a Ma . — Eine Schrift der genauern Kenntniß der Alpen gewiedmet. Herausgegeben von | Carl Uliſſes von Salis in Marſchlins und Johann Rudolph Steinmuͤller, Pfarrer in Rheineck. Vierter Band, mit zwey Charten. N C NN Winterthur 1809, in der Steineriſchen Buchhandlung, Nr . V Vorbericht. Mit einiger Zuverſicht uͤbergeben die Redak⸗ teurs den vierten Band der Alpina dem Publi⸗ kum, weil auch er Aufſaͤtze enthält, die der gu⸗ ten Aufnahme, welche dieſes Werk bis jezt zu finden das Gluͤck gehabt hat, nicht unwuͤrdig ſind. Gleich der erſte, die trigonometriſche Auf⸗ nahme des Thals von St. Luzienſteig bis Chur, ſamt einem Chaͤrtchen, von Herrn Praͤceptor Roeſch, wird gewiß jedem Freunde der Geo⸗ graphie und der Laͤnderkunde willkommen ſeyn. Wenn auch dieſe Arbeit nicht fo vollſtaͤndig und umfaſſend ſeyn ſollte, als ſie einige vielleicht ge⸗ wuͤnſcht haͤtten, ſo lag die Schuld gar nicht am Herrn Magiſter, ſondern an der Lage, in der er ſich befand. Sein Beruf als Hofmeiſter mei⸗ ner Kinder, dem er mit ſeltener Treue entſprach, ließ ihm ſehr wenige Zeit; aber waͤhrend dieſen wenigen Stunden arbeitete er mit eiſernem Fleiße. Meine durch den Revolutionskrieg, hauptſaͤch⸗ lich durch die ſo unſchuldiger Weiſe erlittene Con⸗ fiscation meiner Guͤter im Veltlin, als daſſelbe IV von Buͤndten abgeriſſen wurde, ſehr gelaͤhmten oͤkonomiſchen Umſtaͤnde, erlaubten mir bei al⸗ lem meinem Eifer, etwas zur Kenntniß meines Vaterlandes und zur Ausbreitung der Wiſſen⸗ ſchaften beizutragen, nicht, den Herrn Magiſter zu unterſtuͤtzen, wie ich es gewuͤnſcht haͤtte. Ich mußte mich beſchraͤnken, nur einen Sextanten und einen kuͤnſtlichen Horizont kommen und durch meine Arbeiter den unermuͤdeten Verfaſſer mit den noͤthigen hier ausfuͤhrbaren Huͤlfsmit⸗ teln unterſtuͤtzen zu laſſen. Es war meine Pflicht, dieſe Umſtaͤnde anzufuͤhren, um ſein Verdienſt um dieſe Arbeit ins wahre Licht zu ſetzen. Ja waͤre er mir nicht zu fruͤh entriſſen worden, da ihn ſein Fuͤrſt, der die Talente zu ſchaͤtzen weiß, in fein Vaterland zuruͤckrief, und wären mir meine Güter erſtattet worden, fo war es meine Abſicht, nach nnd nach mein ganzes Vaterland durch ihn trigonometriſch aufnehmen zu laſſen. Erſt einige Monate nachdem der zweite Auf ſatz ſchon gedruckt war, erfuhr ich, daß Herr Profeſſor Mangili ein eigenes Werk uͤber den Winterſchlaf der Thiere unter folgendem Titel herausgegeben habe: Saggio di Osservazioni per servire alla Storia de Mammiferi soggetti a pe- riodico Letargo. Memorie di Gepe Mangili, Professore a Storia Naturale etc. etc. Milano della Real Stamperia, Settember 1807. 8. Viel⸗ * leicht werde ich Gelegenheit haben, anderswo mehr aus dieſem Werke mitzutheilen. Seit der Erſcheinung des dritten Bandes ſind wenig Werke herausgekommen, oder mir wenigſtens bekannt geworden, deren Anzeige, unſerm Plane gemaͤß, hieher gehoͤre. Unter die⸗ ſen wenigen aber zeichnet ſich folgendes vor vie⸗ len aus, die ſeit manchen Jahren, die Alpen bes treffend, ſind geſchrieben worden: Johann Gottfried Ebel uͤber den Bau der Erde in dem Alpengebirge, zwiſchen 12 Zangen und 2 — 4 Breitengraden ic. mit geognoſti⸗ ſchen Karten. Zuͤrich, 1808. 2 Baͤnde. 8. Ich enthalte mich alles Urtheils und aller Be⸗ merkungen daruͤber, indem ein competenter Rich⸗ ter die Guͤte gehabt hat, mir ſeine vortreffliche Recenſion dieſes Werkes zu uͤberlaſſen, um fie dem vierten Bande der Alpina einzuverleiben. Noch zweier Werke muß ich gedenken, welche ſehr intereſſante Aufſaͤtze zur Kenntniß der Alpen⸗ kette enthalten, die wir auch zu ſeiner Zeit und an einem ſchicklichen Orte benutzen werden: Der Sammler fuͤr Geſchichte und Statiſtik von Tyrol. Innsbruck, 1806 — 1808. 8. Hiſtoriſch ſtatiſtiſches Archiv fuͤr Suͤddeutſchland. Frankfurt und Leipzig, 1809. 8. 2 Baͤnde, mit Kupfern und Karten. vl Des Herrn Praͤceptor Roeſch's Bemerkun⸗ gen uͤber die geographiſche Darſtellung des Can⸗ tons Graubuͤndten haͤtten eigentlich unmittelbar auf ſeinen Auffatz, welcher dieſen Band eroͤffnet, folgen ſollen. Ich erhielt aber das Manuſcript ſo ſpaͤt, daß ſie nur am Ende des Bandes konn⸗ ten geliefert werden. Der Ueberfluß an eigenen Auſſaͤtzen hat es dießmal nicht geſtattet, Miszellen einzuruͤcken. Es ſoll aber im kuͤnftigen Bande nachgeholt werden. Wenn auch bey dieſem Vorbericht die ver⸗ ſprochene Anzeige derjenigen Abhandlungen, die Kenntniß der Alpen betreffend, ausbleibt, die in verſchiedenen alten und neuen periodiſchen Werken und in den Schriften gelehrter Geſell⸗ ſchaſten zerſtreut find, fo geſchieht es, weil dies fer Aufſaͤtze mehr find als ich vermuthet hätte, und ſie verdienen in einer eigenen Abhandlung, ſyſtematiſch geordnet, im Werke ſelbſt geliefert zu werden. VII Inhalt des vierten Bandes. — — Trigonometriſche Aufnahme des Thals von St. Lu⸗ zienſteig bis Chur in Graubuͤndten von M. J. G. Roͤſch. 9 © Verſuche über den Winterfchlaf der Thiere. Von Hrn Profeſſor Giuſeppe Mangili von Pavia; uͤberſezt und mit Anmerkungen begleitet von Carl Ulißes von Salis. Ueber das Vorkommen einer brennbaren Materie in der Valgandino, im Departement des Serio, von Giov. Maironi da Ponte. Ueber die Steinkohlen von Entrevernes in Savoyen von Leopold von Buch. Beytrag zur Naturgeſchichte des Laͤmmergeyers. Mineralogiſche Briefe; geſchrieben auf einer Reiſe durch Schwaben und Tyrol im Sommer 1805, von Friedrich von Lupin. Agrostographia alpina, von J. Gaudin. (Be⸗ ſchluß.) Litteratur. Ueber den Bau der Erde in dem Alpengebirge zwi⸗ ſchen 12 Laͤngen⸗ und 2 — 4 Breitengraden, nebſt einigen Beobachtungen uͤber die Gebirge und den Bau der Erde uͤberhaupt mit geognoſtiſchen Kar⸗ ten von Johann Gottfried Edel. (Recenſirt von Hans Conrad Eſcher.) Seite 301 283 VIII Seite Periodi istorici e Topografia delle Valli di Non e Sole nel Tirolo meridionale. Di Jacop Antonio Maffei. (Bearbeitet von Carl Ulißes von Salis.) 416 Anhang. Bemerkungen über die geographiſche Darſtellung des Cantons Graubuͤndten uͤberhaupt und annaͤ⸗ hernde Oetbeſtimmungen; von Hrn Präceptor Roͤſch. N 44 — — —— — — — Trigonometriſche Aufnahme des Thals von St. Luzienſteig bis Chur, 5 in Graubündten, im Frühjahr 1806. von M. J. G. Roe ſch, der Zeit Präceptor der lateiniſchen Schule in Schorndorf, im Königreich Wuͤrtemberg, der oͤkonomiſchen Geſellſchaft des Can⸗ tons Graubündten ordentlichem Mitglied. Mit einer Charte. rr ende Meinen fuͤnfjaͤhrigen Aufenthalt in Graubündten, als Hofmeiſter bei dem Herrn von Salis Marſchlins, ſuchte ich für dieſen fo undekannten Theil der Schweiz auf alle moͤgliche Art zu benutzen. Die Naturgeſchichte, die Statiſtik, die Sprache dieſes Landes waren mir ſehr intereſſant, und meine Freyſtunden wußte ich mit nichts Nuͤzlicherem als mit dem Studium derſelben aus⸗ zufuͤllen und die Reſultate davon dem Publicum mitzuthei⸗ len. Mein naturhiſtoriſches Studium ſchraͤnkte ſich blos auf die Botanik ein, um nicht in omnibus aliquid et in toto nihil zu leiſten, und dazu benuzte ich W ar Bh. A 2 haͤufige Bergreiſen in wenig befuchte Gegenden, die ich in Geſellſchaft des Herrn von Salis zu machen Gelegenheit hatte. Meine Bemerkungen über die Vegetation einiger Kalkgebirge in Bündten habe ich der Zeit⸗ ſchrift: Alpina, einverleibt, und zwar dem erſten Band, Seite 71 bis 87. Der zweyte Band enthält eine: Aufzählung der in Bündten bisher entdeckten Bergpflanzen mit Anmerkungen von mir. Das Feld der Statiſtik von Bündten lag ebenfalls ganz brach; denn die Werke von Lehmann und Normann ſind viel zu unvollſtaͤndig, und erſterer iſt noch dazu aͤußerſt unzuver⸗ laͤßig. Nicht einmal die Bevoͤlkerung des Landes kannte man, und die Angaben ſchwankten von 120 bis 150,000, Ich ſezte mich alſo in Correſpondenz mit kundigen Maͤn⸗ nern aus allen Theilen des Landes, und brachte endlich ſo, nach manchem Kampf mit unzaͤhligen Vorurtheilen, die erſte detaillirte Bevoͤlkerungsliſte des ganzen Cantons zu Stande ). Sie ſteht in der Recenſion des helvetiſchen Almanachs im zweyten Jahrgang des Neuen Sam m⸗— lers, Seite 107, nebſt mehreren andern ſtatiſtiſchen No⸗ tizen. Ferner ſammelte ich Sterbe- und Geburtsliſten aus allen Theilen des Landes, die nach und nach im Neuen Sammler erſcheinen. Einiges uͤber Bevoͤlkerung der Bergoölker mit vollſtaͤndigen Tabellen iſt im erſten Jahr⸗ gang des neuen Sammlers, S. 274, enthalten. Die be⸗ fondere politiſche Verfaſſung aller einzelnen Gerichte des Cantons und alle dazu gehörige Ortſchaften enthält der Taſchenkalender fuͤr den Canton Graubuͤndten auf das Jahr *) Ich muß aber doch bemerken, daß Herr Pfarrer Lukas Pool ſchon in den achtziger Jahren mit unermuͤdetem Eifer an einer Bevoͤlkerungsliſte Buͤndtens gearbeitet und fie bey⸗ nahe zu Stande gebracht hat. ” 3 1808 und 1807. Eine geographiſch⸗ſtatiſtiſche Darſtellung von Graubuͤndten habe ich noch im Manuſcript. Alles dieſes bemerke ich fuͤr den kuͤnftigen Geographen der Schweiz und empfehle ihm beſonders den neuen Sammler, eine Zeitſchrift für Graubuͤndten, in Commiſſion bei Stei⸗ ner in Winterthur. Was die Romaniſche Sprache betrifft, die in den meiſten Gegenden Graubündtens herrſchend iſt, fo habe ich eine Sprachlehre und ein Woͤrterbuch dieſes ehr⸗ wuͤrdigen Reſtes aus dem Alterthum geſammelt und be— ſitze beide im Manuſcript. Sehr Hätte ich gewuͤnſcht, fie durch den Druck bekannt machen zu koͤnnen, allein da die Sache nicht von allgemeinem Intereſſe ift, fo würde ſich ſchwerlich ein Verleger dazu finden ). *) Der berühmte deutſche Sprachforſcher, der fel. Adelung in Dresden, ſchrieb mir unter dem 4 Mai 1804 über die- ſen Gegenſtand folgendes: „Ihre Bemuͤhung um die außer „der Schweiz noch fo unbekannte Romaniſche Sprache if „gewiß ſo verdienſtlich, als ein Werk dieſer Art nur ſeyn „ kann, und wird jedem Sprachkenner und Sprachliebhaber „von Herzen willkommen ſeyn. Ich kannte dieſe Sprache „bisher nur aus den beiden in hieſiger Churfuͤrſtl. Biblio⸗ „thek befindlichen Bibeln von 1778 und 1743 *), welche „aber meine Aufmerkſamkeit mehr reitzten als beftiedigten, „weil mir der Schluͤſſel zu dieſer merkwürdigen Sprache „fehlte. Heil Ihnen, daß Sie mir und andern, die mit „mir in gleichem Falle find, denſelben geben wollen. In | „der Schweiz, wo man dieſer Sprache näher if, wuͤrde g „ ſich auch wohl bald ein Verleger dazu finden; in Sachſen „und dem übrigen Deutſchland, wo das Romaniſche kaum „ dem Namen nach bekannt iſt, möchte es ſchwerer halten. ——— s ©) Weide romaniſche Bibeln befinden ſich auch im der Kömialjchen e pliothek zu Stuttgart; - * Endlich im Jahr 1805 kam ich auf den Gedanken, auch die geographiſche Lage dieſes Cantons zu berichtigen, und eine Gegend nach der andern trigonometriſch aufzu⸗ nehmen. Es gluͤckte mir aber kaum bei derjenigen Gegend, wo ich zu Haufe war, und wovon ich das Reſultat ge— genwaͤrtig bekannt mache; denn im May 1806 bekam ich Befehl von dem Koͤnigl. Ober⸗Conſiſtorium mich in Wins nenden als Praͤceptorats-Vicarius einzufinden. — Scha⸗ de, daß meine vortrefflichen Inſtrumente nun ſo ungenuͤzt daliegen, indem meine uͤberhaͤuſten Schulgeſchaͤſte es mir unmöglich machen, mich dem Studium und der Ausübung der praktiſchen Geometrie, wovon ich ein leiden⸗ ſchaftlicher Liebhaber bin, fernerhin mit Eifer zu widmen. — Indeſſen wuͤnſche ich, daß auch dieſe geringe Arbeit nicht ganz ohne Nutzen fuͤr die Berichtigung der Schwei⸗ zer⸗Geographie ſeyn moͤchte. Schorndorf, den 22 Sept. 1807. ? Der Verfaſſer. „Indeſſen will ich gern alles beytragen, was ich vermag, „ein ſo gutes Werk zu befoͤrdern. Sollte es nicht den Nu⸗ „ten und Beyfall des Werkes befoͤrdern, wenn Sie in dem „ Wörterbuche, wenigſtens in ſolchen Fällen, wo man ei» „nem Worte feine Heimath nicht ſogleich anſiehet, die Abe „ſtammung mit benfügren? ») Ich begreife wohl, daß das „nicht leicht iſt. Aber einem Mann, der den Genium der „Sprache genau kennt, und weiß, wie fie fremde Wörter „in andern Faͤllen behandelt, wuͤrde es denn doch auch nicht v ſo gar ſchwer ſeyn. Ich vermuthe, daß ſich noch manches „alte Celtiſche in derſelben erhalten hat, deſſen Aufſuchung „allein ſchon ſchaͤtzbar ſeyn würde.” — — n Sie ih wirklich, wo möglich überall beigefügt: —— vu Einleitung. Ehe ich den Leſer in das Detail von Meſſungen in einer nicht ſehr bekannten Gegend einfuͤhre, iſt es nothwendig, daß ich ihn vorher in dieſer Gegend orientire, und eine kurze Beſchreibung derſelben voranſchicke. Da, wo der doppelte Waſſerſchatz des nördlichen Rhaͤ⸗ ziens unter dem Namen Rhein ſich bei Reichenau vereis nigt, dehnt ſich das fruchtbarſte Thal des Cantons Graus buͤndten, das Thal von Chur bis St. Luzienſteig unter einem milden Himmel vier Stunden in die Laͤnge und eine halbe Stunde in die Breite. Gegen Morgen find feine: Grenzen das Thal Valzeina und das Gebiet der Ge— meinde Seewis im Thal Praͤtigaͤu; gegen Mittag der fogenannte Dreybuͤndnerberg, auf welchem die Ges biete der drey Buͤnde zuſammentreffen; gegen Abend das Gebirg des Calanda und der Thalweg des Rheins; gegen Mitternacht das niedere Gebirg, uͤber welches die St. Luzienſteig führt, Es berührt alſo auf zwey Sei⸗ ten fremdes Gebiet, gegen Abend Sargans im Canton. St. Gallen, gegen Norden das Fuͤrſtenthum Lichten. fein. Der Flaͤcheninhalt beträgt drey Quadratmeilen und ungefaͤhr den 38ſten Theil des ganzen Areals von Grau⸗ buͤndten. Das Clima iſt ſo milde, daß Feldfruͤchte aller Art in Fuͤlle gedeihen; die Obſtbaͤume geben die feinſten Sorten, und die Rebenhuͤgel einen ausgeſuchten Wein. Dieſe Fruchtbarkeit verdankt das Thal hauptſaͤchlich auch dem Suͤdoſtwind (dem italieniſchen Sirocco), der gewoͤhn⸗ lich im September 3 — 4 Wochen weht, und die Zeiti⸗ gung aller Erdgewaͤchſe befördert, Sonſt iſt das Thal nur zwey herrſchenden Winden ausgeſezt, dem Suͤdoſt und Nordweſt. Hagel iſt ſel⸗ 6 ten in dieſer Gegend, weil er von den nahen Gebirgen angezogen wird, welche auch zugleich natürliche Wetterabs leiter ſind. | | 75 Der Boden dieſes Thals iſt auf der Oſtſeite in der Landesſprache ſogenannter Ruͤſigrund. Ruͤſi (ital. ruina) heißt ein reißendes Bergwaſſer, das grobes, von dem Ge» birg abgeſchwemmtes Material, als: Steine, Holz, Schlamm 1c. mit ſich führt, Ein ſolcher von dem Ge birg abgeſchwemmter Grund heißt unmittelbar am Fuß des Gebirgs Ganda, wovon wirklich elliche Haͤuſer bei Marſch⸗ lins den Namen baden. Was die Beſtandtheile des Ge birgs betrifft, ſo theilt es ſich in Kalkſtein und Thonſchie⸗ fer. Jener iſt herrſchend in dem Calanda- und Falkniß⸗ Gebirg, und ſo iſt auch der Boden in dieſer Gegend kalk⸗ artig, erhizt ſich leicht, und giebt beſonders in Malans vortrefflichen Wein. Der Valzeinerberg beſteht aus Thons ſchiefer, und fo iſt auch die Erde in dieſer Gegend (Zis zers, Trimmis ꝛc.) thonartig. Die Gebirge dieſer Gegend find Fortſetzungen von drey, verſchiedenen Bergketten. Aus der hohen Bergkette zwi⸗ ſchen Davos und dem Engadin entſpringt aus dem Fluͤlaberg eine Nebenkette des Gebirges, die zuerſt das Fluͤlathal von dem Ferreinathal ſcheidet, ſich nach und nach zu einem niedern Bergruͤcken herabſenkt, uͤber den der Paß von Davos ins Praͤtigaͤu führt, ſich aber ſchnell wieder hebt und in zwey Aeſte theilt; der eine fons dert die Landſchaft Davos vom Schalfick, der andere das Thal Schalſick vom Praͤtigaͤu. In dieſen leztern drängt ſich das Thal Valzeina zwey Stunden weit ein und bildet in dem niedern Valzeinerberg die Scheidewand zwiſchen dem Praͤtigaͤu und unſerm Thal. In dieſem oͤſt⸗ lichen Bergkamm kommen auf unſerer Charte vier geo⸗ geaphifch beſtimmte Puncte vor; der erſte iſt der Eckſtein \ ! | T derfelben am Ausgang des Valzeinerthals uber der Gans» da, der zweyte die Mittagsplatte zwiſchen Marſchlins und Igis, der dritte der Scheiterberg zwiſchen Zizers und Trimmis — bis dahin iſt dieſe ganze Berggruppe dicht mit Waldung beſezt — der vierte endlich iſt der Hoch⸗ wang, der ſuͤdoͤſtliche Grenzpunkt zwiſchen Praͤtigaͤu, Schalfik und dem Gebiet der Vier Dorfer. In ihm endigt ſich das Thal Valzeina. So viel von der öftlichen. Bergkette, die unſer Thal einſchließt. Nordöſtlich drängt ſich am Ausgang des Thals Prätts gaͤu, dem Valzeinerthal gegenüber das Seewiſer- oder Ganyerthal in das Rhaͤtiko⸗ Gebirge, das vom Ge⸗ birgsſtock Fermunt ausgeht und das Praͤtigaͤu von dem Montafun im Vorarlbergiſchen ſcheidet. In dieſer Kette, die eigentlich außer dem Areal unſerer Karte liegt, habe ich die hoͤchſte Spitze, die Sceſa plana, von den Mon- tafunern Schilan genannt, als die merkwürdigſte be⸗ ſtimmt. Die Ausſicht auf dieſem Gipfel iſt unbeſchreib⸗ lich groß und praͤchtig. Den 15 Auguſt 1802 fand ich die guͤnſtige Gelegenheit, in ziemlich großer Geſellſchaft dieſe majeſtaͤtiſche Pyramide zu erſteigen. Gleichfam & a vue d’oiseau ſah ich nordwaͤrts eine unbegrenzte Ebene Ober⸗ ſchwabens bis nach Ulm, ſuͤdlich die ſchneeweiße Alpenkette im prächtigen Halbzirkel vor mir. Auf der Nordfeite die⸗ ſer Spitze iſt ein ſtundenlanger Gletſcher. Oeſtlich von dem Seewiſerthal uͤber dem Dorf Fanas erhebt ſich der Fanaſerberg, den ich auch noch in mein Netz zog, weil ich gierig nach jedem ausgezeichneten Punct haſchte, den die Ausſicht von meiner Standlinie aus be⸗ herrſchte. Das Seewifer- oder Ganyerthal alſo, um bon meiner Digreſſſon zurückzukommen, macht bier einen Aſt des Rhaͤtiko zur Scheidewand zwiſchen dem Gebiet vom 8 Mayenfeld und dem Praͤtigaͤu. Unſer geographiſches Netz beſtimmt vier Puncte dieſes Aſts. Der erſte it der Augs ſtenberg, die Seewiſer nennen ihn Vilan. Er iſt ſehr zugaͤnglich, und zu geometriſchen Operationen, namentlich zur Aufſtellung der Inſtrumente ſehr bequem. Der zweite iſt der Falkniß, ein ſpitziger Felſen. Der dritte iſt das weſtliche Ende einer ſehr hohen Felſenwand hinter dem Falkniß, die quer in den Berggrat einlaͤuft. Das Avers tiſſement zum Schweizer-Atlas nennt fie den Kamm ob Mayenfeld. Der vierte endlich, die Guſcheralp, an deren Abhang das Doͤrſchen Guſcha liegt, iſt merk⸗ wuͤrdig als Grenzpunkt zwiſchen dem Fuͤrſtenthum Lichten⸗ ſtein und Graubuͤndten. Nordweſtlich lehnt ſich an dieſen Gebirgsaſt der breite Ruͤcken des Flaͤſcherbergs, über welchen die St. Luzienſteig fuͤhrt, die Hauptſtraße von Lindau nach Chur. Die ehemalige Schanze auf dieſer Steig iſt nun zerſtoͤrt. Die hoͤchſte Spitze dieſes Berges, an deſſen Fuß das Dorf Flaͤſch liegt, iſt geographiſch beſtimmt. Die Grenze von Graubuͤndten und Lichtenſtein, wenn man der Landſtraße nach geht, befindet ſich jenſeits der Steig, unweit dem Dorf Balzers. Eine Stein⸗ platte neben dem ſogenannten St. Katharinenbrun⸗ nen, der unter der Landſtraße hervorquillt, hat auf der nördlichen Seite das fürftl. Lichtenſteiniſche Wappen, auf der füdlichen das Buͤndneriſche mit der ehrwuͤrdigen Um⸗ ſchrift: Alt fry Rhezien. Wir kommen jezt an das weſtliche Gebirg. An den Gebirgsknoten des Gotthards lehnt ſich oſtwaͤrts ſuͤdlicher der Lukmanier, noͤrdlicher der Criſpalt an. Von ihm geht eine Kette ſehr hoher Gebirge, von denen ich nur den Piz Ruſein nenne, aus, und ſcheidet zuerſt Uri und dann Glaris von Buͤndten. Auf dem Bergpaß Kunkels theilt fie ſich in zwey Aeſte, der hintere trennt 9 das Thal oder vielmehr die Schlucht, worin das Pfef— ferfer- Bad liegt, von Glaris, der vordere ſteigt in dem Calanda zu einer anſehnlichen Hoͤhe, und ſenkt ſich dann auf den Strilſerberg herab. In dieſer Kette ſind drey Puncte geographiſch beſtimmt, und zwar erſtens der Ca— landa, doppelt, einmal feine noͤrdliche End ſpitze, und dann die Höhe feines höchften Gipfels bei den fogenanns ten Zeichen. Zweytens Matton, ein Grenzpunct ges gen Pfeffers auf dem Strilſerberg (mons sterilis), Drittens der Endpunct dieſer Bergkette, zwey nackte Fel⸗ fen, die zwey Brüder genannt. Die Grenze geht dies ſen drey Puncten und uͤberhaupt dem Kamm des Gebirgs nach. f a Endlich bleibt mir noch übrig, von dem ſuͤdlichen Ges birge etwas zu ſagen, das unſer Thal einſchließt. Ich habe oben geſagt, die vom Fluͤlaberg ausgehende Neben⸗ kette theile ſich auf Davos in zwey Aeſte. Der eine ſchei— det nebſt dem Thal Schalfick auch noch das Zuthal Aroſa von Davos. Wo er das Thal verlaͤßt ſpndert er das Gericht Churwalden von dem Gericht Bel⸗ fort, und endigt ſich an dem Ausfufe der Albula in den Rhein in dem Thal Domleſchg. An dem Ende dieſes Bergaſtes iſt auf unſerer Charte ein einziger Punct geographiſch beſtimmt, der hoͤchſte Gipfel deſſelben. Die Grenze von Chur reicht aber nicht auf denſelben, ſondern blos auf einen waldigen Huͤgel hinter der Stadt. Den Gebirgen von Graubuͤndten entſtroͤmt einer der größten Flüge Deutſchlands, der Rhein. Er durchſſießt unſer Thal von Suͤden nach Norden, beſpuͤlt anfangs den Fuß des Calanda-Gebirgs, und bildet alsdann von der untern Zollbruͤcke an bis Flaͤſch die Grenze zwiſchen Buͤndten und Sargans. Die Bergbewohner Buͤndtens nennen über- haupt jeden Bach, der ihre Gegend durchſtroͤnmt, Rhyn, 10 ö z. B. die Savier, die Oberhalbſteiner ic. So hat der Rhein ſelbſt blos deswegen einen dreifachen Urſprung, weil die Tawetſcher, die Medelſer, die Rhein⸗ waͤlder ihre Baͤche, die den Rhein bilden, Rhyn nen⸗ nen, das weiter nichts heißt, als ein ßießendes Waſſer, von rinnen. Schon iſt der Hinterrhein durch die Albula, die ihm bei Thuſis zuſtroͤmt, und bei Rei⸗ chenau durch den Vorderrhein betraͤchtlich verſtaͤrkt, und waͤlzt nun, als Rhein, ſeine Fluthen unſerem Thale zu; aber auch es fuͤhrt ihm den Waſſertribut zweyer be— deutender Bergthaͤler, bei Chur die Pleſſur aus dem Schalfik, bei der obern Zollbruͤcke die Landquart aus dem Praͤtigaͤu zu. Zwey wilde und verheerende Berg— ſtroͤme. Der erſtere iſt jedoch durch vereinte Anſtrengung der Stadt Chur eingedaͤmmt, der leztere hingegen, weil drey verſchiedene Intereſſenten ſich nicht vereinigen wollen, verheert unterdeſſen Wieſen und Aecker. Kaum erkennt man in duͤrrem Sandfeld ihre traurige Spur. Oft bricht neben der obern Zollbruͤcke, welche das Hochſtift Chur zu unterhalten hat, die Landquart uͤber ihre Ufer, und ſchneidet auf einmal den Paß von Lindau nach Chur ab, fo daß für den Speditionshandel ein unzuberechnender Schaden entſteht. Die Landquart, fo wie überhaupt alle Bergſtröme, fuͤyrt ungeheures Materiale mit ſich, rollt Centnerſchwere Steine wie leichte Kieſel fort; fuͤlt, da ſie keinen hinlaͤnglichen Fall mehr hat, ihr Beet mit Schlamm / Steinen und Baumſtaͤmmen aus, ſchwillt an, ſucht einen Ausweg, und nun wehe dem angrenzenden Feld, uber wel⸗ ches der empoͤrte Strom ſeine zuͤrnenden Fluthen jagt. Andere kleine Baͤche (Rufen) dieſes Thals, die bald ganz vertrocknen, bald zu furchtbaͤden Strömen anſchwel⸗ len, beſonders bei Jenins und Trimmis, uͤbergehe ich, und komme nun auf die Kultur des Bodens. 11 Leider hindert auch hier, wie bei manchen Vergvoͤlkern, der traͤge Grundſaz: alles beim Alten zu laſſen, jede landwirthſchaftliche Verbeſſerung. So gehoͤrt z. B. der uͤbermaͤßig ausgedehnte Waidgang zur Fruͤhlings- und Herbſtzeit zu den verderblichſten Hindernißen des Acker: baus. Die groͤßten und ſchoͤnſten Wasplaͤtze werden auf dieſe Art nicht zur Hälfte und nur einſeitig benuzt. Zu Ende des Julius werden dieſe Wieſen das erſte und lezte Mal gemäht, und in Aecker darf man ſie nicht umſchaf⸗ fen. Man konnte in dieſem Thal wenigſtens die Halfte des für den Canton jährlich noͤthigen Korns bauen, und alſo eine große Geidſumme, die ins Ausland geht, erſpa— ren. Dem ungeachtet iſt die Viehzucht dieſes Thals bei weitem nicht ſo im Flor, als man vermuthen ſollte. Das Vich iſt viel unanſehnlicher, kleiner und leichter als im Praͤtigaͤu. — Ein weitlaͤufges Ried am Rhein zwi⸗ ſchen Zizers und der obern Zollbruͤcke, das ohne große Kunſt und Koſten ausgetrocknet werden koͤnnte, bleibt ver⸗ wahrlost. Große Strecken von Allmenden zwiſchen Trimmis und Chur werden zum Theil von Ruͤfen mit Steinſchutt uͤberdeckt und folglich unbrauchbar gemacht, weil man es noch nicht verſucht hat, die Baͤche einzudaͤm⸗ men. Das Thal hat auch, einige Gemeinden ausgenom⸗ men, feine Mayenſaͤße (Bergwaiden zwiſchen dem Thal⸗ grund und den eigentlichen Alpen) und Alpen. Z. B. an dem Calanda haben die Gemeinden Vaz und Haldenſtein ihre Mayenſaͤße und Alpen. An dem Drey-Buͤndnerberg hat die Stadt Chur ihre Mayenſaͤße. Der Hochwang und ſeine Umgebungen hat Alpen fuͤr Trimmis und Sais. Die zwey Gemeinden Igis und Zizers haben ihre Alpen auf Jenazer⸗Gebiet im Praͤtigaͤu. Eben fo hat Mas laͤns feine Alpen auf fremdem Gebiet. Jenins, Mayen⸗ feld und Flaͤſch hingegen haben ſchoͤne Mahenſaͤße und Al⸗ pen auf dem Gebirg des Falkniß. — 12 Theils die Fruchtbarkeit des Bodens, theils das milde Klima beguͤnſtigt den Ackerbau, der alſo ſehr ausgebrei— tet ſeyn koͤnnte. Man baut Sommer- und Winter⸗ weizen, Roggen und Gerſte, und beſonders viel türs kiſch Korn und Kartoffeln. Nach der Erndte, zu Ende des Julius, ſaͤet man noch Buchweizen oder Heide⸗ korn als Nachfrucht, und erndtet alſo auf den Kornfel⸗ dern zweyfach. Futterkraͤuter werden gar nicht gepflanzt. Der Wein, der in dieſem Thale, beſonders in Ma— lans waͤchst, gehoͤrt zwar allerdings zu den vorzuͤglichſten, jedoch iſt der Ertrag des Weinbaus ſehr gering; deswe⸗ gen hat man in Chur die Zabl der Weinberge ſehr ver— mindert. Der Quadratinhalt ſaͤmtlicher Weinberge unſers Thals mag ſich auf 800, 0 Quadratklafter (1143 Wir⸗ temb. Morgen) belaufen, wovon ein Drittel auf das Hoch⸗ gericht Mayenfeld kommt. In dem ſeltenen Weinjahr 1804 wurden in dieſer Gegend zwiſchen 18 bis 19,000 Zuber Wein (6937 Wirtemb. Eimer) gekeltert, wovon zwey Drittel auf die Gegend von Mayenfeld kommen. Der Preis des Weins iſt gewoͤhnlich 15 fl. R. V. fuͤr den Zuber, oder 35 fl. für den Wirtemb. Eimer. Die Ar- beitskoſten abgerechnet ſteigt der reine Ertrag nicht hoͤher als auf drey Procent. Der Weinbau ſollte daher blos auf die vortheilhaſteſten Lagen befchranft werden. Die botaniſchen Merkwuͤrdigkeiten dieſes Thals habe ich im neuen Sammler, Erſter Jahrgang, Chur 1805. Seite 180 bis 183 und 370 angezeigt. Die Bevoͤlkerung unſeres Thals belaͤuft ſich auf 8400 Seelen, und auf eine Quadratmeile kommen alſo 2800 Menſchen. Eine fuͤr Buͤndten ſehr ſtarke Bevoͤlke⸗ rung, was ſich daraus ergiebt, daß der Flaͤchen-Inhalt unſers Thals den z8ſten Theil des ganzen Areals von Bündten, und feine Einwohnerzahl ſchon den neunten 2% a f 13 Theil der Bevoͤlkernng des Cantons ausmacht. Die Res ligion iſt zum Theil paritaͤtiſch, doch find der Reform ir⸗ ten weit mehrere als der Katholiken, die ſich etwa auf 1500 Seelen belaufen. Die Sprache iſt durchgaͤn⸗ gig deutſch. Der Hauptnahrungszweig der Einwohner iſt neben der Landwirthſchaft der Speditionshandel, der durch die beiden Commerzialſtraßen von Lindau nach Chur und von Zürich eben dahin ſehr befördert wird, Leza tere führt über den Zuͤricher -und Wallenſtadterſee nach Sargans, Ragaz zur untern Zollbruͤcke, die über den Rhein geſchlagen iſt, und vereinigt ſich bei der oberen Zollbruͤcke mit der Lindauer-Straße. . Noch kann unſere Leſer die Lage der Ortſchaſten und ihre politiſche Eintheilung intereſſtren. Politiſch theilt ſich unſer Thal in drey Hochgerichte, die in Kriminalfällen fouverain find, Zwey davon, naͤm⸗ lich die Stadt Chur und die fünf Doͤrfer gehören zum Gottshausbund. Das dritte, Mayenfeld ges hoͤrt zum Zehengerichtenbund. Das erſte Hochgericht oder die Stadt Chur liegt am Fuß der Schalficker⸗ und Churwalderberge, und hat nur gegen Suͤdweſten und Norden freye Ausſicht. Sie iſt die Hauptſtadt des Cantons und hat 2500 Einwohner. Die Bauart iſt altvaͤteriſch, die Straßen ſind eng, und nur wenige Gebaͤude geben ihr ein ſtaͤdtiſches Anſehen. Die Landesregierung hat hier ihren Sitz, und die, Stadtregies rung beſteht aus einem großen und kleinen Rath. Seit einigen Jahren iſt die neu errichtete Cantonsſchule ſehr im Flor. Die hieſigen Handlungshaͤuſer machen bedeutende Commiſſions⸗, Speditions- und Wechſel⸗Geſchaͤſte nach Deutſchland und Italien. Der biſchoͤfliche Hof liegt 5 oͤſtlich uͤber der Stadt, erhaben, und noch höher das Pr aͤ⸗ 14 monſtratenſer-Kloſter St. Luzi. Als Nachbar, ſchaften (Filialien) gehören zur Stadt: noͤrdlich Maſans mit einer Kirche, und Luͤrlibad; oͤſtlich Ara ſchgen mit einer Mineralquelle. 0 Das Hochgericht der fünf Dörfer *) begreift ſechs Gemeinden. Erſtens Haldenſtein, ehemals eine freye Herrſchaft, jenſeits des Rheins am Fuße des Calanda, mit 349 reform. Einwohnern und einem der Familie von Salis Haldenſtein zuſtaͤndigen Schloß, wo in den soger Jahren ein Seminarium bluͤhte, das als Philantbropin nach Marſchlins verlegt wurde. Patenia, ein dazu gehoͤriger Hof, liegt hoch im Gebirge. 2) Trimmis, am Fuße des oͤſtlichen Gebirgs, auf deſſen Terraſſen die Nachbar ſchaften Sais, Valtanna, Letſch und Talein zer⸗ ſtreut find, mit 735 Einwohnern, wovon die Haͤlfte ka— tholiſch iſt. Jede Religionsparthie hat ihre eigene Kirche. An der Landſtraße nach Chur ſtehen noch zwey hieher ges hoͤrige Wirihshaͤuſer. 3) Zizers, ein anfehnliches Dorf mit zwey von Salis'ſchen Schloͤßern, zwey Stund von Chur gegen Norden entfernt, hat 776 Einwohner, wovon zwey Drittel katho liſch und uͤber die Haͤlfte Fremde ſind. Wegen der durchfuͤhrenden Landſtraße iſt dieſer Ort ziemlich lebhaft. Auch hier ſind zwey Kirchen. Gegenuͤber von Zizers jenſeits des Rheins liegt 4) die Gemeinde Uns tervaz (zum Unterſchied von Obervaz jenſeits Chur⸗ ) Phyſiſch theilt ſich dieſes Hochgericht in die Schatten⸗ und in die Sonnenſeite. Auf jener liegen die Doͤrſer Trimmis, Zizers und Igis, auf dieſer: Haldenſtein, Vaß und Strilſerberg. Die Einwohner auf der Sonnenſeite ſind weit lebhafter, thaͤtiger und fruchtbarer. Auch iſt die Sterb⸗ lichkeit hier weit geringer. Auf der Schattenſeite giebt es uberdieß viele gebrechliche und ſtumme Perſonen. 15 walden) am Fuße des Calanda in einem ſtumpfwinklich⸗ ten Dreyeck, deſſen Grundlinie der Rhein beſpuͤlt. Die Haͤuſer ſind elend, meiſt einſtockich mit Schindeldaͤchern und gleichen denen in Trimmis. Die Zahl der Einwoh— ner belaͤuft ſich auf 729, wovon zwey Drittel katholiſch ſind. Die Reformirten haben indeß auch ihre eigene Kirche. Eine Viertelſtunde noͤrdlicher von Zizers verſteckt ſich 5) das reformirte Dorf Igis hinter einem Wald von Obſtbaͤumen. Es zählt 461 Einwohner. Als Nachbar⸗ ſchaften gehoͤren dazu unterhalb des Dorfs jenſeits der Landſtraße das ſogenannte Kaſtelet, ein Mayerhaus, und eine Viertelſtunde nordoͤſtlicher das Schloß Marſch⸗ lins, der Familie von Salis Marſchlins zuftändig, we— gen des ehemaligen Philanthropins merkwuͤrdig, das der franzoͤſiſche Miniſter Ulyſſes von Salis im Jahr 177 hier errichtete. Auf einem der vier Thürme dieſes Schloßes war mein Obſervatorium. Der jetzige Innhaber dieſes Schloßes, Carl Ulyſſes von Salis, ein um die Nas turgeſchichte feines Vaterlandes hochverdienter Mann, Des ſizt ein ſehr ſchoͤnes und ausgeſuchtes Naturalien-Ka⸗ binet, das viele ſchaͤtzbare Seltenheiten von Alpenpro⸗ dukten enthaͤlt. Ferner gehoͤrt hieher Ganda, ein Paar Haͤuſer am Ufer der Landquart, unweit des Eingangs in das Thal Praͤtigaͤu, der ſich unter uͤberhangenden Felſen kuͤmmerlich neben der Landquart durchwindet. In dieſer Kluft vera bindet die Schloßbruͤcke das dieſſeitige Felſenufer der Landquart mit dem jenſeitigen. An der Landſtraße von Zizers nach Mayenfeld ſtehen noch einige dahin gehörige Haͤuſer, als: eine Waffen ſchmidte, Riedſchmidte genannt, Öftlich der Landſtraße unterhalb Marſchlins, gegenüber eine Mahl- und Saͤg⸗ mühle, weiterhin weſtlich von der Landſtraße eine Zic 16 gelhütte und Toͤpferfabrik, nicht weit davon ein Maverhaus und endlich das Zollhaus bei der obern Zollbruͤcke. Von hier fuͤhrt uns der Weg uͤber die untere Zollbruͤcke auf den Strilſerberg, die ſechste Gemeinde dieſes Hochgerichts, die aber politiſch als Nachbarſchaft von Zizers angefehen wird. Die Haͤuſer find an dem Abs hang dieſes Bergs Gruppenweiſe zerſtreut, wovon jede ih⸗ ren eigenen Namen hat. Die Gemeinde iſt paritaͤtiſch, hat zwey Kirchen und zählt 332 Einwohner, wovon 220 katholiſch ſind. Das dritte und lezte Hochgericht unſers Thals ſcheidet die Landquart. Es enthaͤlt die vier Gemeinden Malans, Jenins, Mayenfeld und Flaͤſch, die alle reformirt find. Malans, ein ſehr anſehnlicher Marktflecken mit einem woͤchentlichen Kornmarkt, liegt am Fuße des Augſtenbergs und bat 810 Einwohner. Zwey v. Salis'ſche Schloͤßer, deren eines der Dichter J. Gaudenz von Salis See— wis bewohnt, gereichen dem Ort zur Zierde, beſonders das obere, der Bodmer genannt, mit ſehr ſchoͤnen Gar— ten⸗Anlagen. Merkwuͤrdig iſt, daß die Mortalität dieſes Orts auffallend groß il. Von 1750 — 1800 find 1233 Menſchen geboren und 1344 geſtorben. Iſt es vielleicht dem ungeſunden Suͤdoſtwind (hier Fön, favonius, ge- nannt), dem urſpruͤnglichen Sirocco, zuzuſchreiben, der dieſen Ort vorzuͤglich trifft? An der Suͤdoſtſeite des Dorfs waͤchst ein vortrefflicher weißer und rother Wein. Der Gemeinde Malans gehoͤrt die untere Zollbruͤcke uͤber den Rhein nebſt dem Zollhaus. Eine halbe Stunde nordweſtlicher, auch am Fuße des Gebirgs, liegt das Dorf Jenins mit 453 Seelen. Die ſer Ort hat eine ſehr geſunde Lage und iſt, wie der vo⸗ rige, wohl gebaut. An der Landſtraße von Chur nach Deutſchland, eins 17 Stunde von der obern Zollbruͤcke entfernt und eine halbe Stunde unterhalb Jenins oͤffnet das Staͤdtchen Mayen⸗ feld ſeine zwey Thore, die aber kaum 100 Schritte von einander entfernt ſind. Die Zahl der Einwohner iſt 893. Hier iſt eine Salz- und Korn: Niederlage, und ein Grenz— zoll gegen Schwaben. Einige anſehnliche Gebaͤude, das Bruͤcker' ſche und das v. Gugelbergiſche Schloß, verfchönern den Ort. Als Nachbarſchaſten gehören hieher die Hoͤfe Rovels und Bovels, das Wirthshaus auf der Luzienſteig und das an einer hohen, gaͤhen Berghalde gleichſam haͤngende Oertchen Guſcha, an der Grenze von Graubuͤndten. Eine halbe Stunde unterhalb Mayenfeld am Fuße des Flaͤſcherbergs, unweit des Rheins, liegt endlich die lezte Gemeinde unſers Thals, Flaͤſch mit 366 Einwohnern. Unterhalb des Orts iſt eine Faͤhre uͤber den Rhein. Und nun glaube ich den Leſer auf unserer Charte ein wenig orientirt zu haben und gehe alſo zum Detail mei⸗ ner Meſſungen uͤber. Trigonometriſche Vermeſſung des Thals von St. Luzlenſteig bis Chur in Graubuͤndten im Fruͤhjahr 1806. Daß für die mathematiſche Geographie der Schweiz und beſonders fuͤr einzelne Theile derſelben noch ſehr viel zu thun übrig iſt, beweist auch nur eine flüchtige Anſicht des vor einigen Jahren erſchienenen Atlas de la Suisse, der bei allen unverkennbaren Vorzuͤgen doch noch große Maͤngel hat, hauptſaͤchlich in den weniger bekannten Can⸗ tonen der Schweiz. Wer ader mit den faſt unuͤberwind⸗ lichen Schwierigkeiten, mit denen eine geographiſche Auf nahme in den Bergkantonen wegen des Mißtrauens der ar Vd. B 15 Einwohner verknuͤpft iſt, bekannt wurde, findet fie nicht nur wohl begreiflich, ſondern auch ſehr verzeihlich. Selbſt der Handzeichner hat die größte Mühe, fein Portefeuille mit den erhabenen Anſichten der wilden Natur zu bereichern, und dem ſpaͤhenden Blick des argwoͤhniſchen Inlaͤnders zu entziehen. Wie viel mehr wird der mit Inſtrumenten verſehene Geometer bemerkt? Und inſofern iſt das Vers dienſt des Herrn Rudolf Maier in Arau um die Geographie der Schweiz, durch die Veranſtaltung eines praͤchtigen Atlaßes derſelben in 16 Blaͤttern, ungemein groß. Die Veranlaſſung der gegenwaͤrtigen Schrift war eben auch dieſer Schweizer: Atlas. Hauptſaͤchlich intereſ⸗ ſirte mich dabei die Darſtellung des Cantons Graubuͤndten, weil die bisherigen Karten davon unter aller Kritik waren. Die drey Blaͤtter dieſes koſtbaren Werks, worauf Grau⸗ buͤndten abgebildet iſt, kamen mir erſt im Herbſt 1805 zu Geſicht. Laͤngſt vertraut mit dem groͤßten Theil dieſes Cantons durch haͤufige Bergreiſen hatte ich mir ſo ziemlich die Richtung der Thaͤler und das Streichen der Gebirge zu eigen gemacht, und konnte alſo uͤber die Richtigkeit des geographiſchen Details dieſer Gegenden urtheilen. Die meiſt falſch geſchriebenen und zum Theil verwechſelten Ortsnamen, weil fie faft alle romaniſch find, wären einem Auslaͤnder nicht Jo hoch anzurechnen, wenn nicht die im Jahr 1801 in Baſel erſchienene Carte generale du Canton de la Rhetie in Anſehung der Ortsnamen und Entfernung ders ſelben, ſo ſchlecht ſie uͤbrigens in Anſehung der Richtung der Gebirge und Thaͤler orientirt iſt, zum Muſter haͤtte dienen koͤnnen, weil Landeskundige die Namen der Ort ſchaften darauf berichtigt haben. Dieß war der erſte bedeutende Hauptfehler dieſer drey Blaͤtter, der mir auffiel. In dem, dem helvetiſchen Als manach von 1806 angehaͤngten Chaͤrtchen habe ich indeß 19 dieſen Fehler zu verbeſſern geſucht. Roch konnte ich aber die Differenzen in den Ortsbeſtimmungen zwiſchen der Ba⸗ ſis dieſes Atlaßes und dem Atlas ſelbſt nicht reimen. In Vergleichung der nouvelle Carte hydrographique et kroutière de la Suisse par J. H. Weiſs, 1800 find auf dem Atlas feibft faſt alle Orte um beinahe zwey Minuten zu weit oͤſtlich geſezt. Die auf dieſer Charte bemerkten Ortsbeſtimmungen ſcheinen mir aber nach eigenen Beob⸗ achtungen viel richtiger. Wuͤrden auch die Beſtimmungen auf dem Atlas auf dieſe reduzirt, fo waͤre dagegen die Berichtigung der durch Interpolazion beſtimmten Oerter noch lange nicht im Reinen. Allein nur geradezu, ohne Beweis ad oculum zu behaupten, die Charte ſey da und dort fehlerhaft, waͤre eben keine große Kunſt geweſen. Was war zu thun? Ich entſchloß mich, aufgemuntert durch den fuͤr ſein Vaterland außerordentlich thaͤtigen Herrn von Salis von Marſchlins, deſſen lehrreichen Umgang ich fünf Jahre zu genießen das Glück hatte, auch in der prakti⸗ ſchen Geometrie mein Heil zu verſuchen. Den Winter von 1805 verwandte ich darauf, die Theo⸗ rie einer geodätifchen Arbeit, die ebene und ſphaͤriſche Tri gonometrie mit allem Eifer zu ſtudiren. Die praktiſche Anleitung, die ich ſogleich mit Verſuchen verband, verdanke ich hauptſaͤchlich Mayers praktiſcher Geometrie, 4 Theile, und Bohnenbergers Anleitung zur geographiſchen Ortsbeſtimmung. Noch fehlte es mir aber an der Haupt⸗ ſache, naͤmlich an Inſtrumenten. Auch hier wurde Rath geſchafft. Herr von Salis Marſchlins verſchaffte mir einen vierzolligen Spiegelfertänten, von Baumann in Stutt⸗ gart verfertigt, nebſt einem Glashorizont. Die Handha⸗ bung dieſes herrlichen Inſtruments, die mir anfangs ſehr ſchwer wurde, begriff ich endlich durch die Zeichnung in Bohnenbergers Anleitung, und ſo machte ich alerlel Ver⸗ * 20 ſuche mit Winkelmeſſungen in der Naͤhe meines Aufenthaltes orts, Marſchlins, bis ich mich endlich ziemlich geuͤbt glaub» te, an die Ausführung eines Lieblings-Projects, an die trigonometriſche Aufnahme meiner Gegend, zu denken. Ein ſehr unguͤnſtiger Umſtand dabei war, daß die Gegend, ein etwa eine halbe Stunde breites Thal, ſo viele Unebenhei⸗ ten hatte. Unmittelbar vor dem Schloß Marſchlins war zwar eine ſchoͤne Wieſenfaͤche, die aber von einer Menge Waͤſſerungsgraͤben durchſchnitten bald erhöht, bald vertieft wurde. Es blieb mir am Ende nichts übrig, als mich zu bequemen, eine ſumpfichte Ebene am Ufer des Rheins von Igis nach der obern Zollbruͤcke zum Areal meiner Meſſung zu wählen. Die Inſtrumente dazu waren: 5 Fuß hohe und ı ı/2 Zoll dicke Abſteckſtaͤbe von trockenem Lerchen- baumholz; drey Tiſchchen von Nußbaumholz mit zwey Tiſchplatt, deren oberes ſich in einer hölzernen Röhre aufs und niederſchieben, und ſeitwaͤrts durch eine Schraube feſt— ſtellen laͤßt. Die zwey Fuß hohen Fuͤße find durch Schrau⸗ ben beweglich. Auf fie wurden zwey Maaßſtaͤbe von Ler— chenbaumholz, jeder so franz. Schuh lang, aufgelegt, mit eifernen Stiften an beiden Enden, an denen man hin— ausviſiren kann. Endlich, um den Maaßſtaͤben eine hori⸗ zontale Lage zu geben, bediente ich mich einer gemeinen Setzwage in Geſtalt eines Dreyecks, aus deren Spitze an einem Pferdehaar ein Loth herabhieng. Mit dieſen In— ſtrumenten verſehen ſchritt ich den 2 Juli 1805 zur Aus- meſſung einer zu meinem Zweck hinreichenden Standlinie. Mein Gehuͤlfe war Herr Hauptmann Rudolf Amſtein von Zizers, ein ſehr genauer Beobachter, der beſonders im Viſiren ſehr geſchickt war. Wir brachten drey Tage mit dieſer Meſſung zu, und das Reſultat waren endlich 534 Stangen — ſo oft waren naͤmlich die Maaßſtaͤbe angelegt worden — und 2 Fuß. Alſo betrug die ganze Laͤnge der * P SCR ß n ⁰ů — 21 Standlinie, fo genau als moͤgtich gemeſſen, 5342 Pariſer Fuß. Sie fing oben an einem Kirſchbaum an, und en digte ſich unten an einer Pappel. Um der Sache recht ge⸗ wiß zu ſeyn, hätten wir die ganze Linie noch einmal zus ruͤckmeſſen muͤſſen. Allein bei aller möglichen gebrauchten Vorſicht konnte nicht wohl ein Fehler mit einſchleichen, und da wir zudem einen halben Tag im Sumpfe waden muß⸗ ten, um in unſerer Meſſung nicht unterbrochen zu werden, ſo vergieng uns die Luſt, die gleiche Schwemme noch ein⸗ mal zu paſſiren. Der Sommer dieſes Jahrs war indeß. für geometriſche Arbeiten fo ungunſtig, daß eine wieder» holte Ausmeſſung der Winkel in dieſem Jahr nicht mehr zu Stande kam. Das Fundamental -Dreyeck übrigens, das die Standlinie und die Spitze eines der vier Thuͤrme von Marſchlins, des nordweſtlichen, formirte, wurde ges nau gemeſſen und beſtimmt. Die wiederholte Meſſung. der übrigen Winkel wurde auf das folgende Jahr verſcho— ben, da ich indeſſen mit der Redaction des neuen Samm⸗ lers, einer oͤkonomiſch⸗ ſtatiſtiſchen Zeitſchrift für Buͤndten, fehr viel zu ſchaffen dekam. Den 26 Febr. 1806 gieng ich ſchon wieder an die Ars beit und nahm Winkel am öſtlichen und weſtlichen Ende: der Standlinie. Welche Mühe und Anſtrengung der Aus gen es erforderte, bei wiederholten Meſſungen des Winkels zwiſchen zwey meiſt nicht ſcharfen Bergſpitzen das gleiche Reſultat zu bekommen, und eher ruhte ich nicht, iſt kaum zu ſagen. Die meiſten Winkel ſind wenigſtens fuͤnf Mal gemeſſen, wenige drey Mal. Selten konnte ich die dritten Winkel unmittelbar meſſen, daher verwendete ich alle moͤg— liche Genauigkeit auf die beiden andern. Zur Verifikazion meiner Reſultate nahm ich gewoͤhnlich an jedem Stand- punct die Winkel rings um mich her fo lange, bis ich ge⸗ nau 360 Grade hatte. Meine drey Standpuncte, von des 22 nen aus ich maß, bilden auf der Charte das Dreyer, deſſen Baſis die Standlinie iſt. Den Sextanten hielt ich bei meinen Meſſungen immer in freier Hand. Was ſeine Genauigkeit betrifft, fo giebt er die Winkel bis auf 30“, unmittelbar an, auf 15“ laſſen fie ſich noch ſchaͤtzen. Er iſt ſehr compendioͤs und ich konnte ihn immer unbemerkt in die Taſche ſtecken. Ein Hauptvorzug in der Schweiz, um nicht von jedermann begafft und beargwohnt zu wer⸗ den. Das einzige, was ich bei dem Sextant vermißte, war die Einrichtung, kleine Elevazions-Winkel damit zu meſſen. Ich ließ mir daher ein Statio machen, an das ich ihn anſchraubte, und in eine von den Fernroͤhren ein Fadenkreuz, an das ich mit dem großen Spiegel das Bild. des beabſichtigten Gegenſtands vefectirte. Die zum kuͤnſt⸗ lichen Horizont gehörige Waſſerwage wurde auf die Fern— roͤhre aufgeſchraubt, um fie horizontal zu richten. Den 9 Mai nahm ich an beiden Enden der Stand⸗ linie mit dem kuͤnſtlichen Horizont die Elevazions-Winkel der Bergſpitzen. Inzwiſchen wurmte es mir immer noch, daß die Standlinie nicht doppelt gemeſſen war, und doch war eine zweyte Meſſung mit fo vielen Schwierigkeiten vers Enüpft , daß ich mich kaum dazu entſchlieſſen konnte. Ich ſann auf Mittel, dieſe Sache in kurzer Zeit mit ziemlicher Genauigkeit abzuthun. Der Sumpf war in dieſem Früh» jahr beſſer ausgetrocknet und den 27 Mai maß ich mit einer in Oel getraͤnkten hanfenen Schnur die ganze Linie noch einmal, verglich ſie aber vor und nach der Meſſung mit dem Maaßſtab; ſie hielt jedesmal 76 Pariſer Fuß. Das. Reſultat war über Erwartung befriedigend; ich fand naͤm⸗ lich 5346 Fuß, alſo nur 4 Fuß weiter als das erſtemal, und war nun ſccher, daß bei der erſten Meſſung keine Stange aufzuſchreiben vergeſſen worden war. Die 4 Fuß Ueberſchuß laſſen ſich leicht erklären, da ich dießmal dem 23: Boden nach maß. Bis zur Mitte des Junius vollendete ich die ganze Linien- und Winkelmeſſung. Weil ich mit dem Sextant lauter ſchiefe Winkel bekam, fo war die Re duction derſelben auf den Horizont auch noch ein ſchoͤnes Stuͤck Arbeit, da an jedem der beiden Enden der Stands linie gegen 40 ſchiefe Winkel gemeſſen waren, alſo in al⸗ lem 8o ohne die in Marſchlins. Die Berechnung der Dreyecke ſelbſt konnte ich nicht ſo bald vornehmen, da ich— mich auf eine Bergreife vorzubereiten hatte, die ich den 24 Jun. in Geſellſchaft des Herrn von Salis und des Herrn Conrad Eſchers, des großen Mineralogen von Zuͤrich, zu machen Gelegenheit hatte. Wo möglich wollte ich auf dieſer Reiſe einige geographiſche Ortsbeſtimmungen machen. Blos an vier Orten gluͤckte es mir aber Sonnenhoͤhen zu nehmen, die ich zu Beſtimmungen der Breite benutzen kann: auf Davos, in Fettan im Unter» Engadin, im: Mals im Tirol und in St. Maria im Muͤnſterthal. Ich hatte eine gewöhnliche Secundenuhr dazu gebraucht. Nach unſerer Zuruͤckkunft, den 7 Juli, langte endlich ein ſchon über ein halb Jahr beſtellter Vice-Chronometer, von Herrn Univerſitaͤts-Mechanicus Buzengeiger in Tuͤbin⸗ gen verfertigt, an. Er ſchrieb mir dazu: „Ich wage zu behaupten, daß feiner Genauigkeit kein Vice-Chronometer mit ejnem andern Echappement gleich kommt. Die innere Einrichtung iſt den engliſchen Chronometern darin gleich, daß darin das freie Echappement mit dem doppelten Steig⸗ rad, und die Compenſazion auf der Unruhe in Geſtalt eis nes doppelten S angebracht iſt. Ferner geht der Vice⸗ Chronometer voͤllig 36 Stunden und geht waͤhrend dem Aufziehen beſtaͤndig fort. Die Unruhe ſchlägt 4 Secun⸗ den; die Schwingungen find liegend ſo- groß, daß die Una ruhe jedesmal beinahe 1 / Umgang macht. Die Zapfen; der Steigraͤder und der Unruhe bewegen ſich in meſſingnen, N 24 Loͤchern und die Spitzen davon ruhen auf Rubin. Die Uhr iſt liegend regulirt und zeigt taͤglich die mittlere Zeit genau auf 2 bis 3 Secunden, haͤlt aber im Haͤngen und Tragen ganz gleichfoͤrmigen Gang; nur iſt die Differenz zu der mittleren Zeit hernach etwas weniges größer, weis ches nur dann zu vermeiden iſt, wenn alle Zapfen ſich in gebohrten Diamanten bewegen. Ich habe übrigens alles angewendet, was ich nur glaubte, daß zu einem gleichför⸗ migen Gang der Uhr etwas beytragen koͤnnte, was mir um den Preis von 12 Carolin beynahe nicht moͤglich war. Die ſchlangenfoͤrmige Compenſazion auf der Unruhe mußte ich ſechs Mal neu machen, mit der aufrechten Spiralfeder und mit den Corrections-Schrauben war es das naͤmliche. Ohne die Bemühungen des mir ſo ſchaͤtzbaren und verehs rungswuͤrdigen Freundes, des in dieſem Fach ſo geſchick— ten Herrn Profeſſor Bohnenberger waͤre dieſer mein erſter Vice-Chronometer ſchwerlich zu dieſer Genauigkeit gediehen. Er ließ ſichs nicht verdrießen, zwey Monate lang beinahe alle Stunden etliche so Treppen auf die Sterns warte zu ſteigen, um die Uhr mit ſeinen Pendeluhren zu vergleichen, und oͤfters Sonnenhoͤhen zu nehmen.“ Ich erhielt den Vice-Chronometer in einem runden, mit Stharnier und Schließhacken verſehenen hoͤlzernen Ues bergehaͤus. Das eigentliche Uhrgehaͤus iſt von Silber und befteht aus drey Stuͤcken, 1) einem Glasdeckel über das Zifferblatt, der mit zwey Schlitzen und Stiſten beſeſtigt iſt; 2) aus einem ſilbernen Reif, der das Innere der Uhr umgiebt und angeſchraubt iſt. Unten an dieſem Reif iſt endlich ein filberner Boden fo angeſteckt, wie der Glass deckel. Auf ſeiner Flaͤche iſt ein ſtaͤhlernes Scheibchen, das ſich uͤber der Oeffnung zum Aufziehen herumdrehen laßt. Auf dem Zifferblatt find drey Zeiger angebracht, wo⸗ bon aber nur der Minutenzeiger im Centrum iſt, die bey⸗ * 1 25 den andern, der Stunden: und Sccundenzeiger, find ex⸗ centriſch. Der Beobachtungen, die ich in der kurzen Zeit, die ich noch in Marſchlins zuzubringen hatte, mit dieſem Inſtru⸗ ment machte, und die meiner Fundamental-Ortsbeſtim⸗ mung zum Grunde liegen, find eben nicht ſehr viele. Den 9 Juli machte ich die erſte Beobachtung damit und nahm correſpondirende Sonnenhoͤhen, um die Uhr zu berichtigen. Den 10 Juli Morgens gu 34“ 31,5 wahrer Zeit, beob— achtete ich 6 Mondsdiſtanzen, um die Lange daraus ab⸗ zuleiten, und nahm noch am gleichen Vormittag mehrere Sonnenhoͤhen. Den 11 Juli Vormittags mehrere Son- nenhoͤhen und Circummeridianhoͤhen. Den 12 Juli Cir⸗ cummeridianhoͤhen. Den 17 Juli Vormittags mehrere Sonnenhoͤhen und Hohen um den Mittag. Den 18 Juli nahm ich in Chur im Garten des Herrn von Salis See— wis auf dem Sand mehrere Circummeridianhoͤhen. Den 20 Juli reiste ich ab. Das Reſultat dieſer Beobachtungen fire die Breite von Marſchlins iſt, wenn ich drey der ſchaͤrſſten zum Grund lege: 46° 57! 26"— 29", Für die Breite von Chur geben die beobachtete Circummeridianhoͤhen 46° zo! 34". Das Mittel aus s beobachteten Mondsdiſtanzen 75° 48“ nach der Bordaiſchen Formel berechnet, giebt die Lange von Marſchlins 27° 120 25" an, Nach dieſen Datis entwarf ich den Grundriß zu der angehaͤngten Charte. Da die ganze Ausdehnung der Charte von Norden nach Süden mehr nicht als 18 Minuten, und von Oſten nach Weſten nur halb ſo viel betraͤgt, ſo ſind die Meridian- und Parallelkreiſe ſaͤmtlich durch gerade auf einander ſenkrecht ſtehende und gleich weit von einander entfernte Linien abgebildet worden. Mit der Mittagslinie, die ich unmittelbar ausgeſteckt / 26 a habe, macht die Standlinie einen Winkel von 23° 14 19 - Nun nahm ich auf der Standlinie einen zur Berechnung. der Abſciſſen und Ordinaten bequemen Punct an, der ge⸗ rade unter 46° 57! der Breite und 27° 11 30% der Länge lag. Die ſchon vorher trigonometriſch gefundene Entfer— nung eines jeden Gegenſtands und fein Winkel mit dem untern oder obern Ende der Standlinie plus oder minus. 23° 14! 19/¼ gab mir vermittelſt des rechten Winkels die Ordinate und Abſciſſe, oder den ſenkrechten Abſtand def ſelben von der Mittagslinie und vom Perpendikel dieſes Puncts. Beide ſich in dieſem Punct rechtwinklich durch⸗ kreuzende Linien ſind auf der Charte ausdruͤcklich gezogen, weil auf ihnen die Beſtimmung aller übrigen Puncte bes ruht. Folgende Tabelle enthaͤlt die geographiſche Beſtim⸗ mung aller in der Charte enthaltenen Puncte: Namen Punct auf der Stand“ Die Stadt Chur Die Bergſpitze über Haldenſtein Trimmis Hochwang (Bergſpitz 1 Calanda (deſſen nör Zizers RER Scheiterberg Igis Pe Marſchlinſer Muͤhle Riedſchmitte . Ganda (ein Hof) Valzeinerberg uͤber Das obere Zollhau Die kathol. Kirche Die reſor m. Kirche Zwey Brüder (die nö Matton (eine füdli Malans enins Augſtenberg Mayenfeld . Flaͤſcherberg (hoͤch ach Des Felſenkamms Guſcheralp 5 Falk nie „Fanaſerberg Sceſaplana (Berg Namen der Punkte Punct auf der Stand linie Die Stadt Chur N Die Bergſpitze über Malix Pr Haldenſtein . . 5 N . Trimmis 8 2 g 5 Hochwang (Gaube e cycle © 3 Calanda (deſſen nördliche Endfrige) Zizers . 5 . . £ . Scheiterberg + f 8 5 8 Igis BO 5 2 Mittagsplatte (Felfenwand) R 8 Schloß Marſchlins 4 5 . Marſchlinſer Muͤhſe Riedſchmitte 1 2 8 8 Ganda (ein Hof) . 5 1 Valzeinerberg über der Ganda. Das obere Zollhaus. . — * * „* * + Die kathol. Kirche St. Antoni am Strilſerberg 8 Die reſorm. Kirche am Strilſerberg . + inie, Abſtand Abſtand von der Mittags⸗ ande derſelben. 313 p. F. 3680 12280 5240 1634 10610 5813 19111 1380 8500 2462 7694 5258 3016 1741 5322 9394 129 4665 3641 Zwey Brüder (die noͤrdlichſte Spitze des Strilſerberge) 9769 Matton (eine ſuͤdlichere Spitze). Malans . 8 1 A N ° Jenins . 5 5 5 R 5 Augſtenberg 8 5 N Mayenfeld 8 > ’ 5 Flaͤſcherberg (hoͤchſte Spitze) . Flaͤſch . R + Des Felſenkamms e Mayenſeld Endſpite Guſcheralp . Falkniß 5 . ? Ä 1 „Fanaſerb erg N Sceſaplana (Bergſpitze ) + + + + + + + + 13138 2391 2250 8577 8724 12000 15249 5435 10076 1867 26325 32610 59500 27075 18353 22346 7640 15202 4169 8797 927 621 2495 3152 2483 5959 4778 5906 5986 9883 7242 1296 11631 17982 22670 21436 24460 27611 34292 41756 30624 20960 38650 Dieſes Blatt iſt zu pag. 26 zu heſten. 27° — — — — — — — — — — — — — — — — 110 10% Laͤnge. 30ʃ og 9! 220 10/ 110 130 Io! 80 110 13! 117 14 120 350 47" 210 2900 Io’! 44 ol! Prey Breite. 46 57 of! sol 35/1 46! 364 52! 1000 53’ 48" 530 60 55’ 40ʃ 54210 56! 170 55“ 28“ 560510 560 540 57! 260 7 570 260 580 2½ . 5807 20 580 2½ sg! 431 sg! 161 sa’ 1a 9 3 ol gu 01 gi 0 45/0 16160 10 50% 30 04 40 18% 2 21 0! 400 3, 45" 27 Drey der obigen Punkte lagen nicht in dem Geſichts⸗ kreis, weder von Marſchlins noch von meiner Standlinie aus: naͤmlich Chur, Haldenſtein und Flaͤſch. Ich war alſo genöthigt, mich an die Aufgabe der praktiſchen Geo⸗ metrie zu halten: Aus den in D beobachteten ſcheinbaren Entfernungen drey der Lage nach gegebener Oerter ABG die Lage des Orts D zu finden. Ich begab mich alſo nach Chur auf eine Anhoͤhe, wo ich eine freie Ausſicht nach drey Bergſpitzen hatte, deren Entfernung von einander mir bekannt war, und maß die ſchiefen Winkel derſelben an dieſem Standpunct, nebſt den Hoͤhenwinkeln, um jene auf Horizontalwinkel zu reduzi⸗ ren, und ſo brachte ich alſo Chur mit meinem trigono— metriſchen Netz in Verbindung. Sehr gut ſtimmt die aus den drev Ecken gemittelte Breite von Chur, mit der aus der unmittelbaren Beobachtung gefolgerten, und eine dient der andern zur Beſtaͤtigung. Ich habe oben bemerkt, daß die auf dem Mayerſchen Schweitzer⸗Atlas beobachteten Fehler, fo weit fie Grau⸗ buͤndten betreffen, eigentlich die erſte Veranlaſſung zu meis ner trigonometriſchen Vermeſſung geweſen ſeyen; es wird alſo nicht unintereſſant ſeyn, eine Vergleichung meiner Ortsbeſtimmungen mit jenen der Mayer'ſchen Charte ans zuſtellen. Eine kleine Tabelle wird den beßten Ueberblick . geſtatten: auc hae. Welte Länge. nach gamer. Wente Breite 4 Chur . . 270 12/46“ 2710/55“, 460 go 40% 460 50, 38“ Haldenſtein — 12“ 10! — 10035“ — 52015“ — 52 10½ Trimmis — 14,24“ — 11047“ — 53145“ — 53“ 48“ Ba. . 155“ — 10, 29 — 55/28“ — 55/40 Zizers .. — 14/40 — 11/44“ — 55, 0 — 56/12“ Jgqais .. 15“ % — 11/55“ — 56“ ask — 561 gut Marſchlins — 15“ 35“ 1a a — 57“ o — 57/2600 * 23 Länge 3 2 Breite : x nach Mayer. Meine Länge. nach Mayer. Meine Breites Malans . 27° 15% 10 2711 557“ 46968“ 35“ 469 59“ at Jenins „ — 137 500“ Ar 117 70 — 59“ 50 47° 07 gr Mayenfeld — 12 40“ — 9“ 59“ 47 015“ — 045“ Sceſaplana — 23“ 10" — 17/12“ — 3“ % — 345“ Die Beſtimmungen der Breite differiren wenig, und in dieſer Hinſicht hat die Mayerſche Charte unſtreitig großen Werth. Nicht fo die Beſtimmungen der Lange. Abgeſe⸗ hen von dem, daß durchgaͤngig alle Puncte um zwey Mi⸗ nuten zu weit oͤſtlich geſezt ſind, ſo ſind doch die Differen⸗ zen weit größer und unregelmaͤßiger. Noch iſt eine Anzahl geographiſcher Ortsbeſtimmungen in der Schweiz auf der Nouvelle Carte hydregraphique et routiere de la Suisse par J. H. Weifs 1800. zu fin⸗ den. Die Lange von Chur iſt dort zu 27° 101 50 und die Breite zu 46° 11 15“ angegeben. Die geographiſchen Beſtimmungen dieſes Blatts empfehlen ſich beſonders auch dadurch, daß ſie meiſtens mit andern Angaben, z. B. mit Ammanns ſehr gut uͤbereinſtimmen. Indeſſen iſt doch die Breite von Chur zu hoch angegeben. Noch benuzte ich meine Meſſungen zu genauerer Bee ſtimmung der Berghöhen dieſer Gegend. Einige Spitzen davon zeichnen ſich doch durch ihre Höhe aus, und find zum Theil auch von Weiß bereits gemeſſen worden ). Wenn ich ihn hie und da widerlege, ſo geſchieht es mit Gruͤnden, die auf unmittelbaren Meſſungen mit dem Spie⸗ gelfertant und kuͤnſtlichen Horizont beruhen. Die Högen- winkel find fo genau als möglich genommen und follte auch hie und da ein kleiner Fehler vorwalten, ſo iſt er nur halb *) Der verdiente J. R. Mayer in Arau machte dieſe Hoͤhen⸗ meſſungen in der Zuſchrift an die Subſerihenten ſeines Schweitzer ⸗Atlaſſes bekannt. * | 29 fo groß, da die Hoͤhenwinkel mit dem Horizont genoms men doppelt ſind. Ferner iſt an beiden Enden der Stand— linie jeder Hoͤhenwinkel an jedem beſonders gemeſſen wor— den, und ich bekam folglich fuͤr jede Hoͤhe zwey Reſultate / aus denen ich das Mittel nahm. Auf terreſtriſche Refrac— tion nahm ich indeſſen, weil ſie noch zu ſchwankende Prin⸗ cipien hat, keine Ruͤckſicht. Das Reſultat dreyiähriger Barometer- und Thermo⸗ meter Beobachtungen für die Höhe von Marſchlins find 1712 Par. Fuß. Die Standlinie liegt 90 Fuß tiefer als Marſchlins, folglich muͤſſen zu den relativen Hoͤhen noch 1600 Par. Fuß addirt werden, um die Höhe über dem . Meer zu bekommen. Folgende Reihe giebt die abſoluten Hören der Berge dieſer Gegend: Maners Avertiſſement zum Schweitzer⸗Atlas - Sceſaplana 9207 Par. F. 9120 P. F. r . 7605 7875 Malixerberg 7537 Calanda P 1738779) Deſſen hoͤchſte Spike „ 326 8410 Augſtenberg . 6 7356 Endſpitze des Kamms über Mayenfeld . „ Hoͤchſte Spitze dieſes Kamms 7824 7200 ) Obige Höhe des Calanda if nicht die Höhe der hoͤchſten Spitze, welche in Marſchlins nicht zu ſehen iſt. Indeſſen habe ich auf dem Scheiterberg, wo ich ihn ganz ſehen konnte, feinen Hoͤhenwinkel genommen, der noch 5° gr’ 30“ betrug, Er iſt alſo uͤber den Scheiterberg 2791 Fuß erhaben, und die abſolute Höhe der hoͤchſten Spitze des Calanda betraͤgt demnach 8253 Fuß. 30 Hochwang .. 6535 P. F. Auf einige Hundert Fuß Fanaſerberg . 6338 treffen meine Beſtimmun⸗ Guſcheralp . . 5573 gen mit den Weißiſchen zus Matton. 5534 ſammen, was nicht viel Scheiterberg . 5462 heißt. Indeſſen bin ich mir Zwey Brüder . 4479 bewußt, alle Sorgfalt an⸗ Valzeinerberg uͤber gewendet zu haben, ſo daß der Ganda 4280 ich für meine Angaben bis Mittagsplatte . 4245 auf einige Fuß buͤrgen kann. Flaͤſcherberg . 3134 x Dieß find nun freylich nicht die hoͤchſten Bergſpitzen in Graubuͤndten, doch behaupten einige davon immerhin einen ehrenvollen Platz unter den Buͤndner-Bergen. Ich haͤtte freylich ſehr gewuͤnſcht, die hoͤchſten davon ebenfalls trigonometriſch meſſen zu koͤnnen, und auch mein geogra— | phiſches Netz über einen groͤßern Theil dieſes Cantons aus zudehnen. Die hoͤchſten Bergſpitzen in Graubuͤndten ſind | meines Erachtens der Piz Ruſein neben dem Tödiberg, der Vogelberg uͤber den Quellen des Hinterrheins, das | Tambohorn im Rheinwald, der Piz d’Err zwiſchen Berguͤnn und Oberhalbſtein, das ſchwarze Horn auf Davos, der Piz Linard uͤber Lawin im Unter⸗Engadin. | Wäre es mir vergoͤnnt geweſen, nur noch ein Jahr laͤn⸗ | ger in dieſem merkwürdigen und doch fo unbekannten Lande zu verweilen, fo haͤtte ich von dem geographiſch beſtimm⸗ ten Gipfel des Malixer-Berges aus, wo ich das ganze cisal⸗ piniſche Rhaͤtien im Proſpect gehabt hätte, herrlich operi⸗ ren koͤnnen. 34 Nachtrag. Noch habe ich uͤber den ſelbſt gepruͤften Gang des Vice⸗ Chronometers während der acht Tage, wo ich ihn in Marſch⸗ lins noch benutzen konnte, etwas zu ſagen. 0 Die erſte Beobachtung, um den Stand der Uhr auszu⸗ mitteln, gluͤckte mir den 9 Juli 1806 durch fuͤnf Paar correſpondirende Sonnenhoͤhen. Das Mittel der Reſultate fuͤr den unverbeſſerten Mittag, welche jedes Paar Hoͤhen gab, war ou 10/15/% 0. Die Mittagsverbeſſerung iſt 3½ 09. Folglich Zeit der Uhr im wahren Mittag ov 10“ 18,09". Den andern, fo wie die folgenden Tage wurde ich durch die Witterung verhindert, correſpondirende Hoͤ— hen zu nehmen. Ich hatte aber an dem zunaͤchſt darauf folgenden Vormittag gleiche Hoͤhen der Sonne mit den heut nachmittaͤgigen bekommen, woraus ich die Zeit der Mitternacht berechnete. Die unverbeſſerte Mitternacht fand ſich 126 10! 52",6, und weil die Verbeſſerung der Mitters nacht für abnehmende Abweichung negativ iſt, fo werden 27"99 davon abgezogen, fo daß die Zeit der Uhr in der wahren Mitternacht 12 v zo‘ 24,61“ war. Daraus ſah ich alfo, daß die Uhr der mittleren Zeit um einige Se⸗ cunden voreilte, denn addire ich die Zeitgleichung am 9 Juli (ſie iſt, fo wie überhaupt die Data zu meinen Rech⸗ nungs⸗ Elementen, aus den Effemeridi astronomiche di Milano per l'anno 1806 genommen) 438% zum verbeſſerten wahren Mittag, ſo habe ich mittlere Zeit im Mittag ov 14“ 56,09", Die Zeitgleichung vom 9 bis 10 Juli ſteigt um 9,1"; folglich betragt fie für die Mitternacht 4 42,55" und giebt die mittlere Zeit zu 12 150 7,16", Beide mittlere Zeiten im Mittag und zu Mitternacht von einander abgezogen geben die Voreilung des Vice-Chrono- meters in 12 Stunden, welche 11,07" beträgt, 32 Da dieſes die einzigen correſpondirenden Sonnenhoͤhen ſind, die ich beobachten, und aus denen ich den Gang der Uhr ſicher herleiten konnte, ſo laͤßt ſich freylich daraus nichts auf den Gang der Uhr ſchließen. Gluͤcklicher Weiſe erinnerte ich mich dieſer Tagen des Verſuchs, den Bang einer Uhr aus gleichen, aber nicht correſpon⸗ direnden Sonnenhöhen zu beſtimmen, von Herrn Kammer-Rath von Lindenau im Juliusheft 1808 der monatlichen Correſpondenz. Da dieſe Art von Zeitbeſtimmung den mittleren Gang der Uhr eben ſo ſicher angiebt, als correfpondirende Sonnenhohen, fo freute ich mich ſehr, ein Mittel zu haben, trotz aller unguͤnſtigen Witterung doch den Gang meiner Uhr zu beſtimmen. Die gleichen, aber nicht correſpondirende Sonnenhoͤhen ſind fol⸗ gende: Beob. dopp. Hoͤhe der O. 9 Juli. 10 Juli. I. 1220 22 52/ 38“ 23V 53“ 54 123° re 58“ 46! 122° 30ʃ 22 v 55“ gi zz v 56“ zoll, 11 Juli. 17 Juli. II. 1150 20“ 22 u 260 54% aav 35 30% 116 29“ 36% 380 14“ 1 8 310 20 39/360 115 400 22u 29! 10% % 22 uv 37/ 46,7", 9 Juli. 18 Juli. HII. 126 10 23 uv 14 6% 23 341 20% 126° 20! 9 350 33, 1266 15“ 23 v 14/ 34%½“ 23 34% 66,5%. 45 33 Von den erforderlichen Rechnungs Elementen t und At berechnete ich die erſte Größe nach der Formel: sin h — sin 9 sin 3 cos ® cos 0 oder um bequemer mit Logarithmen zu rechnen, wird ſtatt 8 die Polar⸗Diſtanz D in die Gleichung gebracht, alſo: (sin 1 t) cos 1 t D Th sin (1a 9 +D+h-—h) cos @ sin D leztere aus der Differenz der beobachteten Zeitmomente, doch ſo, daß wenn die Beobachtungszeiten mehrere Tage N ee von einander entfernt waren, wie bei N’° II. und III., auf die zum voraus beiläufig berechnete Voreilung der Uhr Ruͤckſicht genommen wurde. Die Rechnungs⸗Elemente fuͤr I. find alfo ; . DA = 7! 11/1. Al — 19’ 0 t = 18° 40/ 6,,5lt, Zeitgleichung den 9 Juli = + 4 37%“. — — den 10 — — + 4'466", den Reductionsausdruck ſelbſt habe ich nun nach Herrn von * durch die Formel: . sin A ER 2 — Ba) — —. ER 2 cos $ sin (>) cos t sin (RR) sin 2 — —e— —— — cos & sin 0 — At) | berechnet und erhielt für At 1’ 1,6" in Zeit. Der Gang des Chronometers vom 9 — 10 Juli wird alſo auf folgende Art gefunden: . ar Bd. | C 34 | | . 9 Juli. 10 Juli. Beob. Zeitmomente: 22 44“ 46“ 22 46' 2½ Zeitgleichung: + 43715" + 4 46,6" Reduction: + 17 1,6% 220 sol 251“ 220 so! 48,6" 22 50 15% a + 23,50, hienach mittlerer, 24ſtuͤndlicher Gang des Vice-Chrono⸗ meters — + 23,5". Vom 10 bis 11 Juli laſſen meine Beobachtungen eine Luͤcke fuͤr die Beſtimmung des Gangs der Uhr, und ich muß meine Zuflucht zu einzelnen, am 11 Vormittags ge⸗ nommenen Sonnenhoͤhen nehmen, um die Zeit daraus herzuleiten. Die wahre Höhe der Sonne 57° 37! 28,0 um 22 v 27° 2,2 der Uhr giebt die wahre Zeit in Gras den 25° 86 8,8“ 22 16! 1%“ in Zeit. Die Ab⸗ weichung der Sonne fuͤr den Augenblick der Beobachtung berechnete ich nach dem bisherigen Gang der Uhr. Obige wahre Zeit von der Zeit der Uhr abgerechnet giebt 100 46,7 Unterſchied. Die Zeit der Uhr im mittlern Mittag den 10 Juli war ou 10! 32,4“ + Zeitgleichung 4“ 4, den 11 Juli nach obigem ov 10% 47,8" + Zeitgleichung 4. 5577. Beide mittlere Mittage ou 15“ 19,“ und ou 15’ 43,5” von einander abgezogen geben die Voreilung der Uhr vom 10 — 11 Juli zu 24,0", Das mittlere Nefultat von II. giebt die Reduction oder At = 6 11,5%. Alſo war der Gang der Cbronometers in 6 Tagen: 11 Juli. 17 Juli. Beob. Zeitmomente: zauv 18“ 24“ zau 27 0% Zeitgleichung: 4 55%“ 5 38%“ Reduction: 6011/5“ 320 291 31,24 22U 321 38,24 22U 29° 31,2 BEN. trifft auf 24 Stunden 31,“ Voreilung. 35 Endlich erhält man aus dem dritten mittfeen Reſul⸗ tat At = 17/ 11,4 und dem neuntaͤgigen Gang der Uhr: N 9 Juli. 18 Juli. Beob. Zeitmomente: 236 4 16%, m B23 24 38,0ll Zeitgleichung: 4’ 38/0" 5' 43,6" Reduction; i \ zz 25 %“ az 30( 27/6 23 25 554 0 + 4026/0. trifft auf 24 Stunden 29, Voreilung. 31,1 30,3" — mittlere tägliche Vor⸗ eilung in neun Tagen. Anfangs eilte fie der mittlern Zeit 23/5“ vor, und am Ende 37,2 nach obigem Mittel; folg⸗ lich betraͤgt ihre eigentliche Voreilung in neun Tagen mehr nicht als 13,7", Serfuhe über den Winterſchlaf der Thiere, 5 als ein Beytrag zur Naturgeſchichte derjenigen Thierarten, die demſelben unterworfen fu, Von a Herrn Profeſſor Giuſeppe Mangili in Pavia. Aus dem Italie niſchen übe rſezt ) und mit Anmerkungen begleitet von Carl Ulißes von Salis. Jederzel war diejenige Art eines tiefen Schlafes, den man auch Erſtarrung nennen kann, welchem, während der kaͤltern Jahrzeit, Thiere ſowohl mit kaltem als mit warmem Blute unterworfen find, ein Gegenſtand der Auf *) Ich habe dieſen Aufſaz aus Carlo Amoretti nuova Scelta d’Opuscoli etc. Tom. 2. Seite 105 uͤberſezt. Es ſcheint nur ein Auszug aus einer groͤßern Abhandlung zu ſeyn, wo ſich aber dieſelbe befindet, iſt nicht bemerkt. Ob ſich gleich manche ſehr artige Bemerkung in dieſem Aufſatze befindet, ſo erſchoͤpft ſie den Gegenſtand gar nicht; ich glaube daher den Naturforſchern mit dem Bericht willkommen zu ſeyn, daß ein wuͤrdiger Gelehrter dieſen Gegenſtand, beſonders in anatomiſcher Ruͤckſicht bearbeitet, und wir alſo etwas Gruͤndlichers erwarten dürfen. In die Alpina habe ich des wegen dieſen Aufſaz aufgenommen, weil er nur von den Murmelthieren, einem Bewohner der Alpen, handelt. Anm. d. Reberſ. 37 merkſamkeit und der Unterſuchung, den auch die größten Naturforfcher ihrer nicht unwuͤrdig hielten. Obgleich ſich ältere und neuere berühmte Gelehrte mit demſelben, beſonders in Anſehung der Saͤugthiere beſchaͤf⸗ tigt haben, fo blieben dennoch aus Mangel an zweckmaͤßi⸗ gen Beobachtungen und Verſuchen ſo viele Zweifel noch zu löfen übrig, daß die phyſiſche Klage des National-In⸗ ſtituts in Frankreich es fuͤr noͤthig erachtet hat, die Ge⸗ lehrten Eurovend einzuladen, mit der größten Genauigkeit die Erſcheinungen zu belaufchen , welche dieſe erftarrten Thiere darbieten, ſo wie auch die Urſachen des Winter⸗ ſchlafs und warum er dieſen Thieren eigen iſt, zu unter— ſuchen. Weit entfernt zu glauben, daß ich im Stande ſey / das aufgegebene Problem zu beaͤntworten, werde ich nur mit Unbefangenheit alle meine Beobachtungen mitthei— len, die ich uͤber die Murmelthiere zu machen Gelegenheit hatte. Zuvorderſt aber halte ich es nicht fuͤr unſchicklich kurz etwas von ihren Gewohnheiten, ſowohl im Stande der Freyheit, als waͤhrend der Sklaverei anzufuͤhren, um ihre Naturgeſchichte durch genauere Beobachtungen zu berich- tigen. e Das Murmelthier, ein Bewohner der großen Alpen⸗ kette, haͤlt ſich ſtets nahe bei dem ewigen Schnee auf, der die hoͤchſten Gipfel derſelben bedeckt, lebt alſo im Stande der Natur beinahe ſtets in den kaͤlteſten Gegenden, wo fel> ten hochſtaͤmmige Baͤume, ja nur Gebuͤſche fortkommen, weil der rauhe Himmelsſtrich und die Heftigkeit der Winde ihre Entwicklung hindern. Das Murmelthier naͤhrt ſich daſelbſt von jenen kraͤftigen Kräutern, die einen ſtarken und pikanten Geſchmack haben. f Während der warmen Jahrszeit halten fie fich meiſtens auf offenem Felde auf, und begeben ſich nur dann in ihre a Te 5 38 Hoͤhlen, wenn fie dem Laͤmmergeyer oder einem andern Raubvogel entfliehen wollen. Man glaubt, daß ſie alle Jahre im Auguſt oder im Anfange des Septembers eine andere Hoͤhle ausgraben. Ihre Vorderfuͤße ſind von Na⸗ tur fo eingerichtet, daß fie mit unglaublicher Geſchwindig— keit graben koͤnnen. Die Erde legen ſie mit großer Ge⸗ ſchicklichkeit vor der Oeffnung der Hoͤhle ſo an, daß ſie daſelbſt einen kleinen Plaz bildet *). Dieſe Höhlen, wel⸗ che die Figur eines umgekehrten X haben, werden von ihnen meiſtens an Abhaͤngen angelegt, die gegen Morgen liegen, wo die Kälte baͤlder aufhört und der Schnee ges ſchwinder vergeht. *) Nicht nur wenn Raubvoͤgel ob ihren Haͤuptern die Luft umkreiſen, fondern wenn fie nur irgend einen Feind, beſon⸗ ders ihren groͤßten, einen Jaͤger riechen oder anſichtig wer⸗ den, fliehen ſie ſogleich in ihre Hoͤhlen, deren ſie zweierlei haben, Winterhoͤhlen und Sommer- oder bloße Zufluchts⸗ hoͤhlen. Daß fie alle Jahre neue Winterböhlen graben, iſt unrichtig, und daß ſie die Erde herausſtoßen und vor der Muͤndung der Höhlen Plaͤtze davon anlegen, ebenfalls. Sie druͤcken die losgekrazte Erde gegen die Waͤnde der Hoͤhlen an, um ihnen mehr Feſtigkeit zu geben, und vor dem Ein⸗ gange der Höhlen trifft man zwar wohl etwas Erde in klei⸗ nen Huͤgeln, aber im Verhaͤltniß der Länge und Weite der Hoͤhlen und des Lagers ſehr wenig an. Theils meine eige⸗ nen, auf vielfaͤltigen Bergreiſen gemachten Beobachtungen, theils Nachrichten von glaubwuͤrdigen Jaͤgern eingezogen, denn nicht allen kann man trauen, haben mich uͤber dieſe Shatfachen überzeugt. Uebrigens find die Nachrichten des Verfaſſers, die er von den Murmelthieren, welche die ita⸗ lieniſchen Alpen bewohnen, eingezogen hat, ſehr ſchaͤtzbar, und beſtaͤtigen meiſtens dasjenige, was uns Schreber in feinem vortrefflichen Werke Tom. 4. Seite 722 et sed. dar⸗ uͤber mitgetheilt hat. 0 e Anm. d. Heberf, \ 39 Nach den mir von den aufmerkſamſten Jaͤgern unſerer Alpen mitgetheilten Nachrichten find ſich die Hoͤhlen in. Anſehung der Laͤnge und der Tiefe nicht gleich. Dieſe Thiere gebrauchen die Vorſicht, ſie ſo tief zu machen, daß der Froſt nicht bis zu den Wänden derſelben dringen koͤnne. Auch halten ſie ſich zu hinterſt in denſelben auf, welches meiſtens der am hoͤchſten liegende Theil der Höhle iſt. Sie ebnen denſelben ein wenig aus. Wenn auch beym Schmelzen des Schnees Waſſer bis in dieſe Hoͤhlen dringt, fo kann es ſich nie beym Lager der Murmelthiere aufhals ten, ſondern es fließt von demſelben herab entweder durch die Ritzen des Berges in den Tag hinaus, oder weiter in den Berg hinein. Die Murmelthiere pflegen auch, ehe fie ſich dem Winterſchlaf uͤberlaſſen, in der Naͤhe ihrer Hoͤhle eine ziemliche Menge Gras zu ſammeln, daſſelbe auf dem: Plaͤzchen vor dem Eingang trocknen zu laſſen, auf daß es ſich in der Höhle ſelbſt nicht erhitzen) und damit ihr Wins terlager zu bereiten. Von dieſem Heu verzehren ſie gar nichts, ſondern nachdem ſie im Fruͤhlinge wieder erwacht ſind, und zu ihrer Höhle wieder herauskommen, fo holen ſie nach und nach auch das alte Heu wieder heraus und reinigen auf dieſe Weiſe ihre Hoͤhle. Erfahrene Jaͤger verſichern, daß man in abgelegenen, wenig beſuchten Alpengegenden oft bis fuͤnfzehn Murmel⸗ thiere in einem Bau findet, hingegen weit weniger in ſol⸗ chen, die den öftern Streifereien der Jaͤger ausgeſezt ſind; ja der Fall ereignet ſich dann und wann, obgleich ſelten, daß man nur ein einziges antrifft. Allemal aber, wenn *) Der Umftand, daß fie das Heu vor ihrer Hoͤhle zuerſt düre- werden laſſen, iſt eine neue Beobachtung, allein nicht un⸗ wahrſcheinlich. Anm. d. Ueberſ. 40 man dieſe Thiere in ihrer Erſtarrung überfallen hat, fo lagen ſie im hoͤchſten Theil der Hoͤhle nahe bei einander, wenn ihrer verſchiedene waren, und zwar den Kopf gegen den Hintertheil des andern gekehrt; in ſich gekruͤmmt, mit der Schnauze am Bauche, wenn fie allein waren. Die ſes thun ſie vermuthlich nicht ſo ſehr, um den Plaz zu erſparen, als um die weſentlichſten Theile des Koͤrpers vor der Kälte zu ſchuͤtzen. Wenn ſich die Murmelthiere in ihren Bau begeben, um ſich dem Winterſchlaf zu uͤberlaſſen, ſo ſchließen ſie die Oeffnung deſſelben von innen genau zu. Doch weiß man aus genugſamer Erfahrung, daß ſie nicht ſogleich, ſondern erſt nach zehen bis zwoͤlf Tagen vollkommen er⸗ ſtar ren. Dieſer, dem Tod aͤhnliche Zuſtand tritet alſo nur nach und nach ein. Deswegen graben ihnen auch die Jaͤger in den erſten Tagen nie nach, fondern warten im⸗ mer die völlige Erſtarrung ab, denn wenn fie das geringſte von einem Ueberfalle bemerken, ſo werden ſie wach, und graben ſich mit einer ſolchen Schnelligkeit weiter in den Berg hinein, daß ihr Feind ihrer ſelten habhaft werden kann. Die Murmelthiere begeben ſich am Ende des Herbſt⸗ monats oder im Anfange des Weinmonats in ihre Winter⸗ quartiere, und am Ende Aprils oder im Anfange des May verlaſſen ſie dieſelben wieder. Dieſes iſt wenigſtens der Fall in den Nebenketten der Alpen, denn in den Gebirgen von Worms und Buͤndten kommen ſie ſpaͤter heraus. Im Herbſte, ehe fie in ihre Höhlen verſchwinden, ſind ſie aͤuſ⸗ ſerſt fett. Dieſe Fettigkeit hat einen doppelten Nutzen: ſie ſchuͤzt ihre edelſten Eingeweide vor der Kaͤlte, und erhaͤlt ihre ganze Maſchine, indem dieſe Fettigkeit waͤhrend der Erſtarrung von den lymphatiſchen Gefaͤſſen angezogen und ſo mit der Maſſe des Bluts vermiſcht wird, daß es zu feinen natuͤrlichen Abſonderungen geſchickt bleibt. Doch 4i wird nur ein kleiner Theil dieſer Fertigkeit während dem Schlafe aufgezehrt denn wenn man fie am Ende des Merzen oder im Anfang des Aprils bekommt, fo And ſie noch ziem⸗ lich fett. 9165 So viel von den Eigenheiten dieſer Thiere im Stande der Natur. Nun werde ich auch noch dasjenige anfuͤhren, was ich an drey kleinen beobachtet habe, die in den Ge— birgen zwiſchen Graubuͤndten und Claͤven find gefangen worden. Ob ich gleich das eine in einer Temperatur uns ter dem Gefrierpunkt nach Reaumuͤr erhielt, fo fiel es doch nie in den Erſtarrungsſchlaf. Es ſchlief wohl oͤfters den zwey Drittel- auch den vier Fünftel» Theil des Tags, aber eines leichten Schlummers. Wann ich es manchmal zu ſpaͤt aus ſeinem Gefaͤngniß nahm, ſo erinnerte es mich vermittelſt durchdringender Pfiffe, und kaum befand es ſich in Freyheit, ſo aͤuſſerte es die groͤßte Zufriedenheit. Es fraß Brod und Kaſtanien lieber als Kräuter, es trank Waß ſer ein oder zwey Mal des Tages, wollte aber nie Milch zu ſich nehmen). Sobald man ihm des Morgens die Freyheit gab, gieng ſeine erſte Sorge dahin, ſich zu reinigen, dann zu freſſen. Kaum hatte es aber ſeinen dringendſten Forderungen ein Genüge geleiſtet, fo ſuchte es wieder in ſein Neſt zu kommen und ſich ſo viel als moͤglich vor der Kaͤlte zu bewahren. Obgleich die Temperatur des Zim- mers, in dem ich es hielt, zwiſchen fuͤnf und acht Grad +o nach Reaumuͤr betrug, ſo hatte es doch nicht nur das Heu, welches ich ihm zu ſeinem Gebrauch hatte hinlegen laſſen, zu einem bedeckten Neſt verwendet, in welches es ſich ganz in einander gekruͤmmt verkroch, ſondern wenn *) Diejenigen Muͤrmelthiere, die ich bei andern geſehen oder ſelbſt erhalten habe, liebten die Milch ſehr, und fraßen Klee und andere Kraͤuter. 42 es glaubte, zu wenig Heu zu haben, bediente es ſich auch noch eines Stuͤcks Tuch, welches ich mit Fleiß hingewor⸗ fen hatte, um ſich zu bedecken. So ſehr es die Geſellſchaft der jungen Hunde liebte, ſo ſehr verabſcheute es die Katzen. Ziemlich lange aͤuſſerte es eine ziemlich ſanfte Gemuͤthsart, nach Verlauf von zwen Jahren aber wurde es wieder ſo ſcheu, daß ich es toͤdten laſſen mußte *). Einer ſonderbaren Erſcheinung bei dieſem Thierchen muß ich gedenken, von der ich nie nichts gehoͤrt noch ge⸗ leſen hatte. In den zwey Jahren, waͤhrend welchen ich es unterhielt, brach es verſchiedene Mal die Schneidezaͤhne, indem es entweder die Thuͤre aufbeißen, oder ſich damit an den Fenſtern, uͤber die es hinaufgeklettert war, an— klammern wollte, entweder zur Haͤlfte oder auch um die zwey Drittel ihrer Laͤnge ab. Zu meiner großen Verwun⸗ derung bemerkte ich aber, daß dieſelben wieder nachgewach⸗ ſen und zu ihrer vorigen Laͤnge gelangt waren. Es ſcheint alſo, daß dieſe Art von Saͤugthieren eine Reproduktions⸗ kraft in den Zaͤhnen, wie die Eidechſen an ihren Gliedern und Schwaͤnzen beſitzen. f Allein meine Nachforſchungen waren eigentlich auf die Erſcheinungen gerichtet, welche die Murmelthiere waͤhrend dem Zeitraum ihrer ſie erhaltenden Erſtarrung darbieten. aͤußerſt wild und ſcheu, ſpringen und klettern in alle Ecken, pfeifen ſo durchdringend aus Furcht, daß es dem Gehoͤr wehe thut, und laſſen aus Angſt ihre Exeremente haͤufig von ſich. Sie haben es mit den meiſten wilden Thieren ge» mein, die nicht in die Ordnung der Solidungula oder der Pecora Blumenbachs gehoͤren. Wie auffallend beweist ſich dieſes bei den Eichhoͤrnchen, die ſonſt ſo kirre werden. Anm. d. Ueberſ. *) Die Murmelthiere find im Anfang ihrer Gefangenſchaft 99 * | 1 } 43 Diefe iſt von der tödtlichen Erſtarrung wohl zu unterſchei⸗ den, die alle Thiere befallen kann, wenn ein groͤßerer oder geringerer Grad der Kälte eine Stockung in den Verrich— tungen ihrer Lebensorgane bewirkt. Es haben große Maͤnner behauptet, daß während dem Winterſchlaf die Funktionen des Koͤrpers ganz ſtille ſtehen, andere aber glauben, daß dieſelben ihren Fortgang haben, aber auf eine fo unmerkliche Art, daß kaum ein Lebens— princip zu erkennen if. Den Urhebern von beyden Meys nungen fehlte es an genugſamen Beobachtungen, um mit Kenntniß der Sache urtheilen zu koͤnnen. Folgende ſind die Erfahrungen, die ich gemacht habe: Den 10 Chriſtmonat 1803 wog ich die zwey erſtarrten Murmelthiere, um zu erfahren, wie viel ſie von ihrem er— ſten Gewicht nach einer beſtimmten Zeit während der Ers ſtarrung verloren hätten, Das erſte wog 25 mailändifche Unzen, das andere 22 und ein Drachma. Beym erſten Anblick haͤtte ein nicht ſehr geuͤbtes Auge dieſe Thiere fuͤr todt angeſehen. Da lagen fie in ſich gekruͤmmt, die Schnauze am After, mit verſchloſſenen Augen, mit vers biſſenen Zaͤhnen und ganz kalt anzufuͤhlen. Wenn man ſie aber oͤfters beruͤhrte, neckte, und auf verſchiedene Art beun⸗ ruhigte, fo gaben fie nicht unzweydeutige Zeichen einer zus ckenden Bewegung, und dann und wann, aber ſehr ſelten, gelang es mir, ein kaum ſichtbares Aufblaͤhen und wieder Zuſammenziehen in den Seiten, das heißt eine Spur eines ſehr ſchwachen Athemholens zu bemerken. Die zwey Thierchen blieben in ihrer völligen Erſtar⸗ rung bis zum dritten Jenner 1804. Die Temperatur des Zimmers, in welchem ſie ſich befanden, war nach Reau⸗ muͤr + 5 bis + 9. An jenem Abend aber erwachte das größere und ſuchte noch weiter hinein in die Kiſte zu kom⸗ 44 men, in welcher es mit dem andern lag, um ſich noch befs fer vor der Kälte zu ſchuͤtzen. Kaum halte ich das Erwachen des einen bemerkt, ſo wog ich wieder beide und fand, daß das größere 18 Des nari und das kleinere 17,5 von feinem Gewicht verloren hatte. Das erwachte fiel nun in Zeit von 24 Stunden wieder in ſeine Erſtarrung zuruͤck bis Abends den 11 Jenner und zwar bei einer Luftwaͤrme von + 5 bis + 8. Den 11 Jenner Abends nahm ich mir vor, das groͤßere auf dem Geſimſe des Fenſters der freien Luft auszuſetzen. Der Thermometer ſtand + 4. Es ſieng bald an, ſich auszu⸗ dehnen und Empfindungen des Schmerzens zu aͤußern. Auch ſah ich deutliche Merkmale eines leichten Athemho— lens, und nachdem ich es wieder in fein Neſt gelegt, fuhr es fort, oͤfters Luft ein- und auszuhauchen. Als ich nach Verlauf von zwey Stunden wieder nach ihm ſah, war es faſt ganz erwacht, ohne ſich aber im geringſten von ſei— nem Lager entfernt zu haben. 5 Nach einigen Tagen aber lag es wieder in ſeiner Er— ſtarrung, aus welcher es durch eine ziemlich ſtrenge Kaͤlte erweckt wurde; doch die Teinperatur ſtieg wieder auf + 07 und zum vierten Mal gieng es wieder in feinen fuͤhlloſen Zuſtand uͤber. Ich habe geſagt, daß ich mehr als einmal Gelegenheit hatte, Zeichen eines langſamen Athemholens zu bemerken; doch ich wuͤnſchte der Sache gewiß zu ſeyn, und mich des periodiſchen Wiederkommens deſſelben zu uͤberzeugen. Den 4 Hornung Abends um 9 Uhr legte ich das kleinere Mur⸗ melthier unter eine Glocke, deren Muͤndung um und um auf einem mit ſehr fuͤßigem Kalkwaſſer angefuͤllten Gefaͤſſe auflag. Mitten in demſelben erhob ſich ein etwas hohles Schemelchen, in welchem das Thier wie in einem Neſt lag. Ich bezeichnete genau den Stand des Waſſers im 45 Innern der Glocke im Augenblick der Einſetzung. Am fols genden Morgen um 9 Uhr war das Waſſer um drey Li— nien geſtiegen, und auf feiner Oberfgaͤche hatte ſich ein weißes Haͤutchen gebildet. Nun blieb mir übrig, die Bes ſchaffenheit der Luft im Innern der Glocke und die Bes ſtandtheile des Haͤutchens zu unterſuchen. Nach dem Eudiometer des Herrn Volta enthielt dieſe Luft nicht mehr ſo viel Sauerſtoff als die gewoͤhnliche atmosphaͤriſche Luft, und einige Tropfen Schwefelſaͤure auf das Haͤutchen gegoſſen, erregten ein heftiges Aufbrau⸗ ſen, indem ſich der Kohlenſtoff entwickelte. Dieſe zwey Verſuche bewieſen mir ſattſam, daß die Reſpiration waͤh— rend der Erſtarrung nicht aufhoͤrt, und daß alſo auch der Umlauf des Blutes in einer mit dem langſamen Athem— holen verhaͤltnißmaͤßigen Geſchwindigteit ſeinen Fortgang nimmt. Ich ſah aber denſelben hernach ſelbſt mit be— waffnetem Auge in den Fluͤgeln erſtarrter Fledermaͤuſe. Waͤhrend dem das Murmelthier unter der Glocke in. ſeinem Schlaf blieb, bemerkte ich an ſeinen Seiten eine Ausdehnung und Wiedereinſinken der Haut. Es vergiens gen vier Minuten bis ſich dieſe Bewegung wiederholte, und fo fuhr es fort alle vier oder vier und eine halbe Minute, ſo daß ich waͤhrend einer Stunde vierzehn Mal deutliche Merkmale des Ein- und Ausathmens zaͤhlte. Hingegen wenn es vollkommen wach iſt, kann man ungefähr tau⸗ ſend fuͤnfhundert Athemzuͤge in einer Stunde rechnen. Hier haͤtten wir alſo eine beſtimmte Regel, nach wel⸗ cher ſich eine der vornehmſten organiſchen Verrichtungen bei den Saugtbieren verhält, die dem Winterſchlaf unters worfen find. Ich nenne denſelben eine erhaltende Eritars rung, um ſie von der toͤdlichen zu unterſcheiden, welche eine Folge der uͤbermaͤßigen Kaͤlte iſt, die zuerſt Schlaf, dann Gangrene, endlich den Tod bei den Thieren hervorbringt. 4 Ueber die Temperatur von 6 bis 9 Graden, bei wel⸗ cher meine Murmelthiere dennoch erſtarrt blieben, habe ich mich um ſo weniger gewundert, da ich verſchiedene Mal mitten im Winter eine Grotte in meiner Gegend be— ſucht habe, in welcher mehrere hundert Fledermaͤuſe ihren Winterſchlaf halten und deren Temperatur ich mit einem ſehr empfindlichen Thermometer ſtets über + 9 fand. Die Temperatur der Hoͤhlen, in welche ſich die Murmelthiere verkriechen, kann nicht viel weniger betragen, wenn man bedenkt, wie tief fie dieſelben ausgraben, mit welcher Sorg⸗ falt ſie dieſelben mehrere Schuh weit verſtopfen, ohne des Heues zu gedenken, welches ihnen zum Lager dient, und des eigenen Fettes, welches auch beitraͤgt, ſie vor der Kaͤlte zu ſchuͤtzen. Es iſt wahr, daß ſie ſehr wilde und den groͤßten Theil des Jahrs mit Schnee bedeckte Gegenden bewohnen; aber eben dieſer Schnee bringt ihnen den größten Vortheil, denn er fchüzt fie am meiſten vor dem Froſt ). Daß wirklich die erhaltende Erſtarrung einer maͤßigen Temperatur be— *) Wirklich ſchuͤzt fie der Schnee weit mehr vor der Kälte als die Tiefe ihrer Hoͤhlen, denn ſie richten dieſelben ſo ein, daß fie doch nur drey oder vier Schuh unter der Oberflache des Bodens find, vermuthlich um die Wirkungen der ruͤck⸗ kehrenden Sonnenwaͤrme eher zu ſpuͤren, wie man denken ſollte; allein die Beobachtungen des Herrn Verfaſſers be⸗ weiſen eher, daß fie dann erwachen, wenn durch die Er⸗ waͤrmung der aͤußern Atmosphaͤre die Temperatur ihrer Zu⸗ fluchtsörter denjenigen Grad der Abkuͤhlung erlangt, der fie zum Erwachen bringt. Es iſt allgemein bekannt, daß die unterirdiſchen Hoͤhlen, ſo wie die tiefen Keller, im Winter ratur werden: Anm. d. Neberf. warm, im Sommer kuͤhl im Verhaͤltniß der aͤußern Tempe⸗ „ u 47 dürfe, und eine zu große Kälte denen im Winterſchlaf lies genden Thieren Schmerzen, Wiedererwachen und die Bes gierde nach einem waͤrmern Zufuchtsort errege, dieſes habe ich im harten Winter von 1799 an den Spinnen und hernach an den Fledermaͤuſen beobachtet. In den fo kal⸗ ten Tagen des Chriſtmonats, an welchen der Waͤrmemeſſer bis 11 und 12 Grad unter dem Gefrierpunkt ſtand, liefen die Spinnen in den Zimmern herum, da ſie ſich doch ſchon ſeit zwey Monaten verkrochen hatten. Doch ich fahre in meinen Beobachtungen mit den Mur⸗ melthieren fort. Den fuͤnften Hornung wog ich ſie wieder und fand das kleinere 21 Unzen, das andere aber 22 Un⸗ zen und 21 Denari ſchwer. Das kleinere war vom erſtenmal an, da ich ſie wog, nur einmal bis zum Abend des fuͤnften Hornungs erwacht. Die Dauer feines wachbaren Zuſtandes betrug weit weni⸗ ger als 24 Stunden. Es verlor alſo vom 4 Jaͤnner an nur ungefähr 9 Denari, da das größere, welches verfchies dene Mal während dieſem Zwiſchenraum erwacht iſt, im Gegentheil über 33 Denari am Gewicht abnahm. Dieſer Gewichtsunterſchied beweiſet deutlich genug, wie nuͤzlich den Murmelthieren ihre Fettigkeit waͤhrend den kurzen Zwiſchenraͤumen des Erwachens iſt, wenn eine zu ſtarke veraͤnderte Temperatur ſie dazu bringt, da ſie, wie bekannt iſt, waͤhrend dieſem Wachen nichts zu ſich nehmen. Am naͤmlichen fuͤnften Hornung wurde auch das groͤßere auf den Schemel unter die Glocke gelegt. Ich wandte eine Stunde lang meine Augen nicht von demſelben ab, und bemerkte innert dieſer Zeit fuͤnfzehn Mal die Bewegung eines aͤußerſt langſamen Ein- und Ausathmens. Auch hier erhob ſich die Oberſſaͤche des Kalkwaſſers um ein merkliches und uͤberzog ſich mit einem Haͤutchen. Am naͤm⸗ lichen Tage brachte ich Abends um ſechs Uhr das kleinere 48 Murmelthier in einem Gefäß, das ihm als Wiege diente, vor das Feuſter. Hier blieb es eine gewiße Zeit unbeweg⸗ lich, das obgedachte Athemholen ausgenommen. Nach dem Verlaufe einer Stunde aber wurde das Athemholen ſo ununterbrochen, daß das Thier eher als ſchlafend als erſtarrt angeſehen werden konnte. Es ſchien die Tempera⸗ tur, welche doch nur 3 102 Grad ob o barudy ‚habe das Athemholen eher befoͤrdert als gehemmt. Ich wuͤnſchte es noch eine Stunde lang in dieſer Lage zu laſſen, allein da ich ſah, daß es ſich gleich blieb, im Gegentheil die Waͤrme ſeines Koͤrpers immer zunahm, ſo legte ich es wieder in ſein Neſt, in der Hoffnung, daß es nicht ganz erwachen, im Gegentheil wieder in feine Erſtarrung zus ruͤckſinken wuͤrde. Als ich es aber um zehn Uhr Abends wieder beſuchte, war es nicht nur vollkommen erwacht, ſondern hatte auch feine natürliche Warme und Lebhaftigs keit wieder erlangt. Es verließ fogleich fein Neſt, und vers kroch ſich noch tiefer in das Heu hinein, theils um ſich vor der Kälte, theils aber vor den unangenehmen Beſu— chen zu verbergen, die es aus ſeinem Winterſchlafe wieder wecken koͤnnten. Man ſieht aus dem Geſagten, daß es dieſen Thieren weniger Muͤhe koſtet aus ihrer Erſtarrung zu erwachen als in dieſelbe zu derſinken. Das andere Murmelthier unter der Glocke blieb immer im naͤmlichen Zuſtande. Seine zuſammengekruͤmmte Lage auf dem mit Heu verſehenen Gefaͤße, die immer ſich gleich bleibende Temperatur unter der Glocke, war ſehr guͤnſtig dazu. Vierzehn bis fünfzehn Aus- und Einathmungen in einer Stunde war das einzige Zeichen ſeines Lebens. Den 6 Hornung ſtand der Thermometer im Zimmer zwiſchen 6 und 7 + o; und da nach dem Mittage die Witterung noch gelinder wurde, indem der Thermometer bis 7,5 flieg, jo nahm ich das Murmelthier unter der 49 Glocke weg und legte es vor das Fenſter, um zu fehen, ob eine allmaͤhlige Aenderung der Temperatur die naͤm⸗ liche Wirkung auf das erſtarrte Thier haben wuͤrde als eine ploͤzliche; obgleich im Grunde nie kein großer Unter⸗ ſchied zwiſchen der Wärme im Zimmer und an der freien - Luft geweſen war. Mehr als zwey und eine halbe Stunde blieb es im gleichen Zuſtand; um halb ſechs Uhr beobach⸗ tete ich dann und wann ein ſtarkes Aus- und Einathmen; der Thermometer fiel, weil die Nacht herannahete, und zeigte um 6 Uhr 4 + o. In dieſem Augenblick machte das Thier convulſiviſche Bewegungen, welche Uebelbehagen und Schmerz anzeigten. Nun fieng es an, ſich ein wenig zu ſtrecken und Zeichen eines geſchwinder aufeinander fols genden Athmens zu geben. Dieſes nahm immer mehr zu, fo daß ich um 7 Uhr ſechsfehn Athemzuͤge in einer Mis nute zaͤhlen konnte, da es doch vorher nur fuͤnfzehn in ei⸗ ner Stunde gehabt hatte. Sie vermehrten ſich nun fo, daß ich es um halb zehn Uhr vollkommen erwacht antraf. Nachdem ich nun uͤberzeugt war, daß die Kaͤlte, wenn fie ſich auch nur nach und nach vermehrt, bei den dem Winterſchlaf unterworfenen Thieren Uebelbehagen, Schmer⸗ zen und hernach ein voͤlliges Erwachen bewirkt, entſchloß ich mich, das arme Thier aus feiner unangenehmen Lage zu befreien und es wieder in ſeine Kiſte zu verſorgen. Zuerſt wollte ich aber verſuchen, ob es ſchon gehen koͤnmne. Ich legte es auf den Boden; es verſuchte wirklich mit den vor⸗ dern Füßen ſich hin und her zu jchteppen, um ſich zu vers bergen, allein die hintern Beine waren noch ganz erſtarrt, und es konnte nicht fortkommen. Den 20 Hornung legte ich das groͤßere Murmelthier um ſieben Uhr Abends wieder vor das Fenſter, und zwar in ein Gefaͤß, welches ganz mit Eis umgeben war, in wel⸗ ches ich noch kochſalzſaure Kalkerde that, um die Intem ar Bd. D 50 ſitaͤt der Kälte zu verſtaͤrken. Wirklich fiel der Thermo⸗ meter 7 Grad unter o. Dieſer ploͤzliche Uebergang von 6 Grad uͤber den Gefrierpunkt zu 7 Grad unter demſelben fuͤhrte zwar nicht augenblicklich Zuckungen herbei, aber es war noch keine halbe Stunde verfioffen als ſich Merkmale von Uebelbehagen und Schmerz am Thiere zeigten. Die Athemzuͤge fiengen an ſtark und häufiger zu werden, und nahmen nicht nur in der Menge zu, ſondern wurden auch ſehr muͤhſam. Da aber das Murmelthier in einem ſtarken Grade der Erſtarrung lag und die Temperatur im Gefaͤße ſehr kalt war, ſo erforderte es weit mehr Zeit, um den— jenigen Grad der Waͤrme zu erhalten, den es zum Wach» werden noͤthig hatte. N Wirklich erwachte es erſt um eilf Uhr Nachts vollkom⸗ men. Die Kälte war aͤußerſt krenge. Das Thierchen ſuchte zu entſchluͤpfen, und ſtreckte ſich bald nach dieſer, bald nach jener Seite aus, und dieſe Geberden des Schmerzens und. des Uebelbehagens dauerten bis in die ſpaͤte Nacht hinein. Ich beſuchte es verſchiedene Mal in der Nacht, und be— merkte, daß feine einzige Bemuͤhung dahin gieng, ſich vor der Kälte zu ſchuͤzen. Es war ganz niedergeſchlagen und zitternd, hatte die Augen halb geſchloſſen, ohne deswegen in ſeine Erſtarrung wieder zuruͤckzuſinken, ob es gleich in dieſer Kalte bis um neun Uhr des ſolgenden Morgens aus⸗ harren mußte. Ich bin aber uͤberzeugt, daß wenn es zu lange dieſer Kälte wäre ausgeſezt geweſen, endlich die töds, tende Erſtarrung erfolgt waͤre, aus deren traurigen Fol⸗ gen es nur die Huͤlfsmittel menſchlicher Induſtrie haͤtten retten koͤnnen. TE ˙Üwd ²˙¹̃ʃ˙⅛ͤC ͥ¹ůu ;!ꝛC ̃ ñ8⁰ùũ,ẽũ . ͤůUru—!l!— éæm — ⁰wù̃ vu ⅛ũͤa. !...... U. —§—trMg ] AQ % Üw; LU 61 Ueber das Vorkommen einer brennbaren Materie in der Valgandino, im Departement des Serio, vormaligen Provinz Bergamo. Von Giovan Maironi da Ponte. Aus dem Italieniſchen uͤberſezt *). (S. Nuova Scelta d’Opuscoli. Tom. II. S. 73.) Hier theile ich meine fernere Beobachtungen über die brennbare Materie der Balgandino mit; da das Un⸗ ternehmen, daſſelbe zum Beßten der Menſchheit zu gewins nen, Beifall und Unterſtuͤtzung gefunden, fo hoffe ich, man werde auch dieſe Bemerkungen nicht unguͤtig aufnehmen. Die merkwuͤrdigen Umſtaͤnde, welche bei dieſem Lager brennbarer Materie vorkommen, welches nun die Herren Montt und Treil mit Erfolg bearbeiten, reizten mich ) Beiträge zur Art des Vorkommens unterirdiſcher brennba⸗ rer Materien innert dem Gebiete der Alpen werden den Le⸗ fern der Alpina, wie ich nicht zweifle, ſehr willkommen ſeyn. Sie werfen nicht wenig Licht auf die Revolutionen, welche die urſpruͤngliche Geſtalt der Alpen veraͤndert haben. Ich werde mich daher beſtreben, auch in dieſer Ruͤckſicht alles Le⸗ ſenswuͤrdige zu liefern, was hin und wieder ber dieſen Ge⸗ genſtand in minder bekannten oder auch zu koſtbaren Werken erſcheint. Der Red, 52 ſchon im vorhergehenden Jahre meine Unterfuchungen da: ſelbſt fortzuſetzen. Wirklich beſuchte ich ſie vor einigen Mo⸗ naten, da man aber die Waſſer in den Gruben noch nicht ganz gewaltiget hatte, fo konnte ich meinen Nachforſchun⸗ gen die gewuͤnſchte Ausdehnung nicht geben. Doch ſam⸗ melte ich Thatſachen, die mir bei den ſpaͤter gemachten, davon ich nun Rechenſchaft geben will, nicht wenig Auf⸗ ſchluß gaben. Der Schacht, den die Herren Monti und Treil abgetieft haben, befindet ſich wirklich an einer, ſchon in andern von mir herausgegebenen Werken *) be⸗ zeichneten Stelle, naͤmlich auf dem rechten Ufer des Ba⸗ ches Concoſſola, in der Naͤhe des Doͤrfchens Leffe. Ehe ich mich aber mit der Sache ſelbſt beſchaͤſtige, ſey es mir erlaubt, einige allgemeine geologiſche Bemerkun⸗ gen uͤber die Gegend voranzuſchicken, in welche die Natur, dieſen koſtbaren Schatz niedergelegt hat. Wenn ſie ſchon dem Gegenſtand fremd ſcheinen, ſo koͤnnen ſie doch den Geiſt auf die großen Ereigniße aufmerkſam machen, de- nen, wie man nicht anders glauben darf, dieſe nicht ge⸗ meine Erſcheinung ihre Entſtehung verdankt. Die Valgandino, welche zum großen Thale des Se— rio oder Val Seriana gehoͤrt, ſcheint nichts anders als ein großer Buſen zu ſeyn, den das Waſſer, welches das große Thal bildete, auf der linken Seite deſſelben ausgewaſchen ) Der Verfaſſer hat ſchon in drey Schriften von dieſem Ge⸗ genſtande Meldung gethan. Naͤmlich in Storia naturale della provincia Bergamasca. Dissertazione prima. Ber- gamo 1782. 8. Seite 40. wo er diefe Materie „Banche de Carbon fossile perſettissimo“ nennt; zweitens in ſeinen Memoria epistolare diretta al Sign. Giov. Arduino im Jahr 1789, die ich nicht kenne, und endlich in feinen Os servazioni sul dipartimente del Serio. Bergamo 1803. 8. 2 Val, 53 hat, und dem gegenuͤber ſich auf der rechten Seite ein kleinerer befindet. Dieſer Buſen iſt ſechszehn Meilen von der Muͤndung des Hauptthals in die Ebene der Lombardie entfernt, und wird von der hohen kalkartigen Kette gebils det, welche das linke Ufer des Ser io begleitet. Dieſelbe erhebt ſich gegen Norden und Oſten und erniedrigt ſich bei⸗ nahe zu einem Huͤgel gegen Suͤden. Die Ebene, welche den Mittelpunkt dieſes ausgedehn⸗ ten Buſens einnimmt, iſt mehr als hundert Fuß uͤber die dermalige Grundfläche des großen Thales erhaben, bietet aber verſchiedene Einſchnitte, ſanſte Abhaͤnge und hervor⸗ dringende Vorgebirge dar. Der Rand der Ebene, beſonders laͤngs dem Serio, und einigen ihren Einſchnitten, wird von großen Maſſen kohlenſauren Kalks unterſtuͤzt, von welchem man hin und wieder auch die innere Befchaffenheit- ſehen kann. Es iſt bemerkenswerth, daß man an einer Stelle, nicht weit vom Mittelpunkt der Ebene, und an dem füdlichen Abhange des hinter ihr ſich befindenden Berges, wenigſtens bis zu einer gewißen Hoͤhe, nahe am kleinen Doͤrfchen Barziza zwiſchen den ſchief liegenden, ja beinahe ſenkrechten Lagern die ſes Kalkſteins, Lagen und Neſter eines graulichen, rauhen, nicht ſehr dichten und offenbar koͤrnigen Steines, wie da⸗ zwiſchen hinein gepreßt ſieht. Dieſer Stein iſt ein verhar— tetes Gemenge von Kalk, Thon und Bittererde, in wel⸗ chem Bruchſtücke und Blaͤttchen, davon einige einen hal⸗ ben Zoll groß find, einer bafaltartigen- Subſtanz, wie ich ſie zu nennen wage, zerſtreut liegen. Dieſe leztern haben eine ſchwarze oder ſchwarzgrüne Farbe, ſelten einen Glanz und liegen faſt immer in der naͤmlichen Richtung. Es ſcheint dieſe Steinart ſey in einem fſuͤßigen Zuſtande ges weſen, und bei Anlaß irgend einer Revolution mag ſie die a * Zwiſchenraͤume und Hoͤhlen, die ſich in dem Kalle 54 fels befanden, ausgefuͤllt haben. Hin und wieder habe ich Stücke geſehen, deren Oberflache verglaſet oder mit einem Firniß uͤberzogen ſchien, und aus Stuͤcken, die ich einem ſtarken Feuer ohne andern Zuſaz ausſezte, erhielt ich ein dunkles Glas, welches demjenigen nicht unaͤhnlich iſt, ſo wiedergeſchmolzene Laven geben. Endlich muß ich noch anfuͤhren, daß ſich auf der an⸗ dern Seite der Concoſſola, da wo die Gebirge zu Huͤ⸗ geln werden, jenſeits dem Doͤrfchen Leffe einige Erhoͤ⸗— hungen befinden, die ganz mit Lagen und Maſſen von Puzzolan-Erde eingelegt find, die bald feſter, bald locke⸗ rer, und derjenigen vollkommen aͤhnlich iſt, die man in den Umgebungen von Vallalta findet, und die ich in meinem Werkchen: Ricerche sopra alcune Argille ed una terra vulcanica scoperta nella provincia Berga- masca ete. 1794. 