kolben an letz⸗ tere angedrückt, ſo ſtellt dieſe die Verbindung zwiſchen der Kappe und dem iſolierten Knopf und damit den Contact her; oder es kann auch die Stromunterbrechung jo angeordnet ſein, dafs ein Hebel ꝛc. nur bei wagrechter Lage des Gewehres (infolge der Schwerkraft) herabfällt und den Strom ſchließt, während in jeder an— deren Lage des Gewehres der Hebel von ſei— nem Auflager entfernt und ſomit die Leitung geöffnet bleibt. Trägt der Schütze den Accumu— lator in der Taſche, ſo wird die Schließung des Stromes auf die einfachſte Weiſe dadurch herbeigeführt, dajs von dem Electrieitätserzeu— ger ausgehend der Leitungsdraht des einen Poles an der Schulter des Schützen (an der äußeren Seite des Jagdrocks ꝛc. in netzförmiger Verſchlingung feſtgenäht) endet, während der andere Draht durch den Armel gehend in einen Ring ausläuft, mittelſt deſſen der Finger des Schützen den Abzug berührt. Die Sicher— heit iſt allerdings in dieſer Weiſe in ſehr aus— gezeichnetem Maße hergeſtellt, da das Gewehr nur an der Schulter des Schützen abgefeuert werden kann und in jeder anderen Lage und beſonders getrennt vom Schützen vollkommen ungefährlich iſt, allein die nicht zu umgehende äußerliche Herſtellung der Contacte bedingt für den Schützen in ſeiner Kleidung (beſonders bei Regen und Kälte) einige Unbequemlichkeit. Letz— tere kann durch die Verlegung des Elektricitäts— erzeugers in das Gewehr beſeitigt werden, allein in dieſem Falle iſt auch die Sicherheit nicht die gleiche, obſchon noch immer bedeutend größer als bei der gewöhnlichen Percuſſionszündung. Die Patrone für dieſes Gewehr hat eine Metallhülſe, bezw. auch eine innen mit Metall- geflecht ausgekleidete Papphülſe, mit einem in der Achſe freiſtehenden, im Boden der Hülſe durch iſolierendes Material (Hartgummi) be— feſtigten kupfernen Stift von der Länge der Pulverſäule; auf das eingefüllte Pulver wird eine Pappſcheibe eingeſetzt, welche in ihrer Mitte für den kupfernen Stift durchlocht und mit einer den Contact mit dem eentralen kupfernen Stift vermittelnden Metallöſe ver— ſehen iſt; von der Peripherie der Pappſcheibe geht eine den Contact mit der Metallhülſe her— ſtellende Meſſingzunge ſo nahe bis an die cen— trale Metallöſe heran, daſs der elektriſche Funke überſpringen und das Pulver entzünden kann; ſicherer wirkt wohl eine Verbindung der Mej- ſingzunge mit der Metallöſe durch einen dünnen Platindraht, welcher durch den elektriſchen Strom ins Glühen geräth. Im übrigen findet das Laden der Patrone wie gewöhnlich ſtatt; die Metall— hülſe kann wiederholt gebraucht werden. Bei geſchloſſenem Gewehr wird durch eine kleine Feder ein in die Leitung eingeſchalteter Me⸗ tallſtempel (ähnlich dem Zündſtift, aber dauernd) durch den Verſchluſsboden hindurch gegen den centralen Kupferſtift der Patrone gedrückt, wäh⸗ rend die Metallhülſe, der Lauf, die Kolben- kappe und ein mit dieſer verbundener im Kolben liegender Metallſtab die Leitung vervollſtän⸗ digen. Die Schließung des Contactes am Ab— zuge bedingt endlich das Überſpringen des Fun⸗ kens, bezw. das Glühendwerden des Platin— drahtes. Ein beſonderes Schloſs — abgeſehen von dem die Zündung vermittelnden Abzug — iſt überflüſſig, ebenſo eine Sicherung, da letztere durch die beſchriebene Einrichtung in ſehr voll- kommener Weiſe erſetzt iſt; die Verſchluſscon— ſtruction kann beliebig gewählt werden. Verſager ſucht man dadurch zu vermeiden, daſs auf ſehr einfache Weiſe (mittelſt eines Galvanometers) der Contact jeder Pappſcheibe in der Meſſinghülſe auf ſeine Leiſtungsfähigkeit geprüft wird. Wenn die Elektrotechnik heute auch noch nicht ſo weit fortgeſchritten erſcheint, um beim Gebrauch des elektriſchen Gewehres dem Schützen manche Unbequemlichkeiten — beſondere Klei— dung — zu erſparen und ihn von beſonderen Ein— richtungen — Laden des Aeccumulators, Er- gänzung der hiezu beſtimmten Batterie — un⸗ abhängig zu machen, ſo werden dieſe Übelſtände mit der Zeit doch vollkommen beſiegt werden und dann die elektriſche Zündung, zumal in der von H. Pieper beſonders ausgebildeten Rich— tung der Sicherheit, große Vorzüge über die Percuſſionszündung aufweiſen, bei welcher die Vereinigung von Zünd- und Treibmittel in einer und derſelben Patrone ſtets ein gewiſſes Mo— ment der Gefahr darbietet. Th Elektrochemiſche Theorie, ſ. Chemie. v. Gn. Elektrotonus, ſ. Muskel- und Nervenſtrom. Kur. Elementaranalyſe, ſ. Analyſe. v. Gn. Elementarorganismus, Elementargebilde, ſ. Zelle. Kur. Elemente nennt man in der Chemie jene Stoffe, aus welchen zuſammengeſetzte Körper beſtehen, und die in chemiſch heterogene nicht zerlegt werden können. Man kennt deren jetzt über 60 (das Verzeichnis ſ. im Artikel Atom- gewicht), von denen aber nur etwa 14 allge— mein verbreitet ſind. v. Gn. Elemiharz iſt ein von ſüd- und mittel⸗ amerikaniſchen Icica- oder Amyris-Arten ſtam⸗ mendes weiches Harz, welches zähe, gelbliche oder grünliche undurchſichtige, nach Terpentin und Dill riechende, bitter aromatiſch ſchmeckende Maſſen bildet. Es erweicht bei 80°, ſchmilzt vollſtändig erſt über 200°, in Waſſer iſt es unlöslich, vollſtändig in heißem Alkohol löslich ſowie in Ather und Terpentinöl. Es dient zu Firniſſen und Salben. v. Gn. Eleonoren falle. Falco Eleonorae Gene. v. Rieſenthal, Raubvögel; Dreſſer, Birds of Europe; Krüper in Cabanis' Journal 1862, p. 1— 23. 1 Elephas. — Elfenbeinmöwe. Beſchreibung. Länge 37 em, Flügel- ſpitze 16°5 ew, Schwanz 16 em, Schnabel 18 cm, Mundſpalte 1'4 em, Tarſus 3˙5 cm, Mittelzehe 3:2 em, Kralle 1 cm, Innenzehe 1˙7 em, Kralle 11 em, Hinterzehe 2 em, Kralle 11 em. — In Figur und Färbung dem Lerchenfalk ähnlich. Von Stirn und Scheitel, welche dunkelgrau und ſchwarz geſtrichelt ſind, über den geſammten Oberkörper fahl ſchwarzbraun, Schwanzdecken und Schwanz dunkel gebändert; Handſchwingen ſchwarzbraun, Armſchwingen heller, unregel— mäßig gezeichnet, Bartſtreifen ſchwarzbraun; Stirne, Kehle und Wangen gelblichweiß, auf der Bruſt ſchwarze Schaftſtriche; Oberleib roth— braun mit breiten, ſchwarzen Schaftſtrichen und Federſpitzen. Flanken hellgrau, braun ge— bändert; Unterleib hell roſtroth mit dunklen Schaftſtreifen. Unterſeite des Schwanzes grau— röthlichweiß mit deutlichen dunklen Binden. Unterſeite der Flügel ſchwarzbraun und hell gebändert. Es gibt auch viel dunklere Exem⸗ plare. Die Flügel ſchneiden mit der Schwanz— ſpitze ab. Iris nuſsbraun, Schnabel dunkel horn— farbig mit ſchwarzer Spitze; Krallen ſchwarz: Augenkreis, Wachshaut bläulichgelb; Ständer rein gelb. Die Neſtjungen haben weiße Dunen und ſind mit der erſten Befiederung auf dem Rücken erdbraun, roſtgelb gebändert; auf dem Scheitel ein großer erdfahler Fleck; ganze Unter— ſeite trüb roſtroth mit unklaren, länglichen Flecken; auch bei den Jungen findet man dunk— lere Varietäten. Im Fluge und ſonſtigen Weſen iſt er dem Lerchenfalken durchaus ähnlich. Verbreitung, Aufenthalt. Der Eleo— norenfalke wurde vom Prof. Gene in Turin ent— deckt und beſchrieben; die genaueſten Nachrichten über ihn verdanken wir jedoch dem Dr. Krüper in Athen. Danach ſind die öſtlichen Inſeln und Geſtade des Mittelmeeres, beſonders die Cy— kladen ſeine eigentliche Heimat, doch wird er auch, wenngleich ſeltener, am weſtlichen Mittel— meere auf den Balearen u. a. O. angetroffen. Sein Aufenthalt ſind ſteile Klippen am Meere; im Binnenlande iſt er bis jetzt nicht angetroffen worden. Lebensweiſe, Horſten. Die Nahrung des Eleonorenfalken bilden beſonders kleine Vögel, welche ungerupft auch den Jungen vor— gelegt werden; er ſtößt auf Pirole, Wachteln, Felſentauben, Würger und kleinere Vögel, fängt jedoch auch Inſecten, welche er im Fluge ver— zehrt; Eidechſenüberreſte fand Krüper am Horſte; er jagt auch in der frühen Morgen- und ſpäten Abenddämmerung, denn Krüper hörte um dieſe Zeit ſeine Stimme und erfuhr von einem grie— chiſchen Mönch, daſs dieſer Falke ſogar in der Nacht jage. In der Gefangenſchaft wird er ſehr zahm. Nach Krüper legt der Eleonorenfalke an— fangs Auguſt, denn um dieſe Zeit verlaſſen die Hirten mit ihren Ziegenherden die alsdann gänzlich verödeten Inſeln, auf welchen bald ſich viele Vögel einfinden, welche dem Falken zur Nahrung dienen, und bleibt es immerhin be— merkenswert, wie ein Vogel ſeine Fortpflanzung den localen Verhältniſſen jo anzupaſſen vermag. Die Eier haben die rothbraune Färbung der Fal— keneier im allgemeinen, wechſeln von 41:29 mm bis 45:34 mm, find meiſt bauchig, rundlich, und 291 ſchwankt die röthliche Grundfarbe bis zur gelb— lichen und weißen, und die Fleckung iſt bald gelblicher, röthlicher, auch chocolatefarbig und lila und nicht ſelten gekränzt. Die Eier werden ohne Horſtbau direct auf den Boden gelegt, unter irgend einem ſchützenden Felsſtück, auch ganz frei und immer nur in nächſter Nähe des Meeres; 2—3 Stück bilden das Gelege; wird es genommen, ſo legt der Vogel — wohl in— folge der vorgeſchrittenen Jahreszeit — nicht zum zweitenmale. Die Jagd bietet nichts Beſonderes. v. Rl. Elephas L., einzige lebende Gattung der Säugethierordnung Proboscidea, vertreten durch den afrikaniſchen (Elephas africanus Blumenb.) und den indiſchen Elephanten (Elephas indi- cus Cuv.). Hieher gehört von ausgeſtorbenen Thieren: E. priscus Goldf., im Diluvium Centraleuropas, E. planifrons Falc, aus dem Tertiär des Sivalikhügel, E. primigenius Blumenb., das Mammut (ſ. d.) u. v. a. Kur. Eleuthera, Eleutherata, gleichbedeutend mit Coleoptera, Ordnung Käfer. Hſchl. Eleutheroblastea = Hydriden oder Arm⸗ polypen. Unterfamilie der Hydroidmeduſen. Kur. Eleutherocarpidae Clk., Familie der Becherquallen. Kur. Elevation (vom lateiniſchen elevare = auf- heben, erhöhen) — Erhöhung iſt die dem Ge— wehr, im beſonderen der Seelenachſe gegebene Neigung gegen die horizontale Ebene; ſie wird außer durch die Höhenlage des Gegenſtandes, auf welchen man zielt, durch die Höhe der Vi— ſierkimme, bezw. der Kornſpitze über der Seelen— achſe, d. h. durch den Viſierwinkel beſtimmt und mufs bei gleichbleibender Ladung mit wachſender Schuſsweite zunehmen (ſ. Balliſtik II, Schieß— kunſt, Viſiervorrichtung). Th. Elevationswinkel Höhen winkel) heißt bei der Höhenmeſſung jener Verticalwinkel, von deſſen Schenkeln der eine die horizontale Lage hat, der andere aber vom Scheitel aus nach aufwärts geht (vgl. Depreſſions winkel). Elfenbein, Dentine, Zahnbein, ſ. Zähne. Kur. Elfenbeinmöwe, die, Pagophila (Kaup) eburnea Linné. — Larus albus Schaef. — Gavia eburnea Boie. Gavia nivea Chr. L. Brehm. — Cetosparetes eburneus Macgill. — Larus brachytarsus Holböll. — Pagophila nivea Bonap. — Gavia brachytarsa id. Deutſch auch Schneemöwe, Rathsherr, weiße Möve. Frz.: Monette blanche; engl.: svary gull; dän.: jismaage; ſchwed.: huitmäse; grön— länd.: nayauarsuk; finn.: valkea-lokki. 2 Abbildungen: Naumann, Vögel Deutſch lands, XIII /2, t. 263, Fig. 1—3. — Fritſch, Vögel Europas, t. 55, Fig. 3, 5. Die Elfenbeinmöwe iſt der einzige Vertreter der zwiſchen Rissa (Leach) und Xema (Leach) ftehenden Gattung Pagophila Kaup, welche durch relativ kurzen Schnabel, langen Schwanz und ſehr niedere Füße mit ausgeſchnittenen Schwimmhäuten charakteriſiert iſt. Iris ſchwarz— braun, Augenring carmoiſinroth, Schnabel bläu lichgrau mit orangegelber Spitze, Füße ſchwarz. Das Federkleid alter Vögel beiderlei Geſchlechtes 19 * Lr. 292 Elft. — Elmsfeuer. iſt rein weiß ohne jede Zeichnung. Bei jungen Vögeln iſt gleichfalls Weiß die Hauptfarbe, doch ſind Stirn, Kopfſeiten und Gurgel blau- bis ſchwärzlichgrau, die Spitzen der erſten Schwung⸗ und äußeren Steuerfedern ſchwarz und die oberen Flügeldecken ſowie die Secundärſchwingen mit einigen ſchwarzen Tropfenflecken verſehen. Die Länge beträgt 50—55 em, die Flugweite 105-115 em. Die Elfenbeinmöwe iſt ein Bewohner des höchſten Nordens. Ihre eigentliche Heimat ſind die arktiſchen Gebiete Nordamerikas bis zum 82. Grad n. Br. (nach Robeſon Channel), na- mentlich Grönland; doch brütet ſie auch in großer Zahl auf Spitzbergen und Nowaja Zemlja, fehlt aber als Brutvogel im übrigen arktiſchen Aſien. Dieſe Standorte verläſst ſie auch im Winter ſelten und zieht ſich in der Regel nur ſo weit ſüdlich, als es die Vereiſung nöthig macht; ſie erſcheint dann, aber immer nur ſelten und meiſt vereinzelt, an den arktiſchen Küſten Norwegens, Finnlands und den Faröern; junge Vögel ziehen mitunter längs der euro— päiſchen Weſt- und amerikaniſchen Oſtküſten auch bis in mittlere Breiten. Für Island iſt ihr Vorkommen nicht mit voller Sicherheit nachge— wieſen; an den Küſten der Oſt- und Nordſee gehört ihr Erſcheinen zu den außerordentlichſten Seltenheiten, und noch vereinzelter ſteht ihr Vor— kommen im mitteleuropäiſchen Binnenlande, 3. B. am Neuſiedlerſee, wo mehrere Exemplare beobachtet und erlegt wurden, als der See aus— zutrocknen begann und die Fiſche maſſenhaft abſtarben; auch Larus fuscus, marinus, canus und argentatus waren damals zum Theile in großer Zahl erſchienen (Jukowits). Die Beobachtungen über das Brutgeſchäft der Elfenbeinmöwe wie über ihre Lebensweiſe im allgemeinen ſind noch ſehr ſpärlich und un— zulänglich. Malmgren fand fie auf Spitzbergen auf Kalkfelſen in der Höhe von 50—150 Fuß über dem Meere colonienweiſe brütend. Die Neſter ſtanden auf Vorſprüngen und beſtanden lediglich in einer mit Gras, Moos und Dunen ausgefütterten Vertiefung. Jedes Neſt enthielt nur ein auf hell olivenfarbigem Grunde unregel— mäßig dunkelbraun geflecktes Ei. Es war dies zu Anfang Juli; dieſelbe Zeit geben auch Clintock und Malmgren für die Murchiſonsbay als Brut⸗ zeit an. Die Elfenbeinmöwe wird nur ſehr ſelten am Waſſer ſchwimmend getroffen; entweder ſegelt ſie niedrig ober dem Spiegel hin, ſich nur jen- kend, um einen Fiſch zu erhaſchen, oder ſie ſitzt auch ſtundenlang ruhig, faſt unbeweglich am Rande der Robbenlöcher, auf Beute lauernd. Ihre Nahrung bilden keineswegs bloß Fiſche und Schalthiere, im Gegentheile ſcheint ſie das Fleiſch warmblütiger Thiere und ſelbſt Aas bei weitem vorzuziehen. Wenigſtens ſammelt ſie ſich in großen Scharen an den Plätzen, wo Walfiſche oder Walroſſe zerlegt wurden, ebenſo dort, wo ein Eisbär ſeine Mahlzeit verzehrte, um die Fleiſchreſte aufzunehmen. v. Mzbr. Elft, ſ. Aland. Hcke. Ellagſäure (Bezoarſäure), 1 1. 5 1s He " .. — — .- 7 2 4 findet ſich in orientaliſchen Bezoaren, in Eichen- und Fichtenrinde, in Dividiviſchoten und Myro⸗ balanen und wird gewonnen aus Tannin, das man in wäſſeriger Löſung lange an der Luft ſtehen läſst, oder durch Kochen der Gerbſäure der Granatwurzelrinde mit Schwefelſäure. Die Ellagſäure iſt ein blaſsgelbes kryſtalliniſches Pulver, in Waſſer nur wenig, in Ather gar nicht, in kochendem Alkohol und in Schwefel- ſäure ſelbſt bei 140° unverändert löslich und aus dieſer Löſung durch Waſſer fällbar. Alko⸗ holiſche Eiſenchloridlöſung erzeugt einen tief⸗ blauen Niederſchlag. Sämmtliche Salze ſind in feuchtem Zuſtande ſehr veränderlich, dabei meiſt ſchmutziggrün werdend. v. Gn. Ellbogen heißt das zwiſchen Unter- und Oberarm befindliche Gelenk (insbeſondere der vom Gelenkfortſatz der Elle oder des Ellbogen— beines [Ulna] gebildete Theil desſelben). Kur. Elle, ſ. Ulna. r. Eller, Elſe, ſ. Alnus. Wm. Ellerling, ſ. Elritze. Hcke. Ellerngrünrüfsfer, deutſcher Name für Phyllobius alneti F. (piri Gyll.). Hſchl. Ellernwurzelknollen, j. Schinzia alni. Hg. Ellescus Stph., eine zur Gruppe der Ty- chiinen gehörige Rüſſelkäfergattung; zwei Arten: E. bipunctatus L., 25 mm, entwickelt ſich in den Kätzchen der Weiden; E. scanicus Payk, 25—3 mm, in ſolchen von Pappeln. Hſchl. Ellkatze, ſ. Iltis. E. v. D. Elmsfeuer, Eliasfeuer, Hermesfeuer, He⸗ lenenfeuer, bei den Alten Caſtor und Pollux, nennt man eine Naturerſcheinung, welche nicht ganz ſelten bei beſonders ſtark elektriſchem Zu⸗ ſtand der Atmoſphäre beobachtet wird, in Ver⸗ bindung mit fernen oder nahen Gewittern. Be⸗ dingt durch hohe elektriſche Spannung der Erd- oberfläche, die vielleicht als die Wirkung einer influenzierenden ſtark elektriſchen Wolke aufzu- faſſen iſt, kommen bisweilen in der Natur Glimmentladungen vor, wie wir ſie im kleinen zu beobachten vermögen, wenn wir die Elck— tricität aus einer Spitze, die wir auf einen elek⸗ triſchen Leiter aufſetzen, ausſtrömen laſſen. Die Erſcheinung beſteht aus Flammen, die ſich be⸗ ſonders auf hohen Spitzen, auf Kirchthurm⸗ ſpitzen oder den Maſten der Schiffe zeigen, bis % m lang beobachtet ſein ſollen, natürlich nicht zünden und zum Theil von einem ſummenden Geräuſch begleitet ſind. Es ſind auch Fälle ver⸗ zeichnet, wo kleinere Flämmchen in großer Zahl gleichzeitig aus niedrigeren Punkten der Um⸗ gebung hervorleuchteten, und Kämtz berichtet ſogar von dem beobachteten Aufleuchten einer Grasſteppe. N Die Alten hielten das Hervorleuchten von Elmsfeuern an den Maſten der Schiffe für den Vorboten guter Witterung und deuteten das Erſcheinen von Flämmchen auf jedem der beiden Maſte als eine Offenbarung von Caſtor en Pollux, den Schutzgöttern insbeſondere des Schiffers. A Wegen der Ahnlichkeit der Erſcheinung mit der Lichtwirkung der Phosphoreſcenz, welche wir u. a. an moderndem Holz häufig beobachten, wurde die elektriſche Natur der Elmsfeuer zum Theil in Abrede geſtellt, jedoch ſpricht ihr ſtetes Vorkommen in Verbindung mit Gewittern und * Ellobius eben die genannte Analogie mit den Glimm— entladungen für den angeführten und jetzt allge⸗ mein angenommenen elektriſchen Urſprung. Gßn. Ellobius talpinus, ſ. Mollemming. Hſchl. Ellopia Fr., Spannergattung der Abthei- lung Dendrometridae, ſ. Metrocampa Ltr. Hſchl. Elotherium (Sumpfwildthier), ausge— ſtorbene Säugethiergattung der Borſtenthiere. Aus dem unteren Miocän. Knr. Efriße oder Ellritze [Leuciscus pho- xinus Linné. Syn.: Cyprinus phoxinus, Cy- prinus aphya, Phoxinus laevis, Phoxinus Mar- silii, Phoxinus aphya), auch Bitterfiſch, Buthe, Butt, Erling, Ellerling, Gievchen, Greßling, Haberfiſchl, Hunderttauſendfiſchl, Maipierchen, Piere, Pfell, Pfrille, Pfrul, Rümpchen, Zankerl; böhm.: strevle; poln.: strzebla, olszanka; ung.: sima ökle, görgöcse, küsz, esetri; frain.: trigle; ital.: fregarola, sanguinerola; franz.: veron; engl.: minnow, pink; ein kleiner, nur 7—14 em langer Fiſch aus der Gattung Weiß— fiſch (ſ. d.) und der Familie der karpfenartigen Fiſche (Cyprinoidei). Der faſt cylindriſche Leib iſt etwa fünfmal ſo lang als hoch. Das endſtändige, kleine Maul reicht nur bis unter die Naſenlöcher, die Schnauze iſt ſtark gewölbt und etwas vorſtehend. Die ſchlanken Schlund— knochen tragen lange, vorne etwas hakig ge— bogene Zähne in zwei Reihen, links meiſt 5 und 2, rechts 4 und 2 (Fig. 273). Die ſehr klei⸗ nen Rundſchuppen, von denen in der oft unterbrochenen und unvollſtändigen Seitenlinie etwa 80—90 ſtehen, decken ſich häufig nicht und fehlen in einer Längs— linie des Rückens und Bauches meiſt ganz. Die kurze Rückenfloſſe enthält 2—3 ungetheilte und 7—8 getheilte Strahlen, die Afterfloſſe 2—3, bezw. 6—7, die etwas vor dem Anfange der Rückenfloſſe ſtehenden Bauchfloſſen 1—2, bezw. 7—8; die Bruſtfloſſen 1, bezw. 13. Die Schwanzfloſſe enthält 18—19 Strahlen. Die Färbung iſt außerordentlich verſchieden. Rücken meiſt olivengrün, ſchwärzlich marmo— riert, oft mit ſchwarzem Längsſtrich in der Mitte. Die Seiten ſind ſilber— glänzend oder meſſinggelb, oft ober— halb oder auf der Seitenlinie mit goldig ſchimmerndem Längsbande und unter derſelben mit kurzen ſchwärzlichen Querbinden. Die Floſſen find gelblich, ſchwärzlich angeflogen, die Baſis der Bruſt⸗, Bauch- und Afterfloſſe nicht ſelten purpurroth, welche Färbung ſich zuweilen auch über den größten Theil des Bauches und auf die Lippen erſtreckt, namentlich zur Laichzeit, in welcher die Oberſeite beim Männchen oft ganz ſchwarz iſt und beide Geſchlechter einen körnigen Hautausſchlag bekommen, der nicht ſelten auch auf die Bruſtfloſſen ſich ausdehnt. Die Elritze bewohnt das ſüße Waſſer faſt ganz Europas mit Ausnahme des äußerſten Südens und ſteigt im Gebirge bis 2000 m Höhe hinauf. Auch in den Haffen und Scheren der öſtlichen Oſtſee iſt ſie häufig. Sie iſt ein geſelliges, ſehr munteres Fig. 273. Schlundknochen der Elritze. . — Elſter. Fig. 274. 293 und bewegliches Fiſchchen, welches namentlich klare, etwas tiefere Bäche und Flüſſe mit ſan⸗ digem Grunde liebt, vorzüglich in Gebirgs- gegenden. Im Weſten Deutſchlands iſt ſie un⸗ gleich häufiger als im Oſten. Sie hält ſich meiſt ſcharenweiſe nahe der Oberfläche des Waſſers und nährt ſich von allerlei kleinen Thieren; verſcheucht ſchießt ſie pfeilſchnell in die Tiefe; häufig ſpringt ſie über das Waſſer empor, na- mentlich auf der Flucht vor Raubfiſchen, wie Hechten und Forellen, zu deren liebſter Speiſe ſie gehört. Zur Laichzeit, im Mai und Juni, rotten ſich die Elritzen zu großen Scharen zu- ſammen und ſuchen flache, ſandige Uferſtellen auf, wobei ſie, um dahin zu gelangen, durch Drängen und Springen oft bedeutende Hinder- niſſe überwinden. Hiebei werden ſie in manchen Gegenden, ſo namentlich am Rhein, unter dem Namen „Maipierchen“ oder „Rümpchen“ (ſ. d.) in Menge gefangen. Leider werden zu— gleich mit ihnen ſehr viele junge Lachſe und Forellen vernichtet. Ihr etwas bitterlich, aber ſehr angenehm ſchmeckendes Fleiſch iſt allgemein beliebt. An die Angel, mit Teig oder einem Stückchen Wurm geködert, beißt die Elritze ſehr leicht. Als Köder für Forellen, Barſche und Hechte iſt ſie von Sportanglern ſehr geſucht; auch empfiehlt ſie ſich als Futterfiſch zum Ein— ſetzen in Forellenteiche. Im Aquarium ſind Elritzen leicht zu halten; man füttert ſie mit Brotkrumen und Regenwürmern. Zwei kleine, der Elritze ſehr naheſtehende Fiſcharten leben in den Gewäſſern Dalmatiens, Bosniens und Kroatiens und ſind unter dem Gattungsnamen Phoxinellus Heckel beſchrieben. Sie weichen von der Elritze hauptſächlich durch die Zahl der Schlundzähne ab, welche in einfacher Reihe ſtehen, links fünf und rechts vier, ſowie dadurch, daſs die Schuppen äußerſt klein find (jo bei Phoxinellus eroaticus Steindachner) oder, aus— genommen in der meiſt unvollſtändigen Seiten— Schuppenloſe Elritze, Phoxinellus alepidotus Heckel. linie, ganz fehlen (ſo bei Phoxinellus alepidotus Heckel, Fig 274). Die Form und Strahlen- zahl der Floſſen, Färbung und Lebensweiſe ſind im weſentlichen wie bei der Elritze. Hcke. Elsheerbaum, Elzebeere, ſ. Sorbus. Wm. Elſter, die, Pica caudata Boie. — Corvus pica Linne. — Pica melanoleuca Vieillot. — Pica albiventris, id. — Pica varia Schlegel. — Pica rustica Dresser. — Gar- rulus picus Temmincki. — Pica europaea, hiemalis, megaloptera, media, vericea, tibe- tana, japonica, chinensis, bactriana, butanensis, — Cleptes pica, hudsonieus. Ah d., mhd., änhd., nh d. u. ma.: „Pica. agelstra.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. der fürſtl. 294 Bibl. in Prag. — Frankfurt. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Piea. aglister.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. no. 896. — „Pica. ailster.“ Id. a. d. XII. Jahrh., no. 901. — „Pica. agels tre.“ Id. no. 2400. — „Pica. aglester.“ Wallerſt. Gloſſ. a. d. XII. Jahrh. — „Agelester.“ Wolfram v. Eſchenbach, Parcival I., v. 1707. — „Agelister.“ Der Stricker, Cod. ms. Vindob. no. 2901 a. d. XIII. Jahrh., fol. 113. — „Pica haist ain alster oder ain aczel.“ Conrad v. Megenberg, Buch der Natur, Cod. ms. Vindob. no. 2797 a. d. XIV. Jahrh. — „Pica haist ein agluster oder ein alster.“ Id. no. 2812. —„Ageluster, a gerluster, alster.“ Id. no. 2669. — „Ag e- laster.“ Ein ſchons Buchlin von dem Beiſſen, 1510, c. 93. 125. — „Piea iſt die ſchwetzig Atzel oder Alſter.“ Thierbuch v. W. Ryff, 1544. — „Pica eine Elſter, Ageleſter oder Schaleſter ... Megapolitani vocant, eine Heg⸗ ſter | vulgo eine Hegſtert quasi Wegeſtert daſs ſie immer den Stert oder Schwantz be— wegt.“ J. Colerus, Oeconomia ruralis, Mainz 1645, fol. 623 a. — „Elſter, Alfter, Aglaſter, Alaſter, Halſter, Hatzel, Hetze, Kricke, auch Scheckarr . . .“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 105. — „Elſter, Aelſter, Aglaſter, Alſter, Egeſter, Hetze. ..“ Onomat. forest. I., p. 589. — Nhd. u. ma. a. Gartenrabe, Al⸗ garde, Heſte, Heiſter, Argerſt, Ulſter, Gägerſt, Hutſche, Agelhetſch, Elſterrabe, Weißbauch, Hexen— vogel. — Vgl. Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 12 b, 67a, 429 b. — Lexer, Mhd. Hwb. I, p. 27, 104, 542. — Grimm, D. Wb. III., p. 417. — Sanders, Wb. I., p. 364 e. Fremdſprachlich: Frz.: la pie, jacasse, caquet, bon bec, agacette; breton.: pic, agace; ital.: pica, gazza, gazzera, gazuola, ragazza, arregazza, putta; jpan.: pega, picaza, urraca; basf.: urraca, mica, miquia; catal.: graffa; portug.: pega; rumän.: zarke; engl.: the magpie, pie, pyot, pynet, pianet; angelſ.: agu, higere; walliſ.: piogen y Bi, pi, pia, piogen; holländ.: ekster, aakster; dän.: skade, huus- skade; isländ.: skarfur, skjör; norweg.: skiur, skiaere, skate, tunfugl; ſchwed.: skata; goth- länd.: skära. skrika; dalekarl.: skjär, skjer; neugriech.: afyastow; poln.: sroka zwyczajna; ruſſ.: soroka; böhm.: straka; ſerb.: svaraka, sroka; illyr.: svraka; hercegov.: Svraka; frain.: praka; ungar.: szarka; lett.: schaggata; eſthn.: harrakas, kätsakas; finn.: haracka; lappl.: wirbmel, quoesek; tatar.: saüskan, sagsagan; baſchkir.: saskon; gruſin.: katschkatschi; perj.: sagi, zagi; falm.: alak schassaga; firgtj.: sausgar; oſtjak.: kase; burjät.: sascharei; tun⸗ guſ.: saschega; forjäf.: wackittigan; firjän.: katscha; armen.: katschagak, kiel schalok; japan.: kauduri. E. v. D. Abbildungen des Vogels: Naumann, Vögel Deutſchlands II., T. 56, Fig. 2. — Fritſch, Vögel Europas, T. 27, Fig. 6. — Fitzinger, Bilderatlas, Fig. 145. Beſchreibung. Die Elſter iſt der ſchönſte Spröſsling unſerer europäiſchen Rabenſippe, aber auch zugleich hinreichend mit all den Un⸗ tugenden ausgeſtattet, welche dieſe Sippe charak— Lobkowitz'ſchen —— — ——— •— ͤ——— — Elſter. teriſieren. Der Schnabel iſt ſchwarz und zeigt ſchon durch ſeine Stärke an, daſs er dazu be⸗ ſtimmt iſt, im Nothfalle auch beim ſchweren Nahrungserwerbe für alles auszureichen. Kopf, Hals, Oberbruſt und ein Theil des Oberrückens find ſchön ſchwarz, mit einem grünlichen Metall- ſchimmer. Die Schulterfedern leuchten abſtechend wie ein mehr oder weniger vollſtändig weißes Band und harmonieren prächtig zu der rein weißen Farbe des Bauches. Die Schwingen ſchlagen in ein tiefes Blauſchwarz. Die Steuer- federn ſind dunkelgrün, an den Spitzen ſchwarz auslaufend, mit einem dunkelgrünen, in mannig⸗ fach zarten Nuancierungen bis ins Bläuliche ſchlagenden Schiller. Der Schwanz iſt ſchwarz und zeigt beſonders auf der Oberſeite einen grünlichen, röthlichen oder zart violett-metal⸗ liſchen Schimmer. Das Auge iſt glänzend, aus⸗ drucksvoll und braun. Der Fuß zeigt ein mattes Schwarz. In der Färbung ſowie in der Vertheilung der einzelnen Farbeupartien unterſcheiden ſich Männchen und Weibchen nicht weſentlich. Auch bei den Jungen iſt die Färbung ganz ähnlich wie bei den Alten, doch erſcheinen ſowohl die weißen als ſchwarzen Partien weitaus matter und entbehren des ſchönen Schimmers. Das Auge iſt lichter als bei den Alten. Abweichungen von der normalen Färbung hat man in einem und demſelben Wohngebiete ſchon öfter beobachtet. Die aſchgrauen, ſemmel⸗ farbigen, ſchmutziggelben bis rein weißen Exem⸗ plare übertragen indes ihre abweichende Fär— bung nur in ſeltenen Fällen auf ihre Nach⸗ kommen. Ein graues Weibchen in meinem Beobachtungsgebiete, einem normal gefärbten Männchen angepaſst, erbrütete im Jahre 1884 drei ganz normal gefärbte Junge, während nur eines eine ſehr matte, faſt grauliche Farbe trug. Kleine Abweichungen in einzelnen Wohn— gebieten ſind ebenfalls ſchon conſtatiert worden, und man hat einige Abarten ſogar als eigene Arten aufgeſtellt, doch ſind die Verſchiedenheiten meiſtens jo unweſentliche, daſs es dem unge- übten Auge ſchwer oder auch gar nicht möglich iſt, dieſelben aufzufinden. Zahlreiche Übergänge bereiten ſelbſt dem Geübten nicht ſelten Schwie⸗ rigkeiten, wenn er ſich beſtimmt ausſprechen ſoll, ob ſie zu dieſer oder jener Art gehören. Ich glaube ſie einfach nur als locale Varietäten auffaſſen zu ſollen und brauche mich aus dieſem Grunde darüber nicht weiter auszulaſſen. Eine Ausnahme hievon bildet nur die in Weſtaſien, namentlich am Altai häufige weiß⸗ flügelige Elſter, Pica leucoptera Gould, welche unzweifelhaft als conſtante Art zu be— trachten iſt; ſie unterſcheidet ſich von Piea cau- data weſentlich durch den nahezu vollſtändig weißen Flügel. Als Größenverhältniſſe der gemeinen Elſter führt Brehm in ſeinem „Thierleben“ an: Länge 45—48, Breite 55—58, Fittichlänge 18 und Schwanzlänge 26 em. Weitere Meſſungen an Exemplaren ver- ſchiedener Länder möge folgende Tabelle zur Anſchauung bringen: Elſter. 295 Japan Perſien Schweden | Spanien [Deutſchland] Kärnthen e Ruh ee en Totallänge. . . 476 | 470 | 460 | 450 | 445 | 440 | 450 | 436 | 480 | 470 | 475 | 470 Fittichlänge . . | 190 | 185 180 | 175 | 175 | 172 | 180 | 170 | A82 | 178 | 186 | 180 Schwanzlänge . 260 | 255 I 255 | 253 | 246 | 243 | 250 | 245 | 250 | 248 | 255 | 250 Schnabellänge.] 36 | 34 35 | 35 | 3: 3 % 30 19637&|,7 3271; 85.177556 Daus 48 48 47 46 45 47 46 46 46 47 47 Verbreitung. Die Elfter nimmt als Ver- breitungsgebiet nahezu ganz Europa ſowie den größten Theil von Nordaſien in Anſpruch. Wenn ſie auch die meiſten Gegenden von Japan nur mehr ſpärlich bevölkert, ſo trifft man ſie dafür wieder um ſo häufiger in Perſien und Kaſchmir, etwas ſüdlicher auch noch in größeren Flügen, die ohne Zuſammenhang mit den nördlicher wohnenden Verwandten ſich gleichſam wie vor— geſchobene Inſeln ausnehmen. In Europa bewohnt ſie noch einen Theil von Schweden und Norwegen, Dänemark und Schleswig-Holſtein, verbreitet ſich über die Nord— und Oſtſeeprovinzen, Holland und Belgien, ſchiebt einzelne Ketten über ganz Frankreich aus, bis ſie in Spanien ihr Verbreitungsgebiet mit einer großen Zahl vajenartig vorkommender Flüge ab— ſchließt. Sie wird dort weſentlich durch die Blauelſter, Pica Coocki, vertreten. Im Norden von Italien iſt ſie ebenfalls noch anzutreffen. In Ruſsland bevölkert ſie mit Ausnahme des hohen Nordens das ganze ungeheure Gebiet, vereinzelte Provinzen ſogar in überaus großer Zahl. In Deutſchland iſt ſie ebenfalls faſt überall zu Hauſe, fehlt kaum in einer Provinz gänzlich, und in Oſterreich iſt ſie ebenfalls ein allgemein wohlbekannter Vogel. Es gibt kein Kronland, in dem nicht ſchon die Elſter als Brut⸗ und Standvogel conſtatiert worden wäre. Oft jedoch meidet ſie einen Theil einer Provinz, um in dem anderen dafür um ſo häu— figer aufzutreten, ohne daſs hiefür ein ſtich— haltiger Grund gefunden werden könnte. Sehr günſtig für die territoriale Verbrei— tung ſowie für die Erhaltung der Individuen— zahl wirkt in manchen Gegenden der Umſtand, daſs die Bevölkerung der Elſter für die zahl— loſen Diebereien volle Abſolution zutheil werden läſst, ſie verehrt oder wohl gar mit dem Nim— bus der Heiligkeit umgibt, wie dies namentlich in manchen Gegenden von Schweden der Fall iſt. In Kärnthen ſchreibt man ihr die Kraft des Verhexens zu und läſst ſie gerne ungeſchoren, um nicht ihre Rache herauszufordern. In manchen Thälern Tirols glaubt man noch allen Ernſtes, daſs dem Schützen ſein Gewehr zerſpringe, wenn er dasſelbe auf eine Elſter abdrücke. Vorarl— berg ſagt: „Wenn einmal unſere Weiber ſich eitel grün- und blauſchillernd wie die Elſtern kleiden, dann iſt das Weltenende nahe.“ Wer dortſelbſt auf eine Elſter ſchießen will, der ladet in gläubiger Vorſicht ein Stücklein Kohle vom Oſterfeuer. Einzelne Orte in Steiermark glauben, daſs eine Ortſchaft untergehe, ſobald die letzte Elſter erlegt worden ſei. Auch in Ungarn weiß ſich das Volk ſo manches Stückchen von der Zaubergewalt der Elſter zu erzählen, und ein junges Brautpaar hält gewiſſenhaft die „Tobias— nächte“, wenn ihm am Hochzeitstage beim Gange nach der Dorfkirche eine Elſter über den Weg geflogen iſt. So iſt die Elſter in hunderten von Ort— ſchaften durch einen Nimbus gefeit und geſchützt, kann ungeſtraft ihre vielen Frevelthaten aus— üben und ſich vermehren. In der Sage und im Aberglauben finden ſich die zwei wichtigſten Urſachen ihrer allgemeinen und weiten Ver— breitung. Fortpflanzung und Lebensweiſe. Die Elſter iſt ein Geſellſchaftsvogel im vollen Sinne des Wortes. Im Freien behagt ihr das Allein— ſein nicht, vielleicht hauptſächlich aus dem Grunde, weil die einzelne Elſter ſchwerer den Gefahren entgeht als ein ganzer Flug. Be— ſonders im Herbſte bemerkt man das Zuſam— menſcharen der einzelnen Familien, ſo daſs man nicht ſelten fünfzig, hundert und noch mehr Stücke beiſammen ſehen kann. In lockerer Ver— einigung ſuchen ſie Wieſen, Felder, Auen und kleine Waldſtrecken nach Nahrung ab. Auf dem Boden ſchreiten ſie ſicher einher, wippen mit dem geſtuften Schwanze, werfen ſich in die Höhe, fliegen aber wenig und nur ungern. Das Fliegen iſt ihre Lieblingsbeſchäftigung entſchieden nicht. Selbſt im Momente einer Gefahr zieht es eine Elſter nicht ſelten vor, in ein an der Erde befindliches Verſteck zu ſchlüpfen, als die kurzen, abgerundeten Flügel zur Flucht in An— ſpruch zu nehmen. Sie weiß eben, daſs fie un— ſicher, wenig fördernd und nicht mit der wün— ſchenswerten Gewandtheit fliegt, zieht daher jeden leichter erſcheinenden Ausweg vor. Sie iſt ein Standvogel, der wie wenige andere eine große Anhänglichkeit an die einmal bewohnte Scholle zeigt, was wohl ſeinen Haupt grund in dem wenig entwickelten Flugvermögen hat. Wo fie ſich einmal eingeniſtet hat, da läjst ſie ſich nur ſchwer und nur durch lang an— haltende, conſequente Verfolgung vertreiben. Selbſt in einem ſtrengen Winter hält ſie in den meiſten Fällen an ihrem Standorte aus. Hat ſie von den Menſchen einer Ortſchaft wenig zu leiden, ſo kommt ſie bei grimmiger Kälte jogar bis hart vor die Häuſer auf Mift- und Kehrichthaufen oder ſucht die ſpärlichen Uber- reſte der Goſſen zuſammen. Koſtverächter iſt ſie durchaus nicht, ſchlägt ſich daher verhältnis— mäßig leicht durch. Im Februar oder März, je nach der ge— linden Witterung, bemerkt man in den Flügen 296 ein regeres Leben. Beſtändig hört man ihr ſchnatterndes „Schakerak“ durcheinander er⸗ tönen. Es iſt das ſexuelle Leben, welches zu erwachen beginnt und Paar um Paar enger zuſammentreibt. Das Männchen liebt es nicht, in ermüden⸗ den Flugſpielen um ſeine Erwählte zu werben, ſondern macht dies Geſchäft lieber auf der Erde ab. Mit verhältnismäßig wenig Anſtrengungen erreicht es ſein Ziel. Allfällige Nebenbuhler werden ebenfalls am Boden bekämpft; höchſtens in der wüthendſten Kampfeshitze flattern ſie ſchreiend, flatſchend und mit den Schnäbeln ſchlagend in die Höhe. Am häufigſten kann man dies gegen das Ende der Paarzeit beobachten. Gewöhnlich noch Ende März beginnt das Niſtgeſchäft, das bald längere, bald kürzere Zeit in Anſpruch nimmt. Zum Niſtplatze wählt ſich die Elſter bald die Wipfel hoher Bäume, bald wieder die Kronen derſelben; wo ſie ſich nicht verfolgt weiß, legt ſie ihr Neſt auch in niedrigen Büſchen, mitunter ſogar unter den Sparren einzelnſtehender Heuſchupfen an. Bei der Anlage des Neſtes iſt die Sicherheit die erſte Bedingung. Iſt dieſe erfüllt, dann nimmt es die Elſter ſonſt nicht mehr genau. Auf dem auserſehenen Platze wird aus Reiſern ein feſter Unterbau hergeſtellt. Dieſer wird mit einer Lage von Lehm, Thon oder Erde gepflaſtert, jedoch nicht immer, denn ich fand ſchon zahlreiche Neſter, welche einer ſolchen Pflaſterung gänzlich entbehrten. Die Neſtwände werden aus zarteren Reiſern, Würzelchen und Halmen aufgebaut, dann in den meiſten Fällen, aber auch nicht immer, oben mit gröberem Niſt— material überwölbt zum Schutze gegen Raub— vögel. Die Neſtmulde wird mit Würzelchen, feinen Halmen, Thierhaaren, Federn 2c. ausge— polſtert. Das Ausflugloch befindet ſich gewöhn— lich an jener Stelle, welche für ein gedecktes Ab- und Zuſtreichen am günſtigſten iſt. Die Eierlage beginnt gewöhnlich im April- Ich fand vollzählige Gelege ſchon am 8. April, aber auch ſolche, die erſt am 25. April voll waren. Die Legezeit variiert ſtark nach Ortlich— keit, Klima und Witterung. Das Gelege beſteht aus fünf bis acht, durchſchnittlich 39/25 mm großen, grünen, braun beſpritzten Eiern. Die Spritzen, Tüpfelchen und Flecken erſcheinen oft ſehr unregelmäßig vertheilt, auch die Größe und Form variiert ſehr bedeutend; ein normales Gelege aus Niederöſterreich (1887) aus der Sammlung des Herrn Robert Ritter von Dom— browski zeigt folgende Maße: 34/25, 34/25, 35/25, 34/23, 35/25, 34/25, 33/25, 33/25. Die variierendſten zehn Eier obiger 101 Stücke zählenden Sammlung ſind folgende: 31/22, 31/23, 32/23, 34/28, 38/26, 39/24, 39/25, 39/26, 40/24, 40/28. Während der 18 bis 20 Tage dauernden Brütezeit ſitzt das Weibchen ſehr feſt und läſst ſich nur durch die drohendſte Gefahr vom Gelege vertreiben. Das Männchen treibt ſich gerne unter langweiligen Rufen, die ähnlich wie Krak oder Schak klingen, in der Nähe umher. Kommt ein Baummarder oder eine Katze dem Neſte nahe, ſo erheben die Alten vereint ein wüſtes Geſchrei und rufen damit Elſter. die ganze Verwandtſchaft der Umgebung zu⸗ ſammen. Sie ſchwirren lärmend und ſcheltend über dem Ruheſtörer, wagen aber nur in ſeltenen Fällen einen Angriff, höchſtens dann, wenn der Störenfried das Neſt abdeckt, um nach den ſchreienden Jungen zu greifen. Die Jungen werden mit Sorgfalt und An⸗ hänglichkeit gepflegt. Erſt erhalten dieſelben Würmer, zarte Raupen, kleine Nacktſchnecken, allerlei Inſecten, ſpäter dann auch Kerfen aller Art, Heuſchrecken, Körner, Samen, Beeren und kleine Wirbelthiere, junge und alte Vögel. Die Jungen qualificieren ſich ſehr raſch zu wahren Allesfreſſern, ziehen aber unbedingt kleine Säuge⸗ thiere und namentlich Vögel jeder anderen Nah⸗ rung weit vor. Den Umſtand, dajs die Elſter Mäuſe, Grillen, Engerlinge und verſchiedene Inſeeten zur Aſung aufnimmt, hat man ihr ſehr hoch angeſchlagen, hat ſie einen ausnehmend nütz⸗ lichen Vogel geſcholten, dabei aber ganz über⸗ ſehen, daſs Inſecten u. dgl. nur dann ihre aus⸗ ſchließliche Nahrung bilden, wenn ſie nichts Beſſeres haben kann. Das ganze Frühjahr hin⸗ durch ſucht ſie Büſche und Bäume in der ganzen Umgebung ſyſtematiſch ab, ſäuft die aufgefun⸗ denen Eier aus, verzehrt die jungen Neſtvögel oder ſchleppt ſie ihrer eigenen Nachkommenſchaft zu. Im Felde weiß ſie die Gelege von Reb⸗ hühnern und Faſanen auszukundſchaften, findet im niederen Walde ſogar das Neſt des Hajel- huhnes, und alles iſt ihrer Freſsluſt verfallen. Welche Keckheit ſie zu entwickeln vermag, dürfte die Thatſache andeuten, dafs fie ſogar die Neſter der Nebel- und Rabenkrähen plündert. Junge Haſen ſind ihr ebenfalls ein beſonders hoch⸗ willkommener Schmaus; ſie bemeiſtert dieſelben noch, wenn ſie ſchon vierzehn Tage und noch älter ſind. In einem Rayon, wo einige Elſtern⸗ paare brüten, kann keine Singvogelbrut auf⸗ kommen; ebenſowenig iſt ſelbſt bei ſorgfältiger Hege an das Aufbringen eines halbwegs ent⸗ ſprechenden Rebhühner- und Haſenbeſtandes zu denken. Wir haben durchaus keine Urſache, der Elſter irgendwie Schonung angedeihen zu laſſen, denn ihr Schaden überwiegt den geſtifteten Nutzen um einen hohen Procentſatz. Die Ver⸗ tilgung ſchädlicher Inſecten ꝛc. beſorgen andere, weniger Schaden anrichtende Vögel viel gründ— licher als ſie. Zu gewiſſen Stunden des Tages pflegt die ſaubere Sippe gerne in dem dichten Geäſte der Auenwälder, in Erlendickungen ꝛc. ihre Sieſta zu halten. Bei dieſer Gelegenheit vernimmt man von ihr, beſonders wenn ſie vorher reichen Tiſch gehalten hat, lange Reihen der verſchieden⸗ artigſten Töne, die bald einzelne Vogelrufe copie⸗ ren, die in der Umgebung zumeiſt gehörten Töne wiedergeben, bald einem vergnügten Plappern gleichen. Die Tonreihen laſſen nicht ſelten die zarteſten Modulationen und eine große Zahl der verſchiedenartigſten Abwechslungen erkennen. Bei dieſer Unterhaltung glaubt man die Elſter ganz in ihr Selbſtgeſpräch vertieft, irrt aber hierin gewaltig, denn ihr ſcharfes Auge durch⸗ ſpäht unabläſſig die Umgebung, ſei es nun aus Beſorgnis für die eigene Sicherheit oder um e A — ETW ZEIT DIR Sp Es x P a ee, einen durch die Dickung ſchlüpfenden Vogel zu ergattern. In der erſten Zeit nach dem Flüggewerden führen die Alten ihre Jungen gerne auf Wieſen und Acker, um ihnen da das Aufnehmen der Inſecten, den Fang der Mäuſe 2c. beizubringen. Iſt dieſe Stufe überwunden, dann werden ſie in Gebüſch und Dickung geführt, um daſelbſt auch für die Jagd auf edlere Beute ferm ge— macht zu werden. Da ſieht man nicht ſelten die ganze Sippſchaft einem kleinen Sänger ſo lange nachjagen, bis er endlich von jo einem hoff— nungsvollen Spröſslinge geſchlagen wird. Unter wüſtem Lärm zaust die ganze Diebsbande an dem kleinen Opfer. Zu den Feinden der Elſter zählt neben den größeren Falkenarten vorwiegend der Habicht und der Würgfalke. Vor dieſem haben ſie eine heilloſe Angſt. Gelingt es ihm, eine Elſter zu ſchlagen, ſo erhebt dieſelbe ein jämmerliches Geſchrei, das weithin hörbar iſt, aber die an— deren Genoſſen eher warnt als dieſelben zur Hilfe herbeiruft. Marder und Katzen machen mitunter auch erfolgreiche Verſuche, ſich der Jungen im Neſte zu bemächtigen, u. zw. gilt dies vorwiegend von jenen Katzen, welche ver— wildert in Feldern und Auen herumgaunern. Von dieſen Attentaten kann man ſich am leich— teſten überzeugen, wenn man dem lauten Zeter— geſchrei der Alten nachgeht. Ich habe bei ſolchen Gelegenheiten ſchon manche wertvolle Doublette gemacht und Räuber und Beraubte gleichzeitig erbeutet. Die Elſter iſt mit ſehr ſcharfen Sinnen ausgeſtattet. Geſicht, Gehör und Geruch ſind hoch entwickelt. Dabei verfügt ſie über eine ſehr bedeutende Summe von Intelligenz, die ſie ſtets zu rechter Zeit und am rechten Orte hervor— treten läſst, ſowohl um die auserſehenen Opfer zu übertölpeln als auch das eigene Ich zu ſichern. Ihre Angriffe auf Vögel, die Art und Weiſe, wie ſie deren Neſter auskundſchaftet, ſprechen für einen hohen Grad kluger Berech— nung. Wer es ſich hat angelegen ſein laſſen, die Elſtern in ſeiner Umgebung zu erbeuten, der wird ebenfalls von ſo manchem Genieſtreich zu erzählen wiſſen, mittelſt deſſen die Elſtern ſeine beſten Dispoſitionen zu paralyſieren oder zu— nichte zu machen wuſsten. Wenn die Elſter jung dem Neſte entnommen wird, läſst fie ſich ſehr leicht zähmen und an das Aus- und Einfliegen gewöhnen. Sie iſt ein recht amüſanter Zimmergenoſſe, ſo lange ſie nicht Gelegenheit findet, an loſe ſtehenden oder hängenden Gegenſtänden ihre Bosheit auszu— laſſen oder glänzende Sachen zu ſtehlen. Der eingefleiſchte Diebsſinn läſst ſich bei ihr abſolut nicht ausmerzen. Zahmen Elſtern gegenüber iſt alles Glänzende wohl zu verwahren. Wer ſich gerade das Vergnügen machen will, eine ſprechende Elſter zu beſitzen, der er— langt bei einiger Geduld ohne ſchwere Mühe ſein Ziel, da ſie ziemlich leicht einzelne Worte nachplappern lernt. Die Jagd auf Elſtern erfordert viel Vor— ſicht, da ſie ein intelligenter und zugleich ſcheuer Vogel iſt. Sie weiß den Jäger und den unge— fährlichen Landbauer recht gut ſchon auf größere Elten. — Emberiza. 297 Diſtanzen zu unterſcheiden und ſäumt dann nicht, dem erſteren zeitig genug auszuweichen. Am leichteſten kommt man ihr in der Nähe der Dörfer bei, wo Deckung geboten iſt. Am beſten erreicht man ſein Ziel, wenn man bald nachdem die Jungen flügge geworden ſind, ein ſolches zu erhalten trachtet. Schießt man eines aus der Familie heraus, gibt es gewaltigen Lärm. Die ganze Sippſchaft ſtürzt ſich gewöhnlich wie toll auf das gefallene Opfer. In einem guten Hinterhalte habe ich auf dieſe Weiſe im Ver— laufe von wenigen Minuten ſchon ein paar recht erfolgreiche Doubletten gemacht. Auf der Krähen— hütte kann man ſie ohne viel Kunſt erlegen, weil ſie auf den nächſten Bäumen gerne auf— hackt; wird aber die Hüttenjagd recht fleißig gehandhabt, dann ſcheint, wie bei vielen Raub— vögeln, ſo auch bei der Elſter die Vorſicht den inſtinetmäßigen Haſs gegen den Uhu zu über- wiegen, und es gelingt nur mehr in Ausnahme- fällen ein oder das andere junge Exemplar zu erlegen. Ein mir bekannter Jäger berückte viele Elſtern dadurch, daſs er mehrere gleißende Sachen an einem Stocke feſtmachte und dieſen da ausſteckte, wo er gute Deckung hatte und die Sachen von den Elſtern leicht eräugt werden konnten. Die unbezwingbare Neugierde ſowie die Leidenſchaft für gleißende Gegenſtände riefen ſtets mehrere Elſtern herbei. Mit ſtarken Leim— ruthen können dieſelben auch gefangen werden, beſonders zur Frühjahrszeit in der Nähe der Neſter. Dieſer Fang wird jedoch gewöhnlich nur dann angewendet, wenn es ſich darum handelt, ein einzelnes Paar in einem Garten, Parke ꝛc. unauffällig unſchädlich zu machen. Klr. Elten, ſ. Döbel. Hcke. Elternfofe Zeugung, ſ. Generatio aequi- voca. Kur. Elternzeugung, Generatio parentalis, j. Generatio aequivoca. Kur. Eltze, ſ. Aland. Hcke. Eltzer, ſ. Alſe. Hcke. Elytra, Flügeldecken, Deckſchilde bei den Coleopteren (ſ. d.). Hſchl. Email, Schmelz, substantia vitrea, heißt das nur an den Zahnkronen der höheren Wirbel— thiere ſich findende, aus zaunförmig neben— einandergereihten, kleinen, quergebänderten Pris— men beſtehende epitheliale Gewebe; es erſcheint von einem gleichförmigen harten Zahnober— häutchen überdeckt. Kur. Email nennt man auch Glasflüſſe, welche auf Metall zum Schmuck oder Schutz aufge— ſchmolzen werden. Das Glas iſt meiſt Bleiſilicat und wird durch Zinnoxyd oder Calciumphosphat undurchſichtig gemacht. Die Farben werden durch beigeſetzte Metalloxyde erzeugt. v. Gu. Emberiza Linné, typiſche Gattung der Familie Emberizidae, Ammern, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa in 4 Arten: Emberiza eitrinella Linné, Goldammer, E. eirlus Linné, Zaunammer, E. cia Linné, Z ipp⸗ ammer, und E. hortulana Linné, Garten: ammer. Synonymie: Emberiza antiquorum Chr. L. Brehm, ſ. Gartenammer; — E. arundinacea Gmelin, j. Rohrammer; — E. aureola Pallas, ſ. Weidenammer; — E. badensis Gmelin, ſ. 298 Gartenammer; — E. bagheira Franklin, ſ. furz= zehige Lerche; — E. barbata Scopoli, ſ. Zipp⸗ ammer; — E. borealis Vieillot, ſ. Schneeſporn⸗ ammer; — E. brachyrhyncha Chr. L. Brehm, ſ. Goldammer; — E. Buchanani Blyth, j. Gar⸗ tenammer; E. calandra Linné, j. Grau- ammer; — E. calcarata Temmincki, ſ. Lerchen⸗ ſpornammer; — E. canigularis Chr. L. Brehm, ſ. Zippammer; — E. chlorocephala Gmelin, ſ. Gartenammer; — E. cicoides Brandt, j. Zipp- ammer; E. cioides Temmincki, w. v.; E. ciopsis Bonaparte, w. v.; — E. crocea Vieil- lot, j. ſchwarzköpfiger Ammer; — E. delicata Chr. L. Brehm, ſ. Gartenammer; — E. doli- chonia Bonaparte, ſ. Weidenammer; — E. elaeothorax Bechstein, j. Zaunammer; — E. erythrogenys Chr. L. Brehm, ſ. Goldammer; — E. flava Brisson, w. v.; — E. glacialis Latham, j. Schneeſpornammer; — E. grana- tivora Menetries, ſ. ſchwarzköpfiger Ammer; — E. hordei Chr. L. Brehm, ſ. Zippammer; — E. intercedens id., ſ. Gartenammer; E. lap- ponica Bonaparte, ſ. Schneeſpornammer; — E. lesbia Gmelin, ſ. Waldammer; — E. leuco- cephala Gmelin, ſ. Fichtenammer; — E. lotha- ringica Gmelin, ſ. Zippammer; — E. luctuosa Scopoli, ſ. ſchwarzrückiger Fliegenfänger; — E. malbeyensis Sparrman, j. Gartenammer; — E. melanocephala Scopoli, j. ſchwarzköpfiger Am— mer; — E. meridionalis Cabanis, ſ. Zippammer; — E. miliaria Linné, ſ. Grauammer; montana Gmelin, ſ. Schneeſpornammer; — E. mustelina id., w. v.; — E. nivalis Linné, w. v.; — E. notata Müller, ſ. Zippammer; — E. oinops Hodgson, ſ. Zwergammer; — E. oli- vacea Tickell, ſ. kurzzehige Lerche; — E. pa- lustris Chr. L. Brehm, ſ. Rohrammer; — E. passerina Pallas, w. v.; — E. pinguescens id., ſ. Gartenammer; — E. pithyornus Pallas, f. Fichtenammer; — E. pratensis Brisson, j. Zipp- ammer; — E. provineialis Gmelin, ſ. Wald- ammer; — E. pusilla Pallas, j. Zwergammer; — E. rustica Pallas, ſ. Waldammer; — E. schoenielus Linné, ſ. Rohrammer; — E. sco- tata Bononi, ſ. Fichtenammer; — E. Selysi Verany, ſ. Weidenammer; — E. sepiaria Bris- son, j. Zaunammer; — E. sibirica Ermann, ſ. Weidenammer; — E. slavonica Degland, j. Fichtenammer; — E. sordida Hodgson, j. Zwerg— ammer; — E. sylvestris Chr. L. Brehm, ſ. Goldammer; — E. Tunstalli Latham, ſ. Gar— tenammer. E. v. D. Emberizidae, ſ. Ammern u. Syſt. d. Or⸗ nithol. E. v. D. Embolie, ſ. Gastrula. Kur. Embolium, Einſatzſtück am Flügel der Hemipteren, ſ. Khynchota. Hſchl. Embritze, ſ. Goldammer. E. v. D. Embryo, ſ. Entwicklung und Fortpflan⸗ zung. Lbr. — Hg. Embryohüllen, ſ. Amnion, Allantois und Entwicklung. Kur. Embryologie heißt im weiteren Sinne die Entwicklungsgeſchichte der Thiere überhaupt (Haeckels Lehre von der Ontogenie), und es iſt ihre Aufgabe, den Organismus von der Bil- dung des Eies an bis zur Erreichung des völlig ausgewachſenen Zuſtandes anatomiſch und phy- Emberizidae. — Empetrum nigrum. ſiologiſch zu ſtudieren; im engeren Sinne ver- ſteht man darunter die Lehre vom Bau = von den Formveränderungen des Embryos; engſten Sinne die Lehre vom menſchlieh Embryo (ſ. Entwicklung). Kur. Embryonalanhänge, Embryonalent⸗ wicklung, Embryonalorgane, embryo⸗ nale Athemorgane, ſ. Embryo. Kur. Embryonalfleck, Embryonalfeld, heißt der Fruchthof (area germinativa). Kur Emöryonalſchild nennt man in nicht zu⸗ paſſender Weiſe eine im Ei der Kriechthiere und Vögel nach Ausbildung der beiden primären Keimblätter und nach erfolgter Abgrenzung des hellen und dunklen Fruchthofes in der hinteren Hälfte des hellen Fruchthofes undeutlich abge- grenzte, eiförmige, undurchſichtige Partie, welche den Blaſtoporuslippen der niederen Wirbel⸗ thiere entſpricht. Kur. Embryonide nennt G. Jäger die den Cha⸗ rakter einer embryonalen Zelle, nämlich die Differenzierungsfähigkeit in verſchiedenen Zellen behaltenden Zellen des Thierkörpers; in erſter Linie ſind die weißen Blutkörperchen (welche, wie bei Vernarbungen und Reproductionen zutage tritt, in verſchiedenſten Gewebszellen ſich umzu⸗ wandeln vermögen) ſolche Embryonide. Kur. Embryoſack heißt der Embryo im Unter⸗ ſchiede vom Dotterſack (ſ. Entwicklung und Fort⸗ pflanzung). Kur. Embryofkopie nennt man die Beobachtung der Entwicklung des Embryo im Ei mit Hilfe eigener Ooſkope (einfacher Inſtrumente, die aus einem unter 46° geneigten Spiegel am Ende eines innen ſchwarzen Sehrohres be— ſtehen). W. Breyer hat mit Hilfe eines ſolchen Ooſkopes bei directem Sonnenlichte am Hühnerei u. a. beobachtet, daſs die Contraction des Herz⸗ ſchlauches ſchon am zweiten Tage der Bebrü⸗ tung eintrat (ſie wird immer intenſiver, während die Zahl der Schläge von 166 auf 80 in der Minute herabſinkt); daſs die erſten activen Bewegungen am Kopfe, Rumpfe und Amnion am fünften Tage, an den Extremitäten am ſechsten Tage, ſelbſtändige Lageveränderungen am achten Tage, die erſte Schnabelöffnung am elften Tage eintraten; daſs die Senſibilität ſpäter als die Bewegungsfähigkeit ſich äußert. Knr. Emetin, C3 HN O., iſt das Alkaloid in der Wurzel von Cephatlis Ipecacuanha und in anderen Brechwurzeln. Weißes, hygroſko⸗ piſches, in Waſſer leicht lösliches, amorphes Pulver von ſchwach bitterem Geſchmack und hochgradig brechenerregenden Eigenſchaften. Mit Salzſäure bildet es ein weißes, kryſtalliſier⸗ bares, mit Platinchlorid ein pulverförmiges gelbes Salz. v. Gn. Emmeritze, ſ. Goldammer. E. v. D. Emmerling, ſ. Goldammer. E. v. D. Emolumente Einkünfte, wird beſonders von den mit dem Dienſte nebſt dem Gehalte verbundenen Nebeneinkünften gebraucht. Im übrigen vgl. Beſoldung. v. Gg. Empetrum nigrum L., Krähenbeere, Rauſchbeere (Fig. 275). Immergrüner, zwei⸗ häuſiger Kleinſtrauch aus der nach dieſer Gattung benannten, mit den Wolfsmilchgewächſen nahe verwandten Familie der Empetreen. Stämmchen niederliegend, wurzelnd, Polſter bildend; Blätter zu 3—4 wirtelſtändig, ſehr gedrängt, lineal, am Rande umgerollt, oberſeits glänzend grün, 3—5 mm lang, 1 im breit; Blüten klein, ein⸗ zeln in den Blattwinkeln, röthlich, männlich, A Fig. 275. Empetrum nigrum, Krähenbeere. mit 3 weit vorſtehenden Staubgefäßen. Frucht eine erbſengroße, kugelrunde, meiſt ſchwarze Beere. Auf mooſigem Torfboden, namentlich Hochmooren, von Lappland und Großbritan— nien bis Oberitalien und Spanien verbreitet, ſehr häufig in moorigen Kiefer- und Buchen⸗ wäldern Oſtpreußens und der baltiſchen Pro— vinzen, in der ſüdlichen Hälfte des Verbrei- tungsbezirkes vorzüglich Gebirgspflanze, im bayriſchen Walde bis 1462, in den bayriſchen Alpen bis 2046 m auf Hochmooren. Blüht von Mai bis Juli, reift die Früchte im Spät— ſommer. Wm. Empfindlichkeit heißt im allgemeinen die Fähigkeit eines Gegenſtandes, den Zuſtand ſeines Gleichgewichtes im chemiſchen oder mechaniſchen Sinne zu ändern; erfolgt eine Störung des Gleichgewichtes auf den geringſten äußeren Ein— fluſs hin, ſo iſt der Körper ſehr empfindlich; ſind ganz bedeutende Einflüſſe nöthig, ſo iſt der Körper wenig empfindlich oder unempfind— lich. G. Jäger unterſcheidet diesbezüglich Re— flexionsfähigkeit, Leitungsfähigkeit und Empfindlichkeit, indem er bei äußerer Ein— wirkung auf einen Körper oder ein Medium dreierlei unterſcheidet: Reflexion, wenn die Bewegung zurückgeworfen wird; Leitung, wenn ſie als ſolche weitergeleitet wird, und Empfindlichkeit, wenn ſie wohl in den Körper oder das Medium hineingelaſſen wird, hiebei aber eine Umwandlung in eine ander— ſeitige Bewegung erfährt. Kur. Emphyteuſis (Oſterreich) nach römiſchem Rechte beſtand darin, daſs der Berechtigte die Befugnis erhielt, ein fremdes Grundſtück voll zu benützen, zu veräußern und zu vererben, dagegen dem Eigenthümer des Grundſtückes eine Abgabe zu bezahlen, die öffentlichen Laſten zu tragen hatte und das Grundſtück nicht verſchlechtern oder in Verfall gerathen laſſen durfte. Die deutſche Emphyteuſis (Erbpacht, Erbzins) übertrug dem Erbzinsmanne das nutzbare Eigenthum, dagegen pflichtet worden iſt“. Empfindlichkeit. — Emphyteuſis. 299 dem Verleiher den Anſpruch auf eine Abgabe, eine Art Aufſicht und das Heimfallsrecht unter gewiſſen Vorausſetzungen. In Oſterreich war der Grundherr häufig nicht nur Obereigen⸗ thümer des verliehenen Gutes, ſondern der Beſitzer desſelben war der Unterthan des Grundherrn und ſtand unter deſſen Gerichts- barkeit. Deshalb brachte die Grundentlaſtung auch in Bezug auf die Emphyteuſis tiefgreifende Veränderungen hervor. Über das Jagdrecht auf emphyteu— tiſchen Gründen liegt eine Gubernialverord— nung vom 11. Juli 1849, L. G. B. Nr. 117 für Böhmen vor, in welcher anerkannt wurde, daſs mit Rückſicht auf das Grundentlaſtungs— patent vom 7. September 1848 und das Jagd— geſetz vom 7. März 1849 „dem Emphyteuten das Jagdrecht auf den ihm emphyteutiſch über⸗ laſſenen Grundſtücken umſoweniger abgeſprochen werden kann, als derſelbe auch zur Zahlung der auf ſeinen Grundbeſitz entfallenden Steuer ver— — Die M. Vdg. vom 10. December 1849, 3. 22.524, L. G. Bl. für Niederöſterreich Nr. 1 ex 1850 erklärt, daſs 8 1 des Jagdgeſetzes („das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden iſt aufgehoben“) auch auf die emphyteutiſchen Gründe, welche nicht zur bloß zeitlichen Benützung an geweſene Unter— thanen überlaſſen wurden, ſondern infolge der Grundentlaſtungsgeſetze nach Ablöſung der auf denſelben haftenden Leiſtungen in deren volles Eigenthum übergegangen ſind, Anwendung finde, d. h. der frühere Grundherr auf dieſen emphyteutiſchen Grundſtücken das Jagdrecht nicht beſitzt. Mcht. Emphyteuſis (Deutſchland) oder Em⸗ phyteuſe (emphyteusis, vom griechiſchen emphyteuein, anpflanzen) iſt nach römiſchem Recht das vererbliche und veräußerliche dingliche Recht auf die geſammte Nutzung an einem fremden Grundſtücke gegen Zahlung eines jähr— lichen Zinſes (canon, vectigal, pensio) an den Eigenthümer und Tragung der öffentlichen Laſten ſowie mit der Verpflichtung, das Grundflück nicht zu verſchlechtern. Dieſelbe war in der ſpä— teren Kaiſerzeit die einzige Art und Weiſe der Nutzung der Ländereien des Kaiſers, des Staates (agri publici), der Städte und der Kirche und umfasste hier den ganzen Bauernſtand. Die Emphyteuſis gab im Mittelalter, in— dem man aus dem Gegenſatze von directa und utilis vindicatio bei ihr und Superficies (ſ. d.) ohne weiteres ein dominjum direetum und utile folgerte, zur Annahme eines jog. ge theilten Eigenthumes (ſ. Eigenthum) Veran- laſſung. Der Obereigenthümer wird hier auch als dominus emphyteuseos, der Untereigen— thümer als emphyteuta bezeichnet. Der Emphyteuta darf, ſofern nur das Grundſtück nicht verſchlechtert wird, eine Cultur— änderung vornehmen, hat aber für die Ver— beſſerungen keinen Koſtenerſatz zu beanſpruchen. An den Früchten erwirbt er mit der Trennung derſelben von dem Grundſtücke das Eigenthum. Er darf auch das Grundſtück verpfänden und mit Servituten belaſten, jedoch nur für die Dauer ſeines Rechtes. Zur Veräußerung ſeines Rechtes muſs der Emphyteuta die Genehmigung 300 des Eigenthümers (laus, consensus) erholen, welche aus erheblichen Gründen verſagt werden kann, außerdem aber binnen zwei Monaten ſchriftlich ertheilt werden ſoll. Bei jeder Ver⸗ äußerung oder Vererbung des Rechtes erhält der Eigenthümer von dem neuen Emphyteuta zwei Procent des Kaufpreiſes, bezw. des Wertes des Grundſtückes als Abgabe (laudemium, Handlohn). Dem Eigenthümer ſteht bei Ver— äußerungen ein Vorkaufsrecht (jus protimi- seos) zu. Der Emphyteuta hat zum Schutze ſeines Rechtes eine dingliche Klage (utilis rei petitio), und die Erfüllung der gegenſeitigen Berpflich- tungen des Eigenthümers und des Emphyteuta iſt durch die emphyteuticaria in personam actio geſichert. Wenn der Emphyteuta das Grundſtück weſentlich verſchlechtert oder ſeinen Verpflich— tungen bei Veräußerung ſeines Rechtes nicht nachkommt oder mit Entrichtung des Canon oder der öffentlichen Abgaben drei (bei Kirchen— gütern zwei) Jahre im Rückſtande bleibt, ſo tritt deſſen Entſetzung auf Klage des Eigen— thümers (Privationsklage) ein. Der Vertrag über Emphyteuſis (contractus emphyteuticarius), welcher bei Kirchengütern ſchriftlich ſein muss, iſt ſofort nach getroffenem Übereinkommen klagbar. Außerdem wird die Emphyteuſis beſtellt durch Vermächtnis, richter— liches Urtheil und Erſitzung. Der Untergang des Grundſtückes, die Con- fuſion, d. i. die Vereinigung des Ober- und Untereigenthums in einer Perſon, ſowie Verzicht von Seite des Emphyteuta, welcher aber der Einwilligung des Eigenthümers bedarf, und Verjährung ſind Urſachen des Aufhörens der Emphyteuſis. Die Emphyteuſis kam in Deutſchland in ihrer reinen Form meiſt bei den Gütern der Kirche vor, welche ſich in allem dem römiſchen Rechte möglichſt anſchloſs, und findet ſich ver— einzelt wohl auch jetzt noch. Bei dem übrigen Grundbeſitze fand die Anwendung der Emphy— teuſis unter dem Einfluſſe der rechtlich-politiſchen Verhältniſſe (ſ. Erblehnwaldungen) ſtatt, welche in Deutſchland die Überlaſſung der ländlichen Grundſtücke zur erblichen Nutznießung als Noth- wendigkeit erſcheinen ließen. Erblehen, Erbpacht, Zinslehen, Meierrecht, Colonat, Landſiedelrecht u. ſ. w. ſind demnach nur Modificationen der Emphyteuſis. Die Ereigniſſe des Jahres 1848 hatten, mit Ausnahme von Mecklenburg, in ganz Deutſchland den Erlass von geſetzlichen Beſtim— mungen über Grundentlaſtung (ſ. d.) zur Folge, welche zunächſt auf Beſeitigung des getheilten Grundeigenthumes gerichtet waren und das Obereigenthum theils für aufgehoben, theils für ablösbar erklärten. Die Folge hievon war, dajs das getheilte Eigenthum nach Analogie der Emphyteuſis in den meiſten Theilen Deutſch— lands ganz verſchwunden iſt oder doch nur noch ausnahmsweiſe vorkommt. In neueſter Zeit empfiehlt man jedoch unter Hinweis auf die günſtigen Erfolge des Erbpachtes in Mecklenburg und in den Moor- colonien von Hannover, Oldenburg und Holland Emphytus. — Emulſin. die Wiedereinführung desſelben, namentlich zur Herbeiführung eines mittleren Bauernſtandes auf den großen preußiſchen Domänen. Ein ſolcher Erbpacht wird ſich an die Emphyteuſis anſchließen und alles vermeiden müſſen, was ein Ausfluſs des früheren Hörigkeitsverbandes war und die grundherrlichen Laſten im Laufe der Zeit bis zur Unerträglichkeit ſteigerte. At. Emphytus tg., Blattweſpengattung (Fa⸗ milie Tenthredinidae): Fühler Iglievrig, das Bruſtſtück überragend; Vorderflügel: zwei Rand⸗, drei Unterrandzellen, Lanzettzellen mit ſchräger Querader; im Hinterflügel die Mittelzelle feh⸗ lend. Larven 22 füßig. Zwei Arten werden ihrer Häufigkeit wegen der Gartenwirtſchaft oft ſehr läſtig: 1. Emphytus grossulariae Klug durch Entblättern der Stachelbeerſträucher. Larve graugrün, Kopf ſchwarz; die erſten und die letzten drei Ringe b N über dem Körper ſechs Reihen ſchwarzer Haarwurzel⸗ warzen. Doppelte Generation; daher zwei Fraß⸗ perioden: Juni-Juli und September-October. Verpuppung im Boden. 2. Emphytus cinetus L., lebt als Larve auf Roſen, deren Blätter durchlöchert und von den Rändern herein befreſſen werden. Man trifft die After- raupe den ganzen Sommer hindurch vom Juni bis in den September. Sie iſt nach hinten verſchmälert, dunkelgrün, Seiten und Bauch graugrün, erſtere mit dunkleren Längswiſchen und Flecken; Kopf gelbbraun, grob punktiert, mit dunkelbraunem Scheitelfleck. Im übrigen iſt die Larve querrunzelig und mit zarten weißen Dornwärzchen beſetzt. — Verpuppung am Boden; am häufigſten aber in der bloßgelegten Markröhre der durch Roſenſchnitt gekürzten Zweige. Hſchl. Empidae, gattungs- und artenreiche Flie⸗ genfamilie der Abtheilung Brachycera; viele von ihnen leben vom Raube, ſind daher (wenig⸗ ſtens theoretiſch genommen) nützlich. Dahin ge⸗ hören z. B. die langrüſſeligen Sch fliegen, Gattung Empis. Emplasmogonie, emplasmatiſche gellbil bildung, nennt man die freie Zellbildung, wie ſie in der durch Hiſtologie der Fliegenlarve ent⸗ ſtehenden formloſen Eiweißmenge oder im Em⸗ bryoſackplasma der Phanerogamen entſteht (durch Anhäufung von Plasmamolecülen entſtehen Kerne, die als Anziehungsmittelpunkte auf die Plasmaumgebung wirken, ſich mit einer Plas⸗ mahülle oder auch noch einer Membran um⸗ geben und ſich ſo zu Zellen umbilden). Viel wahrſcheinlicher aber iſt es, daſs hier wie in vielen anderen Fällen eine nicht genaue Beob⸗ achtung vorliegt und die Bildung neuer Zell⸗ kerne einfach durch Theilung früherer auen ur. Empodium, Afterklaue (ſ. d.) bei den In⸗ jecten (vgl. die betreffenden Ordnungen). Hſchl. Empusa Cohn, ein ausſchließlich auf lebenden Inſecten paraſitierender und dieſelben tödtender Pilz (ſ. Inſectenkrankheiten). Hſchl. Emulgierendes Ferment, ſ. Bildungsſtoffe. g Emulſin (Synaptaſe) iſt ein in den bitteren und ſüßen Mandeln vorkommendes Enzym, welches als Ferment auf manche Glykoſide ein⸗ 2 . wirkt. So zerſetzt es Amygdalin in Blauſäure, Bittermandelöl und Zucker, ſpaltet ferner Sa— liein, Asculin, Coniferin, Arbutin, Phloridzin u. ſ. w. Es wird aus einer Emulſion von ſüßen Mandeln nach Abſcheidung des Legumins durch Eſſigſäure mit Alkohol gefällt und bildet farb— loſe, ſchwach ſauer reagierende Maſſen. v. Gu. Emulſion nennt man eine Flüſſigkeit, welche Fett, Harz u. ſ. w. in einer ſchleimigen Flüſſigkeit fein vertheilt und ſuspendiert ent— hält. Natürlich vorkommende Emulſionen ſind die Milch, Eidotter, Milchſäfte der Pflanzen. v. Gn. Emydin, ein ſpecifiſcher Körper im Schild— krötenei. Kur. Emys, Emydae, ſ. Chersemydae. Kur. Enchytraeidae, Familie der Borſten— würmer. Knr. Enclave iſt ein Grundſtück, das von dem eines anderen Beſitzers völlig umſchloſſen wird. Iſt die Umſchließung keine vollſtändige, ſo gebraucht man gewöhnlich die Bezeichnung „Halbenclave“. Die Enclaven ſind ſtörend für den Beſitzer des umgebenden Areals; ſie erſchweren die Bewirt— ſchaftung ſowohl wie auch den Schutz. Nur in jagdlicher Beziehung liegen meiſt die Ver— hältniſſe günſtiger. Es gehört zu einem guten Waldarrondiſſement, die Enclaven thunlichſt einzutauſchen oder zu kaufen. 5 Nr. Enclaven. (Legislatur in Oſterreich.) Bei Feſtſtellung eines Jagdgebietes iſt häufig die Frage nach Einbeziehung von Enclaven zu löſen. In dieſer Beziehung iſt zunächſt der Mti- niſterialerlafs vom 31. Juli 1849, R. G. Bl. Nr. 342 (Erläuterung des Jagdgeſetzes vom 7. März 1849) zu beachten. Da heißt es u. a.: „Sind Grundſtücke, deren Beſitzer wegen des nicht 115 ha erreichenden Umfanges hierauf kein Jagdrecht haben, von einem 115 ha oder mehr betragenden Grundcomplexe ganz umſchloſſen, ſo wird dem zur Jagdausübung berechtigten Beſitzer des größeren Grundeompleres die Be— fugnis eingeräumt, die der Gemeinde auf der Enclave (eingejchloffenen Grunde) zuſtändige Jagd vor jedem anderen, u. zw. zu dem Preiſe zu pachten, wie derſelbe ſich im Verhält— niſſe zu dem für die Gemeindejagd ſonſt bedun— genen Pachtzinſe ſtellt, oder in Ermanglung deſſen zu einem Pachtzinſe nach einer billigen Schätzung für eine längere Zeitperiode. Läſst ſich der Be— ſitzer des Grundcomplexes zur Pachtung nicht herbei, ſo begibt er ſich hiedurch ſeines eigenen Jagdrechtes, und die Gemeinde iſt be— fugt, die Jagd auf dieſem Grundcomplexe wie auf der Enelave auszuüben.“ Hienach genießt das Jagdrecht auf der Enclave, welche nicht 115 ha umfaſst, alſo kein Eigenjagdrecht ge— währt, die Gemeinde; der enclavierende Grund— beſitzer hat aber ein Jagdpachtvorrecht, durch deſſen Nichtausübung er ſein eigenes Jagdrecht zu gunſten der Gemeinde verliert. Hierüber iſt noch Folgendes beizubringen: Das Recht, die Ausſcheidung der Enclave unter 115 ha und deren Zuweiſung zu dem encla— vierenden Jagdgebiete zu begehren, ſteht nur dem Eigenthümer dieſer Grundſtücke, nicht aber dem Jag dpächter derſelben zu, wie aus Emulſion. — Enclaven. 301 hervorgeht. Das Ackerbauminiſterium hat dieſe Anſchauung neuerlich in der Entſch. vom 3. April 1880, 3.1913, vertreten. Die Zuweiſung der Enclave zu dem umſchließenden Jagdgebiete kann nur dann erfolgen, wenn die Umſchließung eine vollſtändige iſt (Erk. des V. G. H. vom 16. April 1886, 3.1084, Budwinski, Bd. X, Nr. 3020). — Eine Friſt, wann dieſes Vorrecht des enclavierenden Grundbeſitzers von dieſem in An— ſpruch genommen werden kann, iſt nicht geſetzt, ſo daſs dasſelbe jederzeit geltend gemacht werden kann, alſo auch nachdem durch eine Licitation einem Jagdpächter das Jagdrecht u. a. auch auf Enclaven zugeſprochen worden war. Der enclavierende Grundbeſitzer hat natür— lich in einem ſolchen Falle eine (eventuell durch die Bezirkshauptmannſchaft zu ermittelnde) Tan⸗ gente vom Jagdpachtſchillinge zu tragen, bezw. dem Hauptjagdpächter zu erſetzen (Entſch. des Ackerbauminiſteriums v. 29. Mai 1874, 3.5746). — Wenn eine Enclave von zwei ſelbſtändigen Jagdgebieten umſchloſſen iſt, ſo gebürt beiden Beſitzern das Jagdpachtvorrecht. In welcher Weiſe dieſe Beſitzer ſich dieſes Rechtes bedienen, iſt für das Gefetz gleichgiltig; „der Abſicht des Geſetzes wird jedenfalls genügt, wenn auch nur einer derſelben der Forderung der citierten Norm nachzukommen ſich bereit erklärt“ (Erk. des V. G. H. vom 18. Januar 1884, Z. 2767 ex 1883, Budwinski, Bd. VIII, Nr. 1992). Wenn eine Enclave wenigſtens 115 ha umfaſst, jo bildet ſie ein ſelbſtändiges Jagdgebiet und darf infolge deſſen dem umgrenzenden Jagdgebiete nicht zugeſchlagen werden oder muſs über Verlangen des Enclavenbeſitzers ausgeſchieden werden, wenn die Enclave etwa mit dem Gemeindejagdgebiete verpachtet wäre. Der V. G. H. hat mit Erk. vom 2. März 1878, 3.205 (Budwinski, Bd. II, Nr. 223), die Aus⸗ ſcheidung einer über 113 ha großen Enclave während eines beſtehenden Jagdpachtvertrages über Anſuchen des Enclavenbeſitzers verfügt, nachdem das Ackerbauminiſterium zwar das Eigenjagdrecht auf der Enclave anerkannt, aber deſſen ſelbſtändige Ausübung durch den En- clavenbeſitzer erſt nach Ablauf des beſtehenden Jagdpachtvertrages für zuläſſig erklärt hatte. Das böhmiſche Jagdgeſetz vom 1. Juni 1866, L. G. Bl. Nr. 49, fasst den Begriff der Enclave etwas anders als die M. Vdg. vom 31. Juli 1849 und ordnet dieſe Angelegenheit überhaupt abweichend. Eine Enclave iſt ein Grundbeſitz unter 113 ha, welcher von einem Jagdgebiete vollſtändig oder zu zwei Drittheilen umſchloſſen iſt. Die Ausübung des Jagdrechtes auf einer ſolchen Enclave wird dem Beſitzer des zumeiſt angrenzenden Jagdgebietes durch den Bezirksausſchußs zu— gewieſen. Verweigert der Beſitzer des um— ſchließenden oder des zumeiſt angrenzenden Jagdgebietes die Übernahme der Ausübung des Jagdrechtes, jo hat der Bezirksausſchuſs „eine entſprechende anderweitige Verfü— gung zu treffen“ ($5 böhmiſches Jagdgeſetz). Für die Zuweiſung der Enclave entſcheidet ausſchließlich das Moment „des zumeiſt An— grenzens“ und iſt hiebei der Umſtand, wem dem Wortlaute des obeitierten Erlaſſes klar eines der angrenzenden Jagdgebiete gehört, und 302 ob der Inhaber eines angrenzenden ſelbſtän⸗ digen Jagdgebietes etwa Grundbeſitzer der Ortſchaft iſt, zu deren Jagdgebiet die Enclave zugeſchlagen wird, irrelevant (Erk. des V. G. H. vom 9. Juni 1882, 3.1182, Budwinski, Bd. VI, Nr. 1437, vom 22. September 1880, 3.1515, Budwinski, Bd. IV, Nr. 863, und vom 5. No⸗ vember 1883, 3. 2808). Über die Beſtimmungen des böhmiſchen Jagdgeſetzes bezüglich der Zuweiſung der En— claven liegen mehrere Entſcheidungen des V. G. H. vor, welche, mutatis mutandis, für die hier erörterte Frage der Jagdberechtigung auf Enclaven überhaupt von Bedeutung ſind. Durch das Erk. des V. G. H. vom 27. Februar 1880, Z. 396 (Budwinski, Bd. IV, Nr. 713), wurde der allerdings ſelbſtverſtändliche Satz aufgeſtellt, das das Ausmaß der Enclave kein willkürliches ſein, alſo nicht etwa jo vorgenom- men werden darf, daſs nur bei willkürlicher Grenz- bemeſſung die Enclave unter 115 ha Ausmaß beſitzt. Dieſe Entſcheidung hängt mit der vom V. G. H. conſtant befolgten, Auffaſſung zuſam⸗ men, daſs das Jagdrecht dem Beſitzer eines Complexes von mindeſtens 115 ha immer und unbedingt ex lege, u. zw. als auf dem öffent⸗ lichen Rechte (Jagdgeſetz) beruhend zukomme, und daſs die Beſtimmungen des Jagdgeſetzes über die Jagdgebiete ex lege Rechte gewähren. So wurde z. B. durch Erk. des V. G. H. vom 20. November 1879, 3. 2039 (Budwinski, Bd. III, Nr. 622), die obeitierte Norm des § 3 des böhmiſchen Jagdgeſetzes als ein unbedingt durch die autonomen Organe (Bezirksausſchuſßs) herzuſtellender Zuſtand bezeichnet; ſobald die geſetzlichen Vorbedingungen eingetreten ſind, d. h. ſobald eine Enclave zu zwei Drittheilen umſchloſſen iſt, hat der Bezirksausſchuſs die Zuweiſung derſelben an das zumeiſt angren- zende Jagdgebiet aus eigener Initiative vorzu— nehmen, wenn ſich der Beſitzer des enclavieren— den Jagdgebietes dagegen nicht verwahrt. — Complexe von mindeſtens 115 ha können aber niemals als Enclaven dem „zumeiſt angrenzen— den Jagdgebiete“ zugewieſen werden, weil mit denſelben die Eigenjagdberechtigung unbedingt ex lege verbunden iſt. Ebenſowenig dürfen En— claven, auch wenn ſie nicht 115 ha groß ſind, aber mit einem ſelbſtändigen Jagdgebiete zu— ſammenhängen oder mit den zuſammenhängen— den Grundſtücken einen Complex von mindeſtens 115 ha bilden, dem zumeiſt angrenzenden Jagd— gebiete zugewieſen werden (Erk. des V. G. H. vom 16. September 1885, 3. 2292, Budwinski, Bd. IX, Nr. 2674). Der V. G. H. vertritt ferner conſtant den Satz, daſs die Zuweiſung einer Enclave an das zumeiſt angrenzende Jagdgebiet nicht erfolgen darf, wenn durch die Ausſcheidung und Zuweiſung der Enclave das Jagdgebiet geſchmälert oder geändert würde (Erk. des V. G. H. vom 17. Mai 1883, 3.1121, Bud⸗ winski, Bd. VII, Nr. 1768; Erk. vom 23. No⸗ vember 1883, Budwinski, Bd. VII, Nr. 1922, und Erk. vom 16. October 1885, Z. 2642, Bud⸗ winski, Bd. IX, Nr. 2728). Durch Erlaſs des (beſtandenen) Minijte- riums für Landescultur und Bergweſen vom 31. Mai 1849, R. G. Bl. Nr. 259, wurden die Enclaven. Behörden ermächtigt, die Jagd auf kleineren, in ärariſche Forſte eingeſprengten Gemeindeparcellen und umgekehrt, dort, wo ärariſche Parcellen zwiſchen Gemeindegründen liegen, zu pachten. Über die Ausübung der Fiſcherei in den mähriſchen Enclaven in Schleſien ſ. Fiſcherei. Das ungariſche Jagdgeſetz vom 19. März 1883 (Geſ. Art. XX vom Jahre 1883, 8 3) verfügt: „Wenn irgend ein größeres Waldgebiet, welches ein abgeſondertes Jagdgebiet bildet, den Grundbeſitz eines oder mehrerer Beſitzer von weniger als 200 Joch, zu 1600 Quadrat⸗ klafter gerechnet, mindeſtens von drei Seiten umſchließt, ſo iſt der Eigenthümer eines derartig iſolierten Beſitzes verpflichtet, das Jagdrecht dem Beſitzer des umſchließenden Jagdgebietes oder dem Pächter desſelben in Pacht zu geben, und dieſer iſt wieder ver⸗ pflichtet, dasſelbe in Pacht zu nehmen.“ Kann ein Vergleich nicht erzielt werden, ſo entſcheidet in erſter Inſtanz der Stuhlrichter, in zweiter Inſtanz der oberſte Beamte der Jurisdiction (Vicegeſpan) [ſ. Behörden]. — Es fällt hier einerſeits die Zweifel begünſtigende Stiliſierung auf (mindeſtens von drei Seiten umſchließendes Jagdgebiet), andererſeits die (vortheilhafte) Be⸗ ſtimmung, daſs auch der Jag dpächter eines enclavierenden Grundbeſitzes die Jagd auf der Enclave verlangen kann, bezw. pachten mußs (ſ. a. Jagdgebiet). i Waldenclaven ſind für den geregelten Forſtbetrieb oft ſehr ſtörend. Darum hat ſchon die Verordnung des Ackerbauminiſteriums vom 3. Juli 1873, 3. 6953, betreffend die genauere Handhabung des F. G., im 88 beſtimmt: „Wenn forſtſchädliche Waldenclaven oder derlei Beſitzzerſtückelungen vorgefunden werden und dem Übelſtande durch ein entſprechendes Über⸗ einkommen (Grundtauſch u. ſ. w.) abgeholfen werden könnte, jo find die Betheiligten darauf aufmerkſam zu machen und iſt denſelben allen⸗ falls die geeignete Regelung vorzuſchlagen.“ Dieſe Beſtimmung konnte natürlich nur in ver⸗ einzelten Fällen wirkungsvoll werden, muſste aber in ihrer Wirkung hinter einer umfaſſenden agrarpolitiſchen Maßregel zurückbleiben. Dieſe letztere wird beabſichtigt durch das Geſetz vom 7. Juni 1883, R. G. Bl. Nr. 93, betreffend die Bereinigung des Waldlandes von frem⸗ den Enclaven und die Arrondierung der Waldgrenzen. Gleichzeitig mit dieſem Geſetze wurde ein ſog. Commaſſationsgeſetz und ein ſolches betreffend die Theilung gemeinſchaftlicher Grundſtücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinſchaftlichen Benügungs- und Verwaltungsrechte erlaſſen (ſ. Zufammenlegung). Durch das für uns hier zunächſt wichtige Geſetz wurden Tauſchverträge über land- oder forſtwirt⸗ ſchaftliche Grundſtücke zum Zwecke der Beſeiti⸗ gung der Enclaven oder Arrondierung der Wald- grenzen, wenn dieſelben unabhängig von einer Zuſammenlegung abgeſchloſſen wurden, be— günſtigt. Bei getheiltem Eigenthum eines zu ver⸗ tauſchenden Grundſtückes erſetzt die Zuſtimmun der competenten Landes- oder Miniſterialeommif⸗ ſion die Einwilligung des Obereigenthümers oder der Pflegſchaftsbehörde. Bei Übertragung bücher 6 licher Rechte oder Pflichten kann die mangelnde 1 Zuſtimmung der Berechtigten oder Verpflichteten ebenfalls durch dieſe Commiſſion erſetzt werden, wenn für die Betheiligten kein oder nur ein unerheblicher Nachtheil erwächst und für dieſen Entſchädigung geboten wird. Gegen die Ent— ſcheidung der Landescommiſſion iſt binnen 14 Tagen nach geſchehener Zuſtellung Berufung an die Miniſterialcommiſſion zuläſſig. Tauſch— verträge, Eingaben, Protokolle und ſonſtige Ur— kunden ſind, ſo lange hievon kein anderer Ge— brauch gemacht wird, ſtempel- und gebüren- frei. Die nöthigen Cataſtralmappen werden zum halben Preiſe abgegeben. Übertragung des Eigenthumes der vertauſchten Grundſtücke er— folgt binnen 15 Jahren nach Wirkſamkeit des Geſetzes gebürenfrei; ebenſo die Übertragung anderer Rechte, wenn weder in der Perſönlich— keit noch im Umfange des Rechtes eine Anderung eintritt. — Nachdem die Beſtimmungen dieſes Reichsgeſetzes erſt dann in Wirkſamkeit treten, wenn das betreffende Landesgeſetz erlaſſen iſt, ſo gilt dasſelbe dermalen (September 1887) nur in Mähren, Niederöſterreich, Böh— men, Schleſien und Krain (ſ. Zuſammen— legung). Über die Aufforſtung von Waldenclaven in Dalmatien ſ. Aufforſtung. Mcht. Enclaven (Deutſchland), ſ. Jagdrecht und Waldarrondierung. At. Enerinasteriae, Unterabtheilung der See— ſterne. Kur. Endagria, ſ. Cossidae. Hſchl. Endapparate fenfibler Nerven, j. Nerven— endigung und Sinnesorgane. Kur. Endbläschen, Schwanzblaſe, heißt die poſt— anale Blaſe des Embryos der Selachier und Knochenfiſche. Kur. Enddarm, Maſtdarm, intestinum rectum, ſ. Verdauungsorgane. Knr. Enddornen, spinea (bei den Inſecten), das in eine unbewegliche Spitze ausgezogene untere Ende der Schiene. Hſchl. Ende, das. I. Allgemeine Bezeichnung für alle Sproſſen des Hirſchgeweihes, ſeltener des Rehgehörns. Die beiden unterſten Enden des Hirſchgeweihes werden auch ſpeciell Aug- und Eisſproſſen, das mittlere Mittelſproſs, die oberſten, am Gipfel liegenden Kronenenden genannt. „Iſt denn eine ſolche Fahrt vier Finger breit, ſo hat der Hirſch an feinem Gehörn zehen End...“ P. de Crescenzi, überſ. Frankfurt a. M. 1583, fol. 4883. — „Darnach bekommen ſie 6. Jahr nacheinander immer mehr vnd mehr Eſte letzt— lich bekommen die Stangen nicht mehr Eſte oder Enden ſondern werden nur alle Jahr größer ...“ J. Colerus, Oeconomia ruralis, Mainz 1645, fol. 587b. — „Ein Ende iſt eine Spitze von eines Hirſches Gehörn. Ein Ende nennt man auch die Spitze von eines Rehebocks Gehörn.“ J. Täntzer, Ed. I, 1682, fol. 11.— Fleming, Ed. I, 1724, I, fol. 106a. — „Wenn der Hirſch kleine Ende hat, die gantz klein ſo werden ſie doch vor Ende gezehlet | wenn der Jäger ſeinen Horn⸗Feſſel darauff hängen kann.“ Pär⸗ fon, Hirſchger. Jäger, 1734, fol. 79. „Ein Ende heiſſen alle Spitzen, ſo nachhero (nach dem Aug⸗- und Eisſprüſſel) am Gehörne ſtehen.“ Enclaven. — Enderlin. 303 „Am Gehörne (des Rehbocks) nennt man auch keine Aug- oder Eisſproſſen noch eine Croue, jondern nur allein Enden.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., p. 17, 28. — Chr. W. v. Heppe, Wohl⸗ red. Jäger, p. 131. — Onomat. forest. I., p. 598. — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 144. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 95 u. ſ. w. — Frz. Cors. II. Der Schwanz des Roth- und Daın- hirſches. „Ende oder Sturtz heiſſet man auch des Hirſches Schwantz.“ Fleming J. e. — Chr. W. v. Heppe J. c. — J. M. Bechſtein, Jagd— wiſſenſchaft, 1820—27, I., p. 252. — Hartig, Lexik., p. 153. — Grimm, D. Wb. III., p. 447 bis 448. — Sanders, Wb. I., p. 366 a. E. v. D. Enden, verb. intrans., ſ. v. w. verenden, ſ. d. „Man ſagt: Der Hirſch endet, hat geendet, oder verendet, nicht: er ſtirbet, iſt geſtorben.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 18. — „Enden ſagt man auch von einem wilden Thiere, wenn es durch einen Schuſs oder Fang erleget und geſtorben, nemlich es hat verendet.“ J. A. Groß⸗ kopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, p. 93. — „Enden oder verenden, ſagt man, wenn ein Stück Wildpret durch den ihm gegebenen Schuſs oder Fang ſtirbt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 106. — Onomat. forest., I., p. 398. Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 100 u. 166 (für alle Wildgattungen). — Le Verrier de la Conterie, Ed. Münſter 1780, p. 31. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, I., p. 175. — J. M. Bechſtein, Jagdwiſſenſchaft, 1820 — 27, I., p. 233. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 138. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Ender, in Zuſammenſetzungen, wie Acht⸗-, Zehn-, Zwölf-, Vierzehn, x-Ender, d. h. ſound⸗ ſovielendiger Hirſch. E. v. D. Enderlin Joſef Friedrich, geboren 25. Januar 1732 in Bötzingen (Baden), ge— ſtorben 26. Januar 1808 in Karlsruhe, wandte ſich anfangs auf der Univerſität Jena dem Studium der Rechtswiſſenſchaft zu, widmete ſich aber ſpäter den Cameral- und Naturwiſſen— ſchaften. 1756 wurde Enderlin als Forſtſecretär ohne Gehalt dem Forſtamte in der Markgraf— ſchaft Hochberg und 1766 mit dem Prädicat „Forſtrath“ der Rentkammer in Karlsruhe, je— doch ebenfalls ohne Gehalt zugetheilt. 1768 wurde er zwar zum wirklichen Rentkammer— und Forſtrath ernannt, erhielt aber erſt 1772 eine dürftige Beſoldung von jährlich 550 fl. ineluſive Naturalbezüge. 1778 wurde ihm ein Theil der Forſtadminiſtration am Kaiſerſtuhl ſowie die Inſpeetion über den Fluſsbau und mehrere Zweige der Landescultur übertragen. 1779 erhielt Enderlin den Rang als Hofrath und etwa 10 Jahre ſpäter jenen als Hofkam— merrath. Als ihm 1803 der äußere Dienſt zu beſchwerlich wurde, erfolgte ſeine Berufung als „geheimer Hofrath“ in das Hofrathscollegium. Enderlin war der erſte deutſche Forſtmann, welcher mit guter naturwiſſenſchaftlicher Vor— bildung verſehen, verſuchte, die Phyſiologie der Holzgewächſe wiſſenſchaftlich zu bearbeiten. Er ſtand allerdings weſentlich auf dem Boden der Du Hamel'ſchen Schriften, kannte aber auch die übrige botaniſche Literatur ſeiner Zeit, ſo [Hales, Malpighi, Grew, wusste von dem Streit 304 über die Capillarität der Gefäße. In ſeiner 1767 erſchienenen Schrift „Die Natur und Eigenſchaften des Holzes und ſeines Bodens nebſt ſeiner Nahrung und Urſachen ſeines Wachs⸗ thumes“ unternahm er es, den Ernährungs⸗ proceſs der Holzpflanzen phyſiologiſch darzu— ſtellen ſowie die Relation zwiſchen Zuwachs und Bodenkraft zu beleuchten, und ſtellte ſein Lehr⸗ gebäude in fünfundachtzig Sätzen auf. Leider unterließ es Enderlin, die auf ſeinem Special- gebiet unbedingt nothwendigen Experimente zu machen, und lieferte deshalb zwiſchen ſehr tref- fenden Bemerkungen und Ergebniſſen guter Beobachtungen viel Hypothetiſches und bloße Ergebniſſe ſcharfſinniger Raiſonnements. Sonſtige Schriften Enderlins ſind: Der unfehlbare Weg, Vermögen zu erwerben, 5 allgemeine Grundſätze einer vernünftigen Oko⸗ nomie, 1766; Über den Einfluss des Bauern⸗ ſtandes auf den Staat, 1773; Die natürliche Cameralwiſſenſchaft, 2 T., 177-778; Grillen über den Straßenbau, 1788: Allgemeine Grund⸗ ſätze der Okonomie, oder die Kunſt, Vermögen zu erwerben; Die natürliche Cameralwiſſenſchaft, enthaltend, die Staatswirtſchaft und Finanzen praktiſch beurtheilt, 1804. Als Verwaltungsbeamter, Land- und Forſt⸗ wirt war Enderlin bemüht, ſeine umfaſſenden Kenntniſſe zum Wohl der Landescultur anzu⸗ wenden. Seiner Wirkſamkeit ſind großartige Meliorationen zu verdanken, ſo z. B. die Fluſs⸗ regulierung der Wins bei Lörrach, die Aus⸗ trocknung der Moorgründe zwiſchen Gottsau und Rippure, die Vermeſſung und forſtliche Einrichtung von Waldungen ꝛe. Schw. Enderlinge, j. Angerling. E. v. D. Enderon, ſ. Ekderon. Kur. Endgefhwindigkeit iſt die Geſchwindigkeit des Geſchoſſes am Ende ſeiner Bahn, da wo dieſes den Boden oder das Ziel berührt; auch wohl Auftreffgeſchwindigkeit genannt. Sie iſt infolge des Luftwiderſtandes (}. d.) ſtets kleiner als die Anfangsgeſchwindigkeit (ſ. d. und Bal- liſtik II). Th. Endglied, j. Diptera. Hſchl. Endhieb, j. Abtrieb. Gt. Endig, adj., in Zuſammenſetzungen, wie acht⸗, zehn⸗, zwölf, x=endig, vom Rothhirſch— geweih. „Der alt vnnd zehen Endig Hirſch.“ J. du Fouilloux, überſ. von J. Wolff, Straß⸗ burg 1590, fol. 291. — „Ein Hirſch welcher zehen Endig iſt.“ P. de Crescenzi, überſ. Frankfurt a. M. 1383, fol. 479. — Ferner in allen ſpäteren Quellen. Grimm, D. Wb. III., p. 461. — Sanders, Wb. I., p. 367 b. — Frz. cerf de x cors. E. v. D. Endigung von Nerven. Die Endigung zum nerböjen Centralorgane hinführender, alſo ſenſibler Nerven erfolgt durch ſtäbchenförmige Sinneszellen, durch terminale Ganglienzellen und durch freie Endigungen, welche drei Haupt- typen wieder in 1. ſog. Nervenhügel und Ner- venendknoſpen, 2. in Taſtzellen und Taſtkörper⸗ chen, 3. in freie Nervenendigung und Kolben— körperchen zerfallen. Die Endigung vom nervöſen Centralorgane zur Peripherie leitender, alſo motoriſcher oder Muskelnerven geht in der Weiſe vor ſich, daſs die Scheide (Neuri- Enderlinge. — Endromis. lemm) des an die Muskelfaſern herantreten⸗ den, vorerſt marklos werdenden Nerven in die Scheide der Muskelfaſern (Sarcolemm) ſich fortſetzt und die Achſencylinder ſich im Innern des Sarcolemmſchlauches an der Oberfläche in Geſtalt von „Faſernetzen“ oder „Membranen“ fortſetzen. Kur. Endjagen, das, ſ. v. w. Abjagen, ſ. d.; ſelten. Onomat. forest. IV. (v. Stahl), p. 9. E. v. D. Endocardium heißt das an elaſtiſchen Faſern reiche, mehrſchichtige, die Innenwände der Herzräume überkleidende Häutchen. Kur. Endochorion v. Baer — Exochorion Bi- schoff, heißt der dem jog. Chorion von innen ſich anlegende, in die Chorionzotten hinein⸗ wachſende, weite, mit wäſſeriger Flüſſigkeit er⸗ füllte Sack, welcher (3. B. bei Hufthieren) derart entſteht, daſs, ſobald die Allantois, wenn ſie die innere Fläche der „ſubzonalen Mem⸗ bran“ (des ſog. Chorions) erreicht hat, nur mehr die äußere Metobaſtſchicht, in welcher allein die für die Ernährung und Athmung des Embryos wichtigen Nabelgefäße ſich entwickeln, weiterwächst, während die gefäßloſe innere Dae (die Biſchoff „Endochorion“ heißt) im Innern dieſes entſtehenden Sackes zurückbleibt. Kur. Endoderm — Entoderm, f. nr Endodermis, ſ. Haut. Hg. Endogene Zelltheilung, Zellvermehrung, nennt man die Bildung von Tochterzellen in einer Mutterzelle, indem ſich zuerſt neue Kerne bilden, um welche dann Ballen des Protamas ſich abdifferenzieren. Kur. Endolymphe heißt die überwiegend aus Waſſer (nur 15—16 % feſte Stoffe) beſtehende alkaliſche Flüſſigkeit, el, den Hohlraum des häutigen Labyrinths im Ohre ausfüllt und die Schallſchwingungen auf die Endapparate des Hörnerves überträgt. Kur. Endoparafiten, ſ. Entoparaſiten. Kur. Endophyte Paraſiten ſind ſolche para⸗ ſitiſche Pilze, deren Mycelium im Innern der Wirtspflanze vegetiert und entweder zwiſchen den Zellen, intercellular, oder im Innern derſel⸗ ben, intracellular, wächst. Die Fruchtträger ent⸗ wickeln ſich bei den endophyten Pilzen ebenfalls außerhalb der Pflanzen oder doch ſo, daſs die reifen Früchte ihre Sporen nach außen 59 ver⸗ breiten imſtande ſind. Endoprocta, Unterclaſſe der Moosen nr Endofark, Endoplasma, die dünnere Lei⸗ besſubſtanz der Foraminifera lobosa. Kur u.) Endosmoſe, ſ. Osmoje. Kur. Endoſperm, ſ. Fortpflanzung. Hg. Endoſtoſe, ſ. Primordialſchädel. Kur. Endozoa = Entozoa. Kur. Endrippe, costa apicalis, ſ. Rhynchota (hemiptera). Hſchl. Endromis, Spinnergattung der Familie Saturnina. Palpen in der Behaarung des Kopfes verſteckt; Rippe 5 aller Flügel aus der hinteren Ecke der Mittelzelle au Nur eine Art, Endromis versicolora L., deren Raupe auf Erlen und Birken friſst. Der ſphi * ähnliche Schmetterling fliegt bei Tage; in de ee Ruhe trägt er die Flügel halb erhoben; Flügel— ſpannung 50—60 mm, zimmtfarben, weiß ge— ſcheckt, mit drei ſchneeweißen Flecken an der Spitze der Vorderflügel; Rippen im Saum⸗ felde weiß. Die grüne Raupe mit einem Höcker auf dem vorletzten Ring und hellen ſchrägen Streifen in den Seiten. Hſchl. Endrosis lactella W. V., weißichulte- rige Schabe (Tineina), entwickelt ſich in Ge- treide- und Mehlvorräthen, Kleie, getrockneten Früchten ꝛc., aber auch in Haaren (Pferde- und Kuhhaare), in Einrichtungsſtücken, zoologiſchen Sammlungen u. dgl. Flügelſpannung 19 mm, Vorderflügel ſtaubgrau, dunkler gewölkt, die Ränder und Wurzel ſowie Kopf und Thorax glänzend weiß. Mittelfeld mit drei ſchwärz— lichen Punkten und langgezogenem Flecke dicht hinter dem erſten. Sehr ſchädlich. Andere, in geſchloſſenen Räumen lebende Motten ſind: die Getreidemotte, Tinea granella L., Pelz⸗ motte, Tinea pellionella L., Kleidermotte, Tinea fuscipunctella Hw., Tapetenmotte, Tinea tapetzella, und die Federſchabe, Ti- neola baselliella Hum. Hſchl. Endſpornen, Endſtachel an der Tibie des Inſectenbeines, ſ. Bein (der Inſecten) und Sporn. Hſchl. Endwert, Endwertsfactor. Den Endwert der Renten bekommt man durch Summierung der Nachwerte der Renten. Der Endwertsfactor iſt die — in Tafeln niedergelegte — Zahl, welche man mit der Rente zu multiplicieren hat, um den Rentenendwert zu erhalten. Eine jährlich am Jahresſchluſſe und im ganzen n-mal ver- zinslich angelegte Rente r erlangt nach n Jahren den Endwert 1 (40 pn — 1) E = . 0'0p e | Dabei iſt TEE der Endwertsfactor, wel— cher z. B. bei 3% Verzinſung und 80 Jahren ſich auf 321363 ſtellt. Da aber 1˙0 pu — 1 gleich iſt dem n>jährigen Zinsfactor 12, unter welchem man den um 1 verminderten Nach- wertsfactor verſteht, ſo kann man auch ſetzen 122 HE P iſt bei p = 3 und n= 80 zu finden als 96409. Handelt es ſich aber um eine ausſetzende Rente, alſo eine Rente r, die zum erſtenmale nach m Jahren, im ganzen n-mal in Zwiſchen— räumen von m Jahren verzinslich angelegt iſt, jo erlangt dieſe den Summenwert „ E 10 p —1 Nr. Endwulſt, Achſenwulſt, heißt das vorderſte, von den Rückenwulſten umfaſste Ende des Pri— mitivſtreifens am Hinterende des Vogel- und Säugethierembryos (zu der Zeit beiläufig, da ſich die Rückenfurche auch nach hinten ſchließt). Von Kölliker irrthümlich als Verdickung, innerhalb deren Epiblaſt, Meſoblaſt und Chorda mit einander zuſammenfließen, und als Be— weis der Abſtammung der Chorda vom Meſo— blaſt angeſehen. Kur. Endrosis lactella. — Entblößte Wurzel. 305 Endzelle. Saumzelle (als 1., 2. und 3.), werden im Hymenopterenflügel die drei am Saume des Vorderflügels anliegenden: die Cu⸗ bitalzelle (J.), Discoidalzelle (2.) und Apical⸗ zelle als 3. End» oder Saumzelle bezeichnet (j. Hymenoptera). Hſchl Energie, ſ. Sinneslehre. Kur. Enge, das. „Das Jagen ſteht im Engen — das im eingeſtellten Jagen befindliche Wild iſt ſchon auf einen kleinen Raum concentriert.“ Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 147, und Ed. II, 1861, p. 153. E. v. D. Engelſüß, ſ. Polypodium. Wm. Engelwurz, j. Angelica. Wm Engerlinge, ſ. Angerling. E. v. D. Engmäuler, ſ. Stenostomata. 5 Engmaulfröſche = Engystomidae. Kur. Engringigkeit des Holzes, ſ. Jahrring. Hg. Engystomidae, Engmaulfröſche, Familie der Oxydactyla (Spitzfingerfroſchlurche). Ohne Oberkieferzähne und Parotiden, mit vollſtändig entwickeltem Gehörapparat (ſ. Syſt. der a e). nr. Enhydra F. Cuv., Seeottern. An den Meeresküſten lebende Gattung der marder— artigen Raubthiere. Liefert das theuerſte Pelz— werk. Kur. Enhydrina Gray (Hydrophis schistosa Schlegel), Giftſchlange. Knr. Enneoctonus Boie — Lanius Linné. — Enneoctonus auriculatus Gurney, j. rothföpfiger Würger; — E. collurio Boie, ſ. rothrückiger Würger; — E. frenatus Lichtenstein, j. roth- köpfiger Würger; — E. italicus Bonaparte, ſ. kleiner Grauwürger; — E. minor Cabanis, w. v.; — E. niloticus Bonaparte, ſ. rothköpfiger Würger; — E. pectoralis Müller, w. v.; — E. pomeranus Cabanis, w. v.; — E. rufus Gray, w. v. E. v. D. Enneotornis Layard = Lanius Linné. — Enneoctornus collurio Layard, ſ. rothrückiger Würger; — E. rufus id., ſ. rothköpfiger Würger. E. v. D. Ennomos, j. Macaria. Hſchl. Enopla Oerst., Unterordnung der Schnur- würmer, nicht zu verwechſeln mit der gleich— namigen Nematodenfamilie. Kur. Enoplidae, Familie der Nematoden. Frei- lebende Fadenwürmer des Meeres und Süß— waſſers, in vielen Arten vertreten. Kur. Entäſtung, j. Ausäſten. Gt. Entbäſten, verb. trans., nur mhd. en- besten — abdecken, aus der Haut ſchlagen; vgl. Baſt, Baſtliſt, Baſtſitte. „Man enbestet dä den hirz.“ „Ga her! enbeste disen hirz.“ „Entriuwen friunt, dun’ zeigest mirz: sone weiz ich waz enbesten.“ „Trüt kint, waz ist enbesten?* „Ze sinen büegen kérte er wider, von der Brust enbaste er die.“ „Vil kündecliche enbaste er beidiu siniu huf- bein.“ „Sus wart der hirz enbestet.“ Gott⸗ fried v. Straßburg, Triſtan und Iſolde, v. 2811, 2820, 2813, 2818, 2884—85, 2896—97, 2913. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 92 b. — Lexer, Mhd. Hwb. I., 344. E. v. D. Entblößte Wurzel, ſ. Holzpflanzung. Gt Dombrowski. Eneyklopädie d. Fort u. Jagd wiſſenſch. III. Bd. 20 306 Entbrechen, verb. intrans., mhd. u. änhd. — ausbrechen, entkommen, das Wild dem Jä⸗ ger, die Beute dem Raubvogel; auch reflex. „Enbrichet jm (dem Habicht) der vogel jo ſol mann jnn doch äſſen.“ Ein ſchons buchlin von dem beyſſen, Straßburg 1510, e. 21. — „Dieſes Reh entbricht ſich aus des Jägerns Garn.“ C. v. Lohenſtein, Ibrahim Sultan, Frankfurt u. Leipzig 1679, fol. 16. — Grimm D. Wb., p. 302, 503. E. v. D. Ente, die, in älterer Zeit allgemeine Be⸗ zeichnung für alle zu der Familie der Ent- vögel, Anatidae, gehörigen Arten, mit Aus⸗ nahme der Gattungen Bernicla, Anser, Cygnus und Mergus. Schon im Ahd. findet ſich auch die Bezeichnung Entvogel, bezw. anutvogel, welche damals ſynonym mit Ente, bezw. anut war, ſpäter jedoch in der Weidmannsſprache lediglich auf den männlichen Vogel bezogen wurde, ſ. u. Die correcten ahd. Formen ſind anut, anit, enit; mhd. der und die ant; agſ. ened; anrd. önd. — „Anas. ant.“ Frankf. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Anas aent.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 896. — „Aneta. ant.“ Wallerſt. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., — „Aneta. anit.“ Engelb., Gloſſ. a. d. XII. Jahrh. — „Anas end.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh. Cod. ms. Vindob. no. 901. — „Anas uel aneta ante.“ Id. no. 2400. — „Aneta. anis. anith.“ Id. no. 160. — „die ante.“ Schwabenſpiegel, no. 344. — „Anas. wassir hvn adir ente.“ Gloſſ. a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 4535. — „Ain ant, die antten.“ „die änt. die änten.“ C. v. Megenberg, Cod. ms. no. 2797 u. 2812 a. d. XV. Jahrh. — „Der wilden Enten findet man bei vns vaſt man- cherlei Art.“ W. Ryff, Thierbuch, Frankf. a. M. 1544 u. ſ. w. — Vgl. Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 47 b. — Lexer, Mhd. Hwdb. I., p. 719. — Grimm, D. Wb. III., p. 509. — Sanders, Wb. I., p. 369. Zuſammenſetzungen. Entenadler, prov. Bezeichnung für den See⸗, Schell⸗, Schrei- oder Fiſchadler. Entenbeize, die, Beize wilder Enten. „So iſt z. B. Reiher-Beize, wenn man Reiher mit Falken jägt; Hühner⸗Beize, Enten-Beize, Haſen⸗Beize u. ſ. w.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 197. — Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 190. — J. A. Großkopff, Weide- wercks⸗Lexicon, 1759, p. 99. — Onomat. forest. I., p. 602. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 48. — Grimm J. c., p. 3510. — Frz. le vol au canard. Entendunſt, der, ſchwacher Entenſchrot. Grimm J. c., p. 511. Entenfall, der, das Einfallen der Enten an beſtimmten Plätzen; auch local für den Platz des Einfallens ſowie übertragen für den Anſitz an einem ſolchen. Kehrein, Wmſpr., p. 97. Entenfang, der, allgemein für den Fang wilder Enten oder als Bezeichnung einer ſpe— ciellen Fangvorrichtung, des großen Enten- ahmung des Lockrufes fanges. „Enten-Fang iſt eine gewiſſe Stel- „. . dieſe Inſtrumentgen werden alle Ruf g lage an einem beſonderen Fluſs, Strohm oder auch auf einem großen Teiche, wo die wilden Enten durch einen darzu abgerichteten Hund -hineingetrieben werden, hernach aus demſelben Entbrechen. — Ente. | I 1 in die vorgehaugene Garnſäcke hineingejaget werden.“ J. A. Großkopff I. e. „Entenfang be- deutet überhaupt die Art und Weiſe, die Enten zu fangen, insbeſondere aber einen gewiſſen zugerichteten Platz, auf welchem dieſer Fang veranſtaltet wird.“ Onomat. I. c. — Döbel 1. c., fol. 242. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 107. — Jeſter, Die kleine Jagd, Ed. I, 1799, III., p. 41. — Behlen J. c. — Grimm 1. c., p. 511. — Frz. la canardiere. Vgl. Entenfang. 4 Entenfänger, der. Sanders J. c., I., p. 410. Entenflinte, die, ein meiſt einläufiges, großcaliberiges Schrotgewehr zum Schießen am Entenfall. Sanders I. c., p. 466 a. — Frz. la canardiere. 3 Entengehäge, das, allgemein für ein gehegtes Entenrevier oder ſpeciell für den zahmen Aufzug wilder Enten. „Entengehäg, will jagen, wo die Enten geſchonet, in der Brutzeit nicht geſtöhret, auch wenige nur ge⸗ ſchoſſen werden.“ Chr. W. v. Heppe J. e. — Döbel J. c. I., fol. 127. — J. A. Großkopff I. e. — Onomat. forest. I. c., p. 614. — „Enten- gehäge, jener Ort, wo die aufgeſuchten wilden Enteneier durch zahme Enten ausgebrütet wer⸗ den, um die wilde Nachzucht zu begünſtigen.“ 5 Behlen J. e. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 783. 4 Entengrund, der. „Die Entengründe (am Rhein) ſind Anſchwemmungen von Kies, Sand, und einigen Schlamm (wie man ſie unter der Benennung Kiesgründe oder Sandheger oder Kieswörthe, auch an andern teutſchen Strö⸗ men und Flüſſen findet), welche der Rhein von da an, wo er im Oberrhein in die Ebene tritt, bei hohem Waſſerſtande und dadurch bedingter ſtarker Strömung, auf der einen Uferſeite ab⸗ reißt und auf der entgegengeſetzten, weiter Strom unterwärts, wieder anlegt. Sie nehmen dort oft eine Fläche von mehrern hunder Morgen ein. Die Wandelbarkeit an denſelben iſt, wie allerwärts, ſo groß, daſs oft in einem Jahre, oder doch in wenigen Jahren, der Sand- heger, wegen der Lockerheit des Zuſammen⸗ hanges zwiſchen den Bodengemengtheilen, ganz verſchwindet, oder doch zu hochufrig und hier⸗ durch zum Entenſtellen (ſ. d.) unbrauchbar wird.“ Winkell, Ed. II, 1821, II., p. 783. . Entenhagel, der — Entenſchrot, v. Hagel (ſ. d.). Stieler, Schweiz. Idiot., p. 729. — Grimm J. c., p. 511. Entenherd, der Herd zum Entenfang Hohberg, Georgica curiosa, 1687, II., fol. 617. — Döbel 1. c. IL, fol. 243. — J. A. Groß, kopff I. c. — Behlen J. c. — Winkell, Ed. II, 1821, II., p. 783. a Entenkoje, die, ma. in Süddeutſchland für den großen Entenfang. Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. I, 1811, II., p. 257 und 524. — Winkell, Ad, H, 1827, Nenn N Entenruf, der, ein Inſtrument zur Nach⸗ a einiger Entenarten. nannt, z. E. Endenruf, Taubenruf, Wachtel⸗ ruf u. dgl.“ — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 264. — Grimm J. c., p. 511. — Frz. l’appeau ä canards. EM Entenſchrot, der; die zum Schuſſe auf Wildenten geeignetſte Schrotnummer, alſo nach öſterreichiſcher Scala im Sommer Nr. 8, im Winter Nr. 6. Hohberg J. c., fol. 745. — San⸗ ders I. c. II., p. 1046 a. Entenſtellen, das, eine ſpecielle Art des Entenfanges. „Ein anderer Entenfang mit Schlagnetzen oder auf dem Entenherde — das Entenſtellen — wird am Rhein in den ſog. Entengründen (ſ. d.) .. . betrieben.“ Winkell 1. c., p. 783 Entenſtößer, der, allgemein jeder Raub— vogel, welcher Wildenten ſchlägt, vorzugsweiſe aber der Rohrweih. Onomat. forest. I., p. 624. — Behlen 1. c., p. 49. — Grimm J. c., p. 511. Entenſtrich, der, ähnlich wie Schnepfen— ſtrich, ſ. d., das regelmäßige abendliche Streichen der Wildenten. Hohberg J. c., fol. 630. Entrich, der, mhd. der antreche, auch antrech, antreich, antrach, entrech, entreich; wm. ſind die Ausdrücke Erpel und Entvogel beſſer. „Anetus. antreich.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 896. — „Anetus. antreche.“ Id. a. d. XII. Jahrh., no. 2400. — „Anetarius. antroch.“ Id. v. J. 1425, no. 2996. — „Der antreich.“ C. v. Megenberg 1. c. — Onomat. forest. I. c., p. 624. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, III., p. 14. — „Die provin⸗ ciellen Benennungen Erpel, Entrich und Rutſch werden beiläufig erwähnt, keinesweges empfoh— len.“ Winkell J. c., p. 726. — Benecke u. Müller I. c., p. 47 b. — Lexer J. c., p. 81. — Grimm I. e., p. 502, 324. — Sanders 1. c., p. 369 c. Entvogel, der, im Mhd. oft allgemein ſtatt Ente, jetzt wm. für die männliche Ente; dgl. Entrich und Erpel. „Antvogel.“ Der Stricker, Cod. ms. Vindob. no. 2901 a. d. XIII. Jahrh., no. 245, v. 35. — „Antvogel.“ P. de Cres⸗ centiis, Deutſche Ausgabe s. J. e. a. (1492), J. X, 6.7. — „Anttvogell, anttfogll, pl. ant- fegell.“ Kaiſer Maximilian I., Geh. Jagdbuch, Cod. ms. Vindob. no. 2834, c. 32, 44, 54, 55, 60, 62. — „Antuogl.“ Ein ſchons buchlin von dem beyſſen, Straßburg 1510, c. 21. — Waidwergk, Augsburg 1526, c. 7. — „Andtfogel.“ Eberh. Tapp, Weidwerck vnd Federſpil, 1542, I., c. 21. — Ryff, Thierbuch, 1544. — „Das Weibchen wird in der Jägerſprache ſchlechthin Ente, das Männchen Entvogel genannt.“ Winkell, Ed.], 1805, II., p. 684. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 100. — Behlen 1. c., p. 49. — Benecke u. Müller 1. c. III., p. 358 a. — Lexer I. c., Pp. 82. — Grimm J. c. I., p. 507, u. III., p. 642. — Frz. le malart. E. v. D. Ente, rothe, ſ. Roſtente. E. v. D. Ente, weißäugige, ſ. Moorente. E. v. D. Ente, weißköpfige, |. Ruderente. E. v. D. Entedon, j. Coleophora laricella. Hſchl. Enteignung oder Expropriation (Deutſchland) iſt die zwangsweiſe Entziehung oder dauernde Beſchränkung des Grundeigen— thumes im öffentlichen Intereſſe gegen volle Ent— ſchädigung des Eigenthümers. Dieſelbe unter— ſcheidet ſich von der Enteignung beweglicher Sachen in Anwendung des Staatsnothrechtes (ſ. d.) dadurch, daſs fie nur in den durch das Geſetz vorgeſchriebenen Fällen und nach dem durch das— ſelbe beſtimmten Verfahren ſtattfindet. Die Ent— Ente. — Enteignung. 07 eignung des Grundeigenthumes iſt, wie über- haupt jede zwangsweiſe Aufhebung von Privat- rechten (ſ. Autonomie des Waldeigenthümers), dann gerechtfertigt, wenn der Erwerb oder die Beſchränkung desſelben zur Erhaltung und Ent- wicklung des Staates unumgänglich nöthig iſt. Dieſes an und für ſich unzweifelhafte Recht des Staates wird hier noch dadurch unterſtützt, dafs das Grundeigenthum urſprünglich überall ein gemeinſchaftliches war. Dajs der Staat ſein Enteignungsrecht öfter, wie z. B. bei dem Baue von Privateiſenbahnen, an Dritte überläſst, ändert an der Sache nichts. Das Recht des Staates, Grundeigenthum im öffentlichen Jutereſſe zu enteignen, iſt ſchon im römiſchen und germaniſchen Recht begründet; die Entwicklung desſelben zu einem förmlichen Rechtsinſtitute blieb jedoch unſerem Jahrhun— dert mit ſeinem großen wirtſchaftlichen Auf— ſchwunge, insbeſondere des Verkehrsweſens, vor— behalten. Wir finden deshalb auch geſetzliche Beſtimmungen über die Expropriation in allen deutſchen Bundesſtaaten, entweder ſchon in der Verfaſſung, wie z B. in Preußen (1850), Bayern (1818) und Sachſen (1831), oder in dem Privat- rechte, z. B. dem preußiſchen allgemeinen und dem ſächſiſchen Landrechte, oder in den beſtehenden Weg⸗, Waſſer-, Eiſenbahn- und Bergrechtsge— ſetzen, oder endlich in einem vollſtändigen Ent— eignungsgeſetze, wie z. B. in Preußen (vom 11. Juni 1874), Bayern (vom 17. November 1837), Sachſen (vom 3. Juli 1835) und Baden (15. Juni 1835). Auch einen Gegenſtand der deutſchen Reichsverfaſſung vom 1. Januar 1874 bildet die Enteignung, indem Art. 41 derſelben beſtimmt, daſs Eiſenbahnen, welche im Intereſſe der Vertheidigung des Bundesgebietes oder im Intereſſe des gemeinſamen Verkehrs für noth— wendig erachtet werden, kraft eines Bundesge— ſetzes auch gegen den Widerſpruch der Bundes— glieder, deren Gebiet die Eiſenbahnen durch— ſchneiden, unbeſchadet der Landeshoheitsrechte, für Rechnung des Bundes angelegt oder an Privatunternehmer zur Ausführung concejjio- niert und mit dem Expropriationsrechte aus— geſtattet werden können. Die Zuläſſigkeit der Enteignung wird nun entweder in jedem einzelnen Falle durch ein beſonderes Geſetz ausgeſprochen, wie z. B. in England, Nordamerika, Schweiz (Bundesgeſetz vom 1. Mai 1850), Hamburg und nach dem vorerwähnten Artikel 41 der deutſchen Reichs verfaſſung, oder es werden durch das Geſetz die Fälle der Enteignung (Erbauung von Feſtungen, Kirchen, Schulen und anderen öffent lichen Gebäuden, Herſtellung von Kirchhöfen, öffentlichen Straßen, Eiſenbahnen, Canälen, Dämmen, Fluſscorrectionen, Häfen u. ſ. w.) ſpeciell bezeichnet, wie z. B. in Bayern, Sachſen Coburg-Gotha, Sachſen-Meiningen u. ſe w., oder es iſt die Feſtſtellung des öffentlichen Intereſſes dem Ermeſſen der Verwaltung in jedem ein— zelnen Falle überlaſſen, wie z. B. in Frankreich (Geſetz vom 8. März 1810, aufgehoben durch Geſetz vom 7. Juli 1833, Geſetz vom 3. Mai 1841) und Preußen, wo nach Artikel 2 des Ge ſetzes vom 11. Juni 1874 die Entziehung und dauernde Beſchränkung des Grundeigenthumes 20 * % ͥ̃ » ˙—Ä⁵ܹ³SQ ;; ̃ ͤ . ¾˙—.' . —˙ ! V w;!Nö — A 308 durch königliche Verordnung erfolgt, welche das Unternehmen und den Unternehmer feeſtſtellt. Die beiden erſten Verfahren ſchützen die Grund— eigenthümer mehr gegen Willkür, während das dritte durch ſeine Einfachheit dem Staate ſeine Aufgabe weſentlich erleichtert. Die Beſchwerung mit einer Dienſtbarkeit findet in Bayern nur inſoferne ſtatt, als der Eigenthümer nicht vorzieht, auf Abtretung des zum Zwecke der Dienſtbarkeit in Anſpruch ge— nommenen Theiles ſeines Grundeigenthumes zu beſtehen. Während in Frankreich für jede Enteignung ein richterliches Verfahren einzutreten hat, über— weist man in Deutſchland die Entſcheidung der über die Anwendung des Geſetzes auf den ein— zelnen Fall entſtehenden Differenzen den Ver— waltungsbehörden, was um ſo unbedenklicher geſchehen kann, wenn ein unabhängiger Ver— waltungsgerichtshof die oberſte Inſtanz bildet. Streitigkeiten über die Größe der Entſchädigung gehören auch in Deutſchland vor die Civil— gerichte. Die Übergabe des enteigneten Objectes er— folgt nur nach Zahlung, bezw. Sicherſtellung der Entſchädigungsſumme. Die Rechte Dritter, 3. B. der Hypothekgläubiger, der Agnaten bei Fideicommiſſen u. ſ. w., werden durch Hinter— legung des Entſchädigungsbetrages bei Gericht gewahrt. Die Entſchädigung hat ſich, mit Ausſchluſs eines jeden Affectionswertes, auf den dermaligen vollen Geldwert des Grundſtückes nebſt Zubehör und Früchten zu erſtrecken. Sit der dem Eigen- thümer verbleibende Reſt des Grundſtückes keiner regelmäßigen Bewirtſchaftung mehr fähig, ſo iſt derſelbe entweder vom Staate zu übernehmen, oder für deſſen Minderwert Entſchädigung zu leiſten, in beiden Fällen jedoch, um exorbitanten Anſprüchen zu begegnen, mit geſetzlichen Be— ſchränkungen, z. B. der Entſchädigung auf den vierten Theil des früheren Wertes des ganzen Grundſtückes. Auch für den Wert, den ein Grundſtück durch ſeinen Zuſammenhang mit anderen Grundſtücken hat (3. B. eines haubaren Holzbeſtandes für den Nachhaltbetrieb), iſt Er- ſatz zu leiſten. Die Schätzung der Grundſtücke erfolgt durch Sachverſtändige, jene der Waldungen durch Forſtwirte (ſ. gerichtliche Forſtwiſſenſchaft). At. Enteignung. (Oſterreich.) $365 a. b. G. B. lautet: „Wenn es das allgemeine Beſte erheiſcht, mujs ein Mitglied des Staates gegen eine an— gemeſſene Schadloshaltung ſelbſt das vollſtän— dige Eigenthum einer Sache abtreten.“ Der Umſtand, dajs öffentliches und privates Recht erſt in neuerer Zeit ſcharf von einander ge— ſchieden werden, ſowie daſs die Enteignung (Expropriation) beiden Gruppen angehört, ver— urſachte die Einreihung der Lehre von der Ent— eignung ausſchließlich in das Privatrecht. Das römiſche Recht kannte die Enteignung ſo gut wie nicht, hatte auch keine Bezeichnung für die Sache; das deutſche Recht weist ebenfalls nur Spuren davon auf. Man erſetzte dieſen Mangel hier wie dort durch das Eingreifen der Behör- den und Fürſten, wodurch natürlich Willkür— Enteignung. lichkeiten und Regelloſigkeit unvermeidlich wur— den. Die franzöſiſche Revolution hat den großen Satz aufgeſtellt, dafs Enteignung nur in den vom „Geſetze“ beſtimmten Fällen geſtattet iſt, und hat damit die Enteignung der wechſelnden Auffaſſung des einzelnen entrückt. In dem Maße, als die Aufgaben der Allgemeinheit wuchſen, der Verkehr verwickelter wurde, mehrten ſich die Fälle, in welchen der einzelne durch Beharren auf ſeinem Privatrechte, insbeſondere durch eine die Allgemeinheit nicht berückſich— tigende Ausnützung ſeines Eigenthumsrechtes (ſ. d.) die Entwicklung der Geſammtheit auf— halten oder ſogar unterbrechen konnte. Erkennt nun die Geſellſchaft (Allgemeinheit), daſs ein beſtimmtes Privatrecht in einem conereten Falle die allgemeine Entwicklung hemme, ſo kann ſie, ja mußs ſie dasſelbe beſeitigen oder beſchränken, ſoweit dies für die Entwicklung des ganzen nothwendig iſt. Damit iſt der Begriff der Ent- eignung gegeben, ferner conſtatiert, daſs das— ſelbe in ſeiner Begründung und erſten Ein⸗ leitung dem öffentlichen, in ſeiner Wirkung (Auf— hebung oder Beſchränkung des Eigenthumsrechtes) dem privaten Rechte angehört, und auch zugleich die Begrenzung für die Enteignung gegeben. Inſoweit die Aufhebung des Eigenthumsrechtes nothwendig iſt, mußs ſie vollzogen werden; wenn für eine gemeinnützige Unternehmung das Aufheben des Eigenthumsrechtes nur nützlich oder angenehm wäre, iſt dasſelbe keinesfalls gerechtfertigt. Außerdem darf die Enteignung erſt dann ſtattfinden, wenn die normalen Mittel, jemanden zum Aufgeben ſeines Rechtes zu be— ſtimmen, erfolglos erſchöpft find, wenn alſo z. B. alle Aubote als zu gering abgewieſen worden wären. Weiters ergibt ſich, daſs für das enteignete Recht immer Entſchädigung ge- leiſtet werden muſs, weil nur die individuelle Ausübung des Rechtes, nicht aber deſſen Wert in der Hand des Berechtigten ein Hindernis für die ſociale Entwicklung bildet. — Der Ausdruck „allgemeines Beſte“ iſt allerdings ein vager, doch darf man keineswegs nur dann eine Enteignung zugeben, wenn die Aufhebung des Privatrechtes allen Staatsbürgern zugute käme, ſondern immer dann, wie dies auch prakticiert wird, wenn die Enteignung die Er⸗ reichung privater Zwecke ermöglicht, vorausge- ſetzt dafs dieſe durch ihren Zuſammenhang mit dem geſammten ſtaatlichen, ſocialen und wirt- ſchaftlichen Leben eine Bedingung der gedeih- lichen Entwicklung des ſtaatlichen Gemeinweſens bildet. Darüber zu entſcheiden haben die poli⸗ tiſchen Behörden, u. zw. nach ihrem freien Ermeſſen (ſ. Erk. des V. G. H. vom 20. März 1884, Z. 622, Budwinski, Bd. VIII, Nr. 2063) [in der Literatur allerdings nicht unbeſtritten!], ſo daſs jede Enteignung durch die politiſche Behörde mit der Entſcheidung über die Frage, ob eine Enteignung berechtigt ſei und wie weit ſie ſich zu erſtrecken habe, einzuleiten iſt und demnach dagegen eine Berufung an den V. G. H. (j. d.) nicht zuläſſig erſcheint; die Durchführung der als berechtigt anerkannten Enteignung, d. h. das Aufheben des Eigene thumsrechtes, hat die Gerichtsbehörde zu 2 9 Be 7 . Mr Enteignung. 309 vollziehen, u. zw. dann, wenn es ſich, wie dies regelmäßig der Fall iſt, um Grundſtücke handelt, die Realinſtanz (ſ. Behörden). Durch Entſch. des Miniſteriums des Innern vom 7. November 1870, 3. 13.890, wurde erkannt, daſs die zu - enteignende Grundfläche genau durch die poli— tiſche Behörde feſtgeſetzt werden müſſe, und dass die nur beiläufig normierte Grundfläche als das abzutretende Maximalmaß zu gelten habe, „weil die bloß beiläufige Feſtſetzung des abzu— tretenden Grundausmaßes mit dem Begriffe eines Expropriationserkenntniſſes nicht verein— bar iſt“; außerdem muſßs nach Entſch. des Mi- niſteriums des Innern vom 3. April 1884, 3. 18.980, das Unternehmen, zu deſſen gunſten die Enteignung in Anſpruch genommen wird, geſetzlich genau beſtimmt und ſichergeſtellt ſein. — Durch den Erlafs des Miniſteriums des Innern vom 6. December 1880, 8. 14.001, wurde erklärt, daſs eine Eigenthumsbeſchränkung nur zur beſſeren und leichteren Bewirtſchaftung von Grundſtücken. . weder nach § 363 a. b. G. B. noch nach einer anderen geſetzlichen Beſtimmung“ berechtigt iſt les war Enteignung zum Zwecke der Erlangung einer beſſeren Zufahrt zu Grund— ſtücken angeſucht worden), was im Buchſtaben und Geiſte des Geſetzes vollkommen begründet iſt und ſpeciell auch durch die Verfaſſung ge— währleiſtet iſt; Art. V des Staatsgrundgeſetzes vom 21. December 1867, R. G. Bl. Nr. 142, lautet nämlich: „Das Eigenthum iſt unverletz— lich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigenthümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Geſetz beſtimmt.“ Die Enteignung kann die Entziehung oder nur die Beſchränkung des Eigenthums— rechtes bezwecken, z. B. durch Beſtellung von Dienſtbarkeiten. Die Pflicht der Grundeigen— thümer, im Falle des Bedarfes Waldproducte über ihre Grundſtücke ausbringen zu laſſen (vgl. Bringung), bezw. die Trift auf Privatgewäſſern (J. Trift) und in dieſen Fällen die Begehung ihrer Grundſtücke zu geſtatten, iſt nicht als in Fall der Enteignung aufzufaſſen, ſondern als eine jog. geſetzliche Dienſtbarkeit (ſ. d.), weil der Eigenthümer hiezu durch allgemeine Rechts— vorſchriften verpflichtet iſt und ihm hiebei weder das Eigenthumsrecht noch der gleichzeitige Ge— brauch des Grundſtückes, Baches u. |. w. entzo— gen wird, ſondern nur ſein Eigenthumsrecht zu all Dritter beſchränkt wird (j. Eigenthums— recht). Die Euteignung kann ferner dauernd oder vorübergehend ſein; dauert letztere länger als 6 Monate (für eine Eiſenbahn länger als 2 Jahre), ſo kann die Einlöſung begehrt wer— den. Die vorübergehende Benützung erſtreckt ſich nicht auf Gebäude und Wohnräume und nicht auf ſolche Grundſtücke, deren Subſtanz durch die beabſichtigte Benützung vorausſichtlich weſent— lich oder dauernd verändert würde, was ins— beſondere bei noch nicht ſchlagbaren Waldungen zutreffen wird. Das Subject der Enteignung iſt immer der Unternehmer, deſſen Unternehmung vom Staate als gemeinnützig erklärt wurde; er iſt auch der einzige zur Schadloshaltung Ver— pflichtete. Wenn man behauptet, der Enteigner | jei immer der Staat, jo meint man damit, daſs ohne ſtaatliche (behördliche) Anerkennung eine Enteignung nicht platzgreifen kann. Nach⸗ dem aber der Unternehmer und nicht der Staat die Entſchädigung zu leiſten hat und ſelbſt der Staat (fiscus), wenn er eine Enteignung im eigenen Intereſſe durchführen will, der behörd— lichen Genehmigung bedarf, ſo erſcheint es als eine in Irrthum führende Bezeichnung, den Staat das Subject der Enteignung zu nennen. Enteigneter (Expropriat) iſt der Eigenthümer der Sache und derjenige, dem ein Realrecht daran zuſteht, z. B. eine Dienſtbarkeit, Jagd- recht u. ſ. w. — Die Enteignung iſt perfeet, ſobald das Expropriationserkenntnis der Ad— miniſtrativbehörde in Rechtskraft erwachſen iſt (ſ. u.). Alles übrige, insbeſondere die Ermittlung und Berichtigung der Entſchädigung ſowie die Beſitzeinweiſung gehört zur Durchführung der Enteignung. — Der Enteignende kann dann die Beſitzeinweiſung verlangen, doch kann er (laut Erlaſſes des Miniſteriums des Innern vom 20. November 1876, 3. 15.828) im politiſchen Wege nicht zur Beſitzergreifung der enteigneten Realität verhalten werden; der Expropriat kann auf Feſtſtellung und Zahlung der Entſchädigung dringen. Nach der Entſch. des O. G. H. vom 15. März 1871, Nr. 2837 (G. U. W., Bd. IX, Nr. 4094), kann der Expropriierende nicht zur Übernahme des enteigneten Grundes verhalten werden, ſondern einſeitig zurücktreten, was übrigens in der Literatur (3. B. Randa, Eigen- thumsrecht, p. 174, Anm. 103) beſtritten iſt, „denn der ſtaatliche Machtſpruch hat neues Recht unter den Parteien endgiltig geſchaffen .. dadurch (durch den einſeitigen Rücktritt) wird der Expropriat der Willkür des Enteigners bloßgeſtellt“. Speciell bei Enteignung anläſslich eines Eiſenbahnbaues kann die Bahnunterneh— mung binnen Jahresfriſt, der Enteignete nach Ablauf dieſer Friſt nach der Rechtskraft des Enteignungserkenntniſſes die Aufhebung des— ſelben verlangen. Der Enteigner erwirbt das Eigenthums recht an der expropriierten Sache erſt mit der Bezahlung oder gerichtlichen Deponierung des Entſchädigungsbetrages und nicht ſchon mit dem Eintritte der Rechtskraft des Enteignungs— erkenntniſſes. Durch Entſch. des O. G. H. vom 7. Juli 1874, Nr. 7106 und 7107 (G. U. W., Bd. XII, Nr. 5411), wurde ausdrücklich erklärt, dass eine Bahngeſellſchaft „ſchon durch den Erlag des Schätzungswertes des abzutretenden Grund ſtückes das Benützungsrecht erworben habe“, was auch auf andere Enteignungen anzuwenden iſt Die Entſch. des O. G. H. vom 14. October 1874, Nr. 10.817 (G. U. W., Bd. XII, Nr. 3303), ſprach einer Bahugeſellſchaft das Recht, den Bau zu beginnen, zu, nachdem der Entſchädigungsbetrag ſelbſt unter Verwahrung gegen deſſen Erfolg laſſung deponiert war. Laut Entſch. des O. G. H. vom 28. December 1871, Nr. 15.181 (G. U. W., Bd. IX, Nr. 4377), iſt der gerichtlich deponierte Schätzungswert an den Expropriaten über deſſen Verlangen unbedingt auszufolgen, ſelbſt dann, wenn über die Höhe der Entſchädigung zwiſchen den Parteien noch Differenzen obwalten. Entſch. des O. G. H. vom 7. Juni 1883, Nr. 2058 310 (U. W. Pf., Bd. XXI, Nr. 9471), erklärt, „dajs die Enteignung eine beſondere, im b. G. B. nicht vorgeſehene Erwerbungsart iſt, indem das Eigenthum durch den Erlag des i betrages ipso facto auf den Exproprianten übergeht“. Die expropriierten Immobilien hören durch die vollzogene Enteignung auf, Gegenſtand des Verkehres zu ſein. Der Expropriat hat keine poſitiven Verpflichtungen, ſondern darf nur die Beſitzergreifung durch den Expropriierenden nicht hindern. Die Erwerbung des Eigenthumsrechtes an dem expropriierten Grundſtücke iſt eine ur⸗ ſprüngliche, ſo daſs ſelbſt dann, wenn der Ex— propriat nicht Eigenthümer des Grundſtückes war, der Expropriierende Eigenthümer wird, wenn nur die Formalitäten der Enteignung be— obachtet worden waren. Auch Veräußerungs- verbote ſtehen der Enteignung nicht entgegen, fo daſs alſo Fideicommiſs- und Kirchen— güter enteignet werden können. Intabulierung iſt zum Erwerbe des Eigenthumsrechtes an einem enteigneten Grundſtücke nicht nothwendig, kann aber (und ſoll) erwirkt werden. Ein Beweis für die abſolute Art der Erwerbung des Eigen— thumsrechtes an einem expropriierten Grund— ſtücke liegt z. B. darin, dass ein expropriierter Theil eines Grundſtückes, der von dieſem bücherlich noch nicht abgetrennt iſt, dann wenn das ganze Grundſtück in Execution gezogen wird, durch dieſe nicht betroffen wird (Entſch. des O. G. H. vom 10. Juni 1879, Nr. 6563, G. U. W., Bd. XVII, Nr. 7510). Über einzelne Fälle der Enteignung wird an anderen Orten gehandelt, z. B. Walddurch— ſchläge behufs Cataſtralvermeſſung (j. Cataſter), Errichtung von Triftbauten (ſ. Trift), Maß⸗ regeln gegen die Reblaus (ſ. d.), anlässlich der Grundzuſammenlegungen (ſ. Zuſammenlegung), bei Wildbachverbauungen (ſ. d.) und Waſſer⸗ weſen u. ſ. w. Hier ſei nur noch bemerkt, daſs in Weſt— öſterreich nicht bloß Immobilien, ſondern auch bewegliche Sachen 1 1 werden können, und daſs der 8 3635 a. b. G. B. zu eng gefaſst iſt, wenn er nur von den „Mitgliedern des Staates“ verlangt, daſs ſie die Enteignung ſich gefallen laſſen; vielmehr obliegt dies jedermann, deſſen Sache in dem Geltungsgebiete des a. b. G. B. liegt. Zu erſterem Punkte ſei noch hinzugefügt, daſs die Enteignung von Immobilien ſich nur auf das Grundſtück und nicht auf die Früchte desſelben erſtreckt, alſo z. B. nicht auf Bäume, was u. a. durch die Entſch. des Miniſteriums des Innern vom 7. November 1870, Z. 13.890, anerkannt wurde; Zugehör (ſ. d.) kann aller- dings der Enteignung unterworfen werden. Die einzige umfaſſende Codification über die Enteignung liegt für Weſtöſterreich in dem Geſetze vom 18. Februar 1878, R. G. Bl. Nr. 30, betreffend die Enteignung zum Zwecke der Her— ſtellung und des Betriebes von Eiſen bahnen. Wir müſſen einige wichtige Beſtimmungen aus demſelben deshalb hier anführen, weil dieſelben ſinngemäß auf alle (nach Erlaſs dieſes Ge— ſetzes gefällten Ente eignungserkenntniſſe, Entſch. des O. G. H. vom 7. Juni 1883, Nr. 2058, Enteignung. most u. W. Pf., Bd. XXI, Nr. 9471) Enteignungs- fälle Anwendung zu finden haben, inſoweit beſondere Normen nicht beſtehen; wir werden hiebei die noch unerledigt gebliebenen Fragen, ſofern ſie in unſer Gebiet einſchlagen, kurz beſprechen. Nachdem oben bereits hinlänglich Gegen— ſtand und Subject der Enteignung bezeichnet wurden, ſei bezüglich des Verfahrens hervor⸗ gehoben, daſs die Einleitung desſelben regel- mäßig der politiſchen Landesſtelle zuſteht (in Waſſerſachen gewöhnlich der politiſchen Behörde erſter Inſtanz). Berufung gegen das Erkenntnis binnen acht Tagen mit aufſchiebender Wirkung; die Entſcheidung wird regelmäßig durch eine politiſche Begehung eingeleitet. Entſchädigung. Der Enteignende ift ver— pflichtet, dem Enteigneten für alle durch die Ent- eignung verurſachten vermögensrechtlichen Nach— theile Erſatz zu leiſten, u. zw. nicht nur den ſog. „gemeinen“, ſondern den „beſonderen Wert“, den eine Sache für den gegenwärtigen Eigen⸗ thümer hat, nicht aber den Wert der beſonderen Vorliebe (Affectionswert); weiters iſt der ent⸗ gangene Gewinn zu erſetzen (j. Schadenerſatz), nicht aber ſolche Wertserhöhungen, welche in der Abſicht hervorgerufen wurden, um auf die⸗ ſelben eine höhere Erſatzforderung zu ſtützen. 1 Außerdem ſind jene Nachtheile zu berückſich⸗ tigen, welche durch Wertverminderung der Reſt⸗ ſtücke dem Enteigneten zugehen, und die durch die Enteignung hervorgerufenen e erſchwerungen. — Gewöhnlich (nicht aber bei Eiſenbahnen) fällt die Verwaltungsbehörde ein vorläufiges Erkenntnis über die Höhe der Ent⸗ ſchädigung, doch ſteht jeder Partei das Betreten des Rechtsweges über dieſe Frage zu; durch dieſen Schadenerſatzproceſs wird die gene nicht aufgeſchoben. Das Recht des Enteigneten, auf dem Rechtswege eine höhere Entſchädigungs— 1} ſumme zu beanſpruchen, wurde beiſpielsweiſe durch die Entſch. des O. G. H. vom 24. November 1869, Nr. 13.162 (G. U. W., Bd. VII, Nr. 3581) anerkannt. Wenn durch die Majorität der be⸗ 4 fugten Schätzleute eine Entſchädigungsſumme feſtgeſtellt wurde, der Expropriierende dieſelbe aber zu hoch findet, ſo iſt dies kein Grund zur Aufhebung der Enteignung (Entſch. des O. G. H. vom 25. Mai 1881, Nr. 4446, G. U. W., Bd. XIX, Nr. 8405). Dass in der Schätzung die durch die Enteignung hervorge- rufenen Wirtſchaftserſchwerungen (insbeſondere 3. B. Bringungserſchwerungen) berückſichtigt werden müſſen, wurde durch die Entſch. des O. G. H. vom 5. Mai 1874, Nr. 4211 (G. U. W., Bd. XII, Nr. 5355), und vom 20. Mai 1873, Nr. 3092 (G. U. W., Bd. XI, Nr. 4975), aus⸗ b drücklich anerkannt. i Anſpruch auf Entſchädigung vom Ent eigner haben der Eigenthümer der erpropriierten Sache und die daran dinglich Realberechtigten, denen alſo eine Grunddienſtbarkeit an der ent⸗ eigneten Sache zuſteht. Alle übrigen Entſchä⸗ digungsberechtigten haben ſich an den Expro⸗ ö priierten zu halten, das ſind alſo Pfandgläu⸗ biger, andere dinglich Berechtigte, ineluſive der verbücherten Beſtandnehmer (3. B. intabulierte Jagdpächter), dann Beſtandsnehmer überhaupt 4 * 4 Entelmintha. — Entenflinte. 311 (ſ. Beſtandsrechte, alſo z. B. nichtintabulierte Jagdpächter) und andere obligatoriſch (3. B. vertragsmäßig) Berechtigte. Es erhält demnach der Eigenthümer und der Realſervitutsberech— tigte unmittelbar vom Expropriierenden ſeine Entſchädigung; bei perſönlichen Dienſtbarkeiten erhält der Berechtigte (vom Expropriierten) die Nutzung eines Entſchädigungscapitales anſtatt des Naturalgenuſſes; bei Reallaſten, insbeſon— dere Ausgedinge (ſ. d.) tritt an die Stelle der Naturalleiſtung der in Geld feſtzuſetzende Rentenbezug, welcher ſicherzuſtellen iſt; Hypo— thekare erhalten nach ihrer bücherlichen Rang— ordnung aus dem Expropriationsentſchädigungs— capitale Befriedigung; Beſtandnehmer (3. B. Jagdpächter) erhalten ebenfalls vom Expro- priierten die Vergütung des ihnen etwa zu— gehenden Schadens; erleiden ſie größeren Schaden, der durch das Entſchädigungscapital nicht gedeckt iſt, ſo muſs ihnen derſelbe beſonders vergütet werden, u. zw. vom Enteigner, wenn und inſo— weit eben durch die Enteignung, bezw. die Aufhebung von Beſtandesrechten ein über den Wert der Sache hinausgehender Schade ange— richtet wird, wenn alſo z. B. der Jagdpächter, geſtützt auf einen langjährigen Jagdpachtver— trag, weitgehende Inveſtitionen gemacht hätte. Wird die feſtgeſetzte Enſchädigung binnen vier— zehn Tagen nach Rechtskräftigkeit der Ent— ſchädigung nicht geleiſtet, ſo kann Execution und Zahlung von 6% Verzugszinſen vom Tage der Zuſtellung des Erkenntniſſes oder vom Tage des Vergleiches an begehrt werden. Verwandt mit der Enteignung iſt das Staatsnothrecht, welches in dem Rechte der berufenen ſtaatlichen Organe beſteht, im Falle drängender Noth (Feuers-, Waſſer-, Kriegs- gefahr u. ſ. w.) Eigenthum und andere Privat- rechte anzugreifen, bezw. ſich zuzueignen, ja ſelbſt die einzelnen zu perſönlichen Dienſt— leiſtungen heranzuziehen (3. B. bei Waldbrän- den, Überſchwemmungen). — Die Formen der Enteignung können dabei nicht eingehalten werden, die Entſchädigung wird regelmäßig erſt nach geſchehener Zueignung oder Vernich— tung von Vermögensobjecten oder nach ge— leiſteten Dienſten ermittelt und bezahlt. Immer— hin müſſen die Formen ſo viel als möglich ein— gehalten werden; ob Entſchädigung gewährt werden mufs, iſt in der Literatur ſtreitig, und läſst ſich die Nichthonorierung z. B. von Ar— beitskräften zur Bekämpfung einer Gemein— gefahr, inſoweit vielleicht der einzelne nicht beſondere Motive anführen kann, immerhin rechtfertigen, jedenfalls aber eine nur geringe Entſchädigung vertreten. Für Ungarn exiſtiert ein umfaſſendes neues Enteignungsgeſetz (ddo. 29. Mai 1881) in dem XLI. Geſ. Art. vom Jahre 1881. Aus den beiſpielsweiſe aufgezählten Fällen der Ent— eignung erwähnen wir die Fluſsregulierungen, Entwäſſerungen, Errichtung von Schutzdämmen, Bindung des Flugſandes. Das Enteignungs— recht ertheilt regelmäßig der Miniſter für öffent— liche Arbeit und Communication, die commiſ— fionelle Verhandlung führt der Verwaltungs— ausſchuſs des betreffenden Municipiums; die Entſchädigung wird durch die Realinſtanz (alfo die Gerichtsbehörde) ermittelt und nicht vor— läufig durch die Verwaltungsbehörde. Berufung ſowohl wegen Formgebrechen als wegen der Entſchädigungsſumme ſelbſt an die königliche Tafel und in dritter Inſtanz an die königliche Curie. Bei der Entſchädigung iſt auch der Wertverluſt der Reſtſtücke ſowie deren Umge— ſtaltungskoſten und der etwa geſteigerte Be— wirtſchaftungsaufwand der Reſtſtücke zu berück- ſichtigen. Zeitweilige Enteignung kann höchſtens auf drei Jahre bewilligt werden; ausgeſchloſſen davon ſind Gebäude und Steinbrüche, Schotter— und Sandgruben. Alle Eingaben, Skizzen, Ver⸗ träge, Protokolle, Erklärungen, Beſchlüſſe u. ſ. w. ſind ſtempelfrei. Expropriiert können nur Im- mobilien werden. Ein tiefgreifender, für uns beſonders bedeutſamer Unterſchied der ungari— ſchen Enteignung von der weſtöſterreichiſchen liegt darin, daſs (nach §S 174 F. G.) den Aufforſtungs⸗ geſellſchaften (ſ. Aufforſtung) das Recht der Ent- eignung zuſteht. Mcht. Entelmintha, Binnenwürmer = Entozoa. Zweite Hauptclaſſe der Würmer. Knr. Entelodon Aymard. Ausgeſtorbene Säuge— thiergattung, zu den Borſtenthieren gehörig, von der Größe des Fluſspferdes. Aus dem Tertiär. Kur. Entenflinte iſt die Bezeichnung für ein Gewehr von ſehr großem Caliber und bedeu— tender Lauflänge, welches für den Schrotſchuſs beſtimmt iſt und deſſen man ſich an einigen Orten zur Jagd auf wilde Enten, Gänſe 2c. bedient, um auf weite Entfernungen in die dichten Schwärme dieſer Wildarten mit mög— lichſt großem Erfolge zu ſchießen. Während in Deutſchland nur wenig Entenflinten in Gebrauch ſind und dergleichen ſich meiſt nur noch in einigen alten Exemplaren aus früherer Zeit vorfinden, werden dieſelben in England vielfach zur Jagd an der Küſte und beſonders von Booten aus verwendet. Die engliſchen Entenflinten ſind Schießmaſchinen von jo enormem Caliber, daſs man dieſelben füglich kleine Kanonen nennen kann; die ſchwerſten (Caliber 4), mit welchen man noch aus freier Hand ſchießen kann, er— halten eine Ladung bis zu 19 g Pulver und 98 g Schrot, find meiſt einläufig und wiegen bis zu 10 kg. Noch koloſſaler find die zum Ge— brauch aus Booten beſtimmten Entenflinten, welche auf einer Art Lafette ruhen, gewöhnlich ein Caliber von 3˙7 em, eine Lauflänge von 2˙·A m haben, bis zu 60 kg wiegen und mit 70 bis 80 g Pulver und 400 — 700 g Schrot geladen werden. Ihre Conſtruction entſpricht allen Anfor— derungen der modernen Gewehrtechnik; es ſind zu Metallpatronen mit Centralzündung eingerichtete Hinterlader, deren wirkſame Schuſsweite ſich bis auf 125 m erftredt. Der Erfolg iſt jedoch ſtets nur ein zufälliger und davon abhängig, dass der Schwarm der beſchoſſenen Enten möglichſt zuſammengedrängt ſchwimmt oder aufſteigt. Es werden zwar oft mit einem Schuſs eine Menge Vögel (bis zu 100 Stück) erlegt, aber wie dies bei dem Schießen auf weite Entfernungen und aufs Gerathewohl nicht anders möglich iſt, ſtets viele angeſchoſſen, welche ſpäter eingehen; als eine weidmänniſche Ausübung der Jagd kann — — — - — 312 daher dieſer Schießſport mit Entenflinten nicht angeſehen werden. a Zu den Entenflinten gehören auch die ſog. Jagdmitrailleuſen. Ihr Lauf iſt aus einem Stück Stahl gearbeitet, ca. 75 cm lang und hat ſieben Bohrungen für Caliber 12. Dem Schloſs⸗ mechanismus nach ſind ſie Hinterlader; die ſieben Läufe können vermittelſt eines Abzuges ent⸗ weder durch raſches Abdrücken gleichzeitig oder durch langſames Abdrücken einzeln abgefeuert werden. Der Lauf liegt in einem Schaft, an welchem ſich ein Piſtolengriff und weiter rück— wärts ein Kolben befindet; die ganze Waffe ruht in ihrem Schwerpunkte auf einem Fuß und kann auf dieſem vermittelſt einer Drehvorrich— tung nach allen Seiten gerichtet werden. Neuer- dings fertigt man dergleichen Jagdmitrailleuſen in etwas leichterer Conſtruction auch zum Hand— gebrauch an. Sehr ähnlich den modernen Jagdmitrail⸗ leuſen ſind die in früherer Zeit zur Jagd auf Trappen, wilde Gänſe und andere große und ſcheue Vögel häufig angewendeten Karren— büchſen, bei welchen neun meiſt gezogene Läufe in drei Reihen zuſammengefügt waren. Das Laden fand von vorn ſtatt, die Zündung aller neun Laufe gleichzeitig je nach dem Grade der fortgeſchrittenen Technik durch verſchiedene Schloſsconſtructionen; als Geſchoſſe wurden jedoch nur Kugeln verwendet. v. Ne. Entenhaftfuß (Trinotum luridum Nitz.); — Entenfneifer (Docophorus ieterodes Nitz.); — Entenlaus (Trinotum luridum Nitz.); — Entenzangenlaus (Lipeurus squalidus Nitz.) [ſ. Thierläufe]. Hſchl. Entenjagd und Entenfang. Die Jagd auf alle bei uns vorkommenden Entenarten unter Einſchluſs der Sägeenten oder Säger iſt nur ſehr wenig verſchieden, man kann deshalb alle zur Anwendung gelangenden Methoden der Entenjagd zuſammenfaſſen. Die nachſtehend be— ſchriebenen ſind die gebräuchlichſten. 1. Die Suche mit dem Vorſtehhunde, welche ſehr viel Vergnügen gewährt. Sie findet während der Jahreszeit ſtatt, in welcher die jungen Enten anfangen zu fliegen, weshalb man genau darauf zu achten hat, daſs der richtige Zeitpunkt getroffen wird. Die jungen Enten dürfen noch nicht vollkommen ausgewachſen, ſondern nur ſo ſtark fein, daſs ſie Schildern, d. h. daſs man das Schild, den Spiegel, deutlich bemerkt. Werden ſie ſtärker, ſo halten die einzeln liegenden Enten nicht mehr gut aus, ſondern es geht gewöhnlich der ganze Zug zugleich hoch und zieht weit fort, bevor er wieder einfällt, was die Jagd ſehr erſchwert. Die richtige Zeit dauert in der Regel von an- fangs Juli bis Mitte Auguſt, und werden die Stock-, Löffel- und Knäckenten zuerſt, etwas ſpäter die Spieß⸗, Tafel-, Pfeif⸗ und Reiher⸗ enten und zuletzt die Moor- und Schnatterenten flugbar. Die Jagd auf letztere beginnt daher erſt, wenn jene auf die erſteren bereits aufge- hört hat. Man kann ſchon von vornherein beim Aufſtehen alter Enten richtig auf die Stärke der Jungen ſchließen. Sind die jungen Enten noch zu gering oder zu ſchwach, ſo ſtreicht die Entenhaftfuß. — Entenjagd und Entenfang. n alte Ente mit vielem Geräuſch heraus, flattert dicht über dem Waſſer hin, um den Hund hinter ſich her und von den Jungen abzulenken; wenn aber die jungen Enten bereits flugbar ſind, geht die alte Ente beim Herausſtreichen ſofort in die Höhe und zieht für eine kurze Weile mit den Jungen fort. Sind die Jungen viel- leicht bereits faſt ausgewachſen, jo daſs zu be- fürchten ſteht, die alte Ente wird den ganzen Zug gleich bei dem erſten Aufgehen fortführen, ſo iſt nicht zu vermeiden, zuerſt die alte Ente zu ſchießen. Jedenfalls muſs man vorſichtig ſein und ſich richtig überzeugen, ob die Jungen nicht noch zu ſchwach ſind, ſich ohne die Führung der Mutter weiterzuhelfen, in welch letzterem Falle viele davon eingehen würden. f Wird die alte Ente öfter beunruhigt, ſo wird ſie ſich ſehr bald unſicher fühlen und das ganze Geheck von Jungen nach einem ferne⸗ gelegenen Gewäſſer über Land führen oder vielleicht in einen verlaſſenen Steinbruch mit Waſſerbecken, eine Lehmgrube oder nach anderen ſog. Waſſerlöchern ꝛc. wo ſie ungeſtört bleibt. Im allgemeinen muſs es dem Jäger Prineip ſein, die alte Ente nicht zu ſchießen, da die ältere Ente in der Regel ein ſtarkzähligeres Gelege beſitzt als eine jüngere; nur bei ſehr alten Vögeln nimmt die Eierzahl wieder ab. g Zur Jagd gehört ein Hund, welcher gleich flott auf dem Lande wie im Waſſer ſucht, gut ſchwimmt und außerdem ein fermer Apporteur iſt. Es kann ſomit jeder langhaarige Vorſteh⸗ hund zur Verwendung kommen; geeigneter jedoch iſt der ſtichelhaarige deutſche Vorſtehhund, da derſelbe im allgemeinen härter iſt und auch Hitze beſſer erträgt als z. B. der langhaarige deutſche Vorſtehhund oder der Shetter. Unter Umſtänden kann übrigens auch der letztere, ja ſelbſt ein Newfoundländer und ſogar der Pudel recht gute Dienſte leiſten, letzterer namentlich dann, wenn es ſich vorzugsweiſe nur um das Apportieren handelt. Man läjst das Schilf oder Röhricht durch den Hund abſuchen, indem man ſelbſt ſich entweder am Rande des Ge⸗ wäſſers anſtellt, um auf die durch den Hund hochgemachten Enten zu ſchießen, oder indem man ſelbſt mit ins Waſſer oder den Sumpf geht, die aufgehenden Enten herunterſchießt und durch den Hund apportieren läſst; auch auf den einzelnen, zwiſchen dem Gras, Schilf ze. frei bleibenden Waſſerflächen kann man oft den Schuſs gut auf die dort ſchwimmenden Enten anbringen. Schwer iſt die Verfolgung der Enten für den Hund, wenn dieſelben ſich durch Tauchen vor ihm zu verbergen ſuchen und unter dem Waſſer lange Strecken fort- ſchwimmen, dann und wann nur den Kopf einen Augenblick über Waſſer heben und darauf unter Waſſer wieder weiter ſchwimmen. Namentlich gilt dies von den Tauchenten, z. B. 3 der Moorente; dieſe ift, wenn geflügelt, faſt immer verloren, da ſie nur den Schnabel bis an die Naſenlöcher aus dem Waſſer ſtreckt, jo daſs man fie in der Regel gar nicht mehr ſieht, beſonders dann, wenn der Waſſerſpiegel nicht völlig ruhig iſt. 2 Hat der Hund gefunden, jo muss er raſch verfolgen, weil die Enten ſich eiligſt, namentlich auf kleineren Teichen ꝛc., in den anſtoßenden Wieſen oder Getreideſeldern oder ſogar in der Heide verkriechen; ebenſo raſch wie der Hund mujs aber auch verhältnismäßig der Jäger bei der Verfolgung ſein, um dem Hunde zu Hilfe zu kommen. Man darf ſich deshalb nicht lange aufhalten, wenn der Hund die Enten zuerſt ge— funden hat, ſondern ihn anfeuern, weiter fort— zuſuchen; ſelbſt wenn man ſchwimmende Enten ſchießt oder fliegende Enten heruntergeſchoſſen hat, die nicht ſofort vom Hunde gefunden und apportiert werden, muſs man lieber von der Verfolgung für den Augenblick ablaſſen und weiter ſuchen, um nach Verlauf von 15—20 Mi⸗ nuten zurückzukehren und die erlegten oder an— geſchoſſenen Enten nachzuſuchen. In größeren Schilf- und Rohrſümpfen und Bruchflächen iſt es auch zweckmäßig, be— reits vor Anfang der Entenjagd Schneiſen machen und die Enten durch Treiber herantrei— ben zu laſſen; hinter den Treibern her und in der Treiberlinie vertheilen ſich dabei ebenfalls noch Jäger mit Hunden, um auf die nach rüd- wärts ſchwimmenden oder fliegenden Enten ſchießen zu können. So lange die Erpel wäh— rend der Mauſer nur fehr ſchlecht oder gar nicht fliegen können, läſst man größere Waſſer— flächen auch wohl förmlich abtreiben, wie bei einer Treibjagd, wobei die Erpel am Rande im Schilf und Rohr heranſchwimmend oder darin kriechend erlegt werden. Die Ente mauſert erſt ſpäter, etwa im Juni, und fliegt auch während der Mauſer. Bei der Stockente muſs das Schießen der Erpel indes während der Brütezeit, die in den April fällt, unterbleiben, weil die Ente ohne den Erpel nicht weiterbrütet. Bei dieſen Jagden kann es oft zweckmäßig erſcheinen, Kähne zu Hilfe zu nehmen, wenn 3. B. das Waſſer zu tief iſt, um darin gehen zu können; in jedem ſolchen Kahne befinden ſich ein oder zwei Jäger und ein Kahnführer, letz— terer um den Kahn durch das dichte Schilf und Rohr zu dirigieren und ſo die Waſſerfläche abzuſuchen. Den Hund nimmt man, um ihn nicht unnöthig zu ermüden, mit in den Kahn und läſst von da aus durch ihn die herunter— geſchoſſenen Enten heranholen. Geübte Hunde wiſſen oder lernen bald aufzupaſſen, dajs fie jo ſchnell wie möglich die herabfallende Ente ſofort, ſelbſt ohne Commando des Jägers apportieren, weil ſie dieſelbe beim Stürzen äugten und ſofort die Stelle zu finden wiſſen, wo ſie liegt. Eine Hauptſache iſt, dafs bei allen ſolchen Suchen, wo die Jäger ſich einander oft nicht ſehen können, nur immer nach einer Seite hin geſchoſſen wird, wo niemand ſich befindet, weil es ſonſt leicht vorkommen kann, daſs ein Schütze den anderen verwundet; die größte Vorſicht in dieſer Beziehung iſt dringend zu empfehlen. 2. Der Anſtand auf Enten iſt eine unter Umſtänden ganz außerordentlich anregende und intereſſante Jagd, bei welcher indes, ſo leicht und einfach die Sache der Beſchreibung nach dünkt, ein Stümper gar keinen oder doch nur einen höchſt problematiſchen Erfolg erzielen Entenjagd und Entenfang. 313 auf ziehende Enten im zeitlichen Frühjahr, Winter und Herbſt kein gar leichter iſt, gehört volle Vertrautheit mit der Eigenart jeder ein— zelnen Entenart, ein natürlicher und durch die Praxis noch potenzierter Scharfblick ſowie vorzügliche Terrainkenntnis dazu, um den Platz für den Anſtand richtig auswählen und über- haupt alle nöthigen Maßnahmen zweckent— ſprechend treffen zu können, da es für dieſe keine allgemeinen Regeln gibt, dieſelben vielmehr nicht nur an jedem Orte, ſondern auch je nach der Jahreszeit und der Entenart, welcher die Jagd in erſter Reihe gilt, modificiert werden müſſen. Die Plätze für den Entenanſtand ſind ſehr verſchieden; bedeutendere Erfolge jedoch kann man nur an einem Enteneinfall, d. h. einer Stelle erzielen, an welcher die Enten am Abend täglich regelmäßig erſcheinen und hier die Nacht durch verbleiben, um ſich zu äſen. Iſt ein ſolcher Platz in dem betreffenden Revier nicht vor— handen, ſondern ſtreichen die Enten nur über dasſelbe hin, dann iſt am Anſtande überhaupt wenig oder gar nichts zu machen, da die meiſten Arten ſehr hoch ziehen. Die Einfälle ſind dort, wo ein großer Strom in der Nähe, meiſt deſſen Altwäſſer und Nebenarme oder auch kleinere einmündende Bäche und Flüſschen; an Seen naheliegende kleinere ſeichte Teiche, Waſſerlachen, eventuell überſchwemmte Wieſen; an Seen und Teichen, in deren Nähe ſich keine anderen klei— neren Gewäſſer befinden, deren eigene Ufer, u. zw. in der Regel jene, wo das Waſſer am ſeichteſten iſt. Übrigens ziehen die Enten auch, wenn ſich ihnen in der Nähe keine paſſenden Aſungsplätze bieten, oft ſtundenweit. Hat man den Einfall mit Sicherheit beſtattet, jo muss man ſich einen entſprechenden Schirm herrichten, obwohl auch dies nicht immer nothwendig, ja manchmal nicht einmal zweckdienlich iſt, da ſich namentlich in größeren Sumpfgebieten und in der Nähe großer Seen die Einfälle ſehr oft ver— ändern; es kommt z. B. häufig vor, daſs na= mentlich in der für den Anſtand günſtigen Herbſt⸗ und Frühjahrszugzeit große Scharen von ſolchen Entenarten, die vorzugsweiſe auch Fiſche und deren Laich aufnehmen, abends kleine, fiſchreiche Tümpel aufſuchen. Schon nach wenigen Tagen ſind dieſelben total geplündert, natürlich bleiben die Enten aus, und der Schirm wäre dann nutzlos. Am beſten iſt es daher — unter möglichſter Benützung vorhandener Deckungen — der Umgebungentſprechend entweder eine Rohrhütte oder im Winter eine Schnee— hütte zu bauen; Erdhütten ſind zwar gut, lohnen aber ſelten die Mühe; Holzhütten ſind vollends verwerflich. Die Schirme an den Ein— fallplätzen müſſen ſeitlich Schuſslücken haben, jene dagegen, welche für den Morgenanſtand an jenen Plätzen angelegt werden, die den Enten tagsüber zum Aufenthalte dienen, müſſen oben ganz frei, ohne Bedachung ſein, da man meiſt im Fluge auf hochziehende Enten zu ſchießen hat; in dieſem Falle genügen auch voraus— geſetzt daſs keine ſtauende Untergrundsnäſſe vorhanden iſt Erdlöcher, in die man eventuell eine Tonne einläſst. Iſt alles vorbereitet, ſo begibt man ſich wird. Ganz abgejehen davon, daſs der Schuſs | abends etwa eine halbe Stunde vor Sonnen 314 untergang an den betreffenden Platz und er⸗ wartet die Ankunft der Enten. Die erſten An⸗ kömmlinge ſind jederzeit die Krieckenten; ihnen folgen die Pfeif-, Schnatter-, Reiher⸗, Schell⸗, Moorenten, alle noch bei angehender Schuſs⸗ lichte; erſt in vorgerückter Dämmerung kommt die Knäck⸗, noch ſpäter die Stockente und ſtets erſt nach Einbruch der vollen Finſternis die Löffel⸗ und Spießente. Da gerade die letztge⸗ nannten drei Arten als Wild die wichtigſten und begehrteſten ſind, jo empfiehlt es ſich einer⸗ ſeits, die Schießhütten ſtets jo anzulegen, dass man vor ſich direct gegen Weſt, alſo gegen Sonnenuntergang ſchießt, undererjeits, wenn man nicht täglich den Entenſtand beſucht, für denſelben nur klare und mondhelle Abende zu wählen; ſonſt wird man die Löffel- und Spießenten immer und oft auch ſchon die Stock- und Knäckenten nur hören, nie aber ſehen und ſchießen können. Kommen die Enten nun, ſo iſt es für einen Schützen, der ſeines Schuſſes nicht vollends ſicher iſt — und ich betone nochmals, dass der Schuſs auf eine ziehende Ente in der Dämme— rung zu den ſehr ſchwierigen gehört — beſſer, Entenjagd und Entenfang. wartet; einerſeits kommen ſelten alle Enten zugleich, ſondern einzeln in längeren Inter⸗ vallen, jo daſs die ſpäter anlangenden keine Gefahr ahnen, andererſeits kommt auch oft ein ſchon beſchoſſener herumkreiſender Flug noch⸗ mals zu Schußs. Eine äußerſt anregende, allerdings nur local mögliche Art des Anſtandes iſt jene am Tage. In ſolchen Territorien, wo größere Blänken mit Rohrpartien abwechſeln “, ſieht man eine Blänke aus, auf welcher die Enten tagsüber mit Vorliebe liegen. Dort ſchiebt man die Zille mit dem Steuer in dichtes Rohr und verkleidet ſie vorne durch Einſtecken mitgenom⸗ mener Rohrbüſchel in den weichen Grund. Etwa 30 Schritte vor der Zille werden einige ge⸗ ſchoſſene Enten „aufgeſteckt“, was in folgender Weiſe geſchieht. Man macht der Ente vorne auf der Bruſt einen kleinen Kreuzſchnitt, ſteckt hier einen zugeſpitzten Rohrſtengel ein und ſchiebt ihn unter der Haut den Hals entlang bis unter den Schnabel; dann ſteckt man das untere Ende des Rohres in den Grund, u. zw. jo tief ein, daſs die Ente ihre normale Schwimmſtellung er wartet das Einfallen ab, welches meiſt nach zwei⸗ bis dreimaligem Umkreiſen des Platzes erfolgt. Übrigens iſt dies nur dann rathſam, wenn es noch ziemlich hell und der Waſſerſpiegel ganz frei iſt; iſt die Dämmerung ſchon vorge- Iſt nun alles in Ordnung, jo läjst man durch ſchritten und der Spiegel theilweiſe mit Waſſer— pflanzen bedeckt, ſo iſt ein ſicheres Abkommen auf eine ſchwimmende Ente kaum möglich. Fallen mehrere Enten zugleich ein, ſo kann man leicht zwei auf einen Schujs ſchießen, wenn ſich zwei einander entgegenſchwimmende Enten kreuzen; ein ſolcher Schuſs iſt immer empfehlenswert, dagegen aber verwerfe ich entſchieden das ſinn— loſe Schießen in eine ſich niederlaſſende oder ſchon dicht gedrängt ſchwimmende Entenſchar. Allerdigs werden hiebei mit zwei Schüſſen oft 8—12 Enten geſtreckt — allein ebenſoviele auch unnützerweiſe angeſchoſſen, die dann entweder veraaſen oder dem Raubzeug anheimfallen; dieſes von vielen angeprieſene Schießen — zum Überfluſſe noch mit Caliber 8 oder 10 — iſt daher eine vollendete Aasjägerei. Da beim Schießen auf ziehende Enten in der Dämmerung an ein eigentliches Zielen und Abkommen nicht zu denken iſt, empfiehlt ſich die Führung eines möglichſt kurzläufigen Gewehres, da Fangſchüſſe mit einem ſolchen ungleich leichter als mit einem langläufigen abgegeben werden können; wenn erſteres in der Regel auch etwas mehr ſtreut und matter ſchießt, ſo thut dies nichts zur Sache, da man am Entenanſtande, ſobald es einmal dämmert, ohnehin nicht weiter als auf höchſtens 35 bis 40 Schritte, bei bewölktem Himmel nicht einmal ſo weit ſchießen kann. An den Enteneinfällen kann man auch früh morgens immer einige erfolgreiche Schüſſe an— bringen, wenn man ſich vor Tagesanbruch in den Schirm begibt; allerdings ſteht der Erfolg des Morgenanſtandes am Enteneinfall immer weit hinter jenem des Anſtandes am Abend zurück. Dagegen kann man oft ziemlich viel Enten ſchießen, wenn man vor Tagesanbruch an jenen Plätzen anſitzt, wo ſich die Enten tags— über aufhalten, und hier deren Ankunft er⸗ erhält. Eine auf ſolche Art von kundiger Hand aufgeſteckte Ente ſieht ſelbſt noch ganz in der Nähe, namentlich wenn das Waſſer etwas be⸗ wegt iſt, täuſchend aus, und ich ziehe ſie jeder anderen künſtlichen Lockente ganz unbedingt vor. einen gleichfalls in einer Zille befindlichen voll⸗ ends terrainkundigen Gehilfen planmäßig die ganze Umgebung abrevieren und die da und dort auf den verſchiedenen Blänken liegenden Enten aufſtoßen. Die herumſtreichenden gewahren dann die aufgeſteckten Enten und kommen an dieſe heran. In der Regel ſchießen ſie knapp ober den Lockvögeln hin, machen dann einen weiten Bogen und fallen meiſt außer Schujs- weite ein. Sind die Lockenten ſehr gut auf⸗ geſteckt und haben infolge deſſen die lebenden keinen Verdacht geſchöpft, ſo kommen ſie langſam herangeſchwommen und können leicht erlegt werden. Oft jedoch bemerken ſie den Betrug und ſtreichen dann entweder gleich ganz ab, oder ſie ſchießen nochmals vorbei, oder ſie laſſen ſich etwa hundert Schritte weit von den Lock⸗ enten nieder, kommen aber dann in der Regel nicht näher. Es iſt daher unter allen Umſtänden am ſicherſten, wenn man gleich ſchießt, ſobald die Enten das erſtemal vorüberziehen; aller⸗ dings iſt dies nicht ſo leicht, da man infolge des umgebenden Rohres ſelten bequemen Aus⸗ ſchuſs hat und die Enten meiſt erſt gewahr wird, wenn es auch ſchon krachen muſs. Dies gilt von Tafel-, Reiher⸗, Knäck⸗, Schell⸗, Moor⸗ und Pfeifenten; auf Stock- und Schnatterenten, die faſt immer hoch gezogen kommen und daher den Schützen unbedingt eräugen, muſs man immer gleich ſchießen; eher kann man bei Krieck- und Löffelenten warten, da dieſe ver⸗ trauter bei den Lockenten einſitzen als andere Arten. Die Spießente regardiert letztere meiſt gar nicht, oft ſelbſt dann nicht, wenn Spieß⸗ enten aufgeſteckt ſind, geſchweige denn wenn ) Solche weitgedehnte Gebiete beſitzen z. B. der Neu⸗ ſiedler⸗ und Plattenſee in Ungarn, die Dobrudſcha, der Unterlauf der Narenta, der Wolga u. ſ. w. a nur andere Lockenten da find. Bezüglich diejer ift auch noch der Umſtand in Rechnung zu ziehen, daſs ſich nicht alle Enten unter einander gut vertragen; z. B. wird eine Pfeifente nie zu einer Schellente einſitzen. Man mufſßs daher die Lockenten immer entſprechend den vorhandenen zu ſchießenden Entenarten wählen; als Norm kann gelten, daſs für Stock-, Spieß-, Schnatter-, Löffel⸗ und Pfeifenten eine oder mehrere Enten einer dieſer Arten gewählt wird; ebenſo für Schell⸗, Moor-, Reiher-, Berg- und Tafelenten. Will man alſo Stockenten ſchießen, ſo darf man keine Moorente aufſtecken und umgekehrt. Sehr gut als Lockvögel für ſo ziemlich alle Enten— arten mit Ausnahme der Stock-, Spieß- und Löffelente dient auch das ſchwarze Waſſerhuhn, Fulica atra; doch natürlich nur dort, wo es normal vorkommt und daher den Enten keine ungewohnte Erſcheinung iſt. Dieſe Art der Jagd kann zu jeder Jahres— zeit mit Ausnahme der Periode von Mitte April bis Mitte Auguſt geübt werden und liefert manchmal ganz außerordentliche Reſultate. Dieſe werden noch erhöht, wenn es der Jäger verſteht, die Lockrufe der Enten nachzuahmen; iſt dies der Fall, ſo kann er ſelbſt wiederholt vergrämte Enten immer wieder zu Schuſs bekommen. Die meiſten künſtlichen „Entenrufe“ ſind ſchlecht; es iſt daher am beſten, wenn man es dahin zu bringen trachtet, daſs man die Lockrufe der wichtigſten Arten mit dem Munde nachahmen kann. Dies iſt bei manchen Arten, z. B. der Spieß⸗ und auch der Stockente ſehr ſchwer, doch ſind mir zwei alte Sumpfläufer am Neuſiedler— ſee bekannt, die unter Zuhilfenahme der Finger und unter den furchtbarſten Grimaſſen imſtande ſind, die Locktöne aller dort vorkommenden zwölf Entenarten mit voller Treue wieder— zugeben. Übung macht den Meiſter. Eine unter Umſtänden ſehr zu empfehlende Art des Anſtandes iſt die Hüttenjagd, wie ſie vielfach an ſolchen Orten, wo im Herbſte große Entenmaſſen durchziehen, z. B. in Han⸗ nover, Holland, Belgien, Weſtfalen, im Münſter— land, einzeln auch in Frankreich und Spanien u. ſ. w. geübt wird. Das Schießen wilder Enten aus Enten— hütten findet vorzüglich bei mondhellen Nächten des Spätherbſtes und Winters, abends und morgens, wenn die Wildenten ziehen, ſtatt. Man verfährt dabei weſentlich folgendermaßen: Am Rande ſtehender Gewäſſer, flacher Teiche ꝛc. oder in Viehweiden, Brüchen und Moorflächen, welche im Winter mit Waſſer über— ſtaut werden, legt man bereits früh im Herbſt die Hütten an, damit ſich die Wildenten an den Anblick derſelben gewöhnen, bis die Jagd beginnt. Man macht zu dem Zweck zunächſt einen etwas erhöhten runden Platz von ungefähr 5m Durchmeſſer und fertigt einen kreisför— migen Wall von Um Durchmeſſer und 1m Haie aus Raſen darauf an, jo dajs in der itte ein Raum von 3m im Lichten bleibt, während der Wall auf der dem Waſſer gegen— überliegenden Seite einen etwa % m breiten Eingang behält. Hinter der Hütte muſss ein Entenjagd und Entenfang. 315 kleiner Platz bleiben, auf welchem demnächſt der ſog. Lockerpel ſeinen Platz findet. Liegt der Platz zur Hütte im Waſſer, jo muis ein ſchmaler Damm, wo möglich nicht in gerader Linie, um das Auffällige gänzlich zu vermeiden, dahin führen, welchen man indes auch ſchon ehe die Fläche mit Waſſer überſtaut iſt, anlegt. Dann ſchreitet man zum Bau der Hütte ſelbſt, die übrigens jahrelang ſtehen bleiben kann, indem man aus jungen Eichen, welche im Schluſſe er— wachſen ſind und ſich am beſten dazu eignen, kreuzweiſe Bügel in den Erdwall einſteckt und dieſe mit zähen, möglichſt großen Raſenplaggen überdeckt, ſo daſs über dem Wall ein halbkugel⸗ förmiges Gewölbe entſteht. In dieſe Plaggen ſchneidet man kreisförmige, etwa / m im Durch- meſſer haltende Schießlöcher nach der Waſſer— ſeite hin, deren meiſt drei genügen. An dem den Löchern gegenüberliegenden Eingange bringt man ebenfalls ein Plaggenſtück ſo an, daſs man damit, ſobald man in die Hütte getreten oder eigentlich gekrochen iſt, verſchließen kann. In— wendig wird die Hütte, um ſie trocken zu er— halten, mit Stroh, Heidekraut, Heu ꝛc. belegt, auch wohl ein Sitz darin angebracht. Im ganzen darf die Hütte nicht höher ſein, als dajs man eben darin ſtehen kann, um ſie möglichſt wenig auffallend zu machen. Der Wall wird auch äußerlich gewöhnlich mit Raſen belegt, der anwächst, und im ganzen ſieht die Hütte dann einem grünbewachſenen Hügel ähnlich. Bei Auswahl des Platzes mujs eine Stelle ge— wählt werden, an der das Waſſer ſo flach iſt, daſs man mit Knieſtiefeln hineingehen kann. Beginnt der Entenſtrich im October, ſo kann die Hütte mit Erfolg beſucht werden. Man verſchafft ſich zu dem Zweck 4—5 weibliche, den Wildenten ähnliche zahme Enten ſowie einen entſprechenden Erpel, die, vorher abgerichtet, ſich an einem kurzen, höchſtens / m langen, aus Hanf gedrehten oder aus doppelten Leinen gemachten Bande — das mittelſt einer Schlinge an einem Ruder der Ente befeſtigt wird, am anderen Ende aber an einen etwa % m langen, 2 em dicken, nach unten zugeſpitzten Stock gebunden iſt, der im Grunde des Waſſers feſtgeſteckt werden kann — ruhig ſchwimmend bewegen, was junge Enten ſehr leicht lernen. Sobald die Lockenten abge— richtet ſind, kann man ſie zuſammen in einen Sack geſteckt mit nach der Hütte nehmen. Iſt man bei der Hütte angekommen, ſo legt man den Erpel hinter der Hütte auf dem eigens dazu gelaſſenen Platz allein an, während die Lockenten im Waſſer auf 12— 135 Schritt Entfernung halbkreisförmig um die Hütte herum feſtgeſteckt werden, worauf man ſich in die Hütte begibt und dieſe hinter ſich ſchließt. Zuweilen beſetzen auch wohl zwei Jäger zuſammen die Hütte, um Geſellſchaft an einander zu haben. Sobald nun wilde Enten in der Nähe ziehen, vernehmen es die Lockenten und melden es durch ihre Stimme an, der Erpel pflegt dabei ge— wiſſermaßen das Signal zu geben, worauf die im Waſſer feſtgeſteckten Enten antworten, was ſich ſo oft wiederholt, als Wildenten vorüber— ziehen, und die Jäger müſſen dann durch die Schießlöcher aufpaſſen, ob und wo ſie in der Nähe der Lockenten einfallen. In der Regel 316 Entenjagd und Entenfang. pflegen wilde Enten bereits nach zweimaligem Umkreiſen der Hütte einzufallen und an die Lockenten heranzuſchwimmen; das iſt der rich⸗ tige Augenblick für den Jäger, der dann oft zwei auf einen Schuſs erlegen kann, wenn er ruhig bleibt und eine günſtige Stellung der Enten zu einander abwartet. Man mujs fich natürlich genau die Stellen merken, wo die Lockenten feſtliegen, um nicht eine ſolche für eine Wildente zu erlegen. Die erlegten Wild— enten holt man ſofort zur Hütte oder läſst ſie durch einen mitgenommenen Hund holen und erwartet dann, daſs ein neuer Zug oder der eben beſchoſſene wieder einfällt. Man kann auf dieſe Weiſe an einem Abende oder Morgen oft ſechs, acht und ſogar noch mehr Enten ſchießen. Je mehr die Lockenten gebraucht werden, deſto beſſer werden ſie und gewöhnen ſich nach und nach ſo an das Schießen und den Transport im Sack, dajs ſie ſich faſt gern in letzteren ſtecken laſſen und ſich nach dem Schießen kaum bewegen. Hauptſache iſt bei der Lockente, dajs man ſie gut an ſich gewöhnt, ſie ſelbſt füttert ꝛc. Übrigens werden gute Lockenten ſehr hoch bezahlt. Sind die Waſſerflächen groß, ſo iſt es zweckmäßig, an verſchiedenen Stellen herum Entenhütten anzulegen, um mit deren Beſuch wechſeln und dabei auf die gerade herrſchende Windrichtung Rückſicht nehmen zu können. 3. Das Anſchleichen oder Beſchleichen der Enten iſt an Flüſſen und ſonſtigen Gewäſſern oft angebracht, die hohe Ufer haben, hinter denen ſich der Jäger gedeckt vorſichtig nahen kann; namentlich iſt das Anſchleichen an ſchmalen Bächen empfehlenswert, an denen im Winter die Enten gern liegen. Es iſt aber nöthig, ſich immer ſo zu nähern, daſs man gegen den Wind oder wenigſtens mit halbem Winde geht. Das Anſchleichen hinter einer transportablen Schilf— oder Binſenwand, durch welche ſich der Jäger deckt, wo keine hohe Ufer- oder andere Deckung vorhanden iſt, kommt auch zuweilen, wenn auch mit zweifelhaftem Erfolge, zur Anwendung. 4. Das Anfahren oder Ankellen, welches im Frühjahr und Spätherbſt auf großen Strö- men und Seen, wo die Enten vom Ufer ſehr fern zu liegen pflegen, gebräuchlich iſt, geſchieht wie folgt: Es wird ein recht leichter Kahn mit Schilf und grünem Reiſig ſo maskiert, daſs er das Anſehen eines Buſches oder Schilfhaufens hat. Bei ruhigem, ſtillem Wetter iſt die Ausfüh- rung am günſtigſten. Der Kahn wird von zwei Mann, entweder einem Ruderer und einem Jäger oder zwei Jägern, von denen mindeſtens der eine das Rudern verſteht, beſtiegen. Der Ruderer dirigiert den Kahn unter Wind gerade auf die Enten zu, und die Spitze des Kahnes muſs genau nach den Enten hin ſtehen; der Jäger liegt mit dem Kopfe nach der Spitze ge⸗ kehrt im Kahn platt auf dem Bauch, während er die Gewehrmündung durch den Schilfſchirm oder das Reiſig ſteckt, fertig im Anſchlage, ſo daſs er ſich vor dem Schießen nicht mehr zu bewegen braucht, mit dem Fuße gibt er dem Ruderer die Zeichen, wonach dieſer dem Kahn die Direction gibt, oder er hat auch wohl einen Bindfaden oder eine dünne Leine an einem Bein, um dadurch ein kleines Ruder, welches ſich am Hintertheile des Kahnes befindet, zu lenken. Der etwaige zweite Jäger muſs mitten im Kahn unterzukommen ſuchen, doch jo, daſs er keinen der beiden anderen Inſaſſen beläſtigt. Zum Ru⸗ dern wird eine große kurzſtielige Ruderkelle ge- wählt. Alles Geräuſch iſt beim Rudern zu ver⸗ meiden, und der Kahn muſs ſehr langſam nach den Enten zu ſchwimmen, es darf dabei auch nicht die geringſte Bewegung des Waſſers ſichtbar werden. Kommt der Kahn auf Schuſsweite den Enten nahe, ſo ziehen ſich dieſelben gewöhnlich eng an einander, die Köpfe zuſammenſteckend; dieſen Zeitpunkt hat der vordere Jäger zu benützen, um ſeinen erſten Schuſs zwiſchen die Enten⸗ köpfe abzufeuern, ſein zweiter Schuſs ſowie die 2—4 Schüſſe ſeiner inzwiſchen raſch aufge⸗ ſprungenen Begleiter fallen auf die abſtreichen⸗ den Enten. Qul. — E. v. D. Der Fang. Der Fang der wilden Enten geſchieht aller- dings in verſchiedener Weiſe, aber für beſtimmte Entenarten kann keine ſpeciell anzuwendende Fangmethode hingeſtellt werden. Die bei uns vorkommenden Entenarten incluſive der Säger oder Sägeenten oder Sägetaucher (Merginae) werden in Fangapparaten und Anlagen jeder Art gefangen. In Folgendem werden die ge— bräuchlichſten Fangvorrichtungen beſchrieben. 1. Der Fang mit Angeln wird nur genannt, weil er früher vielfach im Gebrauch war, jetzt aber als eine des Jägers unwürdige Thierquälerei außeracht bleibt. 2. Der Fang in Fiſchgarnſäcken oder Hamen, der wie folgt geſchieht: Es werden etwa 6 Hamen in der Größe und Art und Weiſe der Fiſchhamen, aber mit etwas weiteren Eingängen geſtrickt, nebſt einem Paar Leit⸗ oder Prellnetzen für jeden Hamen, die in ſpiegeligen oder ſenkrecht übereinanderjtehen- den, 7em von Knoten zu Knoten haltenden Maſchen anzufertigen und ähnlich wie bei den Reuſen zu ſtellen ſind. Man verſieht, damit die Leitnetze überall in der Tiefe des Waſſers auf den Boden zu liegen kommen, die Unter⸗ randſchnur etwa auf jedem Meter ihrer Länge mit einem Bleigewicht (Bleikugel von 3 em Durchmeſſer mit einem Loch durch die Mitte) oder ſteckt die Netze mit Stäben oder Haken feſt. An den Enden der Wände aber befinden ſich Stellſtangen. Das Ganze iſt alſo eine Art von Reuſen auf Enten. Die Hamen werden in Teiche oder Flüſſe an Stellen, wo kein zu heftiger Strom iſt, um Schilf und Rohr ſo geſtellt, daſs die Eingänge dem Ufer zuſtehen; zwiſchen den einzelnen Hamen ſtehen die Prell⸗ netze, außerdem werden auch noch nach beiden Seiten des Ufers hin Leitnetze geſtellt. Die dann vorſichtig und langſam im Rohr und Schilf vorwärts getriebenen Enten folgen den Xeit- netzen, bis ſie in einen der Hamen gelangen, um ſich darin zu verkriechen, und ſind, weil ſie nicht wieder herauskommen können, gefangen. 3. Der Fang auf dem Entenherd. Der Herd wird nach Art und Weiſe der Vogel⸗ herde auf dem Lande angelegt und Wände oder Wandnetze mit 35—60 mm von Knoten zu Knoten weiten Maſchen verwendet, im erſteren Fall aus ſtarkem Hanfzwirn, im letzteren aus feinem, 1mm dickem Bindfaden. Außerdem iſt eine kleine, unſcheinbare, aus Schilf gefertigte Hütte, die verſteckt im Rohr oder Gebüſch ſteht, erforderlich, in welcher der Entenfänger mit der Zugleine oder Ruckleine ſeinen Platz nimmt. Die Hütte mujs kleine Gucklöcher enthalten, durch welche der Fänger den Herd genau über— ſehen kann. Zunächſt werden, ehe der Fang der Enten beginnen ſoll, dieſelben auf den Herd angepoſcht, d. h es wird dort etwa 8 Tage lang Lockfutter, welches in Hafer, gequellter Gerſte oder Malz beſteht, ausgeſtreut und eine oder zwei den Wildenten in der Farbe gleichende Enten auf dem Herde ausgeſetzt, indem man ihnen ein Leinenband oder eine loſe aus Hanf oder Werg gedrehte Schnur um eines der Ruder legt und ſie an einem in den Boden geſteckten Stock oder Haken befeſtigt. Haben die Wildenten die Kirrung angenommen, ſo wird das Anpoſchen doch noch 2 oder 3 Tage fort— geſetzt. Tritt der Herd in Thätigkeit, ſo werden die Garne niedergelegt, mit feinem Graſe gut verdeckt und 1 bis 2 Lockenten auf dem Herde placiert. Befindet ſich eine angemeſſene Zahl Wildenten auf dem Herde, ſo zieht der aus der Hütte beobachtende Entenfänger die Ruckleine, und die Enten ſind gefangen. Man darf aber, um die Enten nicht auf die Dauer zu ver— prellen, nicht mehrere Tage hinter einander ſtellen, ſondern jedesmal einige Tage dazwiſchen ver— gehen laſſen, die dann zum Anpoſchen ver— wendet werden. 4. Der Fang im Entenfang wird na— mentlich in Holland ſehr ſtark betrieben. Dort ſind die verſchiedenſten Einrichtungen von Enten— fängen zu ſehen. Auch in einigen Gegenden Weſt— falens, des Münſterlandes, Hannovers, Däne— marks ꝛc. ſieht man vielfach eine Art von Enten— fängen, u. zw. die einfachſte Art derſelben, die Glupe, vielfach in Gebrauch. Bei Celle in Han— nover befindet ſich ſogar einer der älteſten und bedeutendſten Entenfänge, der ſeit Jahrhunderten im Betriebe ſteht und noch heute ſehr hohe Er— träge liefert. Die Glupe beſteht aus einem etwa 30 Schritt langen, am Eingange etwa 5m breiten und 3—4 m bogenförmigen Lauben— gang über einer auf natürlichem Wege oder ünſtlich gefüllten Waſſerlache, aus Weiden de., deren Aſte ſo dicht in einander geflochten ſind, daſs Enten nicht durchkommen können, und der ſich nach hinten hin verengert und in einen mit leichten Holzſtäben vergitterten, nach außen ſich öffnenden Kaſten, über dem auch wohl noch ein ſchräg nach vorn lehnendes Prellnetz ſich befindet, ausläuft. Am Eingange der Glupe zu beiden Seiten werden entſprechend große Raſen oder Heidelbeerplaggen aufgehängt und dadurch ein Stand oder eine Art Hütte für den Enten— fänger geſchaffen, der mittelſt eingeſchnittener Löcher, vom Wilde unbemerkt, das Junere der Glupe überſehen kann. In einem Theile der Waſſerfläche der Glupe, welche über den Ein— gang hervorragt und wo das Waſſer nur flach Entenjagd und Entenfang. 317 iſt, werden Lockenten gefüttert und dort überhaupt immer Hafer ꝛc. am Rande und zur Seite oder auch auf eigens angebrachten, dicht über dem Waſſer ſtehenden Bänken als Kirrung ausge— ſtreut. Haben die ausgeflogenen Lockenten, wenn ſie vom Frühzuge zurückkommen, Wildenten mitgebracht, ſo werden dieſe von den erſteren verführt, in die Glupe tiefer hineinzugehen, und wenn der Entenfänger, welcher ſich in ſeinem Stande bereits befand, bemerkt, daſs ſie weit genug vorgedrungen ſind, ſo tritt er plötzlich bis mitten vor den Entenfang heraus. Die Wildenten wählen, um zu entkommen, weil ſie den Eingang durch den Entenfänger geſperrt ſehen, das durch das Prellnetz zur Flucht un— möglich gewordene Loch im Hintergrunde der Glupe als Ausgang, fallen an demſelben herunter bis vor den vergitterten Kaſten, der ſich leicht öffnet, wenn ſie dagegen kommen, und ſie ſind gefangen. Die Lockenten, welche gezeichnet, auch ganz zahm ſind und den Entenfänger als ihren Wohlthäter genau kennen, bleiben in der Regel ruhig ſchwimmend auf dem Waſſer der Glupe und fliegen dann bald wieder aus. Das Prell— netz iſt oft aus getheertem Bindfaden ge— fertigt und in einen Holzrahmen geſpannt oder aus Draht, in beiden Fällen aber ſo ſtraff ange— zogen, daſs die dagegen fliegenden Enten durch den Anprall faſt betäubt daran herunterfallen und dann in den Kaſten kriechen, deſſen Thür ſich ſehr leicht öffnet, hinter ihnen aber ſofort für immer ſchließt. Iſt günſtiges Wetter, ſo fangen ſich in einer Glupe oft 10— 20 Enten an einem Vormittag. Die Hauptfangzeit dauert von anfangs Auguſt bis in den October. Größere Entenfänge, von denen hier eine Art beſchrieben wird, ſind an vielen Orten, z. B. in großen, ſtillen, einſamen Moor- und Bruchflächen, auch Heiden, die größere und kleinere Weiher und Teiche einſchließen, welche von Schilf, Röhricht oder Buſchwerk umgeben ſind und kaum durch den Fuß des Jägers oder Heidſchäfers mit ſeiner genügſamen rauhen Herde betreten werden; einſam gelegene große Teiche, große Flüſſe mit verſumpften Fluſs— betten, in geſchützter Lage, überhaupt die Lieb— lingsaufenthaltsorte der Wildenten, ſind die Gegenden, wo ſich die Anlage eines größeren Entenfanges empfiehlt. Hat man die Wahl für den Ort der An lage getroffen, wozu gehört, daſs die im Zuge begriffenen Enten gern dort ruhen, und daſs er gut zugänglich iſt, ſo wird wie folgt verfahren. Die beigefügte Zeichnung (Fig. 276) wird die Beſchreibung unterſtützen. Man gräbt einen Teich von etwa Im Tiefe, 100 Schritt Länge und 80 Schritt Breite oder benützt eine möglichſt mit Schilf und Rohr umgebene große Lache mit einzelnen Schilf— inſeln, indem man ihr eine regelmäßige, beſſer zu überſehende Form gibt. Um den Teich herum wird ein niedriger Erdwall von 1—1', m Breite angelegt, welcher den ziehenden Wildenten als Ruheſtätte dient. Um dieſen Wall herum, u. zw. die Außen ſeite entlang, werden auf Um Entfernung 3m lange Weidenſetzlinge, die 50—60 em tief in 318 Entenjagd und Entenfang. den Boden zu ſtehen kommen, geſetzt. Es find dazu als paſſend zu empfehlen: Salix alba, die Silber⸗ oder weiße Weide, auch Kopf- und Bruchweide genannt, Salix aurita L., die gelbe oder Goldweide, Salix viminalis L., die Korb— oder Fluſsweide, Salix caspica L., die kaspiſche Weide, Salix purpurea L., die Purpurweide. Nach Beſchaffenheit des Bodens können auch Erlen und Birken mit verwendet werden. Die Weiden müſſen ſpäter eine hohe leben— dige Hecke mit dem Rohr und Schilf am Rande des Beckens bilden, damit die Umgebung mög— Gräben allmählich aus und wird mit progreſſiv kürzer werdenden Weidenſetzlingen beſteckt. Die Weidenzweige werden zuerſt über Reifen ſorg— fältig wie ein Berceau oder Laubengang zu⸗ ſammengebunden, bis ſie von ſelbſt ſo ſtehen bleiben, die Seitenzweige aber möglichſt dicht fo aneinandergeflochten, daſs ſich der gebildete Tunnel nach dem Ende zu bei ſtets dichter Verflechtung der Zweige bis zu einer Höhe und Breite von etwa 1½ m verengert. Nament⸗ lich iſt noch der Ausgang ſehr ſorgfältig an- zulegen. -0-0 -0-0-0-0-0-0-0-0-0-0-g -0-0-0-0-0-0-0-0 7 5 6 1 © | o | 0 \ E 1 I II Le} N O N 0 1 © 1 7 oil 0 0 u ı I bz ty) cet . 0 An na 5 0-0-0-0-0 =09-0-0-0-0-0-0-0- 0-0 Fig. 276. Großer Entenfang in der Draufſicht lichſt wild ausſieht, was den Wildenten be— ſonders zuſagt. Sehr günſtig iſt es nebenbei, wenn die Anlage ſo orientiert wird, wie die Zeichnung andeutet. Von dem Baſſin aus laufen zwei Gräben, welche am Anfang wie das Becken Im Tiefe haben, aber ſich auf eine Länge von etwa 40 Schritt immer mehr verflachen, jo dafs ſie an den Auslaufspunkten nur noch ½ m tief bleiben. In der Breite verengern ſie ſich von am bis auf 1½ m. Der Erdwall wird zu beiden Seiten der Gräben fortgeſetzt, läuft ebenfalls bis zum äußerſten Ausgangspunkte der Zwei ſtarke, krumm gezogene Weidenftangen werden ſo in einander verbogen, dafs ſie ſtark genug ſind, das Fangnetz oder Garn feſtzu⸗ halten, wenn es angeſpannt wird oder die Enten hineinfallen. Das Netz ſelbſt muſs aus ſtarkem Garn rund geſtrickt werden und in der Breite und Höhe, wenn es geſpannt iſt, 11%, m haben und ſich allmählich um ein weniges verengern, etwa wie eine Reuſe; durch eingeſpannte Reifen er⸗ hält es die Form, wie auf der Zeichnung zu ſehen. Das Netz muſs jo eng geſtrickt ſein, daſs eine Krieckente nicht durchſchlüpfen kann. Am Ende des Garnes befindet ſich eine ſtarke Haufſchnur, durch welche dasſelbe zuge— zogen, durch einen eingeſchürzten Knoten ge— ſchloſſen und an einem ſchräg eingeſchlagenen ſtarken Pfahl von etwa 8 em Durchmeſſer be— feſtigt wird. Die beiden Tunnels und das Netz müſſen in der Weiſe, wie die Zeichnung an— gibt, etwas nach innen gekrümmt zulaufen. An der Innengrenze des Tunnels werden in einer Entfernung von 0˙66 m vom Walle zwei Reihen ebenfalls 3 m lange Setzweiden in 2m Entfernung gepflanzt, welche dazu dienen, den Entenfänger zu verdecken, wenn er die Tunnels und die Enten beobachten oder ins Netz treiben will. An dieſen gleichſam als Pfähle die— nenden Bäumen ſtützen ſich couliſſenartig ſtehende Netz, indem fie dann von einem Eingange in Wände von Rohr und Schilf, von denen eine nach der Seite des Tunnels zu nur etwas mehr als Im hoch iſt, damit der Entenfänger vorſichtig hinüberſehen kann und durch die andere höhere (2 m hohe) gedeckt iſt. Er geht dann von Cou— liſſe zu Couliſſe, einen brennenden Lohkuchen oder einen glimmenden leichten oder loſen Torf in der Hand, um ſeine Perſon zu verwittern, bleibt immer gedeckt und kann daher unbemerkt den Tunnel beobachten. Die ganze Anlage wird, wie auf der Zeichnung zu erſehen, mit einem 2 m breiten Gang umgeben, während ein dritter Gang zu den Tunnels führt. Es iſt von großem Nutzen, die ganze An— lage auf eine Breite von 80 Schritt, aber nicht breiter, mit niedrigem Schlagholz zu umgeben. — An einer Seite, wo die ganze Waſſerfläche zu überſehen iſt, wird zweckmäßig eine dichte hohe Hecke jo angelegt, daſs man an einigen Stellen durchſehen kann, um von hier ab voll— ſtändig zu beobachten, ohne von den Enten geäugt zu werden. Zum Betriebe des Entenfanges verſchafft man ſich zunächſt zahme Enten, welche den großen Wildenten (Märzenten, Anas boschas) vollſtändig ähnlich ſehen, oder läfst von zahmen Enten Eier von Wildenten ausbrüten und erzieht ſie zu Lockenten, die möglichſt zahm zu machen ſind; namentlich müſſen ſie ſich daran gewöhnen, daſs ſie an den Eingängen der Tunnels und auf in dieſen angebrachten Bänken, wozu man ſich ſchwimmender Bohlen, die feſtgebunden ſind, bedienen kann, gefüttert werden. Auch an dem Wall in der Nähe des Fangtunnels wird Futter, Hafer, Gerſte ꝛc. geſtreut, aber auch ins Waſſer ſind Körner zu werfen, damit die zahmen Enten ſich dort fortwährend aufhalten und tauchen, um im Waſſer untergegangenes Getreide heraufzuholen. Das iſt ſo lange und mehr oder weniger fortzuſetzen, bis die Lock— enten gewohnheitsmäßig immer nach dem Orte zurückkehren und dabei ohne Scheu ſind. Daſs Vorkehrungen zu treffen ſind, alle Fiſche und ſonſtiges Raubzeug in der Um— gebung auszurotten, iſt ſelbſtverſtändlich. Durch die zahmen Enten werden die Wild— enten herangelockt, von ihnen, wenn ſie aus— fliegen, mitgebracht, und letztere folgen ihnen namentlich in den Morgenſtunden zu den Futterſtellen. Im übrigen dauert der Fang den ganzen Tag. Man kann auch einige zahme Enten, die an einer Leine, welche an eine aus Entenjagd und Entenfang. 319 loſem Werg geflochtene Schlinge gebunden iſt, befeſtigt ſind, am Eingange zu den Tunnels ſchwimmen laſſen und dieſelben mittelſt einer zweiten Leine in dieſe hineindirigieren, damit die Wildenten ihnen folgen. Hat ſich der Entenfänger überzeugt, daſs die Enten bis zum Anfange des Garnes ge— ſchwommen ſind, was wie oben gejagt ausge— führt wird, ſo geht er zum Eingange des Tun⸗ nels und zeigt ſich auf einer ins Waſſer hinein⸗ ragenden Bohle, die Arme ausbreitend, damit geſticulierend und den brennenden Torf ſchwin— gend. Die Wildenten fliegen dann dem an— ſcheinend offenen Eingange zu und fallen ins den anderen fortſchlüpfen und gefangen ſind. Der Entenfänger hat dann nichts zu thun, als die Gefangenen, welche faſt ſämmtlich die Köpfe durch die Maſchen ſtecken, abzufedern, worauf der Pfahl, woran das Netz befeſtigt iſt, auf— gezogen und die Beute herausgeſchüttelt wird. Man bedient ſich auch abgerichteter kleiner Hunde, ſehr zweckmäßig Dächſel oder Teckel, die das Wild ins Netz treiben. Dieſelben werden in Zwiſchenräumen von einander an den Tunnels ſo poſtiert, daſs der erſte z. B. am zweiten Weidenſtamm aufpaſst, der zweite beim vierten, der dritte Teckel beim ſechsten Stamme. Sind die Wildenten durch die Lockenten in den Tun⸗ nel gelockt, ſo erſcheint auf gegebenes Zeichen des Entenfängers der Kopf des erſten Dächſels über dem Erdwall im Tunnel. Die Enten flie— gen nicht fort, ſondern ziehen nur weiter in den Tunnel hinein; ſind ſie beim zweiten Hunde paſſiert, ſo erſcheint deſſen Kopf, und die Enten ſchwimmen wieder weiter, dann geht der erſte Hund zur Stelle des zweiten und der zweite zum dritten. Sind die Enten paſſiert, ſo er— ſcheinen alle drei Hundeköpfe auf einmal, wäh— rend der Entenfänger im Hintergrunde ſich mit dem glimmenden Torf zeigt, worauf die auf— gejagten Enten ins Netz fliegen und von den ſie ſcheinbar verfolgenden Hunden immer weiter hineingetrieben werden, bis ſie feſt ſitzen, d. h. die Köpfe durch die Maſchen ſtecken. Je beſſer die Lockenten und Hunde ſich kennen, deſto beſſer geht die Jagd, und ſie ge— wöhnen ſich daran, zuſammen zu arbeiten. Die Dreſſur der Hunde geſchieht in fol gender Weiſe: 5 Der gewählte, etwa ljährige Hund wird zunächſt gewöhnt, mit den Lockenten umzugehen und ſie nicht etwa zu jagen. Iſt er ſo weit, daſs er ſeinen Herrn verſteht, und ſonſt gut erzogen, ſo wird er in die Stubendreſſur ge nommen, die darin beſteht, daſs man ihn etwas hungern läſst, jo dajs er aufs Freſſen recht begierig wird. Nun führt man ihn an einen runden Tiſch, zeigt ihm ein Stückchen Brot über demſelben, nimmt es aber ſofort wieder zurück, wenn er geradewegs darauf loskommt, und zeigt es ihm an einer anderen Stelle, in— dem man ihm mit dem Arme winkt. Wenn er, der Bewegung des Armes folgend, ſich dahin begibt, wo das Brot oder etwas Zucker liegt, ſo gibt man es ihm endlich. Hat ſich der Hund durch Wiederholung daran gewöhnt, nach 320 dem Wink mit dem Arme Direction zu nehmen, ſo geht man zur zweiten Lection über, die darin beſteht, daſs man ſich an den runden Tiſch hin— ſetzt, wie gewöhnlich das Stück Brot oder Zucker in der Hand haltend. Dann macht man die bekannte Handbewegung und begleitet dieſelbe mit einer leichten Mundbewegung und Be— wegung der Augen, worauf der Hund, um ſeine Belohnung zu erhalten, ſich zu der Seite bewegt, wohin man winkt, was ebenfalls ſo lange fortgeſetzt wird, bis er auf jeden Wink mit Armen, Augen oder Mund geht, wohin er ſoll. Nie darf jedoch während der Dreſſur mit dem Hunde geſprochen werden. Hat er dieſe Lectionen begriffen, ſo wird zur Dreſſur am Entenfang übergegangen. Man führt ihn an einen Tunnel, wo die Couliſſen— wände zwiſchen den Bäumen ſtehen, ſchneidet drei Löcher in die Laubwände des Tunnels, die mit einer leichten Klappe von Stroh und einem vorgeſtülpten Stock geſchloſſen werden und ſich öffnen, wenn das Stäbchen mittelſt eines angebundenen Bindfadens fortgenommen wird. Man läſst den Hund bis zum erſten Loch gehen, zieht den Stock fort, die Klappe fällt, und der Hund ſieht hinein; die Enten im Tunnel, die bereits die Stelle des Loches paſſiert ſind, ſchwim⸗ men ſofort nach der ungewohnten Erſcheinung zu und ziehen ſich dann nach dem Innern des Tunnels. Nun läſst man den Hund zur zweiten Klappe vorwärts gehen und ſchließt die erſte Klappe; das erſte Manöver wiederholt ſich bei der zweiten und ebenſo bei der dritten Klappe. Nachdem die beiden erſten Klappen geſchloſſen ſind, begibt man ſich an den Eingang des Tunnels, um ſich den Enten zu zeigen und ſie ins Netz zu jagen, während der Hund ſie eben— falls verfolgt und mit eintreibt. Sind 2—3 Hunde vorhanden, jo iſt das Verfahren natürlich um ſo leichter. Hauptſache iſt, daſs weder Jäger noch Hund Laut gibt. Alle Bewegungen müſſen ſtumm ausgeführt werden, daher iſt der Hund von vornherein ſtreng daran zu gewöhnen, nie laut zu werden. Es würde durch Laut geben oft der Erfolg des Fanges fraglich werden. Man vergleiche über Entenfang folgende Schriften: R. R. v. Dombrowski, Lehrbuch für Be⸗ rufsjäger. — G. L. Hartig, Lexikon für Jäger und Jagdfreunde. — Jeſter, Über die kleine Jagd. — Döbel, Jägerpractica. — J. A. Nau⸗ mann, Der Vogelſteller, Leipzig 1789. Qul. Entenſäger, ſ. Säger, weißer. E. v. D. Enterata Jaeger. So heißen alle Thiere mit beſonderen, von der Körperwand abgeſchie— denen Eingeweiden (zum Unterſchiede von den Coelenterata). Kur. Enterion Savigny. Unter dieſem Gattungs— namen werden von Savigny und anderen die meiſten Regenwürmer beſchrieben. Kur. Enterocoelier. Nach den Unterſuchungen von Al. Agaſſiz, Metſchnikoff, Kowalewsky, Bütſchli ſtellte ſich heraus, daßs nicht die Leibeshöhle aller Thiere, wie man früher ge— glaubt, durch Spaltung des mittleren Keim— blattes entſtehe, ſondern daſs bei vielen Thieren En m u u nn EEE TE — IE Entenſäger. — Entomologie. (3. B. Echinodermen) urſprünglich zwei paarige Divertikel des Urdarms die Leibeshöhle vor— ſtellen, die ſich erſt jpäter abſchnüren und zwi⸗ ſchen Epi- und Hypoblaſt ausdehnen. Darauf- hin nahm Huxley drei Arten der Leibeshöhle an; 1. das Enterocoel, welches von Aus— ſackungen des Urdarms herſtammt; 2. das Schizocoel, durch Spaltung im Meſoblaſt entſtanden; 3. das Epicoel, vielleicht durch Einſtülpung des Epiblaſt gebildet. Dieſe Frage wurde des weiteren von Balfour, Lankeſter, Brüder Hertwig behandelt; beſonders die Ar- beiten über die Actinien, Ctenophoren, Chäto⸗ gnathen und die Coelomtheorie der Brüder Hertwig ſtellten die große Wichtigkeit dieſer Frage klar; ſie trennen ſämmtliche über den Coelenteraten ſtehenden Metazoen: die Bila⸗ terien oder Triploblastica zunächſt in Enterocoelier und Pſeudo- oder Schizo— coelier. Die niedriger ſtehenden Pſeudo— coelier umfaſſen: die Scoleciden [a) Bryo- zoen, b) Protatorien, c) Plathelminthen] und die Mollusken; zu den Enterocoeliern mit höherem Grad der hiſtologiſchen Son— derung gehören: die Coelelminthen [a) Ne⸗ matoden, b) Chätognathen, c) Brachiopoden, d) Anneliden, e) Enteropneuſten, t) Tunicaten], die Echinodermen, die Arthropoden, die Vertebraten. Kur. Enteropneusti, Darmathmer. Eine ſonder⸗ bare, nur durch die Gattung Balanoglossus vertretene Würmerclaſſe; den Nemertiden ver- wandte Meerwürmer. Kur. Entfaltung entweder — Entwicklung oder, in ſpecieller Bedeutung, als Bezeichnung für die Gewohnheit einiger Vögel und Schmetter— linge, vor dem Weibchen ihren Slagelſee zu entfalten. Entfernung der Pflanzen bei 2 ſ. Keimbett, Freipflanzung, Kamp sub 11. Gt. Enthebung, ſ. Dienſtenthebung. v. Gg. Entknofpen, ſ. Beſchneiden. Gt. Entladeſtock iſt ein behufs Unterbringung in der Jagdtaſche meiſt in drei Theile zerleg⸗ barer, zum Zuſammenſchrauben eingerichteter und auch als Wiſchſtock verwendbarer hölzerner oder metallener Stock zum Entfernen feſtſitzender Patronen oder Theile derſelben aus 11 Entlaſſung, ſ. Dienſtentlaſſung. v. Gg. Entlohnung, j. Lohn. v. Gg. Entmündigung, ſ. Vormundſchaſt. du. Entogaſtriſche Knoſpung, entogaſtriſche Proliferation, das bei mehreren Trachymeduſen conſtatierte Vorkommen meduſoider Knoſpen im Innern der Magenhöhle des gleichzeitig ge— ſchlechtlich ſich vermehrenden Mutterthieres; dieſe Knoſpen ſind im Unterſchiede von den gewöhnlichen zuerſt ſolide, von Entoderm über— zogene Auswüchſe der Magenwandung und erhalten erſt ſpäter die normale Beſchaffenheit. Kur. Entolithia Haeckel. Monozoe Radiolarien mit extra- und intracapſularem Skelet. Kur. Entomolin, j. Chitin. Hſchl. Entomologie; gleichbedeutend mit Kerf- lehre, Lehre von den Inſecten (ſ. d.). Hſchl. 1 Entomostraca. — Entſcheidungsgründe. 321 Entomostraca, entweder eine alle Unter- abtheilungen mit Ausnahme der Schalenkrebſe zuſammenfaſſende Abtheilung der Kruſtenthiere oder dieſe entweder noch der Rankenfüßler und Sackſpaltfüßler, oder der Rankenfüßler, Kiemenfüßler und Schwertſchwänze beraubt. Kur. Entoparafiten, Endoparaſiten, Binnen⸗ ſchmarotzer, heißen zum Unterſchiede von den Ectoparafiten die im Innern ihres Wirtes lebenden Schmarotzer. Außer einigen Inſecten— larven und den Pentaſtomen gehören hieher die vielen echten Eingeweidewürmer. Kur. Entrinden (Schälen) der Hölzer wird an- gewendet: 1. wenn es ſich darum handelt, unter der Rinde brütende Inſecten wo möglich noch im Larvenſtande zu vertilgen: Borken, Baſt⸗, Splintkäfer (ſ. Borkenkäfer); manche Rüſſelkäfer (Stammbrüter); Bockkäfer; Prachtkäfer; 2. im Holzſchlage bei Zurichtung der Hölzer, um ſie gegen die Angriffe von holzzerſtörenden Inſecten zu ſichern (Trypodendron; Xyleborus; Ceram⸗ byeiden ꝛc.); 3. um ein raſches Austrocknen zu erzielen; 4. um gewiſſe Holzbringungen zu er⸗ möglichen (auf Holzrieſen, zum Theil Trift). Entrinden (Schälen) als Stammſchädigungen im ſtehenden Beſtande kann auf folgende Thier— arten bezogen werden: Pferde, Hochwild, Dam— wild (wiewohl ſelten), Haſen und Kaninchen, Eichhörnchen, Schlafmäuſe, Wühlmäuſe, echte Mäuſe. Von Inſecten ſind als Rindennager zu nennen, u. zw. unter den Käfern die Gattung Cantharis; mehrere Rüſſelkäfer (Strophosomus, Brachyderes, Otiorhynchus, Hylobius, Pis- sodes); Baſtkäfer (der Gattung Hylastes); unter den Hautflüglern: Veſpiden, zum Theil a Hſchl. In Deutſchland kann das Entrinden des im Sommer gefällten Holzes als Vertil— gungsmittel gegen Borkenkäfer polizeilich (vgl. Forſtpolizei) angeordnet werden. Bezüglich der Baumbeſchädigungen durch Entrinden ſ. Forſtſtrafrecht. At. In Oſterreich iſt nach $ 16 F. G. „das im Safte und zur Zeit der Belaubung gefällte Holz mit Ausnahme des Prügel- und Aſtholzes ſogleich, das nach Abfall des Laubes gefällte wenigſtens vor Ausbruch des neuen Laubes ganz oder ſtreifenweiſe zu entrinden, aufzu— ſpalten oder zu behauen (zu beſchlagen)“. Das unbefugte Entrinden von Bäumen iſt nach $ 60 F. G. als Forſtfrevel (ſ. d.) zu be— handeln, wenn nicht das Strafgeſetz Anwendung findet. Nach dem Waldſchadentarife (8 4 iſt der „Erſatzbetrag dem Werte eines Vierttheiles der geſammten Schaftholzmaſſe gleichzuſetzen, wenn ſtehende Bäume oder Stangen wie immer entrindet werden“. Läſst die Entrindung ein allgemeines Zurückbleiben im Holzzuwachſe der verwundeten Stämme befürchten, ſo iſt der Er— ſatzbetrag anderthalbfach, und wenn das Ab— ſterben der verwundeten Stämme beſorgt wird, zweifach zu bezahlen. Wurde bei Entrindungen die Rinde den Frevlern nicht abgenommen, ſo iſt ſie abgeſondert zu vergüten. Beſtehen keine beſtimmten Rindenpreiſe, ſo iſt für jedes Cubik— meter zu beſonderen Zwecken verwendbare Rin— denmaſſe oder für Bruchtheile dieſer Menge, fie mag ſtehenden oder liegenden Hölzern ent- nommen ſein, der doppelte Wert von einem Cubikmeter, bezw. vom entſprechenden Bruch— theile beſter Brennholzſorte der betreffenden Holzart anzunehmen. Nach dem Geſetze vom 19. Februar 1873, L. G. Bl. Nr. 20, iſt in Dalmatien „die Ent⸗ rindung von Föhrenbäumen ohne vorläufig hiezu eingeholte, von der politiſchen Bezirks⸗ behörde vidierte Bewilligung des betreffenden Gemeindevorſtandes in den Gemeindewäldern verboten“. Übertretungen dieſes Verbotes ſind, wenn das Strafgeſetz keine Anwendung findet, als Forſtfrevel zu behandeln und mit Arreſt bis zu 14 Tagen oder mit Geld bis zu 30 fl. zu beſtrafen. (Über den Transport der Rinde ſ. Certificat.) Mcht. Entropha Forst. — Drycosmus Gyr., Gallweſpengattung (j. Cynipidae; Eichenblatt- gallen). ſchl. Entſcheidungsgründe (rationes decidendi) nennt man jene Gründe, auf welche ſich ein richterliches Urtheil ſtützt. Die Angabe von ſolchen bedingt von Seite des Richters eine größere Sorgfalt bei der Urtheilsfällung und erleichtert den Parteien die Einlegung von Rechtsmitteln, indem ſie für dieſelben die Angriffspunkte be— zeichnet. Die Verpflichtung der Gerichte, ihren Urtheilen Entſcheidungsgründe beizufügen, bildet, indem ſie die Objectivität der Urtheile wahrt, auch eine Vorausſetzung der Rechtsſicherheit. Dieſelbe gehört erſt unſerem Jahrhundert (in Bayern z. B. durch die Verfaſſung vom Jahre 1818) an, da im Civilproceſſe ſowohl nach römiſchem und canoniſchem als auch nach älterem gemeinen Rechte der Richter nur dem Oberrichter, nicht aber den Parteien gegenüber zur Angabe von Entſcheidungsgründen ver— bunden war, und auch im Strafproceſſe im all— gemeinen das gleiche Verfahren beſtand. Nach § 284 der deutſchen Civilproceſsord— nung vom 30. Januar 1877 mufs jedes Urtheil die Entſcheidungsgründe enthalten. Es iſt hiefür § 259 maßgebend, nach welchem das Gericht unter Berückſichtigung des geſammten Inhaltes der Verhandlungen und des Ergebniſſes einer et— waigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entſcheiden hat, obeine thatſächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ſei. An geſetzliche Beweisregeln iſt das Gericht nur in den durch die Civilproceſsordnung ſelbſt be— zeichneten Fällen gebunden. Im Strafproceſſe ſind nach der Reichs— ſtrafproceſsordnung vom 1. Februar 1877 nicht nur das Urtheil, ſondern auch die demſelben vorhergehenden Entſcheidungen (834) mit Gründen zu verſehen, wenn dieſelben durch ein Rechtsmittel anfechtbar ſind oder durch ſie ein Antrag abgelehnt wird. Die Gründe des Straf— urtheils insbeſondere müſſen enthalten die That⸗ ſachen und Beweismittel, auf Grund deren der Beweis aller geſetzlich weſentlichen Merkmale der Strafthat, der erſchwerenden, mildernden oder ſtrafausſchließenden Umſtände als geführt oder nicht geführt angenommen worden; ſie ſollen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgeſetz bezeichnen und die Umſtände an⸗ führen, welche für die Zumeſſung der Strafe Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 21 322 beſtimmend geweſen ſind. Bei freiſprechenden Urtheilen müſſen die Urtheilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwieſen an⸗ genommene That für nicht ſtrafbar angenommen worden iſt. Die Verkündung des Urtheils erfolgt im Civilproceſſe durch Verleſung der Urtheilsformel (Tenor), im Strafproceſſe durch Verleſung der Urtheilsformel und Eröffnung der Entſcheidungs— gründe durch Berleſung oder durch mündliche Mit- theilung ihres weſentlichen Inhaltes. In gleicher Weiſe kann das Civilgericht, wenn es nöthig erſcheint, die Entſcheidungsgründe verkünden. Übrigens erhalten hier die Parteien auf Ver— langen beglaubigte Abſchriften des Urtheils. Im Forſtſtrafproceſſe (ſ. d.) vor den Amts⸗ gerichten werden in der Regel Entſcheidungs— gründe nur angegeben, wenn das Urtheil von dem Strafantrage abweicht. Mangel der Entſcheidungsgründe bildet im Civil⸗ und Strafproceſſe einen Reviſionsgrund. Da die Verwaltungsbehörden bei der An— wendung des Geſetzes auf den einzelnen Fall auch Recht ſprechen, ſo ſind den Urtheilen in ſtreitigen Verwaltungsſachen, insbeſondere jenen des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls Ent— ſcheidungsgründe beizufügen, wie dies z. B. auch die Gewerbeordnung für das Deutſche Reich beſtimmt. Es iſt dies um ſo nothwendiger, wenn die Verwaltungsbehörden, wie z. B. die Behörden für Gemeinheitstheilungen u. ſ. w. in Preußen, auch über privatrechtliche Verhältniſſe entſcheiden. At. Entſichern, verb. trans., ein Eiſen oder eine Falle, Gegenſatz zu verſichern, alſo die Sicherung abnehmen, fängiſch ſtellen; ſelten. „Zum Fange der Steinmarder möchte es wohl zweckmäßig ſein, wenn man an den von ihnen beſuchten Orten beſtändig Fallen aus Eiſen aufſtellte, aber jo ſicherte, daſs ſie nicht los— ſchlagen können .. . Haben die Marder erſt einigemale ohne Schaden die Kirrung hinweg— genommen, ſo werden ſie vertraut, und man kann nun die Fallen und Eiſen entſichern.“ A. v. Schmeling-Düringshofen in Corvins Spor- ting Almanach 1844, p. 29. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Entſpannen — Abſpannen, ſ. d. Th. Entvögel, Anatidae, Familie der Ord- nung Gänſeartige Vögel, Anseres, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; die Familie iſt in Europa durch 38 Arten vertreten, welche auf die Gat— tungen Bernicla Stephens, Ans er Brisson, Cygnus Linné, Tadorna Flemming, Spa- tula Boie, Anas Linné, Fuligula Stephens, Clangula Boie, Harelda Leach, Oide- mia Flemming, Sommateria Leach und Mergus Linné vertheilt ſind. E. v. D. Entwäſſerungsanlagen. Dieſelben dienen zum Schutze gegen Verſumpfungen und ent— ſprechen für kleinere Flächen einfache Gräben, wenn ſie nur genügendes Gefälle haben. Müſſen größere Sumpfflächen trockengelegt werden, ſo kann dies entweder durch Senkung des Grund— waſſerſpiegels oder durch eine Erhöhung des Geländes erreicht werden (Auffüllung, Auf- ſchwemmung). Das erſtere Verfahren erfolgt | Entſichern. — Entwehrung. entweder im Wege einer directen Ableitung des Waſſers mittelſt offener wie gedeckter Gräben (Röhren, ſ. Drainierung) oder mittelſt Durch⸗ brechung der waſſerundurchlaſſenden Schichte oder endlich durch ſeitliche Ableitung des Waſſers mittelſt Stollen. Eine Entwäſſerung mittelſt Gräben iſt durchführbar, wenn jener Punkt, wohin die Ableitung erfolgen ſoll, entſprechend tiefer liegt. Von dieſem Punkte aus wird auch mit der Anlage der Entwäſſerungs- oder Ab⸗ leitungsgräben begonnen. Bei Anlage eines aus⸗ gedehnten Netzes von Entwäſſerungsgräben ſind die Hauptpunkte der bedeutenderen Grabenzüge durch ein Nivellierinſtrument, die übrigen Punkte mit Hilfe der Viſierkreuze zu beſtimmen. Breite und Tiefe der Gräben wird fallweiſe nach Maß- gabe der abzuleitenden Waſſermaſſen und der zuläſſigen Entwäſſerungstiefe für die Haupt⸗, Seiten- und Schlitzgräben feſtzuſetzen ſein. Bei landwirtſchaftlichen Gründen werden ſtatt der offenen Gräben verdeckte Ableitungen (Entwäſ⸗ ſerungsdohlen, Sickerdohlen) angewendet (ſ. Be⸗ wäſſerungsanlagen, Sickerdohlen, Erlenerzie- hung sub 3, Freiſaat sub 2 c, Heideaufforſtung sub 4 e, Moorcultur sub 2 a, Waſſerſtands⸗ pflege). 125 Entwaeten, verb. trans, mhd. Ausdruck für abdecken, aus der Haut ſchlagen, ſ. d. u. vgl. das ſyn. entbästen; entwaeten v. wate — Kleid. „Da begunde er in (den hirz) entwaeten.“ Gottfried v. Straßburg, Triſtan und Iſolde, v. 2869. E. v. D. Entwehrung, richtiger als Entwährung, iſt die Außerbeſitzſetzung aus Rechtsgründen, ſowohl des öffentlichen als des Privatrechtes. Die Entwehrung im öffentlichen In⸗ tereſſe hat zur Vorausſetzung, daſs die Auf- hebung eines wohlerworbenen Privatrechtes als eine unabweisbare Bedingung der Erhaltung oder der Entwicklung des Staates erſcheint, und daſs für dieſelbe volle Entſchädigung ge— leiſtet wird. Dieſe Entwehrung hat entweder 1. die Hebung der Bodencultur zum Zwecke, wie bei der Grund entlaſtung (. d.), Gemeinheitstheilung (ſ. d.), Ablöſung (ſ. Ablöſung der Forſtſervituten), Arrondie⸗ rung (j. Feldbereinigung und Waldarrondie⸗ rung) und Bildung eines gemeinſchaft⸗ lichen Waldeigenthums (f. d.), oder ſie wird 2. vom Staate zur Sicherung ſeiner Exi⸗ ſtenz gegen die Rechte einzelner Staatsbürger zur Geltung gebracht, u. zw. als Enteignung (ſ. d.) oder Expro⸗ priation in den durch das Geſetz borge- ſchriebenen Fällen und nach dem durch dasſelbe beſtimmten Verfahren, und { als Staatsnothrecht (ſ. d.) in den Fällen dringender Gefährdung des Staates durch Krieg, Feuer, Waſſer ꝛc., wobei das außerdem für die Enteignung vorgeſchriebene Verfahren natürlich nicht zur Auwendung kommen kann. Die Entwehrung lichen Gründen, die jog. Evietion (evincere, abſtreiten), iſt die Außerbeſitzſetzung (oder auch nur Eigenthumsbeſchränkung) einer von einem infolge anderen (auctor) erworbenen Sache eines an ſolcher ſchon bei der Erwerbung bee aus privatrecht⸗ .. Its * * Entwendung. ſtandenen, aber dem Erwerber unbekannten Rechtes eines Dritten. Aus welchem Rechts- grunde der Dritte evinciert, iſt gleichgiltig, nur kann dies natürlich nicht auf Grund eines rein perſönlichen Rechtes gegen den erſten Beſitzer (3. B. den Verkäufer) geſchehen. Die Art und Weiſe der Erwerbung der Sache iſt inſoferne von Bedeutung, als nach römiſchem Rechte bei einſeitigen Obligationen aus Legat, Schenkung und Stipulation die evincierte Sache als gar nicht gegeben gilt, die Obligation alſo einfach fortdauert, während bei gegenſeitigen Obli— gationen wegen der Entwehrung eine beſondere Klage auf Schadenerſatz ſtattfindet. In jedem Falle aber beruht die Haftung darauf, daſs bei allen Obligationen auf Übertragung von Sachen und Rechten der Schuldner auch nach der Leiſtung dafür einſtehen muſs, daſs der Gläubiger die— ſelben behalten kann (habere licere), dass fie ihm alſo von Dritteu nicht durch Klage abge— ſtritten und abgenommen werden können. Die Schadloshaltung für die Entwehrung (Evictions- oder Gewährleiſtung) einer durch Gegenleiſtung (titulo oneroso) erworbenen Sache kommt am gewöhnlichſten beim Kaufe vor, und die Regeln über Entwehrung wurden erſt von dieſem auf die übrigen Geſchäfte, welche eine gleiche Verpflichtung begründen, übertragen, wie namentlich auf Tauſch, Hingabe an Zah— lungsſtatt und Theilung eines gemeinſchaftlichen Eigenthumes, z. B. einer Erbſchaft, bei welcher ein Intereſſent ein Object erhalten kann, auf welches begründete fremde Anſprüche beſtehen. Der Erwerber der Sache muſs dieſelbe gegen den Evictionsanſpruch gehörig vertheidigen und insbeſondere demjenigen, von dem er ſie er— worben hat, von dem entſtandenen Rechtsſtreite ſofort Mittheilung machen (litis denunciatio), damit derſelbe ſich ihm als Streitgenoſſe an— ſchließen kann. Die Schadloshaltung tritt erſt ein, wenn die Sache factiſch entzogen iſt. Die Verpflichtung zur Schadloshaltung be— ſteht übrigens nicht nur bei der Außerbeſitzſetzung, ſondern auch bei jeder Eigenthumsbeſchränkung durch das Recht eines Dritten (Servitut, Pfand— recht, Theilungsanſpruch, Beſitzrecht u. ſ. w.). So hat z. B. der Verkäufer eines Waldes für die Wertminderung desſelben durch eine von einem Dritten erſtrittene Servitut Entſchädigung zu leiſten. In Rom ließ man ſich in der Regel das Doppelte des Kaufpreiſes für den Fall der Evietion verſprechen (duplae stipulatio). Dies geſchieht jetzt nicht mehr, doch iſt es noch ge- ſtattet, eine beſtimmte Summe als Schaden— erſatz feſtzuſtellen. Iſt dies nicht geſchehen, ſo entſcheidet über die Höhe des Schadenerſatzes das Intereſſe des Käufers zur Zeit der Ent— wehrung, welches jedoch das Doppelte des Kaufpreiſes nicht überſteigen darf und durch die ſpätere Verbeſſerung oder Verſchlechterung der Sache beeinflusst wird. Ausgeſchloſſen wird der Entwehrungs— anſpruch durch Verzicht (pactum de non prae— standa evictione) ſowie durch Kenntnis des Käufers von dem Vorhandenſein des fremden Rechtes. Nach 8 307 des deutſchen Handelsgeſetzes 323 iſt die Entwehrung bei Erwerbung von In— haberpapieren, auch von geſtohlenen und ver— lorenen unbedingt ausgeſchloſſen, während dies bei Waren und anderen beweglichen Sachen (§ 306) nur dann der Fall iſt, wenn dieſelben nicht geſtohlen und verloren waren und von einem Kaufmanne in deſſen Handelsbetriebe veräußert und dem redlichen Erwerber über— geben wurden. Für den Beſitzer noch günſtigere Beſtimmungen der Landesgeſetze werden durch dieſe Vorſchriften nicht berührt. At. Entwendung einer fremden beweglichen Sache in rechtswidriger Abſicht iſt nach dem deutſchen Strafgeſetze vom 13. Februar 1871 Diebſtahl und wird in leichteren Fällen (Ver⸗ gehen) mit Gefängnis, in ſchwereren (Ver— brechen) aber mit Zuchthaus beſtraft. Bis in das Mittelalter blieb in Deutjch- land die gemeinſchaftliche Benützung des un— artbaren Landes (Mark, Almend), insbeſondere der Waldungen, wie ſolche in der Form der Markgenoſſenſchaften noch heute an verſchiedenen Orten des weſtlichen Deutſchland und in den deutſchen und Schweizer Alpen vorkommt, die Regel, aber auch ſpäter bei der allmählichen Ausbildung des Privateigenthumes an Wal— dungen verſtand es ſich von ſelbſt, daſs der— jenige, welcher keinen Wald beſaß, ſeinen Be- darf an Forſtproducten aus den benachbarten Waldungen befriedigte. Dieſer altgermaniſche, aus Nächſtenliebe hervorgegangene Gebrauch, welcher mit der Ausbreitung des römiſchen Rechts die Entſtehungsurſache vieler Forſtſer— vituten wurde, blieb, bezüglich des Brennholzes wenigſtens, bis zum XVI. Jahrhundert jo ziem- lich ohne Einſchränkung, und erſt von da an begann man mit der Zunahme der Bevölkerung und der Wertſteigerung des Waldes und ſeiner Erzeugniſſe die Nutzungen Unberechtigter mehr und mehr zu reducieren und endlich ganz zu verbieten. Im Volke hat ſich jedoch die Idee der urſprünglichen Gemeinſchaft der Waldungen bis auf unſere Tage erhalten, und dajs die Entwendung von unaufgearbeiteten Forſtpro— ducten nicht als gewöhnlicher Diebſtahl be— trachtet wird, iſt zunächſt nur eine Folge dieſer Rechtsanſchauung des gemeinen Mannes. Anders iſt dies jedoch bezüglich der Entwendung von bereits zum Verkaufe hergerichteten Wald— erzeugniſſen, von welchen der Waldeigenthümer durch die aufgewendete Arbeit ganz ſpeciell Beſitz ergriffen hat, indem ſolche von jeher einem jeden anderen Diebſtahle gleichgeachtet wurde. Daſs man die gewöhnlichen Foritproducten entwendungen nicht als Diebſtähle betrachtet, liegt übrigens im Intereſſe des Forſtſchutzes ſelbſt, da dieſe Reate, weil man doch nicht auf die bloße Ausſage eines Forſtſchutzbedienſteten die ſchweren und entehrenden Strafen für den Diebſtahl verhängen kann, meiſt ſtraflos bleiben würden, umſomehr als die Richter bei den aus bitterer Noth hervorgegangenen Holzdiebſtählen gewiſs immer auf Seite der Angeklagten ſtehen würden. Wie wollten übrigens die Strafgerichte die oft für ein Jahr nach tauſenden zählenden Holzdiebſtahlsunterſuchungen bewältigen, und wo ſollten die zur Aufnahme der rückfälligen 21 324 Entwerden. — Entwicklung. Diebe ($ 244 des deutſchen Strafgeſetzes) nöthigen Zuchthäuſer herkommen? Die Behand⸗ lung der Entwendung unaufgearbeiteter Forſt⸗ producte als Diebſtahl wäre deshalb nicht bloß inhuman, ſie wäre auch undurchführbar. Es gilt demnach in Deutſchland jede Ent— wendung von bereits gewonnenen, wenn auch noch im Walde befindlichen Forſtproducten als Diebſtahl im Sinne des Reichsſtrafgeſetzes, während die Entwendung noch nicht zum Ver- kauf hergerichteter Waldeszeugniſſe (Holz, Rinde, Laub, Streu, Gras, Früchte, Erde, Lehm, Steine, Plaggen u. ſ. w.), der ſog. Forſtdieb— ſtahl, nach den Forſtſtrafgeſetzen in den leichteren Fällen als Übertretung, in den ſchwereren als Vergehen geahndet wird (s. Forſtſtrafrecht). Aus⸗ nahmen hievon beſtehen jedoch in Württemberg und im Königreiche Sachſen, wo bei einem Werte des Entwendeten von mehr als 20, bezw. 9 Mark die Entwendung als gemeiner Diebſtahl betrachtet wird, und in Sachſen— Meiningen, wo die Entwendung von gefälltem, ſelbſt ſchon überwieſenem oder übergebenen Waldholze zu den Forſtfreveln zählt, ſo lange das Holz mit bloß forſtlicher Zurichtung ent⸗ weder auf Waldboden oder auf unmittelbar an den Wald angrenzenden Grundſtücken außer dem Gewahrſam eines Gebäudes oder einer daran ſtoßenden Einfriedigung liegt. Auch der ſog. Wilddiebſtahl oder die Verletzung fremden Jagdrechtes durch wider— rechtliche Aneignung von Wild (jagdbarer Thiere) wird, da das Wild noch nicht in das Eigenthum und den Gewahrſam des Jagd— berechtigten übergegangen war, nach dem Reichs- ſtrafgeſetze nicht als Diebſtahl, ſondern nur als ſtrafbarer Eigennutz beſtraft (ſ. Jagdſtrafrecht). Die rechtswidrige Entwendung von dem Jagd— berechtigten bereits oceupierten Wildes iſt auch hier Diebſtahl. Gleiches gilt auch von dem unbefugten Fiſchen und Krebſen (ſ. Fiſchereirechth. Be⸗ züglich des Felddiebſtahles ſ. Feldpolizei. At. Entwerden, verb. intrans., veraltet für aus⸗ oder durchbrechen oder überhaupt ent- kommen, von allem Wilde; vgl. entbrechen. „Wenn er (der gejagte Hirſch) ſich aber auff die Schalckſeiten leget jo ſuchet er mancherley Behendigkeiten daß er den Hunden entwerde.“ J. Colerus, Oeconomia, Mainz 1643, fol. 391 a. — Grimm, D. Wb. III., p. 655. — Sanders, Wb. II., p. 1569 b. v. D. Entwicklung (der Wirbelthiere), Phyſio— logie derſelben. Die Aufgabe der Entwick— lungsgeſchichte der Thiere im engeren Sinne, der Embryologie, Anaplaſis, beſteht in der Verfolgung der Entwicklung des Individuums von der Furchung der Eizelle angefangen bis zum Beginn des Lebens als ſelbſtändiges Weſen; es reicht die der Embryologie zu— fallende Lebensperiode beim Säugethier bis zur Geburt und beim Vogel bis zum Verlaſſen des Eies, ſie wird als embryonale Periode und das in derſelben befindliche Individuum als Embryo bezeichnet. Durch die geſchlechtliche Zeu— gung werden bei der weit überwiegenden Mehr- zahl der pflanzlichen und thieriſchen Organismen und bei den höher organiſierten, alſo auch bei den Säugethieren und Vögeln, ausſchließlich die neuen, jungen Individuen gebildet. Die bei⸗ den Geſchlechtsproducte, Eizellen und Samen⸗ zellen, vereinigen ſich — dieſe Vereinigung wird als Befruchtung bezeichnet —, die aus der Vereinigung beider hervorgehende neue Zelle iſt das neue Individuum, jo daſs jedes Säugethier und jeder Vogel in ſeinem jüngſten Stadium ebenſogut ein einzelliger Organismus war wie alle übrigen lebenden Weſen, was die niederſten Pflanzen- und Thierarten für ihr ganzes Leben bleiben; die ausführliche Be⸗ ſchreibung des Befruchtungsvorganges ſelbſt gehört in das Capitel „Zeugung“ (ſ. Zeugung). Seitdem Meckel genau die Geneſe der Eizelle im Vogeleierſtocke ſtudiert und gezeigt hat, dass zwiſchen der Eizelle des Säugethieres und der des Vogels kein weſentlicher Unterſchied iſt, kann die Behauptung, dajs bei der Vogeleizelle die erſten Entwicklungsvorgänge andere ſind als bei der Säugethiereizelle, nicht mehr aufrechterhalten werden. Dem im Keimhügel des Graaf'ſchen Follikels (ſ. Zeugung) liegenden Säugethiereie iſt nach Meckel der im Hahnentritt des Vogel⸗ eies (ſ. Zeugung) liegende Bildungsdotter mit dem Keimbläschen analog, welcher als Keim⸗ ſcheibe in embryologiſchen Werken angeführt wird. Bei allen Eiern iſt die erſte der Befruch⸗ tung folgende Erſcheinung das Verſchwinden des Keimbläschens; was aus ihm wird, iſt bis heute noch nicht aufgeklärt. Dieſem Verſchwin⸗ den des Keimbläschens folgt ebenfalls bei allen Eiern der Furchungsproceſs. Wir wollen zuerſt die Vorgänge, welche bei Säugethier⸗ eiern und ſpeciell beim Hundeei auftreten, an⸗ führen, da dieſe durch Biſchoff am genaueſten. verfolgt ſind und deſſen Abbildungen auch beifügen. Nach dem Schwinden des Keimbläschens zieht ſich die Plasmamaſſe (Dottermaſſe) der befruch⸗ teten Eizelle (ſ. Zeugung) von der Zona pellu- cida zurück, jo daſs zwiſchen beiden ein Zwi⸗ ſchenraum entſteht; in der Mitte tritt ein deut⸗ licher Zellkern auf. Fig. 2771 zeigt dieſes Stadium, es iſt das Ei von einem Kranze von Zellen des Keimhügels umgeben, die dicht der Zona pellucida anliegen, in der noch deutlich ſichtbare Spermatozoiden ſich befinden; zwiſchen der befruchteten, dunklen Eizelle — der erſten Furchungskugel — und der breiten Zona iſt ein deutlicher Zwiſchenraum. In der Fig. 27711 ſieht man zwei große Zellen, Furchungskugeln, im Innern der Zona, die durch die Furchung, Theilung der erſten entſtanden ſind; neben ihnen befinden ſich kleine, durchſichtige Körperchen le), die wahrſcheinlich aus den Zellen ausgeſtoßen worden ſind. Jede von den beiden Furchungs⸗ kugeln theilt ſich in zwei Hälften, jo daſs aus ihnen vier Zellen, Furchungskugeln, hervor⸗ gehen (Fig. 2771I]); durch fortdauernde Theilung entſteht endlich ein maulbeerförmiges Conglo⸗ merat von jungen Zellen (Fig. 277 IVW), die ein gekörntes Protoplasma und einen hellen Zell⸗ kern beſitzen, den man deutlich an durch Spren-⸗ gung der Zona freigewordenen Furchungskugenn (Fig. 277 V) ſehen kann. Man hat dem Vogelei partielle Furchung zugeſchrieben, weil man den ganzen Dotter als Analogon des Säugethiereies betrachtete; nach Entwicklung. 325 den Unterſuchungen Meckels iſt aber nur der Hahnentritt, wie wir geſehen haben, dem Säuge— thierei analog, er allein theilt ſich, u. zw. voll⸗ ſtändig, jo daſs wir auch dem Vogelei totale Furchung zuſchreiben müſſen. Dies mujs her⸗ vorgehoben werden, da es in der That Eier mit partieller Furchung gibt, bei welchen ſich nur ein Theil des Plasmas der geſammten Eizelle an der Furchung betheiligt; ſolche Eier ſind die Fiſcheier und die Eier der beſchuppten Amphibien. Nach den Beobachtungen Coſtes entſteht bei den Vogeleiern zuerſt eine die Keimſcheibe diametral theilende Furche, die von einer hierauf ſich bildenden unter einem rechten Winkel geſchnitten wird; dieſen beiden Furchen folgen noch zwei Diametralfurchen, jo daſs der Hahnentritt in acht Theile getheilt iſt. Es ſchnüren ſich ſodann die an dem Kreuzungs— punkte liegenden Spitzen ab, und es geht die Theilung in radialer Richtung und die Ab— ſchnürung der Spitzen weiter, bis auch das Vogelei durch die Furchung in ein Conglomerat von Furchungskugeln, jungen Zellen, umgewan— delt iſt. Da der Vorgang der Furchung bei Säuge— thiereiern nur aus nebeneinander liegenden Bildern combiniert werden kann, während beim Froſchei die Beobachtung des Vorganges ſelbſt ſehr leicht iſt, ſo ſei es geſtattet, noch die Fur— chungsvorgänge beim Froſchei näher zu beſchreiben. Das reife Froſchei beſteht aus einer dunklen, der Sonne zugewendeten, und einer helleren Hälfte; im Anfange der Furchung zieht ſich der Pol der dunkleren Hälfte von der Dottermembran etwas zurück, und es breitet ſich nach beiden Seiten in der Richtung eines Meridians eine Furche über die dunklere Hälfte zuerſt aus, ſie reicht aber auch in die hellere Hälfte hinein, ohne jedoch den hellen Pol zu erreichen; dieſe Furche wird von einer zweiten, ebenfalls am dunklen Pol entſtehenden unter einem rechten Winkel durchkreuzt, auch die zweite erreicht den hellen Pol nicht. Dieſen beiden Meridianfurchen folgt eine den Dotter vollſtändig umgreifende Aquatorialfurche, hierauf erreichen die Meridian⸗ furchen den hellen Pol, ſo daſs die Eizelle in acht Theile zerlegt iſt. Es tritt dann in der dunklen Hälfte eine voll⸗ ſtändige Parallelfurche auf, der wieder Meri⸗ dianfurchen folgen, bis die dunkle Hälfte zerlegt iſt, dann erſt geht der Theilungsproceſs auf die hellere, untere Hälfte über. Fig. 278 gibt nach Remak ein Furchen⸗ ſchema für das Froſchei, in welchem die Ver— ſchiedenheiten zwiſchen der dunkleren und helleren Hälfte in die Augen fallen. In der beſchriebenen Weiſe tritt die Fur⸗ chung bei befruchteten Eiern auf; es iſt aber zu erwähnen, dajs auch unbefruchtete Eier der Säugethiere und Vögel die Furchung zeigen, dass aber die gebildeten Furchungskugeln ſich nicht weiter entwickeln und ſchließlich verſchwinden, während die des befruchteten Eies das neue Individuum aufbauen. In jüngſter Zeit hat man durch künſtliche Reize die Furchung nicht- befruchteter Eier hervorgerufen. Die Furchung des Säugethiereies beginnt ſchon im Eileiter, vollendet wird ſie im Uterus; Biſchoff beobachtete eine bis jetzt unaufgeklärte Erſcheinung, er ſah bei Kanincheneiern, bevor die Furchung aufgetreten war, die Dotterkugeln ſich langſam um ſich ſelbſt drehen. Nachdem die befruchtete Eizelle durch die Furchung in ein maulbeerförmiges Conglomerat von jungen Zellen verwandelt worden iſt, wer— den dieſe Zellen beim Säugethierei gegen die Zona gedrängt, und es bildet ſich in der Mitte eine Höhle aus, die Furchungshöhle nach v. Baer, die Zellen ſelbſt bilden eine dieſelbe umſchließende Blaſe, die Keimblaſe. Die dieſe Keimblaſe bildenden Zellen ſind fünf- oder ſechsſeitig und liegen in einer Schichte, nur an einer Stelle iſt eine größere Menge von Zellen übereinandergehäuft; die Anhäufung iſt der Fruchthof, die Bauſtätte des Embryo, wie ſie Funke zutreffend bezeichnet. Auch bei den Vögeln ordnen ſich die Zellen um eine Höhle, die Furchungshöhle, auch bei ihnen haben wir die Anlageſtelle des Embryo, den Fruchthof. Biſchoff hat die darauf folgenden Erſcheinungen ſehr genau am Kaninchenei beobachtet, es ſon— dern ſich die Zellen zuerſt im Fruchthofe in Schichten, Blätter; dieſe Sonderung geht vom Fruchthofe aus über die ganze Keimblaſe, ſo daſs dieſelbe jetzt von zwei Zellenlagen gebildet wird, aus zwei ineinandergefügten Bläschen beſteht, um dieſe Zeit ſind im Fruchthofe wahr- ſcheinlich ſchon drei Schichten ausgebildet; bei allen Säugethieren findet dieſer Vorgang in Fig. 278. Ei von rana esculenta. 326 der gleichen Weiſe ſtatt, man bezeichnet die ge- bildeten Schichten als Keimblätter. Auch bei den Vögeln bilden ſich zuerſt zwei, dann drei Keimblätter; Fig. 279 ſtellt einen Querſchnitt durch die Keimhaut des befruchteten, unbebrü— teten Hühnereies dar, o oberes (äußeres), u un⸗ teres (inneres) Keimblatt (nach Peremeſchko). Fig. 280 ſtellt den Querſchnitt durch die Keim⸗ haut eines befruchteten und 17 Stunden bebrü- teten Hühnereies dar, o oberes, b unteres Keimblatt, c Dotterhöhle mit den in ihr befind- lichen Bildungselementen des mittleren Keim- blattes, d dieſelben (ähnlichen) Elemente zwi— ſchen dem oberen und unteren Blatte. Nach Schenk finden ſich zwiſchen den beiden zuerſt angelegten Keimblättern Zellen, welche das mittlere Keimblatt bilden und den am Grunde der Furchungshöhle befindlichen ſehr ähnlich ſind; er glaubt, daſs dieſelben vom Boden der Furchungshöhle zwiſchen die beiden Keimblätter gewandert ſind. Entwicklung. des Darmrohres bilden, während der eigent- liche Embryo nur durch das mittlere Blatt, die intermediäre Schicht Reicherts, aufgebaut werden ſollte. Remak modificierte wieder ſehr Reicherts Theorie; nach ihm gehen aus dem oberſten Keimblatte (ſenſoriellen Blatte) hauptſächlich das Centralnervenſyſtem und die Oberhaut mit den Horngebilden hervor, aus dem mittleren (moto⸗ riſch⸗ſexuellen) Blatte hauptſächlich die Organe der Bewegung und die Geſchlechtsdrüſen, aus dem inneren (Darmdrüſenblatte) das Epithel⸗ rohr des Darmes und die Drüſen. Dieſe Theorie iſt das Ergebnis der bis dahin ausge— führten embryologiſchen Beobachtungen und iſt die den Thatſachen im großen ganzen entſpre⸗ chende, nur im einzelnen muj3 ſie natürlich mit dem fortſchreitenden Wiſſen geändert oder er— gänzt werden. His hat über die Entſtehung des mittleren Keimblattes die Anſicht aufgeſtellt, daſs es aus zwei Lagen gebildet werde, von welchen die obere vom äußeren Keimblatte und u T Fig. 279. Querſchnitt durch die Keimhaut eines befruchteten unbebrüteten Hühnereies. o Oberes, u unteres Keimblatt. d 3 a e BR 55 = III SER N 2 2 & Fig. 280. Querſchnitt durch die Keimhaut eines befruchteten und 17 Stunden bebrüteten Hühnereies. o Oberes, b unteres Keimblatt; e Dotterhöhle mit den in ihr befindlichen Bildungselementen des mittleren Keimblattes; d dieſelben Elemente zwiſchen dem oberen und unteren Blatte. Dieſe drei Keimblätter ſind für den Auf— bau des Embryos von höchſter Bedeutung; in den zu verſchiedenen Zeiten aufgeſtellten An- ſichten über den Antheil, welchen dieſelben an dem Aufbaue der einzelnen Organe nehmen, in den Keimblättertheorien, ſpiegelt ſich die Geſchichte der Embryologie wieder. Die Keim— blättertheorien wurden von C. Fr. Wolff be— gründet, und Pander wies thatſächlich die Spal- tung in die Keimblätter beim Hühnchen nach; er nannte das äußerſte ſeröſes Blatt, aus ihm ſollten das Nervenſyſtem, Muskeln und Knochen werden, das innerſte Schleimblatt, es ſollte die Grundlage des Darmes und der anhängenden Drüſen bilden, endlich das mittlere Gefäßblatt, aus ihm ſollten die Meſenterialanlagen und die Gefäße hervorgehen. v. Baer nannte das äußere Blatt animales Blatt, das innerſte vegetatives Blatt, das mittlere Gefäßblatt; er ließ aber ſchon einen Theil des Darmes durch das mittlere, das Gefäßblatt, bilden, ebenſo einen Theil des Rumpfes. Nach Reichert ſollte das äußere Keimblatt nur eine Umhül— lungshaut und das innerſte nur das Epithel die untere vom inneren gebildet werde; es iſt ihm aber von vielen Seiten widerſprochen worden. Wir wollen in unſerer Darſtellung die jüngſten Veobachtungen über die Antheilnahme der Keimblätter an dem Aufbau des Embryos berückſichtigen und dem Vorgange Schenks folgen. Nach ihm gehen weſentlich aus dem äußeren Keimblatte das Centralnervenſyſtem, die Epi- dermis und die Horngebilde hervor, aus dem inneren das Epithel des Darmes und der Aus⸗ führungsgänge der Drüſen, während dieſe ſelbſt ſowie alle übrigen Organe des Körpers vom mitt⸗ leren Keimblatte gebildet werden. Zur Zeit der Spaltung in Keimblätter ſieht man bei den Vögeln und Säugethieren an der Stelle des Frucht⸗ hofes zwei concentriſche Höfe entſtehen, einen mittleren kleineren, den eigentlichen Fruchthof, und einen dieſen umgebenden, den Gefäßhof, der dunkler iſt. In dem bläschenförmigen Zuſtande bleiben die Säugethiere der verſchiedenen Thier⸗ arten verſchieden lang; nach Reichert die Ka⸗ ninchen 4 Tage, Katzen 7 Tage, Hunde 11 Tage, Füchſe 14 Tage (Biſchoff), Wiederkäuer und Pachydermen 10—12 Tage. Ein merkwürdiges ö 5 * 8 Entwidlung. 327 Verhalten zeigen die Reheier nach Biſchoff; bei den Rehen fällt die Brunft und Begattung in die erſte Hälfte des Auguſt, die Entwicklung des Embryos aber erſt Ende December, das Ei löst ſich anfangs Auguſt, es wird befruchtet, furcht ſich und verharrt dann im bläschenför— migen Zuſtande unverändert durch volle vier Monate. Es iſt nicht möglich, die einzelnen Organe ſtreng nach den Keimblättern zu ordnen, da die meiſten von mehreren ihr Bildungsmaterial er- halten, z. B. ſind die Ausführungsgänge der Bauchſpeicheldrüſe vom inneren Keimblatte, die Drüſenzellen ſelbſt aber, die Nerven und Ge— fäße, das Bindegewebe vom mittleren Keim— blatte gebildet (Schenk); wir wollen aber den— es iſt dann die Rückenfurche zum Centralcanal des Nervenſyſtems geworden, und die dieſelbe umgebenden Theile des äußeren Keimblattes bilden die Anlage des Centralnervenſyſtems, das ſich vollſtändig vom übrigen Theile des äußeren Keimblattes, dem Hornblatte abſchnürt. Fig. 282 ſtellt den Querſchnitt durch den Em⸗ bryonalleib eines Hühnerembryos am Ende des zweiten Tages unterhalb des Vorderdarms dar (nach Schenk). WW u Rückenwülſte, a äußeres Keim⸗ blatt, C Centralnervenſyſtem, ch Chorda dor- Salis, M mittleres Keimblatt, D Darmdrüſenblatt. Die früher nach außen offene Primitivrinne wird zu einem geſchloſſenen Rohre, dem Medullar- rohre; dieſes Rohr iſt nicht an allen Stellen gleich weit. Es iſt dasſelbe in dem vorderſten Theile zu drei Blaſen, den Gehirnblaſen, die unmittelbar aufeinanderfolgen, aufgetrieben; ſie heißen von vorne nach rückwärts aufgezählt: Vor— derhirn „Mittelhirn, Hinter⸗ hirnblaſe; ſpäter ſchaltet ſich zwiſchen Vorderhirn- und Mittel⸗ hirnblaſe die Zwiſchenhirnblaſe ein, und hinter der Hinterhirnblaſe bildet ſich noch eine fünfte, die Nachhirnblaſe, aus. Dieſe Gehirn- blaſen bleiben nicht mehr in der Achſe des Medullarrohres liegen, es treten an drei verſchiedenen Fig. 281. Durchſchnitt durch die Keimanlage eines 22 Stunden alten Hühner- Stellen Krümmungen nach abwärts embryos. R Rückenfurche mit beginnenden Wülſten W; h äußeres, M mitt⸗ leres, D inneres Keimblatt; x Grenze des inneren Keimblattes. auf; die erſte Krümmung findet am Übergange des Rückenmarkes in das Nachhirn ſtatt, ſie heißt Nackenkrümmung, die zweite am Übergange des Nachhirns in das Hinterhirn, es iſt die Brückenkrüm⸗ mung, da an dieſer Stelle der Pons Varoli entſteht, endlich die letzte und ſtärkſte Krümmung findet ſich am Übergange des Mittel- in das Zwiſchenhirn indem ſich Vor— der- und Zwiſchenhirn, nahezu unter einem rechten Winkel gegen das Mittel- und Hinterhirn ſtellt; dieſe Krümmung iſt die Scheitelkrüm— Fig. 282. Querſchnitt durch den Embryonalleib eines Hühnerembryos am mung. In der Medianebene ſchie— Ende des zweiten Tages, unterhalb des Vorderdarmes. W W Rückenwülſte; b ſich Theile des mittl e gh 8 a äußeres Keimblatt; C Centralnervenſyſtem; Ch Chorda dorsalis; M mitt- en ſich tie des mittleren Keim⸗ leres Keimblatt; D Darmdrüſenblatt. noch die Reihenfolge, wie ſie durch die Keim— blätter vorgeſchrieben iſt, ſo weit als möglich bei der Darſtellung einhalten. Das äußere Keimblatt nach Remak liefert das Centralnervenſyſtem, die Oberhaut und die Horngebilde. Zuerſt verdickt ſich das äußere Keimblatt in der Längsachſe des Fruchthofes, es entſteht der ſog. Primitivſtreifen; an dieſer Stelle bilden ſich zwei mit einander pa— rallel verlaufende Wülſte, die Rückenwülſte, welche eine Rinne, die Primitivrinne oder Rückenfurche, zwiſchen ſich haben. Fig. 2811 ſtellt den Durchſchnitt der Keimanlage eines 22 Stun— den alten Hühnerembryos dar (nach Schenk). R Rückenfurche mit beginnenden Wülſten W, h äußeres, M mittleres und D inneres Keim— blatt. Die Wülſte werden immer mehr erhöht, bis ſie endlich aneinanderſtoßen und verwachſen; blattes vorne und oben gegen die urſprünglich unpaare Vorderhirn— blaſe, ſo daſs dieſelbe in zwei Hemiſphären geſpalten wird, die Hemiſphären des großen Gehirns. Aus der Zwiſchenhirnblaſe bildet ſich der Sehhügel, aus der Mittelhirnblaſe entſtehen die Vierhügel, aus dem Hinterhirn entſteht das kleine Gehirn, und die Nachhirnblaſe wird zur Medulla oblongata; urſprünlich iſt das embryo— nale Gehirn vollſtändig glatt, die Windungen bilden ſich erſt ſpäter aus. An der vorderſten Gehirnblaſe entſteht auf jeder Seite je eine blaſige Hervorwölbung, die primäre Augenblaſe, welche, von den Zellen des mittleren Keimblattes umgeben, wächst, bis ſie das Hornblatt erreicht, das über der primären Augenblaſe verdickt iſt (Linſenanlage). Fig. 283 ſtellt den Querſchnitt durch den halbierten Kopf eines Hühnerem— bryos vom zweiten Tage in der Höhe der An— lage des Auges dar (nach Schenk). C Central 328 Entwicklung. nervenſyſtem, deſſen Wandungen ſich in die der Augenblaſe (a) fortſetzen; s Stiel der Augen⸗ blaſe, durch welche dieſe mit der Hirnblaſe com— municiert; m Gebilde des mittleren Keimblattes, die um die Augenblaſe und ihren Stiel ge— lagert find. h Hornblatt, an der Stelle, welche Fig. 283. Querſchnitt durch den halbierten Kopf eines Hühnerembryos vom zweiten Tage in der Höhe der Anlage des Auges. C Centralnervenſyſtem; s Stiel der Augen- blaſe; m Gebilde des mittleren Keimblattes; h Hornblatt. der Augenblaſe anliegt, verdickt. Dieſe verdickte Stelle h des Hornblattes wölbt ſich nach innen und bildet auf dieſe Weiſe das ſog. Linſen— grübchen; dadurch wird die äußere Wand der primären Augenblaſe eingedrückt. Es wuchern aber auch die außerhalb der Augenblaſe liegen— 2 EL Fig. 284. Durchſchnitt durch das Auge eines Hühnerembryos mit der napfförmigen Vertiefung und der Linſengrube. a Augenblaſe; N napfförmige Vertiefung derſelben; g Lin⸗ fengrube; o oberer und u unterer Rand desſelben; p An⸗ lage der Retina; q Anlage des stratum pigmentosum chorioideae; K Hornblatt; m mittleres Keimblatt. den Theile des mittleren Keimblattes von der Linſengrube angefangen bis zum Stiel der Augenblaſe; dadurch wird die äußere und untere Wand der Augenblaſe eingedrückt. Fig. 284 ſtellt den Durchſchnitt durch das Auge eines Hühner⸗ embryos dar mit der napfförmigen Vertiefung und der Linſengrube (nach Schenk). a Augen⸗ blaſe, N napfförmige Vertiefung derſelben, g Lin⸗ ſengrube, o obere und u untere Wand derſelben, p Anlage der Netzhaut, Retina, q Anlage des Stratum pigmentosum chorioideae, K Horn⸗ blatt, m mittleres Keimblatt, die Anlage des Auges aus dem äußeren Keimblatte umgebend. Die Wucherungen der Linſe und der Theile des äußeren Keimblattes nehmen jo zu, daſs die äußere und untere Wand der Augenblaſe voll- ſtändig eingeſtülpt wird und ſich der anderen Wand anlegt, jo dafs die Höhlung der pri- mären Augenblaſe verſchwindet und die ein- gedrückte Augenblaſe eine neue nach unten und außen aber offene Blaſe, die ſecundäre Augen⸗ blaſe mit doppelten Wänden bildet; es kehrt dieſe ſecundäre Augenblaſe eine Höhlung — Furche — nach außen und unten, und es ſetzt ſich dieſe Furche bei den Säugethieren auf den Sehnerven, den Stiel der Augenblaſe, fort, beim Vogel nicht. Dieſe Furche, Spalt (Augenſpalt, colloboma) hat in ihrem äußeren Theile die Anlage der Linſe, die Linſengrube; die Ränder o und u dieſes Grübchens (Fig. 284) wachſen einander entgegen, bis ſie einander erreichen und verwachſen; es ſchnürt ſich dieſe Linſenblaſe vom Hornblatt, das an dieſer Stelle zur Horn— haut des Auges wird, ab; der hintere Theil der Linſenblaſe wandelt ſich zur Linſe um, der vordere Theil wird Epithel der Linſenkapſel. Die Ränder des Augenſpaltes wachſen ebenfalls einander entgegen, erreichen ſich, verwachſen vollſtändig und bilden ſo das geſchloſſene Auge. Die äußere Schichte wird zur Pigmentſchichte der Aderhaut und die innere eingedrückte Wand zur Netzhaut mit allen ihren Schichten; in der Rinne des Sehnerven liegt die Arteria centralis retinae, die ebenfalls von dem umgebenden Gewebe des Opticus eingeſchloſſen wird und auf dieſe Weiſe in die Achſe des Sehnerven zu liegen kommt; bei den Vögeln ſetzt ſich der Augenſpalt nicht auf den Sehnerven fort, welcher auch keine Arteria centralis retinae hat (Lieber- kühn), und es ſchließt ſich auch der Augenſpalt in der Nähe des Sehnerven nicht vollſtändig, indem hier die Beſtandtheile des mittleren Keimblattes mit den Gefäßen der Netzhaut als Kamm (Pecten) in das Auge treten. In der Nähe der letzten Gehirnblaſe findet ſich bei allen Wirbelthieren ebenfalls eine Verdickung des Horublattes, welche ſich zu einem Grübchen (La- byrinthgrube) und ſchließlich durch Abſchnürung derſelben zu einem Bläschen (Labyrinthbläschen) umgeſtaltet, welches das Epithel und die ner— vöſen Theile des Labyrinthes liefert; der vordere Theil wandelt ſich in die Bogengänge und der hintere Theil bei den Säugethieren in die Schnecke um. Fig. 285 zeigt das Labyrinth⸗ bläschen auf dem Durchſchnitte vom Hühner- embryo (nach Schenk). C Centralnervenſyſtem, u Urwirbelmaſſe, x äußeres Keimblatt, Ch Chorda dorsalis, G Labyrinthbläschen. Auch das Ge— ae ruchsorgan wird in Form einer Verdickung des Hornblattes beiderſeits von der vorderſten Ge— hirnblaſe angelegt; es bildet ſich daſelbſt auch ein Geruchsgrübchen, das aber zeitlebens offen bleibt. Der übrige Theil des Hornblattes bildet die Malpighi'ſche Schichte mit der Epidermis Fig. 285. Labyrinthbläschen auf dem Durchſchnite vom Hühnerembryo. © Centralnervenſyſtem; u Urwirbelmaſſe; x äußeres Keimblatt; en dorsalis; G Labyrinth⸗ äschen. £ und den Horngebilden: Haare, Federn, Nägel, Hufe u. ſ. w.; endlich bildet dasſelbe auch die innere Epithelſchichte des Amnions, einer der Eihäute. Das mittlere Keimblatt iſt anfangs auch in der Mitte des Embryos von dem äußeren und inneren Keimblatte deutlich ge— trennt, nach der Anlage des Centralnerven— ſyſtems aber iſt die Trennung des mittleren und äußeren Keimblattes in der Achſe des Embryos nicht mehr zu finden, dagegen iſt das innere Keimblatt deutlich getrennt (Fig. 281). Entwicklung. 