Natural History Museum Library llllllllllll Die im Dsmse s3e-elii)£rl Zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Amtlicher Bericht über die zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte BREMEN im September 1844. Herausgegebca von den Geschäftsführern derselben Bürgermeister Smidt und FF Focke, Br. med. Erste A h t h e 1 1 im g . Mil drei T a f c I n Abbildungen. IS r e in c n. Druck von C. Schünemann. 1 8 4 5. ' ■ ' Vorwort. WEie in Folge der Herbeischaffung und Bearbeitung des Materiales nothwendig eintretende Verzögerung des Druckes hat die Herausgeber veranlasst, den amtlichen Bericht in der Art zu theilen, dass diese erste Hälfte • — die Geschichte der Versammlung, die allgemeinen Sitzungen, und was sonst für alle Mitglieder und Theilnehmer von Interesse sein möchte, enthaltend • — • geraume Zeit vor Beginn der nächsten Versammlung in die Hände aller Betheiligten gelangen könnte. Die zweite Abtheilung • — • die Protocolle der einzelnen Sectionssitzungen und die eingereichten Vorträge enthaltend • — * soll in möglichst kurzer Frist nach- geliefert werden. Bremen, den 15. Mai 1845. Die G e s c h ä f t s f ti h r e r. Inhalt. Seite I. Geschichte der Versammlung l II. Allgemeine Sitzungen. 1. Erste allgemeine Sitzung 2. Zweite » » 62 3. Dritte » » 123 III. Geselliger Verkehr, Feierlichkeiten, Feste 143 IV. Nachtrag zur Geschichte der Versammlung 159 V. Verzeichniss der Mitglieder und Theilnehmer 163 VI. Ueber sicht der bis jetzt gehaltenen Versammlungen deutscher Natur- forscher und Aerzte Abbildungen. Von den beiden Lithographien findet die Darstellung des Saales im Hause Seefahrt Seite 16 — die der Feslhalle zu Bremerhaven Seite 147 ihre Erklärung; die beiden in Holzschnilt dargestelltcn Schädel sind Seite 96 und 98 beschrieben. D r u c k f e h 1 er. Seite 61 Zeile 2 von oben fehlt am Ende ein r. 145 » 23 » *> statt Ernennungen lies Erinnerungen. 165 > 27 » • » Thedinghausen lies Twistringen. Geschichte der Versammlung. 1. Geschichte der Versammlung. Bereits vor längerer Zeit hatten Bremens Bürger im Interesse der Wissen- schaften den Wunsch geäussert, eine Zusammenkunft jener Träger und Förderer unserer Kenntnisse, welche alljährlich deutsche Naturforscher und Aerzte vereinigt, auch in ihrer Stadt zu sehen, und war namentlich für das Jahr 1830 vorgeschlagen, eine dahinzielende Einladung auf der Versammlung zu Heidelberg auszusprechen. Die damalige Einladung der Schwesterstadt Hamburg und die Berücksichtigung des Umstandes, dass noch manche Residenz und Universität mit reichen Schätzen wissenschaftlichen Materiales auf diesen Besuch Anspruch zu machen berechtigter erscheine, bewogen jedoch davon abzustehen, und in den zunächstfolgenden Jahren drängte die allmählig näherrückende und endlich in die Stadt selbst eindringende Cholera diese und ähnliche Absichten ganz in den Hintergrund. Erst die späteren Versammlungen in unserer Nähe, namentlich in Braun- schweig und Pyrmont, regten jenen Wunsch lebhafter wieder an, da jetzt eine Einladung von Seite Bremens kaum mehr als Anmaassung gedeutet werden konnte, und als nach Zertheilung der kriegerischen Wolkendünste des Jahres 1840, die Sonne des Friedens wieder rein und klar über dem Horizonte unseres Vater- landes stand, beschloss der Senat eine solche Einladung im Jahre 1842 bei der Versammlung zu Mainz aussprechen zu lassen. Es fand diese Einladung auch am 22. September genannten Jahres in der zweiten allgemeinen Versammlung zu Mainz von manchen Seiten eine bereitwillige Aufnahme. Die Stadt Grätz hatte jedoch damals ältere Rechte, da sie schon im Jahre 1841 zu Braunschweig vorgeschlagen, und nur aus dem Grunde nicht gewählt war, weil im Jahre 1842 der Congress der italienischen Gelehrten zu Padua seine Versammlung hielt, und das fast gleichzeitige Anberaumen einer 1 2 Zusammenkunft deutscher Naturforscher und Aerzte in dem nicht unfernen Grätz nur auf beide Versammlungen nachtheilig hätte einwirken können. Es wurde daher die Stadt Gratz für 1843 gewählt und versprochen, im Jahre 1844 nach Bremen zu kommen. Blieb es nun schon zweifelhaft, ob die Mitglieder der Versammlung zu Grätz eine solche Zusage für bindend erachten möchten, so war um so mehr zu bedauern, dass mancherlei Hindernisse die persönliche Theilnahme eines bremischen Gelehrten an der Versammlung in Grätz nicht gestatteten. Durch gütige Ver- mittelung des Herrn Kammerrath Waitz aus Altenburg wurde jedoch in der zweiten allgemeinen Sitzung zu Grätz am 21. September 1843 die Einladung der Stadt Bremen auf das Jahr 1844 vorgetragen und von der Versammlung einstimmig angenommen , worauf die Wahl der Herausgeber zu Geschäftsführern erfolgte. Mit Freuden wurde diese Nachricht in Bremen begrüsst, und während schon manche Frage über diese, Angelegenheit discutirt war, hier ein guter Rath, dort eine Warnung sich hatte hören lassen, ging am 26. October 1843 folgendes officielle Schreiben von Grätz ein: An Sr. Magnifizenz dem Herrn Bürgermeister Dr. Smidt zu Bremen. Huer Ila^nifi^eii/! Tftie Unterfertigten geben sich hiemit die Ehre, Euer Magnifizenz die ämtliche Anzeige zu machen, dass in der zweiten allgemeinen Sitzung der 21. Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte, auf den Vorschlag des Herrn Kammer- rathes Waitz aus Altenburg, die freie Stadt Bremen durch allgemeine acclamation zum Versammlungs - Orte für das Jahr 1844 gewählt wurde. Es gewährt diese Mittheilung den Gefertigten ein um so grösseres Vergnügen, da wir aus dem schätzbaren Schreiben vom 14. September d. J. (erhalten während der 3. allge- meinen Versammlung) ersehen, wie lebhaft sowohl Euer Magnifizenz, als die Bürger der berühmten Freistadt diesen gelehrten Congress in ihrer Mitte zu empfangen wünschen. Uns’re Stadt fühlte sich durch diesen Besuch im höchsten Grade geehrt, und erkennt mit Dank, wie viel Keim zur Beförderung des Guten hiedurch ausgestreut wurde; wir sind überzeugt, dass auch Bremen nach einem Jahr eine gleiche Ueberzeugung theilen werde. 3 Auf den Vorschlag des Herrn Waitz wurden Euer Magnifizenz zum ersten und Herr Medicin. Dr. Focke zum zweiten Geschäftsführer unanimi consensu der Mitglieder gewählt. Indem Avir unsern wärmsten Glückwunsch zu dieser Auszeichnung beifügen, bitten wir Euer Magnifizenz, uns den Empfang dieser Anzeige und die Annahme der Wahlen gefälligst kund zu geben. Wir erlauben uns die vorläufig gedruckten Acten der 21. Versammlung sammt der Medaille, welche an die Mitglieder und Theilnehmer vertheilt wurde, beizulegen. Mit dem Wunsche unsere innige Theilnahme im September 1844 persönlich bezeugen zu können, haben wir die Ehre mit grösster Hochachtung uns zu empfehlen. Die Geschäftsführer der 21. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Grätz am 8. October 1843. Dr. und Prof. Langer. Prof. A. Schrott er. In Folge dieser officiellen Anzeige beschlossen die Berichterstatter, nachdem ihnen von Seiten ihrer Mitbürger für eine zweckmässige Unterstützung zur Avür- digen Ausführung dieses Unternehmens die bereitwilligsten Zusagen ertheilt Avaren, die Wahl anzunehmen, und Avurde zu dem ZAvecke am 10. November 1843 folgendes A ntwo r ts ch reiben von dem ersten Geschäftsführer nach Grätz abgesandt: Herrn Professor Dr. Langer, Herrn Professor Dr. Schrott er, Hochwohlgeboren in Grätz. Ew. HocliAvohlgeboren sehr geschätzte Zuschrift vom 8. vorigen Monats, wie deren Anlagen, habe ich zu erhalten die Ehre gehabt und daraus mit Freuden ersehen, dass dem erneuerten diesseitigen Wunsche, Bremen von der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zum Orte ihrer nächsten Zusammenkunft bestimmt zu sehen, in der zweiten allgemeinen Sitzung der im September dieses Jahres zu Grätz erfolgten 21. Versammlung derselben vollständige GeAvährung zu Theil geAvorden, unserer Stadt mithin die Ehre und Freude bevorstehe, diesen so achtungSAverthen Gelehrten- kreis im September 1844 in ihren Mauern zu empfangen. Auch darf ich als meine vollste Ueberzeugung aussprechen, dass Regierung Avie BeAvohner unseres 1 * 4 Freistaates es sich mit Vergnügen angelegen sein lassen werden, sowohl den Zwecken der Versammlung sich nach Kräften förderlich zu erweisen, als durch freundlichen Empfang der Genossen derselben, Bremen bei ihnen in gutem An- denken zu erhalten. Die Nachricht von der bei dieser Veranlassung auf mich gefallenen Wahl zum ersten Geschäftsführer der Versammlung für das Jahr 1844 hat mich jedoch nur beschämen und überraschen können, da ich bei allem Interesse an den mit jedem Jahre gesteigerten Fortschritten wissenschaftlicher Pflege der Naturforschung und Heilkunde in unserem Vaterlande, mich doch zu keinem Genossen derselben zählen darf, und andrerseits nach zurückgelegtem siebenzigsten Lebensjahre bereits an derjenigen Grenze menschlicher Thätigkeit stehe, wo es fast als Vermessenheit erscheint, über das, was man nach Jahresfrist zu wollen und auszuführen noch vermögen werde, Erwartungen einzuräumen oder Leistungen in Aussicht zu stellen- Nur in der Voraussetzung also, dass es dem Höchsten gefallen werde, mir Leben, Gesundheit und Kräfte bis dahin zu erhalten, und dass die geehrte Versammlung bei Lösung der bei solcher Geschäftsführung vorwaltenden wissen- schaftlichen Aufgaben vorzugsweise auf die Kenntnisse und auf die durch das kräftigste Lebensalter unterstützte Thätigkeit des mir dabei zugeordneten geschätz- ten Collegen werde rechnen wollen, darf ich es wagen, die mir durch die gedachte Wahl zu Tlieil gewordene ehrenvolle Auszeichnung hiedurch dankbar anzunehmen. Auch im Aufträge des Herrn Dr. Med. Focke darf ich dessen dankbare Bereitwilligkeit zur Uebernahme der ihm anvertrauten ehrenvollen Funktion bei der hiesigen Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte erklären. Besonders erfreulich ist uns die von Ew. Hochwohlgeboren eröflnete Aus- sicht Ihrer persönlichen Gegenwart bei dieser Zusammenkunft und die sich daran knüpfende Hoffnung mannigfacher Belehrung über ein dabei zu beobachtendes zweckmässiges Geschäftsverfahren. Sollten die von Ihnen gemachten neuesten Erfahrungen Sie vielleicht veranlassen uns darüber schon früher diesen oder jenen Wink zukommen zu lassen, so werden Sie uns dadurch um so mehr verpflichten, als es nur in unseren Wünschen liegen kann, die vollste Zufriedenheit der Ver- sammlung zu erstreben. Mit der grössten Hochachtung etc. Bremen, den 10. November 1843. 5 Um die zunächst in Frage kommenden Ansichten derjenigen unserer Mit- bürger, welche durch ein wissenschaftliches Interesse oder persönliche Gegenwart bei früheren Versammlungen sich mit dieser Angelegenheit mehr vertraut gemacht, so wie auf der anderen Seite derjenigen, welche bei der voraussichtlich wünschens- werthen Benutzung hiesiger Anstalten und Localitaten durch die erforderliche Bekanntschaft mit deren Verhältnissen, zu den nöthigen Aufklärungen in den Stand gesetzt Avaren, kennen zu lernen, vereinigte der erste Geschäftsführer einen grösseren Kreis derselben zu einer gemeinsamen Besprechung, theilte einen Bericht über die Lage dieser Angelegenheit mit, und forderte Alle zur Unterstützung mit Rath und That bei Ausführung der in Bezug auf die Versammlung zu verab- redenden Massregeln auf. In diesem Kreise sprach sich allgemein der Wunsch aus, für eine würdige Aufnahme der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in unseren Mauern Sorge zu tragen , es Avurden die vorläufigen Anfragen der Geschäftsführer über die erforderlichen Localitaten, in so fern dieselben für diesen ZAveck überhaupt benutzt oder besonders eingerichtet werden könnten, durch die bereitAvilligsten Zusagen erledigt, und endlich für die erforderlichen Geld- mittel einen Antrag beim Senate zu machen beschlossen, um noch vor Ablauf des Jahres einer BeAvilligung derselben durch Rath und Bürgerscliluss auf dem Bürgerconvente entgegensehn zu können. Der in Folge dieses Beschlusses auf dem am 29. December 1843 veran- Jassten Zusammentritt der Bürgerschaft gestellte Antrag des Senates lautet unter AI XI: Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte im September 1844. Es Avird der Ehrliebenden Bürgerschaft nicht unbekannt geblieben sein, dass die Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte für das bevorste- hende Jahr Bremen zum Ort ihrer jährlich im September wiederkehrenden acht- tägigen Zusammenkunft ausersehen hat. * — • Dem Herkommen gemäss sind bei der letzten Versammlung dieser Gesellschaft von derselben die Geschäftsführer der nächsten aus hiesigen EinAvohnern erwählt, Avelchen sich dann ein Hiilfscomite zu erleichterter Besorgung der für die Zusammenkunft erforderlichen Vorbereitungen angeschlossen hat. Einundzwanzig verschiedene deutsche Städte, in Avelchen eine solche Ver- sammlung bis dahin nach einander Statt gefunden, haben gewetteifert , deren der 6 deutschen Nation zur Ehre gereichenden wissenschaftlichen Bestrebungen bei solcher Gelegenheit nach besten Kräften förderlich zu sein; den zahlreichen Ge- nossen der Gesellschaft ihr Unterkommen zu erleichtern; derselben geeignete Locale für ihre allgemeinen und besonderen Zusammenkünfte einzuräumen und ihr über- haupt von Seiten des Gemeinwesens die Aufmerksamkeit zu beweisen, wodurch sich Achtung und vaterländische Theilnahme bethätigen. — Sie haben daher auch die zu solchem Zwecke unvermeidlichen Ausgaben nicht gescheut. Bremen Avird darin nicht Zurückbleiben wollen! * — ■ Der Senat giebt der Ehrliebenden Bürgerschaft daher anheim, bei Aufstellung des nächsten Budgets eine Summe dafür zu veranschlagen und die solchem ZAvecke entsprechende Disposition über dieselbe , demnächstiger Rechnungsablage vorbehältlich, einer dazu niederzusetzenden gemeinschaftlichen Deputation anzuvertrauen. Um deren Vereinigung und BeAveglichkeit zu erleichtern, dürfte dieselbe auf ein mässiges Personal zu beschränken sein. Die Bürgerschaft trat diesem Anträge noch in demselben Convente bei, indem sie sicli zur Ehre unserer Vaterstadt damit einverstanden erklärte, dass eine gemeinschaftliche Deputation, wozu sie ihrerseits Herrn Aelterm ann Theodor Lürman, Herrn Dr. Alexander Carl Conrad Adolph Kottmeier, Herrn Dr. med. Gustav Woldemar Focke, Herrn Carl Theodor Gevekoht, envählt habe, sich im kommenden Jahre mit einem würdigen Empfange der Natur- forscher bemühe, und stellte sie die gewünschte Summe zu deren Verfügung, worauf der Senat in seiner Schluss- AntAvort den Antrag durch den Beitritt der Bürgerschaft für erledigt ansah, die von derselben namhaft gemachten Deputirten bestätigte und anzeigte, dass zur Wahrnehmung dieser Angelegenheit aus seiner Mitte Herr Bürgermeister S m i d t und Herr Senator 0 1 b e r s ausersehen Avären. Mittlenveile Avar jedoch auch in Avissenschaftlicher Hinsicht schon einige Vorbereitung getroffen, indem die Ausführung des naheliegenden Gedankens, die vielfachen Communicationsmittel Bremens im Interesse der Naturforscher zu benutzen, bei dem Herannahen des Winters es Avüns chens Avertli erscheinen liess, die desfallsigen Mittheilungen noch vor dem Eintritte des Frostes zu expediren. Der einfache Vorschlag, durch Vermittelung unserer Handelsmarine aus den ver- schiedenen jährlich von ihr besuchten Küstenländern eine Anzahl interessanter und wo möglich irisch eingesammelter oder lebender Thiere und Pflanzen, so wie merkwürdige Mineralien, Geräthe. Waffen, Kleidungsstücke etc. fremder Völker- schaften für die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zusammen zu bringen, und in einem geeigneten Locale auszustellen, führte bald zu weiteren Plänen, welche vorläufig, nach sorgfältiger Arorberathung mit einer Commission Sachver- ständiger, in einem besonderen Circulare ausgesprochen wurden, welches unsere Rheder um ihre Unterstützung für diese Zwecke ersuchte. Wie theilen dieses Circular hier mit, um zu zeigen, auf welche Zusen- dungen wir damals ungefähr glaubten rechnen zu dürfen: jP P ^fachdem unserer Vaterstadt Bremen die Ehre zu Theil geworden ist, für die im September 1844 stattfindende 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte als Versammlungsort bezeichnet zu werden, kann es nicht fehlen, dass die Mehrzahl unserer Mitbürger es für eine angenehme Pflicht erachtet, nach besten Kräften zur Feier dieses Ereignisses Alles aufzubieten, was den Aufenthalt einer bedeutenden Anzahl der gelehrtesten und intelligentesten Deutschen in unsern Mauern dem In- und Auslande gegenüber zu einem angenehmen und lehrreichen machen könnte. In dieser Voraussetzung , und dankbar für die schon von vielen Seiten geäusserte Bereitwilligkeit, erlauben sich die Unterzeichneten darauf aufmerksam zu machen, dass es bei den zahlreichen überseeischen Verbindungen Bremens, wo in jeder bedeutenderen Stadt theils ihre eigenen Söhne, tlieils langjährige Handels- freunde residiren, gewiss nur eines redlichen Willens und frühzeitiger Aufforderung bedarf, um ein reiches Material an seltenen und schönen Naturproducten, wie es in wenigen Orten in der Art zu beschaffen sein möchte, für die Naturforscher zusammen zu tragen, und es scheint letzteres um so nothwendiger, weil die bis- herigen öffentlichen und Privatsammlungen Bremens noch bei weitem nicht die Ausdehnung und Vollkommenheit erlangt haben, um den Naturforschern und Aerzten die an Universitäten und Residenzen ihnen dargebotenen Schätze aus dem Reiche der Natur zu ersetzen. 8 Da jedoch eine nähere Bezeichnung derjenigen Gegenstände, welche vor- züglich wünschenswerth sind, für manche unserer auswärtigen Landsleute oder Freunde gewiss eine zweckmässige Anleitung sein wird, wie sie uns die besten Dienste leisten können, so erlauben wir uns namentlich auf folgende Punkte die Aufmerksamkeit Aller, welche in dieser Hinsicht hülfreiche Hand zu leisten bereit sind, hinzulenken. Unter den Naturproducten aller der Länge oder Breite nach weit entlegenen Länder und Meere sind diejenigen, welche an Ort und Stelle zu den Seltenheiten gehören, meistens auch die interessantesten; aber auch die gewöhnlichsten Thiere, Pflanzen und Steine solcher Gegenden bieten in der Regel ein hinreichendes Interesse dar, uni von den Naturforschern, theils zu Untersuchungen, theils zur Aufbewahrung in Museen, geschätzt zu werden. Es würde daher nicht zweck- mässig sein, wenn man uns durchaus nur solche ausgezeichnete Seltenheiten wollte aufzutreiben suchen, sondern man muss unter den gewöhnlicheren gerade die jedem Orte eigentümlichen Producte der Art vorzüglich mit ins Auge fassen, und da es bei dieser Gelegenheit nicht die Absicht ist, ein einziges Museum zu bereichern, sondern einen momentanen Stapelplatz für ganz Deutschland zu bilden, so wün- schen wir solche einem Lande eigenthümlichen Produkte in möglichst vielen und gut eonservirten Exemplaren zu erhalten. Um jedoch den Naturforschern und Aerzten diese Sachen nicht nur vor- zeigen, sondern auch überliefern zu können, ist es, in Voraussetzung, dass wir mit hinreichendem Materiale dazu versehen werden, der Plan, während der Ver- sammlung der Naturforscher und Aerzte eine grosse öffentliche Versteigerung von den eingesandten Gegenständen aus dem Mineralien - , Pflanzen - und Thierreiche zu halten, in welcher sich ein Jeder, was ihn am meisten interessirt, selbst erstehen kann, und wodurch zugleich die Mittel gewonnen werden, um die etwaigen An- forderungen, welche für den Erwerb, die Erhaltung und den Transport mancher Gegenstände beliebt werden möchten, in geeigneter Weise befriedigen zu können. Für diese V ersteigerung könnten uns auch Naturalien als Handelsartikel gewiss mit Sicherheit eingeliefert werden, da ja die Vereinigung so vieler Kenner die beste Garantie giebt, dass nichts unter seinem Werthe verschleudert wer- den kann. — - Obgleich es nun unter allen Umständen rathsam ist, über den Erwerb, die Verpackung und Versendung der gewünschten Gegenstände den Rath Sachver- ständiger zu benutzen, so wird solches doch an manchen Orten sehr schwer aus- zuführen sein, an andern sich gar nicht thun lassen, und erlauben wir uns daher, 9 angebogen eine kurze Anweisung zum Einsammeln, Zubereiten and Verpacken naturhistorischer Gegenstände beizufiigen , nach welcher unter allen Umständen zu verfahren ist. Besonders aufmerksam zu machen ist ausserdem auf solche Thiere, welche man lebendig nach Bremen senden könnte, wie manche Säugelhicrc, Vögel aller Art, und namentlich Schlangen, Eidechsen, Schildkröten und Frösche, vorzüglich aus Amerika; von den Fischen würde es besonders interessant sein, den Zitteraal (Gymnotus electricus. Anguille eleclrique) aus der Gegend oberhalb des Orinoco in vielen Exemplaren, theils lebend, theils in Branntewein gul con- servirt, zu erhalten; aus Nordamerika, wo möglich lebend, den Bull-frog (Rana mugiens) und die merkwürdigen Schlangen- Eidechsen (Siren lacertina, striata, intermedia); von der Mündung des Mississippi die kleinen Schlangen mit Füssen (Amphiuma means, tridactylum); ans dem Champlain- See in Canada den Sumpfmolch (Proteus lacunum); von Mexico die Kröteneidechsc (Tapavaxin. Phrynosoma orbiculare) und den Kolbenmolch (Axolotl); von den Antillen den I.andhecht ( Brocket de terre. Scincus). Merkwürdige Inseclen, wie der Lalernenträger, schöne grosse Schmetterlinge und Käfer, so wie ferner Muscheln, Korallen und Secthiere ziehen von selbst die Aufmerksamkeit auf sich; es gilt jedoch in dieser Hinsicht das oben Gesagte besonders, dass nicht nur das Auf- fallende und Prächtige, sondern auch das Unscheinbare und Gewöhnliche, wenn es einem Lande eigenlhümlich ist, dem Naturforscher hinreichend interessant sein wird. Aus dem Pflanzen- und Mineralreiche empfehlen wir besonders auf die Stämme der Palmen, baumartigen Farrnkräuter und seltenen Nutzhölzer zu achten , ferner auf lebende und getrocknete Pflanzen aller Art, welche in Deutschland nicht einheimisch sind; essbare Früchte in Natur oder in Nachbildungen in Wachs, Sämereien, Nüsse, Kürbisse, Schoten ; endlich diejenigen Pflanzentheile, welche entweder an Ort und Stelle als Arzenei- und Hausmittel gebraucht werden, oder als Droguen in den Handel kommen, wo möglich mit einem getrockneten Exemplare der ganzen Pflanze begleitet, und ebenso die Gewürze, Farbstoffe und Gewebe liefernden Pflanzen. — Mineralien aus allen Berg- werken, mögen diese nun Metalle, Erze oderKohleu liefern, sind immer von bedeutendem Interesse, besonders, wenn eine solche Sammlung für eine ganze Gegend oder ein Land in einer gewissen Vollständigkeit erlangt werden könnte, wie zum Beispiel sämintliche Steinkohlenarten der vereinigten Staaten von Nordamerika, oder sämmtliche Erze aus den mexikanischen und anderen Bergwerken. Interessant würde es auch für manche Naturforscher sein, aus verschiedenen Gegenden Proben von Feuersteinen zu erhalten und besondere Erdarten, wie Bergmehl, Kieselguhre und Tripel; namentlich aber sind noch die Abdrücke von Pflanzen und Thieren in Schiefer und Kohlen, so wie die Ver- steinerungen aller Art der besondern Aufmerksamkeit zu empfehlen, und ebenso verschiedene Torfarlen. ln den Gegenden, wo Torf und Moore Vorkommen , würde cs besonders zweckmässig sein, wenn man verschiedene zarte Wasserpflanzen, welche in der Regel an den älteren Btätlern einen gelben oder bräunlichen Ueberzug haben , in eine leere Flasche stopfte und diese bis etwas über die Hälfte mit dem Moorwasser, welches durch leichtes Aufrühren des Grundes zuvor etwas trübe gemacht ist, anfüllte und nicht gar zu fest verkorkt mit genauer Angabe des Fundorts hieher sendete. Ebenso wäre es sehr zu wünschen, wenn die Herren SchifTscapitaine auf ihren Seereisen in passenden Zwischenräumen von 15 bis 20°, so oft es anginge, vermittelst des Senkbleies etwas Schlamm, Sand oder kleine Steine vom Grunde des Meeres zu erhallen suchten und in kleinen Gläsern mit etwas Seewasser feucht, oder auch getrocknet in Papier, aufbewahrten, mit genauer 2 10 Angabe der Länge und Breite, so wie der Wassertiefe und des Datums. Auf besonderen Reisen, wie zum Heerings- oder Wallfischfang, wäre auf merkwürdige Seethiere zu achten und bei den Wallfischen auf die anhängenden Muscheln und andere Thiere und Gewächse. Man thul am besten, dieselben in ein Gefäss mit Brannlewein zu legen und die Länge und Breite, wo der Fisch gefangen, so wie eine Beschreibung und wo möglich auch eine Zeichnung der Gestalt des Fisches dabei zu fügen. Alle für die 22. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte nach Bremen zu sendenden Gegenstände aus dem Mineral-, Pflanzen- und Thier- reiche können direct an die Unterzeichneten Geschäftsführer eingesandt und den- selben entweder zur Disposition gestellt werden, oder, wenn sie für die Auction bestimmt sind, zu einem festen niedrigsten Preise limitirt sein, unter welchem der Verkauf nicht zugelassen werden soll. Sämmtliche letztere Artikel müssen mit einer Bestimmung versehen sein, an wen, im Falle des Verkaufs der Netto- Erlös, und im Falle nicht hinreichend geboten wird, der Gegenstand selbst Avieder abgeliefert werden soll. Im Uebrigen verpflichten sich die Unterzeichneten dafür zu sorgen, dass in Hinsicht auf Alles, was ihnen zu dem Zwecke der öffentlichen Ausstellung für diese Versammlung übergeben wird, jede mögliche Vorsicht beim Aus- und Einpacken, so wie die nöthige Sorgfalt, während der Ausstellung alle schädlichen Einflüsse davon entfernt zu halten, verwendet werden soll. Um Berücksichtigung der oben ausgesprochenen Wünsche ersuchen ihre hiesigen und auswärtigen Landsleute, sowie die mit Bremen in freundschaftlichen und Handelsbeziehungen stehenden überseeischen Correspondenten unserer Rheder Bremen, im November 1843. ergebenst die Geschäftsführer der 22. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte: Bürgermeister S m i d t. G. W. Focke, Dr. Med. (Hier folgte die oben erwähnte kurze Anweisung zum Einsammeln, conserviren und Verpacken naturhistorischer Gegenstände.) Es wurde dieses Circular in mehrfachen Exemplaren an die hiesigen Rheder, an die Capitaine der ausgehenden Schiffe und viele andere, welche durch eine nähere Bekanntschaft oder Handelsbeziehungen mit überseeischen Ländern in Ver- bindung standen, mit der Bitte, um Empfehlung und Berücksichtigung der darin ausgesprochenen Wünsche vertheilt, und sehr bald von so vielen Seiten zur Versendung begehrt, dass die Geschäftsführer daraus den sichersten Beweis abnehmen konnten, dass es ihren Mitbürgern um Beförderung dieses Zweckes Ernst sei. 11 Für diejenigen ausgehenden Schiffe, deren Rückkehr im Sommer 1844 zu erwarten war, und denen sich vermuthlich mannigfache Gelegenheit zur Erlan- gung merkwürdiger Thiere darbieten würde, sorgte man für zweckmässige Gefässe und kleine Vorräthe von Spiritus, welcher, um auch auf Schiffen, deren Mann- schaft dem Mässigkeitsvereine beigetreten war, mitgenommen werden zu können, durch einen Zusatz von Oleum therebinthinae und Oleum succini untrinkbar gemacht wurde; zugleich fügte man diesem eine besondere Instruction für das Verfahren beim Conserviren der Thiere in Spiritus bei, in welcher bei den Grön- landsfahrern und Südsee- Wallfischfängern auch auf die besonderen Thiere, welche in diesen Gewässern Vorkommen, Rücksicht genommen war. - — Bei anderen Reisen wurden die Capitaine ersucht, in kleinen Gläsern, welche ihnen zu dem Ende mitgegeben wurden, kleine Proben Meeressand von den Küsten, welche sie besuchen würden, oder mit dem Anker und Senkblei vielleicht aus einiger Tiefe des Meeres heraufholen könnten, mitzubringen, unter genauer Angabe des Datums, der Länge und Breite, der Temperatur des Wassers und der Luft, so wie der Tiefe des Wassers etc. ; und dieselben gebeten, auf ähnliche Weise auch Proben von dem Grunde süsser stehender Gewässer, welche von dem Hafen, in den sie einzulaufen bestimmt, etwa ohne zu grosse Schwierigkeiten erreicht werden könnten, einzusammeln. Zu diesen allgemeineren Vorbereitungen trat dann gegen Ende des Jahres 1843 noch die Sorge für besondere Aufträge, deren Ausführung den Geschäfts- führern an und für sich wünschenswert erschien, oder von bekannten deutschen Gelehrten speciell beantragt wurde. Die Herausgeber versäumten ferner nicht sich den guten Rath der Ge- schäftsführer früherer Versammlungen zu erbitten, um nach den bei derselben Veranlassung in anderen Städten gemachten Erfahrungen Uebelstände beseitigen und Störungen Vorbeugen zu lernen, welche ohne vorherige Belehrung bei einer so zahlreichen und in ihrer Zusammensetzung so wechselnden Gesellschaft mit dem besten Willen sich schwerlich möchten vermeiden lassen. Wir hatten da- gegen die Genugtuung von allen Seiten nur auf wenige Punkte aufmerksam gemacht zu werden , bei denen sich in einigen der letzteren Versammlungen Schwierigkeiten gezeigt hätten, während im Uebrigen sich bei dieser Gesellschaft Alles von selbst mache , und oft eher in zu complicirten , die freie Beweglich- keit der Gäste beschränkenden Anordnungen, als durch Unterlassung derselben gefehlt sein möchte. Indem wir Allen, welche direct oder indireet für die Beant- wortung unserer Anfragen thätig gewesen sind, hiedurch nochmals öffentlich unseren 2* 12 Dank aussprechen , bieten wir zugleich allen späteren Geschäftsführern der Ver- sammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte über die in Bremen gemachten Erfahrungen die bereitwilligste Auskunft an. Der Anfang des Jahres 1844 blieb den oben erwähnten allgemeineren Vor- bereitungen. so wie verschiedenen Berathungen über die speciellere Ausführung der vorläufig nur in den allgemeinsten Umrissen entworfenen Plane gewidmet, bis im Monate Mai die ersten Schiffe, welche von nordamerikanischen und westin- dischen Häfen zurückkehrten, die Sorge für die Erhaltung und spätere Aufstel- lung der zu erwartenden Naturalien wieder anregten. Wie schon aus dem oben mitgetheilten Circulare ersichtlich, hatten die Geschäftsführer den Wunsch ausge- sprochen, die einem jeden Lande eigentümlichen Gegenstände aus allen drei Reichen der Natur in frischen und mehrfachen Exemplaren zu erhalten, um namentlich zu sorgfältigen Untersuchungen derselben Veranlassung zu geben, und da bei einer zu hoffenden reichlichen Ausbeute deren öffentliche Verteilung jedenfalls ein äusserst schwieriges, und in keinem Falle nach den Grundsätzen der Billigkeit durchzuführendes, epinöses Geschäft geblieben sein würde, beschlossen, dieselben unter den Anwesenden meistbietend zu versteigern , jedoch zu jedem gebotenen Preise abzugeben. Wenngleich manche Thiere und Pflanzen, in Bezug auf welche diese Ein- richtung vorzugsweise getroffen war, wie zum Beispiel die Zitteraale, (Gymnotus electricus) nachher ganz wegblieben, so war doch vorläufig die Ausführung der Aufgabe gesichert: „verschiedene naturhistorische Gegenstände aus entlegenen Zonen durch „Vermittelung der bremischen Communicationsmittel herbeizuschaffen, „dieselben während der Dauer der Versammlung in einem geeigneten „Locale öffentlich auszustellen, und daselbst an einem näher zu bestim- „ inenden Tage meistbietend zu versteigern“ und durften die Geschäftsführer erwarten durch diese Massregeln den Gelehrten jene Gegenstände am leichtesten zugänglich gemacht zu haben. Mit Recht drängte sich ihnen jedoch die Besorgnis.« auf, dass bei einem ersten Versuche und den häufigen Wechselfallen so weiter Reisen, für die ver- schiedenen Fächer der Wissenschaften eine höchst ungleiche Ausbeute eingeliefert werden möchte; diesem Uebelstande konnte nur durch Benutzung derjenigen Vor- räthe von Naturalien begegnet werden, welche sich bereits auf dem Continente befanden, ohne in einer bestimmten »Sammlung ihren festen Platz eingenommen zu haben, welche Ausdehnung obiger Massregel einen Anstrich von Grossartigkeit 13 gab, und zugleich die Unbehülflichkeit jedes ersten Versuches auch hier in’s rechte Licht setzte. » — Denn, dass neben naturhistorischen Sammlungen fast durchgängig sich allmählig ein Doubletten vorrath anhäuft, ist bekannt, und so wenig Jemand an dem Plane: diese Vorräthe bei den Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte auf einem Punkte möglichst zu vereinigen, um dadurch zu einem grossartigen Tauschhandel Veranlassung zu geben, etwas möchte zu tadeln finden, ebensowenig durfte erwartet werden, dass von vielen Seiten, wo die bremischen Verhältnisse weniger bekannt sind, auch interessantere und werthvollere Gegen- stände in Folge einer diesseitigen Aufforderung, ohne Weiteres eingehen würden. Eine öffentliche Bitte der Art für ganz Deutschland endlich würde, wenn sie etwas gefruchtet, vermuthlich einen erdrückenden Ueberfluss der häufiger vorkom- menden, daher leichter zugänglichen und weniger begehrten Gegenstände von verschiedenen Seiten herbeigeführt haben, unter dem es schwierig geworden sein möchte, in der kurzen Zeit, welche die Gelehrten bei ihrem hiesigen Aufent- halte diesen Gegenständen widmen konnten, so heimisch zu werden, um die minder zahlreichen interessanteren Objecte herausfinden zu können. Die Geschäftsführer fanden sich dadurch veranlasst, eine Aufforderung zur Einsendung von Naturalien für diese Ausstellung an einzelne Gelehrte, von welchen theils im Interesse für die Sache selbst, theils weil dieselben in näherer Beziehung mit Anstalten, bei welchen derartige V orräthe vermuthet werden konnten, standen, ein bereitwilliges Eingehen auf diese Wünsche zu erwarten war, in fol- gendem Circulare zu versenden: P. P . MPie Unterzeichneten Geschäftsführer veranlassen , begünstigt durch Bremens Lage und vielseitige Verbindungen mit den entlegensten Ländern, bei der dies- jährigen Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte eine öffentliche Aus- stellung und Versteigerung von Naturalien, welche sich zu wissenschaftlichen Untersuchungen und zur Aufstellung in öffentlichen oder Privatsammlungen besonders eignen und zum grössten Theile durch bremische Schiffe angebracht wurden. In der Absicht diese Einrichtung noch nützlicher zu machen, wünschen sie aus Deutschland und den Nachbarländern zu dieser Ausstellung einige Bei- träge, von den bei jeder Sammlung von Naturalien sich allmählig anhäufenden 14 DoubJetten und sonstigen Merkwürdigkeiten zu erhalten und erlauben sich daher die Mitwirkung Aller, welchen die Dispositionsbefugniss über derartige Gegen- stände zusteht, für diesen gemeinschaftlichen Zweck in Anspruch zu nehmen. Bei der täglich sich mehrenden Anzahl wissenschaftlicher Sammlungen wird der Nutzen einer solchen gleichzeitigen Ausstellung der von vielen Orten zusammengebrachten Doubletten vor einer grösseren Versammlung sachverstän- diger Gelehrten und die Ausdehnung, welche dadurch für einen Tausch- und Handelsverkehr mit diesen Gegenständen gewonnen werden kann, von selbst ein- leuchten, und hoffen daher die Unterzeichneten mit zahlreichen Beiträgen erfreut zu werden. — Es wird gebeten Sendungen der Art an den mitunterzeichneten zweiten Geschäftsführer zu richten und denselben gefälligst zeitig von der Absen- dung in Kenntniss zu setzen, so wie entweder einen der zur Versammlung hieher kommenden Gelehrten oder ein hiesiges Handlungshaus mit Instruction und Voll- macht zu versehen, wonach die Gegenstände vertauscht, zum Verkaufe ausgeboten, oder nach beendigter Versammlung zurückgesandt werden sollen. Mit der Bitte um geneigte Berücksichtigung und möglichste Verbreitung dieser Wünsche im Kreise Ihrer Bekanntschaft, verbinden wir die Versicherung, dass sowohl während des Transportes, als auch während der Ausstellung selbst für die nöthige Vorsicht und hinreichende Beaufsichtigung der uns anvertrauten Gegenstände aufs beste gesorgt werden soll, und dass wir den geehrten Herren Absendern auf Verlangen Alles kostenfrei zurückzusenden erbötig sind. Bremen, den 31. Juli 1844. Die Geschäftsführer der 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte Smidt. G. W. Focke. Br. Med. Eine entsprechende Aufforderung erging an unsere hiesigen Mitbürger durch die bremischen Tagesblätter, in Folge deren uns zahlreiche Merkwürdig- keiten aller Art, theils zur Bereicherung der Ausstellung während der Dauer der Versammlung, theils zum Verkaufe bei der Versteigerung bestimmt, mitge- theilt wurden; und es liess sich bald voraussehen, dass bei dem bisher angedeu- teten Verfahren nur eine empfindliche Lücke bleiben werde, indem auch im günstigsten Falle auf diese Weise eine genügende Vertretung des Pflanzenreiches bei unserer Zusammenstellung nicht erzielt werden könne. Auch musste der 15 Plan nach dem Beispiele anderer Städte, in welchen ähnliche Feste gefeiert worden, eine Ausstellung von Blumen und Früchten zu veranstalten, nach dem augenblicklichen Verhältnisse dieser Cultur in Bremen, als ganz über unsere Kräfte hinausgehend betrachtet werden. In dieser Verlegenheit wandten sich die Geschäftsführer an Herrn John Booth, Besitzer der Flottbecker Baumschulen bei Hamburg, mit der Bitte um guten Rath, wie diesem Uebelstande abzuhelfen sei, und hatten die Freude von Herrn John Booth mit der angenehmen Nach- richt überrascht zu werden, dass von seiner Seite durch Uebersendung einer ansehnlichen Parthie blühender und hübscher neuerer Zierpflanzen in Töpfen, sowie einer Anzahl in botanischer und ökonomischer Hinsicht interessanter ganz neuer Baumarten, von welchen erstere für die Versammlung zum Geschenk bestimmt sein sollten, das Mögliche zur Verbesserung dieses Fehlers geschehen sollte. Gestützt auf diese Hülfe gedieh der Vorsatz eine Ausstellung von Blumen und Früchten mit der Naturalienausstellung zu verbinden, zur Reife. Die Herausgeber fühlen sich um so mehr verpflichtet dem Herrn John Booth in Flottbeck hier nochmals öffentlich im Namen der Versammlung für sein bereit- williges Entgegenkommen ihren Dank auszusprechen, da ohne dasselbe eine bedeutende, durch die gegenwärtigen bremischen Verhältnisse bedingte, empfindliche Lücke im wissenschaftlichen Materiale sich schw erlich würde verbergen, geschweige denn auf so genügende Weise haben aus füllen lassen. Ingleichem wiederholen die Geschäftsführer hier nochmals öffentlich ihren Dank Allen, welche durch Einsendung von Geschenken oder Gegenständen zur Bereicherung der Ausstellung von Naturalien, Blumen und Früchten zur Förde- rung der wissenschaftlichen Zwecke der Versammlung beigetragen haben, und ersuchen die hiesigen Correspondenten der Einsender um gefällige Vermittelung dieser Dankbezeugung an ihre auswärtigen Freunde. »Sehr schwer möchte es bleiben, für dieses extemporirte Museum einen Gesichtspunkt aufzufinden, von dem aus sich eine wissenschaftliche Beziehung- unter den Bestandtheilen desselben nachweisen liesse. Die wenigen mit Sach- kenntniss gesammelten und in Folge unserer Aufforderung für die Ausstellung- geordneten Einsendungen verlieren sich vielmehr fast gänzlich unter der Menge von Einzelnheiten, welche aus den Händen gebildeter Laien, durch die Capitaine und Besatzung unserer »Seeschiffe direct, oder deren Verwandte und Bekannte indirect uns mitgetheilt wurden, und sowohl hinsichtlich ihres Vaterlandes und des Naturreiches, dem sie angehörten , als auch in Rücksicht auf ihre Bestimmung 16 als Merkwürdigkeit. Verzierung. Handelsartikel etc. — oder Erhaltung, indem sie theils gut erhalten, durch alle Stufen der Verschlechterung, bis zu gänzlich verdorbenen : und von completen. bis zu werthlosen Bruchstücken und selbst ver- fälschten Gegenständen, in der buntesten Mischung durcheinander eingeliefert wurden. Dazu erfolgten die Einsendungen gegen den Zeitpunkt des Beginns der Ver- sammlung in so steigendem Verhältnisse, dass schon einige Tage vorher die weitere Aufnahme von minder wichtigen Naturalien aus Mangel an Raum und Zeit verweigert, und die beabsichtigte genauere systematische Anordnung und Bestimmung der verschiedenen Species ganz aufgegeben werden musste. Kaum gelang es, den für die Versteigerung unentbehrlichen Catalog bis zum 18. Sep- tember zu vollenden, obgleich derselbe nur die Nummern, worunter die Gegen- stände notirt, nebst der Bezeichnung, unter welcher sie eingeliefert waren — - ohne dass letztere von uns irgendwie hätte als richtig verbürgt werden können — enthalten konnte. So wenig es sich daher rechtfertigen lassen mag. wenn wir unsre Leser auf diesen Catalog verweisen , um ihnen von dem Erfolge unseres Versuches im Ganzen einen Begriff zu geben, so bleibt uns doch ausserdem nur eine sum- marische Aufzählung möglich, wobei wir vielleicht im Sinne unserer geehrten Gäste handeln, wenn wir dieselbe in der Form einer Erklärung der beigegebenen Skizze des Saales im Hause Seefahrt gebend, ihnen die Anordnung des Ganzen in’s Gedächtniss zurückzurufen suchen. Der Standpunkt des Beschauers befindet sich hier oberhalb der dem Eingänge gegenüber liegenden mittleren Nische auf der Gallerie. vor welcher ein grösseres indianisches Canoe aus Birkenrinde gefertigt hing, und unter welcher Zuckerrohre, Caffeebäume. Zweige des Baumwollenbaumes, junge Palmen und andere grössere Gegenstände aufgestellt waren. Zu beiden Seiten der Nische lagen grössere Mineralien, und über diesen hingen einige Kästchen mit Insectensammlungen. Der Catalog beginnt mit den Mineralien unter den Glasscheiben des vierten Tisches am Fenster links, dicht vor dem Beschauer, und endigt in dem Tische und an der Rückwand des Saales rechts mit den ethnographischen Gegenständen. Von den Mineralien füllten etwa 400 verschiedene Proben Kupfer und Eisenerze nebst Quarz, Obsi- dian und Tropfsteinen von Cuba und Mexico • — nach dem Formate der Proben in Gruppen abgetheilt • — 4m vierten Tische die eine Seite, an welche sich auf der anderen eine Sammlung von etwa 400 Petrefacten reihete, die nur in der Nähe des Fensters einer Suite mexicanischer Silbererze und einigen nordamerikanischen Steinkohlenarten den nöthigen Raum freigelassen. Im folgenden dritten Tische fand sich, ebenfalls unter Glas, eine Sammlung von geologischen Gegenständen von etwa 600 Stücken aus den östlichen Alpen, fast zur Hälfte aus Versteine- rungen bestehend, nebst kleinen Kästchen mit Proben der verschiedenen Torfarten aus der Umgegend Bremens. Andere Petrefacten, zum Theil von grösserem Umfange, welche während der wenigen Tage vom Staube nicht leiden konnten, lagen auf der untersten Platte des vierten Tisches oder auf dem Fussboden, manche andere Mineralien blieben unausgepackt auf der Hausflur in den Kisten stehen, weil es bei ihrem Eintreffen schon an Platz gebrach, sie auszulegen und andere endlich trafen erst während, ja selbst Tage und Wochen nach der Ver- sammlung hier ein. Ausser den oben erwähnten in und neben der Nische vertheilten Vegetabilien waren im dritten Tische noch einige Sammlungen von Sämereien und Früchten aus Mexico, Texas, Südaustralien und der Lombardei, so wie Herbarien von den Algen der Ostsee, norddeutschen Laub- und Lebermoosen und westindischen Farrnkrautern auf engem Raume zusammengedrängt, während eine grössere Col- lection von mehr wie 150 verschiedenen ausländischen Holzarten in meistens Fuss langen Stücken unter dem an die Rückwand des Saales gelehnten Tische hatte Platz finden müssen. Die übrigen Pflanzen, welche hier eine Erwähnung ver- dienten. befanden sich in dem vorderen Zimmer bei den Topfgewächsen. Die Verschiedenheit der aus dem Thierreiche eingegangenen Objecte an Umfang und die besondere Rücksicht, welche auf die Schonung mancher genommen werden musste, machte bei Aufstellung derselben eine consequente Reihefolge unmöglich, und die angenommene Regel, von den stufenförmig über dem mit Glas gedeckten Theile der Tische angebrachten Börten 3 18 alle, untersten nach der systematischen Reihefolge zuerst, vom vierten Tische beginnend, zu benutzen, musste manche Ausnahme erleiden, in dem zum Beispiel Conchylien und Insectensammlungen in Kasten, oder Amphibien in Spiritus nicht auf gleiche Weise behandelt werden konnten. 1. Wirbellose Thiere. Auf der obersten Stufe des vierten Tisches waren verschiedene Spongien, Seeigel, Stein- und Ledercorallen, und unter letzteren eine schöne grosse Becher- coralle aufgestellt, während die übrigen Weichthiere mit mancherlei Fremdartigem gemischt in etwa 40 Gläsern in Weingeist conservirt auf dem dritten Tische unten Platz gefunden hatten. Den Conchylien, für welche der innere Raum des zweiten Tisches bestimmt gewesen, musste ausserdem, da zwischen 3 und 4 Tau- send derselben einzureihen waren, nicht nur der gleiche Raum des ersten, sondern auch noch die Hälfte des an der Rückwand des Saales aufgestellten Tisches eingeräumt werden, so wie die Platte des zweiten Tisches unmittelbar über den Glasscheiben. Von den Insecten und Crustaceen endlich konnten die in Spiritus aufbewahrten, weil so häufig von beiden sich in demselben Gefässe fanden, nicht füglich getrennt werden, und nachdem die anfangs versuchte Scheidung wieder aufgegeben war. nahm die mittlere Tafel des zweiten Tisches diese in etwa 120 Gläsern befindlichen Geschöpfe auf. Bei den in Kasten auf Nadeln befestigten Insecten fanden sich freilich, mit Ausnahme der systematisch geordneten Samm- lungen, ebenfalls Crustaceen und selbst Amphibien. Vögel und Säugethiere, bei diesen konnte jedoch natürlich eine Trennung gar nicht versucht, und dieselben ohnehin nicht mit in der Reihefolge der übrigen Objecte angebracht werden. Die- jenigen dieser 70 Kasten, welche zusammen wohl eher mehr denn weniger wie 10,000 Insecten etc, enthalten mochten, welche mit Glas versehen waren, oder in eigene, für sie angefertigte Glaskasten gepasst werden konnten, wurden an den Wänden aufgehängt, oder in den Fenstervertiefungen angebracht, und während des Sonnenscheines gegen zu starkes Licht geschützt, was bei den wenigen Kasten, deren Form nicht zu den gangbaren Glasscheiben passte, dadurch erreicht wurde, dass sie in der letzten Hälfte des Tisches an der Rückwand des Saales Platz fanden. 19 2. W i r b e 1 1 h i e r e. Oie mittlere Tafel des zweiten und die obere des dritten Tisches waren mit Gläsern besetzt, in welchen etwa 100 Fische und 225 Amphibien in Spiritus conservirt enthalten waren, zwischen denen einige wenige ausgestopfte oder ge- trocknete Exemplare lagen. Sämmtliche Gläser waren, da es wegen Trübung des Weingeistes nöthig schien, neu aufgefüllt, und die mit eingeriebenen Glas- stöpseln oder aufgeschliffenen Glasplatten versehenen Mündungen derselben mit einem nicht erhärtenden Kautschoukkitte dicht gemacht und mit Papier Überbunden. Unter den Fischen sind ausser verschiedenen fliegenden Fischen. Echeneis Remora, Raja Batis etc. einige Exemplare von Amblyopsis spelaeus Dekay. aus dem Jordanflusse in der Mammuthhöhle in Kentucky (der Fisch ohne Augen), und der halbe Kopf eines grösseren Hammerhais (Sphryna malleus) nebst dessen Flossen in Spiritus zu erwähnen. Unter den Amphibien sah man etwa 8 Crocodille. 75 Eidechsen. 