8. beſchrieben habe. Uebrigens beſizt die Valgandino vor andern Gegenden aus einen großen Reichthum an Thon, der manchmal ſehr rein und zu je— dem, auch dem edelſten Gebrauche tauglich iſt. Wirklich liegt die hier vorkommende brennbare Materie ſchichtenweiſe zwiſchen einem wahren dichten, ſeifenartigen, bald weißen, bald milchfarbnen, oͤfters aber blauen Thon, der deſto dunkler wird, je naͤher er obiger Materie liegt. An einigen Orten ficht man dieſe Abwechslung der Thon-⸗ und Steinkohlenſchichten am Tage, und dieſe leztern zei⸗ gen ſich von der Dicke einer Linie bis zu derjenigen von verſchiedenen Fußen. Man darf hier nicht uͤbergehen, daß in dieſen Thon⸗ ſchichten manchmal Kalk vorkommt, und in demſelben ſehr kleine zwehſchaalichte Muſcheln und manchmal ein meiſtens Beinahe calzinirter Oſtrazit, der gewiß nicht in unſern Seen und Fluͤßen einheimiſch war. Auss dieſem ſonderba ren Umſtande, der ſich mir Ades 55 mal dargeboten hat, wenn ich dieſe Gegend beſucht habe, glaube ich ſchließen zu dürfen, daß wenn das Feuer hier jemals die Puzzolane und den ſonderbaren zuſammengeſez— ten Stein, den ich beſchrieben habe, hat hervorbringen koͤnnen, das Waſſer gewiß zur Bildung des uͤbrigen Theils des Bodens, zur Entſtehung der uͤbrigen, nicht gemeinen Subſtanzen, beſonders unſerer brennbaren Materie beiges tragen hat. . Man koͤnnte hier vielleicht eine geologiſche Vermuthung wagen. Als bei Anlaß einer ſchrecklichen Kataſtrophe die unaufhaltbaren Meerſtroͤmungen Berge zuſammenſtuͤrzten und Niederungen ausfuͤllten, alles über den Haufen war— fen, was ſich ihnen entgegenſezte, werden ſie auch ganze tauſendjaͤhrige Wälder zuſammengerollt, in dieſen weit⸗ laͤuftigen Buſen begraben, und die mitgeſchleppte Erde mit den im Meere aufgelösten Salzen geſchwaͤngert haben. Die große Maſſe des Waſſers und der durcheinander ge— worfenen erdichten Materialien wird hier dieſes maͤchtige vegetabiliſche Depoſſtum eingeengt und zuſammengedruͤckt, hernach die harzigen Beſtandtheile deſſelben ausgepreßt has ben, und war auch mit dem Beiſtand einer, nach dem Ab⸗ lauf des großen Theiles der Waſſermaſſe entſtandenen un⸗ terirdiſchen Gaͤhrung, zu der ſowohl das Vermengen und Vermiſchen ſo vieler verſchiedener Subſtanzen als vielleicht ein Ueberbleibſel von Wärme eines vor Zeiten hier bren— nenden Vulkans werden beigetragen haben. So entſtand ein brennbares Foſſil, deſſen Beſtandtheile ſowohl aus dem Pflanzen⸗ als Mineralreich kommen, wie wir es in der Analiſe deſſelben zeigen werden. An verſchiedenen Stellen der Ebene von Balgandino- itt der Boden mit dieſer bituminödſen Kohle durchſezt, aber nahe bei der ſogenannten Muͤhle von Megarolo ſcheint: 23, die Natur lade uns freywillig ein, dieſe Schaͤtze zu 56 benutzen. Nordoſtwaͤrts eines kleinen Gebäudes am oͤſtli⸗ chen Ufer eines Baches, der viel weiter oben im kleinen Dorfe Cazzano entſpringt, aber hier in die Concoſ— ſola faͤllt, ſieht man einige Schichten dieſes brennbaren Foſſi ls, welche theils die Menſchen, theils die Regenwaſ⸗ fer, theils der Froſt aufgedeckt haben. Dieſes iſt der hoͤchſte Theil der Ebene, wo auf der Oberflaͤche ſich eine dicke Schichte dieſer Subſtanz zeigt, auf welcher ſowohl jenes Gebaͤude als alle ſeine UmTgERPEGEN befindlich find. In einem Acker, der unmittelbar ob dem oben ange⸗ zeigten Ufer liegt, ſieht man einen Verſuchſtollen, der aber wieder verlaſſen worden, obgleich die Schichte mächtig ge⸗ nug und die Lage zur Gewinnung außerſt vortheilhaft iſt. Hier koͤnnte man uͤberall Stollen anlegen und die Uns . bequemlichkeit, Schächte abteufen zu müffen, ganz aus⸗ weichen. Ein ſenkrechter Schnitt gerade vorwaͤrts in jenes Ufer und die darüber liegende Ebene ausgehauen, würde ſogleich zum großen Lager führen, welches hier die Grund— fläche der Gegend auszumachen ſcheint, und, wie ich be haupten darf, mit dem ſehr reichen, auf welches die ob; geſagten Herren neben dem Dörfchen Leffe Schachte hin unter getrieben haben, nur eines ausmacht. Da die von mir oben angezeigte Stelle da liegt, wo die Ebene am tiefften iſt, fo muß auch das Lager dort am naͤchſten der Oberflaͤche ſeyn. Dazu kommt noch, daß ſich nicht weit davon die Concoſſola und der oberwaͤhnte Bach vereh nigen, und da beide oft ziemlich ſtark anlaufen, fo Eon ten ſie vortrefflich dazu dienen, das uͤber die Halde zu werfende Material wegzufuͤhren. Nun laßt uns von der Beſchaffenheit und den Be⸗ ſtandtheilen unſers Foſſils reden. Schon im Jahr 1788 Babe ich in meiner obangefuͤhrten Schrift: Memoria epi- 57 stolare etc. die Eigenfchaften und Kennzeichen dieſer Koh» lenart nach der damals üblichen chymiſchen Theorie aus— einander geſezt. Nun habe ich dieſe Zerlegung nach den neuen, von Lavoiſier eingeführten Grundſaͤtzen wieder⸗ holt, und in Verhaͤltniß des dazu gebrauchteu Quantums ungefaͤhr die naͤmlichen Reſultate erhalten. Dieſes brennbare Foſſil iſt eher erdiger Art, und nicht ſteinähnlicher wie dasjenige, das daher den Namen führt. Es enthaͤlt wirklich gar keine Steine, wie es manchmal bei den Steinkohlen der Fall iſt. Die Farbe iſt dunkel, dem geroͤſteten Caffe ähnlich. Ich habe auch Stückchen von wahrer, ſchwarzer, im Bru— che glaͤnzender Pechkohlen darin geſunden, die durch ihre Bildung zu erkennen geben, daß fie Bruchſtuͤcke von Baum⸗ zweigen ſind. Sehr ſonderbar aber iſt es, daß man in den aͤußerſt ſeltenen Zwiſchenraͤumen dieſer dichten und zuſammenge⸗ preßten Materie, fo lange fie nicht von der aͤußern Luft bes ruͤhrt wird, Stuͤckchen von wirklicher, ganz der kuͤnſtli⸗ chen aͤhnlichen findet, an welchen man nicht nur das hol⸗ zichte Gewebe, ſondern ſogar die karakteriſtiſchen Merk— male des Geſchlechts und ſogar der Art des Baumes er⸗ kennt. Ich habe beide Arten von Kohlen nebeneinander gelegt, und niemand war im Stande einen Unterſchied zu finden und fie von einander zu kennen. Sie ſcheinen der Fichte anzugehoͤren. Man hat in dieſem Lager Wurzel⸗ ſtaͤmme, Wurzeln und Stuͤcke des Stammes angetroffen, die noch mit ihrer harzigen, ſchuppigen und blatterigen Rinde verſehen waren. Ja das innere Gewebe ſcheint ſo wenig die Einwirkung einer fremden Subſtanz erfahren zu haben, daß man glauben follte / dieſes Holz ſey erſt vor kurzer Zeit begraben worden. Faujas de St. Fond, der ein Stuͤck eines ſolchen 7 58 Stammes erhalten hat, glaubt, daß dien Fichtenart, zu der er gehoͤrt hat, in Europa nun ganz unbekannt ſey. Man findet auch Stämme und Wurzeln von Ahorn und von einem andern Baume darin, die eben fo gut er— halten ſind, und worin man noch beſtimmt die feinſten bezeichnenden Wellenlinien erkennt. Hier muß ich aber fuͤr diejenigen, die das Valgandino nie geſehen haben, bes merken, daß weder die drey Fichtenarten, Pinus picca, Abies und Larix, noch die zwey Ahornarten, Acer pseudoplatanus und Platanoides hier, ſondern auf ziem⸗ lich entfernten Gebirgen wachſen, die gar nicht zur Ein» faſſung dieſes Buſens gehoͤren. Sobald unſer brennbares Foſſil einige Zeit an der freien Luft gelegen iſt, ſo trocknet es leicht aus und ſpal⸗ tet von ſich ſelbſt in Blaͤtter, wie die Schiefer. Man koͤnnte es alſo das wahre Lithantrax fissilis bitumino- sus des Linné nennen. Wenn ſich dieſe Blätter kruͤmmen, ſo entſtehen Zwiſchenraͤume zwiſchen ihnen, in welchen ich mehr als einmal leichte Eindruͤcke von Algenhaͤutchen und andern Waſſerpflanzen geſehen zu haben glaube. Der Schacht der Herren Monti und Treil iſt ſchon fünf und ſiebenzig Bergamasker Brazzen tief hinabgeteuft, welche ungefaͤhr 126 Fuß, 4 Z. 4 L. Pariſer Maaß aus⸗ machen. Man ſagt mir, daß man im Anfang noch tiefer gedrungen war, daß aber die zu reichlich hervorſtroͤmen⸗ den Waſſerquellen das tiefere Graben verboten haben. Die große Kohlenſchichte, die heut zu Tage bearbeitet wird, iſt ſechszehn von den benannten Brazzen, oder 26 Fuß, 2 3. 2 L. maͤchtig; man hat mir gefagt, daß unter derſelden ſich eine noch maͤchtigere befinde. Ueber ihr giebt es zwar auch noch verfchiedene, aber fie nehmen im mer in der Dicke ab, fo wie fie der Oberfläche der Ebene naher kommen. In der dermaligen, oben angegebenen Tiefe des Schach⸗ \ 59 tes ift ein Stollen eingetrieben, der wenige Schritte weiter ſich in zwey vertheilt, davon der eine gegen Nordoſten, der andere gegen Nordweſten ſtreicht; allein der auf der linken Seite wendet ſich bald wieder rechts, vereinigt ſich mit dem andern, der ſich dann wieder vertheilt. In dieſen drey Stollen wird nun vor Ort am meiſten gewonnen. Daſelbſt liegt ein ungeheurer Vorrath dieſes brennba— ren Foſſils, und noch viel größer iſt derjenige, den man zur Unterſtuͤtzug der über ihm haͤngenden Erdmaſſe zuruͤck— laſſen muß. Kaum zu berechnen iſt, was uͤber, unter und zwiſchen den Stollen zurückbleibt. Uebrigens iſt dieſe Kohle ſo feſt und dicht, daß man bis jezt keiner Zimmerung zur Unterſtuͤtzung, oder hoͤchſtens da, wo ſich die Stollen theilen, noͤthig gehabt hat. Das Waſſer, das hin und wieder heruntertroͤpfelt, iſt mit kohlenſaurer Kalkerde geſchwaͤngert und enthält haupt— ſaͤchlich Waſſerſtoffgas, doch nicht in einer ſchaͤdlich were denden Menge. Der Geruch dieſes Brennmaterials iſt weder ſchaͤdlich, noch ſehr unangenehm, befonders wenn es an der Luft recht ausgetrocknet worden iſt. Man bedient ſich nun alle Tage mehr dieſes Brennmas terials bei unſern Oefen zum Seideziehen und in unſern Eiſenhaͤmmern. Da es gar keinen Schwefel enthaͤlt, ſo iſt es ſehr geſchickt dazu. Man hat damit ſehr genaue Verſuche in der koͤniglichen Muͤnze zu Mailand gemacht, und hat erfahren, daß es zum Zuſammenſchweißen des Eiſens vortrefflich iſt. N Analyſe dieſes Foſſils. Die zur chymiſchen Zerſetzung beſtimmte Parthie war lange Zeit der Luft ausgeſezt worden, ſo daß ſie vollkom⸗ men trocken war, und ſchon anfieng, ſich, wie oben geſagt worden, in Blaͤttchen zu ſpalten. Sie war von der ge⸗ 60 meinſten, enthielt nichts von Eindruͤcken, noch Ueberreſten vegetabiliſcher Körper, noch den obangefuͤhrten ſonderbaren Eigenthuͤmlichkeiten, da meine Analyſe nur die am häufig ſten vorkommenden betreffen ſollte. Sie hatte reichlich ei— nen Sechstel ihres Gewichts verloren, gab keinen bitumi⸗ noſen Geruch mehr von ſich, Fa wenn man ſie ins Feuer legte. Auch dieſes Mal bediente ich mich der Deſtillation ira Sandbad. Ich nahm vier Unzen und that fie in eine Retorte von gewoͤhnlicher Groͤße, die mit einer Vorlage von verhaͤltnißmaͤßiger Größe verbunden war. Ich unter⸗ hielt zehn Stunden lang ohne Unterbrechung ein ſtarkes Feuer, fo daß auch dießmal die Retorte zu ſchmelzen ans fing; man alſs vermuthen muß, daß im Ruͤckſtand waͤſ⸗ ſerichte und ölichte Theile zuruͤckgeblieben ſeyen, wenigſtens⸗ in ſo weit man auf einen, auf dieſe Weiſe angeſtellten Prozeß zaͤhlen kann. Als erſtes Produkt erhielt ich fuͤnf Drachmen und acht⸗ zehn Gran einer waͤſſerichten Feuchtigkeit, die ungefaͤrbt, durchſichtig, mit einem ſchwarz empireumatiſchen (nach alter Terminologie) Geruch und ſehr leichtem ſalzigtem Geſchmack begabet war. Weder mit Saͤuren, noch mit Alkalien bemerkte man ein ſichtbares Aufbrauſen, obgleich das mit Tournefol gefaͤrbte Papier die Gegenwart einer Säure verrieth, wie ich glaube empireumatiſche Eſſigſaͤure. Salpeterſaures Queckſilber bewirkte nicht die geringſte Aen⸗ derung, ſo daß alſo in dieſer Feuchtigkeit kein Salz mit oxigenirten Salzſaͤuren enthalten war. Als zweytes Produkt zeigte ſich drey Drachmen, ein Quentchen und zwey und zwanzig Gran eines blaßgelben, etwas trüben Waſſers, mit einem beftimmt empireumati⸗ ſchen Geruch und einem viel ſtaͤrker ſalzichten Geſchmack. Allein es brauſete weder mit Saͤuren, noch mit Alkalien, noch wurde es mit dem ſalpeterſauren Queckſilber truͤbe. / — - 61 Als drittes Produkt erſchien eine truͤde, dunkel ges faͤrbte und ziemlich uͤbel riechende Fluͤßigkeit. Sie wog zwey Drachmen und zehen Gran. Auch auf dieſe hatten die Alkalien keine ſichtbare Wirkung, deſto beſtimmter aber die Saͤuren, welches von der Gegenwart des Salmiaks zeuget. . Das Dunkelwerden des Queckſilberoryds kommt vom Kohlenſtoff her, der in geringer Menge in der Fluͤßigkeit geblieben war, und wegen naͤherer Verwandtſchaft dieſe verließ und ſich mit dem Oryd vereinigte. | Das vierte Produkt beſtand in einer dicken oͤlichten, ſchwarzen, an der Oberfaͤche der Vorlage ſtark ankleben⸗ den Fluͤſſigkeit, von ſehr widrigem, dem Nayhta ähnlichen Geruche. Es betrug ſechs Drachmen, zwey Quentchen und drey Gran, ſo daß wenn ich dieſe vier Produkte mit dem fünften, von dem wir bald ſprechen werden, zuſammen— rechne, ein Verluſt von drey Drachmen, einem Quentchen und neunzehn Gran herauskommt. An einem kleinen Theil dieſes Verluſts mag freylich auch das Oel ſchuldig ſeyn, das an der Vorlage kleben blieb und nicht abzubringen war. Eben ſo muß man dabei auch ſowohl den Waſſerſtoff als das kohlengeſaͤuerte Gas, welche ſich wahrend der Diſtilla⸗ tion entwickeln und verflüchtigen, in Betracht ziehen. Diele Gas koͤnnten dei den Termolampen ſehr gut benuzt wer⸗ den. Sie brennen mit einer ſehr glaͤnzenden Helle. Herr Murdoch von Soho, der auch durch Diſtil⸗ lation der Steinkohlen dergleichen Gas erhielt, lehrt uns, wie man fie zur Beleuchtung der Zimmer und zu Illumi⸗ nationen benutzen fol. Man ſehe, was Herr W. Henry uͤber dieſen Gegenſtand im 29ſten Theile der Bibliothe- que Brittanique Seite 313 anfuͤhrt. Endlich als fünftes und leztes Produkt erhielt ich eine ſchwarze Materie, theils pulverartig, theils in Körnern, Sie wog zehn Drachmen und zwey Quentchen. 62 Ich calcinirte dieſe kohlenartige Subſtanz bei offenem aber ſehr ſtarkem Feuer in einem Tiegel ſechs Stunden lang. Nun wog ſie noch ſechs Drachmen, hatte alſo vier Drachmen und zwey Quentchen eines mit ihr verbunde⸗ nen Beſtandtheils, das eben ſo viel wog, verloren. Die⸗ ſes war vermuthlich durch das auf oben angeführte Weiſe Verbrennen oder Calziniren entſtandene Kohlenſaͤure, die ſich während der Operation als Gas verfluͤchtigt und zerſtreut. Ich fand, daß der Magnet einen Theil dieſes Ruͤck— ſtands anzieht; und da ich zehn Gran mit oxygenirter Salzſaͤure und ein wenig blau geſaͤuerter, mit Eiſen nicht gefättigter, mit Waſſer verdünnter Pottaſche gluͤhte, ers hielt ich ein praͤchtiges Berlinerblau oder blaugeſaͤuertes Eiſen. Dieſes beweiſet die Gegenwart einer Portion Ei ſenoryd. Auch that ich zwey Drachmen in ein kleines vers ſchloſſenes Deſtillirglas, mit ſechs Drachmen gepulvertem Quarz, und mit dem gewoͤhnlichen Waſſerapparat erhielt ich noch eine Parthie Kohlenſtoffgas und Waſſerſtoffgas. Auch dieſesmal wiederholte ich den Verſuch, um mich von der Richtigkeit meiner Reſultate zu uͤberzeugen und erhielt beſlaͤndig die naͤmlichen zwey Gasarten. Auch dießmal gieng ich alle Verſuche mit der Aſche durch, die dieſes brennbare Foſſil zuruͤcklaͤßt, und fand wie zuvor, daß fie ſehr vielen Thon, etwas Kalk, ſehr wenig Kieſelerde, außer der marzialiſchen Erde enthaͤlt, welche uns der Magnet und die Berliner Blauſaͤure angezeigt haben ). — — *) Obgleich die Beſchreibung weder des Foſſils felber oryktogno⸗ ſtiſch, noch die Art ſeines Vorkommens geognoſtiſch befrie⸗ digend iſt, fo glaube ich doch aus beyden errathen zu duͤr⸗ fen, daß es zu der Sippſchaft der Braunkohle gehoͤre, daß aber ſowohl bituminoͤſes Holz als gemeine Braunkohle da» ſelbſt vorkommt. Nach einigen Stellen im Aufſatze möchte in jener Gegend auch die Floͤztrappformation vorkommen. Anm. d. Ned, ——rrv’1 — . 63 2 Ueber die Steinkohlen von Entrevernes ö in Savoyen ) von Leopold von Buch. (Aus dem Magazin für die neueſten Entdeckungen in der ge⸗ ſammten Naturkunde der Geſellſchaft Naturforſchender Freunde in Berlin. kr Band Seite 23.) Beſtimmte Nachrichten von Steinkohlen im Kalkſtein ſind bisher noch ſo ſelten, daß deswegen die gegenwaͤrtige von einer Steinkohlenniederlage in einem der groͤßten Kalk⸗ ſteingebirge von Europa, ſo unvollkommen ſie iſt, doch nicht ganz unwichtig ſeyn wird. Sie liegt ganz in der ungeheuern Vormauer verſteckt, welche die Centralkette der Alpen von der Ebene trennt; Berge, die man fuͤr die Alpen ſelbſt zu halten geneigt ware, fahe man nicht von ihren Spitzen aus, die Gletſcher ſich zu einer Höhe erheben, welche den Kalkbergen nur ei nen Rang als niedere Stufe auweiſen. Es iſt nicht die erſte Kalkkette zwiſchen der Ebene und den Gletſchern. Schon hat man die Fortſetzung des Jura uͤberſtiegen, die *) Es iſt zwar die beſtimmte Abſicht der Redakteurs der Al⸗ pina, keine Aufſaͤtze in dieſelbe aufzunehmen, die ſich ſchon in allgemein geleſenen deutſchen Werken befinden. Nur wenn dieſe lezten zu koſtbar find, um in jedermanns Händen zu ſeyn, oder der doch anzufuͤhrende Auffag keinen Auszug lei- det, wie es dießmal der Fall iſt, kann eine Ausnahme ſtatt . haben. * Anm. d. Red. * 64 2 a zwiſchen Chambderv und der Rhone bis zur Iſere fortlaͤuft. Freylich nur ein ſchwacher Reſt der impofan? ten Bergkette, welche die Schweiz in Wellen und Nords weſten umgiebt. Aber doch iſt es noch eine fortlaufende / nie unterbrochene Reihe; doch ſteigt ſie noch zwiſchen dem Pont de Bonvoiſin und Chambery bis zu mehr als 2700 Fuß uͤbers Meer ); und immer iſt es noch der graulich- weiße, feinſplittrige, weitleuchten de Kalkſtein, wel⸗ cher den Jura fo karakteriſirt, und Darüber liegen die merk— wuͤrdigen Roggenſteinſchichten dieſes Gebirges. Von ihr ſteigt man ſchnell uͤber den ſteilen Abhang der Schichten in das herrliche Thal von Chambery hinab, und nur erſt jenſeits dieſes reizenden Strichs erhebt ſich die furcht⸗ bare Felskette des Alpenkalkſteins. Große ungeheure Fels fen, die noch mehr durch ihre Form als durch ihre Hoͤ— hen erſchrecken, gehoͤren in Savoyen zum Karakter dieſer Bergreihen. So iſt ſie von dem Mole bei Genf aus, bis nach dem Monmelian hin; und unerachtet der oͤf⸗ tern localen Unterbrechungen laſſen dieſe Felſen die ur- ſpruͤngliche Richtung der Kette leicht wieder auffinden. — Sie erreichen ihre größte Höhe auf einer faſt iſolirten Maſſe, La Tournette, nicht weit vom See von Annecy zwi⸗ ſchen Thones und Talloires; (beinahe wie der Wa mann bei Salzburg.) Ein großer Coloß, auf deſſen Gipfel ſich ein faſt unerſteiglicher Fels mehrere hundert Fuß ſenk— — — —ę— —— — — T2 ) Oer hoͤchſte Punkt des Fußfteiges vom (1064 Fuß über das Meer liegenden) See von Lepin nach Chambery if 2686 Par. Fuß über das Meer nach meiner Barometermef- fung; Chambery 846 Fuß nach Delue; le Pont [ds Bonvoiſin 66e Fuß nach Schukburgh. a Anm. d. Verf. 65 Prof. Pictets Barometermeſſungen beſtimmen ihm eine Höhe von 8508 Fuß über das Meer. Entrevernes iſt ein hochliegendes Dorf, gegenüber auf der andern Seite des Sees von Annecy, etwas ſuͤd— lich von ſeinem Anfange; ein Dorf zwiſchen Felſen ver⸗ ſteckt. Man glaubt, vom See aus, gegen einer zulezt un⸗ erſteiglich ſenkrechten Mauer zu ſteigen, und ſieht mit Ver⸗ wunderung in tauſend Fuß Höhe, zwiſchen dieſer Felsreihe und dem erſten ſteilen Abſaz, das gruͤne liebliche Thal von Entrevernes ſich ausbreiten. Es war vor einiger Zeit und es iſt zum Theil jezt noch mit den tiefern Punkten am See nur durch gefährliche Fußſteige verbunden. Die Stein, kohlen haben ſein Daſeyn verrathen; ohne ſie waͤren dieſe friedlichen Wohnungen vielleicht nur den nachbarlichen Doͤr— fern bekannt. — Man kannte in dieſer Gegend die Stein⸗ kohlenfoͤze ſchon lange; und der Name, Montagne de Charbon, war ſchon ſeit Jahrhunderten gebraͤuchlich. — Auch ſah man die Floͤze fat vom See aus anſtehen; fie mußten in einer ſo wenig beſuchten Gegend aufſetzen, daß man ſo ſpaͤt erſt an ihre Benutzung dachte. In der Höhe am Anfange des Thals von Entrever⸗ nes ſteht ein Fels nackt und ſenkrecht, an welchem die Schichten, faſt fo ſenkrecht als der Fels ſelbſt, wie durch Kunſt geordnet, ſich folgen. Hier fiel das mehrere hundert Fuß hohe ſſchtbare Floͤz zuerſt den Bauluſtigen auf. Sie legten Stollen neben einander an, und von der Guͤte der Kohlen verſichert, erbauten ſie Magazine am See, kauften in Annecy Kloͤſter zur Niederlage der Kohlen, richteten eine Schifffahrt auf dem See ein, und fuͤhrten endlich eine koſtbare und praͤchtige Straße vom Ufer des Sees, am ſteilen Berge, bis zu den Berggebaͤuden über Entrever⸗ nes hinauf. Der Erfolg entſprach den großen Anſtalten nicht; konnte man in faſt ſenkrechten Schichten an einem ar Bd. E 66 iſolirten Felfen dauernde Güte der Kohlen erwarten? Hätte nicht die Sonderbarkeit, einen Steinkohlenbau über den Wol⸗ ken zu führen *), zu Anſtrengungen, dieſen Bau an minder erhoͤhte, an bequemere Punkte zu verlegen, berechtigen ſollen? — Jezt liegen die Stollen am Felſen, wie in eis ner Troglodyten Wohnung uͤbereinander — Die Schichten des Felſens neigen ſich zwiſchen 70 und 80 Grad gegen Oſten; ſie ſtreichen aus Nordnordoſt in Suͤdweſt. Bis zu den Steinkohlen hin beſtehen ſie aus ſehr graulich-weißem, etwas grobſplittrigem Kaleſtein, der nur auf der großen Straße am Berge herab mit kleinen Mergelſchichten ab— wechſelt. Unter dem Kalkſtein folgt unmittelbar das Steinkohlenfoͤz ſelbſt; groͤßtentheils ſechs Fuß mächtig, mit Innbegriff von einem Fuß grobſchieferigem, kalkarti— gem Schieferthon in der Mitte. Es iſt eine grob-ſchiefe⸗ rige, wenig glaͤnzende Schieferkohle, ſehr der Grobkohle aͤhnlich. Sie brennt leicht und laͤßt wenig Aſchenruͤckſtand. Dann folgt eine duͤnne Mergelſchicht, mit Ammonshorn⸗ ähnlichen Verſteinerungen erfuͤllt: kleine Schnecken, die den Landſchnecken gleichen, oft der Helix cornea. Dann eine ſchwaͤrzlich graue, bituminoͤſe Schicht, welche eine unges heure Menge Seemuſchelverſteinerungen umgiebt; große Pektiniten, Chamiten und kleine Strombiten und Turbis niten in großer Menge. Unter dieſer Verſteinerungsſchicht liegt unmittelbar wieder der weiße Katkſtein, und ale Spu⸗ ren der Steinkohlen ſind in der weiten Fortſetzung gegen tiefere Schichten verſchwunden. — Und in den Mergel⸗ ſchichten iſt nicht eine Spur von Pffanzenabdruͤcken; kein *) Die Berggebaͤude am Fuße des Felſens liegen nach meiner Barometermeſſung 1836 Fuß über den See von Anneey, etwa 2264 Fuß über das Meer. Anm. d. Verf. 67 Reeſt eines vegetabilifchen Produkts. — Ich wiederhole eine ſchon aufgeworfene Frage: Wie viel Antheil mögen See⸗ gefchöpfe, animaliſche Produkte, an der Bildung dieſer Steinkohlen haben? Die Schichten ſetzen mit gleicher Neigung, mit glei⸗ cher Ausdauer fort, in dem Berge gegenuͤber dem Felſen, der weniger felſig, weniger ſteil und ſchrof iſt. Und die— fer Berg iſt ein Theil der Kette, die Entrevernes von den Ufern des Sees trennt. In dieſer ganzen Reihe ſollte ſich alſo auch das bauwuͤrdige Floͤz wieder auffinden laſſen; es iſt nur durch die Buͤſche auf der Höhe verſteckt. Auch haben es die Bauern wirklich in kleinen Queerthaͤlern, ihr ren Wohnungen naͤher, wieder gefunden; es muß daher bis zu den Ufern des Sees fortſetzen, und dort haͤtte man es aufſuchen ſollen; dort hätte man Stollen anlegen, das Floͤz in einer Tiefe aufſchließen ſollen, bis zu welcher die ſchaͤdlichen Waſſer von oben nicht eindringen koͤnnen; dort haͤtte man einen tauſend Fuß hohen Bau über einen tie— fen, zur Forderung bequemen Stollen anlegen koͤnnen; von dort war endlich der Transport zu den Vorrathshaͤuſern am See leicht und wenig entfernt. Und die bekannte Aus⸗ dehnung der ſenkrechten Schichten bis zu dem jezt bekann⸗ ten Felſen iſt beinahe eine voͤllige Meile. — Ein Stein— kohlenfloͤz, eine Verſteinerungsſchicht darunter, die auf Mei⸗ len lange geneigt iſt, ſcheint eins der einleuchtendſten Bes weiſe für die Stuͤrzung dieſer Schichtung nach ihrer Bil— dung; für ihre veraͤnderte urſpruͤngliche horizontale Lage rung. , / Der Kalkſtein, welcher die Steinkohlen umſchließt, iſt nicht grau, wie es der Alpenkalkſtein ſonſt gewoͤhnlich, und wie er es noch ſo ausgezeichnet iſt in den Steinbruͤchen vor den Thoren vor Chambery, auf dem Wege nach Genf, ſondern graulich⸗weiß wie der Jurakalk. Er ſcheint auch 68 in der That zu den neuern Schichten der Formation des Alpenkalkſteins zu gehören; denn von Annecy her find die Schichten fortdauernd gegen Suͤdweſten einſchießend; das iſt, dem primitiven Gebirge zu, ſo daß die neuen Schich⸗ ten dem Urgebirge naͤher liegen, die neuern ſich mehr von ihm entfernen. Beitrag 5 zur a Naturgeſchichte des Lammergeyers. Vultur barbatus, Blumenbach. Gypaetus barbatus, Stein muͤller. Zuerſi will ich folgende, ſehr wichtige Bemerkungen mit⸗ theilen, die ich durch die Guͤte des Herrn Doktors Ferd. Aug. Emmert in Bern erhalten habe: 8 Nach den mir bekannten Schriften über die verglei- chende Anatomie ſollen die Bögel nur einen Eyerſtock und, wenigſtens nach den meiſten derſelben, kein muskuloͤſes Zwerchfell haben. Bei der Zergliederung einiger Adler und eines Laͤmmergeyers, welche ich im vorigen Winter mit Herrn Prof. Meisner angeſtellt, habe ich nicht nur ein musfulöfes Zwerchfell, ſondern auch ein zweytes Ovarium demerkt. Bei einem Goldadler erſchien das linke wenig⸗ ſtens ſechs Mal groͤßer als das rechte, bei einem Falco aquila mehr als ſieben Mal ſo groß. Dieſe Verſchieden⸗ heit der Größe beyder Eyerſtoͤcke macht es mir begreiflich, wie bisher das eine uͤberſehen werden konnte, denn mir iſt es theils der Analogie nach, theils nach einigen Zerglie⸗ — 69 derungen von andern Raubvoͤgeln ſehr wahrſcheinlich, dag allen Bögeln ein doppeltes Ovarium zukommt. Daß bei meiner Zergliederung keine Verwechslung der Baucheinge— weide vorgefallen iſt, wie einer der vorzuͤglichſten Schrift— ſteller über vergleichende Anatomie“, dem ich meine Beob⸗ achtung mittheilen ließ, vermuthet, wird hinlaͤnglich fols gende Beſchreibung des Eyerſtocks eines Goldadlers erwei— ſen, welche ich von dem Bericht abſchreibe, den Herr Prof. Meißner mit mir uͤber den Bau dieſes Vogels aufgezeich⸗ net hat: Beyde Eyerſtoͤcke wurden durch den Maſtdarm und durch das Chesorectum, zu deſſen beyden Seiten fie las gen, von einander abgeſondert. Sie lagen in der Vertie— fung am obern Theile der vordern Flaͤche von den Nieren zwiſchen den obern rundlichen und den langen Lappen ders ſelben auf den Nierengefaͤßen; der rechte unter der rechten Nebenniere, der linke hingegen mit ſeinem obern Theile auf der Nebenniere feiner Seite. Ein jeder Eyerſtock wurde bis auf einen ſchmalen Streifen ſeiner hintern Flache von einer dünnen, außen glatten Haut umgeben. Dieſer Les berzug war ein Fortſatz des Bauchfells; es entſprang von dem Theil deſſelben, welches die Borderfäche der Nieren ausgiebt. Das Bauchfell erhob ſich nämlich von denſel⸗ ben mit zwey kurzen, dicht an einander liegenden Blaͤt⸗ tern, trat als Ligamentum ovarii an den mittlern Theil von der hintern Flaͤche des Eyerſtocks und bildete dann den Ueberzug deſſelben. Dieſes Ligamentum ovarii war viel ſchmaͤler als das Ovarium ſelbſt und ſehr kurz, ſo, daß dieſes wie an einem kurzen Stiele daran hieng. Der rechte Eyerſtock enthielt weniger, zum Theil auch kleinere Eyerchen als der linke, doch waren einige von ihm faſt fü groß wie Pfefferkoͤrner; die übrigen waren kleiner, und die; meiſten fo klein, daß fie das bloße Auge kaum erkannte. 70 Uebrigens erſchien der ganze rechte Eyerſtock weniger ent⸗ wickelt als der linke, welcher ihn, wie ſchon bemerkt wurde, mehr als ſechs Mal an Groͤße uͤbertraf. f Bei einem F. aquila war der rechte Eyerſtock weniger deutlich, vielleicht weil der von mir unterſuchte ziemlich jung und nicht zur Zeit des Neſtens geſchoſſen ward. Doch konnte man in ihm mehrere Eyerchen von der Groͤße der Hir ſekoͤrner bemerken; uͤbrigens zeigte er auf feiner Ober— fläche ein gebandertes Weſen. \ Ich hoffte bei dieſen Vögeln auch einen zweyten Ovi— dukt zu finden, aber unerachtet meiner ſorgfaͤltigſten Nach— forſchungen konnte ich keine Spur davon entdecken. Was den muskuloͤſen Theil des Zwerchfells anbelangt, ſo iſt dieſer bey dem Laͤmmergeyer und Adler gar nicht zu verkennen. Bei einem Laͤmmergeyer verloren ſich vier ſtarke Muskelbuͤndel in den haͤutigen Seitentheil des Zwerch⸗ fells. Das unterſte entſprang von dem obern Rande der untern Ribbe, einen Zoll weit entfernt von ihrem vordern Ende, welches ſich in den vordern Fortſatz verliert. Es hieng mit dem Chusonl. abdominis rectus zuſammen und gieng mit feinen Muskelfibern ein- und ruͤckwaͤrts. Der zweyte ſtaͤrkere und breitere Fascikel befeſtigte ſich am obern Rande vom vordern Ende der ſiebenten Ribbe und zugleich etwas an der innern Flaͤche ihres vordern Fort— ſatzes, und lief mit feinen untern Fibern ein-, ruͤck- und abwaͤrts, mit ſeinen obern, aber dickern Buͤndeln von Fi⸗ bern ruͤck⸗ und aufwaͤrts. Da wo dieſe beyde Parthien von Fibern ſich in den ſehnichten Theil des Zwerchfells ver⸗ foren, blieb zwiſchen dieſen und dem muskuloͤſen Theil eine eyfoͤrmige, nach außen und abwaͤrts gehende Oeffnung, die ſich nach einwaͤrts verengerte und in welche ſich meh⸗ rere Oeffnungen der Lungen einmundeten. Zwiſchen die⸗ ſem und dem erſten Muskelbuͤndel des Zwerchfells blieb 71 ein betraͤchtlicher Zwiſchenraum, der ſich gegen die Ribben hin erweiterte. Der dritte Fascikel befeſtigte ſich an den obern Rand der ſechsten Ribbe noch näher ihrem vordern Fortſatze als der vorige und an dieſem Fortſatz ſelbſt; ſeine Fibern giengen alle ruͤckwaͤrts, die untern zugleich abwaͤrts, die obern aufwaͤrts, die mittlern liefen in gerader Richtung ſort. Auch zwiſchen dieſem und dem zweyten Muskelbuͤn⸗ del blieb ein kleiner Zwiſchenraum. Der vierte Fascikel, der kleinſte von allen inſerirte ſich an der innern Flaͤche der fuͤnften Ribbe, da wo ſie mit ihrem vordern Fortſatz ſich verbindet. Auf der rechten Seite waren die Befeſti⸗ gungen des Zwerchfells eben ſo wie auf der linken Seite beſchaſſen. So weit Herr D. Em erb nun ſey mir erlaubt, noch einige Beitraͤge in Berichtigungen zur Naturgeſchichte des Laͤmmergeyers hinzuzufuͤgen. Da wo ſich der Rhetiko, dieſe Hauptnebenkette der Alpen, zwiſchen dem Montafun und Graubuͤndten gelegen, von der hohen Madriſa an, zu hinterſt im angenehmen. St. Anthoͤnierthal bis zur noch hoͤhern Serfa Plana ab den Seewiſer-Alpen in ungeheuren, beinahe ſenkrechten, mit unzähligen kleinen und groͤßern Höhlen, aus Alpenkalkſtein beſtehenden Felſenmauren erhebt, da fia⸗ det man den Tyrann der Lüfte, den unerſchrockenen Laͤm⸗ mergeyer am haͤufigſten in Buͤndten. Hier kann er in ſchlechterdings unzugaͤnglichen, einer ewigen Einſamkeit ges weihten Höhlen horſten, ſich gleich von denſelben in ſein — Element begeben und von einer alles beherrſchenden Höhe: die tief unter ihm liegenden Einöden und Alpen durchſpaͤ⸗ hen, um einen willkommenen Raub zu erblicken. Nur im Winter treibt ihn der Hunger in die Nahe der am hoͤch⸗ ſten liegenden Bergdörfer, und zwingt ihn, manchmal eine Nahrung an einem getoͤdteten oder verreckten Thiere zu. 72 I wählen, die er im Sommer verſchmaͤht. Dieſen Umftand benutzen die ruͤſtigen Jaͤger unferer Gebirge, um ſeiner hab⸗ haft zu werden, denn im Sommer ift es beinahe unmöge lich. Sie erbauen eine kleine Hütte von Baumaͤſten, le gen nicht weit davon ein todtes Thier und warten oft man⸗ che Tage bis ſie ihre Beute erhaſchen, der Kaͤlte trotzend, in dieſem Schlupfwinkel. Bald durchſchwimmt der hun⸗ gerige Raͤuber die Luft in maͤchtigen Kreiſen; er ſieht ſeine Beute, er ſieyt aber auch die Hütte als etwas ihm Unges wohntes, und nur die Todtenftille, die überall herrſcht, die ſtarre Unbeweglichkeit des Jaͤgers kann ihn endlich be⸗ wegen, auf die Erde ſich nach und nach niederzulaſſen. Auch dann ſieht er ſich noch mit forſchendem Blicke um, und wenn er endlich ſich ſicher glaubt, ſo greift er zwar die ihm dargelegte Speiſe an, unterlaͤßt aber nicht, von Zeit zu Zeit ſeine Durchſpaͤhungen zu wiederholen. Nur mit der groͤßten Vorſicht kann der Jaͤger zum Schuße kommen, und er ſchaͤzt ſich gluͤcklich, wenn er feine Beute davontra⸗ gen kann. Was uns Bechſtein in der zweyten Auſſage feiner ge⸗ meinnüßigen Naturgeſchichte Deutſchlands Tom. 2. Seite 502 et sed. von dem Laͤmmergeyer erzaͤhlt, iſt meiſtens ſehr richtig, doch habe ich Folgendes daran zu bemerken: Nicht nur wenn ſowohl Erwachſene als Kinder rothe Kleidungsſtuͤcke tragen, ſondern auch ſonſt ſcheut ſich Dies ſer Raubvogel nicht, Menſchen anzugreifen. Nur vor ungefähr 1s Jahren ſchoß ein ſolcher Vogel auf einen Kna⸗ ben von Scheiders, Rudolf Flitſch, packte ihn und wuͤrde ihn ſortgetragen haben, wenn auf ſein Geſchrey feine Brüder ihm nicht zu Hülfe geeilt wären und ihn bes ſreit Hatten. Unſere Jager, die wirklich Nefter von dieſen Vögeln ges ſthen Haben, wollen nichts davon wiſſen, daß fie dieſelben * 73 * mit Heu ausfuͤttern, ſondern behaupten, daß fie von ſehr rohen Materialien, naͤmlich die Grundlagen von großen Aſtſtuͤcken, das Innwendige aber von kleinen Zweigen und Wurzelfaſern zuſammengeſezt ſey. Da aber Stein muͤl⸗ ler durch den Bericht feiner Jaͤger die Angabe Vech— ſteins beſtaͤtigt, fo will ich glauben, daß die zufaͤllige Lage des Neſtes, nahe oder ferne von einem Heuvorrath, das Daſeyn deſſelben beſtimmen koͤnne. Der naͤmliche Jaͤ⸗ ger, der mir das Neſt beſchrieb, ſah nur zwey Eyer darin. Obgleich es Beobachtungen noch nicht genugſam beſtaͤ— tigen, daß es zweyerley Arten Laͤmmergeyer giedt, fo‘ möchte ich in dieſem Stucke doch meinem Freunde Stein⸗ müller beifallen, fo wie, daß dieſer Vogel wegen dem ganz eigenthuͤmlichen Bau ſeines Schnabels ein eigenes Zwiſchengeſchlecht zwiſchen dem Adler und dem Geyer aus⸗ machen ſollte. Unſere Jaͤger behaupten zwar alle einſtim⸗ mig, daß der mit dem weißen Kopfe das Weibchen und der mit dem ſchwarzen das Männchen ſey, und unterfcheis den fie nur durch die Benennung Schwarzkopf und Weiß⸗ kopf. Allein ich erhielt von beiden Arten, fandte fie vers ſchiedenen Freunden, und beyde wurden als Weibchen ers funden. In dieſem Falle muͤßte es eine groͤßere und eine kleinere Art geben, denn laut allen Exemplaren, die ich bis jezt ſah und erhielt, war die Weißkoͤpſige beſtaͤndig größer und ſchwerer. Ich werde mir alle Muͤhe geben über dieſen noch ſtreitigen Punkt in der Raturgeſchichte unſers Laͤmmergeyers beſtimmte Nachrichten einzuziehen und unverwerfliche Beobachtungen ſelbſt zu machen. 74 Mineralogiſche Briefe; geſchrieben auf einer Reiſe durch Schwaben und Tyrol im Sommer 1805. N von Friederich von Lupin auf Illerfeldß/ .... Königlich Bayeriſchen Berg Commiſſaire und Reviſions-Com- miſſaire für die Berg-Revieren von Schwaben und Vorarlberg, correſpondirendem Mitglied der vaterlaͤndiſchen Geſellſchaft der b Aerzte und Naturforſcher Schwabens und Ehren. Mitgliede der mineralogiſchen Soeietaͤt in Jena. Mit zwey Veylagen und einer petrographiſcheu Karte. Einleitung. Bereits ſchon vor mehrern Monaten habe ich meinem verehrteſten Freunde, dem Koͤnigl. Bayerſchen Herrn Ge⸗ heimen Rath, Freyherrn von Moll, einen Auffaz für die Efemeriden mitgetheilt, der diejenigen mineralogiſchen Bes merkungen umfaßt, die auch in dieſen Briefen enthalten ſind. Es wird dieſer Aufſaz, wenn er nicht bereits ſchon redigirt iſt, demnaͤchſt in dieſer Zeitſchrift erſcheinen, und da ich mich ſchon dort, ſowohl uber die Veranlaſſung der Reiſe als uͤber die Gruͤnde, die mich bewogen haben, ihn öffentlich bekannt zu machen, erklaͤrt habe, fo kann ich mich fuͤglich in dieſer Hinſicht auf das ſchon einmal Ge⸗ ſagte beziehen. Warum nun aber uͤber den gleichen Gegenſtand dieſe mineralogiſche Briefe in der Alpina erſcheinen? daruͤber hier noch ein Wort. — 75 Der erfigedachte Aufſaz enthalt ſaͤmtliche Neifebemer» kungen in einem Reſume zuſammengefaßt, und diefe Briefe hier enthalten, mit denen dazu gehoͤrigen Beylagen, das Detail der Beobachtungen. Beyde Aufſaͤtze bieten ſich die Hand, ohne ſich zu wiederholen, und wo es dem einen nicht gelungen iſt, zu befriedigen, kann vielleicht der ans dere den gewuͤnſchten Aufſchluß geben. So wie in der Arbeit ſelbſt ein gedoppelter Geſichtspunkt zum Grunde liegt, eben ſo hat auch die Mittheilung eine zweyfache Anſicht gewonnen, und dann iſt ja auch das Ver⸗ langen der Leſer getheilt; der eine will ſich mit einer nur ganz kurzen Nachricht befaſſen, indem der andere eine aus⸗ , führliche Mittheilung zu erhalten wuͤnſcht. 5 Man halte mir die freundfchaftliche Tendenz dieſer Brie⸗ fe, die zuweilen das Trockene des Gegenſtandes unterbricht, zu gute. N Es ſind keine fingirte Briefe, ſondern eine Freundſchaft hat ſie niedergeſchrieben, eine Freundſchaft — die eine lange Entfernung eben ſo wenig als die Dauer derſelben in nichts alteriren konnte, die auch bey noch laͤngerer Trennung ſich immer gleich bleiben wird, und die ſich mir noch täglich in dem Andenken an tauſend frohe Stunden verjuͤngt wie— der giebt. — Ich entledige mich einer angenehmen Pficht, indem ich ſage, daß dieſe Briefe unter den Auſpicien einer ſolchen Freundſchaft geſchrieben ſind an meinen theuerſten Freund, den Herrn Joh. Chriſtian Roſenmuͤller, Doctor der Philoſophie, Medicin und Chirurgie, ordentli⸗ chen Profeſſor der Anatomie und Chirurgie, wie auch Uni⸗ verſitaͤts⸗Phiſikus in Leipzig; Mitglied der Linneiſchen So⸗ cietaͤt in Leipzig, der mineralogiſchen Societaͤt in Jena, der Naturforſchenden Geſellſchaft in Borkhauſen und der Aca⸗ demie in Moskau. Memmingen im Monat October 1807. 76 Erſter Brief. Immenſtadt in Oberſchwaben, den 16 Junius 1805. Hier bin ich ſchon auf der Reife, und wenn gleich erſt zwey Tage, ſo erhaͤltſt Du doch ſchon dieſe Zeilen, als ei— nen Beweis, daß ich mein Verſprechen puͤnktlich zu erfuͤl— len gedenke. Immer werde ich Dir an Ort und Stelle das gleich wieder ſchreiben, was ich beobachte, und ſo wird Dir von meinen Reiſebemerkungen nichts entgehen, und Du, in ſo weit es fuͤr dießmal ſeyn kann, mir Sagi fuͤr Schritt auf der Reiſe folgen. > Ich habe, mein lieber R.. .., an Deiner Seite den erſten Geſchmack fuͤr unſer gemeinſchaftliches Lieblingsfach gewonnen, und in Deiner Geſellſchaft die erſten Bergreiſen gemacht; es iſt mir ordentlich zur andern Natur gewor⸗ den, mein mineralogiſches Leben mit Dir, wenn auch ent⸗ fernt, zuzubringen. Du kennſt mein Vorhaben, Bayeriſch Schwaben, was bis anhero jedweder mineralogiſchen Erkenntniß ganz fremd geblieben iſt, zu bereiſen. Bey dieſer erſten Reſcherſch⸗ Reiſe bin ich Willens, blos das Terrein zu ſondiren; um aber die Ueberſicht der in dieſem Lande befindlichen Ges birgsformation zu erhalten, und wie von einem feſten Standpunkt aus die Entwicklung derſelben anzuknuͤpfen, bin ich entſchloſſen, bis an die Grenzen des vermuthlich am Inn angehenden Urgebirgs vorzudringen. \ Ich werde Dir fohin auch wohl einiges von Tyrol, einem faſt gar nicht mineralogifch » bekannten Lande, mit⸗ theilen koͤnnen. Sobald ich zu Haufe komme, erhaͤltſt Du eine vollſtaͤndige Sammlung der aufgefundenen Gebirgs⸗ arten, mit einem Verzeichniß derſelben, dann meine baro⸗ 77 meteriſchen Beobachtungen nach der Meeresfaͤche berech- net, und endlich, wenn das meine Gedult zulaͤßt, wenig⸗ ſtens den Entwurf zu einer petrographiſchen Karte. Mit Unterſuchung der zwiſchen Memmingen und Im- menſtadt gelegenen Gegenden, die ich ſchon fruͤher kennen lernte, habe ich mich bey der Reife hieher gar nicht aufge halten. Da mir auf vorherigen Geſchaͤfts-Reiſen faſt alle eine zelne Theile von Bayeriſch Schwaben, bis an den Fuß der Gebirge, bekannt geworden ſind, und ich nun blos die Ges birgs gegenden zu bereiſen vorhabe, fo will ich Dir der Voll, ſtaͤndigkeit wegen hier den Umriß von dem Vorkommen in dieſen Gegenden bemerklich machen. Das Schwäbifche, oder beſſer Allgaͤuer-Gebirge (da man dieſen Theil von Oberſchwaben unter dem Allgaͤu bes greift) nimmt auf einer im Suͤden von Fuͤßen, über Im⸗ menſtadt nach Bregenz gezogenen Linie, ſeinen Anfang. Die ganze Strecke Landes, die von dieſer Linie ſich im Norden bis an die Donau ausdehnt, und oͤſtlich vom Lech, im Weſten aber von der Schußen und dem Buchhorner⸗ See begrenzt wird, mußt du Dir als den Theil eines ches maligen Meeresgrundes denken, der mit dem vormaligen ſchwaͤbiſch und bapesfihen Meere in Oſten und Weſten zu⸗ ſammenhieng. Wenige Smet (zunächſt am Fuß des Allgaͤuer⸗Ge⸗ birgs) abgerechnet, findeſt Du auf dieſem ganzen Bezirke keine Spur einer durch innere Kraft hervorgegangenen Ge— birgsart; uͤberall, bis herab auf den lezten Splitter der unorganiſchen Schoͤpfung, zeigen ſich Dir dloß Truͤmmer und Ueberreſte, durch eine grobe mechaniſche Anſchwemmung aus entfernten Gegenden an ihre jetzige Stelle verſezt. Die ganze Flaͤche dieſes Grundes neigt ſich von Suͤden nach Norden, unter einem Winkel von nur wenigen Graden, 78 und man kann beſtimmt annehmen, daß die Inclination in eben dem Verhaͤltniße abnehme, als ſich die Flaͤche vom Gebirge entfernt. Es würde mich zu weit führen, Dir dieſes Niveau⸗ Verhaͤltniß durch Belege darthun zu wollen; genug, wenn ich Dir ſage, daß mich viele Hoͤhenmeſſun⸗ gen ganz unwiderſprechlich davon uͤberzeugt haben. So einfach und gleichartig nun auch im Ganzen ge⸗ nommen die Verbreitung der Schuttanhaͤufung auf dieſer großen Strecke Landes ſich ausweist, fo habe ich doch ei» nen dreyfachen Unterſchied der Abſetzung wahrgenommen. Zunaͤchſt am Gebirge erheben ſich dieſe Schutttheile in bes _ traͤchtlichen Hügeln, und bilden unter ſich, zu einem Gan⸗ zen vereinigt, eine Gebirgsart; weiter abwaͤrts bedecken ab⸗ gerundete loſe Bruchſtuͤcke, die Geſchiebe, eine faſt ganz ebene Flaͤche, und auf einem dritten Punkte verſchwinden auch dieſe Bruchſtücke, und iſt der ganze Grund und Bo⸗ den mit loſem Sande überfuͤhrt. Dieſes verſchiedene Vorkommen iſt demjenigen, der nur etwas die Gegenden kennt und den Urſachen nachdenkt, die eingewirkt haben, ganz erklaͤrlich, und ich will Dir da⸗ her meine Anſicht mit ein Paar Worten mittheilen. Auf der erſten Stufe der Anſchwemmung, am Fuße des hohen Gebirgs, haben die durch das Gebirge ſich durchbrochene Gewaͤſſer (die raſch dabinfließen oder dahinſtürzen, und die auch zuweilen durch Einſtürzungen im Gebirge und Verſchuͤttung der Engthaͤler, aus denen fie abfließen, ans geſtemmt und angeſchwellt wurden) die größten und mäch» tigſten Schutttheile abgeſezt. Weiter abwärts war die Ger walt des Waſſers bey dem geringern Abfall und in der— Ebene nicht mehr eingeengt, nimmer im Stande, ſo große Maſſen weiter fortzuſchaffen, und ſie blieben daher an der Muͤndung des Gebirgs gerade da liegen, wo der fie vers her bewegte effort forttreibender Kraft durch die Localität S GE 79 gehoben wurde. Da der Stand des allgemeinen Gewaͤſ⸗ ſers vordem höhere Punkte einnahm, ſo iſt es ſehr begreif— lich, daß bey der erſten Abſetzung die Truͤmmer auf viel höhere Punkte zu liegen kamen, als nun, nachdem alles Gewaͤſſer auf einer viel tiefern allgemeinen Baſis abfſießt, und man darf ſich daher nicht verwundern, wenn man bedeutende Hügel, ſelbſt Berge antrifft, die durchgehends dieſer Anſchwemmung ihr Dafeyn verdanken. Der durch das Abrelben, zum Theil weicher Gebirgsarten, entſtandene | — Schlamm, ſezte ſich zwiſchen den leeren Räumen und Hoͤh⸗ lungen der einzelnen, uͤbereinander verſchuͤtteten Geſchiebe ab, die eigene Schwere der Schuttmaſſe draͤngte die loſen Theile naͤher zuſammen, und indem der Schlamm nach und nach verhaͤrtete, conglutinirte er das Einzelne zu eis nem Ganzen, zu einer Steinart, die Dir unter der Benen⸗ nung Conglomerat oder Nagelſiue laͤngſt ſchon bekannt iſt. Es wird Dir einleuchten, daß je tiefer ſich in der Folge der Zeit die abfiegenden Gewaͤſſer auf ihrer Baſis einge⸗ ſchnitten haben, in eben dem Verhaͤltniße auch die ſchon früher alſo combinirte Schuttmaſſe durchſchnitten worden ſeye, und daß durch dieſe ſpaͤtere Einſchnitte die relative Hoͤhe der Abſetzung um eben fo viel, wenn gleich nur ſchein⸗ bar, zugenommen er: als der Einſchnitt ſelbſt vertieft wurde. Eine ſolche, bun ganzen Gebirge vorliegende Kette von Schutthuͤgeln mußt Du immerhin uͤberſteigen, Du magſt Dich auch demſelben von welcher Seite du willft naͤhern. Aber dieſe Bergkette verhält fich immerhin zu dem Ge⸗ . birge ſelbſt, ſowohl in Hinſicht der Hoͤhe als des Umfangs, nur wie ein niedriger Wall zu einer hohen Feſte. Sie mag Dir zwar als bedeutend auffallen, wenn Du dem Gebirge Aiureiſeſt; kehrſt du aber aus dem hohen Schock der Berge uber ſie zuruͤcke, ſo erſcheinen Dir dieſe Pigmeen von Ber⸗ 80 gen erſt recht auffallend in ihrem kleinen Verhaͤltniß zum Ganzen. Dieſe, wenn ich fo ſagen ſoll, Vorberge, laus fen in einer ununterbrochenen Verkettung nördlich von Fuͤßen bis Bregenz, und von da am Bodenſee hinab bis Moͤrsburg, und verbinden ſich in dortiger Gegend mit den⸗ jenigen aufgeſchwemmten Gebirgen, die aus dem Toggens burgiſchen ſich bis in das Thurgau erſtrecken. Wenn wir die Abſetzungsart der Nagelfſue, die, wie ſchon geſagt, keinem Riederſchlag, ſondern blos einer groben mechanis ſchen Anſchwemmung ihr Daſeyn verdankt, bedenken, ſo wird uns nimmer befremden, daß wir bey dieſer Gebirge art keine regelmaͤßige Schichtung wahrnehmen koͤnnen; wir haben ſie bloß für eine zufällige Erzeugniß, die fo verſchie⸗ den iſt, als die Gegenden es ſind, in der ſie ſich befindet, zu halten. Aber gerade um des willen exiſtirt wohl im gan⸗ zen Umfange des Unorganiſchen keine Steinart, die ein ſo verſchiedenes, relatives Alter ausweist; wir duͤrfen uns nur etwas als gebildet denken, ſo iſt es gleich moͤglich, daß von dieſem erſten Bildungsſtoff ſich etwas getrennt hat, etwas abgefallen iſt und ſich wiederum mechanisch aggre⸗ girte; Urfeis, Conglomerat und Grauwacke, wohl ein und eben daſſelbe ruͤckſichtlich der Art des Entſtehens, nur vers ſchieden in Hinſicht der Mittel, die dazu verwandt wur⸗ den, und der Localitaͤt der Abſetzung, reichen doch wohl hinauf zu den erſten Altersſtufen der Gebirgsbildung, und doch bildet ſich noch heut zu Tage aus den Truͤmmern ei⸗ ner nicht ſehr alten Nagelſſue ein neues Gebilde der Art von Geſtein, wie ich dieß innerhalb den Grenzen des in Frage ſtehenden Bezirks, an den Hügeln bey Mahrſteten an der Iller, bemerkt habe. Wer kann es wohl uͤberſehen und berechnen, wie man⸗ che zerſtoͤrte Nagelflue einer verjuͤngten den Stoff blos ge liehen hat, um ihn einer noch juͤngern wieder mitzutheilen. 81 Koͤnnte man wohl von einem einzigen dieſer unorganiſchen Vagabonden, einem Geſchiebe, eine Reiſebeſchreibung feis ner unwillkuͤhrlichen Bewegung entwerfen, wir wuͤrden uns vielleicht nicht wenig verwundern mit ſeinen zerſchiedenen Wanderſchaften bekannt zu werden. — Doch ich fange an zu plaudern und muß wieder einlenken. In den Gegenden von Unterſchwaben, ungefähr auf der Linie von Memmingen, zeigk ſich das zweyte Vorkommen des aufgeſchwemmten Landes. Hier verſchwindet nach und nach die Nagelſſuh, die man näher dem Gebirge zu in fo bedeutenden Maſſen vorfindet, ſelbſt die Hügel nehmen ganz ab, und es zeigt ſich endlich ganz ebenes plattes Land, durchgehends mit nichts als meiſt kleinen loſen Geſchieben wie uͤberfuͤhrt. Welch eine unendliche Menge abgerunde⸗ ter, im gemeinen Leben ſogenannter Kieſelſteine! je weiter abwärts, deſto kleiner und mehr abgerundet. Die Ges walt des Waſſers war in dieſen Gegenden nicht mehr vermoͤgend, größere Trummer fortzuwaͤlzen; das Abrei⸗ ben der einzelnen Bruchſtuͤcke war ſchon groͤßtentheils weiter oben, als dieß Geroͤlle dem Gebirge entrüft wurde, erfolgt, und der Schlamm, der dort die einzelnen Theile zur Nas geläue formirte, konnte alſo auch hier keine ſolche Stein⸗ art mehr bilden. Du wir mich fragen: Aus was beſte⸗ hen die unzaͤhligen Geſchiebe, die ſich theils gebunden, theils los auf dieſem großen Flaͤchenraume vorfinden? — Man kann im Allgemeinen annehmen, daß die Halfte aus Alp⸗ . kalkſtein, ein Viertel aus Hornſtein und ein Viertel aus andern verſchiedenen Gebirgsarten beſtehe. In der Regel ſi nd es die namlıchen Gebirgsarten, die noch heut zu Tage im Gebirge anfichen. Indeſſen bleibt doch die Erſcheinung einiger ganz unerklaͤrlich; jo kann man z. E. gar nicht ads ſeben, „ wie es einigen Urgebirgsarten (die doch auf einer Strecke von vielen Stunden ruͤckwaͤrts der hohen Alpkalk⸗ * Die 82 Kein: Formation, die zu überfteigen unbegreiflich ſcheint, anſtehen) gelungen fene, bis in dieſe Gegenden verführt worden zu ſeyn. Auch iſt das Vorkommen der verſchiede⸗ nen Gebirgsarten in den einzelnen Gegenden nicht immer daſſelbe, und kommt da alles einzig und allein auf die Richtung der Fluͤße und wo ſie entſpringen an; es giebt Gegenden, wo man faſt gar keine andere Geſchiebe als von Alpkalkſtein antrifft, wieder andere, wo die hornſteinartigen Steine uͤber die Haͤlfte betragen, und in der Gegend von Wangen fand ich auf einmal zu meinem größten. Erſtau⸗ nen nichts als uranfaͤngliche Geſchiebe und der Menge edlen Serpentin, Gebirgsarten gerade ſo, wie man ſie im Montaſun, Brettigaͤu und Graubuͤndten antrifft. Hier iſt unbezweifelt einmal die vordem ohnehin hoͤher geſtandene Waſſer maſſe des Bodenſees, die mit dem Rhein dieſe Ge ſchiebe aufnimmt, in eine erſtaunliche Bewegung gekom⸗ men; hat ſich wohl bis in dieſe Gegenden ergoſſen und dieſe Geſchiebe zuruͤckgelaſſen. Nun wo von da her die klei⸗ nen Fluͤße ſich in den Bodenſee ergießen, kehrt vielleicht allmaͤhlich und in Jahrhunderten das wieder zuruͤcke, was einſt wohl gewaltſam und in ganz kurzer Zeit ihm entruͤckt wurde. Im Ganzen wird jeden aufmerkſamen Beobach⸗ ter das verhaͤltnißmaͤßige haͤuſige Vorkommen der Horn⸗ ſteine (die doch in der Alpkalkſtein⸗Formation in unbe⸗ traͤchtlichen untergeordneten Lagern anſtehen) befremden; wenn man aber bedenkt, daß von dieſen feſten Steinarten durch das Weiterfuͤhren faſt gar nichts verloren gieng, in⸗ deß die weichern Kalkſteine auf jeder Station des Fort⸗ ſchubes vermindert und verkleinert wurden; ſo wird auch dieſe Erſcheinung erklaͤrlich, eben fo, wie das hoͤchſt fel- tene Vorkommen des Sandſteins nimmer befremdet, wenn man bedenkt, daß der weiche Sandſtein ſich meiſt in Sand aufloͤste, und nebſt dem kalkartigen Schlamm den Stoff zu dem Bindemittel der Nagelfine conſtituirte. 83 Als einen Prægusto deſſen, was ich Die nun bald aus den Alpen ſelbſt ſenden werde — wenn Du willſt, als einen avant coureur der ganzen Gebirgsſammlung — fende ich Dir hier, da ich gerade die Gelegenheit finde, ein Eleis nes Kabinet in Nuce, namlich die Nageliue No 1. der Sammlung. Im Oſten der abwärts Memmingen gelegenen Ebene, da, wo die Schmutter, die Zuſam, die Mindel und Guͤnz abfließen, alles Gewaͤſſer, die ſchon weit entfernt vom Ge⸗ birge entſpringen, und ſich nicht, wie z. E. die Iller, aus dem Gebirge ſelbſt heraus ergießen, findet man die dritte Art der Abſetzung des hierortig aufgeſchwemmten Landes. Hier find nämlich nur noch ſehr wenige einzelne Ges ſchiebe, die wahrſcheinlich nur aus einer zerſtoͤrten Nagel⸗ ſlue abſtammen, bemerkbar; dagegen iſt der ganze Grund durchgehends mit loſem feinem Quarzſand uͤberdeckt. Dieſe Verſchiedenheit des Terreins, dort von nichts als Geſchieben, hier von nichts als Sand, iſt ſehr begreif⸗ lich; denn die Fluͤße, denen die allmaͤhlige Anhaͤufung bey⸗ zumeſſen iſt, entſpringen auf dem Gebiete der jüngſten Sandſteinformation; was von dort aus abfiel und weiter gefuͤhrt werden konnte, war ein weicher Sandſtein, der bis hinab in dieſe Entſernung beym Weiterfuͤhren in loſen Sand zerfiel. Auf allen drey Arten der angeſchwemmten Theile fin⸗ det ſich weiter nichts mehr aufgelagert, als bisweilen ein⸗ zelne zufaͤllige Abſetzungen von Leimen und Tuffkalk, auf denen ſich dann nicht ſelten wieder in einigen Moorgegen⸗ den die Torfmößer befinden, Auf welche Gebirgsart hat ſich nun aber wohl, wirſt Du mich fragen, dieſe maͤchtige Anhaͤufung von Nagelfiue, von loſen Geſchieben und Sand abgeſezt? Nirgends habe ich, fo weit und viel ich dieſe Gegenden auch bereiste, das eigentliche Unterlager einer * 84 Gebirgsart ausfindig machen koͤnnen. Maͤchtig aufgeſchuͤt⸗ tet und wie hundertfaͤltig mit dieſen Truͤmmern uͤberfuͤhrt, iſt der ganze Grund der Gegend; ſo tief man auch gekom— men, und wenn ſich gleich naͤchſt an der Donau einige Fluͤße betraͤchtlich eingeſchnitten haben, ſo zeigt ſich doch keine Spur einer Gebirgsart, auf der das Ganze der Anhaͤu⸗ fung baſirt. Bloß am Fuß des Algauer- Gebirgd kann man bemerken, daß ſich die Nagelſſue bald auf dem juͤng⸗ ſten Sandſtein, bald auf einem etwas aͤltern mittelzeitigen Sandſtein, bisweilen aber auch unmittelbar auf dem Alps kalkſtein abgeſezt habe. ze Ich vermuthe, nach dem unglaublichen Umfang der Kalkſteinformation, die in den Algaͤuer und Tyroler-Alpen anſteht, daß dieſe große Gebirgsbildung unter den Truͤm⸗ mern dieſes aufgeſchwemmten Landes fortfuße, aber in wel⸗ cher unglaublichen Tiefe mag ſich ſelbige wohl ausbreiten, wenn man den beträchtlichen Abfall der Gebirgsbildung, da wo fie unſern Augen entruͤft wird, bedenkt! Jenſeits der Donau erhebt ſich das ſchwaͤbiſche Alb⸗ gebirge (ein Gebirge, was auf der einen Seite bis an den Schwarzwald, auf der andern bis an den Boͤhmerwald hin fußt, und ſich in den Gegenden von Engen durch den Canton Schaffhauſen mit dem Juragebirge in Verbindung fest.) Es gehört zu der Formation des Jura- oder Hoͤlen⸗ kalks, und iſt in ſeiner großen Ausdehnung in den ein⸗ zelnen Theilen unter ſich ganz ident; wie und wo nun dieſe Jura und die Alpkalkſtein-Formation ſich in denen uns verborgenen Tiefen begegnen durften, dieß iſt und wird wohl immerhin ein geognoſtiſches Raͤthſel bleiben ? Nun lebe wohl bis auf baldiges Wiederſchreiben — o daß ich ſagen konnte auf baldiges Wiederſehen! — unſer Leben iſt ja nur ein Moment; es zu genießen, iſt die hoͤchſte Lebensweisheit; glücklich der, welchem der Genuß weder 85 Reue noch Eckel zuruͤcklaͤßt! Kann Dich denn gar nichts bewegen? Nimm Deinen Berghammer und folge mir; ich reiſe langſam, bald rechts, bald links einlenkend; wenn Du nur willſt, Du wirft mich auf dem Wege nach Inſpruck wieder finden; in Gedanken halte ich Dich ſchon in meinen Armen. Zweyter ae Blaichach im . den 18 Juni 190% Noch durchdrungen von dem Eindruck der erhabenſten Schoͤpfung, die ich je vor mir ſah, ehe noch meine Be⸗ wunderung erkaltet, ſchreibe ich dieſe Zeilen. Die Tage her hat es beſtaͤndig geregnet; ſchwarze, tief gehende Wolken umhuͤllten, wie mit einem dichten Schleier, das mir nun ganz nahe gelegene Gebirge. Du weißt, es iſt nicht meine Sache, mich einer Ausſicht wegen umher zu treiben, und in der Idee, der hier herum anſtehenden Sandſtein⸗Formation naͤher auf die Spur zu kommen, verließ ich die Wohnung meines Freundes und gelangte nach und nach auf einen hervorſtehenden Huͤgel, deſſen Aus⸗ ſicht die ganze Gegend beherrſcht. Auf einmal, wie durch ein Kunſtſtuͤck der aͤtheriſchen Magie, entfaltete ſich die dunkle Wolken⸗Umgebung am Gebirge, und eingetaucht wie in den Purpur der untergehenden Abendſonne, fanden ſie vor mir dieſe ungeheuren Pyramiden in unglaublicher Rein⸗ heit. Wie verſteinert hieng mein Blick an dieſem Wunder der Schoͤpfung; nichts ſtund mir im Wege, den ungeheuren Umfang ganz zu meſſen; nichts lag hinter ihm, dieſe Groͤße, dieſe Höhe zu verkleinern. Wie wird mir? dachte ich beg mir ſelbſt, als mich dieß Anſchauen mit einer nie geweckten 86 Empfindung durchdrungen hatte; find dieß die erſten Berge, die du ſiehſt? auch Dein laͤchelnder Blick verraͤth mir die Frage: Was iſt an dich gekommen, ſeit wann iſt denn dein Sinn ſo regbar geworden? Laß es gut ſeyn, mein Lieber! ich werde mir ſelbſt, und Du mir noch weniger, die Bewunderung und den Eindruck, dem ich mich nun einmal ganz hingab, entruͤcken koͤnnen; nur denke ich der Sache nach, wie es moͤglich war, auf dieſer Stelle alleine und ſonſt nirgendswo von einer ſolchen unwillkuͤhrlichen Bewunderung des Großen ergriffen worden zu ſeyn. Ich fahre da fort, wo ich geſtern ſtehen geblieben bin, — mittlerweile habe ich der Urſache meiner Bewunderung nachgedacht, und habe wieder den Hügel beſtiegen, von dem mich die Ausſicht ins nahe Gebirge fo uͤberraſcht hat. Nun bin ich faſt ganz im Reinen, und um Dich in Be⸗ treff des Unterſchiedes, den das Anſchauen dieſer Gebirge zu dem der bisher geſehenen hat, in Kenntniß zu ſetzen, will ich Dir bloß eine füͤchtige Parallele derſelben ent⸗ werfen. Das Algaͤuer⸗ und Tiroler-Gebirge, das man hier auf einem fo erwuͤnſchten Standpunkte uͤberſieht, iſt erſt⸗ lich, wie Dir bereits bekannt if, um vieles höher, als z. B. das Harz⸗, Fichtel⸗ und Rieſengebirge, hingeſtellt. Bey den gedachten niedrigern, auch kleinern Gebirgen, uͤberſieht man mehrere Gebirgsbildungen zugleich; faſt immer er⸗ kennt man, vom Fuß derſelben an gerechnet, ihre ſucceſſive Erhebung, bis hinauf zu den hoͤchſten Punkten, dem Bro⸗ cken, dem Ochſenkopf und der Schneekuppe; man bemerkt nur unbedeutende Felſenwaͤnde, und das hintereinander verkettete Enſemble der Gebirgstheile, von den jüngften Floͤzbildungen bis hinauf zum Granit, iſt immerhin wie zugerundet, und mit einer lebendigen Vegetation meiſt be⸗ kleidet. Hier verhält ſich das alles ganz anders; Du ſeehſt 67 wie in einer einzigen, mehrere tauſend Fuß hohen Wand ein unglaublich hohes Gebirge ſich vor Dir erheben, oder vielmehr den Abfall dieſer hohen Gebirgskette als wie in einem einzigen ſteilen Felſen; es iſt dieß eine horrente Maſſe, kahl und nackt, ohne Spur von Vegetation, die Gipfel mit ewigem Gletſcher⸗Eis und Schnee bedeckt, die ein Anblick umfaßt, der deſto groͤßer iſt, da nichts vor ihm die Ausſicht ſtoͤrt, und kein Gegenſtand hinter ihm ſie vers kleinert. Die Iller hat ſich hier aus dem Gebirge gewaltſam durchbrochen, und ſelbſt den kleinen, vor den hohen Ber⸗ gen abgeſezten Damm von Nagelſlue, bis an die Wurzel der horrenten Maſſe, rein abgeſpuͤlt; einige vorgelegene, etwas niedrigere Berge ſtehen, da man durch die Oeff⸗ nung des Illerthals durchſieht, ſchon auf der Seite, und Dein Auge kann alſo auch von hier aus den ganzen Um⸗ fang des hoͤchſten Gebirgs von der Tiefe bis zur Hoͤhe meſſen. Das Ganze was Du bewunderſt, iſt nur Eine Ges birgsbildung; Du ſiehſt keine Granitkuppe ruͤckwaͤrts oder eine vorwaͤrts gelegene Formation, und der Imminſeſchock von Rieſenfelſen beſteht einzig und allein aus Alpkalkſtein. Ich weiß nicht, ob der angeführte Unterſchied von dem Verhalten dieſer und anderer Gebirge mein Erflaunen, rechtfertigt? den Anblick ſelbſt Dir durch eine Beſchreibung, zu geben, bin ich ganz unvermoͤgend; den kann keine Fe⸗ sch und kein Pinſel wieder geben. N Wenn ich gleich nicht abſehe, wie ich zwiſchen dieſen b nchen Steinmaſſen mich werde durcharbeiten koͤn⸗ nen, fo brenne ich doch vor Begierde, mich. in dieſe große Werkſtaͤtte der Natur zu begeben, und unwiderſtehlich zieht mich die Idee an, den Fuß dahin zu verſetzen, wohin noch, niemand gekommen. Mit vielem Bedauern habe ich vorgeſtern in der huͤb⸗ 88 ſchen Mineralien Sammlung des Apotheker Zorn in Kemp⸗ ten von vaterländifchen Produkten nicht das Mindeſte aus⸗ findig machen koͤnnen; dagegen hat mir mein Freund, der Kämmerer Pate rich dahier, der Dir durch des Freyherrn von Moll Annalen bekannt ſeyn wird, einige Winke uͤber die nächftgelegenften Gegenden mitgetheilt, die mir deſto ins tereſſanter find, je mehr er in dieſem unſerm Fache betraͤcht⸗ liche Fortſchritte gemacht hat. Lebe wohl! bald wirſt Du heraus aus dieſen Bergen wieder etwas von mir Wen Dritter Brief. Sonthofen im Algaͤu den 19 Junius 1908, Seit meinem Lezten habe ich, mein lieber R., aus den Gebiete des aufgeſchwemmten Landes den Fuß auf die Floͤzbildung verſezt. Auf dem Wege von Blaichach nach Sonthofen fand ich die erſte Spur desjenigen Sandſteins, der in hieſigen Gegenden unter der Nagelfue anſteht, und nur da bemerkt wird, wo das Gewaͤſſer ſich den Durchbruch erzwungen und dieſe Ablagerung entbloͤst hat. Sobald ich Gelegen⸗ heit finden werde, das geognoſtiſche Verhalten deſſelben zu erforſchen, ſollſt auch Du näher mit ihm bekannt wers den; bis jezt bin ich wegen feiner noch in Ungewißheit. Die Iller, an der ſich der zuruͤckgelegte Weg dahin zieht, und die weiter abwaͤrts in einem ziemlich weiten und ebe⸗ nen Thalgrunde fortfieft, hat ſich hier zunaͤchſt an dem Berge Gruͤnten aus den vorliegenden Gebirgstheilen ge⸗ waltſam durchbrochen; ihr Lauf iſt ungleich raſcher, da die Baſis, auf dem fie abfließt, ſchon um mehrere Grade U ’ 5 89 * ein ſtaͤrkeres Gehaͤnge annimmt; man bemerkt ſchon je zuweilen einzelne großere Geſchiebe, die man weiter abs waͤrts nie mehr antrifft, und auf dem Grund und Boden, auf dem man allmaͤhlich hoͤher verſezt wird, kann man gar deutlich die Einwirkung des nahen Gebirges erkennen; die ganze Gegend iſt hier herum bereits viel rauher, und auf jeder Stufe der Vegetation bemerkt man das mit ihr veraͤnderte Climatiſche Verhaͤltniß. Der Gruͤnten, der bey der Dir neulich bemerklich ge⸗ machten Ausſicht in das hohe Gebirge den blos ſeitwaͤrts gelegenen Vordergrund bildete, in dem ich durch die Spalte ſah, die ſich zunaͤchſt an ihm dem Gebirge zu eröffnet, ers ſcheint auf dieſem Wege wie ein hoher zwiſchen dem Ge— birge und der Ebene hingeſtellter Grenzſtein, und fcheint, je nachdem ſich der Weg dahin zieht und wendet, ſeine Geſtalt zu veraͤndern. Da ich vorhabe, dieſen Berg dieſer Tagen zu beſteigen, ſo ſah ich mich immer nach ihm um, und machte in Gedanken die Rechnung uͤber das, was ich wohl auf und an ihm wuͤrde finden koͤnnen. In Sonthofen beſah ich die naͤchſt an dem Orte gele⸗ gene ee e der einzige techniſche Betrieb in hieſigen Gegenden. Ich weiß, Du biſt kein Freund des Techniſchen, und will Dich alſo auch mit einer Beſchrei⸗ bung des hieſigen Hochofens nicht aufhalten, und bemerke Dir bloß, daß ſchon ſehr lange in hieſigen Gegenden Eis ſen verſchmolzen wird, und der Bergbau auf Eiſen wohl ſchon über 300 Jahre beſteht. Dermalen wird der am Gruͤnten einbrechende koͤrnige Thoneiſenſtein verſchmolzen; ich bin Willens, dieſer Tagen die Eiſenſteingruben zu befah⸗ ren und hoffe einige nähere Aufſchluͤße über deſſen W in Erfahrung zu bringen. Da mich die erhaltene Nachricht, daß der a Bol⸗ gen bey Meiſelſtein aus Urgebirgsarten beſtehe, ungemein 90 befremdet, indem ich, wie ich Dir ſchon geſagt habe, die Urgebirge erſt tief im Tirol jenſeits des Inns anzutreffen der Vermuthung bin, ſo wil ich mich, wenn es die Wit⸗ terung anders erlaubt, morgen in die dortige Gegenden begeben, den Grund oder Ungrund der erhaltenen Anzeige zu bewerthen. Ich umarme Dich herzlich. Vale et ama! Vierter Brief. Meiſelſtein im Algaͤu, den 21 Juni 1805. Ich kenne keine Erholung, die mir ſo angenehm waͤre, als die, an Dich zu ſchreiben, und da ich bey der Ruͤck⸗ kehr vom Schwarzenberg, dem Berge Bolgen und dem Riedberger Horn bis aufs Aeußerſte ermuͤdet bin, ſo kannſt Du fuͤr dießmal einem ausfuͤhrlichen Bericht uͤber meine Excurſion entgegen ſehen. Ich reiste geſtern bey anbrechendem Morgen von Sont⸗ hofen ab. Eine halbe Stunde von dieſem Markkſecken pafs ſirte ich die Iller und gelangte in die Grafſchaft Koͤnigsegg Rothenfels, die ſich am linken Ufer dieſes Flußes bis in die Gegend von Obersdorf hinzieht, und an deren füdöfls lichen Grenze ſich der Berg Bolgen und das Riedberger Horn erheben. Bey dem Dorfe Fiſchen fand ich zunaͤchſt am linken Ufer der Iller, indeß ich bisdaher nichts als Gruß und Sand hatte wahrnehmen koͤnnen, einen gruͤn⸗ lich» grauen Mergelſchiefer in beträchtlichen Schichten zu Tage anſiehen. Die an der Iller ſanft anſteigende Erhoͤ⸗ hung der ganzen hieſigen Gegend ſcheint aus ein und eben demſelben Mergelſchiefer zu beſtehen; denn wo ich auch 9¹ auf eine entblößte Stelle kam, fand ſich auch die gleiche Gebirgsart; er faͤllt unter einem Winkel von 60 bis 70 Grad ſuͤdweſtlich in der vierten Stunde und ſtreicht hora 6 bis 7 nordoͤſtlich. Doch fand ich in der Folge, daß die⸗ ſes Fallen und Streichen nicht anhaͤlt, ſondern unter ver⸗ ſchiedenen Winkeln betraͤchtlich abweicht. Dieſer Mergel⸗ ſchiefer iſt durchgehends duͤnn, ſchiefericht und verwittert an der Luft in ſehr dünne, zarte Schiefer, die dann wie kleine Schuppen übereinander liegen. Sobald man den oberſten Theil dieſer an der Iller hinziehenden Hügel erreicht hat, bekommt man den Berg Bolgen zu Geſicht und ſieht hinter dem ſelben die Spitze des Riedberger⸗Horns. Beyde Berge waren faſt immer in dicke Nebelwolken eingehuͤllt, und der am Abhange weit herab verbreitete Schnee und die ganz nackte, ohne alle Baͤume und Geſtraͤuch hervorragende Spitze des Riedberger-Horns ließen mich ſchon in der Entfernung auf ihre betraͤchtliche Hoͤhe den Schluß machen. Da den Berg Bolgen zu beſteigen ein ganzer Tag er⸗ fordert wird, und es ſchon Mittag war als ich in Meifels ſtein anlangte, fo machte ich bloß noch eine Excurſion an den ſuͤdweſtlich gelegenen Schwarzenberg. Der Fuß dieſes Berges wird von der Schwarzenberger Aach, einem unter vielem Getöfe abfiegenden Bergwaſſer, das im Gebirge entſpringt und ſehr große Felſenmaſſen mit ſich führt, beſpuͤlt. Ich gieng, die entbloͤßten Seiten dieſes Berges wahrzunehmen, in dem Einſchnitt, den die: ſes wilde Waſſer ausgewaſchen hat, ein Paar Stunden hinauf. Je weiter ich hinauf kam, deſto enger und tiefer wurde dieſe Schlucht, in der ſich uͤber nichts als einzelne Abſaͤtze ein Waſſerfall über den andern herabſchuͤttet. Die Steinart, aus der die ſenkrecht in die Höhe anſteigenden Felſen beſtehen, ſo wie diejenige, auf der das Waſſer ab⸗ 92 a 5 ſtießt, iſt Mergelſchiefer. Dieſer Mergelſchiefer zeigt ſich groͤßtentheils von licht gruͤnlich⸗grauer Farbe, doch findet man ihn auch ſchwaͤrzlich⸗ grau, gelblich und roͤthlich-grau gefarbt; bisweilen zeigen ſich zwiſchen den Schiefer-Ablöͤ⸗ ſungen ſehr zarte, kaum bemerkdare Pflanzen-Abdrücke; auch kommt er, wenn gleich ſelten, gefledt und geſtreift vor. Er iſt gewoͤhnlich weich, nur durch beygemengten Sand erhaͤlt er mehr Haͤrte, iſt dann ſchwerer zerſpring⸗ bar, rauher anzufuͤhlen und krizt in Glas, ohne jedoch am Stahl Funken zu geben. Alle Sorten brauſen ſtark mit Säuren; beſtaͤndig iſt er mehr oder weniger duͤnn⸗ ſchie⸗ ferig; nur eine Sorte, die ſchon in dichten Kalkſtein uͤber⸗ zugehen ſcheint, iſt nur im Großen etwas fchiefericht, Dieſe beträchtlichen Mergelſchieferfoͤze reichen nur bis auf unges faͤhr ein Sechstel des Schwarzenbergs hinan und über dieſe Linien wird man derſelben nimmer gewahr; es hat mir geſchienen, daß fie den aus- und einbiegenden Winkeln am Abhange des Berges folgen, und daher iſt dann auch die Richtung der Schichten im Fallen und Streichen fo ver⸗ ſchieden, daß man nicht die mindeſte Uebereinſtimmung wahrnehmen kann. Eben ſo verſchieden iſt auch die Maͤchtigkeit der einzels nen Floͤze, die bald nur ein Paar Zolle, bald einige Lach! ter beträgt. Characteriſtiſch für dieſe Mergelſchiefer fcheine mir das meiſt milde, oft fettige Anfuͤhlen und Anſehen deſſelben und fein Zerkluͤftungsverhaͤltniß — durch welches er meiſt in Parallele» Pipeden, deren Endflächen concav, ſelten conver find, getrennt wird — zu ſeyn. In der geor gnoſtiſchen Sammlung findeſt Du von Nro 2 —7 die vers ſchiedenen Abaͤnderungen dieſer Gebirgsart. 5 Roch muß ich Dir eine beſondere Ablagerung bemerk⸗ lich machen, die ich hier angetroffen habe, und die aus den drey Mergelarten Nro 2, 3 und 4 zuſammengeſezt iſt. 93 In einer Ausdehnung von mehrern Lachtern fand ich namz lich drey Mergelſchieferfͤze faſt horizontal unter ſich fort⸗ laufen, auf einmal aber ſah ich das gleichfoͤrmige Forts laufen unterbrochen und es zeigte ſich mir die Ablagerung in der Geſtalt, wie ich ſie Dir hier aus meiner Schreibtafel abzeichne. I D N SSS X LLLE SSD P e Der Mergelſchiefer Nro 4 findet ſich in unvollkommenen, runden loſen Stuͤcken, die Zwiſchenraͤume mit Mergelerde ausgefüllt ; der Nro 2 hat ſich wie die einzelnen Schlußſteine an einem Gewölbe rings um ihn angelegt, und die, die Las gerflaͤche durchſchneidenden Queeriſſe ſind von der Art, daß man eine gewaltſame Verdruckung vermuthen muß. Nro 3 iſt dagegen nicht gebrochen, ſondern gebogen; die einzelnen Stücke zeigen ein ausnehmend zartſchieferichtes, wie ge⸗ wundenes Gefüge; ich weiß mir platterdings keine Idee von der Bildung dieſer beſondern Abſetzungs-Geſtaltung zu machen; iſt das unten gelegene gehoben worden, oder hat ein Druck von oben ſtatt gehabt, als dieſe Mergelſchichten ſich in einem noch weichen Zuſtand befanden, oder haben hier beſondere Anziehungskraͤfte gewirkt? Was das hierortige Vorkommen des Mergelſchiefers im Allgemeinen anbelangt, ſo bin ich geneigt zu vermuthen, daß ſich dieſe Ablagerung in der jüngften Floͤzzeit und zwar hier wieder in einer Periode gebildet habe, wo das allge— meine Gewaͤſſer in dieſen Gebirgstheilen bereits ſchon den — 94 Fuß des Schwarzenberg arroſirt hat; vielleicht ſteht dieſe Abſetzung auf der Stufe zwiſchen einem wirklichen Nieder⸗ ſchlag aus einer Solution und einer bloßen mechanifchen - Anſchwemmung? Da wo mir die Schwarzenbergeraach endlich ganz den Weg verſperrte in der engen Schlucht weiter fortzugehen, machte ich den Verſuch, den linker Hand gelegenen ſteilen Abhang des Berges zu erklimmen, und fand hier zu meinem großen Vergnuͤgen viele entbloͤßte Stellen, die mich das Innere des Berges kennen lernten. Du findet die hier aufgefundenen Foſſilien ungefähr in der Ordnung, wie ich ſie vorgefunden, von Nro 8 bis Nro 22 der geognoſtiſchen Sammlung. Du erhaͤltſt mit dieſen Zeilen nicht allein die Foſſilien, ſo viel ich deren bis jezt acquirirte, ſondern auch gleich das Verzeichniß dazu. Ich ſehe wohl ein, daß ich in dem Catalog durch die zum Theil ausführliche Beſchreibung der Foſſilien zu weit ge gangen bin, allein damit geht es ſo zu; ſobald ich von ei⸗ ner Excurſion zuruͤckekehre, ordne ich gleich die mitgebrachten Foſſilien und mache die für mich und meine mineralogiſchen Freunde beſtimmte Sammlungen zurechte; die fuͤr Andere beſtimmte Sammlungen machen fo keinen Umweg, ich ete ſpare die Zeit des doppelten Einpackens und kann da, wo mir noch etwas abgeht, gleich abhelfen. Damit mir nun aber da, wo mir nur ein Exemplar zurückbleibt, nichts entgehe, was die uͤbrigen enthalten, und um gleichſam nach Mehrerem den allgemeinen Ueberblick fuͤr jede Ge⸗ birgsart beſtimmt aufzufaſſen und zu erhalten, verfaſſe ich ſogleich das Verzeichniß, ſo lange ich noch den ganzen Vor⸗ rath unter Augen habe. Bey dieſer Detail-Ardeit ſchreibe ich dann, wenn mir noch Zeit übrig bleibt, gerne das nie der, was mir gerade beyfaͤllt, und was ich vielleicht ſpaͤ⸗ terhin zu bemerken vergeſſen wurde, Iſt dieß geſchehen, ſo ſchreibe ich erſt an Dich, nachdem auf dieſe Art das De⸗ 95 tail über die Foſſilien ſchon vorausgegangen if. Du wirft Dich aus meiner Mittheilung am beßten finden koͤnnen, wenn Du erſt die Foſſilien betrachten und mein Verzeichniß leſen willſt, und dann erſt meine Briefe zur Hand nimmſt. Doch zur Sache: Aus den gedachten, weiter oben am Schwarzenberg gefundenen Gebirgsarten wirft Du entneh⸗ men, wie daſelbſt mehrere Sandſteinarten anſtehen, die in gedoppelter Hinſicht intereſſant find; denn erſtlich find fie mit pielem Chlorit meiſt gemengt, und dann auch noch als Sandſteine faſt ohne alles Bindemittel von der Beſchaf— fenheit, daß man ſie wohl ſo gut fuͤr koͤrnichte Quarze als - Sandfteine in Anſpruch nehmen kann. Die eine Sorte hat viele Aehnlichkeit mit Grauwacken-Schiefer, nur daß hier ſtatt einem eifenthonichten Bindemittel ein Mergel das cConglutinirende Mittel abgegeben hat. Nachdem ich den entblösten Abhang erſtiegen hatte, ges langte ich auf eine, mit Baͤumen bewachſene, ziemlich ebene Gegend, wo ich mich nicht mehr auskennen konnte; und rückwärts dieſer Waldſtrecke kam ich denn ganz undermu⸗ thet an ſteile, wohl bis zu oberſt an den Berg hinauf rei⸗ chende Felſen von dichtem Kalkſtein und Rogenſtein, wo⸗ von ſich die Probeſtuͤcke von Nro 23 bis 27 in der Samm⸗ lung befinden. Ich getraue mir nicht zu beſtimmen, ob dieſe maͤchtige ; Ablagerung von Kalkſtein auf dem unten vorgefundenen Sandſtein aufſitze, oder ob der Sandſtein an dem in der Tiefe fortſetzenden Kalkſtein angelagert ſeye; vielleicht daß der Kalkſtein und Sandſtein in großen abwechſelnden Maß ſen unter ſich abwechſeln und gleichzeitiger Entſtehung find. Es war ſchon zu ſpaͤt, als daß ich mich länger hätte auf⸗ halten koͤnnen; ich hoffe auf der Fortſetzung meiner Reiſe an einem andern Orte über das Abgeſetztſeyn beyder Ge» birgsarten den Aufſchluß zu erhalten, wo nicht, fo begebe 96 ich mich wieder auf den Ruͤckweg bieher, um, fo weit es die Localitaͤt geſtattet, über. dieſes Vorkommen ganz ins Reine zu kommen. Eines iſt mir indeß doch in Hinſicht der hieſigen Bildung aufgefallen, naͤmlich der auffallende Wechſel der, wenn ich fo fagen ſoll, Naturkraft, der ſich durch die Abſetzung der Steinarten hier ausweist. Ich halte den dichten Kalkſtein ganz fuͤr das Educt ei⸗ nes mechaniſchen Niederſchlags; in dem Sandſtein zeigt ſich wohl noch mehr die Kraft mechaniſcher Abſetzung, da wir uns bey ihm nicht blos Niederſchlag, ſondern wohl ſchon gar mechaniſche Anſchwemmung denken koͤnnen; da⸗ gegen haben doch wohl bey dem Rogenſtein Anziehungs⸗ und Verwandtſchafts-Geſetze eingewirkt, und der mit dem Sandftein einbrechende koͤrnichte Quarz läßt ſogar auf eine rein-ehemiſche Aggregation der einzelnen Theile den Schluß machen. Wie laͤßt ſich das vereinigen, mein Lieber? Es iſt mir fo vieles, ja faſt alles dunkel, ſobald ich dem Bils dungstriebe der unorganiſchen Schöpfung nachdenke. So viel von meiner geſtrigen Wanderſchaft; ſobald ich einen Augenblick Zeit finde, werde ich Dir von der heute auf den Bolgen und das Riedberger-Horn gemachten Er⸗ curſion ausfuͤhrliche Nachricht geben. Lebe wohl! U Fünfter Brief. Meiſelſtein im Algaͤu, den 22 Juni 1805. Ich fahre da fort, wo ich geſtern ſtehen geblieben bin. Aus der Berechnung der auf dem Berge Bolgen und Ried⸗ berger⸗Horn vorgenommenen Hoͤhenmeſſungen, die ich Dir ſeiner Zeit mit den uͤbrigen Berechnungen mittheilen werde, — wirſt Du vernehmen, daß die beyden geſtern beſuchten Berge 97 bereits eine ſehr bedeutende Höhe haben; fü wie ich die Hoͤhe derſelben über die Meeresſſaͤche, ohne Logarithmen⸗ Tabellen bey der Hand zu haben, uͤberſchlage, reicht ſolche ſchon über die hoͤchſten Punkte des Fichtel⸗- und Rieſenge⸗ birges, des Schwarzwaldes und Harzes hinauf, und dürfte wohl der des Glomb de Cantal in Auvergne, des Spluͤ— gen, des Mont Cenis am Poſthaus, der Furka und dem Mols gleich kommen; ich hatte auch wirklich von dem ſchon | ſehr hoch gelegenen Meißelſtein von Morgens 4 Uhr bis Mittags in einem unausgeſezt fortzugehen, bis ich einen der hoͤchſten Punkte dieſes Gebirges erſtiegen hatte. Mein Weg führte mich beftändig ſehr ſteil über mehrere Abhaͤnge, bis an den Gipfel des Berges; die abwaͤrts gelegenen Theile waren mit vegetabiliſcher Erde und Grus ſo uͤberdeckt, daß ich nur hie und da eine Spur der anſtehenden Gebirgs⸗ art ausfindig machen konnte; und ſobald die Al pentriften aufhoͤrten, kam ich auf Schneefelder, die mir vollig die anſtehenden Steinarten derbargen. Mehr in der Tiefe ſteyt, wie es ſcheint unter gleichen Verhaͤltnißen, der naͤmliche N Mergelſchiefer wie am Schwarzenberg an, und ziemlich weit hinauf traf ich einen lichtgrauen dichten Kalkſtein an, der dem am Schwarzenberg vorgefundenen ganz gleich kommt, nur mit dem Unterſchied, daß dieſer hier nicht wie jener in hohen, iſolirten Maſſen anſteht, auch mit Ro⸗ genſtein nicht abzuwechſeln ſcheint. Faſt auf dem hoͤchſten Punkte des Bolgens fand ich endlich, wornach ich mich immer vergebſich umgeſeyen hatte, den Granit, Gneis und Glimmerſchiefer, wie Du ihn in der Sammlung sub Nro 28, 29 und 30 vorfinden wirft. So ſehr ich mir nun auch angelegen ſeyn ließ, das Vorkommen dieſer Urgebirgss arten zu erforichen, und mir die Frage zu beantworten: ſind das, was man bier gewahr wird, bloß ungewöhnlich große Geſchiebe? oder ſtehen dieſe Gebirgsarten hier an Ort 4 Bd. G 98 und Stelle, wo ſie allererſt entſtanden und gebildet worden ſind, an? ſo konnte ich mich doch weder von dem einen noch andern ganz beſtimmt überzeugen. Ich fand zwar den Granit in 8 bis za Lachter maͤch⸗ tigen, entblösten Felſen anſtehen, aber zwiſchen dieſen und den naͤchſten, etwas tiefer abgelegenen Gneisbloͤcken war fo viel Sand und Grus, auch einzelne Sandſteinſtuͤcke ver⸗ ſchuͤttet, daß ich nicht wahrnehmen konnte, ob dieſe Ges birgsarten weiter in den Berg hineinſtreichen oder ſich in der Tiefe erſtrecken, oder ob es blos iſolirte, mit fremd⸗ artigen Bruchſtücken uͤberdeckte Maſſen ſind. An den ent⸗ blosten Theilen konnte ich zwar wohl wahrnehmen, daß die Außenſeiten mehr oder weniger abgerundet und die Ecken abgeſchliffen ſeyen; auch fand ich den Granit, Gneis und Glimmerſchiefer niemals von gam friſchem Bruch, aber dieß allein ſpricht noch nicht fuͤr die Vermuthung, daß dieß iſolirte Maſſen oder Geſchiebe ſind, da man ein aͤhnliches Vorkommen gar vielfaͤltig auch an den auf ihrer Geburts⸗ ſtelle anſtehenden Gebirgsarten vorfindet, fo wie man oft im Gegentheil kleine Geſchiebe von Urgebirgsarten antrifft, an denen man einen ganz friſchen Bruch wahrnimmt. Moͤch⸗ te man ſich dagegen auf der andern Seite davon uͤberzeu⸗ gen, daß bier wirklich dieſe Urgebirgsarten im Ganzen an» ſtehen, ſo findet man keinen Grund, ſich dieß als wahr⸗ ſcheinlich zu denken, im Gegentheil ſpricht die Localitaͤt fuͤr dieſen Umſtand; ſo ſah ich z. B. daß an der einen entblösten Stelle die Richtung des Glimmers im Gneis derjenigen ganz entgegen geſezt war, die ich nur einige Schritte davon gewahr wurde; dann iſt auch das Vorkom⸗ men der drey Urgebirgsarten auf einem zu beſchraͤnkten Raume zuſammengeſtellt, um nicht eine entferntere Urſa, che ihrer Nachbarfchaft zu vermuthen, und will man ſich endlich den Bolgen als ein Urgebirge denken, was hier zer⸗ f ö 7 99 ſtoͤrt und zerſtuͤckelt, der ſonſt aufgeſezten Sandſteinſchich⸗ ten beraubt, nun als ein Denkmal örtlicher Zerſtoͤrung ent bloͤst da ſtehe, fo müßte man doch aller Orten die hätte ſigen Spuren abgeſtuͤrzter und abgefallener Steinarten der Art vorfinden, und doch fand ich im Hinaufklimmen des ganzen Berges auch nicht einen einzigen Splitter von Gra⸗ nit, Gneis oder Glimmerſchiefer. Mehr noch als alles ſpricht aber gegen dieſe Vermu⸗ thung der Zuſammenhang der hierortigen Gebirgsbildung und die Erfahrung, die man von den benachbarten Ge⸗ birgstheilen hat; mein Freund Paterich, der die benach⸗ barten Gegenden kennt, verſichert mich, wenn er gleich fuͤr die Idee eingenommen iſt, daß dieſe Urgebirgsarten hier wirklich im Ganzen anſtehen, daß er nirgends ſonſt wo eine Spur von denſelben angetroffen habe. Waͤren nun aber die in Frage ſtehenden Urgebirgsmaſſen hier blos ent⸗ bloͤst und nicht herbey gefuͤhrt, man muͤßte doch wohl auch ſonſt wo in den naͤchſt gelegenen Tiefen » Einfchnitten der Gewaͤſſer, ſo wie auf einigen denachbarten Gipfeln das gleiche Vorkommen wahrnehmen. Du wirſt vermuthlich, mein lieber R., nach dieſem Bes merken meiner Meynung ſeyn, und dieſe Steinmaſſen lies ber fuͤr Geſchiebe in Anſpruch nehmen; aber was ſind das fuͤr erſtaunliche Geſchiebe? ihrem Umfang nach von einer fo ganz ungewoͤhnlichen Größe; auf welch eine bedeutende Hoͤhe, und wie weit vom Urgebirge verſezt! Woher und wie kamen ſie hieher? wird wohl jeder denkende Menſch, nicht blos der Geognoſt fragen. Unter all den verſchiedenen Gefchieben, deren Erſchei⸗ nung oſt nicht wenig befremdet, ſind mir doch keine be⸗ kannt geworden, deren Daſeyn fo unbegreifich ſcheint, wie das der hier in Frage ſtehenden. Ich will Dich ſo gut wie moͤglich orientiren; vielleicht gelingt es uns doch, wenig⸗ 4 4090 ſtens die Möglichkeit, wie fie anhero gekommen, zu den⸗ ken. Wende den Blick gegen Mittag, und wie heraus aus dem Labirinty einer erſtaunlichen Gebirgsbildung ſiehſt Du die hehen Zinnen derſelben ſich in den Wolken verlieren; erſt jenſeus dieſer Pyramiden beginnt das Urgebirge. Wie in aller Welt hat über dieſe Coloſſen etwas heruͤber gewaͤlzt werden koͤnnen? In Oſten und Weſten iſt in weit gedehn⸗ ter Entfernung keine Spur von Urgebirgen vorhanden; wie follte ſich von daher etwas angetrieben haben, was nie dort war? Liegt aber nicht in Nordweſt der Schwarzwald, in Rordoſt das Boͤhmerwald-Gebirge? Beſſeht nicht der Kern der dortigen Gebirge aus Urgebirgs-Arten? — Be⸗ denke doch, Freund! nicht die große Entfernung, ſondern blos die erſtaunliche Tiefe, die zwiſchen hier und dort fich ausdehnt, den ehemaligen Meeresgrund, von dem aus ſich dieſe horrenten Maſſen erſt wieder zu einer ſo bedeutenden Hoͤhe haͤtten erheben muͤſſen! So viele Worte, wirſt Du ſagen, und kein Reſultat; nicht einmal eine Vermuthung! Eine Vermuthung? ja die habe ich und die muß ich Dir mittheilen. Die hohen Gebirge, die mittaͤglich anſtehen (über die wir, da wir ihnen ſo nahe ſind und ſie ſich ſo weit aus⸗ dehnen, die Urgebirgstheile, die theils kaum ſo hoch, mei⸗ ſtens nicht viel hoͤher ſind, nicht ſeben koͤnnen), ſind zwar jezt unendlich zerſtuͤckelt und zerſpalten, und bilden als Ruine deſſen, was vordem war, tiefe Einſchnitte, und all dieſe Einſchnitte, die Berge mit ihren Gipfeln, die wir nun vor uns ſehen; jezt wuͤrde es einem vernuͤnftigen Men⸗ ſchen nicht einfallen koͤnnen zu glauben, daß ein einziges Geſchiebe, viel weniger Steinmaſſen von ſolchem Umfang, z. B. vom Urgebirge in das Innthal gefallen, durch eine noch ſo maͤchtige Erhebung des Waſſers auf das jenſeitige Kalkgebirge erhoben, und nachdem ſie dieſe einmal une 101 glaub liche Tour gemacht, zwanzig und dreyßig Mal durch all die Schluchten und Schlünde bis hieher wiederholt, — anhero auf den Bolgen gelangen könnten; aber dieſe, nun ſo getrennte, vorliegende Gebirge waren wohl nach ihrem Ent⸗ ſtehen nicht alſo gebildet, wie fie es jezt ind; mit allmaͤhlig verflaͤchendem Abfall legte ſich die Maſſe von Kalk an dem Urgebirge herum an, und es war, nachdem der Alpenkalkſtein ſich abgeſezt hatte, wohl wahrſcheinlich eine Periode, wo vom Argebirge bis hieher ein allmaͤhliger, ununterbrochener Abfall ſtatt hatte; denke zuruͤck an eine ſolche Vorzeit, und laß auf dieſem allgemeinen, noch nicht durchſchnittenen Bergruͤcken die damaligen Gewaͤffer, die vielleicht kaum die erſte Schuͤrf⸗ arbeit zuwege gebracht hatten, abfließen, und es ſcheint nicht mehr ganz abentheuerlich zu vermuthen, daß wohl ſchon damals, und wie unglaublich lange her mag das ſeyn? große Maſſen von oben nach unten zu detaſchirt wur⸗ den. Ich habe erſt kurzlich irgendwo über dieſe Materie eine Vermuthung geleſen, wo dem wohl ewig beftehenden- Geſetz der Schwere zu wahrem Affront, erſtaunliche Maſ⸗ ſen wie Korkpfroͤpfe durchs Waſſer gehoben worden ſind. Ich hoffe, Du werdeſt meiner Meynung ſeyn, und Dir die Steine von oben nach unten und nicht von der Tieſe nach der Hoͤhe verſezt denken. Doch es iſt hohe Zeit, daß ich einlenke. J f | Von der Stelle, wo ich die Urgebiras⸗Arten angeckof⸗ fen, hatte ich nur noch eine kleine Strecke zurückzulegen, um bis auf die Spitze des hohen Bolgen zu gelangen; ich fand weiter hinanf keine Gebirgsart anſtehen, ſondern bloß“ viele umherliegende lofe, meiſt plattenfoͤrmige Stuͤcke des⸗ jenigen Sandsteins, den Du in der Sammlung unter Neo 31 vorfinden wirſt. Es hat das Anſehen, daß dieſer Sandſtein hier auf feiner Geburtsſtelle, als Folge ſtatt gem; babter Zerſtörung oder Verwitterung in den einzelnen, noch 102 7 ganz ſcharfkantigen Bruchſtuͤcken liegen geblieben, und nicht erſt aus der Ferne herbeygefuͤhrt worden ſeye. Richt ſelten ſieht er einem regenerirten Granit aͤhnlich; auch in ihm iſt, wie am Schwarzenberg, Chlorit einge⸗ mengt, und ſo verſchieden auch die Sandſteine hieſiger Ge⸗ gend ſind, ſo ſcheint doch immer der beygemengte Chlorit für fie charakteriſtiſch zu ſeyn. Der oberſte Theil des ho⸗ hen Bolgen bildet eine zugerundete, kleine Bergebene, und dieſe haͤngt durch einen geſtreckten, ſchmalen Bergrücken mit dem Riedberger-Horn, das ſich in einer zuckerhutfoͤr⸗ migen Spitze erhebt, zuſammen. Ich gelangte uͤber dieſen Bergruͤcken nach dem Riedberger-Horn, fand aber, da der Bergruͤcken ſowohl als der ſteile Abhang des Riedberger⸗ Horns mit Schnee bedeckt waren, dieſen Spaziergang ſehr mühſelig und gefaͤhrlich; an dem ſteilen Abhange des Ber⸗ ges konnten wir uns bloß noch durch die in den Schnee getretenen Staffeln erhalten, und liefen bey einem Miß⸗ tritt Gefahr, in unglaubliche Tiefen hinabzuſtuͤrzen. Die Hirten in den hieſigen ganz unbeſuchten und unge⸗ kannten Gegenden haben eine beſondere Methode, auch die ſteilſten, mit Schnee bedeckten Abhaͤnge hinabzufahren; ſie nehmen einen großen Tannenaſt, und indem ſie ſich auf ihn ſetzen, fahren ſie auf ihm wie auf einem Schlitten mit unglaublicher Geſchwindigkeit die weitgedehnteſten Schnee⸗ felder hinab. Kaum hatten wir die Spitze des Riedberger⸗Horns er⸗ reicht, und ich hatte meine Barometer: Beobachtung beens digt, fo uͤberfiel uns ein ſolcher Wind, daß wir uns kaum ſtehend erhalten konnten, und auf dem Ruͤckwege verfolgte uns ein abſcheuliches Schneegeſtoͤber, das ſich mehr in der Tiefe in einen alles durchdringenden Regen anfloͤste. Das Riedberger⸗Horn ſpitzt ſich dergeſtalt zu, daß zu oberſt kaum einige Mann zum Stehen Plaz haben; dieſe Stelle war 103 von Schnee, den der Wind weggefuͤhrt hatte, entbloͤst, und da ſah ich nichts als einzelne loſe Stuͤcke des Sand⸗ ſteins Nro 31. Ehe das Unwetter eingetreten war, hatte ich von beyden Bergen eine ungemein weite Ausſicht genoſ⸗ ſen; die hier zunaͤchſt gegen Mittag gelegenen Berge finde: der Ochſenberg mit dem ſogenannten Hirſchſprung, einem ſehr ſteilen, iſolirten Kalkfelſen, der Schwarzenberg mit ſeinen entbloͤsten Felſenwaͤnden, an denen ich vorgeſtern herumgeklettert war, und der Schienberg, auf welchem wieder ein hoher, freyſtehender Felſen, der ſogenannte Baͤß⸗ ler, gleich einer alten, verfallenen Feſtung in die Wolken ragt. Mehr gegen Weſten ſah ich die große zuſammen⸗ hängende Kette von einzelnen kahlen Bergfpigen, die unter der Benennung Gottesaͤcker⸗Waͤnde bekannt ſind. Gegen Norden hingegen bemerkte ich, bereits auf dem Gebiete der aufgeſchwemmten Gebirgstheile, den Steineberg und Ehrenſchwang als die hoͤchſten Punkte emporſtreben. Die erſtgedachten hohen Berge und alle, die mit ihnen in Ver⸗ bindung ſtehen, find nicht blos fuͤr den Mineralogen eine wahre terra incognita, ſondern auch ſonſt wohl zum Theil gar nicht erſtiegen worden; fo viel man aus ihrem aͤußern Anſehen und ihrer Verbindung urtheilen kann, moͤ⸗ gen ſie wohl zur Alpkalkſtein⸗Formation gehoͤren; fie ſte⸗ hen in Weſtſuͤdweſt durch einen Theil des nördlichen Vor⸗ arlbergs mit den im Bregenzerwald-Gebirge anſtehenden hohen Kalkalpen in Verbindung, und das breite Rheinthal unterbricht die Fortſetzung der Gebirgsbildung, die im Ap⸗ penzellerland in gleich großen und hohen Maſſen anſteht. | Im Oſten erſtrecken ſich dieſe Gebirgstheile in einer unun⸗ terbrochenen Verbindung bis an den Jachberg bey Hinde⸗ lang, von wo aus ſie ſich dem Salober und Saͤuling zu⸗ ziehen. Du wirſt, ohne daß ich Dich darauf aufmerkſam mache, 1404 son, ſelbſt tin ſehen, daß alle die vor mir gelegenen Berge blos ein integrirender Theil der großen noͤrdlichen Alpkalk⸗ ſtein⸗Kette find, die ſich aus Frankceich bis nach Ungarn an dem im Mittel gelegenen Urgebirge hinzieht; allein, ſo wie ich nach vorherigen Reiſen durch das Salzburgiſche Tirol und die Schweiz den Schluß machen kann, iſt dieſes Kalk⸗ gebirge in dem Impoſanten, Steilen und Schrofien des außern Anſehens am allerauffallendſten und übertrifft noch die Gebirgs theile jener Gegenden. Neulich hatte ich von Blaichach aus in größerer Entfernung die mehr allgemeine Ueberſicht dieſer erſtaunlichen Gebirgsbildung angeſtaunt, heute konnte ich das Detail derſelben auf dem nahen Stand⸗ punkte beobachten; — aber auch dieſes Detail erfuͤllt uns mit Bewunderung. Nicht leicht wirſt Du ſonſt wo eine ſo lebloſe Schöpfung gewahr werden; mehrere tauſend Fuß hohe Felſenwände ſcheinen Dir mit dem einen Ende das Gewoͤlbe des Himmels zu tragen, indeß das andere in un⸗ wirthbare, undurchdringliche Tiefen, in denen ewige Nacht herrſcht, hinabſtürzt. Nicht einmal der Schnee hat an den Flanken dieſer immenſen Pyramiden feſten Fuß faſſen koͤnnen, viel weniger der Grund und Boden vegetabiliſcher Erde; alles ſteht erſtorben und nackt und kahl da; nichts kann in dieſen Regionen ewiger Kaͤlte gedeihen oder leben, bloß der Zahn der Zeit nagt an dieſem Gerippe des feſten Erdkoͤrpers und umſtaltet noch jezt mit unſichtbaren Kraͤf⸗ ten dieſe Ruinen der Vorzeit. Welch ein unendlicher Ab⸗ ſtand von dieſer unorganiſchen Schöpfung bis zu uns, dem feinſten organiſchen Weſen! und doch liegt er, wie in mei⸗ nem Innern verborgen, der Gedanke, daß die ſchaffende Kraft — in den unendlich modificirten Gebilden, und durch alle Gradationen deſſen hindurch, was wir als erſchaffen erkennen — einer ſucceſſiven Selbſtentwicklung des einen aus dem andern gefolgt ſeye. — 105 Laß mich den Faden meiner Erzählung wieder anknüͤ⸗ pfen, bald hat fie mich weiter ‚geführt als die Ausſicht von meinen Bergen! — Den vorgefundenen Urgebirgsarten auf dem Ruͤckwege immerhin nachdenkend, machte ich noch ei⸗ nen Verſuch, vielleicht eine weitere Auskunft uͤber dieſelbe zu erhalten; zu dem Ende begab ich mich in die tiefe Schlucht, die ſich die Riedberger⸗-Aach an dem Fuß dieſer Gebirge durchſchnitten hat, um vielleicht da an entbloͤsten Stelen das weiter oben faſt aller Orten zugedeckte Innere des Berges zu erforſchen. Ich fand hier keine Spur von Urgebirgsarten, ſondern bloß wieder maͤchtige Mergelſchie⸗ ſer⸗ Schichten, mit denen abwechſelnd deutlich geſchichteter Feuerſtein in Floͤzen einbricht; ſtehe darüber die Probeſtuͤcke Nro 32 bis 35 der Sammlung nach. In dem Verzeich⸗ niß habe ich mich ſchon ausfuͤhrlich uͤber dieſe Gebirgsar⸗ ten mitgetheilt, und die für Dich zuruͤckgelegte Muſter wer⸗ den Dich ganz uͤberzeugen, daß die Mergelſchiefer den voͤl⸗ ligen Uebergang in dichten Kalkſtein bilden, und daß hin⸗ wieder auf einer allmaͤhligen Stufenfolge der dichte Kalk⸗ ſtein in Feuerſtein uͤbergeht. Ich habe demjenigen Mittel⸗ fol, was zwiſchen Kalkſtein und Feuerſtein zwiſchen inne ſteht, am Stahle Feuer giebt und zugleich mit Saͤuren aufbraust, um in der Zukunſt keine Umſchreibungen zu machen, den ſchon bekannten Namen Conit beigelegt, und nenne eben ſo diejenige Abart, die ſich ſchon mehr dem Kalkſtein nähert und blos noch in das Glas rizt, Mittels Kalkſteine; keine neue Namen! Verſtehſt Du wohl, ich mag Deine Gedaͤchtniß⸗ Nerven nicht damit auf die Fol ter ſpannen. Wenn gleich das Vorkommen von Feuer⸗ ſtein⸗ und Hornſtein-Schichten zwiſchen denen aus Kalk⸗ ſtein und verhaͤrtetem Mergel beſtehenden Niederſchlaͤgen f auch anderer Orten nicht ſehr ſelten iſt, ſo verwundert mich doch immerhin, wenn ich dem Bildungstrieb, der hier ein⸗ 106; gewirkt haben muß, nachdenke, ihr Daſeyn als eine von den Geſetzen bildender Kraft abweichende Erſcheinung. So weit wir uns hier auf den erſten Blick aus kennen, hat die Schoͤpfungs⸗ Periode, in der faſt blos kieſelartige Subſtan⸗ zen abgeſezt wurden, laͤngſt ſchon in ihrer großen chemi⸗ ſchen Entwicklung aufgehört ; ſpaͤter erfolgte mechaniſche Nieder ſchlaͤge charakteriſtiren, ich möchte bald ſagen augen⸗ ſcheinlich, den kohlenſtoffſauren Kalk, und auf einer noch tiefern Stufe des Gebildeten ſteht doch wohl derjenige Mer⸗ gelſchiefer, der ſich hier am Ausgehenden dieſer Formation abgeſezt hat. Auf dem Gebiete der neueſten Schoͤpfung, auf dem wir hier Achen, auf dem ſich ſchon die Spuren einer zu Grunde gegangenen organiſchen Welt zeigen, alle durch innere Kraft neu hervorgegangene Stoffe, und ſohin⸗ auch die, wie es ſcheint, ihnen mehr angehörige kieſelartige Subſtanzen, verſchwinden, wo, was auch noch von leztern vorkommt, die Sandſteine ſich bloß als Reſte des Vorhe⸗ rigen heruͤber gerettet haben, und nicht als Effort einer neu belebten bildenden Kraft entſtanden ſind — Hier, ſage ich, gerade auf dieſer tieſen Stufe des Geſchaffenen, in dem, wie mir deucht, erſt ſpaͤter noch auf die Alpkalkſtein⸗ Formation aufgeſezten Gebilde — eine kieſelartige Abſe⸗ Kung von ſolchem Belang, an der man ſonſt keine außer⸗ gewöhnliche Bildung, ſondern vielmehr einen ruhig erfolge ten Niederſchlag wahrnehmen kann! Wen ſollte das nicht befremden? Sollten wir nicht hier die Wiederkehr einer ganz gewichenen Kraft, eine Oscillation in dem Tempo der Schöpfung erkennen? Nicht allein dieſe mächtig ab⸗ geſezten Feuerſteine laſſen mich ſo etwas ahnden; der Ro⸗ genſtein, der koͤrnichte Quarz, von denen ich Dir neulich. geſchrieben, verdanken die nicht vielleicht einem aͤhnlichen Momente der im Streit geweſenen Kraͤfte ihr Daſeyn? Wenn wir das Vorkommen dieſer Feuerſteine näher in Bes 107 trachtung ziehen, fo finden wir noch uͤberdieß Modificatio⸗ nen in dem Geſchaffenen ſelbſt, die uns dieſe Idee noch mehr beleuchten. Es zeigt ſich durchgehends keine gang reine kieſelartige Abſonderung, eben fo wenig, als der zus naͤchſt mit ihnen einbrechende kohlenſtoffſaure Kalk nicht ganz rein aus der Solution hervorgieng; ſehr viele ange⸗ ö * ſchlagene Stuͤcke auf entfernten Punkten ihrer Geburts⸗ ſtelle ließen mich den beſtaͤndigen Uebergang des einen zum andern und die Verwandtſchaft aller wahrnehmen; — liegt nicht in dieſen Educten ſelbſt der Streit der Kraͤfte (der Anziehungskraft und der Schwere, wovon keine der an⸗ dern ganz weichen wollte, und die Reaction beyder zugleich erzeugte) gleichwig in einem Beyſpiel des Geſchaffenen vor unſern Augen? Die Schichten des Kalkſteins und verhaͤrteten Mergels laſſen kein gleichartiges Fallen und Streichen bemerken; ers ſteres zeigt ſich meiſt unter einem Winkel don 60 — 70 Graden; die Maͤchtigkeit der Schichten beträgt nicht uͤber einige Zolle, und fehr oft und vielfältig wechſeln die Floͤtze 1 1 des Feuerſteins mit den kalkartigen ab. Der ſpaͤtige Kalk⸗ ſtein, den ich ſonſt nirgends in Schichten vorgefunden, zeigt ſich hier zwiſchen den Flögen des Mergelſchiefers in ſchmalen Lagern von 3 bis 4 Zoll. Die Riedbergeraach, durch deren Durchbrechen dieſe Maſſen entblöst worden ſind, bildet faſt in ihrer ganzen Erſtreckung nur Einen Waſ⸗ ſerfall und ſtuͤrzt ſich ſchaͤumend von einem Abſturz zum andern. f Gerade da, wo ich die Probeſtuͤcke der Sammlung ab⸗ ſchlug, finden ſich eine Menge dieſer abwechſelnden Schich⸗ ten von einem Waſſerfall übergoffen; die entbloͤste Felſen⸗ wand, an der ſich dieſe Schichten in einiger Entfernung wie bunte Streifen zeigen, ſieht einem großen Blocke von Band⸗ jaſpis frappant aͤhnlich, und das milchweiße Schneewaſſer, 108 das in duͤnnen Silberfaͤden über dieſen Abfall herabgleitet, bedeckt wie mit einem Schleier die groͤbern Zuͤge dieſer intereſſanten Felſengruppe. Von den vielen in dieſem Wildbache vorgefundenen großen Geſchieben, die wohl nicht weit hergefuͤhrt ſeyn koͤnnen, da fie meiſt nur wenig zugerundet' ſind, nahm ich die Muſter der Sammlung Nro 35 — 40. Sie laſſen vers muthen, daß weiter hinauf am Gehaͤnge des Berges wopE » 2 die gleichen Sandſteine wie am Schwarzenberg anſtehen. Doch genug fuͤr heute! ſonſt laufe ich Gefahr, daß es Dir mehr Muͤhe macht, meine Briefe zu leſen, as me ſle niederzu ſchreiben. \ Sechster Brief. Sonthofen im Algaͤu, den 25 Juni 1808. Du kannſt Dir eine Idee von der abſcheulichen Witte» rung machen, die mich überfallen hat, wenn ich Dir ſage, daß ich dieſe Zeilen hinter dem Ofen ſchreibe. Im Ge⸗ birge ſchneit es noch taͤglich, wahrend es hier im Thale grunde unaufhörlich fortregnet. Da ich bei dieſer fatalen Witterung die ganze Zeit uͤber in beſtaͤndiger Bewegung geweſen, ſſo bin ich auch nun fo müde, daß ich wirklich der Erholung bedarf; auch meine Pferde erklaͤren ſich deut⸗ lich und gehen allem, was einem Stall aͤhnlich ſieht, ohne weiters zu, und ſelbſt Jacob, der Unverdroſſene, fängt erſt wieder an