329 dorsalis, die Rückenſaite, Wirbelſaite; ihr Querdurchſchnitt iſt nahezu ſcheibenförmig (Ch in Fig 282). Sie wird als ein für die Wirbel— thiere charakteriſtiſches, knorpeliges Gebilde an— geſehen, ſie ſoll aber nach Kovalevsky auch bei den Aſeidien nachweisbar ſein; ſie iſt nur in der embryonalen Periode zu treffen, ſpäter verſchwindet ſie. Beiderſeits von der Chorda verdickt ſich das mittlere Keimblatt ſehr ſtark durch Zellenvermehrung; dieſe auf jeder Seite des Centralnervenſyſtems und der Chorda durch den ganzen Körper verlaufenden Theile des mittleren Keimblattes bezeichnet man als Ur— wirbelplatten. In dieſen erſcheinen beiderſeits in der Mitte helle Quertheilungen, durch welche auf jeder Seite der Chorda zuerſt zwei bis drei dunklere cubiſche Maſſen abgegrenzt werden, welche man als Urwirbel bezeichnet; ihre Zahl nimmt raſch zu, am Kopfende findet keine ſolche Segmentierung der Urwirbelplatten ſtatt. Die Urwirbel erzeugen nicht nur die ſpäteren definitiven Wirbel, ſondern ſie betheiligen ſich, wie wir ſehen werden, an dem Aufbau der meiſten Organe; ihre Zahl iſt größer als die der ſpäteren definitiven Wirbel. In den Ur— wirbeln findet eine Sonderung der Zellen in zwei Schichten ſtatt, man unterſcheidet eine periphere und centrale Schichte. In der Fig. 286 (nach Schenk) iſt mit p die periphere und mit 2 die centrale Schichte auf dem Querſchnitte der Urwirbel bezeichnet. Der übrige nach außen von den Urwirbeln liegende Theile des mitt— leren Keimblattes ſpaltet ſich in zwei über— einanderliegende Blätter; die Spaltung be— ginnt an den Urwirbeln, bei welchen die drei Gebilde ohne Grenzen in einander übergehen, und reicht durch den ganzen Fruchthof (Fig. 286). Die obere Platte führt nach Remak den Namen Hautmuskelplatte (Hm), ſie ſchmiegt ſich vollſtändig dem Embryonalleib an und folgt allen Fig. 286. Querſchnitt durch die untere Hälfte eines Embryo vom Huhn, Ende des dritten Tages. C Nervenſyſtem, h Fol Ch Chorda dorsalis; J inneres Keimblatt; U Urwirbel; v Gefäßräume; E Übergangsſtelle zwiſchen Urwirbel und Hautmuskelplatte; Dt Darmfaſerplatte; Hm Hautmuskelplatte; pp Pleuroperitonealhöhle; Un Urnierengang; p peripherer, 2 centraler Theil der Urwirbel. Die Elemente des mittleren Keimblattes grup— pieren ſich bald jo, daſs verſchiedene Abthei— lungen desſelben entſtehen, die ſich in verſchie— dener Weiſe an der Bildung der Organe des Embryos betheiligen. Bevor noch das Medullar— rohr ſich ſchließt, gruppiert ſich unter demſelben in der Achſe des Embryos ein Theil der Zellen des mittleren Keimblattes zu einem cylindriſchen Strange, welcher vom Schwanzende bis an das Kopfende läuft, es iſt dieſer Strang die Chorda Biegungen desſelben, die untere Platte den Namen Darmfaſerplatte (Dt), welche ſich unmittelbar dem Darmdrüſenblatte (innerſten Keimblatte) anſchließt. Zwiſchen beiden Platten findet ſich eine Höhle, die Pleuroperitonealhöhle (pp) (nach Haeckel Coelom), Viſceralhöhle; die Hautmuskelplatte und die Darmfaſerplatte wandeln ſich nur zur epithelialen Auskleidung der Pleuroperitonealhöhle um (Schenk), während ſie ſich nach Remak an der Bildung verſchie— 330 Entwicklung. dener Organe betheiligen ſollten. Das aus ihnen hervorgegangene Epithel iſt anfangs cy⸗ lindriſch, ſpäter aber abgeplattet, und nur an der Stelle, wo fie an den Urwirbeln in einan= der übergehen, bleibt Cylinderepithelium, welches von Waldeyer als Keimepithel bezeichnet worden iſt, weil aus ihm ſchon im Embryo die Eier des künftigen Eierſtockes gebildet werden. Es findet aber nicht nur eine Differen- zierung der Zellen des Embryonalleibes ſtatt, ſondern es treten auch bald Formveränderungen auf; der früher flach in der Krümmung der Keimblaſe liegende Embryo biegt allmählich ſeine Rän⸗ der gegen das Innere der Blaſe um, ſo daſs an ſei— nen Rändern die Keim- blaſe eingedrückt wird und ſich an dieſen Stellen gegen die Oberfläche des Embryo zurückſchlägt; zuerſt und am ausgeſprochenſten zeigt ſich dies am Kopfende des Embryos. Fig. 287 (nach Schenk) ſtellt den Längs⸗ ſchnitt durch den Kopf- und Schwanztheil eines Hüh— nerembryos dar, anfangs des zweiten Tages; ferite Biegung am Kopfende, f, zweite, entgegengerichtete Biegung der Keimanlage, h Nervenhornblatt, M mitt- leres Keimblatt, d Darm⸗ drüſenblatt, D Darm des Embryos, Kd Kopfdarm oder Vorderdarm, 8 Schwanztheil, an welchem die Krümmung ſpäter auf⸗ tritt als am Kopfe. Bei f biegt ſich der Embryo— nalleib nach rückwärts um, jo daſs am Kopfende eine Höhle, die Kopfdarmhöhle, Vorderdarm, entſteht; bei f, iſt der in die Keim⸗ blaſe eingedrückte Rand der Embryonalanlage, es liegt die Keimblaſe an dieſer Stelle dem Embryonalleib natürlich knapp an, iſt über denſelben gleichſam zurückgeſchlagen, und man bezeichnet dieſen Theil der Keimblaſe als Kopf— kappe. Auch am Schwanztheile krümmt ſich der Embryo in das Innere der Keimblaſe, jo dajs auch hier eine Höhle, der Hinterdarm, und eine über den Schwanztheil zurückgeſchlagene Partie der Keimblaſe entſteht; endlich krümmt ſich der Embryo auch an den Seiten gegen das Innere der Keimblaſe. Die bedeutendſte Krümmung iſt die am Kopfende, der Rand f, jchiebt ſich bis über die hintere Hälfte des Embryos hinaus, während der Rand am hinteren Ende ſich nur über das hintere Viertel des Embryos nach vorwärts ſchiebt, jo daſs der Hinterdarm be— deutend kürzer als der Vorderdarm iſt; die Umbiegung von den Seiten iſt noch geringer als die am Schwanzende. Durch dieſes Einwärts— Fig. 287. Längsſchnitt durch den Kopf- und Schwanztheil eines Hüh⸗ nerembryos, Anfang des zweiten Tages. f Erſte, f, zweite Biegung der Keimanlage; h Nerven⸗ hornblatt; m mittleres Keimblatt; d Darmdrü⸗ ſenblatt; D Darm des Embryo; Kd Kopf⸗ oder Vorderdarm;s Schwanz⸗ theil. krümmen grenzt ſich der Embryo von der Keimblaſe ab; man mujs fich vorſtellen, dass der Embryo durch das Hineinkrümmen in das Innere der Keimblaſe ſich in ſie gleichſam ver- ſenkt und dieſe über ihn zuſammenſchlägt. Dieſer über den Embryo zurückgeſchlagene Theil der Keimblaſe, wir haben den über das Kopfende ſtreichenden Theil als Kopfkappe kennen gelernt, iſt die Anlage der erſten Eihülle, des Amnions, wie wir ſehen werden. Der Embryo ſelbſt iſt nach abwärts hohl geworden, er ſchließt eine Höhlung ein, die vom Darmdrüſenblatte aus⸗ gekleidet iſt, die Darmhöhle. Wie wir geſehen haben, ſpaltet ſich das mittlere Keimblatt in ſeiner ganzen Ausdehnung, nur an den Ur⸗ wirbeln nicht; das innere Blatt, die Darm⸗ faſerplatte, umſchließt vollſtändig den Darm, ſo daſs dieſer überall vom Embryonalleib losge⸗ löst und nur an den Urwirbeln mit ihm in Ver⸗ bindung iſt; an der Bauchſeite communiciert die Darmhöhle durch die untere, von deneingebogenen Rändern des Embryos begrenzte Offnung, dem Nabelblaſengang (Ductus omphalo-mesaraicus), mit der Höhle der Keimblaſe; die innere Lage der Keimblaſe (Fortſetzung des Darmdrüſen⸗ blattes) führt daher auch von da ab, weil ſie in der Nabelgegend mit dem Embryo in Verbindung iſt, den Namen Nabelblaſe. Durch die einander zuwachſenden Embryonalränder, welche den Nabelblaſenſtiel ganz umgeben, wird dieſer immer mehr eingeengt, bis endlich die Ränder vollſtändig verwachſen und dadurch den Embryo von der Keimblaſe abſchließen; der Nabelblaſengang wird dadurch vollſtändig ver- ſchloſſen, die Nabelblaſe iſt durch den ver— ſchloſſenen Gang wie durch einen Stiel mit dem Nabel verbunden; auf der anderen Seite iſt der Darm noch für eine Zeit an die abge⸗ ſchloſſene Bauchwand geheftet, endlich löst er ſich vollſtändig von dieſer Verbindung los. Während dieſe beſchriebenen Veränderungen vor ſich gehen, beginnt der Aufbau der ein⸗ zelnen Organe durch die Urwirbelmaſſe, welche um die Achſe des Embryos liegt, und mit welcher alle beſchriebenen Gebilde, Centralnerven⸗ ſyſtem, Leibeswand, Darm, im Zuſammenhange ſind. Die Elemente des Kernes der Urwirbel⸗ maſſe, des centralen Theiles, beginnen ſich ſehr ſtark zu vermehren, ſie umwuchern zunächſt das Centralnervenſyſtem nach oben, wodurch das— ſelbe von dem darüber hinziehenden Hornblatte vollſtändig getrennt wird, ebenſo nach unten, wobei die Chorda dorsalis eingeſchloſſen wird. Der die Chorda einſchließende Theil wandelt ſich in die Körper der Wirbel und ihre Band- — maſſen u. ſ. w. um, die ſeitlich von dem Cen⸗ tralnervenſyſteme und über demſelben liegenden Theile wandeln ſich in die Wirbelbögen und in die an denſelben befeſtigten Bänder und Muskeln um, ſo daſs durch die Urwirbelmaſſen die das Centralnervenſyſtem umgebende Wirbel- ſäule u. ſ. w. mit ihren Muskeln, Bändern u. ſ. w. gebildet worden iſt. Aber nicht nur nach dem Centrum, ſondern auch gegen die Peripherie ſchiebt ſich die Urwirbelmaſſe durch Vermehrung ihrer Elemente vor. Die Zellenmaſſe derſelben dringt zwiſchen dem Hornblatte und der Haut⸗ muskelplatte vor, ſie verbreitet ſich zwiſchen * 15 * Entwicklung. beiden im ganzen Embryonalleib und rückt über dieſen hinaus in das Amnion fort. Die Seitentheile des Embryos haben alſo folgende Schichten: zu äußerſt das äußere Keimblatt, dann die vorgeſchobene Urwirbelmaſſe und zu innerſt die Hautmuskelplatte; alle dieſe drei Schichten zuſammen bilden die ſog. Seiten- platten (Viſceralplatten) des Embryos; in ihnen entſtehen aus der Urwirbelmaſſe die Extre— mitäten, Rippen, Bruſtbein, Rücken- und Bauch⸗ muskeln, die Cutis, das Bindegewebe des Pe— ritoneums mit allen daſelbſt befindlichen Ner— ven und Gefäßen, das äußere Keimblatt wird nur zur Malpighi'ſchen Schichte und zur Epi— dermis, die Hautmuskel⸗ platte nur zum Epithel des Peritoneum parie- tale (Schenk). Die Ur⸗ wirbelmaſſe wuchert fer- ner zwiſchen die beiden Schichten des Darmes, die Darmfaſerplatte und das Darmdrüſenblatt, in ihrer ganzen Ausdeh— nung; Schenk bezeichnet dieſen Theil der Urwirbel— maſſe als Darmplatte, jo daſs der Darm drei Schichten hat, außen die Darmfaſerplatte, in der Mitte die Darmplatte und zu innerſt das Darm⸗ drüſenblatt; ſie dringt auch noch über den Darm hinaus fort, zwiſchen die Schichten der Dotterblaſe und umgibt dieſelbe, ſo— weit Gefäße in derſelben zu finden ſind. Das Darmdrüſenblatt liefert nur das Epithel des Darm⸗ canals und der Drüſen— ausführungsgänge, die Darmfaſerplatte nur das Epithel des Peritoneum viscerale, alle übrigen Beſtandtheile des Darmes entſtehen aus der Darm- platte. Fig. 288 ſtellt den Durchſchnitt eines Hühner— embryos in der Höhe des offenen Mitteldarmes (Anfang des vierten Bebrütungstages) dar (nach Schenk). C Centralnervenſyſtem, h Hornblatt, U Urwirbel, U, Urwirbelmaſſe, die zwiſchen das äußere Keimblatt und die Hautmuskelplatte vorgerückt iſt, P peripherer und J eentraler dheil der Urwirbel, Un Urnierengang, Ch Chorda Sorsalis, A0 Aorta, Um Hautmuskelplatte, Tp Seitenplatte, A Amnioshöhle, PP Pleuro— peritonealhöhle, Df Darmfaſerplatte, v Vasa omphalo-mesaraica, D Darm, der in Commu— nication mit der Dotterhöhle ſteht, N offener Nabel, Ductus omphalo-mesaraicus, f Darm— platte, B. äußere Epithelſchichte und B. innere Epithelſchichte des Amnions, Am Amnion. Durch die Wucherung der in den Seitenplatten enthaltenen Urwirbelmaſſen kommt es am Nabel zum Abſchluſs der Leibeshöhle des Em— 331 bryos und zum Verſchluſs des Nabelblaſen— ganges. Am Kopfende ſind die Urwirbelmaſſen nicht mehr ſegmentiert; es wuchert auch hier die Urwirbelmaſſe um das Centralnervenſyſtem und bildet den knöchernen Schädel mit den Mus— keln u. ſ. w. Auch die Sinnesanlagen umgeben die Zellen der Urwirbelplatten, durch ſie wird am Auge der Glaskörper, die Chorioidea mit Ausnahme der Pigmentſchichte, welche von der Augenblaſe gebildet wird, das Corpus ciliare, die Sclera, die Augenmuskeln, die Orbita und die übrigen in ihr liegenden Theile gebildet. Die Augenlider werden als Wülſte angelegt Fig. 288. Durchſchnitt eines Hühnerembryos in der Höhe des offenen Mitteldarmes am Anfang des vierten Bebrütungstages. C Centralnervenſyſtem; h Hornblatt; U Urwirbel; U, Urwirbelmaſſe; P peripherer, 2 centraler Theil der Urwirbel; Un Urnierengang; Ch Chorda dorsalis; A0 Aorta; Um Hautmuskelplatte; Sp Seitenplatte; A Amnios⸗ höhle; PP Pleuroperitonealhöhle; Df Darmfaſerplatte; D Darm, der in Communication mit der Dotterhöhle ſteht; N offener Nabel; f Darm- platte; B. äußere, B, innere Epithelſchichte des Amnion; Am Amnion. » Vasa omphalo-mesaraica; welche vom äußeren Keimblatte bedeckt im In— nern die Zellen des mittleren Keimblattes ent— halten; ſie rücken von oben und unten einander näher und verwachſen, die Vereinigungsſchichte enthält nur epitheliale Gebilde; erſt nach der Trennung dieſer Verwachſung kommt es zur Anlage der Augenwimpern und der Mei bom'ſchen Drüſen. Während die vom Hornblatte gebildete Labyrinthblaſe die Nerven und Epi thelien des Labyrinthes bildet, ſtammen die knöchernen und häutigen Theile vom mittleren Keimblatte. Während das Gehirn von dem mittleren Keimblatte umſchloſſen wird, kommt es zu den erwähnten Krümmungen, durch welche die vorderſten Hirnblaſen nach abwärts ge bogen werden, und die größte der embryonalen Hirnblaſen, die Vierhügelblaſe oder das Mittel- hirn, iſt dann die oberſte Gehirnblaſe; durch 332 dieſe Abkrümmung der beiden erſten Gehirn- blaſen kommt es am Kopfende des Embryos zur Bildung einer Bucht, der Mund bucht, welche nach vorne durch die Baſis der erſten und zweiten Gehirnblaſe und oben von der vorderen Fläche des Rumpftheiles des Em— bryos begrenzt wird. An dieſem vorderſten Rumpftheile treten jederſeits fünf Kiemen⸗ fortſätze (Kiemenbögen, Viſceralbögen) auf, welche die Bucht ſeitlich begrenzen; die zwei hinterſten verſchwinden mit der Zeit, ſo daſs nur die drei vorderſten bleiben; die Mund⸗ bucht iſt durch das äußere Keimblatt ausge— kleidet und anfangs mit dem blind endigenden Vorderdarm gar nicht in Communication, dieſe tritt erſt ſpäter ein. Durch die Kiemenbögen iſt die äußerliche Unterſcheidung in Geſicht, Hals und Rumpf gegeben. Fig. 289 ſtellt einen Kaninchenembryo mit ausgebildeten Kiemenfortſätzen dar (nach Schenk), IV IE Fig. 289. Kaninchenembryo mit den ausgebildeten Kiemen⸗ fortſätzen. I, II, III, IV, V die fünf aufeinanderfolgenden Gehirnblaſen; K K. K die drei vorhandenen Kiemen⸗ bögen; u Urwirbelgrenzen, äußerlich bemerkbar; v Ex vor= dere, h Ex hintere Extremität; 8 Schwanz; A Auge; H Herz; m Stelle des Nabels, an welcher das Amnion abgeriſſen iſt. J, II, III, IV, V die aufeinanderfolgenden Ge— hirnblaſen, K, K, K, die drei vorhandenen Kiemenbögen, u Urwirbelgrenzen, äußerlich be— merkbar, vEx vordere, hEx hintere Extre— mität, S Schwanz, A Auge, H Herz; Labyrinth⸗ bläschen war äußerlich nicht ſichtbar; m Stelle des Nabels, an der das Amnion abgeriſſen iſt. Fig. 290 ſtellt einen Embryo von Emys euro- 75. * Fig. 290. Embryo von Emys europaea, ſechsmal ver⸗ größert. a Herz; b linker Cuvier'ſcher Gang; e Leber; d Anfang des Dünndarmes; e Gekröſe; f der mit dem Darme zunächſt zuſammenhängende und zur Bildung des Dotterſackes beſtimmte Theil der Keimhaut; g Allantois; ex vordere, ex, hintere Extremität; h Geruchsgrübchen; i Auge; k erſter Kiemenfortſatz mit dem Processus orbi- talis; k, die übrigen Kiemenfortſätze. Entwicklung. paea ſechsmal vergrößert dar (nach Schenk). Das Amnion iſt an der Stelle, wo es in die Bauchwandung abgieng, ringsum abgeſchnitten, von dem Beutel aber, in dem das Herz liegt, iſt nur die linke Hälfte entfernt worden; a Herz, b linker Cuvier'ſcher Gang, e Leber, d Anfang des Dünndarms, e Gekröſe, f der mit dem Darm zunächſt zuſammenhängende und zur Bildung des Dotterſackes lentſprechend der Nabelblaſe) beſtimmte Theil der Keimhaut, g Allantois, ex vordere Extremität, ex, hin⸗ tere Extremität, h Geruchsgrübchen, i Auge, k erſter Kiemenfortſatz mit dem Processus or- bitalis; gegen den Rücken des Embryos, mit dem erſten Kiemenfortſatze in gleicher Höhe, das Labyrinthbläschen; k, die übrigen Kiemen⸗ fortſätze. Am Kopftheile ſind überdies die Ge⸗ hirnblaſen ausgeprägt. Die Mundbucht iſt die gemeinſchaftliche Mund-, Naſen- und Rachen⸗ höhle, die anfangs mit dem blind endigenden Vorderdarme gar nicht communicieren; durch vom erſten Kiemenbogen entwickelte Fortſätze wird die Trennung der einzelnen Höhlen ſpäter bewerkſtelligt. Der vorderſte Kiemenbogen theilt ſich in zwei Aſte, von welchen der vordere Aſt (Processus orbitalis) die Geſichtsknochen bildet, während er ſich mit dem der anderen Seite vereinigt und durch Queräſte die Trennung der Naſen⸗ und Mundhöhle herbeiführt. Der hintere Aſt bildet in ſeinem unterſten Theile, indem er ſich mit dem der anderen Seite ver⸗ einigt, den Unterkiefer, in ſeinem oberen Theile den Hammer und Ambos; der Hammer iſt im Embryonalleben durch längere Zeit mit dem Unterkiefer durch den Meckel'ſchen knor— peligen Fortſatz vereinigt; an der Vereinigungs⸗ ſtelle der beiden Unterkieferhälften wird die Zunge in Form einer Wucherung angelegt. Der zweite Kiemenbogen bildet den Steigbügel, den Processus styloideus und die kleinen Hör⸗ ner des Zungenbeines; die dritten vereinigen ſich und bilden an der Vereinigungsſtelle den Körper des Zungenbeines, an den Seiten die großen Hörner desſelben. Die Spalte zwiſchen dem erſten und zweiten Kiemenbogen, die erſte Kiemenſpalte, enthält die Gehörknöchelchen und iſt die Anlage der Trommelhöhle und der Tuba Eustachii. Am Schwanzende des Embryos entwickelt ſich ein eigenthümliches Gebilde, die Allan- tois. Fig. 291 ſtellt den Längsſchnitt durch das Schwanzende eines Hühnerembryos des dritten Tages dar (nach Schenk). Ch Chorda dorsalis, Dd Darmdrüſenblatt, w Wulſt am Schwanz⸗ darme, All Allantois, u Gefäßdurchſchnitt, Df Darmfaſerplatte, PP Pleuroperitonealhöhle, v Amnioshöhle, x’ äußeres Keimblatt, m Ur⸗ wirbelmaſſe, Hp Hautmuskelplatte, s Schwanz⸗ darm. Der Schwanzdarm iſt durch einen Wulſt (w) abgegrenzt, hinter welchem die Allantois (All) als Falte auftritt, welche von dem Darm⸗ drüſenblatte ausgekleidet und von den Ele— menten der Urwirbelmaſſe umgeben iſt. His und andere haben in neuerer Zeit die Entwid- lung der Allantois klargelegt. Die Anlage der Allantois wächst als Hohlgebilde zwiſchen dem zum Amnion ſich umſchlagenden Theile der Hautmuskelplatte (Hp) und dem zur Nabel- blaje übertretenden Theile der Darmfajerplatte (Dt) und liegt alſo außerhalb des Amnions, zwiſchen dieſem und der Nabelblaſe. Die Allan⸗ tois wächst über den Leib des Embryos hinaus, ſie wird bei der Abſchließung des Embryonal— leibes am Nabel in zwei Abtheilungen ge— bracht. Die im Körper bleibende wandelt ſich in den unterſten Theilen in die Harnblaſe und im oberen Theile in den Urachus um; die Ab— Ph RER Fig. 291. Zwei mit einander parallele Röhrenſchenkel im Schwanzdarme eines Hühnerembryos des dritten Tages. Ch Chorda dorsalis; Dd Darmdrüſenblatt; W Wulſt am Schwanzdarme; AN Allantois; Df Darmfaſerplatte; PP Pleuroperitonealhöhle; v i e x’ äußeres Keim⸗ att. theilung außerhalb des Körpers bildet das ge— fäßreiche Chorion, die zweite Eihülle, von welcher wir ſpäter ſprechen wollen. Die Gefäßbildung findet im mittleren Keimblatte ſtatt. Die Gefäße entſtehen früher als das Herz; um die Zeit, in welcher ſich die Rückenfurche am Kopfende zu ſchließen beginnt, kann man ſchon in dem Gefäßhofe (Area opaca) ausgebildete Bluträume und im eigentlichen Fruchthofe (Area pellucida) die Anlage der— ſelben ſehen. Die Gefäße werden zuerſt im Gefäßhofe angelegt, und von da bilden ſie ſich erſt gegen die Mitte des Fruchthofes hin aus; ſie werden als ſolide Stränge angelegt, die ſpäter hohl werden, ſie ſind an manchen Stellen ſtärker aufgetrieben und mit kleinen Zellen ge— füllt (Blutinſeln). Das Herz bildet ſich im vor— deren Theile des Embryos, in dem Theil der Pleuroperitonealhöhle, welcher zwiſchen dem Vorderdarm und der vorderen Rumpfwandung liegt und welcher Herzhöhle genannt wird. Es bildet ſich zuerſt als hohle Ausſtülpung der Darmfaſerplatte gegen die Pleuroperitoneal— höhle; es iſt erſt ſchlauchförmig, der Körper— achſe parallel. Fig. 292 ſtellt den Querſchnitt eines Hühnerembryos in der Höhe des Herzens dar (nach Schenk). Ende des dritten Tages der Bebrütung. U Urwirbelmaſſe, C Centralnerven— ſyſtem, Ch Chorda dorsalis, 40 Aorta, h Ner— venblatt, VD Querſchnitt des Vorderdarmes, H Herz, m innere unden äußere Schichte des— Entwicklung. 333 ſelben, v Gefäßdurchſchnitte, Am Stücke des Amnions. Sobald das Herz ſchlauchförmig iſt, beginnen ſeine Contractionen, ohne daſs in demſelben hämoglobinhaltiges Blut enthalten iſt; das rückwärtige Ende des Schlauches geht in die Venen über, das vordere Ende in die Arterien. Es nimmt der Schlauch eine s-förmige Geſtalt an, u. zw. kommt der arterielle Theil nach rechts und vorne, der venöſe Theil nach Fig. 292. Querſchnitt eines Hühnerembryos in der Höhe des Herzens, Ende des dritten Bebrütungstages. U Ur⸗ wirbelmaſſe; C Centralnervenſyſtem; Ch Chorda dorsalis; A0 Aorta; h Nervenblatt; VD Querſchnitt des Vorder darmes; H Herz; m innere, n äußere Schichte desſelben; v Gefäßdurchſchnitte; Am Amnionſtücke von in ſeiner Con⸗ tinuität getrenntem Amnion. links und hinten (h, Fig. 293). Den Kreislauf in dieſer Zeit der embryonalen Entwicklung ſtellt die Fig. 293 (nach Ecker) beim Kaninchen— embryo dar; das Herz h geht in die beiden Aortenbögen aa über, die in zwei parallel der Wirbelſäule verlaufende Aorten ww übergehen; dieſe beiden Aorten rücken ſpäter einander näher und verſchmelzen zu einer einfachen Aorta. Aus dieſer führen die Arterien go, arteriae omphalo-mesentericae, Nabelblaſen— arterien, das Blut in das arterielle, mit ein— fachen Linien gezeichnete Netz über, welches ſchließlich ſein Blut in die Vena terminalis, die Randvene tt entleert. Aus dieſen leitet ein mit Doppellinien gezeichnetes Venennetz das Blut in zwei von vorne und rückwärts kommende Venenſtämme, welche auf jeder Seite in die Vena omphalo-mesenterica, Nabelblaſenvene vv 334 übergehen, die in den Herzſchlauch ſich ein- ſenken. Der außerhalb des Embryos in der Nabelblaſe liegende Theil dieſes Kreislaufes hat nur eine proviſoriſche Bedeutung, er verſchwindet vollſtändig, und an feine Stelle tritt der Kreis- lauf durch die Aorta und Vasa umbilicalia der Allantois. Bei manchen Thieren iſt das Nabel- blaſengefäßſyſtem überhaupt ſchwach ausgebildet, ſo ſah Biſchoff nur einige Vasa omphalo-mesen- terica durch die Nabelöffnung des Rehembryos treten. Ausſchließlich aus den Elementen des mitt- leren Keimblattes wird der geſammte Uro— \ { * a ee N a 3 Entwicklung. ſich in ihr auch alle übrigen Gebilde des Uro— genitalapparates entwickeln. Die Urniere iſt ein vergängliches, nur für das Embryonalleben beſtimmtes Organ, welches ebenſo wie die blei- benden Nieren Malpighi'ſche Körperchen, glo- meruli, enthält, von welchen gewundene Canäl⸗ chen zum Urnierengange ziehen. Das Epithel dieſer Canäle ſtammt vom Urnierengange, wäh— rend das übrige Gewebe und die Gefäße von der Urwirbelmaſſe gebildet werden. Nach der Ent- ſtehung der Urnierengänge bildet ſich im Keim— epithel ebenfalls eine Rinne aus, welche auf Querſchnitten deutlich zu ſehen iſt. Fig. 294 — Fig. 293. genitalapparat aufgebaut. Das erſte Ge- bilde dieſes Apparates iſt der Urnierengang; er entſteht nach Schenk am Übergange der Ur— wirbel in die Hautmuskelplatten (Un, Fig. 286), indem ſich, wie Romiti durch feine unter Wal— deyers Leitung ausgeführten Unterſuchungen ge— zeigt hat, von der Pleuroperitonealhöhle aus an der bezeichneten Stelle eine Rinne bildet, die ſich zu einem Gange ſchließt und abſchnürt; dieſer Urnierengang wird von der ſich zwi— ſchen Hornblatt und Hautmuskelplatte vorſchie— benden Urwirbelmaſſe umgeben, durch deren Mitbetheiligung der Wolff'ſche Körper oder die Urniere gebildet wird. Dieſer längliche Körper ragt beiderſeits von der Anheftungsſtelle des Darmrohres in Form einer Falte in die Pleuroperitonealhöhle vor, welche als Plica uro- genitalis, Urogenitalfalte bezeichnet wird, da ſtellt den Querſchnitt eines Hühnerembryos von 99 Stunden dar (nach Waldeyer). Combiniert aus zwei aufeinanderfolgenden Schnitten. Die rechte Hälfte entſpricht dem vorderen Quer- ſchnitte. Md Medullarrohr, C Chorda, Mp Mal⸗ pighi'ſches Körperchen, A Aorta, a Keimepithel, 2 Müller'ſcher Gang, reſp. die Einſtülpung zur Bildung desſelben, m Meſenterium. Dieſe Rinne ſchließt ſich zu einem vollſtändigen Rohre, dem Müller'ſchen Gange, welcher ſich nach rückwärts mit dem der Gegenſeite vereinigt, das aus der Vereinigung beider hervorgegangene Stück mündet in den hinterſten Theil des Darmes, in die Cloake aus; nach vorne endet dasſelbe offen in der Peritonealhöhle, dieſer Theil wird bei den weiblichen Thieren zum Eileiter, zur Tuba, während der hintere Theil ſich in die Gebärmutter in den Uterus umwandelt. Später zeigen Querſchnitte des Urnierenganges an der dorſalen Seite desſelben eine rinnenförmige Ausbuchtung, es ſchnürt ſich dieſer Theil vom Urnierengange ab und wird zum Ureter und zur Niere; dieſe entwickelt ſich aus einer über dem Wolff'ſchen Körper befindlichen Zellenmaſſe. Md. Fig. 294. Querſchnitt eines Hühnerembryo von 99 Stunden, vorderſter Abſchnitt des Sexualwalles, combiniert aus zwei aufeinanderfolgenden Schnitten. Md Medullarrohr; C Chorda; Mp Malpighi'ſches Körperchen; A Aorta; a Keimepithel; 2 Müller'ſcher Gang; m Meſenterium. Das Epithel der Harncanälchen ſtammt wahr— ſcheinlich in letzter Linie vom Urnierengange ab, während alle übrigen Theile der Niere von der Urwirbelmaſſe gebildet werden. Fig. 295 Md 0290 0° % 0 8 0 0 0 0 5 0 „( es 5 00 9 7 NY Fig. 295. Querſchnitt durch den hinteren Rumpftheil eines männlichen Hühnerembryos von 8 Tagen. Md Medulla; m Muskelbündel; C Chorda mit der Anlage eines defini— tiven Wirbels; A Aorta; Ve Vene; D Darm; b Knorpel⸗ ſtreifen; P Plica urogenitalis, enthält: x den Nierencanal, y den Wolff'ſchen Gang und 2 den Müller'ſchen Gang. Entwicklung. 335 ſtellt den Querſchnitt durch den hinteren Rumpf— theil eines männlichen Hühnerembryos von 8 Tagen dar (nach Waldeyer). Md Medulla, m Muskelbündel, C Chorda mit den Anlagen eines definitiven Wirbels, A Aorta, Ve Vene, D Darm, b Knorpelſtreifen, P plica urogeni- talis, enthält: x den Nierencanal, y den Wolff- ſchen Gang und 2 den Müller'ſchen Gang. Die beiderſeitigen Urnierengänge und Ureteren mün⸗ den gemeinſam mit den vereinigten Müller'ſchen Gängen und der Allantois in dem unterſten Theile des Darmes, in der jog. Cloake aus. Bei den zu weiblichen Individuen ſich ent- wickelnden Embryonen findet die Bildung der Ovarien auf dem vorderen Abſchnitte der Wolff— ſchen Körper ſtatt, die Eier entwickeln ſich aus den Zellen des Keimepithels (Waldeyer) und werden ſpäter von dem das Stroma des Eier— ſtockes bildenden Elementen der Urwirbelmaſſe umgeben; mit der weiteren Entwicklung der Eierſtöcke verkümmern die beiden Wolff'ſchen Körper mit ihren Gängen. Die Reſte des Wolff— ſchen Körpers bleiben zwiſchen Niere und Eier- ſtock als Nebeneierſtock, und der Reſt des Ur— nierenganges bleibt bei Wiederkäuern und Schweinen als Gärtner'ſcher Canal zurück. Es ſind alſo ſchon im Embryo die Eizellen ge— bildet. Fig. 296 (nach Waldeyer) ſtellt den Querſchnitt des Sexualwalles mit dem Wolff— ſchen Körper, Müller'ſchen Gange und der Anlage des Ovariums dar, combiniert aus den Zeichnungen zweier Präparate, von denen das eine den Wolff'ſchen Körper mit der Einſtül— pung des Müller'ſchen Ganges, das andere einen ziemlich gleich entwickelten Wolff'ſchen Körper mit der Eierſtockanlage zeigte. Hühner— embryo am Ende des vierten Bruttages. e Wolff— IP ,. /| let 1 N 2 J Fig. 296. Querſchnitt des Sexualwalles mit dem Wolff ſchen Körper, Müller'ſchen Gange und der Anlage des Ovariums bei einem Hühnerembryo am vierten Bebrü⸗ tungstage. e Wolff'ſcher Körper, ſeine Quercanälchen im Durchſchnitte; e Querſchnitt des Wolff 'ſchen Ganges; b ver dicktes Keimevithel auf der dem Müller'ſchen Gange be nachbarten Partie des Sexualwalles ſowie auf dem Eier ſtockhügel; d Müller'ſcher Gang; a Eierſtockhügel; g Mal pighi'ſche Körperchen. 336 ſcher Körper; feine Quercanälchen im Durch- ſchnitt, e Querſchnitt des Wolff'ſchen Ganges, b verdicktes Keimepithel auf der dem Müller- ſchen Gange benachbarten Partie des Gerual- walles ſowie auf dem Eierſtockhügel, d Müller- ſcher Gang im Zuſammenhange mit dem Keim— epithel, a Eierſtockhügel. Im verdickten Epithel (b) des Ovariums (a) find bereits die meta- morphoſierten Zellen des Keimepithels zu be— obachten, aus dem die erſten Eichen hervor— gehen; g Malpighi'ſche Körperchen; die Elemente zwiſchen den mit Buchſtaben bezeichneten Ge— bilden gehören der Urwirbelmaſſe an. Bei Embryonen, die ſich zu männlichen Individuen entwickeln, findet man auch im Keimepithel nach Waldeyer den Eiern ähnlich entwickelte Zellen zu einer Zeit, als ſchon die Hodencanälchen angelegt ſind; der Embryo ſtellt alſo um dieſe Zeit einen wahren Zwitter dar. Die männliche Geſchlechtsdrüſe entwickelt ſich am dorſalen und lateralen Theile des Wolff— ſchen Körpers; die Samencanälchen ſtehen direct mit den Canälchen des Wolff'ſchen Körpers in Verbindung, ſo daſs aus dem Epithel des Wolff'ſchen Körpers die Zellen abgeleitet ſind, welche die Spermatoblaſten (Ebner) liefern. Fig. 297 ſtellt den Wolff'ſchen Körper mit ſeiner nächſten Umgebung von einem 7tägigen Hühner— embryo auf dem Querſchnitte dar (nach Schenk). L jeitliche Bauchwand, m Meſenterium, A Aorta, N FE INN R x NN DANS EI W * Fig. 297. Wolff'ſcher Körper mit ſeinen nächſten Umge— bungen von einem ſiebentägigen Hühnerembryo auf dem Querſchnitte. L Seitliche Bauchwand; m Meſenterium; A Aorta; Ve Vene; G Ganglienanlagen (2); b Vene an der Baſis des Wolff'ſchen Körpers; x Anlage der Niere; U Urmirbeltheil des Wolff'ſchen Körpers; Mp Malpighi'ſche Körperchen; y Querſchnitt des Wolff'ſchen Ganges; 2 Müller⸗ ſcher Gang; H Hoden; NH Nebenhodentheil des Wolff⸗ ſchen Körpers mit Querſchnitten kleiner Canälchen. Entwicklung. Ve Vene, G Ganglienanlagen (?), b Vene an der Baſis des Wolff'ſchen Körpers, x Anlage der Niere, U Urwirbeltheil des Wolff'ſchen Kör⸗ pers, Mp Malpighi'ſche Körperchen, y Querſchnitt des Wolff'ſchen Ganges, 2 Müller'ſcher Gang, H Hoden, noch mit einer dünnen Lage vom Keim⸗ epithel (niedriger als beim Weibchen desſelben Alters) bekleidet, NH Nebenhodentheil des Wolff- ſchen Körpers mit Querſchnitten kleiner Canäl⸗ chen. Der Urnierengang wandelt ſich in das Vas deferens um. Bei allen Wirbelthieren findet ſich die Cloake als gemeinſchaftliche Aus⸗ mündung des Verdauungscanales, des Harn— und Geſchlechtsapparates. Beim Säugethier tritt äußerlich eine Trennung in zwei Offnungen auf, die vordere iſt für den Harn- und Ge- ſchlechtsapparat, die hintere für den Darm⸗ tractus. Vor der vorderen Offnung findet ſich bei beiden Geſchlechtern ein Wulſt, der bei Weibchen in die Clitoris und bei Männchen in den Penis verwandelt wird; ſeitlich von der erſten Offnung entſtehen zwei Wülſte, welche bei Männchen die beiden ſpäter mit einander vereinigten Hodenſackhälften ſind, beim Weibchen wandeln ſie ſich in die großen Schamlippen um. Bei den Weibchen tritt noch eine Trennung der vorderen Offnung in eine für die Harnröhre und in eine zweite für die Scheide ein. Das innerſte Keimblatt, das Darmdrü— ſenblatt, kleidet den Darmcanal aus, liefert nur das Epithel desſelben und der einmündenden Ausführungsgänge, die Darmfaſerplatte bildet das Epithel des viſceralen Peritoneums, die übrigen Beſtandtheile, alſo die Hauptmaſſe des Darmes werden von der von der Urwirbelmaſſe abſtammenden Darmplatte (Schenk) erzeugt. Der Darmcanal endet am Kopf- und Schwanzende blindſackförmig. Das blindſackförmige Ende des Vorderdarmes grenzt an die tiefſte Stelle der Mundbucht, die beide trennende Membran be— zeichnet Remak als Rachenhaut; beim Hühn⸗ chen wird am vierten Bruttage dieſe Membran durchbrochen, und es communiciert der Vorder- darm mit der Mundbucht durch die von Renak bezeichnete Rachenſpalte. Am Ende des Schwanz darmes findet eine Einſtülpung des äußeren Keimblattes ſtatt, welche ſich nach innen zum Schwanzdarme fortſetzt und ſchließlich mit ihm in offene Communication tritt, jo dass der Darmcanal ſowohl am Kopf- als am Schwanz⸗ ende mit der Außenwelt in Verbindung getreten iſt. Wir haben geſehen, daſs infolge der Spal- tung des mittleren Keimblattes der Darm- canal ſich von den Wandungen des Körpers gelöst hat, nur an den Urwirbeln iſt er mit dem Körper in Verbindung geblieben; dieſe Verbindungsbrücke iſt die Anlage des Meſente⸗ riums, welches aus der Darmfaſerplatte nach außen und von der Urwirbelmaſſe im Innern gebildet iſt. In der Höhe des Herzens ſchnürt ſich vom Vorderdarm eine kurze Rinne als beſonderer Gang ab, der nach oben mit dem Darm come municiert, nach der anderen Seite blind endigt; es iſt dieſer Gang der Ductus chole do- chus, die umgebende Urwirbelmaſſe bildet die Leberzellen und das übrige Gewebe der Leber, während die Epithelauskleidung des — ei 7 Gallenganges und der durch ſeine Verzweigung entſtehenden übrigen Gallengänge vom Darm— drüſenblatte ſtammt; ſpäter rückt mit der wei— teren Entwicklung des Darmcanales die Leber vom Kopfende nach rückwärts vom Herzen ab. In Fig. 299 (nach Schenk) iſt L die Anlage der Leber aus einem ſpäteren Stadium und Chd bezeichnet den Ductus choledochus. Zur ſelben Zeit, in welcher ſich die Leber entwickelt, tritt beiderſeits vom Vorderdarm in der Höhe des Herzens eine koniſche Hervortreibung in die Pleuroperitonealhöhle auf, welche durch die Entwicklung. 337 und deren Stiel, M Meſocardium. Der über den Bronchien liegende Theil des Vorderdarmes zeigt einen biscuitförmigen Querſchnitt; der vordere Theil trennt ſich ſchließlich von dem rückwärtigen als geſchloſſenes Rohr bis zu den Bronchien herab, es iſt die Luftröhre, der hintere Theil iſt die Speiſe röhre; im blindſackförmigen Ende des Vorderdarmes com— municieren ſie mit einander. Dieſes blindſack— förmige Ende, welches durch die Rachenſpalte mit der Mundbucht in Verbindung getreten iſt, iſt das Cavum pharyngeale. Das Pankreas, O00 0% 2 Se De 9 Fig. 298. Querſchnitt eines Embryos vom Huhne in der Höhe der Lunge. C Centralnervenſyſtem; U Urwirbel; Ch Chorda dorsalis; x Epidermis; y Malpighi'ſche Schichte; S Seitenplatte; 40 Aorta; v Gefäßquerſchnitt; PP Pleuroperitoneal⸗ höhle; Hp Hautmuskelplatte; Dt Darmfaſerplatte; D Darmrohr; BB, Bronchi; L Lunge und deren Stiel; M Mejocardium. Wucherung der daſelbſt liegenden Urwirbelmaſſe bedingt iſt, und durch welche die Darmfaſer— platte hervorgewölbt wird; an den den Wuche— rungen entſprechenden Stellen des Darmeanals findet ſich beiderſeits eine kurze Rinne, die ſich ſchließlich als Bronchus, der mit dem Darm— canal communiciert, abſchließt, die umgebende Wucherung iſt die Anlage der Lunge. Fig. 298 ſtellt den Querſchnitt eines Embryos vom Huhn in der Höhe der Lunge dar (nach Schenk). C Centralnervenſyſtem, U Urwirbel, Ch Chorda dorsalis, x Epidermis, äußeres Keimblatt, Malpighi'ſche Schichte, äußeres Keimblatt, S Seitenplatte, A0 Aorta, » Gefäßgquerſchnitt mit auskleidenden Elementen, PP Pleuroperi— tonealhöhle, Hp Hautmuskelplatte, Df Darm— faſerplatte, D Darmrohr, BB, Bronchi, L Lunge deſſen ſpecifiſche Enchymzellen von der Urwirbel— maſſe abſtammen (Schenk) und deſſen Ausfüh— rungsgangsepithel vom Darmdrüſenblatte ge— liefert wird, ſowie die Milz und die Lymph— drüſen werden im Meſenterium aus der Urwir— belmaſſe gebildet. Fig. 299 ſtellt den Durchſchnitt durch einen Hühnerembryo vom fünſten Tage in der Höhe des Pankreas und der Leber dar (nach Schenk). M Meſenterium, PP Pleuroperi— tonealhöhle, L Leber, Chd Ductus choledochus, COGallenblaſe ſammt dem auskleidenden Cylinder— epithel, Lb ein Stück der Leibeswand, D Darm ſammt feinem Epithel m, G Ductus pancrea- tieus, P Pankreasenchymzellen im verdickten Theil des Meſenteriums, Mz Milzanlage, v Ge- fäßdurchſchnitte. Der Magen iſt urſprünglich als ſpindel— Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 22 338 förmige Erweiterung, deren Achſe mit der des Embryos parallel iſt, angelegt. Die Extremi⸗ täten treten, bevor noch die Leibeshöhle abge— ſchloſſen iſt, in Form von ſtummelförmigen Hervorragungen auf, deren Inneres von den Zellen der Urwirbelmaſſe gebildet iſt; man ſieht bei ihrer Entwicklung, daſs zuerſt die Zehen— Aid 0 Cre W Fig. 299. Durchſchnitt durch einen Hühnerembryo vom fünften Tage in der Höhe des Pankreas und der Leber. M Meſenterium; PP Pleuroperitonealhöhle; L Leber; Chd Ductus choledochus; G Gallenblaſe; Lb Stück der Leibeswand; D Darm ſammt Epithel; 6 Ductus Pan- creaticus; P Pankreasenchymzellen; Mz Milzanlage; v Ge⸗ fäßdurchſchnitte. glieder angelegt ſind, dann folgt die Anlage der Mittelfußknochen, dann erſt treten nach rüd- wärts der Reihe nach die anderen Knochen auf. Der Embryo iſt von Hüllen umgeben; die- jenigen, welche vom Embryo ſelbſt gebildet ſind, haben wir ſchon erwähnt. Bei den Säugethieren aber kommen noch von der Mutter gelieferte Hüllen hinzu; hiemit kommen wir zu den Ver⸗ änderungen, welche während der Entwidlungs- zeit im mütterlichen Organismus des Säuge- thieres auftreten, wir wollen dieſe nur ſo weit betrachten, als ſie mit dem Embryo in Be— ziehung treten. Sobald das befruchtete Ei auf die Schleimhaut des Uterus gelangt, ſo beginnt dieſe zu wuchern. Fig. 300 zeigt ſchematiſch den Vorgang (nach Funke); die geſammte Schleim- haut des Uterus iſt verändert und bildet die äußerſte Eihülle des Embryos als Decidua vera (Dy); der das Ei umwuchernde Theil, welcher ſich bei der Vergrößerung der Frucht ſchließlich an die übrige Schleimhaut des Uterus anlegen muſßs, heißt Decidua reflexa (Dr). T bezeichnet die Tuben, U den Uterus und E das Ei. Von der Mutter werden alſo zwei Hüllen, die ſpäter allerdings verſchmelzen, geliefert, die Decidua vera und reflexa; an der Stelle, wo dieſe beiden Hüllen in einander übergehen und das Ei dem Uterus anliegt, bildet ſich der Mutterkuchen, die Placenta. Der Bau dieſer beiden Eihäute iſt natürlich der der Uterusſchleimhaut; dieſen Entwicklung. Hüllen folgen die vom Embryo ſelbſt gebildeten. Wir haben geſehen, daſs der Embryo ſich in das Innere der Keimblaſe einſenkt und infolge deſſen das äußere Blatt derſelben über ihm gleichſam zuſammenſchlägt; in der Form einer rings um den Embryo laufenden Falte erhebt ſich dasſelbe über ihn, die Ränder dieſer Falte nähern ſich immer mehr, bis ſie ſich endlich am Rücken vollſtändig vereinigen und ſo vom äußeren e ARER S N NT ae: : | | F | | Fig. 300. Keimblatte eine Hülle über dem Embryo gebildet iſt, das Amnion, die Schafhaut. An der Vereinigungsſtelle des Amnions, dem Amnions⸗ nabel, findet ſchließlich die vollſtändige Tren- nung des Amnions vom übrigen Theile des äußeren Keimblattes ſtatt, ſo daſs der Embryo vom Amnion eingehüllt, mit der Nabelblaſe voll⸗ ſtändig frei in der Höhle des übrigen Theiles des äußeren Blattes der Keimblaſe liegt, welcher als erſtes Chorion bezeichnet wird und mit der Zona pellucida verſchmolzen iſt. Fig. 301 zeigt 0 Fig. 301. ſchematiſch die Verhältniſſe ſehr anſchaulich (nach Funke). Ch Chorion, Am Amnion, Al Allantois, D Darm, d Nabelblaſengang, NNabel⸗ blaſe. Wir haben alſo in dieſem Entwicklungs⸗ ſtadium zwei vom Embryo gelieferte Hüllen; der Reſt des peripheren Theiles des äußeren Blattes der Keimblaſe mit der Zona pellucida als erſtes Chorion bildet die äußere Hülle, dieſer folgt das den Embryo direct umhüllende Amnion; in dem Raume zwiſchen beiden liegen Nabelblaſe und Allantois. Im Beginne ſeiner N Bildung enthält das Amnion zwei Zellenlagen, die innerſte rührt vom äußeren Keimblatte her, die äußere iſt die Fortſetzung der Hautmuskel— platte, welche ſich auch auf das Amnion er— ſtreckt; beide liefern nur Epithel, das innere und äußere Epithel, das Gewebe des Amnions ſelbſt wird von den in dasſelbe vordringenden Elementen der Urwirbelmaſſe geliefert; das Amnion enthält das Fruchtwaſſer, Schaf— waſſer, eine ſeröſe Flüſſigkeit. Die Nabel— blaſe iſt vom inneren Keimblatte gebildet, und es ſetzt ſich die Darmfaſerplatte auch eine Strecke weit auf derſelben fort, umhüllt ſie aber nicht vollſtändig; auch zwiſchen dieſen beiden dringt Urwirbelmaſſe ein, in der ſich die Nabel- blaſengefäße entwickeln. Bevor ſich die Leibes— höhle abſchließt, wächst von der Cloake aus in der Peritonealhöhle die Allantois neben dem Nabelblaſengange in den Raum zwiſchen Nabel— blaſe und erſtem Chorion (Al in Fig. 301); te iſt ebenfalls eine Blaſe, der Theil derſelben, der in der Leibeshöhle bleibt, wird im unterſten Abſchnitte zur Harnblaſe, und von dieſer ſetzt ſich bis zum Nabel der Urachus fort; die außer dem Körper befindliche Allantoisblaſe umwächst, während ſich ihre Wände aneinanderlegen, voll— ſtändig das Amnion und legt ſich überall an das erſte Chorion an, mit welchem ſie ver— ſchmilzt; durch dieſe Verſchmelzung wird das eigentliche Chorion gebildet, welches, da die Allantois ſehr gefäßreich iſt, ebenfalls viel Ge— fäße beſitzt. An der Oberfläche des Chorions bilden ſich Zotten, von denen jede Gefäßſchlingen enthält; ſie verſchwinden zum Theile wieder, nur an der Stelle, wo die Placenta ſich bildet, entwickeln ſich die Chorionzotten ſehr ſtark. Die Placenta, der Mutterkuchen, welcher als Nachgeburt ausgeſtoßen wird, hat die phy— ſiologiſche Aufgabe, den Stoffverkehr zwiſchen Mutter und Frucht zu vermitteln; kindliche und mütterliche Theile bilden dieſelbe. Der kindliche Theil wird durch die mächtig entwickelten und verzweigten Chorionzotten gebildet, die reich an Gefäßen ſind; der mütterliche Theil beſteht aus Uterusſchleimhaut, die an der Stelle der Anheftung der Placenta reich an Gefäßen iſt, die die kindlichen Zotten umgeben, jo dass der Stoffverkehr: Einfuhr von Nahrungsſtoffen und Sauerſtoff, Abgabe der Endproducte des kindlichen Stoffwechſels, ſtattfinden kann. Die Wiederkäuer beſitzen auf der Uterusſchleimhaut die ſog. Coty— ledonen, welche weite, ſenkrecht zur Oberfläche gerichtete Schläuche beſitzen; die Chorionzotten wachſen in ſie hinein, und von den mütterlichen Gefäßen wird in die Schläuche eine Flüſſigkeit, die Uterinmilch ſecerniert, welche die kindlichen Zotten umgibt und den Stoffverkehr vermittelt. Bei der Geburt werden die kindlichen Zotten leicht aus dieſen Gängen gezogen, daher bei den Wiederkäuern nur der kindliche Theil der Placenta bei der Geburt ausgeſtoßen wird; ähnliche Verhältniſſe finden ſich beim Schweine. Bei den Nagern und Raubthieren jedoch ver— ſchmelzen kindlicher und mütterlicher Theil der Placenta vollſtändig, jo daſs das mütterliche Blut direct die kindlichen Zotten umſpült und bei der Geburt auch der mütterliche Theil der Placenta mit losgeriſſen und ausgeſtoßen wird. Entwicklung. r ũ ü.. e . . . . in mn 5 z ͤ—L?1 339 Wir unterſcheiden eine Placenta disseminata, bei welcher zerſtreute Cotyledonen vorhan— den ſind, z. B. bei den Wiederkäuern, ferner eine Placenta agglomerata, welche entweder aus einer kuchenförmigen Zottenanhäufung be— ſteht, wie dies bei Kaninchen, Maulwürfen, Ratten und Mäuſen der Fall iſt, oder bei welcher die Zotten gürtelförmig angeordnet ſind, wie dieſes bei Raubthieren, namentlich Hunden und Katzen der Fall iſt. In dem mütterlichen Theile der Placenta führen vom Uterus aus Arterien das Blut zu und Venen das Blut ab; dem find- lichen Theile der Placenta führen die beiden Um— bilicalarterien des früheren Allantoisſtieles, jetzt Nabelſtranges, das Blut zu und die Umbilicalvene das Blut ab; zwiſchen beiden Gefäßgebieten findet feine Communication ftatt. Die beiden Umbili— calarterien mit der Umbilicalvene, der Stiel des Nabelbläschens und deren Reſt bilden, vom ſulzigen Bindegewebe, der Wharton'ſchen Sulze, umgeben und vom Amnion einge— ſcheidet, den Nabelſtrang, die Nabel— ſchnur, durch welche der Embryo am Mutter⸗ kuchen befeſtigt iſt. Wir haben alſo bei Säuge— thieren vier Hüllen zu unterſcheiden, zwei mütterliche, die Decidua vera und reflexa, und zwei kindliche, das Chorion und Amnion, welches das Schafwaſſer enthält, in welchem der Em— bryo, durch die Nabelſchnur am Mutterkuchen befeſtigt, ſchwimmt. Fig. 302 zeigt ein durch ..dv dd N 7 7555 . 50 . { 6 5 2 N ee \ Fig. 302. Ein durch Abortus abgegangenes Ei (des Men ſchen) mit dem Embryo von ungefähr 4½““ Länge. dy De- cidua vera eröffnet. Man ſieht dieſelbe bei b in die deei— dua reflexa dr umſchlagen: e das zottige Chorion; a Am nion geöffnet; bei mn Nabelbläschen, am Stiele hängend. Ei mit dem Embryo von ungefähr 4½ “ Länge (Ecker, Icones physiol., 18511839); dv, Decidua vera er- öffnet; man ſieht dieſelbe bei b in die Decidua reflexa (dr) umſchlagen; e das zottige Chorion, a Amnion geöffnet. Zwiſchen Chorion und Am nion findet ſich ein zartes Gewebe. Bei n Nabel 5 * Abortus abgegangenes 11 340 Entwicklung. — Ephialtes. Bläschen am Stiele hängend. Die Meerſchwein— chen zeigen beſondere Verhältniſſe, deren Er— örterung uns zu weit führen würde. Der Vogelembryo beſitzt ein vollſtändig geſchloſſenes Amnion. Die Allantoisblaſe iſt reichlich mit Gefäßen verſehen und legt ſich an einer Stelle der Schalenhaut (die Eiſchale iſt die verkalkte Schleimhaut des Eileiters) an; ein vollſtändig geſchloſſenes Chorion bildet ſie nicht. Das Amnion und die Allantois bleiben beim Ausſchlüpfen des Vogels in der Schale zurück. Die Anlage der Organe iſt in kurzer Zeit vollendet, der größte Theil der ganzen Entwick— lungsdauer wird nur mehr für die Vergrößerung derſelben verwendet. Wir wollen einige Daten über die Entwicklungsdauer bei verſchiedenen Thieren nach Milne Edwards anführen. Die Entwicklungsdauer bei Huhn, Ente und Perl⸗ huhn beträgt 21 Tage, bei der Gans 29, beim Pfau 31, beim Storch 42 Tage; bei der Maus 3 Wochen, beim Kaninchen, Haſen, Hamſter 4, bei Ratte, Murmelthier, Wieſel 5, beim Igel 7, bei Katzen, Marder 8, beim Hund, Fuchs, Luchs, Iltis 9, beim Wolf, Dachs 10, beim Schwein, Biber 17, 1 Schaf 21, bei Ziegen, Gemſen, Gazellen 22, beim Reh 24 beim Bären 30, bei Hirſchen, Renthieren 36—40, beim Pferde, Eſel 43 Wochen. Lbr. Entwicklung der Inſecten im allgemeinen), ſ. Inſecten. Hſchl. Entzündung des Pulvers wird in der Lehre von der Verbrennung das erſte Stadium der letzteren genannt, bei welchem in den von der Flamme e Pulverkörnern die an der Oberfläche gelagerten Schwefel- und Kohlen- theilchen zu brennen und den beigemiſchten Sal- peter zu zerſetzen beginnen. Die Schnelligkeit der Entzündung iſt für die Wirkung nicht unwichtig (ſ. Balliſtik I) und hängt neben der inneren Beſchaffenheit des Pulvers hauptſächlich von der Größe, Geſtalt und Oberfläche der Körner ſowie von der Art des zündenden Mittels ab. Der Ort der Entzün— dung einer Ladung (Vorder-, Mittel-, Bodenzün⸗ dung) iſt, beſonders bei den kleinen Dimenſionen der Gewehrpatrone und der ſtarken Stichflamme unſerer Zündhütchen, für die Schnelligkeit der Entzündung ziemlich gleichgiltig, und jedenfalls iſt bisher ein Unterſchied in den genannten Zündungsarten nur vom theoretiſchen Stand— punkte behauptet, niemals aber durch Verſuch nachgewieſen worden. Bei der Kraft der ent— zündenden Flamme und der von ihr entwickel— ten Gaſe iſt anzunehmen, dafs letztere in die Zwiſchenräume der Ladung — inſoferne dieſe nicht geradezu feſtgepreſst iſt — augenblicklich eindringen und alle Körner faſt zu gleicher Zeit entzünden. Für ſchnelle Entzündung vor⸗ theilhaft iſt eine heiße Stichflamme, wie ſie durch die Knallpräparate hervorgerufen wird; frei lodernde Flamme entzündet Pulver nur ſehr ſchlecht, glühende Kohle beſſer. Große, runde, glatte, dichte Körner werden ſchwieriger ent— zündet als kleine, eckige, rauhe, lockere Körner; die Größe der Körner darf indes nicht ſoweit herabſinken, daſs die Zwiſchenräume in der Ladung (wie bei Mehlpulver) für das Durch⸗ ſchlagen der Flamme gänzlich verſchwinden. Die Körner im Intereſſe ſchneller Entzündung rauh und locker zu machen, verbietet die Rückſicht auf gute Erhaltung; ſie werden daher, um das Verſtäuben zu verhüten, ſämmtlich mit feſter, dichter, glatter Oberfläche hergeſtellt (Polieren). Da die Schnelligkeit der Entzündung mit ab= nehmender Größe (Caliber) der Feuerwaffen wachſen mufs, jo verlangen kleincalibrige Waffen im allgemeinen kleineres Korn. Für die Be⸗ herrſchung der Entzündlichkeit wichtiger als dieſe äußeren Mittel iſt die innere Beſchaffenheit des Pulvers (ſ. Verbrennung). Vgl. auch ie Brand. Th. Enzian, j. Gentiana. Wm. Enzyme, ſ. Fermente. v. Gn. Eoſin iſt ein prächtig rother Farbſtoff, der erhalten wird, wenn das Fluoreſein an Stelle von vier Atomen Waſſerſtoff vier Atome Brom aufnimmt. v. Gn. Epacme. Haeckel unterſcheidet in der Thier⸗ entwicklung eine Aufblühezeit (von der Ge— burt bis zur höchſten Entwicklungsſtufe), Blüte⸗ zeit (in der das Thier auf dieſer vollkommenſten Stufe verharrt) und Verblühzeit (da die Involution eintritt). Bei der Ontogeneſe nennt er dieſe drei Abſchnitte Anaplaſe, Meta- plaſe, Kataplaſe, bei der Phylogeneſe Epacme, Aeme und Baracme. Kur. Epagneul, langhaariger franzöſiſcher Vor⸗ ſtehhund. Kur. Epanodontia D. B., Oberzähner, Familie der Wurmſchlangen (Scolecophidia), di er item der Kriechthiere. Epaulettenhähne heißen einfärbige Hahne mit gold- oder rothgelbglänzenden Schulterded- federn (Epauletten). Kur. Epeira diadema Koch, die bekannte, rad⸗ förmig⸗ſenkrechte Netze bauende Kreuzſpinne. Sie gehört zur Familie der Radſpinner, Orbi- telae, Ordnung Araneida, Spinnen. Körper⸗ färbung ſehr veränderlich; im Herbſt erwachſen; Eier in einem Eierſäckchen an geſchützter Stelle aufgehängt; die junge Spinne im N 9 chl Epencephalon, ſ. Nervenſyſtem. Kur. Ephemera (Ephemeriden), Eintagsfliegen U (ſ. d. ). 5 Ephestia elutella Hbn., Dürrobſtſchabe (eine echte Pyralidine), zeigt ſich als Raupe äußerſt polyphag und dürfte nach Anſicht Ju⸗ deichs mit der von Ratzeburg (Waldverderbnis, p. 420) beſchriebenen Kiefernſamenmotte, Tinea Hageniella, identiſch ſein. Hſchl. Epheu, ſ. Hedera. Wm. Ephialtes Keyserling und Blasius — Scops Savigny. — Ephialtes asio Gray, ochreata Lichtenstein und Scops Keyserling und Blasius — Scops Aldrovandi Willugby, Zwergohreule. E. v. D. Ephialtes Gev., Ichneumonidengattung, der durch ſitzenden, deprimierten Hinterleib und vorragenden, meiſt ſehr langen Bohrer aus⸗ gezeichneten Gruppe gehörig. Ephialtes mani- festator L. erreicht 15—30 mm Länge; Bohrer um ein Drittel länger als der ganze Körper; ſchwarz; Beine rothbraun; Metathorar ſtart runzelig punktiert mit deutlicher Mittellinie. Seine Angriffe richten ſich ausſchließlich gegen die im Holze lebenden Larven (Holzweſpen, Bockkäfer, Coſſiden), wobei ihm ſein langer Legeſtachel vorzügliche Dienſte leiſtet. Im übrigen j. Ichneumonidae. Hſchl. Ephippium, Sattel, eine bei den Daph— niden aus dem (als Brutraum für die Som- mereier dienenden) Rückenkamme der Schale ſich herausbildende Einrichtung zum Schutze der Wintereier. Kur Ephraim, Weidmannsausdruck für wei Grislibären. Kur. Ephyra heißt die entweder von der Scro— bilakette (ſ. d.) ſich loslöſende oder direct aus der Planula entſtehende junge Acalephenmeduſe. Kur. Epibolie, ſ. Gastrula. Kur. Epichordale Anlage der Wirbelſäule, vgl. Wirbelſäule. Kur. Epieranium (calva) — Hinterkopf der In— ſecten. Hſchl. Epierates Wagler, Gattung der Boa— ſchlangen. Hieher E. cenchris Wagler, die Aboma, aus Südamerika. Knr. Epidermoidalgebilde, ſ. Integument. sent. Epididymis Nebenhoden, j. tertis. Kur. Epigenefis, ſ. Zeugungstheorien. Kur. Epilais Kaup — Sylvia Linné (Monachus Kaup). — Epilais atricapilla Cabanis,j. ſchwarz— köpfige Grasmücke; — E. hortensis Kaup, |. Gartengrasmücke. E. v. D. Epilobium L. (Familie Onagraceae), Wei- denröslein. Artenreiche Gattung ausdauernder Kräuter mit meiſt wechſelſtändigen einfachen Blättern und regelmäßigen Zbwitterblüten, welche auf einem unterſtändigen Fruchtknoten einen kurzröhrigen Kelch mit Atheiligem Saume, eine Ablättrige Blumenkrone, 8 Staubgefäße und einen fadenförmigen Griffel mit 4 kreuz⸗ weiſe ausgebreiteten oder eng erig en Narben tragen. Frucht eine ſchotenförmige, Aklappige Kapſel mit vielen kleinen, einen ſeiden— glänzenden Haarſchopf beſitzenden Samen. Auf Waldſchlägen und Blößen in Nadelwäldern ge— mein, dieſelben oft ganz überziehend: das ſchmalblättrige Weidenrös lein, E. an— gustifoljum L. Schöne Pflanze mit ruthenför- migem, bis 1½ m hohem, in eine lange ſpitze Traube großer purpurrother (ſelten weißer) Blumen auslaufendem Stengel und zerſtreuten, genäherten, ganzrandigen, kahlen Blättern. Iſt ein verdämmendes und bodenverangerndes Un— kraut. Blüht vom Juni bis Auguſt. — Seltener findet ſich das rauhhaarige Weidenrös— lein, E. hirsutum L. Ebenſo hohe Staude mit ſtengelumfaſſenden, länglich-lanzettlichen, ſammt dem Stengel zottig behaarten Blättern, deren untere gegenſtändig ſind, und großen purpur— rothen Blumen in lockerer beblätterter Traube. In Waldſümpfen, Auenwäldern, an Gräben, bebuſchten Ufern, beſonders in ebenen Gegen— den. Blüht zur ſelben Zeit. — Außer dieſen beiden wachſen viele kleinblumige Arten in Wäldern auf Schlägen, Blößen, an Wegen. Wm. Epimeren Haeckel, die Segmente der Kreuzachſen (Breitenachſen) oder die jog. homo— nymen Theile, alſo z. B. die Abſchnitte der Gliedmaßen bei Wirbel- und Gliederthieren, im [Oberhaut derſelben Ephippium. — Equisetum. 341 Gegenſatze von den Metameren (homodynamen Organen). Bezüglich Inſecten ſ. Bruſt. Kur. Epinaſtie, j. Jahrring. Hg. Epiphragma, Verſchluſs, heißt der Winter⸗ deckel einiger ſonſt deckelloſer Landſchnecken; er wird aus einer kalkhaltigen Schleimbildung des Mantelrandes gebildet, nachdem ſich das Thier vor Eintritt der kalten Zeit in die Schale zu— rückgezogen hat; im Frühjahr wird er einfach abgeſtoßen (ſ. a. Operculum). Kur. Epiphyſe, ſ. Knochen. Kur. Epiphyte Varaſiten ſind diejenigen Pilze, welche auf Blättern, Blüten, Früchten und Trieben anderer Pflanzen vegetieren und in die Saugwarzen ſenden, ver- möge deren fie ihre Nahrung aus der Wirts- pflanze beziehen. Dahin gehören die Mehlthau— pilze, Trichosphaeria, Herpotrichia u. ſ. w. Hg. Epirotiſcher Hund, der Hirtenhaushund der Griechen und Römer. Kur. Episenia, ſ. Diloba. Hſchl. Episternum interelavicula, ein zum Brujt- bein (sternum) gehöriger Skelettheil. Bei vielen Froſchlurchen liegt es als nur theilweiſe ver— knöcherte, vorne verbreiterte, hinten ſtielartig verſchmälerte dünne Platte vor dem Bruſtbein; bei vielen Reptilien erſcheint es als T-förmiger, der Bauchfläche des Bruſtbeines aufliegender, zuweilen mit dieſem verwachſender Knochen; bei den Säugethieren iſt es Zwiſchenglied zwi— ſchen Bruſt- und Schlüſſelbein. Kur. Epistoma, Untergeſicht (ſ. Diptera). Hſchl— Epiſtropheus, der zweite Halswirbel; ver— wächst meiſt mit dem früh losgelösten Körper des Atlas zur Bildung des ſog. Zahnfort— ſatzes. Kur. Epithel, eine meiſt als dünner, compacter Überzug erſcheinende äußere Kalkumkleidung bei Steinkorallen. Knr. Epithelialplatten, Grenzblätter, nennt His das Epiblaſt und das Hypoblaſt der Wirbel— thieranlage im Gegenſatze zu den zwiſchen dieſen aus dem Meſoblaſt ſich differenzierenden Bindeſubſtanz- und Muskelplatten. Kur. Epithekium, Oberhaut, Grenzzellen, heißt das aus dicht gedrängt ſtehenden Zellen be— ſtehende, die äußere Oberfläche und die inneren Körperräume auskleidende einfache Gewebe. Kur. Epitrichium heißen die noch während des Fötalzuſtandes ſich loslöſenden äußerſten Ober— hautſchichten aus den erſten Entwicklungsſtadien, die dann als Hülle des ganzen Embryos er— ſcheinen und über die emporwachſenden Haare (daher der Name) hinwegziehen. Kur. Epizoa = Ectoparaſiten. Kur. Eproboscidea, Lausfliegen, puppipare, mit Stechrüſſel verſehene, an warmblütigen Thieren ſchmarotzend lebende Fliegen mit den beiden Familien Hippoboscidae, Pferdelaus fliegen, und Nyeteribidae, Fledermausfliegen. Hſchl. Equiſetſäure, ſ. Aconitſäure. v. Gn. Equisetum L., Schachtelhalm, Schaft halm. Gattung von ausdauernden krautigen Gewächſen, welche zugleich die zu den Gefäß— kryptogamen gehörige Familie der Equiſetaceen bildet. Wurzelſtock verzweigt, kriechend, ſammt den röhrigen Stengeln gegliedert; Stengel und 342 (wenn vorhanden) die quirlſtändigen, ſtets kan⸗ tigen Aſte an den Gliedergrenzen mit gezähnten Ringſcheiden (rudimentären Blattwirteln) beſetzt, geſtreift, mit von ausgeſchiedener Kieſelerde harter Oberhaut. An der Spitze des Stengels (wohl auch der Aſte) entwickeln ſich ſchwärzliche Ahren, welche aus wirtelförmig übereinander— geſtellten ſchildförmigen Organen beſtehen, die an der Innenfläche des auswärts gekehrten eckigen Schildes Sporenſäcke tragen, die zuletzt aufplatzen, worauf die kugeligen grünen Sporen durch ihnen anhaftende, ſich ſchnell abrollende Bänder (Schleudern) fortgeſchnellt werden. Ge— mein in Wäldern, an feuchten, ſchattigen Stellen oft maſſenhaft auftretend: der Waldſchachtel— halm, auch Scheuerkraut genannt, E. sil- vaticum L. Stengel 30—60 cm hoch, frucht— ährentragende, anfangs aſtlos, ſpäter äſtig, ſterile, vom Anfang an mit vielen doppeltäſtigen 4fantigen Quirläſten, welche wieder eine Menge 3kantiger Aſtchen tragen, daher ſehr fein und zier- lich verzweigt. Fruchtet im Mai und Juni. Wm. Equitidae, Ritter, eine Sippe der Tag⸗ ſchmetterlinge (Rhopalocera) mit den bekannten Arten Papilio Machaon, Schwalbenſchwanz, und Papilio podalirius, Segelfalter. Hſchl. Eräugen, verb. trans., ſ. v. w. erblicken, von allem Wilde; vgl. äugen, beäugen, anäugen, wahrnehmen. „Sofort hat ihn (den Gegner am Brunftplan) der Platzhirſch eräugt . . .“ „Längs der Lappen, welche ſtets ſo anzubringen ſind, daſs ſie das Wild rechtzeitig eräugt .. ..“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 27, 164. — „Das Reh, wie jedes andere jagdbare Thier, ſieht nicht, ſondern äugt, es eräugt den Jäger, nimmt ihn wahr.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, p. 136. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erbeißen, verb. trans., vom Hund, durch Biſs tödten, in der Wmſpr. heute nicht mehr üblich; vgl. reißen, anreißen, anſchneiden, ſchnei— den, würgen, abwürgen, niederziehen. „Er— beißen, wenn man die Hunde auf ein Thier hetzet, daſs dieſelben ſolches umbbringen ſollen.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., fol. 106. E. v. D. Erbeizen, verb. trans., auf der Beizjagd erbeuten; vgl. erjagen, erhetzen, erfliegen. „Swä ez erbeize, da erbeize ouch ich!“ Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 4321. — Lexer, MH». Hwb. I., p. 610. E. v. D. Erbezen, Erfexen (exe, mittelnieder- deutſch S Axt) heißen die markberechtigten Grund- und Gutsherrn in einzelnen weſtfäli— ſchen und niederſächſiſchen Weisthümern. Manche, 3. B. Seibertz, Landes- und Rechtsgeſchichte Weſt— falens I., 169, glauben, daſs Erbexe überhaupt jeder Markgenoſſe geweſen ſei, indem ihm die Echtwort und berechtigte Axt als ſolchem erb— lich zugehöre; die Urkunden nennen aber die Erbexen faſt ſtets im Gegenſatz zu den „ge— meinen Markgenoſſen“. Allerdings findet ſich auch bisweilen die Bezeichnung „oberſter Erb— exe“, was für die zweite Auffaſſung von Sei— bertz u. a. zu ſprechen ſcheint. Vielleicht war die Bezeichnung verſchieden, je nachdem es ſich um freie oder um grundherrſchaftliche Mark- genoſſenſchaften handelte. Schw. Erbium, Er — 166˙13, iſt ein zweiwertiges Element im Gadolinit und anderen ſeltenen Equitidae. — Erblehen- oder Erbpachtwaldungen. Mineralien, das noch nicht dargeſtellt wurde. Das Oxyd, die Erbinerde, Erz Os, iſt roſa, ſchwer in verdünnten, leicht in concentrierten Säuren löslich, die Salze ſind mehr oder we— niger tief roſa, ſchmecken ſüß adſtringierend und reagieren ſauer. v. Gn. Erblehen- oder Erbpachtwaldungen ſind Waldungen, bei welchen der Beſitzer nur das vererbliche und veräußerliche eigenthumsgleiche Nutzungsrecht hat, das Eigenthum ſelbſt aber einem anderen zuſteht. Als in Deutſchland mit der Befeſtigung der Herrſchaft der Franken die ſchon durch die häufigen Kriegszüge gelockerte Allodialver— faſſung durch das Lehensweſen verdrängt wurde, da verloren die Gemeinen mit der Freiheit auch ihr Grundeigenthum, welches die neuen Eigen- thümer, der Adel und die Geiſtlichkeit, zur Er⸗ langung eines kräftigen Schutzes einem mäch⸗ tigeren Herrn überließen und von dieſem als Lehen empfiengen, zur Erweiterung ihrer eigenen Macht aber vielfach wieder in Afterlehen gaben. Da aber die Nutzungen aus dem Grund und Boden den früheren Eigenthümern unentbehrlich und den neuen Herren nur zum geringſten Theil nöthig waren, ſo geſtatteten dieſe ihren nunmehrigen Leibeigenen den Fortbezug von Nutzungen aus dem von der früheren Marf- genoſſenſchaft gemeinſchaftlich benützten Walde und gaben ihnen größtentheils ihre landwirt- ſchaftlichen Privatländereien gegen gewiſſe Lei— ſtungen zur eigenen Bewirtſchaftung zurück. Mit der Aufhebung der Leibeigenſchaft zu Ende des vorigen und anfangs dieſes Jahrhunderts entſtanden unter Anwendung der Grundſätze des römiſchen Rechtes aus den Waldnutzungen der nunmehrigen Grundholden die Forſtſervi— tuten und aus der mehr oder minder von der Willkür des Grundherrn abhängigen Benützung der Ackerländereien der Erbpacht oder das Erb- lehen mit geſetzlicher Regelung der gegenſeitigen Rechte und Pflichten. Nach Analogie der römiſchen Emphyteuſis (ſ. d.) beſtand daher ſeit dem Mittelalter bis in unſer Jahrhundert nur ein ſog getheiltes ländliches Grundeigenthum (ſ. Eigenthum), bei welchem der Eigenthümer (Obereigenthümer oder dominus directus) einem anderen (Unter- oder Nutzeigenthümer, dominus utilis) das erbliche und veräußerliche Nutzungsrecht gegen ein ge— wiſſes Entgelt überließ. Dieſes getheilte Grundeigenthum kam und kommt, wie bereits angedeutet, noch jetzt in zweifacher Form vor, nämlich als Lehen zwiſchen den freien Ständen (j. Lehenrecht) mit der Verpflichtung des Lehenmannes, Lehen⸗ trägers oder Vaſallen, dem Lehenherrn hold und gewärtig zu ſein (Lehentreue), und als Erblehen oder Erbpacht zwiſchen dem Grund— herrn und ſeinen Leibeigenen und nachmaligen Grundholden, mit Dienſtleiſtungen und Natural⸗ und Geldabgaben von Seite des Erblehen- mannes oder Erbpächters (emphyteuta) an den Erblehenherrn. Wenn nun auch das Erblehen oder der Erbpacht zunächſt nur die Ackerländereien zum Gegenſtande hatte, jo kam es doch auch öfter vor, dafs den in Erbpacht gegebenen Höfen auch Erblenden. — Erbrecht. 343 die zur Befriedigung des Holzbedarfes derſelben nöthigen Waldungen zugetheilt wurden, wie z. B. in Schleswig-Holſtein die ſog. Bonden— waldungen oder Feſtehölzungen, welche von Staatswegen den Feſtehöfen zugelegt wurden. Das Nutznießungsrecht fällt an den Ober— eigenthümer zurück, wenn der Untereigenthümer ſeinen Verpflichtungen, zu welchen auch der Schutz des Eigenthumes gegen fremde Eingriffe zählt, nicht nachkommt. Die Nutzung durch den Untereigenthümer hat salva substantia rei zu erfolgen. Dieſe Verpflichtung des Nutzeigen— thümers zur Fernhaltung einer jeden Verſchlech— terung des Waldes bedingt eine nachhaltige und pflegliche Bewirtſchaftung desſelben, welche mit dem Umtriebe nicht unter die gegend— übliche Haubarkeit des Holzes herabgehen darf, dem Beſtandsabtriebe die Verjüngung folgen laſſen muſs und die Forſtnebennutzungen in die Erhaltung des Waldes nicht gefährdender Weiſe zugut zu machen hat. Die vorerwähnten Bondenwaldungen in Schleswig-Holſtein ſind nach der Forſt- und Jagdordnung vom 2. Juli 1784 mit Ergän- zungen vom 15. Juli 1785 und 12. Juni 1844 haushälteriſch und wirtſchaftlich zu behandeln. Bei wiederholter Übertretung diesfallſiger An— ordnungen der Forſtbehörde werden die Beſitzer fraglicher Waldungen der Dispoſition über die— ſelben verluſtig und müſſen ſich das nöthige Holz nach vorheriger Genehmigung des Amtes von den Forſtbeamten auszeichnen laſſen. Auf den großherzoglich mecklenburg'ſchen Domänen, wo keine wirklichen Eigenthümer, ſondern nur Erbpächter vorhanden ſind, ſtehen die vielen Waldungen durchwegs im Eigenthume und Beſitze des Landesherrn. Die wenigen Erb— pächter, welche Holzbeſtände im Domanio haben, ſind — abgeſehen von contractlichen Verpflich— tungen — ganz uneingeſchränkt. Bezüglich der Beſeitigung des getheilten Grundeigenthumes ſ. Grundentlaſtung. Man vergleiche auch J. Albert, Lehrbuch der Staatsforſtwiſſenſchaft, Wien 1875. At. Erblenden, verb. trans., ſ. v. w. blenden, ſ. d. u. vgl. verblenden, meiſt mit Auslaſſung des Objectes „Tritt“, am häufigſten ſubſtan— tiviſch. „Du ſolt auch mercken wo Du die Farth jpüreft | jo tritt der Hirſch mit dem hindern fuß gleich in den fördern [das fie bey einander ſtehen eben ob es nur ein fuß ſei. Etwan tritt er auch hinden für mit dem hinderen fuß das iſt auch ein gut zeichen | vnd das zeichen heißt ein erblenden oder verloren.“ Noé Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 94v. — „Wann der Hirſch mit dem hindern Fuß in den fordern vortritt das iſt an dem Erblenden.“ J. N. Martin, Methodus, Ulm 1731, Quaestio 10. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erblenken, verb. intrans., mhd. vom Jagd— hund — laut Hals geben. „Da hort ich er- blenken Lieben (Hundename) mit lüter stimme.“ Die Jagd der Minne, v. 233— 234. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 617. E. v. D. Erbpacht, j. Emphyteuſis und Erb— lehenwaldungen. At. Erbrecht iſt der Inbegriff der rechtlichen Beſtimmungen über die Succeſſion in das Ver- mögen eines Verſtorbenen. Dieſe Succeſſion iſt nach römiſchem Recht eine Univerſalſucceſſion, indem das hinterlaſſene Vermögen (Activa und Paſſiva) als ein einheit- liches Ganzes (universitas) betrachtet wird und nur als ſolches (in solidum, nicht pro parte) übertragen, angenommen und abgelehnt werden kann. Es hat deshalb der Erbe (oder auch mehrere gemeinſchaftlich) für alle Schulden zu haften, wenn er nicht vor dem Erbſchaftsantritte von dem durch Juſtinian eingeführten bene- ficium inventarii Gebrauch gemacht hat, nach welchem er einen etwa verbleibenden Activreſt erhält, für die das Activvermögen überſteigenden Schulden aber nicht aufzukommen hat. Der Erbe erwirbt infolge ſeiner Haftung für die Schulden die Erbſchaft auch nicht ipso jure, ſondern nur durch freie Willenserklärung. Eine weitere Folge der Einheit der Hinterlaſſenſchaft iſt, daſs durch Vermächtnis des Erblaſſers Sin— gularſucceſſionen in einzelne Vermögensrechte nur dann beſtellt werden können, wenn zu— gleich ein Univerſalerbe beſtimmt wird, welchem im Falle der Ablehnung der Singularſucceſſoren das denſelben zugedachte Erbe zufällt. Es kann deshalb auch ein durch das Geſetz berufener Erbe nicht ein ihm durch Vermächtnis des Erb— laſſers zufallendes Legat annehmen, das Erbe ſelbſt aber ablehnen (nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest). Das deutſche Privatrecht kannte urſprüng— lich die Univerſalſucceſſion nicht, indem für einzelne Beſtandtheile der Erbſchaft (3. B. Grund- ſtücke, Waffen) Singularſucceſſionen beſtanden. Es war der Erbe auch nicht verpflichtet, für den das Activvermögen überſteigenden Theil der Schulden zu haften. Endlich war nach dem alten Rechtsſprichworte, daſs der Todte den Leben— digen erbt, eine beſondere Antretung der Erb— ſchaft nicht nöthig, indem dieſelbe ipso jure mit dem Tode des Erblaſſers auf den Erben übergieng. Mit der Reception des römiſchen Rechtes in Deutſchland traten auch an die Stelle des einheimiſchen Erbrechtes in der Hauptſache die Grundſätze der römiſchen Univerſalſucceſſion. Bezüglich der Erbſchaftsübertragung (de— latio hereditatis) unterſcheidet man nach rö— miſchem Recht und nach den deutſchen Parti— cularrechten das Inteſtaterbrecht (ſ. d.), das Teſtament (ſ. d.) und das Notherbrecht (8) Dem deutſchen Privatrechte eigenthümlich iſt der Erbvertrag (pactum hereditarium oder pactum successorium), welchen das rö— miſche Recht als einen Verſtoß gegen die Teſtier— freiheit und damit gegen die guten Sitten nicht zuließ. Dieſer Vertrag bezweckt entweder einen Erbverzicht (pactum negativum) oder eine Erbeinſetzung zur Sicherung eines geſetz lichen Erbrechtes gegen letztwillige Verfügungen (pactum conservativum), oder zur Begründung eines neuen Erbrechtes für einen der Contra— henten (pactum acquisitivum) oder für einen dritten (pactum dispositivum). Die Beſtim⸗ mungen des Ehevertrages über die gegenſeitige 344 Erbrüten. — Erdarbeiten. Erbfolge der Ehegatten bilden ebenfalls einen Erbvertrag, welcher mit der Scheidung der Ehe erliſcht. Zu den Erbverträgen gehören auch die Erbverbrüderungen oder Gauerbſchaften (pacta confraternitatis) des hohen Adels, in welchen eine Familie für den Fall des Erlöſchens ihres Mannesſtammes einer anderen die Erbfolge überträgt, ſowie die Erbverzichte adeliger Töchter (renuntiationes necessariae) gegen eine Ab⸗ findungsſumme, um das Stammgut der Familie zu erhalten. At. Erbrüten, verb. trans., ſtatt ausbrüten, ſelten. „Ich habe das erfreuliche Reſultat zu verzeichnen, daſs in dem einen Falle ſämmt⸗ liche 4, im anderen 5 Junge (Faſanen) er⸗ brütet wurden.“ „Kein Haushuhn gewährt vollſtändig Erſatz für die eigentliche Mutter, weder beim Erbrüten noch auch bei der Auf- zucht der jungen Faſanen.“ G. Gronau, Die Faſanen, Straßburg 1884, p. 38, 39. E. v. D. Erbſenbaum, Erbſenſtrauch, j. Cara- gana. Wm. Erbſenblattlaus, Aphis ulmariae Schrnk., vom Juli an auf Erbſen und Gartenwiden ſchädigend. Hſchl. Erbvertrag, ſ. Erbrecht. At. Erdafkafien nennt man die Oxyde und Hydroxyde der Erdalkalimetalle Barium, Stron— tium, Calcium. v. Gn. Erdarbeiten im weiteſten Sinne des Wortes umfaſſen jede Maſſenbewegung ohne Rückſicht auf die Beſchaffenheit der Bodenkrume. Dieſe Arbeiten werden ſich um ſo ſchwieriger und zeit— raubender geſtalten, je größer die Adhäſion und Reibung der einzelnen Theilchen bei Erdmaſſen und je größer die elaſtiſche Spannung des Materiales in den Geſteinsmaſſen iſt. Im großen und ganzen ſind die Erdarbeiten von zweierlei Art, nämlich entweder Aushebungen oder Ein⸗ ſchnitte oder Anſchüttungen (Auffüllun⸗ gen) oder Dämme. Anſchüttungen oder Aufdämmungen nehmen ſich ſelbſt überlaſſen eine gleichförmige Böſchung an, deren Standfeſtigkeit ausſchließlich auf den Grad der Reibung zurückzuführen iſt. Der Winkel, den dieſe natürliche Böſchung mit dem Horizonte einſchließt, iſt der Ruhewinkel und deſſen Tangente der Reibungscoefficient. Wenn man nun die Einheit durch den Reibungs- coéfficienten f dividiert (+), jo iſt der Quo⸗ tient die Größe des Böſchungsfußes für die en der Böſchungshöhe. Erfahrungsgemäß aben Muperinter reifte f auf 1 trockener Sand, 2 "von 37° 07/3 133 „ 1 ee] bis 1° 0.38 2˙63 „ 1 feuchter Thon... 45° e eee - (von 17“ 931 „1 nafjer Thon. bis 14» 025 400 „ 1 Kies und (bon 48° 41-44 1:43 1 Schotter. ... bis 35° 0˙70 u 5 (von 45° 100 100 „A Moorboden .. Ibis 14° 095 400 1 Die Reibungsſtabilität der Erde wird durch einen beſtimmten Grad von Feuchtigkeit ge— ſteigert, ſinkt jedoch bei weiterer Waſſeraufnahme, jo zwar, daſs ſie bei Erdarten, die durch Waſſer in einen halbflüſſigen Zuſtand verſetzt werden können, gleich Null wird. Die beſten Mate⸗ rialien für Erdwerke ſind Geſchiebe, Felſen⸗ ſplitter, Schotter und reiner feiner Sand, letz⸗ terer jedoch nur dann, wenn er auf einer waſſerdurchläſſigen Schichte aufruht. Neben der Reibungsſtabilität hat auch noch das Gewicht einen Einfluſs auf die Bewegung der Erdmaſſen; jo wiegt beiſpielsweiſe 1 m® Kreideboden 1870 - 2780 kg, Thonerde 1920 bis 2160 kg, Schotter und Geſchiebe 1440 1760 kg, Mergel 1600—1900 kg, Schlamm 1630 kg, trockener Sand 1420 kg, naſſer Sand 1890 kg und Alaunerde 2590 kg. Die Arbeit beim Erdbau beſteht in dem Gewinnen (Aushub), Verladen, Verführen und Anſchütten der gewonnenen Maſſen (Auftrag). Beim Abgraben oder Loslöſen der Abtrags⸗ maſſen müſſen ſtets die der Bodenbeſchaffenheit entſprechenden Werkzeuge angewendet werden. Für leichte Böden, d. i. naſſen und trockenen Sand, Acker-, Damm- und Gartenerde empfiehlt ſich die Anwendung der Schaufel; für Mittel⸗ böden, d. i. Mergel, Löſs, Gerölle, trockenen Torf, Grobkies, dichten Lehm mit Thon= und Steinlagern der Gebrauch des Spatens; für ſchwere Böden, d. i. feſten Kies-, ſchweren Thonboden, für Letten mit Kiesſchichten, Grob⸗ ſand und Kies mit Thonbindung, trockenen, harten Thon- und Lettenboden die Anwendung der Breithaue, für Steinboden, als Kreide, feſter Keuper, ſteiniger Thon- und Mergel⸗ boden, Keuperſandſtein, Lias und weiche Tag⸗ geſteine mit Erdſchichten die Handhabung der Spitzhaue, für geſchichtete Steine, als Muſchel⸗ kalk, Sandſtein, Ortſtein, Schiefer u. dgl., das Brechgeſchirr (Zweiſpitz, Pickel, Heb- und Brecheiſen) und für dichtes und feſtes Fels⸗ geſtein das Sprenggeſchirr. Abgrabungen ſind ſtets am tiefſten Punkte zu beginnen und nach aufwärts fortzuſetzen und für die verſchiedenen Arbeiten, als Aushub, Verführung u. dgl., körperlich geeignete Kräfte zu beſtimmen und dabei andauernd zu be⸗ laſſen. Die zum Abgraben beſtimmte Mann⸗ ſchaft iſt am Arbeitsorte derart zu vertheilen, daſs einer den andern nicht behindert. Am zweckentſprechendſten dürfte auf 1½ —2 m Breite der Angriffsfläche je ein Arbeiter geſtellt werden. So mußſßs auch das Verhältnis zwiſchen den Arbeitern, denen die Bodenlockerung und Ver⸗ ladung, und jenen, denen die Verführung der gelockerten Maſſen obliegt, ſtets nach der Be⸗ ſchaffenheit des Bodens genau bemeſſen ſein. Nach Maßgabe der Bodenbeſchaffenheit empfiehlt fi) folgende Vertheilung der Grab- (Pidler-), Verlade- (Schaufler-) und Verführungs⸗ mannſchaft: im feſten Boden auf 2 Schaufler 1 Pickler „ gewöhnlichen o „ " feſten Thon 177 2 2 3—4 7 Das Verladen eines gewöhnlichen Schub⸗ karrens erfordert die gleiche Zeit, die ein Ar⸗ beiter braucht, um einen beladenen Schubkarren auf einer horizontalen Dielenbahn 35—40 m weit zu führen, zu entladen und entleert zum Aufladeplatz zurückzuführen. Bei anſteigender Verführungsbahn iſt für Um relative Höhe die Dimenfion von 6m der Verführungsdiſtanz hinzuzurechnen. Wenn e die Verführungsdiſtanz und h die relative Höhe bedeutet, jo iſt die Anzahl der erforderlichen Verführungsmann⸗ Ü e I-E6.h ſchaft A per Auflader A = 50 bis 40 Soll die aufgegrabene Erde mit der Schau- fel überworfen oder auf eine beſtimmte Höhe gehoben werden, ſo gilt der Erfahrungsſatz, dafs ein Arbeiter die Erde auf eine Entfernung von 2—3 m zu werfen und 1°5 m hoch zu heben vermag. Für weitere Entfernungen oder größere Höhen müſſen Arbeiter in zwei oder mehr Reihen verwendet werden. Die Grabarbeiten können gefördert werden, wenn man Erdmaſſen untergraben und dann loskeilen läjst. Haben die Erdmaſſen einen genügenden Grad von Ad— häſion, ſo geſtatten ſie einen ſenkrechten An— ſchnitt, der bei feuchtem Sand und Gartenerde 0˙9—1˙8 m, bei gewöhnlichem Thon 3—5m hoch geführt wird. Große Näſſe oder auch ein hoher Grad von Trockenheit erſchweren die Grabarbeit, während eine mäßige Erdfeuchtigkeit ſie weſentlich zu fördern vermag. Starker Froſt vertheuert die Arbeit und geſtattet keine gleich— förmigen Anſchüttungen oder Auftragsarbeiten. Zur Verführung der Erdmaſſen dient der Schubkarren, der zweiräderige Handkarren, der Spannkarren und das zweiſpännige Fuhr— werk. Als die zuläſſig äußerſte Verführungs— ſtrecke kann unter Vorausſetzung einer möglichſt billigen Förderung annähernd angenommen werden: für den Schubkarren 40—350 m, für den zweiräderigen Handkarren 150 — 200 m; über dieſe letztere Entfernung hinaus gewährt ſodann der Spannkarren ein günſtigeres Ergebnis. Bei großen Maſſenbewegungen iſt die Anwendung von Rollbahnen und Rollwägen in Erwägung zu ziehen. Die gewöhnliche Ladung eines zweiräde— rigen einſpännigen Karrens kann man annähernd jener von 12 Schubkarren gleichhalten. Nach— dem ferner die durchſchnittliche Geſchwindigkeit des Spannkarrens im Mittel der Hin- und Rückfahrt etwa ein Sechstel größer iſt als jene des Schubkarrens, ſo wird jeder in Bewegung befindliche Spannkarren 14 Schubkarren gleich— zuſetzen ſein. Ein Rollwagen dagegen faſst eine Ladung von 30 Schubkarren; ſeine mittlere Geſchwindigkeit iſt, wenn er von einem Pferde gezogen wird, um ein Fünftel größer als jene des Schubfarrens, jo zwar daſs ein Rollwagen in Bewegung mit Rückſicht auf ſeine Leiſtung 60 Schubkarren erſetzt. Die Zeit, um einen Spannkarren mit Hilfe eines Arbeiters zu beladen, genügt, um einen belaſteteten Spannkarren auf einem horizontalen ge— wöhnlichen Wege annähernd 420 m weit hin und her zu führen, während ein Rollwagen einen Weg von 1800 m auf horizontaler Bahn hin und her innerhalb jener Zeit zurücklegen wird, welche erforderlich iſt, um einen zweiten Rollwagen durch einen Arbeiter beladen zu laſſen. Soll ein Rollwagen auf einer Bahn mit —y— . — — —— — ''' ' — . — . — ln Erdballen. — Erdbewegung. | 345 Gegenſteigung verführt werden, dann kommt für einen jeden Meter relativer Höhe 150 m zu der horizontalen Verführungsdiſtanz hinzuzu⸗ rechnen. Dies gilt von Rollwägen, deren Eigen⸗ gewicht ca. 2500 kg beträgt und die 1˙8 m? Erde zu faſſen vermögen, während auf einen Schubkarren ca. 0036 ms, auf einen zweiräde⸗ rigen Handkarren 025 ms, auf einen Spann⸗ karren 0-45—0°50 ms und auf einen zwei⸗ ſpännigen Wagen 0˙75 m? verladen werden können. Hat die Verführungsbahn ein Gefälle von 10-23%, dann werden kleine Rollwagen, u. zw. mit einem Faſſungsraum von 030 bis 0˙35 m, bei dem Gefälle unter 10% dagegen größere Wagen mit 1˙2—1˙8 m? Ladungsraum am zweckmäßigſten verwendet. Die Verführung ſoll möglichſt bergab und für Schub⸗ und Handkarren auf einer aus Brettern hergeſtellten Bahn erfolgen. Müſſen Verführungen bergan erfolgen, dann ſoll das Steigungsverhältnis oder Gegengefälle 1:12 nicht überſteigen. Für einen Karrenführer ſind zwei Schubkarren oder ein Handkarren zu rechnen. 5 . Arbeitsaufwand bei dem Loslöſen der Abtragsmaſſen. Einen Cubikmeter Erde abgraben und auf kurze Strecken in die An⸗ ſchüttungen überwerfen, erfordert in trockenem und naſſem Sandboden, feſter Ackererde 0˙08 bis 0:12 Tagſchichten, in Kies, leichtem Lehm, Torf— boden, grobem Kies oder Steingerölle 013 bis 0˙17 Tagſchichten, in ſteinigem und naſſem Lehmboden, ſchwerem und feuchtem Thon- und Lettenboden 0˙19—0·27 Tagſchichten, in mittel⸗ feſtem und ſteinigem Thon- und Lehmboden, zähem, trockenem und ſehr hartem Thon- und Lettenboden 0˙31—0·35 Tagſchichten, endlich in ſteinartig verhärtetem Boden 0˙40 Tagſchichten. Einen Cubikmeter lockeren oder feſten Felſen brechen oder ſprengen und das Material auf kurze Strecken abwerfen, erfordert in ſteinreichem Thon⸗ und Mergelboden, Keuperſandſtein, Lias, weichem Taggeſtein u. dgl. m. 0•33—0·43 Tag⸗ ſchichten, in Kalk-, Sand- und Ortſtein 0˙49 bis 0˙36 Tagſchichten, in dichtem, quarzhaltigem Kalk-, Sand- und Ortſtein 0˙63—0 70 Tag⸗ ſchichten, in Dolomit, dichtem Muſchelkalk, Gneis, Baſalt 0˙80—0˙90 Tagſchichten, in Granit, Syenit, Porphyr, Quarzfels 1˙0 bis 1˙2 und in Grauwacke und allen zähen, kieſe— ligen Geſteinen 1˙7 Tagſchichten. Zu den letzteren vier Poſten find noch 10% für Requiſienab— nützung zuzurechnen. Raum zunahme der Abtragsmaſſen. Ein Cubikmeter derber, feſter Boden gibt nach der Auflockerung in leichtem Boden 110 —1˙20 m? eee, as eh 120—1'24 „ ſchwerem Boden 1˙23—1 25 „ FC 124—1˙27 „ f. ĩͤ v 1˙26—1˙50 (S. Anſchüttungen, Auf-, Abtrag, Böſchun⸗ gen, Kraft, Dämme.) Fr. Erdaſſel, Geophilus, j. Myriopoden. Dil, Erdballen, ſ. Ballenpflanzung. Gt. Erdbeerbaum, j. Arbutus. Wm. Erdbeere, ſ. Fragaria. Wm. Erdbewegung, Erdarbeiten. Fr. nn. 346 Erddämme. — Erdgefährte. Erddämme, j. Dämme. Fr Erddohne, die = Laufdohne, d. h. jede Dohne, welche am Erdboden befeſtigt wird. „Erd-Dohnen ſind allerhand Lauf-Schlingen, welche ſowohl in den Vogel-Schneiden als auch ſonſt auf die alten Steige nach Schnepfen, Hajel- Hühnern, Crammets-Vögeln und dergleichen ge- ſtellet werden.“ J. A. Großkopff, Weidewercks⸗ Lexicon, 1759, p. 96. — „Die Laufdohnen, auch Erddohnen genannt . . .“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, III., p. 84. — Grimm, D. Wb. III., p. 749. — Sanders, Wb. I., p. 304 b. E. v. D. Erde. Die Erde iſt ein Sphäroid (ſ. Ab⸗ plattung der Erde); die Abweichung desſelben von der Kugel iſt jedoch jo unbedeutend, dajs letztere Geſtalt für Zwecke der niederen Geodäſie als vorhanden angenommen werden kann. Der Radius der Erdkugel iſt dann als Mittel der großen und kleinen Halbachſe des elliptiſchen Meridians anzuſehen, jo dass er ca. 6,366.738 m miſst. Die Achſe, um welche ſich die Erde dreht, iſt begrenzt durch die beiden Pole (Nord- und Südpol). Denken wir uns durch irgend einen Punkt A der Erdoberfläche und die Erdachſe eine Ebene gelegt, jo iſt dieſe Ebene eine Ver- ticalebene und dieſe ſchneidet die Erdoberfläche nach einem größten Kreiſe (in der Wirklichkeit nach einer Ellipſe) der Erdkugel, welcher der Meridian des Punktes A genannt wird. Selbſt— verſtändlich iſt dieſer Kreis auch Meridian für alle übrigen Punkte der Erdoberfläche, die er in ſich aufnimmt. Denkt man ſich im Punkte A die Tangente des Meridians beſtimmt, ſo ſtellt dieſe die ſog. Mittagslinie (Nord-Südrich— tung) vor. Der vorſtehenden Erklärung nach ſind alle Meridiane größte Kreiſe der Erdkugel. Denken wir uns durch die Erde ſenkrecht zur Erdachſe ein Syſtem von Ebenen gelegt, ſo ſchneiden dieſe die Oberfläche der Kugel nach ſog. Parallelkreiſen, deren Radien gegen die beiden Pole zu in ſteter Abnahme begriffen ſind. Der größte Parallelkreis iſt jener, deſſen Ebene durch den Mittelpunkt der Erdkugel geht, es iſt dies der Aquator (ſ. d.); auch der letztere iſt ſowie jeder Meridian ein größter Kreis der Erdkugel. Jede Ebene, welche hinreichend aus— gedehnt gedacht durch den Mittelpunkt der Erde geht, iſt eine Verticalebene. Jede Gerade, welche hinreichend verlängert das Centrum der Erde trifft, iſt eine Verticale. Jener Punkt, in wel— chem die Verticale von A direct nach aufwärts verlängert das ſcheinbare Himmelsgewölbe durch— dringt, heißt das Zenith des Punktes A; denkt man ſich die Verticale von A durch die ganze Erdkugel und weiter über dieſe hinaus ſo weit verlängert, bis das ſcheinbare Himmelsgewölbe abermals getroffen wird, ſo heißt dieſer Durch— ſtoßpunkt das Nadir des Punktes A. Iſt in einem Punkte A der Erdoberfläche eine Verticale errichtet und wird in A auf dieſe eine Ebene ſenkrecht gelegt, ſo heißt dieſe Ebene der Horizont des Punktes A, weil aber ſtreng genommen dieſer Horizont nur für den einen Punkt A Geltung haben kann, jo nennt man dieſe Ebene den ſcheinbaren Horizont des Punktes A. Denken wir uns durch A eine Kugel- fläche gelegt, deren Mittelpunkt mit dem Centrum der Erde zuſammenfällt, an welcher Kugelfläche daher der ſcheinbare Horizont des Punktes A eine Tangierungsebene iſt, ſo erſcheint dieſe Kugelfläche für alle Punkte, die in ihr liegen, alſo auch für A horizontal, und ſie wird des⸗ halb der wahre Horizont des Punktes A ge⸗ nannt. Wenn durch A überdies irgend eine Verticalebene gelegt wird, ſo ſchneidet dieſe den ſcheinbaren Horizont von A nach einer Geraden, welche eine ſcheinbare Horizontale des Punktes A genannt wird, den wahren Horizont aber nach einem Kreiſe, der eine wahre Horizontale des Punktes A vorſtellt. Welche Länge ein Bogengrad auf der Erd— oberfläche beſitzt, können wir, da uns der Radius der Erde bekannt iſt, mit Zuhilfenahme der [73 Formel are * — N (ſ. Bogenmaß) be⸗ rechnen; wenn wir bedenken, dass dieſe Formel für r—= 1 aufgeſtellt wurde, jo muſs, wenn arc dem Radius r entſprechen ſoll, 2 206265 und da hier r = 6,366.738 m, jo erhalten wir 3600“ X 6, 366.738 m alt A = Are 206.265 — 111.120·44 m — 11112 km, was ca. 14% öſterreichiſchen Meilen entſpricht. Lr. Erdfeuer, Erdbrand, Bezeichnung für ein in Brand ſtehendes Torf-, wohl auch Kohlen⸗ lager. Das Feuer breitet ſich unterirdiſch aus, ſchreitet nur langſam vorwärts, kann aber, wenn es an der Bodenoberfläche ausbricht, zum Bodenfeuer (ſ. d.) werden. Iſolierung des Feuer⸗ herdes durch Anlage entſprechend tiefer Stich gräben und wo thunlich, Unterwaſſerſetzen der⸗ ſelben (ſ. Torfwirtſchaft). Hſchl. Erdfloh, deutſche Bezeichnung für die Arten der Chryſomelidengruppe Halticini, ſ. d. (vgl. a. Chrysomelidae). 3 Erdgefährte ſind natürliche Rinnen, Rutſchen, Lawinenſtreifen, Terrain⸗ falten, Gräben ꝛc. oder unter ſtarkem Ge⸗ fälle künſtlich hergeſtellte Gleitbahnen, die zur Abbringung der Hölzer benützt werden, während unter dem Ausdrucke „Erdgefährten“ das theilweiſe ſelbſtthätige Gleiten der Hölzer in dieſen Gleitbahnen verſtanden wird. Jeder Kör- per, der auf einer ſchiefen Ebene ruht, hat das Beſtreben, niederzugleiten, wird aber an dieſer Neigung bis zu einem gewiſſen Grade durch die Reibung verhindert. Man bezeichnet jenen Winkel einer ſchiefen Ebene, bei dem ein Körper noch im Zuſtande der Ruhe verharrt, als Ruhe⸗ winkel, während das Beſtreben P zum Nieder- gleiten durch die Formel P (sin a f cos a) G worin 4 den Neigungswinkel der ſchiefen Ebene, f den Reibungscoöfficienten und G das Gewicht des Körpers bedeutet, ausgedrückt wird. Die Holzlieferung in Erdgefährten wird vorherrſchend im Hochgebirge und auf ſteilen Hängen, u. zw. mit Vortheil angewendet. Die Hölzer werden über die Schlagfläche zu der Ein⸗ oder Ankehr- oder Anfangſtelle des Erdgefährtes gezogen, gewälzt, geſtürzt oder geſtreift (Vorlieferung) und ſodann in das Gefährte mit Anwendung einer Kraft einge— führt („eingekehrt“), in welchem ſie dann mit oder ohne Unterbrechungen bis an den Fuß des Berghanges gleiten. In den Erdgefährten können Hölzer der verſchiedenſten Formen und Dimen- ſionen geliefert werden, vorausgeſetzt, daſs das entſprechende Gefälle vorhanden iſt. Dieſes wird um ſo größer ſein müſſen, wenn ſchwache oder kurze Stämme oder Stammſtücke ſelbſtthätig gleiten ſollen. 4 Durch das Erdgefährte werden die Gleit— bahnen in kurzer Zeit ausgeriſſen und in Gräben umgewandelt, die bei Ungunſt der Bodenverhältniſſe ſich mit der Zeit zu Wild— bächen ausbilden können. Auch leidet das Holz an Quantität und Qualität und kann zumal der letztere Verluſt eine beträchtliche Höhe er— reichen, wenn das Gefährte in einem felſigen oder ſteinigen Boden gebettet iſt. Unter gewöhn— lichen Verhältniſſen ſchwankt der Quantitäts— verluſt zwiſchen 5 und 15%, während der Quali— tätsverluſt ſich ſchwer auch nur in annäherndem Maße feſtſetzen läſst. Die ſelbſtthätig gleitenden Stämme verlaſſen mitunter, wenn keine künſt— lichen Schutzmaßnahmen getroffen werden, die Gleitbahn und beſchädigen die angrenzenden Be— ſtände. Dieſe Liefermethode bietet ſomit unter ungünſtigen Verhältniſſen namhafte Nachtheile, während wieder zwei Momente für ſie ſprechen, nämlich die Einfachheit des Betriebes und die Entbehrlichkeit baulicher Anlagen. Im Liefer— betriebe ſpielt die Beſchaffenheit der Gleitbahn eine hervorragende Rolle; denn je glatter dieſe iſt, je weniger Hinderniſſe ſie den gleitenden Hölzern entgegenſtellt, um ſo günſtiger wird der Erfolg ſein. Um dies zu erreichen, d. h. die Reibung möglichſt zu vermindern und den Boden von umfangreicheren Schäden zu be— wahren, werden eingeriſſene Stellen mit Holz ausgedielt und andere, wo ein Ausſpringen der Hölzer möglich iſt, durch Vorleghölzer oder Erdaufwürfe geſchloſſen. Derart verſicherte Erd— gefährte bilden dann den Übergang zu den Wegrieſen. Neben dem nothwendigen Grad von Glätte der Gleitrinnen muſs auch die Größe und Vertheilung des Gefälles entſprechen, und gilt im allgemeinen der Grundſatz, daſs ſich das Liefergeſchäft am günſtigſten abwickelt, wenn die Gleitrinne an der Einkehrſtelle das höchſte, gegen den Verleerplatz hin das geringſte Gefälle beſitzt (ſ. Gefälle). Fr. Legislatur in Oſterreich. Nach 8 17 F. G. „müſſen alle Forſtproducte durch den Ein— geforſteten auf den bleibenden oder ſonſt ange— meſſenen, vom Waldbeſitzer zu bezeichnenden We— gen, Erdrieſen oder Erdgefährten aus dem Walde eſchafft werden“. „Zur Fortführung von Rieſen jeder Art (Erdrieſen oder Erdgefährte, Eis- und Schneerieſen, Waſſerrieſen) oder ſonſtigen Holz— bringungswerken über öffentliche Wege und Ge— wäſſer, durch Ortſchaften, an oder über fremde Gebäude, iſt die Bewilligung der politiſchen Be— hörde erſter Inſtanz erforderlich, welche dieſelbe über Einvernehmen von Sachverſtändigen und allen Betheiligten nach Zuläſſigkeit zu ertheilen hat“ (825 F. G.). — Zur Benützung beſtehender Erdrieſen, Erdgefährte, Eis- und Schneerieſen Erdgericht. — Erdklauſen. 347 Geſetze vom 1. März 1885, L. G Bl. Nr. 13, in Kärnthen die Bewilligung der politiſchen Behörde nothwendig (§ 10). Der Waldſchadentarif lautet im § 8: „Für jedes Quadratmeter Waldgrund, das durch Bildung neuer und die Benützung außer Ges brauch geſetzter Wege und Stege, durch die Anlage von Erdrieſen (Erdgefährten u. dgl.) die unbefugte Ableitung von Wäſſern nachtheilig verändert wird, kann der Preis eines Quadrat- meters Hutweide von einer Beſchaffenheit, wie ſie der Waldboden vor ſeiner nachtheiligen Ver— änderung beſaß, als Erſatzbetrag gefordert wer— den. Iſt eine weitere Verbreitung der dadurch veranlaſsten üblen Folgen mit Grund zu be— ſorgen, ſo iſt jedoch dieſer Betrag, je nachdem die Beſorgnis von geringerer oder größerer Bedeutung erſcheint, anderthalbfach oder doppelt zu bezahlen.“ Derartiges unberechtigtes Vor— gehen iſt jedenfalls auch als Forſtfrevel (j. d.) zu behandeln, wenn nicht das Strafgeſetz An— wendung findet (ſ. a. Bringung). Mcht. Bezüglich Deutſchland ſ. Forſtſtraf⸗ recht. At. Erdgericht, das, ſ. v. w. Bodengeridt, ſ. d., d. h. ein Lauf- oder Erddohnenſteig. „Lauf⸗ dohnen, alſo nennen einige das Boden- oder Erdgerichte.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, Ed. II, 1779, p. 250. Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erdhacker, ſ. Grünſpecht. E. v. D. Erdiezen, verb. intrans., mhd. von duz — Schall, Geräuſch, ſ. v. w. laut erſchallen, ertönen, gut anſchlagen, vom Jagdhorn. „Sin hornschal wart als gröz, daz der walt dä von erdöz.“ Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 1140—1141.— Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 373 b. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 622. E. v. D. Erdklaufen, Der Klauskörper iſt eine dammartige Anſchüttung, die unmittelbar auf den gewachſenem Boden geſtellt wird, ſobald dieſer von der oberen lockeren Erdſchichte befreit iſt. Nachdem jedoch von einem Klausdamme die möglichſte Waſſerundurchläſſigkeit gefordert wird, ſo genügen ſelbſt gut ausgeführte Anſchüttungen nur in den ſeltenſten Fällen, wenn ſie nicht einen Kern (Klauskern) aus thonhältiger und möglichſt bindiger Erde erhalten, der den Klauskörper ſeiner ganzen Länge und Höhe nad) durchzieht. Zum Zwecke der Herſtellung des Klauskernes wird auf dem zugerichteten Baugrund, u. zw. in der Mitte, parallel zur Längsrichtung des Klauskörpers, ein I—2 m breiter Graben bis auf den feſten, waſſerundurchläſſigen Grund ge— führt und ſodann mit bindigem Lehmboden oder Thon ausgefüllt. Das Füllmaterial muſs angenäſst, gut durchgearbeitet und in dünnen Schichten in den Graben eingefüllt und feſtgeſtampft werden. Iſt dieſer bis zum Niveau der Baufläche gefüllt, ſo wird mit der Herſtellung des Dammkörpers nach einem in der Natur mit Latten ausge ſteckten Profile begonnen, wobei die Anfeuchtung des Anſchüttungsmateriales unterbleiben muſs, während das Feſtſtampfen der in Schichten von 10—20 em Stärke aufgetragenen Maſſe mit aller Sorgfalt vorzunehmen iſt. Mit der Aus oder Waſſerrieſen zur Holzlieferung iſt nach dem ı führung des Dammkörpers wird unter Einem 348 Erdkrebs. — Erdmagnetismus. auch mit der Herſtellung des Klauskernes in derjelben Weiſe wie im Fundamente fortge— fahren und der letztere in gleicher Stärke bis zur Dammkrone emporgeführt. Der Damm erhält ein Zwölftel der Höhe als Überhöhe, an der Waſſerſeite eine Doſſierung von 1:4½ oder 1:2 und an der Rückſeite eine ſolche von 1:1. Zum Schutz gegen den Wellenſchlag mufs der Damm um 50—100 cm über der höchſten Waſſerſtandslinie liegen, während deſſen Wafjer- ſeite in den oberen Theilen durch eine Stein— pflaſterung zu verſichern iſt. Der übrige Theil des Dammes kann mit Raſen bekleidet werden, das Anwachſen von Geſträuch und Bäumen darf jedoch nicht geduldet werden. Die Offnun— gen für den Waſſerabfluſs werden mit Stein oder Holz verkleidet (ſ. Klaus dammſtärke, Klauſen, Zapfenverſchluſs, Klaushof). Fr. Erdkrebs, gleichbedeutend mit Werre, Maulwurfsgrille, Gryllotalpa vulgaris (ſ. d.). Erdkrebs wird aber auch die durch Agaricus melleus an Nadelholzpflanzen, beſonders Fichte, hervorgerufene Krankheit genannt. Hſchl. Erdkröte, ſ. Bufo. Kur. Erdmagnetismus. Vor dem XIII. Jahr⸗ hundert kannte man in Europa den Magne- tismus nur als eine Eigenthümlichkeit des Magneteiſenſteins, kleinere Eiſenſtücke feſtzu— halten. Völlig irrthümlich nahm man damals au, daſs der Magnet die Subſtanz des Eiſens anziehe, ſpäter iſt erkannt worden, dass der Magnet in das Eiſen Magnetismus induciert und dieſen erſt anzieht. Im Mittelalter wurde beobachtet, dajs eine anf dem Waſſer ſchwim— mende oder frei aufgehängte Magnetnadel ſich ſtets mit dem einen Ende nach Norden wendet. Da man dieſe Beobachtung immer und überall machen kann, ſchloſs man ſpäter, daſs die Erde ſelbſt ein Magnet ſei, und nach und nach hat ſich daraus die Lehre vom Erdmagnetismus entwickelt. Nur an wenigen Punkten der Erde zeigt eine horizontale, frei bewegliche Nadel genau nach Norden. Meiſt weicht ſie öſtlich oder weſt— lich ein wenig von dem aſtronomiſchen Meri— dian ab; man nennt dieſen Winkel die Ab— weichung oder Declination, die durch die magnetiſche Achſe gelegte Verticalebene gibt den magnetiſchen Meridian an. Wird die Nadel ſeitwärts aus ihrer natürlichen Lage abgelenkt, ſo beſtrebt ſie ſich, dieſe wieder einzunehmen; die Kraft, welche in dieſem Falle wirkſam wird, heißt die Horizontalintenſität. Gibt man einer Nadel die Freiheit, ſich um ihren Schwer— punkt in einer verticalen Ebene zu bewegen, und bringt dieſen in den magnetiſchen Meridian, ſo wird die verticale Componente des Erdmag— netismus wirkſam, und das Nordende der Nadel ſenkt ſich bei uns unter den Horizont. Der Winkel, um welchen ſie ſich neigt, heißt die Inelination oder der Neigungswinkel. Dieſe Lage iſt die wahre, natürliche Richtung der Nadel, die Wirkung des Erdmagnetismus iſt hier am größten, die Inductionsfähigkeit auf weiches Eiſen am ſtärkſten. Die Kraft, welche die Nadel in dieſe Lage bringt, wird die Totalintenſität genannt. Durch Declination, Inclination und Intenſität ſind Richtung und Größe der erdmagnetiſchen Kraft an jedem Punkt der Erde vollkommen beſtimmt; dieſe drei Beſtimmungsſtücke heißen die erdmagneti- ſchen Elemente oder Conſtanten. Declination. Seitdem der Compaſs ein unentbehrliches Orientierungsmittel für den Seefahrer geworden, hat man auf die Bejtim- mung der Declination an den verſchiedenen Punkten der Erde eine beſondere Sorgfalt ver— wendet. Linien, welche die Orte gleicher Decli- nation (Miſsweiſung) verbinden, heißen Iſo— gonen. Aus dem Verlaufe dieſer Linien ſieht man, dajs jetzt Europa mit Ausnahme des öſtlichen Theiles, Afrika, Kleinaſien, Arabien, Weſtauſtralien, das öſtliche Drittel von Ame- rika und außerdem ein inſelförmiges Gebiet in Oſtaſien (Japan) weſtliche Declination haben. Die Linie ohne Abweichung verläuft öſtlich vom Nordcap und von St. Petersburg, berührt die Oſtküſte des Schwarzen Meeres und des Per- ſiſchen Meerbuſens, ſchneidet die Malediven und die Keelinginſeln und trennt einen Theil des weſtlichen Auſtralien ab. Die andere Linie ohne Abweichung geht von der Weſtküſte der Hudſonsbay über Charleſton, Haiti, Orinoco— mündung, St. Francisco (Braſilien) nach Süd⸗ Georgien. Legt man Linien durch die Achſen der Declinationsnadeln an den verſchiedenen Orten, conſtruiert man alſo die magnetiſchen Meridiane, ſo laufen dieſe in je einem Punkte der nördlichen und ſüdlichen Hemiſphäre zu— ſammen, in den magnetischen Polen. Der Nord- pol liegt auf Boothia Felix, der Südpol auf 74° 5. Br. und 148° 5. L. v. Gr. Dieſe Pole fallen alſo mit den Rotationspolen der Erde nicht zuſammen. Lage und Richtung der Iſogonen ändern ſich von Jahr zu Jahr. Gegenwärtig ſind die— ſelben in Europa in einer Wanderung von Oſt nach Weſt begriffen und nähern ſich der Richtung der aſtronomiſchen Meridiane. Die Declination nimmt mithin in Europa ſtetig ab, u. zw. um 6—7 Minuten jährlich, Man bezeichnet dieſe Größe als die ſäculare Anderung. In der Mitte des XVII. Jahrhunderts hatte London keine Miſsweiſung, vorher war dieſelbe öſtlich, darauf nahm ſie zu, erreichte 1818 ihren größten weſt— lichen Betrag und nimmt ſeitdem wieder ab. Der Gang an anderen Orten Europas iſt ziem- lich derſelbe. In Wien war die Deelination Januar 1880: 9 59“ W, Januar 1887: 9 22“ W, in Pola beträgt dieſelbe jetzt 10° 23“ W, Klagen⸗ furt 106, W, Holzleithen 10° 46“ W, Krems⸗ münſter 10° 40“ W, Ofen 10° 10° W, Prag 10° 19“ W, Petersburg 0° 24 W, Paris 15° 517 W, Hamburg 12° 25° W. Außer dieſen fäcularen An⸗ derungen zeigt die Declinationsnadel einen täg— lichen Gang. In unſeren Breiten erreicht das Nordende der Nadel den öſtlichſten Stand von der Mittellage um 8 Uhr vormittags, bewegt ſich darauf nach Weſt, erreicht den höchſten weſtlichen Stand zwiſchen 1 und 2 Uhr nachmittags und beginnt dann langſam zurückzukehren. In der Nacht iſt die Bewegung ſehr gering. Die Am— plitude dieſer Bewegung iſt nach den Jahres— zeiten verſchieden, ſie iſt am größten im April bis Auguſt (Wien 1374 und 1278), am geringſten Erdmagnetismus. 349 im December (Wien 372). In der Nähe der die Orte mit der ſchwächſten magnetiſchen Erd— Pole ſind dieſe Bewegungen bedeutend größer und unregelmäßiger. Auf der ſüdlichen Hemi— ſphäre bewegt ſich das Nordende der Nadel entgegengeſetzt. Auf beiden Hemiſphären folgt alſo dem täglichen Gang der Sonne das ihr zugekehrte Ende der Nadel. Die Extreme ver— ſpäten ſich um rund eine Stunde. Die äqua— torialen Gebiete zeigen nicht etwa keine Bewe— gung, ſondern ſie folgen nach dem jeweiligen Sonnenſtande in einem Halbjahr der nördlichen, im anderen der ſüdlichen Halbkugel. Neben dieſer täglichen Bewegung iſt noch eine jährliche Bewegung beobachtet, die jedoch ſehr gering— fügig iſt. Die Nadel zeigt etwas öſtlicher beim Sonnenſtand nördlich vom Aquator, u. zw. in beiden Hemiſphären gleichmäßig. Inclination. Auf der nördlichen Halb— kugel ſenkt ſich das Nordende, auf der ſüdlichen das Südende einer Inclinationsnadel unter den Horizont. Die Größe dieſes Neigungswinkels iſt an verſchiedenen Orten verſchieden; er erreicht 90 an den magnetiſchen Polen und nimmt nach dem Aquator zu ab. Linien, welche die Orte gleicher Neigung verbinden, heißen Iſoklinen. Die Linien, auf welcher die Nadel genau horizontal bleibt, bildet den magnetiſchen Aquator. Derſelbe verläuft in Südamerika und dem größeren Theile des Stillen und Atlantiſchen Oceans auf der ſüdlichen Halbkugel und durch— ſchneidet den Aquator etwa auf 10° und 165° W v. Gr. Auch die Iſoklinen verſchieben ſich von Dit nach Weſt und nähern ſich außerdem in Mittel— und Weſteuropa den Parallelkreiſen. Die ſäcu— lare Anderung betrug in dieſen Gegenden bisher 2—3“ jährliche Abnahme, ſchien ſich in den letzten Jahren jedoch wenig zu ändern, was vielleicht auf einen baldigen Zeichenwechſel der Anderung ſchließen läſst. In Wien beträgt die Inclination gegenwärtig 63° 23“ N, in Hans burg 67° 50“. Die tägliche und jährliche Periode der Inclination iſt ſehr klein, ihre Amplituden im Mittel etwa 2“; das Maximum tritt vor— mittags, das Minimum am Spätnachmittage ein. Zur Zeit der größten Sonnennähe (October bis März) erreicht die Inclination ihren größten, im Sommer den kleinſten Wert. Intenſität. Aus den Schwingungszeiten einer Inclinationsnadel läſst ſich die Total— intenſität zu verſchiedenen Zeiten und an ver— ſchiedenen Orten relativ beſtimmen. Da jedoch der Einfluſs der Reibung hiebei ein ſehr be— deutender iſt, ſo zieht man es vor, eine Decli— nationsnadel an einem Faden ſchwingen zu laſſen. Allerdings wirkt auf dieſe nur die Hori— zontalcomponente ein, aber aus dieſer und dem Inclinationswinkel läſst ſich die Vertical- und Totalintenſität berechnen. Verbindet man mit den Schwingungsbeobachtungen die Beſtimmung des Ablenkungswinkels, ſo läſst ſich die erd— magnetiſche Kraft in abſolutem Maß meſſen. Linien, welche Orte gleicher Totalintenſität verbinden, werden Iſodynamen genannt. Dieſe verlaufen den Iſoklinen nicht parallel, ſondern ſchneiden ſie mehrfach. Als Intenſitäts— pole ergeben ſich auf jeder Halbkugel zwei, ein ſtärkerer und ein ſchwächerer. Verbindet man kraft, ſo erhält man den dynamiſchen Aqua— tor. Zur Vertheilung der erdmagnetiſchen Kraft iſt zu bemerken, daſs die Horizontalintenſität nach den Polen zu ab-, die Totalintenſität jedoch zunimmt. Die ſäculare Anderung, der tägliche und jährliche Gang der Intenſität ſind für län— gere Perioden noch nicht bekannt. In Mittel- europa nimmt die Horizontalintenſität jährlich um 00020 Gauß'ſche Einheiten zu und beträgt in dieſen Einheiten jetzt in Wien 20584, die Totalintenſität aber 45935, eine Gauß'ſche Ein- heit iſt nach der Feſtſetzung von Gauß diejenige Kraft, welche der Einheit der Maſſe in der Ein— heit der Entfernung die Einheit der Beſchleu— nigung in der Zeiteinheit zu ertheilen vermag; Gauß legte mm, mgr, sek., die Engländer engl. Fuß, grain, sek. zugrunde, in unſerer Zeit wählte man em, gr, sek. (C. G. S.). Wie die Inclination iſt auch die Intenſität etwas größer zur Zeit der Sonnennähe. N Außer den beſprochenen regelmäßigen An— derungen der magnetiſchen Elemente werden zu— weilen Bewegungen weit über das mittlere Maß hinaus wahrgenommen: die Nadeln er— ſcheinen unruhig und oſcillieren bald mehr auf der weſtlichen, bald mehr auf der öſtlichen Seite der Mittellage hin und her. Man nennt dieſe unregelmäßigen Bewegungen Störungen oder magnetiſche Ungewitter. Dieſelben zeigen ſich gleichzeitig und in gleicher Weiſe auf größeren Gebieten, doch nehmen ſie nach Norden hin an Häufigkeit und Größe zu, jo jedoch, daſs der Herd derſelben nicht am Pol, ſondern in den Breiten zu liegen ſcheint, die man als Nord— lichtgürtel bezeichnet. Das Auftreten der Nord— lichter und der magnetiſchen Störungen ſteht in enger Beziehung; gleichzeitig mit beiden Er— ſcheinungen zeigen ſich galvaniſche Ströme in den Telegraphenleitungen, die oft das Arbeiten mit denſelben unmöglich machen. In neuerer Zeit hat man dieſen Erdſtrömen in Deutſchland eine beſondere Aufmerkſamkeit gewidmet. An magnetiſch ruhigen Tagen zeigen die Erdſtröme einen gewöhnlichen Gang, deſſen Übereinſtim— mung mit dem der magnetiſchen Elemente nach neueren Beobachtungen wahrſcheinlich iſt. Es iſt zu hoffen, daſs die Forſchung über dieſe ſo intereſſanten und noch ſo räthſelhaften Erſchei— nungen des Erdmagnetismus, der Erdſtröme und der Nordlichter bald mehr Licht verbreiten werde; ihr Zuſammenhang ſcheint durch ihr gleichzeitiges Auftreten zweifellos. — Es iſt vorſtehend mehrfach auf Anderungen der magnetiſchen Elemente mit dem Sonnen ſtande hingewieſen worden, es verdient aber ebenſo die Übereinſtimmung mit der elfjährigen Sonneufleckenperiode die Hervorhebung. Viel— leicht iſt der Erdmagnetismus zum Theil auf eine Inductionswirkung der Sonne zurück zuführen. st 1 Von Gelehrten, die ſich auf dieſem Gebiete beſonders verdient gemacht haben, mögen hier Euler, Humboldt, Hanſteen, Gauß, Weber, Ya» mont, Sabine hervorgehoben werden. Uner müdlich thätig in der Förderung der erdmag— netiſchen Frage iſt von jetzt Lebenden G. Neu mayer in Hamburg. Zahlreiche über die ganze 350 Erde vertheilte feſte Obſervatorien, Forſchungs— reiſende und die Beobachtungen der Seeleute liefern ein reiches, brauchbares Material, das für die Löſung dieſer Fragen die ſichere Grund— lage bilden wird. Inſtrumente zum Meſſen der erdmag- netiſchen Conſtanten. Zur Unterſuchung der Declination auf See, des vom praktiſchen Standpunkte wichtigſten Elementes, bedient man ſich auf Schiffen ge— wöhnlich eines Normalcompaſſes mit umleg— barer Roſe, Nonien und Mikrometerwerk. Auf Reiſen oder in Obſervatorien verwendet man das Declinatorium oder den Theodolit. Beim Compaſs ſchwingt das Nadelſyſtem (häufig aus 4 Lamellen beſtehend) auf einer Pinne, beim Theodolit an einem möglichſt langen Cocon— faden. Die Alhidade des Theodolit trägt in der Mitte ein Käſtchen, das mit Glasfenſtern und eventuell mit einer Suspenſionsröhre ausge— rüſtet iſt. Der vor Zug geſchützte Magnet ſchwingt im Käſtchen, getragen von den am oberen Ende der Röhre befeſtigten Coconfäden, in ſolcher Lage, daſs der Schwingungsmittelpunkt mit dem Mittelpunkte der Alhidade zuſammen— fällt. Dieſe trägt an dem einen Ende ein Fern- rohr, deſſen radial gerichtete optiſche Achſe auf einen verticalen Spiegel gerichtet iſt, welcher, mit dem Magnet feſt verbunden, ſenkrecht zur magnetiſchen Achſe geſtellt iſt und meiſt dicht über dem Magnet im Käſtchen angebracht iſt. Durch das Fernrohr erblicken wir außer dem im Ocular geſpannten Verticalfaden ſein Spiegel- bild, und dieſe Linien decken ſich bei Drehung der Alhidade dann genau, wenn die optiſche Achſe des Fernrohrs in den magnetiſchen Me— ridian gelangt, da ſie in dieſer Lage auf dem Spiegel ſenkrecht ſteht. Liest man am Limbus dieſe Stellung der Alhidade ab und richtet darauf das Fernrohr auf einen terreſtriſchen Punkt (eine Mire), deſſen Azimuth (Winkelab— ſtand vom Meridian) bekannt iſt, ſo ergibt die jetzt am Limbus abgeleſene Stellung leicht den Winkel der beiden Richtungen, alſo auch den Winkel der magnetiſchen Achſe mit dem wirk— lichen Meridian oder die Deelination. Über die Beobachtungen zur Beſtimmung der Horizontalintenſität iſt oben ſchon das Nöthige geſagt worden, nähere Darlegung der Berechnungsweiſe würde hier zu weit führen. Zur Meſſung der abſoluten Inclination bedient man ſich noch faſt ausſchließlich des Nadelinclinatoriums. Das Inſtrument be- ſteht aus einem getheilten Horizontal- und Verticalkreis. Die dünnen, gut polierten Achſen der Nadel liegen auf Achatlagern des Vertical— kreiſes, mit dieſem centriert; weſentlich iſt, dass der Schwerpunkt des Magnets genau in die Mitte der Achſen fällt. Die Ableſung geſchieht entweder mit Mikroſkopen oder auf einem Spie— gel, nachdem die Nadel mit ihrer Schwingungs— ebene in den magnetiſchen Meridian gebracht und zur Ruhe gekommen iſt. Wenn auch durch Combination von Beobachtungen und Rechnung die bei Herſtellung dieſes Inſtrumentes, welches beſonders hohe Anforderungen an die Technik ſtellt, übrigbleibenden Fehler zum größten Erdmagnetismus. Theile ausgeglichen werden, ſo bleiben die höchſten Anforderungen an Genauigkeit doch unerfüllt. In neuerer Zeit iſt mehrfach der Erdinductor von Weber zur Verwendung gelangt, welcher ſehr gute Reſultate gibt, doch würde eine eingehende Beſprechung zu weit führen. Beobachtungen mit den genannten Inſtru⸗ menten geben abſolute Werte, aber nur für die Zeit der Beobachtung. Da dieſe Beobachtungen aber nicht gleichzeitig von einem Beobachter ausgeführt werden können, ſondern jede längere Zeit beanſprucht, ſo bedient man ſich außer der angegebenen noch der ſog. Variations— inſtrumente. Dieſe geſtatten mittelbar eine gleichzeitige Beſtimmung aller drei Elemente und geben außerdem ihren täglichen Gang. Man unterſcheidet Variationsinſtrumente nach den Syſtemen Lamont und Gauß-Lloyd. Bei allen hängt an einem dünnen Cocon- oder Metall- faden ein kleiner, gewöhnlich hufeiſenförmiger und mit Spiegel verbundener Magnet. Dieſer genügt zur Beſtimmung der Declination; zur Ermittlung der Horizontalintenſität hat Lamont ſeitlich kleine Magnete (Deflectoren) angebracht, welche den Magnet an einen beſtimmten Winkel aus dem Meridian ablenken. Gauß dagegen verwendete das ſog. Bifilar, bei welchem der Magnet an zwei von einander etwas abjtehen- den Fäden aufgehängt iſt; die Ebene der Fäden wird gedreht, bis der aufgehängte Magnet um 90° abgelenkt iſt, und es wird bei Anderung der horizontalen Componente eintretende An- derung des Ablenkungswinkels gemeſſen. Beim Inclinationsinſtrument wendet La— mont zu beiden Seiten angebrachte, verticale, weiche Eiſenſtäbe an, welche durch die der Ver— ticalcomponente proportionale Induction ver- ſchieden ſtark auf die Nadel einwirken. Behufs Ableſung dieſer drei auf feſten Pfeilern genügend weit von einander aufge- ſtellten Inſtrumente bedient man ſich eines ent⸗ fernt aufgeſtellten Fernrohrs. Mit dieſem ſind drei lange mit Millimetertheilung verſehene Scalen, parallel zu den einzelnen Spiegeln der Magnete gerichtet, angebracht. Vor dem Objectiv des Fernrohrs befinden ſich zwei Prismen ſo an⸗ gebracht, daſs man durch das Fernrohr außer dem direct geſehenen Spiegel noch mittelſt der Prismen die beiden anderen Spiegel und die darin reflee⸗ tierten Scalen, alle drei Scalenbilder übereinan— der, erblickt; die mit dem Ocularfaden ſich deckenden Zahlen, alſo die Ableſungen, geben den jeweiligen Stand der Inſtrumente, und da der Wert einer Scaleneinheit (Normalpunkt) ſowie der einem beſtimmten Theilſtrich entſprechende abſolute Wert bekannt ſind, ſo hat man zu jeder Zeit mit einem Blick den Stand zum Normalpunkt. Zur Beſtimmung der Verticalintenſität und mit dieſer der Inclination gebraucht man in neuerer Zeit mit beſtem Erfolge die Lloyd'ſche Wage. Dieſe beſteht aus einem auf feinen Achſen ruhenden, leicht beweglichen Magnete, der ſo adjuſtiert iſt, daſs er ſich in einer um weniges gegen den Horizont geneigten Stellung im Gleichgewichte befindet; die bei Anderung der Verticalcomponente eintretende Anderung der a Erdmann Lage wird ebenfalls mittelſt Spiegels und Fern— rohrs gemeſſen. Aber auch ſelbſt bei dieſen Variations— inſtrumenten würde es eine mühſame Arbeit ſein, den Stand und Gang derſelben zu allen Zeiten des Tages aufzuzeichnen, was gerade die magnetiſchen Elemente wegen der häufigen und plötzlich eintretenden bedeutenden Störungs— erſcheinungen unbedingt erfordern, um ihren wahren, regelmäßigen Verlauf und den der Störungen erkennen laſſen; man hat daher auch für den Erdmagnetismus regiſtrierende Apparate erſonnen, wobei man wegen der geringen Richtungskräfte der Magnetnadeln den Dienſt der Photographie in Anſpruch nehmen muſste. Dieſe Regiſtrierung der einzelnen Appa— rate wird je durch einen Lichtſtrahl erreicht, wel— chen man durch ein Fernrohr ſtets gleich ge— richtet auf den ſich bewegenden Spiegel des Magnetes wirft. Der Strahl wird reflectiert und trifft, durch eine Linſe zu einem Lichtpunkte vereinigt, eine mit photographiſch präpariertem Papier überzogene Walze, welche ſich in 24 Stun- den einmal herumdreht. Hiebei beſchreiben die vom Lichtſtrahl getroffenen Punkte in ihrer ſteten Folge eine Curve, aus welcher die ent— ſprechenden Bewegungen des Spiegels, alſo des Magnets, ſofort hervorgehen. Ein von einem feſten Spiegel kommender Lichtſtrahl markiert die Nullinie, deren aſoluter Wert beſtimmt wird. Die Ordinaten der Curve, bezogen auf die Nullinie, geben die Größe der Anderungen des Elementes für jeden Zeitpunkt, ſobald der einem Millimeter entſprechende Wert be— rechnet iſt. Ein ſolcher Magnetograph wurde zuerſt 1857 im Obſervatorium in Kew (England) auf— geſtellt, und jetzt befinden ſich auch ſolche in Paris, Petersburg, Wilhelmshaven, Wien und Pola. Die Apparate erfordern natürlich eine häufige Controle durch abſolute Beobachtungen, da eine Anderung der magnetiſchen Momente der Nadeln wie noch viele andere Umſtände die Aufzeichnung zu beeinfluſſen vermögen und ſomit eine Anderung der abſoluten Werte der gemeſſenen Ordinaten herbeiführen können. Gßn. Erdmann, der, ſcherzhafter Beiname für den Dachshund; vgl. Teckel. „Sein (des Fuchſes) Gehör iſt ſehr fein; aber noch feiner ſeine Naſe, und ſein Gebiſs iſt ſchärfer als es manchem Jäger lieb iſt, deſſen Erdmann er übel zu— richtete.“ v. Corvin, Sporting Almanach, 1844, 01. E. v. D. Erdmaſt, die, ſ. v. w. Brutmaſt, d. h. die Angerlinge und ſonſtigen Larven, dann Wur— eln und Schwämme, welche das Schwarzwild friſst, nach welchen es den Boden bricht; ſeltener vom Dachs. Vgl. Buchmaſt, Eichelmaſt.“ „Erd-Maſt, welches weiße Maden ſeyn und in der Erde zuweilen hauffenweiſe beyeinander wachſen.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 23, III., fol. 54. — J. A. Großkopff, Weidewercks— Lexicon, 1759, p. 96. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, Ed. II, 1779, p. 133. — Philo- parchi Germani, Kluger Forſt- und Jagd— beamte, Nürnberg 1774, p. 323. — Le Verrier de la Counterie, Normänniſcher Jäger, Münſter 1780, p. 312. — „Erdmaſt, nennt man die . — Ereilen. 351 Wurzeln, Würmer, Inſecten und Schwämme, welche das Schwarzwild zu ſeiner Nahrung aus der Erde bricht.“ Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 100. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. — „Unter Erdmaſt verſteht man die Nahrung, welche der Dachs unter der Erde ſucht, wie Schnecken, Würmer, Wurzeln u. ſ. w.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 422. — Grimm, D. Wb. III., p. 774. — Sanders, Wb. I., p. 249 a. E. v. D. Erdmeridian, ſ. Erde. Lr. Erdmolch, ſ. Salamander. Kur. Erdöl, ſ. Steinöl, Petroleum. v. Gn. Erdpech, ſ. Aſphalt. v. Gn. Erdraupen, deutſche Bezeichnung für die den Agrotis-Arten angehörigen, im Boden lebenden Raupen (ſ. Agrotis). Hſchl. Erdrieſen, ſ. Erdgefährte. Fr. Erdſänger, Saxicolinae, Familie der Ordnung Cantores, Sänger; dieſelbe iſt in Europa in 11 Arten vertreten, welche auf die Gattungen Rutieilla Chr. L. Brehm, Lu— scinia id., Cyanecula id., Dandalus Boie, Saxicola Bechstein und Pratincola Koch vertheilt ſind; ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol. E. v. D. Erdſcheibe, ſ. Cyclamen. Wm. Erdſpecht, ſ. Grünſpecht. E. v. D. Erdwanze, Cydnus Fab., Baumwanzen⸗ gattung. Die 7—8 mm lange, bis 4˙5 mm breite C. bicolor L. iſt glänzend ſchwarz, mit weißen Zeichnungen, alle Schienen mit Stachel— borſten. Soll durch Beſaugen jüngſter Triebe unterſchiedlicher Gewächſe ſchaden. Hſchl. Erdwaran, ſ. Psammosaurus. Kur. Erdwege, ſ. Schlagwege. Fr. Erdwiſtel, ſ. Blaukehlchen, weißſterniges. E. v. D. Erdzeiſel (Zieſel) darf nach § 13 des ungariſchen Jagdgeſetzes (Geſ. Art. XX vom Jahre 1883, ſanctioniert 19. März 1883) „jeder Beſitzer auf ſeinem eigenen Gebiete wann immer und auch in dem Falle vertilgen, wenn die Jagd verpachtet wäre; will er aber die Ver— tilgung jagdmäßig mit Treibern oder mit was immer für Jagdhunden vornehmen, ſo iſt er in dieſem Falle verpflichtet, die Einwilligung des Pächters einzuholen“. Mcht. Erection des Penis, ſ. Zeugung. Lbr. Ereilen, verb. trans., oft mit Auslaſſung des Objectes, am häufigſten ſubſtantiviſch; heute ſyn. mit Blenden, Erblenden, früher ge— trennt; manchmal auch fälſchlich ſyn. mit Über— eilen angewendet. — „. . . Diß heißen die Jäger das plenden vnnd das ereylen dann erplen— det vnnd ereylet die vordern mit den hindern gefahrt.“ J. du Fouilloux, überſetzt von J. Wolff, Straßburg 1590, fol. 28 r. — „Es ergreifft der edle Hirſch, ſowol in freyem Boden, als Graſe, mit der hintern Schale die vordere, nur bis etwan in die Helffte, zuweilen beſſer vor, über die Helffte, aber accurat und gerade in ein— ander ſtehet die Hinter-Fehrte in die vordere. Das Wild hingegen kan es ſehr ſelten, und auch ohne Continuation thun. Dieſes heiſt das Ereilen. Iſt gerecht.“ „. . . Ein junger Hirſch ereilet und übereilet ehender als ein alter.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 10, u. III., fol. 136 a. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, 352 Eremias. — Erheben. p. 97. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 108. — Onomat. forest. I., p. 628. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. — Hartig, Lexik., Ed. II, 1861, p. 158. — Sanders, Wb. I., p. 352 a. E. v. D. Eremias Fitz., Gattung der Eidechſen (La- certidae). S . Syftem der ae Knr. Seil, ſ. Alpenkrähe. E. v. D. Erenuetes Illiger — Tringa Linne. — Erenuetes Mauri Gundlach, occidentalis Law- rence, petrificatus Illiger, pusillus Cassin und semipalmata Cabanis — Tringa minuta Leis- ler, Zwergſtrandläufer. E. v. D Erfahren, verb. trans., nur mhd. in eigen- thümlicher Bedeutung: den hirz ervaren — ihn beitatten, ſeinen Stand und Wechſel ausfund- ſchaften. „Sus riten si mit ein ander dan, Der jäger und der junge man, Dä der jäger sin knehte vant. Und sine ruorhunde, zehant Fragt er sin knehte maere, Ob kein hirz ervaren waere. Der jägerknehte einer sprach: ‚Den groesten hirz, den ich ie gesach, Meister, den hän ich ervarn‘..So suln wir daz nicht langer sparn, Wir suln läzen dar zuo (die hunde). Der Pleier, Meleranz. v. 2015— 2025. — Fehlt in allen Won. E. v. D. Erfel, ſ. Aland. Hcke. Erfliegen, verb. trans., — fliegend er— reichen, von Raubvögeln, veraltet; vgl. erlaufen, erbeizen, erhetzen, erjagen. „Die valken zuo dem selben mal ervlougen mangen wilden ant.“ Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 1140 bis 1 „. Als dick er (der habich) den vogel erfliuget.* Heinrich Mynſinger, Von Valken, 36. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. . 343b. Lexer, Mhd. Hwb. 1: p. 690. — Grimm, D. Wb. III., p. 802. E. v. D. Erfolgs nachweis. Nachdem im größeren Forſthaushalte alle wichtigeren Geſchäfte des jährlichen Betriebes nur auf Grund von ge— nehmigten Anträgen ausgeführt werden und in der Regel auch das vorausſichtliche Geſammt— ergebnis der Wirtſchaft an Koſten und Erträgen in einem Geldpräliminare feſtgeſtellt wird, ſo muſs demgegenüber — abgeſehen von der eigentlichen Verrechnung — von den einzelnen Wirtſchaftern auch nach Schluſs jedes Betriebs— jahres eine Nachweiſung des thatſächlich Aus— geführten und des wirklichen finanziellen Erfolges vorgelegt werden, um dieſen mit den einzelnen Voranſchlägen vergleichen und danach beur— theilen zu können, ob ſich der geſammte Betrieb in dem mit dem Geldpräliminare und den ge— nehmigten Betriebsanträgen vorgeſchriebenen Rahmen bewegt hat. Die Erfolgsnachweiſungen über die einzelnen Betriebszweige (über Holz— fällung, Nebennutzungen, Forſteulturen, Wege— und ſonſtige Bauten u. ſ. w. nebſt deren Koſten und Erträgen) werden am beſten den dies— bezüglichen Anträgen in analoger Form direct gegenüberſtellt und wird daher meiſt in den be— treffenden Formularien die linke Blattſeite den Anträgen, die rechte aber der Erfolgsnach— weiſung gewidmet. Als eigentlicher Erfolgs— nachweis (Erfolgs- oder Gebahrungsausweis) wird in dieſem Falle meiſt ſpeciell die Nach⸗ weiſung aller Koſten und Erträge ſowie des Ertragsüberſchuſſes für das betreffende Jahr im Gegenhalte zum Geldvoranſchlage verfaſst, welche Nachweiſung übrigens nicht mit der eigentlichen Ertragsrechnung (ſ. Rechnungsweſen) zu verwechſeln iſt. v. Gg. Erfrieren, ſ. Froſt. g. Erfriſchen, verb. reflex. — einen Trunk zu ſich nehmen, von allem Wilde und den Hun⸗ den, vgl. friſchen. „Erfriſchen ſagen einige, wenn das Wild bey kühlen Quellen ſich tränket, und ſprechen: es erfriſchet ſich.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, Ed. II, rt en W Erfüllen, verb. reflex. „Erfüllen, ſagen einige, wenn das Wildpret in dem Geüß ſich niederlegt und nicht mehr äßet, heißt es aldenn, es hat ſich erfüllt, es ſchmeckt ihm nicht mehr. Ingleichen wenn der Weidſack recht voller Geäß, wird auch geſprochen: er iſt erfüllt, nemlich vollgefreſſen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohl⸗ red. Jäger, p. 108. — Behlen, Real- u. Verb.⸗ Lexik. VII., p. 185. — Le Verrier de la Coun⸗ terie, Normänniſcher Jäger, 1780, p. 212. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erfüllung, die, ſ. v. w. Zurückbleiben oder Hinterlaſſen, ſ. d. „Es bleibet auch der Hirſch mit der hintern Schale zurück, doch ge— rade zuweilen wol zwey bis drey Finger breit, und ſind ſolches gemeiniglich feiſte und alte Hirſche, weil ihnen die Nerven und Sehnen ſteifer und kürtzer werden, und dieſes heißt das Zurückbleiben, Hinterlaſſen, oder die Erfül⸗ lung.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 6. — „Der Hirſch bleibet mit den Hinterſchalen zurück, wohl zwey bis drey Finger breit, gerade hinter der Fährte der vorderen Schale. Dieß iſt ein Zeichen der alten und feiſten Hirſche, weil ihnen die Nerven und Sehnen ſteifer und kürzer wer⸗ den. Man nennt dieſes Hinterlaſſen, Zurüd- bleiben oder die Erfüllung.“ Mellin, Anwig. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 148. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 108. — Onomat. forest. I., p. 628. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 174. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Ergates Serville, Gattung der Familie Cerambyeidae (ſ. d.), Gruppe Prionini (f. d.), mit nur einer einheimiſchen Art, E. faber Fabr. Der Käfer gehört (nebſt Aegosoma und Ce- rambyx cerdo) zu den größten einheimiſchen Bockkäferarten, iſt (2) bis 30 mm lang, braun, mit zwei feinen, erhabenen Längslinien auf den Flügeldecken, ſtark verdicktem erſten Fühler⸗ gliede und quergerunzeltem Halsſchilde. Ent⸗ wicklung in Kiefernſtöcken. Hſchl. Ergehen, verb. trans. u. reflex., nur mh2.; trans. ein Wild ergehen S dasſelbe erlegen, erjagen; reflex. ſich ergehen laſſen — — ſich fangen, erlegen laſſen, vom Wild; nur in letzterer An⸗ wendung belegbar. „Do liez er (der hirz) sich ergähen.“ Gottfried v. Straßburg, Triſtan und Iſolde, v. 2762. E. v. D. Erhaltung der Waldwege, f. Wegerhal⸗ tung. Fr. Erheben, verb. reflex. u. trans. I. reflex, vom Wild — aus dem Lager aufſtehen, ſpeciell vom Bären — ſich auf die Hinterbranken ſtellen. „Erheben und ernicd- rigen wird von einem Bäre geſagt, welcher bald in die Höhe, bald auff die Erden ſiehet, umb etwas zu erfahren.“ Fleming, T. J., Ed., 1724, I., fol. 106. — „Wenn ſich der Bär auf ſeine hintere Läufe ſetzt und ein Männgen macht, nennt man es erheben.“ „So ein ſich niedergethanes Stück Wild, es ſey nun Hirſch oder Thier, aus der Ruhe ſich aufmacht, wird geſagt, es erhebet ſich.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 108 u. 109. — J. A. Groß— kopff, Weidewercks⸗Lexicon, 1759, p. 97. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 384. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. E. v. D. II. trans., den Jagdzeug erheben S es aufheben und ſtellen. „Anſtatt den Jagdzeug aufheben und ſtellen, ſagen einige den Zeug er— heben.“ Chr. W. v. Heppe J. e. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erhebung des ſcheinbaren Horizontes über den wahren, ſ. Correction wegen der Erhebung des ſcheinbaren Horizontes über den wahren und Erde. %: Erhobener Vogelherd „iſt ein jolcher, der nicht auf die Erde, ſondern auf Säulen in die Höhe gebaut wird“. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. — „Erhobener Heerd iſt ein Vogel— heerd, der auf einer ſchönen Anhöhe liegt. In— gleichen werden diejenigen Heerde auch erhoben genennet, welche unterbauet werden, damit ſie über die umherſtehende Buſchen ausgehen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 109. — Döbel, Ed. I., 1746, II, fol. 231. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexikon, 1759, p. 97. . E. v. D. Erhöhung — Elevation, ſ. d. Th. Erhöhungsviſter, das. „Erhöhungs— Viſier iſt ein bewegliches höheres Viſier, durch deſſen Gebrauch man mit der Pürſchbüchſe noch weiter ſchießen kann, als beym Gebrauch des gewöhnlichen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1829, p. 100, und Lexikon, p. 158. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 29; ſ. Viſiervorrichtung. E. v. D. Erhöhungswinkel iſt der Neigungswinkel der Seelenachſe gegen den Horizont (j. Ele— vation); ſtimmt mit dem Abgangswinkel meiſt nicht überein: die Differenz heißt Abgangs— fehler; ſ. Balliſtik II, Schießen, Vibration. Th. Erica L., Heide. Hauptgattung der nach ihr benannten Familie der Ericaceen, von wel— cher mehr als 300 Arten bekannt, die meiſten derſelben aber in Südafrika heimiſch ſind. Im— mergrüne Sträucher der verſchiedenſten Größe, ſelbſt Bäume. Blätter nadel- oder ſchuppen— förmig, gegen- oder quirlſtändig, gedrängt ſtehend. Kelch und Blumenkrone 4ſpaltig, erſterer viel kürzer als letztere, welche nach dem Verblühen im verwelkten Zuſtande die Frucht, eine mehr— ſamige, beim Aufſpringen in 4 je eine Scheide— wand tragende Klappen zerfallende Kapſel, um— hüllt. Staubgefäße 10, auf einer Scheibe ſtehend, mit zweitheiligem Beutel, deſſen Fächer unter der Spitze mit einem Loch aufſpringen und oft geſchwänzt ſind. Alle Heiden wachſen meiſt ge— ſellig auf ſandigem oder moorigem, magerem Boden. In Deutſchland und Oſterreich-Ungarn kommen folgende Arten vor: Fleiſchfarbene Heide, E. carnea L. (E. herbacea L.), kahler hellgrüner, meiſt niederliegender Kleinſtrauch mit zu 4 in Quirlen ſtehenden, 5—9 mm lan- vorſtehen. Erhebung. — Ericaceae. 353 gen Nadelblättern und wechſelſtändigen, eine meiſt einſeitswendige Traube bildenden hän— genden Blüten, deren roſenrothe Blume röhrig iſt und deren geſchwänzter, ſchwarzbrauner Staubbeutel aus der Blume hervorragt. An felſigen Orten, auf Gerölle in lichten Nadel— wäldern, beſonders auf Kalkboden, gemein in den Kalkalpen (bis über 2300 m), auch in den Karpathen (bis 1580 m in Siebenbürgen), ſonſt ſehr zerſtreut, nordwärts bis Mitteldeutſchland (ſächſiſches Voigtland), ſüdwärts bis Dalma— tien (häufig auf Granit bei Hohenfurt im Böhmerwalde). Blüht vom März bis Mai. — Sumpfheide, E. Tetralix L., Klein⸗ ſtrauch mit wollig behaarten Zweigen und zu 3—4 quirlſtändigen, ungerollten und drüſig gewimperten, unterſeits bläulichen, 4—5 mm langen Nadeln. Blüten in endſtändigen Köpf- chen, hängend, mit roſenrother, krug-eiförmiger Blume und darin eingeſchloſſenen Staubbeuteln. Auf Torfmooren, gemein in Norddeutſchland, ſonſt ſehr vereinzelt, auch auf Hochmooren der Karpathen. Blüht vom Juli bis September. — Aſchgraue Heide, E. cinerea L., aufrechter bis ½ m hoher Strauch mit grauflaumigen Zweigen, kahlen, zu 3 quirlſtändigen, dunkelgrünen, 5 bis 8mm langen Nadeln und endſtändigen viel— blütigen Trauben ſchön roſen- bis purpur⸗ rother Blüten, in deren krugſörmiger Blume die Staubgefäße eingeſchloſſen ſind. In ſandigen Heiden der Rheingegenden und in Siebenbürgen, häufig in Frankreich und Nordweſteuropa. Blüht im Juni und Juli. — In Südtirol, Iſtrien, Dalmatien und auf den benachbarten Inſeln kommen noch folgende mediterrane Arten vor, die jedoch meiſt oder ausſchließlich außerhalb des Waldes an Felſen, auf ſonnigen Hügeln und ſteinigen Triften wachſen: die Baumheide, E. arborea L., aufrechter Strauch (in Spanien, Portugal und auf den Canaren ein Baum) mit ſehr dünnen, zu 3—4 quirlſtändigen, 3—4 mm langen Nadeln und kleinen, weißen, kugelig— glockigen Blüten in ſchmalen, einſeitswendigen Riſpen längs der ruthenförmigen Zweige (im April und Mai blühend); Beſenheide, E. scoporia L., aufrechter, bis Um hoher Strauch mit lebhaft grünen, zu 3 quirlſtändigen, 4 bis 5 mm langen Nadeln und kleinen grünlich-gelben kugelig-glockigen Blüten in ſchmächtigen Trauben (im Mai blühend); vielblütige Heide, E. multiflora L., Strauch von 1—2 m Höhe, mit zu 4—5 quirlſtändigen, bis 12 mm langen breiten Nadeln und in endſtändigen Dolden oder Doldentrauben geſtellten Blüten, aus deren ſchön roſenrother länglich-eiförmiger Blume die violetten Staubbeutel hervorragen; quirl⸗ blütige Heide, E. verticillata L., Kleinſtrauch mit weißlichen Aſten, dicken, 5—6 mm langen, zu 3 quirlſtändigen Nadeln und quirlſtändigen, kleinen Blüten, aus deren kugelig-glockiger roſen— rother Blume die braunen Staubbeutel her Wm. Ericacene Juss., Heidegewächſe, Familie von meiſt immergrünen Holzgewächſen aus der Abtheilung der gamopetalen Dikotyledonen. Blätter wechſel- oder gegen-, oft quirlſtändig, einfach ganz, meiſt auch ganzrandig. Blüten regelmäßig, mit 4—ätheiligem Kelch und Dombrowski Encyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 23 354 3—6theiliger Blumenkrone, welche ſammt den in gleicher oder doppelter Zahl wie die Blumen- blätter vorhandenen Staubgefäßen meiſt auf einer den Fruchtknoten tragenden Scheibe im Grunde des Kelches ſtehen. Griffel fadenförmig. Frucht eine vielſamige Kapſel oder mehrkernige beeren— förmige Steinfrucht. Die Ericaceen ſind über die ganze Erde, aber höchſt ungleichmäßig ver— breitet, in Deutſchland und Oſterreich-Ungarn nur durch acht Gattungen repräſentiert, von denen zwei (Arbutus und Arctostaphylos, ſ. d.) zu den beerenfrüchtigen, die übrigen (Andromeda, Erica, Calluna, Azalea, Rhododendron, Ledum, ſ. d.) zu den kapſelfrüchtigen gehören. Wm. Ericolin, C356 O2, findet ſich in den Blättern von Ledum palustre und ſoll auch neben Arbutin in den Blättern von Arbutus uva ursi, von Rhododendron ferrugineum, Calluna vulgaris, Erica herbacea und in vielen anderen Ericaceen und Vaccinieen vor— kommen. Es iſt eine braune, amorphe, in Waſſer lösliche, durch Bleieſſig fällbare Sub— ſtanz, welche ſich beim Erhitzen mit verdünnten Säuren in Zucker, Ericinol und ein harziges Zerſetzungsproduct des letzteren ſpalten läſst. v. Gn. Erinacei, Igel, Gruppe der Ordnung In- sectivorae, Inſectenfreſſer, ſ. d. u. Syſt. d. Mam⸗ malogie; von ihr iſt unter den europäiſchen Säugethieren nur die typiſche Familie Eri- naceus, eigentliche Igel vertreten. E. v. D. Erinaceus Linné, typiſche Familie der Gruppe Erinacei, ſ. d. u. Syſt. d. Mammalogie; in Europa zwei Arten: Erinaceus europaeus Linné, europäiſcher Igel, und Erinaceus auritus Pallas, großohriger Igel. E. v. D. Erineenraſen, Blattfilze, von Phytoptus erzeugte Gallenbildungen (f. Acarina und die betreffende Holzart). Hſchl. Erineus, ſ. Phytoptus, Acarina. Hſchl. Eriocampa, Untergattung der Blattweſpen— gattung Selandria, ausgezeichnet durch kurz— eiförmigen Körper, gliedrige, fadenförmige, bis an den Hinterrand des Thorax reichende Füh— ler (mit ſehr langem dritten Gliede) und durch 2 Radial- und 4 Cubitalzellen der Vorder- flügel. Beide rücklaufende Adern in die zweite und dritte Cubitalzelle einmündend; lanzett— förmige Zelle mit ſchräger Querader. E. ad um- brata Klug, ſchwarze Kirſchblattweſpe, glän⸗ zend ſchwarz, 5°5 mm lang, 11 mm Flügelſpan⸗ nung, Flügel in der Mitte getrübt; Flugzeit Juni bis Auguſt; Larve: an Obſtbäumen, be⸗ ſonders Kirſchen; 10 mm, 20füßig; ſchnecken⸗ artig, ganz mit einem ſchwarzen, nach Tinte riechenden Schleim überzogen; Bauchseite grün⸗ lich. Skeletiert die Blattoberſeite, während die untere Blattepidermis verſchont bleibt Fraß bis im September beendet; Verpuppung im Boden. Hſchl. Eriogaster, ſ. Gastropacha. Hſchl. Eriophorum L. (Familie Cyperaceae), Wollgras. Ausdauernde Scheingräſer, deren in Ahrchen geſtellte Blüten von Haaren um— geben ſind, welche ſich nach dem Blühen be— trächtlich verlängern und deren Ahren das An— ſehen eines weißen Wollflockens geben. Haben einen dreikantigen oder runden beblätterten Ericolin. — Erjagen. Halm und langſcheidige, lineale, flache oder rinnige Blätter. Wachſen auf ſumpfigem, moo⸗ rigem Boden und zeigen, wenn in Menge vor— kommend, ſicher Torflager an. Gemeinſte Arten: Schmalblättriges Wollgras, E. angusti- folium Roth. Halm rund, eine Trugdolde langgeſtielter hängender Ahrchen tragend; Blät- ter ſchmal, lineal, rinnig; Wollflocken groß, bis 38 mm lang. — Breitblättriges Woll⸗ gras, E. Iatifolium Hoppe. Von vorigem ver- ſchieden durch breitere flache Blätter und nur 25mm lange Wollflocken. — Beſcheidetes Wollgras, E. vaginatum L., Halm dreifantig, von blattloſen aufgeblaſenen Scheiden umhüllt, ein einziges aufrechtes Ahrchen tragend; Woll- flocken 25 mm lang. — Alle drei auf ſumpfigen Torf-(Wieſen-) Mooren in und außerhalb des Waldes, E. vaginatum in Gebirgsgegenden. Blühen im April und Mai. Wm. Erirhinini, Rüſſelkäfergruppe der Abthei⸗ lung Phanerognates, mit zwölf bei uns vor— kommenden Gattungen, von welchen aber nur Brachonyx, Dorytomus und Erirhinus von einigem Intereſſe ſind. Brachonyx (ſ. d.) be⸗ ſchädigt die Kiefernadeln; eine Anzahl Arten der beiden übrigen Gattungen aber entwickelt ſich als Larve in den Blütenſtänden, theils männlichen, theils weiblichen, von Populus und Salix, höhlt die Spindel aus und lebt vom Marke derſelben. Die Verpuppung erfolgt im Boden. Die Gruppencharaktere find: Hüften ein- ander berührend oder durch nur ſehr ſchmales, nie furchenartig vertieftes Zwiſchenſtück getrennt. Afterdecke von den Flügeldecken bedeckt. Fuß— klauen einfach. Hinterbruſt mehr oder weniger verlängert. Rüſſel ziemlich lang, dünn, abge- rundet. Schienen rundlich, innen nicht ausge— buchtet, öfters mit kleinen Haken an der Spitze. Sechzehn Gattungen, darunter drei von mehr oder minder forſtlichem Intereſſe. Sie theilen als gemeinſamen Charakter die ſchwammartige Sohle des Tarſus; die Zweilappigkeit (mehr oder minder deutlich) des dritten Gliedes und das lange Klauenglied, welches das dritte Tarſen⸗ glied weit überragt. Im übrigen gruppieren ſie ſich lügen ee 1. Augen klein, punktförmig; die Fußklauen an der Wurzel mitſammen verwachſen. Gattung Brachonyx. 1. Augen ziemlich normal; Fußklauen an der Wurzel nicht verwachſen. Fühlerfurche erſt ziemlich weit hinter der Rüſſelſpitze beginnend; Fühlerfaden 7gliedrig, das erſte und zweite Glied verlängert. Schild⸗ chen deutlich. 2. Schenkel gezähnt. Gattung Doritomus. 2. Schenkel ungezähnt; entweder alle oder doch die Vorderſchienen gebogen. Gattung Erirhinus. Hſchl. Erismatura Bonaparte, Gattung der Familie Anatidae, Entvögel, ſ. d. u. Syſt. d. Or⸗ nithol.; in Europa nur eine Art: Erismatura leucocephala Scopoli, Ruderente. E. v. D. Erjagen, verb. trans., ein Wild — das⸗ ſelbe jagend erreichen. „Ich hän erjaget in eime tage dis wild.“ Königsberger Jagdalle⸗ gorie, v. 212.— daz ich immer die hunde A 1 solte hören und doch erjagen nimmer.“ „Ir sträl kan mangez sniden, das si doch niht erjagen!“ Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 530, 343. — „Ich hab geſehen ain eria⸗ geten Hierſchen jn ain haus fliehen vor den hunden.“ Maximilian J., Geheimes Jagdbuch, 40. Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 766 a. Lexer, Mhd. Hwb. 5 p. 639. — Grimm, D. Wb. III., p. 861. E. v. D. Erkalten, verb. trans., von der Fährte — die Witterung verlieren. „Die Färthe er- kaltet heißet: ihre Witterung iſt ſchon meiſtens ausgedunſtet und hat ſich faſt gänzlich ver— loren. Wie ſichs alſo verhält z. E. mit denen Spähtfährten, die das Wildpret nicht lange nach Mitternacht gemacht hat, und alſo gegen den Morgen ſchon ziemlich erkaltet ſind.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 39. — „Seine (des Fuchſes) Fährte iſt dauernder (als jene des Hirſches), und Hunde mit weniger feiner Naſe werden ihr folgen können, ſelbſt wenn ſie ſchon erfaltet ſein ſollte.“ v. Corvin, Sporting Al- manach 1844, p. 105. — „Ein auf ſolche Weiſe eingeführter Schweißhund .. . wird den Jäger auch dann ſicher und ohne Fehl an das kranke Wild bringen, wenn dasſelbe auch wenig oder gar nicht ſchweißt und die Fährte längſt er— kaltet iſt.“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 127. — Vgl. kalt, alt. — Fehlt in allen Wbn E. v. D. Erkranken, verb. intrans., ſtatt des häu- figeren krank werden, von angeſchweißtem Wilde. „Erkranken wird geſagt, wenn nach dem Schujs ein Thier ſchwach wird.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 109. — Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 186. E. v. D. Erlagsſchein. Über die von Parteien beim Ankaufe von Forſtproducten eingezahlten Be— träge werden von den Forſtcaſſen Erlagsſcheine ausgeſtellt, welche nebſt Angabe des Datums und des eingezahlten Betrages auch die genaue Bezeichnung des Quantums und Sortimentes, wofür der Betrag erlegt wurde, eventuell auch die Bezeichnung der Ortlichkeit, wo die Abgabe ſtattfinden ſoll, enthalten. Dieſe Erlagsſcheine dienen entweder nach erfolgter Fertigung und ſpecieller Anweiſung durch den Forſtverwalter zugleich als Abgabs— anweiſung (Holzverabfolgezettel) für den mit der Abgabe betrauten Forſtwart (Revierförſter), oder es wird eine ſolche auf Grund des Er— lagsſcheines beſonders ausgefertigt, in welchem Falle der Forſtverwalter die Erlagsſcheine als Beleg der betreffenden F zurückbehält. v. Gg. Erlafs. Die ſchriftlichen Anordnungen und ſonſtigen Dienſtſchreiben der vorgeſetzten Be— hörden an eine untergebene Stelle werden im allgemeinen als „Erläſſe“ bezeichnet, daher auch mitunter das Zeitwort „erlaſſen“ für die Hinaus— gabe behördlicher Anordnungen gebraucht wird (ſ. Correſpondenz). v. Gg. Erlaufen, verb. trans., Hunde ein Wild, nur mhd. Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 2795. — Grimm, D. Wb. III., p. 893. E. v. D. Erlauſchen, verb. trans., nur mhd. er- lüsen, erlüzen und änhd. erleusen, er— laustern, ſ. v. w. überliſten und fangen. „Wenn Erkalten. — Erlenblattkäfer. 353 man nur hört vnd nicht viel ſchnattert So werden fie (die Hafen) erlauſtert jein | Bil ſanfter als ein wildes ſchwein.“ Rennplatz der haſen mit der leimſtangen, Erfurt, s. a. B 2 b. — Grimm, D. Wb. III., p. 894. — Ganz iſo⸗ liert hat die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356: „Erluſen S etwas hören.“ E. v. D. Erle, ſ. Alnus. Wm Erlegen, verb. trans., ein Wild, dasſelbe in irgend einer weidgerechten Weiſe, vorzugs- weiſe mit der Schuſswaffe tödten. „Wie Weyd— menniſch von allem Weydwerck zureden ... Ein Exemplar von Hirſch. Erſtlich wirt er beſtätigt Wirt erlegt.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortz—⸗ heim 1560, fol. 85—86. — „Etwas erlegen, heißet auch: fällen, und bedeutet: ein wildes Thier durch einen Schuſs, Fang oder durchs Erſchlagen ums Leben bringen. Erlegen, fällen, abfangen aber wird vom Roth⸗-, Tann⸗, Schwarz-, Reh- und Steinwildpret gejagt. Vom Luchs, Wolf, Fuchs, ſo in den Zeugen gefallen, und darinnen Haare laſſen müſſen, heißet es: in den Zeugen geſchlagen, auch erſchlagen; einige ſagen auch todtgeſchla— gen werden.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 68-69. — „Wenn etwas von Wildpret ge— ſchoſſen oder mit dem Fang-Eyſen abgefangen wird, daſs es verendet, jo heiſt es erleget.“ J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1739, p. 98. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 110 u. 113. — Onomat. forest. I., p. 635. Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 100. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. — ge . II., p. 80c. — Frz. tuer. E. v Erlen blattfloh, Psylla alni L., grün, ie ſaugt die jüngſten Triebe, ohne die Entwicklung zu beeinträchtigen; Larven ebendaſelbſt, oft Trieb und Blattſtiele als weißer, wolliger Überzug dicht bedeckend. Hſchl. Erlenblattgallen. I. Milbengallen, treten in Form von Blattfilzen (Erineen) und Beutelgallen auf. a) Erineumbildungen. 1. An Alnus, glutinosa, krümelige, gelbliche oder rothbraune Überzüge an der Blattunterſeite (Erineum alneum Pers.); 2. an Alnus incana, blattunterſeits befindliche rundliche, nicht vertiefte, weißliche bis roſtbraune Filze (Erineum alni— genum Kze.); 3. an Alnus viridis, blattober ſeits, ein roſenrothes Erineum (Species?). — b) Beutelgallen: auf Alnus glutinosa, in- cana und viridis, zwei Formen: 1. eine blatt— oberſeits den Nervenwinkeln der Mittelrippe entſpringende, länglichrunde, kahle, im Innern mit weichen Haaren erfüllte, an der Mündung mit ſteifen, ſpitzen Haaren umgebene Aus ſtülpung von 2—7 mm Länge; 2. eine auf der Blattfläche zerſtreut vorkommende, röthliche, kahle Hohlkugel von 1—2 mm Durchmeſſer, mit blattunterſeits liegendem, einen erhabenen, hellen, etwas krauſen, kahlen Wall bildendem Eingang. II. Mückengallen, Cecydomyia alni F. Löw, führt an Alnus elutinosa und incana zu Conſtrictionen und taſchenförmigen Höhlungen auf der Oberſeite der verdickten Mittelrippe. Hſchl. Erfendfattkäfer — Agelastica alni (ſ. d.). Außerdem kommen an Erle noch zwei i Blattkäfer vor: Galleruca lineola Fbr. und Lina aenea L. 5). Hſchl. 23 * 336 Erlenblattläuſe, ſ. Erlenlaus. Hſchl. Erlenblattminierer. I. Käfer: Orchestes alni L.; Orchestes scutellaris F. (Weißerle). II. Schmetterlinge (Motten): Heliozela re- splendella (ſpäter Sackträgerin); Lithocolletis alniella Z. (unterjeitige, dreieckige Mine im Winkel zwiſchen Haupt- und Seitenrippe); Lith. alpina Frey (an Alnus viridis; Mine blatt⸗ unterſeits, langgezogen, meiſt zu mehreren); Lith. strigulatella Zell. (blattunterſeits an Al- nus incana und glutinosa; Mine in Form bräunlicher, rundlicher, bis zu 6—12 vorhan⸗ denen Flecken); Lith. Froelichiella Zell. (häufig mit alniella zuſammen); Lith. Kleemannella F. (wie die vorige Art); Nepticula alnetella Stt. (an Alnus glutinosa, in einer langen, feinen, unregelmäßigen, von Koth erfüllten Mine); Nept. glutinosae Stt. (Mine geſchlängelt, oft zu 8-10 an einem Blatte). III. Blattweſpen: Phyllotoma mlanopyga Klg. und (2) Fenusa pumilo Klg. Hſchl. Erlenblattweſpen. Larven theils minierend im Blatte lebend (j. Erlenblattminierer), theils äußerlich vom Rande her die Blätter befreſſend oder ſie auf der Blattſpreite benagend oder durchlöchernd. Die zu dieſer letzteren Gruppe von Afterraupen gehörigen Arten zeigen theils 20, theits 22 Füße und laſſen ſich in folgendes Schema zuſammenfaſſen: 1. Larven mit 22 Füßen. 2. Larven weiß beſtäubt oder mit flockiger, weißer Wachsausſchwitzung bedeckt oder (wenigſtens in den Seiten) mit weißen, griesartigen Körnchen oder ſchwarzen Punkten beſetzt. 3. Larve mit 12 ſchwarzen Punkten beider- ſeits, ſchön grün, nackt, die Seiten gelb— grün, drei Längsſtreifen über den Rücken, deren mittlerer violett oder ſchwarz, durch Querrunzeln unterbrochen; bis 40 mm. Tagsüber zuſammengerollt auf einer der Blattſeiten; nachts Blätter von den Rändern herein befreſſend. Cimbex connata Schr. Larvenkörper weiß beſtäubt oder mit flockigem Überzug. 17— 18 mm. Querrunzelig, hell bläulichgrün, von einer flockigen, nur das Rückengefäß als feine Linie freilaſſenden Wachsaus⸗ ſchwitzung bedeckt. Kopf kurz behaart, weiß beſtäubt, mit ſchwarzem, getheiltem Scheitelflecke. Nach der letzten Häutung geht das Wachsſecret verloren. Blatt- unterſeits, zuſammengekrümmt, verzehrt die Blätter bis auf die Rippen. Eriocampa ovota L. Die bläulichgrüne Grundfarbe von weißem, nur 3 Rückenlängsſtreifen freilaſſendem Staube bedeckt. Augenfelder ſchwarz. Juli bis September auf der Blattſpreite aus— geſtreckt, Löcher in dieſelbe freſſend. Poecilosoma pulverata Retz. 2. Larven auf jedem Segment mit zwei Querreihen kleiner, weißer Dornwärzchen, welche mit der letzten Häutung verloren gehen; Kopf bräunlich bis rothbraun, fein behaart. 8 0 ** * Erlenblattläuſe. — Erlenblattweſpen. 2 2. — 10. Erwachſen 15 mm; Kopf bräunlich, mit Larve (erwachſen) 26 mm; ſchmutzig grün, Larve erwachſen 20 mm, glänzend grün, . Haftwarzen Die Leibesringe mit 2—4 Querreihen Rücken grasgrün, allmählich in das Gelb⸗ . Rücken dunkler, in den Seiten ſcharf ab- Erwachſen 20 mm; Kopf glänzend roth⸗ braun; Larve walzig, hellgrau, öfter ins Röthliche gehend; Rücken ſchmutzig dun⸗ kelgrün, durch eine weiße Stigmenlinie ſcharf begrenzt; Stigmen ſchwarz; Rücken⸗ gefäß dunkel durchſcheinend; die Seiten mit braunen Punkten und Flecken. Auguſt bis October blattunterſeits, eingerollt. Perineura punctulata Klug. großem, ſchwarzem, bis zum Kopfrande ſich ausdehnendem Augenfelde; Körper hell grünlichgrau, Rücken bis zu den ſchwarzen Stigmen dunkler, braunſchwarz marmoriert; Seitenwülſte über den Baud)- füßen mit kleineren Strichen und Punkten. Juli⸗September. Perineura scalaris Klug. Larven mit 20 Füßen. Larven mit Haftwarzen zwiſchen den Bauchfüßen; bei Berührung den Hinter- körper nach vorne werfend (ſchnippend). Rücken dunkler, erſtes und die zwei oder drei letzten Segmente orangefarbig; Kopf ſchwarz, glänzend; auf jedem Segment (mit Ausnahme des erſten und letzten) bei⸗ derſeits ein großer, ſchwarzer, glänzender Fleck; Afterſegment mit rückenſtändigem ſolchen Fleck. Luftlöcher ſchwarz; Haft- warzen gelb mit ſchwarzen Flecken. Juli bis Ende October geſellig die Blatt- ränder befreſſend. Nematus septentrionalis Lin. mit ſchwarzen, auf jeder Seite zwei Reihen bildenden Punkten und Flecken; Afterklappe oft ſchwarz mit zwei ſeit⸗ lichen Spitzen. Kopf glänzend hellbraun; Augenfelder ſchwarz. Einzeln oder ge— ſellig die Blattränder befreſſend; 2 Ge⸗ nerationen. Nematus varus de Vill. zwiſchen den Bauchſüßen fehlend; Larven ausgeſtreckt oder mit eingerolltem Hinterende. weißer Dornwärzchen oder Warzenpunkte. grün der Seiten übergehend, ohne ſcharf abgegrenzt zu ſein; die Ringe querrun⸗ zelig, mit je drei Reihen weißer Warzen⸗ punkte; Seitenränder bogig erweitert, mit weißen Börſtchen einzeln beſetzt; Kopf gelblich; Augenfelder glänzend ſchwarz, zwei Scheitelflecken braun. Verhalten wie N. abdominalis. (10.) N Nematus bilineatus Klg. gegrenzt; Ringel mit 2 oder 4 Quer⸗ reihen von Dornwärzchen. Jeder Ring mit etwa 4 Querreihen weißer Dornwärzchen; 11—13 mm; flach; Segmente ſeitlich bogig erweitert, wei gewimpert; gelblichgrün; Rücken dunke bläulichgrün, zwiſchen Ring 11 und 12 mit heller Lücke. Kopf bräunlichgelb, glänzend; Augenflecken ſchwarz. Septem⸗ ber, October; blattunterſeits, ausgeſtreckt, Erlenborkenkäfer. — Erlenerziehung. Blätter durchlöchernd und bis auf die Rippen verzehrend. Nematus abdominalis Panz. Jeder Ring mit 2 Reihen weißer Dorn— wärzchen und 4 Querrunzeln. 8 mm; hell grasgrün; Rücken dunkel bläulich— grün; Afterſegment hell graugrün, fein beborſtet, mit ſchwärzlichem Fleck; erſtes Bruſtbeinpaar braun gefleckt; Kopf gelb— lich⸗ oder röthlichbraun; Augenflecken ſchwarz; 2 braune Scheitelflecken ver— ſchwommen. Verhalten wie vorige Art. Nematus luteus Fab. 8. Leibesringe ohne Querreihen weißer Dornwärzchen. 11. Larven von den Rändern herein die Blätter befreſſend; 17—18 mm; hell⸗ grün; Rücken blaugrün, mit dunkler Rückenlinie; Stigmenlinie weiß; Hinter- rand der Segmente weißhäutig; das letzte kurze Börſtchen tragend. Kopf hellbraun, glänzend; Augenfelder ſchwarz. Hinter— leibsende eingerollt. Auguſt, September. Dineura alni L. Larve blattunterſeits, zwiſchen zwei Rip- pen ausgeſtreckt; Blätter durchlöchernd; ſehr breit, platt, 10—12 mm lang und 4—5 mm breit; einſchließlich der Füße grün; Kopf gelbbräunlich; Augen ſchwarz; die ausgebauchten Seitenränder faſt durch— ſichtig, kurz, weiß bewimpert. Jeder Ring in den Seiten zwei ſchwarze, glänzende Flecken, der innere, größere, einen nach rückwärts gerichteten Strich bildend. — Segment 1 ohne, Segment 2 und die zwei letzten beiderſeits mit nur einem Fleck. Nematus alnivorus Hartg. 10. 71: Hſchl. Erfenborkenkäfer ſind rückſichtlich ihrer Brutgänge charakteriſiert: 1. Rindengänge in oder unter der Rinde verlaufend. 2. Weiß⸗ und Rotherle; Längsgang mit unregelmäßigen Erweiterungen und Ein— ſchnürungen, nicht ſelten gegabelt, bis 4—5 em lang; Larvengänge wenig zahl— reich, der Mehrzahl nach längsläufig. Dryocoetes alni Georg (ſ. d.). 2. Weißerle; bis Z em langer Längsgang von nur 1˙5 mm Breite. Glyptoderes alni Lindem. (ſ. d.). Holzgänge. Leitergänge, ähnlich jenen der Fig. V! und VI (ſ. Brutgang). Trypodendron quereus (f. d.). Trypodendron domesticum (ſ. d.). Brutröhren ohne Seitenſproſſen. Ahnlich Fig. VI (ſ. Brutgang). 1 Xyleborus Pfeili (f. d.). Ahnlich Fig. X (ſ. Brutgang). 1 Xyleborus dispar (. d.). Ahnlich Fig. III (ſ. Brutgang). Xyleborus Saxeseni (f. d.). Hſchl. Erfenerziehung. 1. Die Schwarz- und Weißerle als Hochwald zu bewirtſchaften, iſt weder gebräuchlich noch gerathen, da ſtarke wm S W 2 357 Holzarten nicht begehrt werden, und wo nöthig, einzeln als Standbäume oder ebenſo als Ober- ſtänder im Niederwalde gezogen werden können, der übrigens bei einem Umtriebe von 30 bis 40 Jahren, wie er auf geeigneten Standorten beſonders bei der Schwarzerle zuläſſig iſt, auch ſchon ſtärkeres, zu Nutzzwecken dienliches Holz zu liefern vermag. Wo deſſenungeachtet da oder dort vielleicht Schwarzerlen hochwaldartig er— zogen werden ſollen, wird dies am zweck— mäßigſten durch Pflanzung geſchehen können, da eine natürliche Beſamung auf den naſſen, graswuchsreichen Standorten dieſer Holzart und bei dem großen Lichtbedürfnis des Anfluges einen ſehr zweifelhaften Erfolg haben würde, während ihre Pflanzung leicht und ſicher aus— zuführen iſt. Die Weißerle benützt man im Hochwalde wohl als Zwiſchen- und Treibholz für andere Holzarten, doch auch ſo erſcheint ſie nur durch Pflanzung, u. zw. nach Schneiden des Pflanzſtammes, in lebhaften Stockausſchlägen und in häufiger Wurzelbrut. 2. Von großer Wichtigkeit iſt für ausge- dehnte Brüche die Schwarzerle als Schlag— holz. Hier iſt ſie oft die einzige Holzart, die bedeutende Holzertäge in verhältnismäßig kurzer Zeit liefern kann, und wird ſie ſo ein Segen der betreffenden Gegend, ſo lange landwirtſchaftliche Cultur jene Brüche noch nicht in Anſpruch zu nehmen vermag. Erlbrüche, wenn ſie guten Er— trag gewähren ſollen, müſſen einen tiefgrün— digen, humoſen, mineraliſch nicht unkräftigen, ſtets feuchten Boden haben, dürfen aber nicht ſtändig vom Waſſer überſtaut werden, am wenigſten aber ſich in einem verſäuerten und vertorften Zuſtande befinden. Ein Senken des ſeither dem Erlenwuchs günſtigen Waſſerſpiegels im Bruch wird jenem meiſt gefährlich, und der Beſtand verliert immer mehr als ſolcher an Wert, je mehr ſich der Bruchboden ſetzt, und je höher die Erlenſtöcke aus demſelben hervor— ragen. Mit dem Nachhieb iſt hier wenig ge holfen, da die bloßgelegten Wurzeln keine Aus— ſchläge bilden und der alte Mutterſtock ſie auch nicht in genügender Weiſe zu liefern vermag, ſo daſs in ſolchem Falle eine Umwandlung des alten Bruches in landwirtſchaftliche Grundſtücke nahegelegt iſt, wenn man eine forſtliche Benützung unter ganzer oder theil— weiſer Umwandlung des früheren Erlenbeſtandes in den einer andern Holzart, etwa der Eſche, Eiche oder Fichte, nicht für angezeigter erachtet. Sonſt hat die Behandlung des Schwarz erlenniederwaldes keine beſonderen Schwie rigkeiten, namentlich wenn der Umtrieb nicht zu hoch gegriffen wird. Hohe Umtriebe von 40 Jahren oder ſelbſt etwas mehr ſind nur gerechtfertigt, wenn ſchwächeres Holz nicht ab— ſetzbar iſt, aber immer bedenklich, wenn die Standortsverhältniſſe der Erle nicht ganz be— ſonders zuſagen. Schon bei einem 30—33 jäh rigen Umtriebe erzielt man Holz, welches zu Scheiten aufgeſpalten werden kann, u. zw. meiſt in reichlicher Menge. Bei höherem Umtriebe können übrigens die Erlenbrüche ſehr gut durch forſtet werden. Eine mäßige Durchforſtung fördert den Wuchs der bleibenden Lohden und Hölzer in größerer Ausdehnung von dieſen | gibt einen guten Holzertrag. 358 Erlenerziehung. Bei der großen Ausſchlagsfähigkeit der Schwarzerle iſt man bezüglich der Hiebszeit wenig beſchränkt, doch erheiſcht die Unzugäng— lichkeit der Erlbrüche im Frühjahre und im Herbſte vielfach den Einſchlag bei ſtarkem Froſt. Der Hieb iſt möglichſt tief zu führen, doch iſt darauf zu achten, daſs die bleibenden Stöcke hoch genug ſind, um bei einem im Frühlinge etwa zu erwartenden längeren Hochwaſſerſtande dieſen zu überragen, damit ſich an dem über Waſſer ſtehenden Theile des Stockes die neuen Ausſchläge entwickeln können, weil außerdem der ganze Stock leicht zugrunde geht. Die Weißerle läſst ſich im Niederwalde im 10- bis höchſtens 15 jährigen Umtriebe eben— falls gut bewirtſchaften und gibt, wo ſich der für ſie geeignete lockere und friſche, aber nicht bruchige Boden mit Lehmgehalt vorfindet, gute Erträge. Ihre Ausſchlagsfähigkeit und ihre Nei— gung zur Wurzelbrutbildung iſt in jungen Schlägen groß, und halten ſich dieſe von ſelbſt dicht, auch verträgt ſie hier mehr Beſchattung als die Schwarzerle, ſo daſs auch ein mäßiger Oberſtand von geeigneten Holzarten auf ihren Schlägen gehalten werden kann. Da aber ihr Holz einen verhältnismäßig geringen Gebrauchs— wert hat, ſie ziemlich hohe Anſprüche an den Boden macht, deſſenungeachtet aber bei etwas erhöhtem Umtriebe ihre Ausſchläge ſehr bald abnehmen, auch eintretende Dürre ihr leicht ver— derblich wird, ſo iſt ihre Benützung als Schlag— holz doch nur eine örtlich ſehr beſchränkte, und iſt namentlich neuerdings der große Forſtbetrieb von derſelben ſehr zurückgekommen, während ſie eine Zeitlang auch für dieſen wohl empfohlen wurde. 3. Was den künſtlichen Anbau der Erlen anbetrifft, ſo iſt derſelbe in der Regel auf die Pflanzung beſchränkt, da Freiſaaten bei beiden Arten, namentlich aber bei der Schwarzerle, als der bei weitem bedeutungs— vollſten, leicht durch ſtarken Graswuchs oder durch Auffrieren des Bodens leiden, während ſie durch Pflanzung leicht und ſicher aufzu— bringen ſind. Die Pflanzen für Schwarzerlenculturen liefern zwar hin und wieder Anflüge an den Rändern von Beſtänden älterer ſamentragender Erlen, gewöhnlich müſſen dieſelben jedoch künſt— lich erzogen werden. Dies geſchieht zuvörderſt durch Anlage von Saatbeeten. Soll dieſe auf Bruchboden geſchehen, ſo iſt dies beſonders angänglich, wenn dieſer einen Untergrund von Sand hat. Hier werden zunächſt mittelſt Graben— ziehung erhöhte Rabatten (j. Freiſaat sub 5, Keimbett) gebildet, dann wird auf dieſen die Brucherde mit Sand aus dem Untergrunde etwa 5—10 cm hoch bedeckt und werden Vor— kehrungen getroffen, dafs man in den Gräben zwiſchen den Rabatten in trockener Zeit das Waſſer anſtauen und ſo jene von unten her bis in die Sandlage feucht halten kann. Hat dieſe Anlage über Winter gelegen und haben ſich die Rabatten gut geſetzt, ſo wird im Früh— jahr der friſche Erlenſame dicht (2—3 kg per Ar) auf denſelben ausgeſät und bis zur Deckung des Kornes mit loſer Erde überſiebt. Handelt es ſich nur um einen dauernd friſchen guten Waldboden, auf welchem die Erlenpflanzen erzogen werden ſollen, ſo genügt es in der Regel, wenn derſelbe nur ganz ober— flächlich bearbeitet, von Gras und Unkraut be— freit, dann dünn übererdet und der Same in die Erdſchicht mit etwa 3—4 kg per Ar geſät und ſchließlich eingedrückt wird. Auch auf feuchtem Wieſengrund kann ähnlich verfahren werden, wenn man denſelben im Herbſt ſchwach überſandet und den Samen im Frühjahr in eine über den Sand gebrachte ſchwache Erdſchicht in gleicher Weiſe wie vorher einbringt. Handelt es ſich darum, ſtatt der Schwarz— erlen Weißerlen zu erziehen, ſo kann man die beiden letzteren Arten der Pflanzenerziehung anwenden, mußs dann aber gewöhnlich die Ein— ſaat verdoppeln, da der angekaufte Weißerlen- ſame meiſt eine geringere Keimkraft hat als der ebenſo beſchaffte, beſonders aber als der ſelbſtgewonnene Schwarzerlenſame. Tritt trockene Witterung ein, ſo iſt es ge— rathen, wo möglich die Erlenſaatbeete, ſoweit ſie nicht durch Waſſeraufſtauung bis in die Ober— ſchicht hin feucht zu erhalten ſind, mit Waſſer zu überbrauſen. Von den Saatbeeten können allerdings Sämlinge, ſobald fie 2—3 Jahre alt geworden ſind und ſich gut entwickelt haben, ausgeſtochen und ins Freie verpflanzt, auch ſpäter ſich hebende Pflanzen ebenſo benützt werden, wenn man nur das Gras auf den Beeten durch Ausſchneiden im Zaume hält; beſſere Pflänzlinge erhält man aber, wenn man die Sämlinge zuvor 1—2 jährig verſchult. Dies kann auf Beeten ge- ſchehen, die eine ähnliche Bodenbeſchaffenheit wie die Saatbeete haben, doch genügt auch hiezu ſchon jeder friſche und gute Kampboden. Die Verſchulung findet in Reihen von etwa 30 em Abſtand bei 15 em Pflanzenentfernung ſtatt. Nachdem die Pflanzen unter guter Pflege zwei Jahre im Pflanzbeete geſtanden haben, er= folgt ihre Verpflanzung ins Freie; bei den Weißerlen, die in der Regel einjährig ver— ſchult werden, auch ſchon nach einem Jahre. Die Pflanzung ins Freie mußs ſich nach dem Boden richten, auf dem ſie ausgeführt wird. Derſelbe kann ein friſcher oder ein mehr naſſer, oder endlich ein Bruchboden ſein. Auf dem erſten iſt die gewöhnliche Löcherpflan— zung angebracht, bei der man die Pflanze ohne weiteres Beſchneiden, wenn dadurch nicht etwa Beſchädigungen, die ſie beim Ausheben erlitt, beſeitigt werden ſollen, einpflanzt. Das Stum⸗ meln vertragen beide Erlenarten, doch iſt ſeine Anwendung in der Regel nicht vonnöthen. Neigt der Boden zur Näſſe, ſo wendet man, beſonders bei vorhandenem Raſenüberzug, mit Vortheil die Alemann'ſche Klappflanzung (ſ. d.) an; auch die Hügelpflanzung nach Man⸗ teuffel'ſcher Manier (ſ. d.) findet auf dieſer wie auf der erſten Bodenart mit gutem Erfolg Anwendung, wenn man dafür ſorgt, daſs die Pflanze auf einem naſſeren Standorte, doch in lockere (krümelige) Erde zu ſtehen kommt; im eigentlichen Bruchboden, wo ſich die Löcher ſofort mit Waſſer füllen, müſſen die Pflanzen jeden⸗ falls auf künſtliche Erhöhungen geſetzt werden, die man bald rabattenförmig, bald in Hügelform, unter Verwendung des Bruchbodens ſelbſt, herſtellt. Ein Umlegen der ſo geſetzten Pflanzen mit umgekehrtem Raſenfilz befeſtigt ſie und verhindert ihr Auffrieren, iſt daher nur empfehlenswert. Jedenfalls müſſen kürzlich aus⸗ geführte Erlenpflanzungen von Zeit zu Zeit be- ſichtigt und umgeſunkene oder gehobene Pflanzen wieder in Ordnung gebracht werden. Gt. Erlenlaus, Aphis alni Fabr., ſ. Aphis. Hſchl. Erfenrüffelkäfer wird in specie Cryto— rhynchus lapathi genannt. Andere auf Erlen vorkommende Rüſſelkäfer ſind: Apoderus (ſ. d.) und Attelabus (ſ. d.), beide zur Gruppe Atte- labini gehörig; ferner die Khynchites-Arten betulae Hbst. und betuleti (ſ. d.). Alle die ge— nannten erzeugen Blattwickel. Als an Erlen vorkommend führt Kaltenbach (Pflanzenfeinde, 1874) noch an: Pyllobius piri Sch. und viri- dicollis (ſ. d.), Balaninus cerasorum Pk., Ano- plus plantaris Naez.; ferner Orchestes alni und scutellaris Fab. (ſ. d.), deren Larven mi— nierend in den Blättern leben. Hſchl. Erkenſchädlinge. Erle leidet durch Wild und Weidevieh verhältnismäßig ſehr wenig; ſie wird von beiden gemieden und nur im äußerſten Nothfalle angenommen. Unter den Säugethieren nehmen wohl, was Schädlichkeit betrifft, die Mäuſe die erſte Stelle ein. Vor allen ans deren die Mollmaus (Hypudaeus amphibius) durch Abnagen der Wurzeln und die Haſel— maus durch Anplätzen und Ringſchälen der Stämme (hauptſächlich der Weißerle). Unter den Inſecten ſind als Wurzelzerſtörer die Enger— linge (Maikäferlarven) und die Drahtwürmer (Elateridenlarven) zu erwähnen. Im Holzkörper leben die 16füßigen Raupen der beiden Spin— nerarten Cossus ligniperda, Zeuzera aesculi; ferner die breithalſige, plattgedrückte Larve von Dicerca aenea; die 6beinige Kapuzenlarve von Hylecoetus dermestoides (ein Lymexilo— nide) und die fußloſe Larve des Cryptorhynchus lapathi. Unter den Borkenkäfern find es Xyle- borus- und Trypodendron-Arten (ſ. Erlenborken— käfer), welche im Holzkörper ihre Brutgänge anlegen. Als Rindenſchaber wäre die gemeine Weſpe (Vespa vulgaris) zu nennen. — Unter der Rinde (zwiſchen Rinde und Holz) entwickeln ſich einige Borkenkäfer (ſ. Erlenborkenkäfer) und (nach Nördlinger) auch Agrilus viridis, welche Bupreſtide aber als Hauptholzart der Buche angehört. Blattwickel erzeugen Apoderes co— ryli, Rhynchites betulae und Rhynchites betu— leti. — Am Blätterfraß betheiligen ſich unter den Käfern die 6beinige Larve von Agelastica alni und Lina aenea; ferner einige Rüſſelkäfer (. Erlenrüſſelkäfer) und Anomala Frischi (ſ. d.). Von Schmetterlingen die Büſtenraupe der Or— gyia antiqua; unter den Hymenopteren ſind es mehrere Blattweſpenraupen (ſ. Erlenblattweſpen). Von Pflanzenläuſen ſind anzuführen: Aphis alni, die Schildläuſe Aspidiotus alni Sign., Lecanium alni Mod. — Unter den Blattflöhen (Pſylliden) Psylla alni (ſ. die die einzelnen Arten betreffenden Artikel). Hſchl. Erkenwürger, deutſcher Name für Crypto- rhynchus Lapathi (ſ. d.). Hſchl. Erlenlaus. — Erlenzeiſig. 359 Erfenzeifig, Chrysomitris spinus Linné. Carduelis ligurinus, Brisson, Orn. III., p. 65 (1760); Fringilla spinus, Linn., Syst. nat. I., p. 322 (1766); Emberiza spinus (L.), Scop. Ann. I., Hist. nat., p. 144, no. 212 (1769); Fringilla fasciata, P. L. S., Müller, Naturſyſtem, Suppl., p. 165 (1776); Linaria spinus (L.), Syst Cat. M. et B., Brit. Mus., p. 15 (1816); Spinus viridis, Koch, Bayer. Zool. I., p. 235 (1816); Serinus spinus (L.), Boie, Isis 1822, p. 555; Carduelis spinus (L.), Steph. in Shaws Gen. Zool. XIV., I., p. 33 (1829); Chrysomitris spinus (L.), Boie, Isis 1828, p. 322; Spinus alnorum, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchlands, P. 284 (1831); Spinus medius, Chr. L. Brehm, ibid., p. 285; Spinus betularum, Chr. L. Brehm, ibid., p. 286; Fringilla (Acanthis) spinus (L.), Keyſ. u. Blaſ., Wirbelth. Eur., p. 41 (1840); Spinus obscurus, Chr. L. Brehm, Vogelfang, p. 108 (1855). Abbildungen: 1. Vogel. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 125; Dreſſer, B. of Europe III., T. 169. 2. Eier. Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 20, Nr. 2; Thienemann, Abbildungen von Vogeleiern, T. 35, Nr. 14, 9 e; Seebohm, A History of british birds, 42 Zeiſig, gemeiner Zeiſig, Zeiſing, Ziſing, Zischen, Sischen, Zinslein, Zinsle, Zinſel, Zinſk, Zeis, Zeiſker, Zeiske, Zeislein, Zeißchen, Zeiſel, Zieſel, Zeiſerl, Zensle, Zinsle, grüngelbes Zeis— lein, Zeiſigfink, Erlenfink, grüner Hänfling, grüner, ſchwarzplattiger Hänfling, Gelbvogel, Gaul, Engelchen. Böhm.: Cizek; dän.: Grönsidsken; engl.: Fiskin; finn.: Viheriävarpunen; frz.: Tarin; holländ.: Sijsje; ital.: Lucarino, Lecora, Lu- garino, Lugaro, Lugarin, Verdin, Virafenje, Vigorin, Legorin, Ligorin, Lucherin, Loegari, Lugari, Lugurin, Legürin, Lögheri, Lügheri, Lugaren, Ligorein, Logaren, Lügaro, Lujar, Lugro, Lugrin, Lugret, Lugherim, Lugherin, Dugarin, Lughierin, Lugheri, Lieucre, Lugain, Lucherino, Riecola, Zairo, Lecuru, Lucaru, Lüaru, Canariu de monti, Ecora; froat.: Ze- buéica tınovka; norweg.: Sisik; poln.: Lu- szezak czy; portug.: Lugre, Pintasilgo verde; ruſſ.: Chijie; ſpan.: Lügano, Llue, Lübano, Solitario, Gabachet, Llure; ſchwed.: Grönsiska; ungar.: Csiz. Der Zeiſig iſt als Brutvogel verbreitet in Nord- und Centraleuropa, hauptſächlich in den Nadelwäldern, ſehr ſelten auch in Laubhölzern (3. B. bei Großenhain im Königreiche Sachſen nach dem J. Jahresberichte des Ausſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands, p. 33). In Norwegen geht er bis zum 67. Grad, in Ruſsland bis Archangel nördlich, im Ural bis 58° n. Br. In Deutſchland und Oſterreich— Ungarn brütet er zerſtreut an ſehr vielen Orten, in den Alpen kommt er brütend vor; in Süd— europa iſt er brütend beobachtet in den Bergen bei Florenz in Italien und im Caucaſus. In Spanien ſoll er in Granada nach Lopez Sevane, in Gerona nach Vayreda niſten. — Im Herbſte ſammelt er ſich zu größeren Scharen und wan— dert dann nach Spanien, Italien, Türkei, Grie- chenland, Südrussland, Kleinaſien, zuweilen nach 360 Nordweſtafrika bis zu den canariſchen Inſeln und Teneriffa. In Centraleuropa ſtreicht er im Winter aus den Gebirgen und Tannenwäldern in die Ebenen hinab bis in die Gärten der großen Städte. Ein zweites, vollſtändig von dieſem ge— trenntes Verbreitungsgebiet zeigt ſich für den Zeiſig am unteren Amur und in Japan, von wo er im Herbſte und Winter ſeine Wande- rungen durch Nordaſien bis zum ſüdlichen China ausdehnt. Zwiſchen dem Ural und den Küſten des Stillen Oceans iſt er bis jetzt nicht beobachtet. In Deutſchland brütet er namentlich in den mit Nadelholz bedeckten Gebirgen Harz, Thüringerwald, Vogeſen, Schwarzwald, Teuto— burgerwald, in den böhmiſchen Gebirgen de., aber auch vielfach in der Ebene, z. B. bei Ham- burg, in der Mark, in Oldenburg u. ſ. w. Dot allg. ñ; 13˙2 cm Flügellängne TR Schwanzlänge ..... 5 Tarſusßn 172 Schaben! 1:08 „ (5. 14. Januar 1868, Münſter i. W.) Der Schnabel iſt an der Baſis kräftig, höher als breit, gegen die Mitte zu ſtärker verſchmälert, die verſchmälerte Spitze ſtark ausgezogen, zugeſpitzt, der an der Baſis ge— rade, an der Spitze etwas abwärts gebogene Oberkiefer den Unterkiefer überragend. Die Naſengruben werden von weißlichen Borſten— haaren mit braunen Spitzen dicht bedeckt, die Firſte iſt zwiſchen dieſer Befiederung frei. Der Flügel iſt mittellang, zugeſpitzt, die 1., 2. und 3. Schwinge bilden die Flügelſpitze, die 2. und 3. ſind auf der Außenfahne bogig eingeſchnürt, die 4. ſehr wenig verengt. Die hinteren Mittel- ſchwingen und Hinterſchwingen ſind auf der Außenfahne mehr oder weniger ſtark bogig ver— engt gegen die Spitze zu. 18 22 32 4 5 ...>M>H. Die Flügel ragen über die Mitte des Schwanzes hinab. Der Schwanz iſt keilförmig ausgeſchnitten, die mittleren beiden Federn ca. Jem kürzer als die äußeren. Die Läufe, Zehen ſind ſehr dünn und zart, die Krallen kurz. Altes Männchen im Hochzeitskleide. Oberſeite: Borſtenfedern über den Naſengruben weißlich, mit braunen Spitzen, Stirn und Scheitel bis zum Hinterkopf ſchwarz, Rücken gelbgrünlich, mit dunklen Schaftſtrichen am Mittelrücken und hellgrünlichgelbem Unterrücken und Bürzel. Schwanzdeckfedern bräunlich, mit hellgelbgrünlichen Säumen. Kleine und mittlere obere Flügeldeckfedern bräunlich gelbgrünlich, ähnlich wie der Mittelrücken, große Flügeldeck— federn dunkel ſchwärzlichbraun mit gelblicher Spitze, Schwingen ſchwärzlichbraun mit ſchmalen hellgrünlichen Außenſäumen, von der vierten bis zur vorletzten an der Baſis gelb. Schwanzfedern ſchwärzlichbraun, bis auf die beiden mittleren mit gelblicher baſaler Hälfte, die nur durch den ſchwarzen Schaft unterbrochen wird. Unterſeite: Kehle ſchwarz, mit gelblichem Federnſaume, Hals, Bruſt grünlichgelb, Bauch grauweiß, Rumpf an den Seiten gelblichgrau mit breiten ſchwarzen Schaftflecken. Untere Schwanzdeck— Erlenzeiſig. federn grüngelblich mit ſchwarzen Schaftſtrichen. Schwanzfedern graubraun mit gelblicher Baſis, Schwungfedern graubraun mit breitem, grün⸗ lichgelbem Saume an der Innenfahne, untere Flügeldeckfedern grau mit ſchönem, gelbgrün— lichem Anfluge. Kopfſeiten grünlichgelb wie die Bruſt, die Ohrfedern etwas dunkler als die Umgebung. (5. 2. Mai 1883, Ascold. Mus. brunsv.) Altes Weibchen. Oberſeite ſchmutzig bräunlichgrün, mit deutlichen, ſchwärzlichen Schaftflecken, auch auf dem Kopfe, nur der Unterrücken und Bürzel iſt etwas leuchtender hell grünlichgelb, aber auch mit breiten dunklen Schaftflecken verſehen. Unterſeite grau, mit dunklen Schaftſtrichen auf der Oberbruſt und ſehr ſchwachem hellgrünlichen Anfluge auf Hals und Bruſtſeiten. Auch die Färbung der Flügel und des Schwanzes iſt dunkler, ſchmutziger als beim Männchen. (2. 18. Januar 1868, Münſter. Mus. brunsv.) Altes Männchen im Winterkleide iſt nicht ſo leuchtend in den Farben als im Som⸗ mer, die ſchwarzen Federn der Kopfplatte zei— gen breite, grünlichgraue Säume, die ſchwarze Kehle iſt ganz verſchwunden durch die breiten gelbgrünlichen Federenden; Oberbruſt iſt ſchmutzig gelbgraugrünlich. (5. 14. Jan. 1868. Münſter i. W. Mus. brunsy.). Junger Vogel vor der erſten Mauſer hat ein ganz anderes Ausſehen als die alten Vögel, namentlich die Männchen. Auf der Ober- ſeite ſchmutzig graubräunlich mit matten, dunf- leren Längsflecken, auf dem Rücken ſtärker bräunlich. Vorder- und Mittelſchwingen und Schwanzfedern braun, mit breiten, hellgrauen Säumen, die einen ganz leichten lichtgrünlichen Anflug zeigen (das einzige Grün am ganzen Vogel). Obere Deckfedern der Flügel und Hin- terſchwingen braun mit breiten, lichtbränlichen Federn, die deutliche Binden auf den Flügeln bilden. Unterſeite ſchmutzig lichtgelblich und bräunlich mit dunklen Schaftflecken, namentlich auf Hals und Oberbruſt. Schwingen und Schwanz von unten dunkelgrau. — Männchen und Weib- chen unterſcheiden ſich im Jugendkleide ſehr wenig. Beim Männchen tritt etwas mehr Gelb im Gefieder auf und die dunklen Längsflecken ſind etwas leuchtender. (Exemplar aus Schweden, Sammlung J. H. Blaſius.) Der Schnabel iſt bei dem alten Männchen ſchmutzigfleiſchfarben, oben und nach der Spitze zu grau, an der Spitze ſchwarz, bei dem alten Weibchen röthlichgrau, dunkler auf dem Rücken und an der Spitze, etwas bleicher bei den Jun⸗ gen. Die Läufe ſind ſchmutzigbraun, Zehen und Nägel dunkler, oft ſchwärzlich; die Iris dunkel- braun. Das Gelege beſteht in der Regel aus 5, ſelten aus 6 Eiern, dieſelben find von kurz⸗ eiförmiger Form, Längsdurchmeſſer durch- ſchnittlich 16˙2 mm, Querdurchmeſſer 12˙5 mm, Dopphöhe 6˙9 mm. Die kürzeſten Eier, die ich maß, hatten einen Längsdurchmeſſer von 144mm, die längſten von 17˙0 mm; die ſchmälſten Eier einen Querdurchmeſſer von 11˙6 mm, die brei⸗ A nd — . F END AT Erling. — Ermüdungsjagen. teſten von 13°6 mm, die ſtumpfſten eine Dopp- höhe von 5°5 mm, die ſchlankſten von 7°5 mm. Auf lichtgrünbläulichweißem Grunde ſind dieſelben hauptſächlich am dicken Doppende mit blaſsröthlichen tiefer liegenden, dunkelröthlichen und dunkelbraunröthlichen mehr oberflächlichen Flecken verſehen. Die Schale iſt faſt glanzlos, gegen das Licht geſehen hellgrünbläulichweiß, das Korn fein und rauh, mit ſehr zahlreichen Poren. Das ſpitze Ende des Eies iſt meiſt ganz frei von Flecken oder doch nur mit einigen we— nigen betüpfelt. (Nach Eiern aus einem am 15. Juni in den Vogeſen entnommenen Gelege von 5 Stück, Sammlung Hollandt.) Der Zeiſig iſt, wie Naumann ſchreibt, „ein allerliebſtes Vögelchen, jo angenehm an Geſtalt und Farbe wie in ſeinem Betragen. Es iſt munter, flink und keck, hält ſein Gefieder ſtets ſchmuck, obgleich es dasſelbe meiſtens nicht knapp anlegt, bewegt ſich ſchnell hin und her, wendet und dreht oft den Hinterleib hinüber und her— über, wozu es gewöhnlich lockt oder ſingt, hüpft, ſteigt und klettert vortrefflich, kann ſich verkehrt an die Spitzen ſchwankender Bäume hängen, an ſenkrechten dünnen Ruthen ungemein ſchnell auf und ab hüpfen, und gibt in dem allen den Meiſen wenig nach. Sein Sitz auf Zweigen iſt höchſt verſchieden, und nirgends hat es lange Ruhe, wenn es nicht beim Freſſen iſt. Auch auf der Erde hüpft es leicht und ſchnell, ob es dies gleich, ſo lange es gehen will, zu vermeiden ſucht.“ Es fliegt ſchnell und leicht, dabei immer ſeinen Ruf erſchallen laſſend, woran man ihn ſelbſt in beträchtlicher Höhe ſingend, leicht er— kennen kann. Sein Lockton klingt wie „trettet— tettertettet“, „di di“ oder wie ein laut pfeifen— des „dih —dil dei“. Der Geſang beſteht aus einem niedlichen Zwitſchern, das mit einem langgezogenen „dididlidlideidääh“ endigt. Die Zeiſige ſind äußerſt arglos und zutraulich, ge— wöhnen ſich ſehr raſch an die Gefangenſchaft, ſind dabei aber doch außerordentlich ſchreckhaft, 3.8. bei einem plötzlichen lauten Getöſe. Dieſe Angſtlichkeit iſt wohl nur der Grund, dajs ſie ſich zu großen Schwärmen im Herbſte und Winter zuſammenthun und ſelbſt während der Brutzeit benachbarte Vögel durch ihren Ruf anlocken. Sie nähren ſich hauptſächlich von Baum— ſämereien, namentlich von Erlen, aber auch von Birken, Fichten und Kiefern, verſchmähen aber auch andere Sämereien nicht, wie von Hopfen, Diſteln, Löwenzahn, Hanf, Mohn, Rübſaat ze. Dann freſſen ſie auch kleine Raupen, Inſecten— larven ꝛc. und gebrauchen dieſe namentlich zum Auffüttern der Jungen. Von Schaden kann bei den Arten von Baumſämereien, die der Zeiſig zur Nahrung wählt, nicht die Rede ſein, im Gegentheil iſt er durch die theilweiſe Inſectennahrung noch nützlich. Die Erlenzeiſige ſchreiten anfangs April zur erſten und im Juni zur zweiten Brut. Das Männchen macht ſich dann durch ſehr lauten Geſang bemerklich, flattert in großem Bogen mit ausgebreitetem Schwanze, ähnlich wie die Girlitze, um die Baumſpitze herum in e ½ʃ½ ¼ũ& âĩ—ss ß x r ß pd f r .. x.. ne un 361 der Luft umher. Meiſtens bauen Mäunchen und Weibchen gemeinſchaftlich am Neſte. Dieſes ſteht, ſehr wohl verſteckt, meiſtens auf Tannen, in einer Gabel eines Seitenaſtes, nahe an der Spitze desſelben, weit ab vom Stamme, in der Regel ziemlich hoch, bis 12m vom Boden ent⸗ fernt, zuweilen aber auch nahe am Erdboden, nur 4—5 m entfernt, jo daſs man die Zweige zur Erde biegen und hineinſehen kann. (Ochs berichtet im IX. Jahresberichte des Ausſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſch— lands über zwei ſolche bei Caſſel gefundene Neſter.) Sehr raſch iſt das Neſt vollendet, wird aber häufig unvollendet von dem Paare ver— laſſen. Dieſe unvollendeten Neſter erſchweren das Finden des wirklich nur zur Brut benützten Neſtes. Das Neſt hat am meiſten Ahnlichkeit mit dem des Stieglitzes oder Bluthänflings. Es beſteht aus kleinen, dünnen Reiſerchen, die häufig mit Bartflechten beſetzt ſind, einer Schicht von abgezupften Bartflechten, feinen Halmen, Grasblättchen und grünen Baum- und Erd— mooſen, durchwebt mit Inſectengeſpinſt, und iſt innen mit ſehr feinen Würzelchen, feinen Gras— halmen, feinen Fäden von Bartflechten, meiſt mit etwas Thier- oder Pflanzenwolle und Fe— derchen untermengt, ausgekleidet. Die obere Off— nung iſt ca. 2 Zoll im Durchmeſſer, die Aus— höhlung etwas tiefer als eine Halbkugel. Das Weibchen brütet 13 Tage und wird in dieſer Zeit vom Männchen gefüttert. Die Jungen werden von beiden Eltern mit Inſectenlarven, Blattläuſen u. ſ. w. aufgefüttert. Sind ſie aus— geflogen, ſo wandern ſie familienweiſe in der Gegend umher, gewöhnen ſich allmählich an die Samennahrung, geſellen ſich im Herbſte zu großen Schwärmen zuſammen, um dann weit umherzuſtreifen oder auch nach dem fernen Süden zu ziehen. Der Erlenzeiſig iſt ein außerordentlich be— liebter Stubenvogel. Er läſst ſich ſehr leicht mit Schlagnetz oder anderen Fangarten mit Lock— vogel fangen und iſt in der Gefangenſchaft außerordentlich zahm und zutraulich, iſt gar nicht wähleriſch im Futter, lernt allerlei kleine Kunſtſtückchen, verträgt ſich mit allen übrigen Vögeln im Bauer und iſt auch in der Gefan— genſchaft nicht ſchwer zum Brüten zu bringen. R. Bl. Erling, ſ. Elritze. Hcke. Erföfdien, verb. intrans., nur mhd., ſ. v. w. plötzlich zu bellen aufhören, von jagenden Hun den. „Fröud (Hundename) dé muoste erle- schen an einem widerloufen .... „Dö ich nu hörte ab rihten Staeten (w. v.) und ab dreschen, ich dähte, ich wil mich phlihten zuo im, der hunt kan nimmer mör erleschen,* „Uf einem brant hört ich die hunde erle- schen.“ Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 117, 118, 130. — Fehlt bei Lexer; vgl. Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 1526. E. v. D Ermeſſen, freies, der Verwaltungsbe— hörden, ſ. Verwaltungsgerichtshof. Mcht. Ermüdung der Muskeln, . Muskeln. Xbr. Ermüdung der Nerven, ſ. Nerven. Xbr. Ermüdungsjagen, das. Dieſer Er klärung zufolge iſt der Ausdruck Hirſchhetze (ſtatt Parforcejagd), welchen man von Un— 362 Ernährung. — Ernobius. kundigen jo oft hört, auf dieſe Jagd nicht an wendbar). Denn man hetzt nur dann das Wild, wenn man dasſelbe im Geſicht ſolcher Hunde, welche ſchneller als jenes ſind, verfolgt, bis dieſe das fliehende Wild einholen und feit- halten. — Anmerkung: Ebenſowenig der Aus- druck Rennjagd; der Verfaſſer ſchlägt daher, wenn der ausländiſche nicht mehr gelten ſoll, den ihm paſſender ſcheinenden Ermüdungs⸗ jagd vor.“ Winkell, Ed. II, 1821, I., p. 0. E. v. D. Ernährung, ſ. Verdauung. Lbr. Erneuern, verb. trans., mhd. verniuwen, uhd. gleichfalls verneuern oder verſichern. Wenn bei der Vorſuche der Leithund oder die Jagdhunde an einem Widergange, bei Kreuz⸗ fährten oder auf ungünſtigem Boden abfielen und unſicher wurden, mujsten ſie abgenommen und weiter rückwärts wieder auf der Fährte angelegt werden; hielten ſie dieſe nun feſt, ſo war ſie erneuert. Später erhielt das Wort, wie die letzte unſerer Belegſtellen zeigte, eine geänderte allgemeinere Bedeutung; vgl. a. neu. „Ich sprach zuo dem getriuwen: Nü räte an, weidgeselle, ob ich die vart verniuwen in- dert muoz und war ez kéren welle.“ „Er (einer der Hunde) gat ouch ab, sö hetze ich in zuo Triuwen hin für und ouch zuo Harren, ob er die vart niur niuwe müg verniuwen.“ Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 272, 286; weitere Stellen in str. 51, 102, 170, 288, 387, 309, 405, 438, 466. „Darnach jo er vermerkt daß ſein Hund die fart ernewert vnnd er anfahet, ſich dem Hirſch zu nähern ...“ „Die andern zu Roß ſollen den Hunden ernſtlich zu⸗ ſprechen vnd die nachjagen laſſen vnd alß⸗ dann mögen ſie die vorige färt wiederumb ernewern vnnd den Hirſch auffs newe an⸗ greiffen.“ J. du Fouilloux, überſ. v. J. Wolff, Straßburg 1590, fol. 47 v, 50 r. — „ daß der Hund wieder zur rechten Färthe kommen ſeye, und daß er fein Wildpret gewiß zu Holze ge richtet habe. Und darvon ſagt man denn: der Jäger habe die Fährte verneuert.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 128. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. S4. — J. A. Großkopff, Weidewercks⸗ Lexicon, 1739, p.98. — Chr. W. v. Heppe, Wohl⸗ red. Jäger, p. 110. — Onomat. forest. I., p. 635. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 181. — „Er⸗ neuern nennt man es, wenn man den Diſtrict, worin ein Hirſch 2c. beſtätigt worden iſt, vor der Umſtellung mit Jagdzeug, nochmals mit dem Leithund umzieht, um zu finden, ob das be⸗ ſtätigte Wild unter der Hand nicht wieder herausgewechſelt iſt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 101. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 49. — Laube, Jagdbrevier, p. 250. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 661 (unvollſtändig und unklar). — Sanders, Wb. II., p. 433 c. E. v. D. Erniedrigen, verb. reflex. J. vom Bären: ſich wieder auf alle vier Branken niederlaſſen, wenn er ſich erhoben hatte. Fleming, T. J. I., 1724, I., fol. 106 (j. erheben). — „Erniedrigen will jagen, wenn der Bär ein Männgen gemacht hat, und ſodann wiederum mit dem Kopfe nach der Erden ſich begiebt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 110. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexi⸗ con, 1739, p. 98. — „Erniedrigen heißt, wenn ſich der Bär auf alle Viere ſtellt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 30. — R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 182. — Sanders, Wb. I., p. 439 c. II. „Wenn die Hirſchen abgeworfen haben, ſpricht man: ſie haben ſich erniedrigt, oder gehen niedrig.“ Chr. W. v. Heppe I. c. — Wenig gebräuchlich, ſ. niedrig gehen. E. v. D. Ernobius Thomson, Gattung der Familie Anobiidae (ſ. d.), Gruppe Anobiini (ſ. d.), Ord⸗ nung Coleoptera. Die drei letzten Glieder der langen, Algliedrigen Fühler ſtark verlängert, oft linear. Halsſchild mit ſcharfem Seitenrand, nicht kapuzenförmig und unterſeits vor den Vorderhüften nicht ausgehöhlt; dieſe ſich be⸗ rührend, Mittelhüften genähert, die Hinterhüften durch eine ſchmale Platte getrennt. Stirn breit, einfach. Flügeldecken an der Spitze abgerundet, punktiert, Streifen fehlend. Füße lang, dünn, das erſte Glied verlängert, die übrigen allmäh⸗ lich an Länge abnehmend. Die ſämmtlichen Arten ſcheinen den Nadelhölzern anzugehören, an denen ſie theils in oder unter der Rinde, theils in den Zapfen oder in trockenen Zweigen oder im Markkörper lebender Zweige ihre Ent⸗ wicklung erlangen. Die Larven, jenen der Scolytiden und Rüſſelkäfer ähnlich, unter⸗ ſcheiden ſich aber von dieſen leicht durch das Vorhandenſein ziemlich langer Bruſtbeine. Sie zeigen ſtets gekrümmte Lage und kräftig ent⸗ wickelte, die Luftlöcher aufnehmende Keilwulſte; der ganze Körper iſt mit kurzen, ſteifen Börſt⸗ chen mehr oder weniger dicht beſetzt. Ver⸗ puppung im Innern des Holzkörpers oder des von der Larve bewohnten Pflanzentheiles. Nachſtehend die Charakteriſtik der Arten: 1. Endglieder der Fühler Amal jo lang als breit oder länger. 2. Halsſchild am Grunde mit drei mehr oder weniger deutlichen Höckerchen; mittlere Fühlerglieder länglich; das ſiebente und achte zuſammen länger als das neunte; bräunlichroth, weich behaart; Halsſchild nach vorne nicht verengt, kurz, wenig gewölbt. 3—3˙5 mm. E. abietinus Gyll. Halsſchild ohne Erhabenheiten; die mitt⸗ leren Fühlerglieder kurz. i 3. Halsſchild nach rückwärts ſtark ver⸗ ſchmälert, mit ſtark aufgebogenem Seiten⸗ und zum Theil Hinterrande; Fühlerglied 2—s8 allmählich und gleichmäßig an Länge zunehmend. Schwarzbraun; die Flügeldecken (beſonders die Spitze), Füh⸗ ler, Taſter, Knie und Tarſen heller. 3-3—4 mm. E. angusticollis Ratz. 3. Halsſchild kurz, nach vorn, nicht aber nach rückwärts verengt; gerundet. 4. Fühlerglieder 5—8 ſehr kurz. Mittelrinne; als das Halsſchild, pechbraun, Fühler und Beine in der Regel pechſchwarz, Tarſen heller. 3˙5—4 mm. * E. nigrinus Sturm. 1 1—4 länger als dick; Halsſchild mit kurzer die Ecken ab⸗ Flügeldecken kaum breiter Ernoporus . Fühlerglieder 1—8 unter einander gleich, kurz; die drei letzten lang, aber nicht verdickt; Flügeldecken pechbraun, ſehr fein, weich behaart, gleichbreit, geſtreckt, hinten eiförmig zugeſpitzt. 35—4 mm. E. longicornis Sturm. 1. Endglieder der Fühler höchſtens doppelt ſo lang als breit. Behaarung des Schildchens mit jener der übrigen Körperoberſeite gleich, nicht heller. Käfer röthlichgelbbraun, Fühler und Beine heller; Augen groß, ſchwarz— Halsſchild doppelt ſo breit als lang, an beiden Enden und der Seitenrand gleich— mäßig abgerundet, letzterer ſchwach auf— gebogen, die Oberfläche ſowie der Kopf dicht punktiert und behaart. Flügeldecken doppelt ſo lang als breit; körnig punk— tiert, walzig, die Spitzen heller. E. pini Sturm. Behaarung des Schildchens eine von den übrigen verſchiedene, hellere; Käfer fein und ſehr dicht punktiert; ſehr fein grau behaart. 6. Röthlichbraun; Halsſchild ohne Erhaben— heiten, flach gewölbt, viel breiter als lang, Vorder- und Hinterrand gebogen, Seitenrand kurz, abgerundet. 3˙5—4 mm. E. mollis Fabr. 6. Röthlichgelbbraun; Halsſchild vor dem Schildchen mit kurzer, glänzender, etwas erhabener Linie und faſt geradem Hinter— rande; die Vorderecken ſtumpf, aber deutlich ausgeprägt. 3 mm. E. abietis Fabr. E. abietis tritt als Zapfenzerſtörer an der Fichte auf. Das Ei wird anfangs Sommer an die Baſis des Zapfens abgelegt; hier bohrt ſich die Larve ein, frijst im Marke der Zapfenſpindel, tritt ſpäter auf die Zapfen— ſchuppen über, zerſtört deren Baſen und die Samen, überwintert im Zapfen und verpuppt ſich im Frühjahre. Stark beſetzte Zapfen ver— lieren einen Theil der Schuppen, ſind gekrümmt und zeigen mehr oder weniger Harzverkruſtun— gen. Der Käfer führt mithin zu ganz ähnlichen Erkrankungsſymptomen, wie dies bei den An— griffen der Dyorictria abietella (ſ. d.) der Fall iſt. Sammeln und Verbrennen der Zapfen. E. nigrinus gehört der Kiefer an. Das Ei wird an dem jüngſten, aber bereits verholzten Trieb ab— eſetzt; von da bohrt ſich die Larve bis zum arkkörper hinein und zerſtört denſelben. Die Fraßbahnen führen von unten nach oben löfter mehrere in einem Triebe); ſie ſind ſtets mit Genagſel und Larvenererementen angefüllt und laſſen ſich dadurch ſicher von den ſehr ähnlichen Zerſtörungen des Myelophilus piniperda (j. d.) unterſcheiden. Hſchl. Ernoporus Thoms., Subgenus der Tomi— eidengattung Cryphalus (ſ. d.), ausgezeichnet durch ovales erſtes Glied der Fühlerkeule, wel— ches von den folgenden, mit gegen die Spitze bogenförmig aufſteigenden Nähten, excentriſch umſchloſſen wird. Drei Arten: E. Jalappae, Fagi und Schreineri (ſ. Cryphalus). Hſchl. Erntehoften find diejenigen Ausgaben, welche für die Fällung und Aufbereitung des .— Erſätze. 363 Holzes erwachſen und die bezw. durch das Rücken derſelben zum Zwecke erleichterter Ab— fuhre erhöht werden. Die Rückerlöhne, welche zur Schonung des bereits vorhandenen Anflugs verausgabt werden, gehören zu den Cultur— koſten. In den Formeln der Waldwertrechnung werden die Erntekoſten einfach vom Brutto— erlös abgezogen, wodurch man den ernte— fojteufreien Ertrag bekommt. Nr. Erolia Vieillot = Tringa Linné. — Erolia varia und variegata Vieillot, ſ. bogen- ſchnäbeliger Strandläufer. E. v. D. Erpreſſung oder Concuſſion (concussio) iſt nach römiſchem Recht der Amtsmiſsbrauch zur Erlangung von rechtswidrigen Vermögens- vortheilen. Das deutſche Reichsſtrafgeſetz vom 15. Februar 1871 hat den Begriff der Erpreſ— jung dahin erweitert (SS 253 und 339), dajs nicht nur der Beamte durch Amtsmiſsbrauch oder durch Drohung mit einem ſolchen, ſondern überhaupt jeder ſich der Erpreſſung ſchuldig macht, welcher, um ſich oder einem dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verſchaffen, einen anderen durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlaſſung nöthigt. Die Erpreſſung und der Verſuch zu einer ſolchen wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat beſtraft. Erfolgt dieſelbe durch Bedrohung mit Mord, mit Brandſtiftung oder mit Verurſachung einer Überſchwemmung, ſo iſt auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu er— kennen. Neben der Gefängnisſtrafe kann auf Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte (ſ. d.), neben der Zuchthausſtrafe auf Stellung unter Polizei— aufſicht erkannt werden. Die Erpreſſung durch Gewalt gegen eine Perſon oder unter Anwen— dung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben wird gleich dem Raube (ſ. d.) beſtraft. Ein Beamter, welcher in einer Unterſuchung Zwangsmittel anwendet oder anwenden läſst, um Geſtändniſſe oder Ausſagen zu erpreſſen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren be— ſtraft. At. Errantia. Man theilt die Borſtenwürmer (Chaetopoda) in zwei Hauptabtheilungen: Er- rantia (freie) Anullides neréidées —= Audennées und Sedentaria (feſtſitzende) S Annelides serpuldes Sédentaires. Kur. Erregbarkeit der Muskeln, ſ. . Lbr. Erregbarkeit der Nerven, ſ. Nerven. Obr. Erregung, ſ. Muskeln, bezw. Nerven. Lbr. Erſätze im Rechnungsweſen ſind die auf Grund des Rechnungsproceſſes (der Rechnungs— prüfung) infolge von nicht behobenen Rechnungs- mängeln von dem Rechnungsleger an die Wirt— ſchaft zu erſetzenden Beträge. Eine Erſatzpflicht kann für den Wirtſchaftsführer oder Rechnungs- leger nur aus ſolchen Rechnungsmängeln ab— geleitet werden, mit welchen ein wirklicher und nachweisbarer Schaden für die Wirt- ſchaft verbunden war. Insbeſondere werden folgende Fälle eine unbedingte oder auch nur eine bedingte Erſatzpflicht von Seite des Wirtſchaftsführers ergeben: a) wenn von demſelben für die Wirtſchaſt übernommene Geldbeträge oder ſonſtige Ver— 364 Erſchlagen. — Erſitzung. mögensbeſtandtheile (z. B. Materialien) gar nicht oder in einem geringeren Betrage in Em⸗ pfang geſtellt wurden; b) wenn Beträge von Geld oder Mate- rialien in Ausgabe verrechnet ſind, deren wirk— liche Leiſtung oder Abgabe gar nicht oder in einem geringeren Betrage ſtattgefunden hat; c) wenn Ausgaben verrechnet ſind, zu deren Leiſtung der Wirtſchafter nicht ermächtigt war, dann wenn Ausgaben in höherem Betrage ge— leiſtet und verrechnet wurden, als dies in der bezüglichen Anweiſung vorgeſchrieben war; d) wenn Ausgaben verrechnet ſind, für deren wirklichen Vollzug der Rechnungsleger keinen Nachweis (Beleg) beibringen kann; e) bei Rechnungsfehlern in der Summie- rung oder in den Überträgen, wenn deren Be— richtigung für die Wirtſchaft einen Mehrvorrath an Geld oder Materialien ergibt, wenn dieſer Mehrvorrath nicht auch wirklich vorhanden iſt; f) ein durch die Controle der Geld- oder Materialvorräthe (Inventur und Caſſaſcontrie— rung) erwieſener Abgang im Caſſaſtande, an Materiale oder Inventargegenſtänden gegenüber dem rechnungsmäßigen Sollbeſtande; g) wenn für die Wirtſchaft eingehobene Geldbeträge erſt ſpäter in Empfang geſtellt oder Ausgaben früher verrechnet wurden, als die— ſelben thatſächlich erfolgt ſind, ſo kann nebſt der Ahndung der darin gelegenen Ordnungswidrig— keit unter Umſtänden hieraus auch ein Erſatz— anſpruch erfolgen. Die Erſatzanſprüche ſind bei getrennter Verrechnung nach Tage- und Hauptbüchern nur aus den Tagebüchern, bei der cameraliſtiſchen Rechnungsform aber nur aus der Abſtattungs— verrechnung (und nicht aus der Gebürenvor— ſchreibung) abzuleiten. v. Gg. Erſchlagen, verb. trans., oder todtſchla— gen, wm. nur für das Tödten in Fallen, Eiſen oder Garnen gefangener oder angeſchweißter Raubthiere mit Ausnahme des Bären; vgl. er⸗ legen, abfangen, Fang geben. „Erſchlagen, ſagt man, wann ein Bauer einen Wolff oder Fuchs, welcher ins Netze fällt, mit einer Käule oder Axt todtſchläget.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — J. A. Großkopff, Weidewercks-Lexicon, 1759, p. 98. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 50. E. v. D. Erſitzung (Deutſchland) oder Uſu— capion (usucapio, entſtanden aus den Worten usus auctoritas) iſt nach römiſchem Recht der Erwerb von Eigenthum oder Servituten durch Verjährung (ſ. d.), d. h. durch fortgeſetzten Beſitz. Dieſelbe unterſcheidet ſich in die ordentliche und außerordentliche Erſitzung des Eigen- thumes und die Erſitzung von Servituten. Die ordentliche (usucapio ordinaria oder usucapio ſchlechthin) Erſitzung von Eigenthum beſteht darin, daſs an einer Sache, welche unter einem rechtmäßigen (ex justa causa), aber mit irgend einem Mangel behafteten Eigen— thumstitel und in gutem Glauben (bona fide), d. h. ohne Kenntnis dieſes Mangels, in Beſitz genommen wurde, durch fortgeſetzten Beſitz bei Mobilien in 3, bei Immobilien in 10, bezw. 20 (wenn der Eigenthümer in einer anderen Pro— vinz wohnt) Jahren das Eigenthum ſelbſt er— worben wird. Zur Erſitzung gehört jedoch zunächſt eine erſitzbare Sache (res habilis). Zu den der Er⸗ ſitzung nicht unterworfenen Sachen zählen 1. alle Sachen des Staates, des Kaiſers, der Städte, Kirchen und Stiftungen ſowie der Min⸗ derjährigen; 2. Sachen, deren Veräußerung durch Teſtament oder Geſetz unterſagt iſt; 3. Sachen, über welche ein Proceſs anhängig, oder an deren Vindication der Eigenthümer gehindert iſt, ſofern dadurch die Verjährung unterbrochen wird; 4. endlich alle geſtohlenen (res furtivae), mit Gewalt genommenen (res vi possessae) und von einem malae fidei pos- sessor ohne Wiſſen des Eigenthümers ver⸗ äußerten Sachen. Es iſt, da der Begriff des furtum auch die Unterſchlagung umfaſst, die Erſitzung von Mobilien nur ausnahmsweiſe möglich. Die Rechtstitel für den Beſitz oder Uſu⸗ capionstitel (tituli possessionis) find auch jene des Eigenthumserwerbes, insbeſondere Kauf (titulus pro emtore), Erbſchaft (pro herede), Schenkung (pro donato), Vermächtnis (pro legato), Empfang an Zahlungsſtatt (pro suo) u. ſ. w. Das römiſche Recht geſtattet übrigens auch bei einem entſchuldbaren Irrthume be⸗ züglich des Rechtstitels die Erſitzung (ex titulo putativo). Die justa causa iſt vom Erſitzer zu beweiſen. Der gute Glaube, d. i. die Nichtkenntnis des dem Eigenthumserwerbe entgegenſtehenden Hinderniſſes, muſs beim Beſitzerwerbe (beim Kaufe ſchon vor dem Kaufabſchluſſe) unbedingt vorhanden ſein, während nach römiſchem, nicht aber nach canoniſchem Rechte eine ſpätere mala fides, z. B. der Erben, für die Erſitzung un⸗ ſchädlich iſt (mala fides superveniens non nocet). Die mala fides muſs dem Erſitzer nach⸗ gewieſen werden. Der Erbe (successor universalis) ſetzt den angefangenen Beſitz des Erblaſſers fort, und auch der Beſitzer aus einem anderen Rechtstitel (successor singularis) darf ſich den Beſitz ſeines Vorgängers (auctor) anrechnen (accessio pos- sessionis), ſofern natürlich beide Beſitzer uſu— capionsfähig ſind. Der Beſitz mujs ein ununterbrochener ſein, indem nach jeder Unterbrechung (usurpatio) des⸗ ſelben, auch einer unrechtmäßigen, von Seite des Eigenthümers oder eines dritten die Er⸗ ſitzung von neuem zu beginnen hat. Gegen eine vollendete Erſitzung iſt die Klage auf Wiedereinſetzung (Reſtitution) zuläſſig. Die außerordentliche Erſitzung (prae- scriptio longissimi temporis), welche als die extinctive Verjährung der Eigenthumsklage zu betrachten iſt, verlangt keinen Rechtstitel für den Beſitzerwerb, ſondern bloß einen dreißig— jährigen Beſitz, der nach römiſchem Rechte nur am Anfange, nach canoniſchem Rechte aber während der ganzen Dauer bona fide ſein muſs. Bei dem Staate oder der Kirche ge— hörigen Sachen beträgt die Verjährungsdauer 40 Jahre. Dagegen fallen alle Ausnahmen der ordentlichen Erſitzung weg, insbeſondere auch jene wegen Diebſtahls. Erſitzung. Da auch an Servituten ein Eigenthum beſteht, ſo kann ein ſolches auch durch Erſitzung (longa quasi-possessione) erworben werden. Hiezu gehört ein fehlerfreier (nee vi nec clam nee precario) Beſitz (Quaſibeſitz) von 10, bezw. 20 Jahren, je nach der Gegenwart oder Ab⸗ weſenheit des Eigenthümers. Guter Glaube und ein Rechtstitel ſind nach römiſchem Rechte ebenſo wenig erforderlich wie Kenntnis des Eigen— thümers des dienenden Grundſtückes. Das cano— niſche Recht verlangt bona fides. Die Grundſätze des römiſchen Rechtes fan— den auch Aufnahme in den Particularrechten des Geltungsbereiches des gemeinen Rechtes (. Allgemeines bürgerliches Geſetzbuch), jedoch mit verſchiedenen Modificationen, insbeſondere bezüglich der wala fides superveniens durch den Anſchluſs an die Beſtimmungen des cano— niſchen Rechtes. Das preußiſche allgemeine Landrecht ver— langt für die ordentliche Erſitzung für Mobilien und Immobilien nebſt einem Rechtstitel einen redlichen, ruhigen und ununterbrochenen Beſitz von 10, bezw. 20 Jahren. Unterbrochen wird die Erſitzung durch Verluſt des Beſitzes, durch Klaganmeldung und durch ſolche außergericht— liche Handlungen, welche dem Erſitzer die Un— rechtmäßigkeit ſeines Beſitzes nachweiſen. Zur außerordentlichen Erſitzung gehört dreißigjäh— riger redlicher Beſitz, aber kein Titel. Der franzöſiſche Code civil hat eine eigent— liche Erſitzung nur bei Immobilien und Ser— vituten und ſchließt ſich bezüglich der Verjäh— rungsdauer und der Unſchädlichkeit der mala fides superveniens ganz an das römiſche Recht an. Zur außerordentlichen Erſitzung gehört nicht einmal guter Glaube. Bezüglich des Verbotes der Neubegrün— dung von Forſtſervituten durch Verjährung ſ. Ablöſung der Forſtſervituten. Man vgl. auch 8 At. Erſitzung. Oſterreich.) 58 1451—1502 a. b. G. B. Die Erſthung bildet eine (urſprüng⸗ liche, d. h. von der Übertragung durch andere unabhängige) Erwerbungsart eines Rechtes, in der Weiſe, daſs eine erſitzungsfähige Perſon den geſetzlich geforderten Beſitz an einer erſitzungs— fähigen Sache während der Erſitzungszeit un— unterbrochen ausübt. Sind alle 9 Voraus— ſetzungen erfüllt, jo iſt das factiſche (Beſitz— Verhältnis in ein rechtlich es über⸗ gegangen. Unſer Civilrecht bringt Erſitzung und Verjährung in innere Verbindung, indem es die Erſitzung unter einen allgemeinen Ver⸗ jährungsbegriff ſubſumiert. Die moderne Rechts— wiſſenſchaft hat aber die Verſchiedenheit der beiden Inſtitutionen erkannt und hält an der— ſelben feſt, obwohl mit einer Erſitzung eine Verjährung verbunden ſein kann, nämlich dann, wenn jemand dasſelbe Recht (3. B. das Eigen— thumsrecht) durch Erſitzung erwirbt, das der bisherige Berechtigte verliert. Da es aber neben dieſer Jog. übertragenden (translativen) Erſitzung noch eine bejtellende ( conſtitutive) Erſitzung gibt, bei welcher ein Recht, z. B. eine Dienſtbarkeit, welches bisher nicht beſtanden hat, durch Er— ſitzung erworben wird, und es außerdem Fälle der Verjährung gibt, in welchen lediglich ein 365 Recht durch Nichtgebrauch verloren geht, ohne daſs jemand dasſelbe oder ein anderes Recht erwirbt (Extinctivverjährung), jo behandeln wir neben der Erſitzung die Verjährung ſelbſtändig (ſ. Verjährung), obwohl manche Normen unſerers Civilrechtes für Erſitzung und Ver⸗ jährung gemeinſam gelten. Jeder Erwerbsfähige kann erſitzen, da die Erſitzung, wie erwähnt, eine Erwerbungsart von Rechten darſtellt. Gegen wen kann die Erſitzung (und Ver- jährung) platzgreifen? Gegen alle Privatper— ſonen, „welche ihre Rechte ſelbſt auszuüben fähig ſind“. Hieher gehört auch das Staatsober— haupt, inſoferne es ſich um deſſen Privat- rechte handelt. Das Geſetz hat von dieſer all— gemeinen Regel einige Ausnahmen conſtruiert: Gegen Minderjährige und Pflegebefohlene (Cu— randen), Wahn⸗ und Blödſinnige und gerichtlich erklärte Verſchwender kann eine Erſitzung (oder Verjährung), wenn dieſe Perſonen keinen geſetz— lichen Vertreter haben, nicht beginnen, eine be— reits begonnene kann nie früher als binnen zwei Jahren nach dem gehobenen Hinderniſſe vollendet werden (ſ. Alter und unten Hemmung der Er— ſitzung und Verjährung). Zwiſchen Ehegatten, ſo lange ſie in ehelicher Verbindung ſtehen, zwi— ſchen Eltern und Kindern, ſo lange die letzteren unter elterlicher Gewalt ſtehen, auch wenn dieſe über die Großjährigkeit hinaus verlängert wor— den wäre, zwiſchen Vormündern, Curatoren und deren Pflegebefohlenen, ſo lange das Pfleg— ſchaftverhältnis dauert, kann eine Erſitzung (oder Verjährung) weder beginnen noch fort— geſetzt werden. Die Abweſenheit in Civil- oder Kriegsdienſten hat ebenfalls Einfluſs auf die Erſitzung (oder Verjährung), ſ. Abweſenheit. — Manchmal mußs eine längere Zeit zur Erſitzung (oder Verjährung) verfließen, nämlich gegen— über juriſtiſchen Perſonen (ſ. d. und unter Er— ſitzungszeit). „Welche Gegenſtände“ können erſeſſen werden? Nur jene Rechte (Sachen), an welchen „Beſitz“ möglich iſt, können auch erſeſſen wer— den, doch ſind nicht alle beſitzbaren Rechte auch erſitzbar. Überhaupt bilden nur Vermögens— rechte einen Gegenſtand der Erſitzung, niemals Perſonenrechte, weil dieſe unübertragbar an der Perſon haften, z. B. die Rechte des Ehe— gatten, Vaters, Kindes u. ſ. w. Nachdem ferner die Erſitzung eine privatrechtliche Inſtitution iſt, ſind alle dem öffentlichen Rechte ange hörigen Befugniſſe der Erſitzung entzogen; dem zufolge die dem Staatsoberhaupte als ſolchem zukommenden Rechte, z. B. „das Recht, Zölle anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern aus zuſchreiben, und andere Hoheitsrechte (Regalien)“ (ſ. Regalien). Das Wangen des Landesfürſten, welches er nicht als Oberhaupt des Staates, ſondern als Privatmann beſitzt, ſowie das Staatsvermögen (ſ. Domänen), ſind der Er— ſitzung unterworfen, doch tritt eine Anderung bezüglich der Erſitzungszeit ein (ſ. u.). Das Servitutenablöſungs- und Regu— lierungspatent vom 5. Juli 1853 verbietet (im § 43), daſs „alle wie immer benannten Hol zungs- und Bezugsrechte von Holz und ſon ſtigen Forſtproducten in oder aus einem fremden 366 Walde, die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden und alle Feldſervituten, bei denen das dienſtbare Gut Wald oder zur Waldeultur ge- widmeter Boden iſt“ (ſ. Dienſtbarkeiten), ſowie „alle jene Einforſtungen, Waldnutzungs⸗ und Weiderechte, welche in den, dem Landesfürſten zufolge des Hoheitsrechtes zuſtehenden Wäldern verliehen oder aus landesfürſtlicher Gnade ge— ſtattet wurden, u. zw. auch dann, wenn ſie nach Maßgabe der über die Ausübung des Forit- hoheitsrechtes beſtehenden Geſetze und Vor— ſchriften als widerruflich angeſehen werden“ (ſ. Regalien) erſeſſen werden; Reſervatwälder können nicht erſeſſen werden (ſ. Reſervate), eben- ſowenig öde Ruſticalgrundſtücke, wie dies der O. G. H. mit Eutſch. vom 6. December 1877, Z. 5446, anläſslich eines an fünf Bauern im Jahre 1870 übertragenen Odlandes (welches im Augenblick des Proceſſes Waldland war) an⸗ erkannte, da die Grundherrſchaften, welche öde Grundſtücke in der Hand haben, nur als In⸗ haber gelten und daher nicht erſitzen können. Außer der Erſitzungsfähigkeit der Perſon und Sache bedarf es zur Erſitzung noch eines beſtimmt qualificierten Beſitzes und des Ver- laufes einer gewiſſen Zeit— Beſitz. Der Beſitz muſs, damit er zur Erſitzung führen kann, in der Regel recht— mäßig, redlich, echt und durch die geſetzlich be— ſtimmte Zeit ununterbrochen ſein (über dieſe Begriffsbeſtimmungen ſ. Beſitz). Erſitzungszeit. Abgeſehen von ſpeciellen Fällen gelten über die Erſitzungszeit folgende Beſtimmungen. Man unterſcheidet eine ordent— liche und eine außerordentliche Erſitzung; bei der erſteren ſind alle oben genannten Erforder— niſſe vereinigt, bei der letzteren fehlt die Recht⸗ mäßigkeit des Beſitzes, doch muſs, u. zw. wäh⸗ rend der ganzen Erſitzungszeit, der Beſitz redlich bleiben. In beiden Fällen unterſcheidet man weiters eine ordentliche und eine außerordentliche Erſitzungszeit, u. zw. in folgender Weiſe: ordentliche Erſitzung ee ordentliche Er- ſitzungszeit außerordentliche Erſitzungszeit 6, „ 40 „ 40 5 Das Eigenthumsrecht (und die übrigen er— ſitzungsfähigen Rechte) an beweglichen Sachen ſowie die auf den Namen des Erſitzenden ein— getragenen Rechte an unbeweglichen Sachen werden, wenn alle Erforderniſſe der Erſitzung vereinigt ſind, in drei Jahren erſeſſen. — Rechte an Immobilien, welche nicht auf den Namen des Erſitzenden intabuliert ſind, oder in ſolchen Ländern beſtehen, in welchen noch keine Grund— bücher exiſtieren (ſ. Grundbuchsweſen), werden in 30 Jahren erſeſſen. Durch das neue Grund— buchsgeſetz vom 25. Juli 1871, R. G. Bl. Nr. 95, wurde die ſog. Tabularerſitzung weſentlich geändert, indem der Schutz, welchen der Ein— getragene erlangt, ein größerer geworden iſt, wenn er auch noch immer nicht als völlig aus— reichend anerkannt werden kann. Das neue Grundbuchsgeſetz ſteht nämlich principiell, wenn auch nicht thatſächlich, auf dem Standpunkte, das ſog. Publicitätsprincip (Glaubwürdigkeit) 3, bezw. 30 Jahre 30 Jahre Erſitzung. des Grundbuches vollkommen anzuerkennen, und erklärt daher, dajs der redlich Eingetragene nach Rechtskräftigwerdung der Einverleibung ſofort und nicht erſt nach Ablauf der Tabular⸗ erſitzungszeit (3 Jahre) wirklich Eigenthümer wird. Damit dieſer Erfolg eintrete, muſs aber der Eingetragene bona fide gehandelt haben, d. h. von der materiellen Mangelhaftigkeit keine Kenntnis gehabt haben oder nicht leicht haben können, ferner darf durch die Eintragung eine unmittelbare Verletzung eines bücherlichen Rech⸗ tes nicht ſtattgefunden haben, weiters müſſen alle Intereſſenten zu eigenen Handen von der neuen Eintragung verſtändigt worden ſein, und endlich darf nicht binnen der Recursfriſt ein Recurs eingebracht, die „Streitanmerkung“ er⸗ wirkt und binnen weiterer 60 Tage die Löſchungs⸗ klage überreicht worden ſein. (Die Recursfriſt beträgt innerhalb des Oberlandesgerichtsſprengels 30 Tage, außerhalb desſelben 60 Tage und be- ginnt mit dem Tage nach der Zuſtellung.) In⸗ dem wir wegen dieſer für die Glaubwürdigkeit und Wirkung des Grundbuches, die Erwerbung von Rechten an Immobilien und deren ſpecielle Erſitzung grundlegenden Fragen auf den Artikel Grundbuchsweſen verweiſen müſſen, ſei hier nur conſtatiert, daſs der Schutz des Eingetragenen durch das neue Grundbuchsgeſetz weſentlich ver- ſtärkt iſt, und daſs trotz der civilrechtlichen Be- ſtimmung über die Tabularerſitzung der Inta⸗ bulierte, welcher ſich für den Eigenthumer hält, aber nur rechtmäßiger, redlicher und echter Be⸗ ſitzer iſt, regelmäßig nicht erſt nach drei Jahren, ſondern ſofort nach der eingetragenen Rechts- kraft der Eintragung (Ablauf der Recursfriſt, ohne daſs ein Recurs eingebracht oder Streit- anmerkung eingetragen worden wäre) vollbe⸗ rechtigt wird. Wurde ein Recurs eingebracht, eine Streitanmerkung erwirkt, ſo hängt die Effectivwerdung der Eintragung von dem Aus⸗ gange des Proceſſes ab. Wurden aber z. B. nicht alle Intereſſenten gehörig verſtändigt, ſo können dieſelben binnen drei Jahren (der nor⸗ malen Erſitzungszeit) die Eintragung anfechten, jo daſs dieſer Termin auch heute noch eine ge= wiſſe Bedeutung beſitzt. Die außerordentliche Erſitzungszeit (6, bezw. 40 Jahre) mufs gegenüber gewiſſen begünſtigten Perſonen vollzogen werden, und tritt an die Stelle der 3=, bezw. 30jährigen ordentlichen Er⸗ ſitzungszeit der ordentlichen Erſitzung. Dieſe Perſonen ſind der Fiscus (nicht aber der Lan⸗ desfürſt, inſoweit er Privatrechte beſitzt), „Kirchen, Gemeinden und andere erlaubte Körper“, d. h. wohl (der Mehrzahl der Autoren zufolge) Zünfte, Innungen, Stiftungen, erlaubte Geſellſchaften, Vereine u. ſ. w. (ausgenommen dürften nur ſolche Geſellſchaften ſein, bei denen ſämmtliche Mitglieder das Geſellſchaftsvermögen verwalten, alſo kleine Geſellſchaften, während Actiengeſell— ſchaften des Schutzes der außerordentlichen Er⸗ ſitzungszeit theilhaftig werden). Damit alſo z. B. das Eigenthumsrecht oder eine Dienſtbarkeit an eine Staatsdomäne oder dem einer Aetien⸗ geſellſchaft gehörigen Grundſtücke erſeſſen wer⸗ den kann, bedarf es bei dem, auf deſſen Namen das Recht intabuliert wäre, einer 6, ſonſt einer 40jährigen Ausübung des Rechtes. Erſpüren. Die außerordentliche Erſitzung iſt jene, bei; welcher der Beſitz zwar redlich und echt iſt, aber eines giltigen Titels entbehrt, wenn alſo z. B. der Kaufvertrag aus irgend einem Grunde un— giltig war. Da mujs die 30-, bezw. 40jährige Erſitzungszeit verlaufen und ſtehen hier die 30, bezw. 40 Jahre den 3, bezw. 30 Jahren einer— und den 6, bezw. 40 Jahren andererſeits der or— dentlichen Erſitzung gegenüber, jo daſs alſo nor— mal die außerordentliche Erſitzung (an beweg— lichen oder unbeweglichen Sachen) in 30 Jahren, den obgenannten begünſtigten Perſonen gegen— über in 40 Jahren vollendet iſt. Bei Rechten, welche ſich auf fremden Grund und Boden beziehen oder rückſichtlich desſelben, aber nur ſelten ausgeübt werden können, z. B. in einem fremden Walde forſt— mäßig Holz zu ſchlagen, einen fremden Teich auszufiſchen, eine auf einem dinglichen Patronate beruhende Pfründe zu vergeben, jemanden bei Herſtellung oder Ausbeſſerung eines Weges oder einer Brücke zu einem Beitrage zu verhalten U. ſ. w., wird, das Vorhandenſein der übrigen Vorbedingungen vorausgeſetzt, erſt dann nach 30 Jahren erſeſſen, wenn innerhalb dieſer Friſt mindeſtens dreimal das Recht ausgeübt werden konnte und nicht ausgeübt wurde. Hat ſich dieſe Möglichkeit nicht innerhalb der 30 Jahre er— geben, jo muj3 die Erſitzungszeit jo weit ausge— dehnt werden, bis dieſelbe dreimal benützt werden konnte, hat ſie ſich öfters ergeben und wurde ſie auch ausgenützt, ſo müſſen doch 30 Jahre verlaufen. Die Erſitzungszeit beginnt mit dem Tage des Beſitzes, wobei der Tag als untheilbares Ganzes betrachtet wird, alſo die Tagesſtunde, an wel— cher der Beſitz beginnt, gleichgiltig iſt. Die Er— ſitzungsjahre werden demnach (in Analogie des 8 902 a. b. G. B.) zu 365 Tagen gerechnet und bleiben die Schalttage außer Anſchlag. Die Er— ſitzung iſt vollendet, wenn der letzte Tag ganz abgelaufen iſt. Wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Beſitzer redlich übernimmt, kann ſich die Erſitzungszeit ſeines Vormannes ein— rechnen, jo daſs die Erſitzung nicht durch eine Perſon ganz vollzogen zu werden braucht. Bei 30⸗, bezw. 40 jähriger Erſitzung bedarf es zu dieſer Einrechnung eines Titels nicht (außer— ordentliche Erſitzung). War der Vormann un— redlich, ſo hindert dies den redlichen Nachfolger nicht, die Erſitzung zu beginnen, doch iſt von einer Einrechnung keine Rede. Wenn aber je— mand eine bewegliche Sache unmittelbar von einem unredlichen oder einem unechten Be— ſitzer an ſich gebracht hat oder ſeinen Vormann nicht anzugeben vermag, ſo wird die Erſitzungszeit verdoppelt, d. h. er mujs die Sache 6 ſtatt 3 Jahre beſitzen, weil durch den zweifelhaften oder unbekannten Vormann der Beſitzer ſelbſt verdächtig wird, und man dem Eigenthümer mehr Zeit zur Verfolgung ſeines Rechtes geben will. — Aus alledem ergibt ſich, daſs der Er— ſitzende davon, daſs er erſitzt, keine Ahnung haben darf, ſondern ſich ununterbrochen für vollkommen berechtigt halten muſs; würde er daran zweifeln, ſo wäre er unredlich und die Erſitzung unmöglich. 367 Die Erſitzung kann gehemmt oder unter— brochen werden. Im erſteren Falle kann die Erſitzung entweder nicht beginnen, oder die be— reits begonnene wird eine beſtimmte Zeit hin- durch ſiſtiert. Fälle der Hemmung haben wir oben mitgetheilt, wo wir davon ſprachen, dass Minderjährigen, Geiſtesgeſtörten und Verſchwen— dern gegenüber die Erſitzung, wenn dieſe Per- ſonen keinen geſetzlichen Vertreter haben, nicht beginnen oder die bereits begonnene, mögen ſie einen Vertreter haben oder nicht, erſt zwei Jahre nach Beſeitigung des Hemmniſſes vollendet wer— den kann; ebenſo wird die Erſitzung gehemmt zwiſchen Ehegatten, Eltern und Vertretern, Pflegebefohlenen und deren Vertretern, zu gunſten von Abweſenden u. ſ. w. Bei der Unter- brechung der Erſitzung hingegen geht mit dem Eintritte der Unterbrechung die ſchon bisher ver— floſſene Erſitzungszeit ganz verloren und müſste, damit eine Erſitzung eintreten kann, dieſelbe von vorne beginnen. Eine Unterbrechung tritt z. B. ein, wenn der Erſitzende aus dem Beſitze ent— ſetzt wird, oder derſelbe aufhört, oder wenn der Beſitz eine der für die Erſitzung nothwen— digen Eigenſchaften verliert, da dieſelben wäh— rend der ganzen Erſitzungszeit fortdauern müſſen (über den Verluſt des Beſitzes ſ. Beſitz); die Erſitzung wird ferner unterbrochen, wenn der Beſitz während der Erſitzung unredlich wird. Die Wirkung der Erſitzung beſteht darin, daſs der Erſitzende das erſeſſene Recht in dem Maße, in welchem er dasſelbe beſeſſen hat, voll— ſtändig erwirbt und ſich demnach mit den ge— wöhnlichen Rechtsmitteln ſchützen kann. Dajs nur ſo viel erſeſſen wird, als beſeſſen wurde, iſt nach unſerem Civilrechte, das den Beſitz als die unerläſsliche Vorausſetzung der Erſitzung hinſtellt, zweifellos. Der O. G. H. hat mit Entſch, vom 16. Auguſt 1855, Z. 1727, erklärt, daſs aus dem Umſtande, daſs jemand von dem Einforſtungsrechte Gebrauch machte und Holz für ſeinen Haus- und Wirtſchaftsbedarf aus einem fremden Walde bezog, die Erſitzung des Eigenthumsrechtes an dem Walde nicht ab— geleitet werden kann, was der Eingeforſtete aller— dings beanſpruchte. Dieſe Wirkung der Erſitzung erleidet eine weſentliche Ausnahme in Bezug auf Immo— bilien, um die Verläſslichkeit des Grundbuches zu erhöhen. Wenn nämlich jemand z. B. das Eigenthumsrecht eines Grundſtückes erſeſſen, aber die Intabulation dieſes ſeines Rechtes nicht erwirkt hat, ein Dritter jedoch im Ver— trauen auf die öffentlichen Bücher, ohne alſo den Rechtsübergang vom Bucheigenthümer auf den dermaligen Eigenthümer zu kennen oder bei entſprechender Aufmerkſamkeit erfahren zu müſſen, von dem früheren noch im Grundbuch eingetragenen Eigenthümer das Grundſtück er— worben hat, ſo kann der Erſitzende ſeine Ex— ſitzung gegen dieſen letzteren nicht geltend machen, ſondern ſich nur an denjenigen halten, gegen den er die Erſitzung vollzogen hat. Wer redlich im Vertrauen auf das öffentliche Buch gehandelt hat, darf dadurch keinen Schaden erleiden. Mcht. Erſpüren, verb. trans., veraltet für ſpüren, abſpüren, ausſpüren. „Der lait hund ſucht bald do ich jn wider haben müß, do erſpürt ich 368 Erſtanden. — Ertragsregelung. ainen füß, dez wart ich jo wol gemuet ...“ Die Jagd der Minne, v. 29—33. — „Du solt ouch lugen wann daz grasz abgetretten sy wa du ain fart erspurest.“ Anon. Abhdlg. v. d. Zeichen d. Rothhirſches, Cod. ms. Vindob. no. 2932 a. d. XV. Jahrh., fol. 100 r. — Fehlt bei Lexer. E. v. D. Erſtanden, nur in dieſer Form (part. perk. v. erſtehen) veraltet für beſtattet. „Dan magstu mit dem Leidthuntt schen vff der erden, wohin es zo holtz gangen sie vnnd ann diesen nachgeschriebene zeygenn sehen, was es sey, hirs oder wilt, vnd diss stuck nennen die jeger Erstandenn.“ Cuono v. Winnenburg, Abhdlg. v. d. Zeichen des Rothhirſches, Stuttg. Hs., fol. 6r. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erſtatten, verb. trans., mhd. für beſtatten. ſ. d. u. vgl. beſtellen. „Von schachen hin ze schaten, von stüden hin ze boume grif ich und wil erstaten.“ Hadamar von Laber, Diu jagt, str. 87. — Fehlt bei Lexer. E. v. D. Erſtreichen, verb. reflex., ſich das Gefieder ordnen, vom Beizvogel; veraltet, j. ſtreichen. „Wen du in (den valken) host brocht jn alle sein recht, so ist ym baden gut, des selben tages als her gebath vnd sich erstrichen hoth, saltu yn vinster setezen...“ Abhdl. v. d. Beizjagd a. d. XV. Jahr. im Cod. ms. Vindob. no. 2977. — „. .. Vnd lass jn (den habich) dann ston an der sunnen do der wynd nit enwäe | vnnd lass jnn sich trücknen vnd er— streychen ...“ Ein ſchons Buchlin von dem Beyſſen, Straßburg 1510, fol. 13 v. — Lexer, Mhd. Hwb., p. 678 b. E. v. D. Ertrag iſt die Folge der in der Wirtſchaft thätigen Factoren Arbeit und Capital. Er ſetzt ſich mithin ſeiner Entſtehung nach zuſammen aus Arbeitslohn und Capitalzins. Der Roh— ertrag iſt die Summe aller durch die Wirt— ſchaft producierten Güter. Befreit man den Rohertrag des Waldes von den jährlich zu zahlenden Arbeitskoſten, ſo erhält man die Waldrente. Bringt man aber außerdem auch noch die Zinſen aller Wirtſchaftscapitale in Ab— zug, ſo bekommt man den Unternehmer— gewinn. Scheidet man den Grund und Boden aus der Summe der in der Wirtſchaft thätigen Capitale aus, ſo erhält man in der Differenz zwiſchen Rohertrag und Produectionskoſten (ex— cluſive Zins für das Bodencapital) die Bo— denrente oder den Bodenreinertrag. Den Rohertrag unterſcheidet man ſeinem Weſen nach in Hauptnutzungen und Nebennutzungen (vgl. Einkünfte). Nr. Ertragsberechnung, Ertragsbeſtim— mung, Ertragsermittlung, j. Hiebsſatz— begründung. 11 75 Ertragsclaſſe iſt gleichbedeutend mit Bo— nitätsſtufe (ſ. Bonitierung, Beſtandsbonität, Standortsbonität). Nr. Ertragsfähig iſt im forſtlichen Sinne ein Boden, welchem Forſtproducte, die derſelbe er— zeugt hat, abgewonnen werden können. Nr. Ertragslos iſt im forſtlichen Sinne ein Boden, welcher gar keine oder wertloſe Forſt— producte erzeugt. Nr Ertragsnachweis (Ertragsrechnung), vgl. Rechnungsweſen. v. Gg. Ertragsrechnung (Ertragsnachweis), vgl. Rechnungsweſen. v. Gg. Ertragsregelung, Ertragsregulierung, betrifft den Theil der Forſteinrichtungsarbeiten, welche die Bemeſſung des Waldeinkommens, die räumliche und zeitliche Ordnung des Ertrages zur Aufgabe haben. Manche forſtliche Schrift— ſteller behandeln in der Ertragsregelung auch Capitel aus dem Waldbau, aus der Boden- kunde und aus der forſtlichen Statik. Die Benennung „Ertragsregelung“ rührt von Carl Heyer her. In der Literatur findet man dafür auch andere Bezeichnungen, z. B. Forfttara- tion (Heunert, G. L. Hartig, Cotta, Pfeil), Forſtabſchätzung (Hundeshagen, Hennert), Forſteinrichtung (Beckmann, Oettelt, Cotta, E. F. Hartig), Forſtbetriebsregulierung (v. Klipſtein, v. Wedekind, Karl, Grebe), Forſt— ſyſtemiſierung (namentlich in Oſterreich ge— bräuchlich), Forſtorganiſation (Andre), Ame- nagement (in Frankreich). Judeich hat in ſeiner „Forſteinrichtung“ (4. Auflage 1885) die ver- ſchiedenen Arten der Ertragsregelung in dem Ca— pitel „Ertragsbeſtimmung“ beſprochen. Die äußere Nothwendigkeit der Waldertragsregelung beruht in der Unentbehrlichkeit des Holzes, in der jähr— lich wiederkehrenden, ſich wenig verändernden Größe des Holzbedarfes und in der nament— lich beim Brennholz ausgeſprochenen geringen Transportfähigkeit des Holzes. Daraus muſs für die Staats-, Communal- und Fideicommiſs⸗ waldungen eine jährlich ſich ziemlich gleich— bleibende Vertheilung des Holzertrages reſul— tieren. Dieſelbe wird ſich aber auch für größere Privatwaldungen aus pecuniären Rückſichten empfehlen, weil ſie neben dem vortheilhaften Holzabſatze zugleich eine Garantie für das jähr— liche Einkommen übernimmt. Die innere Noth- wendigkeit der Waldertragsregelung liegt in den Eigenthümlichkeiten der Waldwirtſchaft be— gründet. Bei Erörterung der Frage, welchen nachhaltigen Ertrag die Waldungen liefern können, hat man verſchiedene Wege betreten. Nach Kraft laſſen ſich die Ertragsregelungs— methoden eintheilen in Fachwerksmethoden (Flächenfachwerk, Maſſenfachwerk, combiniertes Fachwerk), Vorrathsmethoden (öſterreichiſche Cameraltaxe, Verfahren von Huber, C. Heyer, Hundeshagen, Karl, Breymann) und Zu⸗ wachsmethoden. Stötzer hat ein Syſtem der Ertragsmethoden in der Weiſe aufgeſtellt, je nachdem das Ziel erreicht wird, 1. durch örtliche Eintheilung des Waldes in feſt abge grenzte Jahresſchläge (Flächen- oder Schlag— eintheilung), 2. mit Hilfe und auf Grund eines in Fächer eingetheilten tabellariſchen Planes (Fachwerksmethoden), 3. durch Ableitungen aus dem arithmetiſchen Verhältnis zwiſchen Vor— rath und Zuwachs, zu deren Entwicklung ein Wirtſchaftsplan nicht Vorausſetzung, ſondern nur eventuelles Darſtellungsmittel iſt (Normal- vorraths- oder Formelmethoden). Bei den Fach⸗ werksmethoden unterſcheidet Stötzer außer Flä— chenfachwerk, Maſſenfachwerk und combiniertem Fachwerk noch das gemiſchte Fachwerk (3. B. Klipſteins und Grebes Verfahren), welches eine Ertragsreviſion. — Ertragstafeln. ü 369 Ausſtattung des Planes theils mit Flächen- und Maſſenfachen, theils mit bloßen Flächen— fachen anſtrebt. Überdies trennt derſelbe auch das combinierte Fachwerk noch in ein volles combiniertes und in ein unvollkommenes com- biniertes Fachwerk (zu letzterem rechnet er die Judeich'ſche Beſtandswirtſchaft), je nachdem der ganze Einrichtungszeitraum oder nur ein Theil desſelben in Betracht gezogen wird. Judeich trennt die verſchiedenen Ertragsregelungsmetho— den nach den 4 Hauptgruppen: Schlageinthei- lung, Fachwerksmethoden, Normalvorrathsme— thoden, Abſchätzung nach Durchſchnittsgrößen. Die letztgenannte Gruppe vereinigt minderwer— 1 Methoden, welche nur Hilfsgrößen für den aterialetat bieten. Hieher gehört die Beſtim— mung des Hiebsſatzes nach der bisherigen Ab— nutzung, nach den Zuwachsverhältniſſen unge— fähr paſſender Erfahrungstafeln, nach dem Vergleich mit ähnlichen, bereits eingerichteten Waldungen und nach dem wirklichen Zuwachs, welcher unmittelbar unterſucht worden iſt. Im letzteren Falle ſoll der Hiebsſatz gleich ſein: dem laufend jährlichen Zuwachs oder dem Hau— barkeitsdurchſchnittszuwachs oder dem jährlichen durchſchnittlichen Zuwachs unter Annahme der thatſächlichen Maſſe und des Alters der Be— ſtände (ſ. die ſpeciellen durch die obigen Ein— theilungen angezeigten Artikel). Nr. Ertragsreviſton, j. Reviſionen. Nr. Ertragsſchätzung, ſ. Forſtabſchätzung. Nr. Ertragstafeln. Es ſind dies tabellariſche (auch graphiſche) Zuſammenſtellungen der Be— ſtandsholzmaſſen bezogen auf eine Flächen- einheit, getrennt nach Zuwachsgebieten, der Art der Beſtandsbegründung und Behandlung, nach Bonitäten, nach Holzarten, nach Haupt- und Zwiſchenbeſtand, abgeſtuft von Jahr zu Jahr, oder nach Perioden von 3 zu 3, oder von 10 zu 10 Jahren. Sie dienen einzelnen Zwecken ſowohl der forſtlichen Praxis als auch der ein— ſchlägigen Wiſſenſchaft. In die Ertragstafeln werden, damit ſie eben dem ganz allgemein au- gedeuteten Ziele entſprechen, auch die Factoren der Holzmaſſen, als: Kreisflächenſummen, mitt— lere Höhen- und Formzahlen, ferner auch der laufende jährliche und der Durchſchnittszuwachs, Stammzahl, oft auch das Zuwachsprocent auf— genommen und wird die Holzmaſſe nach Derb— und Reisholz getrennt oder ſummariſch ange— führt, ohne jedoch das Stockholz zu berück— ſichtigen. Das Einbeziehen des Reisholzes in die Ertragstafeln, mag dies nun im Verein mit dem Derbholze oder getrennt von dieſem ge— ſchehen, iſt nur dort angezeigt, wo das Reis— holz abſetzbar iſt. Man unterſcheidet gewöhnlich normale (all- gemeine) und locale Ertragstafeln, obwohl es undenkbar iſt, jemals zu Tafeln von ganz all— gemeiner Anwendbarkeit zu gelangen, ſchon aus dem Grunde, weil kaum einmal ein Zeitpunkt kommen dürfte, wo überall einheitlich in Rich— tung auf Begründung und Behandlung der Forſte vorgegangen werden würde oder vor— gegangen werden könnte. Forſtrath Prof. v. Gut— tenberg fand, daſs gewiſſe Fichtenertragstafeln für die alpinen Hochgebirgsforſte Oſterreichs ſich nicht anwenden ließen. Wenn nun Ertrags- tafeln auf einen Fall paſſen, auf einen zweiten aber nicht, jo kann es überhaupt keine Ertrags- tafeln geben, die für beide Fälle Geltung haben könnten. Man kann daher nur von localen Er- tragstafeln ſprechen, die für größere oder kleinere Wuchs- oder Wirtſchaftsgebiete Geltung und Anwendbarkeit beſitzen. Die beſten Reſultate mit Ertragstafeln wird man ſelbſtverſtändlich in jenen Wuchsgebieten erzielen, welche das Material zur Aufſtellung der Ertragstafeln in ausreichendem Maße ge— liefert haben, jo lange man auch dort bei der- ſelben Beſtandesbegründung und Behandlung der Forſte bleibt. Die Ertragstafel hat daher auch für dasſelbe Wuchs- und Wirtſchaftsgebiet keinen von der Zeit unbeeinfluſsten Gebrauchs- wert; denn mit der fortſchreitenden Klärung namentlich der waldbaulichen Satzungen wird auch die Waldbehandlung eine andere, wird auch die Holzproduction eine differierende ſein. Die forſtliche Literatur iſt nicht arm an Verſuchen zur Aufſtellung von Ertragstafeln. Die älteſte Kundgebung in dieſer Richtung iſt wahrſcheinlich die Schrift Oettelts: „Beweis, dass die Matheſis bei dem Forſtweſen unentbehrliche Dienſte thue“, 1765. Chronologiſch geordnet haben ſich unter anderem folgende Autoren um die Aufſtellung von Ertragstafeln verdient ge— macht: Hennert 1791, Paulſen 179, G. L. Hartig 1795, v. Seutter 1799, Cotta 1817 und 1821, Hoßfeld 1824, Hundeshagen 1824 und 1825, Smalian 1837, Karl 1838 und 1851, Badiſche Forſtverwaltung 1840, Pfeil-Schneider 1843, Th. Hartig 1847, König 1854, Feiſt⸗ mantel 1854 (durch Franz Haunold 1880 ins Metermaß umgerechnet), Grebe 1856, 1866 und 1879, Burckhardt 1861, Rob. Hartig 1865 und 1868, Preſsler 1870 und 1878, Baur 1876 und 1881, Kunze 1877, Weiſe 1880, Schuberg 1880. Es ſei nun kurz der Methoden gedacht, die bei der Aufſtellung der Ertragstafeln im all— gemeinen befolgt wurden: Denken wir uns z. B. für ein beſtimmtes Wuchsgebiet der Buche von Jahr zu Jahr im Alter abgeſtuft, allenfalls bis 120 Jahren, auf dem beiten Standort Beſtände von je 1 ha Größe normal erwachſen und ihre Maſſen (bloß Hauptbeſtand) beſtimmt, ſo würde die tabella riſche Zuſammenſtellung dieſer Altersmaſſen jenen Theil der Maſſenertragstafel vorſtellen, der ſich auf die beſte (J.) Bonität bezieht. Hätten wir ferner die Maſſen zuſammengeſtellt von 120 ha Buchenwald, pro Hektar im Alter abgeſtuft von Jahr zu Jahr auf dem ſchlech teſten (jedoch noch lohnenden) Standort, ſo gäbe uns dieſe Zuſammenſtellung jenen Theil der Maſſenertragstafel, welcher der ſchlechteſten (letzten) Bonität (Güteclaſſe) angehört. Zwiſchen dieſen beiden Extremen gleichweit unter ein— ander und mit dieſen abſtehende Bonitäten in welcher Zahl immer anzunehmen, ſteht in der Willkür des Taxators. Die Erfahrung hat jedoch gelehrt, dass die Annahme von fünf Güteclaſſen im ganzen ſehr gut entſpricht. Wir hätten daher noch die Maſſen glieder für die 2., 3. und 4. Bonität ähnlich Dombrowski. Encyllopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 24 370 uns beſtimmt und tabellariſch zuſammengeſtellt zu denken, wie dies bei der 1. und 5. Bonität angenommen wurde. Die Maſſenertragstafel wäre dann ſo ziemlich fertig, denn die ſonſtigen Ermittlungen, z. B. von Kreisflächenſummen, Zuwächſen ꝛc., wären an den vorhandenen Be— 1 ſehr leicht zu bewirken. Allein dieſe Dinge liegen in der Wirklich⸗ keit ganz anders, und von beſonderer Schwierig— keit iſt die Auffindung nur weniger, zuſammen⸗ gehöriger, nämlich gleich begründeter, gleich behandelter, auf gleich gutem (oder ſchlechtem Stande normal erwachſener, nur im Alter ſich unterſcheidender Beſtände und ebenſo das An- ſprechen oder Erkennen der zwiſchen den beiden Extremen liegenden Bonitäten. In dieſen Um- ſtänden ruhen die Beweggründe zu den ver— ſchiedenen Wegen, die man eingeſchlagen hat, um Ertragstafeln aufzuſtellen, und ſind auch darin die Mängel letzterer begründet. Die zur Anwendung gekommenen Methoden ſind der Hauptſache nach folgende: a) Aufnahme der Beſtandsmaſſe von Jahr zu Jahr oder in Perioden von 3 zu 5 Jahren an demſelben Beſtande, b) Maſſenaufnahme von Jahr zu Jahr oder periodiſch (von 5 zu 5 Jahren) an mehreren verſchieden alten Beſtänden; c) die Aufnahme mehrerer Beſtände von ungleichem Alter und Auffindung der Zwiſchenglieder durch Interpolation. ad a) Da es ſich bei der Conſtruction der Ertragstafel weniger um die genaue Beſtim— mung der Junghölzer handelt, ſo könnte die eigentliche Beobachtung bei einem dreißigjäh— rigen Beſtande beginnen, was allerdings, wenn dieſelbe bis zum Haubarkeitsalter verfolgt wer— den ſollte, die Aufſtellung der Ertragstafel auf 50 — 90 Jahre hinausſchieben müsste. Der Vortheil, den dieſe Methode hat, liegt darin, daſs alle Maſſenglieder derſelben Bonität ent- nommen erſcheinen. Der Nachtheile ſind jedoch mehr: die Länge der Zeit, welche dieſes Ver— fahren beanſprucht, die möglicherweiſe eintreten— den Calamitäten (Windwurf, Bruch, Feuer, Inſectenſchäden ꝛc.), welche daher die Vorſicht gebieten, mehr als eine Verſuchsfläche für die— ſelbe Güteclaſſe zu wählen, endlich liegt auch ein Nachtheil in der Schwierigkeit der Wahl der Beſtände für die einzelnen Güteclaſſen. ad b) Hier ſollen für jede Bonität im Alter entſprechend abgeſtufte, normale Beſtände zur Verfügung ſtehen, jo daſs, wenn die Maſſen⸗ tafel von 20 auf 120 Jahre auszudehnen iſt und man mit der Aufſtellung binnen 20 Jahren fertig ſein wollte, 20⸗, 40-, 60-, 80- und 100- jährige normale Beſtände derſelben Güteclaſſen, derſelben Begründung, Behandlung 2c. aufge⸗ ſucht und durch 20 Jahre jährlich oder perio— diſch beobachtet (aufgenommen) werden müſsten. Gleicher Bodengüte gehören dieſe Beſtände dann an, wenn die jüngeren Beſtände bei gleicher Behandlung nach 20 Jahren dieſelben Maſſen aufweiſen, wie ſie in den nächſthöheren Alters⸗ ſtufen für dieſelben Alter erhoben wurden. ad c) Man ſucht im Alter gleichweit (von 10 zu 10 Jahren) abſtehende normale Beſtände derſelben Bonität auf, durchforſtet ſie und unter⸗ Ertragstafeln. ſucht im Wege der Stammanalyſe, ob jede der gewählten Altersſtufen im ſelben Alter ſo viel Holzmaſſe (im Hauptbeſtand) beſaß, als die ihr nächſtliegende, niedrigere Stufe jetzt aufweist. Rathſam iſt es hiebei, von einer der älteren Stufen auszugehen, weil ſich im älteren Holze die Bonität viel beſſer und ſicherer ausprägt als im Jungholze, man daher weniger der Ge⸗ fahr ſich ausſetzt, von einem ungeeigneten Wei- ſerbeſtande auszugehen. Dieſe Methode leidet unter anderem an dem Übelſtand, daſs die bei der Wahl der Weiſerbeſtände begangenen Fehler ſich alle auf die noch zu wählenden Verſuchsflächen über⸗ tragen, weshalb Th. Hartig zum Behufe der Auffindung der ſämmtlichen zu benützenden Altersſtufen von einem einzigen, u. zw. im Haubarkeitsalter ſtehenden Weiſerbeſtand aus⸗ gieng. In dieſem wurden die Stämme der Stärke nach in 4—5 Claſſen gruppiert und aus dieſen die Mittelſtämme analyjiert. Hatte man auf dieſe Weiſe die Stärken, Höhen und Maſſen der Mittelſtämme für die Alter 40, 60 ꝛc. Jahre gefunden, jo wurden danach die Beſtände auf- geſucht und entſprechend aufgenommen. Rob. Hartig, Sohn des eben erwähnten Th. Hartig, verbeſſerte die Methode ſeines Vaters da⸗ durch, daſs er aus ihr die Hpypotheſe, nach welcher die ſog. Ergänzungsſtämme ) in ihrer Maſſe veranſchlagt wurden, eliminierte, indem ſich dieſelben in dem gefundenen jüngeren Be- ſtande ohnehin jedesmal vorfanden und auch mit den anderen factiſch aufgenommen werden konnten. Neuerer Zeit hat Wagener dieſe Me- thode dadurch zu verfeinern geſucht, daſs er für dieſelbe Bonität mehrere Weiſerbeſtände in verſchiedenen Lagen auswählte und ſo beſſer zu Mittelwerten innerhalb derſelben Standort3- güte gelangte; ferner will Wagener nur die Mittelbäume der ſtärkſten Claſſe unterſucht und damit nur die ſtärkſten Stämme der jüngeren Stufe verglichen wiſſen, um die gleiche Stand⸗ ortsgüte zu conſtatieren; endlich umgeht Wa⸗ gener die ſchwierige und zeitraubende Stamm⸗ analyſe dadurch, dass er die Maſſen der Mittel⸗ ſtämme ſowohl des Weiſerbeſtandes als auch der jüngeren Stufen aus den in Bruſthöhe (1˙3 m) gemeſſenen Durchmeſſern und den den Stämmen zukommenden Scheitelhöhen unter { Anwendung der bayriſchen Maſſentafeln er- mittelt. Ganz abweichend von den vorſtehenden Methoden der Aufſtellung von Ertragstafeln iſt die von Dr. F. Baur. Dieſer Autor geht von der Anſicht aus, daſs der einfachſte und rich⸗ tigſte Weiſer für die Standortsgüte unter allen Umſtänden die mittlere Beſtandeshöhe ſei. Er weiß alſo im vorhinein ſchon bei der Aufnahme der Verſuchsflächen, ſobald er die mittlere Be⸗ ſtandeshöhe und das Alter anſchätzt, in welcher Bonität er ſich bewegt. Das Hauptgewicht legt Baur auf die Unterſuchung von möglichſt vielen normal erwachſenen, einer Holzart angehörigen, gleich begründeten und behandelten Beſtänden. Von dieſen werden, um die mittleren Maſſen⸗ *) Die Differenz zwiſchen der Stammzahl der jüngeren Stufe und des Weiſerbeſtandes. * Ertragstafeln. erträge der einzelnen Altersſtufen jeder Bonität zu erhalten, die Maſſen (nach Draudt, ſ. Auf- nahme und Berechnung der Beſtandsmaſſen) berechnet und als Ordinaten graphiſch ver⸗ zeichnet, wozu als Abſeiſſen (ſ. Coordinaten) die zugehörigen Alter dienen). Die oberſten Punkte (Enden der Ordinaten) werden vom Urſprunge (des Coordinatenſyſtems) aus gutächtlich durch eine continuierliche Curve verbunden und ebenſo auch die unterſten, wobei man hie und dort die extravagant (zu hoch oder zu tief) liegen— den Punkte ignoriert. Sollen 3 Bonitätsclaſſen geſchaffen werden, ſo theilt man durch gleich— weit abſtehende Curven den durch die erſt ge— zogenen Linien geſchaffenen Flächenraum in 5 (längs der Ordinatenrichtung) gleichbreite Strei— fen, wovon dann der oberſte die beſte, der unterſte die ſchlechteſte Bonität vorſtellt, zwiſchen welchen beiden Güteclaſſen der Reihe nach die 2., 3. und 4. Bonität liegen. Werden in dieſe Streifen die Mittelcurven eingezeichnet, ſo ſtellen dieſe die mittleren Maſſenertragscurven der einzelnen Bonitäten vor. Die ſämmtlichen Ordinaten (zugehörig den Abſeiſſen 1, 2, 3 ꝛc. Jahre) dieſer mittleren Ertragscurven ſind die Maſſenglieder der Ertragstafel, ſie werden daher dieſer graphiſchen Darſtellung mittelſt Zirkels und Maßſtabes entnommen und tabellariſch zu— ſammengeſtellt. Wie man ſieht, hängt die Genauigkeit dieſer Maſſenermittlungen für die Ertrags— tafel hauptſächlich von der genauen Beſtim— mung der oberen Grenze des erſten und der unteren Grenze des fünften Bonitätsſtreifens ab, und iſt daher bei dieſer Art der Aufſtellung der Ertragstafeln das Hauptgewicht auf die 5 *) Ein zweitesmal können ſtatt der Maſſen die Form⸗ zahlen, Kreisflächenſummen, Höhen, Zuwächſe als Ordi— naten aufgetragen und die erhaltenen Punkte durch ſtetige Curven mit einander verbunden werden. 371 Unterſuchung möglichſt vieler beſter und mög— lichſt vieler ſchlechteſter Normalbeſtände zu legen, während, wenigſtens für die Ermittlung der Maſſenerträge der Zwiſchenbonitäten, die Unterſuchungen der mittelguten Beſtände ganz und gar irrelevant ſind. Die Ertragstafeln für Rothbuche von Dr. Baur (1881) ſind, was ihre Maſſenglieder betrifft, von Ertragscurven abgenommen wor— den, die in der weiter oben bezeichneten Art erhalten wurden. Bei der Ertragstafel für die Fichte (1877) iſt dies weniger der Fall, und hätten daher, wenn auch hier ſchon genau dieſelben Geſichts— punkte maßgebend geweſen wären wie bei der Rothbuche, weſentlich verſchiedene Zahlen für 1000 900 120 200 J- die Maſſenglieder erhalten werden müſſen. — Anders hätte ſich die Sache auch geſtellt, wenn, wie oben betont wurde, auf die beiden extremen Bonitäten bei der Conſtruction der Tafeln mehr Gewicht gelegt worden wäre; denn wenn unter 159 Flächen für die Rothbuche der Bonität 1 bloß 21, der Bonität 5 gar bloß 8 Verſuchs— flächen gewidmet werden, ſo kann dies für die Sicherheit der Begrenzung der ganzen Maſſen fläche, folglich auch für die Sicherheit der Be grenzung der einzelnen Bonitätsſtreifen wenig Vertrauen erwecken. Ebenſo auffallend ſtellte ſich dies bei Baurs „Fichte“ dar, wo zwar der erſten Bonität von 93 Verſuchsflächen 52, der vierten als letzten (Baur war gezwungen, nur 4 Bonitäten anzu— nehmen) Bonität aber gar nur 7 Flächen zu— gewieſen werden konnten. Wir bringen hier die graphiſche Maſſen ertragstafel nach Baur (Fig. 303, verkleinert); ſie bedarf nach dem Vorhergehenden keiner wei— teren Erläuterung. Weiter unten iſt ein Frag— ment der tabellariſchen Anordnung der Maſſen— erträge nach Baur, das ebenfalls für ſich klar iſt. 24 * 372 Eruca. — Erwartungswert. Normalertragstafeln für die Buche nach Baur. I. Bonität. Der Hauptbeſtand ergab pro Hektar Zuwachs (excl. Zwiſchennutzungen und Stockholz) Procent 0 N 2 des Derb- N ı = g durch. 2 — des : — EZ 5 laufen⸗ 5 5 ER und Reis⸗ 2 2 ute S f der ne] = | e ee 8 8 = 2 2 e 8 32 as 2 — An sr S8 S |7% N re = 3 R => 35 32 |358| 5 |s5 85 FE Höhen⸗ — a 2 Ss ses ner 5 = 3 zuwachs = SR a a 8 — a Zuwachs Zuwachs S = = | Jahre] ® m? m m Feſtmeter 2 U | | 31 | 5700 | 2354| 05 034 | 1024| 67˙2 1690 60| 2117| 85 | 5°46| 9'8| 53 32 5388 | 257 | 0:5 0:34 10˙9 737 1775| 65| 230) 85 3˙55 97 | 5°0 33 | 5076 | 26:0 | 0°5 035 | 114 807 1860| 7˙0 2435| 85 364 95| 49 34 | 4764 | 263 | 05 0:35 11˙9 882) 1925| 75| 260| 85 | 572] 93| 6 35 | #450 || 266 | 0˙5 0:35 12˙4 96˙2 2030] 8˙0 275| 85 | 580] 94 4˙4 36 | 4240 26˙8 | 0°5 036 | 12:91 1047| 2120| 8.5| 291] 90 | 589] 88] 24 | 37 | #030 | 270 | 0:5 0:36 | 134 1137| 221°0| 90| 3:07| 9:0 | 5:98] 8:6| 42 38 | 3820 | 272 0˙5 0˙37 | 13°9 | 123°0 | 2300| 93) 3242| 9:0 | 6.061 82 | 41 39 | 3610 | 274 | 05 0:37 | 1442| 1325 | 2390| 95 340] 9:0 | 64131 77) 39% 40 | 3400 | 277 | 05 0:37 14˙9 138°0 | 2480| 95| 345 | 9:0 | 6201 72 | 38 41 | 3224 | 280 | 0'5 0:38 | 15°4 | 148°0 | 2570| 10:0 | 3:61 | 9:0 | 627| 72] 36° 42 | 3048 | 283 | 05 0:38 | 15:9 |. 