35 Frösche, 10 Schildkröten und 100 Schlangen, darunter mehrfache Exemplare von Axolotl (Siredon mexicanus), Tapaiaxin (Plirvnosoma ). Rana mugiens, ein 5 Fuss langer Alligator in Spiritus und zwei grosse Crocodille, welche von der Decke des Saales herabhingen, und von denen das eine . weil es zu viel verdeckt haben würde, in der Zeichnung weggelassen ist. Oben auf dem zweiten und ersten Tische standen so wie auf dem Tische an der Rückwand des Saales einige ausgestopfte Vögel, während gegen 1000 Vogelbälge auf der unteren und mittleren Abtheilung des ersten Tisches , so wie auf den Börten unter dem an die Rückwand des Saales gelehnten Tische hatten Platz linden müssen, da der ihnen früher bestimmte Raum unter den Glasscheiben des ersten Tisches von den Conchylien in Anspruch genommen blieb. — • Die Mannigfaltigkeit der Vögel überhaupt war so gross, dass wir die Erwähnung Einzelner nur durchführen könnten, ohne dabei über das Abschreiben der Gattungs- namen aus dem Cataloge hinauszugehi] , womit unsern Lesern unmöglich gedient sein könnte. V on den Säugethieren, etwa 1 50 N ummern . waren bei we item die Mehrzahl ausgestopfte Bälge, welche so weit der Platz reichte, an den Wänden umher hatten aufgestellt oder an dem Gerüste über dem Tische an der Rückwand des Saales befestigt werden müssen. Nur von einem weiblichen Narval. einem Eisbären und einem Affen waren in diesen Saal Skelette aufgenommen. Unter 3* 20 den ausgestopften Häuten sind 15 Affen, 30 Eichhörnchen, 10 Tiger, Leoparden und Tigerkatzen, einige Paradoxurus, Mydaus etc., ferner ein Eisbär, ein schwarzer nordamerikanischer Bär und 10 Seehunde etc. etc. zu erwähnen. Am Tage vor der Eröffnung der Ausstellung erwiess es sich jedoch, dass durch einen Theil dieser ausgestopften Säugethiere der Platz für das Publicum zu sehr beengt werde, und mussten dieselben daher in einem anderen Zimmer untergebracht werden. Von ethnographischen Gegenständen befindet sich in Bremen und der Umgegend, weil fast jeder Kaufmann und See- fahrer von den fremden Ländern, welche er besucht, irgend eine Merkwürdigkeit mitzubringen und vor seiner nächsten Abreise zu verschenken pflegt, eine nicht unbedeutende Auswahl in den Händen verschiedener Privatleute, so dass sich eine grössere Sammlung derselben Avohl hätte vereinigen lassen. Ha indess die bereits erwähnten Naturalien als Hauptsache betrachtet wurden, so fand sich in den letzten Tagen vor der Eröffnung weder Zeit noch Platz mehr, um solche Gegen- stände weiter aufzunehmen oder die vorhandenen zweckmässig einzureihen. Letztere wurden daher untergebracht, avo sie Baum genug hatten, und nachdem ungefähr hundert verschiedene Gegenstände dieser Art Platz gefunden, gab es kaum noch Stellen im Saale, die nicht so Aveit das Auge der Besucher reichen konnte genügend benutzt Avaren. Verlassen wir mit unseren Lesern diesen Saal, so führt ein Bogengang von mit Blumen verzierten LaubgeAvinden zu einem minder geräumigen Zimmer, in Avelchem an der Wand umherlaufende Terrassen mit interessanten oder hübschen Zierpflanzen nebst Blumen und Früchten besetzt sind. Rechts an die Rückwand dieses Zimmers lehnt sich eine Tafel . auf Avelcher in dunklem Moose zahlreiche Georginenblüthen das Bild eines Aveissen Bremer Schlüssels auf purpurnem Grunde zeichnen, unter dem in der Mitte einer Gruppe interessanter Cactusarten, ein grosser Elephantopus steht. Die dem Bogengänge gegenüber befindliche, durch eine Brustwehr gesperrte Thür erlaubt den Blick auf ein chaotisches Gemenge der am 17. September Nachmittags noch eingetroffenen Gegenstände, so Avie der aus dem grösseren Saale wieder entfernten (im Cataloge erwähnten) Säugethiere. Nach dem Schlüsse der Correctur des Cataloges Avaren noch eingetroffen, die in diesem Zimmer ausgepackten etAva 25 Säugethiere und 350 Vogelbälge, so Avie 21 einige grossere Glasgefässe mit Amphibien. Fischen, Insecten und Crustaceen hi Spiritus; ferner eine Sammlung der Eier und zahlreicher Skelette hochnordischer Vögel, Skelette von Seehunden und Fischen aus der Nordsee, eine Sammlung westindischer Fische von den Antillen in Spiritus, ein schöner Wallrossschädel nebst Schädeln und Bälgen von Phoken etc. Wandten wir uns nach einem flüchtigen Blick in dieses Zimmer wieder zu den lieblicheren Blumen- und Pflanzengruppen, so finden wir beim Verlassen derselben auch auf der Hausflur und im Vorhofe noch naturhistorische Schätze. In den Fenstern liegen die beiden Schaalen einer riesigen Tridacna Gigas, aus den geöffneten Kisten sind eine grosse Schildkröte, ein Büffelkopf, der Balg eines Orang-Outang und ein Rhinozeroskopf hervorgezogen , während einige Seehunds- bälge so wie die Haut eines jungen Wallrosses noch in den Fässern eingesalzen daneben stehen. Im Vorhofe endlich finden sich die Skelette eines Delphinus albicans, einer Balaenoptera longimana und Balaena rostrata, so wie das sogenannte Nasen- bein (oranium) eines grösseren grönländischen Wallfisches. • — • ISeehtfertigte der Anklang, welchen der ursprüngliche Plan zu dieser Ausstellung unter den Gelehrten Deutschlands zu finden schien, eine umständlichere Darlegung des Resultates seiner ersten Ausführung, so darf vorausgesetzt werden, dass auch die weitere Ausbildung desselben, wie sie während und nach der Versamm- lung den Berichterstattern sich gleichsam von selbst aufgedrungen, für einen Theil unserer Leser nicht ohne Interesse bleiben möchte, zumal Erfahrungen auf diesem Gebiete noch nicht gesammelt werden konnten. An der Spitze dieser Erörterungen freuen wir uns, zunächst auf dem Satze fassen zu können, dass obgleich diese Ausstellung durch Bremen und seine über- seeischen Communicationsmittel und Verbindungen eine wesentliche Färbung mag erhalten haben, ihr Character doch ein allgemein deutscher war, und schon dieser erste Anfang bewiesen hat . dass bei richtiger Würdigung des Zweckes und daraus hervorgehender regerer Betheiligung der betreffenden Gelehrten , ähnliche Ausstellungen an jedem Punkte unseres Vaterlandes sich mit immer befriedigen- derem Erfolge wiederholen würden. Denn in einem Zeitalter wo industrielle Associationen mit immer entscheidenderen Schlägen in dem Vernichtungskampfe gegen die Schranken von Zeit und Raum zu siegen gewohnt sind, kann bei einer 22 Einrichtung, deren wissenschaftlicher Nutzen hinlänglich erweisbar bleibt, von einem Einflüsse der geographischen Lage eines Ortes, und den dadurch bedingten Vor- und Nachtheilen, wohl nur in seltenen Fällen ein haltbarer Vorwand herge- leitet werden. Wohl mögen frühere Verhältnisse Unmöglichkeiten gezeigt haben, wo sich jetzt nicht die geringste Schwierigkeit findet; dabei vermehrt sich mit dem wissenschaftlichen Materiale die Zahl der Gelehrten , die Ausbreitung gediegener Kenntnisse in einzelnen Fächern nimmt unter den Laien zu, und mit dem Wohl- stände, einer Folge intelligenter Benutzung der Kraft und des Fleisses. wird die Bildung der Menschen im Allgemeinen verbreiteter, im Besonderen gründlicher. Statt Einseitigkeit, Abgeschlossenheit und Missgunst, welche früher die Schätze einzelner Museen vor jedem Auge hüteten, das zu mehr wie stummer Bewunderung der Schätze selbst oder der Gelehrsamkeit ihres Wächters hätte angeregt werden können, findet jetzt in allen Sammlungen der Art jeder wissenschaftliche Forschungs- trieb die bereitwilligste Unterstützung von Männern, welche erkannt haben, dass vermehrte und wiederholte Untersuchungen stets die erste Bedingung zu wesent- licher Förderung unserer Kenntnisse bleiben werden, und denen das Interesse für ihr eigenes Fach daher die Pflicht auferlegt, das wissenschaftliche Material mög- lichst zugänglich zu machen. Es erfordert jedoch die gründliche Untersuchung jedes Naturkörpers ausser Zeit und Mühe auch einen gewissen Aufwand von Material, und auf der Ausdauer des Beobachters beruht wohl bei ausreichendem Stoffe jeder technische, jeder häusliche, jeder wissenschaftliche Nutzen, welcher überhaupt das Resultat von Untersuchungen sein kann. In der Beziehung der Forscher zu den Naturkörpern haben sich jedoch in der neuesten Zeit zwei wichtige Modifikationen geltend gemacht. — Denn während einesteils manche derselben früher durch ihre Seltenheit oder die Pracht ihres Aeussern gleichsam geheiligt, vor jeder näheren Untersuchung sicher, eine Erklärung ihres Wesens nur durch die oft so trügerische Vermittelung der Analogie zu gewärtigen hatten . werden bald die auf das sorgfältigste untersuchten und daher lehrreichsten Gegenstände die schönsten Zierden unserer Museen sein • — • und während anderntheils die Beob- achter sich begnügten, auf den Resultaten ihrer Vorgänger fussend, dieselbe Bahn weiter zu verfolgen, und wenn diese es thaten, in derselben Irre ferner umherzu- tappen, so hat sich allmählig der Grundsatz geltend gemacht, beim Beginne jeder Untersuchung immer wieder bis auf die Natur selbst zurückzugehen, und wie es über ihr keine Autorität geben kann, auch keine anzuerkennen. Müssen diese Umstände, wenn ihr Gewicht sich im Verhältniss zu den Fortschritten des Jahr- 23 hunderts vermehrt, nicht nothwendig ein Bedürfnis*, einen Hunger nach wissen- schaftlichem Materiale hervorrufen, oder steigern? Bis auf die neueste Zeit wurden die Untersuchungen der Pflanzen und Thiere vorzugsweise in Beziehung anf die Fragen geleitet, welche der Systematiker aufwerfen musste, und die Ergebnisse für die Physiologie waren mehr zufällige Nebenresultate, während bei den Mineralien die ungleich weniger complicirte Unter- suchung in beider Rücksicht meistens zusammenfällt. Die physiologische Unter- suchung bleibt jedoch immer die schwierigere, bei ihr wird es dringenderes Bedürfniss, dass der Forscher auf dem Wege der Induction vorschreite und vorher scharf begränzte Fragen durch eine genügende Reihe gründlicher Untersuchungen zweck- mässig ausgewählter Objecte zu Gunsten einer bestimmten Alternative zu lösen versuche, und deshalb erfordert sie ungleich mehr Material, wie alle anderen. Und doch lastet die Sorge für die Herbeischaffung dieses Materiales bis auf den heutigen Tag auf den einzelnen Gelehrten und dem Zufalle, und ebenso blind wie letzterer natürlich bei der Auswahl im Allgemeinen zu Werke geht, waltet auch bei der Vertheilung im Einzelnen meistens ein blindes Ungefähr, welches nur zu oft die seltenen Früchte mühevoller Reisen in die Unrechten Hände legte. * — Sollte nicht durch von Zeit zu Zeit wiederholte Zusammenstellungen des über- haupt disponibelen Materiales an den Orten, avo sich die Gelehrten versammeln, und bei denen jeder derselben einliefern kann, was er im Ueberfluss hat, um dagegen einzutauschen, woran er darbt, eine wesentliche Verbesserung für diese Uebelstände angebahnt werden können? Es würde sich jedoch keineswegs ihr Nutzen darauf beschränken. — Denn wird durch eine solche Einrichtung das wissen- schaftliche Material vorher besser zusammengehalten, und vertheilt sich dasselbe nachher richtige)- an die dafür geeigneten Forscher, so muss ausser dem wissen- schaftlichen Nutzen, als Ergebniss der Untersuchung, auch die Rückwirkung auf die Einsammler eine erfreuliche sein ; und die Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte kann in ihrem eigenen Interesse nur wünschen, dass ihre Versamm- lungen mehr von solchen Gelehrten besucht werden mögen , welche dort Stoß" zu neuen Beobachtungen zu erwerben gedenken, und eben deshalb auch über die Resultate der unlängst von ihnen beendeten Untersuchungen berichten können. Bedenken wir ferner, dass die Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte als ambulirender Verein bei jeder Versammlung namentlich alles disponibel Material innerhalb eines gewissen Rayons concentriren möchte, und nach einer Reihe von Jahren jeder Punkt unseres deutschen Vaterlandes wenigstens ein Mal innerhalb dieses Rayons gelegen haben würde, so lässt sich diesem Plane 24 auch eine nationale Bedeutung abgewinnen, weiche der ersehnten deutschen Einheit, die auch in wissenschaftlicher Hinsicht noch wenig mehr wie Phantom zu sein scheint, unmöglich je Schaden thun könnte. Welche Schwierigkeiten, die nicht jedem neuen V ersuche zu einer Ver- besserung der angeführten Uebelstände ankleben würden, könnten von einem Unter- nehmen abschrecken, welches in vieler Hinsicht so wesentlichen Nutzen zu stiften verspricht ! Doch zurück nach dieser Abschweifung zu unserem Berichte: J^omit waren bereits mancherlei Vorbereitungen getroffen als die Zeit heranrückte, wo nach dem üblichen Modus die öffentliche Einladung zur Versammlung erfolgen musste. Die Geschäftsführer beschlossen letztere nur durch die Tagesblätter zu veröffentlichen; dagegen alle persönlichen Einladungen ■ — • als bei der übergrossen Anzahl der Mitglieder und Theilnehmer der letzten Versammlungen nicht mehr ausführbar • — gänzlich zu unterlassen. — In Folge dieses Beschlusses erschien in den hiesigen Zeitungen vom 1. Juni folgende li i ii I a <1 ii ii g: Zu der in Folge des zu Grätz im September vorigen Jahres gefassten Beschlusses vom 18. bis 26. September dieses Jahres in Bremen zu haltenden 22sten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte erlauben sich die Unterzeichneten Geschäftsführer hiedurch alle Gelehrte und Freunde der Wissenschaften des In- und Auslandes ergebenst einzuladen. Die Theilnahme, sowohl an den allgemeinen Versammlungen als auch den Sitzungen der einzelnen Sectionen steht jedem Freunde der Wissenschaften frei, während stimmberechtigt nur Gelehrte sind, deren schriftstellerische Thätigkeit, abgesehen von einer etwa verfassten Inauguraldissertation, auf dem Gebiete des Wissens gewirkt hat. Auch die Unterzeichneten sehen sich genöthigt. von den früher üblich gewesenen speciellen Einladungen zu dieser Versammlung durchaus abzustehen, und ersuchen Alle, welche die Stadt Bremen bei dieser Veranlassung mit ihrem Besuche zu beehren gedenken, diese öffentliche Einladung als vollgültig anzuer- kennen, und ihre Absicht hieher zu kommen, sowie die Vorträge, welche sie zu halten wünschen, vor dem 1. September den Geschäftsführern anzeigen zu wollen. 25 lieber nähere Bestimmungen und die getroffenen Einrichtungen wird im Monate August ein Programm veröffentlicht werden, und ergeht hiemit an alle verehrliche Redactionen von Zeitungen und Journalen die ergebene Bitte, durch Aufnahme dieser Einladung in ihre Spalten zur möglichsten Verbreitung derselben nach Kräften beizutragen. Bremen, den t5. Mai 1844. Oie Geschäftsführer der 22sten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Bürgermeister S m i d t. G. VV. Focke. Or. med. Die speciellen Anordnungen für die Versammlung selbst wurden sodann unter die Mitglieder der von Rath und Bürgerschaft dazu niedergesetzten Com- mission in der Art vertheilt, dass je ein Mitglied derselben die Ausführung einer besonderen, nach gemeinsamer Berathung für zweckmässig erachteten. Massregel übernahm, und konnte in Folge dieser Einrichtung, als Resultat aller begonnenen Vorbereitungen, am 15. August über die Vertheilung der Versammlungen, gesel- ligen Cirkel und Festlichkeiten nach Zeit und Ort, folgendes I* r o g r a in in veröffentlicht werden: P R O U R AIHH zur 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in BREMEN. S- 1. Mn Folge Beschlusses dieser Gesellschaft in der zweiten allgemeinen Versamm- lung zu Grätz am 21. September 1843 wird die 2 2ste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Bremen den Bestimmungen der Statuten gemäss vom 18. bis 26. September 1844 in üblicher Weise stattfinden. 8- 2. Die geehrten Gäste, welche auf unsere öffentliche Einladung die Stadt Bremen bei dieser Veranlassung mit ihrem Besuche beehren, finden vom 12. Sep- 4 26 tember an von 10 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags die Empfangscommission auf dem Stadthause bereit, die Eintrittskarten zu den Versammlungen, welche zugleich als Aufenthaltskarten dienen, auszutheilen und über die bestellten und etwa noch disponibelen Wohnungen Auskunft zu geben. 3. Die stimmberechtigten Mitglieder der Gesellschaft — • welche, ausser durch eine etwa verfasste Inauguraldissertation, als Schriftsteller auf dem Gebiete des Wissens gewirkt haben — ■ erhalten eine r o t h e , die Theilnehmer » — • welche das Interesse an den neuesten Fortschritten in den einzelnen Zweigen der mensch- lichen Kenntnisse zur Theilnahme an den Versammlungen veranlasst, während sie auf die Berechtigung, in den allgemeinen Versammlungen Vorträge zu halten verzichten — erhalten eine grüne Karte, für Avelche die Mitglieder und Theil- nehmer aus Deutschland als Beitrag zu den Kosten und Pränumeration auf die Tageblätter und den amtlichen Bericht 1 1/2 Thaler in Golde zu entrichten haben, welcher Beitrag von Ausländern nicht eingefordert wird. $• 4. Zu den Vereinigungen der Gesellschaft werden verschiedene Locale den besonderen Zwecken entsprechend eingerichtet, wozu vorläufig bestimmt sind: 1) Zu den allgemeinen Versammlungen am 18., 21. und 24. September die obere Halle des Rathhauses. 2) Zu den Sectionssitzungen drei Zimmer auf der Börse, zwei auf dem Schütting und die Aula der Gelehrtenschule. 33 Zu einer Ausstellung von Thieren, Pflanzen, Mineralien und sonstigen Merkwürdigkeiten die Säle des Hauses Seefahrt. 4) Zu gemeinschaftlichen Mittagstafeln die oberen Säle der Union. 5} Zu Abendreunionen die Erholung. §• 5. Die Geschäfte und Verhandlungen der Gesellschaft vertheilen sich dem eingeführten Gebrauche gemäss und nach der wahrscheinlich zweckmässigsten Anordnung auf die dafür in Stand gesetzten Locale und Stunden wie folgt: *) Dieselbe war zu etwa 1000 Sitzen eingerichtet. **) Wo täglich bis 500 Couverle aufgelegt werden konnte». 27 I. Allgemeine Versammlungen am 18., 21. und 24. Sep- tember Vormittags von 10 — 12 Uhr auf der oberen Halle des Rathhauses. — Für die Damen werden Plätze auf dem alten Archive eingerichtet und reservirt. • — < II. Seetions - Sitzungen : 1) Für Mathematik. Astronomie, Geographie und Mechanik von 9- — *11 Uhr auf der Börse As 1. Herr Dr. jur. W. Focke. ©' 2} Für Mineralogie und Geognosie von 9- — 11 Uhr auf der Börse ^ j As 2. Herr Apoth. Kindt. fl j 3} Für Physik. Chemie und Pharm acie von 11- — 1 Uhr auf dem 5» ( Schütting As 1. Herr Apoth. Toe'l. ©f 4) Für Botanik von 9 • — II Uhr auf dem Schütting As 2. Herr Dr. ^ ' Pli. Heinek e n. fl ) 5) Für Forst- und L andwir thschaft von II- — I Uhr auf dem 7 ( Schütting As 2. Derselbe. ©f 6) Für Zoologie von 9 — 11 Uhr auf der Börse As 3. Herr Dr. I \ Hartlaub. fl] 7) Für Anatomie und Physiologie von 11 — I Uhr auf der Börse n f As 3. Herr Dr. Stachow. 8} Für Medicin und Chirurgie von 11- — 2 Uhr auf der Aula der Gelehrtenschule. Herr Dr. C. H. Schmidt. s 0 Die bei jeder Section genannten Herren werden die Güte haben, die Mit- glieder in die dazu bestimmten Locale einzuführen, und sie um Aufzeichnung ihrer Namen und der zu haltenden Vorträge zu ersuchen, worauf die Wahl der Präsidenten und Secretaire vorzunehmen ist. Ein schriftlicher Auszug jedes Vortrages muss nach beendigter Session dem Präsidenten eingehändigt werden, um von den Geschäftsführern für den späteren amtlichen Bericht benutzt werden zu können. 7. Eine Sammlung von Mineralien, Pflanzen und Thieren, nebst einer Aus- stellung von Blumen und Früchten, ist während der Dauer der Versammlung im Hause Seefahrt den Mitgliedern und Theilnehmern von Morgens um 9 Uhr bis Mittags um 3 Uhr geöffnet, und wird am 21. und 24. September von 12—2 Uhr, 4* 28 nach den beiden letzten allgemeinen Versammlungen, daselbst die öffentliche Ver- steigerung der eingesandten verkäuflichen Gegenstände stattfinden. 8. Auf Sonntag den 22. September werden die geehrten Gäste zu einer Lust- fahrt nach Bremerhaven mit den auf der Unterweser fahrenden Dampfschiffen eingeladen, welche Morgens 8% Uhr von Bremen abfahren und Abends zwischen 9 und 10 Uhr zurückkehren werden. $• 9. Verschiedene öffentliche und Privatsammlungen werden den Mitgliedern und Theilnehmern an bestimmten Tageszeiten zugänglich sein, worüber das Nähere in den Tageblättern bekannt gemacht wird. Verschiedene Festlichkeiten werden in besonderen Localen vorbereitet, worüber nähere Bestimmungen Vorbehalten bleiben. $. 10. Während der Dauer der Versammlung werden Fuhrgelegenheiten für Wege in der Stadt und zu Landpartien, so wie einige Schiffe zu Lustfahrten auf der Weser an geeigneten Orten bereit gehalten werden, und zu festgesetzten Preisen zu miethen sein. S- 11. Gebildete jeden Standes können zu allen Versammlungen und Festlich- keiten während der Dauer der Versammlung, so weit es der Raum gestattet, zugelassen werden und haben dazu besondere, auf einen bestimmten Tag lautende Eintrittskarten, welche unentgeltlich verabfolgt werden, auf dem Empfangsbureau im Stadthause J\s 5 eine Treppe hoch abzufordern. $. 12. Die Karten zu den gemeinschaftlichen Mittagstafeln in der Union werden Tags vorher offerirt, und kostet das Couvert 48 Gr. Gold. ► — Der Wein wird nach der Preisliste bezahlt. — Feierliche Toaste müssen bei einem der Geschäfts- führer vorgeschlagen werden. - — Für das grosse Mittagsmahl am 18. September 29 werden die Karten bei der Anmeldung im Empfangsbureau ausgegeben und kosten pr. Couvert 1 Thaler Gold. Bremen, den 15. August 1844. Die Geschäftsführer: Bürgermeister S m i d t. G. W. Focke, Dr. Med. Uebersicht der bis jetzt bekannten Verhandlungen und Geschäfte nebst geselligen Unterhaltungen etc. etc. für die einzelnen Tage nach der Zeit folge geordnet. Dienstag, den 17. September. 3 Uhr Mittagstafel in der Union. 5 Uhr Caffee in Sturen Garten. • — • 8 Uhr Reunion in der Erholung. Souper ä la carte im W einkeile r. Mittewochen, den 18. September. Morgens von 8 • — 10 Uhr Versammlung im unteren Raume der Börse.- — 10 Uhr. Erste allgemeine Versammlung auf der Rat h haus hal le. • — • Eröffnungs- rede des ersten Geschäftsführers. - — Vorlesung der Statuten durch den zweiten Geschäftsführer. — - Berichte über eingegangene Schreiben, Geschenke etc. von demselben. • — Vorträge. — Bildung der Sectionen. * — Einschreibung der Mit- glieder und der Vorträge, welche dieselben zu halten wünschen. • — Wahl der Präsidenten und Secretaire. — 3 Uhr Mittagstafel in der Union. — 8 Uhr Reunion in der Erholung. • — - Souper ä la carte in der Erholung, dem Wein- keller, der Union, den Gasthöfen und verschiedenen Clublocalen. Donnerstag, den 19. und Freitag, den 20. September. Morgens von 8- — '9 Uhr Versammlung im unteren Raume der Börse, von 9- — -11 Uhr Section für Mathematik, Astronomie, Geographie und Mechanik. „ 3, „ Mineralogie und Geognosie. „ „ „Botanik. „ „ „ Zoologie. 30 11 — 1 Uhr Sectio« für Physik. Chemie uod Pharmacie. „ „ „ Forst- und Land wirthschaft. „ „ Anatomie und Physiologie. 11—2 Uhr „ „ Medicin und Chirurgie auf der Aula der Gelehrtenschule. 3 Uhr Mittagstafel in der Union, * — • 8 Uhr Reunion in der Erholung. ► — • Souper ä la carte. Sonnabend, den 21. September. 8 ■ — 10 Uhr Versammlung auf der Börse. *- — 10 Uhr. Zweite allgemeine Versammlung auf der Rathhaus halle.' — Berichte des zweiten Geschäftsführers. ► — • Wahl des nächstjährigen Versammlungsortes. — Vorträge der Gelehrten. • — • 12 Uhr Versteigerung der Naturalien im Hause Seefahrt. — 3 Uhr Mittagstafel in der Union. — 8 Uhr Reunion in der Erholung, gär Souper ä la carte. Sonntag, den 2 2. September. 8% Uhr Abfahrt der Dampfschiffe nach Bremerhaven, 9 1/2 Uhr in Vegesack, iy2 Uhr Ankunft in Bremerhaven. » — Dejeuner dinatoire. ■ — 4 l/2 Uhr Rückfahrt nach Bremen. 9 . — 10 Uhr Abends Ankunft in Bremen. j rH* Souper ä la carte. Montag, den 23. September. 8 • — • 9 Uhr Versammlung im unteren Raume der B ör se. — 9 - — 2 Uhr Sectionen wie am Donnerstag und Freitag. • — 3 Uhr Mittagstafel in der Union.- — ■ 8 Uhr Reunion in der Erholung. ■ — Souper ä la carte. Dienstag, den 24. September. 8 • — -10 Uhr Versammlung im unteren Raume der Börse. — 10 Uhr. Dritte allgemeine Sitzung. * — • Berichte etc.— Vorträge der Gelehrten. • — Schluss- rede des ersten Geschäftsführers. • — • 12 Uhr Versteigerung der Naturalien im Hause Seefahrt. • — 3 Uhr Mittagstafel in der Union. • — 8 Uhr Abschieds- reunion in der Erholung. • — Souper ä la carte. ■ — • 31 Mn der zweiten Hälfte des Monats August wurde eifrigst darauf hingearbeitet, die im Programme bezeichneten Localitäten in geeigneter Weise für die Zwecke der Versammlung einzurichten, und im Anfänge des Monats September für den Empfang und die Quartiere der zu erwartenden Gäste gesorgt. Leider hatte sich nur eine geringe Anzahl derselben angemeldet, und nicht wenige Gelehrte mit Namen von gutem Klange sagten ihren Besuch noch kurz vor dem Beginne der Versammlung wieder auf, so dass manches der von Bremens Bürgern bereitwillig angebotenen Logis unbenutzt bleiben musste ■ — • letzteres namentlich auch, weil viele der ankommenden Gäste, bevor sie auf dem Empfangs- bureau erschienen, bereits für die Dauer ihrer Anwesenheit Quartier in den Gasthöfengenommen hatten- — -und manche Sorge über unnöthige Grossartigkeit unserer Anstalten wurde laut. Die letzten Tage beschwichtigten jedoch diese Besorgnisse * — • jeder Postzug. jedes Dampfboot brachte die Erwarteten aus allen Richtungen, und am Morgen des achtzehnten Septembers wogte in dem unteren Raume der Börse schon ein buntes Gedränge von Fremden und Einheimischen durcheinander, in welchem manche alte Bekanntschaft erneuert, manche neue eröffnet, und eine prü- fende Musterung der beiderseitigen Physiognomien oft der erste Keim zu persön- licher Bekanntschaft und inniger Befreundung solcher Gelehrten wurde, die früher nur von sich gelesen hatten. . Allgemeine Versammlungen. Erste allgemeine IHznns am 18. September 1844, Morgens 10 Uhr auf der oberen Hathhaus - Halle. ÜTachdem die Mitglieder und Theilnehmer der Gesellschaft aus den unteren Baumen der Börse sich auf die Halle des Rathhauses begeben, und zahlreiche fremde und hiesige Damen und Herren auf den Tribünen Platz genommen hatten, er- öffnete der erste Geschäftsführer die zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte mit folgender Rede: Mildem ich diese geehrte Versammlung in Bremens Mauern freundlichst willkommen heisse, liegt es mir zuvörderst ob, den aufrichtigsten Dank für das Vertrauen darzubringen, welches die im vorigen Jahre zu Grätz versammelten Genossen derselben, sowohl unserer Stadt, durch deren Wahl zu der gegen- wärtigen Zusammenkunft , als meinem Collegen und mir, durch ehrenvolle Auf- forderung, die Geschäftsführung bei derselben zu übernehmen, bezeugt haben. In der Erwiederung auf die von Seiten der Herren Geschäftsführer der 21. Versammlung deshalb erfolgte Anzeige, habe ich jedoch nicht unbemerkt lassen dürfen, wie mich diese Wahl nur überraschen und beschämen können, da ich bei allem Interesse an den im deutschen Vaterlande mit jedem Jahre ge- steigerten Fortschritten der Naturwissenschaften und der Heilkunde mich doch zu keinem Vertrauten derselben zählen dürfe; wie ich daher den angebotenen Ehrenplatz nur unter der Voraussetzung anzunehmen vermöge , dass die geehrten Theilnehmer an der 22. Versammlung bei allen mit der Geschäftsführung derselben verbundenen wissenschaftlichen Aufgaben und Anordnungen nur auf die Einsichten, wie auf die durch das kräftigste Lebensalter unterstützte Thätigkeit des mir dabei zugeordneten würdigen Collegen würden rechnen wollen. Als eigne Aufgabe ist mir daher nur die Sorge und das Bestreben übrig geblieben, den Zwecken der 36 Gesellschaft auf dem von ihr für die gegenwärtige Zusammenkunft gewählten Boden als vermittelndes Organ zu dienen und hierin mich nach besten Kräften förderlich zu erweisen. In diesem Sinne liegt mir zuvörderst ob, den Wunsch unserer Republik zu rechtfertigen , dass auch sie nicht länger fehlen möge in der Reihe der von dieser Gesellschaft zu ihren Sammelplätzen ausersehenen deutschen Städte. Es ist aber diese Rechtfertigung, einer Versammlung gegenüber, welche seit einer Reihe von Jahren fast nur Universitäten oder Residenzen zu ihrem Ver- einigungspunkt gewählt, mithin an die Vortheile und Begünstigungen solcher Städte sich gewöhnt hat, in der Tliat nicht leicht. Schon Bremens Lage in Deutschlands nordwestlichstem Winkel begünstigt keinesweges das Zusammentreffen von den verschiedensten Orten aus, wo das heilige Feuer der Wissenschaft seine hervorragendsten Altäre bei uns gefunden. Unweit der Mündung eines der wenigen dem Ocean zuströmenden deutschen Flüsse belegen, ist Bremens Fronte dem Auslande zugekehrt. Seewärts ankommende Fremde beleben seine Strassen, und von seinen deutschen Besuchern steht die Mehrzahl im Begriff, dem Vaterlande selber fremd zu werden, um jenseits des Oceans eine neue Heimath zu suchen. Von einem Austausche wissenschaftlicher Bestrebungen kann dabei , wie überhaupt in einer Handelstadt , wo die Förderung materieller Interessen den Vordergrund einnehmen muss, nur in einzelnen Kreisen die Rede sein. Und da diese Stadt zugleich den Kern eines kleinen, republikanisch regierten Staates bildet, so ist zu einer Begünstigung und Pflege geistiger Ten- denzen von Oben herab auch nur beschränkter Raum vorhanden. Mäcene pflegen auf solchem Boden erst aufzukommen, wenn die Blüthe der Freiheit abzusterben beginnt. Wenn wir nun auch nicht in Abrede stellen wollen und dürfen, dass Zweige ernster Wissenschaft auch in einer Handelsrepublik aufblühen, dass sie auch ohne Protection von Oben Früchte bringen und dankbare Anerkennung finden können bei Zeitgenossen und Nachkommenschaft; • — • wenn wir Ihnen auch während Ihres Hierseins durch einige redende Beweise darzuthun hoffen , dass im Lande der Chauken keine cimmerische Finsterniss vorwalte; wenn wir selbst einige der Wissenschaft gewidmete Huldigungen aufgespart haben, um sie durch Ihre Gegen- wart geweiht zu sehen; • — • so lassen sich die angeführten, unserer Theilnahme an der Cultur derselben ungünstigen Momente doch einmal nicht wegläugnen. Glücklicherweise fehlt ihnen jedoch auch die Kehrseite nicht, und im Blick auf diese möchte auch hier eine wechselseitige Berührung der Extreme, eine Ver- mittelung der Polaritäten deks Welthandels und der Naturforschung, nicht gar zu fern liegen. Denn dem Betriebe des Welthandels in einer »Seestadt ist eine ähnliche geistige Anregung, wie die Pflege der Naturwissenschaften sie fordert, nicht fremd. Auch er nimmt eine Aufmerksamkeit in Anspruch , welche den Blick gleichzeitig auf universelle, wie auf individuelle Verhältnisse zu richten, Zusammen- hang und Wechselwirkung aller Erscheinungen zu 'würdigen nöthigt. Auch er erschrickt nicht vor Schwierigkeiten , auch er ist befähigt und geübt Mittel und We ge mit ausdauernder Anstrengung zu suchen und zu finden. \ — Ist der Be- wegungs-Nerv dieses Betriebes doch die täglich wiederkehrende Frage : In welcher Gegend der Erde walten Bedürfnisse des Austausches von Naturerzeugnissen, (denen selbstredend auch jedes Kunstproduct sein Materiale verdankt,) vor? • — von welcher Art, in welchem Maasse, und aus welcher Ursache? ■ — Wo ist daher Mangel, wo ist Ueberfluss, wie ist jenem durch diesen ausreichend zu begegnen, und zwar auf welchem leichtesten, auf welchem sichersten Wege? Ist es zu verkennen, dass zu einer zweckmässigen Beantwortung solcher Fragen Handelsverkehr und AVissenschaft sich die Hand zu reichen genöthigt, dass sie zu wechselseitiger Hülfleistung fortwährend aufeinander angewiesen sind ? und muss es nicht überflüssig erscheinen, dies in detaillirter Anwendung auf die einzelnen Zweige der Naturkunde durchzuführen und zu zeigen, wie in keiner der Sectionen, unter welche diese geehrte Versammlung ihre Arbeiten zu vertheilen pflegt, Fragen aufgeworfen oder gelös’t werden, die nicht in grösserem oder ge- ringerem Grade auch das Interesse des Welthandels in Anspruch nehmen? Dürfte es doch selbst nicht schwer sein, durch Induction nachzuweisen, dass es weder in älterer noch in neuerer Zeit einen nennenswerthen Handelszweig gegeben habe, dessen Betrieb nicht durch wissenschaftliche Anstrengung, wo nicht begründet, doch erleichtert und vervollkommt worden. Au der andern Seite aber werden auch die Pfleger sämmtlicher, der Naturforschung zugewandten Wissenschaften ebensowenig zu übersehen im Stande sein, welche Hülfsmittel zur Erleichterung ihrer Forschungen, wie zur Berichtigung ihrer Erfahrungen sie dem Welthandel verdanken. Es Avird dazu nur einer auf- merksamen AVürdigung der ganz einfachen Frage bedürfen, ob es den angestreng- testen Bemühungen denn möglich geAvorden sein Avürde, die Höhe zu erklimmen, zu welcher alle ZAveige der Naturwissenschaft sich allmählig erhoben haben, Avenn die Vermittelung des Welthandels dabei gefehlt hätte, sei es nun, um die Mate- rialien zugänglich zu machen und herbeizuschaffen, durch deren Zerlegung, 38. Vergleichung oder veranlasste Wechselwirkung die Wissenschaft dergestalt fortgeschritten. — oder sei es durch Erleichterung der Gelegenheit, den mannig- fachsten Naturerscheinungen an den verschiedenen Punkten unseres Planeten gleiche, und wo es erforderlich, selbst gleichzeitige Aufmerksamkeit widmen zu können. Es besteht also ein innerer Zusammenhang, eine Art von prästabilitirter Harmonie zwischen den beiderseitigen Tendenzen; Naturforschung und Welthandel begegnen sich, und reichen sich befreundete Hände auf frei gewählten Wegen. Jeder wandelt dann selbstständig weiter, früheren Zusammentreffens eingedenk und fernerer Treffpunkte gewärtig. Lassen Sie es sich daher nicht gereuen, verehrte und befreundete Gäste, dass Sie, statt zu Ihrem diesmaligen Vereinigungspuncte eine der berühmten Pflegestätten der Wissenschaft in unserm Vaterlande zu Avählen, an denselben vorübergehend sich an eine seiner entlegenen zur Vermittelung seines Welt- verkehrs bestimmten Pforten begeben haben . um zur Abwechselung auch einer der angedeuteten Handhaben der Intelligenz gemeinsame Aufmerksamkeit widmen zu können. — Begegnet Ihnen in unseren Mauern eine geringere Anzahl von Genossen Ihrer bisherigen Forschungen, Sie werden der Männer, die sich in fernen Welttheilen umgesehen und praktisch bewegt , eine desto grössere finden. Es wird Ihnen daher an solchen Theilnehmern nicht gebrechen, welche die Re- sultate Ihrer Bestrebungen mit lebendigem Interesse aufzufassen, einzelne Hypothesen durch ihre Erfahrungen zu bestätigen, gegen andere vielleicht Zweifelsgründe geltend zu machen, durch das alles aber zu weiterem Fortschreiten anzuregen, geeignet sind. Hie Vortheile des jährlichen Wechsels Ihres Versammlungsortes haben ihre subjektiven und objectiven Seiten, r— Das alte: tempora mutantur et nos mutamur in illis . findet auch auf Orts Veränderungen seine Anwendung. > — ? Wir leben in der Zeit der freien Associationen! Versuchen Sie es daher immer, ob ungewöhnliche Fraternisirungen nicht neue und fruchtbringende Wahl- verwandtschaften herbeiführen. • — * Neben Minerva fand auch Merkur seinen Platz an der Tafelrunde der Götter. Lassen Sie es sich eben so wenig gereuen, sich zu Ihrer Zusammenkunft statt einer fürstlichen Residenz auch einmal eine kleine Republik ausersehen zu haben. Entsteht Ihnen dadurch die Gelegenheit, sich im Glanze eines Hofes zu sonnen, die Aufmerksamkeit mächtiger Gönner auf Ihre Leistungen in Anspruch zu nehmen, und auf diesem Wege vielleicht bedeutende Unterstützungen gross- artiger wissenschaftlicher Versuche und Unternehmungen in’s Leben geführt zu sehen, so vermögen wir Ihnen diese Einbusse freilich nicht zu ersetzen. Denn 39 der Regierung eines Freistaates ist weniger die Rolle eines Führers, als die eines Verkündigers der öffentlichen Meinung beschieden. Sie hat sich vorzugsweise in der Gestalt eines Regulators geltend zu machen , und vermag daher nur vom Gegebenen zu spenden. Sie hat schon vorhandene Tendenzen zu verfolgen, be- reits eingeschlagene Richtungen ihrem Ziele zuzuführen, kurz das Gemeingültige gemeingeltend zu machen. Gunstbezeugungen, wie sie nur in den Luftschichten oberer Regionen gedeihen, müssen wir daher zu den Orchideen zählen, die einmal bei uns nicht heimisch sind. Es keimt und sprosst auf commerciellem republikanischem Boden jedoch Manches, was der sogenannten Gelehrten-Republik, (die eines festen pied ä terre ermangelnd, auch mit einer rankenden Luftpflanze verglichen werden könnte,} stützend entgegen zu wachsen sich eignen dürfte. Zuvörderst die Gemeinsamkeit des alten Wahlspruchs: Laissez nous faire! * Lasst uns nur gewähren! Wollet uns nicht bevormunden! Verschont uns mit Systemen, die nicht dem Lebendigen entsprechen, sondern denen umgekehrt das Lebendige sich unterordnen soll ! Hemmt uns die freie Beweglichkeit nicht ! Gönnt uns Ruhe zu unseren Versuchen, und, wenn sie mitunter misslingen sollten, lähmt uns durch Absprechen nicht den Muth! Wollet auch das Gras nicht täglich wachsen sehen und die Halme zählen, ehe die Frucht gereift ist. « — • In allen diesen Stossseufzern sprechen sich unverkennbare Sympathien aus; denn nur in der Atmosphäre der Freiheit gedeiht der Handel wie die Wissenschaft. Gleich dem durch den Welthandel eröffneten Verkehr erstreckt sich auch die Gelehrtenrepublik, und namentlich in ihren hier vertretenen Zweigen, über alle gebildete Völker der Erde, und erblickt in den Ungebildeten ein ihr geöffnetes Missionsgebiet und einstiges Erbtheil. Die Propaganda beider wird nicht von dem Sehwerdte, sondern von der Palme des Friedens geleitet. Beide wollen nicht erobern, um zu behalten, sondern um auszutauschen , was wechselseitig frommt. Ist ihre Tendenz auch wesentlich kosmopolitisch, weil ihre Aufgabe es mit sich bringt, durch Natur und Willkührgrenzen getrennte Kinder eines Vaters wiederum zu einen, so haben sie darum nicht Verzicht geleistet auf die Liebe zum ange- stammten Vaterlande. Ihr Trachten geht vielmehr dahin, den Patriotismus seiner egoistisch -politischen Färbung zu entäussern, die alles Erworbene für sich zu behalten oder nur dem nächsten Erben zu hinterlassen strebt. Sie glauben da- gegen das Vaterland zu ehren und die Liebe zu demselben in voller Reinheit darzustellen mittelst reger Theilnahme an dem Wetteifer der Völker, Früchte zu 40 sammeln vom Baume der Erkenntnisse zu steigender Befähigung, zu potenzirter Stärkung gemeinsamer .Lebenskraft. Es gehört wie gesagt, zu den Eigentümlichkeiten eines Freistaats und eines Handelsstaats insbesondere, dass sein socialer Organismus, wenn ich mich so ausdrücken darf, von unten auf erwächst, dass die Ueberzeugung von der Zweckmässigkeit und dem Erforderniss dieser oder jener gemeinsamen Anstalten bereits in der öffentlichen Meinung Wurzel getrieben haben muss, ehe der Staat diese Ueberzeugung auch als die seinige erfasst und die Anstalten mit den Stützen versieht, wodurch sie zu öffentlichen Instituten erhoben werden. Ist mithin der Boden eines solchen Staats für die Cultur jedes Saamens , der auf dem Felde freier Associationen ausgestreut worden, vorzugsweise empfänglich, so macht sich diese Empfänglichkeit auch da geltend, wo solchen Tendenzen Raum und Förde- rung gegeben werden soll, die sich nur in ausgedehnteren, die Gränzen der eigenen Staatsgesellschaft überschreitenden freien Verbindungen zu verwirklichen vermögen. Eine freie Verbindung dieser Art, verehrte Herren, ist die Ihrige — ■ und die Consequenzen der eben angeführten, zwischen Ihren Bestrebungen und den in unserm Freistaate vorherrschenden Richtungen bestehenden Analogie, liegen heute doppelt klar vor Ihren Blicken. Jene Empfänglichkeit musste zunächst den Wunsch erzeugen, dass unser Gemeinwesen auch einmal von dieser Gesellschaft als Stätte ihres Wirkens ausersehen werden möge. Es musste ferner sich daran sofort die Frage reihen, auf welche Weise Bremen die Zwecke ihrer Verbindung am besten zu fördern vermöge, ■ — mit ihr der ernste Wille, seine desfallsigeü Bestrebungen in einer dieser Genossenschaft würdigen Gestalt erscheinen zu lassen. Hier waren nun selbstredend Bremens geographische Lage und seine daraus hervorgehenden Handels- und Schifffährtsverbindungen vor allen anderen in Betracht zu ziehen. Bremen besitzt über zweihundert, der Mehrzahl nach dem transatlantischen Verkehr gewidmete Seeschilfe, deren Kiele die Meere aller Welttheile durchfurchen, deren kenntnissreiche und erfahrene Führer alle Häfen zu finden wissen. Dazu kommt, dass die eigenthüm liehe Art des Bremischen Handelsbetriebes die Etabli- rung von Commanditen an den Hauptemporien der Fremde und Aussendung von Handelsagenten nach allen Gegenden mit sich bringt; dass hiezu fähige und ver- traute Männer gewählt werden, welche, der Vaterstadt angehörend, die angeborne Liebe zu dieser auch im Auslande nicht verlieren. In der Regel waltet bei Allen die Absicht einstiger Rückkehr vor, um die letzte Hälfte ihres Lebens in der 41 Heimath zu beschliessen. — Der Wunsch, daselbst nicht vergessen zu werden, die Neigung, sich um dieselbe verdient zu machen, treten davon als Selbstfolge ein. Der Gedanke, diese Verbindungen nicht unbenutzt zu lassen, um zu einer Vermehrung des Materials der den deutschen Naturforschern für ihre Unter- suchungen zu Gebote stehenden und dafür geeigneten Gegenstände nach Kräften beizutragen. lag so nahe, und die Berücksichtigung der dazu erforderlichen Zeitfrist gestattete so wenig Aufschub, dass sofort auf die Ausführung dieses Planes Bedacht genommen werden musste. Bereits im November vorigen Jahres wurden daher zu solchem Zwecke gedruckte Aufforderungen erlassen, die allen seitdem von hier nach geeigneten Gegenden abgegangenen Schiffscapitains mitgegeben und deren Beförderung ausserdem den vorzüglichsten Schiffsrhedern so wie den im Auslande etablirten Genossen und Agenten hiesiger Handelshäuser bestens em- pfohlen wurde. Der Inhalt dieser Aufforderung wird Ihnen durch mehrere öffentliche Blätter, in welchen dieselbe einen Platz gefunden, bereits bekannt geworden sein. lieber die nicht ungünstig ausgefallenen Erfolge dieses ersten Versuches, wie über die Möglichkeit von Wiederholungen desselben mit noch bedeutenderem Erfolge, bei zeitigerer Vorbereitung und genauerer Zweckbestimmung, wird Ihnen mein Herr College berichten, dem ich es auch überlassen muss, den Faden wieder aufzunehmen, welcher in den allgemeinen Sitzungen der 21. Versammlung auf Anregen eines allgemein verehrten deutschen Fürsten angeknüpft ward, um die gemeinsamen Bestrebungen der deutschen Naturforscher und Aerzte zu höherer Entwickelung und reicheren Resultaten gelangen zu lassen. Schliesslich können wir Ihnen und uns zu der erneuten Fortsetzung Ihrer Gesammtthätigkeit nur Glück wünschen. Scheint es doch, als ob unser Jahr- hundert dazu ausersehen sei, den Naturwissenschaften ihr goldenes Zeitalter tagen zu lassen. Alle Auspicien deuten günstig darauf hin. Glaube und Vertrauen zur Erhaltung des allgemeinen Friedens gewinnen mit jedem abermaligen Fehl- schlagen der auf Störung desselben gerichteten Versuche festeren Boden. Die Gemüther werden dadurch für das Ueberwiegen der ruhigen Stimmung, welche das Element wissenschaftlichen Fortschreitens bildet, immer empfänglicher gemacht. Schon beginnt die öffentliche Meinung auf dieser Bahn entschieden vorzugehen und den zu Kampf und Zwietracht lockenden Stimmen politischer Parteien in gleichem Maafse zu misstrauen, als sich die Schlacken niederer Leidenschaften und selbstsüchtiger Beweggründe dabei immer mehr zu Tage stellen. Denn nur ein reines und Allen gemeinsames Interesse kann sich zu einem wahrhaft lebendigen gestalten. Wo aber könnte diese Gemeinsamkeit unumwundenere Anerkennung 6 42 finden als in der Sphäre derjenigen Kenntnisse, welche den Menschen durch fort- während gesteigerte Kunde jeder Naturgewalt zu ihrem Gebrauche befähigen, vor ihren Schrecknissen sicher stellen ! — Selbst die reellen Conflicte des Tages, woher anders kann ihnen unparteiische und wirksame Schlichtung zu Theil werden, als durch Hülfe der Pfleger jener Wissenschaften, deren Streben ihrer Natur nach nur dahin gerichtet ist, die vorhandenen Knoten socialer Verhältnisse wahrhaft zu lösen, und damit die Gebäude der Staaten, wo sie zu wanken beginnen, statt sie zu untergraben, vielmehr zu befestigen. Der nicht mehr zu vermeidende Uebergang der Handarbeit zur Maschinenthätigkeit und was sich von Pauperismus, Communismus, und wie die Eumeniden unserer Tage sonst Namen haben mögen, in seinem Gefolge zeigt, wo werden die heilenden Aerzte derselben anders zu finden sein, als in den Reihen derer, die den Gang der Natur zu erforschen, ihre verborgenen Kräfte ans Licht zu bringen und das ZAveckmässigste Eintreten ihrer Vermittlung zu allgemeiner Anerkennung zu erheben vermögen? Ja, es wird der Tag kommen, und seine Morgenröthe winkt uns schon, wo die Grösse der Armeen und Flotten eines Staats zum Maafsstabe seines Machtverhältnisses nicht mehr ausreicht, wo vielmehr die intellectuellen Kräfte, welche er aufzubieten vermag, um die Wissenschaft weiter zu bringen, in den Vordergrund seines Einflusses auf die Weltbegebenheiten treten. • — • Wenn dann physische Uebermacht der geistigen den ihr gebührenden Rang einzuräumen ge- nöthigt wird, und damit auch den Sirenenklängen Napoleonischer Kriegsglorie die bethörende Zauberkraft benommen ist, • — dann wird man nicht mehr träumend, sondern mit vollem Bewusstsein sich zu den Fernröhren drängen dürfen, die uns fröhliche Aussicht eröffnen auf ewigen Frieden. Im Hinblick auf diesen Hoffnungsstern schliessend, erkläre ich die 22. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte hierait eröffnet. MMierauf verlas der zweite Geschäftsführer folgende Statuten: Statuten der Gesellschaft deutscher Natur- forscher und Aerzte: §. 1. Eine Anzahl deutscher Naturforscher und Aerzte ist am 18. September 1822 in Leipzig zu einer Gesellschaft zusammengetreten, welche den Namen führt: Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte. §. 2. Der Hauptzweck der Gesellschaft ist: den Naturforschern und Aerzten Deutschlands Gelegenheit zu verschaffen, sich persönlich kennen zu lernen. 43 §. 3. Als Mitglied wird jeder Schriftsteller im naturwissenschaftlichen und ärztlichen Fache betrachtet. §. 4. Wer nur eine Inaugural - Dissertation verfasst hat. kann nicht als Schriftsteller angesehen werden. §. 5. Eine besondere Ernennung zum Mitgliede findet nicht statt, und Diplome werden nicht ertheilt. §. 6. Beitritt haben alle, die sich Avissenschaftlich mit Naturkunde oder Medizin beschäftigen. §. 7. Stimmrecht besitzen ausschliesslich die bei den Versammlungen gegenwärtigen Mitglieder. §. 8. Es wird Alles durch Stimmenmehrheit entschieden. §. 9. Die Versammlungen finden jährlich und zwar bei offenen Thüren statt, fangen jedesmal mit dem 18. September an und dauern mehre Tage. §. 10. Der Versammlungsort wechselt. Bei jeder Zusammenkunft wird derselbe für das nächste Jahr vorläufig bestimmt. §. 11. Ein Geschäftsführer und ein Secretair, welche im Orte der Ver- sammlung wohnhaft sein müssen, übernehmen die Geschäfte bis zur nächsten V ersammlung. §. 12. Der Geschäftsführer bestimmt Ort und Stunde der Versammlungen und ordnet die Arbeiten, weshalb Jeder, der etwas vorzutragen hat, es demselben anzeigt. §. 13. Der Secretair besorgt das Protokoll, die Rechnungen und den Briefwechsel. §. 14. Beide Beamten unterzeichnen allein im Namen der Gesellschaft. §. 15. Sie setzen, erforderlichen Falls, und zwar zeitig genug, die betref- fenden Behörden von der zunächst bevorstehenden Versammlung in Kenntniss, und machen sodann den dazu bestimmten Ort öffentlich bekannt. §. 16. Es werden in jeder Versammlung die Beamten für das nächste Jahr gewählt. Wird die Wahl nicht angenommen, so schreiten die Beamten zu einer andern; auch wählen sie nöthigenfalls einen andern Versammlungsort. §. 17. Sollte die Gesellschaft einen der Beamten verlieren, so wird dem Uebrigbleibenden die Ersetzung überlassen. Sollte sie beide verlieren, so treten die Beamten des vorigen Jahres ein. §. 18. Die Gesellschaft legt keine Sammlungen an, und besitzt, ihr Archiv ausgenommen, kein Eigenthum. Wer etwas vorlegt, nimmt es auch wieder zurück. 6* 44 §. 19. Die etwaigen geringen Auslagen werden durch Beiträge der an- wesenden Mitglieder gedeckt. §. 20. In den ersten fünf Versammlungen darf nichts an diesen Statuten geändert werden. Im Aufträge der Gesellschaft der Geschäftsführer Dr. Friedrich Schwägrichen. der Secretair Dr. Gustav Kunze. und knüpfte daran folgende Bemerkungen: Diese Statuten, das Palladium einer ungeschmälerten Freiheit für deutsche wissenschaftliche Forschung, liefern ein seltenes Beispiel, wie in dem Feuer der ersten Begeisterung für eine erhebende Idee, der richtige Tact geübter Forscher sich in den Schranken einer solchen Mässigung zu halten wusste, dass nach Verlaut eines Vierteljahrlmnderts noch dieselben Gesetze einer nächsten Generation als Richtschnur dienen werden. Denn das Resultat einer Prüfung aller für die Ver- sammlung zu Mainz eingereichten Motionen war die Bestimmung, dass bis zum Jahre 1847 weitere Vorschläge zu einer Veränderung der ursprünglichen Statuten nicht angenommen werden sollen. — Die im vorigen Jahre zu Grätz von einem hochherzigen Förderer der Wissenschaften beantragte und von allen Seiten so freudig begrüsste Vereinbarung zur Ausarbeitung von Referaten über die Fort- schritte jedes letzten Jahres in den einzelnen Zweigen der Wissenschaft, kann erst, nachdem diese Angelegenheit in den Sectionssitzungen zur Sprache gebracht ist, der Gegenstand eines Berichtes an die allgemeine Versammlung werden. Persönliche Bekanntschaft und dadurch bewirkter Austausch der Ideen haben in Folge der früheren Versammlungen auf erfreuliche Weise unter den deutschen Gelehrten zugenommen, und spenden gewiss durch die individuelle An- regung zu Combinationen und Schlüssen, und daraus hervorgehenden gediegeneren und reiferen Geistesarbeiten einen wesentlichen Nutzen. Denn unumschränkt, wie überall, herrscht auch im Gebiete der Wissenschaft die Macht des Gedankens, und nur sie lässt uns den unermesslichen Reichen der Natur Vortheile abgewinnen, welche die sorgfältigste, aber planlos angewandte Prüfung, und den colossalsten, aber doch nur langsam vorriickenden Fleiss, in Schatten stellen. Gewiss, jede Beobachtung, die unbekannte Thatsachen an’s Licht zieht, fördert die Wissenschaft, indem sie den Kreis unserer Kenntnisse erweitert; aber was wiegen hundert und aber hundert solcher Beobachtungen auf der Waage 45 einer gesunden Kritik gegen eine Schlussfolgerung, die ein Genie aus scharfsinnigen Combinationen zog, und mit Erfolg auf unerreichte Sphären anwendete. Diesen, den geistig begabteren Jüngern Minervens verdanken wir die wesentlichsten Fort- schritte der Wissenschaft und nur ihnen sollte der Dienst im Tempel dieser Göttin anvertraut sein. * — Doch woher die Genies nehmen? — Mag nun ihre geistige Befähigung in einem Mehr oder einem Besser gegen andere Erdensöhne bestehen, gewiss ist, dass menschliche Kräfte weder auf Hervorbringung noch Ausbildung derselben je den geringsten Einfluss ausgeübt haben. Selbst ein Genie wird jedoch leicht auf Irrwege gerathen, wenn es nicht an der Hand der Erfahrung den schwierigen Pfad durch das Labyrinth der Forschung aufsucht, und nichts kann ihm förderlicher sein, als der Reichthum an dieser Mitgift ; und wenn Avir daher die geistigen Fähigkeiten der künftigen Forscher weder schaffen noch ausbilden können, so werden wir doch einen Einfluss auf die Fortschritte der Wissenschaften gewinnen, wenn wir in dem Materiale, worauf sie fussen sollen, tüchtiger Vorarbeiten, und wie bei einem heiligen Kriege jeder Bürger seines Landes die Waffen ergreift, so gilt es hier, aus jedem Individuum einen Beobachter zu machen. - — « Welches Land, welche Quadratmeile liefert nicht Naturkörper, die an anderen Orten unbekannt, der Wissenschaft doch wesentlichen Nutzen bringen, indem sie als Belege für die Richtigkeit der Resultate früherer Forschungen dienen und zu weiterer Ausdehnung derselben Veranlassung werden können. Gleichgültig geht der Eingeborene des Landes an ihnen vorüber, und nur ein anderer, als der wissenschaftliche Nutzen, kann ihn zum Einsammeln und Auf- bewahren derselben veranlassen. Allerdings lässt sich eine Zeit denken, avo auch bis zu ihm das Licht der Wissenschaften dringt, und ein edleres Interesse ihn zu schärferer Beobachtung auffordert. Aber wann Avird diese Morgenröthe tagen? Giebt es kein anderes Mittel? Keines, Avelches rascher zu diesem ersehnten Ziele führen würde? ■ — Gewiss! und zwar ein sehr einfaches: if-'* — • * — - Erkläre man nur, dass diese Naturkörper geschätzt Avürden, dass man sie für Geld und GeldeSAverth einzutauschen bereit ist, • — - und selbst der indolenteste Wilde Avird, wie durch einen Zauberschlag veiAvandelt, eifrig darnach suchen, und sie sorgfältig bewahrt zu Markte bringen. Ja dieser Umstand wird ihn veranlassen, solche Gegenstände sorgfältiger in’s Auge zu fassen, und vielleicht Erfahrungen zu sammeln, welche einem Gelehrten nie zugänglich geworden Avären. • — GeAviss ist dieses Mittel höchst prosaisch, • — aber es giebt kaum ein anderes, und es hilft ganz sicher. » — 46 Die Abstände, welche der Länge und Breite nach die Zonen von einander trennen, scheinen die Verschiedenheit der Naturkörper, welche sie hervorbringen, wesentlich zu bedingen. Zuerst vereinzelt, sammeln sich mehrere derselben auf den grösseren Handelsstrassen, und finden so ihren Weg zu den öffentlichen oder Privatsammlungen, in welchen grosse Seltenheiten zwar gleich Platz finden, häufiger vorkommende Artikel jedoch nur aufbewahrt werden, um sie gegen andere ein- zutauschen. Viele verbleiben im Besitze von Privatleuten, welche weder ihren Werth zu beurtheilen im Stande sind, noch durch eine zweckmässige Aufbewah- rung für die Erhaltung derselben sorgen können. So giebt es in vielen Händen an unzähligen Orten zerstreut ein ungeheures wissenschaftliches Capital, welches nicht nur gänzlich lahm liegt, sondern sich auch in sich selbst abnutzt und allmählig aufzehrt. — Wie ist dem abzuhelfen? Der erste Schritt dazu müsste doch gewiss in der Vereinigung dieses Materials und derer, die es zu schätzen wissen, auf einem Punkte bestehen. Man wird den Markt für den objectiven Stoff * — • die Materie • — auch dahin verlegen müssen, wo der Tauschhandel mit den subjectiven Ideen • — der Kraft • — • bereits eingebürgert ist. • — Wir haben , scheu und zögernd, diesen ersten Schritt gethan. * — • Es fragt sich nur, wohin er führt? und ob nach Jahr und Tag sich Jemand findet, der unseres Fusses Spur noch eines Blickes würdigt? • — • Allen, welche direct oder indirect, nah oder fern, die Zwecke, welche wir in Veranlassung dieser Versammlung verfolgen zu müssen geglaubt haben, durch Bath und That zu fördern bemüht gewesen sind, sprechen wir hiedurch öffentlich unseren tiefgefühlten Dank aus. Für besondere Mittheilungen von Abhandlungen für die 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte sind wir ferner ausser den in hiesiger Stadt gewidmeten Schriften verpflichtet : 1) Herrn Dr. Christian Weiglein in Grätz für Uebersendung von etwa 70 Exemplare seiner Schrift: Diätetische Fragmente für Aerzte und gebildete Laien. Grätz , 1842. 2) Herrn Professor Agassiz in Neuchatel für Uebersendung von 50 Exem- plaren seines : Tableau general des poissons fossiles rangäs par terrains. Neuchatel, 1844- 3) Herrn Dr. E. F. Mauz in Esslingen für Mittheilung einer Ab- handlung: „Beobachtungen über den Kornbrand “ nebst dem eben er- 47 schienenen zweiten Hefte seines : „ Archiv für Natur - Heilkunde und Agricultur. TV ürzburg, 1844.“ 4) Herrn Professor C. H. Schultz in Berlin für Übersendung seiner Schrift : ^ Die Entdeckung der wahren Pflanzennahrung. Mit Aussicht zu einer Agricultur-Physiologie. Berlin 1844.“ 5) Herrn Dr. F. W. Heidenreich in Ansbach für Zusendung einiger Exemplare seiner Schrift: „Die Verkehrtheit in der Erziehung und Bildung der weiblichen Jugend. Ansbach , 1844- Mit Bezugnahme auf die Anregung dieses Gegenstandes bei der Versammlung in Braunschweig.“ 6) Herrn Dr. A. F. Leisnig in Würzburg für eine übersandte Ab- handlung über ein neues Trepanations -Verfahren nebst den von ihm erfundenen Instrumenten etc., zur Begutachtung. 7) Herrn A. Th. Nalil in Cassel für seine „Meteorologische und naturhistorische Chronik des Jahres 1842. Heft 1. u. 2.“ und „Meteoro- logische und naturhistorische Annalen des Jahres 1843. Heft I. u. II. Darmstadt , 1843. und Heft III. 1844.