ſich zu bewegen, nachdem er vernommen, daß ich einen Raſttag zu machen vorhabe. Um Dich, wo: Du doch fiehft, daß bey uns alles muͤde iſt, nicht auch noch zu ermuͤden, will ich all dasjenige dahin geſtellt ſeyn laſſen, was Miß Pluvia noch fonft alles für Unheil ange ſtiftet bat. 0 109 Es würde mich zu weit führen, wenn ich Dir von ab len meinen indeß von hieraus gemachten Excurſionen Nach» richt geben wollte, und ich beſchraͤnke mich daher, Dir bloß dasjenige mitzutheilen, was ich auf dem zweymal beſtie— genen Gruͤnten, der einen bedeutenden Aufſchluß über die Gebirgsbildung am Ausgehenden der Alpen de, zu beobachten Gelegenheit fand. . Der Gruͤnten oder Gründen iſt von zwey Seiten zu beſteigen; man kann gleich von Burgberg aus an deffen mittaͤglichem Abhange hinaufgehen, oder man umgebt ihn gegen Raichen zu, und gewinnt dadurch den öftlichen Ab⸗ hang. Der erſte Weg fuͤhrt ſehr ſteil und beſchwerlich hin⸗ auf, auf dem zweiten gelangt man ohne ſonderliche Ans ſtrengung auf denſelben. Seiner Lage nach gehoͤrt der Gruͤnten ſchon zu denjenigen hohen Bergen, die gegen Nor den das Alpengebirge begrenzen, und die ſchon in den großen Thalgrund oder Meeresgrund hinab fließen. Oeſtlich hängt er in einer fanft abfallenden Verbindung mit der nach Füßen Hhinziehenden Bergkette zuſammen; gegen Abend aber, wo ſich an ſeinem Fuß die Iller den Ausgang aus dem hohen Gebirge durchbrochen hat, iſt er fleil abgeſchnitten und ſcheint ganz iſolirt da zu ſtehen. Man ſieht nicht gleich ein, mit welchen Bergen jenſeits des Illerthals er ehedeß zuſammengehaͤngt habe, da dieſe einen einſpringenden Win⸗ kel gegen Süden bilden. Das Gehaͤnge des Berges iſt, wie mir ſcheint nach dem Charakter der hierortigen Ges birgsbildung, ſteil gegen Norden, ſonſt gegen Suͤden; und eben ſo ident als einzelner Theil des Ganzen iſt ſeine Aus⸗ dehnung von Nordoſt nach Suͤdweſt laͤnger geſtreckt, als von Norden nach Suden. Wenn ich Dir das Streichen des Gruͤnten nach ſeinem ganzen koͤrperlichen Innhalt an⸗ geben ſollte, fo müßte ich ſagen, daß er in der 3 — aten Stunde von Nordoſt in Suͤdweſt ſtreiche, gerade ſe, wie 410 ſich faſt beſtändig das Streichen feiner, einzelnen Schichten ausweist; fen Anneigungs-⸗Verhaͤltniß im Großen iſt uns gefaͤhr, wie meiſt die Richtung des Fallens ſeiner Schich⸗ ten im Kleinen, hora 8 — 9 nordweſtlich. ! Ein geuͤbtes Auge wird ſich bald auskennen, daß die Bergkette, in der der Gruͤnten als einer der hoͤchſten Punkte hingeſtellt iſt, in etwas von denjenigen Gebirgstheilen ab— weiche, die ſich mehr im Suͤden in hoͤhern Maſſen erhes ben. Dieſe vorliegende Theile ſind lange nicht ſo hoch und ſo ſteil als die ruͤckwaͤrts anſtehenden; das Steile und Schroffe des aͤußern Anſehens, das ich Dir neulich be? merklich gemacht habe, zeigt ſich an ihnen in einem nur verjuͤngten Maaßſtaab; weit hinauf reichen die Waldungen, und die Vegetation, die dort faſt gaͤnzlich erſtorben ſcheint, hat hier ſchon aller Orten feſten Fuß gefaßt; ſelten bemerkt man im Sommer an den Gipfeln dieſer Berge etwas Schnee, und iſt dieſer gewichen, ſo ſind auch gleich die Alpentriften bis zuoberſt hinauf mit friſchem Gruͤn bekleidet. Ich muß Dir, um Dich nicht irre zu machen, bemerken, daß ich bey der Ausſicht von Blaichach aus dieſe Berge ſchon zur Seite hatte, da ich durch die Spalte ſah, die ſich die Iller dem Gebirge zu eröffnet hat; vom Riedberg aus ſtand ich aber bereits ſchon dem hohen Gebirge zunaͤchſt gegen uͤber, und dieſe vordern Berge lagen mir ſchon ruͤckwaͤrts. So viel im Allgemeinen; bey der erſten Beſteigung des Grünten am ſuͤdlichen Abhange fand ich nicht weit ober» halb Burgberg den Mergelſchiefer Nro 53, der ſich an den niedrigſten Punkten des Gruͤnten hinzieht, und wo er mehr in die Hoͤhe reicht, in uͤbergreifender Ablagerung andere, auch hoͤher anſtehende Gebirgsarten bedeckt. Er iſt in ſei⸗ nem Vorkommen ganz ident mit demjenigen Mergelſchie⸗ fer, der ſich an der Iller bey Fiſchen hinzieht, und ſich am Ausgehenden des Schwarzenbergs und Riedbergs vor⸗ 111 findet; und es läßt ſich kaum daran zweifeln, daß er das jüngfte Gebilde der ganzen hierortigen Gebirgsbildung ſeye. Hat man das Gediet dieſer ſpaͤter abgeſezten, nie weit hin⸗ aufreichenden Abſetzung uͤberſtiegen, ſo findet man die Stein⸗ arten Nro 51 bis 53 der Sammlung. Der mit vielen Numiliten oder Bratenburger-Pfennig⸗Verſteinerungen durchaus angefuͤllte verhaͤrtete Kalkmergel Nro. 51, wel cher als der erſte Vorbothe der Formation des koͤrnigen Thoneiſenſteins anzuſehen iſt, fällt unter einem Winkel von 20 — 30 Grad, hora 9— 10 rechtwinkelicht ein, und ſtreicht hora 3 4 nordöftlich. Es iſt dieſe Gebirgsart in vielen übereinander gelegenen Schlchten maͤchtig anſtehend, und es gewinnet ſchon deym Anſtehen das Anſehen, daß dieſe am Fuß der hoch anſtre⸗ denden Gebirgsbildung ſich hinziehende Steinart, wie an dem Kern der Grundmaſſe des Gruͤnten, abgeſezt worden ſeeoye. Nicht weit von dieſer zu Tage anbeißenden Gebirgs⸗ art, nur etwas höher gelegen, befinden ſich die Eifenfleins gruben, aus denen, wie ich Dir ſchon neulich geſchrieben habe, der bey Sonthofen an der Oſtrach befindliche Hoch⸗ ofen geſpeist wird. Auf dem Wege dahin fand ich Nro 54 bis 59 der geognoſtiſchen Sammlung. Dieſe Stein⸗ arten ſind ohne Zweifel ſchon vor langer Zeit aus dem Berge herausgefordert worden, und dienen als ein Beleg von dem Innern des Berges, was hier aller Orten mit vegetabilis ſcher Erde und Grus ganz bedeckt iſt. Ueber das Befah⸗ ren der verſchiedenen Gruben will ich Dir keinen foͤrmli⸗ chen Grubenbericht, ſondern nur einige allgemeine Notizen mittheilen. Die hieſigen Eiſenſteinfloze, die ſaͤmtlich aus keoͤrnigem Thoneiſenſtein beſtehen, ſtreichen faſt unabweich⸗ lich hor. 3 —4 von Nordoſt in Suͤdweſt; das Fallen iſt aber ſehr verſchieden, und der Umftand dabey merkwuͤrdig, daß immer zwey und zwey Floͤze in einer groͤßern oder 112 kleinern Entfernung faſt immer parallel laufen, wovon das untere ſein Fallen gegen Mitternacht, und zwar ge⸗ woͤhnlich unter einem Winkel von 45 Grad (wie beſon— ders auffallend am Claudiusſlöͤz), das obere aber unter ei— nem Winkel von so — 12 Grad gegen Mittag hat (wie 3. E. auf dem Andreasfz). Nicht felten werden die Ei⸗ fenfteindöze, deren Maͤchtigkeit von 2 bis zu 6 Fuß abwech⸗ felt, nach ihrem Streichen von ſogenannten tauben Mitteln durchſezt, die oft 5 bis 6 Lachter andauren. Der koͤrnige Thoneiſenſtein iſt von roͤthlich brauner Farbe, die ſich Dies weilen ins Braunrothe verlaͤuft. Die Körner find meiſt klein, auch geht er hie und da, jedoch nur ſelten, in den dichten thonichten Etiſenſtein über. Seine Beſtandtheile ſind nach dem quantitativen Verhaͤltniß noch nicht analy⸗ tiſch bekannt; nach feinem Verhalten beym Verſchmelzen zeigt ſich aber Eiſenkalk, Thonerde, Kalkerde, Kieſelerde, Kohlenſchwefel und Phosphorſaͤure. Die Gewinnung die⸗ ſes Eiſenſteins geſchieht durch einmaͤnniſches Bohren und Schießen, nur ſelten mit Schlegel und Eiſen. Das Han- gende und Liegende dieſer Eiſenſteinfoͤze, das Du von ſaͤmt⸗ lichen Gruben sub Nro 60 —7ı der Sammlung vorfinden wirſt und wovon ich die Beſchreibung im Catalog ganz ausführlich nach den erhaltenen Probeſtuͤcken entworfen habe, beſteht in einem verhaͤrteten eiſenſchuͤßigen Mergel, der faſt immer mit einzelnen Koͤrnern des thonigen Eiſen⸗ ſteins angefuͤllt iſt, und wo dieſe Beymengung uͤberhand nimmt, in einen armen Eiſenſtein uͤbergeht. Außer den Eiſenſteinkoͤrnern bricht mit dieſem verhaͤrteten Mergel hell⸗ weißer ſpaͤthiger Kalkſtein, Kohlenblende und fein einge⸗ ſprengter Chlorit ein, und faſt immer iſt er mit Verſteine⸗ rungsſpuren angefuͤllt, unter denen die Nummiliten am haͤufigſten erſcheinen, ſich aber auch Echiniten⸗Verſteine⸗ rungen, dann Kegelſchnecken, Herzmuſcheln, Oſtraiten und \ r A * f 113 Bruckiniten in großen, deutlich erhaltenen Stuͤcken vorfin⸗ den. Von dem Heer von Ammoniten, das ſich in andern ähnlichen Formationen vorfindet, fand ich hierorts keine einzige Spur. Dieſe Formation des verhaͤrteten Mergels mit dem koͤrnigen Thoneiſenſtein baſſrt auf demjenigen Kalkſtein und Sandſtein, der in abwechſelnden Schichten eben 10 an den hoͤhern Punkten 's Berges fein Ausgehen⸗ des gewinnt, als er an den tiefen Punkten, da wo die abgeſezten Mergelichichten zerſtoͤrt und abgeriſſen find, her⸗ vortritt, und aus dem daher dieſes ganze Gebirge zu bee ſtehen ſcheint. Es ſcheint hier der Eiſenſtein mit dem 0 Mergel die ſchildformige und zwar die buckelfoͤrmige Abs lagerung zu bilden, und ſeine Schichten ſind demnach auch nicht in die aͤltern Riederſchlaͤge verwebt oder eingreifend, ſondern bloß aufgeſezt, wie ſich das auch ſchon ſelbſt aus dem aͤußern Anſehen der Oberflache des Terreins erkennen laͤßt. Die ganze Localitaͤt berechtigt zu der Vermuthung, daß dieſe hierortige Eiſenſtein- Formation aͤlter wie der Mergelſchiefer Nro 53, und jünger wie der Kalkſtein und Sandſtein Nro 72 bis 75 ſeye. Allem nach wurde dieſe ſelbſtſtaͤndige Bildung aus einer Solution präcipitirt, die Kalk, Thon und Kieſelerde zu ziemlich gleichen Theilen enthielt und die noch uͤberdieß mit Eiſentheilchen geſchwaͤn⸗ gert war. Die Reagentien der Erdarten finden ſich alle in den aͤltern Niederſchlaͤgen enthalten; woher mögen aber die me⸗ talliſchen Theile herruͤhren, von denen ſich weiter keine Spur in dem fruͤher Erzeugten wahrnehmen laͤßt? So wie das plözliche Hervortreten des Metalliſchen bes fremdet, eben fo muß man ſich über den Reichthum der Ueberreſte aus einer zerſtoͤrten organiſchen Schöpfung zu⸗ naäͤchſt an einer Gebirgsbildung verwundern, wo man vor— unnd ruͤckwaͤrts nur einige Spuren vorfindet, und auch das, 5 ar Pd. 414 was fich davon zeigt, auf das Daſeyn ganz anderer Ges ſchoͤrfe den Schluß machen laßt. Sollten wohl nicht die hier abgeſezten metalliſchen Athome zum Theil ſelbſt aus dem zerſtoͤrten Organismus hervorgegangen ſeyn? Die Phosphorſaͤure (die beym Verſchmelzen der Eiſenſteine durch die Schwefelſaͤure nicht gänzlich gehoben werden kann, und weshalb die Verſteinerungen nicht ſorgfaͤltig genug geſchie⸗ den werden koͤnnen, wenn das Eiſen ſelbſt nicht allzukalk⸗ bruͤchig ausfallen ſoll) iſt doch gewiß animaliſchen Urſprungs. Ich fand den gleichen Reichthum der naͤmlichen Seege⸗ ſchoͤpfe zugleich in derſelben Eifenfteindildung bey Rizeln und Dornbirn im Vorarlberg, am Fuß des Camors im St. Galliſchen und nicht weit vom Roßberg im Canton Schwyz, immer an den Flanken der gleichen Gebirgsbil⸗ dung auf ziemlich gleichem Niveau abgeſezt, auch die mir nicht bekannte Formation am Kreſſenderg an der Salz⸗ burgiſchen Grenze, und auf dem Gallon am Sulzberge im Landgericht Trauenſtein, iſt allem nach mit den hier ger dachten Gebilden ganz analog. Die Formation des koͤrni⸗ gen Thoneiſenſteins bey Aalen, Waſſeralfingen und im El⸗ wangiſchen, die ich voriges Jahr zu ſehen Gelegenheit ges habt habe, und die ſich an dem Ausgehenden der dortigen Juraformation, wie hier an den Grenzen des Alpenkalk— ſteins abgeſezt hat, enthaͤlt, ſo ſehr ſie auch im Einzelnen abweicht, doch im Ganzen genommen, viele Uebereinſtim⸗ mung. Mir ſcheint es ſehr wahrſcheinlich, daß erſt, nach⸗ dem der Sandſtein und Kalkſtein ſchon gebildet geweſen, die organiſche Schoͤpfung, von der wir dieſe Ueberreſte fin, den, aus der Hand der Naturkraft hervorgegangen ſeye, und daß, nachdem fie zu der größten Fülle lebendiger Reg ſamkeit gediehen, eine gleiche Urſache, die die ſpaͤtern Nie derfchläge werden ließ, fie in einem Moment ergriffen und getoͤdtet und als Zeugen der Schoͤpfungsperiode in ihren DT 415 Schoos aufgenommen habe. Das Zugrundegehen des Eis nen und das Entſtehen des Andern liegt in der Natur oft ſo zunaͤchſt beyſammen, daß man Umbildungen der Art als faſt allen Erfahrungen analog in Anſpruch nehmen moͤchte; wie unendlich Vieles des Organiſchen iſt nicht ſchon ins Unorganiſche übergegangen! nur das directe Zus ruͤckkehren des Organiſchen aus dem Lebloſen der unoraas niſchen Schoͤpfung uͤberſteigt mir jeden Begriff und ich kann davon fuͤr mein Vorſtellungsvermoͤgen auch nicht einmal eine entfernte Idee auffaſſen. Doch es iſt hohe Zeit, daß ich einlenke und meinen Weg weiter fortſetze, ſonſt deucht es Dir eine Ewigkeit, bis wir die Spitze des Gruͤnten mit einander gewinnen. Nachdem ich die Eiſenſteingruben verlaſſen und den fanft anſteigenden ſchildfoͤrmigen Abhang erſtiegen hatte, unter dem ſich ſelbige befinden, fuͤhrte mich auf einmal der Pfad ungleich ſteiler und gaͤher Berg an; von hier an bis weiter hinauf wachſen nur noch einige wenige Stauden, und eis a welche verkruͤppelte Tannenbaͤume ſtehen noch als einzige Zeugen der abnehmenden Vegetation umher; auf der Nord— ſtite fand ich aber noch eine bedeutende Strecke, an wel⸗ cher der heurige Schnee noch nicht geſchmolzen war. Hat man etwas über die Hälfte der Höhe des Grunten gewon⸗ nen, ſo zeigen ſich erſt die weiter abwärts am Gehaͤnge bes Berges mit Grus und Sand bedeckten Sandſtein- und Kalk⸗ ftein. Schichten in iſolirten, frey ſtehenden Felſenmaſſen; ſiehe Nro 72 bis 75 der Sammlung. Zuerſt fand ich den Sandſtein, der in ſehr vielen übereinander gelegenen, meiſt nur ſchmalen Schichten ſich auf einer großen Strecke aus⸗ breitet; erſt weiter nach der Hoͤhe zu bemerkte ich den auf ihm abgeſezten Kalkſtein. Ich kann Dir nicht beſtimmt angeben, ob der Sandſtein und Kalkſtein ſich aller Orten unter dieſem Verhaͤltniß ausweist, oder ob nicht beyde Ge 416 birgsarten mit einander abwechſeln; indeß bin ich doch, auch in Hinſicht auf das Vorkommen in den Gegenden von Meiſelſtein, der Vermuthung, daß der Sandſtein im Grunde der ganzen hieſigen Ablagerung anſtehe; und der Kalkſtein, wenn er auch auf der Grenze bisweilen mit dem Sandſtein abwechſelt, denn doch im Ganzen genommen juͤngerer Entſtehung ſeye. Die Schichten des Kalkſteins wie des Sandſteins fallen nordweſtlich ab und erheben ſich mithin gegen Suͤdoſt, alſo daß, da die Grade des Fallens beträchtlich find, wohl ein und eben daſſelbe Flöz, was zu oberſt am Berge anſteht, am Fuß des Berges wiederum zu Tage ausgehen dürfte. Der Gruͤnten iſt weit und breit wegen ſeiner Ausſcht bekannt, nicht ſowohl wegen der ins Gebirge, denn noch hoͤhere Berge liegen ihm gegen Mittag zu nahe, um da⸗ hin eine weite Ausſicht zu erhalten, ſondern wegen der Aus⸗ ſicht, die man von ihm aus in die Ebene gewinnt; ich war daher ſehr erfreut, als ſich gerade, nachdem ich den hoch ſten Punkt erſtiegen hatte, das Wetter aufheiterte, und in⸗ dep noch dichtes Gewoͤlke das hohe Gebirge verhuͤllte, dieſe große Fläche, von dem lezten Schimmer der untergehen⸗ den Sonne beleuchtet, in dem vortheilhafteſten Lichte vor mir ausgebreitet erſchien. 8 Wie auf einem bezauberten Basrelief liegt auf einmal der große Raum, in dem die Iller, Wertach und der Lech ſich in verſchiedenen Richtungen ausbreiten, zu unſern Fuͤßen. Die einzelnen Hügel in dieſem großen platten Lande ſchei⸗— nen uns wie Mohnkoͤrner auf einem großen Plane zerſtreut; große Waldungen markiren ſich mit ihrem dunkeln Grün . wie Schilfgewaͤchſe auf der Flaͤche eines Teiches; der Bo⸗ denſee, Buchhorner- und Ammerſee belebten die dunkle Flaͤche wie große glaͤnzende Spiegel, und weit hinweg uber die Staͤdte Kempten und Memmingen ſieht man das aus⸗ 117 gedenhute ſchwaͤbiſche Albgebirge, wie eine Kette von Huͤ⸗ geln, den noͤrdlichen Horizont begrenzen. Der Geognoſt uͤberſieht von dieſem Standpunkte das, was ich Dir über das Verhalten dieſer Ebene ſchon früher geſagt habe, auf den erſten Blick, und kann auch die Grenze zwiſchen der Nagelſſue und dem Gebiete des jüng⸗ ſten Sandſteins deutlich wahrnehmen. So unerwartet angenehm mich dieſe Ausſicht uͤberraſcht hat, ſo fatal war der Weg, den ich zuruͤcke zu nehmen veranlaßt wurde; es war ſchon ſpaͤt am Tage, und mein Fuͤhrer hielt es am raͤthlichſten, den naͤchſten Weg einzu⸗ ſchlagen; aber das war ein ewiges, ſo beſchwerlich als ges 1 faͤhrliches Klettern von einem Abgrunde des weſtlichen fteis len Abhangs zum andern, und ich glaube, daß ich ohne meine Steigeiſen nimmer im Stande geweſen wäre zu folgen. So viel von meiner erſten Reiſe auf den Gruͤnten, ſo⸗ bald ich etwas Zeit finde, werde ich Dir auch von den zweiten Excurſion Nachricht geben. Indeſſen lebe wohl, mein lieber Freund! und zweiſſe nie an der unwandelbaren Liebe deſſen, der ganz Dein gehoͤrt. Siebenter Brief. Sonthofen im Algaͤu den 28 Juni 1805, N Seit meinem Lezten bin ich Dir um Vieles weiter geruͤckt, — nicht auf der Reife ſelbſt, ſondern in Beurtheilung deſſen, was ich geſehen habe und noch ſehen werde. Unvermuthet kam der Chef unſeres Berg- und Huͤttenweſens, der Herr Geheime Rath Baron von Schwerin, dahier an, und gab; mir die Erlaubniß, ihn auf einigen, in der Gegend ge⸗ * 118 machten Excurſionen begleiten zu duͤrfen. Wenn es mir gelingt, Dir hinkuͤnftig richtige Bemerkungen mitzutheilen, fo kannſt Du überzeugt ſeyn, daß ich fie feiner gütigen Bes lehrung verdanke; wenn ich mich verirre, ſo mag es Das her ruͤhren, daß ich ihn nicht recht gefaßt habe. Er ver⸗ bindet eine fo ſeltene Liebenswuͤrdigkeit des Charakters mit profonden Kenntnißen und Erfahrungen, daß, wer einmal das Guck gehabt hat, ihn naher kennen zu lernen, uns willkuͤhrlich beſtimmt wird, ihn hochzuachten, und ich wurde von der Empfindung der reinſten Verehrung gegen ihn durchdrungen, nicht weil er mein gnaͤdiger Chef iſt, fons dern weil ihn ſeine Eigenſchaften noch weit uͤber ſeine Ver⸗ haͤltniße erheben. | In meinem vorigen Schreiben bin ich bey der erſten Excurſion auf den Grünten ſtehen geblieben; hier noch eis nige Bemerkungen von der zweyten. Ich ſchlug dießmal den Dir ſchon lezthin beſchriebenen Umweg uͤber Reichen ein. Zuerſt gelangte ich bey dem ſogenannten Schaͤnzel an den nordweſtlichen Fuß des Gruͤn⸗ ten; dieſer Theil des Berges iſt bis weit hinauf ganz ents bloͤst und zeigt auch die Schichten der aͤltern Gebirgsart, die man an den andern Seiten deſſelben erſt auf bedeutens der Hoͤhe vorfindet, hier ganz in der Tiefe; da ſich hier nicht einmal die Nagelſſue abgeſezt vorfindet, die doch ſonſt aller Orten auf tiefern Punkten anfteht, fo ſcheint es, daß eine bedeutende Waſſerfluth einmal dieſen Theil des Ber— ges deſpuͤlt, abgeriſſen und die juͤngern aufgeſezten Gebirgs⸗ arten mit ſich fortgeriſſen habe. Ich ſchlug an der naͤchſt am Schaͤnzel befindlichen entblösten Felſenwand den Sand» ſtein Nro 79 bis 81 und den Kalkſtein Nro 76 bis 82 ab; die vier leztern Steinproben nähern ſich ſchon dem Mer⸗ gelſchiefer. Saͤmtliche Schichten ſteigen unter einem ziem⸗ lich ſtarken Winkel nach Suͤdoſt, wie es mir geſchienen hat, 419 bis hinauf an die Spitze des Berges, oder fallen von Dies fer dem Schänzel gegen Nordweſt zu; der Sandſtein hat auch hierorts die tiefſten Punkte eingenommen, und auch hier iſt erſt wieder der Kalkſtein auf dem Sandſtein abges ſezt. Der eingeſprengte Ehlorit iſt für dieſen Sandſtein⸗ eben ſo charakteriſtiſch als fuͤr denjenigen, den ich am ent⸗ gegengeſezten Abhange vorgefunden, ja er ſcheint in die⸗ ſem noch häufiger vorzukommen, und hat auch denjelben ganz dunkelgrün gefärbt. Wo eigentlich der Conit Nro 87 und ob er auch wirklich hierorts zwiſchen den Sandſtein⸗ ſchichten eingebrochen habe, weiß 0 mir nimmer ganz ge⸗ nau zu erinnern. Vom Schaͤnzel gieng ich nach dem Dorfe Reichen und beſtieg von da aus den Gruͤnten auf dem noͤrdlichen Ab⸗ hange; oberhalb Reichen fand ich den Sandſtein Nro 83. Dieſer ſchieferige Sandſtein iſt mit dem vorherigen Sands ſtein nicht zu verwechſeln; er enthalt keine Spur von Chlo⸗ rit; dagegen auf ſeinen ſchieferichten Abloͤſungen Glimmer und Spuren von Steinkohlen, und haͤngt ohne Zweifel, indem er hier die aͤltern Niederſchlaͤge, jedoch nur bis auf eine gewiße Höhe überlagert, mit der juͤngſten Sandſtein⸗ formation zuſammen, die ſich hier herum aber meiſtens auf tiefern Punkten zeigt, und die man auch wieder in den Gegenden des Lechs, z. B. bey Lechbruck mit vielen Steinkohlenfoͤzen abwechſelnd, vorfindet. Faſt zu oberſt am Berge fand ich das Conglomerat Nro 84, was ich mir auf dieſer Höhe nicht mehr vermuthet hätte, und endlich. an der Spitze dieſes Bergtheiles den Kalkſtein Nro 85, Dias Conglomerat, ein Mittel zwiſchen Sandſtein und Ra⸗ gelſſue, bildet an der einen Stelle eine bucklichte Ablage⸗ rung, fo daß die Schichten im entgegengeſezten Winkel ab⸗ fallen und ganz die Geſtalt eines Daches bilden. Der Kalk⸗ fein koͤmmt ganz mit demjenigen überein, den ich das erſte⸗ 420 mal auf ziemlich gleicher Höhe an der andern Seite deb — Berges vorgefunden. Da, ſo weit mir die eigentliche Alpkalkſteinformation be⸗ kannt ift; ich in derſelben nirgendswo eine Spur von Sands ſtein, wohl aber auf den tiefſten Punkten, als Baſis der ganzen Gebirgsbildung, Grauwacke und Grauwackenſchie“ fer angetroffen habe, ſo weiß ich platterdings nicht, welcher Formation ich den hieſigen Sandſtein und den in der Ges gend von Meiſelſtein vorgefundenen beyzaͤhlen ſolle. Die Verbreitung dieſer Gebirgsart iſt in Vergleich der Maſſe des Alpenkalkſteins nur unbedeutend, und wenn ich gleich ihre Ausdehnung faſt aller Orten längs dem Aus gehenden der Alpkalkſteinformation bis tief in die Schweiz, wie ich mich deſſen aus vorherigen Reiſen zu erinnern weiß, an⸗ getroffen habe, ſo iſt doch die Ausdehnung in die Breite nie groß beträchtlich. Wäre der auf dieſen Sandſtein ab⸗ geſezte Kalkſtein wirklich Alpenkalkſtein, ich waͤre geneigt anzunehmen, daß er hier die Stelle der Grauwacke ver⸗ trete, da ohnehin der Chlorit auf eine Gebirgsart aͤltern Urſprungs hinweist. Allein der hierortige Kalkſtein differirt in mehrerer Hinſicht von dem eigentlichen Alpkalkſtein; — er hat ungleich mehr Thon in ſeiner Miſchung aufgenom⸗ men als dieſer, und geht bisweilen in wirklichen Mergel⸗ ſchiefer oder verhaͤrteten Mergel uͤber; in ihm ſind mehrere und andere Verſteinerungsſpuren enthalten, und er gleicht in feinem ganzen aͤußern Anſehen mehr einem Jura- als Alpkalkſtein, ohne jedoch auch nur eine der Anomalien des Jurakalks aufzuweiſen. Mit der Formation des bunten Sandſteins hat zwar das hierortige Vorkommen des Sands ſteins am meiſten Aehnlichkeit, aber ich finde bey naͤherer Vergleichung der einen Gebirgsbildung zur andern ſo viel Abweichendes, daß ich mich nicht uͤberwinden kann, ße unbedingt derſelben beyzurechnen. 5 14 Naͤhere Unterſuchungen werden mich wohl mit der Zeit in den Stand ſetzen, uͤber dieſe Gebirgsbildung mehr Licht zu erhalten; ſo wie der Zweck meiner Reiſe ſelbſt nur erſt dahin geht, das Terrein zu ſondiren, ſo ſind auch meine Beobachtungen fuͤr's erſte nur Bruchſtuͤcke. In ſchon lange durchwuͤblten und vielfältig bereisten Gegenden, wo ſich eine Erfahrung und Beobachtung der andern anſchliezt, iſt es nicht mehr ſchwer, das Ganze zu umfaſſen und eine erſchoͤpfende Ueberſicht zu gewinnen, aber wo man, wie hier, zuerſt den Fuß in Gegenden verſezt, wohin wohl noch niemand gekommen, iſt es fuͤr's erſie uns moͤglich, ſich auszukennen. Lebe wohl! Achter Brief. Obersdorf, am Ausgehenden des Walſerthals, den 28 Juni 1805, = Ehe ich die Algaͤuer⸗Gegenden verlaſſe, die ich uͤbrigens wieder auf dem Ruͤckwege zu beſuchen gedenke, muß ich Dir noch mit ein Paar Worten einige Nachricht von dem hieher gemachten Ausflug geben. N Auf dem Wege von Sonthofen nach Alſteten fand ich oberhalb dem lezten Orte die vielfaͤltig zu Tage ausgehenden Schichten des Sandſteins, den Du sub Nro 8s in der Sammlung vorfinden wirſt. Dieſer Sandſtein (der von dem aͤltern Sandſtein am Gruͤnten und in den Gegenden von Meiſelſtein eben ſo gut, als von dem juͤngſten Sand⸗ ſtein unweit Reichen abweicht) findet ſich ausſchließlich an dem Abhang der ſanft anſteigenden Huͤgel, die ſich an dem Fuß der ruͤckwaͤrts gelegenen hohen Kalkalpen hinziehen. Der Weg nach Obersdorf beruͤhrt ein paarmal dieſe Erhoͤ⸗ = 422 hungen, die aus ihm beſtehen, und weiter abwärts, der Iller zu, hat der juͤngſte Mergelſchiefer ſich bereits wieder uͤber dieſer Gebirgsbildung abgeſezt, und man findet ihn daſelbſt nur da, wo örtliche Urſachen dieſe aufgeſezte Ge— birgsart abgeriſſen und das Unterlager entbloͤst haben. Es ſtreicht hor. 7— 8 oſtweſtlich und fällt unter einem Winkel von ungefähr 40 bis so Grad; einige Abarten dieſes Sand⸗ ſteins ſehen auf den erſten Anblick einem Glimmerſchiefer ſehr ahnlich; man bemerkt aber bald bey näherer Unterfüs chung, daß der Glimmer in ihm kein Continuum bildet, ſondern in kleinen ſchuppichten Lamellen ohne Zuſammen⸗ hang inneliegt, auch daß er nicht mit Lagern eines weißen Quarzes, ſondern mit Lagern eines feinen Sandes abwech⸗ ſelt. Er enthaͤlt eben ſo wenig eine Spur von Chlorit wie der Dir ſchon bekannte aͤltere, mittelzeitige Sandſtein, als auch keine von Steinkohlen, die doch immer bey dem juͤng⸗ ſten Sandſtein bemerkt werden. Der Ort Obersdorf (von dem hier die Rede, denn es giebt in Ober ſchwaben mehrere Oerter, die den gleichen Namen fuͤhren) liegt zuhinderſt im Illerthal und zugleich am Eingang ins Walſerthal. Die drey kleinen Fluͤße, die Trettach, Stilla und Breitach, vereinigen ſich gerade vor dem Dorfe, und nimmt ſofort der gemeinſchaftliche Fluß erſt hier den Namen Iller an. Die Breitach, die aus dem Walſerthal herausgießt, wird indeß doch wohl aus mehs reren Gruͤnden als der eigentliche Urſprung der Iller an⸗ zunehmen ſeyn, auch finde ich dieß auf der Koleffliſchen Landkarte alſo bemerkt. Ruͤckwaͤrts Obersdorf erheben ſich hohe Berge, die das Illerthal begrenzen. Das Hoͤrele Schwindele, ein Berg mittlerer Hoͤhe, ſteht wie ein Vor⸗ poſten dieſer hohen Gebirgskette naͤchſt bey Obersdorf her⸗ vor, und iſt durch die auf beyden Seiten aus dem Ges birge abfiegenden Gewaͤſſer von den andern Gebirgstheilen 123 abgeſchnitten und iſolirt worden. Die Durchſchnitte, die ſich die Trettach und Stilla durch die Berge gebahnt ha⸗ ben, find mehr Bergſchluchten als Thaͤler; das Walfers thal hingegen, in dem die Breitach herabſtroͤmt, bildet bes reits ſeinen Thalgrund, biegt aber zu ſchnell gegen Weſten ein, ſo daß man es von hier aus nicht leicht gewahr wird. Die Trettach beſpuͤlt gleich hinter Obersdorf den Kühe» oder Kieberg; an dem Abhange deſſelben, die A Reuhe genennt, fand ich eine entblöste Stelle, an der ich die Kalk⸗ ſtein⸗ und Mergel- Schiefer Nro 87 und 88 abſchlug. Es ſcheint, daß ſich hier herum der im Herweg angetroffene Sandſtein nimmer vorfinde, wenigſtens fand ich weiter keine Spur deſſelben; wie mir aus fruͤhern Reiſen erinnerlich iſt, ſezt der Sandſtein bey Langenwang uͤber die Iller hin⸗ über und wird wohl in dieſer Richtung fortſtreichen. Die Menſchen in hieſiger Gegend fprechen das Algaͤui⸗ ſche, wenn ich ſo ſagen ſoll, in ſeiner groͤßten Vollkommen⸗ heit oder Abſcheulichkeit; mit Muͤhe konnte ich ſie verſte⸗ hen, und Du, mein Lieber! kannſt uͤberzeuge ſeyn, wenn Du einmal in dieſe Gegenden kommſt, daß Du niemand verſtehſt und auch Du von niemand verſtanden wirſt. Eine Eigenheit der hieſigen Mundart iſt das Le, das ſtatt des diminutiv bey gar vielen Wörtern angeſchloſſen wird, aber gar oft wird dieß diminutiv da gebraucht, wo man es ſonſt in der ganzen Welt nicht gebrauchen wuͤrde; ein großer Berg iſt ein Bergle. Auch ſind hier die Benennungen der Oerter und Fluͤße meiſt ſprechend; ſo z. B. Hoͤrele Schwin⸗ dele, ein ſchwindelndes Horn; A Reuhe, eine Raͤuhe (rauhe Gegend); Breitach, die breite Aach; die Stilla, ein Waſ⸗ ſer, das ſtille fließt. Hier ſende ich Dir eine ſo eben erhaltene Abhandlung über die Gebirgs⸗Formationen in den Churpfalzbayeriſchen Staaten; ſie wird Dir einen wahren geognoſtiſchen Ueber⸗ 424 blick uͤber unfer ganzes Land verſchaffen, und ich rechne um ſo eher auf Deinen Dank, da ſie meines Wiſſens wicht 5 in den Buchhandel gekommen iſt. Ihr Verfaſſer iſt der durch die Gebirgsbeſchreibung von Bayern und der Ober⸗ pfalz ſchon laͤngſt als Schriftſteller bekannte Director von Flurl zu Muͤnchen; der naͤmliche, von dem ich Dir ſchon einmal geſchrieben, daß ich ſeiner Freundſchaft ſo Vieles verdanke, und daß ich ihn als den edelſten und biederſten Freund habe kennen lernen. In der Dir voriges Jahr geſandten Beſchreibung von München findeſt Du eine aus⸗ fuͤhrliche Nachricht von feinem Mineralien⸗-Cabinet, was für unſer Land in dieſem Fach einen wahren, noch wenig. gekannten Schatz enthält. Morgen reiſe ich weiter; ich darf nicht länger in die⸗ ſen Gegenden verweilen, wenn ich nicht den Faden meines Reiſeplans aus der Hand verlieren will. Lebe wohl bis auf baldiges Wiederſchreiben! meine Gedanken ſind Dir in eben dem Verhaͤltniße nahe, als ich ſelbſt weit vou Dir entfernt bin. 425 Reſultat der barometeriſchen Beobachtungen waͤhrend einer geognoſtiſchen Reife. durch Schwaben und Tyrol im Sommer 1805. . von Berg · Commiffaiee von Lupin in Memmingen. 7 ; Wem die Rechnungs⸗Methode, das Reſultat baromete⸗ riſcher Beobachtungen zu eruiren (es mag dieß nun nach mehrern an Ort und Stelle vorgenommenen oder nach cor⸗ reſpondirenden Beobachtungen geſchehen) nicht bekannt iſt, dem wird es eine penible Arbeit ſeyn, ſich ſelbſt die Bes ‘rechnungsmethode zu eigen zu machen, und nicht jeder iſt mit den Quellen bekannt, aus denen er die noͤthigen Data berausheben koͤnnte. Mir verſchaffte, nachdem ich mir vielfältig wegen dieſen Berechnungen den Kopf anges ſtrengt hatte, ein aus München mitgetheilter Aufſaz das noͤthige Licht, fo daß ich erſt dadurch in den Stand geſezt wurde, ohne ſonderliche Muͤhe dieſe Berechnungen mit der gehoͤrigen Zuverſicht und Gewißheit zu entwerfen. Da ich uͤberzeugt bin, daß die mir mitgetheilte Methode noch nicht allgemein bekannt, oder doch wenigſtens nicht ſo faßlich vor⸗ BEE getragen iſt, und damit auch, wenn auf gleichen Punkten andere Beobachtungen angeſtellt werden, um ſo eher der Grund ihrer etwaigen Abweichung ausgemittelt werden konnte, fo will ich dasjenige, was der gedachte Aufſatz ent⸗ halt, hier mittheilen. Aus einer langen Reihe von Beobachtungen, die man 126 acht Jahre lang täglich drey Mal zu Marſeille anftellte, fand man die mittlere Varometerhoͤhe an der Meeresfaͤche 336,315 franzöſiſche Linien. Zu Rochelle fand man dieſe mittels giaͤhrigen Beob⸗ achtungen 1 5 0 337,510 Linien zu Muͤnchen durch „ Jahre re ET zu Ingolſtadt durch 17 Jahre 3227 721 zu Regenſpurg durch 23 Fahre . P 323,91 — zu Pleiſſenburg durch 15 Jahre 5 299,724 — zu St. Gotthard durch 10 Jahre . 262,002 — Dieſe mittlere Barometerhoͤhen wurden dadurch gefun⸗ den, daß man z. B. zu Muͤnchen die Summe aller durch 3 Jahre hindurch allda gefundenen Barometerhoͤhen durch die Anzahl der Beobachtungen theilte. Aus dieſen Datis fand man durch Logarithmen nach der bekannten Regel die Erhoͤhung der vorher genannten Oerter über die Meeresflaͤche. Dieſe Regel iſt folgende: Man zieht den Logarithmus des Barometerſtandes der geſuchten Hoͤhe (z. B. für Muͤnchen) von dem Logarith⸗ mus des Barometerſtandes an der Meeresfläche ab, und ruͤcket das Decimalzeichen () um vier Stellen weiter nach der Rechten, ſo zeigen dieſe vier Stellen die ganzen Toi⸗ ſen und die drey leztern den Bruch einer Toiſe. Zum Beyſpiel fuͤr Muͤnchen Logar. 337, 510 — 2, 5282866, — 317,325 =. 2, 8015041. 0, 026,825 5 wird das Decimalzeichen () um vier Stellen nach der Rech⸗ ten geruͤckt, ſo erhaͤlt man 267, 825. d. i. 267 825100 franz. Toiſen fuͤr die Erhoͤhung des Muͤnchner Horizonts uͤber den Beobachtungsort zu Rochelle, und da dieſer 8 10 Toiſes uͤber die Meeresfläche liegt, fo muß man j 127 noch 8, 6, zu dem Gefundenen addiren, um die Erhohung von München über die Meeresfläche zu erhalten. Nämlich 267, 825 5 5 8, 6 276, 425 Toiſes. Fuͤr St. Gotthard: 5 Logar. 337, 10 — 2, 5282866. — 262,082 — 2, 4183046. ©, 1099, 820. 8,6 1108 ‚420, alfo in St. Gotthard 1108 4z2o/ıooo Toifes über die Mee⸗ resflaͤche erhaben. Verlangt man die Erhöhung eines Ortes zu wiſſen, in welchem man nur wenige Beobachtungen oder, wie dieſes auf Reiſen der Fall iſt, nur eine einzige Beob⸗ achtung anſtellen kann, ſo muß man an einem andern Ort, deſſen Höhe ſchon bekannt iſt, einen ſſeißigen Beobachter aufſtellen, welcher täglich vier oder fünf, oder wenigſtens drey Beobachtungen macht, jedoch fo, daß dieſe nicht zu nahe aufeinander folgen (dieſes kann am fuͤglichſten Mor⸗ gens, Mittags und Abends geſchehen), damit man bey | der Zuruͤckkunſt diejenige herausnehmen könne, welche mit der auf der Reiſe gemachten ungefaͤhr gleichzeitig iſt, um ſie in die Rechnung bringen zu koͤnnen. Die Rechnung ſelbſt wird völlig fo, wie vorhin gezeigt worden iſt, ge führt, nur daß man den Barometerſtand des Ortes, in welchem täglich Obſervationen gemacht werden, anftatt dem Barometerſtand von Rochelle in Rechnung bringt. Hier⸗ durch erhaͤlt man aber nicht die wirkliche Erhoͤhung uͤber die Meeresfaͤche, ſondern nur den Hoͤhen-Unterſchied bey⸗ der Oerter. Berechnet man der Kuͤrze wegen den Ort, in welchem 428 taͤglich obſervirt wird, mit A, und den, in welchem auf der Reiſe obſervirt wird, mit B, ſo liegt B hoͤher als A, wenn der Baromcterſtand in B kleiner als in A iſt; iſt hingegen der in B groͤßer als der in A, fo liegt B höher als A. f Und nun hat man nur noch auf den Hoͤhen-Unter⸗ ſchied beyder Oerter uͤber den Erdboden zu ſehen; iſt naͤm⸗ lich die Erhoͤhung in B kleiner als die in A, ſo wird der Unterſchied zu dem vorhin gefundenen Reſultat addirt, wenn auch der Barometerſtand in B kleiner als in A iſt, und ſubtrahirt, wenn der Barometerſtand in B größer als in A iſt. FM aber die Erhöhung in B über den Erdbo⸗ den größer als die in A, fo iſt alles umgekehrt; es wird nämlich der Unterſchied dieſer Erhöhungen zum Refültat, der aus den Logarithmen gefolgt iſt, addirt, wenn auch der Barometerſtand in B groͤßer als in A iſt, und ſubtra⸗ hirt, wenn er kleiner iſt. Die fo eben gegebenen Regeln pfege man ganz kurz durch folgende algebraiſche Formel auszudruͤcken, nämlich: x — ıoooe (L— L) + H- h, wo L und L die Logarithmen der Barometerſtaͤnde an beyden Beobachtungs⸗ Örtern, K und b die Erhöhungen dieſer Oerter über den Erdboden, und x den Hoͤhen-Unterſchied derſelben uͤber die Meeresfaͤche bedeutet. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſe Meſſungsart nur bey einem ruhigen Stand der Atmosphaͤre und nicht bey ſehr windigem Wetter vorgenommen werden darf; und daß die beyden Obſervationsoͤrter nicht gar zu weit von einan⸗ der entlegen ſeyn duͤrfen, weil ſonſt der Unterſchied der beyden Barometerftände vielleicht großentheils von dem Un⸗ terſchied der Witterung in den beyden Oertern herruͤhrt, und nicht bloß von dem Unterſchied ihrer Erhoͤhungen uͤber die Meeresfaͤche. 127 Aus einem aͤhnlichen Grunde, weil vielleicht auch der Waͤrmegrad in beyden Oertern verſchieden iſt, muß man beyde Barometerſtaͤnde einer Verbeſſerung unterwerfen; man muß naͤmlich beyde auf den Eispunkt reduztren; dieſes ge⸗ ſchieht „indem man den Barometerſtand mit dem gleich⸗ zeitigen Termometerſtand multiplicirt und das Produkt durch 4320 theilet, den Quotienten von dem beobachteten Barometerſland abziehet, wenn der Thermometer über o fies het, hingegen addirt, wenn er unter o iſt. Die übrigen Verbeſſerungen, die man nach de Luc, Trembley und andern noch anzubringen hat, ſind aͤuſ⸗ ſerſt unbetraͤchtlich und in geognoſtiſcher Hinſicht ganz ent⸗ behrlich. Das Bishergeſagte fol durch folgende Beyſpiele erlaͤu⸗ tert werden: Am 27 May 1806 war der Varometerſtand am Fuße des St. Martinsthurms zu Memmingen 316 Linien und der Thermometerſtand auf 15 7/8: Dieſe beyden Zahlen . mit einander multiplicirt und durch 4320 dividirt, giebt 1,16, Dieſe 1, 16 von 316 abgezogen giebt 314, 84 für den auf den Eispunkt reduzirten Barometerſtand; (waͤre der Thermometer auf 15 7/8 unter o geſtanden, fo hätte 2,16 zu 316 muͤſſen addirt werden). Um die naͤmliche Zeit ſtand der Barometer oben auf dem Thurm auf 314 ıfa und der Thermometer auf 17 4; dieſe beyden Zahlen mit einander multiplicirt, und durch 4320 dividirt, giebt 1, 25 und da wiederum der Thermometer über Null ſtand, fo wird 1, 25 von 314 abgezogen, und man erhält für den reduzirten Barometerſtand 313, 25. Nun iſt Log. 314,84 — 2/ 4980899 IL. Log. 313,25 = 2,4988495 — L. alſo L- V o, 0822404, folglich iſt der Höhen Inter ſchied beyder Beobachtungsoͤrter 22, 404 d. i. 22 404/100 ar Bd. 3 > 130 Toiſes oder ungefähr 150 bayeriſche Schuhe, weil 1000 franzoͤſiſche mit 1113 bayeriſchen uͤbereinkommen. Zweytes Beyſpiel. Vom a27ten May bis gten Juli, ferner vom aten Des cember bis ꝛ9ten find in Muͤnchen, so Schuhe oder 7 7 Toiſes ungefähr über die Iſarflaͤche, in allem 244 Baro⸗ meter» Beobachtungen gemacht worden; die Summe aller 244 Barometerfiände betrug 77421, 7 und die Summe aller Thermometerſtaͤnde betrug 3252, 225; wird jede die⸗ fer Zahlen durch 2434 dividirt, fo erhalt man für den mitt lern Barometerſtand 318, 607 und fuͤr den mittlern Ther⸗ mometerſtand 13, 38. Das Produkt dieſer beiden Zahlen durch 4320 getheilt, gibt o, 99 und dieſe , 99 von 318, 607 abgezogen, giebt fuͤr den auf den Eispunkt re⸗ duzirten mittlern Barometerſtand 317, 617. In der naͤmlichen Zeit vom 27 May bis 9 Juli und vom 2 bis 29 December ſind zu Memmingen in dem v. Kuͤ⸗ neriſchen Haufe in Allem 58 Beobachtungen gemacht wor⸗ den; die Summe aller Barometerhoͤhen wäre 18337 4/8, und die Summe der Thermometerſtaͤnde 767 58. Werden nun dieſe beyden Zahlen jede durch zs getheilt, fo erhält man 316, 163 für den Barometerſtand und 13,235 für den mittlern Thermometerſtand. Ferners die oben ge» dachten Zahlen mit einander multiplicirt, und durch 4320 getheilt, giebt o, 968, und dieſe von 316, 163 abgezogen giebt 315, 195 fuͤr den auf den Eispunkt reduzirten mitt⸗ lern Barometerſtand im v. Kuͤneriſchen Hauſe; und nun iſt Log. 317,617 = 3, 5019037 — L. Log. 315,195 — 3,4985724 L. L—£ = % 0033313, mithin ift der Hoͤhen⸗ Unterſchied der beyden Beobachtungs: Derter zu München und zu Memmingen 33, 3:3 oder 33 1 Toiſes ſehr nahe, 131 und zwar fo, daß Memmingen höher über die Meeresſaͤche als München liegt, weil L kleiner als Lift. Es iſt die Höhe des Beobachtungsorts im v. Kuͤneri⸗ ſchen Haufe 3 Toiſes, und da der Beobachtungsort in Muͤn⸗ chen 7 ı/a Toiſes über die Iſarfaͤche iſt, fo iſt auch h kleiner als H; ſolglich muß der Unterſchied 4 / Toiſes zu den 33 1/3 Toiſes noch addirt werden; alſo iſt der Ho⸗ rizont von Memmingen in der Gegend des v. Kuͤneriſchen Hauſes um 37 Toiſes und 5 Schuh über die Iſarfaͤche zu München, oder nur 314 1/4 Toiſes über die Meeresfaaͤche erhaben, wenn man nämlich zu den 37 5/6 noch 276, 425 Toiſes als die Iſarhöhe über die Meeresiäche.addirt. Ich habe nur noch zu erinnern, daß ich mich bey dies ſer Rechnung der groͤßern logarithmiſchen Tafeln bedient habe; man kann aber die kleinern. Vlacgſchen ‚eben, ſo gut hiezu brauchen. Die nachfolgenden Hoͤhenmeſſungen find alle nach des nen während meiner Abweſenheit in Memmingen vorges nommenen correſpondirenden Beobachtungen, die ich der gütigen Beſorgung des dahieſigen Herrn Stadt-Caſſier Rupprecht verdanke, berechnet worden, und es finden ſich auch die Berechnungen der Höhe uͤber Memmingen, die ich ohnehin zu machen hatte, beigefuͤgt: — Erhöhung Erhöhung a ö uͤber uͤber die 00% | „Memmin⸗ Meeres gen, fläche, ‘ a Franzöſiſche T h „ Namen der Orte. 1 ee ter à 6 Fuß enthalten. Memmingen — „ 3 ½ Stift: Stadt Kempten an ber Kirche FE 717 mE 77 An der Iller, naͤchſt an der Stadt Kempten, unweit den Muͤhlen. 21 8 335 / 132 Namen der Orte.“ Immenſtadt (Saſthof Adler) Blaichach, Pfarrho + Sonthofen (Gaſthof Loͤbenʒd An der Zollbruͤcke über die Iller, eine Stunde von Sonthofen Dorf Meiſelſtein (Pfarrhof) Auf dem hohen Bolgen unweit Meiſel⸗ ſtein, nicht weit davon, wo die großen Bloͤcke von Granit und Gneis anſtehen Riedberger⸗Horn, unweit Baktre⸗ ſchwang, gegen uͤber dem Schien⸗ berger Baͤßler R Auf dem Berg Gruͤnten auf ve ſoge⸗ nannten Hohenwart a 1 Am Fuß des Kuͤhbergs, naͤchſt der ſoge⸗ nannten Au Reube bey Obers⸗ dorf r Obersdorf, am ang des Walſer thals (an der Kirche) 1 x Am Zufammenflug der Breitach, Stil» la und Trettach, die hier vereint den Namen Iller annehmen Roͤttenbach, auf dem Weg von Sont⸗ hofen nach Fuͤßen . . 4% Kranzeck, auf dem Weg von Sontho⸗ fen nach Fuͤßen RER Erhöhung Erhöhung uͤber Memmin- Meeres⸗ gen. über die fläche, Franzöſiſche Toiſes, wovon tauſend 1113 bayer. Klaſt⸗ ter a 6 Fuß enthalten. 50 55 4 59 3/4 58 3/4 119 / 513 3/4 93 1/4 125 3/4 364 1/4 369 ıfz 374 373 434 828 420 1 409 16 401 1/4 407 * 448 5 Namen der Orte. Breitenſtein, auf dem gleichen Wege. An der Wertachbruͤcke auf der Land⸗ ſtraße, eine Stunde von Neſſel⸗ wang * * + * 0 Neſſelwang (im Bären) . 27104 Am weißen See, unweit Fuͤßhen Gypsſteinbruch bey Faulenbach, un⸗ weit Fuͤſßen . Mariahuͤlf, 2 Stund von Füßen A An den Ruinen von Hohenfreyberg und Eiſenberg, 2 / Stund von N Fuͤßen 10 Fuͤßen am Lech lauf: der Post) . . * 9 Memmin⸗ 133 Erhöhung Erhohung uͤber uͤber die Meeres⸗ fläche, Franzöſiſche Toiſes, wovon tauſend 1143 baier. Klaf⸗ ter à s Fuß enthalten. gen. 178 492 1/4 176 490 1/4 119 3f4 434 78 ıfa. 392 3/4 100 414 174 102 416 4/4 208 522 1/4 95 1/4. 409 2 134 Verzeichniß der auf einer geognoſtiſchen Reiſe durch einen Theil von Schwaben und Tyrol im Sommer 1805 von Berg-Commiſſaire von Lupin geſammelten Foſſilien. 1 \ Nro r. Conglomerat, oder Nagelfine, welche meiſt aus Geſchieben von Alpkalkſtein, durch Kalkſinter gebun⸗ den, beſteht. Vom Burgeſt bey Wornigen, eine Stunde von Memmingen. b ö Nro 2. Dunkel ⸗gruͤnlich⸗ grauer, bisweilen gelblich» grau⸗gefleckter Mergelſchiefer. Vom noͤrdlichen Fuß des Schwarzenbergs, 3/4 Stunden von Meiſelſtein im Koͤnigs⸗ egg⸗Rothenfelſiſchen, an dem Bergwaſſer, die Aach ges nannt. Die Schichten dieſes Mergels ſind auf dem Lager dergeſtalt zerkluͤftet, daß er immerdar in einzelne Parallel⸗ epipeden getrennt erſcheint, und angeſchlagen zerſpeingt er nicht ſelten in viereckichte oder ſcheibenfoͤrmige ſcharfkantige Bruchſtuͤcke. Bey dem verſtorbenen Praͤſident von Schre⸗ ber ſah ich vor Jahren mehrere hygromethriſche Tafeln, die aus einem ganz aͤhnlichen Mergelſchiefer verfertigt worden ſind. In einzelnen Stuͤcken gleicht dieſer Mergelſchiefer gar oft einem dichten Kalkſtein; allein im Großen anſehend zeichnet er ſich nicht ſowohl durch die Art der Zerkluͤftung als auch dadurch aus, daß er immer an der Luft in ſehr duͤnne Schiefer verwittert. Indeſſen iſt nicht zu verwun⸗ dern, daß bey der Verwandtſchaft beyder Steinarten ſich nicht ſelten ein voͤlliger Uebergang von der einen in die andere zeigt. x 135 Nro 3. Gruͤnlich⸗ grauer Mergelſchiefer, von etwas gebogenen, ſchmalen und langen, theils duͤnnſchieferichten, theils dickſchieſerichten Bruchſtuͤcken; er iſt weicher als der vorhergehende, und zeigt auf dem Queerbruche ein unvoll⸗ kommen zartſchieferichtes, bald gewundenes, bald ſchup⸗ pichtes Gewebe. Vom noͤrdlichen Fuß des Schwarzen⸗ bergs, unweit Meiſelſtein, in der Grafſchaft Koͤnigsegg⸗ Rothenfels in Oberſchwaben. _ Nro 4. Mit etwas Glimmer gemengter dunkel⸗gruͤn⸗ lich und braͤunlich⸗grauer Mergelſchiefer, welcher ſich in. plattgedruͤckten laͤnglicht runden, abgeſonderten Stuͤcken vorfindet, in unfoͤrmliche, auch keilfoͤrmige Bruchſtuͤcke zer⸗ ſpringt, und ein duͤnnſchieferichtes, auch hie und da ge⸗ wunden blaͤttrichtes Gewebe zeigt; auf den Abloſungen iſt er theils mit ſpaͤthigem Kalkſtein, theils mit einer weichen Mergelart verwachſen; einzelne Bruchſtuͤcke aus der Mitte find hie und da compacter, zeigen einen etwas feinſplittri⸗ chen erdigen Queerbruch und naͤhern ſich den weichern Sor⸗ ten des dichten Kalkſteins. Vom Schwarzenberg im Koͤ⸗ nigsegg⸗Rothenfelſiſchen. 0 Nro 5. Dunkel- rauchgrauer, auch dunkel⸗gruͤnlich⸗ grauer Mergelſchiefer; er iſt ungleich haͤrter als die vor⸗ hergehenden, enthaͤlt wenigen fein eingeſprengten Glimmer, und zerſpringt in ausgezeichnet duͤnnſchieferichte, auch ſchei⸗ benfoͤrmige Bruchſtuͤcke. Vom Fuß des Schwarzenbergs in der Grafſchaft Rothenfels. Nro 6. Gruͤnlich⸗grauer, auch braunlichsrother Mer⸗ gelſchiefer, von einem ſeidenartigen Schimmer, welcher von dem der ganzen Maſſe innig beygemengten Glimmer her⸗ zbdiuruͤhren ſcheint. Vom Schwarzenberg im Koͤnigsegg⸗Ro⸗ ttzhenfelſiſchen. Nro 7. Dunkel rauchgrauer mit einzelnen Thonfecken und fein eingeſprengtem Glimmer durchſezter Mergelſchiefer, 136 von duͤnnſchieferichtem Genen. Vom Schwarzenberg, un⸗ weit Meiſelſtein. Nro 8. Feinkoͤrnige Quarz- Breccie, in welcher außer den Quarzkörnern kleine Stuͤckchen von Kalkſtein und vers haͤrtetem Thon inne liegen, auch Chloriterde, Glimmer und wenig Schwefelkies eingeſprengt, vorkommen; dieſe Quarz Breccie geht auf der einen Seite allmaͤhlich in Nro 9. uͤber, und iſt auf der andern mit aſchgrauem Mer⸗ gelſchieſer verwachſen; die gelbe kleine Thonparthien, die ihm hie und da ein gefected Anſehen geben, gehören wohl ſchon zu den ſogenannten Thongallen, die für manchen aͤl⸗ tern Sandſtein charakteriſtiſch find. Vom Schwarzenberg im Koͤnigsegg⸗Rothenfelſiſchen. Nro 9. Dunkelgrauer, lichtgrau > gefeckter Mergel⸗ ſchiefer, welcher mit ausnehmend zarten Quarzkoͤrnern ı auch etwas Chlorit und Glimmer gemengt iſt, und daber hie und da, wenn gleich zufaͤllig, am Stahl Funken giebt. Der eingemengte Quarz und Chlorit zeigen ſich nur auf dem Queerbruch, und meiſt nur durch die Lupe, Vom Schwarzenberg im Koͤnigsegg⸗Rothenfelſiſchen. Es ſcheint von dieſer Steinart ein Uebergang in Nro 8. ſtatt zu ha⸗ ben; mir iſt der Wackenſchiefer, der das Gebirg auf der ſogenannten Gemein durchſezt, ſich am Flodersbach zeigt, und auch am Rauſchenberg gefunden wurde, ſo wie der Grauwackenſchiefer, der im Wuͤrzburgiſchen und Bamber⸗ giſchen das Liegende der dortigen Kalkſteinformation aus⸗ macht, unbekannt. Sollte dieſe Gebirgsart nicht einem derſelben aͤhnlich oder zu dem aͤltern Sandſteinſchiefer zu zaͤhlen ſeyn? Es iſt dieſes Geſtein im Großen und Klei⸗ nen von ſehr deutlich ſchieferichter Textur, und ſo wie in dem feinkoͤrnigſten Grauwackenſchiefer die Thonſchiefermaſſe die Quarztheilchen gebunden hat, ſo ſcheint hier Mergel, und zwar ſehr uͤberwiegend und vorwaltend, der bindende Stoff zu ſeyn. | | | 137 Dunkel⸗gruͤner, auch graͤulich⸗gruͤner Sandſtein, mit vielem Chlorit gemengt, und mit weißem, auf den Abloͤ⸗ ſungen gelb gefaͤrbtem Kalkſpath verwachſen. Vom Schwar⸗ zenberg, unweit Meißelſtein, im Koͤnigsegg⸗Rothenfelſiſchen. Dieſer Sandſtein bildet ein, nur einige Zoll maͤchtiges Lager. Nro 11. Sandſtein, mit Chlorit gemengt und mit Kalkſpath⸗Adern verwachſen, welch leztere wieder auf den Abloͤſungen und Kluͤften mit gelbem Eiſenocker angefuͤllt ſind. Vom Schwarzenberg, 3/4 Stunden von Meiſelſtein. Dieſer Sandſtein ſcheint bereits etwas verwittert zu ſeyn. Nro 12. Sandſtein, von einer Mittelfarbe zwiſchen Berg⸗ und Seladon⸗Gruͤn. Er iſt ſebr feinkoͤrnigt und etwas zerkluͤſtet. Vom Schwarzenberg. Nro 13. Schmutzig gruͤnlich⸗ grauer zerfreſſener Sands ſtein; es ſcheint dieß der vorhergehende Sandſtein zu ſeyn, deſſen zu Thon verwitterte Chlorit-Erde die Quarzkoͤrner nur noch leicht zuſammenhaͤlt. Einige der Quarzloͤrner zeigen Criſtallſſaͤchen, und ſcheinen vordem kleine loſe Cri⸗ ſtalle geweſen zu ſeyn. Vom Schwarzenberg. Nro 14. Berggruͤner und ſchmutzig grasgruͤner, mit kleinen ochergelben Puͤnktchen geſſeckter Sandſtein. Vom Schwarzenberg. Nro 15. Braͤunlich⸗ und gruͤnlich⸗grauer Sandſtein mit etwas Verſteinerungs⸗ Spuren in der Verwitterung. Vom Schwarzenberg. Nro 16. Lichtgrauer Fettquarz mit vielem ſeineinge⸗ ſprengten Chlorit. Vom Schwarzenberg. Nro 17. Schmutzig gruͤnlich⸗grauer mit vielem Chlo⸗ zit eingefprengger Quarz; mit hellweißem Kalkſpath durchs ſezt; der Chlorit iſt meiſt ausgewittert, und die in dem Quarze zuruͤckgelaſſene kleine Hoͤhlungen ſind ochergelb ge⸗ faͤrbt. Hie und da zeigt er eine glaͤnzende Abſonderungs⸗ 138 flache. Vom Schwarzenberg. Dem erſten Anſehen nach wird dieſer, mit unendlich vielen, ſehr kleinen Hoͤhlungen angefüllte Quarz für einen Sandſtein gehalten werden; al lein mit einer ſcharfen Lupe zeigt ſich bald die ununter⸗ brochene Subſtanz des Quarzes, in welche bloß Chlorit eingeſprengt, und zum Theil wieder ausgewittert iſt; die ſich eingebildeten kleinen Quarzkoͤrner ſind nicht ſichtbar, wenn gleich der Quarz von ausnehmend kleinkoͤrnicht ab⸗ geſonderten Stuͤcken erſcheint. Auch von den vorhergehen⸗ den Sandſteinen ſcheinen mir einige als ſolche noch zwei— felhaft zu ſeyn, und fragte es ſich, ob es nicht bloß meiſt Quarze find, die Chlorit eingeſprengt haben, und die da- her durch das ſo haͤufig unterbrochene Ganze blos aus Koͤrnern zu beſtehen ſcheinen, ohne daß dieſe wirklich vor, handen find. Es iſt mir der Gebrauch einer ſtark ver grögernden Linſe bey Unterſuchung von Foffilien faſt zur Gewohnheit geworden, und ich habe oft das Anſehen ders ſelben mit bewaffnetem Auge, dem mit bloßen Augen ſehr verſchieden gefunden. Bey dieſer Erfahrung verwundert es mich, daß, da die aͤußern Kennzeichen bey der oricktogno⸗ ſtiſchen Bearbeitung der Wiſſenſchaft in ſo kurzer Zeit eine fo nuͤzliche Beſtimintheit und Ausdehnung erhalten haben, dem ungeachtet noch niemand darauf verfallen iſt, das An⸗ ſchauen im vergrößerten Zuſtand in Anregung zu bringen. Sicher wuͤrden manche, dem bloßen Auge verborgene Kenn⸗ zeichen entdeckt werden koͤnnen, und die ſich demſelben dar⸗ ſtellenden, mit mehr Beſtimmtheit diſtinguirt werden. Die Kennzeichen, die wir durch das verſtaͤrkte Vermoͤgen zu fe hen, ausfindig machen koͤnnten, waͤren vielleicht eben ſo weſentlich als diejenige, die wir ſchon durch die ge⸗ woͤhnliche Sehkraft eines guten Auges erkennen; es iſt ja die Weſenheit der Foſſilien nicht in dieſem unſerm Vermoͤ⸗ gen, ſondern in den Foſſilien ſelbſt enthalten, und eben 439 ſo als man nicht bloß die Sterne zählt, die man mit bloßen Augen erkennt, ſondern auch die bemerkt und bes ſchreibt, die uns durch die Teleſcope bekannt werden, eben ſo koͤnnte man ja auch die gleichſam noch ſchlummernden aͤußern Kennzeichen anwenden und benutzen. Ich habe an einem Sonnenmikroskop alle mögliche Vorrichtungen ans gebracht, die Vergroͤßerung deſſelben bey dem Anſchauen der Foſſilien gehörig zu benutzen, doch iſt es mir noch nicht gegluͤckt ſie zweckmaͤßig anzuwenden, aber man unterſuche nur einmal mit dem noch nicht lange bekannt geworde— nen nugliſchen Lampenmikroscop das naͤchſte beßte Foſſil, und man iſt erſtaunt, gleichſam eine ganz neue mineralo— giſche Welt vor ſich entfaltet zu finden: die feinſten Nuan⸗ cen von Gefuͤge, von Abloͤſungen und dem mechaniſchen Gemenge der Steinarten, die wir nicht geahndet hatten, offenbaren ſich uns in der reinſten Beſtimmtheit, und mans ches, was wir wohl für chemiſche Miſchung zu halten bes fugt waren, iſt ein mechaniſches Gemenge im ſonſt um ſichtbaren Kleinen, nun deutlichen Großen. Nro 18. Berggruͤner, auch lauchgruͤner ſplittricher Fett— quarz, deſſen faͤrbender Stoff, die eingemengten Chlorit- theilchen, nur unter ſtarker Vergroͤßerung diſtinguirt wers den. Er iſt von aus nehmend feinkoͤrnicht ausgezeichneten Stuͤcken. Vom Schwarzenberg, unweit Meiſelſtein. Dieß iſt nun doch wohl ausgemacht ein Quarz und kein Sandſtein, und ſein Vorkommen auch in einem, wenn ich nicht irre, wenig maͤchtigen Lager, naͤchſt an den obi⸗ gen Steinarten, hat mich zu der Vermuthung gefuͤhrt, die vorhergehenden, die dem erſten Anſehen nach zu den Sand— ſteinen zu rechnen ſeyn duͤrften, auch fuͤr Quarze von klein⸗ koͤrnicht abgeſonderten Stuͤcken zu halten. Bergrath Voigt aͤußert, ich erinnere mich nicht mehr bey welcher Gelegen⸗ heit, eine gleiche Vermuthung, und iſt ſogar geneigt, den 440 Quader ⸗Sandſtein für einen chemiſchen Niederſchlag an⸗ zuſehen; er ſah den loſen Sand aus der Gegend von Halle unter der Lupe nicht als abgerundeten Quarz, ſondern als ſcharfeckichte Stucke, und den Sandſtein ohne alles Binde⸗ mittel; auch führt er die Ausfuͤllung des Ganges auf der Grube Luiſe Chriſtiana von Lauterburg am Harz an, wel⸗ che größtentheils aus Sand beſteht, welcher alſo nur auf naßem Wege im Gangraume ſelbſt ſich erzeugt haben koͤunte. Neo 19. Quarz von einer Mittelfarbe zwiſchen Berge gruͤn und gruͤnlich-grau, mit etwas weniger Chlorit als der vorhergehende gemengt, in Hornſtein uͤbergehend, mit Kalkſpathadern durchzogen und auf den Abloͤſungen mit we⸗ nig angeflogenem Schwefelkies. Vom Schwarzenberg. Nro 20. Gruͤnlich- grauer ſplittrichter Quarz, mit nur ſparſam eingeſprengtem Chlorit, und nur an einigen Stellen in Hornſtein uͤbergehend. Vom Schwarzenberg. Nro 21. Schwaͤrzlich⸗gruͤner Quarz mit ſehr vielem eingemengtem Chlorit; er hat dem erſten Anſehen nach ei, nige Aehnlichkeit mit dem Urgruͤnſtein vom Ochſenkopf auf dem Fichtelberg. Vom Schwarzenberg, unweit Meiſel⸗ ſtein. Neo 22. Gruͤnlich⸗ſchwarzer Quarz, bey welchem die Chlorit⸗Erde zum Theil noch inniger zu einer homogenen Maſſe eingemengt erſcheint; er iſt häufig mit hellweißem Kalkſpath durchſezt, auf welchem wiederum kleine, auch ſehr kleine Quarz⸗Cryſtalle aufge ſezt find; auch zeigt ſich bisweilen in kleinen Kugeln eingewachſenes Schwefelkies. Vom Schwarzenberg, unweit Meiſelſtein. Nro 23. Braͤunlich⸗grauer Kalkſtein, zum Theil mit einzelnen kleinen Kalkſpath⸗Splittern durchſezt; beym Zer⸗ ſchlagen großer Maſſen aͤußert er etwas den bekannten uri⸗ nöfen Geruch der Stinckſteine. Von dem nördlichern hoͤ⸗ hern Abhang des Schwarzenbergs, unweit Meiſelſtein. 141 Nro 24. Hellweißer ſpaͤtiger Kalkſtein (Kalkſpath) nicht - felten mit gräulich » weißem Quarz durchwachſen, der an F ˙ 1A einigen Stellen eine gekrauste, fein und dünn roͤhrenfoͤr⸗ mige Geſtalt hat. Vom Schwarzenberg. Nro 25. Sraulich⸗ weißer ſpaͤtiger Kalkſtein, deſſen viele Zerkluͤftungen mit geldem Ocher ausgefuͤllt ſind. Vom Schwarzenberg, unweit Meiſelſtein. Nro 26. Perlgrauer ſpaͤthiger Kalkſtein, mit gelbem Eiſenocher durchwachſen. Vom Schwarzenberg, unweit Meiſelſtein. Nro 27. Graͤulich⸗ brauner Rogenſtein Vom Schwar⸗ zenberg, unweit Meiſelſtein. Nro 28. Granit von gelblich» weißem Feldſpath und roͤthlich⸗ grauem Quarz, dem ſtatt des fehlenden Glim⸗ mers dunkelgruͤner Chlorit beygemengt iſt. Einzelne Stuͤcke, die etwas Hornblende enthalten, gehen ſchon mehr in Sienit uͤber. Vom hohen Bolgen, 4 bis 5 Stunden von Meiſel⸗ fein, im Koͤnigsegg⸗Rothenfelſiſchen. Nro 29. Gneis, von vielem toinbackbraunen Glim⸗ mer, weißem Feldſpath und wenig lichtgrauem Quarz. Vom hohen Bolgen, im Koͤnigsegg⸗Rothenfelſiſchen. Nro 30. Lichtgrauer duͤnnſchieferichter Glimmerſchie⸗ fer, deſſen Glimmer von filberweißer Farbe. In einigen Stücken zeigte er eine Annäherung zu den Altern, mit Glimmer gemengten ſchie ferichten Sandſteinen; auch iſt er hie und da mit Kalkſpath-Adern durchſezt. Vom Bolgen, im Königsegg⸗Rothenfelſiſchen. a Nro 31. Gelblich » grauer Sandſtein, der durch ein unſichtbares, wahrſcheinlich thonichtes Bindemittel die Quarzkörner zuſammenhaͤlt; in ihm find meiſt zu Porzel⸗ lan» Erde verwitterte kleine Feldſpath⸗Stuͤckchen, auch et: was Ehlorit und wenig Glimmer beygemengt; er iſt aller Wahrſcheinlichkeit nach aus einem zerſtoͤrten Granit ent⸗ 142 fanden. Vom hohen Bolgen, im Koͤnigzegg-Rothenfel⸗ ſiſchen. ö IT 1 Nro 32. Licht⸗graͤulich und roͤthlich-grauer Mergel⸗ ſchiefer, mit hellweißen Kalkſpath-Adern durchwachſen und auf den Abloͤſungen mit verhaͤrtetem Thon beſezt; die Farbe deſſelben verlaͤuft ſich vom Grauen in das Gruͤne und Rothe, und iſt theils Fleckweis zerſtreut, theils in großen anſtehenden Maſſen gebaͤndert und Schichtenweiſe vertheilt; dieſer Mergelſchiefer ſcheint, ſo wie die beyde folgende, in dichten Kalkſtein uͤberzugehen. Vom Fuß des Riedberg, an der Riedberger-Aach, zwey Sitten von Meiſelſtein. * Nro 33. Lichtgrauer Kalkſtein mit angewachſenem, im Lager vorkommendem hellweißem ſpaͤthigem Kalkſtein. Am lezten Abhange des Riedbergs, an der Riedberger-Aach, im Koͤnigsegg-Rothenfelſiſchen. g Nro 34. Licht grünlich » grauer Kalkſtein mit zum Theil in kleinen Nieren eingewachſenem Schwefelkies und meiſt angewachſenem rauchgrauem Feuerſtein. Vom 1 Abhang des Riedbergs. Nro 35. Feuerſtein von verſchiedener Abſtuſung der braunen und grauen Farbe; nicht ſelten iſt er zerkluͤſtet, und zwar fo, daß die Zerkluͤſtung immerdar die Lagetungss flaͤche dieſer in Floͤtzen vorkommenden Feuerſteine durch⸗ ſchneidet; faſt beſtaͤndig ſind die durch die Riſſe entſtan⸗ dene kleine (Zerkluͤftungen) Zwiſchenraͤume mit hell⸗ weißem Kalkſpath, der als meiſt ſehr duͤnner Ueberzug an⸗ geflogen iſt, beſezt. Selten erſcheint der Feuerſtein ganz rein, meiſt iſt er mit kohlen ſaurer Kalkerde impraͤgnirt, braust dann aller Orten mit Säuren, und giebt dabey Feuer am Stahl. Da dieſe Gebirgsart haufig einbricht, fo will ich ihr, um kuͤnftig der Umſchreibungen enthoben zu ſeyn, den Namen Lonit, der einem wenigſtens ſehr ver⸗ 143 wandten Foſſil der Art geſchoͤpft worden iſt, beylegen. Der reine Feuerſtein geht bisweilen in Jaſpis, aus dieſem in muſchlichten, dann auch in ſplittrichten Hornſtein uͤber, und da auch die mit vorkommenden, jedoch im Lager mehr oder weniger ſcharf abgeſchnittenen Mergelſchiefer und Kalk⸗ ſteine oft auch wiederum Kieſelerde in ihrer Miſchung aufs genommen haben, fo daß, während fie mit Säuren ſtark aufbrauſen, zugleich auch in das Glas ritzen, ſo laſſen ſich wirklich auch von dieſen einzelne Stuͤcke auffinden, die zwi⸗ ſchen den kieſelartigen Steinarten und dem Kalkſtein im Mittel ſtehen, und die ich dann, da hier die kohlenſtoff⸗ ſaure Kalkerde ſtark vorwaltet, um auch dieß Vorkommen ohne Umſchreibung zu bemerken, Mittelkalkſteine benennen will. Sollte ich wieder in die Gegend kommen, ſo werde ich fuͤr meine oriktognoſtiſche Sammlung eine nicht unin⸗ tereſſante vollſtaͤndige Uebergangs⸗-Sammlung der einen Steinart in die andere mir zu verſchaffen bemuͤht ſeyn. Vom Riedberg, an der Riedberger-Aach, im Rothenfelſi⸗ ſchen. ’ Nro 36. Grünlich, fchwarzer, mit vielem Chlorit ges mengter Sandſtein. Am Fuß des Riedbergs, naͤchſt der Riedberger⸗Aach, unweit Meiſelſtein. Nro 37. Schmutzig gruͤnlich grauer, mit Chlorit un etwas Glimmer gemengter Sandſtein, mit etwas ſpaͤthi⸗ gem Kalkſtein. Am Fuß des Riedbergs. N Nro 38. Dunkel rauchgrauer, ſehr feinkoͤrniger Sand⸗ fein; im Querbruch zartſplittricht; im Laͤngebruch, wo fein eingeſprengter Glimmer und Chlorit ſichtbar, von duͤnn⸗ ſchieferichtem Gewebe; mit hellweißen Kalkſpathadern durch⸗ ſezt. Am Fuß des Riedbergs, im Rothenfelſiſchen. Die⸗ fer Sandftein gehört wieder zu den obigen unter Nro 11 — a verzeichneten, die ich eben fo gerne für koͤrnichte Quarze als Sandfieine anſprechen moͤchte. N 444 Nro 39. Sandſtein, der aus lauchgruͤnem Quarz, oder Proſem⸗Koͤrnern, tombackbraunem Glimmer und iſa⸗ bellgelben kleinen eckichten Stuͤcken eines verhärteten Thons 9 dieſe Koͤrner liegen ohne ſichtliches Bindemittel in und durcheinander verwachſen. Vom Riedberg, an der Riedberger⸗Aach. Nro 40. Licht ebräunlich » gelber Lonit (der am Stahl Funken giebt und mit Saͤuren ſtark aufbraust); auf bei⸗ den Seiten iſt er mit einem blaͤulich⸗ grauen iſabellgelb⸗ punktirten Achatjaſpis verwachſen, in welchem ſehr kleine Kalkſpathſplitter eingeſprengt ſind. Vom Riedberg, iwer Stunden von Meiſelſtein. Nro 41. Schwarzer, auf den Abloͤſungen glaͤnzender Mergelſchiefer. Aus der Gegend von Meiſelſtein. Nro 42. Dunkelgrauer, mit zarten Glimmertheilchen geſprengter Mergelſchiefer. Aus der Gegend von Meiſel⸗ ſtein, im Graͤſſich⸗Rothenfelſiſchen. b Nro 43. Schlackichtes Bergpech, mit belweißem Kalk⸗ ſpath nach allen Richtungen durchwachſen. Aus der Rieds berger⸗-Aach, unweit Meiſelſtein. a Nro 44. Duͤnnſchieferichte Schieferkoble. Aus der Ge⸗ gend von Immenſtadt, im Rothenfelſiſchen. Nro 45. Conglomerat oder Nagelflue von mittlerem Korn, deren Geſchiebe meiſt aus Alpkalkſtein und etwas Quarz beſtehen, die durch ein mit Gtimmer gemengtes ſandſteinartiges Bindemittel zu einer feſten Steinmaſſe ver⸗ bunden ſind. Vom Blaſchach zwiſchen Immenſtadt und Sonthofen. Nro 46. Gelblich⸗weißer Tuffkalkſtein, mit Blaͤtter⸗ Abdrucken. Aus der Gegend von Fiſchbach an der Iller. Nro 47. Roͤthlich brauner thonicht⸗koͤrniger Eiſen⸗ fein, mit vielem ſehr kleinen Quarz, Kalkſpath und Chlo⸗ rit⸗Koͤrnern und Nieren gemengt. Von Leierbach, um weit Sonthofen. 145 Nro 48. Iſabellgelber licht⸗ und dunkelbrauner Kalk⸗ ſtein, deſſen Farben theils in concentriſchen Linien, theils in ſchmalen Streifen abwechſeln, auf den Abloͤſungen aber meiſt mit ſchwarzen dendritiſchen Zeichnungen beſezt ſind. Er findet ſich mit der nachfolgenden Steinart in unglaubs lich großen Geſchieben in einer Nagelſſue, deren andere Ges ſchiebe gleichmaͤßig von ungewöhnlicher Größe find; eis nige Stuͤcke haben eine nierenförmige Zeichnung und fes hen dem Florentiner und Neuburger Nierenmarmor aͤhn— lich. Von Siblingen, unweit Gonzenried, im Rothenſel⸗ ſiſchen. Nro 49 a. Licht honig» auch dunkel iſabell⸗ gelber Feuerſtein, der theils in Chalcedon, theils in Hornſtein uͤberzugehen ſcheint (einige Stuͤcke nähern ſich ſogar etwas dem Eiſenkieſel), mit gelblich weißem und lichtgrauem Alpkalkſtein verwachſen. In ihm, find faſt durchaus hell⸗ weiße, ſehr kleine Feldſpathſplitter eingefprengt. Von Sib⸗ | ungen, unweit Gonzenried, im Rothenfelſiſchen. Nro 49 b. Braͤunlich⸗grauer und rauchgrauer Lonit, mit anſitzendem ifabell- gelbem muſchlichtem Hornſtein und 1 1 grauem Alpkalkſtein. Von Siblingen. Nro so, In einfachen niedrigen, vierſeitigen Pyrami⸗ a den / mittlerer Größe, criſtalliſirter ſpaͤthiger Kalkſtein von Eiſenochergelb gefärbt. Von Siblingen, im Rothenfel- | ſiſchen. er e | h Nro 51. Verhaͤrteter, mit wenig Glimmer gemeng⸗ ter, gelblich - grauer Mergel, welcher eine unglaubliche Menge von, wie es ſcheint, wenig veränderten Nummili— tenſchaalen⸗Gehaͤuſen enthält. Die Verſteinerungs-Spu⸗ ren liegen theils wie Schuppen auf- und übereinander, teils find folche in- und durcheinander zerſtreut eingewach⸗ ſen. Vom füdlichen Abhang des 1 unweit „ berg. ’ ar Bd. K 446 Nro 52. In mehr oder weniger undeutlichen Rhom⸗ ben criſtalliſirter und derber ſpaͤthiger Kalkſtein, von Per⸗ lenmutterglanz, auf aſchgrauem dichten e Am ſuͤd⸗ lichen Fuß des Gruͤnten. Nro 53. Lichtgrauer Mergelſchiefer. Bom nne, 5 unterſten Abhang des Gruͤnten. Nro 54. Braͤunlich⸗ſchwarzer verhaͤrteter Mergel mit wenigen Verſteinerungsſpuren, eingemengten einzelnen Koͤr⸗ nern des thonichten Eiſenſteins und etwas zart eingeſpreng⸗ tem Kalkſpath und Chlorit. Vom ſuͤdlichen lezten Abhang des Gruͤnten. Nro 55. Braͤunlich⸗grauer Kalkſtein, von theils gebo⸗ gen wellen foͤrmig duͤnnſchieferichten Geweben. Vom ſuͤd⸗ lichen unterſten Abhang des Gruͤnten. Pro 56. Braͤunlich-grauer, mit Chlorit gemengter verhaͤrteter Mergel, von knolligen, kolbenfoͤrmigen Stuͤcken, mit eingewachſenem kuglichtem und nierenfoͤrmigem Schwe⸗ felkies. Vom ſuͤdlichen Abtzang des Gruͤnten. Nro 57. Braͤunlich, auch pechſchwarzer verhaͤrteter Mergel, von glaͤnzenden, auch ſtark glaͤnzenden Abſonde⸗ rungs⸗Flaͤchen. Vom ſuͤdlichen Abhang des Gruͤnten. Nro 58. Seladon- und berggruͤner, auch gruͤnlich⸗ grauer verhaͤrteter Thon, mit hellweißem derbem, auch zart eingeſprengtem ſpaͤthigem Kalkſtein, graulich-weißem Quarz und etwas Schwefelkies. Vom füdlichen een Abhang des Gruͤnten. Nro 59. Roͤthlich⸗ brauner koͤrniger Thoneiſenſtein, mit nur ſelten zerſtreuten Verſteinerungsſpuren, und ſpar⸗ ſam fein eingeſprengtem ſpaͤthigem Kalkſtein. Vom ſuͤd⸗ lichen Abhang des Gruͤnten. Nro 60. Roͤthlich-brauner eiſenſchuͤßiger verhaͤrteter Mergel, mit eingeſprengten wenigen Körnern von thonich⸗ tem Eiſenſtein, einzelnen Verſteinerungsſpuren von Numi⸗ 147 liten, und etwas zart eingeſprengtem Kalkſpath. Das Han gende der Andreasgrube am Gruͤnten. Nro 61. Roͤthlich⸗ brauner thonicht> koͤrniger Eiſenſtein, mit verhaͤrtetem eiſenſchuͤß igem Mergel durchaus verwach⸗ ſen, und mit wenig zerſtreuten Numiliten; auf den Kluͤften iſt er mit hell- auch gruͤnlich- und roͤthlich-weißem ſpaͤ⸗ thigem Kalkſtein angefuͤllt, in welchem ſich meiſtens wieder Kohlenblende, theils derb, theils eingeſprengt befindet. Aus dem Liegenden der Andreasgrube am Grünten, Der ſpaͤthige Kalkſtein aͤußert ein fo heftiges Aufbrau⸗ fen, als ich noch nie, weder bey andern Kalkſpathen noch | bey den Kalkgattungen überhaupt angetroffen; ein Stüds chen davon in ein Flaͤſchchen mit Scheidewaſſer geworfen, wird durch die Heftigkeit der aufſtoßenden Luſtblaſen nicht ſelten mit in die Hoͤhe gehoben. Die Kohlenblende iſt nie ganz rein, ſondern immerdar, auch auf den kleinſten Kluͤf— ten, mit Kalkſpath angefuͤllt, daher auch jedes Stück mit Saͤuren aufbraust; dieſe Kohlenblende am Gruͤnten ſcheint mir mit der vom Kongsberg Aehnlichkeit zu haben und faͤrbt auch ziemlich ab. Nro 62. Roͤthlich⸗ Brake; ſehr armer, thonicht⸗ koͤrniger Eiſenſtein, mit verhaͤrtetem Mergel verwachſen, und mit einzelnen zerſtreuten Verſteinerungsſpuren. Das Liegende der Maximilian Joſephs-Grube am Gruͤnten. Nro 63. Roͤthlich⸗ brauner verhaͤrteter eiſenſchuͤßiger Mergel, mit vielen groͤßern und kleinern, in und durchein⸗ ander liegenden Rumiliten, dann eingeſprengtem thonicht⸗ koͤrnigem Eiſenſtein und ſpaͤthigem Kalkſtein. Das Hate gende der Maximilian Joſephs-Grube am Grünten. Nro 64. Roͤthlich⸗ brauner verhaͤrteter eiſenſchuͤßiger Mergel, dem meiſt ſo viele Körner des thonicht⸗koͤrnigen Eiſenſteins beygemengt find, daß er ſchon ganz in folchen uͤbergeht; iſt dieſe Steinart in der Verwitterung, ſo ſind 148 die Körner des Eiſenſteins meiſt ſchon in erdigem Zuſtand und ochergelb gefaͤrbt. Das Liegende der untern Clau⸗ dius⸗Grube. Auf dieſer Grube finden ſich die Wester Verſteinerun⸗ gen, und zwar keine Numiliten, ſondern meiſt Herzmu⸗ ſcheln, Chamiten, Weberatuliten, Wendelſchnecken und Ichiniten, beſonders leztere, meiſt Fauſt groß. Die na- tuͤrliche Schaale der Ichiniten iſt nirgends ſichtlich, fon- dern es iſt hellweißer ſpaͤthiger Kalkſtein, der den Raum derſelben an- und ausgefüllt, und ſelbſt die zaͤrteſten Li⸗ nien dieſer Schaalen-Gehaͤuſe in ſich abgebildet und rege⸗ nerirt hat. Hie und da finden ſich 2 bis 3 ſolcher Schaa⸗ len uͤbereinander, die Zwiſchenraͤume von koͤrnichtem Br ſenſtein auögefült. Nro 65. Brauner geld-punktirter eiſenſchüßig verhaͤr⸗ teter Mergel, mit eingeſprengten einzelnen Koͤrnern von thonichtem Eiſenſtein, hellweißem Kalkſpath und Kohlen- blende. Das Hangende der untern Claudius-Grube am Grünten. Die gelben Punkte beſtehen aus einer mir nicht bekannten erdichten Subſtanz, vielleicht gelbe Eiſenerde. Nro 66. Schwaͤrzlich-grauer und gruͤnlich-ſchwarzer f verhaͤrteter Mergel, mit Chlorit innig gemengt von theils glänzenden, etwas geſtreiften Abſonderungsffaͤchen. Das Hangende der obern Claudius-Grube am Gruͤnten. Die ausnehmend kleinen eingeſprengten metalliſch glan- zenden Punkte ſcheinen aus Kohlenblende zu beſtehen. Nro 67. Braunrother verhaͤrteter eiſenſchuͤßiger Mer⸗ gel, mit vielen eingefprengten Koͤrnern von thonichtem Ei⸗ ſenſtein und etwas derbem ſpaͤthigem Kalkſtein. Das Lie⸗ gende der obern Claudius-Grube am Gruͤnten. Nro 68. Gruͤnlich und braͤunlich-grauer gelbgeſſeckter verhaͤrteter Mergel, mit in Kalkſpath verſteinerten Numi⸗ liten, die, beſonders an der etwas verwitterten Außenſeite 7 149 deutlich erſcheinen. Das Liegende der Tiefenbacher Grube, ob der untern Wand am Gruͤnten. In dem gleichen Lies genden zeigen ſich auch bisweilen Nautiliten, deren natuͤr— liche Schaale noch ganz erhalten iſt, und deren Groͤße bis zu der eines Kindskopfs anſteigt; auch ſind hier die gelben Punkte, als ein beſonderes fein eingeſprengtes Foſſil ſichtlich. Nro 69. Mit ſehr vielem thonicht⸗koͤrnigem Eiſenſtein gemengter rothbrauner verhaͤrteter Thon, der ſchon ganz in den koͤrnigen Eiſenſtein übergeht. Das Hangende der Tiefenbacher⸗Grube ob der untern Wand am Gruͤnten. Zwiſchen dieſen ſich am Gruͤnten, naͤchſt an den Floͤzen des thonicht⸗koͤrnigen Eiſenſteins vorfindlichen Mergelarten und denen vom Schwarzenberg, unweit Meiſelſtein, iſt ein großer Unterſchied; ich habe mir durch die Benennung Miergelſchiefer und verhaͤrteten Mergel zu helfen geſucht; die Mergelſchiefer, wie z. B. am Riedberg und Schwar? zenberg, find faſt alle von etwas gruͤnlich- grauer Farbe, ausgezeichnet ſchiefericht, find in Porzellapiden zerkluͤftet, weicher wie der verhaͤrtete Mergel, und haben mehr oder weniger ein etwas fettiges, mildes Anfuͤhlen; und in ihm zeigen ſich keine Verſteinerungen. Die verhaͤrtete Mergel am Gruͤnten find faſt alle von braunrother Farbe, mit Eis ſentheilchen gemengt und mit Verſteinerungen angefüllt, meiſt enthalten ſie auch Kalkſpath und Chlorit; ſie ſind nur hie und da im Großen ſchiefericht, ohne Zerkluͤftung, und haͤrter wie die erſte ſchieferichte Art des Mergels. Nro 70. Grünlich » grauer ausnehmend feinkoͤrniger Quarz, von (wie es ſcheint) Chloriterde gefaͤrbt, mit ein« geſprengtem Schwefelkies, und mit ſchwarzem verhaͤrtetem Thon und hellweißem ſpaͤthigem Kalkſpath innig verwach⸗ fen. Mit der Lupe bemerkt man kleine unkenntliche Cri⸗ ſtalle, und kennt ſich in Hinſicht des koͤrnichten Quarzes erſt aus. Dieſes Geſtein iſt von ungemeinem Zuſammen⸗ 450 halt, und ausnehmend ſchwer zerfpringbar. Das Han⸗ gende der Carl Ludwigs-Grube am Gruͤnten. Nro 71. Braͤunlich-grauer, mit eingeſprengtem Cblo⸗ rit, Quarz und Schwefelkies innig gemengter verharteter Mergel, mit hellweißen Kalkſpathadern durchzogen. Das Liegende der Carl Ludwigs⸗Grube am Gruͤnten. ’ Rro 72. Gelblich - grauer und lichtbräaunlich» gelber Sandftein, mit ſparſam und aus nehmend zart eingeſpreng⸗ tem Chlorit. Vom Gruͤnten. Auch mit fcharfer Lupe ers kennt man bier wieder kein Bindungsmittel, vielmehr ſcheint es in Bezug auf die obige Bemerkung ein Quarz von fein, körnicht abgeſonderten Stuͤcken zu ſeyn. Nro 73. Lichts und dunkelbrauner Kalkſtein, mit vie lem zart eingeſprengtem Kalkſpath, und ungemein dielen kleinen unkenntlichen Verſteinerungsſpuren. Nicht weit von der hoͤchſten Kuppe des Gruͤnten. Nro 74. Schmutzig rauchgrauer dichter Kalkſtein, der ſchon ganz in verhaͤrteten Mergel übergeht, mit haͤuſigen Verſteinerungsſpuren, vorzuͤglich Oſtroziten von theils noch unveränderten Schaalen-Gehaͤuſen. An dem hoͤchſten weſt⸗ lichen Abhang des Gruͤnten. Nro 75. Braunrother dichter Kalkſtein, mit hellweißem gemeinem faͤſerigem Kalkſtein, der zum Theil als Kernvers ſteinerung großer Rumiliten vorkoͤmmt. Der dichte Kalk- ſtein bildet einen Uebergang in den Mergelſchiefer. Von dem hoͤchſten weſtlichen Abhang des Gruͤnten. Nro 76. Lichtgrauer dichter Kalkſtein. Am Fuß des Grünten, bey'm ſogenannten Schaͤnzle, unweit Burgberg. Nro 77. Iſabell⸗ und oranien⸗gelber ſpaͤthiger Kalk ſtein, mit grauem Mergelſchiefer verwachſen. Am Fuß des Gruͤnten, bey'm ſogenannten Schaͤnzle, unweit Burgberg. Nro 78. Braͤunlich-grauer verhaͤrteter Mergel, der in Kalkſtein übergeht, Am Fuß des Grünten, unweit Burgberg. | 151 Nro 79. Mit Chlorit innig gemengter ſchwarzgruͤner Sandſtein, mit ſehr wenig eingeſprengtem Schwefelkies und Kalkſpath⸗Adern. Bisweilen zeigen ſich in dieſem Sandftein kolbenfoͤrmige ausgezeichnete Stuͤcke, die, wenn ich nicht irre, unter dem Gres Carbonrieres bekannt ſind. Am Fuß des Grünten, bey'm ſogenannten Schaͤnzle. No 80. Schmutzig graͤulich⸗gruͤner, mit ſehr vielen: kleinen Chlorit⸗Nieren eingeſprengter Sandſtein. Am Fuß des Gruͤnten, unweit Burgberg. Dieſer „Sandſtein iſt in der Verwitterung. Nro 81. Dunkel rauchgrauer, mit hellweißen Kalk- ſpathadern durchſezter Lonit. Vom Fuß des Gruͤnten, un⸗ weit Burgberg. Nro 32. Schwaͤrzlich⸗ grauer verhaͤrteter Mergel, mit ausnehmend zart eingeſprengtem Glimmer. Vom Fuß des Gruͤnten, unweit Burgberg. Nro 33. Theils dick⸗, theils duͤnnſchieferichter Sands ſtein, welcher auf den ſchieferichten Abloſungen mit Glim⸗ mer, Steinkohlenbeſtey auch Holzkohlen beſezt iſt. Der Glim⸗ mer zeigt ſich wie beym Glimmerſchiefer nur auf dem Laͤn⸗ gebruch, nur mit dem Unterſchied, daß er hier getrennt, beym Glimmerſchiefer aber ununterbrochen auf den ſchie⸗ ferichten Abloſungen fortſezt. Vom nordoͤſtlichen Abhang des Gruͤnten. Pro 84. Feinkoͤrniges Conglomerat oder Nagelfiue, deſſen Bindungsmittel Sandſtein iſt, oder feinkoͤrniger Sandſtein, in welchen wiederum groͤßere Quarzkoͤrner ein⸗ gemengt find. Nicht weit ab dem hoͤchſten Punkt des Gruͤn⸗ ten, an der Nordfeite, Nro 85. Lichtgrauer dichter Kalkſtein, mit graͤulich⸗ weißem gemeinem faſerigem Kalkſtein. Von dem ſogenann⸗ ten Hoͤrele, dem hoͤchſten Punkt des Gruͤnten. Der faſe⸗ dige Kalkſtein iſt bis anhero noch eine mineralogiſche Sel⸗ 152 tenheit, und ich werde daher mit der Zeit beſſere Exem⸗ plare davon zu erhalten bemüht ſeyn; er ſieht dem erſten Anſehen nach dem faferigen Apactit oder Arragon etwas aͤhnlich, braust ſehr ſtark mit Saͤuren, und laͤßt ſich, wenn er einmal in kleine Stucke getrennt iſt, zwiſchen den Fin⸗ gern in ſtaubartige Faſern zerreiben; er durchſezt hier, ſo wie auch in Nro 75. den Kalkſtein in ſchmalen Truͤm⸗ mern, ſcheint auch ſtellenweis als Water vor⸗ zukommen. Nro 86. Gelblich⸗ grauer ſchieferichter Sondſtein mit ſehr vielem Glimmer gemengt. Von Altſtetten, unweit Sonthofen, auf dem Weg nach Obersdorf. | Nro 87. Lichtbrauner dichter Kalkſtein, mit Kalkſpath⸗ Adern durchſezt. Von der ſogenannten Aurauhe am Kinn berg, unweit Obersdorf. Nro 88. Lichtgrauer, etwas gefeckter Mergelſchiefer. Von der ſogenannten Aurauhe, am Kinnberg, unweit Obersdorf. Die Flecken ſcheinen von, einſt zwiſchen den Abloſungen gelegenen, vegetabiliſchen Subſtanzen herzuruͤh⸗ ren. So viele Lager von Mergelſchiefer ich in den Ar gaͤuer-Gebuͤrgen zu ſehen Gelegenheit hatte, und wenn gleich mancher Mergelſchiefer einem dichten Kalkſtein oft recht gleich ſieht, ſo kann ich mich doch nicht uͤberwinden, dieſe, wie mir ſcheint ungleich juͤngere Mergelſchiefer, mit dem Kalkſtein zu verwechſeln; nur an Ort und Stelle wird man ſich in Hinſicht des ſtatt habenden Unterſchiedes be⸗ ſtimmt uͤberzeugen; in einzelnen Stuͤcken wird man weni⸗ ger ſchluͤßig ſeyn, fuͤr was man das eint oder andere will gelten laſſen. Die ſich im Mergel vorfindliche Kluͤfte tren- nen denſelben faſt immer auf ſeiner Lagerſtaͤtte in mehr oder weniger deutliche Parallelepipeden, deren Endflaͤchen meiſt concav und nur ſelten conver find. Der Mergel⸗ ſchiefer verwittert oͤfters in Mergelerde, und indem ſelbige * } 453 nach und nach wieder erhaͤrtert, entſteht wieder eine der erſten ziemlich gleiche regenerirte Steinart. Dieſe leztere, vielleicht noch in unſern Tagen ſich formirende Mergelart iſt wohl meiſt von unanſehnlich ſchmutzigen grauen Far⸗ ben, weicher, von ſehr mattem erdigen Anſehen und iſt oͤf— ters auf den Kluͤften mit Kalkſinter durchdrungen. Unter den Mergelarten, unweit Bonz in Franken, erinnere ich mich ſolche verhaͤrtete Mergel angetroffen zu haben, die übrigens mit den ſogenannten Ludes Stelmontii nicht zu verwechſeln ſind. Auch die Art der Verwitterung iſt fuͤr den Kalkſtein und Mergelſchiefer charakteriſtiſch; erſterer bekoͤmmt bey ſeiner Aufloͤſung eine verwitterte Außenſeite, die nach und nach, je mehr dieſe flatt hat, in Erde zer⸗ fallt; der Mergelſchiefer hingegen wird, vermoͤge der mes chaniſchen Verbindung der bis auf die kleinſten Theilchen trennbaren Schiefer, von den Feuchtigkeiten ganz durch— drungen, und zerfaͤllt dann in unendlich viele ſchuppichte u, von denen er erſt in den erdichten Zuſtand uͤbergeht. 5 Nro 89. Licht⸗rauchgrauer, hie und da geſſeckter Kalk ſtein. Vom Kuͤnenberg, unterhalb des Saͤuling, zwiſchen Hohenſchwangau und Fügen, 3/4 Stund von lezterm Ort. Nro 90. Ebenderſelbe Kalkſtein. Anpolirt. Nro 91. Gelblich-grauer Kalkſtein. Ebendaher. Ans polirt. N Nro 92. Kalkſtein von theils rauchgrauer, theils braͤun⸗ lich⸗grauer Farbe, mit lichtern Punkten verſchiedentlich ges ſleckt, auch hie und da mit Kalkſpath-Adern durchſezt. Vom Huttlerberg, zwiſchen Fuͤßen und Hohenſchwangau. Nro 93. Graͤulich-brauner, mit vielen Kalkſpath⸗ Adern durchſezter Alpkalkſtein. Vom noͤrdlichen Abhang des Spiegelbergs, unweit Fuͤßen. Anpolirt. f Nro 94. Graͤulich- weißer Alpkalkſtein. Von der weft lichen Seite der ſogenannten Ziegelwies, unweit Fuͤßen; 454 anpolirt. Dieſer Marmor iſt fehr ſchwer zerſpringbar und nähert ſich ſchon dem Uebergangskalkſtein; er ſcheint viel Kiefelerde in feiner Miſchung zu haben, da ſogar eimelne Stellen das Glas in etwas angreifen. Nro 95. Lichtgrauer, mit weißen auch dunkelgrauen Adern durchſezter Alpkalkſtein, welcher dem vorhergehenden ziemlich gleich koͤmmt. Aus dem Thal gegen Schwanſer zu. Anpolirt. Nro 96. Rother, weiß und gelb gefieckter Alpkalkſtein, mit einigen Verſteinerungsſpuren; in einzelnen Stücken naͤ⸗ chert er ſich einem Breccienmarmor, wo einzelne rothe Kalk ſteinſtuͤcke in Kalkſpath und in einem gelben verhaͤrteten Mergel inne liegen; ſehr ſelten zeigt ſich eine ſchmaragd— grüne Subſtanz ſehr fein eingeſprengt, die mit ſcharfer Lupe betrachtet einem Schmaragdit ganz aͤhnlich ſieht. Nicht weit vom Schloßberg zu Hobenſchwangane eine Stunde von Fuͤßen. Nro 97. Ebenderſelbe Kalkſtein; anpolirt. Der Stein⸗ ſchleifer hat nicht ganz ſeißig gearbeitet; indeß ficht man doch, daß er treffliche Politur annimmt, und zu den ſchoͤ⸗ nern Marmorſorten zu zählen ſeyn dürfte, Die Alten muͤſſen dieſen huͤbſchen Marmor ſchon gekannt haben; in Fügen befindet ſich von dem gleichen Marmor ein Grab⸗ ſtein, der uͤber 100 Jahre alt iſt. N Nro 98. In Pyramiden criſtalliſirter ſpaͤthiger Kalk⸗ ſtein (Kalkſpath), deſſen kleine Criſtalle ein von Kalkſinter uͤberzogenes Wurzelgeſtrippe in ſaͤulen⸗ und kolbenfoͤrmiger Geſtalt umgeben. Unweit Hohenſchwangau, auf dem Weg nach Bieswang, nicht weit von einer verlaſſenen tyroliſchen Grube. Aller angewandten Mühe unerachtet war von dies fer ſehr huͤbſchen Criſtalliſation nur ein einziges une aufzufinden. Nro 99. Alpkalkſtein von verſchiedenen Nuancen der - 155 leibrothen Farbe. Von der fogenannten Spitalwand am Fuß des Schwarzenbergs. Nro 100. Der obige Kalkſtein von ſehr blaßer, zum Theil gelblich⸗grauer Farbe. Ebendaher. Anpolirt. Nro 101. Roͤth⸗ auch gelblich » grauer Alpkalkſtein, mit welchem hie und da Kalkſinter verwachſen iſt. Von dem ſogenannten Brennenſtand am noͤrdlichen Abhang des Schwarzenbergs. Anpolirt. Nro 102. Licht» gelblich: grauer Alpkalkſtein. Vom Schwarzenberg, auf der Grenze zwiſchen Alt- und Neu⸗ Bayern und Tyrol, 3/4 Stund von Fügen. Dieſer Kalkſtein iſt von ſehr ſeinem Korn, ſehr milde und löst ſich ganz in Säuren auf; es ſcheint ein ungleich reinerer Kalkniederſchlag wie die vorigen Sorten zu ſeyn. Nro 103. Ebenderſelde Kalkſtein. Ebendaher. Ans polirt. Nro 104. Rother und braͤunlich⸗ grauer Kalkſtein, mit ſpaͤthigem Kalkſtein. Von der ſogenannten Rothen Wand am Abhang des Schwarzenbergs, an der tyroliſchen Grenze, ½ Stund von Fuͤßen. 5 Nro 105. Ebenderfelde Kalkſtein. Ebendaher. Ans polirt. 5 1 Nro 106. Schmutzig röthlich- grauer Alpkalkſtein, der etwas mit Kieſelerde gemengt zu ſeyn ſcheint, und daher ſchon ſtellenweis etwas ins Glas rizt, ohne jedoch am Stahl Funken zu geben. Eine Art Mittelkalkſtein. Von der ſo⸗ genannten Rothen Wand am Abhang des Schwarzenbergs, an der tyroler Grenze, 1/2 Stund von Füßen. Anpolirt. Nro 107. Fleiſchrother Kalkſtein. Auf dem Weg zur Rothen Wand, gegen Norden des Schwarzenbergs. An⸗ polirt. Nro 108. Braͤunlich⸗rother Kalkſtein, mit vielen Kalk⸗ ſpathadern. Von der Rothen Wand am Schwarzenberg. Anpolirt. 156 Nro 109. Braͤunlich⸗ gelber Kalkſtein. Von dem ſo⸗ genannten Schrundenkopf an der Rothen Wand des Schwar⸗ zenbergs. Anpolirt. Neo 110. Gräulich » weißer, etwas verwitterter Kalt ſpath, der die Reſte der zerſtoͤrten Mituliten-Schaalen ans gefüllt Hat. Von dem ſogenannten Schrundenkopf der Ro⸗ then Wand, am Schwarzenberg. Dieſe Verſteinerungs⸗ Ueberbleibſel finden ſich nur ſehr ſelten. Nro 111. Graͤulich-weißer und gelblich-weißer Kalk⸗ ſpath, in welchem nur wenig dichter Kalkſtein verwach⸗ fen iſt und ſich etwas Madrehoren⸗artige Verſteinerungs⸗ ſpuren zeigen. Angeſchliffen. Von dem fogenannten Burg⸗ ſchroffen an der Rothen Wand. Aller angewandten Aufs merkſamkeit unerachtet konnte ich in hieſiger Gegend im Kalkſtein ſelbſt keine Verſteinerungsſpuren entdecken; es war immer mehr der Kalkſpath, der das Menſtrum zur Ver⸗ ſteinerung conſtituirte, ſelbſt bey den Verſteinerungsſpuren im Hohenſchwangauer Marmor ſcheint mir dieß der Fall zu ſeyn; übrigens muß es, wenn man das häufige Vor⸗ kommen der Verſteinerungen in der Alpkalkſtein-Formation anderer Gegenden in Erwaͤgung zieht, gewiß ſehr auffal⸗ len, daß hier in fo großen Maſſen bey aufmerkſamer Nach⸗ ſuchung ſich nur ſo wenig davon auffindet, beſonders wie hier, an den niedrigen Punkten der Berge, an denen ſich anderer Orten gerade die meiſten Ueberbleibſel zeigen, ſo daß man das Vorkommen faſt als eine Ausnahme von der Regel anſehen kann. Nro 112. Licht» Neifchrother, mit vielem Kalkſpath durchſezter Kalkſtein. Von dem ſogenannten Burgſchroffen an der Rothen Wand. Angeſchliffen. Nro 113. Rother Kalkſtein, der theils blos geſſeckt if, theils einen huͤbſchen Breccie-Marmor bildet, Vier aus einem Stud zerſchlagene Bruchſtuͤcke ſehen, nachdem fie — 157 onpolirt worden find, ganz verfchieden aus, fo daß man glauben ſollte, es waͤren Marmors aus ganz verſchiedenen Floͤzen; in einem derſelden beſtehen die einzelnen Brocken der Breccie faſt ganz aus Hornſtein. Von dem hoͤchſten Punkt der Rothen Wand am Schwarzenberg. Anpolirt. Es duͤrfte vielleicht auffallen, daß ich von ein und eben» derſelben Gegend ſo viele Kalkſteine geſammelt und der Sammlung eingeſchaltet habe; allein einerſeits ſchien es mir nicht unintereſſant, die verſchiedenen Nuancen des Alpkalk— ſteins, zu dem fie wohl faſt allerſeits gehören, kennen zu lernen, und anderſeits glaube ich auch durch das Anpoli— ren derſelben auf das Vorkommen dieſer zum Theil recht huͤbſchen Marmors aufmerkſam machen zu muͤſſen. Neo 114. Gelblich-rother Kalkſtein, mit vielen eins geſprengten weißen Kalkſpathpunkten. Vom nördlichen Abhang des Schwarzenbergs. Anpolirt. Rro 115. Roͤthlich- braun und weiß gefleckter Kalkſtein. Auf den Kluͤften iſt er mit elfenoäkiarng Thon angefuͤllt. Ebendaher. Anpolirt. Nro 116. Gelblich-brauner Kaltſtein. Ebendaher. — Nro 117. Gelblich⸗rother Kalkſtein. Ebendaher. An⸗ polirt. Auch in dieſem Marmor zeigen ſi fi ch Verſteinerungsſpu⸗ ren, die aber auch wieder blos von Kalkſpath ausgefuͤllt ſind. Mit der ſcharfen Lupe kann man übrigens wenig vom dichten Kalkſtein erkennen; es iſt ein Aggregat von einzelnen kleinen Stuͤcken deſſelben, von Kalkſpath und et> was Eiſenocher. Es ſcheint dieſer Kalkſtein juͤnger und erſt aus zerſtoͤrtem Alpkalkſtein entſtanden zu ſeyn. Nro 118. Roͤthlich braun und gelblich-grau⸗-gefleck⸗ ter Kalkſtein. Von der ſogenannten Mittelſchrunde am oͤſtlichen Abhang des Schwarzenbergs. Anpolirt. 0 Nro. 119. Schmutzig gelblich⸗weißer, mit vielem Kalk⸗ ſpath gemengter Alpkalkſtein. Von dem ſogenannten Schrun⸗ denkopf am weſtlichen Abhang des Schwarzenbergs. An⸗ polirt. Nro 120. Gelblich- grauer Kalkſtein. Ebendaher. Ans polirt. Nro 121. Röͤthlich⸗grauer Kalkſtein. Ebendaher. Ans polirt. Nro 122. Roͤthlich und gelblich⸗grau geſſeckter Kalk⸗ ſtein. Ebendaher. Anpolirt. Nro 123. Braunrother Kalkſtein, mit ſehr zart einge ſprengtem Kalkſpath. Ebendaher. Anpolirt. Nro 124. Ziegelrother, auch weiß und gelb gefleckter Kalkſtein. An dem lezten Abhang des Schwarzenbergs ge⸗ gen Oſten. Anpolirt. Nro 125. Leibrother Kalkſtein; am Fuß des Schwar⸗ jenbergs, bey dem Zollhaus. Anpolirt. 10 * Nro 126. Dunkel roͤthlich brauner Kalkſtein, auf def fen Kluͤften ſich hie und da ein feinnterichter Beſchlag von Glaskopf vorfindet. Am Fuß des Schwarzenbergs, naͤchſt dem Zollhaus. Anpolirt. Nro 127. Roͤthlich⸗ gelber, mit vielem Kalkſpath vers wachſener Kalkſtein. Von der ſogenannten Au an der Straße in das Tyrol. Anpolirt. Wenn man die mehrern hier verzeichneten Kalkſteine aufmerkſam betrachtet, ſo wird es nicht entgehen, daß ſie, wie ſchon geſagt, wohl faſt alle zum Alpkalkſtein zu zählen feon duͤrften; indeß ſcheint mir doch noch unter ihnen eine mannigfaltige Verſchiedenheit, ſowohl nach ihrem aͤußern habitus als nach ihrem Vorkommen ſtatt zu haben, und ich habe daher nach meiner geringen Anſicht noch nach ſol⸗ gende Unterabtheilungen entworfen, in die ſich ein geuͤbtes Auge bey nur oberfaͤchlicher Anſicht gleich finden duͤrfte. 159 Die erſte Art des Alpkalkſteins hat meiſt wenig färbenden Stoff in ſich enthalten und iſt von gelblich « weißer und licht⸗gelblich⸗grauer Farbe; fie iſt meiſt an den Kanten durchſcheinend, und der ſehr zart »fplittriche Bruch verläuft ſich nicht ſelten in ein unvollkommen verſteckt blaͤttrichtes Gefuͤge. Dieſe Art hat ein gewißes mildes Anſehen und Anfuͤhlen, über das ich mich nicht auszudruͤcken vermag; und in ihr fand ich auch nicht eine Verſteinerungsſpur; dieſe Kalkſteine gehoͤren entweder ſchon ganz zum Uebergangs⸗ Kalkſtein oder gehen doch wenigſtens ſchon ganz in ſolchen über; es ſcheint dieß der reinſte Kalkniederſchlag zu ſeyn, und es duͤrfte ſich fragen: ob hier nicht die chemiſchen Kraͤfte der Ur⸗ und die mechaniſchen der Floͤzzeit mit ein⸗ ander zu ſeiner Bildung beygetragen haben; er bildet im Allgemeinen die groͤßten, am wenigſt geſchichteten Maſſen, und findet ſich an den tiefſten und auf den hoͤchſten Bunt» ten. Ausgezeichnet ſind hier Nro 102 und 103 und Une ter den nachfolgenden Nro 146, 226, 227, 265 ic. dann vorzuͤglich Nro 351 und 356. Ihm ſcheint die Bleyglanz⸗Gaumey und braune Eiſen⸗ an: Bildung ausſchluͤßlich anzugehören. Die zweyte Art des Alpkalkſteins iſt meiſt von bunten Farben; der Bruch wird dichter und erdichter. Dieſem Alpkalkſtein ſcheinen die wenigen Verſteinerungsſpuren faſt ganz alleine anzugehoͤren, und er iſt mit ungemein vielen Adern von meiſt hellweißem ſpaͤthigem Kalkſtein durchwach⸗ ſen; das Milde der vorigen Abart iſt nicht mehr demerk⸗ bar, und er wird gleichſam, daß ich mich ſo ausdruͤcke, ſpröder; hieher gehören vorzüglich Rro 96, 97, 104, 105, 124 ic. Die dritte Art iſt meiſt von unanſehnlich grauer Farbe und nähert ſich dem Jurakalkſtein; fie trägt ſchon mehr den Charakter des mechaniſchen Niederſchlags in ihrem ganzen 160 \ habitus an fih. Der Bruch wird großſplittericht und nds hert ſich hie und da dem unvollkommenen mufchlichten ; angehaucht geben dieſe Kalkſteine einen Thongeruch von ſich, und die Feuchtigkeit erhaͤlt ſich laͤnger auf ihnen als auf den vorhergehenden Sorten; auch die Art des Aufbrau— ſens mit Saͤuren iſt verſchieden; bey den erſten Sorten er— folgt das Aufbrauſen ſchneller und, wie es ſcheint, unge⸗ ſtoͤrter; hier hingegen ſcheint die Thonerde in der innigen Miſchung der Kohlenſtoffſaͤure bey ihrem Ausgang Hinder⸗ niße in den Weg zu legen; auch laͤßt die Stelle, wo der Stein mit Scheidewaſſer beſezt worden, eine erdichte Sub⸗ ſtanz zuruͤcke. Dieſer Kalkſtein iſt in der Regel dünner ges ſchichtet, findet ſich nicht ſo hoch gelagert, iſt juͤnger, da ich ihn meiſt uͤber dem andern aufgeſezt angetroffen, und da, wo er ſchon ganz in Jurakalkſtein uͤbergeht, finden ſich in ihm die Feuerſteinlager. Wenn er Kalkſpath enthaͤlt, fo zeigt ſich derſelbe öfters eingeſprengt und in kleinen Truͤm⸗ mern; er findet ſich in der Sammlung unter Nro 89, 92, 231, 314. Nro 128. Breccien⸗ Kalkſtein Gefen deſſen einzelne, ſcharfkantige Kalkſteinſtuͤcke durch eiſenſchuͤßigen Thon zuſammen gebunden ſind. Aus dem Baumwalder Bruch, unweit dem Weißenſee, 1 ½ Stund von Fuͤßers Nro 129. Ebenderſelbe Kalkſtein. Anpolirt. Pro 130. Braͤunlich-grauer Leberſtein, welcher nach allen Richtungen zerkluͤftet iſt, und beym Zerſchlagen in größere oder kleinere, meiſt in ſtumpfeckichte wuͤrffichte Stuͤcke zerſpringt; auf den Kluͤſten hat ſich faſt durchgehends ein ſehr zarter Ueberzug, theils von Gypsſinter, theils von ſpaͤ— thigem Kalkſtein angeſezt. 2 dem Weg von Fuͤßen nach ee Anfangs hielt ich dieſe e fuͤr Stinckſtein, da fe | gefchaben, vorzüglich aber beym Zerſchlagen groͤßerer Stuͤcke 164 den bekannten urinoͤſen Geruch dieſes Foſſils verraͤth, aber bey naͤherer Unterſuchung bemerkte ich bey dieſem Exem⸗ plar ſowohl als auch bey den nachfolgenden aͤhnlichen Stein⸗ arten, die sub Nro 132, 142, 145, 147, 171, 186 und 189 anliegen, daß fie wohl nur wenig Kohlenſtoffſaͤure bes ſitzen, und daß ſie mehr fuͤr eine innige Verbindung von Stinckſtein und Gypsſtein zu halten ſeyn dürften. Bis zu weiterm Aufſchluß oder Belehrung habe ich mich der, von neuern Mineralogen, wie es ſcheint ganz remi gegebenen Benennung Leberſtein (deſſen Emmerling in der Aus— gabe von 1793. ir Theil pag. 535 und Eſtner pag. 1121 als Stinckſpath oder Leberſpath ganz en passant Erwaͤh⸗ nung thun) bedient; noch muß ich bemerken, daß in de⸗ nen hier gedachten Leberſteinen auch mehr oder weniger Kieſelerde enthalten zu ſeyn ſcheint; da fie faſt alle etwas das Glas angreifen; daß die erhaltenen Probeſtuͤcke ſich im⸗ merdar ſchon in einem gewißen Grad der Verwitterung und Aufloͤſung befinden, und auch die Art der Zerklüftung durch ganze Gebirgsmaſſen für fie charakteriſtiſch ſeyn dürfte, Nro 131. Blaͤulich-grauer, mit Kalkſpathadern durch“ ſezter Alpkalkſtein; auf den Abloͤſungen zeigt ſich eine braune fett - glänzende Subſtanz. Nicht weit von dem EPalich bruch bey Faulenbach. Neo 132. Lichtbrauner zerkluͤfteter Leberſtein, deſſen Riſſe mit Kalkſpath und Gypsſpath ausgefuͤllt ſind. Aus dem Faulenbacher Gypsſteinbruch, unweit Füßen. Dieſer Leberſtein ift wie der Nro 130 bis auf feine kleinſten Theile getrennt, ſo daß es nicht moͤglich wird, einen ganz friſchen Bruch zu erhalten, indem derſelbe immer in kleine Stuͤcke zerſpringt, die auf allen Seiten mehr oder weniger ſchon einen fubtilen Ueberzug haben. Dieſe befondere Verwitte⸗ rungsart, denn für nichts anders kann ich dieſes halten, zeigt ſich nicht blos am Tage, ſondern geht auch in die ar Bd. L 462 Tiefe, da ich in der erſt entbloͤsten Tiefe mehrerer Lachter ein gleiches Vorkommen bemerkt habe; bey warmer Wit⸗ terung, beſonders wie ich dieß nach einem Regen bemerkte, verſpuͤrt man an dieſen, aus Leberſtein beſtehenden Felſen⸗ maſſen einen auffallend ſtarken urinoſen hepatiſchen Geruch; af nicht wohl dieſe Riſſigkeit eine Folge der verfluͤchtigten bituminoſen Theile, wodurch die Volumitaͤt des Steines ſelbſt verloren hat? Daß das mit Gyps und Kalkerde ge⸗ ſchwaͤngerte Waſſer feine erdichte Theile ſodann in dieſe Riſſe abgeſezt habe, laͤßt ſich kaum bezweifeln. Unglaub⸗ lich groß ſcheint mir überhaupt die Einwirkung der Atmos- phaͤrilien zu ſeyn, beſtaͤndig unterhaltene chemiſche Proceße aͤußern ihre zerſtoͤrende und wieder bildende Wirkung! Wie weit iſt man noch davon entfernt, die beſtaͤndige Einwir⸗ kungen der Gasarten, von Waſſer, Licht und Ben auf die feſten Subſtanzen zu kennen! Nro 133. Gelb und graulich-weißer dichter Gyps, mit hellweißem, feinkoͤrnigem, auch ſpaͤthigem Gyps, und ‚graulich = fchwarzern verhaͤrtetem Thon verwachfen. Von Faulenbach, / Stunde von Fugen. Nro 134. Etwas gebänderter bräunlich gelber dichter Gyps, mit wenig braunem blaͤttrichem Gyps eingeſprengt. Von Faulenbach. Anpolirt. g Nro 135. In kleinen undeutlichen Säulen und Rhom⸗ ben criſtalliſirter gelblich » brauner fpäthiger Gyps, deſſen einzelne Criſtalle verwirrt auf und durcheinander liegen, und auch mit dichtem gelblich⸗weißem Gyps verwachſen ſind. Von Faulenbach. Nro 136. Hell weiß und braͤunlich⸗ gelber fpäthiger Gyps, welcher büfchelförmig zuſammengehaͤuft iſt. Von Faulenbach. Nro 137. Lichtgrauer Kalkſtein, auf den Abloſungen mit theils fettglaͤnzendem erhaͤrtetem ſchwaͤrzlich braunem * 8 16% Thon durchſezt. Von dem Schloßberg dey Waizen, un⸗ weit Fuͤßen. Nro 138. Lichtbrauner Kalkſtein, mit vielen kleinen eingeſprengten Kalkſpathpunkten. Von dem Schloßberg Waizen, unweit Fuͤßen. Nro 139. Graͤulich weißer Sandſtein, mit ausneh⸗ mend zarteingeſprengtem erdichtem Chlorit, der, zur Haͤlfte verwittert, ochergelbe kleine Punkte zuruͤckgelaſſen hat. Von dem mittaͤglichen Abhang des Schloßbergs bey Waizen, nicht weit von Zell. | Rro 140. Grünlich-grauer Mergelſchiefer. Am Fuße des obigen Schloßbergs im ſogenannten Bachthal, an der Proͤbſtler Viehweid, unweit Maria Huͤlf. Dieſer Mergelſchiefer oder verhaͤrtete Mergel ſcheint mir erſt in neuern Zeiten zu Stein erhaͤrtet zu ſeyn, und auf ihn iſt das anwendbar, was hieruͤber Nro 88 bemerkt wors den; nur die oberſten Lagen find von Steinhaͤrte, tiefer iſt er ſchon ſo weich, daß er den Eindruck des Nagels an⸗ nimmt. N Niro 141. Licht > gelblich » brauner und grauer Sands ſtein; er zeigt ein zartſchieferichtes Gewebe, it mit vielen kleinen, meiſt ſilberweißen Glimmertheilchen durchſezt, und mit der Lupe zeigen ſich zerſtoͤrte Feldſpathvunkte. Er ſcheint etwas Aehnlichkeit mit Gneis zu haben; ſollte er nicht ſeinen Urſprung einem zerſtoͤrten Granit verdanken? Aus dem ſogenannten Heſſenwald, unweit Dolden bey Ma⸗ ria Hülf, zwey Stunden von Fuͤßen. Nro 142, Licht brauner Leberſtein, mit Quarzadern durchſezt. Von der rothen Bruͤcke auf der Straße von Tys rol, unweit Fügen, oberhalb der Verelnigung des Lechs und der Vils. Nro 143. Braͤunlich⸗grauer Kalkſtein, dem nur we⸗ nig Bitumen und etwas Kieſelerde beygemengt ſcheint, mit 164 vielen hellweißen Kalkſpathadern; auf den Abloͤſungen zeigt fich ein mordero⸗rother glaͤnzender Beſchlag von eee Thon. Ebendaher. Pro 144. Gelblich⸗ weißer dichter Kalkſtein, Flche 1 theils mit derbem, theils eingeſorengtem Schwefelkies ganz durchſezt iſt. In ſehr kleinen Bruchſtuͤcken findet man hie und da auch feineingeſprengten Bleyglanz und gelbe Blende. Zwiſchen der rothen Bruͤcke und Mußau an der ſogenann⸗ ten Bleygrube, unterhalb am Berge Schlicken. Pro 145. Gelb- und braͤunlich-grauer Leberſtein. Aus dem Aachthal, am Fuße des Kaͤnenbergs, auf dem Wege von Heitlern, in der Pfarr Pfronten, nach der Fahlmuͤhle. Es ſieht dieſe Steinart einem Breſchmarmor ganz aͤhn⸗ lich; ſowohl die einzelnen Stuͤcke als auch die fie verbin⸗ dende Maſſe beſtehen aus Leberſtein; der urinoſe Geruch zeigt ſich mehr beym Zerſchlagen großer Stuͤcke. Nro 146. Graͤulich- und gelblich-weißer Alpkalkſtein. Zunaͤchſt an der Fahlenbacher Muͤhle. Er hat viel Aehn⸗ lichkeit mit dem Kalkſtein des Schwarzenbergs Nro 102. Nro 147. Bräaäunlich⸗grauer Leberſtein. Er iſt mehr oder weniger zerkluͤftet und ſpringt immer in eckichte, ziem⸗ lich ſcharfkantige Bruchſtücke; nur ſelten wird ein ganz friſcher Bruch angeſchlagen. Er gleicht viel dem Fahlen⸗ bacher Leberſtein, nur daß jener noch viel mehr zerkluͤftet . iſt. Aus dem Gypsſteinbruch an der Fahlmuͤhle, unweit Pfronten. Nro 148. Graͤulich- weißer dichter Gyps. Aus dem Gypsſteinbruch an der Fahlmuͤhle, unweit Pfronten. Er iſt ungemein leicht zerſpringbar und theilt ſich immer nach den ihn durchſetzenden Zerkluͤftungen, daher auch nur fel, ten ein friſcher Bruch zu erhalten. 8 Nro 149. Graͤulich⸗ weißer und hellweißer dichter Gyps, mit ochergelben und grauen Flecken und Streifen von eis ſenſchuͤfigem Thon. Ebendaher. — 465 Nro 150. Hellweißer, auch roͤthlich⸗ weißer dichter Gyps, mit ſchwaͤrzlich grauem Thon durchſezt. Ebendaher. Nro 151. Gelblich⸗ grauer gebaͤnderter dichter Gyps. Ebendaher. PN Nro 152. Lichtgrauer fchieferichter, innig mit Thon gemengter dichter Gyps. Ebendaher. Nro 153. Braunrother, auch ziegelrother Hornſtein, der ſich aus dem muſchlichten in den ſplittrichten verlaͤuft, und groͤßtentheils, wo er ſich mehr dem matten und ers dichten naͤhert, in Lonit uͤbergeht, mithin am Stahl Fun⸗ ken giebt und mit Saͤuren aufbraust; auch iſt er meiſt mit hellweißen Kalkſpathadern verwachſen. Eine Stunde von der Fahlmuͤhle, nicht weit von Edelsberg, im fogenannten Erzbach. 