1580 | 266°0 | 10:0 | 3:77 | 9:0 | 633 | 6:81 3°5 43 | 2872 | 28°8 0˙⁴ 0:38 | 163 | 168°0| 275°0 10˙0 3·91 9:0 | 6401 63| 34 || 44 | 2696 | 29:3 0˙4 0˙38 167 1785 284˙010˙5 4:06 | 9:0 6˙45 6˙2 3˙3 45 | 2520 | 298 0˙4 0:38 | 171 | 1890 293:0 | 10:5 | 421 | 9:0 | 651] 3˙9 3˙2 46 | 2404 | 302 | 03 038 174 2000| 3020| 11°0| #35| 9:0 | 656| 58 | 32 47 | 2288 | 30:6 03 0:38 | 4177| 2414·˙3 311°0| 4115| 250 | 9:0 662 57 | 34 48 | 2172 | 311 03 0:37 | 18:0) 223°0 | 320:0 |) 11°5| #65 | 9:0 | 6:67 | 54 | 3°0 49 | 2056 | 31°5 0˙3 0:37 | 18°3 | 235°0) 3290 12°0| 4˙80 9°0 | 6741| 54 | 29 50 1 1940 | 319 | 03 0:37 | 18:6 2475| 338˙0 1255| #95 | 90 | 6'761 53| 28 51 1 1860 | 322 03 0:37 18˙9 260°5 | 346°8 | 13:0 | 5411| 8°8 680 52] 27% 52 | 1780 | 32:5 0¹˙3 0˙37 | 19:2 | 273°0 | 355°6 | 13:0 | 525 | 8°8 | 684] 49 | 2:6 53 | 1700 | 32:8 0'3 0:37 | 19:5 | 285°0 | 364% | 12°0| 538 | 8°6 | 687 | #4 | 275 54 | 1620 | 3341 | 0'3 0:37 1 198 | 296°0 | 3728| A1°0| 549 | 8°'6 | 690] 39 | 2% 55 | 1540 | 33% | 0˙3 0˙37 20.4 3070| 3812| 110 559| 84 | 6:93] 3˙72˙4 56 I 1484 | 337 03 0:37 | 204 | 3175| 3895| 10°5 | 5:67 | 8:3 | 6:96] 34122 57 | 1228 | 320 | 03 0:36 | 210 3275| 3977| 10˙0 575] 82 6˙98 314 241 58 | 1372 34˙4 | 0˙3 0:36 [ 240 3376| 4058| 9˙5 5˙81[ 8˙17˙00 2˙9 2:0 59 | 1316 | 346 | 0:3 0:36 21˙3 346°0| 4139| 90| 586) 81 | 704] 271 20 60 | 1260 | 34.8 | 0˙3 0:36 || 21:6 354˙0 4220| 8˙0 590) 81 | 703] 2˙31˙9 In ähnlicher Weiſe wie Baur haben Kunze, Lorey und Weiſe Ertragstafeln con— ſtruiert. . Eruca, Raupe, ſ. d.; erucina, Afterraupe, ſ. d. Hſchl. Erucaſäure (Braſſinſäure), Ca Hy Oe, findet ſich als Glycerid im fetten Ol des ſchwarzen und weißen Senfes, im Rapsöl und Traubenkernöl und wird daraus als bei ge— wöhnlicher Temperatur feſte, bei 34° jchmel- zende Maſſe gewonnen. Ihr Bleiſalz iſt in Ather unlöslich. v. Gn. Erwartungswert iſt die Summe der reinen Jetztwerte aller Nutzungen, welche von einem Gute überhaupt zu erwarten ſtehen. Dieſe von den Productionskoſten befreiten Jetztwerte be— ſtimmt man durch Discontierung. Iſt die Rente ſelbſt bekannt, ſo entſteht der Erwartungswert aus der Capitaliſierung derſelben. Die Lehre des Erwartungswertes beruht auf der Anſicht, daſs der Wert eines Gutes ausſchließlich oder mit größerem Vortheil in deſſen zu erwarten⸗ den Erträgen beruht, abzüglich der durch die Erzeugung der Erträge aufgelaufenen Koſten. Vorausgeſetzt iſt allerdings dabei, daſfs das fragliche Gut nicht ſelbſt aufgezehrt werden kann, z. B. der Waldboden, oder dajs bei der Aufzehrung nicht der größere Nutzen eintritt, wie bei unreifen Holzbeſtänden. Da man nun annehmen kann, daſs ein ſpäter eingehender Ertrag ſich aus einem jetzt verzinslich anges legten Capital nebſt angewachſenen Zinſen zu⸗ ſammenſetzt, ſo iſt zur Beſtimmung dieſes Capitales des Jetztwertes eine Vervorwertung der ſämmtlichen Einnahmen erforderlich. Das Verfahren der Rechnung hiebei ſ. unter Boden- wert, Beſtandswert, Waldwert. Der Ausdruck „Erwartungswert“ iſt von Preſsler eingeführt u” m 72 N Bf 9 Erwerbſteuer. — Erythrin. 373 worden (ſ.deſſen „Rationeller Waldwirt“, II. Buch, 1859, p. 184). Die Methode des Erwartungs— wertes haben bereits J. Nördlinger und Hoßfeld (Zeitſchrift Diana, III. Bd., 1805) gelehrt. Nr. Erwerbſteuer (Deutſchland), ſ. Gewerbe— ſteuer. 5 At. Erwerbſteuer (Oſterreich), ſ. Steuerweſen. Erwinden, das, heute nicht mehr beach— tetes Zeichen des Hirſches zum Anſprechen ſeiner Stärke. „Von Erkanntnuß des erwundens. SD man wiſſen wil ob ein Hirſch hoch vff den Schenckeln ſey deßgleichen die ſtercke vnd groſſe ſeynes Leibs ſoll achtung geben werden auff die fart da er in das klein Gehöltz vnnd Hew gehet welches jhm zwiſchen ſeinen Füſſen blieben | vnnd vnter ſeinem Leib erwunden das iſt in welcher höhe er die hab nider ge— truckt vnd mit ſeinem Leib zerknellt.“ „Nach dem er dann gejehen | was für ein Hirſch vnd wie der geſtalt jey ſoll er zuſehen wie er jhne zu Holtz vnnd in die dicke bring | den Stand warnemme beſtete vnnd zugleich alle gelegen— heit der fart gefärt | Gehirns | gewends vnnd erwindens wol beſichtig werde . . .“ J. du Fouilloux, überſ. v. J. Wolff, Straßburg 1590, fol. 30v und 40 v. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Erwürgen, verb. trans., ſ. v. w. erbeißen, Hunde und die kleineren Raubthiere ein Wild; vgl. abwürgen, würgen, niederziehen, erbeißen, reißen, anreißen, anſchneiden, ſchneiden, durch— ſchneiden, abſchneiden. „Erwürgen oder wür— gen heißt, wenn die angehetzten Hunde etwas zu todt beißen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 140. — J. A. Großkoff, Weidewercks— Lexicon, 1739, p. 98. — Onomat. forest. I., p. 636. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 101 und 177. — Behlen, Wmſpr., a P. 50. v. D. Eryeidae Bonap., j. Sandſchlangen. Kur. Erysiphe, Mehlthaupilz. Die Arten der Gattung Erysiphe, welche in eine Mehrzahl von Untergattungen eingetheilt ſind, ſind ſämmt— lich echte Paraſiten, deren Mycelium auf der Oberhaut der Blätter, Triebe und Früchte ſich verbreitet und Saugwarzen (Hauſtorien) in die Zellen der Oberhaut entſendet, durch welche ſie die Nahrung der Wirtspflanze entziehen. Das Myeel bildet einen grauweißen, mehlartigen Überzug auf der Blattoberfläche, weshalb dieſe Pilze als Mehlthaupilze bezeichnet werden. Im Laufe des Sommers vermehren ſich dieſe Pilze durch Brutzellen, welche auf ſenkrecht vom Myeel ſich erhebenden Hyphen abgeſchnürt wer— den. Gegen den Herbſt zu entſtehen nach voran— gegangenem Serualacte kugelförmige, kaum mit unbewaffnetem Auge erkennbare Früchte, Peri— thecien, in deren Innerem Sporen in Schläuchen ſich bilden, welche den Pilz aufs nächſte Jahr übertragen. Forſtlich beachtenswert iſt nur Erysiphe (Phyllactinia) guttata, welche auf Fagus, Car- pinus, Corylus, Quercus, Betula, Alnus, Fraxi- nus, Lonicera, Pirus communis und Cratae— gus vorkommt; ferner Erysiphe (Uneinula) auf Salix und Populus. Dazu kommt noch Erysiphe (Sphaerotheca) pannosa auf Rosa und Oidium Tuckeri, der Weintraubenmehl— thau. g. Erythacus Cuvier = Dandalus Boie. — Erythacus rubecula Cuvier, ſ. Rothkehlchen. E. v. D Erythraea Centaurium L. (Familie Gen- tianaceae), Tauſendgüldenkraut (Fig. 30. Zweijähriges kahles Kraut mit 15—40 cm hohem, oben trugdoldig verzweigtem Stengel, gegenſtändigen ganzen und ganzrandigen Blät- tern, von denen die grundſtändigen in eine Roſette Fig. 304. Erythraea Centaurium, Tauſendgüldenkraut geſtellten verkehrt-eiförmig-länglich, die ſtengel— ſtändigen länglich-lanzettförmig ſind, und kleiner hübſcher hellrother (ſelten weißer) in ſchirm förmigen Trugdolden ſtehender Blüte, deren trichterig fünflappige Blumenkrone in der Röhre 5 Staubgefäße enthält. Frucht eine Kapſel. Kraut ſehr bitter. Auf Waldwieſen, Wald ſchlägen, bebuſchten Hügeln mit trockenem Bo den. Blüht im Juli und Auguſt. Wm. Erythrin, 00 II 04%, iſt in Roccella tinctoria fuciformis enthalten und wird daraus mit kalter Kalkmilch ausgezogen und durch Einleiten von Kohlenſäure gleichzeitig mit Cal ciumcarbonat gefällt. Alkohol entzieht dieſem Niederſchlage das Erythrin und ſetzt es nach dem Verdunſten in kleinen, meiſt kugelförmigen Kryſtallmaſſen ab. Es iſt geſchmacklos, in kaltem Waſſer faſt unlöslich und wird auch von heißem wenig, leicht von Alkohol gelöst. Das Erythrin ſteht den Glykoſiden nahe und iſt als eine Ver bicornis auf Acer, Erysiphe (Uncinula) adunca | bindung der Lecanorſäure mit einem den Zucker— 374 arten nahe ſtehenden Körper Erythrit b zu betrachten. Erythriſche Säure, der frühere Nun für Alloxan (ſ. d.). v. Gn. Erythrit (Phyeit), C Ho On, findet ſich in einer Alge, Protococcus vulgaris, und als oxalſaurer Erythrit in einigen Flechten, nament⸗ lich in Roccella montagnei, entſteht beim Kochen von Erythrin mit Baryt. Farbloſe, ſüß ſchmeckende, in Waſſer leicht lösliche Kryſtalle, ſchmilzt bei 142°, riecht, auf glühende Kohlen geworfen, nach verbranntem Zucker, iſt optiſch indifferent, nicht gährungsfähig und verbindet ſich mit Kalk und mit Säuren. v. Gn. Erythrodertrin, ſ. Dextrin. v. Gn. Erythrophlain An das Alkaloid in der Saſſyrinde von Erythrophlaeum guinense, welche den Eingeborenen an der Weſtküſte von Afrika zum Vergiften der Pfeile dient. v. Gn. Erythrophyll wurde von Berzelius der rothe, in den herbſtlichen Blättern vorkommende Blattfarbſtoff genannt. Wittſtein hat den Farb⸗ ſtoff der rothen Blätter von Vitis hyderacea unterſucht und denſelben Ciffotannſäure ge— nannt. v. Gn. Erythropus Chr. L. Brehm, Gattung der Familie Falconidae, Falken, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa nur eine Art: Ery- thropus vespertinus Linné, Rothfußfalke (ſynonym E. amurensis Gurney, E. minor, obscurus, pallidus Chr. L. Brehm). E. v. D. Erythroscelis Kaup = Totanus Linné. — Erythroscelis fuscus Kaup und ocellatus Bonaparte, ſ. dunkler Waſſerläufer. E. v. D. Erythrospiza Bonaparte = Carpo- dacus Kaup. — Erythrospiza erythrina Bona— parte, ſ. Karmingimpel; — E. obscura Gray, w. v.; — E. rosea Blyth, ſ. Roſengimpel. E. v. D. Erythrosterna Bonaparte — Musicapa Linne. — Erythrosterna parva Bonaparte, j. Zwergfliegenfänger. E. v. D. Erythrothorax Chr. L. Brehm = Car- podacus Kaup. — Erythrothorax albifrons Chr. L. Brehm, ſ. Roſengimpel; — E. roseus id., w. v.; — E. rubifrons id., ſ. Karmingimpel. E. v. D. Erythrozym, ein im Krapp vorkommendes Enzym. v. Gn. Eryx Daudin, Gattung der Sandſchlan— gen (.. d.). Kur. Erzeugungskoften, Erzeugungswert, ſ. Koſtenwert. Nr. Erziehungsbeiträge, Erziehungsgelder, find die den Witwen von Beamten zur Beſtreitung der Erziehungskoſten für die Kinder nebſt dem Witwengehalte gewährten Beiträge. Die Höhe derſelben iſt in den meiſten Staaten durch be— ſondere Normen fixiert; bei den Privatforſtver— waltungen iſt die Gewährung von Erziehungs— beiträgen zumeiſt der Gnade des Walbdbeſitzers überlaſſen. Wo beſondere forſtliche Unterſtützungs— vereine, Witwen- oder Hilfscaſſen beſtehen, wird auch von dieſen die Gewährung der Erziehungs— gelder, entweder ganz oder nur ſuppletoriſch, übernommen, welch letzteres um ſo wünſchens— werter iſt, als die normalmäßig gewährten Er- ziehungsbeiträge in der Regel ſehr nieder be— Erythriſche Säure. — Eſchenblattminierer. meſſen und für die Erhaltung und Erziehung der Kinder unzureichend ſind. In Sſterreich erhält nach den für die Staatsbeamten beſtehenden Penſionsdirectiven eine Beamtenswitwe, wenn ſie zwei oder mehr unverſorgte Kinder hat, für jedes derſelben einen Erziehungsbeitrag, deſſen Höhe nicht 4 feſtgeſetzt iſt, in der Regel aber, je nach d Charakter des Vaters und den ſonſtigen Ver- hältniſſen, mit 20— 400 fl. pro Jahr bemeſſen wird. Dieſer Erziehungsbeitrag hört für Knaben mit dem 20., für Mädchen mit dem 18. Jahre auf. In Preußen werden Erziehungsgelder nur für jene Beamtenswaiſen (u. zw. bis zum voll⸗ endeten 18. Lebensjahre) gewährt, welche auf die mit Geſetz vom 20. Mai 1882 fixierten Waiſengelder keinen Anſpruch haben (f. 1 verſorgung). v. Gg. Eſche, ſ. Fraxinus. Wm. Eſchenahorn, ſ. Negundo. Wm. Eſchenbaſtkäfer. Deutſcher Name für die beiden Arten: Hylesinus fraxini, kleiner oder bunter, Hylesinus erenatus, großer oder ſchwarzer Eſchenbaſtkäfer (ſ. Hylesinus). chl. Eſchenblattdeformationen. I. Die Blatt⸗ ränder (nicht ſelten das ganze Blatt) ſind nach der Unterſeite eingerollt, die Rollen geröthet: Psylla fraxini L. — 2. Umkrümmen, zum Theil Einrollen der Blätter von der Spitze aus nach unten; im Frühjahre an letztjährigen Trieben; Verkürzung, zum Theil Drehung des ſich entwickelnden Schoſſes: Pemphigus (Pro- ciphilus) bumeliae Burm. — 3. Vogelneſtar⸗ tige, endſtändige, durch Einrollen, Runzelung und Faltung, Gegeneinanderbiegen und Umſchließen ſämmtlicher Fiederblätter entſtandene Blattro- ſetten (von Mitte Mai an), in denen die Blatt- läuſe leben und zu Verkürzung und Krümmung des Triebes führen: Pemphigus nidifieus Loew. — 4. Deformierung gipfelſtändiger Blätter zu hülſenförmigen Gehäuſen, in deren Innerem die Gallmückenlarven leben: Cee idomyia acro- phila Winn. — Mit dieſer gejellig: 5. Diplosis invocata Winn.; und 6. Cecidomyia pavida Winn. — 7. Taſchenförmige, etwas bauchige Blattfalten längs der Mittelrippe der Fieder- blätter; die Gallmückenlarven geſellig in den⸗ ſelben: Piplosis botularia Winn. Hſchl. Eſchenblattgallen, ſ. Eichenblaitdeforma- tionen. ſchl. Eſchenblattminierer gehören den Schmetter⸗ lingen (Motten) an. 1. Gracilia syringella Fb. (beſonders häufig auf Syringa vulgaris), minieren geſellig im Juni und Juli meiſt von der Spitze herein die Blätter, rollen dieſen ausgefreſſenen Theil um und ſpinnen ihn feſt. Die weißliche Raupe verpuppt ſich am Boden und erſcheint im Juli. Die Raupe dieſer Generation friſst im Syütjonmen, gibt den Schmetterling um Ende April. — 2. Oecophora curtisella Don. Hb. Raupe im Herbſt blattminierend; 14 Übertritt auf die Knoſpen, Einbohren und Über⸗ wintern; im Frühjahre Ausfreſſen derſelben und wohl auch des Triebes bis auf 14-26 em herab; dieſer welkt und ſtirbt ab. Verpuppung außerhalb des Triebes zwiſchen lockerem Ge— ſpinſte; Schmetterling: Juni, Juli. — 3. Litho- colletis fraxinella Mn. Aushöhlen der Fieder- * Eſchenblattweſpen. — Eſchenerziehung. blättchen; die Mine erſcheint als längliche klare Blaſe. Hſchl Eſchenblattweſpen. Kaltenbach führt fol— gende Arten auf: 1. Tenthredo punctulata Klg.; Larve 22füßig; 17— 20 mm lang, grün, kahl; Kopf gelb. Im September blattober- und unterſeits Löcher in die Blätter freſſend. Weſpe: April. 2. Tenthredo (Pachyprotasis) sim u- lans Klg.; Larve 22füßig; 18—19 mm lang, olivengrün, an den Seiten und Bauch ſchmutzig— weiß; jeder Ring in den Seiten zwei grünliche, ſchief unter einander ſtehende Fleckchen und rückenſeits mit einigen weißen Pünktchen; Kopf orangegelb. Im September die Blätter vom Rande her und oberſeits befreſſend. Verwand⸗ lung in der Erde; Weſpe Ende April. 3. Ten- thredo (Phymatocera) nigerrima Klg. Larve 22füßig, friſst die Eſchenblätter bis auf die Blatt- ſtiele ab; iſt anfangs Juni bereits erwachſen; Verpuppung im Boden. 4. Tenthredo (Allan- tus) trieinctus Fbr. Larve 22füßig; bis 25 mm lang, weißgrau, mit dreieckigen braunen Rückenflecken; Kopf braun; liegt tagsüber zu— ſammengerollt auf der Blattoberfläche und friſst nur nachts. Verpuppung Ende September im Boden in einem mit Erde verunreinigten Cocon. We ſpe im Juni des nächſten Jahres. — Außer den genannten Arten führt Kaltenbach noch an: Tenthredo (Macrophya) punctum Fabr. Hſchl. Eſchenblütengallen. Klunkerförmige filzige Verunſtaltungen der Blütenſtände oft bis Haſel— nuſsgröße und von den Blütentheilen kaum ein— zelne Staubbeutel noch erkennen laſſend. Dieſe Wucherungen rühren von einer Gallmilbe (Phy- toptus) her. Hſchl. Eſchenborkenkäſer (incl. Baſtkäfer). J. Brutgänge quer unter der Rinde, auf dem Splinte ſichtbar, mit ſeitlich abgehenden Larvengängen. 2. Brutgang einfach oder mehrmals ge— krümmt; unter dickborkiger Rinde zumeiſt am Wurzelſtock. Hylesinus erenatus. 2. Brutgang an ſtärkeren Baumtheilen dop— pelarmig, klammerförmig; unter dickborkiger Rinde gefällter Hölzer unregelmäßig gekniet oder gekrümmt, an dünnen bis einjährigen Schoſſen tief im Splint, den Schoſs umfaſſend; Larven— gänge kurz; Puppenwiegen bei klammerförmigen Gängen tief im Holz eingeſenkt. Hylesinus fraxini. 1. Brutgänge im Holze (vgl. Fig. 10 zu Artikel Brutgang). Xyleborus dispar. Hſchl. Eſchenerziehung. Die Eſche wächst auf günſtigem Standort, als welcher im Berglande der gute Buchenboden, im Tieflande der eigent— liche Auboden, aber auch der nicht zu naſſe, ſäure— freie, aber humusreiche und mineraliſch nicht un— kräftige Erlenboden bezeichnet werden kann, zu einem ſehr brauchbaren Holz- und Nutzſtamme auf, wird auch im Oberholze des Mittelwaldes gern geſehen und vermag ſelbſt als Schlagholz gute Erträge zu gewähren, immer vorausgeſetzt, daſs der Boden friſch, kräftig und ſäurefrei iſt. Deſſenungeachtet werden reine Eſchenbe— ſtände nicht erzogen, ja im Hochwalde liebt man nicht einmal größere Eſchenhorſte, da ſich 375 a ebenſo wie ihre Beſtände frühzeitig licht— ſtellen. Im Niederwalde pflegen es auch nur ein- zelne, dem Eſchenwuchs beſonders günſtige Bo— denſtellen zu ſein, die man für ſie verwendet, und räumt man ihr namentlich im Erlbruche gern die höher gelegenen guten Bodenſtellen, die vielleicht für die Erle ſchon zu trocken ſind, als Standort ein. In den Samenſchlägen, die alte Eſchen enthalten, findet ſich Eſchenanflug nicht ſelten ein und kann dann wohl zur Einſprengung der Eſche in Einzelſtellung in die zu erziehende Hauptholzart benützt werden. Um dies zu er— reichen, muſs Läuterung und Durchforſtung dienen und müſſen beide dahin wirken, daſs derartige zu Nutzſtämmen geeignete Eſchen kronenfrei gehalten werden und ſich jo gut ent⸗ wickeln können. Sollten dabei Lichtſtellungen nicht zu umgehen ſein, ſo würde ein recht— zeitiger Unterbau von geeignetem Holze, ge— wöhnlich Buchen, kaum zu umgehen ſein. Beläſtigend kann aber in Auböden, wo die Eiche natürlich erzogen werden ſoll, der Eſchen— anflug werden, der ſich dort oft überreichlich in Eichenbeſtänden, die ſamentragende Eſchen ent— halten, einfindet und dem jungen Eichenwuchs durch Überwachſen verderblich wird, wenn man mit Ausläuterungen nicht folgen kann. Recht- zeitiger Aushieb der alten Eſchen iſt hier ge— boten. Die jlavonifchen Eichenwälder zeigen unter anderem ſolche Verhältniſſe. Freiſaaten eignen ſich zur künſtlichen Anzucht der Eiche in der Regel nicht, einmal weil es bei ihr faſt überall nur auf eine Ein— miſchung als Einzelſtamm abgeſehen iſt, dann weil bei dem meiſt überliegenden Samen der Graswuchs dem etwa erſcheinenden jungen Eſchenwuchs leicht ſehr verderblich wird und im Verein mit Spätfröſten eine irgend genügende Pflanzenzahl kaum aufkommen läſst. Die Pflanzung iſt daher meiſt das Mittel, die Eſche geeignetenorts künſtlich in die Waldungen zu bringen. Zur Ausführung einer ſolchen wird zuvörderſt der Eſchenſame, nachdem er einge— ſchlagen gelegen hatte, im zweiten Frühjahre auf Saatbeeten rillenweiſe, die Rillen in 15 bis 20 em weiter Entfernung von einander, dicht eingeſät, fo daſfs per Ar etwa Akg verwendet werden. Das Verſchulen erfolgt zweckmäßig als Sämling, ſobald ſich die erſten Blätter an demſelben entwickelt haben, ſonſt einjährig, ſeltener zweijährig. Im Pflanzbeete ſollen die Pflänzlinge in der Regel meterhoch erzogen werden, wozu etwa 2—3 Jahre gehören. Der Verband muſs deshalb etwa von 20 zu 30 cm gegriffen werden. Wollte man Heiſter erziehen, ſo würde man entweder Reihe um Reihe der etwa meterhohen Pflanzen wegnehmen und ſo der ſtehenbleibenden Reihe Wachs raum ver— ſchaffen oder eine nochmalige Verſchulung der Lohden vornehmen; bei einer ſolchen würde man 0.50—0'60 m Quadratverband wählen, je nach— dem die Heiſter ſchwächer oder ſtärker gewünſcht werden. Ein Beſchneiden der Eſchenpflänzlinge auf den Pflanzbeeten wird nur dann nöthig, wenn ſich Zwieſel bilden, die beſeitigt werden ſollen; auch beim Umſchulen und Auspflanzen 376 Eſchenläuſe. — Eſſigſäure. wird der Schnitt bei dieſer Holzart möglichſt beſchränkt. Der Froſt ſchädigt leicht die aufgehenden Keimlinge, und iſt daher ein rechtzeitiges Decken der Saatbeete mit Reiſig, oder, wo dieſelben üblich ſind, mit Schutzgattern erforderlich. Auch die größeren Pflänzlinge verlieren durch Froſt nicht ſelten die Gipfelknoſpe, wo dann ihre beiden Seitenknoſpen einen neuen zwieſeligen Gipfel bilden, was durch Ausbrechen einer dieſer Knoſpen, ſpäter auch durch Abſchneiden des einen Triebes verhindert wird. Das Auspflanzen aus der Schule ins Freie erfolgt gewöhnlich und mit beſtem Erfolge durch Löcherpflanzung, doch läſst ſich auf naſſen Stellen die Klappflanzung (j. Ale⸗ manns Klappflanzung), auf ſolchen wie auf anderen Stellen auch die Hügelpflanzung an⸗ menden (j- Manteuffels Hügelpflanzung). 1 7 Vorhergeſagte bezieht ſich ſelbſtredend auf unſere gemeine Eſche (Fraxinus excelsior), doch ſei hier ſchließlich noch der amerifani- ſchen, braunknoſpigen Eſche, die bejon- ders in den preußiſchen und Anhalt'ſchen Elbau⸗ forſten durch Pflanzungen wie unſere Eſche an— gebaut wird und von Willkomm als Fraxinus pensylvanica Var. einerea beſtimmt wurde, kurz Erwähnung gethan. Sie zeigt dort Vorzüge vor der gemeinen Eſche, da ſie nicht nur ſehr gut in waſſerhaltigen Lachen und Waſſerriſſen, jon- dern auch auf trockenen Sandanſchwemmungen des Inundationsgebietes der Elbe freudig wächst, und auf dieſen für andere Holzarten ſo un— günſtigen Standorten gute Erträge auch an ſtärkerem Nutzholze gibt. — Näheres hierüber bringen die „Forſtl. Blätter“ 1885, p. 55. Gt. Eſchenläuſe, ſ. Eſchenblattdeformationen. An Schildläuſen kommen vor: Lecanium fraxini und Aspidiotus fraxini. Hſchl. Eſchenrindenroſen, erzeugt durch Hyle- sinus fraxini; ſ. d. Hſchl. Eſchenrüſſelkäfer. 1. Cionus fraxini, der kleine Rüſſelkäfer, durchlöchert die Blätter; 2. Lignyodes enucleator Pz., ebenfalls ein Rüſsler, benagt Ende April die Blütenstiele. Hſchl. Eſchenſchädlinge. Die Eſche hat vom Hoch— und Rehwild und nicht minder vom Weide— vieh durch Verbiſs ſtark zu leiden; wird auch vom Hochwilde ſtark geſchält; verheilt aber ver⸗ hältnismäßig leicht. Auch der Haſe verbeißt und ſchält, aber in geringerem Grade; viel ſchädlicher erweiſen ſich in letzterer Hinſicht die Mäuſe (Mus silvaticus), welche die Schälarbeit bis auf die Zweige ausdehnen. Als Wurzel- zerſtörer ſind in erſter Reihe die Wühlmäuſe zu nennen: Hypudaeus amphibius, die Moll— oder Reitmaus, ſchneidet die Wurzeln bis zur Stärke von 5—6 em durch und benagt auch ober: irdiſch den unteren Stammtheil bis 10—12 cm Höhe. Nebſt der Mollmaus betheiligen ſich an den Wurzelbeſchädigungen die Waldwühlmaus (Arvicola glareolus) und „Feldwühlmaus (Ar- vicola arvalis). — Von Inſecten beherbergt die Eſche verhältnismäßig nur wenige Arten. Von dieſen leben (im Larvenzuſtande) an den Wur⸗ zeln die Maikäfer (Engerlinge) und Elate⸗ riden (Drahtwürmer). — Im Holzkörper: Lyetus canalieulatus (gefälltes und geſchnittenes Holz); — und die 16füßigen Raupen der bei⸗ den Coſſiden (ſ. d.): Cossus ligniperda (ältere Stämme) und Zeuzera aesculi (in Aſten und Zweigen älterer und im Markkörper von Heiſter⸗ ſtämmen). Rindenſchälungen verurſachen die Weſpen (Vespa vulgaris). — Blattfraß: Lytta vesicatoria, ſpaniſche Fliege (als Käfer); — die Raupe von Oeneria dispar (ſ. d.) und mehrere Blattweſpenlarven (j. a. Eſchenblatt⸗ weſpen). — Ferner vgl. die Artikel: Eſchenblatt⸗ deformationen; Eſchenblattminierer. — Die kleine 16füßige Raupe von Gracilaria cuculipennella lebt in dütenförmig eingerollten und verſpon⸗ nenen Blattſpitzen, wo auch die Verpuppung erfolgt. — Als Samenzerſtörer iſt Tortrix Hoffmannseggana Hb. zu bezeichnen. Die Wickler⸗ raupe bohrt ſich in die noch unreifen Samen ein, gelangt mit dieſen während des Winters an den Boden, überwintert in den Samen und verpuppt ſich im Frühjahre an irgend einem Gegenſtande im Freien. — Eine ſehr auffallende Erſcheinung ſind die von Phytoptus (ſ. Acarina) herrührenden Miſsbildungen der Blütenſtände: filzige, klunkerförmige Wucherungen von nicht ſelten Walnuſsgröße. ) Esdragonöl kommt in den Blättern von Artemisia dracunculus vor, ſiedet bei 200 bis 206° und enthält Anathol und wenig flüchtigeres Terpen. v. Gn. Esocidae, Hechte, Fiſchfamilie, ſ. Syſtem der Ichthyologie. Hcke Esox lueius, j. Hecht. Eſpe, ſ. Populus. Eſpenerziehung, |. ARE "st. Eſſig, ſ. Eſſigſäure. v. Gn. Eſſigälchen, Leptodera e Mall. Anguillula aceti Müll., ein im Kleiſter und zwiſchen den Eſſigpilzen lebender Fadenwurm. at Lebendgebärend. Unſchädlich. Kur. Eſſigbaum, ſ. Khus. Wm. Elſigſaure (Acetylſäure, Methylameiſen⸗ ſäure), CH. O., findet ſich theils frei, theils als Calcium- oder Kaliumſalz im Safte vieler Pflanzen, auch in thieriſchen Flüſſigkeiten, z. B. im Muskelſaft und im Schweiß, im Safte der Milz und anderer Drüſen, im Blut Leucämi⸗ ſcher u. ſ. w. Sie bildet ſich bei der trockenen Deſtillation von Holz, Zucker, Stärke, bei der Verweſung vieler organiſcher Stoffe, aus Al- kohol durch Oxydation ſowie durch Syntheſe aus Natriummethyl und Kohlenſäure. Die Eſſigſäure iſt eine farbloſe, ſtark ſauer ſchmeckende und riechende, ätzende Flüſſigkeit, die bei 120° ſiedet, bei — 17° feſt wird und in glänzenden, durch⸗ ſichtigen Blättern kryſtalliſiert (Eiseſſig, Acidum aceticum glaciale) und mit Waſſer in allen Verhältniſſen miſchbar iſt. Ihr Dampf iſt brenn⸗ bar. Eſſig iſt ſehr verdünnte Eſſigſäure. Man erkennt die Eſſigſäure in ihren Salzen beim Erhitzen mit Schwefelſäure an ihrem charakte⸗ riſtiſchen Geruch; erhitzt man mit Schwefelſäure und Alkohol, jo bildet ſich der leicht bemerk— bare Eſſigäthergeruch; Eiſenchlorid liefert mit Eſſigſäure eine rothe Färbung, Silbernitrat einen weißen, in heißem Waſſer löslichen Nie⸗ derſchlag; die trockenen Alkaliacetate geben beim Erhitzen mit arſeniger Säure das durch ſeinen widerlichen Geruch erkennbare Kakodyl. Eſſigſäure. 327 Die Eſſigſäure iſt einbaſiſch, zerſetzt Car— bonate, wird aber durch die Mineralſäuren aus ihren Salzen leicht ausgetrieben. Das ſpecifiſche Gewicht 1070 ſteigt bei Waſſergehalt bis 20% und fällt dann wieder. Über die Stärke des Eſſigs gibt das ſpecifiſche Gewicht keinen Auf- ſchluſs, weil derſelbe in der Regel noch andere Stoffe außer Eſſigſäure und Waſſer enthält. Man ermittelt ſeinen Gehalt an Eſſigſäure durch Titrieren (Acidimetrie, ſ. d.). Die Fabri— cation des Eſſigs im großen geſchieht entweder durch Oxydation alkoholiſcher Flüſſigkeiten oder durch trockene Deſtillation von Holz. Man un- terſcheidet je nach dem verwendeten Rohmateriale: Weineſſig, Spriteſſig, Obſteſſig, Biereſſig, Rü— beneſſig, Molkeneſſig, Holzeſſig. Die Bedingungen zur Bildung von Eſſig aus alkoholhaltigen Flüſſigkeiten ſind: 1. das Eſſiggut (die alkoholhaltige Flüſſigkeit) darf nicht über 10% und unter 3% Alkohol enthalten; 2. die Temperatur muſs zwiſchen 10 und 35° C. liegen; 3. muſs genügender Sauerſtoff vorhanden ſein und 4. ein Ferment die Oxy- dation vermitteln. Dieſes Ferment iſt der Eſſig— pilz Mycoderma aceti. Die ältere Methode der Eſſigbereitung be— ſteht darin, daſs man die alkoholhaltigen Flüſſigkeiten, mit etwas Sauerteig verſetzt, in offenen Gefäßen in geheizten und gut venti— lierten Stuben längere Zeit ſtehen läſst. ‚ Bei der Schnelleſſigfabrication, deren Princip zuerſt 1732 von Boerhave angegeben, für die Technik aber 1823 durch Schützenbach und 1825 durch Wangemann nutzbar gemacht wurde, läſst man das Eſſiggut tropfenweiſe durch Fäſſer ſickern, welche mit Hobelſpähnen oder gut aus— geglühter Holzkohle angefüllt ſind, während atmoſphäriſche Luft durch in der Seitenwand des Faſſes zahlreich angebrachte Offnungen ein— ſtrömt und mittelſt eines in der Mitte des Deckels aufgeſetzten Zugrohres eingeſogen wird. Das Faſs hat über dem unteren Boden und unter dem oberen Rand zwei Siebböden. Der eine dient den Hobelſpänen zur Unterlage und zugleich zum Abfluſs des gebildeten Eſſigs in den unteren Behälter, aus welchem die Flüſſigkeit durch einen ſeitlich eingefügten Hahn oder Heber ausfließen kann; der andere, welcher zugleich ein paar oben und unten vorſpringende Ventilationscanäle führt, trägt in jedem der zahlreichen Löcher durchgezogenes Werg oder einen kurzen durch Knoten feſtgehaltenen Bind— faden, von welchem die oben aufgegoſſene ſpirituöſe Flüſſigkeit aufgeſogen wird und auf die Hobelſpäne oder die Holzkohle abtropft. In letzteren erzeugt ſich ſchnell das Ferment, wel— ches zum Einleiten des Oxydationsproeeſſes nothwendig iſt. Wohl iſt darauf zu achten, daſs die Eſſigſtuben, in welchen die Eſſigbildner ſtehen, gegen 35° warm gehalten und genügend ventiliert werden. Sollte das durchgelaufene Product noch Alkohol beigemiſcht enthalten, ſo muſs es wiederholt auf den Eſſigbildner ge— bracht werden. Döbereiner hat eine Vorrichtung conſtruiert, um mit Platinmohr Alkohol raſch in Eſſigſäure zu oxydieren. Die alkoholhaltige Flüſſigkeit gießt man in Schälchen, in welchen ein Uhr glas mit Platinmohr auf einem Dreifuß ſteht. Durch langſame Verdunſtung kommen die Al— koholdämpfe mit dem Platinmohr in Berüh— rung und oxydieren ſich. Paſteurs Verfahren der Eſſigfabrication be⸗ ſteht darin, daſs der Eſſigpilz, Mycoderma aceti, auf die Oberfläche von Waſſer geſät wird, das neben geringen Mengen von Phosphaten 2%, ſeines Volumens an Alkohol und 1%, von einer früheren Operation herſtammende Eſſigſäure enthält. Während die Pflanze ſich entwickelt und bald die ganze Oberfläche der Flüſſigkeit be- deckt, geht der Alkohol in Eſſigſäure über. Man hat darauf zu achten, daſs ſtets Alkohol vor— handen iſt, und dass die Entwicklung der Pflanze nicht allzuſehr begünſtigt werde, weil ſonſt, auch bei Anweſenheit von Alkohol, die Eſſigſäure ſelbſt oxydiert wird. Ein Gefäß, welches bei 1 m? Oberfläche 50—100 1 Flüſſigkeit enthält, liefert täglich 5—6 1 Eſſig. Der bei der trockenen Deſtillation des Holzes gewonnene rohe Holzeſſig (ſ.d.) ent— hält noch viele Beimengungen, wie Brand— harze, Phenole, Guajacole, welche Stoffe ihm eine braune Farbe und den empyreumatiſchen Geruch und Geſchmack ſowie die antiſeptiſche Eigenſchaft verleihen. Man benützt den rohen Holzeſſig zur Darſtellung verſchiedener eſſigſaurer Salze ſowie auch zum Conſervieren des Fleiſches. Durch Deſtillation des rohen Holzeſſigs erhält man eine gelblich gefärbte Flüſſigkeit, welche aus Holzgeiſt und Holzeſſig beſteht. Durch Sättigen mit Kalk und Fällen der Löſung mit Glauberſalz entſteht eſſigſaures Natron, welches man auskryſtalliſieren läſst und ſodann gelinde erhitzt, um die etwa noch vorhandenen empy— reumatiſchen Beimengungen zu zerſtören. Durch Auslaugen erhält man das reine Salz, aus welchem durch Deſtillation mit Schwefelſäure die Eſſigſäure abgeſchieden wird. Von den eſſigſauren Salzen (Acetate), welche ſich leicht in Waſſer löſen und ſich meiſt gut kryſtalliſieren laſſen, ſind bemerkenswert: Eſſigſaures Natron (Natriumacetat), Ce Ha O Na + Z aq, leicht lösliche, verwitternde Kryſtalle, die ohne Zerſetzung bis auf 310° er— hitzt werden können; mit Salpeter und Schwefel gemiſcht, explodiert es wie Schießpulver; es dient zur Darſtellung von Eſſigſäure, Eſſigäther, Anilinblau, in der Photographie und als Arzenei— mittel. Eſſigſaures Bleioxyd (Bletacetat, Bleizucker), (C. H O:) Pb, farbloſe, glänzende Prismen von widerlich-ſüßem Geſchmack, giftig, löslich in Alkohol und Waſſer. Es wird dar geſtellt aus Bleiglätte und Eſſigſäure, auch durch Überrieſeln von granuliertem Blei mit Eſſigſäure bei Luftzutritt. Bleizucker dient zur Darſtellung von eſſigſaurer Thonerde und Eiſen beize, Bleiweiß, Chromgelb und anderen Blei präparaten, zur Firnisfabrication, in der Me diein, früher benützte man auch Bleizucker zum Verſüßen ſaurer Weine. Das baſiſch eſſigſaure Bleioxyd (Bleieſſig), erhalten durch Behandlung von wäſſeriger Bleizuckerlöſung mit Bleioxyd, gibt mit 79 Theilen deſtilliertem Waſſer das Bleiwaſſer (aqua plumbi) und mit Brunnen⸗ waſſer und etwas Weingeiſt das Goulard'ſche 378 Eſtienne. Wundwaſſer; es dient zur Darſtellung von Blei⸗ weiß, baſiſchem Bleichlorid, eſſigſaurer Thon— erde, Bleiſalbe und bei der Abſcheidung vieler Pflanzen- und Thierſtoffe. Eſſigſaures Eiſenoxyd, (C Hz:) Fe 2H. 0, bildet dunkelrothe Blättchen, kryſtalli⸗ ſiert aus der Löſung bei Winterkälte, zerfällt an der Luft. Die dunkelrothe Löſung von Eiſen⸗ hydroxyd in Eſſigſäure enthält ein baſiſches Salz und iſt als Liquor ferri aceti offieinell. Eſſigſaures Eiſenoydul, (CHs 0) Fe +4 H. 0, kryſtalliſiert aus der Löſung von Eiſen in Eſſigſäure, kleine grünlichweiße, ſich ſchnell oxydierende Nadeln bildend. Es dient als Beize in der Färberei und im Zeugdruck, offieinell iſt es als Beſtandtheil der Tinctura Martis ad- stringens und der Tinctura acetatis ferri. Eſſigſaure Thonerde, in der Färberei und Druckerei als Beizmittel benützt, wird in wäſſeriger Löſung durch Fällen von ſchwefel— ſaurer Thonerde mit eſſigſaurem Bleioxyd und Abfiltrieren von ausgeſchiedenem ſchwefelſauren Blei erhalten. Bei Siedehitze läſst die Löſung alle Thonerde als baſiſches Salz fallen. Eſſigſaures Kupferoxyd, (C,H;0),0,Cu+-H,0, wird als neutrales Salz durch Auflöſen von Kupferoxyd oder von Grünſpan in Eſſigſäure erhalten; es kryſtalliſiert aus der blauen, wäſſe— rigen Löſung in dunkelblaugrünen rhombiſchen Säulen. Das käufliche neutrale eſſigſaure Kupfer— oxyd wird im Handel „deſtillierter Grünſpan“ genannt. Den eigentlichen Grünſpan bilden ver— ſchiedene baſiſche Salze, von denen man den grünen und blauen Grünſpan unterſcheidet. Die Darſtellung des grünen Grünſpans geſchieht durch oft wiederholtes Beſpritzen von Kupfer- platten mit Eſſig, wobei ſich das Kupfer mehr und mehr mit einer Kruſte von grünem, baſiſch eſſigſaurem Kupferoxyd bedeckt, die von Zeit zu Zeit abgekratzt wird. Den blauen Grünſpan bereitet man dadurch, daſs man heiße Kupferplatten mit in Eſſiggährung befindlichen Weintrebern zuſammenſchichtet und an einem kühlen Orte längere Zeit ſich ſelbſt überläſst. Das eſſigſaure Kupferoxyd dient als Malerfarbe, zur Darſtellung von Schweinfurter Grün, in der Färberei und Zeugdruckerei, auch als Arzeneimittel. Eſſigſaures Silber, CHO Ag, gehört zu den ſchwer löslichen Salzen der Eſſigſäure, es fällt beim Vermiſchen der coneentrierten wäſſerigen Löſungen von ſalpeterſaurem Silber und eſſigſaurem Natron kryſtalliniſch nieder, ſetzt ſich aus heißer wäſſeriger Löſung in perl- glänzenden Nadeln ab, die ſich am Lichte nach und nach ſchwärzen. Eſſigſaures Queckſilberoxydul, (C,H,0,),Hg,, waſſerfreie, glänzende Schuppen, ſchwer löslich in Waſſer, nicht in Alkohol, ſchmeckt widrig metalliſch, zerſetzt ſich beim Kochen mit Waſſer, ſchwärzt ſich beim Erhitzen an der Luft. Eſſigäther (Athyläther, eſſigſaures Athyl— oxyd), C,H,O, oder C,H,0,.C,H,, iſt iſomer mit Butterſäure und Propionſäuremethyläther, findet ſich in geringer Menge im Eſſig, im Franzbrantwein und einigen Weinſorten. Die Darſtellung des Eſſigäthers geſchieht leicht durch Übergießen von entwäſſertem eſſigſauren Natron (10 Theile) in einer mit Kühlvorrichtung ver⸗ ſehenen Retorte mit einem zuvor bereiteten Gemiſch von 15 Theilen Schwefelſäure und 6 Theilen Alkohol. Die Reaction beginnt ſo⸗ fort; durch gelindes Erwärmen deſtilliert faſt die ganze berechnete Menge des Eſſigäthers rein über. Der Eſſigäther, ſchon ſeit Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannt, iſt ein farbloſes, dünnflüſſiges Liquidum von ſehr angenehmem, erfriſchendem, ätherartigem Geruch, leichter als Waſſer und in demſelben in nicht unbedeutender Menge löslich; er ſiedet bei 74°, reagiert neu⸗ tral, zerſetzt ſich bei längerer Berührung mit Waſſer in Alkohol und Eſſigſäure und nimmt infolge deſſen ſaure Reaction an. Schneller er⸗ folgt die Zerſetzung durch alkoholiſche Natron— lauge; durch Natrium wird der Eſſigäther unter heftiger Reaction in Natriumäthylat und Natraceteſſigäther zerſetzt. Eſſigäther nimmt Chlorgas ſchon bei gewöhnlicher Temperatur unter ſtarker Erhitzung auf, zunächſt entſteht zweifach gechlorter Eſſigäther, zuletzt unter Mit⸗ wirkung des Sonnenlichtes der achtfach gechlorte Ather, ein farbloſes, im Waſſer unterſinkendes Ol von durchdringendem, dem Chloral ähnlichem Geruch. Mit dem dreifachen Gewicht Alkohol vermiſcht, wird der Eſſigäther unter dem Namen Spiritus acetico-aethereus als Arzneimittel bee nützt. Fügt man ſehr geringe Mengen Eſſig⸗ äther gewöhnlichem Brantwein zu, ſo erhält letzterer den Geruch des echten Franzbrantweins (Cognac). v. Gn. Eſtienne Charles, berühmter franzöſiſcher Buchdrucker des XVI. Jahrhunderts und Ver⸗ faſſer eines Werkes: Praedium rustieum in quo cuiusvis soli vel culti vel inculti plantarum vocabula ac descriptionis, earumque conseren- darum atque exolendarum instrumenta sua ordine deseribuntur. In adulescentrum bo- narum litterarum studiosorum gratiam. Lu- tetiae, apud Carolum Stephanum typographum regium 1554. Kl.⸗8“, 648 pp. Dieſe erſte Aus⸗ gabe iſt nur in Bezug auf Botanik und Pflanzen⸗ cultur von einiger Bedeutung; wichtiger wurde das Werk erſt durch die bedeutend erweiterte franzöſiſche Bearbeitung: L’agrieulture et Mai- son rustique de M. Charles Estienne, docteur en médecine. En laquelle est contenu tout ce N qui peut estre requis pour bastir maison cham- pestre... bastir la Garenne, la Haironniere et le pare pour les bestes sauvages. Plus un bref Recueil de la Chasse et de la Fauconnerie. Paris, Jaques du Puis, 1564, in 4°. Dieſer Ausgabe folgten drei gleichlautende ibid. 1563, Anvers 1565 und Lyon 1565; dann im Jahre 1566 eine neue, von Jean Liébault (ſ. d.) bes ſorgte, noch bedeutend erweiterte und umge⸗ arbeitete Ausgabe: L’Agriculture et Maison rustique de Charles Estienne, augmentee par Jean Liebault, son gendre. Paris, Jacques, 1566, 4°. In dieſer Ausgabe haben namentlich die den Ackerbau und die Jagd behandelnden Theile umfaſſende Erweiterungen erfahren, über⸗ dies iſt Jean de Clamorgans (ſ. d.) Chasse du loup als Anhang beigegeben. Obwohl das Werk in dieſer neuen Geſtalt faſt lediglich eine Compilation, vorzugsweiſe aus den Werken von P. de Crescenzi und Jaques du Fouilloupx iſt, muj3 man es doch für die damalige Zeit als ein vorzügliches Hausbuch bezeichnen. Daſss es als ſolches allgemein galt und eine ſo koloſſale Verbreitung fand wie kein zweites ähnliches Werk, beweist die außerordentliche Zahl von 98 innerhalb der Zeit von 1564—1702 er⸗ ſchienenen, ſeit 1566 nahezu unveränderten franzöſiſchen Ausgaben. Im Jahre 1579 ver- öffentlichte D. Melchior Sebiz zu Straßburg eine deutſche Überſetzung, Bernhard Jobin, Folio, XVI und 761 pp., welcher eine mit rechtlichen Zuſätzen erweiterte zweite deutſche Ausgabe im Jahre 1580 folgte: Sieben Bücher von dem Feldbaw vnd Meyerhof | Auf das vollkommenſt jo ihnen möglich gewejen | beichriben [vnn von allen nit alleyn inn Fränkreich ſondern auch bei außländiſchen ſo der frantzöſiſchen Sprach kundig hochgeachtet vnſerem Vatterland zu nutz vnd vortheyl | inns Teutſche vertiert von Mel— chior Sebizius, Doctor zu Straßburg. Straß— burg 1580, Folio, 643 pp.; mit Holzſchnitten von Tobias Stimmer, Chr. Maurer u. a. Die dritte, abermals erweiterte deutſche Ausgabe, die beſte iſt: XV. „Bücher von dem Feldbaw vnd recht volkommener wolbestellung eines bekömliche Landsitzes | vnnd geschicklich an- geordneten Maierhoffs oder Landguts | Sampt allem | was demselben Nutzes vnd Lusts halben anhängig. deren etliche vorlängst vo Carolo Stephano vnd Joh. Libalto | Frantzösisch vor- komen | Welche nachgehends jhres fürtreff- lichen Nutzes halben | gemeinem Vatterland zu frommen [theils vom hochgelerten Herrn Melchiore Sebizio | der Artzney Doctore | theils aus letsten Libaltischen zusätzen durch nachgemeltenn inn Teutsch gebracht seind, Etliche aber an jetzo auffs New | erstlich auss dem Frantzösischen letstmals ernewerten vnnd gemertem Exemplar | So dann | auss des Herren Joh. Fischarti. I. V. D. Colligirten Feldbawrechten vnd Landsitzgerechtigkeiten | x. zu lust vnd lieb dem Teutschen Landman hinzu gethan worden. Gedruckt zu Strassburg | bei Bernhart Jobin 1588.“ Folio, 20 und 773 Seiten, mit denſelben Holzſchnitten wie die vorige Ausgabe. Weitere nur wenig mehr geänderte deutſche Ausgaben erſchienen noch in den Jahren 1592, 1598 und 1607. Endlich erſchien das Werk Eſtiennes auch in 10 italieniſchen Überſetzungen, deren erſte als Aldina wertvoll iſt: Agricoltvra nvova, et casa di villa, Di Carlo Stephano Francese, Tradotta dal K Hercole Cato Nella quale si contiene...& il parco per gli ani- mali seluatici. Con vn discorso della caccia del ceruo, del einghiale, della lepre, della uolpe, de’ rassi, del coniglio & del lupo. & bonta loro, & de modi d’annezzarli, & curargli, & de gli ucelli da rapina, cioè falconi, spa- ruieri, & altri, che possono usarsi à far preda d’uecelli, con le maniere d' ammaestrarli, gouernarli e medicarli de’ mali loro. In Venetia CIO. ID XXCI. Presso Aldo, 8°, 32 und 512 Blatt. — Die folgenden erſchienen von 1382 bis 1677. Vgl. a. Souhart, Bibliogr. gen. des ouvr. s. I. chasse, 1886, p. 170 ff. E. v. D. Etat. — Eudipleure Grundform. 379 Etat, ſ. Hiebsſatz. f Nr. Sia gere Etatsentwicklung, ſ. Hiebsſatzbegründung. Rr. Etatsfläche, ſ. Hiebsfläche. Nr. Eucalin, CH 0% - H, entſteht durch Behandeln von Melitoſe mit verdünnter Schwefelſäure, iſt nicht gährungsfähig, dreht die Polariſationsebene nach rechts und reduciert alkaliſche Kupferlöſung. v. Gn. e aus den Blättern von Eu— calyptus globulus, farblos, ſehr dünnflüſſig, riecht angenehm, dreht die Polariſationsebene ſchwach nach rechts oder iſt optiſch inactiv, ſpe— cifiſches Gewicht 0˙900—0 923, ſiedet bei 170°, wirkt antiſeptiſch und findet in der Mediein Verwendung. v. Gn. Euchroeus, Dorngoldweſpen, Gattung der Familie Chrysidae (ſ. d.). Hſchl. Euchronſäure, Cie. N. Os, wird erhalten durch Zerſetzung von euchronſaurem Ammoniak durch Salzſäure. Euchronſaures Ammoniak geht in Löſung über, wenn mellithſaures Ammon auf 160 erhitzt und das Product mit Waſſer ausgezogen wird. Euchronſäure kryſtalliſiert in farbloſen, im Waſſer wenig löslichen, kurzen Prismen. Durch Erhitzen mit Waſſer auf 200° geht ſie in ſaures mellithſaures Ammon über. Wird in ihre Löſung metalliſches Zink einge— bracht, ſo ſcheidet ſich eine feſte Subſtanz von tiefblauer Farbe und noch nicht ermittelter Zu— ſammenſetzung, das Euchron, ab, welches durch Erwärmen an der Luft wieder zu Euchronſäure wird, in Alkalien ſich mit purpurrother, an warmer Luft ebenfalls bald verſchwindender Farbe löst. v. Gn. Eudiometrie (25898, gut, perpov, Maß) nennt man die volumetriſchen Unterſuchungs— methoden für Gaſe. Anfänglich wendete man das Eudiometer (Luftgütemeſſer) nur an zur Beſtimmung des Sauerſtoffs in der atmoſpäri— ſchen Luft. Das Eudiometer iſt eine graduierte Glasröhre, die an ihrem zugeſchmolzenen Ende mit zwei eingeſchmolzenen Platindrähten ver— ſehen iſt; in dieſelbe bringt man über Queck— ſilber 100 Volumtheile atmoſpäriſcher Luft und 50 Volumtheile Waſſerſtoff. Durch den elektri- ſchen Funken wird das Gemenge entzündet. Man kann auch der zu unterſuchenden Luft den Sauerſtoff durch leicht oxydierbare Körper (Phosphor, pyrogallusſaures Kalium) weg— nehmen und das Volumen oder Gewicht des zurückbleibenden Stickſtoffes beſtimmen. Um die Menge des Waſſerdampfes zu beſtimmen, leitet man ein abgemeſſenes Volumen atmoſphäriſcher Luft durch eine mit Chlorcalcium gefüllte ge— wogene Röhre, und um die Kohlenſäure zu be— ſtimmen, durch eine mit Kaliumhydroxyd ge— füllte gewogene Röhre. Die Gewichtszunahme in jeder einzelnen der beiden Röhren gibt die Gewichtsmenge der beiden Beſtandtheile der atmoſphäriſchen Luft in dem beſtimmten Vo— lumen an. v. Gn. Eudipleure Grundform nennt Haeckel die aus zwei ſymmetriſch gleichen Hälften zuſam⸗ mengeſetzten Grundformen, wie die meiſten Wirbelthiere, Gliederthiere, viele Weichthiere ſie beſitzen. Kur. 380 Eudoeimus Wagler — Faleinellus Bech- stein. — Eudocimus guarauna Pucheran, f. dunkelfarbiger Sichler. E. v. D. Eudromias Boie, Gattung der Familie Charadriidae, Regenpfeifer, j. d. u. Syſt. d. Or⸗ nithol.; in Europa nur eine Art: Eudromias morinellus Linné, Mornellregenpfeifer. Eudromias montana Chr. L. Brehm, sibi- ricus Boie und stolidus Chr. L. Brehm, f. Mornellregenpfeifer. E. v. D. Eugenol — Nelkenſäure, Eugenſäure — C10 Hie O2, iſt ein der Carbolſäure ähnliches ätheriſches Ol, welches im Nelkenöl, Pimentöl und verſchiedenen anderen flüchtigen Olen ent— halten iſt. Es wird von verdünnter wäſſeriger Kalilauge gelöst und kann durch Ausſchütteln mit derſelben von beigemengten fremden Olen, Kohlenwaſſerſtoffen leicht getrennt werden. Schwache Säuren, ſogar Kohlenſäure, fällen aus dieſer Löſung das Eugenol aus. Es kann durch fractionierte Deſtillation leicht gereinigt werden, ſein Siedepunkt liegt bei 247°. Mit der Car⸗ bolſäure theilt das Eugenol die antiſeptiſchen Eigenſchaften; eine ſehr geringe Menge desſelben reicht z. B hin, die Gallustinte vor dem Schim— mel zu ſchützen. v. Gn. Eugetinſäure, C. H. 0% wird durch Ein- wirkung von Natrium auf ſiedendes Eugenol im Kohlenſäureſtrom erhalten, iſt in kaltem Waſſer wenig, in heißem Waſſer leichter, leicht in Alkohol und Ather löslich, kryſtalliſiert in kleinen farbloſen Prismen, färbt ſich mit Eiſen— chlorid tiefblau, ſpaltet ſich beim Erhitzen in Kohlenſäure und Eugenol. v. Gn. Euisopoda, Unterabtheilung der Aſſelkrebſe. nr. Eule, die, in älterer Zeit allgemeine Be— zeichnung für alle zur Familie der Nachtraub- vögel, Strigidae, gehörigen Vogelarten; es finden ſich zwar ſchon im Ahd. und Mhd. ſpecielle Namen, doch iſt es unmöglich, dieſe auf die heute fixierten Arten mit Sicherheit zurückzu— führen, weshalb alle dieſe Bezeichnungen, wie ſie bis zum XIV. Jahrhundert üblich waren, nach— ſtehend zuſammengefaſst find; nur die für den Uhu (ſ. d.) beſtandenen Namen werden in dem dieſen behandelnden Artikel aufgeführt werden. „Noectieorax. nahthram. Corax nahthram sive nahtigala. Noctua. nahtecala.“ Gloſſ. d. Hrabanus Maurus, Cod. ms. Vip dob. no. 166 a. d. IX. Jahrh. — „Der nahtram.“ Physiologus, Cod. ms. Vindob. no. 2724 a. d. X. Jahrh. — „Noctua. vwela. Noctocorax. nahtegla.“ Weißenauer Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Ulula. uwil. Noctocorax. nahtram.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Admont. Hs. no. 269. — „Noctua. vwela.“ Frankf. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. „Noctua. "lie Nocticorax. nahtrappe.“ Wallerſtein. Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Noctua. vl.“ Gloſſ. a. d. XI. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 896. — „Ulula a planctu et luetu. vwel. Nieticorax. uel noctua. naht rabe.“ Id a. d. XII. Jahrh., no. 2400. — „Noctua. aubull. Net nahtrab.“ Id. a. d. XIV. Jahrh., no. 1325. „Lucifraga. owle. Lucifuga. nahtrab. Nocticorax. nahtrabe. Nocinus. kewchil.“ Id. a. d. XIV. Jahrh., no. 4535. — „Die ewl, die ewlen, awlen.“ „Stein- Eudocimus. — Eumerus. äwl.“ Conrad v. 81 Buch der Natur, Cod. ms. no. 2812, d. XIV. Jahrh. „Die aeul.“ „Strix be „Ulula haist ain chlague gl.“ Id. op., Cod. ms. Vindob. no. 2669. — „Ain aul, die aulen.“ „Strix wutsch.“ „Ulula haist ain klagvogel.“ Id. op., Cod. ms. Vindob., no. 2797. „Die a wlen, Kautz, kawtz, die kautzen. katzen hewpt.“ P. de Crescenzi, deutſche Ausgabe 1492, 1. X, c. 16, 28. — „Die Eulen. kaut z. katzenkopf.* Waidwerk, Augsburg 1330, c. 16, 26, 27, 28. — „Noctua ein Nachteul. Noecticorax ein Nachtrapp.“ Ryff, Thierbuch, 1544. — Vgl. Graff, Ahd. Wb. III., p. 835. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. — Lexer, Mhd. Wb. — Grimm, D. Wb. III., p. 1193. — Sanders, Wb. I., p. 380 b. E. v. D. Eulen, Strigidae, Familie der Ordnung Rapaces, Raubvögel; dieſelbe iſt in Europa in 13 Arten vertreten, welche auf die Gattungen Nyctea Homeyer, Surnia Dum., Athene Boie, Nyctale Chr. L. Brehm, Syrnium Savigny, Strix Linné. Bubo Cuvier, Scops Savigny, Otus Cuvier und Brachyotus Bonaparte vertheilt ſind; ſ. d. u. wi d. Or⸗ nithol. E. v. D. Eulen, Noctuae, eine der fünf Abtheilungen der Großſchmetterlinge (ſ. Noctuidae und Lepi- doptera) [Syſtem!]. Hſchl. Eulenfraß, forſttechniſche Bezeichnung für einen von Panolis piniperda (ſ. d.) an Kiefer ſtattgehabten Raupenfraß. Hſchl. Eulenkopf, der, Bezeichnung für eine von der normalen in Größe und Färbung etwas abweichende, mehr oder weniger conſtant auf- tretende Form der Waldſchnepfe, ſ. d. „Eulen⸗ köpfe werden die großen Waldſchnepfen ge- nannt.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 50. — „Die größere und gewöhnlichere Art nennt man Großſchnepfen, gelbe Schnepfen, auch Eulen- köpfe; letzteres vermuthlich wegen ihren großen, vorſtehenden Augen . . .“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 659. — R. R. v. Dombrowski, N A N f \ 1; ET DZ ee} Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 239. — Hoff⸗ mann, Die Waldſchnepfe, Ed. II, 1887, p. 27. = Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Eulenkopf, ſ. Triel. E. v. D. Euleptes Fitz., Gattung der Ascala- botae (Haftzeher) Phyllodactylus euro- paeus (j. Ascalabotae). Kur. Eulophus, Gattung der Schlupfweſpen⸗ familie Chalcididae (ſ. d.). Hſchl. Eumenes, Gattung der Familie Vespidae (Weſpen), durch trichterförmiges erſtes Segment des deutlich geſtielten Hinterleibes und durch kugeligen Thorax ausgezeichnet; enthält nur eine deutſche Art, Eumenes pomiformis Spin., iſt durch die Art ihrer Baue intereſſant: Brutzellen in altem Mauerwerk und als Zugänge nach ab⸗ wärts gerichtete Lehmröhren. Die Art lebt en ſam, paarweiſe. Hſchl. 1 Eumerus, Dipterengattung der nz Syrphidae (Schwebfliegen), deren Larven ſich i verſchiedenen Zwiebeln entwickeln. Eumerus lu- nulatus Meig. wird der Gemüſegärtnerei ſchädlich durch Verderben der Eſzwiebel A re ſchl 1 — . Eupatorium cannabinum L. (Familie Compositae), Waſſerdoſt. Stattliche Staude mit ſtraff aufrechtem, 0˙60 — 1˙75 m hohem Stengel. Blätter gegenſtändig (nur die oberſten abwechſelnd), handförmig⸗dreitheilig, mit lanzett- förmigen geſägten Zipfeln; Blütenkörbchen klein, ſehr zahlreich, in ſchirmförmigen Doldentrauben, mit pfirſichrothen (ſelten weißen) Röhrenblüten, aus denen der fadenförmige Griffel weit hervor— ſteht; Früchtchen mit haariger Krone. An Bächen, in Waldſchluchten, an feuchten, ſteinigen Wald— plätzen und Abhängen, auf Waldſchlägen gebir— giger Gegenden, oft maſſenhaſt auftretend. Ver— dämmendes Unkraut. Blüht im e m. Euphorbia L., Wolfs milch. Hauptgattung der nach ihr benannten Familie der Euphor— biaceae, von welcher über 700, der Mehrzahl nach in den wärmeren Ländern der Erde hei— miſche Arten, theils Kräuter, theils Holzge— wächſe, bekannt ſind, die ſämmtlich in allen ihren krautigen Theilen einen weißen, meiſt ſcharfen oder giftigen Milchſaft enthalten. Die in Mitteleuropa vorkommenden Arten ſind ins- geſammt Kräuter und Stauden mit einfachen ganzen, meiſt auch ganzrandigen, gewöhnlich zerſtreut angeordneten Blättern und unſchein— baren Blüten, welche in quirlige Trugdolden mit wiederholt gabeltheiligen Strahlen am Ende des Stengels und der Aſte beiſammenſtehen. Die Trugdolde iſt am Grunde der Strahlen von einem Kreiſe von Hüllblättern umgeben, während an den Gabeltheilungen gegenſtändige Deckblätter ſtehen. Die Blüten ſelbſt erſcheinen als ein glockiger Kelch, auf deſſen Rande 4 Drüſenkörper befeſtigt ſind, und welcher 10 oder mehr Staubgefäße mit gegliedertem Fila— ment, die ſich nach einander entwickeln, und einen geſtielten dreifächerigen Fruchtknoten mit dreitheiligem Griffel enthält, ſind aber keine einfachen Blüten, ſondern kleine einhäuſige In— floreſcenzen (Cyamien) mit je 1 weiblichen und einer Anzahl männlicher Blüten ohne Kelch und Blumenkrone. Frucht eine 3knopfige, zuletzt in 3 Stücke zerſpringende Kapſel mit ein— ſamigen Knöpfen. Samen groß, eiweißhaltig. — In Wäldern, namentlich Gebirgslaubwäldern, auf humoſem Boden kommt zerſtreut vor: die ſüße Wolfsmilch, E. duleis L. Sten— gel bis ½ m hoch, Blätter länglich-lanzett— förmig, ganzrandig oder vorn kleingeſägt; Trug— dolde 3—5ſtrahlig mit einmal gabeltheiligen Strahlen; Drüſen ſchwarz-purpurn, Kapſeln ſtumpfwarzig. Blüht im April und Mai. — Gemeinſte Art: die Cypreſſenwolfs milch, E. Cyparissias L., mit gedrängten ſchmal linealen Blättern, ei⸗rautenförmigen goldgelben, zuletzt ji roth färbenden Hüll- und Deckblättern, viel— ſtrahligen, doch kleinen Trugdolden und fein punktierten Kapſeln. Stengel oft viele beiſammen, buſchig, bis 30 em hoch. Überall auf dürrem ſandigem Boden, Viehtriften, an Rollſteinlehnen, doch niemals in Waldbeſtänden. Blüht im Früh— ling und Sommer. — In Wäldern kommen vor, aber zerſtreut und ſelten: die mandelblätt— rige Wolfsmilch, E. amygdaloides L. (in ſchattigen Gebirgslaubwaldungen im ſüdlichen Gebiete und den Rheingegenden, auch am Harz: Eupatorium cannabinum. — Eupxanthinſäure. 381 30—60 em hoch, mit paarweiſe verwachſenen Hüllblättern und kahlen Kapſeln); die kantige Wolfsmilch, E. angulata Jacqu. (Stengel ſcharfkantig, bis 45 em hoch, Kapſeln warzig: in Bergwäldern von Böhmen, Mähren und Oſterreich), und die anſehnliche Wolfsmilch, E. procera M. Bieb. (Stengel bis Um hoch, ſtark, Blätter behaart, Trugdolden groß, 5- bis vielſtrahlig mit dreigabeligen Strahlen, Kapſeln kahl: an feuchten Waldplätzen im ſüd— lichen Gebiet, von Böhmen an ſüdwärts). Wm. Euphorbium iſt der eingedickte Milchjaft von Euphorbium resinifera, ein bräunlichgelbes, undurchſichtiges Schleimharz, riecht beim Er— wärmen weihrauchartig, erzeugt als Staub heftiges Nieſen und Entzündung, ſchmeckt anfangs ſchwach, dann brennend ſcharf und dient als pur gierendes und hautreizendes Mittel. v. Gn. Eupodotis Lesson — Otis Linné. — Eupodotis Macqueeni Gray, ſ. aſiatiſcher Kra gentrappe. E. v. D. Eurinorhynchus Nilson = Tring.: Linné. — Eurinorhynchus griseus Nilson orientalis Blyth und pygmaeus Pearson, f. Zwergſtrandläufer. E. v. D. Eurosaurus Fischer. Ausgeſtorbene Kriech— thiergattung der Ordnung Anomodontia. Aus der Dyas. Kur. Eurysternum Münster. Ausgeſtorbene Schildkrötengattung aus dem oberen Jura. Kur. Eurystomeae, Unterordnung der Cteno— phoren. Ohne alle Lappen und Senkfäden. Kur- Eurytherium Gerv. Ausgeſtorbenes Säuge thier aus dem Tertiär. Knr. Euspina Cabanis — Euspiza Bonaparte. — Euspina atricapilla Cabanis, ſ. ſchwarz köpfiger Ammer. E. v. D. Euspiza Bonaparte, Gattung der Fa milie Emberizidae, Ammern, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa zwei Arten: Euspiza melanocephala Scopoli, ſchwarzköpfiger Ammer, und Euspiza aureola, Weidenammer Synonymie: Euspiza cia Blyth, ſ. Zipp— ammer; — E. dolichonia Bonoparte, ſ. Weiden— ammer; — E. hortula Blyth, ſ. Gartenammer; — E. pusilla Blyth, ſ. Zwergammer. E. v. D. Eustrongylus Diesnig. Gattung der Faden würmer. Große, runde Würmer mit ſechs Mund papillen. Hieher der große Palliſadenwurm (Eustrongylus gigas Rudolphi), 30—100 em, der größte Nematodenwurm. In den Nieren und in der Harnblaſe insbeſondere der Marderarten und Fiſche (ſ. a. Fiſchkrankheiten). Kur. Eutetrapleuren, j. Tetrapleuren. Kur. Eutini, Richtachſen, ideale Kreuzachſen, nennt Haeckel die beiden rechtwinkelig gekreuzten Perpendikel, welche man bei den Stauraxo niern (kreuzartigen Grundformen) auf der Hauptachſe mit deren Halbierungspunkten er richten kann. Kur. Eutrichia Stph., Subgenus der Spinner gattung Gastropacha (ſ. d.), Familie Bomby- coidea. Hſchl. Euxranthinſäure, Ces Ote, kommt als Magneſiumſalz im Purce, einem gelben, aus Indien und China ſtammenden Farbſtoffe, vor; gelbe, geruchloſe, bitterſüß ſchmeckende Nadeln. v. Gn. 382 Evaporometer, Atmometer, Atmidometer oder Verdunſtungsmeſſer nennt man in der Meteorologie diejenigen Meſsinſtrumente, mittelſt welcher man die Verdunſtung freier Waſſer⸗ flächen beſtimmt. Bei allen derartigen Inſtru⸗ menten handelt es ſich darum, entweder die Volumabnahme direct zu beobachten oder aus der Gewichtsabnahme zu berechnen und das Meſſungsreſultat auf die Einheit der Ver— dunſtungsfläche zu reducieren; weniger genau iſt die Methode, die Niveauabnahme der ver— dunſteten Oberfläche direct zu meſſen. Die einfachſte ſich darbietende Methode be— ſteht darin, cylindriſche oder viereckige Blech— gefäße oder Glasſchalen von bekanntem Quer- ſchnitt mit Waſſer ſtets bis zu nahe gleicher Höhe gefüllt zu exponieren; entweder wird dann in beſtimmten Zeiträumen der Gewichtsverluſt durch die Wage ermittelt, oder aber man beſtimmt das verdunſtete Volumen, indem man das jedes⸗ mal übriggebliebene Waſſer in graduierte Meſs⸗ gläſer füllt. Kommt es nur darauf an, die Ver⸗ dunſtung während eines Monats im ganzen zu ermitteln, jo läſst ſich dies ſehr leicht da— durch erreichen, das am Anfang des Monats ein bekanntes, ſich ſtets gleich bleibendes Vo⸗ lumen Waſſer eingefüllt wird, daſs im Laufe des Monats von Zeit zu Zeit weitere gemeſſene Volumina nachgefüllt werden, um das Niveau conſtant zu erhalten, und dafs am Ende des Monats der Reit gemeſſen wird. Der Unter- ſchied zwiſchen dem eingefüllten und verbliebenen Waſſer iſt die Verdunſtungsgröße, bezogen auf die ganze Verdunſtungsoberfläche, kann alſo leicht auf die Einheit der Fläche umgerechnet werden. Die erwähnte Bedingung gleicher Niveau— höhe iſt erforderlich, weil die Größe der Ver— dunſtung von der Höhe des überſtehenden Ran— des in gewiſſer Beziehung abhängig iſt, dann aber mit dieſer auch offenbar die Menge des im Gefäß enthaltenen Waſſers ſich ändert. Von der Menge des Waſſers iſt aber der Gang der Temperatur der Flüſſigkeit ſehr abhängig, und mit der Temperatur ändert ſich bis zu einem gewiſſen Grade auch die Stärke der Verdunſtung. Streng vergleichbar ſind auch nur Reſultate, welche mit gleichartigen, gleichgeformten, gleich großen Gefäßen erhalten werden, die außerdem noch ſtets gleich gefüllt ſein müſſen. Um das Niveau ganz conſtant zu erhalten, ſtellte man auch in das Verdunſtungsgefäß eine an einem Ende geſchloſſene und mit Waſſer ge- füllte Glasröhre mit dem offenen Ende ſo hinein, daſs die etwas verengerte Offnung noch unter dem Niveau der Flüſſigkeit zu liegen kam; ſobald die Flüſſigkeit jo weit ſinkt, dajs die Offnung frei wird, tritt Waſſer aus der Röhre aus (und in dieſe ſteigen Luftblaſen), u. zw. un⸗ gefähr ſo lange, bis die Offnung wieder verdeckt iſt. In dieſer Weiſe reguliert ſich die Waſſer— höhe von ſelbſt, und falls das eingeſtülpte Glas— rohr graduiert iſt, läſst ſich am Sinken des Waſſers in demſelben ſogar direct angenähert die Menge des verdunſteten Waſſers beobachten. Doch da dieſe Meſſung nicht genau und bei Froſt natürlich nicht möglich iſt, ſo bedient man ſich eines derartigen Meſsapparates wohl nicht Evaporometer. mehr, ſondern hilft ſich mit jenen erſtgenannten Methoden. Um die Meſſung der Verdunſtung zu er⸗ leichtern, alſo möglichſt Meſsgläſer und beſon⸗ dere Wagen zu vermeiden, conſtruierte man be- ſondere Apparate, die zum Theil heute noch in Gebrauch ſind. Die bekannteſten ſind die von Lamont, Wild und Piche. Das Atmometer von Lamont beſteht zunächſt aus einem weiteren verticalen Meſſing⸗ cylinder, der am unteren Ende geſchloſſen iſt, während das obere Verſchlufsſtück cylindriſch durchbohrt iſt und dazu dient, dass ein maſſiver cylindriſcher Meſſingkolben ziemlich luftdicht in den weiten Meſſingcylinder hineingeſchoben werden kann; die Verſchiebung dieſes Kolbens erfolgt mittelſt einer Schraube, und eine getheilte Scala geſtattet mittelſt mit dem Kolben ver- bundenen Zeigers, der ſich längs der Scala be- wegt, die Stellung desſelben jedesmal genau ab- zuleſen; denken wir uns nun eine meſſingene flache Schale in gleicher Höhe mit dem oberen Rande des weiten Cylinders und durch eine in ihrem Bo⸗ den mündende Meſſingröhre mit dem weiten Cylinder, in welchen die Röhre unten ſeitlich einmündet, verbunden, ſo iſt das Weſen des Apparates ziemlich erſichtlich. Füllt man den Apparat mit Waſſer, ſo ſtellt ſich in dem weiten Cylinder und dem ſeitlichen communicieren⸗ den Gefäß, der eigentlichen Verdunſtungsſchale, gleiches Niveau her, wenn man zugleich eine den oberen ringförmigen Verſchluſs des Cylin- ders nahe dem Rande durchſetzende Bohrung, welche durch Stöpſel verſchloſſen gehalten wird, öffnet; ſenkt man dann, nach Schließung der genannten Offnung, den Kolben ſo weit, bis die Oberfläche der Verdunſtungsflüſſigkeit eine ebene Fläche iſt und gerade den Rand berührt, ſo iſt der Apparat auf den Verſuch eingeſtellt, und man notiert dieſe Anfangsſtellung des Kol⸗ bens mittelſt der genannten Scala. Durch die Verdunſtung ſinkt das Niveau in der Schale, und behufs Herſtellung des urſprünglichen Ni⸗ veau muſs man nun den Kolben weiter in das Gefäß hinunterſchieben. Aus der an der Scala abgeleſenen Größe der Verſchiebung des Kolbens läjst ſich dann leicht die Größe der Gejammt- verdunſtung berechnen, wenn man die Dimen⸗ ſionen des Kolbens und die Größe eines Scalen⸗ theiles kennt, und eine Diviſion durch die Größe der Verdunſtungsfläche ergibt die Verdunſtung pro Flächeneinheit. Natürlich ſind dieſe Apparate vom Mechaniker ſo hergeſtellt, daſs ein Scalen⸗ theil direct zu der Einheit, in welcher die Ver⸗ dunſtungshöhe beſtimmt werden ſoll, in naher angegebener Beziehung ſteht, und andererſeits kann dieſes Verhältnis auch leicht ermittelt wer⸗ den. Um dem ganzen Apparat nicht zu große Dimenſionen geben zu müſſen, werden die Scha⸗ len dieſer Verdunſtungsmeſſer verhältnismäßig nur klein gewählt, und aus dieſem Grunde ſind die beobachteten Verdunſtungen bedeutend größer als die durch größere Gefäße beſtimmten (vgl. Verdunſtung); außerdem lässt ſich der Lamont'ſche Verdunſtungsmeſſer bei Froſt nicht gebrauchen. N Der Verdunſtungsmeſſer von Wild beruht auf dem Wägungsprincip, die Con⸗ — 2 + * N 4 Eventualmaxime. ö 383 ftruction erinnert an den Verdunſtungsmeſſer von Osnaghi. Ein zweiarmiger ſchiefer Hebel trägt an dem einen Arme das Verdunſtungsgefäß, am anderen Arme ein Gegengewicht und mar— kiert ſeine Stellung durch eine mit ihm ver- bundene Schneide, welche ſich vor einer Thei— lung bewegt. Die durch Verdunſtung herbeige— führte Gewichtsänderung der Schale bewirkt eine Bewegung des Hebels, u. zw. werden die Wild- ſchen Verdunſtungsmeſſer jo conſtruiert, daſs man unmittelbar an der Scala die Berdunftungs- höhe in Millimetern abliest. Außer einer großen Empfindlichkeit beſitzen dieſe Apparate auch den Vortheil, dajs ſie im Winter gleiche Anwendung wie im Sommer finden können; fie befinden ſich beſonders an den ruſſiſchen Stationen in Gebrauch. Das Evaporometer von Piche beſteht aus einer an einem Ende verſchloſſenen eylin— driſchen graduierten Glasröhre, ca. 1 cm weit und 30 em lang, welche mit Waſſer gefüllt wird und dann am offenen Ende durch ein aufge— legtes kreisrundes Pappblättchen von ca. 2cm Durchmeſſer bedeckt wird, welches durch eine Feder, die auf der Röhre aufſitzt, leicht ange— drückt werden kann. Durch eine am verſchloſſe— nen Ende angebrachte Oſe wird die Glasröhre mit dem Pappblättchen nach unten gekehrt auf— gehängt, und der Apparat iſt damit für den Verſuch vorbereitet — zu erwähnen nur noch, daſs das Pappblättchen mit einigen feinen Na- delſtichen durchbohrt werden muſs. Das Waſſer verdunſtet von dem feuchten Pappblättchen, dafür dringt allmählich Luft in die Röhre ein, und aus dem Sinken des Niveau kann die Größe der Verdunſtung berechnet werden mit— telſt der bekannten Dimenſionen des Blättchens und der Röhre. Die Verdunſtungsgrößen, welche dieſes Evaparometer liefert, ſind im Verhält— nis zu anderen Apparaten ſehr groß, und es iſt verſtändlich, dajs der Grad der Erwärmung der Röhre eine große Rolle zu ſpielen vermag, da ſich oberhalb der ſinkenden Flüſſigkeitsſäule Waſſerdämpfe und Luft befinden, die durch ihre Ausdehnung bei der Erwärmung die Flüſſigkeit gewiſſermaßen aus der Röhre zu drängen jtreben. Die Verdunſtungsapparate werden meiſt unter Schutzdächern aufgeſtellt, gegen Sonnen— ſtrahlen und das Hereinfallen von Niederſchlä— gen geſchützt, aber der Lufteirculation möglichſt ausgeſetzt, was durch ein verhältnismäßig großes und von der Verdunſtungsſchale weit genug entferntes Dach erreicht werden kann. Verdunſtungshöhen, welche man aus der— artigen Beobachtungen an verſchiedenen Orten ableitet, geſtatten offenbar einen angenäherten Schluſs auf das Verhältnis der wahren Ver— dunſtung, und dieſes Verhältnis wird ſich nicht weſentlich ändern, wenn die Verdunſtungsappa— rate in gleicher Weiſe frei den Sonnenſtrahlen ausgeſetzt würden. Handelt es ſich um die Ver— leichung der Verdunſtungsfähigkeit zwiſchen ald und Feld, wo verſchiedene Verhältniſſe für die Ein⸗ und Ausſtrahlung vorliegen, ſo wird man unbeſchattete Verdunſtungsmeſſer anwenden müſſen, weil der Einfluſs der Be— ſchirmung der Meſsapparate in Wald und Feld ein ganz verſchiedener iſt; hier vermögen be— ſchattete Verdunſtungsapparate nicht die wahren Verhältniszahlen abzuleiten. Wenn trotzdem von der unbeſchirmten Aufſtellung auch hier meiſt abgeſehen wird, ſo geſchieht dies wegen der Miſsſtände, welche aus dem Hineinfallen der atmoſphäriſchen Niederſchläge in die Ver— dunſtungsgefäße entſtehen. Es iſt nämlich offen⸗ bar erforderlich, bei frei exponierten Waſſer— flächen die Niederſchlagsmengen in Rechnung zu ſtellen, dieſe müſsten aber an benachbart aufgeſtellten Regenmeſſern beobachtet und auf die Größe der Vedunſtungsfläche umgerechnet werden. Dies Verfahren würde ſich auf dem Felde bei Regenniederſchlägen mit einiger Ge— nauigkeit durchführen laſſen, bietet aber ſchon hier bei Schneefällen zu große Fehlerquellen, da Schnee eine ſo genaue Meſſung, wie in dieſem Falle erforderlich, nur ſelten geſtattet; anders im Walde unter den Kronen, wo das im Regenmeſſer aufgefangene Waſſer von den Zufälligkeiten der Kronenbildung allzu ſehr ab— hängt und die Mengen, welche in das Regen- gefäß und den Verdunſtungsmeſſer gelangen, keineswegs im Verhältnis ihrer exponierten Oberfläche zu ſtehen brauchen. Außerdem bietet das Verfahren der freien Aufſtellung durch das Spritzen beim Auffallen der Regentropfen, ſei es auf den Rand des Gefäßes oder die Waſſer— fläche ſelbſt, noch beſondere Fehlerquellen. Um den Unterſchied zwiſchen Niederſchlag und Verdunſtung direct zu meſſen, conſtruierte Dufour einen Apparat, welchen er Siccimeter nannte (Oſterr. Met. Zeitſchr., Bd. VII), der natürlich ungeſchützt aufgeſtellt wurde und im Princip nur das von den vorigen Abweichende enthält, daſs, um ein etwaiges Überlaufen der Flüſſigkeit bei ſtarken Regenfällen zu verhin— dern, eine Selbſtentlerung jedesmal ſtattfindet, ſobald ein beſtimmtes Niveau erreicht iſt; eine bis zu dieſem Niveau reichende offene Röhre, welche durch den Boden des Verdunſtungsge— fäßes hindurchgeführt iſt, läſst das Waſſer in ein Sammelgefäß abfließen. Ahnlich conſtruiert iſt der Verdunſtungs⸗ meſſer in Pawlowsk (Dfterr. Met. Zeitſchr., Bd. XVII), welcher den Unterſchied zwiſchen Ver- dunſtung und Niederſchlag für einen Teich be— ſtimmen ſoll und in dieſen ſo eingeſetzt wird, daſs die Oberfläche der verdunſtenden Flüſſig— keit nahe mit der des Teiches zuſammenfällt. Hiedurch wird die wichtige Bedingung eines naturgemäßen Temperaturganges der verdun ſtenden Flüſſigkeit nahe erreicht, da nach den Beobachtungen die Temperaturen der Waſſer oberfläche des Teiches und des Waſſers in der Schale, wie zu erwarten, wenig verſchieden ver laufen. 5 Die bisher gewonnenen Reſultate über die Größe der Verdunſtung ſind bisher wenig be friedigend ausgefallen, hauptſächlich weil ver ſchiedene Apparate verſchiedene Werte liefern, und gerade auf dieſem Forſchungsgebiet wäre daher eine internationale Vereinbarung unbedingt er forderlich; nicht allein ein einheitlicher Ver dunſtungsmeſſer, ſondern auch die Vorſchreibung gleicher Behandlung ſind zu erſtreben. Gßn. Eventualmaxime Deutſchland) iſt der Grundſatz des gemeinen deutſchen Civilproceſs— 384 rechtes, nach welchem die Parteien ihre Angriffs- und Vertheidigungsmittel bei Vermeidung des Verluſtes derſelben ſchon bei Beginn des Proceſſes vorzubringen haben. Es hat deshalb der Beklagte ſchon in der Klagbeantwortungsſchrift alle ihm zu gebote ſtehenden, wenn auch ſich widerſpre— chenden Einreden (ſ. d.) in der Art anzugeben, daſs für den Fall der Ablehnung einer Einrede immer eine andere ſubſtituiert wird. So z. B. ich habe gar kein Darlehen erhalten, eventua— liter ich habe dasſelbe bereits zurückgezahlt, eventualiter ich bin zur Rückzahlung erſt in einem Vierteljahre verpflichtet. Dieſe Maxime iſt dem römiſchen Rechte fremd und entſtammt dem ſächſiſchen Civilproceſſe, aus welchem ſie durch den Reichstagsabſchied vom Jahre 1654 in das gemeine Recht übertragen wurde, um zu ver- hindern, dafs durch das ſucceſſive Vorbringen der Einreden im Laufe des Proceſſes dieſer unge— bürlich verſchleppt werde. Die Eventualmaxime iſt mit der Münd— lichkeit des Verfahrens unverträglich und des— halb auch durch den franzöſiſchen Code de pro— cedure civile vom Jahre 1806 und die deutſche Eivilprocejsordnung vom 30. Januar 1877 ausgeſchloſſen. Nach letzterer können die Parteien ihre Angriffs- und Vertheidigungsmittel (Ein- reden, Widerklagen, Repliken u. ſ. w.) bis zum Schluſſe derjenigen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, geltend machen. Das Gericht kann jedoch, wenn durch das nachträgliche Vor— bringen eines Angriffs- oder Vertheidigungs— mittels die Erledigung des Rechtsſtreites ver— zögert wird, der obſiegenden Partei, welche nach freier richterlicher Überzeugung imſtande war, das Angriffs- oder Vertheidigungs— mittel zeitiger geltend zu machen, die Proceſskoſten ganz oder theilweiſe auf— erlegen. a At. Eventualmaxime (Oſterreich) gilt nicht im Bagatellverfahren, jo dajs alle während des Verfahrens, wenn nur vor der Urtheilsſchöpfung ange— botenen Beweismittel als rechtzeitig an— gebracht ihre Wirkung äußern können (ſ. Bagatellverfahren). Mcht. Everninfäure, Co H., entiteht neben Orſellinſäure, wenn Evernſäure mit Barytwaſſer gekocht wird, kryſtalli— ſiert in kleinen, farbloſen Nadeln, iſt in Waſſer, Alkohol und Ather leicht löslich, ſchmilzt bei 157°, wird durch Chlorkalk gelblich gefärbt. v. Gn Evernſäure, C. Hs Os, iſt eine der Lecanorſäure ähnliche, in der Flechte Evernia Prunestri vorkommende Säure. v. Gn. Eviction, ſ. Entwehrung und Gewährleiſtung. At. Mcht. Evidenzbücher (Evidenzliſten) wer— den jene Nachweiſungen genannt, welche beſtimmt ſind, den jeweiligen Stand irgend einer Verrechnung oder auch einer ſonſtigen Geſchäftsangelegenheit jederzeit erſichtlich zu machen. Solche Evidenz— bücher oder -Liſten werden in den Forſtver— waltungen in der Regel geführt über hinaus- gezahlte Vorſchüſſe an Arbeiter und Arbeits- Eventualmaxime. — Evonymus. Fig. 305. Evonymus europaeus, gemeiner Spindelbaum. unternehmer, über ſämmtliche Pachtungen und die Einzahlung der Pachtzinſe, über Deputate und ſonſtige ſtändige Holzabgaben, über Ser- vitutsabgaben, über den Stand der Forftfrevel- anzeigen und die Einzahlung der zuerkannten Waldſchadenerſätze u. ſ. w. Auch die Perſonal⸗ ſtandsliſten über das angeſtellte Perſonale und die ſtändigen Arbeiter werden manchenorts als Evidenzbücher bezeichnet. Gg. Evidenzhaltung, ſ. Cataſter, Reviſionen, Nachträge und Forſtgrundſteuerermittelung. Nr. — Mcht. — At. Evolut, ausgewickelt, heißt die Spirale einer Conchylie, wenn die folgenden Umgänge die früheren wenig oder gar nicht umfaſſen und verdecken; das Gegentheil involut e r. Evolutio, Entwicklung überhaupt (ſ. a. Anaplasis). x Evolutionstheorie, ſ. Zeugung ee 4 nr. Evonymin, ein in der Rinde von Evony- mus atropurpurea enthaltenes, als Herzgift wirkendes Glykoſid. Kryſtalliſierbar, ſchwer lös⸗ lich in Waſſer, leicht in Alkohol. v. Gr. Evonymus L., Spindelbaum. Gattung von Sträuchern und Bäumen aus der faſt ganz exotiſchen Familie der Celastrineae. Blätter ein⸗ fach, ganz, gegenſtändig, ohne Nebenblätter. Blüten zwitterlich, regelmäßig, in achſelſtän⸗ digen gabeltheiligen Trugdolden mit 4- bis 5 zähnigem Kelch, 4—5 ausgebreiteten Blumen- blättern, 4—5 mit dieſen alternierenden, auf einer den Fruchtknoten umgebenden Scheibe ſtehenden aufrechten Staubgefäßen und 1 kurzen Sig . TTT a en ů —— k — —U—ꝛ Griffel. Frucht eine 1— 5 fächerige, Happig auf⸗ ſpringende purpurrothe Kapſel von der Form eines Prieſterbaretts (daher vulgo „Pfaffenhüt⸗ chen“ genannt, welcher Name wohl auch auf die Excremente. — Exeretin. ganze Pflanze übertragen wird), mit einſamigen Fächern. Samen groß, eiweißhaltig, ölreich, von einem orangegelben, leicht abziehbaren Mantel umhüllt. Holz ſehr feinfaſerig, ſchön gleichförmig, gelblichweiß, ſchwer, ſehr wertvoll. Die meiſten Arten ſind in Mittel- und Oſtaſien, Japan, Java und Nordamerika zu Hauſe (dar- unter auch immergrüne, wie der in Gärten des Südens ſowie in der weſtlichen Schweiz häufig cul— tivierte E. japonicus Thbg.). In Deutſchland und Oſterreich-Ungarn kommen folgende 3 Arten vor: Der gemeine Spindelbaum, E. europaeus L. (Fig. 305; Reichb., Ic. Fl. Germ. VI., t. 309). Blätter kurz geſtielt, eiförmig-länglich bis lan⸗ zettförmig, feingekerbt, kahl, 3½ bis 9em lang und 1½ bis 5 em breit; Kelchzipfel, Blumen- blätter und Staubgefäße 4, Blumenblätter kreuz— weiſe ausgebreitet, grünlichweiß; Kapſel vier- knöpfig, vierfächerig; Samen weiß. Baumartig werdender Strauch von 1˙7—5 m, ſelten 6m Höhe, mit ruthenförmigen rundlich-vierkantigen olivengrünen, an den Kanten mit bräunlichem Kork geſäumten Zweigen und eiförmigen, ſpitzen, grün oder roth überlaufenen, von kreuzweiſe ge— genſtändigen abſtehenden ſpitzen, gekielten Schup— pen umhüllten Knoſpen. Alte Stämme mit grauer tief gefurchter Rinde bedeckt. Krone bei baum— artigem Wuchſe buſchig, überhängend; Bewur— zelung ſtark, doch nicht weit ausſtreichend. Va— riiert in Gärten mit gelbweiß geſcheckten Blät— tern (var. aucubaefolia), mit häugenden Zweigen (var. pendula), mit roſenrothen und weißen Früchten (var. rhodo- und leucocarpa). Auf ſandig⸗humoſem, lehmigem oder kalkhaltigem, friſchem bis feuchtem Boden in Auen- und Mit⸗ telwäldern, an Waldrändern und Bächen, in Feldhölzern und Hecken, in der Ebene und im Hügellande, ferner in den Vorbergen höherer Gebirge (in den bayriſchen Alpen bis 877 m, im bayriſchen Walde bis 600 m) durch faſt ganz Europa verbreitet. Gibt nach dem Abhieb reich— lichen und kräftigen Stockausſchlag, eignet ſich deshalb zum Niederwaldbetrieb auf feuchtem Niederungsboden und zu Niederholz in Auen— und Mittelwäldern. Blüht im Mai und Juni, e F aus latifolius, breitblättriger Spindel baum. Dombrowski. Enchflopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch Fig. 306. Evonyn 385 reift die Früchte vom Auguſt bis October. — Breitblättriger Spindelbaum, E. lati- folius Scop. (Fig. 306; Reichb. a. a. O., T. 310). Vom vorigen unterſchieden durch große langſpin⸗ delförmige Knoſpen mit anliegenden Schuppen, rundliche, etwas zuſammengedrückte Zweige, große, bis 12 cm lange und 6 em breite Blätter, kleinere Blüten mit 3 Kelchzipfeln, Blumen⸗ blättern und Staubgefäßen, bräunliche Blumen- blätter und viel größere 3 knöpfige, 3fächerige Kapſeln. Baumartig werdender Großſtrauch, bis 6m hoch. In Gebirgswäldern der Schweiz, Oberbayerns, der öſterreichiſchen Alpenländer, Kroatiens, Ungarns und Siebenbürgens, außer- dem in ganz Südeuropa, in den Alpen bis 1300 m emporſteigend. Macht dieſelben An- ſprüche an den Boden und wird gleich dem vorigen, wenn auch ſeltener, als Ziergehölz cul- tiviert. Blüht und fruchtet zur ſelben Zeit. — Warziger Spindelba um, E. verrucosus Scop. (Fig. 307; Reichb. a. a. O., T. 310). Strauch von 1727 m Höhe, mit runden olivengrünen, Fig. 307. Evonymus verrucosus, warziger Spindelbaum. über und über mit großen ſchwarzbraunen, abgeplatteten Warzen beſtreuten Zweigen und Aſten. Blätter ei-lanzettförmig, lang zugeſpitzt, feingekerbt, 3—5 em lang, 2— 3 em breit; Blüten klein, grünlichroth, nach der Vierzahl gebaut; Kapſeln klein, vierknöpfig, roſenroth; Samen ſchwarz, nur halb vom orangegelben Mantel verhüllt. In Laubwäldern, auf bebuſchten Hü— geln, beſonders auf kalkhaltigem Boden im Oſten der Weichſel (in Oſtpreußen, Litauen, Polen), in Galizien, Ungarn, Siebenbürgen, den öſterreichiſchen Alpenländern und Dalmatien, vereinzelt in Böhmen und Oberſchwaben. Blüht im Mai und Juni. Wm. Excremente, ſ. Verdauung. Ohr. Excretin, Ciollas0, in den Excrementen der Menſchen (0016 % ) und der Thiere. Gelbe Nadeln, leicht löslich in Ather, wenig in kaltem Alkohol, nicht in Waſſer, Alkalien und Säuren, riecht beim Erhitzen aromatiſch, ſchmilzt bei III. Bd. 25 386 Erecution. 95—96°, nicht flüchtig. Excretin iſt dem Chole- ſterin nahe verwandt. v. Gn. Execution (Deutſchland) iſt der zwangs⸗ weiſe Vollzug einer behördlichen Anordnung. Das Executionsverfahren iſt natürlich nach der Verſchiedenheit der Behörden (ſ. d.) und ihrer Aufgaben ein ſehr abweichendes, in jedem Falle aber iſt die Rechtmäßigkeit einer Exeeution an die Vorausſetzung der geſetzlichen Begründung der behördlichen Anordnung und der ange— wendeten Zwangsmaßregeln geknüpft. Nach Art. 19 der Reichsverfaſſung vom 1. Januar 1871 können Bundesglieder, welche ihre verfaſſungsmäßigen Bundespflichten nicht erfüllen, dazu im Wege der Execution angehalten werden. Dieſe Execution iſt vom Bundesrathe zu beſchließen und vom Bundes— präſidium zu vollſtrecken. Der Vollzug der Reichsgeſetze ſteht, ſoferne nicht in einem ſolchen Geſetze ausdrück— lich anders beſtimmt iſt, den einzelnen Bundes— ſtaaten zu. Die Staatsbehörden gehen gegen unge— horſame Beamten mit Ordnungs- und Dis- ciplinarſtrafen (ſ. Dienjtordnung) vor und wenden gegen renitente Amtsuntergebene jene Zwangsmaßregeln an, welche ihnen durch orga— niſche und Specialgeſetze geſtattet ſind. Den Behörden der inneren Verwaltung ſtehen als Zwangsmaßregeln zu Gebote die ge— waltſame Verhinderung unerlaubter Handlungen durch Verhaftung, Beſchlagnahme der Werk— zeuge u. ſ. w., die Durchführung der getroffenen Anordnungen auf Koſten des Säumigen, die Androhung und Verhängung von Strafen, 1 Anzeige bei dem einſchlägigen Gerichte u. w. Den Finanzbehörden iſt zur Beitreibung rückſtändiger Steuern die Pfändung und Ver— äußerung von Vermögensbeſtandtheilen der Steuerpflichtigen geſtattet, und die Reichscon— cursordnung gewährt hier dem Fiscus (ſ. d.) auch einen Vorzug. Dieſe Vorrechte des Fiscus gelten jedoch nicht bezüglich der Forderungen aus ſeiner Privatwirtſchaft, z. B. bezüglich der Forſtgefälle, indem derſelbe hier jedem anderen Gläubiger gleichſteht. Die deutſchen Staats- forſtverwaltungen behalten ſich deshalb bei den Forſtproductenverkäufen entweder wie in Preußen das Recht vor, die rückſtändigen Beträge auch ohne gerichtliche Klage durch Execution einzu— ziehen, oder die Produete auf Gefahr und Koſten der Käufer für deren Rechnung vom Oberförſter anderweit verſteigern zu laſſen, oder ſie ſtellen, wie in Bayern, die Bedingung, die Forderung ohne richterliche Intervention hypo— thekariſch verſichern laſſen zu dürfen. Die Executivbefugniſſe der Gerichte wur— den für Deutſchland einheitlich geregelt durch die Strafproeeſsordnung vom 1. Februar 1877, die Concursordnung vom 10. Februar 1877 und die Civilproceſsordnung vom 30. Januar 1877. Nach § 161 des Gerichts- verfaſſungsgeſetzes vom 27. Januar 1877 erfolgt die Herbeiführung der zum Zwecke der Vollſtreckungen, Ladungen und Zuſtellungen er— forderlichen Handlungen nach Vorſchrift der Proceſsordnungen ohne Rückſicht darauf, ob die eine Vermögensſtrafe oder eine Buße (ſ. d.) er⸗ Handlungen in dem Bundesſtaate, welchem das Proceſsgericht angehört, oder in einem anderen Bundesſtaate vorzunehmen ſind. Die Vollſtreckung rechtskräftiger Straf— urtheile erfolgt durch die Staatsanwaltſchaft — jedoch mit Ausſchluſs der Amtsanwälte an den Amtsgerichten — auf Grund einer von dem Gerichtsſchreiber zu ertheilenden, mit der Be— ſcheinigung der Vollſtreckbarkeit verſehenen be— glaubigten Abſchrift der Urtheilsformel. Für die zur Zuſtändigkeit der Schöffengerichte ge— hörigen Sachen kann durch Anordnung der Landesjuſtizverwaltung die Strafvollſtreckung den Amtsrichtern übertragen werden. Die bei der Strafvollſtreckung nöthig werdenden ge— richtlichen Entſcheidungen werden von dem Gerichte erſter Inſtanz ohne mündliche Ver— handlung erlaſſen. Die Vollſtreckung der über gangenen Entſcheidung erfolgt nach den Vor⸗ ſchriften über die Urtheile der Civilgerichte. Bezüglich des Vollzuges der Forſtſtraf— gerichts urtheile ſ. Forſtſtrafproceſs. In einem Concurſe kann das Gericht den Gemeinſchuldner vorführen laſſen und in Haft behalten. Die Vertheilung der Concurs— maſſe unter die Gläubiger nach dem vom Ge— richte genehmigten Plane erfolgt durch den Concursverwalter. Während die Execution im Strafproceſſe von amtswegen erfolgt, bedarf es im Civil⸗ proceſſe zur Zwangsvollſtreckung immer eines beſonderen Antrages der Parteien. Die Zwangs- vollſtreckung findet ſtatt aus Endurtheilen, welche rechtskräftig oder für vorläufig vollſtreckbar er⸗ klärt ſind. Der Ausfertigung eines ſolchen Ur- theiles an die Partei (vollſtreckbare Ausfertigung) muſs die ſog. Vollſtreckungsclauſel beigefügt ſein. Als Vollſtreckungsgericht erſcheint immer das Amtsgericht, in deſſen Bezirk das Boll- ſtreckungsverfahren ſtattfinden ſoll. i Die Zwangsvollſtreckung in Mobilien be⸗ thätigt der Gerichtsvollzieher (ſ. d.), d. i. der mit den Zuſtellungen, Ladungen und Vollſtreckungen des Gerichtes betraute Beamte, durch Pfändung und Verſteigerung derjelben. Die Vertheilung des in dieſer Weiſe erlangten Geldbetrages unter die einzelnen Gläubiger iſt, wenn derſelbe nicht zue Befriedigung aller ausreicht, Sache des zus ſtändigen Amtsgerichtes. Die Zwangsvollſtreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte ſteht dem Amts⸗ gerichte, bei welchem der Schuldner im Deutſchen Reiche ſeinen allgemeinen Gerichtsſtand hat, und in Ermangelung eines ſolchen jenem Amtsge⸗ richte zu, in deſſen Bezirk ſich Vermögen des Schuldners oder der mit der Klage in Anſpruch genommene Gegenſtand befindet. Die Pfändung einer Geldforderung beſteht darin, dafs das Gericht dem Drittſchuldner verbietet, an den Schuldner zu zahlen, und dieſem gebietet, ſich jeder Verfügung über die Forderung, insbes ſondere der Einziehung derſelben zu enthalten. Bezüglich der Pfändung des Einkommens bes ſtehen mancherlei Ausnahmen zu gunſten des Schuldners, insbeſondere der Beamten (. d.). Für die Zwangsvollſtreckung in das une bewegliche Vermögen iſt das Amtsgericht zu⸗ Execution. 387 ſtändig, in deſſen Bezirk das Grundſtück liegt. Dieſelbe richtet ſich, einſchließlich des mit ihr verbundenen Aufgebots- und Vertheilungsver— fahrens, nach den Landesgeſetzen. Hat der Schuldner eine bewegliche Sache oder von beſtimmten beweglichen Sachen eine Quantität herauszugeben, ſo ſind dieſelben von dem Gerichtsvollzieher ihm wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben. Wird die heraus— zugebende Sache nicht vorgefunden, ſo kann der Schuldner zur Leiſtung des Offenbarungseides (ſ. Eid) angehalten und im Falle der Weigerung auf Koſten des Gläubigers bis zu ſechs Mo— naten in Haft behalten werden. Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vor— nahme durch einen Dritten erfolgen kann, ſo iſt der Gläubiger von dem Proceſsgerichte erſter Inſtanz auf Antrag zu ermächtigen, auf Koſten des Schuldners die Handlung vornehmen zu laſſen. Kann eine Handlung durch einen dritten nicht vorgenommen werden, ſo iſt, wenn ſie ausſchließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Proceſsgerichte zu erkennen, daſs der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Geldſtrafen bis zum Ge— ſammtbetrage von fünfzehnhundert Mark oder durch Haft anzuhalten ſei. Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlaſſen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, ſo iſt er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Proceſsgerichte erſter Inſtanz nach vorhergegangener Strafan— drohung zu einer Geldſtrafe bis zu fünfzehn— hundert Mark oder zur Strafe der Haft bis zu ſechs Monaten zu verurtheilen. Das Maß der Geſammtſtrafe darf zwei Jahre Haft nicht über— ſteigen. Auch kann der Schuldner zur Beſtellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwider— handlungen entſtehenden Schaden auf beſtimmte Zeit verurtheilt werden. Leiſtet der Schuldner Widerſtand gegen die Vornahme einer von ihm zu duldenden Handlung, ſo kann der Gläubiger einen Ge— richtsvollzieher zuziehen, welcher befugt iſt, dieſen Widerſtand, nöthigenfalls mit polizei— licher und militäriſcher Hilfe, gewaltſam zu brechen. Zur Sicherung einer ſpäteren Zwangs— vollſtreckung in das bewegliche oder unbeweg— liche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anſpruches, welcher in eine Geld— forderung übergehen kann, iſt ſowohl das Ge— richt der Hauptſache als das einſchlägige Amts— gericht befugt, das Vermögen des Verklagten mit Arreſt zu belegen oder dieſen ſelbſt in Haft zu nehmen oder in anderer Weiſe in ſeiner perſönlichen Freiheit zu beſchränken. Als ein zureichender Grund für eine ſolche Verfügung iſt es anzuſehen, wenn das Urtheil im Aus— lande vollzogen werden müſste. Es finden hiebei im weſentlichen die Vorſchriften der Zwangs— vollſtreckung entſprechende Anwendung. Durch die Landesgeſetzgebung (wie z. B. durch das bayriſche Notariatsgeſetz vom 10. No— vember 1861) kann auch angeordnet werden, daſs mit der Vollſtreckungsclauſel verſehene ge— richtliche (notarielle) Urkunden ohneweiters nach den Vorſchriften der Civilproceſsordnung über Zwangsvollſtreckung vollziehbar ſind. At. Execution. Die Vorausſetzungen für die Vollführung einer civilrechtlichen Execution liegen darin, dass ein Schuldner eine fällige Schuld nicht rechtzeitig erfüllt hat. Der Gläu- biger hat ſich (ausgenommen gewiſſe große Geldinſtitute und Sparcaſſen) an das Gericht mit einer Klage wegen Geltendmachung eines Rechtes zu wenden und dann, wenn das Ge— richt ſeine Forderung als beſtehend anerkannt hat, um die jog. pfaudweiſe Beſchreibung, welche bei Mobilien wegfällt, dann die executive Schätzung und endlich die Anberaumung der Feilbietung anzuſuchen. Für den Erwerb des Eigenthumes bei Feilbietungen gilt (nach der Meinung hervor— ragender Autoren) der Zeitpunkt des Zu— ſchlages (entgegengeſetzt Entſch. d. O. G. H. vom 2. November 1871, Nr. 13.293 [G. U. W., Bd. IX, Nr. 4296], die Einantwortung). — Von einer Feilbietung ſind die intabulierten Pfand— gläubiger bei ſonſtiger Ungiltigkeit der Feil— bietung ſpeciell zu verſtändigen; die Schuldner dürfen bei der Feilbietung nicht mitbieten. Über— ſteigt der Feilbietungserlös den Betrag der ein— zutreibenden Forderung, ſo wird der Reſt dem Schuldner ausgefolgt; bleibt der Erlös hinter dieſer Summe zurück, ſo iſt der Schuldner für denſelben haftbar, (ſ. im allgemeinen „Dar— leihensvertrag“). Über den Einfluſs der Execu— tion auf Beſtandesrechte (z. B. einen Jagd— pachtvertrag) ſ. d.; über die Exequierbarkeit von Ausgedingen j.d.; über die Execution von Bezügen der Beamten ſ. d. Freiwillige Feilbietungen beweglicher Sachen, zu welchen z. B. das Recht, Gras ab— zumähen (Entich. des Miniſteriums des Innern vom 28. Februar 1875, 3. 1626), oder das Recht, ein Grundſtück pachtweiſe zu benützen (Entſch. des Miniſteriums des Innern vom 16. Februar 1870, 3. 18.599), gehört, werden über Zuſtimmung und mit Intervention der Gemeindevorſteher nach der Feilbietungsord— nung vom 15. Juli 1786, J. G. S. Nr. 565 (republiciert mit dem Hfklzd. vom 14. Sep— tember 1845) vorgenommen. Freiwillige Feil— bietungen von Immobilien werden durch die Realinſtanz (ſ. Behörden) vorgenommen. Die Vornahme einer freiwilligen Mobiliarverſtei gerung ohne Intervention der Gemeinde wird mit 23— 100 fl. beſtraft. Der Gemeinde gebürt bei allen freiwilligen Feilbietungen, welche im Gemeindegebiete ſtattfinden (Erk. d. V. G. H. vom 9. November 1882, 3. 2149, Budwinski, Bd. VI, Nr. 1553), 1% zum Localarmenfonds. Die Executionsordnung für Ungarn iſt im Geſ. Art. LX vom Jahre 1881 (ſanctioniert am 1. Juni 1881) enthalten. Da es nicht unſere Aufgabe ſein kann, den Vorgang und die Vorausſetzungen der civilrechtlichen Execution hier genauer zu ver folgen, jo ſeien aus den Executions ordnungen u. a. noch einige jener Fälle hervorgehoben, in welchen die Execution ausgeſchloſſen iſt, abgeſehen von den im Artikel „Beamte“ an— geführten Fällen. In Weſtöſterreich ſind der 25 388 Execution. Execution entzogen Diurnen, weiters (nach dem Gegenſtände; bei jenen Perſonen, deren Bezüge Geſetze vom 29. April 1873, R. G. Bl. Nr. 68) die aus dem Arbeits- und (Privat-) Dienſtver⸗ hältniſſe fließenden Bezüge unter 600 fl., wenn die Bezüge dauernd, d. h. mindeſtens auf ein Jahr, oder bei unbeſtimmter Dauer gegen drei— monatliche Kündigung gewährt ſind; andere Dienſtentlohnungen dürfen durch Execution nur getroffen werden, wenn die Dienſte bereits ge— leiſtet ſind und der Tag abgelaufen iſt, an welchem das Entgelt auszufolgen war. Ferner ſind von der Execution frei (nach $ 340 der Ger. O.) die unentbehrlichen Leibes— kleider und die nöthigſten Werkzeuge, mit wel— chen der Schuldner ſich und ſeine Familie erhält; das nothwendige Hausgeräthe und das— jenige, deſſen der Schuldner zu ſeiner Berufs— arbeit bedarf, weiters der Geding- und Schicht— lohn der Bergarbeiter (nach $ 207 des Berg— geſetzes vom 23. Mai 1854, R. G. Bl. Nr. 146); endlich darf nach dem Hfd. vom 7. April 1826, J. G. S. Nr. 2178, das Zugehör (f. d.) eines unbeweglichen Gutes (der jog. fundus instruc- tus) nur mit dieſem und nicht ſelbſtändig mit Beſchlag belegt werden. Die ſtändige Praxis des O. G. H. (3. B. Entſch. vom 1. October 1878, Z. 11.096, G. U. W., Bd. XVI, Nr. 7160) geht ferner darauf hin, Maſchinen einer Fabrik nicht ſelbſtändig pfänden zu laſſen, z. B. alſo auch bei einer Sägemühle oder einer anderen holzverarbeitenden Fabrik. Weſentliche Ergänzung und Erweiterung dieſer Normen brachte das Geſetz vom 10. Juni 1887, R. G. Bl. Nr. 74 (wirkſam ſeit 1. Auguſt 1887). Hienach ſind von der Execution ausge— nommen „Gegenſtände, welche zur Ausübung des Gottesdienſtes einer geſetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgenoſſenſchaft verwendet werden, Kreuzpartikeln und Reliquien. Die Faſſung kann exequiert werden, doch nur ohne Verletzung des daran befindlichen Authenticitäts— nachweiſes. Ferner ſind ausgenommen: die Klei— dungsſtücke, Betten, Wäſche, Haus- und Küchen- geräthe (ineluſive Meubles), insbeſondere die Heiz- und Kochöfen, ſo weit dieſe Gegenſtände für den Schuldner und für deſſen im gemein— ſamen Haushalte mit ihm lebende Familien— glieder und Dienſtleute unentbehrlich ſind; die für den Schuldner und für deſſen im gemein— ſamen Haushalte lebende Familienglieder und Dienſtleute auf zwei Wochen erforderlichen Nah— rungs- und Feuerungsmittel; eine Milchkuh oder, nach der Wahl des Schuldners, zwei Ziegen oder drei Schafe nebſt Futter- und Streuvor— rath für zwei Wochen, ſofern dieſe Thiere für die obgenannten Perſonen unentbehrlich ſind; bei Officieren, Beamten, privaten und öffentlichen, Geiſtlichen, Lehrern, Advocaten, Notaren, Arzten und Künſtlern ſowie bei anderen Perſonen, welche einen wiſſenſchaftlichen Beruf ausüben, die zur Verwaltung des Dienſtes oder Aus— übung des Berufes erforderlichen Gegenſtände ſowie anſtändige Kleidung, bei dieſen Per— ſonen aber nur ſo lange ſie activ ſind; bei Handwerkern, Hand- und Fabriksarbeitern (ein- ſchließlich der land- und forſtwirtſchaftlichen Arbeiter) ſowie Hebammen die zur perſönlichen Ausübung ihrer Beſchäftigung erforderlichen nach den beſtehenden geſetzlichen Beſtimmungen der Execution gänzlich oder theilweiſe entzogen ſind, ein Geldbetrag, welcher dem der Execution nicht unterworfenen Theile des Bezuges für die Zeit von der Vornahme der Execution bis zum nächſten Zahlungstermine gleichkommt; die zum Betriebe einer Apotheke unentbehrlichen Geräthe, Gefäße und Warenvorräthe, unbeſchadet der Zuläſſigkeit der Sequeſtration dieſes Betriebes und der hiezu gehörigen Gegenſtände; die Bücher, welche zum Gebrauche des Schuldners und ſeiner im gemeinſamen Haushalte mit ihm leben— den Familienmitglieder in der Kirche oder Schule beſtimmt ſind; der Ehering des Schuldners, dann Briefe, Schriften und die Familienbilder mit Ausnahme der Rahmen; Orden und Ehrenzeichen. Eine Execution auf bewegliche Sachen hat ganz zu unterbleiben, und die etwaigen Executions⸗ ſchritte ſind als unwirkſam zu erklären, ſobald ſich nicht erwarten läſst, daſs der Erlös für die zu verkaufenden Gegenſtände einen Überſchuſss über die Koſten dieſer Execution ergeben werde. Über die Anwendbarkeit aller dieſer Vorſchriften entſcheidet das Gericht nach freiem Ermeſſen, gegen Recurs. Feilbietungstermine werden immer nur zwei angeſetzt, beim zweiten werden die Gegenſtände auch unter dem Schätzungswerte hintangegeben. Executive Feilbietung einer unbeweglichen Sache kann ſiſtiert werden dadurch, daſs jemand, wenn das höchſte Anbot zwei Drittheile des Ausrufs-, bezw. Schätzungswertes nicht erreicht, ein Überbot um mindeſtens ein Fünftel des letzten Anbotes höher macht, die Koſten der neuen Feil- bietung übernimmt und ein Fünftel ſeines An⸗ botes durch gerichtlichen oder notariellen Erlag, von Geld oder Wertpapieren ſicherſtellt. Das Überbot iſt binnen längſtens 14 Tagen jchrift- lich bei Gericht zu überreichen. Anerkennt das Gericht das Überbot, ſo wird eine neue Feil— bietung angeordnet und im ungünſtigſten Falle die Liegenſchaft dem Überbieter zugeſchlagen. Wurde bei executiver Veräußerung eines unbe— weglichen Gutes nicht einmal ein Drittheil des Schätzungs-, bezw. Ausrufspreiſes erzielt, ſo kann der Schuldner binnen 14 Tagen, wenn hiedurch fein wirtſchaftliches Verderben herbei— geführt würde, bei Gericht die Aufhebung der Veräußerung beantragen; das Gericht entjcheidet nach freiem Ermeſſen gegen Recurs. Die Durch⸗ führungsverordnung des Juſtizminiſteriums zu obigem Geſetze wurde am 21. Juui 1887 er⸗ laſſen (Verordnungsblatt des Juſtizminiſteriums Nr. 22). 9 In Ungarn find von der Execution u. a. ausgeſchloſſen die dem Executen und deſſen Hausgeſinde nöthigen Kleider, Bettzeug, die nöthigſten Lebens- und Feuerungsmittel für die nächſten 15 Tage, die nöthigen Küchenuten⸗ ſilien, ferner die nöthigen Gebet- und Schul⸗ bücher und Lehrmittel, die Familienbilder (ohne Rahmen), die zur Fortſetzung des Erwerbs- 1 zweiges, zur Erfüllung des bürgerlichen Be rufes und zur perſönlichen Sicherheit nöthigen Waffen, die den Gelehrten und Künſtlern zur Ausübung ihres Berufes nöthigen Bücher, Mo⸗ delle und Inſtrumente, die nöthigen Arbeits- Executivſtrafen. — Exner. geräthe der Induſtriellen, Fabriksarbeiter und Taglöhner, das unter Verarbeitung ſtehende Materiale der Induſtriellen bis 50 fl., die für den Unterhalt des Executen und ſeines Haus⸗ geſindes nöthige Kuh oder ſtatt deren nach Wahl des Executen vier Schafe oder vier Ziegen ſowie das für dieſe Thiere auf die Dauer eines Monates nöthige Futter, endlich das zur Feld— ſaat erforderliche Saatgut von höchſtens 3 hl für die von dem Executen ſelbſt bewirtſchafteten Felder. Den ordentlichen Staats-, Municipal- und Gemeindebeamten, Seelſorgern und Lehrern müſſen 800 fl. von der Execution frei bleiben, Penſionen und Witwenbezüge 500 fl., von Diurnen kann nur die 1 fl. 50 kr. überſteigende Tageseinnahme exequiert werden. Sit ein uns bewegliches Gut verſteigert worden, ſo hat der Mieter oder Pächter regelmäßig, wenn nichts anderes ausbedungen iſt, dem Käufer das Be— nützungsrecht zu überlaſſen, u. zw. der Pächter am Ende des laufenden Wirtſchaftsjahres, der Mieter nach der local üblichen, in deren Er— manglung dreimonatlichen Kündigung; die An— ſprüche des Beſtandnehmers an den Beſtandgeber bleiben aufrecht (ſ. Beſtandesrechte). Ein Überbot, welches ein Plus von einem Zehntel über das letzte Anbot beträgt, kann die Execution unter— brechen (wie oben). Außerdem exiſtiert neben der ſog. Execu— tion zur Sicherſtellung und der Sequeſtration, durch welche der Gläubiger vor Zwiſchenfällen in dem Vermögen oder der Perſon des Schuld— ners ſichergeſtellt werden ſoll, die politiſche Execution, d. h. die Erzwingung gewiſſer Lei— ſtungen durch die politiſchen Behörden ohne Durchführung der weitläufigen gerichtlichen Execution, daher auch ohne Inanſpruchnahme der Gerichtsbehörden. Zu dieſen Mitteln ge— hören z. B. Strafen, etwa zur Erzwingung von Arbeitsleiſtungen, ſowie ein ſehr abgekürztes Verfahren zur Hereinbringung von Abgaben u. ſ. w., welches ebenfalls bis zur Feilbietung gehen kann (nach der kaiſ. Verordnung vom 20. April 1854, R. G. Bl. Nr. 96). Den Typus der politiſchen Execution bildet der Vorgang zur zwangsweiſen Hereinbringung der directen Steuern (ſ. Steuerweſen). Durch den Erlass des Finanzminiſteriums im Einvernehmen mit dem Miniſterium des Innern vom 2. Auguſt 1860, 3. 36.136, und den Erlaſs des Miniſteriums des Innern im Einvernehmen mit dem Juſtiz- und Ackerbau— miniſterium vom 17. April 1871, 3.5054, wurde ſpeciell feſtgeſtellt, dafs zur Eintreibung der Waldſchadenerſätze und zur Execution der von den politiſchen Behörden gefällten Forſt— frevelerkenntniſſe die politiſchen Behörden ohne Inanſpruchnahme der Finanzprocuratur com— petent ſeien. — Der Erlaſs des Ackerbaumini— ſteriums vom 9. März 1876, 3. 2223, erklärt, daſs der fällige Jagdpachtzins im Wege der politiſchen Execution, alſo ohne Interven— tion der Gerichtsbehörden durch die politiſchen Behörden einzubringen, und daſs hiefür vor allem die erlegte Pachteaution in Anſpruch zu nehmen iſt. Mcht. Erecutivſtraſen oder Ordnungsſtrafen ſind im Gegenſatze zu Diseiplinarſtrafen jene (meift 389 in einer Warnung, einem Verweiſe oder in Geldbußen beſtehenden) Strafen, welche von dem Amtsvorſtande für ſolche Ordnungswidrig— keiten verhängt werden, die außerhalb des Disciplinargeſetzes ſtehen und daher auch nicht den Gegenſtand einer Disciplinarbehandlung bilden; wie z. B. für verſäumte oder verſpätete Vorlage von Berichten oder Ausweiſen, Nicht— befolgung eines 1 u. dgl. Das Recht zur Verhängung ſolcher Ordnungsſtrafen, deren Ausmaß übrigens, insbeſondere bei Geldſtrafen, nur ein beſtimmt beſchränktes ſein darf, gehört zu den nothwendigſten Disciplinarmitteln des Vorgeſetzten, um die Befolgung der gegebenen Vorſchriften und Anordnungen zu fichern. Für die Nichteinhaltung der vorgeſchriebenen Vor— lagstermine für Verrechnungen oder ſonſtige Geſchäftsſtücke ſind entweder beſtimmte Geld— ſtrafen für jeden Tag des Verſäumniſſes oder die Abſendung eines ſog. Strafboten, im äußerſten Falle auch die Ausfertigung der betreffenden Arbeit durch einen beſonders hiezu entſendeten Beamten auf Koſten des Säumigen die üblichen Ordnungsſtrafen. Gegenüber dem Forſtſchutz— und dem ſonſtigen untergeordneten Perſonale können in manchen Verwaltungen auch Arreſt— ſtrafen im Executivwege verfügt werden. v. Gg. Exhibit (lateiniſch Exhibitum — Eingabe, Vorlage), im Kanzleiweſen die übliche Bezeich- nung für die mit einer fortlaufenden Nummer verſehenen und in einem eigenen Ausweiſe (dem Exhibiten- oder Einreichungsprotokolle) unter dieſer Nummer vorgemerkten Geſchäfts— ſtücke (ſ. Einlauf und Kanzleiweſen). v. Gg. Exner, Franz Wilhelm, geboren 1840 zu Untergänſerndorf (Niederöſterreich), machte ſeine Fachſtudien am Polytechnicum zu Wien und beabſichtigte ſich dem techniſchen Lehrfache zu widmen, weshalb er ſich der Lehramtsprü— fung für die Fächer: darſtellende Geometrie, Maſchinenlehre und Baukunde unterzog. Zu Beginn des N 1861/62 wurde Exner als ſupplierender Lehrer an der k. k. Oberreal— ſchule im III. Bezirk in Wien verwendet und ſchon im Herbſt des nächſten Jahres zum wirk— lichen Lehrer der genannten Fächer an der Communaloberrealſchule zu Elbogen (Böhmen), 1865 zum Lehrer und ſpäter zum Profeſſor für die techniſchen Fächer an der Landesober— realſchule in Krems ernannt. Bei der Reor— ganiſation der Forſtakademie Mariabrunn als Hochſchule im Jahre 1868 erhielt Exner eine Berufung als proviſoriſcher Profeſſor der In— genieurfächer an dieſelbe und wurde ſchon im nächſten Jahre definitiv zum ordentlichen Pro— feſſor ernannt. Bei Errichtung der forſtlichen Section an der k. k. Hochſchule für Bodencultur wurde ihm das Ordinariat für forſtliches In genieurweſen und mechaniſche Technologie an dieſer Lehranſtalt übertragen, nachdem ihm ſchon früher der Charakter eines Regierungs rathes verliehen worden war. Gewiſſe Erleichterungen in Beziehung auf die Zahl der ihm übertragenen Vorleſungen er— möglichten Exner, ſeine ausgedehnte literariſche und praktiſche Thätigkeit auf dem Gebiete der Technologie, welchem er ſich ſchon ſeit Voll— endung ſeiner Studien vorzüglich zuwendete, 390 fortzufegen und zu erweitern. Von allen Zwei⸗ gen der Technologie war es namentlich die Technologie des Holzes, welche das beſondere Intereſſe Exners wachrief. Verſchiedene größere Reiſen und die Betheiligung an allen wichti— geren Landes- und Weltausſtellungen ſeit 1862, namentlich mehrfach auch in dem Amte eines Preisrichters, gaben ihm Gelegenheit zu Stu— dien über die Verhältniſſe der Induſtrie in techniſcher und wirtſchaftlicher Richtung. Von dem Beginne der Begründung des gewerblichen Bildungsweſens in Oſterreich an betheiligte ſich Exner, u. zw. zuerſt im Handelsminiſterium, ſpäter und heute noch im Miniſterium für Cultus und Unterricht an den organiſatoriſchen Aufgaben und fungiert dermalen als Inſpector für Staatsgewerbe- und Fachſchulen. Im Jahre 1879 begründete er unter der Agide des nieder— öſterreichiſchen Gewerbevereines das technolo— giſche Gewerbemuſeum in Wien, dem er als Director vorſteht. Im Jahre 1881 verlieh ihm der Kaiſer den Titel und Charakter eines Hof— rathes. Vom politiſchen Bezirk Hernals wurde Exner als Abgeordneter des öſterreichiſchen Reichsrathes gewählt, in welchem er der deutſch— liberalen Partei angehört und ſich ausſchließ— lich mit techniſchen und volkswirtſchaftlichen Fachfragen beſchäftigt. Exners literariſches Hauptwerk iſt „Werk— zeuge und Maſchinen zur Holzbearbeitung“ (3 Bde., Weimar 1878-1882), deſſen 3. Band gemeinſchaftlich mit Carl Pfaff verfaſst iſt. Andere Werke von ihm ſind: „Das Holz als Rohſtoff für das Kunſtgewerbe“ (Weimar 1869), „Die Tapeten- und Buntpapierinduſtrie“ (Wei- mar 1869), „Die Kunſttiſchlerei“ (Weimar 1870), „Die Ausſteller und die Ausſtellungen“ (Wei— mar 1873), „Studien über das Rothbuchen— holz“ (Wien 1875), „Holzhandel und Holz— induſtrie der Oſtſeeländer“, gemeinſam mit G. Marchet als Ergebnis einer Studienreiſe nach den deutſchen und ruſſiſchen Oſtſeepro— vinzen, Hamburg, Schweden und Dänemark im Auftrage des k. k. Ackerbauminiſteriums ver— öffentlicht (Weimar 1876), „Das Biegen des Holzes“ (Weimar 1876), „Die mechaniſchen Hilfsmittel des Steinbildhauers“ (Wien 1877), „Das moderne Transportweſen im Dienſte der Land- und Forſtwirtſchaft“ (Weimar 1877). Schw. Exoaseus. Die paraſitären Pilzarten, welche man früher zur Gattung Exoascus ver— einigt, heute in die Gattungen Ascomyces, Ta— phrina und Exoascus getrennt hat, wachſen im Gewebe verſchiedener Pflanzenarten und ent— wickeln ihre die Sporenſchläuche (Asci) erzeu— gende Fruchtſchicht zwiſchen den Zellen der Ober— haut oder zwiſchen Oberhautzellen und Cuticula, und die daraus hervorgehenden Aſcen bilden einen feinen Überzug auf den bewohnten Pflanzentheilen. Alle Arten veranlaſſen durch ihr Wachsthum eigenartige Umgeſtaltungen und Wucherungen der befallenen Pflanzentheile. Es gehören dahin: Exoascus Pruni, der Erzeuger der „Narrentaſchen, Hungerzwetſchen“ bei Prunus domestica, spinosa und Padus. Das Mycelium | Exoascus. perenniert im Weichbaſte der Zweige dieſer Holzarten und wächst alljährlich in die neuen Triebe hinein. Gelangen Hyphen in die Frucht- knoten der Blüten, ſo veranlaſſen ſie die be— kannten Umbildungen, indem ſich das Mycelium durch das Fruchtfleiſch verbreitet und eines— theils die Kern- und Samenbildung verhindert, anderentheils die Längsſtreckung und Umge— ſtaltung der Frucht herbeiführt. Die Ascen- und Sporenbildung findet auf der ganzen Oberfläche ſowie an der Wand der inneren Höhlung ſtatt. Die Taſchen ſind ungenießbar und welken frühzeitig meiſt unter Auftreten zahlreicher Fäulnispilze. Der Ernteertrag an Pflaumen wird oftmals erheblich durch dieſen Pilz beeinträchtigt. Da der Pilz in den jungen Zweigen perenniert, ſo hilft das Einſammeln der erkrankten Früchte nicht, vielleicht würde ein Zurückſchneiden der jüngeren Zweige, welche kranke Früchte tragen, bis auf das alte Holz Erfolg haben. Exoascus deformans lebt in den Trieben und Blättern der Persica vulgaris, Amygdalus communis, Prunus avium, Cerasus domestica und Chamaecerasus und wird bei den Pfirjich- bäumen, deren Blätter blaſig aufgetrieben und gekräuſelt werden und frühzeitig abfallen, als Kräuſelkrankheit bezeichnet. Die in der Kirſche auftretende und Hexenbeſen erzeugende Form iſt neuerdings als beſondere Art, Exo— ascus Wisneri aufgefajst, ob mit Recht, iſt noch zu entſcheiden. Die Hexenbeſen von Prunus insititia werden durch Exoascus insititiae und die Blattanſchwellungen der Birne durch Exoascus bullatus erzeugt. Exoascusalnitorquus (Exoascus Alni, Tosquinetii) veranlajst das Krauswerden der Blätter von Alnus glutinosa und incana ſowie das taſchenförmige Auswachſen der Schuppen, der Ellernzapfen. Exoascus turgidus (Exoascus betu- linus) erzeugt die Hexenbeſen der Birke. Exo- ascus flavus veranlaſst auf der Unterſeite der Blätter von Alnus glutinosa gelbliche, runde Flecken. Exoascus betulae veranlajst auf der Oberſeite der Birkenblätter blaſig aufgetriebene Stellen. Exoascus aureus (Taphrina aurea, populina) veranlaſst auf den Blättern von Populus nigra blaſig aufgetriebene, goldgelb werdende Skellen und in den Fruchtkapſeln von Populus tremula und alba eine Wucherung zu ſtark vergrößerten, gelb gefärbten Hörnchen. Exoascus coeruleus erzeugt auf Eichen⸗ blättern blaſige Stellen, Exo asus carpini auf der Hainbuche Hexenbeſen mit verkleinerten gekräuſelten Blättern. Exoascus epiphyllus veranlajst auf der Oberfläche der Weißerlen⸗ blätter eine wellige Kräuſelung. Exo as cus Ulmi ſolche auf den Blättern von Ulmus campestris. Bei allen Erkrankungen durch Exoascus- Arten wird ein Abſchneiden alles jungen Holzes, in welchem das Pilzmycel perenniert, nothwendig ſein, wenn man die Krankheit zu be wünſcht. Hg. Exobasidium Vaccinii. — Exploſion. 391 Exobasidium Vaceinii. Die Schwamm— krankheit der Heidel- und Preiſelbeere. Das Exobasidium gehört zu den Hymenomyceten und zeichnet ſich dadurch aus, daßs die aus Baſidien beſtehende Hymenialſchicht nicht einem beſonderen Fruchtkörper aufſitzt, ſondern in der Oberfläche des bewohnten Pflanzentheils der Wirtspflanze ſich entwickelt. Die durch das Exobasidium Vaceinii erzeugte Krankheit findet ſich oft ſehr verbreitet, zumal bei feuchtem Boden an den Blättern, Stengeln und Blüten des Vaceinjum Vitis Idaea, uliginosum und Myrtillus, Andro- meda, Arctostaphylos und Ledum vor. Auf Rhododendron hirsutum und ferru- gineum kommt eine Form des Paraſiten vor, welche als Exobasidium Rhododendri bezeichnet worden iſt, aber wahrſcheinlich die— ſelbe Species iſt wie die das Vaccinium be— wohnende. Auf den Alpenroſenblättern erzeugt ſie die den Gallen einiger Gallweſpen ähnlichen Alpenroſenäpfel. Auf den Vaceinium-Arten erzeugt der Paraſit Anſchwellungen der Stengel, Blätter und Blüten, welche carminroth gefärbt und mit dem Eintritt der Sporenbildung von weißem Mehl beſtäubt und glanzlos ſind. Hg. Exochus, Ichneumonidengattung; Exochus mansuetor Grv. und gravipes Grv. ſchmarotzen in Hyponomeuta (ſ. d.) padella, einer Schwarz— punktmotte. Hſchl. Exorista, Gattung der Unterfamilie Ta- ehininae (Tachinen, Raubfliegen, Mordfliegen), Familie Museidae, leben (ähnlich wie Echino- myia) ſchmarotzend in e Hſchl Exotiſche Hölzer, ſ. ausländiſche oer 15 Expanfionsgefhofs (lateiniſch: expansio — Ausdehnung) bezeichnete in der Geſchichte der Handfeuerwaffen ein Geſchoſs mit Höhlung am Boden (j. Culot, Geſchoſs), heute indes und ganz beſonders in Jägerkreiſen iſt es ein Geſchoſs, welches mit einer vorderen Höhlung verſehen, beim Aufſchlag durch die in dieſer Höhlung befindliche Luft (auch wohl Wachs oder Fett) ausgedehnt werden und ſo bedeutend vergrößerte Wunden hervorrufen ſoll. Vom weidmänniſchen Standpunkte kann die Verwen— dung ſolcher Geſchoſſe (in Europa) nur gegen Raubzeug und gefährliches Wild gutgeheißen werden (ſ. Brand, Deformation, Geſchoſs). Th. Expanfionskraft iſt die Kraft, mit welcher die Gaſe ſich auszudehnen, ihr Volumen zu vergrößern ſtreben (ſ. Balliſtik I, Gasdruck). Th. Expedit wird jene Abtheilung eines grö— ßeren Amtes genannt, welche die Reinſchrift der Geſchäftsſtücke und deren Abſendung an die Adreſſaten zu beſorgen hat (j. Kanzleiweſen). v. Gg. Explofion (aus dem lateiniſchen explodere — klatſchend hinaustreiben) iſt die unter außer— ordentlicher Wärmeentwicklung plötzlich oder wenigſtens ungewöhnlich raſch vor ſich gehende Verwandlung (Zerſetzung) eines feſten oder flüſſigen Körpers in Gas, wobei durch das Be— ſtreben der Gaſe, einen ſehr vielmal größeren Raum als der urſprüngliche Körper einzunehmen, eine ſehr bedeutende und heftige Kraftentwick— lung gewonnen wird; auch gasförmige Körper können, indem ſie ſich unter plötzlicher Tempe— raturerhöhung gewaltſam ausdehnen, zur Ex— ploſion gelangen. Die Wirkung iſt um jo fräf- tiger, je vollkommener und ſchneller die Zer— ſetzung ſtattfindet, je größer die Menge und Temperatur des erzeugten Gaſes, je kleiner der urſprünglich vorhandene Raum und (bis zu einem gewiſſen Grade) je größer der Widerſtand iſt, der ſich der Ausdehnung des Gaſes entge— genſtellt. Hat die atmoſphäriſche Luft unmittel- bar nach der Exploſion Zutritt zu dem vorher geſchloſſenen Raum, ſo entſteht ein Knall; im luftleeren Raum dagegen und auch gewöhnlich in freier Luft (ohne Einſchließung) geſchieht die Zerſetzung ohne Knall. Bei manchen Exploſivſtoffen iſt die zweite raſchere Form der Zerſetzung (ſ. u. Detonation) jo plötzlich, daſs bereits ohne künſtliche Ein— ſchließung der gewöhnliche Luftdruck (1 Atmo— ſphäre) genügt, um einen zur Erzielung kräf— tiger Wirkung hinreichenden Widerſtand abzu— geben; hiebei tritt dann auch in offener Luft ein Knall ein (Nitrate). Die zur Exploſion neigenden Stoffe, die jog. exploſiblen oder Exploſivſtoffe, be— ſitzen ſämmtlich eine große Menge an irgend ein Metalloid (in einem ſog. Sauerſtoffträger) chemiſch gebundenen, alſo auf kleinſtem Raum zu- ſammengedrängten Sauerſtoff, welcher bei der Entzündung mit dem ebenfalls in entſprechen— dem Maße vorhandenen Kohlenſtoff ſich zu gas— förmigen Producten vereinigt; die anderen noch vorkommenden Elemente ſind mehr nebenſäch— licher oder zuſätzlicher Natur, ja ſie können den Zerſetzungsproceſs hin und wieder ſogar beein— trächtigen. Letzterer wird ſtets durch eine Tem— peraturerhöhung eingeleitet, die ihrerſeits ent— weder durch Berührung mit glühenden Körpern oder durch mechaniſche Einwirkung (Druck, Stoß, Reibung) hervorgerufen wird. Der Sauerſtoffträger iſt bei den als me— chaniſches Gemenge auftretenden Exploſivpſtoffen (Schießpulver) meiſt ein ſalpeterſaures (ſeltener chlorſaures) Salz (z. B. Salpeter), mit wel⸗ chem leicht verbrennliche Stoffe (3. B. Holz— kohle, Schwefel) gemiſcht werden; in den che— miſchen Verbindungen iſt der Sauerſtoffträger entweder eine organiſche Subſtanz (Holzfaſer, ſ. Nitrate) oder an deren Stelle eine Metallver— bindung (ſ. Knallpräparate). Im Gegenſatz zur Exploſion wird neuer— dings Detonation (frz. — Verpuffung, vom lateiniſchen de = von, herab, aus, und tonare — tönen, donnern) die beſonders bei Nitraten zu beobachtende höchſt rapide Gas— erzeugung genannt, welche in der ganzen Maſſe des Körpers ſo ſchnell vor ſich geht, dass die Wirkung ſolcher Detonation die desſelben Kör— pers, wenn er auf gewöhnliche Weiſe verbrennt oder wenn er zur Exploſion gebracht wird, bei weitem überragt. Daſs bei der Entzündung der Cxploſiv— ſtoffe zwei durch die Schnelligkeit der Gasent— wicklung ſcharf getrennte Formen der Zerſetzung auftreten, ſchien zuerſt im Jahre 1864 aus den Verſuchen des Schweden Alfred Nobel zur Her— 392 beiführung einer für Nitroglycerin und Dyna— mit geeigneten Zündung hervorzugehen; ſpätere Unterſuchungen Nobels ſowie die diesbezüglichen Arbeiten der Chemiker Abel (England), Roux, Sarrau, Champion und Pellet (Frankreich) be— ſtätigten und erklärten die Thatſache dahin, dass bei der rapiden Zerſetzungsform, welche mit dem Namen Detonation belegt wurde, eine faſt momentane Erſchütterung durch die ganze Maſſe des Exploſivſtoffes und damit ein unge— heuer raſches Auseinanderfallen desſelben in ſeine gasförmigen Beſtandtheile erfolgt; je un— beſtändiger das chemiſche Gleichgewicht der Ex— ploſivſtoffe iſt (Nitrate), deſto leichter kann eine Detonation herbeigeführt werden. Jene Er— ſchütterung muss durch eine bejondere Initial— ladung bewirkt werden, und iſt hiezu für die Nitroglycerinpräparate ſowie für Schießbaum⸗ wolle eine mit Knallqueckſilber gefüllte Zündkapſel, für Schießpulver dagegen Nitroglycerin erforder— lich; aus anderen Stoffen gebildete Initial— ladungen (wie z. V. Knallqueckſilber bei Schieß— pulver) bringen keine Detonation hervor; nach der Anſicht Abels iſt ein gewiſſer Synchronismus der Schwingungen beider Körper, der Ini— tialladung und des zur Detonation zu brin— genden Exploſivſtoffes unumgänglich, und ge— langen wohl aus dieſem Grunde manche Nitrate (Schießbaumwolle, Holzpulver ꝛc.), wenn ſie in ſehr loſer (ungepreſster) Form zur Verwendung kommen, nur zu der langſameren Entzündungs— form, beſonders wenn die Initialladung ver— hältnismäßig gering it. Im Gegenſatz zur Detonation bewirkt die durch gewöhnliche Entzündung oder durch ſtarken Schlag ꝛc. eingeleitete Exploſion eine lang— ſamere Zerſetzung und damit trotz gleichen Gas— quantums und (wahrſcheinlich) gleicher Wärme⸗ entwicklung eine geringere Kraftäußerung, welche bei Pulver etwa ein Viertel, bei Nitroglycerin und Schießbaumwolle etwa die Hälfte der durch Detonation gleicher Maſſen bewirkten Kraft beträgt. Knallqueckſilber ſcheint nur eine Form der Zerſetzung zu kennen, jedoch ſind die Unter— ſuchungen über die Frage noch nicht abge— ſchloſſen. Für Schießzwecke iſt die Detonation im allgemeinen nicht zu verwenden, da hiezu be— reits die Exploſion ſelbſt des langſam ſich zer— ſetzenden Schwarzpulvers meiſt zu raſch vor ſich geht; Detonation wird daher gewöhnlich nur für Sprengzwecke verwendet. Auf den gewöhnlichen Sprachgebrauch ſind die Reſultate dieſer neueren Unterſuchungen bisher ohne merklichen Einfluſs geblieben, ſo daſs hier Detonation und Exploſion meiſt noch als ziemlich gleichwertige Ausdrücke auf— treten. Th. Exploſtonsgeſchoſs. Ein gewöhnliches Lang— geſchoſs trägt an ſeiner Spitze oder in ſeinem Innern ein Knallpräparat (Zündhütchen), in welches durch den Aufſchlag ein vorſtehender Stift o. dgl. hineingetrieben wird; die dadurch bewirkte Detonation entzündet eine im Innern des Geſchoſſes befindliche kleine Sprengladung. Dieſe ähnlich den Granaten der Geſchütze wir— kenden Gewehrgeſchoſſe (Zeichnung ſ. u. Ge— Exploſionsgeſchoſs. — Expreſsbüchſe. ſchoſs) waren im Kriege zur Verwendung gegen feindliche Munitionswagen, Protzen u. dgl. be⸗ ſtimmt, ſind indes durch die internationale St. Petersburger Convention vom 11. Decem- ber 1868, welche leichtere als 450 & ſchwere Exploſionsgeſchoſſe zu verwenden verbietet, als völkerrechtswidrig ausgeſchloſſen. Die in den letzten Kriegen erhobenen Beſchuldigungen der Verwendung ſolcher Geſchoſſe find darauf zu— rückzuführen, daſs mit großer Geſchwindigkeit auftreffende Langgeſchoſſe von Weichblei ähnlich zerriſſene Wunden erzeugen wie jene Exploſions— geſchoſſe (ſ. Brand). Für Jagdzwecke dürften Exploſionsgeſchoſſe höchſtens gegen tropiſches Wild oder unter ganz beſonderen Umſtänden anwendbar ſein. Th. Expreſsbüchſe kann als ein ſehr vollkom- mener und in der Richtung auf große Ge— ſchwindigkeit (Raſanz der Bahn), Durchſchlag und Stauchwirkung des Geſchoſſes beſonders ausgebildeter Typus einer Jagdbüchſe bezeichnet werden. Der Begriff entſtand zuerſt in England, Ende der Fünfzigerjahre, und entlehnte den Namen höchſt wahrſcheinlich von dem Vergleich der Überlegenheit, welche das fliegende Geſchoſs in ſeiner Geſchwindigkeit ebenſo über das Ge— ſchoſs der übrigen Büchſen wie der Expreſszug über den gewöhnlichen Perſonenzug aufweist. Erreicht wird die große Geſchwindigkeit durch ungemein ſtarke Ladungen, welche bis zu 1% des Geſchoſsgewichtes ſteigen; die Stauchwirkung des Geſchoſſes (ſ. Brand), welche beſtimmt iſt, bedeutend größere Wunden als das Caliber und mit ſtark zerriſſenen Rändern (Verbluten) her⸗ vorzurufen, wird nicht nur durch die große Ge- ſchwindigkeit, ſordern auch durch die Länge des Geſchoſſes und durch deſſen Material (ſ. Defor— mation) gewährleiſtet; hin und wieder werden Expanſionsgeſchoſſe hiezu für erforderlich er— achtet. Die durch die große Geſchoſsgeſchwindig— keit erzielte Raſanz der Bahn bezweckte in Eng⸗ land nicht, wie man in Deutſchland vielfach annimmt, die Möglichkeit, auf größere Entfer- nungen zu ſchießen, ſondern ausgeſprochener— maßen lediglich die möglichſte Unſchädlich— machung der Fehler des Schützen im Abkom— men, bezw. im Schätzen der Entfernung. Um den Einfluſs der zur Stauchwirkung noth— wendigen Länge des Geſchoſſes auf das Ge— wicht wieder auszugleichen, wurde das Caliber der Expreſsbüchſe verhältnismäßig klein ge— wählt (meiſt 10—11 mm, ja ſelbſt 9 m), in⸗ des kommen auch größere Caliber, bis zu 14½ mm, vor. Der auch in England ſchwankende Begriff wurde durch die Bemühungen von J. H. Walſh (Herausgeber des Field) im Jahre 1883 dahin präciſiert, daſs eine Mündungsgeſchwindigkeit von 533 m (ungefähr ½ Ladungsverhältnis) die geringſte Grenze ſei, innerhalb welcher einer Büchſe der Name „Expreſsbüchſe“ zukomme; im übrigen müſſe letztere als eine Büchſe ge— wöhnlichen Gewichtes, kleinen Calibers, mit ſtarker Pulverladung, leichtem, beim Auftreffen ſich ſtauchendem Geſchoſs, großer Raſanz und guter Treffähigkeit definiert werden. Sonſtige Conſtruction von Verſchluſs und Lauf, ſowie Expreſszüge. — Extrazeichen. 393 ob Doppel- oder einläufige Büchſe, iſt gleich— giltig; der Begriff liegt alſo in der Patrone, weniger oder eigentlich gar nicht in der Waffe. Das Princip der Expreſsbüchſe (ſtarke Pulverladung, große Stauchwirkung des Ge— ſchoſſes) verdankt ſeine weitgetriebene Ausbil- dung in England offenbar den Jagden in den Colonien ꝛc., und erſcheint es fraglich, ob die Übertragung desſelben auf unſere Verhältniſſe in ſeiner ganzen Schärfe gerechtfertigt erſcheint. Die ſtarken Ladungen bedingen einen großen Rückſtoß und machen die Erreichung guter Treff— genauigkeit ſchwierig; aus letzterem Grunde wird auch in England für die Birſche eine ge— wöhnliche Büchſe mit ſchwächerer Ladung und entſprechend höherer Treffgenauigkeit empfohlen und die Expreſsbüchſe hauptſächlich auf Treib— jagden mit ihren ſchnell wechſelnden Momenten und der dadurch bedingten Nothwendigkeit ſchnellen Entſchluſſes und Geradedaraufhaltens (raſante Bahn) angewendet. In Deutſchland ſind eigentliche Expreſs— büchſen (nach der engliſchen Definition) mit % Ladungsverhältnis und 533 m Mündungs— geſchwindigkeit nur ſelten im Gebrauch; was man hier gewöhnlich unter einer Expreſsbüchſe verſteht, iſt lediglich eine Büchſe kleineren Ca— libers mit raſanterer Bahn, als die ſonſt üb— lichen Büchſen aufweiſen; ſchon die allgemein eingeführte Militärpatrone von ca. 11 mm Ca⸗ liber, 25 g Geſchoſsgewicht, 2½ Caliber Ge— ſchoſslänge, 3 g Pulver (alſo nur ½ Ladungs— verhältnis = ca. 450 m Mündungsgeſchwindig— keit) gilt meiſt als „Expreſs“ im Gegenſatze zu den ſonſt üblichen ſchwachen Ladungsverhältniſſen von höchſtens / und dem kurzen (1-1 ½ Ca⸗ liber langen), 14—15 mm Durchmeſſer aufweiſen— den Geſchoſs mit gekrümmterer Flagbahn. Unter „Halbexpreſs“ pflegt man dann eine Büchſe zu verſtehen, welche in Caliber, Geſchoſs und Ladung zwiſchen jener als Expreſs be— zeichneten Militärpatrone und der gewöhnlichen Ladung ſteht. Th. Expreſszüge werden in Deutſchland fälſch— licherweiſe diejenigen Züge genannt, welche die von England bezogenen Expreſsbüchſen meiſt aufwieſen; es ſind dies die in jenem Lande ge— bräuchlichen ſehr ſeichten Züge, deren Kanten unter ſehr flachen Winkeln angeordnet ſind, und welche ihre deutlichſte Ausbildung in dem auch bei dem engliſchen Infanteriegewehr m/ 71 adoptierten Zugſyſtem des Edinburgher Ge— wehrfabrikanten A. Henry fanden (ſ. Zug). Mit dem Begriff „Expreſs“ oder „Expreſsbüchſe“ hat dieſe Zugconſtruction an ſich nichts zu thun, da ſie, als nur geringe Deformation des Geſchoſſes verlangend und nur mäßige Reibung verurſachend, für alle Büchſen — ſeien ſie nun für große oder kleine Pulverladungen con— ſtruiert — gleichmäßig günſtig erſcheint. Dieſe Züge als Henryzüge zu bezeichnen, iſt daher jedenfalls zutreffender. Th. Expropriation, ſ. Enteignung. At. — Mcht. Exſpiration, ſ. Athmung. Lbr. Extract ( Auszug) werden im Rech— nungs- und Kanzleiweſen jene Nachweiſungen genannt, welche nur einen Theil einer Rech— nungsperiode oder des betreffenden Gegen— ſtandes umfaſſen und daher als Auszug aus den eigentlichen Hauptverrechnungen oder Nach— weiſungen zu betrachten ſind. So werden von den Caſſaſtellen während des Jahres periodiſche Caſſenextracte zur Darſtellung der bis zum Schluſſe jener Periode erfolgten Einnahmen und Ausgaben, mitunter auch von den Forſtver— waltern Quartalextracte der Materialrechnung (in Preußen Naturalextracte genannt) der vorgeſetzten Rechnungsbehörden vorgelegt; ebenſo werden die einen ſpeciellen Beſitz oder auch nur einen Theil desſelben betreffenden Auszüge aus dem Grundbuche als Grundbuchsextracte bezeichnet. v. Gg. Extractor (v. lateiniſchen Supinumſtamm extract = herausziehen) S Auszieher (ſ. d.). Th. Extrazeichen nannte man die weniger wichtigen Zeichen des Rothhirſches zum Unter— ſchiede von den wichtigeren Haupt- und Bei— zeichen, ſ. d. „Die Zeichen aber, die das Hoch— wildpret thut, werden eingetheilt in Haupt-, Bey⸗ und Extrazeichen. Die Haupt⸗ und Beyzeichen muß ein hirſchgerechter Jäger noth— wendig wiſſen und verſtehen. Die Extrazeichen aber kann er ſich bekannt machen, wenn er will und curiös iſt; es ſchadet ihm ſolches nicht.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 86. E. v. D. J. Fäcalduft. G. Jäger ſpricht den flüch— tigen Fäcaldüften eine phyſiologiſche Bedeutung zu; ſie ſollen einen integrierenden Beſtandtheil aller im Körper circulierenden Säfte (Blut, Lymphe) bilden und dort wie ſeine Dispoſitions— oder Seelenſtoffe „Ort und Maß der Erreg— barkeit aller lebendigen Gewebe“ je nach ihrem Concentrationsgrad beſtimmen. Kur. Fächerflügler, ſ. Dermaptera; Forficu— lina. Hſchl. H Fächer formen, Flabellate, entſtehen bei einfachen Polyparen, indem dieſe aus ſchmaler Grundlage hervorgehend, ſtatt kegelförmig zu werden, ſeitlich ſich abplatten; bei zujammen- geſetzten Polyparen, indem die einzelnen Poly— pare, während ſie ſich theilen, in ihrer ganzen Höhe vereinigt bleiben. Kur. Fachwerk iſt die Bezeichnung für Perioden, welche zum Zwecke der Waldertragsregelung gebildet werden. Der Ausdruck „Fachwerk“ findet ſich wohl zuerſt in Laurops Jahrbüchern der geſammten Forſt- und Jagdwiſſenſchaft, 1824, Heft 3, p. 24. Wahrſcheinlich hat Cotta dieſe Bezeichnung erfunden, denn er nannte die Perioden des Hauptwirtſchaftsplanes „Fach— werke“. Hundeshagen verſtand darunter ledig— lich das Maſſenfachwerk (ſ. Fachwerksmethoden). Nr. Fachwerksmethoden ſind nach Denzin diejenigen Methoden der Waldertragsrege— lung, welche die Etatsbeſtimmung auf die Bedingung baſieren, dass die Betriebsfläche im Laufe eines im voraus beſtimmten Zeitraumes gerade einmal bis zu Ende genutzt werden ſoll. Dabei verſteht Denzin unter „Betriebsfläche“ diejenigen Betriebsclaſſentheile, deren Abtrieb bei der Etatsermittlung veranſchlagt werden ſoll. Die Eigenthümlichkeit der Fachwerksme— thoden beſteht darin, daſs ſie mit Hilfe eines in Fächer eingetheilten tabellariſchen Wirt— ſchaftsplanes die Gleichſtellung oder eine ge— wiſſe Regelmäßigkeit der Nutzung nach Fläche oder Maſſe nicht für die einzelnen Jahre, ſon— dern für längere Zeitabſchnitte entwickeln. Hier— aus entſteht der jährliche Hiebsſatz an Fläche oder Maſſe durch Theilung des periodiſchen Hiebsſatzes mit der Jahresanzahl der Periode. G. L. Hartig verſuchte zuerſt die Perioden unter Anwendung eines allgemeinen Wirtſchafts— planes mit gleichen oder allmählich ſteigenden Maſſenerträgen auszuſtatten. Dadurch wurde er der Begründer des ſpäter ſog. Maſſen— fachwerks. Eine mehr oder weniger regel⸗ mäßige Zerlegung des Waldes in Perioden— flächen ſpielte dabei entweder gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Dieſelbe kam aber vornehmlich in Betracht bei dem ſog. Flächenfachwerk, das den ein- zelnen Perioden gleiche oder annähernd gleiche Flächen zutheilte. Heinrich Cotta hat die letzt⸗ genannte Methode beſonders vertreten und auch zuerſt die Bezeichnung „Fächer“ für Perioden angewendet. Aus der Verbindung des Flächen- fachwerks und Maſſenfachwerks entwickelte ſich ſpäter das combinierte oder componierte oder Flächenmaſſenfachwerk. Der Praxis blieb es vorbehalten, aus dieſen Hauptfach⸗ werksmethoden zahlreiche Variationen ſich her- auszubilden. Die Schlageintheilung (ſ. d.) auch mit zu den Fachwerksmethoden zu rechnen, iſt nicht ganz correct, weil bei erſterer das ein- zelne Jahr, bei letzteren aber längere Zeit⸗ abſchnitte in Betracht kommen. Nr. Fachwerkswände (Fachbau), wände. Facialis nervus, Geſichtsnerv, zur Erihr- minusgruppe gehörig; tritt aus dem Foramen stylomastoideum heraus und entwickelt jeine Ausläufer insbeſondere im Parenchym der Ohr⸗ ſpeicheldrüſe. Knr. Facies, Antlitz, heißt am Vogel die die Augen-, Wangen- und Schläfengegend um— faſſende Partie, obſchon man bisweilen auch die Stirn⸗, Scheitel- und Kinngegend dan e nr. vgl. er FJaciesunterſchiede. Veränderungen im paläontologiſchen und petrographiſchen Cha— rakter einer geologiſchen Formation oder For— mationsabtheilung in horizontaler Richtung werden Faciesunterſchiede genannt. Dieſelben find der Hauptſache nach eine Folge der That⸗ ſache, daſs geſteinsbildende Vorgänge ſich ſowohl in der Hochſee wie an den Geſtaden und im Brackwaſſer gleichzeitig abſpielen und ebenſo gleichzeitig in den Seen, Sümpfen und Flüſſen des Feſtlandes vor ſich gehen, ja hier ſelbſt lediglich durch die Wirkungen der Winde (Dü— nen) hervorgerufen werden können. Auch bedin- gen klimatiſche Verhältniſſe, indem ſie tiefein⸗ greifende Wirkungen auf den Charakter der Faunen und Floren ausüben, Faciesunterſchiede. Großartigen Faciesunterſchieden begegnen wir beiſpielsweiſe in der europäiſchen Triasfor⸗ mation. In Deutſchland zeichnet ſie ſich durch die ſcharfe Dreigliederung (Buntſandſtein, Mu⸗ ſchelkalk, Keuper) aus, ein Umſtand, dem ſie ihren Namen verdankt, in England fehlt der Muſchelkalk, jo daſs nur die oberen und unteren Fackeljagd. — Fadenkreuz. Horizonte zur Entwicklung gelangt ſind, und endlich läſst fie in den Alpen die Dreigliederung kaum noch erkennen. Beſonders zeigen ſich die oberen Schichten der alpinen Trias der deut— ſchen vollkommen unähnlich. Die obere deutſche Trias — der Keuper — iſt eine wenig mäch— tige Strand- und Buchtenbildung, der bunte Mergel ſo recht eigentlich das Gepräge geben, während die alpine Obertrias ein viele tauſend Fuß mächtiges Sediment der hohen See iſt, in dem Schiefer-, Kalk- und Dolomitgeſteine vor— herrſchen und in dem ſich die Reſte einer ganz eigenartigen Fauna finden. v. O. Fackeljagd, die. Eine heute nicht mehr übliche Art des Haſenfangens. „Die Abend— oder Fackel⸗ oder auch Nachtjagd (auf Haſen) wird da, wo ſie üblich iſt, auf folgende Art veranſtaltet. Es werden im Winter vor Mitternacht, u. zw. in Nächten, wo der Mond nicht ſcheint, Netze, die 8 jedoch zum Fangen eingerichtet, | und mithin bujenartig aus einan— der geſpannt ſeyn müſſen, vor dem Holze dergeſtalt aufgeſtellt, daſs die beyden Flügel in die Felder hinauslaufen, dann aber die Felder durch eine verhältnismäßige An— 0 zahl Leute, die alle mit brennen— den Stroh- oder Pechfackeln ver— ſehen ſind, unter lautem Geſchrey und in vollem Laufe gegen die Netze zu abgetrieben, da dann die im Felde äſenden Haſen, wenn ſie nach dem Holze fliehen, in den Netzen gefangen werden.“ Jeſter, Fig. 30s. Kleine Jagd, Ed. I, Königsberg 25 1797, IV., p. 100. — Onomat. forest. I., p. 648 u. 19.— Grimm, D. Wb. III., p. 1228. — San⸗ ders, Wb. I., p. 827 a. E. v. D. Fackeln. § 454 des öſterreichiſchen St. G. beſtimmt, daſs, „wenn jemand mit Fackeln reist oder fährt, dieſe vor hölzernen Brücken und vor den Ortſchaften oder Wäldern bei Strafe von 30 bis 500 fl. . . . ausgelöſcht werden“. Das Fahrperſonale hat die Reiſenden auf dieſe Beſtimmungen aufmerkſam zu machen und wird für Unterlaſſung dieſer Obſorge mit Arreſt bis zu 8 Tagen beſtraft. Mcht. Fackeltreiben, das, ſyn. mit Fackeljagd oder: „Fackeltreiben heißt, das Wild bei Nacht mit Fackeln ins Freie treiben, wo dann den nächſten Morgen ein Treiben ſtatt findet.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356. en bei Grimm und Sanders. E. v Fädelein, Fädemlein, ſ. Füdlein⸗ E. v. D. Fadenapparat, ein von den Brüdern Hertwig entdeckter, charakteriſtiſcher Aufſatz des ſich entwickelnden Actinieneies. Kur. Fadenkopf, Haarkopf, ſ. Trichocephalus. Kur. Fadenkreuz. Um ein Fernrohr als Viſier— mittel gebrauchen zu können, muſs im Ocular— rohre desſelben an paſſender Stelle ein ſog. Fadenkrenz angebracht werden, jo daſs es mög— lich wird, letzteres bei jedesmaligem Viſieren genau mit der Bildebene (ſ. Fernrohr) in Über— einſtimmung zu bringen. Dieſes Fadenkreuz 395 beſteht in der Regel aus zwei ſich rechtwinkelig kreuzenden Spinnenfäden, die an einem an das Oculardiaphragma angelegten Ringe (ſ. Fern⸗ rohr) mittelſt Wachs oder Harz befeſtigt ſind. Auf dieſen Ring wirken von außen 3 bis 4 Schräubchen (Juſtierſchräubchen) ein, jo dais es hiedurch innerhalb des Ocularrohrquer— ſchnittes nach allen Richtungen verſchoben wer— den kann. Zuweilen (bei älteren Inſtrumenten) iſt die Einrichtung getroffen, daſs das in Frage ſtehende Diaphragma ſich auch längs der Achſe des Fernrohres, innerhalb gewiſſer Grenzen, verſchieben läſst (ſ. Fernrohr). Die Fäden können perfchiedenartig geſtellt werden; nebenſtehende Fig. 308 verſinnlicht die vorkommenden Formen des Fadenkreuzes. In der Geſtalt a kommt es am häufigſten vor, und man ſpricht hier von dem Horizontal- und Verticalfaden. Werden b e ? / RR aus d cf 5 0 | E O Schematiſche Darſtellung der verſchiedenen Fadenkreuzformen. verticalſtehende oder horizontalliegende Objecte (Abſteckſtäbe, horizontal getheilte Felder auf Zieltafeln) anviſiert, jo läſst die Stellung b des Fadenkreuzes eine ſchärfere Pointierung zu, als dies bei a der 5 wäre, weil im letzteren Falle die anviſierten Objecte partiell oder ganz durch die Fäden gedeckt ſein würden. Dasſelbe zu vermeiden, ſtrebt man durch die Formen e, d und e des Fadenkreuzes an. Die Lage der Fäden iſt auf dem Ringe vom Mechaniker durch eingeriſſene Linien markiert. Zuweilen tritt an den Geometer die Nothwendigkeit heran, ſelbſt Fäden in den Ring einzuſpannen, zu welchem Behufe letzterer aus dem Ocularrohre genommen werden muſs. Da nur friſch geſponnene Fäden verwendet werden können, ſo wird man trachten, einer mittelgroßen Spinne habhaft zu werden, die dann aus der Hand oder von einem Stöck— chen, auf welches man die Spinne zu kriechen gezwungen hat, fallen gelaſſen wird. Der Faden, welchen die Spinne im Herabfallen erzeugt, und der an der Hand (oder am Stöckchen) befeſtigt erſcheint, wird am beſten um die Spitzen eines geöffneten Zirkels geſchlungen, angehaucht (oder beſſer in heißes Waſſer getaucht) und durch weiteres Offnen des Zirkels etwa auf das Dop— pelte ſeiner früheren Länge ausgezogen, wo— durch er gegen die Einwirkung feuchter Luft widerſtandsfähiger werden ſoll. Hierauf wird der Faden in die Marken des Fadenkreuzringes gelegt und daſelbſt in oben angedeuteter Weiſe befeſtigt. 396 Fadenmikrometer. — Fagus. Da aber derartige Fäden dennoch im hohen Grade hygroſkopiſch bleiben, daher bei an— dauernd feuchter Luft ſchlaff werden und ſich infolge deſſen nach verſchiedenen Richtungen krümmen, hat Mechaniker Breithaupt (in Caſſel) den Spinnenfäden eine dünne Glasplatte mit feinen eingeriſſenen Linien ſubſtituiert. Bauern- feind erwähnt in ſeinem Lehrbuche „Elemente der Vermeſſungskunde“ auch die Verwendung von ſehr feinen Platindrähten an Stelle der Spinnenfäden. Erſtere haben ſelbſtverſtändlich den Vorzug vor letzteren, ſchon wegen der Be- ſtändigkeit in feuchter Luft. Uber Zweck und Verwendung des Fadenkreuzes j.a. Fernrohr. Lr. Fadenmikrometer. Denkt man ſich in dem Fadenkreuze (ſ. Fadenkreuz, Fig. 1 a) oberhalb und unterhalb des Horizontalfadens, von dieſem gleichweit entfernt und zu ihm parallel, je einen Faden eingeſpannt, ſo nennt man die ſo er— haltene Vorrichtung ein Fadenmikrometer. Es dient zur Begrenzung der im Fernrohr beim Viſieren entſtandenen Bilder (. Diſtanzmeſſer). Lr. Fadenwürmer, ſ. Nematoda. Kur. Fädlein, das, auch der Faden, das Fädchen, das Fädemlein, ein gerechtes Zeichen der Rothhirſchfährte. „Das Fädlein, der Faden. Durch das Zwängen (f. d.) entiteht im Tritt des Hirſches auf bindigem Boden im Spalt der Schalen ein ſchmaler, kantig⸗ſcharfer Strich, welcher ein nur dem Hirſche eigenes Zeichen bildet.“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 97. — „Nun wil ich dich aber leren von aines hirsz fusz waz er gut zaichen tut: Da mitten cwischen den bällen gat jm an dem fusz ain clains vf vnd gat es gelich en mitten durch den fusz recht als ain vaedemlin. Daz mag kain hind getun wan der hinden vadem ist grosz vnd vngschaffen. Die guten jäger habent geloben an daz czaichen wann sy es sehent.“ Abh. v. d. Zeichen des Rothhirſches aus dem XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2952. — „Nu lass auch mer sagen aber von des hirs füss was er guter ezaichen damit dutt. Nu get es im ezwigschen den spalt en mitten jn den fuss ain clayne vss vnd gat gleich en mitten jn den fuss recht als ain fedemlein.“ Abh. v. d. Zeichen des Rothirſches vom Jahre 1442, Cgm. — „Von des hirez vedemlin. Aber guti zeichen an des hirzen fuss: gat jm zwischen dem spalt enmitten durch den fuss harrecht als ein vedemlin dahin gezogen syg vnd ist kum jn der grössi als ein fedemli dz zeichen heist dz vedemli.“ Abh. v. d. Zeichen des Roth— hirſches vom Jahre 1462, Cgm. no. 558. — „Dem hirsch geet zwischenn dem schildt jnmittenn jnn dem fuss gleych mitenn durch den fuss her ein dinglen vss gleych einem fedemlen: dass nennen die jeger dass fedemlin.“ Cuno v. Winnenburg, Abh. v. d. Zeichen des Rothhirſches a. d. XVI. Jahrh. — „Nun gehet dem Hirſch zwiſchen ſpalt damitten durch den fuß | ein klein auß recht als ein fedemlin | das mag kein Hinde thun dann der faden iſt zu groß. Das zeichen heißt Fedemlin vnnd haben die Jägermeiſter guten glauben daran.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 94. — „Dem Hirſch gehet mitten durch den Fuß zwiſchen dem Spalt ein klein Fädemlin welches an einem Wild viel anderſt iſt dann der Faden iſt zu groß darauff auch viel zu mercken iſt.“ Neuw Jag vund Weydwerck Buch, Frankfurt a. M. 1582, fol. 36v. — P. de Crescenzi, Deutſche Aus⸗ gabe, Frankfurt a. M. 1583, fol. 478, 496. — Göchhauſen, Notabilia venatoris, Nürnberg 1731, p. 25. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 8. — Onomat. forest. I., p. 648. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 112. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 175. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 101, und Lexikon, p. 162. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 50. — Fehlt bei Benecke und Lexer. — Grimm, D. Wb. III., p. 1234, und Altd. Wälder III., p. 145. — Sanders, Wb. I., p. 386 a. E. v. D. Fagus Tourn., Buche. Gattung ſommer⸗ grüner Bäume aus der Familie der Cupuli- ferae (ſ. d.). Blätter geſtielt, fiedernervig, nur an dem Herztrieb ſpiralig, ſonſt alternierend— zweizeilig geſtellt, mit bald abfallenden Neben- blättern. Blütenſtände erſt mit dem Laubausbruche erſcheinend, männliche in den Achſeln der un— teren, weibliche in denen der oberen Blätter der Maitriebe ſtehend. Männliche Blüten in lang- geſtielten hängenden Kätzchen, deren Stiel 2 bis 4 wirtelförmig geſtellte Deckblättchen trägt, mit kurz trichterförmigem, 5—6ſpaltigem Perigon und 10—12 langgeſtielten Staubgefäßen; weib- liche zu zwei auf kurzem Stiele von zahlreichen linealen behaarten Deckblättern umringt, mit dieſen einen pinſelförmigen, am Grunde von vier längeren Deckblättern umhüllten Büſchel darſtellend. Jede einzelne weibliche Blüte wird von einem ſcharf dreikantigen, an den Kanten beinahe geflügelten, drei lange, walzenförmige, behaarte Narben tragenden, inwendig Zfächrigen und 6 Samenknoſpen enthaltenden Fruchtknoten gebildet, welcher von einem mit ihm verwachſenen Perigon überzogen iſt, deſſen freier oberer Rand ſich unter den Narben in 4—6 langbehaarte Zipfel ſpaltet. Frucht (Buchel, Buchecker) eine drei— kantige Nuſs mit lederartiger Schale, ihr Kern gänzlich aus den dicken, weißen, ölhaltigen, ſeltſam gewundenen und in einander gefalteten Kotyledonen des meiſt einzigen Samens — denn von den 6 Samenknoſpen wird in der Regel nur eine einzige befruchtet und zu einem Samen — beſtehend. Je zwei Nüſſe ſind in die durch die Verwachſung der zahlreichen Deckblättchen des weiblichen Blütenſtandes entſtandene Cupula vollkommen eingeſchloſſen, deren äußerlich kurz weichſtachelige Hülle nach der Fruchtreife kreuz— weiſe mit 4 Klappen aufſpringt. Bei der Kei⸗ mung ſpringt die Nuſs an den Kanten auf, worauf die Kotyledonen ſich entfalten und durch bedeutende Streckung des hypokotylen Gliedes hoch über den Boden emporgehoben werden und hier ſich ausbreitend und grün färbend die Functionen von Laubblättern erhalten. — Von den 5 bekannten Arten iſt die wichtigſte, zugleich die einzige in Europa vorkommende Art die ge— meine Buche oder Rothbuche, F. silvatica L. (Hiezu die Tafel; ſ. a. Hartig, Forſteulturpflanzen, T. 20, Reichb., Ic. for. Germ. XII., t. 639.) Baum erſter Größe mit geradem, bei im Schlujs er- wachſenen Exemplaren bis zum Wipfel aushal- tendem, unterhalb der Krone walzenförmigem e Fagus. 397 Zum Artikel „Fagus“, 14. Gemeine oder Rothbuche, Fagus sylvatica L. — Fig. 1 und 2. Keimpflanzen in verſchiedenen Entwicklungs⸗ ſtadien. — 3. Zweig mit Blättern, Staub⸗ (a) und Stempelblüten (b). — 4. Einzelne Staubblüte, vergrößert. — 5. Dieſelbe, vom Perigon entblößt. — 6. Staubbeutel. — 7. Stempelblüte. — 8. Zweig mit Blättertnoſpen. — 9. Einzelne Blätterknoſpe. — 10. Fruchtknoten in vorgeſchrittener Entwicklung. — 11. Same. — 12, 13 und 14 ganze Frucht. 398 Fagus. Stamm und anfangs fegel-, dann beſenförmiger, im Alter ſich domartig abwölbender, im Innern ſtark verzweigter und dicht belaubter, tief ſchat— tender Krone. Aus den Aſten entſpringen nämlich zahlreiche aufrechte, von Knoſpe zu Knoſpe hin— und hergebogene Langzweige, deren Seitenkno— ſpen, namentlich die unteren, bei älteren Bäumen wenigblätterige Kurztriebe entwickeln. Kuoſpen ſpindelförmig, ſpitz, mit ſpiraligen, zimmt⸗ braunen feinfilzigen Schuppen; Seitenknoſpen abſtehend, Blütenknoſpen dicker, eiförmig. Blät- ter aus keiligem Grunde, eiförmig ſpitz, ganz— randig oder ſeicht gezähnt, jung ſeidenglänzend und zottig behaart, alt kahl, oberſeits glänzend dunkelgrün, 4—9 em lang und 2˙5—6 cm breit, mit behaartem, 5—15mm langem Stiel. Neben⸗ blätter lang, ſchmal lanzettförmig, purpurroth. Männliche Kätzchen kugelig, bis 5%, em lang, mit ſeidenhaarigem Stiel, weißzottigen Blüten und gelben Staubbeuteln; weibliche Blüten- büſchel aufrecht, grünlich, lang, zottig behaart, mit hervorſtehenden purpurrothen Narben. Cu- pula geſtielt, filzig, mit umgebogenen Weich— ſtacheln beſetzt; Nüſſe 16 mm lang, dreifantig- eiförmig, glänzend rothbraun. Kotyledonen der Keimpflanze ſehr groß, fächerförmig, dicklich, ganzrandig, bisweilen ſeicht gelappt, oberſeits dunkelgrün, unterſeits weißlich, 14—25 mm lang und 25—40 mm breit; erſte Blätter des erſten Triebes gegenſtändig. Wipfeltrieb, wie überhaupt alle Langtriebe in jedem Lebensalter, in der Jugend ſchlaff, mit überhängender Spitze, mit ſeidenglänzendem Filz überzogen; einjährige Zweige dunkelolivengrün, ältere grau bis roth— braun, alte auf dem Querſchnitt einen dreieckigen Markkörper zeigend. Aſte und Stämme von einem dünnen, ſich bis ins höchſte Alter erhaltenden glatten Periderm umhüllt, das in der Jugend glänzend glatt, olivengrünn bis graubraun, ſpäter weiß gefleckt, zuletzt glänzend ſilbergrau erſcheint. Die hellen Flecken und ſpäter die ſilbergraue Farbe beruhen auf der Entwicklung des Thallus von Kruſtenflechten (Graphis scripta, Opegrapha varia, Verrucaria biformis u. a.) im Innern der äußeren abgeſtorbenen Kork— zellenſchichten. Bewurzelung der jungen Pflanze aus einer langen, wenig verzweigten Pfahl— wurzel, bei dem erwachſenen Baume aus einem knorrigen Wurzelſtock beſtehend, der eine Anzahl ſtarker, oft weit ausſtreichender Seitenwurzeln entſendet, die auf zerklüftetem Geſteinboden tief in die Spalten des Geſteins eindringen und die Steinblöcke feſt umſchlingen, weshalb die Buche ſehr feſt ſteht und nur ſelten vom Sturm ent— wurzelt wird. Die Buche wird bei freiem Stande mit dem 40. bis 50., im Schluſſe kaum vor dem 60., oft erſt mit dem 80. Jahre mannbar. Sie blüht faſt gleichzeitig mit dem Laubausbruch, wobei die Knoſpenentfaltung ſich trichterförmig geſtaltet, je nach der Witterung im April oder Mai, reift die Früchte im October und entlaubt ſich im November, nachdem die Blätter zuvor ſich lebhaft braungelb gefärbt haben. Heiſter behalten das verwelkte Laub bis zum nächſten Frühling. Die Bucheln behalten aufgeſpeichert ihre Keimkraft höchſtens bis zum nächſten Som— mer. Die im Herbſt abgefallenen laufen oft ſchon im Februar auf, wenn die warme Wit— terung eintritt, die im Frühling ausgeſäten viel ſpäter, ſelbſt erſt im nächſten Herbſt. Die Kotyledonen pflegen im Sommer, oft ſchon im Juni von der Keimpflanze abzufallen. Der Wuchs der jungen Pflanze iſt in den erſten Jahren ſehr langſam, namentlich bei Über— ſchirmung, wo ſie binnen 4—5 Jahren nur Handlänge zu erreichen pflegt. Dann ſteigert ſich der Höhenwuchs, bis er zwiſchen dem 40. und 30. Jahre ſein Maximum erreicht. Später läſst er wieder nach, und mit dem 100., oft ſchon 80. Jahre wird er unmerklich. Der Stärke— zuwachs pflegt vom 60. Jahre an abzunehmen. Binnen 100 Jahren vermag die Buche unter ſehr günſtigen Standortsverhältniſſen bis 39 m hoch zu werden; gewöhnlich aber beträgt ihre Höhe nicht über 30—32 m. Sie erreicht auch kein hohes Alter, indem fie meiſt um das 160., oft ſchon 140. Jahr kernfaul und wipfeldürr wird und dann allmählich von oben nach unten abſtirbt. Doch gibt es einzelne 2—300jährige Buchen mit einem Stammdurchmeſſer von 2m und darüber. Bei kräftig vegetierenden Heiſtern und Stangenhölzern entwickeln ſich häufig Jo— hannistriebe, deren Blätter ſich nicht allein durch ihre gelbliche oder hellröthliche Farbe, ſondern auch durch ihre Form lelliptiſch, ſtumpf, oft ausgerandet) von denen der Maitriebe unter- ſcheiden. Nach Eintritt der Mannbarkeit pflegt die Buche zwar alljährlich zu blühen und Früchte zu tragen, aber „Vollmaſten“ (Erzeu— gung reichlicher Früchte an allen Bäumen eines mannbaren Beſtandes) find ſelten, ſelbſt in Süd— deutſchland nur etwa alle 10 Jahre. Sie kom- men häufiger in Buchenwäldern der Ebene und des Hügellandes als in Gebirgen vor. Dort dagegen ſind „Sprengmaſten“ (Erzeugung reich— licher Früchte an einzelnen Bäumen) häufig, viel häufiger als in der Ebene. Nach dem Ab- hieb des Stammes entwickeln nur junge Bäume, höchſtens bis 40jährige, trägwüchſige Stockaus— ſchläge, oft erſt im 2. oder 3. Jahre, u. zw. meiſt aus zwiſchen Holz und Rinde ſich bilden— den Adventivknoſpen. Die Buche eignet ſich da— her wenig zum Niederwaldbetrieb. Präventiv— knoſpen (ſchlafende Augen) kommen am Stamme wenige vor, häufig aber knollenförmige Kugel- ſproſſe mit oder ohne Knoſpen. Dagegen ſind an der Baſis der Triebe Präventiv— knoſpen meiſt in reichlicher Menge vorhanden, welche, wenn die erſte Belaubung (etwa durch Froſt) verlorengeht, zu beblätterten Sproſſen austreiben. Das Holz der Buche iſt röthlich— weiß im Kern, wo ein ſolcher vorhanden, roth— braun, ſehr kenntlich durch die ſtarken dunfel- gefärbten Markſtrahlen, welche auf den Radial- ſpaltflächen als glänzende Querſtreifen, auf den Tangentialſpaltflächen als linſenförmige, ſcharf begrenzte Fleckchen ſich darſtellen. An ihren natürlichen Standorten variiert die Buche faſt nur bezüglich ihres Wuchſes. In geſchloſſenem Beſtande bildet ſie, namentlich im Gebirgsklima, einen ſchlanken, weit hinauf aſtreinen, walzen— förmigen Stamm mit hoch angeſetzter Krone, im freien Stande oder bei räumlicher Stellung einen niedrigeren, tief hinab beaſteten breit kronigen Baum. Letztere Form beſitzt auch mehr oder weniger die im Küſtenklima erwachſene A Fagus. 399 Buche. Die an und für ſich herrlichen Buchen— wälder der däniſchen Inſeln, Rügens und Schles— wig⸗Holſteins haben niedrigere Stämme und viel breitere Kronen als die Gebirgsbuchen— wälder Mittel- und Südeuropas, deren hau— bare Beſtände an die von Säulen getragenen Hallen gothiſcher Dome erinnern. Auf dem Ein- fluſs des Klimas beruht ferner der ſtrauchartige, krüppelige Wuchs und das kleinblättrige Laub der Buche an ihrer Polar- und oberen Grenze, ſowie der knickige und ſparrige Wuchs an Beſtands— rändern in Schleswig-Holſtein, wo die Buche ſtrauchig bleibt und oft binnen 100 Jahren nicht über A m hoch wird, wenigſtens an gegen Weſten und Nordweſten exponierten Rändern. Auch die ſog. „Kollerbuchen“ mögen häufig durch Stand— ortsverhältniſſe bedingt ſein; oft aber ſind ſie auch Producte von Krankheiten oder paraſitiſchen Pilzen. Eigenthümliche wild vorkommende Wuchs— varietäten ſind die „Schlangenbuche“ (var. tor- tuosa), mit zickzackförmig gebogenem Stamm und Aſten (Abbildung bei Nördlinger, Forſtbot. I., p. 276), welche auf dem hannöveriſchen Jura im Süntelgebirge einen ganzen Beſtand bildet (Süntelbuche), die von Mathieu Fagus silva- tica retroflexa genannte, bei Verzy in Frankreich große Flächen bedeckende Strauchform, deren wie bei einer Hängeeſche zurückgekrümmte Aſte eben— falls zickzackförmig und anders gekrümmt find, und die überall vereinzelt vorkommende „Stein— buche“ mit dickerer aufgeriſſener Rinde, härterem Holze, welligerem Holzringverlauf, langſamerem Wuchs und kürzeren Bucheln. Außer dieſen im Walde vorkommenden Formen findet man in Gärten folgende Varietäten: 8) incisa Willd. (F. silv. quercifolia Hort.). Blätter eingeſchnitten, grobgezähnt oder gekerbt, faſt fiederſpaltig. Soll wild in Baden (bei Ettlingen im Reichenbacher Gemeindewald) wachſen. 7) asplenifolia Hort. (F. silv. heterophylla, laciniata Hort.). Blätter verſchieden geformt, meiſt im Umriſs breit lan— zettförmig lang und dünn zugeſpitzt und zu— gleich fiedertheilig-ſpitzlappig. ©) eristata Hort. Blätter gebüjchelt, unregelmäßig eingeſchnitten und wellig-kraus, hahnenkammähnlich. Unſchöne Form. s) variagata Hort. Blätter weiß oder gelblich geſcheckt. p) purpurea Hort., „Blut- buche“. Blätter und weibliche Blütenbüſchel hell bis dunkel purpurroth. Doch ſchwindet die rothe Farbe von Mitte des Sommers an mehr und mehr, jo daſs Blutbuchen im Herbſt oft fait grün ſind. Die Blutbuche iſt kein Kunſtproduct, wie etwa die „Hängebuche“ (var. pendula Hort.), welche durch Pfropfung erzeugt wird, ſondern kommt hie und da wild im Walde vor. Bech— ſtein fand eine ſolche bei Sondershauſen, welche 1877 eine Höhe von 27 m und einen Stamm— durchmeſſer von 97 em beſaß und für den Mutterbaum aller in Gärten befindlichen Blut— buchen gilt. Allein Blutbuchen hat Parlatore auch im Gebiet von Roveredo bei Caſtellano im Walde gefunden und dürften ſolche noch anderwärts vorkommen. Die Buche iſt eine vorzugsweiſe europäiſche Holzart, indem ſie nur gegen Südoſten die Grenzen unſeres Continents überſchreitet und durch die Gebirge der Krim und Kaukaſiens bis Nordperſien vordringt, wo ſie unter 36° den ſüdlichſten und zugleich öſtlichſten Punkt ihres Verbreitungsgebietes erreicht. Von dort zieht ſich die Aquatorialgrenze der Buche durch die Provinz Talyſch, Kleinaſien (über den bithyniſchen Olymp) nach der Balkanhalbinſel, wo ſie ſüdwärts bis Griechenland vordringt. In Südeuropa iſt die Buche durch die Gebirge der italieniſchen Halbinſel verbreitet, kommt ferner in Sicilien (hier am Atna unter 37° ihr ſüd— lichſter Punkt in Europa), auf Corſica und dem Mt. Ventoux in der Provence vor, von wo ihre Grenze in ſüdweſtlicher Richtung über die Cevennen und die Oſtpyrenäen bis zum Monſeni in Catalonien (40°) läuft und ſich von da, das Ebrobaſſin umkreiſend, durch das caſtiliſche Scheidegebirge gen Nordweſten bis Galicien hin— zieht. Nordwärts erſtreckt ſich der Buchenbezirk bis Schottland (bis 57°), dem ſüdlichſten Nor- wegen (60 ° 31’ nördlichſter Punkt), Südſchweden 57— 56). Von da läuft feine nordöſtliche Grenze in ſüdöſtlicher Richtung durch Oſtpreußen, Litauen und das öſtliche Polen, Volhynien, Po— dolien bis an den Dniepr und von hier durch den bewaldeten Theil Beſſarabiens nach der Krim. Innerhalb ihres Bezirkes erſcheint die Buche ſehr unregelmäßig, im allgemeinen inſelartig verbreitet, da ſie in vielen Ländern gänzlich fehlt. Mit Ausnahme der Oſtſeeländer, wo die Buche (auf den däniſchen Inſeln, in Schleswig— Holſtein, Mecklenburg, Pommern und Provinz Preußen) bedeutende Wälder in der Ebene zu— ſammengeſetzt, tritt ſie faſt überall als ein Ge— birgsbaum auf. In Deutſchland liegen die meiſten und bedeutendſten Buchenwälder am Harz, im Weſergebirge, Thüringerwald, Erz— gebirge, böhmiſch-lauſitziſchen Gebirge, in den ſchleſiſchen Bergen, im bayriſchen Walde und anderen Gebirgen Bayerns, auf der ſchwäbiſchen Alb, im Schwarzwalde und den Vogeſen, end— lich in den Alpen, in Oſterreich-Ungarn in den Alpen und Karpathen (hier mächtige Wälder in Ungarn und Siebenbürgen). In ganz Süd— europa und längs ihrer Aquatorialgrenze iſt die Buche ein Hochgebirgsbaum, welcher eine untere und obere Grenze hat. Schon in Sieben— bürgen kommt die Buche nicht unter 650 m vor und geht bis 1564 m empor. In den Teſſiner Alpen liegt ihr Gürtel zwiſchen 816 und 1516 m, am Mt. Ventoux zwiſchen 310 und 1640 m, an der Sierra de Moncayo (Aragonien) zwiſchen 649 und 975 m. Am Harz ſteigt die Buche bis 680, im Erzgebirge bis 812, im bayriſchen Walde bis 1229, in den bayriſchen Alpen bis 1497, in den Tiroler Alpen bis 1540, in den Apenninen bis 1836, am Atna bis 1965 m im Mittel empor. In der mitteleuropäiſchen Zone iſt ſie als be— ſtandbildender Baum in weſtöſtlicher Richtung im Jura bis 1300, in der Schweiz bis 1500, in den Vogeſen bis 1200, im Schwarzwald bis 1100, in den nördlichen Kalkalpen Oſterreichs bis 1430, in den Karpathen bis 1100 m im Durchſchnitt verbreitet. Bezüglich der Bedin— gungen des Vorkommens und Gedeihens der Buche ergibt ſich aus ihrem natürlichen Vor— kommen und den bisher gemachten Beobachtungen und Erfahrungen in Anbetracht ihres Bedürfniſſes von Wärme und Feuchtigkeit, daſs der Buche ein feuchtes Klima, wie ſie ein ſolches ſowohl auf den Inſeln und in den Küſtengegenden der 400 Oſtſee als in den mitteleuropäiſchen Gebirgen findet, zuſagt, dajs ſie aber im Süden ihres Bezirkes noch ganz gut zu „gedeihen vermag, wenn bei einer mittleren Sonnenwärme von — 25 C. durchſchnittlich wenigſtens 7, bei 262856 wenigſtens 8 Regentage auf die drei Sommermonate kommen; daſs ſie ein Wärme⸗ maximum von 4123 C. und eine Wärmeſumme von 5730 C. während ihrer Vegetationsperiode ohne Schaden zu ertragen vermag, nicht aber abſolute Minima der Mitteltemperatur des Winters von — 4 bis 5° C.; daſs innerhalb der norddeutſchen Zone eine mittlere Januarkälte von — 4 bis 5 R., in den mitteldeutſchen Ge⸗ birgen von — 5 bis 6 R. die niedrigſte iſt, welche ſie zu vertragen vermag, daſs fie aber in den Alpen, Karpathen und den ſüdeuropäiſchen Hochgebirgen ſtärkere Winterkälte auszuhalten und ſich mit einer weit geringeren Wärmeſumme zu begnügen vermag als an ihrer Polargrenze, da ſie in den Karpathen noch bei einer Mittel temperatur des Januar von — 67 ER R., in den öſtlichen Schweizeralpen von TAN. noch ge⸗ deiht; daſs ſie froſtige enge Thäler und Gebirgs— einſenkungen flieht. Hinſichtlich des Einfluſſes der Expoſition in den Gebirgen gehen die Anſichten und Erfahrungen ſehr auseinander. Während nach Pfeil der Buche die Nord- und Oſt⸗, nach Th. Hartig die Nord- und Weſthänge am meiſten zuſagen ſollen, erklärt Kerner die ſüd— öſtlichen und öſtlichen Lagen für die dem Gedeihen der Gebirgsbuche günſtigſten, welch letzterer An— ſicht ſich auch v. Berg bezüglich des Vorkommens der Buche im Erzgebirge angeſchloſſen hat. Jeden— falls ſind bei dieſem verſchiedenen Verhalten der Gebirgsbuche locale Einflüſſe des Klimas und Bodens im Spiele. Hinſichtlich des Bodens ſteht feſt, daſs die Buche zwar auf allerhand Boden fortkommt, wenn derſelbe nur nicht zu flachgründig und zu trocken iſt und Alkalien enthält, daſs ſie aber auf einem kalkreichen am beſten und ſchönſten gedeiht, aber nicht auf reinem Kalk, ſondern auf einem durch Verwitterung kalthaltiger Geſteine entſtandenen Boden. Doch vermögen auch kalk— arme Böden (Verwitterungsböden von Granit, Gneis, Glimmer- und Thonſchiefer, Sandſtein und Phorphyr) herrliche Buchenbeſtände zu er— nähren, wenn ſie tiefgründig, locker und feucht ſind. Auf reinem trockenen Sand-, Heide- und Moorboden, desgleichen auf ſehr naſſem Boden (Bruchboden, häufig überſchwemmtem Aueboden) kümmert die Buche, und auf Torfboden kommt ſie gar nicht fort. Schließlich ſei erwähnt, daß die Buche durch die Cultur nordwärts über ihre natürliche Grenze hinaus verbreitet worden iſt. So findet ſie ſich z. B. noch bei Drontheim und im Semlande nördlich von Königsberg in ganzen Beſtänden, vereinzelt (als Zierbaum) noch in Kurland angepflanzt. (Vgl. Willkomm, Forſt⸗ liche Flora, 2. Aufl., 5. Lieferung; Nördlinger, Forſtbot. II., p. 172 ff.) — Von den exotiſchen Buchenarten' findet man die amerikaniſche Buche, F. americana Sweet, eine unſerer Buche ſehr ähnliche, in Nordamerika heimiſche Art, und die roſtfarbene Buche, F. ferruginea Ait., eine ebenfalls nordamerikaniſche, durch ihre großen, lederartigen Blätter an die Edelkaſtanie er- innernde und ein roſtrothes Holz beſitzende Art, Fähe. — Fahne. hin und wieder in Gärten und Parken an⸗ gepflanzt. Wm. Fähe, die, richtiger wäre Föhe, ma. auch Fähin, Fage, Fehn, heißt das weibliche Ge- ſchlecht aller zur Niederjagd gehörigen vier⸗ füßigen Raubthiere. Das Wort iſt in dieſer Bedeutung ſchon im Althochdeutſchen nachweis⸗ bar, wurde aber vielfach irrig, ſo z. B. von Grimm, Altd. Wälder III., 96, als „eine Art wilder Katze, oder ein Fuchs oder auch das Her⸗ melin“ interpretiert. Übrigens iſt das Wort bis zum XVIII. Jahrhundert nur für den weiblichen Fuchs und die weibliche Katze mit Sicherheit nachweisbar. — „Vulpecula. uoha.* Darmſt. Gloſſ. no. 6 a. d. XI. Jahrh. — „Vulpes. voh.“ Zwettler Hs. no. 293 a. d. XI. Jahrh. — „Vul- pecula uel alopicia foha.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh. 5 Cod. ms. Vindob. no. 2400. — „Vulpis voh. Vulpecula foch.“ Id. no. 901. — „Din vohe.“ „Ein vahe.“ Der Stricker, Cod. ms. Vindob. no. 2901 a. d. XIII. Jahrh., II j., v. 8, 46, 39, 525 100, 117 (hier die weibliche Katze); ce 3. — „Vulpecula. voche.“ Gloſſ. a. NIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 1325. — „Die vohen man mit vohen widerstillet.“ "Ein kündie vohe.“ Hadamar v. Laber, Din jagt, str. 430, 432. — „Ez loufet selten wisiu müs släfender vohen in den munt.“ Der Wins becke, 42, 10. — „Wenn ſich der Rüdde (Fuchs in der Ranzzeit mit der Fähe herum jaget .. C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 266. — „Fähe, auch Fege oder Fehe benennt, iſt das weib⸗ liche Geſchlecht derer vierfühigen Raubthiere.“ Ch. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 112. — „Fähin“ Fuchs Winkell, Ed. I, 1805, III., p. 72.— „Fee“ (Fuchs). Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — „Der weibliche Fuchs wird Fuchſin, Fähe, Fähin oder Betze genannt. „Die Fäh...“ (Steinmarder). 3 Feh“ (8 melin). R. R. v. Dombrowski, Lehr⸗ u. Hb. f Ber.⸗Jäger, p. 385, 426, 436. — Id., Der Fuchs, p. 1. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 311 (Fuchs). — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 366. — Lexer, Mhd. Hwb. 118 p. 432. — Grimm, D. Wb. III., p. 1236. — Sanders, Wb. I., p. 387 a. T Fähigkeit, ein allgemeiner Ausdrud für die Thätigkeit eines Individuums oder ſeiner Einzelorgane im Sinne der Lebenserhaltung. Kur Fable, ſ. Dorngrasmücke. E. v. D. Fahlerze (Schwarzerz, Weiß- und Grau⸗ giltigerz oder auch — nach der vorherrſchen⸗ den Kryſtallgeſtalt — Tetraédrit) werden Mi⸗ neralien von ſehr verſchiedener Zuſammenſetzung genannt, die Antimon, Arſen, Kupfer, Silber, Eiſen, Zink und Queckſilber als Schwefelver⸗ bindungen enthalten und zum Theil wichtige Kupfer⸗ und Silbererze ſind. v. O. SiabFwild, das. „Fahlwild heißt an einigen Orten das Steinwild.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356. — Grimm, D. Wb. III., p. 1291, und Sanders, III., p. 1603 c, haben irrig: „Fallwild heißt der Steinbock im Ziller⸗ thal.“ E. v. D. Fahne, die. I. die aus im Kiele wurzelnden ſchmalen eng aneinandergeſchloſſenen Faſern beſtehenden „„ e An BE re EEE * I!!! ) Seitentheile der Feder des Vogels, ſ. Feder. | Bei jenen Federn, welche theilweiſe durch an— dere gedeckt erſcheinen, unterſcheidet man die die Außen⸗ (ſichtbare) und Innenfahne (gedeckte). — J. M. Bechſtein, Jagdwiſſenſchaft, 1820 bis 1822, I., p. 190. II. Die langen Haare an der Ruthe lang— haariger Hunde. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 50. — Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 132. III. „Bey dem Eichhörnlein heißet der Schwanz: die Fahne.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 205. — Hartig J. e. — Grimm, D. Wb. III., p. 1242. — Sanders, Wb. I., p. 388 a. E. v. D. FJahneneidechſen, Semiophori Fitz., die Gattungen Sitana Cuv. und Chlamydosaurus Gray umfaſſende Echſenfamilie. Knr. Fähnlein, das, demin. v. Fahne. I. „Federl, einige jagen aber auch Blume oder Fähnel, alſo wird des Haaſens ſein Schwänzel benahmt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. II. S. v. w. Fahne II. Behlen, Real- u. Verb.⸗Lex. II., p. 2. III. „Fähnlein oder Fähnel, wird auch das Deckgärnlein, womit man die Lerchen fängt, benennt.“ Chr. W. v. Heppe J. e. — Onomat. forest. I., p. 648. — Behlen J. ce. und Wmſpr., 1829, p. 50. — Grimm, D. Wb. III., p. 1242. E. v. D. Fahrbahn iſt jene obere Wegfläche, auf welcher die Fuhrwerke verkehren. Bei gewöhn— lichen Wegen oder bei ſolchen, die nur im Winter befahren werden, endlich bei einem feſten Untergrunde iſt die abgeebnete Krone des Wegkörpers die Fahrbahn. Iſt dagegen der Untergrund kein feſter und die Benützung des Weges mit Rückſicht auf Zeit, Schwere und Anzahl der Fuhrwerke eine bedeutende, ſo ge— nügt eine einfach abgeebnete Fahrbahn nicht und mujs dieſe eine Pflaſterung (Geſtück) und Überſchotterung erhalten. Auf einer guten Fahrbahn müſſen ſich die Fuhrwerke mit der geringſten Erſchütterung und Reibung fortbewegen können. Die Fahr— bahnpflaſterung (Steingrundlage, Geſtück) wird aus Bruchſteinen und nur bei untergeordneten Weganlagen oder in Ermanglung jener aus Klausſteinen hergeſtellt. Die gewöhnlichen Abmeſſungen der Pfla— ſterſteine ſind 10 em als Breite in der Richtung längs der Straße, 22 em in verticaler Rich— tung und 22—30 em Länge in ſenkrechter Rich— tung auf die Straßenachſe. Nach ihrem Ge— brauchswerte laſſen ſich die Steine aneinander— reihen wie folgt: Baſalt, Grauwacke, Porphyr, Granit, Syenit, Gneis, Kalk- und Sandſtein. Die Stärke der Pflaſterung muſs den Ver— kehrsverhältniſſen, der Art und Größe des Laſtentransportes, der Härte des Materiales, der Beſchaffenheit des Untergrundes entſprechen und ſchwankt zwiſchen 15 und 30 cm. Die Pflaſterung, bei welcher die Steine auf den Sturz zu ſtellen ſind, wird mittelſt der größer dimenſionierten Rand- oder Leiſten— ſteine an den beiden Seiten abgegrenzt und feſtgehalten. Die Sandſteine ſind auszuſuchen und ſollen | Dombrowski Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. Fahneneidechſen. — Fahren. 401 nebſt einer möglichſt rechteckigen Form bei einer Länge von 20—40 cm eine Breite von 20 cm und eine Dicke von mindeſtens 10 em beſitzen. Bei untergeordneten Anlagen oder bei geringer Pflaſterbeite können die Randſteine durch die Benützung eines größeren Materials bei Her— ſtellung der ſeitlichen Abgrenzungen des Pflaſters erſetzt werden. Der Pflaſterung wird vor dem Auftragen der Schotterlagen mit einer dünnen Schichte möglichſt bindiger Erde überzogen. Die Schotter- ſchichte, die gewöhnlich in zwei Lagen, u. zw. einer unteren aus grobem und einer oberen aus feinem Schottermateriale aufgetragen wird, er— hält eine Geſammtdecke von 10—15 cm, wäh— rend der Schotter mit einer Würfelkante von 3—5 em zu erzeugen iſt. Die Schotterſtücke ſollen eine annähernd gleiche Größe haben und ſind um ſo kleiner zu erzeugen, je härter das Geſtein iſt. Iſt der Laſtentransport kein über- mäßiger, die Weganlage im allgemeinen von minderer Bedeutung oder die verfügbaren Mittel unzureichend, jo kann die Pflaſterung auch ent- fallen und wird dann durch eine Lage von gro— bem Bachgeſchiebe mit einer Decklage von ge— ſchlägeltem Schotter erſetzt. In einem ſolchen Falle muſs die Schotterdede eine Geſammtſtärke von 20—30 em auf feſtem und von 30—40 cm auf lockerem Untergrunde erhalten. Eine ſchließ— liche Überſandung der Schotterlage und ein Überwalzen der Fahrbahn wird zur Verbeſſe— rung der Straße weſentlich beitragen. Zur zweck— mäßigen Ableitung des Niederſchlagswaſſers wird der Fahrbahn eine Abwölbung von 2½—5 % der Fahrbahnbreite als Pfeilhöhe gegeben (ſ. Waldwegbau, Straßenbau, Aufwand, Verwendbarkeit der Bauſteine). Fr. Fahren, verb. intrans., von verſchiedenen Wildgattungen in der Bedeutung ih raſch fortbewegen' oder überhaupt .jich fortbewegen'; verſchiedene feinere Unterſcheidungen: I. Vom Haſen: „So dem haſen | wenn er gen holtz wil faren fürgericht wird .. .“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 86. — „Fahren thut der Haſe, wenn er auff dem Hintern rutzſchet.“ Fleming, T. J. I., Anh., fol. 105. — „Der Haſe fährt oder ruckt gen Feld oder Holtz, aufs Geäß.“ „Das Kaninchen fährt nach ſeinem Bau.“ Döbel, Ed. J, 1746, I., fol. 30, 31. — „Fahren, Rücken oder Rutſchen wird geſagt von dem Haaſen; wenn ſolcher recht ſchnell lauft, heißt es, er fähret, ſtehet er aber aus dem Lager auf, ſo wird ge— ſprochen: er ſtehet oder rücket auf, und ſo er nur ſachte wo hin und her gehet, ſpricht man: der Haſe rutſchet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 112. — „Wenn der Haſe ſachte gehet, ſo ſagen die Jäger er rücke, ſpringt er aus dem Lager und gehet fort, ſo heißt es er fährt, oder auch, fähret aus dem Lager, find die Hunde hinter ihm, dafs er eilig fort⸗ ſpringet, ſo ſagt man er läuft.“ Mellin, Anltg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 183. — Becher, Jägercabinet, 1702, p. 68. — Onomat forest. 17 102 662. — Jeſter, Die Kleine Jagd, Ed. I, Königsberg 1797, IV., p. 52. — Grimm, D. Wb. IV., p. 1248. — Sanders, Wb. I., p. 390 a. III. Bd. 26 402 II. Vom Fuchs: „Der Fuchs fährt aus dem Bau.“ Winkell, Ed. I, 1805, III, p. 72. — „Der Fuchs kriecht zu Bau, ſteckt in und fährt aus dem Bau.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr⸗ u. Hb. f. Berufsjäger, p. 386. III. Vom Biber und Otter: „Die Otter ſteigt ins Waſſer, wenn ſie ruhig vom Lande in dasſelbe zurückkehrt, fällt oder fährt aber hinein, wenn ſie verſcheucht oder flüchtig wird.“ „Der Biber fährt oder fällt ins Waſſer, wenn er im Baue, in der Burg oder auf dem Lande aufgeſchreckt wird.“ Winkell 1. c., p. 38, u. II., p. 117.— Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 484. IV. Allgemein: „Fahren, herausfahren nennt man es, wenn ein zur niederen Jagd gehöriges vierläufiges Thier ſchnell hervorläuft.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 101. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 50. E. v. D. Fähren heißen Fahrzeuge, welche Ladungen von einem Fluſsufer auf das andere in einer genau vorgeſchriebenen Linie (Fährung) be⸗ fördern. Wir unterſcheiden die pendelartig ſchwingende Fähre, welche ſich um einen ſtromaufwärts verſenkten Anker bewegt, und die Seilfähre. Bei dieſer gleitet die Fähre an einem quer über den Flujs geſpannten Seile. Fr. Fahrer, der, im Sinne vom Fahren I. „Fahrer wird ein Haaſe genannt, wenn er auf dem Hintern rutſchet.“ Onomat. forest. I., p. 665. E. v. D. Fährgerechtigkeit iſt das Recht der An- lage, Benützung und Unterhaltung von Fähren, Prahmen (Nähen) oder fliegenden Brücken über Gewäſſer. Dieſelbe iſt bei Privatgewäſſern öfter eine Servitut, bei öffentlichen Flüſſen mitunter ein Realrecht gewiſſer an das Fluſsufer ſtoßen— der Grundſtücke. Nach dem preußiſchen allge- meinen Landrecht kann ſich jeder Anwohner eines öffentlichen Fluſſes zum eigenen Gebrauche eine Fähre oder Prahme halten, während nach dem bayriſchen Geſetze über die Benützung des Waſſers vom 28. Mai 1852 die Errichtung derartiger neuer Überfahrtsanſtalten über öffent- liche Flüſſe an die Bewilligung der Kreisregie— rung geknüpft iſt. In jedem Falle aber unter⸗ ſtehen bei öffentlichen Flüſſen alle Überfahrts⸗ anſtalten der Staatsaufſicht. Die Benützung von Kähnen zur Überfahrt iſt den Fluſsanwohnern überall freigegeben. Die Beſtimmungen der Reichsgewerbeord— ordnung finden auf den gewerbsmäßigen Be— trieb von Fähren, Prahmen u. ſ. w. keine An⸗ wendung, da die Conceſſionierung und Regelung desſelben der Landesgeſetzgebung vorbehalten wurde. Die fahrläſſige oder vorſätzliche Beſchädi— gung von Fähren wird nach dem Reichsſtraf— geſetze als Vergehen, bezw. Verbrechen be— ſtraft. At. Fahrgeſchwindigkeit, j. Geſchwindigkeit. Fr. Fahrhabe, fahrende Habe oder Fahr— nis iſt nach deutſchem Privatrecht das beweg— liche Vermögen (Mobilium), gegenüber den Liegenſchaften (Immobilium). Der Rechts- unterſchied zwiſchen beiden Vermögensarten iſt Fähren. — Fährte ein weſentlicher, insbeſondere bezüglich des Er- werbes dinglicher Rechte an denſelben (j. Auf- laſſung). At. Fahrläſſigkeit, ſ. Culpoſe Handlungen, Dolus und Forſtſtrafrecht. At. Fahrt, ſ. Abbringung. 8 Fährte, die, mhd. die vart, änhd. die Fahrt, Farth, Fährde, Färthe, Ferte, Färte, Föhrde, Föhrte, heißt der Abdruck der Läufe, bezw. Schalen oder Ballen alles edlen Wildes im Boden ſowie der Weg, welchen ein Wild zurücklegt; endlich die Richtung desſelben. In den beiden letzteren Anwendungen, in welchen das Wort übrigens nur im Mittel- und Alter⸗ neuhochdeutſchen vorkommt, wäre die Schreib- weiſe Fahrt richtiger. Die reine mittelhoch⸗ deutſche Form iſt vart, umgelautet im gen. und dat. der verte, plur. die verten; als Sammel⸗ name überdies gevart, welche Form auch noch im Alterneuhochdeutſcheu als Gefährte (j. d.) vorkommt. Nachſtehende Citate geben Belege für alle feineren Nuancen in der Anwendung des Wortes. „Süs traf ich eine veige vart diu truoc mich unz üf einen graben...“ „...und kerte dan gein dem hirze üf sine vart...“ „die hunde... ze wunsche loufen üf der vart.“ Gottfried v. Straßburg, Triſtan und Iſolde, v. 2704, 2785, 17.263. — Wolfram v. Eſchen⸗ bach, Titurel, str. 167, 172, 192, 194, 204, 230, 932. — „Sie (die jeger) vormisten ouch der vart.“ Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 2415. — „Den bracken skupde he an die vart.“ Heinrich v. Veldecke, Eneit, v. 4646. — „Du findest verte niuwe... ein edel vart... ich vant ein vart besunder... hie her von jenem velde gät disiu vart ze walde... die vart beschouwen ...ich luogte näch der verte...er (der hunt) köbert üf der verte..., näch der verte jagen... ez (daz wilt) mäc die vart her wider üf uns vliehen... ober (der hunt) die vart niur niuwe müg ver- niuwen... ob ich mich von der verte solte machen... Den wise und zeige im näch der verte rehte...do ich diu vart was sehent . . ob sich derindert einez der verte wolte seinen... dö muoste ich von der verte balde... diu verte halten...swie min vartsich wirret...* Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 4, 7, 29, 44, 50, 51, 52, 53, 59, 68, 76, 82, 103, 104, 148, 202, 221, 286, 297, 312, 338, 425, 427, 457, 489, 506, 510, 512. — „Truwen (Hund) het z ich üf die vart...“ Hugo v. Monfort, Jagd⸗ allegorie, v. 33. — „Ich hor ein jäger henge auf rechter spur dez hirzen vart...*“ „ich chen nicht wild noch hirzen vert...“ Peter Suchenwirt, Von hern Hansen dem Trawner, v. 18—19, 26. — „Do kam ich uf ain fart, min laithunt dar nach griffen wart als siner art wol gezam: dez wildes vart er do nam ab stöcken und von stain... Der laithunde dobegunde die vartbeschrien und wart lüt... Ich spürt er (der hunt) sucht die rechten vart, im was nach der verte gach...* Die jagt der minne, v. 18—21, 24—23, 4143. — „Du solt och lugen wann daz grasz abge- tretten sy wa du ain fart erspurest...“ Abh. v. d. Zeichen d. Rothhirſches a. d. XIV. Zahrh., da spüre ich verte niuwe.., Fährten. — Faleinellus. 403 Cod. ms. Vindob. no. 2952, fol. 100 r. — „Aber wil ich dich ain gewyss czaichen lernen, wa der hirs hin gat, so ist sein vart gelich als ob sein ezwen sein vnd ist doch nur einer ..“ Abh. v. d. Zeichen d. Rothhirſches v. J. 1442. — „Des nim guot war wo du die vart er- spurest: der hirz tritt mit dem hindren fuss jn den fordren ...“ Abh. v. d. Zeichen des Roth- hirſches v. J. 1462, Cgm. no. 558. — „Zu dem erſten iſt von noiten [daß du eynen ge— wiſſen leidthund habeſt daſs du gewiſs ſeyeſt daſs er ein hirs oder wilt fartt vonn ferren vernem 1vund ſonderlich dafs er keine fart vbergehe. ..“ Cuno v. Winnenburg, Abh. v. d. Zeichen des Rothhirſches a. d. XVI. Jahrh. — „Wann jhm (dem Jäger) etwas widerfert | jo hetzt er auff die fart.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 86 v. — „Hernach kompt der Jäger inns Feld | wo er (der Hirſch) die Wayd genommen zeucht ihm auff der Fahrt oder Gejägt (sic) nach gen Holtz.“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Straßburg 1580, fol. 568. — „Wenn der Hund wiederumb auf die rechte Fahrt kommen...“ P. de Crescenzi, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1583, fol. 482. — „. . . dann da er (der Jäger) achtung gibt auff die färt deß Hirſch findt er an der friſchen fart abgeſtraifften Thaw . . .“ J. du Fouilloux, Deutſche Ausgabe, Straßburg 1500, fol. 34 r. — „Fährte, Fährde, Fahrt, Ferte, Föhrde, Föhrte, Gefahrd, wird das Merkzeichen oder die Spur genennet, welche ein Hirſch, Schwein, oder anderes Stück von dem größern Wildpret mit ſeinem Tritt auf dem Erdboden macht, und woraus deren Geſchlecht, Größe, Stärke und Alter von den Jägern beurtheilt werden kann.“ Onomat, forest. I., p. 648. — „Eine Fertte | ift eine Spur oder Tritt | da ein wildt Thier im Erdboden getretten | daß man es er— kennen kan ...“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, I., fol. 11. — Becher, Jäger-Cabinet, 1702, p. 42. — Pärſon, Hirſchger. Jäger, Leipzig 1734, fol. 2. — Fleming, T. J., Ed. I, 1729, II., fol. 102. — Döbel, Ed. I, 1746, I, p. 17. — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 24. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 145. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 101. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 30. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 356. — „Fährte iſt weidgerecht nur für den Abdruck der Tritte des Nutzwildes an— wendbar, bei dem Raubwild nennt man dies „Spur!.“ R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 181. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 231 a. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 25. — Grimm, D. Wb. III., p. 1264, 1265, 1266. — Schiller u. Lübben, Mud. Wb. — Schmeller, Bayr. Wb. — Sanders, Wb. I., p. 394 c, 395e. — Vgl. a. die Artikel Gefährte, Fährte geben, Fährtengerechtigkeit, fährtengerecht, fährtenlaut, Fährten, Fährtenkunde; Schweißfährte, Roth— fährte; alt, friſch, neu, gerecht, kalt, nächtig, rein; Spur, Geſpür. E. v. D. Fährten, verb. intrans. „Die Abdrücke der Schalen (des Rehwildes) auf dem Boden nennt man Fährte, ſucht der Jäger nach einer ſolchen, ſo fährtet oder ſpürt er.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 136. — Selten, fehlt in allen Wbn. E. v. D. Fährtengeben oder machen, j. v. w. ſchweißen; auch Gemerk geben; beides ſelten. „Färt, auch Fart, ſagen einige anſtatt Schweiß, und ſprechen: der Hirſch, Thier oder Sau giebt Färt, i. e. nach dem Schuß, oder wenn es ſonſten verwundet iſt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohl⸗ red. Jäger, p. 113. — Behlen, Real- u. Verb. ⸗ Ser ü E. v. D Fährtengerecht, adj., heißt der Jäger, wenn er alle Fährten nach Art, Geſchlecht, Stärke und der Zeit, in welcher ſie getreten worden ſind, ferm anzuſprechen weiß; fährten- gerecht muſs jeder Berufsjäger, vorzugsweiſe aber der hirſchgerechte Jäger ſein. Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 3. — Laube, Jagd⸗ brevier, p. 250. — R. R. v. Dombrowski, Lehr⸗ u. Hb. f. Berufsjäger, p. 2. — Grimm, D. Wb. III., p. 1236 (fährtgerecht). — Sanders, Wb. II., p. 674 c. — Vgl. gerecht, hirſch-, gewehr⸗, holz⸗, jagd⸗, weid⸗, hundsgerecht. E. v. D. Fährtengerechtigkeit, die, Inbegriff der Kenntniſſe, welche den Jäger fährtengerecht machen. „Die vollkommene Fährtengerech— tigkeit des Jägers, welcher den Schweißhund einzuführen hat .. .“ R. R. v. Dombrowski, Das Edelwild, p. 127. — Sanders, Wb. II., p. 681e. E. v. D. Fährtenkunde, die, die Lehre von den Fährten des Wildes. E. v. d. Boſch, „Fährten⸗ und Spurenkunde“, Berlin 1886. — R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, B. 18 E. v. D. FJährtenlaut, adj., iſt jener Hund, welcher ungehörigerweiſe auf einer Fährte laut wird. „Vorlaut, auch frey oder fertlaut, ingleichen vorſchlagen, iſt dieſes, wenn ein Hund, der auf eine Ferte kommt, laut giebt und anſchläget, gleichſam als wenn er das Wild im Geſichte hätte, welches aber ein Fehler und eine Eigen— ſchaft falſcher Hunde iſt; denn ſie ſollen ehen- der nicht laut ſeyn, bis ſie dasjenige wirklich im Geſichte haben, worauf ſie angelaſſen wor— den.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 316. — Winkell, Ed. I, 1805, III., p. 24. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 50. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 124. — Grimm, D. Wb. III., p. 1266. E. v. D. Fährten machen, ſ. Fährten geben. E. v. D. Jaiſch, ſ. Feiſch. E. v. D. Jaiſt, ſ. Feiſt. E. v. D. Falbkatze, nubiſche Katze (Felis mani— culata), die Stammform der Hauskatze. Kur. Faleinellus Bechstein, Gattung der Fa⸗ milie Ibiſe, Ibidae, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa nur eine Art: Faleinellus igneus Leach, dunkelfarbiger Sichler; ſ. d. b Synonymie: Faleinellus bengalensis Bonaparte, ſ. Sichler, dunkelfarbiger; F. (Cuvier) cursorius Temmincki et Cuvieri Bonaparte, ſ. bogenſchnäbeliger Strandläufer; F. (Bech- stein) guarauna Bonaparte, igneus idem, mexi- canus idem, Ordi idem, peregrinus idem, |. Sichler, dunkelfarbiger; F. (Cuvier) pygmaeus Cuvier, ſ. bogenſchnäbeliger ra Ai E. v. D. 26 * — 404 Falco. Falco, typiſche Gattung der Familie Falken, Falconidae; ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa acht Arten: Falco subbuteo Linne, Baumfalke; F. Eleonorae Gene, Eleonoren— falke; F. peregrinus Tunstall, Wanderfalke; F. peregrinoides, Lannerfalke; F. Feldeggi Schlegel, Feldeggs Falke; F. gyrfalco auc- torum, Gierfalke; F. candicans Gmelin, IJs- ländiſcher Falke; F. laniarius Pallas, Würg- falke, ſ. d. Synonymie: F. abietinus Bechstein, ſ. Wanderfalke; F. aequipar Cuvier, ſ. Steppen⸗ weih; F. aeruginosus Linné, ſ. Rohrweih; F. aesalon Gmelin, ſ. Zwergfalke; F. alaudarius Gmelin, ſ. Thurmfalke; F. albanella Storia, ſ. Kornweih; F. albescens Boddaert, ſ. Habicht; F. albicans Rüppel, ſ. Schelladler; F. albicans Gmelin, ſ. Kornweih; F. albicaudus Gmelin, ſ. Seeadler; F. albicilla Shaw, w. v.; F. albidus Bechstein, ſ. Mäuſebuſſard; F. albus Gmelin, j. Steinadler; F. Aldrovandi Blyth, ſ. Baum- falke; F. alphanet Schlegel, ſ. Lannerfalke; F. americanus Gmelin, ſ. Steinadler; F. amurensis Radde, ſ. Rothfußfalke; F. anatum Bonaparte, ſ. Wanderfalke; F. apivorus Linné, ſ. Weſpen⸗ buſſard; F. aquila Daudin, ſ. Steinadler; F. arcadicus Lindermeyer, ſ. Eleonorenfalke; F. arcticus Holböll, ſ. isländiſcher Falke; F. arc- ticus Blas., w. v.; F. arundinaceus Bechstein, ſ. Rohrweih; F. astracanus Gmelin, ſ. Adler— buſſard; F. austriacus Gmelin, ſ. rother Milan; F. badius Gmelin, ſ. kurzzehiger Sperber; F. barbatus Gmelin, ſ. Bartgeier; F. barletta Dau- din, ſ. Baumfalke; F. belisarius Levaillant, ſ. Schelladler; F. bohemicus Gmelin, ſ. Korn— weih; F. Bonellii Temmincki, ſ. Bonellis Adler; F. brachydactylus idem, ſ. Schlangenadler; F. buteo Linné, ſ. Mäuſebuſſard; F. caesius Meyer et Wolf, ſ. Zwergfalke; F. calidus Latham, ſ. Wanderfalke; F. canadensis Linné, ſ. Stein- adler; F. candidus Gmelin, w. v.; F. cari- baearum Gmelin, ſ. Zwergfalke; F. cenchris Naumann, ſ. Röthelfalke; F. chrysabtus Linne, ſ. Goldadler; F. einerascens Montagu, ſ. Wiejen- weih; F. cinereus Gmelin, ſ. Mäuſebuſſard; F. eirtensis Levaillant, ſ. Adlerbuſſard; F. clamo— sus Shaw, j. Gleitaar; F. communis Gmelin, ſ. Wanderfalke; F. conciliator Shaw, ſ. Stein- adler; F. cornicum Chr. L. Brehm, ſ. Wander- falke; F. cyaneus Linné, ſ. Kornweih; F. eyg- nus Shaw, ſ. Steinadler; F. dalmatinus Rüppel, ſ. Steppenweih; F. desertorum Shaw, ſ. Steppen⸗ buſſard; F. dichrous Ehrhardt, ſ. Eleonoren— ſalke; F. dubius Sparrman, ſ. Habicht; F. du- calis Lichtenstein, ſ. Bonellis Adler; F. ery- thrurus Rafinesque, ſ. Rothfußfalke; F. fas- eiatus Retz, ſ. Thurmfalke; F. Feldeggi Schinz, ſ. Steppenweih; F. ferox Gmelin, ſ. Adlerbuſ— ſard; F. frenatus IIliger, ſ. Wieſenweih; F. fulvus Linné, ſ. Steinadler; F. fuscus Fabri- eius, ſ. isländiſcher Falke; F. gallicus Gmelin, ſ. Schlangenadler; F. gallinarius Gmelin, ſ. Habicht; F. gallinarius Daudin, ſ. Kornweih; F. gentilis Linné, ſ. Habicht; F. germanicus Shaw, ſ. Rothfußfalke; F. gibbosus Gmelin, f. Wanderfalke; F. glaucopis Merrem, ſ. Mäuſe⸗ buſſard; F. glaucopis Meyer, ſ. Seeadler; F. gracilis Chr. L. Brehm, ſ. Eleonorenfalke; F. griseiventris idem, ſ. Wanderfalke; F. griseus Gmelin, ſ. Kornweih; F. groenlandicus Daudin, ſ. isländiſcher Falke; F. haliaétus Linné, ſ. Fiſchadler; F. herbaecola Tickell, ſ. Steppen- weih; F. hinnularis Latham, ſ. Seeadler; F. hirundinum Chr. L. Brehm, ſ. Baumfalke; F. hornotinus Gmelin, ſ. Wanderfalke; F. impe— rialis Crespon, ſ. Goldadler; F. incertus Lat- ham, ſ. Habicht; F. indicus idem, ſ. Rohrweih; F. islandicus Hancock, j. isländiſcher Falke; F. islandicus Gmelin, ſ. Gierfalke; F. islandus Fabricius, w. v.; F. labradora Audubon, ſ. is⸗ ländiſcher Falke; F. lagopus Linné, ſ. Rauh⸗ fußbuſſard; F. leucocephalus Vieillot, w. v.; F. leucogenys Chr. L. Brehm, ſ. Wanderfalke; F. leucopsis Bechstein, ſ. Schlangenadler; F. leucoryphus Gmelin, ſ. Bandſeeadler; F. litho- falco Gmelin, ſ. Zwergfalke; F. longipes Nils- son, ſ. Schlangenadler; F. Macei Cuvier, ſ. Bandſeeadler; F. macropus Swainson, ſ. Wan- derfalke; F. maculatus Gmelin, ſ. Schreiadler; F. magnus Gmelin, j. Bartgeier; F. margina- tus Latham, ſ. Habicht; F. melanaätus Linné, ſ. Seeadler; F. melanogenys Gould, ſ. Wander⸗ falke; F. melanopterus Daudin, ſ. Gleitaar; F. melanotis Lichtenstein, ſ. Seeadler; F. mela- notus Shaw, ſ. Steinadler; F. mierurus Hodg- son, ſ. Wanderfalke; F. milvus Linné, ſ. rother Milan; F. minor Bonaparte, ſ. Wanderfalke; F. montanus Gmelin, ſ. Kornweih; F. naevioi- des Cuvier, j. Schelladler; F. naevius Gmelin, j. Schreiadler; F. Naumanni Fleischer, ſ. Röthel⸗ falke; F. niger Gmelin, ſ. Steinadler; F. nigri- ceps Cassin, ſ. Wanderfalke; F. nisus Linné, ſ. Sperber; F. noveboracenisis Gmelin, j. Zwerg⸗ falke; F. obsoletus Gmelin, ſ. Mäuſebuſſard; F. obsoletus Lichtenstein, ſ. Schelladler; F. ossifragus Linné, ſ. Seeadler; F. palumbarius Linné, ſ. Habicht; F. pennatus Gmelin, ſ. Zwerg- adler; F. pennatus Cuvier, ſ. Rauhfußbuſſard; F. pinetarius Shaw, ſ. Baumfalke; F. plumbeus Chr. L. Brehm, ſ. Eleonorenfalke; F. plumipes Daudin, ſ. Rauhfußbuſſard; F. pojana Savi, j. Mäuſebuſſard; F. poliorhynches Bechstein, f. Weſpenbuſſard; F. punctatus Gmelin, ſ. Schell⸗ adler; F. pygargus Linné, ſ. Kornweih; F. ra- dama Verreaux, ſ. Wanderfalke; F. rapax Tem- mincki, ſ. Schelladler; F. regalis idem, ſ. Stein⸗ adler; F. regulus Pallas, ſ. Zwergfalke; F. rubigi- nosus Shaw, ſ. Rauhfußbuſſard; F. rubripes Bech- stein, ſ. Abendfalke; F. rufescens Swainson, ſ. Thurmfalke; F. rufinus Rüppel, ſ. Adlerbuſſard; F. rufipes Beseke, ſ. Rothfußſalke; F. rufus Gme- lin, ſ. Rohrweih; F. rufus Shaw, ſ. Mäuſebuſſard; F. rupicolaeformis Prz. Paul Württemberg, |. Thurmfalke; F. rusticolus Linné, j. Gierfalfe; F. sacer Forster, ſ. isländiſcher Falke; F. saker Gmelin, ſ. Würgfalke; F. sager Heuglin, w. v.; F. sclavonicus Latham, ſ. Rauhfußbuſſard; F. senegallus Cuvier, ſ. Schelladler; F. sibirieus Shaw, ſ. Zwergfalke; F. smirillus Savigny, w. v.; F. sonninensis Latham, ſ. Gleitaar; F. stellaris Gmelin, ſ. Wanderfalke; F. strigiceps Nilsson, ſ. Kornweih; F. subaesalon Chr. L. Brehm, ſ. Zwergfalke; F. tachardus Shaw, |. Steppenbuſſard; F. tataricus Gmelin, ſ. Wan⸗ derfalke; F. tigrinus Shaw, ſ. Rothfußfalke; F. tinnuncularius Vieillot, ſ. Röthelfalke; F. tin- | J Falconidae. — Falke. 405 nunculoides Schinz, w. v.; F. torquatus Bris— son, ſ. Kornweih; F. undulatus Gmelin, ſ. Schrei adler; F. variegatus Latham, ſ. Mäuſebuſſard; F. versicolor Gmelin, w. v.; F. vociferus La- tham, ſ. Gleitaar; F. vulgaris Linné, ſ. Mäuſe⸗ buſſard; F. xanthogenys Natterer, ſ. Röthel— falke. E. v. D. Falconidae, ſ. Falken. E v. D. Falculata Illiger, frühere Säugethierord— nung, gleich den beiden heutigen Inſectenfreſſern (Insectivora) und Raubthieren (Carnivora) zu— ſammen. Kur. Faldoſtrom iſt ein mächtiger Baſaltſtrom, der eine Dicke von über 100 m erreicht und in Verbindung mit den tertiären Süßwaſſerbil— dungen ſteht, die in der Umgebung von Vicenza . ſich finden. Falke, der, allgemeine, vom e falco abgeleitete Bezeichnung für eine Familie der Ordnung Raubvögel, oder im engeren Sinne für die eigentlichen Falken, d. h. die Gattungen Cerchneis Boie, Erythropus Chr. L. Brehm, Hypotriorchis Boie und Falco Linné. Das Wort, ahd. fal cho, mhd. valke, altnord. falki, ſchwed. und dän. kalk, engl. falcon, ital. falcone, frz. faucon, iſt vom lateiniſchen falx — Sichel, analog der Bildung des Fanges der Falken abgeleitet. Falacho iſt ein im Ahd. nicht ſeltener Mannsname; das Pferd Wolfdietrichs (ſ. Wolfdietrich, hrsg. von Amelung, 423, 44, 60) und ebenſo jenes Diet— richs von Bern (ſ. Rabenſchlacht, 626, 661) tragen gleichfalls dieſen Namen. Vgl. Diez, Vgl. Wb. d. rom. Sprachen, p. 137. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 216. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 10. — Grimm, D. Wb. III., p. 1269. — Sanders, Wb. II, 59a. — Schmel- ler, Bayr. Wb. I., p. 526. — Förſtemann, Alt- deutſches Namenbuch I., p. 397. Nomenclatur ſ. Beizjagd, Bd. I, p. 537. Zuſammenſetzungen: Falkenbeize, die, die Beize mit den ver— ſchiedenen Falkenarten. Onomat. forest., p. 673. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 30. Valkenböz, der, mhd. ſ. v. w. Falken⸗ ſtoß (böz = Schlag). Ulrich v. Türheim, Wille⸗ halm, 110 b, 113 b. — „Iz einem wart ein valkenböz gemezzen.“ Der junge Titurel, v. 3579. — Lexer J. c. Falkenfang, der, Fuß des Falken, ſ. Fang. Falkengeſchühe, das, das für Falken beſtimmte Geſchühe, ſ. d. Onomatologia J. c. — Behlen J. e. — Laube, Jagdbrevier, p. 258. — Grimm, D. Wb. III., p. 1270. — Sanders, Wb. II., p. 1018 a. Falkenhaube, die, die für Falken be— ſtimmte Haube, ſ. d., Kappe und Beizjagd, p. 543. — „Valkenhübe.“ Hugo v. Trimberg, Der Renner, v. 10.008. — Onomatologia J. c. — Hartig, Aultg. 3. Amps. 1809, p. 101. — Veh⸗ len I. e. — Grimm, D. Wb. , p. 1271. Sanders, Wb. I., p. 5020 95 Falkenhof, der. „Falkenhof heißt das Haus, in welchem die zur Beitze abgerichteten Falken aufbewahrt werden und in welchem auch die dazu angeſtellten Perſonen wohnen.“ Beh— das Fangen oder der len 1. c., p. 51. — Grimm, D. Wb. III., p. 1271. — Sanders, Wb. I., p. 772 c. Falkenier, der, oder Falconier, ſ. v. w. Falkner, verdorben aus dem franzöſiſchen fau— connier, mlt. falconarius. „Falckenierer.“ Eberhard Tapp, Weidwerck vnnd Federſpil, 1542, II., 8, 10. — „Falckonierer.“ W. Ruff, Thierbuch, Frankfurt a. M. 1544. — „Falcke⸗ nier, Falckenierer, Falconierer.“ Ono- matologia 1. c., p. 675. — „Falkenier.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 114. — Beh⸗ len I. e. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. S. Falkner. Falkenjagd, die S Falkenbeize, eventuell Jagd auf Falken. Behlen J. e. — Rieſenthal, Die Raubvögel, p. 153. — Grimm J. c., p. 1271. — Sanders J. c. I., p. 827 a. Falkenjäger = Beizjäger, Falkner. San⸗ ders I. c., p. 830 a. Falkenjunge, der, ſ. Beizjagd 1. c., p. 526. — Grimm 1. c. — Sanders J. c., p. 845 a. Falkenkappe, die, ſ. v. w. Falkenhaube. Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1579, p. 713. — Döbel, Ed. I, 1746, IL, fol. 133. — Chr. W. v. Heppe 1. c. — Onomato- logia 1. c., p. 674. — Hartig J. e. — Grimm l. c. — Sanders J. c., p. 867 b. Falkenkorb, der S Habichtskorb. Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, Ed. I, 1779, p. 350. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt III., p. 114. — Behlen 1 5 Falkenmeiſter, der, der Beamte, welchem die Aufſicht über einen Falkenhof obliegt. Chr. W. v. Heppe J. c. — Grimm J. c. — Sanders Des II p 281D: Falkenpille, die. „Falkenbillen wer— den die Kugeln genannt, welche den abgerich— teten Falken zur Reinigung eingegeben werden.“ Behlen J. e. — Grimm 1. c. — Sanders J. c., p. 550 c. Falkenrecht, das, in ähnlichem Sinne wie „Jägerrecht“ (ſ. d.), Theile des gebeizten Wildes, welche den Beizvögeln überlaſſen wur— den; oder in juridiſchem Sinne die die Jagd— falken betreffende Legislatur. Grimm I. c. — Sanders J. c., p. 678 a. Falkenrieme, der S Geſchühe. l. c. — Sanders J. c., p. 755c. Falkenrinne, die, auch nd. Falkenrönne Grimm — Rinne, Falkenſtoß, Habichtsſtoß, Falken— ſchlag, Stoßgarn, ſ. d. „Ein anderer brauch— barer Fangapparat iſt das Stoßgarn, Habichts— ſtoß, auch Falkenrinne oder Rönne genannt.“ Rieſenthal, Raubvögel, p. 178. Falkenſchelle, die, die Schelle, welche dem Falken an das Geſchühe gehängt wurde. Grimm J. c. Falkenſchlag, der — Falkenſtoß oder das Herabſchießen des Falken aus der Luft auf ſeine Beute, vgl. ſchlegen Grimm J. e. Falkenſchuh, D — Geſchühe. J. Chr. Heppe J. e. — Grimm 1. e. — Sanders J. 0. p. 1018 b. Falkenſpiel, das, vgl. Federſpiel. 5 alkenſtange, die Ricke, ſ. d. Grimm J. e. Falkenſtoß, der S Habichts ſtoß oder S Falkenſchlag. Chr. W. v. 3. Heppe l. 0. — Hartig das Beizen mit Falken, 406 I. e. — Behlen J. e. — Grimm l.c. — San⸗ ders J. c., p. 1226 c. Falkenterz, der oder das, auch Falken⸗ terzel, das Männchen des Falken, ſ. Terzel. „Reht alse dä ein valkenterz kumt unter Starn.“ Lohengrin, v. 2719. „Es wart nie valkenterz 80 snel als min verlangen.“ „. . . glich eime valkenderzen.“ Meiſter, Altswert, 140, 23; 223, 36; 190, 35. „Du bist der würd ein flückez falkenterz, 8 Die Minneburg, Cod. ms. Vindob. no. 2890, fol. 14 a. — „Minniclichez falkenterz“ (Anfprache an die Geliebte). Oswald v. Wolkenſtein, 37, 1, 4 — Lexer 1. c., p. 11. Falkentrage, die, ſ. Trage. Falkenwärter, der. Grimm 1. e. — San⸗ ders I. c., p. 1489 c. Falkenweg, der, ſchon mhd., das Auf⸗ ſteigen des Falken in die Luft. Lexer I. ce. — Grimm 1. e. Falkner, der S Beizjäger, mhd. valke- naere. „Valchenaere.“ Der Stricker, Cod. ms. Vindob. no. 2901 a. d. XIII. Jahrh., no. eee e „Valkenaer.“ Wolfram v. Eſchenbach, Parcival, VI., v. 53, VIII., v. 86, 94. „Valkener.“ Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 4361. „Valkner.“ Der Minne Falkner, str. 39, 97, 98. „Felkener.“ Eberhard Hiefeld, Aucupatorium herodiorum, Altd. Weidwerk, I., p. xxiij. „Velkener.“ Abh. v. d. Beizjagd a. d. XV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2977. „Falekner.“ W. Ryff l. e. — „Falkener.“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1579. — „Falkner.“ Behlen J. e. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 216 b. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 10. — Grimm, D. Wb. III., p. 1271. — Sanders, Wb. II., p. 397 a. Falknerkunſt, die. Behlen J. e. — Grimm J. c. Falknertaſche, die, eine Taſche, in wel— cher der Falkner das Federſpiel, eine Haube, ein Paar Feſſeln, einige Tauben und eine Büchſe mit gehacktem Fleiſch verwahrte. Win⸗ fell, Ed. II, 1820, II., p. 354 — 335. Falknerei, die S Falkenbeize. „Es joll aber niemand gedenken daſs allerhand Raub- vögel tüchtig ſeyen zu der Falckenerei ...“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Straßburg 1380, fol. 604. — Mellin I. e., p. 197. — Onomato- logia J. c., p. 674, 678. — Grimm 1. c. Sanders 1. c. II., p. 397 a. E. v. D. Falke, isländiſcher. Falco candicans auctorum (Gmelin, Linnés Syst. nat., ed. XIII, p. 275). — Falco gyrfalco Linné. — Falco islandieus Brünnich, Ornith. borealis, p.2. — Holböll, Ornith. Beitr., p. 18. — Falco groen- landicus id., ibid. — Falco areticus id., Zeitſchr. f. d. geſ. Naturwiſſ. III., 1854, p. 426. — Hierofalco groenlandicus Chr. L. Brehm, Journ. f. Ornith., 1853, p. 266. — Hierofalco sacer Forster, Phil. transact. no. 62, P. 382. — Falco labradora Audubon. Abbildungen: Naumann, Vögel Deutſchl. I., T. 21 u. 22. — Schlegel u. Wulverhorſt, Traite de Fauconnerie, Leyden 1844—1853, T. I. — O. v. Rieſenthal, Raubvögel Deutſch⸗ Falke, isländiſcher. 7 T. XVII (S ad.), XVIII (juv.) und XIX (F ad.). Kennzeichen der Falken im allgemeinen: Im Oberkiefer ein ſcharf ausgeſchnittener dreieckiger Zahn, welcher in einen entſprechen⸗ den Einſchnitt des Unterkiefers paſst. Naſen⸗ löcher kreisrund, im Innern durch eine kegel⸗ förmige Erhöhung faſt ausgefüllt; um die Augen ein nackter Kreis von der Farbe der Wachshaut und der Füße. Zweite Schwinge ſtets die längſte, daher der ſpitze Flügel. Außen⸗ fahne der 2. und 3. Schwinge unweit der Spitze plötzlich verengt. Kopf ſtark und gewölbt, Schlä⸗ fengrube tief. Augen groß, nujsbraun, feurig und edel im Ausdruck. Bartborſten kurz, die Naſenlöcher freilaſſend. Flügel ſehr lang und ſpitz, ſtets die Hälfte des Schwanzes oder dieſen ganz überragend. Schwungfedern meiſt 23— 23. Der obere Theil des Laufes ringsum befiedert, der unbefiederte grob genetzt; Zehenrücken meiſt ganz mit Schildern bedeckt. Krallen zwar nicht ſehr lang, aber ſehr kräftig, ſcharfrandig und jpig, unterſeits nicht ausgehöhlt. Zehen lang, beſonders die mittlere, mit mehr oder weniger ſtarken Ballen, an der Mittelzehe deren 2, an der Innen⸗ und Außenzehe je 1, an der Hinter⸗ zehe keinen. Schwanz theils gerade, theils ab⸗ gerundet. Der isländiſche, auch grönländiſche Falke, welche wir hier als eine Art zuſammen⸗ faſſen, gehört zu den Edelfalken, welche ihre Beute nur im Fluge ſchlagen und faſt aus⸗ ſchließlich von Vögeln leben. Er iſt das Urbild aller jener bewunderten Eigenſchaften, durch welche er und die anderen großen Edelfalken bei allen jagenden Völkern zu ſo hohen Ehren gelangten wie kein anderes Thier der Welt. — Wird der Adler durch ſeine niederſchmetternde, die ganze Vogelwelt bezwingende Kraft als ihr Herrſcher anerkannt, jo iſt der Falk der Reichs- edle in ihr durch wahrhafte Ritterlichkeit, durch Adel in Haltung und Lebensart. Mit Recht ſtellten die Kaiſer und Könige den Adler als Symbol ihrer Macht neben ſich, mit Recht ſah der Reichsedle im Edelfalk ſein eigenes Abbild und trug ihn unzertrennlich in Freud und Leid auf der ſtarken Fauſt; beide ergriff der Strom der Zeit: längſt erlag der Ritter der neuen Ordnung im Staate und dem Geſchütz; — lang⸗ ſam, aber ſtetig vermindert ſich der herrliche Edelfalke. Beſchreibung: Schnabel ſehr kräf— tig, von der Wurzel aus faſt halbkreis⸗ förmig gebogen. Durchſchnittliche Maße: Länge 37 em, Flügelſpitze 195 cm, Schwanz 24 em, Schnabel 3˙2 cm, Mundſpalte 3·8 em, Lauf 54cm, Mittelzehe 5 em, Kralle 1˙6 cm, Hinterzehe 2˙7 em, Kralle 27 em. Im Jugend⸗ kleide Oberſeite braungrau mit hellen Feder⸗ ſäumen, Punkten und Tropfenflecken, auf dem Kopf längsgeſtrichelt, Bartſtreifen dunkel, aber nicht dicht. Auf der Unterſeite trübweiß mit graubrauner Längszeichnung und unregelmäßi⸗ ger Fleckung; Ständer bläulichgrün wie die Wachshaut; Schnabel hornfarbig mit blau⸗ ſchwarzer Spitze. — Im Alterskleide vorherr⸗ ſchend weiß, einzelne Exemplare faſt ganz weiß, auf der Oberſeite mit dunklen Herzflecken oder unregelmäßigen Zeichnungen, auf der Unterjeite mit pfeilförmigen Strichen, auf den Hoſen ge— legentlich mit QAuerbändern, welche Exem⸗ plare man für ausſchließlich grönlän⸗ diſche Falken hielt. Ständer und Wachshaut trüb gelb. Das Flugbild dieſes herrlichen Vogels | läſst feine Verwechslung mit irgend einem ähnlich gefärbten (am allerwenigſten mit einem weißen Buſſard) zu; der durch die langen ſpitzen Flügel und den kräftigen Schwanz zur reißenden, blitzartigen Schnelligkeit geſteigerte Flug iſt nur dem Falken eigen, und tödlicher Schrecken ergreift die Vogelwelt, wo er mit ſeinem wilden „kajak, kajak“ oder „kozek, kozek“ ſich blicken oder hören läſst; die Schneehühner werfen ſich in das Geſträuch oder graben ſich in den Schnee, und das kreiſchende Getöſe der Waſſervögel verſtummt, ſie tauchen unter. Verbreitung. Aufenthalt. Wo die Brandung gegen die ſteilen Klippen Islands und Grönlands antobt, da iſt ſein eigenſtes Heim, wie überhaupt die Küſten der nördlichen Meere, etwa vom 60. Grade ab nordwärts in Europa, Amerika und Aſien bis in die Eis— region, und nur ſtrenge Kälte oder die Neugier junger Vögel veranlaſst einzelne Individuen, einen Streifzug nach den deutſchen Küſten zu unternehmen. Lebensweiſe. Horſten. Macht er auf ſeine Beute Jagd, ſo ſucht er ihr ſofort die Höhe abzugewinnen und ſtößt dann in ſteil— ſchräger Richtung auf ſie herab; hat er gefehlt, ſo erhebt er ſich zum neuen Stoß, vielleicht auch zum dritten, läſst aber bei wiederholtem Fehlſtoß aus Ermattung oder Verdruſs ab und ſtreicht davon. Sitzende Vögel ſucht er zu überrumpeln und durch reißend ſchnelles Heran— ſtürmen zum Auffliegen zu verleiten, da er ſie im Sitzen nicht ſchlagen kann, weshalb ſich Tauben mit Erfolg aufs Waſſer werfen; auch kann er dem gejagten Vogel nicht ins Holz folgen, weil ihm dort der Raum zum Stoß fehlt. Seinen Raub kröpft er auf der Stelle, rupft ihm die Bruſtfedern und verſchlingt ihn noch dampfend, oft ſchon beginnend, ehe das Schlachtopfer verendete. Der Horſt ſteht auf ſteiler Klippe in einer Niſche oder Spalte und enthält im Mai bis Juni 3—4 Eier, welche, wie die aller Falken, mit rauher matter Schale, gelbröthlich und dunkelrothbraun oder braun gefleckt und punktiert, inwendig gelb und 59:46 mm oder 57: 45 mm, mit geringen Ab- weichungen, groß ſind. Brütezeit drei Wochen; Dunenjunge ſammtartig weiß, werden mit Vö— geln gefüttert. — Er iſt ein der Jagd ſehr ge— fährlicher Vogel. Jagd. Auf ſeinen Klippen iſt ihm ſowohl beim Horſt als auch ſonſt nur ſchwierig und gelegentlich beizukommen, zumal er ſehr ſcheu und aufmerkſam iſt. Gefangen wird er auf verſchiedene Weiſe, ſ. Falkenfang. v. Rl. Falken, Falconidae, bilden im weiteren Sinne die zweite Familie der Ordnung Raub— vögel, Rapaces; zu ihr gehören alle europäiſchen Tagraubvögel mit Ausnahme der Geier, im ganzen 40 Arten, welche auf folgende Gattungen vertheilt ſind: Milvus, Cuvier; Elanus, Savigny; Falken. — Falkenfang. | 407 Cerchneis, Boie; Erythropus, Chr. L. Brehm; Hypotriorchis. Boie; Falco, Linné: Nisaötus, Hodgson; Astur, Bechstein; Accipiter aucto- rum; Pandion, Savigny; Aquila, Brisson; Ha- liaötus, Savigny; Circaötus, auctorum; Pernis, Cuvier; Archibuteo, Chr. L. Brehm: Buteo, Bechstein; Circus, Lacepede. S. d. u. Syſt. d. Ornithol. E. v. D. SFalkenfang*). In heutiger Zeit, wo die Falkenbeize in Europa nur noch als ganz ver⸗ einzelter Sport (in England) betrieben wird, hat der Beſitz lebender Falken nur noch für einzelne Liebhaber oder zoologiſche Gärten Wert, und dieſe werden durch Ausheben junger Falken aus den Horſten ihr Ziel erreichen. Zur Blütezeit der Falkenbeize war es aber anders; der gefangene Wildling hatte einen ungleich höheren Wert als der Neſtling, und ſo trachtete man auf alle erdenkliche Weiſe der erſteren habhaft zu werden. Wenn irgend ein Fangapparat der Com— binationsgabe des Jägers und ſeinem Ver— ſtändnis der Eigenſchaften eines Thieres Ehre macht, ſo iſt es der nachſtehend beſchriebene Falkenfang der ehemaligen Falkoniere von Valkenswaard, deren letzter, Adrian Mollen, ſich noch bereit erklärt hatte, mit abgetragenen Falken die Jagdausſtellung in Cleve zu be— ſuchen, aber kurz vorher ſtarb. Für den Falkenfang ſind Ebenen mit weiter Umſchau nöthig, welche von den ziehen— den Falken beſucht zu werden pflegen. Lebende Erforderniſſe ſind einige zahme Raubwürger (Lanius excubitor L.), Tauben und ein ge— zähmter Falke. Es wird zunächſt eine runde Erdhütte gebaut, 1˙5 m hoch und entſprechend breit, von Brettern oder Bohlen, mit Raſen von außen bekleidet. Als Dach dient ein Rad mit Raſen⸗ ſtücken belegt, welche unter der Windſeite weg— genommen werden, jo daſs der Inſaſſe freie Umſchau hat. im von der Hütte und 5m von einander entfernt, jo dass ſie der Falkonier ſehen kann, werden zwei Raſenhügel 1˙3 m hoch aufgerichtet und zur Hälfte mit einem Raſengewölbe überdeckt, deſſen offene Seite nach der Hütte zu gekehrt iſt. Um dieſe Offnung befeſtigt man drei Weidengerten halbkreisför— mig mit den ſpitzen Enden in den Raſen und über den ganzen Raſenhügel eine größere. Auf ſolchem Hügel wird ein Würger dergeſtalt mit einem Lederriemen um die Bruſt angefeſſelt, daſs er auf einer dieſer drei Gerten ſitzen, bei Gefahr aber unter die Raſenwölbung retirieren kann; die große Gerte ſchützt ihn vor etwaigen Angriffen der Sperber. Alsdann errichtet man etwa 42 m von der Hütte und von einander 20— 25 m entfernte 8 m hohe Säulen, jo daſs die Hütte von der rechts und links ſtehenden gleich weit entfernt iſt, alſo die mittlere Säule gegenüber hat; befeſtigt auf deren Spitzen Leinen, welche, in ihrer Verlän— gerung auf dem Erdboden durch Gabeln nieder— gehalten, in die Hütte einlaufen. In der Nähe der erſten Säule wird eine kleine Raſenhütte errichtet und an die Leine, wo ſie zuerſt den * Traite de fauconnerie etc, in v. Rieſenthal, Raub⸗ vögel Deutſchlands, p. 175 ff. 408 Falkenmöwe. — Fall. Erdboden berührt, mit einem Faden eine lebende Taube ſo gefeſſelt, dass ſie in die kleine Rajen- hütte flüchten kann. Ebenſo wird an die Leine der zweiten Säule ein wenig brauchbarer leben— der Falke gefeſſelt und ferner ein Federbuſch, und auch dieſe Leine läuft wie die vorige in die Hütte. Auch die dritte Säule iſt mit ſolcher Leine verſehen, auf ihrer Spitze ferner mit einem hölzernen oder ausgeſtopften Falken und einem Federbuſch. Nun werden etwa 100 m von der Hütte nach drei verſchiedenen Richtungen hin Fang⸗ netze angebracht. Dieſe ſind oval und am offenen Ende mit einem Um großen halbkreis— förmigen Bügel verſehen, deſſen Durchmeſſer auf dem Boden mit Gabeln ſo feſtgehalten wird, daſs er ſich aufrichten läſst, dann wird das Netz unter ihm zuſammengelegt und mit Raſen bedeckt. In der Mitte des von dem zugeſchla⸗ genen Netze zu bedeckenden Raumes wird ein etwa 25 em hoher Pflock mit durchlöchertem Kopf eingeſchlagen und in dem Netzbügel ein Draht befeſtigt, welcher in die Hütte geht. Etwa 10 m hinter dem Netze wird eine Raſenhütte erbaut, mit einem Fallthürchen, welches, von innen geöffnet, von ſelbſt wieder zufällt, und in dieſe Hütte eine an einem ſtarken Bindfaden befeſtigte Taube geſperrt, welcher erſtere durch das Loch in dem Pflock vor dem Netz in die Hütte des Falkoniers geleitet wird. Von den drei Raſenhütten beſetzt nun der Falkonier diejenige, welche ihm am bequemſten unter Wind liegt, mit der Fangtaube, und nach— dem er die Würger auf ihrem Poſten ange— feſſelt, auch alles übrige wie vorher angegeben in Ordnung gebracht hat, begibt er ſich mit Sonnenaufgang in ſeine Hütte, um dort bis Sonnenuntergang zu ſitzen, in geſpannter Auf— merkſamkeit die Würger beobachtend und den Horizont abſpähend, als einzige Geſellſchaft und Erquickung ſeine Tabakspfeife, wenn er über— haupt Genuſs findet an dem narkotiſchen Kraut. Die Würger verrathen ſogleich die Ankunft eines Raubvogels und durch ihr Benehmen auch deſſen Art; denn während ſie den Buſſard und Milan mehr durch Zeichen der Neugierde an— kündigen, ſtoßen ſie beim Falken und Sperber klägliche Angſtſchreie aus und verkriechen ſich unter die Raſenwölbung. Nun reizt der Fal- konier durch die Leinen ſowohl die Taube an der erſten Säule rechts, als auch den Falken an der zweiten, wozu die Federbüſche mit— wirken. Der fremde Falke, dem dies alles nicht entgeht, hat nun ſowohl die Taube ſchon be— merkt als auch den hölzernen oder ausge— ſtopften Falken, und ſieht er nun an dem ihm ſehr intereſſanten Orte auch noch gar einen lebenden Collegen, ſo ſcheint ihm die Sache um ſo unverdächtiger, und er ſtürmt heran, von Freſsluſt und Miſsgunſt gegen dieſen getrieben. Sofort wirft der Falkonier den künſtlichen Falken mit der Leine herunter, damit der Fremd— ling bei näherer Beſichtigung ſich nicht vor ihm ſcheue; die Taube flüchtet in ihr Raſenloch, und ſchnell zieht der Falkonier die Taube im Erd- hügel durch das von ſelbſt wieder zufallende Thürchen heraus und läſst ſie flattern. Wie der der Blitz ſtürzt der Falke auf dieſe Beute, ſeine Krallen feſt in ſie einſchlagend, und ſo feſt hält er fie nun, daſs der Falkonier Falke und Taube bis an den Pflock über dem Netz zieht und dann ſchnell den Bügel und mit ihm das Netz über ſie wirft und ſomit fängt. Nun wird der Falke vorſichtig gegriffen, gefeſſelt, in ein Leinentuch gewickelt, aufgehaubt und entweder bald nach Haus getragen, oder, will der Falkonier ſein Glück noch weiter verſuchen, einfach auf den Erdboden geſetzt, wo er ſicher untergebracht iſt, da er ſich nicht rühren kann. Am Abend wird ihm in der Kammer die Haube abgenommen, damit er über Nacht das Gerölle auswerfen kann. Daſs man hiebei hauptſächlich Wander: falken fieng, iſt ſelbſtverſtändlich. Kommt es nur darauf an, den Falken un⸗ ſchädlich zu machen, alſo todt oder lebendig zu fangen, ſo beſteckt man den Horſt mit Schlingen von gut ausgeglühtem Draht, auch hat man nach neueren ſicheren Nachrichten Falken in Teller⸗ eiſen mit aufgeköderten todten Vögeln gefangen, welche ſie, darüber hinwegſtreichend, aufzunehmen verſuchten. Eine ſehr einfache Fangart, zu welcher kein Apparat und eine große Ebene mit freier Um- ſchau nöthig iſt, beſteht in Folgendem: in einem Beutel hat man eine oder mehrere Tauben und geht zur Zugzeit, wo man Falken erwartet, umher, nach ihnen ausſpähend. Bemerkt man einen ſolchen, ſo holt man eine möglichſt helle Taube heraus, bindet an ihren Fuß einen etwa Im langen Streifen von Leinwand oder ſon⸗ ſtigem Stoff, mit Vogelleim dicht beſtrichen und am unteren Ende mit einem Steinchen beſchwert, welches der Taube das Fliegen nicht unmöglich macht, aber doch jo erſchwert, daſs fie nur langſam und mühſam fort kann. Nun wirft man die Taube hoch auf und entfernt ſich; ſowie der Falke ſie gewahrt, ſchießt er ſofort herab, ſtößt ſie und fängt ſich entweder ſchon dabei an dem geleimten Anhängſel oder kommt doch bald mit der Taube herab, da ihn der Streifen hindert. Auf der Erde klebt er als— dann jedenfalls am Streifen feſt und dann um jo ſicherer, je mehr er ſich bemüht, loszu⸗ Rl⸗ kommen (j. a. Stoßgarn). v. R Falkenmöwe, ſ. Schmarotzerraubmöwe. E. v. D Fall, der. 1. Das Gefälltwerden des Wildes, nur mhd. „Blasà ze valle! der vuhs ist erloufen!* Laſs⸗ bergs Liederſaal III., p. 123. II. Das Fallen (ſ. d.) des Wildes. „Giebt es nun viel ſolches gefallenen Wildprets in einem Jahre, ſo ſagt man: es gibt heuer viel Fälle, und das Wildpret ſelbſt ſpricht man vor Fallwilpret an.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehr⸗ prinz, p. 343 — Selten. Grimm, D. Wb. III., p. 123. — Sanders, Wb. II., p. 387 a. E. v. D. III. In der Waffenkunde nennt man Fall eine kaum meſsbare koniſche Erweiterung am hinteren Ende der Seele des Gewehrlaufes. Bei Vorderladeflinten war er beſonders als Mittel zur Verbeſſerung des Schuſſes beliebt, und be= ruhte ſeine gewiſs höchſt unzuverläſſige Wirkung wohl auf demſelben Umſtande, welcher der Würgebohrung (ſ. d.) in exacterer Weiſe ihren Erfolg ſichert; ſeine Länge wechſelte je nach den ee Anſichten des Büchſenmachers von einigen (10—12) „Falle, lat. Centimetern bis zur halben, ja bis zur vollen Länge des Laufes; neuere Schrotgewehre (Hinter— lader) haben keinen Fall mehr. Bei Büchſen (Vorder- und Hinterlader) ſtellt der Fall gleich- ſam einen verlängerten Gejchojseintritt dar und bezweckt gleich dieſem ein ſanfteres und leichteres Eintreten des Geſchoſſes in die Züge. Die hiedurch infolge ſchnellſter Vergrößerung des Verbrennungsraumes herbeigeführte Abſchwä— chung des erſten Gasdruckes (j. Balliſtik, Bd. I, b. 405) wirkt ebenſo wie die infolge geringerer Deformation des Geſchoſſes verminderte Rei— bung auf Beſeitigung (Ermäßigung) der den Lauf erſchütternden heftigen Stöße hin und hilft ſo die Treffähigkeit ſteigern. Die genaue Anfertigung eines zweckmäßigen Falles iſt ſchwierig, und wird daher neuerdings, da die Vortheile als nicht ausreichend angeſehen werden, die mühevolle Arbeit zu rechtfertigen, der Fall immer weniger angewendet. Th. Fällaxt, ſ. Werkzenge. Fr. Falbaum, der. I. Der am Vogelherd oder an der Schieß— hütte ſtehende dürre Baum, auf welchem das Federwild anfallen ſoll; vgl. Blattbaum, Fall- reis, Hakreis. „Des Morgens kan es ſo bald nit tagen oder taggramen daſs nicht albereits auff dem Fallbaum wilde Tauben vor dem Kloß liegen vnd auffwarten.“ Aitinger, Bericht v. d. Vogelſtellen, Caſſel 1653, p. 119. — „Offmahls werden ſolche Bäume Mannshoch abgeſägt, aus— gehackt und mit einer Pfaltz und Eyſen wieder zuſammen gejtoßen | aljo daſs man ſie da— ſelbſt aufrichten und niederlaſſen kan und dieſe weinen Fallbäumen von etlichen genannt.“ Hohberg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 812, 688. — „Fallbaum heißet der— jenige mit Fleiß aufgerichteter Baum bey einem Vogelherd, auf welchen die Vogel anfallen können.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 113. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 51. — Grimm, D. Wb. III., p. 1276. — Sanders, Wb. II., p. 99 a. II. S. v. w. Fallprügel, Fallknüppel, Fall- ſtange; ſelten. „Es mujs derjenige, der jolche (Schlagbäume) machen wil | es ſo verſuchen daſs kein Thier das Holtz über eine qverhand herumb drehen kan das es nicht ab und der Fallbaum herunter falle.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, II., fol. 120. E. v. D. Fallblockverſchluſs it ein Blockverſchluſs, deſſen Achſe am hinteren Ende rechtwinkelig zur Seelenachſe ſitzt, ſo daſs der Block zum Offnen vorne herunter „fällt“, bezw. zum Schließen durch einen Hebel o. dgl. wieder gehoben wird. Erſter Repräſentant der Gattung iſt der Fallblock von Peabody, ſpäter verbeſſert durch Martini (ſ. Ver— ſchluſs). Th. Falle, die, nennt man jede aus Holz oder Metall hergestellte Fangvorrichtung mit Aus⸗ nahme der Fangeiſen, ſ. d.; vgl. Drühe und Baum⸗, Boden-, Kaſten⸗, Hohl-, Klapp⸗, Prü⸗ gel⸗, Raſen⸗, Marder-, Schnellfalle. „Im Thü— ringer Walde werden die Fallen in die Schneißen häuffig gemacht . . .“ Aitinger, Bericht v. d. Vogelſtellen, Caſſel 1633, p. 261. — Fällaxt. — Fallen. 409 Decipula, franz. Trappe, wird eine Maſchine genennet, womit ſchädliche Thiere und beſonders in der Jägerey, die Raubthiere gefangen werden.“ Onomat. forest. I., p. 678. Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. AR Behlen, Wmſpr., 1829, p. 31. — Deneckau. Müller, Mhd. Wb. III., p. 217. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 11. — Grimm, D. Wb. III., p. 1277. — Sanders, Wb. II., p. 3090. E. v. D. Fallek, 1. Conventionen. Mcht. Fallen (Fangeiſen, Schlingen u. ſ. w.). Nach dem Erlaſs des Miniſteriums des In— nern vom 15. December 1852, Z. 5681 (ent⸗ haltend die jagdpolizeilichen Vorſchriften), iſt es (in Übereinſtimmung mit der Jagd- und Wild— ſchützenordnung vom 28. Februar 1786) dem Jagdberechtigten geſtattet, die nützlichen jagd— baren Thiere „kunſtmäßig zu fangen oder zu erlegen, nebſtbei die ſchädlichen Raubthiere zu jeder Jahreszeit nach Thunlichkeit zu tödten“; außerdem wird (im Art. 6) „jedem Jagdbeſitzer in ſeinem Banne geſtattet, Fangeiſen und Schlingen zu legen und Wolfsgruben zu machen“, doch müſſen dieſe Orte in einer jeder— mann leicht erkennbaren Weiſe bezeichnet wer- den, und hat (nach Art. 14) in der nächſten Umgebung der Ortſchaften, Häuſer und Scheuern „die Aufſtellung ſolcher Schlageiſen oder Fallen zu unterbleiben, welche für Menſchen oder Thiere gefährlich werden könnten“. Unberechtigtes Fangen von Wild mittelſt Fallen u. ſ. w. bildet (verſuchten oder vollbrachten) Diebſtahl (ſ. d.). Nach dem Jaadgeſote für Böhmen vom 1. Juni 1866, L. G. B. Nr. 49 ($ 36), „iſt das Abfangen des Wildes, mit Ausnahme des Raub⸗ wildes, mittelſt Schlingen oder Fallen verboten“. Das ungariſche Jagdgeſetz (Geſ. Art. X vom Jahre 1883) verbietet (in $ 15) „auch in der erlaubten Zeit (das allgemeine Jagd— verbot dauert vom 1. Februar bis 15. Auguſt, ſ. Schongeſetzgebung) alles nützliche Pelz- oder Federwild mit Fallen, Netzen, Schlingen zu fangen oder zu tödten; insbeſondere aber Trap— pen bei Graupenregen einzutreiben oder zu er— ſchlagen. Ausgenommen ſind Krammetsvögel, welche während der erlaubten Zeit mit Schlin— gen und Leim gefangen werden dürfen.“ Über die Benützung von Fallen u. ſ. w. zum Vogelfang ſ. Vogelſchutz, zum Fiſchfang j. Fiſcherei. Mcht. Fallen, verb. intrans. I. Wild, vorzugsweiſe das zur hohen Jagd gehörige Wild fällt, wenn es durch Krankheit, Froſt oder Hunger umkommt; ſeltener wird das Wort auch auf angeſchweißtes oder geriſſenes Wild angewendet; vgl. Fall, Fallwild und das trans. fällen. — „Vonn dem von andern ge— fellten | oder ſelbs gefallenem Wildtpreth.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 68 r. — „Gefallen ſagt man, wenn man einen Hirſch oder Wildt todt liegend antrifft, in einer Hecken, jo von einem Schujs oder Stich, oder Krankheit und Hunger geſtorben und verfaulen muſs.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — „Gefallen heißet weiter: wenn dieſes (Roth-, Tann- und Reh⸗ Wildpret, auch Sauen, bey hartem Winter und tiefen Schnee, 410 Fällen. — Fällerlohn. da es es nicht zum Boden kommen kann, vor Hunger, Kälte und Mattigkeit, oder zu anderer Zeit umkommet, ohne dajs es rechtmäßig ge— hetzet, gejaget oder geſchoſſen worden. Ferner ſo es von Wölfen geworfen iſt.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 343. — „Was aber von Hunden gewürget oder von Wölffen geworffen iſt, item was geſchoſſen gefunden wird, ohne daſs man weiß, wer es geſchoſſen, auch das den Hals geſtürzet, ſich ſpießet und dergleichen, dieſes iſt eigentlich gefallen Wildpret, es ſey dann daſs der Weidemann ſolches noch beym Leben anſichtig wäre, dasſelbe noch ſchieße oder Ge— nickfange, alsdenn muſs es zur Fürſtlichen Küchen eingeſchicket werden.“ v. Göchhauſen, No- tabilia venatoris, Nürnberg 1731, p. 240 — 241. — „Fallen, wenn ein Stück Wild vor ſich er— kranket und verendet, ſo ſpricht man: es iſt gefallen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 114. — Onomat. forest. I., p. 678. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 93. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 147. — R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 9. II. Das Roth-, Dam- und Rehwild fällt in oder über das Zeug, wenn es ſich darin fangt oder es überſetzt; vgl. überfallen, über— fliehen, annehmen. „Das Wild iſt in die garn geſprungen oder gefallen.“ Nos Meurer J. e., fol. 86 „v. — „. . . das wild ſeye in die Garn gefallen.“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1579, fol. 665. — Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 18. — C. v. Heppe 1. c. — Onomatologia l. c. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 51. — R. R. v. Dombrowski J. e. III. Der Hund fällt auf eine Fährte — er fällt ſie an: „Fall ſuchen heißet: wenn ein Hund von der richtigen Färthe, die er anfänglich aufgenommen hat, geſchwind ab— ſchießet und auf eine unrichtige Färthe fäl— let C. v. Heppe 1. e., p.88. IV. „Die Zwitterhunde .. . aber müſſen entweder von einem guten Leithund und einer Pudelhündin, oder von einem Pudel und einer Schweishündin, oder auch von einem Spion und einer Leithündin gefallen ſeyn ). Anm.: Gefallen heißet hier: gezeuget und zur Welt gebohren ſeyn.“ C. v. Heppe J. e., p. 343. V. Vom Federwild in der Bedeutung ir— gend wohin fliegen, einfallen, ſich niederlaſſen, in verſchiedenen ſpeciellen Anwendungen: „Die vogel vallent nicht auf ein às.“ C. v. Megen— berg, Buch der Natur, hrsg. v. Pfeifer, p. 165, 15. — „Etliche (Beizvögel) vallent geren auff die erdenn vnnd auch auff die ſchweyn.“ Ein ſchons buchlin von dem beyſſen, Straßburg 1510, c. 40. — „Wann ſie (die Falken) jrr werden vallen ſie jnn ein ander lannd inn kurtzer Zeit viel meilen.“ Eberhard Tapp, Weid— werd vnnd Federſpil, 1542, I., 1. — „So ſie (die Feldhühner) in wenigem Schnee vor eine Hecken fallen ſind ſie auch nicht beſchwerlich zu fangen können dann wol geklopffet oder gepochet werden.“ Aitinger, Bericht von dem Vogelſtellen, Caſſel 1653, p. 37. — „ ob ſie (die Kramets-Vögel) ſchon zu zeiten Mor- gens frühe auf das Geſträuch fallen.“ Hoh— berg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 825. — „Die Golk-Raben ... erſcheinen alsdann mit ihren vier bis fünf Jungen auf den Luderplätzen und auf der Krähenhütte, denn ſie fallen ebenſo eifrig auf den Schuhu als die ſchwarze Raubkrähe.“ Mellin 1. c., p. 348. — „Die Birk- Haſel- und Rebhüner fallen aufs Geäſe: von dem Haſel- und Rebhun ſagt man auch: es fället auf die Weyde.“ C. v. Heppe 1. c., p. 131. — „Von den Falcken ſagt man: Sie fallen in ein ander Land, wenn ſie ſich in Verfolgung ihres aufgeſtoßenen Raubes verirren, und oftmals auf viele Meilen Weges weit von dem Orte, wo ſie geworfen werden, hinwegfliegen. Von Reb- und Haſel⸗ hünern wird geſagt, daſs ſie auf die Weyde oder das Geäſſe einfallen oder fallen. Von den Haſelhünern jagt man auch, dafs fie zu Baume fallen.“ Oncmatologia l. c. — Döbel 1. c., p. 50. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 390. VI. Vom Otter und Biber ſ. v. w. fahren, ſ. d. III. Winkell, Ed. I, 1805, II., p. 145, und III., p. 38. — Diezel I. c., p. 484. Vgl. a. Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 217. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 11. — Grimm, D. Wb. III., p. 1277, 1279. — San⸗ ders, Wb. I., p. 400 c. E. v. D. Fällen, verb. trans., ahd. fallian, ein Wild S dasſelbe auf weidgerechte Weiſe tödten; heute iſt erlegen und ſtrecken oder zur Strecke bringen gebräuchlicher; im Mhd. war vellen und die Nebenform ervellen der einzige weidgerechte Ausdruck. „Swer in den ban forsten wilt wundet oder vellet oder jaget ...“ Schwabenſpiegel, hrsg. v. Laſsberg, 236. — „. .. daz man mit gejegede ir hinden hät gevellet ...“ Conrad v. Würzburg, Tro⸗ janerkrieg, v. 24.311. — „Nü daz der hirz gevellet wart ...“ Gottfried v. Straßburg, Triſtan und Iſolde, v. 2726. — „Der groß Waidman hatt mitt ſeiner hant vnd in aim Jar gefelt. xxxij. Hierſch.“ Kaiſer Maximilian J., Geheimes Jagdbuch, Cod. ms. Vindob. no. 2837, fol. 190r. — Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 681 (Beleg ſ. bei fallen I.). — „Fällen, ein Thier todt machen.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — „Fällen heißt ſo viel, als ein Wildpret, es ſey nun ein hirſch, Thier oder Sau, mit einem Schuſs oder Fang um das Leben bringen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 113. — Onomat. forest. I., p. 662. — Behlen, Anltg. z. Wmſpr., 1829, p. 50. — Lexer, Mhd. Hwb. III, p. 536. — Grimm, D. Wb. III., p. 1284, 1285. — Sanders, Wb. II., p. 403 c. E. v. D. SFallenfteig, der. „Die Fallenſteige find 40—50 cm breite Pfade, welche in weiten Krüm⸗ mungen durch die einzelnen Jagdböden, nament— lich durch die Dickungen geführt werden. Die— ſelben müſſen möglichſt geebnet und vor Ver⸗ raſung geſchützt werden. Das Raubwild wählt ſolche Pfade, da es gerne den Thau meidet, mit Vorliebe und geräth ſo in die daſelbſt auf- zuſtellenden Fallen . . .“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 172. — Näheres ſ. Faſan. E. v. D. N FJällerlohn, Fällungskoſten, ſ. Ernte⸗ koſten. Nr. Fallgarn. — Fällung. Jallgarn, das. Selten und aus der Li- teratur nicht klar belegbar. „Fallgarn. Man nennt ſo alle Garne oder Netze, die auf Stell— ſtangen gehängt werden.“ Hartig, Lehrb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 49. — Sanders, Wb. II., p. 541 c. E. v. D. Fallgeſchwindigkeit iſt im Gegenſatz zu der fortſchreitenden Geſchwindigkeit, mit welcher das Geſchoſs in horizontaler Richtung ſich vor— wärtsbewegt, diejenige Geſchwindigkeit, mit welcher es in verticaler Richtung fällt; ſie be— wirkt die Krümmung der Flugbahn [ſ.Anziehungs— kraft ), Balliſtik II.]. Th Fallgrube, die, Grube zum Fange von Raubwild, vorzugsweiſe für Wolf und Fuchs, ſ. d. u. Fanggrube, Wolfsgrube. R. R. v. Dom⸗ browski, Der Fuchs, p. 162, und Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 406. — Grimm, D. Wb. III., p. 1287. — Sanders, Wb. II., p. 632 a. E. v. D. Fallknüppel, der, ſ. v. w. Fallprügel, j. d. u. Lagerknüppel. Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 558. E. v. D. Fallnetz, das, ſ. v. w. Schlagnetz, vgl. fallen II. „Zum achten ſollen ſy (die Faßhan⸗ warter) die Fallnez, ſo auff die Aß- und andere Geyern gericht ſeyn, erhalten, dieſelben täglich richten und beſichtigen . ..“ Maximi⸗ lian II., Sagoinfiructinn vom Jahre 1575, hrsg. v. Dudik, p. 72. — „Die Faſſanen. werden auf dieſen Schütten durch ein Fall⸗Netzlein lebendig gefangen.“ Pärſon, Hirſchger. Jäger, 1734, fol. 92. — Onomat. forest. IV. (Nach⸗ trag von Stahl), p. 237. — Grimm, D. Wb. III., p. 1289. — Sanders, Wb. II., p. = E. v. Fallopifder Canal, Canalis le Canalis nervi facialis, heißt der für den Ge— ſichtsnerven im os petrosum verlaufende, im Blindſacke des inneren Gehörganges beginnende, oberhalb des ovalen Fenſters nach hinten ziehende Canal. Mündet vereint mit Foramen stylomastoideum nach außen. Kur. SFallprügel, der, auch Fallknüppel, jener Prügel einer Schlag-, Raſen- oder Prü— gelfalle (ſ. d.), welcher beim Losſchlagen der letzteren das betreffende Thier tödtet; Gegen— ſatz zu Lagerknüppel, ſ. d. und vgl. Baum⸗ marder, Bd. I, p. 103. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 51. — Hartig, Lehrb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, p. 30. E. v. D. FJallreis, das, ſ. v. w. Fallbaum, ſ. d., ſelten. „Außen herum (um die Waldtennen) werden ſubtile geſchranckte Fallreis lein ge— ſteckt .. . dieſe zarte Fallbäumlein . . .“ Hohberg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 812. E. v. D. Fallruthe, die, ſpecieller Ausdruck für das Trittholz beim Habichtskorb, oder das Stell— holz des Schlagbaumes, ſ. d.; ſelten. „Das Fallrütgen (des Schlagbaumes) ſtehet aber zwei Finger breit nichts von der Erde.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, II., fol. 123. — „Alsdenn ſetzet man unten auf den bretternen Boden eine Taube hinein, ziehet oben das Gärnlein zurück, nimmt das daran ſeyende ) Im Artitel Anziehungs kraft iſt in der Tabelle der Fallgeſchwindigkeit, (zweite Columne) in der Un onen: anſtatt: „in Secunden“ zu jegen: „in Metern per Secunde“ 411 Stell-Hol und ſetzet es oben an den Quer— Riegel mit einem Ende, faſſet das Trittholz oder die Fallruthe, ziehet ſie an und mit der Kimme zum Seiten-Netze heraus, und ſetzet das andere Ende vom Stell-Holtze auf dieſes Tritt-Holtz.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 140. E. v. D. Fallſtange, die = Fallprügel, Fallknüppel, . d.; ſelten. „C. it eine mäßige Stange | zur Unterlage | D. iſt die Fallſtange | jede vier Ellen lang.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, II., fol. 120. — Döbel, Ed. I, 1746, IE. fol. 145. E. v. D. Fallthiere. Während die Fallkäfer (ſ. d.) ſich einfach zu Boden fallen laſſen, müſſen bei größeren, nicht flugfähigen Thieren, die ſich plötz— lich von der Höhe herabgleiten laſſen, eigene fallſchirmartige Fallapparate vorhanden ſein; ſolche finden wir beim Flugeichhörnchen, bei den Flugbeutlern, bei den Flugechſen. Kur. Falltuch, das. Ein Jagdtuch, welches an den Stellſtangen an Rollen derart befeſtigt wird, daſs es beliebig gehoben oder fallen ge— laſſen werden kann, ſ. Jagdzeuge und einge— ſtelltes Jagen heißt auch Schnappe, Schnapp⸗, Heb⸗, Lauf-, Quer-, Roll- oder Zwerchtuch, ſ. d. Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 33, 60. — C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 181. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 115. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 154. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 51. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, 15 p. 357. — Grimm, D. Wb. ID: p. 1291. — Sanders, Wb. I., p. 1398 b. E. v. D. Fällung. Nach § 16 F. G. „hat dort, wo es die Schonung des Nachwüchfes erheiſcht, die Gewinnung des Holzes im Herbſte oder im Winter bei Schnee zu erfolgen und die Auf— arbeitung und Bringung des Holzes der Fäl— lung ohne Verzug angereiht zu werden. Im übrigen darf das Holz auch im Frühjahr und Sommer gewonnen werden, doch mufs es als— dann ſpäteſtens vor Beginn des nächſten Früh— jahres aus dem Walde geſchafft werden. Das im Safte und zur Zeit der Belaubung gefällte Holz iſt mit Ausnahme des Prügel- und Aſt— holzes ſogleich, das nach Abfall des Laubes gefällte wenigſtens vor Ausbruch des neuen Laubes ganz oder ſtreifenweiſe zu entrinden, auf— zuſpalten und zu behauen (zu beſchlagen). Bei dem Abhiebe der zu fällenden Bäume dürfen die Stöcke nicht überflüſſig hoch gelaſſen werden. Jede Beſchädigung nebenſtehender Bäume und jungen Holzes muſs bei der Fällung, Auf— arbeitung und Bringung des Holzes vermieden werden.“ Für Dalmatien wird durch Geſetz vom 19. Februar 1873, L. G. Bl. Nr. 20 ($ 5), „die normale Zeit der Gewinnung des Holzes für alle Wälder, mit Ausnahme der Nadelhölzer und Hochgebirgs swälder, auf die Zeitperiode vom 1. September bis 31. März feſtgeſtellt. Dieſer Beſchränkung unterliegen jedoch nicht die ſtrauch— artigen Holzarten, wie z. B. Ginſter, Heide, Maſtix, Piſtazie u. dgl.“ Die Normen für das Küſtenland ſind in den Kundmachungen der Statthalterei vom 4. März 1882, L. G. Bl. Nr. 9, und vom 24. Februar 1884, L. G. Bl. Nr. 6, enthalten. 412 Fällungsantrag. Kahlhieb iſt verboten; bei Abſtockung von Hoch⸗ wäldern müſſen per Hektar mindeſtens 50 ge= ſunde, zur Samenbildung geeignete Stämme angemeſſen vertheilt ſtehen bleiben und dürfen erſt bei Vorhandenſein genügenden Nachwuchſes gefällt werden. Ausnahme dort, wo zur Zeit des Abtriebes genügender Nachwuchs vor— handen iſt. Bei Niederwäldern ſind beim Ab— triebe per Hektar mindeſtens 20 der wüchſigſten Bäumchen der wertvollſten Holzart, wo möglich mit ſelbſtändiger Bewurzelung angemeſſen ver- theilt, ſo oft zu überhalten, bis mindeſtens 40 Oberhölzer per Hektar vorhanden find. Dieſe dürfen nicht vor 20 Jahren gefällt werden. Eventueller Abgang von dieſen 40 Oberſtän— dern iſt ſofort zu erſetzen. Auf ſtrauchartige Hölzer finden dieſe Beſtimmungen keine An⸗ wendung. Die Fällungszeit iſt die Periode vom 15. September bis 15. April; für die Gebirgs- hochwälder gelten die Beſtimmungen der Wirt⸗ ſchaftspläne. Welche Wälder in die Kategorie der tieferen oder der Hochgebirgsregion gehören, beſtimmt die politiſche Bezirksbehörde im Ein- vernehmen mit dem Forſttechniker ebenſo wie die Zeit für die Nebennutzungen. Untergeord— nete Sträucher (Dornſträucher, Wachholder, Heidekraut, Beſenpfrieme, Hartriegel u. dgl.) können jederzeit gewonnen werden, wenn die politiſche Behörde nicht aus öffentlichen Rück— ſichten andere Verfügung getroffen hat. Nach S 17 der proviſoriſchen Waldordnung für Tirol und Vorarlberg vom 19. October 1839 „iſt zu Holzfällungen in Gemeinde⸗ und Localſtiftungswaldungen, für welche kein regelmäßiger Bewirtſchaftungsplan beſteht, die Bewilligung des Kreisamtes (Bezirkshaupt— mannſchaft) erforderlich, welche dieſelbe über Einvernehmung des betreffenden Forſtamtes er— theilt und die forſtliche Auszeichnung veran⸗ laſst“. Nach § 1 der Statthaltereiverordnung vom 1. Mai 1885, L. G. Bl. Nr. 14, iſt der Bedarf aus dieſen Waldungen von der Bezirks- hauptmannſchaft feſtzuſtellen und vom Forit- techniker auszuzeigen. Aus Privat⸗ und Theilwäldern, wenn dieſelben nicht Schutz— oder Bannwälder ſind, iſt nach der Statthal— tereiverordnung vom 1. Mai 1885 den Wald- beſitzern der Bezug von Forſtproducten zur Deckung ihres eigenen Haus- oder Gutsbedarfes ohne Anmeldung und Auszeige geſtattet. Bei der Gewinnung der Forſtproducte ſind die Be— ſtimmungen des F. G. zu beachten und jede Verwüſtung oder Schädigung des Waldſtandes unterſagt; die Forſtbeſitzer ſind dafür verant— wortlich, daſs die bezogenen Producte keiner anderen Verwendung als zur Deckung des Haus⸗ und Gutsbedarfes zugeführt werden. Der Waldbeſitzer kann den Rath des politiſchen Forſttechnikers einholen, und dieſer iſt zur Er- theilung des Rathes und zu einer etwa ge— wünſchten Auszeigung verpflichtet. Kahlſchläge in Hochwäldern ſind ohne politiſche Bewilligung verboten, ebenſo Bezug von Producten aus Schutz⸗ und Bannwäldern. Forſtproductenbezug aus Theil- und Privatwäldern für den Ver- kauf oder über den Haus- und Gutsbedarf hinaus, insbeſondere für größere induſtrielle Zwecke, iſt bei den Forſttagſatzungen (ſ. d.) an⸗ zumelden und, ſoweit es die nachhaltige Be⸗ wirtſchaftung zuläſst, vom politiſchen Forſt⸗ techniker auszuzeigen. — Jede Übertretung der hier mitgetheilten Vorſchriften wird, wenn die⸗ ſelbe nicht nach dem F. G. zu behandeln iſt, nach der M. Vdg. vom 30. September 1857, R. G. Bl. Nr. 198 (Geld von 1 bis 100 fl. oder Arreſt von 6 Stunden bis 14 Tage) beſtraft. Die Statthaltereiverordnungen vom 9. Juni 1859, L. G. Bl. II, Nr. 46, vom 13. December 1859, 3. 22.901, vom 22. November 1863, L. G. Bl. Nr. 74, vom 25. December 1873, Z. 18.007, und vom 24. März 1881, 3. 3088, treten mit Ausſchluſs der in der erſtgenannten Verordnung enthaltenen und aufrecht bleiben⸗ den Aufhebung der früher beſtandenen Aus⸗ fuhrverbote von Holz (ſ. d.) und der Control⸗ maßregeln im Holzverkehre außer kraft. Laut Verordnung der Tiroler Statthalterei vom 25. Juni 1885, 3. 12.079, L. G. Bl. Nr. 26, ſind die Geſuche der Gemeindeinſaſſen um Be⸗ theilung mit Holz zu ihrem Haus- oder Guts⸗ bedarf aus Gemeindewaldungen ſowie die Ge— ſuche der Waldbeſitzer um Fällungsbewilligung in ihren Waldungen im Sinne der Tarifpoſt 44, lit. g des Gebürengeſetzes vom 9. Februar 1850 ſtempelfrei. Die Erläſſe der Salzburger Landes⸗ regierung vom 16. September 1859, 3. 10.376, und vom 2. November 1866, 3. 