“ 8) Herrn Dr. A. Müliry in Hannover für eine Anzahl Exemplare seiner der 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ge- widmeten Schrift: „Ueber die historische Unwandelbarkeit der Natur und der Krankheiten. Hannover 1844.“ 9) Herrn Hofrath Dr. H. A. Peez in Wiesbaden für eine sehr bedeutende Anzahl seiner der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Bremen gewidmeten Abhandlung: „Bemerkungen über die Thermen zu Wiesbaden oder kleine Beiträge zur Pathologie , Diagnostik und The- rapie nicht genug beachteter Zustände, und ihrem Verhältniss zu den Heilquellen. I* W iesbaden 1844.“ 10) Herrn Dr. F. X. Czykanek für Einsendung seiner Abhandlung: „Einige Worte über die sicherste und rationellste Methode die typhösen Fieber zu behandeln. Vor getragen in der k. k- Gesellschaft in Wien am 31. Mai 1842.“ Diese sämmtlichen Schriften werden den Wünschen der Herren Einsender entsprechend in den betreffenden Sectionen vorgelegt, vertheilt und begutachtet, worüber in den Sectionsprotocollen und im Tageblatte die näheren Nachweisungen zu finden sein werden. 48 Ferner gingen folgende Zuschriften ein: 1) Durch Herrn Kammerrath Waitz aus Altenburg von dem Directorium der naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes. An die zwei und zwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. D ie naturforschende Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg, welche stets mit dem grössten Interesse auf die Concentrationspunkte deutscher Gelehrsamkeit hinblickt, und ihre Theilnahme an einem wissenschaftlichen Zusammenwirken bisher nach Kräften immer zu bethätigen suchte, wünscht auch in diesem Jahre bei der zweiundzwanzigsten Versammlung der Naturforscher und Aerzte zu Bremen durch ein sie repräsentirendes Mitglied vertreten zu sein. Sie sendet daher mit der Versicherung 'ausgezeichneter Hochachtung gegen denVerein und mit freundlichem Grusse einen ihrer Directoren, Herrn Kammerrath Waitz, zu persönlicher Theil- nahme an den dortigen Verhandlungen. Die hochansehnliche Versammlung wolle diesen ihren Stellvertreter freundlich aufnehmen und versichert sein, dass unsere Gesellschaft für den bevorstehenden fortschreitenden Entwickelungsgang der Wissenschaften durch die diesjährige Vereinigung der individuellen Kräfte zu einem grossen Ganzen die schönsten Hoffnungen hegt. Altenburg, den 4. September 1844. Das Directorium der naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes Graf Beust. Johann Heinrich Apetz. 2) Von Herrn Ph. He pp in Strassburg der Bericht über die zehnte Versammlung des Congres scientifique de France mit folgendem Schreiben: Congres scientifique de France. • — Dixieme Session. Strasbourg, le 14. Aöut 1844. Le Secretaire general de la dixieme Session ci Messieurs les Secretaires generaux de la 22'. Session du Congres des naturalistes et medecins allemands reuni a Breme. Messieurs. #J’ai l’honneur de vous adresser, par l’entremise obligeante de M. le Docteur Sonnenburg de votre ville, le Compte rendu de la 10. Session du Congres scientifique de France, tenue ä Strasbourg en September 1842. Veuillez agreer 49 l’hommage de vos confrSres reunis ä Strasbourg comme l’expression de ia vive Sympathie, qui les anime pour les travaux de la Science allemande et des voeux sinceres. qu’ils forment pour la prosperite de leurs nobles voisins. En prenant la liberte d’attirer l’attention de votre illustre assemblee sur la societe encyclopedique des bords du Rhin, et en vous priant, Messieurs, de vouloir bien lui soumettre la publication speciale qui la concerne, je m’empresse de vous offrir, Messieurs et tres honores Collegues, l’expression de ma haute consideration et de mes sentimens respectueux. J;ai l’honneur d£tre Messieurs Votre tres humble et tres obeissant Serviteur G. Ph. Hepp. 3J Erhalten wir heute durch Herrn Professor Pliening er aus Stuttgart folgende Anzeige der dort so eben gegründeten „ Gesellschaft für vater- ländische Naturkunde in Würtemberg“ An die verehrten Geschäftsführer der 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Bremen. Es ist dem Unterzeichneten der ehrenvolle Auftrag geworden, die hochansehnliche Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte bei ihrer 22. Zusammenkunft in Bremen, im Namen eines Vereines zu begrüssen, welcher, kaum erst ins Leben getreten, sich gedrungen fühlt, unter die ersten Akte seiner Thätigkeit die Dar- legung des Dankes und der Hochachtung gegen diejenige Vereinigung der vor- trefflichsten Vertreter der Wissenschaft zu zählen, welche überall, wohin sie in diesen 22 Jahren den Schauplatz ihrer Thätigkeit verlegt hat, anregend und ermuthigend zu gleichem Streben für Förderung der Wissenschaft gewirkt hat. Die Gesellschaft für vaterländische Naturkunde in Würtem- berg hat sich im Laufe des vorigen Monats zu Stuttgart eonstituirt und zu ihren Vorständen Se . Erlaucht den Hm. Grafen Wilhelm von Würtemberg und Prof. Dr. von Rapp zu Tübingen erwählt. Die Gesellschaft hat sich als nächsten Beruf die Erforschung der natürlichen Verhältnisse des Vaterlandes gesetzt und hofft somit, von ihrem Standpunkte aus nach Kräften das Ihrige zur Erreichung eines wichtigen Zieles beizutragen. 7 50 Zehn Jahre sind verflossen, seitdem Stuttgart das Glück hatte, die Ver- sammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte bei ihrer 12. Zusammenkunft zu beherbergen. Die Anregung und Ermuthigung, welche die Versammlung auch bei uns zurückliess, ist nicht ohne erwünschte Folgen geblieben. Die Unterrichts- und Förderungsanstalten für die Naturwissenschaften in ihren reinen und ange- wandten Doctrinen sind vermehrt und erweitert, der Sinn für den Anbau der Wissenschaft ist in Kreisen der Gesellschaft rege geworden, denen sonst der Zugang zu denselben verschlossen schien; und wenn jetzt erst eine Vereinigung der in Würtemberg vorhandenen Kräfte zu gemeinsamem Wirken ins Leben getreten ist, so möchte vielleicht diesem Bestreben wenigstens das „nonum prematur in annum“ als ein günstiges Vorzeichen anzurechnen sein. Somit schmeichelt sich die Gesellschaft für vaterländische [Naturkunde in Würtemberg, in mehr als einem Betrachte eine Tochter des grossen deutschen Vereines zu sein, und als solche anerkannt zu werden; sie bittet, hiemit die Bot- schaft ihres Bestehens so wie den Ausdruck hochachtungsvoller Pietät wohl- wollend aufzunehmem. Bremen, den 18. September 1844. Professor Dr. Th. Plieninger, Ausschussmitglied und Beauftragter der Gesellschaft für vaterländische Naturkunde in Würtemberg. Mn Folge der an die geehrten Mitglieder der Versammlung gerichteten Aufforderung des ersten Geschäftsführers die von ihnen angemeldeten Vorträge zu halten, betrat zunächst die Rednerbühne: Professor J. B. Wilbrand aus Giessen: Ueber die körperliche Bildung der Affen in Vergleich mit der körperlichen Bildung des Menschen, und über die entgegengesetzte Entwickelungs - Richtung beider von Seiten des geistigen Lebens. M^enn man die Bildung und die Lebensäusserungen der verschiedenen Thiere, besonders der dem Menschen zunächst stehenden Säugethiere, unter einander, und mit der körperlichen Bildung des Menschen und mit seiner Stellung in der Natur vergleicht: so stellt sich, auf den ersten Blick unverkennbar, die grosse Annä- herung der Bildung der Affen an die menschliche Bildung uns dar! * — Doch ist diese Annäherung unter den 137 verschiedenen Affen-Arten, welche jetzt bekannt 51 sind, nur bei einer Art, oder bei zwei Arten besonders auffallend, — und merk- würdig ist es, dass diese beiden Arten, nur in der alten Welt einheimisch, auch hier wieder auf eine kleine Erdstrecke der heissen Zone beschränkt sind, und auch da nicht zahlreich Vorkommen. Diese beiden Arten sind — der eigentliche Orang-Utang, der Borneo, Malacca, Cochinchina und Sumatra bewohnt, • — und der Chimpanse, welcher in Angola und Congo vorkommt. Während das Menschen- geschlecht über die ganze bewohnbare Erdfläche verbreitet ist, weil der Mensch nicht mehr unter der Obhut der Natur steht, vielmehr bis zu einer gewissen Grenze sich gegen den Einfluss der Natur zu behaupten vermag, und sich seine Nahrung und den nöthigen Schutz gegen den Wechsel der Witterung durch Kleidung und durch Wohnungen zu verschaffen weiss, % — steht das Geschlecht der Affen noch ganz unter der Vormundschaft der Natur, und kommt daher nur in derjenigen Gegend vor, die mit seiner körperlichen Entwickelung zusammen stimmt. • — • nämlich nur in der warmen Zone. Unter allen Affen steht die Bildung des Orang-Utang der menschlichen Bildung unverkennbar am nächsten! — Wir werden uns daher die Verschieden- heit zwischen der menschlichen Bildung und der Bildung der Affen am vollstän- digsten vergegenwärtigen, wenn wir die des Orang-Utang zunächst in Betracht ziehen, und diese mit der menschlichen Bildung vergleichen. Man kannte früher den Orang-Utang nur im jugendlichen Alter; das erwachsene Thier hat sich in seiner Bildung von der des jungen Thieres so weit entfernt, dass man ehedem beide für zweierlei Arten von Affen ansah, und das erwachsene Thier unter dem Namen Pongo zu den Pavianen zählte. • — *■ Erst in der neuern Zeit hat man das erwachsene Thier näher kennen gelernt, und das- selbe als den erwachsenen Orang-Utang erkannt. Einen erwachsenen Orang-Utang weiblichen Geschlechts haben wir auf dem naturhistorischen Museum zu Giessen; - — • desgleichen auch einen jungen Orang- Utang, woran alle Muskeln präparirt sind, so wie das Gehirn desselben im ana- tomischen Kabinette. Ich werde mich in meiner Vergleichung desselben mit der menschlichen Bildung an diese Präparate halten. Der erwachsene Orang-Utang ist etwa 4 Schuh rheinischen Maasses hoch, und im Ganzen rothbraun behaart; — auf dem Vorderarme sind die Haare gegen das Ellenbogen - Gelenk aufwärts gestrichen; * — * Stirn und Gesicht, • — so wie die Handflächen, sind haarlos. Der Kopf des Thieres ist in dem Schädeltheile, welcher das Gehirn enthält, • — ähnlich wie beim Menschen, < — • zugerundet, »=* aber die hervorgezogene dicke Schnauze, mit breitem Maule und dicken Lippen, 7* 52 zeigt schon, dass dieser Theil des Kopfes nur zur Aufnahme der Nah- rung und zum Beissen bestimmt ist, • — und nicht auch zur Verkündigung eines innern geistigen Lebens durch eine Sprache, wie dieses bei allen Men- schen ohne Ausnahme der Fall ist! Am Kopfe steigt die Stirn nicht aufwärts, wie beim Menschen, sie ist vielmehr zurückgelegt, aber haarlos und niedrig; • — • sie wölbt sich in die Scheitel- fläche nach oben und hinten, ■ — und an der Grenze zwischen Stirn und Scheitel- fläche treten die Haare etwas über die Stirn hervor, und scheiteln sich nach beiden Seiten hin. Bei allen übrigen Affen ist die Stirn niedriger, und bei manchen, insbe- sondere bei den Pavianen treten die Knochenränder der Augenbraunen bedeutend hervor und verdecken dadurch die Stirn noch mehr, so dass sie kleiner erscheint, als sie wirklich ist. Dieses Hervortreten der Augenbraunen findet sich am Orang- Utang nicht; * — ■ doch sind auch Augenbraunen vorhanden, aber sie sind flacher als beim Menschen, weil die Stirn nur beim Menschen über die Augen hervortritt. Die Augen des Drang -Utang stehen darum mehr hervor, — aber sie liegen gegenseitig nicht so nahe aneinander, wie dieses bei den übrigen Affen der Fall ist; * — sie sind vielmehr fast eben so weit gegenseitig von einander entfernt, wie beim Menschen, aber sie sind nicht, wie bei diesem, durch einen hervorste- henden Rücken der Nase von einander getrennt! Es ist kein Nasen-Rücken vorhanden, und es steht nur ein kleiner Theil der Nase etwas über der Schnauze hervor, • — - so dass die eigentümliche Bildung und Stellung der Nase, wie sie auf dem Gesichte des Menschen hervortritt, dem Orang-Utang und weiterhin allen Affen fehlt, * — selbst auch dem Nasen -Affen, (Semnopithecus nasica}. Sehr auffallend sind die Kiefer des Orang-Utang, und weiterhin aller Affen, hervorstehend und dick, • — so dass dieser Theil des Kopfes von der menschlichen Bildung sich ganz entfernt, und sich an die Bildung der übrigen Thiere und zwar zunächst an die Bildung der fleischfressenden Thiere anschliesst. Höchst merk- würdig ist es aber, dass beim jungen Orang-Utang, so wie bei allen Affen im kindlichen Alter, die Kiefer im Vergleich mit dem ganzen Kopfe, we- niger hervorstehen, als im höheren Alter! Dieses gilt auch von der Entwickelung der Zähne. Bei allen Thieren findet sich zwischen den beiden Knochenstücken des Oberkiefers ein Zwischenkieferbein £os intermaxillare} ; nur beim Menschen allein ist dieses nicht vorhanden, obschon die Natur am Schädel eines neugebornen Kindes an der Stelle, wo bei den Thieren dieser Knochen ist, eine kleine Nath aagedeutet hat! Je mehr das Zwischenkieferbein hervorsteht, desto mehr tritt 53 die Schnauze des Thieres hervor. * — Dieses bildet sich bei allen Affen, und so auch beim Orang-Utang, vom kindlichen Alter angefangen, immer mehr aus, und hiermit treten zugleich die Zähne, insbesondere die Eckzähne mehr hervor. Der Orang-Utang, und so alle Affen der alten Welt, haben dieselbe Zahl der Zähne, wie sie der Mensch hat, aber sie bilden nicht, Avie beim Menschen, eine geschlossene Reihe, die Eckzähne ragen mit ihren Kronen hervor, und haben die Bildung der Hundszähne bei den fleischfressenden Thieren. Im Oberkiefer ist auf jeder Seite eine Lücke zwischen dem Eckzahne und den Schneidezähnen, und ebenso im Unterkiefer ZAvischen dem ersten Backzahne und dem Eckzahne. Diese Lücken in den Zahnreihen werden bei geschlossenem Maule durch die über einander greifenden Zahnkronen der Eckzähne gegenseitig ausgefüllt. Wegen der hervorragenden thierischen Schnauze fehlt auch dem Orang- Utang, Avie allen Affen, die Bildung des Kinn’s; der untere Rand des Unterkiefers ist nämlich gegen den Hals zurückgeschoben. Die Bildung des Kinn’s kommt daher dem Menschen alleinzu, • — • eine Bildung, die bereits der selige Blumenbach als ein besonderes Merkmal, Avodurch der Mensch sich von den Thieren unter- scheide, ansah. Die äussern Öhren sind bei dem Orang-Utang klein, und haben zum übrigen Kopfe in ihrer Grösse das Ebenmaass, wie beim Menschen. Auch sind dieselben, und so bei allen Affen, oben zugerundet. Desgleichen haben sie auch einen äussern und einen innern Saum (Helix und Antihelix), aber kein eigentliches Ohrläppchen; sie liegen näher am Kopfe an, als beim Menschen, und stehen, Aveil der Schädel des Orang-Utang niedriger ist, relativ höher. Was die Bildung der Extremitäten betrifft, so hat nur der Mensch allein Hände und Füsse; » — • die Affen dagegen haben 4 Hände, und bei den meisten ist die eigentliche Hand an den hintern Extremitäten vollkommener als eine eigentliche Hand gebaut, als dieses bei den vordem Extremitäten der Fall ist, Aveil hier der Daumen den übrigen Fingern nicht gegenüber gestellt werden kann, vielmehr mit denselben in einer Ebene liegt, und nur etAvas mehr von ihnen abgezogen Averden kann, als dieses bei den übrigen Fingern möglich ist. — Bei allen Affen sind aber die vordem Extremitäten, in Vergleich mit den hintern, länger, als beim Menschen, und beim Orang-Utang so auffallend lang, dass sie bei der aufrechten Stellung des Thieres bis über die Mitte des Unterschenkels herabhängen. Es tritt demnach das Längenverhältniss ZAvischen den vordem und hintern Extremi- täten in umgekehrter Ordnung hervor, Avenn Avir auf das Längenverhältniss dieser Glieder beim Menschen sehen. • — • In Uebereinstimmung mit der Kürze der untern 54 Extremitäten des Orang-Utang fehlt denselben auch die Stärke und die Rundung des menschlichen Oberschenkels; ■ — es fehlt ihnen das gerundete Knie des Menschen; • — • am Fusse fehlt der hervorstehende Ballen der Ferse. ■ — Das Thier steht aufrecht mit gebogenen Knieen, und so, dass die Ferse den Erdboden kaum berührt; — die Last des Körpers ruht demnach, beim aufrechten Stande, nicht wie beim Menschen, auf der Ferse, sondern fällt auf die Gegend des Mittelfusses, wo die Zehen beginnen. Am Unterschenkel fehlt die den menschlichen Unter- schenkel verschönernde Wade, und es fehlt hiermit die Entwickelung der ent- sprechenden Muskeln, und die vom Oberschenkel herabkommenden Muskeln haben am Unterschenkel eine tiefere Insertion. — Auch sind beim Orang-Utang so wenig, als bei den übrigen Affen, die Hüftknochen breit und abgerundet, sondern länglich; • — hiermit ist das Becken schmal und länglich, wie bei den übrigen Thieren, und es fehlen an ihrem Körper die abgerundeten Hinterbacken. Was die vier Hände betrifft, so sind an den Vorderhänden des Orang- Utang die Daumen so gestellt, wie an der menschlichen Hand; • — sie stehen nämlich den übrigen Fingern gegenüber, so dass der Orang-Utang einen Ast so umfasst, wie ihn der Mensch zu umfassen pflegt, • — • ein Umstand, welcher in den besten Beschreibungen dieses Thieres übersehen ist, indem irrig angegeben wird, dass auch beim Orang-Utang der Daumen an den Vorderhänden sich so wie bei den übrigen Affen, in derselben Ebene bewege, und den übrigen Fingern nicht gegenüber stehe. - — - An den Hinterhänden des Orang-Utang ist der Daumen auffallend kurz, und steht unter einem rechten Winkel ab Dadurch gewinnt die Hinterhand eine grössere Aehnlichkeit mit dem menschlichen Fusse, — * und diese Aehnlichkeit nimmt zu, dadurch, dass die Finger kürzer sind, als an den Vorderhänden, und so den Zehen am menschlichen Fusse in der Länge näher kommen. Bei den übrigen Affen sind die Hinterhände vollkommen gebauet, wie die menschliche Hand, nemlich mit langen Fingern und mit einem abstehenden Daumen, den die Thiere beim Umfassen der Aeste eines Baumes den übrigen Fingern gegenüber stellen. — Die Nägel sind beim Orang-Utang im Ganzen flach, doch seitwärts und vorn etwas abwärts gebogen, so dass eine leise Andeutung des Uebergangs zur Bildung der thierischen Klaue sich ankündigt. *) Beim Orang-Utang von Borneo fehlt der Nagel am Daumen der Hinterhand; bei dem von Sumatra ist derselbe vorhanden. Es ist deshalb die Frage aufgeworfen worden, ob beide ver- schiedene Arten sind? 55 Die umgekehrte Länge zwischen den vordem und hintern Extremitäten bei den Alfen, so wie die Bildung der Hinterhände steht mit dem Aufenthalts- Orte dieser Thiere, mit ihrer Lebensweise auf den Bäumen in Uebereinstimmung. Es findet sich dasselbe Verhältniss auch bei den Faulthieren, Bradypus didactylus und tridactylus . Diese Thiere können wegen der übermässigen Länge ihrer vordem Extremitäten nicht gut auf flacher Erde fort, und haben daher den Namen: Faul- thiere erhalten. Sie haben aber auch lange Klauen, ähnlich den Klauen der Vögel. Bei den Alfen weiset ihre Lebensart auf den Bäumen, so wie ihre grosse Beweglichkeit, und die Art, wie sie sich auf den Bäumen festhalten, auf die Natur der Vögel hin. Bei den Fledermäusen tritt, was die Bewegung betrifft, die Vogel- bildung noch mehr hervor; aber diese Thiere sind hiermit, den Vögeln gegenüber- stehend, mehrentheils Nachtthiere. Bei den Affen sind die Vorderhände, eben so wie ihre Schnauze, nur zu den körperlichen Functionen da, wodurch sie ihre körperliche Existenz bewirken; beim Menschen dagegen sind die vordem Extremitäten auch Organe, wodurch der Mensch sein geistiges Leben ebenfalls nach Aussen verwirklicht, wie dieses in einem höheren Maasse durch die Sprache geschieht. Beim Orang-Utang liegen die Schultern noch seitwärts an der Brust; aber sie sind nicht abgerundet, wie beim Menschen. Bei den übrigen Affen treten sie noch nach vorn, und machen den Uebergang zu derjenigen Stellung, welche sie gegenseitig bei den folgenden Säugethieren haben. Die Brust des Orang-Utang ist noch ziemlich breit, und auch vorn etwas gewölbt, und nähert sich hierin mehr der menschlichen Bildung; doch kommt sie dieser nicht gleich. Bei den übrigen Affen ist sie dagegen viel schmaler, und nähert sich in ihrer Bildung der Bildung bei den fleischfressenden Thieren. Der Bauch des Orang-Utang ist von der Brust her etwas hervorstehend, und wie beim Menschen gerundet, nur zum Becken hin schmaler. Bei den übrigen Affen, und namentlich bei den Pavianen und Meerkatzen findet sich diese Bildung nicht mehr; der Bauch ist vielmehr zusammengezogen, länglich, und nach unten schmaler, und hiermit in einer grossem Annäherung zu der Bildung, wie sich die- selbe bei den fleischfressenden Thieren findet. Was die Bildung der innern Organe betrifft, so ist die Abweichung des Gehirns von der Bildung des menschlichen Gehirns am meisten zu berücksichtigen. Am Gehirn des jungen Orang-Utang ist die untere Fläche an den vordem Lappen des grossen Gehirns durch die Wölbung der obern Augenhöhlenwand zurückgedrängt. Dabei ist die Stirn niedriger, als beim Menschen, und liegt 56 mehr zurück; diesem entsprechend sind die vordem Lappen an den Halbkugeln des grossen Gehirns kleiner, als ani Menschen. Zugleich tritt das kleine Gehirn unter den hintern Lappen des grossen Gehirns etwas hervor; es ist nämlich nicht so, wie beim Menschen, bedeckt. Diese Bildung zeigt auf den Uebergang hin, den dieses Organ zu der Bildung macht, welche wir am Gehirne der übrigen Thiere nach und nach hervortreten sehen. Unstreitig kommt es aber bei der Function dieses Organs nicht blos auf die Form und auf die Grösse desselben, sondern auf die innere Qualität ües Stoffes an. Diese innere Qualität dürfte wohl eben so verschieden sein, wie die ganze Natur dieses Thieres eine thierische, die des Menschen eine menschliche ist. Der Umstand, dass die Fleischarten unserer verschiedenen Thiere, deren Fleisch wir gemessen, im Geschmacke und in der sonstigen Qualität nicht einerlei sind. • — dieser Umstand spricht deutlich dafür, dass auch wohl nicht alles Gehirn in seiner innern Qualität einerlei ist. Allein hier fehlt uns der Maassstab zu einer weitern Vergleichung. Wollte man hierzu etwa eine chemische Zerlegung in Vorschlag bringen: so würde man übersehen, dass in einer chemischen Zer- legung das Gehirn völlig zerstört wird, und dass wir mit der Aufzählung der etwa aufgefundenen Stoffe nur das unfruchtbare Schlachtfeld der Zerstörung ge- wonnen haben, woraus kein gründlicher Schluss auf das Verhalten während des Lebens möglich ist. Vergleicht man weiter den Orang-Utang im kindlichen Alter mit dem menschlichen Kinde, und den erwachsenen Orang-Utang mit dem erwachsenen Menschen: so stellt sich unverkennbar das merkwürdige Verhältnis heraus, dass der Orang-Utang und der Mensch im kindlichen Alter sich näher stehen, und dass von diesem Zeitpunkte an beiderlei Entwickelungen auseinander weichen; • — dass der Orang-Utang sich, vom kindlichen Alter angefangen, immer mehr von der eigentlichen menschlichen Bildung entfernt, und sich besonders in der Ent- wickelung seiner Schnauze und seiner Hundszähne der Bildung der fleischfressenden Thiere nähert, » — also immer mehr Thier wird; * — • während sich umgekehrt der Mensch, vom kindlichen Alter angefangen, von der Erde in die Höhe hebt, und in seinem Leben sich mehr der Humanität nähert, und sich hiermit über die thierische Natur hervorhebt! • — ■ Dieses Verhältnis gilt auch von allen übrigen Affen im kindlichen Alter; sie stehen dem menschlichen Kinde näher, und entfernen sich von der menschlichen Bildung mehr, wie sie heranwachsen. Es gilt daher allgemein der Satz, dass die körperliche Bildung des Orang-Utang und aller Affen , auf der einen Seite . und die körperliche Bildung des Menschen auf 57 der andern Seite, von ihrem beiderseitigen Anfangspunkte aus, gegenseitig auseinander treten. Der Mensch hebt sich zur Entwickelung des Verstandes und der Vernunft, - — • zur Gottes -Erkenntniss und moralischen Freiheit, zur Humanität aufwärts, und nimmt auch hiermit eine aufrechte Stellung an, . — der Affe dagegen wird immer mehr Thier; er entfernt sich mehr von der menschlichen Bildung, und was der Mensch in der Erhebung seines Geistes von der Erde weg zu einer übersinnlichen Welt erreicht, das erreicht der Affe nur darin, dass er seinen Aufenthaltsort auf den Aesten der Bäume nimmt, und in der äussern Leben- digkeit und Flüchtigkeit mit den Vögeln übereinkommt. Aus diesem in der Natur klar vorliegenden Verhalten des Affen zum Menschen - Geschlechte geht auch die selbstständige Stellung des Menschen -Ge- schlechts in der Schöpfungsgeschichte entschieden hervor , nemlich dass das Menschengeschlecht nicht etwa, • — ■ wie dieses wohl geäussert worden ist, • — ■ in einer allmähligen Entfaltung der Thierwelt, aus der Bildung der Affen hervor- getreten ist. Die Entfernung des Menschen von der Stellung der Affen in der Natur zeigt sich indess am vollständigsten in der allmählig steigenden geistigen Ent- wickelung des Menschen, wie wir diese theils in jedem einzelnen Menschen für sich, theils in der Geschichte des Menschengeschlechts vor uns haben. Es ist zwar nicht hinlänglich bekannt, wrie weit auch die geistigen Fähigkeiten des Orang- Utang entwickelt werden können, und das, was wir von diesen Thieren kennen, und was wir auch an andern Affen beobachten, erregt allerdings schon dieüeber- zeugung, dass diese Thiere auch in den Geistesfähigkeiten höher stehen, als die übrigen Säugethiere. Allein alle Aeusserungen eines geistigen Lebens bestehen bei diesen Thieren nur in der Combination von Vorstellungen, welche das Thier durch seine Umgebungen, und durch die etwaigen Bemühungen eines Menschen erhalten hat. Es sind mithin nur solche Aeusserungen, welche schon dem mensch- lichen Verstände auf seiner niedrigsten Stufe angehören, und die wir bei einem Kinde von 2 bis 3 Jahren schon wahrnehmen. Dagegen fehlen alle eigentliche höhere Verstandes- Aeusserungen ganz: der Orang-Utang denkt nicht, und erfindet nicht; aber der Mensch denkt für ihn, und lehrt ihn diese und jene Verrichtung, wie auch der Mensch andere Thiere, z. B. einen Hund zu verschie- denen Verrichtungen abrichten kann. Von einer Vernunfts- Aeusserung ist beim Orang-Utang vollends keine Spur vorhanden, und die hohe Würde, welche der Mensch in der Gottes-Erkenntniss, und zufolge dieser Erkenntniss in seinen moralischen Handlungen zeigt, • — • diese Würde kommt nur dem Menschen zu. 8 58 Der Mensch schafft sich in der Erforschung der Natur und des geistigen Lebens eine neue Welt; * — der Mensch allein durchsucht das Innere der Erde, und holt das ihm Brauchbare aus der Tiefe ihres Schosses hervor; er durchforscht die Pflanzen- und die Thierwelt unter allen Zonen, • — in ihrer äussern Mannig- faltigkeit und in ihrem innern Bau; • — • er beobachtet den gestirnten Himmel über sich, und berechnet den Lauf der Himmelskörper auf Jahrtausende voraus; er schützt sich unter allen Himmelsstrichen durch Kleidung und durch Wohnungen gegen den zerstörenden Einfluss der Natur; er bebaut den Boden, und gewinnt dadurch für sich und für seine Hausthiere die nöthige Nahrung. Der Mensch allein verbreitet sich über alle Weltgegenden, und nicht bloss das Menschenge- schlecht überhaupt, sondern auch dem einzelnen Menschen ist es möglich, alle Länder und alle Meere zu besuchen, und dieses wieder vermöge des Ueberge- wichtes seiner geistigen Kräfte, welche ihn fähig machen, die Kräfte der Natur, und die Materie zu seinem Vortheile zu gebrauchen. Der Mensch hängt nur durch sein leibliches Leben mit der Erde zusammen, auf welcher sein Dasein beginnt, sein geistiges Leben erhebt sich über der Erde, und ist einer übersinn- lichen Welt zugekehrt. Der Affe dagegen gehört auch in den schwachen Aeusse- rungen eines geistigen Lebens dieser Erde an, weil er die Erde und sein leibliches Dasein nicht beherrscht, keine Gotteserkenntniss hat, und nicht moralisch frei ist. Hierauf sprach : Professor F. A. Wal ebner aus Carlsruhe. Ueber das Vorkommen des Kupfers und Arseniks in Eisenerzen, Mineral- quellen und in der Ackererde. Mn meiner Stellung bei der Direction der Bergwerke, in meinem Heimathlande Baden, wird mir oft die Aufgabe, Eisenerze, die verhüttet werden sollen, zu untersuchen. Dabei kommt es nicht allein auf den Gehalt an Eisen, oder auf den verschiedenen Grad der Schmelzbarkeit an, sondern namentlich auch auf den Gehalt an Beimengungen, welche, beim Verschmelzen der Erze, in das erzeugte Eisen übergehen und dessen Güte beeinträchtigen. Bei diesen Untersuchungen, welche ich seit einer langen Reihe von Jahren, und zwar alljährlich in grösserer Zahl, auszuführen veranlasst bin, fand ich nun, dass die beiden Metalle Kupfer und Arsenik, welche man bisher zu den seltener vorkommenden und an gewisse Localitäten gebundenen rechnete, eine ganz allgemeine Verbreitung haben. 59 Zunächst fand ich, dass sie in sehr kleinen Quantitäten alibereits in jedem Eisenerze Vorkommen und in manchen derselben sogar in einem solchen Ver- hältnisse, dass sie zur Eisenerzeugung entweder gar nicht, oder nur unter Beob- achtung eines besonderen, deren Abscheidung bewirkenden Verfahrens, angewendet werden können. Man überzeugt sich von der Gegenwart genannter Metalle sehr leicht, wenn man durch die vermittelst Salzsäure bewirkte Auflösung eines Eisenerzes, so lange einen Strom von Schwefelwasserstoff leitet, bis das Eisen- chlorid vollkommen in Eisenchlorür umgewandelt und die Flüssigkeit so stark mit dem Gase gesättigt ist, dass sie nach tagelangem Stehen noch durchdringend nach Schwefelwasserstoff riecht. • — • Der dadurch erhaltene Niederschlag, von brauner oder gelber Farbe, giebt bei seiner aufmerksamen Behandlung nach den genauesten Methoden, die wir zur Entdeckung von Kupfer und Arsenik anwenden, die un- zweideutigsten Reactionen dieser Metalle. Die Beobachtung, dass namentlich Braun- und Spatheisensteine, sodann die sogenannten Linsenerze und die Bohnerze der Juraformationen, die als Quellenbildungen betrachtet werden müssen, Kupfer und Arsenik ent- halten, führte mich zur Untersuchung der Raseneisensteine, die noch fort- während unter unseren Augen, und nachweisbar unter Quelleinfluss entstehen; auch diese jüngsten Eisenerzgebilde zeigten einen Gehalt an jenen Metallen. Nun lag der Uebergang zur Untersuchung der Eisenabsätze der heutigen Quellen ganz nahe. Enthalten die Eisensteine, welche Absätze von alten Quellen sind, von Quellen, die in verschiedenen Perioden der geologischen Bildung unsers Planeten reichlich flössen, Kupfer und Arsenik, so werden diese Metalle wohl auch in den Eisenabsätzen, in den Ockern der jezt noch fliessenden eisenführenden Mineral Avasser vorhanden sein. Ich schritt nun zur Untersuchung der Ockerabsätze der Mineral- quellen und beobachtete dabei jegliche Vorsicht, die der Chemiker bei derartigen Arbeiten anwenden kann; alle dazu gebrauchten Materialien Avurden sorgfältig gereinigt und das Schwefelwasserstoffgas, ehe es in die Ockerlösungen gelangte, gut gewaschen. Es gaben mir die Ockerabsätze der Mineralquellen von Gries- bach, Rippoltsau, Rothenfels und Steinach am Sclnvarz walde, vom Lam- scheid am Hundsrücken , aus dem Brohl thal, von Cann stadt, von Ems, Schwalbach, Wiesbaden und Pyrmont, insgesammt Niederschläge, in welchen die Gegenwart von Kupfer und Arsenik aufs entschiedenste nachge- wiesen Averden konnte. Alle diese Mineralquellen, unter denen sich durch ihre Heilkraft altbewährte und berühmte befinden, enthalten somit jene Metalle, jedoch 8 * 60 in so äusserst kleiner Menge, dass der Gehalt einer homöopathischen Verdünnung von Milliontel gleich kommt. Dadurch wird jede Furcht vor einer schädlichen Wirkung gänzlich beseitigt; ja, bei der anerkannten heilkräftigen Wirksamkeit jener beiden Metalle, wenn sie bei gewissen Krankheiten in kleinsten Gaben gereicht werden, können wir von jenen Quellen, vermöge ihres Gehaltes an Kupfer und Arsenik, sogar wohlthätige heilende Wirkungen erwarten. Wie kommt es aber, dass man diese Metalle in den Mineralquellen, die doch so vielfältig untersucht worden sind, bis heute nicht aufgefunden hat? Man hatte sie entweder darin gar nicht gesucht, oder hatte zu kleine Wassermengen zur Hand; die Ockerabsätze der Mineralquellen aber sind meines Wissens in fraglicher Beziehung bisher nicht untersucht worden. Waren jene Metalle einmal als allgemeine Begleiter des Eisens bekannt, so konnte, bei der Verbreitung, welche die Eisenerze an der Oberfläche haben, bei ihrem häufigen Vorkommen in den obersten Erdlagen, ihrer Verwitterbarkeit und bei dem daraus folgenden Uebergang ihrer aufgelockerten Massen in die Thon- und Ackererden, welche sie umschliessen , der Versuch, dieselben auch darin aufzufinden, nicht wohl fehlschlagen. Die ersten, mit eisenreichen Ackererden aus der Gegend von Wins- loch und Nussloch bei Heidelberg angestellten Untersuchungen, zeigten die Gegen- wart von Kupfer und Arsenik unverkennbar, und jede weitere Analyse eines eisenreichen Thons oder Mergels, einer eisenschüssigen Ackererde, gab einen weiteren Beweis, wie diese Metalle als Begleiter des Eisens auftreten und ihm folgen, damit ist denn auch ihre allgemeine Verbreitung nachgewiesen. Ihr Vorkommen in den Eisensteinen verdient die Aufmerksamkeit des Hüttmanns, ihr Vorhandensein in eisenführenden Mineralquellen ist sicherlich nicht ohne Bedeutung für deren Heilkraft und ihre Verbreitung in eisen reichen Thonen, Mergeln und Acke re r d en wohl von einigem Interesse bei gerichtlich medicinischen Untersuchungen. Iffierauf erbat sich Herr Professor Hruschauer aus Grätz das Wort und begrüsste die 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte im Namen und Aufträge der beiden, durch Geschäfte an der Versammlung in Bremen per- sönlich Theil zu nehmen verhinderten. Geschäftsführer der 21. Versammlung zu Grätz. Dieser Vereinigung der Naturforscher und Aerzte, welche für ganz Steiermark die erfreulichsten Rückerinnerungen auf lange Zeit in ihrem Gefolge gehabt, sei auch von ihren Genossen, wie er sich hier überzeugt habe und dankbar 61 anerkenne, ein freundliches Andenken bewahrt. • — Zugleich übergab Herr Professor Hruschauer im Aufträge der Herren Professoren Langer und Schrotte den diesjährigen Geschäftsführern den amtlichen Bericht über die 21. Versammlung in Grätz. Der zweite Geschäftsführer ersuchte sodann die Mitglieder und Theilnehmer, sich in die zu den Sectionssitzungen bestimmten Locale zu verfügen, um der Auf- forderung der im Programme genannten Herren zur Bildung der Sectionen, so wie zur Wahl der Präsidenten und Secretaire und Anmeldung der zu haltenden Vorträge Folge zu leisten, und nachher die Ausstellung im Hause Seefahrt in Augenschein zu nehmen. Der Schluss der ersten allgemeinen Sitzung erfolgte um 12 Uhr Mittags. Zweite allgemeine Sitzung: am 21. September 1844, Morgens 10 Uhr auf der oberen Rathhaus - Halle. Hie heutige Sitzung wurde von dem ersten Geschäftsführer mit der Anzeige eröffnet, dass ausser den In der ersten allgemeinen Sitzung bereits erwähnten, von auswärtigen Gelehrten eingesaedten Geschenken auch aus Bremen selbst folgende Widmungen für unsere geehrten Gäste bestimmt seien: 1) Eine unter dem Titel: „ Biographische Skizzen verstorbener Bremischer Aerzte und Nat ur forscher. Eine Festgabe für die 22. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte“, vom hiesigen ärztlichen Vereine veröffentlichte Schrift. 2) Eine zur Feier der Versammlung geprägte Medaille, welche die wohl- getroffenen Brustbilder von O Ibers und Treviranus und auf der anderen Seite eine Darstellung von Seltenheiten der Sammlung des Museums in allegorischer Gruppirung nebst den entsprechenden Inschriften trägt, von der hiesigen Museums- Gesellschaft. 3) Eine unter dem Titel: „Umrisse der Phrenologie. Zur Förderung des Ausbaues einer naturgemässen Geisteskunde den Theilnehmern an der zweiundzwanzigsten Versammlung der Naturforscher zu Bremen gastlich dargeboten Von Br. S. Ed. Hirschfeld herausgegebenen Ab- handlung. Und 4} habe Br. F. A. Menke hieselbst seine Schrift: „Die Aphorismen des Hippokrates. Durchaus berichtigte griechische Urschrift. Deutsche Ueber Setzung, kritischer Apparat und griechisches Wortverzeichnis.“ welche eben fertig geworden, dem ersten Geschäftsführer der 22. Versammlung gewidmet. 63 Sodann wurde zur Wahl des nächstjährigen Versammlungs - Ortes geschritten. Bürgermeister Smidt zeigte der Versammlung an, dass bestimmte Ein- ladungen für das Jahr 1845 nicht vorlägen und forderte die Mitglieder zu Vorschlägen in dieser Beziehung auf: Herr von Struve, aus Mannheim, nahm zunächst das Wort und empfahl die Stadt Mannheim, deren günstige Lage an einem Knotenpunkte der belebtesten Reiserouten, in der Nähe grösserer Städte, den Wohnsitzen intelligenter Gelehrten, der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte bei ihrer nächstjährigen Zusammenkunft nicht unwesentliche Vortheile darbieten möchte. Dabei fehle es in Mannheim weder an wissenschaftlichen Anstalten, noch an geeigneten Localitäten für eine so grosse Versammlung, und sowohl von Seiten der erleuchteten Re- gierung Badens glaube er die Genehmigung dieses Besuches in Aussicht stellen, als auch im Namen seiner Mitbürger versichern zu können, dass gewiss zur Förderung der Zwecke dieser Gesellschaft nach besten Kräften gewirkt werden solle, deren Anwesenheit daselbst durch Belehrung und Anregung zu wissen- schaftlicher Thätigkeit von nachhaltigem Nutzen zu werden verspreche. Herr Professor Wilbrand, aus Giessen, mahnte dagegen, Wiesbaden nicht zu übersehen, welches einer der geeignetsten Versammlungsorte unter den von dieser Gesellschaft noch nicht besuchten Städten sein möchte, wo auch namentlich eine Vereinigung zahlreicher deutscher Aerzte in Beziehung auf praktische Heilkunde gewichtige Erfahrungen austauschen könnte, wozu die Be- wohner dieser Stadt und ihre Behörden die deutschen Naturforscher und Aerzte im Jahre 1845 gewiss gern bei sich sehen würden. Hierauf nannte Professor Lichtenstein, aus Berlin, als einen passenden Versammlungsort für die Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte die Stadt Nürnberg, welche sowohl durch ihre Lage im Mittelpunkte Deutschlands als auch durch Einrichtungen für Wissenschaft und Kunst sich bekanntlich rühm- üchst auszeichne. — Eine Einladung sei überhaupt nach den Statuten gar nicht erforderlich und brauche, selbst wenn dergleichen vorlägen, nicht nothwendig auf den Beschluss der Versammlung entscheidend einzuwirken, wie denn auch zu den ersten Versammlungen von den Städten, welche die Gesellschaft besucht, keine Einladungen vorher ausgegangen seien; nur müsse man anzunehmen berechtigt sein, dass in Betreff der Genehmigung von Seiten der Regierung keine begründete Zweifel hervorgehoben werden könnten. 64 Der erste Geschäftsführer forderte zu ferneren Vorschlägen auf, und da sich Niemand erhob, um einen vierten Versammlungsort für 1845 zu empfehlen, gab derselbe ein kurzes Resume der drei gestellten Anträge und eröffnete die Debatten darüber mit dem Ersuchen, dass die mit den Bewohnern und Localitäten der genannten drei Städte vertrauten Mitglieder der Versammlung die Vorzüge der einen oder anderen in’s rechte Licht zu setzen nicht versäumen möchten, damit die Versammlung dadurch zu einem richtigen Urtheile befähigt würde. Es erfolgte darauf eine kurze Discussion, in welcher Professor Wilbrand aus Giessen noch für Wies baden die Nähe von Frankfurt und Mainz, den Sitzen so einflussreicher wissenschaftlicher Vereine, hervorhob; * — • Hofrath Textor aus Würzburg die Wahl Nürnbergs vorzuziehen empfahl, dessen Reichthum an Natur- und Kunstschätzen , dessen historische Erinnerungen und wissenschaftliche Anstalten die Aufmerksamkeit der Gelehrten nicht vergebens auf sich ziehen würden; ein grossartiges Krankenhaus sei erst neuerdings daselbst erbaut; die Nähe der Universität Erlangen werde die dortigen Professoren zum Besuche der Versammlung veranlassen, was durch Nürnbergs geographische Lage auch den Gelehrten südlicherer Länder wieder möglich würde; * — - Dr. Mansfeldt aus Braunschweig darauf aufmerksam machte, dass erst vor zwei Jahren die Ver- sammlung ganz in der Nähe Wiesbadens, in Mainz, und früher schon in Frank- furt gewesen sei; — -• der erste Geschäftsführer bemerkte, dass die Gesellschaft im Herzogthume Nassau noch keine Versammlung gehalten; — und Dr. Buek aus Hamburg die Ansicht aussprach, dass es weniger auf einen Wechsel des Staates, als des Ortes ankomme. Die drei vorgeschlagenen Städte Mannheim, Wiesbaden und Nürnberg wurden nun von dem ersten Geschäftsführer der Versammlung zur Wahl einer derselben zum Versammlungsorte für das nächste Jahr vorgelegt, worauf sich bei der durch Aufstehen der Mitglieder von ihren Sitzen erfolgenden Abstimmung über jede derselben, eine sehr entschiedene Mehrheit der Stimmen für NTÜrnbergf ergab, welches daher als die gewählte Stadt bezeichnet wurde. Auf das von dem ersten Geschäftsführer gestellte Ersuchen, ob die Mit- glieder, welche für Nürnberg gesprochen, nicht geeignete Gelehrte in dieser Stadt zu Geschäftsführern vorschlagen wollten, trug Hofrath Textor aus Würzburg darauf an, Herrn Professor PtetZ daselbst zum ersten Geschäftsführer für 1845 zu ernennen, welches, so wie der Vorschlag, demselben die Wahl eines zweiten Geschäftsführers zu überlassen, einstimmig genehmigt wurde. 65 Nach Verlesung der Reihenfolge der auf heute angemeldeten Vorträge be- merkte der erste Geschäftsführer noch in Beziehung auf die morgende Fahrt, dass wegen eines Fehlers an der Maschine, das Dampfschiff Roland nicht fahren könne, und dafür das Dampfschiff Bremen eintreten werde, daher diejenigen, welche Einladungskarten, die auf das Dampfschiff Rol an d ausgeschrieben seien, erhielten, ersucht werden müssten, sich morgen früh an Bord des Dampfschiffs Bremen zu verfügen. MMjerauf sprachen: Hofrath von M ä d 1 e r aus Dorpat. Heber die Sternsysteme. Als ich vor 5 Jahren das Glück hatte, vor der damals in Pyrmont stattfindenden 17. Versammlung der Naturforscher und Aerzte in der ersten allgemeinen Sitzung eine Abhandlung verwandten Inhaltes vorzutragen, ahnte ich noch nicht, dass es mir bestimmt sein würde, an einem Orte zu wirken, wo ich, durch reiche Hülfs- mittel unterstützt, in weit grösserem Maasstabe als früher, das unermessliche Feld der Fixsternkunde würde anbauen können. Welche schönere Lebensaufgabe konnte ich mir stellen, als die, auf Dorpat’s Sternwarte fortzuführen, was so er- folgreich dort begonnen worden war • — • die Erforschung der inneren Constitution des noch ungezählten Heeres von Sternen, welche unser nächtliches Firmament schmücken. Zwar ist ein Lustrum nur gross und bedeutsam für unser kurzes Erdendasein, aber fast unmessbar klein, wenn mail es mit den grossen Perioden des Universums zusammenstellt, und die Zeiten, welche jene Himmelslichter in gegenseitig veränderter Gestalt erblicken und unsere jetzigen Sternkarten nicht mehr brauchbar linden werden, liegen vielmals weiter vor, als die ältesten That- saclien der Menschengeschichte hinter uns. Demnach darf ich es heute wagen, mein damaliges Thema wieder aufzunehmen vor einer Versammlung, welche mit Recht fordern darf, dass ihr nur Neues und allgemein Wichtiges in entsprechender würdiger Form geboten werde. Mit jedem Jahre wächst gegenwärtig die Zahl derer, Avelche den in Rede stehenden Forschungen ihre Kräfte widmen; mit jedem Jahre gehen aus München’s vortrefflicher Werkstätte neue Fernröhre hervor, welche in alle für die Gesittung gewonnenen Theile der Erde versandt, immer reichere Ernten versprechen. Schon ist der Eifer, für Erweiterung der Himmels- kunde, Mittel und Kräfte zu vereinigen, nicht mehr auf die Fürsten des christ- lichen Europas beschränkt; in den Freistaaten Amerika’s werden gegenwärtig 9 66 fünf Sternwarten ersten Ranges gleichzeitig gegründet, und ein Radschah von Travancore ist bereits vorangegangen und hat in Trevandrum eine Sternwarte unter John Calder’s Direction gegründet, deren Leistungen schon jetzt Alles hinter sich zurücklassen, was im ganzen Asien bisher für Astronomie geschah und ge- schehen konnte. Dürfen wir unter so erfreulichen Umständen der Erfüllung so manches frommen Wunsches mit Zuversicht entgegensehen, so erwächst andererseits für diejenigen, welche in den älteren Sitzen der Wissenschaft und an bereits seit längerer Zeit gegründeten Instituten zu wirken berufen sind, eine doppelte Verpflichtung. Sie werden einerseits • — was jetzt nicht mehr so leicht ist, als früher — ■ den Ruf, den jene Institute erlangt haben, wahren müssen durch ver- mehrten Eifer und Thätigkeit, durch unablässiges Achthaben auf die Fortschritte, welche erlangt wurden , wie auf die neuen Hülfsmittel , welche geboten sind. Andrerseits aber werden sie, mehr als bisher erforderlich war, sich einen wohl- durchdachten und strengen Plan für ihre Thätigkeit erwählen und diesen consequent verfolgen müssen. Es handelt sich gegenwärtig nicht mehr um isolirte Wahr- nehmungen, wie sie der Zufall eben darbietet. Wir leben nicht mehr, wie noch vor 30- — 40 Jahren, in einer Zeit, wo gleichsam Alles, was am Himmel durch grosse Ferngläser beobachtet wurde, neu war und als ein unmittelbarer Gewinn für die Wissenschaft betrachtet werden konnte. Was die hergebrachten Methoden, was die früher gebotenen Hülfsmittel ausführen konnten, wissen wir längst. Keine grössere Sternwarte wird gegenwärtig mehr, wie dies früher häufig der Fall war, für blos geographische Zwecke wirken wollen, denn für sie hätte es so grosser Zurüstungen und eines solchen Aufwandes von materiellen , wie geistigen Mitteln keines weges bedurft. Die Astronomie hat sich über die Stellung einer blossen Dienerin emporgeschwungen; sie verfolgt ihre eigenen Zwecke, bei denen sie nicht ängstlich fragt, ob sie für das gewöhnliche Thun und Treiben der Erd- bewohner von unmittelbarem Gebrauche sind, oder nicht. Doch, meine Herren, ich habe Sie vielleicht schon zu lange mit einleitenden Bemerkungen unterhalten, und der Kürze der Zeit gedenkend, die ich mir hier nur verstatten darf, will ich darlegen, was Dorpat’s Sternwarte für die Fixstern- kunde seit meiner Uebernahme derselben geleistet. Man erwartete von mir • — und ich denke diese Erwartung nicht zu täuschen, * — • dass ich, der ich früher beinahe ausschliesslich für genauere Kunde des Erdmondes thätig gewesen, nun auch das Dorpater Fernrohr, welches grade hierin so äusserst beträchtliche Vor- theile darbietet, auf unsren Trabanten richten werde. So oft, als dieses mit Erfolg 67 geschehen konnte, habe ich es gethan, nur bietet eine so weit nach Norden ge- legene Sternwarte diese Gelegenheit viel seltener, als eine andere in mittlerer Breite, und im Sommer fast nie. Deshalb musste ich mir eine Aufgabe stellen, welche in jeder heitern Nacht, unabhängig von der Jahreszeit, wie von der Lunation, mit Erfolg fortgesetzt werden konnte, und eine solche vermochte nur der Fixsternhimmel mir zu bieten. Unter der vieljährigen Direktion meines hochverdienten Vorgängers waren namentlich die Doppelsterne dort beobachtet, ja dem grossem Theile nach dort neu entdeckt worden, und er hatte kurz vor seinem Abgänge den reichen Schatz seiner Beobachtungen in den Mensuvis micrometricis stellarum duplicium etc . niedergelegt. Für mehr als drittehalbtausend dieser Sternsysteme war durch diese grosse Arbeit die gegenseitige Stellung, nach Abstand und Richtung, ermittelt worden, meistens jedoch nur für Eine Epoche, obgleich abgeleitet aus den Beob- achtungen mehrerer Abende. Der Hauptzweck dieser umfassenden und 23 Jahre lang fortgesetzten Beobachtungen ergiebt sich von selbst : sie sollen durch ihre Vergleichung mit künftigen Beobachtungen — da die Vergangenheit nur wenig Zuverlässiges darbot — , den Nachkommen die Möglichkeit verschaffen . für jene Systeme von Formen dieselben Bewegungs -Elemente abzuleiten, welche wir für die Planeten vollständig und für die übrigen, um unsere Sonne kreisenden Körper mehr oder weniger genähert kennen. Allein ein solches Ziel liegt in weiter Ferne, und selbst der grösste Eifer der Astronomen wird es nicht erheblich näher rücken können, was die grosse Masse der Doppelsterne betrifft. Denn so viel geht schon aus den Beobachtungen von Her sc hei bis Struve hervor, dass für die Mehrzahl der Doppelsterne im Laufe Eines Menschenalters keine Stellungs- veränderung mit Sicherheit erkannt werden könne. Die Befürchtung liegt also nahe, dass eine Fortsetzung dieser Beobachtung für sämmtliche Doppelsterne, gegenwärtig unternommen, eine ziemlich vergebliche Arbeit sein werde, dass es mithin besser sei, die Arbeit mindestens einige Decennien hindurch gänzlich ruhen zu lassen und nur etwa die wenigen anhaltend zu beobachten, bei denen man schon jetzt eine Bewegung mit Sicherheit erkannt hat. Indess waren, wie oben gesagt, die grosse Mehrzahl dieser Systeme von Struve erst entdeckt worden und nur eine einzige Epoche gegeben. Etwa der fünfte Theil der Gesammtzahl war bereits früher bekannt und beobachtet, und unter diesen hatten sich doch schon 58 gefunden, deren Stellungsveränderung gewiss, so wie noch etwa 100 andre, bei denen sie mehr oder minder wahr- scheinlich erkannt werden konnte. Wären demnach von allen Doppelsternen 9 * 68 frühere Beobachtungen vorhanden gewesen, so wäre jene Zahl erheblich gewachsen und die Besitzer grosser Fernröhre hätten eine hinreichende Menge von Binar- systemen in allen Himmelsgegenden gefunden, auf welche sie mit einiger Aussicht auf näher liegenden Erfolg ihre Aufmerksamkeit richten konnten. Diese Betrach- tungen veranlassten mich eine Arbeit zu unternehmen, welche geeignet wäre, schon nach einer mässigen Zahl von Jahren den Beobachtern, welche in nächster Zukunft auf diesem Felde mitwirken wollen und können, jene Systeme kennen zu lehren. Ich beobachtete demnach jeden vonStruve in den Jahren 1825 ■ — -37 beob- achteten Stern zunächst an Einem günstigen Abende 4 • — 6 mal nach Distanz und Richtung. Die sehr einfache erste Reduktion dieser Beobachtungen konnte, da höchstens 30 Sternenpaare in einer Nacht erhalten wurden, geAvöhnlich schon am folgenden Vormittage durchgeführt und die Vergleichung mit früheren Beobach- tungen angestellt werden. In den meisten Fällen stimmte mein Resultat mit diesen so genau, dass angenommen werden musste, eine Stellungsveränderung sei für jetzt (in 10< — -15 Jahren) überhaupt noch nicht zu erkennen. War dies jedoch nicht der Fall und ergab sich zwischen meinem und dem älteren Resultat eine stärkere Abweichung als die gewöhnlichen Beobachtungsfehler zu erklären schienen, so mass ich einen solchen Stern wiederholt an mehreren Abenden, bis sich die Gewissheit herausstellte ob er zu denen mit erkannter Bewegung, oder zu den für jetzt noch als unveränderlich anzunehmenden zu zählen sei. Nach den bisher gewonnenen Resultaten gehören mindestens fünf Sechstheile in die letztere Klasse, und man wird also keine nähere Veranlassung haben, die Beobachtung dieser Sterne für jetzt und in den nächsten Decennien zu wiederholen ; vielmehr werden die 4- — -500 Sternenpaare, bei welchen eine Veränderung angedeutet ist, mit desto grösserer Aufmerksamkeit verfolgt werden können, da man sich ihnen aus- schliesslich zuwenden wird. So glaube ich durch meine der Vollendung nahe Arbeit den Astronomen der Gegenwart einen Dienst zu leisten und aus dem durch die fortgesetzten Durchmusterungen des Himmels fast täglich anwachsenden Heere der Doppelsterne eine bequemer überschauliche Anzahl ausgewählt zu haben, von deren weiterer Beobachtung auch die Gegenwart schon direkte Resultate erwarten darf. Die siebente und achte der Struve’schen Ordnungen, welche die Sterne von mehr als 16” Distanz enthalten, habe ich, fürs erste wenigstens, grösstentheils ausgeschlossen, da sich bald ergab, dass hier nur sehr wenige Systeme eine Ver- änderung erkennen Hessen. 