85 Nro 154. Röͤthlich⸗ brauner und gräulich- grüner vers haͤrteter Thon, der in die weichern Sorten des Banjaſpis uͤberzugehen ſcheint. Unweit der Fahlmuͤhle am ſogenann⸗ ten Erzbach. Neo 155. Mordero⸗rother jaſpis⸗ artiger Thoneiſen⸗ ſtein. Er iſt vielfaͤltig nach allen Richtungen zerkluͤftet, und zerſpringt im Großen meiſt in würfichte Bruchſtuͤcke. Auf und zwiſchen den Kluͤften und Abſonderungen findet ſich etwas hellweißer Amianth, auch zuweilen Bergpapier. angefogen und uͤberdieß find die Ablofungsfächen der Queer⸗ riſſe haͤufg mit einem dünnen, zum Theil dendritiſchen Anfug einer metalliſchen Subſtanz beſchlagen, die ich mir zu. beſtimmen nicht getraue. Dieſes Foſſil braust übrigens‘ aller Orten mit den Saͤuren, und giebt etwas Funken am Stahl; alſo wieder eine innige Miſchung des kteſelartig⸗ und kohlenſtoff, ſauren Kalkartigen, mithin auch wieder gewißer Art ein Lonit. Unweit der Fahlmuͤhle am ſoge⸗ nannten Erzbach. . Nro 156. Grobkörniger Sandſtein (Muͤhlenſtein) del 466 fen Körner faſt ausſchluͤßlich aus Quarz beſtehen und der mit vielem ſilberweißem Glimmer gemengt iſt. Unweit Ame⸗ ringen, drey Stunden von Lechbruck. Mes 157. Sehr feinkoͤrniger lichtgrauer Sandſtein. Er iſt duͤnnſchie fericht und zwiſchen den zarten Schiefer⸗ lagen iſt er mit Glimmer beſezt; im Laͤngebruch ſieht er. einem Glimmerſchiefer und im Queerbruch einem Horn⸗ ſtein ziemlich ähnlich. Unweit des Lechbrucker Mauthhau⸗ ſes am rechten Ufer des Lechs. Neo 158. Schwaͤrzlich- grauer, mit Glimmer und Steinkohlenbeſteg gemengter Sandſtein. Von dem Lech» brucker Mauthaus am rechten Ufer des Lechs. Nro 159. Bläulich » grauer, mit Steinkohlenbeſteg und Glimmer gemengter Sandſtein. Ebendaher. Nro 160. Grauer dickſchieferiger, auf den Abloͤſungen mit wenig Glimmer beſezter Sandſtein. Ebendaher. Nro 161. Aſchgrauer verhaͤrteter Mergel. Ebendaher. Er ſcheint mir, wie ſchon ein Paar obige Steine von Ma⸗ ria⸗Huͤlf, von juͤngſter Entſtehung zu ſeyn; er iſt unan⸗ ſehnlich, hat ein ausgetrocknetes Anſehen, und iſt von ganz mattem erdichtem Bruch, ihm fehlt die Conſiſtenz der aͤl⸗ tern Mergelſchiefer und deren ſchieferichte Textur. Nro 162. Sammetſchwarze Blaͤtterkohle, zum Theil pfauenſchweiſig und mit Stahlfarben bunt angelaufen, theils auch nur gelb oder roth auf den duͤnnſchieferichten Ablo⸗ ſungen gefarbt. Auf dem geradſchieferichten Laͤngebruch zeigt ſich eine unvollkommen runde blumich-blaͤtteriche Zeichnung, die durch das Ganze auf jedem zarten Schie⸗ fer vorkommen. Von dem Lechbruͤcker Mauthhaus am rechten Ufer des Lechs. f Nro 163. Graͤulich-ſchwarze Schieferkohle. Vom rechten Ufer des Lechs, gegenuͤber von Lechbruck. Nro 164. Kleinkoͤrniges Conglomerat (oder Breccie), . 167 deren einzelne, meiſt Erbſen große Koͤrner oder kleine Ge⸗ ſchiebe, faſt ausſchluͤßlich aus rauchgrauem Quarz und eis was Hornſtein beſtehen, und durch einen, mit Glimmer⸗ Flitſchen gemengten Thonmergel gebunden ſind. Dieſes Conglomerat iſt von ſehr geringem Zuſammenhalt und jers fallt meiſt beym Zerſchlagen in die einzelnen Koͤrner. Nach der Art des Vorkommens und dem Abgerundetſeyn der Koͤr ner, die doch nichts anders als kleine Geſchiebe ſind, ſcheint mir dieſe Breccie doch mehr zur Ragelſſue als zum Sand⸗ ſtein beygezaͤblt werden zu muͤſſen. Ebendaher. Nro 165. Conglomerat von mittlerem Korn, deſſen Geſchiebe faſt'meiſt nur aus Kalkſtein beſtehen, die durch | einen glimmerichten Sandſtein verbunden find. Ebendaher: - Nro 166. Sammetſchwarze Blaͤtterkohle, mit Kohlen⸗ ſchieſer in- und durcheinander verwachſen. Der Kohlen- A ſchieſer iſt mit Kieſelerde durchdrungen und rizt daher et⸗ was ins Glas. Von dem linken Uſer des Lechs, nachſt⸗ bey Lechbruck. u Nro 167. Conglomerat und Sandfein mit Schwe⸗ felkies; bald iſt das Conglomerat und dek Sandſtein ans einander liegend und ſcharf abgeſchnitten, bald aber geht das Conglomerat von kleinem Korn nach und nach in: Sandſtein uͤber. Dieſe Steinart entyaͤlt hie und da kleine Verſteinerungsſpuren aus dem Helix-Geſchlecht, auch Steinkohlenbeſleg. Vom linken Ufer des Lechs, naͤchſt bey Nro 168. Graulich⸗ gelber, ſehr feinkoͤrniger Sands fein, der einigen Adarten des groͤbern Trippels ſehr nahe kommt. Vom Rothenbuch, unweit Schongau. Nro 165. Lichtgrauer feinkoͤrniger Saudſtein. Vom 4 Rothenbucher Steinbruch, unweit Schongau. Nro 170. Bräunlichsrother Mergelſchiefer. Auf dem Weg von Baͤrenbeuren nach dem Auberg. Dieſes Foſſil 1 168 ſcheint mir zwiſchen Mergelſchiefer und Kalkſchiefer zwiſchen inne zu ſtehen. Nro 171. Gelblich- brauner Leberſtein. Auf dem Weg von Baͤrenbeuren nach dem Auberg. Nro 172. Hellgrauer Sandſtein. Vom oͤſtlichen Ab⸗ hang des Auberg, naͤchſt an dem Weiler Goldſtein. Nro 173. Sammetſchwarze Pechkohle, mit ſandigem Mergel, auch etwas Schwefelkies verwachſen. Vom Au⸗ berg, naͤchſt bey Goldſtein, an deſſen öftlichem Abhang. Nro 174. Zapfenfoͤrmiger ſintricher faſeriger Kalkſtein. Ebendaher. ' Nro 175. Braͤunlich-ſchwarze Blaͤtterkoͤhle, in duͤn⸗ nen ſcheibenfoͤrmigen Stuͤcken. Aus dem ſogenannten Tie⸗ fenthal zwiſchen Lechbruck und Diefringen.— Nro 176. Verwitterte Grobkohle? welche von ganz geringem Zuſammenhalt iſt und gaͤnzlich zerkluͤftet in nichts als kleine ungeformte Bruchſtuͤcke bey der geringſten Ge⸗ walt zerfaͤllt, fo daß auch kein fauſtgroßes Stuͤck gewonnen werden kann. Aus dem ſogenannten Tiefenthal zwiſchen Lechbruck und Bietringen. Nro 177. Gemeiner Stiuckſtein von dunkelbrauner, auch fleckweis iſabell⸗ gelber Farbe; in ihm find hellweiße dünne Schaalen von Suͤßwaſſer-Schnecken eingewachſen, und auf den Abloſungen zeigt ſich hie und da Schwefel⸗ kies angeflogen. Aus dem Tiefenthal zwiſchen Lechbruck und Dietringen. Er ſcheint wenig Bitumen zu enthalten und aͤußert ſich der urinoſe Geruch nur bey ſtarkem Zer⸗ ſchlagen deſſelben; er hat ungemein viel Gleichheit mit dem nachfolgenden sub Nro 196 vom Hering in Tyrol. a Nro 178. Bläulich » grauer verhaͤrteter Thon. Aus dem Tiefenthal zwiſchen Lechbruck und Dietringen. Er löst ſich ſehr leicht in Waſſer auf und hat dann ein ſehr fettiges ſchmieriges Anfuͤhlen; er naͤhert ſich in etwas dem 169 Steinwerk und iſt vielleicht zu dem Buntthon oder Blau⸗ thon des B. R. Werner zu zaͤhlen. Von außen ſind die loſen Stüce ochergelb gefärbt. Nro 179. Braͤunlich⸗ſchwarze Grobkohle? die nicht ſelten ein etwas gebaͤndertes Anſehen hat und in die Schie⸗ ferkohle uͤberzugehen ſcheint. Ebendaher. Nro 180. Blaͤtterkohle, deren zarte Blätter auf der Bruchzaͤche nicht ſelten eine wellenförmig oder krummge? bogene Textur zeigen. Ebendaher. Pro 181. Ausnehmend feinkoͤrniger, mit Glimmer ge mengter Sandſtein, deſſen Bindungsmittel aus Mergel be— ſteht. Aus dem ſogenannten nee zwiſchen Lechbruck und Dietringen. Nro 182. Lichtgrauer Sandstein von feinem Korn und eingeſprengten kleinen Kieſelſchiefer-Koͤrnern, die wie ſchwarze Punkte die ganze Maſſe des Sandſteins durchſetzen. Er iſt durch Mergelerde conglutinirt. Von dem großen Stein⸗ bruch bey Dietringen, 1 52 Stund von Fuͤßen. Nro 183. Gelblich- grau und brauner, mit vielem Glimmer gemengter Sandſtein von groͤberm Korn. Aus dem Steinbruch von Dietringen, unweit Füßen. Er lie⸗ fert gute Muͤhlſteine und wird weit und breit von den Haf, nern, die Glaſur zu mablen, gebraucht; auch 82 ihm iſt Mergelerde das Bindemittel. Nro 184. Ziegelroth, morderoroth und roͤthlich-braun gefſeckter dichter Kalkſtein. Am Lech, naͤchſt bey Fuͤßen. Nro 185. Hoch »Heifchrother dichter Kalkſtein. am Lech, naͤchſt bey Fuͤßen. Nro 186. Lichtbrauner riſſiger eeberſtein. Der Kalk⸗ ſpath und Gypsſpath, der wahrſcheinlich hier, wie bey den vorhergehenden Sorten, die kleine Riſſe und Hoͤhlungen im Geſtein ausfuͤllte, iſt zu einer weißen Erde aufgelöst, Am 479 U Lech naͤchſt bey Fuͤßen, wo ſich die Queckſilberſpuren ge⸗ zeigt. Es iſt der gleiche Leberſtein wie bey Fahlenbach Nro 132. Nro 187. Der gleiche Leberſtein; noch mehr verwittert und aufgelöst. Ebendaher. Wenn man nicht an Ort und Stelle an vielen Stuͤcken und gleichſam im Großen den all⸗ maͤhligen Uebergang der Verwitterung erſehen hat, wird man ſich kaum uͤberwinden koͤnnen zu glauben, daß dieß der Leberſtein der ganzen dortigen Gegend geweſen ſeye, und daß der in naͤchſter Nro folgende Latten wahrſcheinlich der gleichen Steinart ſein Daſeyn verdanke, nur daß bey lez⸗ term einzelne kleine Kalkſteinſtuͤckchen eingemengt find, die blos zufaͤllig von oben den Kluͤften zugefallen ſeyn werden. Nro 188. Rauchgraue Mergelerde, mit innliegenden weißen Kalkſteinſtuͤcken in der Verwitterung. Am linken Ufer des Lechs, naͤchſt Fuͤßen. Pro 189. Lichtbrauner Leberſtein, mit hellweißem koͤr. nigem Baryt. Auf dem Wege von Lermos nach Naſſa⸗ reuti, eine Stunde von lezterm Ort. Dieß iſt der erſte, den vorherigen weniger aͤhnliche Leberſtein, der, weil er faſt gar nicht zerkluͤftet iſt, einen friſchen Bruch darbietet. Nro 190. Dunkel-⸗ziegelrother Alpkalkſtein. Vom Ber⸗ ge Roßbach, unweit Holzleiten, in Tyrol. Nro 191. Vollkommen ſammetſchwarze Pechkohle, die zum Theil eine deutliche Holztertur zeigt; von Hering in Tyrol. Hie und da findet ſich auf der Bruchfaͤche eine huͤbſche Zeichnung von lichterer und dunklerer ſchwarzer Farbe, wie von gebaͤndertem Mohr oder ſchwarz⸗gewaͤſ⸗ ſerten Baͤndern. Nro 192. Schieferkohle, welche in die Blätterkoble uͤbergeht. Von Hering in Tyrol. Nro 193. Theils gelblich» weißer, theils ſchwaͤrzlich⸗ - 171 brauner gemeiner Stinckſtein, mit unterſchiedlichen Blaͤt⸗ terſchilf⸗ und Reiſicht⸗Abdruͤcken. Von Hering in Tyrol. Nro 194. Gemeiner Stinckſtein, deſſen braͤunlich- gelb und braͤunlich⸗ſchwarze Farbe in geraden Linien und Baͤn⸗ dern abwechſeln. Ebendaher. Nro 195. Schwarzbrauner gemeiner Stinckſtein, mit nelkenbraunem Feuerſtein in kleinen knollichten und run⸗ den Stuͤcken innliegend. Ebendaher. Nro 196. Gemeiner Stinckſtein, deſſen braune Farbe vom Licht: gelblich: braunen bis zum Dunkel-ſchwaͤrzlich⸗ braunen ſich verläuft; er iſt mit Calciniten Suͤßwaſſer⸗ ſchnecken durchaus angefuͤllt, und auf beyden Seiten mit anliegender Steinkohle verwachſen. Ebendaher. Nro 197. Lichtgrauer verhaͤrteter Mergel. Ebendaher. Nro 198. Blaͤulich⸗roͤthlich und gelblich» grauer Los nit; auf den Kluͤften mit ſpaͤthigem Kalkſtein. Ebendaher. Nro 199. Dunkel⸗rauchgrauer Alpkalkſtein, mit iſa⸗ bellgelbem Stinckſtein verwachſen. Ebendaher. Nro 200. Kleinkoͤrniger, meiſt aus erbſengroßen Kalk⸗ ſteingeſchieben beſtehende, mit Kalkſinter nur wenig halt Dar zuſammengekittete Nagelfſue. Ebendaher. Nro 201. Kalkſtein⸗Breccie, mit unſichtbarem binden den Mittel, von ſehr ſtarkem Zuſammenhalt. Ebendaher. Nro 202. Kleinkoͤrniges Conglomerat oder Sandſtein, beſtehend aus rothem Quarz und Hornſtein, Thonfchiefer. und Kalkſtein, in wenig abgerundeten kleinen Geſchieben, welche durch eiſenſchuͤßigen Thon gebunden, eine feſte Maſſe bilden. Es ſcheint mir dieſe conglutinirte Steinart zu den Grauwacken beygezaͤhlt werden zu muͤſſen. Ebendaher. Nro 203. Braͤunlich⸗ſchwarzer verhaͤrteter bitumino⸗ ſer Mergel, mit Sand gemengt, und mit unendlich vielen calcinirten Schaalen⸗Gehaͤuſen, meiſt aus dem Helix- 172 Geſchlecht angefüllt. Als Vorkommen im Hangenden der Heringer Steinkohlen-Werke. Nro 204. Sintricher faſerichter Kalkſtein, von rinden⸗ foͤrmig äußerer Geſtalt, deſſen ifäbel » gelbe und gelblich» braune Farbe ſtreifweis abwechſelt. Er findet ſich im Han- genden der Heringer Steinkohlen » Formation in einzelnen N Parthien. Nro 205. Blaß-honiggelber ſpaͤthiger Kalkſtein (Kalk⸗ ſpath), theils derb, theils in undeutlichen pyramidalen Cryſtallen. Er findet ſich zuweilen in den Kalkſteinfözen. Von Hering. Nro 206. Graͤulich- weißer ſpaͤthiger Kalkſtein, in vol kommen einfach dreyſintigen Pyramiden criftalifier ; die Criſtalle ſind auf einem etwas verwitterten, mit kalkichtem Glimmer gemengten Sandftein aufcriſtalliſirt, und dru⸗ ſicht zuſammen gehaͤuft. Aus den Steinkohlen-Werken von Hering. i Nro 207. Gruͤnlich-ſchwarzer Serpentin, der im Mit- tel zwiſchen dem ebnen und edlen Serpentin zu ſtehen ſcheint; in ihm iſt fleckweis lichtgruͤner verhaͤrteter Talk eins gewachſen. Aus dem Inn bey Hall, im Tyrol. Nro 208. Braͤunlich-rother jaſpis- artiger Thoneiſen⸗ ſtein? mit in- auf- und durcheinander gewachſenen, büs ſchelfoͤrmig zuſammen gehaͤuften, ſehr kleinen Criſtallen von, wie es ' ſcheint, ſaͤulenfoͤrmiger Geſtalt. Aus dem Inn bey Hall, im Tyrol. Die Grundmaſſe von jaſpis-artigem Thoneiſenſtein, in welchem die kleinen Criſtalle inne liegen, giebt am Stahl Funken. Die Criſtalle ſelbſt getraue ich mir nicht zu beſtimmen; fie haben einen eigenen, halb mes talliſchen, halb ſeidenartigen Schimmer und dürften viel: leicht zur Eiſentiton⸗Ordnung gehoͤren; mir ſcheint das Ganze ein noch ungekanntes Foſſil zu ſeyn. Die vorgefun⸗ denen Geſchiebe ſind ungemein ſchwer zerſpringbar. Das 7 a Anſchauen im vergroͤßerten Zuſtande gewaͤhrt hier wieder eine auffallende Verſchiedenheit: mit bloßen Augen zeigt ie H die eingeſprengte Subftanz eine graulich-grüne Farbe; es 5 find in- und durcheinander verwachſene fplittrichte Faſern 3 von Seidenglanz, fo daß man fie für Amianth anzuſpre— 0 chen geneigt ſeyn dürfte; mit der ſcharfen Lupe zeigt ſich der Glanz mehr metalliſch, die Farbe iſt mehr eiſenſchwarz, die Faſern ſind kleine Saͤulen, die buͤſchelfoͤrmig zuſam⸗ mange find ꝛc. . Nro 209. a. Dunkel- berggruͤner Serpentinſtein, mit * etwas Kalkſpath; er giebt am Stahl keine Funken, greift aber das Glas an. Aus dem Salzthal unweit Hall, wo er in ſehr großen Blöcken anſteht. Nro 209. b. Rörhlich grauer Alpkalkſtein, mit et⸗ was hellweißem Kalkſpath. Aus dem Salzberg bey Hall, im Tyrol. 8 . Nro 209. c. Lichtgraͤulich-gruͤner verhaͤrteter Thon, deſſen Bruch aus dem ſplittrichten in den unvollkommenen . groß und faachmuſchlichten ſich verlaͤuft; er zerſpringt in dbemlich ſcharfkantige ſcheibenfoͤrmige Bruchſtuͤcke, iſt an den Kanten durchſcheinend, hat ein etwas fettiges Anſe— hen und krizt in Glas, ohne jedoch am Stahl Feuer zu geben. Aus dem Salzberg bey Hall, im Tyrol. Nro 209. d. Dunkel- braͤunlich⸗grauer Alpkalkſtein, mit zum Theil ungewöhnlich großen Turbiniten» und Orto⸗ zeratiten Verſteinerungen; die natürliche Schaale der Ver⸗ . ſteinerung iſt nimmer vorhanden und hat deren Stelle meiſt weißer Kalkſpath eingenommen. Aus dem Salzberg bey Hall, im Tyrol. | | Nro 209. e. Dunkel, bräunlich » grauer Kalkſtein, durchaus mit Verſteinerungstruͤmmern durchſezt, deren na⸗ tüͤrliche Schaale noch ganz erhalten; er iſt zum Theil mit Sand gemengt, und hie und da mit Sandſtein verwach⸗ ſen. Aus dem Salzberg bey Hall. 174 | Nro 209. f. Bräunlich » graue Kalkſteinbreccie, wel⸗ che theils aus verſchiedenen Graͤſern und kleinen Kaſkſtein⸗ ſtuͤcken, theils aus einem ganz erdichten Thon (ſogenann⸗ ten Thongallen ?) beſteht; dieſe Stuͤcke find durch ein po⸗ roͤſes und dabey feſtes kalkſteinartiges Bindemittel gebun⸗ den. Mir iſt dieſe Gebirgsart noch ganz unbekannt, die mitgenommenen Exemplare ſcheinen ſchon etwas in der 5 witterung zu ſeyn. Nro 209. g. Dunkel- änlich gene Faber | Thon — Salzthon. Er beſteht aus abgefonderten Stüs cken von verhaͤrtetem Thon, die wieder durch ein thonich⸗ tes Bindemittel zuſammen gehalten werden; die Dberfläs che der abgeſonderten Stuͤcke iſt fett⸗glaͤnzend. Vom Salz⸗ berg bey Hall. . Nro 209. h. Licht⸗gruͤnlich auch blaͤulich⸗ grauer vers haͤrteter Thon — Salzthon — mit Adern und Truͤmmern von Steinſalz durchſezt. Das ſogenannte Haßelgebirg. Vom Salzberg bey Hall. f Nro 209. i. Schwaͤrzlich- brauner verhaͤrteter Thon — Salzthon — mit hie und da eingeſprengtem Gypsſpath; im Salzberg Steinfuͤhrt genannt. Dieſer verhaͤrtete Thon ſieht einem Kalkſtein ganz aͤhnlich, ſcheint aber nicht den mindeſten Kalkgehalt zu beſitzen. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209. k. Schwaͤrzlich-brauner und grauer ver⸗ haͤrteter Thon, mit ſpaͤthigem Gyps und milchweißem Würs felfpath Suse Vom Salzberg bey Hall. Nro. 209. J. Dichter Gypsſtein, mit verhaͤrtetem Thon — Salzthon — innig verwachſen; die Kluͤfte mii graͤulich⸗ weißem Steinſalz und hellweißem ſpaͤthigem Gyps ange⸗ füllt, Auf der Oberfläche zeigen ſich die ſchoͤnſten Druſen von graͤulich-weißem blaͤttrichem Steinſalz und hellweißem, auch rauchgrauem ſpaͤthigem Gyps. Das Steinfalz iſt theils in vollkommenen Wuͤrfeln, die ſelten in rechtwinkliche vier⸗ 176 ſeitige Saͤulen übergehen, theils in Rhomben criſtalliſirt; die erſten Criſtalle find von mittlerer Große und meiſt eins zeln und loſe auf» und angewachſen; die zweyten find klein und reihenförmig, auch wappenartig zuſammen gehäuft. Die Criſtalle des ſpaͤthigen Gyps find meiſt die ſechsſeitige breite und ſchiefwinklichte Saͤule, ſelten einzeln, meiſt in Zwillings⸗Criſtallen mit einſpringend und ausſpringenden Winkeln aneinander verwachſen; die kleinen Criſtalle ſind bisweilen ausnehmend zart und ſpießicht; an einzelnen Stüs cken zeigen ſich aber auch kleine Rhomben, die reihenfoͤr— mig und criſtalliſirt ſind. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209, m. In ſechsſeitigen Säulen criſtalliſirter hell⸗ weißer ſpaͤthiger Gyps; die Säulen find groß, auch von mittlerer Größe und klein, mehr lang als breit und dru— ſicht zuſammen gehäuft. Die Zufpigungsfächen find ſchief auf die breitern Seitenflaͤchen aufgeſezt; meiſt find zwey ſolche Saͤulen der Laͤnge nach ſo aneinander gewachſen, daß die Zuſchaͤrfungsſlaͤchen an einem Ende einſpringende, — er, an dem andern ausfpringende Winkel bilden. Dieſe Cri⸗ ſtalle find auf dichtem Gyps, der mit Steinſalz innig ges mengt iſt, aufcriſtalliſirt. Vom Salzberg. Nro 209. n. In kleinen Rhomben und ſechsſeitigen, meiſt breiten Saͤulen criſtalliſirter graͤulich⸗weißer und rauch⸗ grauer ſpaͤthiger Gyps, auf dichtem, mit Steinſalz gemeng⸗ tem Gypsſtein. Vom Salzberg. Nro 209. o. Hellweißer, ganz durchſichtig ſpaͤthiger Gyps; in ſechsſeitigen, theils mehr langen, theils mehr - breiten Saͤulen criſtalliſirt. Die Saͤulen ſind meiſt los, nur zwey und zwey an den breiten Seitenfächen aneinan⸗ der gewachſen. Bisweilen finden ſich aber auch wieder zwey ſolche Zwil⸗ lings Criſtalle an der Grund ſlaͤche vereinigt und laufen dann — in einem ſchiefen Winkel auseinander; in dieſem Falle ſind 476 dann meiſt ganz kleine, ſaͤulenfoͤrmige Criſtalle an einem freyſtehenden größern Criſtall wiederum angeflogen; und dann ſitzt immer das eine Ende der kleinen Säule auf der Seitenflaͤche der großen. Vom Saljzberg. Nro 209. p. Blaßes fleifchrothes und röthlich⸗weizes blaͤttriches Steinſalz, mit theils derbem, theils criſtallirtem ſpaͤthigem Gyps innig verwachſen. Die Criſtalle ſind klein, auch ausnehmend klein-druſicht zuſammen gehaͤuft und von ungemeiner Reinheit. Vom Salzberg bey Hall, im Tyrol. Nro 209. q. Graͤulich-weißer ſpaͤthiger Gyps, in uns deutlichen Criſtallen zu einer Maſſe zuſammen gewachſen, die Zwiſchenraͤume mit ſchwaͤrzlich-grauem verhaͤrtetem Thon ausgefuͤlt. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209. r. Schneeweißer koͤrniger Gyps. Vom Salz⸗ berg bey Hall. Nro 209. s. Dunkel- und licht » rauchgrauer, auch roͤthlich-weißer und blaß leibrother koͤrniger Gyps, mit blaͤttrigem Steinſalz innig Sennett Vom Salzberg im Tyrol. ſchen Wein- und Oraniengelb, mit gruͤnlich⸗grauem an⸗ ſitzendem Salzthon. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209. u. Blaf-violblauer und graͤulich » weißer Wuͤrfelſpath, theils rein und ungemengt, theils mit Stein⸗ ſalz gemengt und mit einem verhaͤrteten graͤulich-ſchwar⸗ zen Thon — Salzthon — verwachſen. Vom Salzberg dey Hall. ' Nro 209. v. Licht-violblauer und hellweißer Wuͤrfel⸗ ſpath, mit etwas anſitzendem Salzthon und zart einge⸗ ſprengtem Fahlerz. Von Hall im Tyrol. Nro 209. w. Bla » leibrother und bläulich » weißer Wuͤrfelſpath, mit koͤrnigem Gyps und etwas Steinſalz, auch hie und da anſitzendem Salzthon. Meiſt iſt der Wuͤr⸗ Nro 209. t. Wuͤrfelſpath von einer Mittelfarbe zwi⸗ 177 felſpath und koͤrnige Gyps innig gemengt; au einzelnen Stücken aber ſcheint ſich der Würfelfpath von dem Gyyſe getrennt und abgeſondert zu haben, und erſcheint dann in Wuͤrfelgeſtalt. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209. x. In Wuͤrfeln criſtalliſirter Wuͤrfelſpath, von graͤulich⸗weißer Farbe; auf graͤulich-ſchwarzem Sale thon aufcriſtalliſirt und druſicht zuſammen gehaͤuft. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209. 5. In kleinen, ſtark verſchobenen Octo⸗ aͤdern criſtalliſirtes, noch unbekanntes Foſſil; in einem mit Salzthon innig gemengten dichten Gyps elngewachſen. Die Grundfarbe dieſes Foſſils iſt eigentlich graͤulich-weiß; es iſt in ihm aber die rauchgraue Farbe faſt immer fleck⸗ weis vertheilt, ſo daß es mehr ſchwaͤrzlich-grau und dun⸗ kel⸗rauchgrau erſcheint. Es iſt mehr oder weniger glaͤn⸗ . N zend von Glasglanz, der ſich dem Fettglanz naͤhert, volle kommen blaͤttricht, von, wie es ſcheint, ſchiefwinklichtem, mehrfachem Durchgang der Blaͤtter, an den Kanten durch⸗ . ſcheinend, auch halb durchſichtig. Mir ſcheint es, dem Butterſpath noch am naͤchſten zu kommen. Vom Salzberg. ü Neo 209. 2. Graͤulich⸗ auch gelblich-weißer Kalk- ſpath, mit blaß violblauem Wuͤrſelſpath, koͤrnigem Gyps und verhartetem Thon verwachſen. Dieſer beſondere Kall⸗ N ſpath löst ſich nur ſehr langſam in den Säuren auf, und giebt, im Dunklen gerizt, einen lebhaften rothen phospho— | riſchen Schein von ſich. Er ift meines Wiſſens noch gar N 4 nicht gekannt, und ich habe tiefes neue Foſſil einſtweilen bier den Kalkſpathen beygezaͤhlt, da es wohl am meiſten Aehnlichkeit mit denſelben hat. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209, aa. Gelblich- auch graͤulich-weißer phos⸗ 1 phorescirender Kalkſpath, in, wie es ſcheint, mehr oder 5 e kleinen Rhomben criſtalliſirt, die meiſt druſicht zu⸗ ſammengehaͤuſt und bald mit Würſelſpath, Stein ſalz, a Vd. 1 M 178 Salzthon oder koͤrnigem Gyps verwachſen find. Die Kalk⸗ ſpath⸗Criſtalle find oft ganz waſſerhell und glänzend, dem ſtark glänzenden ſich naͤhernd; der Glasglanz geht in Per- lenmutterglanz, ja auch in eine Art Diamantglanz uͤber. Das blaͤttrige Gefüge zeigt hie und da einen ausnehmend feinmuſchlichten. Bruch. Vom Salzberg bey Hall, im Tyrol. Nro 209. bb. Hellweißes natuͤrliches Glauberſalz, auf licht⸗leibrothem koͤrnigem Steinſalz. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209, co. Graͤulich-weißes natürliches Glauber⸗ ſalz, in einem mit Salzthon und ſpaͤthigem Gyps innig gemengten dichten Gyps. Vom Salzberg bey Hall. Nro 209. dd. Schwaͤrzlich⸗grauer verhaͤrteter Thon, mit eingeſprengtem graͤulich-weißem blaͤttrigem Steinſalz, Schwefelkies und brauner Blende. Vom Salzberg im Tyrol. io i Nro 209. ee. Graͤulich- weißes erdichtes alcali mi. nerale. Vom Salzberg im Tyrol. Nro 209, fl. Licht » mergelgrüner ausgelaugter Salz- thon. Aus dem Salzberg bey Hall. Nro 209. gg. Gelblich weißer gemeiner Gallmey. Von Reys in der Lataſch, nicht weit von Hall im Tyrol. Nro 210. Gelblich- und roͤthlich- weißer Kalkſtein. Aus der Gegend des bey Hering fidtt gehabten Erd⸗ brandes. | Nro arı. In Rhomben und Säulen criſtalliſirter ſpaͤ— thiger Gyps. Die loſen Criſtalle find in- und durchein⸗ ander gewachſen und meiſt durch einen rothen erhaͤrteten Thon zuſammen gebunden. Aus dem gleichen Erdbrand. Pro 212. Honig ⸗gelber und roͤthlich- brauner ſintri⸗ cher faſeriger Kalkſtein. Von Muͤhlau zwiſchen Hall und Innſpruck. ö N ee r N. PR merſchiefer iſt der Glimmer vorwaltend und von talkichtem N 2 179 Nro 213. Glimmerſchiefer. Vom rechten Ufer des Inns, unweit Hall.“ Der Glimmer iſt ungemein vormal- tend und hat meiſt ſchon ein talkichtes Anſehen; in ein. zelnen Stuͤcken nähert er ſich ſchon einen Talkſchieſer Nro 214. Mit den fchönften Stahlfarben bunt ange laufene Blaͤtterkohle. Aus der juͤngern Steinkohlen-For mation unweit Ratenberg im Tyrol. Nro 215. Lichtgrauer, auf den ſchieferichten Abloſun— gen mit Glimmer gemengter Sandſtein. Von Ratenberg im Tyrol. Nro 216. Aſchgrauer Mergelſchiefer mit ungemein deutlichen Blaͤtterabdruͤcken. Von Ratenberg im Tyrol. Nro 217. Schnee- auch milchweißer Dolomit. Aus dem Inn zwiſchen Hall und Schwaz, im Tyrol. Nur Stuͤcke von friſchem Bruch geben etwas am Stahl Fun- ken; er phosphoreszirt ziemlich ſtark im Dunkeln. Nro 218. Dolomit, deſſen Farbe vom Graͤulichweißen bis zum Blaͤulichgrauen ſich verlaͤuft. Ebendaher. Die grauen Sorten geben deym Zerſchlagen einen Schwefel— leber «Geruch von ſich, und ſcheint daher Schwefelſaͤure in ihnen enthalten, die mir bey der Analiſe der Dolomits nicht bekannt if, Nur wenige Stuͤcke waren mit Glim⸗ merſchiefer verwachſen, und dieſe find dann immer von einer ſchmutzig lillablauen Farbe. Nro 219. Schwaͤrzlich⸗gruͤner, auch dunkel grasgruͤ— ner, mit zeiſiggruͤnem Speckſtein durchſezter edler Serpen⸗ tin. Ebendaher. N Nro 220, Schmutzig lillablauer feinkoͤrnichter Quarz. Ebendaher. Nro 221. Glimmerſchiefer. Am rechten Ufer des Inns, dz wiſchen Inſpruck und Volters. Auch an dieſem Glim⸗ Anſehen. 488 Nro 222. Welwäte Quarz, mit thonichtem Eiſen⸗ ſtein und Eiſenocher verwachſen, mit meiſt noch anſitzendem Glimmerſchiefer, findet ſich in Knaͤuern und Truͤmmern im Glimmerſchiefer bey Volkers am Inn, im Tyrol. Nro 223. Blaͤulich- grauer Dolomit, hie und da mit Fellweißem gemeinem Feldſpath. Aus dem Sigmund⸗Stol, len im Falkenſtein, unweit Schwaz im Tyrol. Er giebt am Stahl Funken, braust nur gepulvert mit Säuren, und ein kleines Stud in Scheidewaſſer geworfen, entledigt ſich erſt der Kohlenſtoffſaͤure, wenn es einige Zeit darinne ge legen. Nro 224. Röthlich⸗ weißer und blaß fim Quarz? Er ſcheint mit Talkerde gemengt zu ſeyn, und waͤre einer naͤhern Unterſuchung werth. Auf der Bruch⸗ flaͤche ähnelt er dem Dolomit. Ebendaher. Nro 225. Dolomit, von graͤulich-weißer Farbe, wel⸗ che ſich hie und da ſchon in das Blaͤulichgraue verlaͤuft; felten iſt er auch roͤthlich-weiß und fſeiſchroth, welch leztere Farbe jedoch meiſt fleckweis vorkoͤmmt; ſelten zeigt ſich der Bruch blaͤttrich, faſt immer iſt er von feinſplittrichem Bruch, der in den unebenen von feinem Korn übergeht; mit den Saͤuren zeigt er nur dann ein Aufbrauſen, wenn er in ſolche geworfen wird und ſich eine gute Zeit darin befindet; er giebt am Stahl keine oder nur ſelten einige Funken, rizt aber ziemlich ſtark in Glas, auch phospho⸗ rescirt er nicht im Dunkeln wie die vorigen. Ich habe dieſe Beſchreibung nach mehreren Stuͤcken gemacht, und wenn ich gleich einſehe, daß dieſer Kalkſtein mit dem ge⸗ woͤhnlichen Dolomit nicht ganz uͤbereinkömmt, ſo glaube ich, daß er ſich ihm doch am meiſten naͤhert, und habe ihn daher bis zu naͤherer Beſtimmung und Unterſuchung unter dieſem Namen aufgefuͤhrt. Vom Falkenſtein, un weit Schwaz. 181 Nro 226. Dolomit von graͤulich⸗ weißer und blaͤulich⸗ grauer Farbe, mit angeflogenem Kupfergruͤn und Salzſaͤu⸗ renkupfer, auch hie und da eingeſprengtem Fahlerz. Vom Falkenſtein, unweit Schwaz. Nro 227. Feinkoͤrnichter Alpkalkſtein, von theils hell tIltzheils gelblich⸗weißer Farbe, auf welchem ſich meiſt dichten. ’ Rn Malachit in nierenfoͤrmiger und kuglichter Geſtalt, hie und da auch Kupfergruͤn, klein nierenfoͤrmig und traubicht befindet; kleine und ſehr kleine pyramidaͤle Kalkſpath⸗ auch rhomboidale Feldſpath-Criſtalle haben bald den Kalk, ſtein durchſezt / bald zeigen ſich ſolche auf der Oberfaͤche in kleinen Druſen gebildet; uͤberdem zeigt ſich in einzelnen Stuͤcken auch Fahlerzund gemeine Kupfercaßer eingeſprengt, und find die Hoͤlungen auch bisweilen mit Kupferſchwaͤrze ausgefuͤllt. Vom Falkenſtein im Tyrol. Der Kalkſtein iſt von der in der Anmerkung bey Rro 127 bemerkten erſten Abart des Alpkalkſteins, der entweder ſchon ganz aus Uebergangskalkſtein beſteht, oder in ſolchen we⸗ nigſtens übergeht; in ein und ebendemſelben Stuͤck verläuft - er ſich aber auch oft ganz in den Dolomit, braust dann immer mit Saͤuren, und giebt ſogar ſchon. eingelne Fun⸗ ken am Stahl. Nro 228. Rouchgrauer Dolomit, mit eingeſprengtem Zahler Dieſer Dolomit giebt am Stahl viele und ſtarke Funken und ſieht dem äußern. habitus, einem feinſplit⸗ mrichten Hornſtein, ganz gleich; dem ungeachtet aber löst ſich derſelbe, in die Saͤuren gelegt, faſt ganz auf. Vom Falkenſtein im Tyrol. Zwiſchen dieſen Arten des Dolomits und dem Lonit finde ich keinen Unterſchied als den, daß lezterer immer duc mit Saͤuren aufbraust, erſterer erſt dann, wenn er e gute Zeit in dem Scheidewaſſer gelegen. Nro 229. Gräuuch weißer Dolomit, welcher aus dem 182 Feinfplittrichten ins vollkommen Koͤrnichte uͤbergeht, mit etwas Schmeerſpath, Fahlerz und criſtaliſ rtem Quarz. Vom Falkenſte in im Tyrol. Nro 230. Licht ⸗iſabellgelber Dolomit, auf den Ablo— ſungen mit huͤbſchen deutlichen ſchwarzen dentrittiſchen Zeichnungen. Ebendaher. Nro 231. Gelblich-weißer ſpͤtbiger Dolomit, mit anſitzendem grauem, aus nehmend ſeinkörnigem Dolomit, von vielem grobeingeſprengtem Fahlerz durchſezt. Eben daher. Nro 232. Schwaͤrzlich-grauer Dolomit; koͤmmt Nro 228 ziemlich gleich. Ebendaher. Nro 233. Derbes Fahlerz mit theils weißem dichten, theils ſpaͤthigem Dolomit verwachſen. Vom Falkenſtein, unweit Schwaz im Tyrol. Dem erſten Anſehen nach ſieht der ſpaͤthige Dolomit einem Kalkſpath ganz gleich, auch führt Eſtner das Falken ſteiner Fahlerz, als mit Kalkſpath einbrechend, in ſeiner Mineralogie an; allein bey naͤherer Unterſuchung zeigt ſich, daß der vermeintliche Kalkſpath am Stahl Funken giebt, ſo daß man geneigt waͤre, es fuͤr eine Abart des Feldſpaths zu halten; wirft man aber ein⸗ zelne Splitter dieſes, wie ich vermuthe, noch nirgends an⸗ geführten Foſſils in ſehr ſtarkes Scheidewaſſer, fo löst ſich ſolches nach und nach mit vielem Brauſen auf, wenn es ſich gleich anfangs eine gute Weile ganz ruhig verhaͤlt. Uebrigens ſcheint dieſer ſpaͤthige Dolomit ſchon meiſt et⸗ was verwittert zu ſeyn, und hat dann ein mattes Anfehen, Nro 234. Derbes ſpiegeliges Fahlerz, mit Dolomit und Quarz verwachſen. Vom Falkenſtein, unweit Schwaz im Tyrol. Nro 235. Rauchgrauer Dolomit, mit anſitzendem derbem Fahlerz. Ebendaher. Nro 236. In undeutlichen Pyramiden cryſtalliſirtes Fahlerz auf Dolomit. Ebendaher. — «2 158, Nro 237. Derbes Fahlerz, faſt ohne alle Gebirgsartı wie es bisweilen in großen Maſſen vorkoͤmmt. Hie und da iſt Kupfergruͤn und Quarz eingeſprengt. Ebendaher. Nro 238. Erdichtes Ziegelerz, mit dichtem Malachit, Kupferlaſur und Fahlerz. Ebendaher. Nro 239. Grobkörniger rother Sandſtein, durch ein eiſen ſchuͤßig⸗thonichtes Mittel gebunden; er iſt dem ſoge⸗ nannten Todliegenden ſehr ahnlich, und darf wohl ‚fchon- der Grauwacke beygezaͤhlt werden. Vom Falkenſtein, uns. weit Schwaz im Tyrol. Nro 240. Glimmerſchiefer, welcher faſt ganz aus tal⸗ kichtem Glimmer beſteht, und zwiſchen Glimmerſchiefer und Thonſchiefer zwiſchen inne zu ſtehen ſcheint. Vom Falkenſtein bey Schwaz. An einem der Stucke ſcheint der rothe Todliegende anzuſitzen, iſt aber beym Zerſchlagen des Steins faſt ganz abgeſprungen. Nro 241. a. Gruͤnlich⸗ grauer ſchieferichter Talk. Ebendaher. Nro 241. b. Igſlit, von gräulich- weißer und licht⸗ ſeladon⸗gruͤner Farbe, in ſternfoͤrmig auseinander laufen- den, auch buͤſchelfoͤrmig zuſammen gehaͤuften vierſeitigen Saͤulen criſtalliſirt; er iſt auf einem muͤrben zerkluͤfteten grauen Kalkſtein auferiftallifiet,, in welchem Kupfergruͤn und Kupferblau eingeſprengt ſind. Vom Ringenwechſel. bey Schwaz, im Tyrol. Nro 242. Kupferkies in Gneis. Vom Gravenberg, unweit Wattens im Tyrol. Nro 243. Hellweißer koͤrnichter Kalkſtein. Bon Schlan⸗ ders im Tyrol. Nro 244. Gruͤnlich⸗weißer, auch blaß⸗ und ſchmu⸗ - -#igsapfelgrüner und blaß⸗berggruͤner Prehnit, theils derb, theils auch in vierſeitigen Tafeln criſtalliſirt; »die Criſtalle find verſchiedentlich zuſammen gehaͤuft in und durcheinan⸗ b 134 der gewachſen. Der Prehnit iſt mit Hornblendenfchiefer verwachſen, und der derbe, mit Chloriterde gemengte bils det zerſchiedene Hoͤlungen, in welchen ſich wieder kleine deutliche Criſtalle, Chloriterde, auch Hornblende befindet. Unweit Sterzing im Tyrol. Nro 245. Körnichter Kalkſtein, deſſen duͤnnſchieferichte Abloſungen durchaus mit kalkichtem Glimmer beſezt ſind. Die Lamelle des Glinmers bilden auf der Bruchfaͤche ein zuſammenhaͤngendes Ganzes wie beym Glimmerſchie⸗ fer, auch ſieht wirklich dieſer Kalkſtein dem erſten Anblick nach auf dem Laͤngebruch einem Glimmerſchiefer aͤhnlich. Das kleine koͤrnichte Gefuͤge verlaͤuft ſich nach und nach ganz in das Feinſplittrichte, und gehet ſohin dieſer koͤr— nichte Kalkſtein in die erſte Sorte des Alpkalkſteins uͤber. Dieß wäre alſo gleichſam der erſte Schlußſtein der Ue bergangsarten, von der Urzeit bis zur Floͤzzeit. Von dem Kloſter N. N. unweit Inſpruck. Nro 246. Dunkel rauchgrauer Alpkalkſtein. Vom Fuß der ſogenannten Martinswand, an der Landſtraße zwiſchen Inſpruck und Zirl. Pro 247. Licht⸗gelblich-grauer Stinckſtein. Von ö Seefeld im Tyrol. Nro 248. Hornblendeſchiefer mit Granaten, auch et⸗ was Schwefelkies. Unweit Seefeld im Tyrol. An einem ſehr großen Felsſtuͤck, wovon ich dieß Muſter abgeſchla⸗ gen, ſah ich mit vielem Vergnügen einige huͤbſche Titan⸗ ſchoͤrle hervorſtehen; es war mir aber nicht möglich, dem ſo feſten Hornblendeſchiefer beyzukommen, um ſolche abzu⸗ loͤſen. n Nro 249. Gelblich- brauner Dolomit; der Bruch geht aus dem ſehr feinkoͤrnichten in den zartſplittrichten uͤber. Zwiſchen Seefeld und Scharniz im Tyrol. Nro 250. Licht⸗graͤulich weißer Alpkalkſtein, mit bier 188 N len ſehr kleinen Riſſen und Hoͤlungen durchſezt, in denen ſich mikroſcopiſch kleine, glaͤnzende und unkenntliche Cri— ſtallpuͤnktchen angeſezt haben. Dicht an der bayeriſchen Grenze zwiſchen Mittewald und Scharniz. | Nro 251. Graͤulich⸗ weißen Alpkalkſtein, mit mehr oder weniger größern und kleinern Zellen durchdrungen, die eine theils laͤnglich-runde, meiſt aber eckichte Geſtalt haben; die Waͤnde der Zellen ſind mit einem matten und rauhen iſabellgelben Ueberzug bekleidet und ohne alle An— fuͤlung. Auf der bayeriſchen Grenze zwiſchen Scharniz und Mittewald, an der Iſar. Ich weiß nicht, ob dieſe Abaͤnderung des Alpkalkſteins zu dem Uebergangskalkſtein zu rechnen ſeyn dürfte, den von Buch in dem Salzburgi— ſchen, in dem Thal, das von St. Anna in der Abtenau nach St. Martin hinfuͤhrt, gefunden, oder ob er mehr zu der Rauwacke, die im Heſſiſchen, Mannsfeldiſchen und Thuͤringiſchen vorkoͤmmt, zu zaͤhlen ſeyn duͤrfte. W Nro 252. Schwaͤrzlich-brauner Stinckſtein. An der Iſar, zwiſchen Mittewald und Scharniz. 7 3 * 0 R 3 Nro 253. Lichtbrauner Kalkſtein, mit vielen kleinen Zellen, die ihm ein poröfes und blaͤſiges Anſehen geben; die leeren Raͤume ſind meiſt mit ausnehmend kleinen, dru— ſicht zuſammen gehaͤuften Kalkſpath-Criſtallen angefuͤllt. UAnweit Mittewald in Altbayern. Dieſer Kalkſtein ſcheint der Rauwacke oder dem Raukalkſtein der Heſſiſchen Gegen⸗ den nahe zu kommen. Nro 254. Braͤunlich-rother Mergelſchiefer. Vom ſo⸗ genannten Marmelgraben bey Stechberg, eine halbe Stunde von Mittewald. 5 Nro 255. Gelblich⸗grauer Mergelſchiefer, der ſchon ganz in thonichten Kalkſtein übergeht. Vom fogenannten Marmelgraben bey Stechberg, unweit Mittewald. Nro 256. Gelblichweiß⸗ und lichtbraun⸗ geſtreifter 186 — dichter Gypsſtein. Vom Rorlaberg, unweit Garmiſch ,- im Werdenfelſiſchen. Neo 257. Gelblich⸗weißer dichter Gyps, von mehre⸗ rer Haͤrte. Ebendaher. Nro 258. Gelblich⸗ brauner dichter Gyps, auf den Abloſungen mit ſpaͤthigem Gyps angeflogen. Ebendaher. Nro 299. Hellweißer koͤrniger Gyps, mit Stinkſtein verwachſen. Ebendaher. Nro 260. Dichter gelblich⸗grauer Gyps, mit einge⸗ mengtem graͤulich⸗ſchwarzem erbärterem Thon. Ebendaher. Nro 261. Dunkel» grauer Alpkalkſtein, mit weißen Kalkſpathadern. Eine halbe Stunde von Patenkirchen, auf dem Wege von Mittewald. Nro 262. Braͤunlich⸗grauer Mergelſchiefer. Eine halbe Stunde von Patenkirchen, in der Grafſchaft Werdenfels. Nro 263. Gemeiner Bleyglanz in hellweißem Kalk- ſpath theils eingeſprengt, theils derb eingewachſen. Aus dem Goßenthaler⸗Gebirge, zwiſchen dem Wetterſtein und Stolbenberg, ungefaͤhr drey Stunden von Garmiſch. Nro 264. Gemeiner Bleyglanz, theils eingeſprengt, theils derb in gelblich- weißem und licht-gelblich-braunem. Alpkalkſtein, der bisweilen mit hellweißem Kalkſpath durchs fest iſt. Vom Wachfenftein gegen dem Hoͤllenthal zu, zwey Stunden von Garmiſch in der Grafſchaft Werdenfels. Nro 265. Gelblich-weißer Alpkalkſtein. Aus der Hams mersbacher⸗Alp, 2 1½ Stunden von Garmiſch im Wer⸗ denfelſiſchen. Nro 266. Hellweißer ſpaͤthiger Kalkſtein (Kalkſpath), mit etwas anſitzendem Eiſenocher. Aus den Hane cher Alpen im Werdenfelſiſchen. Rro 267. In ſechsſeitigen, druſicht zuſammengehaͤuf⸗ ten Säulen criſtalliſirter ſpaͤthiger Kalkſtein, auf blaß gelb⸗ lich grauem Alpkalkſtein. Aus den Hammersbacher Al⸗ ven im Werdenfelſiſchen. | 187 Nro 268. In dreyſeitigen Pyramiden cryſtalliſirter ſpaͤthiger Kalkſtein, auf Alpkalkſtein, mit etwas Schwefel⸗ kies. Aus den Hammersbacher Alpen im Werdenfelſiſchen. Nro 269. Graͤulich⸗ gelber Alpkalkſtein, mit Schwe⸗ felkies. Von den Hammersbacher Alpen, im Werdenfel⸗ ſiſchen. Nro 270. Schwaͤrzlich- grauer Schieferthon, mit ein⸗ geſprengtem Schwefelkies. Aus den Hammersbacher Als pen, im Werdenfelſiſchen. Nro 271. Ochriger Rotheiſenſtein, mit jellichtem po⸗ roͤſein Kalkſtein innig verwachſen. Ebendaher. Nro 272. Schwaͤrzlich-brauner dichter Rotheiſenſtein, von zerfreſſenem ſchlackenartigem Anſehen. Ebendaher. Nro 273. Brauner und ochergelber Rotheiſenſtein, von theils knollicht, theils nierenfoͤrmig abgeſonderten Stuͤcken. Ebendaher. Nro 274. Rother und gelber Eiſenocher. Ebendaher. Nro 275. Schwaͤrzlich⸗ brauner dichter Rotheiſenſtein, mit undeutlichen Cubiſchen Criſtallen auf der zerfreſſenen Oberflaͤche. Aus dem Kehemerthal am Wetterſtein, im Woerdenfelſiſchen. Nro 276. Dunkel blutrotder und rothbrauner dichter Rotheiſenſtein, in plattgedruͤckten ſtumpfeckichten Stuͤcken und Geſchieben. Vom Rinnberg am Wetterſtein, drey Stunden von Garmiſch. 3 Nro. 277. Braͤunlich⸗ ſchwarzer bituminöſer Mergel⸗ fchiefer, der auf den Abloſungen der duͤnnen, meiſt gebo⸗ genen und gewundenen Schiefer glaͤnzend iſt. Vom Grjes⸗ berg, eine Stunde von Garmiſch, im Werdenfelſiſchen. Nr 278. Theils roͤthlich⸗brauner, theils aſchgrauer Mergelſchieſer. Von der Abendſeite des Wetterſteins, fünf Stunden von Garmiſch. 5 g Nro 279. Graͤulich⸗ brauner verhaͤrteter Thon, mit et = 188 was eingefprengten Schwefelkiesnieren, und mit eiſenſchuͤßi⸗ gem Beſchlag auf den Klüften, Vom Hirſchbüchel, drey Stunden von Garmiſch. Nro 280. Bituminoͤſer Mergelſchiefer, von abwech⸗ ſelnd lichterer und dunklerer brauner Farbe; mit ausneh⸗ mend zartcriſtalliſirtem Schwefelkies. Vom Hirſchduͤche bey Neming. Nro 281. Kalkſtein-BVreccie, deren e eckichte Kalkſteinbrocken mit graͤulich-weißem Kalkſpath gebunden find, mit vielem eingeſprengtem Schwefelkies. Aus dem Carwendelgebirge, zwey Stunden von Mittewald. Nro 282. Feinkoͤrniger, grauer Sandſtein, mit tho— nichtem Bindemittel und etwas Glimmer. Vom ſogenann⸗ ten untern Rieſenkopf, eine Stunde von Garmiſch. Er wird mit Nutzen zu Schleifſteinen verwandt. f Neo 283. Schwaͤrzlich-grauer Kalkſtein. Vom ſoge⸗ nannten Kachelgraben, eine Stunde von Mittewald. Die⸗ ſer und der nachfolgende Kalkſtein werden auch zu Schleif⸗ ſteinen verwandt. Nro 284. Gelblich-grauer ſchieferichter Kalkſtein. Aus dem ſogenannten Kachelgraben, unweit Mittewald. Nro 285. Schwärzlich-grauer Kalkſtein, mit Kalk⸗ ſpathadern. Vom Graseck, eine Stunde von Garmifch.. Nro 286. Schneeweißer, ſehr feinkoͤrniger Gypsſtein „ meiſt mit braunlich » gelbem Stinkſtein verwachſen. Von Pattenkirchen, im Werdenfelſiſchen. Neo 287. Gelblich- grauer dichter Gyps, mit etwas ſchwarzem erhaͤrtetem Thon. Ebendaher. f Nro 288. Lichtrother Zinnober. Aus dem Reichen⸗ thal, bey der ſogenannten blauen Gumpen, im Werden⸗ felſiſchen. Nro 289. Graͤulich⸗brauner gemeiner Stinffein, Dicht an der bayeriſch⸗tyroliſchen Grenze, unweit der Ehrwal⸗ der⸗Schanz. — OR * 189 Nro 290. Bräaͤunlich⸗ſchwarzer gemeiner Stinkſtein, mit Kalkſpathadern. Naͤchſt an der Ehrwalder-Schanz. Nro 291. Gelblich-weißer Alpkalkſtein in der Verwit⸗ terung. Ebendaſelbſt. Nro 292. Dichter ſchwarzgrauer Kalkſtein. Bey Lers mos, im Tyrol. Nro 293. Gelblich-grauer Alpkalkſtein. Von der Höhe der Feſtung Ehrenberg, im Tyrol Nro 294. Lichtes weißguͤltig Erz (2) mit gemeinem Bleyglanz, etwas weißem Bleyerz und gemeinem erdigem Gallmey. Aus der Silberleiten bey Bieberwir, zwiſchen Lermos und Reuti im Tyrol. Nro 295. Gemeiner Bleyglanz und etwas dunkles weiß guͤltig Erz, zwiſchen deſſen Hoͤhlungen und leeren Raus men Weißbleyerz, in kleinen Tafeln criſtalliſirt ſich befindet; ein Theil der Oberfſäche iſt mit gemeinem Gallmey als Ueberzug bedeckt und finden ſich in dieſem Gallmey wie⸗ derum mehrere Weißbleyerz⸗Criſtalle eingewachſen. Eben⸗ daher. Nro 296. Zerreibliche graue Bleyerde in ſtaubartigen feinern Theilchen, mit loſen, ausnehmend kleinen Weiß⸗ bleyerz⸗Cryſtallen gemengt. Ebendaher. Nro 297. Dunkelgrauer dichter Kalkſtein, mit Kalk⸗ ſpathadern und nur wenigen Spuren einer, wie es ſcheint, Corallen⸗ artigen Verſteinerung. Dieſe Verſteinerungsſpu⸗ ren find vom Kalkſtein ausgefüllt. Naͤchſt bey Reuti im Tyrol. f Nro 298. Dichter gelblich⸗grauer Gyps, mit zartein⸗ geſprengtem koͤrnichtem Gyps. Von Breitenwang, unweit Reuti im Tyrol. Nro 299. Dichter gelblich: grau und graͤulich-weiß gebaͤnderter Gyps. Ebendaher. Nro 300, Schneeweißer, ausnehmend feinkoͤrnichter 190 Gyps, mit ſchwarzem Schieferthon und braunem Stink⸗ ſtein verwachſen. Von Breitenwang, unweit Reuti. Nro 301. Licht⸗fleiſchrother, mit Thon gemengter koͤr⸗ niger Gyps. Ebendaher. ö Rro 302. Schwaͤrzlich-grauer dichter Kalkſtein, mit Kalkſpathadern. Von der Gauchſteig, zwiſchen Weißen⸗ bach und Neſſelwaͤngle, an der bayeriſchen Grenze. Neo 303. Gelblich⸗ grauer Mergelfchiefer. Ebendaher. Nro 304. Grauer Mergelſchiefer, mit vielen kleinen Kalkſpathmandeln durchſezt. Er ſieht dem ſogenannten Blatterſtein vom Harzgebirge etwas aͤhnlich. Ebendaher. Nro 305. Dunkel- braunrother erdiger gemeiner Far ſpis, mit vielen hellweißen Kalkſpathadern. Ebendaher. Die Kalkſpathadern durchkreuzen den Jaſpisgang nach der Lage der Floͤze, oder haben ſich vielmehr in den Queer⸗ riſſen des Geſteins angeſezt, und ich konnte nicht eine eins zige Kalkſpathader unter ſo vielen zerſchlagenen Stuͤcken ausfindig machen, die nach der Lagerungsflaͤche des Ge ſteins parallel gelaufen waͤre. Hingegen immer parallel mit denen Lagern und gleichſam als Abloſung des einen zum andern findet ſich eine ungleich weichere Subſtanz, die oft ſogar in rothen Mergelſchiefer uͤberzugehen ſcheint. Die Jaſpismaſſe ſelbſt Halt das Mittel zwiſchen dem muſch⸗ lichten und erdigen gemeinen Jaſpis, und geht hie und da in Hornſtein uͤber. Es hat, an vielen Stuͤcken beob⸗ achtet, ein vollfiändiger Uebergang aus dieſem Jaſpis einer⸗ ſeits in Hornſtein und anderſeits in erhaͤrteten Thon und durch dieſen in Mergelſtein und felbſt Kalkſtein ſtatt; und zwar ſo, daß die rothen Sorten die rothe, und die gruͤnen beſtaͤndig die grüne Farbe durch all die verſchiedenen Ab⸗ ſtufungen beybehalten; alſo, daß die Farbe am böchften und dunkelſten bey der Steinart iſt, die am meiſten Kie⸗ ne FR ſelerde enthält. Da wo der erdichte Jaſpis auf dem ue⸗ 0 191 bergang zum Kalkſtein ſteht, braust eine und ebendieſelbe Stelle des Geſteins mit den Saͤuren und giebt am Stahl Funken, und duͤrfte es daher nicht weit gefehlt ſeyn, die⸗ ſes Foſſt lauch zum Lonit zu zaͤhlen. Nro 306. Braunrother Hornſtein, mit Kalkſpathadern durchſezt. Von der Gauchſteig zwiſchen Weißenbach und Neuwaͤngle. Auch hier hat der Uebergang in Lonit ſtatt. Nro 307. Braunrother Kalkſtein, mit hellweißen Kalk⸗ ſpathadern; er giebt keine Funken am Stahl, rizt aber ſtark ins Glas / und enthält ficher Kieſelerde; nur iſt hier die Kalkerde um Vieles vorwaltender als bey den vorher gehenden zwey Arten, daher ich dieſem den Namen Mit- telkalkſtein beylegen möchte. Ebendaher. Nro 308. Braunrother Kalkſtein, mit Kalkſpathadern, in dem wohl nur noch ſehr wenig Kieſelerde enthalten iſt, und der eine ſchieferichte Textur angenommen hat. Eben⸗ daher. Nro 309. Blaß⸗berggruͤn und gruͤnlich-grauer erdi⸗ ger gemeiner Jaſpis, mit Kalkſpathadern. Ebendaher. Er geht eben fo, wie die rothen Sorten Nro 305 und 306 in Lonit und durch dieſen in wirklichen Kalkſtein uͤber. Nro 310. Graͤulich⸗gruͤner Hornſtein, mit Kalkſpath⸗ adern, Ebendaher. Auch dieſer draust meiſt mit Säuren und giebt am Stahl Funken, und dürfte den Lonits beygezaͤhlt werden. a Nro 311. Licht rauchgrauer dichter Kalkſtein, auf den ſchieferichten Abloſungen mit einem ſchwaͤrzlich - grauen glänzenden verhaͤrteten Thon beſezt. Von der Gauchſteig zwiſchen Weißenbach und Neſſelwaͤngle. Nro 312. Graͤulich⸗ weißer auvtaltficin, Von dem Gauchſteig. 4 Nro 313. Kleinzellichtes Schwefelkies, mit Eindruͤcken auch geſtrickt, mit braunem Thoneiſenſtein und Eiſenocher 192 verwachſen. Selten findet man ein ganz erhaltenes Exem⸗ plar; es iſt immerhin mehr oder weniger aufgeloͤst. Eben daher. Nro 314. Graͤulich-weißer dichter Gyps. Von dem lezten Abhang des Kuͤnbichelbergs, unweit der Gauch⸗ ſteig. Nro 315. Hellweißer koͤrnichter Gypsſtein, mit ſchwärt⸗ lieh braunem Stinkſtein verwachſen; die einzelnen koͤrnichte, in das Spaͤthige uͤbergehende Lamellen ſind von ſehr ge— ringem Zuſammenhalt. Ebendaher. Nro 316. Lichtgrauer gelbgeſtreifter dichter Gyps, mit in Saͤulen criſtalliſirtem ſpathigem Gyps. Von dem Kuͤn⸗ bichel, unweit der Gauchſteig. Nro 317. Grauer geſtreifter dichter Gyps, mit klei⸗ nen thonichten Koͤrnern und Lamellen von ſpaͤthigem Gyps durchwachſen. Ebendaher. Nro 318. Kalkſtein (Rauhwacke) von durchloͤchertem zerfreſſenem Anſehen und mit Eindruͤcken; zwiſchen den Hoͤhlungen hat ſich Kalkſpath a druſicht abgeſezt. Un⸗ weit Neſſelwaͤngle. Nro 319. Gelblich-⸗grauer dichter CHEN mit zartein⸗ geſprengtem hellweißem koͤrnigem und ſpaͤthigem Gyps. Zugleich ſind auch kleine ſchwarze Punkte von ſchwarzem erhaͤrtetem Thon mechaniſch beygemengt. Aus dem Gyps⸗ ſteinbruch bey Oberdorf, unweit Hindelang, am Fuß des Jochbergs. Nro 320. Dunkelbrauner Leberſtein, auf den Kluͤften mit hellweißem ſpaͤthigem Gyps durchſezt. Ebendaher. Die⸗ ſer unterſcheidet ſich von den vorhergehenden Leberſteinen durch ſeine dunklere Farbe, und durch ſeinen Zuſammen⸗ halt, indem derſelbe, unerachtet der ihn in gleicher Rich⸗ tung durchſetzenden Kluͤfte, ungleich ſchwerer zerſpringbar ifl, Mio 321. Gelblich⸗grau und brauner, mit vielem 193 Glimmer gemengter, feinkoͤrniger Sandſtein von diefchies ferichtem Gewebe; naͤchſt bey der Muͤhle von Hindelang. Welch eine Aehnlichkeit zwiſchen dieſem Sandſtein und dem sub Nro 183. anliegenden von Dietringen, als wie von ein und ebendemſelben Lager genommen! Nro 322. Dunkel- aſchgrauer Mergelſchieſer. Unweit dem Dorfe Alſtetten. No 323. Schieferichter Sandſtein, deſſen Körner nur leicht mit Eiſenocher gebunden ſind, auf den ſchieferichten Abloſungen mit Glimmer beſezt; nicht ſelten if auch Koh⸗ lenbeſteg eingeſprengt. Ebendaher. — Nro 324. Dunkel: grünlic) » grauer Lonit mit Kalk ſpathadern. Zwiſchen Alſtetten und Hinang. Dieſer Lonit it auf eine doppelte Art zerkluͤftet oder zeigt beym Zers ſchlagen zwey ganz entgegengeſezte Ablofungsfächen ; die eine Abloſung hat nach der Richtung der Lager ſtatt und iſt immer mit Glimmer beſezt; die zweyte ſtaͤrkere Abſon⸗ derung durchſchneidet die erſte und bildet meiſt ſechsſeittge, ſaͤulenfoͤrmige abgeſonderte Stuͤcke, wie bey einigen Baſal⸗ ten und Porphyrs; die Zwiſchenraͤume ſind faſt alle mit Kalkſpath ausgefuͤllt. Es haben dieſe Lonits und die obige Jaſpiſſe, Feuer- und Hornſteine oder Lonits gar ſehr viel uUebereinſtimmendes in ihrem Vorkommen und habitus. nuebrigens gleicht das vorliegende Foſſil dem aͤußern Anfe- hen nach einem aus nehmend feinkoͤrnichten Quarz, vorzüg⸗ lich den oben angeführten Quarzſorten aus der Gegend von Meiſelſtein; auch ſcheint Chlorit eingeſprengt zu ſeyn. Ich weiß nicht iſt das Vorkommen dieſer Foſſilien, die einer» ſeits zwiſchen Feuerſtein, Hornſtein oder Quarz ꝛc. und am derſeits zwiſchen Kalkſtein im Mittel ſtehen, und bey des nen, wie vorherige Belege erweislich gemacht haben, bald das Kieſelartige, bald das Kalkartige praͤdominirt, eine Seltenheit , die ſich nur auf dieſe, noch nicht mineral, Ar Bd. N 494 giſch⸗unterſuchte Gegenden beſchraͤnkt; oder ſollte es möge lich ſeyn, daß, wenn gleich dieſes Vorkommen allgemeiner ausgebreitet wäre, die auffallende, fo leicht bemerkbare Erſcheinung am Stahl Funken zu geben und mit Saͤuren aufzubrauſen, bisher blos uͤberſehen worden waͤre? die Feuer⸗ und Hornſteine und Quarze meiner Sammlung habe ich aufmerkſam durchſucht, und fand kein ſolches Mittelfoſſil unter ihnen. Schuhmacher in feinem Verzeichniß der daͤ⸗ niſch⸗nordiſchen Mineralien S. 20 benennt, wie es ſcheint, ein aͤhnliches, in Ißland gefundenes Foſſil, mit dem Na⸗ men Lonit, und ich habe daher dieſen Namen einſtweilen beibehalten bis ihm etwa ein paſſenderer gegeben werden duͤrfte. Sonſt moͤchte doch wohl kohlenſtoffſaurer Kieſel, oder wenn ſich dieß Foſſil auf die Gegenden des Algaͤus beſchraͤnken ſollte, Algaͤuit nicht unſchicklich ſeyn. So ſehr alle Hopotheſen gewagt ſind, ſo kann ich mich doch nicht enthalten, mir bey dieſer intereſſanten Gebirgs⸗ art uͤber deren Bildung etwas zu denken, da an Ort und Stelle ihr Vorkommen mir wenigſtens mehr als einmal eine Idee uͤber deren Entſtehen abnoͤthigte. Es findet ſich dieſes Foſſil meiſt in Floͤzen von 2 bis ; Pariſer Zoll; mit juͤngerem Kalkſtein und Mergelſchiefer abwechſelnd ge» ſchichtet; doch finden ſich hie und da auch mehrere derley Floͤze uͤbereinander. Das Fallen der Floͤze iſt ſehr verſchie⸗ den, doch ſelten unter nicht ſtarkem Winkel; dieſe, daß ich. mich fo ausdruͤcke, untergeordnete Kieſelformation iſt meiſt von Kalkſtein und Mergelarten uͤberlagert und mit ſolchen bedeckt. Ausgezeichnet und charakteriſtiſch fuͤr dieſe Stein⸗ art ſcheinen die unendlich vielen groͤßern und kleinern Zer⸗ kluͤftungen zu ſeyn, die die Lagerungsfaͤchen durchſetzen, und die mit der Lupe, auch ins Kleine verfolgt, die ganze Maſſe gaͤnzlich durchſchnitten und aller Orten beruͤhrt ha⸗ ben; angenommen nun, daß der mechaniſche Niederfchlag 195 der kieſelartigen Subſtanzen ziemlich rein erfolgt ſeye, und die Riſſe ihr Daſeyn der erfolgten ſchnellern Austrocknung verdanken, ſo ſcheint mir ganz erklaͤrlich, wie dieſe Feuer— ſteine, Hornſteine und Quarze erſt nachmals, vermoͤg ih— rer Zerſpaltung, die durch obgelegene kalkartigen Maſſen mit Kalkerde geſchwaͤngerten Gewaͤſſer aufgenommen, und ſich ſolches in die ſubtilſten Theilchen derſelben hineinge— drungen und die Kalkerde durch cine ſolche Infiltration in ihnen abgeſezt habe. Es verblieb daher bey ihnen der ha- bitus dieſer kieſelartigen Subſtanzen, da hingegen bey den Dolomits, wo wahrſcheinlich die Kalk- und Kieſelerde in gleicher Auflöfung begriffen war und zu gleicher Zeit ab⸗ geſezt wurde, eine homogenere Solution hervorgieng; die Kohlenſtoffſaͤure, durch Kieſelerde gebunden, haͤlt bey dem Dolomit das Aufbrauſen zuruͤcke, und die Kieſelerde mit der Kalkerde in innigſter Vermiſchung, wurde gehin- dert, den determinirten Charakter der Kieſelarten anzuneh⸗ men. Da die aͤußere Beſchreibung des Lonits nach Schuh⸗ macher, Reuß und Bertele fuͤr die in Frage ſtehenden Lonits nicht zureichend iſt, ſo habe ich nach Nro 35, 40, 49 b, 87, 153, 198, 305, 306, 309, 310, 324, 341 und 363 dieſer Sammtung folgende Beſchreibung entworfen: Lonit, kohlenſtoffſaurer Kieſel, Algaͤuit. Aeuſſere Kennzeichen. Er iſt theils von grauer, theils auch von rother, brau— ner, gelber und gruͤner Farbe; die Abaͤnderung der grauen Farbe ift die rauchgraue, braͤunlich-und gruͤnlich⸗graue, auch perlgraue; der rothen: die dunkel- und licht⸗ziegelro⸗ the und braunrothe; der gelben: die blaß honig» und braͤunlich⸗gelde; der braunen: die licht⸗gelblich- braune, haarbraune, auch iſabellgelbe; der grünen; die graͤulich⸗ 196 grüne und ſchmutztig⸗berggruͤne. Koͤmmt derb und in groͤßern und kleinern abgefuͤhrten ſtumpfeckichten Stuͤcken vor. Die aͤußere Oberfläche iſt uneben und rauh; meiſt zeigt ſich eine lichtere Rinde von unanſehnlicher Farbe, welche die Folge der Verwitterung iſt; aͤußerlich iſt er matt; innwendig an ſich matt, ſelten wird er ſchwach ſchim⸗ mernd und durch zufaͤllig beygemengte Theile mehr oder weniger ſtark ſchimmernd, hat einen meiſt ſplittrichten Bruch, der durch das ausnehmend Zartſplitterichte in das Ebene und Unebene ſich verläuft; ſelten iſt der Bruch uns vollkommen muſchlicht, und nur die gelbe Sorte zeigt ei⸗ nen etwas verſteckt blaͤttrichen Bruch, unbeſtimmt eckichte ſcharfkantige Bruchſtücke; er kommt faſt immer von abge⸗ ſonderten Stuͤcken vor; gewoͤhnlich ſind ſie mehr oder we⸗ niger undeutlich ſaͤulenfoͤrmig, von ziemlich gleicher, einige NSZolle betragender Dicke und Hoͤhe; das Saͤulenfoͤrmige naͤ⸗ hert ſich dem Sckichten und Keilfoͤrmigen mit conferen oder concaven Abſonderungsfaͤchen. Die Abſonderungsfaͤchen find meiſt rauh und faſt beſtaͤndig mit hellweißem ſpaͤthi⸗ gem Kalkſtein angefüllt. Er iſt theils undurchſichtig, theils mir an den Kanten durchſcheinend; hart, bisweilen auch nur halbhart, ſproͤde. Mehr oder weniger leicht zer⸗ ſpringbar. Fuͤhlt ſich kalt an und iſt nicht ſonderlich ſchwer. Chemiſche Kennzeichen. Er braust mit den Säuren und giebt am Stahl Feuer, Fin dort. Im Algaͤu, als: Ridberg und Siblingen in dir Graf. ſchaft Rothenfels, bey Gruͤnten und Alſtetten im Landge⸗ richt Sonthofen, Edelsberg unweit Pfronten und Gauch⸗ berg im Landgericht Fügen, Ruͤckholz im Landgericht Neſ⸗ 497 ſelwang, Sterzlaberg im Vorarlbergiſchen, Hering im Tyrol. Er ſcheint demjenigen Floͤzkalkſtein und Mergelſchiefer anzugehören, der am Fuß der Alykalkſteinformation ſich angelagert hat; er bildet fuͤr ſich ganze Floͤze von geringer Maͤchtigkeit und wechſelt mit thonichtem Kalkſtein (der zum Theil Kieſelerde enthaͤlt und zum Mittelkalkſtein ge⸗ hoͤrt) und Mergelſchiefer ab. In den aufgeſchwemmten Ge⸗ bürgen findet man ihn blos in Geſchieben und hie und da in der Nagelfſue verwachſen. Der Lonit geht einerſeits in den Mittelkalkſtein, andererſeits in Feuerſtein, Hornſtein / 3 Jaſpis und Quarz uͤber. Nro 325. Mit Glimmer gemengter Mergelſchiefer. Zwischen Alſtetten und Hinang. Nro 326. Dunkel aſchgrauer, mit hellweißen Kalk— ſpathadern durchſezter Mergelſchiefer. Ebendaher. Er zer⸗ ſpringt in meiſt ſcheibenfoͤrmige, ſehr ſcharfkantige Bruch⸗ ſtuͤcke, und geht in Kalkſtein uͤber. ö Nro 327. Braunrother Kalkſtein. Unweit Schellang. Nrso 328. Graͤulich-ſchwarzer Alpkalkſtein. Von Spice mannsau. f Nro 329. Ebenderſelde Kalkſtein. Anpolirt. Ebene daher. N Nro 330. Kalkſtein von theils ſſeckweis zerſtreuten vos then, braunen und grauen Farben, theils auch nur ein⸗ farbig braunrothe, mit Kalkſpathadern oder Kalkſpathfle⸗ cken. Ebendaher. 0 Nro 331. Braͤunlich⸗ grauer Dolomit. Ebendaher: Er braust wie die obigen gar nicht mit Saͤuren, als nur dann, wenn er eine gute Zeit in die Sauren gelegt wor« den iſt; giebt am Stahl keine Funken, greift aber doch das Glas ſtark an. Im Bruch gleicht er ganz dem Alpenkalk⸗ fein und in der Zerkluͤftungsart dem Leberſtein. 198 4 Nro 332. Graͤulich⸗ſchwarzer Cwackenartiger) mit ungemein viel Glimmer gemengter Mergelſchiefer. Unweit Langenwang. Nro 333. Mit ungemein vielen eingeſprengten Chlo⸗ ritkoͤrnern innigſt verwachſener Sandſtein, deffen Bindungs- mittel aus erhaͤrtetem Thon beſteht. Ebendaher. Nro 334. Gruͤnlich-ſchwarzer Fettquarz. Ebendaher. Nro 335. Dunkel-braͤunlich- grauer Mergelſchiefer, zuweilen mit hellweißen Kalkſpathadern durchſezt. Vom Sterzlaberg naͤchſt am Urſprung der Iller, vom ſogenann⸗ ten Buͤrſtenkopf an der Milchwanne. Nro 336. Dunkel- braͤunlich⸗grauer Alpkalkſtein, mit anſitzendem mit Glimmer gemengtem Mergelſchiefer. Eben⸗ daher. Nro 337. Graͤulich- weißer ſpaͤthiger Kalkſtein (Kalk⸗ ſpath) meiſt mit rauchgrauem dichten Kalkſtein verwachſen. Oberhalb des Buͤrſtenkopfs am Sterzlaberg. Nro 338. Licht » braunlich » gelber erhaͤrteter Thon? mit concentriſchen Streifen. Ebendaher. Dieſer Thon if ungemein leicht, und ſtoͤßt mit heftigem Brauſen, ins Wafs ſer geworfen, die Luftblaſen von ſich; er ſondert ſich bey der leiſeſten Berührung meiſt in würfichte Bruchſtuͤcke ab. Nro 339. Sandſtein, mit beygemengtem vielem tal⸗ kichtem Glimmer. Von einem der hoͤchſten Punkte des Sterzlabergs. Nro 340. Rauchgrauer Mergelſchiefer. Von dem ſo⸗ genannten Loͤchle, an der Mittelberger Alphuͤtte des Sterz⸗ labergs. Nro 341. Rauchgrauer Lonit, mit» hellweißen Kalk⸗ ſpathadern. Ebendaher. 5 Nro 342. Dunkel⸗gruͤn und dunkel» brauner, mit viel Chloriterde und ſehr kleinen Kalkſpathnieren gemengter 499 - thonichter Eifenftein. Aus dem ſogenannten Fuchs loch uns. weit Rizeln, im Walſerthal. Nro 343. Braunrother koͤrniger Thoneiſenſtein, mit zarteingeſprengtem Kalkſpath. Vom Fuchsloch bey Rizeln, im Walferthal. Nro 344. Mit Quarz innig verwachſenes Schwefel⸗ kies. Ebendaher. Nro 345. Mit Verſteinerungsſpuren durchſezter rauch⸗ grauer Feuerſtein. Von Tiefenbach, am Ausgang des Walſerthals. Nro 346. Gruͤnlich⸗grauer verhaͤrteter Mergel. Am. Abhang des Berghoferbergs an der Oſtrach, zwiſchen Sont⸗ hofen und Hindelang. Nro 347. Braunrother Kalkſtein, mit weißen Kalk⸗ ſpathadern. Ebendaher. Nro 348. Blaß⸗berggruͤn und braͤunlich⸗ roth⸗ ge⸗ ſleckter, mit Kalkſpathadern durchzogener Kalkſtein. Bon dem Abhang des Berghoferbergs an der Oſtrach. Dieſer⸗ und der vorhergehende Kalkſtein gehen ſchon ganz in ver⸗ haͤrteten Mergel über, und haben ſehr viel Thonerde in. ihrer Miſchung, die ſich, beſonders angehaucht, durch den ſpeciſiſchen Thongeruch verraͤth. Nro 349. Gelblich⸗ weißer und licht» gelblich » grauer Alpkalkſtein. Vom Roßkopf, der hoͤchſten Kuppe des Erz⸗ berges. i Nro 350. Lichtbraun⸗ und grau⸗gefleckter Alpkalkſtein, deſſen Klüfte mit ſchwaͤrzlich grauem Thon ausgefüllt ſind, und auf dieſem wieder Schwefelkies ſich angefogen befin« det. Ebendaher. Nro 351. Graͤulich⸗ weißer, ſehr feinkoͤrniger Alpkalk⸗ ſtein. Ebendaher. Er ſcheint etwas in der Verwitterung begriffen, iſt aber dabey doch noch verhaͤltnißmaͤßig ſehr hart, fo daß er in Glas rizt; mit Saͤuren braust er nur — 200 dann, wenn er einige Zeit in ſolcher gelegen; er ſcheint wohl ein Mittelfoſſil zwiſchen un und Dolomit zu ſeyn. Nro 352. Röthlich- brauner und braunrother tho— nichter Eiſenſtein, von durchlöchert zerfreſſeuer, auch ſchla— ckenartiger Geſtalt, mit etwas nen Vom vergl auf dem Erzberg. Nro 353. Ochriger roth und brauner Eiſenſtein; mit etwas thonichtem Eiſenſtein verwachſen. Ebendaher. Neo 354. Graͤulich-weißer gemeiner Gallmey, hie und da mit etwas grauem Kalkſtein verwachſen; er iſt nicht ſelten zerfreſſen und durchloͤchert, und die Hoͤhlun⸗ gen ſind dann meiſt iſabellgelb oder oraniengelb gefaͤrbt. Ebendaher. Nro 355. Ochergelber und weißer dichter e N Gallmey. Ebendaher. Nro 356. Gemeiner Bleyglanz, in graͤulich⸗ weißem ' ſehr feinkoͤrnichtem Alpkalkſtein. Ebendaher. Der Kalk⸗ ſtein iſt faſt ganz wie der sub Nro 351. Nro 357. Lichtgraver feinſplittricher Alpkalkſtein, mit verwachſenem und eingeſprengteim Bleyſchweif, etwas gel⸗ ber Blende und Kalkſpath. Ebendaher. Nro 358. Gruͤnlich-grauer Mergelſchiefer, mit ſchwart⸗ grünen Flecken. Vom Innberger Horn, 1 ıfz Stund von Hindelang. Nro 359. Braun rother muſchlichter Jaſpis. Von Rota, bey Retelſchwang. . f ro 360. Braun ⸗rother und graͤulich⸗gruͤner ei iger Hornſtein, der fi ch etwas dem Jaſpis nähert und auf den Zerkluͤftungen mit Kalkſpath angefuͤllt if. Ebendaher. ero 361. Hornblende-Schiefer. Von Retelſchwang, unweit Hindelang. Dieſer Hornblendeſchiefer iſt theils ganz rein, theils auch mit Strahlſtein gemengt, oder mit fa } | ö . ö ˙ 204 ‚vielem talkichtem Glimmer, daß er einem Talkſchieſer nahe kommt; hie und da find die Abfonderungsfachen ganz ſpieg⸗ lich und metalliſch⸗glaͤnzend. Nro 362. Dichtes graubraunes Steinerz; hie und da mit jaſpisartigem Thoneiſenſtein verwachſen. Vom Jun⸗ berger Horn, unweit Hindelang. Nro 363. Braunrother Lonit, mit Kalkſpathadern. Von Ruͤckholz, unweit Neſſelwang. Er geht nach und nach in den Mittelkalkſtein über, Nro 364. Nagelſſue, welche faſt durchgehends aus kleinen Quarz- und Hornſteingeſchieben beſteht, und deren ſie zuſammenbindender Kalkſpath roth gefärbt iſt. Eben⸗ daher. Aßrosrographia alpina, oder Beſchretbung ſchweizeriſcher Graͤſer / welche mei⸗ ſtens auf den Alpen, nnd auf der Gebirgskette | des Jura wachen. 1 Von J. Gaud in, Me der deutfchen Gemeinde zu Neuß und Mitglied der Société d’Emulation des Cantons Waadt. (Beſchluß.) ‚34. Avzxa distichophylla Villas. A. panicula- ta, spiculis subtrifloris, rachi propria barbata; culmo ramoso; foliis ramorum disticho patenti- bus. N. (Fächer-blätteriger Haber.) Hall. hely. 1489. app. ad Scheuchz. gram. Ne 5g, 202 A. distichophylla Vill. Delph. 2. p. 144. Ne 7. tab. 4. Host gram. austr. 2. p. 53. Schrad. germ. 1. p. 381. No 12. Sut. fl. helv. 1. p. 68. No g. Radix valde repens, longissima, geniculata, cespi- tes fasciculatos spargens; Culmi semipedales et trien- tales, inferne repentes ramosique, laeviusculi, gla- berrimi, superne nudiusculi, erecti; Rami adhuc steriles subrepentes, vel adscendentes, foliis alternis, disticho patentibus, rigidiusculis tecti, ut planta non- dum florens eundem fere habitum ac Panicum dacty- don referat; Folia glauca, plana, patentia, striata, glabra, utrinque laevia, marginibus scabriuscula, brevia, lineam vel sesquilineam lata; culmea pauca; suprema brevissima: Vaginde culmeae, longae, modo scabriusculae, modo lavissimae, subcompressae; Li- gula exserta, brevissima, truncata; Panicula subinde coarctata et pauciflora, saepe etiam florens omnino patula, multiflora, erecta; pedunculis alternis, gemi- nis vel semiverticillatis, ramosis, inaequalibus, plus minus ve scabris; Spiculae juniores subteretes, oblon- gae, florentes latiusculae, compressae, bi- vel tri- florae, ad 3 lineas longae, ex viridi et violaceo ar- genteae, demum quandoque rufescentes, nitidae, intus villosae; Valvulae inaequales, nitidae, dorso convexiusculae, carina scabrae, obsolete trinerviae, nervis lateralibus parum conspicuis, evanidis, mar- gine late scariosae, acuminatae, mucronatae; supe- rior major, corollas fere aequans; inferior paulo bre- vior; Corollae duae vel tres, distichae, remotiuscu- lae, rachi propriae copiose longeque pilosae insiden- tes, coloratae, fere subulatae, omnes aristatae; Glu- ma exterior tenuis, ex maxima parte scariosa , in- ferne obsolete nervosa, ovato - lanceolata, compressa, k — 203 apiee brevissime bifida, laciniis mucronulatis, supra medium dorsum aristam spiculis longiorem exserens, margine saepe ciliata; Arista geniculata; inferne tor tilis, superne exasperata, subtilis; Gluma interior paulo minor, latiuscula, ad angulos minute ciliata, apice emarginato bifida, tota scariosa. (D. v.) Dieſes zierliche Gras findet man auf hoͤhern Alpen in lockerem und kieſigem Boden, am Ufer der Bergſtroͤme und an ähnlichen Orten: Javernaz, Enzeindaz, Chaudcommun, Fouly, Schönenbüpl, Stock horn u. ſ. w. A. Bl. im Jul. und Aug. Anmerkung. Die gewundenen und mit einem Knie verſehene Grannen einerſeits, und andrerſeits die langen und häufigen Haare, welche von unten die Spelzen ums geben, machen aus dieſer Pflanze eine Mittelart zwichen Avenae und den Arundines. 55. Ayr RNA subspicata N. Av. culmo superne to- mentoso; panicula spiciformi, densa; spiculis subbifloris N. (Schmeler⸗ artiger Haber.) Hall. helv. 1490. Scheuchz, gram. 221. No 2. Prodr. Tab. & Avena airoides Kœl. gram. 298. No 25. De · cand. fl. fr. No 1554. Aira subspicata Lin. sp. pl. 95. Ne 7. Sut. fl. helv. 1. p. 40. No 2. Host gram. austr. 2. tab. 55. Schrad. germ. 1. p. 264. Ne g. Radiæ fibrosa; Culmi pauci, erecti, modo toti fo- liacei, modo superne longe nudi, infra paniculam tomento mollissimo bre vique vestiti, vix ultra 4 un- dias alti, (in planta culta, monente cl. Schradero sesquipedales); Folia radicalia cespitosa, fasciculata, 204 culmo breviora, omnia sensim acuminata, apice oh. tusiuscglo, quasi cucullato, 1 — 2 lineas lata, mol lia, slabra, margine scabriuscula, ceterum laevia; Vaginae inferiores folio breviores, suprema, quando culmi partem superiorem tegit, folio suö brevior, omnes laeves, glabrae; Ligula exserta, bresis, la- cera, obtusa; Panicula spiciformis, coarctata, den sa, fere ovata, nitida; Pedunculi ramoso compesiti, toti fere spiculis vestiti, adpressi tomentosi; Rachis com- munis etiam dense tomentosa; Spiculae ovato- lan- ceolatae, compressae, nitidae, aristatae, inferiores saepe uniflorae, superiores plerumque biflorae, sub- inde etiam triflorae: Valvulae subuninerviae, ovato- ’ lanceolatae, compressae, ex viridi violaceo et aureo variegatae; paulo inaequales, carina subscabrae, acu» minatae vel mucronatae: Corollae calice paulo lon- giores; inferior sessilis, superior pedicello brevi ex terneque piloso insidens; Gluma exterior fere uni- nervia, inferne viridis, marginibus violaceis, ovato- lanceolata, acuta, apice plus minusve profunde bi- fida, laciniis mucronatis, nervo medio fere dorso in aristam producto, violaccam, scabram, primum rec- tam, deinde ad basin geniculato -reflexam, corolla- que duplo longiorem; Gluma interior brevis, albida, bifida. (D. v.) Sie waͤchst auf den hoͤchſten penniniſchen Alpen; auf dem Bernhardsberg ſelbſt, au chalet dessus Et pres du Roc poli; au dessus de Trient et de Bagnes, a Tzer- motanaz. Sie ift ſehr ſelten. A. Bl. im Jul. und Aug. Anmerkung. Dieſes ſchoͤne Gras ſcheint mir 1.) wegen der unbeſtaͤndigen Zahl ſeiner Kronen in jedem Aehrchen, 2.) wegen der Lage der Grannen mitten auf dem Rücken der äußeren Spelze, und 30 wegen der zus — 205 rüͤckgebogenen Granne eher zu der Avenae als zu der Airae zu gehören. 5 56. Av ENA flavescens Lin. Av. panicula laxa, calycibus inaequalibus subtrifloris, rachi pro- pria pilosa, foliis pubescentibus. N. (Gelb li— cher Haber.) Var. 8. spiculis ex violaceo nigrescente ar- genteis. Hall. helv. 1497 J. Scheuchz. gram. p. 220. Avena sesquitertia (non Lin.) Sut. fl. helv. 1. P. 68. Ne 10. Decand. fl. fr. Ne 1561. Haec varietas vix aliter quam colore spicularum a vulgari differt; panicula tamen paulo contractior videtur. (D. v.) Sie kommt haufig auf trockenen Alpenwieſen vor. A, . Bl. in den Sommermonaten, Var. 5. Panicula minima, pauciflora, ca- pillari. Habitus alienus, ut plantam plane diversam pu- tares: Culmi humiles gracillimi, superne longe nudi; Folia ‚vaginis longiora; Panicula minima pauciflora, ten 3 pedunculis capillaribus geminatis vel semiverticillatis; Spiculae ut in vulgari. (D. v.) Ich habe fie an ähnlichen Stellen auf den Alpen im N — — unweit Oeſch gefunden. 4, Bl. im Aug. Erymus Haargras. Calyces laterales, bivalves, ternato aggregati, ur 1 inyolucrum hexaphyllum mentiantur, subbiflori; Co- rollae hermaphroditae: (sic in nostra specie) v emen ö corolla corticatum Schrad. * 205 \ 57. Exrmus europaeus Lin. El. spica erecta; spi- culis bifloris (vel unifloris), aristatis; involu- cro (calycihus) exstriato. Smith. (Europäifche® Haargras.) Hall. helv. 1537. Scheuchz. gram. 16. Prodr. a N 0 El. europa eus. Smith fl. brit. 1. P. 254. No 3. Host. gram. austr. 1. Tab. 28. Schrad. germ. 1. p- 402. Ne g. x „Radix teres, descendens, articulata, valida, ex geniculis fibras emittens, saepe multiceps: Culmi sesquipedales, cubitales, infrä paniculam plus mi- nusve longe nudi scabriusculique, sub nodis oliva- ceis, constrictis laevibusque pubescentes, ceterum glabri; Folia radicalia et inferiora longissima; supe- riora vaginis breviora, omnia plana, 3 — 4 lineas lata, mollia, utrinque, precipue versus superiora, scabra, nervosa, plerumque glabra, subinde facie villosar Vaginae teretes, nervoso-striatae, pilis de- Hexis villosae; suprema glabriuscula, parum scabra: Ligula brevissima, truncata, eroso-crenulata: Spica subeylindrica rigida, biuncialis, strigosa, obtusius- cula, erecta: Rachis subflexuosa, angulata: Spicular oblongae, aristatae, virides, ternae simul cuivis ra- cheos denti alternatim adfixae, apud nos plerumque uniflorae, sed ad basin glumae inferioris pedicello sterili, longiusculo instructae, ut appareat eas non natura sed casu unifloras esse: Galyx diphyllus, val- vulis in eodem plano sitis, basi connatis, subaequa- libus, angustis, lineari- acuminatis, trinerviis, ner- vis extus vix prominulis, ut fere exstriatae videan- tur, arista scabra, valvulis breviore terminatis. Spi. 207 eulae pedivellatae, plerumque omnes hermaphrodi- tae, valvulis aequales, oblongo-lanceolatae, sca- brae; Gluma exterior planiuscula, marginibus tan- tum subinvolutis, nervis 5 non extantibus, scabris instructa, lanceolata; Arista terminali gluma sua duplo longiori, in spiculis lateralibus paulo breviori; Gluma interior oblonga, linearis, ad flexurae ner vos vix scabra, apice mucronulis duobus brevissis mis distincta; Corollae spiculae intermediae apud nos saepe omnino deficiunt. (D. v.) Hie und da in den Waldungen der Alpen und anderer Berge: auf dem Jura, auf dem Berg Waſſerfall, à la Combe de Valanvron, oberhalb Arſier, auf dem Rigi, au passage des Tines, bey Roſſiniere u. a. O. m. A. Bl. im Jun. und Jul. II. Unaͤchte Graͤſer. A. JuncoıDEAE. Simſenartige Graͤſer. Jun cus. Simſe. Cal. 6 phyllus, persistens. Cor. nulla. Caps. su- pPera 3 valvis, 1 vel 3 locularis, 3 vel polysperma. Stamim 6. Stigmata 3. I. Capsula polysperma. * Culmo nudo, 58. Juncevs filiformis Lin. J. culmo filiformi; panicula laterali, bracteata, pauciflora; capsu- lis subglobogis, obtusis N. (Fadenförmige Simſe.) 208 Hall. helv. 1313. Scheuchz. gram. 347. Tab. 7. fig. 11. Juncus filiformis I.. sb. pl. 465. Ehrh. gram. exsicc. Dec. 10. Ne 95. Leers herb. p., 89. No 264. Tab. 13. fig. 4. Smith fl. brit. 377. Ne 6. Host gram. austr. 3. Tab. 84. n Radiæ horisontaliter repens, gracilis, fibras albi- das, longiusculas demittens: Culmi erecti, graciles 1 filiformes, semipedales, rarius pedales, fistulosi, nec, ut in speciebus affinibus, medulla farcti, laete viri- des, vix striati, nudi, bäsi vaginis paucis, valde in- aequalibus, fissis, modo aphyllis obtusiusculisque, modo in aristam brevem, rarius in foliolum longius- culum, canaliculatum praelongatis instrueti; Paus eula lateralis, erecta, medio fere culmo insidens, ex floribus paucis 3 — 5, rarissime 8 — 10, modo lon- gius pedunculatis, modo fere sessilibus constans; Pedunculi plerumque uniflori, rarius 2 — 3 flori, in- aequales; Bractea communis parva, scariosa, in fo- liolum setaceum producta; Fovea in culmo ad pani« culae basin vaginans, oblonga, marginibus late sca- riosis; Culmi elongatio supra paniculam canaliculata, foliolisque baseos fere similis, quandoque decidit, ‚et tunc, monente Scheuchzero, panicula terminalis videtur; Flores lineam circiter unam longi latique, viriduli, leni purpura suffusi; Bracteae florales sca- riosae, concavae, exterior major, obtusissima; inte- rior acutiuscula; Foliola calyeina angusta, mutica, lanceolata; exteriora nervis tribus approximatis per- eursa, rigidiuscula, superne canaliculato- cucullata, inferiora latiora, paulo breviora, obtusiora, planins- cula, uninervia; Stigmata spiraliter contorta; Cup- 209 zula magna, fere globosa , subtrigona , obtusa, mu- eronulata, livida, nitidula, trilocularis, polysper: ma. (D. v.) Dieſe Simſe wächst in torfartigen Suͤmpfen auf den Alpen; auf dem Gotthard, Fouly, Sanetſch, En⸗ zeindaz; unter den Gelten⸗Gletſchern; zwiſchen Lau⸗ terbrunn und Grindelwald; auf den Alpen ober⸗ halb Oeſch; au dessus des plans u. ſ. w. A. Bl. im Jul. und Aug. 59. Jvu ves acuminatus Balb. J. culmo rigido, apice acuminato pungenti; umbella laterali, ‚sessili, pauciflora, simpliciuscula, capsulis ob» tusis. (Spitzige Simſe.) 8 Juncus acuminatus Balb, add. fl. pedem. p. 87. No 15. J. arcticus Willd. sp. pl. 2. p. 206. Ne 6. De cand. fl. fr. Ne 183g. J. Jacguini fl. dan. Tab. 1095. — J. pauciflo- rus Meench ex Schleich. cat. p. 57. . Radix gracilis, longe repens, squamosa, fibras al- bidas, longissimas, tortuosasque demittens; Culmi approximati, 6— 9 uncias longi, strieti, rigidi, vix Strlati, fistulosi, nec medulla farcti, in apicem mem- pbhranaceum, acuminatum, pungentem, acuminati, 3 nudi, basi vaginis plerumque aphyllis, rarius brevi- ter aristatis, subfuscis, obtusis, striatis fissisque tecti; - Culmö steriles paucissimi, reliquis simillimi: Pani- eula lateralis, sessilis, i. e. nullo pedunculo com- muni insidens, brevis, pauciflora, simpliciuscula, saepe conglobata, prope apicem per fissuram angu- stissimani, marginibus scariosis auctam, ex culmo a dh -D 210 erumpens; Bractede communes parvae, floralibus si- miles, subinde breviter aristatae; Pedunculi saepe subnulli, semper breves, inaequales, uniflori, erecti, rarius floribus 3—3 ve sessilibus instructi : flores magni, ex atro, fusco, albido variegati; Bracteae flo- xales foliolis calycinis duplo breviores, fuscae, su- perne albidae, ovato acutae; Foliola calycina atro- fusca, dura, marginibus late scariosa, albida, sub- carinata, nervo dorsali viridi, prominulo; exteriora lanceolata, acutiuscula; interna latiora, brevioraque, ovata; Capsula nigrescens, nitida, magna, calyce paulo longior, obovata vel subrotunda, obtusa, vix mucronata, trilocularis, polysperma. (D. v.) Eine Pflanze des Urgebirges. A Tallee blanche, am Fuß der unerſteiglichen Seite des Montblanc, wo ich ſie im Jahr 1804 fand. — Waͤchst auch in den Walli⸗ ſer Alpen: Herr Prior Murith. A. Bl. im Jul. An⸗ fangs Auguſt waren die Kapſeln ſchon voͤllig reif. 5 Anmerkung. Die Steife der Pflanze, und die Farbe und Struktur der Blaͤtter zeigen ihre Verwandtſchaft mit J. squarrosus an. Der nackte Halm und die an der Seite deſſelben anſtehende Dolde trennt fie von dieſem. Im ha- bitus hat ſie mit J. jacquini eine gewiße Aehnlichkeit; allein man erkennt ſie ſogleich an der ungeſtielten Dolde, und an den halbhaͤutigen weiß und braunen Blumen. Der dicke und ſteife Halm, die Geſtalt und Farbe ihrer Kelche unterſcheiden ſie ebenfalls mehr als hinlaͤnglich von dem J. filiformis. 60. Juncvs trifidus Lin. J. culmo nudo, foliis subternis, terminalibus, erectis instructo. N. (Dreyſpaltige Simſe.) Hall, hely. 1315. Scheuchz, gram 325. 1 211 J. trifidus Lin. sp. pl. 465. Smith fl. brit. 1. 378. No. Host gram. austr. 3. Tab. 85. Krock. fl. siles 1. p. 557. Ne 546. Tab. 48. Sut. fl. helv. 1. P. 308. No 5. J. monanthos jacg. enum. 61. 235. Tab. 4. fig. 1. Radir repens, dense cespitosa, fibras graciles, sublignosas emittens: Culmi teretes, stricti, vix striati; graciles, filiformes, cum foliis terminalibus florentes, 2 — 4 uncias longi, adulti semipedales, et pedales, inferne vaginis numerosis tecii, apice tollis tribus terminati, ceterum nudi; Vaginde ba- seos latissimae, striatae, obtusae, breves; ceterae Bee elongatae, appresso - tubulosae, fissae, vix striatae, graciles, in foliola brevia, aristiformia 3 Ligula oppositifolia, membranosa, ob- louga, piloso- multifida; Folia terminalia, 1—4 un- clas longa, erecta, stricta, setacea, alterna, approxi- mata, inaequalia, breviter vaginantja, laete viridia; Ligulad fere ut in vaginis inferioribus; Flores medio- eres (sesquilineam fere longi), in alpibus nostris ple- rumque in quovis culmo unici, subinde duo, raris- 4 'sime tres, in culmo terminales ad ortum folii, bre- viter pedunculati; Bracteae ovatae, acutiusculae, ee. exterior plerumque in aristam, seu folio- lum plus minusve longum, setaceum producta; Fo- liola calycina atrofusca, rarius viridia, marginibus late scariosa, erectiuscula; interna vix breviora, sed latiora, ovata, obtusa, modo mutica, modo mucro- nulata; Capsulas (secundum Host subrotundas, tri- - gonas, longius mucronatas, autore vero Cl. Smith ellipticas, quod melius cum ipsius Hostii figura con- venit, polyspermas, acuminatas) maturas reperire 242 non potuimus; Stigmata pallida, spiraliter convar Ruta. OD. v.) Dieſe Simſe iſt nicht ſelten in den Spalten der Fel⸗ ſen im Urgebirge. Auf dem Gotthard, Bernhard, Fouly, Simplon, Salanfe, Ferpels, im Thal Praborgne, auf dem Gipfel des Jochberges, C. B.; um die Teufels bruͤcke, in den Schoͤllenen, auf dem Col du Bon homme u. ſ. w. A. Bl. im Juke und Aug. 61. Juncvs squarrosus Lin. J. culmo striato, nudo; foliis setaceo - canaliculatis; panicula terminali composita, glomerata. Smith. (Spar- rige Simſe.) Hall. hel v. 1317. Scheuchz, gram. 322. J. squarrosus Lin. sp. pl. 465. Smith fl. brit. 378. Ne 8. Ehrh. gram. exsicc. Dec. 4. No 3g. fl. dan. Tab. 430. Sut. fl. helv. 1. P. 208. Ne 6. Radix fibrosa, fibris crassis, teneris, elongatis; Culmi nudi, basi tantum foliosi, trientales, com- pressi, vel obsolete angulosi, stricti, rigidi, laeves; Folia valde numerosa, dense cespitosa, rigida; non- nulla erecta, alia patentia, alia recurva, culmo du- plo breviora, angusta, setacea, canaliculata, laevis- sima; Culmea perpauca, ceteris consimilia; Vaginis membranaceis, amplexicaulibus, semiscariosis fuscis- que instructa; FVaginde exteriores squamiformes, ovatae, latissimae, durae, fasciculum foliorum cul- mumque amplexantes; Panicula terminalis, stricta, pauciflora, ex pedunculis paucis valde inaequalibus compositis, strictis, rigidis, basi bracteatis constans; Bractea communis inferne vaginans, demum tota fissa, membranacea, oblonga, in foliolum florale pa- U — 213 nicula modo longius, modo multo brevius producta Flores 1—3 ve in quovis pediculo, approximati, vix pedicellati, magni; Bracteae florales adpressae, ovato- acutae, calyce fere duplo breviores, scario- sae, basi ferrugineae; Foliola calycina fere aequalia, atro-livida, nitida, marginibus scariosa, concava, lanceolata, obtusiuscula, patentia; Stigmata spirali- ter convoluta: Capsulae obovatae, trigonae, obtusae, vix mucronatae, polyspermae, calyce fere brevioress (D. v.) Dieſe Pflanze, welche, wie es ſcheint, im noͤrdlicheren Europa ziemlich Häufig vorkommt, iſt in der Schweiz fo ſelten, daß man fie daſelbſt bisher nur auf dem Gott⸗ hard gefunden hat, wo fie aber an ſumpfigten Orten uns ter den Schöllenen in Menge waͤchst. A. Bl. im Jul. und Aug. 62. Jux cus capitatus Weig. J. culmo nudo fili- formi; capitulo terminali, subsolitario, invo- lucrato. Willd. (Kopf⸗Simſe.) Willd. sp. pl. 2. p. 209. Ne 14. Hoppe in Sturm. fl. germ. 1 Abth. 13 Heft. Tab. 7. Ehrh; gram. exsicc. Dec. 1. No 8. J. Ericetorum Decand. fl. fr. No 1836. Schœnus ferrugineus Krock. fl. sil. 1. p. 57, No 63. Tab. 8. (mediocris). Radi fibrosa, capillacea . Folia pauca, fil iform ia, biuncialia, angustissima, canaliculata, erectiuscula »- lae via; Culmus filiformis, totus nudus, erectus, mo- dice compressus, foliis mox brevior, mox duplo- longior; Capitulum in quovis culmo solitarium sessi- leque, ex viridi albidum, subrotundum, ex flori” bus 5— 10 constans; subinde alterum capitulum pe- 214 | dunculo peculiari insidens supra prius adest; Invo- lucrum 5—6 phyllum, ex bracteis inaequalibus, ovatis, concavis, in acumen longum aristiforme pro- tensis; Exterior foliolum vel culmi prolongationem mentiens, erecta, capitulum superans, ut flores fere laterales videantur; reliquae multo minores; Flores sessiles, contigui; Foliola calycina inaequalia, ex- terna longiora latioraque, acute carinata, oblonga, acuminato - aristata, demum apice recurva, vel in- curva, interiora planiora; Capsula calyce brevior, ob- tusa, mutica, elliptico- triquetra, angulis fere alatis, faciebus excavatis, polysperma; Stamina sena; Stig- mala in nostris tria. Cl. Hoppe duo tantum obser- vavit. (D. s.) Dieſe in der Schweiz noch nicht beobachtete Simſe ver⸗ danke ich der Guͤte des Herrn Staatsrath von Haller, der fie in dem Weißenburger Bad fand. O. Bl. im Jun. und Jul. ** Culmo folioso. 63. Juncuvs triglumis Lin. J. foliis semitereti- bus; Culmo basi folioso, capitulo terminali, subtrifloro, aphyllo, bracteato. N. (Dreyblüs thige Simſe.) A Hall. helv. 1314. J. triglumis Lin. sp. pl. 467. Sut. fl. helv. 1. P. 211. No 15. Smith fl. brit. 382. N? 14. Fl. dan. Tab. 132. Host gram. austr. 3. Tab. 92. Decand. fl. fr. Ne 1841. Nadiæ fibrosa, plus minusve cespitosa: Culmus erectus, teres, striatus, 3 — 4 uncias longus, inferne foliosus; Folia culmo multo breviora, angusta, fistu- losa, enodia, rigidiuscula, erecta, superne paulo recurva, subulata, dorso convexa, subcarinata, fa- 218 eie sulcato · canaliculata: Faginae longae lataeque, scariosae, subcoloratae, culmum amplexantes, utrin- que in auriculam obtusam, brevissimam desinentes; Folia radicalia reliquis longiora sed vaginis brevio- ribus instructa; Capitulum terminale parvum, ple- zumque triflorum, rarius 2 —4 florum, totidem bracz teis quot flores habet suffultum: Folia floralia nulla; Bracteae ovato - lanceolatae, erectae, fuscae, mar- gine anguste scariosae, floribus breviores, carina- tae, modo obtusae, modo acutiusculae; Folia caly- eina oblonga, elliptica, obtusiuscula, parum inae- qualia; exteriora ferruginea; interna pallidiora; Sta- mina sex longiuscula; Capsula calyce multo longior, obtusiuscula, trigona, polysperma. (D. v.) Diefe artige Simſe, welche das Anſehen einer kleinen Binſe hat, waͤchst auf hohen Bergen an ſumpfigten Stels len: Auf dem Oberſtafel, Sanetſch, St. Bern⸗ hard, Javernaz, Furcula, Pilatus, oberhalb Praborgne, bey der Quelle des Bergſtroms Ivöttaz, am Ufer der reizenden Alpeuſeen, auf dem Lisſon. A. Bl. im Jul. und Aug. 64. Juncuvs jacguini Lin. J. culmo monophyllo, folio erecto; capitulo terminali; capsulis super- ne triquetro- alatis. N. (Einbluͤthige Simſe. Hall. helv. 1316. Scheuchz. gram. 223. Tab, 7. fig. 9. 3 J. jacquini L. sp. pl. Ed. Gilib. 1. p- 390. Host gram. austr. 3. Tab. 93. Sut. fl. helv. 1. p. 210. No 14. a Radiæ transversa, horizontalis, per intervalla ce spites plures agens; Culmi numerosi, plerumque fere semipedales, erecti, fasciculati, fere nudi, basi var 216 ginati, folio terminali ereeto instructi, steriles prio- ribus consimiles, humiliores, aphylli; Faginae su- perliores oblongae, subcoloratae, fere truncatae, fis- sae, apice in aristam tenuissimam brevissimamque desinentes; inferiores numerosae, omnino aphyllae, breves, ovatae, obtusae, fuscae, nitentes; Folium plerumque unicum, peduneulo s. elongationi cul- mi cui capitulum insidet subjectum, erectum, capi- tulum fere semper superans, strictum, teretiuscu- lum, subulatum , acutum ; Vagina pedunculum quandoque fere integrum, plerumque tertiam vel dimidiarn partem ejus tegens; folium rarius prope radicem oritur et culmo brevius evadit; tunc capi- tulum aphyllum videtur; Capitulum erectum, ter- minale, modo pauciflorum, mogdo ex 6 10 flori- bus constans; Bracieae communes plerumque duae, oppositae, adpressae, inaequales, oblongae, amplexi- caules, fuscae vel ferrugineae; exterior maxima, ca- rinata, acuta, nervo dorsali in aristam capitulum su- perantem producto; Flores contracti, acutissimi, ob- longi, habitum fere scirpi nigricantis referentes, atro - fusci, nitidi, rarius ex fusco ferruginei, in rachi communi brevi, brevissime pedicellati, dense fasci- culati; Bracieae florales parvae, ovatae, atrofuscae, plus minusve obtusae, apice quandoque albescentes; Foliola calycina florentia patula, paulum inaequalia, absque margine scariuso; exteriora lanceolata, ca- naliculato -concava, oblonga, mucronata, interiora ovato-lanceolata, planiuscula, latiora, paulo bre- viora, acuta; Stigmata longissima, spiraliter convo- luta; Capsulae oblongae, obovatae, triquetrae, an- gulis superne alatis, obtusae, polyspermae. (D. v.) Dieſe etwas feltene Simſe waͤchst auf hohen Alpge⸗ > | 217 birgen: Auf dem Ochſenſtock im Engelbergerthal, Salanfe, Bernhard, Roßboden, Oberſtafel, Gemmi, Simplon, auf der Teufelsbruͤcke ſelbſt u. ſ. w. A. Bl. im Aug. So daß man auf Alpenreiſen ſelten reife Kapſeln findet. II. Capsula trisperma. Folia plana, saepe pilosa. 65. Juncus sylvaticus Huds. J. foliis pilosis; corymbo, decomposito, laxo, floribus subter- nato conglobatis, aristatis; Calyce capsulam superante. N. (Waid.-Simfe) Hall. helv. 1324. Scheuchz. gram. 317. J. sylvaticus Smith fl. brit. 385. Ne 17. ‘ J. mazimus Willd. sp. pl. 2. p. 218. Ne 31. Sut. fl. helv. 1. p. 211. Ne 17. Host gram. austr. 3. Tab. 98. 5 Luzula maæima Decand, fl. fr. Ne 1826. Radix lignosa, transversa, cespitosa; Folia radi- calia latissima generis, laete viridia, erectiuscula, culmo breviora, lanceolata, saepius in acumen li- neare producta, apice calloso obtusiuscula; Culmus fere J. pilosi, sed plerumque duplo triplove altior; Corymbus decompositus vel supra decompositus, pe- dunculis semel, bis vel ter corymbiferis, demum nu- tantibus; Bracteae pedunculorum et florales ciliatae, quandoque lacerae, demum griseae; Flores spadi- cei, sessiles, plerumque bini vel terni, rarius soli- tarii vel quaterni; Folia calycina subaequalia, atro- fusca, nitida, marginibus scariosa, aristata; exterio- ra lanceolata, acuta; interiora paulo breviora latiora- que, ovata, apice obtuso, saepe retuso vel lacero, 218 brevius aristata; Capsulag trigonae, obtusae, calyce apud nos multg breviores; Semind tria, absque mem- branula coronali. OD. v.) Dieſe Pflanze findet man haͤufig in bergichten Waldun⸗ gen, ſowohl auf dem Jura, als am Fuß der Alpen: Au creux du vent; unweit Zuͤrich; sur les Eloges u. ſ. w. A. Bl. im Jun. und Jul. 66. Juncus Hlavescens Host. J. corymbo umbel- lato paucifloro; pedunculis subunifloris, sub- aequalibus; capsulis acuminatiss foliis pilosis. (Gelbliche Simſe.) Host gram. austr. 3. Tab, 34. Radix gracilis, articulata, saepe descendens, sto- lonifera: Culmus erectus foliosus, 4—6 unclalis; Folia radicalia patentia, recurva; culmea erectius- cula, omnia brevia, vix ultra 2 lineas, plerumque lineam unam lata, ceterum fere ut in j. piloso; Co- rymbus terminalis, umbellatus, plerumque simpli- cissimus, pauciflorus, adultus etiam erectus, pedun- culis 4— 6 unifloris, (rarius divisis, 2 vel 3 floris) filiformibus, superne incrassatis, vix uncialibus, modice divergentibus, nonquam refractis, basi brac- teatis; Bräcteae vaginantes oblongae, truncatae, sca- riosae, albidae, basi dilute ferrugineae, ciliatae; Flos in rachi brevi terminalis, fere sessilis, abortivus, minimus Bracteas duas habet florales, latas, breves, triangulares, acutas, aristatas, scariosas, ciliatasque; Flores reliqui omnes pedunculati, pallidi, patentes, plerumque glaberrimi, Bracteis ut in teminali; Fo- liola calycina lanceolata, acutissima, breviter ari- stata, subaequalia, dilutissime ferruginea, vel fla- vescentia, marginibus albida, acute carinata, uni- u 219 »ervia; Capsulae grandes, calyce paulo longiores, Ovato acuminatae, acutae, mucronatae, flavicantes, nitidae; Semina tria, angulosa elliptica, subtrigona, faciebus modice excavata; membrana albida coro- nata. (D. v.) In den Wäldern auf hoͤhern Bergen und in den As pen: Im Walliſerland, Herr Prior Murith; auf dem Jura; a la grande Aine oberhalb Arzier, und an an⸗ dern Orten mehr. A. Bl. im Jun. und Jul. Anmerkung. Dieſe Art hat allerdings Aehnlichkeit mit J. piloso Lin, und J. fosteri Smith : dennoch kann ſie mit derſelben nicht verwechſelt werden. 67. Juncus spadiceus All. J. foliis culmeis gla- briusculis; Corymbo composito, floribus ap- proximato, fasciculatis, mucronatis; Capsulis ealycem aequantibus. N. (Braunblüthige S im ſe.) Hall. helv. 13 26. Scheuchz. gram. 312. ae. Tab. 6 J. e Willd. sp. pl. 218. Ne 32. Host gram. austr. 3. Tab. 96. Sut. fl. helv. 1. p. 212. No 18. Luzula spadicea Decand. fl. fr. Ne 1824. Radix transversa, gracilis; Culmi erecti, trienta- les vel pedales, imo saepe in montibus humiliori- bus fere cubitales, graciles, foliosi, subteretes; Fo- Ia vix ultra sesquilineam lata, plerumque angustio- ra, brevia, apice, calloso-cucullata; radicalia quan- doque ciliata, culmea fere omnino glabra, subinde tamen margine uno alterove pilo instructa; Vaginae teretes, foliis breviores, ad folii ortum pilis non- - 228 nullis longis, temerrimis caducisque Idonatae; Co- rymbus parvus erectus vel nutans; Pedunculis modice divergentibus, inaequalibus, quandoque flexuosis, brevibus, semel vel bis corymbiferis, basi bracteae oblonga pilosaque instructis; Corymbi partiales bre- vissimi; Flores minimi, patentes, vix lineam dimi- diam superantes, approximati brevissimique, pedi- cellati ut fasciculos 2 —3 flores efficiant; Bracteae florales ovato lanceolatae, coneavae, inferne plus minusve coloratae, superne albidae, ciliatae, obtu- siusculae; Foliola calycina plerumque atro-spadicea, ovato lanceolata, brevia, latiuscula, mucronata, marginibus subscariosa, concava; interiora saepe quasi tricuspidata, planiora pauloque latiora. Cap- sula atro spadicea calycem aequans vel paulo lon- gior, subrotunda, utrinque obtusa, trigona, apice mucronata; Semina tria, oblonga, nitida, lut&a, abs- que membrana, (D. v.) Dieſe Simſe wächst nicht, wie die juncis verwandten Arten, in Waͤldern, ſondern auf Weiden und Bergwie⸗ ſen, mehrentheils auf den hoͤchſten Gebirgen; dennoch iſt ſie auch dieß Jahr, 1806, von den Herren Gay und Ludw. Thomas in dem Thal Cham pe unweit Martinach ge funden worden. Auf dem Biernardin, Gotthard, Furca, Ja vernaz, Prapioz, Fouly, Bernhard, Simplon u. ſ. w.; im Schamſer⸗Thal; aux creux du vent. A. Bl. im Jul. und Aug. b 68. Juncus spicatus Lin. J. spica composita, subtereti, nutante, basi laxa; bracteis aristatis. spiculas excedentibus; foliis pilosis. N. (Ucbs rentragende Simſe.) Hall. helv. 1330, var. 3tia. 221 J. spicatus. Lin. sp. pl. 469. Smith fl. brit. 386. No 19, fl. Dan, Tab. 270. Villars Delph, 2. p- 239. No 19. Luzula spicata Decand, fl. fr. No 1828. Radix transversa, subrepens; Culmus semipeda- lis, erectus, superne cum spica demum nutans, fo- liosus; Folia brevia, juniora margine pilosa, adulta glabrata, superne acuminata, canaliculataque, apice callosa, obtusiuscula; Vaginae ad folii ortum pilo- ‚sae; Panicula spiciformis, terminalis, nutans, soli- taria, ex spicis partialibus numerosis, sessilibus , confertis, inferne laxioribus, lobos plus minusve prominulos efficientibus constans; Rachis inferne, parte qua spica nutat, denudata, ut ea parte spicu- lae quasi secundae videantur. Folium florale erec- tum longitudine varia, spicam subinde superans; Bracteae ad basin spicularum (spicarum partialium) latae, ovato lanceolatae, fuscae, marginibus scario- sae,.copiose ciliatae, acutissime in aristam longam, incanam, debilem, spiculas saepe superantem desi- nentes ; Flores minimi, clausi, vix ultra 2/3 lineae longi, ec Braciede florales parvae, acutae, subaristatae, e ceterum fere ut reliquae; Fo- liola calycina subaequalia, unicoloria, atrofusca, ni- tentia, oblonga, angusta in aristam brevem producta; exteriora acute carinata; interiora plana; Capsula ob- tusissima, subrotunda, obsolete trigona, omnino mu- tica, foliolis calycinis fere aequalis; Semina tria dorso acute angulosa. (D. v.) Sie iſt ziemlich gemein auf Alpenweiden, die mehr oder minder bewaͤſſert find. Auf dem Simplon, Gott- bard, Bernhard, u. a. m.; auch habe ich fie auf dem 45 222 Warne unten an dem Felſen der Dolaz auf dem Jura beobachtet. A. Bl. im Jun. — Aug. Anmerkung. Nach Herrn Smith ſoll dieſe Art ſpi⸗ tzige Kapſeln haben. Die unſere hingegen zeichnet ſich durch ihre außerordentlich ſtumpfe Kapſel aus; ſollte ſie etwa von der Linneiſchen Simſe verſchieden ſeyn? In jedem Fall ſcheint ſie allerdings eine eigene Art auszu- machen. 69. Juncuvs luteus All. J. foliis vaginisque gla- berrimis; spicis pedunculatis, laxiusculis, sub- corymbosis, floribus muticis. N. (Gelbe Simſe.) Hall. helv. 1329. Scheuchz. gram. 314. J. Iuteus All. pedem. No 2085. Willd. sp. pl. 2. p. 218. No 33. Vill. delph. 2. p. 235. No 15. Tab. 6 bis Luzula lutea Decand. fl. fr. 1833. Radix repens, longa, articulata, squamosa; Cul- mi erecti, 4— 8 uncias longi, foliosi ; Tolia erecta, Slaberrima, plana, brevia, internodiis tamen subinde. longiora, 3 rarius ad 4 lineas lata, apice callosa; in- feriora et radicalia superne in acumen canaliculato- cucullatum producta; Vaginae quoque glaberrimae; Corymbus erectus, plerumque subconfertus, ex spi« cis partialibus nonnullis pedunculatis, subcorymbo- als, laxiusculis, subrotundis constans; Pedunculi basi bracteati, erecti, vix divergentes; internodii brevis- simi, quandoque subnulli; Folium florale vaginans, corymbo multo brevius, saepe bracteiforme , scario- sumque; Bractese pedunculorum scariosae, elonga- tae, glabrae, apice lacerae; Flores breviter pedicel-_ lati, subconferti, erecti, lutei, nitentes, ante expli- 4 1 . a 7 1 2 cationem ovati; Bracteae florales glabrae, valde in- azequales, luteae, inferne subinde spadiceae; exte- rior acuta; interior obtusa, multo latior, lacera; Fo- liola calycina inaequalia, ovata, obtusa, vix mucro- nulata, unicolaria, exteriora carinato concava, re- tusa et saepe quasi tricuspidata; interna latiora lon- gioraque, integra, planiuscula; Capsulde paxvae, calyce breviores, subrotundae, trigonae, mucronatae. (D. v.) Sie kommt auf den 1 Gipfeln der hohen Alpen, auf nackten, dem Wind ausgeſetzten Weiden vor: Auf dem Avicula, unweit der Via mala, auf dem Javer⸗ 1 RER naz, Chau⸗commun, Fouly, Valorſine, Bern hard, Col de Balme, Col de la Seigne, Col du Bonhomme, Simplon u. a. m. A. Bl. im Jul. und Aug. SoHEUCHZERIA. Scheuchzerie. Cal. 6 phyllus; Cor. nulla; Capsulae ternae-senae inflato compressae 3—6 spermae. 70. SCHEUCHZERIA palustris Lin, (Sumpf: Scheuchze rie.) Hall. helv. 13 10. Scheuchz. gram. 336. Sch. palustris Lin. sp. pl. p. 483. Fl. lappon. Tab. 10. fig. 1. Fl. dan. Tab. 76. Sut, fl. helv. 1. p- 218. Radi horizontalis, albida, tunicis lanceolatis, dilute ſuscis vestita, fibras albidas spargens; Caulis erectus, simplex, 4—8 uncias longus, ad nodos mo: dice flexuosus, crassiusculus, foliosus, glaber; Folie semi cylindrica subulata, erectiuscula, pauca, vagi- 224 nis pällide virentibus, subalbidis, amplis, in eodem ac folia ipsa plano sitis, solutisque instructa; Race- mus terminalis, erectus, pauciflorus; flores paulo ma- jores quam in juneis grandifloris, distantes, virides,, pedunculis unifloris, brevibus erectiusculisque insi- dentes; Bracteae florum inferiorum longe vaginan- tes, in foliolum desinentes; supremae minutae, fere aphyllae; Foliola calycina ex viridi flavescentia, lanceolata, decidua: Capsulae ternae — senae, uno ordine in orbem dispositae, basi contiguae, apice divergentes, compresso -inflatae, acuminatae, obtu- siuscule rostratae, virides, laeves; Semina (rarius uni- cum in quavis capsula, plerumque 3 — 6) exigua. (D. v.) Dieſe ſeltene Pflanze liebt einen ſumpfigten, torfarti⸗ gen Boden und waͤchst mehrentheils in kalten und bergig⸗ ten Gegenden, zumal in der Nachbarſchaft der Alpen. Nach Burſer's Angabe findet man fie im Einſidlen und am Ufer des kleinen Sees auf Pilatus. Sie ſoll auch unweit Muͤhlbauſen vorkommen. Scheuchzer hat fie am Katzenſee gefunden. Unſer große Haller hinge⸗ gen hatte ſie niemals finden koͤnnen, und wie er glaubte, war ſie am Katzenſee ausgerottet worden. Allein mein Freund, der Herr D* Römer und der wackere Abraham Thomas haben ſie ſchon vor einigen Jahren in ziemlicher Menge daſelbſt neuerdings beobachtet. Nach Herrn von Sauſſure wächst fie in den Suͤmpfen am Ufer des klei⸗ nen Bergſees des Rousses in Frankreich, an der Schwei⸗ zeriſchen Grenze; doch babe ich ſie, dieler Nachſuchungen ungeachtet, niemals dort ſehen können. Herr Bridel, der Verfaſſer der ſchaͤtzbaren Muscologla recentiorum hat fie in den Suͤmpfen des Mosses am Fuß des Liofon, etwa drey Stunden von Oe ſch gefunden, wo ich fie eben. re falls mehrere Mal nach ibm geſammelt habe. A. Bl. im May und Jun. Anmerkung. „Scheuchzeria est graminea et 5 alpina, a celebri isto fratrum pari Scheuchzeris, quo: rum alter in graminibus, alter in alpinis plantis ex- celluit.