1149, beſtim⸗ men, daſs alle Fällungen im Eigenthumswalde an die politiſche Bewilligung geknüpft ſind; Übertretungen werden geſtraft mit 1—100 fl. oder Arreſt von 6 Stunden bis 14 Tagen. Dieſe Vorſchrift iſt ſtörend, wohl nicht immer wirkungsvoll, dabei koſtſpielig und zeitraubend; deren juriſtiſche Zuläſſigkeit gegenüber dem a. b. G. B. und dem F. G. zweifelhaft. Die analoge Dispoſition in Tirol iſt zurückzuführen auf die A. H. Verordnung vom 19. April 1856. Das Geſetz vom 1. März 1885, L. G. Bl. Nr. 13, giltig für Kärnthen, enthält Beſtim⸗ mungen über Fällung in Wildbachgebieten (vgl. Wildbachverbauung). Laut Kundmachung der Landesregierung vom 9. Juni 1887, Z. 5845, L. G. Bl. Nr. 22, gelten dieſe Normen vom . September 1887 auch für die zum Lieſer⸗ gebiete gehörigen Thäler, Gräben u. ſ. w. Das Recht, in einem Walde Holz zu fällen, kann als ſolches nicht gepfändet oder ſequeſtriert werden; ſo lange die Bäume nicht gefällt ſind, bilden ſie ein Zubehör des Bodens (Entſch. d. O. G. H. vom 3. Januar 1878, Z. 14.809). Mcht. Fällungsantrag, Fällungsplan, auch Hieb3- oder Hauungsantrag. Die Hauptgrund⸗ lage des jährlichen Holznutzungsbetriebes bildet der von den Forſtverwaltungen alljährlich auf⸗ zuſtellende Fällungsplan, welcher die beabſich⸗ tigten Nutzungen für das folgende Betriebsjahr ortweiſe, mit Angabe des vorausſichtlichen Maſſenergebniſſes enthält und der Direction zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt wird. Er enthält in tabellariſcher Form in der Regel die Ortsbezeichnung, die Angabe der Nutzungsfläche und der Art der Nutzung (Hiebsform), dann den Voranſchlag des Nutzungsergebniſſes nach Sortimenten, eventuell auch eine kurze Begrün⸗ dung der einzelnen Nutzungsanträge. Die An⸗ TH Fällungsergebnis. träge ſelbſt werden nach Betriebsclaſſen geordnet und in die Haubarkeits- und Zwiſchennutzungen getrennt; ſie ſind auf Grund des periodiſchen Betriebsplanes zu verfaſſen. In der Regel wird den eigentlichen Anträgen eine Bilanz zwiſchen dem vorgeſchriebenen Nutzungsetat des Decen— niums und dem bisherigen Einſchlage voraus— geſchickt, woraus ſich das Abnutzungsſoll für die nächſten Jahre ergibt. Bei noch nicht eingerich— teten Forſten ſind dem Fällungsantrage auch Planſkizzen beizugeben, welche die Beurtheilung der beabſichtigten Schlaganlage und Hiebsfolge geſtatten. v. Gg. Fällungsergebnis iſt die Holzmaſſe, welche bei gänzlichem oder theilweiſem Abtrieb oder bei der Pflege eines Beſtandes gewonnen wird. Nr. Fällungsnachweiſung, Hiebsnachweis. Am Schluſſe jedes Betriebsjahres ſind die wirklichen Ergebniſſe der Fällungen mit Angabe der Nutzungsflächen und des Ausfalles an einzelnen Sortimenten nach den Betriebsclaſſen und ein— zelnen Fällungsorten zuſammenzuſtellen, und wird dieſe Nachweiſung (in der Regel zugleich mit dem Fällungsantrage des folgenden Jahres) der Direction vorgelegt. Um den Vergleich der voll— zogenen Nutzungen und des wirklichen Einſchlags— ergebniſſes mit dem betreffenden Fällungsantrage zu erleichtern, wird die Fällungsnachweiſung auch wohl dem letzteren unmittelbar (auf der rechten Blattſeite des betreffenden Formulares) gegenübergeſtellt. Nach den Vorſchriften der öſterreichiſchen Staatsforſtverwaltung ſind in der Fällungsnachweiſung auch die Gewinnungskoſten, dann der Brutto- und Nettogeldwert der ein— zelnen Nutzungen anzugeben. v. Gg. Fällungsplan, j. Hauungsplan, Hauungs— dispoſition. Nr. FJällungsquantum, ſ. Hiebsſatz. Nr. Fällungsregeln ſind jene Vorſchriften, welche bei der Fällung der Hölzer zu beachten | ſind, wenn nicht der Betrieb verzögert und die Hölzer an ihrem Werte und an ihrer Menge Einbuße erleiden ſollen. Aber auch mit Rück— ſicht auf die allgemeine Waldpflege iſt die Ein— haltung beſtimmter, in der Praxis erprobter Maßnahmen dringend geboten. Ein jeder Stamm muſs nach jener Richtung geworfen werden, in welcher er einerſeits an der Umgebung den zu— läſſig kleinſten Schaden verurſacht, während er andererſeits ſelbſt nicht beſchädigt werden darf. Ein theilweiſes Entaſten des Stammes, ein Bergwärtswerfen desſelben oder das Fällen wertvoller Stämme auf eine Reiſigbettung dürfte zu dem gewünſchten Ziele führen. Bei einem ſtarken Winde muſs das Abfällen der Stämme unterbleiben, denn in dieſem Falle kann der Holz— macher ſelbſt beim beſten Willen eine beſtimmte Fallrichtung nicht einhalten. Desgleichen ſoll auch das Fällen bei ſtarkem Froſte nicht betrieben werden, weil das ſpröde Holz dann leicht bricht oder ſplittert. Nutzholzſtämme ſind derart zu werfen, daſs deren Fortſchaffung keine Schwierig— keiten bereitet. verhängte Stämme ſind in acht— ſamer Weiſe loszulöſen, damit nicht Stämme, die ſtehen bleiben ſollen, beſchädigt werden. Am häufigſten wird in einem ſolchen Falle der Stamm vom Stocke vollſtändig abgetrennt (Waldhieb) und ſodann abgehoben, oder man — Fällungsſtufen. 0 413 ſchneidet vom Stammende einige Stücke ab. Stämme, deren Durchmeſſer am Stocke mehr als 15 em beträgt, find ſtets mit der Säge und nur bei ſchwachen oder übermäßig ſtarken Stäm— men darf die Fällung mittelſt der Axt allein erfolgen; desgleichen muſs dieſe dort ange— wendet werden, wo auf Stockausſchläge ge— hauen wird. In der Regel ſollen auch nicht mehr Stämme gefällt werden, als der Arbeiter im Verlaufe von 2—3 Tagen aufzuarbeiten vermag, wenn nicht, wie dies im Gebirge der Fall iſt, Fäl— lung und Aufbereitung getrennt und gleichzeitig erfolgt. In Wind- und Schneebruchſchlägen iſt mit der Aufbereitung an der Sturmſeite zu be— ginnen, und wo Käfergefahren zu befürchten ſind, iſt das unverwertbare Abraumholz, wenn zuläſſig, zu verbrennen. Beim Fällen ſoll der Holzmacher ſeitwärts der Fallrichtung und in unmittelbarer Nähe des zu fällenden Stammes ſtehen, für keinen Fall darf derſelbe hinter den— ſelben treten. Fr. FJällungsſtufen. Bei der natürlichen Ver- jüngung der Hochwälder im Wege der Samen— ſchlagwirtſchaft kann man verſchiedene Stufen der Schlagführung unterſcheiden, mittelſt deren der zur Verjüngung ſtehende Beſtand in den neuen Zuſtand hinübergeleitet wird, die ſich nach den verſchiedenen vorliegenden Waldver— hältniſſen entweder ſämmtlich vorfinden oder nur vereinzelt auftreten, ſich auch mehr oder weniger ausgeprägt in der Wirtſchaft dar— ſtellen. G. L. Hartig und H. Cotta unterſchieden vier dieſer verſchiedenen Stufen, nämlich den Vorbereitungsſchlag, Beſamungsſchlag, Lichtſchlag und Abtriebsſchlag. Dieſe Ein— theilung wird heute noch vielfältig und mit gutem Recht in Anwendung gebracht, da ſie im weſentlichen der Wirklichkeit entſpricht. Neuerdings nimmt man auch wohl die Stufe des Beſamungsſchlages als die Haupt— ſtufe an und nennt die zum Zweck der Ver— jüngung vor dieſem geführten Hiebe Vor— hiebe, die nach ihm geführten Hiebe aber Nachhiebe. Zu erſteren würde daher der Vor— bereitungsſchlag jener großen forſtlichen Lehrer, zu letzteren der Licht- und Abtriebsſchlag zählen. C. Heyer in ſeinem „Waldbau“, Leipzig 1878, nimmt drei „Fällungsſtufen“ an, durch welche die natürliche Wiederverjüngung eines haubaren Beſtandes am zweckmäßigſten erfolgt, u. zw. den Vorhiebsſchlag, der die Vorbe— reitung des Beſtandes zur Beſamung bezweckt, den Samenſchlag, der die wirkliche Beſamung vermittelt, und den Aus lichtungsſchlag, der die Erhaltung der begündeten Nachzucht zur Aufgabe hat und deſſen letztes Stadium der Abtriebs- oder Räumungsſchlag bildet. Ganz ebenſo bildet Gayer in ſeinem „Waldbau“, Berlin 1882, ſeine drei „Verjün— gungsſtadien“ der Naturbeſamung durch Schirmſtand, indem er unterſcheidet das Vor— bereitungs-, Beſamungs- und Nachhiebs— ſtadium, in welchem letzteren ebenfalls der Endhieb oder die Abräumung den Schlujs der Nachhiebe bildet. 414 Bei dieſen drei Stufen der letztgenannten Autoren umfaſst der Auslichtungsſchlag oder Nachhieb die Hartig⸗Cotta'ſchen beiden beſon⸗ deren Stufen des Licht- und Abtriebsſchlages. Wenn nun auch Licht⸗ und Abtriebsſchlag oft unmerklich in einander übergehen, ſo beſtehen ſie doch jedenfalls, und liegt kein beſonderer Grund vor, die früheren Stufen der älteren Autoren anders zu bezeichnen. Gt. Fallwild, Fallwildbret, das, wird jedes Stück Wild genannt, welches fällt, d. h. durch Krankheit, Hunger oder Froſt umkommt; jeltener wird der Ausdruck auch auf von Raub⸗ zeug geriſſenes oder angeſchweißtes und am Schuſſe verendetes Wild angewendet; ſ. Fall, fallen I. C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 343 (Beleg bei Fallen I.). — „Fälle oder Fallwildbret, iſt ein ſolches, oberwähnte (bei fallen) erwehnte Art umgekommen; allein es werden auch zu denen Fällen gerechnet: 1. die Wolfsriſſe, 2. was gelähmt iſt, und 3. was auf einer Revier angeſchoſſen oder hie— durch todt gefunden wird, wenn es nemlich von dem Revierjäger nicht gefället worden; was aber eine verheilte Kugel in ſich hat, auch das⸗ jenige, jo auf der Revier von dem Jäger alt= geſchoſſen worden und erſt nach 3 oder 4 Tägen gefunden wird, iſt eigentlich kein Fall, doch kommt es auf Landes Gewohnheit und Ein- führung an.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 115. — „Fallwidbret wird das eines natürlichen Todes geſtorbene Wild 5 2 Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102, und Lexik., p. 166. — Behlen, Real- u. Verb-Lexit. II., p. 11, VI., p. 236; Wmſpr., 1829, p. 51. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 138. — Grimm, D. Wb. III., p. 1291. — Sanders, Wb. II., p. 1603 c. E. v. D. Falwinkel, f „Einfallwinkel. T0. Talſche Aufcaldigung. (Deutſchland.) Wer bei einer Behörde eine Anzeige macht, durch welche er jemand wider beſſeres Wiſſen der Begehung einer ſtrafbaren Handlung oder der Verletzung einer Amtspflicht beſchuldigt, wird nach $ 164 des Reichsſtrafgeſetzes vom 15. Februar 1871 mit Gefängnis nicht unter einem Monat beſtraft; auch kann gegen den— ſelben auf Verluſt der bürgerlichen 5 erkannt werden. At. Falſche Schieferung, |. e Sur ferung. Fälſchung (falsum) iſt der e Gebrauch unechter Beglaubigungsformen oder Beglaubigungszeichen für rechtlich bedeutſame Thatſachen. Dieſe Beglaubigungsformen ge— währen den Thatſachen, auf welche ſie ſich be— ziehen, entweder die Eigenſchaft von Beweis- mitteln im Civil- oder Strafproceſſe (Urkunden, öffentliche Zeugniſſe, unter öffentlicher Autorität geſetzte Grenz- und Waſſerſtandszeichen u. ſ. w.), oder ſie bewirken für dieſelben im Verkehr Glauben bezüglich ihrer Exiſtenz (Münzen, Pa⸗ piergeld, Brief- und Stempelmarken und andere Wert⸗ und Echtheitszeichen, Maß und Gewicht u. ſ. w.). Die Fälſchung iſt, indem ſie unechten Beglaubigungsformen den Credit der echten verſchafft, eine Verletzung der publica fides; ſie iſt aber auch ein Betrug, da die Vorſpiege— Fallwild. — Familiengang. lung der falſchen Thatſache mit Schädigung der Vermögens- oder ſonſtigen Rechte eines anderen verbunden iſt. Es überwiegt bald das Moment der Verletzung der publica fides, wie z. B. bei der Fälſchung von Fabrik- und Warenzeichen, bald jenes der Schädigung fremden Vermögens, wie bei der Privaturkundenfälſchung. In keinem Falle aber iſt die bloße Herſtellung einer un⸗ echten Beglaubigungsform (3. B. einer Münze oder einer Urkunde), auch wenn ſie in rechts⸗ widriger Abſicht erfolgte, ſtrafbar, ſondern immer nur der rechtswidrige Gebrauch der⸗ ſelben. Das deutſche Reichsſtrafgeſetz vom 15. Fe⸗ bruar 1871 beſtraft die Münz- (ſ. d.) und Ur⸗ kunden- (j. d.) Fälſchung als Verbrechen, bezw. Vergehen, den Gebrauch falſcher Päſſe oder ſon⸗ ſtiger Legitimationspapiere ſowie die Fälſchung von Dienſtzeugniſſen als Übertretung mit Geld bis zu 150 Mark oder mit Haft ($ 363). Der Gebrauch nicht geaichter Maße, Gewichte oder Wagen von Seite der Gewerbetreibenden iſt mit Geldſtrafe bis zu 100 Mark oder mit Haft bis zu vier Wochen bedroht. Das Reichsgeſetz über den Markenſchutz vom 30. November 1874 beſtraft ($ 14) die Fälſchung von Warenzeichen mit Geld von 150 bis 3000 Mark oder mit Gefängnis bis zu ſechs Monaten. Der Verkauf gefälſchter Waren iſt nur Betrug, da die Verletzung der publica fides fehlt, indem eine amtliche Beglaubigung der Echtheit der Waren nicht ſtattfindet. Der Meineid (ſ. Eid) iſt wohl eine Ver⸗ letzung der publica fides, aber es fehlt ihm in vielen Fällen die Abſicht der Schädigung der Vermögensrechte Dritter. Das römiſche Strafrecht unterſchied falsa und quasifalsa und verſtand unter letzteren ſolche Delicte, welche wohl bezüglich des einen oder des anderen Momentes der Fälſchung einen Mangel, im übrigen aber mit derſelben Ahnlichkeit zeigen oder in Verbindung mit ihr vorkommen. At. Faltenbildungen treten beim erſten Auf⸗ bau der Organe des ſich entwickelnden Embryos faſt bei allen Thieren auf. Indem an gewiſſen Stellen in den Keimblättern ein vermehrtes Wachſen in tangentialer Richtung eintritt, bilden ſich charakteriſtiſche, nach innen und außen vor⸗ tretende Gruben, Falten, Aus- und Einſackungen, aus denen dann im weiteren Wachsthum beſon⸗ dere Organſyſteme oder Organe hervorgehen. Kur. Saltengebirge, ſ. Gebirgsbildung. v. O. Faltenpanzer, übliche Bezeichnung für ein beſonders faltenreiches Wollkleid der Merino⸗ ſchafe. Knr. Falten weſpen, j. Vespidae. Hſchl. Falz, falzen und alle Zuſammenſetzungen, ſ. Balz, Balzen zc. E. v. D. Falzhobel, j. Hobel. Er. Familie heißt in der Syſtematik die Ver⸗ einigung mehrerer Gattungen (f. Syte nr Familienſideicommiſs, ſ. Fideicommißſs⸗ waldungen. At. Familiengang kann ein Familienholzgang oder Familienrindengang ſein (f. W Hſchl. Familienrecht. Familienrecht iſt die Geſammtheit der rechtlichen Beſtimmungen über Ehe und väter- liche Gewalt. Dasſelbe bildet zunächſt einen Beſtandtheil des Privatrechtes, gehört aber, ſo— weit es ſich um Wahrung ſtaatlicher Intereſſen handelt, auch dem öffentlichen Rechte an. Die Ehe (matrimonium) iſt nach römiſchem und deutſchem Recht die rechtlich anerkannte vollſtändige Lebensgemeinſchaft zwiſchen zwei Perſonen verſchiedenen Geſchlechts, aber die rechtliche Stellung der Ehegatten iſt nach beiden Rechten doch eine weſentlich verſchiedene. Das römiſche Recht geht nämlich, obgleich auch in Rom die Frau ſich in der Ehe dem Manne unterordnete, von der Vorausſetzung der voll— ständigen Freiheit und rechtlichen Gleichheit der Gatten aus, während nach germaniſcher Rechts- anſchauung der Mann das Haupt der ehelichen Genoſſenſchaft, der Vormund und Vertreter der Frau, dieſe aber die Genoſſin des Mannes iſt, mit welchem ſie in der Regel Namen, Stand und Wohnort theilt. Eine Ausnahme in letzterer Beziehung macht nur beim hohen Adel die Miſsheirat (disparagium), bei welcher die Frau nicht dem hohen Adel angehört. Die Frau theilt hier nicht Stand und Rang des Mannes, hat bei ſeinem Tode nicht die vermögensrecht— lichen Anſprüche einer ſtandesmäßigen Witwe, und ihre Kinder ſuccedieren nicht in Stamm-, Fideicommiſs⸗ und Lehengüter. Wird in einem ſolchen Falle für Frau und Kind vertragsmäßig Vorſorge getroffen, ſo iſt die Ehe eine mor— ganatiſche oder zur linken Hand (matrimonium ad morganaticam, ad legem Salicam). Das römiſche Recht kennt keine eheliche Gütergemeinſchaft, indem jeder Gatte ſein Ver— mögen vollſtändig behält, aber zur Beſtreitung des gemeinſchaftlichen Haushaltes einen Theil desſelben, die dos (Mitgift) der Frau und die donatio propter nuptias des Mannes, beſtimmt, deſſen Verwaltung dem Manne zuſteht. Die Zuwendung der dos der Frau zur Beſtreitung der ehelichen Laſten bedarf einer beſonderen Willenserklärung (illatio) von Seite der Frau oder desjenigen, welcher die dos beſtellt. Dieſes zur Beſtreitung des gemeinſchaftlichen Haus— haltes beſtimmte Vermögen bleibt beim Con— curſe des Mannes den Gläubigern entzogen und fällt bei Scheidung der Ehe an die Gatten zurück. Alles nicht zur dos und donatio propter nuptias gehörige Vermögen (parapherna, Para— phernalgut) iſt ſelbſtändiges und ausſchließliches Eigenthum der Ehegatten und denjelben zur eigenen Verwaltung überlaſſen. Dieſe Regelung der ehelichen Güterverhältniſſe bezeichnet man gewöhnlich als Dotalſyſtem. Ein gegen— ſeitiges Erbrecht haben die Ehegatten nicht. Zur Giltigkeit der Ehe, welche durch Vertrag ein— gegangen wurde, war in Rom eine religiöſe Feier nicht nöthig, aber nur ſelten wurde ohne eine ſolche eine Ehe geſchloſſen. Die Ehe ſollte für das ganze Leben geſchloſſen werden, doch war Scheidung aus objectiven Gründen ſowohl als auch bei beiderſeitigem Conſens geſtattet. Grundloſe und verſchuldete Scheidung wurde beſtraft. Das deutſche Privatrecht hat der innigen Lebensgemeinſchaft der Gatten auch einen recht— 415 lichen Ausdruck gegeben in dem älteren Syſteme der Güter vereinigung (s. d.) und dem dem Mittelalter entſtammenden Syſteme der Güter— gemeinſchaft (ſ. d.), wobei in jedem Falle der Mann der Verwalter und Nutznießer des Ver— mögens der Frau iſt. Die Ehegatten haben An— ſpruch auf den gegenſeitigen Nachlaſs (ſ. In⸗ teſtaterbrechty, und der überlebende Ehegatte ſetzt vielfach (wie z. B. nach dem fränkiſchen Landrecht) ſogar die Gütergemeinſchaft mit den Kindern fort. Das römiſche Dotalſyſtem hat nur in dem kleineren Theile Deutſchlands das einheimiſche Recht verdrängt, dabei jedoch mehrfache Mo— dificationen erlitten, deren wichtigſte darin be— ſteht, daſs das geſammte Vermögen der Frau ohne beſonderen Illationsact als dos ange— ſehen wird (Illatenſyſtem). Die neueren Codificationen, wie das preußiſche allgemeine Landrecht und das ſächſiſche bürgerliche Geſetz— buch, unterwerfen das geſammte Vermögen der Frau, ſoweit es nicht durch Geſetz oder Ehe— vertrag ausgenommen iſt, der Verwaltung und Nutznießung (ususfructus maritalis) des Man— nes. Der franzöſiſche Code civil kennt als Regel nur die Gütergemeinſchaft, gibt aber, im ſtrengen Anhalt an das römiſche Recht, Vorſchriften über Dotalrecht für den Fall, daſs Eheleute ſich dem— ſelben freiwillig unterwerfen wollen. Im übrigen hat ſich durch Stammeseigenthümlichkeiten, Her— kommen und Vermiſchung römiſchen und deutſchen Rechtes eine Verſchiedenheit des ehelichen Güter— rechtes entwickelt, wie ſie auf keinem anderen Ge— biete des Privatrechtes beſteht. Die Vorrechte des eingebrachten Vermögens der Ehefrau beim Concurſe des Mannes wurden durch die Reichs- concursordnung vom 10. Februar 1877 aufge- hoben und die Forderungen der Frau des Ge— meinſchuldners jenen der übrigen Gläubiger vr-tändig gleichgeſtellt. Nach dem Reichsgeſetze vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Perſonenſtandes und die Eheſchließung iſt zur Eheſchließung die Ein— willigung und Ehemündigkeit (ſ. Alter) der Ehe— ſchließenden ſowie das Nichtvorhandenſein der in dieſem Geſetze bezeichneten Ehehinderniſſe erforderlich. Die Dispenſation von Ehehinder— niſſen ſteht nur dem Staate, u. zw. der be— treffenden Landesregierung zu. Rechtsgiltig iſt nur die vor dem Standesbeamten geſchloſſene Ehe; die kirchliche Trauung nach der bürger— lichen iſt nicht nöthig. Ein Geiſtlicher, welcher eine kirchliche Einſegnung vornimmt, bevor ihm nachgewieſen wurde, daſs die Ehe vor dem Standesamte geſchloſſen ſei, wird mit Geld bis zu 300 Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten beſtraft. Die Folgen einer ungiltigen Ehe richten ſich nach den Beſtimmungen des einſchlägigen Landesrechtes. In ſtreitigen Ehe— und Verlöbnisſachen ſind die bürgerlichen Ge— richte ausſchließlich zuſtändig. Das Verfahren in Eheſcheidungsſachen, welche zur Competenz der Landgerichte gehören, wurde durch die Civilproceſsordnung vom 30. Januar 1877 ge— regelt. Es ſind demnach alle Beſtimmungen des Kirchenrechtes über die Ehe außer Kraft geſetzt, und die Befolgung kirchlicher Vorſchriften iſt lediglich Gewiſſensſache der Betreffenden. Die 416 deutſche Geſetzgebung befindet ſich hier in Über— einſtimmung mit dem römiſchen und franzöſiſchen Recht und entſtammt in der Hauptſache den Ein=- richtungen in jenen Theilen Deutſchlands, in welchen franzöſiſches Recht gilt (ſ. Allgemeines bürgerliches Geſetzbuch). Obgleich die Beſtimmungen des älteren römiſchen Rechtes, welche dem Vater Gewalt über Leben und Tod der Kinder verliehen, in das Juſtinianiſche Recht keine Aufnahme fanden, ſo zeigt dieſes doch noch Härten, welche dem deutſchen Privatrechte fremd geblieben ſind. Es erſtreckt ſich die väterliche Gewalt insbe⸗ ſondere nicht bis zum Tode des Vaters, ſondern nur bei Söhnen bis zu der mit Zuſtimmung des Vaters erfolgten Gründung eines eigenen Hausſtandes, bei Töchtern bis zur Verheiratung (emancipatio germanica oder saxonica). Die unitas personae zwiſchen Vater und Kindern beſteht nicht, und es waren deshalb in Deutſch— land Rechtsgeſchäfte zwiſchen Vater und Kindern und der Kinder unter ſich ſtets geſtattet. Nach römiſchem Recht tritt die Voll- oder Groß— jährigkeit mit vollendetem 25. (major XXV annis), nach deutſchem Recht mit beendigtem 21. (ſ. Alter) Lebensjahre ein. Die Unterſchei⸗ dung der Minderjährigen (minor XXV annis) in Mündige (nach vollendetem 14., bezw. 12. Lebensjahre) und Unmündige kennt das deutſche Privatrecht nicht, indem nach demſelben alle Minderjährigen handlungsunfähig ſind und unter Vormundſchaft (ſ. d.) ſtehen. Für Delicte der Kinder haftet der Vater nach römiſchem Recht nicht, wohl aber nach deutſchem und franzöſiſchem Recht für die bei ihm wohnenden minderjährigen oder wenigſtens noch uner— zogenen Kinder. Im übrigen ſchließt ſich das deutſche Recht an das römiſche an, insbeſondere bezüglich der bürgerlichen Stellung der Kinder (Namen, Stand, Wohnort, Staats- und Ge- meindeangehörigkeit, Religion u. ſ. w. nach den Eltern, beſonders dem Vater), der Berechtigung und Verpflichtung der Eltern zur Ernährung und Erziehung der Kinder, der ſpäteren gegen— ſeitigen Alimentationspflicht der Eltern und Kinder, der Reſpectspflicht der Kinder gegen die Eltern, des Conſensrechtes der Eltern zur Ehe der Kinder und eines gegenſeitigen Erb— rechtes der Eltern und Kinder. Dem Vater ſteht während der Dauer ſeiner Gewalt nach römiſchem und deutſchem Recht in der Regel die Nutznießung und Verwaltung des Vermögens der Kinder zu. At. Familien- oder Verſonenſtand wird be— züglich ſeiner durch Geburten, Heiraten und Sterbefälle erfolgenden Anderungen in Deutſch— land nach dem Reichsgeſetze vom 6. Februar 1875 ausſchließlich durch die vom Staate beſtellten Standesbeamten mittelſt Eintragung in die dazu beſtimmten Regiſter (Civilſtandsregiſter) in Evidenz erhalten. At. Familienſtiftung iſt die dauernde Be⸗ ſtimmung eines Vermögens zur Gewährung von Vortheilen (3. B. von Stipendien an ſtudie⸗ rende Söhne, von Ausſtattungen an Töchter, von jährlichen Geldbezügen an verarmte Fa⸗ milienglieder u. ſ. w.) für die einzelnen nach einander zur Exiſtenz gelangenden Mitglieder e Familien- oder Perſonenſtand. — Fang. einer Familie. Das Stiftungs vermögen iſt eine juriſtiſche Perſon (ſ. Autonomie des Waldeigen⸗ thümers), während bei dem Familienfideicom⸗ miſſe (j. Fideicommiſswaldungen) der jeweilige Fideicommiſsinhaber der Eigenthümer des— ſelben iſt. Nähere Beſtimmungen über die Familien⸗ ſtiftung enthält nur das preußiſche allgemeine Landrecht, welches in nicht berechtigter Weiſe die Familie hier als eine juriſtiſche Perſon be- trachtet, welcher das Eigenthum an der Stiftung zuſteht. Infolge deſſen werden auch Abände⸗ rungen oder die Aufhebung der Familienſtiftung von einem ſog. „Familienſchluſſe“, d. i. von einem unter Leitung und Genehmigung des Gerichtes gefaſsten Beſchluſſe der Familien- glieder abhängig gemacht. Nach den übrigen deutſchen Particularrechten wird die Familien- ſtiftung gleich jeder anderen Stiftung (ſ. d.) be⸗ handelt. At. Familienzucht heißt die Paarung der Thiere innerhalb einer Zuchtfamilie, bei welcher die Männchen nur aus der Nachfolge der Weib- chen dieſer Zuchtfamilie gewählt werden. Kur. Fanfare, ſ. Gallicismen. E. v. D. Fang, der. I. Die Handlung des Fangens. „Fang, lat. captura, frz. Prise, bedeutet überhaupt alles Fangen der Thiere, als in der Luft den Vogelfang, auf der Erde die Jagd und in dem Waſſer die Fiſcherey.“ Onomat. forest. I., p. 680. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 45. II. Jede Fangvorrichtung. „Fang oder Falle nennt man, das von Holtz gemachet, umb einen Bären oder Wolff zu fangen.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, Anh., fol. 106. — „Fang oder Fänge nennet man von Holz gemachte Gebäude, oder diejenigen hölzernen Maſchinen, welche jo eingerichtet ſind, daſs gewiſſe Thiere ſich ſelbſt darinnen fangen müſſen. So hat man Aalfänge, Bärenfänge, Entenfänge, Fiſchfänge, Habichtsfänge, Lachsfänge ꝛc.“ Onomatologia l. c. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 113. — Hartig, Anltg. 3. Wmſpr., 1809, p. 102. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. — Vgl. Falle. III. Das Gefangene, die Beute. „Wo man wilde Miſtler höret oder ſihet iſt ein guter Fang.“ Hohberg, Georgica curiosa, 1682, II., fol. 799. — „Das Wort Fang wird auch als ein Jagdwort gebraucht, da es dann heißt: Hat man einen guten Fang gethan? Das iſt: ob man glücklich geweſen.“ Chr. W. v. Heppe J. e. — Vgl. Fangtag. IV. Ein Stück Wild, welches von einem Raubthiere, hauptſächlich vom Luchs, geworfen, geriſſen oder geſchlagen wird, manchmal auch die Stelle, wo dies geſchah; häufiger Riſs oder Wurf, ſ. d. u. vgl. Fallwild, Fall. Onomat. forest. IV. (Nachtrag von Stahl), p. 238. — Winkell, Ed. I. 1805, I., p. 403. — Die hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 337. V. Beim Richten des Jagdzeuges die Stelle, wo dasſelbe um einen Baum geſchlungen wird, vgl. fangen III. „Man nimmt ſie (die Ober⸗ und Unterleine) um den Baum oder Heftel herum, u. zw. das Ende derſelben unten weg, ſchlägt es da nach oben zu über die Leine, wo F len } Fangarme. — Fangbäume. 417 fie an den Heftel herab-, oder auf denſelben Grimm, D. Wb. III., p. 1310, 1311. — zugeht, fängt ſie auf dieſe Art, nimmt das Sanders, Wb. I., p. 407 c, 408 a. E. v. D. Ende derſelben dann rückwärts ganz um den Heftel herum, zieht es dicht am Fange jchleifen- artig durch . . .“ Winkell 1. c., p. 374. VI. S. v. w. Fangzahn, d. h. die Eckzähne, ſeltener die Zähne überhaupt, bei allem Haar— raubwilde und den Hunden; ausnahmsweiſe (bei Döbel) auch die Waffen des Wildſchweines. „Fänge ſind die gröſten Zähne eines Wolffs, 1 Dachſes, Fuchſes und Hundes.“ Fleming e. „Fang oder Fänge, die Zähne eines 1 8 Chr. W. v. Heppe J. c. — „Fänge ſind die großen Zähne des Bären, wilden Schweins, Wolffs, Fuchſes, Dachſes, Hundes.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 35. — „Die krum⸗ men langen Zähne der Raubthiere oder Hunde 1 5 Fang⸗Zähne oder Fänge.“ Hartig e. — „Der Luchs hat Fänge, keine Zähne. 25 e Eckzähne (des Wolfes) werden Fänge genannt.“ „Die wilde Katze hat Fänge, keine Eckzähne.“ „Alle zur niedern Jagd gehörigen Raubthiere haben ein Gebiſs, keine Zähne, und beſonders Fänge, keine Eckzähne.“ Winkell, Ed. II, 1820—1822, I., p. 252, 383; III., p. 1, 137. — Behlen 1. e. — R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 181. VII. Veraltet für die Waffen, das Ge— wäff des Schwarzwildes. „Ihre (der Sauen) Gewehr oder Fänge ſtehen neben aus.“ Fle— ieee, kol. 99. — Behlen 1. c. VIII. Die Füße, manchmal auch nur die Zehen oder nur die Klauen der Raubvögel; vgl. Griff, Geſtände, Geſtelle, Gewaff. Ebenſo die Klauen des Haarraubwildes, bejonders des Luchſes. „Die Raub-Vögel haben Fänge oder Klauen, keine Füße.“ Döbel, Ed. I, 1746, J., fol. 73a. — „Fänge oder G ewäff, die Krallen derer Luxen und Raubvögel.“ Chr. W. v. Heppe l. c. — Onomatologia 1. c., p. 662. — J. A. Naumann, Der Vogelſteller, 1789, p. 124. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, VII., p. 3. — „Auch nennt man die Klauen und die Beine der Raubvögel Fänge.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI., 1886, p. 812. IX. Stich mit dem Hirſchfänger oder Genick— fänger, ſ. d. u. vgl. genicken, abgenicken, abfangen, durchfangen. „Ein Exempel vom Hirſch En. Wirt gejtochen oder ein fang geben.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 86 v. — Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M., 1579, fol. 669 (gleichlautend). „Das Schwein vnd ſonderlich wann es groß iſt ] ſchreyt nit ſo jim der fang gegeben wirdt.“ J. du Fouil— loux, überſ. v. J. Wolff, Straßburg 1390, fol. 64 v. — „Ein groſes Schwein reiſt durch den Walt Dem wöllen wir nacheilen balt | Das wir jhm geben einen Fang.“ Jac. Ayrer, Die ſchöne Meluſine, 1. Act, 7. Scene. — „Ein Fang iſt zu verſtehen ein Stich, den man in ein wildes Thier thut.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, I., fol. 11. — Döbel 1. c., I., fol. 35. — „Man nennet auch einen Stich, den man in ein wildes Thier thut einen Fang .. Daher kommt die Redensart: Dem Thier einen Fang geben.“ Onomatologia 1. e. — Chr. v. Heppe l. e. — Hartig J. c. — Behlen J. e. Dombrowski. | Fangarme nennt man die Tentakel der Polypen und die (mit erſteren gar nicht homo⸗ logen) Arme der Scheibenquallen, in die ſehr oft der Mundkegel ausläuft. Kur. Fangbaum, der (zum Vogelfange), ſ. v. w. Leimbaum, ſ. d. u. vgl. Lein ang Fall-, Blatt-, Feldbaum, Klettenſtange. E. v. D. Fangbäume (zum Inſectenfangeß, wirk⸗ ſamſtes Bekämpfungsmittel gegen die meiſten der tan mibestendg Inſecten überhaupt, inſoferne wir hier jene Gruppe forſtſchädlicher Inſecten vor Augen haben, welche ihre Bruten in lebendem oder, wenn bereits gefällt, doch friſchem Materiale abſetzen. Es ſind dies (mit wenigen Ausnahmen) alle Borken», Baſt⸗ und Splintkäfer; unter den Rüſſelkäfern die Piſſoden, Magdalinen; mehrere Bod- und Prachtkäfer. — Stock- und mwurzel- brütende Inſecten kommen ſelbſtverſtändlich hier nicht in Betracht. Die allgemeinſte Anwendung finden Fangbäume gegen die Borkenkäfer und ganz beſonders gegen den gefährlichſten unter ihnen: Tomicus typographus. Zu Fangbäumen dienen, wenn vorhanden, friſchgeworfene Lager— hölzer (Windwürfe) oder eigens zu dem Behufe gefällte Bäume. Der Zweck, der damit erreicht werden ſoll, beſteht darin, die ſchwärmenden Borkenkäfer vom ſtehenden Beſtande abzuwen— den und ſie in die leichter controlierbaren Fang— bäume anzulocken, damit auf dieſem engbe— grenzten Gebiete die Bruten abgeſetzt werden. Die größere oder geringere Wirkſamkeit der Fangbäume wird mithin wohl in erſter Linie von der Beſchaffenheit derſelben abhängen. 1. Die Fangbäume ſollen, damit ſie nicht zu bald eintrocknen, erſt unmittelbar vor Beginn des Schwärmens gefällt, nicht aber die ganze Anzahl auf einmal zur Fülnug, gebracht wer— den, ſondern allmählich in dem Verhältnis, als das Schwärmen der Käfer zunimmt. — 2. Da die Borkenkäfer mindeſtens zwei Flüge machen (Frühjahr- und Sommerflug), jo müſſen dem- entſprechend auch zweimal Fangbäume geworfen werden. — 3. Welches Baumalter das zweck— entſprechendſte ſei, hängt von den ſpeeifiſchen Eigenthümlichkeiten der Käferart ab. Gegen Tomicus typographus, amitinus, cembrae, la- ricis erweiſen ſich erfahrungsgemäß 60= bis SOjährige Stämme am wirkſamſten. — 4. Gegen polyphage Scolytiden wird man jene Holzart zu wählen haben, welche vom Käfer am meiſten bevorzugt wird. Ob Fangbäume wirkſamer mit oder ohne Beaſtung zur Verwendung zu bringen ſeien, dies hängt von mancherlei Umſtänden ab. Der in der Beaſtung belaſſene Stamm trocknet be— deutend früher aus und büßt daher auch viel früher ſeine Anziehungskraft ein als der ent— aſtete Fangbaum. Und gerade dieſes Moment wird nicht felten außeracht gelaſſen oder doch zu wenig gewürdigt; daher die ſchon öfter be— klagten Miſserfolge. Würde aber darauf Be dacht genommen werden, daſs, wenn das Schwärmen der Käfer infolge ungünſtigen Wit— terungswechſels auf längere Zeit unterbrochen und das Fangmaterial bereits zu trocken ge— worden iſt, dasſelbe durch friſche Fangbäume Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 27 418 zu erneuern iſt, jo würde jeder Miiserfolg aus⸗ geſchloſſen ſein. Unter dieſer Vorausſetzung bieten denn auch die in der Beaſtung belaſſenen Fangbäume ganz weſentliche Vortheile: ſie wer— den an und für ſich von den Borkenkäfern lieber beflogen, kommen ohne weiteres Zuthun hohl zu liegen und bieten dadurch eine größere und günſtigere Anflugfläche; auch werden ſie von ſolchen Arten angeflogen, welche, wenn ihnen die Wahl offenbleibt, ſchwächeres Material (Aſte, Zweige, Wipfel) den Stammſchäften vorziehen. In dieſer Beziehung erweiſen ſie ſich insbeſondere an Schlagrändern mit angrenzenden älteren und jüngeren Culturen ſehr wirkſam, indem gleichzeitig mit den Altbeſtandverderbern auch jene in ſchwächerem Pflanzenmaterial brü— tenden eigentlichen Culturverderber mit ange— lockt und vertilgt werden. Dagegen fällt die zweifellos ſchwierigere Bearbeitung der in ihrer Beaſtung belaſſenen Fangbäume beim Schälge⸗ ſchäfte oft ſchwer ins Gewicht; und dieſer Um— ſtand wird ſeine volle Beachtung finden müſſen in Fällen, wo es ſich um möglichſt raſche Be— wältigung des mit Brut beſetzten Materiales handelt: wo die Arbeitskräfte unzureichend und etwa ausgedehnte Windwürfe zu bewältigen ſind. In allen dieſen Fällen wird man das Fangmaterial im entaſteten Zuſtande zur Ver— wendung bringen und auch bei den Lagerhölzern die Entaſtung ohne Zeitverluſt durchführen müſſen. Iſt die Wahl des Lagerplatzes für die Fangbäume freigeſtellt, ſo wird man ſich am beſten für möglichſt windgeſchützte und warme Lagen entſcheiden. Sämmtliche geworfene Fang— bäume ſind zu numerieren und in einem eigens zu dem Zweck angelegten Manuale einzutragen. Außer der Fangbaumnummer hat dasſelbe noch für folgende Angaben Rubriken zu enthalten: Bezeichnung der Wirtſchafts- (Haupt-) und Be- ſtandes⸗(Unter⸗) Abtheilung; Lage des Platzes (ob eben oder nach Nord, Süd, Oſt, Weſt ab— dachend); Holzart (welcher der Fangbaum ent- nommen wurde); Alter desſelben; ob mit oder ohne Beaſtung; Monat und Tag der Fällung; Beginn des Schwärmens der Käfer; Beginn des Einbohrens; Ende des Schwärmens; Vor— ſchreiten der Brutentwicklung (erſte Larven; Beginn des Puppenſtadiums; die erſten noch weichen Käfer unter der Rinde); Beginn der Schälarbeit; Beendigung derſelben. In den wärmeren Tief- und Südlagen (Süden, Südweſten, Südoſten) wird die Ent— wicklung der Bruten raſcher vor ſich gehen als in den rauheren Nord- und exponierten Höhen— lagen; dieſer Umſtand iſt wohl zu berückſichtigen. Mit den Vertilgungsarbeiten kann begonnen werden, wenn die Eierablage beendet und bei den zuerſt abgeſetzten, dem Einbohrloche zunächſt befindlichen Eiern die Entwicklung zur kleinen Larve bereits erfolgt iſt. Die beaſteten Fangbäume werden zuvör— derſt aufgeaſtet und entwipfelt, das gewonnene Aſt⸗ und Reisholz auf feuerſichere Brand— platten in entſprechender Vertheilung zuſammen— gebracht und in Brand geſteckt. Unterdeſſen ſind auch die Rindenſchäler thätig. Zeigen ſich ſchon vielfach Puppen und weiche Käfer, dann ſoll das Schälgeſchäft, um ganz ſicher zu gehen, Fangbeete. — Fangdämme. unter Anwendung von untergelegten großen Tüchern geſchehen, welche den Zweck haben, die abgezogenen Rindenſtücke nebſt den Käferbruten aufzufangen. Dieſes Brutmaterial wird von Zeit zu Zeit dem zunächſt befindlichen Feuer übergeben. Inſolange die Entwicklung erſt bis zur Larve gediehen, ſind Unterlegtücher zwar nicht unbe⸗ dingt nothwendig, aber ſelbſt in dieſem Falle immerhin wünſchenswert, da die Wegſchaffung der im Schlage zurückbleibenden, für die nach⸗ folgenden Culturarbeiten oft ſehr hinderlichen Rindenſtücke mittelſt der Tücher am raſcheſten und vollſtändigſten zu bewerkſtelligen iſt. Bei etwa vorkommenden Vertilgungsarbeiten im geſchloſſenen Beſtande iſt die mit dem Ver⸗ brennen der Rinde verbundene Feuersgefahr eine um ſo größere, je reichlichere Laub- und Streudecke vorhanden iſt. Unter ſolch bedenf- lichen Verhältniſſen muſßs eine entſprechend tiefe und weite Grube ausgehoben, der gewonnene Aushub wallförmig bergſeits um dieſelbe auf- gedämmt und auf einige Meter im Umkreis alles Brennbare vom Boden entfernt und in die Feuergrube geworfen werden. Ob gegebenen Falles Fangbäume anwendbar, darüber ſiehe bei betreffender Art des Schädlings. Fangbäume werden auch gegen Maikäfer (ſ. Melolontha) angewendet. In dieſem Falle ſind es ſchlank erwachſene, leicht erſchütterbare (am beſten) Eichenſtämme, welche man als Waldrechter auf dem Schlage überhält, und deren Zweck es iſt, die ſchwärmenden Käfer an⸗ zulocken. Sie werden in den Morgenſtunden ab⸗ geſchüttelt und vertilgt. Fangbeete, durch mit der Grasnarbe nach unten gekehrte Raſenſtücke bedeckte Beete; An⸗ wendung gegen Engerlinge und D Hat er Hſchl Fang- und Verlandungsbuhnen, ſiehe Spornbauten. 12 Jangbündel, ſ. Fangreiſig. Hſchl Fangdämme (Verſatz) haben den Zweck, eine beſtimmte Baufläche bei Waſſerbauten trocken zu erhalten, d. h. den Zutritt von Waſſer in den von ihnen umſchloſſenen Raum zu ver⸗ hüten. Bei den gewöhnlichen Uferſchutzbauten genügen einfache Kiesdämme zur Abhaltung des Waſſers; dagegen werden waſſerdichte und widerſtandsfähige Anlagen nothwendig, wenn in tiefen Gewäſſern, u. zw. im Stromſtriche, Rechen- oder Brückenpfeiler aufzuführen ſind. Man unterſcheidet einfache 8 Fangdämme und Kaſtenfangdämme. Die erſteren ſind bis zu einer Waſſertiefe von 15m anwendbar und werden in folgender Weiſe hergeſtellt. Um die Baugrube ſind in Entfernungen von 1—1˙5 m zugeſpitzte Pfähle einzuſchlagen und dieſe am Kopfe durch einen aufgezapften Holm zu ver⸗ binden. An den Holm legt man ſodann in ſchräger Richtung und in zwei ſich überdecken⸗ den Lagen 4—5 em dicke Bretter und rammt dieſelben 50 —60 em tief in den Boden ein. Auf die Bretter kommt eine Erd- oder Geſchiebs⸗ lage. Bis zu einer Waſſertiefe von 50 bis 90 em können die Bretter (Bohlen von 4 bis 8 em Dicke) der Länge nach an die Pfähle angelegt werden. Überſteigt die Waſſertiefe das Ausmaß von 1˙5 m, jo find zwei parallele Pfahlreihen Pr 3 zu ſchlagen und mit zwei Holmhölzern und einigen Quer- und Zangenhölzern zu verbinden. An der inneren Seite werden dann die Bohlen, u. zw. ſenkrecht an die Holmhölzer in zwei ſich übergreifenden Lagen 50—60 em tief in den Boden eingerammt. Die innere lichte Weite der Pfahlreihen iſt bis zur Waſſertiefe von 2 m gleich der Waſſertiefe anzunehmen, während innerhalb der Reihen für die Pfähle eine Ab- ſtandsweite von 1˙25 bis 15m genügt. Der Raum zwiſchen den beiden Wänden wird mit Lehm, bindiger Erde oder Geſchiebe gefüllt. Hohe Kaſtenfänge erhalten drei und mehr Pfahl— reihen (Fig. 309), werden aber dann ſtaffel— förmig erbaut. Ein Fangdamm der einfachſten Form, Im hoch, mit horizontal vorgelegten Bohlen, erfor— Fig. 309. Querſchnitt eines Kajteufangdammes. a Pfähle, b Holmhölzer, e Zangenhölzer, d Streben, e Füllmaterial, 1 Waſſerſeite, g Baugrube. dert per Meter 12 Tagſchichten, %, Stück Bohlen und 007 Cubikfeſtmeter Holz. Bei der Höhe von 1˙5 m mit ſchräg eingerammten Bohlen erfordert per Meter im leichten Boden 174 Tagſchichten „ mittelfeſten „ 2˙20 Mi „ feſten * 2˙80 7 Das Abtragen erfordert per Meter im leichten Boden 0˙43—0˙58 Tagſchichten „ mittelfeſten „ 0˙55—0˙75 „ feſten 5 070—0'93 1 Ein Meter Kaſtenfangdamm, Im hoch, mit horizontal geſtellten Bohlen, erheiſcht 2˙33 Tag- ſchichten, 014 Cubikfeſtmeter Holz und 1% Stück Bohlen. Ein Meter Kaſtenfangdamm, 2m hoch und mit ſenkrecht eingerammten Bohlen, erfordert " im leichten Boden 660 Tagſchichten „ mittelfeſten „ 6˙80 5 „ feſten 5 6˙40 „ Fr⸗ Fangeiſen, das. J. Bezeichnung für die zu Jagdzwecken ver— wendeten Spieße, alſo das Bäreneiſen und die Saufeder (ſ. blanke Waffen). „Ein Fang— Eyſen iſt ein Schwein-Spieß.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, I., fol. 11. — Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — „Fangeiſen iſt nichts anderes als ein Schweinſpieß, mit wel— chem man einem wilden Schwein auf der Jagd oder Schweinshetze einen Fang zu geben pflegt. Inzwiſchen iſt doch ein großer Unterſchied unter den Fangeiſen. Man hat breite Bärneiſen und ſchmälere Saueiſen ...“ Onomat. forest. I., p. 681. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, Fangeiſen. — Fangen. 419 p. 115. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wild- bahnen, 1779, p. 175. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. II. S. v. w. Eiſen; wenig gebräuchlich. — Grimm, D. Wb. III., p. 1311. — Sanders, Wb. I., p. 359 b. E. v. D. Fängeln, verb. trans., ſ. v. w. ſtändern bei den Raubvögeln; nur local; vgl. Fang VIII. — „. .. Man thut aber noch etwas ſchlimmeres, man ſpricht auch von Schnepfenfängen“ und bildet ein ganz neues Wort ‚fängeln‘, welches ſo viel bedeutet als ſtändern, während doch der Ausdruck Fang' bekanntlich nur den Raub⸗ vögeln zukommt.“ „Zehen, Fußwurzel und Schenkel zuſammen bezeichnet man (bei Raub⸗ vögeln) richtiger (als mit Fang) mit Ständer, ſonſt dürfte man auch nicht ſagen, der Raub- vogel iſt geſtändert, . .. jondern der Raubvogel iſt gefängelt, und dieſer Ausdruck iſt wenig oder gar nicht gebräuchlich.“ Diezel, Nieder- jagd, Ed. VI, 1886, p. 677, 812. E. v. D. Fangen, verb. trans. u. reflex. I. trans. Im urſprünglichen Sinne: eines Wildes habhaft werden, vom Jäger, Hund und allem Raubwilde. Im Gothiſchen und Althoch— deutſchen (fahan, fähan) und Mittelhochdeutſchen (vahen) ſowie auch theilweiſe noch im Alter- neuhochdeutſchen war das Wort der allgemein giltige Ausdruck; heute wird es in der Weid— mannsſprache nur für das Fangen von Wild in Netzen, Garnen, Fängen, Fallen, Fanggruben, Eiſen und Dohnen angewendet; für das Tödten von Wild mit der Schuſswaffe gelten die Aus- drücke ſchießen, erlegen, ſtrecken, zur Strecke bringen, für jenes mit blanken Waffen abfangen, Fang geben, an- oder auflaufen laſſen; für das Fangen von Wild durch Hunde einholen, packen, niederziehen, würgen, abwürgen; endlich für das Fangen von Wild durch Raubthiere werfen, reißen, ſchlagen; vgl. a. fällen. — „Wer so hir binnen wilt ueit...* Sachſenſpiegel, hrsg. v. C. R. Sachße, II., 63. — „Ein hunt heizzet ein wint der den hasen vahet oder ander wilt.“ „Fagehvnt. Ein hunt der groz wilt vahet.“ „Ein habech . .. der den krenech vahet.“ Schwabenſpiegel, hrsg. v. Laßberg, 339, 345. — „Ein terzel . . . als er (der Jäger) da mit vahen wolde.“ Der Stricker, Cod. ms. Vindob. no. 2901 a. d. XIII. Jahrh., no. cexlv, v.30. — „Die hunde hiez ich vahen...“ „. .. Swenn ez (daz wilt) sin dan erbitet, sö hetzt er (der jäger) rüden dran und vahtz in seilen.“ „Swer jagt gerehticlichen den sol man guotes wisen, swer aber wil erslichen, än hecken vähen. des sol nieman prisen.“ „Ich naeme ein wilt gevangen für tüsent. diu ich fliehen solde sehen.“ „Man mac ein fühsel wol mit hunden hetzen, dar an sö brichet niemen den wiltban. oder vähen sust in netzen.“ Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 14, 213, 216, 413, 431. — „Do sach ich tzwen valchen, der ain vie den raiger, der ander ane waiger ain chranich aus den luften slug.“ Peter Suchenwirt, Die ſchön Abentewer.“ — „Also sal man yn (den falken) haldin bis das her begynnet czu foen dy wildin fogil.“ Eber- hard Hiefelt, Aucupatorium herodiorum, Altd. Weidwerk I., p. Xv. — Waidwergk, Augspurg 27 * 420 1526, c. 3, 9, 13. — Eberhard Tapp, Weid⸗ werd vnnd Federſpil, 1542, c. 1. — Noé Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 91. — Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1579, fol. 668, 722. — P. de Crescenzi, ic, ibid., 1583, fol. 434. — Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 31, 73. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 116. — „Fangen, nennet man in der Jägerey, wenn ein Hund oder Wolf ein anderes Thier niederwirft. Eben dieſen Ausdruck gebraucht man auch von den Raubvögeln; denn das, was ſie rauben, nennet man fangen oder ſchlagen.“ Onomat. forest. I., p. 681. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102, Lehrb. f. Jäger, Ed. I, 1811, I., p. 35, und Lexikon, Ed. I, 1836, p. 172. | — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52, und Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 30. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 337. II. S. v. w. beißen, v. Hund; ſelten. „In das Hängeſeil fangen, heißet: der Hund beißet in dasſelbe.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 470. III. Im Sinne von Fang V. „Ich nehme mein Unterende (des Zeuges) gantz um den Baum herum, nennt man gut weidmanniſch gefangen.“ Döbel J. c. II., fol. 75. — „Bey dem Zeugrichten, wenn die Archen hinlänglich angeſtrecket ſind, und alſo angebunden werden ſollen, wird geſchrien: Fang, oder mache feſt.“ Chr. W. v. Heppe J. c. — „Auch nennt man es einen Baum fangen, wenn das Jagdzeug in einem Winkel um einen Baum gezogen wird.“ Hartig J. c. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 574 (Beleg b. Fang V.). — Behlen 1. e. — Die Hohe Jagd J. c. — Vgl. Graff, Ahd. Sprich. III., p. 414, 415. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 20 b bis 24 a. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 5. — Grimm, D. Wb. III., p. 1236, 1237. — Sanders, Wb. I., p. 408 c. E. v. D. Fänger, der, ein Jäger, der ſich ſpeciell mit dem Fange abgibt; heute wenig, meiſt nur mehr in Verbindungen, wie Vogelfänger, Enten- fänger u. ſ. w., gebräuchlich; im Ahd. u. Mhd. im Sinne von Fangen I. manchmal ſynonym mit Jäger. „Captator. faaho.“ Gloſſ. v. Hra⸗ banus Maurus, Cod. ms. Vindob. no. 166 a. d. IX. Jahrh., fol. 14 r. — „Indagatores. weid- man. Idem alatores. pressores. uahere.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2400, fol. 69 r. — Graff, Ahd. Sprſch. III., p. 416. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 204 b. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 5. — Grimm, D. Wb. III., p. 1312. — Sanders, Wb. II., p. 410 b. E. v. D. Sänger, Captores, die vierte Ordnung der Vögel, ſ. Syſt. d. Ornithol.; ſie zerfällt für Europa in die Familien Laniidae, Würger, Muscicapidae, Fliegenſchnäpper, Ampelidae, Seidenſchwänze, Accentoridae, Flüevogel, Troglodytidae, Schlüpfer, Cinclidae, Waſſer⸗ ſtare, Paridae, Meiſen; ſ. d. E. v. D. Fangfäden heißen 1. die ungetheilten oder ein⸗ oder mehrfach verzweigten tentakelartigen Organe der Ctenophoren; für dieſe Senkfäden, die mit dem Gefäßapparat nicht in Verbindung ſtehen, iſt das Vorhandenſein von ſog. Greif— zellen charakteriſtiſch; 2. das meiſt an der 9 n Baſis des Polypen entſpringende, als langer mus⸗ kulöſer, ſehr extenſibler und contractiler Faden mit Neſſelkapſeln erſcheinende, zur Erbeutung der Nahrung dienende Organ an den Nähr⸗ polypen der Siphonophoren. Kur. Fanggarn, das, jedes zum Fange be⸗ ſtimmte Garn, ſ. d. — R. R. v. Dombrowski, Wildpark, p. 153. E. v. D. Fanggarten, der, ein eingefriedeter, ſpeciell zum Fangen von Wild in jog. Selbſtfängen be⸗ ſtimmter Reviertheil. R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 182. — S. a. Fuchsgarten. E. v. D. Fanggebäude, ſ. Holzrechen. Fr. Fanggeld, das, eine Prämie, welche der Jagdherr, bezw. das Jagdamt an die Jäger für von ihnen gefangenes Raubwild, u. zw. bei Haarraubwild gegen Vorzeigung der Bälge, eventuell Abfuhr derſelben, bei Raubvögeln gegen Abfuhr der abgeſchnittenen Schnäbel und Fänge auszahlt; vgl. Schuſsgeld. — „Fah⸗ gulden.“ Nürnbgr. Chron. a. d. XIV. Jahrh., hrsg. v. Cloſener u. Königshofen, II., p. 265, 13; Fänger. — Fanggräben. | 266, 2. — Döbel, Ed. I, 1746, III., fol. 119. — Philoparchi germani, Kluger Forjt- u. Jagd⸗ beamte, 1774, p. 319. — C. v. Heppe, Aufr. Lehr⸗ prinz, p. 165. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 330. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 116. — Hartig, Anltg. z. Wömſpr., 1809, p. 102. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. — Grimm, D. Wb. III., p. 1311. — San⸗ ders, Wb. I., p. 573 a. — Schmeller, Bayr. Wb. LE E. v. Fangglas (zum Inſectenfange), vgl. Diptera, Hymenoptera, Lepidoptera (Sam- meln und Präparieren derſelben). Fanggläſer wendet man auch bei Bekämpfung der Weſpen (Vespa vulgaris) an. Dieſe Fauggläſer haben einen trichterförmig nach innen aufſteigenden, an der Spitze mit einer das Hindurchkriechen der Weſpen geſtattenden Offnung verſehenen Boden; die innere Trichteroberfläche iſt mit einem rauhen Farbſtoff beſtrichen, um den Weſpen das Hinaufkriechen zu erleichtern; der Hals des Glaſes hat eine entſprechend weite, mit einem Kork zu ſchließende Mundöffnung. Die Anwen⸗ dung erfolgt in der Weiſe, dajs man das Fang⸗ glas etwa bis zu °/, des in das Glas hinein⸗ ragenden Bodentrichters mit einer Miſchung von Bier, etwas Honig und Weingeiſt füllt, die Hals⸗ öffnung verkorkt und das Glas an den zu ſchützen⸗ den Gewächſen mittelſt Bindfadens befeſtigt. Die Flüſſigkeit verbreitet, in ſüße Gährung über⸗ gehend, einen die Weſpen anlockenden Duft, die Weſpen gerathen, demſelben nachgehend, durch die Trichteröffnung in das Innere des # ; Fangglaſes und ſtürzen, betäubt durch den Ge⸗ nuss, in die Flüſſigkeit ſelbſt. Je nach Umſtän⸗ den bedient man ſich einer größeren oder ge- ringeren Anzahl ſolcher Gläſer. Sie ſind von vorzüglicher Wirkung. Die Entleerung erfolgt durch die Halsöffnung. Hſchl. Fanggräben (zum Inſectenfange), etwa 30 em tiefe und ebenſo weite, mit ſenk⸗ rechten Wandungen ausgehobene Gräben finden ihre Anwendung gegen alle am Boden fort⸗ kriechenden Inſecten. Man verfolgt dabei den Zweck, die auf ihren Wanderungen begriffe⸗ nen, in die Gräben geſtürzten Schädlinge am Weitervordringen zu hindern und ihre Ver— tilgung leichter bewerkſtelligen zu können. Der bei der Grabenanlage gewonnene Erdaushub wird auf der gegen die Einwanderung zu ſchützen— den Waldfläche zugekehrten Grabenſeite wall— artig aufgeworfen und um des Entrinnens aus den Gräben möglichſt ſicher zu ſein, werden in Entfernungen von etwa 10 zu 10 m auf der Grabenſohle noch ſog. Fanglöcher ausgehoben. Dieſe letzteren müſſen ſich über die ganze Soh— lenbreite erſtrecken, und genügt eine zu gebende Schmalſeite von etwa 20 em, jo dafs ſie eine Querfläche von 30 & 20 —= 600 cm? — 6 dm? einnehmen. Die auf der Grabenſohle hinkriechen— den Raupen, Käfer u. dgl. gerathen in die Fanglöcher, wo ſie entweder zerſtampft oder verſchüttet werden, indem man dicht neben dem erſten ein zweites aushebt, das erſte mit dem dabei ſich ergebenden Erdaushub zuſchüttet und die Erde feſttritt. Es iſt nicht zu vermeiden, dajs gleichzeitig mit den Schädlingen auch gar manches nützliche Inſect, beſonders Carabiden (ſ. d.), in die Fanggräben und Fanglöcher ge— räth; ſolche Thiere müſſen ſelbſtverſtändlich wiederum in Freiheit geſetzt werden. Das Gleiche hat mit allen „angeſtochenen“, d. h. mit Sch- neumonen und anderen Schmarotzern beſetzten Raupen zu geſchehen, welche ſich bei einiger Übung unſchwer an ihrer abweichenden, fleckigen Färbung als ſolche erkennen laſſen. Handelt es ſich um Bekämpfung, Rüſſelkäfern (Hylobius abietis, pinastri; Cleo- nus; Otiorhynchus niger, ovatus), dann iſt es zu empfehlen, in die Fanggräben eine Bettung von friſchem (am beſten Kiefern-) Reiſig zu geben; es iſt aber wohl darauf zu achten, dass dieſe Einbettung eine ſolche ſei, welche jede Möglichkeit des Entrinnens aus den Gräben ausſchließt. Nebſt den genannten Käfern ſind es hauptſächlich noch Gastropacha pini (Kiefern⸗ ſpinner) und Oeneria monacha (Nonne), gegen welche bei ſtattgehabtem Kahlfraß von den Fang— gräben Anwendung gemacht wird. Hſchl. Der Fuchs, p. 182. E. v. D. Fanggruben (zum Fange von In⸗ jecten), ſ. Fangreiſig. Hſchl. ee Mantodea, Familie der Ordnung Orthoptera, Geradflügler, Gruppe Gressoria, Schreitſchrecken; Springvermögen fehlend; Beine lang, dünn, nur zum Gehen eingerichtet; die Hüften der vorderen (Fang-) Beine ſehr lang, Schenkel dick, die Schienen hakig. Die Arten leben ausſchließlich von In— ſecten, ſind aber vermöge ihres vereinzelten Vor— kommens ohne forſtliche Bedeutung. Sie gehören den ſüdlicheren Ländern an; Mantis religiosa erreicht ihre nördliche Verbreitungsgrenze in Süddeutſchland, Niederöſterreich, Tirol. Hſchl. Fanghund, der, faſt nur mhd. vahehunt, der Haghund. „Fagehvnt. Ein hvnt der groz wilt vahet. bern. oder hirze. vnde wolve vnde elliv grozzen tier.“ Schwabenſpiegel, hrsg. v. Laßberg, 339. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 5. — Grimm, D. Wb. III., p. 1316. — Sanders, Wb. p. 803 c. E. v. D. Legislatur j. Hatzhund. Mcht. reſp. Einlockung von Fanggrube. — Fangknüppel. 421 Fängiſch, adj. „Fängiſch ſtellen heißt: eine Falle zum Fangen ſtellen.“ Hartig, Xb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, p. 50. — „Fängiſch ſtellt man Fangapparate, indem man ſie zum Fangen vorrichtet.“ R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 181. — Fehlt in allen Wwn. E. v. D. Fangjagd, die = Fang J, das Fangen Wild. E. v. D. Fangkäſten finden ihre Anwendung gegen die eierlegenden Maikäferweibchen in von En⸗ gerlingen gefährdeten Culturen. Sie werden aus wertloſem Schnittmaterial (Schwartlingen) zu⸗ ſammengefügt, mit lockerer klarer Erde voll— kommen gefüllt und derart in den Boden ein— geſenkt, daſfs der obere Rand des Kaſtens in eine Ebene mit der Erdoberfläche zu liegen kommt. Auf dieſe Weiſe werden von Unkräuter⸗ wuchs freie Bodennarben in entſprechender Ver— theilung hergeſtellt; hier erfolgt die Eierablage und ſpätere Entwicklung der Larven. Dieſe Käſten werden ſeinerzeit wieder vom Boden ausgehoben, entleert und die Engerlinge ver— tilgt. Hſchl. SFangklaue, die, der Fang (ſ. d. VIII) an der Hinterzehe der Raubvögel; ſelten. „Der Falke... ſtößet das Wild mit den hinderſten zweyen Klawen die man Fangklawen heißet.“ J. Colerus, Oeconomia ruralis, Mainz 1645, fol. 609. — Onomat. forest. I., p. 682. — Grimm, D. Wb. III., p. 1316. E. v. D Fangkloben, Anlockungsmittel behufs Ver⸗ tilgung des braunen Nadelholzrüſſelkäfers (Hy- lobius). Sie beſtehen aus friſchen Halbklüften, deren Rinde möglichſt ſaftig und vor der Ver- wendung des Klobens mit dem Axthelm bear- beitet (gequetſcht) worden ſein muſs. Der ſo zugerichtete Kloben wird in eine ſchwach mul— denförmige Bodenvertiefung jo eingelegt, daſs er mit der gequetſchten Rindenſeite auf das wunde Erdreich aufzuliegen kommt. Durch den Harzduft angelockt und Kühle und Schatten ſuchend, ziehen ſich die Käfer unter die Fang— kloben zuſammen; werden täglich geſammelt und vertilgt. — Nebſt Hylobius findet ſich auch Hylastes ater ein. Hſchl. Fangknüppel finden ihre Verwendung gegen Hylobius abietis und gegen wurzelbrü— tende Hyleſininen. Es find Um lange, 5—8 em ſtarke friſche, am beſten Kieferaſtſtücke, welche, indem ſie ſchräg letwa in einem Winkel von 25 bis 30°) in den Boden eingetrieben oder eingelegt werden, das natürliche Brutmaterial, nämlich die auf den Schlägen zurückbleibenden Wurzeln der Stöcke zu erſetzen beſtimmt ſind. Daraus folgt, daſs der Käfer zur Zeit der Eierablage dieſes künſtlich gebotene Brutmatertal bereits vorfinden müſſe. Um nach erfolgter Be— brütung die Fangknüppel wiederum leicht auf— finden und aus den Culturen entfernen zu können, erweist es ſich praktiſch, das Ende etwa 6—8 em über den Boden hervorragen zu laſſen und bezüglich der Stirnflächen die gleiche Richtung einzuhalten. Nach beendeter Eierablage werden die Fangknüppel aus dem Boden ge— nommen und während des Sommers zur Ab— fuhr gebracht, oder — und dies iſt vorzuziehen — entweder geſchält oder gezeſcht, oder über Feuer angeröſtet, oder verbrannt. Hſchl. von 422 Fangleim, vgl. Antheeren; Anröthen; Brumataleim; Raupenleim. Hſchl. Fangleine, die, ſ. v. w. Fang⸗ oder Hatz⸗ ſtrick, ſ. d. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. — Laube, Jagdbrevier, p. 252. — Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 50. — Grimm, D. Wb. III., p. 1316. — Sanders, Wb. II., p. 103 b. E. v. D. Janglöcher, ſ. Fanggräben; Fangreiſig. Hſchl. Jangmeſſer, das, Hirſch- oder Genickfänger, d. h. ein Meſſer, mit welchem der Fang (ſ. d. IX) gegeben wird; wenig gebräuchlich. — Grimm, D. Wb. III., p. 1311. — Sanders, Wb. II., p. 300 c. E. v. D. Fangmoos, dichte Mooseinlagen zwiſchen die Saatrillen und Pflanzenreihen in den Saat— ſchulen. Die unter dem Moos ſich verkriechenden Käfer werden in Flaſchen geſammelt und ver— tilgt. Gegen Otiorhynchus ovatus beſonders wirkſam; daher aber auch gefährlich, wo Moos— einlagen nur als Schutzmittel gegen Verun— krautung angewendet und rückſichtlich des Vor— handenſeins obigen Schädlings nicht weiter controliert werden. Hſchl. Fangnetz, das, ſ. v. w. Fanggarn. Behlen, 999100 1829, p. 32. — Sanders, Wb. II., p. 430 C. E. v. D. . Diptera, Hymenoptera, Lepi- doptera. Hſchl. Fangplatz, der, die Stelle, wo ein Eiſen oder überhaupt irgend ein Fangapparat geſtellt wird. R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs. E. v. D. Fangreis, das, ſ. v. w. Fallreis oder Leim ruthe; ſelten. E. v. D. Fangreifig, auf ſchwache Wellen zuſam— mengebundenes, ganz friſch gehauenes, bena— deltes Kiefernreiſig. Dieſe Wellen werden in ſeichte Erdgruben eingelegt, mit einem größeren Stein oder mit einem Holzſtück beſchwert und dienen, wie die Fangkloben (ſ. d.), dazu, die Rüſſelkäfer (Hylobius) durch den ſtarken Harz⸗ duft anzulocken. Bei den Reviſionen werden die Reiſigwellen auf ein etwa 1m? haltendes Tuch ausgeſchüttelt und die Käfer vertilgt. Hſchl. Fangrinde hat den gleichen Zweck wie das Fangreiſig (ſ. d.). Man nimmt ganz friſch geſchälte, größere, 30—40 em lange und etwa 3 breite Rindenſtücke von Nadel— hölzern, am beſten von Kiefer oder Fichte, und legt dieſelben jo auf der zu ſchützenden Cultur— fläche aus, dass jedes Rindenſtück mit der jaf- tigen Baſtſeite unmittelbar auf den Boden auf— zuliegen kommt, und beſchwert es mit einem Steine theils zum Schutz gegen Krähen, Heher u. dgl., theils um das Einrollen derſelben durch zu raſches Austrocknen zu verhüten. — Etwas Schatten iſt vortheilhaft. Tägliche Reviſion und Sammeln der unter der Rinde meiſt in großer Anzahl vorfindigen Käfer. Hſchl. Fangruf, der, Hornſignal, welches bei der Parforcejagd beim Halali geblaſen wird; wenig gebräuchlich. Le Verrier de la Conterie, Normänn. Jäger, Münſter 1780, p. 130. E. v. D. Fangſchere, ſ. Diptera. Hymenoptera, Lepi- doptera. Hſchl. Fangſchläge gelangen bei bereits einge— tretener außergewöhnlich großer Vermehrung Fangleim. — Fangſchuſs der Borkenkäfer zur Anwendung. Unter ſolch gefahrdrohenden Umſtänden würden einzeln geworfene Fangbäume dem Anfluge nicht mehr genügen; man legt daher zweckentſprechender kleine Schläge ein, entaſtet aber die geworfenen Bäume und entwipfelt ſie auch jo weit, dajs das Schälgeſchäft ſein Zeit möglichſt raſch kann durchgeführt werden. Das Aſt- und Wipfelholz belässt man auf dem Fangſchlag, bringt es aber auf Haufen zuſammen; es dient ebenfalls als Brutmaterial und ſpäter als Brandholz zum Verbrennen der bei Schälung der Bäume ſich ergebenden Rinden. Auch Windwürfe, injo- ferne ſie bis zur Schwärmzeit nicht entrindet werden konnten, läſst man als Brutmaterial liegen; ſie vertreten in dieſem Falle die Stelle der Fangſchläge (ſ. Borkenkäfer). Hſchl. Fangſchleife, die, ſ. v. w. ee 6 d.). Janne e Fange Steht. Fangſchuſs, der. J. Ein Schuss, welcher ohne eigentliches Zielen abgegeben wird, alſo ein Schujs auf ein Wild, welches nur für einen Augenblick, 3. B. zwiſchen den Gipfeln eines hohen Beſtandes oder auf ſchmaler Schneiſe zwiſchen zwei Dickun— gen ſichtbar wird; vgl. Fangſchütze. „Vorzügliche Deckung und Unbeweglichkeit bis zum gegebenen Moment, dann aber ein raſcher Fangſchuſs ſind die unerläſslichen Hauptbedingungen zu dieſer Jagd (auf balzende Haſelhähne).“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 168. II. Im Sinne von Fang IX: „Ohne Rück⸗ grats- oder Halsknochenverletzung iſt ein ſolcher (Prell-⸗ oder Feder-) Schuſs nicht tödlich, ſehr ſchnell kommt das Wild wieder zu ſich . .. man eile deshalb ſofort zum Anſchuſſe und gebe den Fangſchuſs oder den Fang.“ E. v. d. Boſch, Fährten⸗ u. Spurenkunde, 1886, p. 57. — „Fang⸗ ſchuſs bezeichnet den Gnadenſchuſs, mit welchem der angeſchweißte Fuchs (ebenjo jedes andere größere Wild. E. v. D.) todtgeſchoſſen wird.“ R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 182. 1 in allen Wbn. E. v Fangſchufs iſt ſonach die Mh für einen Schuſs, durch welchen ein Wild, welches derartig angeſchoſſen wurde, daſs es nur noch geringe Bewegungsfähigkeit beſitzt und ſich be— reits in der Gewalt des Jägers befindet, vollends getödtet wird, entweder um ſeinen Leiden ein ſchnelles Ende zu machen, oder um ein etwa doch noch mögliches Entkommen desſelben zu ver— hindern. Zur Erreichung des erſtgenannten Zweckes — um lediglich ein ſchnelles Verenden herbeizuführen — bedient ſich der Jäger des Fangſchuſſes im allgemeinen nur dann, wenn ihm die Anwendung anderer geeigneter Mittel aus irgendwelchem Grunde nicht möglich iſt (j. abfangen, abfedern, abnicken, abwürgen). Da- gegen iſt der Fangſchuſs häufig erforderlich, wenn Wild, nachdem es auf den Schuss zur Erde gefallen oder zuſammengebrochen iſt, ſich wieder aufrafft und zu entkommen ſucht; je nachdem letzteres mehr oder weniger zu be⸗ fürchten iſt, wird der erfahrene Jäger ſich zu entſcheiden haben, ob ein Fangſchuſs nöthig iſt a oder nicht. Jedenfalls darf mit demſelben nie geſpart werden bei Wildgattungen, welche dem 1 „ Jäger gefährlich werden können (Bären, Sauen, Wildkatzen, Wölfen); ebenſowenig bei ſolchen Thieren, welche mit einer großen Lebenszähig— keit die Fähigkeit verbinden, ſchnell eine geſicherte Zufluchtsſtätte (Baue) aufzuſuchen, wie die kleinen Raubthiere und die wilden Kaninchen; haben dieſe nach dem Anſchuſs noch ſo viel Kraft, dass ſie ſich wieder aufraffen können, jo gehen ſie oft für den Jäger verloren, wenn dieſer ſich nicht mit dem Fangſchuſs beeilt oder ſie durch einen ſchnellen Hund greifen laſſen kann. Aus dem Zeichen (ſ. d.), welches ein getroffenes Stück Wild macht, kann der Jäger nicht immer beur- theilen, ob es infolge einer wirklich tödlichen Verwundung oder nur einer momentanen Läh— mung und Betäubung zuſammengebrochen iſt; letzteres iſt bei größerem Haarwild (Hirſchen, Sauen, Rehen) gewöhnlich dann anzunehmen, wenn dasſelbe, nachdem es auf einen Kugel— ſchuſs im Feuer geblieben iſt, wieder auf die Läufe kommt; in ſolchen Fällen iſt es erfor- derlich, das Stück ſo ſchnell als möglich durch einen Fangſchuſs zu ſtrecken. Bei Abgabe eines ſolchen iſt darauf zu achten, daſs das Wildbret durch denſelben nicht unnöthig oder übermäßig beſchädigt wird; bei Anwendung von Schrot vermeide man deshalb, auf eine zu geringe Entfernung zu ſchießen, und ziele auf Kopf und Hals; ebendahin richte man die Kugel (bei größerem Wild am beſten hinter das Gehör) wenn man ſich derſelben zu einem Fangſchuſs bedient, vorausgeſetzt daſs man ſeiner Sache ganz ſicher iſt; andernfalls, alſo beſonders bei größerer Entfernung, halte man auf das Blatt. Der vom Schweißhund geſtellte Hirſch wird der Regel nach auf den Kopf, die Sau auf das Blatt geſchoſſen, wenn die Umſtände es irgend geſtatten. v. Ne. Jangſchütze, der, ein Schütze, welcher im— ſtande iſt, mit Fangſchüſſen ſicher zu treffen. „Scharfen Blickes nur das Auge auf das flüchtige Wild gerichtet, laufen bei ihnen (den Fang— ſchützen) ſelbſt bei den ſchwierigſten Verhält— niſſen nur höchſt ſelten Fehlſchüſſe unter, und fragt man ſie, wie ſie dies zuwege bringen. ohne im eigentlichen Sinne zu zielen und doch beinahe ſtets zu treffen, ſo werden ſie in ihrer Ehrlichkeit geſtehen müſſen, es ſelbſt nicht zu wiſſen, ſie können nicht angeben, wo, ſondern nur wie ſie abgekommen: das ſind die Fang— ſchützen.“ R. Drömer im Weidmann XVI., fol. 39 c. — „Hat der Jäger das Zeug zum Schießen, ſo wird er bei gehöriger Übung ſehr bald das Zielen vollends entbehren können, es wird ihm genügen, das Ziel mit raſchem und ſcharfem Blick zu erfaſſen und den Schufs gleich— ſam hinzuwerfen. Nur wer dieſen Grad der Vollkommenheit erreicht hat, nur wer „Fang— ſchütz' geworden iſt, wird auch im geſchloſſenen Walde, auf enger Schneuſe imſtande ſein, Her— vorragendes zu leiſten.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr⸗ u. Hb. f. Berufsjäger, p. 335; id., Der Fuchs, p. 115. — Fehlt in allen Won. E. v. D. Jangſtange, die, ſ. v. w. Forkel oder Stell— ſtange, ſ. d. u. vgl. fangen III und Fang V; wenig gebräuchlich. „Fangſtangen, die zu Fangnetzen nöthigen Stangen.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. — Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 30. E. v. D. Fangſchütze. — Fangzahn. | 423 Fangſtangen, friſch gehauene Kiefern- ſtangen, welche in richtiger Vertheilung auf den Culturflächen in den Boden eingeſteckt und als Brutmaterial gegen Pissodes notatus, An- thaxia quadripunctata, Pogonocherus ſowie gegen die kleinen Tomieiden, inſoferne ſie zu den Culturverderbern gehören, verwendet wer— den. — Behandlung gleich jener der Fang— knüppel (ſ. d.). Hſchl. Fangfteig, der, ſ. v. w. Fallenſteig oder Schnepfenſteig, ſ. d „Der Fang von Hajel- hühnern kann entweder in Steckgarnen oder in Fangſteigen geſchehen.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 168. E. v. D. Fangftrid, ſ. v. w. Hatzſtrick oder Fang⸗ leine, ſ.d. „Fang-⸗Stricklein, iſt ein klein Lein- chen, die Hunde damit zu führen.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh. fol. 106. — „Wer mit einem alten Schweißhund zu pürſchen aus- ziehet, nimmt ihn eben wie den Leithund an einer Leine, die man das Fangſtrick nennet, und welches am beſten, wie das Hängeſeil von Bockshaaren gemacht iſt.“ Mellin, Amwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 206. — „Fang- ſtrick, alſo neunt man die Schnur, welche die Jäger mehrentheils bey ſich führen und an der Hirſchfängerkuppel oder Weidtaſchen hangen haben um den Hund anzuhängen und führen zu können.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 116. — Onomat. forest. I., p. 682. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. — Grimm, D. Wb. III., p. 1317. E. v. D. Fangtag, der Tag, an welchem man auf der Jagd einen „guten Fang“ (ſ. d. III) macht, reiche Beute heimbringt; faſt nur in dem heute noch üblichen Sprichwort: „War iſt des alten ſprichworts ſag: Es ſey wohl alle tag jag-tag, Fach⸗tag ſey aber nit allwegen.“ Hans Sachs, der vnglückhafftig pirſer, anno sal 1555. Fehlt bei Grimm; bei Sanders, Wb. II., p. 1279 b, nur von Fiſchen. E. v. D. Fangtöpfe. Entſprechend tiefe Gefäße (Blu— mentöpfe, deren Bodenöffnungen man verſtopft) werden jo in den Boden eingegraben, dajs der Rand nicht über die Bodenoberfläche hervor— ragt. Fangtöpfe bewähren ſich ganz beſonders gegen die Werre (Gryllotalpa vulgaris) in Saat- und Pflanzſchulen, wo man ſie auf den Zwiſchenwegen der Bette eingräbt. Die Wege müſſen von Unkraut und gröberem Schotter freigemacht und muſs die Möglichkeit des Um— gehens der Fangtöpfe ausgeſchloſſen ſein. Die ſich fangenden nützlichen Carabiden (j. d.) werden wiederum in Freiheit geſetzt. Hſchl. Fangwarzen, die (plur.), nennt man die warzigen, vor den Klauen angeſetzten Ballen an den Zehen der Raubvögel. „Ganz ebenſo ver— hält es ſich mit den Zehen, doch iſt ihre Sohle ſtets nackt, mit rauhen Warzen beſetzt und an den Gliedern mit rundlichen warzigen Erhaben— heiten, Zehenballen oder Fangwarzen ge— nannt, welche die Krallen beim Eindringen in die Beute ſtützen.“ Rieſenthal, Raubvögel, p. X. E. v. D. Fangzahn, der, ſ. v. w. Fang VI und VII, doch nur beim Hund. „Fangzähne werden die fangen Zähne an denen Hunden genennet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 117. — Behlen, 424 Fangzähner. — Farbenwahrnehmung. Wmſpr., 1829, p. 52. — Grimm, D. Wb. III., p. 1317. — Sanders, Wb. II., p. 1698 c. E. v. D. Fangzähner, ſ. Ly codontidae. Knr. Fangzaun, |. Flugſandeultur sub 1a. Gt. Fangzeit, die, die zum Fangen der ein— zelnen Wildgattungen geeignetſte und zugleich auch geſetzlich geſtattete Zeit. „Von Ende des Monats an bis in den December iſt die Fang— zeit der Hühner . . .“ „So ſchwierig vom Juli an es war, des vierläufigen Raubzeuges durch Fangapparate habhaft zu werden, ſo beginnt mit dem November die eigentliche Fang zeit...“ A. v. Schmeling-Düringshofen bei Corvin, Spor- ting Almanach 1844, p. 51, 52. E. v. D. Fangjeug, das — Jagdzeug, ſoferne dieſes zum Fange verwendet wird. Laube, Jagd— brevier, p. 247. — Sanders, Wb. II., p. 1735 c. E. v. D. Farbe, die, ſ. v. w. Schweiß (ſ. d.) und Dr: Feiſch, Gemärk, Fährten geben, jelten. Der Haſe hat. Schweiß, Farbe, nicht Glut. eſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, NV. b. 53. — „Farbe heißt an einigen Orten der Schweiß.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. „Farbe heißt an einigen Orten der Schweiß des Edelwildes.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, J., p. 357. — Hartig, Lexik., Ed. II, 1861, p. 184, und Lehrb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 50. — Grimm, D. Wb. III., p. 1324. — Fehlt bei Sanders. E. v. D. Färbeginſter, j. Genista. Wm. Farben zum Anſtrich von Holz, Stein oder Eiſen müſſen gut und haltbar ſein. Ge— wöhnlich werden Ockerfarben zu gelben oder rothen Anſtrichen, Grünerde (Veroneſererde) für grüne, kölniſche Erde (Ambre) für braune, Blauerde für blaue, Kienruſs oder Fraukfurter⸗ ſchwärze für ſchwarze Anſtriche benützt. Je nachdem die Farbſtoffe mit Waſſer, einer dünnen Auflöſung von Kalk, Leimwaſſer oder mit Ol angemacht werden, unterſcheidet man Waſſer— farben⸗, Kalkfarben-, Leimfarben- und Olfarbenanſtriche. Zu den Olfarben wird Leinöl benützt, das man mit Leinölfirnis ver— dünnt und mit der feingeriebenen Metallfarbe mengt. Als Grundfarbe dient Bleiweiß. Wird dem letzteren aus Erſparungsrückſichten Grund— kreide beigemengt, ſo erhalten die damit her— geſtellten Anſtriche mit der Zeit einen Stich ins Gelbe. Eine gute, dauerhafte weiße Ol— farbe wird gewonnen, wenn man dem Bleiweiß (auch Zinkweiß) außer Leinöl noch Terpentinöl und etwas Leinölfirnis zuſetzt. Mitunter werden Olanſtriche auch noch mit Lackfirnis über— zogen (j. a. Vollendungsarbeiten). Fr. Färben, verb. reflex. u. intrans. I. reflex., ſ. v. w. verfärben, abfärben, ſ. d. u. dgl. anlegen, auflegen, verhören. „Der Hirſch färbet ſich nicht: Er häret, ſo er die Haare im Früh-Jahr verlieret und andere kriegt. 10 „Die Rehe färben ſich im Frühling.“ Döbel, Ed. J, 1746, I., fol. 18, 27. — „Färbezeit heißet die Zeit, da das (Roth⸗ ) Wildpret haaret und Reste ſolches erſtlich: im Frühjahre zwiſchen Oſtern und Pfingſten, da das Wildpret verfärbet oder färbet, ſein langes Winterhaar verliehret und ſein kurzes, rothes, braunes oder gilbiges Sommerhaar auf- oder anlegt. Nach— malen färbet es auch im Herbſte gegen St. Egydii . . . das Tannwildpret aber färbet einen Monat ſpäter. Das Rehwildbret färbet roth im Maymonat . .. das Schwarzwildpret färbet ſich nicht, wie das Rothwildpret, ſondern ver— ſetzet nur im Herbſt, im Michaelis, ſeine .. Sommerfedern mit hellgrauen Winterfedern .. das Raubwildpret färbet nicht, ſondern es ver— haaret. ..“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 289. — Chr. W. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 112. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 102. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 52. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. II. intrans. Die läufige Hündin färbt, wenn aus der Schnalle Schweiß austritt (vgl. Farbe). „Man laſſe aber den für ſie (die Hündin) beſtimmten Hund nicht eher zu ihr, als bis ſie färbt oder, mit anderen Worten, Blut netzt.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 24. — „Wenn das Geburtsglied (der Hündin) zu färben, d. h. Schweiß zu verlieren anfängt ...“ Winkell, Ed. I, 1805, II., p. 40. — Grimm, D. Wb. III., p. 1325 (uur I.). — Se bei Sanders. v. D. Farbenabweichung, |. Abmeldung Fe matiſche. Farbenblindheit, Daltonismus. Ei in neuerer Zeit iſt die ſchon lange bekannte Beob⸗ achtung, daſs nicht alle Augen in gleicher Weiſe für Auen befähigt ſind, ein— gehendem Studium unterzogen worden. Am längſten kennt man die Rothblindheit; am häufigſten tritt die Grünblindheit, am jel- tenſten die Violettblindheit auf. Kur. Farbenwahrnehmung. Die Fähigkeit, die Farben wahrzunehmen, iſt für jedes Auge eine begrenzte; ſie erſcheint am größten auf dem ſog. gelben Fleck, wird gegen den Rand der Netz⸗ haut immer ſchwächer (ſie nähert ſich hier der Rothblindheih, hört ganz auf an ihrem äußer⸗ ſten Umfange (hier erſcheint alles Grau). Die Farbenwahrnehmungsfähigkeit hängt auch ab von der Menge des auf die Netzhaut gelangen- den farbigen Lichtes (bei zu ſchwacher Wirkung des Lichtes ſieht man farbiges Licht auf helle— rem Grunde grün oder ſchwarz, auf dunklerem grau oder weiß); für die Wahrnehmung blauen Lichtes genügt die geringſte, für die rothen Lichtes iſt die größte Ex- und Intenſität eindrin⸗ genden Lichtes nöthig. Roth, Grün und Vio— lett, aus deren Miſchung man alle möglichen Farbenunterſchiede erhält, heißen Grundfar— ben, dieſe und die anderen bekannten Farben des Spectrums überhaupt einfache Farben; wenn zwei dieſer einfachen Farben auf einmal oder ſehr rach hinter einander auf eine und die— ſelbe Netzhautſtelle einwirken, ſo werden ganz neue Farbenwahrnehmungen verurſacht (jo ent— ſteht Weiß durch Miſchung aller Farben des Spektrums, dann durch Miſchung der ſog. Come plementärfarben Grün und Purpur, Violett und Grüngelb, Gelb und Indigoblau, Orange und Cyanblau, Roth und Blaugrün; nimmt man aus weißem Licht eine einfache Farbe weg, ſo nimmt man die entſprechende raſch naß farbe wahr. Roth und Violett raſch nach ein- ander auf die Netzhaut einwirkend, ruft Farben— empfindung des Purpurr oth wach). Den r * 4 3 Licht⸗ und Farbenwahrnehmungen liegen Schwin— gungen zugrunde, deren Schwingungszahl per Secunde zwiſchen 400 und etwa 800 Billionen Schwingungen liegt. Die Wellenlängen hat Helmholtz für das äußerſte Roth des ſichtbaren Spectrums mit 007617, für die Grenze des Übervioletten mit 003 108 mm berechnet. Kur. Farbenwirkung. Verſchiedene, zum Theile noch nicht abgeſchloſſene Unterſuchungen jüngſter Zeit haben ergeben, daſs verſchiedenfarbiges Licht auf die Entwicklung der Thiere, auf das Wohlbefinden ausgebildeter Thiere u. ſ. w. ſehr ungleich einwirkt. Am raſcheſten geht z. B. die Ausſcheidung von Kohlenſäure im gelben Lichte, am langſamſten im violetten Lichte vor ſich. Rothes Licht in größerer Menge einwirkend, wirkt zornerregend, blaues Licht beruhigend, gelbes Licht ekelerregend. Kur. Järberſcharte, ſ. Serratula. Wm. Färbezeit, die die Zeit im Herbſte und Frühjahre, in welcher das Wild färbt. C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 198, 288 (Beleg bei färben I). — Winkell, Ed. II, 1821, II., p. 150 (v. Damwild). — R. R. v. Dombrowski, Edel- wild, p. 11. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p 154. — Grimm, D. Wb. III., p. 1330 Sanders, Wb. II., p. 172%. E. v. D. Sarbhölzer. Unter „Farbhölzer“ ſollen hier alle jene Holzgewächſe begriffen werden, welche in irgend einem Theile ihres Baues, ſei es in der Blüte, der Frucht, der Rinde, der Wurzel oder im Holze einen Farbſtoff enthalten, der durch Waſſer, Alkohol, Weingeiſt, Terpentin o. dgl. gelöst und in der Färberei für Baum— und Schafwolle, Seide, Leder, Holz, zur Her— ſtellung von Farben, Lacken, Tinten u. dgl. be- nützt wird. Nach der Farbe, welche der dem „Farb— holz“ entnommene Pflanzentheil enthält, laſſen ſich Gruppen bilden. Gelb. Gelbholz iſt das rindenfreie Stammholz des Färbermaulbeerbaumes (Morus tinc- toria L.), einer Urticee, welche in Oſtindien, Südamerika, in einzelnen Theilen Nordamerikas, Jamaica, Cuba u. ſ. w. einheimiſch iſt. Das Holz iſt blaſs citronengelb, feſt, hart, faſt ſpröde, ziemlich leicht, zuweilen von röthlichen Adern durchſetzt. Es kommt in Scheiben bis zu 50 kg Gewicht, aber auch gemahlen und geraſpelt im Handel vor. Der Farbſtoff liefert gelbe, grüne, oliven— grüne und bräunliche Farben. Mit concentrierter Schwefelſäure behandelt, dient er als Erſatz für Cochenille. Fuſtikholz, Fiſetholz, Zantegelbholz, Ti— roler und Ungariſches Gelbholz, Schmackholz, Viſetholz u. ſ. w. iſt das von Rinde und Splint befreite Kernholz des Perückenſu 1 (Rhus cotinus L.), eines in Ungarn, Tirol, e Italien, Spanien, der Levante, den Antillen, auf Jamaica u. ſ. w. wachſenden Strauches aus der Familie der Therebinthaceen. Es kommt in Knüppeln und Aſten von außen bräunlicher, innen gelögrüner 5 Farbe oder in Späne geſchnitten in den Handel. Das amerikaniſche iſt Beſcen als das europäiſche. Fuſtikholz wird zur Dar— | Achiote u. ſ. w. Farbenwirkung. — Farbhölzer. 425 ſtellung von Orangefarben, mit Cochenille zu Scharlach, wegen ſeines Gerbſtoffes zum Schwarz— färben der Wolle und auch zum Gerben des Leders benützt. Quercitron iſt ein Gemenge von Splint und Rinde der Färbereiche oder Schwarz— eiche (Quercus tinctoria W.), eines in Nord- amerika einheimiſchen hohen Baumes aus der Familie der Cupuliferen, der aber auch in Deutſchland und Frankreich cultiviert wird. Die Gewinnung des Quereitrons erfolgt durch Ab— löſen der Rinde, Trocknen derſelben, nachdem dieſe von der ſchwarzen Oberhautſchichte befreit wurde, dann Pulvern oder Mahlen. Man unter⸗ ſcheidet im Handel das Philadelphia-Quercitron, das die beſte Sorte darſtellt, und das minder— wertige, weil durch Baſt und Holzfaſern ver- unreinigte Baltimore-Querecitron. Die erſtere Handelsware iſt von ledergelber oder bräun— licher Farbe, das letztere mehr röthlichgelb. Quercitron hat einen ſtark herben, hitteren Geſchmack. In Amerika wird ein Product „Flavin“ erzeugt, welches ein ca. A6faches Färbevermögen im Vergleiche zum Quercitron beſitzt. Das Quercitron dient zu Darſtellung von gelben, grünen und oliven Farben auf Geſpinſtfaſern. Gelbbeeren, Gelbkörner, Avignonkörner, Kreuzbeeren, perſiſche Beeren u. ſ. w. werden die getrockneten, unreifen Beeren von Kreuzdornarten (Rhamnus) genannt, welche in Italien, Spanien, der Türkei, Kleinaſien und Perſien, auch im ſüdlichen Frankreich vorkommen. Die Beeren ſind etwa erbſengroß, rundlich, mit drei oder vier halbkreisförmigen Einſchnürungen, welche vom Stiel nach der Spitze hin zulaufen und den i der Samenkörner ent= ſprechen. Die Farbe iſt gelbgrün, bräunlich bis ſchwarz, ſie haben einen ekelhaften Geruch und einen bitteren, unangenehmen Geſchmack. Die Gelbbeeren dienen in 5 Färberei zur Dar- ſtellung einer Tafel- und Lackfarbe. Unter dem Namen chineſiſche Gelb— beeren kommen ſeit einigen Jahren die getrock— neten Blütenknoſpen von Sophoria japonica als Farbmateriale in den Handel. Die Berberitzenwurzel, Berberiswurzel, iſt die äſtige Wurzel des gemeinen Sauer⸗ dorns (Berberis vulgaris L.), eines in Indien und Europa einheimiſchen Strauches. Sie bildet Stücke von äußerlich graubrauner Farbe, welche unter einer ſchmutzigbraunen Oberhaut eine mehrere Millimeter dicke Rindenſchicht von gelber Farbe und faſerigem Gefüge zeigt, welche das blajsgelbe, mit einem weißen, ſchwammigen Marke durchzogene Holz umhüllt. Die Be rberitzenwurzel ſchmeckt ſtark bitter, und die Rinde, der Träger des BEuANDNer, hat einen eigenthümlichen Geruch. Orleans, Arnotto, Anotto, Anatta, Attalo, iſt ein aus den Früchten von Bixa Orellana L. hergeſtellter Farbſtoff. Die Familie der Biraceen iſt ein im tropiſchen Süd— amerika, Weſt- und Oſtindien vorkommender Strauch oder kleiner Baum. Die etwa pflaumen— großen, etwas zuſammenged rückten, rundlich herz— förmigen, an der Oberfläche weichſtacheligen Kapſelfrüchte des Orleansbaumes öffnen ſich zweiklappig und enthalten zahlreiche gerundet— 426 Farbhölzer. dreiſeitig-pyramidale, ca. 3—4 mm lange Samen, welche in einem rothen, klebrigen Fruchtbrei gebettet ſind. Dieſer pigmentreiche Brei, in ent⸗ ſprechender Weiſe von den Samen und dem Fruchtgehäuſe getrennt, ſtellt im weſentlichen den Orleans des Handels dar, iſt teigartig, gleichförmig und von orangerother Farbe. In den Verkaufsſtellen wird der Orleans häufig mit Harn befeuchtet, um denſelben an— geblich haltbarer zu machen und die Schönheit ſeiner Farbe zu heben. Durch dieſes Verfahren bekommt aber der Orleans einen höchſt unan— genehmen Geruch und einen ekelhaft ſalzig— bitteren Geſchmack. Ausgetrocknet wird die teig— artige Maſſe hart, faſt geruchlos, und nimmt allmählich eine roth- bis ſchwarzbraune Außen— farbe an. Der Orleans dient in der Seidenfärberei zur Herſtellung von gelben und Ponceaufarben, zur Belebung der auf den Geſpinſten befeſtigten Farben, endlich zum Färben von Holz, Käſe und Firniſſen. Roth. Rothholz, Fernambuk- oder Fernam— bourghholz, echtes Braſilienholz u. ſ. w., früher unter dem Namen Breſil oder Braſil bekannt, ſtammt von Caesalpinia erista und Caesalpinia brasiliensis L., der Familie der Papilionaceen angehörig, welche in den Wäldern Braſiliens und Jamaicas dickrindige Bäume mit knotigen, gekrümmten Stämmen bilden. Nach dem Entfernen der Rinde iſt das Holz blaſs, färbt ſich aber durch die Einwirkung der Luft bald dunkel. Es kommt in runden oder abgeplatteten Blöcken von 2—30 kg oder in arm⸗ bis ſchenkeldicken Scheiten, ſelten geraſpelt in den Handel. Das Holz hat einen ſüßen, ſpäter bitter zuſammenziehenden Geſchmack und einen ſchwach aromatiſchen Geruch; es iſt ſehr hart und feſt, ſpeeifiſch ſchwerer als Waſſer, außen roth, innen (namentlich auf den friſchen Spaltungsflächen) gelbroth. Nach den Bezugs— quellen unterſcheidet man: 1. Bahia⸗, Rothholz, hauptſächlich von Caesalpinia brasiliensis L., mit auf friſcher Schnittfläche ziegelrother Farbe und vorherr— ſchend zuſammenziehendem Geſchmacke. Es kommt in meiſt viereckig geſchnittenen (politurfähigen) Stücken in den Handel. 2. Das St. Marthaholz, Martensholz (Martinsholz), aus der Sierra Nevada in Mexico, ſtammt von Caesalpinia echinata L. Es kommt in den Handel als ſtark gefurchte, wurzel— artige, ungeſpaltene Scheite von ca. Im Länge und 15—20 kg Gewicht. Dasſelbe iſt bräunlich— gelb, harzreich, aber nicht ſo reich an Farbſtoff als das erſtere. 3. Das Nicaraguaholz erſcheint in armdicken, gewundenen, gefurchten, berindeten Stücken, welche nicht ſelten durchlocht ſind. Es ſtammt vom ſelben Baume wie das St. Martha— holz und zeigt äußerlich eine blaſsrothe, innen eine ſchmutzig dunkelrothe Farbe. 4. Das Sapanholz, Sappanholz, Japans holz, auch unechtes Sandelholz, von Caesalpina Sapan L., einem in Siam, China, Japan, Co⸗ chinchina, den Philippinen, Celebes, Java, Weſtindien, Braſilien, den Antillen u. ſ. w. wach⸗ ſenden Baume. Zu Markte kommt es in rinden⸗ freien Knüppeln, die entweder von einem leeren Canale durchzogen ſind, oder wo dieſer mit einem gelblichrothen Marke erfüllt iſt. Das Holz iſt hart, ſchwer (ſehr politurfähig) und von lichterer Farbe als die anderen Rothhölzer, trotzdem an Farbſtoff den beſten gleichwertig. 5. Das Limaholz gelangt in Stücken von 27—33 mm Durchmeſſer von der Weſtküſte Süd⸗ und Mittelamerikas in den Handel. Es zeigt außen eine hellrothe, innen eine gelblich- rothe Farbe. Mit dem Namen Limaholz wird auch eine Abart des Sapanholzes bezeichnet (Coſtaricarothholz), welches in Scheiten bis zu 1 Centner Gewicht vorkommt. 6. Braſilietteholz, Bahamaholz, auch Jamaicaholz genannt, der Gattung Balsomo— dendron angehörig, einem Strauche, welcher auf den Antillen, in Guayana und auf den Bahama⸗ inſeln wächst. Als Handelsware kommt es in 5—6 em dicken, zwar rindenfreien, aber mit einer weißlichen Schichte bedeckten Stücken vor, welche innen rothbraun und dunkel geadert ſind. Anwendung findet das Rothholz zur Dar— ſtellung von rothen Farben in der Färberei und im Zeugdruck, zur Bereitung einer rothen Tinte, des Kugellacks, dann in der Kunſttiſchlerei, zu Moſaikarbeiten u. ſ. w. Sandelholz (rothes), Sandel, Santel, Ca- liaturholz (lignum santalinum rubrum), ſtammt von Pterocarpus santalinum L., einem in Oſt⸗ indien und auf Ceylon einheimiſchen hohen Baume aus der Gattung der Papilionaceen, mit einer erdenähnlichen Rinde. Im Handel er- ſcheint das rothe Sandelholz in großen, pris— matiſchen Blöcken, welche von der Rinde und dem weißlichen Splinte größtentheils befreit ſind. Das Holz iſt leicht ſpaltbar, ſchwerer als Waſſer, dicht, und zeigt an den Spaltungsflächen grobfaſerige, ſchief verlaufende Faſern, welche mit Harz erfüllte Canäle durchziehen, die eine dunklere Färbung haben; die Farbe iſt außen braunroth, innen mehr oder minder blutroth. Der Geſchmack iſt ſchwach zuſammenziehend, der Geruch etwas aromatiſch. Die am ſchönſten dunkelroth gefärbten Sorten werden als „Caliaturholz“ bezeichnet. Auch geraſpelt oder gemahlen (als Sandel- mehl) kommt es zu Markte. Im letzteren Falle erſcheint es als rothes, wolliges Pulver mit angenehmem veilchenartigen Geruche. Das San⸗ delholz wird häufig verfälſcht und verwechſelt mit dem jog. Korallenholz, welches ſich vom. echten Sandelholz durch ſeine Leichtigkeit und hellrothe Farbe leicht unterſcheiden läſst. Dem Sandelholz naheſtehend ſind das Madagaskarholz mit ſchöner, weinro⸗ ther Farbe, das aus der Sierra Leone ſtammende Barwood, welches von Baphia nitida erhalten wird, mit dunkelrother Farbe, von ſchwarzen Adern durchzogen, ſowie das Camwood oder Gabanholz. Anwendung findet das Sandelholz zum Färben der Geſpinſte, Firniſſe, des Leders und der Liqueure, 5 bei Moſaikarbeiten u. ſ. w. e N . U außerdem in der Kunſttiſchlerei, 1 4 * Blauholz, Blutholz, Campecheholz, iſt das Kernholz von Haematoxylon campechia- num L., einem im heißen Amerika, vorzüglich in Yucatan wachſenden Baume aus der Familie der Caesalpineen. Der Stamm wird von der Rinde entblößt, vom weißlichen Splinte befreit und das tiefblutrothe Kernholz, welches ſich an der Luft dunkelrothbraun bis ſchwarzviolett färbt, in Blöcke und Scheite zerſchnitten. Das beſte und farbſtoffreichſte Holz gelangt aus den Häfen von Campeche und Carmen (an der Laguna bei Terminos) als Campeéche- und Lagunablauholz zur Verſendung, u. zw. in Blöcken, die einer- ſeits zugehauen, andererſeits mit der Säge ge— ſchnitten find (ſpaniſcher Schnitt). Aus Britiſch— Honduras (Balize) gelangt gegenwärtig das meiſte Blauholz in den Handel unter dem Na— men Honduras- oder engliſches Blauholz, welches beiderſeitig durch Sägeſchnitte begrenzt iſt (engl. Schnitt). Die mindeſte Güte beſitzt das in dünnen Scheiten (meiſt noch mit Splint verſehene) Ja— maica- und Domingoblauholz von den Antillen. Das Blauholz iſt ſehr hart, dicht und ſchwer (ſpecifiſches Gewicht 0˙89— 1503), ſehr politur— fähig, zeigt auf dem geglätteten Querſchnitte in dunkelbraunrothem Grunde abwechſelnd un— gleich breite, hellere und dunklere Zonen, von denen die erſteren aus ſog. Scheinringen von Holzparenchym gebildet werden, welche von ſehr genäherten, wellenlinig zuſammenfließenden Gefäßſporen umſchloſſen ſind. Die Markſtrahlen ſind ſehr genähert und fein. Friſch angeſchnitten riecht das Holz veilchenartig und ſchmeckt ſüß— lich zuſammenziehend. Um an Fracht zu erſparen, wird das Blau— holz theils vor der Einſchiffung nach Europa, theils nach der Überfahrt zu Blauholzextract verarbeitet. Zu dieſem Zwecke wird das gera— ſpelte oder gemahlene Holz durch Waſſerdämpfe ausgelaugt, bis zur Sirupdicke eingedampft und in eirunden Broten oder in kleinen Kiſten eingegoſſen in den Handel gebracht. Das Zer— kleinern wird faſt ausſchließlich mit Maſchinen beſorgt, ähnlich den Hobelmaſchinen, welche ziem— lich zarte Späne liefern müſſen. Das Blauholz wird zum Blau-, Violett-, Braun⸗, Grau- und Schwarzfärben der Ge— ſpinſtfaſern, zum Hervorbringen eines grünen Metallglanzes auf Leder (zu welchem Behufe es einer Gährung unterworfen wird), zur Dar— ſtellung von Tinte, in der Kunſttiſchlerei, zu Moſaikarbeiten u. dgl. verwendet. Karmarſch⸗Heerens techniſches Wörter— r. buch, III. Auflage. E Farbholzhobelmaſchine, ſ. r * Farblacke finden Verwendung in der Ta— peten- und Buntpapierfabrication und werden hergeſtellt durch Ausfällen von Farbſtoffen mit Metalloxyden, namentlich mit den Oxyden von Aluminium, Zinn, Blei, Eiſen, Chrom. v. Gnu. Farbstoffe (Pigmente) ſind Stoffe, welche benützt werden, um gewiſſen Subſtanzen eine be— ſtimmte Färbung zu ertheilen. Die Farbſtoffe ſind ungemein zahlreich. Nach ihrer Abſtam— mung theilt man die Farbſtoffe ein in mine— raliſche, vegetabiliſche, thieriſche und künſtlich dargeſtellte Farbſtoffe. Farbholzhobelmaſchine. — Farbſtoffe. 427 Die Mineralfarben (Erdfarben) kommen entweder natürlich als Mineralien (Roth- und Brauneiſenſtein, Ocker, Malachit, Kupferlaſur, Graphit, Kreide, Schwerſpat, Gips u. ſ. w.) vor oder werden doch aus Mineralien bereitet. Die wichtigſten vegetabiliſchen Farbſtoffe ſind die Chromogene der Flechten (0rſeille, Perſio, Cudboar, Archil), des Lackmus, die des Krapps, des Kampecheholzes Sandelholzes, des Safflors, das Drachenblut (in Calamus Draco, Dracaena Draco und Pterocarpus Draco), Al— kannaroth (in der Wurzel von Anchusa tinc- toria), das Rottlerin (in den Haaren und Drüſen von Rottleria tinctoria), Curcuma, Quercitron, Wau, Orlean, Gelbbeeren, Indigo, Chlorophyll, Blattroth und die verſchiedenen Blumenfarbſtoffe. Von thieriſchen Farbſtoffen ſind Carmin und Blutfarbſtoff zu nennen. Die künſtlich dargeſtellten organiſchen Farbſtoffe, welche in der Praxis eine große Be— deutung errungen haben, ſtammen mit wenig Aus— nahmen von Theerbeſtandtheilen, ſie gehören der aromatiſchen Reihe an und ſind Derivate des Benzols, des Naphthalins, des Chinolins und des Anthracens. Man hat ſie gruppiert in Nitro— körper, Azofarbſtoffe, Triphenylmethanfarbſtoffe, Indamine und Indophenole, Safranine und verwandte Körper, Anilinſchwarz, Induline und Nigroſine, Chinolin- und Acridinfarbſtoffe, An— thrachinonfarbſtoffe, ferner das Derivat der Harnſäure, das Murexid. Die Farbſtoffe ſind theils nichtgiftiger, theils giftiger Natur. Von den giftigen, zu Genuſszwecken abſolut nicht anwendbaren Far— ben ſeien genannt: Bleiweiß, Zinkweiß, Perl- weiß, Barytweiß oder Permanentweiß, Grün— ſpan, Braunſchweigergrün, Schweinfurtergrün, Bremergrün, Scheel'ſches Grün, Grüner Zinnober, Neaplergrün, Bergblau, Bremerblau, Neuwieder— blau, Berlinerblau, Auripigment, Bleiglätte, Mineralgelb, Neaplergelb, Chromgelb, Chrom— orange, Zinkgelb, Barytgelb, Gummigutt, Pi— krinſäure, Zinnober, Realgar, Chromroth, Men— nige, Bleibraun, ferner die arſenhaltigen Anilin— farben und Corallin. Nach ihrer Verwendung theilt man die Farbſtoffe ein in Maler- und Anſtrichfarben, in Zeugfarben, Buchdruckfarben und Buntdruck— farben, Brenn- und Schmelzfarben. Die Maler- oder Anſtrichfarben zerfallen je nach dem Bindemittel, mit welchem der Farbſtoff gemiſcht iſt, in Aquarell-, Honig- oder Gummifarben, Tuſche, Paſtellfarben, Waſſer- oder Leimfarben, Ol⸗ und Waſſerglasfarben. Sie find Körper— farben (Deck-, Gouachefarben), wenn ſie die Fläche, auf welche ſie aufgetragen werden, mehr oder weniger vollſtändig verdecken, oder Laſur— farben (Saftfarben), wenn ſie auf der Unter— lage nur eine durchſichtige Schicht bilden. Von den Schmelzfarben unterſcheidet man Porzel— lanfarben, Glasfarben, Glaſurfarben und Emailfarben. Literatur: Gentele, Lehrbuch der Far— benfabrication, 1880; Schützenberger, Die Farb— ſtoffe, deutſch von Schröder, 1868, Berlin; Stein, Prüfung der Zeugfarben und Farben— materialien, Eutin 1874. v. Gn. 428 Faſan. Fa ſan, der, Phasianus colchicus Linné. Der deutſche Name Faſan, richtiger Phaſan, it vom griechiſchen vasıavos und dieſes von Pasıc, dem Namen eines Fluſſes in Kolchien, abgeleitet; er findet ſich ſchon im Mhd. als fasan, fasant, im Anhd. in den Formen Faſan, Faſant, Vaſan, Vaſant, Faſian, Faßan, Faßant, Phaſan, Phaſant, Baſant, Faßhun u. ſ. w. „Fasia- nus fas ant.“ Frankfurt, Gloſſ. a. d. XI. Jahrh. — „Fasianus phasehyn.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 901. — „Fasan.“ alt ram v. Eſchenbach, Parcival, 287, 1. „Er (der habech) stoubt ofte kranechen vil elbiz wären gar sin spil, trappen und die vasän. Biterolf u. Dietleib, v. 6993—85. — Die 1 ken zu dem selben mal ervlugen Ber wilden ant, Vil reiger manegen vasant. Heinrich v. Freiberg, Triſtan, v. 1140—42. — „Sie schuzzen vasande und vogele manger- lande. “ Ibid., v. 3395—96. — „Man ge- sach ouch nie vederspil sö manegen schoe- nen fluc getuon. Den antvogel und daz huon, den reiger und den fasän.. .“ Hartmann v. Aue, Erec, v. 2041—43. — Gallus siluestris haist ain walthann vnd haist auch ain pha- sant.“ „Gallus siluester haist ein walthan vnd haist auch zü dewsch vas ant.“ Conrad v. Megenberg, Buch d. Natur, Cod. ms. Vindob. no. 2797 und 2812 a. d. XIV. Jahrh. — „Fha- sianus ein basant.“ Gloſſ. a. 5 IN Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 4535, fol. 254 v. — „Ph a- shown.“ Id. no. 1325, fol. 106v. — Der Fa⸗ ſian.“ P. de Crescenzi, Deutſche Ausgabe, s. I., 1493, IX., 83; X. 7. — „Vasantt.“ Ein ſchons buchlin von dem beißen, Straßburg 1310, fol. 371. — „Faſian.“ Waydwergk, Aug sburg 1540, Cc. XXV. — „Gallus siluestris ein Fa- ſan. u W. Ryff, Thierbuch, Frankfurt a. M. 1544. — Faßuener, Item geſchoſſen vnnd gefangen faßhüener 33.“ Jagddiarium d. Erzherz. Ferdinand v. J. 1558, Cod. ms. Vindob. no. 8303. — „Reb vnd Faßhüner.“ „Reb, Faß vnd Awerhiener. 1 Faß han. “Maximilian II., Jagdinſtruction v. J. 1575, hrsg. v. Dudit, p. 23, 71. — „Phasanus, ein Faſan hat ſeinen Namen vom Phasi oder Phaside | einem vornehmen Fluſs in Colchide .. .“ J. Colerus, Oeconomia ruralis, 1643, fol. 50 2 — „hasen 5 Georgica curiosa, N fol. 786. „Pha⸗ ſan. Fleming, T. Ed. I, 1724 1 197.— „Faſſan.“ Pärſon, oe Jäger, 17345 fol. 92.— „Faſan.“ Döbel, Ed. I, 1746, ., fol. 129. — „Faſan.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 117. — „Faſan, Phaſan, Pha— fian.“ Onomat. forest. I., p. 682. — Seither allgemein Faſan. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 273 a. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 27a. — Grimm, D. Wb. III., p. 1336. — Sanders, Wb. I., p. 414 a. Fremdſprachliche Nomenclatur. Frz.: le faisan, f. la faisande, juv. les faisandeau; ital.: fagiano, f. fagiana. ad. fagianotto; jpan.: faisan, f. faisana; portug.: faisäo; engl.: the pheasant; angelſächſ.: fesaunt; holl.: fai- sant; dän. und jchwed.: fasan; poln.: bazant. fazan; böhm.: baZant; ſerb.: bazan; ruſſ.: kasan, baschan, madsharski-petuch; ungar.: fätzän; armen.: fasian; georg.: chochobi; firgij.: kargant; kalmük.: garhut; buchar.: margaitan; perj.: kargowal, gargaul; türk.: surglum; chineſ.: thi-khi. Zuſammenſetzungen. Faſanenaufzug, der, das Aufziehen junger Faſanen; dann Sammelname für alle aufgezogenen Faſanen; endlich als Bezeichnung für die ganzen zum Aufziehen der Faſanen nöthi- gen Anlagen. Laube, Jagdbrevier, p. 239. — Sanders I. c., p. 239 c. Faſanenbaſtard, der, ſpeciell der Fünft- lich gezüchtete Baſtard zwiſchen Faſan und Haus⸗ huhn. Onomat. forest. I., p. 688. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 53. Faſanenbalz, die, die Paarzeit der Fa⸗ janen, vgl. Balz. Onomat. forest. I., p. 689. Faſanenbeize, die, die Beizjagd auf Faſanen. Onomat. forest. I., p. 688. — Beh— len 1. c. Faſanenbeller, der, ein Hund, welcher früher häufig in ähnlicher Weiſe wie der Auer⸗ hahnbeller verwendet wurde. „Sit aber kein Ge— treide mehr im Felde, ſo bleiben ſie (die Faſanen) den Tag über in den Remiſen, wo dann der Faſanenbeller treffliche Dienſte leiſtet. Dieſes iſt ein kleiner Stöberhund von beſonderer Race (auch Dachshunde kann man hiezu abrichten), welcher den Faſan aus der Dickung heraus und zu Baume treibt. Da ſteht er dann und bellt unaufhörlich am Stamme hinauf, der Faſan ſchmiegt ſich dicht an den Aſt, ſiehet mit unverwandten Blicken den Kläffer an und bemerkt den weit gefährlicheren Weid— mann nicht, der indes ſich heranſchleicht und ihn mit leichter Mühe herabdonnert.“ Mellin in Wildungens Neujahrsgeſchenk, 1797, p. 79. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, II., P. 74. — Onomat. forest. I., p. 689. — Behlen J. e., p. 53. — Grimm 1. c., p. 1336. Faſanenbrut, die, die Geſammtheit der Jungen einer Faſanhenne oder aller in einem Aufzuge befindlichen Jungen. Onomat. forest. E e Faſanenfang, der, das Fangen der Fa⸗ janen. Onomat. forest. J. c. — Behlen 1. e. Faſanengarten, der — Faſanerie. „In Unſerm new erbawenden Faßhan und Mufflan Gartten . . .“ Maximilian II., Jagdinſtruction vom Jahre 1575, hrsg. v. Dudik, p. 61. — „Wo es große Herrſchafften hat | werden allent- halben Phaſanen-Gärten gehalten | dahin die wilden Phaſanen im Sommer und Winter ihre Zuflucht nehmen.“ Hohberg 1. e., fol. 785. — Fleming 1 c. II., fol. 197. — Döbel 1. c., fol. 129. — Mellin 1. c., p. 70. — Onomat. forest. I., p. 693. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, 5 103. — Behlen 1. c. — Sanders J. e., p. 542 ne das — Faſanengarten. Faſanerie. Oncmat. forest. I. c. — Mellin J. c., p. 77. — R. R. v. Dombrowski, Lehr⸗ u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 172. — Sanders J. e., P. 722 C. Faſanenhahn, der, das Männchen des Faſans. „Vasanthan.“ Straßburger Chronik a. d. XIV. Jahrh., hrsg. v. Cloſener u. Königs⸗ hofen, 1011, 30. — „Wann man einen Pha⸗ Faſan. jan=-Han zu weißen heimiſchen Hünern thut... Hohberg 1. c., fol. 787. — Döbel 1. c., fol. 139. — „Der Balzgeſang des Fa— ſanhahnes ... R. R. v. Dombrowski 1. c., p. 170. — Lexer 1. c., p. 27. — Sanders J. c. II., p. 414 a. Faſanenhaus, das — Faſanenkammer, auch für Faſanenhof. Döbel 1. e., fol. 130. — Onomat. forest. I. c. — Behlen I. e. — Grimm , p. 1336. | Faſanenhenne, die, das Weibchen des Faſans. „Vasanthenne.“ Namenbuch Con- rads v. Dankrotsheim, p. 127. — „. .. Aber darneben in einem andern gleichmäßigen Korb ſoll nur eine Phaſanhenne allein ſeyn ...“ Hohberg 1. c., fol. 786. — Mellin 1. c., p. 60. — Lexer 1. c. — Sanders 1. C., p. 414 a. Faſanenhof, der, die Gebäudeanlagen i aſanerie. Sanders J. c., p. 772 c. benbubn, das Faſanenhenne; ſelten. Döbel 1. e., fol. 139. } Fafanenhund, der, ſpeciell zur Jaſanen⸗ jagd gebrauchter Vorſtehhund oder — Faſanen⸗ beller. „Von den Waſſer- und Phaſan⸗ Hunden... da hat man glatte Otterfarbe Hunde oder ſonſt brauner oder geſchecklicher Art die ſehr wohl ſchwimmen und leichtlich nicht müde werden und dieſe brauchen die Jäger auch zugleich auf die Phaſanen.“ Hoh⸗ berg 1. c., fol. 699. Onomat. forest. I., p. 693. — Behlen 1. c. (beide — Beller). — Sanders 1. C., p. 803 c. a 5 Faſanenhüter, der = Faſanenwärter. „Ein Faſanhüeter in der Newſtadt 40 fl....“ Maximilian II. I. c., p. 77. i Faſanenjäger, der, ein jpeciell mit der Beaufſichtigung einer Faſanerie und dem Fa⸗ ſanenaufzuge betrauter Jäger. Beuſt, Tractatus de jure venandi, Jena 1744, p. 736. — Har⸗ tig 1. c., p. 103 und 124. — Behlen J. c. — R. R. v. Dombrowski 1. c., p. 3. 5 Faſanenkammer, die, eine Behauſung, in welcher die Faſanen den Winter über ge— halten werden oder in welcher man überhaupt Faſanen lebend aufbewahrt. „Ferner mus ich auch allhier von denen baſtartirten Faſſanen edencken, die man haben kan, daſs man zu hen Faſſanen durch die Pfaltz in gebauten Faſſanen⸗Cammern zahme Hühner ſperret.“ Pärſon 1. c., fol. 95. n Faſanenmeiſter, der — Faſanenjäger, ſoferne er in der Faſanerie einen ſelbſtändigen Poſten bekleidet. Hohberg J. c., fol. 786. — Döbel I. o., fol. 131. — Onomat. forest. I., p. 695. — Mellin J. e., p. 63, 65. — Hartig 1. e. — Behlen I. e. — Sanders 1. c. II., p. 281b. Faſanenrauch, der. Man glaubte in früherer Zeit, daſs der Rauch im allgemeinen und namentlich jener gewiſſer Holzarten, die unter Beigabe verſchiedener Ingredienzien ver— brannt wurden, den Faſanen angenehm, ja zu ihrem Gedeihen nothwendig ſei und die ent— wichenen Faſanen wieder anlocke; man nannte dieſen unter beſtimmten Regeln in den Faſa⸗ nerien abſichtlich erzeugten Rauch den Faſanen⸗ rauch. „Wann man die Phaſanen mit räuchen an ſich locken will . . . Noch iſt mir ein guter Phaſanen-Rauch von einem guten Ort com— 429 municieret worden . . .“ Hohberg 1. c., fol. 786. — „Vom Faſanen rauche ... Dieweil es. ein Geheimnis iſt, die Faſanen alſo mit dem Rauche zu ergötzen, ſo will ich noch mehrere Räuche anführen . ..“ Döbel J. e., fol. 139. — Philoparchi Germani, Kluger Jagd- u. Forſt⸗ beamte, 1774, p. 452. — ÖOnomat. forest. I. c. — Behlen J. oe. — „Faſanen-Rauch iſt ein gewiſſer Rauch, wodurch man die aus dem Fa— ſanengarten entwichenen Faſanen wieder herbey zu ziehen ſucht.“ Hartig J. e. — Sanders J. e., P. 633 b. Faſanenwärter, der, dem Faſanen— meiſter unterſtelltes Organ. „Inſtruction für zwen Unſere Faſhanwarter.“ Maximilian II., I. C., p. 71. — Fleming J. c., fol. 196. — Döbel J. c., fol. 131. — Onomat. forest. I. c. — Behlen J. e. — Grimm J. c., p. 1336. — Sanders 1. c., p. 1489 c. Faſanenſtand, der, allgemein das Vor— handenſein von Faſanen in einem Revier, vgl. Stand; dann Bezeichnung für die Schütt- und Fangplätze. „Remiſen ſind zu einem wilden Faſanenſtande ſchlechterdings unentbehr— lich.. .“ Mellin J. c., p. 63. — „Faſanen⸗ ſtand wird jener Ort genannt, an welchem die Faſanen durch Futter angekirrt werden.“ Behlen l. c. — Sanders J. c., p. 1173 a. Faſanenzwinger, der — Faſanenkam⸗ mer. Döbel 1. c., fol. 135. — Onomatologia I. c., p. 695. — Behlen 1. e. — Sanders J. c., p. 1844 a. Faſanerie, die, Gallicismen E. v. D. Syſtematiſche Stellung. Der gemeine Faſan bildet den einzigen Vertreter der zur Ordnung der Scharrvögel, Rasores, gehörigen Familie Phasianidae, welche gleichſam als Bindeglied zwiſchen den Wald- oder Rauhfuß— hühnern, Tetraonidae, und den Feldhühnern, Perdicidae, zu betrachten iſt. Dieſelbe wird durch einen kurzen, ſtarken, ſanft gebogenen Schnabel, eine nackte, warzige, lebhaft gefärbte Roſe (Augengegend), unbefiederte, beim Hahne mit einem kräftigen Sporne verſehene Tarſen, einen kegelförmigen, bei den meiſten Arten ſtark verlängerten achtzehnfedrigen Stoß und kurze, runde Flügel charakteriſiert. Beſchreibung. Beim alten Hahn iſt der Schnabel hornfarben, die Roſe brennend roth, in der Balzzeit ähnlich wie beim Birk— hahn ſtark erweitert, hornförmige Erhöhungen ober den Augen bildend, der Augenſtern gelb; die Ständer ſind erdfarben. Das Gefieder des Kopfes und Halſes iſt blauſchwarz mit leb— haftem grünen und purpurnen Schiller. Die Schwungfedern ſind erdbraun mit weißen Binden, das übrige Gefieder erſcheint metalliſch gelbroth bis kupferroth, jede Feder ſchwarz, ſtahlblan ſchillernd gerandet. Die ganze Befiederung er— hält dadurch ein ſchuppenförmiges Ausſehen. Der Stoß beſteht aus 18 abgeſtuften Steuer— federn, deren mittlere die längſten ſind, wäh— rend die beiden äußerſten nur etwa die Hälfte der Länge jener erreichen. Ihre Färbung iſt wie jene des übrigen Gefieders am Rande der Fahne kupferroth bis gelbroth, am Kiele erdfarben, ſchwärzlich fein beſpritzt und mit 26—32 ſchwar— ſ. d. bei 430 zen Querbinden verſehen, welche bei alten Hähnen ſtets ſchmäler ſind als bei jüngeren, ja an der Wurzel oft ganz verſchwinden und bei allen Vögeln gegen die Spitze der Feder zu an Breite zunehmen. Die Länge der mittleren ſpitz zulaufenden Steuerfedern beträgt im Mittel 45—55 cm, variiert aber local und individuell wie die Stärke des Vogels überhaupt ſehr be— deutend. Die Henne iſt bedeutend ſchwächer, die Roſe enger, weniger lebhaft gefärbt; Kopf und Oberſeite dunkelbraun, jede Feder rothgrau und weißlich gerandet; Vorderhals weißgrau, ſchwärz— lich gebändert, Unterſeite röthlichgelb, aſchgrau gewäſſert. Steuerfedern hellbraun, dunkler braun beſpritzt und ſchwarz gebändert, bedeutend kürzer als beim Hahne. Sehr alte Hennen zeigen oft Hahnfedrigkeit. Die Jungen ſind der alten Henne ähn- lich, doch unterſcheidet ſich der Hahn ſchon im Jugendkleide durch im allgemeinen dunklere Färbung; durchſchnittlich Ende October iſt der Federwechſel vollendet und der junge Hahn völlig ausgefiedert. Der Faſan neigt, wie mehr oder weniger alle Hühnervögel, ſtark zum Albinismus, u. zw. in halbwildem Zuſtande weit mehr als in voller Freiheit. Scheckige bis reinweiße Faſanen findet man in den verſchiedenſten Farbenvertheilungen; eine ſchöne, bei entſprechender Zuchtwahl con- ſtant bleibende Abänderung bildet der ſog. Ring— hahn, welcher bei ſonſt normaler Gefiederfär— bung einen weißen Halsring trägt. Die Verbreitung des Faſanes im wilden Zuſtande iſt eine relativ geringe. Sie erſtreckt ſich nur über die Kaukaſusländer, alſo das Land zwiſchen dem Kaſpiſchen und Schwarzen Meere mit dem Don und der Wolga als nördlicher Grenze; ſüdlich bis Perſien. Allenthalben aber iſt hier der Faſan infolge der maßloſen Maſſen— vertilgung durch die Eingeborenen ſtark ver— mindert, ja ſtellenweiſe ſteht ſeine völlige Aus— rottung bevor. Ich laſſe hier die ausführlichen Angaben Raddes *) über das Vorkommen des Faſans folgen: „Höher als im Mittel von 2500’ über dem Meere wird man den Faſan im geſammten Kaukaſus wohl nur ſelten und ausnahmsweiſe nachweiſen können, es ſei denn daſs er ſich in dem mir unbekannten im Steppengebiete ge— legenen Beſchtan im Sommer allenfalls zum Brüten noch ein wenig höher begibt, oder an einzelnen, weiter unten von mir angeführten Localitäten, die beſonders günſtig gelegen ſind, auch im Winter noch in etwas bedeutenderen Meereshöhen verbleibt. Bogdanow“ gibt die mittlere Verbreitungshöhe für den Faſan zu 1000 m an. Nach Ménétries ***) verläjst er das Gebirge im Herbſte und zieht in die Steppen zum Überwintern. Ich baſiere meine Höhen— angabe darauf, daſs mit der abſoluten Erhebung der Suranebene, alſo im Mittel nur 2200 das Vorkommen des Faſanes im Kurathale gegen— wärtig ſeinen Abſchluſs nach Weſten findet. ‚*) Ornis caucasica, p. 367 u. ff. ) Die Vögel des Kautaſus, ruſſ., p. 143. ***) Catalogue raisonne des objets de Zoologie ete., P. 47. Faſan. Oberhalb der ſog. Engſchlucht von Borſhom iſt bei Azkur und Achalzich niemals ein Faſan beobachtet worden. Einen zweiten Beobachtungs⸗ platz über das Vorkommen des Faſanes an den höchſtgelegenen Stellen ſeines Vorkommens N bieten die Umgegenden Nuchas (2300) und die von Schemacha. Bei dem Dorfe Iwanowka 2770’ | bei der Poſtſtation Scharadiskaja und bei dem Dorfe Kuſch⸗Engidsha (2767’ und jogar 2952“ ſind Faſanen im Winter geſchoſſen worden. In jener Ebene, welche man, um nach Nucha zu | gelangen, durchreiſen muſs, und welche vom ö unteren Alaſan und der Kura an zwei Seiten umgrenzt wird, iſt der Vogel noch ſehr häufig und brütet auch. Alle anderen Localitäten im | Kurathale, an denen ich Faſanen erkundete oder | ſah, liegen tiefer. Das hohe Vorkommen des | Vogels auf dem Wege von Ad-ju nach Sche⸗ macha mag ſich mit durch die günſtige Expo⸗ ſition dieſer Gegend gegen Süden erklären laſſen. Im Lenkoran'ſchen Tieflande ſetzen ihm die dichten Laubholzwälder, nicht aber die Meereshöhe Grenzen. Er meidet die erſteren ſorgfältig. Dasſelbe findet auch im Riongebiete, dem eigentlichen Vaterlande des Vogels, dem er ſeinen Namen verdankt, ſtatt. Wo hier wei⸗ tere Lichtungen, namentlich jongelartige Strauch⸗ beſtände, recht dicht verwebte, von Smilax und Clematis durchſetzte Unterhölzer ſind, da wohnt der Faſan gerne. Den Hochwald, jetzt ſchon vielerorts auf die Gebirgshänge zurückgedrängt, meidet er; ſo traf ich ihn auch erſt mit dem Austritte aus der Ingurſchlucht bei dem Orte Dſhwari und hier immer nur als Seltenheit. Am unteren Terek, Sulak und Kuban ſowie in der Uferzone des Kaſpi wird er Rohrbewohner und findet ſich als ſolcher auch im Wolga- Delta, wo er namentlich unterhalb von Aſtra⸗ chan ſich aufhält und nach Bogdanow auch einigemale oberhalb dieſer Stadt erlegt wurde. In keines der drei mingreliſchen Längenhoch— thäler ſteigt der Faſan; ſie ſind durch die vor⸗ lagernden Kreidegebirge verriegelt, die beiden oberen (Swanien) auch an ſich zu hoch; aber im oberen Rionthale gibt es viele in paſſenden Localitäten, welche die Meereshöhe von 24007 nicht erreichen, und doch fehlt der Vogel dort ganz, weil eben die vorlagernde Gebirgskette das obere Thal förmlich abſchließt. In den ſüdlichen Querthälern des Großen Kaukaſus iſt er oberhalb Gori in der Liachwaebene bereits ſehr ſelten, dagegen an dem Unterlaufe der Kſanka noch häufig. Mit dem Eintritte in die Suramebene hat er ſich gegenwärtig nur noch bei Gorigoreb in den Niederungen des dort fließenden Baches als Seltenheit erhalten. In dieſer Ebene war er vor 30—40 Jahren noch recht häufig, iſt jetzt aber faſt ganz ausge⸗ rottet. Gleiches gilt auch vom Rion- und Qui⸗ rilagebiete, oberhalb Kutais; dort war der Faſan vor 50 Jahren im Scharopan'ſchen Kreiſe jo gemein, dajs er oft mit Stöcken erſchlagen wer⸗ den konnte, jetzt iſt er ſelten. Im Thale der Aragwa kommt er auf den Gütern des Fürſten Muchransky, unweit von der Station Zilkani vor und wird hier ſtrenge geſchont. In neueſter Zeit ſoll der Faſan ſich Aragwa aufwärts ver⸗ breitet haben, in dem unterhalb von Ananur links zur Aragwa einmündenden Dſhiwan'ſchen Thale hat er ſich feſtgeſetzt, dort gibt es viele Hippophasgebüſche. Im unteren Joralaufe er— reicht er die Ebene von Tioneti nicht, iſt aber bei Muchrawan erlegt worden. In Kachetien folgt er aufwärts dem Alaſan bis faſt zu deſſen Hervortreten aus enger Schlucht und ſeiner Wendung gegen Südoſt. Schon bei den Dör— fern Matani und Achmet wurde der Faſan, als ſelten vorkommend, mir genannt. Die Tffliſer Baſarfaſanen kommen größtentheils aus Kache— tien und aus den Umgegenden von Sakatali und Eliſabethpol, nur wenige aus Imeretien. Abwärts die Kura findet man ihn überall, wo jongelartige Vegetation und Gartenanlagen in tatariſcher Manier in der Nähe des Waſſers gedeihen, am liebſten bewohnt er die Inſeln. Viele Faſanen gab es an dem Gebirge, welches man erſteigen muſs, um von Ach-ſu nach Sche— macha zu kommen, hier lebt der Vogel mit dem Steinhuhn an denſelben Localitäten. Dieſe Höhen tragen zum Theile Buſchwald, zum Theile ſind ſie beackert und ernähren überall eine üppige, artenreiche Flora mit hohen Centaureen ꝛc. Sie ſind frei gegen Süden gekehrt, und das Alles behagt dem Vogel, der in den nahen Thälern auch Waſſer findet. So oft ich dieſen Weg zurück— legte, habe ich Faſanen zu Geſichte bekommen, aber faſt immer auch das Gackern der Stein— hühner vernommen. Im Araxesthale findet man ihn als Rohrbewohner erſt öſtlich vom Durch— bruche der Karabaghergebirge. Oberhalb des— ſelben habe ich nichts von Faſanen gehört, ſo 3. B. bei Eriwan, Nachitſchewan und Ordubad. Dagegen findet er ſich von Dſchewat den Araxes aufwärts bis zum Oſtfuße des erwähnten Ge— birges. Die ariden Steppen oder gar die waſſer— loſen Wüſtenſtrecken vermeidet er ebenſo wie den Hochwald. Demgemäß iſt auch ſeine Ver— breitung am Weſtufer des Kaſpi und im Araxes— thale ſtrichweiſe unterbrochen, und lebt er nur dann in den unfruchtbaren Steppenpartien, wenn Rohr in der Nähe der trägen Fluſsläufe ſteht. Während er in den Niederungen von Talyſch aufwärts über Kumbaſchinsk und in der ſüdlichen Randzone der Mugan mehr oder weniger häufig zu finden iſt, fehlt er gegen Norden dem kahlen, heißen und zum Theile waſſerloſen Littoral des Kaſpi, ſo auch den Umgegenden von Baku und der Halbinſel Ap— ſcheron. Bei Lenkoran haben ihn die Jäger faſt ſchon ausgerottet, und der Vogel preist dort bereits bis zu einem Rubel. In den Umge— genden Kubas und Derbents iſt der Faſan ein häufiger Vogel, und in den Niederungen des Sulak und Terek, wo er abermals Bewohner ausgedehnter Rohrbeſtände wird, iſt er gemein. Auf der Inſel Sari, ſüdlich vom Kyſyl-agatſch— Buſen im Kaſpi gelegen, wurden vor ca. 30 Jah— ren durch einen Regimentscommandeur Faſanen angeſiedelt und gediehen dort vortrefflich. Schon 1886, als ich dieſe Inſel durchwanderte, war der Vogel dort durch zu ſtarkes Abſchießen ſel— tener geworden, doch hat ihm der Arendator dieſer Inſel ſpäter Schutz gewährt, und ſo iſt jetzt die Zahl der Faſanen auf Sari wieder recht bedeutend geſtiegen. Hier fehlt das läſtige Raubzeug, namentlich Felis catolynx. An der Faſan. 431 Nordſeite des Großen Kaukaſus iſt er in der Nähe der beiden Hauptfluſsbetten, Terek und Kuban, vielerorts ſehr gemein, überſchreitet auch die niedrige, ſüdliche Waſſerſcheide zwiſchen den Zuflüſſen des Terek und der Kuma, da er bei Georgiewsk vorkommt, und findet ſich in der Baſalzone des Beſchtan. Die Kuma weist dem Vogel bis zum Meere die Grenze ſeiner Ver— breitung gegen Norden an. Schon Pallas, welcher den Vogel nicht allein in der ruſſiſchen Benennung Faſan, ſondern auch als Mad- sharski Petuch, d. h. Hahn von Madſhar auf- führt, kannte ihn von dort her. Dieſer Ort, ehe— mals eine tatariſche Stadt auf linker Kumaſeite, liegt ungefähr unter 45° nördlicher Breite bei 62° öſtlicher Länge von Ferro und iſt jetzt ſehr unbedeutend. Zur Zeit der Kaiſerin Katharina ſendete man von dort her Wein an den Hof und nannte, da man denſelben dem Burgunder ähnlich fand, den Platz Burgony-Madſhari. Ich erhielt von Herrn Dinnik aus Stawropol vor wenigen Tagen (Mai 1883, als ich hier das Manuſcript zum Drucke umſchrieb) Nachrichten über das Vorkommen des Faſanen in der dor— tigen Gegend und laſſe dieſe hier wörtlich folgen: „Nur in dem öſtlichen Theile des Gouverne— ments Stawropol leben Faſanen, u. zw. den Kumafluſs entlang bis zum Kaſpiſchen Meere und ſüdlich von der Kuma, d. h. im Gebiete der Ediſſanskiſchen, der Ediſchkulskiſchen und der Kara-Nogaier. An der Kuma beginnt der Faſan bei dem Dorfe Obilnoe (unweit von Georgiewsk), iſt häufig bei Soldato-Alexan⸗ drowsk, Privolnoe, Prawokumsk, Pokoinoe, Wladimirowsk, Soldatskoe und bis zum Meere. Hier findet man ihn bei dem Anlegeplatz Se— rebrjakowsk, und ſoll er, wie man ſagt, ſich auch im Aſtrachaniſchen Gebiete finden. Von dem Dorfe Soldatskoe aus kann man den Faſan auch in den Steppen der Truchmenen verfolgen. Häufig iſt er in dem ganzen Gebiete ſüdlich von der Kuma bis zur Terefgebietgrenze in den ſumpfigen Kara-Nogaizenlanden. Den Fluſßs— ſyſtemen des Jegorlyk, Kalans, Buiwoloi und Karamyk fehlt der Faſan ganz.‘ Endlich erhielt ich auch genaue Nachrichten über den Faſan durch den Chef des Schwarzen Meer— bezirkes, Oberſten Nikiforaki, vom unteren Kuban und der Oſtküſte des Schwarzen Meeres. Nach dieſen iſt der Faſan von Anapa bis in die Ge— gend von Adler ſtellenweiſe recht häufig, ſo namentlich bei Dſhuba und auf den Gütern Sr. kaiſerlichen Hoheit des Großfürſten Michail Nikolajewitſch. Hier ließ man ihm mehrere Jahre lang Schutz zutheil werden, was die aller— beſten Folgen hatte, ja zu Klagen veranlaſste, da die vielen Faſanen dem Getreide Schaden machten. Weiterhin die Küſte abwärts wird der Vogel ſeltener, und auf der kurzen Strecke von Adler bis in das Gebiet von Suchum iſt er nicht nachgewieſen worden. Im Kuban-Delta ſoll er ſich ſchon unweit von Temjuk finden und tiefer landeinwärts gemein ſein.“ Y In Mitteleuropa und bis nach England und dem ſüdlichen Schweden iſt der Faſan heute faſt überall eingebürgert und ſtellenweiſe völlig verwildert. In Deutſchland wie in Oſter⸗ reich war er ſchon im frühen Mittelalter viel— 432 fach eingebürgert, doch datiert ſeine weite Ver⸗ breitung vorzugsweiſe erſt aus der Zeit vom Ende des XVI. Jahrhunderts. Aufenthalt, Nahrung, Lebens weiſe. Niederungen, deren Gebiet ſich aus Wald— ſtrecken mit gemiſchten Holzbeſtänden, aus Wieſen und Ackern zuſammenſetzt und von Waſſerläufen reichlich durchzogen iſt, bieten dem Faſan den zuſagendſten Aufenthalt. Dieſes edle Flugwild verträgt wohl ohne Schaden die Unbill rauher Witterung, wählt aber immer nur klimatiſch und telluriſch bevorzugte Lagen als Standort, da nur dieſe die nöthige Menge von Nahrungsmitteln in jener Beſchaffenheit zu bieten imſtande ſind, deren es zu ſeinem vollen Gedeihen bedarf. Die Höhenſchichte, auf welcher noch die Gerſte ſicher gedeiht, möchte ich als die natür- liche Grenzlinie jenes Verbreitungsgebietes be- zeichnen, innerhalb deſſen der Faſan mit ſiche⸗ rem lohnenden Erfolge und relativ geringen Nachhilfen ſeitens des hegenden Weidmannes dauernd angeſiedelt werden kann. Entſpricht ein Revier den vorangeführten Bedingungen nicht, dann bleibt die Anſiedlung ſtets ein koſtſpie— liges Experiment mit negativem Erfolge. Dieſer wird durch den periodiſch, u. zw. zur Paarzeit und nach vollzogener Mauſer insbeſondere ſich äußernden Wandertrieb der Faſanen noch weſentlich erhöht, und es wird diesfalls ſtets die Auswanderung derſelben aus unzuſagenden Revieren zu gewärtigen ſein. Auf dieſe allent— halben wenig gekannte und beachtete Eigenheit dieſes Flugwildes werde ich in dem die Hege und Zucht behandelnden Abſchnitte noch näher erläuternd zurückkommen. Der Faſan bevorzugt den Laubwald mit reichlichem Unterwuchs wohl in erſter Reihe, unzutreffend jedoch iſt die viel— fach verbreitete, theilweiſe auch in der Fach⸗ literatur vertretene Meinung, daſs derſelbe Re- viere mit vorherrſchendem Nadelholzbeſtande meide. Er baumt ſogar mit Vorliebe auf Na— delhölzer, da ihm dieſelben namentlich im Winter mehr Schutz und Schirm bieten; uniforme weit- gedehnte Tannen- oder Föhrenbeſtände aber meidet er allerdings, da ihm die Bodendecke nicht jenes Maß und jene Mannigfaltigkeit von Nahrung zu bieten vermag, die er naturgemäß beanſprucht. Der kundige Weidmann, welcher die Hege nicht nach der Schablone, ſondern mit Zugrunde— legung einer fachkundigen kritiſchen Beurthei— lung der localen Verhältniſſe übt, wird eine Fülle einfacher Mittel zu finden und Maß- nahmen zu treffen wiſſen, welche ſelbſt minder günſtig ſituierte Reviere zur dauernden Heimat dieſes edlen Jagdvogels ohne nennenswerte ma— terielle Opfer geſtalten. Die Kenntnis der Mannigfaltigkeit der Nahrungsmittel, die der Faſan in den verſchie⸗ denen Jahresperioden aufnimmt, liefert dem hegenden Jäger genügende Behelfe für eine den Bedürfniſſen entſprechende, aus den localen Ver— hältniſſen reſultierende Vorſorge. Die Aſung — Weide — der Faſanen be— ſteht aus Cerealien und wilden Sämereien aller Art, aus Heidekorn und Hirſe, den ſaftreichen vun — — — .... . — pp Faſan. zarteren Theilen verſchiedener Kräuter und Gräſer, aus Beerenfrüchten verſchiedener Art, aus Wildobſt und verſchiedenen Früchten der Staudengewächſe und Strauchgehölze. Begierig nehmen ſie die Miſtelſamen, jene der Schlute oder Judenkirſche, ferner Schnecken, Käfer, In⸗ ſecten und deren Larven, Würmer und insbe⸗ ſondere Ameiſeneier mit Vorliebe auf; zu Zwecken raſcherer Verdauung verſchlucken ſie auch gröbere Sandkörner. Der Faſan iſt geſellig, wenn er unbehelligt bleibt, zutraulich und auch ziemlich ſorglos. Wird er aber öfter beunruhigt, dann entwickelt er ein Maß von geradezu überlegender Klug⸗ heit und Schlauheit, welche das Epitheton der Dummheit, das man ihm allenthalben beilegen zu können glaubt, gründlichſt commentiert. Der Faſan baumt nach Sonnenuntergang und ver⸗ läſst ſeine Schlafſtätte bei Tagesanbruch, um zu äſen, zu weiden. Während der Tagesſtunden bleibt er am Boden und hält ſich da zumeiſt im ſchützenden Dickicht, im hohen Graſe und Getreide auf und badet namentlich um die Mittagszeit ſein Ge⸗ fieder im Sande und lockeren Erdreich. Wird er da von einer plötzlichen Gefahr überraſcht, dann ſucht er zunächſt derſelben dadurch zu begegnen, daſs er ſich ſofort drückt. Er verſinkt förmlich vor dem ſpähenden Blicke ſeines na⸗ henden Feindes und verſteht es vortrefflich, die Configuration der Bodendecke zu benützen, um ſich thunlichſt unfichtbar zu machen; auch im zielbewuſsten Davonlaufen, welches er mit er⸗ ſtaunlicher Behendigkeit und kluger Terrain⸗ benützung auszuführen verſteht, muſs dieſem prächtigen Wildgeflügel die Meiſterſchaft zuge⸗ ſprochen werden. Die vielverbreitete Anſicht, „der Faſan bleibe bei plötzlich eintretender Inundation ſeines Standortes völlig rathlos und gebannt, bis ſein Federkleid völlig durchnäſst iſt und er dem Verderben nicht mehr zu entrinnen ver⸗ mag“, muſs ich auf Grund eigener und er- probter Beobachtung in die Reihe jener zahl- reichen Fabeln verweiſen, welche über den Faſan und ſeine Zucht heute noch Gläubige und Nach- beter finden. Es iſt allerdings nicht zu leugnen, dass in Niederungen, welche dem Faſan bevorzugte Standorte und Brutplätze bieten, zahlreiche Gelege und ausgefallene Geſperre durch plötz⸗ lich eintretende Überſchwemmungen vernichtet werden. Sind aber die jungen Vögel ſchon flugbar, dann folgen ſie dem Warnungsruf der Mutter, baumen ſofort und friſten oft tagelang im ſchirmenden Geäſte der höheren Beſtände ihre Exiſtenz, indem ſie ſich von Baumknoſpen, Laub und Inſecten ernähren. f Die Zeit der Begattung der Faſanen be⸗ ginnt im März, währt 6—8 Wochen, und es wird der Eintritt wie auch die Dauer dieſer Periode durch klimatiſche Einwirkungen des Standortes weſentlich beeinfluſst. Der Balzgeſang des Faſanhahnes iſt ein rauher ſchnarrend-kreiſchender Laut, welchen derſelbe, aufflatternd und mit den Schwingen ſchlagend, weithin hörbar vernehmen läſst. Der Hahn begleitet auch das Auf- und Abbaumen mit eigenartigen Kehllauten, die er auch in ähnlicher Weiſe ausſtößt, wenn er von ſeinen Feinden beunruhigt wird. Die Henne lockt ihre Jungen mit einem leiſen piependen Ruf. Der Faſan huldigt der Polygamie; der balzende Hahn verſammelt ſtets mehrere Hen— nen und kämpft ſchwächere Rivalen heftig mit kräftigen Schnabel- und Sporenhieben ab. Mit Rückſicht auf ein möglichſt gleichzeitiges Be— fruchten der Hennen iſt es demgemäß vortheil— haft, das Standesverhältnis der Geſchlechter derart zu regeln, dajs etwa 5 und höchſtens 7 Hennen einem Platzhahn zufallen. Die Henne bereitet am Boden aus dürren Halmen ein kunſtloſes, von Gras und Gebüſch theilweiſe beſchattetes Neſt und legt in das— ſelbe jeden zweiten bis dritten Tag ein Ei, bis die normale Stückzahl des Geleges — 8—10 Stück bei jungen, 10—16 bei älteren Hennen — erreicht iſt. Die Eier, matt olivengrün gefärbt, ſind dünnſchalig und am oberen Theile abgeſtumpft. Dieſelben werden von der Henne in 24 bis 26 Tagen ausgebrütet, und die ausgefallenen Küchlein folgen der Mutter ſofort, welche ſie mit leiſem Rufe die Aſung ſuchen und wählen lehrt. In der fünften Woche unterſcheiden ſich die jungen Hähne bereits durch die roſtrothe Färbung ihres Hals- und Bruſtgefieders, und die jungen Faſanen beginnen auch um dieſelbe Zeit mit ihren erſten Flugverſuchen. Mit Ende October ſind die Geſperre völlig ausgewachſen und ausgefiedert und entziehen ſich zumeiſt auch zugleich der Botmäßigkeit der ſorgſamen Mutter. Der Faſan iſt nach vollendetem erſten Lebensjahre zur Fortpflanzung befähigt. Faſan. Die Zucht und Hege der Faſanen. Keine Wildgattung wüſste ich zu nen— nen, deren Zucht und Pflege ſo vielfachen, mit— unter recht abenteuerlichen und widerſinnigen Experimenten unterworfen wird, als jene der Faſauen. Dies gilt insbeſondere bei dem ſog. zahmen Aufzug der Faſanen, welcher mit ſeinen verſchiedenen, ſtets als unfehlbar gel— tenden Mittelchen aller Art nur in den Quack— ſalbereien der Falkoniere ein Analogon findet, mit welchen dieſelben ſeinerzeit die Pflege der Beizvögel betrieben *). Die Obliegenheiten des hegenden Weid— mannes in Bezug auf eine rationelle Zucht und Hege dieſes edlen Flugwildes ſind vielfache und keineswegs müheloſe und werden ſich nur dann in vollem und nutzbringendem Maße erfolgreich erweiſen, wenn ſie frei von jedweder Künſtelei aus der genauen Kenntnis der Lebensbedin— gungen und Lebensgewohnheiten der Wildart reſultieren, wenn ſie die Eigenart der localen Verhältniſſe des Standortes in jener zielbe— wuſsten Weiſe modificieren, wie ſie dem Ge— deihen des zu hegenden Wildes in jeder Rich— tung entſpricht. *) Der ſog. zahme Aufzug der Faſanen, welchen ich nur in Ausnahmefällen als empfehlenswert zu bezeichnen vermag, wird, da er dem Weidwerke im ſtrengen Sinne kaum beizuzählen iſt, in eingehender, auf erprobter Praxis baſierter Weiſe unter dem Schlagworte „Wildzucht“, bezw. „Zahme Faſanerie“ behandelt werden. Der Verfaſſer. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. 433 Dieſe Obliegenheiten umfaſſen: 1. die Zucht, 2. die Hege und 3. den Schutz des Wildes. ad 1. Die Zucht. Die rechtzeitige, zu— gleich möglichſt gleichzeitige Befruchtung der Hennen und in Conſequenz deſſen das nahezu gleichzeitige Ausfallen der Gelege ſind die ge— wichtigſten Vorbedingungen für eine befriedi— gende Standesvermehrung. Die Geſperre ent— wickeln ji) dann während jener günſtigen Zeit- periode, welche denſelben auf natürlichem Wege jene Menge und Mannigfaltigkeit der Nah— rungsmittel bietet, die zu normalem Gedeihen und raſcher phyſiſcher Entwicklung erforderlich ſind. Die nahezu gleichaltrigen jungen Fa— fanen überſtehen den letzten Wechſel des Feder— kleides noch vor Eintritt der rauhen Witterung und treten vollentwickelt auf den Jagdboden. Der hegende Weidmann wird dieſem wich— tigen Moment wirkſam Rechnung tragen, indem er das Geſchlechtsverhältnis ſeines Standwildes, bezw. ſeines aufbehaltenen Zuchtwildes ſorg— fältig regelt und hiedurch das rechtzeitige Be— treten der Hennen fördert. Das richtige Zucht— ſtandsverhältnis im freien Gehege beträgt AS E PIE und es iſt abjolut nothwendig, zeitweilig fri— ſches Blut durch Zuchtthiere beiderlei Ge— ſchlechtes von auswärts in die Gehege einzu— führen. ad 2. Die Hege und der Wildſchutz. Die Obliegenheiten und Maßnahmen der ratio— nellen Hege haben einen doppelten Zweck an— zuſtreben, indem ſie einerſeits die natürliche Vegetation der Bodendecke nicht nur erhalten, ſondern auch in geeigneter Weiſe und thunlich— ſter Mannigfaltigkeit mehren, um entſprechend gedeckte und ausreichende Brutplätze zu ſchaffen, und andererſeits durch Anpflanzung ſolcher Ge— hölze innerhalb des Geheges vorzuſorgen, welche dem Faſan mit ihren Knoſpen und Früchten reichlich Nahrung und zugleich Schutz bieten. Die erſtangeführte Maßregel fand bis nun nicht jenes Maß von Beachtung, welche ſie in vollſtem Maße verdient, und die Verſuche, die ich diesfalls perſönlich ausführte, berechtigen mich, dieſelbe wärmſtens anzuempfehlen. Die einfache Procedur beſteht lediglich in der zweck— dienlichen Benützung geeigneter, theils inner— halb der Gehölze, theils an der Peripherie derſelben liegenden Arealparcellen von je "% bis J ha Fläche. Man beſamt dieſelben mit Gräſern und Staudengewächſen verſchiedener, der Bodenqualität entſprechender Art, läſst ſie völlig verwildern und ſorgt ſtrenge dafür, dass dieſe Odungen von der Sichel verſchont bleiben. Jede Henne trachtet für ihr Gelege ein ruhiges finden und geſchützes Plätzchen zu lohnt es dem hegenden Weidmann reichlich, wenn er diesfalls vorgeſorgt hat. Man kann auf dieſe einfache, wenig koſtſpielige Weiſe den Stand der Zuchtfaſanen auf der gegebenen Fläche ohneweiters um 30— 40% vermehren, ohne befürchten zu müſſen, daſs je zwei bis drei Faſanenhennen, was anſonſt häufig geſchieht, gemeinſam in ein Neſt legen und ſich dann um ihre Gelege nicht weiter kümmern. III. Bd. 28 434 Vortheilhaft und die Evidenz der Gelege weſentlich erleichternd iſt das rechtzeitige Mar⸗ kieren der Brutorte, doch ſoll dies in einer dem Unberufenen unauffälligen Weiſe geſchehen. In Revieren, welche mit wilden Faſanen be— völkert werden ſollen, iſt es abſolut unerläjs- lich, jene Gehölze und Straucharten an geeig— neten Standorten innerhalb und an den Rän- dern der Normalbeſtände einzuſprengen, welche dem Faſan in verſchiedenen Zeitperioden mit ihrem Geſäme und ihren Früchten Nahrung bieten, und es ſind dies vornehmlich folgende: Pyrus communis, die Holzbirne, Sorbus aucu— paria, die Ebereſche, Prunus inst., die Pflau— menſchlehe, Ligustrum vulgare, der Liguſter, Juniperus communis, der Wachholder, Khamus cathartes, der Kreuzdorn, Rubus idaeus, die Brombeere, Prunus spinosa, der Schlehendorn, R. frangula, der Faulbaum, Berberis vulgaris, Sauerdorn; überdies in lichten feuchtgründigen Beſtänden Physalis Alkekengyi, die Schlutte (Judenkirſche). Um einerſeits Culturſchäden an den die Faſanengehege umgebenden Ackern und anderer— ſeits das Verſtreichen der Faſanen hintanzu— halten, ‚it die Anlage von Wildäckern erfor- derlich. Die Wildäcker, welche am zweckmäßigſten innerhalb der Beſtände angelegt werden, bebaut man in entſprechendem Turnus mit kleinkör⸗ nigem Mais (Cinquantino), mit Heidekorn, Hirſe, Weizen und Gerſte. Es wird auch zweck⸗ mäßig ſein, zwiſchen je zwei Körnerfrüchte be— hufs der Säuberung der Ackerkrume von Un⸗ kräutern eine Hackfrucht einzuſchieben und die Wildäcker in dreijährigem Turnus zu düngen. Wenn irgend thunlich, ſollen im Umkreiſe des Waldbeſtandes auf den Ackerflächen kleine Schutz— remiſen angelegt werden, und hiezu iſt in erſter Reihe die Erdbirne (Topinambur) geeignet und empfehlenswert. Dieſe perennierende Knol— lenfrucht treibt ein ſtarkes widerſtandsfähiges Kraut von beiläufig I m Höhe, welches über Winter ſtehen bleibt und auch zu dieſer Jahres— zeit dem Wilde Schutz bietet. Im Frühjahre wird dasſelbe abgeſchnitten, ein Theil der Knol— lenfrüchte geerntet und der Reſt in entſprechend gleichmäßiger Vertheilung im Boden belaſſen. Die Erdbirne perenniert bei reichen Erträgen 4—5 Jahre. Überdies kann man tiefeingeſchnit— tene Waſſerriſſe, Grabenränder u. dgl. gleich— falls entſprechend mit Gräſern und Stauden beſamen, um den Faſanen auch außerhalb der Holzbeſtände ſchützende Einfälle zu ſchaffen. Neben dieſen gegebenen und durch den hegenden Weidmann in der vorangeführten Weiſe weſentlich vermehrten und ergänzten Beſtockungen des Geheges werden überdies noch ſtändige Futterplätze innerhalb der Beſtände an ge— ſchützten Stellen und in entſprechender Verthei— lung zu errichten ſein, um den Faſanen das ganze Jahr hindurch mäßige Rationen von Schüttung zu bieten und das Verſtreichen der— ſelben zu verhüten. Dieſelben wären in den verſchiedenen Jahresperioden pro Tag und je hundert Faſanen in folgender Weiſe zu dotieren: In den Monaten Januar, Februar, März, April, October, November und December: 71 Weizen oder 81 Gerite. Faſan. In den Monaten Mai, Juni, Juli, Auguſt und September 3½ 1 Weizen oder 41 Gerſte und überdies Rationen ungeſiebter friſcher Ameiſeneier, welche jedoch nicht im Bereiche der Gehege gegraben werden dürfen. Auch empfehle ich die Vorlage von Kohl und Rüben an froſt⸗ freien Tagen während der Wintermonate. Die ſtändigen Futterplätze für Faſanen werden zweckentſprechend in folgender Weiſe hergeſtellt: Man rammt ſechs ein längliches Viereck ſäumende Säulen von etwa 15 em Durchmeſſer in den Boden, deren unteres zugeſpitztes Ende angekohlt wird. Dieſelben, an der vorderen Seite Am, an der Rückſeite 25m über den Erdboden ragend, dienen einem leichten Pult⸗ dache als Grundlage, welches rückwärts und an den Seiten etwa 20, an der Stirnſeite etwa 40 cm übergreift. Der rückwärtige Theil dieſes Objectes, welches etwa 3m lang und 2 m tief ſein ſoll, wird mit einer leichten Bretterwand abgeſchloſſen; auch kann man an den Seitentheilen leichte Verſchalungen anbringen, während die Stirn⸗ ſeite offen bleibt. Der als Schüttplatz unter⸗ halb des Daches dienende Boden muſßs ſorgſam geebnet und mit gutem Bachſand beſtreut werden. Sofern dieſe ſtändigen Futterplätze, welchen aus den umliegenden Böden ſchmale Pfade führen ſollen, auch zum Fangen der Faſanen eingerichtet werden, dann kann dies in der nachfolgend geſchilderten, praktiſch erprobten Weiſe geſchehen: Es wird ein aus vier Brettern gefugter Rahmen im Lichten der Futterhütte eingepaſst und auf ſeiner oberen Seite mit einem leichten Netze überſpannt. Innerhalb dieſes Rahmens wird ein Brett an die Rückwand desſelben an⸗ geſchoben, an welchem in der Mitte eine Latte befeſtigt iſt. Dasſelbe functioniert innerhalb des Fangrahmens als Schuber, mit welchem man, denſelben mittelſt der als Handhabe dienenden Latte heranziehend, die gefangenen Vögel vor— ſichtig an die Stirnſeite des Rahmens heran⸗ holt, das an dieſer Stelle zum Einknöpfen ein⸗ gerichtete Netz an der betreffenden Stelle vor⸗ ſichtig öffnet und die Faſanen einzeln greift und in die bereitſtehenden Transportkaſten oder Säcke birgt. Der Stirnſeite der Futterhütte, bezw. des daſelbſt eingeſtellten Fangrahmens gegenüber wird in der Entfernung von etwa Em ein Fanghäuschen aus leichten Brettern gefugt an⸗ gebracht, in welchem der zum Fange der Faſanen beorderte Jagdgehilfe platznimmt. An der dem Rahmen gegenüberliegenden Thüre iſt ein Gud- loch ausgeſchnitten, durch welches der Jäger den Schüttplatz überſehen kann, ohne jeine Ste lung zu ändern. Der Rahmen wird nun an der Stirnſeite gehoben und durch ein am oberen Theile gabelndes Holz in dieſer Stellung er- halten. Am unteren Ende desſelben iſt eine Schnur befeſtigt, welche dicht am Boden unter⸗ halb der Thüre in das Fanghäuschen geführt ö wird. Sobald dann eine Anzahl Faſanen die Schüttung unterhalb des Rahmens aufnimmt, zieht der Jäger die Schnur an, und der Rahmen deckt die gefangenen Vögel. Nach vollzogenem Fange müſſen die Spuren desſelben ſofort ſorgfältig geebnet und insbe— ſondere die etwa umherliegenden Federn auf— geleſen werden, da dieſe die ſpäter herankom— menden Faſanen miſstrauiſch machen und ſie zum Meiden eines ſolchen Futterplatzes für längere Zeit veranlaſſen. Der mit dem Fangen der Faſanen betraute Jäger mufſßs geduldig den richtigen Moment zum Ziehen abwarten, dann aber raſch, lautlos und mit pedantiſcher Sorg— ſamkeit vorgehen. Nach wenigen Minuten müſſen die gefangenen Faſanen geborgen, der Rahmen wieder fängiſch geſtellt, der Schüttplatz geſäubert und bekörnt ſein. Wichtig für das Gedeihen eines Faſanen— geheges ſind die Schutzmaßnahmen, die der hegende Weidmann zu treffen hat. Zunächſt iſt es rathſam, den Zutritt zu den Böden für Unberufene jeglicher Art ſo viel als thunlich zu erſchweren und für die vollſte Ruhe innerhalb der Gehege Sorge zu tragen. Dies wird am wirkſamſten durch Einfriedung jener Revierdiſtricte geſchehen, welche zunächſt als Brutplätze und ſpäter auch als Jagdböden aus— erſehen werden, und es werden die zweckent— fprechendſten Arten derſelben unter dem Schlag— wort „Wildzäune“ eingehend beſchrieben werden. Faſan. 435 Die Klappfallen ſind ebenſo einfache als bewährte Fangvorrichtungen und werden in ver— ſchiedenen Formen hergeſtellt, welche durch die bildlichen Darſtellungen Fig. A bis D anſchau⸗ lich gemacht ſind. Man unterſcheidet Fallen mit einer Klappe (Fig. A) und ſchließt bei derſelben die der Klappe gegenüberjtehende Stirnſeite des Kaſtens mit einem Brette oder mit einem Drahtgeflechte. Die mit zwei Klappen verſehenen Fallen eignen ſich insbeſondere zur Einſtellung in die vorbe— ſchriebenen Fallenſteige, und es iſt diesfalls vor— nehmlich die Falle C empfehlenswert, weil ſie die ſofortige Juſtificierung des gefangenen Raub— wildes begünſtigt. Man öffnet, nachdem man ſich bezüglich der Art des Gefangenen Gewifsheit verſchafft hat, eine der Klappen vorſichtig und drückt dieſelbe, ſobald das gefangene Raubwild den gebotenen Ausweg zur Flucht benützen will, raſch und kräftig nieder 5). Für die geflügelten Feinde der Faſanen müſſen Habichtskörbe und Fangeiſen eingerichtet werden, deren Conſtruetion und Behandlung unter den diesbezüglichen Schlagworten ein— gehend beſchrieben iſt. Ein beſonders ſcharfes Augenmerk muſßs der b a Fig. 310. a Fallenſteig; b Abſchränkung; ec Kaftenfalle. In Revieren, in welchen die Einfriedung aus verſchiedenen Gründen nicht durchgeführt werden kann, iſt es empfehlenswert, längs der Beſtandesränder undurchläſſige Hecken aus Weiß⸗ und Schlehedorn, Faulbaum und Hage— butten, in je 2—3 Reihen gepflanzt, herzuſtellen und unter der Schere zu halten. In entſpre— chenden Zwiſchenräumen können in dieſe thun— lichſt dicht gehaltenen Hecken Kaſtenfallen ein— gefügt werden, um ein wechſelndes Haarraub— wild in denſelben zu fangen. Für dieſe Zwecke empfehle ich einſeitige Klappfallen, deren nach innen gekehrte Stirnſeite mit einem ſtarken Drahtgeflechte abgeſchloſſen iſt. Um auch innerhalb der Faſanengehege ein— gewechſeltes Haarraubwild unſchädlich zu machen, werden Fallenſteige von etwa % m Breite her— geſtellt, die man in verſchiedenen Richtungen durch die Beſtände führt. Der Boden wird zu dieſem Behufe verwundet und dann mittelſt eiſerner Rechen geebnet und geſäubert, wobei das Reiſig und Laub zur Seite geſchoben, da— ſelbſt beiderſeits belaſſen wird und ſo den Fallenſteig ſäumt. An entſprechenden Stellen werden Kaſtenfallen (doppelte Klappfallen) eingeſtellt und der Zugang zu denſelben durch Abſchränkungen vermittelt, welche etwa 3m lang, an den beiden Seiten des Fallenſteiges geführt werden und dicht an die Falle an— ſchließen. Fig. 310 ſoll dieſe Einrichtung ver— anſchaulichen. Die Abſchränkung (Fig. 310 b) wird in gleicher Höhe mit der Kaſtenfalle und am zweckmäßigſten aus unentrindetem Weiden— ruthengeflechte hergeſtellt. hegende Weidmann dem geringeren Diebsge— lichter, der Nebelkrähe, der Elſter und dem Hermelinwieſel zuwenden, welche insbeſon— dere die Gelege plündern und den noch nicht flüggen Küchlein gefährlich werden. Es darf im Umkreiſe des Reviers und ſelbſtverſtändlich auch innerhalb desſelben kein Horſt und kein Bau dieſer Raubwildarten geduldet werden, und es iſt überdies empfehlenswert, an geeigneten Stellen kleine Tellereiſen zu ſtellen und ſelbe mit Eiern (etwa Taubeneier) zu beködern **). Strenge und weidgerechte Pflicht des Jägers iſt es, die Fallenſteige und geſtellten Eiſen täg lich zweimal zu inſpicieren, um einerſeits Nutz wild, welches etwa in die auf den Fallenſteigen eingeſtellten Fangkaſten einwechſelte, rechtzeitig zu befreien und andererſeits die Qual des ge fangenen Raubwildes abzukürzen. Weit größerer als der durch das Raubwild aller Art verurſachte Schaden wird durch Wild diebe in jenen Gehegen verurſacht, in welchen die Jägerei weder beherzt noch wachſam ihres Amtes waltet. Das Schlingenſtellen wird ſich, ſofern die Jägerei ihre Schuldigkeit thut, innerhalb der Faſanengehege kaum einniſten können, da dieſe Fangvorrichtungen dem kundigen und ſcharfen Auge des hegenden Weidmannes ſofort zum *) Muſterfallen uach vorſtehenden Abbildungen werden in empfehlenswerter Ausführung in den Fabriken von Pieper in Moers a. Rh. und R. Weber zu Haynau in Preußiſch⸗Schleſien hergeſtellt. **) Fangeiſen beſtbewährter Conſtruction liefern die vorbezeichneten Raubthierfallen- und Fangeiſenfabriken auf deren detaillierte Preiscourants hiemit verwieſen wird. EN * — 436 Faſan. Opfer fallen müſſen. Weitaus gefährlicher iſt der Eierdiebſtahl und das Todtwerfen der Fa— ſanen mittelſt eines kurzen, am abgerundeten oberen Ende durch eingegoſſenes Blei beſchwer— ten Stockes. Dieſer, ſeiner Unauffälligkeit wegen nicht allenthalben beachtete Wildfrevel wird meiſt von zwei Individuen betrieben, deren eines ſich mit dem Todtwerfen der am Boden überraſchten und ſich drückenden Faſanen be— faſst, während das andere ſcharfen Auslug hält. Ein geübter Werfer kann innerhalb kurzer Zeit eine ſehr fühlbare Deeimierung des Fa— ſanenſtandes verurſachen, ſoferne die Jägerei nicht unermüdlich wachſam iſt und dieſem ver— derblichen Frevel energiſch Einhalt thut. Das Wildern der Faſanen mit der Schuſs— waffe wird ſelten oder nie gewagt werden, wo ein ſtrammer, gewiſſenhafter Revierdienſt ge— handhabt wird. Dieſe Gattung des Wildfrevels hat indes in ausgedehnten und gut beſetzten Faſanengehegen gewiſſe raffinierte Methoden aufzuweiſen, welche trotz aller Wachſamkeit doch mit zeitweiligem Erfolge geübt werden. Die Schuſswaffen dieſer Wilderer, welche meiſt in größerer Zahl und nach verabredetem Plane vorgehen, ſind meiſt kurze, einläufige Gewehre, deren Schaft, zum Abſchrauben eingerichtet, leicht im Gewande geborgen werden kann. Den Schaft trägt der Wilderer unter dem Rocke, den Lauf im linken Rockärmel geborgen. An Abenden, deren ſtürmiſche, regueriſche Witterung das Verweilen im Freien nicht eben annehmlich geſtaltet, verfügt ſich die Wilderer— genoſſenſchaft ins Gehege, in deſſen Nähe zu— meiſt ſchon ein Spießgeſelle lungerte, um das Aufbaumen der Faſanen zu beobachten und zu verhören. Um den meiſt in dem unteren und mittleren Geäſte der Beſtände aufgebaumten Faſan herabzuſchießen, genügt eine halbe La— dung und iſt überdies bei ſtürmiſchem Regen— wetter nicht weithin vernehmbar. Raffinierte Faſanendiebe arbeiten zumeiſt in Geſellſchaft, und eines der wichtigſten Glieder derſelben iſt meiſt ein altes Weib. Während ſich dasſelbe unter irgend einem Vorwande ins Jägerhaus begibt, um ſich in unauffälliger Weiſe über die Ab- oder Anweſenheit der Jäger und deren Abſichten zu informieren, oder wenigſtens, ſo— ferne dies miſslang, die Behauſung und deren Schwelle ſcharf im Auge zu behalten und ge— gebenenfalls den Frevlern rechtzeitig ein War— nungszeichen zu geben, arbeiten die Genoſſen inzwiſchen in meiſt ergiebiger Weiſe im Ge— hege. Ein tüchtiger Jäger ſoll ſich nicht nur mit den Kniffen und Schlichen der Wilderer vertraut machen, er muſs auch über jenes Maß von Beherztheit, Scharfſinn und Klug— heit gebieten, welche die Combinationen und Eingriffe der Frevler gründlich und energiſch paralyſieren. Soferne durch äußeren Revierdienſt oder Erkrankung die Jägerei zeitweilig nicht voll— zählig ihren Schutzdienſt in den Faſanengehegen zu üben imſtande iſt, dann erſcheint es zweck— mäßig, die Faſanen in ſolchen Nächten zum Abbaumen zu zwingen. Im Frühjahre während der Balzzeit ge— ſchieht es oft, daſs ein von den Platzhähnen im Gehege verbiſſener überzähliger Hahn weitab in entlegene Feldgehölze verſtreicht und einige Hennen mit zur Deſertion verleitet. Soferne man die Auswanderer dort nicht dulden will, verſucht man es vorerſt mit Beihilfe eines fermen Vorſtehhundes, dieſelben in ihren ur— ſprünglichen Standort wieder einzuſprengen, und ſchießt, wenn dies nicht gelingen ſollte, den verſtrichenen Hahn ſofort ab; die verwit— weten Hennen kehren dann ohne Zwang wieder zurück. Auch zu Beginn des Herbſtes, wo ſich der Wandertrieb der Faſanen ganz beſonders be— merkbar macht, ſoll die Jägerei täglich alle Deckungen im weiten Umkreiſe des Geheges und insbeſondere die mit Buſchwerk bewach— ſenen Bachränder mit fermen Hunden, u. zw. ohne Rückſicht auf die Windrichtung ſtets gegen das Gehege zu abſuchen und die zur Deſer— tion geneigten Vögel einſprengen. Dies mujs in der vorbezeichneten Zeitperiode täglich ge— ſchehen. Im Frühjahre und im Herbſt ſoll auch die Jagd auf durchziehendes Flugraubwild mit Beihilfe des Uhu eifrig betrieben werden. Der Betrieb derſelben und deren zweckentſprechende Einrichtung iſt unter dem Schlagworte „Hütten- jagd“ eingehend beſchrieben. Krankheiten der Faſanen ). Der wilde Faſan unterliegt im freien Gehege, inner- halb deſſen der hegende Weidmann in aus⸗ reichendem Maße den Lebensgewohnheiten und Bedürfniſſen dieſes Wildes Rechnung getragen hat, in kaum nennenswertem Grade allen jenen Krankheitserſcheinungen, welche zahm erzogene Faſanen oft ſehr empfindlich deeimieren. Die weidgerechte Hege im umfaſſenden Sinne des Wortes bietet diesfalls die wirkſamſte Abwehr gegen die Verweichlichung des Zuchtſtandes und die Empfänglichkeit gegenüber ſchädlichen Ein— flüſſen jeglicher Art. Die Jagd und der Fang. Der Abſchuſs der Faſanen wird aus— geführt: vor dem Hühnerhunde, durch Standtreiben, bei Streifjagden, und nach dem Aufbaumen. Vor dem Hühnerhunde. Dieſe Art des Jagens fordert durchaus ferme Haſen- und ſchuſsreine Vorſtehhunde mit ruhiger, nicht allzu weiter Suche. Junge feurige Hunde mit weiter flüchtiger Suche find diesfalls nicht ver⸗ wendbar, weil dieſelben während ihrer Arbeit nicht hinreichend controliert werden können, durch das häufige Laufen der Faſanen zum Nachprellen verleitet werden und neben nutz⸗ loſer Beunruhigung des Wildes auch den Jagd— erfolg in Frage ſtellen. 2. Standtreiben. Die mit Faſanen bevöl⸗ kerten Gehege ſollen allenthalben durch ein Netz. von Durchſchlägen in Triebe (Jagdböden) ge- theilt ſein und begünſtigen hiedurch die Aus- führung dieſer Jagdmethode, welche neben — 8 * Dieſelben werden in dem die zahme Faſanenzucht behandelnden Artikel eingehend beſchrieben. Mr 437 Faſan. Zum Artikel „Jaſan“ 1 1 0 \ D 438 einem geregelten und ergiebigen Jagderfolge die Theilnahme einer namhafteren Zahl von Schützen begünſtigt. Von der Ausdehnung der einzelnen Jagd— böden und deren Configuration und von der Zahl der verfügbaren Schützen werden die Dispoſitionen des Jagdbetriebes abhängig ge— macht. Sofern bei ausgedehnteren Jagdböden alle Seiten desſelben mit Schützen beſetzt wer— den können, kann das Antreiben auf zweifache Art ausgeführt werden, deren Wahl durch lo— cale und ſociale Momente beeinfluſst wird. Soll nur eine beſtimmte Zahl der Schützen be— ſonders berückſichtigt werden, dann weist man denſelben die Stände an einer der Stirnſeiten des Jagdbodens an, beſetzt die übrigen Seiten mit Schützen zweiten Ranges und läſst den Boden unter gleichmäßiger Vertheilung der Treiber langſam und in geordneter Reihe gegen die erſtgenannten Stände durchgehen. Jedwedes Lärmen iſt ſtrenge zu unterſagen, und es ge— nügt, wenn die Treiber zeitweilig mit den Stöcken klopfen, um die Faſanen hoch zu ma— chen oder vorwärts zu drücken. Entfallen jedoch die vorbezeichneten Rückſichten, dann ſtellt man die Treiber, ſobald die Stände rings beſetzt ſind, unter Führung der Jägerei derart auf, daſs ſie in gerader Reihe geordnet den Jagd— boden theilen, und läſst dann die eine Hälfte derſelben die Front verändern, was durch bei— ſtehende Fig. 311 erläutert wird. Fig. 311. Sobald das Treiben angeblaſen wird, vollführen beide Treiberhälften b und e unter Führung der Jägerei eine volle Schwenkung, indem die am ſchwenkenden Flügel eingetheilten Treiber langſam und unter ſteter Fühlung gegen den Pivotflügel, bezw. das Centrum des Triebes vorwärts ſchreiten, während die ein— wärts gegen den Mittelpunkt a eingetheilten Treiber deſto mehr den Schritt verkürzen, je näher ſie demſelben ſtehen. Sofern nur eine geringe Zahl von Schützen verwendet und nur eine Seite des Jagdbodens mit denſelben beſetzt werden ſoll, dann wird es zweckmäßig ſein, die beiden Längsſeiten des Jagdbodens durch ſtramm geſpannte Steck— garne, Prellnetze oder Lappen zu verſtellen, um das Auslaufen der Faſanen zu verhindern. Die durch das Antreiben rege gemachten Faſanen verſuchen es ſtets, zunächſt vorwärts zu laufen, ſich in der Nähe der Schützenſtände zu drücken und dann bei Annäherung der Treiberfront faſt gleichzeitig aufzuſtehen. Um Faſan. dieſer den Jagderfolg beeinträchtigenden Ge— wohnheit wirkſam zu begegnen, kann man ver- einzelte Felder von ſtramm und nicht fängiſch gerichteten Steckgarnen in den Jagdböden in unregelmäßiger Vertheilung ſtellen, welche dann die anlaufenden Faſanen einzeln zum Aufſtehen veranlaſst und das Zuſammenlaufen hindert. Es iſt zweckmäßig, bei Abhaltung von Stand- treiben das Jagdterrain mit einer Kette von verläſslichen Treibern unter Aufſicht hiezu be- orderter Hilfsjäger in entſprechenden Zwiſchen— räumen und außer Schujsweite aufzuſtellen, um die außerhalb der Jagdböden fallenden Faſanen aufzuleſen und das Auslaufen des regegemachten Wildes zu verhindern. 3. Das Streifjagen, bei welchem ſich die Schützen unter Benützung von Jagdſteigen und Durchſchlägen gleichmäßig mit der Treiberfront fortbewegen, gilt zumeiſt auch anderen Wild— gattungen gleichzeitig. Um nun den Abſchuſs der Faſanen zu begünſtigen, empfiehlt es ſich, die Treiberfront in der Entfernung von etwa 200 Schritten vor dem Ende des Triebes oder breiter Durchſchläge halten zu laſſen und das Treiben dann erſt zu Ende zu führen, ſobald die inzwiſchen vorſchreitenden Schützen die Ecken nächſt der ihnen zugewieſenen Steige be— ſetzt haben. 4. Der Abſchuſs nach dem Aufbaumen findet nur vereinzelt und in jenen Fällen ſeine Anwendung, wo es gilt, das Standesver— hältnis zu regulieren, und ſoll nur von durch— aus verlässlichen, revierkundigen Schützen vor— genommen werden. Der Fang der Faſanen wird am zweck— mäßigſten auf den Schüttplätzen in jener Weiſe ausgeführt, welche bereits bei der Beſchreibung derſelben erörtert wurde. Man kann überdies auch die für das Fangen von Rebhühnern in Verwendung ſtehenden (ſ. Rebhuhn) und dort— ſelbſt beſchriebenen Garne benützen, doch erſchei— nen dieſe Fangmethoden nur in Ausnahmefällen empfehlenswert. Der Transport geſchoſſener und abge— federter Faſanen erfolgt am zweckmäßigſten, indem man dieſelben einzeln oder paarweiſe in Tannenreiſig einſchnürt. Größere Quantitäten können in Körben aus Weidengeflecht transpor⸗ tiert werden, in welchen ſie entweder hängend oder zwiſchen Tannenreiſig geſchichtet unter— gebracht werden. Für den Transport lebender Fajanen werden leichte Holzkäſten verwendet, deren Deckel lediglich aus nicht allzu ſtraff geſpann⸗ tem Segeltuch hergeſtellt iſt. Die Höhe dieſer Transportkäſten ſoll der Höhe des aufrecht— ſtehenden Faſans, der Umfang derſelben ſtets der Stückzahl entſprechen, welche transportiert werden ſoll. 1 Als Futter wird den Faſanen während des Transportes Weizen in mäßigen Gaben gereicht und ſtatt der unzweckmäßigen Waſſer— behälter innerhalb der Käſten reichlich mit Waſſer beſprengter Kohl befeſtigt. Anhang. Im Laufe der letzten Decennien wurden in Europa neben dem Phasianus colchieus in Faſanente. Thier- und Acclimatiſationsgärten auch noch andere Arten dieſes edlen Wildes eingeführt, doch haben ſich aus der Reihe derſelben nur wenige für die Anſiedlung in freie Wildgehege geeignet erwieſen. Vor allen iſt diesfalls Phasianus versi- color, der Schiller- oder Buntfaſan, zu neunen, welcher nicht nur das rauhere Klima unſerer Breitegrade vollkommen verträgt, ſondern auch erfolgreich mit dem Fhasianus colchicus ge— kreuzt werden kann. Die Kreuzungsproducte der beiden Arten ſind prachtvoll gefiedert, und die aus der Kreu— zung hervorgegangenen Blendlinge fortpflan— zungsfähig. Ich habe ſolche Kreuzungen in größerem Maßſtabe ausführen laſſen und mit denſelben die beſten Erfolge erzielt. Wohl etwas empfindlicher als die vorge— nannte Art, doch gleichwohl zur Anſiedlung wie auch zur Kreuzung mit dem heimiſchen Edelfaſan geeignet iſt der Königs- oder Venere- faſan, Phasianus Revesii. R. v. D. Jaſanente. ſ. Spieß⸗, Ruder- und Eisente. E. v. D. Fa ſch, faſchen, ſ. Feiſch, feiſchen. E. v. D. Jaſchinen werden im Waſſerbau vielfach und auch mit großem Vortheile verwendet. Sie werden aus friſchen, ſchlanken, am Stammende nicht über 4—5 em meſſenden Reiſern in der Länge von 3—4 em in der Art hergeſtellt, daſs man ſie mittelſt Bindwieden oder Draht möglichſt feſt zuſammenbindet. Das Binden er— folgt gewöhnlich nur an zwei Stellen, u. zw. ca. 50 em ober dem Stockende und in der Mitte. Die feſtgebundenen Faſchinen haben dann am Stammende einen Durchmeſſer von 30 em, in der Mitte einen ſolchen von 25 em. Die Hälfte der Reiſer muss durch die ganze Länge der Faſchinen reichen, während die kürzeren ent— ſprechend zu vertheilen ſind. Zu Faſchinen können verſchiedene Holzarten verwendet werden; doch werden hiezu vorwiegend die Weiden benützt. Die einzelnen Faſchinen erhalten im Bau— werke ſelbſt die entſprechende Feſtigung durch die Wippen oder Würſte; es ſind das gleich— falls gebundene Faſchinen, nur von größerer Länge und geringerer Stärke. Die Wippen fer— tigt man auf Wurſtbänken (Holzböcken) in gleicher Stärke von 10 bis 15cm an und bindet ſie in Abſtänden von 20 em mit Wieden oder Draht zuſammen. Auf die Faſchinen wer— den die Würſte quer gelegt und mit ihnen durch eingeſchlagene Faſchinenpfähle (Spick— pfähle) von 1˙2 bis 1˙3 m Länge und 4 bis 5 em Stärke verbunden (ſ. Triftbadhcor- rection, Sinkwalzen, Senkfaſchinen, Schlagwege). Fr. Faſchinen bau, ſ. Sinkwalzen, Senkfaſchi— nen, Staudendämme, Packwerke, Schlagwege. Fr. Jaſchinenwege, ſ. Schlagwege. Fr. Jascikel, im Kanzleiweſen die übliche Bezeichnung für die einzelnen Bündel, in welche die Acten gleichartigen oder zuſammengehörigen Inhaltes für die Aufbewahrung zuſammenge— bunden werden (ſ. Regiſtratur). v. Gg. Fascination, Bannung, neunt man die Erſcheinung, daſs ein Thier in Anblick ſeines Feindes plötzlich in einen wehrloſen Zuſtand — Fäßsslein. 439 der Lähmung verfällt. Der Löwe, Tiger, viele Schlangen, Raubvögel verſetzen ihre Beute in ſolchen Ohnmachtszuſtand. Kur. Ja ſer gips, j. Gips. v. O. Saferige Structur eines Geſteines entſteht dann, wenn dasſelbe aus lauter faſerigen oder dünnſtengeligen Mineralindividuen zuſammen⸗ geſetzt iſt, ſo beim Faſergips und Faſerkalk. v. O Faſerkieſel, ſ. Sillimanit. v. O. Faferknorpel, Bindegewebsknorpel, ſiehe Knorpelſubſtanz. Kur. Faſern der Schwämme, Sponginfaſern (unrichtig Hornfaſern), ſind cuticulare Ausſchei— dungen veränderter Spongoblaſten (Bindeſub— ſtanzzellen). Sie ſind entweder durchaus gleich— förmig, meiſt aber zeigen ſie einen concentriſch geſchichteten Bau mit davon verſchiedener un— geſchichteter Achſenſubſtanz. Im Durchmeſſer meſſen ſie höchſtens 0°06 mm; ſie enthalten viel Jod und Brom. Ihre Subſtanz (Spongin, Spongiolin) ſteht ihrer chemiſchen Zuſammen— ſetzung nach dem Chitin am nächſten. Kur. Faſerſchwämme, j. Fibrospongiae. Kur. Ja ſerſtoff, ſ. Celluloſe und Fibrin. v. Gn. Faſerzellen, contractile, heißen die glatten Muskelfaſern, ſ. Muskel. Kur. Faſerzeolith, ſ. Skolezit. v. O. Safs, auch faſs apporte oder Hui faſs! ruft man dem Apporteur zu, wenn er ein vor ihm befindliches noch nicht todtes Wild apportieren ſoll; ebenſo dem auf den Mann dreſ— ſierten Hund, wenn er einen Menſchen an— greifen ſoll; endlich auch den Hatz-, Jagd- und Dachshunden. Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 44. — Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 179. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 27. — R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 508, 509. — Sanders, Wb. I., p. 416 a. E. v. D. Faffait iſt eine Augitvarietät. v. O. Faſsbarkeit nennt man im Sinne der Selectionslehre die auf dem Wege natürlicher Züchtung erlangte größere oder geringere Fähig— keit, dem Feinde das Anfaſſen und Feſthalten zu erſchweren. Zu dieſen Zwecken ſind viele Thiere ſchlüpfrig, glatt, andere beſtachelt, brechen bei vielen Reptilien die Schwänze leicht ab, gehen die Federſchwänze der Vögel leicht aus u. ſ. w. Kur. Faſſen, verb. trans. I. S. v. w. packen. Vgl. faſs. „Faſſen will ſo viel ſagen, wenn ein Hund gut anpacket.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 117. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 103. — Beh⸗ len, Wmſpr., 1829, p. 54. II. Den Leithund an das Hängeſeil faſſen — ihn anlegen. „Man faſſet den Hund ans Hängeſeil, wenn man ihm das Seil anmachet.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 84. — Chr. W. v. Heppe J. e. — Onomat. forest. I., p. 721. Hartig, Lexik., Ed. II, 1861, p. 188. III. „Das Jagen enger faſſen heißt, es enger machen.“ Hartig, Lehrb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 50. — Sanders, Wb. I., p. 415 e. E. v. D. Fäfslein, das, ein heute nicht mehr be— achtetes, weil unzuverläſſiges Zeichen der Roth— 440 Faulhaufen. — Fauſthuhn. hirſchfährte; vgl. Faden, Burz, Näflein. „Hie wil ich sagen von des hirsz ezwingen. wann der hirsz ezwinget den fusz vnd den als vast beschlossen hat, so gat jm vornen vsz dem spalt ain clain ding vnd hertt. Daz ist reht als ain vaeszlin. Daz ezaichen ist gewisz vnd gut vnd macht den hirsz sicherlichen wol ansprechen, wo du das czaichen sichst, och gat enmitten vnd dem vaeszlin usz, recht wol in der groessen als ain haszelnusz vnd sinwel vnder wylen kompt os als ain ärbisz ettwen minder dann ain erbisz. Daz czaichen haist daz väszlin. Ist gut vnd gewisz. man sicht es aber gar selten.“ Abh. v. d. Zeichen d. Roth⸗ hirſches a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2952, fol. 1031. — Fehlt bei Benecke, Lexer und Grimm. E. v. D. Jaulhaufen, j. Düngung. Gt. Fäulnis iſt die durch niedere Organis— men (Mikrokokken, Bacterien u. ſ. w.) hervor— gerufene, mit der Entwicklung übelriechender Gaſe verbundene Zerſetzung todter thieriſcher und pflanzlicher Organismen. Der Fäulnispro— ceſs verläuft nur bei Gegenwart von Waſſer und bei einer Temperatur von 23—45° C., beim Erhitzen über 53° C. wird das Ferment zer— ſtört. Befördert wird die Fäulnis durch alka— liſche Reaction, verlangſamt, reſp. ganz ge— hemmt durch Säure. Der Fäulnisproceſs iſt ein ungemein complicierter, es treten Producte aller Zerſetzungsſtadien faſt gleichzeitig auf, darunter flüchtige Fettſäuren, namentlich Butterſäure und Baldrianſäure, Palmitinſäure, dann Bernſtein— ſäure, Xerylfäure, Crotonſäure, Glgykolſäure, Milchſäure, flüchtige organiſche Baſen, wie Athylamin, Trimethylamin u. ſ. w., Spuren von Mercaptanen (Urſache des ſpecifiſchen Fäulnis— geruches), Amidoſäuren, wie Leucin, Tyroſin, dann aromatiſche Subſtanzen: Indol, Skatol, Skatolcarbonſäure, Hydrozimmtſäure, Phenyl- eſſigſäure, Hydroparacumarſäure, Creſol, Phe— nol u. ſ. w., außerdem in den abgeſtorbenen faulenden thieriſchen Organismen Ptomaine. Zur Einleitung des Fäulnisproceſſes iſt freier Sauerſtoff nicht nothwendig, Reductions— und Oxydationsproceſſe verlaufen neben einander. Für den Kreislauf des Stoffes ſind die Fäul— nisproceſſe von der größten Bedeutung, da ſie die abgeſtorbenen Organismen in einfache Ver— bindungen zerlegen, die neue Verwendung finden. Auch im lebenden thieriſchen Organismus ſpielen ſich Fäulnisproceſſe ab, z. B. im Darm; die hier entſtehenden Producte unterliegen noch der Einwirkung des Stoffwechſels, und es er— ſcheinen als Eudproducte im Harn Indoxyl— ſchwefelſäure, Skatoxylſchwefelſäure, Hippurſäure, Phenaceturſäure, aromatiſche Oxyſäuren und Phenolſchwefelſäure. Das beſte Material zur Einleitung von Fäulnisproceſſen iſt der Cloakenſchlamm. v. Gn. Faulſperling, ſ. Hausſperling. E. v. D. Fauna. Eine zuſammenfaſſende Bezeich- nung für die Summe aller eine beſtimmte Lo— calität bewohnenden Thierarten, ſ. Thiergeo— graphie. Kur. Fauſthuhn, Steppenhuhn, das. Syr- rhaptes paradoxus (Pall.), Licht.; Tetrao pa- radoxa, Pall.; Syrrhaptes Pallasii, Temm.; Heteroclitus tartaricus, Vieill.; Syrrhaptes heteroclita, Vieill.; engl.: Pallas’s saud-grouse; frz.: Syrrhapte paradoxal; ital.: Pirratte; ungar.: Kalaudöcz, Sivatag Tyuk; froat.: Ke- kericka; poln.: Pustynnik Pallasa; böhm.: Stepokur Kirgisky: rufj.: Sadscha. Abbildungen. Vogel: Temmind, Pl. col. 93; Radde, Reiſe in Südoſtſiberien, II., T. 2; Fritſch, Vögel Europas, T. 32, Fig. 12; Dreſſer, Birds of Eur., T. 468. Kennzeichen: Erſte Schwinge die längſte, an der Spitze fein ausgezogen; die zwei mitt- leren Schwanzfedern ſpießartig verlängert; Fuß dreizehig, rund herum und bis an die Nägel befiedert. Altes Männchen. Oberkörper: Kopf- platte und ein vom Auge nach den Halsſeiten zu ſich ziehender Streifen aſchgrau; Stirne und der ober dem Auge befindliche Streifen lehm— gelb; Wangen und Nacken lebhaft roſtgelb; Halsſeiten bräunlich gelbgrau; Rücken, Schul- tern und Bürzel ſandrothgelb, erſtere breit, letzterer ſchmäler ſchwarz gebändert; Hand— ſchwingen, mit Ausnahme der erſten, die außen ſchwarz, blaugrau, erſt gegen das Ende zu ſchwarz und außen roſtgelb geſäumt; Arm- ſchwingen innen roſtgelb, außen ſchwarz, roſt— gelb geſäumt; Schulterfedern roſtgelb, längs des Randes ſchwarz gefleckt, die größeren lehm— braun gerandet; Schwanzdecken und mittlere Steuerfedern roſtgelb am Grunde, dunkel ge— bändert, letztere mit ſchwärzlichen Enden und die übrigen dunkelſchiefergrau, mit breitem weißen Endfleck und lebhaft roſtgelbem Rande auf der Innenſeite. Unterkörper: Kinn lehmgelb; Kehle lebhaft roſtgelb; Kropf grau, unten von einem ſchmalen, aus 3—4 Reihen weißen und ſchwarzen Querbändern gebildeten Halsringe umgeben; Bruſt und Bruſtſeiten iſabellfarben, grau überflogen; Oberbauch ſchwarzbraun, Unter- bauch und untere Schwanzdecken licht aſchgrau; Befiederung der Beine und Zehen gelblichweiß; Schnabel blajs hornfarben; Augen dunkelbraun. Länge ca. 39 em. Das Weibchen unterſcheidet ſich vom Männchen im allgemeinen durch weit bläſſere, trübere Färbung. Die erſte Handſchwinge und die mittleren Steuerfedern ſind weit weniger verlängert; Kopfplatte und Nacken ſind ſchwärz— lich geſtreift; die Kehle umgibt ein unterbrochenes ſchmales ſchwarzes Band (der Ring um den Kropf aber fehlt); die Seiten des Halſes und der Oberbruſt ſind ſtark ſchwarz gefleckt. Der junge Vogel iſt oben noch dichter gefleckt als das Weibchen und fehlt ihm das ſchwarze Kehlband. Die Verbreitung des Steppenhuhnes erſtreckt ſich über die aſiatiſchen Steppen und reicht im Oſten bis nach China. In Europa er⸗ ſchien es früher nur ausnahmsweiſe, brütet aber jetzt auf europäiſchem Boden in den Steppen am Don. Radde bekam ein von Baron Meyendorf bei Krasnowodsk erlegtes Stück, wo die Art 1871 häufig geweſen ſein ſoll. Bei Lenkoran traf Varon Tiezenhaus im Winter 1875 6 Stück und erlegte 2, ebenſo jchojs Majimovicz 2 Exemplare 1878 ober Lenkoran. 4 "a Fauſthuhn. 441 Pallas war der erſte, der das Fauſthuhn 1773 beſchrieb und die öſtlichen tatariſchen Steppen als ſeine Wohnplätze bezeichnete. Eversmann vervollſtändigte dieſe Angaben und nennt als die Heimat dieſes Vogels die öſtlich vom Kaſpi— ſchen Meere gelegenen Steppen bis zur Dſun— garei. Im Weſten reicht die Nordgrenze ſeiner Verbreitung bis zum 46. Grad n. Br., im Oſten viel weiter, da man es noch auf den Hochſtep— pen des ſüdlichen Altai findet. Finſch traf es vom Saiffan-Nor bis zum Altai, wo die Art brütet und woher Taneré viele bekam. Radde, dem wir die erſten ausführlichen Beobach— tungen über dieſes Huhn verdanken, traf es am Tarei⸗nor (50° n. Br., 116° öſtl. L. von Greenwich), am Nordoſtende der hohen Gobi brütend und ebenſo David in der Mongolei. Nach Prjewalsky iſt es nicht nur ein Steppen-, ſondern ein echter Wüſtenbewohner. Den Som— mer über kommt es nördlich des Baikalſees vor und brütet auch dort; im Winter findet es ſich in der Wüſte Gobi auf ſchneefreien Plätzen und im Ala-Schan, wo es von Mitte October immer, zuweilen in Scharen von einigen tau— ſenden, angetroffen wurde. In Nordchina (Swinhoe) erſcheint es zuweilen des Winters maſſenhaft in der Ebene zwiſchen Peking und Tian⸗tſin. Über die Lebensweiſe, den Zug und das Brütegeſchäft des Fauſthuhnes verdanken wir Radde, Prjewalsky und Swinhoe wertvolle Aufſchlüſſe. Nach erſterem Forſcher, welcher ſelbes an ſeinen Brüteplätzen am Tarei-nor zu beobachten Gelegenheit hatte, trifft es dort, aus ſeinen ſüdlichen Winterquartieren kommend, ſchon Mitte des März ein, zu einer Zeit, wo noch der Schnee auf den Hügeln der Hoch— ſteppe liegt. Bereits am 10. März 1856, wo zur Nachtzeit noch eine Kälte von 132 R. herrſchte und das Thermometer mittags nur — 2° zeigte, erſchien der erſte kleine Flug. Bei ihrer Ankunft bilden ſie nur kleine Trupps, die aus wenigen, aber bereits gepaarten Paaren be— ſtehen, und fliegen nach Art der Regenpfeifer in geſchloſſenen Ketten umher, wobei auch die Paare im Fluge zu einander halten. Zu beſtimmter Stunde kommen ſie aus allen Richtungen ſehr regelmäßig zur Tränke, rufen, ſobald ſie das Waſſer erblicken, worauf ihnen die ſchon an— weſenden antworten, und fallen dann an deſſen Rande ein, wo man ſie zu 10—12 Stücken reihenweiſe ſtehen ſieht. Ihr Aufenthalt währt hier aber nur ſehr kurze Zeit, und bald kehren ſie wieder zur Steppe zurück. Man trifft ſie dann auf jenen Stellen, wo Salz ausgewittert iſt, und auf den kleinen mit Gräſern bewach— ſenen Höhen, wo ſie die ſaftigen Triebe der Salzkräuter abäſen. So lange ſie noch nicht geſättigt ſind, findet man fie in Bewegung. Zur Sommerszeit jonnen fie fich gerne, ſcharren ſich dann Vertiefungen in die niederen Erhöhungen der Tareisnor-Ufer und halten da, meiſt meh— rere geſonderte Paare nahe einander, Ruhe. Sie hier zu erblicken, iſt natürlich ungemein ſchwer, weil ihre Farbe ſich der Bodenfärbung ſehr an— ſchmiegt. Aufgeſchreckt fliegen ſie pfeilſchnell da— von, andere Geſellſchaften durch ihren Warnungs— ruf zur Flucht verleitend. Iſt die Gefahr vor— über, ſo löſen ſich die vereinigten Flüge wieder auf und nehmen ihre Ruheplätze ein. Nach Prje- walsky, der ihre Lebensweiſe in der Mongolei kennen lernte, erſcheinen ſie, niedrig und in einer langen Reihe fliegend, auf ihren Aſungsplätzen. Sie fliegen ſehr ſchnell und verurſachen dabei ein eigenthümliches Geräuſch, das man bei einem größeren Fluge auf eine beträchliche Ent— fernung hören kann. In kleinen Flügen ſtößt das Männchen öfters einen Ruf aus, der wie „Trucktruck“ lautet. Ab und zu ſteigen ſolche kleine Trupps hoch in die Luft, einzelne ſtürzen ſich dann herab, ſteigen wieder empor und ſam— meln ſich wieder und führen ſo ähnliche Flugſtücke aus, wie man ſie von den Krähen auf ihren Wanderungen zu ſehen gewohnt iſt. Wenn ſie äſen, bildet der ganze Flug eine Linie, in der ſie ſich langſam vorwärts bewegen. Nach er— folgter Sättigung ziehen ſie zur Tränke, das ſüße Waſſer dem ſalzigen vorziehend. Be— vor ſie hier oder an den Aſungsplätzen ein— fallen, beſchreiben ſie, wie um ſich von der Ge— fahrloſigkeit des Ortes zu überzeugen, einen Bogen in der Luft und laſſen ſich dann erſt nieder. Zu den Tränken, von denen ſie manche beſonders bevorzugen, kommen ſie oft von meilenweiten Entfernungen herbeigeſtrichen, meiſt vormittags zwiſchen 9 und 10 Uhr, ſelten nach— mittags. Das Fauſthuhn brütet jährlich zweimal, u. zw. anfangs April und gegen Ende des Mai. Auch zu dieſer Zeit liebt es die Geſelligkeit, da man ſtets einige Paare in der Nähe dem Brüte— geſchäfte obliegen findet. Eine ſchon vorhandene oder erſt gegrabene ſeichte Vertiefung, die nicht immer einige Gräſer als Unterlage hat, bildet das Neſt, in welchem man die 3—4 Eier findet. Selbe ähneln in der Geſtalt den Eiern der Flughühner und ſind auf hellgrünlichgrauem oder ſchmutzigbräunlichgrauem Grunde mit licht— und dunkelerdbraunen Flecken gezeichnet. Die den Eiern entjchlüpften Jungen ſind gleich be— fähigt, den Alten zu folgen. Höchſt merkwürdig iſt das Fortſtreichen ganzer Scharen dieſer Hühner zur Sommers— zeit, worüber Radde berichtet. Derſelbe traf ſpät im Mai beim Paſſieren der großen aus— getrockneten Flächen des Tarei-nor in den Vor— mittagsſtunden eine Unzahl Flüge, die dieſen Ort bewohnten und ſehr ſcheu waren. Um die Abendzeit rotteten ſich alle zu zwei großen Schwärmen zuſammen, deren jeder gegen tau— ſend Individuen zählen mochte, und lärmten ſtark. Jede unter der möglichſten Vorſicht be— werkſtelligte Annäherung miſslang, und nachdem ſie mehreremale aufgeſtanden waren, flogen ſie zu den öſtlich gelegenen Höhen der Steppe, wo ſie ſich niederließen. Den kommenden Tag war kein Huhn mehr zu ſehen und wurden auch keine mehr im Laufe des Sommers beobachtet. Zur Winterszeit vereinigen ſich die Familien zu Scharen von vielen tauſenden auf den ſchneefreien Stellen der Wüſte Gobi (Prje— walsky) und erſcheinen in ſtrengen, ſchneereichen Wintern auf den Ebenen zwiſchen Peking und Tian⸗tſin (David und Swinhoe). Erſtreckte ſich bisher unſere Kenntnis des Fauſthuhnes nur auf die Berichte der ihre ferne 442 Fauſthuhn. Heimat bereiſenden Forſcher, ſo wurde uns ganz unerwartet Gelegenheit geboten, dieſes in— tereſſante Huhn auch bei uns zu beobachten. Nachdem Möſchler durch ein im Winter 1853 bei Sarepta erlegtes Fauſthuhn deſſen Vorkommen in Europa zuerſt nachgewieſen hatte, erſchienen 1859 einige, einzeln und paarweiſe, im Gouver— nement Wilna, in Jütland, Holland, Norfolk, Wales, Kent und Frankreich. Das erſte Paar wurde im Mai bei Wilna erlegt, das letzte Stück in Kent im November geſchoſſen. Nur ein kleiner Flug ſcheint damals im mittleren Europa er— ſchienen zu ſein, da das Fauſthuhn außer den genannten Ländern anderswo nicht weiter ange— troffen wurde. Schon vier Jahre darauf, 1863, wurde das Intereſſe der Naturforſcher und Jäger durch das plötzliche maſſenhafte Auftreten dieſer Steppenhühner in Mitteleuropa erregt. Hatte man ſich damit begnügt, die 1859 erſchienenen als verirrte zu betrachten, ſo war dieſe Anſicht für den gegenwärtigen Fall, wo es ſich um eine Maſſeneinwanderung handelte, vollkommen ausgeſchloſſen. Bedauerlicherweiſe fehlen aus Rufsland faſt alle Nachrichten, jo dafs ſich über die Zeit ihres Erſcheinens und Verſchwindens vom europäiſchen Boden gar nichts ſagen läſst, während ihr Vorkommen im übrigen Europa ſorgfältig verzeichnet und die diesbezüglichen Daten von berufenen Forſchern, wie Newton, Droſte, Altum u. a. geſammelt wurden, wodurch ein ziemlich genauer Überblick ſowohl über die Ausdehnung des Zuges wie über die beiläufige Zahl der eingewanderten Fauſthühner gewon— nen werden konnte. Die erſten (4) Stücke wurden am 5. Mai bei Sokolnitz in Mähren beobachtet und an— nähernd um die gleiche Zeit andere bei Prag, Wien und Peſt. In der zweiten Hälfte des Mai erſchienen die erſten Schwärme in Schleſien, Deſſau, Oſtfriesland, Holland, England, Helgo— land und Dänemark. Den Sommer über be— gegnen wir ihnen nur dort, wo ſie der Heimat ähnliche Wohnplätze gefunden (Borkum, Helgo— land, Dänemark, Holland) und weniger durch Verfolgung beläſtigt, ſich niedergelaſſen und zum Theil auch gebrütet haben, während andere Scha— ren, wie z. B. in England, durch beſtändige Ver— folgungen zerſprengt, flugweiſe oder einzeln bald da, bald dort ſich zeigten. So wurden ſüdlich welche in Italien bis Modena, in Frankreich bis Dax am Fuße der Pyrenäen, nördlich auf den Faröern, in Norwegen bis zum 62. Grad n. Br. und in Rufsland bei Archangel gefunden. Wenn man an der Hand der ſorgfältigen Aufzeichnungen dem Zuge folgt, ſo ergibt ſich für denſelben eine im allgemeinen nordweſtliche Richtung bis ans Meer, die ſich erſt von da wieder nach Süden und Norden abzweigt. Wei— ters drängt ſich uns der Schluf3 auf, dafs die großen Scharen, die im Nordweſten auftraten, bedeutende Länderſtrecken überflogen haben müſſen, da ſelbe weder in Oſterreich noch in Deutſchland wahrgenommen wurden; übrigens deutet auf die Schnelligkeit des Zuges auch der Umſtand, daſs faſt zu gleicher Zeit in Schleſien und in England das Fauſthuhn in Schwärmen erſchien. Wie bei allen bedeutenden Vogelzügen, haben ſich ſchon während des Herzuges da und dort einzelne größere und kleinere Flüge von der Hauptmaſſe getrennt und an ihnen zu⸗ ſagenden Ortlichkeiten, wie z. B. am Neufiedler- ſee, niedergelaſſen und gebrütet. Was nun den Rückzug anbelangt, ſo liegen im ganzen nur wenige Aufzeichnungen vor, die uns aber immerhin einen Einblick über die Zeit und Richtung gewähren, welche die Haupt- maſſe einſchlug. Mitte und Ende September finden wir die Steppenhühner auf der Rück⸗ reiſe, diesmal der Richtung der Meeresküſte nach Oſten folgend und in großen Schwär— men auf Rügen erſcheinend. In der zweiten Hälfte October fand der Hauptdurchzug ſein Ende; aber wir begegnen noch einem großen Schwarme Ende November in Frankreich auf der Inſel Dleron und einzelnen Exemplaren noch bis Februar 1864 in Italien, an der Weſtküſte Englands, in Belgien, Oſterreich und die letzten im Juni in Sachſen und Ende Dc- tober in Poſen und um Hamburg. Seitdem hat man das Fauſthuhn einmal in Finnland, wo bei Helſingfors nach Nordmann 1865 zwei Ketten geſehen wurden, und in Oſterreich nur einmal mehr, u. zw. 1879 bei Feldbach in Steiermark in drei Exemplaren beobachtet, wovon eines erlegt wurde. Inzwiſchen haben wir durch Karelin und Henke erfahren, dajs es jetzt fein Wohngebiet weiter nach Weſten ausgedehnt hat und be— reits in den Steppen am Don niſtet, demnach als europäiſcher Brutvogel zu bezeichnen iſt. Unter ſolchen Umſtänden dürfte es uns nicht wunder nehmen, wenn das Fauſthuhn wieder einmal bei uns erſcheinen ſollte. In Scharen ſind die Fauſthühner ſehr ſcheu, ſtehen bei An— näherung ſchon auf große Entfernungen auf und ſtreichen meiſt ſehr weit, kehren aber gerne zu dem Orte zurück, wo ſie aufgeſchreckt wur— den, wenn die Gefahr vorüber. Nach den bis— herigen Erfahrungen ſcheinen ſie Wachen aus— zuſtellen, die für die Sicherheit des Fluges Sorge zu tragen haben. Wenigſtens wurde mehrfach ein einzelnes Individuum beobachtet, das abſeits der ruhenden oder nahrungſuchen— den Schar dieſen Dienſt zu verſehen ſchien und bei drohender Gefahr durch ſeinen Ruf alle vereinigte. Im Auffliegen erinnern ſie an die Reb— hühner, klatſchen aber taubenartig mit den Schwingen, und wenn ſie dicht gedrängt davon ſtürmen, bietet ihr Flugbild viel Ahnlichkeit mit dem der Goldregenpfeifer, noch mehr vielleicht mit dem der Steinwälzer. Sie gehören zu den ſchnellſtfliegenden Vögeln, vermögen dabei aber raſche Wendungen nicht leicht auszuführen. Ihre gewöhnliche Flughöhe beträgt ca. 9— 40 m. Auf dem Boden läuft das Fauſthuhn trip- pelnd, jedoch ziemlich raſch, hält das Gefieder meiſt gelockert und die Schwingen geſenkt; zu einem ausdauernden Laufe iſt es nicht ge— ſchaffen, und erſetzen bei ihm die Schwingen die Schnelligkeit der Beine. Beim Trinken erinnert es ſehr an die Tauben, da es wie dieſe das Waſſer aufſaugt. Zur Nahrung dienen ihm die Sproſſen, Blätter und Samen der Salzpflanzen, in der Fremde auch die anderer, wie auch Getreide— ung f körner; Inſecten und Gewürm ſcheint es jedoch nach den Erfahrungen bei gefangenen zu ver— ſchmähen. N Mit Ausnahme der Ruhezeit begleitet es faſt alle Verrichtungen mit ſeinem Rufe, der wie „Giugk, giögk“ oder „Köcki-quick“ klingt, in der Nähe aber ziemlich deutlich „köckerik“ lautet. Die Spur im Sande erinnert vermöge der dichten Befiederung der Zehen einigermaßen an die des Kaninchens. Die Loſung hat mit der der hühnerartigen Vögel keine Ahnlichkeit, nähert ſich vielmehr durch ihre ringförmige Geſtaltung ſehr der der Tauben. Das Wildbret der Fauſthühner ſoll einen vorzüglichen Braten abgeben. v. Tſch. FJauſthühnchen, europäiſches. vatica (Desf.), Bp.; Tetrao sylvaticus, Desf.; Tetrao gibraltaricus, a andalusicus, Gm.; Perdix gibraltarica et andalusica (Gm.), Lath.; Turnix africanus, Bonnat.; Turnix gibraltarica (Gm.) et andalusica (Gm.) Bonnat.; Turnix albigularis, Malh.: Hemipodius tachy- dromus et lunatus, Temm.; Ortygis gibral- tarica (Gm.), Bp.; Ortygis andalusica (Gm.) Keys. et Blas. — Engl.: Andalusian Hemi- pode; frz.: Turnix tachydrome; portug.: Toirao do mato; ſpan.: Torillo; ital.: Qua- glia tridattila, Quaglia tre unghie o siciliana; arab.: Semmana; maur.: Zerquil. Abbildungen. Vogel: Gould, Birds of Europe, T. 264; Dreſſer, Birds of Europe, T. 494; Fritſch, Vögel Europas, T. 32, Fig. 11. — Eier: Bädecker, Eier europäiſcher Vögel, T. 67, Fig. 4. Kennzeichen: Rücken ſchwärzlichbraun, mit bräunlichgelben Querbinden; obere Flügel— decken röthlichgelb, ſchwarz gefleckt und gelblich geſäumt; Fuß dreizehig. Altes Weibchen. Oberkopf ſchwärzlich— braun, mit röthlichbraunen Rändern und einem lehmbraunen Streifen längs der Kopfmitte; Kopfſeiten, Kinn und Kehle weißlichgelb, dicht ſchwarz gewellt; Oberkörper ſchwärzlichbraun, bräunlichgelb quergebändert, die Federn viel— fach mit gelblichweißen Säumen; Flügeldecken auf röthlichgelbem Grunde dicht ſchwarz gefleckt und breit gelblichweiß geſäumt; Schwingen und Steuerfedern ſchwärzlichbraun, außen ſchmal gelblichweiß geſäumt; Kehl- und Halsſeiten ſowie die des Unterkörpers gelblichweiß, mit nach unten ſich allmählich vergrößernden ſchwarz— braunen Halbmondflecken verſehen; Kehlmitte lebhaft roſtgelb, gegen den Bauch zu ins Gelb— lichweiße übergehend; untere Stoßdecken ocker— gelb; Schnabel an der Wurzel trüb fleiſchfarben, gegen die Spitze zu ſchwärzlich; Füße lichtbraun; Augen gelblichbraun. Totallänge bei 19 em. Das Männchen unterſcheidet ſich von dem Weibchen durch geringere Größe und minder lebhafte Färbung. Die oberen Theile ſind bläſſer, die weißlichen Säume breiter; Kinn und oberer Theil der Kehle weiß; Unterkörper bleicher; die Flecken an den Kehlſeiten ſind ſchmäler und erſtrecken ſich nicht ſo weit über die Seiten herab. Totallänge 15 em. Beim jungen Vogel find die Federränder und die Unterſeite mehr weiß und die Flecken auf den Hals- und Bruſtſeiten ſehr verkleinert. Fauſthühnchen. Turns syl- | 443 Das Fauſthühnchen bewohnt nur den Sü— den Europas und Nordafrika; es iſt da Stand— vogel und wurde nur einigemale als verflogen im ſüdlichen Frankreich, einmal ſogar in Eng— land, den 29. October 1844 in Oxfordſhire, erbeutet. In Portugal iſt es häufig bei Alemtejo (Barboza du Bocage); in Spanien in Menge bei Algeſiras und nicht ſelten bei Malaga (Saunders); um Gibraltar nirgends zahlreich, ſcheint es noch am häufigſten nahe der Küſte vorzukommen; auf dem palmenbedeckten Gebiete ober Caſa Vieja, La Meſa genannt, in ziem- licher Zahl vorhanden (Irby). In Italien iſt ſein Vorkommen nur auf Sieilien beſchränkt. Mit Ausnahme eines bei Palermo erlegten Stückes iſt der Vogel aus dem nördlichen Theile der Inſel nicht bekannt, im ſüdlichen aber, hauptſächlich um Licata, Terranova, Girgenti, Sciacca, Mazzara ze. häufig. Auf Sardinien ſcheint es zu fehlen, ebenſo den übrigen Inſeln. In Nordafrika geht es oſtwärts bis Agyp— ten, wo es aber ſelten iſt. Heuglin beobachtete es nur in dem weſtlichen Theile, in der Nach— barſchaft von Beni-⸗Ghazi, glaubt es aber auch in der Provinz Schergieh in Unterägypten ge— ſehen zu haben. In Nordweſtafrika tritt es häufiger auf. Triſtram traf es in den waldigen Theilen des nördlichen Algerien, Taczanowski nicht ſelten in den niederen Gebüſchen nahe der Berge. Um Tanger kommt 14 nach Favier ſo— wohl als Stand- als auch als Zugvogel vor. Diejenigen, welche ziehen, paſſieren auf ihrem Zuge nordwärts im Mai und Juni die Ge— gende im Herbſt im September und October. as Fauſthühnchen bewohnt hauptſächlich ER, Ortlichkeiten, die dicht mit Geſtrüpp be⸗ wachſen ſind, und ſcheint da hauptſächlich Stand— vogel zu ſein, obgleich auch behauptet wird, dafs es ziehe. Über die Lebensweiſe unſeres Vogels verdanken wir Loche, der ihn durch viele Jahre in Algerien beobachtete, die aus— führlichſten Aufſchlüſſe. Das Fauſthühnchen lebt in Monogamie, iſt wenig geſellig, daher man es meiſt allein ſieht. Es iſt wild und ſcheu, läuft mehr, als es fliegt, verbirgt ſich verfolgt in dichtes Gebüſch, wo es unmöglich iſt, es aufzutreiben, außer das erſtemal. Es läſst ſich eher mit der Hand oder vom Hunde fangen, als daſs es aufſtehen würde, da ihm die dichten Gebüſche den ſicherſten Schutz gewähren. j Seine Nahrung beſteht aus allerlei In— jecten und Sämereien. Das Neſt, eine ſeichte Vertiefung im Boden, iſt mit trockenen Gras halmen ausgelegt, ſteht unter einem Grasbuſch oder Strauch in dornigem, undurchdringlichem Dickicht und iſt daher äußerſt ſchwer zu ent— decken. Jährlich finden zwei Bruten ſtatt, u. zw. niſten die alten Vögel im Mai und Auguſt, die jungen im Juni und September. 4—5 Eier bilden das Gelege. Selbe ſehen den Eiern der Brachſchwalbe (Glareola pratincola) ſehr ähn- lich, ſind aber viel kleiner, ungefähr 24 mm lang und Is mm breit, auf grünlich- oder gelb- lichweißem Grunde dunkelbraun und blaſs pur purfarben gefleckt. 444 Fauſtjäger. — Feder. An der Bebrütung der Eier und Führung der Jungen betheiligen ſich beide Eltern, und ſollte das Weibchen während der Brütezeit ge— tödtet worden ſein, jo übernimmt das Männ- chen auch die Bebrütung. Die Jungen folgen bald nach dem Auskriechen den Alten, die fie ſorgſam hüten, bis ſie ihr Fortkommen ſelb— ſtändig zu finden vermögen. Außer einem ſanften „Kru“, wodurch die Alten die Jungen zuſammenrufen, vernimmt man von erſteren, hauptſächlich in den Morgen— und Abendſtunden, einen eigenthümlichen, tiefen Ruf, der an den der Rohrtrommel (Botaurus stellaris) erinnert, natürlich aber weit ſchwä— cher iſt. v. Tſch. Fauſtjäger, der, im Gegenſatze zu Maul— jäger, ein Jäger, welcher nicht nur in Worten, ſondern auch in der Praxis, alſo gleichſam mit der Fauſt tüchtig iſt; vgl. Beinhaſe, Sonntags- jäger, Jagdfex, Küchenjäger, Meiſterjäger. „Ein ſchlechter Jäger heißet derjenige, der einen beſſern Maul- als Fauſtjäger abgibt.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 183. E. v. D. Jauſtpfand, ſ. Pfandrecht. Mcht. Fayence nennt man poröſe Thonwaren, die erdige, undurchſichtige, graue bis gelbe, nicht klingende Maſſen mit einer durchſichtigen oder undurchſichtigen, bleihaltigen Glaſur darſtellen. v. Gn. Jebruarpatent. Das kaiſerliche Patent vom 26. Februar 1861, R. G. Bl. Nr. 20, hat rückſichtlich der Zuſammenſetzung des zur Reichs— vertretung berufenen Reichsrathes und des ihm durch das kaiſerliche Patent vom 20. October 1860 (Octoberdiplom) vorbehaltenen Rechtes zur Mit- wirkung bei der Geſetzgebung ein beſonderes Geſetz über die Reichsvertretung genehmigt und demſelben für die Geſammtheit der Königreiche und Länder die Kraft eines Staatsgrundgeſetzes verliehen. Ferner wurden für die einzelnen Pro— vinzen Landesordnungen mit der Kraft eines Staatsgrundgeſetzes erlaſſen. Mcht. Jeder, die. J. Die Feder des Vogels, ſ.lu. II. Die ganze Behaarung, häufiger aber nur die Rückenborſten des Schwarzwildes; in älterer Zeit manchmal auch für die Behaarung der Raubthiere; vgl. Granne, Haar, Krone. „Hermine vederen dühten si vil wert.“ Ni- belungenlied, v. 356. — „Diu vedere wiz hermin, der zobel brün unde breit.“ Heinrich v. Veldecke, Eneit 60, 13. — „Das Schwartz— wild hat keine Porſten, ſondern Federn.“ Pärſon, Hirſchgerechter Jäger, 1734, fol. 81. — „Ein ſtarkes Hauptſchwein . . . iſt auch an den Blättern ſehr grau, und ſeine Federn (andere ſprechen Borſten, welches nicht gar gut lautet) Ind nicht mehr 5 ee ee Lehrprinz, p. 61. „Einige pflegen auch die Borſten von denen t wilden Schweinen Federn 55 nennen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, 147. — „Federn beim Wildſchweine die ade, die noch länger und krümmer als die Borſten auf dem Rückgrath emporſtehen.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. — Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 118, VI., p. 224. — „Die den Rücken entlang ſtruppig empor— ſtehende Behaarung (des Schwarzwildes) wird als ‚Federn, der übrige, die Grundwolle überwachſende Theil derſelben als Borſten“ angeſprochen.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 119. III. Die Rippen des Rothwildes, vgl Feder— rücken, Federſchuſs. „Wird der Hirſch forn am Halſe getroffen, oder auch wo die kurzen Federn (Ribben) find, jo prellt es dem Hirſch im Feder- ruck, und er ſtürzt nieder, als wär er tödtlich verwundet.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wild- bahnen, 1779, p. 308. — Nemnich, Bolyglotten- lexikon der Naturgeſchichte, 1793, I., p. 964. IV. Das an den Federn gelegene Wild— bret des Rothwildes; wenig gebräuchlich. „Feder, auch Wand, nennt man das Rippen⸗ ſtück beym Zerlegen des Wildes.“ Hartig, Anltg, 3. Wmſpr., 1809, p. 103, Lehrb. f. Jäger, Ed. I. 1812, I., p. 36, und Lexikon, Ed. I, 1834, p. 179, — „Behlen J. c., II., p. 101, und Wmſpr., 1829, p. 54. — Die Hohe Jagd 1. e. V. Alle federnden Theile am Schloſſe des Gewehres und der Eiſen, ſ. u. u. vgl. federkräftig. Chr. W. v. Heppe J. c., Benecke u. Müller, Mhd. Wb. — Lexer, Mhd. Hwb. — Grimm, D. Wb. III., p. 1392, 1393. — Sanders, Wb. I., p. 421 b. VI. S. v. w. Saufeder, ſ. d. u. vgl. blanke Waffen. E. v. D. Feder (des Vogels). [Hiezu eine Doppel— tafel *).] Federn ſind, wie Klauen, Hörner, Haare und Schnabelſcheiden, verhornte Producte der Epidermis (ſ. Oberhaut) und bilden die typiſche Bedeckung des Vogelkörpers. An der völlig ausgebildeten 8 unter⸗ ſcheidet man folgende Haupttheile: 1. den Kiel, *) Erklärung der Tafel. Fig. 1 bis 3. Senkrechte Schnitte durch drei Radien einer Federpapille; Pa Spitze der Papille; Pr und P. Pulpa; E Epidermis, obere verhornte Lage: M Rete Mal- pighi; Cu Cutis; a bis f die jungen Federſtrahlen. Fig. 4 und 5. Qnerſchnitt durch die Papille. Fig. 6. Querſchnitt durch die Papille einer typiſchen Feder; R Malpighi'ſche Zellen, die fi in Rami umwan⸗ deln; HS ee Hauptſchaft; AS ſpäterer Afterſchaft. Fig. 7. Embryonaldaune einer Taube, um das Ab— ſtoßen der Hülle zu zeigen. Fig. 8. Schematiſche Darſtellung einer typiſchen 19 mit voll entwickeltem Afterſchaft; D dauniger Theil; Federſeele; P. Federſeele aus dem Nabel Berber Fig. 9. (Adler.) Theil eines Schaftes nebſt 3 Rami von der Unterfläche geſehen, um die Stellung der Radii zu zeigen. 26mal vergrößert. Fig. 10. (Adler.) Zwei in einander paſſende Radien in natürlicher Stellung. Ungefähr 100 mal vergrößert. Fig. 11. Querſchnitt durch drei benachbarte Rami; Rm Schaft des Ramus; km, dünnes abwärtsgerichtetes Blatt desſelben; Rd Radii im ſchrägen Schnitt getroffen. Fig. 12. Ein Radius (jung) der Taube. Ungefähr 150mal vergrößert. Fig. 13. Ein Radius ohne Häckchen (Taube). 150 mal vergrößert. Fig. 14. Radius von Spilornis (Raubvogel). 150 mal vergrößert. Fig. 15. Radius einer metalliſch-violetten Feder von Aethopyga (Nectanisia). 640mal vergrößert. Fig. 16. Theil einer goldgrün glänzenden Feder von Nectanisia famosa. somal vergrößert; s Schaft; r Ramus; 9 Radius. Fig. 17. Diſtaler Theil eines ſolchen Radius, von der Fläche und von der Seite gejehen. Sehr ſtark vergrößert. Fig. 18. Bauchfeder von Pitta moluccensis; s Schaft; r Ramus; P Radius. Fig. 19. Der mit * bezeichnete Theil von Fig. 18 ſtark vergrößert. Fig. 20. Ein Radius von einer gelben Haubenfeder von Parus sultaneus. 200mal vergrößert. Fig. 15 bis 20 nach Gadow, Proceed. Zool. Soc. 1882. Feder. 445 an dem man den baſalen durchſichtigen Theil mit Spule (calamus), den übrigen, längeren, undurchſichtigen mit Schaft (rhachis) be⸗ zeichnet; 2. die Fahne oder Bart (vexillum); 3. den Afterſchaft (hyporhachis). — Inner- halb der Spule liegt die Federſeele; dieſelbe erſtreckt ſich von der Federwurzel durch die ganze Länge der Spule und tritt dann auf der Unterfläche des Schaftes aus, dort wo der After— ſchaft entſpringt. Dieſe Stelle heißt der Nabel (umbilicus) und iſt auf der Unterfläche des Schaftes als eine ſeichte Rinne nach der Spitze hin verfolgbar. Die Fahne zeigt folgenden Bau: Jederſeits von dem im Querſchnitt vierkantigen Schafte gehen in Een Richtung die Federäſte Loder Strahlen erſter Ordnung ab (rami). Im Quer- ſchnitt zeigen dieſelben einen rundlichen oder kantigen Schaft, der ſich, beſonders an den Aſten der Außenfahne, in eine ſenkrecht ſtehende dünne Lamelle verlängert. Jeder dieſer rami trägt wiederum Strahlen zweiter Ordnung (radii). Diejenigen Strahlen, welche von der Kante ihres ramus entſpringen, welcher der Spitze der Feder zugekehrt iſt, bilden an ihrer aus— wärts oder ſeitwärts ſchauenden Seite eine bei den verſchiedenen Vogelarten wechſelnde Anzahl von Häkchen (hamuli), im allgemeinen 3—6 näher der Baſis des Radius zu werden die Häkchen unregelmäßig, d. h. bleiben unausge— bildet, nach der Spitze hin gehen ſie in die ſog. ciliae über. Die Strahlen der anderen Kante desselben Radius entbehren der Lilien und der Häkchen, haben dafür aber an der dem Hauptſchafte der Feder zugekehrten Kante einen vorſpringenden Rand entwickelt. Indem nun die mit Häkchen ausgerüſteten radii von der Unterfläche her auf die ſich mit ihnen kreuzen— den radii des benachbarten, nächſtfolgenden ramus übergreifen, wird die ganze Reihe rami zu der elaſtiſchen, zuſammenhängenden Fahne verbunden. Die Häkchen ſind demnach für den fliegenden Vogel von größter Wichtigkeit. Die Anzahl der eine Schwungfeder zuſam— en Theile iſt erſtaunlich groß. Au der Schwungfeder einer Taube mit nur 9˙5 cm Fahnenlänge befinden ſich an der Innen- und Außenfahne je ungefähr 250 rami oder Aſte. Jeder Aſt der Innenfahne beſitzt an jeder Seite 300 radii, während jederſeits an den Aſten der kürzeren Außenfahne vielleicht 150 radii vor— handen ſind. Dies ergibt die Zahl von 500 & 450 2 —= 450.000 Strahlen für eine einzige Feder. Für die Schwungfeder eines großen Adlers ſtellt ſich die Zahl auf ungefähr 6,000.00. Je nach der Ausbildung und Fun tion der Federn unterſcheiden wir: J. Pennae s. plumae im engeren Sinne; häufig auch Con tourfedern genannt, da ſie, an der Oberfläche gelegen, die äußere Form des Vogels beſtimmen. Sie beſitzen einen ſtarken Schaft, und (wenn er nicht, wie bei den Eulen, Enten, Tauben, Kiwi u. ſ. w., überhaupt fehlt) einen mehr oder weniger d deutlichen Afterſchaft. Die rami bilden eine wohlausgebildete Außen— und Innenfahne. Babe dem Kiel geht die Fahne in eine weichere lockere Structur über; die Häkchen ver— ſchwinden, während die Cilien länger und feiner entwickelt ſind oder durch zierliche knötchen— artige Verdickungen angedeutet ſind. Dieſe Federn ſind in Fluren angeordnet. 3. Plumulae oder Daunen. Der Schaft iſt ſchwächer; die weichen, der Häkchen entbeh— renden rami tragen zahlreiche Cilien und Knöt— chen. Die Daunen ſtehen tiefer und zwiſchen den Contourfedern und ſind nicht auf einzelne Fluren beſchränkt. 3. Semiplumae. Unter dieſem Namen werden zahlreiche Übergangsſtufen zuſammen— gefajst, wie übrigens eine und dieſelbe Feder an verſchiedenen Stellen Übergänge zeigen kann. 4. Filoplumae, haarig feine Federchen mit ſchwachem Schafte und rudimentären Aſt— chen; ſolche Filoplumae finden ſich zahlreich zwiſchen den Daunen der Hühner und im Neſt— kleid der Enten. An manchen Federn iſt die Fahne ganz oder nahezu verkümmert; es bleibt dann nur der Schaft übrig, wie z. B. bei den Augenwim— pern der Raubvögel, Papageien und Straußen oder in noch augenfälligerem Maße bei den ſtarren Flügelſchäften des Kaſuar. Sämmtliche ſtrauß— artigen Vögel entbehren übrigens der Häkchen; die ſecundären Aſte der Federfahne hängen dem— nach nicht mit einander zuſammen, ſondern bilden loſe, faſerige Büſchel. Im Gegenſatze hiezu ſtehen die Federn der ebenfalls des Flugvermögens entbehrenden Penguine; die Federn ſind zwar gleichfalls häkchenlos, aber die Schäfte ſind ſtark entwickelt, abgeplattet und bilden mit den ſtarren Aſtchen eine enganliegende, faſt ſchuppenähnliche Bedeckung. Die Entwicklung der Feder. Das Neſtlingsgefieder, d. h. die Embryonal— daunen (plumulae) bieten die einfachſten Ver— hältniſſe dar. Schon geraume Zeit vor dem Ausſchlüpfen macht ſich in der Lederhaut (Cutis) an vielen Stellen des Körpers eine vermehrte Thätigkeit der Lederhautzellen bemerkbar, die hauptſächlich durch reicheren Blutzufluſs ver— urſacht wird. Indem nun die oberen Schichten der Haut, das Rete malpighii, nebſt den äußer— ſten Epidermiszellen durch die Wucherung der Lederhautzellen emporgehoben werden, entſteht eine kleine Papille, der ſog. Federkeim. In kurzer Zeit ſenkt ſich die Baſis dieſer Papille mehr und mehr in die Tiefe, und während der Keim ſelbſt in die Länge wächst, entſtehen die in Fig. 1 und 2 im ſenkrechten Längsſchnitt dargeſtellten Verhältuiſſe. Die Papille, unmittel— bar umgeben von der Epidermis (E--M, liegt nun in einer Taſche, dem Federfollikel, welche ebenfalls durch Epidermis (EMI) infolge der Einfaltung ausgekleidet iſt. Am Grunde der Papille treten eine Arterie und eine Vene in den Keim von der Cutis aus ein, welche letztere die weiche Pulpa (P) bildet; dieſe iſt reich an Gefäßverzweigungen und an ſeröſer Flüſſigkeit und führt den ſie begrenzenden Schleimzellen (M.) die zum Aufbau der Feder nöthigen Beſtandtheile zu. Am Wurzeltheile des ganzen Gebildes ſchnürt lich dann ſpäter ein Theil der Pulpa und eine Lage von Schleim zellen ab und bildet den Keim für Erſatzfedern N 446 Feder. Allmählich wächst nun der Federkeim in die Länge, die urſprünglich einfache Lage von Schleimzellen (Me) vermehrt ſich, und die mehr peripheriſch gelegenen Zellen werden platter und verhornen, jo daſs eine den Federkeim um— gebende durchſichtige harte Scheide gebildet wird. Zu gleicher Zeit wuchert aber dieſe Schicht von Schleimzellen und bildet in die Pulpa ein- dringende Falten (Fig. 3) im Querſchnitt. Von der Spitze geſehen würde der Keim dann ein hügeliges Anſehen haben. Jedes dieſer Hügelchen wächst dann in die Länge, und indem ſeine Spitze dabei verhornt und neues Zellen— material von unten her nachgeſchoben wird, ent— ſteht eine Anzahl von Federſtrahlen, die ſchließ— lich die gemeinſame Hülle durchbrechen und abſtoßen (Fig. 7). Dieſe abgeſtoßenen Theile der epidermalen Hülle bilden den bei mauſern— den und jungen Vögeln bekannten Schorf. So wird dann der Federkeim in ein Büſchel von Strahlen umgewandelt, deren jeder wiederum ſecundäre, d. h. den Aſten oder rami vergleich— bare Strahlen erhält. Von einem Hauptſchaft, wie bei der typiſchen Feder, iſt noch nicht die Rede, da die Büſchelſtrahlen (a bis f Fig. 3 und Fig. 7) alle gleichwertig ſind und ſämmt— lich in einen allen gemeinſamen Baſaltheil über— N eu Embryonaldaunen finden ſich bei vielen Vögeln zeitlebens; manche ſind jo ein- fach gebaut, daſs fie nur aus wenigen oder ſelbſt nur einem feinen, haarartigen Strahle beſtehen. Auch das Daunengefieder vieler erwachſener Vögel, wie z. B. der Enten, bleibt auf dieſer niedrigen, wenig differenzierten Stufe ſtehen. Die Contourfedern zeigen, entſprechend ihrem complicierten Bau, ſchwierigere Entwick— lungsverhältniſſe. Während beim Embryonal— gefieder ſämmtliche Falten der Schleimzellen von gleicher Größe ſind und mithin gleichwertige kleine Schäfte erzeugen, entwickeln ſich bei den typiſchen Federn (Pennae) zwei gegenüber— liegende Falten zu mächtigeren Zellenhaufen und ziehen während ihres Längenwachsthums die kleineren, nun in Nebenfalten verwandelten, ſo— zuſagen an ſich heran. Infolge deſſen dient der mächtigere Kegel als Träger für die benach— barten kleineren; in anderen Worten, der eine wird zum Schaft, reſp. zum Afterſchaft, wäh— rend die anderen zu der untergeordneten, nicht mehr gleichwertigen Stellung von ſecundären Aſten oder rami herabgedrückt werden. Eine ſolche Mittelſtufe finden wir bei den Federn des neuholländiſchen Straußes, Dromaeus, und beim Kaſuar; bei dieſen beſteht jede Feder aus zwei gleichgroßen Theilen, d. h. es ſind zwei Schäfte vorhanden, und jeder derſelben trägt rami und cilienloſe radii. Die nächſte Stufe nehmen Hühner, Tagraubvögel und Papageien ein; bei ihnen iſt der Afterſchaft ſchon bedeutend kleiner als der andere Hauptſchaft), jedoch immer noch verhältnismäßig wohl entwickelt, wie auf Fig. 6 ſchematiſch angedeutet iſt. Bei anderen Vögeln iſt der Afterſchaft auf winzige Spuren reduciert, und endlich bei Enten, Tauben, Eulen iſt er ganz verſchwunden; an Stelle vieler gleich— wertiger, auf niedriger Stufe der Entwicklung ſtehengebliebener Schäfte iſt ein ſtarker Schaft auf Koften der übrigen hergeſtellt worden. Wahr- ſcheinlich hat man ſich das Verhältnis der radii zu den rami ähnlich entſtanden zu denken, während andererſeits die Cilien und Häkchen wohl als Umwandlungen einzelner Zellen (vgl. Fig. 14) aufzufaſſen ſind. Die Kuppe des Federkeimes ragt natürlich zwiſchen dem Haupt- und dem Afterſchafte her- vor, an der mit Nabel bezeichneten Stelle. In— dem ſich die Pulpa nun von der Spitze her allmählich durch den Aufbau der Feder er— ſchöpft, zieht ſich ihr Inhalt zurück, läſst aber dabei eine dünne, verhornte Stelle zurück, die aus ineinandergeſchachtelten hohlen Abtheilungen beſteht und die Federſeele darſtellt; ſie reicht vom Nabel bis an die Federwurzel. An halb— ausgewachſenen Federn kann man das Schwin— den der Pulpa und ihre Umwandlung in die Federſeele ſehr gut beobachten. Nachdem nun die Spule und der Wurzeltheil der Feder voll— endet, hat die Pulpa ihren Dienſt erfüllt, die in ihr enthaltenen Gefäße ſind verödet, und die vollendete Feder würde von nun an als ein todtes Product anzuſehen ſein, wenn nicht die zahlreichen Fälle von Farbenwechſel ohne Mau— ſerung uns zu der Annahme zwängen, daſs doch noch Saftbahnen in der Feder vorhanden ſein müſſen. 2 Mauſerung geht folgendermaßen vor ſich: Die ſich ſchon während der Bildung der een) Federn abſchnürende zweite Papille P. erwacht periodiſch zu neuem Leben und indem ſich ſämmtliche bei der Papille PA beſchriebenen Vorgänge wiederholen, wird durch das Wachs— thum der zweiten Papille eine neue Feder ge— bildet, welche ihre Vorgängerin ausſtößt und deren Stelle einnimmt. Zugleich ſchnürt ſich von dieſer zweiten Papille wieder ein Reſervetheil ab, und die periodiſche Mauſerung, Regeneration des Gefieders, iſt geſichert. Dajs ſich die Reſervepulpa ſchon früh abſchnürt, erklärt, wes— halb nach gewaltſamem Ausreißen erſt halb- fertiger Federn der Vogel dennoch zum Erſatze derſelben befähigt iſt. Erfährt die Pulpa jedoch eine tiefere Verletzung, ſo verkrüppelt die Feder, oder die Stelle bleibt fortan federlos. Phylogenetiſch iſt die Mauſerung auf die periodiſche Häutung der Reptilien, wie Schlangen und Eidechſen, zurückzuführen; es kommt jedoch bei den Vögeln nicht zu einer plötzlichen Ab— ſtoßung der ganzen oberen Schichten der Epi— dermis, ſondern die Federn fallen allmählich aus, und die dazwiſchenliegenden federloſen Par— tien ſchilfern ſich nachgerade ab wie an der menſchlichen Haut. Auch die Federn ſelbſt ſind als von rep- tilienartigen Vorfahren ererbte und weiter dif— ferenzierte Producte aufzufaſſen. Die Schienen und Schilder am Tarſus der ſtraußenartigen Vögel zeigen in ihrem Bau eine große Über- einſtimmung mit Reptilienſchuppen, und in der That ſind in der Laufbekleidung der Vögel alle Übergänge von einer typiſchen Schuppe zur entwickelten Feder vorhanden. Die Reihenfolge iſt demnach dieſe: Schuppe; Schuppe mit tief ausgezähntem Rande; dasſelbe Gebilde mehr rundlich anſtatt flachen Baſaltheils; Embryonal- daune mit vielen gleichwertigen Schäften; Feder Feder. 447 mit zwei Schäften; Hauptſchaft viel ſtärker als der Afterſchaft; Afterſchaft obliteriert. Die Vertheilung oder Anordnung der Federn über dem Körper bezeichnet man als die Pteryloſis. Die Contourfedern ſtehen meiſtens in regelmäßig geordneten Gruppen, von Nitzſch Fluren (Pterylae, d. h. Federwälder) genannt; zwiſchen dieſen Fluren befinden ſich federloſe oder nur mit Daunen bedeckte Züge, Raine (Apteria). Die Stellung und Aus- breitung der Federfluren iſt der größten Man— nigfaltigkeit unterworfen und bildet ein taro- nomiſch wertvolles Merkmal, wie Ch. L. Nitzſch in ſeinem 1840 erſchienenen „Syſtem der Pterylo— graphie“ in meiſterhafter Weiſe gezeigt hat. Nur bei ſehr wenigen Vögeln (Apteryx, Dro— maeus, Penguine) ſind die Federn ohne Fluren— bildung gleichmäßig über den ganzen Körper verbreitet, ein Umſtand, der ein dem urſprüng— lichen nahekommendes, ſehr altes Verhältnis anzudeuten ſcheint, beſonders wenn man die auf ſo niedriger Stufe ſtehengebliebene Aus— bildung ihrer Federn in Betracht zieht. Die den Schwanz bildenden Steuerfedern ſind ſymmetriſch angeordnet. Da Archaeopteryx an jedem der zahlreichen (mehr als 20 be— tragenden) Schwanzwirbel je ein Paar Steuer- federn trug, jo iſt es höchſt wahrſcheinlich, daſs der fächerförmige Schwanz der jetzigen Vögel durch Verkürzung und durch Verringerung der Zahl der Schwanzwirbel entſtanden iſt. Dieſer Vorgang wird in Bezug auf die Skelettheile des Schwanzes noch jetzt vom Vogelembryo wiederholt. Die Zahl und Form der Schwungfedern iſt taxonomiſch wichtig. Die am Unterarm, ſpeciell an der Ulna befeſtigten werden als Schwungfedern zweiter Ordnung oder als Arm— ſchwingen (Rectrices cubitales s. secundariae) von denen erſter Ordnung oder den Hand— ſchwingen (Reetrices primariae) unterſchieden. Die letzteren werden von Mittelhandknochen und den Gliedern des zweiten Fingers getragen. Während die Zahl der Armſchwingen beträcht— lich wechſelt (nur 6 bei den Kolibris; 9 bei den meiſten Singvögeln, wie Schwalben, Lerchen, Sperlinge; 14 bei der Ente; 12— 27 bei den Raubvögeln und bis zu 40 beim Albatros), ſind bei weitaus den meiſten Vögeln 10 Hand— ſchwingen vorhanden. Eine mehr, nämlich 11, finden ſich bei Störchen und beim Flamingo und bei einigen Hühnervögeln. Bei den Lerchen, Sperlingen, Schwalben u. a. iſt die Terminal- feder, die jog. erſte, ſehr klein geworden, und bei den Finken, Bachſtelzen und Piepern (Anthus) iſt dieſelbe Feder ganz verſchwunden; in letz— terem Falle ſpricht man von „9 Handſchwingen, die erſte fehlend“. Da kein Vogel bekannt iſt, der weniger als 9 Handſchwingen beſitzt, ſo empfiehlt es ſich, um obigen widerſinnigen Aus— druck zu vermeiden, die Handſchwingen vom proximalen Ende, d. h. vom Ellenbogengelenk an zu zählen. Der bedeutende Unterſchied zwiſchen Schwalben und Thurmſeglern wird dann ſofort klar und correct ausgedrückt: Schwalben mit 10 Handſchwingen, deren ter— minale, die 10. rudimentär; Cypselus mit 10, deren terminalſte die längſte. Ferner Bachſtelzen mit nur 9 Handſchwingen, alle völlig entwickelt; oder Flamingo mit einer 11. terminalen, kleinen Schwinge. Die ſog. „Schnepfenfeder“ gehört nicht zu den Schwungfedern, ſondern iſt die terminale Deckfeder erſter Ordnung. Die Farben der Federn zerfallen in folgende Gruppen: I. Objective chemiſche Farben. Die— ſelben ſind direct durch Pigment hervorgebracht. Wir können mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daſs ſchwarze, rothe, braune und gelbe Federn, die ihre Farbe unter verſchiedenen Stellungen zum Licht und Auge nicht verändern, vom Pig— ment herrühren. Es kommen jedoch auch Com— plicationen vor, wie z. B. eine Unterlage von Schwarz verbunden mit einer oberen Schicht von Roth, Dunkelroth hervorbringt. Hieher gehören 1. vor allem ſchwarz; das betreffende Pigment „Zoomelanin“ iſt ſehr allgemein im Thierreich verbreitet; 2. braun, Zooxanthin; 3. roth, Zooerythrin und Zoorubin, z. B. im Gefieder der Flamingo, Ibis, Cardinal, Kakadu und in den rothen Augenlidern des Auerhahnes. Ein eigenthümlicher rother Farbſtoff, Turacin, findet ſich in den Federn der Turacos oder Helmvögel; er läſst ſich durch Waſſer auswaſchen und ent— hält metalliſches Kupfer; 4. grüngelbes Zoofulvin. II. Objective Structurfarben. So be- zeichne ich Farben, welche ihr Erſcheinen keinem Pigment, ſondern einer beſonderen Structur der Federn verdanken, und welche zu gleicher Zeit unabhängig von ihrer Stellung zum Licht und Auge ſind, außer zu durchfallendem Licht. Hie— her gehören: 1. vor allem weiß; es gibt kein weißes Pigment, weder im Thier- noch im Pflanzenreich. Weiße Federn verdanken ihre Farbe dem Umſtande, daſs das Licht von den Molecülen und Luftzellen der farbloſen Horn— ſubſtanz unzählig oft gebrochen und reflectiert wird. Einfache Reflexion von der glatten Ober— fläche erzeugt den „Glanz“. Das Iriſieren, Spielen in den Farben des Regenbogens, häufig an ſchwarzen und weißen Federn zu beobachten, fällt unter das Geſetz der Gitterfarben und der Farben dünner Plättchen. 2. Blau und violett. Blaues Pigment iſt in Federn bisher noch nicht chemiſch nach gewieſen worden. Sämmtliche blauen Federn enthalten nur bräunliches Pigment. Eine blaue Papageienfeder gegen das Licht gehalten, ver liert dieſe Farbe. Dasſelbe iſt der Fall, wenn man eine ſolche Feder zerquetſcht. Mithin ver dankt fie die blaue Farbe ihrer Structur. Fig. 19 zeigt die Structur einer kobaltblauen Feder einer Pitta. Auf eine Schicht von braunem Pigment folgt eine durchſichtig farbloſe Lage von prismatiſchen Zellen von ungefähr 0006 mm Durchmeſſer; auf der Oberfläche dieſer Prismen iſt ein Syſtem von faſt unmerkbar kleinen Rillen bemerkbar; der Abſtand je zweier Rillen ſcheint bisweilen weniger als die Länge einer Licht welle zu betragen, (Länge einer rothen Licht— welle 00007 mm). 3. Gelb ſcheint Häufig nicht durch Pig— ment, ſondern durch ein Oberflächenſyſtem von 448 feinen Längsrillen hervorgebracht zu werden; wenigſtens zeigen die meiſten gelben Federn (3. B. Pitta, Picus, Arachnothera, Psittacula) eine ſolche Structur. Der Rillenabſtand variiert von 0˙0005—-0˙00 mm. 4. Grün. Nur bei Turacos hat man bis jetzt grünes Pigment gefunden. Alle anderen grünen Federn enthalten nur Zoofulvin oder auch bräunliches Pigment; wahrſcheinlich wird vermöge ihrer Oberflächenſtructur gelbes in grünes Licht umgebrochen (vielleicht Fluore— ſcenz). III. Subjective Structurfarben, d.h. die Farbe der Federn hängt unbedingt von der jeweiligen Stellung zum Licht und Auge ab. Sämmtliche Farben des Regenbogens können auf dieſe Weiſe hervorgebracht werden. Solche Federn enthalten ein dunkles Pigment und be— ſitzen eine homogene farbloſe Deckſchicht, welche prismatiſch wirkt (ſ. Fig. 17). Hieher gehören die fog. metalliſchen Farben der Federn. Es folgt hieraus, dajs es bei Beſchreibung und Co— lorierung von ſolchen Vögeln von größter Wichtigkeit iſt, auf ihre Stellung zum Licht und Auge zu achten, um Fehler zu vermeiden. Es wurden deshalb vom Verfaſſer dieſes Auf— ſatzes (Proceedings of the Zoological Society, London 1882) die drei Hauptpofitionen mit folgenden Bezeichnungen vorgeſchlagen. Poſition A. Das Auge des Beſchauers be— findet ſich zwiſchen dem Vogel und dem Licht; Auge und Licht nahezu in gleicher Ebene mit der zu betrachtenden Stelle. Poſition B. Der Vogel ſteht ſenkrecht zum Auge und zum Licht; die gewöhnliche Stellung, in welcher farbige Gegenſtände beſchrieben werden. Poſition C. Der Vogel befindet ſich in der— ſelben Ebene wie das Auge und das Licht, aber zwiſchen beiden. Unterſucht man einen Kolibri oder andere ſchillernde metalliſche Farben beſitzende Vögel in dieſen Stellungen, jo findet man, daſs die meiſten metalliſchen Federn in Stellung A ſchwarz erſcheinen, während ſie in Stellungen zwiſchen A, B und C Durch verſchiedene Farben des Regenbogens gehen, bis ſie in Stellung C wieder ſchwarz erſcheinen. Ein Glanzſtar (Lam- protornis) wechſelt von Schwarz durch Goldgrün, Grün, Blau und Violett wieder ins Schwarze; andere Vögel von Kupferroth ins Grüne; oder von Smaragdgrün ins Blau und Dunkelviolette. Eine und dieſelbe Stelle einer Pfauenfeder kann ſämmtliche Farben des Regenbogens in ihrer natürlichen Folge zeigen. Gw. Feder. In der Mechanik ein Stück Me— tall o. dgl., welches vermöge ſeiner Elaſtieität in die Gleichgewichtslage zurückzukehren ſtrebt, wenn eine äußere Kraft dasſelbe aus dieſer Lage entfernt hat. In der Handfeuerwaffentechnik werden die Federn meiſt als bewegende Kraft im Schloss (ſog. Schlag- oder Spannfedern) be— nützt, kommen jedoch auch zur permanenten Ausübung eines Druckes und um irgend einen Theil an einen anderen anzudrücken, ſowohl im Schloss (Stangenfeder ꝛc.) als an anderen Stellen des Gewehres vor. Feder. — Federalaun. Die Schlagfedern, welche mittelſt der durch Hebelwirkung verſtärkten Kraft des Schützen zu— ſammengedrückt (geſpannt) werden, ſind entweder ein= oder zweiſchenkelige (auch einarmige, zwei— armige, doppelarmige genannt) Plattfedern oder ſog. Spiralfedern; erſtere beſtehen aus einem zweckmäßig gebogenen (Zeichnung ſ. unter Art. Schloſs) ſehr harten und elaſtiſchen Stahl- ſtreifen, letztere aus Stahldraht, welcher ſchrau— benartig um einen Cylinder- (ſeltener Kegel-) Mantel gewickelt iſt. Der verwendete Stahl mujs von tadelloſem, ſehr gleichmäßigem Gefüge ſein (Federſtahl) und wird nach dem Ausſchmieden der Feder, bezw. nach dem Umwickeln (Spiral- feder) gehärtet und entſprechend angelaſſen, ſo daſs der erforderliche Grad von Härte und Elaſticität erreicht wird. Die einarmige Platt- feder pflegt an demjenigen Ende, mit welchem ſie befeſtigt iſt, ſtärker zu ſein als an dem an— deren Ende; ihre Biegung derart, dajs die Spannung der Feder ſie der geraden Linie nähert; das freie Ende greift entweder unmit— telbar am Schlagbolzen an und ſucht dieſen vorzuſchnellen, oder es ſetzt eine Welle (Nuſßs) in Drehung. Zweiarmige Schlagfedern wirken ähnlich, nur mit größerer Kraft. Spiralfedern wirken faſt nur in der Richtung ihrer Achſe, in welcher ſie (in der Regel) den Schlagbolzen vorzuſchnellen trachten; ihre Bezeichnung als Spiralfeder iſt inſofern unrichtig, als ſie ja nicht, wie z. B. die Unruhefeder in der Uhr, eine in einer Ebene liegende Spirale und meiſt über— haupt keine Spirale darſtellen; der Name hat ſich aber, ſeit Dreyſe dieſe Feder mit Glück in die Schloſstechnik einführte, vollkommen einge— bürgert und dürfte ſchwerlich durch die richtigere Benennung als cylindrifche Schraubenfeder ver— drängt werden können. Die Kraft der Schlagfedern wird durch Belaſtung mit Gewichten bis zur Grenze ihrer Inſammendrückbarkeit, bezw. bis die einarmige Feder eine gerade Linie bildet, geprüft; eine gute Schlagfeder im Gewehrſchloſs der Jagd— feuerwaffen muss einen Druck von 6—7 kg ohne Nachlaſſen der Elaſticität dauernd ausüben können; bei Militärgewehren pflegt man 9—12 kg anzunehmen. Die oft erörterte Streitfrage, ob als Schlag— feder eine ein- oder zweiarmige Platt- oder eine Spiralfeder vorzuziehen ſei, iſt inſoferne eine müßige, als hierüber die anderweitige Schlojs- conſtruction zu entſcheiden hat; beide Federarten können mit gleichem Erfolge, ſowohl was die abſolute Kraft als die Schnelligkeit der Wirkung anbelangt, hergeſtellt werden. In der Holzinduſtrie 2c. find bei zu⸗ ſammengepafsten Stücken Federn vorſtehende Längsſtreifen des einen Theiles, welche in eine Vertiefung (Nuth oder Nuthe) des anderen Theils paſſen und ſo den Zuſammenhang her— ſtellen. Th. Jederalaun (Haarſalz) nennt man waſſer⸗ haltige, in vulcaniſchen Gegenden im Alaun— ſchiefer, in Alaunerde und auf alten Gruben- bauten vorkommende Salze, die aus Aluminium⸗ ſulfat mit Kalium-, Eiſen-, Calcium-, Magne⸗ ſiumgehalt, aus Eiſenoxydulalaun oder Bitter- ſalz beſtehen. v. Gn. Fam ET een De x senschaften. ädie der Forst u. Jagdwis p Encrklo H. Gadow. del. Lith.Anst.v.Th.BannwarthWien, +20 8 & 25 — — E 3 = 5 = — * = — - ri — 8 on 5 = > I Jederegge, ſ. v. w. Ingermann'ſche Wald— egge, deren Zähne mit Stahlfedern in Ver— bindung ſtehen, woher der Name, unter welchem ſie in der Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, 1886, p. 375, beſchrieben und abgebildet iſt (ſ. Waldegge). Gt. Federhaken, der, Inſtrument zum Span- nen der Federn (ſ. d. V.), bezw. zum Zerlegen der Schlöſſer oder Eiſen. „Federhacken, iſt ein Inſtrument von Stahl gemacht, vermittelſt welchem man leichterdings die Schlöſſer des Gewehres zerlegen und wiederum zuſammen— ſetzen kann.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 117. — „Federhaken iſt ein Inſtrument, das man beym Zerlegen der Gewehrſchlöſſer benutzt, um die Schloß-Federn damit zuſammen— zudrücken.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 103. — Behlen, Wmſpr., 1809, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. — Grimm, D. Wb. III., p. 1400. — Sanders, Wb. I., p. 660 b. E. v. D. Federhafper, die Haſpel zum Auf- wickeln von Federlappen. „Federhaſpel iſt die Winde, auf welche die Federlappen aufge— wunden werden.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 117. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 103. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. — Grimm, D. Wb. III., p. 1401. — Sanders, Wb. I., p. 700 a. E. v. D. Federkräftig, adj., nennt man ein Eiſen mit ſtarken Federn; vgl. Feder V. Diezel, Nieder— jagd, Ed. VI, 1886, p. 463. — Sanders, Wb. I., p. 1008 a (nur übertragen). E. v. D. Jederlkappen, die (pl.), ſeltener Feder— ſpiel (ſ. d. II), Lappen, welche ſtatt aus Stoff— ſtücken wie die Tuch- und Wimpellappen aus Federbündeln hergeſtellt werden, ſ. Jagdzeug; richtiger iſt der weniger gebräuchliche Ausdruck Federſpiel, ſ. d. IV. „Etzliche (Weydleute) . . . holen ein zwey | oder mehr gute gebundt oder trachten Reyſer etwan eines Schues oder zwey nach gelegenheit eins von dem andern einge— itecfet | veſt vnd wol daſs es der Wind nicht vmbwehet | Vom Seh rückwerts an einen guten Weg als wann mit einem gebundt Feder— lappen geſchneitelt würde.“ Aitinger, Bericht v. d. Vogelſtellen, Caſſel 1653, p. 133. — „Die Federlappen find gar ein altes Herkom— men...“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, II., fol. 56. — Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., fol. 232. — Göchhauſen, Notabilia Venatoris, Nürnberg und Altdorf 1731, p. 228. — Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 30, 35. — „Federlappen, auch Federſpiel nennt man die an dünne Leinen angebundene Federn, mit welchen man die Felder und Hölzer verlappet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. — Onomat. forest. I., p. 723. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 241. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, I., p. 104. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, IV., p. 97. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 103. — Behlen, Wmſpr., 1827, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 337. — R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 74. — Grimm, D. Wb. III., p. 1403. — Sanders, Wb. II., p. 27e. E. v. D. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. Federbarometer. — Federrücken. 449 Federbarometer, ſ. Barometer. Lr. | Federfein, das, oberdeutſch Federl, Federle, der Schwanz des Haſen, manchmal auch des Rothwildes; in beiden Anwendungen ſelten und nur local; vgl. Blume, Blümchen, Wedel, Ende, Fahne, Fähnlein, Pürzel, Sterz, Ruthe, Rüthlein, Stange, Standarte, Lunte. „Der Hirſch hat ein Federle, und keinen Schweif.“ Pärſon, Hirſchgerechter Jäger, 1734, fol. 79. „Bey dem Rothwildpret heißet der Schwanz: die Blume, an einigen Orten ſpricht man auch: der Sturz, ferner das Förzel, item: Federle . . . Bey dem Haſenwildpret: das Blümgen, anderſtwo: das Federle.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 205. — „Federl, einige ſagen aber auch Blume oder Fähnel, alſo wird des Haaſens ſein Schwänzel benahmt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. „Der Schwanz (des Haſen), in der Jägerſprache Blume, an einigen Orten Federlein oder Federle genannt. . .“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. IJ, 1797, IV., p. 18. — Fehlt bei Grimm u. Sanders. E. v. D. Federmotten, Pterophorina und Alueitina, zwei zuſammen kaum ein halbes Hundert Arten umfaſſende Kleinſchmetterlingsfamilien, deren erſtere ſich durch auffallend ſchlanken Bau, langen dünnen Körper, lange Beine, mehr oder minder 2lappige Vorder- und meiſt tief drei— theilige Hinterflügel auszeichnet, während die Arten der Alueitinen im allgemeinen plumper gebaut und beſonders durch ihre kurzen Beine und 6fiedrig getheilten, breiten Flügel von jenen ſich ſcharf unterſcheiden. Die Arten ſind für den Forſtbetrieb gleichgiltig. — Die Be— zeichnung „Federmotte“ wird übrigens auch häufig für den richtigeren Namen Federſchabe (Tineola biselliella Hum.) gebraucht. Hſchl. Federn, verb. trans. u. reflex. I. trans. ſ. v. w. krellen, d. h. ein Wild mittelſt eines Krell- oder Federſchuſſes (ſ. d.) anſchweißen; ſelten. „. . . dies nennt man den Feder- oder Krellſchuſßs und jagt daher: das Wild iſt gekrellt oder gefedert.“ E. v. d. Boſch, Fährten- und Spurenkunde, 2. Aufl. 1886, p. 57. „Der (Reh-) Bock iſt gefedert oder ge— krellt.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 172. — Hartig, Lexikon, Ed. II, 1861, p. 189. II. Einem Vogel Federn abſchießen, ohne ihn ſonſt zu verletzen; aus der Literatur nicht belegbar, nur bei Sanders. III. S. v. w. abfedern, ſ. d. IV. reflex. S. v. w. fiedern, a Federn bekommen, mauſern; ſelten. Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 118. — Hartig J. e. — Grimm, D. Wb. III., p. 1405 (nur III.). — Sanders, Wb. I., p. 422 b. E. v. D. Jederrücken, der, heißt beim Elch-, Roth⸗, Dam-, Reh-, Gems⸗, Stein- und Schwarzwild der vordere Theil des Rückens, alſo jener, an welchem die Federn, ſ. d. III., haften. „Der Hirſch hat einen Federruck und keinen Rücken.“ Pärſon, Hirſchgerechter Jäger, 1734, fol. 79. — „Federruck iſt der Rückgrath.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 152. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, J., p. 306. — „Federrücken heißt die vordere Hälfte des Rückgrathes beym Roth-, Dams, Reh⸗ und Schwarzwilde.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, 29 450 Federſchuſßs. p. 103. — Behlen, Wmſpr., 1827, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. — Laube, Jagdbrevier, p. 252. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. II., p. 796b. E. v. D. Jederſchuſs, der, ein Schuſs, mittelſt deſſen ein Stück Haarwild an den Federn (. d. III.) oder am Federrücken verletzt wird; da ein ſolcher Schujs krellt, wird er auch Krellſchuſs, ge— nannt; doch nennt man auch einen Schujs, welcher einen anderen Theil des Wildkörpers, z. B. das Geweih krellt, einen Krellſchuſs, und in dieſem Falle (ſo bei Boſch) iſt die Bezeich— nung Federſchuſs unrichtig. „Federſchuſs heißt der Anſchuſs, wodurch der nach oben ge— kehrte Theil des Halswirbelknochens von der Kugel mehr oder minder ſtark berührt, daher erſchüttert wird, auch Krellſchuſs, Prallſchuſs.“ Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 118, IV., p. 331. — „Trifft die Kugel einen der auf dem Rückgrat nach oben ſtehenden kleinen Knochen, alſo eine der ſog. Federn, oder einen der nach oben liegenden kleinen Theile des Halswirbel— knochens, oder auch das Geweih am unteren Ende, oder gar den Roſenſtock, ſo ſtürzt das Wild durch die gewaltige Erſchütterung, reſp. Betäubung ſofort zuſammen ... Dies nennt man den Feder- oder Krellſchuſs.“ E. v. d. Boſch, Fährten- und Spurenkunde, 2. Aufl. 1886, p. 57. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 172. — Sanders, Wb. II., p. 1026 a. E. v. D. Gewöhnlich bricht das Wild bei einem Feder— ſchuſs infolge desſelben im Feuer zuſammen, ſchlägt zuerſt, auf dem Rücken liegend, mit den Läufen um ſich, verſucht, je nach dem Grade der Verletzung, nach kürzerer oder längerer Zeit ſich wieder aufzuraffen, wird meiſt zuerſt vorn, dann auch hinten hoch, und ſobald es erſt einmal auf den vier Läufen iſt, ſofort flüchtig. Es iſt Regel, daſs der Jäger ſich beeilt, ſobald er die ange— gebenen Zeichen bemerkt, dem angeſchoſſenen Stück den Fang zu geben (j. abfangen, abnicken und Fangſchuſs), da es ſonſt ſicher entkommt. Ein ſpäteres Eingehen des Wildes infolge eines Federſchuſſes iſt im allgemeinen nicht zu be— fürchten. v. Ne. Jederſchütze, der. I. S. v. w. Flugſchütze, d. h. ein Schütze, welcher anf Flugwild gut eingeſchoſſen iſt. „Ein Lauf- und Flug⸗ oder Federſchütze heißet ein ſolcher Jäger, der ſich im Schießen ſo per— fectioniert hat, dajs alles, was ihm vor die Flinte kommt, nicht weit mehr hinweg kann.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 168. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. II. Ein Jäger, der ſich nur mit der Feder- wildjagd befaſst. Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., fol. 331, 342. — Döbel, Ed. I, 1746, III., fol. 104. — Onomat. forest. I., p. 725. — Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 7. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, I., p. 27. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 103. — J. M. Bechſtein, Jagdwiſſenſchaften, 1820 —22, I., p. 9. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. — Laube, Jagdbrevier, p. 252. — Grimm, D. Wb. III., p. 1406. — Sanders, Wb. II., p. 1030 a. E. v. D. — Federſpiel. Jederſpiel, das. I. In der Beizjagd. a) Die Beizjagd, d. h. das Spiel mit Vögeln; obwohl dieſe Bedeutung die urjprüng- liche ſein dürfte, iſt ſie gleichwohl im Mhd. und auch ſpäter nur ſelten gebraucht; viele vielleicht hieher gehörige Stellen ſind auch zweifelhaft, d. h. auch auf die Bedeutung b) bezogen denf- bar. „Scal unde vederspil dez ist in minis hern hove vil.“ König Rother, 298. — „Got hat der herren harte vil, die tynt alsam daz vederspil.“ Der Stricker, Cod. ms. Vindob. no. 2705, a. d. XIII. Jahrh., no. exxlij, v. 1, 2. — „Die Falcknerei oder das Falckenfeder⸗ ſpil.“ Ch. Etienne, Deutſche Ausgabe, Frank⸗ furt a. M. 1579, fol. 702. b) Der Beizvogel ſelbſt, nur mhd. und änhd. „Würfel, ros und vederspil triegent ofte, swerz merken wil.“ Der Renner, v. 12.476. — „Wip unde vederspil die werdent lihte zam.“ Der von Kürenberc, Bartſch, Lieder— dichter, p. 3. — „Da waeren valken veile und andre schoene vederspil.“ Gottfried v. Straßburg, Triſtan und Iſolde. — „Da ez (daz terzel) wart gechleit als man veder- spil chleiden sol.“ Der Stricker I. c., no. cexlv, v. 6—7. — „lr vederspil da jagete den kranch od’ swaz vor im dä vlouc.“ Wolfram v. Eſchenbach, Parcival, 400, 2. — „Man ge- sach ouch nie vederspil sö manegen schoe- nen fluc getuon.* Hartmann v. Aue, Exec, v.2041. — „Ich waen man lieg uyndt so vil sam da man sait von vederspil, von gejaid vnd paiz...* (zu a?) Der Teichner, Von valch- neren, im Cod. ms. Vindob. no. 2901, fol. 146 v. — „Zwin solde ich füren hinnen ditze schoene vederspil.“ „Swie ungerne Rüedeger arbeit sich mit vederspil, einez ich im noch geben wil.“ Biterolf u. Ditleib, v. 7000, 7032. — „Do si nü mit dem vederspil der kurze- wile dühte gnuoe...“ (zu a?) Heinrich v. Frei⸗ berg, Triſtan, v. 1144. — „Das loblich ist an federspil, das mag man an im (dem falken) schawen.“ Der Minne Falkner, str. 8. — „Leydt⸗ hund, wynd, rüden vnd bracken On koſten füllen nit jr backen; des glich hund, vogel, väder- ſpil bringt als keyn nutz vnd koſtet vil.“ Seb. Brand, Narrenſchiff, Von vnnutzem Jagen, v. 5—8. — Eberhard Tapp, Weidwerck vnd Federſpil, 1542, c. 1. — Ch. Eſtienne J. c., fol. 659. — Vgl. Beizjagd, p. 543. 8 c) Das Luder oder der Vorlaſs, ſ. d.; die jüngſte Bedeutung. „Etliche (Falcken) aber ſein wiederumb, welchen man die Federſpil oder die Vorloß zeigen und bieten muß. Dasſelbig iſt aber ein Inſtrument gleich wie von zweien zuſamen gebundenen Vogelfettichen daran henckt ein Windſtrick, vnd am ende iſt ein Häcklein aus Horn gemacht.“ „. . . ſondern man muß den Falken auch zum Luder Federſpil oder Vor⸗ laß gewöhnen.“ Ch. Eſtienne 1. c., fol. 710, 714. — Neuw Jag- vnnd Weydwerckbuch, Frank⸗ furt a. M. 1582, II., fol. 11, 12, 13. — P. Creszenzi, Deutſche Ausgabe, ibid. 1583, fol. 429. — Hohberg, Georgica curiosa, Ed. IV, Nürn⸗ berg 1716, III., 2, fol. 352. — Onomat. forest. I., p. 725. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, 8 Federſpieler. — Fehlen. 451 p. 103; Lexikon, Ed. I, 1836, p. 479; Lb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 50. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, p. 357. II. S. v. w. Federwild, ſelten und ver— altet. Chr. W. v. Heppe I. e. Vgl. J. Friſius, Diet. latino-german., Ti- guri 1541, fol. 136 v. — J. Maaler, Die teutſch ſprach, ibid. 1561, fol. 129 b. — G. Heniſch, Teutſche Sprach vnd weisheit, Augsburg 1616, fol. 1033, 41. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. II/2, p. 503 a. — Lexer, Mhd. Wb. III., p. 39. — Grimm, D. Wb. III., p. 1407. — Sanders, i IL, p. 11376. E. v. D. Jederſpieler, der, nur mhd., ſ. v. w. Falk⸗ ner. „Vederspiler.“ Oſterr. Weisthümer, 244, 26, 28. — Lexer, Mhd. Hwdb. III., p. 39. E. v. D. Federvieh iſt nach § 499 a. b. G. B. von der Weide ausgeſchloſſen, wenn deſſen Zulaſſung nicht ausdrücklich geſtattet iſt. Über Pfändung, bezw. Erſchießung des un— berechtigterweiſe in Waldungen eingelaſſenen Federviehes ſ. „Pfandrecht“. Mcht. Federweidwerk, das — Federwildjagd, veraltet. „Was aber heut das beyſſen | oder das Federweydwerck mit dem Falden | Plau— fuffen | Habichen vnd Sperbern anlanget ...“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt 1579, fol. 702. E. v. D. Federwild, das, auch Federwildbret. Sammelname für alle zur Jagd gezählten Vögel; vgl. Federſpiel II, Gefieder II, Gebeize, Geflügel, Wildgeflügel, Gevögel, Flügelwerk. Vorzugsweiſe gilt der Ausdruck nur für die nützlichen, d. h. eſsbaren Vogelarten, manchmal aber und ſeit neuerer Zeit ziemlich allgemein auch für die Raubvögel. „WJewol das Federwild— preth | als Aurhanen Aurhennen | Haſel Feldthüner | Wachtel vnnd dergleichen...” Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 65 r. — „Reb⸗, Faß⸗ vnd Amerhiener, Und dergleichen Feder Wildpret.“ „Die Auffahnung des Edlen Feder Wildtprets als Reb, Faßl, Awer vnd Pürckhüener und dergleichen . ..“ Maxi- milian II., Jagdinſtruction v. J. 1575, hrsg. v. Dudik, p. 23, 61. — „Dieſe Wände müſſen eigentlich verwaret werden mit Graß oder dünnen leichtem ſtaube gleich den Kybitzwän— den vnnd wo ſich diß Federwildpreth (die Wildgänſe) niedergibt . . .“ Aitinger, Bericht von dem Vogelſtellen, Caſſel 1653, p. 665. — Döbel, Ed. I, 1746, J., fol. 42; II., fol. 166; III., fol. 120, 183. — „Federwildpret, auch Geflüge, Flügelwerk und Federgeſpiel benennt. Hierunter wird alles Vogelwildpret verſtanden, es ſey nun eßbar oder nicht, wovon dann erſteres das Edle, das andere aber das Raubgeflüg heißet. Auerhahnen, Trappen, Birkhahnen, Gänß und Enten, iſt großes, das übrige klein Ge— flüge.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. — „Federwildpret, lat. Ferae aves. Vola— tilium Ferina, frz. Gibier, wird alles wilde Geflügel genennet, welches man gemeiniglich in drey Sorten eintheilet, davon einiges zur hohen Jagd, einiges zur Mitteljagd, und einiges zur Niederjagd gezehlet wird.“ Onomat, forest. I., p. 726. „Federwild heißt alles eßbare Wild— geflügel.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr. 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 357. — Laube, Jagd⸗ brevier, p. 252. — „Nützliches Federwild.“ „Schädliches Federwild.“ R. R. v. Dom⸗ browski, Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 142, 194, 238, 440. — Grimm, D. Wb. III., p. 1410. — Sanders, Wb. III., p. 1603 c. — Frz. le gibier. E. v. D. Federwildjagd, die — Jagd auf Feder⸗ wild, ſ. d E. v. D Federwolken, ſ. Cirren und Wolken. Gßn. Jederzeit, die, die Zeit der Mauſer, ſ. d. und Rauhe; ſelten. „Die Federn wachſen dem Auerhahn gegen den Sommer in der Rau— oder Federzeit.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 44. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Fege, die, ſ. Fähe. E. v. D. Jegen, verb. trans., meiſt mit Auslaſſung des Objectes „Baſt“, bezeichnet das Abſtreifen desſelben von dem völlig verreckten Geweih oder Gehörn bei allen Hirſcharten; ſeltener iſt jetzt ſchlagen oder abſchlagen, welche Aus— drücke im Anhd. die allgemein giltigen waren. Vgl. Gefege. „Von Erkanntnuß des Fegens vnd ſchlagens. GEwöhnlich fegt der alte Hirſch ſich an die junge Baum.“ J. du Fouilloux, über). v. J. Wolff, Straßburg 1590, fol. 31 r. — „Woher kommt es, daß vielmahls die Hirſche ihre Gehörne nicht vollkommen verrecken, die— ſelben nicht abſchlagen (fegen) oder wohl gar ſchwürige und knotichte Gehörne behalten?“ Göchhauſen, Notabilia venatoris, Nürnberg und Altdorf 1734, p. 16. — „Der Hirſch, ſo er ſein Gehörn wieder aufgeſetzet und verecket hat, ſo ſchlegt oder feget er den rauchen Baſt ab.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 8. — „Der Hirſch ſchläget oder feget ſein Gehörn, um ſolches gegen den Auguſt von dem rauhen Baſt zu reinigen, welches auch von denen Damhirſchen und Reheböcken geſchiehet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 160. — Onomat. forest. I., p. 727. — „Sobald das Gehörne völlig ver— reckt, und die gehörige Härte erhalten hat, ſo fangen die Hirſche an zu fegen, das heißt ſie reiben das harte Gehörne an Bäumen, um es von der rauhen Haut, dem Baſt zu entledigen, unter welcher es ſeinen Wachsthum erreichet hat. Ich habe bemerket, daſs dieſes Fegen oft in einer Nacht geſchiehet . . .“ Mellin, Anltg. z. An— lage v. Wildbahnen, 1779, p. 131. — Wildun— gen, Neujahrsgeſchenk 1796, p. 14. — Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 130. Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 24, 88, 96. — Grimm, D. Wb. III., p. 1413. Sanders, Wb. I., p. 422 c. E. v. D. S. a. Wildſchaden. Hſchl. Jehe, die, ſ. Fähe. E. v. D. Jehlen, verb. trans. — fehlſchießen, oft mit Auslaſſung des Objectes; local auch her— fehlen, verfehlen, pudeln, verpudeln, verpatzen. „Der groß Waidman .. hat geſchoſſen mitt aim poltz xxvj haſſen vnd nie gefelt.“ Kaiſer Maximilian I., Geheimes Jagdbuch, Cod. ms. Vindob. no. 2837, fol. 190 r. — „Vermerkh 29 * 452 der jchüs, jo dy f. D. im verſch. 60. Jarr ge— than vnd gefalt.“ Jagddiarium des Erzherz. Ferdinand v. J. 1560, Cod. ms. Vindob. no. 8304. — „Fehlen, heißet, wenn Jemand ſchießet und die Kugel wo anderſt hinflieget und gehet.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — „Fehlen, das iſt, mit dem Schuſſe nicht treffen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 118. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1827, p. 54. — Grimm, D. Wb. III., p. 1425. — Sanders, Wb. I., p. 424 a. E. v. D Fehlen, ſ. v. w. einen Fehlſchuſs machen, heißt, den bezielten Gegenſtand nicht treffen, bei demſelben vorbeiſchießen. Die gewöhllichſten Urſachen des Fehlens ſind: J. Unrichtiges Zielen und Abkommen, alſo Fehler, welche der Schütze begeht (j. Schieß— kunſt). 2. Schlecht ſchießende und ſchlecht liegende Gewehre (j. Einſchießen) und mangelhafte Mu— nition (.. d.). 3. Außere Einflüſſe, durch welche die Ge— ſchoſſe von ihrer normalen Bahn abgelenkt oder aufgehalten werden, wie Wind, Bäume, Zweige ar. Der Wind hat, wenn er von der Seite kommt, auf den Kugelſchuſs einen merklichen Einfluſs, indem er das Geſchoſs umſomehr nach der der Windrichtung entgegengeſetzten Seite treibt, je länger und ſenkrechter zur Ge— ſchoſsbahn er auf dieſelbe einwirkt, je ſtärker er iſt, und je geringer Geſchwindigkeit und Caliber des Geſchoſſes ſind. Zwar iſt auf nähere Entfernungen, etwa bis 100 m, die auch durch den ſtärkſten Sturm hervorgerufene Ablenkung eines Geſchoſſes nicht bedeutend und beträgt bei Anwendung ſtarker Ladungen höchſtens einige Centimeter (bei geringer Anfangsgeſchwindigkeit ſteigert ſich dieſe Abweichung wohl bis 30 em), dieſelbe nimmt jedoch mit der Entfernung ziem- lich ſchnell progreſſiv zu und kann auf 300 bis 400 m ſchon mehr als Im betragen. Wind gerade von vorne oder von hinten beeinflujst die Flugbahn eines Geſchoſſes auf nahe Entfer— nungen in jo geringem Maße, daſs Fehlſchüſſe dadurch nicht veranlasst werden, macht ſich aber auf weitere Entfernungen wohl bemerkbar und verurſacht ziemlich bedeutende Höhendifferenzen in der Flugbahn. Beim Schrotjchujs iſt der ge- ringen Entfernung wegen, auf welche man von demſelben Gebrauch macht, der Wind auf die Richtung des Streuungskegels von keiner prak— tiſch bedeutſamen Einwirkung. Wohl zu unterſcheiden von der eben be— ſprochenen directen Einwirkung des Windes auf die Flugbahnen der Geſchoſſe, obgleich den gleichen Effect hervorbringend, iſt der indireete Einfluss desſelben auf die Sicherheit des Zielens und Abkommens (j. Schießkunſt). Beim Schießen im Walde wird ſehr häufig deshalb gefehlt, weil der ganze Schujs oder ein Theil desſelben durch einen Baum oder durch Aſte aufgehalten wurde, hinter welchen ſich das Wild befand. Es gehört kein geringer Grad von Übung dazu, im Stangenholz, ſelbſt im geſchloſſen ſtehenden Hochwalde auf flüchtiges Wild gerade in einer Lücke abzukommen, und Fehlen. — Fehljagd. ſehr viele Fehlſchüſſe, ſowohl mit Schrot als auch mit der Kugel, ſind auf Rechnung dieſer Schwierigkeit zu ſetzen; der Schütze kann ganz gut in Bezug auf das vorbeiwechſelnde Wild abgekommen ſein, hat aber in der Eile nicht beachtet, dajs ein Baum, eine Stange oder ein Aſt ſich in der Schuſsrichtung befand. Beim Kugelſchufs kommt außer dem aufhaltenden Widerſtand dieſer Hinderniſſe auch noch in Be⸗ tracht, daſs durch dieſelben das Geſchoſs, be— ſonders bei einer ungeeigneten Form der Spitze und bei geringer Fluggeſchwindigkeit, leicht von ſeiner normalen Bahn abgelenkt wird; ſogar ganz dünne Zweige und dichtes Laubwerk können dem Geſchoſs eine derartig veränderte Richtung geben, daſs Fehlſchüſſe hiedurch veranlaſst werden. Es iſt daher nach Möglichkeit zu ver— meiden, mit der Kugel durch Zweige zu ſchießen, welche ſich zwiſchen dem Schützen und dem Wild befinden, beſonders dann, wenn dieſe hindernden Gegenſtände dem Schützen näher als dem Wilde ſind. v. Ne. Fehler, ſ. Ausgleichungsrechnung. Jehlerdreieck, ſ. Meſstiſchoperationen (ſpe— Pothenot'ſches Problem). Lr. Fehlflug, der, ſ. v. w. Fehlſchuſs II. — P. de Crescenzi, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1583, fol. 434. E. v. D. Feßhlhatz, die, Hatz, bei welcher das ge- hetzte Wild nicht gefangen oder erlegt wird. Le Verrier de la Counterie, Normänn. Jäger, Münſter 1780, p. 77. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 54. — Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 180; Ed. II, 1861, p. 190. — Sanders, Wb. I., p. 70e. E. v. D. Fehling'ſche Löfung dient zum Nachweis und zur Beſtimmung von Dextroſe, Maltoſe u. ſ. w. Sie wird dargeſtellt, indem man 34°630 8 durch Umkryſtalliſieren gereinigten Kupfervitriol in 300 CC Waſſer löst; ferner 173g kryſtalli⸗ ſiertes Seignetteſalz in 400 CC Waſſer und hiezu 100 CC Natronlauge mit 300 g Natrium: hydroxyd in 11 Waſſer. Zum Gebrauche wer⸗ den gleiche Raumtheile dieſer Löſungen zuſam— mengegoſſen. v. Gn. Fehljagd, die, oder Fehljagen, Jagd, bei welcher nichts oder doch nicht jenes Wild zur Strecke kommt, auf welches ſie veranſtaltet war; namentlich bei beſtätigten und eingeſtellten Ja⸗ gen; ſelten das verb. intrans. fehljagen. „Fehljagen wird dasjenige benennt, wenn etwas beſtättet oder eingekreiſet worden zu ſein angegeben wird, beim Vertreiben aber nichts zu finden; ingleichen wenn ein Thier vor einen Hirſch angeſagt wird; und endlich wenn man auf einer Jagd nicht glücklich geweſen, wird geſagt, es iſt fehlgejaget worden.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 119. — „Fehl- jagen heißet dasjenige Jagen, wo der Jäger, der es eingerichtet, ſchlechter und weniger Wild— pret ins Abjagen bringet, als ſein Rapport von dem Wildpret, das er im Jagen haben ſoll, gelautet hat.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehr⸗ prinz, p. 81, 266. — „Fehljagen iſt ein ſolches, worin man dasjenige nicht findet, worauf eigentlich die Jagd gemacht wurde.“ Hartig, ciell Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. — Laube, Jagdbrevier, 88 Fehlrück. — Feilen. 453 p. 252. — Keller, Die Gemſe, 1886, p. 495. — Grimm, D. Wb. III., p. 1430. — Sanders, Wb. I., p. 827 a. E. v. D. Jehlrück, der oder das, mit dunkler Ety- mologie (verdorben aus Federruck?), local für das Rückgrat des Damwildes. „Feelruck heißt das Rückgrat beim Damwilde.“ Behlen, Wmſpr., 1827. E. v. D. Jehlſchuſs, der. I. Ein Schuſs mit dem Gewehr, der das Ziel nicht trifft, auch Fehler; vgl. Fehlen. „An— fänglich werden die Hunde von etlichen ange— henckt damit] wann ein Fehlſchuſs wäre fie nicht umſonſt ſonderlich die jungen erſt abgerichteten Hunde | ſich bemühen müſſen.“ Hohberg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 712. — „Fehlſchuſs iſt dieſer, wo man dasjenige nicht trifft, wornach geſchoſſen worden.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 120. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. II. Wenn ein Beizvogel vergebens auf ein Wild ſtieß, ſagte man: er that einen Fehl— ſchufs. „Der Habich was er in ſeinem erſten anflug nit ereilt das leſst er vngefangen vnd folgts ſelten nach Dann ſo er ein fälſchuſs thut] ſtellet er ſich vor zorn inn einen Baum.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim, 1560, fol. 921. — Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Straßburg 1580, fol. 605 (wörtlich dasſelbe). — Grimm, D. Wb. III., p. 1431. — Sanders, Wb. II., p. 1026 b. E. v. D. Jehlſchütze, der, entweder allgemein ein ſchlechter Schütze, oder ein Schütze überhaupt, der in einem ſpeciellen Fall gefehlt hat, in Be— zug auf dieſen; ſelten. „. . . Solch ein Monolog und, wenn dies angienge, überdies noch durch die verblüffte, von unſäglicher Borniertheit verklärte Phyſiognomie des Fehlſchützen illu— ſtriert ...“ R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 90. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Jehlzug, der. Wenn man beim Fang von Vögeln in Netzen, die mit Zugleinen gehand— habt werden, zu früh oder zu langſam zieht und infolge deſſen nichts fängt, ſo nennt man dies einen Fehlzug. Hohberg, Georgica cu— riosa, 1682, II., fol. 825. — Grimm, D. Wb. III., p. 1432. E. v. D. Jehmelbetrieb, ſ. v. w. Plenterbetrieb. Der Ausdruck Fehmeln oder Femeln ſoll von femellae (Weibchen) herſtammen und von der Hanfzucht hergeleitet ſein, bei welcher man die männliche Pflanze, die man früher für die weibliche gehalten haben und als femellae be- zeichnet haben ſoll, auszieht oder „ausfemelt“, Hienach würde ſich die Schreibart „femeln“. alſo ohne h, rechtfertigen. Da jedoch die Her— kunft des Wortes von femella nicht zweifels— frei iſt, ſo ſchreibt man es heute vielfach, der Ausſprache mit gedehntem erſten e folgend, mit h (ſ. Plenterbetrieb). Gt. FJaeßmelſchlagbetrieb, ſ. Plenterſchlagbe— trieb, Plenterbetrieb. Gt. Jeichblatt, das, ſ. Feuchtblatt. E. v. D. Feiertage. Das Geſetz vom 25. Mai 1868, R. G. Bl. Nr. 49, beſtimmt in Artikel 13 Fol— gendes: „Niemand kann genöthigt werden, ſich an den Feier- und Feſttagen einer ihm fremden Kirche oder Religionsgeſellſchaft der Arbeit zu enthalten. An Sonntagen iſt jedoch während des Gottesdienſtes jede nicht dringend noth- wendige öffentliche Arbeit einzuſtellen. Ferner mujs an den Feſttagen was immer für einer Kirche oder Religionsgenoſſenſchaft während des Hauptgottesdienſtes Alles unterlaſſen werden, was eine Störung oder Beeinträchtigung der Feier zur Folge haben könnte. Dasſelbe iſt bei den herkömmlichen feierlichen Proceſſionen auf den Plätzen und in den Straßen zu beobachten, durch welche ſich der Zug bewegt.“ Nachdem der Artikel 16 ausdrücklich erklärt, daſs „alle dieſen Vorſchriften widerſtreitenden Beſtimmungen der bisherigen Geſetze und Verordnungen, auf welcher Grundlage ſie beruhen, und in welcher Form ſie erlaſſen ſein mögen, ebenſo wie all— fällige entgegenſtehende Gepflogenheiten, auch inſoferne ſie hier nicht ausdrücklich aufgehoben wurden, fernerhin nicht mehr zur Anwendung zu bringen ſind“, ſo iſt auch Artikel 16 der jagdpolizeilichen Vorſchriften (Erlaſs des Mi— niſteriums des Innern vom 15. December 1852, Z. 3681), „an Sonn- und Feiertagen dürfen keine Treib⸗ und Kreisjagden ſtattfinden“, durch das obeitierte Geſetz aus dem Jahre 1868 (interconfeſſionelles Geſetz) auf— gehoben. Anläſslich einer Berufung wurde dies ſpeciell für Niederöſterreich durch den Er— laſs der Statthalterei vom 23. November 1877, Z. 36.095, anerkannt und erklärt, daſs gegen die Abhaltung von Kreis- und Treibjagden an Sonn- und Feiertagen ein Anſtand nicht ob— walte, mit der geſetzlich begründeten Einſchrän— kung, daſs in der Nähe des Gotteshauſes wäh— rend des Gottesdienſtes eine Störung nicht verurſacht) werde (ſ. außerdem Flößerei und Forſtſchutz). Mcht. Jeigblatt, das, ſ. Feuchtblatt. E. v. D. Feigenblatt, das, ſ. Feuchtblatt. E. v. D. Feigenborkenkäfer, ſ. Hypoborus ficus Er. Hſchl. Jeilbietung, ſ. Execution. Mcht. Feilen. Feilen und Raſpeln find Werk— zeuge, welche zur Lostrennung kleiner Material— theilchen von der Oberfläche (Feilſpäne, Raſpel— ſpäne) zum Zwecke der Formvollendung der Werkſtücke dienen. Die Geſtalt der Feilen und Raſpeln iſt den Umriſſen nach ſo ziemlich dieſelbe; beide ſind zumeiſt langgeſtreckte ſchmale Platten, verjüngen ſich mitunter gegen die Enden hin und ſind an der Arbeitsfläche entweder eben oder gewölbt. Die Formen des Querſchnittes der Feilkörper ſind überaus mannigfaltig: ein Quadrat, ein Rechteck, ein Dreieck, ein Kreis, ein Rhombus, ein Halbkreis, ein Rechteck oder Dreieck mit abgeſtutzten oder abgerundeten Kanten u. ſ. w. Das Material, aus dem dieſe Werkzeuge geformt werden, iſt: Gerb- oder Rohſtahl, Cementſtahl, für feine und kleine: Gufsſtahl, ſelten Eiſen mit aufgeſchweißtem Stahl oder gar Guſseiſen. Die beiden letzteren Materialien finden nur für Feilen, u. zw. bei der Metall— bearbeitung Verwendung. Die Formgebung der Körper der Feilen und Raſpeln geſchieht durch Schmieden. 454 Von den Stahlſtangen wird, nachdem der Körper und die Spitze in der erſten Hitze ge— bildet wurden, auf dem Abſchrote das paſſende Stück abgehauen und in der zweiten Hitze das Ausſtrecken der Angel (jenes ſpitz zulaufenden Endes, woran das Heft befeſtigt wird), das Richten und das Einſchlagen der Fabriksmarken vorgenommen. Als Unterlage für die Schmiedearbeit dient ein ſchmiedeeiſerner Hauamboß, 30— 100 kg ſchwer, mit flach verſtählter Bahn, ohne Hörner 220—300 mm lang, 125—150 mm breit, der auf einem maſſiven Holzblock aufruht. Nach dem Schmieden erhalten die Stahl— ſtücke durch Schleifſteine von ca. 1—1˙5 m Durch- meſſer ca. 20—30 em Breite, ſeltener durch Feilen die genauere Form und werden dann in einem Ofen geglüht und langſam erkalten ge— laſſen, damit ſie für die nachfolgende Feil— hauarbeit hinreichend weich ſind ). Die Schneiden der Feilen werden durch einen Meißel mittelſt eines Hammers einge— hauen. Das Ergebnis der Hauarbeit heißt Hieb. Der Meißel iſt breiter als die Feile und wird unter einem Winkel von 78—86 zur Längsachſe des Feilkörpers aufgeſetzt. Die Schneide des Meißels iſt zweiſeitig, zugeſchärft, geradlinig, concav oder convex, je nachdem die Arbeitsfläche der Feile eben, gewölbt oder hohl iſt; der Kantenwinkel der Schneide beträgt für den Unterhieb 50—57°, für den Oberhieb 35—45 °, die Länge des Meißels 60—100 mm, die Schneidbreite 3—50 mm. „Unterhieb“ be— bedeutet die Reihe paralleler Furchen, die durch die Hauarbeit zuerſt auf der Arbeitsfläche des Feilkörpers hervorgebracht werden. Folgt durch eine zweite Furchenreihe, die erſte kreuzend, eine Verwandlung der prismatiſchen Schneiden in pyramidale Spitzen, ſo heißt der zweite Hauſchlag Oberhieb. Die Meißel zum Hauen der Raſpeln haben keine Schneide, ſondern eine dreiſeitige pyrami— dale Spitze; man hat auch eine ſehr ſchmale zungenförmige Schneide vorgeſchlagen. Bei den Feilen unterſcheidet man, wie ſchon oben angedeutet, einhiebige und doppel— oder kreuzhiebige. Bei den einhiebigen Feilen laufen die Schneidkanten zu einander parallel unter einem Winkel von ca. 70° gegen die Achſe des Werk— zeuges. Beim Doppelhiebe erhält das Stahlſtück zuerſt den Unterhieb oder Grundhieb von rechts nach links, dann werden die Schneiden mittelſt Feilen oder Schleifen abgeſtumpft und abge— glichen, worauf der Ober- oder Kreuzhieb nahezu ſenkrecht zum früheren unter einem Winkel von ca. 50° gegen die Achſe erfolgt. Die beiden Winkel, welche die Schneiden mit der Achſe bilden, ſind d deshalb nicht gleich groß, weil ſonſt die Spitzenreihen mit der Längenachſe parallel zu ſtehen kämen, was einen vermin— derten Angriff bewirken möchte. Die Hämmer für die Feilhauarbeit ſind von gedrungener Geſtalt mit ſchwach convexer ) Eine andere Methode der Herſtellung von Feil⸗ körpern iſt die ſeinerzeit dem William Gray in Sheffield patentierte durch Walzen mit unterbrochenem Caliber. Feilen. Bahn, haben keine Finne und einen eigenthümlich gekrümmten kurzen Griff, ca. 180-300 mm lang. Der Hammer wird derart bewegt und iſt ſo gebaut, daſs nur das Handgelenk die ganze Action vollzieht. Das Gewicht der Hämmer ſchwankt zwiſchen 22g und 5 kg. Als Unterlage für die Feilhauarbeit dient ein Hauamboß mit flach verſtählter Bahn, die ein Viereck von ca. 180 mm Länge und ca. 80 mm Breite bildet, mit einer ſpitzen Angel am unteren Ende, welche in einem vierſeitigen oder cylindriſchen Holzklotz von ca. 600 mm Höhe und 250—370 mm Dicke ſteckt, der durch eiſerne Klammern am Fußboden befeſtigt wird. Bei kleineren Hauamboßen findet ſich manchmal ein Fortſatz der Bahn. Um die Feilen auf der Unterlage feſtzu⸗ halten, benützt der Feilhauer einen langen end— loſen Riemen. Iſt die eine Fläche der Feile bereits bearbeitet und ſoll nun als Auflager dienen für das Hauen der zweiten, ſo müſſen Bleiplatten, Haubleie unterlegt werden. Dieſe Bleiplatten ſchwanken in ihren Dimen— ſionen von 10:60:100 mm bis 30:80 :450 mm; für runde und dreieckige Feilen haben die Platten die entſprechenden Rinnen. Für faconnierte Feilen kommen bei der Feilhauarbeit zwiſchen Feile und Amboß mit Rinnen verſehene Haugeſenke, die ca. 75 mm lang, 36—50 mm breit und 25 mm hoch ſind. Die Haugeſenke werden auf den Geſenkamboß (aus Eiſen, ca. 200 mm lang, 100 mm breit) ge= legt, deſſen horizontale Bahn ihrer ganzen Länge nach mit einem 18 mm tiefen Falz ver- ſehen iſt, ſo breit als die Geſenke, aber keil— förmig zulaufend. Feilen, die Geſenke zur Her— ſtellung bedürfen, werden, obwohl die Stahl— ſtücke bereits die entſprechende Form haben, in drei Hitzen fertig geſtaltet. Feilenhaumaſchinen ſind noch verhältnismäßig ſelten in Gebrauch. Nachdem die Feilen gehauen ſind, müſſen ſie vor Roſt bewahrt werden und kommen zu dieſem Zwecke in Kalkwaſſer. Bevor die Feilen den nächſten Proceſs, die Härtung durchmachen, erhalten ſie einen Über⸗ zug, der je nach der Fabrik verſchieden iſt und 3. B. aus Kornmehl und Kochſalzlöſung beſteht. Nachdem der Überzug trocken iſt, werden die Feilen in Coaksfeuer oder in geſchloſſenen Muffenöfen rothglühend gemacht und dann raſch vertical in möglichſt reines Waſſer (Regenwaſſer) getaucht. Nach dem Härten legt man die Feilen in ſtark verdünnte Schwefelſäure, um die nach— folgende Reinigung zu erleichtern, welche durch Bürſten, Kratzen, eine mit Karden beſetzte Trom— mel, die unter Waſſer läuft, u. ſ. w. erfolgt. Sind die Feilen rein, ſo werden ſie ſchnell auf heiße Eiſenplatten gelegt und noch warm mit Baumöl eingerieben. Die Feilſpitzen ſind meiſt ſtumpf abge— ſchnitten und manchmal ohne Hieb. Die gewöhnlichen drei Abſtufungen der Feilen ſind je nach dem Hieb grob, mittel und fein und werden danach Grob-, Baſtard— oder Vorfeilen und Schlichtfeilen genannt. Manchmal verwendet man nebſt den beiden letzteren noch die Halbſchlicht- und die Fein- ſchlichtfeilen. ä . Fein. 455 Die Feinheit des Hiebes einer Gattung von | bei Hohlkehlen, Rinnen und concaven Flächen, Feilen kann durch die Anzahl der Einſchnitte des Oberhiebes auf eine Längeneinheit (25 mm) oder durch die Anzahl der Spitzen auf eine Flächeneinheit (1 cm?) beſtimmt werden. Die Arbeit mit den groben Feilen wird das „Beſtoßen“, die nachfolgende das „Schlichten“ genannt. Die Eigenſchaften einer guten Feile ſind: 1. Richtige, zweckentſprechende Form. 2. Gehörige Härte. 3. Reinheit des Stahles, keine Sprünge, Flecken oder Streifen. Beim Anſchlagen auf Stahl ein reiner Ton. 4. Hellgraue Farbe des Stahles. 3. Gehörige Tiefe, Regelmäßigkeit und Gleichheit des Hiebes. Im Handel unterſcheidet man Bundfeilen (3—16 und mehr Stück) und Zollfeilen (nach Dutzenden). Die Länge der Feilen wird dabei ſtets ohne Angel gemeſſen. Die gebräuchlichſten Arten von Feilen, welche auch manchmal der Holzbearbeiter benützt, ſind: 1. Viereckige oder vierkantige Feilen, bei denen alle vier Flächen behauen ſind. 2. Flache Feilen, Anſatzfeilen oder Hand— feilen, faſt gleich breit, wenig bauchig, recht— eckig, eine Schmalſeite ohne Hieb. 3. Spitzflache Feilen, Spitzfeilen, rechteckig mit bauchiger Fläche, ſpitz zulaufend, meiſt alle vier Flächen behauen. 4. Meſſerfeilen, ſchmal keilförmig, ſpitz, alle vier Flächen mit Hieben. 5. Sägefeilen mit dreieckigem, rhombiſchem, kreisrundem, halbkreisförmigem oder rechteckigem Querſchnitt. Die dreieckigen Feilen, 80 —300 mm lang, dienen meiſtens zum Schärfen der Sägezähne. Die Seitenflächen der Feilen haben einfachen Hieb; an Stelle der Kanten ſind häufig ſchmale, beſonders gehauene Flächen. Dreiecksfeilen ſind für alle Zähne, welche eine gerade Bruſt haben, verwendbar. Bei ſehr ſpitzem Winkel benützt man Feilen mit rhombiſchem Querſchnitt. Rundfeilen von 120—250 mm Länge wer— den für Gatterſägenblätter mit Wolfszähnen zum Ausfeilen der bogenförmigen Begrenzung der Zahnlücke, der Gurgel, benützt. Zum Abgleichen der Zahnſpitzen werden gewöhnlich Mühlſägefeilen mit rechteckigem Querſchnitt, deſſen eine Seite durch einen Halb— kreis erſetzt iſt, verwendet. Die Länge iſt 150 bis 350 mm. Die Feile kann etweder parallel— kantig oder gegen die Spitze zu ſchmäler, dann aber mit convex abgerundeten Seitenkanten aus— geführt ſein. 6. Halbrunde Feilen im Querſchnitt einen Kreisabſchnitt von 90— 1205; flachhalbrund bei 30— 402; ſpitz zulaufend. Die Fläche und die runde Seite ſind gehauen. 7. Runde Feilen, Kreisquerſchnitt, ſpitzig; kleine runde Feilen heißen Rattenſchwänze. 8. Vogelzungen. Der Querſchnitt ein Bogen— zweieck, ſpitz, mit zwei verſchiedenen converen Flächen. 9. Riffelzungen, verſchieden gebogen, dienen zur Bearbeitung von Stab- und Leiſtenwerk, einſpringenden und vertieften Theilen, und wer— den hauptſächlich vom Bildhauer gebraucht. Die Feilen können auf Holz nur bei den härteſten Holzarten zur Verwendung gelangen, da ſich bei weichem Materiale der Hieb zu leicht verſtopft. Aber ſelbſt zur Herſtellung ebener Flächen werden die Raſpeln nicht benöthigt, da dies beſſer und leichter durch Hobeln geſchieht. Man verwendet die Raſpeln faſt nur zur Aus- bildung unebener, runder Flächen, die z. B. mit dem Stechzeug hervorgebracht wurden. Zum Vorarbeiten benützt man grobe Raſpeln, zum Glätten feine. Bei den gröbſten Raſpeln kommen circa 6 Zähne auf den Quadratcentimeter, bei den gewöhnlichen feinſten 60 —70; ausnahmsweiſe ſteigt die Zahl der Zähne auf 150—160. Man unterſcheidet folgende Raſpelarten: 1. Flache Raſpeln, meiſt ſpitzig, auf den Schmalſeiten grober einfacher Feilenhieb. Hieher gehören auch die Anſatzraſpeln, gleich breit, eine Schmalſeite glatt, und die Raſpelfeilen, welche auf einer ihrer breiten Flächen doppelten Feilen— hieb haben. 2. Halbrunde Raſpeln, an den Kanten mit zahnartigen Einſchnitten. 3. Vierkantige Raſpeln; quadratiſcher Quer— ſchnitt, ſpitz, an den Kanten durch Einſchnitte gezähnt. 4. Dreikantige Raſpeln, ſpitz, ebenfalls mit gezähnten Kanten. 5. Meſſerraſpeln, auf den Schmalſeiten mit einfachem Feilenhiebe. 6. Vogelzungenraſpeln. 7. Runde Raſpeln. In beſonderer Weiſe werden dieſelben in England erzeugt. Eine ſpitzige, im Querſchnitt quadratiſche oder ſechs— eckige Stahlſtange, welche auf allen Kanten ein— gefeilte oder durch den Meißel eingehauene Kerben beſitzt, wird im glühenden Zuſtande ſchraubenartig gewunden. 8. Riffelraſpeln, flachviereckig, halbrund, oval u. ſ. w. im Querſchnitte, ſtets gekrümmt. Hiezu gehören auch die zungenförmigen Kolben— raſpeln mit ovalem Querſchnitte und rund auf— gebogenem Ende. Scheibenförmige Raſpeln werden manchmal angewendet, um z. B. die äußere Form von Futteralen raſcher und leichter zu bearbeiten. Dieſes Princip wurde bei der Conſtruction der Raſpelmaſchine' benützt, welche als kleine Dreh— bank ſtatt der Spindel eine eiſerne Achſe trägt, auf welcher zwei kreisrunde Scheiben mit Raſpel— hieb befeſtigt ſind. Karmarſch⸗-Hartig, Handbuch der mecha— niſchen Technologie, I. Bd., Leipzig, Baum— gärtners Buchhandlung, 1875. — Karmarſch⸗ Heerens Techniſches Wörterbuch, III. Bd., Prag 1878, Verlag der Bohemia. — W. F. Exner, Die Handſägen und Sägemaſchinen, 1. Bd., Weimar 1878, Bernh. Friedr. Voigt. — Egbert-Hoyer, Lehrbuch der vergleichenden mechaniſchen Technologie, Wiesbaden, C. W. Kreidels Verlag, 1878. Er. Fein, adj. Man ſchießt mit feinem, ge— ſtrichenem, vollem oder grobem Korn, je nach— dem man die Mücke nur zur Hälfte, nur mit 456 Feindeswahl. — Feißt. der oberſten Kante oder aber voll im Ein— ſchnitte des Büchſenviſiers aufſitzen lässt. d. , Wmſpr., 1829, p. 55. — Hartig, Lexik., Ed. I 1836, p. 180, und Ed. II, 1861, p. 190. — Keller, Die Gemſe, 1886, p. 495. S. Viſiervor— richtung und Schießkunſt. E. v. D. Feindeswahl, ein Ausdruck der Selections⸗ lehre in Bezug auf das zwiſchen Feind und Beute beſtehende Verhältnis; es erhalten ſich im Laufe der Zeiten bei einer arg angefeindeten Art, wenn ſie nicht ganz unterliegen ſoll, nur die am beſten mit activen und paſſiven Ver— theidigungswaffen ausgerüſteten Varietäten, an— dererſeits aber auch bei den Raubthieren alle die mit den beſten Kampfeswaffen ausgeſtatteten Abänderungen. In dieſem Sinne iſt bei den einen Thierarten die Faſsbarkeit (ſ. d.), die Ent— rinnbarkeit, die Giftigkeit, Ekelhaftigkeit, der Trutzgeſtank u. ſ. w., bei den angreifenden Arten die Erblickbarkeit (ein Raubthier will ſo ſpät als möglich geſehen werden), die Ausbildung von Angriffswaffen ꝛc. in Betracht zu ziehen. Kur. FJeiſch, der, auch Faiſch oder Faſch, in bayriſch⸗ öſterreichiſcher, ſeltener auch in ſchwä— biſcher Mundart ſ. v. w. Schweiß, ſ. d. Es iſt möglich, daſßs das Wort aus Feißt — Fett entſtanden iſt, doch iſt es in dieſer Bedeutung — außer einer zweifelhaften Stelle in der deutſchen Ausgabe von Charles Eſtienne (ſ. d. bei Feißt) — nicht belegbar, weshalb Schmel- lers und Grimms Interpretation von Hirſch⸗ feißk — Hirſchſchweiß 110 iſt. „Die Jäger trinken der Gemſe Faiſch als gut wider den Schwindel.“ Hohberg, Georgica curiosa, Nürn— berg 1682, II., fol. 688. — „Der Hirſch hat Schweiß oder Fa ſch, und kein Blut.“ Pärſon, Hirſchger. Jäger, 1734, fol. 80. — „Schweis, man ſagt auch Faſch oder Faiſch, heißet das Geblüt bey Hunden und allem haaricht- und gefiedertem Wildpret. „C. v. Heppe, Aufr. Lehr- prinz, p. 368, 115. — „Schweiß, Faiſch, Färt, Gemerk, will ſo viel ſagen als Blut; denn alles edle und unedle Wildpret hat, nach Jäger Manier geredet, kein Blut, ſondern Schweiß oder a Chr. W. v. Siber, Wohlred. Jäger, p. 273. — Behlen, Real- Verb.⸗ Lexik. Fil. p. 190. — Schmeller, Bahr Wb. I., p. 574. — Grimm, D. Wb. III., p. 1465. — Sanders, Wb. I., p. 414 a. E. v. D. Feiſchen, verb. intrans., auch faiſchen oder faſchen, von Feiſch, ES ſchweißen. „Der Hirſch und Thier ſchweißt oder faſchet, und blutet nicht.“ Pärſon, Hirſch— gerechter Jäger, 1734, fol. 80. — „Die Sauen .. Sie ſchweißen, faſchen oder geben Gemerke.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 112. — Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 574. — Grimm, D. Wb., p. 1465. E. v. D. Jeiſchhund, der, auch Faiſch- oder Faſch— hund, ſ. v. w. Schweißhund; vgl. Feiſch. Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 190. — Sanders, Wb. I., p. 803 c. E. v. D. Feiſchſchnur, die, auch Faiſch- oder Faſchſchnur, ſ. v. w. Schweißſchnur, ſ. d. „Hornfeſſel heißet der doppelt gepappte, mit glänzendem Korduanleder überzogene lange doppelte Riemen, daran zu unterſt das kleine Reiterhorn, oder auch ein Zinke mit dem Horn— ſatz, oder Schweis- oder Faiſchſchnüren, und der Roſe über dem Horn eingebunden oder an= gefeſſelt iſt ... Es haben aber die Schweis— ſchnüre das Recht, daſs, wenn ſie ein Jäger aufdocket und damit von ſeinem Anſtand bis zum Anſchuſs und Schweiß miſſet, und ſie accurat dahin reichen, er hernach, z. E. jeinen angeſchoſſenen Hirſch, wenn er ſich in des Grenz⸗ nachbars Revier geflüchtet, ohne Anfrage dahin verfolgen darf.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 258. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 128. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik VII., p. 190. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Jeißt, das, richtiger als die übliche Schreib— weiſe Feiſt, da das Wort vom ahd. feizit, feizt, mhd. veizet, veizt, Particip von veizen, abgeleitet iſt, das Fett des edlen hohen Haar⸗ wildes, ſeltener des Wildes überhaupt; vgl. Weiß, Fett, Unſchlitt, Talg. „Etliche Jäger trincken die röth vnd feißt (des Rothwildes).“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1579, fol. 670. „Feeſt] heißt man das Fett an den wilden Thieren.“ Täntzer, Ed. I, Kopen⸗ hagen 1682, I., fol. 11. — „Feiſt, Fett an wilden Thieren.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1729, Anh., fol. 106. — „Das Feiſt des Hirſches .. Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 18. — „Feiſt, Faift, oder Weiß, Inſchlitt, auch Talg, iſt das Fett von dem Rothwildpret, und wenn ein Hirſch oder Thier gut von Leibe, wird ge⸗ ſprochen: Er oder es hat viel Weiß, oder es iſt feiſt, oder auch es macht gut Inſchlitt; doch wird dieſes nur feiſt oder weiß geheißen, was auf dem Zemmer liegt, das andere heißet Talg oder Inſchlitt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 120—121. — Mellin, Anwſg. z. An⸗ lage von Wildbahnen, 1779, p. 135, 155. — J. Chr. Heppe, Jagdluſt, 1783, II., p. 133. — „Feiſt iſt nur im Oberdeutſchen für Fett üb⸗ lich.“ Onomat. forest. IV. (Nachtrag v. Stahl), b. 258. — „Alles Wild hat kein Fett, ſondern Feiſt.“ D. a. d. Winkell, Ed. I, 1805, I., p. 146. „Feiſt wird das Fett des Roth-, Damz, Reh- und Schwarzwildes genannt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104, und Lexik., Ed. I., 1836, p. 181, und Ed. II, 1861, p. 190. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 35, und Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 140, VI., p. 224. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Grimm, p. 1467, 1468. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 293. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 50. — Sanders, Wb. I., p. 429. E. v. D. Jeißt, adj. — fett, von allem Wilde, vor⸗ zugsweiſe aber nur vom hohen und edlen Haar— wilde und in älterer Zeit von Beizvögeln. a) Vom Haarwild: „Ein feiztez rech.“ Hartmann v. Aue, Iwein, v. 3902. — „Wann abber die haber zidig wirt | jo iſt er derenn aller liebſten vnnd wirt feyſt daruonn vnnd ſtricht glatg vnnd rond vſs.“ Cuno v. Winnen⸗ burg, Abh. v. d. Zeichen d. Rothhirſches a. d. XVI. Jahrh. — „Der groß waidman hatt z waj ſtuck⸗willdt jn ain ſchus geſchoſſen vnd als Er die Pluetthuntt daran hatt gehetzt da iſt noch ain friſch ſtuckwildt mit den Zwaien gefelt wordn, wellichs wildt mit wündt, fayſt vnd friſch geben.“ Kaiſer Maximilian J., Geheimes Jagdbuch, Cod. ms. — Feißte. — Feißtzeit. Vindob. no. 2837, fol. 189 v. — „So er (Hirſch) fi nun feiſt und ſchwer vermercket | jo begiebt er ſich nicht an die Orte | jo von Menſchen durchwandert werden . . .“ Schröder, Neue luſtige u. vollſt. Jagd⸗Kunſt, 1717, p. 452. „Der Hirſch iſt feiſt und nicht fett.“ „Die Sauen ſind feiſt. ..“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 24, 90. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 121. — Grimm, D. Wb. III., p. 1471. — Sanders, Wb. I., p. 429. b) Von Beizvögeln: „Wirt dein falke alezu feiſt, So beſſe yn mit waſſir jneden.“ Eberhard Hiefelt, Aucupatorium herodiorum II., c. VII; Altd. Weidwerk I., 1886, p. xxxiij. — „Wenn der habch deſ ſumers ſtill ſtät . . . jo ſol man jn jo vaſt machen dz er ſelb ablaj von dem eſſende.“ Von dem Federspil, Cod. ms. Monac. no. 5 a. d. J. 1462. — „Wenn der habich des ſummers ſtill ſteet ... jo ſoll man jn vayſt machen vnnd ſol jn laſſen eſſen biß dz er ſelb auff höret.“ Id. op. unter dem Titel Ein ſchons buchlin von dem beyſſen, Straß— burg 1510, fol. 11 v. — „Lern wie du dein wedirſpiel haldiſt, das is niht czu ueiſt nach czu mager jey...“ Abh. v. d. Beizjagd a. d. XV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2977, fol. 171 v. — „feißt.“ P. de Crescenzi, Deutſche Ausgabe s. I. 1493, X., c. 4. — „feyſt.“ Eber⸗ hard Tapp, Weidwerck vnnd Federſpil, 1543, c. 24. — „feiſt.“ W. Ryff, Thierbuch, 1544. — „Die Raubvögel werden alle Jar im Anfang des Herbſts feißter [dann ſonſt zu anderer Zeit ...“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Straß— burg 1580, fol. 605. E. v. D. Jeißte, die, der Zuſtand des Fettſeins, oder ſpeciell wm. die Zeit, in welcher ein Wild vorzugsweiſe feißt iſt; heute im erſteren Sinne nicht mehr, im letzteren nur ſelten gebräuchlich, meiſt vertreten durch Feißtzeit, ſ. d. a) Vom Rothwild, faſt nur temporal, u. zw. ſpeciell als Bezeichnung der knapp vor der Brunft liegenden Zeitperiode, in welcher dasſelbe am feißteſten iſt; vgl. a. Hirſchfeißte. „Item ez ist auch geteilt uf den eyt, daz ein grefe von Hennenberg reht habe drystunt zu jagen: und das ist eyns in der veiste, daz ander in der roete, daz dritte in der brunft.“ Urkunde v. J. 1326, Monum. boica XXXIX,, fol. 277. — „Des ersten wie man hirsz suchen sol in der faistin.“ „Die rogen sint die besten geäcz, aber by disen gäczten solt du suchen czu rechter faisztin.“ Abh. v. d. Zei⸗ chen d. Rothhirſches a. d. XIV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2952, fol. 98v. — „So die feyſte anhebt. ..“ „Zu der zeitt der feyſten . ..“ Cuno v. Winnenburg, Abh. v. d. Zeichen d. Roth— hirſches a. d. XVI. Jahrh. — „In den Fron— wälden . . . da iſt jr wonung gern in der Feißten.“ Nos Meurer, Ed. I, Pfortzheim 1560, fol. 93 r. — „Güte heißet eigentlich die Feiſte (S das Fettſein) des Roth-, Tann-, Schwarz— wildprets.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 114. — „Dieß Zeichen wird der Schrank oder das Schränken genannt und wird aus der Breite des Schranks die Breite und Feiſte des Hir— ſches erkannt.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 148. b) Von Beizvögeln, Zuſtand des Fettſeins. 457 „Welich valke bey rechter ueiſt vnluſtig iſt . . .“ Abh. v. d. Beizjagd a. d. XV. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2977, fol. 174 r. — „Mann ſol auch mercken ſeyn (des habichs) vayßt vnnd ſeyn mägrin ſeyn täte vnd ſeyn geläſſe vnd darnach ſol mann ſich richten.“ „Vuderweyl gillt er als ein ar das thut er gern in dem lenczen jo die vogel reygent vnd auch von vayßkeit wegen.“ Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 293 a. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 50, 51. — Grimm, D. Wb. III., p. 1473 (mangelhaft erklärt und fälſchlich auch als neutr.). — Schmeller, Bayr. Wh. PE, p 778 E. v. D. Feißten, verb. intrans. — feißt werden; ſelten. „Wenn der mager habich beginnet vayßten jo geb mann jmm darnach mer kröpff.“ Ein ſchons buchlin von dem beyſſen, Straßburg 1510, fol. 111. — Fehlt bei Grimm. — San— ders, Wb. I., p. 429 b. E. v. D. Jeißthirſch, der, der Rothhirſch in der Feißtzeit. „Das Edelwild und namentlich der Feiſthirſch läſst ſich ſchlecht treiben . . .“ „Eine ſpeciell für das Jagen auf den Feiſthirſch anwendbare und äußerſt wirkſame Methode ...“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 163. — Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 73. — Grimm, D. Wb. III., 1471 (ohne Erklärung). — Fehlt bei San— ders. E. v. D. Jeißtjagen, das, änhd. auch Faiſtin— oder Feiſtinjagen, Jagd auf Rothwild in der Feiſtzeit; im XVII. und XVIII. Jahrhun— dert findet ſich, namentlich in handſchriftlichen Aufzeichnungen, manchmal auch die verdorbene Form Feſtinjagen, welche wiederholt von neueren Schriftſtellern irrig gedeutet, d. h. auf Feſtjagen, feſtliches Jagen, zurückgeführt wurde, während ſie meiſtens mit Feiſtjagen identiſch iſt. Nur ausnahmsweiſe iſt ſie auch in jener Bedeutung angewendet worden und iſt dann auf das franzöſiſche festin Feſttag zurück— zuführen; ſ. Feſtinjagen bei Gallicismen. „Dieſe (Beſtätigungsjagen) werden früher als die Feiſtjagen angefangen; denn im Junio fängt man jene auf die Hirſche ſchon an . . .“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 153. — „Feiſt⸗ jagen heißt die Jagd auf Hirſche, wenn ſie am beſten ſind.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 35. — Laube, Jagdbrevier, p. 252. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. I., p. 827 a. E. v. D. FJeißtzeit, die, mhd. die veizte, die veiz- tin, änhd. auch Feißte, Hirſchfeißte, Feiſtin— oder Faiſtinzeit, iſt die allgemeine Bezeich— nung für jene Zeit, in welcher das Rothwild am meiſten Feiſt aufgelegt hat, alſo für die Zeitperiode knapp vor Beginn der Brunft (Juli bis Auguſt); ſeltener gilt der Ausdruck auch vom Damwilde. „Faiſt- oder Faiſtin-Zeit, auch Hirſchfeiſte benennt, ſolche fangt ſich an, wenn die Körner zeitigen, und dauert bis zur Prunft. Zu dieſer Zeit ſind die Hirſche am beſten vom Leibe und machen viel Weiß.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 121. — „Feiſtzeit iſt die Jahreszeit, wo das Hochwild am fetteſten (feiſteſten) iſt.“ Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 104; Lexik., Ed. I, 1836, p. 181 und Ed. II, 1861, p. 190. Winkell, Ed. II, 1821, I., p. 150 (vom Damwild). — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55; Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 140, 458 VI., p. 229. — Die Hohe Jagd. Ulm 1846, I., p. 358. „Die eigentliche Feiſtzeit der Hirſche fällt in den Monat Auguſt, und der gut jagdbare Hirſch pflegt um dieſe Zeit bei reichlicher Aſung 6— 10 em hoch Weiß, Feiſt, aufzulegen.“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 20. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Feld, das. Vom Vorſtehhund ſagt man, er „ſteht im erſten, zweiten oder dritten Feld“, d. h. er wird ſeit einem, zwei oder drei Jahren im Felde geführt, iſt ſomit im zweiten, dritten oder vierten Jahre; auch geradezu ſynonym mit Jagdzeit; ſelten vom Wildboden- oder Wind⸗ hunde und von erſteren nur dann, wenn ſie im Feld auf Haſen gebraucht werden. „Man bringe junge (Jagd-, ſ. v. w. Wildbodenhunde) Hunde, die im erſten Felde, d. h. die noch nicht zwey Jahre alt und noch nicht völlig ein- gejagt ſind, nie unter fremde Hunde.“ „Wenn die Hunde die Stubendreſſur erhalten haben, und man nun die Feldarbeit mit ihnen vornimmt, ſo ſagt man, der Hund iſt im erſten Felde, oder er hat das erſte Feld, im folgenden Jahre iſt er im zweyten, im nächſten Jahre im dritten Felde u. ſ. w. Da der Hühner⸗ hund gewöhnlich erſt, wenn er ein Jahr alt iſt, dreſſiert wird, ſo iſt er auch hiernach im zweyten Jahre ſeines Alters im erſten, im dritten Jahre im zweyten Felde u. ſ. w.“ Jeſter, Kleine Jagd, Bd. I, 1797, N p. 72 IV ß Hart, Lehrb. f. Jäger, Ed. I, 1812, Erik, Ed. I, 1836, p. 284. — Vehlen, Real- u. Verb. Lexik. VI., p. 203. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 363. — „Die Jungen (Windhunde), die im März gezeugt wurden, ſind übers Jahr auch brauchbarer als die vom November, die wohl kaum das Feld dann ſchon mitlaufen könnten.“ A. v. Schmeling-Düringshofen, Cor- vin, Sporting Almanach 1844, p. 34. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Feld (in der Waffentechnik) — wie j. Züge. Feld (bezogen auf den Infectenflüge), dgl. area und bei der betreffenden Inſectenordnung. Hſchl. Feldammer, ſ. Gartenammer. E. v. D. Feldarbeit, die, die Abrichtung des Vor— ſteh⸗, bezw. Gebrauchshundes zur Jagd im Felde, im Gegenſatze zu Waſſer-, Wald- und Schweißarbeit; dieſe Ausdrücke ſind, da die Worte Arbeit, arbeiten, ausarbeiten u. ſ. w. eigentlich nur für den Leit⸗ und Schweiß-, eventuell den Dachs hund gerecht ſind, nicht zu empfehlen; außer etwa Schweißarbeit. Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, IV., p. 55 (Citat bei Feld). — Winkell, Ed. II, 1821, II., p. 274. — „Die ge⸗ wöhnliche Regel, nach welcher unmittelbar nach der Stubendreſſur die Feldarbeit, dann die Waſſerarbeit und zuletzt die im Walde folgen ſoll . . .“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, v. E. v. d. Boſch, 1886, p. 37. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Feldbachſtelze, ſ. Brachpieper. E. v. D. Feldbau im Walde, ſ. Fruchtbau. Gt. Feldbaum, der, ſ. v. w. Blattbaum, ſ. d. Onomat. forest. I., p. 729 (Citat b. Blattbaum). — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. I., p. 99 a. E. v. D | | Sn Feld. — Feld- oder Flurbereinigung. Feldbaumwirtſchaft nennt G. L. Hartig die Baumfeldwirtſchaft (Cottas), ſ. d. und Be⸗ triebsarten. Gt. Feldbeize, die, Beize im Felde, ſelten; vgl. Waſſerbeize. „W̃ Waſſerbeytzen | Feldbeitzen. Das ſoltu aber allhier wiſſen] das alle Raub⸗ vögel entweders zum Waſſerbeytzen oder Feld⸗ hetzen (sic!) dienſtlich ſein.“ Ch. Eſtienne, ri Ausgabe, Straßburg 1580, fol. 610. E. v. D Feld- oder Flurbereinigung, auch Ar⸗ rondierung, Ackerumſatz, Schiftung, Grundtheilung, Conſolidation, Verkop⸗ pelung und Separation (Preußen) genannt, beſteht darin, dajs die ſämmtlichen Grundbe⸗ ſitzer einer Gemeindemarkung (oder auch eines Theiles derſelben) auf ihre in dieſer zerſtreut liegenden Grundſtücke verzichten und dafür eine gleichwertige zuſammenhängende Fläche in der Nähe ihrer Wohn- und Wirtſchaftsgebäude er⸗ halten. Mit der Feldbereinigung iſt dann immer auch eine Regulierung der Feldwege verbunden, welche jedoch öfter auch ohne Arrondierung des Grundbeſitzes durchgeführt wird. Es erfolgt hiebei ferner die Theilung etwa noch vorhan⸗ dener Gemeindeweiden, oder es gibt dieſe, wie nach der preußiſchen Gemeinheitstheilungsord⸗ nung vom 7. Juni 1821, die Veranlaſſung zur Zuſammenlegung des Grundbeſitzes. Die mit der Bevölkerungszunahme ein⸗ tretende Nothwendigkeit einer intenſiveren Ge⸗ ſtaltung des landwirtſchaftlichen Betriebes läſst es räthlich erſcheinen, die Dorfgemeinſchaft (Dorfſyſtem), welche auf niederer Culturſtufe die wirtſchaftliche und geiſtige Entwicklung der Gemeindemitglieder fördert, aufzugeben und zu dem Hofſyſteme, bei welchem jeder Gemeinde- angehörige in der Mitte, oder wenigſtens in unmittelbarer Nähe ſeines zuſammenhängenden Grundbeſitzes wohnt, überzugehen, da dasſelbe durch erleichterte Aufſicht, Vermeidung von Zeit⸗ verluſt beim Gehen und Fahren zu den Grund- ſtücken, durch Erſparung von Wegen und Gren⸗ zen ſowie durch die Möglichkeit der Vornahme von nur auf größeren Flächen die Koſten loh⸗ nenden Meliorationen, wie z. B. Bewäſſerungs⸗ und Entwäſſerungsanlagen, bedeutende Vortheile vor der als Folge großer Zerſplitterung des Grundeigenthumes erſcheinenden bunten Durch⸗ einanderlage der Grundſtücke der Gemeinde⸗ markung gewährt. Dieſes Hofſyſtem (Verein⸗ ödung), welches in England, Norwegen, in einem Theile von Spanien und Portugal, in den Alpen ſowie in den Marſchgegenden der norddeutſchen Ebene ſeit den älteſten Zeiten be⸗ ſteht, ſuchte man in Deutſchland ſeiner vielen Vortheile wegen jchon ſeit dem XVI. Jahr⸗ hundert künſtlich durch Austauſch und Zu⸗ ſammenlegung der Grundſtücke einer Gemeinde⸗ markung zu ſchaffen. Die erſte derartige Arron⸗ dierung des Grundbeſitzes fand im Jahre 1540 im ehemaligen Fürſtenthume Kempten ſtatt, der einige andere im XVII. Jahrhundert folgten, und im XVIII. Jahrhunderte, namentlich von 1770 an, kamen dort meiſt ohne Einwirkung des Staates zahlreiche Austauſchungen vor. Auch in Braunſchweig, Naſſau, Schleswig-Hol- ſtein u. ſ. w. begannen in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Feldbereinigungen. . ˙¹0 NE * Feld- oder Flurbereinigung. 459 Die erſten Arrondierungen waren, begünſtigt durch die Graswirtſchaft des Kemptener Landes, vorzugsweiſe auf Verlegung der Wohn- und Wirtſchaftsgebäude in die Mitte des neuen Grundbeſitzes gerichtet, während man dieſelben jetzt im Dorfe beläſst, theils zur Erſparung der Koſten der Neubauten, theils wegen der Vortheile des geſelligen Zuſammenlebens der Gemeindeangehörigen. Nicht möglich tft die Feld— bereinigung, wenn die Markung bezüglich ihrer Beſchaffenheit ſolche Unterſchiede und insbe— ſondere Einſeitigkeiten zeigt, daſs Grundbeſitzer, welche mit ihrem Antheile in eine ſchlechte Feld— lage (3. B. eine von Überſchwemmungen be— drohten, Flugſand u. ſ. w.) fallen würden, ruiniert wären. Nachtheilig wird die Flurbereinigung für Taglöhner, welche nach Durchführung der— ſelben meiſt nur ſchwer noch Parcellen pachten können. i Die Feldbereinigung erfolgt entweder durch freiwilligen Austauſch der Grundſtücke oder durch Entwehrung (ſ. d.), indem die Mehr- heit der Grundbeſitzer die Minderheit zur Ar— rondierung zwingt. Ein ſolcher Zwang iſt jedoch nicht wegen der bloßen volkswirtſchaftlichen Nützlichkeit der fraglichen Maßregel, ſondern nur dann ſtatthaft, wenn die Beſeitigung der Durcheinanderlage der Grundſtücke als eine unabweisbare Bedingung der landwirtſchaft— lichen Entwicklung erſcheint. Geſetze auf dieſer Grundlage gehören erſt unſerem Jahrhundert an, indem die früheren Feldbereinigungen ent— weder freiwillige waren, oder von der Regie— rung auch gegen den Willen der Gemeinden (3. B. Verordnung für Naſſau-Dietz vom Jahre 1784) angeordnet, oder von derſelben kraft ihrer allgemeinen polizeilichen Befugniſſe beeinflusst wurden. Die Geſetze über Feldbereinigung zählen zu den ſog. Agrargeſetzen. Die Reihe der Feldbereinigungsgeſetze er— öffnete die preußiſche Gemeinheitstheilungs— ordnung vom 7. Juni 1821 nebſt Verordnung vom 28. Juli 1838, nach welcher mit der Thei— lung der Gemeindeweiden auch die Arrondierung des bisher gemeinſchaftlich benützten landwirt— ſchaftlichen Grundbeſitzes verbunden werden ſoll. Zur Ermöglichung der Arrondierung für die übrigen Grundſtücke wurde das Geſetz vom 2. April 1872 erlaſſen. In gleicher Weiſe ſchließt ſich in Sachſen das Geſetz vom 14. Juni 1834 an die Gemeinheitstheilungsordnung vom 17. März 1832 an, und wurde die Arron— dierung durch Geſetz vom 23. Juli 1861 auf alle Grundſtücke ausgedehnt. In Bayern trat an die Stelle des Geſetzes vom 10. November 1861, welches keinen Erfolg hatte, das Geſetz vom 29. Mai 1886. Württemberg beſitzt das Geſetz vom 23. März 1862 über Feldweg— anlagen und das Feldbereinigungsgeſetz vom 30. März 1886. Weitere Feldbereinigungsgeſetze beſtehen in Baden (5. Mai 1856), Heſſen (24. December 1857 und 1887), Braunſchweig (20. December 1834), Sachſen-Weimar (5. Mai 1869, in der Hauptſache das ſächſiſche), Sachſen-Meiningen (29. Mai 1855 und 10. Februar 1869), Sachſen-Altenburg (20. April 1857), Sachſen-Coburg (23. Juni 1863), Sachſen-Gotha (5. November 1833, 27. Juni 1856 und 25. Juni 1859), Schwarz- burg⸗Rudolſtadt (7. und 11. Januar 1856), Schwarzburg-Sondershauſen (2. April 1854, 6. Januar 1833 und 14. Juli 1837), Reuß jüngere Linie (8. October 1860) u. ſ. w. In Mecklenburg lehnte der Landtag den ihm im Jahre 1843 vorgelegten Geſetzentwurf über die Verkoppelung der ſtädtiſchen Feldmarken ab, weil dieſe an ſich wohl nützliche Maßregel Zu- ſtände herbeiführen könne, welche außer aller Berechnung lägen. Die Genehmigung der zwangsweiſen Feldbereinigung und die Durchführung derſelben iſt Aufgabe der Staatsbehördeu, u. zw. der Commiſſionen für die Gemeinheitstheilungen u. ſ. w., wie z. B. in Preußen, Sachſen und Braunſchweig, oder der ordentlichen Verwal— tungsbehörden, öfter, wie z. B. in Bayern (Flur— bereinigungscommiſſion) und Baden, mit einer Miniſterialcommiſſion als Centralſtelle. Die Com— miſſäre für die Durchführung der Feldbereini— gung ſind in der Regel Juriſten und nur aus— nahmsweiſe Landwirte, wie in Sachſen, oder Culturingenieure, wie in Heſſen. Die Bethei— ligung der Staatsbehörden an der Feldberei— nigung erfolgt in Bayern unentgeltlich, während in Preußen die Koſten derſelben (Regulativ vom 25. April 1836) von den Betheiligten zu tragen ſind. Die Verhandlungen erfolgen in der Regel ſtempel- und portofrei, und auch für die Ver— lautbarung der Beſitzänderungen und die Um— ſchreibung derſelben in den öffentlichen Büchern werden Staatsgebüren nicht erhoben. Ebenſo fallen die Beſitzveränderungsabgaben an den Grundherrn weg. Den äußeren Commiſſionen ſind für die Schätzung und Vermeſſung der Grundſtücke Landwirte und Geometer zugetheilt, deren Gebüren von den Betheiligten zu tragen ſind. Die Koſtenvertheilung erfolgt entweder, wie z. B. in Preußen, nach Verhältnis der Flächengröße, oder, wie in Bayern, nach der Grundſteuer der eingelegten Grundſtücke. Im Fürſtenthume Kempten wurde anfäng— lich zur Durchführung der Feldbereinigung Ein— ſtimmigkeit der Grundbeſitzer, ſpäter (wie auch in Sachſen, Baden, Heſſen u. ſ. w.) eine Ma- jorität von zwei Drittel verlangt, während nach der preußiſchen Gemeinheitstheilungsordnung ein Viertel der Stimmen genügt. Die neuere Ge— ſetzgebung, wie z. B. jene von Preußen, Bayern und Sachſen, begnügt ſich mit der einfachen Majorität der betheiligten Grundbeſitzer, ver— langt aber, dajs dieſelbe zugleich die einfache Mehrheit des Grundbeſitzes nach ſeiner Fläche und ſeinem Cataſtralreinertrage (in Bayern nach der Grundſteuer) repräſentiert, um zu ver— hüten, dass die kleinen Grundbeſitzer die großen und umgekehrt die letzteren die erſteren in nach— theiliger Weiſe majoriſieren. Dem Zwangsverfahren ſind nicht unter— worfen Gebäude, Bauplätze, Gärten und Park— anlagen, Reben- und Hopfenland, Obſtbaum— und Weidenanlagen, Fiſchteiche und Fiſchzucht— anſtalten, induſtriellen und wirtſchaftlichen Zwecken dienende Gewäſſer, Torflager, Kies— und Erdgruben, Steinbrüche ſowie Grundſtücke, welche zu Taganlagen des Bergbaues, zur Ge— winnung von Foſſilien oder zu induſtriellen 460 Anlagen dienen oder Mineralquellen enthalten. Waldungen, welche ſich zu einer forſtmäßigen Bewirtſchaftung eignen, ſind in der Regel eben⸗ falls ausgeſchloſſen und werden nur beigezogen, wenn der Boden zur Agricultur tauglich iſt (Preußen und thüringiſche Staaten), oder wenn Theile derſelben in das Culturland hinein— ragen oder zur Regelung von Feldwegen nöthig ſind (Bayern). In Bayern ſind auch ausge— ſchloſſen Grundſtücke, welche mit Wohn- oder Wirtſchaftsgebäuden des Grundeigenthümers zu— ſammenhängen, und zuſammenhängende Grund— ſtücke eines Grundeigenthümers von mindeſtens 10 ha. Sollten geſetzlich ausgeſchloſſene Grund— ſtücke zu einer Feldbereinigung unumgänglich nöthig ſein, ſo kann in Bayern (mit Ausnahme der Gebäude und Hausgärten, der Gewäſſer, der Erd-, Kies- u. ſ. w. Gruben, der Stein⸗ brüche und Bergwerksanlagen) die Enteignung derſelben auf Grund des Geſetzes vom 17. No— vember 1837 erfolgen. Rechte (dingliche und perſönliche) Dritter können die Feldbereinigung nicht hindern, da dieſelben entweder, wie die Servituten, auf den Grundſtücken verbleiben, oder, wie bei Pacht, Hypotheken, Grundlaſten, Lehen und Fideicom⸗ miſſen, von den ausgetauſchten auf die einge- tauſchten Grundſtücke übergehen. Iſt im letzteren Falle das eingetauſchte Grundſtück weniger wert als das ausgetauſchte, ſo können die Berech— tigten zur Wahrung ihrer Intereſſen Einſpruch erheben. Das für Wege, Brücken, Waſſerläufe und andere gemeinſchaftliche Anlagen nöthige Areal kommt von der Bereinigungsfläche und ſomit auch verhältnismäßig von dem Guthaben der einzelnen Grundbeſitzer in Abzug. Es iſt hiebei Sorge zu treffen, dass jedes Grundſtück die erforderlichen Zufahrten, Viehtriebe und Waſſer— läufe erhält. Jeder Grundbeſitzer hat für ſeine einge— brachten Grundſtücke wo möglich ſolche von gleicher Culturart, in jedem Falle aber auf Ver— langen ein Aquivalent zu erhalten, welches ihm geitattet, ſeinen bisherigen Wirtſchaftsbetrieb im weſentlichen beizubehalten. Auf Unterſchieden in der Bodengüte beruhende Wertdifferenzen der aus- und einzutauſchenden Grundſtücke werden in der Regel durch Grund und Boden und nur wenn dies nicht thunlich iſt, durch Geld (Capital oder Rente) ausgeglichen. Die Geldentſchädigung iſt dagegen vorzuziehen bei vorübergehenden Wertsunterſchieden, wie z. B. bei Verſchiedenheit in der Feldbeſtellung oder bei Waldungen durch den Holzbeſtand. Wenn die Wohngebäude sim Dorfe bleiben, iſt es nicht nöthig, jedem Grund— beſitzer eine einzige zuſammenhängende Fläche zu überweiſen. Es dürfte vielmehr recht und billig ſein, den Erſatz für die eingelegten Grund— ſtücke den kleineren Grundbeſitzern auf Verlangen in einer einzigen Fläche in möglichſter Nähe der Ortſchaft, den größeren dagegen in je einem zuſammenhängenden Areale in einem näheren und entfernteren (oder nach Umſtänden auch in einem beſſeren und ſchlechteren) Theile der Mar— kung anzuweiſen. Es wird hiedurch eine Ent- fernungsentſchädigung in Geld, welche z. B. in Sachſen beſteht, unnöthig. Feldeggs Falke. Die Wertbeſtimmung der auszutauſchenden Grundſtücke ſtützt ſich wie bei der Veranlagung der Grundſteuer (j. Forſtgrundſteuerermittlung) auf die Bildung von Bodenbonitätsclaſſen und Einreihung der einzelnen Grundſtücke in die— ſelben. Beſchwerden über die Wertsermittlung der Grundſtücke werden am einfachſten, wie z. B. in Preußen und Bayern (hier auch die Einſprüche von berechtigten Dritten), durch ein ſchieds⸗ richterliches Verfahren erledigt. Alle übrigen Reclamationen werden entweder, wie z. B. in Preußen und Sachſen, durch die Behörden für Gemeinheitstheilung u. ſ. w., oder wie in Bayern, Heſſen, Baden, durch die Verwaltungsbehörden, deren oberſtes Glied der Verwaltungsgerichts— hof bildet, entſchieden. Rechtsſtreitigkeiten, welche ſich bei der Feldbereinigung ergeben, gehören vor die Civilgerichte, in Preußen vor die Aus⸗ einanderſetzungsbehörden, deren Zuſtändigkeit durch § 14 des Deutſchen Gerichtsverfaſſungs⸗ geſetzes vom 27. Januar 1877 beſtätigt wurde. Mit der Feldbereinigung wird zweckmäßig auch die Vereinigung der Privatwaldungen, der Markung zu einem Geſammteigenthume (f. Bil⸗ dung eines gemeinſchaftlichen Waldeigenthumes verbunden. Die Zuſammenlegung der parcellierten Waldungen der einzelnen Waldbeſitzer durch gegenſeitigen Austauſch, welche in den Geſetzen über Feldbereinigung nicht beabſichtigt iſt, wird unter Waldarrondierung näher erörtert werden. At. Feldeggs Falke“), Falco Feldeggii Schlegel. Beſchreibung. Allgemeine Kenn- | zeichen: vgl. Falke, isländiſcher oder grönlän⸗ diſcher. Länge 49 cm, Flügel 37, Schwanz 203, Hakengelenk 57, Mittelzehe 4˙9, Kralle 1˙2 Hinterzehe 2˙1, Kralle 159 cm. Der junge Vogel hat hellen Scheitel mit ſchmaler dunkler Strichelung, röthlichen Hinter- kopf; oberſeits graubraun mit fahlen Feder⸗ ſäumen und unregelmäßigen Flecken; auf dem dunklen Schwanz 11—12 fahlröthliche Quer⸗ binden auf den Außen- und Innenfahnen. Unterſeite gelblichweiß mit ſchmaler Längs- fleckung. Der alte, ſehr ſchöne Vogel hat roſt⸗ rothen Scheitel und Hinterkopf mit ſchwarzen Fleckenreihen, röthliche, ſchwarz gezeichnete Wan⸗ gen, dunklen, ſchmalen Bartſtreifen, auch einen ſolchen über dem Auge, röthlich weiße Stirn, bläulichen Schnabel mit dunkler Spitze. Ober— ſeite dunkelſchiefergrau mit hellen Säumen, Flügeldecken und Armſchwingen mit dunklen Binden; Handſchwingen dunkelbraun, hell ge— gefleckt und geſchmitzt. Auf dem dunklen Schwanz 11—12 roſtröthliche Querbinden. Beine weiß, auf der röthlichweißen Bruſt kleine Längsflecken⸗ reihen; auf dem röthlichen Bauch ſchwarze herz— förmige Flecke. Obgleich der Feldeggsfalke in früheren Zei— ten den Falkonieren wohl bekannt war, hat ihn doch der Baron v. Feldegg für unſer Gebiet eigentlich neu entdeckt, u. zw. im Jahre 1829 in Dalmatien. Schlegel beſchrieb ihn daher unter *) rer v. Rieſenthal, Raubvögel ꝛc. Felder. — Feldhaſe. 461 dem obigen Namen, da er aber fand, daſs Belon ihn ſchon unter dem Namen F. lanarius beichrieben hatte, jo gab er ihm dieſen Namen zurück, woraus jpäter laniarius wurde, was Ver— wirrung hervorrief. Verbreitung. Aufenthalt. Bei uns iſt er nur im ſüdöſtlichen Europa getroffen worden; ſeine eigentliche Heimat iſt hauptſächlich Nord⸗ oſtafrika und der nächſtliegende Theil Aſiens. Nähere Angaben fehlen. Lebensweiſe. Horſten. Erſtere iſt wenig bekannt; die Eier ben die gewöhnliche roth— braune Farbe der Falkeneier, ſind aber kleiner als die des isländiſchen und wenig größer als die des Wanderfalken. Als Beizfalke war er weniger geſucht. v. Rl. Felder, j. Kamp sub 9. Gt. Feldfrevel (Deutſchland), ſ. Feld— polizei. At. Feldfuß, Feldzoll, Feldlinie, 1 aß. Feldgeflügel, das, Sammelname 115 05 . welche ſich vorzugsweiſe im Felde aufhalten, alſo namentlich Rebhuhn und Wachtel. „Feldgeflügel iſt von etwas engerer Bedeutung, als der Nahme des Feder— wildprets, inmaßen darunter nur die Trappen, Faſanen, Rebhühner, Brachvögel, Wachteln, Lerchen und diejenigen Vögel begriffen ſind, welche ſich mehrentheils in Feldern und Ge— büſchen aufhalten und daher ſich ſowohl von dem Wald- und Waſſergeflügel, als auch von den Raubvögeln unterſcheiden.“ Onomat. forest. I., p. 732. — „Feldgeflügel, jenes Federwild, welches ſeine Nahrung und Aufenthalt im Felde hat.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. — Hartig, Lexikon, Ed. II, 1861, p. 190. — Grimm, D. Wb. III., p. 1482. — Sanders, Wb. I., p. 471 c. E. v. D. Jeldgehege, das, gehegtes Feldrevier. Onomat. Be IV. Nachtrag ev Stahl), p. 260. — Grimm, D. Wb. III., p. 1482. — Sanders, i, p. 722 c. E. v. D. Feldgemeinſchaft iſt die gemeinſchaftliche Benützung der Gemeindeländereien durch Zu— weiſung gleicher, jährlich oder periodiſch (3 bis 2 Jahre) zu verloſender Flächenantheile an die berechtigten Gemeindeglieder. In den älteſten Zeiten Deutſchlands be— ſtand wohl ſchon ein Privateigenthum an Hof— räumen, Gärten und Ackern, aber Wald und Weide, die ſog. Mark oder Allmend, waren Gemeingut der Markgenoſſen. Mit Beginn der Seſshaftigkeit unſerer Voreltern wurde von der Gemeindeweide der dem Dorfe nächſt gelegene und beſſere Theil ausgeſchieden, um abwechſelnd zur Weide und zum Getreidebaue benützt zu werden, wodurch auf trockenem Boden die Dreiſchfelder- oder Urwechſelwirtſchaft, auf feuch— terem, den Graswuchs begünſtigendem Boden die Feldgraswirtſchaft entſtand. Dieſer Theil der Gemeindeweide wurde nach ſeiner Lage und Bodengüte in Unterabtheilungen (Gewanne, Kämpe, Flaggen u. ſ. w.) gebracht, deren jede in ſo viele Theile getheilt wurde, als berech— tigte Gemeindeglieder vorhanden waren. Dieſe Theilung der Gewannen mujste bei jedes- maligem Wiederbeginne des Getreidebaues wie— derholt werden, da durch die Weidenutzung die früheren Theilungslinien verloren giengen. Die Ausloſung der Antheile ſollte Klagen über Par— teilichkeit fernhalten. Als mit zunehmender Be— völkerung der größere Bedarf an Cerealien dazu zwang, das Land ſtändig unter dem Pfluge zu halten, fiel die periodiſche Neutheilung weg, und die einzelnen Antheile giengen in das Eigenthum der Gemeindeglieder, bezw. der Grundherren (ſ. Erblehenwaldungen) über. Von der Feldgemeinſchaft blieben nur übrig Weg— (ſ. Nachbarrecht) und Weiderechte (ſ. d.), das ſog. Näherrecht (ſ. d.) und der Flurzwang (ſ. d.). Vom W Mittelalter an wurden an verſchiedenen Orten die aus älteſter Zeit noch vorhandenen . (in Weſtfalen z. B. die ſog. Vöhden, in der Moſelgegend das „Wildland“ u. ſ. w.) oder auch die Markwaldungen aufge⸗ theilt und in der angegebenen Weiſe abwech— ſelnd zum Getreidebaue und zur Weide (Dreiſch) verwendet. Die ſo entſtandenen Feldgemein— ſchaften haben ſich bis in unſer Jahrhundert erhalten. Die Feldgemeinſchaft, welche früher über ganz Europa verbreitet war und in Ruſsland noch jetzt beſteht, iſt keine Eigenthümlichkeit eines beſtimmten Volkes, ſondern nur eine ſolche einer niedrigen Culturſtufe. Die periodiſche Ausloſung der Antheile, welche die Nutznießer von jeder Melioration der— ſelben abhält, ſowie die Beſchränkung der wirt— ſchaftlichen Freiheit durch die Feldgemeinſchaft machen dieſe zu einem weſentlichen Hindernis der Hebung der Bodencultur, welches deshalb auch mit Recht durch die Gemeinheitsthei— lung (ſ. d.) entfernt wurde. Die Siegen ſchen Hauberge, bei welchen die Schläge ein Jahr zum Getreidebaue und nach Erſtarkung der Stockausſchläge bis zur Wieder— abholzung zur Weide benützt werden, bilden ein Analogon der Feldgemeinſchaft, nur mit dem Unterſchiede, dajs bei den Haubergen die Nach— theile der Markentheilung durch die Bildung eines gemeinſchaftlichen Waldeigen— thumes (j. d.) wieder beſeitigt wurden. At. Jeldgerecht, adj., iſt jener Jäger, der im allgemeinen weidgerecht und ſpeciell mit der Naturgeſchichte, Hege und Jagd aller im Felde vorkommenden Wildgattungen ſowie mit der Führung des Vorſtehhundes vollkommen ver— traut iſt; vgl. gerecht, fährten-, hirſch-, holz, forſt-, jagd-, gewehr-, hunds-, weidgerecht. Onomat. forest. IV. rear v. Stahl), p. 260. — Behlen, Real- u. Verb.-Lexik. II., p. 138. Grimm, D. Wb. II., p. 1482. — Sanders, Wb. D P. 674 c. E. v. D. Feldgrille, ſ. Gryllina. Hſchl. Fefdhafe, der, Le pus timidus Linne. Der deutſche Name Haſe, ahd. hasan, mhd. der has, hase, angelſ. haso, iſt auf das ſauskrit caca von der Wur zel gas — ſpringen abzuleiten. Belegſtellen anzuführen unterlaſſe ich, auf die beſtehenden Wörterbücher verweiſend, da be— deutendere Abweichungen des Namens nicht be— ſtehen, bezw. ſich ſolche nur im Anhd. durch Verſchärfung des s in ss oder sz angewendet finden. Seinem Aufenthalte nach wird der Haſe Feld⸗, Holz-, Wald-, Berg⸗, Bruch-, Sand», 462 Feldhaſe. Stein-, Sumpf-, Moor-, Buſch-, Grundhaſe | die Häfin „ſetzt Junge“; die Anzahl der gleich⸗ | genannt (ſ. d.). — Zuſammenſetzungen ſ. b. Haſe. — Vgl. Bopp, Vgl. Gramm. IV., p. 390. — Kuhns Zeitſchr. f. vgl. Sprforſchg. II., 153, III., 378. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. I., p. 640 a. — Lexer, Mhd. Hwb. I., p. 1192. — Grimm, D. Wb. III., p. 1483. — Sanders, Wb. I., p. 699 b. Fremdſprachliche Nomenclatur. Frz.: le lievre; sen. bouquin: f. la hase; Satzhaſe hase pleine: juv. levrant, lievreteau; altfrz.: lebre, lebri, lep, lepe, lepie, liepure, eurre, euvre; ital.: la lepre; dimin. lepratto, lepretto, leprotto, leprone, leprottino. leprettino, le- proncello. lepricciuola; jpan.: la liebre; sen. lebraston; juv. lebrato. lebrete, liebrecilla, liebraston; portug.: a lebre: juv. lebracho, lebrezinha, lebrato; rumän.: epurele; epirot.: liepure; engl.: the hare; juv. leveret; angelj.: hara; corniſh.: scovarnoeg; walliſ.: ysyfarnog, ceinoch, gad: juv. glastorch; gäl.: moidheach, gearrfhiadh; holl.: haaze, haze: m. rammelaar; dän.: hare; norweg.: jase; isländ.: hiere; ſchwed.: hare: f. harhona; gothländ.: fjätte, jösse, pjäck. hoppe; poln.: zajac; böhm.: zaje; ſerb.: sajac; krain.: zee; ruſſ.: saez, saiz. rus- sak; jibir.: uschkan, uschnap; ungar.: nyül; lett.: sakkis; eſthn.: jännes; finn.: jänes; lapp⸗ länd.: njommel; mordwin.: nümola; perm.: kütsch; ſirjän.: kötsch; oſtjak.: njo. bess; aſſan.: mangara; tatar.: kojan, kujan; baſchkir.: kujan; kalmük.: tola; buchar.: doolai; kirgiſ.: charkusch; tjcherem.: merang; tſchuw.: mol- gatsch; wotjaf.: lutketsch; gruſin.: kwitgreli; perſ.: kargos; armen.: dolschan; zigeun.: scho- schoi; türk.: tauscham; arab.: arnäh; japan.: usangi. E. v. D. Weidmänniſche Ausdrücke ſind fol— gende: Der Jäger nennt den Haſen ſcherzweiſe auch wohl „Lampe“ oder „der Krumme“, den männlichen Haſen nennt er „Rammler“, den weiblichen „Satzhaſe“ oder „Häſin“; hat der Junghaſe ſein Wachsthum zu einem Viertheil vollendet, ſo nennt man ihn „Quarthäschen“, hat er es zur Hälfte vollendet, ſo nennt er ihn „halbswüchſig“ oder „halbgewachſen“, hat er es dagegen ſchon zu drei Viertheilen hinter ſich, ſo nennt er ihn „Dreiläufer“, und zuletzt heißt er der „ausgewachſene junge Haſe“. Der Haſe ſieht nicht, ſondern er „äugt“, dagegen hat er nicht Augen, ſondern „Seher“. Die Ohren nennt man „Löffel“, ein häufig gebrauchter Collectiv- name für die Haſen und Kaninchen iſt daher das Wort „Löffelwild“. „Blume“, auch wohl „Federlein“ wird das kleine, meiſt aufrecht ge— tragene Schwänzchen genannt. Die Beine heißen wie bei allen Haarwildarten „Läufe“, abweichend hievon nennt man jedoch die Hinterläufe des Haſen auch wohl „Sprünge“. Die Haut heißt „Balg“, die Haare nennt man „Wolle“. Der Haſe Hinterläjst keine Fährte, ſondern wie alle zur Niederjagd zählenden Haarwildarten eine „Spur“. Den Actus der Begattung nennt der Jäger „das Rammeln“, der Haſe „rammelt“, wenn er ſich begattet; „Rammelzeit“ nennt er daher die Periode der Begattung. „Setzzeit“ iſt die Zeit der Geburt der jungen Haſen; den Actus der Geburt nennt man „das Setzen“, zeitig geſetzten Junghäschen, gewöhnlich zwei oder drei, nennt man einen „Satz“; die Häſin „hat inne“, wenn ſie trächtig geht. Der Haſe „äſet ſich“, auch „nimmt er feine Weide“, aber er friſst nicht, ſeine Nahrung heißt „Aſung“. Iſt der Haſe mager oder dick, ſo ſagt man von ihm, „er iſt ſchlecht oder gut bei Leibe“ oder auch kurz er iſt „ſchlecht“ oder „gut“. Der Haſe iſt „fett“, jedoch nicht „feiſt“, er hat alſo auch kein „Feiſt“, ſondern „Fett“. Der Haſe „ſitzt“ in ſeinem „Lager“; dieſes Lager, eine kleine, muldenartige Aushöhlung im Boden, wird auch noch „Saſſe“ genannt; iſt der Haſe im Begriff, ſich ſein Lager zu be- reiten, ſo ſagt man, „er lagert ſich“ oder „er ſaſſet ſich“. Schiebt ſich der Haſe in ſeinem Lager zuſammen, um ſich dadurch recht klein und ſeinem nahenden Feinde möglichſt unſicht— bar zu machen, ſo ſagt man, „er drückt ſich“ in ſeinem Lager; denſelben Ausdruck wendet man jedoch auch dann noch an, wenn ſich der Haſe im Treiben und auf der Flucht in irgend eine Boden— vertiefung, Ackerfurche, im hohen Graſe oder unter einen Strauch plötzlich zu verſtecken ſucht. Findet ihn Jäger oder Hund im Lager und wird er dadurch aus dieſem flüchtig, ſo iſt er vom Jäger oder Hund „aufgeſtoßen“, „aufgethan“ oder auch „aufgeſtochen“; „Aufſtich“ nennt man daher auch denjenigen Punkt, wo er aufgeſtoßen und flüchtig wurde. Verläſst der Haſe, ge— zwungen durch eine ſich nähernde Gefahr, plöß- lich ſein Lager, ſo „fährt“ er aus demſelben, verläjst er dasſelbe jedoch aus eigenem Willen, alſo ruhig und vertraut, ſo „ſteht er aus dem Lager auf“. Der Haſe „hält gut“, wenn er den Jäger oder Hund nahe an ſich herankommen läſst, ehe er flüchtig wird, im entgegengeſetzten Falle „hält er ſchlecht“. Die Haſen „klagen“, wenn ſie durch einen nicht gleich tödlichen Schuſs nur ſchmerzhaft angeſchoſſen oder von Raubthieren oder Hunden gepackt werden; ſie geben dann klägliche und laute Angftichreie von ſich. Die Haſen „rücken“ des Abends ins Feld, um die Aſung aufzuſuchen, ſie „rücken wieder zu Holze“, wenn ſie geſättigt morgens die Felder wieder verlaſſen. „Kurzeit“ nennt man die Zeit der Abend- und Morgenſtunden, wenn die Haſen zur Aſung rücken, reſp. dieſelbe wieder verlaſſen. „Flüchtig“ ſind die Haſen, wenn ſie ſich in ſchnellſter Gangart fortbewegen, ſie „hoppeln“ da⸗ gegen, wenn ſie ſich langſam und ruhig vorwärts bewegen; die Haſen laufen auch nicht, ſondern ſie „gehen“. Beim Aſen pflegen die Haſen nach und nach nur die Vorderläufe ſo weit nach vorn zu ſetzen, um die vor ihnen ſtehende Aſung zu erreichen, dajs ſchließlich der Körper ganz langgeſtreckt erſcheint; wenn ſie dann die Hinterläufe wieder nach ſich ziehen, ſo ſagt man von dieſer langſamſten Fortbewegung, die Haſen „rutſchen“. Setzt ſich der Haſe auf ſeine Ferſen und richtet er dabei den Körper ganz gerade auf— recht, ſo ſagt man, „er macht einen Kegel“, ſetzt er ſich dagegen auf ſeine Keulen und richtet dabei den Körper hoch auf, um ſich umzuſehen, SS gag Jeu'p 'E/z 'shnprum sndo'] "usseypis4 sep lep sep [Speuss’az pur DIA '8SS01 IeU'D '1L/, "SıTgpLIeA. sndeT "usseyuedivy sep fepeuog ‘ar pun er A fı Y UM rauf NUN Su N „usseyuadjy pun -pjag“ yay uop ny ER 1 BE > Fre 280 1 Les Feldhaſe. 463 jo heißt dies, „er macht ein Männchen“; kratzt ſtehenden Löffelränder haben einen ſchwarz— er mit ſeinen ſcharfen Nägeln den Boden, wie er dies häufig thut, ſo neunt man dies „nageln“, findet man dieſe Kratzſpuren, ſo ſagt man, „hier hat ein Haſe genagelt“. Wenn der flüchtige Haſe über Netzzeug, Gräben oder ſon— ſtige Hinderniſſe ſetzt, ſo flieht er nicht darüber, jondern er „ſpringt“ über das Zeug 2c.; will er ſich durch Wiedergänge und Abſprünge ſeinen Verfolgern entziehen, jo „ſchlägt er einen Haken“; mufs er auf der Flucht durch Waſſer, jo ſchwimmt er nicht durch dasſelbe, ſondern er „durchrinnt“ es. Beißt ſich der Haſe durch engſtehendes Ge— treide ꝛc. kleine Steige — er thut dies, um dem ihm läſtigen Thau zu entgehen — jo wer⸗ den dieſe kleinen Wege „Hexenſteige“ genannt. Der noch nicht verendete Haſe wird durch einen Schlag ins Genick „abgenickt“ oder „ge— nickt“; den verendeten Haſen bricht man nicht auf, ſondern man „wirft“ oder „weidet“ ihn aus. Schneidet man zwiſchen der Heſſe und dem Röhrenknochen des einen Hinterlaufes eine Offnung, um durch dieſe den anderen Hinterlauf bis oberhalb des Knies ſtecken zu können, damit man ſo das Haſenwild hängend aufbewahren kann, jo nennt man dieſes Verfahren „hächſen“, man „hächſet“ die Haſen. Der Haſe wird „ge— ſtreift“, wenn ihm der Balg abgezogen wird; ſoll der geſtreifte oder ausgeweidete Haſe in einzelne Stücke getheilt werden, ſo wird er „zerlegt“. Herz, Leber, Lunge, ferner die untere Hälfte der Rippen und die Dünnungen ſowie ſchließlich die Blätter, der Hals und der Kopf werden das „Haſenklein“ oder das „Haſenjung“ genannt; es ſind dies alle diejenigen Theile, welche bei dem zur hohen Jagd gehörigen Wilde, incl. dem Rehwilde, zur „Lunze“ und zum „Kochwildbret“ gezählt werden. — Die Bezeichnung der Haſen als Wald-, Holz-, Feld-, Berg⸗, Grund-, Sumpf-, Moor-, Bruch-, Stein- und Sandhaſen iſt lediglich nur abgeleitet von ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte, beſondere Species ſind es nicht, wohl aber hat der ge— wöhnliche Aufenthaltsort des Haſen einen nicht unweſentlichen Einflujs auf ſein Wachsthum und auch auf den Geſchmack ſeines Wildbrets, denn ein Waldhaſe wird nicht nur größer und ſtärker als z. B. ein Sumpfhaſe, ſondern er ſchmeckt auch weſentlich beſſer. Beſchreibung und Lebens weiſe. Das Oberhaar ſowohl wie auch das Unterhaar der Haſen — übrigens beides „Wolle“ genannt — iſt im Sommer ganz bedeutend kürzer und auch lange nicht ſo dicht als im Winter, denn im Winter iſt die Geſammtbehaarung nicht nur eine weſentlich längere, ſondern auch ſehr viel dichtere, und ganz bejonders | zeichnet ſich in dieſer Jahreszeit die graue Unterwolle durch Fülle und Dichtigkeit aus; ſie iſt es daher auch, welche das Haſenwild ſelbſt gegen gewaltige Kälte widerſtandsfähig macht. Weſentlich kürzer behaart als der übrige Kör— per ſind der Kopf und die Läufe, ganz fein behaart aber ſind die Löffel, beſonders an ihrer äußeren Seite. An beiden Löffelſpitzen befindet ſich an der äußeren Seite ein ca. 3 em, nach unten hin noch etwas breiter werdender Fleck ganz feiner ſchwarzer Haare. Die nach innen braunen, hin und wieder gelbbraun gemiſchten, ſich nach dem Kopfe zu nach und nach aus— breitenden und zuletzt hellbraun werdenden Streifen. Zwiſchen dieſem Streifen und dem oben genannten ſchwarzen Fleck erſcheint im ſpitzen Winkel ein grau und weißlich gefärbter Zwickel. Von beiden Seiten des Näschens an, an den Sehern vorbei und bis zur Wurzel der Löffel reichend, zeigt ſich ein ſchmaler, grau und weißlich gemiſchter Strich. Zwiſchen den Löffeln befindet ſich ein braunſchwarz und grau— weiß gemiſchter Fleck, dicht unterhalb der Löffel wird dieſer Fleck jedoch ganz weiß, im Genick dagegen erſcheint er wieder mit Gelb und Schwarz gemiſcht. Die Vorderkehle iſt ſchön hellweiß, nach hinten jedoch gelbbräunlich; die Naſenhaut iſt bräunlichgelb, die Stirn ſchwärz— lich, auf dem Grunde jedoch ſtark gelbbräunlich; die Barthaare ſind ſchwarz und borſtenartig nach beiden Seiten abſtehend; die Backen ſind gelblichbräunlich, vermiſcht mit Grau und Weiß. Der ganze Rücken iſt ungefähr bis zur Hälfte der Flanken herab ſchwarzbraun und gelb ſtichelhaarig, der untere Theil der Flanken iſt in der Mitte gelb und ſtark mit Grau ver— miſcht, vorne bräunlich und röthlichgelb. Faſt ebenſo gefärbt ſind die Vorderläufe und die Blätter, erſtere ſind jedoch auf der äußeren Seite noch weſentlich heller. Die Keulen ſind von aſchgrauer Färbung, die hie und da etwas hellbraun gemiſcht erſcheint; die dunkle Farbe des Rückens geht nach dem hinteren Theile der Seiten zu mehr ins Gelbbraune über. Die Hin— terläufe ſind auf ihrer äußeren Seite ebenſo gefärbt wie die Vorderläufe; die ſchön hell— weiß gefärbte Blume hat auf ihrer ganzen oberen Seite einen tiefſchwarzen Streifen. Die Geſammtfärbung des ganzen Haſen iſt erdfarbig und oft jo, dafs man das Wild kaum vom Erdboden zu unterſcheiden vermag. Die Jahres- zeiten ändern die Geſammtfärbung recht be— deutend, denn der Haſe erſcheint im Sommer— balg heller als im Winterkleide, ebenſo variiert die allgemeine Färbung ſowohl nach dem Auf— enthaltsort als auch nach der Aſung, ſo iſt z. B. der Feldhaſe im allgemeinen heller ge— zeichnet als der Waldhaſe. Die an ihrer Spitze abgerundeten, nach obenhin gradatim etwas ſchmäler werdenden und an ihren Rändern muldenartig nach innen zu eingebogenen Löffel ſind länger noch als ihr Träger, der Kopf; dieſer iſt dick und etwas kantig geformt und zeichnet ſich durch eine erhabene Stirne aus. Die Oberlippe des ſehr dicken Schnäuzchens iſt ſtark geſpalten, und hie— von ſtammt auch wohl die Bezeichnung „Haſen— ſcharte“; die Lippen ſelbſt ſind mit kurzen Härchen dicht umſäumt. Die großen Seher ſcheinen aus dem Kopfe hervorzuquellen, ſie ſtehen bedeutend nach der Seite des Kopfes zu und haben weder Augenwimpern noch Nickhaut, und dies iſt auch die naturgemäße Urſache, weshalb die Haſen mit offenen Sehern ſchlafen. Der walzenförmige langgeſtreckte Leib iſt fait überall von gleichem Umfange, der Hals iſt ziemlich ſtark und mittelmäßig kurz, ſehr ſchmal nur iſt die Bruſt. Die aus 12—14 Wirbel- 46% Feldhaſe. knochen beſtehende, ca. 45 mm lange Blume tragen die Haſen faſt immer aufwärts und mit dem Endchen nach vorne gebogen. Die Vorder— läufe ſind im Verhältnis zu den Hinterläufen nur kurz und dünn zu nennen, denn letztere ſind noch ein wenig länger, als die halbe Länge des ganzen Wildes beträgt. An den Hinterläufen befindet ſich im Gelenk an der Hächſe der ſog. „Haſenſprung“, ein kleines Knöchelchen, vermöge deſſen Elaſticität der Haſe die Kraft erhält, ſich ſpringend vorwärts zu bewegen. Sehr weich und dicht ſind die Sohlen aller vier Läufe mit Wolle ausgeſtattet; bei lange anhaltendem harten Froſt oder wenn durch lange Hitze der Erdboden überall hart geworden iſt, kommt es hie und da wohl vor, daſs ſich die Haſen die Wolle von den Sohlen total ablaufen. — Die Hinterläufe haben vier Zehen, die Vorderläufe dagegen deren fünf; die zweite, von außen ge— zählt, iſt die längſte derſelben; alle Zehen ſind mit hornbraunen ſpitzen und nach unten ge— bogenen Nägeln bewaffnet, auch als eine höchſt reſpectable Waffe wohl zu benützen verſtehen. Die Haſen haben 28 Zähne, u. zw. in der oberen Kinnlade jeſeitig 6 ſchmale Backenzähne, in der unteren dagegen jejeitig nur 5. Ferner haben ſie als Nager oben 2, u. zw. auswendig gefurchte Schneidezähne, und hinter dieſen aber— mals 2, jedoch inwendig gefurchte, ganz kleine ſtiftartige Zähnchen. Die untere Kinnlade iſt ebenfalls vorn mit 2 auswendig gefurchten Schneidezähnen ausgeſtattet. Abnormitäten in der Zahnbildung ſind mehrfach conſtatiert. Gehör und Naſe des Löffelwildes ſind gut und ſcharf, jedoch übertrifft das Gehör die Naſe bedeutend an Schärfe. Im Gehörgange befindet ſich nämlich nach hinten ein knöchernes Röhrchen, welches als natürliches e das Gehör ſo außerordentlich verſchärft. Nicht ſo gut als Gehör und Naſe ſind die Seher von der Natur bedacht, und wenngleich die Haſen ſehr viel beſſer wahrnehmen, als ihnen oft nach— geſagt wird — denn es gibt Jäger, welche be— haupten, die Sehkraft des Haſen grenze an Blindheit —, ſo würde die Legion von Fein— den doch ſehr bald unter Lampes Geſchlecht vollkommen aufgeräumt haben, ſollte ſich das— ſelbe hauptſächlich auf die Schärfe der Seher verlaſſen. Der gläubige, Jude, wenigſtens doch der ſtreng— verabſcheut den Haſen als Speiſe, denn im dritten Buch Moſes, Cap. 11, V. 6, heißt es: „Der Haſe wiederkäuet auch, aber er ſpaltet die Klauen nicht, darum iſt er auch un⸗ rein.“ Wie bekannt, hat der Haſe nur einen Magen, aber einen ſehr ſtarken Blinddarm, welcher, von bedeutender Länge und Ausdehnung. gewiſſermaßen die Stelle eines zweiten Magens vertritt. Hieraus ergibt ſich zur Evidenz — wie ja auch längſt von Autoritäten, z. B. Buffon, bewieſen iſt —, daſs der Haſe nicht wiederkäuen kann. Bekanntlich ſind aber die Oberlippe und Naſe des Löffelwildes in faſt fortgeſetzter Be— wegung, auch wenn dasſelbe nicht äſet, es ruht; nicht nur den Juden des alten ſondern auch leichtgläubigen Leuten der neueren welche die Haſen a wenn dieſe Eigenthümlichkeit hat daher wohl Teſtaments, | Zeit die total irrige Anſicht beigebracht, Lampe gehöre zu den Wiederkäuern. Nicht allein auf die Färbung der Haſen haben Heimat (Klima), Jahreszeit und Nah— rungsitoife oft bedeutenden Einfluſs, wie vor⸗ hin ſchon erwähnt wurde, ſondern ſehr viel be— deutender noch macht ſich dieſer Einfluſs auf Größe, Stärke und das Gewicht der Haſen geltend. Dieſer Einfluſs der oben genannten drei Punkte iſt oft jo bedeutend, daſs es Haſen von 3½ und 4 kg und ſolche von 6 kg Gewicht, ja ſogar noch ſchwerere gibt. Erfahrungsmäßig iſt übrigens das Haſenwild im warmen oder gar heißen Klima am geringſten, ja oft ganz kümmerlich, während es ſowohl im gemäßigten wie auch im kalten Klima am ſtärkſten und ſchwerſten wird. Wenn nicht Krankheiten aller Art, unter welchen die ſog. Franzoſenkrankheit, die Leber- fäule und die Blaſenkrankheit die hauptſäch— lichſten ſind, und wenn nicht unendlich viele an— dere Feinde fortgeſetzt ihre haſenmordende Thätigkeit ausübten, ſo würden wir wohl recht viele altersgraue Haſen finden, ſo aber ſind es nur wenige Auserwählte, welche das den Haſen von der Natur bewilligte höchſte Alter von 6—8 Jahren erreichen; wahrſcheinlich iſt der dem Löffelwilde eigenthümliche, ganz unmäßige und deshalb die Kräfte ſchnell abſorbierende Geſchlechtstrieb die Urſache dieſer nur kurzen Lebensdauer. Von den oben genannten, am häufigſten bei den Haſen beobachteten drei Arten von Krankheiten iſt die Blaſenkrankheit noch die am wenigſten tödliche. Bei ihr bilden ſich am Maſtdarme und an der Leber eine große An- zahl kleiner Bläschen. Sehr viel mörderiſcher, wenn auch nicht in allen Fällen abſolut töd— lich iſt die Leberfäule, beſonders aber die Franzoſenkrankheit. Bei letzterer werden Lunge und Geſchlechtstheile dicht von eiternden Ge— ſchwüren befallen, und die Hoden ſchwellen ſtark an; bei erſterer wird hauptſächlich die Leber, — in der Folge auch manchmal noch die Lunge — von eiternden Geſchwüren befallen und zer— ſtört. Außer den ſchon genannten gibt es noch eine große Zahl anderer Krankheiten, welchen der Haſe ausgeſetzt iſt, wie z. B. die Räude, entſtehend durch die Räudemilbe (Sarcoptes squamiferus); ferner wird das geſammte Hajen- geſchlecht ſehr durch Blaſenwürmer, Spul- und Egelwürmer, Zwirnwürmer, Trichiniden und von allen durch dieſe Paraſiten erzeugten Wurmkrankheiten heimgeſucht. Außerdem ſind eine Art Hitzblattern, ein ruhrartiger Durchfall ꝛc. häufig beobachtete Krankheiten, ja ſogar auch dem mörderiſchen Milzbrand find die Haſen in denjenigen Re⸗ vieren verfallen, in welchen das Roth- oder Damwild daran zugrunde gieng. Furchtſamkeit und Angſt ſind die hervor— ragendſten Züge im Charakter des Haſen, des⸗ halb hat ihm Linné auch wohl den Beinamen „der Srstfemeligegeben: Wie es aber feine Regel ohne Ausnahme gibt, ſo auch hier, denn es ſind von glaubtzibigen Perſonen mehrfach Fälle beobachtet und in den reſpectiven Jagd— zeitungen mitgetheilt worden, in welchen nicht nur Haſenmütter ihre Jungen erfolgreich ver— ferner die Schafpocken, Feldhaſe. 5 465 theidigten, ſondern auch lauffranf geſchoſſene Haſen ſich derart gegen den Hund zur Wehre ſetzten, daſs dieſer das Apportieren vergaſs und zu ſeinem Herrn zurückkehrte. (Siehe z. B. Weidmann“, III. Bd., Nr. 1, und „Wiener Jagdzeitung“, Jahrgang 1876, Nr. 13.) Nur wenn der Geſchlechtstrieb ſeinen macht⸗ vollen Willen im Haſengemüth durchſetzt, ſind die Haſen höchſt ſtreitbar und zänkiſch, jo daſs häufig Kämpfe entſtehen, die zwar wohl meiſtens harmloſer Natur ſind, hin und wieder aber auch recht ſchwere, ja tödliche Folgen haben; ſonſt aber iſt die Eintracht unter den Haſen zuhauſe, denn wie alle zaghaften Gemüther lieben auch ſie den Frieden. Solche erbitterte Kämpfe, deren unlautere Urſache auch hier das you est la femme“ iſt, finden beſonders in ſolchen Revieren häufig ſtatt, wo ein ſtarkes Miſsverhältnis in der Zahl der Geſchlechts— repräſentanten obwaltet, wo es alſo unverhält- nismäßig mehr Rammler als Häſinnen gibt. Hier werden nicht nur die hartnäckigſten Kämpfe unter den Rammlern um den Beſitz einer Schönen ausgefochten, ſondern die Geſchlechts⸗ wuth der Rammler geht jo weit, dafs deren mehrere eine Häfin jo lange verfolgen und ab- jagen, bis dieſe ſchließlich ermattet liegen bleibt, nun aber fallen die Verfolger in ihrem wilden und blinden Geſchlechtstaumel erſt recht über dies arme, unglückſelige Opfer der Liebe her und bearbeiten es durch Kratzen, Schlagen und Beißen mit Gebiſs und Vorderläufen derart, daſs es in kurzer Zeit faſt total von Wolle entblößt iſt und dann bald verendet. Als höchſt furchtſame Naturen ſind die Haſen auch ſehr ſchnell eingeſchüchtert, ſei es nun durch eine wirkliche oder nur eingebildete Gefahr; ſie gerathen dann in einen Zuſtand ſo vollkommener Faſſungsloſigkeit, dass ſie nicht nur allerhand oft höchſt lächerliche Dummheiten begehen, ſondern auch Ruhe und Beſonnenheit in dem Grade verlieren, daſs ſie vollkommen vergeſſen, ſich durch die Flucht zu retten, und total fopf- und rathlos wie unſinnig auf einem kleinen Raume immer hin- und herlaufen, an Bäumen, Büſchen ꝛc. planlos in die Höhe ſprin— gen und dabei ihren rerrenden, jämmerlich klin— genden Schrei von ſich geben. Als eines ferneren Charakterzuges des Haſen ſei ſchließlich noch ſeiner Munterkeit und oft großen Schlauheit gedacht, denn wer ihn lediglich für dumm hält, wie dies ſo oft ge— ſchieht, der täuſcht ſich ſehr, der kennt ihn nicht, d. h. er hat ihn nie mit dem Auge des „Beob— achters“ betrachtet. Der gute Lampe iſt oft ſchlauer, als man ihm zutrauen möchte, beſon— ders aber wenn es gilt, den Balg zu ſalvieren. Kann ſich z. B. der Waldhaſe durch die Schnel- ligkeit ſeiner Flucht im Stangenholze, über Waldblößen, Schläge ꝛc. den Hunden oder Raub— thieren nicht entziehen, ſo macht er ſo viele Abſprünge und Wiedergänge nnd ſchlägt ſo blitz— ſchnell und häufige Haken, wie nur immer mög⸗ lich, um dadurch ſeine Verfolger in dem Feſt⸗ halten ſeiner Spur zu verwirren und ſie zu ermüden, denn er weiß ſehr wohl, daſs ſelbſt der geringſte Aufenthalt, zu welchem er dadurch ſeinen Verfolger oft zwingt, ihm einen Vor— ſprung und ſomit die erhöhte Möglichkeit ſeiner Rettung verſchafft. Der vom Windhunde ge— hetzte Feldhaſe wird alle ſeine Kräfte aufbieten, um nur das nächſte Holz zu erreichen, denn er weiß, daſs der Windhund im Holze aufhört, ein gefährlicher Feind zu fein. Ahnlich klug be- nimmt er ſich, wenn er vom Hühnerhunde auf— geſtochen wird. Denn iſt letzterer ein haſen⸗ ſüchtiger Schlingel, dem es auf eine längere Reiſe hinter Lampe nicht ankommt, ſo kennt jeder jagdgerechte Lampe, alſo jeder, der doch mindeſtens ſchon einmal alle Fährniſſe einer Haſenſaiſon durchgekoſtet hat, ſo manchen Pfiff und Kniff, ſich aus der Affaire zu ziehen. Findet er z. B. auf ſolcher Flucht einen anderen Haſen im Lager, jo hat er gewiſs in vielen Fällen nichts Eiligeres zu thun, als dieſen aufzuſtoßen und ſchleunigſt deſſen warmes Lager zu becu— pieren, während nun der Hühnerhund dieſen neuen unfreiwilligen Flüchtling aufs paſſio— nierteſte verfolgt. Iſt zufällig eine Viehherde in der Nähe, jo beſinnt ſich Lampe gewiſs keinen Augenblick, mitten hineinzuflüchten. Stehen ihm aber dieſe Rettungsmittel nicht zu gebote, ſo fährt er in den erſten beſten Feldbau, in Stein— klüfte, Erdhöhlungen, hohle Bäume, in Schilf— oder Rohrhorſte ꝛc., ja es iſt ſchon dageweſen, daſs er ſchrägſtehende Bäume angenommen und a la Marder in des Wortes verwegenſter Be- deutung „aufgebaumt“ iſt und ſich oben im Zweigwerk gedrückt hat. Auch der Haſe hat, wie wohl faſt alle in der Freiheit lebenden Thiere, Vorempfindungen be— züglich des Wetters, denn dieſe Empfindungen äußern ſich ſehr in ſeinem ganzen Verhalten und Benehmen. So verläſst er z. B. beim Ein- tritte regneriſchen Wetters ſein Feldlager und drückt ſich in einem Buſchwerk oder Hang. Beim Eintritte windigen Wetters hält er nur ſchlecht und ſucht da ein Lager auf, wo er unter Wind liegt. Tritt ſchönes warmes Wetter ein, ſo hält der Haſe gut aus, während er bei kaltem Wetter, namentlich im Winter bei trockenem, hartem Froſt, ſehr weit aufſteht; tritt Schneefall ein, jo liegt er dagegen wieder jo feſt, daſs er ſich vollkommen vom Schnee zudecken läjst. Immer aber wird man bemerken, dajs, wenn Wetter— veränderungen nahe ſind, die Haſen Unruhe und Raſtloſigkeit zeigen. Auch der Mond hat einen entſchiedenen Einfluſs auf das Haſenver— halten, denn es iſt dem aufmerkſamen Jäger ein Leichtes, zu conſtatieren, daſs, wenn der Mond im Abnehmen iſt, der Haſe ſo feſt in ſeinem Lager liegt, daſs er nicht aufſteht, ehe man ihm nicht auf 4—5 Schritte nahe gekom— men iſt; iſt dagegen der Mond im Zunehmen, jo fährt er gewiſs ſchon aus dem Lager, wenn man noch 200 Schritte und weiter davon ent— fernt iſt. Im allgemeinen gilt daher die Regel, daſs bei abnehmendem Mond und bei gelinder, warmer, windſtiller Witterung die Haſen viel beſſer halten als bei zunehmendem Mond und ſtürmiſchem, kaltem Wetter. a Bei keiner anderen Wildart dürfte es wohl ſchwerer ſein, einen beſtimmten Zeitraum für die Begattung anzugeben, als bei dem Löffel⸗ wilde, denn kein anderes Wild iſt wohl ſo ſehr erotiſcher Natur als der Haſe, und ſein Begat— Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt- u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 30 466 tungstrieb iſt daher wohl eigentlich auf keine beſtimmte Periode eingeſchränkt. Im allgemeinen nennt man den Februar als den Anfang der Be— gattungsperiode, der ſog. „Rammelzeit“; indeſſen iſt dieſelbe doch ſehr abhängig von der Witte— rung, denn in gelinden Wintern tritt ſie un— gleich früher, ſchon im Januar, ja ſogar ſchon im December ein, nicht ſelten ſind im Januar Häſinnen geſchoſſen worden, die bereits „inne— hatten“. Auch die Qualität der Aſung iſt von nicht unweſentlichem Einflujs auf den Beginn der Fortpflanzungsperiode, denn in Gegenden, in welchen viel Winterölſaat und Klee gebaut wird, oder in Revieren, deren ſorgliche Ver— walter bei hohen Schneelagen auch den Haſen reichlich Futter ſtreuen, beginnt die Rammel— zeit bedeutend früher. Als ſichere Kennzeichen, daſs für den in Polygamie lebenden Haſen die hochzeitliche Periode begonnen hat, reſp. in voller Blüte ſteht, dienen dem Jäger die ſo häufig auf den Feldmarken haſenreicher Reviere zu findenden Stellen, wo die abgekratzte und abgeſchlagene Haſenwolle oft in erſtaunlicher Fülle am Boden herumliegt; dieſes Kennzeichen iſt mit Bezug auf das Haſenwild das, was bet dem Roth⸗ wilde der „Brunftplan“ und bei dem Rehwilde die ſog. „Reitbahnen“ ſind. Ein ferneres Kenn— zeichen, daſs die Begattungsperiode ihren An— fang genommen hat, iſt das unaufhörliche Herumſchwärmen und Suchen der Rammler nach Häſinnen. Haben ſie die Spur einer ſolchen nun aufgenommen, ſo folgen ſie derſelben nach Hundeart mit zur Erde geſenkter Naſe. Hat ſich dann das Paar vereint, ſo beginnt zunächſt ein höchſt drolliges verliebtes Spiel desſelben, denn es entſpinnt ſich nun eine fortwährende Neckerei durch Kreislaufen, Kegel- und Männchenmachen und Hakenſchlagen. Bei dieſer Liebesjagd iſt die Häſin anfangs immer die vordere, indeſſen nur anfangs, denn nicht lange dauert es, ſo fährt dieſelbe plötzlich von der Seite, und ehe der Rammler es ſich verſieht, gibt ihm ſeine gefällige Liebſte ſchon ſehr deutlich und praktiſch die An— weiſung zu dem, was der Zweck ſeiner eifrigen Werbung war. Lange nun läſst er ſich hiezu auch nicht nöthigen, iſt aber als Dank für der Schönen Gefälligkeit ſo ungalant und grob, daſs er ihr im Liebestaumel mit den ſcharfen Nägeln der Vorderläufe große Maſſen Wolle von den Dünnungen und den Keulen reißt und kratzt. Dieſes Jagen der Rammler nach Häſinnen findet auf Feldmarken, Waldwieſen, Weideplätzen, jungen Gehauen ꝛc. zu jeder Tageszeit, haupt— ſächlich aber in den Morgen- und Abendſtunden, ſeltener in den Mittagsſtunden ſtatt. Die Ramm⸗ ler geben bei dem Begattungsacte einen knur— renden und ſchnurrenden Laut von ſich, die Häſinnen laſſen dagegen nur zuweilen einen leiſen Ton hören; ſind mehrere Liebespärchen auf einem Acker beiſammen, ſo kann man dieſen ſchnurrenden Ton der Rammler, welcher ent— weder ihre Begierde oder ihre Eiferſucht be— kundet, aus ziemlich weiter Entfernung hören. Die Tragezeit währt ca. vier Wochen (30 bis 31 Tage), jedoch laſſen ſich die Häſinnen wäh⸗ rend derſelben durchaus nicht in ihren hoch— zeitlichen Gefühlen ſtören; ſie machen hierin eine Feldhaſe. beſondere Ausnahme von anderen vierfüßigen Thieren, deren Weibchen den Liebhaber von dem Zeitpunkte an Zurückweiſen, wo fie „aufgenom— men“ haben. Infolge dieſer Unerſättlichkeit der Häſinnen hat man auch ſchon bisweilen zweierlei Fötus in den Tragſäcken derſelben gefunden. Dieſe Überfruchtungen ſind nicht nur recht wohl mög⸗ lich, ſondern ſind auch, wie geſagt, ſchon mehr⸗ fach conſtatiert worden; möglich ſind ſie des— halb, weil die Häſinnen eine doppelte Gebär— mutter haben. Nach Buffons Beſchreibung geht nämlich die Mutterſcheide „mit dem Körper der Mutter in einem fort“, Mutterſcheide und Uterus ſind alſo eins; es findet ſich weder Muttermund noch Mutterhals wie bei anderen Thieren, jon- dern die Mutterhörner (Trompeten) haben jedes ein Mundloch, welches nach der Mutterſcheide ſich öffnet und beim Satze erweitert. Man hat hienach beide als zwei von einander verſchie— dene beſondere Gebärmütter zu betrachten, deren jede für ſich ſelbſtändig ſo functionieren kann, daſs die Häſin zu verſchiedenen Zeiten durch jede dieſer beiden Gebärmütter ſetzen und em⸗ pfangen, oder ſollte ſie ſchon trächtig und nahe daran ſein zu werfen, dennoch neu wieder auf— nehmen kann. Das „Feigenblatt“ (Geſchlechtstheil) der Häſin fällt übrigens gar nicht in die Augen, und die Eichel an der weiblichen Ruthe iſt faſt ebenſo weit hervorragend und faſt ebenſo dick als beim Rammler. „Götze berichtet in ſeiner „Europäiſchen Fauna“ von mehreren von ihm ſelbſt unterſuchten Fällen ſolcher Überfruchtungen, von welchen jedoch neuere Naturforſcher nichts wiſſen wollen. Erſt in neuerer Zeit beginnt man überhaupt damit, die pathologiſche Anatomie unſerer Wildarten, die früher nur ſehr ſtief⸗ mütterlich behandelt wurde, fleißiger zu ſtudieren, gerade die Jäger aber, welche beim Aufbrechen und Zerwirken des Wildes mehr wie jeder andere Gelegenheit zu diesbezüglichen Beob— achtungen haben, könnten durch Veröffentlichung derſelben der Wiſſenſchaft große Dienſte leiſten, wenn ſie auch nichts Anderes thäten, als etwa gefundene abnorme Bildungen bekannten Natur- forſchern zur Unterſuchung zuzuſenden. Am dreißigſten oder einunddreißigſten Tage der Tragezeit ſetzt die Häſin je nach ihrem Alter und der Jahreszeit zwei, drei oder vier, ſelten jedoch fünf ſehende Junge. Die erſten Wochen⸗ betten junger Häſinnen beſtehen gewöhnlich nur aus zwei Jungen, nur ältere Mütter ſetzen mehr als zwei; ebenſo iſt der erſte Satz im Frühlinge faſt immer nur zwei Köpfe ſtark, der zweite und dritte Satz erfolgen dann im Mai und Juli, dieſe zählen beide drei, vier und mehr Junge, der letzte Satz endlich, welcher im Sep- tember, wiederum wie der erſte nur zwei Köpfe ſtark. Fälle, in welchen der Satz aus fünf, ſogar noch mehr Jungen beſtand, ſind ſchon mehrfach con⸗ ſtatiert worden; jo berichtet u.a. die „Wiener Jagdzeitung“ (Jahrgang 1863), dajs der Leib— jäger des Prinzen Wilhelm zu Solms⸗ Braunfels eine gewilddiebte Häſin gefunden, welche jo= gar acht Junge im Leibe gehabt hat. Schreiber dieſes hat einmal ſechs etwa 1—2 Tage alte Junge auf einem Häufchen beiſammen gefunden, die alle höchſt lebenskräftig waren, und einmal öfter auch noch ſpäter erſcheint, iſt Feldhaſe. beim Aufbruche einer Häſin im Spätherbſte fünf Embryonen entdeckt. Die zuerſt genannten können unmöglich von zwei Müttern ſtammen, denn ſie waren von abſolut gleicher Größe, und es iſt auch außerdem gar nicht anzunehmen, daſs eine Häſin im Wochenbette einer anderen ihren Satz verrichten würde. Die Feldhaſin ſchlägt ihr Wochenbett, wenn man eine kleine, länglichrunde Vertiefung — oft iſt's das nicht einmal — ſo nennen will, im Klee, hohen Gras oder Getreide, an warmen, windgeſchützten Rainen, trockenen Gräben, unter Feldſträuchern und mit Vorliebe an Dünger— haufen auf. Letztere ſind nun aber gerade die ungünſtigſten Plätze, nicht nur weil beim Aus- einanderbreiten derſelben zwecks Beſtellung der Felder ſo manches noch hilfloſe Junghäschen zertreten oder mit ausgeſtreut wird und ſomit leicht zugrunde geht, ſondern hauptſächlich des— halb, weil Krähen ſowohl als auch die Füchſe mit Vorliebe gerade die Düngerhaufen abzu— ſuchen pflegen, vielleicht weil ſie wiſſen, dass die Häſinnen dort gerne ſetzen, vielleicht weil ſie in dem Dung häufig willkommene Biſſen finden. Die Waldhäſinnen ſetzen gewöhnlich im ſtärkſten Bodendickicht, an Streu- oder Laubhaufen, ſehr gerne unter Ginſter-, Brombeer- und Wach— holdergeſträuch, am Fuße alter Bäume oder in den Höhlungen alter Stöcke und unter Wurzel— werk ꝛce. Über die Dauer der Säugeperiode gehen die Anſichten, ſowohl die der Naturforſcher als die der beobachtenden Jäger, ſehr auseinander, denn während einige behaupten, dieſelbe dauere nur 4—5 Tage, vertheidigen andere wieder ihre Behauptung, daſs die Häſin ca. 20 Tage ſäuge. Genaue und dieſe offene Frage löſende Beob— achtungen hierüber anzuſtellen, dürfte ſehr ſchwer ſein, denn der Vorſchlag, dies an gefangenen Häſinnen zu thun, dürfte wohl ſchon allein des— halb zu keinem abſolut ſicheren Reſultate führen, da bekanntlich das Verhalten gefangener Thiere ein weſentlich anderes iſt als das urſprüngliche, ihnen in der Freiheit eigenthümliche. Das Richtige wird auch wohl hier, wie ſo häufig im Leben, in der Mitte liegen, und ſo wird wohl die Häſin, eine ſo ſchlechte und leichtſinnige Mutter ſie im Grunde auch iſt, lo lange ihren Spröſslingen das Geſäuge bieten, bis dieſe fähig ſind, ihre Nahrung ſelbſt ſuchen zu können, alſo ungefähr 8— 10 Tage lang. Die Anſicht einiger Autoren, „dals das Säugen nur 4 bis 5 Tage dauere“, dürfte ſchon allein deshalb wohl hinfällig ſein, weil es dieſen ſchwer werden ſollte, die Frage zu beantworten, wie ſo kleine, 4—5 Tage alte, noch total hilfloſe Geſchöpfchen, die kaum athmen, viel weniger aber auf die Suche nach Nahrung gehen können, wie dieſe kleinen Weſen wohl im März, in einer Jahres— zeit genügende Nahrung ſuchen und finden ſollten, in der weit und breit kein Pflänzchen aufkeimt, welches zart genug wäre, von ihnen genoſſen zu werden. Wie geſagt, ſind die Häſinnen ſehr leicht— ſinnige Mütter, welche es mit ihren Pflichten durchaus nicht ernſt nehmen, denn ſie gehen nicht allein während der Tragezeit auf Liebe— leien aus, fondern auch während der Säuge— 467 periode, und nur ſelten, ſelbſt nicht in den aller erſten Tagen nach der Geburt, wird man ſie bei ihren Kindern finden, Nahrung und Liebesſehn⸗ ſucht treiben ſie ſtets wieder fort, und nur wenn die Natur ſie zwingt, d. h. wenn die Fülle der Milch anfängt, ſie zu beläſtigen, kehren ſie zu ihren Kindern zurück, die ſie, ſollten ſie ſich ein Streckchen von ihrem Lager entfernt haben, durch ein eigenthümliches Klappern mit den Löffeln, indem ſie dieſe zuſammenſchlagen, her— beirufen. Das Säugen der Jungen geſchieht meiſtens in den erſten Morgen- und ſpäten Abendſtunden und des Nachts, bei Tage wohl nur an ganz verſteckten Orten, denn tagsüber iſt es wohl nur höchſt ſelten beobachtet worden. Ganz abgeſehen von den unendlich vielen Feinden und Fährniſſen, welchen ein jo junges Haſenleben ausgeſetzt iſt, trägt im allgemeinen auch wohl die große Liebloſigkeit der Haſen— mütter die Hauptſchuld, daſs doch immerhin wohl nur ein Bruchtheil von den unendlich vielen friſchgeſetzten Häschen aufkommt, denn bei An⸗ näherung von Gefahren verläſst die Häſin faſt regelmäßig ihre Jungen, obgleich auch Fälle beobachtet ſein ſollen, wo ſie dieſelben gegen Krähen und Raubvögel vertheidigt haben; noch boshafter und abſcheulicher aber benimmt ſich be— kanntlich der Rammler gegen ſein eigenes Fleiſch und Blut. Wenn es den Haſen von der Natur mitgegeben wäre, zärtlichere Eltern zu ſein, ſo würden z. B. unendliche Maſſen von Junghäs— chen des erſten Satzes erhalten bleiben, wenn ihnen die Eltern dadurch, dajs ſie bei ihnen lagern, auch Wärme ſpendeten; aber gerade weil dies abſolut nicht geſchieht, geht von dieſem erſten Satz der bei weitem größte Theil zu— grunde, denn der Übergang aus dem warmen Mutterleib auf die kalte, häufig auch noch feuchte Erde iſt zu groß, das kleine, zarte Weſen muſs erſtarren und ſehr ſchnell eingehen. Deshalb ſind auch gelinde Winter für die Haſenjagd ſo außerordentlich nachtheilig, denn ſie verurſachen eine ſehr frühe Begattung und ſomit einen ver— frühten Satz, u. zw. oft noch zu einer Zeit, wo ſelbſt die Mittagsſonne nicht viel Wärme ſpendet. Gelinde Winter haben aber erfahrungsmäßig faſt immer ſog. Nachwinter im Gefolge, und ſo viel iſt gewiſs, daſs in ſolchen Nachwintern von 100 jungen Haſen, die bei Froſt und Schnee geſetzt werden, wohl kaum 15 oder 20 mit dem Leben davonkommen. Die Geſchwiſter eines Satzes halten in den erſten Wochen und Monaten ihres Lebens ſehr zuſammen, ſie entfernen ſich weder weit von einander noch von dem Orte ihrer Geburt, und obgleich ſpäter jedes Häschen ſich ſein eigenes Lager macht, jo iſt dieſes doch höchſtens 50 bis 80 Schritte von denen ſeiner Geſchwiſter ent— fernt, man kann deshalb beinahe ſicher darauf rechnen, daſs ſich da, wo man ein Junghäschen fand, gewiſs noch eines oder zwei in der Nähe aufhalten. In der erſten Jugend ſitzen die Ge— ſchwiſter bei Tage dicht und auch ſo unbeweg— lich zuſammen, daſs man eines aufheben kann und die anderen ruhig liegen bleiben; dieſes dichte und ruhige Zuſammenliegen trägt übri— gens auch viel zu ihrer Erhaltung bei, da in kalten Tagen auf dieſe Weiſe eines dem andern 30 * 468 doch wenigſtens etwas Wärme ſpendet. Abends rücken die Geſchwiſter gemeinſam auch zur Aſung, und morgens ſuchen ſie ebenſo ihr Lager wieder auf. So verleben ſie gemeinſam ihre früheſte Jugend, und haben ſie die erſten ſog. „dummen“ Wochen hinter ſich, ſo verwandelt ſich die Regungsloſigkeit, welche dem Satzhäs— chen anhaftet, ſehr bald in jugendlichen Froh— ſinn und außerordentliche Munterkeit, und höchſt drollig und poſſierlich ſind die Sprünge, die man ſie machen ſieht, wenn ſie abends mit ein⸗ ander ſpielen; aus jeder ihrer Bewegungen ſpricht dann Frohſinn und Munterkeit. Dieſes Zuſam⸗ menleben der Geſchwiſter währt etwa ſechs Mo— nate, alſo bis zu ihrer Halbwüchſigkeit, denn ſein völliges Wachsthum erreicht der Haſe nach 12 bis 15 Monaten, fortpflanzungsfähig wird er jedoch ihon im Alter von ſechs Monaten, dem Zeit- punkte, in welchem ſich die Geſchwiſter gänzlich von einander trennen. Als ſichere Kennzeichen für die Jugend ſind zu nennen: 1. die Färbungsunterſchiede zwiſchen den jungen und alten Haſen und 2. die Art und Weiſe des Laufens unmittelbar nach dem Aufſtehen aus dem Lager. Die Rückenfärbung der älteren Haſen, beſonders die der Rammler, geht nämlich mehr ins Röthliche über, der Rücken der Junghaſen erſcheint aber weſent— lich heller und weißlicher. Dem Junghaſen ſieht man ferner beim Aufſtehen aus dem Lager förmlich das Beſtreben an, ſich dem Auge ſeiner Störer zu verbergen, denn indem er die Löffel dicht auf den Hals legt, ſucht er ſich in ge— duckter Stellung gleichſam fortzuſtehlen, oft ſchlägt er auch kurz nach einander mehrere Haken; die alten Haſen dagegen pflegen nach dem Auf— ſtehen, ſo ſchnell als möglich und in gerader Linie fortlaufend, davonzueilen. Zum Unter- ſchiede von dem alten iſt ferner der junge Haſe leicht an den luſtigen und drolligen Sprüngen zu erkennen, die er zu machen pflegt, wenn er ſich abends zur Aſung begibt, während der alte oft lange, ja nicht ſelten eine halbe Viertel- ſtunde lang abſolut unbeweglich auf einer und derſelben Stelle ſitzt. Schließlich kann man noch als ein ziemlich ſicheres Kennzeichen der Jugend betrachten, wenn ein von Hunden verfolgter Haſe bald wieder dahin zurückkehrt, wo er ſein Lager gehabt hatte, zumal wenn dieſes Zurück— kehren mehreremale und kurz nach einander ge— ſchieht. Es iſt kaum anzunehmen, daſs dieſe große Anhänglichkeit an die Heimat ſich viel über das erſte Lebensjahr hinaus erſtreckt, denn fo gewiſs es iſt, daſs der junge Haſe ſich immer da aufhält, wo er geboren wurde, und ſo häufig man dies auch beobachten kann, ſo ſelten wird man alte Haſen immer wieder an derſelben Stelle antreffen, weil Witterung, Wind, Aſung und die Geſchlechtstriebe die vielen Bedingungen ſind, von welchen er die Wahl ſeines Aufent- haltes abhängig macht. Sehr viel ſchwieriger und doch ſo ſehr wichtig für einen die Jagd conſervierenden Ab— ſchuſs iſt die Aufgabe, den Rammler von der Häſin unterſcheiden zu lernen. Vom Frühjahre an bis zum Herbſte iſt dies ziemlich leicht, und kennt man die Unterſchiede ꝛc. erſt einmal, ſo irrt ſich ein aufmerkſames Auge auch nur ſelten; Feldhaſe. vom Herbſte an aber wird es gradatim immer ſchwieriger, und im Winter erſcheint es endlich faſt ganz unmöglich. Das bekannte Schnellen und Schnalzen mit der Blume, eine Eigenthüm⸗ lichkeit, die nur die Rammler zeigen, iſt ein ziemlich ſicheres Zeichen; „ziemlich“ ſicher nur iſt es deshalb, weil die Rammler dieſe Be- wegung mit der Blume durchaus nicht immer machen, ſondern ſie oft auch ganz unbeweglich halten. Außerdem halten die Rammler den hinteren Theil ihres Körpers, wenn ſie ſich nicht gerade in voller Flucht befinden, ſehr häufig ſchief, d. h. etwas nach rechts oder links, meiſtens aber nach links gebogen, beſonders thun ſie dies gern, wenn ſie hoppeln; auch ſind ſie im allgemeinen weſentlich ſchneller und flüchtigen als der Satzhaſe. Um jeder falſchen Auffaſſung vorzubeugen, ſei hier ausdrücklich noch erwähnt, daſs die Häſinnen mit der Blume zwar manch⸗ mal auch einigemale ſchnalzen und dieſe hin und wieder auch etwas hoch halten, jedoch immer nur während der erſten vier bis ſechs Sprünge, wenn ſie, aufgeſtoßen, das Lager ver⸗ laſſen müſſen, niemals aber ſetzen ſie dies Schnalzen länger fort, wie die Rammler es thun, vielmehr drücken ſie nach den erſten Sprüngen die Blume ziemlich dicht an den Leib, ſo daſs dieſe dann bedeutend länger zu ſein ſcheint als die Blume des Rammlers. Die Haltung der Satzhaſen bleibt ſich beim Laufen mehr gleich, ſie laufen auch ſtetiger als die Rammler; außerdem iſt ihr Leib länger, der Bauch niedriger und weißer, der Kopf iſt größer, und niemals werden ſie den Hintertheil des Körpers ſchief tragen, wie dies die Rammler dagegen ſo gern und häufig thun. Einen Unter⸗ ſchied in der Färbung beider Geſchlechter zu finden und nun gar beim flüchtigen Wilde, dürfte nicht allein recht ſchwierig, ſondern auch ein recht wenig ſicheres Unterſcheidungsmerkmal ſein, wenngleich man finden wird, daſs das Seitenhaar der Satzhaſen heller gefärbt iſt und die Rammler mehr braunrothe Blätter zeigen; welches Auge aber wäre wohl ſcharf und ſchnell genug, dieſen feinen Unterſchied in der Farbe wahrzunehmen, wenn das Wild in der Bewe— gung iſt. Jedenfalls gehören nebſt gutem Auge große Mühe und Ausdauer dazu, um auch nur einige Fertigkeit im ſicheren Anſprechen auf das Ge- ſchlecht zu erlangen, und nur durch fortgeſetzte Übung und nur dadurch, dajs man es ſich zum Princip macht, jeden Haſen, wenn er nicht in allzu großer Entfernung iſt, ſcharf prüfend ins Auge zu faſſen, kann man es ſchließlich zu einiger Fertigkeit darin bringen. Die beſte Ge⸗ legenheit für derartige Ubungen aber bietet der Anſitz, da man hier am meiſten Zeit findet, die ruhig vorbeihoppelnden Haſen zu beobachten und zu vergleichen. Bei keinem anderen Wilde ſind ſo häufig Abnormitäten ſowohl in der Färbung als auch in der Geſtaltung beobachtet worden als beim Haſenwilde; beſonders häufig aber ſind Fär- bungs- und Zahnbildungsabnormitäten, auch Haſen mit mehr als vier Läufen, ferner zu⸗ ſammengewachſene Haſen und ſolche mit zwei Köpfen gehören nicht gerade zu den großen Feldhaſe. 469 Seltenheiten, ſehr viel ſeltener dagegen ſind Zwitter (Hermaphroditen) gefunden worden. Zu den Färbungsvarietäten gehören 1. die nur höchſt ſelten vorkommenden ſchwarzen oder doch ganz dunkelbraunen Haſen; bei Rotenburg im Bremen'ſchen Gebiet wurde vom Forſtmeiſter v. Düring ein ſolches Exemplar geſchoſſen. 2. Die röthlich gefärbten Haſen; ſie ſind ent— weder fuchsroth oder gelbroth und fahlgelb und kommen häufiger vor; ſie ſind z. B. in der Gegend von Darmſtadt mehrfach beobachtet worden, auch bei Wien wurde im Auguſt 1872 ein ähnlich gefärbter Haſe geſchoſſen, er war ſehr gelb und hatte ganz rothe Pupillen. 3. Gibt es grau oder ſchwärzlichgrau und weiß gefleckte Haſen; jo wurde im Jahre 1873 in Gießmanns— dorf bei Lauban ein ganz regelmäßig ſchwarz und weiß gefleckter Haſe geſchoſſen; auch Schrei— ber dieſes ſchoſs in den Siebzigerjahren ein ähnlich, jedoch mehr grau gefärbtes Exemplar. 4. Nicht zu den Seltenheiten gehören Haſen mit weißer Bläſſe und ganz oder theilweiſe weiß gefärbten Läufen. 5. Seltenere Erſchei— nungen ſind dagegen wieder ganz oder doch zum größten Theil weiß gefärbte Haſen; ſie ſind nicht etwa mit dem Alpenhaſen oder dem veränderlichen Haſen zu verwechſeln, ſondern es ſind weiße Exemplare von lepus timidus. Auch weißgraue Exemplare und ſolche mit breitem, weißgrauem oder ſilbergrauem Rückenſtreifen ſind ſchon vorgekommen. Ein ſolches Exemplar wurde z. B. in der Gegend von Marburg und ein völlig weißer Haſe im Jahre 1824 im Herbſte bei einem Treiben im Odenheimer Re— viere bei Bruchſal geſchoſſen. Ebenſo wurde, wie die „Illuſtrierte Jagdzeitung“, J. Band, Nr. 1, berichtet, ein ſchneeweißer Haſe Ende September 1873 bei Frohburg in Sachſen ge— ſchoſſen, und im II. Band, Nr. 2 derſelben Fach— zeitung wird mitgetheilt, dajs im Auguſt 1873 auf dem Griesheimer Reviere bei Offenbach in Baden eine junge, etwa drei Wochen alte Häſin lebend eingebracht wurde, die von den Löffeln an abwärts einen blendend weißen Kopf hatte. Auch auf der dem Rittergutsbeſitzer Major v. Trotha gehörigen Gänſefurther Jagd (Provinz Sachſen) wurde nach wiederum demſelben Blatte in einem Keſſeltreiben ein faſt weißer Haſe er— legt; der Rücken und die beiden Seiten des Kopfes dieſes Exemplares waren hellgrau ſchat— tiert, ſonſt aber war es rein weiß. Der „Weid— mann“, III. Band, Nr. 4, bringt ebenfalls die Erlegung eines ganz weißen Haſen 2c. 2c. Der Profeſſor Dr. Altum berichtet in ſeiner „Forſt— zoologie” von zwei unvollkommenen Albinos, die zu den ſeltenen Erſcheinungen gehören; beide Exemplare, das eine ſemmelgelb, das andere weißgelb, befinden ſich in der akade— miſchen Sammlung der königlichen Forſtaka— demie zu Eberswalde. Miſsgeburten, beſonders aher abnorme Zahnbildungen, find in den in Oſterreich und Deutſchland erſcheinenden Jagd- und Forſt— zeitungen ꝛc. häufig mitgetheilt und auch bildlich wiedergegeben worden; auch die bekannten Rie— dinger'ſchen Kupferſtiche bringen auf Blatt 10 und 64 abnorme, den „Gewehren“ des Keilers ähnliche Bildungen der Eckzähne. Um hier wenigſtens einige von den vielen vorgekommenen abnormen Zahnbildungen und Miſsgeburten wiederzugeben, ſei zunächſt erwähnt, dajs ſchon in den Wildungen'ſchen Jahrbüchern (1798) ein ſolcher Haſenkeiler gezeigt und von den Zahn— abnormitäten als von einer ganz bekannten Thatſache geſprochen wird. Nach dem „Weid— mann“ wurde im Mai 1875 in der Nähe von Weida ein verendeter Haſe gefunden, deſſen beide untere Eckzähne derart gekrümmt, heraus- und bis über die Naſe emporgewachſen waren, daſs das Geäſe dadurch faſt völlig ge— ſchloſſen war und der Haſe ſich ſchließlich nicht mehr äſen konnte. Im J. Band, Nr. 18 des „Weidmann“ wird folgender Fall einer Miſsgeburt berichtet: „Ein lebendes junges Häslein wurde auf einem Düngerhaufen von einem Arbeiter todtgetreten. Bei genauer Beſichtigung ſtellte es ſich heraus, daſs das getödtete Thier eigentlich aus zwei Haſen mit acht Läufen beſtand, die ähnlich wie die ſiameſiſchen Zwillinge durch ein Bruſtbein verbunden waren.“ Ferner wurde nach v. Thüngen „Der Haſe“ im März 1871 in der Provinz Utrecht eine ungefähr acht Tage alte Haſenmiſsgeburt von einem Wildmeiſter lebend gefunden, welche jedoch bald darauf verendete. Bis zum Zwerch— fell war das Thier ganz normal, an dieſer Stelle aber theilte ſich das Rückgrat in zwei Theile und bildete zwei Hinterkörper, die beide, jeder für ſich betrachtet, keine Abweichung zeigten, nur befand ſich an der Stelle, wo das Rückgrat ſich trennt, ein aufwärts ſtehender, normal ge— bildeter Vorderlauf. Von einem intereſſanten Naturſpiel be— richtet die „Wiener Jagdzeitung“ (Jahrgang 1877, Nr. 21). „Im Monate September d. J. wurde in einem Reviere der Umgegend von Graz ein etwa 2—3 Tage alter verendeter Haſe gefunden, welcher im Körper nahezu voll— kommen ausgebildet war, es fehlte jedoch der Kopf und ſind nur die Löffel vorhanden. An Stelle des Geſichts befindet ſich zwiſchen den Löffeln eine kleine, roſenrothe Längsfalte und oberhalb derſelben eine kleine warzenförmige Erhöhung. Der Cadaver dieſes ſonderbaren Naturſpieles wurde dem pathologiſchen Muſeum zur Aufbewahrung übergeben.“ Verbreitung. Kaum wohl gibt es im ganzen Europa ein Land, das ohne Haſen wäre, nach dem ihnen mehr oder minder zu— ſagenden Klima ſind ſie jedoch in einer Gegend zahlreicher vertreten als in der anderen. Nord— ruſsland, das ſüdliche Schweden und Schott— land bilden für den Haſen die nördliche Grenze, dieſelbe liegt alſo ungefähr zwiſchen dem 65. und 70. Grad nördl. Br., während das ſüdliche Frankreich, Oberitalien, Dalmatien, die Herce— govina und Bulgarien die ſüdliche Grenze ſeines Vorkommens in Europa bilden. In einer Höhe bis zu 1600—1800 m über dem Meeres— ſpiegel trifft man ihn noch in den Alpen, im Kaukaſus ſoll er ſogar noch höher vorkommen, während er im bayriſchen Oberlande ſchon bei einer Höhe von 1000 m nur noch ſelten anzu— treffen iſt. Im Süden gehört der Haſe den europäiſchen Ländern des Mittelmeerbeckens noch 470 Feldhaſe. | ganz allgemein an, ſelbſt in ihren ſüdlichen Theilen trifft man ihn noch. Die Maſſe ſeines Vorkommens in dieſem großen Areal, in welchem es Haſen gibt, iſt nun außerordentlich ver— ſchieden; während er in fruchtbaren Gegenden, beſonders aber in ſolchen flachen und ebenen Charakters, welche in hoher Cultur ſtehen, ihm aber auch gleichzeitig durch kleine Feldhölzer, Gebüſche, bewachſene Raine ꝛc. 2c. genügenden Schutz gewähren, und welche beſonders recht warmgründig ſind, ſelbſt bei einem ſchlechten und unrationellen Jagdbetrieb am liebſten ſich aufhält und oft in großen Maſſen vorkommt, iſt er in Gegenden mit ſchlechten oder gar kalt— gründigen Bodenverhältniſſen, beſonders wenn er durch Mangel von Feldhölzern, Buſchwerk ge. keine Deckungen findet, nur höchſt ſparſam ver- treten, und es gibt Gegenden, in welchen das eifrigſte Schonen, der ſparſamſte und rationellſte Abſchuſs, Fütterungen, Raubzeugvertilgung ꝛe. es nicht vermögen, den Beſtand weſentlich zu verbeſſern. Auch in waldigen Gegenden iſt er nicht beſonders gerne heimiſch, in großen und weit ausgedehnten Waldcomplexen wird er ſogar oft zur Rarität. Als ihren liebſten Aufenthalt, gewiſſer— maßen als ihr engeres Vaterland ſind einige Theile Deutſchlands, beſonders aber Diterreichs anzuſehen; ferner ſind zum Theil Ungarn und die unteren Donauländer als ſehr haſenreich zu bezeichnen. Unter dieſen Gebieten zeichnen ſich nun wiederum in erſter Linie Niederöſterreich, Böhmen und ein Theil von Mähren, dann in Deutſchland ein bedeutender Theil des König— reiches und der Provinz Sachen als bewährte und ausgezeichnete Haſenkammern aus. Sehr gut mit Haſen beſetzt ſind in Deutſchland außer— dem noch Deſſau, Anhalt, ein großer Theil der ſächſiſchen Herzogthümer und auch ein Theil von Schwaben und Bayern. Den gewöhnlichen Haſen findet man außer in Europa auch in den beiden anderen Theilen der alten Welt. Dagegen wird er in Amerika nicht angetroffen, denn der in den gemäßigten Theilen von Nordamerika einheimiſche Haſe (Lepus Americanus) iſt in ſeinen Lebensgewohn— heiten ꝛc. zwar unſerem Haſen ſehr ähnlich, weil er aber in Geſtalt und Farbe mehr dem wilden Kanin als unſerem Haſen gleicht (Länge unſeres Haſen ca. 2 Fuß, Gewicht ca. 6 bis 8 Pfund; Länge des amerikaniſchen Haſen ca. 18 Zoll, Gewicht ca. 2 Pfund engliſches Ge— wicht), haben ihn die europäiſchen Einwanderer Kaninchen (Kabitt) getauft, und dies iſt auch ſein vorherrſchender Name dort geblieben. Es ſcheint hier die paſſendſte Gelegenheit zu ſein, noch einige Notizen über den Stand (localen Aufenthalt) der Haſen hinzuzufügen. Was nun zunächſt den Waldhaſen betrifft, ſo nimmt er die Feldmarken nur dann als ſeinen zeitweiſen Aufenthalt an, wenn er im Holze ſelbſt, auf jungen Schonungen, Kahlſchlägen, Waldwieſen ꝛc. nicht mehr genug ihm zuſagende Aſung findet, ſonſt verläſst er das Holz nicht gern und nimmt ſeinen Stand am liebſten im jungen Anfluge, Stockausſchlägen und lichten Bodendickichten der Vorhölzer, nur bei ſehr ſtrenger Kälte zieht er ſich tiefer in den Wald zurück und ſucht hier die geſchützteſten und wärmſten Dickungen als vorübergehenden Stand- ort auf. Auch der Berghaſe hält ſich wie der Waldhaſe bei heftiger Kälte in der Tiefe der Bergwaldungen auf, zur übrigen Zeit am Saume derſelben und auf den ſonnigen, niedrig be— buſchten Bergkuppen und ſehr gern in ſonnigen mit Unterholz beſtandenen Gängen. Der Feld⸗ haſe verändert auf ſeiner heimatlichen Feldmark im Laufe des Jahres häufig ſeinen Stand, denn während er im Frühjahre hauptſächlich auf den jungen Saatfeldern ſich aufhält, ſucht er im Sommer gern das hochbeſtandene Ge— treide 2c. auf. Mit Beginn der Ernte rückt er von einem Getreideſtück ins andere, bis ihn die Sichel auch aus dem letzten vertreibt und er nun die Kartoffel-, Rüben⸗, Kraut⸗ und Klee⸗ felder ꝛc. als Schutz und Deckung bietenden Standort wählt; werden auch dieſe nach und nach leer, ſo ſucht er die Sturzäcker und die Winterſaaten, hauptſächlich aber die Olſaaten auf. Im Winter findet man ihn theils im offenen Felde gegen Süden auf Sturz- und Samenſchlägen, theils in Feldhölzern, an be— buſchten Grabenrändern, in trockenen Gräben und in Sandgruben 2c.; iſt die Feldmark von Forſten begrenzt, ſo ſucht er bei Froſt und an windigen Tagen auch gern die ſchützenden Vor— hölzer auf. Beginnt der Mangel und wird die Aſung knapp, ſo zieht er ſich zu ſeinem Unheil in die Nähe der Dörfer zurück, ſucht Obſt⸗ baumpflanzungen und Alleen auf und dringt, wo er irgend nur kann, in die Gärten. Dem eminenten Nutzen gegenüber, welchen dem Haſenwilde wohl niemand, auch der größte Feind desſelben, abſprechen kann, iſt der Schaden, den es der Forſtwirtſchaft durch den jog. Haſen— fraß hie und da wohl zufügt, geringfügig und verſchwindend zu nennen, denn ein ver⸗ ſtändiger Forſtwirt wird der übergroßen Ver⸗ mehrung desſelben ſchon Einhalt thun, ohne es gerade mit Stumpf und Stiel auszurotten, wie es leider gar viele unter den Forſtwirten am liebſten möchten, die aus übergroßer, oft ge— waltig übertriebener und geſuchter Zärtlichkeit für den Wald hierin leider ſchon mehr als zu viel leiſten. Sit der Haſenbeſtand kein über- mäßiger und ſteht er zur Fruchtbarkeit des Forſtbodens im richtigen Verhältnis, thut außer⸗ dem der Forſtmann das Seinige, um die Saat⸗ kämpe und Pflanzgärten durch dichte Umzäu⸗ nungen vor dem Wilde zu ſchützen, und hat er Herz und Mitgefühl genug, ſeinem hungernden Wilde in der bitteren Noth eines harten Win⸗ ters Futter zu reichen, ſo kann der Schaden immer nur ein kaum merklicher, ein kaum fühl⸗ barer ſein. Wer hievon das Gegentheil behauptet, hat — trotzdem er ein Grünrock iſt — nicht eine Spur vom Jäger an ſich, und es ſollte ihm auch gewaltig ſchwer werden, ſeine gegentheilige Behauptung mit durchſchlagenden Gründen zu belegen. Aber es gibt zur Freude aller gerecht denkenden Jäger unter den Jüngern Sylvans auch eine recht ſehr große Zahl, die auch ebenſe treue Prieſter Dianas und Weidmänner in des Wortes beſter Bedeutung ſind, die mit gleicher Liebe ihren Wald und deſſen traute Bewohner hegen und pflegen. Wenn nun alle vorhin ge— Feldhaſe. 471 nannten und bekannten Vorſichtsmaßregeln ge— troffen werden, jo iſt es unmöglich, daſs der Schade, den das Haſenwild dennoch etwa dem jungen Holze zufügen ſollte, auf den ſchließ— lichen Ertrag des Waldes irgendwelchen nach— theiligen Einflufs ausüben könnte. Noch viel weniger aber wird man eine irgendwie nur nennenswerte Beſchädigung an den ſchließ— lichen Erträgen der Feldfrüchte dem Haſenwilde, ſelbſt wenn es in reichſter Anzahl vorhanden wäre, zuſchreiben können. Dies beweiſen allein ſchon die überaus haſenreichen und gejegneten Landſtriche Böhmens, Mährens, des König— reiches und der Provinz Sachſen ꝛc. Welch ein enormer Haſenbeſtand zum Theil dort iſt, weiß jedermann, ebenſo aber auch, daſs die Land— wirtſchaft in dieſen Gegenden Erträgniſſe liefert, wie ſie ſonſt nicht ſo leicht wieder gefunden werden. Noch niemals aber hat man gehört, daſs in ſchlechten Haſenjahren die Erträgniſſe der Felder dort größer geweſen wären, und kein Landwirt dort glaubt, daſs er mehr ernten würde, wenn er gar keine Haſen auf ſeiner Feldmark hätte. Wie ungeheuer groß gegen den gering— fügigen, oft eingebildeten Schaden, den die Haſen überhaupt anrichten können, iſt nun aber der nationalökonomiſche Wert derſelben als Nahrungs- und Handelsartikel? Als Beiſpiel, ein wie großer Handels- und Nahrungsartikel das Haſenwild allein ſchon iſt, ſei hier ange— führt, daſs im Jahre 1886, einem nur mittel- mäßigen Haſenjahre, allein im Königreiche Preußen nach den officiellen ſtatiſtiſchen Auf— ſtellungen 2,367.927 Haſen geſchoſſen wurden, und es gibt doch noch viel haſenreichere Länder, als es Preußen iſt. Nicht allein das Wildbret des Haſen aber iſt von großem nationalöko— nomiſchen Werte, ſondern auch ſein Balg findet eine ſehr vielſeitige Verwertung, beſonders aber durch Fabrication von feinen Hüten 2c., und es ſcheint, als ob der Wert des Haſenbalges im Laufe der Zeit mehr und mehr noch ſteigt, denn während vor ca. 20—30 Jahren ein Balg 10 und 13, allenfalls 20 Pfennige galt, wird er heutzutage ſchon mit 40 und 45 Pfennigen be— zahlt. Zahlen beweiſen, und dieſe eine oben an— geführte Abſchuſsziffer nur eines Landes gibt gewiſs den ſicherſten Beweis für den außer— ordentlich hohen nationalökonomiſchen Wert dieſes Wildes. Ehe wir die Beſprechung der verſchiedenen Jagdarten auf Haſen beginnen, ſei zunächſt noch eine kurze Beſchreibung der verſchiedenen Haſen— ſpuren vorausgeſchickt. Die Haſen ſind bekanntlich hinten höher als vorn, ſie ſind alſo überbaut, wie man dieſe beim Pferde oder Hunde vorkommende, hier aber abnorme und fehlerhafte Erſcheinung zu nennen pflegt. Beim Haſen ſind die Hinterläufe weſentlich länger als die Vorderläufe, ſomit erſcheint auch der hintere Körpertheil bedeutend höher als der vordere, und dieſer Umſtand ver— urſacht nicht allein die eigenthümlichen Arten der Fortbewegung des Haſen, ſondern er iſt auch die Urſache ſeiner außergewöhnlichen Schnellig— keit. Der Jäger kennt drei Arten der Fort— bewegung beim Haſen und nennt dieſelben „rutſchen“, „hoppeln“ und „flüchtig ſein“. Wenn der Haſe beim Aſen die Vorderläufe nach und nach jo weit nach vorwärts geſtellt hat, dass ſein Körper ganz langgeſtreckt iſt, und wenn er dann die Hinterläufe nachzieht, ſo nennt man dies: er „rutſcht“. Unter „hoppeln“ verſteht man die ruhige Fortbewegung des Haſen, es iſt bei ihm etwa das, was bei anderen Wildarten ac. das Traben iſt. Dieje hüpfende oder kurz galop— pierende Bewegung nennt man jagdlich auch noch „rücken“; der Haſe „hoppelt“ z. B. meiſtens, wenn er zur Aſung aus dem Holze auf das Feld „rückt“. Unter „flüchtig ſein“ verſteht man endlich ſeine ſchnellſte Gangart, es iſt dies ein ſortgeſetzter, langer, von weiten, oft 6—8 Fuß langen Sprüngen und Sätzen unterbrochener Galopp. Für „flüchtig ſein“ kann man in der Jägerſprache auch ſagen, der Haſe „läuft“. Im Laufen ſchiebt der Haſe immer von hinten nach, d. h. er ſchnellt und ſetzt die Hinterläufe immer vor die Spur der Vorderläufe. Es iſt dies in jeder Haſenſpur ſchon darum allein ganz deutlich zu erkennen, weil die Spur der Hinterläufe immer weſentlich länger und auch breiter als die der Vorderläufe iſt. Länger wird ſie des— halb, weil der Haſe nicht nur die Sohle allein, ſondern immer noch einen Theil der ſehr langen Hinterläufe faſt bis zur Ferſe auf den Erdboden mit aufſetzt. Die Vorderläufe ſetzt er vor ein— ander, und in allen Gangarten ſieht man ſie in der Spur faſt in gerader Linie ſtehen. Anders iſt es dagegen mit den Hinterläufen; dieſe ſtehen nämlich bei ruhiger Gangart, beim Hop— peln, faſt neben einander vor der Vorderlaufs— ſpur; in der Flucht dagegen ſetzt er ſie etwas ſchräg zu einander, u. zw. den rechten Hinter— lauf in ſchräger Richtung etwas vor den linken. Die Jagd und das Einfangen der Haſen. In rationell verwalteten Revieren wird man mit der Haſenjagd nicht vor Anfang oder noch beſſer, nicht vor Mitte des October be— ginnen, wenn auch das Geſetz den Abjchujs ſchon um Mitte oder gegen Ende des September erlauben ſollte, wie dies in den meiſten Ländern der Fall iſt, ebenſo ſollte der Schluſs der Haſen— jagd in gelinden Wintern ſchon im erſten Theil des Januar, in kalten dagegen ſpäteſtens zu Ende dieſes Monats ſtattfinden. Es gibt nun ſehr viele Methoden der Haſenjagd, und dieſe ſind: a) der „Anſtand“, b) die „Suche“, c) die „Treibjagden“ in ihren verſchiedenen Formen, d) die Jagd mit Jagd— hunden, e) die „Hetze“ mit Windhunden, t) das „Bugſieren“ der Haſen, und g) die „Parforce— jagd“. ad a) Das A-B-C der ganzen Jagdkunde iſt gewiſſermaßen die „Anſitzjagd“ oder der „An— ſtand“, und er iſt dies auch mit Bezug auf die Haſenjagd, denn er iſt diejenige Methode, welche auch dem Anfänger und dem ungeübteſten Schützen ſchließlich die faſt immer ſichere Ge— legenheit verſchafft, einen Haſen zu ſchießen; der wirkliche Jäger, reſp. der geübte Schütze dagegen wird dieſe Jagdart verſchmähen, es ſei denn, er wolle ſie ausüben, weniger um 472 Feldhaſe. . dabei Haſen zu ſchießen, als um das Raubzeug zu vermindern, auf Wilddiebe aufzupaſſen und um den Wildſtand ſeines Revieres genau kennen zu lernen denn kaum gibt es eine beſſere und gleichzeitig auch bequemere Gelegenheit hiezu als den Anſtand. Will man den „Anſitz“ auf Haſen mit be- ſonders ſicherem und gutem Erfolge ausüben, jo empfiehlt es ſich, ſchon längere Zeit vor Auf- gang der Haſenjagd gegen Abend oder vor Tagesanbruch diejenigen Stellen an den Holz- rändern ꝛc. auszukundſchaften, wo die Haſen abends zur Aſung auf die Feldmark zu rücken pflegen, reſp. wo ſie, von der Aſung kommend, das Gehölz wieder aufſuchen. Da die Haſen, ſo lange ſie an der betreffenden Stelle Aſung finden oder nicht allzu oft beunruhigt werden, außerordentlich ſicher und pünktlich ihre Päſſe einhalten, ſo kann man auch auf ganz ſicheren Erfolg rechnen, nachdem man ſich ſolche Päſſe ausgekundſchaftet hat. Hat man dagegen weder Zeit noch Gelegenheit, derartige Beobachtungen rechtzeitig anzuſtellen, ſo wähle man ſeinen Anſitz da, wo diejenige Aſung vorhanden iſt, welche dem Haſenwilde die angenehmſte und liebſte iſt, wie z. B. an Kohlfeldern, Rüben-⸗, Klee- und Seradellaſchlägen ꝛc. Als paſſenden Anſitzplatz wählt man unter ſehr genauer Berückſichtigung des Windes — denn die Haſen wittern bekanntlich ſehr fein — auf freien Feldmarken Gräben oder irgend ein ſchützendes Buſchwerk; fehlt es jedoch an jeg— licher Deckung, jo muſs man ſich nahe an be— liebten Aſungsplätzen ſog. Anſitzlöcher graben und von der hiebei ausgeſchachteten Erde einen kleinen, deckenden Wall nach der Richtung con⸗ ſtruieren, von welcher die zur Aſung rückenden Haſen wohl zu erwarten ſind. Die paſſendſte Zeit des Anſitzes iſt morgens, etwa eine halbe Stunde vor Tagesanbruch, und abends ſchon mit Beginn der Abenddämmerung, da die Haſen oft ſchon ſehr frühzeitig zur Aſung rücken, be- ſonders aber da, wo ſie wenig oder gar nicht geſtört werden. Vom October an, ſo lange kein Schnee gefallen, iſt übrigens der Morgenanſtand ſicherer als der am Abend, weil gewöhnlich viele Haſen erſt bei hellem Morgenlichte zu Holze rücken. An Waldrändern wird man ſelten in Verlegenheit um einen deckenden Anſitzplatz ſein, da ſchließlich jeder einigermaßen ſtarke Baumſtamm genügend deckt, nur heißt es dann, wenn man ſtehend das Wild erwartet, ſehr ruhig und ſtill ſich zu verhalten, denn die aus dem Holze rückenden Haſen ſind ſehr vorſichtig und pflegen, indem ſie von Zeit zu Zeit ganz unbeweglich zu ſitzen ſcheinen, das vorliegende Terrain genau zu recognoſciren, die geringſte unzeitige Bewegung entgeht ihnen dann nur ſelten, und vergeblich würde man für dieſen Abend auf ihr Wiedererſcheinen warten können, nachdem ſie flüchtig ins Holz zurückgegangen waren. In Gegenden, in welchen Winterölſaat nicht allgemein, ſondern nur vereinzelt und in kleinen Partien gebaut wird, iſt der Anſitz auf der- gleichen Feldern beſonders ergiebig, weil bei hohem Schnee ſich die Haſen von allen Seiten nach dieſer guten und reichlichen Aſung hin— ziehen. Im Winter eilt der Haſe, je ſtrenger die Kälte und je tiefer der Schnee iſt, deſto früher dem Felde zu und hält faſt jeden Mor⸗ gen und Abend denſelben Wechſel ein, ſobald einmal ein Pfad durch den Schnee gebahnt iſt. Viel angenehmer, weil weſentlich inter- eſſanter, iſt der Anſtand auf Haſen im Walde, und wählt man hier am beſten Kreuzwege, Ge⸗ ſtelle oder Waldblößen. Intereſſanter wird der Anſitz im Walde dadurch, weil er dem auf— merkſamen Jäger ſehr vielfache Gelegenheit zu Beobachtungen bietet, denn bald kann ein Stück Rothwild, ein Rehbock, Fuchs, Marder ꝛc. kom⸗ men, und gerade dieſe ſtets anregende Erwar— tung auf verſchiedenes Wild iſt es, welches dem Anſtande im Walde einen viel größeren Reiz als dem im Felde verleiht. Wer aus irgend einem Grunde gezwungen wird, ſchon im frühen Herbſte den Anſitz auf Haſen auszuüben, dabei aber möglichſt ſchonend für ſeine Jagd verfahren, d. h. am liebſten nur Rammler ſchießen möchte, der laſſe ſich ja nicht verleiten, jeden Haſen, den er vielleicht hinter einem anderen herlaufen und dieſen gleichſam verfolgen ſieht, für einen nach Liebe bedürftigen Rammler zu halten, den er unbeſchadet für ſein Revier ſchießen könne. Es wäre dies in ſehr vielen Fällen ein großer Irrthum, denn es kommt durchaus nicht ſelten vor, Ddajs alte Häſinnen, welche noch ganz kleine Junge in der Nähe haben, jeden anderen Haſen, der dieſen zu nahe kommen könnte, angreifen, verfolgen und fortzut reiben ſuchen. In der Regel pflegen die Haſen im Sep⸗ tember und nach Eröffnung der Haſenjagd noch zu rammeln, und dies benütze man zum Ab⸗ ſchuſfs von Rammlern, indem man auf dem Anſtande jeden nicht allzu weit entfernten, wenn er nicht ſchon gerade eine Häſin treibt, durch das ſog. „Reizen“ vor das Rohr ſich lockt. Dieſes Reizen beſteht in der genauen Nach⸗ ahmung des klagenden Lautes eines jungen Häschens, welcher entweder durch ein hiezu be= ſtimmtes Inſtrument, durch die ſog. „Haſen— quäcke“, oder dadurch hervorgebracht wird, dajs man das vordere Ende des Daumennagels auf die Unterlippe drückt, mit der Oberlippe mäßig auf die aufwärts gefehrte Seite der Daumen⸗ ſpitze kneift und durch eine kleine, an der einen Seite gelaſſene Offnung in kurzen Abſätzen äußere Luft einzieht. Durch dieſen Klagelaut des Jung⸗ häschens kann man ſich den Rammler bis dicht an den Stand locken, natürlich muſs man bei ſeiner Annäherung abſolut regungslos ſtehen. Sehr vortheilhaft iſt es, bei der Anſitzjagd einen vollkommen ſicheren Hund bei ſich zu haben, der ſowohl flüchtig und gut apportiert als auch gewöhnt ſein mufs, ganz ſtill zu liegen, vollkommen haſenrein und auf den Schweiß gearbeitet ſein muſs, um jeden etwa nur krank geſchoſſenen Haſen weit zu verfolgen, einzuholen und ſelbſt auf eine weite Strecke ſeinem Herrn zuzutragen. f Um in Gegenden, in welchen es nur wenige Haſen gibt, den Anſitz recht ſicher und möglichſt erfolgreich zu machen, kann man folgende Ver⸗ fahren einſchlagen: Etwa eine bis zwei Stunden vor Beginn des Abendanſtandes werden dicht Feldhaſe. an den Holzrand kleine Stäbchen ca. 20 bis 25 Schritte von einander entfernt in den Erd— boden geſteckt, nachdem man dieſe Stäbchen vorher oben geſpaltet und in dieſen Spalt ein ca. 10 em langes und ebenſo breites weißes Stückchen Papier feſt eingeklemmt hatte. Vor dieſen Fähnchen ſcheuen die dem verlappten Holzrande ſich nähernden Haſen, gehen längs derſelben entlang, um erſt auf dem rechten oder linken Flügel, da, wo ſich keine Stäbchen mehr befinden, auf das Feld zu rücken. Beſetzt man nun dieſe Flügel mit Schützen, ſo kommen dieſe gewiſs zu Schuſs. Dieſes Verfahren nennt man „den Anſitz mit Verzug“. Ein anderes Verfahren iſt der „Anſitz mit Körnung“; es wird wie folgt ausgeübt: In einem nicht zu weit von dem Waldrande ent- fernten Brad» oder Stoppelfelde gräbt man ſich ſchon mit Eröffnung der Haſenjagd ein Anſitzloch, jedoch jo, daſs ein ringsherum auf— geſchütteter kleiner Wall den darin ſitzenden Jäger vollkommen deckt. Nach dieſem Erdſitz geht man vom Rande des zunächſt gelegenen Holzes wenigſtens in jeder Woche einmal und ſtreut auf dem Gange dahin, immer etwa von 10 zu 10 Schritten, mehrere Hände voll Ge— menge von klein geſchnittenen Rüben, beſonders aber Peterſilienwurzeln, Kohl, darunter Hafer— und Weizenkörner ꝛc. aus. Mit der zu nehmen— den Richtung wechsle man häufig, jo daſs mehrere ſolcher Körnungswege bis an den Erd— ſitz führen. Sowie nun der erſte Schnee ge— fallen iſt, läst man rings um den Erdſitz herum und etwa 25—35 Schritte davon entfernt in mäßigen Zwiſchenräumen Kohlblätter, Kleeheu oder Erbſenſtroh, Hafergarben, Rüben ꝛc. in kleinen Häufchen hinwerfen, inzwiſchen dürfen aber die Körnungswege vom Holze bis zum Erdſitz nicht vernachläſſigt, ſondern müſſen viel— mehr von Zeit zu Zeit erneuert werden. Sobald man ſich uun überzeugt hat, daſs die Körnung von den Haſen eifrig angenommen wird, iſt es Zeit, den Anſitz zu beginnen, der ſtets von Er— folg ſein wird, am erfolgreichſten aber dann, wenn es recht kalt iſt und viel Schnee dem Haſenwilde es erſchwert, Aſung zu ſuchen und zu finden. Selbſtredend iſt es erforderlich, dass man mehrere ſolcher Kirrungs- oder Körnungs— plätze hat, um dieſe der Reihe nach zu beſuchen, wenn durch mehrmaliges Schießen auf dem einen die Haſen für mehrere Tage vergrämt worden ſind. ad b) Die Suche. In einem pfleglich be— handelten Reviere ſollte die Suche möglichſt vermieden werden, weil bei keiner anderen Jagdart mehr Häſinnen geſchoſſen werden als gerade bei dieſer; dies aber hat ſeinen Grund darin, daſs die Häſinnen in der Regel weſent— lich feſter in ihrem Lager ſitzen als die Ramm— ler, die ſchon ſehr häufig weit außer Schuſs— weite aufſtehen und flüchtig werden. Übrigens iſt die Suche im Winter bei hartem Froſt und hartgefrorenem Schnee ſo wie ſo oft wochen— lang bezüglich der Reſultate höchſt miſslich, be— ſonders aber auf der Feldmark, weil bei ſolchem Wetter die Haſen überhaupt nicht halten und lange vorher jchon rege werden, ehe man in Schuſsweite herangekommen iſt, denn unter den 473 Tritten des Jägers kracht der hartgefrorene Schnee jo laut, dass ſie den Jäger ſchon aus der Ferne vernehmen. An ſolchen Tagen thut man daher gut, das Abſuchen kahler Felder ganz zu unterlaſſen und ſich dahin zu wenden, wo es Gräben, Hohlwege, Steinhaufen, Weiden— und Dornhecken oder ſonſtiges Gebüſch gibt, reſp. ſeine Zuflucht zum Walde zu nehmen. — Bei windſtiller und warmer Witterung, ebenjo bei Thauſchnee, ſitzt der Haſe beſonders gern in flachen und freien Feldmarken und zieht hier, wenn der Boden trocken iſt, die Sturzäcker allen anderen vor, bei einiger Näſſe dagegen ſind ihm die Stoppelfelder lieber. Bei Regenwetter ſucht er immer trockene Plätze auf, wie z. B. Ab- hänge, Hutungen, Steinbrüche, ganz junge Holzjaaten, Gräben ꝛc. Wenn veränderliches, beſonders aber ſtürmiſches Wetter bevorſteht, äußern die Haſen eine gewiſſe Unruhe und ſtehen ſchon weit außer Schußweite auf, es ſind daher ſolche Tage zum Abſuchen der Felder nur ſchlecht geeignet. Ebenſo wie die Witterung und die Winde wirkt auch der Mond auf das Halten der Haſen weſentlich ein; iſt z. B. der Mond im Abnehmen, ſo halten dieſelben viel beſſer aus und laſſen Jäger und Hund viel näher kommen als bei zunehmendem Monde. Auch von der Zeit und dem Zuſtande der Acker iſt der jeweilige Aufenthalt der Haſen weſentlich abhängig. So findet man ihn den September hindurch viel auf Stoppelfeldern und Grummetwieſen, in öſtlich gelegenen Feld— hängen in Wachholderbeſtänden ꝛc., im October dagegen wählt er gerne Rüben-, Kartoffel-, Kraut⸗ und Kleefelder ſowie Samenſchläge, Brachfelder und friſchgepflügte Acker zu ſeinem Aufenthalt; im November ſitzt er gerne in trockenen, mit Geſtrüpp und hohem Gras be— ſtandenen Brüchen, in kaupigen und bewachſenen Moorſtrecken, auf Odplätzen, an beſtrauchten Rainen und Gräben; während des Decembers iſt ſein Aufenthalt wie im November, in dieſer Zeit hält er ſich auch gern auf Saatfeldern in tiefen Schneewehen auf; im Januar ſucht er gern die Rohrhorſte ausgetrockneter oder feſt— gefrorner Weiher auf, ſonſt iſt ſein Aufenthalt jetzt wie der im December, d. h. überall da, wo es möglichſt warm iſt; ſo hält er ſich gern an ſüdlichen von der Sonne beſchienenen Abhängen auf, auch ſehr häufig an den vor dem Winde geſchützten Seiten der Felddüngerhaufen und ſchließlich mit Vorliebe in den Gärten, überhaupt in der Nähe der Dörfer. Vor— ſtehende Notizen über den jeweiligen Aufent— halt der Haſen nach Jahreszeit, Witterung 2c. ſind deshalb hier mitgetheilt worden, weil ſie beſonders für den Anfänger durchaus wichtig erſcheinen, will er die Suchjagd mit Erfolg betreiben. Zur Herbſtzeit, wenn Kartoffel- und Rü— benfelder ꝛc. den Haſen noch reichliche Deckung bieten, iſt es ganz vortheilhaft, einen ſicheren Hund mit hinauszunehmen, ebenſo kann ein ſolcher bei der Suche im Walde recht nützlich und behilflich bei der Auffindung des Wildes werden; ſind indeſſen die Felder erſt leer und ohne Deckung für die Haſen, ſo hat ſchließlich der Hund kaum noch einen anderen Zweck, als 474 Feldhaſe. den, etwa nur krank geſchoſſene Hafen zu ver— folgen und zu apportieren, ja er kann, wenn er nicht außerordentlich folgſam und ſo ferm iſt, daſßs er ohne Commando die linke Seite ſeines Herrn nicht verlässt, eher hinderlich und ſtörend als nützlich ſein. Nimmt man nun einen Hund nicht nur als Apporteur zur Suche mit, ſondern ſoll er in dicht beſtandenen Feldern auch bei der Auf- findung des Wildes behilflich ſein, ſo wäre es fehlerhaft, die Suche mit ihm früher zu be— ginnen, ehe die Felder vom Thau nicht vollkom- men wieder frei und trocken geworden ſind, denn ſelbſt wenn der Hund mit gutem Winde und hoher Naſe ſucht, ſo iſt es trotzdem gar nicht zu vermeiden, dafs er letztere hie und da doch einmal tiefer hält, ſie voll Waſſer bekommt und die Naſe dadurch vorübergehend an Schärfe ver— liert; ſomit aber wird der Zweck ſeiner Suche nur höchſt unvollkommen erreicht. Am geeignetſten zur Suche mit dem Hunde ſind daher die Stunden von etwa 10 Uhr Morgens bis Nach— mittags ca. 4 bis 5 Uhr. Bezüglich der Nach— Mittags ſtunden gilt dies jedoch nur für die Herbſtzeit, denn im Winter halten erfahrungs— mäßig nach 3 Uhr Nachmittags die Haſen nicht mehr gut aus. Hat der Jäger bei einer Suche, wo er auf das Feſtliegen der Haſen beſtimmt rechnen zu dürfen glaubte, ſchon beim erſten oder zweiten Haſen das Gegentheil erfahren, und findet er dieſes ſchlechte Halten ſowohl im geſchloſſenen Terrain, z. B. in Bodendickichten, Kartoffel- feldern 2c., Lals auch in der freien Feldmark, ſo ſtehe er an dieſem Tage lieber ganz von der ferneren Suche ab, denn ſie dürfte wohl faſt reſultatlos verlaufen, und er kann ziemlich ſicher überzeugt ſein, daſs auf den freundlichen und ſonnigen Vormittag ein ſtürmiſcher oder reg— neriſcher Abend, reſp. ein Schneefall folgen dürfte. Hat man zur Haſenſuche nur Feldmarken, welche aber von Waldungen begrenzt ſind, zur Dispoſition, ſo wähle man zur Suche entweder die erſten ſchönen Stunden oder den erſten ſchönen Tag nach anhaltendem Regenwetter, oder man ſuche auch während desſelben, weil den Haſen nichts widerwärtiger iſt als immer— währendes Tropfen von den Bäumen und Sträuchern. Dasſelbe thue man, wenn nach ſtarkem Schneehange plötzlich Thauwetter oder wohl gar Regen eintritt, jo daſs fortgeſetzt ganze Ballen des weichgewordenen Schnees von den Aſten der Bäume und Sträucher herabfallen, denn auch dies fortgeſetzte und geräuſchvolle Herabfallen des Schnees iſt den Haſen ganz un— ausſtehlich. Ebenſo peinlich iſt es ihnen, wenn im Spätherbſte bei einem plötzlich eintretenden ſtarken Winde die abgeſtorbenen Blätter in großen Maſſen und mit lautem Geräuſch von den Bäumen herabgeſchüttelt werden; auch an ſolchen Tagen kann man ſicher ſein, im Holze faſt keine Haſen, wohl aber alle auf der nach— barlichen Feldmark zu finden. Schließlich kann man Felder, wenn anders die Witterung dazu geeignet iſt oder man keine nachbarlichen Rück— ſichten zu nehmen hat, mit gutem Erfolge ab— ſuchen, wenn am Tage vorher in den angren— zenden Waldungen Treibjagden abgehalten wor— den ſind oder laut jagende Hunde die Waldhaſen auf die Feldmark getrieben haben, denn auch nach derartigen Beunruhigungen rücken faſt alle Haſen vom Walde auf das Feld, und oft vergeht eine ziemlich geraume Zeit, ehe ſie, ſicher geworden, ihren alten Standort wieder aufſuchen. Bei der Suche beobachte man noch folgende Regeln: Glaubt man aus der Ferne einen Haſen im Lager zu erblicken, ſo bleibe man niemals ſtill ſtehen, um ſich genauer zu über- zeugen, denn dies verträgt der Haſe durchaus nicht. Ebenſowenig darf man in ſolchem Falle ſchnell umkehren und deuſelben Weg zurück- machen, man gehe vielmehr, als habe man gar nichts bemerkt, ruhig ſeines Weges fort und drehe ſich erſt in gehöriger Entfernung, gra— datim einen Bogen beſchreibend, rechts oder links ſeitwärts, um nach mehrmaligem Um⸗ kreiſen ſich dem Haſen bis auf die paſſende Schuſsweite zu nähern. Ebenſo falſch, wie es wäre, beim Erblicken eines lagernden Haſen ſtill zu ſtehen, ebenſo falſch iſt es, in gerader Richtung raſch auf ihn loszugehen, denn auch dies hält er nicht gut aus. Wenn irgend mög- lich, nehme man ſchon anfangs die Richtung ſo, daſs man den Haſen zur linken Hand hat, weil man infolge des leichteren Herauffahrens mit der Flinte ſchneller ſchuſsfertig wird, wenn er etwa während der kreisförmigen Annäherung rege und flüchtig werden ſollte. Während des Kreiſens mache man ſich ohne auffallende und haſtige Bewegung jo jchujsfertig, daſs man, bis auf paſſende Schuſsweite herangekommen, nur einen Augenblick ſtill zu ſtehen braucht, um anlegen, das Wild ſcharf aufs Korn nehmen und abkommen zu können. Selbſtredend ſind die eben erwähnten Regeln nur für den Anfänger hier aufgeführt, denn dem geübten Jäger und Schützen macht es wahrlich kein Vergnügen, einen Haſen im Lager zu ſchießen, er wird ihn vielmehr erſt abſichtlich aufſtoßen, um ihn in guter Schuſsentfernung und während der Flucht zu erlegen; der verſtändige Jäger aber wird ſchon deshalb niemals auf jo lange und feſt aus⸗ haltende Haſen ſchießen, weil er wohl weiß, in den allermeiſten Fällen eine Häſin zu treffen. Stößt man abſichtlich einen Haſen auf, ſo thue man dies möglichſt nicht gegen die Sonne hin, denn gelang der erſte Schujs nicht, jo hindert für den zweiten nicht allein der Pulver⸗ dampf, ſondern mehr noch im Vereine mit dieſem die blendende Sonne. Auch richte man ferner ſeine Annäherung jo ein, daſs man den ſog. „Spitzſchuſs“ nicht zu machen braucht, jon- dern das Wild ſeitwärts und breit hat, denn der Spitzſchuſs von vorne iſt deshalb mißlich, weil man ſelten den Kopf, ſondern meiſtens nur den Rücken trifft oder dieſen gar nur ſtreift. Nicht weniger ungünſtig iſt der Schußs ſpitz von hinten; ſelten wirkt er gleich tödlich, im beſten Falle zerſchmettert man einen Hinterlauf und mufs ſich dann noch des Hundes bedienen, um das kranke und oft noch ſehr flüchtige Wild nicht zu verlieren. Unmittelbar nach dem Heraus⸗ fahren aus dem Lager pflegen die Haſen im erſten Schreck oder aus Liſt einen, manchmal | 3 1 ; ’ Feldhaſe. 475 auch mehrere jog. Haken zu ſchlagen; dieſes oft ſehr wilde Hin- und Herfahren des Haſen warte man erſt ab und ſchieße, vorausgeſetzt er nahe genug iſt, nicht früher, als bis er gerade— aus läuft. Wenn es ſich vermeiden läſst, ſo ſuche man die Felder lieber in der Quere ab, weil erfahrungsmäßig ſo der Haſe viel beſſer hält als bei dem Abſuchen der Länge nach. Sucht man ohne Hund und halten die Haſen beſonders gut, ſo verſäume man es an ſolchen Tagen nicht, von Zeit zu Zeit einen Augenblick ſtille zu ſtehen, denn man kann ſicher ſein, dass dann die dem Auge des Jägers etwa ent- gangenen und ſeitwärts oder hinten ſitzen ge— bliebenen Haſen ſofort ihr Lager verlaſſen und jetzt gewiſs flüchtig werden. Für Anfänger, welche es ſich durchaus nicht verkneifen können, auf Haſen im Lager zu ſchießen, ſei hier noch bemerkt, daſs, je tiefer der Haſe in ſeinem Lager ſitzt, je tiefer mujs man zielen und abkommen; um ſeines Schuſſes in einem ſolchen Falle ganz ſicher zu ſein, ziele man ſogar ſo tief, als wolle man nur die Erde dicht neben dem Haſen treffen; je flacher und je höher er dagegen ſitzt, je weniger iſt dies nöthig. Bleibt der lagernde und beſchoſſene Haſe unbeweglich in ſeinem Lager ſitzen, oder rückt er allenfalls nur ein wenig mit dem Hintertheil, ſo kann man in den allermeiſten Fällen darauf rechnen, ihn überſchoſſen zu haben. Beim Aufgange der Haſenjagd und bis zum Beginne des Winters ſchieße man Schrot Nr. 4 oder 6, das ſog. „Haſenſchrot“, ſpäter, wenn die dichtere und dickere Winterwolle den feineren Schroten mehr Widerſtand bietet, bediene man ſich des Schrotes Nr 3. Manche Jäger ſchießen im Winter, beſonders aber an naſſen Wintertagen — denn auch die naſſe Haſenwolle leiſtet den Schroten vermehrten Widerſtand — Schrot Nr. 2, andere wieder bedienen ſich im Herbſte ſowohl wie im Winter immer nur der Nr. 4; in letz— terem Falle aber ſollte man dann, beſonders aber im Winter, niemals weiter hinaus ſchießen als auf höchſtens 40 Schritte, weil man an— derenfalls wohl mehr kranke als zur Strecke gebrachte Haſen aufzuweiſen haben würde. ad c) Die Treibjagden. Dieſe im all- gemeinen nur geringen Aufwand an Zeit, Geld und Mühe fordernde, dagegen oft große Reſul— tate und vieles Vergnügen liefernde Jagdme— thode auf Haſen theilt man ein in „Feldtreiben“ und „Waldtreiben“. Eine andere Art Treibjagd, die ſowohl im Felde als auch im Walde aus— geübt werden kann, iſt das im allgemeinen we— niger gebräuchliche ſog. „Streifen“. Die Feld— treiben ſelbſt werden nun wieder ganz ver— ſchieden ausgeführt, und je nach ihrer Anlage und Ausführung werden ſie eingetheilt in „Standtreiben“, „Keſſeltreiben“ und „böhmiſche Feldtreiben“. Beſprechen wird nun zunächſt die Feldtreiben und ihre verſchiedenen Arten. Es würde höchſt unzweckmäßig ſein, ſchon im Herbſte, ſo lange die Haſen bei der Suche noch gut halten, Feldtreiben zu veranſtalten, weil wohl die meiſten Haſen liegen bleiben oder erſt, nachdem die Treiber vorübergegangen ſind, aufſtehen und faſt immer ſeitwärts oder nach hinten flüchtig werden würden. Nicht eher ſollte man daher mit den Treiben beginnen, bis es wirklich Winter geworden iſt und Schnee liegt oder doch der Erdboden gefroren iſt. Bei den Standtreiben, welche im Intereſſe der Hege vor den Keſſeltreiben entſchieden den Vorzug verdienen, werden die Schützen ange- jtellt, und die Treiberwehr bewegt ſich, das Wild zutreibend, auf dasſelbe zu; bei den Keſſel— treiben, auch Ring- oder Kreistreiben genannt, befindet ſich zwiſchen je zwei Schützen eine An— zahl Treiber, gewöhnlich zwei oder drei, ſelten mehr, welche ſich nach gegebenem Signal jämmt- lich, Treiber ſowohl wie Schützen, nach dem Mittelpunkte der kreisförmig umlegten Feld— mark zu bewegen. Hat man nicht gerade die Abſicht, möglichſt viele Haſen zu ſchießen, wünſcht man vielmehr, daſs ein Theil der um— ſtellten Haſen unbeſchoſſen durchkommt, und will man den geladenen Schützen möglichſt viel Ver— gnügen bereiten, ſo wähle man Standtreiben und treibe dann bei ſcharfem Froſt, namentlich aber hartem Schnee, weil die Haſen dann nicht gut halten, überhaupt an ſolchen Tagen ſehr rege ſind; iſt dagegen der Hauptzweck der Jagd eine möglichſt ſtarkzählige Strecke, und iſt ge— lindes weiches Wetter, ſo wähle man die Keſſel— treiben. Die zu beſtellende Anzahl der Treiber richtet ſich nicht nur nach dem Umfange der einzelnen Triebe, die man zu machen gedenkt, ſondern auch nach dem Wetter, denn an kalten Wintertagen, wenn die Haſen nicht feſt liegen, richtet man mit 10 oder 15 Treibern ebenſoviel aus, wie bei Thauwetter oder wenn die Schnee— lage weich iſt, mit 20 oder 30 derſelben. Die Zahl der einzuladenden Schützen richtet ſich gleichfalls nach dem Umfange der zu machenden Triebe; übrigens ſind wenige, aber ſichere Schützen ſehr viel vortheilhafter als viele und unzuverläſſige. Dasſelbe gilt von den Treibern, denn eine geringe Anzahl erfahrener, gehor— ſamer und fleißiger Treiber leiſtet ſchließlich mehr als eine große Zahl ſchreiender Bummler. Will man die Treiben möglichſt reich an Haſen macher, d. h. will man vorher möglichſt viele Haſen auf das abzutreibende Revier brin— gen, ſo hat man hiezu verſchiedene Mittel, unter welchen die gebräuchlichſten das „Ver— lappen“, das „Verfeuern“ und das „Einleuch— ten“ ſind. Stößt z. B. ein größerer Waldcom— plex an die abzutreibende Feldmark, ſo leiſten die gewöhnlichen „Federlappen“, beſonders wenn ſie noch mit Asa foetida (Teufelsdreck) oder mit Steinöl ꝛc. verwittert worden ſind, dadurch vortreffliche Dienſte, daſs ſie die mor— gens von der Aſung dem Holze zurückenden Haſen zurückſchrecken und auf die abzutreibende Feldmark bannen; die ganze Waldgrenze mujs dann ungefähr zwei Stunden vor der Morgen— dämmerung mit dieſen Federlappen umſtellt werden. Die Herſtellung dieſes Lappzeuges iſt höchſt einfach und geſchieht wie folgt: An einem ca. 200 Schritt langen, guten, hanfenen Bind— faden von mittlerer Stärke werden ca. / m von einander entfernt je 2 oder 3 Federn ver— mittelſt einer Schlaufe eingeknüpft. Dieſe Lap— pen, von denen man natürlich mehrere in obiger Länge haben muſs, werden auf einen Haſpel 476 Feldhaſe. gewunden, welcher ſich um ſeine Mittelſpindel leicht drehen laſſen muſs. Für jeden Haſpel ſind dann ca. 15 Stellſtäbe von etwa 3 Fuß Höhe er- derlich. Beim Stellen der Lappen, welche ca. 1% bis 1 Fuß von der Erde entfernt ſein müſſen, läſst man dieſelben von dem Haſpel ablaufen, indem man das eine Ende mit einem Heftel an die Erde befeſtigt oder ſonſt irgendwo an— bindet und in angemeſſenen Entfernungen die Stellſtäbe anbringt. Auch auf den Flügeln der Treiben ſind die Federlappen ſehr vortheilhaft zu verwerten, denn fehlt es dem Jagdgeber an Schützen, um beide Flügel gut beſetzen zu können, jo ver- hindern die Lappen das Ausbrechen des Wil— des nach den unbeſetzten Seiten, nur iſt es nöthig, ſie jo frei hängend anzubringen, dajs die Luft die Federn fortwährend bewegt, damit ſie gehörig blenden und die anrückenden Haſen verſcheuchen. Schwieriger ſchon iſt das „Verfeuern“, welches darin beſteht, daſs während des letzten Drittheils der Nacht am Saume der die Feld— mark begrenzenden Waldungen, von welchen die Haſen abgehalten werden ſollen, in angemeſſenen Entfernungen von einander Feuer angemacht und bis zum Morgen unterhalten werden. Der Zweck, die Haſen vom Einrücken in den Wald abzuhalten, wird allerdings wohl erreicht, allein oft iſt die Wirkung dieſer Feuer eine größere noch, als gewünſcht wurde, denn es kann auch geſchehen, daſs die Haſen dadurch derart in Furcht und Schrecken verſetzt werden, daſs fie ganz aus der für den nächſten Tag zum Ab— treiben beſtimmten Feldmark wechſeln. Will man ſich trotzdem aber des Verfeuerns zu dem ge— nannten Zwecke bedienen, ſo laſſe man an Stelle dieſer großen Feuer nur gegen Morgen und von etwa 1½—2 Stunden vor Tages— anbruch an eine genügende Anzahl Leute mit brennenden Strohwiſchen, Reiſigbündeln oder Fackeln am Saume des Waldes auf- und ab— gehen. Dieſe Flammen ſind nicht allzu weit ſichtbar, können daher auch nicht die vorhin erwähnte gerade entgegengeſetzte Wirkung erzeugen. Das „Einleuchten“ iſt faſt dasſelbe wie das ſoeben beſchriebene Verfeuern durch getragene brennende Strohbündel und Fackeln 2c., nur bedient man ſich an Stelle dieſer hier der La— ternen, ein viel ſichereres und bequemeres Ver— fahren. Außer dieſen eben erwähnten Mitteln, die Haſen vom Walde abzuhalten, bedient man ſich auch noch anderer, jedoch weſentlich koſt— ſpieligerer Mittel; es ſind dies die ſog. „Haſen— garne“ oder „Prellnetze“ und die „Tuchlappen“. Bei den Standtreiben hängt ſehr viel von der zweckmäßigen Anſtellung der Schützen ab, und es iſt ſehr vortheilhaft, dieſelben möglichſt gedeckt aufzuſtellen, wozu Geſträuche, Bäume, Gräben, Erdaufwürfe ꝛe. am zweckmäßigſten ſind; fehlt jedoch jede Deckung auf der Feld— mark, ſo empfiehlt es ſich, transportable leichte Schirme von Flechtwerk aufzuſtellen, die mit ihren angeſpitzten Seitenpfählen in den Erd— boden feſt eingeſteckt werden. An Stelle dieſer Schirme kann man auch in angemeſſenen Ab— ſtänden Schießlöcher in den Boden graben, um in dieſen die Schützen gedeckt aufſtellen zu können. Nöthig iſt es jedoch, daſs ſowohl Schirme wie Erdſitze ſchon mehrere Wochen vor den Treibjagden fertiggeſtellt werden, damit ſich die Haſen daran gewöhnen und nicht zurück— ſchrecken, wenn ſie darauf getrieben zu werden. Bei Aufſtellung der Schützen iſt auch ferner noch der Wind zu berückſichtigen; jeden- falls müſſen die Schützen jo ſtehen, dajs ſie mindeſtens Seitenwind haben, auch hat der an— ſtellende Jäger darauf Rückſicht zu nehmen, wohin die Haſen, ohne gerade gezwungen zu werden, gewohnheitsmäßig am liebſten zu laufen pflegen. Die größte Entfernung der Schützen von einander ſei ca. 80 Schritte, die geringſte etwa 30 Schritte; wenn die Treiber auf ca. 150 Schritte an die Schützenlinie herange- kommen ſind, darf kein Schütze mehr, entweder von ſelbſt oder auf das dann hiezu gegebene Signal in das Treiben hineinſchießen, ſondern er muſs die Haſen durchlaſſen und darf dann erſt ſchießen. Die Abſtände der Treiber von einander müſſen möglichſt egal und dürfen nicht länger als höchſtens 25 Schritt ſein; beim Vor⸗ wärtsgehen müſſen die einmal gegebenen Ab— ſtände genau eingehalten werden; die Treiber ſind mit den bekannten Haſenklappern auszu= rüſten oder doch jeder mit zwei Stöcken, die ſie während des Vorgehens aufeinander jchlagen, Ebenſo ſtreng, wie auf das genaue Einhalten der Abſtände der Treiber von einander zu achten iſt, muſs auf die Erhaltung einer geraden Front der Treiberwehr geſehen werden, und es iſt weder ein Vorlaufen noch ein Zurückbleiben ein— zelner Leute jemals zu dulden. Um nun noch einige Bemerkungen über die Keſſeltreiben hinzuzufügen, ſei zunächſt erwähnt, daſs es ein großer Fehler ſein würde, kleine Keſſel zu conſtruieren, da das öftere Anlegen der Schützen und Treiber ſowie das Klappern und das Schießen 2c. alle in der näheren Um- gebung liegenden Haſen vertreiben würde und ſomit die nächſten Keſſel oder Treiben faſt reſul— tatlos ſein dürften; nur große Keſſel, trotzdem ſie, ehe ſie umſtellt ſind, viel Zeit rauben, ſind vortheilhaft, und nur ſolche können guten Erfolg ſichern. Der Mittelpunkt des Keſſels muſßs vor⸗ her durch eine hohe Stange mit einem Stroh— wiſch markiert werden; das Ablaufen geſchieht von zwei Seiten; auf der einen läuft ein Schütze zuerſt aus, und ihm folgen zwei, reſp. drei Treiber u. ſ. w., auf der anderen laufen zuerſt zwei, reſp. drei Treiber und dann erſt ein Schütze aus; die Abſtände der auslaufenden Schützen und Treiber müſſen gleichmäßig und je nach Anzahl des vorhandenen Perſonals und der Größe des zu umſchlagenden Terrains 50, 60, oder auch im höchſten Falle 80 Schritt be— tragen. Iſt der Keſſel geſchloſſen, ſo erfolgt das Signal „Halt“ und gleich darauf das Signal „Avancieren“; iſt nach längerer Zeit der Keſſel jo eng geworden, dass die Schützen und Treiber ſich je ca. 200 Schritte von einander entfernt gegenüber befinden, ſo muſs das Signal „Ge— wehr in Ruh'“ und das Commando „Treiber avancieren“ erfolgen. Die Schützen bleiben auf dieſes Signal nun ſtehen, während die Treiber weiter vorwärts gehen, um den Keſſel völlig zu Feldhaſe. ſchließen und die noch darin befindlichen Haſen in Bewegung zu bringen. Letztere werden nun verſuchen, durch die ſtehengebliebene Schützen— linie durchzubrechen, und es darf auch von nun an kein Schütze eher ſchießen, ehe nicht der Haſe die Schützenlinie paſſiert hat. Jedes Stehen— bleiben eines Schützen oder Treibers während des Avancierens iſt ſtrengſtens zu unterſagen, ebenſo darf kein Schütze, wenn er auf einen Haſen ins Treiben hineingeſchoſſen, deuſelben aber gefehlt oder nur angeſchoſſen hat, dieſem mit angelegtem Gewehre durch die Linie folgen, denn dieſe häſsliche Sitte ſchießwüthiger Leute und das Nichtachten dieſes Verbotes hat ſchon manches Unheil gebracht. Auch das Hinein— laufen eines Schützen oder Treibers in den Keſſel, um niedergeſchoſſene Haſen zu holen, iſt ſtreng zu verbieten, ebenſo darf das Hinein— ſchicken von Hunden, um Haſen zu apportieren, nicht gelitten werden, und nur denjenigen Haſen darf der Hund nachgeſchickt werden, die rück— wärts des Kreiſes angeſchoſſen wurden und flüchtig weiter giengen. Ganz unſtatthaft und ein Hauptmiſsbrauch iſt das ſog. „Lückenmachen“, um die durch derartige Offnungen durchgehen— den Haſen zu Schuſs zu bekommen; jagdneidiſche Schützen pflegen dies gern zu thun oder ſogar ihre zunächſtſtehenden Treiber durch eine klin— gende Beſtechung hiezu zu veranlaſſen. Bei hartgefrorenem Boden ſei man beſonders vor— ſichtig, weil ſelbſt bei beträchtlichen Entfernungen die von dem harten Boden abſchlagenden Schrote noch leicht Schaden anrichten können. Es iſt eine bekannte Thatſache, daſs die Haſen auf den Flügel am liebſten zulaufen, der recht langſam geht, es iſt daher höchſt unſtatthaft, aus Schießbegierde nicht nur ſelbſt recht langſam zu gehen, ſondern auch die nächſten Schützen und dieſe wieder ihre Treiber ſtillſchweigend hiezu zu veranlaſſen, denn ſchließlich geräth durch dieſes häſsliche und ſelbſtſüchtige Gebaren nicht nur der ganze Keſſel ins Stocken und in Unordnung, ſondern es gehen auch viele Haſen durch die Wehr, und das häufige Wiederordnen des Keſſels raubt unendlich viel Zeit. Man ſieht hieraus, daſs die Keſſeltreiben im allgemeinen den Standtreiben gegenüber recht viele Nach— theile haben, der Hauptnachtheil derſelben iſt und bleibt aber der, daſs fie für den Haſenbe— ſtand ganz beſonders verderblich ſind, denn durch einen nur leidlich gut geſchloſſenen und gut ge— führten Keſſel kommen nur ſehr wenige Haſen, ſo daſs für die Nachzucht oft faſt nichts übrigbleibt. Um die ſog. „Böhmiſchen Treiben“, auch „fliegende“ oder „Streiftreiben“ genannt, zu arrangieren, verfährt man wie folgt: Auf großen, remiſenreichen Feldern, die reichlich mit Haſen beſetzt ſind, ſind die böhmi— ſchen Feldtreiben, beſonders bei kalter Witte— rung, angenehmer als die gewöhnlichen Treiben, weil Schützen ſowohl wie Treiber in fort— geſetzter Bewegung bleiben. Es gründet ſich dieſe Methode auf die Erfahrung, daſs der Haſe, wenn er mehrere tauſend Schritte von ſeinem eigentlichen Standorte fortgetrieben wird, ſelbſt durch die dichteſte Treiberwehr hindurch dahin zurückzukehren beſtrebt iſt; auf ſeinem Rück— 477 wege wird er dann von den ſtets vorrückenden Schützen erlegt. Am Ende einer Feldmark ſtellt ſich eine etwa 30—40 Schützen ſtarke Jagdgeſellſchaft jo auf, daſs die Schützenlinie einen Winkel von ungefähr 60— 70° bildet und die offenen Schenkel desſelben der Feldmark zu gerichtet ſind. Zwi— ſchen je zwei Schützen gehen I—2 Treiber, theils um die ganze Breite der Feldmark abſtellen zu können, theils zum Transport der geſchoſſenen Haſen. Von jedem der beiden Flügelſchützen er— weitert ſich die Treiberwehr jederſeits um 30—40 Treiber derart, daſs dieſe Treiber an den Längengrenzen der Feldmark mit 30 bis 60 Schritte Entfernung hinter einander gehen, ſtets durch eine Lappenleine oder Federlappen verbunden. Sind nun Schützen und Lappwehr geſtellt, ſo beginnt auf ein gegebenes Zeichen das Trei— ben durch gleichmäßiges Vorgehen der Treiber und Schützen in der Länge der Feldmark, ohne daſs die Stellung der Lappenwehr zur Schützen— linie verändert wird. Die aufgeſtoßenen Haſen laufen anfänglich aus der Lappwehr vorwärts und dem Treiben weit voraus, drücken ſich aber bald, werden zum zweiten- und drittenmale aufgeſtoßen und wen— den ſich dann ſchließlich ſelbſt bei ungünſtigem Winde zurück und ſuchen, durch die Lappwehr erſchreckt, die Schützenlinie zu forcieren, wobei ſie dann erlegt werden. Iſt ſchließlich das Trei— ben bis zum entgegengeſetzten Ende der Feld— mark vorgeſchritten, ſo ziehen ſich die beiden äußerſten Enden der Lappwehr zuſammen, ſo daſs ſie und die Schützen zum Schluſſe ein Keſſeltreiben bilden. Bei dieſer Methode ſind die beſten Poſten die in der Mitte der Schützenlinie, an den beiden Flügeln dagegen ſollten immer die geübteſten Schützen poſtiert werden. Die ſog. „eingeflügelten Haſentreiben“ ſchließlich, welche im allgemeinen weniger ge— bräuchlich ſind, beſtehen nur aus einer Zuſam— menſtellung von Keſſel- und Standtreiben, eignen ſich am beſten für nicht ſehr umfangreiche Feld— jagden und werden beſonders da angewendet, wo ein oder höchſtens zwei Schützen den größten Theil des eingeflügelten Wildes ſchießen ſollen. Von dem bevorzugten Stande aus, auf welchen das meiſte Wild anlaufen ſoll, werden die Trei— ber, die Beamten und die weniger bevorzugten Schützen in einem der zu bejagenden Flächen— figur entſprechenden Bogen halbkreisförmig nach rechts und links vorgeſchoben, ſchließen ſich dem Ausgangspunkte gegenüber zuſammen und ſtehen endlich ſo dicht aneinander, daſs das einge— ſchloſſene Wild an dieſer Seite nicht mehr aus— weichen kann, ſondern wieder zurück und in den zu beiden Seiten des beſten Standes gelaſſenen größeren Offnungen zum Abſchuſs kommt. Der auf dem bevorzugten Stande poſtierte Schütze kann bei dieſer Art Treiben in einem reich mit Haſen beſetzten Reviere, vorausgeſetzt daſs er das Schießen gut verſteht, hunderte von Haſen zur Strecke bringen. Viele oder richtiger die meiſten der in den vorſtehenden Auslaſſungen über Feldtreibjagden aufgeführten Regeln haben auch Bezug auf die Waldtreiben, es iſt deshalb nur nöthig, hier 478 noch einige Notizen über die praktiſchſte An— ſtellung der Schützen zu geben, weil erſtere im Walde entſchieden ſchwieriger iſt und mit Bezug auf die perſönliche Sicherheit der einzelnen Schützen beſonders berückſichtigt zu werden verdient. Zunächſt iſt es ſehr vortheilhaft, ſchon einige Tage vor der Treibjagd die Stände her— zuſtellen, wo ſolche die Natur nicht ſchon bietet, und dieſelben zu numerieren. Die Stände müſſen, wo es nur irgend angeht, ſo gewählt werden, daſs ein Schütze mindeſtens doch ſeine Nachbarſchützen ſieht; der Abſtand der Schützen von einander ſei 60 bis höchſtens 80 Schritte, in ſehr coupiertem Terrain, in Dickungen und auf ſchmalen, gekrümmten Wegen mujs man die Abſtände oft noch verkürzen. So viel es nur möglich iſt, halte man beim Anſtellen der Schützen eine gerade Linie ein oder ſtelle ſie in einem ſtumpfen Winkel oder flachen Bogen auf. Müſſen die Schützen aber in einem rechten oder gar ſpitzen Winkel aufgeſtellt werden, wie dies im Walde oft ganz unvermeidlich iſt, dann ſtelle man wenigſtens keinen in die Ecke des Winkels und warne auch diejenigen Schützen, welche zunächſt an der Spitze des rechten oder ſpitzen Winkels ſtehen, vor der Gefahr, die un— vorſichtiges Schießen erzengen kann. Vor einer Dickung ſtelle man die Schützen mit dem Rücken gegen das Treiben, jo dajs ſie alſo gezwungen ſind, erſt dann auf das Wild zu ſchießen, nach— dem es die Dickung ſchon verlaſſen und die Schützenfront paſſiert hat. Viel mehr als bei Feldtreiben iſt hier möglichſte Ruhe und Stille während des Auſtellens nöthig, weil ſonſt das Wild gar zu leicht auswechſelt, ehe noch das Treiben umſtellt iſt. Die Aufrechterhaltung der Ordnung und der geraden Linie der Treiberwehr iſt bei Wald— treiben ganz beſonders wichtig, aber auch ganz beſonders ſchwierig, weil in den Dickungen die Mannſchaften gar zu ſchwer zu beobachten find. Es iſt daher dringendſt erforderlich, daſs einige energiſche Schützen mit der Treiberwehr vor— gehen, deren Hauptzweck allerdings der iſt, die Treibwehr in Ordnung zu halten und zu führen, und deren Nebenzweck darin beſteht, die nach hinten etwa durchbrechenden Haſen zu ſchießen. Es ſind dies oft nicht die ſchlechteſten Poſten, nur muſs man ein ebenſo ſicherer als beſonders ein ſehr ſchneller Schütze ſein, denn oft bieten ſich nur ganz unbedeutende Lücken dar, um das nach rückwärts durchgehende Wild zu ſchießen. Der geeignetſte Zeitpunkt zur Abhaltung von Waldtreiben iſt die Zeit nach Abfall des Laubes, weil ſich erfahrungsmäßig der Haſe vor dem Abfall des Laubes nur ſehr ſchwer vorwärts— treiben lässt und er während desſelben nicht gerne und nur in geringer Anzahl im Walde zu finden ſein wird. Auch bei ſtarkem Schnee— hange ſind die Waldtreiben miſslich, ſchon allein deshalb, weil dann die Treiber ganz beſonders ſchwer in Ordnung zu halten ſind und ſich die beſten und gangbarſten Wege ausſuchen, unbe— kümmert darum, ob dadurch große Lücken in der Wehr entſtehen und viel Wild deshalb nach hinten durchkommt. Sehr empfehlenswert iſt Feldhaſe. es deshalb, wenn die Treiberwehr auf ein ge— gebenes Signal von Zeit zu Zeit Halt machen mujs, um ſich wieder zu ordnen, und nur jo iſt es oft möglich, das Treiben glatt und ſicher durchzuführen. Bezüglich der Anſtellung der Schützen ſei ſchließlich nachträglich noch eine recht wichtige Regel hier aufgeführt. Wenn nämlich das Trei— ben auf eine freie Feldmark, auf eine größere Waldwieſe oder Waldblöße, reſp. auf einen be- ſonders breiten Weg zugeht und dort enden ſoll, ſo ſtelle man die Schützen nicht an den Rand des Holzes, ſondern 40—50 Schritte in das Holz hinein, denn die Erfahrung lehrt, dafs die Waldhaſen über derartige freie Plätze, wenn ſie auch gar nichts von den Schützen wahrge— nommen haben, dennoch nicht gerne laufen, jon- dern vielmehr in der Dickung lange auf- und abhoppeln, bis die Treiber endlich ziemlich heran— gekommen ſind, wo ſie ſich dann gewöhnlich erſt noch ein Weilchen drücken, oder doch ganz ſtill ſitzen, um dann plötzlich in heller Flucht zwi— ſchen dieſen nach hinten zurückzugehen. ad d) Die Jagd mit Jagdhunden. Vom Standpunkte des Jagdpflegers und Hegers betrachtet, iſt dieſe Methode durchaus nicht zu empfehlen und ſollte in Gegenden, die ſich guter Haſenbeſtände erfreuen, verpönt ſein und nur unter ganz beſonderen Verhältniſſen aus- geübt werden, da ſie, wie kaum eine andere noch, höchſt verderblich für die Wildbahn iſt. Unter den ganz beſonderen Verhältniſſen, welche die Ausübung dieſer Jagdart durchaus rechtfertigen, gehören diejenigen ſchwierigen Terrainverhält— niſſe, welche ſowohl den Gebrauch von Treibern als ſogar den der Vorſtehhunde unmöglich machen, oder wo ſolche doch nur unter großen Schwierigkeiten oder gar Gefahren verwendet werden können. Hierhin gehören u.a. gebir⸗ gige, ſehr waldreiche, felſige, von unzugäng— lichen Brüchen, Sümpfen, Mooren und Schluch⸗ ten durchſchnittene und mit Geſtrüpp und Dorngeſträuch aller Art dicht bewachſene Ge— genden oder Gebirgstheile mit vielen ſteilen Hängen und Abgründen, die weder Menſch noch größere Hunde ohne Gefahr paſſieren können. Der Beſitz reinraciger jagender Hunde iſt in erſter Linie zur Ausübung dieſer Jagdart unerläſslich. Unter „Jagdhunden“ im engſten Sinne oder unter „jagenden Hunden“ verſteht man eine beſondere Hundegattung, welche, von der Natur beſonders ausgeſtattet, dazu benützt wird, frei umherlaufend das Wild, namentlich Haſen und Füchſe, aufzuſpüren und es ſo lange laut jagend auf der Spur, reſp. Fährte zu ver— folgen, bis es der auf beſtimmten Punkten wartende Jäger entweder zum Schuſſe bekommt oder es von den Hunden eingeholt und gefan— gen wird, oder es ſich ſchließlich wegen gänz— licher Ermattung vor den Hunden ſtellt und dann vom herbeieilenden Jäger getödtet wird. Es iſt dies übrigens die älteſte Jagdart, die wir kennen, und von jeher hat man deshalb auch für dieſe Jagd eine beſondere Race von Hunden gezüchtet, welche beſonders im Alter- thume einen ſehr hohen Wert hatten, und von welcher auch die verſchiedenen Racen unſerer Feldhaſe. jetzigen Parforcehunde abſtammen. Sie müſſen ſich in erſter Linie durch ſehr ſcharfe Naſen, be— ſonders aber durch die Ausdauer auszeichnen, mit welcher ſie eine und dieſelbe Spur, reſp. Fährte, ohne fie jemals gänzlich zu verlieren, feſt— halten und verfolgen können. Ein fermer Jagd— hund (Bracke, Wildbodenhund) mußs ſehr aus— dauernd, zähe, fleißig und ſchnell ſuchen, muss leicht finden und darf nicht „vorlaut“ ſein, d. h. er darf nicht eher Laut geben, als bis er die friſche Spur oder Fährte eines Wildes gefunden hat. Er darf ferner die Spur oder Fährte des Wildes, welches er jagt, nie mit einer anderen verwechſeln, muſs ſo lange aushalten, bis das Wild dem Jäger vor das Rohr kommt oder von ihm gefangen wird, und darf vor allem nie ein gefangenes oder angeſchoſſenes und ſpäter verendet gefundenes Wild „anſchneiden“ (davon freſſen) oder gar zerreißen, ſondern muſs dem Jäger durch ununterbrochenen Stand⸗ laut denjenigen Platz kundgeben, wo das Wild ſich befindet. Was nun zunächſt den Zeitpunkt für Ab— haltung dieſer Jagden betrifft, ſo ſollte man niemals vor dem October damit beginnen; ſollen die Jagden aber im Holze ſtattfinden, ſo geſchehe dies jedenfalls nicht eher, als bis das Laub gänzlich von den Bäumen und Sträu— chern abgefallen iſt und ſchon durch darauf ge— fallene Näſſe feſt am Boden liegt. Nach ge— fallenem Regen oder überhaupt bei feuchtem Boden, wie z. B. im Thauſchlag, wird man ſtets mehr erreichen als bei trockenem Boden. Selbſt mit alten geſchulten Hunden wird man bei Trockenheit ſelten mit Erfolg jagen können, da dieſelben dann die Fährten weniger gut wittern, dieſe alſo „kalt“ ſind, junge Hunde aber verlieren bei trockenem Boden nur gar zu leicht die Fährten und werden miſsmuthig; man ſollte daher im Intereſſe der Ausbildung junger Hunde mit dieſen anfänglich nur auf feuchtem Boden jagen. Es wird hier abſichtlich nur das Wort „feucht“ gebraucht und nicht von „naſſem“ Boden geſprochen, denn große Näſſe, beſonders in Laubhölzern, Brüchen oder in ſehr gras— reichen Reviertheilen, iſt der Jagd auch nach— theilig, weil die Hunde bei großer Näſſe er— fahrungsmäßig nicht allein ſchlecht finden, ſon— dern weil ſie auch, wenn das bejagte Wild Brüche und andere ſehr naſſe Orte paſſiert, die Fährten ſehr oft verlieren. Ein feuchter Boden oder ein feuchter Schnee, beſonders wenn es in der Nacht vor der Jagd nur etwa bis Mitter— nacht oder doch bis höchſtens 3 oder 4 Uhr Morgens geſchneit hat, ſind daher für die Jagd mit jagenden Hunden am vortheilhafteſten. Fiel der Schnee jedoch bis zum Morgen, ſo ſollte man es lieber aufgeben, an dem darauf— folgenden Tage zu jagen, denn einmal ſitzen dann die Haſen, die ſich bekanntlich ſehr gerne einſchneien laſſen, ſehr feſt in ihrem Lager, außerdem aber wird es auch den Hunden ſehr ſchwer, überhaupt Spuren oder Fährten zu finden, weil dieſe bereits wieder verſchneit ſind. Auch ſehr windige oder gar ſtürmiſche Tage ſind der Jagd nachtheilig, weil man leicht das Laut— geben der Hunde überhören kann, je ſtiller der Tag iſt, je beſſer iſt er für die Jagd; über— 479 haupt find die jog. grauen Spätherbſttage, an welchen bei trübem Himmel dennoch kein Regen fällt, die geeignetſten, warme Witterung oder gar heller Sonnenſchein ſowie tiefer Schnee ſind dagegen nicht zu empfehlen, weil die Hunde dann leichter außer Athem gerathen, ſchneller ermüden und in hohem Schnee nur ſchlecht vorwärtskommen. Wenn mit Beginn des Winters Reif den Boden bedeckt, ſo iſt dies durchaus nicht nachtheilig; es gibt viele Hunde, die gerade auf dem Reif ſehr ſicher jagen, da— gegen iſt hart gefrorener Boden nicht gut, und man ſollte an ſolchen Tagen lieber gar nicht jagen oder doch warten, bis die Mittagsſonne den Boden wieder etwas erweicht hat. Durchaus irrig iſt die Anſicht, daſs eine ſtarkzählige Meute von Vortheil ſei; eine gut und ſicher eingejagte Koppel von 2 oder 3 Hun⸗ den, die ſich kennen, wird ſtets viel mehr leiſten, je größer aber die Meute iſt, je mehr wird auch Verwirrung herrſchen, deſto häufiger nehmen die Hunde einander die Jagd ab, über— rollen aus Jagdneid und Eifer, verlieren oft die Spur und matten ſich ſchließlich gegenſeitig viel zu früh ab. Die Ausübung der Jagd ſelbſt geſchieht kurz beſchrieben wie folgt: Der Jäger löst ſeine Koppel Hunde jederzeit vor dem Winde da, wo er weiß, daſs ſie recht bald finden werden, denn je früher dies geſchieht, deſto friſcher und jagdluſtiger werden die Hunde den Tag über ſein. Das Löſen von der Koppel ge— ſchieht am beſten vor einem Dickicht, einem Bruche oder Holzſchlage ꝛc. und unter dem Zu— rufe: „Los, Hunde, los, los!“ Gleich darauf ermuntert man ſie zur Suche durch „Uh, la, la, la — ſuch op — ſuch op — binne, binne, uch da, da, da!“, wobei man mit einem lang— gezogenen Pfiff und einem tieferen Triller ab— wechſelt. Sobald der Jäger bemerkt, dajs ein Hund eine Spur zu wittern anfängt ler zeigt dies, wie die Vorſtehhunde, durch heftigere Be— wegungen der Ruthe), ſobald alſo einer der Hunde — um den jagdlichen Ausdruck dafür zu gebrauchen — „vernimmt“, ermuntert er ihn durch Wiederholung dieſes Zuſpruchs und folgt ihm langſam mit geſpannter Flinte im Arm. Führt der Jäger einen jungen Hund zu— ſammen mit einem alten, ſo ruft er, wenn der alte Hund gefunden hat und laut wird, einige— male „Hubie! Hubie!“ Schlägt dann der junge Hund bei und fällt dem alten zu, ſo folge der Jäger ſo ſchnell als irgend möglich, um für den Fall, als der junge Hund wieder verwirrt werden ſollte, ihn durch Zuruf wieder heran und von neuem auf die Spur zu bringen, bis er auf derſelben fortjagt. Geben die Hunde oder doch einer derſelben den erſten Laut, ſo eilt der Jäger ſchnellſtens nach der Anjagd, wo er ſich auf einem Wege, einer lichteren Stelle oder auf dem ſonſt paſſendſten Platze, den er in der Nähe der An— jagd findet, anſtellt und hier wartet, bis die Hunde ihm den Haſen zujagen und er ihn ſchießen kaun. Sobald man an dem Laut der Hunde hört, daſs die Jagd ſich nähert, mujs man äußerſt aufmerkſam und jeden Augeublick zum Schuſßs bereit ſein, beſonders wenn der 480 Weg, auf dem man ſteht, ſchmal iſt und viel kleines Gebüſch wenig Platz zum Schußs bietet, und wenn man aus dem Geläute der Hunde wohl vermuthen kann, daſs der Haſe quer über den Weg gehen wird. Wenn man dann ſchließ⸗ lich den von den Hunden gejagten Haſen er— legt hat, ſo rufe man ſie herbei und zeige das Wild unter dem Zurufe „Ho, ho, ho! todt! todt!“ Alten und ſchon ganz ſicheren Hunden gibt man dann etwas Schweiß oder Aufbruch des Haſen, niemals aber jungen, noch unſicheren Hunden. Niemals jage man länger als etwa von 9 Uhr Morgens bis 2 oder höchſtens 3 Uhr nachmittags und hüte ſich wohl vor dem „Über— jagen“ (Überanſtrengen) der Hunde, beſonders der jungen, weil ſie dann nicht allein leicht „ver- ſchlagen“ (erkranken), ſondern auch für ſpäter den Muth verlieren; überhaupt iſt es ſehr nöthig, den Hunden nach jeder eben gemachten Jagd eine halbe Stunde Ruhe zu gönnen und ihnen in der Mittagszeit etwas Brot und alten Hunden Haſenaufbruch, allen aber, nachdem ſie ſich gehörig abgekühlt haben, auch Waſſer zu reichen. Nicht ſelten kommt es ja vor, daſs der Jäger ſeinen Stand aufgeben und der Jagd lange folgen muſs, wenn er an dem Geläute hört, dass ſich dieſelbe immer mehr und mehr entfernt, ja ſchließlich das Geläute gar nicht mehr zu hören iſt. Im höchſten Grade gefahr- voll für ſich ſelbſt und andere aber iſt es, wenn man in einer Geſellſchaftsjagd ohne Commando und Erlaubnis ſeinen Stand verläjst und eigen mächtig der Jagd folgen wollte, wohin ſie ſich nach dem Geläute wendet. Selbſt dann, wenn die Jagd ſich ganz entfernt, ja ſogar nach einem anderen Reviere übergehen ſollte, muſs man, ſobald man in Geſellſchaft jagt, durchaus ſo lange auf der einmal angewieſenen Stelle bleiben, bis der in ſolchen Fällen übliche Jagd— ruf „Zieh nach!“ erſchallt. Eine Geſellſchaftsjagd, alſo eine Jagd mit jagenden Hunden im größeren Maßſtabe hier näher zu beſchreiben, erlaubt der Raum nicht, außerdem ſind derartige Jagden im allgemeinen auch nur wenig gebräuchlich und da, wo es viele oder auch nur ziemlich viele Haſen gibt, überhaupt nicht anwendbar. Sehr angenehm und auch weniger er— müdend iſt die Jagd mit jagenden Hunden, wenn zwei Jäger dieſelbe zuſammen ausüben. Der eine ſtellt ſich vor mit gutem Winde, u. zw. an Dickungen, an bebuſchten Hängen, bewachſenen Kuppen oder in den niederbewaldeten Thälern und Schluchten auf den Hauptſteigen und auf den alten Fahrwegen, während der andere in weiter Entfernung von ſeinem Kameraden nach dieſem hin die Hunde löst, ſie durch Zuruf zum Suchen anfeuert, aber beim erſten Lautgeben in die Nähe des Aufſtichs eilt und dort ſich anſtellt. Er verläjst nicht eher ſeinen Stand, bis die nun begonnene Jagd durch Erlegung des Haſen oder durch den gänzlichen Abfall der Hunde beendigt iſt, der Vorſtehende aber richtet ſich ſo nach der Jagd, wie es die Umſtände manchmal erfordern, d. h. er wirft ſich vor oder zieht der Jagd nach oder ſtellt ſich auf einem anderen Platze an, je nachdem er ſich aus dem Geläute über den Gang der Jagd ſelbſt orientiert, welchen Feldhaſe. Steig, welchen Weg, welche Lichtung der Haſe bei ſeinen Wiedergängen öfter annimmt. Der einfachſte, angenehmſte und ſchließlich auch der der Jagd noch am wenigſten ſchäd— liche Betrieb der Methode, mit jagenden Hun= den dem Haſen nachzuſtellen, iſt folgender: Eine Geſellſchaft von vier bis fünf Schützen beſetzt die beſten Stände eines abzujagenden Feld⸗ holzes oder einer Waldparcelle, während ein anderer Jäger, ſobald die Schützen ſtehen, auf der entgegengeſetzten Seite die Hunde, deren zwei vollkommen genügen, löst und mit dieſen zuſammen das Holz durchgeht. Hiezu verwendet man am beſten Dachshunde größeren Schlages und nicht die eigentlichen Jagdhunde und hoch⸗ läufigen Bracken, weil erſtere den Vortheil ge⸗ währen, daſs ſie weder beſonders lange aus⸗ halten, noch ſehr flüchtig jagen, das Revier alſo nicht allzuſehr beunruhigt wird. ad e) Die Hetze mit Windhunden. Noch ſehr viel ſchädlicher als die vorſtehend beſchriebene Jagd mit Jagdhunden iſt die Hetze mit Windhunden; ſie iſt dem verſtändig den⸗ kenden Weidmann verhaſst und ſollte in ge⸗ ſchloſſenen Revieren und in ſolchen mit nicht ſehr glänzendem Haſenbeſtande überhaupt nie angewendet werden. Da ſie eigentlich kaum zum Gebiete der Jagd und mehr zum Reit⸗ ſport gehört, ſoll ihrer hier auch nur ganz kurz und nur der Vollſtändigkeit wegen Erwähnung geſchehen. Zu dieſer Jagd gehört ein ſicheres, flottes Pferd, das ſicher und gern Hinderniſſe nimmt, ſowie ferme und ſchnelle Hunde, die gut und ſicher äugen, denn der Windhund ſoll nicht ſeine Naſe, ſondern ſeine Augen gebrauchen, d. h. er ſoll den aufſtehenden Haſen nicht nur ſchnell erblicken, ſondern ihn auch während des Verfolgens immer im Auge behalten; gut äugen, vorzüglich laufen und gut fangen, dies müſſen die Cardinaltugenden eines Wind⸗ hundes ſein. Die Jagd ſelbſt beginnt in der Regel nach der Ernte und iſt am beſten in der Zeit des Laubfalles auszuüben, weil dann die Haſen aus dem Holze auf die Feldmarken rücken und am liebſten die Stoppelfelder, das eigentlichſte Ter⸗ rain dieſer Jagden, annehmen. Eine große Vor⸗ bedingung für dieſe Jagd ſind möglichſt ebene, freie und unbebuſchte große Flächen, die recht frei von Gräben, Sumpflöchern, Schluchten ꝛc. ſind; in bergigem und ſtark coupiertem Terrain hören ſie auf, ein Vergnügen zu ſein, und wer⸗ für Reiter und Pferd gefahrvoll, abgeſehen davon, daſs man die Hunde und dieſe wieder den verfolgten Haſen zu leicht und zu oft aus dem Auge verliert. Die Morgen- und Vor⸗ mittagsſtunden nicht zu warmer Herbſttage ſind am geeignetſten, und erſt ſpäter, wenn ſchon Nachtfröſte eingetreten ſind, wählt man die Mittags- und Nachmittagsſtunden, weil dann der Boden wieder etwas erweichter iſt, über- haupt ſehe man ſtets darauf, dafs die Hunde kein ſchlechtes Geläuf haben. Hetzt man jedoch am Nachmittag, ſo muſs den Hunden ſchon Morgens das Hauptfutter gereicht werden, denn nie darf man mit Hunden hetzen, die nicht lange vorher ſtark gefreſſen haben. Der Jäger, welcher Feldhaſe. Haſen hetzen will, nimmt ſeine Hunde an den Strick (zu einem „Strick“ gehören gewöhnlich drei, und man wählt ſie gern von einerlei Farbe), reitet dahin, wo er hoffen kann, bald Haſen zu finden, und ſucht einen ganzen Be— zirk, wenn ſie feſt ſitzen, mit dem Winde, wenn ſie aber nicht gut halten, gegen den Wind oder doch mit Seitenwind Strich für Strich ab. Wird ein Haſe aufgeſtoßen, ſo gibt bei einer größeren Geſellſchaft der Führer durch den Ruf „Hetz!“ das Zeichen zum Löſen der Hunde, die nun unter dem Zuruf „Hetz! Heß!” oder „Heha! Heha!“ dem Haſen nachgeſchickt werden. Es hängt viel von der Beſchaffenheit des Terrains ab, in welcher Entfernung man einen Haſen anhetzen kann und ſoll, niemals aber darf dies in jo großer Entfernung ge⸗ ſchehen, daſs der flüchtige Haſe ſchon zu großen Vorſprung hätte, als dass es den Hunden ge— lingen könnte, ihn überhaupt noch einzuholen. Auch darf das Löſen der Hunde niemals eher erfolgen, als bis man deſſen ganz ſicher iſt, daſs ſie den Haſen auch beſtimmt ſchon im Auge haben, was man an ihrer Unruhe ꝛc. bald be— merkt. Ebenſo darf man niemals mit zwei Strick Hunden zugleich anhetzen, auch dann nicht einmal zur Hilfe des erſten, wenn dieſer den Haſen beim anderen vorbeibrächte. Ein ganz falſches Verfahren wäre es, wenn die Reiter gleich, wohl gar mit Rufen und An— hetzen hinter den Hunden herjagen und den Haſen dadurch in die Flucht bringen, noch ehe die Hunde ihm nahegekommen ſind; das Reiten iſt allenfalls noch erlaubt, nicht aber das Schreien. Iſt der Haſe gefangen, ſo eilt der nächſte Hetzer herbei und ruft den Hunden „Herab! Herab!“ zu, damit ſie das Wild nicht zerreißen oder anſchneiden, und nimmt ihnen dasſelbe unter dem Zuruf „Aus!“ Nach altem guten Brauch wird dem gefangenen Haſen die Blume abgeriſſen und dem Jagd— herrn oder dem Gaſte, dem zu Ehren die Jagd veranſtaltet wurde, überreicht, der ſie dann nach Vorſchrift an den Hut ſtecken muſs. Fehlerhaft iſt es, die Jagd mit einer Fehl— hetze zu beenden, es nimmt dies leicht den Hunden das Zutrauen auf ſich ſelbſt, lieber mache man noch eine Hetze, auch wenn die Hunde ſchon müde ſind, hetze dann aber nur ſehr nahe und auf beſonders gutem Geläuf. Ein nicht minder großer Fehler iſt es, die Hunde dauernd aus dem Geſicht zu verlieren, beſonders aber wenn eine Fehlhetze zu ver— muthen war, denn nimmt man ſie in ſolchem Falle nicht ſo ſchnell als möglich an den Strick, ſo fangen ſie an zu ſchwärmen, finden wohl gar einen friſchen Haſen, überhetzen ſich dann mit dieſem durch zu große Anſtrengungen oder werfen ſich, wenn ſie irgend Gelegenheit dazu finden, ins Waſſer und bekommen Verſchlag— Mehr als vier Haſen ſoll man in der Regel ſelbſt mit ſehr guten Hunden nicht hetzen, es ſei denn, man hätte vorher einen oder zwei Junghaſen gehetzt, die den Hunden keine be— ſondere Anſtrengung bereitet hatten, dann kann man ſich auch wohl noch den fünften erlauben. Sehr hoch in Achtung und Anſehen ſteht ein ſog. Solofänger; dies iſt ein jo ausgezeichnet ab. 481 guter Hund, daſs er für ſich allein imſtande iſt, den Haſen zu hetzen und zu fangen, und wer im glücklichen Beſitze eines ſolchen Mata- dors unter den Windhunden iſt, reitet oder geht mit ihm allein hinaus und genießt durch ihn das Vergnügen einer der einfachſten und bequemſten Arten der Haſenhetze mit Hunden. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Haſenhetze mit guten Hunden ein außerordent— liches Vergnügen und ein herrlicher Sport iſt, indeſſen mit wahrhaft weidmänniſchen Gefühlen vereinigt ſich dieſe Jagd nicht, denn wird ſie nur einigermaßen häufig ausgeübt, ſo iſt ſie das denkbar beſte Mittel, eine Feldmark in kurzer Zeit total von Haſen zu entblößen; wer alſo ſeinen Haſenbeſtand liebhat und Hege und Pflege hochhält, der hetze nur ſehr mäßig oder beſſer noch, er unterlaſſe es ganz. ad f) Das Bugſieren der Haſen. Da in einem Werke wie das vorliegende nichts fehlen darf, jo muſs im Intereſſe der Voll— ſtändigkeit auch über dieſe häſsliche Jagdart wenigſtens jo viel gejagt werden, dajs die nach— ſchlagenden Leſer, welche dieſelbe nicht kennen, doch eine Idee davon bekommen; ſonſt würde dieſe abſcheulich grauſame Jagd nur inſofern hier einige Worte verdienen, als nöthig ſind, ſie an den Pranger zu ſtellen und vor ihrer Ausübung zu warnen. Jede Grauſamkeit dem zu erlegenden Wilde gegenüber beſchimpft das edle Weidwerk, und die erſte und nächſte Sorge jedes gerecht denkenden Jägers ſei die, das zu erlegende Wild ſo ſchnell als möglich zu tödten und Schmerz und Qual abzukürzen, ſo viel es nur irgend in ſeiner Macht ſteht; hier aber, bei dieſem rohen und grauſamen Verfahren, ſich eines jo wehr- und harmloſen Geſchöpfes, wie der Haſe es iſt, zu bemächtigen, kommt es ja eben gerade darauf an und iſt's gewiſſermaßen eine Vorbedingung dieſer Jagdart, Angſt, Schmerz und Todesqual ſo viel als nur mög— lich zu verlängern. Zu dieſer Jagd, welche auch mehr zum Ge— biete des Reitſportes als dem der Jagd gehört, ſind mindeſtens zwei, beſſer noch drei oder vier gut berittene Jäger nöthig, welche den erſten beſten Haſen, den ſie aufſtoßen, einer nach dem anderen ſo lange verfolgen, bis ſie ihn zu Tode gehetzt haben; Hunde ſind zu dieſer Jagd nicht erforderlich. Die Reiter — nehmen wir vier an — begeben ſich auf ein möglichſt großes, recht freies und überſichtliches Feld und ver— theilen ſich dort nach verſchiedenen Richtungen, jo aber, daj3 einer den anderen noch ſehen und beobachten kann. Einer der Reiter ſucht nun das Feld ab und verfolgt den erſten von ihm auſgeſtochenen Haſen jo ſchnell, als ſein Pferd nur laufen kann, bis der nächſte von den Reitern, wenn die Jagd ihm nahe ge— kommen iſt, nun ſeinerſeits das Bugſieren und Verfolgen übernimmt und ſo lange fortſetzt, bis ihn der dritte und ſchließlich dieſen der vierte Reiter darin ablöst. Das Forcieren und Bug— ſieren des gehetzten Haſen wird nun bald von dieſem, bald von jenem, wie es gerade paſst, übernommen und ſo lange fortgeſetzt, bis der Haſe vor Ermattung ſich drückt. Sobald er ſich nun gedrückt hat, läſst man ihm einige Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 3 482 Minuten Ruhe, um ihn dann aufzuſtoßen und in der oben beſchriebenen Weiſe aufs neue zu hetzen. Will er ſich zu früh drücken, ſo darf dies der ihn gerade verfolgende Reiter nicht dulden und darf dies erſt zugeben, wenn er ſieht, daſßs der Haſe abſolut nicht mehr vor- wärts kann und einer kurzen Ruhe bedarf, damit dieſes ſog. „Vergnügen“ nur ja nicht zu ſchnell aufhört. Hat man dem Haſen nun zwei oder auch mehrere kurze Erholungspauſen ge⸗ gönnt, jo wird man, wenn er ſich vor grenzen- loſer Ermattung dann abermals drückt, finden, daſs jeder Verſuch, ihn nochmals aus feinem Lager aufzuſtoßen, vergeblich iſt; er iſt dann eben ſchon derart ſteif und ſo total verſchlagen, daſs er ſich nicht mehr bewegen und erheben kann, und daſs man ihn nun mit der Hand ergreift und jetzt endlich ſo gnädig iſt, durch einen Schlag ins Genick ſeiner Qual ein Ende zu machen. Selbſtredend iſt, dafs während der ganzen Hetze alles daran geſetzt werden mujs, den Haſen zu verhindern, Orte zu erreichen, die ihm Rettung bringen könnten, und die es durch ihre Beſchaffenheit den Reitern unmöglich machen, die Verfolgung fortzuſetzen. ad g) Die Parforcejagd. Im allge⸗ meinen verſteht man unter „Parforcejagd“ — eine Sitte, welche übrigens aus Frankreich ſtammt — das Hetzen eines größeren Wildes, alſo eines Wildſchweines oder Hirſches mit einer Meute franzöſiſcher oder engliſcher Parforce— hunde, doch kann man auch den Haſen par force jagen und gewährt dieſe Jagdart, welche zwar mit dem eigentlichen Weidwerk auch nicht ſehr nahe verwandt iſt und bedeutende Mittel er— fordert, dem Sportsman und paſſionierten Reiter unendlich viel Vergnügen. Bei einer Parforcejagd auf Haſen darf es, ſoll ſie von Erfolg ſein und Vergnügen be— reiten, nur wenige Haſen in dem abzujagenden Reviere geben, das letztere darf nicht gebirgig und waldig, ſondern muf3 möglichſt eben fein, außerdem muſs ſich der Jäger unbedingt auf ſeine Hunde verlaſſen können, daſs ſie immer auf der einmal aufgenommenen Spur bleiben und ſie nicht verlaſſen, ſobald während der Jagd etwa ein anderer Haſe aufgeſtoßen wird, und ſchließlich muſs die Jagdgeſellſchaft, beſonders aber der „Piqueur“ gut beritten ſein. Häſinnen ſind für dieſe Jagd nicht beſonders brauchbar, weil ſie ſich bekanntlich nicht gern weit von ihrem Lager entfernen, und weil ſie immer in ihrem heimatlichen Reviere herumlaufen, viel Wiedergänge und Abſprünge machen und ſich ſchließlich ſogar in die Gärten und Höfe der Dörfer flüchten würden, wenn ſie in die Enge getrieben werden, ganz abgeſehen davon, dajs mit der Vernichtung einer Häſin das Revier doppelt beſchädigt würde und die etwa noch vorhandenen Jungen eingehen müſsten. Der Piqueur muſs es daher beſſer wie jeder andere verſtehen, den Rammler von der Häſin zu unter⸗ ſcheiden; gewöhnlich weiß derſelbe aber ſchon vor der Jagd, wo irgend ein alter Revier⸗ rammler ſein Lager hat, und hier ſucht er ſeine Hunde auf die Spur desſelben von der letzten Nacht zu bringen, und hält die Hunde, wenn dies irgend nur möglich iſt, davon ab, daſs Feldhaſe. ſie den Rammler ſelbſt aus ſeinem Lager auf⸗ ſtoßen. Wird er ihn alſo — und dies iſt der günſtigſte Fall — in ſeinem Lager gewahr, ſo ſucht er mit der Meute ſich ſo weit zu ent⸗ fernen, daſs die Hunde ihn nicht mehr ſehen können, und ſtößt ihn alsdann ſelbſt auf oder läſst ihn von einem Gehilfen aufſtoßen. Jetzt erſt bringt er die Hunde dem Lager näher, und dieſe werden die Spur des Haſen nun viel ruhiger und gelaſſener aufnehmen, als wenn ſie den Rammler ſelbſt aufgeſtochen hätten. Sind die Hunde nun bis etwa 100 Schritt an demſelben, ſo bläst er zur „Anjagd“ und ruft den Hunden zu: „Ha recht, ha recht, mein Hund!“ „Dort zieht er hin!“ Sein Platz iſt von nun an immer dicht hinter der Meute, damit er ſelbſt keinen anderen Haſen aufſtößt und Obacht gibt, daſs ſeine Hunde auch immer auf der rechten Spur ſind. Sit der bejagte Haſe kein Fremdling, wel- cher ſonſt gewöhnlich geradeaus und ſeiner Heimat zulaufen würde, jondern ein einhei- miſcher, ſo macht dieſer gewöhnlich erſt eine große und weite Tour ohne Wiedergänge, hat er aber dieſe abgelaufen, ſo fängt er ſchon an, einige Wiedergänge zu machen, theils um ſich zu erholen, theils um die Hunde irrezuführen, denn man glaubt nicht, ein wie verſchlagenes Thier der Haſe, dem ſonſt alle anderen Waffen zu ſeiner Vertheidigung fehlen, in der Gefahr ſein kann. Es iſt daher nur allzu leicht möglich, daſs die Hunde infolge jeiner Liſt und weil ſeine Spur doch nur ſehr ſchwach iſt, dieſe öfter verlieren. In ſolcher Situation kommt es nun darauf an, dafs Piqueur und Hunde ihre Geſchicklichkeit zeigen. Gewöhnlich gibt es aber unter jeder Meute ſolche Hunde, die aus ſich ſelbſt vor- und rückwärts ſuchen; mit dieſen muſs nun der Piqueur anfangs kleine, dann immer größere Kreiſe ſo umſchlagen und abſuchen, daſs der Punkt, wo die Spur verloren gieng, immer den Mittelpunkt der abgeſuchten Fläche bildet. Am unangenehmſten iſt es, wenn die Spur gegen Ende der Jagd, wenn der Hafe nicht mehr recht flüchtig und ſchon ſehr matt iſt und dadurch ſeine Witterung mehr und mehr abnimmt, verloren geht, denn alsdann drückt er ſich wohl und läſst die Meute über ſich hinſpringen oder neben ſich vorbeigehen. Auch in ſolchem Falle darf man ſich die Mühe nicht verdrießen laſſen und mujs jo lange vor⸗ und rückwärts und kreisförmig ſuchen, bis man entweder den Haſen ſelbſt oder doch ſeine Spur wieder gefunden hat. Kann ſchließlich der Haſe nicht mehr fort, ſo wird das „Halali!“ geblaſen, und es ſammelt ſich nun die Jagdgeſellſchaft um den Piqueur. Sobald nun der Haſe ge⸗ fangen iſt, läſst der Piqueur die Hunde heran, daſs ſie ihn beſchnüffeln, hält fie aber durch Knallen mit ſeiner Hetzpeitſche und durch den „Arrière-Ruf“ davon ab, daſs fie ihn zerreißen. Sit nun inzwiſchen auch der Jagdherr herbei— gekommen, ſo hebt er den rechten Vorderlauf in die Höhe, löst ihn bis ans erſte obere Gelenk ab und ſteckt ihn in die Taſche; hierauf ſtreift er den Haſen, wickelt den Balg um ſein Jagd⸗ horn, zerſchneidet das Wildbret in Stücke, taucht noch, um den Genuj3 zu vergrößern, Stücke Feldhaſe. 483 Brot in den Schweiß und gibt dies alles unter Zurufen und Halali-Blaſen den Hunden. Man ſieht, die „Curse“ iſt hier weſentlich anders wie z. B. beim Schwarzwilde. Nach Beendigung der Curée tritt er zu feinem Jagdherrn oder demjenigen der Anweſenden, welchen dieſer, um ihn zu ehren, dazu beſtimmt hat, nimmt den Hut mit der linken Hand ab und präſentiert ihm mit der rechten, in welcher er zugleich ſein Jagdhorn hält, den vorhin losgelösten Lauf. Hiemit iſt nun, wenn kein zweiter Haſe an dieſem Tage par force gejagt werden ſoll, die Jagd geſchloſſen. Fang. Nach dieſer Beſprechung aller auf Haſen gebräuchlichen Jagdmethoden ſoll auch hier noch eine Methode beſprochen werden, wie man am als Kirrung eine Lieblingsäſung der Haſen wachſen oder hineingelegt werden, und die Auf— ſtellung muj3 jo geſehen, daſs die Haſen bequem hinein- und zunächſt auch ſtets wieder heraus- können, denn erſt wenn ſie vollſtändig ſicher an- gekirrt ſind und die Horden gern annehmen, wird die Aufſtellung jo fängiſch verändert, dafs die vertraut gewordenen Haſen zwar wohl hinein, aber nun nicht wieder hinaus können. Auf dieſe Weiſe kann man in einer einziger Nacht alle diejenigen Haſen fangen, die ſich gewöhnt haben, in die Horde ein- und auszuwechſeln. Dieſe Horden (Fig. 312) müſſen ungefähr 2—2%½ m hoch ſein, damit die eingefangenen Haſen nicht wieder herausſpringen können. Das fängiſche Aufſtellen läſst ſich nun in derſelben Weiſe machen wie die bekannten „Einläſſe“ der Wildparks. Unten an der Horde befeſtigt man Fig. 312. Horde zum Haſenfange. beſten Haſen lebend fängt, um ſie entweder nach einem haſenarmen Revier zu transportieren und daſelbſt auszuſetzen, oder um bei vorkommendem ungünſtigen und der Nachzucht ſchädlichen Ver— hältnis unter den Geſchlechtern überzählige Rammler zu beſeitigen, oder um ſchließlich die eingefangenen Häſinnen durch Abſchneiden der halben Löffel zu kennzeichnen, damit ſie ſpäter bei der Treibjagd geſchont und nicht geſchoſſen werden. Man bedient ſich zum Fange der Haſen der Haſennetze oder Haſengarne und der ſog. „Horden“, und nur dieſe letztere Methode ſoll hier beſprochen werden, da dieſe Horden den großen Vortheil haben, dajs bei ihrer Anwen— dung ein bei dem Fange mit Netzen unver— meidliches Abängſtigen und Beſchädigen der ge— fangenen Haſen ſehr viel weniger zu befürch— ten iſt. Dieſe Horden werden im freien Felde da aufgeſtellt, wo man glaubt, am erfolgreichſten fangen zu können. Innerhalb derſelben mujs nämlich an der inneren Seite der Einſchlupf— löcher, die gerade jo groß ſein müſſen, dajs die Haſen bequem hindurchkönnen, feine, auf allen Seiten des Einlaſſes in diagonaler Richtung angebrachte Stäbchen von biegſamen Zweigen, am beſten von Haſelholz, die derart zugeſtutzt werden müſſen, daſs ſie inwendig ſpitze Winkel mit einer ca. 5 em breiten, geraden Scharte bilden. Da nun dieſe Stäbchen ſchon einem ge— linden Druck nachgeben, ſo kann ſich der Haſe zwar von außen mit Leichtigkeit in den Fang hineinzwängen, hinaus kann er aber nicht wieder, denn die Stäbchen, welche an ihrem freien Ende nach innen zu etwas ſchief zugeſpitzt ſein müſſen, verhindern dies vollkommen. Dieſe Conſtruction der fängiſch hergerichteten Einſchlupflöcher iſt, wie man ſieht, höchſt einfach und iſt genau die— ſelbe wie die an den Schlupflöchern der be— kannten Drahtmauſefallen, nur der Größe des Haſen entſprechend um ſo viel größer als er— forderlich. Die Schlupflöcher dürfen aber an 31 * 484 Feldhaſe. — Feldpolizei. den Horden nicht rund, ſondern müſſen viereckig ſein. Die Horden ſelbſt ſind zuſammengeſetzt aus vier aus Weidenruthen 2c. geflochtenen Tafeln von je 2 oder beſſer noch 2½ m Höhe und Breite. Die für die Haſen gefahrloſeſte Art und Weiſe, ſie aus der Horde zu nehmen, nach— dem ſie ſich gefangen haben, iſt die, ſie bei den Löffeln zu ergreifen und ſo herauszuheben. Iſt dies geſchehen, ſo ſteckt man ſie entweder zwecks ihrer Verſchickung in einen Haſentransport— kaſten (ſ. Wildtransport) oder, wenn das Einfangen den Zweck hatte, die Häſinnen zu kennzeichnen, um ſie vor dem Abſchuſſe zu bewahren, ſo ſchneidet man denſelben mit einer recht ſcharfen Operationsſchere beide Löffel faſt zur Hälfte ab, betupft die Schnittwunde mit verdünnter Arnica oder auch mit Theer, da dies am beſten den Schweißlauf ſtillt, und ſetzt ſie nun wieder aus. Hat man im Herbſte mehrere Wochen lang eine größere Anzahl ſolcher Horden ſtehen, ſo kann man ſich eine große Zahl Häſinnen kennzeichnen und ſie da— durch dem Reviere erhalten. Zum Sclufs ſei noch bemerkt, daſs man die Einſchlupflöcher der Horden auch mit den gewöhnlichen „Klapp— fallen“, wie ſolche in den Faſanerien gebraucht werden, beſetzen kann. Wenn man mit dieſen ſchließlich auch immer nur wenige Haſen fangen kann, ſo iſt doch ein Verletzen und Abängſtigen derſelben, was oft das Eingehen zur Folge hat, vollkommen ausgeſchloſſen, denn ſie ſitzen in den Klappfallen ganz ſtill. Der Gebrauch von Klapp— fallen bei dieſen Horden iſt, trotzdem der Fang viel langſamer und ſpärlicher vor ſich geht, ſchon deshalb zu empfehlen, weil die Höhe der Horden von 2—2½ m das Herausheben der gefangenen Haſen doch recht weſentlich erſchwert, es geht dasſelbe daher niemals von ſtatten, ohne dafs die Gefangenen mehr oder weniger in der Horde hin- und hergejagt wurden, ein Fehler, der immerhin imſtande ſein könnte, auf die Gefundheit der gefangenen Haſen nachtheil ig zu wirken. Um den Fang vermittelſt der Klapp⸗ fallen ergiebiger zu machen, hat man ja nur nöthig, eine größere Anzahl von Horden auf— zuſtellen. v. d. B. Feldhaſe, der, ſpecielle Bezeichnung für den im Felde lebenden Haſen; vgl. Berg-, Bruch⸗, Buſch-, Holz-, Grund-, Moor-, Sand-, Stein-, Sumpf-, Waldhaſe. „Dieſe Haſen, die man Holz-Haſen nennt, ſind gemeiniglich ſtärker als die Feld-Haſen.“ Mellin, Anwſg. z. An⸗ lage v. Wildbahnen, 1779, p. 183. — Le Verrier de la Counterie, Normänn. Jäger, Münſter 1780, p. 67. — Jeſter, Die Kleine Jagd, Ed. I, 1797, IV., p. 14, 15. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. — „Feldhaſe wird derjenige genannt, der im Felde geboren iſt und ſich nicht oder ſelten daraus entfernt.“ Hartig, Lexikon, Ed. II, 1861, p. 191. — Diezel, Nieder- jagd, Ed. VI, 1886, p. 193. — Grimm, D. Wb. III., p. 1483. — Sanders, Wb. I., p. 699 b. E. v. D. Jeldherd, der, im Felde ſtehender Vogel— herd, vgl. Feldtenne, Waldherd, Waldtenne. Onomat. forest. IV. (Nachtrag v. Stahl), p. 261. — Grimm, D. Wb. III., p. 1484. — 5 WO m; . E. v Feldheuſchrecken, |. Acridiida. Sion Jeldhühner. Ferdi Familie der Ordnung Scharrvögel, Rasores, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa fünf Arten, welche auf die drei Gattungen Perdix Linné, Starna Bonaparte und Coturnis Klein vertheilt ſind (ſ. d.). E. v. D. Jeldiagd. die, Jagd im Felde; vgl. Wald⸗, Waſſer⸗, Sumpf-, Strandjagd. Sanders, Wb. I., p. 827 b. E. v. Feldjäger, der, ein Jäger, Feldrevier unterſteht; vgl. Reisjäger, Hirſch⸗, Faſanenjäger u. ſ. w. — „Hühnerfänger oder Feldjäger, ſo die Aufſicht auf die Rebhühner haben, ihren Hund darzu richten, und zu ſeiner Zeit ſelbige einfangen.“ Pärſon, Hirſchgerechter Jäger, 1734, fol. 12. — „Feldjäger heißet der, der weder hohe Jagdbarkeit noch Waldung zu verſehen; ſondern bloß dem kleinen Weyd— werk nachzugehen hat.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehr⸗ prinz, p. 168. — Onomat. forest. I., p. 733 (wörtlich aus dem Vorigen). — Hartig, Aultg. 3. Wmſpr., 1809, p. 104, 124; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1802, E b Lexikon, Ed. I, 1836, p. 181, u. Ed. II, 1861, p. 191. — J. M. Bech⸗ ſtein, Jagdwiſſenſchaft, 1820—1822 „I., p. 9. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 35. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1485. — Sanders, Wb. I., p. 830 a. E. v. D. Jeldkrähe, ſ. Saatkrähe. E. v. D. FJeldkröte, Bufo variabilis, ſ. Bufo. Kur. dem nur ein Jeldlerche, ſ. Lerchen. E. F. v. Hmr. Feldmaus, gemeine (Arvicola arvalis Pall.), j. Wühlmäuſe. Hſchl. Feldmeſskunſt, ſ. Geodäſie. Lr. Feld nehmen, einnehmen; hiemit be= zeichnet man die Entfernung, in welcher der Hühnerhund vom Jäger ſucht; der Hund nimmt wenig, zu wenig, viel, zu viel Feld, je nachdem er kurz, zu kurz, weit, zu weit vom Jäger entfernt ſucht; vgl. hoch, tief, flüchtig. „Der Jäger hat nur hauptſächlich darauf zu ſehen, dafs der Hund im Anfange, ehe man ſich auf ihn verlaſſen kann, nicht zu viel Feld nehme, oder mit anderen Worten, ſich nie weiter vom Jäger entferne, als dieſer das Wildprett, das etwa vor dem Hunde aufſtößt, mit dem Gewehre zu erreichen im Stande iſt.“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. J, 1797, I., p. 52. — „Hauptſächlich ſehe man darauf, daſs der Hund nicht zu viel Feld nehme, d. h. dajs er nicht über 40—50 Schritte vom Jäger entfernt hin und her reviere.“ Winkell, Ed. J, 1805, IL, p. 291. — „Kurz ſuchen nennt man es, wenn die Hunde immer nahe beim Jäger bleiben. Viel Feld einnehmen oder weit revieren, wenn ſie weit von ihm weg ſuchen.“ Hartig, Lehrb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 37; Lexik, Ed. I, 1836, p. 181; Ed. II, 1861, p. 190. — Behlen, Real⸗ u. Verb.⸗Lexit. VI., p. 203. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Jeldpieper, ſ. Brachpieper. E. v. D. FTeldpolizei (Deutſchland) iſt, der Forſtpolizei (ſ. d.), die Sicherung des Wohles des Ganzen und 55 Einzelnen durch den Schutz der landwirtſchaftlichen Grundſtücke (einjchließ- analog Feldrothſchwänzchen. — Feldſchutz. lich der Gärten) und ihres Zubehörs. Der Staat entledigt ſich auch hier ſeiner Verpflichtungen durch Verordnungen, und ſoweit es ſich um Be— ſchränkungen der Perſon und des Eigenthumes handelt, durch Geſetze und auf Grund derſelben durch ortspolizeiliche Vorſchriften. Die deutſche Reichsſtrafgeſetzgebung hat zu gunſten der Feldpolizeigeſetzgebung dieſelben Ausnahmen gemacht wie bezüglich der Forſt— polizeigeſetzgebung, und das über das Forſtſtraf— geſetz (ſ. d.) Geſagte hat deshalb auch hier volle Giltigkeit, insbeſondere auch bezüglich der Re— viſion der Feldpolizeigeſetze der einzelnen Bun— desſtaaten infolge der Reichsgeſetzgebung. Das Reichsſtrafgeſetz erklärt das vorſätz— liche und fahrläſſige Inbrandſetzen von Feldern als Verbrechen, bezw. Vergehen und bedroht die die Unterlaſſung der geſetzlich oder polizeilich angeordneten Raupenvertilgung ſowie die Überſteigung von Einfriedigungen und die Über— tretung der polizeilichen Anordnungen über Schließung der Weinberge ſowie des Verbotes des Betretens von Feldern u. ſ. w. und der Benützung von Privatwegen mit Geldſtrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen. Ferner wird nach demſelben mit Geld bis zu 150 Mark oder mit Haft beſtraft die unbefugte Verringerung eines fremden Grundſtückes, eines öffentlichen oder Privatweges oder eines Grenz— raines durch Abgraben oder Abpflügen ſowie die unbefugte Entnahme von Erde, Steinen, Sand, Lehm, Raſen u. ſ. w. aus fremden Grund— ſtücken und von öffentlichen oder Privatwegen. Die Beſtrafung der übrigen feldpolizeilichen Zuwiderhandlungen iſt Aufgabe der Landes— geſetzgebung. Dieſe Aufgabe findet nun ihre Er— ledigung entweder in Specialgeſetzen, häufig, wie z. B. in Preußen (Feld- und Forſtpolizei— vom 1. April 1880), Sachſen (Geſetz vom 30. April 1873), Oldenburg (Geſetz vom 15. Au— guſt 1882), Sachſen-Meiningen (Geſetz vom 23. December 1874), Sachſen-Coburg-Gotha (Geſetz vom 26. Mai 1880), Sachſen-Altenburg (Geſetz vom 24. December 1870), thüringiſche Staaten (Geſetz vom December 1870), Schaum— burg-Lippe (Geſetz vom 28. April 1880) u. ſ. w., mehr oder minder mit der Forſtſtrafgeſetzgebung verbunden, oder, wie z. B. in Bayern (Polizei— ſtrafgeſetz vom 26. December 1871), in dem all— gemeinen Landespolizeigeſetze. Die allgemeinen Grundſätze des Forſt— ſtrafrechtes (ſ. d.) finden auch hier volle An— wendung, indem ſelbſt die Umwandlung der Geld- oder Gefängnisſtrafe in Handarbeitsſtrafe noch öfter, wie z. B. in Heſſen, in den thürin— giſchen Staaten und in Sachſen-Meiningen, vorkommt. Die Zuwiderhandlungen gegen das Feld— ſtrafgeſetz können wie die forſtlichen Reate un— terſchieden werden in Feldpolizeiübertre— tungen, welche in Außerachtlaſſung der dem Grundbeſitzer im öffentlichen Intereſſe aufer— legten Verpflichtungen beſtehen, in Feldfrevel durch Entwendung von Feld- und Gartenfrüchten u. ſ. w. und durch Beſchädigung des Grund— eigenthumes und ſeines Zubehörs und in feld— polizeiwidrige Handlungen oder Ver— letzungen der im Intereſſe der Ordnung und 485 öffentlichen Sicherheit erlaſſenen allgemeinen Vorſchriften. Die Feldpolizeiübertretungen und feldpolizeiwidrigen Handlungen gelten überall als Übertretungen im Sinne des Reichs- ſtrafgeſetzes und ſind deshalb nur mit Geldſtrafe oder Haft bedroht. Die Feldfrevel durch Entwendung (f. d.) und Beſchädigung werden entweder, wie z. B. in Heſſen, durchgehends, oder nur bei ge— ringem Werte des Frevelobjectes, wie z. B. in Preußen (bis zu 10 Mark), Bayern, Oldenburg, Sachſen-Coburg-Gotha, Sachſen-Meiningen (bis zu 130 Mark) als Übertretungen, bei höherem Werte aber als Vergehen nach dem Reichsſtraf— geſetze beſtraft, oder ſie werden, wie z. B. in den thüringiſchen Staaten und Anhalt, durch— aus nach dem Reichsſtrafgeſetze geahndet, oder man charakteriſiert ſie endlich ebenfalls als Ver— gehen, indem man ſie, wie in Sachſen, nach dem Feldſtrafgeſetze mit Gefängnis bedroht. Die Entwendung von bereits geernteten, aber noch auf dem Felde befindlichen Früchten iſt unter allen Umſtänden Diebſtahl. Weidefrevel, welche in den thüringiſchen Staaten mit Gefängnis bis zu zwei Jahren beſtraft werden, gelten in den übrigen Bundesſtaaten nur als Übertretun— gen (j. Forſtſtrafrecht). Die Aburtheilung der Feldrügeſachen er— folgt überall im weſentlichen nach den Vor— ſchriften über den Forſtſtrafproceſs (ſ. d.). Die Gemeinden (ſ. d.) ſind verpflichtet, das nöthige Schutzperſonale zu beſtellen. At. Feldrothſchwänzchen, ſ.Gartenrothſchwänz— chen. E. v. D. FJeldrüſter, ſ. Ulmus. Wm. Feld ſchnepfe, j.großer Brachvogel. E. v. D. FJeldſchutz. (Oſterreich.) Specielle Feld— ſchutzgeſetze beſtehen in Böhmen (42. October 1875, L. G. Bl. Nr. 76), Bukowina (5. Auguft 1873, L. G. Bl. Nr. 21), Dalmatien (13. Februar 1882, L. G. Bl. Nr. 18), Galizien (17. Juli 1876, L. G. Bl. Nr. 28), Görz-Gradisca (18. März 1876, L. G. Bl. Nr. 11), Iſtrien (28. Mai 1876, L. G. Bl. Nr. 18, 30. Juni 1886, L. G. Bl. Nr. 18), Kärnthen (28. März 1875, L. G. Bl. Nr. 22), Krain (17. Januar 1875, L. G. Bl. Nr. 8), Mähren (13. Januar 1875, L. G. Bl. Nr. 12), Schleſien (30. Juni 1875, L. G. Bl. Nr. 21), Trieſt (20. März 1882, L. G. Bl. Nr. 13), Vorarlberg (28. März 1875, L. G. Bl. Nr. 18); für Niederöſterreich, Oberöſterreich, Salzburg, Tirol und Steiermark gilt die Verordnung der Mi— niſterien des Innern und der Juſtiz vom 30. Januar 1860, R. G. Bl. Nr. 28. Da wir die Erörterung des Feldſchutzes, Feldfrevels u. ſ. w. als nicht unbedingt in den Rahmen dieſes Werkes fallend anſehen, unterlaſſen wir eine ſolche und erwähnen nur, daſs nach iſtria— niſchem Wildſchongeſetze vom 18. November 1882, L. G. Bl. Nr. 28 (8 6), als Feldfrevel und daher nach dem Geſetze vom 28. Mai 1876 durch den Gemeindevorſteher mit zwei Gemeinde— räthen mit Geldſtrafe von 1— 40 fl. oder Arreſt von 6 Stunden bis 8 Tagen zu beſtrafen folgende Vorgänge ſind: Das Jagen in fremden Weingärten und auf fremden berebten Feldern 486 vom 1. April bis zur vollendeten Weinleſe, das Betreten durch Jäger oder Einlaſſen von Hunden in Grundſtücke, auf denen Saaten oder Früchte ſtehen, welche Schaden leiden können, das Be— treten von abgeſperrten Grundſtücken ohne Er- laubnis (ſ. Einfriedung). Im übrigen finden Feldſchutzgeſetze auf Jagd- und Wildſchäden keine Anwendung, wie auch der V. G. H. mit Erk. v. 17. Mai 1879, Z. 934, erklärt hat, mit Ausnahme noch von Dalmatien, wo nach § 3, Alinea en des Feldſchutzgeſetzes „das Jagen auf Privatgrundſtücken ohne ausdrückliche Zu— ſtimmung des betreffenden Grundbeſitzers“ als Feldfrevel zu behandeln iſt, was ſich durch das Fehlen einer Jagdgeſetzgebung in Dalmatien erklärt. Der Feldfrevel wird in Dalmatien durch den Gemeindevorſteher und zwei Beiſitzer be— handelt und mit Strafe von 1—40 fl. zu gunſten des „Gemeindefonds zu Feldpolizeizwecken“ be— legt. Nach $ 33 des dalmatiniſchen Feldſchutz— geſetzes kann den Feldhütern dort, wo keine eigenen Forſtſchutzorgane beſtehen, auch die Überwachung der Gemeinde- und Privatwälder übertragen werden. — Mit Rückſicht auf Art. V des Gemeindegeſetzes vom 5. März 1862, R. G. Bl. Nr. 18, ſteht Unterſuchung und Be— ſtrafung der Feldfrevel dem Gemeindevorſteher mit zwei Gemeinderäthen zu (Erlaſs des Mi- niſteriums des Innern vom 7. April 1867, 3. 1442); in oberſter Inſtanz dem Ackerbau⸗ miniſterium (ſ. d.), bezüglich der Straferfennt- niſſe dem Miniſterium des Innern. Die Stel- lung des Feldſchutzperſonales iſt geregelt durch das Geſetz vom 16. Juni 1872, R. G. Bl. Nr. 84. Feldpolizeiſachen bis zu 100 fl. ohne Neben- gebüren oder Geldſtrafen gehören in Ungarn unter das Bagatellverfahren (ſ. d.), ſonſt vor die Civilgerichte. Mcht. Wege chene erd pete At. Feldſervituten, servitutes praediorum rusticorum oder servitutes rusticae, bilden nach römiſchem Rechte den Gegenſatz zu den Gebäudeſervituten (ſ. d.), servitutes prae- diorum urbanorum oder Servites urbanae. Dieſe urſprünglich wohl berechtigte Unterjchei- dung der Realſervituten nach der Art des herrſchenden Gutes hat gegenwärtig, wo eine und dieſelbe Servitut, z. B. ein Wegrecht, einem Gebäude ebenſogut wie einem Felde zuſtehen kann, keine praktiſche Bedeutung mehr und findet ſich deshalb auch in neueren Codificationen (3. B. dem preußiſchen allgemeinen Landrechte und dem ſächſiſchen Civilgeſetzbuche) nicht mehr. Es iſt dies umſomehr gerechtfertigt, als ſchon zur Zeit Juſtinians die Rechtsgrundſätze für die Feld- und Gebäudeſervituten die gleichen waren und nur bezüglich der Verjährung der Unterſchied beſtand, dass dieſelbe bei Feldſervi— tuten (wie jetzt noch) durch fortgeſetzte Nicht— ausübung erfolgte, während bei Gebäudeſervi— tuten die usucapio libertatis verlangt wurde. Ein ſachlicher Unterſchied beſteht hier nur inſoferne, als die Servituten bei Gebäuden meiſtens auf das Haben oder Nichthaben dauernder Vorrichtungen (servitutes habendi oder prohibendi), bei Feldern auf die Vornahme Feldſchutz. — Feldſpatgeſteine. oder Nichtvornahme einzelner Handlungen (ser- vitutes faciendi) gehen. Von den Feldſervituten kamen in Rom am häufigſten die Waſſer- (ſ. d.) und Weg⸗ (ſ. d.) Servituten vor. Seltener waren die Rechte auf Weide, Holz (3. B. für Weinbergspfähle), Steine, Kalk, Kreide u. ſ. w., welche erſt in Deutſchland als Forſtſervituten (f. d.) eine größere Bedeutung erhielten. Die Forſtſervituten bilden, indem ſie in der Regel zu gunſten eines aus Gebäuden und Grundſtücken beſtehenden Gutes beſtellt ſind (servitutes mixtae), die Vermittlung zwiſchen den Feld- und Gebäudeſervituten. At. Jeldſpatbaſalt = Baſalt im engeren Sinne (ſ. d.). v. O Jeldſpate bilden eine Reihe von Sili⸗ caten, die hauptſächlich als Verbindungen von kieſelſaurer Thonerde mit kieſelſaurem Alkali oder alkaliſcher Erde aufgefajst werden können. Sie gehören dem monoclinen oder dem trielinen Syſtem an und weiſen in dem Habitus ihrer Kryſtallgeſtalten manche Ahnlichkeit unter einan- der auf. Sie ſind vollkommen ſpaltbar nach oP und oPo, reſp. o P . Härte = 3˙3 bis 6˙3, ſpec. Gew. — 2˙3—2˙8, meiſt 2˙8. Häufig farblos, weiß oder doch hell gefärbt. — Feldſpate gehören wegen ihrer weitgehenden Betheiligung an der Bodenbildung zu den in agronomiſcher Beziehung wichtigſten Mineralien. Sie find Hauptgemengtheile der kryſtalliniſchen Feldſpatgeſteine (ſ. d.). Durch ihre Verwitterung erhält der Boden vorwiegend ſeinen Gehalt an Thon, Kali, Natron, Kalk und Magneſia. Die wichtigſten Feldſpatarten ſind: A. Orthoklas oder Kalifeldſpat. Varie⸗ täten: gemeiner Feldſpat, Sanidin, Adular. B. Mikroklin. C. Plagioklas. Varietäten: Albit, Oligo- klas, Andeſin, Labrador, Anorthit. Eine ſpecielle Phyſiographie dieſer Mine- ralien ſuche man unter Orthoklas, Mikroklin und Plagioklas. — Wegen ihres Gehaltes an Pflanzennährſtoffen, vornehmlich an Kali, können die Feldſpate und ihre Verwitterungsproducte als Düngemittel für Wieſen und Felder häufig mit Vortheil verwertet werden. Geeignetes Ma- terial gewinnt man in dem Abraum der mit Feldſpatgeſteinen beworfenen Wege. Dieſen behandle man auf dem Compoſthaufen mit ſtick— ſtoffhaltigen faulenden Stoffen (z. B. Jauche) und ſorge ſo für eine möglichſt vollſtändige Aufſchließung der mineraliſchen Nährſtoffe. v. O. Jeldſpatgeſteine. Zu dieſen gehört die überwiegende Anzahl der maſſigen (Eruptiv-⸗) Geſteine. Die wichtigſten ſind: A. Orthoklasgeſteine. 1. Altere (vortertiäre) Geſteine: Granit, Quarz- oder Felſitporphyr, Felſitpechſtein, Sye⸗ nit, quarzfreier Porphyr, Nephelinſyenit. 2. Jüngere (tertiäre und nachtertiäre) Ge⸗ ſteine: Liparit, Trachyt, Phonolith, Perlit, Trachytpechſtein. B. Plagioklasgeſteine. 1. Altere: Diorit, Quarzdiorit, Hornblende⸗ porphyrit, Glimmerdiorit, Glimmerporphyrit, Kerſantrit, Diabas, Olivindiabas, Melaphyr, Gabbro, Norit, Forellenſtein. Feldſperling. 487 2. Jüngere: Hornblende-, Glimmer⸗, Augit⸗ andeſit, Dolerit, Anameſit, Plagioklasbaſalt, Tephrit. Als geſchichtete Feldſpatgeſteine ſind zu nennen: Gneis, Granulit und Porphyroid. v. O. Jeldſperling, Passer montanus Linné. Passer montanus, Brisson, Orn. III., p. 79 (1760); Passer campestris, Brisson, tom. cit., p. 82 (1760); Fringilla montana, Linné, Syst. Nat. I., p. 324 (1766); Fringilla campestris, Schrank, Fauna Boica I., p. 181 (17984803); Passer montanina, Pallas, Zoogr. Rosso-As. II., p. 30 (1811); Passer montanus (L.), Koch, Bayr. Zool. I., p. 249 (1846); Pyrgita mon- tana (L.), Cuvier, Regne Animal I., p. 385 (1817); Pyrgita campestris, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 267 (1834); Pyrgita sep- tentrionalis, Chr. L. Brehm, op. cit., p. 268 (1831); Passer arboreus, Blyth, Rennie's Field Naturalist I., p. 467 (1833). Abbildungen: 1. Vogel. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 116, Fig. 1 und 2; Drej- ſer, B. of Europe III., T. 178, beide Figuren. — 2. Eier. Thienemann, Abbildungen von Vogeleiern, T. 34, Nr. 13; Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 12, Nr. 6; Seebohm, A History of british birds II., 3:48: Baumſperling, Holzſperling, Waldſperling, Weidenſperling, Nuſsſperling, Rohrſperling, Bergſperling, Gebirgsſperling, wilder Sper— ling, Braunſperling, Rothſperling, Ringelſper— ling, Halsbandſperling, Muſchelſperling, Holz— muſchel, Ringelſpatz, Baumſpatz, Feldſpatz, Feldſperk, Felddieb, Gerſtendieb, Ringelfink, Feldfink, Baumfink, Rohrlaps, Feldſpaarling, Boomſpaarling, Fricke. Böhm.: Vrabec polni; engl.: Tree spar— row; dän.: Skovspurv; auf den Faröerinſeln: Spoarve; finn.: Ketovarpunen; frz.: Friquet; holl.: Kingmusch; ital.: Passera mattugia, Fringuello campestre, Passra d’säles, Ciricch, Miarina, Miarola, Passarot muntagnin, Passa- retto, Passuetta, Passara boscajeula, P. bu- seula, P. busarina, P. gabbareula, Passarin gabareu, Bagnin, Passera busanna, Passerina, Passara garaottina o grantina, Passer, Cele- ghetta megiardla, Sansiröt, Passare di giamp, Passera piecola, P. montagnola, Zilega scem- pia, Zelegato, Passer picciol, Passera fagöta, Pas- saren campagneu, Passra moungheina, Pässra gargantla, Passra mata, P. salsena, Passera inguanguel, Zelga, Passera montagnera, Passua montagninna, Passera matterugia, P. miglia- rina, P. minuta, Passera sarcina, P. strega o saleiajola, P. matusa, P. saleina, Passero mat- tusino, P. d’alberi, P. gentile, P. campagnolo, Passaréca, Passero bucajolo, P. cunzirro, Pas- sarella i marina, Passero turchiesco, Passaru sulitariu, Passeru di campagna, Asfur tal beit abiand; froat.: Poljski vrabac; norweg.: Pil- finke; poln.: Wröbel mazurek; ruſſ.: Lesnoi vorobey, Polewoi Worobei; jpan.: Gorriön Serrana, G. moruno, G. Gorrion lorquino, G. del campo, G. de monte, Teuladi moruno, Pardal roquer, Vayreda; ſchwed.: Pilfink; tatar.: Ors, Urman-Torgei; ungar.: mezei Vereb. lichen men den Hinterſchwingen zu Der Feldſperling, den wir nach Briſſon und Linné ſowie den meiſten übrigen Autoren Passer montanus nennen, obgleich der andere von Briſſon zuerſt angewendete Name campestris viel bezeichnender iſt, da der Feldſperling eben in der Lebensweiſe ſich da— durch vom Hausſperling unterſcheidet, daſs er mehr auf dem Felde lebt, aber durchaus nicht als ſpecifiſcher Gebirgs vogel vorkommt, iſt durch faſt die ganze paläarktiſche Region verbreitet vom Atlantiſchen nach dem Stillen Ocean, nördlich ungefähr bis zum Polarkreiſe; in Europa iſt er am häufigſten im centralen Theile, fehlt in Griechenland und einigen Pro— vinzen Portugals, kommt ſpärlich vor in Nord— afrika, fehlt dann in Kleinaſien, Paläſtina, Central- und Südperſien, Beludſchiſtan und Indien ſüdlich vom Himalaya, kommt ſonſt im nördlichen Aſien vor öſtlich bis nach Japan, Formoſa, Hainan und Java. In Auſtralien und Neuſeeland iſt derſelbe mit Erfolg einge— bürgert. Außerdem ſoll er jetzt in Nordamerika eingeführt ſein. & 7 Totallänge.... 138 15°5 Flügellänge. 7O 6:68 Schwanzlänge . 39 5˙9 Tarſus 1˙33 1˙52 Schnabel 2... 1:08 1:08 (Braunſchweig (Braunſchweig Mai 1884) 7. April 1877) Nach Naumann iſt das Männchen ſtets ein wenig größer als das Weibchen. Es ſcheint dies nach den mir vorliegenden Exemplaren nicht immer der Fall zu ſein, wenigſtens ſind darunter mehrere Weibchen, die ebenſo ſtark oder ſtärker ſind als alte Männchen. Der Schnabel iſt kreiſelförmig, von mitt— lerer Größe, die Firſte der ganzen Länge nach ſchwach, an der Spitze etwas ſtärker abwärts, der Kiel aufwärts gekrümmt, im ganzen länger als hoch, von den Seiten her nicht ſtark zu— ſammengedrückt, der Oberkiefer den Unterkiefer überragend. Die kleinen runden Naſenlöcher, von Borſten bedeckt, liegen ganz nach hinten nahe der Stirn, einige größere Borſten über den Mundwinkeln nach abwärts gerichtet. Die Flügel find kurz und abgerundet, die 1., 2., 3. und 4. bilden die Flügelſpitze und ſind auf der Innen- und Außenfahne ſanft ausgebuchtet bis auf die 1., die nur auf der Innenfahne eine Ausbuchtung zeigt. „F! > M>H> Di Die Flügel reichen bis faſt zur Mitte des Schwanzes hinab. Der Schwanz iſt ziemlich lang, gerade abgeſtutzt. Die Läufe ſind kurz und ſtämmig, die Krallen klein, flach gebogen, ſcharf zugeſpitzt. Altes Männchen. Oberſeite: Der Kopf von der Stirne an bis in den Nacken braun— roth, Oberrücken und Schultern lichtbraun mit ſchwarzen Längsflecken, Unterrücken, Bürzel und obere Schwanzdeckfedern einfarbig gelblichbraun— grau (mäuſefahl), Schwanzfedern einfarbig braungrau mit fahlen Rändern, Schwung— federn ſchwarzbraun mit lichteren bräun— Säumen der Außenfahne, die nach breiter werden und 188 Feldſperling. von der 2. bis 6. Schwinge in der Mitte ſehr ſchmal ſind, aber an der Baſis dicht unter den Deckfedern und an der Spitze dicht ober— halb der Einſchnürung eine Verbreiterung zei— gen. Die kleinen Deckfedern ſind matt roſt— farbig, die mittleren ſchwarz mit weißem End— flecke, die großen braunſchwarz mit breiten röthlichbraunen Säumen und weißlichem End— fleck. Durch die Endflecke der mittleren und großen Deckfedern werden zwei Flügelbinden gebildet, denen ſich dann bei zuſammengelegtem Flügel noch die oben erwähnten Verbreiterungen der hellen Außenſäume der Vorderſchwingen doppelbindenartig anſchließen. Unterſeite: Zügel, Augenlider, ein klei— ner Strich unter dem Auge, ein Fleck an der Kopfſeite hinter den Ohren und die Kehle bis auf die Gurgel hinab ſind tiefſchwarz, alle Theile dazwiſchen weiß. Dieſes Weiß zieht ſich einem Halsring ähnlich nach hinten unter dem Braun des Kopfes hin, reicht aber in der Mitte nicht zuſammen. Übrige Unterſeite iſt bräunlich— weiß, am hellſten in der 11 der Bruſt ent— lang, die Weichen braungrau, Schwingen und Schwanzfedern lichtbraungrau, die kleinen un— teren Flügeldeckfedern etwas lichtbräunlich an— geflogen, ſonſt weißlichgrau, die Schwanzdeck— federn mit kleinen bräunlichen Keilflecken am Spitzenende. Bei dem jüngeren Männchen ſind Kehle und Ohrfleck nicht ſo groß und nicht ſo tiefſchwarz und der Halsring undeutlicher. Das alte Weibchen gleicht ſehr dem jüngeren Männchen, nur iſt die Oberſeite des Rückens noch bleicher, in den Farben weniger beſtimmt, und die Querbinden der Flügel (die Endflecken der Deckfedern) ſind gelblich ange— laufen. Noch ſchärfer tritt dies bei dem jün— geren Weibchen hervor. Winterkleid und Sommerkleid unter— ſcheiden ſich nur dadurch, daſs das Winterkleid, das in der Herbſtmauſer angelegt wird, fri— ſchere Farben trägt, die im Frühjahr, wenn die hellgefärbten Federränder abgerieben ſind, am deutlichſten hervortreten. Im Laufe des Sommers werden die Federn dann mehr aus— genagt und abgerieben, jo daſs das Kleid un— ſcheinbarer wird. Die Jungen vor der erſten Mauſer ſind noch matter in den Farben als die jüngeren Weibchen. Die Kopfplatte iſt ſchmutzig braun, mit dunkelſchwärzlichen Endflecken der einzelnen Federn durchſetzt, das Schwarze am Kopfe iſt überall nicht tiefſchwarz wie bei den Alten, ſon— dern ſchwarzgrau, bei den jungen Männchen etwas dunkler als bei dem jungen Weibchen, die Unter- ſeite ſchmutziggrau, auf der Oberſeite des Rumpfes ebenfalls mattere Farben, namentlich fehlt das ſchöne Kaſtanienbraun der Alten gänzlich. Der Schnabel iſt bei den Alten ſchwarz, bei jüngeren Exemplaren und ſolchen, die im Herbſte geſchoſſen wurden, an den Mundwin— keln und der Baſis des Unterkiefers gelblich⸗ grau, häufig mit einem Stiche ius Röthliche. Die Iris iſt dunkelbraun, die Füße bräunlich gelb mit fleiſchfarbigem Anfluge, die Zehen etwas dunkler, die Nägel braun. Bei den Jun⸗ gen ſind die Füße hellfleiſchfarben. Die Beſchreibungen ſind genommen nach 8 Exemplaren aus Braunſchweig (2 Muſeum, 6 Sammlung R. Blaſius), 2 Exemplaren aus Münſter i. W. (Muſeum), 1 Exemplar aus Steiermark (S. R. Bl.), 1 Exemplar aus Tiflis (S. R. Bl.) und 1 Exemplar aus China (Muſeum). Meiſtens werden 3 Bruten gemacht. Das Gelege beſteht in der Regel aus 5 bis 7 Eiern, das erſtemal wenigſtens 7, bei ö ſpäteren Bruten und bei jüngeren Weibchen 5. | Diejelben ſind (nach bei Braunſchweig geſam— | melten Exemplaren) von kurzer, ſtumpfovaler Form, Längsdurchmeſſer durchſchnittlich 19˙7 mm, Querdurchmeſſer 14˙4 mm, Dopphöhe 9 mm. Die Grundfarbe iſt grau mit weißlichem, grün— lichem oder bräunlichem Anfluge mit zahlreichen Flecken und Strichelchen bedeckt. Bei den Eiern mit hellerer Grundfarbe ſtehen die Flecken weniger zahlreich, man kann deutlich tieferlie— gende hellgraue und oberflächliche bräunliche unterſcheiden, bei den Eiern mit dunklerer, bräun- lich angeflogener Grundfarbe ſtehen die dun— kelbraunen Strichelchen und Flecken viel dichter. Die Schale iſt mattglänzend, von flachem Korne. Die trockene Eiſchale wiegt ca. 0˙13 g, das gefüllte Ei 2— 2:20 g. Das Neſt wird meiſtens in Baumhöhlen angebracht, findet ſich aber auch in Höhlungen im Gemäuer und an den Häuſern, zuweilen auch unter den Dachziegeln, wie beim Hausſper- | ling. Dasſelbe beſteht aus einer Unterlage von N Strohhalmen, Wurzeln, Moos, kleinen Reiſern, n auf denen dann eine dicke Schicht von Federn, b Haaren, Thier- und Pflanzenwolle angebracht | iſt. Die Eier liegen meiſtens Direct auf den Federn. Bei größeren Baumhöhlen iſt die Unter— | lage maſſiger, bei kleinen Höhlungen dünner. Häufig wird der Niſtplatz mehrere Jahre hinter | einander benützt, zuweilen in einem Sommer N mehrmals. Das Brüten beginnt in warmen f Frühjahren häufig ſchon im März. Männchen Ä und Weibchen wechjeln ſich ab, die Brutzeit dauert 13—14 Tage. Der Feldſperling iſt im großen und ganzen Standvogel, es ſcheinen aber manche im Winter vom Norden Europas in größeren Schwärmen nach dem Süden und Weſten zu ziehen. So ſind an der Oſtküſte Englands im Winter grö ßere Züge beobachtet, die vom Oſten herkamen. Außerdem ſtreicht der Feldſperling in größeren Scharen im Winter nach Nahrung umher und kommt namentlich nach ſtarkem Schneefalle mehr in die Ortſchaften und Städte hinein, wo man ihn dann mit Hausſperlingen, Goldammern und Haubenlerchen zuſammen beobachtet. Im Gegen— ja zu ſeinem nächſten Verwandten, dem Haus⸗ ſperlinge, iſt er mehr ein Bewohner des Waldes und der Baumgärten in der Nähe der Dörfer und Städte, einzelne Paare finden ſich aber auch regelmäßig an den Häuſern im Innern der Stadt ein, wo ſie gemeinſchaftlich mit den Hausſpatzen auch den Sommer zubringen. Nacht⸗ ruhe wird meiſtens in Baumhöhlen, dichtbe⸗ laubten Bäumen, unter Dächern, in Mauer- löchern u. ſ. w. abgehalten und vor dem Schlafen⸗ gehen immer neckiſcher Lärm getrieben, der dann mit einbrechender Nacht verſtummt. Mit dei Feldſpitzmaus letzten Brut gehen die Alten aufs Feld hinaus zu den übrigen jungen Vögeln, die ſich ſchon zu größeren Scharen angeſammelt haben; dieſe treiben ſich den Herbſt und Winter über in größeren Schwärmen umher und zertheilen ſich erſt im Frühjahr wieder in einzelne Paare. Der Feldſperling gleicht in ſeinem Beneh— men vielfach ſeinem Vetter, dem Hausſperlinge, iſt aber nicht ſo ſchlau, da er nicht ſo viel mit dem Menſchen in Berührung gekommen iſt und die ihm von demſelben drohenden Gefahren nicht ſo kennt. Er iſt keck und ziemlich gewandt in ſeinen Bewegungen, ſitzt ſelten ganz ſtill, zuckt immer nach aufwärts mit dem Schwanze und trägt ſeine Federn eng und knapp angelegt. Im Fluge iſt er ſchneller und gewandter als der Hausſperling und liebt es, draußen auf dem Felde höher und anhaltender zu fliegen und ſchwankende, wogende Flugübungen zu machen. Auch in der Stimme iſt manche Ahnlich— keit da, nur iſt dieſelbe angenehmer, lieb— licher, wohlklingender. Seine Locktöne ſind „demm, däm, bilp, blui“, zuweilen auch „dieb“, ähnlich wie der Hausſperling, nur höher und ſanfter. Abends vor dem Schlafengehen ſchmet— tern ſie laut: „Tettettettettet“, dazwiſchen „Däm, däm“, im Fluge laſſen ſie ihr „Teck, teck“ oder „Blui“ erſchallen. Häufig, nament— lich im Frühjahre, laſſen ſie einen ganz ange— nehmen niedlichen Geſang ertönen, der viel ge— fälliger klingt als beim Hausſperling. Höchſt charakteriſtiſch iſt der ſanfte Ruf des Weibchens „Duiduiduidui ...“, womit dasſelbe das Männ— chen, auf einen Zweig oder Zacken hingekauert, mit herabhängenden Flügeln und zitterndem Körper zum Liebesgenujs einladet. Die ärgſten Feinde des Feldſperlings ſind der Sperber und die kleinen Falken, im Winter auch der große Würger und die Elſter. In Fallen ſind ſie leicht zu fangen, ebenſo leicht zu ſchießen, da ſie nicht ſcheu ſind. Ihr Fleiſch ſchmeckt ſehr gut. f Die Nahrung beſteht in allen möglichen Sämereien und Inſecten, namentlich vertilgen ſie im Frühlinge und Sommer Maikäfer und deren Larven und Kohlraupen. Nach der Brut— zeit ziehen ſie ſcharenweiſe ins Getreide hin— aus und verzehren dies beſonders gerne, ehe die Körner feſt werden, im jog. milchenden Zu— ſtande. Nach der Ernte nehmen ſie wieder mit allen möglichen Sämereien vorlieb und ſuchen ſich im Winter ihre Nahrung auf den Straßen im Miſte und in den Abfällen und auf den Bauernhöfen. Zeitweiſe thun die Feldſperlinge großen Nutzen, indem fie alle möglichen Inſectenlarven namentlich in den Obſtgärten vertilgen, zeit- weiſe werden ſie aber dem Getreide ſehr ſchäd— lich, namentlich kurz vor der Ernte. Hier iſt es angezeigt, die Sperlinge zu verſcheuchen, ſie zu ſchießen, im großen und ganzen iſt aber ihr Nutzen höher anzuſchlagen als ihr Schaden, jedenfalls ſind ſie nützlicher als ihre Vettern, die Hausſperlinge. R. Bl. Jeldſpitzmaus (Sorex leucodon Herm), j. Spitzmäuſe. Hſchl. Jeldſteine (Klaubſteineh. So heißen jene natürlichen, unregelmäßigen Steine ohne ſcharfe . — Felſenhuhn. 489 Kanten und Ecken, die als Geſchiebe oder Ge— rölle unmittelbar unter der Erdoberfläche oder loſe am Boden verſtreut vorkommen. Sie geben vorwiegend ein gutes Baumaterial, wenn ſie in Stücken von gehöriger Größe vorkommen. Klaub- ſteine von größerer Dimenſion werden geſprengt oder mit eiſernen Keilen zerſpalten, kleinere Stücke werden zu Straßenſchotter zerſchlagen. Fr. Feldtaube, ſ. Felſentaube. E. v. D. Feldtenne, die, Vogelherd für kleine Vögel im Felde, ſ. Tenne, Waldtenne, Buſchtenne. „Von den Feld-Tennen. Dieſe Tännen werden auf die Fincken und andere kleine Vogel ent— weder gar in den Feldern ſo zwiſchen Wäl— dern etwan erhöhet ligen oder auf einem ebenem Mais geſchlagen.“ Hohberg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 6322. — Onomat forest. IV. (Nachtrag v. Stahl), p. 262. — „Feldtenne heißt ein im freien Felde auf kleine Vögel geſtellter Herd.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. — Fehlt bei Grimm. — San- ders, Wb. II., p. 1297 b. E. v. D. Feldtreiben, das, Treibjagd im Felde; vgl. Waldtreiben. „Da das Feldtreiben ein weit bequemeres Mittel iſt, der Haſen habhaft zu werden...” Diezel, Niederjagd, Ed. VI, v. E. v. d. Boſch, 1886, p. 224. — Sanders, Wb. II., p. 1363 a. E. v. D. Feldvogel, der, nur im plur. Feldvögel = Feldgeflügel, wenig gebräuchlich; vgl. Wald-, Waſſer⸗, Strand-, Sumpfvogel. Döbel, Ed. J, 1746, I., fol. 44. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. — Sanders, Wb. I., p. 471. E. v. D. Fell, das, wm. ſelten und in der guten Literatur nur ausnahmsweiſe vom Biber, manchmal auch vom Reh, ſ. Rehfell. „Manche Jäger bedienen ſich (beim Biber) der Aus— drücke Balg und Fell als ſynouym; letzter ſcheint, als ſonſt in der Jägerſprache verpönt, verwerflich zu ſeyn, erſter beſſer durch Haut erſetzt werden zu können.“ Winkell, Ed. II, 18247 II., p. 102. E. v. D. Felonie, ſ. Lehenrecht. At. Felsamſel, j. Blaudroſſel. E. v. D. Feffenbein, os petrosum, ſ. Petrosum. Kur. Felſenbirne, ſ. Amelanchier. Wm. Feffenhußn, Perdix petrosa Lath. Das Felſenhuhn ſteht in ſehr naher Verwandtſchaft zum Rothhuhne, iſt aber etwas kleiner und ſchmächtiger als dieſes. Eine ſehr ſorgfältige Beſchreibung, die mit meinem aus Sardinien ſtammenden Exemplare vollſtändig überein— ſtimmt, danke ich Herrn Victor Ritter v. Tſchuſi zu Schmidhoffen und reihe ſie hier an: „Scheitel vom Schnabelgrunde an, Nacken und Hinter— hals rothbraun; Kopfſeiten über, vor und unter dem Auge, ferner die Kehle licht aſchgrau; von der Ohrgegend zieht ſich über den Hals ein breites, gegen die Mitte zu ſchmäler werdendes rothbraunes, weißgetüpfeltes Band; unter dieſem iſt der Hals aſchgrau; Bruſt licht röthlich; Bauch und untere Steißdecken mehr ins Gelb— liche ziehend; Seitenfederu weiß, ſchwarz und fuchsroth gebändert; Rücken und Bürzel grau braun; große Schwungfedern dunkelbraun, gegen das Ende zu licht ockergelb geſäumt; kleine Schwingen lichter, auf der Außenſeite undeutlich 490 dunkelbraun gewellt; Schulterfedern und ein Theil der zunächſt liegenden Flügeldecken tief blaugrau, breit rothbraun geſäumt, die übrigen graubraun; Steuerfedern, die vier mittleren aus⸗ genommen, welche graubraun, ſchwach ſchwarz— braun gewellt ſind, fuchsroth; Schnabel, nackter Augenfleck und Ständer roth; Iris rothbraun. Länge ungefähr 31 cm. Die Henne unterſcheidet ſich vom Hahne nur durch geringere Stärke und minder leb— hafte Färbung.