6 — 700 der sechs ersten Ordnungen sind noch nicht 69 von mir beobachtet und werden für das gegenwärtige und nächstfolgende Jahr übrig bleiben; so dass ich gegen das Ende von 1845 hoffen kann, die vollendete Arbeit dem astronomischen Publikum zu übergeben. Gegenwärtig kann indessen schon eine allgemeine Uebersicht des Ergebnisses geAvonnen Averden und manche Fragen, Avelche bisher noch stets Vorbehalten bleiben mussten, können wenigstens vorläufig ihre Lösung finden. In erster Reihe tritt uns ein höchst wichtiges Resultat entgegen : die immer mehr und mehr sich bestätigende Allgemeingültigkeit des N e av t o n’schen Attrak- tionsgesetzes und der damit in genauestem Zusammenhänge stehenden Keplerschen Regeln. Was Kepler nur für die Hauptplaneten unsers Sonnensystems empirisch nachwies, Avas Newton in grösserer Allgemeinheit und Vereinfachung für alle Körper desselben feststellte und theoretisch entAvickelte , kann nunmehr auch als das Gesetz der Fixsternsysteme betrachtet Averden. Es sind keine particulären Kräfte, Avelche in den verschiedenen ZAvei- und mehrfachen Verbindungen jener entfernten Sonnen thätig sind, sondern eine und dieselbe allgemeine und nur quan- titativ in ihren Wirkungen verschiedene Kraft. Allerdings kann cfer ßeAveis dieses Avichtigen Theorems aus den bisherigen Beobachtungen noch nicht so geführt Aver- den, dass ganz und gar keine Möglichkeit einer Modification des Gesetzes oder auch einer andern mitAvirkenden Kraft mehr übrig bliebe. Eine solche absolute GeAvissheit Aväre hier noch zu früh und Avird selbst nach mehreren Jahrhunderten noch nicht erlangt werden können. Allein wenn eine Hypothese, die schon a priori die höchste Wahrscheinlichkeit für sich hat, mit allen im Laufe der Zeit gemachten einzelnen Erfahrungen fortwährend in Harmonie bleibt und nirgend die NothAvendigkeit oder selbst nur die Wahrscheinlichkeit einer andern sich heraus- stellt, so muss eine solche ThatSache für die Gegemvart genügen und ihr die Stelle der unbedingten Gewissheit, zu der erst sehr späte Nachkommen gelangen dürften, vertreten. Wir besitzen für einen Doppelstern, * im grossen Bären, eine hinreichende Fülle von guten Beobachtungen, um aus ihnen darthun zu können, dass Avenigstens für dieses Sternenpaar das NeAvtonsche Gesetz mit Ausschluss jedes andern gültig sei. Für die übrigen 8— -10, avo eine Bahnberechnung ver- sucht Averden konnte, entsprechen die Beobachtungen dem angeAvandten Attrak- tionsgesetze nicht minder gut, nur ist ihre Zahl geringer oder auch der durch- laufene Bogen kleiner als in dem angeführten Falle; und noch Aveit mehr gilt dies von den übrigen, wo der durchlaufene Theil der Bahn ein zu geringer ist, um die Basis eines Elementensystems bilden zu können. Doch selbst für diese letzteren haben wir ein Kennzeichen Avenigstens in Beziehung auf das eine der drei Kepler- 70 sehen Gesetze, das der Proportionalität der Zeiten und Flächenräume; und noch ist kein Fall bekannt, wo ein Widerspruch mit demselben angedeutet wäre. Wenn aber in den verschiedenen Partikularsystemen der Fixsternwelt das gleiche Bewe- gungsgesetz waltet, so wird man auch nicht umhin können für die höheren Ord- nungen, in welchen diese Particularsysteme wiederum nur einzelne Glieder bilden, das gleiche Prinzip anzunehmen, welches sich hierdurch zum allgemeinen Welt- gesetz erhebt. Die immer festere Begründung dieses Satzes ist ein so erhabenes Ziel, dass mir keine Aufgabe der Himmelsforschung von gleicher Wichtigkeit bekannt ist. Waltet Ein Einziges und zwar völlig bestimmtes Gesetz durch alle Räume des Universums, so ist auch die Einheit des Weltganzen im strengsten Sinne des Worts dargethan; so ist die Schöpfung kein Aggregat blos neben einander bestehender Existenzen, sondern ein Organismus, in dem der Zufall keinen Platz findet und der mit Nothwendigkeit den gleichen Ursprung voraussetzt; ein Orga- nismus, der bis in seine kleinsten Theile hinein durch ein einziges Band gehalten wird und in ihm die Gewähr seiner Dauer trägt. Dieser Lehrsatz ist mehr als Astronomie; er ist Religion. Doch je wichtiger und folgenreicher ein solches Resultat erscheint, desto mehr ist der Wunsch gerechtfertigt, mit der innern Constitution eines solchen Organismus, so viel uns vergönnt ist, bekannt zu werden und die Individuen in ihrer Eigenthümlichkeit aufzufassen. Denn die Herrlichkeit der Schöpfung tritt am meisten darin hervor, dass unbeschadet der Allgemeingültigkeit eines einzigen obersten Prinzips, das auch nicht die kleinste wirkliche Ausnahme zulässt, gleich- wohl die überraschendste Mannigfaltigkeit in den Individuen wahrgenommen wird. Nur wird es in vielen Fällen unmöglich sein, diese individuellen Verschiedenheiten zu erforschen; die grosse Entfernung aller nicht zu unserm Sonnensystem gehö- renden Körper lässt sie nur als Punkte erscheinen und wir müssen wohl auf immer darauf verzichten, ihre Oberflächen und was damit zusammenhängt, kennen zu lernen. Dagegen bieten ihre Bahnelemente, vor allen die am leichtesten zu erforschenden Umlaufszeiten, uns Anhaltpunkte dar, um nach und nach zu einer speciellen Kenntniss ihrer Entfernung, Massen und dergl. wenigstens relativ und annäherungsweise, zu gelangen. In dieser Beziehung habe ich die 391 Doppel- sterne, für welche eine Stell ungs Veränderung gefunden worden ist, nach ihrer grossem oder geringem Winkelgeschwindigkeit geordnet. Zwar wird, auch ganz abgesehen von den Beobachtungsfehlern, diese Winkelgeschwindigkeit nicht von der Umlaufszeit allein abhängig sein, sondern in einer elliptischen Bahn von dem 71 jedesmaligen Abstande vom Perihel, so wie in einer gegen unsre Gesichtslinie geneigten vom Knotenabstande. Nun aber müssen wir wohl für alle Doppelsterne sowohl Excentricität als Neigung annehmen, und beide können sehr gross, mithin die gegenwärtige Winkelgeschwindigkeit von der mittleren sehr verschieden sein. Da aber bei einer grossen Anzahl von Systemen diese beobachtete Geschwin- digkeit etwa eben so oft und viel unter als über der mittleren stehen, bei einer unendlichen Anzahl derselben, der Durchschnitt aus allen, nach den Grundsätzen des Probabilitätscalculs , der mittleren sogar gleich sein müsste, so lässt sich ein annähernder Schluss auf diese mittlere Geschwindigkeit, und folglich auf die Um- laufsperioden ziehen, die uns wenigstens eine allgemeine Vorstellung über ihre Grösse geben können, und ein Mehreres kann die Gegenwart unter den gegebenen Umständen nicht verlangen. Die geringste bis jetzt ermittelte Umlaufszeit eines selbstleuchtenden Fix- sternbegleiters ist 36 Jahre, und sie gehört dem schwer sichtbaren Nebenstern von 4 Herculis an. Doch ist diese Periode weniger sicher als eine andre von 44 Jahren, welche n der Krone zukommt, der aus zwei nahezu gleich grossen, aber nur in den stärksten Fernröhren trennbaren Sternen besteht. Perioden von 60 und 62 Jahren ergeben sich für t, des Krebses und % im grossen Bären; für letzteren mit einer Sicherheit die kaum noch 2 — - 3 Monat Ungewissheit übrig lässt. 80* — -90 Jahre ergeben sich für p des Schlangenträgers und diese fünf Sterne, deren Anzahl wohl nicht mehr erheblich wachsen dürfte, stellt sich also mit ihren Umlaufszeiten etwa den äussersten der Planeten gleich. Bei allen übrigen haben Avir mit Jahrhunderten, Jahrtausenden und noch weit grösseren Zeiträumen zu thun. Ich linde nämlich nach den bisherigen Ermittelungen , und unter dem oben ausgedrückten Vorbehalt rücksichtlich der Bedeutung dieser Zahlen; 9 Doppelsterne , deren Winkelgeschwindigkeit auf eine Periode von 100 — * 15 V 200 Jahre führt, zwischen 200 * — 400. 29 zwischen 400 — 600. 32 Y) zwischen 600 • — - 800. 36 Y) ' zwischen 800 • — • 1000. 33 n zwischen 1000 — 1200. 44 zwischen 1200- — 1500 Jahren für die übrigen 188 Sternenpaare , in denen die Umlaufsbewegung angedeutet ist, kommt eine grössere, aber eben deshalb auch so unsichere Periode heraus, dass 72 ich für jetzt Bedenken trage, sie selbst nur in runden Zahlen aufzuführen. In einzelnen Fällen erreichen sie 15 • — -20,000 Jahre. Die rascheren Umläufe gehören vorzugsweise den helleren, leichter er- kennbaren, aus ganz oder doch nahezu gleichen Gliedern bestehenden Doppel- sternen an, die auch meistens schon früher bekannt waren. Die schwächeren, blos teleskopischen Doppelsterne, so wie die schwer erkennbaren schwachen Begleiter hellerer Sterne, führen fast immer auf grössere Perioden, wenn sie überhaupt schon ein Resultat geben. Aus diesem übrigens leicht erklärlichen Grunde dürfen wir nicht darauf zählen, für die, nur wenige Jahrhunderte umfassenden, Perioden eine erheblich grössere Anzahl von Doppelsternen in Zukunft zu gewinnen und der Zuwachs wird hauptsächlich die grösseren treffen, namentlich die, welche auf mehrere Jahrtausende gehen. Man wird hieraus zugleich abnehmen können , in wie fern man von der nächsten Zukunft eine genauere Kenntniss der in Rede stehenden Bewegungen zu erwarten hat. Bei der Kleinheit, unter der uns die Halbmesser dieser Bahnen erscheinen, die stets nur wenige Sekunden, ja selbst nur einen Bruchtheil der Sekunde umfassen, darf man eine Bahnberechnung nicht eher mit einiger Hoffnung des Erfolges versuchen, bis mindestens %, in der Regel aber die Hälfte des scheinbaren Umkreises zurückgelegt ist. In gegenwärtigem Jahrhundert also wird die Zahl der vollständig berechneten Doppelsternbahnen nur langsam wachsen, da wir die wenigen vorherschelschen Beobachtungen fast ganz verwerfen und selbst die des altern Herschel nur mit grosser Vorsicht gebrauchen, und in den meisten Fällen erst vom dritten Decennio des 19. Jahrhunderts ausgehen können. Und es wird der äussersten Sorgfalt der Beobachter bedürfen, besonders was die mög- lichste Vermeidung der constanten Fehler betrifft, wenn wir den Nachkommen Data liefern wollen, welche sie mit den ihrigen sicher zusammenstellen können. Es fällt auf, dass es einige ganz vorzüglich helle und deutliche Doppelsterne am Himmel giebt, bei denen Distanz und Richtungswinkel seit mehr als einem halben Jahrhundert ganz und gar nichts von einer bemerkbaren Veränderung zeigen. Dahin gehört J\° 11 im Einhorn, der mit blossem Auge ganz gut sichtbar ist und aus drei fast gleich hellen, sehr weissen Sternen besteht, der schönfarbige Stern y Delphini von der 4. Grösse, die beiden 22” von einander entfernten $ Serpentis, gleichfalls zur 4. Grösse gehörend, der schöne rothe Hauptstern am Kopfe des Hercules mit seinem blaugrünen Begleiter, den ein starkes Fernrohr schon am hellen Tage als Doppelstern zeigt, und noch einige andere. Sind diese Sterne zu weit von uns entfernt, weshalb leuchten sie 73 gleichwohl so hell? Sind sie uns aber, wie ihr bedeutender Glanz vermuthen lässt, beträchtlich nahe, weshalb gewahren wir gleichwohl ihre gegenseitige Be- wegung nicht? Immer werden wir darauf geführt, dass bei diesen Sternen Licht- glanz und Masse in einem ganz andern Verhältniss stehen müssen, als bei der grossen Mehrzahl der übrigen. Weniger noch als über die Umlaufszeiten, vermögen wir über Gestalt und Lage der Bahnen , so wie über die Grösse der Sterne und ihre relativen Ent- fernungen Sicheres anzugeben. Für Letzteres wäre die Kenntniss ihrer absoluten Entfernung von unserer Erde (Sonne) unerlässlich, und die ausserordentliche Kleinheit der Parallaxen , die nach unsäglicher Arbeit endlich für einige wenige Sterne gefunden worden sind, gewährt nur geringe Aussicht, diese Entfernungen einzeln zu erforschen. Dennoch können wir schon einige behutsame Schlüsse wagen, da wir gerade für zwei Doppelsterne, den 61. im Schwan und den in Europa nicht sichtbaren « des Centauren, diese Parallaxen und folglich die Ent- fernungen kennen. Für den erstem beträgt sie nach Bes sei 580,000 Sonnen- weiten = 12x/2 Bill. Meilen, für den letztem nach Henderson und Maclear 225,000 Sonnenweiten :== 5 Bill. Meilen. Wenn wir mit dieser Entfernung die an diesem Sterne wahrgenommenen Umlaufsbewegungen, so wie ihre eigenen Be- wegungen im Weltenraume vergleichen, so erhalten wir Geschwindigkeiten, welche die der Hauptplaneten unseres Sonnensystemes nicht übertreffen, sondern eher noch hinter diesen zurückstehen. Für die Masse der beiden in 61 Cygni ver- einigten Sterne ergiebt sich l/3 der Sonnenmasse und für die Schnelligkeit der Umlaufsbewegung 20 Meilen in der Minute, während unsere Erde zwölf Mal schneller dahinrollt. Wenn die übrigen Doppelsterne nicht etwa unsere Sonne an Masse viele hundert- und selbst tausendmal übertreffen, so sind die Umlaufs- geschwindigkeiten auch bei ihnen in Grenzen eingeschlossen, die über die Schnellig- keit unserer Erde nicht hinausgehen und in einigen Fällen nicht einmal die unseres Mondes erreichen. Es hat überhaupt den Anschein, als seien die Bewegungen in der Fixsternwelt, auch absolut genommen, nichts weniger als rasch, wenigstens würde man nur unter den allerunwahrscheinlichsten Annahmen über die Fixstern- massen auf so rasche Bewegungen kommen, wie ein neulich bekannt gewordener Erklärungsversuch über die Ursache der Doppelsternfarben sie fordern muss. Doch ich gedenke nicht, diese und andere Hypothesen hier weiter zu ver- folgen. Meine Absicht ging vorzugsweise dahin, Ihnen in gedrängter Kürze übersichtlich darzulegen, was die jüngstverflossenen Jahre in Bezug auf unsere Kenntniss der Doppelsternbahnen geleistet haben, so wie einen allgemeinen Ueber- 10 74 blick dessen, was den kommenden Zeiten zu leisten übrig bleibt. Verglichen mit dem unermesslichen Umfange dieser letztem Aufgabe kann das, was ich gegen- wärtig des Neuen zu geben vermochte, allerdings nur wenig befriedigen. Allein bedenkt man , dass noch vor wenigen Jahrzehenden selbst die Existenz der Doppelsterne als physisch verbundener Systeme bezweifelt werden konnte und es kaum eine einzige Sternwarte gab, welche ihnen einige Aufmerksamkeit schenkte; dass des älteren Herschel grossartig begonnene Arbeiten über diese Körper in Gefahr standen, vielleicht mehrere Menschenalter hindurch gleichsam vergessen zu werden und erst seit einem Vierteljahrhundert ein neuer Eifer darin erwacht ist, so wird man die erlangten Resultate nicht für unbedeutend halten können. Noch eine umfassende Arbeit ist auf der Sternwarte Dorpat, jedoch nicht von mir selbst, ausgeführt worden, und ihrer Beendigung nahe; nemlich die ab- soluten Ortsbestimmungen der zwei- und mehrfachen Sterne am Himmel. Diese Bestimmungen werden zum Theil schon der Gegenwart, genauer und umfassender aber der Zukunft diejenigen Ortsveränderungen kennen lehren, an denen beide Glieder eines Sternsystemes in gleicher Weise Theil nehmen und die also als dem ganzen System angehörend betrachtet werden müssen. Bereits jetzt haben mehrfache Vergleichungen dieser Beobachtungen, verbunden mit denen der einfachen Sterne, zu höchst interessanten Schlüssen geführt, und nicht allein die Fort- bewegung unseres eigenen Sonnen System e s hat nach ihrer Richtung und annäherungs- weise selbst nach ihrer Quantität bestimmt werden können, sondern es sind auch bereits Andeutungen vorhanden, aus denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verbindung sowohl der Doppel- als einfachen Sterne zu Systemen höherer Ordnung folgt. Schon jetzt sind wir im Stande, einige derselben am Himmel nachzuweisen: Für die Plejaden hat bereits Bessel die physische Verbindung ausser Zweifel gesetzt, für die Hyaden ergiebt sich jetzt dasselbe (^doch muss ot Tauri, der der Erde wahrscheinlich vielmal näher steht, davon ausgenommen werden); und in der glänzenden Region des Orion erblicken wir gleichfalls ein ungeheuer grosses, in sich verbundenes Sternsystem, das aber viel weiter von unsrer Sonne entfernt sein muss, als die Mehrzahl der gleich hellen Sterne des Himmels. Aber ich breche hier ab, da ich sonst auf einen zu unsichern Boden zu gerathen und mich in allgemeinen Hypothesen zu verlieren fürchten müsste. Wenn ich im Laufe meines Vortrages der Lücke gedenken musste, welche die so grossartig begonnenen Untersuchungen über den Bau des Fixsternhimmels unterbrach, so muss uns allerdings ein Gefühl der Trauer beschleichen, denn jene 75 Lücke macht sich leider in allen Bestrebungen fühlbar, welche die ernste Wissen- schaft zum Ziele hatten. Aber anstatt die schmerzlichen Ereignisse, welche noch in unser Aller Gedächtniss leben und jenen Stillstand deutscher Forschung ver- anlassten, uns aufs Neue vorzuführen, lassen Sie uns lieber mit freudigem und gerechtem Stolze gedenken, dass wir hier in einer Stadt versammelt sind, in der das heilige Feuer am Altar der Wissenschaft, auch mitten im wildesten Waflen- getümmel, zu keiner Zeit erloschen ist. Hier war es, wo der unvergessliche Olbers unermüdet forschte und nie den Muth sinken liess, wo er zwei ungeahnte Planeten neu entdeckte, einen dritten, bereits verlornen, wiederfand, und zur Entdeckung eines vierten den Impuls gab * — eine so reiche Ernte, wie kein Volk und keine Zeit sie aufzuweisen vermag, noch jemals in Zukunft aufweisen wird. Seinem Gedächtniss wird sich hier ein Denkmal erheben, würdig des grossen Mannes und würdig seiner Vaterstadt, aber sein Name wird Stein und Erz überdauern, und nie vergessen werden, so lange auf unserem Planeten noch ein Auge gefunden wird, das gen Himmel zu schauen vermag. Lassen Sie uns, die wir in friedlicheren und glücklicheren Zeiten zu wirken berufen sind, ihm nach- eifern und diesen Ruhm des deutschen Mannes unsern Nachkommen ungeschmälert hinterlassen, denn so wird Sein Andenken am würdigsten geehrt. Obergerichts - Procurator G. von Struve aus Mannheim. Ueber den Einfluss der Phrenologie auf die Wissenschaft über- haupt und die Naturwissenschaft insbesondere. Hochverehrte Versammlung! w enn ich es wage, hier meine Stimme zu erheben, so geschieht es in dem Bewusstsein, dass ich treu bleibe dem Berufe, den ich mir erkoren. Denn ich spreche hier als Anwalt einer aus ihrem Vaterlande verdrängten Deutschen, welche von Ihnen, meine Herren, begehrt, dass Sie ihr die Pforten ihres Heimathlandes wieder öffnen, dass Sie der Verbannung ein Ende machen, in der sie geweilt bald 40 Jahre lang. Von Ihnen, den versammelten Vertretern deutscher Natur- *) Bei der Kürze der Zeit, welche den Vorträgen in der Generalversammlung zugemessen war, konnte nicht die ganze hier mitgetheilte Rede gesprochen werden, sie enthält daher nähere Ausführungen, in welche der gesprochene Vortrag nicht eingehen konnte; jedoch stimmt sie mit diesem in allen Hauptpunkten überein. G. v. St. 10* 76 Wissenschaft, wünsche ich eine Entscheidung darüber, ob unsre deutsche Lands- männin ohne Gehör von dem vaterländischen Boden wieder hinweggewiesen werden, oder ob ihre Ansprüche auf Heimathsrecht und Anerkennung ihrer Verdienste sollen gewissenhaft geprüft werden. Mehr verlangt sie heute noch nicht. Sie begehrt nur Gehör, sie wünscht nur eine genaue Untersuchung dessen, was sie geleistet hat, und der Erwartungen, die sich an ihre bereits erfüllten Leistungen knüpfen. Ich spreche zu Männern der Wissenschaft, denen die Wahrheit und der Fortschritt auf dem Wege der Erkenntniss tlieuer ist. Hier darf ich den Namen meiner Clientin offen nennen. Sie Avird keinen Vorurtheilen begegnen, wenigstens keinen solchen, die sich ihr feindlich AA'idersetzen möchten. Meine Schutzbefohlene heisst die Phrenologie, und deren im Auslande verstorbener Vater: Gail. Mit Stolz und Freude nenne ich diesen Namen , denn er war ein grosser deutscher Mann, der seinem Vaterlande Ruhm bereitet, avo er genannt Avird. Im Alterthum stand die Wissenschaft dem Leben Aveit näher, als in der neuern Zeit. Sie zerfiel nicht in so viele bestimmt geschiedene Theile. Jeder Einzelne, welcher sich der Wissenschaft befleissigte, umfasste mehr oder Aveniger ihr ganzes Gebiet. Der Philosoph beschäftigte sich mit der Heilkunde, der Ge- setzgebung und der Gottesgelahrtheit. Namentlich aber standen Philosophie und NaturAvissenschaft in ungetrennter Verbindung. Im Laufe der Jahrhunderte avucIis das Material der Wissenschaft mehr und mehr heran, man beschäftigte sich mit den Einzelheiten der Gegenstände, Avährend man sich im Alterthume häufig nur mit allgemeinen Uebersichten begnügt hatte. Es Avurde nunmehr dem Manne der Wissenschaft unmöglich, sich mit den Einzelheiten sämmtlicher Wissenszweige genau bekannt zu machen. Er begnügte sich daher mit der Bearbeitung eines derselben und blieb demzufolge nicht selten allen übrigen fremd, ln solcher Weise schieden sich die Wissenszweige schroff von einander ab. Es gab nicht eine, alles AvissensAvürdige umfassende, homogene Wissenschaft mehr, sondern nur eine Reihe von Wissenschaften, deren eine nicht selten im grellsten Widerspruche mit den andern stand. Allerdings gereichte die Ausbildung einzelner Wissens- zweige der Wissenschaft überhaupt zu nicht geringer Förderung; allein mir scheint, die Zeit ist gekommen, da es Noth thut, die verschiedenen Glieder des Avissen- schaftlichen Körpers zu einem lebendigen Ganzen zu vereinigen. Zu diesem für die Wissenschaft überhaupt so hocliAvichtigen ZAvecke wird die Phrenologie in entscheidender Weise mitAvirken. Denn gerade so, Avie sie unmittelbar den Geist des Menschen mit seinen verschiedenen körperlichen Organen in der innigsten 77 Verbindung betrachtet, so greift sie unmittelbar in alle Wissenschaften ein, die es mit dem , was da lebt , dem Menschen , seinen körperlichen und geistigen Be- dürfnissen, so wie mit dem Thiere zu thun haben. Die Phrenologie ist die Lehre von dem Geiste in untrennbarer V erbindung mit seinen körperlichen Organen. Sie geht von folgenden Grundsätzen aus: X, Das Central-Organ geistiger Thätigkeit ist das Gehirn, und dieses bildet seinerseits wieder den Vereinigungspunkt des gesammten Nervensystems des Körpers , und da die Beschaffenheit der Nervenmasse durchaus abhängig ist von den Säften, welche ihr Nahrung zuführen, so sind für die Phrenologie mehr oder weniger alle Organe des Körpers von hoher Bedeutung. 2. Das Gehirn, gleich allen übrigen Theilen derNervenmasse, wirkt aber nicht blos als ein einziges untrennbares Organ, sondern als eine zu einem Ganzen verbundene Mehrheit solcher. Dieser zweite Grundsatz der Phrenologie unterliegt gleich dem ersten, vorhin genannten, bei dem jetzigen Stande der Physiologie durchaus keinem Zweifel mehr. Alle die Gründe, welche denselben , in Betreff der Nervenmasse des übrigen Körpers festgestellt haben, beziehen sich und zwar in noch höherem Maasse auch auf das Gehirn. 3» Der Grad der Energie, mit welchem ein Vermögen des Geistes wirkt, entspricht, unter übrigens gleichen Verhältnissen, der Grösse seines Organs. Auch dieser Grundsatz steht unantastbar fest, insofern man ihn nicht verdreht oder missversteht. Die Qualität des Gehirns ist allerdings nicht minder von der höchsten Bedeutung. Allein daraus ist nicht zu schliessen, dass die Quantität nicht auch die ihrige habe. Insofern wir der Qualität ihr volles Recht einräumen, vindiziren wir der Quantität auch das ihrige. Der vierte phrenologische Grundsatz, welcher sich auf die Quantität des Ge- hirns bezieht ist der folgende : die äussere Oberfläche des Schädels entspricht in der Regel der innern, und diese der Oberfläche des Gehirns. Die gegen diesen Grundsatz gemachten Einwendungen beruhen sämmtlich auf einer irrigen Auffassung. Die Phrenologie hat mit der grössten Genauigkeit alle diejenigen Fälle festgestellt, da diese Regel Ausnahmen erleidet. Allein mit derselben Sicherheit, mit welcher wir von der Ausdehnung der Brust- oder Bauchhöhle auf die Grösse der in den- selben enthaltenen Organe schliessen, mit derselben können wir es in Betreff' der Kopfhöhle. Es ist nicht minder irrig zu behaupten, man könne einen solchen Schluss nicht ziehen wegen bisweilen vorkommender Abweichungen, von dem Parallelismus der beiden Schädel platten, als es irrig wäre zu behaupten, man könne auf die Grösse der Organe der Brust- und Bauchhöhle von der Ausdeh- nung der Letztem nicht schliessen, weil die Rippen bisweilen eine abnorme Bildung 78 hätten, oder weil ein Geschwür, das sich auf der Brust finden möchte, keiner Erhabenheit in den innern Gebilden der Brusthöhle entspreche. Diese vier Grundsätze haben zunächst zu der Entdeckung der Verrich- tungen der verschiedenen Organe des Gehirns geführt. Auf den ersten Blick muss es einleuchten, dass, wie man nicht bloss von dem Unterleibe und der Brust, als einem untrennbaren Ganzen sprechen kann, dieselbe Analogie sich auch auf den Kopf bezieht. Ebenso oberflächlich ist die Kenntniss der Bauch- und Brust- höhle, als diejenige der Kopfhöhle, wenn man sie nur im Ganzen betrachtet und nicht weiter untersucht, welche Verrichtungen mit den einzelnen Theilen verbunden sind, die sie umfassen. Ein Theil des Gehirns ist rücksichtlich seiner Verrich- tungen von den übrigen Theilen nicht minder verschieden, als ein Theil der Organe der Brusthöhle von den übrigen Theilen derselben. Der Phrenolog unterscheidet sich von dem nicht phrenologischen Physiologen nur dadurch, dass er sich nicht damit begnügt, die Verrichtungen der Organe der Kopfhöhle im Ganzen zu untersuchen, sondern in die Einzelheiten der Verrich- tungen eingeht, Avelche mit den verschiedenen Theilen derselben verbunden sind. Der Physiolog, der sich dem Phrenologen entgegen stellt, kann dies nur thun, indem er ohne Prüfung erklärt: eure Forschungen sind irrig, und wer dieses thut, stellt sich eben deswegen, weil er verwirft, ohne zu prüfen, auf den Stand- punkt des Vorurtheils und verlässt das Gebiet der Wissenschaft. Derjenige Physiolog dagegen, dem es um Wahrheit und Wissenschaft zu thun ist, muss sich die Mühe geben, zu prüfen, und hat daher vor allen Dingen die Fragen zu beantworten: 1) Sind die Thatsachen wahr, aus welchen die Phrenologen ihre Grundsätze und die Verrichtungen der einzelnen Organe ableiten und 2) sind die Schlüsse richtig, welche sie aus jenen Thatsachen ziehen? Diese beiden Fragen sind bis zu dieser Stunde noch von keinem Physiologen geprüft Avorden, welcher ein Gegner der Phrenologie geblieben wäre. Alle diejenigen Physiologen, welche sich die Mühe gaben diese Fragen zu prüfen, Avie z. B. Andreas Combe, Vimont, Broussais und Andere sind Phrenologen geworden, Aveil sie sich von der Wahrheit jener Thatsachen im Allgemeinen und der Richtigkeit der daraus abgeleiteten Schlüsse überzeugt haben. Wie vor Gail die Lehre von den Ver- richtungen des Gehirns im tiefsten Dunkel lag. so Avar dies auch der Fall in Betreff der Lehre von den körperlichen Organen des Geistes. Während sich die Physiologen um das geistige Element, hatten sich die Psychologen um das körperliche Element des Menschen so gut als gar nicht bekümmert. Die Physiologen bear- beiteten einen, die Psychologen einen andern Zweig der Wissenschaft, ohne sich 79 bewusst zu werden, dass sie sich die lland reichen, dass sie Körper und Geist in ihrer untrennbaren Vereinigung ihren Untersuchungen zu Grunde legen müssten, wenn sie sich mit dem lebendigen Menschen, mit dem beseelten Körper oder mit dem an ein körperliches Organ geknüpften Geiste beschäftigen wollten. Die schroffe Scheidung der verschiedenen Wissenszweige tritt nirgends entschiedener hervor, als bei denjenigen, deren Gegenstand der Mensch ist. Dieses gilt nicht blos von der Physiologie und der Psychologie, sondern auch von allen denjenigen Wissenschaften, welche mit diesen in unmittelbarer Verbindung stehen. Die Moralphilosophie, die Dogmatik, die Rechtswissenschaft, die Geschichte, die Philosophie der Kunst ziehen alle ihre Lebens- Elemente aus der Natur des Menschen. Verkehrte Ansichten über diese müssen nothwendig einen verderblichen Einfluss auf deren Entwickelung üben. In gleicher Weise stehen Anatomie, Therapie, namentlich Psychiatrie, Arzneimittellehre und andere medizinische Wissenszweige in engster Verbindung mit der Menschen -iNatur. Wie bei den letzteren Wissenschaften mehr die körperliche, so tritt bei den ersteren mehr die «•eistise Seite in den Vordergrund. Allein beim lebenden Menschen lasst sich Körper und Geist niemals scharf trennen. Jeder, selbst der kleinste Theil des belebten Körpers übt eine Rückwirkung auf den Geist des Menschen aus, wie er seinerseits wieder die Rückwirkung des Geistes empfindet. Eine schmerzliche Wunde an dem kleinen Finger kann uns unfähig machen, einen Entschluss zu fassen, stört den Zusammenhang unserer Gedanken u. s. w. Wenn wir daher den 3Ienschen richtig beurtheilen wollen, so müssen wir immer zu gleicher Zeit Rücksicht nehmen auf seine körperlichen, seine geistigen Zustände und deren Wechsel verhaltniss. Dieselben Erscheinungen können in letzter Instanz entweder auf körperliche oder auf geistige Ursachen zurückgeführt werden. Heftiges Zittern und Beben, Zähneklappern und Schaudern kann die Folge starken Frostes, es kann aber auch die Folge eines hohen Grades von Furcht sein. Eine trübe Gemüthsstimmung mit allen ihren begleitenden Symptomen hat nicht selten ihren Grund in einer Krankheit des Unterleibes, allein nicht minder selten in einem unser Gennith aufs tiefste ergreifenden traurigen Ereignisse. Dasselbe hagere, bleiche, düstere Aussehen finden wir zu gleicher Zeit an Menschen, welche in Gegenden wohnen, die von der Malaria heimgesucht sind, und an Menschen, welche unter dem Einflüsse eines tiefen Seelenschmerzes stehen. Körper und Geist hängen daher so innig zusammen, die Symptome körper- licher Krankheit gleichen denjenigen der geistigen so sehr, dass nur ein tief ein- dringender, scharfer Blick die letzte Ursache der Erscheinung zu erkennen 80 vermag. Insofern nun krankhafte Seelenzustände ihrerseits wieder die Ursachen von Handlungen oder Leiden aller Art werden, stehen sie in Verbindung mit einer Reihe von Wissenschaften. Mit den Handlungen des Menschen beschäftigt sich zunächst der Jurist, mit seinen Leiden der Arzt. Allein so wenig man Handlung von Leiden in der Wirklichkeit scharf zu trennen vermag, so wenig ist eine solche scharfe Trennung möglich zw ischen den, dem Juristen und den dem Arzte nothwendigen Kenntnissen. Der Philosoph und der Seelsorger sollen Theil nehmen sowohl an der activen als an der passiven Seite des menschlichen Lebens- Prozesses. Allein die Thätigkeit aller dieser verschiedenen Fachmänner wird auf unüberwindliche Schwierigkeiten stossen, wenn sie den eigentlichen Gegenstand ihrer Bestrebungen: den Menschen nicht kennen, wenn sie von demselben nur einen Theil ihrer Forschung unterworfen haben, gleich als liesse sich dieser von den andern trennen. Man hat nicht bedacht, dass sobald irgend ein Theil von dem Menschen getrennt wird , der Tod entweder des Theils oder des Menschen selbst die Folge ist. Die Phrenologie hat die Erkenntniss der Mensehen-Natur, wie die Botanik die Erkenntniss der Pflanzennatur zu ihrem Gegenstände. Sie lehrt uns daher kennen die Elemente, aus welchen die Menschennatur besteht, die Resultate der verschiedenen Mischungen dieser Elemente und die Gesetze, unter welchen die- selben stehen oder mit andern Worten, die Gesetze, unter deren Einfluss der geistige Lebensprocess vor sich geht.. Die Organe des Gehirns bilden die eigentlichen Vereinigungspunkte des körperlichen und geistigen Lebens. Wie dieselben auf der einen Seite die Cen- tralpunkte des gesammten Nervensystems, so sind sie auf der andern Seite die körperlichen Organe der Elementarkräfte des Geistes. Indem die Phrenologen die Verrichtungen der verschiedenen Theile des Gehirns entdeckten, erforschten sie zugleich die verschiedenen Elementarkräfte des Geistes. An die erste Ent- deckung von diesen Elementarkräften reihte sich die zweite an von der Bedeutung ihrer Mischungsverhältnisse oder die Lehre von den Combinationen und die dritte von der Thätigkeit der einzelnen und der combinirten Kräfte des Geistes oder die Lehre von den Gesetzen des Menschengeistes. Wer daher verneint: die Phrenologie lehre nur. aus der äussern Erschei- nung des Kopfes Schlüsse ziehen auf die Beschaffenheit der menschlichen An- lagen, der ist mit dem jetzigen Stande der Wissenschaft nicht vertraut. Aller- dings lehrt sie dieses und schon insofern ist sie von hoher Bedeutung, allein die Kranioscopie bildet nur die Aussenseite der Phrenologie, die Vorhalle, 81 idurch welche man eingeht in den von ihr erbauten Tempel. Sie verhalt sich zur Phrenologie, wie der Schädel zur Seele. Die Phrenologie ist eine Wissenschaft, von deren Wahrheit man sich nicht aus Büchern bei dem Scheine einer Lampe überzeugen, welche man nicht durch Excerpte aus hundert Folianten bereichern kann, sie erfordert nicht bloss Gedächtniss, nicht bloss Kenntnisse mannigfaltiger Art, sondern auch Scharfblick, Lebensgewandtheit und regen Verkehr mit allen Classen der Gesellschaft. Sie setzt eine vielseitige Bildung, naturwissenschaftliches und philosophisches Eindringen in die Erscheinungen des Lebens voraus. Daher sind ihr alle Stubengelehrten gram. Nur wer dem Menschen in seinem Gange durch’s Leben mit forschendem Auge folgt, wer die körperlichen und geistigen Systeme des Lebensprozesses in’s Auge zu fassen, und ihnen in allen Beziehungen nachzuforschen weiss, wird im Gebiete der Phrenologie etwas leisten. Daher ist sie bei allen denjenigen nicht beliebt, welche sich dem Studium irgend eines Faches, mit Vernachlässigung der übrigen ergeben haben. Sie setzt einen gewissen geistigen Höhepunkt voraus, welchen der Fachgelehrte in der Regel nicht besitzt. Denn sie vereinigt in sich alle die verschiedenen Fäden, welche in ihrer Verlängerung die verschiedenen Fachwissenschaften bilden, die sich mit dem lebenden Wesen, und insbesondere dem Menschen beschäftigen. Der Grund und Boden, auf welchem die Phrenologie steht, ist die Erfah- rung. Die Beobachtung der Menschennatur in allen ihren Theilen hat denselben im Laufe von mehr als sechs Decennien durch das Zusammenwirken tüchtiger Männer aller Wissenzweige nach und nach befestigt. Aerzte waren die ersten Gründer dieser Wissenschaft. Unsre Landsleute Gail und S pur z heim werden hier billig vor allen andern mit Ruhm genannt. Allein an sie schlossen sich im Laufe der Decennien Aerzte, Philosophen, Pädagogen, Theologen, Juristen und Künstler deutscher Nation und hauptsächlich anderer Nationen an. Dem Zusam- menwirken aller dieser Kräfte allein kann die hohe praktische Bedeutsamkeit der Phrenologie zugeschrieben werden. Wie die Phrenologie allen Wissenschaften, die sich mit dem Menschen beschäftigen, ihren Lebenskeim, ihre ersten Prinzipien leiht, so bedarf sie auch der Mitwirkung aller Jünger dieser verschiedenen Wissen- schaften, und insofern bildet sie die Central -Wissenschaft sämmtlicher mit dem Menschen beschäftigter Spezial -Wissenschaften, den Centralpunkt, in welchem sich alle Pfleger dieser verschiedenen Wissenschaften vereinigen. Wie das Gehirn der Vereinigungspunkt ist zwischen Körper und Geist, so bildet die Phrenologie den Vereinigungspunkt der Phvsiologie und Psychologie, “ 11 82 wie das Gehirn der Ceniralpunkt des gesanimten Nervensystems und folgeweise des gesammten körperlichen Organismus ist, so ist die Phrenologie der Central- punkt der Wissenschaft des menschlichen Körpers, und wie es auf der andern Seite das Central - Organ des menschlichen Geistes ist, so bildet die Phrenologie die Central-Wissenschaft aller Wissenszweige, die es mit dem lebendigen Wesen zu thun haben. Nur dadurch kann Einheit in die verschiedenen mit dem mensch- lichen Körper und dem menschlichen Geiste beschäftigten Spezial-Wissenschaften kommen, dass sie als Strahlen einer und derselben Wissenschaft der Menschen- Natur sich in einem Centralpunkt vereinigen und diesen Centralpunkt bildet die Phrenologie. Sobald dieses von den Bebauern der verschiedenen Wissenschaften, deren gemeinsamer Gegenstand der Mensch ist, erkannt sein wird, werden sich alle diese Wissenschaften näher rücken, werden sie alle in ein harmonischeres Ver- hältnis treten, als dasjenige ist, in welchem sie sich jetzt befinden. Die Phre- nologie verspricht daher sämmtlichen, mit dem Menschen beschäftigten Wissen- schaften diejenige Einheit der Prinzipien zu verschaffen, ohne welche sie niemals eine gedeihliche Wirksamkeit im praktischen Leben entfalten können. Die Grundvermögen der Phrenologie sind aus der Wirklichkeit geschöpft und besitzen eben deshalb auch Wirklichkeit, sie lassen sich nicht weiter auflösen, sie bewähren sich in allen Beziehungen. Der Ortsinn, das Wohlwollen, der Zahlensinn u. s. w. sind keine Abstractionen. Der Phrenologe weist ihre körper- lichen Organe nach, zeigt, Avie sich diese Hand in Hand mit der entsprechenden geistigen Kraft ent>vickeln, ihren Höhepunkt erreichen und Avieder abnehmen. Jede der von den Phrenologen angenommenen Grundkräfte der Seele ruht auf einem thatsächlichen und körperlichen Grund und Boden, ist durch Raum und Zeit begränzt, und eben dadurch aus dem Gebiete der Abstraction in dasjenige der Wirklichkeit versetzt. Bei jedem einzelnen der phrenologischen Organe ist eine bestimmte wissenschaftliche Beweisführung nicht nur möglich, sondern auch bereits gegeben. Bei jedem einzelnen Organe sind die Fragen geprüft Avorden. und können daher wieder und Avieder geprüft werden : 1) Sind die Thatsachen, welche für dessen Begründung angeführt wer- den , Avahr ? 2) folgt aus denselben, dass die dem Organe entsprechende Seelenkraft existirt? 3) und namentlich, dass ihr körperliches Organ sich an der von den Phrenologen bezeichneten Stelle findet? 83 Eine derartige Beweisführung allein hat einen wissenschaftlichen Character. Auf der festen Grundlage der Thatsachen und der körperlichen Beschaffenheit, der zeitlichen und räumlichen Elemente des Lebens, lässt sich eine geistige Grund- kraft feststellen. Die alte Schule der Seelenlehre hat weder einen thatsächlichen noch einen körperlichen Grund und Boden, daher kömmt es denn auch, dass jeder ihrer Anhänger ganz andere Seelenvermögen annimmt : der eine 2, der andere 25, der eine diese, der andere jene. Daher kommt es, dass, nachdem alle andere Wissenschaften sich aus dem Gebiete einer maasslosen Spekulation in das Gehäge der Thatsachen geflüchtet haben, die Seelenlehre alter Schule allein sich noch in dem luftigen Gebiete der Abstraction aufhält, d. h. noch keinen festen Grund und Boden gewonnen hat. Wie in der bezeichneten Weise die Phrenologie der Seelenlehre zuerst einen wissenschaftlichen Grund und Boden bereitete, so verbreitete sie erst Licht über die vor ihr in tiefes Dunkel gehüllten Verrichtungen des Gehirns. Wenn wir uns zurückversetzen in die Zeiten vor Gail, so müssen wir bekennen, dass nicht nur die Lehre von den Verrichtungen des Gehirns, sondern überhaupt die Lehre der Verrichtungen des Nervensystems, so gut als gänzlich unbekannt war. Gail war es, der in seinem trefflichen Werke: „Anatomie et Physiologie du Systeme nerveux en general et du cerveau en particulier(( den Forschungen auf diesem Gebiete die Bahn brach, und alle Fortschritte, welche auf demselben seit seiner Zeit gemacht wurden, waren so viele Bestätigungen der von ihm ge- machten Entdeckungen. Gail machte zuerst darauf aufmerksam , dass neben den Organen der fünf Sinne sich Organe linden müssten, welche die vermittelst der- selben gemachten Wahrnehmungen zu unserrn Bewusstsein brächten. Der Sehnerv ist es nicht, welcher die Gebilde der Aussenwelt zu unserrn Bewusstsein bringt, der Gehörnerv ist es nicht, welcher des Einklangs der Töne sich bewusst wird. Es giebt Menschen von sehr scharfem Gesichte, die doch keinen Sinn und keinen Geschmack für Zeichnung und Colorit haben, Menschen von sehr scharfem Gehör, die doch die falschen Töne der Musik von den richtigen nicht unterscheiden können, und denen letztere keinen Genuss bietet. Es ist daher ein Unterschied zwischen Gesicht- und Gestalt- und Farben -Sinn, ein Unterschied zwischen Gehör- und Musik-Sinn gerade so , Avie ein Unterschied ist zwischen dem Seh- Nerv und dem Organe der Gestalt- und des Farben -Sinns, und ein Unterschied zwischen dem Gehörnerv und dem Organe des Gehirns, welches den Tonsinn vermittelt. 11 * 84 Es kommt nur darauf an, dass sich die Physiologen des Verhältnisses bewusst werden, in welchem sie zur Phrenologie stehen, um sie zu den eifrigsten Freunden und Pflegern dieser Wissenschaft zu machen. Allein leider haben sich durch die Ungunst der Zeiten so viele irrige und verkehrte Begriffe über Phre- nologie verbreitet, dass es ausserordentlich schwer ist, durch diese hindurch der Wahrheit eine Bahn zu öffnen. Wenn wir die Phrenologie von ihrer äussersten Aussenseite: der kra- nioskopisch-physiognomischen, betrachten, so bietet sie uns schon die reichste Ausbeute. Diese wird jedoch immer bedeutungsvolle)-, je tiefer wir durch die Vorhallen des Schädels eindringen bis zum Gehirn, bis zur Seele selbst, und allen den Grundsätzen, welche eine richtige Würdigung des Seelen- Lebens sämmtlichen Wissenschaften bereitet, die es mit dem Menschen zu thun haben. Alles Wirken und Streben auf dieser Erde geschieht durch Menschen, auf Menschen und für Menschen. Wer den Menschen nicht kennt, wird mit dem besten Willen nicht für ihn zu wirken vermögen, wird nicht auf ihn Einfluss ge- winnen. und wird sich seiner nicht zu den Zwecken, die er verfolgt, bedienen können. Menschenkenntniss ist also die Grundbedingung aller gedeihlichen Wirk- samkeit. Die Wissenschaft der Menschenkenntniss ist daher die wichtigste aller Wissenschaften , denn sie bricht gewissermaassen allen übrigen erst die Bahn zu dem Menschengeiste. Der Theolog, der Jurist, der Arzt, der Philosoph, welche den Menschen nicht kennen, mögen mit grosser Gelehrsamkeit ihr Wissen dem Menschen gegenüber entfalten, allein nur wenn dieses Wissen Rücksicht nimmt auf die Gemüthsstimmung des Menschen, nur wenn der Mann der Wissenschaft diese zu erkennen und auf sie einzuwirken versteht, werden seine Kenntnisse Früchte bringen. Wie viele wohlgemeinte Bestrebungen sind lediglich an der Unfähigkeit der Fachmänner, Menschen zu erkennen und zu behandeln, gescheitert! Es genügt nicht, dass der Theologe und der Moralphilosoph gute Lehren gebe. Wenn sie den Bedürfnissen, den geistigen Richtungen der zu Belehrenden nicht entsprechen, werden sie nicht Eingang finden zu dem geistigen Ohre der- selben. Der Gesetzgeber mag Gesetze publiciren, welche er will, nur diejenigen, welche den Bedürfnissen des Volkes entsprechen, werden ihm aber zum Frommen gereichen. Damit, dass ein Gesetz verkündet wird, ist seine Wirksamkeit nicht gesichert, so wenig als durch die Erlassung einer ärztlichen Verordnung deren Erfüllung durch den Patienten. Allein wenn auch die Wirksamkeit des Gesetzes, die Befolgung der ärztlichen Verordnung erzwungen wird, so wird diese doch nur dann eine wohlthätige, eine dem Zwecke entsprechende sein, wenn sie den 85 Bedürfnissen der Betheiligten entspricht. Nimmermehr kann sie aber diesen ent- sprechen, wenn man sie nicht kennt, und nimmermehr kennt man diese mit Schärfe und Bestimmtheit, wenn man die Mittel verschmäht, welche am sichersten diese Kenntniss vermitteln: die Wissenschaft der Menschenkenntniss. Die Phrenologie macht uns aufmerksam auf die Verschiedenheit der Gehirnbildung der Thiere und des Menschen, und die derselben entsprechende Verschiedenheit der Geistesbildung. Sie zeigt uns, dass wir mit dem Thiere gemein haben die Triebe der Nahrung, des Geschlechts, der Kinderliebe u. s. w. Gestaltsinn, Farbensinn und andere Erkenntnisvermögen , dass aber die Organe des Denkvermögens und der mora- lischen Empfindungen, der Ehrerbietung, der Hoffnung, des Wohlwollens, das Schönheitsgefühl u. s. w. körperlich in ihren Organen des Gehirns und geistig in den entsprechenden Anlagen das Sondergut des Menschen bilden. Sie lehrt uns, wie namentlich die drei höchst gelegenen Organe: die Organe der Ehrer- bietung, der Hoffnung und des Wohlwollens den drei Elementen des Christen- thums: dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe entsprechen, dass also der normal gebildete Mensch von der Natur nicht nur überhaupt bestimmt ist, diese Gefühle zu hegen, sondern sie vorzugsweise als die höchsten und schönsten seiner Gefühle über die andern walten zu lassen. Die Organe der Gewissenhaftigkeit und der Festigkeit reihen sich auf der einen, diejenigen des Wunderbaren und des Schönheitsgefühls auf der andern an die genannten Organe an. Den Organen der moralischen Gefühle zunächst liegen diejenigen des Denkvermögens, und die Organe der Talente und des Erkenntnisvermögens reihen sich in Gruppen, welche sich beziehen auf Zeit, Raum und Zahl, vorn auf der Stirn an, während nach den hintern und seitlichen Theilen des Kopfes zu sich die niederen Empfindungen und Triebe in absteigender Progression anschliessen. Die Phrenologie lehrt uns, dass eine harmonische Kraftentwickelung nur möglich ist, wenn jedes Organ denjenigen Platz ausfüllt, der ihm von der Natur angewiesen ist; wenn die thierischen Triebe gehorchen und die moralischen Empfin- dungen unter Mitwirkung der Intelligenz herrschen. Nur diejenige Familie, nur diejenige Kirche, nur derjenige Staat, welche Rücksicht nehmen auf diese Ordnung der Natur, werden sich naturgemäss entfalten. Eine Erziehung, eine Religion oder eine Staatsregierung dagegen , welche statt sich auf die moralischen Kräfte und die Intelligenz der Menschen, auf deren thierische Triebe stützt, diese vor- zugsweise entwickelt, untergräbt sich ihren eigenen Boden. Denn ohne die Gefühle der Ehrerbietung, der Gewissenhaftigkeit und des Wohlwollens wird die Intelli- genz gar leicht ein zweischneidiges Schwerdt, das sich gegen denjenigen wendet, 86 dem es dienen sollte. Wo die thierischen Triebe walten, da ist der Gesichtskreis eng, die Ausdauer gering, und nur das Ungestüm der Leidenschaft ruft eine momentane Kraftentwickelung hervor. Wo die moralischen Gefühle walten, dehnt sich der Blick über den kleinen Kreis der Familie aus, da nur nimmt der Mensch Theil an dem bewegten Leben der Welt, fühlt er sich in der Unendlichkeit, die ihn umgiebt, strahlt ihm ein helleres Jenseits, und hat er einen festen Anker in den Stürmen des Lebens diesseits. So stellt uns die Phrenologie eine harmonische Entwickelung unsrer sämmt- lichen geistigen Kräfte, als Zweck unsres Lebens dar, und weist uns mit natur- wissenschaftlicher Klarheit die Mittel nach, wie wir denselben zu erreichen vermögen. Es giebt epidemische, endemische, ansteckende Störungen und Aufregungen der körperlichen Beschaffenheit, es giebt auch epidemische, endemische und an- steckende Störungen und Aufregungen der geistigen Beschaffenheit der Menschen. Wer dort die Organe nicht kennt, welche zunächst ergriffen werden, wird ebenso- wenig abzuhelfen verstehen, als wer hier die geistigen Kräfte nicht kennt, welche zunächst ergriffen sind. Wer dort auf die ergriffenen Organe nicht ordnend und beruhigend einzuwirken im Stande ist, wird ebensowenig zu leisten vermögen, als Aver hier nicht weiss, wie er die aufgeregten und aus ihrer Ordnung aufgestörten geistigen Kräfte zur Ruhe und geregelter Thätigkeit zurück bringen soll. Die Natur Avirkt nach eAvigen Gesetzen, unbekümmert darum, ob der Mensch sie kennt und beachtet, oder verkennt und missachtet. Allein Aver sie missachtet, wird zu seinem Schaden früher oder später erkennen, dass die Natur mächtiger ist, als er. und dass er im Kampfe mit ihr sich zu Grunde rich- ten muss. Von der Menschenkenntniss. wie von der Gottseligkeit kann man sagen, sie ist zu allen Dingen nütze. Ohne sie Avird Aveder der Staatsmann, noch der Kirchenfürst, weder der Erzieher noch der Prediger, Aveder der Gelehrte noch der Ungelehrte eine tief eingreifende Wirksamkeit zu entfalten vermögen. Ohne Menschenkenntniss kann die Mutter nicht ihr Kind, der Vater nicht den Sohn einer naturgemässen Entwickelung entgegen führen. Wie dem Gesunden, so ist sie dem Kranken gegenüber von der höchsten Bedeutung. Der Arzt hat gar häufig nicht die Zeit , durch Jahre langen Umgang sich die Kenntniss des Cha- racters eines Kranken zu verschaffen. Er Avird an das Bette eines Patienten gerufen, den er nie zuvor gesehen, den er sofort richtig beurtheilen muss, Avenn nicht uiiAviederbringlicher Nachtheil erfolgen soll. Von Avelcher unendlichen '87 Wichtigkeit ist für ihn die Wissenschaft, welche ihm die Mittel an die Hand giebt, in wenigen Augenblicken den Charaeter eines Menschen in allen seinen hervorragenden Eigenschaften und Mängeln zu erkennen. Auf dem Vertrauen zum Arzte beruht der grössere Theil seiner Wirksamkeit. Dieses wird nur derjenige sich zu erwerben wissen, welcher den Kranken nach seiner Individualität behandelt, und dieses wird nur demjenigen gelingen, welcher ihn vollkommen genau kennt. Durchaus nicht ungewöhnlich ist der Fall, da ein Kranker die Ursachen seiner Krankheit dem Arzte nicht mittheilt. Der Arzt ist dann allein auf seine Kenntnisse und seinen Scharfblick angewiesen, um dem Uebel, das er heilen soll, auf den Grund zu kommen. Dem Phrenologen wird in solchen Fällen die Kopf- bildung häufig die bedeutungsvollsten Winke geben. Vorherrschend starke Ent- wickelung des Organs des Nahrungstriebs z. B. wird ihn aufmerksam machen, ob nicht Uebermaass im Essen und Trinken die Ursache der Krankheit sein dürfte, während eine besonders schwache Entwickelung desselben diesen Gedanken fern halten wird u. s. w. Nicht selten stellt sich auch ein Gesunder aus dem Arzte unbekannten Gründen krank. Ein stark entwickeltes Organ des Verheimlichungs- triebs bei schwacher Entwickelung des Organs der Gewissenhaftigkeit wird den Arzt auch hier erinnern, dass er Vorsicht zu gebrauchen habe. In den phreno- logischen Schriften sind eine Reihe der interessantesten Fälle sowohl von Ver- schweigung der Krankheits-Ursachen , als von verstellten Krankheiten mitgetheilt, in welchen nur eine vertraute Kenntniss der Phrenologie der Wahrheit auf die Spur führte. Sehr häufig hinwiederum ist es zweifelhaft, ob in irgend einem äussern Organe, oder in dem Gehirne selbst der Sitz einer Krankeit zu suchen sei. Diesen Zweifel kann nur derjenige lösen, welcher mit den Verrichtungen des Gehirns vertraut ist. So kann es zweifelhaft sein, ob der Sitz einer Krankheit im Unter- leibe oder in dem Organe des Nahrungstriebes zu suchen sei. Eine krankhafte Gehässigkeit und Trunksucht wurde zu wiederholten Malen von phrenologischen Aerzten dadurch geheilt, dass an der Stelle des Organs des Nahrungstriebs Blut- Entziehungen vorgenommen wurden. Ebenso kann es zweifelhaft sein, ob bei einem Menschen, welcher nicht genau und scharf sieht, das Auge, oder aber das Organ des Farbensinns, des Gestalt- und Grössensinns mangelhaft beschaffen sind, bei einem Menschen, dem die Gabe der Sprache ganz oder theilweise fehlt, ob der Sitz des Uebels in den äusseren Sprach Werkzeugen oder in dem Organe des Gehirns zu suchen sei, welches die Sprache beherrscht. 