“ Lin. crit. botan. $. 238. Seltſam iſt es, daß die neueren Botaniker, welche die Alpenreiſen des einſt fo berühmten J. J. Scheuchzers anführen, ihn faſt alle mit feinen würdigen Bruder zu verwechſeln pflegen. Wie bald "Können doch die unberkennbarſten Verdienſte dey der Nach⸗ welt in Vergeſſenheit ſinken! B. CYPERACEAE, Binſenartige Graͤſer. Sceirpus Binfe Glumae undique imbricatae, ( plerumque) omnes fertiles. Cor. nulla: Semen nucamentaceum, pu⸗ tamine nempe externe ei adnato, nudum vel setis abvallatum. 71. Scırrus cespitosus Lin. Sc. culmg tereti, Btriato, basi multiplice squamoso; Vaginis fo- ” liolosis, glumis exterioribus maximis. N. (Moots Bouinſt.) N Hall. helv. 1334. Scheuchz. gram. 363. Tab. 5. Ag. 18. 0 Sc. cespitosus Lin. sp. pl. 71. No 6, Ehrh. Sram. exsicc, Dec. 11. Ne 102. Smith fl. brit. 49. No 3. Sturm fl. germ. 1 Abth. 10 Heft. Tab. 2. Hest gram. austr. 3. Tab. 59. Schrad. fl. germ. 1. p. 123. No 1. Radiæ fbrosa, fibris validis, numerosis multi- 4 Bd. 5 P 6» DR ceps: Culmi numerosi, dense fasciculati, laevissimi,; teretes, striati, duri, rigidi, fere aequales, 2 — 10 un- cias longi, basi squamosi, et paulo altius una altera - ve Vagina laxiuscula, tubulosa, apice obliqua etin foliolum breve, canaliculatum, apice crassiusculo» obtuso, producta, instructi; Sguamae baseos nume- rosae, imbricatae culmum infra vaginas amplexan- tes, stramineae, obtusae, concavae, aphyllae, haud tubulosae; Folia (praeter vaginarum foliola) nulla; Spica terminalis, parva, ovata, brevis, pauciflora (fere 5 flora); Glumae omnes fertiles; duae inferio- res paulo inaequales, ovatae, rufae, apice et margi- nibus scariosae, obtusae, major spicam fere aequans vel superans, obsolete 3—5 nervia, in mucronem albidum, crassum, obtusum, apiceque callosum de- sinens; superiores multo minores uninerviae; Stig- mata tria; Semen subfuscum, obovatum, obsolete tri- gonum, nitidum; setae circiter senae, semine lon- giores, laevissimae qua nota vere singulari ab omni- bus congeneribus nobis notis species nostra recedit. (D. v.) Hie und da in ſchwammigten, torfartigen Berg» und Alpen⸗Suͤmpfen: Auf dem Fouly, auf dem Grimſel, au pont de Martel, a la chau du milieu, aux marais des Rousses u. ſ. w. A. Bl. im Zul, und Aug. 72. ScrR Hs pauciflorus Smith. Sc. culmo tereti, basi vagina aphylla instructo, glumis exterio- ribus majoribus, spica brevioribus, radice fibro- sa. N. (Torfbinſe.) Hall. helv. 1335. Scheuchz. e 364. Tab. 7; fig. 19. f S c. pauciflorus Smith fl. brit. 50. No 4. „ Sc. Baothrion Sturm. fl. germ. 1 Abth. 10 Heft. Tab. 3. Schrad. germ. 1. p. 125. Ne z, Ehrh. gram. exsicc, Dec. 11. No 102. Sut fl. helv. 1. p 25. No 4. Decand. fl. fr. N® 1776. Sc. campestris Roth cat. bot: 1. p. 5. Sut. fl helv. 1. p. 25. Ne 6. Decand. fl. fr. No 1777 ‚Radix fibrosa, multiceps, perennis (sic in nostris; Cl. Schraderus plantae suae radicem subrepentem tıi- buit et Cel. Host qui in descriptione sui Sc. pauciflori dicit radicem fibrosam esse (plautam sub hoc nomine radice fere repente instructam, totoque habitu a no- stra diveisam depingi curavit gram. austr. 3. Tab. 5890; Culmi numerosi, teretes, striati, erecti, inaequales; 2— 6 uncias longi, basi vagina substriata, aphylla, tubulosa , suboblique truncata, apice et inferne fusca tecti; Folia nulla, nisi culmos steriles dicas; Spicd florens lanceolata, fructifera rotundato-ovata, apice subinde quasi bilobata, fusca, brevis, 4 — 6 flora; Glumae omnes fertiles; duae exteriores reliquis ma- jores, spica autem semper breviores, inter se fere ‚aequales, obtusae, apice scarioso, minime calloso, margine late scariosae, concavae, dorso duro, fusco, carina nervosa, extanie; reliquae teneriores, mino- res; Stigmala tria; Semen magnum, triquetro-obo: vatum, mucronatum, nitidulum; Setae subsenae, se- mine vix longiores, aculeis reflexis exasperataes (D. v.) 1 Dieſe Binſe wächst an ſumpfigten, mit Torf angefüll⸗ ten Gegenden auf den Alpen und auf deren Bergen, auch wohl hie und da in ähnlichen Sümpfen der Ebene; in den rhaͤtiſchen und ſchweizeriſchen Alpen. Scheuchzer auf U 228 dem Gotthard, im Bodenacker, auf der Hunziker Au u. ſ. w. Um Ferriere, in Crens und Trelek unweit Nyon. A. Bl. im Sommer. Anmerkung. Die Pfanzen, welche man mir unter den Namen S. bæothrion und Campestris mittheilte und zeigte, konnte ich nie als zwey verſchiedene Arten, und nicht einmal als ausgezeichnete Varietaͤten anſehen. Daher ver⸗ einigte ich ſie ohne Bedenken unter dem Smithiſchen Na⸗ men. Smith fuͤhrt ebenfalls Synonymen an, welche zu den Citaten der beyden Rothiſchen Binſen gehoͤren; und Herr Schrader vereinigt ſie ebenfalls. Nach ſeiner Erin⸗ nerung hat Herr Roth ſelbſt die Unzulaͤnglichkeit und Ver⸗ aͤnderlichkeit der Kennzeichen, welche die beyden angebli⸗ chen Arten trennen ſollen, eingeſehen. Der Sc. campe- stris hat kuͤrzere und etwas zaͤrtere Halme und weniger Bluͤthen an ſeiner Aehre. — Das Synonym von Scheuch⸗ zer (Agrost. 366. Tab. 7. fig. 21.) welches Haller bey ſeinem 1335 nennt und dann in ſeinem Appendix zum Scheuchzerſchen Graͤſerwerk, wiewohl nicht ohne ein Fra- gezeichen, fir den Juncus triglumis erklaͤrt, und welches man beym Sc. bæothrion anzufuͤhren pfegt, habe ich mit Vorbedacht als hoͤchſt zweifelhaft weggelaſſen. E RIO HO RU M. Wollgras. Glumae undique imbricatae; Cor. nulla; Semen unicum nucamentaceum, setis numerosis, longissi- mis, laevissimis einctum. Anmerkung. Das Wollgras unterfcheidet fich von allen andern binfenartigen Grafern nicht nur (den einzigen Scirpus cespitosus ausgenommen) durch die Zahl der Saamenhaare, ſondern auch dadurch daß dieſe vollkom men glatt find, — a 223 ı 93. ERTOYHO RU vaginatum Lin. Er. culmis vaginatis, trigonis; spica unica ovata; antheris linearibus, elongatis. N. (Scheidentragen— des Wollgras.) Hall. helv. 1332. Scheuchz. gram. 302. Tab. y. fig. 1. 2. 3. Prodr. Tab. 7. Er. vaginatum Lin. sp. pl. 76. Smith fl. brit. 58. Ehrh. gram. exsicc. Dec. 3. No 21. Sturm germ. ı Abth. 10 Heft. Tab. 7. Er. cespitosum Host gram. austr. 1. Tab. 3g. Schrad. fl. germ. 1. p. 150. No . Radix densissime cespitosa; Culmi simplices, fere pedales, obsolete trigoni, graciles, duriusculi, intus. parum spongiosi, superne nudi, inferne usque ad- medium vaginis paucis, plerumque aphyllis instructi, basi foliosi; Waginae culmeae distantes, superiores Jonge, inferne tubulosae, superne fissae, inflatae- que, pallide purpurascentes vel virides, striatae, nervis etiam transversis instructae ut pulchre reticu- latae sint, obtusiusculae, plerumque aphyllae; in- feriores breves, minus inflatae, fissae, in filamenta fatiscentes, folio vago, subulato, semitereti, hing convexo, inde planiusculo canaliculatoque, tenaci, intusque medulla farcto instructae; Spica termina- lis unica, erecta, matura uncialis; Glumae imbri- catae, numerosae, lanceolatae, lividae, scariosae, margine anguste albidae, obtusiusculae, uninerviae; inferiores steriles; infima saepius bracteiformis, ce- teris major, acuminata, subaristata; Antherae linea- res, elongatae; Stigmata tria; Lana longissima, con, ferta, mollissima, nivea, recta, valde fragilis; semi- na obovata, par va, fusca, setis multis cincta. (D. v. % 230 Waͤchst in torfartigen Suͤmpfen auf den Bergen; am Katzenſee, im Lohr und bey Herrenſchwanden unweit Bern; a la chau d’arbelle, d la plaine des Mos- ses, aux Marais des Rousses u, d. a. O. m. A. Bl. im Anfang des Fruͤhlings, im Merz und April; die. Saamen ſind im May und Jun. reif. * 74. ERIOPHORUM RN" Hoffm. Er. cul- mis vaginatis, teretibus; Spica umica subglo- bosa ; Antheris cordato- ovatis, brevibys. N. (Scheuchzeriſches Wollgras.) Juncus alpinus eapitulo tomentoso etc. Scheuchz. gram. 304. Prodr. Tab. 7— Hall. helv. 1332, B. Er. capitatum Hoffm. fl. germ. 3. p. 26. Host gram. austr. 1. Tab. 38. Schrad. fl. germ. 1. p. 151. No 3. ; Er. Scheuchzeri Hoppe in Sturm germ. 1 Abth. 10 Heft, Tab. 8. Er. vaginatum g. Sut. fl. helv. 1. p. 28. Radix elongata, repens, gracilis, stolenifera; Culmi plerumque trientales, crassiusculi, molles, medulla laxa farcti, ut facile sub digitis compriman- tur, subtiliter striati, intense virides, nitidi, adulti tantum inferne vaginati; Folia radicalia fasciculata, setacea, subulata, mollia, intus spongiosa, dorso subcarinata, facie obiter canaliculata, culmo bre- _ viora; culmeum unum alterumve reliquis consimile, sed brevius; Faginde culmeae approximatae, vix- inflatae, ceterum ut in priori; Spica terminalis, sub- rotunda, latitudine nempe longitudinem plerumque Superante, cum lana vix ultra g lineas longa; Glu- mae fusco -lividae, minus scariosae, margine angu- 3 251 stissimo albido, triangulares 5 exteriores 2 — 3 ve maximae, steriles; Antherae breves, subcordatae > ovatae: Stigmata 3; Semina ovata, parva. (D. v.) Nicht felten in den Suͤmpfen der hoͤhern Alpen; auf Enzeindaz, Gotthard, Scheideck, Fouly, Bernhard u. ſ. w. Am Fuß des e A. Bl. im Jul. und Aug. 75. ERTO YHHO RUN alpinum Lin. Er. culmis sub- nudis, triquetris; spica unica, erecta, pappo crispo rariori. N. (Alpen⸗Wollgras.) Fall. helv. 1333, Scheuchz. gram. 305. Prodr. Tab. 8. Er. alpinum. Lin. sp. pl. 77. Smith fl. brit. 60. Ne 4. Sturm fl. germ. 1 Abth. 10 Heft, Tab. 46. Host gram, austr. 1. Tab. 40. Schrad. fl. germ. 1. p. 149, No 1. Radiæ repens, dilute fusca, fibras albidas demit- tens, cespitosa; Folie radicalia nulla, nisi. culmos. steriles dicas; Culmi triquetri („subinde tetragoni“ Smith), retrorsum scabri, qua nota ab omnibus con- generibus nostratibus differt, triunciales et, trienta- . les, graciles, erecti, basi tantum folioli; Folia om- nia culmea pauca, valde brevia, rents erecta, margine scabriuscula, hinc carinata, inde canalicu- lata, obtusiuscula; Vaginae tubulosae, approxima- tae, superne scariosae, truncatae, culmi basin te- gentes; infimae squamiformes, fissae, numerosae, aphyllae; Spica terminalis, elegans, parva, erecta,_ pauciflora; Glumae lanceolatae, obtusiusculge, pul- ehre rutilantes, nervo dorsali viridi, evanido in- structae, spicam ovato- oblongam (absque setis), z ve lineas longam efficientes; involucrum ex 232 2 bracteis inaequalibus, glumis similibus, sed majo- ribus sterilibusque constans; exterior ovata, spicam amplexans, nervo in aristam brevem obtusiusculam- que producto; interior paulo minor, ovato- lanceo- lata, mutica; Semind obovata, minima, ferruginea; Setae rariusculae, tenuissimae, crispae et varie tortiles, spica duplo, triplo quadruploque longiores. (D.v.) Obs. „Spica modo tota feminea, modo ex flos- eulis hermaphroditis femineisque composita; Flores monandri, diandri et triandri. Host IJ. c. Dieſes zierliche Wollgras wächst in bergigten und Al- pengegenden im Torf auf ſchwammigten Sümpfen. Auf dem Pilatus, Gemmi, in den Alpen des Bezirks Ai⸗ gle, im Grindelwalder-Thal, um Hirzel und Spietz. A la Brevine, a !’Echelette, aux Pontins, a Penvers de Renens, auf dem Berg Pouilleret, aux Marais des Rousses und an andern Orten auf dem Jura. A. Bl. im Jun. und Jul. h 76. ERIO,PHORUM angustifolium Roth. Er. foliis canaliculatis, apice triquetris; culmo tereti, spicis paucioribus nutantibus; pedunculis lae- vibus. N. (Schmalblaͤttriges Wollgras,) Hall. helv. 133 1 f. Scheuchz. gram. 308. No 3. Vaill. par. Tab. 16. fig. 1. Erioph. angustifolium Willd. sp, pl. 1. p. 313. Nr. 3. Smith fl. brit. 59. Ne 3. Schrad. fl. germ. 1. p. 153. No 5. Sturm germ. 1 Abth. 10 Aft Tab. 10. Sut. fl. helv. 1. p. 29. No 3. Ra „icons Culmi erecti, teretes, foliis perpau- cis instructi, florentes fere trientales, adulti peda- les, vel pauco longiores; Falia vaginantia, triques * — ee 233 tra, inferne canaliculata, superne faeie planiuscnla, margınibus fere laevia; radicalia longissima; eulmea brevia, linea una angustiora, crassiuscula; Panicula simplicissima, e spieis perpaucis constans; Involu- crum ex 23—4 foliolis viridibus, ovatis, vix vagi- nantibus, spieis adultis brevioribus, in acumen tri- quetrum productis compositum; Pedunculi adulti elongati, laevissimi, demum penduli, semper indi- visi; Spicae 3 — 4 ve; florentes ovato- lanceolatae, acutae, multiflorae, fere sessiles, adultae maximae, cum Lana quam in Er. polystachio (bene monerite Scheuchzero) rariori, facile sesquipollicares; Glumae ovato lanceolatae, primum virides admixta leni pur- pura, marginibus albidae, dein canescentes lateque scariosae, basi lividae; Semina minima. (D. v.) Dieſe in der Schweiz ziemlich ſeltene Art findet man ebenfalls in torfartigen Sümpfen in bergigten Gegenden, oder in der Nähe der Alpen. Am Ufer des Katzen ſees. Herr Schleicher und ſpaͤter auch ich haben fie a la plaine des Mosses gefunden. A. Bl. im May und Jun. E LV N A. Elyne. Schrad. (Flosculi hermaphroditi) Cal. univalvis; Cor. bi- valvis; Semen nucamentaceum absque setis; Stigma- ta tria. 7 77. ET TNA Spicata. Schrad. fl. germ. 1. p. 153. No 1. Kobresia scirpina. Willd. sp. pl. Tom. 4. P- 205. Ne 1. Careæ Bellardi. All. ped. Ne 2293. Tab. 92. fig - 5. Sut, fl. helv. 2. p. 240. Ne 5. Schkuhr Car. Ne 6. Tab. D. fig. 16. Hall. fil. in Röm, Arch, 1. 2. P · 9 No 39. * Car. Myosuroides Vill. Delph. 8. p. 194. No 3. Tab. 6. Radix fibrosa, fibris atrofuscis, duris, numerosis, dense cespitosa; Folia radicalia vaginis exterioribus. saepe aphyllis, stramineis vel nigricantibus, sub- truncatis, striatis, nitidis, in fascicules collecta, se- tacea, subangulosa, canaliculata, stricta, angustissi- ma, culmum florentem subaequantia, adulto brevio- ra; Culmi fere setacei, teretiusculi, striati, laevissi-. mi, nudi, basi vagina propria et squamis vaginis- que foliorum radicalium tecti, 3—6 uncias longi; Spica unica, terminalis, simplicissima, linearis, gra- cillima, fere semiuncialis, ex ferrugineo argenteaz Flores laxe imbricati, inferne fere alterni, ut spica basi saepe interrupta esse videatur; Calix menophyl- Ius, persistens, valvula ampla, amplexicauli, tener. rima, scariosa, alba, inferne ex ferrugineo pulchre- rutilanti, corolla, quam tegit, majori, concava, ob- tusissima, apice rotundata, obsolete, uninervia, ner- vo nempe vix conspicuo, versus medium evanido 25 Corolla persistens, bivalvis, ex ferrugineo et albo variegata; Glumae parum inaequales, valvulae pa. rallelae, oppositae, erectae, conniventes, genitalia involventes; exterior latior, scariosa, fere enervia, latiuscula, concava, obtusa, basi vaginanti interio- rem arcte amplexante; interior paulo brevior, mar- ginibus inflexis, basi interiori subvaginante; Stami- na tria fovens; Semen nudum, trigonum, subfuscum, laeve, corolla fere brevius; Stigmata tria. (D. v.) Auf den mit kurzem Gras beſetzten Gipfeln der hoͤhern Alpen: Enzeindaz, Boulaire, Lioſon, St. Bern, bard, Simplon, Col de Bon homme u. ff, I 5 | 239 Dieſe Peanze hat der ſelige Dick, wahrſcheinlich vor allen andern Naturſoeſchern zuerſt un Gaſternthal bey dem Alpetligletſcher, aus welchem die Kander enk⸗ ſpringt, gefunden, eine gute Beſchreibung davon verfertis get, und die Pflanze ſelbſt an Linnæus unter dem Na⸗ men Carex lucida üͤberſchickt. A. Bl. im Jul. oder fo bald der Schnee veeſchwunden iſt. CARE x. Segge. (Flosculi sexu distincti) Glumae univalves, un- dique imbficatae; Masculis stamina tria; Femineis stylus 2 vel 3 stigmatibus instructus; Corolla nulla; Semen unicum, urceolo univalvi, cartilagineo, apice perforato tectum. 8 Anmerkung. Die ſogenannte Kapſel (dieſe Benen⸗ nung, fo unrichtig fie auch iſt, habe ich in meinen Bes ſchreibungen der Kuͤrze wegen beybehalten) welche ich hier Urceolus heiſſe und die Herr Smith Arillus genannt hat, erklaͤrt jezt Herr Willdenow (sp. pl. 4. p. 167. g. 1642.) für eine Corolla. Dafuͤr wird man fie aber ſchwerlich gelten laſſen. I. Spica unica simplieissima. *Stigmata duo. — 78. Carex dioica Lin. C. spiea dioica, capsulis subpatentibus, ovatis; radice repente. N. (Ge⸗ trennte Segge.) Hall. helv. 1351? Append. ad Scheuchz. gram. p- 39. No 3. C. dioica Lin. sp. pl. 1379. No 1. Smith fl. brit. 963. No 1. Schkuhr Car. No 1. Tab. A. 1. Hoffm. fl. germ. 1. pars 2. p. 188. No 4. Willd, 2p. Pl 4 P. 207. No . 236 C. Linneana Host gram. austr. 3. Tab. 77. Radix repens, gracillima, per intervalla foliorum fascieulos culmosque parum cespitosos spargens; Fo” ka radicalia carinato - triquetra, setacea, laeviuscula, eulıno breviora; culmea pauca, reliquis consimiliaz vaginantia; Culmi erecti, teretiusculi, vel obscure trigoni, laevissimi, 2 — 3 uncigs longi, inferne tan- tum foliosi; Spica unica, simplicissima, terminalis, dioica; in maribus linearis, gracilis, acuta, multi- Hora, 3 ad 6 lineas longa; in planta feminea, mul- to plerumque brevior et crassior, modo linearisz modo ovato-acuta; Glumae masculae ex flavo pu- chre'rutilantes, margine scariosae, concavae, cari- natae, ovato lanceolatae, acutiusculae; semineae eo dem fere colore, margine angustissime albidae, ova- to obtusae; Capsulae glumis paulo longiores, patenr tes, adscendentes, ex viridi fuscae, hinc gibbae, oculo nudo striatae, inde planiusculae, ovatae, ad angulos serratulatae, mucronatae, apice integro trun- cato, scarioso, albo; Stigmata duo; Semen orbicu- latum, complanatum , luteolum , mucronulatum, (D. v.) Diefe Segge ift ſelten. Man findet fie in den Suͤm⸗ pfen auf den Bergen, und ſonſt in kaͤltern Gegenden: Au dessus des plans, auf dem Ballenbuͤhl, auf Ens zeindaz und Fouly. Haller. Oberhalb Bonmonkt und La Ripe, bey Burtigny u. ſ. w. Bl. im April. und May, ſpaͤter auf den Alpen. 79. CAR E x pulicaris Lin. C. spica androgyna, superne mascula; Capsulis divaricatis; retro-. flexis, utringue acuminatis. Goodenoughi; (Floh⸗Segge.) 237 C. pulicaris Lin. sp. pl. 1382. „Smith fl. brit. 955. No 3. Sut. fl. helv. 2. p. 239. No 2. Schkulir Car. No 3. Tab. A. 3. Hoffm. fl. germ. 1. pars 2. p. 189. No 2, Leers herb. p. 195. Ne 705. Tab. 14. fig. 1. Willd. sp. pl. 4. p. 213. No 13. Ra diæ fibrosa, densissime cespitosa; Folia seta- cea, convoluto canaliculata, superne marginibus scabriuscula, apud nos culmo fructifero multo bre- viora; Culmi teretiusculi, laeves, saepe pedales, in alpibus 2 — 3 unciales, versus basin foliis paucissi- mis vaginantibus instructi,, ceterum nudi, filifor- ‚mies, graciles; Spica unica, simplicissima, termina- lis, linearis, androgyna, parte dimidia superiore mascula, inferiore feminea, 6 — 8 lineas longa, multiflora; Glumae masculae oblongo- ovatae, sub- agacuminatae, persistentes, demum adpressae; femi- neae ovato- lanceolatae, superne tantum margine la- tiusculo scarioso instrüctae, distantes, deciduae, om- nes nervo valido infra apicem evanido distinctae, ex fusco - griseae; Gapsulae distantes, ventricosae, utrinque acuminatae, fuscae, nitidae, dorso et facie convexae, marginibus laeves, apice truncato, indi- viso, breviter albido, vix nisi versus basin striatae; maturae retroflexae pendulaeque; Stigmata duo; Se- men albidum, mucronatum, oblongum, obovatum, compressum, cıassiusculum, quasi pedicellatum, (D. v.) Dieſe iſt nicht ſelten und wächst entweder in der Naͤhe der Suͤmpfe, aber an etwas trockenen, mit Gras bedeck— ten Orten, oder auch in torfartigen Suͤmpfen ſelbſt: Auf dem Gurnigel, Herr Staatsrath von Haller; au bouf des Rondes, Mairie de la Marine, Herr Chaillet; am 258 Katzenſee, Herr Gay; auf dem Gotthard gemeln⸗ ſchaftlich mit dem Juncus squarrosus, A. Bl. im April und May, ſpaͤter auf den Alpen. Anmerkung. Dieſe Art ſcheinen weder Scheuchzer noch der große Haller mit der Davalliſchen Segge ver⸗ wechſelt zu haben. Wenigſtens haben ihre Beſchreibungen und die Figur im Scheuchzerſchen Graͤſerwerk mit dem C. pulicaris keine Aehnlichkeit. Stigma tria. 50. CARE x pauciflora Lightf. G. foliis planius- culis; spica androgyna pauciflora; Capsulis di- stantibus, utrinque subulatis, divaricatis. N. (Wenigblumige Segge.) C. pauciflora. Smith fl. brit. 966. Ne 4. Schkuhr Car No 4. Tab. A. 4. Host gram. austr. 1. Tab: 43. Hoffm. I. c. ei 190; No 4. Willd. sp. pl. 4. P. 211. No g. ‚Radix fibrosa, densa, cespitosa; Folia radicalia fasciculata, ceteris angustiora brevioraque; Culmi ce: spitosi, numerosi, triquetri, scabriusculi, eireiter semipedales, inferne foliosi, basi vaginis aphyllis marcidisque teeti; Folia culmea vaginantia, eo lon- giora quo magis a basi recedunt, longissima, culmo breviora; omnia planiuscula, ad carinam plicata, lineam fere integram lata, leviuscula; Spica unica, simplieissima, androgyna, florens ovato oblonga,; ‘ acuta, subcompressa ex floribus 5 —8, superiore uno alterove masculo, reliquis femineis constans; Glu: mae masculae, oblongae, lanceolatae, acutae; femi- neae ovato lanceolatae, obtusiusculae, caducae; om- nes nervo-tenui ad apicem producto percursae; ex fexxugineo virides, demum fuscescentes; margine vix 239 Stariosae; Capsule glumis vix longiores, 2—3 ve Jineas longae, subtrigonae, graciles, ex viridi fla- vescentes, utrinque subulatae, angulis laevibus, di- Stantes, racheos denticulis insidentes, patulae, diva- xicatae subinde etiam omnino retroflexae; Stigmata tria terminalia; Semen triquetro obovatum, utrin« que obtusum, capsula multo brevius. DD. v.) Dieſe Segge wächst in den Suͤmpfen der weſtlichen Alpen der Schweiz und des Jura: Au marais des Mos- des, des Rousses. u. ſ. w. A. Bl. im Jun. und Jul. 81. 0. AR Ex microglochin Wahlenb. C. foliis seta - ceis, spica androgyna; Capsulis arista subulata, ultra stigmata producta instructis, retroflexis. N. (Kleinſpitzige Segge.) 8 C. microglochin Willd. sp. pl. 4. p. 212. Ne 10, Wahlenberg act. Holm. 1803. p. 140. (ex Willd.) Schkuhr Nachtr. p. 32. Ne 5. Tab. Ssss. fig. 110, „Radiæ late repens, per spatia modica culmos fo- liorumque fasciculos spargens. Ludw. Thomas. Culmi 23 unciales, basi foliosi, teretiusculi, erec- ti, laevissimi, minus dense quam in priori cespi- tosi; Folia execta, setacea, involuta, sic tamen ut fere explicari possint, angustissima, culmis duplo triplove breviora; radicalia reliquis consimilia; Cul- mea longius vaginantia, vaginis apice scariosis; Spica brevis 8 12 flora, androgyna, densiuscula; superne mascula, inferne feminea; proportio numeri inter sexus variat: modo numerus femineorum florum, masculorum aequat, modo illum excedit, quin et quandoque minor reperitur; Glumae masculae ob- longae, lanceolatae, obtusiusculae, carinatae, con- cavae, dorso subfuscae, ner vo valido sub apice sca- 2⁰ 5 rioso @vanescenti; femineae basi lata amplexicaules; ovatae vel fere triangulares, intensius fuscae, valde® caducae, ceterum ut reliquae; Capsulae sübfuscae vel Hvidae, oblongae, fere conicae, sed graciles, trigo- nae, omnino laeves, patulae, divaricatae vel retro- flexae, apice ut solito perforato, ex orificio capsu- lae subscarioso exseruntur; Stigmata tria et arista singularis ex imo urceoli fundo proveniens, ubi ad basin seminis nascitur, subulato attenuata, acutis sima, teres, laevissima , prolongationem capsulae mentiens, sic que ultra stigmata producta ut ea la- teralia esse videantur; Semen parvum, trigonum. (D. s.) Dieſe Pflanze, welche bisher nur auf den Ufern der Baͤche am Abhang der nördlichen Berge in Lappland bes obachtet worden war, iſt dieß Jahr nun auch in den Al⸗ pen des Unter⸗Wallis von meinem Freund, Herrn Ludw. Thomas, gefunden worden. Herr Schleicher beſitzt fie auch in ſeiner Sammlung, hat aber ihre Geburtsſlaͤtte vergeſſen. A. Bl. im Jul. und Aug. Anmerkung. Ungeachtet ihrer auffallenden Aehn lichkeit mit der vorigen Art, iſt fie von der ſelben unſtrei⸗ tig weſentlich verſchieden. Sie unterſcheidet ſich durch ih⸗ ren faſt runden und ganz glatten Halm, durch ihre faden oder vielmehr borſtenförmigen Blätter, durch die Geſtalt ihrer viel kleineren Kapſeln, und vorzuͤglich durch ihre ſo ſonderbare Fruchtgranne, welche einen Character ausmacht, der ihr ganz eigenthuͤmlich gehoͤrt. 83. CAR x petraca Wahlenb. C. spica androgy- na, superne lounge mascula; Glumis obiusissi- mis; Capsula obo vata longioribus; Culmo tui quętro. N. (Stein⸗Segge.) 24 Carex petraen Willd. sp. pl. 4: p. 214. No 15. * Wahlenberg act. Holm. 1803. p. 139. (ex Willd.) Schkuhr Car. Tab. Kkk. fig. 139. Radix articulata, repens, cespitosa; Folia rigida, saepe falcato curvula, glaucescentia, ad lineam unam lata, planiuscula, carinata, superne in acumen lon- giusculum triquetrum producta, scabriuscula; radi- calia culmo etiam fructifero plerumque longiora; culmea paucissima ceteris consimila, paulo tamen breviora; Culmus rigidus, glaucus, crassiusculus»s acute triqueter, angulis superne scabriusculis, saepe cum foliis curvatus, basi tantum foliosus, 3 — 4 un- eias longus; Spica androgyna, simplicissima, fere linearis, multiflora, imbricata, semiuncialis, superne plerumque mascula; Flores masculi numerosi; femi- nei laxius dispositi, longe pauciores 4—7; Glumae masculae subrotundae, dorso spadiceae, absque ni- tore, margine et superne late scariosae, integriuscu- lae, nervo crassiusculo cito evanescenti; Femineae duplo fere majores, rotundatae, obtusissimae, pau- lum nitentes, valvulis calycinis Ehnde spicatae si- millimae, tenuissimae, valde fragiles, dorso ex ni- gro spadiceae, undique margine late scariosae, apice. subciliatae, basi rachin amplexantes, concavae, sub- trinerviae, nervis lateralibus obsoletis, superne con- fluenübus, intermedio validiore, in glumis inferio- ribus quandoque in mucronulum producto; ima ple- rumque mucronata vel, aristata; Capsulae tenues, gluma breviores, oblongae, obovato- triquetrae, hinc convexae, inde concavae, rostellatae, nervosae, ad angulos superne exasperatae, viridiusculae, rostro brevi, nigro, tenuissimo, integerrimo; Stigmata Wie . „% ar Bd. Q 242 Diefe Art, welche man cebenfall® an den Felſen des noͤrdlichen Lapplands zuerſt beobachtete, habe ich auch dieß Jahr (1805) auf den mit Gras und Geſtraͤuch be— wachſenen Felſen des Bergs Aleſſe in Geſellſchaft mit C. ciliata und Elyna spicata beym Herabſteigen von dem reichen Fouly mit meinen Freunden Gay und Ludw. Thomas in Menge gefunden. A. Bl. im Jun. und Jul. Anmerkung. Die Careæ rupestris von Allioni ſcheint mit diefer Art große Aehnlichkeit zu haben; jene hat aber viel kuͤrzere Blaͤtter, und nach der Beſchreibung des Herrn Willdenow elliptiſche Kapſeln, welche laͤnger als die etwas ſpitzigen oder mit einer kurzen Granne verſehe— nen Schuppen ſind. Bey alle dem duͤrften vielleicht beyde Pflanzen zu einer und derſelben Art gehoͤren. II. Spiculae androgynae. * Stigmata duo. 1. Spica apice mascula. ' 83. Carex chordorhiza Lin. fil. C. spica compo- sita; spiculis glomeratis; bracteis ovato acutis, subaequantibus, muticis; culmo basi subramo- so. Schk. (Aeſtige Segge.) C. chordorhiza Lin. fil. suppl. 414. Willd. sp. Pl. 4. p. 219. Ne 25. Schkuhr Car. Ne 17. Tab. G. li. fig. 31. Decand. fl. fr. N? 1711. Radix filiformis, longe repens, articulata, squa- mosa „saepe extra terram culmos exserens” Willd.; Culmus teretiusculus, superne obscure angulosus, laevis, pedalis etaltior, crassiusculus, profunde stria- tus, inferne tantum foliosus, basi ramulis 1, 3,3 ve sterilibus ex foliis nonnullis fasciculatis paucis, ce- teris multo angustioribus, rigidiusculis, acutissimis, 5 bemipedalibus vel longioribus constantibus instructi; pars ea culmi ex qua ramuli oriuntur saepe repit ut prolongatio radicis esse videatur; reliqua folid culmea plana, 1 — 2 lineas lata, plerumque brevis- sima vaginantia; Faginea imae saepius aphyllae; Spica pro magnitudine plantae parva, ovata vel sub- rotunda, subinde oblonga et gracilis, pallide ferru- ginea, ex spiculis ovato acutis, satis numerosis, apice masculis, approximato congestis composita; Bracteae spicularum inferiorum ovato acutae, mu— ticae, spiculam fere aequantes; nervo dorsali tenui, ad apicem producto; Glumae bracteis fere consimi- les, ferrugineae, apice ad margines anguste scario- sae; Capsulae ovatae, acuminato rostratae, apice modo integro, modo leviter incisae ; Stigmata duo, (D. s.) Dieſe bisher nur im nördlichen Schweden gefundene Pflanze wachst in den torfartigen Suͤmpfen des Jura, aux marais des ponts. Herr Chaillet, der fie mir guͤtigſt mitgetheilt hat. Nach feiner Anzeige it ſie auch im Can⸗ ton Waadt vom Herrn Davall beobachtet worden. 84. CARE x faetidd All. C. spica composita, con- glomerata, subrotunda, bracteis aristatis; foliis planis. N. (Stinkende Segge.) Hall. helv. 1355. Scheuchz. gram. 495. Prodr. Tab. IV. J. J. Scheuchz. itin. alp. p. 458. fig. 18. | Car. faetida. All. pedem. N? 2297. Schkuhr - > Gar. Ne 16. Tab. Hh. 96. Willd. sp. pl. 4. P. 317. No 30. 1 1 EKNadiæ repens articulata, squamosa; Folia ratlica- Ila cespitosa, laete viridia, nitida, culmo saltem flo- 244 . rente vix breviora, 2 — 3 lineas lata, firma, plana, ad carinam plicata, marginibus et carina scabrius- cula; Culmi acute triguetri, saepe incurvi, inferne tantum foliosi, ad angulos scabri, 3— 6 uncias lon- gi; Spica ex spiculis numerosis, dense glomeratis composita, lata, brevis, irregulariter pentagona, vix tamen lobata, acutiuscula, intense fusca; Spiculae androgynae, apice masculae, ovato-oblongae, acu- tiusculae; Bractea ad basin spicularum inferiorum ampla, scariosa, fusca, nervo valido in aristam pro- ducto; Glumae ovato-lanceolatae, acutae, carinatae, conca vae, saturate fuscae absque margine albo, ner- vo tenui in mucronulum producto, carina scabrius- culae; nitentes,, deinde pallidiores factae nitorem amittunt; Capsulae fuscae, oblongae, hinc convexae, inde planiusculae, obiter striatae, angulis acutis, marginiformibus, angustissimis, laevibus, sensim in zöstrum longum, acutum, bifidum, ad margines exasperatum productae; Semen ovatum, compressum, utringue convexiusculum; Stigmata duo longissima. (D. v.) An etwas feuchten, mit Gras beſetzten Orten auf den hohen Alpen: Auf Arbignon, Fouly, Lioſon, En— zeindaz u. ſ. w., auf den Alpen der Cantone Uri und Graubuͤndten, auf dem Bernardin u. ſ. w. A. Bl. im Jul. und Aug. Anmerkung. Dieſe Art unterſcheidet fich durch eis nen ziemlich ſonderbaren, mir aber eben nicht unangeneh— N men Geruch, nicht nur von allen andern Seggen, ſondern auch von den meiſten Graͤſern uͤberhaupt. Dieſer Geruch erhält ſich einige Wochen im herbarium, hernach aber vergeht er gaͤnzlich. So verhaͤlt es ſich gewiß mit der Pflanze, welche ich auf unſern Bergen oft beobachtet habe. 245 Einige Botaniker hingegen verſichern, fie habe keinen wirds lichen Geruch. 85. CAR NX lobata Schk. C. spica composita, lo- bata; spiculis subternis. (Lappenaͤhrige Segge.) Fall. helv. 1356 7? (vixhujus loci) Scheuchz. gram. 493. Tab. XI. fig. 8. C. lobata Schkuhr Car. Ne 20. Tab. Ii. fig. 18. (excl. Tab. D.) Willden. sp. pl. 4. p. 228. No 45. „Radix viticulis repentibus, haud artieulatis, squa- mis brevibus tectis gustu grato subastringente, sapo- rem fere Cyperi esculenti reſerente constans; Folia ra- dicalia fasciculata, culmo multo breviora, 1 — 2 li- neas lata, margine planiuscula, plana, subcarinata; Culmi semipedales, subinde fere pedales, tenues, triquetri, inferne foliosi; superne tantum, ad angu- los scabriusculi; Spica lobata ex 3 („„subinde etiam ex 4 vel 5.“ Schk.) spiculis alternis, apice distinc- tissimis, inferne autem fere confluentibus, sessili- bus, androgynis, apice masculis composita; Spiculae Iaterales breviores, terminalis lineas circiter 4 lon« ga; omnes ovatae, crassiusculae, obtusae; Bracteae 5 amplae, ovato-lanceolatae, nervo valido, versus apicem attenuato, in aristam producto; Glumae fus- cae, aut castaneae, oblongae, acutae, nervo dorsali dilutius fusco; Stigmata duo; Capsulae viridulae, oblongae, („ „ventricosae” ” Schk. „„nervosae” ” Willd.), in rostrum attenuatae, apice brevissime in- €iso, („ „scarioso, subinde integro” ”* Schkuhr.)’* Scheuchz. „In den Alpen des Cantons Graubuͤndten, mas mentlich auf dem Apicula. A. Bl. im. Jun. Scheuch, 246 Anmerkung. Dieſe ſeltene und etwas zweifelhafte Art, welche mit der vorigen viel Aehnliches zu haben ſcheint, habe ich bisher, ungeachtet aller Bemuͤhungen, weder finden, noch zu ſehen bekommen koͤnnen; daher darf ich nicht mehrere Synonymen anführen, und muß mich begnügen, die Scheuchzeriſche Beſchreibung, mit einigen Berichtigungen und Ergaͤnzungen, die ich aus dem treffli⸗ chen Werke des Herrn Schkuhr's entlehne, hier zu liefern. 86. Carzex juncifolia All. C. spica subrotunda, composita; glumis late scariosis, culmo tere- tiusculo; foliis canaliculatis. N. ni blaͤtterige Segge.) Hall. helv. 1354. Scheuchz. era, p. 492. Tab. XI. fig. 75 C. juneifolia Allion. fl, pedem. Ne 2296. Sut. fl. helv. 2. p. 241. No 7. Decand. fl. fr. No 1712. C. ineurva Smith fl. brit. 971. No 10. Schk. Car. No 19. Tab. Hh. fig. 95. Willd. sp. ** 4. p- 217. No 21. ‘ Radix valde repens, articulata, stolonifera; Fo- lia radicalia, in quovis fasciculo pauca, inaequalia, curvula vel falcata, culmum in nostris fere aequan- tia, rigidiuscula, lae via, canaliculata, in alpibus vix striata; ı/3 vel ıf2 partem lineae lata; Culmi 1—5 uncias longi, erecti vel curvuli, vel inclinati, fir- mi, crassiusculi, teretiusculi, profunde striati, lae- vissimi, inferne tantum foliosi; Folia culmea ceteris consimilia, vaginantia; Vaginae exteriores dilatatae, fuscae, vel albidae, solutae; interiores tubulosae ; Spica subrotunda, lata, obtusa, fusca, demum ex albo nigroque varia; Spiculae androgynae, congestae, 247 subrotundae apice masculae; Flosculi feminei mascu- lis numerosiores; Bracteae ovatae, amplae, fuscae, margine late scariosae, apice saepe emarginatae, ple- rumque aristatae, spicula breviores; Glumae valde latae, ovatae, obtusae, primum fere totae fuscae, deinde albescentes lateque scariosae, apice saepius emarginatae, subinde brevissime mucronatae; Cap- sulae/ovatae, mucronatae, hinc valde gibbae, inde planiuseulae, apice scarioso, integro, laeves vet obiter versus apicem ad angulos exasperatae; Semen lenticulare, fuscum, utrinque convexiusculum ; Stig- mata duo; antherae mucronulatae. (D. v.) Dieſe ſehr feltene Segge waͤchst auf den hoͤchſten Alpen der Centralkette des Urgebirgs, und, ſo viel ich weiß, nur auf granitiſchem Boden. Auf dem Sylvio die Herren Schleicher und Thomas. — Scheuchzer fand die angezeigte zweifelhafte Pflanze in den buͤndtneriſchen Alpen, vorzuͤg⸗ lich auf den Surſees-Bergen im Schamſerthal; auf dem Gotthard Haller. A. Bl. im Jul. und Aug. Anmerkung. Die Synonymen von Haller und— Scheuchzer ſind ungewiß; vielleicht gehoͤren ſie eher zur C. curvula? Nach Scheuchzers Beſchreibung iſt ſeine Pflanze Trigyn, welches bey der C. juncifolia nie der Fall iſt. — Den Lightfootſchen Namen C. incuroa habe ich dem Allioniſchen vorgezogen; theils weil dieſer aͤlter iſt, und theils weil jener zu viel Aehnlichkeit mit C. cur- vula hat, welches zu Mißverſtand und Verwechſelungen Anlaß giebt. 87. CAREX muricata Lin. C. spica composita, interrupta, subcylindrica, squarrosa; capsulis exasperatis, divergentibus; culmo trigono. N. (Stehende Segge.) 248 s Carex muricata 8. Willd. sp. pl. 4. p. 384. Ne 37. Schk. Nachtr. p. 12. Ne 29 fl. ö Car. lolilacea Car. p. 22. No 14. Tab. Ee. fig. 91. ex ipso authore. a Vulgari minor; Sjiculae pauciores 2 — 5; Glumae ovatae, latae, nervo valido in aristam brevem s. mu- cronem producto instructae, intense spadiceae, cari- na virides, margine angustissimo pallidiores; Capsu- lae fere ut in varietate communi ad angulos valde exasperata; Culmi semipedales, fructiferi foliis du- plo longiores; Folia firmula, erecta. (D. s.) Man findet He hie und da in den Alpen. A. Bl. im Sommer. Herr Schleicher. Anmerkung. Nach meiner Ueberzeugung gehoͤrt die Scheuchzeriſche Beſchreibung und Figur (Sram. 488. Tab. XI. fig. 5 welche Herr Smith und nach ihm auch Herr Willdenom hier anführen) ohne allen Zweifel zu der ge- meinen Spielart, welche man uͤberall längs den Hecken und am Rand der Wälder auf dem platten Land antrifft. 5. Foliis longissimis, flaccidis, recurvis; Spi- culis 1 — 3 C. muricata Etren. de fl. p. 75. No 15. Var. c. Folia radicalia valde cespitosa, numerosa, cul- mum etiam fructiferum aequantia vel superantia, laete viridia, tenera, marginibus scabra, extrorsum recurvo pendula; Culmi pauci pedales, valde graci- les, superne ad angulos scabriusculi, debiles, nu- tantes, longe nudi; Spica ex spiculis subrotundis, 1-3 ve paucifloris, stellatis, pallide virentibus com- posita; Bracteae ad basin spiculae inferioris nun- quam deficiens, fere sessilis, subscariosa, subfusca; u 8 f 249 Meinper in foliokım setaceum, scabrum spicula lon- gius, imo etiam subinde spicam totam multoties su- petens, productum; Glumae pallidae, nervo dorsali exasperato, in mucronulum plerumque producto; marginibus angustis subfuscis; Capsula inferne ro- tundata, laevis, rostro valido, lato, marginibus exa- speratis, apice bifida. (D. v.) Dieſe merkwuͤrdige Pflanze wächst in den Waldungen der hoͤheren Berge des Jura, oberhalb Burtigni; auch in den Neuenburgiſchen Bergen. Herr von Chaillet. A. Bl. im Jun. | 2. Spiculae apice femineae. '88. CARE x bicolor All. C. spicis subternis, ter- minali andregyna, basi mascula, inferioribus femineis, subpedunculatis; capsulis obovatis, mucronulatis. N. (Zweyfarbige Segge.) Hall. helv. 1369 8. C. bicolor All. pedem. No 2311. Sut. fl. helv. 2. P. 254. No 44. Willd. sp. pl. 4. p. 222. No 31. Schk. Nachtr. P. 16. No 41. Tab. Aaaa. fig. 181. (mediocris). Radix fere repens, stolonifera; Folia lineari lan- ceolata planiuscula, apice fere triquetra, vix ultra lineam lata, marginibus carinaque scabriusculis; Culmi digitales, 5 - unclales, teresiusculi, subtrigeni, faciebus convexis, ad angulos scabriusculi, erecti, vel apice sub pondere spicularum adultarum nutan- tes, inferne tantum foliosi, foliis longiores; Spicae plerumque 3, rarius 4 ovato oblongae, obtusae, ma- turae ex albo et fusco eleganter variegatae; termina- Us ceteris paulo longior, 3—4 lineas longa, andro- 250 gyna, floribus nempe paucis ad basin masculis, ce teris longe magis numerosis femineis; laterales sub- pedunculatae, plus minusve approximatae; infima guandoque distans, longiusque pedunculata, subinde remotissima, pedunculo longissimo ex axilla folii inferioris orienti insidens ; foliolum florale pro Brac- ved infra spicam infimam, spicas plerumque supe- rans, vagina brevi, pedunculi partem tegente; Glu- mae ovatae, obtusae, subinde obiter emarginatae, vix carinatae, nervo dorsali valido, prominulo, vi- ridulo vel albido, evanido instructae, atro purpu- reae; Capsulae albidae, compressae, obovatae, ad ba- sin attenuato-pedicellatae, obtusissimae, brevissi- me mucronulatae, per lentem validam brevissime, sed dense pubescentes, apice integerrimae ; Stigmata duo; Semen lenticulare, utringue orbiculatum. D. v.) Dieſe ſehr ſeltene Art, welche der große Haller mit der C. atrata, wiewohl ohne Grund, vereinigt hat, waͤchst in den Centralketten des Urgebirgs auf Weiden, welche in der Naͤhe der Gletſcher befindlich ſind. Auf dem Berg O berſtafel, und auf den Bergen des St. Niklausthals. Haller auf dem Sylvio. Ludw. Thomas auf Tzen⸗ rion und Tzermotanaz oberhalb dem Val de Bag nes. A. Bl. im Jul. und Aug. 89. CAR HR stellulata Gooden. C. spica interrup- ta, spiculis paucis; Capsulis divergentibus, stel- latim patentibus; Foliis canaliculatis. N. (Sternfoͤrmige Segge.) Hall. helv. 1366. Scheuchz. gram. 485. Tab. 11. fig. 3. 8 C. stellulata Gooden. Car. in act. soc. Linn. V. 2. p. 144: Ne 4. Schkuhr Car. Ne 34. Tab. C. 254 fg. 14. Smith fl. brit. 966. No 5. Host gram. austr. 1. Tab. 53. Willd. sp. pl. 4. p. 236. Ne 60. C. echinata Ehrh. gram. exsicc. Dec. 7. Ne 68. Radix repens, tenacissima, multiceps; Culmi fruc- tiferi foliis longiores, 4— 10 unciales, obscure tri- goni, s. teretiusculi, laeves, superne tantum ad au- gulos scabriusculi, basi foliosi; Folia firma, saturate 3 viridia, lineam circiter unam lata, canaliculata, dor- 50 convexiuscula , superne subtriquetra et scabrius- cula; Spica ex 3 —4 ve spieulis remotiusculis, bre- vibus, subrotundis, 4—ı3 floris, adultis stellatim patentibus composita; Spicula terminalis ceteris lon- gior, tgta parte dimidia inferiori mascula; Flores masculi in reliquis spiculis perpauci; Braciea ima plerumque in foliolum angustum, spiculam superans» producta; Glumae masculae ovato-lanceolatae, acu- tiusculae, albidae; femineae ovatae, fuscae, margine scarioso, albo, capsulis breviores, nervo dorsali va- lido, viridi; Capsulae versus basin dilatatae, ovatae, undique divaricatae, virides, marginatae, breviter rostratae, apice breviter bifidae, ad angulos exaspe- ratae, hinc convexae, inde planae; Stigmata duo. (D. v.) Dieſe, in der Schweiz aber nicht gemeine Art waͤchst in den Suͤmpfen mehrentheils in bergigten oder kalten Ges genden: Am Katzenſee, oberhalb Bon mont und ſonſt auf dem Jura. A. Bl. im May und Jun. 90. CARE brizoides Lin. C. spica composita, subdisticha, nuda, spiculis contiguis, subeylin- dricis, acutiusculis, curvulis; Capsulis margi- natis. N. (Zittergras-artige Segge.) 252 Hall. helv. 1358. App. ad Scheuchz. gram. P. 40. No 64 . C. brizeides Lin. sp. pl. 1381. Hoffm. fl. germ. I. c. p. 202. No 23. Schkuhr Car. No 32. Tab. C. U. fig. 12. Host gram. austr. 1. Tab. 17. Willd. sp. pl. 4. p. 233. No 56, Radix repens, dura; Folia radicalia fasciculato- cespitosa, plana, carinata, lineam unam lata, cul- mum florentem aequantia, vel superantia; exteriora brevissima vaginis fuscis vel subfuscis; Culmi basi tantum vaginati et foliosi, longe nudi, triquetri, valde graciles, fructiferi nutantes vel incurvi, su- perne ad angulos scabri, pedales, cubitales; Spica brevis, vix uncialis; Spiculis 5—g distiche alternis, in eodem fere plano sitis, omnibus distinctis, sed. contiguis et approximatis, gracilibus sed valde com- pactis, subpatentibus, subinde curvulis (fere ut spi- eulae Bromi pinnati), ex tereti subulatis, albidis; Bracteae a glumis vix distinguendae; inferiores quan- doque in aristam brevem productae; Flores masculi ad basin spicularum satis numerosi; Glumae ovato oblongae, obtusae, nervo dorsali viridi, subevani- do, superne saepe exasperato, nitidae, scariosae, totae albae, aut ex albido virentes, demum fuscen- tes; Gapsulae virides, margine angustissimo scabro, viridi instructae, sub dixergentes, elongatae, glumis: multo longiores, sensim a basi usque ad apicem . erassiusculum , bifidum attenuatae; Stigmata duo. (D. v.) * In feuchten Waldungen, am Ufer der Bäche, auf dem Alpen des Cantons Bern und des Bezirks Aigle, sur la Tour @Ai, auf dem Mulet, C. B. A. Bl. im Jun. 91. CARE curta Gooden. C. spiculis oblongo- ‚ ovatis, remotiusculis, nudis, subsenis; Glumis scariosis, pallidis; Capsulis laevibus. N. (3 arte Segge.) Hall. helv. 1360. . ad Scheuchz. gram. p- 40. No 7. C. curta Gooden. Car. I. c. p. 145. No 5. Smith fl. brit. 967. No 6. Schk. Car. No 33. Tab. C. fig. 13. Host gram. austr. 1. Tab. 48. Willd. sp. pl. 4. p. 241. No 71. C. canescens (non Linn.) Sut. fl. helv. 2. p. 246. No 21. Radiæ subrepens, cespitosa; Culmi acute trigqu& tri, pedales et altiores, angulis scabriusculis, pro- funde striati, basi tantum foliosi; Folia carina mar- ginibusgue scabriuscula, culmo saltem adulto bre- viora, tenera, plana, seu plicato-carinata, linea una paulo latiora ; Spiculae 4—7, rarissime plures, basi . mastulae , florentes teretiusculae, deinde ovato- ob- longae, alternae; inferiores remotiusculae, sic tamen ut quævis apice basin proximae attingat; superiores approximiatae, quandoque sub oppositae (in alpibus editioribus spiculae omnes plerumque remotiores mi- noresque sunt); Flores masculi parum numerosi; Bracteae glumis similes, parvae, nervo dorsali vi- ridi, in aristam 3 — 4 lineas langams producto; ad basin spiculae imae subinde bracteae loco foliol viride, angustum, spicamque integram superans; Glumae ovato lanceolatae, sacutae, rarius obtusius- culae, pallidae, albae, vel ex albo flavescentes, ore late scariosae, nervo dorsali viridi, tenui, subeva- nido; Capsulas erectiusculae, numerosae, virides, 254 glumis paulo longiores, vix lineam integram lon-* gae, ovato acutae, compressae, hinc convexae, inde planiusculae, marginibus etiam per lentem validam laevibus, mucrone brevissimo , subscarioso, plerum: que indiviso; Stigmata duo. OD. v.) Dieſe ebenfalls ziemlich feltene Art waͤchst in den Suͤm⸗ pfen der Alpen und anderer Berge: A la plaine des Mos- ses, aux marais des Rousses, auf dem Jura oberhalb Arzier und St. Cergue, auf dem Fouly u. ſ. ns A. Bl. im Jun. und Jul. . Anmerkung. Diefe Pfanze zeigt auf den höheren Alpen einen beſondern habitus: Die Aehrchen ſind kleiner, weiter von einander abſtehend, und haben blaͤßere Schup⸗ ven als die gemeinere Varietaͤt. Auch waͤchst ſie daſelbſt keineswegs am Waſſer, ſondern an trockenen, mit Gras beſetzten Orten. Bey dem allem gehoͤrt ſie doch wohl un⸗ ſtreitig zur wahren Carex curta. 93. CARE approzimata Hoppe. C. spiculis sub- ternis, contiguis, ovatis; Bractea aristata; Cap- sulis ovatis, laevibus, rostro obiter emarginato, N. (Gedraͤngte Segge.) Hall. helv. 1356 ? C. approæimata Hoffm. fl. germ. I. c. p. 84. No 20. C. Lepgrina Willd. sp. pl. 4. p. 229. No 46, Schk. Nachtr. 17. No 43. Tab. Fff. fig. 129. „ diocris). C. Lachenalii Schk. Bas: 1. p.51. Ne 41. Tab. X. fig. 29. (melior). Ct. parviflora (nen 1 Etrenn: de fl. p. 84. Ne 26, 1 6— 255 ‚Radix fibrosa, fibris longis albidis; Folia in’quo- vis fasciculo pauca, lineam lata; culmum florentem fere aequantia, fructifero multo breviora, carinata, laeviuscula, ex viridi glaucescentia; Culmi firmi, crassiusculi, acute triquetri, faciebus saltem duabus nervo elevato instructis, inferne foliosi, erecti, 3— 6 uncias longi, laeves, superne tantum scabriusculi; Spiculae plerumque ternae, rarius quaſernae, valde approximatae contiguaeque, ovatae, parte dimidia superiori femineae, inferiores paulo minores, saepe totae femineae; Bractea ima ampla, ovata, obtusa, dorso viridi vel Tatze, marginibus fuscis, in aristam scabram spicula breviorem producta; Glumae latae, ovatae, obtusiusculae, nervo dorsali viridi evanido, fuscae, margine scarioso albido, in femineis quam in masculis angustiore, concinne ac quasi in quin- cuncem pauciorum ordinum imbricatae ; Capsulae glumis vix longiores, ovatae, hinc convexae, inde planae, nequaquam alatae, laevissimae, breviter ro- stratae, apice scarioso, integriusculo, vel obiter emar- ginato, dorso ex purpureo spadiceo, marginibus vi- rides vel luteae; Stigmata duo. (D. v.) Dieſe niedliche Segge iſt aͤußerſt ſelten, und kommt nur auf den hoͤchſten Alpen an Stellen, die mit kurzem Gras bewachſen find, vor. Sur le grand St. Bernard, pres du roc poli et de la chapelle des morts, auf dem Sims plon, bey dem Kaltwaſſer⸗ Gletſcher. A. 1 im Jul. und Aug. Anmerkung. Dieſe Pflanze befindet ſich, wie man verſichert, im Linneiſchen Herbarium mit dem Namen C. Leporina, daher ſie unter demſelben in dem Werk des Herrn Willdenow vorkommt. Allein ſie hat ſich wohl nur, nach der ſehr wahrſcheinlichen Meynung des Herrn 256 Wahlenberg, durch einen bloßen Zufall in das Blatt, wel⸗ ches die wahre C. Leporina enthalten ſollte, eingeſchli⸗ chen, indem fie weder mit der Beſchreibung, welche Lin- nzus von dieſer giebt, noch mit den von ihm angeführten Synonymen, namentlich mit der Scheuchzeriſchen Segge (Agrost. p. 456. Tab. 10. fig. 18.) welche auch nicht die entfernteſte Aehnlichkeit mit der Approximata hat, uͤber⸗ einkommt. Demnach ſcheint allerdings C. curta Gooden. die aͤchte Leporina Lin. zu ſeyn. — „Spica ex spiculis 8. 5. 6 approximatis, paleis „flosculos distinguentibus, griseis, seminibus ipsis longioribus, styli incurvi.“ Lin. sp. pl. 1381. ad C. leporinam. * Stigmata tria. 93. Carzx _curvula All. C. spica composita ob- longa, spiculis oblongis, congesto- imbricatis, apice masculis, glumis acuminatis. N. (Ge⸗ krümmte Segge.) 55 Hall. helv. 1353. App. ad Scheuchz. 25 p- 40. Ne 5. C. curvula All. pedem. Ne 2295. Tab. gi. fig. 3. Schk. Car. Ne 25. Tab. D. Hh. fig. 17. Host gram. austr. 3. Tab. 76. Hoffm. fl. germ. 1. e. p- 193. No 17. Willd. sp. pl. 4. P. 218. Ne 23. Radix fibrosa, ex fibris numerosis, crassis, nigri- cantibus vel atrofuscis, densos edens cespites folio- . zum culmorumque; Culmus 2 — 6 uncias longus, ra- rius trientalis, florens foliis brevior, adultus longior, teretiusculus, profunde striatus, durus, laevissimus, subinde incurvus, basi tantum foliosus; Folia dura, glaucescentia, saepe cum culmis versus idem latus curvula, dimidiam lineam lata, dorso convexa, facie 257 profunde canaliculäta, marginibus scabriuscula, in fasciculos numerosos densosque collecta; Vaginis ex- terioribus fuscis, striatis, solutis, aphyllis; ‚Spica ovato oblonga, primo intuitu simplex, sed revera composita ex 5 — 6 ve Spiculis congesto imbricatis, appressis, androgynis, paucifloris, apice masculis, oblongis, acutis; Bracteae glumis fere similes sed majores, apice saepe profunde emarginatae, quando- que ovato lanceolatae, integrae, nervo dorsali in aristam scabram plus minusve longam, spiculis ta- men breviorem productae; Glumae nitentes, amplae, oblongae, ovato lanceolatae, acuminatae; femineae subinde mucronatae, fuscae, margine scariosae; An- therae mucronulatae; Capsulae glumis fere bre vicres, oblongae, subtriquetrae, nicae, lae ves, mucrone g exasperato, bifido; Semen acute triquetrum; Stig- mata tria. (D. v.) Dieſe ſeltene Segge waͤchst auf den Gipfeln der hoͤhern Alpen unter den andern Gräfern. Auf den folgenden Ge birgen: Fouly, Salanfe, Simplon, Bernhard, Col de la Seigne, Col du Bonhomme, Sylvio. Auf dieſem Berg fand Herr Thomas Exemplare, welche beynahe einen Schuh hoch waren. A. Bl. im Jul. und Aug. ö Anmerkung. Hallers Autorität konnte mich bewe⸗ gen, die Scheuchzeriſche Segge (gram. 492. Tab. XI. fig. 7.) auch nur zweifelnd unter den Synonymen der C. juncifolla anzuführen, indem ich nach aufmerkſamer Vergleichung feiner Beſcheeibung mit unſern Pflanzen voll⸗ kommen uͤberzeugt bin, daß fie zu keiner andern Art als zu Curyula gehört, Dieſer Meynung iſt auch Herr Will⸗ denow. ar EW. N 7 258 94. CARE X atrala Lin. C. Spicis paucis, andro- gynis, ovatis, pedunculatis, demum pendulis; Capsulis compressis muricatis. N. (Schwaͤrz⸗ liche Segge.) ae *. Spicae androgynae, superne femineae, cap- sulae flavae. Hall, helv. 1369. Scheuchz. gram. Tab. XI. fig 1. 2. C. atrata. Smith fl. brit, p. 987. Ne 38. Schk, Car. Ne 44. Tab. X. fig. 77. Host gram. austr. 1. Tab. 88. Hoffm. germ. I. c. p. 205. Ne 28. Willd. sp. pl. 4. P. 221. No 2g. 8. Spica terminali mascula, reliquae femi- neae; Capsulae atrepurpureae. C. atrata. Villars Delph. 2. p. 216. No 34. C. dubia. Etrenn: de fl. p. 178. No 63, Specimen in herbario Linnaeano ad hang va- rietatem pertinere videtur. Vid. Gooden. Car. in Röm. Archiv. 2. 2. p. 179. 3° 36. Sed Cl, Smithius dubitat an planta in hoc herbario ser- vata revera genuina C. atrata Lin. sit. Radix fibrosa, fusca, multiceps; Folia caryophyl- lea, plana, 3—6 uncias longa, laete virentia, ca- rinata, 2 —3 lineas lata, marginibus scabriuscula ; Culmus acute triqueter, inferne foliosus, laevius- culus, erectus, folia florens aequans, adultus fere duplo longior; Spicae ovatae atropurpereae, 3—5, approximatae, superne femineae, pedunculatae, de- mum pendulae; Foliolum viride, sessile, vagina bre- vissima vel nulla instructum, angustum, totum saepe sulmum superans; pro Bractea ad basin pedunculi ” 7 259 infimi; ‚Bractea brevissima, rufa, intra ceteros pe- dunculos; Pedunculi vix unciales, subtrigoni, sca- briusculi; inferiores reliquis longiores; Glumae ova- tag» acuminatae, glabrae, atropurpureae, nervo dor- sali dilutius rubello, evanido; Flores masculi apud nos triandri, pauciores ad basin spicarum ; in infe- rioribus subinde nulli; Gapsulae flavae, ovatae, com- pressae, dorso fere carinato, sub lente valida tuber- eulis innumeris nitidis elegantissime muriculatae, mucrone brevi subbifido, vel emarginato, nigres- cente instructae; Stigmata tria; Semen acute trique- trum, utrinque mucronatum. (D. v.) & intermedia inter atratam et nigram; Spicae fere ut in vulgari sed duplo fere majores; Capsulae, etiam — juniores, atrofuscae absque marginibus flavis, muri- catae; Spica suprema fere tota mascula; Culmus ses- uipedalis; Folia latissima, losıga. (D. s.) 4 iſt nicht ſelten auf den Weiden der Alpen. 8 am Fuß einer ungeheuren Felſenwand auf Taveyannaz. A. Bl. im Jul. und Aug. 95. Carzx nigra All. C. spicis androgynis, sub- ternis, subsessilibus, apice femineis; capsulis ovatis, muricatis. N. (Schwarze Seggk.) C. nigra All. pedem. Ne 2310. Schk. Car. Nachtr. p. 38. No 36. Sut. fl. helv. 2. p. 255. No 45. Folia plerumque multo angustiora quam prioris; Culmi wiquetri, foliis modo longiores, modo bre- viores, plerumque 3—6 unciales, rarissime peda- les; Spicae ternae, rarius quaternae, duplo fere mi- nores quam in atrata, atropurpureae, subsessiles, appıessae, valde approximatae, intermedia supra re- 260 liquas eminens, plerumque parte dimidia inferiore mascula; laterales saepe totae femineae; pro Bractea communi foliolum sessile, angustissimum, scaberri- mum, spicas superans; Bracieae propriae glumis mul to majores, carina flava; Glumae tenuissimae, atro- ſuscae, carina concolori ; Capsulae per florescentiam rubrae, deinde atropurpureae, marginibus tamen nervo flavo valde conspicuo insignitae, murttatigs S igmata tria. (D. v.) Nicht ſelten auf den Alpenweiden. In den Alpen des Diſtrikts Aigle: Sur la Montagne des granges, au des- sus de N. D. de Fabondance u, ſ. w. 4. Bl. im Jul. und Aug. Anmerkung. Nach Herrn Willdenow's Urtheil it feine C. nigra von der Atrata lato coelo diversa, Iſt dieß Urtheil beg ruͤndet, fo muß feine Nigra etwas ganz anders als die unſrige ſeyn. Indeſſen paſſen die von die⸗ ſem gelehrten Botaniker angeführten Diagnoſen auf uns ſere C. nigra; nur ſchreibt er ihr eine ganz maͤnnliche Aehre zu; allein man ſieht aus der Beſchreibung der Atrata, ih⸗ rer großen Abart und der Nigra wie unbeſtaͤndig die Cha⸗ ractere, welche man aus dem Geſchlecht herleitet, bey die⸗ ſen Pflanzen ſeyen; daher kommen ſie in den Floren und andern ſyſtematiſchen Werken bald unter den Carices an- drogynae und bald unter den Carices spicis sexu di- stinctis bor. Dem ſey aber wie ihm wolle, meine Carex nigra habe ich bloß zum Beßten der Anfaͤnger von der Atrata, von welcher ſie nach meiner Meynung eine bloße Varietaͤt iſt, getrennt; denn wenn dieſe Pfanzen antreffen, welche dem habitus nach von ihrer Hauptart ſehr verſchie⸗ den zu ſeyn ſcheinen, und keine beſondere Beschreibung Das von finden, jo pflegen fie ſolche mit irgend einer andern ganz verſchiedenen Art zu verwechſeln. Die Carex parvi- 36% Kora (Host. gram. austr. 1. Tab. 87.) iſt wahrfcheinlich, auch eine bloße Varietaͤt der Atrata, und unterfcheidet ſich, von unſerer Nigra bloß durch die ſehr kurzen Haͤarchen,, womit ihre Schuppen am Rande beſetzt ſind. III. Spicae sexu distinctae, * Stigmata duo. 96. CAREXx mucronata All. C.spica feminea sub- unica, sessili, approximata, brevissima; Glu- mis lanceolatis, acutis; Capsulis ovatis, rOStra- tis. N. (Zugeſpitzte Segge.) Hall. helv. 1374. App. ad Scheuchz. gram., pP. 42. No 12. C. mucronata All. pedem. No 1727. Schks. Car. No 36. Tab. K. fig. 44. Willd. sp. pl. 4 p. 264. Ne 117. C. bracteata Sut. fl. helv. 2. p. 250. No 33. Radicem quam non vidimus, suspicamur reperes Folia subsetacea extus convexa, facie canaliculata, vix dimidiam lineam lata, rigida, marginibus sca- briuscula, erecta, cito marcescentia, tortuosa, cul- mum florentem aequantia, vel superantia, culmea. reliquis crassiora; Vaginde latae, purpurascentes, Striatae, marginibus late scariosis; Culmus inferne foliosus, teretiusculus, filiformis, gracilis, rigidus, laevis, adultus foliis longior, semipedalis, pedalis; Spicde approximatae, appressae, plerumque binae, rarius ternae vel quaternae; Mascula terminalis, fe- minea duplo longior, elliptico -oblonga, utrinque acuminata; Glumae nitentes, atropurpureae, margine scarioso, albido, angusto, sed valde conspicuo cir- cumdatae, oblongae, lanceolatae, acutae, nervo dox- 262 sali valido non evanido, luteolo; Spica feminen sek. silis, pauciflora, brevissima; Glumae fexe ut in mas- cula, carina superne exasperata; Bractea absque va- gina, amplexicaulis, ovata, plus minusve ampla, atrofusca, nervo dorsali validissimo in foliolum viride, angustum, scabrum, spicam superans pro- ducto; Capsulae ovatae, hinc convexae glabriusculae- inde rubellae, complanatae, muricatae, longe ro. stratae, marginibus undique scabrae, apice scario- so, subbifido; Stigmata duo longissima; Semen ova- tum, luteolum, dorso subcarinatum, ſacie planum ut fere triquetrum esse videatur. (D. s.) Dieſe ſehr feltene Segge fand mein unvergeßlicher Lehe rer, Herr Canonicus Joh. Geßner, auf dem Lutzelfluer⸗ Berg im Canton Appenzell. Au Bec de Foiseau und in den Waͤldern des Jura Haller. Ich habe ſie von Herrn Schleicher. A. 97. CARE X cespitosa Lin. C. spicis obtusis, fo- liorum floralium auriculis subrotundis, mini- mis; Capsulis ovatis, compressis, persistenti- bus. N. (Raſen⸗Segge.) Hall. helv. 1387. Scheuchz. gram. 438. (var. alpina.) C. cespitosa Lin. sp. pl. 1388. Smith fl. brit. 1000. Ne 42. Schk. Car. Ne 48. Tab. Aa. Bh. fig. 85. a — e. Host gram. austr. 1. Tab. 9. Hoffm. germ. I. c. p. 208. Ne 31. Willd. sp. pl. 4. P. 287. Ne 166. Schleicher Car. exsice. No 1g. C. alpina Sut. fl. helv. 2. p. 253. Ne 41. Radix repens, articulata, longissima, squamis fuscis, oppositis instructa, multos idem cespites basi 263 vaginis brevibus, triangularibus, acutis aphillisque vestitos; Folia glaucescentia erecta, 1— 2 lineas lata plana, carinata, marginibus aspera; radicalia cul- mum florentem superantia; Culmi acute triquetri basi apiceque foliosi, laeviusculi, 4 — 12 uncias lon- gi, adulti foliis multo longiores; Spica mascula ple- rumque unica, rarissime gemina, ceteris multo lon- gior, lanceolata, acutiuscula; Glumae atrofuscae, ovatae, oblongae, obtusissimae, nervo dorsali sub- tili, albido, evanido; Spicae femineae tres vel qua- tuor, distantes aut approximatae, subteretes, obtu- sae, erectae, vix 6 lineas longae, sessiles vel sub- sessiles, axillares, suprema excepta, quae pro folio bracteam amplam habet; Folia floralia ceteris simi- lia, angustiora, absque vagina, culmum saepe to- tum aequantia vel superantia, basi utrinque auricula rotundata parva nigraque instructa; Glumae fere ut in spica mascula sed multo breviores; Capsulae per- sistentes, ordinibus senis imbricatae, compressae, vi- rides, late ellipticae, glabrae, acutiusculae, apice in- tegro, glumis longiores, ut spicae maturae eleganter ex viridi et nigro variegatae sint; Stigmata duo. (D. v.) Sie wächst auf torfartigem Boden, in den Suͤmpfen der hoͤheren Berge und der Alpen; auf dieſen leztern ſind die Aehren viel ſchwaͤrzer, indem die Kapſeln zum Theil auch ſchwarz ſind. A. Bl. im Jun. Jul. und Aug. ** Stigmata tria. 1. Spica mascula plerumque unica. N 98. CAREX ciliata Willd. C. spica mascula ob- ovata, femineis sessilibus, approximatis; Cap- sulis obovatis ai? Aa N. ( m franzte Segge.) 264 Hall. helv. 1371. Scheuchz. gram. 421. ee 1 fig. 10. C. ciliata wind. sp. pl. 4. p. 261. No 11g. - Schk. Car. No 66. Tab. I. fig. 41. Hoffm. germ. 1. c. p. 218. No P. C. globularis (nec Lin. nec Willd.) Sut. fl. helv. 2. p. 249. No 30. Obs. Hall. helv. No 1371 g. et Scheuchz. ı gram. 437. Tab. X. 8. 12. huc certe non per- } tinent. Radix repens, stolonifera; Folia fasciculata, bre- via, patula, firma, caryophyllea, 1— 2 lineas lata, nitida, plana, carinata, lanceolata, sicca pungentia, margine carinaque aspera; Culmus trientalis, rarius semipedalis, obtuse trigonus, laevis, crassiusculus, saepius ineurvus, basi tantum foliosus; ‚Spica mascu- la abovata, 4—5 lineas longa, florens obtusissima, pulchre ex fusco et albo variegata; Glumae concinne imbricatae, obovatae, obtusissimae, fuscae, nervo - fere concolori, evanido, margine late scariosae, ar- genteae, apice sub lente brevissime ciliatae vel sub- erosae; Spicae femineae una duaeve rarius tres, ses- siles, appressae, mascula duplo breviores, ovatae, vel obovatae; Glumae ovatae, obtusissimae, mascu- lis fere similes, nervo dorsali etiam evanido, apice subinde glabrae; Bractea brevissima, vaginans, ni- grescens, brevis, subtruncata, carina in aristam vi- ridem spica plerumque breviorem producta; Vagina subnulla, vix lineam unam longa; Capsulae obo- vatae, obsolete trigonae, dilutius fuscae, brevissime per lentem pubescentes, obtusissimae, mucrone bre- vissimo, crassiusculo, truncato, integroque instructae. D. v.) | | - \ 285 Dieſe in der Schweiz aͤußerſt ſeltene Art waͤchst daſelbſt nur auf den Alpen an trockenen und der Sonne ausgeſetz— ten Orten. Auf dem Surſeesberg oberhalb dem Schamſerthal im Canton Graubuͤndten, Schfuch⸗ zer. Seit den Zeiten dieſes geſchickten Graͤſerkenners war ſie nicht mehr in der Schweiz beobachtet worden; allein mein Freund, Herr Ludwig Thomas, hat ſie vor einigen Jahren neuerdings auf dem Berg d' Aleſſe, dem Fouly in großer Menge gefunden, und ich habe ſie verwichenen Sommer mit ihm ebendaſelbſt geſammelt. A. Bl. im Jun. und Jul. 99. CARE x pilulifera Lin. C. vaginis nullis, spi- cis femineis sessilibus, approximatis, subrotun- dis; Glumis subscariosis; Capsulis subrotundis, ‚pübescentibus. N. (Pillen-Segge.) C. pilulifera Lin. sp. pl. 1384. Smith fl. brit. 995. Nö 37. Schk. Car. No 64. Tab. I. fig. 41. Hoffm. germ. I. c. p. 216. No 42. Willd. sp. pl. 4. P- 259. No 109. C. decumbens Ehrh. gram. exsicc. Dec. 7. Ne 70. f Radix fibrosa, cespitosa; Folia erecta, demum apice recurva, planiuscula, carinata, margine cari- naque scabra, lineam unam vel sesquilineam lata; Vaginae viridiusculae nec purpureae ut in Montana; Culmi debiles gracilesque, saepius incurvi, vel sub decumbentes, 3 unciales, semipedales vel trientales, basi tantum foliosi, acute triquetri, striati, apice ad angulos scabriusculi; Spica mascula lanceolata vel elliptica, oblonga, acuta, fere semuncialis; Glumae lanceolatae, acutae, muticae, ferrugineae, margine ‚distinete scarioso, nervo dorsali valido, viridi, sub- evanido; Spicae femineae duae vel tres, (rarissime \ 266 unica), sessiles confertae, parvae, pauciflorae, subro- tundae; Foliolum florale angustum , viride, absque Vagina, vel brevissime vaginans, hasi quandoque in- bracteam scariosam, fuscam complicatum; Bractea ad basın spicae superioris glumis major; Glumae lan- teolatae, colore mascularum, carinatae, nervo dor- sali plerumque in mucronem aristamve brevem, ex- asperatam producto; Capsulae glumis breviores, ovas tae vel fere rotundae, obsolete trigonae, brevissime mucronatae, apice integrae, pilis brevissimis pubes- centes. (D. v.) I Diefe Pflanze, welche in bergichten Waldungen wachst, iſt ſeit einigen Jahren an verſchiedenen Orten in der Schweiz entdeckt worden. In den Neuenburgiſchen Bergen, Herr v. Chaillet; auf dem Gurten unweit Bern, Herr Seringe; im Unterwallis, Herr Murith und Schlei⸗ cher; auf dem Jorat, oberhalb Lauſanne, Herr Gay. 2. Bl. im Jun. und Jul. 100. Carex firma Host. C. foliis brevibus, fir- mis, patulis; Spicis femineis paucifloris; Cap- sulis oblongis, rostratis, apice vaginantibus. N. (Hartblattrige Segge.) C. firma Host fl. austr. p. 509. gram. austr. 1. 126. 75. Schk. Car. Ne 69. Tab. O. V. fig. 54. Hoffm. germ. 1. c. p. 220. No 47. Willd. sp. pl* 4. p. 286. No 64. C. strigosa Sut. fl. helv. 2. p. 253. No 40. (ipso amicissimo autore teste.) Radix obliqua vel subrepens, fibris nigricantibus. durisque stipata, dense cespitosa; Folia radicalia dense fasciculata, vix ultra 3 uncias longa, saepeque 4 267 Uuplo breviora, patula, ad basin 2 fere lineas lata, inde lanceolata, acuminata, subpungentia , rigida, nitida, caryophyileca, plana, versus apicem subtri- quetra, laevia, carina marginibusque etiam vix sca- briuscula; Culmus exęctiusculus, florens 2 —3 uncia- Iis, adultus fere semipedalis, subtrigonus, vel tere- tiusculus, gracilis, laevis, fere totus nudus, ad ra- dicem tantum uno alterove folio erecto, ceteris si- mili instructus; Spica mascula 2 — 4 ve lineas lon- ga, ovata, ex fusco ferruginea; Culmi pars termina- lis saepius ad. punctum insertionis spicae femineae Bupremae vel sequentis reſracta; Glumae ovato lan- ceolatae, obtusiusculae, nervo dorsali tenui, viridi, ad apicem fere producto, ferrugineo-rubellae, mar- gine albido, angustissimo, vixque conspicuo cinctae; Spicae femineae 1— 2 saepe etiam 3, mascula mi- nores, ovatae, pauciflorae, modo fere sessiles et om- nes approximatae, modo distantes vel remotae, tunc- que longius pedunculatae ; Bracteae vaginantes, va- Sina longiuscula, in supremis spicis fere aphylla, pedunculum fere totum, in inferioribus, quando re- motae sunt, partem tantum .dimidiam vel tertiam ejus tegens, et plerumque in foliolum angustum, viride, apicem spicae suae fere nunquam attingens, producta; Glumae saturatae fuscae, carinatae, nerve dorsali exasperato, saepiusin mucronulum producto, ceterum masculis similes; Gapsulae oblongae, trique- trae, versus basin attenuatae, laeves, ad angulos ele- Vatos exasperatae, rostro quandoque obliquo, apice truncato, vaginanti, integerrimo, subinde ciliato. (D. v.) N f Auf den hohen Alpen, an rauhen Stellen in der Naͤhe der Gletſcher. Pres du glacier de Panerossaz, Herr 268 Schleicher; auf dem Simplon, unter dem Kaltwaſ⸗ fer⸗Gletſcher; auf dem Wiggis und der Frohnalpe im Canton Glarus u. ſ. w. A. Bl. im Jul. und Aug. 101. CARE X capillaris Lin. C. spicis paucifloris; femineis pedunculatis, pendulis, masculum su- perantibus; Capsulis distantibus, utrinque acu- minatis. N. (Haarſtielige Segge.) Hall. helv. 1394. App. ad Scheuchz. agr. p. 43. No 1. C. capillaris Lin. sp. pl. 1386. Smith fl. brit. 985. Ne 25. Schk. Car. Ne 82. Tab. O. fig. 56. * Host gram. austr. 1. Tab. 62. Hoffm. germ. 1. c. p. 229. Ne 57. Willd. sp. pl. 4. p. 290. No 173. Radix fibrosa; Culmi 9 lineas ad 5 uncias longi, plerumque 2—3 unciales, filiformes, nudi, apice et basi tantum foliosi, teretiusculi, laevissimi; Folia culmum florentem aequantia vel superantia, adulto, breviora, lineam unam lata, plana, acutissima, mar- gine scabriuscula; Spica mascula terminalis, vix 2 lineas longa, linearis, gracilis, variegata, pauciflo- ra, erecta; Glumae obovatae, subdistichae, obtusae, dilute ferrugineae vel rubellae, margine albo lato- que ampliatae, nervo dorsali saepe duplici, superne confluente, evanido; Spicae femineae masculam su- perantes, plerumque 2—3, rarius unica vel 4, mas- cula fere duplo longiores crassioresque , ejusdem fere coloris et formae, pauciflorae; Foliolum florale infi* mum viride, cito marcescens, foliis reliquis simile, sed multo brevius, erectum; Vagina pedunculi ter- tiam vel quartam partem tegens; Pedunculi capilla- 1 269 zes, scabriusculi, quandoque distantes, plerumque approximati, florentes quasi umbellati, nutantes vel ancurvi, rarius erectiusculi; Glumae laxae, mascu- lis similes sed breviores, obtusissimae, apice erenu- latae; Capsulae distantes, nitidae, laeves, parvae, ovatae, oblongae, versus basin acuminatae, superne in rostrum oblongum desinentes, apice vaginanti albido, truncato, integro; Semen ie ua exacte implens. (D. v.) Hie und da unter dem Gras auf den böchſten Alpen. Auf Enzeindaz, Lavaraz; auf dem Obertafel, Bernhard und andern Walliſer-Bergen; sur les cols du Bonhomme et de la Seigne, A. Bl. im Jul. und Aug. 403. CARE pilosa All. C. foliis margine hirsu- tis; Spicis femineis distantibus; Capsulis re. motis, apice bifidis. Vaginis dimidiatis. N, (Wimperblättrige Segge.) Hall. helv. 1379. Scheuchz. gram. 412. C. pilosa All. pedem. Ne 2323. Schk. Car, No 78. Tab. M. fig. 49. Host gram. austr. 1. Tab. 78, Hoffm. germ. p. 226. No 54. Wild, ep. Pl. 4. P. 278. Ne 146. Radix repens, articulata, gracilissima, e fera; Folia radicalia intense viridia, fasciculata, pe- dalia et longiora, carinata, dorso profunde bisulcata, trinervia, nervis marginibusque pilis brevibus den- sisque, sed valde conspicuis hirsuta, scabriuscula; Culmus obtusiuscule trigonus, striatus, ad angulos obiter exasperatus, superne et inferne foliosus, eree- tus, florens semipedalis vel wientalis, demum pe. 270 dalis vel longior; Folia culmea brevissima; inferiora vaginis amplis, fissilibus, striatis, saepius ex fusca purpurascentibus; Ligula ovata, obtusa, folio agglu- tinata; Spica mascula terminalis, oblonga, subtrigo- na, 6-9 lineas longa, obtusiuscula; Glumae arct& imbricatae, oblongae, aliae acutae, aliae obtusae, , ex fusco purpurascentes, margine angusto, scarioso, margine dorsali viridi vel lutescente evanido; Spicae femineae duae, tresve, erectae, remotissimae, gra» ciles, teretes, fere unciales, pauciflorae; Folia flora- lia erecta, spicam subaequantia, breviter pilesa; Fa- ginae subdimidiatae, tubulosae, glabrae; Pedunculi subhirsuti, erecti; inferiores unciales vel biuncia- les; supremus multo brevior; Glumae dorso virides, ceterum fuscae, ovatae, obtusae, nervo dorsali saepe exasperato, in mucronem validum, longiusculum producto, totius generis laxissimae; Gapsulae paucae, remotae, inflatae, ovatae, oblique rostratae, laeves, obiter striatae, apice bifidae, laciniis divergentibus, glumis duplo longiores; Semen obovatum, trique- trum; Antherae mucronulatae. (D. s.) In bergichten Waldungen, aber aͤußerſt ſelten. Auf dem Zuͤrichberg, Scheuchzer. Herr Seringe hat ſie neu⸗ lich ebenfalls unweit Zürich, am Fuß des Uetlibergs gefunden ; auch ſoll fie auf den Bergen, an deren Fuß die Stadt Orbe gelegen iſt, vorkommen. A. Bl. im April. 103. CARE x brachystachys Schrank. C. spicis linea« ribus, pedunculatis subpendulis; Capsulis elon- gatis, gracilibus, laevissimis; Foliis convolute _ setaceis. N, (Scheuchzeriſche Segge.) | Hall. helv. 13867 Scheuchz. gram. 416. Tab. X. fig. 7. u ir > } j » 1 C. brachystachys Schk. Car. No 83. Tab. P. fig. 58. Hoffm. germ. I. c. p. 239. No 58. Willd. sp. pl. p. 276. No 14414. C. valesiaca. Sut. fl. helv. 2. p. 259. No 57. „Radix repens. Scheuchz. Culmus erectus, se- mipedalis et pedalis, filiformis, gracilis, laevis, fo- liosus, obscure trigonus, foliis modo longior, modo brevior; Folia radicalia fasciculata, cespitosa, erecta, apice cito marcescentia tortiliaque vix ultra dim i- diam lineam lata et angustiora, canaliculato convo: luta, subrigida, margine scabriuscula; Culmea inſe- riora brevissima; Vaginae imae aphyllae; Spicae li- neares, 3—ave; Mascula terminalis, erectiuseula, femineis saepe brevior; Glumae arcte imbricatae, obovatae, obtusissimae et quasi truncatae, apice sub- ciliato, ferrugineae, apice et ad oras anguste albes- centes; nervo doısali la&vi, valido, viridi, in mu« cronem hispidulum producto; Spicae femineae junio- zes erectae, demum nutantes, maturae ex viridi et ferrugineo variegatae, graciles, lineas 4—6 longaeg remotae; Folia floralia ceteris consimilia, spica sua plerumque breviora, erecta; Vaginae abbreviatae, quartam vel tertiam partem pedunculi tegentes; Pe- dunculi inferiores longi; omnes scabriusculi, filifor- mes; Glumae laxae, inferne remotiusculae, mascu- lis similes sed breviores, quandoque subemargina- tae; Capsulae glumis duplo vel triplo longiores „ vi e, oblongae, graciles, basi attenuatae, sensim in rostrum modice incurvum productae, suiato ner- vosae, laevissimae, apice saepius bifidae, laciniis sub - scariosis, fragilibus; Semen fuscum ovato trigonum. . 8.9 272 Dieſe Art wurde zuerſt von Scheuchzer an naßen Or⸗ ten in den Alpen des Wallis gefunden. Herr Schleicher hat ſie eben falls daſelbſt geſammelt. A. Bl. ohne Zwei⸗ fel im Jul. und Aug. 104. CArEx Mielichhoferi Schk. C. vaginis subdi- midiatis; Spica mascula cylindrica; Femineis subpendulis; Capsulis apice colorato, emargi- nato, subcristato. N. (Mielichhoferiſche Segge.) Hall. helv. 1390. Scheuchz. gram. 413. Tab, X. fig 6. C. Mielichhoferi Schk. Nachtr. p. 66. No 85, Tab. Mmmm. fig. 189. C. ferruginea Sut. fl. helv. 23. p. 260. No 58; Etrenn. de fl. p. 168. No 59. 5 Radix repens, stolonifera ; Culmus pedalis et ses- quipedalis, obsolete trigonus, inferne foliosus, ad angulos superne scabriusculus, apice plerumque cum spicis nutans; Folia radicalia fasciculata, longissima, culmo tamen paulo breviora, lineam circiter lata, plana, carinata, margine scabriuscula; exteriora ce- teris multo breviora latioraque; Culmea radicalibus etiam latiora et breviora, eoque magis quo minus a basi distant; Vaginae infimae ex fusco purpurascen- tes, profunde striatae, plerumque aphyllae; Spicae 3 — 4ve; Mascula terminalis, cylindrica, gracilis, ferruginea, uncialis vel longior; Glumae oblongae, subito lanceolatae, obtusae, saepe ınucronatae, ex fusco purpurascentes vel ferrugineae, margine an- ‚ guste scariosae, nervo dorsali dilutiore, lato; Spicae femineae subcylindricae mascula fere breviores, ma- 273 / turae plus minusve pendulae, vel nutantes, remotae, longe pedunculatae; Folia floralia inferiora spicam suam semper superantia, erecta; Vaginis quartam, tertiam, vel dimidiam partem pedunculi tegentibus; Pedunculi capillares, scabri; Glumae modo laxae, modo arcte imbricatae, ovatae, atrofuscae, obtusae, nervo dorsali viridi, exasperato, plerumque in mu- ' eronem brevem producto; Capsulae glumis paulo lon- giores, viridulae, vel coloratae, ovatae vel oblon- gae, juniores modice compressae, marginibus paulo exasperatae, mucronatae, apice purpureo, plerum- que emarginato, rarius bifido, laciniis imbriato - cri- statis. (D. v.) Diefe Segge iſt gemein an fumpfichten und an feuchten Orten auf den Alpen: Auf dem Neuenen und dem Tſchiera; au marais de VEity au dessous du sommet du Mourcrey; auf den Walliſer-Gebirgen u. ſ. w. A. Bl. im Jul. und Aug. 8 Anmerkung. Sie iſt aͤußerſt veraͤnderlich; die Ge⸗ ſtalt der Kapſeln ſelbſt iſt nichts weniger als beſtaͤndig, und ihre zahlreichen Abarten verleiten oft diejenigen, wels che fie nicht an Ort und Stelle beobachten konnten, zu al lerley Irrthuͤmern. Ihre breiten und kurzen Blaͤtter an dem unterſten Theil des Halms, und die Spitze der Kap ſel gewähren die leichteſten Charactere, woran man fie ers kennen kann. Mit der C. ferruginea Host gram. austr. 1. Tab. 81. hat ſie viel Aehnlichkeit, unterſcheidet ſich aber von derſelden durch ihre grannenloſen und bloß mit kur— zen Spitzen verſehenen Schuppen. Von der folgenden Art iſt fie ganz verſchieden. 105. CARE x varia Host. C. vaginis subdimidia- tis; Spicis erectis, mascula subovata; Capsulis ar Bd. S 274 * rostratis, angulis exasperatis, apice scarioso. N, (Bunte Segge.) Hall. helv. 1339. Scheuchz. gram. 415. C. varia Host gram. austr. 1. Tab. 80. ' C. sempervirens V illars Delph. 3. p. 214. Ne 31. C. sazatilis Sut. fl. helv. 2. p. 252. Ne 39. C. ferruginea Schk. Car. Ne 77. Tab. M. fig. 48. Willd. sp. pl. 4. p. 274. Ne 137. Radiæ fibris ramosis, nigris, lignosis constans, 0 oblonga, non repens; Culmus trientalis vel pedalis et altior, erectus, subinde curvulus, laevis, inter spicas scabriusculus, obsolete trigonus, basi tantum foliolis paucis parumque conspicuis instructus; Folia margine scabriuscula, plana, culmo multo breviora, superne recurva, lineam dimidiam vel integram lata, ‘firma, nitentia, saturate vinidia; Spica mascula ter- minalis, ovato lanceolata, subinde obovata, brevis, vix ultra 4—5 lineas longa, ex fusco et albo ele- ganter variegata; Glumae obovatae, obtusae, latae, margine et apice scariosae, saepe mucronatae, fuscae, nitentes, medio dorso albidae, nervo tenuissimo; Bractea glumis similis sed multo major; Spicae femi- neae vulgo duae vel tres, (rarius unica) distantes, longitudine fere masculae, pedunculatae, erectius- culae; Folium florale infimum spicae apicem fere nunquam attingens; Vagina tertiam vel dimidiam fere partem pedunculi (6 uncias ad 3 uncias longi, scabriusculi) tegens; Glumae atrofuscae, apice mar- gineque scariosae, subinde acutae, frequentius ob- tusae, saepe mucronatae, masculis minores, ovatae, neryo conspicuo, modo in mucronulum preducto, n 275 modo subevanido ; Capsulae glumis paulo longiores, viridulae, graciles, trigonae, marginibus asperae, longe rostratae, apice vaginanti, Scarioso, albo, ob- lique truncato, rarius emarginato. (D. v.) Dieſe Art, ih unter allen Alpen» Seggen die allerge- meinſte; daher der Name C. alpestris, den ich ihr in ei⸗ nem fruͤhern Werkchen gegeben hatte. Sie waͤchst daſelbſt an trockenen Orten. Auch auf den hoͤhern Bergen des Jura kommt ſie oft vor; z. B. auf der Dolaz, dem Thoiry, Chaſſeral und Montende. A. Bl. im Jun. und Jul. Br CARExX frigida All. C. Yagınis subdimidia- tis; spicis numerosis, supremis subsessilibus ; Capsulis angulis scabris, gluma duplo ribus. N. (Gletſcher⸗Segge.) Hall. helv. 1391. App. ad Scheuchz. gram. p- 43. N? 16. C. frigida All. pedem. Ne 2334. wind. sp, pl. 4. p. 275. Ne 138. Sut. fl. helv. 2. p. 260. N® 5g, a Spicis spadiceis. C. spgdicea Schk. Car. 75. Tab. L. fig. 47. a. b. ß Spicis atropurpuręis. C. fuliginosa Schk. Car. 76. Tab. Cc. fig. 47. c. Radix repens, lutescens, crassa, multiceps, sto- lonifera; Folia laete viridia, acuta, carinata, Jineaa, fere duas lata, culmo breviora, marginibus scabrius- cula; Culmus trientalis, pedalis, erectus, triquetrus, lere laevis, parte“ dimidia inferiori foliosus; Spicae 6 oblongae in plauta 4 ex fusco viridi variae, in 8 atrofuscae; mascula subtrigona, paulo gracilis; * 276 Glumae lanceolatae, basi latae, acutae, nervo rubello ad apicem usque, saepe in mucronem producto; Spicae femineae florentes erectae, demum nutantes, crassiusculae, propter capsulas modice divergentes, subsquarrosae, apice subinde masculae; superiores plerumque in masculae vicinia congestae; supremae fere sessiles, infima remota, reliquis longior pedun- culata; Foliola floralia erecta, spicam raro aequan- tiay Vagina tertiam s. dimidiam partem pedunculi tegens; Glumade masculis similes, sed breviores, ner- vo dorsali saepe evanido; Capsulae elongatae glumis duplo longiores, sensim usque ad apicem attenuatae, subtrigonae , eregto - patentes, nec adpressae ut in prioribus, apice duro nec scarioso, bifido, atrofuscae velspadiceae, ad angulos virentes exasperatae, (D.v.) Hie und da auf den Weiden des hohen Alpengebirges. Auf Seron, au pied de la cape au mome; auf Ja- vernaz, Fouly, Bovonnaz, Lavar az u. ſ. w.; Auf dem Grimſel Herr Seringe. A. Bl. im Jul. und Aug. 407. CARE limosa Lin. C. vaginis subnullis; Spi- cis femineis subbinis, ovatis, obesis, pendulis; Capsulis ovatis, muticis, lavibus. N. (Schlamm- Segge.) i Fall. helv. 1393. Scheuchz. gram. 443. Tab. X. üg. 13. (rudix). C. limosa Lin. sp. pl. 1386. Smith fl. brit: 985. No 27. Schk. Gar. No 8g. Tab. X. Aaa, fig. 78. Host gram. austr. 1. Tab. 89. Willd. sp. pl. 4. p. 293. Ne 178. Radix longe repens, articulata, squamosa, stolo- nifera; Folia radicalia culmo breviora , subinde ta- u 2 * 277 men eum etiam fructiferum aequantia, earinata, marginibus scabriuscula, glaucescentia, vix ultra li- neam unam lata, saepe angustiora; Culmi erectius- culi, vel superne cum spicis nutantes, triquetri, fere laeves, semipedales, rarius pedales, faciebus bisul- catis, basi tantum foliosi; Folia culmea reliquis si- milia, sed multo breviora; Spica mascula terminalis deflorata gracilis, erecta; Glumae ovato - oblongae, acutae, coloratae, nervis dorsalibus 2 — 3ve, conti- guis, confluentibus, viridibus, saepe in mucronu- lum exeuntibus absque margine scarioso ; Spicae ſe- Mmineae 1 — 2, rarissime 3, distantes, ovatae, cras- siusculae; Pedunculi laeves, spica lougiores, floriferi jam penduli; fructiferi autem haud raro rursus eri- guntur; Folia floralia plus minusve longa, erectius- cula; Vaginis brevissimis, fere nullis, fuscis, mar- gine albidis, truncatis; Glumae ovatae, latae, cari- * natae, ex fusco rutilantes, mucronatae, nervis ut in masculis instructae; Capsulue glumis pzulo longior res, pulchre caesiae, nervosae, ovatae, subcompres- sae, ad angulos obtusae, laevissimae, brevissime mu- eronatae apice subscarioso, integro. D. v.) Die Schlamm ⸗Segge waͤchst in torfartigen, ſchwam⸗ migten Suͤmpfen auf den Alpen und andern Bergen. Am Katzenſee; auf dem Fouli; à la chau d'arbelle; au Dord du lac de Bre; pres de la tour de Gourge; d la plaine des Mosses; auf dem Grimſel Herr Seringe. A. Bl. im Jun. und Jul. * Spicae masculae una, plures. 208. CA REX ampullacea en C. spicis femi- neis erectis, cylindricis; ; Capsulis inflatis, sub- globosis, rostro filiformi, bifurco; Culmo tere: tiusculo. N. (Flaſchen⸗Segge.) „ 278 Hall. helv. 1401. Scheuchz. gram. 472, 47% et 476. * C. ampullacea Gooden. Car. in Röm. Arch. 2. 2. p. 192. No 46. Smith fl. brit. 1006. No 50: Schk. Car. Ne 104. Tab. T. t. fig. 107. Host gram. austr. 1. Tab. 99. Hoffm. germ. I. c. p. 243. No 72. 50 C. vesicaria Sut. fl. helv. 2. p. 264. No 69. C. obtusangula Ehrh. gram. exsicc. Dec. 5, No 50. Radix valde repens, difficillime evellenda; Folia culmum florentem fere aequantia, 1— 2 lineas lata, superne carinata et subcanaliculata, inferne conca- va, margine carinaque scabriuscula, dorso glauces- centia; Vaginde rugulosae; Culmi plus minusve ro- tundati, subtrigoni, spongia molli farcti, ut facile sub digitis comprimi queant, crassiusculi, foliosi, inferne omnino laeves, superne scabriusculi, peda- les et bipedales; Spicae masculae 2 vel 3 terminales, approximatae, utrinque acutae, gracilissimae, palli- dae, cinereae, vel ferrugineae; Glumae oblongae, ellipticae, acutiusculae, ferrugineae, superne scario- sae, nervo dorsali luteolo; Spicae femineae 2 vel 3, remotae, erectae, cylindricae; florentes gracilissimae, filiformes; fructiferae crassiusculae, semiunciales, unciales et biunciales; Pedunculi superiores quando- que subnulli, semper breves, inferiores longiores, laeves; Folia floralia longa, superiora fere sessilia ; Vaginae inferiores abbreviatae, vix semi unciales; Glumae oblongae, lanceolatae, acutae, subinde mu- eronatae, viridulae, marginibus ferrugineae; Capsu- lae inflatae, subglobosae, subito in rostrum longius 279 eulum, filiformem, attenuatae, laevissimae, ex vi- ridi fla vescentes, apice bifurco, laciniis divergen-- tibus, maturae ad angulum fere rectum patulae. (D. v.) Dieſe Art iſt nicht ſelten in torfartigen Bergſuͤmpfen. Auf dem Jura; oberhalb Arzier; a la grand A ine; auæ Rousses; d Burtigny; am Katzenſee uf w. 2. Bl. im May, Jun. und Jul. IV. Species hallerianae nuperis ignotae. = Spieis plerumque divisis. & 109. CARE x hirsuta Sut. C. spiea unica capsulis hirsutis rotundis. Hall: (Behaarte Segge.) Hall. helv. 1352. App. ad Scheuchz. gram.. p. 39. Ne 4 C. hirsuta Sut. fl. helv. 2. p. 240. No is. (planta viro amicissimo etiam ignota). „ Culmus triuncialis, ad summum semipedalis, „ (sexunci non altior, app.) ex triquetro compres- „ sus; Folia latiuscula, ad lineam usque, molliora, 25 Fab tenen retroversu subaspera; Capitulum (spica) „ unicum, ovatum, in medio femineum, superne ss et inferne masculum ; Glumae fuscae, nervo lato- „ divisae; Capsulae rotundae, totae hirsutae, in lon- „ gum collum productae.” r 8 „ Nova planta a Cl. viro Achille Mieg mecum „ communicata, qui legit inter pagum Münchenstein „et Villam die Grut. Au Bec de Toiseau, Cl. Gags e nebin.” Hall. x 280 * Spicae sexu distinctae. (Stigmata duo?) 110. CARE x fusca All. C. spicis femineis ter- nis, erectis; Capsulis ovatis, breviter mucro- natis, petiolatis, folio insidentibus. Hall. (Braune Segge.) „Radix magna, longa, multicaulis; Culmus vagi- nosus, semipedalis; Folia longa, angusta, intra li- neam lata, culmum fere aequantia, ora retroductu aspera; Spica'mas longa, pene nigra, teres, gracilis; Glumis lanceolatis, calycina majori, spadicea, (ari- stata App.) femineae duae et tres, quarum inferior breviter petiolata, suprema sessilis ; utraque folio in- sidet in ima biunciali, etiam. spicam superanti, in superiori uncia breviori; suprema spica feminea nuda, quando tres sunt, marem attingit; Glumae spicis fe- mineis totae nigrae obtusae ; Gapsulae ovatae, palli- dae, breviter mucronatae, quare maturae spicae ex viridibus capsulis et fuscis glumis variae sunt. Vidi etiam spicam in culmo unicam fuisse, biuncialem , femineam, primis floribus ternatis, verticillatis, re- motis; supremis in spicam confluentibus.” „ In M. Enzeindaz legi; etiam in M. Fouly; in Montanis etiam supra Val de Lie et aliis alpibus vallesiacis provenit; in M. Speluga J. J. Scheuchze- zus.” Fall. Die hieher gehoͤrigen Synonymen ſind: Hall. helv. 1378. App. ad Scheuchz. gram. p. 42. Ne 13. J. J. Scheuchz, it. VI. p. 458. C. fusca All. pedem. 2324. Sut. fl. helv. 2, p. 250. N? 34. 281 Anmerkung. Dieſe den neueren ſchweizeriſchen Bo- tanikern unbekannte Segge ſoll nach der Autorität des Jac⸗ quiniſchen Herbarium's (Smith fl. brit. 997. Ne 3g.) zur Carex rigida Gooden. gehören , welches mir hoͤchſt wahr: ſcheinlich zu ſeyn ſcheint. Dieſe characterifieren die ſteifen, etwas zuruͤckgebogenen Blätter, der nackte Halm, der oft auch ſteif iſt, die Blumenblaͤtter, welche viel kuͤrzer als der Halm find, die dicke, kurze, eyfoͤrmige, männliche Achte, und die mit einein weißen Rande verſehenen Schuppen. Jedermann ſieht, wie wenig die meiſten von dieſen Diagno— ſen auf die Car. fusca paſſen. Lieber wuͤrde ich ſie fuͤr eine Alpenſpielart der C. cespitosa halten, und das um deſto eher, da der wuͤrdige Sohn unſers großen Hallers eine ſolche Varietaͤt der Cespitosa in den Sammlungen der Schuͤler ſeines beruͤhmten Vaters unter der Nummer 1378 gefunden hat, wie ich aus ſeinen Briefen an mich erſehe. (Stigmata tria.) 111. CARE x sirigosa All. (non Gooden.) C. fo- liis cespitosis, brevibus; Spicis femineis pau- cifloris ; suprema el Hall. (Strittige Segge.) Hall. helv. 1388. Scheuclfz. gram. 4156. No 4 5 C. strigosa Allion. pedem. Ne 2331. „ Habitus caryophyllaeus, foliis cespitosis firmis, „ sesquilinearibus, retroversu asperis, brevibus; „ Culmus debilis, curvulus, tener, foliis potius bre- 2 vior, 4 unciarum; Spica mas grandis, ovata, ob- „ tusa, glumis ovatis, ora alba, gluma vaginali ma- n jori; Feminae tres, multo graciliores, paueiflorae; % suprema minima, proxima ad marem sessili, nu- 4 282 „ da; media in petiolo aliquot linearum, ex ala for „ Iii paulo spica longioris; tertia ex ala folii biun- „ cialis, in petiolo 8 unciali, erecto; Capsu · „ lde longo collo bifido.“ „ In praealto Monte Vallesiae Obersiafe. In M. Isenau, Enzeindaz, Montendre. Hall. Anmerkung. Nach Scheuchzers Urtheil iſt die von ihm ganz kurz beſchriebene, oben angeführte Pflanze weiter nichts als eine unbedeutende Abart der C. varia (ferru- ginea Schk. und Willd.) wie ich es auch von der Halle⸗ riſchen Segge vermuthe. Denn die Beſchreibung dieſer Strigosa paßt nur ſehr unvollkommen auf die C. firma, wofür einige ſie anſehen. Dieſe waͤchst auch wohl nicht auf dem Montende, der zu der Kette des Jura gehört. Hin⸗ gegen habe ich auf den hoͤchſten Alpen die C. varia in je⸗ nem Zuſtand gefunden, der der gegenwärtigen Befchreiz bung genau zu entſprechen ſchien. EN 285 Ueber den Bau der Erde in dem Alpen⸗ Gebirge zwiſchen 12 Längen, und 2 — 4 Breitengraden, 7 nebſt einigen Beobachtungen uͤber die Gebirge und den Bau der Erde uͤberhaupt; mit geognoſtiſchen Karten. Von Joh. Gottfried Ebel, Dr der Medicin. ıfter Band. Zürich 1808, bey Orell, Füßli und Comp. Dieſes fuͤr die Kenntniß der Alpen wichtige Buch iſt, wie der Verfaſſer in der Vorrede ſagt, aus ſeiner Anleitung die Schweitz zu bereiſen, entſtanden, indem er dort Schwie⸗ rigkeiten fand, eine zweckmaͤßige Zuſammenſtellung der fo vielfältig geſammelten geognoſtiſchen Beobachtungen darzu⸗ legen, und nun hat das Publicum jener Schwierigkeit nicht bloß eine geognoſtiſche Ueberſicht der helvetiſchen Al⸗ pen, ſondern der ganzen Alpenkette zu danken, in welcher alle bisher bekannt gewordenen geognoſtiſchen Beobachtun⸗ gen uͤber die ganze Alpenkette ſehr zweckmaͤßig zuſammen⸗ getragen und ſyſtematiſch geordnet ſich vorfinden. Diefe Ueberſicht iſt zugleich ein vortheilhaft eingetheiltes Netz, in welches jeder kuͤnftige Beobachter ſeine eignen Beobachtun⸗ gen einordnen, und dadurch dieſe Ueberſicht ſich ſelbſt er⸗ weitern und dem Publicum auf eine leichter mit den bis⸗ herigen Kenntnißen der Alpen zu verbindende Art mitthei⸗ len kann. Der Verfaſſer geſteht zwar ſelbſt ein, daß dieſes Unter⸗ nehmen ein Wageſtuͤck ſey, und jeder, der mit der geogno⸗ ſtiſchen Litteratur und dem weiten Felde einigermaßen be⸗ 84 kannt iſt, welches zu bearbeiten unternommen wurde, wird leicht begreifen, daß hier weder an Vollkommenheit, noch an Vollſtaͤndigkeit zu denken ſey; allein das Unrichtige wird nach und nach leicht zu berichtigen ſeyn, wenn die⸗ ſes Buch einmal in den Händen jedes Geognoſten der Al⸗ pen ſeyn wird, und an Vervollſtaͤndigung kann jeder ar, beiten, der die Unvollſtaͤndigkeit zu beurtheilen im Fall iſt. Nicht leicht duͤrfte ein ſchicklicheres Repertorium fuͤr dieſe Berichtigungen und Zuſaͤtze zu finden ſeyn, als die Alpina ihrer Beſtimmung nach iſt, daher hier ein Verſuch ſolcher Beytraͤge bekannt gemacht wird. Der Einleitung zu dieſem wichtigen Buch geht eine Er klaͤrung der demſelben beygefuͤgten intereſſanten Karten und Gebirgsabriſſen vor. Dieſe ſind: 5 1. Karte der hoͤchſten Gebirge Europas. Ungeachtet ihrer Kleinheit ſtellt ſie doch die hauptſaͤchlich⸗ ſten Felsgebilde von Europa ſehr deutlich dar, und nicht leicht wird in einem ſolchen Blaͤttchen mehr Umſtaͤndlich⸗ keit gefordert werden koͤnnen, wenn man nicht dagegen die Deutlichkeit aufopfern will. 2 und 3, Geognoſtiſche Karte des Alpenge⸗ birges in Savoyen, in der Schweiz, in einem Theil von Frankreich, Piemont, der Lom bar— dey und Deutſchland. Auch dieſes Kaͤrtchen iſt aus den neueſten und beßten Karten ausgezogen und deutlich geſtochen. Durch Illumination ſind die Gebirgsformatio⸗ nen ſorgfaͤltig eingezeichnet, und, um Verwirrung zu ver⸗ huͤten, zwey Exemplare davon beygefuͤgt, wovon erſteres nur die Hauptformationen im Allgemeinen genommen an⸗ giebt, das zweyte aber auch die untergeordneten Forma⸗ tionen darſtellt. Kaum wird aber ein geognoſtiſcher Al⸗ penwanderer lange ſich in dieſen beyden Karten umſehen koͤnnen, ohne auf weſentliche Fehler dieſer Illumination 285 zu ſtoßen, die, wie fich bald zeigen wird, nicht aus Nach⸗ laͤßigkeit des Mahlers, ſondern aus der Unvollſtaͤndigkeit der Alpenkunde des Verfaſſers herruͤhren, der wohl erſt die ihm bekannten Punkte dieſes großen Feldes eingezeichnet, und dann nachher die Lücken nach vermutheter Wahrſchein⸗ lichkeit ausgefüllt haben mag. Aber wo iſt der Geognoſt, der es wagen duͤrfte, mit ſicherer Hand die Formations⸗ Umriſſe dieſer ausgedehnten Gebirgsreviere vollſtaͤndig zu zeichnen? — Schon oft verſuchte Recenſent, der ſeit 16 Fahr ren die Alpen in geognoſtiſcher Hinſicht durchwandert, die Entwerfung einer ſolchen Karte — aber er ließ alles Unzu⸗ verlaͤßige weg, und fand am Ende immer der fi chern An⸗ gaben zu wenige, um damit ruhig ans Licht treten zu duͤr— fen. Eine umſtaͤndliche Angabe der aufgefundenen Fehler dieſer Formations⸗Bezeichnung würde eine weitlaͤuſige Ab⸗ handlung erfordern; einige werden ſich im Verfolg dieſer Anzeigen vorfinden; nur eine allgemeine mag hier ſchon erſcheinen. Der Verfaſſer behauptet in der Erklaͤrung „die ſtarken Beugungen der auf der Karte angezeigten Strei⸗ chung der zwey merkwuͤrdigen Urkalkſteinformationen ſeyen Beweis der Unrichtigkeit der geographiſchen Karten dieſer Gegenden ': allein die angezeigte Streichungslinie der For» mationen von W. S. W. nach O. N. O. iſt weder ſo be⸗ ſtimmt noch ſo unveraͤnderlich wie der Verfaſſer hier ſchon annimmt; daher faͤllt des Verfaſſers angefuͤhrter Beweis wider den geographiſchen Werth der vorhandenen Karten groͤßtentheils weg. a 4. Querdurchſchnitte des Alpengebirges. Es ſind deren drey aufgezeichnet; zwey in der Naͤhe des Montblancs und einer am Gothard, nebſt zwey kleinen iſolirten Gebirgsprofilen. Erſtere find intereſſant und ha⸗ ben den Vorzug, daß das, was über Schichten⸗Einſen⸗ kung dem Verfaſſer unbekannt iſt, darin nicht auf vermu⸗ 286 thete Wahrſcheinlichkeit hin angegeben wurde; aber den⸗ noch ſind in dieſen Proſilen der Unrichtigkeiten ſo viele als der Süden: meiſt find die Schichten »-Einfenkungen zu ſteil angegeben; ältere und neuere Kalkſteinformationen unzu⸗ verlaͤßig abgetheilt; Grauwackeformationen fehlen ganz; Gyps formationen entweder ausgelaſſen oder auf eine Art angegeben, die wohl ſchwerlich zu beweiſen ſeyn dürfte, u. ſ. w. Solche Profile ſollten, um von hoͤherm Werth zu ſeyn, nach einem viel groͤßern Maasſtab und mit einer alles umfaſſenden Pünktlichkeit und Unmſtaͤndlichkeit aufge⸗ zeichnet werden. N 5 und 6. Abriße des Alpengebirges in der Schweiz und in einem Theile von Savoyen, von der Nordſeite betrachtet. Dieſes find die in der Anleitung die Schweiz zu bereiſen ſchon zweymal er⸗ ſchienenen Alpen Anfichten vom Albis bey Zurich und von Rochefort bey Neufchatel; da dieß alſo ſchon die dritte Auflage dieſer Anſichten iſt, ſo haͤtte man billigermaßen eine Verbeſſerung dieſer Zeichnungen erwarten ſollen, in denen uͤberhaupt die Gebirgsabhaͤnge zu ſteil und alle Un⸗ ebenheiten zu übertrieben angegeben ſind. Hier ſind die Gebirgsanſichten geognoſtiſch illuminirt, wobey beſonders die Eintheilung der Kalkſteinalpen in neuere und aͤltere For; mationen mancherley Einwendungen verdienen wuͤrde. Ein auffallender Fehler in der Aldisausſicht iſt, daß der Sper im Gaſter der Alpenkalkſtein⸗ ſtatt der Nag dle zugeordnet iſt. Die Einleitung zeigt mit viel Beſtimmtheit das Weſen den Werth und den Standpunkt der Geognoſie überhaupt an. 3 ‚ 287 Erſter Abſchnitt. Die Alpen. % 1. Geographiſch-hiſtoriſcher Ueberblick der Alpen. urſprung ihrer allgemeinen und theilweiſen Benennungen. Unvollſtaͤndig⸗ keit der geographiſchen Kenntniß derſel⸗ ben. Der Verfaſſer giebt dem Ausdruck Alpengebirge die vollſte Ausdehnung, welcher zufolge daſſelbe aus dem füds lichen Frankreich, durch Savoyen, die Schweiz, Obers Ftas lien und durch das ſuͤdliche Deutſchland ſich nach Ungarn erſtreckt. Die Eintheilung in Meeralpen, Kottiſche Alpen, graue Alpen, Penniniſche Alpen, Schweizer⸗Alpen, Rhaͤ⸗ tiſche Alpen, Noriſche Alpen, Carniſche Alpen, Juliſche Als pen und Dinariſche Alpen duͤrfte wohl zu mehr Unbeſtimmt⸗ heit und Verwirrung Anlaß geben, als wenn dieſelben nach den Laͤndern, durch die ſie ſich ziehen, benannt werden. Die Juliſchen Alpen z. B. dürften wohl ſonſt eher am Julier in Rhaͤtien als in Sklavonien geſucht werden. F. 2. Anſicht der Alpen. Richtung derſelben. Rängen» und Querthaͤler. Höhe Schnee⸗ linien und Gletſcher. Bevoͤlkerung. Der Unterſchied zwiſchen Laͤngen⸗ und Querthaͤlern wird zwar richtig entwickelt, zu bemerken aber iſt, daß ſelten die Laͤngenthaͤler in betraͤchtlicher Ausdehnung im- mer vollkommene Laͤngenthaͤler bleiben, ſo wie auch die Duerthäler nicht ſelten ſtellenweiſe mit der Streichung der Gebirge faſt gleich laufen. Auf pag. 15 wird geſagt: „Vermittelſt des Laufs des Etſchthales kann man zwar aus Italien auf die Nordſeite 3 288 der Alpen gelangen, ohne ſie uͤberſteigen zu muͤſſen.“ Man überſteigt aber die Alpen beſtimmt auf der Reſchen⸗Scheid⸗ ecke zwiſchen Glurns im Etſchthale und Finſtermuͤnz im Innthale, aber freylich durch einen nur 4700 Fuß uͤber Meer erhabenen weiten Einſchnit, der dieſe mit Gerreide bewachſene Scheidecke bildet. 9. 