“ Das Felſenhuhn findet ſich in einigen Theilen von Süditalien, auf Sardinien, auf den Felſen von Gibraltar, im ſüdlichen Griechen— land, einigen Inſeln des griechiſchen Archipels, in Nordweſtafrika und auf den canariſchen Inſeln. Bezüglich ſeiner Lebensweiſe und Fort⸗ pflanzung ähnelt es ſo ſehr dem Rothhuhn, daſs Näheres zu ſchreiben überflüſſig wäre. In Süditalien und Sardinien werden dieſe Hühner meiſt in Schlingen oder in Steinſchlägen gefangen. Auf den nachgeahmten Paarungsruf ſteht der Hahn ſehr hitzig zu und kann da er⸗ legt werden; dieſe Art der 5 darf im Hinblicke auf das monogamiſche Eheleben als Aasjägerei bezeichnet werden und jollte ſtreng⸗ ſtens verboten ſein, umſomehr, da die Ver— breitung dieſes ſchönen Huhnes in Europa nur eine ſehr beſchränkte iſt. Klr. Jelſenkleiber, ſ. Felſenſpechtmeiſe. E. v. D. Felſenmeere nennt man Anhäufungen wild durcheinanderliegender und übereinander⸗ gethürmter Felsblöcke, deren Entſtehung auf die Verwitterung früher anſtehenden Geſteines zurückzuführen iſt. Vornehmlich neigen Granit und Syenit dazu, Felſenmeere zu bilden. Den horizontalen und verticalen Abſonderungsklüften dieſer Geſteine nach dringt die Verwitterung, weitet die Klüfte, rundet die Kanten und Ecken der ſich lockernden Felsblöcke ab und nagt ihre Unterlage ab, jo daſs ſchließlich ein Chaos von Felstrümmern, ein Felſenmeer entſteht. Feljen- meere finden ſich im Böhmerwald, Odenwald, Fichtelgebirge und auf dem Brocken. v. O. Felſenpieper, ſ. Waſſerpieper. E. F. v. Hmr. Felſenraubmöwe, j. mittlere Raubmöwe. E. v. D. Jelſenſchlange, ſ. Python. Kur. Felſenſchneehuhn, ſ. eee . Felſenſegler, ſ. Alpenſegler. E. v. D. Jelſenſtrandläufer, ſ. Seeſtrandläufer. E. v. D. Selsfink, |. Berghänfling⸗ E. v. D. Felfitfels iſt ein Quarzporphyr, dem por= phyriſche Ausſcheidungen fehlen. Vogeſen, = gebirge. v. Jemelbetrieb, ſ. v. w. Fehmelbetrieb, Tote Plenterbetrieb. Gt. Jemelſchlagbetrieb, ſ. v. w. sang betrieb, ſ. . Femur, 3 Oberſchenkelknochen, Mittelſtücke (Dyaphyſe) und zwei Auwachs⸗ ſtücken (Epiphyſen) beſtehend. Der obere Ab⸗ ſchnitt des Femur trägt auf dem ſog. Halſe (Col- lum femuris) den ſog. Kopf (caput femuris); dieſer Kopf bildet mit der Pfanne des Hüft- beines (acetabulum) das Hüftgelenk. Am aus in Felſenkleiber. — Fenſter. unteren Femurabſchnitte befinden ſich zwei theil⸗ weiſe überknorpelte Knorren (Condyli); dieſe ſtehen mit dem Schienbein in gelenkiger Ver⸗ bindung. Bezüglich Inſecten ſ. Beine. Kur. Jenchelöl (Oleum Foeniculi) iſt das ätheriſche Ol aus den Früchten von Anethum Foenieulum (34%), gelblich, etwas dickflüſſig, von gewürzhaftem, ſtarkem Fenchelgeruch und ſüßlichem Geſchmack; es erſtarrt in der Regel ſchon bei +5° C. zu einer weißen Kryſtall⸗ maſſe. Specifiſches Gewicht 0:985—0'997; es be⸗ ſteht aus Anethol und einem bei 185. —190° ſiedenden, rechts polariſierenden Terpen. Wegen ſeiner Ahnlichkeit mit dem Anisöl wird es häufig zur Verfälſchung des letzteren a v. Gn. Fenestra ovalis, fenestra vestibuli, ovales Jenſter, Vorhofsfenſter, heißt die vom runden Fenſter durch das ſog. Promontorium geſchie⸗ dene, zum Vorhof des Labyrinths führende Offnung an der inneren Wand der Baufen- oder Trommelhöhle (cavum tympani). Kur. Fenestra rotunda, fenestra cochleae, rundes Fenſter, Schneckenfenſter, heißt die zur Schnecke führende, von der feinen membrana tympani secundaria verſchloſſene Offnung unter dem ovalen Fenſter. Kur. Jenſter dienen zur Beleuchtung der inneren Räume eines Gebäudes und ſind nach Ausführung und Größe ſehr verſchieden. Ein günſtiges Ver⸗ hältnis zwiſchen Breite und Höhe iſt 1:2. In ge⸗ wöhnlichen Wohngebäuden wird erſtere mit 1 bis 1˙3 m bemeſſen. Die Fenſteröffnung beginnt in einer Höhe von 80 emüber dem Boden; die Mauer unter der Offnung (Barapetmaner) befommt mindeſtens eine Stärke von 45 cm. Die von der Fenſteröffnung ſchief nach innen laufenden Mauerwände heißen Spaletwände. Die Fenſteröffnung beſteht aus der Sohlbank (untere Fläche), aus den beiden Gewänden und dem Sturz, über welchen ein Ent⸗ laſtungsbogen geſpannt wird. Die Fenſter⸗ öffnung erhält von außen eine Geſimsglie⸗ derung (Chambrane), die das Fenſter umrahmt. Über den Spaletwänden iſt der Fen⸗ ſterſpaletbogen geführt. Den Verſchluſs bilden die mit Glastafeln verſehenen Fenſter⸗ rahmen. Der Verſchluſs iſt gewöhnlich doppelt, die inneren nennt man die Sommer⸗, die äußeren die Winterfenſter. Die 15 —30 em breite Luftſchichte zwiſchen den Doppelfenſtern ver⸗ hindert eine ſchnelle Abkühlung in der rauhen Jahreszeit. Die Fenſterrahmen find aus dem z bis 6 em ſtarken Fenſterſtock, aus dem 4 em breiten Rahmen des Fenſterflügels und aus dem 2cm breiten Sproſſen zuſammen⸗ geſetzt. Ofter wird auch die Parapetmauer mit Holz verkleidet und ein weiterer Verſchluſs im Innern durch Spaletläden ſowie Eijen- gitter innerhalb der Fenſteröffnung angebracht. Die gewöhnlichen Dimenſionen ſind folgende: Als kleinſte Fenſterbreite können 30 em gelten, während die gewöhnliche Breite zwiſchen 1˙0 und 11m ſchwankt. Die Höhe iſt gleich der doppelten oder 7/gfachen Breite oder der Dia- gonale eines Rechteckes aus der einfachen oder Fenſtergewände. — Fern. 491 doppelten Fenſterbreite. Die Höhe der Fenſter— brüſtung iſt 0˙8—1·0 m, die Höhe über den Fenſtern beim Maſſivbau 0˙47 m, beim Fach⸗ werksbau 04—05m. Die Fenſterfaſchen erhalten als Breite / — 0 der Fenſteröffnung. Die Fenſterflügel find 0˙3—0˙8 m breit und im Holze 3 em ſtark und 6˙5 em breit. Fen⸗ ſterkreuze werden 4—5 em breit und 8 em ſtark hergeſtellt. Fr. Fenſtergewände, j. Fenſter. Fr. Jenſtern ſoll nach Ratzeburg (Waldver- derber) dazu dienen, um bei vorausgegangenem intenſiven Raupenfraß erwünſchte Anhalts- punkte zu gewinnen für die zu treffenden Wirt- ſchaftsdispoſitionen, was mit ſolchen kahlgefreſ— ſenen und daher meiſt ſehr geſchwächten Be— ſtänden und Einzelſtämmen zu geſchehen habe: ob ſie zu erhalten oder zum Einſchlage zu beſtimmen ſeien. Ratzeburg empfiehlt zu dem Zwecke das Ausſchneiden von einige Quadrat- centimeter großen „Rindenfenſtern“, um aus dem auf der entblößten Splintfläche erfolgenden Harzaustritt und im Vergleiche mit dem an geſunden Bäumen erfolgenden ſeine Diagnoſe abzuleiten. Sparſamer Harzaustritt in Form ſehr kleiner Tröpfchen iſt nach Ratzeburg ſtets ein bedenkliches Symptom. Hſchl. Jenſterſchwalbe, ſ. Stadtſchwalbe. E. v. D. Jenſterſturz, ſ. Fenſter. Fr. Fenusa hortulana, ſ. Ahornblattminierer. Hſchl. Ferm, adj., ſ. Gallicismen. E. v. D. Fermente nennt man eine Gruppe ſtick— ſtoffhaltiger organiſcher Stoffe, welche, ohne ſelbſt ſcheinbar eine chemiſche Veränderung zu erleiden, auf andere organiſche Körper ſpaltend einzuwirken vermögen, zumeiſt in der Weiſe, daſs die entſtehenden Spaltungsproducte eine geringere Wärmeſumme repräſentieren als das geſpaltene Subſtrat, daſs alſo bei dem Pro⸗ ceſſe Wärme frei wird. Die Wirkſamkeit der Fermente iſt an die Gegenwart von Waſſer und an eine beſtimmte Temperatur geknüpft. Man unterſcheidet organiſierte (geformte) und nicht— organiſierte (ungeformte Enzyme) Fermente. Beide Gruppen laſſen ſich dadurch von einander unterſcheiden, daſs die Wirkſamkeit der geform— ten Fermente durch Chloroform und Blauſäure aufgehoben werden kann, die der ungeformten Fermente nicht oder doch nicht in ſo hohem Maße; umgekehrt wird die Wirkſamkeit der un— geformten Fermente durch Borax und Borſäure beeinträchtigt, die der geformten Fermente nicht. Fermentorganismen werden durch comprimierten Sauerſtoff getödtet, Enzyme dadurch nicht affi— ciert. Nach Nägeli beſtehen zwiſchen geformten und ungeformten Fermenten noch folgende Unter— ſchiede: das ungeformte Ferment zerfällt die organiſche Subſtanz glatt und vollſtändig in ihre Componenten, bei dem geformten treten nebenbei noch andere Producte auf; bei der Wirkung des geformten Fermentes wird Wärme frei, bei der des ungeformten Fermentes wird Wärme aufgenommen, jo daſs die Producte eine größere Summe von Spannkraft beſitzen; die ungeformten Fermente wandeln in den meiſten Fällen die in unverwertbarer Form gebotenen Nährſtoffe in verwertbare, z. B. in lösliche oder leicht osmierende um, während die geformten Fermente gerade den entgegen— ſetzten Charakter zeigen, den der Zerſtörung und der Herſtellung ſchlecht oder nicht mehr nährender Producte. Ob es richtig iſt, den Unter— ſchied zwiſchen geformten und ungeformten Fer⸗ menten aufrechtzuerhalten, bleibe dahingeſtellt; viele Forſcher ſind der Anſicht, daſs die ge— formten Fermente nur die Erzeuger der ihnen ſpecifiſchen wirkſamen Fermente ſind, nicht aber als Organismen an ſich die Gährungserſcheinun— gen hervorrufen. Die Fermentorganismen laſſen ſich nach Nägeli gruppieren in 1. Schimmelpilze (z. B. Mucor Mucedo, Mucor racemosus, Penicillium glaucum u. ſ. w.); 2. Sproſspilze (Saccharo- myces cerevisiae, S. ellipsoideus, S. Pasto- rianus u. ſ. w.): 3. Spaltpilze (Bacterien, Kokken u. ſ. w.). Die Schimmelpilze pflanzen ſich fort, indem fie ein Mycelium bilden, aus dem Frucht⸗ träger mit Sporen enthaltenden Sporangien emporwachſen. Ihre Einwirkung auf organiſche Körper ruft eine verhältnismäßig weniger tiefe Veränderung der letzteren hervor. Die Sproj3- pilze vermehren ſich durch Sproſſung, ihre Ein- wirkung auf das Subſtrat iſt ſchon eine tiefer greifende; die Spaltpilze, welche ſich durch ihre Kleinheit und durch ihre Vermehrung durch Spaltung charakteriſieren, verändern das Sub— ſtrat, in dem ſie leben, am eingreifendſten; die meiſten Spaltpilze benöthigen zu ihrem Leben der atmoſphäriſchen Luft (Aerobia), einige leben aber auch bei völliger Abweſenheit des freien Sauerſtoffes (Anaerobia). Die ungeformten Fermente ſind höchſt wahr— ſcheinlich hervorgegangen aus Eiweißkörpern (ſ. d.), das „Wie?“ iſt eine noch ungelöste Frage (vielleicht durch Oxydation). Die Fermente kann man eintheilen 1. in ſolche, durch welche ein Anhydrid in ein Hydrat umgewandelt wird (hydrolytiſche), u. zw. a) in⸗ dem die Fermente wie verdünnte Mineralſäuren in der Siedetemperatur wirken; hieher gehören die diaſtatiſchen, invertierenden, glukoſidſpalten— den und peptoniſierenden Fermente, und b) in⸗ dem die Fermente wie Atzalkalien in höherer Tem— peratur wirken, die fermentativen Verſeifungen; 2. in ſolche, bei denen ein Übergang von Sauerſtoff vom Waſſerſtoff an Kohlenſtoffatome ſtattfindet (oxydative); hieher gehören die Fer— mente der Milchſäure, der Alkoholbildung, des Fäulnisproceſſes, der Eſſiggährung, der Butter— ſäuregährung, der Salpeterbildung u. ſ. w. Literatur: Schützenberger, Die Gäh— rungserſcheinungen, Leipzig, 1876; Detmer, Pflanzenphyſiologiſche Unterſuchungen über Fer— mentbildung, Jena 1884; Ad. Mayer, Die Lehre von den chemiſchen Fermenten, Heidelberg 1882. v. Gn. Fern (das oder die?), localer ſeltener Ausdruck. „Fern nennt man die weiblichen Thiere beim Elen, Edel- und Damwild, die zum erſtenmale brunften.“ Hartig, Lexikon, Ed. II, 1861, p. 191. Jedenfalls von fern S vorjährig abzuleiten; daher ſchreiben irrig Ferm: Hartig, Lexikon, Ed. I, 1836, p. 182; Lb. f. Jäger, Ed. I, 492 1812, J., p. 37. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 177 u. VI. p. 203. E. v. D. Fernrohr. In der Geodäſie wird ſowie in der Aſtronomie beinahe ausſchließlich das aſtronomiſche (Kepler'ſche) Fernrohr in Anwen— . —— Fig. 313. dung gebracht. In ſeiner einfachſten Geſtalt be— ſteht dasſelbe aus zwei Sammellinſen a und b, Fig. 313 (ſ. Linſen), die an den Enden zweier zu— ſammengeſteckten und ineinander verſchiebbaren Metallröhren R und er angebracht ſind. Die größere der beiden Linſen, die Objectivlinſe b, iſt in dem längeren und weiteren Rohre R be— feſtigt und hat, gegen ein beſtimmtes Object (hier Pfeil p) gerichtet, den Zweck, von dem letzteren ein Bild e im Fernrohre zu erzeugen, welches dann, durch die in dem kürzeren Ocular— rohre r angebrachte Linſe betrachtet, nicht nur vergrößert, ſondern auch in die deutliche Seh— weite gerückt erſcheint. Wie man ſieht, wird hier die Linſe a, welche den Namen Ocularlinſe (Augenglas) führt, als Lupe oder einfaches Mikroſkop benützt (ſ. Linſen). Die Achſen der Röhren R under ſollen in eine Gerade zu— ſammenfallen, welche dann die mechaniſche Achſe des Fernrohres genannt wird. Die optiſchen Achſen der beiden Linſen, welche zuſammen— fallend die optiſche Achſe des Fernrohres bilden, ſollen mit der mechaniſchen Achſe des Fern— rohres übereinſtimmen. Um die Randſtrahlen von der Theilnahme an der Hervorbringung des Bildes abzuhalten, werden in verſchiedenen Querſchnitten des Fern— rohres, ſenkrecht zur Achſe desſelben, concentriſch ausgeſchnittene Metallſcheiben angebracht, die man Blenden oder Diaphragmen nennt. In Fig. 313 iſt bei ii ein ſolches Diaphragma an— gedeutet. Das Objectiv muss bei Fernrohren geo— dätiſcher Inſtrumente immer achromatiſch ſein und beſteht daher gewöhnlich aus einer Sammel— linſe (biconvex) und einer Zerſtreuungslinſe (oft — III e jr EIN r Fig. 314. Achromatiſches Objectiv eines Fernrohres. planconvex) derſelben, meiſt aber verſchiedener Glasſorten (ſ. Linſen), durch welche Combi— Fernrohr. nation die chromatiſche Aberration (ſ. Abwei- chung, chromatiſche) wenigſtens zum großen Theile aufgehoben wird. Fig. 314 zeigt die An⸗ ordnung eines derartigen Objectivs im Durch⸗ ſchnitte. Um das Objectivglas vor Beſchädigung Schematiſche Darſtellung des einfachſten aſtronomiſchen Fernrohres. und Staub zu ſchützen, wird demſelben wäh— rend der Zeit des Nichtgebrauches eine Metall- kapſel aufgeſetzt. Auch das Ocular pflegt man ſelbſt in aſtro⸗ nomiſchen Fernrohren nicht aus einer Linſe herzuſtellen, weil die chromatiſche und ſphäriſche Abweichung bei bloß einer Linſe in bedeutendem Grade, daher ſtörend auftreten würden; den— noch verſchmäht man es, direct achromatiſche Linſen in Fernrohrocularen anzubringen. Gewöhnlich beſteht das achromatiſche Ocular aus zwei Sammellinſen, weshalb es den Namen Doppelocular führt. 4 Wir wollen zunächſt zeigen, worin die optiſche Wirkung zweier ſolcher neben einander geſtellten Linſen beſteht. Iſt A eine Sammel⸗ linſe, auf welche ein Lichtſtrahl s parallel zur optiſchen Hauptachſe xx’ einfällt, jo müſste der⸗ ſelbe, wenn die Linſe A allein vorhanden wäre, hinter der Linſe in den Brennpunkt F abgelenkt werden. Denken wir uns aber überdies die Linſe B innerhalb der Brennweite der Linſe A fo aufgeſtellt, daſs die optiſche Achſe erſterer ebenfalls mit xx’ zuſammenfällt, jo gelangt der Lichtſtrahl s’ nicht nach F, ſondern in einen der Linſe B näherliegenden Punkt f der optiſchen Hauptachſe. Wird dieſer Strahl nach rückwärts verlängert gedacht, u. zw. ſo weit, bis er die Verlängerung des Strahles s ſchneidet, und denkt man ſich an dieſe Stelle eine Linſe C von der Brennweite kf P, jo iſt aus Fig. 315 klar zu erſehen, dajs die op⸗ tiſche Wirkung dieſer Linſe C (bezw. des Licht- ſtrahles s) ganz dieſelbe iſt als wie die gemein— ſame der beiden Linſen A und B, nachdem der die Linſe C paſſierende Lichtſtrahl gezwungen iſt, hinter der Linſe durch den Brennpunkt £ zu gehen, ohne daſs der Winkel =, welchen der— ſelbe mit der optiſchen Achſe bildet, irgend eine. Anderung zu erfahren hätte. Es wird daher die Linſe C mit Recht als die den beiden Linſen A und B äquivalente Linſe bezeichnet. Betrachtet man für die Linſe B den Punkt F als Gegenſtand (leuchtenden Punkt), jo kann der von demſelben ausgehend gedachte Licht- jtrahl s“, indem er die Linſe B paſſiert und die Richtung s“ angenommen hat, nach rück wärts bis zum Punkte k verlängert werden. f it aber dann der dem leuchtenden Punkt F entſprechende geometriſche Bildpunkt. Es ſoll für dieſen Fall die Bildweite mit b“, die Brenn⸗ weite von A mit p, die gegenſeitige Entfernung „ R 1 Fernrohr. 493 der Linſen A und B mit d, jomit die Gegen- ſtandsweite mit p — d bezeichnet werden. Wir fanden im Artikel Diſtanzmeſſer die Formel B Sir) Ramsden, und c) das orthoſkopiſche oder Kellner'ſche Doppelocular. | ad a) Das Huyghens'ſche Doppelocular be- ſteht, wie Fig. 316 zeigt, aus zwei planconvexen Linſen, welche beide dem Objective die convexe Seite zukehren. Zwiſchen dieſen beiden Linſen iſt das Fadenkreuz f an— gebracht, welches in dem Ringe er eingeſpannt er- ſcheint. Auf dieſen Ring wirken in der Regel Fig. 315. Die Linſen des Doppeloculars. worin b die Bildweite, g die Gegenſtandsweite und p die Brennweite vorſtellten. Da aber in Fig. 315 Bild und Gegenſtand (k und t) auf derſelben Seite der Linſe liegen, jo muſs die Gegenſtandsweite p — d negativ, aljo — p—-)=d-—p genommen werden; wird überdies die Brenn— weite der Linſe B mit p' bezeichnet und dieſer Wert jo wie die früher gefundenen in I ein— geführt, ſo erhält man hie 5 (pP — d) . In Fig. 315 iſt A ikf wo A lmf, woraus iP: b“, daher P = b’, und weil ik =ae, fo iſt auch ae ; — 7 5) e Im b. Nun iſt auch Gae F Im, woraus 5 . ae: Im pp d, daher 5 ſich ergibt. Wird dieſer Wert in 2 geſetzt, ſo erhält man P De b“ und mit Berückſichtig ing d 2 973 Pr» der Gleichung 1 P— 1 Dieſe Gleichung dient zur Berechnung der Brennweite einer Linſe, welche zwei anderen in der Diſtanz d von einander entfernten und die Brennweiten p und p' beſitzenden Linſen äqui— valent iſt (ſ. Diſtanzmeſſer). Die beiden Linſen des aſtronomiſchen Oeulars finden ihren Platz in dem Ocularrohre des Fernrohres und heißt die dem Objectiv näherliegende die Collectivlinſe. Dieſe letztere verkürzt den vom Objective kommenden Licht— ſtrahlenkegel und ſomit auch das Fernrohr ſelbſt. — Die häufigſt angewendeten Doppel— deulare ſind: a) das Doppelocular von Huyghens (ſprich Heigens), b) das Doppelocular von vier Schräubchen von außen ein, die durch das Oculardiaphragma hindurchgehen, wovon aber in Fig. 316 nur zwei (s, s“ ſichtbar ſind. Die Schräubchen dieſes Paares ſowie die des anderen ſind einander diametral entgegenge— 755 ſetzt, und die Richtungen, in welchen beide Paare dieſer Juſtierſchräubchen auf den Ring des Fadenkreuzes einwirken, ſtehen auf einander ſenkrecht. Die ganze Faden— kreuzvorrichtung befindet ſich hier in einem kurzen Rohre R, welches ſich innerhalb des Ocularrohres, längs der Achſe des letzteren, innerhalb geringer Grenzen geradlinig ver— Fig. 316. Huyghens'ſches Doppelocular. ſchieben und in jeder der möglichen Stellungen durch eine kleine Bremsſchraube feſtſtellen läſst. Für dieſe Verſchiebung dienen die Juſtier— ſchräubchen (s, s“) als Angriffspunkte, welcher Umſtand dieſer Vorrichtung zum Vorwurfe ge— reicht, da nicht nur die Gefahr vorliegt, die Schräubchen hiebei zu brechen, ſondern ein ſorg— fältig rectificiertes Fernrohr durch Verdrehen der Juſtierſchräubchen am Fadenkreuze ohne Wiſſen und Wollen zu derangieren. Die Verſchiebung des Fadenkreuzes längs der Achſe des Fernrohres hat den Zweck, jedem Auge (vor a), alſo ſowohl dem normal- als dem kurz- und weitſichtigen ein deutliches Sehen des Fadenkreuzes zu ermöglichen, was bei con ſtanter Entfernung des Fadenkreuzes vom Oeu— lare (ſ. Linſen) niemals zu erreichen wäre. Bei neuen Einrichtungen zieht man es jedoch vor, das Augenglas mit einer längeren Faſſung zu verſehen und zum Schieben oder Schrauben einzurichten, ſo daſs man dasſelbe in eine dem Auge paſſende Entfernung vom Fadenkreuze zu bringen vermag. 4 494 ad b) Das Ramsden'ſche Ocular ſetzt fi ebenfalls aus zwei planconvexen Linſen zu⸗ ſammen, und ſind letztere jo arrangiert, dass ſie ſich gegenſeitig die convexen Seiten zukehren und in einem kurzen, im Ocularrohre ver- ſchiebbaren Rohr R (Fig. 347) gefaſst ſind, ſo Fig. 317. Doppelocular von Ramsden. daſs man dieſes zuſammengeſetzte Ocular gegen das in einem beſtimmten Querſchnitte des Ocu— larrohres angebrachte Fadenkreuz K behufs deutlichen Sehens des letzteren in jede paſſende Entfernung bewegen kann. ad c) Kellner nimmt zur Herſtellung ſeines Doppeloculars eine biconvexe Collectivlinſe C (Fig. 318) und ein achromatiſches Augenglas o. Auch bei dieſem Ocular iſt wie bei dem Ramsden'ſchen das Fadenkreuz zwiſchen Col⸗ lectivlinſe (nahe an dieſer) und Objectivglas an⸗ gebracht. In Fig. 318 bedeutet AB das Ocular— Fig. 318. Orthoſkopiſches Doppelocular. rohr, aa’ find die zwei hier ſichtbaren Juſtier— ſchräubchen des Fadenkreuzes und bb ein Diaphragma. Dieſem Oculare wird nachgerühmt, dafs es dem Auge ein correctes, von jeder Ver— ſchiebung freies, überall gleich ſcharfes Bild des anviſierten Gegenſtandes im Fernrohr dar— biete. Mechaniker Steinheil hat auch die sub a und b beſchriebenen Doppeloculare aus achro= matiſchen Linſen conſtruiert. Für aſtronomiſche Zwecke wird das Fern- rohr auch mit dem ſog. prismatiſchen Ocular verſehen. Wie ſchon weiter oben bemerkt wurde, iſt das Ocularrohr in dem weiteren Objectiv— rohre verſchiebbar angebracht, und damit bei dieſer Bewegung eine ſichere Führung erreicht werde, iſt parallel zur Achſe des Ocularrohres an der Oberfläche desſelben ein ſchmaler Stahl- ſtreifen (Rücken) aufgeſchraubt, der in eine Nuth des Objectivrohres genau einpaſst. Die Deu- larröhre wird bei Fernrohren von untergeord— neter Bedeutung bloß mit der Hand verſchoben; dort wo es auf eine feine Pointierung an— kommt, muj3 die Verſchiebung des Ocular— Fernrohr. rohres durch ein entſprechend angebrachtes Ge- triebe vermittelt werden. Das Ocularrohr be— kommt zu dieſem Behufe an ſeiner Oberfläche eine kleine Zahnſtange, in welche ein im Ob— jectivrohr angebrachtes Zahnrädchen eingreift, auf deſſen Achſe zur bequemen Handhabung ein ränderierter Schraubenkopf aufgeſetzt iſt. Daſs Ocular und Objectiv nicht für alle Fälle gleich weite Entfernung haben dürfen, daſs alſo das eine oder das andere verſchieb— bar herzuſtellen iſt, lehrt folgende Betrachtung: Die dioptriſche Hauptformel, wie ſie in jedem Lehrbuche der Phyſik (Optik) zu finden f 11 „ 5 iſt, lautet: 2 worin g die Gegen- ſtandsweite (vom Objectiv aus gerechnet), b die Bildweite (ebenfalls vom Objectiv gerechnet) und p die Brennweite des Objectivs bedeuten. Aus obiger Gleichung folgt aber E 8 b Da p für dasſelbe Fernrohr conſtant iſt, jo wird mit der Anderung des g nur eine An- derung des b verbunden ſein, u. zw. geſchehen dieſe Anderungen, wie die Gleichung lehrt, im entgegengeſetzten Sinne; denn je größer g wird, deſto kleiner geſtaltet ſich 12 deſto kleiner wird b ferenz kann aber nur durch Abnahme von b kleiner werden. Daher je größer g wird, deſto kleiner muſs b werden und umgekehrt. Wir ſehen daraus, daſs Bilder der mit einem Yern- rohre anviſierten Gegenſtände nur dann genau in denſelben Querſchnitt des Fernrohres fallen, wenn die Gegenſtandsweite überall dieſelbe iſt; mit der Anderung der Gegenſtandsweite iſt jedesmal die Anderung des Querſchnittes für die Bildebene verbunden. Um das Fortrücken der Bildebene beurtheilen zu können, ſei hier 335 em und g der Reihe nach = 500 m, 400 m, 300 m, 200 m, 100 m, 50 m und 10 m angenommen. Aus der Beziehung alſo auch Fer, werden müſſen; letztere Dif- 141 5 hat man zunächſt E und weiter be. BE b SR Werden nun nach dieſer Formel unter Be- 1, ba, bz . . gerechnet, jo ergeben ſich: b. = 3502cm, b, = 3503 em, ba = 35/04 eng und b. = 36˙27 cm. Man ſieht aus dieſer weite anfänglich ſehr langſam erfolgt; es fällt dies noch mehr auf, wenn wir uns den an⸗ viſierten Gegenſtand von dem Fernrohre in unendliche Entfernung gerückt denken: denn wird nützung der vorliegenden Daten die Bildweiten b, = 33:06 em, b,— 33˙10 em, be = 33˙25 m Reihe von Bildweiten, dafs mit der Abnahme der Gegenſtandsweite eine Zunahme der Bilds? Fernrohr. 495 gefeßt, ſo iſt .. — 0 und es folgt 1.— D oder b Sp, in unſerem Beiſpiele daher b 3500 cm. Die Größe, um welche die Bildweite wächst, wenn der Gegenſtand aus unendlicher Entfernung bis auf 500 m Diſtanz vor das Fernrohr gerückt wird, beträgt daher nur 0:02 cm oder 0˙2 mm; dafür aber wächst die Bildweite rapid, ſobald die Gegenſtandsweite klein geworden, und wir erhalten, wenn g = p angenommen wird, d. h. wenn der anviſierte Gegenſtand bis auf die Brennweite des Ob— jectivs dem Fernrohre genähert iſt, nz 0, daher b = m. Iſt das Fernrohr auch hauptſächlich dazu beſtimmt, entfernt liegende Objecte anzuviſieren, fo werden die Differenzen innerhalb dieſer Di- ſtanzen doch jo beträchtlich ſein, dass ſie auch merkliche Anderungen in den Bildweiten zur Folge haben müſſen. Es iſt Sache des Beob— b Fig. 319. und 320. Parallaxe des Fernrohres. achters, durch entſprechendes Verſchieben des einem richtigen Ocularrohres das Fadenkreuz bei jeder Viſur mit der Bildebene in Einklang zu bringen, da ſonſt ein ſcharfes Einſtellen (Pointieren) un⸗ möglich iſt. Denken wir uns nämlich die Bild— ebene außerhalb des Fadenkreuzes, alſo vor oder hinter derſelben liegend, ſo wird beim Bewegen des Auges vor der Ocularlinſe auch eine ſcheinbare Bewegung des Bildes eintreten, welche Erſcheinung man die Parallaxe des Fernrohres nennt. Stellt in Fig. 319 AB die optiſche Achſe des Fernrohres, ab den Verticalfaden und o den Horizontalfaden des Fadenkreuzes vor, ſo wird das in die Richtung der optiſchen Achſe bei A gehaltene Auge den Bildpunkt g im Kreuzungspunkte der beiden Fäden ſehen; ſo— bald jedoch das Auge nach A’ gehoben wird, erſcheint der Bildpunkt g in g' unterhalb des Fadenſchnittpunktes; oberhalb desſelben in g“ wird der Bildpunkt zu ſein ſcheinen, ſobald man das Auge nach A“ bringt. Wie man ſieht, tritt infolge Stellungsveränderung des Auges eine ſcheinbare, dem Auge entgegengeſetzte Be⸗ wegung des Bildpunktes ein; man kann alſo nicht ſagen, daſs bei der gefundenen Stellung des Fadenkreuzes das Fernrohr ſcharf einge— ſtellt ſei. Wenn in Fig. 320 wieder AB die op⸗ tiſche Achſe des Fernrohres und ab das Faden— kreuz vorſtellt, der Bildpunkt g aber hinter der Fadenkreuzebene liegt, ſo erſcheint derſelbe auch hier dem in die Richtung der optiſchen Achſe geſtellten Auge im Schnittpunkte des Faden— kreuzes; ſobald aber das Auge nach A’ gehoben wird, ſieht es den Bildpunkt in g“, in g“ hin⸗ gegen, wenn das Auge die Poſition A” ange- nommen hat. Hier erfolgt daher die ſcheinbare Bewegung des Bildpunktes im gleichen Sinne mit der an— gedeuteten Bewegung des Auges. Dieſe Betrachtungen lehren, daſs man die vorhandene Parallaxe beim Bewegen des Auges vor dem Oculare aus der ſcheinbaren Bewe— gung des Bildpunktes erkennt, daſs man aber auch aus der Art dieſer ſcheinbaren Bewegung einen ſicheren Schluſs auf die gegenſeitige Lage des Fadenkreuzes und der Bild— ebene ziehen kann, woraus ſich dann unmittelbar ergibt, wie das Ocularrohr zu verſchieben ſei, um die Parallaxe verſchwinden zu machen. Bewegt ſich nämlich das Bild (ſcheinbar) in der dem Auge entgegengeſetzten Richtung, jo iſt das Ocularrohr nach außen zu ſchieben; während es tiefer in das Objectivrohr eingeſchoben werden muſs, wenn Bildpunkt und Auge im ſelben Sinn ſich bewegen. Das Verſchieben des Ocularrohres muſs jo lange fort— geſetzt werden, bis das Faden— kreuz genau in die Bildebene fällt, daher bei der Bewegung des Auges vor dem Augenglas keine ſcheinbare Bewegung des Bildes mehr wahrgenommen wird. Dann kann erſt von Einſtellen (Pointieren) die Rede ſein. Die Viſierlinie als ſolche iſt im Fernrohr durch den Schnittpunkt des Fadenkreuzes und den optiſchen Mittelpunkt (ſ. Linſen) des Ob— jectivs beſtimmt, alſo durch zwei Fixpunkte, über welche der Sehſtrahl hinweggeht (ſ. Ab— ſehlinie). Die Parallaxe iſt kein Fehler des Fern— rohres (wenn es auch Lehrbücher über Geodäſie gibt, die das Gegentheil behaupten), kann aber, wenn ihr nicht bei jeder Viſur die nöthige Auf merkſamkeit geſchenkt wird, zur Quelle ver— ſchuldeter Fehler werden. Augenpunkt. Soll das ganze Bild eines Gegenſtandes gut beleuchtet geſehen werden, wie dies z. B. beim optiſchen Diſtanzmeſſen nöthig iſt, ſo darf das Auge nicht unmittelbar an das Augenglas, ſondern von dieſem etwas entfernt gehalten werden. Folgende Betrachtung wird dies klar machen. Stellt in Fig. 321 A das Objectiv, B das Ocular eines Fernrohres und x x’ deſſen optiſche 495 Achſe vor, jo wird von jedem Punkte des an⸗ viſierten Gegenſtandes ein Lichtſtrahlenkegel auf das Objectiv auffallen. Die Achſen dieſer ſämmt⸗ lichen Lichtkegel paſſieren den optiſchen Mittel- vunkt o des Objectivs, und wenn die Haupt⸗ ſtrahlen SS’ die Achſen eines Paares der äußerſten Strahlenkegel vorſtellen, ſo wird, wie aus Fig. 321 hervorgeht, das Bild ss“ des Gegenſtandes nur dann in den Partien der Punkte s und s“ gut beleuchtet erſcheinen, wenn die über ss“ hinweggehenden Lichtſtrahlen nach ihrem Durchgange durch die Ocularlinſe B ins Fernrohr. Berückſichtigung der oberen Gleichung v — d. h. die Vergrößerung des Fernrohres iſt gleich dem Quotienten aus der Brennweite des Ob- jectivs in die Brennweite des Oculars. Sind dieſe Brennweiten bekannt, ſo kann die Vergrößerung des Fernrohres nach der letzt⸗ gefundenen Formel leicht ermittelt werden. Wie die Brennweite einer Linſe gefunden werden kann, darüber enthält der Artikel „Diſtanzmeſſer“ die nöthigen Andeutungen. Bei einem zuſammengeſetzten Oeular müſste die wn Fig. 321. Augenpunkt C des Fernrohres. Auge gelangen können, wenn ſich daher das Auge im Punkte C befindet. Bedenkt man, dajs für alle dieſe Strahlen o als leuchtender Punkt betrachtet werden kann, und daſs die gegen— ſeitige Entfernung der beiden Linſen nahezu richtig durch die Summe ihrer Brennweiten ausgedrückt erſcheint, ſo wäre, um den Ort für den Punkt C auszumitteln, die Bildweite zu ſuchen, welche, wie oben angegeben, allgemein P 8 — P kann. Behalten wir hier p als die Brennweite der Linſe B bei und ſetzen die Brennweite von A gleich P, jo iſt für unſeren Fall g PA p, nach der Formel b = berechnet werden B + p; a daher b= — . — oder weil p gegen P ge— ; 3 EEE halten ſehr klein iſt, daher 5 mg gelten kann, auch b = p, d. h. „der Augenpunkt“ C liegt in einer Entfernung vom Ocular, welche nahezu der Brennweite des letzteren gleich— kommt. Der Mechaniker ſorgt gewöhnlich für die richtige, dieſer Betrachtung entſprechende Stellung des Auges durch zweckdienliche Faſſung des Oculars vor, indem er das Augenglas darin, ſoweit als dies nöthig, zurückſetzt. Vergrößerung. Die Zahl, welche an— gibt, wie oft der Geſichtswinkel des freien Auges in dem Geſichtswinkel des mit dem Fernrohre bewaffneten Auges enthalten iſt, nennt man die Vergrößerung des Fernrohres. Wird dieſe mit v bezeichnet, jo iſt letzteres mit Bezug auf ' — U Zen e Fig. 010 v— —-; oder weil die Winkel klein 2 * tangg 8 N jind, auch v — . Nun iſt ss“ = p tang d tang 4 und anderſeits ss, =P tang a, daher p tang pt d tang Öb folali g = ang 4 oder — folglich mit * tang & p folglich Brennweite der äquivalenten Linſe (ſ. o. und „Diſtanzmeſſer“) in Rechnung gezogen werden, was unter Umſtänden mit Schwierigkeiten ver⸗ bunden iſt. Aus dieſem Grunde wählt man lieber einen jener Wege, welche direct zum Ziele führen. Hier ein ſolcher Weg: Man viſiert mit dem zu unterſuchenden Fernrohr eine gleichmäßig getheilte Latte (Centi⸗ meterlatte) an und ſieht mit dem freien Auge ebenfalls nach der Latte hin. Die Lattentheile erſcheinen im Fernrohre, wie Fig. 322 zeigt, vergrößert, und man hat dann bloß abzu⸗ zählen, wie viel direct geſehene Theile einer Fig. 322. Vergrößerung des Fernrohres. Fernrohrdiopter. — Ferricyanwaſſerſtoffſäure. 497 gewiſſen Zahl von vergrößerten Theilen an Ausdehnung (Länge) gleichkommen. Um dies mit Sicherheit thun zu können, wird das Fern— rohr ſo lange etwas geſenkt oder gehoben, bis eine Deeimetermarke der direct geſehenen Latte mit einer vergrößerten Deci- oder Centimeter— marke zuſammenfällt. Iſt dies wie in Fig. 322 bei xx’ der Fall, jo wird eine zweite Coin— eidenz der Marken aufgeſucht, und iſt auch dieſe (hier bei mn) gefunden, jo werden die zwiſchen xx und mn liegenden direct geſehenen Theile und die vergrößerten abgezählt und wird die Zahl der erſteren durch die der letzteren divi— diert. Der Quotient iſt die Vergrößerung des Fernrohrs. Da hier (Fig. 322) ein vergrößerter Decimeter ſieben unvergrößerten entſpricht, ſo beſitzt dieſes Fernrohr eine ſiebenfache Ver— größerung. Das Geſichtsfeld. Aus der Fig. 321 ergibt ſich, daſs die Größe des durch das Fern— rohr überſehbaren Raumes des Geſichtsfeldes von dem Winkel 4 abhängig iſt, den die beiden äußerſten zur Zuſammenſetzung des Bildes noch gelangenden Lichtſtrahlen S 8“ mit einander ein- ſchließen. Wird der Durchmeſſer der Ocularöffnung, ſoweit als dieſe durch das Oeulardiaphragma beſtimmt iſt, mit d Sab Fig. 321 bezeichnet, jo iſt leicht abzuleiten: d = (P p) tang a, wenn dieſe Größen die ihnen ſchon weiter oben gegebene Bedeutung beibehalten. Da « Fein ift, jo kann tang = arc 4 geſetzt werden und gilt dann die Gleichung: d = (P - p) arc a, d r oder 3138 8 P-+p Ba (ſ. Bogenmaß). Nun lehrt aber die Erfahrung, daſs der Durchmeſſer der Ocularöffnung, wenn ſcharfe und perſpeetiviſch richtige Bilder erhalten wer— den ſollen, nicht mehr als drei Fünftel der Ocularbrennweite betragen darf. Setzen wir daher für d dieſes Maximum, ſo folgt ne 7 38688 P — 638 P | p P und da a der Vergrößerung des Fern— rohres gleich iſt (ſ. o.), ſo wird 5 ; R 20628 0. er eg erhalten. Aus dieſer Gleichung geht hervor, daſs Geſichtsfeld und Vergrößerung des Fern— rohres ſich verkehrt verhalten, daſs alſo, wenn die Vergrößerung wächst, das Geſichtsfeld ab— nehmen muſs und umgekehrt. Hat man z. B. ein Fernrohr mit 30 maliger Vergrößerung, ſo darf a Geſichtsfeld höchſtens dem Winkel 95065 ey 2 25 == — 66% N [2 +1 66°5° entſprechen Wünſcht man dagegen ein Geſichtsfeld, welches dem Winkel =’ — 120“ entſpricht, jo darf die Vergrößerung 2062˙8 —— E nicht überſteigen. Helligkeit des Bildes. Die Größe der Beleuchtungsintenſität eines Bildes heißt deſſen Helligkeit. Je größer die Objectivöffnung iſt, deſto mehr Licht wird in jedem Punkte des Bildes zur Vereinigung gelangen, deſto heller wird das Bild werden müſſen. Die Helligkeit eines frei geſehenen Gegenſtandes wird bei gleicher Beleuchtung des letzteren von der Größe der Pupillenöffnung des Beobachters abhängig ſein. Sit die Helligkeit des Fernrohrbildes H, die bei derſelben Beleuchtung mit freiem Auge wahrnehmbare Helligkeit des Gegenſtandes h, der Halbmeſſer der Objeetivöffnung R und der Pupillenhalbmeſſer v, jo wird die Proportion H:h=RP®r: re ſtattfinden müſſen, woraus H 75 h folgt. Dieſe Helligkeit gilt aber offenbar für das vom Objectiv erzeugte Bild. Wir betrachten letzteres durch das Ocular, wo— durch das Bild vergrößert, die dem Bilde zu— kommende Beleuchtungsintenſität daher auf eine größere Fläche vertheilt wird. Iſt die lineare Vergrößerung », ſo beträgt die Vergrößerung innerhalb der Fläche v?, und da die Helligkeit im Verhältniſſe der Flächenausdehnung ab— nimmt, ſo bekommen wir für das vergrößerte l f est ge ’ Bind die Helligteit U = . Wird h= geſetzt, als die natürliche Helligkeit des frei geſehenen Gegenſtandes, ſo folgt H = l d. h. für denſelben Beobachter (const. x) nimmt die Helligkeit mit dem Quadrate des Offnungs— radius des Objectivs zu, mit dem Quadrate der Vergrößerungszahl aber ab. Die Deutlichkeit des Bildes hängt davon ab, dass alle zur Conſtruction des Fernrohres verwendeten Linſen, in erſter Reihe das Objectiv, möglichſt frei ſind von der chromatiſchen und ſphäriſchen Aberration. Um ſich zu überzeugen, ob ein Fernrohr die nöthige Deutlichkeit der Bilder verbürgt, richtet man dasſelbe auf ein mit ſchwarzen regelmäßigen Figuren (Kreiſe, Quadrate ꝛc.) bemaltes Blatt Papier, das in einer Entfernung von ca. 100 m entſprechend angebracht wurde. Erſcheinen dieſe Figuren im Bilde ebenſo regel— mäßig (unverzerrt) in allen Partien gleichmäßig ſchwarz und ſelbſt bei greller Beleuchtung ohne färbigen (orangerothen) Rand, ſo kann das Fernrohr in Richtung auf die Deutlichkeit als R R zufriedenſtellend bezeichnet werden. 9 Jernrohrdiopter, |. Kippregel. Lr. Jernſichtigkeit heißt einmal die bei vielen Thieren vorhandene Befähigung, auf ſehr weite Diſtanzen zu ſehen, dann die im Alter häufig eintretende Unfähigkeit des Auges, ſich der Nähe zu accommodieren. Kur. Feroniini, ſ. Carabidae. Hſchl. Ferricyankalium, ſ. Kaliumeiſencyanid. f v. Gn. Ferricyanwaſſerſtoffſäure, I. Fe, (UN)ı», eine ſechswertige Säure, die aus kalt geſättigter Löſung von Kaliumeiſencyanid durch concen- trierte Salzſäure oder aus Ferricyanblei durch verdünnte Schwefelſäure abgeſchieden werden Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 32 498 Ferſe. — Feſtgehalt der Schichtmaße. kann; braungrüne, herb ſauer ſchmeckende, in Waſſer und Alkohol leicht lösliche Nadeln. v. Gn. Ferſe, calx, heißt der durch das Ferſen⸗ bein (calcaneus) gebildete hintere Theil des Mittelfußknochens; er iſt beſonders bei den mit der ganzen Sohle auftretenden Säugethieren ſtark entwickelt. Kur. Ferte, die, ſ. Fährte. E. v. D. Fertig, adj., ſtatt überlaufen oder übergangen, vom Schwarzwild; ſelten. „Man hetzet auch mit ihnen (den Windhunden) in liechten Hölzern auf Rehe, und übergangene oder überlaufene Sauen (anderswo wird ge— jagt: fertige Friſchlinge) . ..“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 14. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Fertig werden, beim Schießen — abkom— men III, IV. „Oft gerade beim Anlaufen fahren die Rehe jo durcheinander, dajs ein ſehr geübtes Auge dazu gehört, ſich in den wenigen Secunden Zeit den Bock auszuſuchen, fertig zu werden und nicht erfolglos zu ſchießen.“ Diezel, Nieder- jagd, Ed. VI, v. E. v. d. Boſch, 1886, p. 166. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. I., p. 433 b. E. v. D. Jerulaſäure(Methylkaffeeſäure), Co Ho, iſt in der Asa foetida enthalten und wird aus derſelben durch Alkohol ausgezogen. Wird Va— nillin mit Eſſigſäureanhydrid und eſſigſaurem Natron gekocht, ſo entſteht Ferulaſäure, eine in farbloſen, langen Nadeln kryſtalliſierende, in kaltem Waſſer unlösliche, in Alkohol leicht lös— liche Verbindung. v. Gn. Jeſſel, mesocynium, heißt bei den Huf— thieren der zwiſchen dem Mittelfuß und dem Huf gelegene Theil der Zehen (Zehenwurzel). Kur. Jeſſel, die, ma. a. der oder das, ahd. daz fezzil, mhd. der vezzel, ein aus einem Band oder Riemen beſtehendes Befeſtigungsmittel. I. Die Hornfeſſel, ſ. d., d. h. ein über die Schulter von links nach rechts getragenes Band oder Riemen, woran das Horn hängt. II. Die Riemen an den Fängen der Beiz— vögel und des Uhu, ſ. Beizjagd, Bd. I, p. 543, und Uhu u. vgl. Lang-, Kurz-, Wurffeſſel, Wurf- riemen, Würfel, Geſchühe, Gefäß, Hoſe, Wirbel, Werzel. „Der vezzel (dez sparwaeres) vli- zicliche geworht was in Karadin.“ Biterolf und Dietleib, v. 7046. — „Der ricke ſoll ſeyn eyns mans hoch oder höher vnd da mitten ge— kerbet. Da ſol mann denn veſſel einpynden alſo das er (der habich) müge vmbreyten . . .“ Ein ſchons buchlin von dem beyſſen, Straßburg 1510, fol. 51. — Ch. Eſtienne, Deutſche Aus⸗ gabe, Frankfurt 1579, fol. 714. — P. de Cres⸗ cenzi, Deutſche Ausgabe, Frankfurt 1383, fol. 428. — „Um aber den Schuhu auf der Krähen— hütte zu gebrauchen, machet man ihm Feſſeln von Hirſchleder um die Fänge .. .“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 355. — „Feſſeln nennt man die Riemen, welche den zur Jagd abgerichteten Raubvögeln angelegt werden, um ſie auf der Hand tragen zu können.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 55. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 284 b. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 332. — eee Wb. I., p. 435 a. v. D. Jeſsler, Feſslerkröte, ſ. Geburten ur Fefte Dreſſur, ſ. v. w. Parforcedreſſur, vgl. Gallicismen. E. v. D. Jeſtgehalt der Schichtmaße. Schichtmaße können Nutzholz und Brennholz enthalten. Jedes dieſer beiden Sortimente, welche bei der Be— ſtimmung ihres ſoliden Maſſengehaltes gleiche Behandlung finden, zerfällt in Scheitholz, Knüp⸗ pelholz und Reiſig. Die beiden letzteren Gorti- mente werden in rundem Zuſtande geſchichtet, und man begreift unter Reiſig alles Rundholz bis zu 7 cm Stärke (unten), während der Durch⸗ meſſer der Knüppel innerhalb der Grenzen 7 bis 14 em ſich bewegt. Über 14 em ſtarke Stamm- oder Aſttheile werden behufs Erzeugung von Scheitholz in Stücke aufgeſpaltet, deren Quer⸗ ſchnitt ſich mehr oder minder einem Kreisaus— ſchnitte nähert, wenn nicht bei ſtärkeren Stücken das Brennholz, wie dies in manchen Forſthaus— halten geſchieht, beſonders herausgeſpaltet wird. Das Scheit- und Knüppelholz bekommt ge- wöhnlich die Länge von Um und wird in pa⸗ rallelopipediſcher Form zwiſchen Stützen und Stößen von Um Höhe und ein oder mehrere Meter Länge anfgeſchlichtet, jo dass die— ſelben ein oder mehrere neben einander ge— ſtellte Würfel von Im Kantenlänge vorſtellen. Jeder ſolche Würfel heißt ein Raummeter. Zuweilen weicht die Scheitlänge von einem Meter ab, häufig beträgt ſie 0'8 m. Dann wird der Raummeter in Form eines Parallelopipedes von Im Breite und 1˙25 m Höhe aufgeſtellt, denn 08m X Am X 125m = 1 ms. Auf Berglehnen mußs die Breite (1 m) des Mteter- ſtoßes horizontal oder die Höhe ſenkrecht zur Baſis des Stoßes gemeſſen werden. Reiſig wird entweder auch in derſelben Weiſe wie Scheit— und Knüppelholz geſchichtet oder zu je 100 Bün⸗ den (Wellen) mit Um Länge und Im Umfang (Normalwelle) in Rechnung gebracht. Auch Stock⸗ holz und Rinde werden zuweilen in Schicht⸗ maße eingelegt. Es iſt von großem Werte, zu wiſſen, wie viel an ſolider Holzmaſſe in den Verkaufsmaſſen der verſchiedenen Holzſortimente enthalten iſt. Die Beantwortung dieſer Frage iſt nicht einfach, da auf den Derbholzgehalt (Feſtgehalt) der Schichtmaße vielerlei Factoren einwirken, wovon die maßgebenden hier berührt werden ſollen. Die Erfahrung lehrt, dass die Zahl der Scheite oder Knüppel von größerem oder geringerem Einfluſs auf den Feſtgehalt des Schichtmaßes iſt, und daſs letzterer um io. größer wird, je weniger Scheite im Raummeter Platz finden. Gerade und glatte Scheite oder Knüppel werden unter ſonſt gleichen Umſtänden im Schichtmaße einen größeren Derbgehalt nach— weiſen laſſen als gekrümmte und äſtige Hölzer. Gewandte Hände werden aus demſelben Holz— materiale einen maſſenreicheren Raummeter auf- richten als ungeſchickte und ungeübte. Wo Schicht⸗ maße auf eine Höhe von 2 m (tejp. 2˙5 m) aufgeſtellt werden, dort wird die höhere Partie der ſchwierigeren Schichtung wegen in der Regel ge Feſtgehalt befigen. Die Art der Nützung s Schichtmaßes übt ebenfalls Einfluſs auf [er] [er Feſtgehalt der Schichtmaße. aqua zugang umwaunspliauf . ie ie . ee iz 1% aßajsııya mm? 307 aneh aaa jhven een ua um gene Haladına eme en m unge oor burn unn aun dung ue 404 (uapamfjogsisıe) Fogqungag suck % 879.) | 0.9.0 70.0 198 | 489.0 78 a Er 999.0 1 889.0 68 9910 76 Wr Er RER TUT map Hang /alpanz uur SR ad 1% Sugar RGIoe || « Jod s1pı9 X a 809. | 668.9 | 687.0 208 f 819.0 | #8 f 189.046 18290 69 10290 | 8 I vexo | se Liens enden enges % e, e e e & I (ur & — — az . — — — — 891.0 8 e e 818.0 d ii magoygodun | N Er 6081 lereo [190 | ons Isero | zz | — | — [wo | #7 [seco 63 18% 2% „„ uagogas eb 67. 0970 877.0 91 879.0 99 TE >=: 979 0 17 189.0 LE 008.0 08 CTC 897.70 [889 969.0 956 869.0 86 . = 999.0 99 069.0 | 98 8910 87 T 9 ꝙpapß 198. | 677.0 | 989.0 89. 179.0 46 . 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Es wurden namentlich von den verſchiedenen Verſuchsſtationen aus viele Verſuche über den Feſtgehalt des Raummeters angeſtellt, trotzdem muſs man mit der Anwendung der gewonnenen Durchſchnittszahlen, wie obige Bemerkungen lehren, ſehr vorſichtig ſein; ſicherere Reſultate wird hiemit nur derjenige erreichen, der ſich mit derartigen Verſuchen ſelbſt befasst und ſich hiedurch jenen praktiſchen Blick angeeignet hat, wie er zur erfolgreichen Benützung von Er— fahrungszahlen überhaupt unbedingt nöthig iſt. Um einen Einblick in derartige Reſultate zu bieten, wird vorſtehend ein Auszug aus Tabelle I der „Mittheilungen aus dem forſt— lichen Verſuchsweſen Oſterreichs“, herausgege— ben von Dr. A. Freiherr von Seckendorff, um— faſſend die gefundenen Mittelwerte des Derb— gehaltes von je einem Raummeter der Holz— arten, mitgetheilt. — Die in dieſer Tabelle ent— haltenen Reſultate wurden alle auf dem Wege des Aichens (ſ. Aichgefäße) gefunden. Bei geradem und glattem, noch ungeſpal— tetem (ungeklobenem), jedoch ſchon auf die Stoß— tiefe zerſchnittenem Holze kann die Cubierung auch ſtereometriſch mittelſt des Gabelmaßes (Kluppe, ſ. d.) aus dem Mittendurchmeſſer er— folgen. Die cubierten Stücke werden dann, wenn überhaupt Scheitholz daraus bereitet werden ſoll, aufgeſpaltet und in das Schichtmaß ein— gelegt. Soll Reiſig genau cubiert werden, ſo er— übrigt hiefür nur der xylometriſche Weg (Aichen) oder auch die ſog. hydroſtatiſche Methode. Der erſtere beſteht in Folgendem: Es wird aus dem zu cubierenden Reisholz eine Probe genommen, die im kleinen die ganze Reiſigmaſſe bezüglich des Stärkeverhältniſſes, der Baumpartie, des Trockengrades ꝛc. zu repräſentieren vermag; hierauf wägt und aicht man dieſelbe. Dann be— ſtimmt man mittelſt einer guten Schnellwage das Gewicht G der ganzen Reiſigmaſſe Wird nun mit V das zu ſuchende Volumen des Reiſigs, mit g und » Gewicht und Volu— men der Probe bezeichnet, jo muſßs, wie bekannt, folgende Proportion beſtehen: V: v G: g, woraus V » ſich ergibt. Man könnte auch die ganze Reiſigmaſſe aichen und würde ſelbſtverſtändlich hiedurch zu einem noch verläſslicheren Reſultate ge— langen; allein für die meiſten Zwecke genügt das eben geſchilderte Verfahren, welches mit geringem Zeitaufwande und daher weniger Koſten und Schwierigkeiten durchführbar iſt. ) Aus dieſem Grunde wird vielfach noch heutzutage in Oſterreich ein gewiſſes Übermaß (6, 8 bis 10 em) als ſog. Darrſcheit dem Raummeter aufgeſetzt; in anderen Ländern iſt dieſe Sitte als Unzukömmlichkeit gänzlich ab— geſchafft worden. Steht kein Aichgefäß zur Verfügung, ſo kann irgend ein größeres Waſſergefäß in Ver— bindung mit einer Wage (Deeimalſchnell- oder Federwage) unter Anwendung der jog. hydro— ſtatiſchen Methode zum Ziele führen. Man nimmt zu dieſem Zwecke einen ſo ſchweren Körper (Hilfskörper: Eiſenſtange, Stein, Metallcylinder ꝛc.), daſs er imſtande iſt, das ins Waſſer gelegte Probeholz (3. B. Welle) unter die Oberfläche hinabzuziehen, und beſtimmt den Gewichtsverluſt v, den dieſer Körper im Waſſer ſcheinbar erleidet; wird hierauf das abſolute Gewicht G des Probeholzes und der ſcheinbare Gewichtsverluſt V, der dem Probeholze ſammt dem Hilfskörper zukommt, ermittelt, jo rejul- tiert zunächſt D V- v daS Gewicht des vom Holze allein verdrängten Waſſers. Hat man hier als Gewichtseinheit das Kilogramm genommen, jo iſt D in Kilogramm ausgedrückt, dem dann aus bekannten Gründen ebenſoviele Cubikdeci— meter an Volumen entſprechen. Soll das V auf Cubikmeter reduciert werden, jo erhalten wir * — = 4000 daher v — 1000 U ſtellt das Volumen (Cubikinhalt) von G kg Holz und U v V—v 5 daher v. = G 100005 den Feſtgehalt eines Kilogrammes Holz in Cubikmeter ausge— drückt vor. Wird nun das Gewicht G der ganzen Reiſigmaſſe beſtimmt, jo iſt J G v, der Cu- bikinhalt letzterer in Cubikmetern. Es wird ſich empfehlen, bei der Unter— ſuchung mittelſt Proben aus mehreren Bejtint- mungen für v. das arithmetiſche Mittel zu be— rechnen. Die ſog. indirecte Methode der Beſtim— mung des Feſtgehaltes von Schichtmaßen baſiert darauf, die Zwiſchenräume des Holzes durch Einfüllung von Waſſer, Sand, Samen oder ähnlicher Materialien zu ermitteln. Dieſe Me⸗ thode verbürgt nicht für alle Fälle zuverläſſige Reſultale und iſt auch ihrer Umſtändlichkeit wegen kaum zu empfehlen. Die auf dem oder jenem Wege gefundenen Bruchtheile eines Feſtmeters, welche den Derb- holzgehalt des Raummeters ergeben, ſind ſelbſt— verſtändlich als Reductionszahlen anzuſehen und zu verwenden. Wenn daher der Derbholzgehalt von 143 Raummeter Fichtenholz, u. zw. Brennholz II. Claſſe zu berechnen wäre, ſo hätte man mit Zuhilfenahme obiger Tabelle 145 X 0677 — — 98'165 Feſtmeter (mz). gr Jeſthaſe, der, ein zu einer Feſttafel außer der normalen Schufszeit erlegter Haſe; vgl. Pfingſthaſe, Oſterhaſe. „Die in einigen Gegen⸗ den während der Schonzeit erlaubten Oſter— und Pfingſthaſen find ein neuer Miſsbrauch der angenehmen Jagdluſt, indem dieſe Erlaubnis durch viele ungenügſame Jäger und Jagdlieb— haber dergeftalt ousgedehnet wird, daſs wohl acht Tage vor dem Feſte und acht Tage nach demſelben, mit Ausrottung alles noch lebenden kleinen Wildprets, unter dem Vorwande, Feſt⸗ haſen zu ſchießen, fortgefahren wird.“ Mellin, Feſtigkeit der Baumaterialien. — Feſtmachen. 501 Anltg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 109. — Grimm, D. Wb. III., p. 1565. E. v. D. Jeſtigkeit der Baumaterialien. Je nach der Art, wie die verſchiedenen Baumaterialien auf ihren Feſtigkeitsgrund hin in Anſpruch ge— nommen werden, kann ein Zerreißen, Brechen oder Zerdrücken derſelben eintreten. Infolge deſſen unterſcheidet man eine Zugfeſtigkeit, Druckfeſtigkeit, Bruchfeſtigkeit, Abſche— rungs- oder Schubfeſtigkeit und Torſions— oder Drehungsfeſtigkeit. Die Zugfeſtigkeit oder abſolute Fe— ſtigkeit iſt der Widerſtand, den ein Körper dem Zerreißen entgegenſetzt, und wird in Kilo— gramm per Quadratcentimeter Querſchnittsfläche angegeben. Druckfeſtigkeit, rückwirkende oder Zerknickungsfeſtigkeit iſt jener Wi— derſtand (gleichfalls in Kilogramm per Quadrat- centimeter ausgedrückt), den ein Körper dem Zer— drücken, bezw. jener Kraft entgegenſetzt, welche beſtrebt iſt, ihn ſenkrecht auf ſeine Längsrichtung zu zerbrechen. Die Zugfeſtigkeit beträgt beim Fichten⸗ und Eichenholz 800, beim Ahorn 910, bei Birken 1050, bei Eiben 560, bei der Eſche 1195, bei der Kiefer 840—980, bei der Hain— buche 1400, bei der Kaſtanie 700 —910, bei der Lärche 630— 700, bei der Ulme 980, beim Hanf— ſeil 820—1130, beim Schmiedeiſen 4000 und beim Gujseijen 1250. Die Druckfeſtigkeit beträgt beim Eichenholz 480, bei Fichtenholz 400, bei Kiefern 378—436, bei der Lärche 392, bei der Hainbuche 514, bei der Ulme 725, beim Schmied— eiſen 3600, beim Guſseiſen 7500, beim Granit 320—800, beim Kalkſtein 80—400, beim Sand— ſtein 120— 700, bei Ziegeln 40—150, bei Mör— tel 32—64 kg per Quadratcentimeter. Von dieſen Werten iſt indes der Sicherheit wegen beim Holze Yo, beim Schmiedeiſen ½ bis ½, beim Gujsetjen % bis ½, bei den Steinen nur ½ in Rechnung zu ziehen. Die Bruchfeſtigkeit oder relative Fe— ſtigkeit P iſt, wenn b, h und 1 Breite, Höhe und Länge eines beſtimmten Balkens bedeuten und f der Feſtigkeitscosfficient wäre, bei einem Balken von achteckigem Querſchnitt, der an dem einen Ende belaſtet wird, während das andere feſt eingemauert iſt, gleich b hs BT und für Balfen mit en Querſchnitt f d und dem Durchmeſſer d P—= 32 an Setzen wir dieſes Tragvermögen gleich 1 ſo hat ein Balken, der mit dem einen Ende ein— gemauert iſt, auf F den aber die Laſt gleichmäßig ſeiner ganzen Länge, nach vertheilt iſt, ein Tragvermögen gleich 2. Ruht der Balken mit ſeinen beiden Enden auf Unterſtützungen frei auf und wirkt die Laſt in der Mitte, ſo iſt ſein Tragvermögen gleich 4 und wird gleich 8, wenn die Laſt gleichmäßig der ganzen Balkenlänge nach vertheilt iſt. Wird der Balken mit dem einen Ende eingemauert, während das andere auf einer Unterſtützung frei aufruht, ſo iſt bei einer Belaſtung der Mitte das Tragvermögen 5%, bei gleicher Vertheilung der Laſt gleich 8. Der letzte denkbare Fall iſt, wenn der Balken mit ſeinen beiden Enden ver— mauert wäre, dann iſt das Tragvermögen bei der Beraftung in der Mitte 8, bei gleichförmiger Vertheilung gleich 12. Die Knickfeſtigkeit oder Stauchungs⸗ feſtigkeit iſt jener Widerſtand, den ein dünner, langer Körper (Stange oder Säule) einem jeit- lichen Ausbiegen oder — entgegenſetzt, wenn er in der . ſeiner Längsachſe ge- drückt wird. Wäre ! die Länge und a die Seite des quadratiſchen Querſchnittes eines Körpers, F die Druckfeſtigkeit des Materiales, jo iſt die Knickfeſtigkeit K 2 1 und für einen maſſiv kreisförmigen Querſchnitt vom Durch— meſſer d iſt K 1 16 m (A hohl und der innere Durchmeſſer 4, ſo iſt F 2. Iſt die Säule 1 e Für Gujseijen wäre 1+ om 3 m = 000025, für Schmiedeiſen m = 0'00008 und für Holz m = 000016 in Rechnung zu ziehen. Die Tragkraft P iſt daher bei dem Querſchnitte Q und einer zehnfachen Sicherheit 1 es 10 Die Abſcherungs- oder Schubfeitig- keit iſt der Widerſtand gegen das Abſcheren und das Verſchieben paralleler Schichten gegen einander und tritt bei manchen Bauconſtructionen, wie Platten, Gliedern, Stangen, Balken u. ſ. w., in Frage, wenn letztere mit einander an Ge— lenken durch Nieten, Bolzen, Stifte, Keile oder Schrauben verbunden und einem Zug unter— worfen ſind. Bei Eiſenblech iſt der Widerſtand gegen das Brechen gleich 44 kg per Quadrat— millimeter und beim Schmiedeiſen 33 kg. Die Torſions- oder Drehungsfeſtig— keit iſt der Widerſtand eines Körpers gegen das Abdrehen (ſ. Tragfeſtigkeit des Brücken— holzes, Tragfeſtigkeit des Dachgehölzes, Widerſtandscoöffieientz. Fr. Feſtinjagen, das, ſ. Feiſtjagen und Galli— eismen. E. v. D. Jeſtliegen, verb. intrans., jagt man von allem vorzugsweiſe am Boden lebenden Feder wild, ſeltener auch vom Haſen, wenn dasſelbe gut aushält, ſich drückt; vgl. e Hohberg, Georgica curiosa II., fol. 824. — 975 5 in allen Wbu. E. v. Jeſtmachen. verb. trans, I. Einen Marder = ihn ausmachen, be ſtatten. „Einen Marder feſt⸗ oder ausmachen heißt: ihn auf der Spur ſo lange verfolgen, bis man ſeinen Aufenthaltsort weiß.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 104. II. Ein Stück Schwarzwild feſtmachen, von den Hetzhunden, dasſelbe bedecken oder bereiten und packen. „Auch nennt man es fe ſtmachen, wenn Hatzhunde eine Sau feſthalten.“ Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 37. — 55 in allen Wbn. E. v. D 302 Feftfein, verb. intrans. Feſt iſt ein Fuchs oder Dachs, welchem der Dachshund im Baue feſt vorliegt, jo daſs er weder mehr aus- fahren, noch ſich verklüften kann; ebenſo ein Marder, der feſtgemacht wurde. „Feſt heißt, wenn ein Fuchs oder Dachs in einem Bau den Hunden nicht mehr entweichen kann.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 56. — „Der Dachs iſt feſt, der Hund liegt feſt vor.“ Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 37. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Festuca L. (Familie Gramineae), Sch win- gel. Artenreiche Gattung ausdauernder Rijpen- gräſer, mit meiſt vielblütigen Ahrchen, deren Blüten am Rücken abgerundet und auf der Spitze der äußeren Kronenſpelze begrannt oder grannenlos ſind. In Wäldern kommen häufig vor: Der Waldſchwingel, F. silvatica Vill. Großes Gras mit 060—1'25 m hohen Halmen und breit linealen, ſcharfrandigen, oberſeits bläulichgrünen Blättern; Riſpe aufrecht, aus- gebreitet, ſehr äſtig, mit rauhen Aſten, deren unterſte zu 3—4 wirtelförmig ſtehen; Ahrchen grannenlos. In ſchattigen Bergwäldern, auf humoſem Boden, oft Plätze bedeckend. Blüht im Juli, Auguſt. — Der Rieſenſchwingel, F. gi- gantea Vill. Halm bis 1½ m hoch, Blätter breit lineal, kahl; Riſpe flattrig, zuletzt einſeitig über— hängend; Ahrchen bleichgrün, Blätter mit ge— ſchlängelter doppelt ſo langer Granne. In feuch⸗ ten ſchattigen Laubwäldern (in Auenwäldern gemein), an Bächen, in Waldſchluchten. Su im Juni und Juli. Feſtungsachat, ein Gemenge der a denſten Quarzarten, beſonders von Farbenvarie— täten des Chalcedon, die in regelmäßigen, zum Theil ſehr dünnen, etwa wie die Wälle einer Feſtung verlaufenden Schichten abwechſeln. In Mandelſteinen und Porphyren. Oberſtein, Schwarzwald, Braſilien. v. O. Feſtungshaft (Deutſchland) beſteht nach § 17 des deutſchen Reichsſtrafgeſetzes vom 15. Februar 1871 in Freiheitsentziehung mit Beaufſichtigung der Beſchäftigung und Lebens- weiſe der Gefangenen; ſie wird in Feſtungen oder in anderen dazu beſtimmten Räumen voll- zogen. Dieſelbe iſt eine lebens längliche oder eine zeitige. Der Höchſtbetrag der zeitigen Feſtungs⸗ haft it fünfzehn Jahre, ihr Mindeſtbetrag ein Tag. Die Feſtungshaft kommt beim Zweikampf ausſchließlich, bei politiſchen Vergehen und Ver— brechen wahlweiſe in Anwendung. Wo das Geſetz die Wahl zwiſchen Zucht— haus und Feſtung geſtattet, darf auf Zuchthaus nur dann erkannt werden, wenn feſtgeſtellt wird, daſs die ſtrafbar befundene Handlung aus einer ehrloſen Geſinnung entſprungen iſt. Die Feſtſtellung des Vorhandenſeins ehrloſer Geſinnung fällt in Schwurgerichtsfällen den Ge— ſchworenen zu. At. Fett, das, und fett, adj. Beide Worte werden wm. nur für die Raubthiere, manch— mal auch für den Haſen, nur ſelten für alles Niederwild gebraucht; vgl. Feißt, Weiß, Un⸗ ſchlitt, Talg, feißt, weiß, gut. „Die Jäger jagen nicht, der Haſe ſey feiſt, ſondern fett.“ Mellin, Anwſg. 3. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 184. „Der Haſe iſt fett und nicht feiſt. 4 Döbel, — Feſtſein. — Fette. Ed. I, 1746, I., fol. 31. — Winkell, Ed. I, 1805, HH P42. „Fett nennt man alle Be Raubthiere und alle zur niederen Jagd ge⸗ hörigen Thiere, wenn ſie wirklich fett ſind.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; 2b. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 37; Lexik, d , 1836, p. 181. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 36, und Real- u. Verb. Lexik. II., p. 181. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I; p. 358. — „Der Wolf... ſein Feiſt heißt Fett.“ „Der Dachs hat... kein Feiſt, ſondern Fett.“ Diezel, Nieder⸗ jagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 422, 444. — Grimm, D. Wb. III., p. 1570, 1372. — Sanders, Wb. I., p. 437 c. E. v. D. Jett, ſ. Waffenfett. Th. tun j. Gartenammer. E. v. D. Fette kommen weit verbreitet im Pflan⸗ zen- und Thierreich, meiſt in Gemiſchen vor. Ihrer chemiſchen Natur nach ſind es zuſam⸗ mengeſetzte Ather, die meiſten Verbindungen von Fettſäuren und Glyceryloxyd (Triglyceride). Die Fette ſind bedeutend ärmer an Sauerſtoff als die Kohlehydrate, ſpecifiſch leichter als Waſſer (091—092 ſpecifiſches Gewicht), un⸗ löslich in Waſſer, hingegen löslich in ff. und Alkohol, in Ather, Schwefelkohlenſtoff und Benzol. Sie hinterlaſſen auf Papier einen blei- benden durchſcheinenden Fleck, ſind unzerſetzt nicht flüchtig und liefern bei der trockenen De⸗ ſtillation das ſcharf riechende Aerolein. Durch Einwirkung geſpannter Waſſerdämpfe, durch ge- wiſſe Fermente oder durch Kochen mit Alkalien, alkaliſchen Erden oder gewiſſen Metalloxyden (3. B. Bleioxyd) werden die Fette in ihre Fett⸗ ſäure und in Glycerin zerlegt (Verſeifungspro⸗ ceſs). Die neuentſtehenden Verbindungen der Fettſäuren mit Alkalien oder alkaliſchen Erden nennt man Seifen, die mit Metalloxyden Pflaſter. In der Glühhitze werden die Fette in Kohlen⸗ waſſerſtoffe, Kohlenoxyd und Waſſerſtoff zerlegt, welches Gasgemiſch beim Verbrennen ſtark leuchtet. b Reich an Fett ſind die Samen mancher Pflanzen, vor allen die der Cruciferen. Bei den Oliven und Palmen findet ſich das Ol in den Samenhüllen. Der Olgehalt des Rapſes beträgt 40—50%,, des Leinſamens 20 —30%, des Lein⸗ dotters 40%, des Hanfes 28 35% des Mohns 40 30%, ſüßer Mandeln 40-30%, der Nüſſe 60% u. ſ. w. Das Ol dient den Pflanzen als Reſerveſtoff zur Ernährung der beim Keimen ſich entwickelnden jungen Organe oder bei ge— ringerem Auftreten (3. B. beim Getreide) als Schutzmittel für die Organe. Die Fette der Pflan⸗ zen bilden ſich wahrſcheinlich aus den Kohle⸗ hydraten, doch iſt die Möglichkeit der Olbildung durch Spaltung von Proteinjtoffen nicht ausge⸗ ſchloſſen. - Die Wachsarten unterſcheiden ſich von dei Fetten nur dadurch, daſs ſie nicht Glyceryloxyd ſondern Ceryloxyd oder Myricyloxyd als Fett baſis enthalten. Wachs findet ſich in der Cuti cula der Pflanzen und im Chlorophyllkort Manche Pflanzen, z. B. die Wachspalme, pre ducieren bedeutende Mengen Wachs. Bei alle ſog. „bereiften“ Früchten bildet das Wachs de dünnen, bläulichen Überzug, der hie und d ſehr bedeutend iſt. Das Wachs ſcheint fei 1 En Fetten. Reſerveſtoff zu ſein und nicht reſorbiert werden zu können, ſondern in der Pflanze mehr phyſi⸗ kaliſche Functionen zu erfüllen. Die Pflanzenfette wie die thieriſchen Fette theilt man ein in bei gewöhnlicher Temperatur feſte, meiſt Tripalmitin und Triſtearin, und bei gewöhnlicher Temperatur flüſſige Fette, fette Ole, Triolein. Zu den bekannteren feſten Pflan⸗ zenfetten gehören die Cacaobutter, das Palmöl und das Cocosnujsöl. Die fetten Ole theilt man wieder ein in trocknende und nicht trocknende. Zu den trock— nenden Olen gehören z. B. Leinöl, Hanföl, Mohnöl, Walnujsöl; zu den nicht trocknenden Rapsöl, Baum- oder Olivenöl, Mandelöl, Buchenkernöl. 5 Die vegetabiliſchen Fette und Ole finden hauptſächlich als Nahrungs- und Genujsmittel ſowie als Leuchtſtoff Verwendung; ſie bilden das Rohmaterial für die Kerzen- und Seifenfabri- 303 cation. Die trocknenden Ole werden zur Herſtel— lung von Firniſſen, Druckerſchwärze, Kitten und Malerfarben, die nicht trocknenden als Schmier- mittel benützt. Die thieriſchen Fette haben zumeiſt dieſelbe Zuſammenſetzung wie die Pflanzenfette; außer Palmitinſäure, Stearinſäure und Olſäure kom⸗ men noch vereinzelt als Fettſäuren vor Valerian- ſäure (im Thran der Delphine), Myriſtinſäure und Laurinſäure im Walrath, welch letzterer auch kein Glycerin, ſondern Cetin enthält. Obwohl die thieriſchen Fette ſehr verſchie— dene äußere Eigenſchaften zeigen, ſind die meiſten doch qualitativ gleich zuſammengeſetzt, jo dass nur die relativen Mengen der drei Hauptfette die Unterſchiede bedingen. In den feſteren Fetten überwiegen das Tripalmitin und Triſtearin, in den weicheren das Triolein. Die Elementar- zuſammenſetzung der thieriſchen Fette iſt fol— gende: Die Fette von verſchiedenen Körperſtellen desſelben Thieres differieren nur um 0˙5 Kohlen— ſtoff und 0˙3 Waſſerſtoff, aber trotzdem iſt das Verhältnis der flüſſigen zu den ſtarren Fetten ſehr verſchieden. Rindstalg beſteht zu etwa ½ aus Stearin und Palmitin und zu / aus Olein; Hammeltalg enthält mehr Stearin; Schweinſchmalz faſt nur Palmitin und Olein, Menſchenfett enthält etwas mehr Stearin. Faſt alle thieriſchen Fette ſind gefärbt durch Farbſtoffe, welche beſonders im Triolein lös— lich ſind. Das Butterfett beſteht im weſentlichen aus Palmitin, Stearin und Olein, unter den Tri— glyceriden der flüchtigen Fettſäuren herrſcht das Butyrin neben Capronin, Caprylin und Capri— nin vor. Im Durchſchnitt enthält die Butter an— nähernd 325% feſtes Fett und 475%, flüſſi— ges Fett. In dem Wollfett iſt enthalten Chole ſterin theils frei, theils an fette Säuren von hohem Moleculargewicht gebunden, ein dem Choleſterin ähnlicher einſäuriger Alkohol, das Iſocholeſterin, und noch ein dritter Alkohol Unter den Atherarten dieſer Alkohole iſt er— wähnenswert die Verbindung mit Hyänaſäure, | 1 Kohlenſtoff Waſſerſtoff Sauerſtoff Schmilzt Erſtarrt „„ 76°61 12:03 11:36 47—51° 36—40° SENT ee 76˙30 11591 11:59 42—44° 33—34° | %% 76˙34 1194 11:52 36—42° 30—31° | VV 76˙66 12:01 1133 40° 267 | CVVT 73˙56 14•90 11˙44 38° — FF ee 77:07 11:69 119% — — | Menſch (Nierenfett)......... 76˙44 119% | 11:62 ee — Menſch (Pannic. adipos.).. 76˙80 11:94 11:26 —— — FCC 73˙63 11•87 12:50 3136° 19—24° | C 7721. 13˙36 9˙43 — — CC 76˙63 11˙63 11:74 — | — | ccc 78.00 14500 11:00 = . iighnn 79˙86 13˙36 e — | — | | | C23 H 02, die beſonders reichlich im pechſchweißigen Wolle vorkommt. Die Zuſammenſetzung des Bienen wachſes iſt abweichend von der der übrigen thieriſchen Fette, denn es enthält neben freier Cerotin— ſäure, CI 02, palmitinſauren Myricyläther, Ci Har O2. Cgo at, und dieſe Stoffe kommen nir— gends ſonſt in Thieren, aber ganz verbreitet als Wachsüberzug auf Pflanzen vor (ſ. a. Olfabri— cation, Seifenfabrication). Literatur: Perutz, Induſtrie der Fette und Ole, Berlin 1866; Schädler, Technologie Fett der der Fette und Ole, Berlin 1883. v. Gn. Jetten, verb. trans., den Hunden den Fraß —= ihnen fetten Fraß vorlegen; ſelten. Onomat. forest. IV. (Nachtrag v. Stahl), p. 268. — Grimm, D. Wb. III., p. 1573. — Sanders, Wb. I., p. 438 b. E. v. D. Fetten I. der Seele, ſ. Jagdfeuerwaffen, Behandlung. II. des Geſchoſſes; ſoll das Verbleien des Rohres verhindern, die Seele vom Pulver- ſchleim des vorigen Schuſſes reinigen helfen, die Reibung vermindern und das Vorbeiſchlagen der Gaſe zwiſchen Geſchoſs und Laufwandung verhüten. Bei länger aufzubewahrender Munition darf das Fetten erſt kurz vor dem Gebrauch 504 geſchehen, da das Fett durch längere Berührung mit dem Metall verdirbt und letzteres oxydiert; beſonders iſt die Metallhülſe, an welcher leicht ſtarke Grünſpanbildung entſteht, von Fett frei⸗ zuhalten. Meiſt werden Miſchungen von Talg, Wachs und Paraffin oder anderen Mineralölen. verwendet. Th. Fettgewebe, als Anhäufung von mit faſe— rigen Bindegeweben ziemlich locker verbundenen Läppchen oder Träubchen erſcheinend, eigentlich nur eine Abänderung des gewöhnlichen Binde— gewebes. Kur. FJettloch, das, ſ. v. w. Schmalzröhre, Saug⸗ oder Stinkloch, ſ. d. u. Dachs, Bd. II, p. 479. Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lb. f. Jäger, Ed. 1, 1812, I, p. 71; Lexik, Ed. I, 1836, p. 182, Ed. II, 1861, p. 192. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 183; V., p. 448; VI., p. 224; Wmſpr., 1829, p. 56. — Laube, Jagdbrevier, p. 284. — Grimm, D. Wb. III., p. 1574. — Sanders, Wb. II., p. 130 b. E. v. D. Fettpfropfen, ſ. Ladepfropfen. Th. Jettquarz, |. Auers v. O Jettſäuren nennt man die den primären Alkoholen der Reihe CEn H. 20 entſprechenden einbaſiſchen Säuren von der allgemeinen For⸗ mel Cn H, O2. Die erſten Glieder der Fettſäure— reihe, nämlich die Ameiſenſäure, Eſſigſäure, Propionſäure, Butterſäure, Valerianſäure, Ca⸗ pronſäure, Onanthylſäure, Caprylſäure, Pelar⸗ gonjäure und Caprinſäure, nennt man flüchtige Fettſäuren, da ſie ſich unzerſetzt deſtillieren laſſen und beim Kochen mit Waſſer, obgleich ihr Siede— punkt höher als der des Waſſers liegt, mit den Waſſerdämpfen übergehen. Die übrigen, die Lau— rinſäure, Myriſtinſäure, Palmitinſäure, Marga— rinſäure, Stearinſäure, Arachinſäure, Behen- ſäure, Hyänaſäure, Cerotinſäure, Meliſſinſäure, ſind die eigentlichen Fettſäuren, die bei gewöhn— licher Temperatur feſt, geruch- und geſchmacklos ſind, auf Papier in geſchmolzenem Zuſtande einen nicht wieder verſchwindenden durchſchei— nenden Fleck hinterlaſſen, mit leuchtender Flamme brennen, in Waſſer unlöslich, in ſiedendem Alko— hol und in Ather leicht löslich ſind. Der Siede— punkt der normalen Säuren ſteigt mit der Auf— nahme von CH, um 19°, während das ſpeci— fiſche Gewicht der flüſſigen Fettſäuren mit ſteigendem Moleculargewicht abnimmt, der Schmelzpunkt dagegen zunimmt. Fettſäuren entſtehen durch Oxydation der primären Al— kohole, indem dieſe unter Austritt von Waſſer⸗ ſtoff in Aldehyde übergehen, welche Sauerſtoff aufnehmen; durch Reduction von Oxyſäuren mit Jodwaſſerſtoff; durch Addition von Waſſerſtoff an ungeſättigte Säuren mittelſt Natriumamal⸗ gam oder Jodwaſſerſtoff; aus Alkoholcyaniden durch Erhitzen mit Säuren oder Alkalien u. ſ. w. Die Fettſäuren ſind einbaſiſch und bilden in der Regel nur neutrale und baſiſche Salze. v. Gn. SFettzeit, die, ſeltener, aber guter Aus⸗ druck für die Zeit, in welcher das Raubwild am fetteſten iſt (verſchieden je nach der Art), vgl. Feißtzeit und Fett. „Fettzeit, bei Raub⸗ thieren das, was beim Edelwild ꝛc. die Feiſt— zeit.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 338. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. —— —— — 1 ́̃ ſſ— ͤ——k—̈ — — Fettgewebe. — Feuchtblatt. Jeuchtblaſe, die, ſeltener, aber guter Aus⸗ druck für die Harnblaſe der Hirſcharten; vgl. Feuchten, Feuchtblatt, Feuchtglied. „Feucht- blaſe, die Harnblaſe des Roth-, Elen- und Damwildes.“ Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Fehlt in allen Wöwn. E. v. D. Jeuchtblatt, das, abgeleitet von feuchten, unweidmänniſch auch Feich-, Feig⸗, Feige⸗, Feigenblatt; das weibliche Glied bei allem zur hohen Jagd gehörigen edlen Haarwilde; italieniſch heißt fica das weibliche Glied über⸗ haupt, fico die Feige, weshalb erſteres im Anhd. oft Feige, Feigenblatt genannt wurde; vgl. Feuchten, Feuchtblaſe, Feuchtblaſe, Feuchtglied; dann Schaft, Schnalle, Nuſs. — „Ein Feich⸗ bladt | nennet man das weibliche Glied an einem Stück Wildt | oder ander Thier.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, I., fol. 11. — „Feigen⸗ Blat, oder Feucht-Blat ... Id. op., Ed. II, Leipzig 1734. — „Feich-Blatt oder Feigen⸗ blatt...“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — „Bei einem Thier nennt man das weibliche Glied des Feigenblatt.“ „Die Riecke bekommt hinten an ihrer Feige— blatte einen langen Zopf Haare.“ „Unter dem Feigeblatte ...“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 13, 17, 28. — „Bey dem Roth- und Tann⸗ thier, der Sau, Riecke und Gemſin heißets (das Geburtsglied) das Feuchtblatt, oder, wie einige jagen: das Feigenblatt.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 366. — „Feigblatt oder Feudt- glied, alſo wird das Geburtsglied eines Thieres benennt.“ Chr. W. v. Heppe. Wohlred. Jäger, p. 120. — Feigblatt, Feichblatt, Feigen⸗ blatt, Patente, wird von den Jägern das weib⸗ liche Glied an einem Stück Wild, oder andern Thiere genennet.“ Onomat. forest. I., p. 629. „. .. Entweder als eine Anſpielung auf die Feigenblätter, deren ſich Adam bedienete, oder von einem anderen, veralteten, noch in den nied⸗ rigen Sprecharten üblichen Worte (ficken), wo⸗ von auch das ital. fico, die weibliche Scham üblich iſt.“ Id. op. IV., Nachtrag v. Stahl, p. 238. — „Unter derſelben (sie, dem Spiegel) hängt bei der Rehgeis aus dem Feigblatte ein langer Zopf gelblichter Haare, die Schürze hervor ...“ Mellin, Das Reh in Wildungens Neujahrsge⸗ ſchenk auf das Jahr 1797, p. 16. — „Feucht⸗ blatt, auch Feigenblatt heißt das weibliche f Geburtsglied bey dem Roth, Dam⸗, Reh⸗ und Schwarzwild.“ Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lehrb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 37; Lexik., Ed. I., 1836, p. 180. — „Feigenblatt, oder richtiger Feuchtblatt. ..“ Id. Lexik., Ed. II, 1861, p. 190. — „Das weibliche Glied (des E Edelthiers) wird das Feigenblatt genannt.“ „Bey der Riecke ſteht ein langer Haarbüſchel aus dem Feigenblatte hervor.“ Winkell, Ed. I, 4805, I., p. 5, 148. — „Feigenblatt, Feucht blatt.“ Behlen, Wwmſpr., 1829, p. 55, 56. — „Das weibliche Glied (des Edelwildes) heißt Feuchtblatt, Feigenblatt.“ R. R. v. Dom browski, Edelwild, p. 9. — „Am Spiegel der Ricke ift unterhalb des Feigenblattes — Feuchtblattes — ein ähnlicher Haarbüſchel — die Schürze — ſichtbar.“ Id. Das Reh, p. 3.— „Die Ricke hat an ihrem Geſchlechtstheile, welcher Feigenblatt oder Feigblatt genannt wird, 4 Feuchten. einen längeren Haarbüſchel.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 135. — Grimm, D. Wb. III., p. 1445 und 1578. — Sanders, Wb. I., p. 134% (nur e dv Jeuchten, verb. intrans., von allem Wilde ſ. v. w. Harn ablaſſen; vgl. näſſen, wäſſern, gallen, ſtallen; dann Feuchtblaſe, Feuchtglied. „Feuchten, man ſagt auch: näſſen und dieſes gemeiniglich bey Rehen, heißet ſo viel als piſſen oder ſeichen: feuchten wird von Hunden und allem Wildpret geſagt, doch ſpricht man auch einiger Orten von Hirſch, Wolf und Leithund: er ſtallet.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 282 bis 283. — „Wenn ein Wildpret ſein Waſſer läſst, heißt es feuchten.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, Ed. II, 1779, p. 149. — Phi- loparchi Germani Kluger Forſt- und Jagd— beamte, 1774, p. 331. — „Feichten, wäſſern, heißt, wenn das Roth- und Schwarzwild den Urin läſst.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 56. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 368. — „Feichten, Feuchten, Netzen, Wäſſern nennt man das Laſſen des Urins bei Roth-, Dam⸗, Reh⸗ und Schwarzwild.“ Hartig, Lexikon, Ed. II, 1861, p. 191. — Grimm, D. Wb. III., p. 1580. — Sanders, Wb. I., p. 438 c. E. v. D. Jeuchtglied, das. I. Das weibliche Glied des edlen hohen hohen Haarwildes, alſo ſynonym mit Feucht— blatt; ſelten. „Feuchtglied.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 121. II. Das männliche Glied bei allem Wilde und den Hunden; vgl. Ruthe, Brunftruthe, Zein, Penſel. „Bey dem Hirſch heißets (das männliche Glied) auch (außer Ruthe) der Zein, Penſel oder Pinſel; einiger Orten: das Feucht— glied.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 206. — „Feuchtglied wird das männliche Glied der Hunde genannt.“ Behlen Wmſpr., 1829, p. 36; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 203. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 338. Grimm, D. Wb. III., p. 1580. — Fehlt bei Sanders. E. v. D. Feuchtigkeit, abſolute, der Luft, ſ. Dampf— druck und Dampfatmoſphäre. Gßn. Feuchtigkeit, relative, der Luft, nennt man das procentiih ausgedrückte Verhältnis des in der Luft wirklich vorhandenen Waſſer— dampfes zu demjenigen, den ſie enthalten könnte, wenn ſie bei der vorhandenen Temperatur mit Waſſerdampf geſättigt wäre, oder auch das Verhältnis der vorhandenen abjoluten Feuchtig— keit zum Maximum der Spannkraft, welches der Temperatur entſpricht (ſ. Dichtigkeit der Luft, Tabelle III). Theils wird die relative Feuchtigkeit Direct durch Inſtrumente gemeſſen, meiſt aber aus der gemeſſenen abſoluten Feuch— tigkeit erſt berechnet (ſ. Dampfdruck und Hygro— metrie). Da bei gleicher relativer Feuchtigkeit die Waſſeraufnahmefähigkeit um ſo größer iſt, je höher die Temperatur, ſo vermag die relative Feuchtigkeit ebenſowenig wie die abſolute Feuch— tigkeit allein den Feuchtigkeitszuſtand der At— moſphäre genügend zu charakteriſieren (ſ. Sät— tigungsdeficit). — Feuer. 305 Die relative Feuchtigkeit zeigt in ihren Anderungen im Laufe des Tages in der Regel einen der Temperatur entgegengeſetzten täg— lichen Gang; ſie erreicht ihr Maximum gegen Sonnenaufgang und nimmt ab, ungefähr bis die höchſte Temperatur am Nachmittag erreicht iſt. Die Tagesamplitude iſt in unſeren Breiten im Winter kleiner als im Sommer, ſowohl wegen der geringeren Temperaturſchwankung als auch wegen der im Winter ſtärker ſtatt— findenden Verdunſtung von der in dieſer Jahres— zeit im allgemeinen feuchteren Erdoberfläche. Die geringeren Temperaturſchwankungen und die am Tage durch aufſteigende Luftſtröme bewirkte Feuchtigkeitszufuhr aus der Tiefe laſſen die tägliche Amplitude der relativen Feuchtigkeit auf Gipfelſtationen geringer ausfallen als in der Ebene, und in gleicher Weiſe ſind die Schwankungen in der Nähe des Meeres geringer als im Innern der Continente. Im täglichen Gange zeigt die Feuchtigkeit alſo ein Zurückbleiben gegen die Temperatur; das Gleiche gilt vom jährlichen Gang. Die relative Feuchtigkeit erreicht bei uns die größten mittleren Werte im December und Januar, ihre kleinſten im Mai oder Juni. Der dann bereits verlangſamten Erwärmung vermag die Auf— nahme der Feuchtigkeit zu folgen und ſogar voranzueilen; die relative Feuchtigkeit ſteigt alſo und verharrt natürlich in der Zunahme bei der im Auguſt oder September eintretenden Temperaturabnahme. Nach der Höhe zeigt die relative Feuchtig— keit die verſchiedenſten Anordnungen, je nach der verticalen Vertheilung der Temperatur und bedingt durch die vorhandenen verticalen Strö⸗ mungen; jedenfalls finden wir in den größten Höhen keineswegs ſtets mit Waſſerdämpfen ge ſättigte Luft, ebenſowenig wie die Luft in den höchſten Breiten trotz der geringen Waſſercapa— cität mit Waſſer geſättigt iſt. Die genannten Urſachen des täglichen und jährlichen Ganges der relativen Feuchtigkeit be- dingen auch ihre gleichzeitige Vertheilung auf der Erdoberfläche; je wärmer ein Landſtrich, gleiche Erhebung über dem Meere und gleiche Entfernung von Waſſerflächen vorausgeſetzt, um ſo niedriger werden wir im allgemeinen die relative Feuchtigkeit antreffen. Reichere Vege— tation vermag dieſelbe zu erhöhen, ebenſo auch größere Niederſchlagsmengen, wie im einzelnen Falle jeder Regen wenigſtens vorübergehend von größerer relativer Feuchtigkeit begleitet iſt. Literatur ſ. Dampfdruck. Gßn. Heuer, das, wm. das Feuer des beim Schuſſe entzündeten Pulvers in der Redensart „im Feuer ſtürzen“, verenden, von momentan tödlich getroffenem Wilde; dann auch „im Feuer liegen bleiben“, vom Jäger, das Gewehr nach Abgabe des Schuſſes noch im Anſchlage behalten (ſ. Rauch). „Junge Jäger müſſen ſich öfters üben, und nur ohne Schujs losbrennen, damit ſie das Feuer lernen, im Feuer liegen bleiben, und durch ſelbiges hindurchſehen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 122. — „Im Feuer ſtürzen heißt, auf den Schuss alsbald ſtürzen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105. — „Im Feuer ſtürzen heißt, wenn das Wild ſo 506 gleich nach dem Schuſſe zuſammenſtürzt.“ Beh⸗ len, Wmſpr., 1829, p. 36. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1585. — Fehlt bei Sanders. E. v. D. Jeueranmachen im Walde, ſ. Waldbrand. Mcht. Jeuerdarre, ſ. Darren. Gt. Jeuerdorn, ſ. Crataegus. Wm. Jeuereule, j. Schleiereule. E. v. D. Feuergeſchwindigkeit iſt die von der Ver⸗ ſchlufs⸗ und Schloſsconſtruction, von der Muni⸗ tion ꝛc. abhängige Geſchwindigkeit, mit welcher man aus einem und demſelben Gewehr hinter einander mehrere Schüſſe abgeben kann; meiſt (bei Hinterladern) wird ſie durch die Anzahl der in einer Minute abzugebenden wohlgezielten Schüſſe bezeichnet, wobei anzugeben iſt, ob die Patronen aus der Taſche entnommen oder bereit gelegt oder endlich aus dem Magazin verfeuert wurden. Die neueren Armeewaffen, bei welchen auf Feuergeſchwindigkeit ein hoher Wert gelegt wird, geben im Durchſchnitt ungefähr 12— 16 ge- zielte Schüſſe per Minute; einzelne Leute bringen es bei zurechtgelegten Patronen auf 20—22 Schuſs. Repetierwaffen — inſofern nur die zum Ausſchießen des Magazins (ohne Wiederfüllung desſelben) erforderliche Zeit berückſichtigt wird — erreichen das Doppelte der durchſchnittlichen Feuergeſchwindigkeit! des Einzelladers: im Mittel 2 Secunden per Schuſßs. Th. Jeuerkrähe, ſ. Alpenkrähe. E. v. D Jeuerkröte, Unke, j. Bombinator. Kur. Feuermolch, Erdmolch, Feuerſalamander, ſ. Salamandra. Kur. Jeuernatter, Kreuzotter, ſ. Pelias. Kur. Feueropal, ſ. Opal. a O. Jeuerrayon bei Eiſenbahnen. Die Ver— ordnung des n sminiſteriums vom 25 Ja⸗ nuar 1879, R. G. Bl. Nr. 19 (§S 25— 27), nor⸗ miert als Feuerrayon den Raum, den ein fic- tives Dach, im Verhältnis von 1:3 geneigt, darſtellt mit einer Breite von 30 m von der Geleismitte an auf jeder der beiden Bahunſeiten, wobei der Firſt 10 m über die Schienenober— kante in der Geleismitte hinläuft. Innerhalb des Feuerrayons ſind Holz- und Strohdächer an Gebäuden ausgeſchloſſen, Bretter- und Block— wände nur dann, wenn ſie mit Mörtelanwurf verſehen ſind; Riegelwandbauten mit ausge— mauerten Feldern gelten als feuerſicher, ebenſo Dachpappe, wenn der Beſitzer von Wohn⸗ oder ſolchen Gebäuden, in welchen Lebensmittel oder Futtervorräthe aufbewahrt werden, zuſtimmt; Erleichterungen, z. B. Anwendung von Schindel— dächern, ſind nur dann zuläſſig, wenn dies mit Rückſicht auf die herrſchende Windrichtung und ſonſtige locale Verhältniſſe ungefährlich erſcheint. Die Herſtellungen hat die Bahngeſellſchaft zu vollführen. Das ungariſche Enteignungsgeſe tz nor⸗ miert (im $ 16) folgenden Feuerrayon: Bei feuerfeſt gebauten und gedeckten Gebäuden, deren Offnungen insgeſammt verſchloſſen werden kön⸗ nen, Sm; unter gleicher Vorausſetzung bei Ge— bäuden mit Holz- Feueranmachen im Walde. — Feuerſteinſchloſs. oder Schindelwänden, bezw. ! Schloss und Jagden olf (geſchichtl.). Dächern 20 m; bei anderen Gebäuden 60 m, bei ſolchen, welche zur Aufbewahrung von ex— plodierbaren Gegenſtänden dienen, 100 m. Den Anrainern der Eiſenbahn wird durch Hfkzld. vom 28. December 1843, Z. 40.114, bei Herſtellung von Neu-, Zu- oder Umbauten in der Zone von 19—57 m (von der Bahnkrone) feuerſichere Herſtellung der Objeete und über— haupt Schutz gegen Feuersgefahr aufgetragen; in der Entfernung von 9.5—19 m dürfen außer⸗ dem Ausgänge in der Richtung gegen die Bahn nur dann zugelaſſen werden, wenn durch Schranken und ſonſtige Vorſichtsmaßregeln allen Gefahren wirkſam vorgebeugt wird; in einer Entfernung unter 95 m ſind Bauten regel⸗ mäßig unzuläſſig und nur mit Zuſtimmung der Eiſenbahnbehörde ausnahmsweiſe zu geſtatten (ſ. Eiſenbahnen). Mcht. Feuerrohr, das, veraltet für Schießge⸗ wehr. Hohberg, Georgica curiosa, 1682, II., fol. 623. — Önomat. forest. „ ee Grimm, D. Wb. III., p. 1601. — Sanders, Wb. II., p. 776 a. E v. D Jeuerſcheu, adj., iſt ein Schütze, der im Augenblick des Feuergebens einen Ruck macht und infolge deſſen den Schujs verreißt, oder für einen Augenblick die Augen ſchließt; ebenſo ein Schießpferd oder ein Hund, wenn ſie ſich vor dem Schuſſe ſchrecken; vgl. jchujsrein. „Feuerſcheu, iſt, wenn einer ſchießet und unter dem Loßbrennen die Augen zudrüdt, oder wohl gar mit dem Kopfe zr Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 122. „Feuerſcheu nennt man einen Jäger, der Ahn Abſchießen eines Gewehres die Augen zumacht oder erſchrickt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lexikon, Ed. II, 1861, p. 192. — Beh- len, Wmſpr., 1829, p.56. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1602 (nur vom Pferd). — W bei Sanders. E. v. Jeuerſchloſs, das, das bei Fenerfteingek wehren üblich geweſene Hachloßs, Onomat. forest. I., p. 734. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 38. — Grimm, D. Wb. III., p. 1602. — Sanders, Wb. II., p. 963 a. E. v. D. Feuerſchwalbe, ſ. Mauerſegler. E. v. D. Jeuerſtein oder Flint iſt ein graues oder ſchwarzes Kieſelgeſtein mit ausgezeichnet muſche⸗ ligem Bruch. Die Bruchſtücke ſind ſcharfkantig und kantendurchſcheinend. Er beſteht aus einem innigen Gemenge von kryſtalliniſcher und amor⸗ pher Kieſelſäure, was ſich durch Kochen mit Kalilauge leicht nachweiſen läſst, da hiedurch die amorphe Kieſelſäure in Löſung geht. Die ſchwarze Färbung des Feuerſteins wird meiſt durch Kohlenſtoff, der von organiſchen Reſten ſtammt, bedingt. Der Feuerſtein bildet lagen⸗ weiſe aneinandergereihte Knollen in der weißen Schreibkreide, ſo namentlich auf Rügen und Wollin, bei Aachen, Dans und Dover. Er dient hier vielfach als Verſteinerungsmittel. Auch als Geſchiebe iſt er in der norden Tiefebene häufig. v. O. Jeuerſteinſchloſs, Percuſſionsſchloſs, Th. 8 4 7 Jeuerungsbedarf. Für die Beheizung eines Raumes von 30 ms ſind per Jahr erforderlich: in ländlichen Stuben von gewöhnlicher Größe 55—85rm°; in Stadtwohnungen mit guten Feuerungsanſtalten per 30 m? Raum per Jahr 17—40 rm? Brennholz. Bei Verwendung von hartem Holze können 30% weniger angeſetzt werden, während für Zimmer mit freiſtehenden Wänden 25%, mehr als für ſolche in geſchützter Lage zu bemeſſen ſind. Der tägliche Bedarf bei Einhaltung einer Stubenwärme von 15 R. kann per 30 m? zu beheizenden Raumes je nach den Witterungs- verhältniſſen mit 0008 0-024 rm? Brennholz bemeſſen werden. Wenn der Feuerbedarf bei einer mittleren Tagestemperatur im Freien on und Ende der Stubenfeuerung) gleich 1 geſetzt wird, jo iſt das Erfordernis bei 5—6° 1˙2—1˙3, bei 2—4 1·5— 16, bei -+ 2 bis — 12 172, bei den Kältengraden von 2—3•2— 23, bei 4—5° 26, bei 6—8 2:53, bei 1012 35—4. Von dem täglichen Bedarfe kann man annähernd / zum Anfeuern und / zum Nach— feuern rechnen. Der Feuerungsbedarf für die Küche kann per Kopf der Erwachſenen und per Jahr in ländlichen Wirtſchaften zum Kochen und Waſchen mit 0˙8—2·8 rm? oder zum Waſchen allein mit 0˙8—1˙] und zum Backen mit 0˙8—1˙5 rm? be⸗ meſſen werden, wenn hiefür eigene Feuerungs— anſtalten nothwendig ſind. Für Kinder iſt der halbe Bedarf zu veranſchlagen. Zum Abbrühen des Viehfutters iſt per Kuh 0°17—0'34 rm?, per Schwein 017-035 rm? und für Jungvieh die Hälfte des vorſtehenden Bedarfes erforderlich. Setzen wir die Brenngüte von Buchenholz gleich 1, jo iſt vergleichsweiſe die Brennkraft der gewöhnlichen Hölzer: F 0˙73—135 Apfelbaum 0˙77 094 ee . . . 088 —1˙15 Mittel 1 r 0˙30—0˙72 o 0•67—1˙18 Mittel 1 o 0˙51—1˙06 . 0˙63—1˙09 ee ˙23—0˙72 Gbereſche 0˙75—0˙94 F 0˙75— 93 r 0·28—0˙80 buche 0˙57—1˙12 Mittel 1 re N 080092 Kiefer (Baumholz) .. 058—1:02 „ (Stangenholz). 0°50—0'78 „ (Jungholz) .. 0:37— 0˙68 F 0˙79—1˙0 Kaſtanie (edle) . 0:65 TREE 0˙29—0˙70 are le ie 0˙20—0˙82 eee 011— 0:60 Roſskaſtanie Os Si 0.62—0'98 Sahlweide 0:35—0'82 e 0˙30—0·83 Traubeneiche 0˙69—1˙01 W 0˙33—0 94 Weißweide 0.15—0'64 Weymouthskiefer ... 06% Weerlses 0˙33 Feuerungsbedarf. — Feuerverſicherung. | 507 Segen wir die Breimgüte des Stamm- holzes (Schnittholz) gleich 1, jo iſt Wurzelſtock und Maſerholz . .. 1 bis 1˙1 Stockholz (ausgekeſſelt)h) . - 08 „ 085 7 (rein gerodet) 6 R (atsgefaule). tr. 0˙4 Aſtknüppfe!l! EN 078 ⁹ν§ Reis hol? 0˙76 „ 0˙90 Raff und Leſeh IU 050 „ 0:85 Die Brenngüte des Holzes von dürren Bäumen iſt 20-39%, jene des anbrüchigen Holzes 50— 73% geringer als die des geſunden Baumes; künſtlich gedörrtes Holz hat eine Brennkraft, die mit 8—30%, höher als jene des lufttrockenen Holzes veranſchlagt werden kann. Der Verluſt an Brenngüte iſt beim grünen Holz 25-35%, beim waldtrockenen 10—15%, bei im Sommer gefälltem Holz 4—13 und bei der Verbrennung im offenen Feuer 33— 30 % Fr. Feuerverſicherung, auch Brand⸗ oder Feueraſſecuranz genannt, iſt der Vertrag, durch welchen ein anderer auf eine beſtimmte Zeit verpflichtet wird, für einen durch Feuer entſtehenden Schaden in der feſtgeſetzten Höhe und Art und Weiſe Erſatz zu leiſten. Dieſelbe iſt eine Art der Verſicherung (ſ. d.) und nach den für dieſe im allgemeinen geltenden Grund- ſätzen zu beurtheilen. Man unterſcheidet Im— mobiliar- und Mobiliarverſicherung. Ein- richtung und Erfolg derſelben ſind weſentlich bedingt durch die feuerpolizeilichen Verhältniſſe des Landes. Das Feuerverſicherungsweſen iſt durch ein Reichsgeſetz noch nicht geregelt, und es ſind deshalb die betreffenden Landesgeſetze noch in Kraft (3. B. in Preußen über die Mobiliarver— ſicherung vom 8. Mai 1837, über die Immo— biliarverſicherung in Bayern vom 23. Januar 1811 und 1. Juli 1834, Württemberg vom 14. März 1853, Baden vom Jahre 1852 u. ſ. w.). Ein etwa zu erlaſſendes Reichsgeſetz über Im— mobiliarverſicherung hat nach dem Verſailler Vertrage vom 23. November 1870 für Bayern keine Geltung. Als erſter Grundſatz der Feuerverſicherung gilt, dafs dieſelbe keinen Gewinn, ſondern nur einen Erſatz des erlittenen Schaden gewähren darf. Es kann deshalb bei Mobilien nur der Tauſchwert, nicht aber ein Affectionswert die Grundlage der Verſicherung bilden, und der Anſchlag eines Gebäudes darf nicht höher ſein als der im Falle der gänzlichen Zerſtörung zur Wiederherſtellung desſelben erforderliche Koſten— aufwand (aljo ausſchließlich des Wertes des Bauplatzes und der unzerſtörbaren Theile, z. B. der Grundmauern), um die Verſuchung zur Brandſtiftung fernzuhalten. Die gleichzeitige Verſicherung bei mehreren Anſtalten iſt entweder ganz verboten oder von der Zuſtimmung der betreffenden Anſtalten abhängig gemacht. Ge- geuſtände, welche, wie z. B. Gold, Wertpapiere, Urkunden und Juwelen, leicht hinterzogen wer— den können, ſind von der Verſicherung ausge— ſchloſſen. Die Höhe der Verſicherungsprämie für Gebäude und für die in ihnen aufbewahrten Mobilien hängt von der Lage, Bauart, Ver— 308 wendung und Nachbarſchaft der Gebäude ſowie von den beſtehenden Löſcheinrichtungen ab. Pulver- und Lohmühlen, Ziegelhütten, Darr⸗ häuſer, Theater u. ſ. w. find meiſt von der Ver⸗ ſicherung ausgeſchloſſen. Für Brandſchäden, welche durch Aufruhr, Krieg oder Erdbeben verurſacht werden, wird in der Regel kein Er— ſatz geleiſtet. Die Verſicherungsgeſellſchaften ge— währen entweder freiwillige Beiträge für Feuer— löſcheinrichtungen, oder ſie ſind, wie z. B. in Bayern die München-Aachener Geſellſchaft, ge— ſetzlich verpflichtet, einen Theil ihres Reinge— winnes zu dieſem Zwecke zu verwenden. Es wird in der Regel auch der beim Retten ver- urſachte Schaden vergütet. Die Immobiliarverſicherung iſt älter als die Mobiliarverſicherung und entſtammt den früher von den Regierungen in Brandfällen den ohnehin zu gegenſeitiger Hilfeleiſtung ver— pflichteten Unterthanen gewährten Unterſtützun— gen mit Geld, Bauholz u. ſ. w., welche ſich bald als unzulänglich darſtellten. An deren Stelle traten auf Gegenſeitigkeit beruhende, unter Aufſicht und Leitung des Staates geſtellte Brandcaſſen, deren erſte die im Jahre 1705 errichtete „Feuercaſſe“ für die Provinz Bran— denburg war. Die Jahresbeiträge waren an— fänglich gleich, während dieſelben jetzt nach Be— darf feſtgeſtellt werden. Solche öffentliche Ver— ſicherungsanſtalten für Immobilien beſtehen faſt in allen deutſchen Staaten, entweder, wie z. B. in Bayern, Württemberg, Sachſen, Baden, Heſſen, als, Landes- oder als Provinzialcaſſen, wie in Preußen, wo dieſelben Feuerſocietäten heißen. Des gemeinnützigen Zweckes wegen und zur Sicherung der auf den Gebäuden ruhenden fremden Anſprüche privat- und öffentlichrecht— licher Natur ſind die Gebäudebeſitzer entweder zum unbedingten Beitritt verpflichtet, oder ſie dürfen, wie z. B. in Bayern, für den Fall der Verſicherung dieſe nicht bei einer anderen An— ſtalt bethätigen. Die Entſchädigungsſumme darf meiſt nur zum Wiederaufbaue verwendet werden. Die Hypothekgläubiger haben zwar keinen direc- ten Anſpruch auf die von der Brandcaſſe ge— leiſtete Entſchädigung, aber es beſteht doch im Intereſſe des öffentlichen Credites überall die Anordnung, daſs der Entſchädigungsbetrag, ſo— ferne er nicht zum Wiederaufbaue verwendet wird, zunächſt zur Befriedigung der Hypo— thekgläubiger zu dienen hat. Es werden des— halb z. B. in Preußen die Feuercaſſengelder (Verſicherungsſumme) im Hypothekenbuche, die Hypothekſchulden dagegen auch im Cataſter der Feuerſocietät vorgemerkt. Für die Mobiliar verſicherung beſtand nie ein ſtaatlicher Zwang, und Actien-, Gegen- ſeitigkeits- und gemiſchte Geſellſchaft machen ſich hier große Concurrenz. In Preußen wurde ein auf Gegenſeitigkeit beruhender „Brandver— ſicherungsverein preußiſcher Forſtbeamter“ unterm 24. Mai 1880 allerhöchſt genehmigt. Ob es vortheilhaft iſt oder nicht, Gebäude gegen Feuersgefahr zu verſichern, hängt ledig— lich von der Zahl und Vertheilung derſelben ab. Beſitzt der Staat z. B., über das ganze Land vertheilt, 6000 Gebäude, für welche eine Aſſecuranzprämie von 1½ pro Mille zu zahlen Feuerverſicherung. iſt, ſo können für den zu entrichtenden Aſſe— curanzbeitrag jährlich 9 Gebäude neu aufge— führt werden. Brennt nun im Durchſchnitt für das ganze Land jährlich uur ein Haus von 3000 ab, ſo macht dies für den Staat jährlich zwei, und die Verſicherung verurſacht ihm eine unnöthige jährliche Mehrausgabe, welche dem Kojtenbetrage von 7 Neubauten gleichkommt. Bei einem Beſitze von nur 100 Gebäuden be— trägt die Aſſecuranzprämie dagegen bloß 0˙45 Neubauten, und die Verſicherung bietet, da hier die Überſchreitung des durchſchnittlich jährlichen Brandſchadenbetrages (0˙033 Neubauten) ſelbſt bis zur Höhe des Aſſecuranzbetrages und darüber leicht möglich iſt, entſchieden Vortheil. Dieſelbe iſt dann auch nothwendig, wenn die Gebäude an wenigen Orten in größerer Zahl vorkommen, da in dieſem Falle ein Zufall ver— derblicher wirkt als bei einer größeren Ver— theilung derſelben. Werden die Gebäude nicht gegen Feuer verſichert, ſo bleiben wohl auch die in denſelben aufbewahrten Einrichtungs- und ſonſtigen In⸗ ventarſtücke unverſichert, und wird höchſtens nur nur zu gunſten eines in dem einen oder an— deren Hauſe vorhandenen wertvollen Inventars, z. B. an Literalien, Meſsinſtrumenten, Ma⸗ ſchinen u. ſ. w., eine Ausnahme gemacht. Die in neuerer Zeit in Vorſchlag gebrachte gegenſeitige Verſicherung der Waldbeſitzer einer Gegend gegen Beſchädigung der Holzbeſtände durch Feuer empfiehlt ſich bei größerer Feuer— gefahr, wie z. B. in den norddeutſchen Kiefern- heiden, und für kleinere Waldbeſitzer, da mit der Vergrößerung des Waldbeſitzes die durch— ſchnittliche Größe einer Brandfläche eine immer kleiner werdende Quote der Waldfläche bildet und mit der Zunahme letzterer Fläche der durch den Brand verurſachte Schaden kleiner wird als die jährliche Aſſecuranzprämie. Es ſei z. B. in einer Waldgegend durchſchnittlich jährlich auf 1000 ha eine Zerſtörung von 2 ha mit einem Schadenbetrage per Hektar S a anzunehmen, jo iſt die jährliche Aſſecuranzprämie per Hektar 0002 a. Gleichzeitig habe die Erfahrung er— geben, daſs bei den beſtehenden Löſcheinrich— tungen für einen Brand durchſchnittlich eine Fläche von 10 ha und demnach ein Schaden von 10 a trifft. Befinden ſich nun in dem für dieſe Gegend gegründeten Feuerverſicherungs— vereine zwei Waldbeſitzer A und B, von welchen der erſtere 25, der letztere 5000 ha beſitzt, jo iſt die jährliche Aſſecuranzprämie des A —= 0•05 a, jene des 8 = 10 a. Bei dem A kom- men erſt 200 Jahresprämien auf den durch- ſchnittlichen Schaden eines Brandes, während der B in feiner Prämie den durchſchnittlich jähr- lichen Betrag der Feuerbeſchädigung bezahlt. Es kann daher der Bohne Nachtheil ſeine Beſtände unverſichert laſſen, während den A jedenfalls ein Verluſt trifft, wenn innerhalb 200 Jahren mehr als ein Brand mit dem durchſchnittlichen Schaden— betrage von 10 a vorkommt. Es werden daher die größeren Waldbeſitzer ſolchen Verſicherungs— vereinen auf Gegenſeitigkeit fernbleiben, und die Bildung derſelben wird dadurch wohl meiſt in Frage geſtellt ſein. Die Verſicherung bei einer allgemeinen Feuerverſicherungsgeſellſchaft Feuerwanzen. — Fichtenbockkäfer. 509 liegt aber wegen der hohen Aſſecuranzprämien nicht im Intereſſe der Waldbeſitzer. Ausführ— liches in J. Albert, Lehrbuch der e waltung, Munchen 1883. Jeuerwanzen, Pyrrhocoridae, 1 Familie der Abtheilung Landwanzen (Geo— dromica); die bekannteſte, ae. ſehr häufig und meiſt in großen Geſellſchaften le— bende, am liebſten am Fuße alter Linden und Roſskaſtanien vorkommende Art iſt Pyrrhocoris aptera L., ausgezeichnet durch feuerrothe und ſchwarze Zeichnungen. Hſchl. Jeurig, adj., von Hunden. „Feurig jagt ſo viel, als recht begierig, und wird von einem Hund, wenn er gar zu friſch iſt, geſprochen: der Hund iſt feurig.“ Chr. W. v. Heppe, Wohl⸗ red. Jäger, p. 122. — „Feurig nennt man einen Jagdhund, wenn er recht eifrig 5 Har- tig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lexikon, Ed. II, 186ʃ, p. 192. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 56. — Grimm, D. Wb. III., p. 1610. — Sanders, Wb. I., p. 440 c. E. v. D. Fibrin (Blutfaſerſtoff) iſt die Urſache des Gerinnens des aus dem lebenden Thierkörper austretenden Blutes. Das im Blute vorhandene Fibrinogen wird durch Fermente bei Luftzutritt raſch in Fibrin umgewandelt. Durch Auswaſchen und Kneten kann man die im Blutkuchen von dem Fibrin eingeſchloſſenen Blutkörperchen ent— fernen und erhält jo das weiße, faſerige, geruch— und geſchmackloſe Fibrin, welches in Waſſer, Alkohol und Ather unlöslich tft und in 0˙4- bis 03% iger Salzſäure außerordentlich ſtark auf— quillt. Aus venöſem Menſchenblut durch Schlagen abgeſchiedenes Fibrin löst ſich in Kochſalzlöſung, ſolches aus arteriellem Menſchenblut nicht. Unter Waſſer verwandelt ſich Fibrin in drei Wochen in ein lösliches Eiweiß, beim Erwär— men mit Alkalien bildet es Albuminat, mit Mineralſäuren Aecidalbumin (ſ. Blut und Eiweiß— körper). v. Gn. Sibrinferment findet ſich im Blutſerum und ſoll die Fibrinbildung bedingen. v. Gn. Fibrinogene Subfkanz iſt ein im Blute ge— löster Eiweißkörper und einer der Fibringene— ratoren, welcher dem Paraglobulin ſehr ähnlich iſt und ſich von demſelben nur durch verſchie— dene Löslichkeit unterſcheidet. v. Gn. Fibrinoplaſtiſche Subſtanz (Paraglobu— lin) iſt neben dem Fibrinogen der zweite Fibrin— generator und wird aus dem mit dem Adfachen Volumen Waſſer verdünnten Serum durch Ein— leiten von Kohlenſäure und Zuſatz einiger Tropfen verdünnter Eſſigſäure gefällt. Der Niederſchlag wird gründlich f Die weiße, feinkörnige Maſſe hat viel Ahnlichkeit mit dem Myoſin, (1. d.), iſt in reinem Waſſer unlöslich, etwas weniger in ſauerſtoffhaltigem, mehr in kohlenſäurehaltigem Waſſer, ziemlich leicht in Eſſigſäure, Atzalkalien, Kalkwaſſer und nor— malen Alkalicarbonaten löslich. In verdünnter eien gelöstes Paraglobulin gerinnt bei 75. v. Gn. Jibroin, Cis NH 0%, iſt die Grundſubſtanz des Seidenfadens (66%), des ſog. Altweiber— ſommers und der Spinnweben. Es bildet farb— loſe, die Structur des Fadens zeigende Maſſen, iſt in Waſſer, Alkohol und Ather unlöslich, con— centrierte Alkalien und Säuren löſen das Fi— broin. In Nickeloxydulammoniak iſt es mit gelb— brauner, in Kupferoxydammoniak mit blau— violetter Farbe löslich; fügt man zu Fibroin Natronlauge, dann Kupferſulfat, ſo löſen ſich allmählich das ausgeſchiedene Kupferoxydhydrat und das Fibroin auf, je nach der Menge des letzteren kann die Löſung alle Farbentöne von violett bis blutroth erhalten. Durch Pikrinſäure wird Fibroin echt gefärbt, mit Atzkali geſchmol— zen oder mit Salpeterſäure erhitzt, liefert es Oxalſäure. Man erhält Fibroin, wenn man Roh— ſeide mit 3% iger Natronlauge übergoſſen, 18 Stunden ſtehen läſst, dann abpreſst, erſt mit Waſſer, dann mit ſalzſäurehaltigem und ſchließlich wieder mit reinem Waſſer auswäſcht und trocknet. v. Gn. Fibrolithgneis iſt eine Gneisart, in der Magneſiaglimmer zum Theil durch Fibrolith (Faſerkieſel) erſetzt iſt. v. O. Fibroſe = Celluloſe. 12 5 Fibrospongiae, Faſerſchwämme, Ordnung der Spongiae ohne Skelet oder mit reichlich veräſteltem Gerüſt von Sponginfaſern. Kur. Fibula, perone, Wadenbein. Bildet mit der Tibia (Schienbein) und der Patella (Knie⸗ ſcheibe) den Unterſchenkel. Kur. Ficedula Brisson —Phyllopneuste Meyer: Hypolais Chr. L. Brehm; KRuticilla idem; Cya- necula idem; Dandalus Boie. Ficedula ambigua Schlegel, ſ. Olbaum⸗ ſpötter; F. Bonellii Keys. et Blasius, ſ. Berg- laubvogel; F. elaeaica Schlegel, ſ. Olbaum⸗ ſpötter; F. erythaca, ſ. Hausrothſchwänzchen; F. fitis Kaup, Fitislaubvogel; F. hypolais Schlegel, ſ. Gartenſpötter; F. olivetorum idem, ſ. Oliven— ſpötter; F. phoenicurus Boie, ſ. Gartenroth— ſchwänzchen; F. polyglotta Schlegel, j. kurzflü⸗ geliger Spötter; F. rubecula Lesson, ſ. Roth⸗ kehlchen; F. rufa Schlegel, |. Weidenlaubvogel; F. sibilatrix Blasius, ſ. Waldlaubvogel; F. sue- eica Boie, |. rothſterniges Blaukehlchen; F. tro- chilus Blasius, Fitislaubvogel. E. v. D. Jichte, ſ. Picea. Wm. Stammbrüter: 2. Hylastes pal- 4. Xylechinus rhododactylus: Bere SFichtenbaftkäfer: A. 1. Polygraphus poligraphus; liatus; 3. Hylastes glabratus; pilosus; 5. Phloeophthorus 6. Dendroctenus micans. — B. brüter: 7. Hylastes eunieularius. Bezüg- lich Form der Brutgänge und Bestimmung der Arten nach denſelben ſ. Fichtenborkenkäfer. Hſchl. Jichlenbaumlaus, Lachnus piceae Fab (. d.). Hſchl. Jichtenblaſenroſt, ſ. Chrysomyxa. Hg. Fichtenblattweſpen (deren Larven), ſiehe Afterraupen; Imago und Lebensweiſe bei der betreffenden Gattung. Hſchl. Fichtenbockkäſer. Am ſtehenden haubaren Beſtande vorkommend, den Holzkörper zerſtörend und für techniſche Zwecke unbrauchbar machend: Monochamus sater und sutur (Fig. 4 zu Ce— rambyeidae). — Im ſtärkeren Stangenholze und Mittelbeſtande: Tetropium luridum (Fig. 9 ebendaſelbſty). — In jüngeren Pflanzen und ſchwächeren Zweigen: Pogonocherus = Arten (Fig. 7 ebendaſelbſt). — Unter Rinde liegender 510 Stämme: Fichtenborkenkäfer. Rhagium indagator: Callidium vio- laceum: Molorchus minor. — In anbrüchigem (meiſt Stock⸗) Holze: Spondylis buprestoides. — Das Nähere unter dem betreffenden Namen. Hſchl. Fichtenborkenkäfer (einſchließlich Baſt⸗ käfer) gende 1 = ** Er Ohne Seitenſproſſen, ſich nach laſſen rückſichtlich ihrer Brutgänge fol Charakteriſtit zu: Die Gänge dringen unmittelbar vom Einbohrloche aus in den Holzkörper ein. kurzem Verlaufe blattartig erweiternd (Fig. III Tafel Brutgang). Xyleborus Saxeseni. . Brutgänge mit kurzen axialen Seiten⸗ ſproſſen (Fig. VI und 1 ebendaſelbſt). Trypodendron lineatum. Gänge unter der Rinde, die Splint⸗ fläche mehr oder weniger berührend. An Wurzeln (jüngerer Culturen) vom Rhizomen abwärts zum Theil brut⸗ gangartige, in den Splint eingreifende Fraßbahnen. Die eigentlichen Brutgänge an den im Boden zurückbleibenden Wur— zelſträngen friſcher Stöcke. Hylastes eunicularius. . Brutgänge am oberirdiſchen Baum- oder Pflanzentheile; oder wenn zum Theil an den Wurzeln, dann ſtets nur auf den Wurzelanlauf ſtärkerer Stämme be⸗ ſchränkt. „Die Brutgänge zeigen deutliche Cier- grübchen und bei vorgeſchrittenerer Ent⸗ wicklung die von ihnen ausgehenden Larvengänge, wenigſtens im erſten Ver— laufe vollkommen getrennt. 3. Brutgänge ausgeſprochene, tief in den Splint eingreifende, zweiarmige, kurze, mit gemeinſchaftlicher Eingangsrohre ver⸗ ſehene Quergänge (Fig Je und! Tafel zu Brutgang). ;. Beide Brutarme liegen nahezu in einer Ebene oder bilden höchſtens nur einen ſehr ſtumpfen Winkel. Larvengänge ver⸗ einzelt; auf dem Splinte deutlich (Fig. Le der Tafel zu Brutgang). Phloeophthorus (Xylechinus) pilosus. Beide Brutarme einen meiſt ſpitzen, höch- ſtens rechten Winkel bildend; ihre Länge faſt immer ſehr ungleich; im übrigen wie bei obiger Art (Fig. It ebendaſelbſt). Phloeophthorus rhododactylus. „Die Brutgänge find Längs- oder drei— bis mehrſtrahlige Sterngänge. . Längsgänge; ein- oder zweiarmig; Ram⸗ melkammer vorhanden oder fehlend. . Brutgang ein einarmiger Längsgang. Rammelkammer fehlend. Brutgang kurz, vielfach unregelmäßig, darmähnlich erweitert und verengt. Lar⸗ vengänge lang, ſich oft durchkreuzend, öfter ſich in einem Haken zurückwendend; unter Stammrinde. Hylastes palliatus. „Brutgang mit ſtiefelförmiger Krümmung beginnend; in ſeinem weiteren Verlauf die gleiche Breite ziemlich einhaltend. | 10. 10. U. 44; 13. 13. . Brutgang zweiarmig; Brutgang an den auf dem Schlage zu⸗ rückgebliebenen Wurzelſträngen der Stöcke. i Hylastes cunicularius. Brutgänge unter Stammrinde; breit, nur ſchwach auf dem Splinte ſichtbar, mehr oder weniger geſchwungen; 4—6 em lang. Hylastes glabratus. Rammelkammer groß (Fig. 14 Tafel Brutgang). Tomicus typographus. „Die Brutgänge ſind drei- oder mehr- armige Sterngänge, d. h. die von einer gemeinſchaftlichen Rammelkammer aus⸗ gehenden Brutröhren nehmen einen theils queren, theils diagonalen oder axialen Verlauf. Im letzteren Falle bilden ſie Gabelgänge. Der Brutgang gleichwie die Larvengänge ganz oder doch zum größten Theile im Rindeufleiſch liegend, nur theilweiſe den Baſt durchbrechend. Larvengänge in Form von zerſtreuten Kritzeln auf der Baſt⸗ fläche erſcheinend. Brutarme ſehr kurz, unregelmäßig, zum Theil geweihartig. Polygraphus poligraphus. Brutgang frei auf der Baſtſeite, höch⸗ ſtens die Rammelkammer verdeckt. 2. Mehrſtrahlig; Brutarme ſehr ſchmal, fadenförmig, ihre Breite kaum 1 mm überſchreitend; elegant geſchwungen, ſcharf in den Splint eingeſchnitten, meiſt zahl⸗ reich und weit ausgreifend; Rammel⸗ kammer groß, öfter mit zapfenartigen Erweiterungen; jederzeit im Splinte lie⸗ gend (Fig. IP Tafel zu Brutgang). Brutarme bis 30 em und mehr lang; Anlage der Eiergrübchen höchſt unregel⸗ mäßig in den einzelnen Partien, oft große Zwiſchenräume freilaſſend. Pityuphthorus macrographus. Brutarme kürzer, 10 em jelten über- ſchreitend; mehr ſtrahlig auseinander- gehend; Eiergrübchen zwar auch häufig unregelmäßig, aber doch niemals Lücken von mehreren Centimetern offenlaſſend (Fig. IP, Tafel zu Brutgang). Pityophthorus mierographus. 2. Brutarme breit (Fig. Ia und e, Tafel zu Brutgang). Brutgang ein 3 — Tarmiger Gabelgan gang 9 gang (Fig. Je ebendaſelbſt). Rammelkammer frei. Tomicus amitinus. . Brutgang mit mehr oder minder x förmig geſtellten, ſich nahezu in einen Kreis ein⸗ ſchreiben laſſenden Brutſtrahlen. Ram⸗ melkammer faſt ausnahmslos im Rin⸗ denkörper, daher vom Baſte bedeckt (Fig. Ia ebendaſelbſt). 5 Tomicus chalcographus. Die Brutgänge zeigen keine Eiergrüb⸗ chen: Eierablage erfolgt in Haufen; Larven freſſen vom Brutgang aus ge⸗ meinſam; ihre Gänge — wenn über⸗ haupt — trennen ſich erſt im ſpäteren Verlaufe. 5 3. Entwicklungsgang ſich als ein oft hand⸗ großer, hand- oder hufeiſenförmiger Fa⸗ miliengang darſtellend, ausgehend von Teile Fichtenerziehung. 8 511 einem bogigen Quergange. In der Regel am Wurzelſtocke, mit reichlichem Harz— erguſs nach außen und Harzwällen um die Einbohrſtellen und Luftlöcher (Fig. 3 4, Tafel Dendroctonus). Dendroctonus micans. „Larvengänge, wenn auch mitunter jehr verworren, laſſen ſich aber immerhin hie und da deutlich in der Rinde unter— ſcheiden. 16. Brutgänge mehr oder weniger geweih— artig (Fig. Ii, Tafel zu Brutgang). 17. Brutgänge mehr auf den Wurzelſtock concentriert; ſeltener in den oberen Stammtheilen; an den Enden nicht er— weitert. Dryocoetes autographus. 17. Brutgänge an ihren Enden erweitert (Fig. Li Tafel Brutgang). Tomicus larices. 16. Brutgänge, wenn überhaupt noch er— kennbar, kleine, unregelmäßige, kaum 14cm Länge überſchreitende Plätze dar— ſtellend. 18. Vgl. Fig. Ih, Tafel Brutgang. Crypturgus pusillus. Crypturgus einereus. 18. Vgl. Fig. Is ebendaſelbſt. Cryphalus asperatus. Cryphalus abietis. = © Hſchl. Fichtenerziehung. Die Erziehung der Fichte kann auf natürlichem wie künſtlichem Wege, rein und in der Vermiſchung erfolgen. 1. Was die natürliche Verjüngung dieſer Holzart betrifft, ſo hat man dieſelbe nicht nur im Beſamungsſchlage, alſo unter Zuhilfe— nahme von Samen- und Schirmbäumen, ſon— dern auch ohne ſolche, auf kahlen Schmal— ſchlägen, indem man vom ſtehenden Ort aus das Befliegen derſelben mit Samen und dem— nächſt den jungen Nachwuchs erwartete, und endlich im Plenterbetriebe vorgenommen. Die letztere Bewirtſchaftungs-, bezw. Verjün— gungsart verdient noch heute in beſonders rauhen Lagen, auf Steingeröll ꝛc., wo eine durchgrei— fende Lichtſtellung des Ortes Windbruch, Schnee— bruch oder Bodenverödung herbeiführen würde, volle Beachtung, da hier ſelbſt die Samenſchlag— wirtſchaft jene Unbilden von dem zu verjüngen— den Orte nicht abzuhalten vermag. Nur wenn die Samenſchlagwirtſchaft eine mehr plenter— artige Form annimmt, wie ſie bei Weißtannen wohl im Gebrauche iſt, könnte man dieſe viel— leicht einer reinen Plenterwirtſchaft, die ja mancherlei Übelſtände im Gefolge hat, vorziehen. Jene kahlen Schmalſchläge erfüllen dagegen vielfältig ihren Zweck inſofern kaum, als ihr Anfliegen meiſt nicht in erwünſchter Weiſe er— folgt und die bald eintretende Verraſung immer mehr zum Anbau aus der Hand zwingt. Bloße Abſäumung (f. d.) der Ränder, die am erſten mit Anflug verſehen werden, kann allerdings eher als eigentliche Schmalſchläge den Verjün— gungszweck erreichen laſſen, doch fördert ſie die Sache nicht und wird nur etwa auf kleinere, beſonders ſchwierig zu verjüngende Orte, wo man ſonſt wohl auch das Plentern anwenden würde, Anwendung finden. Die in früherer Zeit für die Fichtenwirt— ſchaft wohl vorgeſchlagenen, bezw. verſuchten Couliſſen-, Spring- oder Wechſelſchläge haben ebenſowenig wie die ſchachbrettförmi— gen Hiebe oder ſog. Schachenſchläge (. d.) einen Erfolg gehabt, da ſie ſchlecht anflogen, verwilderten und von Stürmen zerſtört wurden. So iſt denn die natürliche Verjüngung der Fichtenbeſtände der Hauptſache nach auf den Beſamungsſchlag hingewieſen. Wenn dieſe nun auch, wo nicht beſondere örtliche Schwierig— keiten, namentlich eine dringende Windbruchs— gefahr, vorliegen, ohne weſentliche Schwierig— keit durchzuführen iſt, ſo wird dieſelbe im all— gemeinen doch nicht ſo häufig angewendet, als man von einer ſolchen, im ganzen doch billigen und ſicheren Wirtſchaftsart erwarten ſollte, die noch dazu ſchon von den Koryphäen unſerer Wiſſenſchaft, G. L. Hartig und H. Cotta, dem Kahlſchlag gegenüber dringend empfohlen wurde. Es liegt dies vor allem in der großen Bequem— lichkeit der Kahlſchlagwirtſchaft in einem großen Wirtſchaftsbetriebe, dem die reinen Fichtenbe— ſtände meiſt angehören. Sie macht den Ver— walter unabhängig von den nur zeitweiſe ein— tretenden Fichtenſamenjahren, ſie erleichtert ihm die Führung einer ausgedehnten, einträglichen Nutzholzwirtſchaft ſowie an gewiſſen Ortlich— keiten eine ausgiebige Stockholznutzung, er hat bei ihr von der faſt nirgends ganz wegzuleug— nenden Sturmgefahr in den Samenſchägen nichts zu fürchten und iſt gewiſs, durch künſt— liche Cultur, namentlich durch Pflanzung mit verhältnismäßig nicht zu hohen Koſten, auf dem Kahlſchlage nach Maßgabe der Ortlichkeit einen überall geſchloſſenen, wüchſigen Beſtand nachzu— ziehen, während ihm dies vielleicht im Wege der natürlichen Verjüngung weniger ſicher, jedenfalls aber mit mehr Mühewaltung ver— knüpft erſcheint. Es ſoll hiemit keineswegs der Kahlſchlagwirtſchaft in Fichten vor der Samen— ſchlagwirtſchaft überhaupt das Wort geredet, ſondern nur das thatſächliche Verhältnis, nach welchem jene ſo oft der letzteren vorgezogen wird, dargelegt, bezw. auch gerechtfertigt werden. Liegen nicht die angeführten oder ähnliche Gründe vor, welche mehr für die Kahlſchlag— wirtſchaft ſprechen, ſo iſt jedenfalls auch die Fichtenſamenſchlagwirtſchaft in Anwendung zu bringen. Dies gilt nicht unr für rein nachzu— ziehende Fichtenbeſtände, ſondern ganz beſon— ders für ſolche, wo eine Miſchung der Fichte mit Buche und Weißtanne angezeigt erſcheint, was ohne Zweifel an vielen Ortlichkeiten mil— derer Lage der Fall ſein wird. Die Verjüngung der Fichte im Be— ſamungsſchlage erfolgt im allgemeinen wie bei der Weißtanne (ſ. d.). Stets iſt aber bei der Fichte auf ihre leichte Gefährdung durch den Sturm Rückſicht zu nehmen, und erfordert dies ſchon bei Anlage der Schläge noch weitergehende Vorkehrungen als bei der Weißtanne. Der An hieb muſs daher unter ſorgfältiger Beachtung der gerade vorliegenden Ortlichkeit windabwärts erfolgen und die Schlagführung gegen den Wind geſchehen, dabei muſs die Benützung von be— reits vorhandenen ſchützenden Vorſtänden vor allem ins Auge gefaſst werden. Dies läſst ſich 512 Fichtenerziehung. bei kleineren Schlägen mit kürzeren Hiebsfolgen beſſer als bei ausgedehnten Schlägen erreichen. Loshiebe „(ſ. d.) ſind dabei angebracht, wenn nicht die Ortlichkeit ſchon von ſelbſt Gelegenheit zur Anlage dieſer kürzeren Hiebsfolgen mit daraus hervorgehenden kleineren Schlägen bietet. Dabei iſt die Form der Schläge, wenn angänglich, mehr lang und ſchmal, dabei die lange Seite gegen die Sturmrichtung gekehrt zu wählen. Handelt es ſich um die Verjüngung einzelner Bergkuppen, jo werden die Schmal— ſchläge von unten her rings um den Berg ge— legt und nach und nach gegen die Spitze zu geführt, deren Beſtand bei gefährlicher Lage erſt ſpäter zu entfernen, erforderlichenfalls durch eine künſtliche Aulage zu erſetzen oder auch wohl plenterweiſe zu verjüngen ſein wird. Der Beſamungsſchlag wird, wo ein geſchloſſener Be— ſtand vorliegt, durch einen Vorbereitungs- ſchlag vorſichtig eingeleitet und dann faſt ebenſo dunkel wie bei der Weißtanne, alſo ſo geſtellt, daſs ſich, der Hauptſache nach, die Zweig— ſpitzen beinahe berühren, jedenfalls nicht über 1—2 m von einander abſtehen. Dieſe Dunkel- ſtellung erheiſcht hier nicht ein dem zu erwar— tenden Anfluge zuzuwendender Schutz, ſondern wieder beſonders die drohende Sturmgefahr für den alten Ort, dann die Sorge für die Boden- pflege, namentlich in Bezug auf den bei lichterer Stellung ſich häufig zeigenden ſtarken Gras— wuchs. Dajs ein im nächſten Frühling nach der Samenſchlagſtellung zu erwartender Samenab— flug der Verjüngung beſonders günſtig iſt und dieſes bei Ausführung jener möglichſt zu beachten iſt, verſteht ſich von ſelbſt. Bei den nur perio— diſch eintretenden Fichtenſamenjahren, der Noth— wendigkeit, Holz zur Etatserfüllung zu beſchaffen, und der Unangänglichkeit, ſolches anderwärts, na— mentlich durch Weiterführung der Vorbereitungs— ſchläge zu entnehmen, läſst ſich jedoch dieſer Zeitpunkt des Samenjahreintritts keineswegs immer, am wenigſten bei einer Forſtwirtſchaft im großen abpaſſen und müſſen auch wohl Orte zur Samenſtellung in Angriff genommen werden, deren Anfliegen nicht ſofort erwartet werden darf. In ſolchem Falle wird man von ſelbſt auf jene dunklere Stellung des Schlages hingeführt, um nicht an Samenbäumen und Bodenfriſche bis zu Eintritt des Samenjahres zu verlieren. Im Falle dieſes Eintrittes wird man aber vor allem auf eine Bearbeitung des Bodens zur Aufnahme des Samens hinwirken müſſen, was durch Aufrechen, nach Umſtänden durch Aufhacken geſchehen mufs. Da wo ſich ein friſcher, niederer, nicht zu dichter Überzug von Aſtmoos findet, vermittelt dieſer in der Regel das Keimen des Samens, und bedarf daher ein ſolcher höchſtens ſtellenweiſe eines Aufrechens. Der beſamte Schlag bleibt zunächſt dunkel ſtehen, da die Fichtenpflanzen dies ſehr wohl ertragen und ſich dabei feſter einwurzeln. Früheſtens im zweiten, gewöhnlich aber erſt im dritten bis vierten Jahre, nach Maßgabe der dunkleren oder lichteren urſprünglichen Stel- lung, legt man den Lichtſchlag ein, indem man Ys bis ½ der vorhandenen Samenbäume ein- ſchlägt, dann aber den Reſt, ſo weit er ſich hält, bis zu der Zeit ſtehen läſst, wo der Fichtenanflug etwa 0'25—0'40 m Höhe erreicht hat. Der Abtrieb wird im Schlage von außen nach innen in ſchmalen Streifen geführt, wo— durch der ſtärkere Anflug, der ſich dort zu finden pflegt, am erſten ſchirmfrei wird. Sollte es ſich jedoch ergeben, daſfs der Sturm nicht nur einzelne Bäume des zum Abtrieb ſtehenden Beſtandes wirft, ſondern denſelben im ganzen gefährdet, ſo muſs die Räumung auch ſchon früher erfolgen. Daſs man im beſamten Schlage mit dem Holzeinſchlage und Holzausbringen, be= ſonders auch mit einem nachträglichen Stockroden vorſichtig ſein muſs, geht aus den allgemeinen Regeln der Samenſchlagwirtſchaft (ſ. Beſamungs⸗, Licht-, Abtriebsſchlag) und denen des Forſt— ſchutzes zur Genüge hervor. Sollen Weißtanne und Buche mit Fichte gemiſcht gezogen werden, jo mujs die Wirtſchaft der Natur dieſer Hölzer angepasst und beſonders darauf geachtet werden, daſs ſich die Fichte leichter als jene Hölzer anſiedelt, dieſen leicht im Wuchſe voraneilt und ſie dann durch Drücken und Dämmen zu ſchädigen vermag. Man thut daher gut, zuvörderſt die Nachzucht dieſer Hölzer in dem Maße, als man ihre Beimiſchung wünſcht, ſicherzuſtellen und erſt das ſpätere Einfliegen der Fichten zu ermitteln, wozu allgemeine Regeln nicht wohl gegeben werden können, ſich aber dem Blick des praktiſchen Forſtmannes leicht ergeben. In der Literatur ſind derartige Verhältniſſe gut behandelt in Dreſslers Schrift: Die Weiß⸗ tanne (Abies pectinata) auf dem Vogejenjand- ſtein, Straßburg 1880. f Eine Miſchung der Fichte mit der Kiefer hat an einzelnen Ortlichkeiten, an denen man beide Holzarten dauernd gleichwüchſig oder doch ziemlich gleichwüchſig antrifft, inſofern ihre Vortheile, als die Kiefer dem Höhenwuchſe der Fichte auch hier immer förderlich bleibt, die letztere aber gut den Boden deckt und einer Lichtſtellung der erſteren entgegenwirkt. Aber auch in den Fällen, wo die Kiefer der Fichte wie meiſt entſchieden voraneilt, hat man wohl beide Holzarten mit einander gemiſcht, um er⸗ ſtere als Treib- und Schutzholz für letztere zu nützen, dann aber nach Erreichung des Zweckes, wo nöthig, wieder auszuläutern. Zu einer ſolchen Art der Miſchung werden aber bei Neu⸗ anlagen weniger natürliche Verjüngungen dienen können, als Anbau aus der Hand, entweder für beide oder für die eine oder andere dieſer Holzarten. 2. Der Anbau oder die künſtliche Er⸗ ziehung der Fichte kann bei Freiculturen durch Saat und durch Pflanzung erfolgen. Früher wurde vorzugsweiſe die Saat, u. zw. ſolche mit ſehr ſtarker Samenmenge in Anwendung ange⸗ bracht, jetzt neigt man ſich bei weitem mehr der Pflanzung zu, da Fichtenpflanzungen ſich gegen die ſelbſt mäßig dichten Saaten raſcher ent⸗ wickeln. Deſſenungeachtet weiſen auch jetzt hin und wieder die Verhältniſſe auf letztere hin. ders von Büſchelpflanzen benützen wollen, od man beabſichtigt, durch dieſelbe einen beſonder Fichtenerziehung. 313 dichten Pflanzenſtand zur Gewinnung einer aus⸗ giebigeren Durchforſtung zu erzielen u. dgl. Für gewöhnlich wendet man bei Ausfüh— rung von Fichtenſaaten die Streifenſaat an und macht nur etwa an ſteilen Hängen, auf felſigen Partien, zwiſchen Stöcken u. dgl., wo man mit Voll- oder unterbrochenen Streifen nicht gut vorwärtskommt, von der Plätzeſaat Gebrauch. Bei der Bodenverwundung zur Ausführung der Saat kommt es weniger auf ſtarke Lockerung als darauf an, daſs der Same weder in die obere, noch unzerſetzte Boden— ſchicht, noch in todten Mineralboden zu liegen kommt. Der Zerſetzung des Rohbodens dient beſonders ein Liegenlaſſen der früher mit Fichten beſtanden geweſenen Culturflächen auf einige Jahre. Iſt dieſe erfolgt, dann wird, bei flachem Behacken des Bodens, jene zerſetzte Schicht mit der unterliegenden dunklen Boden— ſchicht und etwas wenigem Mineralboden ge— mengt und jo das Saatbett bereitet. Die Streifen hackt man nach der größeren oder geringeren Graswüchſigkeit des Bodens meiſt als 30—60 em breite Vollſtreifen unter Belaſſung eines etwa 1 m breiten Balkens (Zwi— ſchenraumes zwiſchen den Streifen), die Plätze gewöhnlich quadratiſch mit 30—60 em Seiten— länge und 1—1˙25 m Randentfernung der Plätze von einander. Der Fichtenſame wird, ſehr rauhe Lagen ausgenommen, die eine ſpä— tere Saat im Frühlinge erheiſchen, am beſten im erſten Frühjahre rein ausgeſät, u. zw. in einer auf dem Saatſtreifen meiſt am Aufwurf— rande gezogenen Rille, um den Pflänzchen von vornherein einen gedrängteren, gegen Auffrieren und Graswuchs möglichſt geſicherten friſchen Stand zu geben. Bei den Plätzen wird die Rille in gleicher Weiſe, doch auch wohl dia— gonal über den Platz gezogen. Das Ziehen der Rille an den Rändern unterläſst man, wenn dort gerade der Graswuchs am ſtärkſten auſtreten ſollte, und wählt für ſie mehr die Mitte der Wundſtellen. Der mit 10 — 15 kg per Hektar bei Streifen, mit 9—10 desgleichen bei Plätzen eingeſtreute Same erhält eine Erddecke von etwa 1 cm. Die Fichtenpflanzung kann ſehr wohl mit 4—6jährigen Pflanzen ausgeführt werden, die man einzeln oder in kleinen, 3—4 Pflanzen enthaltenden Büſcheln, welche man mit anhän— gender Muttererde aus Freiſaaten ausſtach, einpflanzt. In der Regel erzieht man aber die Pflänzlinge in beſonderen, gut zubereiteten Kämpen und pflanzt ſie unverſchult oder verſchult aus dieſen ins Freie. Um unver— ſchult, meiſt dreijährig gewordene Fichten zu verpflanzen, ſät man ſie in ſchmale, etwa 3 em breite, 20 em von einander entfernte Rillen mit etwa 1˙5 kg Samen per Ar ein, durchrupft die ſpäter etwa zu gedrängt ſtehenden Sämlinge im erſten und zweiten Jahre, daſs fie ſich gut entwickeln und demnächſt mit entblößten Wur— zeln ſicher ins Freie verpflanzt werden können. Sollen die Sämlinge, um recht kräftige und ſelbſtändige Pflanzen zu erlangen, vor der Verpflanzung ins Freie noch verſchult werden, ſo verſtärkt man wohl die oben angegebene Einſaat in die Rillen des Saatbeetes bis auf 2 kg per Ar. Das Verſchulen der Sämlinge erfolgt dann, wenn ſie gut entwickelt ſcheinen, im einjährigen, im Nothfalle erſt im zweijäh— rigen Alter. Die zu verſchulenden Einzelpflanzen, welche im 3—4 jährigen Alter ins Freie gebracht werden ſollen, werden mit entblößten Wurzeln in Reihen mit 15—20 cm Entfernung von ein— ander bei 6—10 cm Pflanzenabſtand in das Pflanzbeet gebracht. Auch ein Pflanzenabſtand von nur 3—6 em kommt in der Praxis nicht ſelten vor und erſpart natürlich ſehr an Kamp— fläche, ohne gerade ungünſtige Erfolge auf— zuweiſen, namentlich wenn nur dreijährige Pflanzen erzogen werden ſollen. Man dehnt die Pflanzenentfernung aber auch bis auf 15 cm aus, beſonders für die Anzucht von vierjäh— rigen Pflanzen, doch genügen auch für dieſe Entfernungen von 10 em vollſtändig, und ver— theuert eine zu weite Verſchulung nur unnöthi— gerweiſe die Erziehungskoſten. Mit der Pflan⸗ zenzucht bei der Fichte beſchäftigt ſich beſonders die Schrift: Schmidt, Anlage und Pflege der Fichtenpflanzſchulen, 1875. Die Freipflanzung der Fichte erfolgt entweder als Einzelpflanze oder als Bü— ſchel. Büſchelpflanzungen waren früher die gebräuchlichſten, und verwendete man ſehr ſtarke und dichte Büſchel. Auch ſie haben gute, gegen Wildſchälſchäden in etwas geſchützte, viel Durchforſtungsholz liefernde Beſtände geliefert. Ihr langſamer Wuchs, auch wohl ihr öfteres Verwachſen der Pflanzen im unteren Stamm— theile führte jedoch darauf, die Verwendung ſtarker Büſchel aufzugeben und zu den oben— erwähnten ſchwachen Büſcheln, ſchließlich zu Einzelpflanzen zu greifen. Unter ungünſtigen Standesverhältniſſen find Büſchelpflanzungen zwar auch heute nicht zu verwerfen, im all— gemeinen aber doch Einzelpflanzungen em— pfehlenswerter. Für den Pflanzen verband wählt man im Durchſchnitt etwa 13m Quadrat- verband oder einen etwa gleiche Pflanzenzahl per Hektar gebenden Reihenverband. Ein um etwas weiterer Verband wird wohl namentlich da angewendet, wo man auf Durchforſtungs— holz keinen Wert legen darf, oder wo der gute Boden doch ein baldiges Schließen der Pflan— zung verhoffen läſst, während man im umge— kehrten Falle eher eine etwas dichtere Pflan— zung wählt. Pflanzmethoden ſind bei der Fichte in Menge erdacht und liefern, wenn ſie ſonſt nicht naturwidrig ſind, meiſt gute Erfolge. Am empfehlenswerteſten iſt im allgemeinen die gewöhnliche Löcherpflanzung, da ſie einfach auszuführen, verhältnismäßig billig und ſicher iſt. Dabei kann aber nicht in Abrede geſtellt werden, daſs auch mit Obenauf— pflanzungen, namentlich mit den nach Man— teuffel'ſcher Manier ausgeführten, mit verſchie— denen Klemmpflanzungen, ſo z. B. der Buttlar'ſchen, vielenorts gute Fichtenculturen entſtanden ſind. Auf zur Vernäſſung neigendem, mit Raſen bedecktem Boden thut die Ale— mann'ſche Klappflanzung oft gute Dienſte, und iſt auf Kalkböden, die im Winter dem Auffrieren, im Sommer aber der Verhärtung ſehr ausgeſetzt ſind, ein gutes Decken der in Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 33 514 Fichtengallmücken. — Fichtenharz. Löcher geſetzten Fichten am Boden mit Raſen Triebe, dieſe bleiben verkürzt und zeigen ſich ein bewährtes Mittel, ſteten Pflanzenabgang zu vermeiden. Gt. Fichtengallmücken. Zwei Arten: 1. Ce c i- domyia piceae Hschl. (Fig. 323 la und b), entwickelt ſich in dem gallen- oder zwiebelartig aufgetriebenen, in den Knoſpenſchuppen ſtecken⸗ den Baſaltheile des Maitriebes. Der Trieb Fig. 323. 1 Cecidomyia piceae: 1 a Baſalſtück eines ausgebrochenen Zweigleins, den zwiebelartig aufgetriebenen unteren Theil zeigend (ſtark vergrößert). 1b Abge⸗ vielfach gekrümmt, zum Theil wie geknickt. Hſchl. Fichtengimpel, ſ. Hakengimpel. E. v. D. Fichtengipfel als Weinzeiger, ſ. Baum⸗ gipfel. Mcht. Fichtenharz (gemeines Harz, Resina pini) fließt aus den Nadelhölzern entweder freiwillig aus und bildet nach dem Trocknen am Baume je nach dem Alter halbweiche bis harte, gelbliche oder bräunliche, ſelten röthliche Stücke von terpentinartigem Geruche und bitterem Ge— ſchmacke; oder die Bäume werden zur Gewinnung des Rohharzes vorher angebohrt oder angeſchnitten (ſ. Harz- gewinnung). Aus dem Roh⸗ harz werden verſchiedene Kunſtproducte gewonnen, ſo der gekochte Terpentin, das Weißpech und Burgunder- harz und das Colophonium. Gekochter Terpentin (Tere- binthina cocta) iſt der nach Abdeſtillieren des Terpentin- öles verbleibende Rückſtand; er beſteht aus Harz mit etwas zurückgehaltenem Ol und Waſſer und kommt im Han⸗ del in Form gedrehter, außen glänzender, innen matter, gelblicher, ſehr zerbrechlicher Stangen vor. Das Weißpech (Pix alba, Resina alba) wird dadurch erhalten, daſs man gewöhnliches rohes Fichten— harz ſchmilzt, durchſeiht, in ein zum Theil mit Waſſer gefülltes Gefäß fließen läjst und ſtark durcheinanderrührt; hiedurch wird das Harz in- folge Aufnahme fein ver- theilten Waſſers undurchſich⸗ tig, hellgelb, faſt weiß und zäher. Gelbes Harz erhält man, indem man zu dem aus der Deſtillierblaſe kom— menden gekochten Terpentin ungefähr ein Drittel ſeines Ge- wichtes geſchmolzenes rohes Harz zufließen läjst, Waſſer ſtorbener Fichtenzweig; (*) die nach dem Ausbrechen der Zweige zurückgebliebenen zuſetzt und das Ganze unter⸗ trockenen Kuoſpenſchuppenbecher; erſten Angriffe überdauert hatten (natürl. Größe). — 2 Längsſchnitt durch einen mit Larven beſetzten Trieb, die Larvenkammern zeigend (vergrößert). wächst zwar aus, verholzt auch, bleibt aber ſchwächlich; ſeine Verbindung mit dem vorjäh— rigen Trieb erſcheint gelockert, er wird ge— wiſſermaßen aus der Schuppenmanſchette her— ausgepreſst, während des Winters durch Schnee und Sturm zu Boden geworfen, und nur ſelten bei weniger zahlreich vorhandenen Larven ver- mag ein ſolcher Trieb ſich zu erhalten. Die Mücke fliegt im April. — 2. Cecidemyia abietiperda Hschl. (Fig. 323 2), entwickelt ſich im Baſt- und cambialen Gewebe der jüngſten d ſpäter abgeſtorbene Zweige, nachdem ſie die einanderrührt. Burgunder⸗ Ceeidomyia abietiperda: pech iſt weißes Harz, welches kurze Zeit ohne Zuſatz von Waſſer gelinde geſchmolzen wurde, jo daſs ein Theil ſeines Waſſers wieder entfernt iſt. Das echte Burgunderharz iſt ein ſehr reines, aus franzöſiſchem Galipot mit Waſſer dargeſtelltes weißes Harz. Colophonium oder Geigenharz gewinnt man durch vorſichtiges Schmelzen des weißen Harzes bis zur völligen Entwäſſerung und vollſtändigen Entfernung des Terpentinöles; je nach der angewandten Hitze iſt die Farbe des Colophoniums gelb bis dunfel- braun, immer aber iſt es durchſichtig, glasglän⸗ zend und in der Kälte ſpröde. 1 Fichtenhohlnadelwickler. Fichtenharz iſt ein Gemenge von kryſtalli— ſierbarer (Abietinſäure) und amorpher Harz— ſäure mit Terpentinöl und Waſſer; es dient zu Harzſeifen, zum Leimen von Papier, zur Appre⸗ tur, zum Pichen von Fäſſern, zur Darſtellung von Pflaſtern, Kitten, Firniſſen, Maſchinen⸗ ſchmiere, Leuchtölen, Leuchtgas u. ſ. w. v. Gn. . ſ. Grapholitha tedella Cl. Hſchl. Fichtenkernbeißer, ſ. e Fichten knoſpenmotte, ſ. A la. minatella Fr. Hſchl. Fichtenkreuzſchnabel, Loxia ceurviro- stra, Linné, Syst. Nat. I., p. 299 (1766); Crucirostra europaea, Leach, Cat. Mamm. und Brit. Mus., p. 12 (1816); Crucirostra abietina, Meyer, Vögel Liv- und Eſthlands, p. 72 (1815); Crucirostra media, Brehm, Vögel Deutſchl., p. 242 (1831); Crucirostra montana, Brehm, ibid., p. 243; Crucirostra pinetorum, Brehm, ibid., p.244; Loxia europaea, Macgill., Hist. Brit. B. I., p. 417 (1837); Crucirostra para- doxa, Brehm, Naumannia, 1853, p. 190; Cruci- rostra macrorhynchos, Brehm, ibi p 192 Crucirostra longirostris, Brehm, ibid, 1855, p. 275; Crucirostra eurvirostra var. balearica, A. von Homeyer, J. f. O. 1862, p. 257; Cruci- rostra balearica, A. von Homeyer, ibid., 186%, p. 224; Loxia balearica, Newton, Zool. Record, 1864, p. 84; Loxia albiventris, Swinhoe, P. Z. S. 1870, p. 437. Abbildungen: 1. Vogel. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 110, Fig. 1—4; Dreſſer, B. of Europe, Tom. IV., T. 203, Fig. 1—3. — 2. Eier. Thienemann, Abbildungen von Vogeleiern, T. 36, Nr. 18 a— c; Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 20, Nr. 8; Seebohm, A History of british birds, T. 13. Gemeiner Kreuzſchnabel, Kleiner Kreuz— ſchnabel, Kreuzvogel, langſchnäbeliger Kreuz— vogel, kreuzſchnäbeliger Kernbeißer, Krumm— ſchnabel, Chrützvogel, Krünſch, Krinitz, Krünitz, Grünitz, Grienitz, Grinitz, Grönitz, Winter-, Chriſt- oder Sommerkrinitz, grauer, gelber, rother, bunter Krinitz oder Kreuzſchnabel, Tannen— papag Zapfenbeißer, Zapfennager. Böhm.: Krivka bavorskä; engl.: Common erosbill; dän.: mindre Korsnaeb; frz.: Bec- croisé; ital.: Crociere, Becch’ in eroce, Becc- an-crous, Beestort, Bec-in- cros, Bec-in-crus, Bece-in-crouss, Becch-i -in-crösa, Bec-in-craus, Beco-in-crose, Beco storto, Crosnöbel, Cornd- bile, Beco in crose rosso o verde, Crosnabel, Bece stuart, Crosnöbol, Crosnobolo, Beccan- eros, Bechtort, Crociere, Beccostorto, Beec' a forbice, Crocione, Pizz’ in croce, Pizzo neroce, Beccostuortu, Pizzu-tortu, Beceu-tortu, Pizzu cruciatu, Pinzuni pelaranu, Biccu-trottu, Biccu- tortu, Ortulan geddumu imsallab; kroat.: Kri- vokljun omorikas; norweg.: Grankorsnaeb; poln.: Krzyzodziob krzywodziob: portug.: Trinca nozes, Cruza bico; ruſſ.: Klest Yelovik; jpan.: Pico eruzado, Piquituerto, Bee tort, Trenca pinyas, Pica pinyas, Trenca-pinones; ſchwed.: mindre Korsnäbb; ung.: Közönseges keresztesör. Der Fichtenkreuzſchnabel kommt in der ganzen paläarktiſchen Region vom Weſten Eu— — Fichtenkreuzſchnabel. 515 | ropas bis zum Oſten Aſiens vor und wird in Amerika in der nearktiſchen Region erſetzt durch die amerikaniſche Species, Loxia americana. Er brütet in Schottland, Irland und England, in Norwegen bis nördlich vom Polarkreiſe, in Nordruſsland bis zum 64. Grad n. Br., in Aſien ungefähr bis zum 62. Grad n. Br., in den Py⸗ ö renäen, den Alpen, Karpathen und im Ural, in Centralſpanien, in Italien in Modena und Toscana, auch in Griechenland hat er auf dem Parnaſs gebrütet nach einer Mittheilung von Krüper an Dreſſer. In Deutſchland wurde er in den Vogeſen, im Schwarzwald, im Harze, Thüringerwalde, Erzgebirge, Rieſengebirge und häufig auch in Tannenwäldern der Ebenen brü— tend gefunden. Im Herbſte und Winter tritt er, nach Nahrung ſuchend, zigeunerartig größere Wanderungen an und erſcheint dann auch in Holland, Belgien, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und der Balkanhalbinſel, Süd— ſibirien, Nordchina und Japan. Wie die oben angeführte Synonymie er— gibt, wird namentlich nach der Schnabelform, aber auch nach localen Farbenabweichungen eine Reihe von Formen unterſchieden. Es iſt richtig, dajs die Schnäbel ſehr variieren, es finden ſich aber ſo viele Übergänge von kleineren zu grö— ßeren und von ſchlankeren zu dickeren Schnäbeln, daſs wir die von Brehm unterſchiedenen For— men nicht anerkennen können. Ebenſo können wir mit Dreſſer die von Homeyer beſchrie— bene Art balearica von den Balearen und die von Swinhoe vom Amur erhaltene albiventris nicht als ſelbſtändige Arten aufrecht erhalten, Auf der anderen Seite iſt der Größen— unterſchied und die Schnabelbildung aber dem Föhrenkreuzſchnabel, Loxia pityopsittacus, ge= genüber jo charakteriſtiſch, dajs wir nicht mit Seebohm den Föhrenkreuzſchnabel, L. pityo- psittacus, nur als eine größere Form des Fichtenkreuzſchnabels anſehen können. Wir ſind der Anſicht, daſs die beiden ungebänderten Kreuzſchnäbel, den alten Linné'ſchen Beſtim⸗ mungen entſprechend, als ſelbſtändige Arten vollkommen aufrecht zu erhalten ſind. Beſchreibung: 8 * | Dotallängse 18°5 15˙9 Flügellänge 9˙3 9˙0 Schwanzlänge 6˙2 3˙8 Tarſus 175 1:65 Schnabelfirſte 1˙9 1˙8 Schnabelhöhe (ſenkrecht über der Mitte des Unterſchnabels)z .. 102 0 93 (Archangel) (Ochotzk) Der Schnabel iſt in der Weiſe gebildet, daſs ſich beide Kiefer kreuzen, der Oberkiefer geht hakig abwärts, der Unterkiefer an dem— ſelben vorbei bogig aufwärts gekrümmt, die Oberkieferſpitze iſt nicht gehöhlt, ſondern maſſiv, längs der Mitte inwendig ſcharfkantig. Beide Kiefer ſind nur ſchwach gebogen, die Spitzen derſelben lang und ſchlank ausgezogen, die des Unterkiefers deutlich nach oben über die Firſte vorſtehend. Gerade gemeſſen iſt der Schnabel weit länger als hoch. Die kleinen runden, 33 * 516 nahe der Stirn liegenden Naſenlöcher find dicht mit nach vorn ſtehenden Borſten bedeckt. Die Flügel ſind von mittlerer Länge, abgerundet zugeſpitzt, die 1., 2. und 3. Schwinge bilden die Flügelſpitze, die 2, 3. und 4. ſind auf der Außen⸗ und Innenfahne eingebuchtet. S > an Me Die Flügel ragen nicht über die oberen Schwanzdeckfedern hinaus und bedecken kaum die Hälfte des Schwanzes. Der Schwanz iſt mittellang, gegabelt. Die Füße ſind kurz und ſtämmig, die Krallen groß, ſchlank, flach gekrümmt und ſehr ſcharf zugeſpitzt. Sehr alte Männchen haben ein ſchön karminrothes Gefieder. Die ganze Oberſeite iſt ſchön karminroth, am Steiß hellkarminroth, die Schwingen und oberen Flügeldeckfedern, die Schwanz⸗ und oberen Schwanzdeckfedern ſind mattbraunſchwarz mit breiten karminrothen Säu— men. Auch die Unterſeite iſt karminroth bis auf den hellweißlichgrauen Unterleib, die unteren Schwanzdeckfedern grauweißlich mit graubraunen pfeilförmigen Flecken, die unteren Flügeldeck— federn bräunlichgrau mit ſchwachem röthlichen Anfluge. Jüngere Männchen nach der erſten Mauſer zeigen die verſchiedenartigſten Färbungen. Nach der erſten Mauſer haben ſie in der Regel ſtatt des ſchönen Karminroth der ſehr alten Männchen Gelb, ſchwankend von einem düſteren Olivengelb durch Hellgelb zum Hochgelb, Roth— gelb oder Lehmgelb. Einige Männchen mauſern aber direct in das ſchöne rothe Kleid über (nach Blaſius Hanf diejenigen, die erſt ſpät ausge— brütet wurden), und ſchwankt dies dann vom Zinnoberroth bis zum hohen Gelbroth und röth— lichen Pomeranzengelb. Sehr häufig findet man Kleider, die halb die gelbe, halb die röthliche Farbe zeigen. Erſt nach mehrmaliger Mauſerung tritt das oben beſchriebene rothe Prachtkleid der alten Männchen auf. Altes Weibchen. Oberſeite vom Kopfe bis zum Rücken bräunlichgrau mit dunkleren, wolkigen Flecken, Steiß- und kleine obere Schwanzdeckfedern grüngelblich, Schwungfedern und obere Flügeldeckfedern braun mit weiß— grauen, grünlich oder gelblich angeflogenen ſehr ſchmalen Säumen, Schwanzfedern und große obere Schwanzdeckfedern ähnlich gefärbt. Unter- jeite hellgrau mit grüngelblichen Kanten, am Bauche etwas heller grauweiß, die unteren Schwanzdeckfedern grauweiß mit pfeilförmigen dunkelbraungrauen Schaftflecken. Untere Flügel⸗ deckfedern grauweiß mit Grau gemiſcht, am Buge dunkelgrau geſchuppt. 5 Je älter die Weibchen werden, deſto ſtärker iſt das Gefieder grünlich und gelblich ange— flogen, bei ſehr alten Vögeln auch rothgelb, niemals aber rein roth, wie bei den Mäunchen. Die jungen Vögel vor der erſten Mauſer zeichnen ſich durch die geſtrichelte Zeichnung des Rumpfes aus, Oberſeite und Unterſeite ſind grau mit braunen, ſtrichelförmigen Schaft— flecken, die auf dem Rücken am breiteſten, auf der Unterſeite am ſchmälſten ſind. Schwung federn und obere Flügeldeckfedern ſind dunkel⸗ braun, Schwanzfedern ebenſo, obere Schwanz— deckfedern braun mit breiten ſchmutziggelb— Fichtenkreuzſchnabel weißlichen Säumen, untere Schwanzdeckfedern ſchmutziggrau mit großen, pfeilförmig zulaufen- den braunen Schaftflecken. Sehr merkwürdig ſehen die jungen Vögel aus, die direct aus dieſem geſtrichelten Kleide in das rothe Kleid übermauſern; ſo beſitze ich ein im Sommer ſelbſt beim Pfarrer Blaſius Hanf in Mariahof erlegtes Exemplar (junges 8), das an der Bauchſeite eine ſchöne karminrothe Feder gemauſert hat und einige ebenſo gefärbte Stoppeln unter dem Kinn bekommt. Aus Schweden liegt mir ein junges & vor (Eigen⸗ thum des Muſeums zu Braunſchweig), das im geſtrichelten Jugendkleide einzelne rothe Federn auf der Kopfplatte, dem Rücken, an den Kopf⸗ ſeiten, dem Kinn und an beiden Seiten des Bauches beſitzt. Offenbar waren beide Vögel im Begriff, aus dem geſtrichelten Jugendkleide direct in das rothe Kleid der Alten überzugehen. Vor der erſten Mauſer ſind junge Männ⸗ chen und junge Weibchen im Gefieder kaum zu unterſcheiden, nur die Größe variiert, die 2 ſind meiſtens kleiner als die 5. Über die Kreuzung des Schnabels ſchreibt Pfarrer Blaſius Hanf in ſeinen „Vögeln des Furtteiches“: Die Schnäbel kreuzen ſich nicht ſchon im Neſte, ſondern ſpäter, daher die Jungen, ſchon vollkommen flugfähig, ihre Eltern noch lange mit zwitſcherndem Geſchrei um Nah— rung anbetteln. Die Kreuzung der Schnäbel mit der Spitze des Oberſchnabels auf die rechte oder linke Seite ſcheint nur zufällig zu ſein. Unter den im Jahre 1872 aufgezogenen 8 Individuen war nur ein ſog. Rechtsſchnabel, und bei den im Jahre 1873 aufge⸗ zogenen 7 Exemplaren war nur ein Linksſchnabel. Der Schnabel iſt bei den Alten ſchmutzig, ſchwärzlichbraun, an den Schneiden heller wer- dend, bei den Jungen an der Wurzel des Uuter⸗ kiefers hellröthlich- oder gelblichgrau. Die Füße ſind braun, die Krallen braunſchwärzlich, die Iris dunkelnuſsbraun. Die Beſchreibungen ſind genommen nach 8 Exemplaren aus dem Braunſchweiger Mu- ſeum, von denen 5 aus dem Harze und Böh— men ſtammen, 4 von Archangel (altes 5), 1 von Ochotzk (altes P), 1 aus Schweden (junges 5), und einem jungen Männchen vor der erſten Mauſer aus Mariahof in Steiermark, aus meiner Sammlung. Die Eier ſind von kurzeiförmiger Geſtalt, Längsdurchmeſſer durchſchnittlich 21˙ mm, Quer⸗ durchmeſſer 16˙1 mm, Dopphöhe 9˙5 mm. f Auf weißlicher Grundfarbe (mit einem ſehr leichten lichtblaugrünlichen Tone) ſtehen na- mentlich am ſtumpfen Ende mattbräunliche tiefer⸗ liegende Flecken und zahlreiche dunkelrothbraune punkt⸗ und kritzelförmige Flecken. Der übrige Theil des Eies iſt faſt ganz von Flecken frei. Die Schale iſt mattglänzend, gegen das Licht ge— ſehen lichtgrünlichweiß durchſcheinend, mit ſehr flachem Korn und ſehr ſpärlichen Poren verſehen. (Nach zwei Eiern aus Sammlung Hollandt, geſammelt 21. Februar 1878 in Schweden von Meves.) Herr Baron Richard von König-Wart⸗ hauſen hatte die Güte, mir aus ſeiner Samm⸗ Fichtenkreuzſchnabel. lung eine Serie der Extreme von Eiern zu ſchicken; dieſelben zeigen in Form und Färbung dieſelben Abweichungen wie L. pityopsittacus, ſind nur im allgemeinen kleiner. Von demſelben erhielt ich auch zwei Neſter, die nachfolgende Zuſammenſetzung und Größenverhältniſſe dar— boten. 1. Neſt aus Schweden. Dichtes Gefilz von Baſt, Flechten, Moos und einzelnen Zweigen. Außerer Durchmeſſer .. . 0123 innerer 10 An) e ee eee 0•027 EC 0:032 2. Neſt aus Mariahof (Steiermark), 14. Ja⸗ nuar 1887. 2 todt über den gefrorenen Eiern in einer jungen Fichte. Auf einer Unterlage von trockenen feinen Reiſern ein dichtes Gefilz von Moos, Flechten, Härchen, innen ziemlich viel Federchen. Außerer Durchmeſſer ... 0120 innerer 7 0075 innerer Dopp . . 0020 ganze Tiefe 0:040 (NB. Neſt iſt offenbar künſtlich, etwas flach— gedrückt.) Was die Lebensweiſe anbetrifft, die Zeit und Art der Fortpflanzung, die Wahl der Brut- plätze u. ſ. w., jo will ich hier die ausgezeich— neten Beobachtungen des Neſtors unſerer jetzt lebenden Ornithologen, des Pfarrers Blaſius Hanf in Mariahof bei Neumarkt in Steier— mark mittheilen, die derſelbe uns in ſeinem eben angeführten Werke, den „Vögeln des Furt— teiches“, von p. 74 an gemacht hat, da ich außer Meves in Stockholm kaum einen Ornithologen kenne, der ſelbſt ſo gründlich unſeren Vogel im Leben ſtudiert hat, und da ich ſelbſt Gelegenheit hatte, bei mehrfachen Beſuchen in Mariahof die von Blaſius Hanf geſammelten Eier und Neſter zu ſehen und unter ſeiner eigenen Führung die Brutplätze zu beſuchen. Mein verehrter Freund ſchreibt loco citationis: „Der Fichtenkreuzſchnabel iſt in ſeiner ganzen Lebensweiſe, ſo auch hinſichtlich der Zeit ſeiner Fortpflanzung und in der Wahl ſeiner Brutplätze ein wahrer Strichvogel; er läſst ſich für Zeit und Ort ſeiner Fortpflanzung größten— theils nur durch das reichliche Vorhandenſein des Fichten- und Lärchenſamens beſtimmen. Es vergehen oft mehrere Jahre, bis derſelbe eine gewiſſe Gegend wieder zu ſeinem Brutplatze wählt. Ich habe den Kreuzſchnabel am öfteſten im Winter von Januar bis April, aber wohl auch noch im September brütend angetroffen.“ 1852 wurden von Hanf Neſter gefunden, dann erſt wieder im Winter 1871/72. Am 19. Januar 1872 wurde ein Neſt mit 4 Jungen, am 21. Jauuar wieder ein Neſt mit 4 Jungen und ſo bis zum 31. März noch 12 Neſter gefunden, welche ſtets auf Fichten gebaut waren, die im Winter der Familie den beſten Schutz ge— währen. Die Höhe des Neſtes iſt ſehr ver— ſchieden, je nachdem der Baum, welchen er zu ſeinem Niſtplatz wählt, hoch iſt, da er ſein Neſt meiſtens in den höchſten noch Schutz ge— währenden Aſten nahe am Stamme baut. Ich glaube, dajs er dies nicht ohne Vor— 317 ſicht thut, da das Neſt nahe am Stamme und nahe der Spitze des Baumes, wo die ſecun— dären herabhängenden Zweige dasſelbe be— decken, von dem in den Kronen der Bäume ſich anhäufenden und bei Temperaturwechſel herabſtürzenden Schnee weniger beſchädigt wer— den kann. Nur einmal unter 14 Fällen baute er ſein Neſt auf einem Aſt etwas vom Stamme entfernt und nur einmal unter die unterſten neu nachgewachſenen Zweige einer früher ihrer unteren Aſten beraubten Fichte. Auf alten, ganz ausgewachſenen Fichten entdeckte ich niemals ein Neſt. Auch vergebens ſucht man ein Neſt im geſchloſſenen Walde. Alle fand ich am Rande oder in einer Lichtung desſelben, auch in Weiden, welche mit Fichten und Lärchen, aber nicht zu dicht bewachſen ſind. Es iſt nicht ſchwer, das Neſt des Kreuz— ſchnabels zu finden. Im allgemeinen möchte ich hinſichtlich der Brutreviere der Kreuzſchnäbel bemerken, daſs man ihr Neſt vergebens dort ſucht, wo man ſie in größerer Geſellſchaft Nah— rung ſuchend antrifft; oft iſt der Brutplatz von dem Orte, wo ſie Nahrung finden, weit entfernt. Kennt man einmal die Localität, wo der Kreuzſchnabel gerne brütet, dann iſt es nicht ſchwer, aus dem auffallenden Benehmen des Männcheus das Neſt zu entdecken, denn ſchon beim Neſtbauen macht das Männchen den er— fahrenen Vogelſteller auf dieſes Geſchäft, welches er, wie viele Fringillen, dem Weibchen allein überläſst, aufmerkſam. Während nämlich das Weibchen fleißig arbeitet, um der zarten Nach— kommenſchaft ein vor Kälte ſchützendes Bettlein zu bereiten, ſitzt der Gatte auf dem Gipfel eines in der Nähe befindlichen Baumes und ſtimmt einen Geſang, aber jo leiſe an, dass der Kundige, durch dieſen leiſen Geſang aufmerkſam gemacht, ſich ſogleich um das mit dem Neſt— baue beſchäftigte Weibchen umſehen und bald dasſelbe entweder vom Neſte ab- oder mit einem Sträußchen oder einer Baumflechte im Schnabel dem Niſtplatze zufliegen ſehen wird; dabei wird es von dem beſorgten Männchen ſtets begleitet. Bietet ſich die zufällige Gelegen— heit, den Vogel beim Neſtbau belauſchen zu können, ſo iſt das Neſt leicht zu entdecken, da die Vögel beim Neſtbau überhaupt nicht ſo vor— ſichtig ſind, als wenn ſie ſchon Eier oder gar Junge haben. Da aber die Zeit des Neſtbaues ziemlich kurz iſt und dieſe Arbeit größtentheils in den Vormittagsſtunden geſchieht, ſo kommt es beſonders darauf an, auch das Benehmen des Vogels während der Brutzeit zu kennen. Auch da iſt es wieder das Männchen, welches dem Beobachter das verborgene Neſt verräth— Bekanntlich hat während der Brutzeit das Männ chen des Kreuzſchnabels die Aufgabe, das auf den Eiern ſitzende Weibchen mit der im Kropfe geſammelten Nahrung (Fichten- und Lärchen ſamen) zu atzen. Das Männchen kommt daher nach einer oder zwei Stunden zum Neſt, um das Weibchen zu füttern. Da es aber die Nah— rung ziemlich weit vom Neſte ſucht, ſo kann man, wenn man im Winter einen einzelnen Kreuzſchnabel ſtreichen ſieht, ziemlich ſicher überzeugt ſein, daſßß er auf dem Wege ſei, ſeinem brütenden Weibchen Nahrung zu bringen 518 Fichtenläuſe. — oder ſolche zu ſuchen. Das erſtere wird gewiſs, wenn das Männchen, bevor es ſich auf den Gipfel des höchſten Baumes in der Umgebung anſetzt, noch in der Luft flatternd, freudig ſeinen Geſang anſtimmt, um mit dieſem dem brütenden Weibchen ſeine Ankunft mit Futter zu verfün- den. Iſt man dem Neſte zufällig ſchon ſo nahe, daſs das Männchen die Beobachtung erkennt, dann wird ſich der fröhliche Geſang desſelben bald in einen klagenden Warnungsruf (Digk— Digk, wenn ich den gewöhnlichen Lockruf mit Dögk-Dögk ausdrücken darf) verwandeln, was dem Beobachter eine Mahnung ſein möge, ſich etwas zu eutfernen, weil ſonſt das vorſichtige Männchen ſich dem brütenden Weibchen nicht nähert, um das Neſt nicht zu verrathen. Big- weilen läſst auch das auf den Eiern ſitzende Weibchen einen leiſen, etwas höheren Ton hören, wodurch es die Gegend des Niſtplatzes anzeigt. Meiſtentheils bringt das Männchen die Nahrung zum Neſte, beſonders wenn es ſehr kalt iſt. Bisweilen verläſst auch das Weibchen das Neſt, um ſich füttern zu laſſen, nämlich dann, wenn es nicht kalt iſt. Trifft man das Männchen zufällig auf der Spitze einer jungen Fichte ſitzen, dann iſt das Neſt nicht mehr weit entfernt, ja bisweilen ſchon an demſelben Baume. Sind ſchon Junge im Neſte, dann drückt das Männ⸗ chen bisweilen ſeinen Arger über die Beobach— tung dadurch aus, dafs es ſich unruhig hin- und herdreht und einen höheren Lockton hören läſst, bis das eben die Jungen atzende Weibchen das Neſt verläſst und beide ſcheinbar unbekümmert um ihre Jungen ſich wieder in weit entfernte Waldungen begeben, um Nahrung zu ſuchen.“ Der Pfarrer Blaſius Hanf erzählt dann weiter, dajs er im Winter 1872/73 wieder acht Kreuzſchnabelpaare brütend antraf und am 24. Januar die erſten vier bebrüteten Eier fand, ferner daſs am häufigſten im Winter 1881/82 die Vögel dort brüteten, aber durch unbekannte Neſträuber regelmäßig im Brutgeſchäfte geſtört wurden und ſogar noch am 1. April zum Neſte trugen. Durch die mannigfachſten Störungen „wird aber der Kreuzſchnabel nicht gehindert, ſein Brutgeſchäft ſo lange fortzuſetzen, bis er eine Familie zur Führung bekommt“. „Die Eierzahl iſt meiſtentheils 4, bis— weilen nur 3 und ausnahmsweiſe 5. Die Brut- zeit dauert 14 Tage, von dem zuerſt gelegten Ei an gezählt, da das Weibchen wegen der meiſtentheils herrſchenden großen Kälte ſchon auf dem zuerſt gelegten Ei ſitzen bleibt, daher auch die ungleiche Größe der mit ſchwarzen Dunen bekleideten Jungen im Neſte.“ Der Geſang der Männchen beſteht aus einem luſtigen, ſehr modulierten Zwitſchern, das Bechſtein in folgende Worte einkleidet: Hizärizäriziis; döng, döng; hiſthiſthehi; gip, gip, gip, gip, dihöija, dihöija; gaga ga! u. ſ. w. Die Weibchen ſingen auch, aber nur ſehr leiſe zwitſchernd. Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus Fichten- und Lärchenſamen, ebenſo nähren ſie ſich aber auch von Tannenſamen, Erlenſamen, Ebereſchenbeeren, Diſtelſamen, Kiefernſamen und Inſecten. Chr. L. Brehm beobachtete, daſs ſie in Menge z. B. Blattläuſe verzehrten. Fichtennadelöl. Indem ſie ſich hauptſächlich von Nadelholz— ſamen nähren, ſind ſie der Forſtwirtſchaft ent— ſchieden ſchädlich. Da ſie ſich aber nur dann in großen Maſſen einſtellen, wenn ihr Lieblings futter gut gerathen iſt, ſo läſst ſich der Schaden ſehr wohl ertragen, auch ohne die Vögel aus— zurotten. Dazu bieten ſie dem Menſchen ſowohl im Freien wie in der Gefangenſchaft ſo viele Annehmlichkeiten, dafs man ſehr wohl ihren Schutz befürworten kann. Im Winter iſt der Kreuzſchnabel faſt der einzige Vogel, der ſein zwitſcherndes Liedchen draußen in den ſtillen Nadelwäldern erſchallen läſst, und im Zimmer iſt der Kreuzſchnabel durch ſeine Lebendigkeit und komiſche Beweglichkeit einer der poſſier— lichſten Stubenvögel. Oben genanntem Pfarrer Blaſius Hanf ge— lang auch die Zucht der Kreuzſchnäbel in der Gefangenſchaft. Er ſchreibt darüber: „Um dies zu bewirken, war ich beſonders für gute Nah- rung und für einen entſprechenden Brutplatz be— ſorgt, ich fütterte ſie mit Zirbisnüſſen (Pinus cembra), welche ein beſonderer Leckerbiſſen der Kreuzſchnäbel ſind, und bereitete ihnen den Brut- platz in einer Fenſterniſche, welche von außen durch ein ſog. Fliegengitter und außer dieſem, zum Schutze gegen die Sonnenſtrahlen, durch Jalouſien geſchloſſen war. In der oberſten dunklen Ecke brachte ich ein dicht verwachſenes Tannenbäumchen an (die Tanne iſt der Fichte vorzuziehen, weil ſie die Nadeln nicht verliert), welches ich möglichſt gut für den Neſtbau her— richtete. Schon Ende Januar gab ich ein Pär— chen meiner aufgezogenen Kreuzſchnäbel aus meiner warmen Wohnung in dieſe der freien Temperatur ausgeſetzte Brutanſtalt. Ungeachtet der herrſchenden Kälte, welche mich nöthigte, öfters des Tages das Trinkwaſſer zu erneuern, fieng das Weibchen am 8. Februar an, ſein Neſt zu bauen, wobei ich ihm, da mir das ausge— wählte Niſtplätzchen einmal bekannt war, etwas behilflich war, indem ich ihm mit dürren Fichten⸗ zweigen den Grund legen half. Das Weibchen arbeitete allein und vollendete ſein Neſt in vier Tagen. Am 11. Februar legte es das erſte Ei und blieb gleich auf demſelben ſitzen, wie in der freien Natur. Zwei Junge dieſer Brut habe ich mit einem Gemenge aus hartgeſottenen Eiern, etwas geweichter Semmelſchmolle und etwas wenigem feingeſchnittenen Grünzeug (in der Noth ſelbſt mit Fichtennadeln) leicht großge— zogen. Bei der Mauſerung, welche im Juli an- fieng, legten die & ein ſchmutziggelbes Kleid an, welches ihnen in der Gefangenſchaft bei jeder wiederholten Mauſerung bleibt, wie auch die roth eingefangenen Männchen in der Gefangen ſchaft bei der Mauſerung das rothe Kleid ver— lieren und dieſes nicht mehr bekommen.“ R. Bl. Fichtenkläuſe: Lachnus piceae; Chermes viridis und C. coceineus; Lecanium racemo- sum (ſ. d). h Hſchl. Fichtenmotte, Dioryctria wiel ſchl. Fichtennadelöl (Waldwollöl, Kiefernnadel— öl) wird bei der Darſtellung des Fichtennadel— extractes als Nebenproduct gewonnen, iſt farb⸗ los, manchmal gelblichgrün, riecht balſamiſch, ſpec. Gew. 0˙88, löslich in Alkohol und Ather, Fichtennadelroſt. — Fichtenſchädlinge. 519 und beſteht aus Terpentinöl, einem höher ſieden⸗ den Stoff (Silveſtran) und aus einem noch höher ſiedenden Ol, welches den charafterifti- ſchen balſamiſchen Geruch beſitzt. Es findet Ver- wendung zu Einreibungen und zur Verfälſchung anderer Ole. v. Gn. Jichtennadelroſt, ſ. Chrysomyxa. Hg. Fichtennadelſchütte, ſ. Lophodermium ma- crosporum. Hg. Fichtenneſtwickler, ſ. Grapholitha te- della Cl. N Hſchl. Fichtenpeſt, Wurmtrocknis, Fichten— krebs, Bezeichnungen für die durch Tomicus typographus bei großer Ausbreitung verur— ſachten Stamm- und Beſtandesverwüſtungen. Hſchl Fichtenprachtkäfſer, Anthaxia quadri- punctata; Ancylocheira rustica (ſ. d.). Hſchl. Fichtenquirlkſchildlaus, j. Lecanium ra- cemosum. Hſchl. Fichtenquirlwickler, gleichbedeutend mit Fichtenrindenwickler (ſ. d.). Hſchl. Jichtenrindenlaus, ſ. Chermes viridis und C. coceineus. Hſchl. Fichtenrindenpilz, ſ. Nectria Cucurbitula. Hg. Fichtenrindenwickler, ſiehe Grapholitha pactolana und G. duplicana. Hſchl. Fichtenrüſſelkäfer oder ſchlechtweg „der Rüſſelkäfer“, häufige Bezeichnung für Hylo- bius abietis. Die Fichtenrüſſelkäfer, d. h. jene an Fichte überhaupt ſchädlich auftretenden oder in biologiſchem Verhältniſſe zu dieſer Holzart ſtehenden Arten der Familie Curculionidae (ſ. d.) ergeben ſich aus nachſtehender Überſicht: A. Als Larven frei im Boden lebend; nach Art der Engerlinge die Wurzeln benagend: 1. Otiorhynchus ater; — 2. 0. ovatus; — 3. O. multipunctatus; — 4. O. vil- losopunctatus; — 5. O. planatus; — 6. Brachy- deres incanus. — B. Als Larve unter der Rinde lebend: I. Stockbrüter (ſ. d. und Rüſſelkäfer): 7. Hylobius abietis; — 8. H. pi- nastri, — II. Stammbrüter (j. d. und Rüſſelkäfer): 9. Pissodes hercyniae: — 10. Mag- dalis duplicatus; — 11. M. carbonarius; — 12. M. violaceus. — C. Als Imago durch äußerliches Benagen der Rinde die Culturen ſchädigend (Hylobius; Otio— rhynchus ater, ovatus): 13. Pissodes notatus; — 14. Strophosomus coryli; — 15. S. obesus. — Näheres bei den betreffenden Arten. Hſchl. Fichtenſchädlinge. Die Fichte reiht ſich, was Zahl der Schädlinge betrifft, unmittel— bar an die Kiefer an; ſie nimmt mithin die zweite Stelle unter den einheimiſchen Coniferen ein. Von den Säugethieren iſt das Wild und Weidevieh, ſodann eine kleine Anzahl Nager zu nennen. Unter den Vögeln haben wir Finken (Fringillidae), Taubenarten und Wildhühner (Auerwild) hervorzuheben; und von wirbelloſen Thieren ein Heer von In— fecten. Das Edel-, Reh- und Damwild hat das Aufäſen der jüngſten, eben ankeimenden Anflüge, das Berbeißen der ſchon älteren und Ausziehen jüngſt verſetzter Pflanzen mit ein— ander gemein; und ebenſo die durch Fegen und Schlagen verurſachten Schäden. Beim Edel— wild ſind noch überdies die durch Vertreten, Verliegen und Übererden der Pflanzen in den jüngſt ausgeführten Culturen, beſonders auf mehr ſteilen Hängen und humoſen, lockeren, tiefgründigen Böden angerichteten Schäden in Betracht zu ziehen. Am ſchädlichſten aber wird dieſe Wildgattung durch das Schälen, insbe— ſondere der Stangenorte; und darin unter— ſcheidet ſich das Edelwild weſentlich vom Reh— und Damwild. Erſteres ſchält gar nicht, letzteres nur ſehr ausnahmsweiſe (ſ. Wildſchäden). Ahn⸗ lich wie die genannten Wildarten verhält ſich Weidevieh (j. Weideſchäden mit Ausjchlufs des Schälens, Fegens, Schlagens). Der Fichte kommt übrigens das in hohem Grade ihr inne— wohnende Reproductionsvermögen zu ſtatten; ſie überwindet ſelbſt jahrelang andauernden Ver— biſs verhältnismäßig gut und entwickelt — wenn ein Jahr verſchont geblieben — nicht ſelten noch außerordentlich kräftige Längstriebe von 0˙8—1˙ 5m Höhe. Unter den Nagern find zu nennen: die Haſen (Abäſen der Keim- pflänzchen); ferner das Eichhörnchen (ſ. d.), ſchädlich durch Auffreſſen der Samen, Abbeißen der Triebe in den Culturen und der Blüten— zweige im Altbeſtande (j. Abbiſſe), ſowie durch Schälen und Ringeln, am liebſten der Stangen— hölzer. Letztere ſchädliche Eigenſchaft theilt auch der Billich (ſ. Schlafmäuſe). Unter den Mäuſen find die Wühlmäuſe (ſ. d.) obenan zu ſtellen, und ſcheint es beſonders Arvicola glareolus zu ſein, welche die Pflanzen nicht ſelten bis in die äußerſten Verzweigungen ihrer Rinde gänzlich beraubt und geradezu verheerend in) den Culturen auftreten kann (ſ. Buchenſchäd— linge). Viel geringer hingegen geſtalten ſich die durch Vögel verurſachten Schäden (ſ. Vogel— ſchäden), obwohl auch ſie auf Freiſaaten und in den Saatkämpen durch Aufzehren der Sä— mereien zur nicht geringen Laſt werden können. Die Finfen- (Fringilla-) Arten ſtehen obenan: der Buchfink (Fringilla coelebs), der Berg— fink (Fringilla motifringilla) und der Kern— beißer (Coccothraustes vulgaris); ihnen ſchließen ſich die Wildtauben an: Ningel-, Hohl- und Turteltaube (Palumbus torquatus, Columba oenas, Turtur auritus). Als Zapfen- zerſtörer iſt der Fichtenkreuzſchnabel (Loxia curvirostra) zu nennen; und vom Auerwild endlich werden die Culturen durch das Ab— kneifen der über den Schnee hervorragenden Triebe und Knoſpen „unter der Schere ge— halten“. Das größte Contingent an Schädlingen ſtellt aber entſchieden die Inſectenwelt. Diesbezüglich diene nachſtehende Überſicht zur Orientierung: Unterirdiſch, an den Wurzeln freſſend. Larven. „Fußloſe, gekrümmte, nach beiden Enden hin etwas verjüngte Larven mit deut— lichem Kopf: Otiorhynchus-Arten (ſ. d.). . 6= oder 16füßige Larven. . Larven 6 füßig: a) gekrümmt, weich, ſaftig: Engerlinge (s. Melolontha); — b) geſtreckt, hornglatt: Drahtwürmer (ſ. Elateridae). S 8 — * . ——ö— v ̃ ẽůe . ð— 520 4. 1 A . An Rinde, Fichtenſpargel. — Fichtenzwillingsbildung. 16 füßige Larven (Schmetterlingsraupen): Erdraupen (j. Agrotis valigera; Agro- tis vestigialis). Käfer: a) vom Rhizomen abwärts, zum Theil brutgangartige Canäle freſſend: Hylastes cunicularius (ſ. d.): — b) am Rhizomen und auſwärts, wenig— ſtens nicht zu den Wurzeln hinabſteigend, plätzeweiſe die Rinde abnagend: Hylo- bius (ſ. d.), Otiorhynchus ater, ovatus (ſ. d.), Strophosomus coryli, obesus (ſ. d.); — c) unter der Rinde des Wurzelanlaufes und des Rhizomen (Stangen⸗- und Althölzer) brütend: Den- droctonus micans (ſ. d.). Den oberirdiſchen Pflanzen- oder Baum⸗ theil beſchädigend. . Gallen erzeugend: a) erdbeerartige Gal- lenbildungen: Chermes viridis und coccinea (ſ. d.); — b) im Holze der jüngſten Triebe oder am Grunde der— ſelben: Cecidomyia abietiperda und piceae (j. Fichtengallmücken). Keine Gallen erzeugend. . Außerlih (Rinde, Nadeln, Knoſpen) be- freſſend oder beſaugend. Käfer oder Läuſe. An der Rinde ſaugende Läuſe: Lachnus, Lecanium (ſ. d.). Nadeln, Knoſpen freſſende Käfer: a) Rinde und Knoſpen beſchä— digend: Hylobius abietis und pinastri (ſ. d.); Otiorhynchus ater, ovatus (ſ. d.); Pissodes notatus (ſ. d.); — b) Nadeln freſſend: Melolontha vulgaris und hippo— castani (ſ. d.). Die Rüſsler, Brachyderes incanus (ſ. d.), Sitones lineatus (ſ. d.); ir Polydrosus mollis und atomarius (ſ. d. ). Larven von Schmetterlingen oder Blatt- weſpen. Larven mit 8, 20 oder 22 Beinen (After⸗ raupen, ſ. d.): a) 8 beinig, im Geſpinſte lebend: Lyda hypotrophica (ſ. d.); — b) 20 beinig, frei lebend: Nematus abie— tum (ſ. d.), Nematus parvus (s. d.); — c) 22beinig, frei lebend: Lophyrus poly- tomus. Larven (Raupen) mit 16 Beinen: a) frei freſſend: Oeneria monacha (ſ. d.); — b) von Geſpinſten begleitet (j. Fichten- wickler, C.) Im Innern (der Rinde, des Holzes, der Zweige, Nadeln, Kuoſpen, Triebe, Zapfen) freſſend. Zerſtörungen von 16 füßigen Räupchen, ſ. Fichtenwickler, Fichtenzapfen— zünsler. Zerſtörungen durch Käfer oder fußloſe oder 6 beinige Larven. In der Rinde oder im Baſte. Vom eierlegenden Weibchen angelegte Brutgänge und von dieſen beiderſeits abgehende, allmählich ſich erweiternde Larvengänge (Baſt- und Rindenborfen- käfer), ſ. Fichtenborkenkäfer. Nur Larvengänge vorhanden, welche in ihrem Verlaufe ſich allmählich erweitern und entweder in eine zwiſchen Rinden⸗ körper und Splint liegende Puppenwiege enden, oder ſich in den Holzkörper ein⸗ ſenken; ſ. Fichtenbockkäfer; Fichten⸗ rüſſelkäfer (B. II); Fichtenpracht⸗ käfer. 11. Im Holzkörper, ſ. Fichtenborkenkäfer (A und 2); wenn keiner von dieſen beiden: a) Querſchnitt der Larvengänge und die Fluglöcher oval (ſ. Fichtenbockkäfer); — b) Ouerſchnitt der Gänge ſowie die Fluglöcher vollkommen kreisrund; die erſteren dicht mit ſehr feinem mehlartigen Genagſel verſtopft; Larven mit aufge⸗ richtetem kurzen Aiterdorn: Holzweipen j. Sirex. Hſchl. Fichtenſpargel, ſ. Monotropa. Wm. Fichtenwickler. A. Raupen unter Rinde junger Stämmchen, meiſt in der Quirl⸗ gegend freſſend: Grapholitha duplicana Zett. und pactolana ZU. — B. Junge Triebe und Nadeln zerſtörend: Grapholitha Har- tigiana Rtzbg. und Steganoptycha Ratze- burgiana Sx. — C. Ausſchließlich Nadeln freſſend: Tortrix piceana L., Tortrix (Loxa- taenia) histrionana Frl., Grapholitha tedella Cl., Grapholitha (Acrolepia) pygmaeana Hbn., Steganoptycha nanana Tr. — D. In Zapfen frejiend: Grapholitha strobilella L. (j. die betreffenden Artikel). l. Fichtenzapfenpilz, ſ. Aecidium strobi- linum. Hg. e e Grapholitha stro- bilella (ſ. d.). Hſchl. Fichtenzapfenzünsler, Dioryetria abie- tella (ſ. d.). Hſchl. Fichtenzwillingsbildung. Die Fichte be⸗ ſitzt oftmals die Eigenthümlichkeit, im Einzel- ſtande ſchon vom dritten Lebensjahre an mit periodiſcher Wiederkehr neben dem eigentlichen Höhentriebe eine der Quirlknoſpen zu einem zweiten, mit dem erſten faſt parallel wachſen⸗ den Längstriebe zu entwickeln. Früher oder ſpäter ſiegt dann einer von den beiden Längs- trieben, unterdrückt den anderen, der endlich abſtirbt und nun einen die Brauchbarkeit des Schaftes ſtörenden, allmählich verfaulenden Ein- wuchs bildet. Im dichten Stande, ſei dieſer aus natürlicher Saat oder dichter Pflanzung hervor— gegangen, findet ſich die Zwillingsbildung nur ſehr ſelten. Die Zwillingsbildung iſt möglichſt frühzeitig durch Abſchneiden eines der Concur— renten zu beſeitigen, was zumal bis zum zehn⸗ jährigen Alter ohne große Koſten und ohne Nachtheil für die Pflanze durchgeführt werden kann. Wartet man damit bis zur erſten Durch- forſtung, alſo etwa bis zum 30. Jahre, dann hat der Weghieb für den ſtehenbleibenden Stamm den Nachtheil, daſs der abſterbende Stutz ver⸗ fault und ſeine Fäulnis ſich dem Mark des lebenden Baumes mittheilt, eine Art von Roth- fäule erzeugend, die auf mehrere Meter Höhe aufwärts rothbraune Stellen erzeugt. Zwillings- bildungen, welche höher am Stamme, d. h. in ſpäteren Lebensjahren entſtehen, laſſen ſich nicht beſeitigen, find vielmehr ein Übelſtand, der mit den weitſtändigen Pflanzungen verknüpft iſt. Die Zwillingsbildung darf nicht verwechſelt Fideicommiſs. 521 werden mit der Verwachſung zweier Stämme nahe der Bodenoberfläche, die ſo oft eintritt in Beſtänden, welche aus Büſchelpflanzung oder Plätzeſaat hervorgegangen ſind. Der Abhieb eines von zwei verwachſenen Stämmen in den Durchforſtungen iſt von geringem Nachtheil für den ſtehenbleibenden Stamm, da der Stock des abgehauenen Stammes feine Fäulnis in der Regel nicht auf den lebenden Baum über— trägt. Hg. Fideicommils nach römiſchem Recht (fideicommissum hereditatis) iſt das von dem Erblaſſer (fideicommittens) einem Erben oder dieſem Gleichgeſtellten (fiduciarius) auferlegte Vermächtnis, die Erbſchaft ganz oder zum Theil einem Anderen (fideicommissarius) zu einer beſtimmten Zeit oder bei Eintritt gewiſſer Be— dingungen herauszugeben. Dasſelbe iſt ein Singularfideicommiſs, wenn es ſich nur um eine beſtimmte Sache, ein Univerſal— fideicommiſs, wenn es ſich um die ganze Erbſchaft oder eine Quote derſelben handelt. Solche Vermächtniſſe, welche in der letzten Zeit der Republik häufig vorkamen, konnten, da ſie mit den geſetzlichen Vorſchriften im Wider— ſpruche ſtanden, den Fiduciar nur im Gewiſſen verpflichten, und die Erfüllung des ihm gewor— denen Auftrages war lediglich ein Act der Pietät. Erſt unter Auguſtus legten die Gerichte dem Fiduciar eine rechtliche Verpflichtung zur Er— füllung des Willens des Fideicommittenten auf, und unter den folgenden Kaiſern entwickelte ſich das Fideicommiſs zu einem beſonderen Rechts— inſtitute, welches durch Juſtinian ſeinen Abſchluſs erhielt. Fiduciar kaun nur ein Erbe ſein, ein teſta— mentariſcher oder geſetzlicher, oder auch der Fideicommiſſar ſelbſt, wenn ihm der Auftrag geworden iſt, das vom Fiduciar erhaltene Erbe ſeinerzeit wieder einer beſtimmten Perſon zu übergeben (fideicommissum successivum). Das Fideicommiſs kann auferlegt werden durch Teſta— ment, Codieill, Codicilliarclauſel (ſ. Teſtament), oder auch ſtillſchweigend, indem z. B. dem Erben verboten wird, weiter zu teſtieren. Als Erbe gilt nur der Fiduciar (semel heres, semper heres), indem dieſer ſein Erbe nur dem Fidei— commiſſar überträgt. Tritt der Fiduciar aus irgend einem Grunde die Erbſchaft nicht an, ſo geht dieſelbe auf den Fideicommiſſar über (Vulgarſubſtitution). Die fideicommiſſari— ſchen Beſtimmungen bleiben aufrecht, auch wenn die betreffende Erbeinſetzung ungiltig iſt. Um den Fiduciar zur Übernahme der Erb— ſchaft zu veranlaſſen, beſtimmt das römiſche Recht, daſs das Singularfideicommiſs nicht über drei Viertel der Erbſchaft betragen dürfe, und gejtattet beim Univerſalfideicommiſſe dem Fiduciar, von dem Erbe ein Viertel (Quarta Trebelliana) für ſich abzuziehen. Die Verpflich— tung des Fideicommiſſars, das Erbe ſeinerzeit wieder einem Anderen zu übergeben, erſtreckt ſich nur auf ein Viertel deſſen, was er ſelbſt erhalten hat. Es hat deshalb Juſtinian ange— ordnet, daſs ein in einer Familie vererbendes Univerfalfideicommifs (ädeicommissum ejus quod superfuturum est) nicht über die vierte Generation hinausgehen dürfe, da der fünfte 7 Erbe eine kaum nennenswerte Quote der ur— ſprünglichen Erbſchaft erhalte. Der Fiduciar haftet pro rata deſſen, was er empfangen, für die vorhandenen Schulden und Hat die Erbſchaft mit dem dies u Früchte, zu übergeben. Letzterer 1 55 mit dem dies cedens Reſtitution des ihm Zugewendeten verlangen. Das Singularfideicommißs gilt nach den 60 Particularrechten als Legat (ſ. d Die Beſtimmungen über das römiſche Univerſalfideicommiſs ſind in der Haupt— ſache in das gemeine Recht aufgenommen wor— den. Größere Modificationen derſelben zeigt das preußiſche allgemeine Landrecht, welches die Trebellianiſche Quart ausſchließt und den Fidu⸗ ciar bis zur Herausgabe der Erbſchaft als durch Veräußerungsverbot beſchränkten Eigenthümer mit dem Rechte der 1 betrachtet. Der Fideicommiſſar gilt als Nacherbe und das Nach- vermächtnis ſelbſt als eine fideicommiſſariſche und zugleich vulgäre Subſtitution, welche nicht über die dritte Stelle hinaus ausgedehnt werden darf. Das ſächſiſche Civilgeſetzbuch beſeitigt neben der Trebellianiſchen Quart auch die Vor— ſchrift Juſtinians über das fileicommissum ejus quod superfuturum est. Der franzöſiſche Code civil verbietet, mit geringfügigen Ausnahmen, die fideicommiſſariſche Subſtitution als Beſchrän— kung des Verkehrs. Nach dem Geſagten iſt das römiſche Uni— verſalfideiceommiſs von dem deutſchrechtlichen Fideicommiſs (ſ. Fideicommiſswaldungen) grund verſchieden. At. Fideicommifs nach deutſchem Recht oder Familienfideicommiſs, ſ. Fideicommiſs— waldungen. At. Fideicommifs. (Oſterreich.) Die Normen über die Fideicommiſſe enthält das a. b. G. B. in den SS 618-646, ferner das kaiſ. Patent vom 9. Auguſt 1854, R. G. Bl. Nr. 208, und das Geſetz vom 13. Juni 1868, R. G. Bl. Nr. 61. Unter einem Fideicommiſs verſteht man „die Anordnung, kraft welcher ein Vermögen für alle künftigen oder doch für mehrere Ge— ſchlechtsfolger als ein unveräußerliches Gut der Familie erklärt wird“, und ebenſo die Sache oder das Vermögen, welche als unveräußerlich erklärt werden. Zweck des Fideicommiſſes iſt die Erhaltung des Anſehens und Glanzes einer Familie (splendor familiae). Hauptarten: Primogenitur, eine reine Linearfolge, nach welcher dem Stifter deſſen Erſtgeborner, hierauf deſſen Erſtgeborner u. ſew. folgt und eine andere Linie erſt nach dem Ausſterben dieſer Linie be rufen wird; Majorat, reine Gradualfolge, wo der mit dem Stifter, bezw. letzten Fidei— commiſsbeſitzer dem Grade nach nächſte Ver— wandte (gewöhnlich männlichen Geſchlechtes) berufen wird, unter mehreren gleich nahen der ältere; Seniorat, wonach der älteſte Nachfolge berechtigte berufen wird. Dem Stifter ſteht es frei, auch andere beliebige Variationen der Nach folgeberechtigung feſtzuſetzen (Ultimogenitur, Minorat u. ſ. w.). Von der Nachfolge ausge ſchloſſen ſind die unehelichen, die legitimierten 522 und die Wahlkinder, ebenſo gewöhnlich die Frauen und deren Deſcendenz; doch kann der Stifter beſtimmen, daſs die Frauen und ihre Deſcendenz den Männern vollkommen gleichge— ſtellt ſind (gemiſcht ſubſidiariſches), oder dass die Frauen und ihre Nachkommen nach dem Erlöſchen des Mannsſtammes nachfolgeberechtigt werden (gemiſcht nichtſubſidiariſches Fideicom— miſs); im Zweifel iſt erſteres zu vermuthen. Das öſterreichiſche Recht kennt keine Objectbe- ſchränkung für die Fideicommiſſe, doch wird eine gewiſſe Dauerhaftigkeit und Ertragsfähigkeit durch den Zweck des Fideicommiſſes gefordert; bei der Errichtung iſt ein beglaubigtes Inven— tar und eine Schätzung der Fideicommiſsobjecte zu veranſtalten. Stifter kann jedermann (adelig oder nichtadelig) ſein, welcher über ſein Ver— mögen ungehindert verfügen kann. Vor der Errichtung iſt beim Miniſterium des Innern ein Geſuch behufs vorläufiger Erlangung der kaiſerlichen Bewilligung einzureichen, die Er— richtung ſelbſt bedarf eines Reichsgeſetzes, ebenſo die Vergrößerung eines Fideicommiſſes durch Zukauf von Grundſtücken (Entjch. des O. G. H. v. 28. December 1875, Nr. 11.700, G. U. W., Bd. XIII, Nr. 5959); bei Umtauſch eines Fidei— commiſsgrundſtückes gegen ein anderes in nahezu gleichem Werte bedarf es eines Reichs— geſetzes nicht, ſondern nur der Genehmigung durch die Fideicommiſsbehörde (Entſch. des O. G. H. v. 13. December 1877, Nr. 14.630, G. U. W., Bd. XVII, Nr. 7750). Der jeweilige Fideicommiſsbeſitzer iſt nach der herrſchenden Rechtsauffaſſung als wirklicher, durch den Zweck des Fideicommiſſes und die Rechte der Anwärter beſchränkter Eigenthümer anzuſehen. Die An— wärter, d. i. die Geſammtheit der möglicher— weiſe zur Nachfolge Berufenen, haben das Recht, die Behandlung des Fideicommiſsgutes zu verfolgen und ihre Wahrnehmungen der Fideicommiſsbehörde mit Anträgen vorzulegen; außerdem ſind dieſelben manchmal, insbeſondere bei gewiſſen Verſchuldungen des Fideicommiſſes, zur Abgabe ihres Votums aufzufordern. Die Anwärter werden durch den Fideicommiſs— curator vertreten, bei deſſen Auswahl die An— wärter mitwirken. Alle wichtigeren Vorgänge im Fideicommiſsgute ſtehen unter gerichtlicher Controle und Bewilligung (Landesgericht), be— ſonders die Aufſicht darüber, daſs die Subſtanz des Gutes nicht angegriffen werde (Devaſtation von Waldungen). Wird ein Schatz auf einem Fideicommiſsgute gefunden, ſo gehört die Hälfte dem Finder, die andere Hälfte wird zu gleichen Theilen dem dermaligen Fideicommiſsinhaber als Allodbeſitz zugewieſen, der andere Theil zum Fideicommiſs geſchlagen, was u. a. Pfaff und Hofmann (Commentar zum a. b. G. B., II. Bd., p. 332) zur Annahme beſtimmt, das Fideicom— miſs als eine (eigenartige) juriſtiſche Perſon (ſ. d.) anzuſehen. Sämmtliche Laſten des Fidei— commiſsgutes trägt der jeweilige Inhaber, Aus— übung der Verpfändung iſt nur durch Seque— ſtration möglich, weil Fideicommiſsgüter unver— äußerlich ſind. Trotzdem vorgenommene Ver— äußerung iſt ungiltig; die veräußerten Theile können (ſelbſt durch den Veräußerer, der dann allerdings erſatzpflichtig wird) zurückgefordert Fideicommiſs. werden. Da die Erbpacht (vgl. Beſtandsrechte) eine Art der Veräußerung iſt, können Fidei— commiſsgrundſtücke nicht in Erbpacht ausgethan werden (Entſch. d. O. G. H. v. 2. Januar 1880, Nr. 13.019, G. U. W., Bd. XVIII, Nr. 7793); in Preußen ſpeciell verboten. Mit behördlicher Bewilligung kann ein Fideicommiſs (im Maxi- mum) bis zu einem Drittheile ſeines Wertes belaſtet, das Capitalfideicommiſs bis zu einem Drittheile zu gunſten des Fideicommiſsbeſitzers erhoben werden, doch müſſen die verbleibenden zwei Drittheile vollkommen laſtenfrei bleiben. Gegen eine behördlich bewilligte Verſchuldung können Curator oder Anwärter recurrieren. Die Verſchuldung muſs (im Intereſſe des Fideicom— miſsgutes) begründet ſein; bei Verſchuldung für perſönliche Zwecke des Fideicommiſsinhabers (ſtandesgemäßer Unterhalt, Dotierung von Töchtern u. ſ. w.) muſs beſonders rigoros ge— urtheilt werden (Entſch. d. O. G. H. v. 20. April 1869, Nr. 3881, G. U. W., Bd. VII, Nr. 3382). Einſchuldungsverboten von Stiftern vor dem a. b. G. B. iſt durch die hier erwähnten Beſtim⸗ mungen derogiert (Entſch. d. O. G. H. vom 24. Mai 1870, Nr. 5934, G. U. W., Bd. VIII, Nr. 3797). Weitergehende Verſchuldung des Fideicommiſsgutes kann (nach § 3 des Gef. v. 3. Juni 1868) nur dann bewilligt werden, wenn ſie zur Erhaltung des Fideicommiſſes un— abweislich nothwendig iſt; die Bewilligung kann nach Einvernahme des Curators und aller An— wärter nur der Oberſte Gerichtshof ertheilen. Jeder Fideicommiſsinhaber haftet als ſolcher (mit den Einkünften des Fideicommiſsgutes) für die von ſeinen Vorgängern correct contrahierten Fideicommiſsſchulden, nicht aber für deren Per— ſonalſchulden. Jährlich find 3% der Schuld zu tilgen; eine Minderung dieſer Pflicht kann nur aus erheblichen Urſachen bewilligt werden. Wenn jemand im erſitzungsfähigen Beſitze (ſ. Beſitz und Erſitzung) eines Fideicommiſsgutes oder eines Theiles desſelben 40 Jahre hindurch ſich befunden hat (bezw. mehrere Rechtsnachfolger), ſo geht das Gut in das freie Eigenthum des Erſitzenden über ($ 1474, a. b. G. B.). Das Fideicommiſs erliſcht durch Ungiltigkeitserklä— rung, Abgang des Mannsſtammes (oder bei gemiſchtem Fideicommiſs des ganzen Geſchlechtes), wenn keine ſucceſſionsfähige Nachkommenſchaft zu erwarten iſt, durch zufälligen gänzlichen Untergang des Fideicommiſsgutes, Verjährung (ſ. oben) oder endlich durch beſondere geſetzliche Verfügung. Nach § 9 der Verordnung des Ackerbau— miniſteriums vom 3. Juli 1873, 3. 6953, iſt den Fideicommiſswaldungen durch die Behörden beſonderes Augenmerk zuzuwenden; nach $ 17 des ungariſchen F. G. find die Fideicommiſs⸗ waldungen nach behördlich genehmigtem Wirt⸗ ſchaftsplane (ſ. d.) zu behandeln. Die Erörterung der viel umſtrittenen Frage, ob Fideicommiſſe zu billigen und zu geſtatten ſind, die Rückwirkung ihres Beſtehens in wirt— ſchaftlicher und ſocialer Hinſicht und ſpeciell auf die Grundbeſitzvertheilung verſagen wir uns, weil wir uns hiebei zumeiſt mit landwirtſchaft— lichen Fideicommiſſen zu beſchäftigen hätten, und beſchränken uns auf die Wiedergabe der ver— * ne Fideicommiſs. 523 mittelnden Meinung Roſchers, daſs auch in der Gegenwart juriſtiſch wohleingerichtete Fidei— commiſſe von mäßiger Zahl, die im Lande gut vertheilt ſind und reichen Beſitzern gehören, nicht unwirtſchaftlich zu wirken brauchen. Wir können uns dieſe Reſerve umſomehr auferlegen, als die Vorwürfe, welche gegen das Fideicom— miſsinſtitut erhoben werden, die ganz oder über— wiegend aus Wald beſtehenden Fideicommiſs— güter nicht oder nur in ſehr abgeſchwächtem Maße treffen. Die aus der Continuität der Wirtſchaft und des wirtſchaftenden Subjectes (juriſtiſche Perſon) hervorgehenden günſtigen Folgen zeigen ſich hervorragend bei Waldfidei— commiſſen und bilden geradezu einen ſpecifiſchen Vorzug derſelben, wobei allerdings die Frage noch offen bleibt, ob der Staat Schutzwaldungen und Waldungen auf abſolutem Waldboden nicht trotzdem ins Eigenthum übernehmen ſoll; kann oder will er dies nicht thun, ſo ſind ſolche öffent— lich wichtige Waldungen jedenfalls als Beſtand— theile eines Fideicommiſsgutes am beſten ge— wahrt. Thatſächlich umfaſſen die Fideicommiſs— güter Waldland in bedeutendem Maße. (Die ſtatiſtiſchen Zahlen ſind für Deutſchland lücken— haft und veraltet, während Oſterreich — Stati— ſtiſche Monatsſchrift, Jahrgang IX, v. Inama, „Die Familienfideicommiſſe in Oſterreich“ — aus dem Jahre 1882 eine umfaſſende Statiſtik über Fideicommiſſe beſitzt.) Über den Stand des Fideicommiſsbeſitzes in Deutſchland liegen fol— gende Daten vor: 232 2 8 2 — 8 SS S A . 75 n 2|=272|5 2 Beſitzkategorie S S S S FEST “a2 |52 8 Allodialbeſitz . . 46012 1) 421) 98 2 | 100 Fideicommiſs— u. Lehenbeſitzſ2 40 86 1 656 95 | 5 | 100 Der Ertrag ſtellt ſich pro Morgen in Silber— groſchen: „| — 2 ey — — 2 2 3 S Fee: —* . . See — Beſitzkategorie [ 58 = . SE =|S 55 8 2 2 * 2 0 NE Freier Privatbeſitz? 126022 29 41066 44165135 Fideicommiſs- und Lehenbeſitz . . 2323200 23 22490364528 Die Fideicommiſs- und Leheusgüter neh— men in dieſen Provinzen 645%, des geſamm— ten ertragsfähigen Bodens ein. Es entfallen auf TTC 15 C 11:0 den burg 8˙4 F 7˙9 F an fun a nn ion 68 Es 1:7 e 1˙6 lande 1˙5 In Weſtöſterreich beſtehen 292 Fidei— commiſſe mit 880 Gütern in einem Geſammt— umfange von 1,140.192°6 ha, jo daſs auf ein Realfideicommiſs ca. 39047 ha und auf ein Fideicommiſsgut ca. 12957 ha entfallen. Die Fideicommiſſe umfaſſen 3˙8% der Geſammtarea, bezw. in den Ländern, welche überhaupt Fidei— commiſſe aufweiſen (Salzburg, Vorarlberg und Bukowina beſitzen keine ſolchen), 4°075%,. Spe- cieller aufgefaſst, ſtellen ſich die Verhältniſſe folgendermaßen: Zahl Procent der der Fidei⸗ 18 der Fidei⸗ commiſs⸗ Total commiſſe güter area Niederöſterreich 71 174 125.955˙8 6˙32 Oberöſterreich . 20 43 60.333°5 3˙04 Steiermark .. 30 80 23.767˙2 1:06 Kärnthen 13 33 70.4913 688 Krain 10 17 48.9205 487 Küſtenland . . . 19 92 1.271˙9 016 Dil 1 4 870 0003 Böhmen. . 58 220 579.2194 11˙15 Mähren 18 59 177.3393 799 Schleſien . 5 20 17.6706 3˙43 Galizien 9 82 30.026˙7 0:38 Dalmatien... . 36 36 4.9090 0˙38 292 880 1,140.192°6 4'075 Von der geſammten Fideicommiſsarea ent- fielen folgende Percente auf Acker Wieſe Wald Weide Niederöſterreich . 1986 77% 6049 5:54 DOberöfterreih .. 152% 239 820 1˙35 Steiermark.. 508 9˙30 6796 12˙38 Kärnthen . . 2˙54 298 7353 546 ran 0614 221 9419 3598 Küftenland. ... 3944 1317 3782 672 SIEDLER. Sr 3:99 ala re A Böhmen 22˙39 6960 508 ms Mähren 1858 15 11 Schleſien 22-06 2:99 70˙86 2:03 Galizien 52777 7747 3340 3 Dalmatien. . .. 1260 — 44:88 45˙77 Demnach ſind in Krain, Oberöſterreich, Kärnthen, Mähren, Schleſien, Steiermark, Böh— men, Niederöſterreich und Tirol die Fideicom— miſſe überwiegend Waldgüter, in der größten Anzahl der Provinzen ſpielt der Wald bei den Fideicommiſſen eine große Rolle; in Dalmatien hat man es zumeiſt mit Weidegütern zu thun. Je ſyſtematiſcher die Waldwirtſchaft iſt, deſto größer die Bedeutung des Fideicommiſſes; beim ungeordneten Betriebe verſchwindet die— ſelbe. Die Verhältniſſe werden durch folgende Zahlen veranſchaulicht: ſyſtematiſcher Fideicommiſs Betrieb waldarea in Procenten des geſammten Waldſtandes Niederöſterreich ... 34.48 11:97 Oberöſterreich .. .. 27•43 12˙66 Harnthe n 813 12:35 NETTE ER en 9-92 9:20 SDDHNTeI 62:53 23:88 ae 73˙37 22:09 Schleſien 72:64 1:58 In Kärnthen und Krain wird ſich demnach ein beträchtlicher Theil der Fideicommiſswälder 324 Fideicommiſswaldungen. nicht in ſyſtematiſchem Betriebe befinden und damit den ſpecifiſchen Vortheil des Fideicom— miſſes eingebüßt haben; auch in Nieder- und Oberöſterreich, wo ein großer Theil der ſyſte— matiſch betriebenen Waldungen dem Staate ge— hört, werden die Fideicommiſſe vor anderen Formen des Waldbeſitzes verhältnismäßig ge— ringen Vorzug beſitzen, dagegen können die Fidei— commiſsforſte der nordweſtlichen Provinzen zum größten Theile zur Kategorie der ſyſtematiſch bewirtſchafteten Waldungen gezählt werden. Von der Geſammtarea ſind fideicommiſſa— riſch gebunden (in Procenten): Acker Wieſen Wald Weiden Böhmen 520 72% 23898 Mähr 293 4˙93 22:09 2:51 Niederöſterreich. 308 #15 41197 #70 KHärnthenn 126 1885 12.33 1:61 GEBEN EN SE 023: 0727 920 0:85 Schleſien 164 1:60: 7˙58 066 Oberöſterreich.. 022 072 12:66 1:38 Steiermark.. 030 0:85 159 0:86 Küftenland ... 036 018 026 003 Tirol u. Vorarl⸗ Berg 0:002 0001 0'002 0003 Galizien 0˙43 0˙24 052 644 Dalmatien .. 044 — 027 0:31 Durchſchnitt. 214 215 866 112 Pecuniarfideicommiſſe beſtehen: Mit Real⸗ Reine fideicommiſſen] Becuntarfidei- verbunden commiſſe „in l = Gulden [g Gulden Niederöſterreich.] 60014,372.328J[ 79|11,387.340 Oberöſterreich. . 17, 2,845.835] 160 360.280 Salzburg . . . . — — 2 18.590 Steiermark . .. 27 3,604.315] 25] 1,115.134 Kärnthen 43 2,157.43] 12] 399.757 Krenn, 9 4,775.670 7 411.982 Küſtenland . . 12 471.498] 46 348.135 Tirol u. Vorarl— Berg; - zurasas 1 14.6311 4 27.918 Böhmen 16 3,603.045].16| 1,849.233 Mähren 160 2,388.363| 160 1,683.202 Schleſien . . | 1,036.048] — = Galizien 6 8233100 kb. — Dalmatien... 20] 279.881] 6 109.931 201133,372.166 1060791522 Zuſammen 397 Fideicommiſſe — 33,283.68 fl. Die Fideicommiſſe ſind nach den neueſten Quellenforſchungen (Pfaff-Hofmann) nicht ein ſpecifiſch deutſches Rechtsinſtitut, wie bisher an— genommen wurde, ſondern wurzeln in Spa— nien, woſelbſt ſie etwa dritthalb Jahrhunderte älter ſind als in Deutſchland. Aus Spanien und Italien, wo fie aus erſterem Lande Ein- gang fanden, kamen dieſelben nach Deutſchland und Oſterreich. Anfangs des XVI. Jahrhunderts gab es in Spanien ſchon recht alte Fideicom— miſſe (Majorate), im XVI. Jahrhundert ſind Fideicommiſſe auch in Italien bereits ſicher nachweis bar; das eigentliche Zeitalter der Fidei- commiſſe in Italien (ſowie in Deutſchland) iſt das XVII. Jahrhundert. In Oſterreich ſind die älteſten Fideicommiſſe in Dalmatien nachweis⸗ bar (1559, 1571 und 1390), was ebenfalls für deren Herkunft aus Spanien und Italien ſpricht. Man kann jagen, dajs jede Angabe über ein vor 1600 in Oſterreich entſtandenes Fideicom⸗ miſs mit Vorſicht aufzunehmen iſt, jede weiter zurückgreifende Angabe (etwa vor 1500) miſsver⸗ ſtändlich oder unrichtig iſt. Neueſte Literatur über Fideicommiſſe: v. Miaskowski, Hildebrand-Conrad, Jahr- bücher f. Nationalök. u. Statiſtik 1873, Bd. XXI, p. 129 ff. v. Miaskowski, Schriften d. Vereins f. Socialpolitik, Bd. XXV, p. 5 ff. Pfaff⸗Hofmann, Commentar z. a. b B. G., Bd. II, p. 273 ff., und Pfaff-Hofmann, Excurſe über öſterr. allgem. bürgerl. Recht, Bd. II, p. 163 ff. In dieſen Schriften iſt die geſammte ſonſtige Literatur über Fideicommiſſe eitiert und verwertet. Mcht. Fideicommilswaldungen ſind Beſtand⸗ theile eines Familienfideicommiſſes. Das Familienfideicommiſs (fideicom- missum familiae relictum) iſt ein familien- rechtliches Inſtitut des Inhaltes, daſs ein Gut vermöge einer Privatdispoſition in der Familie des Stifters oder eines Dritten als unveräußer- liche vermögensrechtliche Grundlage ihrer ſocia— len Stellung auf alle Geſchlechtsnachfolger über- zugehen beſtimmt iſt. Dasſelbe entſtammt deut⸗ ſcher Rechtsſitte und iſt weſentlich verſchieden von dem Fideicommiſſe nach römiſchem Recht (ſ. d.), obgleich es von dieſem die Form entlehnt hat. Der ſtiftungsmäßige Inhaber des Gutes iſt Eigenthümer desſelben, wodurch ſich das Fideicommiſs von der Familienſtiftung (ſ. d.) unterſcheidet, bei welcher eine juriſtiſche Perſon, ein pium corpus, als Rechtsſubject conſti⸗ tuiert iſt. Das Eigenthum des Fideicommiſsinhabers iſt jedoch dadurch beſchränkt, daßs das Gut nach dem Willen des Stifters unveräußerlich und mit Rückſicht auf den dauernden Stiftungszweck salva substantia rei, d. h. bei Waldungen pfleg⸗ lich und nachhaltig zu benützen iſt. In der Hand des Beſitzers, mit welchem das Geſchlecht ausſtirbt, wird das Fideicommiſs, da der Stif⸗ tungszweck wegfällt, freies Eigenthum. Hievon macht jedoch das preußiſche allgemeine Land⸗ recht eine Ausnahme, welches unberechtigterweiſe die Familie hier als eine juriſtiſche Perſon und als die Obereigenthümerin des Fideicom⸗ miſſe betrachtet und demgemäß die Abänderung oder Aufhebung desſelben von einem unter Lei⸗ tung und Genehmigung des Gerichtes gefajsten Beſchluſſe der Familienmitglieder abhängig macht. Die Succeſſion in das Fideicommiſs iſt durch den Willen des Stifters beſtimmt und in der Regel unter Bevorzugung der Männer vor den Weibern eine Individualſucceſſion, bei welcher das Fideicommiſs in einer Hand bleibt und nicht unter mehrere gleich nahe Fidei⸗ commiſsnachfolger getheilt wird. Die hier meiſt vorkommenden Arten der Succeſſion ſind das Seniorat, das Majorat und die Primo— genitur, als Arten des Majorates im weiteren Sinne, ſowie das Minorat im weiteren Sinne in ſeinen drei Formen, dem Juniorate, dem Minorate im engeren Sinne und der Ultimo— genitur, analog den drei Formen des Majo— rates im weiteren Sinne, mit dem Unterſchiede, daſs hier immer der Jüngere den Vorzug bei der Succeſſion hat. Die Primogenitur, bei der nach Maß— gabe der Linealordnung immer das Recht der Erſtgeburt über die Erbfolge entſcheidet, ſowie das Majorat, nach welchem bei gleich naher Verwandtſchaft das höhere Lebensalter den Ausſchlag gibt, ſtellen den mit ſucceſſionsberech— tigten Kindern verſehenen Fideicommiſsinhaber bezüglich der Wirtſchaftlichkeit und Ent— geltlichkeit ſeiner Betriebsmaßregeln ganz auf den Standpunkt des freien Eigenthümers, während es bei den übrigen Arten der Suc— ceſſion im Intereſſe des Beſitzers liegt, den Wald möglichſt auszunützen und für denſelben ſo wenig als möglich aufzuwenden, da die ge— brachten Opfer ihm und den Seinigen nicht zu— gute kommen. Das Seniorat, bei welchem ſtets der Alteſte aus der Familie zur Nachfolge berufen wird, zeigt ſich in fraglicher Beziehung am ungünſtigſten, während jene Form des Minorates, bei welcher das Fideicommißſs immer auf das jüngſte Familienglied übergeht, den Fideicommiſsinhaber während der wahr— ſcheinlich längeren Dauer ſeines Beſitzes für manche wirtſchaftliche Ausgabe die Entgeltlich— keit erwarten läſst. Dagegen werden die bei dem Minorate häufigen Vormundſchaften ſich nicht vortheilhaft für den Wald erweiſen. Die Errichtung von Familienfideicommiſſen iſt von der Genehmigung des Staates ab— hängig. Dieſelbe iſt kein Standesvorrecht, wenn ſie auch in der Regel nur in Adelsfamilien vor— kommt, oder particularrechtlich (wie z. B. in Bayern) nur zu gunſten ſolcher erfolgen darf. Die Klagen gegen den Fideicommiſsinhaber wegen Verletzung ſeiner Obliegenheiten gehören vor die Civilgerichte, welche wohl auch, wie z. B. in Bayern die Oberlandesgerichte, die Aufſicht über die Fideicommiſſe zu führen haben. Zur Sicherung der Fideicommiſszwecke im Wege der Forſtgeſetzgebung hat man in Deutſch— land noch keine Veranlaſſung gehabt. Die Familienfideicommiſſe wurden in jenen Theilen Deutſchlands, welche durch den erſten Pariſer Frieden (30. Mai 1813) wieder an Deutſchland zurückkamen, durch die franzöſiſche Geſetzgebung beſeitigt und durch die vom Reichs— parlamente des Jahres 1848 feſtgeſtellten deut— ſchen Grundrechte für aufgehoben erklärt, be— ſtehen aber deſſenungeachtet, mit Ausnahme von Oldenburg und Elſaſs-Lothringen, in ganz Deutſchland als ein privatrechtliches, oder wie in Bayern, auch als ein politiſches Inſtitut. Durch die Allodification (ſ. d.) der Lehen wurden aus denſelben meiſt Fideicommiſſe oder Stammgüter. Das Stammgut, deſſen Exiſtenz nicht wie bei dem Fideicommiſſe auf einer Privat— dispoſition, ſondern auf Geſetz oder Herkommen Fidonia. 525 beruht, unterjcheidet ſich von dem Fideicommiſſe durch minder ausgedehnte Rechte der Anwärter und durch die Veräußerlichkeit desſelben zur Befriedigung der Gläubiger. Bezüglich der Suc- ceſſion und der wirtſchaftlichen Bedeutung der betreffenden Rechtsverhältniſſe gilt das beim Fideicommiſſe Geſagte. At. Fidonia (Bupalus) Fr., Gattung der Fa— milie Geometrina (Spanner), Abtheilung Den— drometridae, Ordnung Lepidoptera; ausge— zeichnet durch flache, anliegend beſchuppte Stirn, kurze Beine und Hinterſchienen, durch gerun— deten, ganzrandigen, ſelten an den Hinterflügeln ſchwach gewellten Saum und abgerundete Spitze der Vorderflügel. Die männlichen Fühler ſind kamm⸗, ſelten ſägezähnig, mit Wimperpinſeln oder einfach gewimpert. Vorderflügel mit elf Rippen; Rippe 5 der Hinterflügel ſchwächer oder fehlend. v. Heinemann bringt die Fidonien in drei Gruppen, wobei er ſich durch die Fühler— bildung und durch das Vorhandenſein oder Fehlen einer Anhangzelle und der Grube (unter— ſeits an der Wurzel) der Vorderflügel leiten läſst. Forſtlich kommen zwei Arten in Betracht. 1. Fidoniapiniaria L, gemeiner Kiefern— ſpanner, gehört ausſchließlich der Kiefer an und zu jener Gruppe der Fidonien, deren Vor— derflügel mit Anhangzelle und deren Franſen bis zur Wurzel licht durchſchnitten ſind. Der Schmetterling mijst 30—38 mm Flügelſpan— nung; Fühler des & bis dicht vor die Spitze kammzähnig, die des 1 einfach borſtenförmig. Grundfarbe des s lichtthongelb, beim 9 roth- oder orangebraun, von einem breiten dunkel— braunen Saum umgeben und mit einigen un— regelmäßigen dunklen Binden im lichten Felde. Die Unterſeite der Hinterflügel mit weißem Längsſtrahl. Zelle la, 1b und 2 der Vor der- flügel bis vor den Saum, ferner die Mittelzelle und der Vorderrand licht. Hinterflügel licht, dunkel geſprenkelt, Saum und Vorderrand breit braun eingefasst; Unterſeite weiß, braun ge= ſprenkelt, die Sprenkeln öfter zuſammenfließend, aber an Rippe 3 ſtets einen weißen, von der Wurzel bis zum Saume reichenden Strahl frei— laſſend. Saumlinie unbezeichnet; Franſen weiß, an den Rippen braun. Flügelſtellung in der Ruhe ſtets aufgerichtet. Raupe 10füßig; faſt kahl; Bewegung ſpannend; erreicht eine Länge bis 32 mm; vorherrſchende Farbe grün; ein, weißer Streifen längs des Rückens und ein feinerer zu beiden Seiten desſelben ſetzen ſich über den grünen Kopf fort; ein breiterer Strei— fen dicht unter den Stigmen iſt ſchwefelgelb; Bauch und Afterfüße ſehr ſtark entwickelt. Puppe 14—15 mm lang, frei, grün bis dunkel- braun, mit einfachem Aftergriffel. Eier klein, grün, glatt, in Zeilen bis zu 12 Stück an die Nadeln angeklebt. Flugzeit des Schmetter— lings und Eierablage: Juni, einzeln wohl auch ſchon Mai; bei Maſſenfraß ein großer Theil erſt im Juli bis Auguft. Flug taumelnd; hält ſich vorzugsweiſe in geſchloſſenen, wind geſchützten Beſtänden auf. Auskriechen der Räupchen (normal) im Monate Juli. Fraß— dauer bis in den Spätherbſt (October, No— vember). Verpuppung unter der Bodendecke oder im Boden im Schirmbereiche der Bäume —— 526 Fieberklee. — Figur, reducierte. Überwinterung der Puppe. Flugzeit des Schmet— terlings, wie oben angegeben wurde. Forſt— liche Bedeutung: Am liebſten find dem Span- ner Stangenorte von etwa 20= bis 30jährigem Alter in windgeſchützten, warmen, trockenen Lagen; von ſolchen Ortlichkeiten aus nimmt denn auch meiſt eine Maſſenausbreitung ihren Anfang. Die jungen Räupchen beſchränken ſich in der erſten Zeit nur auf das Beſchaben der Nadeln; ſpäter Auskerben derſelben von den Rändern herein; einſeitiges Befreſſen bis auf die Haupt⸗ rippe, und zuletzt werden die Nadeln von der Spitze herein ganz verzehrt. Kahlfraß in ausge— dehnten reinen Kiefernrevieren wurde zwar ſchon öfter beobachtet, ſcheint aber ſelten länger als ein Jahr anzudauern. Der Grad der ee für einen vom Spannerkahlfraß heimgeſuchten Beſtand hängt weſentlich vom ne ab und von der Zeit der Entwid- lung der Raupe im Frühjahr. Dürre, arme Böden mit dürftiger Beſtockung haben an und für ſich ſtets mehr zu leiden als kräftige Be⸗ ſtände, und fällt der Beginn des Fraßes mit der Periode der Triebentwicklung zuſammen, dann können ſolche Beſtände dem Spannerfraße auch möglicherweiſe zum Opfer fallen. Im all— gemeinen aber erholen ſich die befreſſenen Orte wieder vollſtändig, wenn auch Triebe und Nadeln im nächſten Jahre noch kümmerlich ſich zeigen. Die Hauptgefahr für derart geſchwächte Beſtände iſt in den Nachzüglern zu erblicken: Hyleſininen und Tomieinen. Viel häufiger tritt der Spanner als Begleiter, beſonders der Nonne, der Forl— eule und gemeinen Kiefernblattweſpe auf. Der Umſtand, daſs die Raupe des Kiefernſpanners gegen Froſt und Näſſe ſich ziemlich empfindlich zeigt, macht es erklärlich, daſs bei plötzlich ein⸗ tretender ſchlechter Witterung der Fraß ein jähes Ende findet. Ein natürliches Gegengewicht ſind die Waldſänger, Schmarotzer und Raubinſecten (Carabiden, Ameiſen, Ichneumonen [Iehneumon annulator, comitator, extinctus, Hartigi, nigri- tarius, Trocheli; Banchus falcator; Anomalon canaliculatum, megarthrum u. a.] und Schma— rotzerpilze)J. Bekämpfung: Vertilgen der unter der Bodendecke ruhenden Puppen und noch un— verpuppten Raupen durch Schweineeintrieb. Sammeln derſelben beim erſten noch auf ganz kleine Gebiete (Centren) beſchränkten Auftreten, um der Maſſenentwicklung zuvorzukommen. Nur unter dieſer Vorausſetzung iſt das Sammeln durchführbar. 2. Fidonia (Boarmia) punctulata V. lebt als Raupe auf Erlen und Birken. Der Schmetterling fliegt in den Monaten Mai, Juni und gehört zur Gruppe mit einfach gewimperten männlichen Fühlern; er iſt kleiner als piniaria, bläulich-aſchgrau, mit braunen, am Vorderrande verdickten Querſtreifen und Mittelſchatten; fein braun beſtäubt, die Querſtreifen gebogen, der hintere auf dem Rippen punktartig verdickt, mit ſchwachen Zähnen gegen die Wurzel; Wellenlinie mehr oder weniger deutlich, weißlich, gezackt, am Vorderrande wurzelwärts breit braun beſchattet; Mittelflecke wenig deutlich. Hinterflügel zwiſchen Rippe 3 und 7 geſtützt. Raupe vom Juli bis September; 25—28 mm; Kopf braun, ſchwarz punktiert; Körper bläulichbraun oder rothbraun mit braunen Rücken- und feinen dunklen Längs- linien; jeder Ring rückenſeits auf der vorderen Hälfte mit weißen Strichelchen und Fleckchen. Verpuppung am Boden und Überwinterung. Puppe rothbraun, durch zwei Spitzchen am Kopfe ausgezeichuet. Hſchl. Fieberklee, ſ. Menyanthes. Wm. Fiedern, verb. reflex., ſeltener federn, ahd. fideran, mhd. videren, mauſern, bezw. nach der Mauſer wieder neue Federn oder von jungen Vögeln ſtatt der Dunen bekommen; im Nhd. wenig üblich, nur in der Vbg. ausfiedern häufiger. „Die Niſteling ſoll mann wol fyderen läſſen in den neſten.“ Eberhard Tapp, Weid- werd vnnd Vederſpil, 1543, c. 13. — Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt 1579, fol. 720. — Lenz, Naturgeſchichte, Ed. II, Gotha 1843, p. 552. — Benecke u. Müller, Mhd. Ww. III., p. 288 a. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 335. — Grimm, D. Wb. III., p. 1627. — Sanders, Wb. I., p. 442 b. E v. D. Fiedern der Hydrozoen heißen die Zweige des Hydrosmus. Kur. Field Force Gauge, |. eee 0 Fiepen, verb. intraus., im Erzgebirge pfiepen, heißt der pfeifende Augſt⸗ und Lock⸗ laut des Rehkitzes und der Rehgeis; das Wort iſt eine Verbindung des hochdeutſchen pfeifen mit dem niederdeutſchen piepen. „Fiepen nennt man es, wenn die im Auguſt vom Bock gejagten Schmalrehe, oder die jungen Rehe ein pfeifendes Angſtgeſchrey hören laſſen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, m 105; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 38; Lexikon, Ed. I, 1834, p. 182; Ed. II, 1861, p. 192. — Behlen, Wmſpr. 5 1829, p. 36; Real- u. Verb.⸗Lexikon II., p. 223; VI., p. 235. — Grimm, D. Wb. III., p. 4627. — Sanders, Wb. I., p. 442 b. E. v. D. Jieplaut, der, das Fiepen; nach R. R. v. Dombrowski nur für den Brunft-, nicht auch für den Angſtlaut der Ricke. „Das Blatten, Anblatten nennt man weidmänniſch das An— locken des Rehbockes . . . indem man mittelſt eines Birkenblattes . . . den Fipplaut (Brunft- laut) oder aber den Angſtlaut des geſprengten Schmalrehes nachahmt.“ R. R. v. Dombrowski, Das Reh, p. 53. — „Sobald ſich bei den Ricken der Begattungstrieb regt, geben ſie dies durch einen eigenen Brunftlaut — Fipplaut — kund, welcher ſich durch die Vocale dae dar- ſtellen läſst.“ Id., Lb. f. Berufsjäger, p. 93, 107, 193. — „Man kennt bei den Rehen drei Arten Töne. . den erſteren fiependen Ton hört man von den Kitzchen. etwas tieferem Tone antwortet die Mutter ... im ‚Weidmann' vom 8. April und 10. Juni 1881 finden ſich Mittheilungen, daſs auch der Bock dieſen Fieplaut hören läſst, namentlich wenn er vom Sprung abgekommen iſt.“ Diezel, Nie- derjagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 140. — Fehlt bei Grimm und Sanders. Figites, Gallweſpengattung, deren winzige Arten paraſitierend in Fliegenlarven ſich ent— wickeln (vgl. a. Cynipidae). Hſchl Figur, reducierte. Jeder von Linien ein⸗ geſchloſſene Raum kann als Figur aufgefaſst werden. Denken wir einen gerad-, krumm- oder mit faſt gleichem, nur E. v. D. a en rn Dre * gemiſchtlinig begrenzten Theil der Erdoberfläche, ſo ſtellt auch dieſer eine Figur vor. Nur in den ebenen Partien der Erdoberfläche liegen alle Punkte der Figur in einer Ebene, und ſelbſt dies nur dann, wenn die Figur nicht eine allzu große Ausdehnung beſitzt, wo alſo die Erd— krümmung noch unberückſichtigt bleiben darf. In hügeligem oder bergigem Terrain gehören die Punkte mehr als einer Ebene an, oder ſie liegen zwar in einer Ebene, die jedoch gegen den Horizont geneigt iſt. Befindet ſich der Um— fang einer Figur nicht in einer und derſelben Ebene, ſo iſt ſelbſtverſtändlich eine naturgetreue Darſtellung (im geometriſchen Sinne) auf ebenem Papier unmöglich und läſst ſich eine ſolche nur auf dem Wege der Sculptur als haut-relief darſtellen, während, wenn die Figur ſich auf einer gegen den Horizont geneigten Ebene vorfindet, zwar die naturgetreue Zeichnung mög— lich, aber unzweckmäßig iſt. In dieſen beiden Fällen wird eine derartige Figur zunächſt auf den Horizont projiciert gedacht und dieſe ſo „reducierte“ Figur als eigentliches Object der Aufnahme betrachtet. Iſt z. B. das Polygon 1, 2, 3, 4. 7 (Fig. 324) aufzunehmen, ſo denkt man ſich die Figurant. — Filariidae, 527 tikel: Meſſen der Geraden, Meſſen der Winkel, Bouſſole, Meſstiſch, Theodolit. Es wäre hier noch kurz die Frage zu berühren, ob ſich die Aufnahme der horizon— talen Projection eines Polygons anſtatt der ſich in der Natur darbietenden Figur recht— fertigen laſſe? Faſst man zunächſt jene Aufnahmen ins Auge, welche den Zwecken der Bodencultur (Forſt- und Landwirtſchaft) dienen, jo kann dieſe Frage ohne vieles Bedenken bejaht wer— den, da infolge der Verticalſtellung der Cultur— gewächſe auf einer gegen den Horizont geneigten Fläche nicht mehr Standraum vorhanden iſt als auf der dieſer Fläche entſprechenden Hori— zontalprojection. — Wo es aber darauf an— kommt, aus den Aufnahmen (Pläne, Karten) auch die Configuration des Terrains zu ent- nehmen (Forſtkarten, militäriſche Aufnahmen, zuweilen auch topographiſche Karten ꝛc.), dort werden jene Mittel mit ausreichendem Erfolge angewendet, die in den Artikeln Bergſchraffen, Bergzeichnung, Iſohypſen behandelt che 2 Figurant. Sind von einem Standpunkte aus mehrere (oft ſehr viele), ſchon vorher durch Pflöcke markierte Punkte der Reihe nach anzuviſieren, ſo ſendet man einen Arbeiter mit einem Stabe oder beſſer einer M >: Fig. 324. Die auf den Horizont reducierte Figur. Eckpunkte desſelben mittelſt der Perpendikel e 3, 3) ꝛc. auf den Horizont MN bezogen und erhält jo die reducierte Figur 17, 2“, 3°...7. Es ericheinen aber auch die einzelnen Seiten und Winkel des Polygons auf den Horizont reduciert, weshalb auch von reducierten Geraden und reducierten Winkeln geſprochen werden kann. Aus reducierten Seiten und Winkeln iſt die reducierte Figur zu— ſammengeſetzt, und daraus folgt, daſs es der Geometer in der Regel nur mit der Aus— mittlung dieſer reducierten Größen zu thun haben kann. Wie dieſe erhalten werden, lehren die Ar— Fahne (ſ. Figurierfahne) mit dem Bedeuten aus, daſs er ſich in einer gewiſſen (arith- metiſchen oder alphabetiſchen) Reihenfolge auf die einzelnen Punkte zu begeben, hier den Stab (Fahne) über dem Punkte vertical aufzuſtellen und erſt nach dem Abwinken (Abdanken von Seite des Geometers) durch ein ſichtbares oder hör— bares Signal den jeweiligen Poſten zu verlaſſen und ſich auf den nächſten zu begeben habe. — Dieſe Arbeit heißt das Figurieren und derjenige, der ſie verrichtet, Figurant. Lr. Figurieren, ſ. Figurant. Or. Figurierfahne beſtehtaus einer am unteren Ende 5 bis 6 em ſtarken, 4—5 m langen weißgeſtrichenen Stange, an deren oberem Ende ein roth— weißes Fahnentuch befeſtigt erſcheint. Letzteres hat den Zweck, für weitere Diſtanzen dem freien Auge jenen Punkt leichter auffindbar zu machen, über welchem die Fahnenſtange durch den Figuranten vertical aufgeſtellt wurde. Or. Filamente heißen mit den echten Spongin— faſern im Faſergerüſt der Filiferiden vorkom— mende feine geknöpfte Faſern (ſ. a. Gaſtral— filamente). Kur. Filariidae, Familie der Fadenwürmer. Sehr lange, dünne, fadenförmige Würmer. Hie— her u. a. der berüchtigte Medinawurm (F. medinensis), der F. sanguinis hominis Lewis, 328 der die Hunde epileptiſch und heißhungrig machende F. immitis Leidy u. ſ. w. Kur. Filarſchraubenmikrometer. Die Einrich— tung eines derartigen Fernrohrbeſtandtheiles (für Zwecke der Diſtanzmeſſung) ſ. Diſtanz⸗ meſſer, ſpeciell Beſchreibung des Tichy-Starke⸗ ſchen Diſtanzmeſſers. Ar Filiferiden, Familie der Hornſchwämme. Kur. Filiformia Latr. — Laemodipoda. Kur. Filizgerbfäure findet ſich in der Wurzel des Farnkrautes (Aspidium Filix Mas), iſt der Chinagerbſäure ähnlich, amorph, löslich in Waſſer und Alkohol, fällt Leim, färbt Eiſen— chlorid olivengrün, reduciert alkaliſche Kupfer- (öjung, gibt mit verdünnter Schwefelſäure Zucker und ziegelrothes, in Ammoniak lösliches Filix⸗ roth, Ca Hes Ole, mit ſchmelzendem Kali Proto— catechuſäure und Phloroglucin. v. Gn. 4 Filirſäure, Ci His 05, ſcheidet ſich aus dem ätheriſchen Extract der Wurzel von Aspi- dium Filix Mas bei längerem Stehen in gelben Kryſtallkruſten aus. Sie ſoll der wirkſame, band— wurmvertreibende Beſtandtheil des Extractum Filix Mas ſein. v. Gn. Filzpfropfen, ſ. Ladepfropfen. Th. Fimmelholz, das, ein ſpitziges Holz zum Reinigen des Gewehrſchloſſes und überhaupt jener Theile, welche man nicht mit einem Leder— lappen allein reinigen kann, z. B. Schrauben- löcher; ſelten. Das Wort iſt der Bergmanns— ſprache entnommen, wo „Fimmel“ einen Eiſen— keil, der zwiſchen das Geſtein getrieben wird, bezeichnet. „Fimmelholz, die ſpitzigen Hölzer, mit welchen die Gewehre geputzt werden.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 56. — Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 51. — Grimm, D. Wb. III., p. 1636. Sanders, Wb. I., p. Aka, 783 a (Fummelholz). E. v. D. Finanzieller Normalvorrath, ſ. Normal- vorrath. Nr. Finden, verb. trans., eine Fährte „ein Wild, wm. nur vom Finder, oft mit Aus— laſſung des Objectes. „Finden heißt eine Sache ausmachen, dahero wenn der Hund Laut giebt, ſpricht man: der Hund hat gefunden.“ „ . . Doch giebts auch Hunde, die ſich in alle Sättel ſchicken: Sie jagen, finden, ſchlieffen, gehen ins Waſſer und auf den Schweiß...“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 123. — „Hat der Hund (der Saufinder) gefunden und geſtellt, dann ſchieße man die Sau aufs Blatt, daſs ſie vor dem Hunde zuſammen— breche.“ R. R. v. Dombrowski, Lb. f. Ber.⸗ Jäger, p. 504. E. v. D. Finden. (Oſterreich.) [SS 386—395 a. b. G. B.] Niemand darf vermuthen, dafs jemand eine Sache aufgeben wolle, und mujs daher Sachen, wenn er aus deren Merkmalen (3. B. Stempelung mit dem Waldhammer, Halsband bei Thieren u. ſ. w.) oder aus anderen Um— ſtänden den dermaligen Inhaber deutlich er— kennt, demſelben (ohne unnöthigen Aufſchub) zuſtellen, daher nicht auf deren Rückforderung warten, doch kann er Finderlohn beanſpruchen, obwohl dieſe Frage beſtritten iſt. Iſt dies nicht der Fall und hat die Sache unter einem Gul— den Wert, ſo bleibt es der Gewiſſenhaftigkeit Filarſchraubenmikrometer. — Finden. des Finders überlaſſen, den Inhaber ausfindig zu machen, doch darf er ſich dieſelbe nicht ohne- weiters zueignen. Der Fund von Sachen zwi⸗ ſchen einem und zwölf Gulden Wert iſt binnen acht Tagen ortsüblich (durch Ausruf, Mauer⸗ anſchlag u. ſ. w.) kundzumachen; zwiſchen 12 nnd 25 fl. Wert (binnen acht Tagen) Anzeige an den Gemeindevorſtand (Polizei), welche die Kundmachung einleitet; über 23 fl. Wert außer⸗ dem Kundmachung durch die Zeitungen. Die Sache ſelbſt iſt regelmäßig dem Finder zur Aufbewahrung zu überlaſſen; könnte dies nicht ohne Gefahr geſchehen, gerichtliche Deponierung. Unterliegt die Sache dem Verderben, ſo iſt ſie öffentlich zu verſteigern und der Wert in obiger Weiſe aufzubewahren; ebenſo iſt vorzugehen, wenn eine Sache Koſten verurſacht (3. B. ein Thier, welches Fütterungskoſten u. ſ. w. verur⸗ ſacht), weil der Finder gegen ſeinen Willen zu Auslagen nicht verhalten werden kann. Binnen Jahresfriſt nach der Kundmachung des Fundes kann der Finder die Sache (mit Schonung der Subſtanz bei unverbrauchbaren Sachen) be— nützen; nach drei Jahren hat der Finder das Eigenthumsrecht erworben, welcher Zeitraum wohl nach der „Jahresfriſt“ beginnt, alſo vier Jahre nach der Kundmachung. Meldet ſich bin- nen dieſer Friſt der Inhaber und thut er ſein Recht an der Sache dar, ſo iſt ihm die Sache auszufolgen; dem eigentlichen Inhaber (vgl. Beſitz) wohl durch die Behörde, damit nicht etwa der wirkliche Eigenthümer geſchädigt würde Der Übernehmer hat dem Finder die gehabten Auslagen zu vergüten wie einem Geſchäftsführer (ſ. Bevollmächtigungsvertrag); außerdem mindeſtens 10% vom gemeinen Werte der Sache als Finderlohn. Der Finder kann die Sache bis zur Bezahlung des Finderlohnes zurückbehalten. Hat der Finderlohn die Summe von 1000 fl. erreicht, ſo hat der Finder „in Rückſicht des Übermaßes“ nur 5%, zu bean⸗ ſpruchen. Die gefundene Sache iſt ſammt Zu— behör (ſ. d.) zurückzuſtellen, und wenn ſie ver⸗ äußert werden müſste, auch die aus dem ge— lösten Werte wirklich bezogenen Zinſen, doch iſt der Finder für etwaige Unterlaſſung der Fructificierung des Erlöſes nicht verantwortlich und braucht andere aus der Sache etwa ge— zogene Nutzungen nicht zurückzuerſtatten, ſchon wegen der großen Schwierigkeit in der Berech- nung derſelben. Dieſe Anſprüche hat aber nur der redliche Finder, verwirkt ſie alſo durch Unterlaſſung der Anzeige u. ſ. w.; außerdem haftet der unredliche Finder für alle Folgen ſeiner Handlungsweiſe und kann ſich eines Be⸗ truges ſchuldig machen. Gefliſſentliche Verheh- lung und Zueignung von gefundenen oder irr— thümlich zugekommenen Sachen begründet, wenn die Sache über 25 fl. wert iſt, Verbrechen des Betruges (Strafe: Kerker von ſechs Monaten bis zu einem Jahre, bei erſchwerenden Um⸗ ſtänden von einem bis fünf Jahren), ſonſt Über⸗ tretung des Betruges (Strafe: einfacher oder ſtrenger Arreſt von einer Woche bis zu ſechs Monaten). Rückerſatz der aufgewendeten Koſte kann aber auch der unredliche Finder bean⸗ ſpruchen, wenn er die Sache zurückgeſtellt, d ſich ſonſt der Eigenthümer bereichern würde. Finder iſt auch derjenige, welcher eine Sache entdeckt und ergriffen oder wenigſtens danach geſtrebt hat, auch wenn ſie ein anderer wirklich ergriffen hätte. Solche Perſonen haben als Mitfinder gleiche Rechte und Pflichten an der Sache, wie oben erörtert. — Über das Finden eines Schatzes ſ. Schatz. Mcht. Finden (Deutſchland) einer von einem Anderen verlorenen beweglichen Sache gewährt nach römiſchem Recht dem Finder kein Eigenthum an derſelben. Anders iſt dies nach deutſchem Recht, indem ſchon ſeit den älteſten Zeiten der Finder in Deutſchland die Verpflichtung hat, die ge— fundene Sache in Verwahrung zu nehmen und zu erhalten (die ihm zugelaufenen Thiere z. B. zu füttern), von dem Funde aber der Obrigkeit Anzeige zu erſtatten, welche, wenn ſich auf das von ihr erlaſſene Aufgebot der Eigenthümer der Sache innerhalb der feſtgeſetzten Friſt nicht meldet, über dieſelbe als eine herrenloſe (res nullius) weiter verfügt. Der Fund wurde nun urſprünglich entweder ganz juriſtiſchen Per— ſonen (3. B. nach dem Schwabenſpiegel eine Hälfte dem Reiche, die andere einem Gottes— hauſe) zugeſprochen, oder zwiſchen dieſen und dem Finder getheilt (z. B. nach dem Sachſen— ſpiegel zwei Drittel dem Richter, ein Drittel dem Finder). Erſt ſeit dem XVII. Jahrhundert weist man mit Recht dem Finder den Fund, als durch Occupation (ſ. d.) erworben, ganz zu. Von dieſer Regel macht jedoch das preußiſche allgemeine Landrecht inſofern eine Ausnahme, als nur bei einem Wertbetrage des Fundes bis zu 300 Mark derſelbe dem Finder ganz zufällt, bei einem Wertbetrage von über 300 Mark aber. der nach Abzug der Auslagen des Finders und der ihm gebürenden 300 Mark verbleibende Überſchuſs zwiſchen dem Finder und der Orts— armencaſſe getheilt wird. Bei Rückempfang der Sache hat der Eigen— thümer dem Finder alle Auslagen zu vergüten und demſelben nach verſchiedenen Particular— rechten einen Finderlohn (Fundgeld) zu zahlen, welcher z. B. nach dem preußiſchen allgemeinen Landrecht und dem ſächſiſchen bürgerlichen Geſetzbuche bis zu 1500, bezw. in Sachſen bis zu 300 Mark ein Zehntel des Wertes, für die Überſchüſſe über dieſe Beträge aber nur 1% beträgt. Die Verheimlichung und Aneignung des Fundes hat privatrechtlich für den Finder zur Folge, daſs er den Anſpruch auf den Finder— lohn verliert und als malae fidei possessor betrachtet wird, welcher durch Erſitzung (ſ. d.) das Eigenthum an der gefundenen Sache nicht erwerben kann. Nach römiſchem Recht wurde die rechts— widrige Aneignung einer gefundenen Sache durch den Finder als argliſtige Vermögensſchä— digung (stellionatus) beſtraft. „Fund verhohlen jo gut wie geſtohlen!“ lautet eine Parömie, und es galt demgemäß in Deutſchland das fragliche Reat als Fun d— diebſtahl (kurtum inventionis), welcher jedoch wegen der größeren Berſuchung zur Aneignung der fremden Sache immer gelinder beſtraft wurde als der eigentliche Diebſtahl. Finden. — Finken. 329 Das deutſche Reichsſtrafgeſetz vom 15. Mai 1871 kennt den Funddiebſtahl als ſolchen nicht, ſondern betrachtet nach $ 246 jede rechts- widrige Aneignung einer fremden beweglichen Sache durch denjenigen, in deſſen Beſitz oder Gewahrſam ſich dieſelbe befindet, als Unter- ſchlagung und bedroht ſolche bei einer gefun— denen Sache mit Gefängnis bis zu drei Jahren, bei mildernden Umſtänden mit Geldſtrafe bis zu 900 Mark. Neben der Gefängnisſtrafe kann auf Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte (ſ. d.) erkannt werden. Der Verſuch iſt ſtrafbar. At. Finder, der = Saufinder, Saubeller, ſ. d.; ſeltener für einen Spür- oder Stöberhund überhaupt, daher auch in anderen Verbindun— gen, wie Dachs⸗, Wolfsfinder; nur ausnahms⸗ weiſe im Anhd. für jeden Hund, der gut findet, alſo eine gute Naſe und flotte Suche hat. „Die Hundt denen wirt jrer art nach zugelegt vnd werden genannt: . . . Rüden. Freydig vnd iſt ein guter Finder.“ Noé Meurer, Ed. I, Pfortz— heim 1560, fol. 85 r. — „Der Finder... der zwar auch (außer zu Sauen) zu Dachſen mit gebraucht werden kann, oder auch Marder und Iltiſſe bey der Nacht zu fangen, ſonſt aber zu nichts.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 104. — „Der Saufinder . .. Bey der Anführung der jungen Finder iſt hauptſächlich darauf zu ſehen, daſs ſie feine anderen als Saufährten annehmen.“ Mellin, Anltg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 240.— „Finder, Spührer, auch Spührhund, ſind Hunde, die rein ſuchen und auf nichts an— deres gehen, als worauf man ſie abgerichtet hat. Was nun der Hund am liebſten ſuchet, nach demſelben wird er benennt, z. E. Dachs, Sau-, Wolfs⸗Finder.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 123. — Onomat. forest. I., p. 752. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57; Real- u. Verb. ⸗ Lexik. II., p. 225. — Hartig, Lexikon, Ed. II., 1861, p. 192. — Grimm, D. Wb. III., p. 1649. — Sanders, Wb. I., p. 446 ée. E. v. D. Finderlohn, ſ. Finden. At. Finger, der, die Klauen, manchmal auch die Zehen der Raubvögel, alſo ſynonym mit Fang VII, ſ. d. u. vgl. Hand. „Finger heißen bey einem Habichte oder Falcken deſſen Klauen.“ Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 104, 185. — „Die Falken haben . . . einen kurzen Hals, ſtarke Füße (Hände) und Zehen (Finger) ...“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, VII., p. 125. — „Finger, die Klauen der abgetragenen Vögel bei den Falkenierern.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 228. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. I., p. 447 b. E. v. D. Fingerhut, ſ. Digitalis. Wm. Fingerkraut, ſ. Potentilla. Wm. Finke, j. Alſe. Hcke. Finken, Fringillidae, Familie der Ord- nung Crassirostres, Dickſchnäbler, ſ. d. u. Syſt. d. Ornithol.; in Europa mit zuſam— men 27 Arten, welche auf folgende 16 Gat— tungen vertheilt ſind: Montifringilla Chr. L. Brehm; Pyrgita idem; Passer Pallas; Fringilla Linné; Coccothranstes Bech- stein; Ligurinus Koch: Serinus idem; Citrinella Bonaparte; Chrysomitris Boie; Carduelis Cuvier; Cannabina Landbeck: Linaria Chr. L. Brehm; Carpodaeus Kaup: Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 34 — 530 Pyrrhula Cuvier: Corythus Cuvier; Loxia Linné; ſ. d. E. v. D. Finken (rückſichtlich ihrer Schädigungen im Forſtbetriebe und deren Verhütung), ſ. Vo⸗ gelſchäden. Hſchl. Finkenbeißer, j. rothköpfiger Würger. E. v. D. Finkengarn, Finkenhecke, Finkenherd, Finkenjagd, Finkennetz, Finkenſtechen, Finkenſtrich und andere Zuſammenſetzungen ſ. Döbel, Ed. I, 1740, I., fol. 60, II., fol. 232. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 137. — Onomat. forest. I., p. 752. Behlen, Wmſpr., 1829, p. 36; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 234. — Hartig, Lexik., Ed. II, 1861, p. 192. — Grimm, D. Wb. III., p. 1564, 1565. E. v. D. Fiſchhabicht, f Fiſchadler. Finkenkönig, ſ. Kirſchkernbeißer. Finkenmeiſe, f. Kohlmeiſe. E. Finkenwürgvogel, |. rothköpfiger Finne, ſ. Cysticercus. Kur. Finnen, ſ. Pathogeneſe und Pathologie Wildarten. P. Mn. Finfterer Zeug, der, die Jagdtücher im Gegenſatze zum lichten und Blendzeug, ſ.d. und Zeug. „Zum finſteren Zeug gehören die Tücher, Planen und Blahen.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 62. — „Finſterer Zeug, alſo werden die Tücher oder Blahen benennt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 136. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. der E. v. D Finftermaden, verb. trans., ſ. v. w. dämpfen, ſ. d. Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, RE 123, 92. FE. v. D. Finte, ſ. Alſe. Hcke. Fippen, Fipplaut, ſ. Fiepen, Fieplaut E. v. D. Firm, j. ferm b. Gallicismen. E. v. D. Fir: iſt Schnee der Hochgebirge; er iſt rundlich gekörnt. Durch Druck und Durdträn- kung mit gefrierendem Waſſer bildet er das compacte Firneis, welches in tieferen Niveaux zum Gletſchereis umgebildet wird. v. O. Firft, j. Dachgerüſte. Fr. Jiſchadler, der, Pandion 1 IK; Falco haliaötus, Linn. Syst. Nat, I., 129 (1766): Pandion fluvialis, Savigny, 8 Ois. de l’Egypte. p. 36 (1810); Aquila haliaetus (L.), Wolf, Taſchenb. d. deutſchen Vogelk. I., P. 23 (4810): Accipiter haliaötus (L.), Pall., Zoogr. Rosso-As. I., p. 355 (1811); Balbusar- dus haliaötus (L.), Flem., Brit. Anim., p. 31 RB); Pandion alticeps, Chr. L. Brehm, Vö⸗ gel Deutſchl., p. 33 (1831): Pandion planiceps, Chr. L. Brehm, op. cit., p. 33 (1834); Pandion ichthyaötus, Kaup, Claſſif. Säugeth. u. Vögel, p. 122 (1844, nec Horsf.): Pandion albigu- laris, Chr. L. Brehm, Vogelfang, p. 12 (1833); Pandion minor, Chr. L. Brehm, ut supra (185); Pandion clypeatus, L. Brehm, Allg. deutſche naturh. Zeit. II., p. 61 (1856). Der Fiſchaar, Balbuſſard, Fluſs⸗ und Meeradler, kleiner Meer-, Fluſs- und Fiſch⸗ adler, europäiſcher Meeradler, Seefiſcher, kleiner und ſcheckiger Adler, Weißfuß, Seefalke mit Fiſcherhoſen, Meer- und Fiſchweihe, Fiſchgeier, I., p. 448 c. Finken. — Fiſchadler. | : lange, ſchmale und ſehr kräftige Flügel, welche zuſammengelegt den ziemlich kurzen, Fischrahl, Weißkopf, weißköpfiger Blaufuß, Fiſchhabicht. Gäl.: jolair uisg; frz.: Balbusard; port.: Aguia pesqueira; jpan.: Aguila pescador; ital.: Falco pescatore, Sparriero; malt.: Arpa; maur.: Bou-haut; dän.: Flodörn, Fiskeörn; norweg.: Fiskejo, Fiskeörn; ſchwed.: Fiskjuse; finn.: Kalehääski; rufj.: Skopa; lapp.: Tschif- tscha; ungar.: Karvaly; böhm.: Krahulec; poln.! Jastrzab krogulec; froat.: Jastreb pticar. Naumann, Vögel Deutſchl. I., p. 241, und XIII., p. 88, T. 16. — Dreſſer, VI., Nr. 383. — Fritſch, Vögel Europas, T. 9, Fig. 1. Der Fiſchadler unterſcheidet ſich in vieler Hinſicht von allen anderen Raubvögeln, beſon⸗ ders auch von allen anderen europäiſchen Ad⸗ lern. Im Vergleich zu ſeinem Körper hat er ganz ge⸗ raden Schwanz (Stoß) überragen. Das ganze Gefieder iſt ſehr dicht, kräftig und mit Ausnahme der Flügelfedern, welche ziemlich lang ſind, kurz und ſehr feſt. Der Schnabel iſt am Kopfe ſtark und verläuft in einen von der Wachshaut an ge⸗ bogenen langen Hafen. Die Naſenlöcher find groß und liegen ſchräge am Vorderrande der ſehr ſchmalen Wachshaut. Der ahn iſt ſehr wenig be= merklich. Die Füße ſind kurz, aber außerordentlich kräftig, ohne Hoſen. Die Befiederung geht auf der Vorderſeite etwas herab, während Seiten und Rücken des Ferſengelenkes ganz ohne Be⸗ fiederung und wie der Tarſus und die Zehen mit kleinen, ſehr ſtarken, ſcharfen Schuppen be⸗ kleidet ſind. Abweichend von allen anderen Raubvögeln iſt die Binnenzehe ſchwächer als die Außenzehe, welche letztere eine Wendezehe iſt. Allen fehlt die Spannhaut. Die Unter⸗ ſeiten der Zehen haben eine raſpelartige, nach oben gerichtete warzige Bekleidung. Die Nägel ſind ſehr lang und ſtark ge⸗ bogen. Die Färbung der Iris iſt bei alten Vögeln goldgelb, bei jüngeren blajsgelb. Schna⸗ bel ſchwarz, an der Wurzel und der Wachs⸗ haut bleiblau. An den Rändern des Schnabels iſt auch mehr oder weniger Bleiblau. Die Füße ſind acchbläulich hornweiß. Die ganze Oberſeite iſt dunkelbraun, mit lichterem Braun an den Federrändern. Dieſe Färbung verdunkelt ſich allmählich nach den Flügelſpitzen, jo daſs die erſten großen, Schwingen ſchwarz ſind. Zwiſchen Schnabel und Auge ſtehen auf weißlichem Grunde kurze ſchwarze Borſten. Die nächſte Umgebung des Auges und von da ein breiter Streif zur Schulter iſt ſchwarzbraun; Oberkopf und Hinter⸗ hals auf reinweißem Grunde mit ſchwarzbrau⸗ nen, mehr oder weniger breiten Lanzettſtreifen an der Mitte der Feder. 8 Die Unterſeite iſt glänzend weiß mit einem hell geränderten, röthlichbraunen breiten Quer⸗ bande über der Bruſt. Dieſes Band ſchwindet bei ſehr alten Vögeln mehr und mehr, ſo dass E — ee" N ’ es bisweilen nur durch kleine rothbraune Flecken an der Mitte der Feder angedeutet wird. Die Unterſeite der Flügel iſt weiß mit einzelnen matten, grauſchwarzen großen Flecken. Der Schwanz iſt graulich dunkelbraun an der Oberſeite; lichtgraulichbraun an der Unterſeite, mit gewöhnlich ſechs dunkleren Bändern. Das Jugendkleid hat auf der Oberſeite, beſonders auf den Flügeln, weiße Spitzen an dem Gefieder, iſt auf Kopf und Hinterhals dunkler und hat die Bruſtbinde gewöhnlich breiter, aber dieſelbe erſcheint mehr in Flecken— form, indem jede einzelne Feder einen breiten roſtweißlichen Saum hat. Aus meſſungen: Länge & 55--57, 2 59—61, Breite & 135 — 160, 9 168—171, Schwanz 6 193 —20•5, 2 21—22, Tarſus & 58 —6, 2 63—6°5, Mittelzehe & 4˙5, em. Der Fiſchadler hat eine ſehr große Ver— breitung. Europa und Aſien, ziemlich bis zum Baumwuchs im Norden und Nordafrika im Süden, beherbergen ihn als Brutvogel. Auch in Amerika, Auſtralien und auf den In— ſeln des Großen Oceans leben Fiſchadler, doch iſt noch nicht hinlänglich beobachtet, ob die— ſelben zu unſerer europäiſchen Art gehören. Außerlich bieten ſie auch nur geringe Verſchie— denheiten, doch dürften eingehende Lebensbeob— achtungen zur endgiltigen Feſtſtellung rath— ſam ſein. In Deutſchland iſt die Art im Laufe der letzten Jahrzehnte ſeltener geworden, kommt jedoch noch in manchen Gegenden, wo große Teiche und andere flache Gewäſſer vorhanden, auch nicht in zu großer Ferne ein ruhiger Niſtplatz ſich bietet, nicht eben ſelten vor; be— ſonders gibt es Gegenden der Mark, in Oſt— preußen und Pommern, wo man den Fiſch— adler nicht ſelten findet, jo daſs er ſtellenweiſe, wo lohnende Fiſchteiche vorhanden ſind, ſehr ſchädlich wird. Das Flugbild des Fiſchadlers iſt gänz— lich verſchieden von dem der echten Adler und der Seeadler. Während die eben erwähnten beiden Gruppen mit mächtigem, gemeſſenem Flügelſchlag oder ſchwimmend mit unbewegten, faſt geraden Flügeln daherziehen, trägt der Fiſchadler ſeine langen, ſchmalen Flügel ge— bogen und rudert mit eiligen kurzen Schlägen einher. Immerhin iſt er ein raſcher Flieger und macht auch oft weite regelmäßige Aus— flüge. So habe ich ihn jahrelang einen nicht großen See beſuchen ſehen, den ich von meinem Garten aus überſehen konnte, und der von ſeinem Horſte etwa 10 km entfernt war. Er kam täglich während der Brutzeit zur be— ſtimmten Stunde. Wenn er einen Fiſch ge— ſchlagen und ſich nach dem Erheben — wie ſchon Naumann angibt — das Waſſer von dem Ge— fieder abgeſchüttelt hatte, fußte er entweder auf einen Pfahl der am Seeufer ſtand, um den erſcen Fiſch ſofort zu kröpfen, oder ſtrich in gerader Linie dem Horſte zu, was er oft erſt mit dem zweiten Fiſch that, wenn er den erſten gekröpft. Bisweilen kam es jedoch auch vor, daſs er nach wiederholten Fehlſtößen ohne Fiſchadler. 531 Beute abflog. Dies geſchah gewöhnlich bei trübem oder windigem Wetter. Es iſt nicht bekannt, dass der Fiſchadler irgend ein anderes Thier als einen Fiſch an- greift. Nur der ausgezeichnete Forſcher Pro- feſſor Liebe in Gera hat beobachtet, dass ein Fiſchadler, der anhaltend von den kleinen ihm zum Jagdrevier dienenden Teichen vertrieben wurde, Fröſche fieng und kröpfte. Die Vögel wiſſen dies auch ſehr gut und fürchten ihn nicht. So fand ich einmal einen Horſt in der Spitze einer Buche mittlerer Größe, in deren Mitte ein ſchwarzer Storch niſtete. In Norddeutſchland kommt er gewöhnlich in der erſten Hälfte des April, im Süden ver— hältnismäßig früher und geht im September oder October. Vor einigen Jahren wurde hier in der Gegend ein alter Fiſchadler in einem Eiſen gefangen, welches auf einem Pfahl be— feſtigt war und dem man einen Theil der Decke eines Haſen untergelegt. Der Förſter, der ihn gefangen, wollte nun daraus ſchließen, daſs der Fiſchadler auch Hafen ſchlage, doch bedeutete ich ihm, daſs derſelbe auf den Pfahl gefußt, nicht weil, ſondern obgleich die Haſen— decke dort lag. Seinen Horſtplatz wählt der Fiſchadler gewöhnlich im Innern größerer Wälder, doch iſt dies keineswegs immer der Fall. Bedürfnis ſcheint ihm mehr die Ruhe des Ortes zu ſein, auch kann Anhänglichkeit an den alten Platz ihn bewegen, in einem einzelnſtehenden Baum zu horſten. So führte mich Herr Taneré zu einer Eiche am Rande des Anclamer Stadt— forſtes, welche, wohl 300—400 m vom Walde entfernt, frei auf einer Wieſe ſtehend, einen bewohnten Fiſchadlerhorſt trug. Früher war die Wieſe ein dichter Erlenbruch geweſen, wel— cher zur Wieſe umgeſchaffen war. Dennoch blieb der Adler am alten Horſt. Hauglin erzählte mir, daſs die Fiſchadler auf den flachen Sand— inſeln des rothen Meeres nicht allein in dem niederen Geſtrüpp, ſondern auch auf dem Bo— den ihre Horſte bauen und in großer Zahl neben einander niſten. Auch in Deutſchland gibt es beſonders fiſchreiche Gegenden, wo mehrere Fiſchadler, ja 5—6 Paare ihren Horſt in großer Nähe von einander bauen. In nicht großer Ferne von Stolp befindet ſich der Jaſſener See. Der Beſitzer fand ſich veranlaſst, alle Kähne zu entfernen, jo daſs niemand zu den Inſeln kommen konnte. Auf einer Inſel von ganz mäßigem Umfang be— fanden ſich 10— 12 einzelne mittelſtarke Bäume, und nach einigen Jahren horſteten dort zwei Fiſchadler und am Boden unter Geſtrüpp eine ganze Colonie des langſchnäbeligen Sägers (mergus serrator). Die Vögel blieben ſo lange dort, als ſie nicht geſtört wurden. Gewöhnlich wählt ſich der Fiſchadler zum Horſtplatz einen einzeln an oder in einer jungen Waldeultur, einem Waldmoore oder einer Waldblöße ſtehenden Baum von bedeutender Höhe, doch iſt dies, wie bereits oben geſagt, nicht immer der Fall. Nadelhölzer ſagen ihm beſonders zu, demnächſt die Eiche. Der Horſt ſteht immer nahe der Spitze des Baumes, und daneben befindet ſich ein trockener Aſt, auf dem 34 * 332 er ſtets auffußt, wenn er ſich zum Horſte be= gibt. Derſelbe hat eine Grundlage von ſtarken trockenen Aſten, auf denen allmählich ſchwä⸗ cheres Holzwerk gelegt wird. Die Ausfütterung he, u trockenem Graſe und ähnlichem Ma⸗ terial. Oft ſchleppt das Männchen, wenn das Weibchen ſchon brütet, immer neues Material herbei, jo daſs ein alter Horſt mit der Zeit einen ſehr großen Umfang erreicht. Die Eier, 3 oder 2, ſeltener 4 an der Zahl, find 6—6˙3 em lang, 48—5 em breit, ziemlich abgerundet und auf weißem, weißröth— lichem oder bräunlichem Grunde mit aſchgrauen Schalenflecken und lebhaft braunrothen, roth— braunen oder röthlichſchwarzbraunen Deckflecken und Punkten mehr oder weniger dicht bedeckt. Gewöhnlich ſtehen dieſelben an der Baſis ſehr dicht und an der Spitze vereinzelt. Die Ankunft des Fiſchadlers iſt in Nord⸗ deutſchland je nach der Jahreswitterung von Anfang bis Mitte April; der Wegzug beginnt vor Ende Auguſt und endet gewöhnlich in der erſten Hälfte des October, doch bisweilen dauert derſelbe bis in den November. E. F. v. Hmr. Fiſchbaſtarde. Da die meiſten unſerer Süßwaſſerfiſche in Geſellſchaft laichen und Eier und Samen frei ins Waſſer fallen laſſen, ſo iſt die gelegentliche Entſtehung von Baſtarden zwiſchen verſchiedenen Arten von vornherein nicht unwahrſcheinlich. In der That hat man mehrere Süßwaſſerfiſche, namentlich aus der Familie der karpfenartigen aufgefunden, welche ſich in keine der bekannten Arten einreihen laſſen und eine derartige mittlere Stellung zwiſchen zwei Species einnehmen, daſs man ſie als Baſtarde beſchrieben hat. Bewieſen werden kann die Baſtardnatur nur durch die experi⸗ mentelle Züchtung. Da dies bei den in der freien Natur vorkommenden Baſtarden bis jetzt noch in keinem einzigen Falle geſchehen iſt und zudem die Artmerkmale aller Süßwaſſerfiſche ſehr veränderlich ſind, ſo kann es ſich bei manchen ſog. Baſtarden auch um bloße Spielarten oder Übergänge zwiſchen Arten handeln, welche nicht durch Vermiſchung zweier Species, ſondern auf anderem Wege entſtanden ſind. Aus der Familie der karpfenartigen Fiſche ſind die bekannteſten Baſtarde die Karpfkarauſche (Carpio Kol- larii Heckel), ſ. d., zwiſchen Karpfen und Ka⸗ asche Abramidopsis Leuckartii Heckel; der ſog. Leiter oder Leitfiſch (j. d.), zwischen Brachſen und Plötze; Bliccopsis abramo-rutilus Jäckel (ſ. d.), zwiſchen Gieben und Plötze; Al- burnus dolabratus Holandre (ſ. Laube), zwiſchen Laube und Döbel; Chondrostoma Rysela Agassiz (ſ. d.), zwiſchen Naſe und Strömer. Durch künſtliche Befruchtung ſind auch Baſtarde zwiſchen lachsartigen Fiſchen, wie Lachs, Forelle und Saibling erzielt worden, welche bei den betreffenden Arten Erwähnung finden. Hcke. Fiſche (Pisces) ſind waſſerbewohnende Wirbelthiere mit wechſelwarmem Blut, welche zeitlebens durch Kiemen athmen, deren wich⸗ tigſtes Bewegungsorgan der Schwanz iſt, und deren Eier mit wenigen Ausnahmen frei im Waſſer ſich entwickeln. Übrigens iſt eine ſcharfe Grenze zwiſchen ihnen und den Lurchen (Am- phibia) nicht vorhanden. Der Leib der Fiſche Fiſchbaſtarde. — Fiſche. iſt in der Regel langgeſtreckt und ſeitlich zuſam⸗ | mengedrückt, bootähnlich, ſeltener eylindriſch, wie beim Aal, noch ſeltener flach ſcheibenförmig oder kugelig⸗rund. Eine wichtige Eigenthüm⸗ lichkeit in der Gliederung des Leibes iſt das Fehlen einer beweglichen Halsgegend; ſtets ſitzt der Kopf unmittelbar und nur wenig beweglich auf dem Rumpfe, und letzterer geht ohne ſcharfe Grenze in den ſtets mächtig entwickelten Schwanz über. Die Gliedmaßen oder Floſſen ſind im Verhältnis zum Stamm des Leibes von unter- geordneter Größe und Bedeutung. Die Haut der Fiſche iſt charakteriſiert durch das gänzliche Fehlen von Hornartigen Bildungen der Oberhaut oder Epidermis. Letztere iſt ſtets aus weichen, ſchleimigen Zellen zuſammengeſetzt und meiſt völlig farblos. Unter ihr liegen in beſonderen Taſchen der Lederhaut die Schuppen (T. I. Fig. 12— 16), welche meiſt dünne Knochen⸗ platten ſind und ſtets eine concentriſche, gewöhn⸗ lich auch eine ſtrahlenförmige Streifung zeigen. Man nennt ſie Rundſchuppen (Cykloidſchup⸗ pen), wenn ihr hinterer Rand glatt abgerundet iſt (z. B. beim Karpfen), Kammſchuppen (Ctenoidſchuppen), wenn am hinteren Rande eine oder mehrere Reihen kleiner nach hinten gerichteter Stachel ſich befinden (z. B. beim Barſch). In der Regel decken ſich die Schuppen nach Art der Dachziegel, wobei die hinteren Ränder frei liegen; nicht ſelten, z. B. beim Aal (T. I, Fig. 13), ſind ſie jedoch jo klein, daſs ſie ein⸗ ander nicht mehr decken oder gar zwiſchen ihnen freie Zwiſchenräume ſind. In anderen Fällen, z. B. beim Stör und Stichling, ſind die Schup⸗ pen durch verſchiedenartig geſtaltete knöcherne Panzerplatten erſetzt. Die Schuppen werden nie gewechſelt, ſondern nehmen mit dem Wachſen des Leibes beſtändig an Größe zu. Letztere iſt als Artkennzeichen von ſyſtematiſcher Bedeutung; das beſte Maß für dieſelbe gibt die Zahl jener Schuppen an, welche von den Röhren der ſog. Seitenlinie durchbohrt werden (T. I, Fig. 16). Häufig zählt man auch die in einer Querreihe an der höchſten Stelle des Rumpfes ober- und unterhalb der Seitenlinie liegenden Schuppen. Das Ergebnis der Schuppenzählung wird in der Schuppenformel zuſammengefaſst; beim Karpfen beiſpielsweiſe in den Ausdruck Schp. 5—6/32—39/5—6, d. h. in der Seitenlinie ſtehen 32—39, in einer Querreihe, oberhalb derſelben 5—6, unterhalb | derſelben ebenſoviele. ; Die Farben der Fiſche werden fait aus ſchließlich durch die ſog. Farbzellen oder Chromatophoren (T. II, Fig. 1) bedingt; dies ſind Zellen der Unterhaut mit ſchwarzem, gelbem oder rothem Farbſtoff, welche die Fähig⸗ keit haben, auf Lichtreize, vielleicht auch auf Nervenreize, ſich entweder zu ſternförmigen Figuren auszudehnen oder auf einen kleinen runden Raum zuſammenzuziehen. In erſterem Falle kommt der Farbſtoff der Chromatophoren zu erhöhter Geltung, in letzterem verblaſſen die Farben. Mit Hilfe dieſer Farbzellen vermögen die Fiſche in höherem oder geringerem Grade ihre Färbung mit dem Beleuchtungsgrade des Waſſers und den Farben des Untergrundes in Einklang zu bringen, oft in überraſchend H. Braune del. 2 Enerklopädie der Fı Fig. 1.Knöchernes Skelett des Barsches. Fig.2.Knorpeliges Skelett des Stores. Fig J. Flügelbein, 6 und 7 Zwischenstück, 8. Hauptdeckel, 9. Vordeckel, 10. Unter des Dorsches von unten gesehen ( 1.Pflugscharbein, L Zwischenkiefer, &. Oerkie des Welses (1 Unterkiefer, 2. Zungenbein mit den Kiemenhautstrahlen, e. Meme des Barsches. Fig. Stachelstrahlen der Rückenflosse des Barsches. Fig. B. Elis “ron der Seite, e von vorne. Fig. 10. Queerschnitt des Rumpfes eines Knoche Fig. Knochenschild aus der Haut des Störes. Fig. 2. Rundschuppe der Aalgie Fig. 15. Durchbohrte Rundschuppe der Seitenlinie Lin? MEERE TE, AS a nl a ER, ,, 1 er 2 , . 2 70 III — V LER aydwissenschaften LittAnst.vT.Bannwarttı Wien del des Dorsches. (L Pflugsch 5 ein, 2. Zwischenkiefer, 3.0berkief: WL Zwischendeckel, 12.Unterkieler, 13. Unteraugenknochen). Fi menbein, 5. Flügelbein). | fig 3. later kiefer, Zungenbein und kiemenbögen 4 obere, „untere eee Fig. 6 6. Muskulatur und een len der Rückenflosse des Brachsen. Hg. 9. Schwanzwirbel eines Knochenfisches ss oberer Wirbelbogen mit Dorn 8 rtsatz Z. Rippen, 3 4, 5. Fleischgräten 9. . ‚Rundschuppe des Aals. Fig. 14 Kammschuppe des Barsches. 1 . desgl von der Karaus che Verlag von MORITZ PERLES, Wien und Leipzie. Amon JaultlollubEl undh öh! en dach r 7 1 Er Be 15 „ 4 ü N R N 4 y Se Sf . W le x NS ä / e> \N:3 8 9 Fe u 90 ! * 2 S men - BET | f #Braune. del. Enevklopädie der Forst u. Jagdwissenschaiten. | j IWW YTY 162 2 ————— — 72 N. — fi >“. 2 r \ I „ up 4 u a) N £ g 4 vr IS Ka 1 srl £ 2 0 P . VEHRNERL REN T RNKSIURRELE 7 N Fig.1. Chromatophoren aus der Fischhaut in verschiedenen Ausdehnungszus c wm schnäpel Fig 4 Schwimmblasen, a vom Schnänel, b vom Brachsen. Fig schnitt durch denselben mit einem, fast bis zum Grunde gespaltenem mit weit von einander gespreizten Kiemenbögen und Kiemendekeln. Fig Kıiemenlöcher durchschnitten und die Kiemenbeutel geöffnet. Fig. blutadern roth. Fig. I. Schematische Darstellung des Kreislaufes hei des Stichlingseies. 1.Unbefruchtetes Ei mit Micropyle. 2. Bildung des Rei Seite. 9 Der Keimhügel ist in zahlreiche furchungskagslu zerfallen 10.11.12. Anla 14. Bildung der Urwirbel. 15. Das Herz ist entwickelt. Kopf u. Schwanz heben si — — —Z—ͤ—— LU N e W Ds vr LLLIELLELLLLLILUNEL e r Verlag von MORITZ PERLE S, Wien und Leipzig. Uth Ans IR Bannwarth Wien. Fig. 2. Zähne an der Innenseite der Kiemenbögen, a von der Plötze, b vom Lachs, B von der Schmerle, b vom Schnäpel. Fig. 6. Kiemenbogen vom Hecht. Fig. 7. Quer. lättchen. Fig. 8. Horizontalschnitt durch Mund- und Kiemenhöhle einer Maräne Rtalschnitt durch den Kopf eines Neunauges. Auf der linken Seite sind die ation in einem Kiemenblättchen Die Kiemenschlagadern schwarz, die Kiemen. g. Die sauerstoffreiches Blut führenden Adern sind roth, Fig. 12. Entwicklung 6,7 8, Furchungszustände des Keimhügels in Ansichten von oben und von der bryos und Umwachsung. des Nahrungsdotters 13-12 von oben gesehen. hrungsdotter ab. 16. Kurz vor dem Ausschlüpfen. 