88 In allen Fällen, da der Sitz einer Krankheit, eines Mangels oder einer Schwäche nicht im Magen, nicht im Gesichte; nicht in den äussern Sprachwerk- zeugen u. s. w. , sondern in den Organen des Gehirns zu suchen ist, wird der Arzt, welcher keine phrenologische Bildung besitzt, entweder sich nicht zu helfen wissen, oder auf einen falschen Punkt hin operiren. Er wird seine Mittel auf den Unterleib, auf die äussern Seh- oder Sprechwerkzeuge richten, statt sie dem Sitze der Krankheit, den betreffenden Organen des Gehirns zuzuwenden. Wenn die Phrenologie für den Arzt, der sich mit den gewöhnlichen Körper- krankheiten beschäftigt schon von hoher Wichtigkeit ist, um wie viel bedeutungs- voller muss sie demjenigen sein, welcher es mit den s. g. — — Geisteskrank- heiten zu tbun hat! Jede s. g. • — - — Geisteskrankheit setzt die Krankheit eines Gehirntheils nothwendig voraus. Der Arzt, welcher weder die Verrichtungen der verschiedenen Organe des Gehirns, noch die Symptome der Wirksamkeit der verschiedenen Elemente des geistigen Lebens kennt, wird auch hier sich sehr verlassen fühlen, und nothwendig Fehlgriffe machen. Was würden wir von einem Arzte sagen, welcher sich um die Verrichtungen der einzelnen Organe der Brust- höhle und der einzelnen* Organe der Bauchhöhle nichts kümmerte , und sich nur im Allgemeinen mit den Krankheiten der Brust oder des Unterleibs beschäftigte, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob die Krankheit ihren Sitz im Herzen oder in der Lunge, im Magen oder in der Leber habe? Der Unterschied zwischen einer Magen- und einer Leberkrankheit ist aber nicht grösser, als der Unter- schied zwischen einer Krankheit des Organs des Nahrungstriebs und des Organs der Ehrerbietung, eine Herzkrankheit unterscheidet sich nicht mehr von einer Lungenkrankheit , als eine Krankheit des Organs der Sorglichkeit von einer Krankheit des Organs der Hoffnung. Es handelt sich hier, wie in allen vorhergehenden Bemerkungen meines Vortrags, nicht um Suppositionen und Speculationen , sondern um Grundansichten, welche durch die überzeugendsten und unzweifelhaftesten Thatsachen festgestellt sind. Es kommt nur darauf an, diese Thatsachen zu kennen, um zur Anerken- nung ihrer Bedeutsamkeit gedrängt zu werden. Seitdem eine Reihe der bedeu- tungsvollsten Irrenanstalten der Welt unter der Leitung der Phrenologen stehen, haben alle diese Ansichten ihre unerschütterliche praktische Bewährung erhalten. Von den vielen Irrenanstalten, welche in Grossbrittanien und Nordamerika unter der Leitung der Phrenologen stehen, will ich hier nur einer erwähnen, der Anstalt von Han well bei London, welche ohne Zweifel manchen der anwesenden Herren durch eigene Anschauung bekannt geworden ist. Es ist die grösste und vielleicht 89 auch die beste Irrenanstalt der W eit, ungeachtet allerdings ihre Grösse die Schwie- rigkeiten der Uebersicht vermehrt. Sie steht seit vielen Jahren unter der Direction des trefflichen Dr. Conolly, welcher sie ganz nach phrenologischen Grundsätzen behandelt. Ich habe weiter oben bemerkt, dass die Physiologen bei ihren For- schungen gewöhnlich die geistige, die Philosophen die körperliche Seite des Menschen zu wenig beobachteten. Diese Bemerkung gilt auch von den Irrenärzten. Es theilen sich diese in zwei Classen, von denen die eine die körperliche, die andere die geistige Seite der Krankheit besonders beachtet. Gerade so wie übrigens in neuerer Zeit die Physiologen sich gezwungen gesehen haben, die geistigen Elemente des Menschen mehr als früher zu beachten, und die Philosophen auch Rücksicht zu nehmen auf den Körper, gerade so finden wir jetzt unter uiisern Irrenärzten nicht blos Vertreter des somatischen, oder des physischen, sondern auch des somatisch-psychischen Heilverfahrens. Allein wie dem Physiologen und Philosophen, so fehlt auch allen nicht phrenologisch gebildeten Irrenärzten der Faden, welcher Körper und Geist verbindet, welcher die specielle Störung mit dem speciellen Sitze der Krankheit, die Mordmonomanie mit dem Organe des Zerstörungstriebs, die Monomanie des Ilochmuths mit dem Organe des Selbst- gefühls u. s. w. in Verbindung bringt. Wer die Thätigkeit der einzelnen Organe in ihrem gesunden Zustande nicht kennt, wird die Krankheit eines Organs von derjenigen eines andern nicht zu unterscheiden vermögen. Wer nicht weiss, dass der Mensch mit kranken Organen dieses oder jenen Gefühls eben so wohl gesunde Organe der Intelligenz haben kann, als mit krankem Magen einen gesunden Darmkanal, oder mit krankem Herzen gesunde Lungen, wird krankhafte Seelenzustände niemals richtig beur- theilen. Nicht bloss für den Arzt, sondern auch für den Richter und Geschwornen sind diese Kenntnisse von der grössten Wichtigkeit. Hunderte von xMenschen sind dem Schaffotte verfallen, weil die Richter und die Gerichtsärzte nicht zu unterscheiden wussten zwischen der Krankheit einzelner Organe des Geistes und sämmtlicher Organe desselben, und weil sie insbesondere nur denjenigen für geisteskrank hielten, dessen Intelligenz erkrankt war. Wie die Phrenologie übrigens die körperlichen Erkennungszeichen der geistigen Beschaffenheiten der Einzelnen an die Hand giebt, so auch diejenigen der grossen Massen der Menschen und Thiere, und daher muss sie auch auf Eth- nographie und die Naturgeschichte der Thiere den bedeutungsvollsten Einfluss gewinnen. Der Anfang ist bereits gemacht worden , die Gehirnbildung zum Ein- theilungsprincip der verschiedenen Menschenrassen zu erheben, und wenn wir 12 \ 90 bedenken, dass das Gehirn derjenige Theil des menschlichen Körpers ist, welcher dem Geiste am nächsten steht, dass eine Eintheilung nach Verschiedenheit der Gehirnbildung uns zu gleicher Zeit nicht bloss körperliche, sondern auch geistige Verschiedenartigkeiten signalisirt, so ist nicht zu läugnen, dass dieses Eintheilungs- Princip bei Menschen und Thieren das fruchtbarste und befriedigendste ist, das sich denken lasst. In neuerer Zeit wurde die Phrenologie auch mit dem thierischen Magne- tismus in Verbindung gebracht. In England und Nordamerika sind eine Reihe derartiger Versuche zum Theil unter Aufsicht ärztlicher Comites angestellt worden, welche zu höchst interessanten Resultaten führten. Ich selbst habe keine Gele- genheit gehabt, solche anzustellen. Ich habe mir daher desfalls keine selbststän- dige Ansicht bilden können. Allein die Berichte, welche mir in diesem Betreffe zugegangen sind, halte ich für so bedeutungsvoll, dass ich glaube, Ihre Aufmerk- samkeit auf diesen Gegenstand richten zu müssen. Der Umstand, dass mit dem Magnetismus, wie mit so vielen anderen Kräften der Natur Missbrauch getrieben worden ist, kann mich durchaus nicht bestimmen, denselben mit Stillschweigen zu übergehen. Von vielen glaubwürdigen, wissenschaftlich gebildeten 3Iännern wird die Thatsache bezeugt, dass wenn man einzelne Organe des Gehirns einer im magne- tischen Zustande befindlichen Person berührt, dieselben ihre natürliche Thätigkeit entfalten. Bei Berührung des Organs der Ehrerbietung spricht, handelt und gebärdet sich die magnetisirte Person unter dem Einflüsse dieses Gefühls. Sie betet zu Gott, fällt auf die Kniee nieder, spricht von göttlichen Dingen und legt überhaupt alle äusseren Zeichen lebendig wirkender Gefühle der Ehrerbietung an den Tag. Bei Berührung des Organs des Bekämpfungstriebs äussert sich unge- zügelte Streitlust, nach Verschiedenheit der Personen mehr in Worten oder mehr in Thaten. Einigemale hatte der Magnetiseur die Folgen dieser erregten Streit- lust bitter zu empfinden, indem der Magnetisirte aufsprang und ihm in’s Gesicht schlug. In solcher Weise sind die meisten Organe des Gehirns, welche die phrenologische Büste nachweist, geprüft und bewährt gefunden worden, und wie gesagt, nicht von einem Magnetiseur, sondern von vielen, nicht an einem Orte, sondern an verschiedenen Orten in England, Schottland und Nordamerika. Auch wurden diese Versuche nicht mit einer und derselben Person, sondern mit einer sehr grossen Anzahl solcher angestellt, welche zum Theil geradezu aus dem versammelten Publikum ohne alle besondere Auswahl genommen wurden. 91 Dabei erlaube ich mir auf zwei Thatumstände aufmerksam zu machen, welche mir von besonderer Wichtigkeit zu sein scheinen. Es wurde eonstatirt, durch Aerzte, welche bei Anstellung des phrenomagnetischen Versuchs zugegen waren, und der magnetisirten Person den Puls fühlten, dass dieser während der magnetischen Operation von 75 Schlägen in der Minute auf 150 stieg, und ferner, dass derselbe Erfolg auch dann eintrat, wenn sich zwischen dem Magnetiseur und der magnetisirten Person eine dritte in die Mitte setzte, der Magnetiseur ein Organ der Mittelperson, und diese wiederum dasselbe der magnetisirten Person berührte. Diese beiden Thatsachen entfernen auf der einen Seite jeden Gedanken der Möglichkeit eines gespielten Betrugs, auf der andern Seite verbreitete sie einiges Licht über die noch so dunkeln Gesetze des thierischen Magnetismus. Der erhöhte Pulsschlag erklärt eine erhöhte Thätigkeit des Nervensystems, und zieht daher die Erscheinungen, welche der magnetische Zustand zu Tage fördert, aus dem Bereiche des Wunderbaren mehr in dasjenige des Erklärlichen. Die Thatsache, dass der Magnetiseur auch durch das zwischen ihm und der magneti- sirten Person in der Mitte befindliche Individuum auf jene zu wirken vermochte, scheint anzudeuten, dass bei dem thierischen Magnetismus ein ähnliches Gesetz obwaltet, wie bei der Electricität , unter deren Einfluss sich auch dieselbe Wir- kung von Hand zu Hand einer ganzen Kette von Menschen mittheilt, oder wie beim Galvanismus, woselbst der Eisendraht die Wirkung von einem Punkte zum andern verbringt. Alles dieses führe ich nicht an, um die grossen Erfolge zu rühmen, w elche die Phrenologie schon errungen, sondern nur um zu beweisen, wie bedeutungsvoll sie zu werden verspricht, >venn sie einmal von den tüchtigsten Männern der deutschen Nation: von Anatomen, Physiologen, Physikern, Aerzten, Juristen, Theologen, Philosophen, Künstlern, von Gelehrten und Ungelehrten, von Erziehern und Eltern zu einem Gegenstände reger Forschung erhoben sein wird. Beide Geschlechter sind berufen, sich die Resultate phrenologischer Forschungen anzu- eignen, sie im praktischen Leben anzuwenden, und himviederum durch die Mit- theilung ihrer gemachten Erfahrungen die Wissenschaft zu bereichern. In England und Nordamerika ist dieses bereits geschehen. Zahlreiche phrenologische Gesell- schaften, bei welchen ab und zu auch Frauen Zutritt haben, wirken für die Ver- breitung der Kenntniss, praktische Anwendung und weitere Fortbildung der ursprünglich deutschen Wissenschaft. In Deutschland sind wir noch nicht so weit. In Grossbrittanien und Nordamerika bedarf unsre Landsmännin keines 12* 92 Anwalts mehr, der sie dort zu Ehren und Ansehen brächte. Dort wird sie schon lange in Ehren gehalten. Doch hier in ihrem Vaterlande erhebt sie erst seit kurzem wieder ihr Haupt, und verlangt heute von den Vertretern deutscher Naturwissenschaft, nicht Ehren, Anerkennung und Ruhm, sondern eine sorgfältige und gewissenhafte Prüfung ihrer Leistungen, und auf den Grund dieser seiner Zeit eine Wieder- aufnahme in das deutsche Vaterland und eine Stelle unter ihren Schwestern, den übrigen Wissenschaften der Natur. Diese Ritte werden Sie ihr nicht versagen. Sie werden prüfen, und seiner Zeit, vielleicht bei Ihrer nächsten Wiedervereinigung Ihre Entscheidung fällen. Diese wird • — • ich darf nicht daran zweifeln — umsichtig und gerecht sein, dem deutschen Mutterlande und zugleich auch seiner lange verkannten Tochter Ehre bringen. Professor Esch rieht aus Kopenhagen. Ueber die Gerippe der Hünen - Graeb er. D ie Geschichte des nördlichen Europa geht bekanntlich nicht sehr weit zurück und beginnt als eigentliche Geschichte wohl erst mit der Einführung des Christen- thums etwa zur Zeit Karls des Grossen. Von dem ganzen früheren Zeitraum haben wir nur dunkele Sagen und selbst materielle Ueberbleibsel, Avelche scharf- sinnige Alterthumsforsclier häufig zu so werthvollen Aufschlüssen über jene Zeiten zu benutzen wissen, giebt es im Vergleiche zu anderen Ländern nur sparsam. Unsere heidnischen Vorfahren hatten uns keine grossartigen Monumente zu hinter- lassen wie die Völker, welche in südlicheren Breiten unter einem wolkenloseren Himmel wohnten, und nur rohe Zusammenhäufungen grosser Steine, aufgeworfene Erdhügel und ähnliche Monumente stehen zum Tlieil noch da als Zeugen ihrer einfachen Sitten und des ärmlichen Materiales, welches ihnen zu Gebote stand. Indessen diese rohen Denkmäler haben sich oft erhalten, während die grössten und schönsten Monumente durch Feindes Hand oder den Zahn der Zeit zerstört oder vernichtet wurden, und in Betreff der noch jetzt vorhandenen bedarf es nur einer Vereinigung aller Alterthumsforsclier, Naturforscher, und wer sonst über ihre Entstehung und Bedeutung irgend Aufschlüsse zu geben vermag, zu gemein- schaftlichem Streben für diesen Zweck , um noch Manches, und vielleicht mehr als es auf den ersten Blick scheinen möchte, über den Character und das Thun und Treiben unserer ältesten Vorfahren zu erforschen. 93 Zu der Nachlassenschaft der heidnischen Bewohner dieser Gegenden gehören auch die grossen aufgeworfenen Erdhügel, die man gewöhnlich mit dem Namen H ünen - Graeb er, im Dänischen Riesenhügel (Kaempehoie) bezeichnet, und von denen man weiss, dass sie Grabhügel sind, weil sie in der Regel in einem innern, oft von grossen Steinen erbauten Raume, zu dem in vielen Fällen ein langer schmaler ebenfalls mit grossen Steinen gedeckter Gang führt, mehrere Leichname nebst mancherlei Gerätschaften, Waffen und Schmuck enthalten. Das Material und die Form dieser letzteren lässt auf das verschiedene Alter solcher Grabhügel schliessen, indem in neueren Eisen, Stahl und Silber, in den älteren Kupfer, Bronze und Gold das zur Anfertigung der Waffen und Gerätschaften verwendete Material sind, während in den ältesten sie vorzugsweise aus Stein, zum Tlieil auch aus Knochen, Holz und Thon gearbeitet sind und in diesen der Schmuck häufig aus Bernstein besteht. Metalle müssen folglich damals unbekannt oder wenigstens denjenigen, welche solche Grabhügel errichteten, nicht zugänglich gewesen sein. Die Leichname wurden entweder verbrannt, und dann ist nur ihre Asche mit halbverbrannten Knochenstücken in irdenen Krügen erhalten, oder sie wurden ohne irgend eine Zubereitung in jene Gräber versenkt und dann findet man sie gewöhnlich in einer bestimmten Stellung und von den verschiedenen Waffen, Gerätschaften und dem Schmucke umgeben. Mitunter liegt das Skelett eines Hundes daneben, seltener das eines kleinen Pferdes; in den jüngsten dieser Gräber findet man aber auch ein vollständig aufgesatteltes Ross neben der Leiche. Die Sitte die Leichname zu verbrennen scheint zu verschiedenen Perioden üblich gewesen zu sein, indem man verbrannte und nicht verbrannte Leichen sowohl zwischen den älteren als auch den neueren Geräten antrifft. In einzelnen Fällen hat sich bis auf unsere Tage die Sage erhalten, dass gewisse dieser alten Grabhügel bestimmten Personen angehören sollten. So zeigt man das Grab des uralten heidnischen Dänenkönigs Trode und des Harald Hildeland unweit Rotschild auf Seeland und selbst die Grabhügel des Thor, Freya und Frigga bei Upsala. Bei den jüngeren Gräbern mag diese Sage mitunter geschichtlich sein, wovon ich mir ein Beispiel anzuführen erlaube. Im südlichen Jütland liegt ein Dorf Namens Ze Hinge, neben dessen kleiner Kirche zwei sehr hohe Hügel stehen, welche die Sage als die Gräber des heid- nischen Dänenkönigs Gorm den Gamle (Gönn der alte) und seiner Gemahlin Th yra Danebod (Thora, Trost der Dänen) bezeichnet. Für die Richtigkeit dieser Sage bürgten Inschriften in der altnordischen (isländischen) Sprache; auf- 94 fallend war aber der Umstand, dass oben auf dem Hügel, welcher das Grab der Königin genannt wurde, sich angeblich eine Quelle oder wohl richtiger ein Brunnen finden sollte, woraus die Landleute ein heilbringendes Wasser schöpften; denn die Anwesenheit einer Quelle oder auch nur eines Brunnen oben auf einem Grab- hügel musste die Bedeutung des letzteren zweifelhaft machen. Nun traf es sich, dass in dem sehr warmen Sommer von 1835 dieser Brunnen trocken wurde, und die Landleute bei dem Versuche ihn tiefer auszugraben plötzlich mit ihren Spaten auf eine hölzerne Wand stiessen. Sie stellten ihre Arbeit ein, meldeten den Vorfall der Obrigkeit und diese beauftragte eine Commission sachkundiger Männer eine wissenschaftliche Untersuchung des Hügels vorzunehmen. Man öffnete den Hügel an der einen Seite und gelangte in einen unterirdischen mit hölzernen Wänden ausgekleideten Raum, worin die Spuren von alten Tapeten von einer früheren stattlichen Ausschmückung zeugten. Dieser Raum war jedoch leer; nur ein kleiner silberner Becher und ein Stück einer Wachskerze landen sich auf dem Boden. Zur Erklärung dieses Fundes möchte wohl folgendes dienen: Als noch die Sitte herrschte, mit den im Leben Reichbegüterten auch einen Theil ihrer Schätze zu beerdigen, wurden die Gräber nicht selten in ver- brecherischer Absicht heimgesucht, weshalb man genöthigt war, eigene Gesetze über derartige Räubereien, welche sich in den ältesten Gesetzbüchern noch vor- finden, zu erlassen. Der Grabhügel einer Königin mag wohl öfter und zu sehr verschiedenen Zeiten in solcher Absicht geöffnet worden sein, und bei dem ersten Male, wo die Räuber von oben eingedrungen sind, mag sich in der ausgegrabenen und nur locker wieder in die Grube gefüllten Erde, durch Auswaschen derselben jener Brunnen gebildet haben. Bei der vollständigen Ausplünderung ist der silberne Becher nebst der Kerze, die ihnen beim Raube geleuchtet, ohne Zweifel den Frevlern entfallen: alles Umstände, welche weit entfernt, der Sage Eintrag zu thun, dieselbe vielmehr durchaus zu bestätigen scheinen. Diese und alle ähnliche Grabhügel, die nicht allein metallene Gerätschaften enthalten, sondern von denen auch noch bestimmte Sagen oder historische Ur- kunden vorhanden sind, gehören einer verhältnissmässig viel jüngeren Periode an, als die eigentlichen Hünengräber, in welchen nur steinerne und nie metallene Geräthe gefunden werden. Es finden sich dergleichen sehr viele über ganz Dä- nemark verbreitet, zumal häufig in gewissen Gegenden der Insel Seeland und auf der Insel Möeu. Sie finden sich aber auch in dem südlichsten Theile Schwe- dens (den alten dänischen Provinzen), im nördlichen Deutschland, in England, zumal aber in Island und selbst im nördlichen Frankreich vor. Dass sie einer 95 sehr alten Periode angeboren müssen, geht daraus hervor, dass selbst in den ältesten Sagen nie von Leuten die Rede ist, welche sich steinerner Waffen oder Geräthschaften bedient haben sollten. Die Todfeinde der eingewanderten Gothen, die Celten, höchst wahrscheinlich die von ihnen unterjochten früheren Bewohner dieser Gegenden, werden sogar als sehr geschickte Schmiede bezeichnet. Wäre es möglich, zu entscheiden, zu welchem Volksstamme die Menschen dieser (sit venia verbo) steinernen Periode gehörten, so fände man in ihnen wohl die ältesten Bewohner dieser Gegenden zu einer durchaus vorhistorischen Zeit. Der hochverdiente schwedische Naturforscher, Professor Nils so n in Lund, hat zuerst auf die Aelmlichkeit dieser steinernen Geräthschaften mit den ursprüng- lich grönländischen und denen der Esquimos aufmerksam gemacht, und dabei die Hypothese aufgestellt: es möchte das nördliche Europa in der ältesten Zeit von diesem, jetzt in die Polarländer verdrängten Stamme bewohnt gewesen sein, und hat dabei geäussert: die Richtigkeit dieser Hypothese müsse entschieden werden können, so bald man nur bei Eröffnung der Hünengräber etwas sorgfältiger wie gewöhnlich verfahre und namentlich die Skelette schone, indem ihre Vergleichung mit den jetzigen grönländischen die Frage bestimmt zu lösen im Stande sei. Die Aelmlichkeit der steinernen Waffen und Geräthschaften kann freilich, wie es sich zumal in neuerer Zeit vielfältig erwiesen hat, wenig entscheiden, da man in allen, auch den entferntesten Ländern ganz ähnliche steinerne Gegenstände als Nachlass der Ureinwohner findet, z. B. auf den Inseln der Südsee, im Innern Russland’s und Amerika’s. Ein sicheres Resultat schien daher die Untersuchung der Gerippe liefern zu müssen, und namentlich eine Vergleichung des Schädels. Ich fand mich, da mir eine reiche Sammlung grönländischer Schädel zu Gebote stand und es nicht schwer halten konnte, aus den Hünengräbern Schädel zu erhalten, veranlasst, diese Untersuchung anzustellen, da die Vergleichung beider allerdings entscheidend sein musste. Denn so schwierig es auch in der Regel sein mag, aus einzelnen Schädeln den Charakter eines Volksstammes zu be- stimmen, so leicht ist dieses, wenn, wie bei den Grönländern, eine Nation sich ziemlich unvermischt erhalten hat, und so wird ein Jeder, namentlich nachdem er einzelne Schädel von Grönländern untersucht hat, auf den ersten Blick mit Sicher- heit entscheiden können, ob ein anderer Schädel dazu gehört, oder nicht. Ich habe hier zwei solcher Köpfe mitgebracht. Sie werden die auffallende Aelmlichkeit beider erkennen: die Schädel sind gross und besonders lang, hinten sehr breit und vorn dagegen schmal; das Hinterhaupt ist sehr lang (obgleich nicht so lang, wie gewöhnlich bei den Negern), das Gesicht sehr gross und besonders 96 über den Jochbogen sehr breit, die Augenhöhlen sehr weit, der Kiefer steht etwas hervor und der Boden der Nasenhöhle geht in einem sehr stumpfen Winkel in die Gesichtsfläche des Oberkiefers über. Die Nasenknochen sind flach, ein- gedrückt, deuten auf eine breite Plattnase, und alle Spuren der Muskelwirkung im Gesichte sind sehr schwach, zumal an den Augenbraunen und unter den Augenhöhlen ([in den fossae malares}. Da nun auf der Insel Möen einige Hünengräber geöffnet werden sollten, wandte ich mich dahin und erhielt auch bald darauf ([18373 drei sehr gut erhaltene Schädel jener Ureinwohner Dänemarks. Wahrscheinlich hätte ich die ganzen Skelette erhalten können, wenn nicht gierige Knochensammler dazwischengekommen wären und diese wissenschaftlichen Kleinode als Dünger nach England ver- kauft hätten. Es beschlich mich ein eigenes Gefühl bei Eröffnung der Kiste, welche diese drei uralten Schädel enthielt; ich wusste ziemlich bestimmt, dass der erste Blick auf einen derselben mir sagen würde, ob mein Vaterland in den ältesten Zeiten von Esquimos bewohnt gewesen, oder nicht? Den ersten Schädel, welcher herausgenommen wurde, lege ich Ihnen hier vor. Es ist kein Grönländer- Schädel! Er ist im Ganzen auffallend klein (J6” im Umkreis}, besonders der Gesichtstheil. Verhältnissmässig zum Gesichte hat die Schädelhöhle einen recht bedeutenden Umfang , ist dabei rund , in allen Richtungen ungefähr gleichmässig entwickelt, und nur das Hinterhaupt sehr kurz, wodurch das grosse Hinterhaupts- loch ganz nach hinten zu liegen kommt • — ganz im Gegensätze zu dem Grön- länder-Schädel. * — Die Kleinheit des Gesichtes ist sehr auffallend, besonders bei dieser Vergleichung und doch ist dieses der Schädel eines Erwachsenen, denn die Weisheitszähne sind bereits durchgebrochen; die Augenhöhlen sind ganz un- gewöhnlich klein, die Augenbraunbogen dagegen ungemein gross, die Nasenknochen stehen stark hervor, und zwischen Augenbraunbogen und Nasenknochen ist eine so tiefe Einsenkung, dass sie den Zeigefinger eines Erwachsenen in sich auf- nehmen kann. ([Man vergleiche den beigefügten, etwas verkleinerten, Holzschnitt Fig. l.} Die Spuren der Gesichtsmuskeln sind im Allgemeinen stark ausgeprägt, die Grube am Oberkieferknochen unter den Augenhöhlen ist besonders tief, die Zahnhöhlenränder stehen wenig hervor. ([Die V orderzähne sind, wie die Mehrzahl der Backenzähne, an diesen drei Köpfen ausgefallen, an anderen findet man sie queer abgenutzt, wie die Zähne der Grönländer, der alten Egypter und einiger anderen Nationen.} 97 Der hier beschriebene und im Holzschnitte dargestellte Schädel war von diesen, den Hünengräbern entnommenen, Köpfen der zuerst am genauesten unter- suchte und der am meisten charakteristische. Die angegebenen Charaktere fanden sich jedoch, wenn auch minder deutlich ausgeprägt, an allen in den folgenden Jahren aus solchen Gräbern zu Tage geförderten Schädeln wieder, und ich glaube danach die Eigentümlichkeit dieser ursprünglichen Bewohner Dänemarks und des nordwestlichen Europas überhaupt, folgendermaassen charakterisiren zu können : Es müssen nur kleine Menschen gewesen sein , was nicht allein ihr Kopf, sondern ausserdem die erhaltenen Knochen der Extremitäten darthun. Ihr Gesicht war sehr klein, die Gesichtszüge aber stark ausgeprägt, die Augen klein und tiefliegend, die Augenbraunen sehr hervorstehend, die Nase * — so weit es sich aus der Form der Nasenknochen beurteilen lässt • — • hervorstehend und stark gekrümmt. Diese Charactere deuten auf dunkle Haut, Augen und Haare und eine lebhafte Physiognomie. In der That finden sich an einem der Köpfe noch einige festsitzende Haare von dunkelbrauner Farbe. Diese Menschen gehörten folglich nicht der jetzigen Polarra^e an, sondern der caucasischen ; sie hatten einige Aehn- lichkeit mit manchen Völkern des indo-germanischen Stammes, aber durchaus nicht mit dem, gegenwärtig im nördlichen Europa einheimischen, der Gothen. Eine sehr überraschende Schlussfolgerung zog der oben erwähnte, um die Naturgeschichte Skandinaviens hochverdiente, Professor Nilsson in Bezug auf die früher zur arctisch- mongolischen Ra^e gerechneten Lappen. Vielfältige Untersuchungen zeigten ihm , dass dieselben nicht nur von jener Ravir noch jetzt rund um uns her, auf Avelche dieser 3!usenkünste dermalen der Himmel einen grösseren nationalen Segen und allgemeinere Gunst gelegt hat, so scheint mir das Resultat Avenig zweifelhaft zu sein, dass alle vaterländischen Stimmen der jetzigen deutschen Kochkunst einen ungleich lebhafteren Aufsclrwung zuschreiben werden, als der jetzigen deutschen Dichtkunst. Ist nun Apoll, der Dichtkunst Gott, zugleich der Kochkunst Gott, so ist die Vermittlung der Natur- kunde und der Kochkunst durch die Poesie, die ich zum Gegenstände meines Vortrags unter Ihnen auserlesen, in diesem Urbegriffe schlechthin gegeben! Denn dass zugleich die Naturkunde unter ihren Göttern diesen nämlichen Grossmeister der Koch- und Dichtkunst ebenfalls voranzustellen hat, wie dürfte ich das Ihnen seinen Söhnen, und seines Sohnes Söhnen, erst beAveisen! Ich darf demnach kühn und siegreich meine Klientin als eine stimmberechtigte Naturforscherin, gesetzt 115 auch, dass Einzelne von Ihnen gegen gelehrte Damen eine kleine Apprehension hegten, in Ihrer Mitte zeigen. Ihre Apprehensionen wären an diesem Mitgliede, so sehr dasselbe ein Weib ist. unrecht angebracht: sie ist kein Blaustrumpf, sie schreitet nicht aus den Gränzen ihres Berufes heraus, sie ist und bleibt ein ächtes Weib. Ihr Regiment ist dort, wohin so manchmal auch sonst bescheidene, civile Ehemänner in gravitätischer Ungeduld ihrer stolzen Rolle unter der Staatsperrücke, im Rausche des selbstgefälligen Welt- und Hausgebieter Standes, die anmuthig zudringende, liebenswürdig kosende bessere Hälfte verweisen: in der Küche. Sie schwingt kein Herrschscepter und keine noch über das Herrschscepter schreckende Schreibfeder; sie schwingt das demüthigste. unscheinbarste, weiblichste Instrument, den Kochlöffel. Und ist dennoch Apollo’s ächte Tochter, eine wahre, eingeborne Muse, sie selbst, leibhaft, in eigenster Person, auch sie hat Hippokrene getrunken, auch sie wohnt am Kastalischen Quelle. Sie ist die Milchschwester Ihrer Muse, ein ebenbürtiger Liebling der Natur, der heiligen, in den stillen Tiefen des Weltalls göttlich waltenden, geheimnissvollen, ewig gestaltenden Mutter. Wie schön! Kein braver Naturforscher braucht, nach solcher glücklichen Entdeckung dieser nahen Verwandtschaft zwischen seiner und unserer Muse, fernerhin allenfalls verschämt zu thun, wenn er sich, nach seines Tagewerks wohlvollbrachter Mühe, mit kern- gesundem Appetit zu Tische setzt: er handelt in seinem Berufe, er übt Apollo’s Kunst, dem alten Gotte treu, nur eben ein andres Requisit des gemeinschaftlichen Handwerks zur Hand nehmend. Der gute Appetit ist bloss eine besondere Nuance der Musenbegeisterung, eine eigene für sich bestehende Form des Naturdienstes, ein integranter Akt der nach allen Elementen und Regionen hin tausendgestaltig wirkenden, äusserlich vieltheiligen, nach innen zu einheitlichen Weihe. Die Poeten haben das schon lange gefühlt: sie haben von jeher ihren Gott als einen Janus verehrt, der mit dem einen Händepaar Leier und Griffel, mit dem andern Brat- spiess und Fleischgabel führte. Der alte, ehrwürdige, hannlos genügsame Helden- sänger Homer weilt jederzeit mit Lust bei dem Appetite seiner Helden, so einfach, wie wir geselm haben, deren esskünstlerische Genüsse waren; und der Vater der römischen Poesie, derselbe Ennius, der die Ursprünge der ewigen Stadt, die Wundergeschichten ihrer Könige und die Grossthaten jener vom Pfluge her- geholten Weltbesieger besungen, hatte gar ein Heldengedicht über die Esskunst hinterlassen, das jedesfalls von saftigerem Gehalte war, als seine Kriegsepo- pöen. So suchten diese gewissenhaften Geister die verschiedenen Patronats- bezüge ihres Gottes praktisch zu vereinigen. Dass die Poeten von jeher, so viel sie konnten, einen guten Bissen geschluckt, war nur ein sich von selbst verste- 116 hender Appendix dieser Praxis, ein Leben in ihres Poppelgottes Dienst und Glauben. Naturforscher und Kochkünstler und Poet, in diesem Bunde der Dritte! Eine heilige Trias der Civilisation, die wahren drei Kabiren der Humanität ! Stolz hebt sich jetzt mein anfangs schüchternes Gefühl in dem Gedanken, für eine Kunst zu sprechen, die solches Bundes sich erfreuen darf! Und an einem solchen Feste, wie wir feiern! Indem Sie Ihren Wanderstab zu diesem fernen Punkte des deut- schen Vaterlandes trugen, erneuern Sie für uns mit Ihrem höchstwillkommenen und überaus erwünschten Besuche den Mutli und das Andenken eines Ehren- mannes, den dieses Land mit gutem Rechte als einen Heiligen verehren dürfte. Zum erstenmale seit nun achtzehnhundert Jahren wird durch Sie wiederum Bremens Oertlichkeit zum Gegenstände der den Naturforschern eignen unerschrocknen Wiss- begier. Ihr mit allem Grunde innigster Verdienstlichkeit hochverehrter und liebens- würdiger Altvater P 1 i n i u s war zwar durch die Pflichten einer feindseligen Kriegsbetriebsamkeit an unsre Küste geführt worden: er hat sie aber mit allem Interesse eines Menschenfreundes und Wissensjüngers studirt. Er hat dem Leben und den Mühsalen unsrer Schiffer und Torfstecher die vollste Aufmerksamkeit theilnehmender Beobachtung zugewendet ; er hat die Beschaffenheit unsrer Wiesen- flächen untersucht, als komme er aus der Schule eines Thaer oder Fellenberg; und an der Pracht unsrer Eichenhaine hat er sich enthusiasmirt wie ein Klop- stockischer Barde. Die Notizen dieses Augenzeugen sind für uns Bremer von so grösserem Werthe, je treuer sie unsre Natur malen und je entfernter sie sich von der kindischen Apprehension zeigen, mit welcher die modischen Weichlinge sich schon damals wider Alles, was Norden hiess, erfüllten. Tacitus, den eine lächerliche Schwärmerei sogar als einen für deutsche Zustände Begeisterten dahin- gestellt hat, ist in der vornehmen Bequemlichkeit seiner hauptstädtischen Suppo- sitionen bis zur Entstellung der Wahrheit gerathen, und zwar aus keinem andern Grunde, als Aveil er es verschmäht hatte, von einem Volke, dessen Dasein und Thatkraft ihn mit ahnungsvollen Schauern einer drohenden Zukunft übergossen, persönlich anschauende Notiz zu nehmen. Sein: „Hier hat die Natur ein Ende!“ schiebt zwar eine sachkundige Auslegung ungefähr nach Lapland hinauf: allein immer bleibt auf uns haften die Wirkung jener schrecklichen Worte: „Wer sollte, Asien oder Afrika, oder Italien verlassend, nach Deutschland ziehen, das ungestalt in den Gegenden, rauh an Himmel , trübselig in Anbau und Anblick, es müsste denn einer dort her sein!“ und sogar unter unsern eignen südlichen Lands- genossen denkt noch heutzutage Mancher Avie Tacitus und setzt wenigstens vor- aus, dass unterhalb der porta Westphalica kein anständiger Mensch existiren 17 könne. Sie, meine hochgeehrten Herren, haben sich nun selber, unerschrocken, wie St Plinius, überzeugt, und Sie beurkunden es unmittelbar durch Ihre Ver- sammlung hiesiges Ortes, dass wir, allen Einreden zum Trotze, hier auch eine Natur haben; der müsste Avenigstens ein verzweifelter Skeptiker sein, der es leugnen wollte, dass es da eine Natur gebe, wo die Naturforscher ausdrücklich sich einlinden, derselben ihre Huldigung zu bringen. Dass wir auch von der Kultur Einiges abbekommen haben, ist freilich wohl nicht unsere Sache, Ihnen darüber besondere Demonstrationen zu machen. Da kommt uns nun vielleicht die Kunst zu Hülfe, für deren Dolmetsch ich mich unter Ihnen, nicht ohne einige Beklommenheit , ob solches Unterfangen sich Ihrer Billigung getrosten dürfe , auf- geworfen habe. Ich muss es ihr jetzt ins Gewissen schieben , ob sie mir meine Liebesdienste dadurch vergelten will , dass sie die Sache dieser freien Stadt im Namen der Kultur mit einlach gelassner That, wie starke Seelen ihre Sache führen, siegreich behaupten will. Allein schon seh’ ich sie mit mutherglühten Augen, stolzzuversichtlich in der Linken ihren Löffel schwingend, der hier ver- tretenen Naturforschung die nervige Rechte reichen und, beiderseitiger Riesen- fortschritte in dieser Zeit gewiss, lasst sie den Ruf erschallen: „Arm in Arm mit Euch, So fordr’ ich mein Jahrhundert in die Schranken!“ Eine Episode über die Krebse der Alten. Wir thun jetzt der sich zudrängenden Fülle Trost und Belehrung spen- dender Küchenhumanität Einhalt, um, welche hohe Stellung an der Hand der Dichtkunst die Kochkunde neben der Naturkunde einnimmt, weiterer Behandlung anderswo zu überlassen, und fügen bloss, damit auch auf engerem Felde sachlicher Wissenschaft wenigstens andeutungsweise sich kundthue, welche interessante An- regungen aus solch einem verkannten Studium sich ergeben, eine Episode über die antiken Krebse zu. Es versteht sich, dass hier dies nützliche Insekten- geschlecht, ohne alle Anspielung auf moralische und nationale Symbolik, lediglich naturkundlich betrachtet wird, da sich als Resultat einer sorgfältigen Untersuchung herausstellt, dass die antike Naturkunde unsern gemeinen Bachkrebs, das ob seiner vörtheilhaften Geschicklichkeit, durch Vorwärtsstrecken seiner zehn Beine rückwärts zu gelangen, beliebte Sinnbild retrograder Tendenzen, gar nicht gekannt haben. Erwähnung wenigstens findet es bei ihnen nicht. Der Krebs am Himmel, ohne Zweifel von sehr stabilen Nationen, Aegyptiem oder Chaldäern, unter die Sternbilder erhöht, war bei ihnen gleichwohl kein Wappen Zeichen der Retardation, sondern eher der treibenden Gluth , entweder einfach wegen der von Natur in’s t Rothe spielenden Farbe vieler Arten , indem die noch rohe Symbolik der Urzeit dieser Farbe die Bedeutung der Hitze gab und deshalb den Krebs zum Thier- zeichen des beginnenden Sommers wählte; oder weil man den Druck der Sommer- hitze durch das Kneifen der Krebsscheere veranschaulichen wollte; oder endlich weil man an den Krebsen der See wirklich einzelne Eigenschalten bemerkte, die sie gerade zur Sommerszeit an den Tag legen, z. B. dass sie dann vorzugsweise an das Gestade kommen und, wie es die Alten charakterisiren , spatziren gehn. Denn als ein Seekrebs wird dieser Himmelsbewohner ganz ausdrücklich namhaft gemacht. Die heilige Sage, welche in den heidnischen Tempeln zu jeder mytho- logischen Vorstellung gefügt zu werden pflegte, ist bei sothanem Vorbilde ver- hältnissmässig neu: als Herkules in der Maremme von Lerna die ungeheure Hydra bekämpfte, kam dieser ein ebenfalls gigantische]- Hummer zu Hülfe und packte mit seiner Scheere den Heros, während derselbe eben einen mächtigen Streich auf die Schlange zu führen gedachte, an dem einen Fusse. Es bekam dem guten Schalthiere freilich übel: denn der Halbgott führte nun den ersten Keulenschlag dermaassen auf selbiges, dass es sein zehnfüssiges Leben v erhauchte. Gleichwohl gedachte demselben die beständige Gegnerin ihres tapfern Stiefsohnes, Juno, diesen guten, mit dem Märtyrertode besiegelten Willen, so sehr in Gnaden, dass sie den gepanzerten Kriegshelfer unter die Sterne versetzte. Es scheint demzufolge diejenige Sinnbildnerei, welche den Krebsgang zu einem Ausdrucke rückgängiger Prosperität gemacht hat, eine rein deutsche und aus deutschen Liebhabereien abstrahirte Erfindung zu sein, daher denn auch die zahlreichen Evan- gelisten des Krebsganges, welche dermalen wieder diesen alten Nationalmarsch so bedeutungsvoll in den Gang gesetzt haben und aus christlich germanischen Psal- terien so bewegliche Melodieen dazu flöten, während Murmelthiere, Siebenschläfer, Sibirische Bären, Blau- und Gelbfüchse, Eichhörner und andere borealische Kreaturen den Vortanz halten, ohne Zweifel ein sehr patriotisches Werk zu ver- richten in ihren Gedanken gemeint sind. Aristoteles stellt von den Malakostraken oder weichschaaligen Krustaceen, d. h. den krebsartigen Insekten, vier Geschlechter auf, die xdpaßoi , die daraxoi, die 19 xaptSeg mul die xapxlvoi-, bei Plinius figuriren Geschlechter und Gattungen, ja Arten unter einander. Cancrorum genera carabi, astaci, majae, p a- guri , Her acleotici, leones et alia ignobiliora. Die xdpaßoi, carabi, aus welchem Worte das französische eräbe und das deutsche Krabbe ent- sprungen ist, sind gleichwohl keinesweges die eigentlichen Krabben, d. h. breit- schildige und kurzgeschwänzte, Dekapoden (Zehnfüssler) , sondern begreifen vielmehr die Familie der sogenannten Langusten ( locustae ) oder Seeheuschrecken in sich, die scjuillas und scyllaros Fabricii, schärfer geschieden in Latreille’s System als eigne Gattung locusta , welche die Fabricischen Gattungen scyllarus und Palinurus umfasst und eine Abtheilung des astacus, des einzigen Ge- schlechts langschwänziger Dekapoden, bildet. Diese, den Hummern ähnelnden, aber scheerenlosen, in der Laichzeit sehr wohlschmeckenden Seegeschöpfe , Be- wohner des mittelländischen Meeres, erreichen mit den Jahren eine Länge zwischen anderthalb und sechs Fuss und zeigen an ihrer Schaale, die rauhdornig und selbst haarig ist, meist eine sehr zierliche Farbe und Zeichnung. Die daraxoL, astaci ', sind die bekannten Krebsarten, unter denen sich der Hummer, astacus mari- nus Fabricii, cancer gammarus Linnaei auszeichnet, und zu denen auch unser Fluss- oder Bachkrebs, astacus ßuviatilis Fabricii , cancer astacus Linnaei , gehört; dessen sich, wie bereits angedeutet und näher zu zeigen steht, bei den Alten keine Erwähnung findet. Zur Familie astacus aber gehört ohne Zweifel der Krebs, welchen Plinius in seiner Aufzählung leo nennt; es ist, wie es scheint und aus Athen aus glaubhaft wird, die grösste Sorte des Hummer- geschlechts. Von den xapideg giebt Aristoteles drei Geschlechter an: 1) die gekrümmten, welches langschwänzige Dekapoden mit gekrümmtem Rücken, die Salikoken ( salicoques ) der französischen Naturforscher, eine Abtheilung der Familie astacus , sind, zu denen namentlich unsere nordseeische Garnele oder Granate, crangon vulgaris, so wie der cancer squilla Linnaei gehört; 23 die genannte Garnele, xpdyyrav , welche Aristoteles also von andern Sali- koken schied, und 3} eine unbestimmte Art, die er schlechthin mit den Worten „und das kleine Geschlecht; denn die werden nicht grösser,“ be- zeichnet. Wir werden schwerlich irre gehn, wenn wir hierunter den gammarus oder cammarus der Lateiner verstehn, eine kleine Krabart, welche Yarro und Columella als ein nahrhaftes Entenfutter empfehlen. Denn der xd^apog wird bei griechischen Schriftstellern ausdrücklich als eine Art der xapig bezeichnet. Es ist aber gewiss und wird von Athen aus bezeugt, dass das Wort cammarus 120 ganz eigentlich lateinisch und keineswegs griechisch ist. Schon Schneider in seinem Wörterbuche unter dem Artikel xapuapoq erklärte diesen Krebs für den cancer pulex Linnaei , was der gammarus pulex Latreille’s, eines seiner Amphipoden, ist, unsere Flussgarnele, von der Eigenschaft, dass sie sich fortschnellen kann, Flohkrebs genannt. Diese Gattung kommt eben so wohl im Meere, als im Süsswasser vor. Des gammarus marinus gedenkt PI in ius in einer Stelle, wo er die Wurzel des Akonits ihrer Gestalt nach mit dem Schwanz desselben vergleicht, welche Dioskorides eben so richtig dem Skor- pionenschwanze ähnlich findet. Allein der griechische Ausdruck xapi's ist im All- gemeinen und in der Volkssprache offenbar nicht bloss von den Krebsgattungen, welche Aristoteles unter denselben rangirt, im Gebrauche gewesen, sondern diente allgemein, wie unser Wort Krebs, um eben so gut grössere als kleinere Arten, ich denke mir aber dennoch nur langschwänzige astacinos, zu bezeichnen. Und darin kommt er auf den lateinischen Ausdruck sc/uilla hinaus, den man keinesweges auf kleine Arten und eben so wenig auf eine einzelne beschränken kann. Denn in JuvenaPs fünfter Satire wird eine ganz riesige und zwar langgeschwänzte squillci . wo offenbar ein Hummer gemeint ist, aufgetragen und dem jämmerlichen gammarus , der in Uebertreibung für magere und kleine See- krebse schlechthin steht, und den geringangesehenen Tischgästen vorgesetzt wird, entgegengestellt. Die Philologen jedoch haben sich durch die Linneische Be- zeichnung cancer gammarus verleiten lassen, den Spiess umzudrehn und den gammarus für einen Hummer, die scpiilla für eine geringere Krebssorte zu halten. Der gammarus der Alten ist nie und nirgends ein Hummer und diese verkehrte Uebersetzung, welche ohne Zweifel den Lin ne selber zu seiner Be- nennung dieser Thierklasse verleitet hat, muss aus den Wörterbüchern gestrichen werden. Horaz in seiner höchst geistreichen, die feine Kochkunst Roms auf mannigfache Weise illustrirenden vierten Satire des zweiten Buchs, wo er einen aristokratischen Küchenphilosophen von den Stimulanzen reden lässt, gedenkt allerdings der Squillen ganz offenbar in dem Sinne kleiner Seekrebse, die man, gleich den Garnelen, in Massen zu sich nimmt, aber er brauchte den Aus- druck eben in seiner Allgemeinheit und unterschied dabei wohl überhaupt kaum zwischen lang- und kurzgeschwänzten Arten, gerade wie wir auch jezuweilen im Deutschen bei der Bezeichnung Krabbe diesen Unterschied vernachlässigen, während derselbe in der streng naturhistorischen Bedeutung sich lediglich auf kurzschwänzige Krebse beschränkt. Diese bilden denn effektiv die vierte Rubrik 121 des Aristoteles, die xapxiW, welche er durch die Erklärung, dass dieselben ohne Ausnahme schwanzlos, so wie, dass ihr Leib rund sei, während die Kariden und Karaben gestreckt ([er lässt hier die astaci aus, begreift sie also, wie auch Athenäus thut, dem gemeinen Sprachgebrauche gemäss unter den Kariden), sehr bestimmt unterscheidet. Eigentlich schwanzlos waren nun diese Thiere freilich keineswegs zu nennen : sie tragen nur im Zustande der Gefangenschaft ihr kurzes Schwänzchen so unter dem Leibe eingeklemmt, dass dasselbe von obenher unsichtbar bleibt. Und diese von Aristoteles selbst als ausserst mannigfaltig und schwer aufzuzählen charakterisirte Klasse ist es nun, welche die Lateiner unter dem Worte cancer verstehn. Zu ihr gehören die von Plinius aus Aristoteles aufgeführten majae, paguri , Heracleotici. Die maja, Inachus cornutus Fabricii , maja squinado Herbstii, bei den Franzosen araignee de mer, auch im Deutschen Seespinne genannt, ist unter den kurzschwänzigen Dekapoden, schon nach Aristoteles, das grösseste, und überhaupt eines der grössesten Scliaal thiere; sie gilt als ein vorzüglicher Leckerbissen , und eine halbe Seespinne war bekanntlieh die letzte Nahrung Friedrich des Grossen. Ihr zu- nächst steht der pagurus , cancer pagurus Linnaei, französisch poupart, unser Taschenkrebs, dessen Schaale bis zu Ein Fuss Breite gedeiht. Die Heracleotici mögen eine verwandte Art sein, die wir bei der Isolirtheit dieser Bezeichnung näher zu bestimmen jetzt nicht vermögen. Aristoteles aber fügt diesen Kurzschwänzlern auch noch eine den Flüssen angehörige Gattung zu: dies ist cancer fluviatilis , zur Familie Telphusa des Latreille gehörend oder vielmehr diese bildend, eine im südlichen Europa, dem Morgenlande und Aegypten einheimische Süsswasserkrabbe, die „in verschiedenen Bächen und See’n der Krater von Unteritalien sehr gemein u ist ([es sind dies Worte Cu vie rs) und deren Schaale etwa zwei Zoll Durchmesser nach jeder Richtung hat. Dieses Thier, muss man sich ein für allemal merken, ist dasjenige, welches die Römer verstehn, wenn sie von einem cancer ßuviatilis oder fluvialis sprechen, imd ihre Dichter, z. B. Virgil im zweiten Buche seines Landbaues, sobald sie schlecht- weg das cancer erwähnen. An solchen Stellen ist man natürlich geneigt, zu allernächst sich unsres Bachkrebses zu erinnern, dies würde aber ein gänzlich unkritischer Anachronismus sein. Am Evidentesten ergiebt sich dies aus einer Stelle des Palladius, wo die cancri ßuviales mit ihren Zunftgenossen, den paguris, zusammengestellt worden. Unter den gemeinsten cancris muss man noch die Strandkrabbe, cancer maenas Linnaei von den Franzosen cräbe 16 122 enrage genannt, weil sie eine äusserst possirliche Wuth hat, sich mit ihres Gleichen herumzubeissen, ja sie aufzufressen, bemerken: diese ist, wie an unsrer Nordsee, so an den Küsten des Mittelmeeres, in Menge zu finden, und war ver- muthlich auch unter den Schaalthieren der römischen Tafel. Denn sämmtliche Krabbenarten sind ein leckerer »Schmaus, und werden von Kennern dem Genüsse des Hummerfleisches ,f das J derber zäher und sohin auch unverdaulicher ist, vorgezogen. Der Schluss der zweiten allgemeinen Sitzung erfolgte um 12 % Uhr Mittags. Dritte allgemeine Sitzung am 24. September 1844, Morgens 10 Uhr auf der oberen Rathhaus - Halle. Die heutige Sitzung wurde von dem ersten Geschäftsführer mit der Anzeige eröffnet, dass in Beziehung auf den in der vorigen Versammlung auf den Antrag Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Johann von Oesterreich angenom- menen Vorschlag: „die Ausarbeitung von Jahresberichten über die Fortschritte der Wissenschaften,“ zu bedauern sei, dass von den Mit- gliedern der Versammlung in Grätz, welche die Abfassung dieser Jahresberichte übernommen, bei der diesjährigen Versammlung keines erschienen sei. Auch wären nur theilweise Angaben über die bevorstehende Vollendung einiger dieser Ausarbeitungen verlautet und nach den “Berathungen in den einzelnen Sectionen stelle sich heraus, dass diese Berichte unabhängig von einander und von der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte, gegenwärtig alljährlich für jede Wissenschaft herausgegeben würden, ihdess jedenfalls zu umfangreich wären, um in den allgemeinen oder Sectionssitzungen zum Vortrage geeignet zu sein. In diesem Sinne spreche sich auch ein so eben von Professor Hai ding er in Wien, in Beziehung auf den mineralogischen Theil dieser Arbeit, eingelaufenes Schreiben aus.. Der zweite Geschäftsführer verlas darauf diesen Brief: „MBurcli den Beschluss der Versammlung des verflossenen Jahres in Grätz „wurde mir der Auftrag zu Theil, die Fortschritte des Jahres in der Mineralogie „zusammenzustellen.“ „Verhindert an der diesjährigen Versammlung Theil zu nehmen, der ich so „gerne selbst diese Resultate vorgelegt hätte, würde ich sie nun eingesendet haben, „wenn sie nicht doch zu voluminös ausgefallen wären, um sei es in den allgemeinen, „sei es in den Sections- Versammlungen vorgetragen werden zu können. Doch 16* 124 » 7) n » n r> 7) n n » « jj jj n » r> » n n » n n könnten sie einer gemeinschaftlichen Herausgabe durch den Druck zum Grunde gelegt werden, worüber in Grätz nichts beschlossen worden war. Da aber die Herren Direktoren P. Marian Koller und Professor von Ettingshausen ebenfalls ihre Berichte einzusenden verhindert wurden, also keine schnelle gemein- schaftliche Herausgabe möglich ist, so schien es mir dem Zwecke am besten zu entsprechen, wenn ich die Herausgabe meiner partiellen Arbeit in Wien sogleich einleitete, und der Hochverehrten Versammlung, mit dem Bedauern, dass ich selbst auf die Theilnahme an derselben verzichten muss, doch die Anzeige von der Vollendung des mir aufgegebenen Werkes zu machen.“ „Nebst dem Vorschläge, Herrn Professor von G locker, der bereits früher dergleichen Jahresberichte für Mineralogie lieferte, wenn er bei der Ver- sammlung gegenwärtig sein sollte, für das künftige Jahr zu demselben Zwecke zu gewinnen, deutete ich als vorzüglich wüns chens werthe Resultate für das künf- tige Fortschreiten der Mineralogie an: Die gesammelte Bekanntmachung der vielen Beobachtungen Mitscherlichs an so manchen bisher nicht in das Mineralreich gezählten krystallisirten Körpern, die gleiche Zusammenstellung der optischen und physikalischen Forschungen Sir David Brewters, endlich ein mineralogisches Lehrbuch von Gustav Rose, als Desiderata, die fähig wären, dem Studio der Mineralogie einen neuen Schwung zu geben, dessen diese Wissenschaft vorzüglich in ihrer Anwendung auf die Bedürfnisse anderer AVissenschaften eben in bedeu- tendem Maasse entbehrt.“ „Indem ich Euer Hochwohlgeboren bitte der hochverehrten Versammlung meine Ehrerbietung, und meinen persönlichen Freunden, die sich dabei einfanden, meinen herzlichsten freundlichen Gruss darzubringen, verharre ich hochachtungsvoll Euer Hochwohlgeboren Wien, den 10. September 1844. ergebenster Diener W. Haidinger.