3. Geognoſtiſcher Ueberblick des Alpenge⸗ birges. Sauſſure ſoll der erſte geweſen ſeyn, der die Alpen in geb bofliſcher Hinſicht unterſuchte; allein lange vor ihm beobachtete J. Jac. Scheuchzer von Zürich die ſchweizeri⸗ ſchen Alpen mit angeſtrengtem Eifer und mit demjenigen Grad von Kenntnißen, den der damalige Zuſtand der Na turwiſſenſchaften geſtattete: ſeine Alpenreiſen und alle ſeine uͤbrigen vielen Schriften enthalten viele Angaben, welche fuͤr die Naturgeſchichte uͤberhaupt und fuͤr die geognoſtiſche Kenntniß der Alpen jezt noch intereſſant find; unter ans derm war ihm ſchon das merkwuͤrdige Gebirgsprofil im ſuͤdlichen Theil des Vierwaldſtaͤtterſees aufgefallen, und ſeine Zeichnungen davon zeugen von richtiger Beurtheilung deſſen Beſchaffenheit. Das urſpruͤngliche Felsgebaͤude der Alpen ſoll i in graͤßli⸗ cher Zertruͤmmerung vor unſern Augen liegen. So graͤß⸗ lich iſt doch dieſe Zertruͤmmerung eben nicht und ihre Rui⸗ nen find nicht fo ſchauerhaft: Zwar iſt der Fuß der Gebirgs- ketten meiſt mit ausgedehnten hochanſteigenden Schutthal⸗ den bekleidet, und die Ebenen der Thaͤler beſtehen meiſt aus herabgerollten und hergeſchwemmten Geſchieben, die mehr und minder hoch darin aufgeſchuͤttet ſind: aber wie klein iſt die Maſſe dieſer Ruinen gegen die uͤbrige Maſſe des feſt und unzertruͤmmert anſtehenden Alpengebirges! Jene Schuttmaſſen ſind nur duͤnne Bekleidungen einiger Theile | i 289 1 der Abhaͤnge des unzerſtoͤrt daſtehenden Ganzen. Wollte man aber die Durchſchneidung der Alpen durch jene Menge der verſchiedenartigſten Thaͤler als eine gewaltſame Zerreiſ⸗ ſung und Zertruͤmmerung derſelben anſehen, ſo ſollte die Naturgeſchichte der Thaͤler vor allem aus entwickelt wer⸗ den, indem wir davon noch ſo wenig kennen, daß wir auch von den engſten derſelben, z. B. von der Via mala, noch nicht beſtimmt entſcheiden koͤnnen, ob fie als Gebirgsſpal⸗ ten durch Austrocknung oder Einſenkung der Gebirge oder aber durch allmählige Einſchneidung der Ströme in jene Felſenmaſſen entſtanden find, In der pag. 23 aufgeſtellten Ueberſicht der Hauptfor⸗ mationen iſt der wichtige Umſtand unrichtig oder doch ganz undeutlich angefuͤhrt, daß an der Suͤdweſtſeite der Alpen ſich die Kalkſteinketten des Jura ganz nahe an die Haupt- ketten anſchließen und längs der Weſtſeite von dieſen fich noch weit gegen Süden hin erſtrecken. Der Verfaſſer ſcheint die Fortſetzung der Juraketten durch Savoyen ganz zu miß⸗ kennen, da doch dieſe ſehr beſtimmt von Genf aus uͤber Annecy nach Chambery und weiter ſuͤdlich hinziehen, daher auch das pag. 24 angefuͤhrte Profil der Alpenkalkſteinfor⸗ mation in der Gegend des Mont Cenis zu breit angege- ben iſt, weil der Verfaſſer noch einen Theil der Juraketten dazu gerechnet hat. 8weyter A bſchnitt. ur⸗ Alpen. em Ausdehnung, Breite und Höhe des Ur felsgebildes durch das ganze Alvengebirge. Der Verfaſſer hebt dieſen Abſchut ſo an: „Da die Aralpen fo alt als die Erde ſelbſt ſind, und laͤngſt beſtan⸗ | D * Bd. 290 den ehe in ſpaͤtern Zeitraͤumen die andern Felsgebilde an deren Seiten abgelagert wurden 1c. Dieſes geologiſche Urtheil dürfte wohl etwas zu gewagt und zu voreilig ſeyn. Woher wiſſen wir denn, daß das, was man gewohnlich die Uralpen nennt, ſo alt als die Erde iſt, und daß die übrigen Gebirge erſt ſpaͤther auf fie hingelagert wurden? Die ſogenannten Urgebirge find ja fo gut in Bänke, Lager oder Schichten abgetheilt wie die Kalkſtein⸗, Schiefer» und Sandſteingebirge; die Urfelsſchichten find fo gut eingeſenkt,L, gebogen, gewunden, abgeſchnitten wie die der andern Ge⸗ birge; fie find wie dieſe von Quer» und Laͤngenthaͤlern durchſchnitten und von Felſengaͤngen und Truͤmmern durch⸗ kreuzt wie die leztern; die verſchiedenen Abtheilungen der- ſelben ſind uͤbereinander hingelagert wie die verſchiedenen Floͤzgebirgsarten; am Suͤdabhang des Gothards ſieht man ja ſogar Granit uͤber Gneus, dieſen uͤber Glimmerſchiefer, und dieſen uͤber Hornblendeſchiefer hingelehnt. Kurz wo iſt das beſtimmte Kennzeichen, welches dieſes ſogenannte Urgebirg in Ruͤckſicht auf ſeine Bildungs- und Entſtehungs⸗ Geſchichte von den uͤbrigen Gebirgsgebilden ſo entſcheidend trenne, um jenes zur Urmaſſe der Erde, dieſe zu neuern Aufſetzungen zu beſtimmen? Sollten wir nicht erſt den Bau der Erde etwas beſtimmter kennen ehe wir ſo ent⸗ ſcheidend uͤber ihre Entſtehungsgeſchichte zu e wa⸗ gen? — H. 5. umriz der Uralpen, ihrer Thaler, Seen und Paͤſſe. Der Orteler iſt (pag. 31.) wohl etwas zu voreilig fü beynahe ſo hoch als der Montblanc angenommen; indem die darauf gemachten Barometer-Meſſungen noch Beſtaͤ⸗ tigung oder vielmehr Berichtigung zu verdienen fcheinen« Die Vorſtellung des Mont Roſa (pag. 33 und 33 291 unter der Form einer Roſe iſt wohl ſehr geſucht; auch fein Name kommt wohl eher von ſeiner gluͤhenden Farbe bey auf⸗ und niedergehender Sonne, als von einer rofenartis gen Form her. (pag. 34) Die 2 bis s tauſend Fuß hohen ſenkrechten Abſtuͤrze ſind uͤbrigens nicht buchſtaͤblich zu verſtehen: denn einſt wurde ein eifriger Beobachter der Alpen um Anzeige ſolcher Felſenwaͤnde befragt, um auf denſelben Beobachtun⸗ gen über den Fall der Cörper zu machen, und er war nicht im Stande, auch nur eine voͤllig ſenkrechte Felſenwand von ‚2000 Fuß Höhe anzuzeigen. Ebenſo iſt der Montblanc an ſeiner Südſeite gar nicht ſenkrecht abgeſchnitten, ſon— dern mit Gletſchern behangen', die von feiner Höhe bis in die Alleeblanche ununterbrochen ſind und wohl an keiner Stelle 45° Abhang haben. Die (pag. 36 — 39) angeführten ſtuffenartigen Abſaͤtze der Alpenthaͤler, beſonders der Querthäler rühren von den Parallel⸗Gebirgsketten her, die von dieſen Thaͤlern durch⸗ ſchnitten werden, und die dieſe Abſaͤtze bilden, indem fie nicht ſo tief eingeſchnitten ſind als die hinter ihnen liegen⸗ den Thaͤler, welche alſo wahrſcheinlich Seegruͤnde waren bis ſie von den Geſchieben der Bergſtroͤme faſt ganz bori⸗ Aal aufgeſchuͤttet wurden. 4 6. Mannigfaltigkeit der Felsarten in den Uralpen. Daß die (pag. 48 — 53) angeführten Angaben über die Urfelsarten und ihre Beſtandtheile nicht mit wiſſenſchaft⸗ licher Beſtimmtheit angegeben ſind, wird jedem Geogno⸗ ſten ſogleich auffallen; daher auch verſchiedene Angaben, wie z. B. grüner Schörl, Hyazinthen u. ſ. w. nicht leicht zu verſtehen find, Beſonders unbeſtimmt iſt die Anzeige uͤber den Quarz, von welchem ungewiß bleibt, sb von 292 . Lager» oder Gangquarz die Rede ſey: überhaupt ſcheint eher Gangquarz hier beſchrieben zu ſeyn; daß auf den Aus⸗ druck: „ blaͤttriger Quarz“ nicht viel Gewicht gelegt wer⸗ den kann, iſt beynahe unnoͤthig zu erinnern. Daß der Glimmerſchiefer eine umſtaͤndlichere Auseinanderfegung ver⸗ dient haͤtte, iſt aus dem Umſtand zu ſchließen, da dieſe Gebirgsart weit aus die vorwaltende im ſogenannten Urge⸗ birge der Alpen iſt. g. 7. Schichtung aller urfelsarten. Strei⸗ chung und Senkung aller Schichten. Der Verfaſſer ſtellt hieruͤber folgende Saͤtze auf: 1.) Es iſt zuverluͤßig gewiß, daß das ganze Hefen bilde geſchichtet iſt.“ „ 2.) Es iſt zuverlaͤßig gewiß, daß die Schichten und Lager aller Urfelsarten von W. S. W. nach O. N. O. ſtreichen. Von dieſem Geſetze findet durchaus nirgends eine Abweichung ſtatt, ſelbſt da nicht, wo die Schichtenſenkung Abaͤnderungen bildet.“ Dieſer ſo zuverlaͤßig aufgeſtellte Satz iſt keineswegs ſo 9 allgemein herrſchend, wie der Verfaſſer glaubt; im Gegen⸗ theil ſind ſehr viele Abweichungen von jener vorwaltend herrſchenden Hauptrichtung der Streichungslinie der Schich⸗ ten in den Alpen vorhanden: am häufigften find dieſe Ab» weichungen in den Rhaͤtiſchen Alpen, wo fie oft, wie auch in andern Stellen des Alpengebirges, beynahe rechte Win⸗ kel mit jener Hauptrichtung bilden. Wir ſind uͤberhaupt noch lange nicht ſo weit vorgeruͤckt in der geognoſtiſchen Kenntniß der Alpen, um allgemeine Angaben mit zuver⸗ laͤßiger Gewißheit und gar noch mit der Behauptung 1 aufſtellen zu dürfen, daß Nirgends Abweichungen dar von ſtatt haben. N V3.) Die Urfelsſchichten liegen nicht horizontal, ſon⸗ — 293 dern ſie ſtehen entweder außerordentlich ſteil aufgerichtet oder faſt ganz ſenkrecht, und dieß nicht bloß an einzelnen Stellen, ſondern unverruͤckt durch die ganze Ausdehnung der Uralpen. Im Allgemeinen richten ſich die Schichten gegen R. W. auf: doch iſt dieß nicht ein durchaus herr⸗ ſchendes Geſetz, weil auch an vielen Stellen ganze . tenmaſſen die umgekehrte Richtung zeigen.“ Eben fo, oder vielmehr noch unrichtiger iſt dee Behaup⸗ tung,, daß ſich die Urfelsſchichten immer unter ſteilen Wins keln einſenken: der Ausnahmen ſind unzaͤhlbar viele, die groͤßte und ſprechendſte bildet der Mont Roſa, deſſen Schich⸗ ten der horizontalen Lage nahe kommen: überhaupt dürfte vielleicht richtiger angenommen werden, daß die Schichten⸗ einſenkung weniger oft den Winkel von 60 bis 80 Grad erreicht, als daß ſie dieſe Winkel bildet. Auch die Be⸗ hauptung iſt zu gewagt, daß ſich die Schichten im Allge⸗ meinen gegen N. W. aufrichten; wenigſtens iſt bis jezt noch kein Alpenprofil in den helvetiſchen und ſavoyſchen Alpen beobachtet worden, in welchem fich nicht die entgegenge⸗ ſezte Schichteneinſenkung in großen Strecken zeige. Man ſehe hieruͤber im iſten Band der Alpina p. 35 — 48 die Bemerkung uͤber Humbolds Anzeigen, das Streichen und Fallen der Felſenſchichten in den Alpen betreffend. 4.) In dem ganzen Schichtenſyſtem ſieht man nir⸗ gends oͤrtliche Stoͤrungen, Beugungen, wunderliche Kruͤm⸗ mungen einzelner Maſſen von Urfelstafeln, ſondern es herrſcht eine feſte bewundernswuͤrdige regelmäßige EUER foͤrmigkeit.“ Auch dieſe Behauptung iſt wohl zu umfaſſend und zu beſtimmt aufgeſtellt, denn beſonders ſind die Schichten der ſo ausgedehnten Glimmerſchiefer formation nicht en ges bogen und gekrümmt. Da dieſe drey lezten geognoſtiſchen Angaben zu umfaſ⸗ 294 ſend und zu beſtimmt aufgeſtellt find, fo ergiebt ſich auch, daß die daraus gezogenen Folgerungen nicht allgemein guͤl⸗ tig find, und daß nicht immer aus der bloßen Richtung eis nes Thals entſchieden werden kann, ob es beſtimmt zu den Laͤngenthaͤlern oder zu den Querthaͤlern gehöre, 6,8. Uebergang einer Felsart in die andere. Ausdehnung der [Felsarten in einer und derſelben Schicht. Beſchreibung der zwey aͤußerſt merkwürdigen Urkalkſteinlager, welche das ganze Urfelsgebilde durchlaͤn⸗ gen. Daß, wie (pag. 63) behauptet wird, die Felsart einer und derſelben Urfelstafel durch allmaͤhlige Abaͤnderung der Gemengtheile in die Felsart einer andern Tafel uͤbergehe, iſt überhaupt ſelten der Fall. Daß verſchiedenartige Fels⸗ arten auf- und untereinander liegen, und ſich in einem Schichtenprofil in kurzen Entfernungen folgen, iſt ganz rich» tig; aber dieß iſt nicht Uebergang der Felsart der gleichen, ſondern verſchie dener Tafeln oder Schichten. Die (pag. 64) vom Verfaſſer angefuͤhrten Beyſpiele haben auf eine ganze Schichtenfolge, nicht auf eine einzelne Schicht Bezug; da⸗ her wohl dieſe ganze wichtige Behauptung noch bezweifelt, vielleicht gar widerſprochen werden darf. „Eine Reihe unzaͤhliger uͤber das Vorkommen des Ur⸗ kalkſteins gemachter Beobachtungen fuͤhrt (nach pag. 68) zu der nothwendigen Schluß folge, daß derſelbe das ganze urfelsgebilde durchlaͤngt und zwey Parallellinien bildet, wel⸗ che in geradem Querdurchſchnitt 3 — 4 Stunden von eins ander entfernt find.” R So ganz ausgemacht iſt es doch wohl noch nicht, daß die Urkalkſteinformation in zwey ununterbrochenen Parallel- linien die Alpenke tte durchſtreicht, denn noch find große 298 Zwiſchenſtellen zwiſchen den bekannten Tagſtellen derſelben, wo man bis jezt noch keine Spuren davon vorfand, for wie hingegen an andern Stellen, wo dieſe beyden Kalk⸗ ſteinformungen auf der geognoſtiſchen Karte fo ſchoͤn ges trennt von einander erſcheinen, gar keine Zwiſchenforma⸗ tion ſtatt hat: beſonders in Buͤndten wird ſich der Geognoſt nicht leicht erkennen, indem dort die ſogenannte Urkalk⸗ ſtein formation viel ausgedehnter iſt, als die Karte anzeigt und auch andre Richtungen befolgt. Daß viele der bedeu⸗ tendſten Laͤngenthaͤler in der Streichungslinie der Urkalk⸗ ſteinformation liegen, iſt wohl wieder nur theilweiſe rich⸗ tig; daher dieſe Angabe vieler Beſchraͤnkung bedarf, um nicht zu ganz unrichtigen geologiſchen Ideen zu führen; fo- beſchraͤnkt aber iſt ihr nicht mehr erlaubt als geognoſtiſche Thatſache mit etwelcher Zuverlaͤßigkeit aufzutreten. Daß die Kalkſteintafeln dieſer Formation hoch aufgerichtet da ſtehen, wie (pag. 69) behauptet wird, iſt wohl eben ſo wenig allgemeines Geſetz als die obigen Angaben. Das Rhonethal ſoll (nach pag. 70) jenen oben ange zeigten Angaben zufolge in der Streichungslinie der erſten Kalkſteinlinie liegen, allein derjenige Theil des Wallis in- der Gegend von Sitten, wo ſich die Kalkſteinlinie zeigt, iſt gar nicht einmal Laͤngenthal, ſondern durchſchneidet die Schichten der Gebirge unter einem ſtarken Winkel; auch darf wahrſcheinlich dieſer Kalkſtein nicht einmal zu dem Ur⸗ kalkſtein gerechnet werden, ſondern geboͤrt eher zum Ueber⸗ gangs kalkſtein, indem er zwiſchen dem aͤltern Floͤzkalkſtein und dem Glimmerſchiefer inne liegt, und keineswegs durch eine anhaltende Urfelsbildung von den Kalkſteinalpen der noͤrdlichen Walliſerkette getrennt wird. Vergleicht man die Streichungslinie der Kalkſteinſchichten des Wallis bey Sit⸗ ten, mit derjenigen der Kalkſteinformation im Urſelerthal, fo möchte es ſehr ſchwer ſeyn, dieſe beyden Kalkſteinabla⸗ 296 gen, mit Beybebaltung der Unveränderlichkeit der Strei⸗ chungslinie, der Formationen und Schichten, zu einer und ebenderſelben Formation zuſammen zu ſtellen. Wenn aber der Kalkſtein des Urſelerthals mit dem Kalkſtein von Sit⸗ ten in die vom Verfaſſer fo ununterbrochen aufgeſtellte noͤrd⸗ liche urkalkſteinlinie gehört, wohin fol dann die Kalkſtein⸗ niederlage gehören, die (fiehe Alpina IIIer Theil p. 182) nördlich von Urſelen im Hintergrund des Mayenthals vor⸗ kommt? Ebenſo ſcheinen die Angaben über das durch Buͤndten fortgeſetzte Streichen der Urkalkſteinformation meh⸗ rere weſentlich von einander verſchiedene Formationen mit einander zu vermengen und nicht die Fortſetzung einer und derſelben Kalkſteinbildung zu enthalten. Ueberhaupt aber ſind die erfahrenſten Geognoſten der Alpen uͤber das Strei⸗ chen der verſchiedenen Formationen in Buͤndten und ihre Reihenfolge aufeinander noch ſo wenig im Reinen, weil gerade hier die auffallendſten Abweichungen von jener all⸗ gemeinen Streichungslinie der Gebirgsbildungen ſtatt ha⸗ ben, daß die geogneſiiſche Darſtellung des Buͤndtnerlandes noch einige Jahre eine unaufgelöste Aufgabe der Geognoſſe der Alpen bleiben wird. Daß (nach pag. 73 bis 76) die Urkalkſteinformation der Suͤdſeite des Montblancs durch das Ferretthal ins Entre⸗ montthal und alſo an die Nordſeite des großen Bernhards⸗ berges hinuͤberſetze, ift eine noch ſehr gewagte Vermuthung; indem wohl das Walliſer Ferretthal noch nicht hinlaͤnglich in geognoſtiſcher Hinſicht unterſucht iſt, um eine fo bes denkliche Angabe hierauf gruͤnden zu können. Ebenſo un⸗ zuverlaͤßig find die Angaben über das weitere oͤſtliche Fort⸗ ſetzen dieſer ſogenannten zweyten Urkalkſteinninie, indem im Gegentheil weit wahrſcheinlicher die Kalkſteinſormation von Turtmann mit der von Sitten zuſammenhaͤngt, und alſo die beyden vom Verfaſſer ols abgeſondert aufgeſtellten Kalk; ſteinlinien wahrſcheinlich hier zuſammentreffen. 297 Nicht zuverlaͤßiger ſcheint der Zuſammenhang der Kalk⸗ ſteinformatjon der Rordſeite der Walliſer-Alpen mit der⸗ jenigen der Suͤdſeite des Gothards zu ſeyn, und hier Veto wechslungen von Formationen zum Grunde zu liegen) die wenigſtens zu ſehr voreiligen Schluͤßen, wo nicht gar zu ſehr nachtheiligen geognoſtiſchen Verwirrungen fuͤhren. Die Angaben über das Streichen dieſer zweyten Urkalk⸗ ſteinbildung durch Bündten find den gleichen Zweifeln un⸗ terworftn, welche über die Angaben der erſten ſogenann⸗ ten Urkalkſteinformation ſtatt haben. Die (pag. 77) vom Verfaſſer angefuͤhrten Entſchuldi⸗ gungen über den Nichtzuſammenhang der beobachteten Tag⸗ ſtellen dieſer beyden Urkalkſteinformationen ſind allerdings von Gewicht; nur hat hierbey die Gegenbemerkung ſtatt, daß die als zur gleichen Formation gehoͤrig angegebenen Tagſtellen des Urkalkſteins oryktognoſtiſch eben fo verſchie⸗ dene Kalkſteinarten zuſammenſtellen, als dieſe hoͤchſt wahr⸗ ſcheinlich auch geognoſtiſch verſchieden find. Wuͤrden der Urkalkſtein der Alleeblanche mit dem von Orſtere, und der von Turtmann mit dem des Canariathals o noſtiſch uͤbereinſtimmen, fo würden die gegen das Syn s Ver⸗ faſſers aufgeworfenen Zweifel viel von ihrem Gewscht vers lieren, aber wenn man dieſe Kalkſteinarten unter einan— der, fo wie ihre geognoſtiſchen Verhaͤltniße vergleicht, fo wird die Darſtellungsart des Verfaſſers kaum mehr viel Wahrſcheinlichkeit beybehalten. Auf pag. 78 wird die gerade Streichungslinie der Ur kalkſteinzuͤge als durchaus unverruͤckt neuerdings mit einer Beſtimmtheit behauptet, die die Gefahr ſehr auffallend be⸗ weist, welche ſtatt hat, wenn aus unzuverlaͤßigen geogno⸗ ſtiſchen Angaben allgemeine Folgerungen gezogen werden. Hätte der Verfaſſer die Schichtenſtreichung im Wallis mit der Richtung der Gebirgszuͤge gehörig verglichen, wohl 298 wurde Er den een Karten nicht fo viel geogno⸗ ſtiſchen Werth beylegen. Auf pag. 79 und 80 finden ſich mehrere als unumſtöß lich aufgeſtellte Behauptungen, welche ſchon oben als un⸗ zuverlaͤßig angegeben wurden. Aus den Zweifeln gegen die Richtigkeit der vom Ver⸗ faſſer aufgeſtellten Angaben über das Streichen der beyden Urkalkſteinbildungen folgen auch ähnliche Zweifel über die Angaben der dieſe genden Formationen begleitenden Neben⸗ f düldungen. g 8,9, Einige nähere Beſtimmungen über den Schichtenbau. Uber den Alpenkamm als TCentralkette betrachtet, und über uw ſpruͤngliche Ketten und Thaler. Aus den aufgeſtellten Geſetzen der Schichtenſtreichung zieht der Verfaſſer hier wichtige Reſultate: Z. B. „ daß die Urfelstafeln der Kottiſchen Uralpen zwiſchen dem Mont Cenis und Mont Viſo in ihrer Richtung nach O. N. O. nicht anders als gerade durch die Piemonteſiſchen und Lom⸗ bardiſchen Ebenen ziehen wuͤrden, wenn ſie in dieſem Raum nicht abgebrochen waͤren, und daß die Urfelsſchichten der Meeralpen von Toulon an in ihrer Richtung nach O. N. Q. gerade durch die Appeninen bis gegen Modena fortſetzen muͤſſen, und alſo die Meeralpen geognoſtiſcheder Appeninen⸗ kette angehören.” Waͤre die Streichung jener beyden vom Verfaſſer an⸗ genommenen Urkalkſteinbildungen ſo zuverlaͤßig als Er ſie aufſtellt, ſo waͤren dieſe und alle uͤbrigen daraus gezogenen Reſultate allerdings ſehr wichtig fuͤr die Geognoſie: aber wenn jene Angaben unrichtig ſind, — wenn jener Ueber⸗ tritt der zweyten Urkalkſteinformation von der Suͤdſeite des Mont Blancs an die Nordſeite des Mont Roſa, und 299 dann wieder die Rückkehr an die Suͤdſeite des Gothards u. ſ. w. gar nicht ſtatt hat; — wenn endlich jene vollkom⸗ men regelmäßige Streichung der Gebirgsbildungen ſehr Haut fige Ausnahmen leidet; wo ſtehen wir dann mit allen die— ſen Folgerungen aus ſo unzuverlaͤßigen Vorderſaͤtzen? und was gewinnt die Wiſſenſchaft durch ſolche zweifelhafte Zu— ſammenſtellungen und Schluͤße? — Noch iſt der Hr. Ver⸗ faſſer; — noch iſt überhaupt kein Geognoſt der Alpen in der Kenntniß dieſer großen Gebirgsgegend fo weit vorges ruͤckt, um ſchon ſolche Ueberſichten mit einiger Zuverlaͤßig⸗ keit dem Pubticum mittheilen zu Dürfen, und noch weni» ger um ſchon Folgerungen daraus ziehen zu koͤnnen, die der Wiſſenſchaft mehr Nutzen als Nachtheil bringen! Von pag. 90 bis 96 finden ſich viele Beobachtungen über die Schichteneinſenkung zuſammengetragen, wobey aber auffallend iſt, daß der Verfaſſer gar keine Beobach⸗ tungen von nicht ſteil eingeſenkten Urfelsſchichten aufgenom, men hat, deren doch ſchon Sauſſure bekannt machte; warum verdient denn der ungeheure, faſt horizontal geſchichtete Mont Roſa gar keiner Erwaͤhnung? Wäre der Verfaſſer mit einem Senkblei und Gradbogen in den Alpen herum— gereist, er wuͤrde der ſenkrechten Schichten weit weniger gefunden haben und auch die Schreckhoͤrner nicht hieher ordnen, und uͤberhaupt bemerkt haben, daß das was dem ſchuͤchternen Wanderer als aͤußerſt ſteil, faſt ſenkrecht ſich darſtellt, nur ſelten so bis 60 Grade überfleigt. Dias die völlig regelmäßige Schichtenſtreichung, die der Verfaſſer annimmt, ſo viele Ausnahmen leidet, daß ei⸗ gentlich keine völlige Regelmaͤßigkeit ſtatt hat, fo folgt auch daraus, daß über die Identitat der Schichten aus ihrer Streichungsparallele nicht mit Zuverlaͤßigkeit abgeſprochen werden kann; richtig hingegen iſt, was der Verfaſſer pag. 98 anfuͤhrt, daß Waſſerſcheidung und geognoſtiſche Central⸗ Kette in keiner Verbindung miteinander ſteßzen. 800 Da die beyden ſogenannten Urkalkſtein⸗ Parallelen 12 problematiſche Angaben des Verfaſſers find, fo ift die hier⸗ auf (pag. 100) zum Theil begruͤndete Behauptung: es gebe in geognoſtiſchem Sinne keine Zentralkette in den Urs alpen, zu voreilig. f 6, 10. Stets „ Wechſel derſel⸗ ben Urfelsarten in dem Schichtenbau der Uralpen. 2 Die pag. 103 angeführte Behauptung, daß die Felsart jeder Schichte (mit Ausnahme der nur zolldicken) von der ihr zunaͤchſt ſtreichenden entweder durchaus in dem Stoffe, oder doch in Abaͤnderung des Gemenges, der Kryſtalliſi⸗ rung, Groͤße des Korns und Gefuͤges derſelben Beſtand— theile, oder durch Verſchwinden eines dieſer Beſtandtheile, oder durch Hinzutreten eines neuen Gemengtheils verſchie⸗ den ſey, iſt nur auf einige wenige Stellen, z. B. auf den Suͤdabhang des Gothards paſſend, und auch da noch viel zu uͤbertrieben: denn in weitaus den meiſten Reviren des ſogenannten Urgebirges hat längeres Anhalten und alſo ſtaͤr⸗ keres Profil der einzelnen Felsarten ſtatt, welches oft bis Stunden lang in wirklichen Querthaͤlern ohne minnene Veraͤnderung fortſetzt. Aus einer Darſtellung verſchiedener Alpenprofile see der Verfaſſer pag. 110 folgende Schluͤße: 1.) Daß die Ur⸗ felsarten in den Schichtengliedern unaufhoͤrlich wechſeln. 2.) Daß keine einzige Urfelsart, ſelbſt nicht der Granit, ausſchließend die Mitte dee Uralpen einnehme. 3.) Daß der Granit uͤberhaupt nicht bloß in einer gewißen Richtung ſtreiche, ſondern in der ganzen Breite des Urfelsgebildes in 4—6 Parallelen und das leztemal faſt an der aͤußerſten ſuͤdlichen Grenze deſſelben in anſehnlichen, mit andern Fels⸗ arten wechſelnden Schichtenmaſſen vorkomme. 4) Daß die N 304 Schichtenglieder aus Gneus⸗ und Glimmerfchiefer- Arten in der ganzen Breite viel häufiger find als die Schichten⸗ glieder des Granits. F.) Daß der Urkalkſtein nicht bloß in den zwey beſchriebenen Parallelen der Urfelsgebilde durchs laͤnge, ſondern daß deſſen Schichtenglieder durch die ganze Breite deſſelben mit den uͤbrigen Felſenarten wechſeln, und 6.) Daß jede Urfelsart ſich ſtets wiederhole und in ges wißen Zwiſchenraͤumen wieder erſcheine. Daß No zu allgemein und zu ausgedehnt aufgeſtellt iſt, iſt ſchon gezeigt worden. Noch iſt N° nicht hinlaͤng⸗ lich erwieſen, weil leicht irgend eine Art des Granits oder Gneuſes die Mitte der ſogenannten Uralpen einnehmen koͤnnte. N? 3 iſt in einigen Stellen der Alpen, wohl aber nicht ganz allgemein richtig. N° iſt in den Savoyſchen und Schweitzer⸗Alpen ganz richtig. N? iſt an vielen Stel⸗ len richtig, und giebt eben darum mit einen Beweis ab, daß die Aufſtellung jener zwey Kalkſteinparellelen eben ſo einſeitig als unzuverlaͤßig iſt; denn wenn der Kalkſtein 4 bis 6 Mal im gleichen Profil und mit ſehr verſchiedenen Breiten er, ſcheint, warum mahlte der Hr. Verfaſſer in ſeine geogno⸗ ſtiſche Karte denn nur zwey Kalkſteinſtreifen ein? Auf Ne 6 legt der Hr. Verfaſſer ganz beſonderes Gewicht, allein bey der Unvollſtaͤndigkeit unſrer geognoſtiſchen Alpenkenntniß iſt auch dieſer Satz mit feinen Entwicklungen viel zu umfafe ſend aufgeſtellt: freylich wiederholen ſich die Felsarten, aber doch mit weſentlichen Verſchiedenheiten; der Gneus der Schoͤllenen, der in der Rotunder⸗Alp, der am VPlatiſet u. ſ. w. im Gothardsprofil find weſentlich von einander ö verſchieden, und die Wiederkehr derſelben Felsarten nach beſtimmten Zwifchenraumen in mehreren Schichtenparalle- len, ſo wie die Bildung ganzer Schichtenmaſſen aus ſo verſchtedenen Schichtengliedern leiden fo viele Ausnahmen, daß die Regel ſelbſt noch zweifelhaft iſt; wo find z. B. im 302 Wallis zwiſchen den beyden Urkalkſteindildungen des Ver. . faffers alle die Zwiſchenbildungen, die ſich am Gothard zwiſchen ihnen befinden? und aͤhnliche Fragen koͤnnten faſt unzaͤhlige aufgeſtellt werden. 4 11. Hoͤhe der verſchiedenen Urfelstafeln und Urſache ihrer Pyramidalform in Hei Felshoͤrnern. Hier liefert der Hr. Verfaſſer eine intereſſante Angabe der Hoͤhe der verſchiedenen Gebirgsarten der Uralpen. Die Urſache der Pyramidalform der Felshoͤrner legt der Ver⸗ faffer in die eigenthuͤmliche Spaltungsart der Urfelsarten: erſt ſollte aber entſchieden ſeyn, ob denn die Urfelshoͤrner ppramidaler als die Kalkſteinhoͤrner ſeyen? $. 12. Körper organiſcher Weſen in den Schich— ten des Urfelsgebildes. Deren ſind bis jezt keine gefunden worden. 6, 13. Salzſaͤure, Schwefelſaͤure und brenn⸗ bare Mineralkoͤrper. Eine Aufzaͤhlung der bekannten ſauren Mineralwaſſer, des Grophiths, der Kohlenblende und der Schwefelkieſe der UMralpen. Die Kohlenblende von Chandoline im Wallis, von der Pag. 127 die Rede iſt, wurde nur darum abgebaut, weil man ſie fuͤr Steinkohle hielt; nach der gemachten Erfah⸗ rung, daß ſie nicht brenne, wird ſie nicht weiter abgebaut. 5. 14. Quarzkryſtalle, Granaten und andere merkwuͤrdige Steine und Foffilien. In der intereſſanten Aufzaͤhlung der Findorte der ſelt⸗ nern Foſſilien iſt Folgendes zu bemerken: \ 303 Ido Kraſe oder Veſuvian iſt nur an den beyden Sei⸗ ten des Mont Roſa gefunden worden. Der ſogenannte Prehnit von Diſentis, der aber nicht bey Diſentis, ſondern am Sixmadun zwiſchen Urſeren und Buͤndten bricht, iſt gar nicht Prehnit, ſondern eine Tha⸗ litabaͤnderung. J. 15. Metalle. In der Aufzählung der Stellen, wo ſich Metalle in den Uralpen zeigen, iſt Folgendes zu bemerken: Pag. 161. Das Bleierz des Silberbergs im Davoſer⸗ thal bricht nicht im Urgebirge, en in der Alpenkalk⸗ ſteinformation. Pag. 168. Der Eiſenſtein im d Maderanthal liegt nicht im Urgebirge und nicht in Gaͤngen, ſondern als Lager im zunaͤchſt auf dem Gneus aufſitzenden Kalkſtein. Hingegen findet ſich Eiſenglanz und Eiſenglimmer zum Theil ſchoͤn kryſtalliſirt auf dem Gothardsberg. F. 16. Ehemalige gewaltſame Zerreiſſung und unaufhörlich fortdauernde Zerſtoͤrung des Urfelsgebildes. Der Hr. Verfaſſer nimmt als unwiderſprechlich an: daß das Urfelsgebilde ein einziges feſtgeſchloſſenes Ganze gewe⸗ ſen ſey. Vielleicht? aber ſo unwiderſprechlich iſt dieß doch noch nicht erwieſen: wohl haben die Querthaͤler das Ge. praͤge einer Zerreiſſung, aber bey den Laͤngenthaͤlern iſt dieſe Entſtehungsart weder ſo auffallend noch ſo unzwei⸗ felbaft —. Es wäre alſo nichts weniger als überfufig geweſen, wie pag. 181 behauptet wird, zu deweiſen, daß alle Thaͤler und Schluͤnde durch gewaltſame Trennung und Durchbruch entſtanden ſind. Wenn wir ohne hinlaͤngliche Beweiſe, oder gar ohne irgend einen Beweis ſolche Be⸗ 304 hauptungen in der Geognoſie aufftelen , fo führen wir uns ſelbſt irre und werden nie weder eine richtige Ueberſicht der Bildung der Erdkruſte und noch viel weniger einige rich⸗ tige Begriffe über ihre Entſtehungsgeſchichte erhalten koͤn⸗ nen!!! f 9 17. Zu ſammenſtellung der im zweyten Abs ſchnitt enthaltenen Hauptthatſachen, nebſt einigen Folgerungen. he »1.) In den Uralpen und in dem innern Bau ders ſelben herrſcht eine bewundernswürdige Ordnung. t richtig. — „.) Die wahre Beſchaffenheit der urſprünglichen An- a ordnung der Uralpen laͤßt ſich nur durch Erforſchung des innern Baues derſelben erkennen.“ Eben ſo richtig. 1 3.) Das Urfelsgebilde iſt in feiner ganzen Ausdeh⸗ nung durch zo Längen» und x eee geſchichtet.“ Wahrſcheinlich. „5 4.) Alle Schichten ohne 2 1 ſtreichen von W. S. W. nach O. N. O. parallel hintereinander. Alle Schichten ſind theils ganz ſenkrecht aufgerichtet, theils ſchießen fie unter Winkeln von 50 — 90 Grad nach S. O. oder nach N. W. ein. Schon iſt angezeigt worden, daß dieſe allgemeinſte Streichungsrichtung keineswegs ohne alle Ausnahme ſtatt habe, und daß eben ſo wenig ſo ſteile Schich⸗ teneinſenkung allgemein vorhanden ſey. 5 F.) Die Schichten liegen nicht uͤbereinander, ſon⸗ dern ſtreichen nebeneinander. Da ſehr viele Schichten des ſogenannten Urgebirges nicht ſteil aufgeſtellt ſind, ſo liegen dieſe freylich ſehr deutlich uͤbereinander, z. B. am Mont Roſa. Ueberhaupt ſind der vertikal ſtehenden Schich⸗ ten im Verhaͤltniß mit den liegenden ſo wenige, daß es hoͤchſt gewagt iſt auf jene hin eine fo folgereiche Hypo⸗ 305 theſe aufzuſtellen wie dieſe iſt, welche hier der Verfaſſer vortraͤgt. „6.) Nirgends zeigen ſich oͤrtliche Beugungen, Krüms mungen, Verſtuͤrzungen in dieſer Schichtenftellung. ”. Dieſe Behauptung iſt unrichtig, indem dieſer Beugungen unzaͤh⸗ lige vorkommen. | »7) Es fand alfo die allertiefſte Ruhe im Urmeer ſtatt, als das Schichtenſyſtem des Urfelsgebildes entſtand.“ Da die Vorderſaͤtze unrichtig ſind, ſo iſt die Folgerung wohl auch ſehr zweifelhaft. Ueberdem aber, wie kommt der Hr. Verfaſſer nun auf einmal zu einem Urmeer, in dem fich. die ſenkrechten und faſt ſenkrechten Schichten bildeten? Ein ſolch neues umfaſſendes geologiſches Syſtem wuͤrde doch auch einer naͤhern Entwicklung wuͤrdig ſeyn. 58.) Alle Thaler, Schluͤnde, Kluͤfte, kurz alle Tren⸗ nungen der Felsmaſſen in den Uralpen ſind Wirkungen von zerreiſſenden durchbrechenden Gewaltskraͤften und einer ſeit Jahrtauſenden fortdauernden Zerſtoͤrung. Diefe Behaup⸗ tung iſt durchaus unerwieſen, und wohl ſelbſt unwahrſchein⸗ lich. Vor allem aus hätte eine Abſoͤnderung der Laͤngen⸗ und der Querthaͤler ſtatt haben ſollen, indem ihre Entſte⸗ hungsart wohl ganz verſchieden iſt. Dann haͤtte, ehe uͤber die Laͤngenthaͤler abgeſprochen wird, unterſucht werden muͤſ⸗ ſen, wie die ſteilen Schichten des Urgebirges entſtanden ſeyn koͤnnen, um zu wiſſen, ob nicht das Daſeyn der Laͤngen⸗ thaͤler mit der Stellung dieſer Schichten in Verbindung ſtehe. Endlich haͤtte eine umſtaͤndlichere Darſtellung der Urgebirgsthaͤler ſelbſt ſtatt haben ſollen, ehe eine ſolche Be⸗ hauptung ohne Beweis hingeworfen wurde! | 5„9.) Da die drey verfchiedenen Stellungsarten der Schichten in bedeutenden Querbreiten von vielen Stunden nur ſehr unmerklich in einander uͤbergehen, ſo iſt das Schich⸗ tenſyſtem ganz geſchloſſen und dadurch der Parallelſchichten⸗ u I» N 306 bau nirgends geftört und unterbrochen.” Iſt denn der am Gothard und an einigen andern Stellen der ſchweizeriſchen Alpen beobachtete Uebergang der ſuͤdlichen Schichten- Eins ſenkung durch die vertikale Stellung in die noͤrdliche Ein⸗ ſenkung fo allgemein, wie der Verfaſſer hier annimmt 2. Kommen denn nirgends ſchnelle Abaͤnderungen der Schich⸗ tenſtellung ſtatt Uebergaͤngen vor? Hierüber giebt uns der Verfaſſer keine Auskunft, ſondern zieht einen allgemeinen Schluß aus einigen bloßen Lokalbeobachtungen, da doch bey naͤherer Unterſuchung der Beſchaffenheit der Alpen und ſelbſt bloß aus den daruͤber vorhandenen Nachrichten ſich viele ſchnelle Schichtenabaͤnderungen ohne Uebergaͤnge gezeigt haͤtten, die des Hrn Verfaſſers Behauptung widerlegen. „ 10.) Dem zufolge war das Urfelsgebilde urſpruͤng⸗ lich ein einziges Ganze, ein feſt geſchloſſenes Schichtenſy⸗ ſtem, in deſſen Bau durchaus die hoͤchſte und feſteſte Ord⸗ nung, das große Geſetz des Paralellismus herrſcht. Den gemachten Gegenbemerkungen zufolge ſind wir noch nicht im Fall die jetzige Beſchaffenheit des Urgebildes im Allge⸗ meinen zu kennen, und alſo noch viel weniger dazu geeig⸗ net, anzuzeigen, wie es urſpruͤnglich war. Auch kann hohe und feſte Ordnung ohne ein Geſetz des damen herr⸗ ſchen. — N „11.) Ein gleichfoͤrmiges Erheben Ka übereinander gelagerten Schichten aus der Tiefe von 30 Stunden und in einer Ausdehnung von 300 Stunden iſt unmöglich.” Die Gleichfoͤrmigkeit der Einſenkung und Streichung iſt allervorderſt nicht ſo groß, wie der Verfaſſer ſie annimmt. Auch waͤre, wenn man ſchon auf die geringe vorhandene Alpenkenntniß hin ein geologiſches Syſtem aufbauen wollte, wohl keine Erhebung der Schichten aus einer Tiefe von 30 Stunden erforderlich, oder man koͤnnte eine Einſenkung ſtatt einer Erhebung annehmen; folglich iſt man auch bey D N f ö 367 N i 5 5 Verwerfung der Erhebungshypotheſe doch noch nicht im Fall zu behaupten, die Schichten ſeyen in ihrer jetzigen Lage ge— bildet worden. Kurz ſolcher Traͤume ſind mannigfaltige moͤglich: aber noch ſind wir ſo wenig im Fall eine gute Hypotheſe uͤber die Bildungsgeſchichte unſrer Erde zu ent⸗ werfen, daß es jedem Geognoſten leicht iſt, die Realitaͤt dieſer Träume für unmöglich oder doch unwahrſcheinlich zu erklaͤren. „ 12.) Die Querthaͤler enthuͤllen den Bau der Alpen beſſer als die Längenthäler.” Dieſer ſchon lange befanns ten Regel fuͤr geognoſtiſche Wanderungen muß uͤbrigens nicht zu aͤngſtlich Folge geleiſtet werden denn uͤberhaupt find die ganz vollkommnen Laͤngenthaͤler nicht ſehr haufig in den Alpen, ſondern oft werden die Laͤngenthaͤler ſtrecken⸗ weiſe zu Querthaͤlern, und ſind, wie z. B. das Wallis, auch in dieſer Hinſicht der ſorgfaͤltigen Unterſuchung der Geognoſten wuͤrdig. „ 13.) Das Schichtenſyſtem iſt aus mannigfaltigen Felsarten zuſammengeſetzt. In jedem Schichtengliede iſt nur eine einzige Felsart durch ſeine ganze Streichungslinie und Maͤchtigkeit herrſchend; jedoch ſo, daß je einfacher die Felsart eines Schichtengliedes iſt, deſto unveraͤnderlicher bleibt deſſen Beſchaffenheit durch alle Laͤngengrade. Waͤre dieſer Satz richtig, fo müßten die einfachen Quarzlager oder Serpentinſteinſchichten ſich viel weiter unveraͤndert er⸗ ſtrecken als die zuſammengeſetztern Granit- und Gneusſla⸗ ger, welches aber doch der Fall nicht iſt. „ 14.) Die außerordentliche Ausdehnung jeder Felsart in den meiſten Schichtengliedern und die beſchriebenen zwey Urkalkſteinparallelen, welche das ganze Urfelsgebilde durch— laͤngen, zeigen, wie ausgedehnt dieſelden Miſchungen in dem Urmeer ſeyn, und wie allgemein die beſtimmenden Ur— ſachen der Schichtenabſaͤtze wirken mußten. Wie zweifel⸗ 308 haft die Exiſtenz jener ununterbrochenen zwey Urkalkſtein⸗ Parallelen ſey, iſt ſchon gezeigt worden; auch andre Fels⸗ gebilde, wie Serpentinftein u. ſ. w. find öfters durch große Strecken unterbrochen. Was das Urmeer und die beſtim⸗ menden Urſachen der Schichtenabſaͤtze aus demſelben betrift, ſo haben wir noch ſo wenige zuverlaͤßige allgemeine geogno⸗ ſtiſche Hauptthatſachen, daß wir doch noch dieſe abwar⸗ ten wollen, die uns nähere Auskunft über die Schichten⸗ abſaͤtze aus dem Urmeer liefern werden. »15.) Das zo Stunden breite Urfelsgebilde beſteht aus einer ungeheuren Menge Felsblaͤttern; aber die Schichten der naͤmlichen Felsart erſcheinen unter der regelmaͤßigſten Abwechslung mit andern Felsſchichten durch Querbreiten von 1 bis 3 Stunden immer wieder; ſo daß dieſe ſtets un⸗ tereinander wechſelnden Schichtenpaare ganze Schichtenmaſ⸗ ſen bilden, in welchen eine Felsart durch die Menge ihrer wiederkommenden und mächtigen Schichten ſich als herr, ſchend zeigt. Selten bildet eine Felsart nur ein einziges Schichtenglied.“ So ſelten iſt es doch nicht, daß eine Fels⸗ art nur ein einziges Schichtenglied bilde, und die Abwechs⸗ lung verſchiedener Schichtenpaaren iſt wohl auch nicht ſo all⸗ gemein herrſchend in den Alpen, wie ſie hier aufgeſtellt wird. „16. Dieſer zwiefache Wechſel der Schichtenpaare und Schichtenmaſſen deutet ſowohl auf regelmaͤßige periodiſche Veraͤnderungen in dem Urmeer als auf eine ſtets periodi⸗ ſche Wiederkehre derſelben allgemeinen Urſachen, welche in jener Urzeit dieſe Miſchungsveraͤnderungen und dieſe regel⸗ mäßig wechſelnden Schichtenabſetzungen heſtimmten.“ Gabe man auch dem Hrn Verfaſſer das Urmeer zu, aus dem ſich die Schichten abſetzten, fo wäre darum noch keine periodi⸗ ſche Wiederkehr derſelben Urſachen erforderlich; das Ur, meer koͤnnte ſich ja zu gleicher Zeit an verſchiedenen Stellen, nach der Profilrichtung wie nach der Laͤngenrichtung, aͤhn⸗ 309 licher Veſtandtheile entledigt haben. Der Verfaſſer will ja kein Zentralgebilde annehmen, alſo kann er auch keine ſue⸗ ceſſive Abſetzung ſpaͤtherer Gebilde annehmen, ſonſt wäre das aͤlteſte bekannte Gebilde ein Zentralgebilde. Ueberhaupt aber wiſſen wir nicht, ob ſich irgend eine Felſenſchicht ums unterbrochen der ganzen Laͤnge der Alpen nach hinzieht, alſo iſt es wohl zu voreilig, ſich um die Entſtehungsgeſchichte einer ſolchen zu bekuͤmmern. N „ 17.) Keine einzige Felsart kann als die Grundfelsart betrachtet werden, uͤber welche alle uͤbrige Felsarten waͤren abgeſetzt worden, und die jezt ſo ſteil aufgerichteten Schichten find keineswegs einſt nach ihrer Schwere horizontal übers einander nie dergeſchlagen worden. Es giebt alſo keinen Gras nitkern, um welchen ſich alle uͤbrigen Felsarten lagerweiſe angelegt haben; und der Granit bildet nicht ausſchließend alle Firſten der hoͤchſten Gebirge. Da der Hr. Verfaſſer die Schichten aus einem Urmeer niederſchlagen laͤßt, und doch nicht will, daß die Schichten horizontal abgeſetzt wor⸗ den ſeyen, fo wäre eine Erklärung, wie ſich ſenkrecht ſte⸗ hende Niederſchlaͤge bilden können, doch ſehr nothwendig. Ebenſo, da der Hr. Verfaſſer ſo beſtimmt weist, daß es keinen Granitkern giebt, ſo waͤre eine Anzeige, wie tief denn die ſteil eingeſenkten Schichten des Urgebirges eindrin⸗ + gen ſollen, hier erforderlich geweſen. Daß die hoͤchſten Fels ſenhoͤrner nicht aus eigentlichem Granit beſtehen iſt ganz richtig. i 518.) Alle zahlloſen Schichtenglieder, aus welcher Felsart ſie auch beſtehen, wurden waͤhrend einem und dem⸗ ſelben Zeitraum, unter Verhaͤltnißen und Einwirkungen ganz gleicher Naturkraͤfte gebildet. Es giebt alſo kein ver⸗ fchiedenes Alter — namlich in Betreff verſchiedener Natur⸗ zeitraͤume — für die mannigfaltigen Felsarten, woraus die Schichtenglieder beſtehen; ſondern jede Felsart, welche es \ 310 auch ſey, ſobald ſie ein Schichtenglied bildet, iſt Urfelsart. Der ſaliniſche Kalkſtein und Gyps, die Grauwacke, Sand⸗ ſteine, Thonſchiefer, Porphyrarten u. ſ. w., welche Schich⸗ tenglieder in den Uralpen bilden, find daher fo zuverlaͤßig Urfelsart als Granit und Gneus, und die Granitſchichten find nicht Alter als die Gneus- und Glimmerſchiefer- und die ſaliniſchen Kalkſteinſchichten.“ Dieſe ganz ſeltſamen Behauptungen ſind ſehr natuͤrliche Folgerungen der fal— ſchen Vorderſaͤtze; von denen der Hr. Verfaſſer ausgeht, und beweiſen wie nachtheilig es fuͤr die Wiſſenſchaft iſt, wenn einzeln aufgegriffne Thatſachen zu voreilig als allge⸗ mein herrſchende Naturgeſetze aufgeſtellt und dann auf dieſe hin ganze umfaſſende Syſteme aufgebaut werden. Haͤtte der Verfaſſer einmal den Suͤdabhang des Mont Roſa in der Naͤhe beobachtet, wo die faſt horizontalen Schichten ſich in einer Höhe von 10,000 Fuß ununterbrochen uͤberein⸗ ander zeigen, kaum würde Er bey feinem Glauben an ei- nen Riederſchlag der Schichten aus einem Urmeer an gleich⸗ zeitige Entſtehung der ganzen Schichtenfolge denken; oder haͤtte er auf Campolongo die ſchoͤn auf dem Gneus mit ſchwacher Einſenkung aufgeſetzten Tremolit- und Dolomit⸗ lager geſehen, gewiß wuͤrde Er nicht dieſe zugleich mit dem unterliegenden Gneus abſitzen laſſen. Laßt uns doch erſt die Natur beobachten wie fie iſt, ehe wir ihre Entſtehungs⸗ geſchichte mit abſprechender Beſtimmtheit niederſchreiben wollen! —! f 5 19.) Da die ganzen Schichten aus Urkalkſtein und Gyps das Urfelsgebilde 300 Stunden weit durchlaͤngen und durch deſſen ganze Breite ſo viele Schichtenglieder aus Urkalkſtein vorkommen, fo beweist dieß, daß die Kalkerde in der Urzeit faſt eine ſo wichtige Rolle geſpielt hat wie die Kieſelerde, und daß die Kalkerde eben ſo urſpruͤnglich iſt als die Kiefel-, Thon- und Talkerde und fo manche ans 311 dere Grundſtoffe.“ Wenn man nur die bekannten Kalk⸗ erde⸗Ablagen in den Uralpen mit den bekannten Granit» Ablagen vergleicht und bei den erſtern nicht eine noch unbe⸗ kannte Ausdehnung vermuthet, ſo iſt doch die Kalkerde in weit geringerer Menge im ſogenannten Urgebirge vorhan⸗ den als hier angenommen wird. „ 20.) Das faſt in allen Felsarten und allen kryſtalli⸗ | fi rten Mineralkoͤrpern verbreitete Eiſenoxid, das als unſicht⸗ bare Theilchen durch manche Felsarten verbreitete gediegene Gold, und alle Erze, welche in den Felsarten vorkommen, beweiſen, daß die Metallſtoffe ſchon in dem Urmeer ent» halten waren. Wenn ein Urmeer die ganze Urformation aufgelöst enthalten hat, fo mag es auch die ihr een ten Metalle enthalten haben. 521.) Die Streichung der Haupterzlager von W. S. W. nach O. N. O. in einer und derſelben Parallele durch ganze und mehrere Laͤngengrade, und ihre ſehr ſteil einſchießende oder ſenkrecht aufgerichtete Stellung, der Häufige Wechſel mehrerer Erzlager hintereinander und die periodifche Wieder> kehre derſelben durch die ganze Breite des urfelsgebildes belehren uns, daß in Betreff der Erze dieſelben Geſetze wie bey den Schichtengliedern aller Felsarten wirkten. Al⸗ lervorderſt ſind im urgebirge, wenigſtens im ſchweizeriſchen, gar keine Erzlager, fondern nur ſchwache Erzgaͤnge bekannt; ferner iſt leider kein anhaltendes Fortſtreichen der einzelnen erzhaltigen Revire durch mehrere Laͤngengrade ſichtbar ge- worden, und endlich iſt auch keine periodiſche Wiederkehr der Erze durch die Breite des Urfelsgebildes mit einiger Anhaltung zum Vorſchein gekommen, daher wohl die Ge⸗ ſetze, die in Betreff der Erze wirkten, noch etwas unbe⸗ kannt ſeyn moͤgen. „ 22.) Die Metalle find alſo fo alt wie die Urfelsgebilde ſelbſt, und deren Lager und Gänge koͤnnen nicht als Er⸗ 812 zeugniße ſpaͤterer, von außen gefchehener Einfiltrirung in die Kluͤfte und Spalten der Felsſchichten betrachtet und ihre Aufhaͤufungen nur fo oberfächlich- angenommen wer- den, daß ihr tiefſtes Eindringen nicht mehr als einige hun⸗ dert Fuß betragen ſoll; Meynungen, welche ſehr haͤufig vor⸗ getragen worden ſind.“ Wenigſtens wird man zugeben, daß Werners Theorie der Gaͤnge, wenn ſie auch ſchon bloß Hyypotheſe it, ſorgfaͤltiger begründet und entwickelt iſt, als des Hrn Verfaſſers hier aufgeſtellte entgegengeſetzte Du theſe. „ 23.) Die kochſalzhaltigen Quellen und das in Sa⸗ voyen brechende Steinſalz, die Schwefelkieſe, ſchwefelſauren Urkalkſteinſchichten und Salze, die Kohlenſtoff⸗ und andere Mineralſaͤuren haltenden Foſſilten, die kohlenſauren Fels⸗ arten u. ſ. w., welche durch das Urfelsgebilde verbreitet find, beweiſen, daß alle dieſe Saͤuren und brennbaren Stoffe in dem Urmeer, aus welchem das ganze Schichtenſyſtem ge⸗ bildet wurde, ſich befanden. Wenn das ganze Schich⸗ tenſyſtem aus einem Urmeer ſich bildete, ſo mag dieſer Satz richtig ſeyn. „ 24.) Die Abweſenheit jeder Spur von Ueberreſten aus dem Pflanzen- und Thierreich zeigt zugleich, daß es zur Zeit jenes Urmeers keine organiſchen Weſen dieſer Art geben mußte; und aus allem folgt, daß dieſes Urmeer durch, aus ganz verſchieden von allen Meeren und Fluͤßigkeiten, welche, wir jezt auf dem Erdplaneten e geweſen ſeyn muß. „ 25.) Die Beſtandtheile der Aeg und einfachen Felsarten, woraus die Schichtenglieder beſtehen, find durchaus kryſtalliniſcher Beſchaffenheit; und dieſe ge⸗ meinſchaftliche Eigenſchaft beſtaͤtigt auf eine andere Art die gleiche Urfprünglichkeit aller Felsarten. Es iſt etwas uns ficher was der Hr. Verfaſſer unter kryſtalliniſcher Beſchaf⸗ — 313 fenheit verſtehe: was aber auch unter dieſem Ausdruck ver⸗ ſtanden ſeyn mag, fo ſcheint er doch immer viel zu allge- mein dargeſtellt zu ſeyn. Der Glimmer zeigt in dem in den Alpen fo häufigen Glimmerſchiefer wenig kryſtallini⸗ ſchen Serpentinſtein, iſt meiſt dicht und kann alſo auch nicht wohl als kryſtalliniſch angeſehen werden; eben fo we⸗ nig Urthonſchiefer. Alſo möchte wohl die Schlußfolge die⸗ ſes Satzes auch zu allgemein dargeſtellt ſeyn. 326.) Das allgemeine kryſlalliniſche Korn aller Fels⸗ arten, die zahlloſen und mannigfaltigen in den Felsarten vorkommenden kryſtalliſirten Mineralkoͤrper, die kriſtalliſir⸗ ten Steine in den Druſenhoͤhlen und Klüften, die kryſtalli' ſirten Schweſelkiefe, die theils in die Felsarten eingeſpreng⸗ ten, theils in Gaͤngen brechenden und in Druſenhoͤhlen eins geſchloſſenen kryſtalliſirten Erze beweiſen: daß in dem Ur⸗ meer und in jenem Zeitraum der Bildung des Urfelsgebils des die chymiſchen Kräfte in der allgemeinſten und hoͤchſten Wirkſamkeit ſich befanden.“ 5„ 27.) Aus dieſer herrſchenden und freyen Wirkſamkeit der chymiſchen Kräfte in dem mit dem Grundſtoffe der Fels— arten erfüllten Urmeer erklären ſich die Neſter derben Gra- nits mitten in Gneus und Glimmerſchiefer, die Neſter Quar⸗ zes und Feld ſpaths mitten in Granit, die Neſter Chloriterde . und Talkarten mitten in Gneus und Glimmerſchiefer, die Neſter Gneus mitten in weißem Urkalkſtein u. ſ. w. „ 28.) Die chymiſchen Naturkraͤfte aͤußerten durch uns geheure Entfernungen in der Streichungslinie von W. S. W. nach O. N. O. ihre Wirkſamkeit nach gleichen Geſetzen; das bezeugen die gleiche Beſchaffenheit einer und derſelben Fels⸗ art vieler Schichtenglieder, die kryſtalliſirten Mineralkoͤrper in gewißen Schichten und dieſelben Erzlager und Kryſtal⸗ liſationen durch ſo viele Laͤngengrade. Sollten nicht die ungeheuren Entfernungen, in die dieſe Naturkraͤfte in der 314 Richtung der Streichungslinie, und die ſo kurze Wirkung derſelben nach der entgegengeſetzten Richtung, und der ſelt— ſame Parallelismus ſolcher mannigfaltiger, zu gleicher Zeit wirkender Kräfte, die 300 Stund lange und 1 Zoll breite ſtehende Schichten bilden konnten, den Hrn Verfaſſer auf die Unſtatthaftigkeit einer ſolchen Hypotheſe aufmerkſam ma⸗ chen koͤnnen? — 5 29.) Die Schichtenniederſchlaͤge in dem Urmeer was ren rein chemiſch, und deswegen kryſtalliniſch.“ Wäre der 2 5ſte Satz fo allgemein richtig, fo koͤnnte dieſer es auch ſeyn. „ 30.) Alle Grundſtoffe und Erden befanden ſich in die⸗ ſem Urmeer zu gleicher Zeit untereinander.“ »31.) Von welcher Beſchaffenheit waren die ſchnell aufeinander folgenden, immer auf gleiche Art in dem Ur— meer zuruͤckkehrenden Veränderungen und die fie bewirken⸗ den hoͤhern Natururſachen, wodurch in der allgemeinen Mi⸗ ſchung die verſchiedenen chemiſchen Niederſchlaͤge hervorge, bracht wurden? Welche chymiſchen Kraͤfte beſtimmten in den Granit» und Gneusſchichten den ſteten gleichzeitigen kryſtalliniſchen Niederſchlag von wenigſtens drey Gemeng⸗ theilen? Welche Kraͤfte beſtimmten die vorzugsweiſe Wahl- anziehungen zwiſchen gewißen Grundſtoffen: wie das ſo häufige Brechen von Erzen in Quarz, Schwerſpath, die Granaten in Glimmerſchiefer u. ſ. w. beweiſen? Dieſe und viele aͤhnliche Fragen fuͤhren in ein ganz neues Unterſu⸗ chungsreich, worinn die Grundzüge und die Geſetze der Naturchemie im Großen ausgedruͤckt liegen und von dem forſchenden Geiſt der Beobachter noch zu entdecken find,” Dieſer von dem Verfaſſer ſelbſt aufgeſtellten wichtigen Folge von Fragen, die die Luͤcken ſeines geologiſchen Syſtems be⸗ weiſen, ſollten noch mehrere Vorfragen vorgeſetzt werden, welche die Statthaftigkeit der Fundamente dieſes Syſtems 815 betreffen, und die der Verfaſſer wohl zu voreilig als für Hin- laͤnglich beantwortet anſah; beſonders iſt zu hoffen, daß die Beobachter, die die Grundzüge und Geſetze der Naturche, mie im Großen erforſchen ſollen, nicht damit anfangen wer; den, ein ſolches, das ganze Schichten ſyſtem zugleich aufge- löst haltendes und zu gleicher Zeit abſetzendes Urmeer an— zunehmen und deſſen Wirkungsgeſetze zu unterfuchen, fon» dern erſt nachſehen werden, ob ein ſolches Urmeer mit ſo ſeltſamen Erſcheinungen auch wirklich auf die vom Hrn Verfaſſer angenommene Art da geweſen ſey. „32. Obgleich alle Felsarten, Foſſilien und Erze des Urfelsgebildes die allgemeine Kryſtalliſationskraſt in jener Zeit feines Entſtehens bezeugen, fo find die Urfelſen doch keines— wegs als coloffalifche Kryſtalle zu betrachten, welche in ih: rer Höhe und Geſtalt auf einmal entſtanden waͤren “ 533.) Das ganze Schichtenſyſtem des Urfelsgebildes war urſpruͤnglich ein feſt geſchloſſenes Ganze, welches durch die Gewalt von Meeresſſuthen, deren Richtungen von S. O. nach N. W. gieng, durch Meeresſtroͤme zerriſſen und eingefurcht, und durch eine ſeit Jahrtauſenden fortge— ſetzte Verwitterung, durch Felſenſtuͤrze und alle Arten von Sprengungen und Zerſchmetterungen auf den Grund zer— truͤmmert und zerſtoͤrt wurde, wie es jezt beſchaffen if.” Dieſe Behauptung, welche eigentlich eine ganze Theorie der Entſtehung der Thaͤler jeder Art enthaͤlt, iſt ſchon oben als zu gewagt, zu allgemein und als unwahrſcheinlich be⸗ ruͤhrt worden. 34.) Das ganze Labyrinth t von Felſenketten und Thaͤ⸗ lern iſt eine Folge einwuͤhlender und durchbrechender Mee⸗ resffuthen und Ströme,” Wäre der vorige Satz erwieſen richtig, fo koͤnnte auch dieſer als befriedigend angenommen werden. „ 35.) Unverkennbar war die erſte Anlage zu allen Laͤn⸗ 316 h genthäfern in den von W. S. W. nach O. N. O. ſtreichen⸗ den und ganz oder faſt ſenkrecht ſtehenden Schichtengliedern aus Felsarten von weicherm Korn und lockerm Gefüge ges geben, deren Verwitterung, Zerſtoͤrung und Wegſchwem⸗ mung lange Luͤcken erzeugten, und die Bildung der Thaͤ⸗ ler in dem feſtgeſchloſſenen Schichtenſyſtem beguͤnſtigten. Fur die Bildung aller Querthaͤler und Alpenpaffe von glei⸗ cher Richtung gab es in dem Schichtenſyſtem ſelbſt keine andere natuͤrliche Anlage als die Spalten und Kluͤfte, wel⸗ che die Schichten in ſo mancherley, der allgemeinen Strei⸗ chungslinie entgegengeſetzten Richtungen durchziehen und von einer auseinanderbrechenden Gewalt erweitert worden find,” Dieſe immer noch uner wieſene Angabe über die Entſtehung der Laͤngenthaͤler ſollte wenigſtens nicht als uns verkennbar aufgeſtellt werden, denn wie vielfaͤltigen Schwierigkeiten iſt auch fie noch unterworfen, (beſonders wenn man die nicht ſenkrecht ſtehende Schichtung der mei⸗ ſten beydſeitigen Gebirgsketten, die dieſe Thaͤler einſchließen, betrachtet; ſo lange man nicht die Koͤpfe der in den Thal⸗ gründen noch vorhandenen, weggeſchwemmt ſeyn ſollenden ſtehenden Schichten, in den Laͤngenthaͤlern vorfindet, wird es alſo erlaubt ſeyn, noch an dieſer Theorie der Entſtehung der Laͤngenthaͤler zu zweifeln. „ 36.) Die wahrend des erſten Zerſtoͤrungszeitraums von Gewaltskraͤften in dem geſchloſſenen Schichtenſyſtem verurſachten Einreiſſungen, Bruͤche und Trennungen ſind nun nach und nach durch die ſtets fortgeſetzte Arbeit der Gewäſſer bis zu den jetzigen Thaltiefen herabgeſunken, wel⸗ che ſeit der Zeit, als ſie mit dem aus allen Hoͤhen und von allen Seiten der Felſen herabgefuͤhrten Schutt aufge⸗ fuͤllt worden ſind, ihre Grenzen erhalten haben. Uebe rall hingegen, wo in Thaͤlern der herbeigeſchwemmte Truͤmmer⸗ ſchutt nicht liegen bleibt, und alſo das Urfelsgebilde den \ 317 Wirkungen der Bäche, Ströme und aller ſtuͤrzenden Waſ⸗ fer bloßgeſtellt iſt, werden deſſen Schichten zum Theil zer⸗ ſchnitten, tiefer eingefurcht und aufgeſchloſſen.“ Diefe At» zeigen uͤber die tiefere Einſchneidung der Berggewaͤſſer bis zum Zeitpunkt, wo ſie in aufgeſchwemmten Schuttebenen fließen, ſind meiſt richtig: allein nicht dieſe ſehr langſame tiefere Einſchneidung der Baͤche, ſondern die Wirkung der Atmosphaͤre auf die Gebirgsabhaͤnge bringt die groͤßten Zerſtoͤrungen hervor, die aber ebenfalls ihre Grenze finden ſobald die ſteilen Felſenabhaͤnge von anhaltenden Schutt⸗ halden bekleidet und durch ſie geſchuͤtzt werden. Auch in dieſen Umſtaͤnden liegen Thatſachen, die für eine Naturge⸗ ſchichte der Gebirge ſehr wichtig find, aber der vom Hrn Verfaſſer aufgeſtellten Theorie der Entſtehung der Thaͤler zu widerſprechen ſcheinen. 537.) Seit dem Abfluß des Meeres arbeitet eine viel⸗ fach langſame, aber unausgeſetzt fortdauernde Zerſtoͤrung an dem Urfelsgebilde auf allen Punkten; es iſt alſo außer allem Zweifel, daß dadurch ſeit ſo vielen Jahrtauſenden die Uralpen in ihrer Höhe auf eine außerordentliche Art er⸗ niedrigt worden ſind, und in der Zukunft es noch immer mehr werden muͤſſen. So eben iſt gezeigt worden, daß die Zerſtoͤrungskraͤfte ſich durch ihre eignen Wirkungen bes grenzen. Scharfe Felſenpyramiden mögen ſich wohl allmaͤh⸗ lig etwas erniedrigen, hohe Felſenkuppen aber, wie die des Mont Blancs, Mont Roſa, Titlis, Doͤdi u. ſ. w. koͤn⸗ nen ſich nicht wohl erniedrigen bis ihre Höhe auch zu ei⸗ ner Pyramidenſpitze ſich verengt; die Zerſtoͤrung aber iſt im Verhaͤltniß der Ausdehnung ſolcher Kuppen ſo geringe, daß die Wirkung von Jahrtauſenden nichts in der Form der Gebirge aͤndert, alſo noch viel weniger breite Kuppen in Pyramiden zuſchaͤrft. x »38.) Betrachtet man das Urfelsgebilde in ſeinen großen 318 umriſſen an den Nord-, Süd-, Weſt- und Offfeiten, wo es groͤßtentheils von ſpaͤtern Thonſchiefer-und Floͤzkalkſtein⸗ Gebilden bedeckt iſt, fo zeigt ſich beſtimmt: 1.) Daß nicht in der Mitte der ganzen Breite des Urfelsgebildes, ſondern dem aͤußerſten noͤrdlichen Rande deſſelben ganz nahe, die hoͤchſten Uralpen ziehen. 2.) Daß von dieſen hoͤchſten Ge⸗ birgszuͤgen das Urfelsgebilde laͤngs ſeiner ganzen noͤrdlichen Streichung von dem Dauphine bis Ungarn aͤußerſt ſteil und groͤßtentheils auch mit ſcharf und ſchnell einſchießendem Um⸗ riß abfalle, in die Tiefe ſinke und ploͤzlich auf immer ſich verberge. 3.) Daß im Gegentheil das Urfelsgebilde laͤngs feiner ganzen Suͤdſeite (den unbetraͤchtlichen Theil am füds lichen Rande der grauen und Kottiſchen Alpen in Piemont ausgenommen) ſehr allmaͤhlig und zwar unter auf- und abwogenden Umriſſen abſtufe und deswegen unter den daſ⸗ ſelbe bedeckenden Kalkalpen ſehr weit nach Suͤden herab in fo vielen Thaͤlern zu Tage liegt. 4.) Daß das Urfelsge⸗ bilde an der Suͤdweſtſeite auch ſehr ſteil abfalle und in die Tiefe verſinke; und 5.) daß es an feiner Nordoſtſeite ſehr allmaͤhlig in die ungar'ſchen Ebenen herabſtufe und noch ziemlich weit ganz flach unter der Oberfläche der dort aufs geſchwemmten Sand-, Mergel⸗, Steinkohlen- und Ge ſchiebslagern fortziehe —” Solche Ueberſichten von For⸗ men ausgedehnter Gebirge ſind immer ſchwierig zu entwer— fen, weil meiſt der Ausnahmen fo viele find, daß die auf geſtellte Regel ſelbſt wieder zweifelhaft wird. So iſt der erſte Satz dieſer Darſtellung keineswegs allgemein: Der Mont Blanc liegt nicht in der noͤrdlichſten Urgebirgskette; der Brevent liegt ja mit der Haͤlfte der Hoͤhe des Mont Blanc nördlicher. Der Mont Roſa liegt als die zweyt hoͤchſte Alpenkuppe ebenfalls nicht in der noͤrdlichſten Kette, die ſich ja bis ins Lauterbrunnerthal hinuͤberzieht. So die hoͤchſten Firſten des Gothards find so Stunden vom 319 nördlichen Rand der Urformation entfernt. In Buͤndten hat dieſer Fall auch ſtatt; alſo wenigſtens in den Savoy⸗ ſchen und Schweizerſchen Alpen ſind der Ausnahmen mehr als der die Regel beſtaͤtigenden Faͤlle. Eben ſo verhaͤlt es fi) mit dem zweyten Satz: In der Schweitz wie in Sa voyen und eben ſo auch in dem dem Recenſenten bekann⸗ ten Theil von Tyrol ſtuft die Urformation gar nicht aͤuſ⸗ ſerſt ſteil an ihrer Nordſeite ab. Ganz ſanft zieht ſich das Granitgebirge unter der Dent de Midi aus Savoyen ins Wallis hinüber; mit eben fo ſanftem Abhang unterſetzt fie die Jungfrau im Lauterbrunnerthal; nicht viel ſteiler ſteigt der Gneus im Reusthal von Ernſtfeld gegen das Maderan⸗ thal hinein u. ſ. w. Ausnahmen von dem allgemein fanf- ten Abhang der Suͤdſeite des Urgebirgs giebt der Verfaſſer ſelbſt an, welchen noch viele andere beyzufuͤgen waͤren, und fo hatten wir am Ende eine Regel, die der haͤufigen Aus⸗ nahmen wegen faſt ganz verſchwindet. Dritter Abſchnitt. Kalkſteingebilde an der Südfeite der Uralpen. F. 18. Abriß der Suͤdſeite der Alpen. Nach pag. 225 ſoll vom Viſo bis zum Mont Roſa kein einziges Thal von dem hoͤchſten Felſenkranze quer durch dieſe Felſen nach der Ebene laufen, ſondern die meiſten reine Laͤngenthaͤler ſeyn. Sind denn die Seſiathaͤler, das Gref- ſonaythal, die Thaler, die vom Alpenkamm ins Val d'Ao⸗ ſta auslaufen, und das Thal der Iſere mit ſeinen hoͤchſten Zweigen Laͤngenthaͤler? im Gegentheil zeigt ſich hier kein eigentliches langgeſtrecktes reines Laͤngenthal! — 320 9. 19. Allgemeine Uederſicht der Ausdehnung, Breite und Hoͤhe des Kalkſteingebildes. Hier wird hauptſaͤchlich gezeigt, daß erſt vom Lago d'Orta an gegen Oſten hin ein betraͤchtliches Kalkſteingebilde den ſuͤdlichen Fuß der Uralpen bedecke. §. 20. Mächtig! t und Lagerung des Kalk⸗ ſteingebilde, auf dem Urfels. Schichtung, Streichung und Senkung. Beſchaffenheit des Kalkſteins. Wechſel der Kalkſteinſchich⸗ ten mit andern Felslagern. Steinkohlen. Feuerſtein⸗ und Hornſteinſchichten und Knauer. Verſteinerte Meermuſcheln. Fi⸗ ſche und Pflanzenabdrücke. Erze. Trapp lager. Nach pag. 233 ſollen die Breccienlager bey Como zwi⸗ ſchen dem Urfels und Kalkſtein liegen; allein Como liegt ganz in der Kalkſteinformation, und ſelbſt in der Naͤhe von ihrer ſuͤdlichen Grenzlinie gegen den Sandſtein, alſo find ſeine Breccienlager nicht zwiſchen Urfels und Kalkſtein, ſon⸗ dern zwiſchen den Kalkſtein- und Sandſteinformationen. Uebrigens enthält dieſer §. eine ſehr gedraͤngte und in« tereſſante Ueberſicht der in feinem Titel angezeigten Gegen- ſtaͤnde. $, 21. Zerkluͤftung, Zerſtoͤrung und Zerreiſ⸗ ſung des Schichtenſyſtems der Kalkalpen. Höhlen in denſelben. Urfelstruͤmmer auf den Hoͤhen, und Nagelfluhablagerung in den Thaͤlern. 321 Vierter Abſchnitt. Nagelſlue⸗, Sandſtein⸗, Trappgebilde und Ge⸗ roͤlle an der Suͤdſeite der Ur- und Kalkalpen. 9. 22. Beſchaffenheit und Felsart der Hügel am ſuͤdlichen Saum der Alpen. Dieſe Huͤgelreihen beſtehen aus Nagelfuh, Sandſtein und Thonſchichten oder bloß aus Sand und gerollten Steinen. 6 ˖ $. 23. Die Beriſchen und Euganäifchen Trapp⸗ ſteinhügel. Dieſe Hügelgruppen find ſchon lange durch ihre häufi- gen Verſteinerungen bekannt und doch für vulkaniſch ange- ſehen worden. $, 24. Alpenſchutt in den Lombardiſchen Ede | nen. Merkwuͤrdige Beſchaffenheit des Bo— dens in der Gegend von Modena. Bew ſchlemmung der Häfen Italiens am adria- tiſchen Meere. Goldſand in einigen Fluͤßen der Lombardei. Bei Modena zeigen ſich 15 Fuß unter der Oberfläche Truͤmmer einer alten Stadt; dann 10 Fuß. tief wechſelnde Lager einer mit Pfanzentheilen gemengten Erde; von 25 bis 60 Fuß Tiefe regelmaͤßig wechſelnde Schichten von Kreide und Erde, wovon die leztern ganze Baͤume, Zwei— ge, Blätter und Pflanzen enthalten; in der Tiefe von 60 Fuß zeigt ſich Sand, Kies und Schaalen von Meerſchne— cken; wird dieſe 5 Fuß mächtige Lage durchſtochgh, ſo dringt ploͤzlich Waſſer hervor. ar Vb. * 322 $, 25. Folgerungen aus dem dritten und view ten Abſchnitte. 51.) Auffallend iſt, daß das ausgedehnte, breite und hohe Kalkſteingebilde am Ortaſee aufhoͤrt, und daß dieſes gerade da geſchieht, wo ſchraͤge gegenüber die Appenninen ihre mit der Alpenkette parallel gehende Richtung verlaffen und ſich auf einmal nach S. O. kruͤmmen, und daß von dieſer Krümmung an die dem adriatiſchen Meer zugekehrte Seite der durch Italien ziehenden Appenninen von einem Kalkſteingebilde bedeckt iſt, deſſen Beſchaffenheit mit dem⸗ jenigen an der Suͤdſeite der Alpen uͤbereinſtimmt.“ „ 2.) Sowohl die Erniedrigung der ſuͤdlichen Uralpen, als auch die Breccien- und Erzlager, welche die Kalkföze vom Urfels trennen, beweiſen, daß ſchon in den Uralpen große Zertruͤmmerungen ſtatt gefunden hatten, ehe das Kalk⸗ ſteingebilde abgeſetzt wurde. Die wenige Höhe einiger ſuͤdlichen Uralpen iſt wohl kein Beweis ihrer Zertruͤmme⸗ rung, inſofern nicht bewieſen wird, daß ſie einſt hoͤher wa⸗ ren: Die Beſchraͤnktheit der ſchwachen Breccienlager zwi⸗ ſchen Urfels und Kalkſtein kann ebenfalls kein Beweis einer großen vorherigen Zertruͤmmerung ſeyn. »3.) Wahrend der Bildungszeit der Kalkſteinfoͤtze war das Meer ſehr verſchieden von dem Zuſtande des Urmeers, in welchem der Niederſchlag der Uralpen geſchah.“ „ 4.) Das durch 19 Laͤngengrade ausgedehnte Kalk. ſteingebilde und die gleiche Streichung und Senkung aller Floͤtze beweiſen, daß das Meer nicht allein von denſelben Kalkſtoffen durch ungeheure Raͤume erfuͤllt war, ſondern daß auch uͤberall nach gleichen Geſetzen die Niederſchlaͤge erfolgten.“ 5 „ 5.) Die gerade und feſte Streichungslinie, welche das Kalkſteingebilde laͤngs ſeiner noͤrdlichſten Grenze, nur 323 mit Ausnahme in einer Gegend vom Ortaſee bis nach Kroatien behauptet, und ſeine groͤßte Hoͤhe laͤngs dieſer Linie, welche ſuͤdwaͤrts nach und nach abfällt, lehren, daß einſt die Uralpen durchgehend ſehr hoch und ſteil empor⸗ ſtiegen. Dieſe Lehre duͤrfte doch noch wichtigerer Be⸗ weife bedürfen, »6.) Da das weitere Eindringen des Kalkſteingebildes in die Uralpen uͤber ſeine feſte Streichungslinie hinaus ge⸗ rade nordweſtlich des adriatiſchen Meeres erfolgt iſt, und ſich auch die größte Höhe deſſelben in der nämlichen Rich- tung findet, fo darf man folgern, daß die Uralpen in die, fer Gegend nicht fo hohe und ſteile Seiten entgegenſtellten, und daß die ſtaͤrkſte Bewegung des damaligen Meeres, in welchem die Kalkfteinföge niedergeſchlagen wurden, von S. O. nach N. W. gieng. 57.) Aus der großen Verſchiedenheit der Kalkſtein⸗ ſchichten und deren ſteten Wechſel mit Thon, Mergel, Wetz, Brandſchiefer, Feuerſteinen, Verſteinerungen und Erzen enthaltender Lager folgt nothwendig, daß der Mi⸗ ſchungszuſtand des Meeres ſehr abaͤnderte, und daß alſo dieſe ſo verſchiedenartigen Floͤtze in langſam aufeinander folgenden Zeiten niedergeſchlagen wurden. v8.) Da die Erze ſowohl in den unterſten Schichten des Kalkſteingebildes als auch hie und da in vielen regel⸗ maͤßig wechſelnden Parallelſchichten vorkommen, ſo erhel⸗ let daraus, daß dieſe Erzſtoffe fo alt wie das ganze Kalk⸗ ſteingebilde ſind, und nicht in ſpaͤtern Zeiten von außen in deren Klüfte und Spalten eindrangen.” Um hieruͤber entſcheiden zu koͤnnen, muß die Art des Vorkommens bige ſer Erze viel umſtaͤndlicher unterſucht werden. 5 59.) Die in den unterſten Floͤtzen des Kalkſteingebil⸗ des begrabenen Meerſchnecken und Muſcheln beweiſen, daß 3% ; das Meer ſchon von Schaalthieren bevölkert war, ehe die erſten Kalkſteinſchichten niedergeſchlagen wurden.“ „ 10.) Daß von den Meerſchnecken und Muſcheln in vielen Schichten nur immer eine und dieſelbe Art einge⸗ knettet liegt, ſcheint zu zeigen, daß ſie ruhig Familienweiſe in dieſen Gegenden lebten ehe ſie in einen neuen Schich⸗ tenniederſchlag verwickelt wurden; und da nur in einigen Floͤtzen Verſteinerungen liegen, fo ſcheint es, daß bisweilen lange Zwiſchenzeiten von dem lezten bis zum naͤchſtfolgen⸗ den Schichtenniederſchlag ſtatt fanden, in welchem Zeits raum eine Meermuſchelart Ruhe fand, fich anzuſiedeln und. zu vermehren, bis fie in einem neuabgeſezten Kalkſteinfloͤz begraben wurde. 511.) Sehr wahrſcheinlich beſteht das Kalkſteingebilde aus mehrern urſpruͤnglichen abgeſonderten Parallelketten. Aus dem Daſeyn urſpruͤnglicher Ketten würden urſpruͤng⸗ liche Thaͤler folgen, und daraus mehrere bedeutende Laͤn⸗ genthaͤler zwiſchen den füdlichen Kalkalpen erklaͤrt werden koͤnnen. Die großen Laͤngenkhaͤler der noͤrdlichſten Strei⸗ chungslinie der Kalkalpen an deren Suͤdſeite Kalkfelſen und an der Nordſeite ſtets Urfelſen ziehen, haben ihren Urſprung nur der Zerſtöͤͤrung von Urfelsſchichten⸗Gliedern in dieſer ganzen Richtung zu danken.“ Wie kommt es, daß nun der Hr. Verfaſſer im ſuͤdlichen Kalkgebirge urſpruͤngliche Thaler zugeben will, und dieſelben im Urgebirge durchaus verwirft? und warum koͤnnen die zwar ſehr ſeltnen Laͤn⸗ genthäler, die die beyden Hauptformationen abſoͤndern, nicht auch urſpruͤngliche Thaͤler ſeyn? Die Schichtung des füdlichen Abhangs der letzten Urgebirgs kette ſcheint es Verfaſſers Meynung zu widerlegen. 512.) Die erſte Kette, ſo wie jede andere, bildete in ihrer Streichung nach N. O. ein einziges Ganze, uͤber de⸗ ren nach S. O. gemach ſenkende Schichtenflaͤchen die Ur⸗ / 325 alpen hoch emporragten. Da in dem Urfelsgebilde eine ſtete Zerſtoͤrung herrſcht, fo muͤſſen ſich die herabſtuͤrzen⸗ den Truͤmmer uͤber die Oberfläche dieſer Kalſteinkette ver- breitet haben: dieß iſt der Urſprung der vielen Urfelstruͤm⸗ mer auf den füdlıchen Kalkalpen; und dieß beweist zugleich, daß das Kalkſteingebilde urſpruͤnglich an die Urfelſen feſt angeſchloſſen war, und daß alle Zerreiſſungen in den Kalk— alpen viel ſpaͤter erfolgt find.” Zu dieſen Beweiſen feh⸗ len noch viele Angaben, z. B. die uͤber Identitaͤt der Truͤm⸗ mer mit den anſtehenden Urgebirgsarten u. ſ. w. „ 513.) Das Floͤztrappgebirge zwiſchen der Etſch und Brenta iſt weit juͤnger als die Hauptketten der Kalkalpen: da aber deſſen Lager mit Kalkſteinſchichten hin und wieder in der ſuͤdlichſten Kette derſelben wechſeln, ſo ſcheint dieſe wenigſtens gleiche Bildungszeit mit dem Trapp zu haben.“ „ 14.) Die vielen Fiſch⸗ und Pfanzenabdrücke und die Knochen von Landthieren in dieſen Huͤgeln beweiſen, daß das Trappgebilde in einer weit ſpaͤtern Zeit entſtand als die Hauptketten der Kalkalpen, in deren Floͤtzen ſich keine Spuren von Fiſchen, Pflanzen und Knochen finden.“ „ 15.) Aus den Verſteinerungen der Baſaltlager und den mit Waſſer gefuͤllten Calcedonkugeln der Mandelſtein⸗ ſchichten folgt eben fo gewiß der neptuniſche Urſprung dies fer Trapparten, als aus ihrem Wechſel mit Kalkſtein⸗, Sandſchiefer⸗, Sandftein- und Thonfögen.” 516.) Der 10 und mehrmalige Wechſel der Bafalt-, Kalkſtein⸗ und Sandfteinfchichten in mehrern Hügeln zeigt, daß dieſelben Miſchungen in dem Meere dieſer Bildungs⸗ zeit regelmäßig periodiſch wiederkehrten. Derſelbe merk⸗ wuͤrdige periodiſche Wechſel findet auch in den aus Sand» ſtein⸗„Thon⸗ und Nagelfluhlagern beſtehenden Hügeln, ſtatt. f ! 17.) Der ganze Raum zwifchen den Alpen und Ap⸗ 326 \ penninen bis Modena ift als ein ſehr breites Langenthal zu betrachten, in welches die Gebirgsitröme von allen Seiten Felſentruͤmmer und Steinſchutt herabfuͤhrten. Aber nur Meeresgewalt konnte die ſuͤdlichen Uralpen ſo zerreiſſen und die ganze dort zertruͤmmerte Gebirgswelt ſuͤdwaͤrts herab⸗ fluthen. Dieſe Epoche trat erſt nach der vollſtaͤndigen Abs ſetzung des Kalkſteingebildes ein, daher beyde Bildungen in gleichen Richtungen durchriſſen ſind.“ 518.) Die an den ſuͤdlichſten Gehaͤngen der Kalkal⸗ pen ſtaffelweis uͤbereinander liegenden Bergebenen und die vielen bis zur Höhe von 1600 Fuß reichenden Nagelfluhla⸗ ger in den Huͤgelgegenden beweiſen einen ehemaligen ſehr hohen Waſſerſtand über die Lombardiſchen Ebenen.“ 5 19.) Die merkwuͤrdige Beſchaffenheit des Bodens bei Modena ſetzet es außer Zweifel, daß das adriatiſche Meer einſt bis an die Kottiſchen, grauen und Verte Alpen reichte. „ 20.) Da außer den zahlloſen Schutthuͤgeln von Ges ſchiebe auch groͤßtentheils der ganze Boden der weiten Flaͤ⸗ chen unter der obern Bedeckung von fruchtbarer Erde aus vielen, oft 10 Fuß mächtigen Lagern gerollter Aipenftein- truͤmmer beſteht, ſo kann man die Lombardiſchen Ebenen als das Grab einer unermeßlichen Gebirgswelt betrachten, welche einſt auf den erhabenen Alpen thronte.“ „ 21.) Da die zahlloſen Alpenfuͤße und Ströme un⸗ ausgeſetzt allen Steinſchutt tief aus den Alpenthaͤlern her⸗ ausfluthen und bis ins adriatiſche Meer waͤlzen, fo iſt es unwiderſprechlich gewiß, daß an der italieniſchen Kuͤſte noch ſtets neues Land angeſetzt werden wird.” „ 22.) Die vielen Fiſche und Manıen aus füdtichen Meeren und Landern in dem Monte Bolca und Veſtena, die Knochen der Krokodille und Eleph anten in den Vizen⸗ tiſchen und Veroneſiſchen Hügeln und die im Piemont ges 327 fundenen Knochen des Nilpferdes ſcheinen, wie fo manche andere Thatſache, zu deweiſen: daß die Hauptbewegung des Meeres von S. O, nach N. W. gieng. Fünfter Abſchnitt. —— Kalkſteingebilde an der Nord⸗ und Suͤdweſt⸗ g ſeite der Uralpen. 8, 26. Allgemeine Ueberſicht des Kalkſteinge⸗ bildes an der Nord» und Suͤdweſtſeite. „Die Uralpen find an ihrer Suͤdweſtſeite und an der Rordſeite von einem außerordentlich breiten und hohen Kalkſteingebilde ununterbrochen umguͤrtet.“ . 6. 27. Ausdehnung des Kalkſteingebildes an der Suͤdweſtſeite der Uralpen. „Das Kalkſteingebilde breitet ſich längs der Suͤdweſt⸗ ſeite der Uralpen von der Iſere bis ans Meer aus ei nimmt eine Breite von 3 — 10 Stunden ein.“ 5. 28. Allgemeiner umriß des Kalkſteingebil⸗ des an der Nordſeite der Uralpen. „Von der Bourne bis zum Anfang der Oedenburger Ebene in Ungarn durchziehen die noͤrdlichen Kalkalpen bei⸗ nahe zwoͤlf Laͤngengrade, halten eine 8 bis 15ſtuͤndige Breite und behaupten auf ihrer ſuͤdlichſten Streichungslinie eine Meerhoͤhe von 8 bis 13 tauſend, auf ihrer noͤrdlichſten Linie eine Höhe von 4 bis 7 tauſend Fuß und ſtufen hier mit ſteilen Waͤnden ab. Auf pag. 273 iſt die noͤrdlichſte Linie des Kalkſteinge⸗ bildes an der weſtlichen Grenze von Savoyen unrichtig an⸗ 328 gegeben, indem hier zum Theil auch noch die Juraiſchen Ketten mit dazu gerechnet werden, welche hingegen gegen Genf hin davon getrennt aufgeſtellt find. Der intereſſante Paß von les Echelles liegt im Jura nicht im Alpenkalkſtein, und die ganze Gegend ven Chambery, fo wie die Gebirge um den Burget und Annecyſee beſtehen aus Juraiſchem Kalkſtein. | Pag. 275 und 276 werden unter bie Langenthäler der Kalkſteinformation das Wallis, das Lötfchthal und das Mas deranthal aufgezählt» das Wallis aber iſt da, wo es im Kalkſtein liegt, kein Laͤngenthal, indem es die Kalkſtein⸗ ſchichten in einem Winkel von circa 30° durchſchneidet; auch, gehört der Kalkſtein des Wallis in die Uebergangsfor⸗ mation, oder vielleicht gar zum Urgebirge des Hrn Berfaß ſers, und nicht ins noͤrdliche Kalkſteingebilde. Ebenſo kann das Loͤtſchthal fo wenig als das Maderanthal als in den Kalkſteinformation liegend angeſehen werden, da fie beyde in die Urformation eingeſchnitten ſind, und, wenigſtens in lezterm, nur auf der noͤrdlichen Gebirgskette deſſelben die oberſten Lager aus Kalkſtein beſtehen, der auf das allge⸗ meine Gneusgebirge aufgeſetzt iſt. 5.29. Genauer Umriß derjenigen Kalkalpen, welche aus dem Dauphine, ganz Savoyen und die Schweiz bis an die Grenze Tyrols 5 Längengrade durchziehen. Maͤchtigkeit des Kalkgebildes und deſſen Höhe an fein ner noͤrdlichſten Streichungslinie. Der kurzen Angabe der Grenzlinien dieſer Gegend des nördlichen Kalkſteingebildes iſt die intereſſante Bemerkung beygefuͤgt, daß das Kalkſteingebilde laͤngs feiner ſuͤdlichſten Linie auf Urfels oder Thonſchiefer ruht, und daß alle in dieſer Richtung ziehenden 8 bis 13 tauſend Fuß hohen Kalk⸗ \ 329 alpen ihre außerordentliche Höhe nur dadurch erhalten, daß ſie auf einer hohen Unterlage von Urfels ruhen, und ihre Maͤchtigkeit höchſtens 8000 Fuß betraͤgt. $. 30. Seen am nördlichen Abhange der Quer⸗ thäler und in den Kalkalpen uberhaupt.“ Ehemalige größere Anzahl derſelben. Be⸗ ſchaffenheit des Bodens der Thaͤler und der darin vorkommenden Hügel, Urfel trümmer zwiſchen den Kalkalpen und auf betraͤchtlichen Höhen derfelben. - | Nach pag. 288, 9 foll das Dorf Leuck im Wallis, eis gentlich Baden genannt, das hoͤchſte Dorf in den Kalkal⸗ pen und sooo Fuß hoch ſeyn: es iſt aber weder fo hoch noch das hoͤchſte Kalkalpendorf. Die Urfelsbloͤcke bey Parpan, von denen pag. 292 die Rede iſt, kommen von Rothhorn herab, welches ganz nahe uͤber Parpan ſteht und zur Urformation gehoͤrt. §. 31. Urfels unter den Kalkſteinfloͤtzen. Thon ſchiefergebilde unter und zwiſchen den Kalkalpen. Deſſen Ausdehnug, Breite, Höhe, oberflaͤchliche Beſchaffenheit, La gerung auf dem Urfels, Schichtenſenkung und Streichung. Eigenthuͤmlichkeiten der zwey Thonſchieferketten. Fremdartige Felslager in dieſem Gebilde, Vezſtelne⸗ rungen, Erze. Gleich Anfangs dieſes F. wird behauptet: „Nir- gends ſtoßen Granit, Gneus oder Glimmerſchiefer als Berge und Huͤgel aus den noͤrdlichen Kalkalpen hervor.“ Die Gebirgsmaſſe des Rothhorns zwiſchen Churwalden, Belfort und Aroſa in Buͤndten, welche aus Gneus beſteht, 30 ſcheint von dieſer aufgeſtellten Regel eine Ausnahme zu ma⸗ chen, indem ſchon beynahe rings um dieſe hohe Gebirgs⸗ maſſe Kalkſtein vom nördlichen Hochgebirge anſtehend ge⸗ funden wurde. Da der Hr. Verfaſſer die ganze Uebergangs formation, die in den Alpen eine ſo große Rolle ſpielt, und die be⸗ ſonders in Buͤndten ſo ausgedehnt iſt, nicht aufgeſtellt hat, ſo finden ſich die Grauwackengebirge in dieſem ganzen Sy⸗ ſtem ausgelaſſen. Von den wahrſcheinlich ebenfalls hieher gehörigen Thonſchiefergebirgen find dagegen nun in dieſem F. einige Theile aufgeführt; allein kaum haben dieſe je eis nen ſo allgemeinen Zuſammenhang gehabt, wie ihnen der Verfaſſer vermuthet, indem mehrere ſehr deutliche Alpen⸗ proſile bekannt ſind, wo der Thonſchiefer fehlt. Der pag. 296 angefuͤhrte Thonſchiefer von Servoz in Savoyen ſcheint zur Urformation, wenigſtens zur Ueber— gangsſormation zu gehoͤren; er ſtreicht neben dem Buet vorbey durch Valorſine weit ins Wallis hinauf. Webers haupt aber ſcheinen mehr als zwey Thonſchieferbildungen ſtatt zu haben, indem kaum alle davon bekannten Tagſtel⸗ len und Arten deſſelben nur auf zwey Thonſchieferketten zuſammen vereinigt werden koͤnnen. Eine forgfältige Ent⸗ wicklung des Streichens und des Zuſammenhangs dieſer verſchiedenen Thonſchieferablagen duͤrfte vielleicht auch zur nähern Auseinanderſetzung der verſchiedenen ae mationen fuͤhren. Nach pag. zoo ſind in den Schweitzeralpen die rothen Thonſchieferlager aͤuſſerſt ſelten. Dieß iſt jedoch nicht der Fall: im Simmenthal, am Jochpaß, am Clauſenpaß, zwiſchen den Sernft⸗ und Murgthaͤlern u. a. a. O. m. find ſie ziemlich zahlreich und ausgedehnt. In der pag. 302 aufgeſtellten Angabe uͤber die im Thonſchiefer vorhandene Quarzbeymengung iſt die Grau⸗ 331 wacke auch als zum Thonſchieſer gehörig aufgeführt und in die gleiche Abtheilung mit demjenigen Quarz gebracht, der als Truͤmmer und Gaͤnge und ſelbſt als Zwiſchenlager den Thonſchiefer oft durchzieht. Wie ſehr dieſe Darſtellung der hier vereinigt aufgeſtellten Gebirgsarten der zweckmaͤßi⸗ gen Auseinanderſetzung entgegen iſt, welche von den neuern Geognoſten eingeführt wurde, und wie unbefriedigend das her die ganze Aufzaͤhlung des Vorkommens dieſer ſo ver⸗ ſchiedenen Gebirgsarten ſeyn muͤſſe, iſt ſehr einleuchtend. Der pag. 303 angefuͤhrte Numulitenhaltige dunkelgruͤne Sandſtein ſcheint in gar keiner geognoſtiſchen Verwandtſchaft mit den Thonſchieferlagern zu ſtehen, indem er noch haͤu— figer in der reinen Alpenkalkſteinformation als in der Nähe der Thonſchieferlager vorkommt. Eden ſo wie Thonſchieferlager vorkommen, die zu ver⸗ ſchiedenen Geb irgsſormationen gehören, fo kommen auch Grauwackelager und Gebirge in verſchiedenen Gebirgsfor⸗ mationen vor. Wohl von verſchiedener Art und von ver⸗ ſchiedenen Formationen ſind die Grauwacken von Servoz und von Schalfik, die pag. 304 zuſammengeſtellt find. Eben fo verſchiedenartig ſind die Grauwacken vom Kalfuſerthal, Sernſtthal, von den Grauen Hoͤrnern u. ſ. w. Es ſollte alſo hierüber eine weit umſtaͤndlichere und forgfältigere Aus⸗ einanderſetzung dieſer Grauwackeablagen ſtatt haben. $. 32. Schichtenſtreichung und Senkung des Kalkſteingebildes. Urfprüngliche Ketten— zerkluͤftung der Schichten und Verſtuͤrzun— gen im Innern derſelben. Hohlen. Ber borgene Waſſerſammlungen und periodi⸗ ſche Quellen. * der ganzen Behandlung des noͤrdlichen Kaltſteinge⸗ es ſcheint eine sſtere Verwechslung von geographiſch 332 i verſchiedenen Gebirgsketten mit geognoſtiſch verſchiedenen ſtatt zu haben: theils hieraus, theils aus der Unvollſtaͤn⸗ digkeit geognoſtiſcher Kenntniß dieſes ganzen Kalkfteinge- bildes iſt derjenige Grad von Unbeſtimmtheit und Vermen⸗ gung mehrerer, weſentlich ſehr verſchiedener Kalkſteinfor⸗ mationen herzuleiten, die ſo ſichtbar in dieſem ganzen Ab⸗ ſchnitte herrſchen. In der Aufſtellung der erſten urſpruͤnglichen Kalkſtein⸗ kette iſt von den fo wichtigen Verhaͤltnißen der Uebergangs⸗ formation und der Verſchiedenheit derſelben von der aͤltern Kalkſteinformation auch nicht die geringſte Anzeige gege⸗ ben, und überhaupt hier die erſte Kalkſteinkette nur in geo— graphiſcher, durchaus nicht in geognoſtiſcher Hinſicht mit ſchwachen Zuͤgen entworfen. 5 In der Aufſtellung der ſogenannten zweiten urſpruͤng— lichen Kalkſteinkette hat die naͤmliche Unbeſtimmtheit ſtatt, und ſelbſt in geographiſcher Hinſicht waͤre doch mehr Voll⸗ ſtaͤndigkeit zu wuͤnſchen geweſen; welch ein Zwiſchenraum z. B. von der Gemmi bis zum Galanda! Da der Hr. Verfaſſer den ſuͤdlich eingeſenkten Albinenberg (nach pag. 313) auch noch zur Gemmi rechnen will, ſo entſteht dann die Frage: wo hier die erſte urſpruͤngliche Kalkſteinkette vorhanden ſey? Die in der Aufftelung der dritten ſogenannten urſpruͤng⸗ lichen Kalkſteinkette (pag. 315) angeführte Abaͤnderung der Schichteneinſenkung am Wallenſee iſt eine der allgemeinern und intereſſanteſten geognoſtiſchen Thatſachen dieſer Kalk⸗ ſteinformation, alſo keineswegs eine Ausnahme von einer entgegengeſetzten Regel. Der Irrthum des Hrn Verfaſſers rührt daher, daß er die Kette der Kuhfirſten in die gleiche Gebirgskette einordnet, in der der Glaͤrniſch liegt: nicht dieſer, ſondern der Rautiſpitz im Wiggis iſt die weſtliche Fortſetzung der Kuhfirſtenkette. p u 333 In der Aufſtellung der vierten und letzten und nörds lichſten urſpruͤglichen Kalkſteinkette wurden der Mole und der Saleve bey Genf aneinander gereiht, allein erſterer ‚gehört zur Alpenkalkſtein-⸗ letzterer zur Jurakalkſteinforma⸗ tion. Eben ſo iſt alles, was vom Saleve weiter nach S. W. hinzieht, allgemein Juragebirg, und alſo ganz verſchieden von der nördlichften Alpenkalkſteinkette, von der hier die Rede iſt. 9. 33. Uebergang vom Urfels und Thonſchie— fer zum Kalkſteingebilde. Heier werden einige wenige intereſſante Schichtenprofile der Uebergangsformation angefuͤhrt, deren Verſchiedenheit aber ſchon zeigt, wie wenig wir ſchon im Fall find, die⸗ ſen wichtigen Aae in einer allgemeinen Ueberſicht dar⸗ zustellen. | Nach pag. 323 fort der Kalkſtein an der Windgelle im Maderanthal mehr als die Halfte der Hoͤhe einnehmen, allein er nimmt nicht einen Zehndtheil dieſer Hoͤhe ein, und bildet nur an dieſer Seite die oberſte Kuppe. Das Thoneiſenſteinlager, wovon pag. 326 die Rede iſt, zeigt ſich keineswegs bloß in der Hoͤhe, ſondern ſteigt auch in die Tiefe herab, z. B. im Lauterbrunnerthal. 6. 34. n Felslager in dem Kalkge⸗ bilde. Oeftere Wiederkehr derſelben Fels⸗ ſchichten. Farbe, Beſtandtheile und Mans nigfaltigkeit der Kalkſteinlager in den verſchiedenen Ketten. Der Verfaſſer ſclägt vor, ſtatt der Eintheilung des —.— Kalkſteingebildes in Alpenkalkſtein und Ueber- gangskalkſtein die von aͤlterem und juͤngerm Alpenkalkſtein anzunehmen. Hierbey iſt aber die Bemerkung zu machen; 334 daß zwiſchen den Alpenkalkſtein⸗ und Uebergangskalkſtein⸗ Formationen noch eine von beyden ebenfalls weſentlich ver⸗ ſchiedene Kalkſteinformation liegt, die des Hrn Verfaſſers zweyte und zum Theil ſelbſt erſte urſpruͤngliche Kalkſtein⸗ kette einnimmt, die auch noch einen Nahmen zu verdienen ſcheint, und die in v. Molls Annalen durch einen Geogno⸗ ſten der Alpen als Hochgebirgskalkſtein⸗Formation bezeich- net wurde. g. 35. Quarzkörner, theils als Gemengtheile, theils als Zwiſchenlager. Hier werden die Sandſteinlager und Grauwacken aller Formationen gemeinſchaftlich aufgeſtellt, welche alſo doch geognoſtiſch weſentlich verſchieden ſind. 9. 36. Thonſchiefer, theils als Gemengtheile, theils als Zwiſchenlager. Hier erſcheinen Thonſchiefer, Mergelſchiefer, Grauwa⸗ cken, Thoneiſenſtein und ſelbſt Steinkohlen aus allen Kalk⸗ ſteinformationen vereinigt aufgeſtellt. ** 37. Gyps, Salzthon, Grauwacke und Zwi— ſchenlager in der urfprünglichen dritten Kalkſteinkette. N Hier werden die Eiſenſteinlager, Thonſchiefer, Grau wacke und Graumadefchiefer- Ablagen in diefer nördlichen Alpenrevier, die bis jezt bekannt wurden, aufgeführt; wichtiger aber iſt die ſorgfaͤltige Zuſammenſtellung der Be⸗ obachtungen über das Streichen des Gyypſes durch die nördlichen Kalkalpen, welcher noch das Vorkommen des Gypſes am Gyswylerſtock weſtlich dem Bruͤnig beyzufür⸗ gen iſt. 335 $. 38. Hornſtein, Feuerſtein, Stinkſtein und Steinkohlenlager in den Kalkalpen. Eine kurze Anzeige der bekanntern Stellen, wo dieſe Foſſlien vorkommen. $, 39. Merkwuͤrdige Foſſilien. Mineralquel len. Erze. Das Gurnigelbad, wovon pag. 363 die Rede iſt, liegt nicht in der Kalkſtein-, ſondern in der Sandſtein formation. In den verſchiedenen Alpenkalkſteinketten, von denen pag 368 und 69 die Rede iſt, bricht nicht Bohneneiſen⸗ ſtein, ſondern theils dichter, theils linſenfoͤrmig kbrniger Thoneiſenſtein. F. 40. Verſteinerungen in dem Kalkſteinge⸗ bilde. 8 Herzaͤhlung der bis jezt aufgefundenen Verſteinerungen und der Gebirge, in denen ſie vorkommen. 5. 41. Ehemalige gewaltſame Zerreiſſung und — fortdauernde Verwitterung und Zerſtoͤ⸗ rung des Kalkſteingebildes. Hier wird die unbewieſene Behauptung aufgeſtellt, daß das Schichtenſyſtem jeder Kette laͤngs ihrer ganzen Strei⸗ chungslinie ein einziges Ganze bildete, und mit dem Schich⸗ tenſyſtem der naͤchſten noͤrdlichen und ſuͤdlichen Kette an unzaͤhligen Stellen ſo zuſammenhieng, daß nicht die mine 1 * Scheidung darin ſtatt fand. Daß, wie pag. 378, 9. behauptet wird, die Urgebirgs⸗ een und deren Felſen mehr verwittern als die Kalk⸗ ſteinformationen und ihre Felſen, iſt ſehr zweifelhaft. b. 42. Zuſammenſtellung der im fünften Ab⸗ 336 ſchnitt enthaltenen Hauptthatſachen nebſt einigen Folgerungen. „I.) Die Kalkalpen bilden längs der Nordſeite der Uralpen von der Dauphine bis an die Grenzen Ungarns ein ununterbrochenes, 8 bis 18 Stunden breites ungeheures Gebirge, deſſen hoͤchſte Felſenſtoͤcke in der Schweiz faſt 13000 Fuß halten. Das Kalkgebilde erſtreckt ſich von dieſen beyden ange⸗ gebenen Endpunkten noch weiter ſuͤdlich. „2.) Die Kalkalpen find wie die Uralpen eine unge⸗ heure Ruine, ein wildes Gewirr von Felsketten, Hoͤrnern, Waͤnden, Kluͤften, Schluͤnden und Thaͤlern, aus deren Richtungen, Umriſſen und Geſtalten die wahre Beſchaf⸗ fenheit der urſpruͤnglichen Anordnung nicht erkannt werden kann. Nur der innere Schichtenbau kann darüber Auf ſchluͤße geben. So ungeheuer ruinirt und ſo wild verwirrt ſind die Kalkalpen doch nicht, wie man hieraus glauben ſollte; nur wenn man annimmt, daß ſie einſt ein zuſammenhaͤn⸗ gendes Ganzes bildeten, kann man Nies als ſo ſehr zer⸗ ſtoͤrt anſehen. „ 3.) Das Kalkſteingebilde iſt durchaus seite, aber nicht fo gleichmäßig: wie die Uralpen. ’ 54.) Dem Verfaſſer ſcheint es, daß eigentlich nur vier urſpruͤngliche Ketten beſtanden haben, durch deren Zerreiſ⸗ ſung in vielen Gegenden laͤngs der Streichungslinie meh⸗ rere parallele Felſenſtreckungen entſtanden ſind, ſo daß man den bloßen aͤußern Umriſſen nach die und wieder 6 und 8 Ketten zaͤhlen koͤnnte. Dieſer Angabe zufolge waͤren alſo die Ränaentiäiee in den Kalkalpen urſpruͤnglich mit den Gebirgsketten entſtan— den; aber wie kommt es, daß der Hr. Verfaſſer dieſe na⸗ 337 türliche Entſtehungsart den Laͤngenthaͤlern der urgebirge ganz abſpricht —? — „ 5.) Das Schichtenſyſtem der erſten Kette, welche theils auf Urfels, theils auf Thonſchiefer lagert, ſenkt nach N. W. Das Schichten ſyſtem der zweyten Kette, welche auf Thonſchiefer lagert, ſenkt nach S. O. und N. W. und die Schichten von beyden Seiten ſtoßen in der Hoͤhe zuſammen. Das Schichten ſyſtem der dritten und vierten Kette ſenkt nach S. O. und deffen ausgehende Schichtenkanten ſchauen nach N. W. Die S. O. Schichtene inſenkung iſt alſo am herr⸗ ſchendſten im ganzen Kalkgedilde.“ Waͤre dieſe Ueberſicht der Schichteneinſenkung im Kalk⸗ ſteingebilde richtig, fo ware man mit der geognoſtiſchen Dar⸗ ſtellung deſſelben bald im Reinen: aber der Ausnahmen von dieſer Ueberſicht ſind ſo viele, daß die darin aufgeſtellte Regel unguͤltig iſt. Einzig die Angaben uͤber die Schichtung der erſten und der letzten Kalkſteinketten, wenn man ihnen nicht das breite Profil einräumt, das der Verfaſſer ihnen giebt, ſind im Allgemeinen richtig. — 56.) Ungeachtet der Berſchiedenheit in der Senkung ſtreichen die Schichten aller Ketten unperrüdt von W. S. W. nach O. N. O.“ So unverruͤckt iſt dieſe angegebne Streichungslinie doch nicht; fie iſt nur die allgemeinſte, aber es ſind unzaͤhlige Abweichungen von derſelben, zuweilen bis 90 Grad von ihr verſchieden. 57.) Jede dieſer vier Ketten deſitzt außer den verſchied⸗ nen Schichtenſenkungen noch andere Eigenthuͤmlichkeiten. Die Floͤtze der erſten Kette lagern theils auf Urfels, theils auf Thonſchiefer; die Floͤtze der zweiten Kette auf Thon⸗ ſchiefer, und der Kalkſiein zeichnet ſich im Allgemeinen durch die Zumiſchung von Thon und Kieſelerde, durch eine dunklere Farbe, durch viele Kalkſpathadern und ſein mei⸗ ſtens koͤrnigſchuppiges Gefüge aus. In der dritten Kette 4 bd. 3 338 ſtreichen Gyps, Salzthon, Steinſalz, Grauwackelager: in der vierten Kette Alpenſandſteinſchichten mit Chloriterde grün gefärbt: und in beyden Ketten Steinkohlen, Stink⸗ ſtein, Hornſtein, Feuerſtein und Wetzſchieſerſchichten, und der Kalkſtein iſt im Allgemeinen von heller Farbe und dicht. Ferner trift man nur im Gebiete dieſer zwey letzten Ketten 1) ſehr viele Hornſtein⸗- und Feuerſteinknauer; 2) Ueber⸗ reſte von Fiſchen und Schlangen und 3) ſilberhaltige Bleierze und Galmei. Zur Eigenthuͤmlichkeit der vierten Kette gehoͤrt noch ihre Lagerung auf ein in der Tiefe liegen. des Sandſteingebilde.“ - Dieſe Entwicklung des ausgedehnten Kalkſteingebildes waͤre ein hoͤchſtwichtiger Beytrag zur geognoſtiſchen Kenntniß der Alpen, wenn nicht, wie bey der fuͤnften Folgerung, der Ausnahmen fo viele wären, daß die Regel ring dadurch wenigſtens ſehr zweifelhaft wird. . »8.) Zufolge dieſer Eigenthümlichkeiten, ſcheint es, muͤße man den vier Ketten ein verſchiedenes Alter geben.“ 5 9.) Alle Abweichungen der Schichtenſenkungen in dem Kalkſteingebilde von einem gemeinſamen Geſetze der Stellung und Lagerung, die hin und wieder ſtatthabenden oͤrtlichen tiefen Einbeugungen des Schichtenſyſtems in Erſtreckung mehrerer Stunden von W. S. W. nach O. N. O. wodurch urſpruͤngliche Thaͤler gebildet werden, und die wunderlichen Kruͤmmungen und Verſtuͤrzungen der Schichtenmaſſen, welche man hie und da, beſonders in der zweiten Kette ſiehet, ſcheinen lediglich von der ungleichen Beſchaffenheit der Ober⸗ Bäche herzuruͤhren, über welche die Floͤtze des Raltachäihes niedergelagert wurden.’ Die angeführte Urſache der N. W. Schichteneinſenkung der erſten Kalkſteinkette, die auf dem Urgebirge liegt, mag richtig ſeyn; allein keine Gruͤnde zeigen ſich, um die Schich⸗ teneinſenkung der übrigen Ketten aus einer aͤhnlichen Urſache 339 herzuleiten; auch haft es ſchwer zu begreifen, wie ſich fo ſteil eingeſenkte Schichten in ihrer jezigen Stellung bilden konnten. „ 10.) Statt der Eintheilung des Kalkſteins in Ueber gangs ⸗ und Alpenkalkſtein ſchlaͤgt der Verfaſſer vor: yR aͤltern und neuern Alpenkalkſtein zu nennen. „f.) Dem Verfaſſer ſcheint der unter der erſten und zweiten Kalkkette ſtreichende Thonſchiefer ein eigenes Gebilde auszumachen, welches längs der ganzen Nordſeite der Ural: pen, fo wie auch an der ganzen Suͤdweſtſeite in Dauphine und Provence unter den dortigen Kalkgebirgen abgelagert iſt. Da dieſer Thonſchiefer in mehreren Profilen ſich gar nicht zeigt, fo müßt er wenigſtens nicht ganz zuſammen⸗ haͤngend vorhanden ſeyn. „ 12.) Das Thonſchiefergebilde an der Nordſeite der AUralpen ſcheint in der Breite von 6 — 10 Stunden zwey Ket⸗ ten zu bilden, wovon die erſte unmittelbar auf die Urfelſen lagert und ihre Schichten nach Nordweſt, die zweite hinge: gen ihre Schichten nach Suͤdoſt ſenkt. Wenn dieſe beyden Thonſchieferketten ident waͤren, ſo muͤßten ſie wobl in oriktognoſtiſcher Hinſicht gleichartiger ſeyn, als fie es nicht find, und es halt ſchwer zu begreifen, daß die oft unmittelbar auf Urgebirge aufgeſetzte erſte Kalkſteinkette - jüngerer Entſtehung ſey als die in der zweyten Kette vorkom⸗ menden Thonſchieferlager. „ 13.) In dem Tbonſchiefergebilde kommen viele Lager von ſchuppig koͤrnigem Kalkſtein, von Kalkſteinſchie fer und Mergelſchiefer vor; allein ſie ſind nur untergeordnete Lager. Zur Zeit des Niederſchlags des Thonſchiefergebildes waren Thon», Kieſel⸗ und Kalkerde die hauptſaͤchlichſten, Thon» und Kiefelerde die vorherrſchenden Gemengtheile des damali⸗ gen Meeres; hingegen ſpaͤter, in der Entſtehungszeit des Kalkgebildes, welches uͤber das Thonſchiefergebilde gelagert, urſprünglich es gänzlich verdeckte, war die Kalkerde durch- 340 aus herrſchend; die Thonſchieferfoͤtze werden zu untergeord⸗ neten Zwiſchenlagern, und die Kalkfoͤtze find hell von Farbe. Das Thonſchiefergebilde iſt reicher an Erzen als das Kalk⸗ gebilde, aber aͤrmer an Verſteinerungen. In dem Meere, welches alle durch das Thongedilde verbreiteten Grundſtoffe enthielt, war die Wirkſamkeit der chymiſchen Kryſtalliſa⸗ tions kraft ſchwach im Vergleich der Urzeit; die Niederſchlaͤge geſchahen durchaus mechaniſch. Zur Zeit der Abſetzung des Kalkgebildes war die Kryſtalliſationskraft noch geringer. Alle dieſe auffallenden Verſchiedenheiten leiten auf den Schluß, daß das unter den zwey erſten Kalkketten ſtrei⸗ chende Thongebilde viel aͤlter ſey, als das daruͤber gela⸗ gerte Kalfgebilde , und daß alſo beide für fi ch betrachtet werden muͤſſen. Dieſe Angaben ſind eine naͤhere Entwicklung der obi⸗ gen No 13 angeführten, daher die dort aufgeſtellten Zwei⸗ fel dagegen auch hieher paſſen. Noch iſt zu bemerken, daß der meiſte Alpenkalkſtein nicht von heller Farbe, ſondern dunkelgrau und ſchwarz iſt. „ 14.) Das nordwaͤrts ſteil abfallende Urfelsgebilde wurde der Beſtimmungsgrund der Nordweſt-Einſenkung aller Lager der erſten Thonſchieferkette. In der zweyten Kette ſenken alle Schichten nach S. O. Die Streichung iſt in beiden unverrüdt von W. S. W. nach O. N. O.“ „ 15.) In dem Schichtenſyſtem des Thongebildes herrſcht der regelmaͤßigſte Parallelismus, ohne die minde⸗ ſten örtlichen gewaltſamen Kruͤmmungen. Es mußte alſo die hoͤchſte Ruhe in dem Meer herrſchen, in welchem das Thongebilde niedergeſchlagen wurde. Ebenſo herrſcht in dem Schichtenſyſtein jeder Kalkalpenkette der regelmaͤßigſte Parallelbau, mit Ausnahme örtlicher gewaltſamer Kruͤm⸗ mungen, Beugungen und Verſtuͤrzungen, welche hie und da in einzelnen Gegenden bemerkt werden. 341 Es giebt doch auch gebogene und gewundene Thonſchie⸗ ferlager in den Alpen. Die Schichtenkruͤmmungen und Beugungen im Kalkſtein find keineswegs bloße Lokalerſchei⸗ nungen; ſo z. B. ziehen ſich die Schichtenwindungen des Achſenbergs auch an die linke Seite des Vierwaldſtaͤtter⸗ fees und gegen das Engelbergerthal hinüber. „ 16.) Beide Gebilde haben darin viel Gemeinſames, daß die Hauptſchichtenglieder in beiden ziemlich gleich find. Das Thongebilde naͤmlich beſteht aus Thonſchiefer, Grau⸗ wacke, Grauwackeſchiefer, Kiefelfchiefer, Kalkſtein, Kalk⸗ ſteinſchiefer, Mergelſchiefer, Wetzſchiefer und Alpenſand⸗ ſteinlagern; und das Kalkgebilde aus Kalkſtein, Kalkſtein⸗ ſchiefer, Mergelſchiefer, Thonſchiefer und Alpenfandfteins ſchichten, zu denen in der dritten Kette noch Gyps, Salz⸗ thon, Stein ſalz und Grauwackelager, und in der dritten und vierten Kette gemeinſchaftlich Steinkohlen, Hornſtein, Feuerſtein und Eiſenerzlager hinzukommen; nur das Ueber⸗ gewicht des Thons und Quarzes in dem einen und des Kalks in dem andern Gebilde macht den Unterſchied beider.“ Dieſe Eintheilung der beiden Gebilde ſcheint die deut⸗ liche Ueberſicht des Ganzen nicht ſehr zu erleichtern. „ 17.) Außer dieſen verſchiedenen Floͤtzen, welche in beiden Gebilden wechſeln, wird die Mannigfaltigkeit in dem Kalkgebilde dadurch größer, daß die Grundmaſſe des Kalk⸗ ſteins bald rein und dicht, bald mit Thon und Kieſelerde gemengt und koͤrnig iſt; oft auch Quarzkoͤrner, Erdpech, Eiſenpiriten oder Bohnenerz oder Meerſchnecken enthaͤlt und in Ruͤckſicht der Farbe und Mächtigkeit der Schichten ab⸗ wech ſelnd iſt.“ 5 18.) Die mannigfaltigen Hauptſchichtenglieder, wor⸗ aus das Thon⸗ und Kalkgebilde zuſammengeſetzt ſind, wech⸗ ſeln ſtets unter einander ab. Dieſer ſtete Wechſel beweist nicht bloß eine außerordentliche Abwechſelung in der Miſchung 342 des Meeres, in welchem alle jene Hauptfioͤtze niedergeſchla⸗ gen wurden; ſondern auch eine periodiſche Wiederkehr der⸗ ſelben Miſchungen und Natururſachen, welche in nee Zeiten auf gleiche Art einwirkten.“ * 5 19) Die gleichen Miſchungen und Niederſchlaͤge fan⸗ den durch 1 Ausdehnungen auf eine naͤmliche Art ſtatt. „ 20.) Die ſagchert Menge Quarzkoͤrner gehoͤrt zu den ſonderbarſten Erſcheinungen dieſer Gebilde.“ „21.) Die Erzſtoffe befinden ſich in dem Meer, in welchem die Thon- und Kalkgebilde entſtanden, und fi ſind nicht in ſpätern Zeiten von außen in die Kluͤfte hereinge⸗ fuͤhrt worden. In Ruͤckſicht der Lagerſtaͤtte der Erze ſind Lager und Gaͤnge ſehr von einander zu unterſcheiden, und uͤber die Entſtehung der leztern Werners Theorie der Gänge gegen - die Meynung des Verfaſſers nachzuſehen. „ 22.) Die zahlloſen Kalkſpath⸗ und Quarzadern, wel⸗ che ſowohl die Kalkſtein⸗ als Kieſelſchieferſchichten des Thon» und Kalkgebildes, und zwar die allerunterſten verdeckteſten eben ſo wie die höher gelegenen Schichten in unzaͤhliger Menge und in allen Richtungen durchkreuzen, beweiſen auf's deutlichſte, daß deren Stoffe nicht von außen in of⸗ fene Spalten der ſchon gebildeten Floͤtze eintraten, ſondern ſich waͤhrend des Niederſchlags der Lager aus der Miſchung auf eine ſolche eigene Art vereinigten, daß ſie ein wahres Netz von Kalkſpath- und Quarzblaͤttern darſtellen.“ Dieſe eigene Art die Truͤmmer und Gaͤnge entſtehen zu laſſen, duͤrfte wohl kaum gegen Werners umſtaͤndlich ent⸗ wickelte Gangtheorie Stich halten koͤnnen! — „ 23.) Die Gypss; Salzthon⸗ und Steinlager in der dritten Kette gehoͤren zu den merkwuͤrdigſten Erſcheinun⸗ gen des ganzen Kalkgebildes. Deren Ausdehnung ſcheint 343 wenigſtens vom Walliſiſchen Liethal bis nach Steiermark fortzuſetzen, und ihre Breite nimmt einige Stunden ein; ihre Lager ſenken im Allgemeinen nach S. O. wie alle Floͤtze der dritten Kette und ſtreichen bis zur Höhe von 5400 Fuß uͤbers Meer. Der Gyps und Salzthon dehnt ſich S. W. noch durch Savoyen bis ins Dauphine aus; aber die Lager ſenken nicht allgemein nach S. O., in Bex z. B. bilden ſie ja im ſogenannten Cilinder eine Schichtenbeugung und haben alſo auch N. W. Einſenkung. „ 24.) Die Schwefelſaure Kalkerde, die Thonerde und das Kochſalz befanden ſich zu gleicher Zeit in der Miſchung des Meeres, aus welchen jene merkwürdigen Lager nieder⸗ geſchlagen wurden. „ 2.) Zufolge der außerordentlichen Ausdehnung der Salzthon⸗ und Steinſalzlager iſt es nicht unwahrſchein— lich, daß in manchen Gegenden der dritten Kette ſowohl Satjquellen als die Salzlage or noch zu entdecken ſeyn mögen.’ »26.) Steinkohlenlager ftreichen zwiſchen den Kalk, flögen der dritten und vierten Kette und zwar bis zur Hoͤhe von 4— 5000 Fuß übers Meer. Es zeigt ſich an dieſen Las gern keine Spur von Abkunſt aus verſchuͤtteten Waͤldern, ſondern ſie tragen alle Merkmale mineraliſcher Schichten⸗ niederſchlaͤge an ſich. Fluͤßiges Bergoͤl und Pech kommen in den Kalkſteinlagern in der Nähe der Steinkohlenlager, haͤufiger aber in ſolcher geringen Menge vielen Kalkſtein⸗ ſchichten beigemengt vor daß es ne nur dem Geruch of fenbart. „ 27.) Das Thongebilde iſt aͤußerſt arm an Verſtei⸗ nerungen.“ „ 28.) Das Kalkgebilde hingegen iſt reich an Verſtei⸗ nerungen aller Art. Sie finden ſich nicht durch alle Floͤtze 34& | n verbreitet, ſondern nur in einzelnen Lagern, wo ſie theils familienweiſe und wohlerhalten, theils untereinander ge worfen und zerbrochen eingeknettet ſind. Die verſteinerungs⸗ reichen Floͤtze kommen von den unterſten Thonlagern bis zu den hoͤchſten Kuppen in den verſchiedenſten Hoͤhenſtaf⸗ feln vor. Das Meer war alſo waͤhrend der Entſtehung des ganzen Kalkgebildes ſtets bevoͤlkert.