6. Fiſche. | 533 kurzer Zeit, und ſich dadurch weniger ſicht— bar zu machen. In der Laichzeit ſind die Farben faſt immer prächtiger, vorzugsweiſe bei den Männchen. Der Glanz vieler Fiſche wird durch ſehr kleine und zahlreiche, meiſt ſtäbchen— förmige Kryſtalle einer Guaninkalkverbindung bedingt, welche namentlich an der Unterſeite der Schuppen lagern. Bei der außerordentlichen Veränderlichkeit der Farben der Fiſche nach Alter, Ort und Zeit haben dieſelben für die Syſtematik eine höchſt untergeordnete Be— deutung. Das Skelet beſteht bei der großen Mehr⸗ zahl der Fiſche aus Knochen, bei einer gerin— geren Zahl, z. B. den Stören und Neunaugen vorzugsweiſe oder ausſchließlich aus Knorpel. Knochen- und Knorpelfiſche ſind auch ſonſt im Bau ihres Skelets weſentlich verſchieden, wes— halb wir ſie geſondert betrachten. Das Skelet der Knochenfiſche (T. J, Fig. 1) ſetzt ſich zuſammen aus der Wirbel— ſäule mit den Rippen und Fleiſchgräten, dem Kopfſkelet und dem Floſſenſkelet. Die Wirbel (T. 1, Fig. 9 a und b und Fig. 10) der Wirbelſäule beſtehen aus einem vorne und hinten concaven Wirbelkörper und einem obe— ren und unteren knöchernen Bogen. Der obere kleinere Bogen umſchließt das Rücken⸗ mark und endet ſtets in einen ſpitzen Dornfort— ſatz; der untere Bogen gleicht am Schwanze dem oberen und umſchließt hier die große Schwanzarterie, vor dem Schwanze bis zum Kopf iſt er dagegen unten offen, und ſeine bei— den Seitentheile umſchließen als bewegliche Rippen (T. II, Fig. 10, 2) die Rumpfeinge— weide, ohne ſich jedoch unten mit einem Bruſt— bein zu verbinden. Theils vom Wirbelkörper, theils von den Bogen gehen die ſog. Fleiſch— gräten (T. I, Fig 10, 3, 4, 5) aus, dünne, am Ende oft geſpaltene Stäbchen, welche ſich in die Stützhäute zwiſchen den Theilen der großen Seitenmuskeln 1 1 8 und bei verſchiedenen Arten in ſehr verſchiedener Zahl und Stärke vor— kommen Etwas verſchieden geſtaltet ſich das Ende der Wirbelſäule im Schwanze. Entweder endet ſie geradlinig, wie beim Aal und ganz jungen, eben dem Ei entſchlüpten Fiſchen, und dann ſind die Dornfortſätze oben und unten gleich, oder die letzten, reſp. der letzte Schwanz— wirbel biegen ſich ſtark nach oben (3. B. beim Lachs und Barſch), und dann ſind die oberen Dornfortſätze klein oder fehlen ganz, die unteren aber zu breiten Platten entwickelt, an welche ſich der größte Theil der Schwanzfloſſenſtrahlen anſetzt. Die Wirbelſäule iſt ſtets in ganzer Länge ſeitlich biegſam, indem die einzelnen Wirbel durch gallertartige, in ihre Höhlungen ſich hinein erſtreckende Zwiſchenwirbelſcheiben ge— trennt ſind. Der Schädel (T. J, Fig. 3) der Knochen— fiſche iſt aus einer großen Zahl meiſt beweg— licher Knochen ſehr compliciert zuſammengeſetzt. An die eigentliche, das Gehirn, die Gehör— organe und die Riechnerven umſchließende, ein— heitliche, nach vorn zugeſpitzte Schädelkapſel ſchließt ſich im hinteren Theile das Kiemen— ſkelet (T. I, Fig. 5) an. Es beſteht zunächſt aus jederſeits fünf bogenförmig von oben nach unten ziehenden, in mehrere Stücke gegliederten Knochenſtäben. Die vier vorderſten, die ſog. Kiemenbögen (T. II, Fig. 5, 3, 3, 3), tragen au ihrem äußeren convexen Rande die kammför⸗ migen Kiemen; an ihrer inneren, concaven, der Mundhöhle zugekehrten Seite dagegen ſitzt eine Anzahl kürzerer oder längerer, meiſt mit kleinen Zähnchen beſetzter Hautknochen (T. II, Fig. 2, 6 und 8). Beim Zuſammenſchluſs der Bögen überbrücken dieſelben die Kiemenſpalten und verwandeln ſie dadurch in mehr oder weniger feine Siebe, um das Entweichen feiner Nah— rungstheile aus dem Munde während des Ath— mens zu verhindern (T. II, Fig. 8). Das fünfte, letzte und kleinſte Bogenpaar trägt niemals Kiemen, dagegen ſtets kleinere oder größere, nach dem Schlunde zu gerichtete Zähne; es ſind dies die ſog. unteren Schlundknochen (T. I, Fig. 5, 5). Sämmtliche Bogenpaare ver— einigen ſich oben in der Mittellinie unterhalb der Schädelkapſel vermittelſt mehrerer, oft ver— wachſener, kleiner Knochenſtücke, welche nicht ſelten gleichfalls Zähne tragen und als obere Schlundknochen (T. I, Fig. 5, 4) bezeichnet werden. In gleicher Weiſe ſind die Bogen— paare auch unten durch kleine Knochenſtücke verbunden. Vor dem erſten Kiemenbogenpaar und mit dieſem in der Mitte zuſammenhän— gend liegt endlich noch ein ſechstes, unvoll— ſtändiges, aus mehreren Stücken beſtehendes Paar mit einem unteren Mittelſtück; es heißt Zungenbein (T. IJ, Fig. 5, 2), weil es unten iu der Mitte die kurze Zunge trägt. Jederſeits an ſeinem äußeren Rande trägt das Zungen— bein eine wechſelnde Zahl grätenartiger, lan— ger Knochenſtäbe, die ſog. Kiemenhautſtrah— len, welche, durch eine Haut verbunden, von vorne her die Kiemen bedecken. Der ganze Kiemenbogenapparat mit dem Zungenbein wird jederſeits von außen überdeckt durch den Kie— mendeckel (T. I, Fig. 33, 8-11), welcher aus vier aneinander beweglichen Knochenplatten be— ſteht, dem Hauptdeckel, dem Vordeckel, dem Zwiſchendeckel und dem Unterdeckel; der Vordeckel iſt beweglich an der Seite der Schädel— kapſel eingelenkt, unter ihm liegt der ſchmale Zwiſchendeckel, welcher durch Bänder mit dem hinteren Ende des Unterkiefers und der äußeren Fläche des Zungenbeines verbunden iſt. Haupt— deckel und Unterdeckel ſind hinten völlig frei, ihre Ränder bilden die vordere Begrenzung der Kiemendeckelſpalte. Der Vordeckel und Haupt— deckel tragen nicht ſelten ſtachelartige Fortſätze, deren Zahl und Geſtalt ſyſtematiſch verwertet werden. Das vor dem Kiemenſkelet gelegene Kiefer— ſkelet (T. I, Fig. 3, 1, 2, 3, 4, 8, 12 und Fig. 4) der Knochenfiſche beginnt mit einer Reihe platter Knochen, welche unmittelbar vor dem Vordeckel liegen und als Zwiſchenſtücke (T. I, Fig. 3, 6 u. 7) bezeichnet werden. Das oberſte derſelben gelenkt am Schädel, das unterſte, das ſog. Quadrat: bein, dient zur Einlenkung des Unterkiefers. An dieſe Zwiſchenſtücke legen ſich auch die hin— terſten Stücke des Zungenbeinbogens an. An dem Quadratbein nach vorne gelenkt jederſeits das im oberen Dach der Mundhöhle liegende Flügelbein und an dieſem vorne das Gau— 524 Fiſche. menbein, beide ſehr häufig mit Zähnen beſetzt. Zwiſchen beide Gaumenbeine ſchiebt ſich in der Mitte das Pflugſcharbein oder der Vomer ein, eine breite, oft bezahnte Platte, welche ſich nach hinten in einen ſchmalen, der Unterſeite der Schädelkapſel angewachſenen Stiel verlängert. Vor dem Vomer liegen die beiden in der Mitte beweglich verbundenen Oberkiefer, von denen jeder einen langen, nach hinten und unten ſich erſtreckenden Fortſatz hat, welcher durch ein Band mit der betreffen— den Hälfte des Unterkiefers verbunden iſt. Die meiſt zahnloſen Oberkiefer bilden nur ſelten und dann auch nur an den Seiten (z. B. beim Lachs) den oberen Mundrand; dies geſchieht vielmehr in der Regel durch die beiden vor ihnen liegenden Zwiſchenkiefer, welche mei— ſtens ſehr weit vorgeſtreckt werden können und recht eigentlich zum Ergreifen der Nahrung dienen. Der Unterkiefer beſteht aus zwei in der Mitte beweglich verbundenen Hälften, von denen jede wieder aus mehreren Stücken zuſam— mengeſetzt iſt. Zur Vervollſtändigung des Kopfſkeletes der Knochenfiſche dient noch eine bogenförmige Reihe kleiner Hautknochen, welche das Auge von hinten und unten umziehen und als Unter— augenknochen (T. I, Fig. 3, 13) bezeichnet wer⸗ den. Bei einigen Fiſchen, z. B. der Groppe, ver— breitern ſie ſich nach hinten bis zu dem Vor— deckel und ſtehen mit dieſem in gelenkiger Ver— bindung. Die Floſſen der Fiſche zerfallen in paarige und unpaarige. Erſtere ſind die echten Gliedmaßen, die vorderen die Bruſt— floſſen, die hinteren die Bauchfloſſen. Erſtere ſtehen unmittelbar hinter dem Kiemen— ſpalt und ſind bei den Knochenfiſchen an einem inneren, knöchernen, oben mit dem Schädel verbundenen Schultergürtel befeſtigt. Die Bauchfloſſen, welche an einem kurzen Becken— knochen gelenken, haben eine ſehr verſchiedene Stellung; ſie heißen bauchſtändig, wenn ſie hinter den Bruſtfloſſen ſtehen (Karpfen), bruſt— ſtändig, wenn ſie unter oder zwiſchen den Bruſt— floſſen (Barſch), und kehlſtändig, wenn ſie vor ihnen ſich befinden (Aalmutter). Die unpaarigen oder ſenkrechten Floſſen ſind als geſonderte Theile eines bei allen ganz jungen Fiſchen vorhandenen embryonalen Floſſenſaumes anzuſehen, welcher ſich ununterbrochen vom Ende des Kopfes bis zum Aſter hinzieht. Man unterſcheidet eine oder mehrere Rückenfloſſen, eine Schwanzfloſſe und eine oder zwei Afterfloſſen. Rücken- und Afterfloſſe ſtehen aufn den ſog. Floſſenträgern (T. , Fig. 7 und 8), einer Anzahl ſenkrechter, meiſt mit den Dornfortſätzen der Wirbel ver— bundener Knochenplatten zwiſchen den oberen Seitentheilen der Rückenmuskeln. Die freien Theile aller Floſſen beſtehen aus einer dünnen Haut, welche durch aufrichtbare und niederleg— bare knöcherne Floſſenſtrahlen geſtützt wird. Sind dieſelben mehr oder weniger ſteif, ſpitz und unbiegſam, ſo heißen ſie Stachelſtrahlen (T. I, Fig. 7). ſind ſie der Länge nach gegliedert, jo heißen ſie Gliederſtrahlen T. I Fig. 8), ſind ſie außerdem noch am Ende geſpalten, ſo nennt man ſie getheilte Gliederſtrahlen. Die N Zahl und Beſchaffenheit der Floſſenſtrahlen iſt ein ſyſtematiſch ſehr wichtiger Charakter der Fiſche und findet ſeinen Ausdruck in der Floſſen— formel. Es bedeuten beiſpielsweiſe beim Barſch in der Formel 1 R. 13—16, 2 R. 1/1416, A. 2/710, Br. 0/1344, B. 1/3, Sch. 6/178, die Zahlen vor dem erſten Strich die unge— theilten und ungegliederten Stachelſtrahlen; jene hinter dem erſten Strich die Gliederſtrahlen, die hinter dem zweiten Strich wieder die unge— theilten. Alſo ſtehen in der erſten Rückenfloſſe nur Stachelſtrahlen, in der zweiten 1 Stachel⸗ ſtrahl und 14—16 Gliederſtrahlen, in der Schwanzfloſſe 17 getheilte und oben 6, unten 5 ungetheilte Strahlen u. ſ. w. Das Skelet der ſog. Knorpelfiſche (T. I. Fig. 2), wozu unter den Süßwaſſerfiſchen die Störe und Neunaugen gehören, unterſcheidet ſich von dem der Knochenfiſche nicht bloß durch ſeine vorwiegend knorpelige Beſchaffenheit, ſon— dern auch dadurch, dajs an der Wirbelſäule in der Regel die oberen und unteren Bogen ganz fehlen und der Kiemenbogenapparat ſowie die Kiefer einfacher geſtaltet ſind. Auch die Floſſen ſind abweichend gebaut ([. Störe und Neun— augen). Die aus quergeſtreiften Faſern beſtehende Muskulatur (T. I, Fig. 6) der Fiſche beſteht, abgeſehen von den verhältnismäßig unbedeu— tenden Muskeln des Kopfes und der Glied— maßen, aus zwei großen, beide Seiten des Rumpfſfkeletes bedeckenden Muskelplatten. Jede derſelben iſt durch eine häutige, von der Wirbel— ſäule ausgehende Wand in eine obere und untere Hälfte geſchieden, welche am Schwanze gleich groß ſind; vor demſelben iſt die untere, den Rippen aufliegende Hälfte höher und ſchmäler. Jeder der vier Seitenmuskeln zer- fällt von vorne nach hinten in eine Anzahl ge— bogener Querplatten, welche ſich dachziegel— förmig decken und durch dünne Häute getrennt ſind; letztere, in welche hinein ſich auch die oben erwähnten Fleiſchgräten erſtrecken, löſen ſich beim Kochen mehr oder weniger auf, wodurch das Fleiſch in einzelne Schollen zerfällt. Die Bewegung der Fiſche, das Schwim— men, wird weſentlich durch Biegungen des ganzen Rumpfes, namentlich aber des Schwan— zes ausgeführt. Beim Schwimmen in gerader Richtung werden Rumpf und Schwanz durch die Seitenmuskeln in entgegengeſetzter Richtung gekrümmt, jo daſs der Leib eine doppelte oder Achtercurve bildet. Will der Fiſch nach rechts oder links biegen, ſo krümmt er allein den Schwanz, u. zw. nach derſelben Seite. Die paa-⸗ rigen Floſſen ſpielen beim Schwimmen eine ſehr untergeordnete Rolle, meiſt nur als Ruder bei ſehr langſamen Bewegungen. Die Bruſtfloſſen dienen noch ſpeciell dazu, in der Ruhe den Stoß des aus den Kiemenſpalten heraustretenden Waſſers, welcher den Fiſch nach vorne treiben würde, aufzuheben, indem ſie ausgebreitet dieſen Stoß nach den Seiten ablenken. Die Baud)- floſſen dienen vielfach zum Aufſtützen des Kör— pers auf dem Boden. Die ſenkrechten Floſſen tragen weſentlich nur zur Vergrößerung der gegen das Waſſer drückenden Körperfläche bei, alſo zur Verſtärkung des Widerſtandes und damit auch der Bewegung. Eine wichtige Rolle beim Schwimmen ſpielt auch die Schwimm— blaſe (T. II, Fig. ka und b), welche nur we— nigen Knochenfiſchen fehlt. Sie iſt ein unmittel- bar unter der Wirbelſäule gelegener, aus einer elaſtiſchen, von Adern und feinen Muskelfaſern durchzogenen Haut gebildeter Sack von ver— ſchiedener Geſtalt, der im Anfang der Ent— wicklung ſtets durch einen Canal mit dem vorderen Theil des Darmrohres zuſammenhängt. Dieſe Verbindung bleibt bei vielen Fiſchen, z. B. bei den Lachſen und karpfenartigen, zeitlebens be— ſtehen (Fiſche mit offener Schwimmblaſe, Physostomi), oder ſie ſchwindet ſpäter, z. B. beim Barſch (Fiſche mit geſchloſſener Schwimm— blaſe, Physoelisti). Meiſtens liegt die Schwimm— blaſe frei, zuweilen, wie beim Barſch, iſt ſie mit den Wirbeln und Rippen ſtellenweiſe verwachſen. Die Schwimmblaſe enthält Luft, nämlich Sauer- ſtoff, Stickſtoff und Kohlenſäure, jedoch in an— derem Verhältnis als die Atmoſphäre. Im weſentlichen iſt die Schwimmblaſe ein Hydro- ſtatiſcher Apparat. Da das ſpeeifiſche Ge— wicht des Fiſchkörpers dem des Waſſers nahezu gleich iſt und letzteres bei ſeiner geringen Zu— ſelbe Dichte hat, ſo genügt ſchon ein geringes Zuſammenpreſſen der Schwimmblaſe mittelſt der unteren Rumpfmuskeln oder durch die Muskeln der Blaſe ſelbſt, um den Fiſch, der nun einen kleineren Raum einnimmt, ſpecifiſch ſchwerer, alſo ſinken zu machen. Beim Nach— laſſen des Druckes dehnt ſich die Blaſe wieder aus und der Fiſch ſteigt. Wird nur ein Theil der Schwimmblaſe comprimiert, ſo wird der Schwerpunkt des Körpers nach dieſem Theile zu verſchoben und der Fiſch ſtellt ſich mit dem Kopfe nach unten oder oben. Fiſche mit ge— ſchloſſener Schwimmblaſe find durch den Beſitz derſelben an eine gewiſſe Tiefenzone des Waſſers gebunden, nämlich an jene, in welcher der Waſſerdruck dem Druck der in der Schwimm— blaſe enthaltenen Luft einigermaßen das Gleich— gewicht hält. Gerathen ſolche Fiſche zu weit nach oben in eine Zone, wo der äußere Waſſer— druck beträchtlich geringer iſt als der Druck in der Schwimmblaſe, ſo kann ihre Muskelkraft nicht mehr ausreichen, um die Blaſe hinreichend zuſammenzudrücken; letztere wird durch die Ausdehnung der in ihr enthaltenen Luft ge— waltig gedehnt und der Fiſch willenlos an die Waſſeroberfläche getrieben, wo er oft mit zer— platzter Schwimmblaſe, aufgetriebenem Leibe und durch den Mund umgeſtülptem Darme an— kommt. Dies iſt faſt immer der Fall, wenn Fiſche, die gewöhnlich in großen Tiefen, alſo unter ſtarkem Waſſerdruck leben, plötzlich mit Netzen an die Oberfläche gezogen werden. Ge— räth umgekehrt ein Fiſch, in deſſen geſchloſſener Fiſche. 333 daſs ſolche Fiſche ſterben, wenn man ſie ver— hindert, von Zeit zu Zeit an die Oberfläche zu kommen und einen Austauſch der Schwimm- blaſenluft vorzunehmen. Das centrale Nervenſyſtem der Fiſche iſt verhältnismäßig gering entwickelt; das Rückenmark überwiegt an Maſſe das Gehirn bei weitem. Letzteres füllt niemals die Gehirnhöhle ganz aus, ſondern iſt von einer dicken Schicht eines weichen, ſulzigen, ſehr fetthaltigen Binde— gewebes bedeckt. Es beſteht aus dem gering entwickelten paarigen Vorderhirn, den Hemi— ſphären der höheren Thiere entſprechend, von dem die langen Geruchsnerven entſpringen, dem ebenfalls zweitheiligen Mittelhirn mit den Sehnerven und einigen anderen wichtigen Hirn— nerven und dem unpaaren Hinterhirn. Der geringen Entwicklung des Vorderhirns entſpricht die geringe geiſtige Begabung der Fiſche. Das Auge der Fiſche gleicht in ſeinem allgemeinen Bau dem der höheren Thiere, unter— ſcheidet ſich aber durch die mit dem Sehen im Waſſer zuſammenhängende geringe Krümmung der Hornhaut und die faſt kugelige Form der Linſe. Die Regenbogenhaut erglänzt meiſt in ſammendrückbarkeit in allen Tiefen fait die- Schwimmblaſe die Luft unter geringem Drucke ſteht, in zu große Tiefen, ſo wird die Blaſe zu ſtark comprimiert und der Fiſch vermag nicht wieder emporzuſteigen. Fiſche mit offener Schwimmblaſe ſind ſolchen Gefahren nicht aus— geſetzt, da ſie Luft aufnehmen oder abgeben können; bei manchen karpfenartigen Fiſchen ſcheint die Schwimmblaſe auch Hilfsorgan der Athmung zu ſein, wenigſtens iſt nachgewieſen, ſehr lebhaften, iriſirenden Farben. Eigentliche bewegliche Augenlider fehlen unſeren Süßwaſſer— fiſchen gänzlich; zuweilen, z. B. bei der Alſe, findet ſich vorn und hinten eine durchſichtige, unbewegliche Falte, welche das Auge bis auf einen ſchmalen Spalt über der Pupille völlig bedecken. Die Größe und Stellung der Augen iſt ſehr verſchieden. Das Gehörorgan beſteht wie bei allen echten Waſſerthieren nur aus dem inneren Ohr oder Labyrinth; das mittlere Ohr mit den Ge— hörknöchelchen und dem Trommelfell und der äußere Gehörgang fehlen. Das Labyrinth liegt in den Seitentheilen der Schädelkapſel. In dem Vorhofe des Labyrinths befinden ſich ſtets die ſog. Gehörſteine, größere oder kleinere Con— eretionen von kohlenſaurem Kalk. Bei einigen Fiſchen, z. B. den kapfenartigen, iſt die Wand des Labyrinths durch eine Reihe gelenkig ver— bundener Knöchelchen mit der Wand der Schwimmblaſe in Verbindung; die Bedeutung dieſer Einrichtung iſt noch unbekannt. Die Geruchs organe der Fiſche ſind zwei flache, mit einer gefalteten Schleimhaut ausge— kleidete Gruben vor den Augen; gewöhnlich iſt jede Geruchsgrube durch eine Hautbrücke mit zwei Offnungen verſehen, von denen namentlich die vordere, welche zum Eintritt des Waſſers dient, nicht ſelten zu einer ſchornſteinartigen Röhre ausgezogen iſt Das Taſtgefühl hat ſeinen Sitz in der ganzen Haut, beſonders entwickelt iſt es in den Lippen, an der Schnauzenſpitze oder in beſon deren vorne am Kopfe ſtehenden Bartfäden oder Barteln (Karpfen, Wels). Der Geſchmack iſt bei den Fiſchen ſehr gering entwickelt, niemals hat er ſeinen Sitz auf der Zunge, ſondern in der übrigen Mund— ſchleimhaut, namentlich hinter den Kiemen in der Umgebung der unteren und oberen Schlund— knochen, wo zwiſchen den Zellen der Schleim— haut kleine becherförmige Organe (Geſchmacks— becher) vorkommen, in denen die Geſchmacksnerven 536 in Form von Stäbchen endigen. Am höchſten ſcheint der Geſchmacksſinn an dieſer Stelle bei den karpfenartigen Fiſchen entwickelt. Eigenthümlich iſt den Fiſchen ein ſechster Sinn. Derſelbe hat ſeinen Sitz in dem ſog. Seitencanalſyſtem. Es beſteht aus Gruben oder verzweigten Canälen in der Unterhaut, welche durch Poren nach außen münden. Am Kopf ſind dieſe Poren meiſt in verzweigten Linien angeordnet, an den Seiten des Rumpfes und Schwanzes dagegen nur in einer einzigen, meiſt gerade verlaufenden Linie, der ſchon oben erwähnten Seitenlinie (T. I, Fig. 6), deren Schuppen durchbohrt ſind. Ein vom Mittelhirn entſpringender großer, oberflächlich verlaufender Nerv, der Seitennerv, ſendet ſeine Zweige an den Boden der Canäle und Gruben, wo ſie in haarartigen Gebilden enden. Die Natur dieſes ſechsten Sinnes iſt noch unklar; möglicher— weiſe dient er zur Abſchätzung des Waſſer— druckes und damit auch der Tiefe, in welcher der Fiſch ſich befindet. Die Verdauungsorgane der Fiſche be— ginnen mit der Mundhöhle. Dieſelbe dient aus— ſchließlich zur Aufnahme der Nahrung, niemals findet in ihr eine Zerkleinerung und eine Ein— ſpeichelung derſelben ſtatt. Wenn letzteres über— haupt geſchieht, z. B. bei den karpfenartigen Fiſchen, ſo geht es ſtets im Schlunde hinter den Kiemenbögen vor ſich, zwiſchen den oberen und unteren Schlundknochen. Die Zähne, welche auf dem Vomer, ſämmtlichen Kiefer— und Schlundknochen, der Zunge und der In— nenſeite der Kiemenbögen auftreten können, be— ſtehen aus einem ſehr harten Zahnbein und einer die Spitze desſelben überkleidenden, oft bräunlichen Schmelzlage. Die meiſten Zähne ſind klein und ſpitz und ſtehen dann, wie beim Barſch, meiſt in mehreren Reihen; man nennt ſie dann Sammt- oder Bürſtenzähne. Größere, ſpitze Zähne heißen Hundszähne; ſolche ſind nicht ſelten, namentlich in den oberen Kieferknochen, derart beweglich, dajs ſie bei einem Druck von vorne ſich nach hinten nieder— legen, beim Nachlaſſen des Druckes aber elaſtiſch in ihre aufgerichtete Stellung zurückſpringen, 3. B. beim Hecht, eine Einrichtung, die in leicht— begreiflicher Beziehung zum Feſthalten ſchlüpf— riger Beute ſteht. Zähne mit ſtumpfen Kronen, ſog. Mahlzähne, finden ſich namentlich auf den unteren Schlundkuochen, z. B. beim Karpfen und der Flunder, und dienen zum Zerquetſchen härterer Nahrung, wie Schnecken, Muſcheln u. a. Die Zähne auf der inneren Seite der Kiemen- bögen ſind ſtets klein und ſpitz und dienen, wie ſchon oben erwähnt wurde, weſentlich zur Über— brückung der Kiemenſpalten, um das Entſchlüpfen feiner Nahrungstheile beim Athmen zu ver— hindern. Auf den Schlund folgt eine mit Längs- falten verſehene Speiſeröhre, welche ohne Abſatz allmählich in den ſchlauch- oder ſackartigen Magen (T. II, Fig. 5) übergeht, an den ſich wieder ohne merkliche Grenze der Darm an⸗ ſchließt; letzterer zeigt bis zum After meiſt keine Gliederung in verſchiedene Abſchnitte; in der Regel macht er nur eine oder wenige Windun— gen und iſt ſelten länger als der Körper. Fiſche. Ende des Magens ſtehen oft blindgeſchloſſene, in den Anfang des Darmes mündende Schläuche, die Pförtneranhänge [T. II, Fig. 5 b] (Ap- pendices pylorici), bei der Aalmutter beiſpiels⸗ weiſe 2, beim Barſch 3, bei der Flunder 4—5, bei lachsartigen Fiſchen 19—150; bei Hechten, Karpfen, Welſen und Aalen fehlen ſie ganz. Sie ſondern einen eiweißverdauenden Saft ab, ähnlich wie die röthlichbraune, in der Nähe des Magens liegende und in den Anfang des Darmes ausmündende Bauchſpeicheldrüſe. Ebenda ergießt ſich auch die zur Verdauung des Fettes und der Stärke nöthige Galle, ein Abſonderungsproduct der ſtets mächtig ent- wickelten, gelben, rothbraunen oder ſchwärzlichen und meiſt ſtark fetthaltigen Leber. Beim Stör ſind ſämmtliche Pförtneranhänge zu einer Maſſe verwachſen, und der eigentliche Darm enthält im Innern eine ſpiralig gewundene Falte. Beim Neunauge iſt der ganze Darmcanal vom Schlund bis zum After ein gerades, gleichweites Rohr mit einer einzigen inneren Längsfalte. Die Mehrzahl aller Fiſche ſind Thier- freſſer; nur einige karpfenartige Fiſche freſſen gelegentlich auch friſche oder halbvermoderte Pflanzenſtoffe und können daher als Alles- freſſer bezeichnet werden. Die meiſten Fiſche ſind ſehr gefräßig, können aber auch erſtaunlich lange hungern, namentlich bei niederer Tem- peratur im Winter, wo viele gar keine Nahrung zu ſich nehmen. Die Athmungsorgane der Fiſche ſind die Kiemen. Bei den Knochenfiſchen und bei den Stören ſitzen dieſelben in Geſtalt kleiner Blättchen an dem äußeren convexen Rande der Kiemenbögen (T. II, Fig. 6, 7 und 8). Jedes Blättchen iſt faſt bis zum Grunde in zwei gleichgroße Blättchen geſpalten. Unmittelbar an dem Kiemenbogen, in einer Rille desſelben, ver⸗ läuft die Kiemenblutader, d. h. dasjenige Gefäß, welches das ſauerſtoffreiche Blut aus der Kieme wegführt; über ihm befindet ſich die Kiemen- ſchlagader, welche das kohlenſäurehaltige, aus dem Herzen kommende Blut herbeibringt. Beide Gefäße geben an jede Hälfte des Kiemenblätt- chens je einen Zweig ab, und dieſe ſind inner⸗ halb des Blättchens durch ein Syſtem von Haargefäßen, den Kiemencapillaren, verbunden (T. II, Fig. 10). An den Kiemenblättchen vorbei geht von vorne nach hinten ein ununterbrochener Waſſerſtrom; der Fiſch ſchluckt zunächſt das Waſſer durch den Mund ein, ſchließt denſelben und drückt nun bei gleichzeitig geſchloſſenem Schlunde die Kiemenhöhle zuſammen, infolge deſſen das Waſſer durch die Kiemenſpalten und von da durch die Kiemendeckelſpalten nach außen und hinten entweicht. Um das Zurücktreten des Waſſers durch den Mund zu verhindern, findet ſich im oberen und unteren Kiefer vor den Zähnen je ein häutiges Tajchenventil. Den zur Athmung nöthigen Sauerſtoff entnimmt der Fiſch dem an den Kiemen vor— beiſtrömenden Waſſer nicht etwa dadurch, dajs er letzteres in ſeine beiden Elemente Sauerſtoff und Waſſerſtoff zerlegt. Dieſe Fähigkeit fehlt ihm, vielmehr iſt er auf jenen Sauerſtoff an⸗ gewieſen, der nach den Geſetzen der Abſorption Am vom Waſſer aus der Atmoſphäre aufgenommen be⸗ NK N an 1 * *. Fiſche. Es wird. Da in einem Cubikmeter atmoſphäriſcher Luft etwa 300 g Sauerſtoff, in einem Cubik⸗ meter Fluſs⸗ oder Meerwaſſer dagegen höch— ſtens 20 g dieſes Gaſes enthalten ſind, ſo ſteht dem Fiſch eine weit geringere Menge Sauer— ſtoff zu gebote als den luftbewohnenden Thieren. Daraus erklärt ſich die geringe Lebensenergie der Fiſche. Übrigens unterliegt die Sauerſtoff⸗ menge im Waſſer Schwankungen, namentlich in kleinen ſüßen Gewäſſern mit 1 innerer Bewegung. Hier kann durch örtliche Zerſetzungs— proceſſe organiſcher Subſtanzen dem Waſſer eine große Menge ſeines Sauerſtoffgehaltes entzogen werden, namentlich bei höherer Tem— peratur, welche das Abſorptionsvermögen des Waſſers für Gaſe herabſetzt. In ſolchem ſauer— ſtoffarmen Waſſer kommen die Fiſche au die Oberfläche, um Luft zu ſchnappen und dieſelbe direct mit den Kiemen in Berührung zu brin— gen. Andererſeits iſt das Sauerſtoffbedürfnis bei verſchiedenen Fiſcharten ein ſehr ungleiches; Fiſche mit ſehr lebhaftem Temperament, wie Forellen und Lachſe, bedürfen viel Sauerſtoff und ſterben ſchon in Waſſer, worin Karpfen und Schleihe ſich noch ſehr wohl befinden. Sind zu viele Fiſche in einem beſtimmten Quantum Waſſer, ſo tritt je nach der Art des Fiſches früher oder ſpäter Sauerſtoffmangel ein, und die Fiſche gehen ein; dieſer Umſtand iſt na— mentlich beim Transport lebender Fiſche zu berückſichtigen. Da bei längerem Kochen das Waſſer ſeinen geſammten Luftgehalt verliert, ſo können in ausgekochtem und wieder erkal⸗ tetem Waſſer ſo lange keine Fiſche leben, bis das Waſſer nach längerem Stehen an der Luſt oder durch Schütteln in derſelben ſich wieder mit Sauerſtoff geſättigt hat. In ſehr hochge— legenen Gebirgsſeen iſt gewöhnlich der Luft— gehalt des Waſſers wegen des geringen, auf ihm laſtenden Druckes ein unbedeutender, ſo daſs dort nige oder gar keine Fiſche leben können. Dasſelbe gilt von Quellwaſſer unmit- telbar nach ſeinem Hervordringen aus dem Boden, weil dasſelbe noch nicht Zeit gehabt hat, eine genügende Menge Luft zu abſorbieren. Außerhalb des Waſſers ſterben die meiſten Fiſche ſehr ſchnell, natürlich nicht aus Mangel an Sauerſtoff, ſondern weil die Kie— menblättchen zuſammenfallen, aneinanderkleben und ſich verwirren oder austrocknen, wodurch die Athmung unmöglich wird. Fiſche mit engen Kiemenſpalten, welche ein zu ſchnelles Aus— trocknen der Kiemen verhindern, z. B. der Aal, können längere Zeit außerhalb des Waſſers leben; es iſt jedoch nöthig, daſs die Haut, welche ohne Zweifel bei allen Fiſchen einen Antheil an der Athmung hat, ſtets feucht bleibt. Am ſchnellſten ſterben außerhalb des Waſſers Fiſche mit weiten Kiemenſpalten und ſehr empfindlicher Haut, namentlich ſolche mit leicht ausfallenden Schuppen. Der Blutkreislauf der Fig. 11) iſt weit einfacher Wirbelthieren. Das Herz liegt, von dem häu— tigen Herzbeutel umſchloſſen, unmittelbar hinter den Kiemen an der Bauchſeite und beſteht nur aus einer muskulöſen Herzkammer und einer Fiſche (T. II, dahinterliegenden dünnerwandigen Vorkammer.“ als bei den höheren halten ſich dort ruhig, 537 iſt ein venöſes Herz, d. h. es führt nur dunkles kohlenſäurereiches Blut, welches von den Venen des Körpers in die Vorkammer ge— führt und durch die Zuſammenziehungen der Herzkammer in die von ihrem Vorderende entſpringende Aorta, auch Haupt- oder Kiemen⸗ ſchlagader, getrieben wird. Dieſe hat am An— fang eine den Rücktritt des Blutes in das Herz verhindernde Klappe und eine zwiebelför— mige elaſtiſche Anſchwellung, den ſog. Aorten⸗ bulbus. Beim Stör iſt dieſer Aortenbulbus in ſeiner Wand mit Muskelfaſern verjehen, alſo contractil, und beſitzt im Innern mehrere Reihen taſchenförmiger Ventile. Die Aorta führt durch regelmäßige, der Zahl der Kiemenbögen entſprechende Abzweigungen das Blut in die Kiemen, aus denen es, von ſeiner Kohlenſäure befreit und mit Sauerſtoff beladen, ſich in der unterhalb des Schädels und der Wirbelſäule verlaufenden Körperſchlagader ſammelt. Von ihr aus vertheilt es ſich dann in die Haargefäße des ganzen Körpers. Die aus dieſem Capillarnetz entſpringenden Venen ſam— meln ſich ſchließlich in eine unterhalb der Kör— perſchlagader verlaufende große Vene, welche als Hohlvene in die Vorkammer des Herzens mündet. Das aus dem Darm zurückkehrende venöſe Blut kehrt jedoch nicht unmittelbar in die Hohl— vene zurück, ſondern durchfließt vorher das Capillarnetz der Leber, um dann erſt durch die ſog. Pfortader in die Hohlvene einzumünden (ſog. Pfortaderkreislauf). Das Herz ſchlägt, entſprechend der ge— ringen Energie des Stoffwechſels bei den Fiſchen, nur langſam, meiſt 20—30mal in der Minute, ſetzt aber ſeine Zuſammenziehungen auch nach dem Tode des Fiſches noch fort, oft ſtundenlang. Der Druck des Blutes im Gefäß— ſyſtem iſt ein geringer, jo daſs beim Durch— ſchneiden der Kiemen- oder Körperſchlagader das Blut nicht hervorſpritzt, ſondern nur mehr oder weniger ſchnell hervorfließt. Die Tempe— ratur des Blutes, der beſte Gradmeſſer für die Lebhaftigkeit des Stoffwechſels, iſt ſowie bei allen wechſelarmen Thieren von der Tem— peratur der Umgebung abhängig; bei niedrigem Wärmegrade des Waſſers übertrifft ſie den— ſelben meiſt nur um 1—3 C, ſehr ſelten, bei beſonders lebhaften Fiſchen, um 7-10 C. Unter allen Wirbelthieren können wohl die Fiſche die größten Temperaturunterſchiede er— tragen; manche leben noch in warmen Quellen ſelbſt bei Temperaturen über 40° C., andere in Waſſer, welches z. B. im Meere 1—3 unter dem Gefrierpunkt hat. Bei unſeren meiſten Süßwaſſerfiſchen ſind die Lebensthätigkeiten im Winter bei der niedrigen Temperatur ſehr her— abgeſetzt; viele ziehen ſich um dieſe Zeit auf den Grund der Gewäſſer zurück, wo die Tem— peratur meiſt nicht unter 4° C. ſinkt, und ver— ohne zu freſſen, nicht ſelten im Schlamme eingewühlt (Winterichlaf). Intereſſant iſt, daſs manche Fiſche, auch wenn ihre äußeren Theile hart gefroren ſind, bei langſamem Aufthauen zum Leben zurückkehren. Störe, Karpfen, Karauſchen u. a. können lebend auf Eis transportiert werden. 338 Fiſche. Die Nieren der Fiſche ſind zwei ſchmale längliche, rothbraune Körper, welche unmittel⸗ bar unter der Wirbelſäule, außerhalb der Bauchhaut, liegen und theilweiſe mit ihr ver⸗ wachſen ſind. Die Harnleiter münden mit einem gemeinſamen Gange oder getrennt in der Regel in eine am hinterſten Ende der Leibeshöhle oberhalb des Darmes gelegene Harnblaſe; dieſe öffnet ſich mit einem kurzen Gange ſtets hinter dem After. Die Bauchhöhle der Fiſche iſt von einer Bauchhaut, dem Peritoneum, ausgekleidet, welche mit Ausnahme der Nieren auch die Ein⸗ geweide überzieht. Sie iſt meiſt ſilberglänzend, nicht ſelten jedoch mit ſchwärzlichem Farbſtoff reichlich verſehen. Alle Fiſche ſind getrennten Geſchlechts; Zwitter kommen nur als Miſsbildungen vor. Die Geſchlechtsorgane find nach zwei we— ſentlich verſchiedenen Plänen gebaut. Der erſte findet ſich bei den meiſten Knochenfiſchen, 3. B. dem Karpfen und Barſch. Die Hoden (Milch- ſäcke) und Eierſtöcke (Ovarien, Rogenſäcke) ſind hier zwei längliche Schläuche, welche unter⸗ halb der Niere und zu den Seiten der Schwimm— blaſe liegen. Samen und Eier entwickeln ſich in der Wand dieſer Säcke und fallen, reif ge— worden, ins Innere derſelben, von wo ſie durch einen gemeinſamen Ausführungsgang heraus- befördert werden. Letzterer mündet entweder mit einer beſonderen Offnung hinter dem After und vor der Harnöffnung oder in das Ende der Harnröhre. Anders bei den Lachſen und Stören. Hier ſind Hoden und Eierſtöcke vielfach gewundene derbe Platten oder Säcke ohne Ausführungsgang; die Geſchlechts⸗ producte entſtehen in den oberflächlichen Schichten derſelben und fallen bei der Reife in die Bauch— höhle. Aus ihr gelangen ſie beim Lachs durch eine einfache Offnung in der Wand der Harn— röhre nach außen. Beim Stör werden ſie von zwei kurzen, trichterförmig in die Bauchhöhle geöffneten Samen- und Eileitern aufgefangen und jederſeits in den unteren Theil der Harn— röhre geleitet. Über die Geſchlechtsorgane des Aals ſ. d. Bei Fiſchen, die noch gar nicht gelaicht, oder bei ſolchen, die vor einiger Zeit ausgelaicht haben, ſind Hoden und Eierſtöcke oft jo ſchmal und dünn, dafs fie nur ſchwer zu erkennen ſind. Beim allmählichen Heranreifen des Samens und der Eier werden die Geſchlechtsdrüſen immer maſſiger; oft enthalten die Ovarien über eine Million Eier und können ½ bis ½ vom Klörper- gewicht des Fiſches ausmachen. Gleichzeitig vermindert ſich der Fettgehalt des Körpers, und nicht ſelten ſchwindet auch die Muskulatur zum Theil, z. B. beim Lachs. Aus dieſem Grunde iſt das Fleiſch aller Fiſche immer am wohl— ſchmeckendſten in der Mitte zwiſchen zwei Laich— zeiten, wo die durch das Fortpflanzungsgeſchäft entkräfteten Thiere ſich wieder hinreichend ge— mäſtet haben und die Gejchlechtsproducte noch wenig entwickelt ſind. Die Laichzeit iſt bei den einzelnen Fiſcharten eine ſehr verſchiedene. In unſeren ſüßen Gewäſſern laicht die Mehr— zahl im Frühjahr und Vorſommer, vom Fe— Karpfen, heißen Sommerlaicher. Andere Arten dagegen, wie die lachsartigen Fiſche und die Aalquappe, laichen in den Wintermonaten vom October bis Januar und heißen Winter⸗ laicher. Bei einer und derſelben Fiſchart ſchwankt die Laichzeit gleichfalls nicht unbeträchtlich, oft um 2—3 Monate; jüngere Fiſche laichen meiſt früher als ältere. Die Witterung hat auf den Eintritt und Fortgang des Laichens oft bedeu— tenden Einflujs. In der Regel findet das Lai⸗ chen der Fiſche in Geſellſchaft ſtatt, wobei die meiſten Arten in die Nähe der flachen, pflanzen⸗ bewachſenen Uferſtellen kommen, wo eine leb⸗ haftere Bewegung des Waſſers und eine größere Durchſonnung desſelben vorhanden iſt. Meiſt wird ein Weibchen von zwei oder mehreren Männchen begleitet, welche das erſtere nicht ſelten durch Drängen und Reiben zum Abgeben der Eier veranlaſſen, um ſie dann durch Über⸗ gießen mit Samen zu befruchten. Eine wirk⸗ liche, zu einer inneren Befruchtung führende Begattung findet bei manchen Seefiſchen, z. B. der Aalmutter (ſ. d.), ſtatt, niemals, jo viel bekannt, bei unſeren einheimiſchen Süßwaſſer⸗ fiſchen. Die befruchteten Eier kleben theils ein- zeln mittelſt einer klebrigen Hülle an Waſſer⸗ pflanzen, z. B. beim Karpfen, theils ſind ſie, wie beim Barſch, von einer gemeinſamen gal⸗ lertigen Hülle umſchloſſen, theils liegen ſie loſe am Boden, wie beim Lachs und der Forelle. Die Samenfäden der Fiſche gleichen im allgemeinen denen der höheren Thiere. Die Eier, deren Größe meiſt gering und deren Zahl in der Regel eine ſehr große iſt, beſtehen aus einer von zahlreichen feineren und meiſt einigen größeren Poren durchſetzten Eihaut, die nicht ſelten noch von einer klebrigen Hülle umgeben iſt, und dem meiſt durchſichtigen, von größeren oder kleineren Fettröpfchen durchſetzten Dotter. Die meiſten Fiſche kümmern ſich nach dem Ablegen der Eier nicht mehr um dieſelben. Nur bei wenigen findet eine Brutpflege ſtatt, und ſtets wird dieſe vom Männchen ausgeübt. Grundeln (ſ. d.) und Groppe (ſ. d.) bewachen die Eier, die Stichlinge (ſ. d.) bauen ſogar ein Neſt zur Aufnahme derſelben und bewachen dieſes ſowie auch die ausgeſchlüpfte Brut wäh⸗ rend der erſten Zeit. Die Entwicklung der Eier (Tafel II, Fig. 12, 1— 16) läſst ſich bei Fiſchen weit leichter beobachten als bei anderen Wirbelthieren. Die beim Heraustreten aus dem Leibe welken und ſchlaffen Eier nehmen, ins Waſſer gelangt, dieſes mit großer Begierde durch die Poren der Eihaut auf und werden dadurch in kurzer Zeit rund und prall. Das eingedrungene Waſſer bildet eine Schicht zwiſchen Eihaut und Dotter; letz⸗ terer ſchwimmt nun frei in demſelben. Die Be⸗ fruchtung mufs gleichzeitig mit der Aufnahme des Waſſers geſchehen; nachher können Samen⸗ fäden, welche ihren Weg entweder durch die Poren der Eihaut oder durch eine beſonders große Pore, die ſog. Mikropyle nehmen, nur ſchwer oder gar nicht mehr in das Innere des Eies gelangen. Dieſer Umſtand iſt bei der künſt⸗ lichen Befruchtung der Fiſcheier zu berückſich⸗ . ahr V 0 | tigen; man mujs Eier und Samen entweder bruar bis Juni; ſolche Fiſche, z. B. Barſch und | gleichzeitig ins Waſſer abſtreichen oder die Eier gr u | | zunächſt in eine trockene Schale fallen laſſen, den Samen dazu geben, umrühren und nun erſt Waſſer hinzuthun. Letztere Methode, die jog. trockene Befruchtung, iſt wirkſamer und jetzt bei der künſtlichen Befruchtung von Lachs und Forelleneiern allgemein gebräuchlich. Die Veränderungen des Fiſcheies nach der Befruchtung ſind bei den Stören und Neunaugen weſentlich andere als bei unſeren übrigen Süßwaſſerfiſchen. Bei den erſteren zerfällt der ganze undurchſichtige Dotter durch Furchung in Theilungszellen, bei den letzteren dagegen furcht ſich nur ein kleiner Theil des Dotters, nämlich die äußerſte dünne Schichte desſelben, der ſog. Bildungsdotter, welcher ähnlich wie bei den Vögeln an einem Pole eine ſcheiben— förmige Verdickung, den Keimhügel, zeigt. Nur aus dem letzteren entſteht der Embryo. Der übrige größere Theil des Dotters, der ſog. Nahrungsdotter, dient nur zur Ernährung des Embryos, ohne direct an deſſen Bildung ſich zu betheiligen. Die Entwicklung beginnt mit der Furchung des Keimhügels, welche nach und nach in immer zahlreichere Zellen zerfällt und gleichzeitig an Ausdehnung derart zunimmt, daſs er bald die eine Hälfte der Dotterkugel wie eine Kappe überzieht und ſchließlich dieſelbe ganz umwächst. Gleichzeitig zeigt ſich die erſte Anlage des Fiſchchens als ein verdickter Streifen am Rande des kappenförmigen Keimes; dieſer verdickt ſich vorne noch mehr und wird zum Rückenmark, Gehirn und Augen des Embryos. Während ſeitlich von dieſem Streifen die ſog. Urwirbel als Anlage der Muskel- und Skelet— theile des Rumpfes entſtehen und dicht hinter dem verdickten Kopfabſchnitt das ſchon früh pul— ſierende Herz auftritt, heben ſich allmählich Kopf⸗ und Schwanzende vom Keime ab und wachſen über denſelben weit hinaus. Der mittler— weile kleiner gewordene Nahrungsdotter erſcheint nun als ein von der Bauchwand des Embryos umſchloſſener und von Blutgefäßen umſponnener Klumpen. Noch ehe er gänzlich aufgeſogen iſt, pflegt das Fiſchchen die Eiſchale zu verlaſſen, in einer Geſtalt, welche von der des ausgebildeten Fiſches noch außerordentlich verſchieden iſt. Meiſtens iſt eine ſolche Fiſchlarve, wie man ſie mit Fug und Recht nennen kann, bis auf die großen, ſchwarzen Augen völlig durchſichtig, das Blut noch farblos und der Mund noch nicht durchgebrochen. Statt der Kiemen ſind nur erſt die vom Kiemendeckel noch nicht oder nur unvollkommen bedeckten Kiemenſpalten vorhan— den, und ſtatt der ſenkrechten Floſſen nur ein continuierlich vom Nacken bis zum After zie— hender Floſſenſaum ohne Strahlen; die Wirbel— ſäule, noch völlig unverknöchert, zeigt erſt An— deutungen einer Gliederung. Die Bauchfloſſen fehlen meiſtens noch; nur die Bruſtfloſſen ſind ſtets ausgebildet, wenn auch noch ohne Strahlen. Zu freſſen beginnt das junge Fiſchchen gewöhn— lich erſt nach dem völligen Verſchwinden des Dotterſackes, was oft mehrere Wochen dauert; die Nahrung beſteht im Anfang bei allen Fiſchen ſtets aus ſehr kleinen Thieren, wie Infuſorien, Räderthieren, Spaltfußkrebſen, Muſchellarven ua. Die Dauer der Entwicklung iſt eine Fiſche. 339 ſehr verſchiedene und hängt weſentlich von der Temperatur ab. Erhöhung derſelben beſchbeunigt die Entwicklung, Erniedrigung verlangjamt ſie. Bei 0° ſteht ſie ganz ſtill, ohne daſs in der Regel ein Abſterben des Embryos eintritt; an— gebrütete Lachs- und Forelleneier können bei dieſer Temperatur in durch Eis gekühlten Ge— fäßen ſelbſt wochenlang aufbewahrt und weithin verſandt werden; ſteigt dann die Temperatur wieder, ſo ſetzt die Entwicklung an dem Punkt wieder ein, wo ſie ſtehen geblieben. Die Eier der Sommerlaicher freilich ertragen ſo niedrige Temperaturen gewöhnlich nicht. Das Wachsthum der Fiſche iſt ein ſehr unregelmäßiges und faſt ganz von der Menge der aufgenommenen Nahrung abhängig. Bei ſehr ſpärlicher Nahrung oder längerem Hungern oder im Winter ſteht das Wachsthum oft ganz ſtill. Die Größe eines Fiſches iſt deshalb kein Maß für ſein Alter. Ob die Zahl der concentriſchen Streifen auf den Schuppen als ein ſolches angeſehen werden kann, wie man früher glaubte, iſt ſehr zweifelhaft. Auch nach Erlangung der Geſchlechtsreife wachſen die meiſten Fiſche noch lange fort, wenn ſie auch in höherem Alter nur langſam zunehmen mögen. Die Berichte über Hechte, Karpfen und Welſe, welche hundert und mehr Jahre alt ge— worden ſein ſollen, ſind mit Miſstrauen aufzu— nehmen; bewieſen iſt Derartiges bis jetzt nicht. Über heiten j.d. Das Fleiſch der Fiſche gleicht als Nah— rungsmittel für den Menſchen im allgemeinen dem Fleiſch anderer Wirbelthiere, iſt jedoch meiſt etwas reicher an Waſſer und ärmer an Fett und ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen. Den größten Fettgehalt in ſeinem Fleiſch beſitzt unter allen Süßwaſſerfiſchen der Aal, nächſt ihm der Lachs; reich an ſtickſtoffhaltigen Stoffen, aber ſehr fettarm ſind Barſch und Hecht. Abgeſehen von dem verſchiedenen Gehalt an den genannten Stoffen hängen Güte und Wohlgeſchmack des Fiſchfleiſches ganz weſentlich von der Nahrung ab, welche der Fiſch verzehrt, und ſind daher bei einer und derſelben Art oft ſehr verſchieden. Unmittelbar vor und nach der Laichzeit iſt das Fleiſch bei allen Fiſchen am ſchlechteſten, na— mentlich ſehr arm an Fett. Fiſche in moorigen Gewäſſern nehmen einen eigenthümlichen Geruch und Geſchmack an, den man nur dadurch ent fernen kann, daſs man die Fiſche vor dem Ge— brauch eine Zeitlang in fließendem, reinem Waſſer lebend hält. Ganz junge und ganz alte, ausnahmsweiſe große Fiſche haben ein trockenes, fades, bezw. ein zähes Fleiſch, am beſten iſt es bei Fiſchen mittlerer Größe. Nach dem Tode der Fiſche verliert ihr Fleiſch ſchneller als bei anderen Thieren ſeinen Wohlgeſchmack. Nicht mehr friſche Fiſche ſind an folgenden Merkmalen meiſt leicht zu erkennen. Die Kiemen ſind nicht mehr friſch roth, ſondern blaſs und gelblich oder ſchmutziggrau, mit ſchmutzigem Schleim bedeckt; die Augen nicht durchſichtig und prall vorſtehend, ſondern trüb und eingefallen, ihre Umgebung geröthet. Der Körper hat eine matte, Fiſchfeinde und Fiſchkrank— 540 blaſſe Farbe, und Fingereindrücke bleiben längere Zeit ſtehen. Oft riechen ſie widerlich und ſchwim⸗ men auf dem Waſſer, während ganz friſche unterſinken. Das beſte Fleiſch unter unſeren Süßwaſſerfiſchen haben die lachsartigen Fiſche, wie Lachs, Meerforelle, Saibling, Bachforelle und Maränen; unter den karpfenartigen der Karpfen, die Schleihe und der Brachſen. Hinſichtlich des Aufenthaltsortes unter— ſcheidet man Meerfiſche, welche nur im Meere leben, Süß waſſerfiſche, welche die ſüßen Gewäſſer bewohnen, und Brackwaſſerfiſche, welche an der Grenze des ſüßen und ſalzigen Waſſers, im brackiſchen Waſſer ſich finden. In— deſſen iſt zwiſchen dieſen drei Gruppen keine ſcharfe Grenze zu ziehen, indem viele Seefiſche ſtändig oder gelegentlich auch die brackiſchen und ſüßen Gewäſſer bewohnen, und umgekehrt. So kommen von den 109 in der Oſtſee lebenden Fiſcharten nicht weniger als 60 auch im Brack— waſſer vor und 46 auch im ſüßen Waſſer. Eine beſondere Gruppe bilden die Wander— fiſche, wie die Neunaugen, Störe, Aale, Lachſe, Meerforellen, Maränen, Stint und Maifiſche. Die meiſten derſelben haben ihr eigentliches Weidegebiet, wo ſie der Nahrung nachgehen, im Meere und ſuchen die ſüßen Gewäſſer nur zur Laichzeit auf, wo die Eier ſich entwickeln und die Jungen in der erſten Zeit ihres Lebens ſich aufhalten. Nur beim Aal iſt es gerade um— gekehrt; hier leben die Weibchen gewöhnlich im ſüßen Waſſer und wandern beim Herannahen der Laichzeit ins Meer, um dort mit den ſtets im Salzwaſſer lebenden Männchen zuſammen⸗ zutreffen; die Jungen wandern ins ſüße Waſſer zurück (j. Aal). Geographiſche Verbreitung der Fiſche. Die mitteleuropäiſche Fiſchfauna des ſüßen Waſſers umfaſst etwa 100 Arten (eine genauere Zahl läſst ſich zur Zeit nicht angeben, da eine ziemliche Anzahl jog. zweifel- hafter Species darunter iſt). Sie bildet eine Unterabtheilung der europäiſch-aſiatiſchen oder paläarktiſchen Fiſchfauna des ſüßen Waſſers, welche insgeſammt etwa 360 Arten aufweist. Die am zahlreichſten, nämlich durch 125 Arten vertretene Familie iſt diejenige der karpfenartigen oder Cyprinoiden, und von dieſen ſind wieder die Gattungen Cyprinus, Carassius, Barbus, Gobio, Leuciscus und Abramis in be— ſonders vielen oder häufigen Arten vorhanden. Nächſt den karpfenartigen Fiſchen nehmen die lachsartigen oder Salmoniden die hervorragendſte Stelle ein; beide zuſammen machen ¼ des ganzen Artbeſtandes aus. Charakteriſtiſche Glieder der paläarktiſchen Fiſchfaung ſind ferner auch die Störe, welche als Schmelzſchupper oder Ganoidfiſche zu den letzten Überreſten dieſer in weiter Vorzeit in den ſüßen Gewäſſern dominierenden Fiſchgruppe zu rechnen ſind. Die barſchartigen Fiſche (Barſch, Kaulbarſch, Streber, Sander), die Stichlinge, Groppen und Aalquappe ge— hören Fiſchfamilien an, deren eigentliche Heimat das Meer iſt; ſie ſind als ins Süßwaſſer ver— ſprengte Glieder derſelben anzuſehen. Als beſondere Untergebiete innerhalb der mitteleuropäiſchen Region der paläarktiſchen teriſiert iſt. mit dem auch das Rhonegebiet manche Ahnlich— Fiſche. Fiſchfauna ſind die Stromgebiete der Donau und der Etſch ſowie die Gebirgsgegenden von Iſtrien, Dalmatien und Bosnien hervorzuheben, von denen jedes durch den Beſitz eigenthüm— licher Arten und das Fehlen anderer charaf- Beſonders gilt dies vom Donau— gebiet. Hier fehlen der Aal, der Stichling, der achs, die Meerforelle und der gemeine Stör ganz, während der Streber und der Zingel (Aspro streber und zingel), der Steingreſs⸗ ling (Gobio uranoscopus), die Zobel (Abramis sapa), der Frauenfiſch (Leueiscus virgo), die Mairenke (Alburnus mento), der Huchen (Salmo hucho) und die übrigen europäiſchen Störarten, wie Wardid, Scherg, Hauſen, Glatt⸗ dick und Sterlett, nur hier gefunden ſind und im übrigen Mitteleuropa fehlen. Für das Gebiet der Etſch, einſchließlich der Sarca und Brenta, keit hat, iſt das faſt völlige Fehlen der Gat- tungen Abramis und Coregonus ſowie der Plötze (Leuciscus rutilus) bezeichnend. Anderer— ſeits ſind der Fluſsſchleimfiſch (Blennius vulgaris) und die Fluſsgrundel (Gobius fluviatilis), welche auch in Italien leben, nur in dieſem Theile von Mitteleuropa beobachtet. Die gemeine Barbe (Barbus fluviatilis) iſt hier durch die italieniſche Barbe (Barbus plebejus) vertreten; die Plötze durch Leuciscus aula (vgl. Plötze) und Leuciscus pigus (ſ. Frauenfiſch); die gemeine Naſe (Chondrostoma nasus) durch Chondrostoma Genei, welche auch im Rhone und Po vorkommt; die gemeine Laube (Albur- nus lucidus) durch Alburnus alborella (j. Laube); der Strömer (Leueiscus Agassizii) durch eine Abart beuge Savignyi). In Iſtrien, Dal⸗ matien, Kroatien und Bosnien findet ſich eine kleine Zahl von Fiſchen meiſt geringer Körper- größe, welche meiſt in Gebirgsgegenden leben und nur hier oder noch im Südoſten Europas beobachtet find, nämlich Aulopyge Hügelii (ſ. d.), mehrere Weißfiſcharten (Leuciscus svallize, illyricus, ukliva, Turskyi, tenellus. polylepis [ſ. Hajel], Leuciscus Heegeri [j. Rothfeder]), eine Ellritzenart, Phoxinellus alepidotus und croa- ticus (ſ. Ellritze), zwei kleine Naſenarten (Chon- drostoma Knerii und phoxinus, ſ. Naſe). Die oft nur geringen Unterſchiede dieſer Arten von nahe verwandten im Nordweſten hängen ohne Zweifel mit den beſonderen Lebensbedingungen in den Flüſſen jener Gebirgsgegenden zu— ſammen. Aus der umfangreichen Literatur über Fiſche heben wir hier die wichtigſten neueren Werke hervor. Die allgemeine Ichthyologie im weiteſten Sinne, alſo Anatomie, Phyſiologie, Lebensweiſe, geographiſche Verbreitung und Syſtematik bis hinunter zu den Gattungen be— handelt: Albert Günther, Handbuch der Ichthyologie. Aus dem Engliſchen überjeßt von Dr. Guſtav v. Hayek. Wien 1886. — All⸗ gemeiner verſtändlich geſchrieben und auch die genauen Beſchreibungen der meiſten mittel- europäiſchen See- und Süßwaſſerfiſche enthaltend, find: Max v. d. Borne, Handbuch der Fiſch⸗ zucht und Fiſcherei, Berlin 1886, worin die Naturgeſchichte der Fiſche von Prof. Dr. Benecke bearbeitet iſt. — Illuſtrierte Naturge⸗ Fiſcherei. 541 ſchichte der Thiere, hrsg. v. Ph. L. Martin. Leipzig 18821884, II. Bd., 1. Abtheilung, Fiſche, bearbeitet von Dr. Fr. Heincke. — Die Fiſchfauna von Mitteleuropa oder einzelne größere Gebiete derſelben behandeln: Heckel und Kner, Die Süßwaſſerfiſche der öſter— reichiſchen Monarchie, Leipzig 1858. — v. Siebold, Die Süßwaſſerfiſche von Mitteleuropa, Leipzig 1863 (enthält eine kritiſche Sichtung der von Heckel und Kuer zahl— reichen neu aufgeſtellten Arten, welche zum großen Theile wieder eingezogen werden). — Berth. Benecke, Fiſche, Fiſcherei und Fiſchzucht in Oſt- und Weſtpreußen, Königsberg 1881. — Möbius und Heincke, Die Fiſche der Oſtſee, Berlin 1883. — Von Localfaunen, welche enger umſchriebene Gebiete behandeln, erwähnen wir folgende neuere Schriften: A. J. Jäckel, Die Fiſche Bayerns in Abhandlungen des zoologiſch-mineraliſchen Vereines zu Regensburg 1864. — C. Heller, Die Fiſche Tirols und Vorarlbergs, Ferdi— nandeums⸗Zeitſchrift, Innsbruck 1871. — L. H. Jeitteles, Die Fiſche der March, Jahresbericht des k. k. Gymnaſiums in Olmütz 1863 und 1864. — F. Leuthner, Die mittelrheiniſche Fiſch— fauna, Baſel 1877. — Dr. P. Fraiße, Die Fiſche des Maingebietes von Unterfranken und Aſchaffenburg, Würzburg 1880. — Dr. A. Blanck, Die Fiſche der Seen und Flüſſe Mecklenburgs. In: Archiv der Freunde der Naturgeſchichte in Mecklenburg, 34. Ig, Neubrandenburg 1880. G. Seidlitz, Fauna baltica. Die Fiſche (Pisces) der Oſtſeeprovinzen Ruſslands, Dor— pat 1877. In: Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehſt⸗ und Kurlands, Serie II, Bd. VIII, Lief. 1. — V. Fatio, Les vertébrés de la Suisse. IV. Poissons. Genève 1886. Im Erſcheinen begriffen. Hcke. Fiſchen, verb. trans., wm. vom Fiſchotter. „Der Otter fiſchet.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., ol. 40. — „Fiſchen heißt, wenn eine Otter auf den Raub gehet und Fiſche ſuchet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 123. — Winkell, Ed. I, 1805, III., p. 37. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57, und Real- u. Verb.⸗ Lexik. II., p. 265. — Sanders, Wb. I., p. 451 c. E. v. D. Jiſcherei, die, iſt, wie die Jagd, einer der älteſten Erwerbszweige des Menſchengeſchlechtes; nicht nur die älteſten aſſyriſchen und ägyptiſchen Seulpturen geben uns ein beredtes Zeugniß davon, ſondern auch knöcherne und ſteinerne Fiſchſpeere und Augelhaken, deren ſich jetzt noch viele unciviliſirte Völkerſchaften bedienen, ge— hören zu den älteſten Spuren des vorgeſchicht— lichen Menſchen. Die Fiſcherei wird jetzt im allgemeinen gewerbsmäßig betrieben, mit Ausnahme der— jenigen noch auf ſehr niederer Cultur ſtehenden Völker, die zu ihrer Ernährung ausſchließlich auf Fiſchfleiſch angewieſen ſind. Die Fiſche allein machen nicht die Erträge der Fiſcherei aus, ſondern alle Waſſerthiere, wie Walfiſche, See— a Krebſe, Muſcheln, Schwämme 2c., werden chon ſeit altersher auch der Fiſcherei zuge— zählt. Die Fiſcherei zerfällt in die wilde oder natürliche und in die zahme oder künſtliche. Die ! erſtere wird in natürlichen Gewäſſern betrieben und theilt ſich wieder in Hochſee-, Küſten- und Binnenfiſcherei, während die letztere in künſtlich angelegten Teichen oder wenigſtens in abſchließ— baren Gewäſſern betrieben wird. Als Hochſee— fiſcherei wird die in den Meeren in einer Ent- fernung von mindeſtens drei Seemeilen vom Ufer (alte Kanonenſchußweite) betriebene, nach völkerrechtlichen Grundſätzen jedem freie, Fi— ſcherei bezeichnet. Von dieſer Grenze bis zu den Küſten geht dann die Küſtenfiſcherei; zu letz— terer gehört auch die Fiſcherei in den Fluſs— mündungen und Haffen. In den Seen, Flüſſen und Bächen wird dann die Binnenfiſcherei, deren genauere Dar— ſtellung in den Rahmen dieſes Werkes gehört, unter dem Namen Süßwaſſerfiſcherei (ſ. d.) ausgeübt. Die künſtliche oder zahme Fiſcherei zerfällt in die künſtliche Fiſchzucht (ſ. d.) im engeren Sinne, d. h. künſtliche Laichgewinnung und Erbrütung der Fiſcheier, und in die Teich— wirtſchaft (ſ. d.) In waſſerreichen Gegenden iſt die Fiſcherei von großer volkswirtſchaftlicher Bedeutung, denn nur die Waſſerthiere ſind imſtande die im Waſſer aufgeſpeicherten Nahrungsſtoffe dem Menſchen zugänglich zu machen. Große Waſſer— flächen, die noch jetzt faſt nutzlos ſind, können durch rationelle Bewirtſchaftung Erträge liefern, die dem guter Acker nahe kommen, zumal der Betrieb der Fiſcherei nicht die großen Un— koſten wie die Ackerbewirtſchaftung verlangt. Die reichſten Erträge liefert die Hochſeefiſcherei, ſie wird theils mit Angeln mit hunderten und tauſenden von Haken, theils mit großen Schwebe— Zug- oder Grundſchleppnetzen betrieben. Zum Fange kommen dabei gewöhnlich Heringe, Sprot— ten, Kabliau, Schellfiſche, Makrelen und Platt- fiſche, wobei große und ſehr koſtſpielige Segel— fahrzeuge, in neuerer Zeit ſogar Dampfer zur Verwendung gelangen. So werden tauſende großer Fahrzeuge und hunderttauſende von Leuten in dieſer Art beſchäftigt, die wieder Millionen Tonnen von Fiſchen erbeuten. Großbritannien hatte im Jahre 1883 32.678 Fahrzeuge, welche einen Geſammtertrag von Fiſchereiprodueten im Werte von 240 Mil— lionen Mark ergaben. Geringere Erträge liefert dann die Seefiſcherei Frankreichs, Norwegens 2. Literatur: Adams, Fisheries andfishermen of all countries, London 1883. — Borne, M. v. d., Benecke und Dallmer, Handbuch der Fiſchzucht und Fiſcherei, Berlin 1886. — Duke of Edin— burgh, Notes on the seafisheries and fishing population of the united kingdom, London 1883. — Gareis, A., Die Bewirtſchaftung des Meeres, Wien 1873. — Goode, Brown, The fishing industries of the United States, London 1883. — Kraft, C., Die Zuſtände der Fiſcherei an den öſterreichiſch-ungariſchen Mee— resküſten. — Walpole, Sir Spencer, The british fish trade, London 1883. — Derſelbe, Fish trans- port and fish markets, London 1883. Pets. Fiſcherei (Deutſchland), ſ. Fiſcherei— recht. a At. Fiſcherei. Legislatur in Oſterreich.) A.) Juridiſcher Charakter der Fiſche— rei. Das öſterreichiſche Fiſchereirecht befindet 342 ſich in einem Übergangsſtadium, indem die älteren Rechtsnormen theils vergeſſen, theils veraltet ſind, eine moderne Regelung (December 1887) aber noch nicht erfolgt iſt. Urſprünglich hatte wohl jeder Eigenthümer eines Gewäſſers auch das Recht zu fiſchen, in Gemeindewäſſern jeder Gemeindegenoſſe; allmählich, unter der entſtehen— den Herrſchaft des Fiſchereiregals, konnte das Recht zu fiſchen nur durch landesherrliche Be— willigung erworben werden, in Privatgewäſſern bildete ſich dasſelbe als ein Vorrecht der Grund— herren aus. An Geſetzen und Verordnungen über die Fiſcherei iſt kein Mangel, ſo für Nieder— öſterreich der 10. Titel des Tractatus de juri- bus incorporalibus, die Vvdg. vom 9. Mai 1799 und vom 30. Mai 1823, die oberöſterreichiſche Fiſchereiordnung Kaiſer Rudolfs II. vom 3. Juni 1383, für Salzburg Verordnungen für einzelne Seen und aus neuerer Zeit die Vdg. vom 13. Fe⸗ bruar 1856, Steiermark die Patente aus den Jahren 1641, 1673, 1676, 1699, vom 24. Mai 1747, 21. März 1771, Kärnthen die Land⸗ gerichtsordnung 1577, die Ständeverordnung vom 17. Juni 1715 und die Jäger- und Fiſche⸗ reiordnung vom 16. Januar 1732, in vielen Gegenden Tirols iſt die Fiſcherei „landesfrei“, in Galizien bezeichnet die Vdg. vom 21. Mai 1771 die wilde Fiſcherei in den öffentlichen Flüſſen als ein Recht derjenigen Grundobrigkeit, in deren obrigkeitlichem Bezirke der Fluſs ſich befindet (Entſch. d. O. G. H. vom J. October 1873, Nr. 8908, G. U. W. Bd. XI, Nr. 5094), in anderen Gewäſſern wird die Fiſcherei großen— theils als jog. wilde Fiſcherei betrieben, d. h. von jedermann ausgeübt, ähnlich in der Buko— wina; Böhmen die Landesordnung Ferdi— nands II. vom 19. Mai 1627 u. ſ. w. Faſt allge⸗ meine geſetzliche Anerkennung erhielt das Patent Maria Thereſias vom 21. März 1774, welches einerſeits beſtimmt, daſs nur den Eigenthümern der Fiſchwäſſer ſowie den gelernten Pächtern das Recht der Fiſcherei zuſtehe, andererſeits viele polizeiliche Schutzbeſtimmungen enthält. Laut Entſcheidung des Ackerbauminiſteriums vom 22. Juni 1876, Z. 2224, ſind jene Beſtim⸗ mungen über Herſtellung und Erhaltung von Teichen, welche dem neuen Waſſerrechte nicht widerſprechen, auch heute noch giltig. (Näheres über die älteren Fiſchereirechte in Peyrer, Fiſchereibetrieb und Fiſchereirecht, 1874, p. 108 ff.) Fiſchereirechte ſind unbewegliche Sachen (nach $ 298 a. b. G. B.) und können, wenn ſie an einem fremden Gewäſſer zuſtehen, beim dienen— den Grundſtücke (Gewäſſer) intabuliert werden (Entſch. d. O. G. H. vom 10. December 1861, Nr. 8141, G. U. W., Bd. III, Nr. 1431: „Das Beſitzrecht der Fiſcherei ... als ſolches iſt ein ding— liches, gegen jeden dritten wirkſames Recht“); hingegen kann das dem Waſſereigenthümer zu— ſtehende Fiſchereirecht nicht intabuliert werden, auch wenn im alten Grundbuche hiefür be— ſondere Grundbuchseinlagen beſtanden haben (Entſch. d. O. G. H. vom 11. März 18835, Nr. 2720). Fiſchereirechte in einem öffeutlichen Gewäſſer können weder bei dem herrſchenden noch bei dem dienenden Grundſtücke intabuliert werden, da das öffentliche Gewäſſer keinen Gegenſtand des Grundbuches bildet (Eutſch. d. O. G. H. vom Fiſcherei. 1. April 1884, Nr. 3680; ſ. a Grundbuchsweſen). — Die Fiſcherei in Teichen und anderen ge— ſchloſſenen Privatgewäſſern ſteht dem Eigen- thümer der Gewäſſer zu, weil nach § 293 a. b. G. B. Fiſche im Teiche, ſo lange ſie nicht ge— fiſcht ſind, unbeweglich ſind und ein Zubehör des Teiches bilden, alſo ein ſelbſtändiges juri— diſches Daſein nicht führen. Ebenſo gelten die zur Ausübung der Fiſcherei nöthigen Geräth— ſchaften als Zubehör und können daher z. B. nicht ſelbſtändig in Execution (ſ. d.) gezogen werden. Streitig keiten über Fiſchereirechte ge— hören vor die Gerichte, weil es ſich um Pri— vatrechte handelt und das Waſſerrecht auf die Fiſcherei direct nicht anwendbar iſt, indem „die Benützung der Gewäſſer“, zu deren Regelung die politiſchen Behörden competent ſind, die Fiſcherei nicht in ſich ſchließt; anerkannt z. B. durch Erlaſs des Ackerbauminiſteriums vom 30. November 1877,33. 13.330, und vom 10. März 1873, 3. 12.087. In einem Falle hatte ein Teichbeſitzer behufs Ausübung der Fiſcherei in ſeinem Teiche die Ablaſsſchleuſen am Teichfluder aufgezogen; dieſe wurden von dem anſtoßenden Mühlenbeſitzer wieder herabgelaſſen, — Beſitz— ſtörung in der Ausübung der Fiſcherei, welche von den Gerichten und nicht von der Verwal- tungsbehörde (nach dem Waſſerrechte) zu be— handeln iſt (Entſch. d. O. G. H. vom 3. Auguſt 1882, 3. 8751). Hieher zu beziehen iſt noch die Entſch. d. O. G. H. vom 13. Juni 1883, 3 6577, durch welche unter anderm auch feſt— geſtellt wurde, dass die Verpachtung der Fiſcherei in einem öffentlichen Gewäſſer an und für ſich noch keine Beſitzſtörung bedeutet. Wenn aber eine politiſche Behörde rechtskräftig die Art der Fiſchereiausübung feſtgeſtellt hat, ſo kaun dieſe Behörde ihrer Anordnung (nach dem kaiſ. Patent vom 20. April 1854, R. G. B. Nr. 96) Geltung verſchaffen (Entſch des Miniſteriums des Innern und des Ackerbauminiſteriums vom 13. Februar 1875, 3. 866) Die Frage, ob zum Zwecke der Ausübung der Fiſcherei fremde Grundſtücke betreten werden dürfen, kann, wenn es ſich nicht um eine Dienft- barkeit handelt, von den politiſchen Behörden entſchieden werden (Entſch. d. O. G. H. vom 21. März 1877, 3. 15.268 ex 1876). Entſchädi⸗ gungsanſprüche der Fiſchereiberechtigten gehören dann vor die politiſchen Behörden, wenn ſie aus Anlajs von Waſſerbenützungsrechten erhoben werden, welche unter das Waſſerrecht fallen und nach dieſem verliehen werden (Entſcheidung des Ackerbauminiſteriums vom 27. Juli 1876, 3. 6639). Derartige Entſchädigungsanſprüche ſind oft ſchwer realiſirbar, wie z. B. aus der Eutſcheidung des Ackerbauminiſteriums vom 5. Juli 1880, 3. 5666, hervorgeht, durch welche für eine behördlich anerkannte Schädigung der Fiſcherei durch Holztrift eine Entſchädigung nicht zugeſprochen wurde, weil zwar die Schädigung außer Zweifel ſtehe, deren ziffermäßige Höhe aber nicht eruiert werden konnte. Der verworrene Zuſtand der Fiſchereiberech— tigungen wurde durch die Grundentlaſtung nicht geändert, wie dies der Miniſteria lerlaſs vom 31. Januar 1852, 3. 460, ausdrücklich er⸗ reer U Se 9 8 klärte (für Kärnthen kundgemacht durch Erlass der Landesregierung vom 16. März 1852, L. G. Bl. Nr. 86). Nachdem alſo durch die Grund— entlaſtung die beſtehenden Fiſchereirechte nicht aufgehoben oder geändert wurden, ſo iſt im Zweifel der status quo des Jahres 1847 zu schützen, was ſpeciell der Miniſterialerlaſs vom 7. April 1832, Z. 7997, betont und hinzufügt, daſs „es ſich von ſelbſt verſteht, daſs ... von Seite der Uferbeſitzer die Betretung des Grund und Bodens durch die Fiſchereiberechtigten als un— erläſsliche Bedingung zur Ausübung des Fiſche— reirechtes in dem Umfange und in der Art und Weiſe wie vor dem Jahre 1848 geduldet werden müſſe“. In Böhmen und Mähren wurden durch die allerhöchſt genehmigte Durchführungs— verordnung über die Grundentlaſtung vom 27. Juni 1849 ($ 4, al. 3) und in Schlesien durch Vdg. vom 11. Juli 1849 die Fiſcherei— rechte auf fremdem Grund und Boden, dei. im fremden Waſſerbette aufgehoben; eine Eutſchädigung hiefür iſt nur in jenen Fallen zu beanſpruchen, in welchen das Fiſchereirecht ſich erweislich auf einen mit dem Eigenthümer des damit belaſteten Grundes (Gewäſſers) abge— ſchloſſenen Vertrag gründet. Trotzdem bleiben auch in dieſen Ländern die im eigenen Ge— wäſſer beſtandenen Fiſchereirechte nach dem status uo des Jahres 1847 (Miniſterialerlaſßs vom 31. Januar 1852) aufrecht. Wer die Freiheit eines Gewäſſers von einem fremden Fiſcherei— rechte behauptet, hat im Streitfalle zunächſt vor Gericht ſein Eigenthumsrecht zu erweiſen; wo Verhältniſſe zwiſchen dem Grundeigenthümer und dem Fiſchereiberechtigten obwalten, welche unter das Grundentlaſtungspatent vom 7. Sep— tember 1848 fallen, haben die Grundentlaſtungs— commiſſionen amtzuhandeln. Das Verhältnis der Fiſcherei zur neuen Waſſerrechtsgeſetzgebung läſst ſich kurz dahin charakteriſieren, daſs nach dieſer die Fiſcherei weder durch allgemein geſtattete Be- nützungsarten öffentlicher Gewäſſer noch durch behördlich geſtattete landwirtſchaftliche oder ge— werbliche Benützung öffentlicher oder privater Gewäſſer unnöthig beſchwert oder beeinträch— tigt werden darf (S 15 der meiſten Landes- waſſerrechte); gegen eine nothwendige Beein— trächtigung hat der Fiſchereiberechtigte nicht das Recht des Widerſpruches, ſondern nur den An— ſpruch auf Schadenerſatz, jo dajs alle übrigen nothwendigen Benützungen des Waſſers jener durch die Fiſcherei vorausgehen, ſelbſt ohne daſs geprüft wird, ob im gegebenen Falle nicht etwa die Fiſcherei die volkswirtſchaftlich wich— tigere Benützung des Gewäſſers wäre. — Der Schadenerſatz wird durch die politiſche Behörde ausgeſprochen; der Fiſchereiberechtigte kann, wenn er damit nicht zufrieden iſt, die Feſtſtel— lung desſelben durch den Richter verlangen (§ 39 der meiſten Landeswaſſerrechte). „Fi— ſchereiberechtigt“ und daher auch zu obigem Verlangen befugt iſt nicht bloß ein an fremdem Gewäſſer ſervituts berechtigter, ſondern jeder Fi— ſchereiberechtigte, alſo auch der Fiſcher im eige— nen Waſſer. Verunreinigung der Gewäſſer, in— ſoweit ſie eine „unnöthige Erſchwerung“ der Fiſcherei involviert, iſt nicht geſtattet (S 10 Fiſcherei. 543 Waſſerrecht); gegenüber einer behördlich bewil— ligten Fabriksanlage kann der Fiſchereiberech— tigte Schadenerſatz beanſpruchen und eine ent— ſprechende Anderung der Betriebsanlage auf ſeine Koſten begehren, wenn dadurch die Be— triebsfähigkeit der Fabriksanlage nicht beein— trächtigt wird (Erk. d. V. G. H. vom 3. Juli 1878, Z. 796, Budwinski, Bd. II, Nr. 296). Eine Neuordnung der Fiſcherei iſt an— gebahnt durch das Geſetz vom 25. April 1888, R. G. Bl. Nr. 58. Die Beſtimmungen desſelben treten aber erſt gleichzeitig mit den Landes— geſetzen in Wirkſamkeit, welche für die ein— zelnen Provinzen die Binnenfiſcherei organiſch regeln. Da bisher ein ſolches Landesgeſetz nicht erlaſſen iſt, hat das citierte Reichsfiſchereigeſetz noch in keiner Provinz actuelle Beveutung ; nach— dem es aber die Grundlage für die künftig, hof— fentlich in nicht allzuferner Zukunft zu erlaſſenden Landesfiſchereigeſetze“) bildet, fkizzieren wir in Kürze den Hauptinhalt desſelben. Nach dieſem Geſetze iſt „die freie Fiſcherei“, der Krebs— ſchaden der öſterreichiſchen Fiſcherei, aufge— hoben und ſteht das Recht der Fiſcherei „in künſtlichen Waſſeranſammlungen oder Gerinnen den Beſitzern dieſer Anlagen, in natürlichen Gewäſſern denjenigen zu, denen ſie durch die Landesgeſetzgebung zugewieſen wird“ (8 J). Sollte durch die Aufhebung der freien Fiſcherei „der berufsmäßige Erwerb eines Fiſchers“ be— einträchtigt werden, ſo hat derſelbe von dem neuen Berechtigten billige Entſchädigung zu beanſpruchen, was insbeſondere für Galizien von Wichtigkeit iſt. Nachdem das Geſetz, analog zur Ausübung der Jagd, durch Zuſammen— legung von zerſtückelten Fiſchereirevieren die Bildung (und Verpachtung) von Schonrevieren bezweckt, ſo enthält dasſelbe Normen für den Fall der (erzwungenen) Verpachtung ſolcher zu— ſammengelegter Schonreviere. Zunächſt iſt in Bezug auf die Vertheilung des Pachtſchillings für das Fiſchwaſſer ein Vergleich unter den Berechtigten zu verſuchen, im Nothfalle durch die politiſche Bezirksbehörde. Miſslingt der— ſelbe, ſo hat der Pächter den Pachtſchilling bei der politiſchen Behörde zu erlegen und hat dann das Gericht über die von den Parteien geltend gemachten Anſprüche, oh nel an geſetzliche Beweisregeln gebunden zu ſein, zu ent— ſcheiden (S 3). Hat die Verwaltungsbehörde in— folge landesgeſetzlicher Verfügung über Koſten, Entſchädigungen oder Beitragsleiſtungen zu entſcheiden, jo hat ſie zunächſt ebenfalls Über— einkommen der Betheiligten zu verſuchen; ge— lingt dies nicht, eine Friſt von mindeſtens 30 Tagen für Betretung des Rechtsweges zu normieren. Berufung an eine höhere politiſche Inſtanz iſt ausgeſchloſſen. Auch in dieſem Rechts— ſtreite gilt die freie Beweiswürdigung. — Den Fiſchern und deren Hilfsperjonale iſt die Be— tretung fremder Ufergrundſtücke und das Be— feſtigen der Fanggeräthe unter Einhaltung der nöthigen Vorſichten gegen Entſchädigung ge— ſtattet. Ausgeſchloſſen ſind Grundſtücke, welche *) Regierungsvorlagen wurden im Jahre 1887 den Landtagen von Nieder- und Oberöſterreich, Salzburg, Steiermark, Kärutben, Krain, Görz, Vorarlberg, Böhmen, Mähren, Schleſien und Bukowina vorgelegt. 544 als Zubehör zu Gebäuden eingefriedet oder überhaupt ſtändig abgeſchloſſen find ($ 5). In Waſſeranſammlungen nach Überflutungen bleibt dem Fiſchereiberechtigten die Occupation der Fiſche (gegen Entſchädigung) vorbehalten; die Fiſche aber, welche auf dem Trockenen zurück— bleiben, kann der Grundeigenthümer an ſich nehmen, nur darf er nicht durch Vorkehrungen die Rückkehr der Fiſche in das Gewäſſer hin— dern (§ 6). Verunreinigungen von Fiſchwäſſern ſind thunlichſt hintanzuhalten, Trockenlegung von Waſſerläufen in einer die Fiſcherei mög— lichſt wenig ſtörenden Weiſe vorzunehmen und die Anlegung von Fiſchſtegen und Fiſchrechen nur dann zu unterſagen, wenn die ſonſtige Waſſerbenützung dadurch erheblich erſchwert würde ($ 7), was zumeiſt nur eine Präctfie- rung der Normen des Waſſerrechtes iſt, indem auch ſchon dermalen die Fiſchereiberechtigten bei behördlich zu bewilligenden Waſſeranlagen mit ihren Einwendungen gehört werden müſſen (SS 21, 43 und 84 der meiſten Landeswaſſer— rechte). Eingaben, Protokolle, Beilagen, Rechts- urkunden und Erklärungen bei Verhandlungen über Eutſchädigungen, Ablöſung von Fiſcherei— rechten und Bildung von Revieren ſind ſtem— pelfrei; aus etwaigen Ablöſungen von Fiſcherei— rechten ſich ergebende Erwerbungen von ſolchen Rechten ſind gebürenfrei ($ 8). B. Fiſchereipolizeigeſetzgebung. Zur Hebung der Fiſcherei wurden Schutz- und Schongeſetze erlaſſen, welche einerſeits Schon— zeiten insbeſondere mit Rückſicht auf die Laich— perioden feſtſetzten, andererſeits gewiſſe Fang— methoden verboten und Garantien für die Beobachtung der Geſetze aufzuſtellen verſuchten. Solche Geſetze wurden mit Ausnahme von Dalmatien, Iſtrien, Salzburg und Trieſt in allen Provinzen erlaſſen, und erfloſſen zu den— ſelben die ergänzenden Statthaltereiverordnun— gen: Böhmen 9. October 1883, L. G. Bl. Nr. 22 ex 1885, Statth.⸗Vdg. vom 24. April 1885, Z. 3373/praes. L. G. Bl. Nr. 23, und vom 18. April 1886, L. G. Bl. Nr. 33; Bukowina 7. November 1880, L. G. Bl. Nr. 11 ex 1881, Vdg. des Landespräſidenten vom 21. Auguſt 1881, L. G. Bl. Nr. 11; Galizien 19. No⸗ vember 1882, L. G. Bl. Nr. 57 ex 1883, Statth.⸗ Vdg. vom 28. Juni 1883, 3. 6651 /praes. L. G. Bl. Nr. 38; Görz-Gradisca 13. Fe⸗ bruar 1882, L. G. Bl. Nr. 5 ex 1883, Statth.⸗ Bdg. vom 9. Februar 1883, Nr. 1536, L. G. Bl. Nr. 6; Kärnthen 2. März 1882, L. G. Bl. Nr. 17, und vom 27. December 1883, L. G. Bl. Nr. 5 ex 1885, Vdg. der Landesregierung vom 22. November 1882, 3. 9916, L. G. Bl. Nr. 18 ex 1882, und vom 3. Februar 1885, Z. 1223, L. G. Bl. Nr. 6; Krain 25. November 1880, L. G. Bl. Nr. 17 ex 1881, Vg. des Landespräſ. vom 28. December 1881, Z. 2263, L. G. Bl. Nr. 18; Mähren 27. December 1881, L. G. Bl. Nr. 79 ex 1882, Vdg. d. Statth. vom 20. Mai 1882, 3. 10.614, L. G. Bl. Nr. 80, und vom 21. Januar 1883, L. G. Bl. Nr. 32; Nieder⸗ öſterreich 20. Januar 1883, L. G. Bl. Nr. 49, und 30. Auguſt 1883, L. G. Bl. Nr. 10 ex 1884, Vdg. d. Statth. vom 5. März 1884, Z. 9883, L. G. Bl. Nr. 11, 15. Juni 1884, 3. 26.410, Fiſcherei. Ne > S K- —Tdꝓ—ÿöçö0dÜe⅛ — — — — . —— xx ̃ ̃ ̃ ĩ @ . Bl. Nr. 17, und vom 3. Juni 1885, 542, L. G. Bl. Nr. 37; Oberöſterreich vember 1880, L. G. Bl. Nr. 4 ex 1881, h.⸗Vdg. vom 19. April 1881, 3. 1036, Bl. Nr. 5; Schleſien 9. December 1882, Bl. Nr. 28 ex 1883, Vog. d. Landespräj. uli 1883, Z. 6447, L. G. Bl. Nr. 29; Mäh⸗ iſche Enelaven in Schleſien Voͤg. des Landespräſ. von Schleſien 8. Juli 1883, 3. 679, L. G. Bl. für Schleſien Nr. 30; Steiermark 2. September 1882, L. G. Bl. Nr. 11 ex 1883, Statth.⸗Vdg. vom 9. Juni 1883, L. G. Bl. Nr. 12, und vom 14. November 1884, L. G. Bl. Nr. 11; Tirol 4. April 1886; Vorarlberg 27. October 1880, L. G. Bl. Nr. 11 ex 1882, Kundm. des Statth. von Tirol vom 11. Auguſt 1883, Z. 15.599, L. G. Bl. Nr. 26. Der Inhalt dieſer Geſetze iſt der Haupt⸗ ſache nach übereinſtimmend und läſst ſich fol- gendermaßen kurz ſkizzieren. Fiſche und ſonſtige nicht der Jagd vorbehaltene nützliche Waſſer⸗ thiere, welche während der Schonzeit lebend in die Gewalt des Fiſchers gelangen, ſind von demſelben mit der nöthigen Vorſicht in das Waſſer zurückzuverſetzen und dürfen daher nicht veräußert oder feilgeboten werden. Wenn in einem Gewäſſer wertvolle Fiſcharten vorherr— ſchen oder angezogen werden ſollen, kann die politiſche Landesbehörde mit Rückſicht auf die Laichzeiten dieſer Fiſche den Fiſchfang für ge— wiſſe Zeiten des Jahres ganz unterſagen (überall mit Ausnahme von Kärnthen und Tirol). Auf Fiſcharten, welche, wie Saiblinge, Seeforellen, Renken in den Gebirgsſeen, nur während der Laichperiode gefangen werden können, findet obige Vorſchrift keine Anwendung (Oberöſter— reich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg) und kann die politiſche Behörde überhaupt Ausnahmen geſtatten zur Förderung der künſtlichen Fiſch— zucht oder zu wiſſenſchaftlichen Zwecken (Kärnthen zur Gewinnung von Futter für wertvollere Fiſche oder zu Heilzwecken). Auch kann die po= litiſche Bezirksbehörde den Fiſchereiberechtigten oder mit deren Zuſtimmung auch anderen Per- ſonen den Fiſchfang mit der Handangel zur Tageszeit auch während der Schonperiode ge— ſtatten, wenn die politiſche Landesbehörde ſolche Geſtattungen überhaupt für zuläſſig erklärt; den Berechtigten iſt ein auf Perſon und Ge— wäſſer (Böhmen, Bukowina, Görz, Krain, Mähren, Schleſien, Steiermark; in Galizien zum Zwecke des Abfiſchens von Raubfiſchen). Der Viehein⸗ =: N + — © 888 cr? D d a trieb in die Fiſchwäſſer während der Laichzeit der ortsüblichen Vieh- jedermann unterſagt (Krain, Oberöſterreich; Niederöſterreich verbietet ſpeciell iſt, mit Ausnahme ſchwemmplätze, auch das Einlaſſen der Hausenten). Dynamit und andere explodierende Stoffe, | ferner Kokelskörner, Krähenaugen, Kalk, Brant⸗ wein und derartige betäubende Mittel dürfen zum Fiſchfange nicht angewendet werden (alle Länder); für Fälle nachgewieſener Nothwendig⸗ keit kann die Anwendung explodierender Stoffe (und Schuſswaffen, Tirol) von der politiſchen Landesbehörde (Bezirksbehörde, Tirol, keine Be- hörde benannt in Niederöſterreich) geſtattet werden (Böhmen, Bukowina, Galizien, Görz⸗ lautender Erlaubnisſchein auszuſtellen * * * 5 Ex > j 4 . . | 0 N Fiſcherei. 345 Gradisca, Krain, Oberöſterreich, Steiermark, als giltig angeſehen werden, wonach die Frage, Tirol, Vorarlberg; Fiſchſtecher [Gerren] ver— boten in Niederöſterreich, ausnahmsweiſe ge— ſtattet eben ſowie explodierende Stoffe zur Be— freiung ſtehender, künſtlich zu bevölkernder Gewäſſer von Raubfiſchen; in Böhmen Schuis- waffen und Fiſchſtecher unterſagt). Weitere Fangarten u. ſ. w. kann die politiſche Landes— behörde verbieten. Für Gewäſſer, deren Aus» dehnung über eine Provinz Einvernehmen mit anderen Ländern oder Staaten erheiſcht, erlässt das Ackerbauminiſterium (ſ. d.) die Beſtimmun⸗ gen über Schonzeiten und Arten des Fiſch— fanges. Während der Zeit des verbotenen Fiſch— fanges dürfen Netze, Reuſen, Fiſchkörbe, Fallen, Fangkäſten u. dgl. nicht eingelegt, ſchon einge— legte müſſen beſeitigt oder zum Fiſchfange un— brauchbar gemacht werden (Böhmen, Bukowina, Galizien, Görz-Gradisca, Krain, Mähren, Nie— der⸗ und Oberöſterreich, Schleſien, Steiermark, Vorarlberg). In Wehrdurchläſſen und Schleuſen dürfen Reuſen, Fiſchkörbe und andere Vorrich— tungen zum Selbſtfange der Fiſche nicht einge— hängt werden (überall mit Ausnahme von Böhmen). Alle hier bezeichneten Beſtimmungen haben auf Teiche und andere Waſſerbehälter, welche zu Zwecken der Fiſchzucht (oder zur Aufbewahrung der Fiſche, Tirol) angelegt ſind, keine Anwendung (alle Länder; Kärnthen fügt hinzu, daſs Fiſche aus ſolchen Gewäſſern, wenn ſie während der Schonzeit zum Verkaufe oder zur Verſendung gelangen, mit einem vom Eigen— thümer ausgefertigten Lieferſcheinformulare ver— ſehen ſein müſſen). N Ohne Beiſein des Fiſchers ausliegende Fiſcherzeuge müſſen mit einem beim Amte der Ufergemeinde angemeldeten Kennzeichen, durch welches die Perſon des Fiſchers eruiert werden kann, verſehen ſein (alle Länder mit Ausnahme von Bukowina, Görz-Gradisca, Tirol). Über Fiſchottern, Fiſchreiher und andere der Fiſcherei ſchädliche wildlebende Thiere be— ſtehen folgende Vorſchriften (mit Ausnahme von Galizien): Dieſe Thiere (in Niederöſter— reich Fiſchotter, Fiſch- und Zwergreiher, Rohr— dommel, Eisvogel, Waſſeramſel, Fiſch- und Seeadler, Kormoran, Lach- und Zwergmöwe, gemeine See-, Zwergſee- und Lachſeeſchwalbe) können der Fiſchereiberechtigte, das behördlich beſtätigte Fiſchereiperſonale und die behördlich mit der Vertilgung der der Fiſcherei ſchäd— lichen Thiere betrauten Perſonen im Fiſchwaſſer oder in deſſen unmittelbarer Nähe auf belie— bige Art, aber ohne Schießwaffen (Kärnthen, Nieder- und Oberöſterreich auch ohne Gift) er— legen oder fangen, dem Jagdberechtigten ſteht dagegen ein Einſpruch nicht zu, doch ſind ihm die gefangenen oder erlegten Thiere vorbehalten (Kärnthen: abzuliefern). In Krain iſt ſpeciell hervorgehoben, daſs der Fiſchereiberechtigte Wildenten weder fangen noch tödten darf, und iſt außerdem durch Kundmachung des Landes— ausſchuſſes vom 14. Februar 1887, 3. 1278, L. G. Bl. Nr. 10, die Prämie für einen erlegten Fiſchotter (vom 1. März 1887 an) auf 2 fl. feſtgeſetzt. Für die übrigen hier nicht genannten Länder mujs der Erlass des Ackerbauminiſte— riums vom 30. November 1880, Z. 9907, noch wem ein erlegter Fiſchotter gehöre, durch die Gerichte zu entſcheiden iſt, wobei aber zu be— merken iſt, daſs der Fiſchotter dort jedenfalls als ein jagdbares Thier anzuſehen iſt, deſſen ausſchließliche Occupation dem Jagdberechtigten zuſteht. Für Salzburg iſt durch Circulare der beſtandenen Berg-, Salinen- und Forſtdirection vom 4. Auguſt 1856, Z. 4411, den Fiſcherei— pächtern der Fang der Fiſchottern gegen Ab— lieferung derſelben oder gegen angemeſſene Wertvergütuug zugeſtanden worden und ihnen dafür Schuſsgeld auszufolgen. — Nach $ 13 des ungariſchen Jagdgeſetzes vom 19. März 1883 (Geſ. Art. XX darf der Grundbeſitzer auf ſeinem Grunde Fiſchottern „wann immer und auch in dem Falle vertilgen, wenn die Jagd verpachtet wäre; will er die Vertilgung jagd— mäßig mit Treibern oder mit was immer für Jagdhunden vornehmen, ſo hat er in dieſem Falle die Einwilligung des Pächters einzuholen“. Zur Wahrung der Anſprüche der Fiſcherei— berechtigten haben nach den meiſten Landes- geſetzen (außer in Steiermark und Vorarlberg) die politiſchen Bezirksbehörden entweder über Einſchreiten der Fiſchereiberechtigten oder von amtswegen dafür zu ſorgen, dajs bei Waſſerbe— nützungen, welche nach dem Waſſerrechte keiner Bewilligung bedürfen, vermeidliche Beeinträchti— gungen der Fiſcherei hintangehalten werden; ſelbſtverſtändlich iſt dies auch der Fall bei Waſſerbenützungen, welche einer Bewilligung bedürfen (ſ. Waſſerrecht). In Galizien, Kärnthen, Krain, Mähren, Nieder- und Oberöſterreich iſt ausdrücklich die Beiziehung der Fiſchereiberech— tigten angeordnet bei Verhandlungen über Waſſerbenützungen, zu welchen behördliche Be— willigung nöthig iſt, obwohl dies ſchon im Waſſerrechte (indirect) verfügt tft (ſ. Waſſerrecht). Um Ordnung in die Ausübung der Fiſcherei zu bringen, wurden in den meiſten Ländern (Böhmen, Görz-Gradisca, Kärnthen, Krain, Mähren, Nieder- und Oberöſterreich, Steier— mark, Tirol, Vorarlberg) Fiſcherkarten ein— geführt, ohne welche mit Ausnahme von Tei— chen und ſonſtigen eingeſchloſſenen Gewäſſern die Fiſcherei nicht ausgeübt werden darf; die— ſelben ſind den Fiſchereiwachen unweigerlich vorzuzeigen. Derartige Legitimationen werden immer auf Namen und regelmäßig in drei— facher Form ausgeſtellt: a) für Beſitzer oder Pächter der Fiſcherei von der politiſchen Be— hörde; b) für dritte Perſonen von den Beſitzern oder Pächtern; e) für Gewäſſer, welche der malen noch von allen Mitgliedern oder Ein wohnern einer Gemeinde befiſcht werden dürfen, von dem Vorſteher der Ufergemeinde. Für dieſe Karten find Stempelgebühren von 1 fl., 50 kr. und 45 kr. zu bezahlen, wobei die Karte a immer fl. bezahlt, b und e häufig nur 50 kr.; wenn die Karte b von dem Beſitzer oder Pächter dem eigenen Perſonale ausgeſtellt wird, 15 kr. (ver- ſchieden in den einzelnen Ländern). Schriftliche Anſuchen um Ausfolgung von Fiſchereikarten bedürfen eines 50 kr.-Stempels, mündliche An- ſuchen ſind gebürenfrei. Die Fiſcherkarte iſt die behördliche Be— ſcheinigung (Legitimation) einer beſtehenden 52 Dombrowski. Encyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 33 546 Befugnis zur Ausübung der Fiſcherei, präju- diciert daher der Frage des Rechtes zur Fiſcherei nicht, vielmehr iſt die Entſcheidung über das Beſtehen oder Nichtbeſtehen dieſes Rechtes Sache der Gerichte. Nach dem hieher zu beziehenden Erlaſſe des Ackerbauminiſteriums vom 17. März 1882, Z. 3055, kann jemand, der ſich „in der unbeſtrittenen Ausübung einer Fiſchereiberechtigung befindet, nach allgemeinen Grundſätzen nicht zum Nachweiſe ſeiner Be⸗ rechtigung aufgefordert werden“ und hat daher den Anſpruch auf Ausfolgung einer Fiſcherkarte. In zweifelhaften Fällen hat die politiſche Be— hörde ſich zu überzeugen, wer die fragliche Fiſcherei unbeſtritten ausübt, und wird ſelbſt dann, wenn das Fiſchereirecht beſtritten wird, demjenigen, welcher bisher die Fiſcherei unbe— ſtritten ausgeübt hat, die Fiſcherkarte ausſtellen. Zeigt aber die Erhebung der Sachlage, dajs die Ausübung der Fiſcherei zweifelhaft oder be- ſtritten geweſen iſt, ſo hat die politiſche Be— hörde ein Übereinkommen der Betheiligten über die einſtweilige Ausübung der Fiſcherei bis zur anderweitigen richterlichen Verfügung anzu⸗ ſtreben und hienach die Fiſcherkarten auszu⸗ ſtellen; kommt ein Übereinkommen nicht zuſtande, ſo können Fiſcherkarten erſt nach gefälltem richterlichen Spruche ausgeſtellt werden. Die politiſche Behörde kann daher auch Fiſcherkarten mit Beſchränkungen ausſtellen, d. h. die unbe⸗ ſtrittene Fiſcherei beſcheinigen, die beſtrittene unterſagen, alſo z. B. die ſog. große Fiſcherei (mit Lachsgarnen, großen Netzen u. ſ. w.) aus⸗ ſchließen, hingegen die ſonſtige Fiſcherei ge- ſtatten (ſ. Erk. d. V. G. H. v. 18. Januar 1884, Z. 2762, Budwinski, VIII, Nr. 1991). Übertretungen der Vorſchriften der Fiſchereigeſetze werden, wenn ſie nicht unter das Strafgeſetz fallen, von den politiſchen Behörden mit einer Geldſtrafe von 5—50 fl., im Wieder- holungsfalle, oder wenn dem Fiſchſtande erheb— licher Nachtheil zugefügt worden iſt, bis 100 fl. belegt; bei Zahlungsunfähigkeit Arreſtſtrafe (5 fl. = 1 Tag Arreſt). Außerdem verfallen die Fiſche und die vorſchriftswidrigen Fiſchereige— räthſchaften; letztere ſind vor ihrer Veräußerung ihrer verbotenen Form zu entkleiden oder zu vernichten. Geldſtrafen und der Erlös für die Stiche und Geräthſchaften fließen in den Armen— fonds des Thatortes (Böhmen, Kärnthen, Nieder— und Oberöſterreich), den Landesculturfonds (Bu⸗ kowina, Krain, Mähren, Schleſien, Vorarlberg), den Fonds zur Förderung der Fiſcherei (Gali⸗ zien, Görz⸗Gradisca, Steiermark); in Tirol fließt der Erlös aus den Fiſchen, wenn der Übertreter nicht der Beſitzer oder Pächter des Fiſchwaſſers iſt, dieſem zu, außer wenn Fiſche während der Schonzeit oder ſolche unter dem erlaubten Minimalmaß feilgeboten werden, ſonſt ſowohl der Erlös aus den Fiſchen, Fiſchgeräthen wie die Geldſtrafen in den Armenfonds des Thatortes. Die politiſchen Bezirksbehörden haben dafür zu ſorgen, daſs die Vorſchriften der Fiſcherei⸗ geſetze jährlich in den Ufergemeinden ortsüblich verlautbart werden. Die Gemeindevorſtände, merie ſowie die Or die k. k. Gendar⸗ gane der Strom- und Markt⸗ Fiſcherei. polizei haben die Vorſchriften der Fiſchereige— ſetze zu überwachen. Die Fiſchereiberechtigten und die Gemeinden können das ſchon beſtehende Boden- culturſchutzperſonale (Forſt-, Jagd⸗„Feld⸗„Waſſer⸗ ihusperjonale) auch mit der Beaufſichtigung der Fiſcherei betrauen oder ſelbſtändiges Fiſcherei⸗ perſonale beſtellen, welches von der politiſchen Behörde zu beeidigen iſt und die Vorrechte der Civilwachen nach dem Geſetze vom 16. Juni 1872, R. G. Bl. Nr. 84 genießt (j. Forſtſchutz). Für Dalmatien gilt das Geſetz vom 9. November 1883, L. G. Bl. Nr. 50, betreffend die Aufſtel-⸗ lung beeideter Fiſchereiwächter. Die zur Ausführung der Fiſchereigeſetze er⸗ laſſenen Statthaltereiverordnungen (f. o.) ent⸗ halten nebſt Detailvorſchriften über die Fiſcher— karten a) Feſtſtellung der Schonzeiten, b) Be⸗ nennung jener Fiſche und Waſſerthiere, welche zu keiner Zeit des Jahres feilgeboten oder in Gaſthäuſern verabreicht werden dürfen, c) verbotene Fangarten. Böhmen. a) Schonzeiten: Lachs und Forelle 15. September bis Ende December; Aalrutte 1. November bis 1. Februar; Barſch, Bitterling, Schied, Aland, Häsling, Aſche 1. März bis Ende Juni; Schiel, Wels, Barbe, Döbel, Brachſe 1. April bis 13. Juli; Karauſche 1. Mai bis Ende Juni; Schleihe 1. Juni bis Ende Auguſt; Hecht 1. Februar bis Ende März (in der Iglava 1. April bis 15. Juni, Statt⸗ haltereikundmachung vom 14. Januar 1887, Z. 29.644); Stör vom 1. März bis Ende Juli; Fluſskrebſe 1. November bis 15. Mai. In jenen Gewäſſern, in welchen der Fiſchbeſtand aus⸗ ſchließlich oder vorwiegend aus Lachs oder Forelle beſteht, iſt der Fiſchfang vom 15. Sep⸗ tember bis Ende December ganz unterſagt. Bei außergewöhnlicher Witterung können dieſe Nor⸗ men fallweiſe geändert werden. b) Nicht feilgeboten werden dürfen fol⸗ gende Fiſche, wenn ſie, vom Auge bis zur Schwanzfloſſe, nicht die Minimalgröße haben: Lachs und Wels 0'51 m, Schiel, Hecht, Aal, Schied 0:35 m, Aalrutte, Brachſe, Barbe, Häs⸗ ling 025m, Forelle, Aſche, Schleihe, Fluſsbarſch, Aland, Döbel 0˙20 m, Karauſche 015 m; Fluſs⸗ krebſe vom Auge bis zum Schwanzende 0˙10 m; Brut⸗ und Einſatzfiſche ſind ausgenommen. c) Verbotene Fangmittel: Kalk, Brant⸗ wein, Schießen, Stechen, Keulen unter dem Eiſe, Fangmethoden, durch welche die Fiſche mittelſt Aufwühlens des Grundes u. ſ. w. aus ihren Ver⸗ ſtecken getrieben werden, Er u zur Nacht⸗ zeit (April bis incluſive October von 9—4 Uhr, November bis incluſive März 5 Uhr abends bis 6 Uhr morgens), Netze u. ſ. w. mit Maſchen unter 25 mm? (najs), Schwemmer und Steck garne (Garndt) jeder Art, Nachtlegeſchnüre, Aufſtellung von Brettern und Rechen auf den Wehren, unbeſchadet etwa beſtehender Rechte Höchſtens 4 m? betragende Netze dürfen auch mit kleinerer Maſchenweite verwendet werden für Fiſche, welche nicht länger als 0˙13 m wer: den (Kaulkopf, Ellritze, Schmerle oder Bart⸗ gründel, Dorngründel, Schlammbeißer, Gründ⸗ ling); vom 1. April 1889 an iſt der 7e verboten (Kundmachung der Statthalterei von 14. Februar 1887, 3. 105.167 ex 1886). Fiſcherei. Bukowina. a) Lachs, Stein⸗ und Bach⸗ forelle 16. September bis 15. December; Aſche 16. März bis 15. Mai; Hecht, Barſch 1. März bis 1. Juni; Aalrutte (Quappe) 1. December bis J. Februar; Karpfen, Schleihe 1. Juni bis 1. Auguſt; Barbe 16. Mai bis 15. Juli; Kaul⸗ barſch, Streber 1. April bis 1. Juni; Sterlet 1. Mai bis 1. Juni; Schill 1. April bis 1. Juli; Döbel (Altel) 1. Mai bis 1. Juli. Überhaupt verboten iſt der Fiſchfang vom 16. September bis 15. December und vom 1. April bis 1. Juni in einzelnen ſpeciell be- zeichneten Flüſſen und Fluſstheilen. b) Aſche, Karpfen, Sterlet, Schill unter 030 m, Lachsforelle, Hecht unter 0˙26 m, Barbe unter 0˙25 m, Aalrutte 0:24 m, Barſch, Döbel 020 m, Bach- und Steinforelle, Schleihe 0˙18 m, Naſe 016m, Kaulbarſch, Streber 012 m. c) Fiſchen zur Nachtzeit, Einſtellen von Töpfen, Keſſeln u. dgl. an feuchten Stellen zum Auffangen der Fiſchbrut, Trockenlegen der Waſſerläufe, Eisfiſchen, Fallen mit Schlagfedern, Gabeln, Schießwaffen, überhaupt Mittel zur Verwundung der Fiſche, Sackfiſchen, Handnetze mit Maſchen (im trockenen Zuſtande) unter 26 mm im Gevierte, Trieb- und Zugnetze unter 35 mm im Gevierte. Galizien. a) Aſch, Naſe, Schied 1. März bis 31. Mai; Zingel, Schill, Wyrozul, Zärthe 1. April bis 30. Juni; Döbel, Barben, Brach— ſen 16. Mai bis 15. Juli; Lachs 1. September bis 15. Januar; Forelle 15. October bis 15. März; (Anfangs- und Endtage der Schonzeit find ein— geſchloſſen). Vom 15. October bis 15. December und vom 1. April bis 31. Mai iſt Fiſchfang in be— ſtimmten Gewäſſern verboten, und kann die Statthalterei auch noch in anderen Gewäſſern die Fiſcherei durch zwei Herbſt- oder Frühlings- monate unterſagen. b) Lachs unter 0°50 m, Schill, Schied, Wyrozul unter 040 m, Aal unter 0˙35 m, Barbe, Brachſe unter 0:25 m, Forelle, Aſch, Naſe, Döbel, Zärthe unter 0˙20 m, Zingel unter 0'16 m. c) Abſperren der mit Schilf u. ſ. w. be- wachſenen Fiſchwäſſer und Laichſtellen durch un— bewegliche Netze, ſtändige Fiſchwehren, Körbe u. ſ. w., ſo daſs den Fiſchen der Zutritt zu dieſen Stellen abgeſchnitten oder verſperrt wird. Das Verſtellen fließender Gewäſſer nach ihrer ganzen Breite durch ſolche Vorrichtungen; Ge— brauch des Leinwandgarnes, des dreiwändigen Spiegelnetzes und aller Arten Wentern (Flügel- reuſen); Fiſchen mit Säcken und mit Netzen von einer Maſchenweite (im naſſen Zuſtande) unter 0˙35 m’; Schnur- und Grundangeln; Vorrich— tungen, welche am Grunde des Waſſers gezogen werden; Werkzeuge, durch welche die Fiſche ver— letzt werden, wie Fiſcherpfeil, Gabel, Schießwaffen u. ſ. w. mit Ausnahme der Angelruthe; Ein— ſtellen von Töpfen, Mulden, Keſſeln u. ſ. w. mit Köder zum Auffangen kleiner Fiſche; Trocken— legen der Waſſerläufe; Fiſchen zur Nachtzeit; Eintreiben der Fiſche in aufgeſtellte Vorrich— tungen; Ausheben des Fiſchlaichs und der Fiſch— brut ohne behördliche Bewilligung (künſtliche Zucht oder wiſſenſchaftliche Zwecke); Eisfiſchen. Görz-Gradisca. a) Forellen 1. No— vember bis Ende Januar; Karpfen und Krebſe 547 15. April bis Ende Juni; Schleihen und Aale 1. Juni bis Ende September. Außerdem zu gunſten der Forellen (1. November bis Ende Januar), der Karpfen und Krebſe (15. April bis Ende Juni), Schleihen und Aale (1. Juni bis Ende September) in einzelnen Gewäſſern Fiſcherei völlig unterſagt. b) Aale 0˙40 m, Forellen 026 m, Karpfen 0.24 m, Schleihen 0˙20 m, Krebſe 0˙18 m von f Maulſpitze bis zum Ende der Schwanz- floſſe. c) Gabel, Netze mit Maſchen unter 0˙4 m? im Durchſchnitte (für Aale nicht unter 0˙2 me). Kärnthen. a) Lachs⸗, Bach- Gold- und Steinforellen 1. October bis 31. December; Huchen 15. März bis 30. April; Aſchen 1. März bis 30. April; Aalrutten 1. December bis 31. Januar; Karpfen, Schleihen 1. Juni bis 31. Juli; Barben 1. Mai bis 30. Juni; Naſen 1. April bis 31. Mai; Fluſs⸗ und Steinkrebs 1. October bis 31. Mai. Zu Zwecken der künſt⸗ lichen Forellenzucht kann der Fang auch wäh— rend der Schonzeit ſowie das Einhängen von Reuſen, Fiſchkörben u. ſ. w. bei den See- und Fluſsmündungen durch die Landesregierung ge— ſtattet werden; ſolche Fiſche bedürfen eines Lieferſcheines. b) Wels 0˙30 m, Huchen, See- und Lachs- forellen 0:5 m, Aſche, Hechte, Karpfen 0•25 m, Reinanken, Saiblinge, Aalrutten, Schleihe, Bar— ben, Alten, Näslinge 0˙20, Bach- (Gold-, Stein-, Berg-) Forellen 016 m, Fluſskrebſe 012 m, Barſche, Brachſen 010 m, Steinkrebſe 0˙06 m (von der Kopfſpitze bis zum Ende der Schwanz— floſſe [Schwanzende] gemeſſen). e) Fiſchfallen und Schlageiſen; Reuſen, Fiſchkörbe u. ſ. w. an den See- und Fluſsmün⸗ dungen; Eisfiſchen; Trockenlegen der Waſſer— läufe; Schießwaffen, Spiegel- und Schleppnetze in Seen unter 04 m?, in Flüſſen unter 0˙5 m? Maſchenweite (naſs); Ausziehen der Nebe gegen das Ufer oder die Berge (Terrainerhebungen in Seen). Krain. a) Stein-, Bach-, Fluſs- und See⸗ forellen 1. November bis 31. Januar; Huchen 1. März bis 15. April; Aſchen 1. Februar bis 31. März; Aalrutten 1. December bis 31. Ja— nuar; Waller 1. Juni bis 31. Juli; Karpfen Juni; Edelkrebſe (nicht aber Steinkrebſe) 1. Oc- tober bis 30. April. Zu gunſten der Forelle iſt vom 1. November bis 31. Januar der Fiſch— fang in ſpeciell bezeichneten Flüſſen unterſagt. b) Waller 0•37 m, Seeforellen, Huchen 0:31 m, Fluſsforellen, Aalrutten, Hechte 0˙26 m, Karpfen 025m, Aſchen 0˙24 m, Aland, Altel, Bleye, Barbe, Barſch, Brachſe, Karauſche, Naſe, Plötze, Rapfen, Schleihe, Zärthe 022 m, Stein⸗ und Bachforellen und Edelkrebſe (mit ausge— ſpannten Scheren) 0˙18 m. c) Eisfiſchen, Schießen und Stechen, Nacht— legeſchnüre, Zug- und Sperrnetze mit Maſchen unter 0˙4 m? (trocken). Bei Fiſchen, die nicht über 0˙13 m lang werden: Rothauge, Ellritze, Bart- grundel, Schlammbeißer, Steinbeißer, Lauben, Mühlkoppe, Edelbarbe, Grundling find Stangen— hamen mit engeren Maſchen geſtattet. Mähren. a) Lachs, Forelle, Aalrutte 15. October bis 15. März: Huchen, Karpfen, 52 * Dr) * 348 Zärthe, Aſche, Schleihe, Näsling, Schill, Ka— rauſche, Nerfling, Hecht, Brachſe, Fluſsbarſch, Aal, Schied, Aland, Wels, Barbe, Döbel 1. April bis 15. Juni; Fluſskrebſe 15. September bis 15. Mai. Zu gunſten der Forelle iſt vom 15. Octo⸗ ber bis 15. März der Fiſchfang in ſpeciell be— zeichneten Gewäſſern unterſagt. b) Lachs, Huchen, Wels 90˙30 m, Schill, 9995 Aal, Schied 0˙35 m, Karpfen 0° 30 m, Aal⸗ rutte, Brachſe, Barbe, Zärthe, Näsling 0'25 m, Forelle, Aſche, Schleihe, Nerfling, Flufsbarſche, Aland, Döbel 020 m, Karauſche O'15m vom Auge bis zur Schwanzfloſſe gemeſſen; Fluſs— krebſe (vom Auge bis zum Schwanzende) 010 m. c) Kalk und Brantwein; Eisfiſchen; Fang⸗ methoden mit Aufwühlen des Grundes; Netz⸗ fiſcherei zur Nachtzeit (wie Böhmen); „Nebe, Reuſen u. ſ. w. mit Maſchen (naſs) unter 25 m?, Schwemmer- und Streckgarne (Garndl), Nacht- legeſchnüre. En ar Netze dürfen verwendet werden für Bartgrundel, Schmerle, Ellritze, Schlammbeißer, Mühlkoppe, Gründling; dieſe Fiſche dürfen auch mit der Gabel gefangen werden. Niederöſterreich. a) Hecht, Huchen 16. März bis incluſive 15. April: Barſch, Kaul⸗ barſch April; Aſche März und April; Schill (Fogos) 16. April bis incluſive 15. Mai; Brachſe, Zärthe, Pleinze, Zobelpleinze, Schied und ſämmtliche Weißfiſcharten Mai; Barbe 16. Mai bis inchu- jive 15. Juni; Waller Juni; Sterlet Mai und Juni; Schleihe 16. Juni bis incluſive 15. Juli; Saibling 16. October bis incluſive 15. Novem- ber; See- (Lach3-) Forelle November; Forelle 16. October bis incluſive 15. December; Rutte 16. December bis inecluſive 15. Januar; Krebſe October bis ineluſive März, überdies Krebſen— Denen April bis incluſive Juli. b) Waller, Huchen, Seeforelle 0˙40 m, Schill, Hecht 0˙35 m, Rutte, Schied, Sterlet 0. 30 m, Barbe, Brachſe, Aſche 025 m, Schleihe, Nerfling, Saibling, Forelle 0˙20 m, Barſch 0˙15 m von der Kopfſpitze bis zum Ende der Schwanzfloſſe. Edelkrebſe vom Kopf bis zum Schwanzende (ohne Scheren) 0˙14 m, Steinkrebſe 0˙08 m. c) Jede Vorrichtung zum Fiſchfange in fließenden Gewäſſern, welche bei gewöhnlichem Waſſerſtande im rechten Winkel vom Ufer aus gemeſſen bis auf den Grund hinab nicht wenig— ſtens die Hälfte der Breite des Gewäſſers dem Zuge der Fiſche offen läſst; dieſes Verbot hat keine Anwendung auf Lachen und beim Be— ſtehen von Rechtstiteln; gleichzeitige Verwen— dung derartiger Vorrichtungen oder ſtehender Netze näher als 30 m; Trockenlegen der Waſſer⸗ läufe; Eisfiſchen und Schlagen auf die Steine; Fiſchfallen, Schlageiſen und Schuſswaffen; Netze, Reuſen u. ſ. w. mit Maſchen (trocken) unter 26 mm im Gevierte, ausgenommen zum Fange von Lauben, Bartgrundel, Greſsling, Schmerle, Schlanmbeiher, Koppe, Altel, Rothauge als Köder- und Futterfiſche. Oberöſterreich a) Forellen 16. October bis 15. December; Aſchen, Bärſchlinge, Huchen 16. März bis 13. April; Saiblinge 16. October bis 15. November; Karpfen Mai und Juni; Näs⸗ linge April; Brachſen, Barben, Schieden und die anderen Weißfiſcharten, Hecht Mai; Schill Fiſcherei. April und Mai; Bodenrenken, Renken, Lachſe November; Rutten Januar; Welſe, Schleihen Juni; Krebſe December bis incluſive März. Im Inn, der Salzach, Traun und Enns dürfen Huchen auch zur Schonzeit gefangen werden, wenn der Laich zur künſtlichen Fiſchzucht ver- wendet wird. Wo Aſchen und Forellen Haupt- fiſch ſind, werden Hechte auch zur Schonzeit gefangen, ebenſo Näslinge dort, wo es bisher üblich geweſen. Zu gunſten der Forellen ruht der Fiſchfang vom 16. October bis 15. December in beſtimmten Gewäſſern. p) Bärſchlinge, Bodenrenken 015 m, Forel- len, Aſchen, Saiblinge, Renken, Rutten, Schleihen, Zingel, Seider (Frauennerfling), Barben 0˙20 m, Huchen, Lachſe, Welſe, Aale 0˙40 m, rothſcherige Krebſe 012m, Steinkrebſe 0˙06 m. Feilgeboten werden dürfen während der oben angegebenen Schonzeiten Saiblinge, Seeforellen, Renken, Huchen, Hechte. e) Netze unter 26 mm im Gevierte; Fijch- fallen, Lichtfiſchen, und -Krebſen zur Nachtzeit, Schießen der Fiſche; Legſchnüre dürfen nur an tiefen Stellen und in den Seen, die Senkgarne dort angebracht werden, wo keine Fiſchzüge ſind Schleſien und mähriſche Enclaven in Schleſien. a) Lachs, californiſcher Lachs, Bach⸗ und Seeforelle, Saibling, Aalrutte 15. October bis 15. März; Aſche, Schill, Hecht, Aal, Wels, Karpfen, Schleihe, Karauſche, Brachſe, Schied, Barbe, Semling, Näsling, Nerfling, Fluſsbarſch, Aland, Döbel, Rothauge 1. April bis 15. Juni; Fluſskrebſe 15. Sep⸗ tember bis 15. Mai. Zu gunſten der Forelle iſt vom 15. October bis 15. März in einzelnen Gewäſſern der Fang unterſagt. b) Lachs 050m, californiſcher Lachs, Schill, Hecht, Aal, Wels, Schied 0˙35 m, Karpfen 0˙30 m, Seeforelle, Aalrutte, Brachſe, Barbe, Näsling 025m, Bachforelle, Saibling, Aſche, Schleihe, Nerfling, Fluſsbarſch, Aland, Döbel 020 m, Karauſche, Semling 0˙45 m, Rothauge 013m (vom Auge zur Schwanzfloſſe gemeſſen); Fluſskrebſe vom Auge zum Schwanzende 040 m. c) Kalk; alkoholhaltige Flüſſigkeiten; Eis⸗ fiſchen; Schießen, Stechen, Fangen durch Auf- wühlen des Grundes; Trockenlegen der Wafjer- läufe; Netzfiſcherei zur Nachtzeit (wie Böhmen); Netze, Reuſen u. ſ. w. unter 25 mm im Gevierte (naſs); Schwimmer und Steckgarne; Nachtlege- ſchnüre, kleinmaſchige Netze geſtattet für Bart⸗ grundel u. ſ. w. (wie Mähren). Steiermark. a) Aſche, Barſch März und“ April; Bachforelle October bis ineluſive De— cember; Huchen 15. März bis Ende April; Karpfen April bis Ende Juli; bis Ende Jänner; Schleihe Juni; Störl April und Mai; Barbe Mai bis Juni; Fluſskrebſe October bis Ende Mai. Für Saiblinge, See- und Lachsforellen, Renken, Welſe, Schaden keine Schonzeit. b) Huchen, Lachs 0°45 m, Schaiden 0˙40 m, Seeforelle 0˙30; Karpfen, Schleihe, Saibling aus dem Grundl-, Toplitzſee und Altauſſee, Störl, Hecht 025 m, Aſchen 0˙23 m, Bachforelle 022 m, Rutte, Barbe, Saibling aus ande— ren Seen 020m, Barſch 015 m, Fluſskrebſe 120m; von der Maulſpitze bis zum Schwanz— Lachs November 5 r — 2 — FE Tee een Br d * Fiſcherei. ende gemeſſen und überhaupt zehn Tage nach Eintritt der Schonzeit die zu ſchonenden Fiſche. c) Alle Arten Stechwerkzeuge; Fiſchfallen: Legeſchnüre mit oder ohne Senkel in fließenden Gewäſſern; Zug- oder Sperrnetze mit Maſchen unter 40 mm im Gevierte (naſs); Traupern mit engeren Maſchen nur mit behördlicher Bewilli— gung; Einlegen von Reuſen, Fiſchkörben u. ſ. w. bei Ein- und Ausflüſſen von Seen und Bächen; Fiſch⸗ und Krebsfang bei Nacht und bei Be— leuchtung; Eisfiſcherei in den ſtillen Fluſsge— bieten; Nachtſchnüre, Nachtreuſen und Stellnetze; Schuſswaffen; Abſperren und Austrocknen von Fluſsarmen; Fiſchen an den Laichplätzen der Brut wegen (gilt nicht für Seen). Tirol fehlt die Ausführungsverordnung der Statthalterei dermalen noch. Vorarlberg. a) Bach- und Seeforellen, Saiblinge 1. October bis Ende December; Felchen aller Art 15. November bis 15. De— cember, Silber- oder Schwebeforellen ſind von dieſem Verbote ausgenommen. Vom 15. April bis Ende Mai iſt im Bodenſee Fiſchfang mit Netzen und Reuſen aller Art verboten und in allen Flüſſen und Bächen vom 15. April bis Ende Mai der Fang von Aſchen, Karpfen, Schleihen und Barben mit Netzen und Reuſen. Politiſche Behörde kann den Fang der Felchen mit ſchwebenden Netzen an den tiefen Stellen des Sees mit Vermeidung der abfallenden Ufer und der Waſſerpflanzen geſtatten. b) Seeforellen 0˙23 m, Saiblinge und Röthel, Aſchen, Barben unter 0˙20 m, Karpfen, Schleihen unter 0•48 m, Bachforellen 0:15 m. c) Fanggeräthe mit Offnungen (nass) für große Fiſcharten unter 0˙03 m, kleine 0˙02 m. Zur Benützung kleinerer Geräthe zum Fang von Futter- oder Köderfiſchen Bewilligung der politiſchen Bezirksbehörde. Bei der Controle iſt Abweichung von Umm nicht zu beanſtänden; Gabeln, Stangen, Gerren, Schusswaffen; Fallen mit Schlagfedern; Trockenlegen der Waſſer— läufe, Abſperren der fließenden Gewäſſer über die halbe Breite (wie Niederöſterreich). Entfer— nung zwiſchen den Fiſchwehren und den Quer— verbindungen mindeſtens 0˙40 m im Lichten. In Betreff der internationalen Abmaſchungen betreffs der Fiſchereifrevel ſ. Conventionen. 549 Fiſcherei im Gardaſee iſt geregelt durch das Übereinkommen (zwiſchen Oſterreich und Italien) vom 9. Auguſt 1883; hiezu Min. Vog. vom 7. April 1885, R. G. Bl. Nr. 38. Durch Min. Vdg. vom 5. December 1884, R. G. Bl. Nr. 188 (für Ungarn und Croatien giltig) wurde die Seefiſcherei geregelt, und durch Geſetz vom 3. Juli 1868, R. G. Bl. Nr. 104, wurde die Korallenfiſcherei an den Küſten von Dal- matien für die öſterreichiſchen Staatsangehö— rigen freigegeben. Statiſtik der Fiſcherei. Die Seen, Sümpfe und Teiche (fließende Gewäſſer gelten als „un— productiv“) umfaſſen in den Ländern des ſta— bilen Cataſters (ſ. d.) nach dem bisherigen Ca— taſter a) und nach der neuen Grundſteuerregu— lierung b) folgende Flächen: J 2 Land — In AN Procenten Niederöſterreich ..] 2.985 3.412 14˙3 Oberöſterreich. . . . 190 | 16.072 |+ 8.3590 Salzburg ... 1.798 11.450 [ 1.536°8 Steiermark ..... 718 3.384 — 371˙3 Rörn then 1.268 | 14.057 — 772˙0 Kra unn 988 282 1 Küftenland ...... 7.835 1.775— 177% Dalmatien .... 22.982 | 23.255 I+- 12 Böhmen — 67.073 — Mähren 750 7.861 |4+ 9481 Schleſien — 154 Zuſammen .. | 39.514| 148.317] —+ 275˙4 — 108.303 Die fait ausnahmslos bedeutende Zunahme des Areales iſt u. a. auch auf eingehendere Auf— nahmen anläſslich der neuen Grundſteuerregu— lierung zurückzuführen. Au der in den obigen elf Ländern des ſtabilen Cataſters nachgewieſe— nen Vermehrung des Culturlandes per 1,388.62 Joch participieren die Seen ꝛc. mit 78/5, Die Reinertragseinſchätzung iſt nach dem ſtabilen Cataſter a) und nach der neuen Grunde ſteuerregulierung b) folgende (in Gulden ö. W.): te Seen, Sümpfe, Teiche zn Reinertrag per Joch 4 | b Percenten q | b Niederöſterreich. . . . . 13.624 16.744 — 22˙9 456 491 ieh 342 2.069 — 305˙0 1˙80 013 aug 990 6.837 + 5906 0˙55 0˙60 S ne!k 690 7.599 — 1.001°3 0:96 2:25 Fr RE 506 1.933 282˙0 0.40 047 F 480 1.824 280˙0 049 0.65 end 15.934 986 — 93˙8 2:03 0:55 Dalmatien...... 2.723 2.428 —— 10˙9 012 010 en — 288.517 z 610 eee 2.625 57725 - 1.337˙4 3:50 321 c una — 351 - — 4˙30 Zuſammen ... 37.916 367.010 12) 86 0.96 20748 — — .ůß5ö53ʒ2T.J —— + 329.094 | 330 Wenn man Flächen und Reinertragsziffern des ſtabilen Cataſters und der neuen Grund- ſteuerregulierung zuſammenhält, ſo berechnet ſich die Vermehrung des Reinertrages bei Seen ıc. auf 269.013 fl.; es entfallen davon auf Rech⸗ nung der Vermehrung der Flächen 817%, des erhöhten Durchſchnittsertrages 183%, d. h. die Erhöhung des Grundſteuerreinertrages dieſer Rubrik iſt vorwiegend ein Reſultat der Ver— größerung der ſteuerbaren Fläche. > Für die Länder der Grunditeuerpropijg- Fiſchereirecht. rien laſſen ſich analoge Erhebungen nicht an- ſtellen, weil die ſtehenden Gewäſſer und die Hut⸗ weiden in einer Rubrik ausgewieſen werden. Nach Erhebungen der ſtatiſtiſchen Central- commiſſion (1874), welche aber unvollſtändig ſind, beziffert ſich die Geſammtausbeute aus den Süßwäſſern von Oſterreich-Ungarn auf 148.700 478.440 Centner. Die Handelsbewegung mit Fiſchproducten war (1885) folgende: Einfuhr. Menge Handels- Zoll⸗ A us Meter⸗ wert ertrag In „ur | Finme 8 8 Deutſch⸗ Ru⸗ „ Den centner fl. fl. | land mänien Italien riet, neee Fiſche, friſche, Krebſe und 5 Schnecken 2.071 [ 144.970 2.0711 102 — — — — Vertragsmäßig .. 1.206 | 304.4200 —. 2.978 | 1.536] 1.251 304 986 Stockfiſche, geräuchert, ma= riniert, in Ol 27.839 120.363 [Zumeiſt aus Deutſchland, dann Rumänien, Ruſs⸗ SE) land und über Fiume, Trieſt, Italien. 70405 Faſt ausſchließlich aus Deutſchland. Ausfuhr. Menge Meter⸗ centner Handels⸗ wert l. Fiſche, friſche, Krebſe und Schnecken Muſchel⸗ und 16.613 307 996.780 Schalthiere 50.655 Häringe, geſalzen und ge— räuchert 48 816 Andere Fiſche geſalzen, ge- Eänchert 2e . 11.864 923.460 Der Ertrag der Fiſcherei iſt in Oſterreich einer ſehr bedeutenden Steigerung fähig; hiezu bedarf es aber einer umfaſſenden geſetzlichen Regelung des ganzen Gebietes, nachdrücklicher Überwachung und reger Selbſtthätigkeit. Die ungariſchen Fiſchereiordnungen ſind comitatweiſe geordnet und daher ſehr mannig— faltig. Wir unterlaſſen deshalb die Darſtellung des ungariſchen Fiſchereirechtes, umſomehr als die einheitliche Regelung desſelben durch die Geſetzgebung in Vorbereitung iſt. Mcht. Fiſchereirecht Deutſchland) iſt der In⸗ begriff der Rechtsnormen ſür die Ausübung der Fiſcherei (einſchließlich des Krebſens). Die Fiſcherei im Meere, die Seefiſcherei, iſt nach dem Völkerrechte im offenen Meere international, in den Buchten und an der Küſte bis zu einer gewiſſen Entfernung von derſelben ein Recht des betreffenden Uferſtaates. Die Reichsgeſetzgebung gibt bezüglich der eigent- lichen Seefiſcherei keine Vorſchriften, regelt aber (Geſetz vom 4. December 1876) die Schonzeit für die zu den Säugethieren ge— hörenden Robben. [Nach Deutſchland über 11.000 Metercentner, über Fiume | 4.335 Metercentner. Über Fiume 264 Metercentner. [Über Fiume 11.210 Metercentner, einiges über Italien und | Rumänien. Die Binnenfiſcherei gehört bezüglich der Berechtigungsfrage dem Privatrechte an bezüglich ihrer Regelung im Intereſſe der Ge- ſammtheit bildet ſie einen Gegenſtand des öffentlichen Rechtes. Die Fiſcherei in den öffentlichen (floß⸗ und ſchiffbaren) Flüſſen, welche in Deutſchland urſprünglich frei war und es in einigen Gegen⸗ den, wie in Schleswig-Holſtein, Thüringen und in der Provinz Preußen, noch jetzt iſt, wurde ſpäter ein Regal (ſ. Waſſerregal), welches z. B. im preußiſchen allgemeinen Landrechte vom 5. Februar 1794 ausdrücklich anerkannt iſt. In gemeinſchaftlichen Privatflüſſen iſt die Fiſcherei Eigenthum der Uferbeſitzer, in eingeſchloſſenen Teichen und fließenden Gewäſſern Eigenthum des Grundbeſitzers. Dieſer Grundſatz des deutſchen Rechtes erleidet jedoch mehrfach Ausnahmen, indem z. B. nach dem ſächſiſchen Geſetze über die Ausübung der Fiſcherei in den fließenden Ge wäſſern vom 15. October 1868 das Fiſchereirecht in den Erblanden den anliegenden Grundbe⸗ ſitzern, in den zum ehemaligen Markgrafenthume Oberlauſitz gehörenden Landestheilen aber den a + in Gutsherrſchaften zuſteht (ſ. Flüſſe). Übrigens bildet die Fiſcherei in Privatgewäſſern öfter auch den Gegenſtand einer Servitut. In Preu⸗ ßen iſt nach dem Geſetze vom 2 März 1850, die Ergänzung und Abänderung der Gemeinheits- theilungsordnung vom 7. Juni 1821 betreffend, die Berechtigung zur Fiſcherei in ſtehenden oder Privatgewäſſern, ſofern dieſelbe auf einer Dienſtbarkeit beruht, ſowohl auf Antrag des Berechtigten als des Verpflichteten ablösbar. Sit, wie in Baden und Eljajs-Lothringen, | die Regierung durch das Jagdgeſetz (ſ. Jagd— recht) ermächtigt, den Eigenthümern, Beſitzern oder Pächtern die Vertilgung ſchädlichen Wil- des auf ihren Ländereien zu geſtatten, dann kann der Fiſchereiberechtigte ſolches ſchädliche Wild (in Elſaſs-Lothringen z. B. Fiſchotter, Reiher, Eisvögel und Kormorane) auch auf ſeinem Fiſchwaſſer erlegen. Gleiches gilt bezüg— lich der ſchädlichen Thiere, welche nicht zu den jagdbaren gehören und deshalb dem freien Thierfange unterliegen. In Reuß älterer Linie (und wohl auch in den anderen thüringiſchen Staaten) dürfen Fiſchottern und Fiſchreiher von dem Fiſchereiberechtigten gefangen oder (ohne Benützung von Schießgewehren) getödtet werden. Dieſelben ſind jedoch binnen 24 Stun- den an den Jagdberechtigten abzuliefern. Gegen nach der Waſſergeſetzgebung zuläſſige Bauten und Anlagen ſteht dem Fiſchereiberech— tigten kein Einſpruch zu, jedoch hat er wegen des ihm durch die Anderung des Waſſerlaufes oder Waſſerſtandes zugehenden Schadens An— ſpruch auf Entſchädigung. In gleicher Weiſe hat derſelbe ein Recht auf Entſchädigung für Verunreinigung des Fiſchwaſſers durch Ger— bereien, chemiſche Fabriken, Flachs- und Hanf- röſten u. ſ. w., ſelbſt dann, wenn dieſe Eta— bliſſements mit Genehmigung der Staatsbehör— den errichtet wurden (3. B. nach dem bayriſchen Waſſergeſetze vom 28. Mai 1852). Zur Feldbereinigung (ſ. d.) werden Fiſchgewäſſer nicht beigezogen. Die Reichsgewerbeordnung findet auf die Fiſcherei keine Anwendung, und zur Feil— bietung ſelbſtgewonnener Erzeugniſſe der Fiſcherei bedarf es keines Wandergewerbeſcheines. Das Reichsſtrafgeſetz (neueſte Textierung vom 24. Mai 1880) bedroht das unbefugte Fiſchen und Krebſen mit Geldſtrafen bis zu 130 Mark oder mit Haft (§ 370), und wenn dasſelbe zur Nachtzeit, bei Fackellicht oder unter Anwendung ſchädlicher oder explodierender Stoffe geſchah, mit Geldſtrafe bis zu 600 Mark oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten ($ 296). Ausländer, welche in deutſchen Küſtenge— wäſſern unbefugt fiſchen, werden mit Geldſtrafe bis zu 600 Mark oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten beſtraft ($ 296 a). Neben der Geld— oder Gefängnisſtrafe iſt auf Einziehung der Fanggeräthe, welche der Thäter bei dem unbe— fugten Fiſchen bei ſich geführt hat, ingleichen der in dem Fahrzeuge enthaltenen Fiſche zu er— kennen, ohne Unterſchied, ob die Fanggeräthe und Fiſche dem Verurtheilten gehören oder nicht. Die beſonderen Vorſchriften des Landes— ſtrafrechtes über Verletzung der Fiſchpolizei— Fischereirecht. 331 geſetze bleiben nach § 2 des Einführungsgeſetzes zum Reichsſtrafgeſetze in Kraft. Die Staatsaufſicht auf die Fiſcherei er- ſtreckt ſich (mit Ausnahme der einem Einzigen zuſtehenden) auf alle Gewäſſer und ſucht die Erhaltung und Hebung des Fiſchſtandes zu er— reichen durch Schonung der Fiſche in der Laich— zeit (Schonzeit), des Laiches (Verbot der Zu— laſſung von Enten, ſowie der Entfernung, Be⸗ ſchädigung und Zerſtörung des Laiches) und der jungen Brut (Vorſchriften über die Größe der Netzmaſchen, Verbot des Verkaufes der Fiſche unter einer beſtimmten Größe), ſowie durch das Verbot ſchädlicher Arten des Fiſch— fanges, insbeſondere des Nachtfiſchens, der An- wendung ſchädlicher oder betäubender Köder (Krähenaugen, Kokkelskörner, Hanf- und Mohn⸗ ſamen, Kalk u. ſ. w.), des Betäubens der Fiſche durch Schläge unter dem Eiſe oder durch ex— plodierende Stoffe, ſowie des Gebrauches von Stecheiſen, Gabeln, Speeren, Leg- und Schlag— eiſen, Schlagangeln, Schlaghamen u. ſ. w. Die betreffenden geſetzlichen Vorſchriften ſind in den einzelnen Bundesſtaaten und ſelbſt in den einzelnen Landestheilen der größeren Staaten ſehr verſchieden. So verweist z. B. ſchon das preußiſche allgemeine Landrecht auf „die Vorſchriften der Polizeigeſetze (für die Provinz Poſen, Preußen, das friſche und das kuriſche Haff, ſämmtlich vom 7. März 1845, aber nicht gleich, für die in Pommern belegenen Theile der Oder, des Haff und deſſen Ausflüſſe vom 2. Juli 1859 und 30. März 1863 u. ſ. w.) wegen der Laichzeit, des verbotenen Fiſcher— zeuges und was ſonſt darin zur Verhütung des Ruins der Fiſcherei verordnet iſt“ (an deren Stelle jedoch im Jahre 1874 ein all- gemeines Fiſchereigeſetz trat). In Bayern wurden die beſtehenden Fiſchereiordnungen (auf— gehoben durch die Landesfiſchereiordnung vom 4. October 1884) durch das Polizeiſtrafgeſetz vom 26. December 1874 als rechtsverbindlich erklärt, während anderwärts, wie z. B. in Sachſen, Heſſen (Geſetz vom 13. November 1868), Reuß ältere Linie (Geſetz vom 9. December 1870) und den übrigen thüringiſchen Staaten die Ausübung der Fiſcherei durch ein Specialgeſetz einheitlich geregelt wurde. Mit der Fiſcherei— geſetzgebung muſs übrigens eine gute Marft- polizei Hand in Hand gehen, welche die Über— tretungen der Fiſchverkäufer ſofort zur Be— ſtrafung bringt. In Sachſen und Reuß ältere Linie beſtehen Fiſchkarten für die' nicht zur Fiſcherei berechtigten Perſonen und Legitima— tionskarten zum Verkaufe von Fiſchen. Die Zuwiderhandlungen gegen die Fiſcherei— geſetze werden überall nur als Übertretungen betrachtet und mit Geldſtrafe oder Haft (3. B. in Bayern mit Geldſtrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen, in Sachſen bis zu 150 Mark oder 6 Wochen Haft) beſtraft. Be— ſchädigungen und Entwendungen von Geräthen und Vorrichtungen zur Fiſcherei oder Fiſchzucht werden, ſoferne ſie nicht, wie z. B. in Heſſen, unter das Fiſchereiſtrafgeſetz fallen, nach dem Reichsſtrafgeſetze beſtraft. Die nach § 3 des Einführungsgeſetzes zur Reichsſtrafproceſsordnung vom 1. Februar 1877 352 geſtattete Ausnahme, dajs Forſt- und Yeld- rügeſachen auf Grund der Landesgeſetzgebung in einem beſonderen Verfahren und ohne Zu— ziehung von Schöffen verhandelt werden dürfen, gilt für Fiſchereiſtrafſachen nicht, und dieſelben kommen daher durch die Schöffengerichte (bezw. Landgerichte) zur Aburtheilung. Bezüglich des Strafverfahrens gilt im weſentlichen das unter Forſtſtrafproceſs Erörterte. Die künſtliche Fiſchzucht erfreut ſich in allen deutſchen Staaten der kräftigſten Unter- ſtützung von Seite der Regierung, welche ſich insbeſondere auch durch die Einrichtung von Lehrvorträgen über ſolche an den forſt- und landwirtſchaftlichen Lehranſtalten äußert. Dieſe Vorträge ſind mitunter, wie z. B. in Sachſen, auch dem Publicum zugänglich. Der Seefiſcherei iſt eine finanzielle Unterſtützung von Seite des Reiches gewährt. At Jiſchermöwe, die. Nema (Leach) ich- thyaötum Pall.; Ichthyaötus Pallasii Kaup; Larus kroicocephalus Jameson; Kroikoce- phalus ichthyaötus Jerdon; Chroicocephalus ichthyaötus Bruch; Larus ichthyaötus minor Schl.; ruſſ.: Rybak; tatar.: Charabalta. Abbildung des Vogels: Rüpell, Atlas, pl. 17; Dreſſer, Birds of Europe, T. VIII, pl. 598; Shelley, Birds of Egypt, fol. 13. Die Fiſchermöwe iſt die größte unter den Kappenmöwen Xema und von ihren beiden Gattungsverwandten in Europa leicht durch ihre bedeutendere Größe ſowie auch durch ihre ſchwarze Kappe und die faſt ganz weißen Schwingen zu unterſcheiden. Sommerkleid. Kopf, Vorderhals und Genick ſind ruſsſchwarz, mit weißen Flecken auf und unter den Augen; Hals, Unternacken, Vor— derrücken, Bürzel, Schwanz und alle Unter— theile weiß, Mantel und Flügeldeckfedern mö— wenblau. Flügelrand weiß wie die vorderen Primärſchwingen; die hinterſten von dieſen, theils auf der Innen-, theils auf der Außen fahne graulich, mit breiten weißen Spitzen, ſechs vordere vor der Spitze ſchwarz, die erſte und manchmal auch die zweite auf der Außen— fahne breit ſchwarz geſäumt. Die Secundär— ſchwingen möwenblau, mit breiten weißen Spitzen, die äußerſte gauz weiß. Schnabel orangegelb, vor der Spitze durch einen rothen Fleck geſchmückt, die Füße gelb, Iris dunkel— braun. Winterkleid. Kopf weiß; Scheitel und Nacken mit rauchbraunen Schaftſtrichen; Ober— und Unterſeite wie im Sommerkleid. Jugendkleid. Ahnlich dem des erwach— ſenen Vogels im Winterkleid; Kopf und Genick weiß, mit bläulichbraunen Längsſtrichen; die Pri— märſchwingen ſchwarz, mit weißer Baſis und weißen Spitzen, die erſte Schwungfeder trägt einen kleinen weißen ovalen Fleck auf der In— nenfahne, die zweite einen ähnlichen, aber viel kleineren; Schwanz weiß, mit breitem ſchwarzen Endbande. Verbreitung. Das Brutgebiet dieſes Vogels bildet die Aralokaſpiſche Niederung, d. h. das Kaſpiſche Meer mit den naheliegenden Seen. Im Winter beſucht die Fiſchermöwe das Fiſchermöwe. — Fiſchfeinde. untere Nilthal, die nördlichen Küſten des Rothen Meeres, Paläſtina, die ſüdlichen Küſten Weſt⸗ aſiens, nach Oſten bis Bombay, die Seen und Flüſſe Nordindiens und Bengalen nach Süden bis Madras. Capitän Shelley hat eine Fiſchermöwe in Oberägypten erlegt und ſagt, daſs dieſe Art ſelbſt noch in Nubien vorkommt. Nach Henglin wurden mehrere Exemplare auch in der Gegend der Pyramiden von Sagarah geſchoſſen (ausſchließlich alte Vögel). Einzeln geht ſie bis auf das Schwarze Meer, zuweilen in einzelnen Exemplaren ſelbſt bis an die Joni⸗ ſchen Inſeln, nach Ungarn, Bosnien, dem Golf von Genua, in die Schweiz und auch nach England. 1 Lebensweiſe. Über die Lebensweiſe der Fiſchermöwe wiſſen wir ſehr wenig. Auf einigen Inſeln im Oſten des Kaſpiſchen Meeres bildet fie ſtellenweiſe ſehr große Bruteolonien. Ihre Eier, ähnlich jenen der L. cachinnans, doch größer, legt ſie auf den ſandigen Boden der Inſeln, und anfangs Juli ſchlüpfen die Jungen aus. Die Grundfarbe der Eier iſt hell oliven- grau, die Zeichnung beſteht in größeren und kleineren ſchwarzbraunen Flecken. Die Hauptnahrung der Fiſchermöwe ſind verſchiedene Fiſcharten, aber während der Brut- periode raubt ſie auch die Dunenvögel der Roſenſilbermöwe. Anfangs Auguſt ſind die jungen Vögel ſchon groß genug, um ihren Eltern zu folgen, und man kann dann junge und alte Vögel in kleinen Scharen bis 20 In- dividuen zuſammen ſehen. Dieſe Art zeigt ſich im allgemeinen wenig ſchüchtern und miſcht ſich gerne unter andere Möwenarten und auch Meerſchwalben. Als Ruheorte nimmt die Fiſchermöwe entweder jan- dige Meeresufer oder ſie läſst ſich auf dem Waſſer nieder. Ihre Stimme beſteht nach Heuglin in einem etwas rauhen und heiſeren Bellen, ähn- lich dem Rufe von L. glaucus. v. Mzbr. Fiſchfeinde. Die größten Feinde vieler Fiſcharten ſind andere Fiſche, vor allem die eigentlichen Raubfiſche; zu ihnen gehören in unſeren ſüßen Gewäſſern Barſch, Sander, Hecht, Rapfen (Aspius rapax), Lachs, Huchen, Meer- forelle, Seeforelle, Bachforelle, Wels und Aal. Die meiſten derſelben verzehren jedoch nur klei— nere, als Speiſe für den Menſchen geringwertige Fiſche und werden dadurch, daſs fie dieſe in Beſtandtheile ihres eigenen wohlſchmeckenden Fleiſches verwandeln, in hohem Grade nützlich, ja unentbehrlich, wenn ein Überhandnehmen der wertloſen Arten verhindert werden ſoll. Nur der Wels bildet eine Ausnahme, da ſein Fleiſch, namentlich bei größeren Thieren, ſchlecht iſt; er ſollte deshalb möglichſt vertilgt werden. Die Neunaugen, namentlich das große Meerneun- auge (Petromyzon marinus), werden anderen Fiſchen gefährlich, weil ſie ſich mit ihrer Mund- ſcheibe an dieſelben feſtſaugen und ſie anfreſſen. Unmittelbar ſchädlich für die Fiſcherei ſind Groppen (Cottus gobio) und Stichlinge, 1 weil ſie große Mengen von Laich und von der Brut wertvoller Fiſche vertilgen; die Stichlinge, welche ſich außerordentlich ſtark vermehren, können in Fiſchteichen und kleineren abge- ſchloſſenen Gewäſſern die Fortpflanzung anderer Fiſche faſt unmöglich machen; ſie ſind daher, zumal ſie ſelbſt höchſtens als Dünger oder zum Thrankochen verwendet werden können, nach Kräften zu vertilgen. Unter den Säugethieren ſtehen als Fiſchfeinde in erſter Linie der Fiſchotter und der Nörz (Putorius lutreola). Namentlich der erſtere friſst mit Vorliebe gerade die größten und wertvollſten unſerer Süßwaſſerfiſche und vereitelt nicht ſelten die mühſeligſten Anſtrengungen der Fiſchzüchter. Da zudem der Nutzen, welchen er durch ſeinen Pelz gewährt, gegenüber dem Schaden, welchen er der Fiſcherei und der Fiſchzucht zufügt, ver— ſchwindend klein iſt, jo mujs ſeine vollſtändige Ausrottung mit allen Kräften angeſtrebt werden. Noch ſchlimmere Fiſchfeinde ſind die im Meere lebenden Verwandten des Fiſchotters, der ge— meine Seehund oder die Robbe (Phoca vitu— lina), die Ringelrobbe (Phoca annelate) und die ſeltenere Kegelrobbe (Halichoerus grypus); erſtere freſſen namentlich die Lachſe von den Angeln und zerſtören nicht ſelten wertvolle Netze. Ausſchließlich von Fiſchen leben auch manche Delphinarten, namentlich der Braunfiſch (Phocaena communis). Ein kleiner, aber darum nicht minder gefährlicher Fiſchfeind iſt die Waſſerſpitzmaus (Sorex fodiens), welche na— mentlich Fiſchlaich und junge Fiſche in Menge verzehrt und in den Fiſchbrutanſtalten oft große Verheerungen anrichtet. Sie tödtet ſogar große Karpfen, indem ſie ſich auf deren Kopf feſtllammert und ihnen Augen und Gehirn ausfriſst. i Unter den Fiſchfeinden aus der Claſſe der Vögel nimmt die erſte Stelle der Fiſchreiher (Ardea cinerea) ein, welcher wie der Otter voll— ſtändig ausgerottet werden ſollte. Ihm zunächſt als Vertilger großer und wertvoller Fiſche ſtehen die Kormorane, Scharben oder Waſſer— raben (Carbo cormoranus), der Seeadler (Haliaötos albieilla), der Fiſchadler (Pandion haliaötos), der ſchwarzbraune Milan (Mil- vus ater), die Rohrweihe (Circus rufus), die Sägetaucher (Mergus-Arten), der große Steißfuß (Podiceps cristatus) und die Mö— wen. Kleinere Fiſche friſst vor allen der Eis— vogel (Alcedo ispida), einer der ſchädlichſten Vögel für die Fiſcherei, dann die Waſſer— amſel oder der Waſſerſtar (Cinclus aqua- ticus), ferner die Enten und Schwäne, welche junge Brut und Laich im Waſſer vertilgen und auf Fiſchteichen nicht geduldet werden dürfen. Unter den Kriechthieren iſt die Sumpf— ſchildkröte (Emys europaea) der ſchlimmſte Fiſchfeind, fie frijst nicht nur Laich und Brut, ſondern auch größere Fiſche. Die Ringelnatter (Tropidonotus natrix) und die Würfelnatter (Tropidonotus tessellatus) vertilgen gleichfalls zahlreiche kleine Fiſche. Unter den Amphibien freſſen die Molche (Triton) und der grüne Waſſerfroſch (Rana esculenta) Fiſchlaich und Fiſchbrut in großer Menge, letzterer ſelbſt fin— gerlange Karpfen. Endlich müſſen in Fiſchteichen eine Anzahl ſchädlicher Waſſerinſecten möglichſt ausge— rottet werden. Dahin gehören vor allen der große gelbrandige Schwimmkäfer (Dy- Fiſchhabicht. — Fiſchkrankheiten. 553 tiscus marginalis), welcher ſelbſt größere Fiſche anfriſst, und ſeine Larve, ferner der gefurchte Schwimmkäfer (Acilius suleatus), der große Rückenſchwimmer (Notonecta glauca) und die graue Waſſerwanze (Nepa cinerea), welche junge Fiſche ausſaugen, ſowie die Lar— ven der Libellen oder Waſſerjungfern. Der Fluſskrebs friſst zwar auch kleine Fiſche, wird aber andererſeits dadurch nützlich, daſs er durch Verzehren todter Thiere das Waſſer rein hält. Genaueres über die einzelnen Fiſchfeinde ſowie über ihren Fang j. die betreffenden Arten. Hcke. Fiſchhabicht, ſ. Fiſchadler. E. v. D. Fiſchhälter dienen zum Aufbewahren von lebenden Fiſchen und müſſen daher ſtets ſo ge— fertigt fein, dafs ein reichlicher Waſſerzufluſs dieſelben durchſtrömen kann. In Flüſſen und Seen werden gewöhnlich aus Holz gefertigte Käſten verwendet, deren Wände durchlocht ſind, um den Waſſerzutritt zu geſtatten. Für Teich— wirtſchaften richtet man gewöhnlich kleinere Baſſins ein, durch welche viel Waſſer geleitet wird, jo dajs auf möglichſt beſchränktem Raum eine große Zahl Fiſche ohne Nachtheil für den Verkauf bereitgehalten werden kann. Pets. Fiſchhaut nennt man die meiſt kreuzweiſe angeordnete Reifelung ſolcher Holz- oder Me— talltheile (Griff der Seitengewehre, Kolbenhals), welche zum Anfaſſen beſtimmt feſt in der Hand liegen ſollen; zuweilen ſind ſolche Theile, wie 3. B. der Seitengewehrgriff, mit wirklicher Fiſch— haut (körnige Oberfläche) überzogen. Th. Fiſchköpſe, ſ. Fuchs. Mcht. Fiſchtrankheiten. Über Fiſchkrank— heiten iſt im allgemeinen nur wenig bekannt, was ſeinen Grund theils in der Schwierigkeit von Beobachtungen, beſonders aber darin hat, daſs ſolche von ſachverſtändiger Seite nur in einzelnen wenigen Fällen gemacht wurden; die Angaben aus Laienmunde aber leiden natür— licherweiſe an dem Fehler der Ungenauigkeit, nicht ſelten auch an dem der Voreingenommen— heit. Hiezu kommt noch der weitere Um— ſtand, daſs vielfach normale Veränderungen in dem äußeren Anſehen der Fiſche, wie Hoch— zeitskleider, die ſich oft als auffallender Wechſel in der Farbe zur Laichzeit, in warzenartigen Wucherungen der Oberhaut ꝛc. kundgeben, als krankhafte Veränderungen aufgefajst werden; ebenſo iſt zu bedauern, daſs wir über die Wirkung der bei Fiſchen ſo überaus zahlreich vorkommenden Paraſiten noch ſo wenig wiſſen, wenn uns auch deren Entwicklung zum Theile bekannt iſt. Es iſt alſo hier noch ein großes Feld der Thätigkeit offen, ja man kann ſagen, faſt noch alles zu thun. Das Mittel, um Fort— ſchritte in dieſer Richtung zu erzielen, iſt ein verſtändnisvolles Zuſammenwirxken von Fiſcherei beſitzern und ſachverſtändigen Arzten oder Thier— ärzten, welche das von jenen gelieferte Ma— terial auszubeuten imſtande ſind. Die erſteren werden hauptſächlich die bei den lebenden Thieren gemachten Beobachtungen ſowie ſolche über äußere Einflüſſe zu fixieren und einer kritiſchen Sichtung zu unterziehen, letz— tere dagegen dieſe Beobachtungen mit den am todten Fiſche gefundenen Veränderungen in Einklang zu bringen und daraus ihren Schluss 334 zu ziehen haben. Von beſonderer Wichtigkeit dürften aber namentlich bei maſſenhaftem Ab⸗ ſterben von Fiſchen Impf- und Anſteckungs⸗ verſuche ſowie genaue chemiſche Unterſuchungen des Waſſers ſein. Immer aber iſt daran feſt⸗ zuhalten, daſs alle Beobachtungen und Unter⸗ ſuchungen, wenn ſie nicht vollſtändig vorur— theilsfrei und genau gemacht werden, nur ge— ringen Wert beſitzen. Von durchaus nicht zu unterſchätzender Be⸗ deutung für die Auswertung des Objectes iſt die Erhaltung desſelben in einem möglichſt friſchen Zuſtande bis zur ſtatthabenden Unterſuchung, außerdem aber die Notierung der über Beginn, Dauer, Verlauf der Krankheit und ihre et⸗ waigen Urſachen gemachten Beobachtungen; erſt bei genauer Berückſichtigung aller dieſer Um⸗ ſtände kann die Arbeit wirklich von Erfolg ge— krönt ſein. Für die gute Conſervation des Fiſch⸗ leichnams iſt möglichſt raſche Einſendung und entſprechende Verpackung von der größten Wich- tigkeit. Am einfachſten und auch am beſten iſt die Verpackung auf Eis; wo dies nicht angeht, pinſelt man den ganzen Körper, die Kiemen⸗ und Maulhöhle ausgiebig mit Salicylſäure⸗ löſung ein und ſchlägt den Fiſch in ein mit derſelben Löſung getränktes Tuch oder Papier. Bei großen Fiſchen öffnet man noch die Bauch⸗ höhle und pinſelt dieſe vorſichtig aus. Kleine Fiſche, Eingeweidewürmer ꝛc. werden am beſten in einem kleinen Gläschen mit ½ Alkohol, ½ Waſſer und ½ Glyeerin conſerviert. Von den auf die Fiſche einwirkenden äußeren Schädlichkeiten ſind natürlich die Verunreinigungen der Gewäſſer die wichtigſten, und dieſe werden namentlich durch an Flüſſen und Bächen gelegene gewerbliche Etabliſſements herbeigeführt. Als ſolche Schädlichkeiten kommen in Betracht: 1. Plötzliche Veränderungen der Temperatur durch ſehr kaltes oder ſehr heißes Abwaſſer. 2. Verunreinigungen des Waſſers mit Sand und Schlamm, welche durch das herein- ſtürzende Waſſer aufgewühlt werden und in den Kiemen hängen bleiben. 3. Chemiſche Verunreinigungen des Waſ⸗ ſers durch die in den Abwäſſern enthaltenen Subſtanzen, beſtehen dieſe nun in fauligen Pro⸗ ducten, giftigen Gaſen, Säuren u. dgl. m. In ſolchem Falle wird natürlich einzig und allein die chemiſche Analyſe des Waſſers ſicheren Auf- ſchluſs geben. Inwieweit übrigens Fiſche Ver— unreinigungen durch Jauche ertragen, kann man aus einem von Bonnet ausgeführten Ex⸗ perimente erſehen, bei welchem er zu 41 reinen Waſſers 100 ems Miſtjauche zuſetzte. Trotzdem blieb der Fiſch während 4 Stunden vollſtändig Kiemenbogen erbſengroße Geſchwülſte von blau⸗ friſch und munter. Aber auch Hochfluten, welche das Waſſer trüben, ſind imſtande, ſchädlich zu wirken; ja ein einziger Platzregen, der den Fiſchen ſchäd— liche Stoffe dem Waſſer zuführt, kann ein Ab⸗ ſterben vieler Fiſche veranlaſſen. Ebenſo ſcheint das Waſſer, welches aus Heu ausgelaugte Be⸗ ſtandtheile enthält, ſehr verderblich zu wirken. Rauhes, ſtürmiſches Wetter übt namentlich zur Laichzeit ſeinen Einfluſs aus. Bei vollſtändigem Schluſs der Eisdecke in kalten Wintern gehen | Fiſchkrankheiten. viele Fiſche durch Erſticken zugrunde; ſehr große Hitze ſcheint jedoch ebenfalls ungünſtig zu wirken. Paraſitäre Fiſchkrankheiten. I. Durch pflanzliche Paraſiten ver⸗ anlaſste. Beſonders gefährlich werden den Fiſchen die Saprolegnien, welche als weiß⸗ grauer, flockiger Überzug, ſog. Byssus, in Er⸗ ſcheinung treten. In Brutanſtalten werden ſie durch die Vernichtung vieler tauſende von Eiern ganz beſonders ſchädlich, aber auch in freien Fiſchwäſſern kommen ſie vor. Auf der Haut der Fiſche tritt der Pilz als ſog. Moos auf, an den Kiemen bildet er weißliche Über⸗ züge. Man darf aber nicht glauben, dafs jede Pilzwucherung immer gerade in Saprolegnien beſtehe oder bei zahlreicherem Abſterben von Fiſchen als Urſache desſelben zu betrachten ſei. Manchmal ſind ſie nur die Folge anderer Ein⸗ flüſſe. Oft trifft man auch Gebilde auf der Haut an, welche für Pilze gehalten werden können, die ſich aber bei näherer Unterſuchung als be⸗ ſonders ſtarke Anhäufungen von Oberhautzellen erweiſen, welche ſtark aufgequollen ſind und da⸗ durch den Schleim auf der Körperoberfläche bilden. Nach Profeſſor Menzel in Zürich ſollen außer den Saprolegnien auch andere ſchimmel⸗ artige Bildungen den Eiern der Fiſche ſchädlich ſein, und gewiſſe Diatomeen die Embryonen in den Eiern durch Erſtickung zum Abſterben bringen, indem ſie das ſauerſtoffhaltige Waſſer von ihnen abhalten. Weitere Fälle ſchädlicher Wirkung von Pilzen beſchreibt Bonnet (Jahresbericht der Münchner Centralthierarzneiſchule 1881/82, p. 117). 1. Bei drei Goldfiſchen wurde durch die Section faſt nichts gefunden als ſtarke Röthung der Kiemen, „welche ſtellenweiſe bis auf eine Ausdehnung von Linſengröße durch gelb- graue, ſchlammähnliche Auflagerungen getrübt erſchien. Letztere ſind leicht abſtreifbar und laſſen mikroſkopiſch eine Menge weißen Blut⸗ körperchen ähnlicher Gebilde, unregelmäßig krümelige Maſſen, Mikrokokken, einzellige Algen und amöboide Organismen er⸗ kennen“. An drei geſunden Fiſchen vorgenom- mene Impfungen hatten den Tod zweier ge⸗ impfter Thiere zur Folge; das dritte und drei zur Controle nicht geimpfte Fiſche blieben geſund. 2. Die Unterſuchung von Fiſchen, welche an einer ca. 3000 Stück wegraffenden Seuche in der Fiſchzuchtanſtalt zu Torbole am Gardaſee zugrunde gegangen waren, ergab: „Rechts und links von der Zunge am erſten und zweiten rother Farbe und glatter Oberfläche“, breiiger Conſiſtenz und blutender Schnittfläche. Eben⸗ ſolche Knoten ſitzen an den Kiemenbögen und wölben die Kehlgegend kropfartig hervor. Im übrigen waren die Thiere im Ernährungszuſtand etwas herabgekommen. Bei der mikroſkopiſchen Unterſuchung fan⸗ den ſich Gregarinen vor, welche höchſt wahr ſcheinlich als die Urſache der Erkrankung ange⸗ ſehen werden dürfen. 3. Vorkommen von Spaltpilzen in gefärbten Eiern. Die Eier, von der ge- meinen Renke (Corregonus Warthmanni) ſtam⸗ mend, erinnerten an buntfarbige Traganthkugeln. „Vom reinweißen, undurchſichtig gewordenen Ei finden ſich alle ÜUbergangsfarben zum blaſſen Schwefelgelb, Hochgelb und Orange, vom zar— teſten Fleiſchroſa bis zum intenſiven Carmoiſin; daneben Zinnoberroth, Hellblau, Violett, En— zianblau. Neben dieſen reinen Farbennuancen fallen auch mehr ſchmutzig oder verwaſchen ausſehende auf, vom graugelben bis bräun— lichen oder ſogar völligen Schwarz. Nur rein— grüne Töne ſcheinen völlig zu fehlen.“ Dar- unter ſind auch einzelne doppelfarbige Eier zu finden. Die auf der Eikapſel ſich zeigenden gelben Farbentöne erweiſen ſich als Roſt. Viele Eier ſind mit Saprolegnien überzogen. Die weißen, von Saprolegnien befallenen Eier zeigen bei ſtarker Vergrößerung außer den auch im normalen Ei zu treffenden Fettröpf— chen nicht näher beſtimmbare Zerfallsmaſſen und eine „Unzahl von Spaltpilzen im Dotter“. Ebenſo fanden ſich Maſſen von Spaltpilzen in allen gefärbten Eiern. Die Oltropfen erweiſen ſich je nach der Farbe des Eies verſchieden ge— färbt. Neben dieſen farbigen Tropfen findet man aber noch farbloſe und eigenthümlich glän— zende, je nach der Farbe des Eies bläulich, bräunlich oder violett ſchimmernde Körper von ſtrahligem Bruch. Die weitere Unterſuchung und die Züch— tung der Spaltpilze ergab in der Hauptſache, daſs die Spaltpilze (von denen mindeſtens fünf Formen nachgewieſen werden konnten) als die Erzeuger des Farbſtoffes zu betrachten ſind. Sie ſind jedoch morphologiſch mit ſolchen auf ungefärbten Eiern identiſch, ſo daſs wohl eine „gelegentliche ſpontane Umwandlung der ge— wöhnlichen Spaltpilze in farbſtofferzeugende“ angenommen werden darf. II. Thieriſche Paraſiten. 1. Infu⸗ ſorien und Verwandte. Eine ziemlich häu— fige Erkrankung der Fiſche ſtellt die ſog. Pocken— krankheit dar, welche beſonders gerne bei Karpfen auftritt, außerdem aber auch bei vielen anderen Fiſcharten. Die Karpfen jedoch ſcheinen bei ihrer Trägheit einen beſonders günſtigen Boden für die Anſiedlung thieriſcher Paraſiten abzugeben. Eine der Urſachen nun dieſer ſog. Pockenkrankheit bilden nach Dr. Wittmack In⸗ fuſorien. Die Krankheit iſt dadurch gekennzeich— net, daſs auf der Oberfläche des Körpers bläu— lichgraue Flecken entſtehen, welche von ſchlei— miger Beſchaffenheit den Körper in mehr oder weniger großer Ausdehnung überziehen und auch auf Floſſen, Augen, Bartfäden u. ſ. w. ſich ausbreiten. Bei Fiſchen des Hamburger Aquariums, bei denen ſich ſolche ſchleimige Auswüchſe gezeigt hatten, die ſchließlich zur Bildung von Schimmel und zum Tode der betroffenen Fiſche führten, fand ſich an beſon— ders geeigneten Stellen, „daſs jede einzelne Exereſcenz (Auswuchs) im Innern einen ſcharf contourierten weißen Punkt beſaß“, welcher ſich als ein Jufuſionsthierchen von verhältnismäßig ungeheurer Größe darſtellte. Dieſes Infuſionsthierchen, wahrſcheinlich Fiſchkrankheiten. 535 zur Gattung Pantotrichum gehörig, zeigt keine charakteriſtiſche Körpergeſtalt, iſt allerſeits mit „feinen, gleichmäßig entwickelten, in ſchwach ſpi— raligen, gedrängten Längslinien ſtehenden Wim⸗ pern beſetzt und läſst nur noch einen (bei großen Exemplaren hufeiſenförmigen) Kern, die con- tractile Blaſe, Vacuolen und Körnchen erkennen“. „Die Epithellage bildet, ohne ſonſtige Verän— derungen zu bieten, einen anſehnlichen Hügel über den Paraſiten, welcher ſich in einer fort— währenden, anſcheinend nach derſelben Seite gerichteten Rotation befindet. Wenn, wie es öfter beobachtet wurde, eine Anhäufung von Schmarotzern an einer beſtimmten Stelle ſtatt— findet, ſo verbinden ſich die epithelialen Decken der einzelnen Individuen zu zuſammenhängen— den, ziemlich ausgedehnten Maſſen, welche den ganzen Körper des Fiſches, Augen, Naſenröhr— chen, Floſſen ꝛc., überſäen.“ Bei ſehr zahlreichem Auftreten dieſer Schmarotzer leiden natürlicherweiſe die Fiſche ſehr ſtark; die Oberhaut löst ſich in Fetzen ab, und die ſo wichtige Function der Haut erfährt eine bedeutende Beeinträchtigung. Die Pilzbil— dung dürfte wohl erſt eine Folgeerſcheinung ſein und nicht zum Krankheitsproceſs ſelbſt ge— hören. Gefährlich iſt die Krankheit jedoch nicht; wenn die Fiſche in andere Teiche kommen, ver— liert ſie ſich meiſt von ſelbſt wieder, und nur wenn faſt der ganze Fiſch von der Krankheit befallen iſt, wirkt ſie tödlich. Beſonders gerne ſoll ſie in Wäſſern, welche einen kalten, moo— rigen Quellgrund haben oder ſehr metalliſches, ſauerſtoffarmes Waſſer führen, entſtehen. Eine andere, häufiger vorkommende Krank— heit bildet die ſog. „Räude“. Sie tritt in Form kleiner, linſenartiger Bläschen mit oder ohne ſchwanzartigen Anhang, die mit einer gelatinöſen Flüſſigkeit und mit Körnchen erfüllt ſind, auf. In dieſen Bläschen, den Pſoroſpermien, entwickeln ſich kleine kahn- oder ſpindelförmige Körperchen, ſog. Pſeudonavicellen, die ſich ſpäter in Gregarinen umwandeln. Bei An- weſenheit von Pſoroſpermien auf der Haut ent— ſtehen meiſt wunde Stellen. Bei genauerer Unter— ſuchung dürfte ſich wohl auch noch eine Anzahl anderer Hautkrankheiten als durch Pſoroſper— mien hervorgerufen erweiſen. 2. Würmer. Die Fiſche ſind von einer ganz außerordentlichen Menge paraſitär in und auf ihnen lebender Würmer geplagt. Nicht nur durch maſſenhaftes Vorkommen, ſondern auch durch Artenreichthum ſind dieſelben hervor— ragend, und dem Waſſerleben der Fiſche ent— ſpricht es, daſs man unter ihren Paraſiten be— ſonders zahlreich ſolche trifft, welche einen jog. Generationswechſel aufweiſen, d. h. einen Ent— wicklungsgang, in welchem immer zwei oder mehrere Wohnthiere verſchiedener Art durchge macht werden müſſen, ehe der Wurm zur voll— ſtändigen Entwicklung kommt. Die hauptſächlich in Betracht Würmer ſind: kommenden Nematoden, Rundwürmer. Ascaris, Spulwurm: 1. A. mucronata, in der Quappe, Rutte und im Hecht; 336 . acus, im Seehecht; . Jabiata, im Aal; . aucta, in der Aalmutter; adunca, im Maifiſch; . rigida, im Seeteufel; . A. incurva, im Schwertfiſch. Eustrongylus gigas, Rieſenpalliſaden⸗ wurm. Das entwickelte Thier kommt im Nieren- becken von Hunden, Fiſchottern u.a. vor, und gelangt das unentwickelte Thier wahrſcheinlich beim Freſſen roher Fiſche zur Aufnahme. Heterakis foveolata, im Darm der Platt- fiſche, wird auch frei in der Bauchhöhle ge— funden, wohin er wahrſcheinlich infolge Durch— bohrung der Darmwand gelangt. Filaria denticulata, im Magen Aals. Ancyracanthus cystidicola, in der Schwimmblaſe von Aſchen und Forellen, auch im Stind (A. impar). Man hat dieſen Para- ſiten auch im Schlund gefunden und, es iſt daher wahrſcheinlich, das er aus dem Ver— dauungscanal in die Schwimmblaſe einwandert. Man findet oft über 100 Stück männlichen und weiblichen Geſchlechtes in einer Blaſe, doch ſcheint der Wurm keine nachtheiligen Folgen für den Fiſch zu haben. Er iſt 2—4 mm lang und bis ½ mm dick, von weißer Farbe. Cucullanus, Kappenwurm. C. elegans, im Darm von Barſch, Zander und Aal; die Weibchen leben in den blindjad- förmigen Magenanhängen, wo ſie ſich feſtbeißen; die Männchen leben im Darm. Die lebendig geborenen Jungen müſſen erſt in einem Krebsfloh ſich weiter entwickeln, um, mit dieſem von den Fiſchen wieder aufgenommen, geſchlechtsreif werden zu können. Echinorrhynchus proteus, ein circa 8'mm langer, 3 mm breiter Rundwurm von orangegelber Farbe. Der Körper dieſer ſchlauch— förmigen Würmer iſt quergerunzelt und trägt an ſeinem vorderen Ende einen einſtülpbaren, mit Haken verſehenen Rüſſel, welcher zum Felt haken dient. Der in die Eihüllen eingeſchloſſene Embryo macht ſeine Weiterentwicklung in der Leibeshöhle von Waſſeraſſeln und Flohkrebſen durch, mit denen er wieder in den Darm der Fiſche gelangt. Sind größere Mengen von dieſen Paraſiten im Darme zugegen, jo rufen ſie leichten Darın- katarrh hervor; ebenſo kommen Durchbohrungen der Darmwand vor, und entwickeln ſich in ſolchen Fällen um den Rüſſel herum bis erbſengroße Bindegewebsgeſchwülſte, welche dem Darme ein eigenthümliches Ausſehen verleihen. Anneliden, Gliederwürmer. Piscicola geometra, Fiſchegel, auf Süßwaſſerfiſchen häufig vorkommend; von wurm⸗ förmiger Geſtalt, mit einer vorderen, den Rüſſel enthaltenden, und einer hinteren, größeren Haft- ſcheibe; Länge ca. 4 em; die Farbe ein in vier⸗ eckigen Feldern zuſammengeſetztes, durch hellere Linien unterbrochenes Grau. Die Egel leben meiſt im Waſſer, jedoch auch in feuchter Erde. Auf der Haut oder an den Kiemen der Fiſche ſaugen ſie ſich feſt und leben von dem Blute ihres Wirtes. Vereinzelt ziehen ſie keine weiteren E U der = ed b des 61111!!! —: — . — — — — —— — —½ Fiſchkrankheiten. Nachtheile für dieſen mit ſich, wohl aber be- läſtigen ſie ihn in großer Anzahl ganz bedeu⸗ tend und können ſelbſt ſeinen Tod durch Blut⸗ armut herbeiführen. Ganz beſonders im Früh⸗ jahr, wenn die Karpfen noch nicht aus dem ſchlaf⸗ ähnlichen Zuſtand, in welchem ſie den Winter über verharren, erwacht ſind, ſcheinen ſich die Egel in großer Menge auf den Thieren nieder⸗ zulaſſen. Durch die Biſſe der Schmarotzer ge⸗ peinigt, geberden ſich die Fiſche wie raſend, ſie machen alle möglichen Sprünge und ſcheuern ſich an harten Gegenſtänden, was Veranlaſſung gegeben, die Krankheit als „Drehkrankheit“ zu bezeichnen. Haben endlich die Thiere mit vieler Mühe die läſtigen Paraſiten abgeſtreift, ſo ſind infolge der Egelbiſſe und des Scheuerns wunde und entzündete Stellen zurückgeblieben, welche den günſtigſten Boden für das Wuchern der Saprolegnien abgeben, an denen nachträglich der Fiſch zugrunde gehen kann. Trematoden, Saugwürmer. Octohathrium lanceolatum, in den Kiemen der Maifiſche und Finten. Gyrodactylus und Dactylogyrus, auf den Kiemen von Blei und Karpfen. Diplozoon paradoxum, namentlich den Kiemen der Cyprinoiden. Gasterostomum fimbriatum; Darm- canal vom Hecht. Holostomum; von dieſer Gattung findet man mehrere Arten in der Augenhöhle der Fiſche; manchmal iſt die ganze Augenflüſſigkeit damit durchſetzt, was natürlich ein Erblinden der Fiſche herbeiführt. Ceſtoden, Bandwürmer. Von dieſen finden ſich mehrere durch ihren Generationswechſel eigenthümliche Arten. Ligula, der Riemenwurm. Seine Ju⸗ gendzuſtände leben in der Bauchhöhle von Hechten, Stichlingen ꝛc. manchmal in ſolcher Menge, daſs der Leib aufplatzt und die jungen Paraſiten frei werden. Geſchlechtsreif werden ſie erſt, wenn ſie von Waſſervögeln gefreſſen werden, in deren Darm. Triaenophorus. Die Jugendzuſtände kommen in der Leber der Schleihen und Barſche vor, die geſchlechtsreifen Thiere im Darme des Hechtes, welcher jene friſst. i Tetrabothrium. Die geſchlechtsloſen Larven leben im Darme der Knochenfiſche, die geſchlechtsreifen im Darme der Knorpelfiſche. Caryophyllaeus mutabilis, im Darm der Hechte und Cyprinoiden. Von Cruſtaceen, welche den Fiſchen⸗ ſchädlich werden können, ſind zu erwähnen: Argulus foliaceus, die gemeine Fiſchlaus, bei Stichlingen; Ergasilus Sieboldii, die Karpfenlaus, an Karpfen und Hechten; Ergasilus gibbus, am Aal; (Nicothae astaci, die Krebslaus, an Kiemen des Hummers); i in den Achtheres percarum, am Gaumen der Barſche; Lernaea branchialis am Dorſch und Kabliau; ‘Sızdearg pin mern ee ZUINON UoA Sepzay Kari &01 :19 1 98: uajjerpsusssımpbef SEO. NEU. Ja’ ne e orpedopyisur % uur 'staedina Burn /sIaoyasıy sop [epeyas o 614 Mar 71:89. 9SSoad eu % uossıug 'sıueßjna sodiny 'sesyan] sep fer Use y FIEMINLE ET UL TA SUV Un Fiſchleitern Lernaea eyprinacea, an Karpfen; Lernaea esocina, an Hechten und Forellen; Caligus curtus, an Flundern; Caligus hippoglossus, an Schellfiſchen und Butten; Anchorella uncinata, an Schellfiſchen. Eine Reihe anderer Erkrankungen zählt Dr. Wittmack, welcher auf Anregung des deut— ſchen Fiſchereivereines ſorgfältige Zuſammen— ſtellungen über Fiſchkrankheiten gemacht hat, auf, doch läſst ſich aus den Beſchreibungen nicht entnehmen, welcher Natur dieſelben waren. Ich möchte daher auf einige von Prof. Dr. Bonnet genau unterſuchte Fälle verweiſen. Dieſe betreffen das Vorkommen von Ho- lostomum, bezw. ſeiner Jugendform, Diplo- stomum, beim Eitel und Rothauge; von Echi— norrhynchus proteus beim Eitel und der z.jche; Echinorrhynchus angustatus bei Forellen; von Byssus und Fiſchegeln bei Karpfen. Ferner ſind beſchrieben: eine kindskopfgroße Geſchwulſt, rechts vor dem Weidloch eines 17% Pfund ſchweren Saiblings. Weitere Fälle von Ge— ſchwulſtbildung find beſchrieben von Eberth, Virchows Archiv, Bd. LXXIL, p. 107. Eine Forelle, welche ſich am Kopfe verletzt hatte, bekam an der vernarbenden Stelle eine wulſtige, höckerige Verdickung der Haut, welche raſch anwuchs und nach einem Jahre „einen mehrfach gelappten, aus erbſen- bis bohnengroßen Knollen beſtehen— den Kamm“ auf dem Scheitel bildete. Siehe ferner Bugnion, Deutſche Zeitſchrift für Thiermediein und vergleichende Pathologie, I. Bd., p. 132, wo eine Geſchwulſt links hinter dem Weidloche einer Pfrille ſaß. Wohlgren in derſelben Zeitſchrift, II. Bd., p. 223. Ich möchte hier nochmals darauf auf— merkſam machen, daſs nicht alle Hautwuche— rungen bei Fiſchen als etwas Abnormes an— geſehen werden dürfen, ſondern daſs viele jog. „Warzen und Pocken“ vorübergehende, zur Laich— zeit ſich bildende Geſchwülſte darſtellen. Zwei Fälle von Miſsbildung des Unter— kiefers bei Hechten ſ. Bonnet Münchener Jahres— bericht 1881/82, p. 148. Bei dem einen hatte nur der linke Kieferaſt 6, beim anderen der rechte Aſt nur 5 große Zähne, während der andere Aſt vollſtändig glatt war. Ebendaſelbſt p. 109. Entwicklungshemmung des Oberkiefers (Brachygnathie) bei einer Bach— forelle, welche dem Thierchen die Futteraufnahme ſehr erſchwerte, wobei es natürlich zu keinem ſehr guten Ernährungszuſtande gelangen konnte. Pets. Jiſchleitern. Die Fiſchleitern find An— lagen, welche den Zug der Fiſche in Flüſſen ermöglichen, auch wenn Waſſerfälle, Wehre und Schleuſen für die Fiſche unüberwindliche Hinderniſſe ſchaffen. Die Wanderfiſche, wie Lachs und Meerforelle, welche für gewöhnlich im Meere leben, ſuchen zur Ablage ihres Laiches die oberſten Fluſsgebiete auf, welche ihnen jedoch immer mehr und mehr durch die Anlage von Stauwerken zu induſtriellen Zwecken geſperrt werden. Aber auch die Standfiſche ändern ihren Aufenthaltsort nach dem jeweiligen Waſſerſtande, ſie ſuchen bei niedrigem Waſſer die unteren Fluſsläufe auf, um bei höherem Stande dann . — Fiſchotter. 557 wieder in die oberen Flujsgebiete zu ziehen. So werden nicht nur Laichplätze, ſondern auch Weid— plätze den Fiſchen abgeſchnitten, was natürlich eine ſtarke Verminderung des Fiſchbeſtandes im ganzen Fluſſe zur nothwendigen Folge haben mujs. Niedrige Wehre bis zu ca. m Höhe werden bei reichlichem Waſſer ohne jede Vor— richtung von den Fiſchen überwunden, bei größerer Entfernung von Ober- und Unter⸗ waſſer iſt jedoch eine allmählige Überführung des erſteren in das letztere nothwendig. Dieſe Überführung wird Fiſchleiter oder Fiſchpaſs genannt und können wir zwei Arten dieſer künſtlich angelegten Vorrichtungen unterſcheiden. Die erſtere zeigt ein conſtantes Gefälle vom Ober- zum Unterwaſſer, während die letztere ſtufenweiſe abfällt und Treppenpaſs genannt wird. Die Einmündung der Fiſchleiter in das Unterwaſſer iſt bei allen Arten am wichtigſten, ſie muſs ſo angelegt ſein, daſs der Fiſch mit Leichtigkeit hineinfindet. Dies geſchieht am beſten unmittelbar am Kolk, weil ſich dort die Fiſche ſammeln, ehe ſie den Sprung über das Wehr wagen. Die Treppenpäſſe, welche jetzt größten— theils zur Verwendung gelangen, beſtehen aus Abſätzen, welche vom Ober- zum Unterwaſſer führen. Im allgemeinen kommt es darauf an, ein günſtigeres Verhältnis zwiſchen Höhe und Länge herbeizuführen, als es bei dem Wehre vorhanden iſt, deſſen Überwindung dem Fiſche nicht ohne Beihilfe gelingt. Zu ſtarke Steigung des Paſſes erſchwert den Aufſtieg für die Fiſche, während durch allzu große Länge wiederum ſehr ehebliche Koſten veranlaſst werden. Zur Über- windung weniger großer Stauhöhen genügt das Verhältnis von 1:10 bis 1:12. Eine für ſämmtliche Bauarten giltige Regel läſst ſich aus der Thatſache ableiten, dass der Lachs gern gegen eine kräftige Strömung an— ſchwimmt, während er in ſtark wirbelartig be— wegtem Waſſer den richtigen Weg nur ſchwer auffindet. Daher iſt auf die Herbeiführung eines durch den ganzen Fiſchpaſs gleichmäßigen Stro— mes großes Gewicht zu legen, vornehmlich auf die Vermeidung von Kreisſtrömungen. Auch müſſen die inneren Wandungen und der Boden der Fiſchleiter möglichſt rauh ſein, um durch größere Reibung die Geſchwindigkeit des Waſſer— durchfluſſes zu verlangſamen. Maßgebend für die Anlage von Fiſchleitern ſind immer die rein örtlichen Verhältniſſe. Uber den Bau von Fiſch— leitern ſ. H. Keller, Die Anlage der Fiſchwege, Berlin 1885. \ Pets. Fiſchlinge, Fiſchlurche — Perennibran- chiata. Kur. Jiſchotter, der, Lutra vulgaris. Mit. lutrus, lustrus, lutris, lutra, luter, litra, lytra, canis fluviatilis, ahd. ottar, mhd. ot- ter, in beiden Sprachperioden nur männlich; im Nhd. wurde und wird noch oft die Otter ge— ſchrieben, was aber abſolut unrichtig iſt, da das Wort im weiblichen Geſchlecht ausſchließlich die Schlange bezeichnet und beide Worte nicht ſtammverwandt ſind. Das deutſche Otter iſt vom griech. 5890 (O80 — Waller) und dieſes vom Sanskrit udra abgeleitet; von derſelben Wurzel ſtammt auch das lat. lutra und die Mehrzahl der Namen des Otters in allen indo— 558 Fiſchotter. germaniſchen Sprachen. — „Lustrus. s. luter. ottar.* Gloſſ. a. d. X. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 1761, fol. 12 v. — „Lustrus otter.* Darm- ſtädt. Gloſſ. no. VI a. d. X. Jahrh. — „Lutra otter.“ Weißenauer Gloſſ. a. d. X. Jahrh. — Admonter Gloſſ. no. 269 a. d. XI. Jahrh. — Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2400. — „Castor odder.“ Id. no. 160. — „Sö muoz der otter in daz wazzer springen ..“ Hugo v. Trimberg, Der Renner, v. 19.383. — „Otterhundt. Beißt ſich weidlich mit dem Otter ond ſucht jn gern.“ Noé Meurer, Ed. , Pfortzheim 1560, fol. 88 r. — „Ein Fiber oder Biber | latine Lutra, Graece xastwp, ein Fiſchotter . . . Dieſer Art ſind auch die Otter | oder Fiſchotter | die man jonjten lutras, litras oder lutrices nennet .. .“ J. Co⸗ lerus, Oeconomia, 1645, fol. 582, 583. — „Die Fiſchotter.“ J. Täntzer, Ed. I, Kopen⸗ hagen 1682, I., fol. 117. — „Der Fiſchotter.“ Fleming, T. J, Ed. I, 1724, II., fol. 118. — „Von dem Fiſch-Otter.“ Göchhauſen, Nota- bilia venatoris, 1731, p. 45. — „Der Fiſch— Otter.“ Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 148. — „Der Fiſchotter.“ Chr. W. v. Heppe, Wohl⸗ red. Jäger, p. 123. — „Die Fiſchstter.“ Onomat. forest. I., p. 803. — „Ich ſchreibe die Fiſchotter, weil nach Adelung auf gut Hochdeutſch ſo geſprochen werden ſoll; doch will ich nicht leugnen, daſs die meiſten Jäger zu ſagen pflegen: der Otter.“ Winkell, Ed. II, 1824, III., p. 33. „Die Fiſchotter.“ Laube, Jagdbrevier, p. 277. — „Die Fluſs- oder Fiſchotter.“ Hartig, Lb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 216 (ebenſo in allen früheren Werken). — „Der Fiſchotter.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr⸗ u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, 1884, p. 416. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, v. E. v. d. Boſch, 1886, p. 481. — Curtius, Grundzüge d. griech. Etymol. III., p. 233. — Fick, Wb. d. indogerm. Grundſpr. II., 24, 701. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. — Lexer, Mhd. Hwb. — Grimm, D. Wb. III., p. 1687. — Sanders, Wb. II., p. 487. — Nemnich, Polygl. Lexik. d. Natur- geſch., 1791, II., fol. 672. FremdſprachlicheNomenclatur. Frz.ſ: la loutre; ital.: lontra; ſpan.: lodra, nutria, nutra; aſtur.: londra, llondra; portug.: lontra; rumän.: vidre; holl.: otter, vischotter; dän.|: odder; norweg.: otter, slenter; ſchwed.: utter; engl.: the otter; wallij.: dyfrgi; gäl.: dobran, dobbar-chu; isländ.: otur, otr; poln.: wydra; böhm.: vydra; ſerb.: wudra; ungar.: vidra; fett.: ühderis, duppuris, dukkeris; eſthn.: saarm, saarmas; finn.: saarwa; lappländ.: tjeura, tjeures; tatar.: kama; firgij.: surp, kondus; oſtjak.: kam, chondus; baſchkir.: ka- mak; barab.: kamman; buchar.: sup; kalmück.: baljosun; teleut.: sukandu; tſcherem.: koma, kuma; wogul.: kuljak; wotjak.: uwad; tunguſ.: irgendia; burät.: chalen; armen. u. türk.: sa- gif; per) : schank; ſurinam.: tovus. Zuſammenſetzungen (vgl. a. Otter): Fiſchotterbaum, der, ſelten, ſ. v. w. Schlagbaum, wenn derſelbe ſpeciell für den Otter gebraucht wird. Täntzer J. e., II., fol. 111. Fiſchottereiſen, das, Eiſen zum Fange des Otters. Täntzer 1. c., fol. 115. Stelle genannt, an der er vom Lande ins Fiſchotterfalle, die. Täntzer 1. c., fol. 112. — Döbel J. c., II., fol. 149. — Onomat. forest. I., p. 809. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57. Fiſchotterfang, der, Onomat. forest. I. c. Fiſchotterhund, der, ſ. Otterhund. Döbel I. c., Regiſter. — Onomat. forest. I., p. 814. — Behlen 1. c. E. v. D. Der Fiſchotter gehört naturgeſchichtlich zur Ordnung der Raubthiere (Carnivora), zur Fa⸗ milie der Marder (Mustelinae) und zur Gruppe der Ottern (Lutrae); jagdlich zählt er zur niederen Jagd. Jagdliche Ausdrücke: Der Otter hat „Seher“, nicht Augen; „Lauſcher“, nicht Ohren; „Gebijs”, ° nicht Zähne; „Fänge“, nicht Eckzähne; „Fett“, nicht Feiſt. Der Otter hat keinen Schwanz, ſondern eine „Ruthe“; ſeine Haut heißt „Balg“; der weibliche Geſchlechtstheil wird „Nuſs“ ge— nannt; der weibliche Otter heißt „Otterin“. Vorder- und Hinterläufe nennt man auch „Vor⸗ der- und Hinterſchwimmer“; wechſelt der Otter von einem Gewäſſer zum andern, ſo „geht er über Land“; „er ſteigt ins Waſſer“, wenn er vertraut und von ſelbſt in dasſelbe zurückkehrt, dagegen „fällt“ oder „fährt“ er hinein, wenn er flüchtig iſt und durch irgend einen Feind er⸗ ſchreckt wurde. Der Otter „ſteigt aus“, wenn er vom Waſſer zu Lande geht, oder auch „er ſteigt ans Land“; die Uferſtelle, wo dies geſchieht heißt „der Ausſtieg“; „Einſtieg“ wird diejenige en Waſſer steigt. Der Otter „fiſcht“, wenn er raubt, der Ton, welchen er beim Fiſchen meiſtens von ſich gibt, heißt „das Pfeifen“, der Otter „pfeift“. Er bewohnt einen „Bau“, keine Burg; er „ranzt“, wenn er ſich begattet; die Periode, in der dies geſchieht, heißt „die Ranzzeit“; das Weibchen „bringt Junge“, ſie ſetzt ſie nicht; der gefangene Otter wird „todtgeſchlagen“; der Balg wird „geſtreift“. Soll das Wildbret als Faſtenſpeiſe verwertet werden, ſo wird der Otter „aufgebrochen“, dann „ausgeweidet“ und ſchließlich „zerlegt“. Die Höhe eines vollkommen ausgewach— jenen Otters beträgt ca. 26—30 em; ſeine Länge, unter Hinzurechnung der oft über 30 em langen, an der Wurzel ſtärkeren, nach hinten ſpitz zulaufenden Ruthe, beträgt ca. 1½ m und darüber, denn hin und wieder ſind ſchon ganz außerordentlich ſtarke Exemplare erlegt worden. Das Durchſchnittsgewicht ſchwankt zwiſchen 8 und 11 kg, wenngleich auch ſchon als Aus⸗ nahmen noch ſchwerere Exemplare erbeutet wur— den, wie z. B. ein bei Zwickau in Böhmen im December 1884 erlegter Otter im Gewichte von 14 kg. wo Die Weibchen find im allgemeinen etwas kleiner und ſchlanker, auch ſind ſie gewöhnlich etwas heller in der Färbung; fie haben nächit vier Säugezitzen, von welchen zwei beim Nabel und zwei vor den Hinterſchenkeln ſich befinden, unter der Nuss eine Sackfalte, während die Männchen zwei Drüſen am Ende des Weid⸗ darms (Maſtdarm) haben. Dieſe Drüſen ſowohl wie auch die Sackfalte des Weibchens enthalten bei eben erlegten Ottern eine unangenehm rie- chende Feuchtigkeit, iſt letztere jedoch erſt ges trocknet, ſo iſt ihr Geruch weniger unangenehm Fiſchotter. 559 und jenem des Biſam ähnlich. Vorder- und Hinterläufe ſind fünfzehig, die Zehen ſind durch Schwimmhäute unter einander verbun— den, welche an den Vorderſchwimmern nicht ſo breit ſind, wie an den Hinterſchwimmern. Die Vorderzehen, mit einer unbehaarten Haut bekleidet, ſind mit ſehr ſcharfen Klauen be— waffnet, während die Hinterzehen weniger ſcharfe Klauen zeigen. Im Vergleich zu dem übrigen Körper des Otters ſind ſeine äußerſt ſtämmigen und ſtarken Läufe nur ſehr kurz. Der Balg erſcheint kaſtanienbraun und iſt ſchön glänzend, denn die Spitzen der Haare des ganzen Oberkörpers und der Ruthe ſind ka⸗ ſtanienbraun, während ſie am unteren Ende mehr ins Graue übergehen; das Haar iſt elek— triſch wie das Katzenhaar. Der zwar während des ganzen Jahres brauchbare, im Winter jedoch noch beſſere Balg hat in ſeiner unteren Schicht kurzes, ſehr dichtes und weiches Haar, aus dieſem ragt eine zweite Schicht Haare, die härter find und die man wohl „ ſtichelhaarig“ nennen kann. Im höheren Alter wird die allge— meine Färbung des Otters etwas heller, das Kopfhaar iſt dann häufig ſtark grau. Das Winterkleid aller Ottern aber iſt in jeder Altersſtufe nicht unweſentlich dunkler als der Sommerbalg. Die Kehle, Bruſt und der Bauch gehen etwas ins Graue über, und an dem vorderen Kopf wie auch an der Naſe und dem Kinn findet man faſt immer einzelne helle Flecke; die Läufe ſind ſtark dunkelbraun gezeichnet. Das Haar eines geſunden Otters hat die Eigenthümlichkeit, dafs es im Waſſer kaum Feuchtigkeit annimmt, iſt der Otter jedoch ver— wundet oder krank oder gar verendet, ſo ver— liert ſich dieſe Erſcheinung ſofort. Der Balg ſelbſt iſt außerordentlich zähe, feſt und nur ſehr ſchwer zerreißbar. Das Gebiſs (j. die Tafel „Fiſchotter und Fuchs“) beſteht aus 36 Zähnen, u. zw. aus 12 Schneide-, 4 Eckzähnen (Fänge) und 20 Backenzähnen. Die in der Mitte ſtehenden Schneidezähne beider Kinnladen ſind kleiner als die zur Seite und den Fängen näher ſtehen— den, die Fänge ſelbſt ſind nach innen etwas ge— zackt. Bei geſchloſſenem Gebiſs berühren ſich die beiden vorderen Backenzähne des Ober- und Unterkiefers nicht, die anderen aber alle. Sehr wulſtige, dicke und muskulöſe Lippen umſchließen das außerordentlich ſtarke und kräftige Gebiſs, welche der Otter ſo dicht zu verſchließen ver— mag, daſs kein Waſſer hindurchdringen kann. Dieſer das Waſſer vollkommen abhaltende Ver— ſchluſs wird ferner noch durch den Umſtand bedingt, daſs die untere Kiunlade des Otters kürzer und auch ſchmäler iſt als die obere, und ſchließlich werden die Köpfe der unteren Kinn— lade von den Pfannen derart feſtgehalten und umgeben, daſs dem Otter jede Vor- und Rück— wärtsbewegung der Kiunlade unmöglich iſt, er kann ſie nur auf- und niederbewegen und allen— falls ein wenig ſeitwärts. Die ſehr kleinen und abgerundeten Lauſcher befinden ſich den Sehern zur Seite, doch ein wenig nach hinten gerichtet. Die Seher ſelbſt ſtehen weniger zur Seite des Kopfes, ſondern mehr nach oben, ſie ſind klein, aber ſehr grell und von Farbe braun. Die Naſe und Schnauze des Otters erſcheinen kurz und abgeſtumpft, der ganze Kopf aber im Vergleich zur Größe des übrigen Körpers nur klein und in der Stirn etwas plattgedrückt. Aus der ſtarken und poröſen Haut der Schnauze wachſen ziemlich lange und ſtarke Barthaare. Der nur kurze, aber höchſt kräftige Hals macht den Eindruck, als ſei er ſtärker als der Kopf, der Leib iſt ziemlich lang— geſtreckt und rund. Der Otter pfeift nicht nur, wenn er fiſcht, ſondern er läſst dieſen Ton, jedoch heller, lauter und auch häufiger als ſonſt in der Ranzzeit und beſonders nachts hören, wenn die der Liebe Bedürftigen ſich gegenſeitig anlocken. Außer dieſem pfeifenden Ton kennt man bei dem Otter noch zwei andere Töne. Den einen, welcher wie ein leiſes Kichern und Lachen klingt, gibt er von ſich, wenn er ſich behaglich fühlt und wenn er ſich im warmen Uferſande wälzt; den an- deren, einen ohrenzerreißenden, kreiſchenden Ton, läſst er nur in der höchſten Wuth und im Schmerz vernehmen, er klingt etwa wie die oft ſcharf und ſchnell hinter einander wiederholte Silbe „girrg“. Im Augenblick des Todes hat man ferner noch beim Otter, wenn auch nur ſehr ſelten, wimmernde und klagende Laute ge— hört, auch gibt er im Augenblick des Verendens eine weiße Flüſſigkeit von ſich. Im Februar und im März hört man den pfeifenden Ton häufiger von den Ottern als ſonſt, und hieraus wollen viele den Schluſßs ziehen, der Februar und ein Theil des März wäre die eigentliche Ranzzeit der Ottern; da man aber ſchon zu den verſchiedenſten Zeiten des Jahres Junge gefunden hat, ſo berechtigt dies zu dem Schluſßs, dass die Ottern eine be— ſtimmte Ranzzeit nicht haben, wenn auch im allgemeinen anzunehmen iſt, daſs wohl die meiſten Ottern im Februar und März ranzen. Gewöhnlich im Mai und neun Wochen nach der Paarung bringt das Weibchen im dichteſten Ufergeſtrüpp unter den Wurzeln der Uferbäume, im Bau oder anderen ſtillen, ſchwer zugäng— lichen Orten zwei oder drei, ſelten vier, an— fänglich ſehr wenig hübſch ausſehende blinde Junge zur Welt, welche in ihren erſten Lebens— tagen faſt ſchwarz, höchſt plump und unbe⸗ holfen ſind, und etwa 10 Tage blind bleiben. Acht Wochen, auch wohl etwas länger, dauert die Säugeperiode, gegen deren Ende die Jungen jedoch nach und nach ſchon an Fiſchnahrung gewöhnt werden. Sehr bald auch beginnt der Unterricht der Jungen im Schwimmen und Fiſchen; unter dem Schutze und der Pflege der außerordentlich treuen und ſorgſamen Mutter bleiben ſie ſo lange, bis ſie kräftig und geſchult genug ſind, ſich ſelbſt ernähren zu können, ihr völliges Wachsthum vollenden ſie erſt im letzten Theile des zweiten Lebensjahres, und zu dieſer Zeit werden ſie auch erſt zur Fortpflanzung fähig. So furchtſam der Otter im Vergleich zu ſeinen ganz bedeutenden Körperkräften wohl zu ſein ſcheint, ſo entſchieden brav und muthig zeigt er ſich, wenn es gilt, ſeine Jungen vor dem Hunde zu ſchützen, denn rückſichtslos greift er dieſen an, und iſt der Hund nicht ſehr ge— 560 Fiſchotter. ſchickt und gelingt es ihm nicht gleich, den Otter zu packen, jo ereignet es ſich wohl, dajs ſelbſt ein ſehr ſtarker Hund, arg zugerichtet, den Kampf aufgeben muſs, denn hat der wüthende Otter erſt einmal gepackt, ſo läſst er auch ſo bald nicht wieder los, und er hat jo ungeheure Kräfte in ſeinem Gebiſs, dajs er mit einem einzigen Biſs den Lauf eines Hundes zu zermalmen vermag. Die dem Otterfänger zum Fange ſo wert— volle Loſung des Otters iſt leicht erkennbar, denn ſie iſt zu jeder Jahreszeit mit Fiſchgräten, Fiſchſchuppen und auch Reſten von Krebsſchalen durchſetzt, riecht fiſchig und nach Thran, iſt etwas grünlich von Farbe und glänzt. Ungeheuer raubſüchtig und gierig, raubt der Otter viel mehr, als er zu ſeiner eigenen und ſeiner Jungen Erhaltung nöthig hätte. Sehr häufig wird man an ſeinen Ausſtiegen nur halb verzehrte Fiſche finden, noch mehr aber vor ſeinem Bau, denn der Geruch der vielen verweſenden Fiſche und Fiſchreſte verräth den— ſelben oft ſchon von weitem. Häufig iſt es auch ichon beobachtet worden, daſs der Otter förm— lich nur zu ſeiner Kurzweil und Beluſtigung zu fiſchen ſcheint, denn er biſs die eben ge— fangenen Fiſche todt und warf ſie dann fort, während er ſonſt kleinere Fiſche gleich im Waſſer verzehrt, mit größeren aber ausſteigt, um ſie am Ufer in Ruhe zu ſich zu nehmen. Groß iſt daher der Schaden, den die Ottern ſchon in fließenden Gewäſſern und großen Seen anzurichten vermögen, geradezu verhängnisvoll aber werden ſie, wenn ſie Karpfen- oder andere kleinere Fiſchteiche beſuchen. Erfahrungsmäßig verzehrt ein Otter täglich mindeſtens 1 kg Fiſche, und man kann ohne Zaudern ſein jähr— liches Quantum auf ca. 400 kg taxieren. Dies allein genügt, um ſeine eminente Schädlichkeit zu beweiſen. Alle Gewäſſer ſeiner engeren Heimat ſucht der Otter nach und nach heim und wandert zu dieſem Zwecke oft weite Strecken über Land; zu ſeinem heimatlichen Waſſer kehrt er jedoch immer wieder zurück, und durch den bewunderungswürdigen Ortsſinn, mit dem er begabt iſt, findet er ſtets und an jedem Ge— wäſſer, welches er jemals beſucht hatte, ſeine alten Ausſtiege wieder. Für den Otternfänger iſt dieſe Eigenthümlichkeit ſehr wichtig, denn es ſind dieſe Ausſtiege die beſten Fangplätze, und er weiß, dajs ſelbſt nach längerer Abweſenheit der Otter doch wieder dahin zurückkehren wird. An ſchönen und ſonnigen Tagen, im Winter ſowohl wie im Sommer, liegen die Ottern gern im Weidicht des Ufers im warmen Sande, in welchem ſie ſich gerne wälzen, in alten, um— laubten Erlenſtöcken, auf Wehren und Steinen. Sie ſonnen ſich hier, ſchlafen dabei aber nicht ſelten ſo feſt ein, daſs es gelingt, ſie ganz nahe zu beſchleichen, und ſo mancher Otter fällt im Laufe des Jahres dadurch dem Blei zum Opfer. Wenig ſtört übrigens den Otter die Nähe des Menſchen, er raubt bei Gehöften und Mühlen mit demſelben Fleiß, wenn auch meiſtens nur des Nachts, wie in einſamen Gewäſſern, ja er gewöhnt ſich bald derart an die Nähe der Menſchen, dafs er ſich nicht ſcheut, ganz nachbar— gehenden Wohnſitz aufzuſchlagen. So fand man, um nur einige Beiſpiele hiefür anzugeben, dajs in einem Badehauſe der Stadt Potsdam, haar⸗ ſcharf an einer ſehr belebten Straße und Brücke, u. zw. in einer beſtimmten Badezelle während des ganzen Spätherbſtes und Winters, kurzum vom Schluss der Badeſaiſon bis zum Wieder— beginn derſelben, ein Otternpaar ſeinen Wohn- ſitz aufgeſchlagen hatte. Desgleichen fand man Ottern im Jahre 1881 in einem Badehauſe bei der Stadt Bahn, und in den großen Holzlage- reien Berlins, dicht an den Ufern der Spree, ſind mehrfach Ottern gefunden worden, die unter den Holzſtößen wohnten, alſo ſozuſagen mitten unter Menſchen. Hin und wieder hat man auch ſchon ge— funden, daſs Ottern leere Fuchs- oder Dachs⸗ baue bewohnt haben, indeſſen iſt anzunehmen, daſs dies ſozuſagen nur Nothwohnſitze geweſen ſind, u. zw. mag dies wohl geſchehen, wenn durch beſonders hohen Waſſerſtand im Früh— jahre oder gar bei Überſchwemmungen die Ottern von ihren Bauen und Ruheplätzen, ſelbſt von den höchſtgelegenen, gewaltſam verdrängt würden. Auf dem Lande wandert der Otter zwar recht ausdauernd, jedoch nicht beſonders ſchnell, denn Fälle, in welchen flüchtige Ottern auf dem Lande von Menſchen eingeholt und todtge= ſchlagen wurden, ſind mehrfach ſchon bekannt geworden. Dagegen iſt aber der Otter in ſeinem eigentlichen Elemente, dem Waſſer, ganz außer- ordentlich gewandt, unglaublich ſchnell und aus— dauernd, ſeine Bewegungen beim Tauchen, beim Umwenden u. ſ. w. ſind überaus elaſtiſch, flink und geſchmeidig. Er ſchwimmt ſchnell und aus⸗ dauernd, ſtreckt aber dabei den Kopf ſelten ganz aus dem Waſſer, ſondern meiſtens nur die Naſe, durch welche er den Athem ziemlich laut ſchnaubend einzieht und ausſtößt, eine ziemlich geraume Zeit vermag er unter dem Waſſer, ohne Athem zu holen, auszuhalten. Faſt immer raubt er im Schwimmen und fiſcht nur gegen den Strom; das ſtarke Ge- räuſch, welches er beim Fiſchen macht, ſoll ab- ſichtlich von ihm hervorgebracht werden, weil dies die Fiſche ängſtigt und in die Enge treibt. Wie ſchon vorhin gejagt, verzehrt er kleine Fiſche gleich und während des Schwimmens, ſtreckt dabei jedoch den Kopf aus dem Waſſer heraus, mit größeren läjst er ſich erſt eine Strecke ſtromabwärts treiben, um dann auszu⸗ ſteigen und ſie am Lande zu verzehren. Bevor er damit beginnt, pflegt er erſt zu ſichern und rings um ſich zu äugen, dann beißt er am Rücken hinter dem Kopfe ſeiner Beute ein und zieht das Fleiſch in Streifen ab, Kopf und Schwanz läſst er gewöhnlich liegen, wie er in Zeiten des Überfluſſes überhaupt nur die beſten Stücke zu ſich nimmt. Unter dem Eiſe fiſcht er ebenſo ſicher und gewandt wie im offenen Waſſer und weiß dabei mit erſtaunlicher Sicherheit die offenen Stellen im Eiſe ſtets wiederzufinden. Nur ſelten, allenfalls in ganz ruhigen und von Menſchen nicht beſuchten Gegenden, fiſcht er bei Tage, meiſtens nur Nachts, am fleißigſten lich zu dieſen ſeinen, wenn auch nur vorüber⸗ Haber übt er den Fiſchfang in recht mondhellen Fiſchotter. Nächten aus. Hin und wieder raubt er auch nach Art der wilden Katze und des Luchſes, d. h. er liegt auf Brücken, Wehren, Steinen und Blöcken auf der Lauer, um ſich, ſobald ein Fiſch ſich ihm nähert, mit ungeheurer Schnellig— keit und Sicherheit und auch faſt immer mit Erfolg ins Waſſer zu ſtürzen und dieſen zu packen. Die Hauptnahrung der Ottern ſind Fiſche aller und jeder Art, den Vorzug aber geben ſie den Karpfen, Forellen und den Schleien, Krebſe ſind ihnen Leckerbiſſen; zur Zeit der Noth ver— ſchmähen ſie jedoch auch Fröſche, andere Am— phibien und Waſſerratten nicht. Übrigens raubt er oft auch junges und ſelbſt altes Waſſer— geflügel und das Gelege der Waſſervögel, wo er es nur erwiſchen kann. Auch vegetabiliſche Stoffe, wie Theile von Grashalmen, Wurzel— und Holzfaſern, fand man in der Otterloſung. Hieraus zu folgern, nimmt der Otter auch wohl hin und wieder Gras zu ſich, thut dies aber jedenfalls nur, um die Verdauung zu be— fördern, damit die härteren und ſcharfen Fiſch— gräten ſich darin einwickeln und ſo leichter abgehen; die Hunde freſſen inſtinctiv zur För— derung ihrer Verdauung ja auch häufig Gras, warum ſollte dies der Otter nicht auch thun? Die Heimat des gemeinen Fiſchotters iſt Europa, Aſien und Nordamerika, und man ſagt, daſs die Bälge der aus Nordamerika ſtammen— den Ottern die beſten ſind, ſie werden ihres vor— trefflichen Glanzes wegen auch „Spiegelottern“ genannt. Die Kürſchner ziehen übrigens die Bälge derjenigen Ottern, welche in kleinen aber recht reißenden Flüſſen leben, denen aus Seen und ruhigen Gewäſſern vor. Unſer Otter be— wohnt alle fiſchreichen Flüſſe, Bäche, Seen und Teiche, zieht aber ſolche vor, deren Ufer ſtark bewaldet oder mit Weidicht, Röhricht und Ge— ſtrüpp beſtanden ſind oder durch felſige und bergige Gegenden fließen und recht zerklüftete Ufer haben; des bequemeren Fiſchens wegen lieben ſie auch ſehr die kleineren Waſſerläufe und Mühlbäche. An den Ufern ſeines eigentlichen Fiſchreviers verweilt der Otter gerne in ausgeſchwemmten Löchern und Höhlungen und wählt er ſolche auch gern zu ſeinem Bau. Die Einſtiege zu dem Bau befinden ſich faſt immer unter der Ober— fläche des Waſſers, ca. / m tief, und führt die zu dem Lager gehende Röhre aufwärts, damit dasſelbe trocken bleibt. Das Lager ſelbſt iſt ein geräumiger Keſſel, der mit Gras, Laub und Moos ausgeſtattet iſt. Eine zweite, ziemlich enge Röhre läuft vom Keſſel aus nach der Oberfläche des Ufers und dient theils zum Aus— ſtieg, theils als Luftröhre. Alte, ſich ſchräg über das Waſſer neigende Bäume mit recht ver— zweigtem Wurzelwerk ſind Lieblingsplätze der Ottern, und auf ſolchen liegen ſie auch gern nach Fiſchen auf der Lauer. Lager auf alten Erlenſtöcken, welche häufig von den Ottern be— ſucht werden, zeichnen ſich häufig dadurch aus, daſs die Ottern dieſe meiſtens faulen Stöcke nach der Sonnenſeite zu aushöhlen. In dieſe Aushöhlungen drückt ſich der Otter gern, um ſich zu ſonnen und zu ruhen, er iſt der gleichen Dombrowski. Encyklopädie d. Forit- u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 361 Farbe wegen, welche der Erlenſtock mit ihm hat, nur ſehr ſchwer in ſeinem Aufenthalte zu erfen- nen. Wird der Otter an einem Standorte häufig beunruhigt und verfolgt, ſo gibt er denſelben auf längere Zeit oder auch wohl ganz auf und ſucht, entweder den Waſſerlauf weiter verfolgend, oder über Land wandernd, ein neues Fiſchrevier ſich auf. Färbungsvarietäten findet man unter den Ottern nur höchſt ſelten, weder ältere noch neuere Schriften berichten Fälle dieſer Art. Es iſt deshalb wohl von beſonderem Intereſſe, zwei Färbungsabnormitäten hier aufzuführen, welche erſt in neueſter Zeit bekannt geworden ſind. So ſchoſs der Major Graf zur Lippe— Bieſterfeld auf der Herrſchaft Neudorf bei Bentſchen in der Provinz Poſen einen Otter, welcher vollkommen hellgelb und ohne jedes Abzeichen war; die Farbe war ſo hellgelb wie die Falbenfarbe der Pferde. Ferner ſchoſs der Bürgermeiſter Mäckel zu Friedendorf bei Caſſel einen Otter, u. zw. ein ausgewachſenes ſtarkes Männchen, welches auf ſeinem graubraunen Balge überall und ziemlich regelmäßig ſchnee— weiße Fleckchen und Tupfen hatte. Der Otter⸗ balg gehört mit zu den wertvollſten und beſten aller einheimiſchen Raubthierbälge; man ver— wertet ihn zu Pelzbeſätzen, Mützen, Jagd— muffen ꝛc.; aus den weichen Haaren werden ſehr feine Hüte und aus dem Haar der Ruthe Malerpinſel fabriciert. Charakteriſtiſch für die Spur des Otters ſind die Abdrücke der Schwimmhäute; man findet dieſelben ſowohl im ſchlammigen weichen Boden wie auch im feuchten Uferſande und im Schnee ſtets ſehr ſcharf und markiert gezeichnet. Die Ballen der Zehen zeichnen ſich rundlich, jedoch nur gering ab, oft ſind ſie kaum zu bemerken; am beſten ſieht man ſie noch im ganz weichen Boden. Im Trabe ſtehen immer zwei und zwei Tritte ſchräg gegen einander, der eine der beiden iſt immer etwas nach rückwärts geſtellt. In der Flucht dagegen ſtehen alle vier Tritte in ſchräger Richtung vor einander. Außerdem kennzeichnet ſich die Spur des Otters im weichen Boden, Sand, Schnee ꝛc. ſehr genau durch eine faſt immer linksſeitige kleine Furche, welche die nach— ſchleppende Ruthe des Otters zieht; fortlaufend iſt dieſe Furche jedoch nicht, hin und wieder iſt ſie auf einige Schritte unterbrochen. Die Spur der Hinterläufe kennzeichnet ſich noch dadurch, dass ſich bei ihnen die Schwimmhaut mehr mar— kiert als bei den Vorderläufen. Auch der Otter macht Wiedergänge, denn nicht ſelten pflegt er mehrere Bogen zu beſchreiben und ſich wieder ins Waſſer zu begeben, ehe er den Platz ein— nimmt, auf welchem er ruhen will. Die Ottern haben ſchließlich noch die eigenthümliche Gewohn heit, an feucht-ſandigen oder ſchlammigen Ufern und an ruhigen Abhängen anſcheinend zum Ver— gnügen herabzurutſchen, und faſt an allen Ge— wäſſern findet man dieſes Zeichen ihrer An— weſenheit, welches der Jäger „Rutſchbahn“ nennt. Auch auf dem Schnee und dem Eiſe rutſcht der Otter wie auf dieſen Rutſchbahnen oft ziemlich weite Strecken, wobei ihm ſein glatter Balg und die kräftige Ruthe ſehr zu ſtatten kommen. 36 Nach vorſtehenden Notizen über die Spur des Otters iſt wohl . leichter als das Auskundſchaften, ob ein Otter anweſend iſt oder nicht, denn abgeſehen von der höchſt charakte- teriſtiſchen Spur ſelbſt und der ſo ſehr leicht zu erkennenden Loſung, geben dieſe Rutſchbahnen, ferner auch die Furchen, welche die Otternruthe hinterläſst, und ſchließlich noch die Stellen im weichen Uferſande oder Schnee, wo ſich der Otter wohlbehaglich gewälzt hatte, den beſten und ſicherſten Anhalt. Die Jagd. Von einer eigentlichen Jagd kann mit Aus⸗ nahme des Anſitzes und Anſtandes an den Aus— ſtiegen der Ottern und mit Ausnahme der bei uns im allgemeinen noch wenig bekannten und wenig ausgeübten Jagd mit Otterhunden füglich nicht wohl die Rede ſein, und das beſte und ſicherſte Mittel, dieſem argen Fiſchräuber zu Leibe zu gehen, iſt und bleibt der Fang, wenngleich auch die Jagd mit Otterhunden recht reſpectable Reſultate ſchon geliefert hat. Alle Regeln, die im allgemeinen für die Anſitzjagd gelten, gelten auch — jedoch im ver- ſchärften Maßſtabe — für den Anſitz auf Otter, und man beachte, alle dieſe Regeln ſo ſtreng und gewiſſenhaft, als gälte es z. B. ein Stück Rothwild abzuſchießen, denn, wie vorhin ange— deutet wurde, iſt der ausgeſtiegene Otter ganz ungeheuer vorſichtig und gebraucht ſeine über— aus ſcharfen Sinne auf dem Lande mehr noch als im Waſſer. Man ſehe darauf, recht gedeckt und geſchützt zu ſitzen, und berückſichtige beſon⸗ ders den Wind. Für den Schujs gilt im allge- meinen die Regel, mit grobem Schrot nur auf den Kopf und auch nur dann zu ſchießen, wenn der ausgeſtiegene Otter ſich nicht mehr unmittel- bar an ſeinem Ausſtieg befindet, denn liegt er nicht unterm Feuer und kann er das Waſſer noch erreichen, ſo iſt er in den allermeiſten Fällen für den Jäger verloren, es ſei denn, dass der Ausſtieg ſich zufällig an einem ſehr ſeichten Ufer befindet; ſolche Ausſtiege wählen jedoch die Ottern nur ſelten, ſie pflegen dieſelben viel— mehr am liebſten aus tiefem Waſſer zu wählen. Als Anſitzplätze eignen ſich in erſter Linie diejenigen Ausſtiege, welche am häufigſten vom Otter frequentiert werden; iſt keine natürliche Deckung in deren Nähe, ſo grabe man ſich in paſ— ſender Schuſsweite vom Ausſtiege ein Anſitzloch, jedoch jo, daßs man rechts und links das Ufer frei überſehen kann. Anſitzlöcher ſind, voraus— geſetzt daſs ihre zu tiefe Lage den freien Um- blick nicht hemmt, deshalb gerade auf Ottern mehr als Anſitzſchirme zu empfehlen, weil die— ſelben den Jäger nicht nur den ſcharfen Blicken des am Lande überaus vorſichtigen Otters mehr entziehen, ſondern weil ſie ihm auch vermehrten Schutz gegen Wind und Kälte bieten, und da man für den Anſitz auf Ottern meiſt mondhelle Winternächte und Schneelagen benützen mujs und der Anſitz oft mehrere Nächte in Anſpruch nimmt, ehe man Erfolg hat, ſo iſt der Schutz gegen Kälte und Wind von großer Wichtigkeit. Sehr vortheilhaft ſind ferner für den Anſitz die⸗ jenigen zugefrorenen Stellen, die rechts und links offenes Waſſer haben, denn an ſolchen wird der Fiſchotter. Otter halb verführt und halbgenöthigt, auszu⸗ ſteigen. Sind in ſoſchen Eisinſeln mehrere Löcher, die der Otter zur Flucht und zum Einſtieg be⸗ nützen könnte, ſo ſchieße man in dem Augen⸗ blicke, in welchem er am weiteſten von dieſen Löchern, überhaupt vom offenen Waſſer entfernt iſt, damit er noch auf dem Eiſe verende. Nächſt einer recht warmen, jedoch auch die freie Bewegung nicht ſtörenden Bekleidung und nächſt einer recht ſcharf ſchießenden, mit Schrot Nr. 0 oder Nr. 1 geladenen Flinte ſowie mit einem ſtarken Knüppel zum ſchleunigen Todt⸗ ſchlagen des vielleicht nur ſtark angeſchoſſenen Otters, wappne man ſich vor allem mit einer ge⸗ hörigen Portion Geduld, dieſer Cardinaltugend des Jägers, da es wohl vorkommen kann, dafs man ſelbſt an fleißig benützten Aus⸗, reſp. Ein⸗ ſtiegen acht, zehn und mehr Nächte anſitzen kann, ohne auch nur einen Otter geſehen zu haben. Wie ſchon angedeutet, erfordert gerade der An⸗ ſitz auf Otter die höchſt mögliche Anſpannung der unausgeſetzten Aufmerkſamkeit, und der faſt immer ganz urplötzlich erſcheinende Otter darf dem Anſitzenden niemals unerwartet kommen, denn dann verpaſst er ihn gewiſs. Recht falſch iſt das vielfach gebräuchliche Ablöſen des anſitzenden Jägers, da dasſelbe doch niemals ohne Geräuſch zu bewerkſtelligen ſein dürfte, ein ſolches aber den vielleicht ſchon in der Nähe befindlichen, ſtets aufmerkſamen und miſstrauiſchen Otter für dieſe und für die nächſten Nächte gewiſs vergrämen würde. Etwa eine Stunde vor der Morgendämmerung und ebenſo lange vor Sonnenuntergang, reſp. vor Aufgang des Mondes, iſt die geeignetſte Zeit, ſich auf den Anſtand zu begeben, den man nun auch nicht eher wieder verlaſſen darf, ehe nicht das Büchſen⸗ licht vorbei iſt, reip. die Kälte anfängt, uner⸗ träglich zu werden. Rechnet man nicht auf den Einſtieg, alſo nicht auf einen vom Lande zum Waſſer wech⸗ ſelnden Otter, ſondern lediglich nur auf einen ausſteigenden, ſo iſt der Anſitz weſentlich er⸗ leichtert, weil ſich die Aufmerkſamkeit und das Auge eben nur auf das Waſſer und den Aus⸗ ſtieg Zu concentrieren haben, außerdem iſt aber der Otter im Waſſer viel weniger vorſichtig, und ſchließlich verräth er ſich ſelbſt und ſeine An⸗ näherung nicht ſelten durch ſein Pfeifen, durch ſein Schnauben beim Athemholen und durch das oft ſehr laute Geräuſch beim Fiſchen; man hat alſo in dieſem Falle reichlich Zeit, ſich ſchuſs⸗ fertig zu machen. Außer dem ſoeben beſprochenen Anſitz auf Ottern und der noch näher zu beſprechenden Jagd mit Hunden und Netzen und der Jagd mit einer s Otterhundsmeute gehören alle übrigen Gelegenheiten, einen Otter mit dem Schuſs zu erbeuten, dem glücklichen Zufalle an, wie z. B. das Beſchleichen eines ſchlafenden Otters, dan das Einkreiſen und Treiben, wenn er ſich zu⸗ fällig in einem Rohrhorſte oder im Weidicht befindet, oder wenn man ihn unerwartet ein⸗ mal auf einer ſeiner Landwanderungen antriff Zu der Jagd mit Netzen und Hunden ge⸗ hören zunächſt zwei Netze, „Otterngarne“ ge nannt. Jedes derſelben muſs —5 m lang und ca. 1½ bis 2½ m weit jein; an beiden Seite Fiſchotter. müſſen ſich Flügelwände von je 2— 2% m Höhe befinden, ganz jo conſtruiert wie bei den Fiſch—⸗ garnſäcken. Die Maſchen der Netze können 4 bis 6 em weit ſein, das Strickmaterial beſtehe aus gutem Bindfaden etwa von der Stärke eines Bleiſtiftes. Die untere Längsleine des Ottern— garnes mujs, um dasſelbe nach unten zu ziehen und zu halten, mit dem nöthigen Blei verſehen ſein, die obere Längsleine dagegen muſßs eine entſprechende Anzahl von Korkſtücken haben, die wiederum das Netz tragen und das Unter— ſinken verhindern. Der Netzſack ſelbſt muſs durch eine lange und feſte Leine, welche durch die Maſchen gezogen wird, zum ſchnellen Zuziehen eingerichtet werden. Ganz ebenſo wie bei dem Dachsſack verſehe man den ca. 3— 4 m langen eigentlichen Garnſack mit einem ca. 7 em weiten eiſernen Naſenring. Die Anwendung dieſes Otterngarnes iſt nun folgende: Hat man in Erfahrung ge— bracht, daſs in einem Bache oder ſchmalen Flüſschen — denn breit darf der Waſſerlauf für dieſe Jagdmethode nicht ſein — Ottern hauſen, ſo verſtelle man das Waſſer da, wo man den Otter geſpürt hatte, oben und unten je mit einem Otterngarne; das obere befeſtige man durch einen Stock, den man durch die Endſchlaufe des Netzes ſteckt und in den Grund treibt, nachdem man das Netz vorher ſtraff ge— zogen hatte; es iſt dieſe Befeſtigung durchaus nöthig, weil ſonſt die Strömung die richtige Lage des Netzes verändern würde. Die Flügel— wände müſſen ſelbſtredend rechts und links bis zum Ufer greifen, und ſollten ſie nicht bis dahin reichen, ſo verbarrikadiere man den etwa noch frei gebliebenen Raum durch Stangen ꝛe. Bei jedem Netz halte nun ein Gehilfe die Zug leine unausgeſetzt in der Hand, damit, ſobald ein Otter einfahren ſollte, das Netz ſofort zu— geſchnürt und recht ſchnell auf das Land ge— zogen werden kann. Iſt dies geſchehen, ſo ſchlage man den im Netze ſteckenden Otter ſchleunigſt todt, ſonſt verſucht er, das Netz zu zerreißen oder mittelſt ſeines ſcharfen Gebiſſes zu zerſchneiden, um ſich zu befreien. Iſt nun der Waſſerlauf oben und unten ſicher verſtellt, ſo laſſe man denſelben durch Menſchen, die mit Stangen zum Stöbern ver— ſehen ſind, und durch recht ſcharfe Hunde ab— ſuchen und durchſtöbern, um ſo den Otter flüchtig zu machen und in eines der Netze zu treiben. Im Laufe der letzten Jahre haben ſich der kürzlich verſtorbene Otternjäger Ewald Schmidt zu Schalksmühle in Weſtfalen und der Ritter— gutsbejiger Sperber in Weimar und noch einige andere einen wohlverdienten Ruf als Ottern— jäger erworben, u. zw. nicht allein durch ihre vorzüglichen Meuten und durch ihre Erfolge, ſondern vielmehr durch ihre eigenthümliche Jagdmethode, denn ſie benützen keine Netze, ſondern nur die Meute, eine Art Harpune, „Otterugabel“ genannt, oder das Gewehr Der verſtorbene Jäger Schmidt ſoll ſeit etwa Ende der Siebzigerjahre bis zum Winter 1886 nahezu 1000 Ottern mit ſeiner Meute erbeutet haben, und der Rittergutsbeſitzer Sperber hat in ca. 4 Jahren 130 dieſer Fiſchdiebe erlegt und nur auf ſeinen eigenen Gewäſſern. 563 Dieſe neuerdings bei uns erſt eingeführte Jagd mit einer Meute wird nicht als Sport betrachtet und im engliſchen Styl betrieben, ſondern ſie baſiert lediglich auf Nützlichkeits⸗ principien; ſie ſoll helfen, den Fiſchreichthum der heimiſchen Gewäſſer wieder mehr und mehr zu heben. Dieſe Jagdmethode mittelſt einer Meute von Otterhunden beſteht im weſentlichen darin, daſs man den Otter aus feinem Lager auf oder unter den Ufern von einem oder meh— reren geübten, ſcharfen Hunden aufſtöbern und laut jagend verfolgen läſst. Nicht ſelten wird der flüchtige Otter von den Hunden bald eingeholt und zu einem Kampfe auf Leben und Tod ge- zwungen, doch gelingt es ihm meiſtens, ſich durch Untertauchen vorläufig vor ſeinen Feinden zu retten und in ein nahe gelegenes, unzu⸗ gängliches Verſteck im Wurzelwerk des Ufers, in einen Abzugscanal, in ſeinen Bau, zwiſchen Steinblöcke u. dgl. ſich zu flüchten. Über kurz oder lang verkündet dann der wüthende Stand- laut der raſtloſen ſcharfen Hunde, daſs ſie ihren Todfeind in ſeinem Verſteck wieder auf- gefunden haben, und der Jäger eilt nun raſch herbei, um den Otter, je nach Beſchaffenheit der Localität, durch Einſchieben einer langen Gerte oder mit Hilfe eines kleineren, dächſel— artigen Hundes aus ſeinem Verſteck zu treiben. Die Hauptwaffe des Jägers iſt ſeine dreizackige Harpune, ſeine Otterngabel, welche beim Her— ausfahren des Otters über und unter dem Waſſer im günſtigſten Momente mit kräftiger Hand bis auf 25 Fuß Entfernung geſchleudert wird und ſelten ihr Ziel verfehlt, und ſelbſt tief unter der Waſſerfläche, ja bis zu einer Tiefe von 8 bis 10 Fuß, wo ein Schuis völlig wirkungslos ſein würde, behält doch die geſchleuderte Gabel ihre vernichtende Kraft ungeſchwächt bei. Sobald auch nur ein einziger Zinken derſelben gefajst hat, iſt der Otter ver⸗ loren, denn die kleinen Widerhaken an der Spitze eines jeden Zinken machen ein Herausfallen der Gabel aus dem Körper unmöglich. Die äußerſt zähe und elaſtiſche Beſchaffenheit des Dttern- balges erſchwert ſelbſt nach dem Verenden des Thieres das Herausziehen der Gabel ungemein, und in vielen Fällen iſt dieſe Manipulation nur dann möglich, wenn die Zinken unmittelbar hinter dem Widerhaken mit feinem Werg dicht bewickelt und eingefettet werden. Eine ſolche Gabel hat ein Gewicht von kg 300 g, die Länge der ſtählernen Zinken beträgt 22 em, die äußerſte Weite der Gabel ſelbſt 18 em, die Länge des aus zähem Eſchenholze angefertigten Stieles richtet ſich ungefähr nach der Höhe des Jägers, welcher ſie führt, jo dass die Zinken der aufrecht ſtehenden Gabel die Augenhöhle des Jägers um etwa Handbreite überragen. Das obere Ende des Holzſtieles der Gabel wird bis zu einer Tiefe von 30—35 cm hohl ausgebohrt, die Offnung aber durch einen Pflock dicht verſchloſſen. Infolge dieſer einfachen Vor— kehrung ſinkt die abgeſchleuderte Gabel im Waſſer nicht platt nieder, ſondern hebt ſich ſortwährend mit dem leichten Ende nach oben. Außer dieſer Wurfgabel führt der Otternjäger noch ein kurzes, carabinerartiges Gewehr, wel— 36 * indeſſen nur in Ausnahmefällen zur An- wendung kommen wird, dagegen iſt die Führung eines ſtarken Genickfängers ſehr nothwendig, weil ſich häufig der Fall ereignet, daſs der Otter ſich dermaßen in einen Hund verbiſſen hat, daſs ihm weder mit der Gabel noch mit dem Schuſs beizukommen iſt, ohne den Hund zu beſchädigen. Es iſt hier nicht der Ort zu einer näheren Beſprechung der Otterhundsrace, es ſei deshalb nur kurz erwähnt, dass England bis jetzt die beiten Otterhunde allein gezüchtet hat, dajs die wenigen hieſigen guten Meuten aus Eng— EN = So Fiſchotter. gemeinſte, abſcheulichſte Aasjägerei; ſoll man ſie aber etwa gar gegen Wilddiebe oder Schlingen— ſteller benützen? Das wäre noch verabſcheuungs⸗ würdiger; denn wer nicht den Muth hat, dieſem Geſindel perſönlich gegenüberzutreten, der hänge getroſt die Flinte an den Nagel, ziehe das grüne Kleid aus und bleibe daheim. Es bleibt alſo nur noch ihre Verwendung auf Raubzeug übrig, aber auch ſelbſt hierin ſei man möglichſt enthaltſam, denn viel Unheil hat dieſes häſsliche Inſtrument ſchon angerichtet, jedenfalls aber verſäume man es niemals, da, wo Selbſtſchüſſe liegen, durch eine Ankündigung vor der An— land oder doch von engliſchen Hunden ſtammen, und daſs ein guter Otterhund alle Eigenſchaften des Waſſerhundes, der laut und anhaltend ja— genden Bracke und die Paſſion zum Einfahren und Kriechen in Röhren und Canäle à la Teckel in ſich vereinigen muſs. Im allgemeinen eignen ſich übrigens Hunde mit kurzer, ſtraffer Be— haarung und wenig Unterwolle weſentlich beſſer für die Otternjagd als langhaarige Hunde, deren lockerer Pelz zu viel Waſſer aufnimmt und durch das mitzuſchleppende Gewicht desſelben den Träger ſchnell ermüdet; vor allem aber haben kurzhaarige Hunde auch noch den Vor— theil, daſs ſie nach der Arbeit gründlicher und ſchneller abtrocknen als die langhaarigen Racen, welche infolge der häufigen Erkältungen dann meiſtens frühzeitig lahm und ſteif werden oder an rheumatiſchen Leiden, die ſich leicht auf die inneren Theile werfen, recht oft unter großen Qualen verenden. Ehe der Abſchnitt über die Jagd auf Ottern geſchloſſen wird, ſoll derſelben noch eine Beſprechung und Beſchreibung der ſog. „Lege— büchſe“ (Selbſtſchuſs) beigefügt werden, da dieſer Apparat gerade auf das beſprochene Rauchwild noch am eheſten, wenn auch nur in Ausnahme- fällen benützt werden kann. Indeſſen ſoll dieſe Gelegenheit nicht ver— paſst werden, auch hier mit aller Entſchieden— heit vor der unnöthigen Anwendung dieſes heimtückiſchen, unendlich gefährlichen Inſtru— mentes zu warnen, denn wo und in welchen Fällen wäre ein Weidmann wohl zur An— wendung des Selbſtſchuſſes berechtigt? Auf edles Wild ſie anzuwenden, wäre ja doch die näherung zu warnen oder doch letztere durch irgendwelche andere Mittel überhaupt un- möglich zu machen. Eine ſolche Legebüchſe, wie ſie Fig. 325 und 326 zeigt — übrigens die praktiſcheſte Conſtruction, die es gibt —, iſt ungefähr 30 em lang und beſteht aus dem Rohre a mit der Schwanzſchraube b und dem Piſton e. Außerdem find auf dem Rohre ſelbſt einge— löthet der Sattel d zur Aufnahme des Stell⸗ hebels ee und der Stift t, an welchem der an einer Schraube leicht bewegliche Abzugshebel gg ſich befindet. Ferner beſteht fie aus der ges bogenen Schlagfeder hh und aus dem in einer Kurbel beweglichen, nach unten zugeſpitzten Fiſchotter. Stellholze 1, welches beim Aufſtellen der Lege— büchſe entweder in dem Boden oder in einem in die Erde gerammten, etwas aufgeſpaltenen Klotz oder Pfahl mehr oder minder tief, aber feſt hineingeſteckt wird. Das Stellholz 1 und die Schlagfeder hh find mit einer und der— ſelben Schraube (T) bei der Schwanzſchraube des Rohres gleichzeitig befeſtigt. Die obere der beiden Figuren zeigt die Legebüchſe im nicht geſpannten Zuſtande, die untere dagegen im geſpannten. Infolge der bei der Legebüchſe durchaus nöthigen ſtärkeren Pulverladung erleidet dieſelbe einen jo bedeutenden Rückſtoß, dafs fie bei der Abfeuerung wohl 60 und mehr Schritte zurück— geſchleudert wird. Da nun das Wiederauffinden derſelben im hohen Graſe oder Schnee ꝛc. ſehr ſchwer, oft unmöglich ſein dürfte, ſo thut man wohl daran, an dem gebogenen Theil der Schlagfeder, alſo etwa bei 1 in der oberen Figur, einen feſten Strick, reſp. einen ſtärkeren Draht zu befeſtigen und mit dieſem das In— ſtrument an irgend einen biegſamen Stamm oder an einen Aſt anzubin⸗ den. Soll der bei naſſem Wetter nur allzu leicht mögliche Verſager der Legebüchſe vermieden werden, ſo hat man nur nöthig, Piſton und Zündhütchen, letzteres natürlich nur mit Aus⸗ nahme der oberen Schlagfläche, mit wei— chem Wachs oder beſſer noch mit gut klebendem Fett zu umhüllen. Vor dem Laden der Büchſe bindet man an die Oſe n des Abzugs— hebels gig den Abzugs— faden m, eine feine ſchwarze Schnur aus Pferdehaar oder Blumendraht. Das Zündhütchen wird natürlich erſt dann auf das Piſton ge— ſteckt, wenn die Büchſe fix und fertig gelegt iſt, auch darf dies nur von der Seite oder von hinten geſchehen. Um nun auf Ottern die Legebüchſe aufzu— ſtellen, benützt man am beſten den Paſs der— ſelben von einem Gewäſſer zum anderen. Sit derſelbe jedoch ein kleines und ſchmales Waſſer, ſo darf dasſelbe weder von ſtarker Strömung, noch tief ſein, denn im erſteren Falle könnte die Kraft der Strömung die Büchſe leicht ſelbſt ent— laden, im anderen Falle aber gienge bei größerer Tiefe der erſchoſſene Otter leicht verloren. Wählt man Landpäſſe zur Aufſtellung der Büchſe, jo dür— fen ſolche dem Waſſer nicht zu nahe ſein, denn hat der Selbſtſchuſs den Otter nicht getödtet, ſondern nur angeſchweißt, ſo geht derſelbe unter allen Umſtänden ins Waſſer und iſt gleichfalls in den meiſten Fällen für den Aufſteller der Büchſe unwiederbringlich verloren. Der Otternfang. Anfange bereits erwähnt, iſt der nöthige praktiſche Erfahrung und Wie am Fang — die Fig. 327. 5 65 gehörige Sachkenntnis vorausgeſetzt — nicht nur viel erfolgreicher, ſondern gewährt ſchließ— lich auch mehr Vergnügen und iſt mit viel ge— ringeren Strapazen verbunden als die Jagd, inſonderheit aber als der Anſitz. Übung macht, wie in allen Dingen, ſo auch hier ſchließlich den Meiſter, und der Anfänger im Fangwerk dürfte zunächſt erſt einige Ottern „verpönen“ oder „verprellen“, ehe ihm die Freude zutheil wird, mit gerechtem Stolz den erſten Otter aufs „Spannbrett“ zu nageln. Die für den Otternfang gebräuchlichſten und praktiſcheſten Fangapparate ſind zunächſt nun folgende: A. das Teller- oder Tritteiſen, 2. der Schwanenhals mit der Tellerſtellung, 3. der gewöhnliche Schwanenhals, 4. Webers neue Raubthierfalle, 5. die Otternſtangen ver— ſchiedener Conſtruction, auch Stangeneiſen ge— nannt, und 6. die Otternfalle. Es würde zu weit führen, ſollten hier alle dieſe Apparate und die Art und Weiſe ihrer Anwendung beſprochen werden, es würde auch ſchließlich in ſehr vielen Punkten nur auf eine Teller oder Tritteiſen. Wiederholung herauskommen, denn die Regeln ſür die praktiſche Verwendung dieſer Fanginſtru— mente auf Ottern gelten für das eine Inſtru— ment ſo gut wie für das andere. Es ſollen daher hier nur diejenigen Fangapparate und die Art und Weiſe ihrer Benützung beſprochen werden, welche ſür den Otternfang die gebräuch— lichſten ſind; wer mit dieſen oder auch nur mit einem von dieſen das Fangwerk gründlich ver— ſteht, kann auch ohne beſondere Inſtruction und Schule mit allen übrigen fangen. Zu den bekannteſten und gebräuchlichſten Ap— paraten für den Otternfang gehört nun in erſter Linie das „Teller- oder Tritteiſen“ (Fig. 327). Es beſteht aus der Feder mit dem Ringe zur Aufnahme der Kette oder des Strickes; aus den beiden Bügeln mit den Dornen, reſp. zahn oder ſägeartigen ſcharfen Kerben und den Stell— ſtiften; ferner aus dem hölzernen, reſp. eiſernen Teller mit den daran befindlichen ſcharfkan— tigen Stellzungen; aus der Unterlage, auch Kranz genannt, mit dem Sicherheitshaken und den zwei eingezapften eiſernen Ständern, in welchen ſich die Löcher zur Aufnahme der Bügelzapfen befinden, und ſchließlich aus der 566 Kette, vermittelit welcher das gelegte Eiſen an⸗ gekettet wird, damit es von dem gefangenen Raubwild nicht fortgeſchleppt werden kann. Hauptbedingungen für die Tüchtigkeit eines Tellereiſens ſind: eine recht ſtarke Feder, überall gut und feſt aneinanderſchließende Bügel des zu⸗ ſammengeſchlagenen Eiſens, eine recht loſe und feine Stellung und ein eher etwas nach aufwärts, nur nicht abwärts gerichtetes Trittbrett. Für den Otternfang benütze man nur Tellereiſen, die einen nicht ſehr ausgeſchnittenen Teller, ſondern einen ſolchen haben, der ringsherum den Bü⸗ geln ſehr nahe ſteht. Eine fernere Hauptſache iſt, nur ſehr federkräftige und ſtarke Eiſen oder auch ſolche mit zwei Federn für den Otter an⸗ zuwenden; ganz beſonders aber bediene man ſich dann ſehr ſtarker Eiſen, wenn ſich der Fang⸗ platz auf dem Lande oder im ſeichten Waſſer befindet, denn kein anderes Raubwild macht ſo verzweifelte und wüthende Anſtrengungen, ſich zu befreien, als gerade der Otter; iſt daher das Eiſen nicht ſehr gut und feſt conſtruiert und ſitzen beſonders die Bügelzapfen nicht ſehr ſicher und feſt in ihren Ständern, ſo kann es wohl vorkommen, daſs der außerordentlich ſtarke Otter das ganze Eiſen demoliert. Aus dieſem Grunde empfiehlt es ſich auch, die Fangplätze da, wo es nur irgend möglich iſt, im Waſſer zu wählen, oder doch ganz in deſſen unmittelbarer Nähe, ſtatte aber in letzterem Falle das Eiſen mit einer längeren Kette, rejp. mit einem längeren Strick aus, damit der gefangene Otter mit dem Eiſen ins Waſſer fahren kann, was er, dort Rettung erwartend, in allen Fällen auch thun wird. Im Waſſer verendet er dann ſchnell, d. h. er erſäuft. a Da man beim Otternfange mehr auf das Hineintreten in das Eiſen rechnen muj3, jo ſind alle Tritteiſen den Abzugseiſen, wie z. B. dem Schwanenhalſe und der Weber'ſchen Raubthier— falle, entſchieden vorzuziehen, denn todte Brocken, welche doch bei jedem Abzugseiſen unbedingt erforderlich ſind, wie z. B. ein an den Abzugs⸗ faden gebundener Fiſch oder todter Krebs, würde der Otter überhaupt nicht annehmen. Man unterſcheidet nun Waſſer- und Land⸗ fangplätze. Von erſteren gibt es flache und tiefe, weil aber der Otter als ſehr vorſichtiges Thier lieber tiefe als flache Ausſtiege wählt, ſo wird man von erſteren ſehr viel mehr finden, und dieſe wähle man auch als Fangplatz, wenn— gleich ſich hier die Eiſen weſentlich ſchwieriger placieren laſſen als in flachen. Seltener ſind flache Ausſtiege, und ſind dieſe jo flach, dajs das Waſſer nur etwa eine oder zwei Hände hoch über dem Grunde ſteht, ſo muſs man das Eiſen einbetten, d. h. mit dem Sande des Grundes flach bedecken, damit es der Otter nicht wahrnimmt; bei tieferen Fangplätzen iſt eine ſolche Einbettung dagegen weniger nöthig. Als Waſſerfangplätze empfehlen ſich außerdem noch Brücken, Wehre, Canäle, Durchläſſe ꝛc., kurzum alle diejenigen Stellen, die der Otter erfahrungsmäßig gern paſſiert, reſp. die er paſſieren muſs, um von einem Gewäſſer in das andere gelangen zu können. Landfangplätze ſollte man principiell nur dann benützen, wenn das Legen der Eiſen im nachtheilig, weil ſie verrätheriſch leuchten; um Me Fiſchotter. Waſſer gänzlich unmöglich iſt, denn einmal braucht man die im Waſſer liegenden Eiſen weder zu verwittern, noch iſt ein ſorgfältiges Putzen und Reinigen derſelben nöthig, da der Otter im Waſſer bekanntlich lange nicht ſo ſcharf wittert wie auf dem Lande, überhaupt im Waſſer viel unvorſichtiger iſt und deshalb viel leichter ins Eiſen geht als auf dem Lande. Sehr blank geputzte Eiſen ſind ſogar im Waſſer e ſo größere Sauberkeit, Sorgfalt und genaue Verwitterung erfordern dagegen alle auf dem Lande liegenden Eiſen und Fallen. Landfang⸗ plätze werden nun wie folgt hergerichtet: Man ſchachte ſich zunächſt ein- für allemal das Bett für das Eiſen ſeiner Form entſpre⸗ chend aus und fülle dieſen Ausſchnitt, ſolange man das Eiſen noch nicht legen will, mit Moos oder Weidenlaub aus, jo dass man äußerlich nichts von der Ausſchachtung ſieht. Das Lager für die Feder iſt landeinwärts, das für die Bü⸗ gel dagegen möglichſt nahe dem Ufer. Durch Asa foetida oder durch eine der ſpäter noch zu nennenden Witterungen, die auf einen Weiden⸗ zweig geſtrichen wird, kirre man nun den Otter möglichſt feſt an. Hat man ſich durch die zu⸗ rückgelaſſene Spur, reſp. Loſung überzeugt, daſs der Otter den Platz beſucht hat, ſo lege man ſofort das ſehr ſauber und ſorgfältig geputzte Eiſen in folgender Weiſe: Zunächſt verwittere man dasſelbe mit einer der weiter unten folgenden Witterungen, ent⸗ ferne das Laub aus dem Eiſenlager und lege das Eiſen, ihm drei oder vier Unterlagen von Ziegelſteinſtückchen gebend, jo tief hinein, dajs es ca. 2cm tiefer liegt, als der gewachſene Boden iſt. Die freien Stellen im Eiſenlager fülle man leicht mit Weidenlaub aus, bedecke das Eiſen ſelbſt gleichfalls mit Weidenlaub, ſtreue ſchließlich noch ein wenig Sand oder Erde darüber und entſichere nun das Eiſen durch Seitwärtsdrehen des Sicherheits hakens. Alle Eiſen, mögen ſie nun im Waſſer oder auf dem Lande liegen, müſſen mit einer circa 1—2 m langen Kette und einem wenigſtens doppelt ſo langen, ſtarken Strick verſehen ſein, damit der gefangene Otter ungehindert in das tiefe Waſſer gelangen kann. Kette und Leine müſſen ſelbſtredend auch eingebettet werden, und letztere wird mit ihrem Ende irgendwo ſicher befeſtigt. Auf dem Fangplatze ſelbſt be⸗ achte man alle Vorſichtsmaßregeln, die einem ſo vorſichtigen Raubwilde gegenüber nöthig ſind, man trete alſo ſo wenig als möglich auf dem Fangplatz ſelbſt umher, rauche nicht und manipuliere mit den Eiſen nur mit vorher verwitterten Händen. Als Landfangplätze empfehlen ſich die Päſſe des Otters von einem Gewäſſer zum anderen; liegen dieſe nahe zuſammen, ſo hält der Otter ſehr regelmäßig und genau ſeinen Wechſel ein und benützt dazu gern Weiden⸗ dickichte, Rohrhorſte c. In dieſen ſieht man dann ſeine ausgetretenen kleinen Steige ganz deutlich, die als vortreffliche Fangplätze ganz beſonders zu empfehlen ſind; doch wähle man zum Legen der Eiſen ſolche Stellen im Dickicht, wo der. Otter nicht gut ausweichen kann, auch Fiſchotter. 567 kann man, um ein Ausweichen zu verhindern, zu beiden Seiten des Eiſens Dornenreisbündel legen. Da man nie wiſſen kann, von welcher Seite der Otter kommen wird, ſo thut man gut, das Eiſen nicht der Länge nach zu legen, damit der Otter nicht etwa zuerſt auf die Feder tritt und ſo verpönt wird, ſondern es quer zu placieren, ſo alſo, daſs die Feder rechts oder links ſeitwärts vom Paſs zu liegen kommt. Für dieſe Art Fangplätze empfehlen ſich daher ganz beſonders die Tellereiſen mit unter dem Kranze liegender Feder, da ſie wenig Raum verlangen und die Feder nicht ſtören kann; überhaupt empfehlen ſich dieſe Eiſen für den Fig. 328. Otternfang ganz beſonders, da gerade das Placieren der oft recht langen Feder beſon— ders im Waſſer mancherlei Schwierigkeiten ver— urſacht. Otternſtangen, auch Stangeneiſen genannt, gibt es verſchiedener Conſtruction (ſ. Fig. 328 und 329), doch ſind die Abweichungen in der Conſtruction ſo unweſentlich, daſs ſie auf die praktiſche Anwendungsart dieſer Eiſen keinen Einfluj3 ausüben; die eine Form wird ebenſo verwendet und aufgeſtellt wie die an— dere. Dieſe Eiſen beſtehen aus: 1. der Feder, 2. dem Schloſſe mit dem Abzuge und 3. den beiden mit ſpitzen Dornen verſehenen Stangen. Feder, Schloſs und Schloſstheile ſind ſo wie beim Schwanenhalſe, ſo daſs man wohl ſagen kann, das Stangeneiſen iſt ein Schwanenhals, der ſtatt der runden Bügel gerade Stangen hat. Ein Stangeneiſen mittlerer Größe, wie ſie am praktiſcheſten für den Otternfang ſind, ſoll im geſpannten Zuſtande ca. 90—93 em meſſen, denn ſolche mit ſehr langen Stangen ſind durchaus nicht empfehlenswert, ſie fangen un— ſicher, d. h. nicht ſchnell genug, weil die langen Stangenarme einen zu großen Halbkreis be— ſchreiben müſſen, ehe ſie zuſammentreffen. So gut und praktiſch dieſe Eiſen auch ſind, beſon— ders aber für den Otternfang, ſo haben ſie dennoch einen recht erheblichen Fehler, auf wel— chen aufmerkſam zu machen wohl Pflicht iſt. Es iſt unter allen ſonſtigen Fangapparaten wohl das einzige, welches auch für den Men— ſchen entſchieden gefährlich iſt; unvorſichtige Handhabung desſelben kann ſogar tödliche Folgen haben. Man ſei alſo bei Aufſtellung dieſes Eiſens doppelt vorſichtig und manipu- liere mit demſelben je— denfalls niemals ſo, daſs der Kopf irgendwie ex— poniert iſt, denn die ſehr bedeutende Kraft des zuſammenſchlagen— den Eiſens würde auch den feſteſten Schädel zer⸗ ſchlagen, ganz abgeſe— hen von den die Ge— fahr noch ſehr vermeh— renden Dornen. Will man beim Spannen die Stangen ſo weit wie nöthig her— unterdrücken, ſo helfe man mit den Knien nach; die Dornen ſind hiebei gar nicht ſtörend, da ſie weit genug ausein— anderſtehen; mit den Knien halte man nun die Stangen jo lange feſt, bis man das Schloſs geſpannt und dann dasſelbe durch Hinein— ſtecken des Sicherheitsſtiftes hinter dem Abzugs— haken feſt verſichert hat. Auch die Stangeneiſen verwertet man am vortheilhafteſten am Ausſtiege der Ottern, fer— ner auf ihren Päſſen ſowie auch in ſeichten und ſchmalen Gräben. Auf Landfangplätzen wird nach der Form des geſpannten Eiſens ein Bett ausgehoben, u. zw. jo, daſs das Eiſen etwa 2 cm tiefer liegt als der gewachſene Boden; verblendet und verdeckt wird es ebenſo, wie dies bereits beim Tellereiſen beſchrieben wurde. Um nun das gelegte Eiſen ſo herzurichten, daſs es der Otter abziehen mujs, treibt man zunächſt drei feſte, mit der Rinde bekleidete Pfählchen recht ſicher und dicht bei dem Eiſen ſo in die Erde, reſp. in den Grund des Waſ— ſers, daſs an jedem Ende und in der Mitte desſelben ein Pfählchen zu ſtehen kommt. In alle drei ſchraube man oben eine Oſe hinein; die Oſe des Mittelpfählchens wird ganz und feſt hineingedreht, die an den beiden Endpfähl— chen dagegen nur zum Theil, damit man ſpäter, wenn es nöthig werden ſollte, durch Herum— drehen der Schraube den Abzugsfaden ſtraff ziehen kann. Nun leite man vom Abzugshaken einen doppelten Abzugsfaden zuerſt durch die Oſe des Mittelpfählchens und von hier aus weiter rechts und links bis zu den Oſen der Endpfählchen, hier endlich knote man den Faden 568 feſt an. Als Abzugsſchnur iſt feiner Blumen- draht am praktiſcheſten, weil er, einmal ge— ſpannt, ſich nicht zuſammenziehen oder aus— dehnen kann. Berührt nun der wechſelnde Otter den Abzugsfaden auch nur ganz leicht, ſo ſchlägt das Eiſen mit ungeheurer Schnelligkeit und großer Kraft zuſammen und tödtet den gefan— genen Otter in den allermeiſten Fällen ſofort. Es gibt noch eine zweite, dieſer ſoeben be— ſchriebenen aber faſt gleiche Abzugsvorrichtung, bei welcher jedoch nur zwei Pfählchen, u. zw. an jedem Ende des Eiſens eines, nöthig ſind. Die Otternfalle nach Döbel iſt zwar mit geringen Koſten leicht ſelbſt herzuſtellen, jedoch iſt ſie in nur einigermaßen breiten Flüſſen und Gewäſſern nicht anwendbar. Die Beſchreibung Fiſchotter. die eiſernen Spitzen durchfallen können, weil ſonſt, wenn die Falle etwa leer abfiele, und die Spitzen in den Riegel träfen, ſelbe wieder ſchwer herauszubringen ſein würden. Vom Klotze geht eine Haarleine oder ein Draht durch das Loch über die beiden Kloben und von da an der Säule herunter bis an das Stellholz. In dieſer Säule iſt ein Kerb, an der anderen Säule wird ein Draht oder eine Saite angemacht, welche nicht mehr als zwei Querfinger breit über das unterſte Querholz gehen darf. An der Saite iſt ein glatter Ring, an dieſem ein Bändchen, das bis an das un- terſte Querholz reicht. Die Spitzen der beiden Säulen müſſen mit eiſernen Schuhen beſchlagen ſein, damit man ſie beim Stellen unten im Waſſer gut einpfählen kann. Die Aufſtellung iſt folgende: Man . II Hmmm 4 N. — I Se A 7 NENNEN = 7 = 7 5 2 III fe N \ | nimmt die Leine, zieht den Klotz in die Höhe und das daran ge— bundene Stellholz in die Kerbe, fajst den Ring an dem Querdraht und ſteckt ihn auf das Stellholz ſo genau und knapp als möglich. Man kann auch an die Säulen alte Stückchen Holz lehnen, um ſelbe etwas zu verwildern.“ So die Beſchreibung dieſer Falle nach Döbel, welche man in Teichen, Bächen und Flüſſen, oft mehrere neben einander aufſtellt, damit der Otter nicht vorbeiwechſeln kann. Der Schwanenhals und die Weber'ſche Falle ſind zwar auch N WW EN >= | N NIS RUN MMM ge 0 für den Otternfang brauchbar, beſonders letztere, wenn man ſie mit der beim Stangeneiſen IN beſchriebenen Abzugsvorrichtung 100 ausſtattet und die Otternpäſſe damit beſetzt; indeſſen ſind ihnen = die Tellereiſen und die Ottern— ſtangen weit vorzuziehen, denn die Conſtruction des Schwanen— halſes ſowohl als auch die der Weber'ſchen Raubthierfalle iſt le— 1 diglich auf die Anwendung von 7 Kirrungs- und Abzugsbrocken be— u Il om dol | Fig. 330. dieſer hier bildlich dargeſtellten (ſ. Fig. 330) Otternfalle iſt folgende: „Man nimmt zwei Säulen, je 1% m hoch, arbeitet in beide auf einer Seite einen recht gleichen und glatten Falz, macht ein Querholz von 1½ m Breite darauf und zapft es oben ein. Durch dasſelbe kommt ein Loch; zwei Kloben werden darauf angebracht, und in den Falz legt man einen Klotz, in welchem eiſerne Spitzen ſo nahe an— einander find, daſs zwei den Otter treffen können. Unten wird gleichfalls ein Querriegel angebracht, der die Säulen zuſammenhalten muſs. Jedoch ſoll dieſer Riegel in der Mitte einen Falz haben, der ganz durchgeht, damit rechnet, der Otter nimmt aber todte „Köder, wie z. B. einen Fiſch oder Krebs, nur ſehr ſchwer und wohl nur in der Noth an; dieſe Eigen- thümlichkeit des Otters macht aber den Fang mit allen Abzugseiſen ſehr unſicher und zweifelhaft. Ehe wir das Capitel über den Otter ſchließen, ſollen hier noch einige der für den Otternfang auf dem Lande dringendſt noth— wendigen „Witterungen“ mitgetheilt werden. Einige derſelben ſind dem Winkell'ſchen Lehr⸗ buche entnommen, mehrere ſind Producte eigener Praxis, alle aber ſind vom Schreiber dieſes häufig ſelbſt erprobt und als höchſt brauchbar befunden worden. \ Um das vorher ſehr ſauber geputzte Eiſen zu verwittern, nehme man den friſchen Rogen eines Karpfens oder eines Schleies, vermiſche dieſen mit reinem Sande, der aber vom Fang⸗ platze ſein muſs, und reibe damit das Eiſen Fiſchſalamander. — Fi] chzucht. 569 ſowie die Kette und die Leine vor dem Legen tüchtig ab. Hechtleber, Karpfengalle, Krebseier und Otternloſung in einem ſehr genau gereinigten Gefäß zuſammengemiſcht, gibt ebenfalls eine ſehr ſichere Verwitterung des Eiſens 2c. Das Bereiben aller Theile des Eiſens, der Kette und Leine mit wilder Krauſeminze ver— wittert gleichfalls ſehr gut. Um den Otter nach dem Fangplatze zu locken, kirre man ihn mit Asa foetida dahin und nehme zu dieſem Zwecke ein Bündchen Weidenruthen oder Rohrhalme, beſtreiche dieſes nicht zu ſtark mit Asa foetida und ziehe es nach dem betreffenden Fangplatz, gewiſſermaßen als „Schleppe“, auf der Erde fort, um es dort liegen zu laſſen. Nun lege man nahe dabei einen lebenden Brocken (hiezu eignet ſich einzig und allein ein mit einer feinen Pferdehaar— ſchnur an einen Stein feſtgebundener Krebs); der Stein, am beſten ein flaches, mit zwei Lö— chern verſehenes Ziegelſtück, durch welchen die Befeſtigungsſchnur gezogen wird, mujs aber ſo ſchwer ſein, daſs ihn der Krebs nicht fort— zuſchleppen vermag. Gleichzeitig ſchneide man ſich das Lager für das ſpäter zu legende Eiſen nahe vor dem Brocken im Boden ein, fülle und bedecke es mit Weidenlaub ꝛc. und lege ſchließlich dann das Eiſen, wenn der Otter einigemal den Brocken abgenommen haben ſollte, denn nun muſs er, wenn er wieder an den Brocken gelangen will, in das vor dem— ſelben liegende, aber gleichfalls mit Weiden— laub 2c. fein bedeckte und verblendete Teller— eiſen treten. Um den Fangplatz auf dem Lande nicht nur zu verwittern, ſondern um auch den Otter dahin zu locken, nehme man das Waſſer aus der Blaſe eines gefangenen Otters, thue es in ein Fläſchchen und ſchließe dieſes recht feſt mit Siegellack oder Wachs zu. Hiemit die Fangplätze mäßig zu beſprengen, hat ſich im— mer als gut bewährt, beſonders aber in der Ranzzeit, wenn man das Waſſer einer Otterin bekommen kann. Da der Otternfänger den Waſſerfang— plätzen den Landfangplätzen gegenüber, da wo es irgend nur geht, immer den Vorzug geben wird, da für erſtere das Verwittern der Eiſen nicht nöthig iſt, genügen die ſoeben mitge— theilten Witterungen vollauf, und es erübrigt jetzt nur noch, einige Worte über die Behand— lung des wertvollen Otternbalges hinzuzu— fügen. Durch ein paar kräftige Schläge über die Naſe ſchlägt man den gefangenen Otter ſofort todt; iſt er dann erkaltet, ſo ſtreift man ihn wie jedes andere Raubwild, d. h. man ſchärft den Balg an den Hinter- und Vorderläufen auf, an den Vorderläufen bis zur Bruſt, an den Hinterläufen bis zum Weidloch, die Ruthe an ihrer unteren Seite von der Wurzel bis zur Spitze. Jetzt ziehe man die Ruthe und die Hinterläufe aus dem Balg, heſſe letztere ein und hänge den Otter auf, um ſo den Balg bequemer bis zu den Vorderläufen abſtreifen zu können. Nachdem auch dieſe vom Balge be— freit ſind, ſtreife man ſehr ſorgſam weiter und bis zu den Lauſchern ab, denn am Kopfe mujs man ganz beſonders vorſichtig verfahren, um den Balg nicht zu zerreißen. Der Kopf bis zur Naſenhaut und dieſe mit muſs dann ſehr ſorg— ſam, Schnitt für Schnitt vom Balge befreit werden. Jetzt ziehe man den ganzen Balg, die Haarſeite nach innen, auf ein ſeiner Größe ent— ſprechendes Brett, jedoch jo, dass alle Theile ſtraff gezogen ſind. Die äußere, kahle Seite bereibe man nun mit einer Miſchung von Salz und feiner Holzaſche und laſſe dann den Balg an einem trockenen, jedoch luftigen Ort langſam trocken werden, niemals jedoch hänge man ihn zu dieſem Zwecke an den Ofen. Iſt er faſt trocken, ſo ziehe man ihn vom Brett ab, kehre ihn um und ziehe ihn, jetzt die Haarſeite nach außen, abermals auf das Spannbrett, um ihn nun völlig trocknen zu laſſen. Auf die kahle Seite der Läufe und der Ruthe klebe man dünne Streifen Pappe, welche das Zuſammenrollen derſelben beim Trocknen verhindern werden. Vor Mottenſchaden bewahrt man den Balg, wie alles Pelzwerk, am beſten durch Kampfer, kleingeſtoßenen Pfeffer oder durch Aufziehen auf ein recht kieniges Brett, im Sommer auch durch Aufbewahrung im Ofen. v. d. B. FJiſchſalamander, j. Monopoma. Kur. Fiſchzucht, künſtliche. Während die Ge— wäſſer in wenig cultivierten Ländern den An— wohnern vollſtändig ihren Bedarf an Fiſchfleiſch decken und dort daher vielfach Rede von dem unerſchöpflichen Fiſchreichthum der Flüſſe und Seen iſt, ſo zeigt ſich in dichtbewohnten und cultivierten Ländern doch recht bald, daſs die Gewäſſer nicht imſtande ſind, nur fortwäh— rende Ernten zu liefern, ſondern auch der Aus— ſaaten bedürfen. Die weſentliche Erleichterung und Verbeſſerung des Transportes ermöglichen jetzt den friſchen Fiſchverſandt auf ſehr weite Strecken, während die Fiſche früher nur den Anwohnern eines Sees zur Nahrung dienten. Hieraus folgt natürlich die Überfiſchung und Verarmung der Gewäſſer, daneben haben auch noch Verkehrsanlagen 2c. den Fiſchreichthum der meiſten Gewäſſer benachtheiligt. In ſehr dicht bevölkerten Ländern wie China iſt man daher ſchon ſehr früh genöthigt geweſen, durch zweck— mäßige Mittel hebend auf den Fiſchbeſtand ein— zuwirken. Die alten Römer, welche auch vielfach als große Fiſchzüchter geprieſen werden, ver— dienen dieſen Ruhm kaum, da ihre Teichanlagen meiſtens nur zur Aufbewahrung von Fiſchen dienten, welche von reichen Schwelgern mit un— ſinnigen Preiſen bezahlt wurden; von volks— wirtſchaftlicher Bedeutung der Fiſchzucht kann bei ihnen kaum die Rede ſein. Große Ver dienſte haben ſich jedoch die chriſtlichen Klöſter um die Fiſchzucht erworben; ihre Methode wird noch heute in wenig veränderter Form ver— wendet. Der ſeit Jahrhunderten bewährten Teich— wirtſchaft (ſ. d.) iſt neuerdings die ſog. künſtliche Fiſchzucht gefolgt, welche haupt— ſächlich zur Vermehrung der lachsartigen Fiſche (Forelle, Lachs, Saibling, Aſche, Maräne 2c.), meiſtentheils Winterlaicher, dient. Die künſt— liche Fiſchzucht beſteht im weſentlichen in der künſtlichen Gewinnung, d. h. Befruchtung 570 Fiſchzucht. und Erbrütung des Fiſchlaiches. Bei Forellen und Lachſen iſt der natürliche Hergang des Laichgeſchäftes leicht zu beobachten. Gewöhnlich zieht ein Rogener (Weibchen) in Begleitung mehrerer Milchner (Männchen) über grobkieſige Stellen des Fluſsgrundes und bildet durch Schwanzbewegungen kleine Kiesgruben, in welche ein Theil der Eier abgelegt wird. Faſt gleichzeitig mit der Eiablage ſpritzt der Milchner Milch aus, und es erfolgt dann außerhalb des Mutter— leibes im Waſſer erſt die Befruchtung. Die häu— fige Beobachtung dieſes Vorganges, welcher faſt ſeine Anregung 1848 von Napoleon III. ge⸗ gründeten Fiſchzuchtanſtalt bei Hüningen im Elſaſs. Durch künſtliche Fiſchzucht können Bäche und Teiche leicht mit Forellen, Aſchen und Saiblingen, Seen mit Seeforellen, Saib— lingen und Maränen bevölkert werden. Der Lachs wird meiſtentheils nicht vom Züchter wiedergefangen, für dieſen wertvollen Fiſch müſſen Staat und Fiſchereivereine durch Anlage von Brutanſtalten eintreten. Die künſtliche Fiſchzucht zerfällt nach ihrer Thätigkeit in Gewinnung und Befruchtung des Laiches, Ausbrütung und Ausſetzung in geeig— nete Gewäſſer. Gewinnung und künſtliche Befruch⸗ tung des Laiches. Die Eierſtöcke der lachs— artigen Fiſche ſind zwei ſchmale, vielfach ge— wundene häutige Platten, welche zu beiden Seiten der Wirbelſäule liegen. Mit Beginn der Laichreife tritt durch das Wachsthum der Eier eine ſtarke Größenzunahme ein, jo daſs die Eierſtöcke dann faſt die ganze Bauchhöhle er— füllen. Die reifen Eier, welche bei Maränen⸗ arten 15—3 mm, bei der Aſche 3—4, bei der Bachforelle A—5, beim Lachs 5—6 mm groß ſind, fallen frei in die Bauchhöhle; jetzt fühlen Fig. 331. Abſtreichen des Laiches. allen Fiſchen gemein iſt, veranlaſste einen deut— ſchen Landwirt zu Lippe-Detmold, Stephan Ludwig Jacobi aus Hohenhauſen, ſchon im Jahre 1723, reifen Forellen die Eier und die Milch künſtlich abzuſtreichen, zu vermiſchen und in einem von Waſſer durchſtrömten Kaſten aus- zubreiten. Obgleich Jacobi vielen Gelehrten Mitthei— lung hievon machte, ſtammen doch die erſten gedruckten Nachrichten aus den Jahren 1763 und 1765. Trotz des großen Aufſehens, welche dieſe Entdeckung damals machte, beginnt doch der wirkliche Aufſchwung der künſtlichen Fiſch— zucht in den Vierzigerjahren unſeres Jahr- hunderts mit den verdienſtvollen Arbeiten des Embryologen Coſte in Paris und von der auf ſich die Bauchdecken weich an, und beim leiſeſten Druck, ja ſchon beim Heben des Fiſches fließt der Rogen durch die angeſchwollene, ſchmutzig⸗ rothe Geſchlechtswarze ab. Die Hoden der lachs— artigen Fiſche ſind zwei geſchloſſene Säcke, welche auch zu beiden Seiten der Wirbelſäule verlaufen, jedoch an ihrem hinteren Ende einen Ausführungsgang beſitzen. Nach kurzer Strecke verſchmelzen die gänge zu einem Canal, der vermittelſt eines ſchmalen Schlitzes hinter dem After ausmündet. Beim Eintritt in die Laichzeit beginnen ſich die graugrünen gallertartigen Hoden zu verflüſſigen und nehmen dann eine milchartige Färbung an.“ Gewöhnlich reift nicht alle Milch auf einmal, ſondern nach und nach, ſo daſs man längere beiderſeitigen Ausführungs- r N 8 Fiſchzucht. 371 Zeit von einem Milchner Milch in kleineren Portionen gewinnen kann. Große und ſtarke Fiſche müſſen der bequemeren Handhabung wegen vor Abnahme des Laiches durch einen Schlag auf den Kopf getödtet werden, kleinere Fiſche (Forellen) können jedoch durch vorſichtige Behandlung am Leben erhalten werden. Bei trockener und kühler Aufbewahrung kann Milch und Rogen, nachdem dieſelben bereits abge— ſtrichen ſind, bis zu 8 Tagen lebensfähig er— halten werden, wenn dieſelben geſondert in gut verkorkte Flaſchen gethan werden. Die künſtliche Befruchtung wird jetzt wieder allgemein nach der trockenen Methode, wie ſie zuerſt von Jacobi angewandt wurde, ausgeführt, die zwar von ſeinen Nachfolgern verlaſſen, aber von dem ruſ— ſiſchen Fiſchzüchter Wraszky wieder mehr in den Vordergrund gebracht iſt. Die trockene Befruchtung beſteht darin, daſs man zunächſt die Eier ohne Waſſerzuſatz in eine irdene oder hölzerne Schale abdrückt (Fig. 331), hierauf die Milch abſtreicht und beides entweder mit der Hand oder einer ſtarken Federfahne ſorg— fältig vermiſcht. Jetzt wird zunächſt wenig Waſſer hinzugeſetzt, wieder tüchtig umgerührt und das Ganze einige Minuten der Ruhe überlaſſen, während welcher Zeit die Samenkörperchen in die Eier dringen und die Befruchtung voll— führen. Auf ein Liter Eier genügt ſchon der Zuſatz von einigen Theelöffeln von Milch, um ie genügen Unze nn Samenförperchen | die genügende Anzahl von Samenk chen zuzuführen. Bei der naſſen Befruchtung würden entweder Eier und Milch gleichzeitig oder nach einander in eine Schale mit Waſſer gethan, jedoch erhält man bei dieſer Art nicht ſo viel Procent befruchteter Eier als bei der trockenen Befruchtung, weil die Samenkörperchen bereits nach wenigen Minuten abſterben und auch die Eier, wenn dieſelben bereits Waſſer aufgeſogen haben, ſchwer oder gar nicht mehr zu befruchten ſind. Das letztere muſs bei der naſſen Befruch— tung eintreten, weil dabei ja gewöhnlich die Geſchlechtsproduete nach einander dem Waſſer fe u m U eier find gelblich bis orange und ſtark durch— ſcheinend, während die abſterbenden Eier mei— ſtens ſchon nach kurzer Zeit weiß werden, jedoch laſſen ſich auch unbefruchtete Eier, beſonders von Lachs und Forelle, im fließenden Waſſer lange friſch erhalten, wenn dieſelben vor Er— ſchütterungen geſchützt werden. Eine nachträg— liche Befruchtung dieſer Eier iſt natürlich nicht möglich. Die befruchteten Eier gelangen nun zu ihrer Weiterentwicklung in Brutapparate. Die Ausbrütung. Da bei der natür- lichen Befruchtung der lachsartigen Fiſche durch Strömungsverhältniſſe bereits ein großer Theil der Eier unbefruchtet zugrunde geht, ſo wäre es ſchon vortheilhaft, die trocken befruchteten Eier an den Laichſtellen, wie es auch früher vielfach gethan wurde, auszuſtreuen. Nun drohen aber den Eiern, bevor aus denſelben die jungen Fiſchchen ausſchlüpfen, jo viel Gefahren, daſs es doch rathſamer iſt, dieſelben in beſonderen Apparaten aufzubewahren. Schon Jacobi be— nützte durchlochte Kiſten, auf deren mit Kies Eier beſtreuten Boden die gelegt wurden Jacobi'ſche Bruttiite. Fig. 332. Eine Verbeſſerung waren die von Kuffer in München erfundenen, aus Thon gebrannten Bachapparate mit Deckel (Fig. 333). In vielen Fällen werden ſchon dergleichen einfache Apparate genügen, aber klimatiſche Verhältniſſe und die Erbrütung großer Eier— Fig. 333. Bruttiegel nach Kuffer. zugeſetzt werden. Bei der trockenen Befruchtung beginnt jedoch die lebhafte Bewegung der Samen— körperchen, wenn die Eier am intenſivſten Waſſer aufſaugen und am leichteſten zu befruchten ſind. Die geſunden und gut befruchteten Salmoniden— mengen laſſen doch den Bau von froſtfreien Brutanſtalten als vortheilhafter erſcheinen. Es handelt ſich dabei durchaus nicht um den Bau von großen koſtbaren Anlagen, ſondern ein Raum von gewöhnlicher Zimmergröße genügt, 372 um hunderttauſende von Eiern zu erbrüten. Überhaupt iſt zum Erbrüten jeder froſtfreie, kühle Raum geeignet, durch welchen beſtändig gutes Waſſer fließt. Klares Licht iſt in der An⸗ ſtalt ſehr angenehm, doch kann man ſich auch zum Ausleſen der todten Eier der Lampe be- dienen. Directes Sonnenlicht iſt durch Vorhänge abzuhalten, aber durchaus unnöthig iſt das Dunkelhalten der Brutapparate. Das Bruthaus wird entweder kellerartig in die Erde gebaut oder beſteht, wenn es ſich nicht um ſehr große Anlagen handelt, aus doppelten Holzwänden mit Moosfüllung. Fenſter und Thüren ſind dem⸗ entſprechend auch doppelt herzuſtellen. Bei großen Etabliſſements iſt Steinbau vorzu⸗ ziehen. Eine weſentliche Rolle ſpielt nun das Brut⸗ waſſer. Für dasſelbe iſt in erſter Linie mög— lichſte Reinheit, Lufthaltigkeit und niedrige Temperatur zu fordern. Das Waſſer darf weder Salze noch Kalk, Kohlenſäure oder Eiſen in Fiſchzucht. In der Anſtalt ſelbſt werden nun die Brutapparate aufgeſtellt, welche aus Holz, Glas, Porzellan, Metallen ꝛc. gefertigt und in einer Unzahl von Conſtructionen bekannt ſind. Da zur guten Entwicklung eine reichliche Um⸗ ſpülung der Eier mit Waſſer nothwendig iſt, ſo lagert man jetzt die Eier gewöhnlich auf Sieben und Roſten, um das Waſſer auch von unten herantreten zu laſſen. Die gebräuchlichſten und empfehlenswerteſten neueren Apparate ſind die nachfolgenden. Der Bruttiſch (Fig. 334) iſt aus Cement, Mauerwerk oder Holz in Tiſch⸗ höhe gefertigt und beſteht aus einem ca. 40 em breiten und 13 em tiefen Troge, auf deſſen Boden zwei dreikantige Leiſten zum Auffſetzen der Brutſiebe befeſtigt ſind. Beſteht der Brut⸗ tiſch aus Holz, jo wird derſelbe innen ange- kohlt oder mit Pech oder Asphalt zur Dich⸗ tung und Desinfection geſtrichen. Am Waſſer⸗ ein⸗ und Abfluſs werden Sperrſiebe und in dem Abfluſs ein Blechrohr zur Regulierung Fig. 334. Bruttiſch. erheblichen Mengen enthalten, ſonſt iſt es gleich, ob es aus Quellen, Bächen, Flüſſen oder Tei⸗ chen ſtammt. Quellwaſſer pflegt an ſeinem Aus- tritt möglichſt rein zu ſein, leidet aber an Luft⸗ mangel und hat gewöhnlich eine zu hohe Tem- peratur, d. h. über + 6 C., während für die normale Entwicklung — 4° C. nicht überſchritten werden dürfte. Beiden Mängeln kann mit Leich⸗ tigkeit dadurch Abhilfe geſchafft werden, dajs man das Waſſer vor ſeinem Eintritt in die Anſtalt über Kiesgerölle zur Abkühlung und Luftaufnahme fließen läſst. Bach-, Flujs- und Teichwaſſer pflegen im Winter zwar immer die genügend niedrige Temperatur zu haben, doch kommt bei Thauwetter ſo viel Schlamm und Schmutz in die Anſtalt, daſs nur eine gute Filtration genügenden Schutz gewährt. Am beſten ſind hier die Kiesfilter, zu welchen in kleineren Anſtalten einfach mit Kies gefüllte Fäſſer benutzt werden. Doch auch bei Anſtalten mit Quellwaſſer thut man gut, Flanellfilter zur Abhaltung der Fiſchfeinde einzuſchalten. Aus den Filtern fließt dann das Waſſer in die Leitungen, von dieſen in die Brutapparate und aus letzteren in paſſende Abflüſſe, um wieder nach außen abgeleitet zu werden oder noch zur Speiſung von Fiſchhältern zu dienen. der Waſſerhöhe eingeſetzt. In die Bruttiſche ſetzt man nun Glasroſte, welche in Holzrahmen befeſtigt ſind, oder neuerdings Brutſiebe, welche aus feinem verzinnten Drahtgeflecht hergeſtellt werden. Wenn auch das Drahtgeflecht gut ver⸗ zinnt iſt, ſo thut dennoch ein dünner Überſtrich mit Asphaltlack in Terpentin gute Dienſte und iſt zum Überzug der Böden aller metallenen Brutapparate ſehr zu empfehlen. Ein 25 em im Quadrat meſſendes Sieb dieſer Art kann 2500 Bachforelleneier in einfacher Schicht auf- nehmen; bei der Erbrütung von ſehr großen Eiermengen können mehrere Reihen ſolcher Brutſiebe über einander in einen Bruttiſch ge⸗ ſetzt werden. Sobald die jungen Fiſchchen aus⸗ ſchlüpfen, thut man die Eier in größere, aus demſelben Geflecht gefertigte Käſten, deren oberer Rand über das Waſſer hinausragt. Der Holton'ſche Brutapparat beſteht aus rechteckigen Holzrahmen mit Siebböden, die einzeln auf- einandergeſetzt und mit einer Leine überſchnürt werden. Das Ganze wird in einen Kaſten ge⸗ jest, in welchem der Waſſereinfluſs am Boden und der Abfluſs oben iſt, jo Ddajs das ein⸗ fließende Waſſer von unten nach oben durch die ganze Rahmenreihe gehen muſs und die darauf ausgebreiteten Eier beſpült. Findet von — emen ſ A ne Fiſchzucht. 