“ Unter diesen Umständen, fuhr der erste Geschäftsführer fort, müsse man sich begnügen, die etwa noch eingehenden Akten, welche nicht anderweitig gedruckt sein sollten, ganz oder theilweise in den amtlichen Bericht über die Versammlung in Bremen aufzunehmen, wozu diese Beiträge willkommen sein würden. Es erfolgte sodann die Vorlesung der Reihenfolge der für die heutige Sitzung angemeldeten Arorträge, und demnach sprachen: 125 Dr. Roeser aus Athen: lieber die Lagerung der Skelette in den althellenischen Gräbern. Hochgeehrte Versammlung! MPie ausserordentliche Gelegenheit, welche sich mir bei dem seit einem De- cennium begonnenen Wiederaufbau von Athen darbietet, fast täglich der Eröffnung althellenischer Sarcophage beizuwohnen, lässt es entschuldigen, Avenn ich diesen Gegenstand Avählte , um der hochansehnlichen Versammlung darüber einige Mit- theilungen zu machen. Das Studium der Lagerung der Skelette in den Sarkophagen und in den Felsengräbern, von denen im heutigen Königreich Griechenland die Insel Milos die schönsten darbietet (es Avurden erst im vorigen Jahre dort die ältesten christ- lichen Gräber mit zahlreichen Inschriften, welche Professor Dr. Ross zu ver- öffentlichen im Begriff steht, entdeckt), dieses Studium giebt uns nicht bloss Auf- schluss über die Lage, Avelche die alten Hellenen ihren Todten bei der Einsenkung in die Sarkophage gaben, sondern vorzüglich auch über die vorletzte Periode der Verwesung; nämlich über das kartenblattartige Zusammensinken des menschlichen Skelettes bei seiner Veiwesung auf einer völlig horizontalen Fläche, welches nach stetigen Gesetzen vor sich geht, und meines Wissens bisher noch nie Gegenstand genauerer Forschungen Avurde. Das Zerfallen des Skelettes, welches ich als die vorletzte Periode der Verwesung bezeichnen möchte, geht nach den Gesetzen der Schwere, und denen des Widerstandes, Avelchen die verschiedenen organischen Gewebe der VeiAvesung entgegensetzen, vor sich. In der Regel ist der Unterkiefer jener Knochen, wel- cher sich wohl am ersten trennt, durch seine eigene Schwere herabsinkend. Er sinkt in die Gegend des Handgriffs des Brustbeins herab; dort, und zwar gegen die 2. bis 3. Rippe hin, muss man auch den Obolus suchen, bekanntlich jene Münze, Avelche die alten Hellenen der Leiche zwischen den Unterkiefer und die Unterlippe steckten, worauf die grüne Färbung des Knochengewebes, vom Kupfer- oxyd herrührend , an der äusseren Fläche des ersteren bei mehreren Skeletten, Avelche ich fand, hindeutet. Ich besitze solcher gefärbter Unterkiefer mehrere und hatte auch vor acht Jahren die Ehre, einige derselben der Versammlung in Jena vorzuzeigen. Das Brustbein trennt sich in der Regel viel später a^ou den Rippenknorpeln als die Rippen selbst in ihren Vertebralverbindungen; denn nur so lässt es sich erklären, dass das Brustbein in die Gegend der Lendenwirbel, avo 126 man es findet, herabgetragen wird, indem sich nämlich die Rippen kartenblattartig über einander schlagen, und so das Sternum allmählig herabsinkt. Die oberen Extremitäten fallen in der Regel nach Aussen, selbst wenn die Hände beisammen lagen. Man erkennt letzteres aus dem Vorhandensein einzelner Handwurzel oder Phalanxknochen, welche man auf den Lendenwirbeln oder zwischen den Beckenknochen findet. Denn die Handwurzelknochen folgen wegen ihrer mehr würfelartigen Beschaffenheit dem Gesetze der Schwere; es bleibt der eine oder der andere an der ursprünglichen Stelle zurück, während die Röhren- knochen der Thorax-Extremitäten nach Aussen rollen. So fand ich ein Mal bei einem Skelette in einem Sarkophage, dessen Er- öffnung S. M. der König von Bayern beiwohnte, bloss einige Handwurzelknochen auf den unteren Lendenwirbeln, während beide obern Extremitäten nach Aussen lagen. Auf Phalangen der rechten Hand lag eine runde kupferne Oellampe, welche bekanntlich die Alten den Todten als Leuchte in den stygischen Ge- wässern in die Hand gaben. Es muss aber nothwendigerweise Hand und Oellampe auf dem Unterleibe, und letztere muss auf jener gelegen haben; sonst war die Lage jener wenigen Handwurzelknochen völlig unerklärbar. Schabeisen und Balsamgefässe lagen neben den Röhrenknochen des Unterschenkels und doch lagen Tarsusknochen unter denselben, ein Beweis, dass sie zwischen die ange- näherten Füsse gelegt worden waren und in Folge der Verwesung diese ver- änderte Stellung und Lage annahmen. Man kann also bloss aus dem Aufsuchen der einzelnen Knochen der Ex- tremitäten und namentlich der Handwurzelknochen auf die Lage der Hände nach der Einsenkung in die Sarkophage und Felsengräber schliessen, wenn sich die Verwesung bereits der letzten Periode nähert und die einzelnen Knochen des Skelettes nach dem Gesetze der Schwere auf einer horizontalen Fläche sich gleichsam aus einander gelagert haben, was bisher von den Archäologen, welche sich mit der Erklärung der Lage der Leichen beschäftigt haben, völlig unbeachtet blieb. Ich spreche natürlich hier von Skeletten, über welche wenigstens bereits zwei Jahrtausende hinweggegangen sind, und bei denen die überaus günstigen Verhältnisse, wie der trockene Boden von Attika zur Conservation der Skelette beitrugen , ohne die Verwesung ganz zu verhindern. Ganz anders ist es , wenn aussergewöhniiche Ursachen der Verwesung entgegentreten, wie dieses zum Bei- spiel der Fall ist, wenn Sarkophage unter Wasser gesetzt wurden, wo sich dann nicht selten die spermacetiartige Veränderung vorfindet. Wir haben in Griechen- land nur eine Stelle, wo nach der Entdeckung des seel. Hrn. Dr. Ulrichs, 127 Professors an der Universität in Athen, • — den leider! * — ein unersetzlicher Ver- lust für die Archäologie • — « im vorigen Jahre der Tod aus unserer Mitte riss » — mehrere Städte am Copai-See in der Nähe des Halicarnass allmählig unter Wasser gesetzt wurden. Indem nämlich die im Ptoon- und Sphynx - Gebirge befindlichen unterirdischen Abzugskanäle sich verstopfen wird besonders der Aus- fluss des Flusses Melas gehindert und zwischen jenem Gebirge dem Helicon und Parnass bildet sich ein grosser See, welcher im Sommer zum Sumpf wird. Die Thränerigefässe lagen meistens neben den Halswirbelknochen. Ohn- längst fanden wir in einem ähnlichen Gefässe eine schwärzliche Masse, welche Hofapotheker Länderer in Athen als Schierlingsextrakt nachwies. Die Lenden- wirbel sind in der Regel völlig zerstört, während Brust- und Halswirbel gänzlich erhalten sind. Dies erklärt sich aus dem breiartigen Zerfliessen der parenchyma- tösen Uhterleibsorgane und aus der porösen Beschaffenheit der Lendenwirbel ; ebenso findet man die linken Rippen vermodert, während die der rechten Seite intakt sind, was einen analogen Grund hat. Ich pflegte die Knochen einzeln auf Baumwollenwatte, welche in einer horizontalen, der Grösse des Sarkophages entsprechenden Glaskiste ausgebreitet war, in dieselbe Lage sammt den Gelassen überzutragen und sie so aufzubewahren. Um jedoch ganz genaue Beobachtungen anzustellen, ist es nöthig den unteren Theil des Sarkophages mit zerflossenem weissen Wachs anlaufen zu lassen und dann nach dem Erkalten desselben die ganze Schicht sammt den Knochen heraus- zuheben. Nicht selten fand ich in den althellenischen Sarkophagen gleichzeitig Opfer- thierknochen und Schädel im calcinirten Zustande mit allen Spuren der Verbren- nung, welche in der Regel eine unvollkommene war, da das Vorkommen gefüllter Aschenkrüge ziemlich selten ist. Von ersteren hatte ich die Ehre in Jena einige Specimina vorzuzeigen. Ich habe die Ehre hier der hochansehnlichen Versammlung einen Schädel aus einem althellenischen Grabe aus der Reihe jener vorzuzeigen, bei deren Eröff- nung, aussei* Ihren Majestäten von Griechenland , Se. königliche Hoheit der Erz- herzog Johann von Oesterreich zugegen waren. • — Ich möchte denselben nicht als ein Specimen eines sehr schönen hellenischen Schädels vorführen, deren ich weit schönere in meiner ziemlich reichhaltigen Sammlung besitze; aber als das vielleicht älteste Knochen - Präparat. Es ist eine Caries auf dem rechtseitigen Scheitelbeine mit gleichzeitiger Knochenwucherung und eingesprengter Emaille- 128 artiger Knochenmasse, ein Beweis, dass sich dieses, aus einer Dyskrasie ent- sprungene Leiden, Jahrtausende hindurch unverändert erhielt. • — Ich benutze die Gelegenheit, welche sich mir darbietet, zu der hochan- sehnlichen Versammlung der Naturforscher und Aerzte Deutschlands zu reden, noch zu folgender Mittheilung: Es hat Herr Baron von Sina in Wien auf seine eigenen, und zwar nicht unbedeutenden Kosten in Athen eine Sternwarte erbaut, und ist eben im Begriffe dieselbe mit den trefflichsten Telescopen zu versehen. • — • Es ist wohl keine Stadt, welche so sehr den Vortheil eines meistens unbewölkten Himmels gewährt, wie Athen. Diese Sternwarte, zwischen dem 37. und 38. Grade gelegen ist wohl die südlichste Europa’s; ihr sind manche Sternbilder zugänglich, welche im übrigen Europa entweder nur unvollkommen, wie zum Beispiel der Scorpion, oder gar nicht gesehen werden. In gewissen Jahreszeiten kann man auf einen völlig unbewölkten Himmel, wenigstens für drei Monate, anhaltend Rechnung machen, ([ich spreche hier nur von Attika, wo schon nach Plinius die diaphanste Atmosphäre ist,) und da derselbe in der Regel dem Beobachter zugänglich ist, konnte auch Hippocrates zum Theil die Aufgangszeit der Pleiaden zur Bestim- mung der Epidemien wählen. Ich glaube, dass mit dieser Sternwarte in Athen Herr von Sina nicht allein Griechenland, seinem Vaterlande, sondern der ganzen Gelehrten Welt ein grosses Geschenk machte und, dass bei der Leichtigkeit heutzutage die Reise nach Athen zu machen, diese Sternwarte öfter zu bedeutenderen astronomischen Forschungen dienen dürfte. • — Professor Bouris, ein Schüler Littrow’s, steht gegenwärtig dieser Sternwarte, welche sich ihrer Vollendung naht, vor. Wie viel mehr hätte vielleicht jene Zierde Bremen’s, Dr. Olbers, in der Astro- nomie geleistet, würde er den so selten um wölkten Himmel Athens zu seinen Beobachtungen gehabt haben! Dr. Hermann Engelken, Director der Privat -Irrenanstalt zu Rock- winkel bei Bremen. Ueber das Verhält n iss der Poesie zur Seelenheilkunde. Hochgeehrte Versammlung! Wicht genug kann man die Bestrebungen lobend anerkennen, welche im Verlaufe der letzten Decennien zu Gunsten der Unglücklichen gemacht worden sind, welche 129 ein Seelenleiden von der unmittelbaren Verbindung mit der menschlichen Gesell- schaft ausschliesst. Die wissenschaftlichen Fortschritte in diesem besonderen Zweige der Heilkunde, das Streben der Regierungen und einzelner Menschen- freunde für diesen Zweck haben das Loos derselben bereits wesentlich verbessert, und oft zu einem erträglichen gemacht. Die Kerker -ähnlichen, unreinen und grässlichen Wohnungen früherer Zeit sind in Folge dieser Theilnahme durch Gebäude ersetzt, worin solchen Kranken hinsichtlich ihrer Umgebung kaum etwas zu wünschen übrig bleibt, und an die Stelle grober Misshandlungen , welche früher die Besucher jener Zufluchtsorte mit Grauen und Abscheu erfüllen mussten, ist eine wohlwollende Theilnahme und humane Pflege getreten. Wer vor längerer Zeit das Unglück hatte, von einer Seelenstörung befallen zu werden, galt den Seinigen in Beziehung auf die bürgerliche Gemeinschaft für todt, weil die ärztliche Kunst in diesem Zweige des Wissens noch auf einer so niedrigen Stufe stand, dass kaum ein Gedanke an die Entwerfung eines rationellen Heilplanes aufzutauchen vermochte ; jetzt dagegen wird ein grosser Theil der von Seelenstörung Befallenen, durch die fortgeschrittenen humanen und wissenschaft- lichen Bestrebungen für ihr Unterkommen und ihre Behandlung, sich selbst und der Welt, als nützliche und brauchbare Mitglieder wieder zugeführt. Dennoch bleibt bei diesen Fortschritten auf dem Gebiete der Psychiatrie noch viel zu wünschen übrig, und namentlich fehlte es bisher den Aerzten im Allgemeinen an einer Curmethode, wodurch gleich beim ersten Auftreten der Anfall einer Seelenstörung bei den Kranken beseitigt und dessen Wiederkehr verhütet Averden konnte, und daher scheint es mir äusserst wichtig ein besonderes Verfahren der Art, Avorüber ich in der Section für Medicin und Chirurgie das Nöthige mitgetheilt habe, Avelches diesen Zweck schon oft unter den Augen meiner hiesigen Averthen Collegen erfüllte, möglichst allgemein verbreitet zu sehen. Denn es können dadurch viele jener Unglücklichen, Avelche jetzt in den sogenannten Siechenanstalten ihr Leben verbringen müssen, frühzeitig genug Hülfe erhalten, um theils einer Aufnahme in die Irrenanstalten überhaupt nicht mehr zu bedürfen, theils in denselben rascher und sicherer geheilt zu Averden, wie solches früher möglich war; Avoraus, Avie leicht zu ersehen, soavoIiI für die Individuen und die Familien als auch für den Staat ein wesentlicher GeAvinn hervorgehen muss. Die Heilkunde ist ohne Zweifel die umfangsreichste aller Wissenschaften, da sie die ganze Natur umfasst, und es bleibt dem Einzelnen unmöglich für sein Studium alle Zweige derselben genügend zu bearbeiten , daher Avir die Resultate der Arbeiten Anderer dabei zu benutzen genöthigt sind. Schon Hippoerates 17 ‘ 130 hob den Umfang der Wissenschaft in Verhältnis zum kurzen Leben hervor; mit wie viel mehr Recht dürfen wir nach 2000 Jahren darüber klagen. Als ein vorzügliches Hülfsmittel für das Studium der Seelenleiden erweisen sich die Dichtungen grosser Meister, in welchen die Natur einen treuen Spiegel findet, und uns dadurch Lehren giebt , welche sonst nur aus einem längeren Ver- kehr mit Seelengestörten gewonnen werden können. Namentlich für jüngere Aerzte, deren Gemütli bei dem Anblicke jener Unglücklichen selten ganz ruhig bleibt, ist das Studium der classischen Dichter im Gebiete der Tragödie darum von besonderer Wichtigkeit, weil sie dabei nicht wesentlich afficirt werden können. In Bürger’s „Leonore“ ist eine so getreue Schilderung der Erotomanie gegeben, wie sie in der reinsten Form nicht besser dargestellt werden kann, und diese Dichtung machte nur deshalb so viel Effekt, weil darin die nicht mehr durch die Vernunft in Schranken gehaltene, phantastische, höhere Liebe eines jungen, in höchster Leidenschaft für den Geliebten befangenen, Mädchens wahr und natur- getreu dargestellt wird. Von den Dichtern neuerer Zeit haben sich besonders Shakespeare, Schiller und G ö t h e durch wahre und treffende Schilde- rungen der Natur, worauf überall die ächte Poesie beruht, auch in diesen Zustän- den ausgezeichnet: Schiller in der „Braut von Messina“ und in der „Jungfrau von Orleans,“ Goethe im „Faust.“ Shakespeare schildert die Seelenstörung im „König Lear“ in ihrem vollständigen Verlaufe so treu und wahr, dass man das Bild für Wirklichkeit zu halten versucht wird, wenn ein Esslai r die Rolle spielt: * — ■ Durch hohes Alter bedingter Mangel an geistiger Energie, so wie eine aus körperlichen und geistigen Anstrengungen hervorgegangene krankhafte Reizbarkeit des Nervensystems, veran- lassen den früher so kräftigen Mann sein Reich zu theilen und das Regiment, welches er selbst nicht mehr zu führen wagt, an seine Töchter abzutreten. Er hegt dabei die Hoffnung einen vollen Ersatz in der Liebe seiner Kinder zu finden, vergreift sich jedoch gleich im Beginn der Ausführung seiner neuen Lebenspläne, indem er den Schmeicheleien von Regan und Goneril mehr Vertrauen schenkt, als der einfachen und ungekünstelten Sprache der Liebe und Wahrheit von Cor- delia und Kent, welche er deshalb zurücksetzt und verbannt. Von demVerrathe und der Verhöhnung, welchen er demnächst von seinen reichbeschenkten Töchtern preisgegeben wird, werden die geistigen und genmth- lichen Fähigkeiten des alten Mannes so ergriffen, dass hierin, neben mächtigen äusserlichen und körperlichen Einflüssen, die ursächlichen Momente der ihn beschlei- 131 chenden Furcht vor Wahnsinn, und wirklich erfolgender Seelenstörung, naturgetreu und trefflich motivirt erscheinen. - — • Später, wo absichtliche Verstellung und die Anfälle des Irrsinn’s selbst durch lucida intervalla unterbrochen werden, liefert die Dichtung ein treu nach der Wirklichkeit gezeichnetes Krankheitsbild; versucht aber auch, nachdem das Leiden seine Acme wirklich erreicht hat, auf rationellem AVege die Heilung der Krankheit. Die Liebe zu seiner wiederge- wonnenen Cordelia, die ihm Ersatz-für den Verrath und die Unnatürlichkeit seiner anderen Töchter gewährt, der besänftigende Einfluss der Musik, und der in Folge desselben möglich gewordene Schlaf halten den Paroxismus auf und bringen dem erschöpften Nervensysteme Ruhe; doch bleibt eine Art Blödsinn und geistiger Marasmus als Folgekrankheit, wenn gleich die Liebe und der Besitz seiner Cor- delia die Wiederkehr der Anfälle des Seelenleidens verhüten. Doch dauert dieser Schutz auch nur so lange, Avie der genesende König sich der Zuneigung seines Lieblings erfreuen kann, und dem Eindrücke, welchen der Verlust seiner Cordelia auf ihn macht, sind die Kräfte des körperlich und geistig erschöpften Greises nicht mehr gewachsen, • — - er stirbt. Lear ist eine Avahre Antike, ein Seitenstück der Niobe. Hofrath Dr. Hol scher aus Hannover: Ueber den Schmerz. Zu seinem \rortrage habe der Redner einen Gegenstand geAvählt, Avelcher gleichsam im Alltagsgewande beim gegenwärtigen Feste erscheine, und worüber sich auch wenig Neues sagen Hesse; die häufige Gelegenheit jedoch, Avelche dem Arzte geboten, Zeuge von Schmerzensausserungen zu sein, lehre die verschiedenar- tigsten Beziehungen derselben kennen, und Avenn man mit Unrecht behauptet, dass ältere Aerzte gegen die Leiden ihrer Kranken unempfindlicher würden, so rühre das wahrscheinlich daher, dass der Schmerz ein altes und allseitig verabscheutes Gespenst sei, dem man nur dreist ins Gesicht zu leuchten brauche, um Adele seiner Schrecknisse sclwinden zu machen. Aus eigener Erfahrung beabsichtige der Vortragende im nachfolgenden einige Prämissen zu einer Definition des *) Besondere Umstände, die uns jedoch unbekannt geblieben, müssen die Einsendung dieses Vortrages zur Aufnahme in den amtlichen Bericht bis jetzt verhindert haben, daher wir hier, vorbe- haltlich einer Nachlieferung in der zweiten Abtheilung, nur einen Prolocollauszug mittheilen. Die Geschäftsführer. 17 * 132 Schmerzes zu geben, welcher sich leichter fühle, wie definiren lasse, weil das Wichtigste immer die Schätzung desselben im Verhältniss zur einzelnen Indivi- dualität bleibe. Denn so wie die Aeusseriingen müssten auch die Empfindungen bei einzelnen Personen verschieden sein, und für jeden Kranken müsse sich der Arzt einen besonderen Algometer denken, auf welchem irgend eine Bewegung des verletzten Gliedes, verschiedene Modulationen der Stimme und das Mienen- spiel die Grade angeben müssten, welche der erfahrene Arzt nachfühle. Das Mitgefühl habe sich einen heiligen Altar in den Herzen der Menschen erbaut und leite den Arzt zunächst aut die Heilmittel hin. Schmerz und Freude seien wesentliche Bedingungen, die beiden Angeln in denen sich das Leben bewege, und physischer und moralischer Schmerz stehen in der innigsten Beziehung zueinander. Beide sind nach ihrer Ursache, Dauer, Periodicität, Art und Sitz verschieden, woraus die Heilkunde bedeutsame Winke für die Beurtheilung des Krankheits- zustandes entlehnt: die subjective Beurtheilung ist jedoch schwer und selten gleich- mässig. Manche Individuen sind stets unklar über ihre Empfindungen, wodurch die Thätigkeit. des Arztes wesentlich erschwert und behindert wird. Ueberem- pfindlichkeit und Indolenz sind beide gleich zu fürchten. Bei der Ertragung des ’ Schmerzes zeigen ganze Nationen einen gewissen Typus und namentlich zeichnet das schöne Geschlecht -sich auch durch eine heroische Standhaftigkeit aus. Der Schmerz, welcher jede Gefahr für das Leben warnend andeutet, dient auch nicht selten als Heilmittel, und verliert dadurch von seinem Schrecken; dennoch möge ein Jeder die schwere Kunst, den Schmerz mit Gleichmuth zu ertragen, zu üben suchen, denn nur der sei frei, welcher sich selbst besiege, ein Satz, welchen die alten Römer ausgesprochen und den Kant als die höchste Bl üthe aller Philosophie gepriesen. Möge auch in unserem Zeitalter, welches eine höhere geistige Befähi- gung anstrebe, die Pädagogik nicht vergessen, schon die Jugend in dieser Hinsicht genügend abzuhärten und sich dadurch den Dank und die Anerkennung der Nachwelt zu erwerben. Da nunmehr die zur Versammlung anberaumte Zeit noch nicht abgelaufen war, theilte in Folge einer Aufforderung des ersten Geschäftsführers Herr Geheime Med. Rath Lichtenstein aus Berlin einiges über die Einrichtung des zoolo- gischen Gartens in Berlin mit: ,, '_.,u . , w ichtigere Gegenstände füllten die Zeit in der zoologischen Section hin- reichend aus und dieser Gegenstand verdient ein allgemeines Interesse, daher die 133 Gelegenheit, die wichtigsten Momente der Einrichtung und Zwecke des zoologischen Gartens in Berlin zur allgemeinen Kunde zu bringen, hier von ihm benutzt würde. v g MBie wandernden Menagerien früherer Zeit mit allen ihnen nothwendig anklebenden Mängeln dienten mehr zu einer Befriedigung der Neugierde, wie zu belehrenden Studien, und die von den Fürsten schon in älterer Zeit unterhaltenen Zwinger waren meistens nur für jagdbare oder reissende wilde Thiere zur Belu- stigung bei Festen bestimmt. Erst in späterer Zeit versuchte man aus diesen Thiergärten ein allgemeines Bildungsmittel für das Volk zu machen, wozu England das Beispiel gab. Später wurde eine ähnliche Einrichtung in Frankreich eröffnet, vor drei Jahren in Amsterdam u. s. w. Der zoologische Garten in Berlin ist seit zwei Monaten dem Publikum zugänglich, und es wird mit Unrecht getadelt, dass in demselben noch keine Giraffen, Rhinoceros und Löwen etc. vorhanden wären, denn es ist gar nicht die Aufgabe, daselbst Wunderthiere der Art zur Befriedigung der Neugier zur Schau zu stellen, sondern es sollen nur Repräsentanten aus allen Thierklassen darin, so viel es möglich ist in einer ihrem Aufenthalte in der Freiheit ähnlichen Umgebung, lebend unterhalten werden. Die Art und Weise wie ein solches Institut zur Förderung verschiedenartiger Zwecke wirksam werden kann, lässt sich erst nach längerer Dauer desselben beurtheilen, manche directe Vortheile jedoch, welche durch dasselbe geboten werden, lassen sich schon im Voraus nachweisen. Dahin gehört zunächst der Nutzen, welcher in wissenschaftlicher Hinsicht dadurch gewonnen wird, dass die absterbenden Exemplare der anatomischen Unter- suchung anheim fallen, oder geeigneten Falls zur Aufstellung in Naturalienkabinetten dienen können. Sodann wird durch die Unterhaltung lebender Repräsentanten aus den verschiedensten Thierklassen die Möglichkeit gegeben, genaue Beobachtungen über die Lebens- Verrichtungen vieler Thiere zu sammeln, die bis jetzt nur aus ihren in den Museen aufbewahrten Häuten und Knochen bekannt sind , und eine zweckmässigere Weise des Unterrichts für die in den Schulen zu unterrichtende Jugend möglich gemacht. Zur Erreichung letzteren Zweckes ist eine gewisse Zugänglichkeit für das grössere Publikum bei der Ein- richtung des Ganzen als noth wendiges Erforderniss artgesehen, und sind die desfallsigen Bestimmungen von einer zoologischen Gesellschaft, welcher die freie Verwaltung der Anstalt züsteht , ausgegangen , wonach bekanntlich Jedermann gegen ein massiges Eintrittsgeld der Besuch des zoologischen Gartens erlaubt ist. Mit Unrecht hat man diese Abgabe für den Eintritt als lästig getadelt, denn ganz abgesehen davon, dass dieselbe zur Abwehr eines übermässigen Zudranges gleich nach Eröffnung der Anstalt vorläufig nicht zu umgehen war, wäre es für die ohnehin schon so mannigfach begünstigten Residenzbewohner ein neuer Vorzug, wofür der übrigen Monarchie kein Aequivalent geboten werden könnte. Um jedoch durch diese Einrichtung des Eintrittsgeldes den Nutzen der Anstalt nicht zu beschränken, werden auf die liberalste Weise von Zeit zu Zeit für die Zöglinge der verschiedenartigsten Bildungsanstalten zahlreiche Einlasskarten vertheilt. • — Als weitere Zwecke, für welche diese Einrichtung zu wirken bestimmt ist? sind die ökonomischen anzuführen, welche in einer Veredlung der Hausthiere zur Erzielung solcher Racen bestehen, welche für besondere Zwecke wesentliche Vor- theile gewähren, indem sie reichlichere oder bessere Produkte liefern, in kälteren Zonen oder hochgelegenen Gegenden besser ausdauern, gewissen Krankheiten seltener unterworfen sind und so weiter. Dahin gehören auch Versuche über die mögliche Kreuzung verschiedener Gattungen, wobei nur tägliche Beobach- tungen dieser T liiere, welche sogleich niedergeschrieben werden, nach bestimmten Zeitabschnitten entscheidende Resultate liefern können. Als Beispiel des Nutzens solcher Versuche kann die Einführung besserer Hühnerarten dienen, die dadurch, dass die Eier derselben zum Ausbrütenlassen vertheilt würden, erreicht werden könnte. Endlich ist noch der Vortheil zu erwähnen, welchen diese Anstalt für künstlerische Zwecke darbietet , indem sie die Kunstschüler die Haltung, Bewe- gung und Gewohnheiten der Tlüere fast wie in der freien Natur selbst zu studiren, und die Maler und Bildhauer ihre Versuche der Nachbildung solcher Gegenstände unmittelbar mit der Natur selbst wieder zu vergleichen und danach zu vervoll- kommnen in den Stand setzt; Vortheile, welche um so wichtiger erscheinen, je allgemeiner die Ansicht herrschend wird, dass die wahre Kunst frei von aller Manier und Uebertreibung sich immer streng an die Natur selbst halten müsse. Die Einrichtung des zoologischen Gartens in Berlin ist dadurch möglich geworden, dass der König dieser Anstalt das Grundstück, worauf früher die jetzt in der Nähe von Potsdam befindliche königliche Fasanerie gehalten wurde, als Super- ficial--Eigen thum gegeben hat, mit Einschluss der darauf befindlichen Gebäude. Es umfasst 86 y3 Morgen, und ist also bis jetzt das geräumigste Terrain für Anstalten der Art; ein Bach durchfliesst dasselbe und liefert sowohl stets frisches Wasser, als auch dadurch Gelegenheit zur Anlage von Bassins für solche Thiere, welche mehrentheils im Wasser leben, gegeben ist. • — * Die Qualität des Bodens ist verschieden, so dass sowohl leichterer als auch schwererer daselbst 135 gefunden wird; durch Ausgrabung von Teichen ist die ganze Anlage in Bewe- gung gesetzt, welche zum Theil auch mit schöner, theils aus Eichen und Buchen, theils aus Edeltannen bestehender Waldung bestanden ist, welche letztere von der betreffenden Behörde zu einem Werthe von 6000 Thalern taxirt wurde. In der kurzen Zeit seit Eröffnung des zoologischen Gartens war der Besuch desselben sehr zahlreich, indem an einzelnen Tagen oft mehr wie 1800 Personen und im Durchschnitt wöchentlich drei - bis viertausend die Anstalt besuchten. Die Leitung dieses Institutes führt, wie oben erwähnt, eine Gesellschaft, deren Mitglieder zum Theil ursprünglich für diesen Zweck zusammengetreten sind und sich später durch Wahl neuer Mitdlieder ergänzt haben. Durch die Beiträge derselben werden zum Theil die Kosten der Einrichtung gedeckt und in den in passenden Zwischenräumen stattfindenden Versammlungen Vorträge über zoologische Themata gehalten, und ein Ausschuss so wie die Mitglieder der Direc- tion gewählt, welche letztere der unmittelbaren Leitung des Ganzen vorsteht, während ersterer über wichtigere Angelegenheiten beschlussfähig bleibt. Somit hat die Verwaltung dieser neuen Einrichtung sowohl von vorn herein die freieste Verfassung, als auch die Elemente zu einer möglichst vielseitigen Ausbildung durch die Erfahrungen, welche im Laufe der Zeit in der Anstalt gesammelt wer- den können, für die Zukunft gegeben sind, und lässt sich daher eine wachsende Theilnahme für die Sache mit Recht erwarten. Eine genauere Schilderung der besonderen Einrichtungen für die einzelnen Thiere würde natürlich zu weit führen; es muss daher die Erwähnung einiger Beispiele genügen, die einen Begriff davon geben, nach welchen Grundsätzen das Ganze entworfen und in concretem Falle die Ausführung projectirt oder bereits vollendet ist. Die günstigen Terrainverhältnisse werden es vielleicht gelingen lassen, die so selten gewordenen Baue von Bibern und Dachsen anzulegen , was zu sehr interessanten Beobachtungen Gelegenheit geben könnte. • — - In einem grossen Be- hälter von Eisendrath von 30 Fuss Durchmesser und 40 Fuss Höhe befindet sich eine grosse Zahl verschiedener Affen, Papageien und Adler: ausländische Hühner- arten haben ähnliche geräumige Käfige. Schönere Wiederkäuer werden in Ein- zäunungen von bis einen und mehr wie einen Morgen Grösse gehalten. • — • Vögel und Amphibien bieten Aveniger Schwierigkeiten dar, Avogegen Fische natürlich nur ausnahmsAveise am Leben erhalten Averden können. • — Dagegen sollen von den wirbellosen Thieren soavoIiI für Insecten, als auch Mollusken und selbst für Infu- 136 sorien geeignete V orrichtungen coostruirt werden, um dieselben der näheren Beobach- tung zugänglich zu machen. • — * Es sind in den Gärten nicht selten aus Palmen- stämmen noch nach sechs Jahren tropische Insecteu zum Vorschein gekommen; wenn man also Holz aus Urwaldungen entböte, so dürfte man hoffen, selbst die tropischen Käfer und Schmetterlinge mit ihrer glänzenden Farbenpracht dort einstens herumfliegen zu sehen, ohne die schon geäusserte Befürchtung zu theilen, dass aus diesem zoologischen Garten verwilderte Insecten sich zahllos vermehren und dadurch zu einer neuen Landplage werden könnten. Ferner würde es vielleicht möglich sein, durch einige Versuche dahin zu gelangen, die riesigen Schnecken und schaalenlosen Mollusken aus entlegenen Gewässern und Wäldern lebend bis nach Berlin zu transportiren und daselbst zu erhalten. Auch ein Infusorienhaus mit einem Hydro-Oxygengas-Mikroscop könnte eingerichtet werden, wo vielleicht, indem man das Wasser in einem sehr langsamen Strome vor den Objectivlinsen des Instrumentes vorüber ziehen lässt, das auf eine weisse Wand projectirte Bild der in dem Wasser enthaltenen Geschöpfe sich bequem würde beobachten lassen u. s. w. Mit der Aufforderung an Alle , welche sich für diese Sache interessiren und zu einem Urtheile darüber befähigt sind, ihre Ansichten und besonderen Wünsche der Direction mitzutheilen, wird zugleich die Bitte ausgesprochen, etwa vorfallende Fehlgriffe sogleich zu rügen, und der sofortigen Abstellung derselben gewärtig zu sein. Mfcer zweite Geschäftsführer zeigte hierauf an, dass, wie zu erwarten ge- wesen, für die gegenwärtige Versammlung bestimmte Naturalien in nicht unbe- deutender Anzahl zu spät hier angelangt seien, um noch in die Ausstellung im Hause Seefahrt aufgenommen werden zu können. Ueber die hier anwesenden oder in Deutschland wohnenden Gelehrten zugehörigen Gegenstände würde natürlich nur in der Art verfügt werden können, dass sie an ihre Absender zurückgeschickt würden. Im Falle dieses nicht gewünscht werden sollte, würde um baldige Nach- richt gebeten und ersucht, wo möglich einen hiesigen Empfänger mit gehöriger Vollmacht und Instruction zu weiteren Schritten zu versehen. Dieselben Wünsche und Absichten würden in Betreff solcher Naturalien ausgesprochen, die etwa vom Inlande noeh unterwegs sein möchten. Von überseeischen Gegenden bereits zu spät eingetroffene, oder noch zu erwartende Naturalien , würden in den Händen der hiesigen Correspondenten ihrer Absender verbleiben older denselben zurückgegeben werden; über andere, welche 137 noch nicht hinreichend untersucht werden konnten, um über ihren Werth oder Unwerth zu entscheiden, so wie über die aus der Südsee, von Ostindien, China und Australien zu erwartenden, welche noch nicht hier sein konnten, würde bei der nächsten Versammlung in Nürnberg Bericht erstattet werden. Ausserdem sei anzuzeigen, dass Herr Geheime Hofrath Menke einige Exemplare seiner, der früheren Versammlung in Pyrmont gewidmeten, Schrift über diesen Brunnenort eingesandt habe, um dieselben für Büchersammlungen, wo sie von besonderem Nutzen sein könnten, vertheilen zu lassen, worüber Herr Dr. C. H. Schm idt nähere Auskunft zu geben erbötig sei. Ferner hätten manche Exemplare sowohl der von der Museumsgesellschaft gewidmeten Denkmünze, als auch der von dem ärztlichen Vereine herausgege- beuen Schrift wegen Missverständniss nicht an ihre Addressen befördert werden können, weshalb die Empfänger derselben ersucht würden sich an Herrn Senator Dr. Droste wegen der Denkmünze und an Herrn Dr. Lorent wegen des Buches zu wenden. Nachdem hierauf der erste Geschäftsführer an die Versammlung die Frage gerichtet, ob Jemand noch etwas in Beziehung auf die 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte vorzutragen habe, ohne dass dieser Aufforderung von einem der Anwesenden Folge geleistet wäre, leitete derselbe den Schluss der Verhandlungen mit folgenden Worten ein: „Die schönen Tage von Aranjuez sind nun dahin! ■ — • Solche Klage wird nur zu bald auch bei uns laut werden und nur Beschwichtigung finden können in der Hoffnung, sie möchte vielleicht einigen Nachhall wecken in den Gemüthern derer, die wir für diese kurze Zeitfrist so gern zu den unsrigen zählten. Aber jedes Tagewerk soll mit ernster Selbstprüfung schliessen. Daher heute vor Allem die Frage: Hat die 22ste Versammlung dieser Gesellschaft dem Zwecke ihrer Zusammenkunft entsprochen? Der bei der Stiftung dieses Vereins laut ausgesprochene und bei jeder weiteren Zusammenkunft wiederum anerkannte Hauptzweck derselben: den Naturforschern und Aerzten Deutschlands Gelegenheit zu geben, sich persönlich kennen zu lernen, ist auch diesesmal nicht aus den Augen verloren. Es ist vielmehr täglich mehr- fache und verschiedenartige Gelegenheit dazu dargeboten und benutzt worden. Die Verfolgung dieses dergestalt angegebenen Hauptzwecks ist aber viel bedeutsamer und fruchtbringender , als es beim ersten Anblicke scheinen möchte. 18 138 Es handelt sich dabei um den ersten oft sehr beschwerlichen Schritt zum Ziele gemeinsamer Förderung der Wissenschaft. • — Die, welche sich einmal in’s Auge gesehen, freundliche Worte gewechselt, gemüthlich mit einander zu Tische ge- sessen, sie werden den Uebergang von dem Verkehr mit dem Individuum zu dem mit dem Depositär der Wissenschaft, auf viel leichtere und geeignetere Weise zu finden wissen, als wo es an diesen Vermittelungen gebricht. — Es giebt Förm- lichkeiten des Umgangs, die, auf den ersten Blick unentbehrlich erscheinend , den- noch im Grunde nur dazu dienen, um ungebetenen Zudringlichkeiten eine schützende Schranke entgegen zu stellen; aber wer umgeht sie nicht gern und lasst sie mit Freuden fallen, sobald er sieht, dass er ihrer nicht bedarf! Wenn der äussere Anschein nicht täuscht, so sind auch bei Gelegenheit der diesmaligen Versammlung solcher Schranken viele beseitigt und die An- knüpfungspunkte weiterer schriftlicher Mittheilungen dadurch gegeben oder be- festigt worden. Unsere Tageblätter geben Zeugniss, dass keiner der verschiedenen Zweige der Wissenschaft, denen sich einzelne Abtheilungen dieser Versammlung vor- zugsweise gewidmet, vernachlässigt worden; der forschende Blick ist in den viel- fachsten Richtungen auf das Firmament, wie auf die Erde und das Meer, und nicht minder auf das, was in der Tiefe des menschlichen Mikrokosmus den äusseren Erscheinungen entspricht, gerichtet worden, und wo zur Lösung vorliegender Auf- gaben Fortschritte erreicht wurden, sind auf den Grund derselben neue eröffnet und aufgestellt. Aber die belebende Kraft dieses jährlich wiederkehrenden Vereins beschränkt sich nicht auf den gegenseitigen individuellen Verkehr seiner Theilnehmer. Er blickt nicht bloss seinen Genossen, er blickt auch jeder Stadt und jedem Staate, in welchen er sich versammelt, in’s Auge, und wird nicht minder von diesen in in seiner Gesammtheit angeschaut. Auch in dieser Beziehung ist mehrfache Aussicht vorhanden, dass seine hiesige Versammlung nicht nutzlos bleiben werde. So viel hat sich wenigstens herausgestellt, dass Anknüpfungspunkte zu weiterer Wechselwirkung vorhanden sind, sonst wären Ihre Feste nicht die unsrigen, unsre Feste nicht die Ihrigen geworden. • — Auch im Organismus der socialen Verhältnisse giebt es Geheim- nisse der Erzeugung, Entwickelung und Gestaltung des Gesammtlebens, deren Wirkung im Glauben erfasst sein will, ehe sie geschaut zu werden vermag. — So wollen wir denn der gläubigen Hoffnung leben, dass auch diesesmal und auch 139 hier das Weizenkorn nicht in die Erde gefallen sei, damit es ersterbe, sondern dass es vielfältiglich Frucht bringe zu seiner Zeit. Wie in früherer Zeit die kaiserlichen Sendboten vom Süden zum Norden, und vom Norden zum Süden wandelten, um einträchtiges Streben und Wirken im heiligen deutschen Reiche anzufachen und zu schirmen, so setzen in unsern Tagen auch die Apostel der Wissenschaft zu gleichartigem Zwecke der Belebung und Befestigung eines noch höheren einträchtigen Wirkens ihren Wanderstab im gemeinsamen Vaterlande weiter. Zu einem Königreiche bedarf es des Einzugs durch mehrere Pforten, wie zu einer einzelnen Stadt. • — * Sie haben Baiern bereits von seiner prachtvollen Hauptstadt, wie von seinen wissenschaftlichen Pflegestätten aus, angeschaut. Die Wechselwirkung mit seinen Handels- und Industrie Verhältnissen ist Ihnen noch übrig geblieben, und Ihre Wahl in dieser Beziehung bereits getroffen. Wir können Ihnen nur Glück dazu wünschen, des Zurufs eines der begeistertsten Sänger aus den schönsten vaterländischen Tagen eingedenk: Wenn Einer Deutschland kennen Und Deutschland lieben soll. Wird man ihm Nürnberg nennen Der edlen Künste voll. Dich, nimmer noch veraltet, Du treue fleiss’ge Stadt, Wo Dürers Kraft gewaltet Und Sachs gesungen hat. Also, • — und damit erkläre ich die 22ste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte für geschlossen, . — soviel an uns liegt, auf fröhliches Wiedersehen in Nürnberg! u • — • Nach dem Schlüsse dieser Rede nahm Professor Lichten stein aus Berlin noch ein Mal das Wort und bemerkte, dass früher üblicher Sitte gemäss, einer der vorigjährigen Geschäftsführer im Namen der als Gäste zur Versamm- lung gekommenen Gelehrten hier einen öffentlichen Dank würde auszusprechen haben. Da keiner derselben zur Versammlung sich einfinden können, und auch Niemand von ihnen damit beauftragt scheine, so möge es ihm erlaubt sein, zu dem Zwecke das Wort zu nehmen; zwar unvorbereitet, aber wenn auch vorbereitet, die Worte wären schwer zu finden; denn es gäbe Gefühle, für welche keine Beredsamkeit genüge, ja! die ausgesprochen durch die Oeflentlichkeit entweiht würden. So wie ein Jeder die Gefühle der Rührung, so weit es möglich 18 * 140 sei, zu verbergen suche, so sei auch dasjenige, was in diesem Augenblicke in denen, welche sich als Gäste hier befänden vorgehe, nicht geeignet öffentlich dargelegt zu werden. Der Redner begnüge sich daher im Namen Aller, es schlicht und einfach auszusprechen, dass sie sich zum höchsten Danke gegen die Stadt Bremen und ihre Bewohner, die Geschäftsführer und alle diejenigen Per- sonen, welche einen näheren Antheil an den Geschäften genommen, verpflichtet fühlten. Mit einem Lebehoch auf Bremen und seine Bewohner trennte sich die Versammlung um 12*4 Mittags. *) Bei diesen Worten fanden sich die zur Versammlung gekommenen Gelehrten veranlasst, zum Zeichen ihrer Zustimmung sich von ihren Sitzen zu erheben. — 111 Geselliger Verkehr, Feierlichkeiten, Feste. . Geselliger Verkehr, Feierlichkeiten, Feste. Seitdem die Zahl der Mitglieder und Theilnehmer, welche zu den Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte theils aus der näheren Umgebung der zur Versammlung bestimmten Stadt sich einfinden, theils aus weiterer Entfernung die Reise machen, sich in dem Grade vermehrt hat, dass in der Regel mehrere hun- dert fremder Gäste sich gleichzeitig daselbst versammeln und von diesen viele, welche auf einer weiteren Reise begriffen sind, häufig in Begleitung eines oder mehrerer Familienglieder erscheinen, bedarf es auch einer Fürsorge in Beziehung auf gesellige Vereinigungspunkte, um namentlich in grösseren Städten eine Zer- splitterung der Gelehrten in einzelne Privatzirkel und dadurch bedingte Beein- trächtigung des Hauptzweckes der Versammlungen; der persönlichen Bekanntschaft zu verhindern. # Die Stadt Bremen, fast ohne irgend eine Naturschönheit, die nicht in der unmittelbaren Nähe der Stadt oder in meilenweiter Entfernung zu suchen wäre, entbehrt jenes trefflichen Unterhaltungsmittels, welches andere Orte durch die Ausflüge in ihre Umgegend darbieten, und da bei ungünstigem Wetter selbst die projectirte Fahrt nach Bremerhaven hätte vielleicht aufgegeben werden müssen, so galt es unseren Gästen mit alleiniger Beschränkung auf die Stadt selbst die Tage ihres Hierseins durch abwechselnde Unterhaltung zu erheitern und dem Belehrenden und Nützlichen das Angenehme und Schöne zweckmässig zu vereinen. Eine Anzahl mit den Verhältnissen der Vaterstadt in jeder Beziehung hinreichend vertrauter Gelehrten und Kaufleute trat auf den Wunsch der Geschäfts- führer für diesen Zweck zusammen, und vertheilte die Ausführung der verein- barten Maassregeln an diejenigen Mitglieder ihres Kreises, welche durch Neigung 144 oder Beruf den günstigsten Erfolg ihrer Bemühungen in Aussicht stellten. Wenngleich auch in Bremen bei Lösung dieser Aufgabe, trotz des bereitwilligsten Entgegenkommens von allen Seiten, manche Uebelstände nicht ganz zu vermeiden und vielfältige Hindernisse nur mit Mühe zu beseitigen waren, so darf doch nicht unerwähnt bleiben, dass die unserer Verfassung eigenthiimliche und häufig in Gebrauch kommende Einrichtung: wo in einem Kreise sachkundiger und urtheils- fähiger Männer berathene Einrichtungen unter der Anleitung und Aufsicht einzelner Mitglieder desselben ausgeführt werden, sich gleichsam von selbst auf diese Ver- hältnisse übertrug, und eine schnellere Verständigung über alle Einzelheiten wesentlich erleichterte. Es ergab sich zunächst aus den darüber gepflogenen Berathungen als zweckmässig: für die Dauer der Versammlung Alles dasjenige, was Bremen eigenthümlich , oder in Bremen an sehenswerthen wissenschaftlichen und Kunst- schätzen, Fabriken, Handels - Einrichtungen etc. vorhanden sei, den sich dafür interessirenden Fremden möglichst zugänglich zu machen. Es wurde zu dem Ende mit solchen Männern, welche bei einigem Einfluss hinreichende Sach- und Localkenntniss besassen, Rücksprache genommen, und dieselben zur Erledigung aller eine gewisse Abtheilung betreffenden Anfragen willig gemacht, so wie ferner eine gedrängte Uebersicht der Topographie unserer Stadt nebst kurzen Andeu- tungen über die bedeutenderen Merkwürdigkeiten, welche sie einschliesst, entworfen und den beim Empfangsbureau sich meldenden auswärtigen Mitgliedern und Theil- nehmern gedruckt übergeben. Auch wurde Sorge getragen, dass wie bei früheren Versammlungen, die Aufnahme - Karte auch in Bremen nicht nur als Aufenthalts- karte diente, sondern auch zum Eintritte in alle öffentliche und Privatsamm- lungen etc. als genügende Legitimation galt. Nach dem Vorgänge anderer Städte wurden sodann für gemeinschaftliche Mittagsessen die oberen Säle des Unionsgebäudes eingerichtet, und zwar so, dass für die Dauer der Versammlung mit Ausnahme des Sonntags täglich 500 Per- sonen hätten zusammen speisen können ; mancherlei Umstände jedoch, und namentlich die frühere Abreise und das spätere Eintreffen so mancher Mitglieder und Theil- nehmer, welche die Zahl der gleichzeitig hier anwesenden Auswärtigen wesentlich verminderten, Hessen für die späteren Tage eine geringere Theilnahme an diesen Mittagsessen bemerken, so dass der grössere so eben neu decorirte Concertsaal zur Aufnahme der Gesellschaft allein hinreichte. Im Ganzen speiseten während der sieben Tage 1360 Personen in diesem Locale. 145 Für die Abende trat eine Privatgesellschaft zusammen und veranstaltete in dem Locale der Erholung und unter Leitung der Direction dieser Gesellschaft, Reunionen, an welchen alle Fremde eingeladen wurden mit ihren Damen Tlieil zu nehmen. Hier war es wo der freieste Verkehr bei geselliger Unterhaltung, mit Musik und Tanz gelegentlich abwechselnd, die beste Gelegenheit darbot, neue Bekanntschaften anzuknüpfen und fortzubilden und die dankbar anzuerkennenden Bemühungen eines Vereines hiesiger Damen für diese Reunionen möchten dem Ver- nehmen nach solchem Zwecke förderlich geworden sein. Auch wurden die bekannten Räume unseres alten Stadt- Weinkellers für die Dauer der Versammlung mit Allem, zur Aufnahme einer grösseren Anzahl Gäste Erforderlichen hinreichend ausgerüstet und blieben nach wie vor für Jedermann geöffnet, so dass hier eine Gelegenheit gegeben war, wodurch die Fremden mit allen Ständen der bremischen Einwohner in Berührung kommen konnten. Für den in die Versammlungswoche fallenden Sonntag hatte die Deputation um umseren geehrten Gästen die Haupttriebfeder des bremischen Verkehrs, unsere Handelsmarine, zeigen zu können, in der Hoffnung auf günstige Witterung eine Fahrt mit den Dampfschiffen der Unterweser nach Bremerhaven angeordnet. Endlich wurde der Kreis namhafter Gelehrten, welcher sich zur Versamm- lung eingefunden hatte, zum Zeugen einiger Akte der Pietät, wodurch die Be- wohner Bremens wissenschaftliche Verdienste ihrer Mitbürger zu ehren gedachten aufgerufen und nahm Theil an der Jubelfeier von wichtigen Abschnitten im Leben eines würdigen Paares aus seiner Mitte. In der Hoffnung durch einen Rückblick auf diese Ernennungen bei einem Theile unserer Leser eine Saite anzuschlagen, die, weil sie ihre Stim- mung behalten, keinen Misston geben kann, unterwerfen wir dieselben noch einer flüchtigen Musterung: J5ei dem ersten gemeinschaftlichen Mittagsmahle, welches Jam 17. September den geselligen Verkehr eröffnete, waren bereits 90 Personen versammelt, unter denen manche Bekannte, welchen die weite Entfernung Jder Stadt Grätz den Besuch der vorigjährigen Versammlung unmöglich gemacht hatte, sich nach zwei Jahren zuerst Avieder die Hand reichten. Die abendliche Zusammenkunft in der Erholung, und namentlich der Verkehr in den Hallen des unter fortAvährendem Zuströmen neuer Gäste zahlreich besuchten Stadt- Weinkellers, trugen wesentlich dazu bei, die Fremden unter sich 19 146 und bei den Bürgern Bremens schneller heimisch werden zu lassen, so dass bei dem grossen Festmahle am 18. September die heitere Stimmung, welche sich der Gesellschaft allmählig bemeisterte, am wenigsten zu dem Schlüsse berechtigt hätte, dass über so manche der neuen Bekanntschaften erst eine Sonne aufge- gangen sei. Am Abende dieses Tages waren sowohl die Reunion in der Erho- lung als auch der Stadt -Weinkeller im Verhältniss vorzugsweise von fremden Gästen besucht, während sich die Hiesigen erst an den folgenden Abenden in grösserer Zahl und regelmässiger dort einfanden. Die beiden folgenden Tage, deren Morgenstunden vornehmlich der Thätig- keit in den einzelnen Sectionen gewidmet waren , boten in der Wiederkehr der gemeinschaftlichen Mittagstafeln und abendlichen Zusammenkünfte die erwünschte Abwechslung dar und erleichterten den neu ankommenden Fremden in vieler Hinsicht den Anschluss an die bisherigen Elemente der Gesellschaft. Am Sonn- abend dagegen konnte die von Herrn Professor S tieffei aus Karlsruhe am Schlüsse seines Vortrages in der zweiten allgememeinen Sitzung ausgesprochene Prophezeihung nicht umhin, die allgemeine Erwartung auf die Ergebnisse des folgenden Tages zu spannen und Sonnenschein und Regen, Wind und Wetter zum Hauptthema der Unterhaltung zu machen, besonders da Herr Professor Stieffel das Eintreffen seiner Prophezeihung im Kreise der Gesellschaft nicht mehr abwarten konnte. Und das Wetter war in der That schön an diesem Sonntage, schöner fast wie man es prophezeihen kann! Die am wolkenlosesten Himmel aufgegangene Sonne, jede gestrige Sorge verscheuchend, brachte Alle, welche an der Fahrt Theil nahmen, in jene freudige, allen Unmuth bannende, Stimmung, welche allein jeden Tag zum Festtage stempelt. Drei festlich geschmückte Dampfschiffe nahmen um 8 Uhr Morgens zwischen 5 bis 600 Personen an der neuen Schlachte, unter dem Andrange einer zahlreichen Menschenmenge an Bord und brachte dieselben unter freudiger Begrüssung von beiden Ufern durch Zuruf, Flaggen und Kanonen- donner in rascher Fahrt nach Vegesack. Hier war alles zum würdigen Empfange der Gesellschaft festlich geschmückt und nachdem das vorderste der Dampfschiffe die aus diesem Orte geladenen Gäste an Bord genommen hatte, legte sich dasselbe mit den beiden anderen im Halbkreise dem Schiffswerft gegenüber wo die Gesell- schaft das von Herrn Job. Lange erbaute grössere Seeschiff „Minna“ sollte vom Stapel laufen sehen. Auf das gegebene Zeichen senkte sich die bremische Flagge nach üblicher Sitte, bis der schlanke majestätische Bau vom Lande in die Flutli hinabgeglitten, um auf dem neuen Elemente sogleich wieder aufgezogen 147 das Signal zu einem tausendstimmigen Jubelrufe der am Lande und auf den Schiffen vertheilten Zeugen dieses Schauspiels zu geben, welchem das dreifache „Hurrah!