“ Welch ein ſeltſames Meer muß dieß geweſen ſeyn, das alle die Aufͤſungen enthielt, die ihm der Hr. Verfaſſer ſchon beymaß und welches doch noch bevoͤlkert ſeyn konnte! _ 5 29.) Fiſche, Schlangen und Schildkröten find bis jezt nur in dem Thonſchiefer der dritten Kette im Canton Glarus und der vierten Kette am Pilatus gefunden worden.“ „ 30.) Die Kalkalpen machten urſpruͤnglich ein zuſam⸗ menhaͤngendes Ganze aus, welches nur hin und wieder durch urſpruͤngliche Thaͤler in Parallelketten, deren jede aber doch wieder ein feſtes geſchloſſenes Ganze bildeten, geſchie⸗ den war. Mit Ausnahme dieſer Thaler find alle Trennun, gen und Einfurchungen Folgen gewaltſamer Zerſtörungs⸗ kraͤfte, welche in einem und demſelben Zeitraume über die Ur⸗ und Kalkalpen einbrachen; daher jo viele gleiche Quer⸗ durchriſſe aus dem Urfelsgebilde durch alle Kalkketten, die gleiche Hoͤhe der Kalkalpenjoche mit den Jochen in dem Ge⸗ biete der Urfelſen, und die häufigen gleichen Richtungen dern Urfels⸗ und Kalkalpenhoͤrner. Sollten nicht alle dieſe Angaben etwas zu beſtimmt und mit zu viel Zuverſicht dargelegt worden ſeyn? — „31.) Nur Fluthenſtroͤme und gewaltige Ströme der Meere konnten dieſe Gewaltkraͤſte ſeyn, welche das 8— 15 Stunden breite Kalkgebilde an jo vielen Stellen 6 — 10 tau⸗ ſend Fuß tief bis in das unter demſelben ſtreichende Urfels⸗ gebilde nicht bloß quer durchgebrochen und eingeſchnitten, ſondern ſelbſt in Breiten von / 1 Stunde dergeſtalt 2 * 845 weggeriſſen haben, daß nur hin und wieder aus dem Thal⸗ boden die Grundreſte ehemaliger Kalkgebirge hoͤchſtens ei⸗ nige hundert Fuß hoch noch hervorragen. Sollten wir in unſern geognoſtiſchen Kenntnißen ſchon ſo weit ſeyn, um beſtimmt ſagen zu koͤnnen, was einſt da war, wie es verſchwand und wie viel verſchwunden iſt? — 5 32.) Eine hohe ehemalige Fluthenbewegung beweiſen theils die Urfelsblöͤcke und deren Geſchiede ſowohl auf bes trächtlichen Höhen der Kalkalpen als in deren Thaͤlern 10 — 30 Stunden von den Uralpen entfernt, theils die Na- geldubablagerungen hin und wieder einige hundert Klafter - über die jetzigen Thalfaͤchen.“ „ 33.) Aus allen großen Querthaͤlern der Kalkalpen ſtürzten einſt gewaltige Meeresſtroͤme hervor, deren Rich⸗ tung von S. und S. O. nach N. und N. W. gieng, wor⸗ uͤber die beweiſenden Thatſachen im ſechsten Abſchnitt ih⸗ ren Platz finden werden. „34.) Zu den Querthaͤlern gab es keine andere na, türſiche Anlage in den Kalkalpen als Querklufte und Spalte, welche häufig die Schichtenmaſſen durchjchnitten und nur durch brechende Gewalt erweitert und vertieft wer⸗ den durften. * „35.) Die häufigen Laͤngenthaͤler, welche in der gan, zen Ausdehnung des Thon⸗ und Kalkgebildes durch 12 Laͤn⸗ gengrade, auf der ſuͤdlichſten Streichungslinie, nahe an den Uralven dergeſtalt ziehen, daß die füdlichen Thalſeiten aus Urfelſen und die noͤrdlichen Thalſeiten aus Thonſchiefer und Kalkfelſen beſtehen, ſind offenbar gewaltſame Tren⸗ nungen, denen eine gemeinſame Urſache zum Grunde ge⸗ legen haben muß. Dieſe Urſache war keine andere, als die laͤngs der Nordſeite der Uralpen und auf deren nördlichen Fallungsflaͤche abgelagerte Thonſchieferfoͤtze, welche ſehr ſteil nach N. W. einſenken. Dieſe Stellung beguͤnſtigte die J 346 Zerſtörung ihrer leicht verwitterbaren Beſtandtheile außer ordentlich, ſobald ungeheure Bewegungen von Meeresſſu⸗ then einbrachen, und alſo Meeresſtroͤme in dieſen langen Luͤcken von W. S. W. nach O. N. O. ſehr leicht tief eins wuͤhlten und ſie erweiterten.“ Hier iſt eine ganze Entſtehungsgeſchichte von Thaͤlern, deren wenigſtens in den Schweizerſchen Alpen keine bekannt find: denn da, wo Laͤngenthaͤler in der Nähe dieſes Les bergangs der Kalkſteinformation in die Urformation vor⸗ handen ſind, zeigt ſich meiſt noch das Aufliegen der Schich⸗ ten der erſtern Formation auf denen der letztern an einer der Thalſeiten, vorzuͤglich auf der noͤrdlichen; alſo kann keine weggewaſchene Thonſchiefer-Zwiſchenbildang an dem Daſeyn dieſer Thaͤler ſchuld ſeyn. »36.) Anders verhält es ſich mit vielen Laͤngenthaͤ⸗ lern zwiſchen den Kalkketten ſelbſt, deren gegenſeitige Schich⸗ tenflaͤchen auf die regelmaͤßigſte Art gegen einander in der Tiefe des Thales einſchneiden; fie find alſo nicht durch ge waltſame Trennungen und Zerftörungen vieler Schichten⸗ glieder, ſondern durch die eigenthuͤmliche Senkung der Schichtenſyſteme zweier Ketten urſpruͤnglich entſtandene Thaler,” Hier alfo ſcheint der Verfaſſer auf einmal eine neue Urſache der jetzigen Schichtenſtellung, naͤmlich die Einſen⸗ kung der Schichtenſyſteme von ganzen Gebirgsketten anzu⸗ nehmen, da hingegen im neunten Satz dieſes §, wo von der Urſache der Schichteneinſenkung gehandelt wird, hier von noch keine Rede war. Nimmt man nun einmal eine ſolche Urſache als Entſtehungsgrund von Laͤngenthaͤlern an, ſo ſollte dann doch dieſe Hypotheſe weiter verfolgt und die Wirkung unterſucht werden, die ſolche Einſenkungen auf die damit parallel laufenden Laͤngenthaͤler haben mußten, / fo wie die Urſache, aus der ſolche Einſenkungen entſtanden n 3 5 347 ſeyn moͤgen; hierdurch aber duͤrſte die allgemeinere Hypo⸗ theſe des Hrn Verfaſſers über Entſtehung der Thaͤler und die jetzige Stellung der Schichten gewaltigen Abbruch leiden. 37.) Hier fuͤhrt der Verfaſſer verſchiedene Schwierig⸗ keiten an, die die Hypotheſe mit ſich fuͤhrt, daß die aus eingeſenkten Schichten beſtehenden Gebirgsketten durch Er» hebung entſtanden ſeyen. Allein die Folgen, welche die im letztern Satz angenommene Einſenkung eines Theils der Schichten haben mußte, bleiben unberuͤhrt. »38.) Die Erſcheinung langer und tiefer Seen an dem Ausgange faſt aller großen Kalkalpen⸗Querthaͤler iſt ſehr merkwuͤrdig. Wurden fie blos von Meeresftrömen hervorgebracht? oder haben an dieſen Stellen Verſinkun⸗ gen ſtatt gefunden? Worin aber lag die Urſache dieſer Ver— ſinkungen, nur gegen den Ausgang der großen Querthaͤ— ler? Sollte vielleicht etwa in den Gyys⸗, Salzthon- und Steinſalzlagern der dritten Kalkſteinkette eine Miturſache dieſer ſonderbaren Erſcheinung aufzuſuchen ſeyn? Es wird deſto wahrſcheinlicher, weil auch in Längenthälern welche in der Streichung dieſer weggeriſſenen Kette liegen, viele Seen angetroffen werden. Könnten nicht ehemals aͤußerſt heftige Erdbeben, welche im mindern Grade, aber doch haͤufig längs der Streichungslinie dieſer Gyvs- und Salz thonlager beobachtet wurden, dazu beygetragen haben, ihre ſchuͤtzende Kalkdecke hin und wieder zu zerbrechen, und den Meeresſuthen Zutritt zu verſchaffen? Unverkenn⸗ bar iſt es, daß irgend eine gemeinſame Urſache dieſer Menge von Seen am noͤrdlichen Ausgange der großen Quer⸗ thaͤler zwiſchen der dritten und vierten Kette laͤngs der gan⸗ zen Ausdehnung des Kalkgebildes zum Grunde gelegen ha⸗ ben muß. Diefe Eutſtehungsgeſchichte der Sten ı am nördlichen 348 g Abhange der Alpen hat wenig Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich, da dieſelben ja durch verſchiedene Gebirgsformationen durch“ ziehen. Sie ſind wohl nichts anders als die Ueberreſte des großen Hauptthals mit ſeinen in die Alpen eindringenden verſchiedenen Nebenzweigen, das ſich zwiſchen den Alpen und dem Jura befand, welche noch nicht durch die Ge⸗ ſchiebe der Bergſtroͤme aufgefüllt wurden. Man nehme die Schuttmaſſe des Reusthals hinweg, ſo wird der Vierwald⸗ ſtaͤtterſee bis an Staͤg hineindringen; man denke ſich die Schuttmaſſe des Haslithals weg; ſo ſindet ſich der Brien⸗ zerſee bis Meyringen verlaͤngert; durch Wegſchaffung der Schuttebene von Interlacken wuͤrde er mit dem Thuner⸗ ſee zuſammenhaͤngen; durch Wegnahm der ausgedehnten Schuttablagen der alten Kander, der Zull und des Dies⸗ bachs wuͤrde ſich dieſes Waſſerbecken bis an die Sandſtein⸗ huͤgel von Bern erſtrecken u. ſ. w. Alſo iſt die Frage hier⸗ uͤber dieſe: Woher ruͤhrt die große Thaltiefe zwiſchen dem Jura und den Alpen, die nun theils durch Sandſteinabla⸗ gen, theils durch die Schuttmaſſen der Bergſtroͤme groͤßten⸗ theils mit ihren Nebenzweigen bis auf die wenigen noch uͤbrigbleibenden Seebecken aufgefuͤllt iſt? Dann kann die⸗ ſer Geſichtspunkt auch an den Suͤdabhang der Alpen auf die Lombardiſche Schuttebene und das tiefe Becken ausge⸗ dehnt werden, in welchem jene liegt. Auf dieſe Art am geordnet moͤchte dann die Erſcheinung ſo tiefer und aus⸗ gedehnter Aushoͤhlungen an den deyden Alpenabhaͤngen mehr geologiſche Wichtigkeit erhalten als die Frage, woher jene noch nicht ganz faden Ueberreſte dieſer großen Tiefen herruͤhren! — 139.) Seit 8 Abfluße des Meeres blieben inner⸗ halb den Kalkalpenthaͤlern viele gefchloffene Seekeſſel zu⸗ ruͤck, deren Gewaͤſſer endlich Durchbruͤche erzwangen und abgefloſſen find. Die Stroͤme und Bäche ſchneiden das“ ’ 349 Thon⸗ und Kalkgebilde an unzähligen Stellen immer tie fer ein; langſame aber fortdauernde Verwitterungen wir. ken über das ganze unbedeckte Thon» und Kalkgebilde, und gewalſame Urſachen (als Erdbeben, Schneeftürze, Durch- reiſſungen von Unterlagsſchichten u. ſ. w.) ſetzen ihre Zer⸗ ſtoͤrungen fort. Obgleich eine weit mindere Zerſtoͤrung in dem Kalkgebilde herrſcht als in dem Urgebilde, ſo arbei⸗ ten doch auch eine Menge zerſtoͤrender Kraͤfte unaufhaltbar fort, und die Kalkalpen leiden eine ſtete Veraͤnderung und Erniedrigung.“ Die Veraͤnderung und Erniedrigung auch dieſer Kalk⸗ gebilde durch Verwitterung u. ſ. w. iſt im Verhaͤltniß ih⸗ rer Ausdehnung ſehr unbedeutend; der Umſtand, daß in ihren niedrigern Regionen ſich die aus der Verwitterung ihrer Abhaͤnge entſtehenden und an ihren Fuß ſich anle⸗ genden Schutthalden fruͤher mit Vegetation bekleiden und ſie daher gegen tieferes Herabglitſchen ſchuͤtzt als dieß in den unfruchtbareren Regionen der Urformationen geſchieht, trägt das meiſte zur geringen Verwitterung und Zerſtoͤrunz der e bey. 350 Ueber ben Bau der Erde in dem Alpen- Gebirge dwiſchen 12 Längen» und 2— 4 Breitengraden, nebſt einigen Beobachtungen uͤber die Gebirge und den Bau der Erde uͤberhaupt; mit geognoſtiſchen Karten. Von Joh. Gottfried Ebel, De der Medicin. ater Band. Zürich 1808, bey Orell, Füßli und Comp. Sechster Abſchnitt. Nagelfluh⸗ und Sandſteingebilde an der Nord⸗ und Suͤdweſtſeite der Kalkalpen. 9. 43. Allgemeine Ueberſicht der Ausdehnung der Nagelflue- und Sandſteingebilde. F. 44. Umriße und Höhe der Nagelflue— und Sandſteinberge. Seen zwiſchen denſelben. Vergleichung der Höhenlage der Seen und Thaͤler des Sandſteingebildes, ſuͤd⸗ und nordwärts des Alpengebirges. 9. 45. Urfelſen und Kalkſteinberge, welche in dem Gebiete der Nagelflue- und Sand⸗ ſteingebilde zu Tage flogen. Nicht im Schweizeriſchen Alpengebirge, ſondern in Dauphine und Lionnois, und in der Bayeriſchen Ebene ragt Granit aus dem Sandſteingebilde heraus. Sollte aber dieſes Kalkſteingebilde wohl zwiſchen den noͤrdlichen Alpen⸗ 4 351 kalkſteinketten und der Juraiſchen Kalkſteinformation inne liegen, und alſo ident mit derjenigen Sandſteinformation ſeyn, wovon in dieſem Abſchnitt die Rede iſt? — F. 46. Nagelfluegebilde. Deſſen Ausdeh⸗ nung, Hoͤhe, Breite und ſteile Felſen⸗ waͤnde. N $. 47. Schichtung der Nagelflue. Lagerung derſelben auf ein aͤlteres Sandſteingebil— de, und Lagerung der vierten Kalkalpen— kette auf der Nagelflue. Hoͤhlen. Tuff ſteinwaͤſſer und Lager. Nach pag. 14 follen die Nagelſtuhlager unter einem Winkel von 30 bis 70° nach S. O. einſenken. Im Can⸗ ton Appenzell, am Rigi, in Guggisberg, Canton Frey⸗ burg und Wadt haben ſie oft weit ſchwaͤchere Einſenkung, die an vielen Stellen nicht 15 betraͤgt. Nach pag. 15 und 16 foll die vierte Alpenkalkſteinkette auf der Nagelfuhe lagern. Allein nirgends in den Schweiz zeriſchen Alpen iſt dieſe Auflagerung noch beſtimmt beob⸗ achtet worden. Wohl iind die Alpenkalkſteinſchichten zum Theil über die Nagelfuh hingebogen, nicht aber auf ihe aufliegend; ſondern die Alpenkalkſteinſchichten haben uͤberall viel ſteilere Stellung als die unter fie einſchießende Nagel» fluhlager, daher jene nicht auf dieſen beſtimmt aufliegen. Wie wichtig dieſer Unterſchied in geologiſcher Hinſicht ſey, iſt auffallend genug. Steinkohlen findet ſich, des Hrn Verfaſſers Anzeige zus wider, nicht felten in dünnen Schichten, oft in Neſtern in der Nagelfſuhformation, z. B. im Fontanenthal im Entli⸗ buch, am durch den Goldauer Bergfall bekannt geworde⸗ nen Ruffiberg u. ſ. w. N 352 48. Beſtandtheile der Nagelflue und ihre Geſtalt. 49. Kuͤtt der Ragelflue. N 50. Aelteres Sandſteingebilde. Deſſen Aus: dehnung, Hoͤhe und Schichtenſenkung. . 51. Uebergang des altern Sandfeingebil- des in die Nagelflue. wm w ww 7 wen wo . 52. Unmittelbare Lagerung des Alpenkalk⸗ ſteins auf dem aͤltern Sandſteingebilde, wo die Nagelflue mangelt, Der Kalkſtein in der Gegend von Genf, der bey den Voirons mit Sandſtein wechſelt, und der an andern Stel⸗ len unmittelbar auf dem Sandſtein aufliegen ſoll, was aber wohl noch nicht hinlaͤnglich erwieſen iſt, gehoͤrt zur Jura- und gar nicht zur Alpenkalkſteinformation. 9. 83. Beſtandtheile dieſes ſuͤdlich eingeſenk⸗ ten Sandſteins. Nach pag. 28 ſollen ſich nie Geſchiebe in der Maſſe dieſes Sandſteins vorfinden, allein oft ſind dieſelden ſehr haͤufig; ſo z. B. ſind im Sandſtein von Bollingen am Zuͤrichſee, der in Zürich als Bauſtein benuzt wird, Ur» und Floͤzgebirgsgeſchiebe oft beygemengt. N J. 54. Zwiſchenlager von Thon, Mergel, Stinkſtein, Steinkohlen, Gyps, Eiſen⸗ erze, Erdoͤl, Schwefelkieſe, Braunſtein, Verſteinerungen. 9. 55. Juͤngeres Sandſtein- und Mergelgebil⸗ de. Deſſen Ausdehnung und Höhe 358 J. 36. Horizontale Schichtung dieſes Gebil— des. Deſſen Lagerung auf dem Jura. Wed» ſel der Sandſtein- und Mergelſchichten. Beſtandtheile und Farbe dieſer Lager. $. 57. Nagelflue-, Steinkohlen⸗, Gyps- und Stinkſteinlager und Mineralwaſſer in dem jüngern Sandſteingebilde. Die auf pag. 39 angefuͤhrte Steinkohle bey Herliberg am Zuͤrichſee iſt unbekannt, und die von Elgg liegt im Conton Zuͤrich, nicht im Thurgau. $. 58. Eiſenerzlager und Goldfand führende Fluͤße. 9. 59. Meerſchnecken und Muſcheln, Korallen, Fiſch⸗ und Landthierzaͤhne und Knochen. Baumſtaͤmme und Aeſte. $. 60. Zerreiſſung der Nagelflue- und Sand ſteingebilde. Der pag. 47 angeführte Ausgang des Saanenthals bey Greiers im Canton Fryburg liegt nicht in der Nagelſlue / ſondern im Alpenkalkſtein. 9. 61. Beſchaffenheit der in dem Sandſtein— gebilde eingeriſſenen Thaler; ehemalige große Seen, welche fie ausfüllten. Ber aͤnderte Richtung einiger Flüße und ſtete Veraͤnderung, welche die Seen erleiden. 9. 62. Große Alpentruͤmmer und gerollte Stei⸗ ne, welche uͤber die Sandſteingebilde bis hoch am Jura ausgeſtreut liegen. 41 Vo, 3 354 5, 63. Unterwaſchungen an einigen Bergen; und andere Spuren von hohen ehemali⸗ gen Fluthen. $. 64. Schutthügel, verfchüttete Wälder, Reſte großer Landthiere in dem Schutt. ö $. 65. Bergfaͤlle und allmählige fortgehende Verwitterung und Zerſtoͤrung in den Na— gelflue- und Sandſteingebilden. $. 66. Zuſammenſtellung der in dieſem Ab» ſchnitt enthaltenen Thatſachen, nebſt eis nigen Folgerungen. 51.) Die aus mehr oder minder b Truͤm⸗ mern der Alpenfelsarten entſtandenen Nagelſſue- und Sands ſteingebilde ſind an Ausdehnung in Laͤnge, Breite und Hoͤhe ungeheuer.“ \ „ 2.) Die nach S. aten Schichten der vierten Alpenkalkſteinkette lagern auf dem Nagelfiuegebilde, und deren Schichten wieder auf dem nach S. ſenkenden Sand⸗ ſteingebilde. Die Unzuverlaͤßigkeit dieſer Behauptung if ſchon bey F. 47 angeführt worden. „3.) Es iſt außer allem Zweifel, daß dieſes nach S. ſenkende Sandſteingebilde viel Alter iſt, als die über dem⸗ ſelben gelagerten Geſchiebfloͤtze der ungeheuren Nagelflue⸗ Rite Wenn uns vom Hrn Verfaſſer erklärt wird, wie ſich ſteil eingeſenkte Nagelfuelager in ihrer jetzigen Stellung gebildet haben koͤnnen, dann wollen wir alle Zweifel ge gen dieſe Behauptung verbannen. 154.) In Savoyen, Baiern, Oeſterreich und Dauphine . 355 lagert an ſehr ausgedehnten Stellen die vierte Kalkalpen⸗ kette unmittelbar auf dem nach S. ſenkenden Sandſtein.“ Daß dieſe Beha tung des Hrn Verfaſſers für die Ge— gend von Genf in Savoyen unrichtig ſey iſt bey 9. 52 ges zeigt worden. „ 5.) Iſt dieſes Sandſteingebilde älter als die vierte Kalkalpenkette? Mehr als wahrſcheinlich.“ Dieſe ſeltſame Behauptung iſt eine natuͤrliche Folgerung der fo zweifelhaften Vorderſaͤtze des Hrn Verfaſſers, und konnte, wenn dieſe Hypotheſe weiter entwickelt würde, zu feltfamen geologiſchen Ideen fuͤhren, indem ſehr wahrſchein⸗ lich dieſer Sandſtein, der oft in Steinkohle verwandelte Pflanzen enthält, als eine nicht alte Formation zu betrach⸗ ten iſt. „ 6.) Die untergeordneten Lager wechſeln mit den Sandſchichten regelmaͤßig ab, und dieſelbe Aufeinander— folge wiederholt ſich immer wieder. Nie zeigt ſich ein un⸗ tergeordnetes Lager als ein einziges Floͤtz. Dieſe Behauptung iſt wohl zu allgemein aufgeſtellt, denn uͤberhaupt ſind dieſe untergeordneten Lager nicht ſo haͤufig, daß eine regelmaͤßige Abwechslung ſtatt haben koͤnnte. 57.) Alle Schichten dieſes Altern Sandſteingebildes ſenken auf's regelmaͤßigſte nach S. und ſtreichen von W. S. W. nach O. N. O.“ Daß nicht alle Schichten dieſes ſogenannten aͤltern Sand⸗ ſteingebildes nach S. ſenken, iſt durch die ganze Folge der noͤrdlich eingeſenkten Sandſteinlager der linken Seite des Zuͤrichſees hinlaͤnglich bewieſen. 58.) In dieſem Sandſteingebilde kommen viele Vers ſteinerungen vor; am haͤufigſten zeigen ſich Nummuliten. Sie ſind nicht in allen Schichten verbreitet. Die feſten und feinen Sandſteinlager find meiſt von Verſſtinerungen ganz leer. 356 Ueberhaupt enthält dieſer Sandſtein wenig Verſteine. rungen. Nummuliten zeigten ſich, ſo viel bekannt iſt, noch nie in dieſem der Nagelſluh noͤrd zich liegenden Sand⸗ ſtein. 5 „ 9.) Die Beſtandtheile der Sandfteinfchichten find theils Urfels, theils ſchwarze Kalkſteintruͤmmer, durch eis nen Mergel- oder Kalkleim zuſammengekuͤttet.“ Die Beſtandtheile ſind meiſt Quarz mit viel ſchwarzem und rothem Kieſelſchiefer und feinen Glimmerſchuͤppchen ge⸗ mengt. N „ 10,) Die aus bloßen in Waſſer gewaͤlzten großen Steintruͤmmern und Schlamm entſtandene Gebirgskette der Nagelſſue gehört zu den wichtigſten geognoſtiſchen Merk⸗ wuͤrdigkeiten des Alpengebirges.“ „ 11.) Das Nagelfuegebilde iſt auf den aͤltern Sands ſtein aufgeſetzt und liegt in den regelmaͤßigſten Schichten, welche eben fo ſenken und ſtreichen wie der auf ihm las gernde Kalkſtein. Sollte dieſes Nagelffuegebilde auch älter als die Floͤtze der vierten Kalkſteinkette ſen? Wahrfcheins lich. Wenigſtens iſt gewiß, daß in der jetzigen Lage der noͤrdlichſten Kalkalpenkette die ſuͤdlich einſenkende, den Kalk⸗ ſtein unterlaufende Schichtenlaͤgerung des Nagelſſues nicht ſtatt haben konnte.“ ’ Da der über die Nagelfue hingelehnte Alpenkalkſtein meiſt fteilere Schichteneinſenkung als die nördlicher liegende Nagelflue hat, fo ſtehen fie auch in der Höhe der Gebirge weiter von einander ab, als in der Tiefe derſelben. „ 12.) Die gaͤnzliche Abweſenheit aller Ueberreſte von Meergeſchoͤpfen und Pflanzentheilen in den Schichten des ungeheuren Nagelfluegebildes bleibt bey dieſer Unterſuchung ſehr beobachtungswuͤrdig. Die Nagelfſue enthaͤlt nicht ſelten in Steinkohlen ver⸗ wandelte Stuͤcke von Baumſtaͤmmen beygemengt. 357 913.) Der feſte, in feiner Grundmaſſe fo gleichför⸗ mige Sandftein liegt in der Tiefe; auf einmal zeigen fich auf feinen Oberſchichten gerollte Steine, welche bald ſchich— tenweiſe regelmaͤßig mit dem Sandſtein abwechſeln, und dann folgt weiter auſwaͤrts ein feſtgekuͤttetes Geſchieblager über das andere, 4 — 5000 Fuß hoch. Es traten alſo auf einmal Umſtaͤnde ein, unter deren Zerſtoͤrungskraͤften die Felſen des Alpengebirges ſchrecklich zerriſſen, aus deren in den Fluthen gewaͤlzten zahlloſen Truͤmmern die Lager des Nagelfluegebildes über die in der Tiefe liegenden Sands ſteinſchichten niedergeſchlagen wurden. Da das Mutterla⸗ ger der meiſten Geſchiebe dieſes Nagelſues in den Ur» und Kalkalpen aufzufinden iſt, und unter andern die Por« phyre nur weit oſtwaͤrts an der Etſch und Eiſak in Felſen anſtehen, fo gieng alſo die Hauptbewegung der Fluthen von O. und S. O. nach W. und N. W. Dieſe Bewe⸗ gung mußte lange in naͤmlicher Richtung anhalten, da die Geſchiebe nicht in wilder Unordnung übereinander aufges haͤuft, ſondern in unzähligen Schichten gelagert ſind; wor⸗ aus ſich ergiebt, daß von der Bildung einer Schicht bis zur zunaͤchſt darüber liegenden Schicht ein gewißer Zeit⸗ raum ſtatt finden mußte, ohne welchen alles in einander genoffen und keine Schichtentrennung möglich geweſen wäre; Eben fo gewiß ift es, daß in dem Zeitraum, als dieſe Ge, ſchiebe ſchichtenweiſe abgeſetzt wurden, das Meer wenig⸗ ſtens 6000 Fuß hoch ſtand und namlich die Hoͤhe des ar gen Nagelfuegebildes haben mußte.“ Wenn die Porphyrgeſchiebe von der Etſch und übers haupt aus Italien her an die Nagelfſuegebirge hinuͤberge⸗ fluthet wurden, fo mußte die Fluth die Höhe der Central ketten uͤberſteigen! aber auf dem ganzen Weg iſt auch niche ein ſolches Geſchieb in den Schluͤnden der Centralketten liegen geblieben! Sehen dann aber auch die Ragelfuss 858 porphyrgeſchiebe dem Etſchthalerporphyr gleich? Der Be⸗ ſchreibung des letztern zufolge ſtimmen ſie ſo wenig damit überein als die Granitgeſchiebe der Nagelfiue mit dem Als pengranit uͤbereinſtimmen, alſo ſollte dieſe Hinuͤberfluthung der Nagelfinegefchiebe über die ganze Alpenkette doch etwas ſorgfaͤltiger gepruͤft werden! Und die oft ſteilen Nagel⸗ flueſchichten ſollen ſich alſo in ihrer jetzigen Stellung ge⸗ bildet haben? Damals muͤßten Steine von Kugelform we⸗ niger rollbar geweſen ſeyn als jezt: am Speer ob Weſen z. B. ſtehen über 6000 Fuß hohe über 45 eingeſenkte Nas gelfuelager an; und dieſe Geſchiebe müßten alſo, ohne ſaͤmtlich in den Wallenſee hinunterzurollen, in dieſer ſtei⸗ len Stellung erhalten worden ſeyn, bis der zwiſchenlie⸗ gende Schlamm erhartet war, und in dieſer für Geſchiebe kuͤnſtlichen Stellung haben ſich viele hundert Schichten nach und nach adgeſetzt und erhaͤrtet, ohne daß in dem untern Theil der Schichten irgend eine Verſchiebung und daher Verſtaͤrkung derſelben ſtatt hatte! Und in Bayern haben wir ja gar ſenkrechte Nagelduefchichten!! Wohl find alſo hier noch andere Umſtaͤnde eingetreten, die die jetzige Stel⸗ lung der Nagelfinegebirge bewirkt haben. „ 14.) Da die Schichten der Sandſtein⸗ und Nagel finegebilde bewundernswuͤrdig regelmäßig übereinander ges lagert find, fo mußten dieſe Flöge in einer großen Tiefe des Meeres abgeſetzt worden ſeyn, wohin die ſtaͤrkſten Bes wegungen deſſelben nicht wirken konnten.“ Wenn der vorige Satz richtig iſt, ſo iſt es dieſer auch, denn die fan 1 1/2 Fuß ſtarken und über 6000 Fuß ho⸗ hen, im 45° aufſtehenden Kugelſteinwaͤnde wurden ſonſt durch eine ſchwache Senrgung des Meeres gewiß zuſam⸗ mengefallen ſeyn! — 515.) Das eee Sandſtein⸗ und Mer⸗ gelgebilde iſt weit juͤnger als der ſuͤdlich einſenkende Sand⸗ 359 Mein und Nagelßue. Dieß ergiebt ſich aus der horizonta⸗ len Lagerung, aus den Baumſtaͤmmen, welche in den un⸗ terſten Lagern dieſer Sandföge gefunden werden; aus den. Landthierzaͤhnen in den Steinkohlen; aus den Hayfiſchzaͤh⸗ nen und zablloſen Ueberreſten von Schnecken und Muſcheln, welche in den Sand- und Mergellagern liegen, und aus den Schildkroͤten in der Tiefe dieſes Gebildes.“ Doch iſt die beſtimmte Grenzlinie zwiſchen dieſen bey den Sandſteinformationen und das deutliche Aufliegen der einen auf der andern noch nirgends aufgefunden worden; Baumſtaͤmme finden ſich zuweilen in der Nagelfluh, Pflan⸗ zen im ſogenannten aͤltern Sandſtein, ſogar Schildkröten im Glarnerthonſchiefer in den unterſten Schichten eines 9000 Fuß hohen Gebirges: alſo ſind jene Anzeigen alle kein beſtimmter Beweis fuͤr eine, freylich wahrſcheinliche, Altersverſchie denheit zwiſchen dieſen beyden Sandſteinfor⸗ mationen. „ 16.) Auch im Sandſtein⸗ und Mergelgebilde wech⸗ ſeln in regelmaͤßigen Entfernungen lockerer Sandſtein, Mer⸗ gel und feſter Sandſtein: ein Beweis, daß die naͤmlichen Miſchungs⸗ und Abſetzungszuſtaͤnde des damaligen Meeres periodenweiſe immer wiederkehrten, und die an unverſehr⸗ ten Meermuſcheln und Schnecken reichen Lager, die viele Stunden weit verfolgt werden koͤnnen, zeigen, daß dieſe Lager während langer Zeit den Grund des Meeres aus⸗ machten, ehe neue Sand⸗ und Mergeiſchichten ſich N ſchlugen. „ 17.) Das Sandſtein⸗ und Mergelgebilde iſt viel juͤn⸗ ger als das Jurakalkſteingebilde. „ 18.) Hoͤchſt merkwuͤrdig muß es dem Erdforfcher ſeyn / zu ſehen, daß, ſo wie das Kalkſteingebilde von dem unter ihm ſtreichenden Urfels auf feiner ſuͤdlichſten Linie, und von dem unter daſſelbe niederteuͤfenden Nagelſue auf ſeiner 1 360 noͤrdlichſten Linie von Eiſenerzfuͤhrenden Thon » und Kalk ſteinfͤtzen getrennt iſt, auf gleiche Art ein Eiſenerzreiches Thonlager das Sandfteingebilde von der Jurakette ſcheidet.“ Aber der Erdforſcher muß fich ſehr huͤten, einzelne Lo» kalverhaͤltniße nicht ſogleich als allgemeine Thatſachen auß zuſtellen, ſonſt wird er fürchterlich irre geführt! Bey weis tem nicht uͤberall, ſondern nur in einigen Revieren der Al⸗ pen finden ſich Eiſenſteinlager in der Naͤhe, nicht aber zwi⸗ ſchen dem Aufliegen des Kalkſteins auf Urfels. Ebenſo nur in einigen Revieren finden ſich Eiſenerzlager in der Naͤhe, aber keineswegs unmittelbar zwiſchen dem Zuſammenſtoßen des Alpenkalkſteins in der Nagelſſue. Und ſo iſt auch nicht uͤberall die Sandſteinformation von dem unterliegenden Jurakalkſtein durch ein Eiſenerzhaltiges Thonföz getrennt. Zu bemerken iſt, daß viele Eiſenerzlager im nördlichen Kalk⸗ gebilde vorkommen, die nicht in der Naͤhe der Grenzen die⸗ ſes Gebildes ſind. — „ 19.) In keiner einzigen Schicht des 3500 Fuß 65 hen horizontalen Sand- und Mergelgebildes wird ein ges rollter Stein gefunden, und ihre Schichten find ohne alle Unordnung übereinander gelagert. Die Epoche ihrer Bits dung deutet alſo die größte Ruhe ſowohl in dem Meer als in dem ganzen Alpengebirge an. Erſt nach der Abſetzung dieſes Gebildes iſt wieder eine Zertruͤmmerungsperiode ein, getreten; denn in der Höhe von 3 — 4000 Fuß iſt dieſes Gebilde mit maͤchtigen Lagen von zuſammengekuͤtteten ge⸗ rollten Steinen mehrere hundert Fuß hoch ganz uͤberzogen. Die Bildung dieſer Nagelſuedecke begann alſo mit der zwei⸗ ten Epoche der Zertruͤmmerung in den Alpen und der Mee⸗ resbewegungen von O. und S. O. nach W. und N. W. Bis man mit einer ſo beſtimmten Behauptung auftreten dürfte, wie der Anfang dieſes Satzes enthält, müßte man die Alpen wohl beſſer kennen, als ſie uns bekannt ſind. 361 Freylich findet man zuweilen Geſchiebe in den Sandſtein⸗ lagern dieſes Gebildes, und es enthält zuweilen Zwiſchen⸗ lager von Nagelflue, z. B. am Albis. Auch iſt die Ras gelffue, die hier und da Kuppen der Gebirge dieſer For— mation bildet, wohl nicht als eine Decke dieſes ganzen Ges bildes anzuſehen, ſondern nur als Zwiſchenlager, wie die Abwechslung von horizontalen Sandſtein⸗, Mergel- und Nagelſuelagern in der Allmanskette beweist, die fich zwi— ſchen Zuͤrich und Toggenburg hinzieht. — » 20.) El iſt keinem Zweifel unterworfen, daß nicht einſt die Nagelſſue⸗, Sandſtein- und Mergelgebilde, jede unter ſich, eine einzige Maſſe ausmachten; und da jedes Ge⸗ bilde ſich unmittelbar an das andere anlegt oder vielmehr unterteuͤft, fo ſtellten fie zuſammen ein einziges Ganze dar. Von der sooo Fuß hohen Nageifuekerte ſcheint die Abda⸗ chung des Bodens über das 4000 Fuß hohe Sanddſteinge— bilde nach dem Jura ſehr gemach geweſen zu ſeyn, und zu dieſer Zeit war ſelbſt der Jura in allen ſeinen niedrigen Zweigen gewiß von dem Sandſteingebilde bedeckt.“ Ob denn gar keine Möglichkeit it, daß ſchon urfprünglis che Thaͤler die Nagelfue⸗, Sandſtein- und Mergelformation in verſchiedene Abtheilungen trennte, iſt wohl keine ſo ausge⸗ machte Sache, wie der Hr. Verfaſſer annimmt. Beſon⸗ ders da derſelbe die Gebirgsſchichten in ihrer jetzigen Lage entſtehen laͤßt, fo möchte es ſchwer fallen die jetzigen Thaͤ— ler alle ſich mit regelmaͤßigen ungebogenen Schichten aus⸗ gefuͤllt zu denken. N „ 21.) Die Gewalt, welche dieſe ehedem ein Ganzes ausmachenden Gebilde in zahlloſe Berge und Bergſtrecken zerriß, ſie oft durch ſtundenbreite Zwiſchenraͤume trennte, alles Geſchiebe, die ungeheuren Truͤmmer aus den Alpen herauswaͤlzte und uͤder die zerriſſenen Sandberge und de⸗ ren Thaler verbreitete, konnte keine andere als die Gewalt 362 eines Meeres ſeyn, welches ſich in der heftigſten Bewe⸗ gung von O. und S. O. nach W. und N. W. befand.“ Wenn eine gleichzeitige Gewalt die Thaler aufriß und die Gebirgstruͤmmer fortwaͤlzte, ſo muß dieſe Gewalt nach vielen Seiten hin ſeltſam gewirkt haben, denn wir haben ja auch Laͤngenthaͤler und nach verſchiedenen Richtungen hinlaufende Querthaͤler in der Nagelflue-, Sandſtein⸗ und Mergelformation! „ 22.) Dieſe Meeresbewegung von O. und S. O. nach W. und N. W. muß periodiſch ſtatt gefunden haben. Denn fo fand zum erſten Male dieſe Bewegung vor der Abfegung, aller Geſchieblager der hohen Nagelfluekette, zum zweyten Male nach der Ablagerung des juͤngern Sand- und Mer⸗ gelgebildes, bei der Abſetzung der mächtigen Nagelſuela⸗ ger, welche daſſelbe bedeckten und zum dritten Male bey der Zerreiſſung der Ur- und Kalkalpen, der Nagelfſue- und Sandſteingebilde ſtatt.“ Da nach obigem 1zten Satz nach der Bildung jeder einzelnen Nagelduefchicht ein gewißer Zeitraum ſtatt finden mußte bis wieder eine Schicht hergefuthet und abgeſetzt wurde, und da wir mehrere tauſend ſolcher Nagelflueſchich— ten in den Alpen haben; da ferner uͤber dem weit juͤngern Sand- und Mergelgebilde ſich auch wieder viele hundert Nagelflueſchichten befinden, und alle dieſe Strömungen von S. und S. O. herkommen, ſo waͤre doch gut zu wiſſen, wie denn eine ſo oft wiederholte ungeheure Fluthung von dort herkommen konnte, was ſie in Bewegung ſetzte und wie ſie, um das Gleichgewicht nicht zu ſtoͤren, wieder nach S. zuruͤckkehrte? 523.) Die Heftigkeit und Gewalt der Bewegung in dieſer dritten Periode waren ohne Vergleich fuͤrchterlicher, ſtuͤrmiſcher, zerſtoͤrender und langdauernder als bey den zwey erſten Begebenheiten derſelben Art. 363 Wenn die Nagelduegebirge fo weit hergefuthet wurden, wie der Hr. Verfaſſer annimmt, fo mag doch jene Zerſtoͤ⸗ rungsepoche, die den Stoff zu mehr als 6000 Fuß hohen Truͤmmerbergen uͤber die ganze Alpenkette her lieferte, wohl groͤßer geweſen ſeyn als die letzte, welche nur die Gebirge zerriß ohne mit ihren Truͤmmern Stoff zu andern hohen Gebirgen zu liefern. 524.) Es ſcheint unbegreifich, wie Meeres ſuthen ſo ungeheure Laſten, wie viele Urfelstruͤmmer ſind, 20 — 30 Stunden weit bis zur Hoͤhe von 2700 Fuß uͤber die jetzigen Seefaͤchen hätten hinaufwaͤlzen koͤnnen. Die ganze Schwie⸗ rigkeit, welche dabei obwaltet, liegt blos darin, daß man ſich die Beſchaffenheit der Nagelſſue- und Sandſteingebilde in damaliger Epoche ſo denkt, wie ſie jezt ſind. Die jezt fo zerriſſenen Nagelſſue- und Sandſteinberge waren einſt eine zuſammenhaͤngende Maſſe. So wie die zweite Epos che der Meeresbewegung von S. und S. O. begann, wa⸗ ren dieſe Gebilde noch unzerriſſen und die tobenden Flu⸗ then mußten im Anfang alle großen Truͤmmerbloͤcke uͤber dieſe hohe Fläche an den Jura hinwaͤlzen. Erſt im Forts gange eines dritten Zeitpunktes außerordentlicher Mecres⸗ bewegung aus O. und S. O. wurden die Nagelflue- und Sandſteingebilde zerriſſen. Die im Anfange herausgewaͤlz⸗ ten Alpentruͤmmer aber blieben theils auf dem Jura lies gen, theils rollten fie an den tief abgewaſchenen Seiten Dies ſer Bergketten herab und haͤuften ſich an ihrem Fuß an.“ . Dieſe Erklaͤrungsart des Daſeyns fo vieler großen Fels⸗ | truͤmmer, die unverkennbar das Gepräg der Hochgebirge haben, die ſich im Hintergrund der Thaͤler befinden, an deren Auslauf fie liegen, hat in Verbindung mit dem zoften Satz viel Wahrſcheinliches für ſich; allein da der Hr. Ver⸗ faſſer nach dem 19ten Satz in der naͤmlichen Fluthenepoche, in der Er dir ſe Felstruͤmmer an den Jura hiuausfluthen 364 laßt, auch die Bildung der zweyten Nagelflueformation an⸗ nimmt, die die Sand- und Mergelformation bedeckt, ſo müßten ſich durchaus auch ſolche große Urfelstruͤmmer in jener Nagelſtue eingewickelt vorfinden, da man doch bis jezt noch keine Spur eines großen eckichten Felſenſtuͤcks darin fand, ſondern nur kleinere, beſtimmt abgerundete Geſchie⸗ be, unter denen Porphyre nicht ſelten vorkommen, die alſo aus ganz andern Gegenden hergefuthet wurden als jene Felstruͤmmer, die immer ident mit den im Hintergrund dieſer Hochgebirgsthaͤler anſtehenden Gebirgsarten ſind. Die⸗ ſe Schwierigkeit waͤre alſo zu loͤſen, wenn man jene Sdp. theſe erhalten will. g „ 25.) Was die Goldfuͤhrenden Fluͤße betrift, fo er— halten ſie ohne allen Zweifel ihre Goldblaͤttchen nur aus dem Geſchiebe und Sande, welchen ſie bei jaͤhrlichen An⸗ ſchwellungen aus den Nagelflue- und Sandſteinbergen 1 ihren Fluthen fortreiſſen.“ 526.) Alle Querthaͤler der Kalkalpen ſetzen durch das Nagelſſue- und Sandſteingebilde fort, und zeigen offens bar, daß in dieſen Richtungen Meeresſtroͤme ſich bewegten, weisse zwiſchen den Ur- und Kalkalpen, in feſte Grenzen eingeſchloſſen, von dem Eintritt ins Sandſteingebilde an ſich faͤcherartig mehr in die Breite ausdehnten. Am maͤch⸗ tigſten ſcheinen diejenigen Meeresſtroͤme geweſen zu ſeyn / welche aus Querthaͤlern, die bis in die Uralpen hinein⸗ ſchneiden, hervortraten.“ Dieſe Erweiterung der Duerthäler in dem Sandſtein hat nicht immer ſtatt. Die Sitter, die Sihl u. ſ. w. lau⸗ fen in engern Thaͤlern durch Nagelſſue und Sandftein als in dem Alpenkalkſtein. Da, wo der Keſſel des Rhodans und der Arve unter Genf zuſammenſtoßen, iſt das Bett des vereinigten Flußes enge zwiſchen den Sandſteinhuͤgeln de St. Jean und de la Batie gedrängt, — 365 927.) Aus den in den Keſſeln ausgeſtreuten Alpen⸗ truͤmmern laſſen ſich einige buͤndige Ruͤckſchluͤße auf den Zuſtand ihres Mutterlagers in den drey großen Zerſtoͤrungs⸗ perioden machen. »28.) Mit Abnahme der aus S. O. ſtuͤrzenden Flu⸗ then ſanken die Waͤſſer innerhalb der eingeriſſenen Keſſel hinab, und ſtellten Seen dar, deren hoher Waſſerſtand und einfreſſender Wellenſchlag die deutlichſten Spuren in tiefen Unterwaſchungen am Saleve, am Uto u. ſ. w. hinterlaſ⸗ ſen haben. Dieſe ehedem außerordentlich ausgedehnten und tiefen Seen verminderten ſich nun immer mehr in dem Verhaͤltniß als die Durchriße des Jura und die Granit» berge in Oeſterreich immer tiefer ausgeſchnitten, die Sees gruͤnde mit Alpenſchutt aufgefuͤllt wurden, und mancher der Fluͤße, welche ihnen am meiſten Waſſerſchaͤtze zuführ⸗ ten, einen andern Lauf nahm.“ Die tieſen Unterwaſchungen am Saleve und uto zei⸗ gen ſich an horizontal geſchichteten Gebirgsabhaͤngen und koͤnnen alſo eben ſo leicht von mehrerer Verwitterung ein⸗ zelner Schichten oder Schichtenabtheilungen als von vor« beiſtroͤmenden Meeresſſuthen herruͤhren. 529.) An der Südfeite des Alpengebirges, wo von deſſen Fuß bis zu den Appenninen unuͤberſehbare, faſt waſ⸗ ſerrechte Ebenen ſich ausdehnen, verhält es ſich ganz am ders. Dieſe Ebenen, welche beim Ausgange der füdlichen Querthaͤler der Alpen nicht über 700 Fuß uͤbers Meer er- 5 hoͤht ſind, mußten noch von dem damals ausgedehntern adriatiſchen Meere bedeckt ſeyn, nachdem ſchon ſehr Tanne an der Nordſeite des Alpengebirges die Sandſtein- und Mergelberge, und ſelbſt alle deren Thaͤler, von denen die niedrigſten doch 900 Fuß übers Meer liegen, im Pfanzen⸗ wuchs gruͤnten.“ 366 Siebenter Abſchnitt. Kalkſteingebilde des Jura. 6, 67. Umriße dieſes i 9. 68. Ausdehnung des Juragebirges nach geognoſtiſchen Kennzeichen. Der Verfaſſer nimmt an, das Juragebirge ziehe von Verpiliere und Domarin im Dauphine bis nach Donau⸗ ſtauf bey Regensburg. — N F. 69. Phyſiſche Beſchaffenheit des Jura und feiner Thaler. 9. 70. Merkwuͤrdige Querdurchbruͤche und Oefnungen in dem Jura. Ehemaliges Rinnbette des Rheins durch den Limath⸗ keſſel. Nach pag. 99. durchſchneidet die Rhone bey l'Ecluſe drey Stunden von Genf den Jura, und von da nach S. W. durchbricht dieſelbe noch zwey Mal den Jura: naͤmlich zwiſchen Seiſſel und Jenne, wo dieſer Strom wieder ins Sand⸗ und Mergelgebilde eintritt, ſich dann nach W. wen⸗ det und die Jurakette zum dritten Male bey Moretel durch⸗ ſchneidet. Allein bey Jenne trittet die Rhone nicht wieder durch die ganze Jurakette, an die Suͤdoſtſeite derſelben zu- rück, denn alle die Gebirgsketten oͤſtlich von Jenne, zwi⸗ ſchen denen der Burgetſee liegt, gehören gleichfalls noch zum Jura; ſondern die Rhone durchſchneidet bey Ecluſe eine Jurakette, bey Jenne wieder eine andere Parallelkette und bey Moretel eine dritte, und zwiſchen dieſen Durch⸗ ſchnitten fließt fie in Laͤngenthaͤlern, 367 9. 71. Einbrüche in der hohen Juramauer an einigen Stellen. Tiefe Einſchneidungen mancher Ströme. 9. an Felsart im Juragebirge. Marmorar⸗ ten, Gyps, Alabaſter, Kalkſteinſchiefer, Mergel⸗ und Roggenſtein lager. Auf pag. 109 iſt geſagt; „In dem Kalkſteingebilde der noͤrdlichen Kalkalpen hat man bis jezt nirgends Rog⸗ genſteinlager wahrgenommen, deswegen ſind diejenigen, welche am öfllichen Ende des Thaͤlchens Monetier auf dem Saleve ſtreichen, deſto merkwuͤrdiger; man koͤnnte aber im Zweifel ſtehen „ob der Saleve wirklich zu den Kalkal⸗ pen gehöre.” Freylich findet man Roggenſtein i in den Kalkalpen, z. B. bey St. Morizen im Wallis; der Saleve aber gehört be- ſtimmt nicht zu den Kalkalpen, ſondern zum Jura, wie alle ſeine geognoſtiſchen Verhaͤltniße beweiſen. N 5. 73. Urfelsgebilde auf dem Jura und in manchen feiner Thaler. $. 74. Anſtehender Sandſtein und Granit im Jura. » Sandſtein liegt auf Kalkſtein auch zwiſchen den vers ſchiedenen Juraketten. Granit trittet bey Lyon und bey Laufenburg hinter dem Mis unter aan Kalkſteinlagern hervor. $. 75. Flöztrapplager einiger Bergkegel in der Streichung des Juragebirges. Hier wird der Trappformation im Hegau erwaͤhnt. — | $. 76. Schichtenbau der Juraketten. 368 9. 77. Zerklüftung der e ene Hoͤhlen. 9. 78. Zerſtoͤrungen in dem Schichtenbau durch Erdbeben. §. 79. Erzlager, Schwefel, Salz, uophalt und andere mineraliſche Korper. $, 80, Verſteinerungen. $, 81. Zuſammenſtellung der in dieſem Abs ſchnitt enthaltenen Thatſachen nebſt ein” gen Folgerungen. „ 1.) Das Kalkſteingebilde des Jura erſtreckt ſich von S. S. W. nach N. N. O. aus dem Dauphine bis nach der Oberpfalz etwas uͤber 7 Laͤngengrade und in die Breite 15 — 18 Stunden. Wahrſcheinlich erſtreckt es ſich noch weitͤr ſowohl ge gen S. W. als gegen N. O. 1 „a.) An ſeinen beiden aͤußerſten Enden lagert es auf Urfels; gerade in der Mitte lagert es auf die Urfelſen des Schwarzwaldes. Es iſt daher hoͤchſt wahrſcheinlich, daß das ganze Juxagebilde auf den Urfels, welcher in der Tiefe ſtreicht, abgelagert iſt.“ 53.) Das Juragebilde iſt älter als das demſelben ſuͤdlich liegende horizontale Sandſtein- und Mergelgebilde.“ 55 4.) Iſt das Juragebilde gleichzeitig mit dem Ge bilde der Kalkalpen? Beide Kalkſteingebilde find 8 — 30 Stunden durch einen Zwiſchenraum entfernt, welcher mit Nagelſſue⸗, Sandſtein- und Mergelgebilden ausgefuͤllt iſt. Sollten dieſe aufgeſchwemmten Truͤmmergebilde den in der Tiefe zuſammenhaͤngenden Alpen- und Jurakalkſtein nur bedecken?“ 369 Die Gegend von Chamdery in Savoyen dürfte wohl am beßten dazu geeignet ſeyn jene wichtigen Fragen zu be⸗ antworten, weil ſich dort dieſe deyden Kalkſteinformatto⸗ nen am naͤchſten beruͤhren. 1 5.) Als ſich die Floͤtzſchichten des Jura abſetzten, war das Meer voll Schaalthiere und Zoophiten. Gewoͤhn⸗ lich liegen die Meerſchnecken und Muſcheln Familienweiſe in den Schichten, ſelten unter einander geworfen. Da die Verſteinerungen nicht in allen Schichten gleichmaͤßig ausgeſtreut ſind, ſo muß die Abſetzung der Schichten un⸗ ter ſehr verſchiedenen Umſtaͤnden und in langen Zwiſchen⸗ räumen von einander erfolgt ſeyn.“ 56.) Wie in den ſchon beſchriebenen Felsgebilden fo auch im Jura folgt faſt nie eine Schicht von gleicher Be⸗ ſchaffenheit auf die andere; wenigſtens ſind ſie durch zoll⸗ dicke Mergelſchichten getrennt. Nach den Außenſeiten der Felsketten iſt die Abwechſelung der Kalkſtein- und Mergel- ſchichten ganz regelmaͤßig, und es iſt unverkenndar, daß in dem damaligen Meere eine periodiſche Wiederkehre der naͤmlichen Miſchungen und der naͤmlichen die Abſetzung beſtimmenden Umſtaͤnde ſtatt finden mußte.“ Dieſe Angaben ſind viel zu allgemein aufgeſtellt; es giebt ziemlich große Profilſtrecken, wo der Kalkſtein keine Zwiſchenlager enthaͤlt. 57.) Auch in dem Juragebilde ſtreichen Zwiſchenla⸗ ger von Steinſalz oder Salzthon. N »8.) Die häufigen Roggenſteinlager und der große Reichthum von Bohnenerz in den Thonlagerz find Eigen. thuͤmlichkeiten, welche das Juragebilde auszeichnen. Auch im Alpenkalkſtein kommt zu geilen Roggenſtein vor. 9.) Es finden ſich weni, Spuren von Steinkohlen im Jura: dagegen aber in mehrern Gegenden reiche As phaltlager und Quelan von Bergöl. Der Asphalt und a De A a s 870 das Bergoͤl ſcheinen diejenige Subſtanz zu ſeyn, welche ; mit gewißen Thonarten und Säuren innigſt gemengt, die Steinkohle darſtellt. Aus den in Steinfohlendögen fo haͤu⸗ fig liegenden Pflanzen und Holztheilen den Schluß zu zie⸗ hen, daß die Steinkohlen von verſchuͤtteten Waͤldern und uͤbereinander gehaͤuften Pflanzen entſtanden ſind, gleicht dem Satze, daß, da in den Kalkalpen und im Jura Meer⸗ muſcheln und Schnecken in Menge gefunden werden, aller Kalkſtein dieſer ungeheuren Gebirge ein Produkt der Meer⸗ muſcheln ſei. Es finden ſich freylich viele Spuren aber wenig ſtarke Lager von Steinkohlen im Jura. Jene ins Laͤcherliche gezogene Hypotheſe über die Entſtehungsart der Steinkoh⸗ len iſt doch ſo abgeſchmackt nicht, denn das Verhaͤltniß der Steinkohlenlager zu den Vegetabilien iſt doch nicht ſo abſchreckend wie das der ganzen Maſſe der Kalkſteinge⸗ birge zu den Meer muſcheln! 5 10.) Die Braunkohlenlager in den Jurathälern ſind ſehr ſpaͤten Urſprungs; denn ſie roh von Waͤldern her, welche durch Erdbeben verſchuͤttet wurden.“ Bekanntlich geht die Braunkohle oft in die uͤbrigen Steinkohlenarten unmerklich uͤber, ſo daß es auch dem Hrn Verfaſſer ſchwer werden muͤßte, die Grenzlinie feſt zu beſtimmen, und doch laͤßt er nun die Braunkohlenla⸗ ger aus verſchuͤtteten Wäldern entſtehen, und findet durch⸗ aus ungereimt bei der Steinkohle einen aͤhnlichen Urſprung zu vermuthen! „ 11.) Die Verſchiedenheit und Sonderbarkeit des Schichtenbaues im Jura gehören gewiß zu den merkwuͤr⸗ digſten Erſcheinungen dieſes Gebirges.“ „ 12.) Uncrachtet der Verſchiedenheit der Urſachen, welche die drey⸗ und vierfachen Senkungen und Stellun⸗ gen der Schichten beſtimmt, ſo bleibt doch uͤber die Strei⸗ 0 371 chung derſelben, welche durchaus nach einerley Richtung von S. S. W. nach N. N. O. geht, eine höhere eier urſache herrſchend. „ 13.) Die Parallelketten des Jura haben ihre ur, ſpruͤngliche Hohe und Beſchaffenheit weit beſſer erhalten als die Ketten der Kalkalpen. Dieß zeigt ſich offenbar aus der an ſo vielen Orten noch beſtehenden Giebeldach- und ge- woͤlbartigen Geſtalt ſowohl der hoͤchſten als anderer Jura⸗ ketten. Ueber den Jura hat alſo die Gewalt der Zerſtoͤ— rungskraͤfte weniger geherrſcht als uͤber die Alpen. Wahr⸗ ſcheinlich lag der Jura groͤßtentheils unter der Decke eines andern Felsgebildes beſchuͤtzt, waͤhrend der Kampf der fuͤrchterlichten Naturelemente in den hohen Alpen ie thete. Das Reſultat dieſer Bergleichung beruht nur auf 5 unbewieſenen Behauptung, daß das Alpengebirge einſt ein geſchloſſenes Ganze ohne urſpruͤngliche Thaͤler gebildet habe, wovon im erſten Theil die Rede war. „ 14.) Das Juragebilde iſt aͤlter als das ihm ſuͤdlich liegende horizontale Sandſtein- und Mergelgebilde. Da das Sandſteingebilde in ſo vielen ſeiner Berge die Hoͤhe von 4000 Fuß und das Nagelſſuegebilde die Höhe von 5723 Fuß uͤbers Meer erreicht, ſo mußten die meiſten Jura⸗ ketten, welche ſich nicht uͤber 4000 Fuß und deren einzelne Kuppen ſich nur bis 5196 Fuß erheben, einſt ganz davon bedeckt ſeyn. Es iſt wohl keinem Zweifel unterworfen, daß derjenige Sandſtein, welcher in den 3 — 4000 Fuß hoch gelegenen Jurathaͤlern hie und da als anſtehend getroffen wird, gleichfalls nur noch Reſte jenes Sanditeingebildes iſt, welches einſt den Jura zum Theil bedeckte. Dem zufolge ſcheint, daß von dem 3 — 6000 Fuß hohen Nagel⸗ fluegebirge an der Nordſeite der Kalkalpen das Sandſtein⸗ gebilde nach R. und N. W. wenig abdachend über den — 372 Jura und die Wasgauiſchen und Schwarzwaldgebirge ſo⸗ wohl nach Deutſchland als Frankreich hinein alle aͤltern Felsgebilde bedeckte.“ N Sollten denn keine Sandſteinablagerungen in den Jura⸗ thälern, in den Wasgauiſchen und Schwarzwaldgebirgen ſtatt gehabt haben koͤnnen, ohne den ungeheuren Raum zwiſchen den Alpen und dem Jura gleichförmig auch aus⸗ gefüllt zu haben? — „ 15.) Dieſe ehemalige Sandſteindecke des Jura wurde vermuthlich ſeit dem Fluthenſturm, deſſen Periode durch die gewaltſamſten Zerreiſſungen und Zerſtoͤrungen unaus⸗ loͤſchlich bezeichnet iſt, zerbrochen und weggefuͤhrt.“ Wenn aber ehedem das Sandſteingebilde von der Hoͤhe der Nagelflueberge wenig abdachend über den Jura ununter⸗ brochen fortſetzte, ſo muß wohl noch eine vierte ungeheure Zertruͤmmerungs⸗Epoche angenommen werden, um die ganze ebene Schweiz u. ſ. w. in dieſes Sandfleingebilde ſo tief und ſo breit einzuſchneiden, wie ſie uns ſich nun zeigt! — „ 16.) Die großen Querdurchriſſe der hohen Jurakette bey Saut du Rhone, l'Ecluſe, Bruck und Baden wurden hoͤchſt wahrſcheinlich durch Meeresſtroͤme bewirkt; dann foarer durch die Abfuͤße der großen Seen bis auf den Bo⸗ den der jetzigen Thalebenen geſenkt, und ſeitdem durch die Alpenſtroͤme noch tiefer eingeſchnitten.“ »17.) Alle von der Nordſeite der Alpen abfiegenden Waſſerſchaͤtze in einer Linie von faſt ſechs Laͤngengraden nehmen ihren Ausgang durch die engen Querriſſe des Jura; die einzige Iſere ausgenommen. „ 18.) Merkwuͤrdig find die wenigen N des F ee in dem Hegau. 373 Achter Abſchnitt. Beſchaffenheit der Oſtnordoſtſeite des Alpen⸗ gebirges. J. 82. Phyſiſcher und geognoſtiſcher Umriß des Alpengebirges an der Oſtnordoſtſeite. Hier werden einige Angaben über die Gebirge Oeſter⸗ reichs und Ungarns als der Fortſetzung der Alpenketten mit⸗ geheilt. 8. 83. Ausdehnung der Birberöſterreichtſchen und ungarſchen Ebenen am nordoͤſtlichen Fuß der Alpen. Seen und Berge derſel⸗— ben. Durchbruch in den Gebirgen des Bannats, durch welche die ungeheuern Seekeſſel ſich ausleerten. F. 84. Geognoſtiſche Beſchaffenheit der Ebe⸗ nen und der mittellandifchen Berge. Floͤtz⸗ trapp, Steinkohlen, Verſteinerungen und foſſile Knochen. Neunter Abſchnitt. Betrachtung der uͤbrigen Gebirge Europas und anderer Welttheile. J. 85. Die bedeutendſten Gebirge in Europa und in andern Welttheilen ziehen, wie die Alpen, von W. nach O. oder von S. W. nach N. O. In Europa ſollen nur die Gebirge Englands, der > 374 Schwarzwald und die Appeninen von jener S. W. Rich⸗ tung eine etwelche Ausnahme machen. 6. 86. Felsgebilde, woraus die Gebirge der Erde zuſammengeſetzt ſind. „Jedes Gebirgsganze auf der Erde beſteht, wie die Alpen, aus Urfelsgebilde, welches ſtets den Hauptkoͤrper ausmacht, und von den ſpaͤtern Floͤtzgebilden des Thon⸗ ſchiefers, Altern und neuern Floͤtzkalkſteines, Nagelſues, Sandſteins und Mergels, der Steinkohlen, des Steinſal⸗ zes und Gypſes, der Kreide und der aufgeſchwemmten Erd⸗ lager, gewohnlich in einer gleichen Aufeinanderfolge ums geben, auch bisweilen von einigen dieſer Gebilde bedeckt if.” $. 87. Felsarten, woraus die Felsgebilde zw ſammengeſetzt ſind. „Aus allen Gegenden der Erde bringen die Reiſenden Felsarten mit, welche denen in Europa ganz aͤhnlich ſind. 2 „Eine allen Floͤtzgebilden gemeinſchaftliche Merkwuͤrdig⸗ keit iſt die organiſtrte Welt von Thieren und Pflanzen, wel⸗ che in deren Felsichichten vergraben liegen.“ §. 88. Schichtung aller Felsgebilde. Strei⸗ chung und Senkung der Schichtenglieder. V Die allgemeinſte Streichung der Felſenſchichten auf der ganzen Erde ſol von S. W. nach N. O. gerichtet feyn.” »Ebenfo ſollen die meiſten Urfelsſchichten vertikal ſte⸗ hen, oder ſteil eingeſenkt und die ſuͤdliche Einſenkung die haͤufigſte ſeyn. 9. 39. Wechſel der Schichtenglieder in allen Urfels⸗ und Floͤtzgebilden. 375 Dieſer Wechfel fol, fo viel bis jezt beobachtet werden konnte, auch ſehr allgemein in allen Gebirgen der Erde ſich vorfinden. 6, 90. Spuren gewaltſamer Zerſtoͤrung, Zer⸗ reiſſung und Zertruͤmmerung in allen Ger birgen. Alle Gebirge der Erde ſollen gleiche Spuren Wee mer Zertruͤmmerung an ſich tragen. F. 91. Ueberreſte einer gewaltſam zerſtoͤrten Pflanzen⸗ und Thierwelt in den aufge⸗ ſchwemmten jüngften Erd⸗,„ Sand⸗, Mer gel⸗ und Lehmlagern. Das afiatifche Rußland iſt am reichſten an foſſilen Knochen. 5. 92. Gewaltſame Veraͤnderungen, welche Erdbeben und Vulkane auf der Oberflaͤ⸗ che der Erde hervorbringen. Emporhebung von Inſeln und Bergen. Verſinkung von Inſeln, und Land⸗ und Bergſtuͤrze. Erhebung des Mee⸗ res. Schleuderungskraft der Vulkane ſowohl in die Ferne als in die Hoͤhe. 1 93. Verſetzung der Meere war die Urſache fo allgemeiner Zerſtöͤrungen auf der Erde, Die Richtung der Meeresfluth gieng von Suͤden nach Norden. „Daſſelbe Element, in deſſen ruhigem Schooße alle nineraliſchen Gebilde, von den uraͤlteſten bis zu den aller⸗ - jüngften, empfangen, in ihrem Wachsthum geſchuͤtzt und ein auf das andere abgeſetzt wurden — daſſelbe pßegende 376 Element ift es, welches in andern Zeiträumen feine eigene Geburt zerriſſen und mit zerſtoͤrender Wuth über die aus ſeinen Tiefen emporgeſtiegenen Felsgebilde verwuͤſtend her⸗ gefallen if.” V Alle Spuren eines ehemaligen Ganges des Weltmeeres von S. nach N. uͤber die alten Erdtheile fielen bisher nicht ſo ſehr in die Augen als jene, welche ſich in den zahlloſen foſſilen und verſteinerten, uͤber den ganzen Norden ausge, ſtreuten Ueberreſten einer ehemaligen Thier- und Pflanzen⸗ welt aus den heißen Himmelsſtrichen der Erde ſo auffallend offenbare * N 5. 94. Große Anzahl ehemaliger geſchloßner See- und Landmeerkeſſel, ſowohl zwiſchen den Felſenketten als auch zwiſchen den ver⸗ ſchiedenen Gebirgsganzen. Ihre Durch⸗ bruͤche verurſachten große Ueberſchwem⸗ mungen und Veränderungen. Abnahme der Meere. „Nachdem die Bewegung des letzten Fluthenſturms, welcher in ſeinem Gange uͤber die großen Erdtheile die ge⸗ waltſamſten Zerſtoͤrungen verurſacht hatte, nachließ, und die Meere die zerriſſenen Gebirge und verwuͤſteten Laͤnder wieder verlaſſen hatten, ſo mußten alle eingewuͤhlten Ver⸗ tiefungen und Einfurchungen, welche auf allen Seiten von Gebirgen umſchloſſen waren, theils mit Meerwaſſer gte fuͤllt zurückbleiben, theils mit Regen- und Schneewaſſer ſehr bald uͤberdeckt werden. Die ſtets ſteigende Waſſer⸗ menge derſelben hat endlich an den abhaͤngigſten Seiten ihrer Felſenufer entweder mit Gewalt Durchbruͤche erzwun⸗ gen, oder alte Einriſſe und Spalten erreicht, und unanfs börlich arbeitend enge Kluͤfte mitten durch die Gebirgszige eingeſaͤgt, und am Ende ſo tief eingeſchnitten, daß alle 1 377 Gewaͤſſer der oberhalb derfelben liegenden Seekeſſel bis auf ihren Boden abRogen und nun die größten Thaͤler bloß⸗ geſtellt wurden. „Da wo die letzte Felſenwand ſolcher geſchloßner See» keſſel dem gewaltigen Druck auf einmal wich und zuſam⸗ menbrach, mußte eine ploͤßliche Ausleerung des ganzen See. keſſels die graͤßlichſte Ueberſchwemmung uͤber die naͤchſten niedriger liegenden Länder verbreiten.” „Obgleich alle großen Waſſerſammlungen ehemaliger Landmeere und Seen in allen Welttheilen durch ihren Ab⸗ fluß von den Weltmeeren aufgenommen worden ſind, ſo ſcheinen dieſe doch ſtets abgenommen zu haben und noch immer abzunehmen. $. 95. Fortdauernde Verwitterung und Ernie drigung aller Gebirge. Stete Zunahme des feſten Landes an den Muͤndungen al ler großen Flüße ins Meer. J. 96. Zuſammenſtellung der im neunten Ab» ſchnitte enthaltenen Hauptthatſachen nebſt einigen Folgerungen. „ t.) Die großen Gebirgsganzen aller Welttheile lau⸗ fen von W. nach O. und von S. W. nach N. O. Dies jenigen Gebirgsketten, welche eine entgegengeſetzte Richtung halten, z. B. der Ural, die Appeninen u. ſ. w. ſind als Ausnahme von der Regel zu betrachten.“ Die Hauptkette der Cordilieren machte auch noch eine wichtige Ausnahme, welche in Verbindung mit allen uͤbri⸗ gen Ausnahmen die Regel n etwas bedenklich zu ma⸗ chen ſcheint. 5 2.) Die Behtrgeguneh jedes Welttheils ſtellen bei dem allgemeinſten Ueberblick Parallelzuͤge dar, welche durch 378 ungeheure Längen, Quer- und runde Keſſelthaͤler, die theils mit Waſſer, theils mit niedrigen Bergen, Huͤgeln und aufgeſchwemmtem Land bedeckt ſind, von einander getrennt worden. — Da eine Cordillierenkette von S. nach N. eine andere von W. nach O. lauft, wo iſt da Parallelism? da die Alpen von S. W. nach N. O. laufen, die Appeninen von S. nach N., ſo iſt der Parallelism doch nicht ſo allge⸗ mein! „3.) Dieſe großen Parallelgebirgs zuͤge ſcheinen ur⸗ ſpruͤnglich um die ganze Erdkugel im Zuſammenhang ge* ſtanden zu haben. In dieſem Fall muͤßten dann die nichtparallellaufenden Gebirgsketten Querketten gebildet haben! „4.) Jedes Gebirgsganze trägt, wie das Alpengebirge, ö die graͤßlichſten Spuren einer furchtbaren Zerreiſſung und Zerſtoͤrung an ſich. Rur wenn man die Gebirge als einſt geſchloſſen ge⸗ weſene ganze erhöhete Ebenen anſieht, iſt dieſe Zerſtoͤrung ſo furchtbar: dieſe Anſicht iſt aber noch nicht als richtig er⸗ wieſen. — 7 »s) Der Hauptkoͤrper jedes Gebirgsganzen beſteht aus Urfelsgebilde, welches von den verſchiedenen Floͤtzge⸗ bilden des Thonſchiefers, Kalkſteins, Sandſteins u. ſ. w. umgürtet, bisweilen auch davon bedeckt iſt. bi; »6.) Die Ur⸗ und Flötzgebilde zeigen in allen Welt⸗ theilen dieſelben geognoſtiſchen Erſcheinungen.“ 57.) Der Urkalkſtein, welcher eine fo bedeutende Fels⸗ art der Uralpen ausmacht, zeigt ſich in allen n un⸗ terſuchten Urfelsgebilden auf gleiche Weiſe. „ 8.) Der größte Reichthum der Metalle iſt in den Ur⸗ felsgebilden aller Welttheile niedergelegt.” 379 Das Eifen iſt in den Floͤtzgebirgen weit haufiger als alle Metalle im Urgebirge zuſammengenommen. »9.) Die aͤlteſten Floͤtzgebilde find ſehr haufig von dem unter demſelben ſtreichenden Urfels, und die jüngern Floͤtz⸗ gebilde von den Altern durch Lager von grobkoͤrnigem Sand⸗ ſtein oder von Nagelſlue, oder eiſenhaltigem Ton getrennt; ein Beweis, daß ein gewißer Zeitraum zerfioß , ehe die Ab⸗ ſetzung des neuen Gebildes uͤber oder an das aͤltere begann.“ In den Alpen find dieſe Zwiſchenformationen nicht haͤu⸗ ſig; im noͤrdlichen Gothardsprofil feylen ſie ganz; dagegen hat ein allmaͤhliger Uebergang von Quarz in Kalkſtein durch Mengung dieſer Beſtandtheile ſtatt, der nicht zu des Hrn Verfaſſers Hypotheſe paßt. „ 10.) Haͤuſig it es auch, daß in der Beruͤhrungslinie der Urfels- und aͤlteſten Floͤtzgebilde dergeſtalt Thaͤler lie gen, daß laͤngs der einen Seite Urfelſen, laͤngs der an— dern Seite Gebirge aus Thonſchiefer und Kalkſtein ziehen. Da dieſe Thaier nicht urſpuͤnglich, ſondern nur durch ges waltſame Zerſtoͤrungsurſachen hervorgebracht find, fo läßt ſich dieſe Erſcheinung nur dadurch erklaͤren, daß das erſte auf den Urfels abgeſetzte Floͤtzgebilde aus einer Felsart von weichem, leicht zerſtoͤrbarem Gefuͤge beſtand, und daß das Gehaͤnge des Urfelſenzuges ſehr lei in die Tiefe ſank, wo⸗ durch das Floͤtzgebilde in aͤußerſt ſteil einſchießenden Schich⸗ ten ſich abzuſetzen gezwungen war: Dieſe Stellung wurde wohl die Haupturſache, daß jene Felsſchichten von weichem Gefüge durch wilde Meeresſtroͤme nach und nach wegge⸗ riſſen wurden, und am Ende dadurch enge Klüfte enſtan⸗ den, welche wir Thaͤler nennen. N Dieſer Fall iſt ſo wenig haͤufig, daß in den ſchweizeri⸗ ſchen Alpen wenigſtens noch kein ſolches Thal bekannt iſt, in dem ſich in ſolchen Thaͤlern, die den beſchriebenen am aͤhnlichſten find, immer an einer Seite derſelben das Auf 380 4 liegen der Floͤtzlager auf dem Urfels beſtimmt zeigt, und folglich keine ſolche Wegreiſſung der erſten Floͤtzſchichten ſtatt hatte; daher einſtweilen dieſe Thalhypotheſe bey Seite geſetzt werden darf, bis wir ſolche Thaͤler finden! „11.) Gewöhnlich beſteht das aͤlteſte Floͤtzgeb ilde, wel⸗ ches unmittelbar auf das Urfelsgebilde abgeſetzt iſt, aus Thonſchiefer. In den ſchweizeriſchen Alpen iſt nur ſelten Thonſchiefer das erſte aufſitzende Flößgedirge. „ 12.) In allen Welttheilen finden ſich in den weiten Räumen zwiſchen den Urfelszuͤgen ſtets die naͤmlichen Floͤtz⸗ gebilde.“ 5 „13.) Alle Floͤtzgebilde auf der Erde enthalten Ueber⸗ reſte von Thieren und Pflanzen. Am haͤufigſten find die verſchiedenen Schaalen und Gehaͤuſe der Meerwuͤrmer. Sie liegen gewoͤhnlich familienweiſe in einzelnen Baͤnken und nicht in der ganzen Maſſe ausgeſtreut. „14.) Bei weitem weniger zahlreich find die foſſilen Fiſch⸗ und Pflanzentheile, und noch in geringerer Menge die Knochen von Amphibien, Saͤugthieren und e in den Floͤtzgebilden verbreitet.“ „15.) Dieſe foſſilen Ueberbleibſel liegen in allen Hoͤ⸗ hen und Tiefen, wo nur Floͤtzgebilde abgelagert wurden.“ „ 16.) In den alleraͤlteſten Floͤtzgebilden, welche unmit- telbar auf den Urfels abgelagert ſind, zeigen ſich ſehr wenige Meerthiergehaͤuſe: ihre Menge und Mannigfaltigkeit aber nimmt in den ſpaͤtern Flößgebilden zu, und da erſcheinen auch, doch felten, foſſile Fiſche; foſſile Pflanzen kommen erſt in den juͤngern, und Gebeine von Amphibien, Saͤugthieren und Voͤgeln nur in den allerjuͤngſten Floͤtzgebilden vor. 517.) Alle bis jetzt unterſuchten Urfelsgebilde find; wie die Uralpen, aus Schichten zuſammengeſetzt.“ 518.) Die Schichten aller bisher beobachteten Urfels⸗ * 381 gedilde der verſchiedenſten ng reichen don S. W. nach R. O.“ Jedoch die Ausnahmen Woüetechuet „ 19.) In Betreff der Schichtenſtellung geht aus der bis jetzt vorhandenen Summe aller Beobachtungen hervor, daß in den Urſelsgebilden ſowohl die aufrechte Stellung, als auch die S. O. und R. W. aber ſtets ſehr ſteil einſchieſ⸗ ſende Senkung der Schichten ſtatt finde, daß aber die ſenk⸗ rechte Stellung und der etwas S. O. geneigte Schichten⸗ fall am allermeiſten vorkomme.“ Schon iſt gezeigt worden, daß in den Alpen die ſenkrechte Stellung der Schichten ſelten und uͤberhaupt alle Einſen⸗ kungen nicht ſo ſteil ſeyen, wie der Verfaſſer ſie angiebt. „ 20.) Dem zufolge herrſchen in allen Urfelsgebilden dieſelben großen Geſetze der Schichtung, Streichung und Senkung. 5 41.) Alle Floͤtzgebilde find gleichfalls geſchichtet. „ 22.) Aber in Betreff der Streichung und Stellung der Schichten herrſchen nicht durchaus die gleichen Geſetze wie in den Urfelsgebilden. Indeſſen da aus der Summe der bis jetzt geſammelten Thatſachen hervorgeht, daß die Schich⸗ tenſyſteme der Floͤtzgebilde weit haͤuſiger von S. W. nach N. O. ſtreichen, als eine andere Richtung haben, ſo ſcheint waͤhrend den Zeiträumen ihrer Abſetzung daſſelbe Strei⸗ chungsgeſetz wie in der Urzeit überall, wo Lokalbeſchaffenheit der Oberfäche, auf oder an welcher die Floͤtzgebilde abgela⸗ gert wurden, nicht Hinderniße in den Weg ſetzte, geherrſcht zu haben. b Ob Hinderniße oder allgemeine Urſachen an einer andern Streichung als die angegebne iſt, wo fie ſich vorfindet, Schuld ſeyen, iſt eine noch nicht entſchiedene Sache. 5 23.) Die gewoͤlb⸗ und giebelartige Beugung der 382 Schichten bleibt eine ſonderbare geognoſtiſche Erſcheinung, welche bis jetzt ſchwer zu erklaͤren iſt.“ Dieſe Schichtenbeugung iſt in den Alpen ſehr ſelten, es ſey dann, daß man ſich die Thaͤler ausgefuͤllt denke, die zwi⸗ ſchen zwey auswaͤrts eingeſenkten Gebirgen liegen. „ 24.) Das Schichtenſoſtem jedes Ur⸗ und Flötzgebil⸗ des beſteht aus Schichtengliedern von berichiedenen Feldar- ten, von denen einige ſehr oft vorkommen und ſich als die herrſchenden Glieder darſtellen.“ „ 25.) In den Schichtenſyſtemen aller Ur- und Flößs gebilde, ſowohl der aͤlteſten wie der juͤngſten und ſelbſt derer, welche aus den Truͤmmern der andern entſtanden ſind, herrſcht durchaus das Geſetz des ſteten Wechſels der Schichtenglieder, und des periodiſchen Wiederkommens der- ſelben Felsarten oder mineraliſchen Subftanzen.” Ein ſteter Wechſel, ſo wie ihn der Hr. Verfaſſer zur Auf⸗ ſtellung ſeiner unten folgenden Theorie braucht, hat durch⸗ aus nicht allgemein ſtatt. Hier und da kommen im Gneis zuweilen, nicht aber regelmaͤßig abwechſelnd, mehr Glim⸗ merſchieferartige, im Glimmerſchiefer mehr Thonſchiefer— artige, im Kalkſtein bald mehr und minder mit etwas Thon gemengte, in der Nagelflue bald Sandſtein- bald Sandmers> gelartige Schichten vor, die aber weder einen ſteten Wechſel noch ein periodiſches Wiederkommen derſelben Felsarten ausmachen. „ 26.) Da ſich dieſes Geſetz der periodiſchen Wieder⸗ kehr auch an den Metallen in den Uralpen und in einem ſo ungeheuren Urfelsgebilde wie die Andeskette durch 110 bis 120 Breitengraden offenbart, ſo folget aus dieſer That⸗ ſache, daß die metalliſchen Subſtanzen nicht von auſſen in Spalten und Kluͤfte und Höhlen der gebildeten Urfelſen Hine eingefuͤhrt wurden, ſondern daß ſie im Gegentheil ſo alt ſind wie alle uͤbrigen Elemente der Urgebilde und in einem und 383 demſelben Zeitraum, wie dieſe aus dem Urmeer, niederge⸗ ſchlagen wurden. Bey dieſer Behauptung vergaß der Verfaſſer ganz darauf Ruͤckſicht zu nehmen, daß die Metalle nicht in Schichten, ſondern in Gaͤngen und Truͤmmern vorkommen, die die Schichten meiſt nach verſchiednen, oft rechtwinklichten Rich- tungen durchſchneiden, und oft Stundenlang, alſo durch hundert und tauſend Schichten ununterbrochen fortſetzen, und daß alſo dieſe Theorie der Bildung der Erze des Hrn Verfaſſers eigner Theorie uͤber Entſtehung der Schichten durchaus widerſpricht. 927.) Da fich dieſes Geſetz des Wechſels und veriodi⸗ ſchen Wiederkommens und des regelmaͤßigſten Parallelism in den Schichten ſyſtemen aller Laͤnder offenbaret, die Stein⸗ kohlenſchichten in einem und demſelben Gebilde an Maͤch⸗ tigkeit ſo außerordentlich verſchieden, bald nur Zoll, bald viele Fuß und Klaftern dick ſind, ſo wie ſich dies an den Felsſchichten jedes andern Gebildes zeigt; da es ferner Stein⸗ kohlengebilde von der Linie 13800 Fuß uͤbers Meer in allen Hoͤhen bis unter den jetzigen Meeresſtand giebt, und ein⸗ zelne Gebilde, welche hin und wieder in Tieſen von 3 — 6000 Fuß durroſchlagen wurden, an ihren mit andern Felsarten ſtets abwechſelnden Steinkohlenſchichten alle aͤußern geogno⸗ ſtiſchen Erſcheinungen der Felsſchichten aller andern Ge⸗ bilde beobachten laſſen, fo iſt es wohl nicht gewagt, zu fol⸗ gern, daß die Steinkohlenſchichten wahre mineraliſche Nie⸗ derſchlaͤge und keine herbeygeſchwemmte aufgeſchuͤttete und zuſammengedruͤckte Baumſtaͤmme und Pfanzentheile find,” Es find freylich auch Steinkohlenfoͤtze bekannt, bey denen kein periodiſches Wiederkommen ſtatt hat. Was dann den Gegenſatz von wahren mineraliſchen Niederſchlaͤgen und herbeygeſchwemmten aufgeſchuͤtteten Ablagen betrifft, fo iſt hier derſelbe um ſo weniger paſſend, da die Steinkohlen 384 meiſt nur in neuern Kalkſtein - und hauptſaͤchlich in Sandſtein⸗ gebirgen vorkommen, welche doch auch herbeygeſchwemmt und abgeſetzt ſeyn muͤßen. Ohne uͤbrigens die dem Ver⸗ faſſer entgegengeſetzte Meinung hieruͤber behaupten zu wollen, iſt es hier nur darum zu thun, zu zeigen, daß des Hen Verfaſ⸗ ſers Meynnng noch gar nicht hinlaͤnglich begründet ſeye. 1 28.) Kein einziges Gebirgsganze beſteht mehr in feiner urſpruͤnglichen Hoͤhe, Ausdehnung und der ehemaligen Ge⸗ ſchloſſenheit ſeines Schichtenſyſtems. Eine furchtbare Ge⸗ walt hat alle Gebirge zerriſſen und zertruͤmmert.“ Iſt in gleichem Fall mit dem vierten Satz. — „29.) An den Seiten aller Gebirgsganzen find deren zahlloſe Trümmer theils als Nagelfiue- und Sandſteingebilde, theils als Geſchiebe und ſchwere Steinbloͤcke weit ausgeſtreut, theils zu Sand oder zu Thon⸗und Kalkerde zerrieben in noch groͤßern Entfernungen als aufgeſchwemmtes Land abgeſetzt.“ „30.) Da es Nagelſuegebilde giebt, deren zuſammen⸗ gekuͤttetes Geroͤlle bloß aus Urfelsarten, andere aus Urfels⸗ und den älteften Flögfeldarten, und noch andere nur aus Flotz⸗ felsarten beſtehen, fo laſſen ſich aus dieſen Truͤmmergebil⸗ den die verſchiednen Zerſtoͤrungszeiten erkennen, a einſt eingetreten find.” 5 Wenigſtens in den Schweizeralpen iſt keine Ragelſu, die nur aus Urfelsgeſchieben beſteht: dagegen hat oft die neuere Nagelfue des Verfaſſers, die auf dem Sand- und Mergelgebilde liegt, mehr Urfelsarten als die ältere Nagelflue des Rigi. Alſo haͤlt dieſer Satz kaum Stich! — „3 .) Eben ſo laͤßt ſi ch aus der Maͤchtigkeit eines Ragel⸗ fluegebildes auf die Dauer derjenigen Zerſtoͤrungszeit, wel⸗ che all deſſen Geroͤlle herbeyſchaffte, ſchließen. Wenn aber, wie es in der ſchweizeriſchen Nagelſſue der Fall iſt, jedes dieſer Gebilde an der einen Stelle ein paar Stunden, an andern Stellen kaum 100 Fuß breit, in eini⸗ 385 gen Gebirgen sooo Fuß, in andern nur 1000 Fuß hoch iſt, wie muß da die Zerſtoͤrungszeit dieſer ſo ungleichfoͤrmigen Gebilde ausgemittelt werden? — „ 32.) Nirgends iſt dis jetzt eine durch Höhe und Aus» dehnung fo ungeheure Nagelfluegebirgstette beobachtet wor- den, als an der Nordſeite des Alpengebirges. „ 33.) Die letzte Zerſtoͤrungszeit, aus welcher die jetzige oberflaͤchliche Geſtalt der feſten Erdtheile hervorgieng, war durch Zertruͤmmerung, Zerreiſſung, Niederſtuͤrzung und Vernichtung unter allen vorhergehenden Ereignißen derſel⸗ ben Art die gewaltſamſte und furchtbarſte.“ Was muß doch vorher ſchon vorgegangen ſeyn, ehe die 6000 Fuß hohen Nagelfluegebirge gebildet werden konn⸗ ten?! — „ 34.) Die ganze bey dem Eintritt dieſer Zerſtoͤrungs⸗ zeit lebende Pflanzen- und Thierwelt der damaligen Erdtheile wurde vernichtet und deren zahlloſe Truͤmmer liegen flach unter der Oberfaͤche der allerjüngfien aufgeſchwemmten Sand- und Schlammlager begraben. Ob die ganze Thier- und Pflanzenwelt damals zerſtoͤrt wurde, iſt doch noch nicht ſo ganz ausgemacht. „35.) Auf dieſe Art findet man in allen Laͤndern Eu⸗ ropas und Nordaſiens foſſile Waͤlder und foſſile Gerippe, Knochen und Zaͤhne, ſowohl von ſehr alten als ganz jungen Rieſenthieren in Menge. Auſſer dieſen foſſilen Gebeinen in dem aufgeſchwemmten Lande liegen auch hin und wieder in Gebirgshoͤlen, beſonders in Deutſchland und Ungarn, viele Knochen verſchiedener fleiſchfreſſender Thiere unter einander aufgeſchuͤttet. „ 36.) In Europa iſt kein Land fo reich an fofiilen Kno⸗ chen als Deutſchland. Vielleicht darum, weil kein Land noch von ſo vielen Na⸗ turforſchern unterſucht wurde. 4 Pd, B b 336 »37.) Am reichſten daran aber unter allen N | iſt das ganze noͤrdliche Aſien.“ „ 38.) In dem aufgeſchwemmten Lande von Amerika liegen auſſer den Knochen von Elephanten und Rieſenbuͤffeln noch zwey Rieſenthiergeſchlechter, das Mammuth vom Ohio und das Megatherium begraben, von denen nur das erſtere in der alten Welt einige Spuren ſeiner Zaͤhne und Knochen zuruͤckgelaſſen Hat.” »39.) Von allen dieſen Rieſenthieren findet man hoͤchſt ſelten ein ganzes Gerippe, ſondern die Knochen ſind zerſtreut, zerbrochen und häufig vielerley Gebeine ganz verſchiedner Thiere mit Meerthierſchaalen, Fiſchzaͤhnen, Holztheilen, Schlamm und Schutt wild unter einander geworfen.“ „ 40.) In dem aufgeſchwememten Sande find ebenfalls ſehr viele Gehaͤuſe von Meerwuͤrmern und zwar hin und wie⸗ der in unglaublicher Menge wild durch einander und zerbro— chen aufgeſchuͤttet.“ 541.) Die Gewalt, welche in 2 letzten Zerſtoͤrungs⸗ zeit fo furchtbare allgemeine Zertruͤmmerung, Verwuͤſtung und Vernichtung verurſacht hat, lag weder in Erdbeben, noch in den Kraͤften der Feuerberge, ſondern in dem Waſſer der Meere. Koͤnnten aber nicht die Wirkungen der Erdbeben und Vul⸗ kane die Bewegung des Waſſers veranlaßt oder verſtaͤrkt haben? — „ 42.) Die ehemaligen Erdtheile find plöglich wieder in das Weltmeer getaucht worden, oder die Meere haben ihre alten Graͤnzen verlaſſen und ſind uͤber die Erdtheile gewan⸗ dert; dieſe wunderbare Thatſache wird von allen geognoſti⸗ ſchen Erſcheinungen auf der Oberfläche der Erde beurkundet.“ Um eine bewieſene Zuruͤckziehung der Meere von der jetzi⸗ gen Erdoberfaͤche Wanderung der Meere nennen zu dürfen, i . 387 müßte auch noch erwieſen werden, daß da, wo legt Meer iſt, einſt trocken Land war! „ 43.) Der letzte Fluthenſturm, welcher über die bluͤhen⸗ den und mit Thieren bevölferten Erdtheile einbrach und die allgemeinſte Zerſtoͤrung und Vernichtung verbreitete, kam von S. und S. O. und gieng nach N. und R. W. Noch iſt die Frage ob dieſer Fluthenſturm allgemein war oder nur theilweiſe auf der Erdoberfſaͤche wirkte? Es iſt ja noch nicht erwieſen, ob jene Thiere, von denen wir die Kno⸗ chen finden, aus der Ferne hergefluthet wurden oder da lebten, wo man nun ihre Ueberreſte vorfindet. „ 44.) Unter den Beweiſen fuͤr dieſe Richtung haben die exotiſchen Pflanzen, die Meerthiergehaͤuſe, Fiſche, Am⸗ phibien aus den Mittellaͤndiſchen, Indiſchen, Afrikaniſchen, Amerikaniſchen und Suͤdmeeren und alle die übrigen Rieſen⸗ thiere der heißen Erdſtriche, deren Theile und Ueberreſte uͤber die ganze nördliche Erdkugel ausgeſtreut liegen, ſtets einen wichtigen Plaz eingenommen, und unerachtet der in den neuſten Zeiten dagegen erhobenen Einwendungen dürfen ſie immer noch ſo lange dieſen Platz behaupten, bis die Gruͤnde jener Einwendungen unbeſtreitbar bewieſen ſeyn werden.“ Sollten nicht eher jene Einwendungen als unſtatthaft erwieſen werden, um jene Thier- und Pfanzenverſchwem⸗ mung doch immer noch behaupten zu duͤrfen? 145.) Es iſt Thatſache, daß mehrere der foſſilen Pfan⸗ zen, viele der foſſilen Meerthiergehaͤuſe und die meiſten Rieſenthiere bis jetzt noch nirgends im lebendigen Zuſtande angetroffen worden ſind: allein Thatſache iſt es auch, daß viele große und wichtige Erdtheile und die Tiefen der Welt⸗ meere noch nicht erforſcht ſind. „46.) Nachdem die verwuͤſteten Erdtheile von dem Meere wieder verlaſſen wurden, ſo blieben viele geſchloßene Landmeere zuruck, und alte tief ausgewuͤhlte Vertiefungen 388 \ zwiſchen den Gebirgszuͤgen und Felſenketten wurden ſehr bald mit Regen» und Schneewaſſer angefuͤllt und ſtellten geſchlot ſene Seekeſſel vor. „47.) Dieſe von Gebirgen ummauerten Keſſel ER durch den ſtets zunehmenden Druck der anwachſenden Walz ſermenge an einer ihrer Seiten am Eude durchbrochen, und als die enge Kluft bis tief auf den Boden des Keſſels durch⸗ nagt war, ſo leerte ſich der ganze See aus. 548.) Da von den hoͤchſten Theilen der Gebirgsgan⸗ zen bis zu dem naͤchſten Meere die eingewuͤhlten Vertie⸗ fungen oder Thaͤler ſtets ſtufenweis untereinander liegen, ſo leerte ſich nach und nach jeder Seekeſſel in den tiefer gelegenen aus; und indem dadurch die Waſſermenge der letztern auf eine ungeheure Art vermehrt wurde, ſo brachen auch die letzten durch und bahnten ſich Wege nach dem Meer.“ „49.) In allen Welttheilen giebt es die deutlichſten Spuren der ehemaligen großen Anzahl geſchloſſener See⸗ keſſel, und in allen Gebirgen findet man die engen einge⸗ brochenen Kluͤfte, durch welche fie abgefoffen find.” „ 50.) Dieſe gewöhnlich ſehr ploͤzlichen Ausleerungen von bisweilen ungeheuren See- und Landmeerkeſſeln nach tiefer gelegenen Landſchaften mußten hier die graͤßlichſten Fluthenuͤberſchwemmungen, große Verwuͤſtungen und Ver⸗ aͤnderungen verurſachen, und dieſe Ueberſchwemmungen und Fluthen ſind es, wovon ſich bei den Voͤlkern aller Welttheile beſtimmte Geſchichtsuͤberlieferungen erhalten haben. „or. Diejenige ungeheure Fluth, welche alle Länder zwiſchen Europa, Kleinaſien und Afrika erlitten, brach von der Meerenge Konſtantinopels ein und entſtand durch den Abffuß des großen Landmeeres, welches vor feinem Durch, bruch zwiſchen den europaͤiſchen und kleinaſiatiſchen Gebir⸗ gen vom Balkan und den Karpathen bis uͤber den Aralſee 389 hinaus wogte, und das jetzige ſchwarze und kaspiſche Meer als Ueberreſte deſſelben zuruͤckgelaſſen hat. Der endliche Durchbruch dieſes Meeres wurde hoͤchſt wahrſcheinlich durch die Ausleerung der ungeheuern öfterreichifch »ungarfchen Ser» keſſel bewirkt.“ 5 52.) Es ſcheint eine ziemlich ausgemachte Thatſa⸗ che, daß ſich die Weltmeere unausgeſetzt zuruͤckziehen und ſtets abnehmen. Die Fluͤße und Stroͤme und Baͤche, die ſich ins Meer ergießen, legzn bei ihrer Einmündung mehr und minder ausgedehnte Schuttkegel an, und draͤngen ſo das Meer an dieſen Stellen allmaͤhlig etwas zuruͤck; allein das Meer zieht ſich nicht zuruͤck, dieß waͤre ohne Erniedrigung ſeines Waſſer⸗ ſpiegels nicht möglich, und daß ſich der Meeres⸗Waſſerſpie⸗ gel nicht erniedrigt, die Meere alſo auch nicht abnehmen, beweiſen alle Seeſtaͤdte, am beßten aber Venedig, welches um keinen Zoll mehr aus dem Waſſer herausragt als vor 1000 Jahren! „ 53.) Alle Gebirge der Erde leiden eine langſame, aber unausgeſetzt fortdauernde Verwitterung und Erniedrigung, und die verwitterten, von ihren Felſenſcheiteln herabge⸗ ſchwemmten Truͤmmer erhoͤhen den Boden der Thaͤler, der Seen, der Flußbette und ſelbſt der Meere an den Kuͤſten⸗ laͤndern.“ Schon oben iſt gezeigt worden, daß ſich nur wenige Gebirge durch die Verwitterung erniedrigen können; nur ihre Abhaͤnge verflaͤchen ſich allmaͤhlig in etwas. — 554) Die Menge des zu Schlamm und Erde zerrie⸗ benen Steinſchutts, welchen alle große Flüge unausgeſetzt in die Meere fuͤhren, iſt von ſolcher Bedeutung, daß das da⸗ durch binnen 100 und 1000 Jahren neu angeſetzte Land = 1 manchen Muͤndungen in das größte Erſtaunen ſetzen uß. rt | 390 Sbo erſtaunend groß find dieſe neu angeſetzten Landſtre⸗ cken doch eben nicht. Zehnter Abſchnitt. Betrachtung der Felsarten und mineraliſchen Subſtanzen in ihren deri eee vaniſchen Erſcheinungen. F. 97. Elektriſche und phosphores rende Ei genſchaften. Herzaͤhlung der elektriſchen, magnetiſchen und phospho⸗ rescirenden Mineralien. 9. 93. Magnetiſche Erſcheinungen an minera⸗ liſchen Körpern und an Felſen. Naͤhere Anzeige der magnetiſchen Mineralien und Ge⸗ birgsarten. F. 99. Galvaniſche erscheinungen an minera⸗ liſchen Körpern, Anzeige der bekannten galvaniſchen und einiger elektri⸗ ſchen Erſcheinungen an Mineralien. F. 100, Elektriſche, magnetiſche, galvan iſche Erſcheinungen an Körpern aus dem Thier⸗ und Pflanzenreich und an andern Subſtan⸗ zen. §. 101. Erſcheinungen an Felsarten und mine⸗ raliſchen Körpern bei Verſuchen mittelſt des Pendels. Vertheidigung der unterirdiſchen Electrizität und Bes, 891 ſchreibung von Pendelverſuchen, die beweiſen ſollen, daß je⸗ der mineraliſche Koͤrper und jedes Bruchſtuͤck deſſelben zwey Pole habe und eine magnetiſche Axe. Eilfter Abſchnitt. Allgemeine Folgerungen aus den in allen Ab⸗ ſchnitten enthaltenen Hauptthatſachen. $, 102. Bildungszeitraum des Urfels⸗Schich⸗ tenſyſtems. „1.) Der Erdplanet hat verſchiedene Zeiträume der Bildung und Zerſtoͤrung durchlaufen. Die unverwerflich⸗ ſten geognoſtiſchen Zeugniße beurkunden Zeiten der tiefſten Ruhe und Fels bildungen; und andere, Zeiten der ſchreck— lichſten Zerſtoͤrungen und Verwuͤſtungen.“ „ 2.) Ueber den Bildungszeitraum des Urfelsgebildes, welches die ganze Rinde des Erdplaneten ausmacht, kann die Unterſuchung nicht hinausgehen; denn hier fehlen alle Thatſachen, welche den Geiſt leiten koͤnnen. Daher beginnt auch hier das Spiel der Meynungen, Einfaͤlle, Träume, und Fantafien.” „ 3.) Die ganze aͤußere Rinde der Erdkugel beſteht aus Urfelsgebilde, welches ſehr haufig von den ſpaͤtern Flöß- gebilden und aufgeſchwemmtem Lande bedeckt iſt, aus wel⸗ chen erſteres in unzaͤhligen Gegenden theils als ungeheure Gebirgsganze und Felſenketten, theils als einzelne niedrige Felskuppen hervorragt.“ 54.) Die außerordentlich großen Raͤume voll Floͤtzge⸗ dilde und aufgeſchwemmten Landes, welche die hoch empor⸗ ſteigenden Urfelsganzen trennen, ſcheinen urfprüngliche Thaͤ— ler zu ſeyn, welche 17 — 22000 Fuß oder fait eine deutſche 392 Meile Tiefe und wahrſcheinlich hin und wieder noch mehr haben.“ 5.) Da das Urfelsgebilde die ganze Oberflaͤche der Erde umgiebt, fo bleibt die Erforſchung deſſelben in Bes treff feines innern Baues und der darin vorhandenen Ge- ſetze der wichtigſte Gegenſtand der Unterſuchung fuͤr den Erdforſcher.“ »6,) Ueberall, wo das urfelsgebilde in den verſchiede⸗ nen Welttheilen bisher beobachtet wurde, zeigt es denſel⸗ ben innern Bau ſeiner Schichtenſyſteme, dieſelben Geſetze der Schichtenſtreichung, Stellung und Senkung des regel: mäßigen Wechſels und der periodiſchen Wiederkehr derſel⸗ ben Schichtenglieder und Schichtenmaſſen. Es iſt oben gezeigt worden, daß ſehr viele Ausnahmen von einer allgemeinen Schichtenſtreichung und Senkung ſo⸗ wohl in Ruͤckſicht ganzer Gebirgsketten als einzelner Ge⸗ birge und Theile von ſolchen ſtatt haben, und daß der regel» mäßige Wechſel eben fo wenig allgemein ſey als die perio⸗ diſche Wiederkehr derſelben Schichtenglieder! 8 5 7.) Ueberall zeigen die Urfelsgebilde dieſelben Urfels⸗ arten, woraus ihre Schichtenglieder beſtehen, und dieſe Felsarten wieder dieſelbe Mannigfaltigkeit der Beſtandtheile und ihrer Mengungsverhaͤltniße, daſſelbe kryſtalliſche Korn, denſelben Reichthum der Metalle, kurz dieſelben Eigenthuͤm⸗ lichkeiten bis zu den kleinſten innern und aͤußern Eigen- heiten. Unter den heißen Erdſtrichen ſcheinen aͤußerſt ge⸗ ringe Abweichungen in den chymiſchen Prozeßen der Ur⸗ ſtoffe, woraus das Urfelsgebilde beſteht, ſtatt gefunden zu haben. »8.) Es iſt bisher kein Urfelsgebilde beobachtet wor⸗ den, in welchem nicht der Urkalkſtein Schichtenglieder bil⸗ dete, welche ſtets wiederkommen, mit den uͤbrigen Felsar⸗ ten wechſeln und ſich dadurch eben ſo urſpruͤnglich als Gra⸗ 393 nite, Gneuße u. f. w. beurkunden. Der Kalkſtein iſt alfo nicht Produkt der Meerwuͤrmer.“ Der Urkalkſtein kommt freylich zuweilen in einem gan⸗ zen Gebirgsprofil mehrere Male vor, aber er wechſelt ſehr ſelten in einzelnen Schichten mit Schichten andrer Urfels⸗ arten. „ 9.) Eben fo gewiß iſt es, daß ſehr viele Urfelsarten reich an Kohlenſtoff find, und manche, wie Kohlenblende, faſt ganz daraus beſtehen. Der Kohlenſtoff iſt alſo gleich— falls urſpruͤnglich und nicht 1 Produkt des Pflan- zenreichs. Der Kohlenſtoff mag wobl nicht ſo häufig in den Ur⸗ ſelsarten vorkommen, und Kohlenblende iſt wenigſtens in den Alpen keine in Lagern im Urgebirge bekannt: (die von Chandoline im Wallis ſcheint im Uebergangsgebirge zu liegen.) „ 10.) Die gehörige Erforſchung des innern Baues der Schichtenſyſteme kann uͤberhaupt am beſtimmteſten alle Vor⸗ ſtellungen uͤber alten und ſogenannten neuen regenerirten Granit, Gneus und Uebergangsfelsarten berichtigen.“ „ 11.) Der Schichtenwechſel zeigt, daß die Felsarten nicht nach ihrer Schwere niedergeſchlagen worden ſind, denn dieſelbe Reihenfolge von Schichtenpaaren kommt immer wie⸗ der vor. Es iſt deswegen keine einzige aller Urfelsarten aͤl— ter als die andere zu nennen. Die Schichtenreihen enthalten keine ſolche allgemeine Abwechslung von verſchiedenen Urfelsarten, wie hier ver⸗ muthet wird; und wenn aͤhnliche Gebirgsarten in einem Gebirgsprofil zuweilen mehrere Male erſcheinen, ſo ſind ſie nur aͤhnlich, nicht darum dieſelben genau wieder: daher iſt durchaus nicht bewieſen, daß alle Urfelsarten gleich alt ſeyen! 5 12.) Der allgemeinſte Karakter der Schichtenſtrei⸗ 394 chung in den Urfelsgebilden zeigt die Richtung von S. W. nach N. O. und der allgemeinſte Karakter der Schichten⸗ ſtellung iſt die ſenkrechte und nach S. O. geneigte. Deu⸗ tet dieſe Streichungslinie nicht auf einen elektriſchen Meri⸗ dian, und die aufrechte Stellung der Schichten oder das Hinſchauen derſelben nach N. und N. W. nicht auf Wir⸗ kung des Magnetism im Großen?“ Schon oben iſt angezeigt worden, daß von dieſer als allgemein aufgeflellten Schichtenſtreichung ſehr wichtige Abs weichungen ſtatt haben: was aber einen elektriſchen Meri⸗ dian betrifft, ſo ſollte doch vor allem aus das Weſen ei⸗ nes ſolchen und die Wirkungsart davon auf die Gebirgs⸗ ketten der Erde etwas naͤher angegeben werden, wenn er in dieſes geologiſche Syſtem aufgenommen werden muß. Eben fo iſt oben hinlaͤnglich gezeigt worden, daß wenig⸗ ſtens in den hoͤchſten Alpen die ſenkrechte Schichtenſtellung ſelten, und uͤberhaupt die Einſenkung nicht ſo ſteil iſt, wie der Verfaſſer glaubt; auch iſt die nordweſtliche Schichten⸗ einſenkung in der hoͤchſten Alpenkette ſehr haufig. In wel⸗ cher Verbindung der Magnetism im Großen mit einer ge— glaubten allgemeinen ſteilen Schichtenſtellung ſey, haͤtte doch wahrlich auch gezeigt werden ſollen, wenn dieſes Syſtem nicht in die Grenzen der Phantaſien hinuͤbertreten ſoll. „ 13.) Alle Prozeße der Natur bey Bildung des Ur⸗ felsgebildes ſind offenbar periodiſch vor ſich gegangen; dieß beweist der ewige Wechſel der Schichtenpaare und das pe⸗ riodiſche Wiederkommen derſelben Schichtenmaſſen.“ Wenn genau dieſelben Schichtenmaſſen fo oft wieder⸗ kaͤmen, ſo koͤnnte dieß eher beweiſen, daß ſie gleichzeitig abgeſetzt und ſpaͤter durch Zerſtoͤrungsepochen von einander getrennt worden waͤren. Der Wechſel und die periodiſche Wiederkehr der gleichen Gebirgsar ten iſt aber bei weitem nicht ſo allgemein wie der Verfaſſer glaubt. * er 395 3514.) Dieſer periodiſche Wechſel deutet auf große Nas tururſachen, welche unter den naͤmlichen Umſtaͤnden fiets zuruͤckkehrten, auf das Urmeer ſtets die gleiche Einwirkung aͤuſſerten und in demſelben die gleichen Erſcheinungen vers urſachten. Die Bemerkung uͤber den vorigen Satz paßt auch hieher. „ 15.) Und dieſe Rückkehr der Periodizitaͤt gewißer Naturumſtaͤnde bezeugt, daß die Erdkugel ſchon damals, als die chymiſchen Prozeße in dem Urmeer zur Bildung der Urfelsſchichtenſyſteme vor ſich giengen, in den naͤmlichen kosmiſchen Verhaͤltnißen gegen die Sonne und uͤbrigen Planeten geſtanden und ſich ſowohl um ihre Axe als auch um die Sonne bewegt haben muͤſſen.“ Warum koͤnnte nicht auch unter andern kosmiſchen Vers haͤltnißen doch Bewegung unſers Erdplaneten und Perio- dizitaͤt ſtatt gebabt haben? „ 16.) Der wunderbar regelmäßige Parallelſchichten⸗ bau aller bisher beobachteten Urfelsgebilde in den verſchie⸗ denſten Welttheilen, die ungeheure Aus dehnung einer und derſelben Felsart durch viele Laͤngengrade, die Identitaͤt ſowohl in den Feisarten, in der Stellung, Senkung, Schich⸗ tung und des Wechſels der Schichten, als auch aller uͤbri⸗ gen Eigenthuͤmlichkeiten derſelben, berechtigen zu dem Schluß, daß die Schichten der Felsgebilde auf der ganzen Ober fache der Erde ſtets in gleichen Zeiten e gen wurden. Die Angaben, von denen dieſer Satz 77 ſind meiſt unrichtig. Der Parallelism iſt ſo wenig regelmaͤßig, daß z. B. am Gothard Schichten ſind, die ſo ſehr als moͤglich, nämlich im rechten Winkel, von einander in der Streichungslinie abweichen. Die Gleichartigkeit in den Felsarten it fo wenig vorhanden, daß kein geuͤbter Geognoſt ſaͤchſiſchen und ſchweizeriſchen Granit mit einander verwech⸗ 396 SR ſeln wird, fo wenig als Montblanc: Granit, Gothardiſchen Granit, Buͤndtner⸗Granit u. ſ. w. „ 17.) Der fo große und allgemeine Geſetze beſtimmt ausſprechende Parallel⸗Schichtenbau der Urfelsgebilde löst die aͤuſſerlich ſcheinende chaotiſche Verwirrung der Felſen⸗ haufen, Ketten und Züge auf das Schoͤnſte auf, und bes weist, daß die Urgebirge weder Sonnenſchlacken, noch auf die Erde herabgeſtuͤrzte Monde; weder ungeheure Kryſtalle, noch Blaſen; weder in die Hoͤhe gehobene Theile der Erd— kruſte, noch Geburten der Vulkanen find; daß die Gebirgs— zuͤge von keinem Zentralpunkt gleich ſtrahlend auslaufen, daß ſie nicht von S. nach N. Hauptrippen werfen, noch weniger Kreiſe beſchreiben u. dgl. Meynungen mehr, wel⸗ che von ſehr berühmten Maͤnnern in ihren Werken vorge⸗ tragen werden. So viel als der Hr. Berfaffer hier bewieſen haben will, beweist die regelmaͤßige Schichtung des Urgebirges denn doch nicht; beſonders wenn man elektriſche Meridiane und ſolche noch unbekannte große Naturkraͤfte hinzudenken will, fo ließe ſich noch das eine und andere jener getraͤumten geo— logiſchen Syſteme auch mit der regelmaͤßigen Schichtung vereinigen. $. 103, Bildungszeitraum aller Flötzſchichten⸗ ſyſteme. „ 1.) Dieſer Zeitraum, in welchem alle die verſchie⸗ denen Floͤtzfelsgebilde, von den aͤlteſten bis zu den juͤngſten, abgeſetzt wurden, hat die allerſtaͤrkſten Geſchichtsſpuren ſo⸗ wohl von der Entwicklung des Lebens in dem Thier- und Pflanzenreich, als auch von den durch wiederkehrende Pe⸗ rioden der Ruhe und Zerſtoͤrung hervorgebrachten Veraͤn⸗ derungen auf der Oberfaͤche der Erde zuruͤckgelaſſen. 52.) Die allgemeine ausſchließliche Herrſchaft des Spiels 397 aller chymiſchen Kraͤfte und das Streben aller Urſtoffe nach kryſtalliſchen Geſtalten iſt unterſcheidender Karakter der Ur⸗ feld» , mechanifche Zuſammentretungen und Niederſchlaͤge, nebſt dem Beginnen der organifchen Thier- und Pflanzen⸗ welt, unterſcheidender Karakter der Floͤtzbildungszeit.“ „3.) In den allererſten Lagern der aͤlteſten Floͤtzfels⸗ arten, welche unmittelbar auf den Urfels abgeſetzt wurs den, liegen ſchon Gehaͤuſe von Meerwuͤrmern begraben. Ihre Zahl und Mannigfaltigkeit iſt da noch ſehr geringe; beyde wechſeln aber in den Schichten der verſchiedenen Floͤtz⸗ ſchichtenſyſteme im Verhaͤltniß ihres juͤngern Alters. Bald erſcheinen auch Ueberreſte von Fiſchen und Theile von ſehr fremdartigen Pflanzen; dann Ueberreſte von Amphibien, und noch ſpaͤter Gerippe von großen Landthieren, Voͤgelknochen und Baumſtaͤmmen in den Floͤtzlagern eingefchloffen.” 54.) Alle Urfelsganzen und Ketten ſind an ihren Außen⸗ feiten von Thonſchiefer- und Kalkfoͤtzgebilden umguͤrtet. Dieſe merkwuͤrdige Thatſache ſcheint zu beweiſen, daß in dem Zeitraum der Abſetzung der aͤlteſten Floͤtzfelsarten die Meere eine gleiche Miſchung dieſer Thon- und Kalkſtoffe in ſich trugen, und daß die Urfelsgebirge eine maͤchtige An⸗ ziehungskraft auf dieſe Stoffe ausüben mußten, wodurch ſie gezwungen wurden, ſich laͤngs deren Außenſeiten in ei⸗ ner ſo ungeheuern Schichtenzahl abzuſetzen. „ 5.) Die verſchiedenen Floͤtzgebilde zeigen in allen Welttheilen eine eben ſolche Gleichheit ihrer Felsarten und Eigenthuͤmlichkeiten, wie die Urfelsgebilde, und beſtehen aus Schichten ſyſtemen wie dieſe.“ „ 6.) Obgleich in der Streichung und Senkung ihrer Schichten ſyſteme nicht eine fo bewundernswuͤrdige gleiche Identität, wie in dem Urgebilde ſtatt findet, fo ſcheint doch überall, wo die oberflächliche Beſchaffenheit des Ur⸗ felſes, auf welche die Floͤtzfelsarten niedergeſchlagen wur⸗ * 398 den, nicht Veränderungen erzwang, daſſelbe Geſetz der Strei— chung von S. W. noch N. W. und des nach S. geneigten Schichtenfalls zu herrſchen. Was hingegen der ſtete Wech⸗ ſel der Schichtenpaare und das periodiſche Wiederkommen einer und derſelben Felsart oder mineraliſchen Subſtanz betrift, ſo zeigt ſich dieſes Geſetz durchaus und uͤberall in den Schichten ſyſtemen aller Floͤtzgebilde, von den aͤlteſten bis zu den juͤngſten, und ſelbſt in den aufgeſchwemmten Erd⸗, Sand- und Lehmlagern. Dieſe letzte Thatſache bes weist unwiderſprechlich, daß dieſelben periodiſch wiederkeh⸗ renden Urſachen, welche ſchon in der Bildungszeit der Urs fels⸗Schichtenſyſteme auf das Urmeer einwirkten und den periodiſchen Wechſel der Urfelslager verurſachten, gleichfalls waͤhrend des ganzen Bildungszeitraums der Floͤtzſchichten⸗ ſyſteme herrſchten, auf dieſelbe Weiſe zuruͤckkehrten, und ganz aͤhnliche Erſcheinungen in den Muttermeeren der Floͤtz⸗ gebilde hervorbrachten.“ Schon oben iſt angezeigt worden, daß von dieſer als all⸗ gemein aufgeſtellten Schichtenſtreichung ſowohl im Großen als in einzelnen Gebirgen viele wichtige Abweichungen ſtatt haben, und daß die ſuͤdliche Schichteneinſenkung ſehr aus⸗ gedehnte und ſelbſt (in den Alpen wenigſtens) regelmäßige Ausnahmen hat: Eben ſo, daß der ſtete Wechſel der Schich⸗ tenpaare ſo wenig allgemein ſtatt hat als das periodiſche Wiederkommen einer und derſelben Felsart; daher alſo die daraus gezogenen Folgerungen gar nicht unwiderſprechlich gewiß ſind. 97.) Zwiſchen dem Entſtehen der verfchiedenen Floͤtz⸗ gebilde traten Zeiten der Zerfiörungen fuͤr die aͤltern Fels— gebilde ein, wovon die deutlichſten Spuren ſowohl in den Geſchieblagern, welche die Floͤtzgebilde von einander trens nen, als auch in den verſchiedenen Nagelfluegebilden, wel⸗ 399 che beide nur aus gerollten Trümmern der ſchon früher daſeyenden Felſen zuſammengeſetzt find, am Tage liegen.“ Nur ſehr ſelten finden ſich zwiſchen den verſchiedenen Floͤtzgebilden ſolche fie trennende Geſchieblagen. »8.) Es iſt gewiß eine ſehr merkwuͤrdige Thatſache, daß auch während dieſer Zerſtoͤrungszeit die gerollten Truͤm— mer zerriſſener Felſen auf das regelmaͤßigſte Schichtenweiſe nach den allgemeinen Geſetzen der Streichung, Senkung und des Wechſels abgeſetzt wurden, wie dieß alle großen Nagelſluegebilde bezeugen. Es geht hieraus hervor, daß unter allen Umſtaͤnden nicht bloß gewiße mächtige Urſa⸗ chen als durchgreifende Geſetze ihre Herrſchaft behaupten, ſondern auch, daß aus der eigenthuͤmlichen Beſchaffenheit der Erdkugel und ihrer kosmiſchen Verhaͤltniße mit andern Himmelskoͤrpern als Produkt eine ewig gleiche mineraliſch⸗ organiſche Bildungskraft vorhanden ſey.“ Freylich giebt es hier und da in den Nagelſſuegebirgen Zwiſchenlager von Sandſtein und von Sandmergel, die aber doch keinen regelmaͤßigen Wechſel beweiſen. „ 9.) Da in den Schichtenſyſtemen der Steinkohlenge⸗ bilde dieſelben Geſetze der Lagerungsverhaͤltniße und des im⸗ mer wiederkehrenden Wechſels der Steinkohlenlager durch 5 — 6000 Fuß Maͤchtigkeit wie in allen Floͤtzgebilden herr⸗ ſchend ſind, und uͤberdem die Steinkohlenſchichten ſo viele andere Karaktere wahrer mechaniſch⸗ mineraliſchen Nieder⸗ ſchlaͤge an ſich tragen, fo wird dadurch die ziemlich allge» » mein angenommene Meynung, daß die Steinkohlen aus verſchuͤtteten Waldern entſtanden find, ſehr zweifelhaft ges macht. Weit wahrſcheinlicher iſt es, daß ſie entweder aus dem in der Natur von Pfanzen und Thieren unabhaͤngigen und aus zerſetzten Urfelsarten in Menge freygemachten Koh— lenſtoff, in Verbindung einer Saure und Thonart, oder aus dem durch gaͤnzliche Zerſetzung von Holzpflanzen und 400 Thiertheilen getrennten Oele, in Vereinigung mit Alaun, Kalkerde u. dgl. als mineraliſch-wechſelnde Lager entſtan⸗ den find,” Daß der Wechſel der Steinkohlenlager nicht überall ſtatt habe, iſt oben gezeigt worden: die letztre Meynung uͤber die Entſtehung der Steinkohlenlager ſtimmt zum Theil mit der überein, die der Hr. Verfaſſer in den fruͤhern Ab⸗ ſchnitten hieruͤber beſtritt. $. 104. Zerſtoͤrungszeitraum. „1.) Während der Bildungszeit von dem aͤlteſten bis zum juͤngſten Floͤtzgebilde gab es Perioden der Ruhe und der Zerſtoͤrung: die beweiſenden Spuren von der letztern Thatſache find in den Abſchnitten und in dem vorigen $, Noe 2. angeführt worden. „ 2.) Es ſcheint, daß in jener fruͤhern Zeit, wo die Waſſermenge der Weltmeere viel groͤßer war als jezt, bis⸗ weilen periodiſche Umſtaͤnde eintraten, welche die Meere in außerordentliche ſchwellende Bewegung verſetzten, wodurch die ſchon beſtehenden feſten Laͤnder, welche als Inſeln aus dem hohen Waſſergebiet hervorragten, wieder untergetaucht wurden, welches Ereigniß ſtets mit großen Zerſtorungen der alten Gebirge und Vernichtung vieler lebendigen Ges ſchoͤpfe begleitet ſeyn mußte. Sollte nicht ein hoͤherer Waſſerſtand in einigen Theilen der Erdoberflaͤche ſtatt gehabt haben koͤnnen, ohne darum eine größere Waſſermenge anzunehmen, die doch kaum von der Erde verduͤnſtet iſt? — 53.) Daß die Waſſermenge der ehemaligen Meere ohne allen Vergleich groͤßer war, als jezt, beweiſen die Floͤtzge⸗ bilde voll Meerthiergehaͤuſe, welche bis zur Hoͤhe von 13000 Fuß über den jetzigen Meeresſtand gefunden werden.“ Die Bemerkung über den vorigen Satz paßt auch hieher. 401 4.) Die ſchrecklichſte dieſer periodiſchen Meeresrevo- lutionen und der damit verknuͤpften Zerſtoͤrung und Ber- nichtung war die letzte, welche nach Abſetzung aller Floͤtz⸗ gebilde eingetreten if.” Schon ift oben bemerkt worden, daß die dem Nagel Auegebilde vorgegangene Zerſtoͤrung noch größer geweſen zu ſeyn ſcheint. „ 5.) Nach dieſer fuͤrchterlichen lezten Zerſtoͤrungszeit traten die großen Erdtheile in der jetzigen aͤußern Geſtalt ihrer Oberflaͤche aus dem Meere wieder hervor, und alle aͤußern Umwandlungen und Veraͤnderungen derſelben ſind einzig und allein dem Gange der Meere und ihrer Stroͤme zuzuſchreiben. So ausgemacht iſt es doch wohl nicht, daß nicht auch noch andere Naturkraͤfte mitgewirkt haben. 16.) Die aͤußern durch Gewalt der lezten Meereswaͤl⸗ zung erzeugten Richtungen der Bergketten und Thaͤler, der Einriſſe und Einbuchtungen der Laͤnder ſind nur fuͤr die Un⸗ terſuchung wichtig, um die Richtung zu erkennen, in wel— cher bey dieſer lezten Zerſtoͤrungszeit das Weltmeer uͤber die gruͤnenden und mit Thieren bevoͤlkerten Laͤnder waͤlzte.“ 5 7.) Alle hieruͤber angeſtellte Vergleichungen, in Vera bindung mit manchen andern in den Abſchnitten entwickel⸗ ten Thatſachen, ſcheinen beſtimmt darzuthun, daß der lezte Fluthenſturm des Weltmeers die Richtung aus S. O. nach N. W. gehalten habe.“ a „S.) Ueber die Urſachen dieſer mehrmal periodiſch ers folgten Verſetzung und Waͤlzung des Weltmeers, über die ſchon lang beſtandenen feſten Erdtheile laſſen ſich bis jezt hoͤchſtens nur Vermuthungen und Fragen thun. 9.) Bey Unterſuchung dieſer periodiſch zuruͤckkehren⸗ den Zerſtoͤrungszeiten wird es einleuchtend, daß die von dem wilden Meere verurſachten Zertruͤmmerungen der Ur⸗ ar Bb. Ce 402 und Floͤtzgebilde, und ihre unzaͤhligen Bruchſtuͤcke theils zu den kleinſten Koͤrnern zerrieben, theils zu Kalk- und Thonerde geſchlemmt, dazu gedient haben, die urfprüngli- chen großen tiefen Raͤume oder Urthaͤler, welche auf der Dberfläche der Erde das Urfelsgebilde trennten, mit neuen Gebilden aufzufüllen, und dadurch die größere Ruͤndung der Erdoberfäche zu bewirken. Alſo ſelbſt dieſe furchtba⸗ ren Zerſtoͤrungsbegebenheiten enthielten die nothwendige Ans lage zu den nuͤtzlichſten daraus erwachſenden Reſultaten, Vermehrung des feſten Landes, Verdraͤngung der Meere nach den tiefften Gegenden, Ausebnung der tiefen Urthaͤ— ler, leichtere Verbindung der verſchiedenen hohen Gebirgs⸗ zuͤge mit den übrigen Theilen der Oberfläche, alſo Berei— tung zur allgemeinern Bewohnbarkeit der feſten Erdtheile für alle lebendigen Geſchoͤpfe. „ 10.) Es ſcheint ziemlich gewiß, daß von dem Begins nen der Felsbildungen an die Meere in ihrer Waſſermenge und Ausdehnung ſtets abgenommen haben und noch ſtets abnehmen und ſich zuruͤckziehen. Die Bildung aller Fels⸗ arten und die Pflanzen- und Thierwelt hat von jeher un⸗ geheuer viel Waſſer verſchluckt, zerſetzt und zum Eigenthum ihrer feſten Theile gemacht. Daſſelbe geſchieht noch unauf- hoͤrlich, und der Verbrauch des Waſſers im vegetabiliſchen und animaliſchen Reiche iſt außerordentlich.“ Alle Beobachtungen, wie ſchon oben gezeigt wurde, be— weiſen vielmehr, daß die Meere nicht abnehmen und ſich nicht zuruͤckziehen. Der Verbrauch von Waſſer zur Bils dung der Felſen, die uͤbrigens ſchon groͤßtentheils bey je⸗ nem hohen Waſſerſtand vorhanden waren, weil man die Merkmale davon an ihnen erblickt, kann eben ſo wenig be— traͤchtlich geweſen ſeyn als das, was Thiere und Pflanzen an Waſſer verbrauchen, welches ſie nach ihrer Aufloͤſung der Waſſermaſſe der Erde wieder zuruͤckgeben. — — —— 403 9 7r,)7 Iſt vielleicht wegen der jetzigen großen Abnah⸗ me der Meere, im Vergleich der ehemaligen Ausdehnung und Hoͤhe derſelben eine kuͤnftige Ruͤckkehr der Waͤlzung der Meere uͤber die jetzigen Erdtheile nicht mehr moͤglich?