373 unten ſtarke Waſſerzufuhr ſtatt, ſo können die Eier auch in dickere Schichten gelegt werden; letzteres führte nun zur Conſtruction der cali— forniſchen Brutapparate. Die Conſtruction aller dieſer Apparate iſt im Princip folgende. In einen äußeren größeren Kaſten (Fig. 335) iſt ein zweiter, kleiner Kaſten mit Siebboden geſetzt, der an den Längswänden und der Abfluſswand glatt an den erſteren anſchließt und nur an der Ein— fluſswand und dem Boden abweicht. Der Ab- fluſs beider Käſten iſt gemeinſam, jo dajs das in den äußeren Kaſten einfließende Waſſer durch den Siebboden des inneren Kaſtens von unten ein. Kurz über dem Einfluss verläuft im In⸗ nern ein ca. 1˙3 em breiter Vorſprung rings— herum, auf welchem der innere Trog ruht. Der letztere iſt auf eine kurze Strecke über ſeinem Boden jo gefertigt, daſs er genau in den äußeren Kaſten pajst; dann verjüngt ſich der innere Trog und nimmt wieder nach oben mehr und mehr zu. Rings in der Verjüngung und im Boden des inneren Troges ſind Löcher an— gebracht, ſo daſs das Waſſer von außen durch den Boden eintritt und dann nach allen Seiten durch die Verjüngung wieder nach oben ver— mittelſt des Abfluſsrohres ausmündet. Bejon- ders die in neueſter Zeit aus Zink— blech hergeſtellten Modificationen dieſes Apparates in Rechtecksform ſind ausgezeichnet zur Aufnahme von Jungfiſchen in den erſten Le— TE bensſtadien. Die Schwierigkeiten, welche be— ſonders die Erbrütung von Core— goneneiern dem Züchter entgegen— ſtellt, hat v. d. Borne durch Con— ſtruction eines ſelbſtthätigen Appa— rates zu überwinden geſucht. Das Princip der Waſſerzufuhr iſt den frü— Fig. 335. Schuſters californiſcher Trog. eintreten muſs, ehe dasſelbe in den Abfluss gelangt. Um den Austritt der jungen Fiſchchen zu vermeiden, wird der Abfluſs durch ein Sieb abgeſperrt. Die Conſtructionen von v. d. Borne und Eckardt ſind der beſprochenen ähnlich. Häufig zieht man die Sperrſiebe weg und läſst die jungen Fiſchchen in untergeſetzte Fangkäſten ab— ſchwimmen. Bei all dieſen californiſchen Appa— raten tritt jedoch leicht eine Verſtopfung des Sperrſiebes durch Eiſchalen ein, auch werden die jungen Fiſchchen durch den ſtarken Strom an der einzigen Abfluſsſtelle gegen das Sieb gepreſst und . Zur Abhilfe dieſes Ubel- ſtandes hat La Valette St. George den Druck des Abfluſſes auf die Seitenwände des inneren Kaſtens gleichmäßig durch eine paſſende An⸗ derung vertheilt. Der Apparat iſt aus Fayence Fig. 336 La Valettes californiſcher Trog. gefertigt, wobei der äußere Trog eylindriſch iſt. An der Außenſeite desſelben verläuft ein ſenkrechtes Rohr (Fig. 336) und mündet un— mittelbar am Boden in den äußeren Kaſten her beſchriebenen Apparaten gleich, nur die Form iſt weſentlich geän— dert. Einäußerer viereckiger Kaſten von 50 em Höhe und 15—20 cm Weite im Qua⸗ drat nimmt einen Cylinder von 40 em Höhe und 10 em Durchmeſſer auf, welcher durch obere ſeit— liche Vorſprünge in dem großen viereckigen Kaſten hängt. Der Cylinder iſt oben offen und unten durch ein Drahtſieb geſchloſſen, außerdem paſst das oben angebrachte Abfluſsrohr genau in den Ausfluss des äußeren Kaſtens ein, jo daſs der in den äußeren Kaſten (Fig. 337) eingeführte Waſſer— ſtrom durch das untere Sieb des Cylinders geht und oben wieder abfließt. Durch genaue Regulierung dieſes Stromes werden die im Innern des Cylinders ſich befindenden Ma⸗ räneneier ſtändig hin und her bewegt. Da nun die abgeſtorbenen Eier ein geringeres ſpeeifiſches Gewicht als die geſunden haben, ſo ſchwimmen dieſelben bei guter Stromregulierung obenauf und fließen entweder von ſelbſt ab oder können vermittelſt eines Sieblöffels leicht abgeſchöpft werden. Sobald das Ausſchlüpfen der jungen Maränen beginnt, wird ein Fangkaſten unter die Abfluſsöffnung des Selbſtausleſers geſtellt. Eine Vereinfachung hat der Selbſtausleſer in der Schweizer Brutanſtalt Zug erfahren. Dort hat man ca. 60 em hohe Glasglocken in Ge— brauch, in deren unteres verjüngtes Ende direct ein ſtarker Waſſerſtrom eingeleitet wird. Die weite Offnung der Glocke iſt nach oben geſtellt, und dort fließen die todten Eier mit dem an allen Seiten überlaufenden Waſſer ab. Dieſe Glocken brüten ausgezeichnet; außerdem kann man ſich jederzeit ohne Betriebsſtörung von dem Zuſtand der Eier überzeugen, was bei den aus Zinkblech hergeſtellten Selbſtausleſern nach v. d. Borne nicht der Fall iſt. Wenn an den Laichgewinnungsſtellen ſchwer ein paſſender Raum mit fließendem Waſſer zu haben iſt, ſo empfiehlt ſich ſehr die Aufſtellung von Eisbrut- ſchränken, doch nur für die erſten Stadien der 574 Ausbrütung. Es wird eine Zahl mit Leinwand beſpannter Holzrahmen übereinandergeſetzt, nach⸗ dem auf der Leinwand jedes Rahmens eine Portion Eier ausgebreitet iſt. Auf den oberſten Rahmen wird ein größerer Kaſten mit ſchmel⸗ zendem Eis geſetzt, ſo daſs das abtröpfelnde Waſſer die auf dem dar⸗ unterliegenden Rahmen ausgebreiteten Eier jtän- dig feucht erhält. Zu lange dürfen jedoch Fiſcheier nicht in dieſer Weiſe be— Fiſchzucht. ſernen Pincetten iſt beſonders für größere Anſtalten zu zeitraubend. Die Entfernung der todten Eier iſt durchaus erforderlich, weil ſich auf denſelben Schmarotzerpilze, wie Sapro- legnia und Achlya finden, welche leicht durch weitere Wucherung zur Vernichtung der geſun⸗ handelt werden, da ſonſt die Eiſchalen, wie die Er⸗ fahrung gezeigt hat, zu dünn und leicht geſprengt werden. Daher thut man immer gut, dieſe Eier ſo bald wie möglich in fließendes Waſſer zu brin⸗ gen. Arbeiten in der Brutanſtalt und wei⸗ tere Entwicklung und; Pflege der Eier. Gleich nach der Befruchtung iſt den Eiern weder mit bloßem Auge noch mit dem Mikroſkop anzuſehen, ob eine Befruchtung in Wirklichkeit ſtattgefunden hat. Nach einigen Stunden iſt bei klaren Eiern (Maränen) mit dem Mikroſkop eine Verän⸗ derung des Keimen (Furchung) nachzuweiſen, wenn eine Befruchtung ſtattgefunden hat; bei trüben Eiern (Lachſen und Forellen) vergehen jedoch einige Wochen, ehe mit Sicherheit, ohne Be- handlung der Eier mit Reagentien, die ſtattge— habte Befruchtung erkannt werden kann. Die Trü⸗ bung des Dotters oder Auftreten von Oltröpfchen im Dotter, welche von vielen Züchtern als Kenn⸗ zeichen der Befruchtung in Anſpruch genommen werden, ſind ohne jeden Wert, da ſich beides auch Fig. 337 in unbefruchteten Eiern vorfindet. Gewöhnlich ſtirbt bei unvollkommener Befruchtung ſchon ein großer Theil der Eier kurz nach Vornahme der künſtlichen Befruchtung ab, jo daſs hierin ſchon das erſte Anzeichen für das Gelingen oder Nichtgelingen zu erblicken iſt. Unbefruchtete Lachs- und Forelleneier halten ſich häufig bei vorſichtiger Behandlung monatelang friſch, wäh— rend bei Coregonen ſehr bald die unbefruchteten Eier bis auf wenige abſterben. Die friſch be- fruchteten Eier müſſen, nachdem dieſelben in Brutapparate eingelegt ſind, in der erſten Zeit möglichſt ſchonend behandelt werden, da hef— tige Erſchütterungen leicht den Tod der Eier herbeiführen. Jedoch gehen hierin viele Züchter zu weit, indem ſie die friſchen Eier kaum be⸗ rühren wollen, obgleich denſelben ein vorſich⸗ tiges Abſpülen, wenn ſich Schlamm angeſetzt hat, gar nicht ſchadet, zumal hiedurch dem Anſatz von Pilzen vorgebeugt wird. Vor allem müſſen die todten Eier durch regelmäßiges Ausleſen täglich entfernt werden. Hiezu bedient man ſich aus Meſſing gefertigter löffelartiger Pin⸗ cetten oder ähnlicher aus Holz und Rohr ge⸗ ſchnitzter Inſtrumente. Das Ausleſen mit glä- > Von dem Bornes Selbſtausleſer. den Eier beitragen und ſo den Inhalt ganzer Bruttröge binnen kurzem zerſtören. Mit der Zeit wird auch dem bloßen Auge die Verände⸗ rung im Ei und die allmähliche Heranbildung des jungen Fiſchchens ſichtbar, da ſich die Augen recht bald durch zwei große ſchwarze Flecke be⸗ merkbar machen und ſich die jungen Fiſchchen im Ei zu bewegen beginnen. Mit dieſer Zeit treten neue wichtige Arbeiten in der Brutan⸗ ſtalt ein, nämlich das Zählen der Eier und deren Transport nach anderen Brutanſtalten ꝛc., bedingt durch die jetzt größere Widerſtands⸗ fähigkeit der Eier gegen größere Erſchütterungen. Außerdem pflegen bis dahin die unbefruchteten Eier faſt ſämmtlich abgeſtorben zu ſein, jo dajs ſich die Höhe der Laichgewinnung bemeſſen läſst. Zur Zählung der Eier bedient man ſich aus Metall angefertigter cylindriſcher Eiermaße, deren Boden- und Seitenwände zum Abjlujs des Waſſers durchlocht ſind. jo angefertigt, daſs gewöhnlich 1000 oder 10.000 Eier von beſtimmtem Durchmeſſer ein ſolches Maß anfüllen. Es mujs alſo vorher noch der durchſchnittliche Durchmeſſer der zu meſſenden Eier beſtimmt werden, und hiezu bedient man ſich eines Lineals aus Blech, welches an ſeiner Centimetereintheilung eine vorſpringende Leiſte hat. Auf dieſer Leiſte werden gewöhnlich 50 Eier nebeneinandergelegt, deren Geſammtdurchmeſſer beſtimmt und hieraus der Durchſchnitt gebildet wird. Die Durchſchnittsgrößen der Eier ſind fol⸗ gende: Maränenarten = 15—3 mm, Aſche — 3—4 mm, Bachforelle und Meerforelle — 4 bis 5 mm, Lachs = 5—6 mm. Verſendung der angebrüteten Eier. Sobald ſich die Augenflecke zeigen, iſt die günſtigſte Zeit für den Verſandt der Fiſcheier gekommen. Die Maße ſind u f * 5 rene Fiſchzucht. Da die meiſten unſerer Salmoniden Herbſt- oder Winterlaicher ſind, ſo findet auch der Verſandt in den Wintermonaten Januar und Februar hauptſächlich ſtatt. Hieraus erhellt, daſs die Eier froſtfrei verſendet werden müſſen, beſonders da dieſelben auf feuchte Unterlagen gebettet ſind. Die am meiſten gebräuchliche Verpackung iſt folgendermaßen: die Eier werden in niedrigen Holzkäſtchen mit angefeuchteter Watte und Mouſ— ſeline verpackt; mehrere dieſer Käſten werden dann übereinandergeſetzt und zuſammengeſchnürt, nachdem in den oberſten Kaſten nur Eis gethan iſt. Die zuſammengeſchnürten Käſten ſetzt man in eine größere Kiſte, und der an ꝛallen Seiten entſtehende freie Zwiſchenraum wird mit Moos, Heu, Schwamm ꝛe. angefüllt, um die Außentem— peratur möglichſt fernzuhalten (Fig. 338). So verpackte Eier vertragen leicht Trans— porte bis zu einer Woche; das im Innern ab— 575 Temperatur des Brutwaſſers abhängig; ſo ſchlüpfen bei einer Waſſertemperatur von + 2 C. Forellen nach 170 und Maränen nach 80 bis 90 Tagen aus. Bei Waſſer von 8° C. ſchlüpfen Forellen nach 70 Tagen und bei 10° C. ſchon nach 40 Tagen aus. Nach Sprengung der Ei— ſchale kriechen die zarten und durchſichtigen jungen Fiſchchen gewöhnlich mit dem Schwanze voran aus. Bei den Thieren, welche zuerſt mit dem Kopfe die Eihülle durchbrechen, tritt ge— wöhnlich Tod durch Zerreißen des Dotterſackes ein. Gleich nach dem Ausſchlüpfen meſſen die jungen Forellen 15 mm, die größeren Maränen— arten 8 mm. Da bei dem Wachsthum der jungen Fiſchchen im Ei nicht aller Nahrungsdotter auf— gezehrt iſt, ſo bringen junge Lachſe und Forellen einen großen, birnförmigen Dotterſack, an der Bauchſeite befeſtigt, nach Verlaſſen der Eiſchalen mit. Dieſer Dotterſack, welcher die jungen Forellen und Lachſe vermöge ſeiner Schwere am II N AUS Fig. 338. Verſandtkiſte. tropfende Waſſer genügt zur Erhaltung der Eier. Auf dem Deckel der Verſandtkiſte wird eine 1 Adreſſe geklebt, welche die Bemer— kungen „Nicht in geheizte Räume ſtellen!“ „Nicht dem Froſt ausſetzen!“ „Nicht ſtoßen!“ „Nicht werfen!“ 2c. neben der Angabe „Lebende Fiſch— eier“ tragen muſs. Bei der Auspackung thut man gut, die Eier nicht ſofort in die neuen Brutapparate zu thun, beſonders wenn das neue Brutwaſſer möglichſt warm iſt. Man feuchtet dann die Eier erſt mehreremale mit dem Brut— waſſer an, bevor dieſelben in die Apparate ge— legt werden. Iſt Verpackung und Transport gut geweſen, ſo finden ſich beim Auspacken auch nur wenig abgeſtorbene Eier vor, welche natür— lich ſofort zu entfernen ſind. Die Zeit, welche von der Befruchtung der Eier bis zum Ausſchlüpfen vergeht, iſt von der Grunde feſthält, reicht noch, der Waſſer— wärme entſprechend, für eine Ernährung bis zu 60 Tagen aus. Mit der allmäh⸗ ligen Aufzehrung des Dotterſackes wer— den die Fiſchchen beweglicher und dunkler gefärbt. Jetzt beginnen dieſelben auch bereits Schlupfwinkel aufzuſuchen, ja häufig drängen ſich die Fiſchchen des ganzen Apparates wie ein Bienen— ſchwarm in eine Ecke zuſammen, jo dajs einem Theil derſelben der Waſſerzufluſs gänzlich abgeſchnitten wird und dieſe Fiſchchen abſterben. Zu der Zeit thut man dieſe Fiſchchen am beſten in große Drahtſiebe, auf deren Grund kleine Steine, um welche ſich dann die jungen Lachſe und Forellen gruppieren, gelegt werden. Die jungen Maränen beſitzen nur eine kleine, kugelförmige Dotter— blaſe; dieſe Fiſchchen ſchwimmen ſchon nach wenigen Tagen an der Waſſer— fläche lebhaft umher und bedürfen daher weniger Sorgfalt als die vorigen. Nach— dem in den erſten Tagen nur wenige Fiſchchen auskriechen, nimmt das Aus— ſchlüpfen von Tag zu Tag zu, jo dais bald tauſende an einem Tage die Ei— hüllen verlaſſen. Dann verringert ſich die Zahl allmählich, ja einige Thierchen derſelben Brut ſchlüpfen erſt einige Wochen ſpäter als die Hauptmaſſe aus. So— wohl die zuerſt als die zuletzt ausſchlüpfen— den Fiſchchen pflegen zugrunde zu gehen und ſind häufig verkrüppelt. Doch auch bei den zur Zeit geborenen Fiſchen finden wir, wie bei allen Thieren, Krüppel und Miſsgeburten mit zwei Köpfen oder zwei Schwänzen, oder ſogar zwei völlig entwickelte Fiſchchen an einem Dotterſack. Dieſe Thiere gehen mit dem Verluſte der Dotter— blaſe ſpäteſtens zugrunde, da ſie unfähig ſind, ſich reichlich Nahrung zu ſuchen. Nach Aufzehrung des Dotterſackes iſt die Brut zum Ausſetzen reif, dieſes tritt bei Maränen von Ende März bis Mitte April, bei Lachſen, Saiblingen und Forel— len gegen Anfang Mai ein. Die Eier von Aſche (Thymallus vulgaris), Regenbogenforelle (Trutta irideus) und des Huchens (Salmo hucho) kom— men erſt April oder Mai in die Brutanſtalten, 576 da dieſe Salmoniden Frühjahrslaicher jind. Die Jungbrut dieſer Fiſche kommt dann gewöhnlich im Juni zur Ausſetzung. Die Fütterung von jungen Forellen, Lachſen ꝛc. in der Anſtalt iſt nur in Nothfällen zu empfehlen; man ver⸗ wendet dazu Kalbshirn, Blut oder kleine Waſſer⸗ thiere (am beſten Flohkrebſe). Vortheilhafter da- gegen iſt die Fütterung der jungen Coregonen, da deren jehr zarte Brut zu wenig widerſtands⸗ fähig iſt und leicht anderen Thieren zur Beute fällt, während junge Lachſe und Forellen ſich leicht vor ihren Feinden in Schlupfwinkeln ver- bergen. Zur Fütterung der Coregonen gehört vor allem lebendes Futter, d. h. kleine Krebs⸗ thiere (Daphniden, Cyelopiden ꝛc.), welche im erſten Frühjahr aus ſeichten Waſſertümpeln in Unmengen zu ſchöpfen ſind; ohne dieſelben iſt die Auffütterung bis jetzt nicht gelungen. Zur Zucht dieſer niederen Krebsthiere eignen ſich flache Teiche, in welche faulendes Laub gewor— fen wird. Ausſetzen der Brut in geeignete Ge— wäſſer. Soll die in der Brutanſtalt gezüchtete Brut nicht in Aufzuchtgräben oder Teichen (ſ. d. Fig. 339. Transportkanne für Salmoniden. unter Teichwirtſchaft) weiter gehalten werden, ſo mufs dieſelbe in den meiſten Fällen nach den Ausſetzungsorten transportiert werden. Sind die Entfernungen nur gering, dann können beliebige mit Waſſer und Eis gefüllte Gefäße verwendet werden, dauert der Transport mehrere Stunden oder ſogar Tage, ſo bedient man ſich dazu eigens angefertigter Transportkannen (Fig. 339). Die Gefäße ſind aus Zinkblech und haben in kurzer Entfernung über dem feſten Boden noch einen zweiten durchlochten oder aus Draht- geflecht gearbeiteten Boden. Vom Zwiſchenraum dieſer beiden Böden führt ein Rohr nach oben, ſo daſs bei der Neufüllung mit Waſſer der im Zwiſchenraume angeſammelte Schmutz bei Nei⸗ gung der Kannen durch dieſes Rohr entweicht. Außerdem kann vermittelſt eines Blaſebalges Luft durch dieſes Rohr in die Transport⸗ kanne gepumpt werden, wobei der durchlochte zweite Boden eine ſtärkere Vertheilung der Luft bewirkt. Zum Verſchluſs der Kanne wird ein durchlochter, mit Eis gefüllter Blechcylinder be⸗ nützt. Die Kühlung des Waſſers iſt das weſent⸗ lichſte Moment, denn je kälter dieſes gehalten wird, umſomehr Fiſche können in der gleichen Fiscus. Waſſermenge transportiert werden; es genügen 401 Waſſer von 3° C., um 6000 junge Lachſe oder 20.000 Maränen mehrere Stunden ohne Waſſerwechſel zu transportieren. Will man die Temperatur für längere Zeit auf wenige Grade über Null erhalten, jo werden die Transport- kannen mit einem Gemenge von Sägeſpänen und Eis umgeben und in größere Körbe geſtellt. Als Ausſetzungsorte ſind natürlich Laichplätze am geeignetſten, da ſich dort die beſten Bedin⸗ gungen für die Jungbrut vorfinden; für Lachſe und Forellen kleine Bäche und Flüſſe, in denen flaches Waſſer ſtark über Steine und Kies ſtrömt, für Aſchen ruhigere und pflanzenreichere Fluſsſtrecken, für Maränen und Saiblinge die mit Laichkräutern bewachſenen Seeufer. Zur Verhütung von zu ſchnellem Temperaturwechſel füllt man die Transportkannen an den Aus⸗ ſetzungsorten allmählich mit dem dortigen Waſſer auf und bringt die Fiſchchen in kleinen Portionen getrennt aus, um ſie der Nachſtellung durch Fiſchfeinde möglichſt zu entziehen. Literatur: Ackerhof, Die Nutzung der Teiche und Gewäſſer durch Fiſchzucht und Pflan⸗ zenbau, Quedlinburg 1869. — Baird, Spencer S., Report of the Commis- siones of Fish and Fisheries. Wa⸗ ſhington 1870-1884. — Benecke B., Fiſche, Fiſcherei und Fiſchzucht in Oſt⸗ und Weſtpreußen, Königsberg 1881. — Derſelbe, Die Teichwirt⸗ ſchaft, Berlin 1886. — Bergerie, Anweiſung, Fiſchteiche anzulegen und zu beſetzen, Quedlinburg 1839. — Beta, Die Bewirtſchaftung des Waſ⸗ ſers, Leipzig und Heidelberg 1868. — Borne M. v. d., Die Fiſchzucht, Berlin 1885. 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Unter Auguſtus unterſchied man noch aerarium populi mit Senatsverwaltung und fis- cus caesaris, unter den ſpäteren römiſchen Kaiſern aber bezeichnete man beide mit fiscus, indem man den kaiſerlichen Schatz, wie in Deutſchland bis in unſer Jahrhundert das Vermögen der Landesherren (ſ. Domänenweſen), nicht mehr von dem Staatseigenthume trennte. Der Fiscus war mit großen Privilegien aus⸗ geſtattet, welche bei der Reception des römiſchen Fiscus. — Fitislaubvogel. 377 Rechtes in Deutſchland beibehalten, durch die ſpätere Geſetzgebung aber theilweiſe beſeitigt wurden. Nach römiſchem Rechte, wie nach der ge— ſammten deutſchen Civilgeſetzgebung hat der Fiscus einen Anſpruch auf erbloſe cbona va- cantia) und herrenloſe (adespota) Sachen. Weiter geht die Bevorzugung des Fiscus nach dem franzöſiſchen Code civil nicht. Weitere Privilegien ſind nach dem preußi— ſchen allgemeinen Landrechte und anderen Par— ticularrechten dem Fiscus dadurch gewährt, daſs derjenige, welcher vom Fiscus gekauft hat, Dritter nicht beunruhigt werden kann, dajs fiscaliſche Sachen der ordentlichen Verjährung entzogen ſind (nach preußiſchem Landrechte, mit Ausnahme der Steuern, eine Verjährungsfriſt von 44 Jahren), daſs der Fiscus für ſeine Vertragsverbindlichkeiten keine Zinſen zu ent— richten hat, demſelben dagegen für alle fälligen Anſprüche Zinſen zu zahlen find, und dass der Fiscus an die Stelle eines unwürdigen Erben (Indignitätsfälle bis zu 9) tritt (nach dem preußiſchen Landrechte jedoch nicht). Der Satz in dubiis contra fiscum iſt jo zu verſtehen, daſs die Privilegien des Fiscus ſtreng auszulegen ſind. Die deutſche Civilproceſsordnung vom 30. Januar 1877 beſtimmt, gleich dem fran— zöſiſchen Civilproceſſe, den allgemeinen Gerichts— ſtand des Fiscus nach dem Sitze der Behörde, welche berufen iſt, den Fiscus in dem Rechts- Taſchenb. IL, p. 187 (1802); ſtreite zu vertreten (S 20). Für bürgerliche Rechtsſtreitigkeiten, für welche nach dem Ge— genſtande oder der Art des Anſpruches der Rechtsweg zuläſſig it, darf ($ 4 des Ein- führungsgeſetzes) aus dem Grunde, weil als Partei der Fiscus, eine Gemeinde oder eine andere öffentliche Corporation betheiligt iſt, der Rechtsweg durch die Landesgeſetzgebung nicht ausgeſchloſſen werden. Der privilegierte Ge— richtsſtand ſowie die übrigen proceſſualen Vor— rechte des Fiscus ſind ſomit beſeitigt. Bezüglich der Vertretung des Fiscus im Civilproceſſe j. forſtliche Rechtsvertretung. Die deutſche Concursordnung vom 10. Fe— bruar 1877 weist dem Fiscus bezüglich der im letzten Jahre vor der Eröffnung des Con— cursverfahrens fällig gewordenen öffentlichen Abgaben bei Berichtigung der Forderungen den zweiten Rang an, indem ihm nur die Dienſtboten u. ſ. w. des Gemeinſchuldners mit ihren rückſtändigen Forderungen an Lohn u. ſ. w. vorgehen. gleich in Anſehung der zurückgehaltenen oder in Beſchlag genommenen zoll- und ſteuerpflich— tigen Sachen. Bezüglich der Confiscationen zu gunſten des Fiscus in Strafrechtsfällen ſ. Einziehung. Cautionen (ſ. d.) verfallen ebenfalls dem Fiscus, wenn der Angeichuldigte ſich der Unter— ſuchung oder der erkannten Freiheitsſtrafe entzieht. Der Fiscus wird nach den einzelnen Ver— mögenszweigen unterſchieden, z. B. Militär-, Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. Der Fiscus ſteht nach $ 41 wegen öffentlicher Abgaben den Fauſtpfandgläubigern Eiſenbahn⸗, Forſtfiscus, fiscaliſche Waldungen (ſ. Stgatswaldungen) u. ſ. w Arar (aerarium, Schatz) iſt mit Fiscus gleichbedeutend (z. B. Forſtärar, ärarialiſche Waldungen), jedoch in der a a gebräuchlich. Fiscus. Klagen gegen den Fiscus (rar) welche nicht vor die Realinſtanz (ſ. Behörden) gehören, ſind regelmäßig bei demjenigen Ge— richte anzubringen, in deſſen Sprengel der Sitz der Finanzprocuratur ſich befindet. Mcht. Fiſetin (Fuſtin), CH Os, findet ſich neben einem rothen Farbſtoff und einem Gerb— mit Eigenthums⸗ oder ſonſtigen Ansprüchen ſtoff im Fiſetholz von Rhus cotinus und ſcheidet ſich aus dem Extract in kleinen gelben Nadeln als Bodenſatz ab. v. Gn. Fissilinguia, ſ. Spaltzüngler. Kur. Fissirostres, Spaltſchn n die zweite Ordnung der Vögel, ſ. Syſt. d. Ornithol.; ſie zerfällt für Europa in die Familien Caprimul- gidae, Nachtſchwalben, Cypselidae, Segler, und Hirundinidae, Schwalben; ſ. d. E. v. D. Fitinzeifig, ſ. Fitislaubvogel. E. v. D. Fitis, brauner, ſ. Weidenlaubvogel. E. v. D. FJitislaubvogel, Phyllopneuste tro- chilus, Linné. Motacilla acredula, Linné, Faun. Suec., p. 96, n. 2 5 (1746): Ficedula asilus, Brisson, Orn. IL, p. 479 (1760); Mo- tacilla trochilus, Linne, pet. Nat. I., p. 338 (1766); Sylvia trochilus (L.). Scop. Ann. I. Hist. Nat., p. 160, no. 238 (1769): Motacilla fitis, Bechstein, Gemeinn. Naturgeſch. Deutſchl. IVI p. Sr (1795): Sylvia fitis, Bechst., Orn. Ficedula fitis (Bechst.), Koch, Bayr. Zool. I., p. 159 (1816): Sylvia flaviventris, Vieill.. Nouv. Diet XI. p. 241 (1817); Trochilus medius, Forst. Synopt. Cat., p. 15 (1817); Phylloscopus, Boie (Sylvia trochilus L.). Isis, 1826, p. 972; Regulus tro- chilus (L.), Flem., Brit. Anim., p. 72 (1828): Curruca viridula, Erh., Symb. Phys., fol. bb (1829); Phyllopneuste arborea, Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 427 (1831); Phyllopneuste fitis (Bechstein), id., ibid., p. 427: Phyllo- pneuste acredula, id, ibid., p. 7 75 Phyllo- pneuste trochilus (L.), id., ibid., p. 429: Fice- dula trochilus (L), Keys. und Blas „Wirbelth. Europas, p. 56 (1840): Phyllopneuste septen- trionalis. Chr. L. Brehm, Vogelfang, p. 232 (41853); Phyllopneuste gracilis, id., ibid., p. 232: Sylvia (Asilus) trochilus (L.). G. R. Gray, Hand. L. of B. I., p. 214, no. 3032 (1869): Phyllopneuste trochilus (L.), Giebel, Thesaurus Orn. III., p. 121 (1877). Abbildungen: 1. Vogel. Naumann, Vögel Deutſchl., T. 80, Fig. 3; Dreſſer, B. of Europe, II., T. 75, Fig. 2, und T. 76, Fig. 2. — Eier. Thienemann, Abbildungen von Vogeleiern, T. 19, Nr. 9,a—c; Bädecker, Die Eier der europäiſchen Vögel, T. 19, Nr. Seebohm, A. History of british birds I, T. 10. Fitisſänger, gemeiner 2 gelber Fitis, Laubvögelchen, gelbfüßiger Laubvogel, großer Weidenzeiſig, Weidenmücke, Weidenblatt, Wei denblättchen, Aſilvogel, Sommerkönig, Schmittl, Wiſperlein, Backöfelchen, Fitis, Fiting, Fitichen. III. Bd. 10 A R 578 Böhm.: Budnicek vetsi; engl.: Willow- wren; dän.: Loosanger, Spurvekonge; finn.: Pajutiainen, Paarmalintu. Pajukerttu; frz.: Pouillot-fitis; holl.: de Fitis; ital.: Regolo comune, Regolo maggiore, Regolo cenerino, Lui grosso, Lui giallo, Trochilo, Ciauein, Lui, Tui, Tuin, Beccafigh piscinin, Tuin-tuit, Vi- daren, Morett, Tuinott, Tuin gross, Tui vert, Becagnök, Trentapez, Ciouvi, Tuen, Limunzen, Sterlen, Reatein. Ciuin, Ciuci Calandrin. Fo- gieta, Tuit, Verdesin, Ocioboin, Fuin, Pio- parin. Papamoschin, Ocio de bo, Papemoschin, Pri. Pennizza, Foinaz, Tait, Tui-tui, Foim, Tuio, Bouscarletta, Petouva, Boön. Beccafico finocchio, Pui, Biillo, Facedua gialletta, Per- ciarivetti. Virduliddu, Sperciamacchi. Riiddu grossu, Bufula, Rossignol bastard; froat.: Brezja Zenica; lappländ.: Rifsaktsitsach, Riev- sak-eicasch; malt.: Bu fula; maur.: Simriz; norweg.: Loosanger; poln.: Gajowka pierwio- snka; portug.: Folosa; jpan.: Mosquitero, Mosquilla, Pinzoletica, Ull de bou; ſchwed.: Löfsängare, Skogsknett; ungar.: közönseges Lombzener. Der Fitislaubſänger kommt als Brutvogel vor in Weſt⸗ und Centraleuropa, nördlich bis Lappland und Kola, ſüdlich bis zum Mittel- meer, einige brüten auch in Nordweſtafrika und Ungarn; in Ruſsland geht ſeine Verbrei— tung als Brutvogel nicht ſo weit ſüdlich, in Aſien kommt er brütend bis zum Jeniſey öjt- lich vor und geht bis zum 70. Grad nach Norden. Die öſtlichen Vögel ziehen im Herbſte nach Weſten und ſcheinen am Kaſpiſchen Meere, 3. B. bei Lenkoran, und in Perſien und Klein⸗ aſien zu überwintern; in Paläſtina, Griechen⸗ land und Türkei wird er nur im Winter be- obachtet, in Italien und Spanien bleiben einige im Winter zurück; die Hauptmaſſe der euro- päiſchen Vögel geht im Herbſte nach Afrika hinüber und wandert hier ſüdlich bis zum Capland, Natal und Transvaal. Zotallänge 8. 12:7 cm Slügellänge....... 58 Schwanzlänge ..... 6 = Tir „ Schnabel 0˙92 „ (Braunſchweig, Mai 1845, Mus. brunsv.) Der Schnabel iſt gerade, pfriemenförmig zugeſpitzt, der Oberſchnabel an der Spitze über den Unterſchnabel hinab abwärts gebogen, etwas eingekerbt, die Firſte ſchwach vor den Naſengruben eingedrückt, der Kiel nach hinten abgeflacht, nicht winkelig vorſpringend, der Aſt⸗ winkel mäßig breit ausgerundet. Die Naſen⸗ gruben nach vorn breit eirund verſchmälert, von obenher mit einer Membran über die Hälfte verdeckt, darunter die ziemlich breiten, vorn zugeſpitzten Naſenlöcher, die von kleinen Federchen mit vorragenden Haarſpitzen verdeckt werden. Der Flügel iſt von mittlerer Länge, ragt in der Ruhe bis zur Mitte der Schwanzfedern hinab, iſt mäßig abgerundet. Die 3., 4. und 3. Schwungfeder bilden die Flügelſpitze und ſind auf der Außenfahne bogig eingeſchnürt. 5 5 22 6 MH Fitislaubvogel. Der Schwanz iſt von mittlerer Länge, i der Mitte ſtark eingekerbt. 4 Die Läufe find lang und ſchlank, die Krallen mäßig gebogen, ſeitlich comprimiert, unten zweiſchneidig, zugeſpitzt. R Altes Männchen im Frühjahr. Die ganze Oberſeite iſt hellbräunlich- oder oliven⸗ grüngrau, vom Naſenloch zieht ein ſehr ſchmaler gelblicher Streif über das Auge hin, Zügel bräunlichgrau, mit ähnlich gefärbten Streifen hinter dem Auge hin. Wangen und Halsſeiten gelblichgrau. Schwingen und Schwanzfedern braungrau mit ſehr ſchmalen grünlichen Säu⸗ men. Die ganze Unterſeite weißlich mit grauem Anfluge auf der Oberbruſt und gelblich flecken⸗ weiſem Anfluge hier, an dem Halſe, den Rumpf⸗ ſeiten, den Unterſchwanz- und Schenkelfedern. Unterflügel hell-grünlichgelb. Die gelbgrünen Farben verbleichen immer mehr, die Ränder der Federn reiben ſich durch den Gebrauch ab, jo daſs man kurz vor der Mauſer alte Exemplare findet, die eine faſt reinweiße Unterſeite zeigen. 4 Das alte Männchen im Herbſte nach der Mauſer ſieht viel ſchöner aus als im Früh⸗ jahr. Die grünlichen breiten Federſäume geben der Oberſeite einen lebhaft olivengrünlichen, der Unterſeite einen leuchtend gelbgrünen An⸗ ſtrich, ſämmtliche Schwingen haben einen weißen Saum an der Spitze und die äußere Schwanz⸗ feder einen weißen Saum der Außenfahne. Das Weibchen iſt kleiner und etwas matter in den Farben. Die Jungen im Neſtgefieder gleichen den Alten im Frühjahrskleide, haben aber viel ſchmutzigere Farben, nach der Mauſer gleichen ſie wieder den Alten nach der Herbſtmauſer, zeichnen ſich aber durch ein noch leuchtenderes Grüngelb der Unterſeite und Schmutzigzeiſig⸗ grün der Oberſeite aus. Der Schnabel iſt braun, an den Schneiden und der Baſis des Unterſchnabels gelblich, die Iris dunkelbraun; Läufe, Zehen und Krallen bräunlich, an den Sohlen am hellſten, gelb⸗ bräunlich. Die Beſchreibungen wurden genommen nach Exemplaren aus der Gegend von Braunſchweig, aus Weſtfalen, Nordweſtafrika und Derbent, theils aus dem Muſeum zu Braunſchweig, theils aus meiner Sammlung. 2 Der Fitis brütet regelmäßig zweimal im Sommer. Das Gelege beſteht aus 5, 6 oder 7 Eiern Dieſelben ſind von ſtumpfeiförmiger Geſtalt, Längsdurchmeſſer durchſchnittlich 15˙2, Querdurchmeſſer 12˙2, Dopphöhe 7˙1 mm. Auf weißer Grundfarbe ſind dieſelben hellbräun⸗ lichroth gefleckt; bisweilen ſind die Flecken gleichmäßig über das ganze Ei vertheilt, bis⸗ weilen bilden ſie am ſtumpfen Ende eine dich⸗ tere Zone. 2 2 Die Schale iſt faſt glanzlos, von rauhem Korn und mit ſehr zahlreichen Poren verſehen Das Neſt iſt backofenförmig gebaut, mi dem Eingang von der Seite; es ſteht zwiſchen Grashalmen oder im Gebüſch dicht auf Dei Erde oder dicht über der Erde im Gebüſe Außen beſteht es aus Grashalmen und iſt inne ſorgfältig mit feinen Würzelchen, Pferdehaar — Fittich. — Flächenberechnung. 579 und ſehr vielen kleinen Federn ausgelegt. Dasſelbe iſt ſehr ſchwer zu finden, am beſten noch, wenn man das Männchen ſingen hört und nun ruhig wartet, bis das Weibchen in der Nähe an den Boden fliegt und zu Neſte geht, oder wenn man beim Durchſtreifen der Büſche das Weibchen von der Erde bluſternd aufjagt. Die Fitislaubvögelchen kommen bei uns in Mitteldeutſchland Ende März bis Mitte April an und ſchreiten Ende April zum Neſt— bau; im Mai findet man das erſte volle Ge— lege, im Juli das zweite. Die Zeit der Bebrü— tung der Eier beträgt 13 Tage, die Männchen löſen das Weibchen mittags auf einige Stunden beim Brüten ab. Anfang bis Ende September verlaſſen ſie uns, um nach dem Süden zu ziehen. Sie wandern bei Nacht, einzeln oder zu mehreren Individuen zuſammen. Die Alten mauſern Ende Juli, die Jungen im Auguſt. Unſer Vogel iſt einer der lieblichſten, mun— terſten und unermüdlichſten Sänger, der mit unter den erſten eigentlichen Sängern bei uns eintrifft und zahlreich unſere Wälder und größeren Parkanlagen belebt, dabei ſehr zu— traulich, ſo daſs man ſich aus nächſter Nähe an ſeinen flatternden, hüpfenden, ſchlüpfenden, außerordentlich gewandten Bewegungen er— freuen kann. Seine Lockſtimme iſt ein ſanft pfeifendes: huid, hüid, ſein Paarungsruf ein feines Zirpen, ſein Geſang klingt ungefähr folgendermaßen: Dididi die die düe düe düe dea dea düe deida deida da. Er läſst denſelben ſofort nach ſeiner Ankunft erſchallen, ſingt faſt den ganzen Tag über bis in den Abend hin und läſst ſich noch im Auguſt bisweilen im Walde hören. Seine Hauptfeinde ſind das Raubzeug, das auf der Erde die Neſter plündert, wie Füchſe, Katzen, Wieſel, Ratten und die Krähen, Elſtern, Heher und Würger. Seine Nahrung beſteht in kleinen In— ſecten. Durch maſſenhaftes Wegfangen derſelben an den Blüten und Knoſpen der Bäume ſind ſie ſehr nützlich. Bei ihrer Zutraulichkeit laſſen ſie ſich außerordentlich leicht fangen und ſchießen. Das Fleiſch iſt ſehr wohlſchmeckend, glück— licherweiſe der Braten aber jo klein, dajs man bei uns ſie nicht zum Eſſen tödtet. In Italien hingegen erhält man ſie häufig mit unter dem als Gericht für die Feinſchmecker bekannten Namen „Lecelli“. R. Bl. Jittich, der, ahd. fedach, mhd. vetach, vetch, vetich, der Vogelflügel oder auch nur der äußerſte Theil desſelben vom Handgelenk an, alſo jener, an welchem die Handſchwingen haften, „alas fedacha*. Gloſſ. Rd. a. d. VIII. Jahrh., Germania XI., p. 34 ff. — „ale. vet- tache.“ Gloſſ. a. d. XII. Jahrh., Cod. ms. Vindob. no. 2400. „ala vetich.“ Id., no. 896. — „Der elbiz hat sein sterk in den vetachen.“ Conrad v. Megenberg, Buch der Natur, 174, 14. — „aller enden an seynem (des falken) leybe,... an dem snabel, vnd an seine weiduensteren vnd an seynen uitichen.“ Abh. v. d. Beizjagd, Cod. ms. Vindob. no. 2977 a. d. XV. Jahrh. — „Vnd ſo mann jm (dem habich) das äſſe beüt | jo beyſſet er dauon vnd ſchwenckt eynen vettig .. .“ Ein ſchons buchlin von dem Beyſſen, Straßburg 1510, fol. 16 r. — Im Nd. allgemein. — Graff, Ahd. Sprchſch. III., p. 478. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 288 a. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 331. — Grimm, D. Wb. III., p. 1690. — Sanders, Wb. I., p. 452 a. — Schmeller, Bayr. Wb. I., p. 778. E. v. D. Fixierung der Abänderungen und der Charaktere. Die Lehre von der natürlichen Züch— tung geht von der Anſchauung aus, dajs, wenn auch die Charaktere der Organismen als va— riabel erſcheinen, doch für dieſe Variabilität eine Grenze beſtehe, über die hinaus die Ab— änderung durch natürliche Züchtung nicht geht. »Sie ſtrebt im ganzen wie im einzelnen Cha- rakter nicht das Maximum, ſondern das Opti- mum an und fixiert dieſes. Kur. Fixpunkte, ſ. Triangulierung. . Flabellum, flagellum, Fühlergeißel, ſ. An- tennae. Hſchl. Flache Hand, die — Handfrone, beim Rothhirſchgeweih. „Flache Hand, heißt bey den Jägern, wenn ſich am obern Theil der Stange eines Hirſchgeweyhes fünf in Form einer Hand ausgebreitete Enden befinden.“ Onomat. forest. I., p. 841. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Flacheiſen, j. Metalle. Fr. Ilächen berechnung für die Zwecke der Geodäſie. Hier können die Figuren berechnet werden: a) Aus Daten, welche unmittelbar durch Meſſung (von Seiten, Diagonalen, Höhen, ebenſo von Winkeln) in der Natur erhalten wurden, oder aus Größen, die ſich durch Rech— nung von jenen ableiten laſſen. b) Aus Daten, die man den verjüngten Bildern (Aufnahmen, Plänen, Karten) ent— nimmt, und c) mittelſt eigens hiezu conſtruierter Be— helfe, welche Planimeter heißen. Ad a) Ohne Zweifel ergibt dieſe Art der Flächenberechnung (ſorgfältige Meſſung voraus— geſetzt) die beſten Reſultate. Der Vorgang der Flächenberechnung ſtimmt mit dem ad b ein- zuſchlagenden in vielen Fällen vollkommen über— ein, nur wird man, wenn die Berechnungsfac— toren der Zeichnung entnommen werden müſſen, hiezu wohl niemals die Winkel der Figuren in Anſpruch nehmen. Wir wollen uns in Folgendem mit der An— gabe der Formeln für die Flächenberechuung der einzelnen Figuren begnügen und nur bei jenen Formeln die Ableitung andeuten, die in den Lehrbüchern der reinen Mathematik (reſp. theoretiſchen Geometrie) nicht vorkommen. 1. Ein Dreieck (Fig. 340), welches aus den Winkeln ZA, Tg und IC, aus den Seiten a, b und e zuſammengeſetzt iſt und bei der Annahme der Seite b als Baſis die Höhe h beſitzt, hat die Fläche: F bh h b b. - — ‚h ) 2 2 2 2 2 ’ | | | | | 380 Flächenberechnung. und falls zur Seite a als Baſis die Höhe h, | a— b ⁊ĩßv— und zur Seite c als Grundlinie die Höhe h, 2 a Vs@e—a+b)&—e)6—4) 9 gehört, auch: F— an — . richtig. * ergibt ſich 9 — — — — r b — = Es ift ferner h= b Ys6—a+b)@—e) (6-4) F ei be sin A = a c sin B 2 a b sin C Da nun die Fläche des Trapezes F — für den Fall, als zwei Seiten und der von iſt, jo kann mit Benützung des für h gefun⸗ ihnen eingeſchloſſene Winkel gegeben ſind. Dieſe [denen Wertes erhalten werden: ! Formeln ſind logarithmiſch brauchbar und daher ab ſehr bequem; denn z. B.: . ͤ b)e Dez log F = log b log e log sin A log 2. n a — bed Endlich kann die Fläche eines Dreieckes . 2 ; EN ya \ / h N 7 * / * 5 N F i — b C Fig. 340. auch aus ſeinen drei Seiten berechnet werden 2) Ein Trapezoid ABCD (Fig. 342) kann u. zw. nach der Formel durch eine der beiden möglichen Diagonalen in 5 V s (sa) (s—b) (sc) zwei Dreiecke getheilt werden, deren gemeinſchaft⸗ 8 liche Baſis dieſe Diagonale (allenfalls BD —d) a be 2 Rechnet man im gegebenen Falle zunächſt | worin s s, dann der Reihe nach (s—a), (s—b) und (s—e), jo erſcheint mit dieſen Daten die Formel ebenfalls logarithmiſch brauchbar, da log F — — 5 [logs log (s—a)—+ log (s—b)-+log(s—«)] 2. Vierecke. 4) Ein Quadrat, deſſen Seite a ift, hat die Fläche F = as. 8) Ein Rechteck oder überhaupt ein Baral- lelogramm, deſſen Grundlinie g, deſſen Höhe h iſt, hat den Inhalt F gh. x) Ein Trapez (Fig. 341), deſſen beide pa- rallele Seiten a und b Currentmaßeinheiten meſſen und deſſen Höhe (ſenkrechter Abſtand der beiden Parallelen) h ijt, wird dem Inhalte Fig. 342. nach berechnet mittelſt der Formel 90 h ab om ga > = no h ER REN en iſt. Werden die dazu gehörigen Höhen h. und E 2 2 h, gemeſſen, jo ergibt fen Fläche des Tra- dh. dh 2 = ee, int Trapeze gleichwertig iſt, ſo führt auch die Sind die vier Seiten a, b, m. n des Tra⸗ x an wi 15 iger 9 ee pezoides bekannt und zwei einander gegemüber- 2 Trapezes liegende Wi B. AA C), jo iſt aus den vier Seiten a, b, c und d desjelben 1 a m = er dr Vo iſt l finden. Wird nämlich BE Cb gezogen, jo iſt F = 5 ſam sin A + bn sin CJ AE = ab, BE = d und die Fläche f des N 1 ; ER: Dreieckes ABE, f (a—b) . Es iſt aber auch daher auch F=— lab sin B Emu sin DJ. 2 — — — . Kennt man die Längen der beiden Diago⸗ 3 Vs (s—a+b) (se) (s—d) und daher die | nalen BD—d und 1 d und die Größe Gleichung | des Winkels 4, den jie einſchließen, jo kann auch 2 A? 2 . 8 0 x a = b g } . Da aber . [u, der mittleren Parallelen pezoides aus F Flächenberechnung. 581 aus dieſen Daten die Fläche des Trapezoides berechnet werden; denn F=AI+-AU-AUI+AIV oder 1 2 o. Ob eine 0D. 00 ein 1 5 1 : 1 SE ER +75 0C.0B sin * + 5 OB. OA sin = — — > sina[OA.OD-HOD.0C--0C.0B--OB.0A] daher aud) E sin [OD (0A-1.0C)-LOB (OC-LOA)]— n O AO (OD-LOBJ] = d, 3. Polygone (Vielecke). Der Artikel „Auf- nahme kleinerer Figuren“ zeigt, wie man mit einfachen Mitteln jene Daten gewinnt, aus welchen das verjüngte Bild und direct oder in— direct auch die Fläche des Polygons erhalten werden kann. Direct kann die Fläche nur in den dort sub a, , 7, 2, zum größten Theile auch E und ebenſo sub b, 4 behandelten Fällen erhalten werden. Was ad a, 4 des angezogenen Artikels betrifft, ſo ſehen wir aus der dazu gehörigen Fig. 6, p. 55, daſs durch die Diagonale AD und die Ordinaten der Punkte B, C, E, F, G die ganze Figur in rechtwinkelige Dreiecke und Trapeze zerlegt erſcheint, und da in den erſteren Theil— figuren je die beiden Katheten, in den letzteren je die beiden Parallelen und ihr ſenkrechter Ab— ſtand bekannt (oder letztere leicht berechenbar) ſind, ſo iſt klar, daſs der Flächeninhalt des Polygons als Summe der Inhalte der vorhan— denen Theilfiguren erhalten werden mußs. Sollten in dem Polygon ausſpringende Winkel vorkommen, ſo kann es ſich auch er— geben, daſs einzelne Theilfiguren in Abzug ge— bracht werden müſſen, worauf genau zu ſehen iſt. Anlangend den Fall ada, 7, wozu Fig. 8, b. 55 gehört, iſt leicht einzuſehen, dass die Fläche des Polygons F= AI-AU-+-AII und dajs die Fläche der einzelnen Dreiecke nach der Formel f= \/ s (s—a) (s — b) (s e) aus den direct gemeſſenen Strecken berechnet werden könne. Geradeſo iſt die Flächenberechnung durch— zuführen in Abſicht auf den Fall ad a, ©. Der Fall ad a, s bietet nach dem Vor— ſtehenden nichts Neues, außer es würde das Standlinienpolygon mit ſeinen Eckpunkten nicht genau in den Umfang der aufgenommenen Figur verlegt worden ſein, in welch letzterem Falle an der Stelle, wo zwei Standlinien zu— ſammenſtoßen, ſich Theilfiguren ergeben können, die durch die direct erhaltenen Maße nicht be— rechnet werden können, deren Flächen man daher erſt aus dem verjüngten Bilde ermit— teln müſste. Im Falle ad b, , wozu Fig. 343 ge— hört, iſt der Vorgang der Flächenberechnung ebenfalls ein ſehr einfacher. Die Fläche des Standlinienrechteckes ergibt ſich nach der For— mel F gh und werden die ſämmtlichen Theil— figuren (rechtwinkelige Dreiecke, Trapeze, mög— sin . en n licherweiſe auch Rechtecke) berechnet und ihre Summe f von F ſubtrahiert, jo ergibt F - f & die Fläche der aufgenommenen Figur. Würden die ſämmtlichen Winkel und Seiten eines Polygons und das Azimuth der erſten Seite ermittelt (unter Umſtänden letzteres auch nur willkürlich angenommen), ſo liefert Artikel „Analytiſch-trigonometriſche Probleme“ den Be— weis, dass ſich aus dieſen Daten die Coordi— naten der Eckpunkte des Vieleckes ableiten laſſen. Aus dieſen Coordinaten läſst ſich aber die Fläche des Polygons F ebenfalls, u. zw. auf zweifache Art ermitteln. In nebenſtehender Figur kann die Fläche des Polygons A., Ar . . . A, als Differenz der Flächeninhalte von Ai A; A; HG und G A. A2 A3 H G angeſehen werden, jo dass F == G A A; A, A HG - GA,A,A,HG geſchrieben werden kann. Wir bemerken, dajs die Figur, deren Inhalt hier als Minuend ſteht, aus drei Trapezen ſich zuſammenſetzt, deren Parallele die Abſeiſſen der Punkte A,, A,, As, A, find, während die Figur, deren Flächen— inhalt den Subtrahend bildet, aus zwei Tra— pezen beſteht, deren Parallele als die Abſeiſſen der Punkte A., A, und A, erſcheinen. Da ſich die Höhen dieſer Trapeze als Differenzen von Ordinaten ausdrücken laſſen, ſo ſteht der Flächen— berechnung der erwähnten Trapeze aus den Coordinaten der Eckpunkte nichts im Wege. Werden die Bezeichnungen, wie ſie in dem Ar— tikel „Analytiſch-trigonometriſche Probleme“ ein— geführt wurden, auch hier feſtgehalten, ſo er— gibt ſich in Rückſicht auf das Vorſtehende: X, EIB „ X- X g 1 5 ä Sag G. — „s) 4 X +E Xa Ja Br 8 b/ A E 0 I E XI 7, s 35 5 Ve Je r ie 2] Wird dieſe Gleichung mit 2 multipliciert und die Multiplication der Binome durgeführt, ſo reſultiert: 2 F = XI 7s + 15 Js — Ti Yi — XS VI + TG J HL — 18 Js — KI V5 + X. Ya + Xa Ya — X. Y. — Hy — Xa Ja — 12 73 + 18 J2 + Ta 52 — Ta 2 — X, Ya ER x2 VI Xr. Die Glieder, deren Indices übereinſtimmen, heben ſich wechſelſeitig auf, und wir erhalten, wenn 582 aus je zwei reſtierenden Gliedern die überein- ſtimmende Abſeiſſe herausgehoben wird, 2F = x. (Jo) + * (J Jg) + X Ga) + EN GC Js) + xs ( N oder dem hier ſich deutlich ausprägenden Ge— ſetzen nach für ein n-Eck: 2 F = K. Co 7 E GC Je) l e u) 4-2 ne oe — In (Yn-1 == 3) rei j d. h. die doppelte Fläche eines Vieleckes wird gefunden in der Summe der Producte aus der Abſeiſſe jedes Eckpunktes in die Differenz der Ordinaten der benachbarten Punkte. In der weiter oben gefundenen Gleichung kann aber ſtatt der übereinſtimmenden Abſeiſſe x, 3 * Fig. 344. auch aus je zwei Gliedern die gleiche Ordinate herausgehoben werden, jo dajs ſich dann T 3) +% su) ty u —%)+ = Ya (8; 3 x;) 25 Js (X ER Na) ergibt, oder wieder auf ein n-EE ausgedehnt: 2 FY G *) + J Gg = xi) + Ja GA 2) A. — Yn-ı Xu — Xn 2) + Yn (xXi—X =I a d. h. die doppelte Fläche des Polygons ergibt ſich auch als Summe der Producte der Ordi— nate jedes einzelnen Punktes mit der Differenz der Abſeiſſen der benachbarten Punkte. Selbſtverſtändlich kann ſowohl die Formel I wie auch die Gleichung II zur Flächenberechnung im paſſenden Falle benützt werden; die Berech- nung derſelben Figur nach den beiden Formeln I und II iſt eine ausgezeichnete Controle für die Richtigkeit der Rechnung. b) Flächenberechnung bei Entnahme der Factoren aus der Zeichnung (ver- jüngtes Bild) mittelſt einfacher Mittel (Ver- jüngungsmaßſtab, Zirkel, Lineal, Dreieck, Blei— itift). Uber den Gebrauch der Verjüngungs— maßſtäbe ſ. Maßſtäbe. Die Factoren werden mit dem Zirkel abgegriffen, am Maßſtab abgeleſen und zur Flächen berechnung ebenſo benützt wie die sub a durch directe Erhebung beſtimmten Maße. Die verjüngte Figur ermöglicht jedoch noch andere Vorgänge, wovon folgende praktiſchen Wert beſitzen: ) die Flächenberechnung eines Vieleckes aus Abſeiſſen und Breiten, Flächenberechnung. O aus mit x, X, %- 8) Berechnung mittelſt Aquidiſtanten und ) Verwandlung eines Polygons in ein flächengleiches Trapez oder Dreieck und Berech⸗ nung dieſer letzteren Figuren. 2 ad ) Sit Fig. 344 das Polygon AB CDE durch Breiten und Abſeiſſen zu berechnen, ſo zeichnet man außerhalb desſelben eine Abſeiſſen⸗ achſe OX und fällt darauf aus allen Eckpunkten des Polygons Senkrechte, u. zw. jo, dajs jelbe (auch von B aus) durch die ganze Breite des Polygons reichen. Bezeichnet man die im Poly⸗ gon liegenden Antheile dieſer Perpendikel mit Pi, Pe, Pa und die Entfernungen der Fußpunkte der Senkrechten auf der Abſeiſſenachſe OX von . „ jo tft leicht einzuſehen, D dajs ſich die Theilfiguren I, II, III, IV, welche nur Trapeze oder Dreiecke ſein können, durch dieſe Größen ihren Inhalten nach ſehr leicht ausdrücken laſſen. Nun iſt die Fläche dieſes Polygons F =I II III IV, daher 1 — ß * X 8 —-(Pı + pa) — X, — X, + (pe + Po) > 2 z Wird dieſe Gleichung mit 2 multipliciert und werden zu gleicher Zeit die angedeuteten Multi⸗ plicationen ausgeführt, ſo folgt: b 2 F pixi PixOo 4 piX 2 + peN pi e + pe xa + Pa * — De x2 — pa N2 + PAN — PSN Da ſich die Glieder, in welcher Breite uud Abſeiſſe gleiche Indices haben, wechſelſeitig tilgen und man je zwei Glieder mit gleichen Breiten zuſammenziehen kann, ſo folgt: 2 F - ps (T — No) I pe (* xi) + pa (* — X20 oder für ein u-Eck: 5 2 F pi (A No) + pe (As XI) + pa (U ee .. Pn-3 Xn 2 —Kn-4) Pn-2 Xu -i Io 3 d. h. die doppelte Fläche eines Polygons wird als Summe der Producte jeder Breite in die Differenz der benachbarten Abſeiſſen gefunden. . ad 8) Berechnung einer Figur mittelſt Aquidiſtanten. Wenn auch in der Praxis Viel⸗ ecke nach dieſer Methode berechnet werden, ſo eignet ſich letztere doch ganz beſonders zur Flächenberechnung ungeſetzmäßig krumm be grenzter Figuren. Liegt eine derartige Aufgab X — Xa + Pı Flächenberechnung. 583 vor, ſo zieht man durch die Figur oder auch außerhalb derſelben, wie in Fig 345, eine Ge— rade OX und ſchneidet durch die erſte darauf gefällte Senkrechte AB den ungleichmäßigſten Theil C ab. Je nach der Art der Begrenzung trägt man nun von A gegen X eim ſolches Maß a wiederholt auf, daſs die aus den jo entſtandenen Theilpunkten zu AB parallel ge— zogenen Geraden die Figur in ſchmale Streifen theilen, die noch (praktiſch genommen) als Tra— peze angeſehen werden können. Bezeichnen wir die Seiten dieſer Trapeze der Reihe nach (von links nach rechts) mit pe, pe, Ps . . . pu, ſo iſt die Fläche F der Figur BGHY F = (pi + pe) Y tet) (os ++ . + (Pa-ı + 5090 2 oder Dn — Pet papa. . pa- 5 1 Auenmäßiger erſcheint die Einbeziehung der mittleren Parallelen (ut, be, Ua . . .) in die Rechnung. Daraus iſt r „ 3m = alu, te E ha ae Dieje mittleren Parallelen haben dann auch den gegenſeitigen Abſtand Sa, nur die Begren— zungen BG und HY ſtehen von u und un um a 2 ab. Die Segmente BGC und NY HEY werden auf jelbe Art be «ı\ rechnet. EN Es wird Fig. 346 vom A \ Punkte Y z. B. u auf YH und a| N hierauf a ſo oft aufgetragen, a ) als es die Strecke YH zuläſst. | Zuletzt trägt man wieder nur a 7 > auf und errichtet in all dieſen Theilpunkten Senkrechte auf VH, worauf in der Regel bei H noch ein ſehr kleines recht— BEN, winkeliges Dreieck A reſtiert, eh welches für ſich aus abgegriffe- ° 77 nen Dimenſionen (den beiden * Katheten) berechnet wird, wäh— H rend der Haupttheil des Seg— Fig. 346 Trapez zu verwandeln. mentes nach der oben entwickelten Formel zu beſtimmen iſt. Auf dieſem Principe beruhen die Plani- meter von Oldendorp, Alder, Günther ꝛc. ad y) Es kommt, wie wir weiter unten ſehen werden, zuweilen vor, daſs eine Figur ähnlich wie die untenſtehende (347), Aabed B zur Berechnung vorliegt. A und B ſind rechte Winkel und die Strecke AB iſt bekannt. Wir könnten hier aus b und e auf A und B Senkrechte fällen und jo die zu berechnende Figur in Tra— peze zerlegen, ſelbe einzeln berechnen und ihre Flächen ſummieren. In der Regel zieht man es jedoch vor, dieſe Figur in ein flächengleiches X Der Vorgang iſt ein ſehr einfacher. Es wird a mit e verbunden ge— dacht und dazu aus b die Parallele gezogen (reicht hin, den Durchſchnittspunkt e mit der Ax zu beſtimmen). Wird e mit c verbunden, jo X Fig. 347 iſt für die zu berechnende Figur die Grenze e gleichwertig mit abe, was ſich aus der Figur leicht ergibt, wenn man bedenkt, dass abe Adee (gleiche Grundlinien und gleiche Höhen). Wieder— holt man dieſes Verfahren nun mit der Grenze ecd, jo verwandelt ſich die gebrochene Grenze in die gleichwertige Gerade id, und das Trapez Ai dz iſt dann flächengleich mit der gegebenen Figur, die zu ſuchende Flächengröße iſt daher . Ai Bd f—= —— AB. 2 584 Flächenberechnung. BE; Soll irgend ein gegebenes Polygon in ein flächengleiches Dreieck verwandelt werden, ſo kann man in ganz ähnlicher Weiſe, wie oben geſchildert wurde, die Aufgabe löſen, hiebei aber nach der Höhe des zu ſuchenden Dreieckes einen paſſenden Wert (in runder Zahl) geben. Sind AH und GJ Fig. 348 zwei Parallele im ſenkrechten Abſtande HJ gezogen, jo iſt offenbar der Flächeninhalt F des Polygons Werden dieſe letzteren Figuren im Sinne der gerade vorhin gelösten Aufgabe behandelt, ſo wird die Fläche F auch gleich ſein müſſen der Differenz der Inhalte der gefundenen Tra— peze, welche Differenz ich leicht als Dreieck darſtellen läst, deſſen Höhe —= HJ iſt, wie aus Fig. 348 hervorgeht, wo G die Spitze und KL die Baſis des mit dem Polygon flächengleichen Dreieckes vorſtellt, und iſt daher F=KL 3 2 — Dieſes Princip führte zur Conſtruction von Plauimetern nach Gangloff und Schleſinger. 4. Flächenberechnung ganzer Meſs— tiſchaufnahmen (Parcellencomplexe). Es iſt vom Vortheil, ſelbſt dann das Meſstiſchblatt mit einem ſog. Sectionsrechteck zu verſehen, wenn ſich die Aufnahme bloß auf das eine Blatt beſchränkt“). Jedes Blatt (Section) wird für ſich berechnet. In Oſterreich (beim Cataſter) wurde das Sectionsrechteck bis nun 20“ hoch und 25” lang gemacht, jo daſs dasſelbe einen Flächeninhalt von fk = 20“ & 25” = 500“, und weil das Verjüngungsverhältnis 1: 2880 (17 400) zugrunde lag, f— 300 verjüngte Joche maß. Nehmen wir für unſeren Fall ein Sec⸗ tionsrechteck an, deſſen Höhe 48 em, deſſen Länge 72cm, deſſen Inhalt ſomit Ba f=48X 72 = 3456 cm? iſt; ſetzen wir ferner das Verjüngungsperhält- *) Allerdings geht dann die Bedeutung „Sections⸗ rechteck“ verloren. nis 1: 2500 voraus, jo daſs 1em = 23 m viſion 3456: 16 = 216 ha in verjüngten Hekt⸗ lelen Seiten des Sectionsrechtecks übertragen und ABCD EF ABCD G JHA AEDG JHA. | | Ausmittlung der totalen Fläche des ganzen oder 4 em = 100 m (verjüngt) ausmachen, ſo erhalten wir, da 1 ha = 16 em (im Bilde), die Fläche des Sectionsrechteckes durch die Di- aren ausgedrückt. Denkt man ſich die Höhe in 1 12 gleiche Theile (à 4 em) und ebenſo die Länge in 18 Theile getheilt, dieſelben auf die paral⸗ alle Theilpunkte jo verbunden, daſs die Ver⸗ bindungslinien zu den Achtecksſeiten parallel laufen, ſo erhält man ein Netz von Quadraten, welche je 4 cm oder 100 m (verjüngt) zur Seite, daher 1 ha (verjüngt) zum Inhalte haben, weshalb ein derartiges Netz Hektarenquadratnetz genannt wird. Dieſes Hektarenquadratnetz kann bei der aufgenommenen Parcellencomplexes ſehr | gute Dienſte leiſten; denn zählt man die vollen Quadrate (diejenigen nämlich, welche in ihrer ganzen Ausdehnung in den aufgenommenen Complex fallen) und berechnet die Theile der Aufnahme, von welchen die Hektarenquadrate nicht ganz ausgefüllt werden (am beſten in der Weiſe, wie es weiter oben sub b, 7 gezeigt wurde), ſo ergibt die Zuſammen⸗ ziehung dieſer ſämmtlichen vollen Qua⸗ draten (Hektaren) und der berechneten Antheile (Theilquadrate) die Fläche des Parcellencomplexes. Allerdings darf man ſich mit dieſem Reſultate noch nicht zufriedenſtellen, da ſelbes noch uncontroliert und unausge— glichen iſt. Zum Behufe der Controle ſind nun auch die ganz leeren Quadrate auszu⸗ zählen und hiezu die Flächen zuzuſchla⸗ gen, welche die leeren Antheile der Hek— tarquadrate an den Grenzen des Com⸗ plexes ausmachen. Wird nun die oben erhal⸗ tene totale Fläche der Aufnahme mit F, die leere Fläche, welche zwiſchen dem Sections⸗ rechtecke und Umfange der Aufnahme liegt, mit f bezeichnet, ſo muſs, wenn dieſe Flächen⸗ ziffern abſolut richtig wären, für unſeren Fall F-+ f= 216 ha ausmachen. Allein ſo wie allen übrigen Arbeiten hän⸗ gen auch der Flächenberechnung unvermeidliche Fehler an (ſ. Ausgleichungsrechnung), und nur dem Zufalle wäre in einem conereten Falle das Beſtehen der Gleichung F f = 216 ha zu danken. Soll jedoch die Größe I= (Ff) - 216 ha innerhalb der Grenze der unvermeidlichen Fehler liegen, ſo darf erſtere, wie die Erfahrung lehrt, nicht ½½00 der totalen Fläche, hier alſo /%%% von 216 ha, alſo den Betrag von 1˙08 ha nicht überſchreiten. Sollte jedoch 2 1:08 ha ſein, jo müjsten die begangenen groben Fehler aufgeſucht und corrigiert werden. 3, wenn es innerhalb der Fehlergrenze liegt, iſt im Verhältniſſe der Flä⸗ chen F und f zu theilen und der auf F ent fallende Antheil dieſem unter Berückſichtigung des Vorzeichens zuzuſchlagen. Flächenberechnung. 585 Dieſer Antheil + a wird erhalten nach der Formel 386 [7 1 A F 5 f F (Theilregel) *]. 4 Aa iſt dann die ausgeglichene totale Fläche des Parcellencomplexes. Iſt letz— terer zuſammengeſetzt aus den Parcellen m, n, o, p, 4. . „ ſo werden die Flächen dieſer ent- weder in der Art, wie es im Vorſtehenden dieſer Artikel lehrt, oder mit einem hiezu ge— eigneten Hilfsmittel (Planimeter, ſ. d.) berechnet. Stimmt die Summe der Flächeninhalte von m, n, o, p, q . . . mit F innerhalb der Grenzen der unvermeidlichen Fehler überein, ſo wird die etwaige (unter betragende) 200 Differenz im Sinne der Theilregel auf die ein- zelnen Parcellenflächen aufgetheilt, jo dafs dann die ausgeglichenen Inhalte eine mit £ voll— kommen übereinſtimmende Summe geben. Zuweilen iſt man erſt dann in der Lage, die Flächenberechnung vorzunehmen, nachdem das Papier von dem Meſcstiſchblatte herabge— ſchnitten wurde, und muſs daher die hiedurch erfolgte Zuſammenziehung des Papiers berück— ſichtigt werden. Man geht hiebei folgendermaßen vor: Es werden zunächſt alle vier Seiten des Sectionsrechteckes gemeſſen und aus den Maßen der Parallelen die arithmetiſchen Mittel be— rechnet. Nehmen wir an, daſs in unſerem Falle die Längsſeiten des Sectionsrechteckes ſtatt 72 em die Maße 71˙84 und 71˙86 cm, daher im Mittel 71˙85 cm hätten und die Breitſeiten ſtatt 48 em 47˙92 und 47˙94 em, daher im Mittel 47˙93 em meſſen würden, jo ergibt das Sectionsrechteck nach der Zuſammenziehung des Papiers 71˙85 X 4793 — 3443•77 m?, Vor der Zuſammenziehung war deſſen Maß 3456 em? und beträgt daher der Unterſchied 3456 — 344377 —= 12:23 em? oder 12˙23: 16 — 0'764 ha (verjüngt). Da nun das Sectionsrechteck vor der Zuſammenziehung 216 ha Fläche beſaß, nach der Zuſammenziehung aber um 0˙764 ha weniger, jo entfällt auf die Zuſammenziehung des Papiers pro Hektar 0˙764: 216 —= 000354 ha. Die ausgeglichenen Parcellenflächen müſſen daher pro Hektar um die Größe 0˙00334 ha vermehrt werden. Dabei iſt aber auch zu berückſichtigen, dafs ausgezählte volle Hektarenquadrate, wie für ſich klar iſt, keine derartige Correctur erfahren dürfen, daſs ferner ſolche Flächen, zu deren Berechnung der eine Factor mit Zirkel und Maßſtab der Aufnahme entnommen, der an— dere aber (Hektarquadratſeite) als bekannt aus der Zeichnung abgeleſen wurde, nur den halben Zuſchlag erhalten dürfen, und endlich dass jene Parcellen, deren Inhalte aus zwei mit Maß— ſtab und Zirkel abgenommenen Factoren oder mit einem Planimeter berechnet wurden, den vollen Zuſchlag bekommen müſſen (ſ. a. Plani— meter). Ar ) Zum Behufe der Berechnung von a können F und f bis auf die Zehner abgerundet und dann durch 10 ge— kürzt werden. Flächen berechnung für Zwecke der Holzmeſskunde. Wäre die Annahme gerecht— fertigt, daſs alle ſenkrecht zur Schaftachſe lie— genden Schnitte der Waldbäume der Kreisform entſprechen, ſo ließen ſich ihre Flächeninhalte nach den für die Flächenberechnung des Kreiſes aufgeſtellten Formeln in einfachſter Weiſe be— rechnen. Bedeutet F die Fläche, D den Durch— meſſer und U den Umfang des Kreiſes, jo iſt 77; 8 4 + oder auch U: 1 ro Ne - * = — U = 0.0796 1% r 477 Schon der bloße Augenſchein belehrt jedoch darüber, daſs die Baumquerflächen nicht nur von der Kreisform erheblich abweichen, ſondern auch unter einander der Form nach ſehr ver— ſchieden ſind. Präciſer erſcheint die Unzuläſſig— keit der vorſtehenden Vorausſetzung durch zahl— reiche nach dieſer Richtung gepflogene Unter— ſuchungen motiviert, und glauben wir hier zunächſt die Forſchungsreſultate M. Ch. Muſſets einer Erwähnung würdigen zu ſollen. Dieſer franzöſiſche Phyſiologe fand durch directe Meſ— jung an mehreren tauſend Bäumen, daſs alle Baumſchäfte in weſt-öſtlicher Richtung den größten und darauf ſenkrecht den kleinſten Dia— meter beſitzen. Ahnliches fanden Knight, Sachs, Nördlinger, Detlefſen und H. de Vries, obwohl ſie dieſe Erſcheinung anders erklären, was aber unſer Ziel nicht berührt. Für gewöhnliche Zwecke mögen die obigen Formeln, unter gewiſſen Vorſichten angewendet, einen gewiſſen Grad von Brauchbarkeit beſitzen, für genauere Erhebungen können aber dieſe Formeln niemals verwendet werden. Bringt man den Durchmeſſer in Rechnung, ſo läuft man Gefahr, den Inhalt zu groß oder zu klein zu finden, während bei der Benützung des Umfanges zur Flächenberechnung der In— halt immer zu groß gefunden wird. Sehr geeignet zur genauen Flächenberech— nung ſind die Planimeter, namentlich jene, bei welchen die Laufrolle auf einer Glas- oder Hartgummiſcheibe läuft (Patent Hohmann-Con— radi). Sollte über eine derartige Einrichtung nicht verfügt werden, jo muſs entweder das sub b, 8 des Artikels „Flächen berechnung für die Zwecke der Geodäſie“ erklärte Verfahren oder das ihm ähnliche, welches unter den Namen Simpſon'ſche Regel bekannt iſt, zur Anwendung gelangen. Letztere iſt leicht abzuleiten; denn ſtellt Fig. 349 die zu berechnende Fig. ABC FD vor, und ſind Pi, Pa, ba in gleichen Abſtänden (a) ſenkrecht zu DF gezogen, jo erſcheint die ganze Figur durch die Hilfslinie K in ein Trapez und ein Seg— ment zerlegt und iſt daher die Fläche von ABCFD: f— 2a-+segm. ABC. Wird Pı E Pa 2 die krumme Linie ABC als Parabel betrachtet, jo iſt die Fläche des Segmentes KBC gleich d D (5 . )x 5 * ) 2a = — (?p — p. — pa) u und folglich (2 p2 — Pı — Pa) a = a = pepe pal Iſt d die untere Begrenzung der Figur eben⸗ falls krumm und reichen die Aquidiſtanten b., Pe, ba bis zu dieſer hinab, jo wird nach obiger Formel ſelbſtverſtändlich die Fläche der Figur ABC C“B A“ gefunden. Denken wir uns eine krummlinig begrenzte Figur (349) durch Aquidiſtanten in gleich breite B 5 . 2 22 | | | | 2 | „ al nm R D F F Ar eh: 5 Fig. 349 Streifen zerlegt, ſo ergeben ſich im allgemeinen die Aquidiſtanten: p., Pa, Pa... Pen, P2n + 1, und die Fläche der Figur, zwiſchen den erſten und letzten Parallelen, wird ſich daher folgendermaßen ausdrücken laſſen: = 8 +4 +92)+ 3 (Pet 4p. I- Ps) - + Ape f- pz) E. a: oder a F er [Di pT +2 (pa EPS Ep E - Tpan-i) + 4 (pe + pe + pe E. + Pan] Dieſe letzte Gleichung iſt der mathematiſche Ausdruck für die Simpſon'ſche Regel. Bei krummlinig begrenzten Figuren, wie ſie dem Geodäten vorliegen, dürften die sub b, 8 des bereits weiter oben angezogenen Artikels angegebenen Verfahren ebenſo genaue Reſul⸗ tate geben wie die Simpſon'ſche Regel, weil infolge des größeren Wechſels in den Aus- und Einbauchungen der Begrenzungslinie ſich die Fehler beſſer vergleichen. Bei Baumquerſchnitten, wo die Ausbauchung die Regel bilden dürfte, wird die Simpſon'ſche Regel genauere Reſultate verbürgen können. Deshalb wählte Schmidtborn bei ſeinen Unterſuchungen über den Genauigkeitsgrad der Flächenberechnung. DE: verſchiedenen Flächenberechnungsmethoden der Baumquerſchnitte die Simpſon'ſche Regel als Muſterverfahren, deſſen Reſultate er als richtig betrachtete und hiemit die Ergebniſſe der an- deren Verfahren verglich. 1 Schmidtborn handelte es ſich hiebei, eine Formel zu finden, die, aus am Baumſtamme 1 Dimenſionen, verläſsliche Reſultate liefert. Zu bieſem Zwecke berechnete Schmidtborn Querſchnittsflächen (von 12 verſchiedenen Holz⸗ e in folgender Art: Als Kreisflächen aus dem größten Durch⸗ * meſſer “), nach der Formel F 2. Als Kreisflächen aus dem kleinſten Durch⸗ 2 meſſer, nach der Formel f — 3. Als arithmetiſches Mittel der Kreis- flächen sub 1 und 2, daher auch nach der 12 Formel F = (hac verglichenen Kreisflächen]. 4. Als Kreisfläche aus dem arithmetiſchen Mittel des größten und kleinſten Durchmeſſers (nach e eee mit Hilfe der Formel F= 8 1 (2A) 5. Als Elipſe aus dem geometriſchen Mittel f des größten und kleinſten Durchmeſſers, nach der Formel F = = Va) 6. Als Kreisfläche mit dem arithmetiſchen Mittel zweier beliebiger, jedoch auf einander I a” nach der Formel 1. Als Elipſe aus beliebigen, jedoch ſenkrecht auf de ſtehenden Durchmeſſern, nach der 2 Formel F Ava 21 52) 8. Als Kreisfläche aus dem gemejjenen Umfange. 5 Schmidtborn kam zu dem eee dass die Formel sub 5, nämlich F = — „(yD-.d 5% d) 2 die beſten Reſultate verbürge. Derſelbe Forſcher bediente ſich auch mit ſehr gutem Erfolge einer originellen Methode der Flächenberechnung auf Scheiben, welche im Folgenden kurz ſkizziert werden mag: Es wird das Gewicht (g) der Flächeneinheit 4 dm? eines bezüglich ſeiner Dicke und Dichte g gleichförmig gearbeiteten Papiers auf einer feinen (analytiſchen) Wage beſtimmt. Hier⸗ auf wird der zu berechnende Querſchnitt des Stammes in naturgetreuer Begrenzung ausge⸗ ſchnitten und ebenfalls ſorgfältig gewogen. Iſt beiten Gewicht G, jo beträgt die Fläche F des il wie leicht einzuſehen, N b d ee Endlich ſei auch noch erwähnt, dass vielfach die die Querflächen auf Scheiben durch Meſſung von 2 u) Bee Querſchnittsdimenſion. Flächenberechnung. 4, 6, 8 .. . n im Winkel 95 weit abſtehenden Durchmeſſern D., De, D. . .. Du nach der Formel r = ( — Tr a berechnet werden (ſ. Planimeter). Er Flächen berechnung des Engros erfolgt am zweckmäßigſten durch Coordinatenberechnung, die des Details — der Beſtände — am einfachſten mittelſt Planimeters oder Mikrometers. In Sachſen berechnet man auch das Engros mit dem Mikrometer. Zu dieſem Zwecke ſind die Specialkarten mit einem Quadratnetz von 100 m Seite und demnach I ha Fläche . Bei der Berechnung werden die vollen Quadrate ausgezählt und die an den Rändern der zu er— mittelnden Fläche befindlichen Theile der Qua— drate mit Hilfe eines aufgelegten Mikrometers beſtimmt. Der Mikrometer beſteht aus einer Glas-, Horn- oder durchſichtigen Papiertafel, auf welcher ein Quadrat von 100 m Seite ein— graviert, bezw. aufgezeichnet, und von dem jede Seite in 10 gleiche Theile getheilt iſt. Die gegen— überſtehenden Theilpunkte ſind ebenfalls durch Linien verbunden, wodurch 100 kleine Quadrate ala groß, entſtehen. Die in Frage kommenden Theilchen dieſer kleinen Quadrate werden nach Zehnteln eingeſchätzt. Nr. Flächeneintheilung, ſ. Waldeintheilung. Nr. Ilächenetat iſt der auf die Hiebsfläche be— zogene Hiebsſatz: er beſtimmt ſich durch die Fläche, welche für ein Jahr oder eine Periode zum Hiebe angeſetzt worden iſt. Nr. Ilächen fachwerk (Methode) nennt man die— jenige Waldertragsregelungsmethode, die mit Hilfe eines Wirtſchaftsplanes die Nutzung eines Waldes für die Umtriebs- oder Einrichtungs— zeit jo vertheilt, daſs die einzelnen Perioden (Fächer) mit annähernd gleichen Flächen aus— ſtattet werden. Hiebei können die conereten oder reducierten Flächen eingeſetzt werden. Zur Her— ſtellung des Normalzuſtandes wird die jährliche oder periodiſche Schlagfläche benützt; es wird das normale Altersclaſſenverhältnis in Größe und Vertheilung angeſtrebt. Sollen die einzelnen normalen Altersſtufen jährlich oder periodiſch gleiche Erträge liefern, ſo müſſen ſich die Schlag— flächen bei ungleicher Standortsgüte umgekehrt wie letztere verhalten. Bezeichnet man die auf gleiche Standortsgüte reducierte Geſammtfläche mit red. P, die Umtriebszeit mit u und die Pe⸗ riodenzahl mit en, jo iſt der Jahresſchlag — F es und der Periodenſchlag — . Von der Einführung der reducierten Fläche hat man aber meiſt abgeſehen, weil ſich damit die Forderung des Flächenfachwerkes, die Perio— dentheilung unter Einhaltung der zweckmäßigſten Hiebsordnung auf den Wald ſelbſt zu über— tragen, kaum vereinigen läſst. Es iſt auch anzu— nehmen, dafs ſich die Bonitätsverſchiedenheiten auf der ſummariſchen Periodenfläche großen— theils ausgleichen und eine ganz gleiche Jahres— nutzung nicht erfordert wird. In der Praxis verfährt das Flächenfachwerk ſo, daſs jede Ab— theilung (ſ. d.) einer beſtimmten Periode im Sinne der Hiebsfolge zugetheilt wird. Iſt 1 — Flächenfachwerk. 387 3. B. ein Wald 1000 ha groß und ſollen in dem— ſelben bei 100jährigem Umtriebe fünf Perioden — in 20jähriger Abſtufung — gebildet werden, jo müſſen die einer Periode zugewieſenen Ab- theilungen zuſammen 200 ha umfaſſen. Es iſt nun erklärlich, daſs die Beſtandsverhältniſſe faſt vollſtändig der zweckmäßigſten Hiebsfolge unter— zuordnen ſind. Durch die Beſtimmung weniger Periodenflächen iſt die ganze übrige Einthei— lung gegeben; denn zur Vermeidung ſehr breiter Schläge dürfen in der Hiebsrichtung aneinander— ſtoßende Abtheilungen nicht derſelben Periode zugerechnet werden und zur Verhütung ſehr langer Schläge kann dies nicht mit Abthei— lungen geſchehen, welche übereinander in zwei ſich berührenden Hiebstouren liegen. Beſon— derer Wert iſt auf die richtige Wahl der mittleren Perioden zu legen; die denſelben zugetheilten Abtheilungen, bezw. deren Be— ſtände ſind entweder nach ihrer Lagerung ab— zutreiben oder weſentlich länger als eine Um— triebszeit überzuhalten. Deshalb hat man auch meiſt zuerſt bei der Einrichtung des Flächen— fachwerks die für die mittelſte Periode am beſten paſſenden Abtheilungen nach den vor— liegenden Beſtandsverhältniſſen ausgejucht. Die Betriebsclaſſeneintheilung iſt erſt ſpäter mit dem Flächenfachwerk verbunden worden. Wenn auch bei demſelben die verſchiedenen Be— triebsarten ſtets getrennt gehalten wurden, ſo war dies doch nicht bei den Flächen der Fall, welche innerhalb einer Betriebsart verſchiedenen Umtrieben angehörten. Dieſer letztere Umſtand gab zur Beſchaffung eines Einrichtungszeit— raumes Veranlaſſung. Unter dem Einrichtungs— zeitraum verſteht man die Zeit, während welcher man einmal mit dem Hiebe den ganzen Wald durchgehen will, um wenigſtens einige Ordnung zu ſchaffen. Da derſelbe den Rahmen für die ganze Wirtſchaft abgibt, ſo theilt man dann ihn und nicht den Umtrieb in Perioden. Bei einer gehörigen Betriebsclaſſenbil dung, die auch durch verſchiedene Umtriebe bedingt iſt, wird der Einrichtungszeitraum entfallen; es tritt dann dafür der Umtrieb ein. Die auf den Wald über— tragene Periodentheilung des Einrichtungszeit— raumes oder bezw. auch des Umtriebes bildet die Grundlage für den allgemeinen Hauungsplan. Um die Vertheilung der Altersclaſſen thun— lichſt der Periodentheilung anzupaſſen, ſetzte man zunächſt für die erſte Zeitperiode die abtriebs bedürftigen Beſtände der letzten Periodenflächen — alſo etwa der IV. und V. Periode — zum Hiebe. Dabei verfolgte man die Tendenz, die nach wachſenden Beſtände dieſer Flächen während der— ſelben Einrichtungs- oder Umtriebszeit nochmals abzutreiben und den erſten Abtrieb zur Ergän— zung für die noch nicht haubaren Beſtände, welche der J. Periode zugetheilt waren, zu benützen. Die meiſten Opfer mujsten natürlich immer der mittelſten Periode, welche nicht einen doppelten Abtrieb der Beſtände geſtatten konnte, gebracht werden. Für die letzten Perioden war eine regel— mäßige Schlagführung wohl zu erwarten, weil die denſelben zugetheilten Flächen haubare Be— ſtände in Ausſicht ſtellten. So erſtrebte man nach Ablauf eines Umtriebs oder Einrichtungszeit— Traumes eine regelmäßige Hiebsfolge und eine 588 Flächenmaß. — gleichmäßige Ausſtattung der Perioden und ent- warf mithin auch für einen ſolchen langen Zeit⸗ raum einen ſpeciellen Hauungsplan. Dabei re= ſultierte der Materialhiebsſatz einfach aus dem Plane mit mehr oder weniger Abweichungen in den Perioden. Für die Zuwachsberechnungen der Beſtände nahm man das Alter an, welches ſie in der Mitte ihrer zugehörigen Periode er— langen würden. Bei 20jährigen Perioden hatte man ſonach dem gegenwärtigen Beſtandsalter zuzufügen: für die J. Periode 10, für die II. Periode 30, für die III. aber 50 Jahre u. ſ. f. Der unter Benützung des Schneiſennetzes auf den Wald ſelbſt übertragene Periodenrah— men gab dem Einrichtungswerke des Flächenfach— werkes eine ſichere Baſis. Zur Aufrechthaltung desſelben ordnete man periodiſche Reviſionen an. Sobald die 10jährigen Reviſionszeiträume Ein— gang fanden, wurde innerhalb der Grenzen des allgemeinen Planes für die erſte Periode ein ipecieller Hauungsplan nebſt Culturplan ent— worfen. Das Flächenfachwerk hat jedenfalls den Vorzug, dass es binnen kurzer Zeit — abge— ſehen von ſtörenden Elementarereigniſſen — den Normalzuſtand, namentlich das normale Alters- claſſenverhältnis eines Revieres oder einer Be— triebsclaſſe herbeiführt. Die Berechnung der in ferner Zukunft liegenden periodiſchen Erträge iſt überflüſſig, zumal eine Schwankung im Mate— rialhiebsſatz principiell zuläſſig erſcheint. Be— ſchränkt auch der Periodenrahmen eine fernere Wirtſchaft noch zu ſehr, ſo gewährt er doch eine größere Beweglichkeit und eine einfachere Rech— nung als die Schlageintheilung (ſ. d.). Die Nach— theile des Flächenfachwerks liegen aber darin, daſs es namentlich bei recht abnormem Altersclaſſen— verhältnis zu große Ofer — Zuwachseinbuße — fordert und bei höherem Umtriebe zu lange Hiebszüge ſchafft, obgleich zugegeben werden mujs, daſs dieſe Mängel durch eine allzu con— ſequente Durchführung der Methode verſchärft werden. Nr. Flächenmaß, ſ. Maß. Lr. Flächen- und Beſtandsregiſter iſt die in tabellariſcher Form gefertigte (erſte) Beilage des Wirtſchaftsplanes, welche die ſpecielle Beſchrei— bung enthält. Dasſelbe bringt für jeden ein— zelnen Beſtand (Unterabtheilung) Angaben über Bezeichnung, Flächengröße, Standort und Holz— beſtand und iſt ſonach im weſentlichen eine Ab— ſchrift des Taxationsmanuals (ſ. d.). Die im Taxationsmanual anzuwendenden Abkürzungen ſind auch hier gebräuchlich. Der Kopf des Flächen— und Beſtandsregiſters hat in Sachſen folgende Abtheilungen: Bezeichnung, Größe, Bemerkungen — über Holzart, Betriebsart ꝛc. —, Alterseclaſſe, Bonitätsclaſſe. Wenn eine ſpecielle Standorts— tabelle angefertigt wird, jo kann im Flächen- und Beſtandsregiſter die Angabe über den Standort wegfallen. Jede Abtheilung wird für ſich abgeſchloſſen. Beſteht eine Parcelle aus mehreren Abtheilungen, ſo wird auch für dieſe eine Summe gezogen und darauf eine ſpecielle Angabe des hierin befindlichen Nichtholzbodens hinzugefügt. Nr. Flachgarn, das, ſ. v. w. Steckgarn, j.d. „Flachgarn, Steckgarn, Stockgarn, iſt ein Flatterfedern. Netze, welches zur Haajen-, Küllen-, und Car ninigen-Jagd gehöret . . .“ Onomat. forest. I., p. 840. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124. — Philoparchi Germani Kluger Forſt⸗ und Jagdbeamte, 1774, p. 441. — Jeſter, Kleine Jagd, Ed. 1,1797, II., p. 114. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57. — Grimm, D. Wb. III, p. 1700. — Sanders, Wb. I., p. 541 c. E. v. D. Flachſchieneu, ſ. Schienen. Fr. Flagellata Ehrbg. (Mastigaria), Geißel- infuſorien, Ordnung der Infuſorien. Frei⸗ ſchwimmende (jelten feſtgewachſene), nackte oder mit Hülle verſehene, durch Theilung (ſeltener durch Knoſpung oder Sporen) ſich fortpflan- zende Protozosn mit 1—10 peitſchenartigen Geißeln. Kent. Flähme, die, auch Fläme oder Flämme, ſ. v. w. Dünnung, ſ. d.; abgeleitet vom mhd. kleme — der Dünntheil zwiſchen Rippen und Schenkeln; ſchweizeriſch heißt Flamme eine Seite Speck, änhd. Fleme oder Flemle, niederdeutſch F16 m, Bauchfett, Nierenfett von Schweinen und Gänſen. Vgl. Flanke und Flaum, welche Worte ſtammverwandt ſind, dann das mit Flaum ſynonyme Lieſen und Wamme. „Flämmen, Flanken, Dünnwild⸗ pret, Wammen, iſt das zarte Wildpret, ſo den Bauch eines Thieres formiret, und von denen Rippen bis zum Schlegel gehet.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124. — „Flämen auch Wammen nennt man die dünnen Lappen Wildpret von den Rippen bis an die Keulen.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 38; Lezi, Bas 1836, p. 120; Ed. II, 1861, p. 192. — „Flä⸗ men, Wammen, Dünnungen.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57; Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 286, VI., p. 224. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1714. — Sanders, Wb. I., p. 454 a. E. v. D. Flämmen, verb. trans., ſ. w. v. ausfläm⸗ men, ſ. d. Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lb. f. Jäger, Ed. XI, 1884, I., p. 51. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 27; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 286, VI., p. 196. — Grimm, D. Wb. III., p. 1715. — Fehlt bei Sanders. Fra v. D. Flanke, die, abgeleitet vom frz. le flane, ital. u. jpan. flaneo — Seite des Körpers, ſ. v. w. Dünung, ſ. d. u. vgl. Flähme, Flaume, Wam⸗ men, Eisbein. „Die Dünnungen, jo das Ge⸗ ſcheide umſchließen, heißen die Eißbeyne oder Flanken.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 17. — Chr. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124 (Beleg b. Flähme). — Winkell, Ed. I, 1803, I., p. 146. — „Flanken oder Wammen.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 288. — „Flanken (beim Reh) nennt man die Dünnungen.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, p. 136. Grimm, D. Wb. III., p. 1723. — Sanders, Wb. I., p 453 b. E. v. D. 5 Flattereichhörnchen, gemeines, Ljetaga (Seiuropterus F. Cuv.), j. Pteromys. Knr. Flatterfedern verſchiedener Vögel (Para- diesvögel, Nachtſchwalben, Kolibris) ſpielen bei der Liebeswerbung die Rolle geſchlechtlicher Reiz— mittel. Knr. Flatterſcheibe. — Flechtenwuchs. Flatterſcheibe, auch Sternſcheibe ge— nannt, iſt eine beſondere Art Scheibe zum Büchſenſchießen. Auf einer ſtarken, ſenkrechten, 5—15m hohen Stange, welche nach Art eines Flaggenſtockes zwiſchen zwei Ständern an einem eiſernen Zapfen drehbar befeſtigt iſt und welche ſich leicht umlegen und wieder aufrichten läſst, befindet ſich eine ſtarke, hölzerne (oder eiſerne) Scheibe von ca. 20—30 em Durchmeſſer. In den äußeren Rand dieſer Scheibe ſind Löcher (etwa 12) in gleichen Abſtänden von einander gebohrt zur Aufnahme von 1 em ſtarken und 40—60 em langen Holzſtäbchen. Die Enden dieſer ſtrahlenförmig aus der Holzſcheibe hervor— ragenden Stäbchen werden mit weißen oder ſchwarzen, mit einem ſchwarzen bezw. weißen Centrum verſehenen Scheiben aus getrocknetem Thon (Flattern oder Sterne genannt) beſteckt Gewöhnlich ordnet man dieſe Thonſcheiben der— artig an, daſs die Hälfte derſelben von etwas größerem Durchmeſſer (12— 15 em) iſt und auf längeren Stäbchen ſteckend einen äußeren Kranz bildet, während in den Zwiſchenräumen eine gleiche Anzahl von kleinerem Durchmeſſer (8 bis 12 em) auf kürzeren Stäbchen vertheilt iſt. Man ſchießt gegen eine ſolche Flatterſcheibe auf 60—100 m, wobei es darauf ankommt, eine beſtimmte Flatter zu treffen. Die gefahrloſe Aufſtellung einer Flatter— ſcheibe iſt nur an wenigen Orten möglich, da die Geſchoſſe das hinter der Scheibe liegende Terrain wegen der bedeutenden Elevation, unter welcher ſie abgeſchoſſen werden, auf eine große Strecke unſicher machen. Man ſtellt des- halb wohl auch die Flatterſcheibe nur ſo hoch wie eine gewöhnliche Scheibe vor einem Kugel— fange auf; da indes hiebei wegen des dunklen Hintergrundes das Abkommen und die Beob— achtung der Treffer und Fehler weniger gut möglich iſt, ſo gewährt dieſe Art der Aufſtellung weniger Intereſſe, als wenn ſich die Sterne gegen den Himmel frei abheben. v. Ne. Flatterthiere, Fledermäuſe, Handflügler, Volitantia, Chiroptera. Deciduate Säugethiere mit nackter, dünner, ſehr nervenreicher Flughaut, die ſich zwiſchen den verlängerten Vorderzehen, zwiſchen Gliedmaßen und Leibesſeiten, meiſt auch zwiſchen dem Schwanz und den hinteren Extremitäten ausbreitet. Dem Gebiſſe nach ſtehen ſie einerſeits den Inſectenfreſſern, andererſeits den Nagethieren nahe. Die ſehr empfindliche Ohrmuſchel oft ſehr groß. Bisweilen blattför— mige, zarthäutige Fortſätze in der Umgebung der Naſenlöcher. Die fünf freien Hinterzehen ſind bekrallt; vorne nur der Daumen, ſelten auch der Zeigefinger mit Kralle. Zunge groß und lang. Halten (in den gemäßigten Gegenden) Winter— ſchlaf. Gehen und kriechen ſehr unbehilflich. Leben zur Begattungszeit paarweiſe. Man unter— ſcheidet zwei Unterordnungen: Chiroptera insec- tivora und Chiroptera frugivora (vgl. Syſte m der Säugethiere und Fledermäuſe). Kur. Flatus nennt man die exploſionsartig aus— geſtoßenen Darmgaſe; ſie enthalten vorwiegend Kohlenſäure und Jägers ſog. Fäcaldüfte. Kur. Flaume, die, auch Fläume, v. Flaum Fett, ſ. v. w. Lieſen, d. h.: „Flaume, beim Schwarz— wild die Fleiſchlappen, welche am Bauch und nn m ee ne — 389 hinter den Rippen das Geſcheide umgeben, auch Liſen.“ Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 185; Ed. II, 1861, p. 193. — Behlen, Real- u. Verb.⸗ Lexik. II., p. 288. — Grimm, D. Wb., III. p. 1736. — Sanders, Wb. II., p. 457 a. E. v. D. Ilavin, das weſentlich aus Quercetin be⸗ ſtehende Extract der Quercitronrinde, dient als Farbmaterial. v. Gn. Ilechtenſäuren, in verſchiedenen Flechten vorkommende, organiſche, ſtickſtofffreie Säuren, die ſämmtlich feſt, kryſtalliſierbar ſind und durch Einwirkung von Alkalien, manche auch durch bloßes Kochen mit Waſſer, in eine ein— facher zuſammengeſetzte Säure und einen zweiten Körper, der ſelbſt wieder eine Säure oder ein indifferenter Körper iſt, zerfallen. Einer der häufigſten durch ſolche Spaltung der Flechten— ſäuren entſtehende Stoffe iſt die Orſellinſäure, die ihrerſeits wieder in Orein und Kohlenſäure zerfällt. Zu den bekannteſten Flechtenſäuren ge— hören: Lecanorſäure oder Orſellſäure, Erythrin— ſäure, Parellſäure, Roccellſäure, Usninſäure, Evernſäure, Vulpinſäure, Patellarſäure und Cetrarſäure. v. Gn. Flechtenſpinner, Lithosia quadra L., die größte unter den Lithoſien, wurde zuerſt von Bechſtein in die Reihe der Forſtſchädlinge auf— genommen und verdankt dieſem Umſtande ſeine Bekanntſchaft unter den Forſtwirten. Die lan- gen, ſchmalen, ſchräg abgerundeten Vorder— flügel des 7 ſind röthlich ockergelb mit je zwei großen ſtahlblauen Punkten; beim klei— neren & fehlen die Punkte auf den Vorder— flügeln; dieſe licht aſchgrau, ihre Wurzel gelb. Die Raupen leben von Baumflechten. Hſchl. Flechtenwuchs an der Rinde der Bäume iſt ohne Nachtheil, wenn derſelbe in mäßigem Grade auftritt, wird dagegen ſchädlich, wenn er ſo üppig iſt, daſs dadurch der Athmungs— proceſs der Baumrinden oder gar der Blatt- organe beeinträchtigt oder verhindert wird. Be— kanntlich athmet der Baum durch alle Theile ſeiner Rinde, bei älteren, tiefriſſigen Borken in den Borkenriſſen durch die daſelbſt ſtets neu entſtehenden Lenticellen oder Korkwarzen Sauerſtoff ein. Wird durch üppigen Flechten— wuchs dieſer Proceſs beeinträchtigt, ſo leiden darunter die Lebensvorgänge, und die Zweige können ganz abſterben, wie dies zumal an Lär— chen und Fichten oft zu erkennen iſt. Gefördert wird der Flechtenwuchs durch feuchte Luft und durch Langſamwüchſigkeit der Bäume. Die Flech— ten wachſen nur in den äußeren abgeſtorbenen Korklagen. Bei ſchnellem Dickenwachsthum eines Baumes erfolgt auch ein ſchnelles Abſterben und Abſchilfern der äußeren Korklage bei ſtetigem Erſatz durch neue Korkbildung. Die Korkſchichten. in denen die Flechten haften, er— reichen alſo kein hohes Alter, während an träg— wüchſigen Bäumen das Abſterben der äußeren Korklage langſam von ſtatten geht. Im erſteren Falle ſteht der Flechtenwuchs gleichſam im kurzen Umtriebe, bei langſamwüchſigen Bäumen dagegen im hohen Umtriebe. Damit erklärt ſich auch die Thatſache, daſs in Rothbuchenbeſtänden auf beſtem Standorte, den wir ja in der Regel auf den beſſeren Kalkböden finden, die Stamm— rinde glänzend glatt und frei von Flechten 390 wuchs iſt, wogegen auf geringeren Böden ein üppiger Flechtenwuchs auf der Rinde zu ſinden iſt. Mit dem Kalkgehalt des Bodens ſelbſt hat der Flechtenwuchs nichts zu thun. Hg. Flechtzäune beſtehen aus einer Reihe von Pfählen, die dann mit Flechtzaunruthen ver— flochten werden. Flechtzäune oder Flechtwerke finden Anwendung bei Feſtigung von Straßen- und Eiſenbahnböſchungen, auf Rutſchflächen, bei Ufer⸗ und Lawinenſchutzbauten, zur Feitt- gung der Hinterfüllung bei Thalſperren u.j. w. und ſind, wenn ſonſt auf Erzielung lebender Werke geſehen wird, von ziemlich langer Dauer. Das Flechtwerk (Weidenruthen) muſs in dieſem Falle im Frühjahre geſchnitten, ſodann zur ſo— fortigen Verwendung gebracht und beim Ein— flechten mit ſeinen Enden in den Boden gelegt werden. Hundert Bund à 50 Stück 3m lange Flecht- zaunruthen ſchneiden und binden erfordert 20 Tagſchichten. Einen Meter 30 —50 em hohen Flechtzaun herſtellen erfordert 3 Stück 1 bis 1% m lange Pfähle, 0˙3 Bund Faſchinen und 0˙2— 022 Tagſchichten. Fr. Fleckeln, verb. intrans., ſcherzhaft ſ. v. w. eine Büchſe auf die Scheibe anſchießen, weil man dabei trachtet, jede Kugel auf einen Fleck zu bringen. „Flecklen, ſagen die Jäger, wenn ſie unter ſich mit der Kugelbüchſe exereiren und auf ein Bret, auch an einen Baum, wo ein Platz angeſchauet worden, ſchießen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124. — Onomat. forest. IV. (Nachtrag v. Stahl), p. 283. — Bei Kehrein, Wb. d. Wmſpr., p. 116, falſch citiert und irrig erklärt. Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. I., p. 478 c (ungenau). E. v. D. Fleckennattern, ſ. Spilotes. Kur Fleckſchuſs —Kernichuis. Th. Fledermäuſe (Handflatterer, Handflügler), Chiroptera, bilden eine Ordnung der Säuge— thiere und zerfallen in zwei Gruppen, deren I. Gruppe die fruchtfreſſenden Fleder— mäuſe, Frugivora (Carpophaga), deren II. Gruppe die inſectenfreſſenden Fleder— mäuſe, Insectivora (Entomophaga) umfaſst. Zur erſten Gruppe gehören die ausſchließlich nur die heißen Gegenden bewohnenden Flug— hunde oder fliegenden Hunde (Familie Pteropi); ſie kommen für uns nicht in Betracht. Die europäiſchen Arten reihen ſich der zweiten Gruppe an und werden eingetheilt in die Fa— milien J. der Blattnaſen (Phyllostoma) und 2. der Glattnaſen (Gymnorhina). Die Fleder- mäuſe ſind von mehr gedrungener Körperform, haben vollſtändiges Gebiſs und Flughäute zwi— ſchen den verlängerten Vorderzehen, ferner zwiſchen den correſpondierenden Vorder- und Hinterbeinen und zwiſchen dieſen und dem Schwanzſtück. Dieſe Membranen find im allge— meinen von äußerſt zarter Structur, elaſtiſch und von einem reichlichen Nervenſyſtem durch— zogen, welches ſie gleichzeitig für äußere Ein— drücke empfänglich, für ſehr empfindſame Taſt⸗ organe geeignet macht. Je nach der Lage wird die Flughaut als Schulter-, Finger-, Lenden-, Schenkel- und Schwanzflughaut angeſprochen. Die fünf Finger der am Ferſenbein einen Sporn tragenden Hinterfüße ſind vollſtändig bekrallt, Flechtzäune. — Fledermäuſe. mit Ausnahme des Spornbeines frei, und von normaler Geſtalt. Eine große Abweichung das- gegen zeigen die vorderen Extremitäten. Ober⸗ arm und noch mehr die Handfinger ſind außer⸗ ordentlich verlängert; dieſe letzteren unbekrallt und nur der zweigliedrige Daumen iſt mit einem Nagel verſehen. Eine Ausnahme machen allerdings die Flughunde, bei welchen nebſt Daumen auch der zweite Finger eine Kralle trägt. Der Knochenbau der Fledermäuſe iſt im allgemeinen leicht. Kräftig entwickelt iſt der Bruſtkorb, beſonders die Schlüſſelbeine; das Kreuzbein iſt mit den Sitzbeinen verwachſen. Im übrigen zeigen die Fledermäuſe einen kurzen, im Nacken ſtark entwickelten Hals, mehr oder weniger geſtreckten Kopf und eine für ihre nächtlichen Inſectenjagden unentbehrliche weite Rachenſpalte. Mit Ausnahme der den Taſtſinn vermittelnden Flughäute, der Ohrmuſchel und den bei den Plattnaſen vorkommenden Haut⸗ wucherungen der Naſe iſt der ganze übrige Körper mit Haaren bedeckt. Dieſe Haare er- ſcheinen knopfig gegliedert oder ſchraubenartig gedreht, nach der Wurzel und der Spitze zu verdünnt und die letztere oft luftführend. Sie weichen je nach der Species im Bau oft nicht unbeträchtlich von einander ab. — Blaſius wählt, um den Flügelbau der einzelnen Arten zum Ausbruck zu bringen, das Längenverhält⸗ nis des Fingers 5 zu Finger 3 und zum ganzen Flügel. Altum zieht auch noch den Finger 4 heran, beſtimmt das Abſtandsver⸗ hältnis zwiſchen Finger 3 und 4, ferner jenes zwiſchen 4 und 5 und vergleicht dieſe gefun- denen Abſtandszahlen unter einander. Zu dem Zweck ſetzt der genannte Forſcher das Längenverhältnis des Fingers 5:3 —= 10 und die Differenz der Fingerſpitzenabſtände der Finger 3 von 4 — und 4 von 5 1 und entwickelt auf dieſe Zahlenverhältniſſe eine höchſt intereſſante, den verſchiedenen Grad der Flugfertigkeit der einzelnen Arten Glattnaſen (Gymnorhina) genau zum Ausdrucke bringende Zahlenreihe. Die Fledermäuſe bringen jährlich nur ein oder höchſtens zwei Junge zur Welt, welche von der Mutter an zwei Bruſtzitzen geſäugt und bis zu ihrem Erwachſenſein mit herum⸗ getragen werden. J. Familie Glattnaſen (Gymnorhina): Naſe glatt, Naſenbeſatz (vgl. Blattnaſen) feh⸗ lend. Zwiſchenkiefer faſt mit dem Oberkiefer verwachſen, mit tiefer medianer Ausbuchtung. Ohren groß; Ohrklappe (tragus) und Schwanz ſtark entwickelt. — Ausnahmslos von Kerfen lebend, welche ſie bei ihren in der Dämme⸗ rungs- und Nachtzeit ausgeführten Raubzügen im Fluge erhaſchen. Sie laſſen ſich dabei weniger vom Geſichts⸗ als vielmehr von ihrem hochentwickelten Gehör⸗ und Taſtſinn leiten. Die meiſt übermäßig große und während des Fluges breit ausgeſpannte Ohrmuſchel iſt der Träger zahlreicher, mit Taſthärchen bekleideter Taſtpapillen, welche mit einem Syſtem äußerſt empfindſamer Nerven in Verbindung ſtehen. Der Bau der Ohrmuſchel bildet überhaupt nebſt der Geſtalt des Flügels eine der weſentlichſten Grundlagen für die — ——— — — ——— u U Gi Eee Fledermäuſe. Charakteriſtik der einzelnen Arten, und von beſonderer Wichtigkeit ſind Bildung des Ohr— deckels und Verlauf und Zahl der auf der Innenfläche der Ohrmuſchel vorhandenen Quer- leiſtchen. — Rückſichtlich des Flügelbaues zer— fallen die Glattnaſen in die zwei Unter⸗ abtheilungen: Schmalflügler (Angioptera) und Breitflügler (Platyoptera). Zu den er- ſteren gehören: die Bergflatterer (Meteorus), Buſchſegler (Nannugo), Waldfledermäuſe (Panugo) und die Breitohren (Synotus); zu den letzteren: die Bindohren (Plecotus), Mausohren (Myotus) und die Waſſer— fledermäuſe (Brachyotus). Es iſt nur ganz natürlich, daſs Ab— weichungen der Form der Flugorgane auch in der Art des Fluges mehr oder weniger zum Ausdruck kommen müſſen. So zeichnet ſich jener der Schmalflügler, der Schnellſegler unter den Fledermäuſen, durch große Gewandt— heit und durch Raſchheit der Wendungen bei Umgehung von Hinderniſſen gegenüber jenem der Breitflügler aus, welche durch ihre mehr ſchwerfälligen flatternden Bewegungen an großflügelige Nachtſchmetterlinge erinnern und bei einiger Übung unſchwer daran zu er— kennen ſind. Aber auch in ihrem übrigen Ver— halten zeigen ſich Abweichungen, welche die Arten dieſer beiden Gruppen ſtreng von ein— ander ſcheiden. Die Schmalflügler bringen zwei, die Breitflügler ausnahmslos nur ein Junges zur Welt. Die Flughäute ſind von viel zarterer Structur und verſtärken den Gefühlsſinn in hohem Grade. Überhaupt zeigen die Breitflügler eine größere Empfindlichkeit beſonders gegen Witterungs- und Temperatureinflüſſe. Ihre Winterruhe beginnt früher und ihr Erſcheinen im Frühjahre erfolgt bedeutend ſpäter, als dies bei den Schmalflüg— lern der Fall iſt. Sie ſind Nachtthiere im eigent— lichſten Sinne, beginnen den Abendflug ſpät, bei Eintritt der Dunkelheit, die Ruhe noch vor Tages— grauen. Die Schmalflügler dagegen ſieht man häufig ſchon ihren Flug beginnen, noch wäh— rend die Abendſonne am Himmel ſteht, und denſelben noch fortſetzen, weun ſchon längſt das Morgengrauen dem Tage gewichen iſt. Rück— ſichtlich des Eintrittes der Flugzeit und Tages— ruhe herrſcht bei den einzelnen Arten eine über— raſchende Regelmäßigkeit, worüber uns Altum (Forſtzoologie, Bd. I, 1872, p. 18) hochinter— eſſante Beobachtungen mittheilt. Aus deren Ge— ſetzmäßigkeit geht hervor, daſs die nächtliche Flugdauer mit dem den einzelnen Monaten ent— ſprechenden Inſectenreichthum in umgekehrtem Verhältniſſe ſteht, d. h. dajs, da die Flüge ledig— lich dem Bedürfniſſe nach Nahrung entſpringen, ihre Dauer bei Juſectenreichthume gekürzt, im umgekehrten Falle verlängert wird. In dem Um— ſtande, daſs die Fledermäuſe ausſchließlich auf Kerfthiere angewieſen ſind, welche, ſo wie ſie ſelbſt, nur des Nachts und in den Dämmerſtunden fliegen, tagsüber aber ruhen, auf Inſecten alſo, welchen von den übrigen Inſectenfreſſern nur in ſehr geringem Maße Abbruch geſchieht, iſt ihre hervorragende Bedeutung für Wald und Feld zu erblicken. Erhöht wird dieſelbe noch weſent— lich durch außerordentliche Gefräßigkeit und 591 durch Vergeudungsſucht, wenn Inſecten in großer Menge zur Verfügung ſtehen. In dieſem Falle wird meiſt nur der ſaftigſte Körpertheil, das Abdomen genoſſen, während alle härteren Theile (Beine, Bruſtſtück, Kopf) verworfen werden. Die Fledermäuſe richten ihre Thätigkeit vornehmlich gegen Nacht- und Dämmerungsſchmetterlinge, verhindern tauſende dieſer Schädlinge am Eier— ablegen, verzehren tauſende von Maikäfern und anderem Ungeziefer. Der ausgiebigſte Schutz dieſer durch Unverſtand, Vorurtheil und Aber— glaube ſo oft verfolgten Thiere iſt daher nicht warm genug zu empfehlen. Die Jagdreviere der einzelnen Species ſind beſtimmt begrenzte, im allgemeinen engere Gebiete und je nach dem Orte der Tagesruhe und der Winterquar— tiere abweichende. Wir begegnen gewiſſen Arten ausſchließlich nur in der Nähe von Gewäſſern; andere ſehen wir die Waldränder, die Blößen, Schläge, Lichtungen der Wälder durchſtreifen; wiederum andere verlegen ihr Jagdgebiet in das Innere der Ortſchaften, in die nächſte Umgebung der Bauerngehöfte u. dgl. m. Tritt im Herbſt ſchon empfindlicher Mangel an ausreichender Inſectennahrung ein, kaltes, ſtürmiſches Wetter, dann beziehen die Fleder— mäuſe ihre Winterquartiere, wobei ſie nicht minder hervortretende Abweichungen zeigen, wie bei Auswahl ihrer Jagsreviere. Gewiſſe Arten überwintern gemeinſam und zu großen Geſell— ſchaften dicht zuſammengedrängt; andere meiden das Zuſammenleben überhaupt oder halten ſich von gewiſſen Verwandten fern. Alle aber ſtim— men darin überein, dajs fie ſich vor Zugluft und Näſſe möglichſt zu bergen ſuchen. Bei den meiſten Arten währt der Winterſchlaf ununterbrochen fort; iſt tief; das Thier gegen äußere Einflüſſe unempfindlich; — bei anderen beobachtet man häufiges Erwachen; ſie ſind dann auch während der Winterruhe gegen äußere Eindrücke mehr oder weniger empfänglich, flattern wohl auch auf und wechſeln, wenn ſie geſtört werden, ihren Platz. Mit dem Sinken der Lufttemperatur nimmt die Körperwärme der Fledermäuſe allmählich ab, und kann einen Tiefpunkt von 1 R. er- reichen, ohne daſs das Thier zugrunde geht. Sinkt die Körpertemperatur aber unter dieſes Minimum herab, dann erfriert das Thier. Die Begattungszeit iſt das Frühjahr, kurz nach dem Erwachen aus dem Winterſchlafe. Hat das Weibchen aufgenommen, dann trennen ſich beide Geſchlechter; die Weibchen ſchließen ſich enger aneinander und ſehen der Geburt der Jungen entgegen, was, wie angenommen wird, nach etwa 3—6 Wochen der Fall ſein dürfte. Dabei hängt das Weibchen nicht, wie dies in der Ruhe zu ſein pflegt, geſtürzt an den Hinterbeinen, ſondern es krallt ſich mit den beiden Daumen der vorderen Extremitäten feſt, bildet durch Ein— krümmen des Schwanzes mit der Schwanzflug— haut eine Art Schürze, in welcher es das aus⸗ tretende Junge auffängt und ſodann die Nabel— ſchnur abbeißt. Das Junge ſäugt ſich gleich nach der Geburt an den beiden in der Nähe der Ge— ſchlechtsöffnung befindlichen zitzenartigen Schein— drüſen feſt, wird von der Mutter geleckt und kriecht ſpäter, ſich im Pelze feſthäkelnd, zu den Bruſtzitzen empor, wo es nun verbleibt, bis es 392 nahezu erwachſen iſt. Bei den erjten Flugver⸗ ſuchen zeigen ſich die jungen Thiere zwar noch auf⸗ fallend unbeholfen, aber ſchon nach 6—8 Tagen haben ſie ſich die Geſchicktheit der Mutter, die fie den ganzen Sommer und Herbſt hindurch begleiten, angeeignet und ſind von dieſer kaum mehr im Fluge zu unterſcheiden. Für den Forſtwirt ſind vor allen anderen die in den Wäldern des Berg- und Hügellandes jagenden Arten von hoher Bedeutung. Zur Über— winterung und zur ſommerlichen Tagesruhe be— ziehen ſie mit Vorliebe alte, hohle Bäume, Fels— ſpalten und dergleichen Verſtecke. Es iſt daher im Intereſſe des Forſtſchutzes geboten, bei Einlegung der Jahreshiebe ſolche Bäume — auch mit Rückſicht auf die der Vogelwelt angehörigen Höhlenbrüter — dem Walde zu belaſſen, was ja um ſo leichter geſchehen kann, als der Holzwert doch meiſt nur ein geringer und der für den Wald geſchaffene Schutz denſelben wohl zu erſetzen geeignet ſein dürfte. Altum empfiehlt, ſolche Bäume, falls ſie ſich nach erfolgter Fällung als von hibernierenden Fledermäuſen bewohnt ergeben ſollten, über Win— ter liegen zu laſſen, damit dieſe in ihrem Winter— ſchlafe nicht aufgeſcheucht und denſelben unge— ſtört bis zum Eintritt der warmen Frühjahrs⸗ witterung fortzuſetzen vermögen. Durch eine ſolche Maßregel bleiben dieſe für den Forſt ſo außerordentlich nützlichen Thiere demſelben er— halten. : | In der nachſtehenden Charakteriſtik der Gruppen und Arten folge ich den Angaben Altums und Blaſius' *). 1. Gruppe Schmalflügler, **) Angio- ptera: untere Backenzähne 1. 4, Verhältnis des Fingers 5:3 = 10:13 bis 10:17; Flughäute und Ohrhäute derb, dunkel; Ohrmuſchel kurz; Spornbeinlappen vorhanden; Anzahl der Jun— gen 2; Flug ſchnell, gewandt, jede raſche Wen- dung ausführend. Gegen rauhe, windige Witte rung unempfindlich; erſcheinen als die erſten im Frühjahre und ſind die letzten im Herbſte. Hieher folgende Arten: a) Finger 3 1017 l. Frühfliegende Fledermaus, Abend— ſegler, Vespertilio (Vesperugo) noctula Schreb. (V. proterus Kuhl.: lasiopterus Schreb.: ferrugineus Brehm: serotinus Geoffr.). Eine der größten europäiſchen Arten von zu rechnen ſind. Die Schnauze iſt dick; Ohrmu— ſchel niedrig, breit; Tragus niedrig, oben breit— rundlich; Flügelſpannung 34 em (nach Brehm 37 em). Verhältnis des Fingers 5:3 = 10:17. Pelz gleichmäßig geſättigt rothbraun; Häute 11 cm | Leibeslänge, wovon fait Lem auf den Schwanz | ) Diejer Forſcher bringt die europäifchen Fleder⸗ mäuſe in folgendes Syſtem: I. Familie Glattnaſen. 1. Gruppe: Noctilionen (1. Gattung Dinops). 2. Gruppe: Veſpertilionen: 2. Gattung Miniopterus, 3. Gattung Vesperugo (mit den Subgen. Vesperugo und Vesperus), 4. Gattung Ves- pertilio, 5. Gattung Plecotus, 6. Gattung Synotus. II. Familie Hufeiſennaſen (Blattnaſen). 7. Gattung Rhinolophus. Die Gattungen 1 bis 3 gehören der Gruppe Schmal⸗ flügler (Angioptera), 4—6 jener der Breitflügler Platio- Ptera an. **) Vergleiche auch Nr. 26. Fledermäuſe. ſchwärzlich. Farbe des Jugendkleides getrübt. Ihr Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich über einen großen Theil der alten Welt. Sie zieht das Flachland und weite Thalniederungen dem Berg⸗ und Gebirgslande vor; bezieht ihre Winterquartiere ziemlich frühzeitig und verfällt in einen bis ſpät ins Frühjahr andauernden Winterſchlaf. Zur Tagesruhe wählt ſie mit Vorliebe Spechtlöcher, aber auch alle anderen ihr zu gebote ſtehenden Schlupfwinkel. Solche bewohnte Bäume ſind äußerlich an der glatten, fettigen Umgebung des Loches leicht zu erfen- nen. Die Noctula iſt unter den einheimiſchen Fledermäuſen die am kräftigſten entwickelte und raſcheſte. Sie fliegt am höchſten und erſcheint abends als die erſte, oft ſchon lange vor Sonnenuntergang. Ihre Jagdreviere verlegt ſie mit Vorliebe in Wälder, theils an den Wald- rändern, über Lichtungen und Schläge Hin- flatternd, theils hoch zwiſchen und über den Wipfeln nach Inſecten haſchend. Altum weist dieſer Art rückſichtlich der Bedeutung für den Forſt den erſten Platz an und theilt mit, dajs ſie 30 Maikäfer ſchnell hinter einander zu ver— zehren vermag, ohne geſättigt zu ſein; dajs ſie überhaupt in ſo bedeutenden Höhen jagt, wo für gewöhnlich nur wenige inſectenfreſſende Vögel mehr thätig zu ſein pflegen. Ihre Feinde ſind Schleiereule und harter Winterfroſt. Dem letzteren unterliegt dieſe Art häufiger als jede andere ihrer Verwandten. 2. Rauhhaarige Fledermaus, Ves- pertilio (Vesperugo) Leisleri Kuhl., eben- falls eine echte Waldbewohnerin, mijst 25°8 cm Flügelſpannung und iſt überdies durch Zwei— färbigkeit des Pelzes ausgezeichnet: ſchwärzlich— brauner Haargrund mit röthlichbraunen Spitzen. Sie gehört den ausgedehnten, geſchloſſenen Laubholzhochwäldern der Gebirge an und be— ſchränkt ihr Jagdgebiet faſt ausſchließlich auf das Innere der Hochbeſtände. b) Finger 5:3= 10: 13 (bis 3 Anzahl der Jungen 1 oder 2. 3. Zweifarbige Fledermaus, Ves- pertilio (Vesperus) discolor Natt. (V. se- rotina Pall.), mehr dem Gebirge als der Ebene angehörig, iſt auch ſie als echte Waldfleder— maus zu bezeichnen. Ihr Verbreitungsgebiet iſt Deutſchland, ſüdliches Schweden, England, Schweiz, Krim, Daurien. Dunkelſchwarzbraun mit etwas hellerer Unterſeite und mit fragen- artiger hellgelblicher Zeichnung an der Kehle und den Kopfſeiten. Sie gehört zu den mittel⸗ großen Arten; Spitzen der Rückenhaare hell— goldig; Ohrmuſchel und Tragus ſchwarz, mit- tellang; letzterer mit ſtumpfer, ſchwach nach vorne gebogener Spitze endend. Spornbein⸗ lappen ſaumartig, ſchwach. Sie verhält ſich ähnlich wie V. noctula. Baumloſe Ebenen meidet ſie. Blaſius führt unter dem Subgenus Ves- perus noch nachſtehende, dem europäiſchen Faunengebiete angehörige Arten auf, welche folgende Charaktere unter einander und mit V. discolor gemein haben: Tragus ſeine größte Breite über der Mitte des Außenrandes errei— chend; Mundſpalte bis unter die Mitte der Augen gehend; der Außenrand des Ohres ſteht *— Fledermäuſe. 393 unter dem Tragus hinaus deutlich nach vorn vor und endet zwiſchen Tragus und Mund— winkel; der Innenrand löst ſich über der Höhe der das Auge mit dem Naſenloch verbindenden Linie vom Kiele ab. 4. Vespertilio (Vesperus) Nilssonii Blas. (Vespertilio Kuhlii Nilss.), nordiſche Fledermaus. Vorkommen: Harz, Skandina— vien. Außenrand des Ohres in gleicher Höhe mit der Linie der Mundſpalte endend, etwa 35 mm hinter dem Mundwinkel; größte Breite des Tragus deutlich unter der Mitte des Innenrandes liegend; der angedrückte Unter— arm nur bis zum Mundwinkel reichend; zweites Sin des Fingers 5 die Mitte jenes des Fin— gers 4 weit überragend; Schwanzflughaut nur bis zur Mitte mit langen Haaren dicht bedeckt; Unterjeite ſämmtlicher Flughäute 7 um den Körper braun behaart; Haare der Oberſeite von der Baſis an zu zwei Drittel dunkelbraun, die Spitzen braunweißlich, ein nach hinten zu— geſpitztes dreieckiges Rückenfeld deckend; das Haar der Unterſeite, Kehle und zwiſchen den Hinterbeinen von der Wurzel an zu Dreiviertel dunkelbraun mit hellbraunen Spitzen; ein Fleck unter dem Ohre heller, braungelblich; 1. und 2. oberer Vorderzahn kaum verſchieden; die unteren Vorderzähne mit der Schneide einander parallel, quer zur Richtung der Kiefer geſtellt, ſo daſs die hinteren von den vorderen theilweiſe verdeckt werden; der 3. derſelben im Quer— ſchnitte oval, länger als breit, mit ſtumpfen, niedrigen Höckern; 1. unterer Backenzahn faſt ebenſo hoch und ſtark wie der 2.; Ausführungs- warze der Unterkieferdrüſe koniſch zugeſpitzt (Keyſerling und Blaſius, Die Wirbelthiere Europas, Bd. I, p. 51). 5. Vespertilio (Vesperus) Savii Bonap. Heimat: Toscana, Rom, Sicilien, Dalmatien. Der angedrückte Unterarm bis zur Schnauzen— ſpitze vorragend; faſt kein einziges Haar auf der Oberfläche irgend einer Flughaut; Ober⸗ ſeite des Körpers rauchbraun ins Umberbraune, das einzelne Haar an der Baſis ſchwärzlich, die Spitze braungelblich; Unterkiefer und ganze Unterſeite grauweißlich; das Haar an der Baſis er die Spitze weißlich: Kinn ſchwärz— lich; 1. Vorderzahn im Oberkiefer faſt ſo groß wie der zweite (Keyſ. u. Blaſ. 1. c.). 6. Vespertilio (Vesperus) Leucippe Bonap. Sieilien. e flach und gerundet, faſt halbkreisförmig; Ohr um ein Drittel kürzer als der Kopf, über der Mitte etwas gerundet, außen etwas eingebuchtet; Tragus halbrund, von kaum ein Drittel Ohrlänge; der angedrückte Unterarm kaum bis zum Mundwinkel reichend; Füße ſehr klein, kaum aus der Flughaut her— vortretend; Oberſeite zimmtfarbig: Unterſeite ſeidenweiß; Baſis der Haare dunkel (Keyſ. u . lee.). Vespertilio (Vesperus) Aristippe ap. Heimat: Sieilien. Schnauze zuſammen— gedrückt, ſpitz; Ohren ein Viertel kürzer als der Kopf, etwas gerundet, am Außenrande unter der Mitte kaum merklich eingebuchtet; Tragus halbelliptiſch, über ein Drittel der Ohr- länge; der angedrüdte Unterarm die Schnauzen— ſpitze überragend; Füße klein, wenig frei; Ober— ſeite blaſsgraugelblich; Unterſeite grauweiß— lich; Baſis der Haare dunkelbraun (Keyſ. u Blaſ. 1. c.). 8. Vespertilio (Vesperus?) Aleythoe Bonap. Heimat: Sicilien. Ohren viel kürzer als der Kopf, oval, etwas zugeſpitzt, ganz— randig; Tragus gerade, halbherzförmig, etwas zugeſpitzt, faſt länger als das halbe Ohr; Füße ſehr klein, wenig aus der Schwanzflughaut vortretend; Pelz graugelblich; Baſis der Haare braun; 32 Zähne (Keyſ. u. Blaſ. 1. c.) 9. Zwergfledermaus, Vespertilio (Vesperugo) pipistrellus Daub. (V. pyg- maeus Leach: brachynotus Baill.: Nannugo: Vesperugo). Die kleinſte europäiſche Art. Ge— jammtlänge 6˙7 em, davon 3˙J em auf den Schwanz. Ohrmuſchel von Kopflänge; der Außenrand etwas ausgeſchweift; Tragus gleich breit, nicht ganz die Ohrmitte erreichend. Flug— weite 16°5—17—18 cm. Pelz zweifarbig, oben gelblich roſtbraun, auf der Unterſeite gelblich— braun. Das Haar an der Spitze fahlbräunlich bis ſchmutzig olivenbraun mit ſchwärzlicher Wurzel. Ohr- und Flughäute dunkelbraun— ſchwarz. Sie iſt die am häufigſten vorkommende und zugleich gegen Temperatur- und Witte— rungseinflüſſe härteſte Art; erſcheint noch früher im Frühling als V. noctula; ja man begegnet der Zwergfledermaus gar nicht ſelten mitten im Winter. Sie iſt die erſte im Frühjahre und die letzte im Herbſt. Ihr Verbreitungsgebiet dehnt ſich über ganz Europa und nördlich bis zum 60. Breitegrad aus und umfajst außerdem Nord— und Mittelaſien bis Japan. Im Fluge erhebt ſie ſich niemals zu der bedeutenden Höhe wie einige der oben beſprochenen Arten; 4— 10 m vom Bo: den beobachtet man ſie am häufigſten. Wald mit räumiger Beſtockung, beſonders aber kleinere Mittel- und Niederwaldparcellen, Obſtgärten in der Nähe der Gehöfte, Ortſchaften u. dgl. bilden beliebte Jagdreviere; aber ſie beſchränkt ſich nicht bloß auf Wald und Feld, ſondern ſie durchſtöbert auch alle Winkel der Haus- und Dachräume, Stallungen u. dgl., ſofern ihr die— ſelben zugänglich ſind. Um Mitte Juni werden die Jungen ziemlich flugreif. Ihr Wert iſt für den Forſt nicht minder hoch anzuſchlagen wie für Obſtgärten und Haus. Blaſius (Keyſerling und Blaſius, Die Wirbelthiere Europas, I. Bd., 1840) führt unter Subgenus Vesperugo*) noch nachſtehende der europäiſchen Fauna angehörige Arten auf, welche mit V. pipistrellus durch folgende Cha— raktergemeinſchaft verbunden ſind: Tragus ver ſchmälert, ſeine größte Breite unter der Mitte erreichend; Flughäute ziemlich breit; Finger 5 nur bis zum Gelenke des 2. und 3. Gliedes von Finger 3 reichend; Glied 2 des 3. Fin— gers ungefähr die Mitte des Gliedes 2 des 3. Fingers erreichend; Unterſeite der Flughäute längs des Unterarmes und an der Handwurzel nackt; die 2 erſten Gaumenfalten ungetheilt; Flügelhaut bis zur Zehenwurzel angewachſen. *) Blaſius bringt die Arten der Untergattung Ves- perugo in drei Gruppen: a) Tragus erweitert: V. noc- tula; V. Leisleri. b) Tragus verſchmälert: V. Kuhlii: V marginatus; V. Nathusji; V. pipistrellus. e) Tragus in der Mitte am breiteſten: V. Maurus. Dombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 38 594 10. Vespertilio (Vesperugo) Kuhlii Nath. (Vespertilio vispistrellus Bonap.), wei ß⸗ randige Fledermaus. Vorkommen: Italien, Dalmatien. (Erſter oberer Vorderzahn ein- ſpitzig; Lückenzahn zwiſchen dem Eck- und erſten oberen Backenzahne nach innen gedrängt, von außen nicht ſichtbar; Flughaut mit zum Theil hellerem Rande; Schwanzflughaut bis zur Mitte dicht behaart.) Außenrand des Ohres in gleicher Höhe mit der Mundſpalte und etwa 15mm hinter dem Mundwinkel endend; nur die äußerſte Kante der Flughaut am hinteren Rande gelblich gefärbt, gegen den Fuß hin körnelig; übrige Flughaut dunkel graubraun; Oberſeite des Körpers dunkelbraun; Unterſeite heller braun mit Grau überflogen; ſämmtliche Haare an der Wurzel braunſchwarz, die Spitzen heller; erſter oberer Vorderzahn einſpitzig, nach hinten mit höckerartig vorgezogenem, nicht ſo hoch wie die Spitze des zweiten Zahnes auf— ſteigendem Rande. 11. Vespertilio (Vesperugo) margi- natus Cretschm. (V. albolimbatus Küst.). Heimat: Sardinien, Algier, Dranien, Tripolis, Nubien, Arabien. Hat mit obiger Art die Bil- dung des erſten oberen Vorder- und Lücken⸗ zahnes gemein; der hintere Rand des erſteren aber deutlich als abgeſonderter Höcker von der Höhe des zweiten Vorderzahnes vorgezogen. Außenrand des Ohres unterhalb der Linie der Mundſpalte und etwa 2 mm hinter dem Mund- winkel endend; hinterer Rand der Flughaut milchweiß, ohne Körnelung; Flughaut bejon- ders nach dem 5. Finger hin weiter über den Rand hinaus hell, durchſcheinend, farblos, ſonſt graubraun; Oberſeite des Körpers hell fahl— braun; Unterſeite weißgrau mit gelblichem An⸗ fluge; Haare an der Baſis ſchwarzbraun, die Spitzen heller. ; 12. Vespertilio (Vesperugo) Nathusii Blas. Rauhhäutige Fledermaus. Vorkom⸗ men: Berlin, Halle, Braunſchweig. Dieſe Art ſteht der Vespertilio pipistrellus am nächſten. Bei beiden iſt der erſte obere Vorderzahn zwei— ſpitzig, deſſen zweite Spitze ſchräg nach außen geſtellt, faſt ſo hoch wie die erſte, von vorn und von der Seite deutlich ſichtbar; Lückenzahn nicht wie bei den eben beſchriebenen beiden Arten nach rückwärts gedrängt, ſondern in der Zahn— reihe ſtehend, von außen ſichtbar; Flughaut ohne theilweiſe helle Randung. Außenrand des Ohres unter der Linie der Mundſpalte, etwa 2˙5 mm hinter dem Mundwinkel endend, ohne dieſen zu erreichen; Breite des Ohres gleich der Länge des Innenrandes, der vorſtehende Theil des- ſelben als gleichſeitiges Dreieck erſcheinend; Ab- ſtand der inneren Ohrränder unter einander größer als ihre Entfernung von der Schnauzen⸗ ſpitze; Schnauze breit und ſtumpf, vorn faſt halbkreisförmig begrenzt; Oberſeite der Schenkel⸗ flughaut bis zur Mitte und längs des Schien— beins dicht behaart; Oberſeite düſter rauchbraun; Unterſeite düſter gelbgrau, nach den Flughäuten mehr roſtfarbig; ein dunkler brauner Fleck zieht ſich von der Schulter unter dem Ohr hin und ſeitlich über den Unterkiefer; Haare bis zu drei Viertel von der Baſis an braunſchwarz, die Spitze heller. Fledermäuſe. f ' 13. Alpenfledermaus, Vespertilio (Vesperugo) Maurus Blasius, bildet eine dritte Gruppe der Gattung Vesperugo. Der Tragus erreicht ſeine größte Breite in der Mitte; der Ohrdeckel iſt an dem nach vorne gebogenen, ſtark verſchmälerten Ende ſtark abgerundet; über dem breiten, winkeligen, zahnartigen Vorſprung dicht über der Baſis befindet ſich noch ein zweiter, kleiner, zahnartiger Vorſprung etwas unter der Mitte des Außenrandes des Ohr⸗ deckels. Auf der Baſis der Fußſohle eine breite, ſchwache Schwiele; an den Zehenwurzeln un⸗ deutlichere, kleinere Schwielen. Körperhaut bis zur Zehenwurzel angewachſen. Außer dem letzten rudimentären Schwanzgliede ſteht noch das vor⸗ letzte Glied ganz oder größtentheils frei aus der Schwanzflughaut vor. Unterſeite der Flug⸗ häute längs des Unterarmes und der Hand- wurzel nackt. Flughäute ziemlich breit, jo dass der 3. Finger bis über das Gelenk des 2. und 3. Gliedes des 3. Fingers vorragt. Das Gebiſs von Vespertilio Maurus zeigt 34 Zähne; Schneide der unteren (6) Vorderzähne einander parallel, quer zur Richtung der Kiefer geſtellt. Erſter der (4) oberen Vorderzähne zweiſpitzig, die äußere Spitze etwas ſchräg nach hinten ge= richtet, faſt ſo hoch als die innere. Der zweite obere Vorderzahn etwas niedriger oder ebenſo hoch als die äußere Spitze des erſten. Der Ed- zahn im Oberkiefer mit der hinteren Kante dicht an den zweiten Backzahn gerückt, jo daſs der zwiſchen beiden ſtehende erſte, ſehr kleine, kaum über das Zahnfleiſch ſich erhebende Lückenzahn ganz nach innen gedrängt wird und von außen nicht ſichtbar iſt. Der erſte untere Backzahn kaum halb ſo hoch und im Querſchnitt kaum halb ſo breit als der folgende. Der Außenrand des Ohres endet in der Höhe der Mundſpalte, hinter dem Mundwinkel unter dem Hinterrande des Auges. Der mit der ſtark verſchmälerten Spitze vorwärts nach innen gerichtete Ohrdeckel erreicht ſeine größte Breite ziemlich in der Mitte; etwas unter der Mitte des Außenrandes ein kleiner, ſtumpfgerundeter, und dicht über der Baſis ein größerer, winkelig vorſpringender Zahn. Körperflughaut bis zur Zehenwurzel, Schwanzflughaut bis an das vorletzte Glied an⸗ gewachſen. Der angedrückte Oberarm reicht bis zum Mundwinkel vor. Ohren und Flughäute dickhäutig, dunkelbraunſchwarz. Pelz auf Ober⸗ und Unterſeite braunſchwarz, oben mit bräun⸗ lichen unten mit gelblichweißlichen Haarſpitzen. Flugweite 22cm. Vorkommen: Centralalpen. Blaſius erhielt dieſe Art von den höchſten Senn⸗ hütten am Montblanc, St. Gotthard, aus dem Otzthale in Tirol, aus Sennhütten in der Nähe des Paſterzengletſchers unter dem Großglockner und im Naſsfeld bei Gaſtein und ſcheint über⸗ haupt bis zur letzten Grenze der Sennhütten hin⸗ auf vorzukommen. In der Lebensweiſe ähnelt ſie der Vespertilio Nilssonii; fliegt gleich nach Son⸗ nenuntergang an lichten Stellen und Waldrän⸗ dern. Der Flug iſt ziemlich hoch und gewandt, die Bewegungen ſehr mannigfaltig. Gegen Witte⸗ rungseinflüſſe ſcheint ſie ziemlich unempfindlich zu ſein. 14. Spätfliegende Fledermaus, Ves- pertilio serotinus Daub. (Serotine Daub.; Fledermäuſe. V. noctula Geoffr.; V. murinus Pall.: V. Wiedii Brehm: V. Okenii Brehm; V. rufescens Brehm). Vorherrſchend dem Flachlande ange— hörig, findet ſie ihr Verbreitungsgebiet in Mittel— und Südeuropa, wird aber auch in Oſtindien angetroffen. Flugweite 31˙5 em; Pelz oben rauchbrann, Unterſeite heller; im übrigen der Zwergfledermaus am nächſten ſtehend. Ihr etwas minder gewandter Flug bewegt ſich in einer Durchſchnittshöhe von etwa 10—15 m. Das Jagdrevier verlegt ſie hauptſächlich in die Baum— gärten, Parks, Alleen der Ortſchaften und Städte, verhält ſich alſo auch in dieſer Beziehung ähn— lich wie Vespertilio pipistrellus, iſt aber viel weniger Waldthier als jene, indem ſie ſich darauf beſchränkt, gelegentlich die Waldränder mit in ihre Jagdflüge einzubeziehen. Sie er— ſcheint im Frühjahr erſt ſpät und verſchwindet im Herbſte bald. Ihr Winterſchlaf, für den ſie am liebſten alte Gebäude wählt, iſt zwar lang, ſcheint aber wenig feſt zu ſein, da ſie, obwohl im allgemeinen ſehr empfindlich gegen windiges und rauhes, regneriſches Wetter, von Altum auch im Februar fliegend geſehen worden iſt. 15. Mopsfledermaus, Vespertilio (Synotus) barbastellus Daub. (Barbastellus communis; Daubentonii), hat wohl das größte Verbreitungsgebiet. Sie kommt nach Blaſius in England, Frankreich, Deutſchland, Schweden und in der Krim vor, wurde in Ungarn und im mitt— leren Russland beobachtet und ſteigt in den Alpen bis zur Höhe der letzten Sennhütten empor. Sie hat 24˙3 em (nach Brehm 26 em) Flugweite und eine Länge von Jem, wovon 5em auf den Schwanz zu rechnen ſind. Die Pelzfarbe iſt auf der Oberſeite dunkelſchwarzbraun, auf der Bauch— ſeite heller, graubraun bis weißlich; das an der Wurzel ſchwarze Haar iſt an der Spitze fahl— braun bis gelblich gefärbt. Flughäute und Ohren ſchwarzbraun. Ihren Namen führt ſie vom kurz— mopsartigen Geſichte, was noch durch die zwi— ſchen den Naſenlöchern und den Augen quer über dem Naſenrücken liegenden Hautwülſte be— ſonders gehoben wird. Die Ohren ſind kurz, breit, kaum über den Kopfpelz hervorragend, die Innenränder am Grunde verwachſen, der Außenrand tief ausgeſchnitten, ein kleines Läppchen tragend. Tragus ſich raſch zuſpitzend, die Ohrmitte erreichend. Sie gehört zu den frühfliegenden Fledermäuſen ſowohl rückſichtlich ihres Erſcheinens im Frühjahre als auch rück— ſichtlich des täglichen Fluganfanges. Die durch— ſchnittliche Flughöhe gibt Altum auf etwa 10 m an. Als Jagdreviere wählt ſie die nächſte Um— gebung von Einzelgehöften und kleinen Ortſchaften, Obſtgärten, lichte Gehölze, Waldränder ꝛc. Die Winterruhe verbringt ſie in Geſellſchaft von ihresgleichen, am liebſten im Innern von Ge— bäuden, Thürmen, Kellerräumen ꝛc. Sie gehört zu jenen Schmalflüglern, welche für gewöhnlich nur ein Junges zur Welt zu bringen ſcheinen. Nach Altum gehört ſie nicht zu den ausgeſprochenen Waldfledermäuſen, während ſie nach Brehm (Koch) für gebirgige und waldreiche Gegenden eine beſondere Vorliebe an den Tag legt. 2. Gruppe Breitflügler, Platyo- ptera. Untere Backenzähne 2:4; Finger 5:3 10: 12. Flughäute und Ohrhaut zart, lichtgrau— — —ͤä——ů———ů—ů—ůůů——ůðßX—ñͥ] 6 — ?— — ͤ — , — . — ' — — — nn 595 braun; Ohrmuſchel geſtreckt, öfter ſogar lang; Spornlappen fehlend. Jährlich nur ein Junges. Ausnahmslos Spätflieger und empfindlich gegen unfreundliche Witterung. Ihr Flug iſt unbe— holfener; ſie vermögen nicht jene raſchen, ge— wandten Wendungen auszuführen, welche den Schmalflüglern eigen, und ſtehen auch in forſt— licher Bedeutung weit hinter jenen zurück. Die Waſſerfledermäuſe (Brachynotus), obwohl zweifellos den Breitflüglern angehörig, bilden gewiſſermaßen den Übergang zu den Schmal- flüglern; ihre Ohren ſind kürzer als die ihrer übrigen Verwandten, überragen den Pelz wenig und zeigen nur vier Querfalten. Alle anderen Breitflügler (Vespertilio Nattereri, murinus. 3echsteini, auritus) zeichnen ſich durch ſchmale, den Pelz hochüberragende, 6—22 Querfalten zählende Ohren aus; Tragus dolchartig zuge— ſpitzt; die Flughäute außerordentlich zart. Die Unterfamilie der Platyopteren enthält folgende Arten: 16. Bartfledermaus, Vespertilio mystacinus Leisl. (V. emarginatus Geoffr., V. emarginatus Mac-Gill.; V. humeralis Baill.; V. Schinzii Brehm; V. collaris Meisn.). Nord- und Mitteleuropa; jagt in niedrigem Fluge über Teiche oder von kleineren Waſſergräben durchſchnittene Wieſen, verirrt ſich wohl auch in die in der Nähe befindlichen Alleen, Obſt— gärten, Gebäude ꝛc. Sie miſst nur 19°5 cm Flugweite; Pelzfarbe variierend vom Schwarz und tiefen Graubraun bis ins Lichtbräunliche; die Unterſeite iſt ſtets heller bis weißlich ge— färbt. Von der ihr ſehr ähnlichen Zwergfleder— maus iſt ſie leicht durch den Mangel des Sporn— läppchens zu erkennen. 17. Teichfledermaus, Vespertilio da- syeneme Boie (Brachyotus dasycnemus; V. mysticus Boie: V. limnophilus Temm.). Flug- weite 26°6 em; Pelzfarbe lichtbräunlichgrau; Außenrand des Ohres ſanft geſchweift; der mitrellange Tragus mit ſtumpfer, etwas nach vorne gerichteter Spitze. Mittel- und Süd— europa, Aſien. Ihre Jagdreviere bilden größere, von Wald oder Baumwuchs umgebene Teiche. 18. Waſſerfledermaus, Vespertilio Daubentonii Leisl. (Brachynotus; V. emar- ginatus Jen.; V. aedilis Jen.). Flugweite 23 bis 24 em, Geſammtlänge 8°5 cm, davon kommen 3·'8 em auf den Schwanz; Ohren kurz, ihr Außen— rand ſcharf ausgeſchnitten, mit länglichſchmalem Deckel; Tragus mittellang, von der Mitte an. ſich verſchmälernd; Pelz oberſeits röthlichgrau— braun, die Unterſeite trübweiß; Flug- und Ohrenhäute graubraun; letztere an der Wurzel etwas heller; das an der Wurzel ſchwarze Haar iſt an der Spitze lichtgraubraun, jenes der Bauchſeite weiß gefärbt. Verbreitungsgebiet: Europa. Ihr Jagdgebiet: Teiche und breite, träg fließende größere Waſſerläufe. Sie meidet jeden Pflanzenwuchs, bewegt ſich ausſchließlich über der klaren Waſſerfläche und unterſcheidet ſich dadurch von den vorher beſchriebenen Ver wandten. Überwinterung in hohlen Bäumen. Zu den kurzohrigen Breitflüglern iſt noch zu nennen die in Sieilien und Sardinien hei- miſche, von Keyſerling und Blaſius (Wirbel— 38 * 7 „N 596 tiere Europas, I. Bd., 1840, p. 55) ange⸗ führte Art: 19. Vespertilio Capaccinii Bonap. (V. megapodius Temm.). Ohr um ein Drittel kürzer als der Kopf, mit ſehr ſeichter Einbuchtung am Außenrande, lanzettlich oval; Tragus ſeh— ſchmal, die Mitte des Ohres nicht erreichend; Schienbein nur theilweiſe in die Flughaut ein— gewachſen; Schenkelflughaut beiderſeits dicht wollig behaart; Oberſeite blaßgrauröthlich; Unterſeite graugelblich. 20. Gefranste Fledermaus, Vesper- tilio Nattereri Kuhl. (V. emarginatus Bonap.). Flugweite 23 cm. Ohr geſtreckt, der Außenrand ſchwach gebuchtet, den Pelz um 6mm über- ragend; Tragus fein, gerade aufſtehend; Saum der Schwanzhaut verdickt, gefältelt und von den Spitzen einer oberſeits ſtehenden Doppelreihe feiner Wimperhaare überragt. Pelz oben grau— bräunlich, unten ſchmutzigweiß; Haargrund dunkel. Mittel- und zum Theil Nordeuropa. Ihre Jagdreviere wählt ſie ähnlich wie Vesper— tilio mystacinus. 21. Gemeine Fledermaus, Mäuſeohr, Vespertilio murinus Schreb. (Myotus: V. myotis Bechst.; V. submurinus Brehm), eine weit verbreitete Art, kommt nach Brehm in ganz Mitteleuropa, von England, Dänemark und dem mittleren Ruſsland an bis in die ſüdlichſten Theile unſeres Erdtheiles vor; be— wohnt das ganze nördliche Afrika, den größten Theil Aſiens bis zum Himalaya und ſteigt im Gebirge bis 2000 m empor. Sie iſt die größte unter unſeren einheimiſchen Fledermäuſen, mijst 37 em (nach Altum 34 em) Flugweite und 12 bis 13 cm Körperlänge, wovon 3˙3 em auf den Schwanz entfallen. Der Pelz iſt oberſeits licht— braun mit roſtröthlichem Anfluge, unterſeits ſchmutzig weißlich; das Einzelhaar zweifarbig, an der Wurzel bräunlichſchwarz, mit hellerer Spitze. Flughäute und Ohren lichtgraubraun, die letzteren durchſcheinend, mit 9— 10 Quer- falten, der Außenrand nur leicht gebuchtet, ge— ſtreckt, den Kopfpelz um 13 mm überragend. Tragus dolchartig, die Mitte der Ohrmuſchel nicht erreichend. Ihre Jagdreviere bilden Ort— ſchaften, Gehöfte, Städte und die nächſte Um— gebung derſelben. Sie iſt für Feld- und Gar— tencultur ſowie insbeſondere auch Obſtbaum— und Parkanlagen von hoher Bedeutung. Hi— bernierung in Gebäuden (Kirchen, Thürmen, Dachböden und anderen unbewohnten Räumen). 22. Großohrige Fledermaus, Ves— pertilio Bechsteini Leisl. Der vorigen ähnlich, aber kleiner; Ohr ungefähr 1½ mal jo lang wie der Kopf, zur Hälfte über die Schnau— zenſpitze vorſtehend; 9—40 Querfalten; Außen- rand convex, ohne Einbuchtung; Tragus die Ohrmitte nicht erreichend, in der Endhälfte etwas ſichelförmig nach außen gebogen, in der Mitte mehr als halb ſo breit wie an der Baſis; Schenkelflughaut ungewimpert; Flügel— haut bis zur Zehenwurzel angewachſen; Geſicht von der Stirn an ſpärlich behaart, faſt kahl; Oberſeite röthlichgrau, ohne röthliche Haar— jvigen; Unterſeite ſchmutzig weißlich; dritter unterer Vorderzahn im Querſchnitt oval, etwas länger als breit; die ausgehöhlte Seite des grund dunkel. ähnlich wie V. murinus, nur ſcheint ſie das Fledermäuſe. zweiten oberen Vorderzahnes nach hinten ge— kehrt. Flugweite 25 em. Eine im allgemeinen ſeltene, dem mittleren Europa angehörige Art. 23. Langohrige Fledermaus, Ohren⸗ fledermaus, Vespertilio (Plecotus) auri- tus L. (Plecotus brevimanus Jen.; V. cor- nutus Fabr.), findet ihre Verbreitung über ganz Europa bis zum 60. nördlichen Breite- grad, iſt aber auch (Brehm) in Nordafrika, Weſtaſien, Oſtindien beobachtet worden. Ihre Flugweite beträgt 24 em, Körperlänge 8°4 cm, davon kommen über em auf den Schwanz. Die koloſſalen, vorn an der Stirn verwachſenen Ohren (3˙3 em) ſind beinahe von Körperlänge und laſſen dadurch ſowie durch die vorhande— nen 18—22 Querfalten eine Verwechslung mit verwandten Arten nicht zu. Der Pelz iſt oben lichtgraubraun, unterſeits weißlich; der Haar— Ihre Jagdreviere wählt ſie Vorhandenſein größerer Waſſerflächen (Teiche, Waſſerlacken u. dgl.) zur Bedingung zu machen Ihr Flug iſt im allgemeinen niedrig, zwiſchen Obſtbäumen, Häuſern, Geſtrüpp ſich bewegend und ſoll auch ſitzende Inſecten im Fluge neh— men. Sie überwintert in Kellerräumen u. dgl. 24. Vespertilio (Plecotus) brevima- Bonap, eine in Sicilien heimiſche Art; von der vorher beſchriebenen durch etwas kür— zere Ohren, aber längeren, die Ohrhälfte über— ragenden und die Ohrbreite übertreffenden Tra— gus unterſchieden; Unterarm und Schwanz weit länger als das Ohr und nur wenig kürzer als Finger 3. Pelz grauröthlich, unten weißlich; Haare am Grunde dunkelbräunlich; Flughäute röthlich. Unter nus der Familie der Glattnaſen führen Keyſerling und Blaſius (Wirbelthiere Europas, Bd. I, 1840, p. 44 und 45) noch zwei, der europäiſchen Fauna angehörige Arten auf: 25. Vespertilio (Dinops) Cestoni Savi (Dysopus Cestoni Bonap.: D. Ruppellii Temm.). Heimat ſüdliches und mittleres Italien, Agypten. Ohr mit 13 Querfalten, davon 9 bis gegen die Mitte durchgehend; Schwanzflughaut ohne Queradern; Spornbein am Hinterfuß ſich längs zwei Drittel der Schwanzflughaut erſtreckend; Flügelhaut am Fuße nach innen taſchenartig umgeſchlagen; Fuß frei vorſtehend; Finger 5 gleich dem erſten Gliede von Finger 4; Körper graubraun, ins Gelbliche, auf dem Rücken dunkler. 26. Vespertilio (Miniopterus) Schrei- bersii Natt. (V. Ursii Bonap.), langflüge⸗ lige Fledermaus. Heimat: Banat, Mittel- italien, Algier. Außenrand des Ohres in glei— cher Höhe mit der Linie der Mundſpalte, dicht hinter dem Mundwinkel endend; Innenrand über der das Auge mit dem Naſenloche verbin- denden Linie ſich ablöſend und faſt unter ſpitzem Winkel knieförmig nach außen gebogen; Tragus faſt bis zur Ohrmitte aufragend, ziem- lich gleich breit, außen an der Baſis und gegen die Mitte kaum merklich eingebuchtet; Schwanz länger als der Körper, ganz von der Flughaut umſchloſſen; Flügelhaut am Fuße nach innen taſchenförmig umgeſchlagen; Fuß frei vorſtehend; | | Fledermäuſe. 3. Glied des Fingers 3 faſt dreimal ſo lang als das zweite; Unterarm (angedrückt) die Schnauzenſpitze etwas überragend; Oberſeite braungrau; Unterſeite hellaſchgrau; obere Vor— derzähne gleich groß; die unteren mit der Schneide in die Richtung der Kiefer geſtellt, ſich nur mit den ſeitlichen Kanten berührend. II. Familie Blattnaſen, Vampire (Phyllostoma); in Europa durch vier Arten der Gattung Rhinolophus, Hufeiſennaſen, vertreten. Gattungscharakter: 32 Zähne, mit der Zahnformel 1 2 % 4 Ser3 Ihren deutſchen Namen verdanken die Arten dieſer Gattung dem eigenthümlichen Naſenbeſatze, welcher, wenn vollſtändig vor— handen, aus drei Theilen beſteht: dem Huf— eiſen; es beginnt auf der Spitze der Schnauze, umſchließt die in einer Hautfalte rückenſeits— liegenden Naſenlöcher, hat vorn eine erweiterte Querfläche und hinter derſelben eine ſattel— artige Einbuchtung, in welcher der Längs— kamm als zweiter Naſenbeſatztheil in einer vorſtehenden Spitze endet. — Der dritte Theil des Beſatzes, die zur Stirn querſtehende Haut— lanzette, erhebt ſich zwiſchen den Augen unter dem hinteren Ende der Hufeiſenäſte und hat jederſeits der erhöhten Mittellinie drei zellenförmige Vertiefungen, welche durch Quer— häute von einander getrennt werden. Den Ohren fehlt der ſtark entwickelte häutige Ohrdeckel der Glattnaſen; Flughäute breit, aber verhältnis— mäßig kurz, werden in der Ruhe mantelartig um den Körper geſchlagen. Obwohl die Haupt— nahrung der Hufeiſennaſen, wie bei den übrigen Fledermäuſen aus Inſecten beſteht, ſo ſcheint es doch kaum mehr zweifelhaft, dafs ſich ſelbſt unter unſeren einheimiſchen Arten echte Blut— ſauger befinden, welche (wenigſtens theilweiſe) ſchlafenden Vögeln und Säugethieren Blut ab— zapfen. — Die vier europäiſchen Arten ſind: 27. 3Zwerghufeiſennaſe,Rhinolophus hipposideros Bechst, (Vespertilio minutus Montagn.; R. hippoerepis Herm.: KR. bihasta- tus; Hipposideros bihastatus Geoffr.; petit fer & cheval Daub.), eine der kleinſten und zu— gleich gemeinſten Fledermäuſe; Länge 6 em, Flugbreite 22 em. Pelz hellfarbig, graulich— weiß, oben etwas dunkler. Unter allen Huf— eiſennaſen die am weiteſten nach Norden vor— dringende Art. Ihr Verbreitungsbezirk reicht von der Mittelmeerküſte bis hinauf zur Nord— und Oſtſee und von der europäiſchen Weſtküſte bis zum Kaukaſus. Sie tritt nur ſelten ver— einzelt, ſondern faſt immer in großen Geſell— ſchaften auf; iſt unempfindlich gegen Tempera— tur- und Witterungsverhältniſſe und bewohnt mit Vorliebe unterirdiſche Gewölbe, Höhlen, aufgelaſſene Stollen, Ruinen, wo ſie freihängend den Tag verbringt. 28. Große Hufeiſennaſe, Rhinolophus ferrum-equinum Daub. (Vespertilio ferrum— equinum Schreb.: Rhinolophus unihastatus Geoffr.; fer & cheval Daub.); Leibeslänge 55cm, dazu noch die Schwanzlänge mit 3˙5 em; Flugweite 33 em. Naſenplatte ſehr groß; Be— 597 haarung reichlich, lang; Färbung beim Männ⸗ chen oben aſchgrau mit weißlichen Haarwur— zeln, die Unterſeite hellgrau; beim Weibchen oben lichtröthlichbraun, unten röthlichgrau; Ohren ziemlich groß. Gemäßigte und ſüdliche Theile Europas; in Aſien am Libanon; geht nördlich bis Thüringen und den ſüdlichen Harz (Altum) und erreicht ihre verticale Verbrei— tungsgrenze bei einer Höhe von etwa 2000 m. In der Wahl ihrer Ruhe- und Überwinterungs— plätze zeigt dieſe Art nichts Abweichendes gegen— über den meiſten übrigen Fledermäuſen. Außer den genannten zwei deutſchen Arten gehören noch die folgenden zwei dem ſüdlichen Europa an: 29. Spitzkammige Hufeiſennaſe, Rhi- nolophus clivosus, Üretschm.; Heimat: Dalmatien, Levante, Agypten. Einſchnitt am Außenrande des Ohres ganz flach, ſtumpfwin— kelig, Ohrlappen nur wenig geſondert vortre— tend; beide Ecken des Wurzellappens gleich— mäßig abgerundet; Hufeiſenhaut aus drei Falten gebildet, deren mittlere flach, undeutlich; vor— dere Querfläche des Längskammes hinter den Naſenlöchern nach der Spitze allmählich ver— ſchmälert und deſſen hintere, gegen die Stirne vor der Lanzette ſich erhebende Spitze lang ausgezogen, etwa doppelt ſo hoch wie die vor— dere Fläche desſelben; die auf der Stirn ſich erhebende, quergeſtellte Lanzette nach der Baſis ziemlich gleichmäßig jederſeits erweitert, ohne ſeitlich vorſpringende Lappen, bis zur Stirn etwas länger als breit und ungefähr ſo lang wie der Bogen des Hufeiſens; Schenkelflughaut hinten faſt geradlinig abgeſchuitten, mit dicht ſtehenden, weichen Haaren gewimpert; Schwanz halb ſo lang wie der Unterarm und ungefähr von halber Körperlänge; Flughaut vor der Fußwurzel endend, ein Theil des Schienbeines frei vorſtehend; 1. Glied des Fingers 4 we— niger weit vorragend als jenes vom Finger 5; dieſer mit gleich langem 2. und 3. Gliede; Lückenzahn im Oberkiefer ſehr klein, ſich nicht über die Ränder der anliegenden Zähne erhe— bend; 6 getheilte Gaumenfalten. 30. Rundkammige Hufeiſennaſe, Rhi- nolophus Euryale Blas. Heimat: Süd⸗ europa, von den Südabhängen der Alpen an. Blaſius fand dieſe Art in Trieſt, Mailand, Riva am Gardaſee; auch kommt ſie im mitt— leren und ſüdlichen Dalmatien vor. Sie ſteht nach Blaſius (Beſchreibung zweier neuer deutſcher Fledermausarten, Braunſchweig 1853) hinſichtlich der Größe der vorher beſchriebenen Art am nächſten. Vordere Querfläche des Längs— kammes der ganzen Länge nach ziemlich gleich breit, an der Spitze breit abgerundet. Die hinter dem Sattel gelegene Spitze des Längskammes erhebt ſich über die vordere Querfläche fait um deren ganze Höhe und ragt, auf die Lanzette angedrückt, über die zweite Querwand hinaus. Jede Hufeiſenhälfte hat vorn auf der Naſe neben der gemeinſchaftlichen Mittelbucht nach außen noch eine kleinere ſtumpfe Einbucht, zwiſchen welch letzterer und der Mittelbucht der Rand jederſeits ſchwach zahnförmig vor— ſpringt; Außenrand des Hufeiſens im übrigen ganzrandig verlaufend. Die Einbucht am Außen⸗ 598 Fledermaus. rande des Ohres iſt flach und ſtumpfwinkelig und der Wurzellappen nach oben und unten ziemlich gleich hoch und gleichmäßig abgerundet. Der ſehr kleine, erſte, obere Backenzahn iſt in der Mittellinie der Zahnreihe eingefügt und trennt den Eckzahn vom zweiten Backenzahn. Die Flughaut erreicht die Fußwurzel nicht, ſondern läſst das Schienbein ungefähr um die Länge der Fußwurzel frei vorſtehen. Der Schwanz iſt über halb ſo lang wie der Unter— arm, welcher, angedrückt, über die Schnauzen- ſpitze hinausragt. Ebenſo überragen die an den Kopf angedrückten Ohren dieſelbe auf— fallend. Hſchl. Fledermaus. Durch die Vogelſchutzgeſetze ſ. d.) von Böhmen, Galizien, Mähren und Salzburg iſt das Fangen und Tödten der Fledermäuſe verboten; in Salzburg aus— genommen in der Nähe von Häuſern und Gärten ſowie bei culturſchädlichem Überhandnehmen derſelben. Mcht. Fleiſch, das, wm. nur von uneſsbaren Thieren, ſ. Wildbret. „Wildpret nennt man das Fleiſch von allen eſsbaren wilden Thieren. Von den übrigen nicht eſsbaren heißt es Fleiſch.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 175. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 338. E. v. D. Fleiſch iſt Muskelgewebe, welchem Binde— gewebe, Fett, Nerven und Blut beigemengt ſind. Je mehr das Fleiſch von Fett durch- wachſen iſt, deſto wohlſchmeckender und ge— ſuchter iſt es und die Engländer, welche die Qualität des Fleiſches beſſer zu ſchätzen wiſſen als wir, legen beſonderen Werth auf ſolches fein durchwachſene Fleiſch. Die Elementarzu— ſammenſetzung friſchen Muskelfleiſches iſt etwa: Waſſe nr 74˙7 Kohlenſt oft.. 123 „ Wafleritoff...... 8 Sauerstoff 59 „ Stickſtoff e 3:8 17 Aſ ce 14 „ Der Stickſtoffgehalt des Fleiſches iſt je nach Thierindividualität und je nach der Muskel- partie etwas ſchwankend. Da das Fleiſch ein Gemenge verſchiedener Gewebe iſt, ſo iſt deſſen qualitative wie quan— titative Zuſammenſetzung ſehr variabel. Man kann dreierlei Gruppen von Beſtandtheilen iu Fleiſch annehmen: erſtens jene Subſtanzen, welche das eigentliche Gewebe bilden, zweitens jene gelöſten Subſtanzen, welche im colloiden Zuſtande im Gewebe auf dem Wege vom Blute ſich finden, und drittens jene kryſtalloide Sub— ſtanzen, welche als Producte des Zerfalles ſich auf dem Wege aus dem Fleiſche befinden. Die durchſchnittliche Zuſammenſetzung von Fleiſch wird durch folgende Ziffern reprä- ſentirt: Eibe: 18˙36 % Leimgebende Subſtanz . 1˙64 „ eil 0˙90 „ Extractivſtoffe 1205 Ahle. 1305 en 73 ˙90 „ — — — — — — tl ———— — Fleiſch. Das Fleiſch verſchiedener Thiergattungen hat folgende Zuſammenſetzung: Stick⸗ Waſſer ſtoffſub⸗ Fett Aſche % bei re 1. Säugethiere. a) Wiederkäuer. Das Rind. fett. . 35•42 1719 26:38) 1°08 a mittelfett | 72.23 20-91| 3-19] 1-17 eiſch | mager. .| 7671| 2078| 1-50) 1-18 g % fett .. 7096| 19-86] 7701 107 Kuhfleiſch, mager 76.352054 1-78 1:38 m... (tele 72:31) 1888| 7414| 1:33 Kalbfleiih | mager| 78.84 19-86| 0-82) 3-87 Schaf und Ziege. Hammel⸗ fett 47:91) 14•80 36:39) 0˙85 fleiſch (mager ..| 75°99| 1711| 577) 1:33 Hirſch und Reh. a 7576| 19:77) 1-92 143 b) Nagethiere. Haſee : 7416| 2334| 143) 148 Kaninchen 66˙85 2447 9760 117 c) Dickhäuter. Schweine- (fett. 4740 14.343734 0-72 fleiſch (mager 72.37 20280 681) 1-10 d) Unpaarhufer. | Pferdefleiſch .. . 74-27 2171| 2355) 1-01 e) Raubthiere. Bärenfleiſch f (Schinken). . 63.142637 341 144 2. Vögel. | Hühnervögel. Fleiſch vom Haus— Huhn 76:06) 1849| 9˙34/ 0:91 Fleiſch vom Reb— huhn 7196| 25˙260 1˙430 1˙39 Fleiſch von der Tin 76:00] 2150| 1:00) 1:50 Singvögel. Fleiſch vom Kram— metsvogel .173:13| 2219] 177) 1:52 Schwimm- und Sumpfvpögel. Entenfleiſch .. . . 6989 23°80| 3:69] 0-93 3. Tiſche. Fettreiche Fiſche. Lachs (friſch) ... 7436 15:01) 6˙42 136 Fluſs aal 5742| 12°83| 28:37) 0˙85 Meeraadal! 79-94] 13:57) 5˙02 11 Häring (friſch) .. 8074 1011| 7-44) 2˙07 Fettarme Fiſche. DEE Res EB 7959| 1834] 051) 093 Shelfiih..... 80˙97 17:09) 0:34| 1:64 Scholle 77˙39 19:98) 1:80] 1˙46 Seezunigei 2 8614| 11:94] 025] 122 Karpfen 76˙97 21˙860 109] 1˙33 Fleiſch. 399 Stick⸗ | Waſſer ſtoffſub⸗ Fett Aſche 0 t 0 0 Yo 155 Ya | 15 Eingeſalzene Fiſche. ge 46˙23 1890 1689 1641* Sardellen 517722300 22423279) Getrocknete Fiſche. Stockſiſch h 1616| 78°91| 0780 1:52 Das Fleiſch der Fiſche, der wirbelloſen Thiere iſt waſſerreicher als das der Säugethiere und Vögel. Die Muskeln junger und weiblicher Thiere ſind waſſerreicher als die der älteren und männlichen. Der Waſſer— gehalt der Muskeln gemäſteter Thiere iſt ge— ringer als der magerer Thiere. Schottin hat gefunden, daſs der Waſſergehalt der Muskeln in einer nahezu unveränderlichen Beziehung zum Waſſergehalt des Blutſerums ſteht, durchſchnitt— lich enthält nämlich der Muskel 99%, Waſſer weniger, als das Blutſerum des betreffenden Thieres, und Ranke beobachtete, daſs je größer die Leiſtung eines Muskels, deſto waſſerreicher er ſich zeigte, deſto waſſerärmer oder concen— trirter werde das Blut. Als chemiſche Beſtandtheile kommen in dem Fleiſch vor: Waſſer, Syntonin, Myoſin, lös— liches Albumin, Collagen, Hämoglobin, Elaſtin und Keratin, Kreatin, Kreatinin, Sarkin, Xanthin, gährungsfähiger Zucker, Glycogen, Inoſit, Dex⸗ trin, Taurin, Inoſinſäure, Milchſäure, Harn— ſäure, flüchtige Fettſäuren, anorganiſche Salze, Eiſen, Kohlenſäure und Sauerſtoff. Von dieſen Stoffen gehören dem Fleiſchafte, der durch Extrahiren des Muskelgewebes mit kaltem Waſſer und Auspreſſen gewonnenen Flüſſigkeit, an: Albumin, Myoſin, Taurin, Kreatin, Krea— tinin, Sarkin, Xanthin, Dextrin, Zucker, Inoſit, Harnſäure, Milchſäure, Inoſinſäure, Salze der flüchtigen Fettſäure, Chlorverbindungen und ſaure phosphorſaure Alkalien. Die Aſche des Fleiſches reagiert alkaliſch, ſie enthält in 100 Theilen: Pferde- Ochſen⸗ Kalb⸗ Schweine⸗ fleiſch fleiſch fleiſch fleiſch Kali 39-40 33˙94 3440 3779 Natron. 4786 = 2:35 402 Magneſia ... 388 3:31 143 #8 DO en... 180 113 1:99 1754 Kalium — 5˙36 — — Natrium r ie: NET a 9.62 Eiſenoxyd. 1:00 0:98 0˙27 0:35 Phosphorſäure 46˙74 34˙36 48˙13 4447 Schwefelſäure 0˙30 337 — — Kieſelſäure — 207 084 ‚= Kohlenſäure — 8•02 — — Kali und Phosphorſäure überwiegen unter den mineraliſchen Beſtandtheilen bedeutend, während Natrium faſt nur in der geringen * Davon 14 47 NaCl. ** Davon 20 59 NaCl. Amphibien und Menge Chlornatrium vertreten iſt, welche dem Blut⸗ und Lymphgehalt des Fleiſches entſtammt. Auf 100 Natron findet ſich beim Se im Blut 55 7 im Fleiſch 381 Kali N Ochſen " I 7 " " " Pferd * 7 95 I " " 285 * Welche Mengen Fleiſch von den verſchie— denen Schlachtthieren annähernd gewonnen wer— den, zeigt nachſtehende Tabelle: 4 Fet Ein⸗ Knochen Aleiſch Lal, 925 Unſchlitt) Felle ꝛc. Procente des Lebendgewichtes Fettes Kalb. . . 12˙4 355 110 311 Halbfetter Ochs. 114 47˙9 127 28.0 Fetter Ochs. . . 104 40:2 23˙8 23˙6 Fettes Lamm .. 81 369 237 313 Mageres Schaf. 95 375 148 382 Halbfettes Schaf 77 384 184 35˙8 Fettes Schaf. 7˙0 298 32˙4 30˙8 Sehr fettes Schaf 35˙0 40˙8 242 Mageres Schwein 8˙'3 476 200 2471 Fettes Schwein. 56 373 394 477 Schlacht⸗ Schlachtgewicht abfälle Reines Procente Fettes Kalb 37˙9 621 Halbfetter Ochs. 352 64°8 Fetter Ss 33°8 66˙2 Fettes Lamm 40˙2 39˙8 Mageres Schaf... 46˙7 55˙3 Halbfettes Schaf ... 46% 53˙6 Fettes Schaf 425 Bi Sehr fettes Schaf 36˙9 63˙4 Mageres Schwein 26˙3 7 Fettes Schwein . 17:2 32:8 Das Rindfleiſch gilt als die nahrhafteſte Fleiſchſorte, faſt die ganze Faſer desſelben löst ſich, gleich dem des Huhnfleiſches, in ſalzſäure— haltigem Waſſer, während vom Kalbfleiſch nur ein geringer Theil gelöst wird. Das Fleiſch jüngerer Kälber iſt überaus reich an Waſſer und enthält unter ſeinen ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheilen viele leimgebende Stoffe. Ham— melfleiſch, obwohl ſeines relativ hohen Talg— gehaltes und eigenthümlichen Beigeſchmackes wegen nicht in allen Ländern beliebt, iſt doch ein recht gutes und leicht ver dauliches Fleiſch. Schweinefleiſch iſt in der Regel ſehr fett— reich und bildet das Hauptnahrungsmittel der arbeitenden und Landbevölkerung. Pferde— fleiſch hat einen ſüßlichen Geſchmack, wäre aber wegen ſeines hohen Eiweißgehaltes ein ganz gutes Nahrungsmittel, wenn nicht, da s Pferd in anderer Beziehung als Fleiſch— en viel nützlicher iſt, meiſt nur alte und abgetriebene Thiere geſchlachtet würden. Das Fleiſch von Geflügel und Wild iſt ſehr fett— arm, beſitzt ein ſehr dichtes Gewebe, weshalb man es zur Auflockerung gern einige Zeit liegen läßt, um gewiſſe Zerſetzungsproceſſe ein— zuleiten, und iſt leicht und gut verdaulich. Das Fiſchfleiſch iſt keineswegs ſchwerer verdaulich als das Rindfleiſch, hingegen iſt es an Leim— bildnern reicher als das der Vögel und Säugethiere. 600 Von den Zubereitungsweiſen des Fleiſches ſind die üblichſten das Kochen, Bra— ten und Dämpfen. Beim Kochen des Flei— ſches wird ſtets ein größerer oder geringerer Theil der löslichen Beſtandtheile in die Fleiſch— brühe überführt: am meiſten dann, wenn man fein zerhacktes Fleiſch mit kaltem Waſſer an⸗ ſtellt und ganz allmählich bis zum Sieden er- hitzt; am wenigſten dann, wenn man das Fleiſch im Stück in kochend heißes Waſſer bringt. Im letzeren Fall gerinnt das lösliche Albumin und verhindert das weitere Auslaugen des Flei— ſches, man hält die löslichen Beſtandtheile im Fleiſche zurück und gewinnt zwar eine ſchwache Fleiſchbrühe e, aber ein nahrhaftes und ſaftiges Fleiſch, im erſten Fall erzielt man dagegen eine kräftige Fleiſchbrühe. Nimmt man mit Koller für die Zuſammen— ſetzung der ganzen Fleiſchaſche folgende Zah— len an: Phosphorſäure Kalt? EI SE. 10. 20 Erden und Eiſenoxyd 5:69 Schwefelläure......... 2:95 Ehlorfaliin 4... 14˙81 100˙25 ſo gehen beim Kochen des Fleiſches in die Fleiſch- es bleiben im brühe Fleiſch Phosphorſäure ... 26˙24 10•36 Kall! 3542 478 Erden und Eiſen .. 3:15 2:54 Schwefelſäure .... 2˙95 — Ehlorfalium..... 14-81 — 82:57 1768 Der Wohlgeſchmack der Fleiſchbrühe wird durch geringen Zuſatz von Säuren (Milchſäure, Citronenſäure) geſteigert, während alkaliſche Flüſſigkeiten denſelben weſentlich beeinträchtigen. Die Wirkſamkeit der Fleiſchbrühe als Nahrungs⸗ mittel muſs in ihrem Gehalte an den Salzen des Blutes, außerdem aber auch in den extrac— tiven Materien geſucht werden, iſt aber damit keineswegs nach allen Seiten vollſtändig aufge⸗ klärt. Nach Kemmerich bewirkt coneentrierte Fleiſchbrühe in kleiner Doſis Zunahme der An— zahl und Stärke der Herzcontractionen; in großer Gabe wirkt ſie als Gift und tödtet unter den Erſcheinungen der Herzparalyſe. Beim Braten geſchieht die Einwirkung der Wärme auf das Fleiſch ohne Waſſer, zuweilen unter Vermittlung des Fettes, zuweilen auch ohne dieſes, wodurch zunächſt an der Oberfläche das Eiweiß gerinnt und ſo das Austreten der Saftbeſtandtheile verhindert wird. Das Gar— kochen wird durch den Fleiſchſaft ſelbſt bewirkt; man erhält bei dieſer Zubereitung das Fleiſch mit nahezu ſeinem vollem Ernährungswerth, aber ohne Fleiſchbrühe. Große Fleiſchſtücke werden beim Braten beſſer und zarter als kleine, weil die Hitze nur ſchwierig ins Innere dringt. Übrigens findet beim Braten ein Ge— wichtsverluſt ſtatt, der ſich beim Rindfleiſch auf 19, beim Hammel auf 24, beim Lamm auf 22, bei Hühnern auf 24% beläuft. Das Dämpfen des Fleiſches iſt ein Mittelweg zwiſchen Braten und Kochen, indem Fleiſchconſerven. das Garwerden durch die Einwirkung des Dampfes erfolgt. v. Gn. Fleiſchconſerven. Da das Fleiſch befannt- lich ſehr leicht und bald der Zecſetzung und Fäulniß anheimfällt, jo hat man ſchon früh— zeitig an Methoden zur Haltbarmachung dieſes wichtigſten Nahrungsmittels gedacht. Solche Conſervierungsmethoden ſind das Trocknen, das Einſalzen, das Räuchern, das Conſervieren durch Luftabſchluſs ſowie durch Kälte. Um Fleiſch durch Trocknen zu conſer⸗ vieren, hat man in Amerika dasſelbe in dünne Streifen zerſchnitten, nach ſorgfältigſter Be— freiung von Fett mit Mehl beſtreut und an der Sonne getrocknet. Dieſe im Norden Amerikas Pemmikan, im Süden Taſſajo oder Charque genannte Fleiſcheonſerve bildet in den ſüd— amerikaniſchen Staaten noch heute einen bedeu— tenden Handelsartikel (aus der Provinz Rio grande ſollen jährlich 20—30 Millionen Kilo— gramm ausgeführt werden). Eine andere Me— thode der Zubereitung iſt die, daſs man das Fleiſch in große Scheiben zerſchneidet, ſtark einſalzt und übereinanderſchichtet. Die Fleiſch— haufen werden öfters gewendet, bis das Salz vollſtändig eingedrungen iſt und dann erſt an der Sonne getrocknet. Wegen ſeiner großen Hygroſkopicität iſt nach letzterer Methode zu— bereitete Fleiſcheonſerve nicht ſehr haltbar und findet daher trotz ſeiner Billigkeit weniger Abſatz. Eine dritte Methode, welche jedenfalls die rationellſte von dieſen dreien iſt, beſteht darin, daſs man mageres Fleiſch in geeigneten Appa— raten erſt bei niederer Temperatur nur ober- flächlich austrocknet, dann die Wärme ſteigert, wodurch Gerinnung der Eiweißkörper und voll— ſtändige Austrocknung ohne jeden Nährſtoffver— luſt eintritt, die getrocknete Maſſe ſehr fein pulvert, mit Kochſalz miſcht und als Patent- fleiſchpulver in den Handel bringt. Nach Strohmer enthielt eine von der Geſellſchaft „Carne pura“ in Berlin in den Handel ge— brachte Probe des Patentfleiſchpulvers: Waſſe?s 1081 % Stickſtoffſubſtanz . Fett .. 5˙61 „ Aſche 13°3% „ Außer reinem Fleiſchpulver bringt die ge— nannte Berliner Geſellſchaft auch noch verſchie— dene Gemiſche in den Handel, die nach Strohmer folgende Zuſammenſetzung bei der Analyſe er— geben haben: = = — — — 9 88 S SSM 8 | zpE les 2) sea 8 = S — 2 = = = 3 9 . 8 Fleiſchgemüſe (Erbſen) . . 9-49, 24·361 7433796010360 93˙6 Fleiſchbiscuitſs-9812•56 12376709 2:00) 92:5 Fleiſchcacao 4625226330 ·4334˙65 6˙34 63˙7 Fleiſchchoco— lade . . 24010 ˙73025•83 Sl 2:22] 7277 Am häufigſten wird vom Trocknen zur Conſervierung des Fleiſches Anwendung beim » 2 * 7 a Ve ee Fleiſchextract. 601 Fiſchfleiſch gemacht, wir verweiſen nur auf die vielen Tauſende von Centnern Stockfiſch, die jährlich in den Handel gebracht merden. In Schweden trocknet man auch das Blut der. Schlachtthiere und bringt es als Blut— mehl, das über 80 % Eiweißſtoffe enthält, in den Conſum. Zu den älteſten Conſervierungsverfahren gehört das Einſalzen (Einpöckeln). Das Salzen iſt eine Erfindung des holländiſchen Fiſchers Wilhelm Beukelz oder Bökel, deſſen Andenken Carl V. durch den Beſuch ſeines Grabes ehrte. Kommt friſches Fleiſch mit Kochſalz (Chlorna- au) in Berührung, läßt es beträchtliche Quantitäten Waſſer ausfließen, mit dem Waſſer zugleich aber auch einen beträchtlichen Theil der wirkſamen organiſchen und unorganiſchen Be— ſtandtheile, weshalb Pöckelfleiſch weniger Werth beſitzt als friſches Fleiſch. Ausgedehnte Anwen— dung vom Einſalzen macht man beim Conjer- vieren der Fiſche (Häringe, Sardellen). Außer Kochſalz verwendet man zur Conſervierung von Fleiſch noch verſchiedene ſog. „Conſerveſalze“, welche antiſeptiſch wirken, ſo Borax, Borſäure, ſchwefligſaure Salze, ſchweflige © Säure, Salicyl- ſäure, Gemiſche von Borax, Salpeter und Koch- ſalz u. ſ. w. Da die Wirkſamkeit ſolcher Con— ſervierungsmittel auf den menſchlichen Organis— mus noch nicht genau feſtgeſtellt iſt, empfiehlt es ſich mit dieſen präparierte Nahrungsmittel nur mit großer Vorſicht zu verwenden. Die älteſte Fleiſchconſervierungsmethode dürfte das Räuchern ſein. Im Rauch ſind ver— ſchiedene brenzliche Ole, Holzeſſig, Kreoſot u. f. w. enthalten, welche Stoffe mehr oder weniger autiſeptiſch wirken. Der beſte Rauch zum Räu— chern des Fleiſches iſt jener von Buchenholz; Stein⸗ und Braunkohlenrauch iſt zum Räu— chern unbrauchbar; durch das Räuchern iſt nicht, wie beim Pöckeln, ein Verluſt von Nährſtoffen zu fürchten, auch hat ſich bei künſtlichen Ver— dauungsverſuchen kein Unterſchied in der Aus— nützung des Eiweißes zwiſchen friſchem und ge— räuchertem Fleiſch ergeben. Nach Strohmer zeigten geräucherte Fleiſch— waaren folgende procentiſche Zuſammenſetzung: — = = = VAT | Schinken (gewöhn— D 5973| 20°08| 811) 7:08 Schinken (weſtphäli— i 2003 2798| 23°97| 36°48| 10°07 Geräuchertes Ochſen— e 47'68| 2710| 15°35| 10•59 Geräucherte Ochſen— A 3574| 2431| 31°61| 8•31 Geräucherter Häring | 6449| 2112] 851) 124 Die Methode, Fleiſch durch vollſtändi— gen Luftabſchluß zu conſervieren, wie ſie von Appert in Vorſchlag gebracht worden iſt, hat gegenwärtig große Verbreitung gefunden, ganz beſonders für Proviantierung im Krieg und auf Seereiſen. Man bringt das Fleiſch mit Salz und Gewürz verſetzt in ſtark eingekochtem Zuſtande in Blechbüchſen, füllt dieſelben mög— lichſt voll und löthet einen Deckel luftdicht auf. Die ſo geſchloſſene Büchfe wird dann in einer Kochſalzlöſung eine zeitlang erhitzt, um alle Pilzkeime, die Urſache der Fäulniß, zu tödten. Zur Prüfung ſtellt man die geſchloſſenen Büchſen längere Zeit an einen warmen Ort; tritt fau— lige Gährung mit Gasentwicklung ein, ſo wird der Deckel nach auswärts gebogen und ſolche Büchſen ſind ſelbſtverſtändlich unbrauchbar. Eine der beſten Conſervierungsweiſen des Fleiſches iſt unſtreitig die Anwendung von Kälte. Mittelſt Schiffen und Eiſenbahnwaggons, deren Innentemperatur durch Eis oder Kälteerzeu⸗ gungsmaſchinen auf höchſtens 2—3 C. er- halten wird, werden aus Amerika und Auſtralien große Quantitäten friſchen Ochſen- und Schaf— fleiſches nach Europa gebracht. v. Gn. Fleiſchextract (extractum carnis) wurde zuerſt auf Liebig's Veranlaſſung zu ray: Bentos in Südamerika fabriksmäßig aus Rind— fleiſch dargeſtellt, jetzt beſchäftigen ſich viele Fabriken in Amerika und Auſtralien mit der Herſtellung dieſes Präparates. Nach Liebig's Vorſchrift wird das von Fett möglichſt be— freite, ae e Fleiſch mit Hochdruckdampf (75 Pfund per Quadratzoll Spannung) dige⸗ riert, die erhaltene Flüſſigkeit vom Fett befreit, dann in Klärapparaten Eiweiß, Fibrin und die phosphorſaure Magneſia abgeſondert, filtriert, und in Vacuumpfannen . zur Syrup⸗ conſiſtenz eingedampft. Das auf Veranlaſſung des königlich preußiſchen Miniſteriums für die landwirthſchaftlichen Angelegenheiten vielfach unterſuchte Extract zeigte folgende Zuſammen— ſetzung: Minimum Maximum Waſſenn!nn 13:20 29:02 Ach an: 10:53 2145 Organifche Subſtanz .. 4953 68˙77 Mit Stickſtofftfß 4˙93 9:08 In der Aſche: Re Br Sit srenh 32:23 1653 Pin! 9:53 18:35 Kenltendert ee Spur 1:07 eas „ 46% ENENDEHN I: 0:06 0-77 Phosphorſäure . . ... 23˙32 38˙08 Schwefelſäure 0˙12 383 Kieſelſäure und Sand .. — 2:97 Chloe? gr 701 1416 An organiſchen Beſtandtheilen wurden in dem Extract nachgewieſen: Kreatin, Kreatinin, Paralbumin, Globulin, Harnſtoff, Hämatin, Hämarſäure, Leim, Milchſäure, Inoſinſäure, ein dem Caffein ähnliches Alkaloid u. ſ. w. Ei— weiß und Glutin waren nicht vorhanden, da— gegen ein dem Glutin ähnlicher Körper. Fett wurde nur in einigen Proben (003-1550 %) gefunden. Die Hauptmerkmale der Reinheit des Fleiſchextractes liegen nach Liebig in der Lö— jung der Beſtandtheile in 80% igem Alkohol, dem Waſſergehalte und der Abweſenheit von Eiweiß und Fett. Das Fleiichertract wird beim Gebrauch in heißem Waſſer gelöst und find 2½ f für eine Portion Suppe ausreichend. Freilich ſchmeckt 602 Fleiſchfuttermehl. — Flickern. die ſo gewonnene Suppe nicht wie die aus Fleiſch unter Beigabe von Suppengemüſen und Salz dargeſtellte Suppe, man kann aber leicht und billig nach folgender von Liebig für ſieben Perſonen berechneter Vorſchrift eine wohl— ſchmeckende und kräftige Fleiſchbrühe bereiten: ½% Pfund zerſchlagene Knochen oder 2 Loth Mark werden mit Suppengemüſen in 2˙31 Waſſer durch etwa eine Stunde gekocht, ſodann die Knochen entfernt und 20 g Fleiſchextract nebſt Salz in die Flüſſigkeit gebracht. Das Fleiſchextract wird auch zur Darſtel— lung verſchiedener Fleiſchextracteonſerven verwendet; jo vermengt man dasſelbe mit Hülſefrucht⸗, Hafer- oder Kartoffelmehl unter Zuſatz von Fett, Salz und Suppengemüſen und bereitet daraus die jog. condenſierten Sup⸗ pentafeln, nicht zu verwechſeln mit den werth— loſen Bouillontafeln aus thieriſchem Leim, welche mit Salz, Gewürzen 2c. aromatiſiert ſind. Ebenſo bereitet man aus Fleiſchextract und Getreidemehl eine Art Fleiſchextract— zwieback. v. Gn. Fleiſchſuttermehl wird aus den Rück— ſtänden der Fleiſchextractfabrication hergeſtellt, unter Beigabe von Chlornatrium und Kalium— phosphat. Es enthält: Waſſe!r! 9 bis 12% Pee W se: Fett o 9 7 14 5 Sa 9 Das gleichzeitig als Abfallsprodurt ge— wonnene Fleiſchalbumin enthält Waſſer 11˙8 /, Protein 63˙7 %, Fett 134%, Salze 2 6% v. Gn. Fleiſchmilchſäure, ſ. Milchſäure. v. Gn. Ileiſchpeptone werden erhalten durch Be— handeln von Fleiſch mit Säuren unter Druck oder mit Magenſaft und dienen zur Ernährung von Menſchen, deren Verdauung derart geſtört iſt, dafs das aufgenommene Eiweiß im Magen nicht gelöſt wird. Man hat verſchiedene ſolcher Fleiſchpeptonpräparate. Die Fleiſchſolution von Leube-Ro⸗ ſenthal erhält man durch 10—15ſtündiges Kochen von 1000 g fettfreiem zerhacktem Fleiſch mit 1000 g Waſſer und 20g Salzſäure im Papin'ſchen Topfe; man zerreibt dann die Maſſe im Mörſer, bis ſie emulſionsartig ausſieht, kocht noch 15— 20 Stunden, neutraliſiert nahezu mit Natriumcarbonat und verdampft bis zur Sy— rupconſiſtenz. Sie enihält: FFF 67˙2 bis 804% ( A Sara Se 9:0 11:0 STE TO EN 1 Sonſtige Stickſtoffverbindungen 56 , 7˙6 „ rr ...020200 en 0˙5 — Sonſtige Salze 9 Von den Eiweißſtoffen des Fleiſches iſt zwar nur ein geringer Theil in Pepton über- führt, jedoch iſt die ſonſtige Stickſtoffſubſtanz in leicht reſorbierbarer Form vorhanden. Das Fluid Meat, von ſyrupartiger Con— ſiſtenz und brauner Farbe, enthält: Waäſſenk 20˙8 bis 30695 Aſche 122 „ 148 Organiſche Sub⸗ anz 37.2 % 68 In abſolutem Alkohol lös— liche Stoffe. . 19˙8 „ 40•6 „ mit 10% Chlor- natrium mit 80— 8.2% Stickſtoff Pepton . 23 ˙8 „ 374 „ Kemmerich's Fleiſchpepton enthält: . „„ 3086 Organiſche Stoffe, , 51 darin: Lösliche Eiweißſtoffe 18˙8 Pepton 39-2 „ Sonſtige Stickſtoffverbindungen 2˙85 „ Mineralſtoffe 769 „ darin: Kali 8 3˙34 „ Phosphorſäure 2615 v. Gn. Fleiſchzähne, dentes lacerantes, heiße die gezackten, mit ſcharfen Kanten verſehene Backenzähne der Raubſäuger (vor ihnen ſtehen die Lückenzähne, hinter ihnen die Kau— zähne). Knr. Flick, adj., j. flügge, flugbar, eh Flick, der, auch Taubenflick oder Löffel eine eigenthümliche Art der Befeſtigung der Locktauben auf Tränkherden; Beſchreibung und Abbildung ſ. Fang der Wildtauben. „Zwey wilde: oder zahme Tauben ... deren werden zwey pff einen Löffel (ſ. d.) oder Tauben- flick oder Rudel (ſ. d.) gehalten | das vff einem kleinen hügelein von Raſen gemacht liegt dar⸗ mit es wegen ſchwere der Tauben deſto ehe in die Höhe zu bringen . . . Dieſe Flicke werden alſo bereitet: Es werden in das Regeſtäbelein löcher geboret | darinnen doppel Meſſing- oder Eyſendrat wie ein Circkel in der Circumferentz eines gewönlichen höltzern Tellers gezogen der wird dann allenthalben mit Spaget oder Ha- ſenzwirn vmbſtricket vnd dann hinden ein Ge⸗ werbepflock wie an die Flicke gehörig | gemacht: derauff wird nun die Locktaube geſetzet.“ J. C. Aitinger, Bericht v. d. Vogelſtellen, Caſſel 1653, p. 115,116. — Etymologie dunkel; den Lock⸗ tauben wurden oft die Augen zugenäht, hieß dies etwa auch flicken und wäre das Wort flick hierauf zurückzuführen; oder etwa auf das Be⸗ feſtigen (Flicken, Anfliden) der Taube auf den Apparat? oder endlich auf flickern? — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Flicken, verb. trans., das Fell, „ weiſe, ſtatt einen unbedeutenden Biſs beibringen, v. Hund. „Scherzweiſe ſagt man: die Hunde haben ihm das Fell geflickt, d. h. verwundet.“ Onomat. forest. IV. (Nachtrag v Stahl), p. 285. — Auch vom Schwarzwild, doch aus der Lite⸗ ratur nicht belegbar, ſ. Hoſenflicker. — Sanders Wb. I., p. 461. E. v. D. Flickern. verb. trans., ſ. v. w. regen, an⸗ regen, anrühren, wahrſcheinlich * Flick zu⸗ ſammenhängend. „Wann geſehen | daß die wilden Lerchen des Gereges (hiemit iſt hier nicht die Rege ſelbſt, ſondern der auf ihr befeſtigte Flieder. — Fliegenfänger. Lockvogel gemeint) begehren vnd den Wänden nahe kommen ſo laſſet das Gerege liegen flickern darmit nicht | vnd pfeiffet wenig ſonſt verſchläget man ſie.“ J. C. Aitinger, Bericht v. d. Vogelſtellen, Caſſel 1633, p. 132. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D Flieder, ſ. Flinder. E. v. D. Fliege, die = Korn oder Mücke am Gewehr, veraltet. „Das Abſehen (b. d. Pürſch-Röhre) und die Fliege dörffen auch nicht jo ſcharff ſeyn wie auff den Scheiben-Röhren damit man bey dunckler Zeit das Abſehen deſto ſchneller zuſam— menbringen und ſeinen Schuß verrichten könne.“ Hohberg, Georgica curiosa, Nürnberg 1682, II., fol. 625. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 309; IV., p. 266. — Grimm, D. Wb. III., p. 1780. — Sanders, Wb. I., p. 461 c. Frz. la mire, le bouton. (S. Viſiervorrichtung). E. v. D. Fliegen, Zweiflügler, ſ. Diptera. Hſchl. Fliegende oder walzende Grundſtücke (Wandeläcker) ſind nach deutſchem Privatrecht die frei veräußerlichen, im Gegenſatze zu jenen Grundſtücken, welche untrennbare Pertinenzen eines geſchloſſenen Bauerngutes bilden. At. Fliegender Boden. „Auf Boden, der bei gänzlicher Bloßlegung in breiten Lagen leicht fliegend wird ..., ſollen die Wälder lediglich in ſchmalen Streifen oder mittelſt allmählicher Durchhauung abgeholzt und ſogleich wieder mit jungem Holze gehörig in Beſtand gebracht werden“ (ſ. Aufforſtung) [S 6 F. G.]. Dieſe Wal- dungen find Schutzwaldungen (ſ. d.) und (nach $ 6 der Verordnung des Ackerbauminiſteriums vom 3. Juli 1873, 3. 6953) durch die Forſtaufſichts— organe (Forſtinſpectoren u. ſ. w.) bei jeder ſich bietenden dienſtlichen Gelegenheit zu ermitteln. Das ungariſche F. G. verbietet (im 8 4) die Rodung in jenen Wäldern, deren Entfer— nung der Verbreitung des Flugſandes Gelegen— heit böte, und verfügt die unbedingte Erhal— tung ſolcher Wälder. Behufs Bindung des Flugſandes iſt Enteignung (ſ. d.) geſtattet. Mcht. Fliegenfänger (Muscicapa) nennt man eine Gruppe von Inſectenfreſſern, welche über die ganze Welt in vielen verſchiedenen Arten und Gattungen verbreitet iſt. Die echten Fliegenfänger, von denen wir in Europa 4, vielleicht 5 Arten haben, wenn der kaſpiſche Fliegenfänger zu den euro— päiſchen Arten gehören ſollte, ſind kleine Vögel mit ziemlich ſtarkem, geradem, an der Wurzel breitem, faſt dreieckigem, ſchwalbenartigem Schnabel. Der Mundwinkel iſt mit ſteifen Borſten beſetzt. Die Füße ſind kurz, ziemlich ſchwach, vierzehig. Die Flügel ziemlich groß, die erſte der 19 Schwungfedern ſehr klein, die zweite wenig kürzer als die dritte, welche mit der vierten die längſte iſt. Sie leben weſentlich auf Bäumen, we— niger im Gebüſch und nehmen ihre Nahrung, indem ſie von einem freien Sitz in einem kurzen Auffluge ein fliegendes Inſect fangen, weniger von einem Blatt oder von dem Erdboden. Alle europäiſchen Arten ſind Zugvögel, die ziemlich ſpät ankommen, und von denen die = — nn Er — — — — 603 Alten auch früh wegziehen, während einzelne Junge bis Ende September oder bis in die erſten Tage des October bleiben. Sie ſind un— geſellig, ſelbſt wenn ſie — was ſelten geſchieht — gemeinſchaftlich wandern, indem ſie ſich auch dann nicht nahe bei einander halten. Die jungen Vögel vor der zweiten Mauſer ſind von den alten bei den meiſten Arten weſentlich unterſchieden. Die erſte Mauſer tritt ſofort ein, wenn das Gefieder des Jugendkleides einigermaßen entwickelt iſt, beſchränkt ſich jedoch auf das kleine Gefieder. Grauer Fliegenfänger, Muscicapa grisola, Linn., S. N. I., p. 328 (1766); Butalis (Museicapa) grisola, Linn., Boie, Isis 1826. p. 973: Butalis montana, Chr L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 220 (1831); Butalis pinetorum, id. I. c., p. 221; Butalis africana, Bp., C. R.. 185%, I., p. 652; Butalis alpestris, Chr. L. Brehm, Vogelf., p. 80 (1855): Butalis dome- stica, id. I. C., p. 80; Muscicapa griseola. Gray, H. of B. I., p. 321, no. 4811 (1869 7). Fliegenfänger, großer, gefleckter, grau— brauner, graugeſtreifter, geſtreifter europäiſcher Fliegenfänger, großer oder graugeſtreifter Fliegenſchnäpper, Fliegenſchnäpfer, grauer Hü— tick, graag Hüting, Spieß-, Koth⸗, Neſſelfink, Pips⸗, Todten-, Peſtilenzvogel, Schureck. Engl.: Spotted Flycatcher; frz.: Gobe- mouche gris; portug.: Yarathäo, Papa-moscas; ipan.: Papamoscas; ital.: Pigliamosche; malt.: Zanzarel; dän.: Graa Fluesnapper; norweg.: Graa Fluesnapper; ſchwed.: Grä Flugsnappare; ruſſ.: Pienka; ungar.: szürke Legyesz; böhm.: Lejsek Sedohnedy; poln.: Mucholöwka szara; froat.: Siva muharka. Dieſe Art wird gewöhnlich als Typus der Gattung betrachtet. Sie gehört zu den größeren Arten der echten Fliegenfänger. Der Flügel iſt etwa 85cm, der Schwanz 6˙3 em lang, der Schnabel vom Mundwinkel 17 em lang und 0˙9 em breit. Derſelbe iſt daher im Verhältnis zur Größe des Vogels lang und breit, auf der Oberſeite flach dreikantig, auf der Unter— ſeite abgerundet flach. Der Rachen iſt ſehr groß, faſt ſchwalbenartig; die Füße ſind ſchwach und die Fußwurzeln kurz, etwa lem hoch. Die Farbe der Iris iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, an der Wurzel des Unter— kiefers gelblich, die Füße ſchwarzbraun. Die Färbung iſt eine ſehr unſcheinbare; auf dem Rücken hellbräunlicherdgrau, auf dem Kopfe mit dunklen Flecken; die Unterſeite graulich— weiß mit mattgrauen Flecken an Kehle und Bruſt. Das Jugendkleid iſt auf der Oberſeite dunkelerdbraun mit großen roſtweißen Spitzen— flecken der Federn, die Unterſeite iſt auf roſt— weißlichem Grunde an Bruſt- und Bauchſeiten mit halbmondförmigen erdbraunen Flecken ge— zeichnet. Sein Vaterland iſt ganz Europa bis gegen den 70. Grad n. Br., Nordafrika und das weſt— liche Aſien. Wie weit er ſich in Aſien erſtreckt, iſt noch nicht genau erwieſen, indem einige verwandte Arten mit ihm verwechſelt wurden. Ahnlich verhält es ſich mit ſeinem Vorkommen im ſüdlichen Afrika. Mau hat ihn freilich an der Südſpitze dieſes Welttheiles gefunden, aber 604 es iſt nicht erwieſen, ob als Brut- oder als Wandervogel. Der graue Fliegenfänger iſt einer der ſpäteſten Zugvögel und verläſst die nörd— lichen Gegenden früh. Auch in Syrien und Kleinaſien kommt er im Frühjahr ſpät an, obgleich einzelne dort überwintern (Krüper). Die Art liebt weniger große Wälder wie kleine Feldgehölze und ſucht gern die Nähe des Menſchen; daher fehlt ſie auch in keinem großen Garten und iſt dort häufiger vorhanden, wie es auf einen flüchtigen Blick ſcheint, weil ſie ſich ſtill verhält, abgeſehen davon, daſs ſie von einem beſtimmten Sitzpunkte kurze Ausflüge macht, um in der Luft Inſecten zu fangen, faſt ſtets aber wieder auf denſelben Punkt zurück— kehrt, von dem ſie ausgegangen iſt. Graf Wodzicki fand den grauen Fliegenfänger nicht ſelten an den Felſen der Karpathen niſtend, und recht eigenthümliche Niſtplätze ſind in ver— ſchiedenen Journalen im Laufe der Zeiten er— wähnt worden. Gewöhnlich baut er hier an den Geſimſen der Gebäude, an Spalieren und ähnlichen Plätzen, nie wie jeine Gattungsver⸗ wandten in tiefen Höhlungen der Bäume. Sachſe fand ihn einmal 2 Fuß hoch in einem Roſen— ſtrauch niſtend, und wir ſelbſt ſahen ihn in Ibenhorſt über der Thür des Forſthauſes in einem Elchgeweih brütend. Das Neſt iſt feſt und groß, ſtets oben offen. Es enthält Ende Mai oder anfangs Juni gewöhnlich 5 Eier. Dieſelben ſind 19 bis 2! mm lang und 14—15 mm breit, an beiden Enden abgerundet, gewöhnlich auf röthlich— weißem, ſeltener auf grünlichweißem Grunde mit lehmröthlichen oder rothbraunen größeren oder kleineren Flecken ziemlich gleichmäßig be— deckt, doch ſtehen dieſe Flecken auch oft kranz— artig am ſtumpfen Ende. Zwergfliegenfänger, Muscicapa parva Linn., Muscicapa parva, Bechst., G. N. IV., p. 505 (1795); Muscicapa lais, Ehr., S. Ph. A. fol. t (1829): Muscicapa rufigularis. Chr. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 228 (1831): Musci- capa minuta. Hornsch. et Sch., V. V. P. (1837): Erythrosterna parva (Bechst.). Bp., C. L., p. 44 (1838): Erythrosterna parva ruficollis, A. E. Brehm. V. S. C. L. Br., p. 3 (1866): Erythro- sterna parva rufigularis. id. I. c. Kleiner Fliegenfänger, kleiner ſchnäpper, kleiner Feigenfreſſer. Engl.: Red-breasted Flycatcher; frz.: Gobe-mouche rougeätre; ital.: Piglia-mosche pettirosso; ungar.: kis Legyész; böhm.: Lejsek maly; poln.: Mucholöwka rdzawka; froat.: Mala muharka. Flügelſpitze 7cm, Schwanz 5em, Fuß— wurzel 1’8em. Die Iris iſt dunkelbraun, der Schnabel oben hellbraun, unten fleiſchröthlich, an den Rändern bräunlich, an der Spitze braun, Fliegen⸗ der Rachen gelb. Die Füße zeigen ein leichtes Braun, die Sohlen ſind weißlich; die Nägel braun. Die Oberſeite iſt beim alten Männchen von einem zarten, olivenbräunlich angehauchten Grau; Schwingen und Schwanz ſind ſchwarz— braun; die vier äußeren Steuerfedern drei Viertel ihrer Länge an jeder Seite weiß; nur die äußerſte an der Außenfahne zwei Drittel der Spitze dunkel. Kehle und Bruſt von einem Flieg enfänger. ſchönen lebhaften rothbräunlichen Gelb, welches mit zartem Aſchgrau umſäumt iſt; die übrige Unterſeite weiß. Dem Weibchen und dem Männ⸗ chen im zweiten Frühling fehlt die ſchöne gelbe Färbung des Vorderhalſes; das erſte Herbſt⸗ fleid» iſt auf der Unterſeite auf weißlichem Grunde roſtbräunlich angeflogen; das Jugend— kleid hat an der Oberſeite an der Spitze der Federn roſtgelblichweiße Flecke. Dieſe Art lebt vorzugsweiſe in Buchenwäldern mit alten, ſtarken Bäumen, liebt jedoch die Nähe des Waſſers, namentlich Quellen und Bäche, auch kleine freie Plätze, in deren Nähe ſie gewöhn⸗ lich das Neſt, ähnlich wie der graue Fliegen⸗ fänger, auf einem Baumſtumpf, einem abge⸗ brochenen Aſt, auf jungen Trieben am Stamm u. dgl. aufbaut. Es enthält faſt ſtets 6 (ſel⸗ tener 5) Eier, welche denen des grauen Fliegen⸗ fängers einigermaßen ähnlich, natürlich viel kleiner ſind. Die Längsachſe beträgt 15—17, die Querachſe 11—12 mm. Nur in einem Neſte meiner Sammlung aus hieſiger Gegend be- findet ſich neben vier ganz normalen Eiern eines, welches eine Querachſe von 14mm hat. Die Färbung der Eier iſt weiß, mit leichtem röthlichen Lehmgelb angehaucht; die Zeichnung beſteht aus ſehr kleinen verwaſchenen Flecken ähnlich der Grundfarbe, nur einen Ton dunkler. Das Neſt iſt verhältnismäßig groß, dickwandig, tief und ziemlich feſt, von grünen Baum⸗ flechten gebaut, mit einzelnen Pflanzenwurzeln durchwirkt und mit zarten Wurzeln ausge⸗ füttert. Dieſe Art iſt erſt ſeit etwa einem halben Jahrhundert für Deutſchland bekannt geworden, wo ſie wohl zuerſt von dem Conſervator Schil⸗ ling in dem Eldenaer Forſt bei Greifswald entdeckt wurde. Vor etwa 45 Jahren fanden wir dieſelbe in der Stolper Gegend, anfangs ſehr einzeln, als uns jedoch die Lebensweiſe bekannter geworden war, in vielen paſſenden Wäldern. Auch auf dem Zuge wurde dieſelbe mehrfältig beobachtet, faſt immer an kalten, rauhen Tagen, wo ſie einen geſchützten Platz aufgeſucht und die Wanderung unterbrochen hatte. Es iſt dies wieder ein Beweis, wie ſchwierig es iſt, manche Vogelarten auf dem Zuge zu beobachten. Jedoch fand ſie Bechſtein bereits in den Vorhölzern des Thüringerwaldes, Jaeckel in den Buchen des Steigerwaldes, v. Tſchuſi bei Hallein, Thiele zu Barby an der Elbe, Alexander v. Homeyer im Zarenthiner Buchwalde bei Grimmen und an der Südſeite des Rieſengebirges, Profeſſor Altum bei Ebers- walde, Forſtmeiſter Wieſe in Grubenhagen und Eldena in Vorpommern, Rohweder in Holſtein. Dieſe Art iſt in den öſtlichen Theilen unſeres Vaterlandes entſchieden häufiger wie in den weſtlichen. In manchen Gegenden Ungarns, in der Türkei, im ſüdlichen Ruſsland, im Kau⸗ kaſus iſt ſie häufig und ſoll auch nördlich bis Petersburg vorkommen; ebenſo im ſüdweſtlichen Aſien. Wie weit ſie öſtlich geht, iſt noch nicht ſicher beſtimmt, weil ſie mit einer verwandten aſiatiſchen Art verwechſelt wurde. Für das öſt⸗ liche Deutſchland iſt der kleine Fliegenfänger nicht ſo ſelten, wie man bisher geglaubt hat; jedoch iſt es nicht leicht, denſelben zu erkennen, 2 — En > Fliegenfänger. g 8 da er ſich gewöhnlich in den Kronen dichter, hoher Buchen bewegt und nur einem ſcharfen Auge und ſcharfen Ohr bemerkbar macht. Hiezu kommt noch, daſs er, ſobald er ſich beobachtet glaubt, ſich auch in den dichten Kronen hoher Buchen nicht wohl nahe kommen läſst. Wenn man jedoch am frühen Morgen ſich an den Brutplatz begibt und ganz ſtill verhält, ſo hat man oft Gelegenheit, ihn ganz in der Nähe zu beobachten, indem er dann ſich niedrig über dem Boden bewegt und die Nähe eines unbe— weglichen Beobachters nicht zu bemerken ſcheint. Eine ganz vortreffliche Schilderung ſeines Be⸗ tragens und ſeiner Stimme gibt v. Tſchuſi, in Cabanis' Journal 1880, p. 134, die wie alle Arbeiten desſelben eine muſtergiltige iſt. In manchen Buchwaldungen iſt er nicht eben ſelten. In der Nähe des Neſtes läjst das Männchen mitunter ſeinen Warnungsruf er— ſchallen, der nicht mit Unrecht mit dem des Zaunkönigs verglichen wurde, wenn derſelbe auch ſchwächer und zarter klingt. Als ich vor beinahe 30 Jahren auf dem Anſtand an einen Raubvogelhorſt zuerſt dieſen Ton hörte, ſprach ich auf der Stelle dieſe Anſicht zu dem mich begleitenden ſehr ſachkundigen Jäger aus, und Herr v. Tſchuſi ſagt mehr als 40 Jahre ſpäter ganz dasſelbe. Es iſt dies wohl ein Beweis für die Richtigkeit unſerer Auffaſſung. Auch bei dieſer Art hat man Gelegenheit, wahrzunehmen, daſs das Auffinden einer Art gewöhnlich mehr in dem Erkennen als in dem Vorhandenſein derſelben liegt, und daſs vor— eilige Schlüſſe der Einwanderung ſolcher Arten leicht zu Irrthümern führen können. Ahnlich wie bei dem ſchwarzrückigen Flie— genfänger wurde das Männchen im zweiten Lebensjahre als beſondere Art betrachtet (X. minuta Schilling), doch haben neuere Beobach— tungen die Einheit der Art unzweifelhaft er— wieſen. Weißhalſiger Fliegenfänger, Mus— cicapa albicollis Temm.: Muscicapa collaris, Bechst., G. N. D. IV., p. 495 (1795); Muscicapa albicollis, Temm., M. d’O., p. 100 (1815): Muscicapa streptophora, Vieill., F. F., p. 145 (1828): „Muscicapa melanoptera, Heckel“. Naum., N. V. D. XIII., p. 245, Taf. 352, Fig. 1 (1844); Museicapa albifrons, C. L. Brehm, Vogelf., p. 81 (1855); Muscipaca collaris al- bifrons, A. E. Brehm, V. S. Chr. L. Br., p. 3 (1866): Museicapa collaris mierorhyncha, id. J. C.: Museicapa collaris atrostriata, id, I. c. Fliegenfänger mit dem Halsbande, Hals— bandfliegenfänger, ſchwarzköpfiger Fliegenfänger, grauer Fliegenſchnäpper mit zwei weißen Flügel— flecken. Engl: White-collared Flycatcher; frz.: Gobe-mouche noir à collier; portug.: Papa moscas; ital.: Aliuzza dal collo bianco; malt.: Zanzarel:dän.: Hvidhalset Fluesnapper zſchwed:: Halsbandsflugsnappare; ruſſ.: Mulohovka be— losheyka; ungar.: örvös Legyész; böhm.: Lejsek b£lokrky ;poln.:Mucholöwka bialoszyjka ;froat.: Bjelovrata muharka. Das alte Männchen im Frühlingskleide iſt ein ſehr ſchöner Vogel, obgleich er nur zwei 605 Farben trägt. Stirn und Vorderkopf, ein breites Halsband, die Hinterflügel, die Wurzel der Arm und Handſchwingen, der Unterrücken und die ganze Unterſeite ſind weiß, alles übrige ſchwarz, nur an der äußerſten Steuerfeder, an der Spitze der Außenfahne, ein kleiner, weißer Streif, bis— weilen auch die ganze Außenfahne weiß; ja an einzelnen, namentlich an manchen Weibchen, ſind zwei oder drei der äußeren Steuerfedern an der Außenfahne weiß. Flügel 85 em, Schwanz 5 em, Fußwurzel 1:8 em. Schnabel und Füße ſchwarz, Iris dunkelbraun. Das Weibchen iſt auf der Oberſeite bräunlichaſchgrau, auf der Unterſeite, an der Bruſt und den Halsſeiten gelblichgrau. Das erſte Herbſtkleid iſt dem des Weibchens ähnlich, doch mehr braun; das Jugendkleid iſt auf der Oberſeite braungrau, in der Mitte der Feder mit roſtweißlichem Fleck und halb— mondförmigem, braunen Rand an der Spitze. Die Art lebt im ganzen ſüdlichen und gemäßigten Europa und im ſüdweſtlichen Aſien, kommt jedoch ſehr local vor und fehlt in vielen Ge— genden Norddeutſchlands faſt ganz, obgleich ſie im ſüdlichen Schweden vorkommt und auf der Inſel Gottland an manchen Localitäten, na— mentlich in lichten, alten Eichenwäldern, nicht ſelten iſt. Auch auf dem Zuge ſieht man ſie im nördlichen Deutſchland ſelten; deſto häufiger er— ſcheint ſie Krüper) zu dieſer Zeit in Kleinaſien; auch in Algier hat ſie Malherbe zahlreich beob— achtet, während Triſtram ſagt, nicht in Algier. In Ungarn, Galizien und dem ſüdlichen Kujs- land ſcheint die Art am häufigſten zu ſein, geht auch einzeln noch bis Petersburg. Jaeckel fand fie in der Umgegend von München brütend, Landbeck in Württemberg, Seidenſacher in Oſter— reich. Ein ſchönes altes Männchen erlegte Re— ferent am 15. Mai zu Anfang der fünfziger Jahre, in ſeinem Garten, bei kalter, ſehr un— freundlicher Witterung. Der Halsbandfliegen— fänger niſtet ſtets in Baumhöhlen und legt ſechs grün-bläulichweiße Eier; ja, Landbeck fand in einem Neſte acht Eier. Dieſelben ſind ein wenig dunkler als die des ſchwarzrückigen Fliegenfängers und haben auch öfter eine, ge— wöhnlich matte, röthlichlehmbraune Fleckung, die bisweilen am ſtumpfen Ende kranzförmig er— ſcheint. Längenachſe 19 mm, Querachſe 14 mm. Wie bei vielen kleinen Vögeln werden die großen Schwingen im erſten Lebensjahre nicht gewechſelt, und dieſelben haben daher im zweiten Frühjahre ein bräunliches Anſehen. Dies hatte Heckel Veranlaſſung gegeben, den alten Vogel als neue Art, den ſchwarzflügeligen Fliegen— fänger, aufzuſtellen, welcher das Männchen im dritten Lebensjahre iſt. Schwarzrückiger Fliegenfänger, Mus— eicapa luctuosa, Linn.: Muscicapa atricapilla, Linn., S. N. I., p. 326 (1766);Museicapa ficedula, id. I. c., p. 330; Emberiza luctuosa, Scop. A. J. H. N, p. 146, no. 215 (1769); Muscicapa mus- eipeta, Bechst., G. N. D. IV., p. 502 (1795): Mus- cicapa luetuosa, Temm., M.d’O., P. 101 (1815); Muscicapa alticeps, C. L. Brehm, Vögel Deutſchl., p. 225 (1831); Muscicapa fuseicapila, id. I. c. p. 226; Museicapa atrogrisea, id. I. c., p. 227 Muscicapa melanoptera, Heckel, Iſis, p. 457 (1833); Hydemela atricapilla (L.), Gray, H. I., 27 157 606 p. 321. no. 4821 (1869); Ficedula atricapilla (I.), Collett, F. V. S. C., p. 198 (1872). Deer ſchwarzgraue, ſchwarze, ſchwarzplattige, braune, bunte, ſcheckige, kleine, gemeine und lothringiſche Fliegenfänger, Fliegenſchnäpper oder Fliegenſchnapper; ſchwarzer Fliegenſtecher, ſchwarz- oder weißſchäckiger, ſchmätzender Fliegen— vogel; ſchwarze Grasmücke mit bunten Flügeln, Meerſchwarzplättchen oder -blattl, Mohren-, Todtenköpfchen, Baumſchwalbl, Waldſchack, Trauervogel, Loch- oder Dornfink; die Weib— chen und Jungen: Feigenfrefjer, gemeiner Fei— genfreſſer oder -eſſer, Beccafige, Beckfige, brauner Fliegenſchnäpper mit weißem Flügelfleck, braune Kurrucke mit weißem Flügelfleck, Braunellchen, kleine Grasmücke, Gartenhäck, Wüſtling, Weiß— ling, Rothauge, Todtenvogel, Diſtel-, kleiner Holz- und Lochfink. Engl.: Pied Flycatcher; frz.: Gobe- mouche noir; jpan.: Papa-moscas, Cerrojillo: malt.: Zanzarel; ital.: Alliuzza nera; dän.: Svalespuro, Fluesnapper; norweg.: Sortoch hvid Fluesnapper; ſchwed.: Svart och hvit Flugsnappare; rufj.: Mucholowka pestruchka: ungar.: gyaszos Legyesz ; böhm.: Lejsek obeeny; poln.: Mucholéwka Zalobna; froat.: Crnoglava muharka Dieje Art iſt dem Halsbandfliegenfänger ſowohl in der Größe als in den Verhältniſſen und in der Färbung ſehr ähnlich. Dem alten Männchen fehlt jedoch das weiße Halsband, das Weiß der Stirn geht nicht ſo weit an den Vorderkopf, und der große Spiegelfleck der Schwingen erſter Ordnung, welchen der Hals— bandfliegenfänger hat, iſt hier nur klein oder fehlt ganz. Auch der Unterrücken hat kein Weiß, ſondern bei einzelnen wenigen alten Vögeln und auch nur in manchen Gegenden reines Schwarz, bei der großen Mehrzahl Grau. Die Weibchen ſind denen des Halsbandfliegenfängers auch ähn— lich, doch fehlt ihnen das bei den erſten ange— deutete lichte Halsband und der weiße Fleck an der Wurzel der Schwungfedern. Die Jungen im erſten Herbſtkleide find von denen des Hals— bandfliegenfängers kaum zu unterſcheiden. Es iſt eine eigenthümliche Erſcheinung, daſs im ganzen nördlichen Deutſchland kaum je ein alter Vogel mit ganz ſchwarzem Rücken als Brut— vogel aufgefunden iſt. Man findet ſogar brütende Männchen, welche keine Spur von Schwarz auf dem Rücken haben, andere wieder mit ſchwarz und grau ge— miſchter Oberſeite. Als die Verfärbungstheorie ſo recht im Gange war, wurde dieſe Art irr— thümlich als Beweisſtück angegeben, daſs wäh— rend des Laufes des Sommers ohne Mauſer noch eine Verfärbung vom Schwarz zum Grau ſtattfinden ſolle. Eingehende, langjährige Beobachtungen haben jedoch erwieſen, daſs eine Farbenände— rung dieſer Art vom Mai bis zur Mauſer nicht eintritt, und daſs überhaupt bisher in ganz Norddeutſchland kein ſchwarzrückiges brütendes Männchen aufgefunden iſt. Merkwürdig iſt, dafs die durchziehenden Fliegenfänger dieſer Art im allgemeinen auffällig dunkler ſind wie die hier niſtenden, und daſs die in Skandinavien niſtenden auch dunkler ſind wie die hieſigen. Nur einmal —ñ — — — — — — . — — — —— Fliegenſchnäpper. in dem Zeitraume von über einem halben Jahr- hundert war es uns vergönnt, am Tage einen großen Zug dieſer Vögel beobachten zu können. Es war an einem frühen Morgen vor etwa vierzig Jahren, in einem lichten, mit etwa 25jährigen Kiefern beſtandenen Feldgehölz, als der erwähnte Zug erſchien, freilich in ſehr locke— rem Verbande und von Baum zu Baum, jedoch ruhelos wandernd. Das Fortſchreiten dieſer Ge— ſellſchaft von Fliegenfängern war freilich ein verhältnismäßig langſames, aber ſtetiges, und überall, wohin man blickte, konnte man der— gleichen Vögel ſehen. Der Zug währte etwa 15 Minuten und endete dann ſpurlos. Unter den Wanderern erſchienen viele auffallend ſchwarz gefärbte Vögel, und es wurden diejenigen er- legt und präpariert, die im Vorbeiziehen am dunkelſten erſchienen. Freilich war der ganze Schwarm ſchwärzer wie die hieſigen Brutvögel, aber dennoch konnte kein Stück erbeutet werden, welches die Oberſeite rein ſchwarz hatte, wie dies in ſeltenen Fällen bei den Helgolander Wanderern vorkommt. Da der Zug in hieſiger Gegend (Stolp) nicht nach Skandinavien geht, ſondern nach dem nördlichen Ruſsland, ſo konnte auch nicht erwartet werden, daſs ſkandinaviſche Vögel erbeutet wurden. Der ſchwarzrückige Fliegenfänger iſt in Norddeutſchland ſehr verbreitet, beſonders liebt er raume Eichen in einem Alter von etwa 80 bis 100 Jahren. Zur Zugzeit, etwa gegen den 20. April, erſcheint er oft in baumreichen, park— artigen Gärten, doch niſtet er gewöhnlich in Wäldern. Zur Herbſtzugzeit ſieht man ihn überall, wo es Bäume gibt. Sein Weit ſteht ſtets in einer Baumhöhlung⸗ in einem alten Specht- und Aſtloche. Es iſt dürftig aus wenig Pflanzenfaſern gebaut und enthält gewöhnlich 6, ſeltener 5 Eier von ſehr lichtgrünblauer Färbung, faſt immer ohne jegliche Zeichnung. Dieſelben meſſen in der Längsachſe 18— 19, in der Querachſe 13—14Amm. Bemerkung. Die Männchen im zweiten Lebensjahre wurden früher artlich als grau— rückige Fliegenfänger von den ganz alten Männ⸗ chen, den ſchwarzrückigen Fliegenfängern ge— trennt. Dieſe Unterſcheidung wurde unterjtügt durch den etwas abweichenden Geſang. Indeſſen iſt der Geſang eines ganz alten Vogels bei vielen Arten ein anderer als bei den jüngeren, und bei vielen anderen kleinen Vögeln iſt nicht jedes Männchen im zweiten Lebensjahre aus- gefärbt, wie wir dies z. B. beim Hausroth⸗ ſchwanz ſehen. Bei vielen Fliegenfängern, z. B. beim Zwergfliegenfänger und bei einigen ſibi— riſchen Arten, verhält es ſich ganz ähnlich. Bemerkenswert iſt, daſs unſere nord— deutſchen ſchwarzrückigen Fliegenfänger das reine Schwarz auf der Oberſeite nie tragen. Dieſe noch vor ſehr kurzer Zeit wenig bekannte Thatſache hat vielfach Gelegenheit zu ganz un— richtigen Schlüſſen gegeben. E. F. v. Hmr. Iliegenſchnäpper, Muscicapidae, Familie der Ordnung Captores, Fänger, ſ. d. und Syſt d. Ornithol. in Europa nur eine Gattung, Muscicapa Linné, ſ. d., mit vier Arten. E. v. D Fliehen. — Flinte. 607 Fliehen, verb. intrans. u. trans., in der allgemeinen Bedeutung vom hohen edlen Haar— wilde; gebräuchlicher iſt flüchtig werden, flüchtig ſein, flüchten; vgl. a. überfliehen, durchfliehen. „Daz wilt üf disem walde kan wol fliehen, ez hoeret wol die hunde: din jagen wirt ein biten und verziehen.“ Hadamar v. Laber, Diu jagt, str. 34. — „Da fleucht der edel Hirſch durch den Thauw. ..“ Nos Meurer, Ed. VII, Mar— burg 1618, fol. 81, Weidſpruch no 18. — „Ge— ſellmann, lieber Geſellmann, Wo fleucht der edle Hirſch heut her? . . . Da fleucht er über den Weg vnd über die Straßen . . .“ Jägerkunſt vnd Wäydgeſchrey, Nürnberg 1616, no 5. — „Fliehen | jagt man von einem Hirſche wann er ſpringt | nemblich er fliehet oder fleugt.“ Täntzer, Ed. J, Kopenhagen, 1682, I., fol. 14.— Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106 (wörtlich w. v.). — „Der Hirſch fliehet, oder iſt flüchtig.“ Döbel, Ed. I, 1746, J., fol. 18. — „Fliehen oder flüchtig ſeyn, wird geſagt, wenu ein Wild recht ſchnell laufet: es fliehet, es iſt flüchtig oder es hat die Flucht genommen.“ Chr. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 125. — „lies hen, Flühen, wird von dem Hirſch geſagt, wenn er ſpringt oder rennt.“ Onomat. forest. I., p. 347. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57. — San⸗ ders, Wb. I., p. 463 c. E. v. D. Flimmerbewegung nennt man die Be— wegung an den haarförmigen Fortſätzen der ſog. Wimper- oder Flimmerzellen, deren einzelne Schwingungen (eirca 12 in einer Secunde) aus einer Niederbeugung und einer Wiederauf— ſtellung beſtehen; die Zuſammenziehung nimmt ihren Anfang an der Wurzel des Haares und ſchreitet (Geſchwindigkeit — 0˙25ß mm) von da bis zur Spitze des Haares vor. Kur. Slimmerplatten, Cilienplatten, heißen vier in die Flimmerrinnen ſich fortſetzende, im Innern der Glocke der Ctenophoren von den Wimperfedern auslaufende Regionen; ſie mün— den durch vier Offnungen nach außen. Flimmerrinnen heißen die Fortſetzungen dieſer Platten bis zu den Schwimmplättchen, Flimmerrippen die Reihen der Schwimm— plättchen (j. d.,. Knr. Flimmerzellen, Wimperzellen, nennt man Zellen mit vielen freien Fortſätzen, welche nach einer beſtimmten Richtung in beſtändiger ſchlagender Bewegung begriffen ſind; ſie treten in den Athmungsorganen der Wirbelthiere, im Magen der Lurche, in vielen wirbelloſen Thieren des Waſſers auf; auch die Geißelzellen (Samen— fäden) gehören hieher. — Kragenzellen nennt man Flimmerzellen, deren Geißel an der Baſis von einem kragenartigen Beſatz umgeben er— ſcheint. Kur. Finder, der, nur im plur. die Flindern, auch Flintern der Fliedern, Tuchlappen oder die Stelle derſelben vertretende dünne Nadelholzbrettchen. Flinder iſt urſprünglich ein dünnes Metallblättchen. „Lappen, Schrecktücher, auch Schrecke und Flindern benennt, dieſe ſind theils von Tuch, theils von Federn gemacht.. . .“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 201. — „Eine Art von Blendzeug . . . ſind die in Nor— wegen und Schweden ſeit lange ſchon im Ge brauche ſtehenden Flintern, beiläufig 1“ dick, 6“ breit, 12“ lang, von Fichten- oder Buchen- holz geſpaltene Schindelbretchen.“ Winkell, Ed. II, 1824, I., p. 429. — „Flintern ſind dünne, leichte Bretchen, welche, an längern Schnüren befeſtigt, wie Federlappen gebraucht werden.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58. — „Flindern Tuchlappen.“ Id., Real- u. Verb.⸗Lexik. IL, p. 315. — „Flintern, dünne Brettchen von Nadelnolz, die man ſtatt der Federn an lange Schnüre befeſtigt, um das Wild damit zu ſchrecken.“ Hartig, Lexik., Ed. I, 1834, p. 186, Ed. II, 1864, p. 196. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Sanders, Wb. I., p. 463 C. 5 E. v. D. Ilinder, ſ. Flunder. Hcke. Flinger, ſ. Flunder. Hcke. Flinte, die, von flins — Feuerſtein, das Schrotgewehr. „. . . Oder es ſind dünne, glatte Läufe, in welchen man viele kleine Bleykügel— chen, die Schrote heißen, ladet, ſo nennet man ſie Flinten.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 251. — Chr: W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 125. — Onomat. forest. I., p. 847. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 57. — Grimm, D. Wb. III., p. 1802. — Sanders, Wb. I., p. 465 e. E. v. D. Flinte iſt im Gegenſatz zu der für den Kugelſchuſs beſtimmten Büchſe mit gezogenem Lauf ein ausſchließlich oder hauptſächlich für den Schrotſchuſs beſtimmtes Gewehr mit meiſt glattem Lauf. Der Name iſt von den erſten Feuerſteingewehren übernommen: engliſch und däniſch flint = Kieſel, Feuerſtein. Die Flinte iſt das eigentliche Gewehr des Jägers für die Niederjagd und kommt meiſt als doppelläufiges Gewehr, als Doppelflinte (ſeltener Flintenzwilling genannt), oder in Ver— bindung mit einem gezogenen Lauf als Büchs— flinte oder endlich auch als Drilling vor. Von der Büchſe unterſcheidet ſich die Flinte bereits äußerlich durch die dünneren, meiſt aus Damaſt hergeſtellten Läufe, durch das geringere Gewicht, ſowie durch den Mangel des Viſiers und des Stechſchloſſes, innerlich durch das Fehlen der ſich windenden Züge; über gerade Züge für Flinten ſ. Züge. Vorderladeflinten ſind faſt ganz ver— ſchwunden; Hinterladeflinten haben meiſt einen abklappenden Verſchluſs (Lefaucheux) oder auch wohl ſeitwärts drehbare Läufe (Dreyſe), nie indes Verſchlüſſe mit feſtſtehendem Lauf; ein— läufige Flinten kommen ſeltener vor (ſ. Vogel— flinte), ſo daſs man unter Flinte ſchlechtweg meiſt die Doppelflinte verſteht. Nach Länge, Gewicht und Verſchluſs- bezw. Schloſsconſtruction zeigen die Flinten große Verſchiedenheiten, während die im Gegenſatz zur Büchſe einfachere Lauf— conſtruction nur geringe Unterſchiede (etwa im Patronenlager, der Würgebohrung u. dgl.) auf: weist; über dieſe beſonderen Conſtructionsver— hältniſſe ſ. die betreffenden Specialartikel. Das Caliber der Flinten hängt abge— ſehen von den für jedes Gewehr als allgemein giltig bei Caliber und Rückſtoß erwähnten Grundſätzen einerſeits von der Wirkung ab, welche man, den Verhältniſſen der betreffenden Jagd (Größe und Widerſtandsfähigkeit der Ziele) entſprechend, zu erzielen wünſcht, und 608 andererſeits von der Körperkraft oder auch von denjenigen beſonderen Einrichtungen, mit welchen man den mit wachſendem Caliber zunehmen— den Nachtheilen des größeren Gewichtes und Rückſtoßes zu begegnen imſtande iſt. Für ge— wöhnliche Verhältniſſe, in welchen die Flinte von der Schulter freihändig abgefeuert werden ſoll, wird man ein Gewicht von ca. 3 kg als der menſchlichen Durchſchnittskraft am meiſten entſprechend, ſowie ein ſo s von A kg als Maximum anſehen müſſen; und bei dem als paſſendſte Größe ermittelten Ladungsverhältnis von ungefähr „6— ½ (ſ. Schrotſchuſs) wird man mit Rückſicht auf den Rückſtoß mit dem Ge— ſchoſsgewicht nicht weſentlich über 25 g (höchſtens bis gegeu 40 g) ſteigen dürfen. Für eine ſolche Schrotladung iſt in dem Lauf einer Flinte die geeignetſte Form die eines Cylinders von gleicher oder wenig größerer Höhe als der Durchmeſſer (1—1%, Caliber lang). Eine bedeutendere Länge der Schrotſäule würde die Pulvergaſe zu ſtark anſpannen und ihnen im Verhältnis zu der in Bewegung zu ſetzenden Maſſe zu wenig An— griffsfläche bieten (ſ. Querſchnittsbelaſtung), auch während des Durchganges durch den Lauf zu viel Reibung der Schrotkörner unter ſich und an den Seelenwänden bedingen. Eine weſent— lich kürzere (alſo flache) Schrotſäule würde bei dem größeren Laufcaliber eine ſehr raſche Ab— ſpannung der Gaſe herbeiführen und die Schwierigkeiten einer guten Dichtung erheblich vermehren, d. h. ein Schiefdrücken des abdichten— den Filzpfropfens leichtlich geſtatten; auf alle Fälle würde bei flacher großcalibriger Schrot— ſäule der gleichmäßige Antrieb der Schrot— ſäule, deren regelmäßige Bewegung im Lauf und ſomit die gute Deckung in Frage geſtellt. Jene 25—40 g Schrot in die erwähnte Form eines 1—1½ Caliber langen Cylinders gebracht, ergeben einen Durchmeſſer von 16—20 mm, in der That finden wir zwiſchen dieſen den Caliber— nummern 20—10 entſprechenden Größen die bei Flintenläufen gebräuchlichſten Durchmeſſer (vgl. auch Caliber). Über die innerhalb dieſer Gren— zen ſchwankende zweckmäßigſte Wahl des Flin— tencalibers für den einzelnen Fall, über die zugehörige Schrotnummer und Pulverladung ſo wie über außergewöhnliche Flintencaliber fiehe Schrotſchuſs. Th. Flintenlauf, der, glatter Gewehrlauf, im Gegenſatze zu Büchſenlauf. Grimm, D. Wb. III., p. 1803. — Sanders, Wb., II. p. 47 b. E. v. D. Slintenrofr, das — Flintenlauf. San⸗ ders, Wb. II., p. 776 a. E. v. D. Flintenſchloſs, das, Schloſs des Schrot- gewehres, im Gegenſatze zum Büchſen- oder Stachſchloſs. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 125. — Onomat. forest. I., p. 847. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58. — Grimm, D. Wb. III., p. 1803. — Sanders, Wb. II., p. 963 a. E. v. D. Ilintenſchuſs, der, ein Schuſs mit einem Schrotgewehr, oder auch, wie Büchſen-, Bogen- oder Armbruſtſchuſs, als Bezeichnung einer Entfernung. Sanders, Wb. II., p. 1026 b. E. v. D. Ilintenſtein, der, der zum Flintenſchloſs gehörige Feuerſtein. Onomat. forest. I., p. 847. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58. — Grimm, Flintenlauf. — Flobert. D. Wb. III., p. 1803. — Sanders, Wb. II., p. 1202 a4. E. v. D. Flintenſtrumpf iſt die Bezeichnung für einen ſackartigen, mit Leinwand gefütterten Überzug aus jtarfem Tuch, welcher über den Kolben und die Schloſstheile gezogen wird, um dieſe vor Näſſe und Staub zu ſchützen. Er iſt an beiden Seiten offen, hinten mit Knöpfen und Knopflöchern, vorn mit einem Zug nebſt Band verſehen und jo lang, dafs er, über das Gewehr gezogen, die Läufe etwa noch 20 cm vor dem Verſchlufſs und den Kolben bis an den Riemenbügel bedeckt. Zur Zeit der Stein⸗ ſchloſs- und Percuſſionsgewehre war der Flinten⸗ ſtrumpf ſehr nöthig, um das Naſswerden der Zündungen zu verhüten; ſeit Einführung der Hinterlader iſt er nur noch wenig in Gebrauch. Dem gleichen Zwecke wie der Flintenſtrumpf dient das Deckleder, ein lederner, etwas kür⸗ zerer, mit einem weichen Stoff gefütterter Überzug, welcher über die Schloſstheile gelegt und vor und hinter denſelben feſtgeſchnallt oder feſtgebunden wird. v. Ne Ilintenzwilling — Doppelflinte, 0 T Ilobert, Pariſer Büchſenmacher, ſeit eini- gen Jahren verſtorben, bekannt als Conſtructeur des nach ihm benannten und hauptſächlich zu Salon- ꝛc. Gewehren benützten Verſchluſs- und Munitionsſyſtems. Erſteres, 1843/46 patentiert, zeichnet ſich 2 = — durch ſeine Einfachheit aus, iſt indes nur für verhältnismäßig ſchwache Ladungen verwendbar. Der Hahn bildet zugleich den Verſchluſs, und muſs daher die Schlagfeder ſtark genug ſein, der Kraft der Gaſe Widerſtand zu leiſten, ſo daſs der Hahn nicht zurückgedrückt werden kann. Der Hahnkopf trägt einen kleinen Vor⸗ ſprung, mittelſt deſſen der Zündſatz in der Pa⸗ trone durch Eindrücken des Randes, bezw. des Fig. 350. Gewehr nnd Munition Syſtem Flobert. Bodens derſelben entzündet wird. Die Patrone (ohne Zündhütchen) legt ſich mit ihrem meiſt, den Zündſatz enthaltenden Rand in ein entſpre⸗ chendes Gelenk im Lauf. Die Patrone war die erſte Metalleinheitspatrone und enthält eine ſehr kleine Pulverladung, bezw. ſtatt derſelben auch wohl eine als Zünd- und Treibmittel zu⸗ gleich dienende Maſſe, ſowie als Geſchoſs eine kleine Kugel oder ein Langgeſchoſs. Das Syſtem Flobert iſt lediglich durch den beſchriebenen Verſchluſs und die eigenthümliche, Zünd- und Treibmittel meiſt mit einander ver⸗ einigende Patrone charakteriſiert; ob der Lauf glatt oder gezogen und die Ladung aus einem Langgeſchoſs oder einer Kugel oder endlich einer Floreule. — Flößerei. 609 Schrotladung beſteht, iſt für den Begriff gleich— giltig; die gewöhnlichſte Anwendung findet das Syſtem bei Salon- ꝛc. Gewehren vom Caliber 46 mm. Th. Floreuſe, Trachea (Panolis) piniperda (ſ. d.). Hſchl. Florfliegen, Hemerobius L., Gattung der Netzflügler, Familie Megaloptera; j. 5 Fformeifter, ſ. Rammaſchinen. Fr. verſchließbar. Die Augen haben eine Nickhaut. Leben familien- oder paarweiſe, können ſich am Lande nur ſehr unbeholfen ruckweiſe fortſchieben, leben von Fiſchen, Krebſen, Weichthieren. Man unterſcheidet zwei Familien: Phocidae uns Trichochidae (ogl. Syſtem der Sn nr. Flößerei. Darunter verſteht man jene Transportweiſe der Hölzer, wenn dieſe nicht in loſen, einzelnen C cken, jondern in gebundenen Fig. 351. I. Grundplan und Seitenanſicht eines Bretter oder Bohlenfloßes: AB C Geſtöre, a Richtpfade, b Zengel— ſtangen und Bindwieden. — II. Anſicht der Bekleidung mit aufgelegter Zengelſtange; a Floßholz. b Zengelſtange, e Bindwiede, d Holzkeil. — III. Anſicht eines Bauholzgeſtöres, Bindung mit eingelaſſener Zengelſtange. — IV. Anſicht eines Rundholzgeſtöres mit aufgenagelter Zengelſtange. — V. Anſicht eines Bohlengeſtöres gebunden mit verkeilter Zen— gelſtange. — VI. Seitenanſicht eines aufgeſchalteten Schnittwarenfloßes, AB C Geſtöre, a Bindungsſtelle (verfeilte Zengelſtange). FIloſſen. Durch Muskel bewegbare, durch Strahlen oder feſte Stäbe aus Knorpel- oder Knochenſubſtanz geſtützte, ausſpannbare Häute (ſ. Fiſche). Kur. Fſloſſenfüßer, Floſſenſäugethiere, Pinni- pedia. Den Raubthieren naheſtehende Ordnung der deeiduaten Säugethiere. Von den Säuge— thieren unterſcheiden ſie ſich durch den plumpen Bau, die geſtreckt-ſpindelförmige Geſtalt, die kurzen, fünfzehigen, bekrallten Schwimmfüße und die Form der Zähne (die Backenzähne z. B. zeigen faſt alle eine und dieſelbe Form). Die kurzen Haare liegen dicht an. Naſe und Ohroffnung iſt Partien dem Waſſer zur Weiterbeförderung überlaſſen werden. Die Hölzer einer und der— ſelben Partie müſſen zwar von gleicher Länge ſein, doch ſteht dieſe ſelber immerhin im Be— lieben. Die Hölzer einer Partie werden mittelſt Bindwieden unter einander verbunden, jo dajs ſie ein feſtes Ganzes bilden, welches Geſtör (Boden, Geſtriete oder Matätſche) heißt. Durch die Verbindung mehrerer Geſtöre entſteht ein Floß. Ein ſolches kann aus 20—36 Geſtören und dieſes ſelber wieder aus 2—6 Stämmen je nach der Breite der Floßſtraße zuſammen- ombrowski. Eneyklopädie d. Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſch. III. Bd. 39 610 Flößerei. geſetzt ſein. Mit Rückſicht auf die Floßſtraße unterſcheidet man weiters die Geſtörflößerei auf untergeordneten Bächen und Flüſſen und die Hauptflößerei auf ruhig dahinfließenden breiten Strömen. Bei dem erſtbezeichneten Betriebe mufs die Sohle der Floßſtraße für Floßſtangen noch erreichbar ſein, während bei der zweiten Art der Flößerei Ruder in Anwendung kommen. Die Befeſtigung der einzelnen Stämme eines Geſtöres wird auf verſchiedene Art gehandhabt. Man unterſcheidet diesfalls den Floßbetrieb in der verbohrten Wiede oder in der verſpannten Wiede und Wettſtange, bezw. Bindung mit Zangelſtangen. Wird Schnittholzwaare (Bretter, Bohlen) im gebun⸗ denen Zuſtande dem Waſſertransporte unter— zogen, ſo werden die Bretter noch am Lande auf entſprechenden Unterlagen mittelſt Wieden in Bünde von 10—15 Stück gebracht und wie die Langhölzer zu einem Geſtöre zuſammen— geſetzt. Die Bünde werden nämlich durch Ver— feſtigung mit Richtpfaden, mit verkeilter Zangelſtange oder durch das ſog. Auf— ſchalten zu einem vollkommen feſten Ganzen vereinigt. Das Binden mit verbohrter Wiede ſ. Geſtörflößerei. Die Verbindung mittelſt Wett- und Zangelſtangen wird ſehr verſchieden gehand— habt. Die gebräuchlichſte Form derſelben be— ſteht in der Art, daß eine Buchen- oder Nadel- holzſtange (Fig. 351, IL. u. III.) quer über die zu einem Geſtör zu verbindenden Stämme ge— legt und ſodann mittelſt Wieden an jedem ein- zelnen Stamm befeſtigt wird. Zu dieſem Behufe erhält jeder Stamm am Kopfe zwei Bohrlöcher, zwiſchen welche die Bindeſtange gelegt wird, während eine durch das eine Bohrloch von unten herauf eine Wiede mit dem dünnen Ende emporſtreckt, über die Stange legt und ſodann im zweiten Bohrloche durch einen nachgeſchla— genen Holzkeil feſtklemmt. Die Bohrlöcher ent— werten das Holz in keiner Weiſe, während bei dem Binden mit verbohrter Wiede allerdings ein Stück des Stammes entwertet wird. Iſt ein größerer Grad von Steifheit erwünſcht oder nothwendig, jo wird die Bindeſtange (Zangel— ſtange) entweder in alle Bäume (Fig. 351, IV. und V.) oder nur in die Randſtämme verſenkt und in vorbeſchriebener Weiſe oder mittelſt ein- geſchlagener Holznägel befeſtigt. Bindung von Bohlen pfaden (Fig. 351, I. und VI.). Die einzelnen Bretterbünde zu 6—8 Stück werden derart zuſammengeſtellt, daſs die beiden Randgebünde ca. 40 em hervorſtehen. Darauf kommen Stangenpaare (Querſtangen, Zangel- ſtangen), u. zw. eine oben und eine unten am Boden des Geſtöres zu liegen, welche ſodann zwiſchen den Gebinden mittelſt Wieden unter einander verbunden werden. An die Seiten der Geſtöre werden gleichfalls lange Stangen an— gelegt, die über mehrere Geſtöre hinausgreifen und dieſe gewiſſermaßen in einen Rahmen zu⸗ ſammenſchließen. Dieſe Stangen (Riechpfade) werden mit den Zangelſtangen durch Wieden verbunden und tragen ſodann, gleichwie das Ineinandergreifen der einzelnen Geſtöre, zur mit Richt⸗ Feſtigung und Verſteifung der letzteren mwejent- lich bei. Beim Binden mit verkeilten Zangel⸗ ſtangen (Fig. 334) werden die Bretterbünde mit Wieden derart verbunden, daſs jede Wiede durch die des anſtoßenden Bundes hindurchge— zogen wird, wodurch zunächſt eine leichte Ver— bindung der geſammten Gebünde eines Geſtöres erreicht wird. An die Wieden wird dann oben die Zangelſtange angelegt und mit den Wieden⸗ bändern durch Knebelhölzer (Keile oder ſog. Zwecken) feſt verbunden. Das Aufſchalten (Fig. 335) beſteht darin, daß die einzelnen Ge⸗ ſtöre einander übergreifen, d. h. es ruht je ein Geſtör mit einem Theile ſeiner Länge auf dem vorangehenden auf und iſt mittelſt Wieden und Wettſtange mit dem unteren zu einem Ganzen verbunden (j. Geſtörflößerei, Einbind— plätze, Eigenſchaften einer Floßſtraße, Wieden). x r. Flößerei. (Oſterreich.) Die Benützung der Gewäſſer zur Flößerei bedarf nach $ 26 F. G. der Bewilligung durch die politiſche Bezirksbehörde (j. Erlaſs des Staatsminiſteriums vom 18. März 1866, 3. 1432); geht die Flößerei durch meh- rere Kreiſe, politiſche Landesſtelle, durch meh— rere Kronländer, Ackerbauminiſterium. Handelt s ſich um eine gewöhnliche Flößerei gebun⸗ denen Holzes ohne eigene Flößereigebäude, ſo iſt das Handelsminiſterium die oberſte Inſtanz nach Miniſterialerlaſfs vom 20. April 1861, R. G. Bl. Nr. 49 (ſ. Entſch. des Ackerbaumini⸗ ſteriums vom 8. Februar 1873, 3. 11.284). Flößereibauten fallen, inſoweit das F. G. dar⸗ über keine Normen enthält, unter das Waſſer⸗ recht, inſoweit die auftauchenden Fragen über- haupt unter dieſes Geſetz gehören können, z. B Stauanlagen, Haimzeichen u. ſ. w. (Entſch. des Ackerbauminiſteriums vom 12. Juni 1877, 3. 382). Nach § 30 der meiſten Landeswaſſer⸗ geſetze „wird die Benützung der Gewäſſer zur Holztrift (alſo auch Flößerei) durch das F. G. und die Triftordnungen .. geregelt“; nachdem alſo Triftberechtigungen nicht nach dem Waſſer⸗ rechte, ſondern nach dem F. G. erworben wer⸗ den, ſo gehören ſie nicht in das Waſſerbuch (ſ. Waſſerweſen), ſondern in das Waldcataſter (ſ. Cataſter). Indem wir bezüglich der Benützung der Gewäſſer zur Holzbringung auf „Trift“ ver⸗ weiſen, ſeien hier nur einige Bemerkungen vorgebracht, welche ſpeciell auf die Flößerei Bezug haben. b Aus der Textierung des F. G. und jpe- ciell aus dem Erk. d. V. G. H. vom 11. Novem⸗ ber 1880, Z. 2053 (Budwinski, Bd. IV, Nr. 915) ergibt ſich, daſs es in den Begriff des Schwem⸗ mens fällt, „wenn einzelne Hölzer, Stämme, Scheiter, Latten mittelſt des Waſſerlaufes und durch dieſen allein befördert werden, wobei es keinen Unterſchied macht, ob ſolche Hölzer von mehrerer oder geringerer Länge, Dicke oder Breite ſeien . .., ebenſo wenn einzelne ſolcher Hölzer, in einen Bund vereinigt, der Triebkraft des Waſſers allein überlaſſen wer⸗ den“, jo daſs man nur dann von Flößerei ſprechen kann, wenn verbundene Hölzer durch Menſchenkraft auf dem Waſſer geleitet und Flößerei. — Floßſtraße. 611 nicht durch dieſes allein fortbewegt werden. Dieſe Unterſcheidung iſt u. a. auch deshalb von weittragender Bedeutung, weil nach §8 2 und 6 des Reichswaſſergeſetzes vom 30. Mai 1869, R. G. Bl. Nr. 93, „Flüſſe und Ströme von der Stelle an, wo deren Benützung zur Fahrt mit Schiffen oder gebundenen Flößen beginnt, mit ihren Seitenarmen öffentliches Gut“ ſind und „die Regierung fließende Privatgewäſſer, welche ſich zur Befahrung mit Schiffen oder gebun— denen Flößen eignen, zu dieſem Zwecke unter Anwendung der Vorſchrift des § 365 a. b. G. B. (Enteignung, ſ. d.) als öffentliches Gut erklären kann“; dieſe Wirkung tritt beim bloßen Schwem— men (eigentlicher Trift) nicht ein (ſ. Waſſerweſen). Flöße dürfen an den behördlich beſtimmten Plätzen landen, u. zw. unentgeltlich, wenn das bisher der Fall geweſen; wird bisher hiezu nicht verwendeter Boden beanſprucht, jo gebürt dem Grundbeſitzer Entſchädigung, doch kann nur die politiſche Behörde derartigen Anſpruch auf neuen Landungsplatz erheben, nicht der Private. Im Nothfalle kann ein Floß an jedem geeigneten Platze gelandet, befeſtigt, ausgelän— det und die Ladung des Floſſes am Ufer gegen Entſchädigung an den Grundbeſitzer geborgen werden; Uferbeſitzer kann wegen Entſchädigung den Floßführer oder den Eigenthümer belangen (Ss 8 und 9 des Reichswaſſergeſetzes). Nach S 39 F. G. muſs der Grundeigenthümer den Flößerpfad dulden, d. h. geſtatten, daſs die Flößer zum Zwecke des Einwerfens und Fort— bewegens der Hölzer die Ufer betreten, gegen Entſchädigung. Wenn durch Überſchwemmungen Hölzer über die Ufer hinausgetragen werden, ſo erſtreckt ſich dieſes Betretungsrecht auch über die Ufergrundſtücke hinaus. Die M. Vdg. vom 4. März 1850, 3. 3393, verfügt, daſs „das Holzflößen an Sonn- und Feiertagen nicht begonnen, und wenn es ſchon begonnen hatte, an dieſen Tagen erſt nach dem nachmittägigen Gottesdienſte fortgeſetzt werden darf und an den wenigen hohen Feſttagen ganz zu unterbleiben hat“. (Nur in jenen Bächen, welche nur zeitweilig hinreichendes Waſſer haben, darf gegen Anzeige an den Ortsſeel— ſorger geſchwemmt werden.) Dieſe Verordnung iſt durch das Staats-Gr. G. vom 25. Mai 1868, R. G. Bl, Nr. 49, modificiert (ſ. Feiertage) und dermalen dieſes allgemeine Verbot beſeitigt, mit der Beſchränkung, daſs an Sonntagen jede nicht dringend nothwendige öffentliche Arbeit während des Gottesdienſtes einzuſtellen iſt und während des Hauptgottesdienſtes in der Nähe der Gotteshäuſer jede Störung unterbleiben muſs. Nachdem auf die Flößerei die Gewerbe— ordnung vom 20. December 1859 (Art. V, durch die neue Geſetzgebung nicht abgeändert) keine Anwendung findet (was in dem ungariſchen Gewerbegeſetze vom 18. Mai 1884, Geſ Art. XVII ex 1884, $ 1831, ausdrücklich erwähnt iſt), ſo iſt auch durch die Geſetzgebung über die Sonntagsruhe hier keine Anderung einge— treten. Weiters exiſtieren über die Flößerei fol— gende geſetzliche Vorſchriften: Erl. des Han— delsminijteriums vom 29. Januar 1858, R. G. Bl. Nr. 22, über die Erlangung der Legitimation zur Flufsſchiffahrt oder Flößerei auf der Donau und die Donauacte vom 7. No— vember 1857, R. G. Bl. Nr. 13 (Art. XXXV) für das Küſtenland Gub. Vdg. vom 11. März 1820, Z. 4212, für die Traun und Salza Vdg. vom 12. Mai 1822, für die Drau, San und Save (Steiermark) Vdg. vom 21. September 1826, San vom 19. Januar 1877, ſteierm. L. G. Bl. Nr. 5; Drau 22. April 1877, L. G. Bl. Nr. 12; für die San und Save Vdg. vom 19. Auguſt 1801 (Krain); für den Inn und Nebenflüſſe Statth. Kundm. vom 9. Juni 1857, Z. 9540, L. G. Bl. Nr. 29, und vom 6. No⸗ vember 1876, 3. 9023, L. G. Bl. Nr. 29, vom 7. Januar 1877, Z. 41, L. G. Bl. Nr. 4, und vom 18. October 1877, L. G. Bl. Nr. 30; für die Vökla und Agra Vdg. vom 22. April 1877, L. G. Bl. Nr. 9; den Almfluſs vom 6. Mai 1874, L. G. Bl. Nr. 17; die Mur Erl. der Statth. vom 18. Februar 1856, L. G. Bl. Nr. 6, und vom 12. Januar 1877, L. G. Bl. Nr. 4; Galizien Gub. Vdg. vom 6. November 1827, Z. 68.772, Strompolizei- und Pflanzungsord— nung ex 1842 (1855 auf Krakau ausgedehnt); Kreisſchreiben vom 27. October 1789 (neu kundgemacht durch Gub. Vdg. vom 6. November 1827) hat die Vorſichtsmaßregeln bei der Flößerei vorgeſchrieben. Das ungariſche F. G. enthält in den §§ 181 bis einſchließlich 207 die Vorſchriften über den Waſſertransport und darunter auch über die Flößerei. Dieſe kann auf ſchiffbaren Flüſſen und dort, wo ſie ohne Waſſerbauten bisher ausgeübt wurde, durch jedermann, unter Beobachtung der Fluſspolizeiordnungen, frei geübt werden; für Waſſerbauten behördliche Bewilligung nothwendig. Wir verweiſen bezüg— lich aller weiteren Fragen auch hier auf „Trift“. Mcht. Flößerei (Deutſchland), ſ. Flüſſe, Waſſerrecht und Waſſerſervituten. At. Floßſtraße nennt man jenen Waſſerlauf, welcher vermöge ſeiner natürlichen Eigenſchaften oder vermöge künſtlicher Nachhilfe durch allerlei Anlagen den Transport von Hölzern im gebun— denen Zuſtande (ſ. Flößerei und Eigenſchaften einer Floßſtraße) geſtattet. Um Flöße auf einer Waſſerſtraße ohne Schwierigkeit abführen zu können, dürfen die Krümmungshalbmeſſer der— ſelben ein beſtimmtes, der Maximallänge des Floßes entſprechendes Minimalmaß nicht über— ſchreiten. Zu den künſtlichen Verbeſſerungen einer Floßſtraße kann man in erſter Linie die Beſeitigung ſtarker Krümmungen mittelſt Grad— legung (Durchſtiche) zählen. Schotterbänfe find, falls ſie die erforderliche Breite beeinträchtigen, zu entfernen, Profilsverengungen zu erweitern und angebrochene Uferſtellen durch Schutzbauten zu verſichern. Vorhandene Abſtürze müſſen durch eine Abdielung oder durch eingelegte Querhölzer oder Bachbengel, die man in die ſeitlichen Hänge entſprechend feſtigt, unſchädlich gemacht werden. Die Querhölzer ſind in ei ner ſolchen Höhe anzubringen, daſs ſie vom Waſſer nur beſpült werden; desgleichen ſind dieſelben im Längenprofile des Baches betrachtet, in einem Bogen und in ſolchen Entfernungen zu legen, dass ſich einestheils die einzelnen Theile der 39 * 612 Flöße nicht zu ſpießen vermögen, während an- derntheils die Flöße darüber nur langſam hin— abgleiten ſollen. Vorhandene Stauwerke, In- duſtrieſchleuſen ſind für das Durchlaſſen der Flöße in zweckmäßiger Weiſe herzurichten. Bei Abzweigungen ſollen Waſſertheiler und beim Zu— ſammenfluſſe zweier Floßſtraßen Bock- oder Auffangwehren zu dem Zwecke hergeſtellt werden, um die Flöße anhalten zu können, wenn ein Hindernis durch eine Sperrung der Floßſtraße eingetreten ſein ſollte. Überſteigt das Gefälle einer Floßſtraße 5 ¼, To ſind derartige Strecken auszudielen oder mittelſt eingebauter Grund— wehren von Holz oder Faſchinen abzuſtufen. Die zuläſſige Geſchwindigkeit des Waſſers iſt im Maximum 2˙6 m per Secunde und beträgt die erforderliche Minimalbreite 60 em über die Breite der Flöße, alſo 4—5 m. Die Tiefe ſoll 2½ mal größer ſein als die Stärke der Floß— hölzer (0˙8—1˙3 m) und für ſchwere Flöße mit Ablaſs 2m. Als flößbares Holz endlich kann jenes angenommen werden, deſſen ſpecifiſches Gewicht 0˙8 nicht überſteigt. Fr. Ilucht, die, von edlem hohen Haarwilde: J. Der Ausriſs (ſ. d.), und wenn das Wild beſchoſſen wurde, auch der Anſchuſs (ſ. d.). „Die gebräuchliche Folge wird alſo gehalten, daſs, wann der Jäger in ſeinem Revier von wilden Thieren was anſchießet, er wo das Thier ge— ſtanden und angeſchoſſen worden, und wo der erſte Schweiß und die Flucht iſt, mit ſeinem Schweiß-Hunde nachſuchen muſs.“ Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 96. — Unrichtig: „Flucht und Schweiß ſagt der Jäger, wenn er einem an— geſchoſſenen Thiere von dem Schuſsorte aus nachgeht, bis er Schweiß, und nachher das Thier ſelbſt findet.“ — Behlen, Wmipr., 1829, p. 58; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. VII., p. 209. II. Ein Sprung. „Flucht heißt ein weiter Sprung des Wildes. Z. B. der Hirſch hat eine Flucht gemacht.“ Hartig, Aultg. z. Wmſpr., 1809, p. 106; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812,21, p. 38 Lexik, EA J, 1836, 94186; Ed. II, 1861, p. 197. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 395; VI., p. 233. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — „Der Sprung ſelbſt heißt eine Flucht, der (Reh-) Bock gieng in hoher Flucht ab.“ Diezel, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 137. — „Schreckt der Rehbock gleich bei den erſten Flüchten in längeren Pauſen ...“ R. R. v. Dombrowski, Das Reh, p. 57. III. Die Flucht nehmen — fliehen, flüchtig werden; ſelten. „Wenn ein Wild recht ſchnell laufet, wird geſagt: es fliehet, es iſt flüchtig oder es hat die Flucht genommen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 126. — Sehr häufig auch in der Verbindung in voller Flucht, d. h. ſo ſchnell als möglich laufend: „Das Damwild giebt dem Edelwilde an Schnelligkeit wenig nach . . . unterſcheidet ſich aber in der Bewegung dadurch, dajs es... in nicht ganz voller Flucht nach Art der Ziegen ſatzweiſe mit allen vier Läufen zugleich einſpringt.“ Winkell, Ed. II, 1821, I., p. 151. — „Schreckt der Bock erſt dann in raſcher Auf— einanderfolge der Laute, wenn er bereits eine weitere Strecke in voller Flucht zurückgelegt Flucht. — Flüchtig. hat.. .“ R. R. v. Dombrowski, Das Reh, p. 57, — Grimm, D. Wb. III., p. 1832. — Sanders. Wb. I., p. 470 a (beide unvollſtändig). E. v. D. Iluchtbar, adj., ſ. v. mw. flügge, beflogen; das Wort hängt wie Neſtflüchtler mit Flucht zuſammen, iſt alſo ſelbſtändig gebildet und nicht aus flugbar verdorben. „Die jungen Enten laufen äußerſt ſchnell und fangen in drey Monathen zu fliegen an (werden flucht— bar) .. .“ Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, III., p. 17. — Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 186; Ed. II, 1861, p. 197. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 396. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. FIluchtbau, der - Nothbau; auch Flucht- röhre, Nothröhre, ſ. d. Onomat. forest. IV. (Nachtrag v. Stahl), p. 302. — Grimm, D. Wb. III., p. 1833. — Sanders, Wb. I., p. 910. E. v. D. Iluchtente, die, ſeltener Ausdruck für die eben flugbar (fluchtbar) gewordene junge Wildente; vgl. Mauſerente. „Der Juli iſt die eigentliche Jagdzeit für junge Flucht- und alte Mauſerenten.“ A. v. Schmeling-Dürings⸗ hofen, b. Corvin, Sporting-Almanach 1844, 5 E. v. D. Fluchtfährte, die, die Fährte, welche ein flüchtiges Wild tritt; im Sinne von Flucht J. wäre das Wort auch auf den Anſchuſs oder den Ausriſs zu beziehen, doch iſt es in dieſer Anwendung aus der Literatur nicht belegbar. „Der Anſchuſs (beim Weidwundſchuſs) zeigt keine ſo tiefen Eingriffe und der Schweiß, von gewöhnlicher Röthe, iſt beſonders neben der Fluchtfährte durch beigemengtes, zermalmtes, halbverdautes Geäſe ſtellenweiſe grünlich ge— färbt.“ R. R. v. Dombrowski, Edelwild, p. 106. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Fluchthöhle, die, ſ. v. w. Fluchtbau; jelten. „Dieſe Anzahl (5—10) Junge werden zwar von der Mutter (Dächſin) in denen Bauen und Flucht-Höhlen gebracht (. . .“ Schröder, Neue luſtige u. vollſt. Jag-Kunſt, 1717, p. 483. Flüchtig, ad). J. Schnell laufend, fliehend, meiſt in den Verbindungen flüchtig ſein, flüchtig wer— den, flüchtig gehen; von allem hohen Haar- wilde. „Daz flühtege wilt ...“ Wolfram v. Eſchenbach, Titurel, str. 135. „. .. daſs auch andere Hirſch vom geſchrey der Jaghundt vnnd Jäger auß forcht ſich auffthun vnd flüchtig werden.“ J. du Fouilloux, Deutſche Ausgabe v. J. Wolff, Straßburg 1590, fol. 45 v. — Frankf. u. Leipzig E. v. D. „Flüchtig jagt man wann ein Hirſch laufft| ° nemblich der Hirſch oder das Thier iſt flüch— tig.“ Täntzer, Ed. J, Kopenhagen 1682, I., fol. 11. — Fleming, T. J., Ed. I, 1724, J., Anh., fol. 106 (wörtlich w. v.). — „Der Hirſch und Thier gehen flüchtig, und lauffen nicht.“ Pärſon, Hirſchger. Jäger, 1734, fol. 80. — Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 18. — „In vier bis fünf Tagen (nach dem Setzen) ſind ſie (die Damkälber aber ſchon flüchtig und im Stande, der Mutter zu folgen.“ Mellin, Anwſg. z. An⸗ lage v. Wildbahnen, 1779, p. 157. — „Slüd)- tig heißt bey den Jägern, wenn ein Hirſch, Fluchtröhre. — Flugbahn. 613 oder ein anderes Thier läuft; alsdann ſagt man: Der Hirſch oder das Thier iſt flüchtig.“ Onomat. forest. I., p. 869. — Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 124. — Hartig, Lexik., Ed. I, 1836, p. 181; Ed. II, 1861, p. 197. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 402, 403; VII., p. 209. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — „Der Wolf läuft nicht, ſondern er iſt flüchtig.“ Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 444. II. Vom Hühnerhunde, derſelbe iſt flüch— tig, hat eine flüchtige Suche, wenn er beim Suchen viel Feld nimmt; auch ſ. v. w. ungenau, unaufmerkſam ſuchen. Jeſter, Kleine Jagd, Ed. I, 1797, I., p. 52. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 347 b. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 419. — Grimm, D. Wb. III, p. 1834. — Sanders, Wb. I., p. 470 c. E. v. D. Iluchtröhre, die, ſ. v. w. Fluchtbau, Flucht— höhle, Nothbau, Nothröhre. „Fluchtrohren, ſind Löcher unter der Erden, ſo aus alten Bauen beſtehen, worinnen ſich ein Fuchs oder Dachs nicht mehr aufhält, im Nothfall aber ſich dahin retirieret.“ Chr. W. v. Heppe, Wohl- red. Jäger, p. 126. — „Fluchtröhre wird ein ſolcher Fuchs- oder Dachsbau genannt, der nur wenige Röhren hat und nur im Nothfall be— ſucht, alſo nicht immer bewohnt wird.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 105; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 38; Lexikon, Ed. I, 1836, p. 186; Ed. II, 1861, p. 197. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58; Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 396; VI., p. 236. — v. Corvin, Sporting almanach 1844, p. 68. — R. R. v. Dombrowski, Der Fuchs, p. 183. — Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 315. — Grimm, D. Wb. III., p. 1835. — Sanders, Wb. II., p. 777 b. E. v. D. Fluchtſtäbe, ſ. Abſteckſtäbe. Er. Sfuevögel, Accentoridae, Familie der Ordnung Captores, Fänger, ſ. d. und Syſt. d. Ornithol.; in Europa nur eine Gattung, A c- centor Linné, ſ. d. mit drei Arten. E. v. D. Flug, der. I. In der Sprache der Beizjagd bezeichnet Flug ſo viel als Flugwild, bezw. Jagd auf Flugwild; man ſpricht von hohem und nie— derem Flug, d. h. hohem und niederem Flug— wild; dann z. B. von Trappen-, Rebhühner— flug ꝛc., d. h. Beize auf Trappen, Rebhühner ꝛc. „Ich hab mich in allen Flügen geübet finde aber keinen der dem Repphun vor zuziehen . . Was den Waſſer-Flug anbelangt, gebe ich zwar zu .. . Ich finde auch in ſolchem Krähen— flug einen großen Verluſt . . . Derhalben ich noch einmal ſage, daſs alle andere Flüge dem Repphun weichen: Doch allezeit die Hohe Flüge oder wie man ſagen möcht das hohe Wildt aufgenommen | nemblich den Reyger vnnd den Weyhen | welche den Vorzug vor allen haben wie es auch nur Königliche Flüg ſeynd ).“ Arcuſſia, Deutſche Ausgabe, Frankfurt 1617, p. 251, 252. — Da für den *) Im Original: „La haute volerie du héron et du milon doit tenir le premier rang, aussi est-ce le vol royal.“ Die Reiher- und Milanbeize war nämlich in Frankreich allein dem König vorbehalten und durfte nur mit deſſen ſpecieller Bewilligung auch von anderen geübt werden. D. V. hohen Flug nur die Edelfalken verwendet wur- den, werden auch dieſe ſelbſt als hoher Flug, der Habicht und Sperber dagegen, die nur zur Beize auf niederes Wild gebraucht wurden, der niedere Flug genannt. „In erſter Reihe jtanden... ſämmtlich zum hohen Fluge gehörig; in zweiter Reihe Habicht und Sperber, den nie— deren Flug vertretend.“ O. v. Rieſenthal, Die Raubvögel, p. 175. II. Sammelname für eine Vereinigung mehrerer Vögel einer Art. Bezüglich der An— wendung der Ausdrücke Flug, Schwarm, Schar herrſcht in der Literatur große Mei— nungsverſchiedenheit; in der Regel gilt das Wort heute nur für kleinere Vereinigungen bis etwa zu 30 Stück von allem Weder- wilde mit Ausnahme der Wald- und Feld— hühner; größere Vereinigungen von kleinen Vögeln werden Schwärme, von größerem Flugwild, z. B. Gänſen und Enten, Scharen genannt. „Wenn viele Vogel mit und beyein— ander ſeyn, wird es ein Flug oder Schwarm genennet.“ Döbel, Ed. I, 1746, I., fol. 73. — „Flug, alſo wird ein Schwarm kleiner Vögel benennt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 126. — „Flug, Schwarm, nennt man, wenn viele Vögel mit und beyeinander ſeyn.“ Onomat. forest. I., p. 688. — „Kette, Kitte iſt der Sammelname für die Glieder eines und desſelbe Gänſegeheckes, mit Einſchluſs des El— ternpaares, auf jo lange, als eine ſolche Gänſe— familie an dem Heckorte abgeſondert von an— dern Familien gleicher Art, für und unter ſich allein lebt. Wenn ſpäterhin am Aufenthaltsorte oder auf der Wanderung einige wenige Ketten bis zur nächſten Paarzeit ſich zuſam— menhalten, ſo wird dieſe geringzählige Ge— ſellſchaft Flug genannt. Beſteht hingegen zwi— ſchen vielen Ketten ein ſolcher geſelliger Verein, jo daſs die Geſellſchaft zahlreich iſt, jo wird ſelbige mit dem Sammelnamen Schaar belegt.“ „Mit den Ausdrücken Schaar und Flug ver— hält es ſich (bei den Wildenten) wie bei den Gänſen und allen in geſelligem Verein lebenden und reiſenden Vögeln.“ Win— kell, Ed. II, 1821, II., p. 708, 726. — „Flug heißt jeder Schwarm kleiner Vögel. Z. B. ein Flug Lerchen, Staaren, Finken ꝛc.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 106; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 38; Lexik, Ed. I, 1836, p. 187; Ed. II, 1861, p. 197. — „Flug oder Schwarm heißt eine Anzahl kleiner Vögel, die zur Strichzeit mit einander fliegen.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58; Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 396; VI., p. 236. — „Die geſellige Ver⸗ einigung von Enten, welche bis zur nächſten Paarzeit zuſammenhalten, nennt man Flug, Schaar, auch wohl Starre.“ Diezel, Nieder jagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 746. — Grimm, D. Wb. III., p. 1838. — Sanders, Wb. I., p. 471 a. E. v. D. Ilugbahn iſt die vom Geſchoſs (genauer von deſſen Schwerpunkt) in der Luft außerhalb des Rohres beſchriebene Linie; ihr Anfangs punkt liegt in der Mündung der Waffe, als ihr Endpunkt wird derjenige Punkt angeſehen in welchem das Geſchoſs den Erdboden, bezw das Ziel berührt, oder — bei allgemein theo— 614 Flugbar. — Flügelbein. retiſcher Betrachtung — in welchem das Ge— ſchoſs die durch die Mündung gelegte horizon— tale Ebene (oder, was dasſelbe heißt, die horizon— tale Viſierlinie zum zweitenmale) ſchneidet. Über die Geſtalt der Flugbahn und die Kräfte, welche beſtimmend auf fie einwirken, ſ. Balliſtik II. Da von dieſen Kräften der Luftwiderſtand und ſeine Einwirkung ſich bis jetzt jeder rechnungs— mäßigen Beſtimmung entzogen hat, ſo können alle die Flugbahn betreffenden Berechnungen nur den Zweck haben, auf Grund der für den vorlie— genden Fall (Geſchoſs nach Form und Querſchnitts— belaſtung, Geſchwindigkeit) auf praktiſchem Wege beſonders ermittelten Größe des Luftwiderſtan— des einzelne Bahnelemente zu beſtimmen und hiedurch Annäherungswerte zu gewinnen, welche — je nach der Genauigkeit der vorausgegan— genen praktiſchen Ermittlung — mehr oder we— niger genau auch auf ähnliche Verhältniſſe paſſen werden. Die erzielte Genauigkeit iſt hiebei um ſo größer, je kleiner die Strecken der Flugbahn waren, innerhalb welcher man die Größe des Luftwiderſtandes, bezw. die Ge— ſchwindigkeit des Geſchoſſes ꝛc. ermittelte. Die meiſten dieſer Berechnungen ſind ohne Hilfe der höheren Mathematik undurchführbar; für die Zwecke des praktiſchen Jägers, welcher ſich dieſer einen ziemlichen Aufwand an Zeit und Sorg— falt verlangenden Arbeit nicht unterziehen kann, genügt indes auch vollſtändig die bei Balliſtik II und bei Einſchießen (ſ. d.) angegebene Methode, um über alle ihn intereſſierenden Eigenſchaften der Flugbahn ſeiner Waffe ausreichende Klarheit zu gewinnen. Gegen hinter einander aufgeſtellte Papierſcheiben zu ſchießen, welche das fliegende Geſchoſs ſämmtlich durchſchlagen ſoll, um jo ſeine Flugbahn ſelbſt aufzuzeichnen, iſt ſehr umſtändlich und kaum ſo zuverläſſig wie die erwähnte Methode. Auch die über Flugbahn— verhältniſſe in mehr theoretiſchen Lehrbüchern enthaltenen Angaben und Tabellen ſind, wenn richtig verfahren wurde, nicht allein durch Rech— nung, ſondern auf Grundlage von Verſuchs— reſultaten durch ein mittelſt Rechnung und graphiſcher Darſtellung zweckmäßig combiniertes Verfahren ermittelt. Th. Flugbar, adj., ſ. v. w. flügge, beflogen, fluchtbar. „Das Erlegen des flugbar gewor— denen jungen Auerwildes vor dem Hunde.“ R. R. v. Dombrowski, Lb. f. Ber.⸗Jäger, p. 154. — „Sind ſie (die jungen Rebhühner) ſo alt ge— worden, dajs fie bereits hoch fliegen und weit ſtreichen können, jo ſind fie „beflogen‘ oder flug bar““. Diezel, Niederjagd, Ed. VI, 1886, v. E. v. d. Boſch, p. 591. — Fehlt bei Grimm. — Sanders, Wb. I., p. 471 b. E. v. D. FIlugbarkeit, die, das Vermögen zu fliegen; von jungen Vögeln die Flugbarkeit er— reichen — flügge werden. „. . . weil ſpäter die jungen Gänſe ihre Flugbarkeit erlangt haben und davongehen.“ A. v. Schmeling-Düringshofen, b. Corvin, Sporting-Almanach 1844, p. 43. — „Sobald die jungen Enten die volle Flug— barkeit erreicht haben . . .“ R. R. v. Dom⸗ browski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 355. E. v. D. Flugblaſen werden von G. Jäger die bei den fliegenden Vögeln mit der Lunge commu— nicierenden Luftſäcke, dann die Erweiterungen im Tracheenſyſtem fliegender Inſecten genannt; dieſe asroſtatiſchen Apparate dienen zur Ver— minderung des jpecifiichen Gewichtes. Kur. Flugbreite oder Flügelbreite, die, ſ. v. w. Flugweite, Flügelweite. „Der Fliegen— fänger . . . ſeine Flügelbreite beträgt 8 ½ bis 8¼ Zoll.“ J. A. Naumann, Vögel Deutſchl., II., p. 241. — A. Brehm, Thierleben, Ed. II, 1882, IV., p. 320. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Flügel, zum Fortbewegen in der Luft dienende Flugwerkzeuge der Inſeeten (. d.) und Vögel (ſ. d.) und einiger Säugethiere. Kur. Flügel, der. I. S. v. w. Durchhau, Stellflügel, Stell- weg, Geräumte, j.d.u. vgl. beflügeln. Abjagens⸗, Kreuz-, Querflügel. „Ein Flügel iſt ein ge- hauener Weg der gleich durch ein Holtz weg gehet | werden mit Buchſtaben gezeichnet.“ Täntzer, Ed. I, Kopenhagen 1682, I., fol. 14. — „Sonſt heißt man auch Flügel, die Stellwege, oder Geraumte in einem Holz.“ C. v. Heppe, Aufr. Lehrprinz, p. 177. — „Flügel heißet auch ein Stellweg.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 126. — Onomat. forest. I., p. 869. II. Bei Streifjagen die beiden Seiten der Schützen- und Treiberlinie; ebenſo die Seiten eines eingeſtellten Jagens. „Flügel. Darunter wird hier verſtanden der rechte und linke Flügel des geſtellten Jagdzeuges. Es werden aber die Flügel, der eine der rechte, und der andere der linke darnach benennet, wie ein großer Herr mit dem Geſichte nach dem Aus— lauf des Jagens im Schirm gerichtet ſteht, oder darinnen ſeinen Stand nimmt; auch nach dem Schirm ſelbſten, wie der ſtehet, werden die Flügel des Jagens, einer der rechte, und der andere der linke genennet.“ C. v. Heppe I. e. — „Die rechte oder linke Seite eines Jagens wird benennt: der rechte oder linke Flügel. Auch ſagt man Flügel, wenn die Treiber in Ord— nung geſtellet ſind, nemlich: rechter Hand der rechte, und linker Hand der linke Flügel.“ Chr. W. v. Heppe 1. o. — Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 106; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 38; Lexik., Ed. I, 1836, p. 187; Ed. II, 1861, p. 197. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, J., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1840, 1841. — Sanders, Wb. I., p. 741e. E. v. D. FIlügelbau der Inſecten, ſ. die betreffende Inſectenordnung (Coleo-, Hymeno-, Lepido-, Ortho-, Neuroptera, Diptera und Rhynchota). Flügelrandmal, stigma; j. betreffende Inſectenordnung. Flügeldecken, Coleoptera (ſ. d.). Flügeldorn, setula, ſ. Diptera. Flügellappen, ſ. Diptera. Flügelſchüppchen, ſ. Bruſt der In— ſecten. Flügelrippen, Flügelgeäder, Flügel- nerven, vgl. die betreffenden Inſectenordnungen. Flügelbein, os pterygoideum, heißt ein paariger Knochen am Kopfifelet der Wirbel- thiere. Der Schädel der Säugethiere zeigt das Flügelbein als kleine flache Knochenplatten, die ſich an die innere Fläche der vom Baſiſphenoid auslaufenden Flügelfortſätze anlegen. Am ſtärk— Flügelbug. — Flügeln. 615 ſten iſt das Flügelbein bei den Kriechthieren und Vögeln entwickelt, bei welchen es die Schädelbaſis, das Quadratbein und das Gau— menbein verbindet. Bei den Lurchen verläuft es als ſchmaler Knochen vom Tympanicum und Paraſphenoid zur Verbindungsſtelle von Maxil— lare und Palatinum. Bei den Vögeln, Echjen und Schlangen ſtoßen die beiden Flügelbeine nicht zuſammen und ſind mit der Schädelbaſis nur articulirend verbunden, während ſie bei den Panzerechſen und Schildkröten in einer Mittelnaht ſich vereinigen und mit der Schädel— baſis feſt verbunden ſind. Bei den Echſen, Panzerechſen und Schlangen tritt noch das äußere Flügelbein, os transversum, hinzu, ein ſchmaler Knochen, welcher, an die Außen— ſeite des Flügelbeines ſich anlegend, zum Maril- lare verläuft. Kur. Flügelbug, der, auch Flügelbogen, heißt die Stelle am Flügel des Vogels, wo Ober⸗ und Unterarm zuſammenhängen, alſo jenes Gelenk, welches der Vogel einbiegen mujs, wenn er den Flügel zuſammenlegen will. „So man aber will Gänß | oder ſonſt andere große Vögel ſchießen ſo ſoll das Eiſen (der Bolzen) vornen an der ſpitzen gantz ſpitzig vnd ſcharff gemacht ſeyn damit der Boltz alſo deſto ſchlei— miger (sie) | wann mann den Vogel entweder auff die Flügelbög oder auff den kopff troffen hat | durchgehen möge.“ Ch. Eſtienne, Deutiche Ausgabe, Straßburg 1580, fol. 612. „Den am Flügelbuge eingeſetzten Federbündel, wel— cher vom Daumen getragen wird, bezeichnet man mit der Benennung Eckflügel.“ L. J. Fitzin⸗ ger, Naturgeſch. d. Vögel, 1862, I., p. 13. — Grimm, D. Wb. III., p. 414. — Sanders, Wb. I., p. 238. E. v. D. Flügeldecken, Flügeldeckfedern, nennt man das Gefieder am Vogelflügel mit Aus— nahme der Schwungfedern in erſter Reihe, alſo jene relativ ziemlich langen und breiten, am Oberarm angeſetzten Federn, welche, wenn der Flügel zuſammengelegt iſt, die Schwungfedern zum Theil bedecken; das Gefieder auf der oberen Seite des Flügels heißt das obere, jenes auf der inneren (unteren) Seite das untere Flügeldeckgefieder, die oberen und un— teren Flügeldecken, Flügeldeckfedern. „Die unteren Flügeldeckfedern (des Tan— nenhehers) ſehen braunſchwarz aus.“ J. A. Nau— mann, Vögel Deutſchl. II., p. 132. — „Alle übrigen den Flügel bedeckenden Federn werden, je nachdem ſie auf der Ober- oder Unter- reſp. Innenſeite ſtehen, obere, reſp. untere Flügel— deckfedern oder kurzweg Flügeldecken ge— nannt . . .“ O. v. Rieſenthal, Die Raubvögel, p. XI. — „Die braune Grundfarbe der Flügel— decken (des Auerhahnes) iſt ſchwärzlich ſchat— tiert . . .“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 150. — Fehlt in allen Wbn. E. v. D. Flügelführer, der, oder Flügelmeiſter, der flügelführende Jäger bei einem Streifjagen. „Flügelführer, Flügelmeiſter, heißen bei Treibjagen jene zwei Jäger, welche auf dem rechten und linken Flügel gehen, um auf alles aufmerkſam zu ſein und den Zug der Treiber in der gehörigen Ordnung zu leiten.“ Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 412; Wmſpr., 1829 p. 38. E. v. D. Flügelgarn, das, eine Art Netz zum Vogelfange; über deſſen Einrichtung und Ge— brauch iſt mir nichts bekannt. „Die Netz zum Geflügel | Vogelgarn | Flügelgarn Vogel— itrif | Fluwe | Leimruten [ Schlingen ꝛc.“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Straßburg 1580, fol. 563. — Wahrſcheinlich iſt Flügelgarn aus Geflügelgarn gekürzt und dann ſynonym mit dem Sammelnamen Vogelgarn, der für alle zum Vogelfange dienenden Garne gilt. Grimm, D. Wb. III., p. 1842 (den gleichen Beleg). E. v. D. Flügelhorn, das, das bekannte Blas⸗ inſtrument, ſ. Jagdmuſik. „Flügelhorn iſt ein ſchlecht einfach altväteriſch meſſing Horn, welches der Flügelmeiſter zum rechten und linken Flügel führet.“ Fleming, T. J., Ed. I, 1724, I., Anh., fol. 106. — Döbel, Ed. I, 1746, II., fol. 41. — „Flügelhorn, iſt eines derer ſtärkeſten Rieden- oder Hüfthörner, welche vor Alters im Gebrauch geweſen.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 126. — „Flügelhörner, dieſe ſind kleiner als erſtere (die großen Jagd- hörner), wie man aus der Zeichnung ſiehet. Mit denenſelben rufet man die Hunde zur Kuppel, wenn man mit ihnen zur Jagd reitet oder gehet, wird ihnen geblaſen, ingleichen wenn ſie loßgekoppelt werden, wenn ſie ſuchen und wenn fie jagen . . .“ Mellin, Anwſg. z. An⸗ lage v. Wildbahnen, 1779, p. 266. — „Flügel⸗ horn iſt ein großes halbmondförmiges Jagd— horn, womit auf den Jagen die Signale ge⸗ geben werden.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 106; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I, p. 38; Lexik., Ed. I, 1836, p. 187; Ed. II, 1861, p. 197. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik., VI., p. 210. — Die Hohe Jagd, Ulm 1846, I., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1842. — Sanders, Wb. I., p. 792 b. E. v. D. Ilügellahm oder Fluglahm, adj., tft ein Vogel, dem durch einen Schuſs oder ſon— ſtigen Zufall ein oder beide Flügel gebrochen wurden, und der daher nicht fliegen kann; vgl. flügeln. „Es iſt nicht nöthig, immer zum Behuf der Krähenhütte, die jungen Schuhu aus dem Neſte aufzuziehen; man kann die, welche ſich in den Falkenkörben oder Rönnen gefangen, oder die, welche bisweilen flügellahm ge— ſchoſſen werden, gleichfalls eben ſo gut auf der Hütte brauchen.“ Mellin, Anwſg. z. Anlage v. Wildbahnen, 1779, p. 355. — „Flügellahm nennt man einen Vogel, wenn ihm ein Flügel entzwei geſchoſſen iſt.“ Hartig, Anltg. z. Wmſpr., 1809, p. 106; Lb. f. Jäger, Ed. I, 1812, I., p. 38; Lexik., Ed. I, 1836, p. 187; Ed. II, 1861, p. 197. — Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58; Real⸗ u. Verb.⸗Lexik. II., p. 413; VI., p. 217. — Die Hohe Jagd, Ulm 1836, I., p. 358. — Grimm, D. Wb. III., p. 1847. E. v. D. Ffügelmeifter, ſ. Flügelführer. E. v. D. Flügeln, verb. trans-, einem Vogel den Flügelknochen zerſchießen. „Flüglen, heißt, wenn einer einen Vogel geſchoſſen, ſolchen aber nur an einem Schwung getroffen, ſo ſagt man: der Vogel iſt geflügelt.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 126. — Behlen, Real- u. Verb.⸗Lexik. II., p. 413. — Diezel, Niederjagd, 616 Flügelſäge. — Flügge. Ed. VI, 1886, v. E. v. Boſch, p. 591. — Grimm, D. Wb., III., p. 1844. — Sanders, Wb. I., p. 472 a. E. v. D. Ffügelfäge. Man verſteht hierunter eine an einer Stange zu befeſtigende Bügelſäge mit einem 29 em langen Sägeblatte und einer etwa 40 em langen eiſernen Hülſe. Dieſe endet in zwei „Flügeln“, die mittelſt einer durchgehenden Flügelſchraube an die durch die Hülſe geſteckte Stange feſtgedrückt werden. Dieſe Stangenſäge dient zum Ausäſten ſtehender Bäume vom Boden aus und wird wegen dieſes Hochaus— äſtens auch Höhenſäge genannt. Sie iſt 1868 vom braunſchweigiſchen Forſtmeiſter Alers durch ſeine Schrift: Über das Aufäſten der Nadelhölzer ꝛc. zuerſt bekanntgemacht und ihr Gebrauch, ſpäter bei Waldbäumen überhaupt in der 2. Auflage der Schrift 1874 gezeigt. Die Säge wird in der Praxis öfter und mit Nutzen verwendet. Neuerdings hat Alers ihr noch ein zweites Inſtrument, die ſog. Baumgabel, hinzugefügt, um mit Hilfe derſelben das Ab— ſägen ſchwanker Zweige und Wipfel leicht und ſicher bewirken zu können. Letztere iſt u. a. ab⸗ gebildet in Krichlers Deutſcher Forſt- und Jagdzeitung, 1887, p. 170 (ſ. a. Ausäſten, Stangenſäge). Gt. Ffügelfhüße, der, jener Schütze, der am äußerſten Punkte eines der beiden Flügel der Triebfront bei Streifzügen eingetheilt iſt. „Mit Hilfe des Winkelkreuzes werden dann die Rich— tungen für die Seitenwehren ſenkrecht auf die Stände der Flügelſchützen abgeſteckt.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Berufsjäger, p. 231. E. v. D. Flügelſpitze, die, heißt bei Meſſungen von Vögeln der äußerſte Theil des Vogelflügels, von der Handwurzel bis zur Spitze der läng— Iſten Schwungfeder. O. v. Rieſenthal, Die Raub⸗ vögel, p. XI. — Fehlt bei Grimm und Sanders. E. v. D. Flügeltaucher, Aleidae, die Alken und Lummen umfaſſender Familienbegriff. Echt nordiſche Seevögel, die nur zur Brutzeit das Land aufſuchen. Schwimmen und tauchen ſehr gut, fliegen aber ſchlecht; beſonders tritt dieſe Unfähigkeit zutage, wenn ſie auffliegen oder raſche Wendungen ausführen ſollen (ſ. Syſtem der Vögel). Kur. Flügelwehren, die (plur.), nennt man die beiden vom Ende des rechten und linken Flügels eines Streifjagens im Felde in rechtem Winkel | — Sanders, Wb. I., p. 472 b. nach vorn abzweigenden Treiberketten, welche ein ſeitliches Ausbrechen der Haſen außer Schufs- weite hindern ſollen. „Um das Ausbrechen des Wildes beim Gegentriebe möglichſt zu verhin— dern, können die Flügelwehren bei Ausfüh⸗ rung desſelben durch die in der Front entbehr- lich gewordenen Treiber verſtärkt werden.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Berge DER 00 Flügelweite, Flugweite, die, auch Flug⸗ oder Flügelbreite, nennt man die Entfernung zwiſchen den Endſpitzen der längſten Schwungfedern eines Vogels bei ausgeſpannten Flügeln. „Flügelweite.“ „Flugweite.“ R. R. v. Dombrowski, Lehr- u. Hb. f. Ber.⸗Jäger, p. 197, 204. — Grimm, D. Wb. III., p. 1849 (nur Flugweite für die Entfernung, die ein Vogel in einem Fluge zurücklegt). — Sanders, Wb. II., p. 1530 b. E. v. D. Flügelwerk, das — Federwild; veraltet. „Geflüg, Flügelwerk oder Gefieder, nennt man ſummariter alles Vogelwerk auf einer Revier.“ Chr. W. v. Heppe, Wohlred. Jäger, p. 142.— „Flügelwerk heißt alles Federwild.“ Behlen, Wmſpr., 1829, p. 58; Real- u. Verb.⸗ Lexik. II., p. 413. — Grimm, D. Wb. III., p. 1845. — Sanders, Wb. II., p. 1578 c. E. v. D. Flügge, adj., ahd. flacchi, ma. auch flude, fluck, flicke, flick, fligg, dann auch flugbar, beflogen oder fluchtbar nennt man junge Vögel, welche bereits vollkommen zu fliegen vermögen, ihre volle Flugbarkeit erreicht haben. „Junge vogele die nit flug werent worden ...“ Nicolaus von Baſel, hrsg. v. Schmidt, p. 313. — „Ein vlückez vederspil.“ Hugo von Langenſtein, Martina, 78, 62. — „Die Jungen (Falken) .. . ehe ſie gantz flügke werden...“ Eberhard Tapp, Wejdwerck vnd Federſpil, 1543, I, c. 13, 72. — „Wenn ſie (die jungen Tauben) flück werden ...“ W. Ryff, Thierbuch, 1544. — „Wenn ſie (die Falken) noch nicht gantz flügke ſeyn . ..“ Ch. Eſtienne, Deutſche Ausgabe, Frankfurt a. M. 1579, fol. 720. — „Die Raubvögel werden Neſtling geheiſſen dernach ehe ſie recht flück werden... Eſtlinge ond letzlich in den ſtrichen die flücken Wildfange . . .“ J. C. Aitinger, Bericht v. d. Vo⸗ gelſtellen, Caſſel 1653, p. 8. — In der neueren Literatur allgemein. — Benecke u. Müller, Mhd. Wb. III., p. 344 b. — Lexer, Mhd. Hwb. III., p. 416. — Grimm, D. Wb. III., p. 12 5 N v. E. 630006 % — PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY SD 125 D66 Bd.3 *ESCI 8 1 ER 517255 BEYER 7 7 1 1 2 e n E ri 3 ee LER 7 „ . Der inne ur n 5 291 wre ur Eee 2 97 n e . BEN ee et N n ei, EEE CH FI PER ARTE ERE EEE I FF 1 kn _ 7 e ir. ee ar wann eee e e 8 1 rn N ,d —— r Fe „ * 2 r 8 87 9, “rn 2 we 5 117751771. r er: 1 . 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