“ der Schiffsmannschaft antwortete. Kaum lag jedoch die „Minna“ ruhig vor Anker als auch die Dampfer die ihrigen wieder lichten mussten, und weiter stromabwärts ging die Fahrt, tiberall die lautesten Beweise der regsten Theilnahme erntend, vor allem in den Hafenorten Elsfleth und Brake, wo alle Schiffe festlich mit Flaggen geschmückt waren und die am Strande versammelten Bewohner jedes einzelne der passirenden Dampfschiffe mit Freudenschüssen und jubelndem Zurufe begrtissten, bis endlich sich am Rande des Horizontes der Mastenwald von Bremerhaven entdecken liess. Die nöthigen Vorbereitungen zum Landen und das allmählige deutlichere Hervortreten der Einzelheiten der Gebäude und Schiffe liess die Zeit bis zum Anlegen nicht lang werden und w ährend das erste der Dampfschiffe „der Guten- berg“ etwas vorauseilte, um den nachfolgenden nicht an der Benutzung der bequemsten Landungsbrücken hinderlich zu sein, konnten schon von Bord aus die Zurüstungen zum Empfange einer solchen Gesellschaft zum Theil übersehen und gewürdigt werden. Zu beiden Seiten der Landungsbrücke bildeten in festlichem Aufzuge eine Reihe junger Matrosen mit oben aneinandergelehnten Rudern ein Spalier, durch welches die Landenden an den Rand des Hafenbassins gelangten und sich mit Betrachtung der mit den Flaggen aller Nationen reich geschmückten Flotte, der Schleuse und der nächsten Umgebung des Hafens beschäftigten, bis auch die beiden anderen Dampfschiffe angelegt und ihre Passagiere gelandet hatten, worauf sich die ganze Gesellschaft, die oben erwähnte Matrosen-Garde nebst der hanseatischen Musik an der Spitze und den grössten Theil der Bevölkerung Bremerhavens und der Umgegend im Gefolge, zu einem feierlichen Umzuge um den ganzen Hafen in Bewegung setzte. Während desselben wurden in der neben dem Hafenhause erbauten Fest- halle die Vorbereitungen zum clejeuner dinatoire beendigt, und bald reiheten sich Herren und Damen, Fremde und Einheimische in buntestem Gemische an den langen Tafeln, woran gegen sechshundert Personen Platz fanden. Diesen Augenblick sucht die beigelegte Darstellung der „ F e s t h a 1 1 e in Bremerhaven“ zu versinnlichen, um jeden Theilnehmer des Festes die Localität und Anordnung des Ganzen in’s Gedächtniss zurückzurufen. Die um die Seiten des viereckigen Platzes laufende Halle bot ringsumher für eine Doppelreihe von Tischen Platz und war von aussen und innen mit weiss 19* 148 und rothen Drapperien und Eichenlaub verziert; vor der Halle lagen die Bote eines Südseefahrers mit den Geräthen etc., welche beim Wallfischfange benutzt werden, nebst Ankern und Tonnen; über dem Eingänge hinter dem bremischen Wappen zeigte sich eine Andeutung der Flagge, welche auch auf dem in der Mitte des ganzen Platzes für die Musik errichteten Pavillon wehte. Die Rück- wand dem Eingänge gegenüber zierte ein grosses rotlies Hanseatisches Kreuz auf weissem Grunde, umgeben von blankpolirten Octanten, Sextanten, Ferngläsern und Sprachrohren. Der längere Aufenthalt im Freien in einer mit Seeluft geschwängerten Atmosphäre hatte unterdessen den Appetit unserer Gäste schwerlich verringert, daher die Gerichte, welche die Tafel bieten konnte, willkommen sein mochten. Unter diesen war eine Lieferung der benachbarten Insel Helgoland, welcher die deutschen Naturforscher und Aerzte im Jahre 1830 von Hamburg aus einen Besuch machten, zu erwähnen, ein Gericht, welches aus der ganzen reichen Beute des ersten Hummerfanges der kühnen Fischer dieser Insel und zahlreichen Taschen- krebsen bereitet war, welche von Seiten der Vorsteher der Commune und des Badearztes Herrn Dr. von Aschen zum Geschenke eingesandt waren, und musste man nur bedauern, dass diese Herren der an sie ergangenen Einladung am heutigen Feste in Bremerhaven Theil zu nehmen, nicht hatten entsprechen können. • — • Nach Stillung des ersten Hungers erschien die Musik in dem für dieselbe errichteten Pavillon, um durch einzelne Musikstücke zur Unterhaltung der Gesell- schaft beizutragen und unter obligater Begleitung der Böllerschüsse draussen jeden der verschiedenartigen Trinksprüche mit einem Tusch zu schliessen , welche letztere in mannigfacher Abwechslung die Zeit bis zur Aufhebung der Tafel ausfüllten. Jetzt blieb noch einige Zeit zur genaueren Besichtigung einzelner Schiffe. Gerade vor der Festhalle lagen der „Kepler“ und „ Copernicus, “ gegenüber an der anderen Seite des Hafenbassins der „0 Ibers,“ neben ihnen ein kürzlich vom Wallfischfange aus der Südsee zurückgekehrter Dreimaster und nicht weit davon ein ganz neues grosses Schiff, welches in den nächsten Tagen zum ersten Male mit Auswanderern die Fahrt über den Ocean antreten sollte. Auf der Rhede ankerte ein grosses amerikanisches Schiff, welches einen Theil seiner Ladung erst löschen musste, um in den Hafen einlaufen zu können, und an der anderen Seite der Mündung der Geeste lag ein in den letzten Stürmen zertrüm- mertes Wrak mit zersplitterten Masten. Nachdem die Gesellschaft noch die 149 Spülschleuse, welche den Vorhafen von durch die Fluth abgesetzten Schlamme reinigt, in Thätigkeit gesehen, riefen die Glocken der Dampfschilfe die Passagiere wieder an Bord , und wurde in der heitersten Stimmung die Rückfahrt angetreten, welcher bald der Mond statt der Sonne leuchtete, und auf der die Bewohner der Weserufer ihre Theilnahme durch Illumination der am Flusse gelegenen Gebäude bezeugten, aus welchen auch in der Stadt selbst, obgleich die Rückkehr sich bis nach Mitternacht verzögerte, in der Nähe des Landungsplatzes zahlreiche Lichter den Heimkehrenden entgegenstrahlten. Der Gesammteindruck, welchen das ganze Fest bei unsren Gästen hinterliess, schien kein ungünstiger zu sein. Am Montag Vormittag versammelten sich um 11 Uhr die Mitglieder der anatomisch - physiologischen Section , welchen sich einige Fremde von anderen Sectionen und manche Hiesige anschlossen auf der Stadtbibliothek, avo an diesem Tage die Marmorbüste von Gottfried Rein hold Treviranus aufgestellt war, welche die zahlreichen Freunde und Verehrer dieses Gelehrten von Tieks Meisterhand hatten anfertigen lassen, und der Stadtbibliothek mit dem Wunsche übergaben, dass dieselbe der bereits früher dort aufgestellten Büste von O Ibers entsprechend ihren Platz finden möge. Hier theilte der erste Geschäftsführer den Versammelten diese Verhältnisse mit, dankte im Namen der Behörde, welcher die Leitung der Angelegenheit der Stadtbibliothek zusteht, für das dieser Anstalt übergebene Geschenk, und glaubte die versammelten Physiologen und Aerzte würden nicht ungern Zeugen dieser Anerkennung wissenschaftlicher Arerdienste sein wollen, und den hiesigen Vereh- rern von Treviranus gern bezeugen, dass sein Name bis über die Gränzen des deutschen Vaterlandes mit Achtung genannt werde, und mit Recht einer solchen Auszeichnung würdig geachtet sei. Doch für seine Freunde bedürfe es dieses Zeugnisses kaum , da ihnen der Charakter und die Tugenden ihres Mit- bürgers dafür genügende Bürgschaft gegeben. Herr Geheime Medicinal - Rath Lichten stein aus Berlin als Senior der anwesenden Physiologen, dankte im Namen der Auswärtigen, dass ihnen dieser erhebenden Feier beizuwohnen vergönnt sei, und meinte, wenn auch eine Aufzäh- lung der Verdienste von G. R. T r e vir anus für diesen Moment eine zu schwierige Aufgabe sein möchte, so würde für den beregten Zweck die Hinweisung auf den einen Punkt genügen, dass Treviranus es gewesen, welcher zuerst und mit so glänzendem Erfolge dahin gestrebt habe, für die Naturwissenschaften die philo- sophische Basis wiederzugewinnen, und nachdem er in seiner „Biologie oder Philosophie der lebenden Natur“ zu diesem Werke den Grund gelegt, 150 während seines ganzen Lebens mit rastloser Thätigkeit daran fortgearbeitet habe; denn durch die Wiederbelebung dieses philosophischen Elementes seien späteren Naturforschern nicht nur ihre Fortschritte wesentlich erleichtert, sondern auch das Verfallen in mannigfache Irrthümer im Voraus unmöglich gemacht, und auf diese Weise der Wissenschaft selbst für alle Zeiten wahrhaft genützt. Diejenigen Physiologen, welche Treviranus persönlich gekannt hatten, freuten sich der überraschenden Aehnlichkeit der trefflich ausgeführten Büste, welche für immer eine würdige Zierde der bremischen Stadtbibliothek bleiben wird, und wenn letztere späterhin an einer geeigneteren Stätte mehr Raum darbietet, ist nur zu wünschen, dass Bremen auch dann noch Männer hervorbringe, welche würdig seien die Mit- und Nachwelt zu gleicher Anerkennung zu begeistern. Obgleich bei dem gemeinschaftlichen Mittagsmahle in der Union sich an diesem Tage schon zahlreiche Lücken zeigten, welche weiter gereisete Gelehrte vermissen liessen, so fand sich doch um fünf Uhr Nachmittags eine zahlreiche Versammlung auf dem Osterthors walle ein, um der Einweihung des für das Olbersdenkmal bestimmten Platzes beizuwohnen. Der Vorsitzende des für Errichtung dieses Denkmals gestifteten Vereines, Senator Dr. Droste, zeigte den Versammelten zunächst an, dass da auf diesem Platze durch Rath und Bürgerschluss eine würdige Stätte für ein Olbers -Denk- mal angewiesen sei und der Verein mithin die Rechte einer moralischen Person erworben habe, es passend erscheine, die versammelten deutschen Naturforscher und Aerzte zu Zeugen einer feierlichen Einweihung dieses Platzes aufzurufen, und ihnen die Lage dieser Sache klar vor Augen zu legen. Es sei zum ersten Male, dass in der Republik Bremen einem einzelnen Manne eine solche Aner- kennung zu Tlieil werde, dass von Seiten des Staates ein Platz für sein Denkmal eingeräumt werde. Für jetzt könne freilich nur gesagt werden, dass dieser Plan auf diesem Platze ausgeführt werden solle, während die Art der Ausführung noch späterer Entschliessung Vorbehalten bleibe. Doch seien bereits zwei Modelle eingesandt und ein drittes werde noch vor dem eilften October, dem nächsten Versammlungstage des Olbers -Vereines, erwartet. Dahin seien die Fragen: was geschah bisher durch den Verein? und: was beabsichtigt derselbe ferner zur Erreichung seines Zweckes zu thun? zunächst zu beantworten. Auf die Frage jedoch, ob es denn überall eines Denkmals für Olbers bedürfe, für den Mann, der auf ewige Zeiten seinen Namen an das Firmament geschrieben? sei zu entgegnen: Nicht er bedarf dessen, aber wir, Bremen bedarf desselben zu unserer und unserer Nachkommen Freude, und zu Bremens Ehre! • — In uns, die wir 151 ihn kannten, wird das Bild seiner anspruchslosen, liebenswürdigen Persönlichkeit nicht verwischt, dass es aber auch unseren Kindern und spätesten Enkeln erhalten werde, dass der Anblick dieses Bildes sie treibe und sporne nach dem Höchsten in der Wissenschaft zu ringen, und noch auf dem Gipfel wie O Ibers ihn erreichte, die Bescheidenheit und Demutli zu bewahren, die ihn characterisirte, das rechtfertige das Unternehmen des Olbers- Vereines. • — Ueber 0 Ibers selbst hier zu reden, wozu ihm die Gabe und einem Bremer überhaupt die nöthige Unparteilichkeit fehlen möchte, habe ein würdiger Verehrer und Fachgenosse übernommen. Hofrath von Mädler aus Dorpat richtete hierauf an die Versammelten folgende Worte: „Wenn mir, dem fernher gekommenen Gaste, von den hochverehrten Vorstehern des Olbers -Vereins die ehrenvolle Aufforderung geworden ist, Worte der Weihe für diese dem Andenken ihres grossen Mitbürgers gewidmete Stelle zu sprechen, in einer Stadt, die es auch besonders in diesen letzten Tagen so schön bestätigt hat, dass sie wissenschaftliche Bestrebungen zu ehren und anzu- erkennen verstehe; so muss ich mich ernstlich fragen, ob ich auch fähig und würdig sei, einer solchen wichtigen Handlung. Nicht konnten Sie erwarten, dass ich, dem es nur einige Monate vor seinem Tode in wenigen unvergesslichen Stunden vergönnt war, diesen reinen Himmelsfrieden, der auf seiner Stirn glänzte, diese Heiterkeit und Milde, die aus seinem Auge strahlte, zu schauen und mich an seinem Anblick zu erheben, Ihnen ein Bild seines reichen und langen Lebens aufs Neue aufrollen, Ihnen im Einzelnen vorführen würde, was Er gewesen, was Er geleistet. Wäre dies ihre Absicht gewesen, dann wäre Ihre Wahl eine sehr unglückliche. Nicht von mir kann ein Leben wie dieses geschildert werden: nur von einem Manne, der mit ihm gelebt, sich lange Jahre hindurch Seiner erfreut, Sein Bild sich eingeprägt hat; nur ein solcher kann es schreiben, und so, hoffen wir, wird es geschrieben werden. Wenn demnach dies nicht von mir geleistet werden konnte, so bleibt mir eine andere Aufgabe,’ und ich wende mich zu Einer Betrachtung, die sich vor allem hier uns aufdringt: Was war es, das in dieser dem Handel und Weltverkehr gewidmeten Stadt die erste Feier der Art, von welcher ihre Geschichte meldet, grade unserm Olbers zu Theil werden lässt; Olbers, einem Manne der ernstesten und erhabensten Wissenschaft? Was ist es, das diese so allgemeine und herzliche Theilnahme aller Stände hervorruft? Warum unter all’ den Männern, die sich in so verschiedener Weise ausgezeichnet und um ihre Mitbürger verdient gemacht haben, grade ihn, und ihn 152 allein? Wohl haben Bremens Einwohner Zeugniss genug davon abgelegt, dass sie es fühlen, wie materielle Interessen allein auf die Dauer hin nicht gefördert werden können , wenn man die geistigen vernachlässigt. Aber dies Alles be- antwortet unsere Frage nicht genügend. Nicht allein dem wissenschaftlichen Verdienste des grossen Mannes gilt dieses Gefühl. Haben doch auch andre hochverdiente Männer gelebt, die in gleichem Maasse die Verehrung und Be- wunderung ihrer Mitbürger erwarben, doch nicht in gleichem die allgemeine Liebe. Lassen Sie uns aufrichtig sein. Was uns zu dieser Feier begeistert, ist es O Ibers, der kundige Arzt? Ist es Olbers, der Naturforscher, der grosse Astronom? Alles dies, aber noch mehr als dies. Es ist das, was allem andern erst die rechte Weihe und Würde verleihen kann, Olbers der Mensch. Das ist es, was wir in diesem Augenblick lebhaft fühlen, das ist es, was auch den geringsten Bremer, wenn der Name Olbers genannt wird, so freudig bewegt. Er Avird leben nicht in seinen Thaten allein, sondern auch in den Herzen seiner Mitbürger, wie es nur den Wenigsten gelingt und gelingen kann. Nicht als ob der wahre Gelehrte jemals inhuman sein könnte — ein solches komme nicht über meine Lippen! Allein die Humanität hat ihre Grade, und die unsers Olbers erreichte den höchsten, den seltensten Grad. So sprach er sich aus in seinem Leben, in seinen Briefen, in seinen Schriften, so Avar er Aron jeher und so ist er geblieben. Er war der liebevollste Familienvater, der heiterste und freundschaftlichste Ge- sellschafter: nie überhob er sich seines Verdienstes, wie hoch es auch stand. Er Avar der bereitwilligste Rathgeber, Avann und avo er ein junges Streben er- blickte, Avelches die ersten Schritte versuchte auf der Bahn, die er mit solchem Ruhm betreten. Selbst vermag ich ein Zeugniss dessen zu geben, denn als ich meine ersten astronomischen Arbeiten zu veröffentlichen gewagt hatte und der gelehrten Welt noch unbekannt Avar, erhielt ich von Olbers, dem ich sie selbst zuzusenden mich nicht erkühnte, ein Schreiben höchst aufmunternden Inhaltes, worin er meine Leistungen weit über ihr Avirkliches Verdienst belobt, mir An- weisung und Belehrung ertheilt in dem, Avas ich weiter erstrebte, und mir Muth einflösst, Grösseres zu unternehmen. Eines so unverhofften und aufmunternden Beifalls des verehrten Greises in dieser Stunde dankbar mich zu erinnern, ist eine heilige Pflicht. So wie mir, ist er Vielen geAvorden, mehreren gewiss als mir bekannt ist, und so hat er nicht allein die Wissenschaft gefördert, sondern auch die, Avelche sich ihr Avidmeten. Aber auch wo sein beAvährter Rath nicht befolgt Avard, avo seine so freundlich dargebotene Hülfe ihr Ziel A^erfehlte und der \ron ihm gestreute Saamen auf unfruchtbaren Boden fiel — auch da selbst 153 verleugnete sein liebendes Gemüth sich nicht, und mit gleicher Bereitwilligkeit spendete er aufs Neue seine Gaben. So sehen wir Olbers höher und immer höher steigen, seinen Ruhm sich weit über die Grenzen seiner Vaterstadt und zu allen gebildeten Völkern verbreiten, ihn selbst aber stets den Alten bleiben, stets milde, freundlich, bescheiden, gefällig. So war Olbers der strebende Jüngling, Olbers der gereifte Mann, Olbers der hochbetagte Greis. So wird er fortleben im Herzen seiner dankbaren Mitbürger, so wird sein Standbild ihn uns zurückrufen, und so wird unvergessen bleiben, was Er Grosses und Edles gewirkt hat; denn solcher Männer Gedächtniss bleibt im Segen. Ja, auch die Worte, welche ich heut’ an dieser Stelle gesprochen, wie wenig sie auch würdig sein mögen des Mannes, den wir feiern, sie werden nicht in die Luft verhallen, sondern sich ein Gedächtniss errungen haben.; denn sie kamen frei aus dem innersten Herzen und werden wiederhallen in den Herzen aller Derer, welche hier versammelt sind.“ Hier, wo aus des Wissens Quelle Olbers schöpfte klar und rein, Lasst uns diese kleine Stelle Jenem grossen Manne weih’n. Lasst uns nahn mit heil’gem Schauer, Wo der Stein zum Herzen spricht, Doch ein Monument der Trauer Sei, was wir errichten nicht. Nicht auf glatten Marmorwänden Sollen kalte Worte stehn, Und Erinnerung um Spenden Für den grossen Todten flelin. Denn von zwei Planeten nieder Leuchtet uns Sein Monument, Hallt Sein theurer Name wieder, Der in ew’ger Schrift dort brennt. . Aber heller wie die Sterne Grub er sich in unser Herz Und das trägt in Nachweits Ferne Sichrer ihn als Stein und Erz. 20 154 Drum soll hier kein Denkstein glänzen Doch ein Dankstein künd’ es laut, Dass in unsrer Brema Grenzen Solch ein Mann das Licht geschaut. Nach diesem Vortrage erklärte Herr Senator Dr. Droste die irdische Weihe für beendet und rief zu einer höheren Weihe den Schutz des Allmächtigen an. Die Mitglieder des Olbers- Vereines verweisend auf das Olbers-Bild, welches der vorige Redner so eben vor ihnen entworfen, dankte er den auswärtigen Gästen, dass sie durch ihre Gegenwart den Glanz dieser Feier erhöhet; denn die 22. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte werde in den Annalen der Bre- mischen Geschichte wie des Olbers -Vereines stets einen Glanzpunkt bilden, und sei zu hoffen, dass die hochgeehrten Gäste von dieser Stätte die Ueberzeugung mit in ihreHeimath nähmen, dass trotz des angeblich überwiegenden Materialismus der Einwohner Bremens doch auch der Sinn für wissenschaftliche Verdienste bei ihnen nicht vergebens gesucht werde. Zum Schlüsse wurden durch Herrn Senator Dr. Droste die für diesen Zweck gedruckten Statuten des Olbers-Vereines unter die Anwesenden vertheilt, um die Einrichtung und den Zweck desselben allen, welche für diese Sache Theil- nahme bewiesen, klar vor Augen zu legen. Der Abend dieses Tages war einer nicht minder erhebenden Feier gewidmet, indem es zweien, in einem ausgedehnten Wirkungskreise allgemein verehrten Aerzten: Herrn Dr. Chaufepie aus Hamburg und Herrn Geh. Hofrath Dr. Harnier aus Cassel vergönnt war, im Kreise zahlreicher Freunde in Bremen zusammen die Wiederkehr des Tages zu feiern, an dem ihnen vor 50 Jahren auf der Uni- versität die Doctorwürde zuerkannt war. Bei dem in der Erholung veranstalteten Festmahle Avurde das Wohl der Jubilare in sinnigen und heiteren Trinksprüchen ausgebracht und nachdem die Erneuerung ihrer Doctorwürde verkündigt war, näherte sich gegen Ende des Mahles ein glänzender von der Gesellschaft „Vereinigung“ veranstalteter Fackelzug mit dem hanseatischen Musikcorps an der Spitze und ersuchte durch eine Deputation um die Erlaubniss, die Gefeierten in ihre Wohnung geleiten zu dürfen. Sobald dieselben von den Geschäftsführern in die Mitte des Fackelzuges geführt und bekränzt waren, bewegte sich der Zug über die Obernstrasse den Marktplatz und die Domsheide nach dem neu geweihten Olbers - Platze wo verschiedene Lieder gesungen und von Geh. Hofrath Dr. Harnier einige Worte des Dankes an die Versammelten gerichtet wurden, und begab sich dann nach 155 dem Domshofe, wo unter den Fenstern des Herrn Dr. Chaufepie die Fackeln zusammen geworfen und nach einigen Quartetten der Liedertafel das: „Gaudea- mus igitur“ die Feier schloss. \m Dienstage zeigten sich bei dein Mittagsmahle in der Union die Reihen der Gesellschaft schon bedeutend gelichtet und manche Gaste verliessen Bremen noch an demselben Nachmittage. Die übrigen versammelten sich am Abend zum letzten Male in der Reunion mit den Damen und verfügten sich zum Tlieil mit ihren hiesigen Freunden von dort in den Stadt- Weinkeller um noch einen Becher deutschen Rebensaftes zu leeren: „Auf ein fröhliches Wiedersehn in Nürnberg! “ 20 * Nachtrag zur Geschichte der Versammlung. Nachtrag zur Geschichte der Versammlung. Die in der zweiten allgemeinen Versammlung auf die Stadt Nürnberg gefal- lene Wahl zum nächstjährigen Versammlungsorte wurde von Seiten der Geschäfts- führer nach beendigter Versammlung dem zum ersten Geschäftsführer erwählten Herrn Professor Dr. Dietz officiell angezeigt, worauf am 11. October 1844 folgende Antwort einging: Herrn Bürgermeister Smidt, Hochwohlgeboren, und Herrn Dr. med. Focke, Wohlgeboren, Geschäftsführern der 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Bremen. Hochgeehrteste Herren! Mit grosser Ueberraschung habe ich aus Ihrem gefälligen Schreiben vom 27. v. M. erfahren, dass die eben abgehaltene 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte als ihren Versammlungsort für das nächste Jahr Nürnberg, und mich als einen ihrer Geschäftsführer erwählt hat. Nach der mir durch dieselbe hochachtbare Versammlung ertheilten Ermächtigung habe ich den Rektor der hiesigen polytechnischen Schule, Herrn Professor Dr. Ohm, im Fache der Physik und Mathematik rühmlich bekannt, mir aggregirt, und wir beide nehmen die ehren- volle Wahl freudig, obwohl mit einiger Bangigkeit, den daraus hervorgehenden Anforderungen genügend entsprechen zu können, an. Leider bietet unsere Stadt nur Avenig dar, Avas den eigentlichen Interessen der Versammlung näher liegt, Avie Sammlungen, höhere Avissenschaftliche An- stalten etc., » — • und hinsichtlich ihres Reichthums, und einer hierauf sich grün- denden brillanten Ausübung der Gastfreundschaft muss sie gegen Städte Avie die Ihrige Aveit zurückstehen. Wir werden jedoch nach Kräften bemüht sein, alle diejenigen Veranstaltungen zu treffen, Avelche die ZAvecke der Versammlung 160 nothwendig machen, und ein würdiger und herzlicher Empfang wird sicherlich nicht vermisst werden, während von Seite Sr. Majestät des Königs und der städtischen Behörden uns die gewünschte Unterstützung zu Theil werden wird. Für Ihre gütige Zusicherung, die auf die eben stattgehabte Versammlung bezüglichen Drucksachen, Schriften etc. hielier senden zu wollen, danke ich Ihnen verbindlichst, und indem ich Sie ersuche, dieses, sobald als es Ihnen möglich ist, thun zu wollen, verharre ich mit vollkommenster Hochachtung und Ergebenheit (gez.) Dr. Dietz, K. Professor und ausübender Arzt. Nürnberg, den 8. October 1844. In Folge dieser Zuschrift veröffentlichten die Geschäftsführer in den Zei- tungen folgende Anzeige: Bremen, den 21. October. Mn der am 21. September d. J. hierselbst stattgefundenen zweiten allgemeinen Sitzung der 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte wurde die Stadt Nürnberg zum Versammlungsorte der Gesellschaft für das Jahr 1845 ausersehen, Herr Professor und Dr. med. Dietz daselbst zum ersten Geschäfts- führer der 23. Versammlung erwählt, und demselben überlassen sich einen zweiten Geschäftsführer für dasselbe zuzuordnen. Die Unterzeichneten sind jetzt von Herrn Professor Dr. Dietz benachrichtigt worden, dass derselbe die gedachte Wahl angenommen, und Herrn Professor Dr. Ohm, Rektor der polytechnischen Schule zu Nürnberg, willig gemacht habe, bei der 23. Versammlung die Functionen eines zweiten Geschäftsführers zu übernehmen. Sie bringen solches hierdurch zur Öffentlichen Kunde. Die Geschäftsführer der 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte Bürgermeister Smidt. G. W. Focke, Dr. med. Auch beschlossen die Geschäftsführer das Archiv der 22. Versammlung deut- scher Naturforscher und Aerzte in dem städtischen Archive in Bremen zu deponiren. V. Verzeichntes der Mitglieder und Theilnehmer. 21 Verzeichniss der Mitglieder und Theilnehmer. No. Name. Cha rac ter. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. Secti on. 1 Abegg-, D. Pastor, Borgfeld, T. Botanik. 2 Abel, A. T. Kaufmann, Hamburg, T. Mineralogie u. Chemie. 3 Acbelis, J. desgl. Bremen, T. Astronomie. 4 Adami, J. 11. Senator, das. T. Forstwissenschaft. 5 Albers, Cbr. Geheimer Medicinalrath Professor u. Director d. Thierarzneischule, Berlin, M. Zoologie. 6 Allnicrs, Oekonom, Rechtenfleth, T. Botanik u. Landwirlhsch. 7 Althaus, Jac. Churfürstlicher Land- baumeisler, Rothenburg an d. Fulda, M. Geognosie. 8 v. Ammon, D. Professor, Dresden, M. Medicin. 9 Andree, H. Dr. med., Otterndorf, T. desgl. 10 Appelius, Pastor, Braunschw., M. Chemie. 11 Appubn, Dr. med., Harburg, T. Medicin. 12 Arnold, Dr. phil., Bremen, T. Physik. 13 Aschern, H. Dr. med., Lehe, Grossh. Oldenburg. T. Medicin. 14 Augspurg-, Advocat, Bremervörde, T. Chemie. 15 Ball.-, Kaufmann, Syke, T. Geographie. 16 Barckhauscn, Dr. med., Hildesheim, T. Medicin. 17 Barckliausen, II. desgl. Bremen, M. Medicin und Physiologie. 18 Barkhausen, A. J. Aeltermann, das. T. Forstwissenschaft. 19 Bartsch, J. N. Dr. jur., das. T. Geologie. 20 Basse, A. II. Dr. med., Stabsarzt, Oldenburg. T. Medicin. 21 Bastian, F. W. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 22 Bastian, J. E. Dr. med., das. T. Medicin. 23 Becher, Cand» der Theol., Altenburg, T. 21 * Zoologie. No. 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 164 Name. Character. Wohnort. Mitglied Theil- nehmer. S e c t i o n. Beeilte!, G. J. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. Becker, A. Apotheker, Varenholz, T. Chemie. Becker, Bauinspector, Oldenburg, T. Mathematik. Becker, Kaufmann, das. T. desgl. Becker, Dr. Königl. Preuss. Sani- tätsralb, Rahden, M. Medicin. Bcgemann, S. H. A. Pharmaceut, Bremen, T. Pharmacie. Beim, Dr. Professor, Kiel, M. Zoologie und Anatomie. Bekenn, G. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. Bcneke, Slud. med., Göttingen, T. Medicin. Bessell, stud. Math., Hannover, T. Mathematik. Bluhm, Medicinalrath, Norden, M. Medicin. Blume, Professor und Director des Reichsherbarium, Leyden, M. Botanik, Zoologie und Medicin. Bockehnann, J. F. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. Boden, E. desgl. das. T. Physik. Böckeler, Apotheker, Varel, T. Botanik. Böckinann, II. Handelsgärtner, Hamburg, T. desgl. Böttcher, R. Professor, Frankf. a. M., M. Physik und Chemie. Böving-, II. G. Kaufmann, Bremen, T. Zoologie. Böving', J. W. desgl. das. T. Botanik. Bollmeyer, Pastor, Barrien, T. Geographie. Bonz, C. Chemiker, Boeblingen in Wiirtemb., T. Physik und Chemie. Bosscl, Fr. Ralhsapolheker, Hannover, T. Chemie. Brandt, J. J. W. Naturalist, Hamburg, T. Ornithologie. Brass, C. W. Kaufmann, Bremen, T. Physik. Brauer, A. W. L. Consul, das. T. Geographie. ßredenkamp, J. W. Dr. jur., das. T. Geologie. Bremer, Fr. Gastwirth, Göttingen, T. Botanik. Brennecke, Dr., Jever, M. Physik und Botanik. Breuls, Dr. jur. und Secretair, Bremen, T. Astronomie. Breuls, A. Dr. jur., das. T. Physik. Brockmann, H. Comis, Königsberg, T. Botanik. Bröschen, S. H. Dr. med., Bremen, T. Medicin. Bromberg, A. Kaufmann, das. T. Physik. Brommeis, Dr. und Lehrer, Hanau, T. Chemie. Brück, A. Th. Medicinalrath, Osnabrück, M. Medicin. Brück, M. Mathematiker, Bremen, T. Mathematik. Bruel, Geh. Hofrath u. Leibarzt, Oldenburg, T. Medicin. 165 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 61 Bruns, G. Dr. phil. Oberlehrer, Hannover, T. Physik. 62 Bruny, F. Agent, Bremen, T. Botanik. 63 Buck, Dr. Phjsicus, Hamburg, M. desgl. 64 Büchner, Kaufmann, Bremen, T. Chemie. 65 Büttner, H. W. Apotheker, ßremerhav., M. Pharmacie und Chemie. 66 Buhse, F. A. Dr. phil., Riga, T. Botanik. 67 Bu Iise, J. H. Slud. Oecon., das. T. Forst u. Landwirtschaft. 68 ßurhenne, H. Dr. phil., Cassel, T. Mathematik. 69 Burmeister, Professor der Zoologie, Halle, M. Zoologie. 70 Busch, v. d. G- Dr. med., Bremen, M. Medicin und Zoologie. 71 Busch, H. Wundarzt, das. T. Medicin und Chirurgie. 72 Buttel, v. Hofrath, Oldenburg, T. Physik. 73 Butze, Apotheker, Bremen, T. Chemie. 74 Caesar, G. Dr. jur. Senator, das. T. Zoologie. 75 Caesar, W. A. Consul, das. T. Botanik. 76 Cainmann, Dr. med., Verden, T. Medicin. 77 Carstens, F. H. Kaufmann, Bremen, T. Pharmacie. 78 Castendyfc, J. A. desgl. das. T. Physik. 79 Castendyh, W. Dr. med., das. T. Medicin. 80 Castro, de H. desgl. Wandsbeck, (Hollst.) T. desgl. 81 Chaufepie, scn. Physicus Dr., Hamburg, M. desgl. 82 Chaufepie, jun. Dr. med., das. M. desgl. 83 Chclius, jun. desgl. Heidelberg, M. desgl. 84 Christeinicke, K. Lehrer der Physik, Lübeck, M. Physik. 85 Claepius, Th. Kaufmann, Bremen, T. Chemie. 86 Cramer, Dr. med., Cassel, Mi. Medicin. 87 Cumme, G. 0. F. W. desgl. Thedinghaus. T. desgl. 88 Curtius, H. Apotheker, New Orleans, T. Pharmacie und Chemie. 89 Czilchcrt, R. Dr. med., Ungarn, M. Medicin u. Landwirthsch. 90 D’allon, Professor, Halle, M. Anatomie u. Physiologie. 91 Danckwerts, Dr. med., Blumenthal, T. Medicin. 92 Beetjen, H. Pastor, Seehausen b. Bremen, T. Physik. 93 Deetjen, H. Kaufmann, Bremen, T. Chemie. 94 Dclius, E. Aeltermann, das. T. Landwirtschaft. 95 Delius, E, C. Kaufmann, das. T. Medicin. 96 Dclius, F. A. desgl. das. 1 T‘ Zoologie. 166 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S ec t i on. 97 Delhis, G. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 98 Denzinger, Dr. jur., Würzburg, T. Physik. 99 Detniers, C. Apotheker, Oldenburg, T. Chemie. 100 Dietrich, Dr. med., Leipzig, M. Medicin. 101 Dincklage, A. Wasserbau Conducteur. Achim, T. Physik. 102 Doench, H. Apotheker, Vlotho, T. Pharmacie. 103 Dröge, «T. A. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 104 Droste, Dr. med., Osnabrück, M. Medicin. 105 Droste, Senator, Bremen, T. Chemie. 106 Duckwitz, A. Senator, das. T. Geologie. 107 Diirr, Theod. Hofmedicus, Hannover, M. Medicin u. Physiologie. 108 Dugend, Mediciu. Assessor, Oldenburg, T. Chemie. 109 Dunker, Pharmaceut, Oldendorf, T. desgl. 110 Dunker, W. Dr. Lehrer an der Poli- lechnischen Schule, Cassel, M. Mineralog. u. Geognosie. 111 Duntze, A. Privatmann, Bremen, T. Mathematik. 112 Eeg, Dr. med., Bergen in Norden, T. Medicin. 113 Eelking, M- Oberst, Bremen, T. Anatomie. 114 Eggcrking, Pastor, Hasbergen, T. Zoologie. 115 Eggers, A. T. Architekt, Bremen, T. Mineralogie. 116 Eggers, G. W. Kaufmann, das. T. Botanik. 117 Ehrentraut, Hofrath, Jever, T. Chemie. 118 Ellerhorst, Advocat, Delmenhorst, T. Physik. 119 Ellerhorst, VV. Kaufmann, Bremen, T. desgl. 120 Eugclken, F. Dr. med., Oberneuland, M. Medicin. 121 Engelken, H. Dr. med., Irrenarzt, das. T. desgl. 122 Ercktnann, Chemiker, Bremen, T. Chemie. 123 Erdmann, O. L. Professor, Leipzig, M. desgl. 124 Ernst, A. Kaufmann, Bremen, T. desgl. 125 Erpenbeck, Dr. med., Leer, M. Medicin und Physik. 126 Eschricht, Professor, Copenhagen, M. Anatomie u. Physiologie. 127 Eyl, Badearzt, Hannover, T. Medicin. 128 Fabel-, Apotheker, Pr. Minden, T. Pharmacie. 129 Faher, Consul, Newjork, T. Physik. 130 Feldmann, C. F. Lehrer, Bremen, T. Mathemat. u. Astronomie. 131 Finke, A. D. Kaufmann, das. T. Zoologie. 132 Finke, D. H. Mäkler, das. T. Chemie. 167 No. Name. Characler. Wohnort. Milglied oder Theil- nehmer. S e c l i o n. 133 Fink, Ed. Finanz Revisor, Braunschw. T. Land- u. Forstwissensch. 134 Fischer, Apotheker, Ovelgönne, T. Chemie und Pharmacie. 135 Fischer, H. W. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 136 Fischer, Pb. General - Consul, das. T. Physik. 137 Fischer, R. Ober-Thierarzt, Oldenburg, T. Medicin. 138 Fittger, Postmeister, Delmenhorst, T. Astronomie. 139 Fiersheim, H. Banquier, Frankf. a. M., T. Zoologie. 140 Flügge, Sanitätsrath, Hannover, T. Medicin. 141 Focke, Eh. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 142 Focke, G. YV. Dr. med., das. M. Anatomie u. Physiologie. 143 Focke, W. Dr. jur., das. T. Astronomie. 144 Forst, F. Landchirurgus, Diepholz, T. Medicin. 145 Fontheim, Landphysicus, Syke, T. desgl. 146 Franke, J. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 147 Frerichs, F. Dr. med., Aurich, T. Medicin. 148 Frerichs, H. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 149 Frcudenthal, v. Dr.med. u.Oberwundarzt, Verden, M. Medicin. 150 Fritze, W. A. Senator, Bremen, T. Geographie. 151 Froböse, Apotheker, Wannfried, T. Chemie. 152 Fuchs, Professor, Göttingen, M. Medicin und Chirurgie. 153 Gabain, E. F. Kaufmann, Bremen, T. Mathematik. 154 Gazert, Dr. med., Harburg, M. Medicin. 155 Geiler, Pastor, Delmenhorst, T. Astronomie. 156 Gerding, Dr. med.. Vilsen, T. Medicin. 157 Gevekoht, C. T. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 158 Gieseken, H. Dr. und Hofmedicus, Pyrmont, T. Medicin. 159 Gildemcister, Dr. Notar, Bremen, T. Physik. 160 Gildemcister, C. A. Aeltermann, das. T. desgl. 161 Gildemcister, E. Kaufmann, das. T. desgl. 162 Gloystein, A. desgl. das. T. Zoologie. 163 Gloystein, G. W. desgl. das. T. Geologie. 164 Gloystein, T. W. desgl. das. T. Botanik. 165 Gloystein, T. W. Architekt, das. T. Mathematik. 166 Gödeke, Dr. med., Lüheck, T. Medicin. 167 Goldschmidt, desgl. Oldenburg, M. desgl. 168 Goose, J. G. A. Bürgermeister, Delmenhorst, T. desgl. 169 Gräper, Dr. med., Osterholz, T. desgl. 170 Graffunder, desgl. Pelershagen, T. desgl. 171 Grandidicr, Dr, med. u. Brunnenarzt, Nenndorf, T. desgl. 168 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 172 Grcve, Thierarzt, Rodenkirch. , T. Zoologie. 173 Grimsehl, Amtmann, Lilienthal, T. Astronomie. 174 Grimm, W. Dr. med. und Physicus, Thedinghaus. M. Medicin. 175 Gröning, Pastor, Oldenburg, T. Physik. 176 Gröning, G. W. Dr. jur., Bremen, T. desgl. 177 Gröninger, Dr. med., Elsfleth, T. Medicin. 178 Grommc, ü. W. Kaufmann, Bremen, T. Chemie. 179 Gröninger, Dr. med., Elsfleth, T. Medicin. 180 Grote, Apotheker, Braunschw., M. Pharmacie, Chemie, Phys. und Botanik. 181 Grube, Friedr. Dr. phil. und Lehrer, Lübeck, T. Chemie u. Mathematik. 182 Gruber, Dr. und Physikus, Mosbach am Neckar, M. Medicin u. Mineralogie. 183 Grüner, E. G. L. Kaufmann, Bremen, T. Zoologie. 184 Günther, Arzt, Vegesack, T. Medicin. 185 Gundolf, C-ymnas. Oberlehrer. Paderborn, T. Physik u. Chemie. 186 Haase, Pflanzer, Mexico, T. Botanik. 187 Haase, Pharmaceut, Bückeburg, T. Chemie. 188 Hagemann, Berg Zehntner, Goslar, M. Mineral, u. Geognosie. 189 Hagena, Gymnas. Lehrer, Oldenburg, T. Physik. 190 Hahn, E. Dr. med., Hannover, T. Med., Aslron. u. Physik. 191 Haltermann, Regierungs-Rath, Osterholz, T. Physiologie. 192 Hanfstengel, v. G. Pastor, Bremen, T. Geographie. 193 Harms, Lehrer, Oldenburg, T. Zoologie. 194 Harnicr, Geh. Hofrath, Cassel, M. Medicin. 195 Hartlaub, Dr. med., Bremen, M. Zoologie. 196 Hartlaub, C. Kaufmann, das. T. Geographie u. Mechan. 197 Hartog, Gymnasiast, Minden, T. Physik. 198 Hassling, v. Th. Dr. med., Bamberg, T. Medicin. 199 Hausmann, desgl. Münster, T. desgl. 200 Hayessen, Gutsbesitzer, bei Jever, M. Geologie. 201 Hees, van G. Apotheker, Barmen, T. Pharmacie. 202 Heesemann, G. H. Gerichtsverwalter, Schönebeck, T. Physik. 203 Heidel, Ingenieur, Seraing, T. desgl. 204 Heineken, Professor, Bremen, M. Medicin. 205 Heineken, C. Dr. jur., das. T. Geologie. 206 Heineken, C. A. Kaufmann, das. T. Botanik. 207 Heineken, F. W. Senator, das. T. Medicin. 208 Heineken, G. H. A. Dr. jur., das. T. Astronomie. 169 No. Name. Charade r. Wohnort. Mitglied oder Theil- nebmer. S e c t i o n. 209 Heineren, H. G. Dr. lind Senator, Bremen, T. Botanik. 210 Heineren, P. Dr. med., das. M. Medicin. 211 Heins, desgl. Güttingen, M. Medicin u. Chirurgie. 212 Heins, C. C H Dr. und Landphysicus, Sulingen, T. Medicin. 213 Heise, Fr. Lehrer, Bremen, T. Mathematik. 214 Hennecke, Dr. med , Goslar, M. Medicin u. Chirurgie. 215 Henschen, F. II. Apotheker, Bremen, T. Pharmacie. 216 Herbst, Professor, Güttingen, M. Medicin n. Physiologie. 217 Herricli, K. Dr. med., Regensburg, T. Medicin. 218 Hesse, J. A. W. Wundarzt, Bremen, T. desgl. 219 Henzenröder, Dr. med.. O tiersberg, r. Medicin und Chirurgie. 220 Heylaml, Physicus Dr., Lübeck, T. desgl. 221 Heyn, H. Fabrikant, Lüneburg, T. Physik. 222 Ilieronymi, C. J. Dr. med., Bremen, T. Medicin. 223 Hill, B. Dr. jur., Frankf. a. M. T. Zoologie. 224 Himly, C. Dr. und Professor, Güttingen, M. Chemie und Physik. 225 llinricbs, Dr. med., OvelgÜnne, T. Medicin. 226 Hirsclifcld, desgl. Rethem a. d. Aller, T. desgl. 227 Hirscbfeldt, J. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 228 Hirsclifcld, St. Ed. Dr. med., das. M. Medicin. 229 Hoenighaus, v. Handelsgerichts Präsid., Crefeld, M. Geognosie. 230 Höpken, G. Kaufmann, Bremen, T. Landwirtschaft. 231 Höpkcn, Job. desgl. das. T. Zoologie. 232 Hoffscblaeger, C. G. Apotheker, das. T. Chemie und Physik. 233 Hoffsclilaegcr, E. Kaufmann, das. T. Chemie. 234 Hofmeister, Assessor, Delmenhorst, T. Physik. 235 Hohnbolz, Organist, Hassbergen, T. Botanik. 236 Hottendorf, A. Dr. med., Achim, T. Medicin. 237 Holler, H. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 238 Homann, F. W. Dr. med., Hamburg, T. Chirurgie. 239 Hormayr, v. Freiherr, K. Bairischer Gesandter b. d. Hansestädten, Bremen, T. Forst u. Landwirtschaft. 240 Horn, A. F, Apotheker, Gronau, T. Chemie. 241 Hossauer, Dr. med., Bielefeld, M. Medicin. 242 llrnscbaucr, F. Dr. k. k. Professor, Grälz, M. Chemie und Physik. 243 Hiifcland, XV. Vorsieh. d. Turnanslalt, Bremen, T. Medicin und Physik. 244 Hullmann, E. Wasserbau Conducteur, Elsfleth, T. Physik. 245 Jan, von Gerichlsarzt, Wallerstein in Baiern, T. Medicin. 22 170 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 246 Iken, G. Dr. Senator, Bremen, T. Astronomie. 247 Iken, J. A. Pastor, das. T. Botanik. 248 Iken, J. F. VV. Senator, das. T. desgl. 249 Imhorst, J. C. Kaufmann, das. T. Geographie u. Mathemat. 250 Ingenohl, Apotheker, Hooksiel, T. Pharmacie. 251 Kalkniann, Kaufmann, Bremen, T. Astronomie. 252 Kästner, Dr. Mathematiker, das. T. Mathematik. 253 Kellner, E. Dr. Inspector d. Museums. das. M. Zoologie. 254 Kelp, Apotheker, Oldenburg, T. Chemie. 255 Kelp, L. Dr. med., Delmenhorst, T. Medicin u. Physiologie, 256 Keutgen, F. W. Kaufmann, Bremen, T. Zoologie. 257 Kiesselbach, E. C. Dr. med., das. T. Medicin. 258 Kindt, Dr. u. Physikus, Oldenburg, T. desgl. 259 Kindt, G. C. Apotheker, Bremen, T. Mineralogie. 260 Kipp, Dr. med., Unna in Weslphalen, T. Medicin. 261 Kirchner, J. G. Oec. u. Mühlenbesitzer, Kohle ritz, T. Landwirtschaft. 262 Kissling, C. G. Kaufmann, Bremen, T. Medicin. 263 Klee, J. Dr. jur., Walsrode, T. Botanik. 264 Klee, R. Hans. Consul, Guatemala, T. Zoologie. 265 Klee, W. Dr. jur., Ahlden, T. Botanik. 266 Kleynsteuber, W. Mäkler, Bremen, T. Physik. 267 Klockenberg, F.W. Kaufmann, Werlher, T. desgl. 268 Klüver, E. Privatmann, Rockwinkel b. Bremen, M. Astronomie. 269 Knippenberg, II. Dr. med., Bremen, T. Medicin. 270 Koch, Fr. Bergrath, Grünenplan, M. Geognosie. 271 Koch, W. L. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 272 Koch, II. Dr. phil,, Jever, M. Botanik. 273 Köhnemann,H.D.C. Dr. med., Hagen in Ostfriesl. T. Zoologie. 274 König, O. Regierungsralh, Bückeburg, T. Physik. 275 Köster, D. Dr. med., Frankf. a. M. T. Medicin. 276 Kohlrauscb, O, Dr. Hameln, M. Physik und Anatomie. 277 Kohlrauscb, R. Dr. Rinteln, M. Physik. 278 Kolster, D. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 279 Koop, B. G. desgl. das. T. Land u. Forstwissensch. 280 Kottineier, D. Dr. phil., Münster, T. Geologie. 281 Kottmeier, C. Dr. jur., Bremen, T. desgl. 171 No. Name. C h a r a c t e r. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 282 Kottmeier, Pastor, Scharmbeck, T. Geognosie. 283 Kotzenberg', C. W. Cand. d. Theol. Osnabrück, T. Physik. 2S4 Kotzen b erg-, W. A. Lehrer, Bremen, T. desgl. 285 Krassmann, K- Dr. Prediger, Leipzig, T. Geographie. 286 Kraussbaar, Bauinspeclor, Bremen, T. Mathematik. 287 Kreymborg', II. Dr. med., Vechte, T. Medicin. 288 Kropp, O. R. Theolog, Brokel, T. Zoologie. 289 Kriiger, Arzt, Moscau, T. Medicin. 290 Krummacbcr, E. Dr. med., Bremen, T. desgl. 291 Kruse, C. Kaufmann, das. T. Botanik. 292 Kulenkampff, II . W. Dr. med., das. T. Medicin. 293 Kulcnkampll', J. E. Kaufmann, das. T. Zoologie. 294 Kuypers, W. J. Med. Cand. Amsterdam, T. Medicin. 295 Fachmann, W. Dr. med. u. Professor, ßraunschw., M. Anatomie u. Physiologie. 296 Lainbv, Dr. u. Sanilätsralh, Iburg, bei Osnabrück, T. Medicin. 297 Lamby, B, Stud. med. Iburg, T. desgl. 298 Lampe, Dr. med., Hannover, T. desgl. 299 Lampe, Landgerichts Secretair, Delmenhorst, T. Geographie. 300 Lampe, H. II. Dr. jur., Bremen, T. Physik. 301 Lang, G. F. Dr. med., das. T. Medicin. 302 Lange, dcsgl. Ritterhude, T. desgl. 303 Lange, G. Kaufmann, Vegesack, T. Botanik. 304 Lange, J. jun. Schiffsbaumeisler, das. T. Physik. 305 Langcnbeck, Professor, KieJ, M. Medicin. 306 Lanyi, F. Edler von G. T. Beisitzer, Ofen, M. Physik. ! 307 Lehmkuhl, J. F. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 308 Lehmann, W. Dr. phih, Berlin, M. Malhemat. u. Astronomie. 309 Lengerke, v. J. 11. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 310 Leonbardt, C. L. Dr. med., das. T. Medicin. 311 Lcubc, Dr. phil. u. Apotheker, Ulm, M. Chemie und Zoologie. 312 Leunis, Professor, Hildesheim, M. Zoologie. 313 Licbtenberg, W. Steuerdirector, Oldenburg, T. Botanik. 314 Lichtenstein, Geh. Med. Rath u. Prof. Berlin, M. Zoologie. 315 Lindemann, Dr. med., Lüneburg, T. Medicin. 316 Listing, Professor, Göllingen, M. Physik. 317 Löning, A. Senator, Bremen, T. Botanik. 318 Loening, J. F. W. Kaufmann, das. T. desgl. 319 Lohmeyer, Apotheker, Verden, T. 22* Chemie. No. 320 32 L 322 323 324 325 326 327 329 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 172 Name. iOrent, E. iUcas, N. Y. mcc, G. W. iiice, J. F. jiidcritz, jiirman, A. jimnaii, J. St. jiirman, Th. jiirman, Th. lädier, v. J. H. (Sa ns holt, (larchand, R. T. Uallliaei, C. Ueier, D. lleier, D. E. Ueier, H. H. Ueier, J. 8). Heine, Mei nelse, Ueinertzhagen, E. F. C. A. C. L. D. Merkel, A. P. Mer rem, Mertens, C. Meyer, Meyer, C. H. A. Meyer, El. Meyer, J. H. C. A. Meyer, H. sen. Meyer, J. H. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. Dr. med., Bremen, M. Medicin. Lehrer, das. T. Astronomie. Dr. med., das. T. Medicin u. Physiologie. Stud. med., Halle, T. Chem.jGeol. u. Physiolog. Kaufmann, Bremen, T. Physik. Dr. jnr., das. T. Astronomie. Kaufmann, das. T. desgl. desgl. das. M. Landwirtschaft. desgl. das. T. Botanik. Kais. Russ. Hofrath und Dorpat, M. Astronomie. Direct, d. Sternwarte, Canlor, StadlWehlen, M. Zoologie. Pastor, Bremen, T. Botanik. Dr. med., Braunschw., M. Medicin. Cabinelsralh, Kniphausen, T. Zoologie. Professor, Halle, M. Chemie. Medicinalrath, Verden, M. Medicin. Apotheker, Hannover, M. Chemie. Dr. Landphysicus, Gronau, T. Medicin. Senator, Bremen, T. Botanik. Dr. med., das. M. Medicin. Kaufmann, das. T. Geognosie. Senator, das. T. Mathematik. Dr. med., Oldendorf, T. Medicin u. Zoologie. desgl. Osterholz, T. Medicin. Dr. jur., Bremen, T. Astronomie. Amtmann, Delmenhorst, T. Physik. Lehrer, Bremen, T. Geographie u. Mechanik, Dr. med., üchte, T. Medicin u. Chirurgie. Schatz-Rath, Hannover, T. Mineralogie. Dr. theol-, Dompastor, Bremen, T. Zoologie. Oberzollinspector, Witzcnhaus., M. Physik. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. Dr. med.. Bückeburg, M. Physiologie. Wundarzt, Bremen, T. Chirurg, u. Med. Dr. jur. u. Bibliothekar, das. T. Physik. Kaufmann, Hamburg, T. Naturkunde. desgl. Bremen, T. Geographie. Apotheker, Bederkesa, T. Pharmacie. No. 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 173 N a m e. Character. Wohnort. M^d Theil- S e c t i o n. Meyer, N. Dr. med. Reg. Med. Rath, Minden, M. Medicin. Meyer, W. Dr. phil., Lehrer, Bremen, T. Geographie. Meyerstein, R. Dr. med., Bruchhaus., T. Medicin. Meyn, A. L. A. Professor, Kiel, M. desgl. Meyn, L. Dr. phil., das. T. Chemie u. Mineralogie. MichacJis, G. A. Professor, das. M. Med. u. Phjsiol. Miclcfc, W. Apotheker, Hamburg, T. Chemie. Migault, G. F. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. Migault, G. R. Lehrer, das. T. Zoologie. Migault, H. Dr. jur., das. T. Mathematik. Minder, C. Dr. med., Moscau, T. Medicin. Minder, G. desgl. das. T. desgl. Möller, v. Dr. Hofralh, Minden, T. desgl. Mobr, C. F. G- Senator, Bremen, T. Geographie. Mosle, Kaufmann, das. T. Botanik. Mosle, Oberst, Oldenburg, T. Mathematik. Motz, D. Synd. Coli. Sen. Bremen, T. Botanik. Motz, W. Lehrer, das. T. Geogr. u. Mechan. Mühry, Dr. med., Hannover, M. Medicin. Mühlenpfordt, J. Apotheker, ßraunschw., T. Pharmacie. Mühlenpfordt, F. Dr. med., Lehrer, Hannover, T. Zoologie. Müller, H. Baucommissar, Bremen, T. Mathematik. Müller, H. D. Dr. med., das. T. Medicin. Müller, II. J. Archidiaconus, Hamburg, T. Mineral, u. Physik. Müller, J. D. Wundarzt, Bremen, T. Chirurgie. Müller, L. II. Dr. med., das. T. Medicin. Müller, R. M. Pastor, Eutin, T. Physik. Mtinchnicicr, Hofmedicus, Lüneburg, M. Medicin. Münch ineyer, Dr. med., Verden, M. desgl. Münster, J. G. Apotheker, Berne, T. Pharmacie. Nagel, Pastor, Bremen, T. Physik. Naumann, desgl. Syke, T. Geographie. Negclein, v. Forstmeister, Oldenburg, T. Forstwissenschaft. Neimhc, Pastor, Harpstedt, T. Physik. Neumann, J. k. k. österr. Beamt., Wien, T. Chemie u. Mineralogie. Ncwman-Sherwood Dr. med., Lübeck, M. Medicin. Nicberding, desgl. Hooksiel, T. desgl. Nielsen, F. C. F. Kaufmann, Bremen, T. Physik. Nöldehe, Kollaborator, Emden, T. Geographie. 174 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. Section. 397 IVoelting, Stud. med.. Berlin, T. Medicin. 398 Nölting, Turnlehrer, Alfeld, T. desgl. 399 Noltenius, Bürgermeister, Bremen, T. Landwirlhschaft. 400 Noltenius, Dr. med., das. T. Medicin. 401 IVoltenius, Dr. jur. u. Archivar, das. T. Mathematik. 402 Nonnen, Bürgermeister, das. T. Botanik. 403 Oeh'ichs, Kaufmann, Bremen, T. Astronomie. 404 Oelrichs, E. F. desgl. das. T. Botanik. 405 Oeltermann, Amtmann, Elsfleth, T. Physik. 406 Olileudorf, J. II. Inspect. d. botan. Gartens, Hamburg, T. Botanik. 407 Olbers, G. H. Senator, Bremen, T. Physik. 408 Oldenburg', Apotheker, Delmenhorst, M. desgl. 409 Olivet, G. A. L. desgl. Lilienthal, T. Chein. u. Pharmacie. 410 Oppenheim, Dr. med., Hamburg, M. Medicin. 411 Oppermann, desgl. Delmenhorst, M. Zoologie. 412 Oppermann, A. Dr. phil., Hoya, M. Botanik. 413 Ortgies, D. C. Taubslunnuenlehrer, Bremen, T. desgl. 414 Osswald, F. Mathematiker, Nordhausen, T. Physik. 415 Otto, W. Hofapolheker, Gera, T. Mineral, u. Pharmac., 416 Overbeck, G. H. Medin. Assessor, Lemgo, T. Chem. u. Pharmac., 417 Owen, W. Assistenzarzt, Bederkesa, T. Medicin. 418 Paniel, C. F. W. Dr. phil. u. Pastor, Bremen, T. Geognos. u. Landwirths., 419 Pape, G. E. Dr. med., Neustadt, T. Medicin. 420 Papendiek, A. A. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 421 Pavenstedt, J. Dr. Senator, das. T. Chemie. 422 Pearkes, ß. Gonsul, das. T. Geographie. 423 Peterssen, J. Apotheker, Fresenburg, T. Chemie u. Physik. 424 Petzei, Gutsbesitzer, Stolzenau, T. Landwirlhschaft. 425 Planck, E. G. Dr. jur., Bremen, T. Physik. 426 Plass, Dr. med., Zwischenna., T. Medicin. 427 Plate, Professor, Bremen, T. Astronom, u. Geograph., 428 Plate, Hauptmann, Oldenburg, T. Forst u. Landwirthsch., 429 Plate, I>. Kaufmann, Bremen, T. Zoologie. 430 Plate, E. F. Dr. med., das. T. Medicin. 431 Plcnge, desgl. Osterholz, T. desgl. 432 Pletzer, Stud. theol., Berlin, T. Zoologie. 433 Pletzer, H. Dr. med., Bremen, T. Medicin. 434 Plieninger, Professor, Stuttgart, M. Mineralogie. 175 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 435 Pompee, C. Lehrer, Bremen, T. Physik. 436 Poppe, C. Architekt, das. T. Mathematik. 437 Power, Kaufmann, Gibraltar, T. Astronomie. 438 Preclit, V. Dr. phil., Bremen, T. Zoologie. 439 Prestel, M. F. desgl. Emden, M. Mineral, u. Physik. 440 Primavesi, Consul, Bremen, T. Physik. 441 Frösch, Dr. med., Hamburg, T. Medicin. 442 Quentel!, F. L. Aeltermann, Bremen, T. Astronomie. 443 Rasch, C. A. Amtmann, Rethem, T. Zoologie. 444 Rautenberg, Amts-Assessor, Syke, T. Forst u. Landwirthsch., 445 Reinfeld, desgl. Ottersberg, T. Medicin. 446 Renneuhampff, v. Oberkammerherr, Oldenburg, T. Zoologie. 447 Reteineycr, A. Stud. med., Amsterdam, T. Anatomie. 448 Reuter, Major, Bremen, T. Physik. 449 Richard, Dr. med., Osnabrück, T. Medicin. 450 Richter, Geh. Rath, Minden, T. Physik. 451 Ritter, A. Dr. med., Altenburg, M. Medicin. 452 Rodewald, A. Dr. jur., Bremen, T. Botanik. 453 Rodewald, F. Kaufmann, New Orleans, T. desgl. 454 Röding, P. J. Oberalter, Hamburg, M. Zoologie. 455 Rohrs, Kaufmann, Hannover, T. Chemie. 456 Römer, Dr. Hildesheim, M. Naturwissenschaft. 457 Römer, v. E. Particulier, Delmenhorst, T. Physik. 458 Roeser, IS. Dr. Medicinalrath, Athen, T. Medicin. 459 Rösing, Joh. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 460 Rolffs, Amts-Auditeur, Hoya, T. desgl. 461 Ronzelen, v. Baurath, Bremerhav., T. Botanik. 462 Rotermund, Dompastor, Bremen, M. Naturgeschichte. 463 Rothe, Pastor, das. T. Zoologie. 464 Ru etc, Professor, Göttingen, M. Physiologie. 465 Ruete, Dr. phil., Bremen, T. Physik. 466 Ruete, Dr. jur., das. T. Botanik. 467 Rumpelt, v. Dr., Dresden, M. Medicin. 468 Runge, H. G. Dr. med., Bremen, T. desgl. 469 Ruperti, F. Lehrer, Bremen, T. Geographie. 470 Rutcnberg-, L. Architekt, das. T. Mathematik. 471 Ruyter, Kaufmann, das. T. Physik. 176 No. Name. C h a r a c t e r. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 472 Sauer, J. F. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 473 Schabbehard, C. desgl. das. T. Physik, 474 Scbabran, J. Pastor, Werther, T. desgl. 475 Schäfer, Dr. phil., Bremen, M. Astronom, u. Geographie. 476 Scbaefcr, A. Dr. Gymnasiallehrer, Dresden, T. Geographie. 477 Schaer, Fr. Dr. med., Bremen, T. Anat. u. Physiolog. 478 Scharlau, desgl. Stettin, T. Medicin. 479 Schaumburg, Dr. Strohhausen, T. desgl. 480 Schild, Dr. jur., Bremen, T. Botanik. 481 Schleicher, A. Kaufmann, Minden, T. Botanik u. Landwirlhsch. 482 Scblenzig, Privatlehrer, Altenburg, M. Zoologie. 483 Schloifers, Slaatsrath, Oldenburg, T. Physik. 484 Schlumpf, E. F. Cand. rev. Min. Hamburg, T. Zoologie. 485 Schmalhauscn, B. Dr. phil,, Bremen, T. Geographie. 486 Schmidt, C. Dr. med., das. T. Chirurgie und Medicin. 487 Schmidt, C. Kaufmann, das. T. Zoologie. 488 Schmidt, G. Dr. phil., Kurland, T. Physiol. u. Chem. 489 Schmidt, Ch. desgl. Sonderburg, (Schles.) M. Chemie u. Physiol. 490 Schmidt, C. II. Dr. med., Bremen, M. Medic, u. Zoologie. 491 Schmidt, F. desgl. das. T. Medicin. 492 Schmidt, H. G. Apotheker, Wildeshaus. , T. Pharmacie. 493 Schneemann, Hofmedicus Dr., Hannover, M. Medicin. 494 Schober, C. Dr. med.. Vlotho, T. desgl. 495 Schöne, Pastor, Blumenthal, T. Physik. 496 Schönfeld, H. desgl. Rollkirchen, T. Botanik. 497 Schomburg-, N. H. Apotheker, Verden, T. Chemie u. Physik. 498 Schräder, XV. Kaufmann, Bremen, T. Mathem. u. Astronom. 499 Schreiner, Dr. med., Hamburg, T. Medicin. 500 Schröder, Kaufmann, Bremen, T. Chemie. 501 Schröder, G. A. desgl. das. T. Zoologie. 502 Schröder, Hern*. desgl. das. T. desgl. 503 Schiincmann, G. desgl. das. T. Botanik. 504 Schütte, C. G. Dr. med., das. T. Medicin. 505 Schütte, H. Droguist, das. T. Physik. 506 Schütte, J. G. Kaufmann, das. T. Chemie. 507 Schütz, C. Dr. Gymnasiallehrer, Bielefeld, T. Physik. 508 Schütz, J. G. Pastor, Frille, Schmb. Lipp. T. desgl. 509 Schultz, D. Dr. jur., Bremen, 1 T. Botanik. 177 No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nelimer. S e c t i o n. 510 Schumacher, A. Dr. jur,, Bremen, T. Botanik. 511 Schumacher, G. Senator Dr., das. T. Geographie. 512 Schumacher, Gabr. Dr. med., das. T. Anatomie. 513 Schumacher, Georg-, desgi.. das. T. Medicin. 514 Schumacher, H. A. Dr. jur., das. T. Geographie. 515 Schumacher, J.H.A. Senator Dr., das. T. Chemie. 516 Schwartz, G. Dr., Syke, T. Medicin. 517 Scbwarlz, Th. Kaufmann, Louis ville, T. Physik. 518 Schwarzenberg-, Chemiker, Cassel, T. Chemie u. Mineralogie. 519 Schwarzenberg, A. Bergrath, das. M. Miner., Geognos. u. Chem. 520 Schwickcrt, Apotheker, Diingelstadt, T. Physik u. Chemie. 521 Seckamp, F. L. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 522 Seekamp, W. desgi. das. T. Botanik. 523 Segelkcn, II. Dr. med., das. T. Medicin. 524 Scngstack, Consul, das. T. Chemie. 525 Sengstack, G. F. Kaufmann, das. T. desgi. 526 Siebert, A. Dr. med., Bamberg, M. Medicin. 527 Sieinssen, Apotheker, Altona, T. desgi. 528 Sicvers, II. D. Kaufmann, Hildesheim, T. Chemie. 529 Silkcnstädt, II. Wundarzt, Bremen, T. Chir. u. Medicin. 530 Silvester, Dr. med., Bassum, T. Medicin. 531 Smidt, G. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 532 Smidt, J. II. Dr. jur., das. T. Geologie. 533 Smidt, J. Bürgermeister, das. M. Landwirtschaft. 534 Smidt, J. II. W. Syndicus, das. T. Geographie. 535 Smidt, J. W. Landwirth, Dunge, T Landwirtschaft. 536 Sonnenburg, A. Dr., Lehrer, Bremen, M. Physik u. Mathemat. 537 Sprenger, W. Apotheker, Jever, T. Pharmac. u. Mineral. 538 Stachow, Dr. med., Bremen, M. Anat.,Phys.,Med. u. Chir. 539 Stallforth, F. W. Kaufmann, das. T. Botanik. 540 Steckei, G. W. Lehrer, das. T. Aslronomie. 541 Stahe, Hausvogt, Harpstedt, T. Physik. 542 Slieffel, Fh. Prof. a.d. Polytechn. Sch., Carlsruhe, M. desgi. 543 Stockmeyer, Kaufmann, Bremen, T. desgi. 544 Stockmeyer, II. C. Parliculier, das. T. Mathematik. 545 Stöhr, Dr. med., Emden, T. Medicin. 546 Stolz, II. O. W. Kaufmann, Bremen, T. Mathematik. 547 Straek, F. Professor Dr., das. M. Botanik u. Zoologie. 548 Struve, v. G. Oberg. -Procuralor, Mannheim, M. Physiologie. 549 Struve, v. llcinr. Kais. russ. bev. Minister., Hamburg, M. Geologie. 23 No. 550 551 552 553 554 555 556 557 558 559 560 561 562 563 564 565 566 567 568 569 570 571 572 573 574 575 576 577 578 579 580 581 582 583 584 585 586 178 Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nelimer. Seclion. Stümcke, Dr. med., Vegesack, T. Med. u. Chir. St ii nicke, C. Apotheker, das. T. Pharmacie. Stürmer, v. Theod. Professor, Petersburg, M. Medicin. Stiive, J. C. Fabrikant, Bremen, T. Chemie. Suhr, Dr. phil., Elsfleth, T. Physik. Suhrlandt, Prof. Dr. Hofmaler, Ludwigslusl, T. Chemie. SymondsjN.Preston Privatmann, Bremen, T. Malhemat. u. Physik. Tappenbeck, J. W. Lehrer, Bremen, T. Geolog, u. Physik. Tasche, Dr. Physicus, Scharmbeek, T. Medicin. Textor, Hofralh, Würzburg, M. desgl. Textor, Dr. das. M. desgl. Thorssen, Dr. med. u. Chir., Havelberg, M, desgl. Tiiiinen, v. Fr. Gutsbesitzer, bei Jever, M. Geolog, u. Physik. Tluilcsius, Dr. jur. Amtmann, ßremerhav., T. Physik. Tiinlesius, C. H. Dr. med., Bremen, T. desgl. Tluilcsius, J. E. Dr. med., das. T. Medicin. Tidcinann, Jobs. Kaufmann, das. T. Astronomie. Tidemann, S. II. Dr. jur., das. T. Physik. Tiedemann, Kaufmann, das. T. Botanik. Toel, A. Pastor, das. T. Geolog, u. Physik. Toel, II. Apotheker, das. T. Chemie. Toelcken, II. Architekt, das. T. Physik. Toelken, Dr. med. u. Chir. das. T. Medicin. Töpken, A. T. Dr. jur., das. T. Physik. Tourtoual, Medicinalralh, Münster, M. Anatom, u. Physiol. Treviranus, G. G. Pastor, Bremen, T. Physik. Treviranus, L. C. Professor, Bonn, M. Botanik. Tscbudi, v. J. J. Dr. med., St. Gallen, M. Zoologie. Ulex, G. L. Apotheker, Hamburg, M. Chemie. Ulrichs, C. B. Consul, Bremen, T. desgl. Ulrichs, G. Kaufmann, das. T. Physik. Unkart, Ed. desgl. New York, T. Geograph, u. Mechan. Vennig'crbolz, G. J. Candidat, Bremen, T. Physiologie. Vetterlein, Dr. med., Thedinghs., T. Medicin. Vezin, H. Hofmedicus, Osnabrück, M. desgl. Virgien, F. W. Lehrer, Bremen, T. Mathematik. Vietsch, H. Kaufmann, das. T. Chemie. 179 Ko. Name. C h a ra c t e r. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehüner. S e c t i o n . 5S7 Visser, W. J. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 588 Vogel, jun. Dr. med. u. phil., München, M. Chemie. 589 Vogel, A. Prof. u. Hofrath. das. M. desgl. 590 Vogel, Fr. Dr. med., Grohn, T. Med. u. Chir. 591 Vogeler, R. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 592 Vogelsang, Ger.- Präsident. Pr. Minden, T. Medicin. 593 Volkhausen, Apotheker, Elsfleth, T. Chemie. 594 Volkmann, J. H. Lehrer, Bremen, T. Geographie. 595 Wätjen, D. H. Senator, das. T. Botanik. 596 W'atjen, H. Kaufmann, das. T. desgl.. 597 Wagner, G. VV. Hutfabrikant, das. T. Zoologie. 598 Waltz, C. Kammerralh, Altenburg, M. Botanik. 