“ „ 12.) Seit dem Zuruͤcktritt des Weltmeers nach ſei— nem letzten furchtbaren Gange uͤber die Oberfaͤche aller Welttheile blieben theils viele Landmeere zurück, theils fuͤll— ten ſich alle großen eingeriſſenen Vertiefungen zwiſchen den Felſenketten und Gebirgsganzen mit Waſſer. Alle dieſe Waſſerkeſſel brachen am Ende in die ſie umſchließenden Ge— birge enge Kluͤfte, durch welche ſie ſich einer in den andern Keſſel ausleerten, bis der am tiefſten gelegene in das be; nachbarte Meer abfoß. Seit dem Durchbruche aller ge ſchloſſenen, ſtufenweiſe übereinander liegenden großen Sees keſſel ſind Rinnkeſſel fuͤr Stroͤme und Fluͤße entſtanden, welche von den hoͤchſten und entfernteſten Gebirgen die Ge— waͤſſer unaufhoͤrlich den Meeren zufuͤhren, wodurch erſt der ewige Kreislauf dieſes befruchtenden Elements zwiſchen den Meeren und allen Erdtheilen hergeſtellt, die bewohnbaren und fruchtbaren Erdflächen vermehrt und die Gefahren von alles vernichtenden Fluthenuͤberſchwemmungen bei der end— lichen Ausleerung ſolcher ehemaligen geſchloſſenen Seekeſſel beſeitigt wurden. „ 13.) Alle Gebirge find einer unausgeſetzten Verwit⸗— terung, langſamen Zerſtoͤrung und Erniedrigung unterwor— fen, und aller davon herkommender Felsſchutt wird in die Thaler und Seekeſſel herab und zum Theil von den Fluͤßen bis in die Meere geführt, woraus an deren Muͤndungen unablaͤßig neues Land erzeugt wird. Auch dieſe fortgehende, durch Verwitterung verurſachte Erniedrigung aller hohen Ges birge tragt fortwährend zur groͤßern Rundung und Ve— wohnbarkeit der Erde bey.“ Daß ſich die Gebirge nicht erniedrigen, ſondern nur ihre 404 Abhaͤnge durch die Verwitterung etwas abſchaͤlen, iſt ſchon gezeigt worden, ſo wie auch, daß die Schutthalden, die dadurch längs den ſteilſten Abhaͤngen der Gebirge entfies hen, zum Schutz der Gebirge gegen weitere Verwitterung dienen. Auch dieſe Erhaltung der Gebirge und Nichtab— rundung der Erde iſt planmaͤßige Anordnung in der Schoͤ⸗ pfung; denn würden ſich die hoͤchſten Gebirgsketten ernie⸗ drigen, ſo waͤren ſie nicht mehe fähig, die Gletſcher in ih⸗ rem Schoos zu erhalten, die, als unverſigbare Quellen der größten Ströme und Fluͤße des Erdbodens, ein unentbehr⸗ liches Glied in der großen Kette der Natureinrichtungen ſind, wodurch die Erde bewohnbar iſt. 9. 105. Organiſation und eigenthuͤmliches La ben der Erde. „ 1.) Wenn man die Subſtanzen, woraus alle Fels⸗ gebilde und beſonders das Urgebilde beſtehen, nicht blos als Geognoſt, ſondeen auch als Phyſiker ins Auge faßt, ſo er⸗ öffnen ſich über die Natur des Erdplaneten ganz neue An⸗ ſichten. Im zehnten Abſchnitt find elektriſche, phos pho⸗ rescirende, magnetiſche, galvaniſche Erſcheinungen, welche die Felsarten, Metalle und Foſſilien der Beobachtung dar⸗ bieten, aufgefuͤhrt worden. Alle dieſe aneinander gereihten Thatſachen berechtigen den Naturforſcher zu folgenden Schluͤßen und Saͤtzen.“ „ 2.) In allen Felsarten und mineraliſchen Subſtanzen wallet ein lebendiges Element, welches den menſchlichen Sinnen nicht in feinem wahren Weſen, ſondern nur in def ſen vielfachen Wirkungen bemerkbar iſt.“ Es iſt Sache der Philoſophie zu entſcheiden, ob ſolche Erſcheinungen der Wechſelwirkung der Körper auf einan⸗ ver als Leben betrachtet werden dürfen, in welchem Fall 405 dann jedes Luftblaͤschen und jedes Staͤubchen auch als lebendig angeſehen werden muß! „ 3.) Dieſes lebendige Element aͤußert ſich ſogar in den kleinſten Bruchſtuͤcken und Splitterchen einer mineras liſchen Subſtanz, und es ſollte nicht auch in den Lagern und Schichten der Felsgebilde ſtatt finden und Wirkungen aͤußern?“ * Warum nur in den mineraliſchen Subſtanzen? Wenn jene Wirkungen als Leben zu betrachten ſind, ſo iſt jedes Atom einer verwesten Pflanze oder eines Thierknochens auch lebendig! Faules Holz z. B. phosphorescirt ja ſo gut als Bologneſerſpath. „4.) Dieſes in allen Subſtanzen des Mineralre ichs ſich auf vielfache Art aͤuſſernde lebendige Element iſt eigent- lich das Urlebendige, welches allen andern Leben vor⸗ ausgeht, demſelben zum Grunde liegt, und ohne deſſen Kenntniß und Erforſchung der menſchliche Geiſt nimmer— mehr zu einer wahren Anſicht des Wunders alles Lebens in der Natur gelangen kann.“ Daß alle Atome des ganzen Univerſums durch alle Son» nenſyſteme und Milchſtraßenſyſteme hindurch in ewiger un⸗ unterbrochener harmoniſcher Wechſelwirkung zu einander ſtehen, bezweifelt wohl noch kein gruͤndlicher Phyſiker; daß dieſe Wechſelwirkung aller Grundſtoffe des Univerſums allem andern Leben vorausgeht und demſelben zum Grunde liegt, wurde eben ſo wenig bezweifelt: ob nun dieſe ewige rege Wirkſamkeit Urledendiges heiſſe oder wie man fie nen- ne, thut doch wahrlich nicht ſehr viel zur Sache, als daß dadurch hier und da ein ſchwacher Kopf durch unrichtige Namen verwirrt werden kann! „ 5.) Die bisher gezogenen Grenzen zwiſchen lebendi⸗ ger und todter Natur muͤſſen vernichtet werden, wenn der menſchliche Geiſt ſich auf einen der großen Natur würdigen 405 Standpunkt erheben fol. Nichts ift todt in der Natur. Ein unbegreifiches reiches Urleben wallet ewig bewegend und ſtroͤmend durch alle Theile, Koͤrper und Subſtanzen, ſelbſt des ganzen Mineralreichs. Wird denn der menſchliche Geiſt einen hoͤhern Stand⸗ punkt erreichen, wenn wir den allgemein anerkannten Na⸗ turkraͤſten einen andern Namen geben? Wer glaubte denn, daß etwas todt, d. h. unwirkſam in der Natur ſey? und wer verkannte je das unbegreifiche reiche Urleben, d. h. die Wechſelwirkung aller Theile, nicht nur des Mine⸗ ralreichs, fondern aller Reiche und aller Welten auf ein— ander? Dieſe fogenannte Aufhebung der Grenzen, die zwi⸗ ſchen lebendiger und todter Natur gezogen waren, die aber nur in einem veraͤnderten Namen beſteht, wird alſo eben fo wenig die Wiſſenſchaft weiter bringen als den Stand— punkt des menſchlichen Geiſtes erheben! »6.) So wie die Begriffe und Anſichten des Urleben⸗ digen in der Natur ſich erweitern müſſen, ebenſo muß es auch mit dem Begriffe deſſen, was man bisher Organiſa⸗ tion nannte, geſchehen.“ Sehr natürlich müffen in einem neuen Syſtem alle Re men veraͤndert werden; doch wird noch immer erlaubt blei— ben, zwiſchen Thier -Organiſation, Pfanzen-Organiſation und Gebirgsketten-Organiſation einen kleinen Unterſchied zu machen. 57.) Außer der Organiſation in dem Pflanzen- und Thierreich giebt es noch eine viel einfachere Organiſation für die großen Naturkoͤrper, die nur aus mineraliſchen Subſtanzen zuſammengeſetzt ſind, und dieſe einfachſte un, ter allen möchte wohl die mineraliſche Urorganiſa— tion genannt werden Dürfen.” Wahrſcheinlich iſt die Organiſation des Luſtkreiſes und des Raums zwiſchen den Planeten noch einfacher als die . 3 ET « u 407 der Planeten und Sonnen felbft; alſo muͤſſen wir doch noch eine höhere Urorganiſation annehmen als die mincras liſche iſt! „ 8.) Eine ſolche mineralifche Urorganiſation zeigt ſich in dem Bau der Schichtenſyſteme aller Felsgebilde auf der Erde. »9.) Das große einfache Geſetz dieſer Urorganiſation verkuͤndet ſich auf's lauteſte und beſtimmteſte in dem ſteten Wechſel der Schichten, dem periodiſchen Wiederkommen derſelben Schichtenpaare und Schichtenmaſſen.“ Daß dieſer Wechſel der Schichten und dieſe periodiſche Wiederkehr der Schichtenpaare nicht ſo regelmaͤßig und nicht ſo allgemein ſtatt hat, wie der Hr. Verfaſſer glaubt, iſt ſchon oft genug gezeigt worden: dieß thut aber nichts zur Sache; kein Geognoſt wird darum weniger Ordnung in der Struk⸗ tur der Gebirge oder, nach des Hrn Verfaſſers Namen, in der Urorganiſation finden. „ı0) Wenn, wie es hoͤchſt wahrſcheinlich iſt, das Urs felsgebilde, welches die ganze Erdrinde unter den auf dem⸗ ſelben abgelagerten Floͤtzfelsarten umgiebt, durchgaͤngig nach den entwickelten Geſetzen geſchichtet und gebaut iſt, ſo iſt der Erdplanet eine ungeheure Voltaiſche Säule in Kugelgeſtalt.“ Vergeſſen wir doch nicht, daß wir von der Erde verhaͤlt⸗ nißmaͤßig nur eine ſo duͤnne Kruſte zu unterſuchen im Stande ſind, wie das Papier an einem Globus ſeyn mag; ferner, daß wir von dieſer Kruſte noch ſo wenig beſtimmt kennen, daß 4. B. der Hr. Verfaſſer dieſes Werks über den Bau der Erde, und deſſen Recenſent, der doch ſchon ſeit einigen Jahren als Geognoſt in den Alpen herumwandert, uͤber ſehr wenige Thatſachen einerley Meinung ſind, und dann werden wir wohl noch kaum über die innere Urorganiſation unſers Erd⸗ planeten abſprechen wollen! Sollte aber die große Voltaiſche Saͤule nur auf dieſer Erdkruſte ſtatt haben, ſo iſt zu bemer⸗ 408 ken, daß die Schichten nicht fo regelmaͤßig abwechſeln, nicht fo ſenkrecht oder ſteil eingeſenkt ſtehen und nicht fo gleichfoͤr⸗ mig ſich einſenken, wie der Hr. Verfaſſer glaubt, daß alſo manche bedeutende Unregelmaͤßigkeit und daher Unterbre⸗ chung in dieſer ungeheuren Saͤule ſtatt hat. „11.) Alles, was wir zu Errichtung unſrer Werkzeuge für die galvaniſchen, elektriſchen und magncetiſchen Verſu⸗ che in winziger Geſtalt anwenden, findet ſich in dem Schich⸗ tenſyſtem des Urfelsgebildes in ungeheurer Menge. Der ganze Reichthum der metalliſchen Körper, Kohlenſtoff, ſalz— und ſaͤurehaltigen Subſtanzen iſt darin niedergelegt ;. die Schichten ſtehen theils ſenkrecht, theils ſchieſſen ſie ſo ſteil ein, daß in den Zwiſchenraͤu men der Schichtenpaare beftäns dig Regen- und Schneewaſſer einfiltrirt, und durch die An⸗ ziehungskraft der Felſenſcheitel und ausgehenden Schichten⸗ kanten aus der feuchten Atmoſphaͤre Waſſertheile eingepumpt werden. Was zur hoͤchſten Wirkſamkeit einer voltaiſchen Saͤule nothwendig iſt, findet ſich in dem Bau und in den Subſtanzen des Urfelsgebildes nach dem groͤſten Maasſtab wieder. Stoffs genug iſt allerdings im Urfelsgebilde vorhanden um eine ſehr große voltaiſche Saͤule daraus zu machen, und wir kennen die Natur des Galvanis mus noch ſo wenig, daß eben ſo wenig verneint als behauptet werden kann, daß die Gebirgsſchichten, ihrer übrigens gar nicht voltaiſchen Orga⸗ niſation ungeachtet, doch große galvaniſche Wuͤrkungen ver⸗ urſachen: aber man gehe nicht in's Kleinliche, um die Um⸗ ſtaͤnde, die bey der voltaiſchen Säule vorkommen, auch in der Natur ſuchen zu wollen: es giebt faſt horizontal geſchichtete Urgebirge und fie koͤnnen doch dem galvaniſchen Fluidum dien⸗ lich ſeyn: die Metalle liegen gar nicht in abwechſelnden La⸗ gen, ſondern durchkreuzen die Schichtenſyſteme, und ſind in dieſer Hinſicht vielleicht Leiter. Ueberhaupt find der Möge mn — 409 lichkeiten viele, der Gewißheit aber keine, darum aber darf unſre Phantaſie ſich doch mit einer ſolchen Vergleichung be⸗ ſchaͤftigen, die vielleicht im Verfolg der Unterſuchungen merk⸗ wuͤrdige Aufſchluͤße geben kann, aber der Aufſchluͤße bedarf es noch viele bis wir mit einiger Zuverlaͤßigkeit eine ſolche uns neue Wirkungskraft der Natur in unſte phyſiſche Erd⸗ kunde als weſentliche Bildungskraft aufnehmen duͤrfen. „ 12.) Da jedes einzelne Bruchſtuͤckchen einer Felsart und mineraliſchen Subſtanz und die voltaiſche Saͤule die Eigenſchaften eines Magneten, naͤmlich einen Nord- und Südpol und eine magnetiſche Axe beſitzen, ſo muß auch die Erdkugel als ein ungeheurer Magnet betrachtet werden. Schon lange, aber nicht der angeführten Gründe mes gen, iſt die Erde von vielen Naturforſchern als ein Mag» net betrachtet worden: daß aber jedes Felſenbruchſtuͤck eine magnetiſche Axe habe, iſt eine noch nicht bewieſene Behaup⸗ tung. „ 13.) Die Erde iſt vermittelſt ihrer Eigenſchaft als voltaiſche Säule, als Magnet, und wegen ihrer runden Ges ſtalt und ihres Umſchwungs als elektriſche, ewig waͤlzende Ku⸗ gel ein lebendiger Körper mit der reichſten Fülle des Ur— lebendigen ausgeruͤtet.. ö Durch jene doch wohl noch etwas unvollſtaͤndige Verglei⸗ chung des geſchichteten Urfelsgebildes mit einer voltaiſchen Saͤule wird doch noch nicht erwieſen ſeyn, daß die Erde eine voltaiſche Säule ſey? Geſetzt aber die Erde wäre voll Gal⸗— vanism, voll Magnetism, voll Elektricitaͤt, fo wiſſen wir nicht, ob ſie ewig waͤlzt oder nicht; und ob wir ſie lebendig nennen wollen oder nicht, haͤngt ganz von dem Begriff ab, den wir dem Wort Leben geben wollen! „ 14.) Daß fo tief gegründete Urleben des Erdplaneten und die nahen Beziehungs⸗Verhaͤltniße, in welchen derſelbe mit andern aͤhnlichen lebendigen Himmels» Körpern ſteht, — 410 fichert demſelben nicht bloß feine ewige Selbſtſtaͤndigkeit und Einheit, ſondern auch die ewige Bildungskraft zu, bey uns geheuren eintretenden Revolutionen und Zerſtoͤrungen ſeiner Oberflaͤche, dieſelbe nach gleichem uralten und feiner Natur angemeſſenen Geſetze zu reorganiſiren.“ Ob nicht hier ſchon die neuen Namen einige Begriffvers wirrung verurſacht haben moͤgen? Daß das, was der Hr. Verfaſſer Urleben des Erdplaneten heißt, tief in ihm gearüns det ſey, iſt ganz richtig: denn alle Atome der Erde ſind nach des Verfaſſers Begriff lebendig, und muͤſſen ewig lebendig bleiben, eben ſo ſind auch alle uͤbrigen Himmelskoͤrper auf dieſe Art lebendig, auch ſteht unſre lebendige Erde mit allen uͤbrigen lebendigen Sonnen, Planeten und Cometen in nahem Beziehungs-Verhaͤltniß. — Wie aber hieraus die ewige Selbſtſtaͤn digkeit und Einheit unſers Erdplaneten erwies fen fey, iſt nicht einzuſehen. Kann ſich nicht in dieſem oder jenem nähern oder fernern Himmelskörper, wie dieß auch ſchon auf unſrer Erde geſchah, die ſogenannte Lebenskraft etwas verſchieden aͤuſſern oder fo geheißne Revolutionen ent⸗ ſtehen, die das vorhandene Gleichgewicht zwiſchen Centrifu⸗ gal⸗ und Centripedalkraft, oder zwiſchen den Kräften der ent» gegengefetzten Pole ſtoͤren könnten, wodurch wir leicht unſte Selbſtſtaͤndigkeit verlieren und einem groͤßern lebenden Him⸗ melskoͤrper incorporirt werden koͤnnten? Wir ſehen die Come⸗ ten ſehr lebhaft im Univerſum herumſchwaͤrmen, und kennen ihre Lebenskraͤfte durchaus nicht, weil fie ich ganz anders aͤuſſern als das Leben unſrer Erde: wäre alſo nicht mög» lich, daß jene Weſen einſt Störungen im Sonnenſyſtem vers urſachen koͤnnten, wodurch in dieſem ſolche Revolutionen entſtuͤnden, die im Großen wären was unſre Zerſtöͤrungsepo⸗ chen, die der Hr. Verfaſſer auf unſrem Erdball bezeichnete, hier im Kleinen waren? Freylich wuͤrde in unſrem, einem andern Himmelskoͤrper incorporirten, oder vielleicht in meh⸗ 4 rere Cörper zertheilten Erdball ewige Bildungskraft herr⸗ ſchen, denn dieſe ewige Bildungskraft iſt ſicher unvergaͤng⸗ lich, aber die Einheit und die Selbſtſtaͤndigkeit koͤnnten doch verloren gehen, und dadurch würden dann auch die Ges ſetze zur Reorganiſation modiſicirt, aber natürlich der ſoge⸗ nannten neuen Natur gemaͤß wirken! „ 15.) Wenn die Erdkugel eine voltaiſche Säule und ein Magnet iſt, und dieſe Veſchaffenheiten in ihrer mineras liſchen Organiſation gegründet ſind, ſo muß die magneti⸗ ſche Axe derſelben, ſo lange dieſer Organismus beſteht, un— veraͤnderlich die naͤmliche ſeyn; deßwegen iſt eine gaͤnzliche Umkehrung der Axe unmoglich.“ Freylich kennen wir dieſe magnetiſche Axe nicht recht, aber da der Hr. Verfaſſer die Meere auf der Erdoberfaͤche herumwandern laͤßt, ſo koͤnnte durch dieſe Veraͤnderung der Erdoberflache die voltaiſche Saͤule auf derſelben doch wenig— ſtens modificirt werden, und dieſe Modification könnte auch Veraͤnderung der magnetiſchen Axe bewirken. — Kurz, da wir Beweiſe von außerordentlichen und uns noch unerklaͤrt gebliebenen Revolutionen auf der Erde haben, ſo laͤßt ſich auch nicht zum voraus beſtimmen, ob jene Urſachen von Erdrevolutionen nicht wieder kommen und welche Veraͤn⸗ derungen ſie in und auf dem Erdball bewirken koͤnnen! $, 106. Kosmiſche Erſcheinungen. 5 1.) Durch die wunderbaren Thatſachen, welche die voltaiſche Saͤule und die Pendelverſuche lehren, naͤmlich der Anziehung und Einſtroͤmung an dem Nordpol und der Abſtoſſung und Ausſtrahlung am Suͤdpol, der Kreis- ſchwingung von der Rechten zur Linken uͤber erſtern und von der Linken zur Rechten auf letzterm, werden ebenfalls hoͤchſt wichtige kosmiſche Folgerungen veranlaßt. 52.) Durch dieſe Spaltung des Stroms des Urleben⸗ 412 digen iſt ewige Bewegung in der Natur durch das ganze Univerſum gegeben und geſichert, und in dieſer Zweiheit der Thaͤtigkeit und Wirkungsart eines und deſſelben Urle— bens⸗Elements liegt die Urſache von unzaͤhligen Erſchei⸗ nungen ſowohl in dem geheimſten, verborgenſten, chymi— ſchen Spiel der Urſtoffe, als von der Spaltung der Ge ſchlechter im Pflanzen- und Thierreich, und von vielen Bes gegnißen in deren organifirten Körpern, als auch von den erhabenen kosmiſchen Verhaͤltnißen der Himmelskoͤrper.“ Wenn der Verfaſſer deutlich entwickelt und beweist, was in dieſem Satz angedeutet iſt, dann ſcheint unſre Kenntniß von den Urkraͤften des Univerſums einen großen Schritt vorwaͤrts gethan zu haben! „ 3.) Das ganze Geſetz der Schwere oder Attraktion, ſeit deſſen Entdeckung der menſchliche Geiſt bewunderns— wuͤrdige Fortſchritte in der Kenntniß der Himmelskoͤrper unſers Planetenſyſtems gemacht hat, erklärte die eine bes wegende Kraft der Himmelskoͤrper in ihren hehren Bewe— gungen um einander, nämlich die Zentripedalkraft; die ans dere aber, die Zentrifugalkraft, eben ſo nothwendig, um das Hinfinken der Planeten auf die Sonne zu verhindern, und ihre ewigen kreiſenden Bewegungen in gleichen Ent⸗ fernungen zu erklaͤren, war noch nicht gefunden.“ 54.) Dieſe Zentrifugalkraft liegt, wenn wir uns nicht ſehr irren, in dem Suͤdpol aller Körper, fo wie die Zen⸗ tripedalkraft in dem Nordpol.“ Haben wir nun deutlichere Begriffe von dieſen großen Urkraͤften im Univerfum erhalten, wenn wir ſagen, ſie lies gen in dem Sud» und Nordpol der Körper? — 55.) Wenn man eine mineraliſche Subſtanz in Kugel⸗ geſtalt gebildet mit dem Pendel unterſucht, ſo zeigt die eine Haͤlfte derſelben uͤberall die Erſcheinungen des Nord» pols, und die andere Hälfte uͤberall die Erſcheinungen des 413 Suͤdpols. Alſo die eine ganze nördliche Halbkugel wirkt als Zentripedalkraft, die ganze ſuͤdliche Halbkugel als Zen⸗ trifugalkraft“ Wunderbar groß und herrlich find die neuen Anſichten, welche ſich hiemit dem menſchlichen Geiſte uͤber die unergründliche Natur auffchliegen.” Dieſes Pendelexperiment verdient noch umſtaͤndlichere Beſchreibung und Unterſuchung unter vielerley Umſtaͤnden; noch wichtiger aber wäre dann, dieſe Identitaͤt der Zen» trifugal⸗ und Zentripedalkraft mit dieſer Polarität zu bee weiſen, und wenn der menſchliche Geiſt uber die unergruͤnd⸗ liche Natur ſo wunderbar große und herrliche Anſichten er— halten ſoll, auch zu erklaͤren! — Neuton fand das große Geſetz der Schwere in der ganzen Natur bey Anlaß eines von feinem Baum fallenden Apfels auf; ehe aber der menſch— liche Geiſt einige wiſſenſchaftliche Fortſchritte durch dieſe Entdeckung machte, wurde die Wirkung dieſer neuentdeck— ten Kraft berechnet und durch die Uebereinſtimmung die⸗ ſes Reſultats mit dem Verhaͤltniß des Planetenſyſtems be— wieſen: Gleichen Gang muß dieſe vermeinte Entdeckung über die Urſachen der Zentrifugalkraft, und über die Iden⸗ titaͤt der vermutheten aufgefundenen Polaritaͤt aller Mine⸗ ralkoͤrper mit der Zentripedal⸗ und Zentrifugalkraft auch gehen und die gleiche Probe aushalten, die Neutons Ents deckung aushielt, wenn der menſchliche Geiſt in wiſſenſchaſt⸗ licher Hinſicht durch dieſe Hypotheſe einige Fortſchritte ma⸗ chen ſoll! „ 6.) Hoͤchſt wahrſcheinlich finden vermittelſt dieſer Verſchiedenheit der Lebensaͤuſſerung der beiden Halbkugeln E ²˙⁶1 a EEE 8 an ’ wichtige Unterſchiede in vielem Betreff auf den Himmelskoͤr⸗ pern ſtatt, und die Verſchiedenheit der ſtrahlenden Licht⸗ maſſe der beiden Haͤlften der Sonnenkugel, welche Herſchel ſeit langen Jahren beobachtet hat, konnte wohl darin if ren Grund haben. 414 Alles dieſes find Vermuthungen, deren Fundament noch ſehr unſicher und auch auf bloße Vermuthungen gegruͤn⸗ det iſt. »7.) In der Herrſchaſt des Suͤdpols oder der Zentri⸗ fugalkraſt liegt der kosmiſche Grund, warum ſich alle Pla- neten und Monde und die Sonne von Weſt nach Oſten um ihre Axen und um ihre Zentralkoͤrper drehen und be⸗ wegen. Wenn dieſe Behauptung bewiefen wird, fo iſt fie merk⸗ wuͤrdig. j „8.) Die Erdkugel in ihrer Eigenſchaft als ungeheurer Magnet wird wahrſcheinlich von groͤßern Koͤrpern derſelben Art in ſeiner Axenſtellung beſtimmt, und der periodiſche Wandel der Schiefe ſeiner Ekliptik und der Nachtgleichs⸗ punkte wird wohl von dem Gange und den Verhaͤltnißen anderer ungeheurer Himmelskörper von größerer lebendiger Urlebenskraft regiert.“ Noch iſt die Erde nicht als ungeheurer Magnet erwie⸗ ſen, und uͤber Axenſtellung der Erde und Wandel der Schiefe der Ekliptik erhalten wir durch ſolche Vermuthun⸗ gen wenig befriedigende Auskunft. — »9.) Daß die Planeten auch eine eigenthuͤmliche Licht⸗ atmosphaͤre, wenn gleich in ſchwachem Grade beſitzen, wird aus dem innern Leben derſelben mehr wie wabrfcbeinlich. Die Aſtronomen Schroͤter und Harding ſahen im Jahr 1806 die ganze nicht erleuchtete Kugel der Venus ſehr deutlich, und Herſchel hat ſchon laͤngſt dieſe Meynung von den Planeten gehabt. Die Lichtſtroͤme der Nordlichter ge gen die beiden Pole der Erde find wohl nur lebhafte Aus— ſtuͤße des lebendigen Elements aus den beiden Polen der Erde. N Schon lange waren die Phyſiker uͤber Erklaͤrung der Nordlichter in Verlegenheit; nun haben wir ihnen einen 415 andern Namen, nämlich lebhafte Ausflüße des lebendigen Elements aus den beiden Polen der Erde; und eben ſo kann jede Phosphorescenz, wie auch die Lichtatmosphaͤren der Planeten, Ausfluß des innern Lebens der phosphorescirenden Koͤr— per und Planeten genannt werden. Weiß nun aber der auf dieſen hoͤhern Standpunkt geſetzte menſchliche Geiſt von allen dieſen Naturkraͤften und Wirkungen mehr als vorher? — N Geſchrieben in Schaͤnis an der Linth im September 1808. Hans Conrad Eſcher. Periodi istorici e Topografia delle Valli di Non e Sole nel Tirolo meridionale. Di Jacop Antonio Maffei, Patrizio Tirolese. Rovere- do, 1805. 4to. 3 Meinem Plane getreu fahre ich fort, beſonders in Ita⸗ lien erſchienene Schriften, die den Leſer der Alpina interef- ſiren koͤnnen, nicht nur anzuzeigen und alles dasjenige her⸗ auszuziehen, was zur Kenntniß der Alpen gehoͤrt, ſondern auch noch dasjenige beizufuͤgen, was in andern Werken über den naͤmlichen Gegenſtand enthalten und auch mir ſelbſt bekannt worden iſt. Zwar haben die beiden Thaͤler Sulzberg und Non, die eigentlich nur ein einziges bes trächtliches ausmachen, noch wenig Beſchreiber gefunden; ſeebſt das oben angezeigte Werk, ob es gleich mehr als alle andere liefert, befriebigt nicht ganz; und auch die in ans 416 2 dern Werken zerſtreuten Nachrichten gewaͤhren nur eine ma⸗ gere Erndte; doch hoffe ich etwas weniges zur genauern Kenntniß dieſes nicht unwichtigen Theils des ſudlichen Ty⸗ rols beigetragen zu haben, wenn ſchon noch ſehr viel zu wuͤnſchen uͤbrig bleibt. Carl Ulißes v. Salis. — In der nordweſtlichen Ecke des ſuͤdlichen Tyrols, bei⸗ nahe an der Grenzvereinigung der Grafſchaft Tyrol, des Koͤnigreichs Italien und des Cantons Graubuͤndten, erhebt ſich mitten aus einem Eismeer der ſelbſt ewig mit Eis bes panzerte Orteles zu einer Hoͤhe von mehr als 12000 Fuß uͤber dem Meere, ungefähr unter dem 46 Grad 35 Mir nuten der Breite und dem 28, ı5ten Grad der Lange *). Dieſer Koloß gehört ſchon nicht mehr zur Hauptkette der Alpen, und iſt mit ihr nur durch eine Nebenkette verbun⸗ den, welche ſich nach der Meynung einiger Orographen erſt beim Trepall, einem Berge zwiſchen Worms und Lu⸗ vin, nach andern aber bei Maloja, der Scheidecke zwiſchen Engadin und Bergell, von der Hauptkette fcheider *). Un⸗ gefahr zehen Stunden weiter gegen Suͤden ſtreckt zwar mins der hoch, aber eben ſo von ewigem Schnee umgeben, der Gavia fein unfruchtbares Haupt empor und bildet wie je ner einen ehrwuͤrdigen Grenzſtein zwiſchen dem Tyrol und dem Koͤnigreich Italien. Eine hohe, beinahe unerſteigliche, *) Ich ſage ungefaͤhr, da mir keine genaue gen Be ſtimmung des, Ortles bekannt ift. **) Es iſt hier nicht der Ort, genau zu unterſuchen, welche Bergkette eigentlich die Hauptkette iſt. Die Meynung des Herrn von Ployer (ſiehe von Molls Annalen ir Band ze Lie ferung Seite 1), die ſchon viele nachgeſchrieben haben, ver⸗ dient eine genauere Prüfung, 417 * mit Schnee und Eis meiſtens belaſtete Bergkette verbin⸗ det dieſe zwey Grenzſtoͤcke, und ſcheidet gleich einer unbe- zwingbaren Mauer das ſuͤdliche Tyrol von der Grafſchaft Worms. Alle Bergketten, welche die an der Weſtſeite der Etſch liegende Haͤlfte des ſuͤdlichen Tyrols theils umklam⸗ mern, theils durchſchneiden, gehen von jenen zwey Haupt⸗ ſtöcken aus. Vom Orteles nämlich eine Kette, welche zur erſt gegen Suͤdſuͤdoſten ſtreicht, dann ſich bald theilt; den linken Arm gegen Nordoſten ſendet, welcher das Vinſchgau gegen Norden und das Ultenthal gegen Suͤden bilden hilft, und an der Etſch, gleich unter Meran, ſein Ende erreicht. Den rechten Arm ſtreckt ſie gegen Suͤdoſten; dieſer trennt das Ultenthal vom Sulz: und Nonthale, und biegt ich, wo er bei Hoheneppan gegen die Etſch ſich naͤhert, auf einmal gegen Suͤden, und laͤngs dem weſtlichen Ufer der Etſch laufend ſcheidet er das Etſchthal vom Nonthal. Bei Salurn aber kehrt er ſich wieder gegen Oſten, und bildet unter dem Namen der Noriſchen Alpen die ſuͤdliche Haupt- nebenkette der Alpen. Ob Salurn ward fie von der Erich durchbrochen, die zuvor ob derſelben einen ungeheuren See gebildet haben muß. Vom Gavia aus, welcher eigentlich den erhabenſten Punkt jener Hauptnebenkette der Alpen ausmacht, die ſich zwiſchen Worms und Veltlin und dem Königreich Ita⸗ lien hinzieht, und vielleicht nur vom Comerſee unterbros chen, ihren Urſprung noch weiter gegen Weſten hat, laͤuft eine hohe Kette gerade gegen Suͤden bis zum Tonal und macht die weſtliche Begrenzung des Tyrols und der Valle Camonica aus. Dort theilt fie ſich in verſchiedene Arme. Der noͤrdlichſte geht gegen Oſten bis zum Spinal und ſchei⸗ det das Thal Rendena von dem Sulzthale; dort giebt es wieder verſchiedene Unterabtheilungen, der Hauptarm aber kehrt ſich nun gegen Suͤdoſten bis Vezzano und dann ge⸗ ar Bd. Do» \ 418 rade gegen Suͤden und bildet die Kette zwiſchen der Etſch und der Sarca, und weiter unten zwiſchen der Etſch und dem Lago di Garda, in welcher der Altiſſimo uͤber die meiſten andern Spitzen emporragt. Vom Tonal ſtreicht eine andre erhabene Kette gerade gegen Suͤden, macht die natuͤrliche Weſtgrenze zwiſchen dem Tyrol, oder der zu ihm gehörenden Giudicarien und der Valle Camonica oder dem Koͤnigreiche Italien aus. Sowohl Hacquet, als Herr v. Ployer und Herr von Buch belehren uns ), daß auch ges gen Suͤden der Hauptkette der Alpen eine erhabene Neben⸗ kette, meiſtens aus Kalkbergen beſtehend, jener gleichlau⸗ ſend ſtreiche. Ich wage es nicht zu entſcheiden, ob dar⸗ unter diejenige gemeint fey, die vom Ortles aus auf der Nordſeite des Sulz⸗ und Nonthals ſtreicht und ob Salurn über die Etſch ſetzt, oder ob es diejenige fey, die vom To⸗ nal auslauft und ſich an den Gardaſee herunterzieht und vermuthlich in der Gegend von Ala auch von der Etſch durchbrochen ward. Ich muthmaße aber es ſey die erſtere, und daß auch hier, wie auf der Suͤdſeite des Gothards, mehr als eine Hauptnebenkette mit der Hauptkette parallel laufe. Wenn es wahr iſt, daß uns der Lauf der Fluͤße am richtigſten das Streichen der Bergketten anzeige, ſo beweiſet uns die ſo auffallend uͤbereinſtimmende Richtung der Etſch, des Nos und der Sarca am beßten das ſon⸗ — *) Hacquets phiſikaliſch-politiſche Reiſe aus den Dinariſchen durch die Juliſchen, Carniſchen, Rhaͤtiſchen und die Nori⸗ ſchen Alpen ꝛc. Leipzig, 1788. 8. Herr von Buch geogno— ſtiſche Beobachtungen. Berlin, 1802. Carl von Ployer von dem Streichen der Gebirge aus der Schweiz durch Tyrol und die inneröfterreichifchen Länder bis nach Hungarn. In von Molls Annalen der Berg- und Huͤttenkunde. ar Band ze Lie⸗ ferung Seite 1. * a 419 derbare Streichen der Bergketten in jener Gegend. Alle drey Fluͤße laufen zuerſt von Norden gegen Suͤden, dann von Welten gegen Oſten, dann wieder gegen Suͤden; warum? weil die Bergketten, zwiſchen welchen fie fließen, ihnen dieſe Richtung geben. Wenn es mir auch gelungen ſeyn ſollte, ant etwel⸗ chen Begriff von dem Berggerippe dieſes Theils des füds lichen Tyrols gegeben zu haben, fo hält es mir deſto ſchwe⸗ rer, etwas Befriedigendes von der geognoftifchen und oryk⸗ tognoſtiſchen Beſchaffenheit deſſelben mitzutheilen. Nach D. Gebhard (ſiehe Alpina Tom. 1. S. 418) iſt der Ortles eine ungeheure Kalkmaſſe; aus welchen Ges birgsketten aber die Bergkette beſteht, welche von demſel⸗ ben aus das Vinſchgau vom Ultenthal trennt, iſt mir gaͤnz— lich unbekannt. Mein Vater ſagt (fiehe Alpina Tom. 2. S. 194) die Wormſer Gebirge beſtuͤnden auch meiſtens aus Kalkſtein; hingegen nach Hacquet (ſiehe das oben in der Note S. 418 angefuͤhrte Werk Tom. 2. S. 24) beſteht die Oſtſeite dieſer Gebirge, gegen Tyrol wenigſtens, was er geſehen hat, aus Granit. Die Kette, welche, vom Ortles ausgehend, das Sulzthal gegen Norden begrenzt, und in welche die Nebenthaͤler Pejo und Rabi dringen, beſteht nach Hacquet zu oberſt aus Granit, und ich moͤchte aus einigen Aeußerungen dieſes Mineralogen ſchließen, daß auch Gneuslager daſelbſt vorkommen. Das Thal Rabi enthaͤlt hingegen nach Gebhard (ſiehe Alpina Tom. 1. S. 416) Schiefergebirge; Thonfthiefer, welchen ſchuh- und halbſchuh⸗ maͤchtige Adern von weißem und graulich- weißem Quarz durchſtreichen. An den von Steinen aufgefuͤhrten Mauern in Feldern und Wieſen ſah der naͤmliche Naturforſcher Granit, deſſen Hauptbeſtandtheil der ſchoͤnſte Feldſpath war; Serpen⸗ tin mit labradoriſcher Hornblende. Vom letztern konnte er aber in der ganzen Gegend keine eigentliche Anbrüͤche entde⸗ 490 - r N cken, obwohl die Geſchiebe ihrer Groͤße gemaͤß nicht aus zu fernen Gegenden hergekommen ſeyn koͤnnen. Wenn wir die freylich aͤußerſt ſparſamen Nachrichten der Mineralogen zum ſammennehmen, die dieſe Gegend beſucht haben, ſo ſcheint es, daß das Innerſte oder der weſtliche Theil des Sulzthals bis an den Urſprung der Rabi nördlich, und bis an den Sprual ſuͤdlich aus Granit und Gneus, dann von dort die hoͤhern Gebirge aus Kalkſtein und der Fuß derſelben aus Thonſchiefer beſtehe. Doch herrſcht in beiden, beſonders das Nonthal begraͤnzenden Ketten der Kalkſtein beinahe ausſchließlich. In Anſehung der Beſchaffenheit der Kette, welche gegen über von Botzen an bis zum Ausfuß des Nos das weſtliche Ufer der Etſch begleitet, giebt uns Herr von Buch in wenig Worten die beßte Auskunft. Er ſagt in ſei⸗ nem oben angeführten Werke Seite 261: „Durch die Verbindung der Eyſak und Etſch entſteht eine flache, große, reiche und fruchtbare Ebene. Die Etſch fließt in einem Laͤngenthale zwiſchen dieſer (vom oͤſtlichen Ufer der Etſch anſteigenden) Porphyr- und der hohen ita⸗ lieniſchen Kalkkette ). Auch auf der rechten Seite der Etſch hoͤrt bei Neumarkt der Porphyr auf, und wechſelt mit Huͤgeln von Floͤtzkalkſtein. Jenſeits des Flußes erſcheint die große Kalkkette mit ihrer gewoͤhnlichen Kuͤhnheit, Hoͤhe, Schroffheit und Steilheit, aber in den Schluchten heben *) Graf von Sternberg ſagt in feiner Reiſe durch Tyrol, Seite 135: „Von Revo nahm ich meinen Weg über Sarnonico nach der Mendola, dem letzten Kalkgebirge in der Richtung gegen Botzen. Bei St. Paul (am linken Ufer der Etſch aufwaͤrts) beginnen die Thonberge wieder, welche naͤher bei Votzen mit Porphyr wechſeln.“ Sollte ſich auch Porphyr auf der Weſtſeite der Etſch befinden? Kommt derſelbe viel⸗ leicht in der Kette vor, die das Ultenthal vom Vinſchgau trennt ? 3 421 ich die Dörfer noch hoch an ihr hinauf. Bei Salurn bricht der Fluß durch die hohe Bergkette durch. Jezt ſtehen zu beiden Seiten die Felſen mit blendender Weiße im Thale. Die Engen laufen bis Deutſch Michael (beim Ausſſuß des Nos in die Etſch) fort.” ) Von der geognoſtiſchen und oryktognoſtiſchen Beſchaf⸗ fenheit der Giudicarien wiſſen wir ſehr wenig. Etwas habe ich im dritten Theile der Alpina angeführt, Ueber- haupt ſcheint es, daß die zwey Gebirgsketten, welche ge» gen Oſten und gegen Suͤden von Tonal ausgehen, und die⸗ ſes ganze Gelände bei ihrem Urſprunge aus Granit beſte⸗ hen. Dann aber herrſcht die Kalkſteinformation beinahe überall; nur verdient es alle Aufmerkſamkeit, daß zwiſchen derſelben die Floͤtztrappformation häufig vorkommt, aber auf welche Art und in welchen Verhaͤltnißen, dieß iſt mir unbekannt..) ) Ueber die Verſchiedenheit in der Vertheilung und Ausbrei⸗ tung der Floͤtzgebirgsformation am Mont Cenis und in der Gegend, von welcher wir hier handeln, hat Herr von Buch wichtige Bemerkungen gemacht. Man muß ſie aber in ſei⸗ nem Werke von Seite 280 an ſelbſt leſen, da fie zu weite laͤuftig ſind, um hier mitgetheilt zu werden, und ohnedem gewiß jeder Geognoſt dieſes vortreffliche Werk in feiner Bi⸗ bliothek beſizt. Ich füge nur noch hinzu, daß auch er mehr als eine mit der Hauptkette parallel laufende Nebenkette ans nimmt. Auch er ſtimmt damit überein, daß die Etſch bei Chiuſa wieder eine Kalkkette durchbricht. Nicht minder merkwürdig find die Verſteinerungen, welche man in den Gebirgen der Giudicarien, beſonders auf dem Altiſſimo, antrifft, wo erſt kuͤrzlich ein verſteinerter Fiſch auf der hoͤchſten Spitze entdeckt wurde. Es iſt glaublich, daß auch auf dieſer Seite der Etſch, wie auf der gegenuͤber liegenden, allerlei Arten von Verſteinerungen vorkommen; man hat dieſe Gegend nur noch zu wenig unterſucht. 422 Wir wenden uns nun zur eigentlichen Beſchreibung der Thaͤler Sulzberg und Ron, die den Gegenſtand dieſes Auf- ſatzes ausmachen. Die Grenzen derſelben ſind gegen Morgen das Gebirge Mendola, welches ſie vom Etſchthal ſcheidet; gegen Mit⸗ tag die Rochetta, ein enger Paß, durch welchen man auf Mezzo loinbardo und Mezzo tedeſco oder Teutſchmez kommt; gegen Abend die Wormſer Gebirge, und gegen Mitternacht der Kamm der Gebirgskette, die ſie vom Ultenthal abſon— dert. Die Charten, welche dieſe Thaͤler am richtigſten vors ſtellen, ſind das XII Blatt vom großen Tyroler Atlas von Anich und Huber, die Charte in vier Blättern des ſuͤdli⸗ chen Tyrols vom Baron von Sperges, und die Charte der Anaunia antica im zweiten Theile der Annali Sabionesi von Giuſeppe Reſchio. Merkwuͤrdig ſind die Zugaͤnge zu dieſem Thal. Selten wird man durch abſchreckendere Wege in ein Paradies ges fuͤhrt. Die Hauptſtraße von Mezzolombardo in dieſes Thal fuͤhrt am Abhange des Monte Corno durch einen ſo engen Paß, daß nur fuͤr den Fluß Nos und einen ſchmalen Weg Raum iſt. Bei dieſer Enge iſt ein Thurm oder kleines Fort, Rochetta genannt, wo man den Paß verſchließen kann. Um aus dem Nonthale in das obere Etſchthal, bes ſonders auf Botzen zu gelangen, muß man den ſehr hohen Berg Mendola auf einer ſteilen, holperigen Straße zwi⸗ ſchen Klippen und Einoͤden uͤberſteigen. In das Ultenthal fuͤhrt aus dem Sulzthale ein Weg, der auch fuͤr Maulthiere gangbar iſt, von Male, und in den untern Theil deſſelben, auf Tiſens, ein ſchmaler gee fährlicher Weg von Senale im Nonthale über den Cams perberg durch einen langen dichten Wald; durch dieſen Weg gelangt man auch auf Meran. Ein nur im Sommer gangbarer, meiſt durch Glet⸗ 423 ſcher leitender Fußſteig, führt aus dem Rabithal über den hohen Ferner ins enge, beinahe unzugaͤngliche Martella— thal, von welchem man zum Schloße Schlegelsburg, und von dort auf Schlandeck an der Etſch im obern Vinſchgau kommen kann. Auch durch das Val Aperta oder Val di Pejo geht ſowohl ein ebenfalls gefährlicher Fußſteig nordwaͤrts in das obbenannte Val Martello und ins Vinſchgau, und ein ans derer, gleichfalls nur im hoͤchſten Sommer gangbarer, weſt— waͤrts durch den Paß delle Sforzelle über ſchreckliche Glet— ſcher und Einöden über den Gavia in das Thal dei Te naci, von da durch das Furbathal auf Worms. Vom Furbathal bis auf Pejo hat man einen Weg von zehen Stunden vor ſich; auch kann man von Pejo uͤber den Berg Moltoz auf den Tonal kommen. Bei Oſſano theilt ſich das Sulzthal in zwei Hauptarme; der nordweſtliche heißt Val aperta, der ſuͤdweſtliche Val di Vermiglio. Durch dieſes kann man auf einer, auch fuͤr Saumpferde brauch— baren Straße über den Tonal, auf deſſen Spitze ſich ſchoͤne ebene heureiche Wieſen befinden, in das Thal Cammonica gelangen. 5 8 Endlich kann man gegenuͤber von Male, mitten im Sulzthale, neben dem Wildbach Meledro durch einen dich» ten Wald hinauf uͤber Madonna del Campiglio, zwiſchen den hohen Bergſpitzen Nambin und Spinal, durch eine, freylich ſehr unbequeme Straße auf Piazon, in das Thal Rendena, oder in die Giudicarien gelangen. *) Auch dieſes Thal, welches fünf und dreyßig italieniſche ) In Peter Philipp Wolf kurzgefaßten Geſchichte, Statiſtik und Topographie von Tyrol habe ich manche gute Nachrich⸗ ten, beſonders die Straßen dieſer Gegenden betreffend, ge» funden. 4a Meilen in der Large, und da wo es am breiteſten iſt, zwi⸗ ſchen la Rochetta und Pallade, fuͤnf und zwanzig Meilen in der Breite betraͤgt, bietet alle diejenigen Eigenthuͤmlich⸗ keuen dar, die ein Thal unter dieſer Himmelsgegend und in feiner Lage haben kann. Gegen Weſten, Suͤdweſten und Nordweſten erheben ſich ungeheure Gletſcher, mit ewigem Eiſe belaſtet. Gegen Norden deckt es eine erhabene Berg⸗ kette vor den rauhſten Winden; auch gegen Oſten iſt es den kalten Oſtwinden nicht ſo vollkommen blos geſtellt, in⸗ dem ſich die Noriſchen Alpen gegen dieſe Weltgegend fort» ziehen. Nur gegen Suͤden erniedrigen ſich die Kalkgebirge ein wenig, und oͤffnen, gegen Suͤdoſten weichend, dem er⸗ waͤrmenden Foͤn den freyen Zugang. Die Lage, beſonders des Sulzthals, ganz von Weſten gegen Oſten, gehoͤrt zu den glücklichſten, und deswegen iſt auch dieſes Gelaͤnde voll gepfropft von Einwohnern und mit Doͤrfern uͤberſaͤet. Hac⸗ quet ſagt loc. cit. Seite 21: „Das Gronitgebirge, rechts des Nos nach Norden zu, beſonders des Monte Saraſſa, iſt ſehr gaͤh fallend, und dein ungeachtet iſt alles mit Erde bedeckt und bewachſen, fo auch mit Ville oder kleinen Dörfern beſezt, welche lez⸗ tere wie angehaͤngt ſind. Gewiß dieſe Gegend hat ein ſehr wunderbares Anſehen. Waͤren an dieſem Gehaͤnge nicht Doͤrfer zugegen, ſchwerlich wuͤrde jemand glauben, daß es moͤglich ſey, eines in einer ſo ſteilen Gegend anzulegen.“ Dieſe Lage bringt es natuͤrlicher Weiſe mit ſich, daß allerley Produkte erzeugt werden. Während dem die ho⸗ hen Gebirge die koͤſtlichſten Weiden liefern, die mittlern Gebirge und Thaͤler alle Bequemlichkeit zur Viehzucht dar⸗ bieten, bringt der obere Theil des Hauptthals Korn die Menge; der mittlere Weine, ſelbſt koͤſtliche, und der un⸗ tere auch Maulbeerbaͤume genug zur Seidenzucht hervor. Die Luft iſt geſund, obgleich in den hoͤhern Gegenden et⸗ 42 was ſcharf, ſo daß der Seitenſtich eine der gemeinſten Krank⸗ heiten iſt. Auch iſt ſie gemaͤßigt, denn wenn ſchon in den böhern Gegenden ſehr viel Schnee fällt, der ſpaͤt oder gar nie ſchmilzt, ſo faͤllt der Thermometer doch ſelten mehrere Grade unter den Gefrierpunkt, und im Sommer ſteigt er beinahe nie über den 25ſten Grad ob demſelben. Daher begiebt ſich auch der ſehr zahlreiche Adel, deſſen Schloͤßer und Sitze die Gegend uͤberall verherrlichen, den Sommer ſtets in dieſe Gegend, um der Friſche zu genießen. Von uͤbermaͤßiger Troͤckene leidet man hier am meiſten im Som⸗ mer, und ſchon manchmal hat ſie die Hoffnungen des Land⸗ manns ganz vernichtet, beſonders in den Jahren 1778 und 1800, wo uͤber zwey Monate lang kein Tropfen Regen fiel. Angenehm iſt der Herbſt, wenn nicht zu frühe Reis ſen fallen, wie im Jahr 1740, wo mitten im September das Waſſer im Thal gefroren iſt. Gemeiniglich tritt die Kaͤlte am Ende Octobers ein, wo man die Zimmer zu waͤrmen beginnt. Der Nos durchſtroͤmt das ganze Thal. Er entſpringt aus zwey Hauptquellen. Die eine befindet ſich auf der Scheidecke des Tonal, und verſtaͤrkt ſich durch das Thal di Vermiglio herunter durch viele Baͤche; die andere ſpru⸗ delt unter den Gletſchern von Pejo hervor, und rauſcht durch die Val aperta hinunter; beide zu wilden tobenden Baͤchen angewachſen vereinigen ſich eigentlich bei den Ei⸗ ſenhuͤtten, alle Fucine genannt, unter Offano, läuft dann mitten durch das Sulzthal, wird bald, nachdem er das Nonthal erreicht hat, zwiſchen Felſen eingeengt, brei tet ſich dann wieder in einer Ebene aus, wo er oft das Bett veraͤndert, wird unter Taſſullo wieder von Felſen ein⸗ gedaͤmmt, vertheilt ſich weiter unten, wo ſich dieſe wieder zuruͤckziehen, in verſchiedene Arme in der Ebene von Denno, vereinigt ſich zum dritten Male bei der Enge von la Res 42 chetta, außer welcher er das Nonthal verlaͤßt und durch die Ebene von Mezzo lombardo und Mezzo tedeſco fließend bei St. Michele in die Eiſch faͤllt. Groß iſt die Zahl der Saͤche, welche aus einer Menge von Seitenthaͤlern ſich in denſelben ſtuͤrzen; doch vertrocknen die meiſten im hoben Sommer. Deshalb haben die Doͤrfer des Nonthals eher Mangel an Quellwaſſer, welches im Sulzthale weniger der Fall iſt, wo beinahe alle mit ſtets laufenden Brunnen verſehen ſind. Groß iſt der Schaden, welchen der Nos nur zu oft bei ſeinen ploͤzlichen Ergießungen anrichtet; noch immer erinnert man ſich mit Schrecken der Verheerun⸗ gen, welche er den 29 Auguſt 1757 und den 17 September 1772 verurſacht hat. Es giebt auch ſehr viele, doch nur unbetraͤchtliche Seen in dieſen zwey Thaͤlern. Deswegen iſt der Fiſchfang von keinem großen Belang, auch jeder⸗ mann, doch nur vom April bis zum Wintermonat, erlaubt. Es giebt vortreffliche Forellenarten und Aeſchen, auch Bars ben im Nos, aber dieſe letzten nur von ſeiner Muͤndung bis da, wo die Novella ſich mit ihm vereinigt. Das ganze Thal, naͤmlich Val di Non und Sulzberg, fol nach Maffei 40,000 Stelen, Sulzberg oder Val di Sole für ſich allein 14,000 Seelen enthalten; wir werden aber am Ende dieſes Aufſatzes eine Tabelle mittheilen, die ein etwas verſchiedenes Reſultat liefert. Lebensart, Cha— rakter, Kleidung und Sprache ſind beinahe ganz italieniſch; nur im Bezirk Caſtelfondo, an den Grenzen des Ulten» und Ober⸗Etſchthales, befinden ſich vier, meiſt aus zer⸗ ſtreuten Haͤuſern beſtehende Dörfchen, Senale, St. Fe⸗ lice, Lauregno und Proves, welche von Deutſchen bewohnt find, Sie liegen alle in hohen wilden Gegenden, wo kaum das Korn noch gedeiht. Man weiß nicht, wie dieſe deut⸗ ſche Kolonien in dieſes Land gekommen ſind; die allge⸗ meine Sage geht aber dahin, daß dieſe Deutſche als Berg⸗ 47 knappen in dieſe Gegend berufen worden find und daß fie ſich hier angeſiedelt haben, und wirklich ſieht man in die⸗ fen Bergen viele verlaffene Gruben. Noch wahrſcheinli⸗ cher ſey es aber, daß die Edlen von Rottemburg, welche im vierzehnten Jahrhundert die Gerichtsbarkeit Caſtelfondo beſeſſen haben, dieſe deutſchen Kolonien hier anlegten, um die weitläuftigen Wälder auszuroden und die unnuͤtzen Eins öden urbar zu machen. Uebrigens ſollen die Bewohner dies fer Thaler ein zwar nicht ſonderlich induſtrioͤſes, aber in Anſehung des Landbaues ſehr arbeitſames Volk ſeyn. Die Maͤnner verlaſſen auch hier im Herbſt, nach Beendigung aller Feldarbeiten, ihre Heimath, und trachten als Hands werker in Italien den Winter uͤber etwas zu verdienen; die Einwohner des Sulzthales handeln mit Kupferſtichen, welchen Gewinn ſie im Anfange des Fruͤhlings getreulich nach Hauſe bringen. Der Landbau iſt bei ihnen ziemlich beſchwerlich, denn in den Ebenen haben ſie mit ihren Bergſtroͤmen zu kaͤm— pfen und ſehr viel wegen dem Mangel des Waſſers zu lei— den. Schon manche Gemeinden haben koſtbare Waſſer— leitungen erbauen laſſen, um ihre Wieſen und Güter waß ſern zu koͤnnen. An den Abhaͤngen der Gebirge muß die Erde mit Mauern aufgehalten, und ſehr fleißig, wegen dem beſtaͤndigen Hinunterrutſchen, auf den obern Theil des Guts getragen werden. Die Haupterzeugniße des Landes geben die Viehzucht, der Kornbau, der Weinbau und der Seidenbau. Die meiſten, die beiden Thaͤler um und um umgeben⸗ den Gebirge ſind mit den fruchtbarſten Bergwieſen und mit den ſchoͤnſten Sommerweiden verſehen. Nur auf dem To⸗ nal allein, auf der Grenze zwiſchen dem Tyrol und der Val Cammonica befindet ſich eine Ebene, die ſieben bis acht italieniſche Mellen lang und vier Meilen breit if, und 428 das ſchoͤnſte Bergheu den Bewohnern des Thales Vermi⸗ glio im Sulzthal liefert. Wenn dieſe Wieſen ſchon nur einmal koͤnnen gemaͤht werden, ſo geben ſie doch wegen der Vortrefflichkeit des Heues, von welchem ein Stuͤck Vieh viel weniger zur Saͤttigung bedarf, einen großen Nu⸗ tzen. Wirklich traͤgt die Viehzucht dieſen Thaͤlern ſehr viel Geld ein; fie verkaufen nicht nur ſehr viel überflüßi« ges Vieh in das benachbarte Italien, ſondern auch Buts ter, Kaͤſe, beſonders Schaafkaͤſe, die fer geſucht werden. Man zieht auch gute Eſel und Mauleſel, und ſelbſt die Bienenzucht befindet ſich in einem eintraͤglichen Zuſtande. Der Kornbau muß vor einigen Jahrhunderten viel bes deutender geweſen ſeyn als dermalen, denn Giovanni Pirro Pincio fuͤhrt in ſeinem Werke: De Vitis Trident. Pon- tific. Lib. V. S. 39. à terzo 1546, eine Stelle an, worin es heißt, daß die Anaunia die Kornkammer der Stadt Trento geweſen ſey. Dieſes paßt nicht mehr auf unſre Zeiten, denn der Jahre ſind weit mehr, in welchen man Korn einfuͤhren muß als aus fuͤhren kann. Die Zunahme der Bevölkerung, die Ausbreitung des Weinbaues und des Seidenbaues haben dem Ueberfluß des Korns Grenzen ge— ſezt. Man hat dafuͤr in vielen Orten mit dem beßten Er⸗ folge den Kartoffelbau eingeführt. Uebrigens baut man hauptſaͤchlich Weizen; der Winter⸗ weizen tragt gemeiniglich das fünfte Korn. Der Sommer weizen traͤgt doppelt mehr ein, gedeiht aber nur in ge— maͤßigten Lagen, wo die uͤbermaͤßige Sommerhitze ihm nicht ſchaden kann. Auch Roggen pflanzt man von beis den Arten und erhaͤlt hoͤchſtens das ſiebente Korn; dann giebt es auch Gerſten, tuͤrkiſch Korn, Haber, Bohnen, Erbſen, Wicken, Hirſe, Fench, an einigen Orten auch Spelz und Kiechern. Nach dem Roggen und Weizen wer⸗ den auch Rüben oder Heidekorn geſaͤet. Wenn dieſe ge⸗ * 428 rathen, fo glaubt man ein gutes Jahr zu haben, weil man alsdann im Fall iſt, etwas Weizen zu verkaufen, und ſich mit dem Roggen den nothwendigen Wein verſchaffen kann. Uebrigens muß man bemerken, daß das Erdreich durchgaͤngig ſehr kalter Natur iſt, wohl bearbeitet und ſtark gedungt werden muß. Der Weindau ſchreibk ſich ſchon von den aͤlteſten Zei ten her; er iſt aber nur in den waͤrmern Gegenden uͤblich und ſehr koſtbar, weil ſehr viel Duͤnger erfordert wird. Er fängt zu unterſt im Sulzthal in der Gerichtöherrliche keit Livo an, allein der vorzuͤglichſte waͤchst bet Revo, Denno und Vigo. Er iſt angenehm, ſtark, haͤlt ſich aber nicht lange. f Weit eintraͤglicher iſt der Seidenbau, der nach dem oben angeführten Werke des Pincio in der Mitte des 1sten Jahrhunderts noch nicht eingefuͤhrt geweſen zu ſeyn ſcheint. Im Nonthale gedeihen die Maulbeerbaͤume vortrefflich, und der Hauptfeden des ganzen Thales, Cles, enthält Seidenziehereien in Menge, und Kaufleute, die mit der Seide des Landes in die entfernteſten Gegenden handeln und betraͤchtliche Summen Geldes in ihr Vaterland zie⸗ hen. Man hat ſelbſt in Male, einem der Hauptfeden des Sulzthales, verſucht, Maulbeerbaͤume zu pfaanzen, ob⸗ gleich kein Wein mehr daſelbſt waͤchst; ſie haben aber nicht ſonderlich gedeihen wollen. Außer dieſen Hauptprodukten traͤgt das Land ſchoͤne Apfel und Birnen, ziemlich viel Hanf und Flachs und ge⸗ winnt auch etwas mit feinem Ueberfug an Holz, da ſich auf dem Campenderg in der Gerichtsbarkeit Caſtelfondo, in den Gebirgen von Tuenna und Spor, und im Thale, welches uͤber Madonna di Campiglio in die Giudicarien fuͤhrt, große Waldungen befinden, welche meiſtens aus Lerchenbaͤumen, Fichten, Johren, Eichen, Buchen, Eſchen, 430 Linden und Ulmen beſtehen. Sie werden aber wegen der Beſchwerlichkeit des Fortſchaffens nicht fo benuzt wie man ſollte. Aus den Lerchen wird wohl etwas Terpentin gezo⸗ gen. Man brennt auch in den Gebirgen aus der gelden Enziane Brantewein. Induſtrie findet man wenig im Thal; außer den noth⸗ wendigſten Handwerkern: Hutmacher in Caſtelfondo, eine Glashuͤtte in Andelo, eine Pottaſchenbrennerei in Spor, einige Ziegelhuͤtten im Diſtrikt Fondo. Vor der Vereinigung Tyrols mit Bayern waren dieſe Thaͤler, außer den oͤſterreichiſchen Gerichtsbarkeiten, in drey Quartiere abgetheilt, naͤmlich das mittlere Quartier, das Quartier jenſeits des Waſſers, und das Quartier des Sulzbergs. Jedes hatte einen von den Pieven oder Ges meinden erwaͤhlten Sindikus, und das ganze Thal einen Hauptmann, den der Fuͤrſt erwaͤhlte. a So lange dieſe Thäler Unterthanen des Fuͤrſtbiſchofs von Trient waren, hielt dieſer einen Richter daſelbſt, der im Hauptorte Cles feine Reſidenz hatte, und dem die vo— litiſche, Eivil- und Criminal-Geſchaͤfte aufgetragen waren. Man nannte ihn Aſſeſſor. Unter dem Titel Massa ro del Principe war einem andern Beamten, der ſich auch da⸗ ſelbſt aufhielt, das Finanzweſen des naͤmlichen Fuͤrſten in dieſem Thale uͤberlaſſen. Von dem Aſſeſſor konnte man an das Hofgericht in Trient, und von demſelben, wenn der Werth des Prozeßes tauſend Gulden uͤberſtieg, an die hoͤchſten Dikaſterien des deutſchen Reichs appelliren. Das Thal ſelber hatte eine eigene Obrigkeit, welche aus dem Thalhauptmann, dem Aſſeſſor, den drey Eins dikus der Quartiere und den Vorſtehern der Gemeinden beſtand. Sie hatte die Aufſicht uͤber das Oekonomiſche des Thales, und konnte uͤber Gegenſtaͤnde entſcheiden, die 431 Kraft den Vorrechten des Landes ihrem Stabe unterworfen waren. Auch der vom Fuͤrſten erwaͤhlte Maſſar, der das Finanzweſen beſorgte und die Einkünfte der fuͤrſtlichen Ta⸗ fel einzog, konnte den Verſammlungen beiwohnen. Sein Contingent zur Vertheidigung der Grafſchaft Tyrol, zu welcher es mit dem Bisthum Trient beitragen mußte, das bifchöfiche Lehen Rabi eingerechnet, doch ohne die öfterreis chiſchen Gerichtsherrlichkeiten, befand in 181 Mann, wel- che a Gulden 54, circa jaͤhrlich Gulden 9773. 53 kr. als die Auflage des Landes in dieſer Hinſicht, Steura domi- nicale e glebale genannt, betrugen. Sie mußten in zwey Terminen dem fuͤrſtlichen Einzieher, naͤmlich am St. Geor⸗ gen und St. Andreastag eingeliefert werden, welcher das Geld der Landeskaſſe uͤbermachte. Ein zahlreicher Adel beſaß nicht nur ſehr viele Lande reien, ſondern auch ſehr viele Rechte in dieſem Thale; die Haͤuſer Spauen, Thuan, Cleß und Firmian nebſt andern ſind die vornehmſten derſelben. Schon als die Bisthuͤmer Trient und Brixen dem Hauſe Oeſterreich im Frieden von Amiens zugetheilt wurden / hat⸗ ten Veraͤnderungen in der Regierungsform ſtatt. Beim Preßburger Frieden aber, 1805 im Chriſtmonat, verlor Oeſterreich nebſt andern Provinzen auch die Grafſchaft Ty⸗ rol, und unſere Thaͤler kamen nebſt derſelben unter die Oberherrſchaft des Koͤnigs von Bayern. Sie erhielt eine ganz neue Organiſation, wurde laut dem Koͤnigl. Reſcript vom 21 Wintermonat in 26 Landgerichte getheilt. Da dieſe Organiſation zu neu, und alſo vermuthlich jedermann bekannt oder noch im Gedaͤchtniß iſt, ſo mag ich ſie hier nicht anführen, und bemerke nur, daß unfre zwey Thaͤler, Non und Sulzberg, in drey Landgerichte find vertheilt wor⸗ den, wobei nur zum erſten ein zuvor nicht dazu gehoͤriger 432 Strich Landes, nämlich Mezzo lombardo hinzugekommen iſt. Sie beſtehen alſo dermalen: ) 1. Aus dem Landgericht Waͤlſchmez oder Mezzo lombardo: Der neu zuſammengeſezte Landſchaftsbezirk, beſtehend aus der Gemeinde Mezzo lombardo, die von der Praͤtur Trient, und aus den vier Pfarreien Denno, Tajo, Vigo und Torri, die von dem ehemaligen Aſſeſſo⸗ ratsgerichte zu Cles getrennt wurden. Gericht Cronmez, — Spor, Flavon und Bellfort, — Maſi di Vigo, — Tuenetto, — Fai und Zambana, — Koͤnigsberg und Grumeis. Flächeninhalt: 10 Quadratmeilen. Einwohner in den Landesfuͤrſtlichen Gerichten: 5564 — — in den Patrimonial⸗Gerichten: 11952 Zuſammen: 17516 2. Aus dem Landgericht Cles: Der Bezirk des Nonsberges, mit Ausſchluß der vier Mars reien Denno, Tajo, Vigo und Torri, und der Ge⸗ meinde Livo. f Gericht Caſtelfondo und Arſio. Flaͤcheninhalt: Quadratmeilen 9 75/100, Einwohner in den Landesfuͤrſtlichen Gerichten: 14224 — — in den Parrimonial: Gerichten: 3495 Zuſammen : 17719 *) Im Sammler für Geſchichte und Statiſtik von Tyrol. Inſpruck 1807. 8. Im erſten Band, dritten Stuͤck wer 279 u. folg. 433 3. Aus dem Landgericht Male: | Der ganze Sulzberg nebſt der Nonsberger Gemeinde Livo. Gericht Rabi, Freyenthum zu Terzolas. Flaͤcheninhalt: Quadratmeilen 12. a Einwohner in den Landes fuͤrſtlichen Gerichten: 9872 — — in den Patrimonial- Gerichten: 1573 Zuſammen: 11445 Betraͤgt alſo die Volksmenge der drey Landgerichte in Allem 46680 Seelen; da aber Cronmez, Fai und Zam⸗ dana, Koͤnigsberg und Grumeis nicht zu unſern zwey Thaͤ⸗ lern gehoͤren, ſo wird die von Maffei angegebene Einwoh⸗ nerzahl derſelben zu 40000 der Wahrheit ſehr nahe kommen. Noch haben wir zu bemerken, daß es in dem ganzen Thale keine Städte giebt. Die Hauptörter der Gerichts⸗ herrlichkeiten und Quartiere Caſtelfondo, Cles, Fondo, Revo, Male find nur Marktſſecken, die aber mit manchen ſchoͤnen Kirchen und Haͤuſern geziert find. Der kleinen Doͤrfer, Weiler und zerſtreuten Haͤuſer, beſonders in den hoͤhern Gegenden, giebt es eine große Menge. Wir haben ſchon oben bemerkt, daß die Bewohner im Character, Sitten und Gebraͤuchen und in der Kleidung den Italienern aͤhnlich ſind: Sie ſind von mittelmaͤßiger Groͤße, aber von ſtarker Geſundheit und offenem Kopfe, und Liebhaber von Prozeßen; übrigens arbeit ſam, ihrer Religion und ihrem Fuͤrſten zugethan. Merkwuͤrdig iſt die ihnen ganz eigene Sitte, deren Urſprung und Veranlaſ⸗ ſung man nicht anzugeben weiß, daß ſie ſich waͤhrend dem Monat May nie verheurathen wollen. Benedikt XIV, als er noch Erzbiſchoſ von Bologna war, erklaͤrte dieſe Sitte als einen Aberglauben; fie blieb aber deswegen doch üblich. & d, ee "434 Endlich bleibt uns noch übrig, einige Worte uber die Gletſcher, die Bergwerke und die Mineralwaſſer des Tha⸗ les zu ſagen. Zwiſchen dem Sulden- und Drofugerthale, dem Ulten- und Sulzthale auf der Nord- und Oſtſeite, dem Val de Tenaci auf der Suͤdſeite, dem Bragliothal auf der Weſtſeite befindet ſich ein ungeheurer Gletſcher, der noch ſehr wenig oder gar nicht bekannt iſt. Walcher in ſeinen Nachrichten von den Eisbergen in Tyrol. Frank⸗ furt und Leipzig 1773. 8. ſagt kein Wort davon, obgleich dieſe Gletſcher groͤßtentheils im Tyrol liegen. Nur einige Winke findet man in Hacquets oben angefuͤhrter Reiſe, in B. Gebhards Nachricht von der Erſteigung der Ortles- ſpitze, in Wolfs oben angefuͤhrtem Werke, und in unſerm Maffei. Allen Umſtaͤnden nach zu urtheilen, betraͤgt die Laͤnge des Gletſchers uͤber zwoͤlf Stunden und ſeine Breite an verſchiedenen Orten bis vier Stunden. Auf der Worm⸗ ſerſeite nennt man ihn den Zufall Ferner, und dort heißt er an einer Stelle gar das Ende der Welt. Auf der Vinſch⸗ gauerſeite den Sulden Ferner; da, wo er in die Val Aper⸗ ta, bei dem Sforzelle gegen Pejo, und in die Val Ver⸗ miglio herunterdringt, iſt mir keine eigene Benennung de- kannt, und es iſt überhaupt ſonderbar, daß man von die⸗ ſer merkwuͤrdigen Gegend noch ſo wenig weiß. So wie der Montblanc und das Finſteraarhorn ſich mitten aus Eiswuͤ⸗ ſteneyen erheben, ſo ſtreckt der Ortles, der ſogenannte Grenz⸗ ſtein des Tyrols, ſein ſtolzes Haupt uͤber alle dieſe Eis⸗ flächen empor. Wie ſehr iſt es zu wuͤnſchen, daß dieſe noch ganz ununterſuchten Gegenden auch einen von Sauſſure reitzen moͤgen, der ſie, wie unſre weſtliche Schweitzerge⸗ birge, mit unermuͤdetem Eifer durchſpaͤhte. Was die Bergwerke des Sulz und Nonsberges be⸗ trifft / fo finden wir etwas, aber wenig Nachrichten davon in des Freyherrn von Sperges Tyroliſchen Bergwerksge⸗ 435 ſchichte. Wien 1765, 8. Er ſagt Seite 36: „In dem zwölf ten Jahrhundert war auch ein Goldbergwerk, den vorge— dachten Grafen von Eppan gehoͤrig, zu Taſſul auf dem Nons, auf welches die Bifchöfe von Trient Anſpruͤche mach» ten. Im Jahr 1181 erfolgte zwiſchen ihnen ein Vertrag, womit Graf Friedrich mit feinen Söhnen, Egno, nach mals Biſchof zu Trient, Ulrich und Arnold, desgleichen Graf Heinrich dieſelben Goldkluͤfte, mit vielen andern Guͤ⸗ tern für ein Stuͤck Geld dem Biſchof Salomon zu Trient abgetreten, und ſelbige ſodann von ihm wieder zu Lehen erhalten hatten. Man findet aber davon keine weitere Spu- ren mehr.“ In Anſehung des noch bluͤhenden Eiſenbergwerks im Sulzthal ſagte er Seite 68 nur Folgendes: v„Wenigſtens ſcheinet jene (Eiſenhuͤtte) auf dem Sulz bei Volſana, wo guter Eiſenſtein gegraben wird, ſehr alt zu ſeyn; wie denn das kleine Dorf alle Fucine, am Fuße des Gebirges Tonal, davon feinen Namen hat.“ Sleite 109 ſagt er: daß auch im Anfang des ſechszehn⸗ ten Jahrhunderts unter Kayſer Maximilian ein Bergrich⸗ ter im Nons⸗ und Sulzberge geweſen ſey. Endlich S. 130: Es ſeye auch im ſiebenzehnten Jaht⸗ bundert zu Altaguardia im Thale Rabi und in Rum auf dem Sulz nach Erzen gegraben worden, wo man noch etliche verlegene Gruben und Beugen findet. Und dieſes iſt auch alles, was wir in dieſem ſchaͤrbu⸗ ren Werke von den Bergwerken unſerer zwey Thaͤler fine den. Etwas naͤhere Nachrichten von dem Zuſtande des oben angefuͤhrten Eiſenbergwerks giebt uns Hacquet im ſchon bemerkten Werke Tom. 2. Seite 21: „Bei Pelizano fand ich acht kleine Schmidtfeuer, wel⸗ che aus der nicht weit davon entlegenen Schmelzhuͤtte das Rioheiſen erhalten, woraus Naͤgel, Pfugſcharen und am 436 dere Eifenarbekten gemacht werden; als ich mich nun wie⸗ der gegen Norden wand, in das enge Thal di Pei, ſo kam ich zu einem Hochofen, wo ein Gewerk ſeine Erze ſchmelzt, welche es gegen zwey Stunden weit herholt. Der Ofen iſt nach Breſcianiſcher Art zugerichtet, und wird ohne Blas⸗ baͤlge, nur mit einer Waſſertrommel getrieben. Alle ſechs Stunden wird nur einmal auf Floßen geſtochen, welche ziemlich mittelmäßig, die Güte anbelangend, ausfallen. Die Erzgruben, welche ſich in einem Granitgebirge befin⸗ den, werden ſo, wie es die Umſtaͤnde erlauben, gebauet. Die eroberten Erze ſind ein Glimmererz, Ferrum mica- ceum, das von 30 — so im Centner giebt.” f Auch von Maffei lernen wir in Anſehung dieſes Ei⸗ ſenbergwerks nur Folgendes: „In dem engen Thal Pejo iſt Comaſine zu bemerken, auf deſſen Gebirge gegen Morgen eine reiche Eiſenerzader vorhanden iſt, die aber nicht ſo gutes Eiſen als diejenigen von Val Cam monica liefern. Man vermuthet, daß ſie um das Jahr 1632 entdeckt, hernach wieder aufgelaſſen, vor zwanzig Jahren aber wieder in Arbeit genommen wor⸗ den iſt. Nun aber find fie in blühenden Zuſtande.“ Drey Mineralquellen, die die Aufmerkſamkeit des Na⸗ turforſchers verdienen, entſpringen in den Gegenden dieſes Thales. Unter dem Dorfe Pejo, auf der andern Seite des Flußes, befindet ſich eine, welche nach den Angaben des Maffei um das Jahr 1650 ungefaͤhr zuerſt bekannt worden iſt. Ein Deutſcher, Arnold Blankenbach von Coͤlln, reifete mit einem venezianiſchen Edelmann, Francesco Ul⸗ dramanno, wie es ſcheint um dieſe Zeit von Venedig in vier Tagen zu dieſen Quellen. Auch wurde dieſe Quelle durch ein Gutachten in Deutſchland bekannt, welches das Collegium medicum des Churfuͤrſten von Bayern dar⸗ über von ſich gab, deſſen Prafidens ein gewißer Gian Gia⸗ ar topo Maffei von Lavis, welcher laut einem Diplom von 1666, von Kaiſer Ferdinand III, Hofarzt ſeit 1648 war Auch hat man ein Werkchen, welches von dieſem Bad handelt, zwar ohne Druckort und Jahrzahl, doch vermuth⸗ lich von dieſer Zeit: De admirando Dei Dono, sive de facultatibus acidularum in Valle Solis Espicopa- tus Tridentini repertarum. Im Jahr 1763 wurde die⸗ ſes Waſſer von Herrn von Sterzinger, Praͤſident der me⸗ diziniſchen Fucultaͤt unterſucht, welcher Eiſen, Vitriol und Schwefel darin fand; es iſt ſtaͤrker als das Sauerwaſſer in Rabi, muß daher mit Vorſicht gebraucht werden; halt aber eher den Transport aus. Auch in H. J. v. Cranz Ge⸗ ſundbrunnen der oͤſterreichiſchen Monarchie, 1777. Wien. 4. ſteht eine Analiſe dieſes Waſſers, welche mit derjenigen des Spawaſſers vollkommen uͤbereinſtimmt. Hacquet, der uns dieſes mittheilt, ſagt, daß auch der Geſchmack der naͤm⸗ liche war, daß das Waſſer nicht ſehr klar ſeye und aus einem Gneus⸗ und Granitgebirge entſpringe. Nach Graf von Sternberg ſollen die Anſtalten hier ſehr ſchlecht und wegen der wilden Gegend das Bad auch nicht ſehr beſucht ſeyn. Weit bekannter iſt die Mineralquelle zu hinterſt im Thale Rabi, welche am Ufer des Thalwaſſers in einer kleinen engen Ebene in großem Ueberfluß entſpringt. Es iſt auch bey Regenwetter hell und ſcheint mit der Quelle im Thal Pejo einige unterirdiſche Verbindung zu haben. Waͤhrend den Monaten Julius und Auguſt kommen eine Menge Landeseinwohner und Fremde hieher um es zu trin⸗ ken. Man kann auch baden. Dieſe Quelle ſcheint nach jener von Pejo entdeckt worden zu ſeyn, denn das oben angefuͤhrte Traktaͤtlein thut ihrer nicht Meldung. Hinge⸗ gen erſchien im Jahr 1671 in Trient ein Büchlein, wel⸗ ches dem Grafen Sigismund von Thunn, nachherigen Bi⸗ 438 ſchof von Trient, gewiedmet iſt: Nova Apparitio salu- berrimi acidularum fontis in Valle Rabi, di Gio. Gaspari Papi di Pressano. Auch der obbenannte von Sterzinger hat fie unterſucht und ſagt, daß fie reich an einer eiſenvitriolhaltigen Erde ſeyen, viel alkaliſches und Mittelſalz enthalten, und daß auch etwas Schwefel darin vorkomme. Nach Gebhard (ſiehe Alpina Tom. 1. S. 417) ſcheint das Waſſer dieſes Geſundbrunnens Vitriol als einen Hauptbeſtandtheil zu enthalten. Es quillt aus der Erde gerade in die Hohe und eine Menge Luftblaſen entwickeln ſich, bevor ein Schwall friſches Waſſer kommt. Es herrſcht ein ſehr bemerkbarer Unterſchied zwiſchen dem Waſſer, wel⸗ ches ſchon laͤnger in dem laͤnglich viereckigten Behalter ſtand, und jenem, welches in demſelben friſch aufgefangen wird. Wenn man ein Glas mit dieſem Waſſer füllt, und nur eine Stunde unbedeckt ſtehen läßt, fo uͤberzieht die Ober⸗ fläche ein feines Haͤutchen, das mit allen Farben des Ru genbogens ſpielt; mitten im Glaſe zeigen ſich graͤulich⸗ weiße Wolken, und Geruch und Geſchmack iſt, wie wenn man verduͤnnte Dinte traͤnke. Um einen Begriff von der Beſchaffenheit der Anſtalten in dieſem Bade zu geben, will ich dasjenige anführens was uns der Herr Graf von Sternberg von demſelben Seite 132 ſeiner Reiſe ins Tyrol ꝛc. erzaͤhlt: „Die Bäder von Rabi und von Pejo, welche nur me nige Stunden im geraden Durchmeſſer uͤber die Gebirge von einander entfernt ſind, werden im Lande ſehr hoch gehalten, von allen Aerzten geruͤhmt, und von vielen Men⸗ ſchen beſucht. Ich war daher ſehr begierig, ſie kennen zu lernen, lenkte deswegen von der Straße ab, und folgte dem Fluße Rabi durch ein enges Thal. Nachdem ich bei⸗ laͤufig drey Stunden geſtiegen war, erreichte ich ein kleines Dörfchen, alla Chieſa genannt, wo einige Badegaͤſte in | 439 den Bauernhuͤtten wohnten. Ich verfolgte meinen Weg weiter bis zu dem Wirthshauſe alla Sega, und da ich hier eine Menge Kurgäfte antraf, fo hielt ich file, verwun⸗ derte mich aber nicht wenig, eine ſo elende Dorfkneipe als die beßte Wohnung im Bade ruͤhmen zu hoͤren. Die beſſern Zimmer von Bretterwaͤnden waren alle beſezt: ich mußte mich alſo in einer Kammer behelfen, wo man die Thuͤre nicht einmal abſchließen konnte. An der Table <’hote fand ich bei dreißig Perſonen, worunter mehrere Frauenzimmer waren. Das eigentliche Bad iſt noch eine Viertelſtunde weiter entfernt. Die Quelle, wenige Schritte von dem Fluße Rabi, iſt blos ein Viereck mit einigen Queerhoͤlzern eingefaßt, welche den austretenden Fluß nicht hindern koͤnnen, ſich uͤber die Quelle zu ergießen. Das Badehaus iſt eine Scheune von Brettern; die Badewan⸗ nen ſind hoͤlzerne Backtroͤge in Form von Todtenbahren mit Deckeln, in welchen die Badegaͤſte ausgeſtreckt liegen muͤſſen, wenn fie vom Waſſer uͤberdeckt werden ſollen; uns ter den Kopf mag ſich ein jeder ſein Kiſſen mitbringen, wenn er ihn nicht auf ein bloßes Brett hinlegen will. Alle Baͤder ſind offen und koͤnnen waͤhrend der Badezeit von jedermann beſucht werden. Das Waſſer hat einen ſtarken Eiſengeruch. Nach Kuhn enthaͤlt es Eiſen, Gyps, etwas Natron und Bitterſalz; es iſt ganz klar und duͤrfte noch zu unterſuchen ſeyn, ob nicht auch etwas Schwefelſaͤure beigemiſcht ſey. Kein Arzt wohnt, ſelbſt in der Badezeit, in dieſer Gegend; der Bezirksarzt, welcher drey Stunden weit entfernt iſt, macht manchmal einen Spazierritt hie⸗ her. Wie fuͤr die Diaͤt der Kranken geſorgt wird, konnte der Herr Graf aus dem Mittagsmahl, dem er beiwohnte, abnehmen. Es beſtand aus einer Suppe mit Speckkloͤſen, geroͤſteter Kalbsleber, fettem Schoͤpſenſeiſch mit Sauer⸗ kraut, einem Kalbsbraten und Butter zum Nachtiſch. Dem dis allem ungeachtet, und die große Unreinlichkeit noch mit eingerechnet, verſammelten ſich hier doch an die fuͤnfhun⸗ dert Badgaͤße. Auch nicht weit vom Dorfe Preghena, in der Probfteg Livo, entſpringt aus einem Felſen eine Mineralquelle, die ſchon vor zwanzig Jahren entdeckt, aber nie gehoͤrig un⸗ terſucht worden iſt. Sie wird jezt benuzt. Anhang. Bemerkungen uͤber die geographiſche Darſtel⸗ lung des Cantons Graubuͤndten uͤberhaupt, und annaͤhernde Ortsbeſtimmungen. Von Hrn Praͤceptor Roeſch. Die gewöhnlichen Charten des Cantons Graubündten haben, die drey Blätter in dem Meyerſchen Schweizer⸗ Atlas ausgenommen, welche dieſen Canton abbilden, gar keinen geographiſchen Werth. Die bekannteſten ſind: 1) Nouvelle carte du pais des Grisons par Colon. Schmid de Grüneck. 1716. 2) Die Walſerſche Charte, von den Homanniſchen Erben verlegt, und von M. Seuter in Augsburg nach⸗ geſtochen. 3) Carte generale du Canton de la Rhetie par Chr. de Mechel. 1801. Die erſte dieſer Charten hat wenigſtens das Verdtenſt der Erfindung, wenn ſchon die Richtung der Thaͤler und Bergketten oft ſehr verſehlt iſt. Die Berge ſehen Heuſchobern r 241 gleich, welche zwiſchen den Ortsnamen hin und wieder aufgethuͤrmt ſind. Die Walſer' ſche Charte hat gar keine Schattierung und iſt faſt nur eine Copie der vorhergehenden. Die Mechelſche Charte hat ein ſehr empfehlendes Aeuſ⸗ ſeres. Sie iſt vortrefflich geſtochen. Schade, daß ihr geographiſcher Werth dieſer ſchoͤnen Form nicht entſpricht. Die Berge find ſehr gut ſchattirt, und a vue d’oiseau gezeichnet. Uebrigens wiederholt ſie alle Fehler ihrer Vor⸗ gaͤngerinnen, und iſt eine treue Copie derſelben bis auf die Ortsnamen und Entfernungen der Oerter, welche ſehr vers beſſert find. Nach Länge und Breite merkwuͤrdiger Puncte darf man aber hier fo wenig fragen als bei den beiden erſten, da ihnen gar kein geographiſches Netz zum Grund liegt. 8 Die bedeutendſten Sünden gegen die geographiſche Lage find beſonders bei Schams, Avers und dem Miſoxer⸗ thal begangen. Ganz entſtellt iſt der Lauf des Flußes Albula und des Spoͤl, der vom Luvinerthal anfangs nach Nordoſt fließt, und endlich ganz nördlich bei Zernez in den Inn faͤllt. Schams iſt von Weſten nach Oſten gezeichnet, und liegt von Suͤden nach Norden. Avers, von Juf bis Campfut, zieht von Oſten nach Welten, bei Campfut greift es in das Madriſerthal ein, das von Suͤ⸗ den nach Norden laͤuft. Das Miſoxerthal liegt vollends gar um 15 Minu⸗ ten zu weit weſtlich, und unter der geographiſchen Laͤnge der Landſchaft Diſentis. Die Albula, oder eigentlich das Davoſer Landwaſſer, mit welchem ſich die Al- bula bei Filiſur vereinigt, zieht, von Davos an, in einem Bogen von Suͤdoſt nach Nordweſt, und fällt fo bei Fürs ſtenau in den Rhein. Auf jenen Charten aber hat ſie eine ganz entgegengeſetzte Richtung von Nordoſt gegen Suͤdweſt. 442 Thuſis und Lenz, die ungefähr unter gleicher Breite lie⸗ gen, find daher ganz verzeichnet. Das Thal Lu vin, das dem Ober⸗Engadin faſt parallel läuft, nebſt dem nördlichen Seitenthal Fidriga, iſt wegen des verkehrten Laufs des Spoͤl ganz falſch dargeſtellt. 5 So viel von dieſen Charten und von ihren gröbſten Fehlern. Unendlich mehr Werth haben hingegen die drey Blätter des Meyer'ſchen Schweitzer-Atlaßes, welche Graubuͤndten darſtellen, inſoſern ſie auf aſtronomiſchen Beobachtungen beruhen. Nur iſt zu bedauren, daß die Namen der Oer⸗ ter ſo gar fehlerhaft geſchrieben ſind. N Das vorzuͤglichſte Blatt iſt dasjenige, worauf das O ber⸗ land oder der obere Bund abgebildet iſt, und die früs hern Charten kommen damit in gar keine Vergleichung. Man halte nur das vordere Rheinthal und das Miforerthal auf dieſem Blatt und auf der Mechelſchen Charte zuſam⸗ men. Von einem Somvixer- oder Tenigerthal, von dem Bergpaß la Greina weiß dieſe Charte gar nichts. Diſentis, das Valſar- oder St. Petersthal und Mifor haben eine ganz neue Geſtalt gewonnen. Das zweyte, aber aͤlteſte Blatt, welches das P rätigäu und Chur enthaͤlt, ſetzt zwar alle Orte um 2 Minuten zu weit oͤſtlich, ſtellt aber den Lauf der Gebirge und Fluͤße ſehr getreu dar. Dieſen beiden Blaͤttern ſteht das dritte Blatt, welches den mittlern Theil des Cantons und das Engadin darſtellt, ſehr an Genauigkeit nach, und ſcheint faſt blos eine Copie der Mechel'ſchen Charte zu ſeyn. Doch machen mich die aͤußerſt fehlerhaften Ortsnamen, die Mechel weit beſſer hat, in dieſer Meynung irre. Uebrigens ſind alle Hauptfehler der aͤltern Charten bei Avers zum Theil, beim Engadin und beim Luvinerthal aber ganz wiederholt. 443, Ich fange bei Avers an, und obgleich die Lage dies ſes Thals im Blatt Ne 12 der Meyerſchen Charte weit beſſer angegeben iſt als in jeder andern, ſo moͤchten einige Berichtigungen derſelben hier nicht am unrechten Orte ſeyn. Eine im Jahr 1805 dahin vorgenommene Reiſe ſetzt mich in den Stand, dieſes zu thun. Kein Wunder, wenn es ſo ſelten beſucht wird. Sein Eingang gleicht den Pforten des Tartarus, wo aus ſchwarzer Nacht der tobende Ache- ron, hier der Aversbach, dem zitternden Wanderer ent⸗ gegen donnert. Dieſe Bergſchlucht, die in ihrem Hinter⸗ grunde das Madristhal heißt, zieht ſich von Schams, oder von Norden nach Suͤden. Eine halbe Stunde von Ander, bei der erſten Bruͤcke in der Rofla (eine Art via mala zwiſchen Schams und Rheinwald) ſtuͤrzt der Aversbach, nachdem er ſich auf ſeinem muͤhſamen Lauf durch ungeheure Felſentruͤmmer hin durchgearbeitet hat, in einer prächtigen Caſcade ſchaͤumend in den Rhein, und hier endigt ſich die Bergſchlucht, die 9 Stunden dauert. Auch in dieſem Abgrund wohnen Menſchen, denn drey Viertelſtunden von hier iſt ein zu Schams gehoͤriges Doͤrf— chen Farrera, und anderthalb Stunden weiter noch eis nes Canicuͤl. Bei dieſem leztern mündet ſich von Splü- gen her, oder von Suͤdweſt nach Nordoſt, das zwey Stun⸗ den lange Alpthal Emmet, wodurch ein ſteiler Weg nach Madeſimo im St. Jakobsthal führt, Anderthalb Stun— den weiter hinein oͤffnet ſich in gleicher Richtung Val de Lei, ein weidereiches, drey Stunden langes Alpthal, das aber nach Clefen gehoͤrt, und fuͤhrt ſeinen betraͤchtlichen Bach dem Avner Landwaſſer zu. Nach 4 3/4 Stunden endlich mündet ſich bei dem Hofe Campfutt das eigent⸗ liche Aversthal von Oſten gegen Weſten, und ſein Bach, der ſich hier in den Madrisbach ergießt, giebt dem verei⸗ nigten Waſſer den Namen Aversbach oder Avner 444 Landwaſſer. Seine Länge von Oſten nach Welten be⸗ trägt zwey Stunden. Sein oͤſtliches Ende reicht durch ein ſuͤdoͤſtliches Zuthal bis auf den Septmerberg. Ein zweites, mehr ſüͤdliches Zuthal, wodurch ein Weg nach Soglio fuͤhrt, heißt Bergalga. Avers iſt fo abgeſondert von allen ſeinen Nachbarn, daß es nur durch die beſchwer⸗ lichſten und ſteilſten Wege zu ihnen gelangen kann. Nach Stalla find es vier Stunden, über einen hohen Berg- ruͤcken; nach Soglio durch Bergalga oder Val Madris. über die Hauptalpenkette find es fünf Stunden; nach Oberhalbſtein durch das Thal Nandro, drey Stun- den; nach Clefen uͤber Savogn durch Val di Lei, oder Val Madris, ſieben Stunden; nach Schams ſechs Stun⸗ den. Die gerade Route von Chur nach Avers iſt: Thufis 4 3/4 Stunden, Canicul 2 3/4 St. Ander 2 y? — Campſut 2 / — 12 1½ St. Clefen 7 2 19 ı/2 Stunden. Der Hauptort von Avers heißt Creſta; er iſt eine Stunde von Campſut gegen Oſten entfernt. Diefer Route parallel läuft die Straße von Chur ins Bergell. Unter gleicher Breite liegen daher Lenz und Thuſis, weil ſie gleichweit von Chur entfernt ſind, Con⸗ ters und Ander, Mühle und Canicuͤl. Die genau angegebene Entfernung der Oerter ſoll uns nun auch die wirklich geographiſche Breite derſelben aus⸗ mitteln helfen. " Der naͤchſte Weg von Chur nach Clefen über Avers bes. trägt, wie wir geſehen haben, 19 ½ Stunde, und der Unterſchied der geogr. Breite von Chur und Clefen if — — — ͤ — — — 448 310 47% *), oder 1907 /. Alſo geben auf eine Bergſtunde 1637 geogr. Breite. Da nun Avers von Chur 12 ıf2 Stunden entfernt iſt, fo wird die Breite des Thals 46° 3103“ betragen. Die Laͤnge deſſelben, oder vielmehr des Hauptorts Creſta wird der Laͤnge von Clefen gleich kommen. So viel von Avers. Ich ſetze noch mehrere auf obige Art entſtandene Breiten auf den beiden angegebenen Rou⸗ ten zur Vergleichung mit der Meyerſchen Charte bei: Thuſis 46° 43° 35% correſpondirt mit Lenz. Ander 4639, al — — — Conters. Canicuͤl 46° 35 “ — — — Mühle, Tingen (8 Stunden von Chur) 46° 38“ 19%. Stalla (11 3/4 St. — — 9) 46° 32! 16, Caſaccia (15 St. — — ) 46027, ol, Erſte Brüde in der Rofla 46 381 48“¼. Wirthshgus auf dem Septmerberg (13 3/4 St. von Chur) 46° ag! 6, Nun kommen wir noch zum lezten Theil dieſes Blatts, der ſehr mißrathen iſt, zum Engadin. Den Maaßſtab zur Beurtheilung der geographiſchen Lage dieſes Thals giebt mir die Entfernung von Chiavenna oder Clefen und Landeck im Tyrol; beide Orte ſind geographiſch be⸗ ſtimmt, erſteres auf der oben angeführten Carte routiere de la Suisse zu 46° 19 28“ Breite und 275 304 Länge. Dieſe Laͤngenbeſtimmung erhaͤlt viel Wahrſchein⸗ lichkeit durch die Lage des Forte di Fuentes, ſuͤdlich von Clefen im Veltlin, das Oriani zu 27° 4! 44“ angiebt. Landeck iſt von Amman in ſeinen geographiſchen Ortsbe⸗ ſtimmungen in Schwaben 1796 zu 47° 8 20% Breite — *). f. Nouvelle Carıe hydrographique et reutiäre de e par J. H. Weiſs. 180%. 446 und 28° 220 )) 4% Ränge beſtimmt. Da nun ohne bes traͤchtliche Abweichung das Innthal, oder das Engadin von Suͤdweſt gegen Nordoſt ſtreicht, fo laͤßt ſich die Ent⸗ fernung der Oerter doch ſo ziemlich zur Beſtimmung ih⸗ rer geographiſchen Lage anwenden. Die Entfernung von Clefen bis Landeck beträgt 36 Stunden, und der Breiten» unterſchied iſt 48“ 52“ oder auf eine Stunde 87, 5". Die auf dieſe Art gefundene Breiten ſtimmen mit der Meyer⸗ ſchen Charte gut zuſammen. Nur Martinsbruck, die Grenze zwiſchen Buͤndten und Sec differirt um 5 Mi⸗ nuten. 1 Bei der geographiſchen Lange hingegen wurde ich ganz irre, weil hier der Unterſchied bei jedem Ort 3 — 6 Minuten betragt. Ich glaube übrigens in meiner Berech— nung ſo ſicher als moͤglich gegangen zu ſeyn. Ich nahm nicht nur den Laͤngenunterſchied zwiſchen Clefen und Landeck, ſondern auch zwiſchen Clefen und Innsbruch (55 Stunden) und beide Male kamen auf 1 Stunde Wegs 128/ Laͤnge. Ich ſetze nun mehrere auf dieſe Art berechnete Orte | nach Breite und Lange her: Caſtaſegna im Bergell (2 St. von Clefen) 46 22“ 11/0 — 27° / sql, Caſaccia (5 3/4 St.) 46° z7! 16% — 27° 17 39", n Es iſt unbegreiflich, wie der Druckfehler 12“ bei Amman, den doch ein Blick auf die beigefuͤgte Charte ſogleich ber merkt haͤtte, auf der Carte hydrographique et routiere pllichtlich wiederholt wird. Ja er iſt fogar in eine Tyroler Charte nach Peter Anich von J. E. S. übergegangen, wo⸗ durch Landeck um 10 Minuten Laͤnge!! zu weit weſtlich ge⸗ ſezt wird. Eben fo iſt bei Imſt ein Druckfehler von 10 Mi⸗ nuten in der Laͤnge, bei Amman, wo es ſtatt 280 23“ — 280 33’ heiſſen ſollte. 447 Ungefähr das gleiche Reſultat der Breite haben wir ſchon oben auf einem andern Wege gefunden. St. Moriz im Engadin 460 331 31 — 27° 26! soll, Von Caſaccia nach St. Moriz find es 4 1½ Stunden, nach der M. Charte hingegen ſechs. Ueberhaupt iſt von Caſaccta nach Sils, dem erſten Ort des Engadins, am meiften gefehlt; die Entfernung iſt 2 ½ Stunden, auf der M. Charte vier. So wird alſo das Engadin ſchon hier um 4 bis 5 Minuten zu weit nach Oſten verſchoben. Samaden (11 4 St. von Clefen) 46° 34! 44/ — 27° 29! 23511, Pont (12 3/4 St.) 46° 361 43“ — 27° 321 35, Scanf (14 St.) 46° 38! 291! — 27° 35! 22. Zernez (17 St.) 46° 42! 331 — 27° gu! 46. Ardez (20 St.) 46 46' 38 — 27° 48’ 10ll, Ardez ift in der Carte hydrographique zu 46° 46! 280 Breite und 27° 52/ 30“ Länge beſtimmt. Der Fehler dies fer Laͤngenbeſtimmung iſt ſchon oben bei Caſaccia und Sils erklaͤrt. 0 965 Schuls (23 St.) 46 50 4½ — 27 64/340 Pommartina oder Mar⸗ Deer wunde u tinsbruck (27 / St.) 46° 56, ag! — 28 4! 10", Und ſo waͤre dann Buͤndten auf ſeinen bisherigen Char⸗ ten um 5 — 6 Minuten zu weit nach Oſten ausgedehnt worden. Seine übrigen Grenzpunkte find Tirano im Veltlin, das in der Carte hydrographique zu 467 00 und 27 37 560% beſtimmt iſt, auf dem Atlas ſelbſt aber zu 46° 16 48“ und 27 45 25" 5. welch eine Differenz in dee Länge, die blos durch die entſtellte Lage des Engading 5 en ſianden iſt! Bruſio, der lezte Ort Buͤndtens gegen ran und 1 ½ St. davon entfernt, hat ungefaͤhr gleiche Lange mit Scanf; wie gut harmonirt nun damit die Laͤn⸗ 4:5 genbeſtimmung der Carte hydrographique von Tiran, das ſuͤdoͤſtlich von Bruſio liegt. Bruſio (9 ½ St. von Samaden) hat eine Breite von 4619“ 23“ (nach 97“ auf eine Bergſtunde be⸗ rechnet). N Caſtaſegna, die Grenze gegen Elefen, iſt oben bes ſtimmt. Ciamutt, der lezte Ort der Landſchaft Diſentis ge⸗ gen Urſeren, iſt 17 Stunden von Chur entfernt. Der Laͤngenunterſchied zwiſchen Chur und Diſentis 39‘ 30" giebt auf 1 Stunde 182“ Laͤnge. Demnach betraͤgt die Laͤnge des Grenzorts Ciamutt 26° 19 16", So azza im Miſoxerthal, 7 ½ Stunden nordoͤſtlich von Bellenz, kann ſeiner Lage nach auf die gleiche Art, wie das Engadin, nach Laͤnge und Breite berechnet wer⸗ den. Seine Breite iſt alſo 46° 11 21“/; feine Lange 26° 52! 35, Vorausgeſezt, daß die agg und Breite von Bellenz auf der Carte hydrogr. richtig iſt, naͤmlich 26 36/35“ und 4611“ 10", Roveredo (3 St. v. Bellenz) 46 15/14“ — 260 42/ 590%. Monticello, der Grenzort gegen Bellenz, und 2 Stun⸗ den davon entfernt, beträgt in der Breite 4613 53“ und in der Länge 26° go! 51. Auch hier differirt die Meyerſche Charte um 5 Minuten in der Laͤnge. Die noͤrdlichen Grenzpunkte ſind durch vorſtehenden Auf, ‘fa trigonometriſch beſtimmt. Noch ſetze ich die für Buͤndten merkwuͤrdigen Ortsbeſtimmungen auf der Carte aydrogr. bei; die zweifelhaften find mit * bezeichnet. Ardez Breite: 46° 46/25,“ Länge: 27° 52“ 30%. # Bellinzona — — 1/10“ — 260 361 35", Bormio — — 2j“ 5“ — 27 ro, Cam — — 1/28“ — — 630% n 449 Chur Breite: 46 510 1% ) Länge: 27 ol 500. Diſentis — — 43028“ — 26 310 200. Ilanz: — — 46“ 5% — — 5% 45“. Landeck — 47 Sl 200 — 28 12“) 30% Tirano — 46 17 % Q— 270 37 go, Bei Bormio iſt auch wieder, wie bei Tiran, eine bes deutende Differenz zwiſchen der Carte hydrogr. und dem Atlas. Dieſer giebt die Breite zu 46° 28 48“ und die Laͤnge zu 27° 56! 56“ an. Worms iſt von Tiran 6 Stun. den nordoͤſtlich entfernt, und koͤnnte feiner Lage nach auf gleiche Art von Tiran aus beſtimmt werden, wie das En— gadin von Clefen aus, alsdann wäre feine Breite 46° 25“ 9" und ſeine Range 27° sol 38“. Uebrigens iſt zwiſchen Worms und Zernez ein unge⸗ heures Dunkel und Chaos apf unſern bisherigen Charten. Der fel. Herr Minifter von Salis Marſchlins machte zu- erſt im ehemaligen Buͤndneriſchen Sammler (1782 S. 417 u. folg.), bei Gelegenheit einer Reiſe in dieſe Gegenden, aufmerkſam darauf, und ich glaube der Geographie keinen unangenehmen Dienſt zu thun, wenn ich die geographi⸗ ſchen Details aus feinem Aufſatze in extenso herſetze: » Den 20 Juli 1783 Morgens 8 Uhr, italieniſchen Zei? gers, reiste ich von Worms ab. Ich nahm meinen Weg gerade gegen Mitternacht bey einer, dem h. Gallus gewid— meten Kirche vorbey, welches die Pfarrkirche des, gegen dem *) Wenn ich ſchon gegen dieſe Breite in der trigonometriſchen Aufnahme Zweifel erregt habe, ſo mußte ich ſie doch bei dem Breiten -Unterſchied zwiſchen Chur und Clefen zum Grunde legen, weil ich nicht weiß, ob die Breite von Cle⸗ fen nicht auch um ſo viel zu hoch iſt, und dann hebt ſich der Fehler auf. ) Ein nachgefchriebener Druckfehler bei Ammann. 41 Bd. Ff 459 Wormſer Bade zu gelegenen, faſt ganz zerſtoͤrten, Doͤrfchens Molina und der Doͤrfchen Premaglio und Torripiano iſt. — Nicht ferne von hier kam ich über die Adda, die hier noch ſehr klein iſt, da der Fredolfo erſt 1/2 Viertelſtunde weiter unten darein faͤllt, und ſie mehr als um die Haͤlfte verſtaͤrkt. Gleich bey der Bruͤcke ſteht auf dem ſehr hohen rechten Ufer der Adda das benannte Doͤrfchen Premaglio, das erſte des Thals, durch welches ich den Weg nahm. — Das Thal, in deſſen Muͤndung ich mich jezt befand, draͤngt ſich gegen Mitternacht, zwiſchen dem Freelthal, fo es gegen Mor— gen, und dem Großiner und Puſchlaferthal, ſo es gegen Abend begraͤnzt, ſehr weit hinein, und heißt das innere Thal, oder Valle di Pedenos, von ſeinem Hauptorte. Es Ri eines der drey Hauptthaͤler, aus denen, nebſt dem Haupts ecken Worms, die ganze Grafſchaft beſteht. Das Dörfs chen Molina und die, im Berge darüber gelegenen, be— ruͤhmten warmen Bäder gehören zu dieſem Theil der Graf ' ſchaft, obſchon ſie auſſer der Muͤndung des benannten Thals gelegen find. Durch das Thal, in welches ich getre— ten war, ſtroͤmt ein Fluͤßchen, das die Einwohner (von der Alp, aus welcher es bericht) Valbiola nennen, das aber in den Landcharten Iſolaccia genennt wird, und ſich unter Premaglio in die Adda ergießt. Von Premaglio geht die Landſtraße bis zu der Kirche Madonna della Pieta. Hier ſcheidet ſich die Straße, die geradenwegs auf Iſolaccia geht, von der Straße, die uͤber Pedenos dahin führt, welches zugleich die Landſtraße iſt, die über Freel ins Muͤnſterthal geht. Ich waͤhlte die leztere und kam über dem Doͤrfchen Torripiano vorbey. Unter Torripiano, in der Ebene des Thals, liegen einige zerſtreu— te Haͤuſer zwiſchen ſchoͤnen ebenen Wieſengruͤnden, die man Pra del vino nennt. Die Landſtraße, der ich folgte, ſchwingt ſich viel hoher dein untern Rand eines Fichtenwaldes nach, 451 der fich bis auf den oberſten Gipfel des Berges erſtreckt; bald aber theilte ſie ſich in zwey. Die eine erſtieg allgemach den Gipfel des, an dieſem Orte ſehr tief eingeſenkten Berges, und verwandelte ſich da in einen ſehr rauhen Felsweg, den man le Scalette di Freel nennt, und der ſich zwiſchen zwey alten Thuͤrmen, durch eine Felswand und zulezt uͤber eine hölzerne Brucke, in ein ſehr hohes enges Thal hinauf win- det. Dieſes Thal ſchlaͤngelt ſich von da bis St. Giacomo gegen Norden, und theilt ſich dort in zwey Arme, wovon der rechte gegen Oſten nach Cierf und S. Maria im Mün- ſterthal fuͤhrt, der linke aber weſtwaͤrts, über den Al pi⸗ ſell und das Thaͤlchen Valpetin, ſich mit einem andern Bergthal vereint, worin die Alpen Plator und Vezole lie⸗ gen, und das ſeine Muͤndung gegenuͤber von Trepall hat, wo es das Gewaͤſſer dieſer Thaler durch ſchreckliche Felſen⸗ klüͤfte in den Livinerbach ausgießt, an dem Ort, wo der unterſte Theil dieſes Thals mit dem oberſten vom Val del Forno zuſammenſtoͤßt. Ich ließ dieſen, nach Freel Hinaufs ſteigenden, Weg zur Rechten, und wandte mich links nach Pedenos, dem Hauptort dieſes Thals. Von hier geht die Landſtraße gerade in das Thal hinab, wo das Dorf Iſolac⸗ cia in einer kleinen Ebene ſteht, und ſteigt von Iſolaccia wieder die Seite des rechts gelegenen Bergs hinan bis zu dem Doͤrfchen Samovo. Der Weg von dieſem Dorfe bis nach St. Carlo, der lezten dazu gehoͤrenden Kirche und Nach⸗ barſchaft, ſteigt durch einen nicht ſehr ſteilen Berg, der das Hauptthal gegen Mitternacht begraͤnzt und gegen Suͤ⸗ den eine freye Ausſicht über das ganze Thal hat, nordweſt⸗ waͤrts hinauf. Gleich hinter St. Carlo theilt ſich die Straße, die nach Poschiavo führt, von derjenigen, die nach Livi⸗ no geht. Die erſte folgt einem ſehr engen Arm des eben be⸗ ſchriebenen Hauptthals, welcher noch eine Strecke gegen Norden fortlaͤuft, dann ſich gegen Nordweſt und endlich 452 ganz gegen Weſten wendet, wo er ſich mit einem eben fo hohen Bergthal vereint, das hinter Pisciadell gegen Oſten ſich öffnet. Dieſes ganze Thal heißt Valbiola; das obge⸗ meldte Fluͤßchen, welches das Pedenoſerthal durchſtroͤmt, fließt meiſtens daher und führt feinen Namen. Laͤngs dies ſem Thal bringt die Landſtraße, durch welche man reiten kann, den Reiſenden in drey Stunden uͤber Pisciadell nach Puſchlay. Sie wird, eine ſtarke Stunde hinter St. Carlo, von einem Fußweg durchkreuzt, der durch ein ſehr hohes Alpthaͤlchen, Valle delle mine genannt, von Norden gegen Suͤden aus dem Livinerthal in das Großinerthal, und durch dieſes nach Groſſio oder Groſſotto in das Veltlin geht. Von St. Claro aus ſieht man gegen Weſten einen ungeheuren Gletſcher, der zu hinterſt dem gedachten Großinerthal, wo es an Valbiola ſtoͤßt, ſich aufthuͤrmt. Ich wandte dieſem und der Valbiola den Rüden, und nahm meinen Weg, nordwaͤrts, den naͤmlichen Berg hinauf, von welchem ich eine Strecke bis St. Carlo in der gegenſeitigen Richtung ers ſtiegen hatte. Meine Straße, die zwar ſteinicht, aber doch gut zu reiten war, drehte ſich im Steigen um den Berg gegen eine Nordnordoſt ſich oͤffnende Vertiefung des Berg— giebels, welche man il monte di Foscagno nennt. Als ich deſſen Höhe durch die gaͤhen Halden alli Doffi erftiegen hatte, fand ich da, in einer mit vielen Hügeln beſezten, kleinen Flaͤ⸗ che ein faſt ausgetrocknetes kleines Seelein und dabey ein größeres, worin noch Waſſer genug war, das feinen Nuss fluß gegen Mittag hatte, folglich ſich zwiſchen Samovo und St. Carlo in die Valbiola ergoß. Zwiſchen dieſer Berghoͤ⸗ he, dem Valbiola und Livinerthal liegt eine Gruppe von Bergen, welche die betraͤchtliche Schaafalp Valla ccia und Spondaccia in ſich ſchließt. — Von dem Berg Foscagno (auf den Landcharten unrichtig Fustani) ſteigt man eine ziemliche Strecke hinab, bis man das Doͤrfchen Trepall 455 erreicht; vorher aber geht man über einen Bach, der ſich von der Alp Vallaccia herabſtuͤrzt; dieſer vereint ſich in der Tiefe des Thals mit dem, aus dem Thal Plator (durch deſſen Oeffnung ich nun ziemlich weit hinein ſah) und aus dem Thal Petin herabkommenden Waſſer, und draͤngt ſich dann durch Felſenkluͤfte bis in Val del Forno. — Von Trepall ſezte ich meinen Weg Nordnordweſt fort, und ers reichte bald die Hoͤhe eines kleinen Bergs, der Eira heißt. Von der Höhe dieſes Bergs ſah ich nun das ganze Livi⸗ nerthal vor mir liegen, und erſtaunte beym erſten An— blick uͤber die Unrichtigkeit, womit die Lage dieſes Thals von unſern Erdbeſchreibern angegeben wird; denn allen un« fern Landcharten zufolge liegt es faſt ganz von Süden ges gen Norden, anſtatt daß ich nunmehr bey hellem Sonnen- ſchein deutlich ſah und mich auf das kraͤftigſte überzeu⸗ gen konnte, daß es von Weſtſuͤdweſt (wo es an Berni— na graͤnzt) ſich in gerader Linie nach Oſtnordoſt (wo es ſich mit Val del Forno vereinigt) erſtrecket; folglich ſich feiner Länge nach an das Engadin ſchmieget, und von Bers nina, des obern Engadin, bis nach Zernez ſo zu reden ein Nebenzimmer ausmacht. Nachdem ich den Berg, der die Suͤdſeite dieſes Thals einſchließt, heruntergeſtiegen und einige hundert Schritte quer durch die Ebne fortgeritten war, kam ich, einen Falconetſchuß unter der Hauptkirche, uͤber das Landwaſſer, das dieſes Thal waͤſſert und traͤnkt. Livin iſt ſicher eine der ſchoͤnſten Berggegenden Buͤndens; feine Ebene iſt ganz fach, mehr als zwey ſtarke Stunden lang und wenigſtens 1000 — 1200 Schritte breit; der ſchon erwaͤhnte waſſerreiche Bach durchſchneidet ſie von oben bis unten; man nennt ihn in Livin l'Aqua grande. Er entſte ht aus Baͤchen, die aus den zwey Armen fließen, in welche ſich der oberſte Theil des Livinerthals vertheilt, und von welchen der noͤrdliche, Val del fer, nur durch eine An⸗ 454 höhe von dem Thal, das fich den Wirthshaͤuſern auf Ber⸗ nina gegenüber öffnet, getrennt wird. Der ſuͤdlichere aber haͤngt durch das Berglein la Forcella mit dem Thal zuſam⸗ men, das bey la Roſa auf Bernina ſeinen Ausgang hat. Hier durch geht der kuͤrzeſte Weg von Livin nach Puſchlav, der zum Reiten und für Saumpferde brauchbar iſt. Unge⸗ fahr drey Viertelſtunden von dem Orte, wo ſich dieſe beiden Thaͤler vereinigen und das Hauptthal bilden, ſteht die Kir— che St. Rochus, die oberſte des Thals. Gegenüber liegt das oben erwaͤhnte Zuthal delle Mine, durch welches man nach Groſſio geht; von da an, bis an obiges Berglein Eira, das ich eben uͤberſtiegen hatte, wird die ſuͤdliche Seite des Livinerthals von einem ſchoͤnen, nicht ſehr ſteilen, Berg Des graͤnzt. Die, ihm entgegengeſezte, noͤrdliche Wand des Thals beſtehet aus einer Gruppe von Bergen, die Livin von dem dazu gehoͤrenden, zwiſchen dieſem Hauptthal und dem obern Engadin ſich herein draͤngenden, großen Zuthal Val Federia abſonde rn. Dieſe Bergkette iſt hinten ſehr breit, ſpizt ſich aber vorwaͤrts keilfoͤrmig zu, und endigt ſich unge⸗ faͤhr eine halbe Stunde uͤber dem unterſten Ende des Liviner⸗ thals, wo folglich das Thal Federia ſich mit dem gedach⸗ ten Livinerthal vereinigt und auch ſeinen Bach in den Li⸗ vin erbach ausgießt. In dieſer Gegend iſt das Thal am breiteſten, und hier durchkreuzen ſich, bey einer gemauerten Capelle, die Straße, welche von Trepall koͤmmt und quer durch das Thal geradenwegs der Oeffnung des Federiathals zugeht, und die Straße, die von Puſchlav längs dem Thal nach dem Forno-Thal führt. Nicht weit ob der Brüde, vermittelſt welcher die erſte dieſer Straßen über das Lands waſſer führe, ſteht die Hauptkirche des ganzen Thals, die der h. Jungfrau gewidmet iſt, und eine halbe Stunde weiter hinauf die St. Antons⸗Capelle. Unter der' gedachten Brüs cke zieht ſich das Thal wieder enger zuſammen, die Berge 455 auf beiden Seiten werden höher und ſteiler und endlich verwandelt es ſich in eine Felſenkluft, in welcher die Land⸗ ſtraße neben dem dadurch ſtroͤmenden Livinerbach kaum Raum hat. Beyde draͤngen ſich bis in das, nicht viel geraͤumi⸗ gere Val di Forno, von da die Landſtraße, nachdem ſie ſich mit der Freelerſtraße vereinigt hat, nach Cierf und St. Maria im Münfterthal ſich wendet, der Fluß aber, nad» dem er durch das obgedachte, aus Plator, Val Petin und Vallaccia kommende Waſſer verſtaͤrkt worden, nach Zer⸗ ne; im Engadin hinfließt, und ſich nahe hey dieſem Markt— flecken, unter dem Namen des Spoͤlflußes, in den Inn⸗ ſtrom ergießt. Von Livin ſezte ich meine Reiſe fort, um mich über den Caſanna⸗-Berg in das obere Engadin zu bes geben. Kaum hatte ich 800 Schritte zuruͤckgelegt, ſo kam ich durch einen, an der Seite des oben beſchrieben en, zwi⸗ ſchen Livin und Val Federia liegenden, Mittenbergs, ſich hinziehenden Weg in die Muͤndung dieſes leztern Thals. Es wird gemeiniglich Val Federis genannt, was den Herausge⸗ ber der Memoires du duc de Rohan. T. I. p. 176 verleitet hat, es mit dem Dorfe Fideris im Braͤttigaͤu zu verwechſeln. Dieſes Thal draͤngt ſich, wie geſagt, zwi⸗ ſchen Livin und dem obern Engadin faſt eine Stunde weit hinein, es iſt aber weder ſo breit noch ſo eben, ſondern hin⸗ ten zu ſehr viel höher als Livin gelegen. Die Berge zu bei⸗ den Seiten find viel ſteiler, und der gegenüber liegende Mit⸗ tenberg iſt auf dieſer Seite ebenfalls viel ſteiler als auf der andern gegen Lwin. Die keilfoͤrmige Geſtalt dieſes Bergs giebt dem Thal Federia eine andere Lage als Livin hat; es ſchmiegt ſich genauer an das Engadin und liegt folglich von Suͤdweſt gegen Nordoſt. Als ich deſſen Mitte erreicht hatte, fuͤbrte mich mein Weg rechter Hand den ungemein ſteilen Caſannaberg hinauf. Ein faſt eine Stunde langet Steigen brachte mich auf einen kleinen, minder ſteilen Raum 456 Piano de Morti genannt. Von da erreichte ich durch einen, zum Theil beſchwerlichen, Weg den Gipfel dieſes ſehr ho— hen Bergs. Nun ſtieg ich durch einen ſehr ſteilen Fußpfad hinab in das Thal, welches die ſenkrecht darunter liegende Alp Casanna bildet. Der Weg durch dieſe Alp, das Thal hinaus, iſt ſehr bequem, Wenn man eine Strecke darauf fortgewandert iſt, oͤffnet ſich zur Linken ein gegen Abend in das Gebirge hineindringendes Thal, ſo die Alpen Vanglia de Sura und Vanglia de Sutt enthaͤlt. In dem Zuthal, das auf der entgegengeſezten rechten Seite ſich gegen Mor- gen öffnet, liegen die Alpen Purkehr und Tropion ). Zu hinterſt in Tropion theilt ſich das Thal in zwey Aeſte, von welchem der eine ſich oſtwaͤrts gegen die Zernezer- Alpen, der andere ſuͤdwaͤrts gegen Livin wendet. Die ſen begraͤnzt eine ungeheure felſichte Bergſpitze, die gleich uͤber dem unterſten Theil des Livinerthals hervorragt, und von Eira aus beſonders ſichtbar iſt. Von hier ſezte ich mei— nen Weg nach Scanf fort, wo ich vor Nacht eintraf. Bey der ausfuͤhrlichen Beſchreibung dieſer Reiſe gieng mei⸗ ne Abſicht vorzüglich dahin, die Fehler unſerer Landchars ten zu berichtigen. Es war aber eine ſolche Reviſion um ſo nothwendiger, als der neulich veranſtaltete Nachſtich der, von Hs. Conr. Schmierl A“ 16 37 verfertigten Chats te der Grafſchaft Worms nur wenige von den Fehlern verbeſſert hat, von welchen die Cluveriſchen, Sim⸗ merſchen und Walſeriſchen Buͤndnercharten und auch die Scheuchzeriſche Schweizercharte in Anſehung dieſer Grafſchaft wimmeln, und einige dadurch noch verſchlim⸗ mert worden find. Zwar iſt es ſich gar nicht zu verwun— dern, daß ſich unſere Erdbeſchreiber aus dieſem Thaͤlerla— — *) Dieſe Namen find unrichtig geſchrieben und muͤßen heißen Pauͤglia Sur, Vauͤglia Suot, Porchicer und Turpchium. \ 657 byrinth nicht haben heraus finden koͤnnen, denn kaum wird in der Welt eine Gruppe von Bergen anzutreffen ſeyn, die ſo ſeltſam durcheinanderlaufende Thaͤler bildet, ſo daß man auf den Gedanken fallen moͤchte: die Natur habe ſich hier von ihrer gewohnten Ordnung entfernen und im Stam⸗ me der Alpen einen ungeheuren Maſerknoten bilden wol⸗ len. Berechnung der Entfernung nach meiner Uhr ). Stund. St. V. Worms nach Premaglio 1/2 Livin bis auf Caſannaberg 2 — Pr. bis Iſolaceia 2 v. da bis in die Caſannaaly 1/2 — Iſ. bis S. Carlo 1 v. da bis Seanf 2 — S. C. bis Trepall 2 — Tr. bis Livin ½2 Livin bis Scanf 4 1/2 — Worms bis Livin 6 Worms bis Scanf 10 / In geraden Linien: Worms bis Livin 4 7/2 St. Livin bis Scanf 41/2 9 St. c sea Tue Da es in Berggegenden gar nicht gleich iſt, von welcher Seite her man einen Weg macht, in Nückficht des Auf⸗ oder Ab⸗ warts ⸗Steigens, fo folgt hier zur Vergleichung eine hand⸗ ſchriftlich erhaltene Angabe jener Diſtanzen von Scanf aus. Von Scanf in die Caſanna-Alp . 2 ıf2 St. Hoͤbe des Caſannaberg gs. . 2 ½ — Durch Federis nach Livin 1 2½ — Livin nach Worms Ur „ „ an 11 I/ St. Druckfehler S. 301 Lin. 4 ſtatt: der Urfelsgebilde lies: das — 303 — 1 — Idokrade l. Idokraſe EEE 310 313 323 333 342 495 — is — an gleichzeitige l. und gleichzeitige — 26 — Schichten l. Schichtenmaſſen — 4 u. s fi wenig kryſtalliniſchen l. Kroſtalliniſches; der Serpentinſtein iſt ꝛc. — 18 ſtatt: Wetz l. Wetzſchie fer — 1 — letzten und l. letzten oder — 10 — befinden l. befanden — 31 — Steinlager l. Steinſalzlager — unterſte fi. Kalkſteingebilde l. Sandſteingebilde — 2c ſt. bezweifelt l. bezweifelte Druckfehler im dritten Band. Lin. 5 18 — 30 « 00 r FF ſtatt: Canfertz lies: Conferte tennioribus l. tenuioribus exactæ |, exacıe Vagina l. Vaginæ ad margine sscabra I. margines scabra ancker l. Aecker 80 Note : koͤnnte jezt ſtatt Faͤſis Bibliothek, Alpina Bd II. 81 Lin. 10 ‘ BESESSEN eitirt werden. 8 ſtatt: hinter den Berg, l. hinter den Bergen lies: ſe in Ausfluß binter: machen, ſchließe man die () ſt. braſtet l. beaſtet v. unt. l. Haſelnuß⸗ oder Eichel» großer v. unt. l. Rabius ſt. zerſtirbt l. zerſtiebt l. anacampseros l. Atragene An mehrern Orten ſteht Fleurian ſt. Fleuriau S. 495 Lin. 9 v. unt. ſt. aus l. uns — 192 Anfang ft. 1806 l. 1805 — — Lin. 4 v. unt. ſt. Muſe l. Muße 197 — 2 — 212 — 6 11 6 — 3 ſt. Goezen l. Gonzen — Harmonie derjenigen l. Harmonie, und der⸗ jenigen N — kegelmaͤßig l. regelmaͤßig — Irene l. Jene — 294 unten; die Anmerkung gehörte in den Context. 4