599 VValchner, F. A. Bergrath u. Prof., Carlsruhe, M. Chem. u. Mineral. 600 Wallinann, F. L. Dr. jur., Burgdamm, T. Zoologie. 601 Walte, E. Kaufmann, Bremen, T. Chemie. 602 Waltjen, H. desgl. das. T. desgl. 603 Wardenburg, Dr. med., Delmenhorst, T. Physiologie. 604 Warneke, desgl. Sandstedt, M. Medicin u. Physiol. 605 Warneken, J. 1>. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 606 Warneken, J. G. A. desgl. New Orleans, T. Botanik. 607 Water ineyer, Dr. jur-, Bremen, T. Geographie. 608 Weber, C. Uhrmacher, das. T. Mathematik. 609 Weber, E. Chemiker, Güttingen, T. Chem. u. Physik. 6L0 Weber, E. W. Professor, Bremen, M. Zoologie. 611 Weber, O. Gymnasiast, das. T. Naturwissenschaft. 612 Weimer, P. F. Kaufmann, Güttingen, T. Botanik. 613 Weiss, Dr. med., Bückeburg, T. Medicin. 614 Wcltzien, v. Oberlieut. u. Kammerj., Oldenburg, T. Physik. 615 Wendt, J. W. Agent, Bremen, T. Geographie. 616 W^enzel, C. Dr. med. u. Cbir. Mainz, T. Medicin. 617 W^erhan, Capitain, Bücken, T. Physik. 618 W^estermacber, C. Studiosus med., Hannover, T. Medicin. 619 Wrestboff, F. H. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 620 Westphalcn, Cand. theol., das. T. Geographie. 621 Weyland, Auctions-Commissair, Werther, T. Physik. 622 Wicliclhausen, Dr. med., Bremen, T. Medicin. 623 Wichelbausen, F. J. Kaufmann, das. T. Astronomie. 624 Wulmann, J. Dr. med., das. T. Medicin. 625 Wiebel, K. Professor, Hamburg, T. Phys. u. Mineral. 23 * No. Name. Character. Wohnort. Mitglied oder Theil- nehmer. S e c t i o n. 626 Wiepkcn, C. F. Custos des grossherzogl. Naturaliencabinets, Oldenburg, T. Zoologie. 627 Wiggers, A. Dr., Güttingen, T. Chemie. 628 Wilbrand, J. B. Geh.Medicinalr. Prof.Dr., Giessen, M. Botanik. 629 Wilckens, Dr. med., Bremen, M. Medicin. 630 Wilckcns, H. A. Apolheker, das. T. Chemie. 631 Wilde, v. E. Gulsbesitzer, Russland, M. Landwirthschaft. 632 Wilhelmi, Dr. med., Bremen, T. Medicin. 633 Wilkens, C. L. Cand. phil.. das. T. Zoologie. 634 Wilmans, Dr. med., Vegesack, T. Medicin. 635 Winkclmann, F. Kaufmann, Bremen, T. Physik. 636 Witte, C. Senator, das. T. Mathematik. 637 Witter, Apolheker, Werther, T. Physik. 638 Wöltgc, C. Kaufmann, Bremen, T. Botanik. 639 Wolff, Dr. med., Berlin, M. Medicin. 640 Wolff, Uhrmacher, Bremen, T. Astronomie. 641 Wollring, Dr. med., Verden, T. Medicin. 642 Wonneberg, desgl. das. T. desgl. 643 Wutk, S. Lic. med. et chir. A. Tremsblitt. T. desgl. 644 Wyueken, F. Amts- Assessor, Syke, T. Forst- u. Landwissensch. 645 Zedelius, J. H. Physicus, Ovelgönne, T. Medicin. 646 Zech, J. Dr. phil., Tübingen, T. Astronomie. 647 Zeis, Professor, Marburg, M. Medicin. 648 Zeune, A. Prof.u.Dir.d.Blindenanst. Berlin, M. Astronomie. 649 Ziegler, L- Dr. med., Hannover, M. Medicin u. Physiologie. 650 Zitting, desgl. Aurich, T. Medicin. Nach zu tragen unter H. 651 J Hölscher, | Dr.Hofr.u.;kÖn. Leibcliir. ] Hannover, | M. | Medicin. VI. Uebersicht der bis jetzt gehaltenen Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte. Uebersicht der bis jetzt gehaltenen Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte. Er ste Versammlung, in Leipzig 1822. • — Geschäftsführer: Prof. Schwäg- riclien und Prof. Kunze. • — * Mitgliederzahl: 20. • — • (Vgl. Isis von Oken, 1823. Heft 5. S. 1 < — 3. 553 — 559.) Zweite Versammlung, in Halle 1823. — Geschäftsführer: Prof. Sprengel und Prof. Schweigger. ■ — • Mitgliederzahl: 34. « — (Vgl* Isis von Oken, 1823. Heft 12. S. 1336 — 1346.) D ritte Versammlung, in Würzburg 1824. • — < Geschäftsführer : Prof, v. d'Outrepont und Prof. Schönlein. • — * Mitgliederzahl: 36. * — • (Vgl. Isis von Oken, 1825. Heft 7. S. 761 — 779.) Vierte Versammlung, in Frankfurt a. M. 1825. — Geschäftsführer: Dr. Neuburg und Dr. Cretzschmar. • — • Mitgliederzahl: 110. * — (Vgl. Isis von Oken, 1826. Heft 3. S. 263 — 293). Fünfte Versammlung, in Dresden 1826. ■ — • Geschäftsführer: Prof. Seiler und Prof. Carus. * — * Mitgliederzahl: 116. • — (Vgl. Isis von Oken, 1827. Heft 4. S. 296 — 409.) Sechste Versammlung, in München 1827. • — * Geschäftsführer: Prof. Döllinger und Prof. Martius. • — • Mitgliederzahl: 156. * — < (Vgl. Isis von Oken, 1828. Heft 5 und 6. S. 417—594.) Siebente Versammlung, in Berlin 1828. * — * Geschäftsführer: Baron Alex. v. Humboldt und Prof. Lichtenstein. * — * Mitgliederzahl: 464. * — * („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Berlin, erstattet von Alex. v. Humboldt und H. Lichtenstein,“ Berlin 1829. 4. Vgl. Isis von Oken, 1829. Heft 3 und 4. S. 217* — '450.) Achte Versammlung, in Heidelberg 1829. • — • Geschäftsführer: Prof. 184 Tiedemann und Prof. Gmelin. * — Mitgliederzahl: 273. * — ■ („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Heidelberg 1829, erstattet von den Geschäftsführern F. Tiedemann und L. Gmelin,“ Heidelberg. 1829. 4. - — ■ Vgl. Isis von Oken, 1830. Heft 6. 8. 449- — 736). Neunte Versammlung, in Hamburg 1830. — Geschäftsführer: Bürger- meister Bartels und Dr. Flicke. > — • Mitgliederzahl: 412. - — („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Hamburg 1830, erstattet von den Geschäftsführern J. H. Bartels und J. C. G. Fricke,“ Hamburg. 1831. 4.) Zehnte Versammlung, in Wien 1832. • — Geschäftsführer: Baron v. Jacquin und Prof. v. Littrow. • — • Mitgliederzahl: 418. • — • („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wien 1832, von Frhr. v. Jacquin und J. J. v. Littrow,“ Wien. 1833. 4.} Eilfte Versammlung, in Breslau 1833. - — • Geschäftsführer: Prof. Wendt und Prof. Otto. * — • Mitgliederzahl: 273. • — ■ („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Breslau, erstattet von den Geschäftsführern J. Wendt und A. W. Otto,“ Breslau. 1834. 4.) Zwölfte Versammlung, in Stuttgart 1834. • — Geschäftsführer: Staats- rath v. Kielmeyer und Prof. Jäger, • — < Mitgliederzahl: 546. • — („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Stuttgart 1834, herausg. von den Geschäftsführern C. v. Kielmeyer und G. Jäger,“ Stuttgart. 1835. 4.) Die izehnte Versammlung, in Bonn 1835. • — Geschäftsführer: Prof. Harless und Prof. Nöggerath. • — Mitgliederzahl: 484. — (Ein besonderer amtlicher Bericht über diese Versammlung scheint nicht veröffentlicht worden zu sein.) Vierzehnte Versammlung, in Jena 1836. — Geschäftsführer: Prof. K ieser und Prof. Zenker. • — Mitgliederzahl: 370. * — ■ („Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Jena 1836, von D. G. Kieser und J. C. Zenker,“ Weimar. 1837. 4.) Fünfzehnte Versammlung, in Prag 1837. * — Geschäftsführer: Graf v. Sternberg und Prof. v. Krombholz. • — < Mitgliederzahl: 392. • — („Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Prag 1837, vom Grafen Kasp. v. Sternberg und Prof. J. V. v. Krombholz,“ Prag. 1838. 4.) Sechs zehnte Versammlung, in Freiburg 1838. * — • Geschäftsführer: Prof. Wucherer und Prof. Leuckart. ► — Mitgliederzahl: 479. * — < („Bericht 185 über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, abgehalten in Frei- burg 1838, unter der Geschäftsführung der Professoren Dr. G. F. Wucherer und Dr. F. S. Leuckart. Verfasst von Br. F. S. Leuckart,“ Freiburg. 1838. 8.) Sieben zehnte Versammlung, in Pyrmont 1839. » — Geschäftsführer: Hofrath Menke und Medicinalrath Krüger. • — * Mitgliederzahl: 215. - — (Ein besonderer amtlicher Bericht über diese Versammlung scheint nicht veröffentlicht ■worden zu sein.) Achtzehnte Versammlung, in Erlangen 1840. ■ — * Geschäftsführer: Dr. J. M. Leupold und Dr. L. Stromeyer. ■ — Mitgliederzahl: 300. - — ■ („Amtlicher Bericht über sie achtzehnte Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Erlangen 1840, erstattet von den Geschäftsführern Dr. J. M. Leupold und Dr. L. Stromeyer,“ Erlangen. 1841. 4.) Neunzehnte Versammlung, in Braunschweig 1841. — Geschäfts- führer: F. K. v. Strombeck und Dr. Mansfeld. • — Mitgliederzahl: 651. * — • („Amtlicher Bericht über die neunzehnte Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Braunschweig 1841 , erstattet von den Geschäftsführern F. K. v. Strombeck und Dr. Mansfeld,“ Braunsclnveig. 1842. 4.) Zwanzigste Versammlung, in Mainz 1842. • — • Geschäftsführer: Medicinalrath Gi ös er und Notar B ruch. * — • Mitgliederzahl: 980. • — („Amtlicher Bericht über die zwanzigste Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Mainz 1842, herausg. von den Geschäftsführern Medicinalrath Gröser und Notar Bruch,“ Mainz. 1843. 4.) Einundzwanzigste Versammlung, in Grätz 1843. • — • Geschäfts- führer: Prof. Langer und Prof. Sch rötter. • — • Mitgliederzahl: 701.- — („Amt- licher Bericht über die einundzwanzigste Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Grätz 1843, herausg. von den Geschäftsführern Prof. Langer und Prof. Schrötter,“ Grätz. 1844. 4.) Zweiundzwanzigste Versammlung, in Bremen 1844. • — • Geschäfts- führer: Bürgermeister Smidt und G. W. Focke Dr. med. • — • Mitgliederzahl: 651. • — • („Amtlicher Bericht über die zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Bremen 1844, herausg. von den Geschäftsführern Bürgermeister Smidt und G. W. Focke Dr. med.,“ Bremen 1845. 4.) 24 Zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. I i?j ?} fi a a fi -v a .? s 1 1 i mi Jk ! V * !i & ■ißmt fö>r- i r km. k-i i Amtlicher Bericht über die zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte i n BREMEN im September 1844. Herausgegebea Gesell iiftsfiihrern derselben Bürgermeister Smidt und Gr. If7 l'ocke. Dr. med. Zweite Abtheilung. - ■■ — — Kreme n. Druck von G. Schüneraann. 1 8 4 5. .. . . Inhalt. Seite. VII. Sitzungen derSectionen . . . . . 1 I. S e c t i o n für M a t h c m a t i k , Astronomie, Geographie und Mechanik . . . . . 3 II. Section für Physik, Chemie undPharmacie 42 S. Nachtrag . . 187 III. S e c t i o n f ii r M i n e r a 1 o g i e u n d G e o g n o s i e 46 IV. Section für Botanik, Forst- und La n d wirth schaf t ... 75 V. Section für Zoologie, Anatomie und Physiologie . . 94 “VI. Section für Mcdicin und Chirurgie 134 VII. Section für Geburtshülfe 179 m Sitzungen der Sectionen. II. Abtheil. 1 Section für Mathematik, Astronomie, Geographie und Mechanik, 1. Sitzung den 18. September 1844. MPer mit der Einführung beauftragte Doctor juris Wilhelm Focke forderte die versammelten Mitglieder auf, ihre Namen zu verzeichnen und wurde, nachdem dies geschehen, zur Wahl des Präsidenten und des Secretairs geschritten. Jene fiel auf Hin. Prof. Dr. Mädler, diese auf Dr. Zech. Sodann kündigte Hr. Dr. Lehma nun an, dass Hr. Koller, wenn er noch ankommen werde, den Jahresbericht über die Fortschritte der Astronomie abstatten wolle. Zugleich versprach Hr. Dr. Lehmann selbst auf morgen einen Vortrag über das Stabilitätsproblem unseres Sonnensystems. 2. Sitzung den 19. September 1844. Präsident: Professor J. H. Mädler aus Dorpat. Secretair: Dr. J. Zech aus Berlin. Herr Prof. Hruschauer aus Grätz übergiebt eine Anzahl Exemplare der Schrift: Schreiner, „Ueber die richtige Schreibart des Namens der Stadt Grätz “ nebst einem Schreiben des Hrn. Verfassers. Die Exemplare wurden dem Wunsche des Einsenders gemäss ausgetheilt. Hr. Dr. Lehmann hält seinen verheissenen Vortrag: 1* 4 Ueber das Stabilitäts - P roblem in der Astronomie und seine bisherige Lösung. Man findet in Pontecoulants analystischer Theorie des Weltsystems Band III, Formeln zur Berechnung der Secular-Ungleichheiten der Elemente der Bahnen der 7 Hauptplaneten, welche, wenn sie genau und richtig wären, es leicht möglich machen würden, die Excentricität, Neigung, Perihelium und Knoten jeder einzelnen Planetenbahn für künftige Jahrhunderte und Jahrtausende für jede gegebene Epoche bis in Ewigkeit zu bestimmen. Leider sind diese Formeln, wie sie da stehen, falsch, indem die Coefficienten der einzelnen Glieder, desgleichen die innerhalb der Sinus - und Cosinus - Zeichen eingeschlossenen Constanten , zufolge der von Le Verrier geschehenen Nachweisung, nicht einmal für die gegen- wärtige Epoche ([für das Jahr 1800) auch nur angenähert richtige Elemente geben , sondern sich von den wahren ([durch die Beobachtung bestimmten) Elementen um das 2 fache, 3 fache, 10 fache, ja 40000 fache unterscheiden, und sich dadurch als ganz unbrauchbar characterisiren. Diese von Le Vernier gesche- hene Nachweisung hat zu ärgerlichen Streitigkeiten zwischen Pontecoulant und Arago Veranlassung gegeben, die in Persönlichkeiten ausarteten, die hier zu erörtern nicht der Ort ist. Der Grundirrthum bestand in der von Pontecoulant versäumten Sorgfalt und Controlle bei Bestimmung numerischer Orienten, von denen sowohl Dividendus als Divisor durch Subtraction zweier beinahe gleicher Grössen entstanden sind, so dass die Differenz unbedeutend im Vergleich zu den von einander subtrahirten Grössen ist. Glücklicherweise hat Le Verier diesen Mangel glänzend ergänzt, indem er besondere analytische Kunstgriffe zur Be- stimmung jener Quotienten und zu ihrer Controlle anwandte. Hiernach liegen uns nun Formeln vor, welche die Schwankungen der Elemente aller 7 Haupt- planeten-Bahnen auf viele Jahrhunderte und Jahrtausende im Voraus mit verhält- nissmässig grosser Genauigkeit • — • wie man es vor Le Verrier nicht ahnte • — • bestimmen. Was die Natur dieser Formeln betrifft, so sind sie mit den Wellen zu vergleichen, welche ein stillstehendes Wasser bildet, wenn Steine hineingeworfen werden. Wirft man erst einen Stein hinein, so bilden sich kreisförmige Wellen, welche nach und nach zu einer immer grösseren Peripherie anwachsen. Wirft man an einer anderen Stelle einen zweiten Stein hinein, so bilden sich, von da aus, Wellen, welche sich mit den ersteren Wellen durchkreuzen; complicirter werden die Wellen, wenn man einen dritten Stein hineinwirft, u. s/w. So können 5 die Secular - Ungleichheiten der Planeten - Elemente als siebenfach durcheinanderge- schlungene Wellen angesehen werden, doch so, dass jede einzelne Welle, d. h. jedes Anwachsen und Wieder - Abnehmen eines einzelnen Elements viele Jahr- tausende, ja Hunderttausende und Millionen von Jahren erfordert. Dies ist nun auf folgende Art durch Formeln dargestellt. Wenn man die Entfernung des Brennpunkts einer elliptischen Planetenbahn vom Mittelpunkte, dividirt durch die halbe grosse Axe, Excentricität nennt, und dagegen schlechtweg Perihelium den Winkel, welcher von einer feststehenden aus dem Sonnenmittelpunkte gezogenen Linie (wozu man am besten die zur Zeit der Grund -Epoche, 1. Januar 1800, nach dem Frühlings -Nachtgleichenpunkte gezogene Linie wählt) und von der aus dem Sonnenmittelpunkte nach dem im Laufe der Zeit sich ändernden Sonnennähe- punkte eines Planeten gezogenen Linie eingeschlossen wird, - — Neigung aber den Winkel, welchen eine feststehende durch den Sonnenmittelpunkt gelegte Ebene (die Ebene der Erdbahn zur Zeit der Grund- Epoche) gegen die im Laufe der Zeit veränderliche Ebene einer Planetenbahn bildet, und Knoten den Winkel, welchen die Durchschnittslinie beider Ebenen gegen die Frühlingsnachtgleichen- Linie des Jahres 1800 bilden, • — wenn man ferner statt der 4 Elemente, Excen- tricität, Perihelium, Knoten, Neigung, die 4 davon abhängigen Elemente (Func- tionen der 4 erstgenannten Elemente,) Excentricität multiplicirt mit dem Sinus des Periheliums , Excentricität multiplicirt mit dem Cosinus des Periheliums, Neigung multiplicirt mit dem Sinus des Knotens , Neigung multiplicirt mit dem Cosinus des Knotens, in Betracht zieht, • — • so lässt sich jedes dieser 4 Elemente für jede Planetenbahn durch eine Formel ausdrücken , welche aus 7 Gliedern (nach der Anzahl der Hauptplaneten) besteht, so dass jedes Glied einen con- stanten Coefficienten hat, der andere Factor aber (womit dieser Coefficient multi- plicirt ist) ein Sinus oder Cosinus ist, und zwar so, dass innerhalb des Sinus- oder Cosinus-Zeichens eine zweigliedrige Formel steht, aus einem constanten und einem der £der, mit andern Worten, die Abweichung des wahren Sonnen- und Mondlaufs von dem mit Ver- nachlässigung der dritten Potenzen der Excentricitäten und Neigungen in den Seculargleichungs -Formeln gefundenen) weniger als respective 1° und 13° be- trage (41. h. weniger als derjenige Bogen, welchen respective die Sonne und der Mond in 24 Stunden durchläuft). Ist diese Anzahl von Jahrtausenden be- stimmt, so drückt sie denjenigen Zeitraum aus, für welchen ein unveränderliches Kalendersystein beibehalten werden kann. Wir gehen dabei von dem Gedanken aus, dass es für das Heil und die Eintracht der christlichen Völker am gedeih- lichsten ist, eine unveränderliche cyklische Regel, welche mit der bisherigen Ob- servanz eine harmonische Einheit bildet und zugleich sich möglichst nahe an den wahren Sonnen- und Mondlauf anschliesst, auf so viele Jahrtausende beizubehalten, als es nach der Natur des wahren Sonnen - und Mondlaufs irgend möglich ist. Wenn die Frage geschieht, auf wie viele Jahrhunderte oder Jahrtausende die mit den dritten Potenzen der Excentricitäten und Neigungen behafteten Glie- der in den Seculargleichungsformeln unmerklich sind und daher vernachlässigt werden dürfen, so ist dabei der Begriff der Un merklichke it ein relativer. Heisst unmerklich dasjenige, was innerhalb der Grenzen der möglichen Beob- achtungsfehler eingeschlossen ist, so gelten alle bisherigen Seculargleichungs- Formeln, wie schon Laplace richtig gezeigt hat, höchsens 1000 oder 1200 Jahre, also für die Zukunft etwa bis zum Jahre 3000 der christlichen Zeitrech- 9 nung. Es ist daher nicht möglich, so specielle Himmelsbegebenheiten, wie z. B. Sonnen- und Mondfinsternisse sind, auf einen viel längeren Zeitraum vorauszu- sagen; auch wird dies nach dem gegenwärtigen Zustande der Wissenschaft Nie- manden einfallen. Grösser ist der Zeitraum, auf welchen wir garantiren können, dass die mit Vernachlässigung der dritten Potenzen der Excentricitäten und Neigungen berechneten Seculargleichungen den einer gegebenen Epoche entspre- chenden geocentrischen Sonnen- und Mondort auf 1', 5', 10', 1° u. s. w. genau geben. Ist die Genauigkeit für den Sonnenort diejenige, welche einen Fehler von 1 0 als 0 betrachtet, und für den Mond-Ort die, welche einem Fehler von 13° = 0 setzt, so kann man einen solchen Fehler für das System der christlichen Zeitrechnung unmerklich nennen. Den Zeitraum zu bestimmen, bis wie weit diese Unmerkliclikeit garantirt sei, war das Problem, dessen Lösung ich mir vorsetzte. Die Glieder mit den dritten Potenzen der Excentricitäten und Neigungen in extenso numerisch zu berechnen, ist eine wegen ihrer Weitläufigkeit abschrek- kende Arbeit, es sind solcher Glieder für jedes Element einer Planetenbahn mehr als 4000. Diese haben aber einen so verschiedenen Werth, dass es kaum 6 oder 7 sind, welche vor den übrigen prädominiren, während die übrigen (durch die Combinationen aus mehreren störenden Planeten entstandenen) als unmerklich verschwinden. Wir dürfen uns daher nicht von dem Gedanken schrecken lassen, dass diese 4000 Glieder fast zu gleicher Zeit ihr Maximum erreichen und dabei mit einerlei Zeichen behaftet sein könnten; es genügt, dasjenige Glied zu betrach- ten, dessen Coefficient sich als der grösste von allen herausstellt, oder, genauer gesagt, eine Grösse zu bestimmen, welche der grösste Coefficient sicherlich nicht überschreitet. Ist nun ein solcher Coefficient grösser als der Coefficient des mit der er- sten Potenz der Excentricität oder Neigung behafteten Gliedes, so verliert die Reihe die Convergenz, und erlangt sie erst wieder, wenn man die betreffenden Glieder nach des Potenzen der Zeit entwickelt, jedoch so, dass alsdann die Con- vergenz nur für eine beschränkte Anzahl von Jahrtausenden gilt. Nun aber sind die Coefficienten der mit den ersten Potenzen behafteten Glieder in den Le Verrier’ sehen Formeln so bestimmt, dass die mit den dritten Potenzen behafteten Glieder vernachlässigt und alsdann die Formeln (t = 0 gesetzt) mit den durch die Beobachtungen bestimmten Elementen der Fundamental- Epoche verglichen wurden. Will man also die mit den dritten Potenzen behafteten Glieder hinzulügen, so hat man diesen Gliedern eine solche Form zu geben, dass II. Ablheil. 2 10 sie für t — 0 völlig verschwinden, für die der Fundamental - Epoche zu benach- barten Jahrhunderte aber näherungSAveise der Zeit proportional werden, für die von der Fundamental - Epoche entfernteren Jahrtausende aber sich in Glieder mit den ersten und zweiten Potenzen der Zeit entAvickeln lassen, dann in Glieder mit den ersten, zweiten und dritten Potenzen der Zeit u. s. w. Diese Form, in ih- rer naturgemässen periodischen Gestalt, besteht offenbar darin, dass man den constanten Coefficienten nicht mit einem einfachen Sinus oder Cosinus multi- plicirt, sondern mit der Differenz zweier Sinus oder Cosinus, von der Art, dass diese Differenz für t = 0 versclwindet; dieser Zweck wird erreicht, Avenn inner- halb beider Sinus- oder Cosinus - Zeichen das nicht mit t behaftete Glied iden- tisch ist, und innerhalb des einen Sinus- oder Cosinus -Zeichens ein mit t be- haftetes Glied vorkommt, innerhalb des andern Sinus- oder Cosinus - Zeichens aber nicht. An die Stelle des in dieser Form ausgedrückten Gliedes habe ich nun durch glückliche Combinationen jedesmal ein der Zeit proportionales Glied gesetzt, von dem sich beAveisen liess, dass es für jedes gegebene t sicher- lich nicht kleiner ist als das in Bede stehende periodische Glied. Dadurch liess sich ganz einfach der Zeitraum bestimmen, bis Avie Aveit der durch Vernach- lässigung der dritten Potenzen der Excentricitäten und Neigungen begangene Fehler kleiner ist als 1', 5', KV u. s. av., endlich bis Avie weit er kleiner ist als 1 °. Ausserdem Avurde eine Ueberlegung angestellt, Avie gross der Fehler sei, den man bei Berechnung der mit den ersten Potenzen behafteten Glieder begeht, dadurch dass man Planetenmassen annimmt, die von den absolut Avahren sich um eine Kleinigkeit unterscheiden. Die Grenzen der Ungewissheit der einzelnen Massen Avurden dabei so angenommen, wie sie Le Verrier in seiner ersten Abhandlung über die Seculargleichungen annahm. (Die Zeit erlaubte nicht, während des Vortrags dasjenige zu berühren, Avas sich auf die möglichste Vollendung der Prä ces si ons - T heorie bezieht, Avobei die classische Abhandlung von Peters über die Nutations - Constante benutzt worden Avar, doch so, dass die vervollkommnete Theorie sich nun nicht, wie bei Peters, auf eine beschränkte Anzahl von Jahrtausenden (vermittelst Darstellung der Formeln in ihrer naturgemässen, periodischen Gestalt, mit je 7 Gliedern, nach der Anzahl der Hauptplaneten) bezieht. Diese möglichst sorg- fäftige Berücksichtigung der Präcession und ihrer Störungen für künftige Jahr- tausende Avar für das Interesse der christlichen Zeitrechnung notlmendig, Avelche an die Stellung der Sonne gegen die Nachtgleichenpun cte gebunden ist). 11 Auf diese Art war es möglich, den Stand der Sonne gegen die Nacht- gleichenpuncte bis zum Jahre 30000 unserer christlichen Zeitrechnung so zu be- stimmen, dass der Fehler sich auf nicht mehr als 1 0 anhäuft. Daraus ergab sich zugleich dasjenige tropische Jahr, welches man für den Zeitraum von Einfüh- rung des gregorianischen Kalenders bis zum Jahre 30000 das mittlere nennen kann; es beträgt 365 Tage, 5 St., 48', 41", ist also 7" kürzer als das gegen- wärtige. Daraus folgt eine sehr einfache Verbesserung des gregorianischen Ka- lenders; den 400jährigen Schalttag in den Jahren 2000 und 4000 zu unterdrücken, und erst im Jahre 6000 wiederherzustellen; auf diese Art hat man eine immer wiederkehrende 6000jährige Periode mit 1453 Schalttagen, und die wahre Früh- lingsnachtgleiche schwankt von jetzt bis zum Jahre 30,000 nur zwischen dem 16. und 24. März. Das andere Interesse der christlichen Zeitrechnung ist die Berechnung des Osterfestes. Aloys Lili, der die bis jetzt gangbare Regel der cyklischen Vollmonde aufstellte, kannte noch nicht die von der Veränderung der Excentri- cität der Erdbahn herrührende Seculargleichung der mittleren BeAvegung des Mondes. Die Berechnung derselben nach der von Laplace aufgestellten Formel (ein Glied dem Quadrat der Zeit proportional, und ein Glied dem Cubus der Zeit proportional), welche in Biirgs und Burckhardts Mondtafeln über- gegangen ist, passt nur bis zum Jahre 3000; für spätere Zeiten musste die Se- culargleichung des Mondes in ihrer periodischen Form dargestellt werden. Glücklicherweise ist der Zusammenhang dieser Seculargleichung mit der verän- derlichen Excentricität der Erdbahn höchst einfach; daher konnten hier die Le V er ri er sehen Formeln für die Excentricität der Erdbahn, multiplicirt mit dem Sinus des Periheliums, und für die Excentricität multiplicirt mit dem Cosinus des Periheliums, angewandt werden. Diese beiden Formeln mussten nämlich ins Quadrat erhoben und dann summirt werden; dadurch wurde eine Formel für das Quadrat der Excentricität erhalten, aus 98 Gliedern bestehend (7 mal 7, plus 7 mal 7), welche Glieder sich aber vermittelst der bekannten Formeln für die Si- nus und Cosinus der Summe und Differenz zweier Winkel in 21 Glieder zusam- menzogen. Vom Quadrat der Excentricität der Erdbahn ist auf eine höchst ein- fache Art die Seculargleichung der mittler en Be wegung des Mondes abhängig: daraus wurde durch eine einfache Integration ([durch Verwandlung der Sinus in Cosinus und der Cosinus in Sinus, nebst Division durch den Coefficienten von t innerhalb des Sinus- oder Cosinus -Zeichens) eine Formel für die Secular- gleichung der mittleren Länge des Mondes gefunden, und diese Formel wie- 2* 12 der umgewandelt in eine Formel für die Verfrühung der Vollmonds - Epo- che in künftigen Jahrtausenden wegen der Seculargleichung. Die auf diese Art bis zum Jahre 10000 voraus berechneten mittleren astronomischen und mit der Seculargleichung behafteten Vollmonde machten es möglich, eine cyklische Regel der Ostervollmonde, noch einfacher als die Lili’sche, zu finden, welche bis zum Jahre 10000 mit dem wahren Mondlaule eben so genau übereinstimmt, als dies bei der Lili’ sehen Regel nach Lili’s Prämissen (welche die gegenwärtige mittlere Mond -Bewegung nicht genau der Wahrheit gemäss annahmen und die Seculargleichung vernachlässigten) der Fall ist. Die Lili’sche Regel setzte die Mondgleichung (d. h. die Verrückung des Kal- lippischen Vollmond - Cyklus von 940 synodischen Umläufen 27759 Tagen) in die Jahre 1800, 2100, 2400, 2700, 3000, 3300, 3600, 3900, 4300, welches eine immer wiederkehrende Periode von 2500 Jahren mit 8 Mondgleicliungen geben sollte; wir, mit Berücksichtigung der Seculargleichung, setzen die Mondgleichung ohne Unterschied alle 300 Jahre, und zwar allemal in die durch 300 theilbaren Jahre, bis zum Jahre 10000; die grösste Abweichung des mittleren astronomi- schen Vollmonds von dem cyklischen beträgt alsdann 2 Tage. Ueber das Jahr 10000 hinaus eine unveränderliche cyklische Vollmondsregel fortzusetzen, wäre, wegen der immer fortgehenden Seculargleichung des Mondes, sich selbst widersprechend, weil alsdann der cyklische Vollmond mit dem am Himmel erscheinenden ersten oder letzten Viertel oder gar mit dem Neumond zusammen fallen würde, wo- durch die vom Nie äi’ sehen Concilium geheiligte Observanz prostituirt wäre. Herr Dr. Zech hielt darauf nachstehenden Vortrag: Ueber das Verhältniss der Mathematik zu den Naturwissenschaften. Bei der Frage, in wiefern die reine Mathematik zu den Wissenschaften gehöre, wird es hauptsächlich auf den Inhalt beider Wissenschaften ankommen und zu untersuchen sein, ob und in wiefern der Gegenstand beider derselbe ist. Da aber die Form, die Methode wesentlich von der Natur des Gegenstandes ab- hängt, so wird auch diese bei unserer Frage nicht unberücksichtigt gelassen wer- den dürfen. Gerade die alleinige Berücksichtigung dieser Seite der Frage mit Uebergehung jener scheint der Hauptgrund zu sein, warum man so häufig die Mathematik von der Naturwissenschaft gänzlich trennen wollte. Wir betrachten daher : 13 1) Die Form, die Methode der Mathematik. Diese ist apriorisch. Die mathematischen Sätze werden aus dem Begriffe abgeleitet, sie folgen mit Noth- wendigkeit aus dem Wesen des betrachteten Gegenstandes. Die eigenen Natur- wissenschaften dagegen folgern ihre Theoreme durch blosse Beobachtung, sie fin- den dieselben auf rein empirischem Wege ; zur Erläuterung: das erste Kepler’- sclie Gesetz, wie es von Kepler gefunden wurde und wie es, rein mathematisch aus dem allgemeinen Gesetz der Gravitation abgeleitet werden kann. So schei- nen Mathematik und Naturwissenschaft specifisch verschieden zu sein und jene den philosophischen Wissenschaften zugezählt werden zu müssen. Betrachten wir aber die Sache genauer, verfolgen wir die Mathematik bis zu ihrem Anfang, so finden wir, dass sie ihren Gegenstand, die Zahlen, die Grössen, als gegeben voraussetzt, während die Philosophie ihren Gegenstand sich selbst schafft. Dies ist aber das Wesentliche der Philosophie, und darum ist die Mathematik keine Philosophie. Betrachten wir 2) den Gegenstand der Mathematik, ob nicht dieser mit dem der Na- turwissenschaft derselbe ist , und ob nicht jene Verschiedenheit in der Form sich daraus erklären lasse, dass beide dasselbe Object aber in verschiedener Bezie- hung zum Inhalte haben. Dass ein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Gegenstände der Mathematik und dem der Naturwissenschaft stattfinden müsse, erhellt schon daraus, dass alle aus richtigen Principien durch blosse Rechnung gezogenen Schlüsse nothwendig in der Erfahrung sich bestätigen müssen. Der Gegenstand der Mathematik ist ein abstracter, Grössen, Zahlen. Diese sind aber abstrahirt von der Natur, sie sind die allgemeine Form der Naturgegenstände. Der Gegenstand der Mathematik verhält sich so zu dem der Naturwissenschaft wie das Allgemeine zum Besondern; die Mathematik betrachtet dieses Allgemeine ganz abgesehen von der besondern Art seiner Existenz, die Naturwissenschaft die besondere Art, wie sich das Allgemeine in der Erscheinung darstellt, darum kann die Mathematik, wenn sie einmal ihren abstracten Inhalt gewonnen hat, apriorisch vorwärts gehen, während die Naturwissenschaften sich immer an die einzelnen Erscheinungen halten müssen. Die Mathematik ist die Logik der Na- tur. So wenig Jemand die Logik von der Philosophie ausschliessen wird, so wenig darf die Mathematik aus der Reihe der Naturwissenschaften gestrichen werden. 3) Fragen wir zuletzt noch nach dem Umfang, wie weit die Mathematik auf die Natur angewandt werden könne und müsse, so glaube ich derselben alles in die Erscheinung tretende vindiciren zu müssen. Alle sogenannten mecha- 14 nischen Wirkungen • — im Gegensätze gegen die dynamischen • — lassen sich berechnen, wenn man nur die Ursachen in ihrer Vollständigkeit kennt. Nun kann ich mir aber alles was in der Sinnen weit geschieht nicht anders als nach mechanischen Principien geschehend denken. Dynamische Wirkungen giebt es nur im Reiche des Geistes, aber auch diese sind nicht mehr in der Macht des Geistes, wenn sie in die Erscheinung getreten sind, sie werden mechanisch. Und darum glaube ich, lässt sich wenigstens die Möglichkeit nicht bestreiten, alles in die Sinne Fallende mathematisch zu berechnen. Dass dies bis jetzt noch nicht geschehen ist, liegt nicht an der Mathematik, sondern an den Naturwissenschaften, die bis jetzt zum grossen Theile noch nicht von der Erscheinung zu den wirken- den Ursachen fortgeschritten sind. Sind die letztem bekannt, so ist auch die Möglichkeit da, die Mathematik anzuwenden; und insofern kann der Umfang, in welchem die Mathematik auf einen Zweig der Naturwissenschaft schon angewendet worden ist, ein Criterium abgeben für den Grad der Ausbildung desselben. Hr. Hofrath von Mädler giebt noch den Anfang eines Vortrags über die Cometen, und zwar über die Cometenschweife. Zur Erklärung der Cometenschweife sind bereits so viele Hypothesen versucht, dass es schwierig scheint, etwas Neues zu geben. Gleichwohl scheint es angemessen, dass, wenn von andern Seiten her neue Thatsachen ans Licht gezogen werden, welche hierbei von Einfluss sein können , man aufs neue das alte Problem untersuche. Das widerstehe nde Mittel, durch Encke wohl ausser Zweifel gesetzt, reagirt nothwendig auf den Cometen, und zwar am stärksten da, wohin er sich bewegt. Der (in grossen Fernen) wahrscheinlich sphärisch gestaltete und sehr verdünnte Comet wird durch diesen Widerstand genöthigt, sich mehr zusammen- zuziehen. Es ist aber als sehr wahrscheinlich anzunehmen, dass er Theile ent- halte die einer solchen Contraction unfähig sind, folglich entweichen müssen. Sie werden dies nach der Richtung des geringsten Widerstandes d. h. nach der Seite, woher der Comet kommt, wenn wir den Aether als ruhend betrachten. Ist er aber auch in Bewegung, so wird doch in den meisten Fällen jener Punkt nahezu derselbe bleiben. Hier also entsteht ein Schweif der desto länger wird je rascher der Comet lauft. Nimmt der Aether nach der Sonne hin an Dichtig- keit zu, so ist die angegebene Wirkung nur um so stärker. 15 Allein je näher der Comet der Sonne kommt, desto mehr muss sich die Differenz der Anziehung auf die verschiedenen Theile desselben merklich machen, und dies Phänomen wird sich wie unsre Ebbe und Fluth gestalten, nur viele Millionen mal stärker. Es muss also auch nach der Richtung des Rad. vect. hin eine länglichte Gestalt, und potenzirt ein (oder auch zwei} Schweif entstehen. Der von der Sonne abgewandte fällt vor dem Perihel anfangs nahezu mit dem durch den Widerstand des Aethers bewirkten zusammen und es kann geschehen, dass beide sich in einen vereinigen; der entgegengesetzte ist also jedenfalls schwächer und kann auch ganz unmerklich sein. Im Perihel stehen Radius vector und Bahnrichtung rechtwinklicht zu einander, nach dem Perihel stumpfwinklicht. Die Verhältnisse der Schweif- abnahme müssen sich also ganz anders gestalten als vor dem Perihel, ohne dass sich hierüber etwas Allgemeines bestimmen lässt, da nach Maassgabe der ver- schiedenen Dichtigkeit, Grösse und Bahnrichtung des Cometen gar wohl bald die eine, bald die andere der oben angegebenen Ursachen der Schweifbildung die vorherrschend wirksame sein kann; so dass es bald ein- bald mehrfache, im Ganzen aber veränderliche Schweife geben wird. Die längeren Schweife krümmen sich gewöhnlich zurück und erscheinen gebogen. Dies erklärt sich wohl daraus, dass sie als die von der Sonne ent- fernten Theile sich langsamer zu bewegen streben als die näheren, während sie doch grade genöthigt sind eine raschere Bewegung zu machen um stets beim Cometen zu bleiben. Bestände gar kein oder ein zu schwaches Band der Cohärenz zwischen Kopf und Schweif der Cometen, so würde die wirkliche Trennung erfolgen, da wir die Cohärenz aber doch als vorhanden annehmen müssen, so äussert sich jene Tendenz in der Zurückkrümmung der Schweife. Hr. Prof. Madie r verspricht für morgen einen Vortrag über die hyper- bolischen Cometenbahnen. 16 3. Sitzung den 20. September 1844. Es wird eine Zuschrift verlesen von Hrn. Lieutenant v. Bruchhausen aus Luxemburg, mit einer Abhandlung über die periodische Bewegung des Meeres. Beide lauten wie folgt: Hochgeehrte Herren! Meine Verhältnisse gestatten es mir nicht, bei der Versammlung der deut- schen Naturforscher und Aerzte anwesend zu sein, weshalb ich mir erlaube: den anliegenden Aufsatz über die periodische Bewegung des Meeres Ew. Hoch wohlgeboren zur geneigten Mittheilung an die Mitglieder dieser Versammlung einzusenden. Die wissenschaftliche Bedeutung der mitgetheilten Untersuchungen werden Hochdieselben bald erkennen. Eine definitive Anerkennung oder Verwerfung der ganzen Hypothese ist jedenfalls wünschens werth. Widerspruch wird sich finden; aber Debatten erzeugen richtigere Ideen, und selbst eine Verwerfung einer An- sicht bedingt einen Fortschritt der Wissenschaft, wenn diese Verwerfung nur allgemein bekannt wird. Die Fragen rasch zur Entscheidung zu bringen, ist der Zweck der Einsendung dieser Ausarbeitung. Wenn mir eine Bitte erlaubt ist, so möchte ich wohl um gütige Ueber- sendung eines Exemplars des „amtlichen Berichts“ dieser Versammlung (wenn üherhaupt ein solcher dem Druck übergeben wird) bitten, damit ich daraus die gemachten Einreden ersehen könne. Luxemburg, den 12. September 1844. v. Bruchhausen, Lieutenant der Artillerie. Die periodische Bewegung des Meeres von Pol zu Pol, und einige Folgerungen, welche sich daraus ergeben. Diese Hypothese wurde zuerst in einer, aus dem Französischen über- setzten, Brochüre veröffentlicht, welche im vorigen Jahre unter dem Titel: „Die Revolutionen des Meeres von J. Ad he mar,“ bei Franz Peter in Leipzig erschien. - — • Anfangs glaubte der Verfasser des vorliegenden Aufsatzes die 17 Resultate dieser Ad hem ar sehen Untersuchungen ganz verwerfen zu müssen. Später hat er sie jedoch im Principe anerkannt, aber in einigen wesentlichen Punkten berichtigt, und in No. 66 bis 74 des „Sprechers für Rheinland und Westphalen“ populär dargestellt. Die wichtigen Resultate dieser mathematisch begründeten Hypothese immer mehr erkennend und durch Freunde zur neuen Dar- stellung derselben aufgefordert, hat sich der Verfasser zu diesem Aufsatze ent- schlossen, um eine scharfe Prüfung der physikalischen Vordersätze zu veran- lassen und überhaupt auf diese Hypothese mehr aufmerksam zu machen. Eine hochgeehrte Versammlung wird es dem Verfasser verzeihen, wenn er • — ein Dilettant und jetzt in einer halb französischen Garnisonstadt lebend - — • Unkennt- nis in der neuesten Litteratur offenbaren sollte. Um die Wichtigkeit der nachfolgenden Hypothese gleich von vorne herein darzuthun, erlaubt sich der Verfasser jetzt schon mitzutheilen: dass dieselbe nicht nur den Grund der noch fortdauernden „Erhebung der Küslen Scandina viens“ angiebt, sondern auf die Sündfluth, die neuerdings entdeckte „Eiszeit,“ die jetzt wieder beginnende Zunahme der Gletscher in den Alpen etc., den häufigen Wechsel der Steinkohlenlager mit den Gesteinschichten, die verschiedenartige Gestaltung und Kulturfähigkeit der südlichen und nördlichen Continente, und viele andere Erscheinungen ungezwungen erklärt, in vieler Hinsicht die Angaben der ältesten Geographen rechtfertigt, und den Geologen ein Zeitmaass bei ihren Forschungen gewährt, worauf sie sich sicher verlassen können. - — • Aber auch deshalb ist diese Hypothese so wichtig, weil sie uns direct darauf hinweiset: dass die Erde ein organischer Theil der ganzen Schöpfung ist, und wir uns immer mehr angewöhnen müssen, den gesammten Erdball mit den Einwirkungen der Himmelskörper auf ihn im Zusammenhänge zu betrachten, und dass noch immer dieselben Kräfte auf den Erdball einwirken, welche in der Urzeit thätig waren, und in langen Zeiträumen dessen Um- wandlung ganz allmählig und kein es weges sprungweise bewirkten. Näheres hierüber noch, nachdem die Hypothese vollständig und möglichst kurz mitgetheilt wurde. Betrachtet man einen Erdglobus, so belehrt ein Blick sofort, dass das Meer jetzt vorzugsweise die tiefem Theile der Erdoberfläche der südlichen Halb- kugel überschwemmt hat. Lässt man den Einfluss der Achsendrehung der Erde unberücksichtigt und beachtet man nicht die ungleiche Höhe der eingeschlossenen Meere — eine Folge der Meeresströmungen * — • so muss die Oberfläche des Meeres jederzeit vom Mittelpunkte der Attraction des gesammten Erdballes 3 II. Abtheil. 18 gleichweit entfeint sein, wenn keine Bewegung des Meerwassers erfolgen soll. Die abgeplattete Gestalt der Erde und die sonstigen Unebenheiten ihrer Ober- fläche etc. sind aber die Veranlassung, dass die örtlichen Richtungen der gesanimten Attractionskraft des Erdballs sich nicht in Einem Punkte schneiden können, und dass diese Kraft an den verschiedenen Stellen der Erdoberfläche verschieden ist. Obgleich dadurch mannigfache Unregelmässigkeiten der Oberfläche des Meeres bedingt werden, so muss doch die gesammte Einwirkung der Schwere auf diese Oberfläche an allen Orten dieselbe sein, wenn keine Veränderung der- selben erfolgen soll. Hat also das Wasser des Oceans einmal eine solche Lage angenommen, Avie es die anziehenden Kräfte der festen Theile des Erdballes verlangen, so muss diese Lage auch ungeändert dieselbe bleiben. Sollte sich aber nachweisen lassen, dass die festen Bestandteile der Erde ihre Lage verän- derten, und der Schwerpunkt der Erde eine andere Lage dadurch annehmen müsste, so Aviirde dieses auch eine veränderte Richtung der örtlichen Sclnvere, und mithin auch eine BeAvegung des Meeres bedingen. Diese BeAvegung würde aber nach derselben Richtung im Allgemeinen erfolgen müssen, Avohin der SchAver- punkt der Erde sich beAvegt, Aveil die Lage des Schwerpunktes und die örtlichen Richtungen der anziehenden Kräfte in ähnlicher Art durch die örtliche Ver- teilung der verschiedenen Bestandteile der Erde bedingt Averden. Demzufolge muss also der ScliAverpunkt der Erde von Norden nach Süden, und in einer späteren Periode Avieder von Süden nach Norden • — • längs der Achse der Erde sich beAvegen, Avenn eine gleichzeitige BeAvegung des Meeres von Pol zu Pol erfolgen soll. Eine, im Verhältniss zum Radius nur geringe, Entfernung des ScliAverpunktes vom Mittelpunkte der Erde Aviirde schon genügen, um eines der beiden Polarmeere trocken zu legen. Wahrscheinlich ist es daher, dass auch die jetzt vorhandene Verteilung des Wassers an der Oberfläche der Erde durch eine südliche Entfernung des Sclnverpunkts von ihrem Mittelpunkte bedingt wird. Gleichzeitig mit der grossem Wassermasse auf der südlichen Halbkugel finden wir dort auch eine viel geringere mittlere Jahrestemperatur, und viel grössere Polareismassen, als auf der nördlichen Halbkugel. Dass diese beiden Polareismassen ganze Eiscontinente bilden, die schon längst auf dem Meeresgründe festsitzen, hat Adhemar befriedigend nachgeAAÜesen. Diese beiden • — * ungleich dicken, und in ihrer Ausdehnung sehr verschiedenen ♦ — Polar- eismassen bilden also ein festes Ganzes mit dem Erdkerne, und müssen daher auch einen merklichen Einfluss auf die Lage des ScliAverpunktes, und mithin auch auf die Verteilung des Wassers an der Oberfläche der Erde ausüben. Durch 19 Zahlenbeispiele hat Ad he mar diesen Einfluss erläutert und als ausreichend für die Hypothese nachgewiesen. Aendert sich nun periodisch * — • im Verlaufe von Jahrtausenden • — die Temperatur der beiden entgegengesetzten Erdhälften, so dass auch die beiden Polareismassen sich abwechselnd vermehren und vermindern, so muss auch das Wasser des Meeres der dadurch bedingten Bewegung des Schwerpunktes folgen. Eine periodische Bewegung des Meeres kann daher nicht mehr bestritten werden ► — wenn auch die Grösse dieser Bewegung noch unbestimmt bleibt ► — • sobald nach- gewiesen ist, dass die Ursachen der jetzigen Temperatur -Differenz an den beiden entgegengesetzten Erdhälften, und mithin auch die Ausdehnung und Dicke der beiden Polareismassen , einem periodischen Wechsel unterworfen sind. Die Ermittelung der Ursachen der jetzt vorhandenen klimatischen Ungleichheit der beiden Erdhälften ist daher die nächste Aufgabe. Ohne die Wichtigkeit dieser Untersuchung zu ahnen, hat sich Alexander von Humboldt schon vor längerer Zeit dahinausgesprochen, dass die ungleiche Dauer der südlichen und der nördlichen Jahreszeiten, welche bekanntlich immer einander entgegengesetzt sind, die ungleiche Temperatur dieser beiden Erdhälften bedinge, indem in dem längeren südlichen Winter *) mehr Wärme durch Ausstrahlung an den Weltraum verloren gehe, als in dem kürzern nördlichen. Dass in dem längeren nördlichen Sommer der Nordpol mehr Wärme von der Sonne erhalte, als der Südpol im kürzeren südlichen Sommer, wurde schon früher dadurch widerlegt, dass die Erde während des südlichen Sommers der Sonne näher sei, und dass die grössere Intensität der Sonnen- strahlen, welche dadurch bedingt werde, die geringere Dauer der Beleuchtung wieder aufhebe, so dass die Summe der jährlichen Erwärmung der beiden Pole durch die Sonnenstrahlen dieselbe sein müsse. Da aber diese Behauptung v. Humboldts die einzige — vielleicht schwache Stelle in den Schlussfolge- rungen der Hypothese war, Ad he mar sie auf diese Autorität hin angenommen hatte, und er augenscheinlich eine falsche Anwendung davon machte, so hat der Verfasser schon früher eine nähere Prüfung dieser Behauptung angestellt, und *) Der Kürze wegen sind hier der astronomische Herbst und Winter, so wie der Früh- ling und^Sommer durch „Winter“ und „Sommer“ allein bezeichnet, da sie bei dieser Untersuchung nie getrennt weiden. Der Unterschied in der Dauer dieser verbundenen Jahreszeiten beträgt jetzt 7% Tag, und ist einem periodischen W'echsel unterworfen. 3 * 20 theilt derselbe hier den Gang seiner desfallsigen Untersuchung kurz mit, um dadurch eine wiederholte Prüfung derselben zu veranlassen. Als nächstes Resultat ergab sich: dass die Summe der directen jähr- lichen Erwärmung der Polargegenden durch die Sonnenstrahlen an beiden Polen dieselbe sei, mithin auch beide Pole nur dieselbe Wärmemenge durch Ausstrah- lung an den Weltraum abgeben können, es sei denn, dass sie noch auf indi- rectem Wege verschieden erwärmt würden; dass aber diese directe Erwärmung des südlichen Poles während des südlichen Sommers in kürzerer Zeit erfolge, und eine höhere Temperatur daselbst veranlassen müsse, und dass die Ausstrahlung im südlichen Winter am Südpole eine geringere Tem- peratur bedinge, als dieses in den entsprechenden Jahreszeiten am Nordpole der Fall sei. Dieses Resultat ergab sich direct aus den Gesetzen der strah- lenden Wärme, indem diese nachweisen, dass beide Pole ununterbrochen Wärme ausstrahlen müssen, und dass die Intensität dieser Wärmestrahlen durch die Höhe der dort vorhandenen Temperatur bedingt wird. (Eine nähere Betrach- tung der desfallsigen Formeln etc. darf liier wohl übergangen werden.) Diese Temperatur -Differenz muss aber in den entsprechenden Jahreszeiten ungleiche Luftströmungen von den beiden Polen zum Aequator und rückwärts erzeugen, und dadurch eine ungleiche in di recte Erwärmung der beiden Polar- gegenden veranlassen , indem vorzugsweise die latente unter dem Aequator an’s Wassergas gebundene, und bei der Bildung der Niederschläge wieder frei werdende • — Wärme eine verschiedene Erwärmung der Pole bedingt. Als Re- sultat der näheren Untersuchung ergab sich: dass am Südpole während des süd- lichen Sommers diese Strömung geringer, dagegen während des südlichen Win- ters heftiger sein müsse, als in den entsprechenden nördlichen Jahreszeiten am Nordpole; dass während der Dauer eines ganzen Jahres eine etwas grössere Masse Luft vom Aequator zum Südpole bewegt werde; und endlich, dass die mittlere Richtung der Zone der Windstille etwas Weniges nördlich vom Aequa- tor liegen müsse. Ein analoges Verhältniss ergab sich für die Summe der wässerigen Niederschläge an den beiden Polen, wozu noch die wichtige Ermit- telung sich heraus stellte, dass auf der südlichen Halbkugel diese Niederschläge verhältnissmässig mehr aus Schnee und Graupeln bestehen müssten , als auf der nördlichen. Allem diesen zufolge wird also der Südpol auf diesem indirecten Wege mehr • — • und zwar in den Wintermonaten mehr • — • erwärmt, als der Nordpol. Wird auch diese Wärme beständig wieder ausgestrahlt, so muss doch diese in- 21 directe Erwärmung die ursprünglich gefolgerte Temperatur - Differenz der beiden Pole vermindern, weshalb denn auch in der Wirklichkeit keine bedeutend ver- schiedene Temperatur daselbst vorhanden sein kann. Entscheidend für die Rich- tigkeit der aufgestellten Hypothese ist aber die Folgerung: dass der Südpol mehr Wärme empfange lind durch Ausstrahlung wieder verliere, als dieses am Nord- pole der Fall ist, indem dieses nur allein durch eine schnellere Zunahme der südlichen Polargletscher bewirkt werden kann. Die dadurch bedingte allmälilige Anhäufung des Eises an der südlichen Halbkugel, muss ebenfalls das oben ge- folgerte Resultat modificiren, indem durch das Schmelzen desselben die ursprüng- lich gefolgerte höhere Temperatur der südlichen Sommer merklich vermindert, und dadurch wiederum die mittlere Richtung der Zone der Windstille mehr nach Norden gerückt wird. Eine Folge dieser nachhaltigen Wirkung der verschie- denartigen Luftströmungen von und nach den beiden Polen muss also auch die sein, dass die mittlere jährliche Temperatur, wie sie am Thermometer gemessen wird, auf der südlichen Halbkugel im Allgemeinen geringer sein muss, als auf der nördlichen. Diesem Allen zufolge ist die jetzt noch fortdauernde Vermehrung der südlichen Polareismassen nicht mehr zu bezweifeln. Schwieriger ist dagegen der Nachweis, dass die nördlichen Polareismassen sich vermindern müssen, wie es die Hypothese ebenfalls voraussetzt, weil jede negative Auffassung physikali- scher Zustände die Aufgabe bedeutend erschwert. Der Verfasser hat deshalb diese Untersuchung aufgegeben, zumal: da ihm das Factum selbst fest zu stehen schien, er die vielen „schwimmenden Eisberge“ als Folge des fortdauernden Schmelzens und der dadurch bedingten Auflockerung des nördlichen Polar- Eises betrachtete, und die Hypothese selbst ihm die anscheinenden Wiedersprüche, z. B. die Zunahme der Gletscher, aufklärte. Diese jetzige Zunahme der Gletscher in Grönland, den Alpen und den Gebirgen der ganzen nördlichen Halbkugel wird nämlich eines Theiles dadurch bedingt, dass schon vor 000 Jahren (jsiehe weiter unten} das Maximum des Un- terschiedes in der Dauer der Jahreszeiten statt gefunden hat, und sich mithin auch jetzt schon eine Verminderung des Einflusses dieses Unterschiedes bemerk- bar machen kann. Andern Tlieils muss aber der Dunstkreis der Erde in ähnli- cher Art, Avie das Meer, der Bewegung des Sclnverpunktes folgen, und sich da- durch die Grenze des „ewigen“ Schnees in den Gebirgen der nördlichen Halb- kugel immer mehr senken, in denen der südlichen Halbkugel aber heben. Die jetzigen Inseln im südlichen Ocean, welche in den nächsten Jahrtausenden noch 22 mehr unter dem Wasser verschwinden werden, müssen daher früher ebenfalls Gletscher auf ihren Gebirgen beherbergt haben; ein Umstand, der vielleicht die geringe Kulturfähigkeit jener Inseln erklären kann. Dass örtliche Einflüsse, z. B. geringe Ausdehnung der vorhandenen Eismassen, es bedingen können, dass sich die wirklich vorhandenen Grenzen des „ewigen“ Schnees längere Zeit hindurch langsamer, als die allgemeine Richtung dieser Grenzen, senken, aber später ihre Bewegung beschleunigen müssen, und dass Grönlands Temperatur ausserdem noch durch die schwimmenden und sich an seinen Küsten ablagernden Eismassen vermindert werde, bedarf kaum einer Erwähnung. Von allgemeinerem Interesse ist aber der Umstand: dass die Zeiten des Maximums und Minimums dieses in- dir ecten und des directen Einflusses der ungleichen Dauer der Jahreszeiten auf die örtliche Temperatur der Erdoberfläche nicht zusammen fallen, indem sich dadurch ein allmähligerer Uebergang der wechselnden Temperaturverhältnisse er- zeugen muss. Adhemar hat diese periodische Bewegung der Atmosphäre übersehen, und den Einfluss der latenten Wärme nicht beachtet, was ihn wahrscheinlich veranlasste: die noch jetzt fortdauernde „Erhebung der Küsten Scandinaviens“ zu leugnen , und die Zeitpuncte des periodischen Wechsels der Bewegung des Meeres falsch festzusetzen. Diese Zeitpunkte müssen im Allgemeinen mit den- jenigen zusammenfallen, wo die Zeitdauer der entgegengesetzten astronomischen Jahreszeiten dieselbe ist, und der bisher benachtheiligte Pol wieder der begün- stigte wird. Wenn eine Abweichung von diesen Zeitpunkten statt findet, so kann dieses nur durch den indirecten Einfluss der Bewegung der Schneegrenze ge- schehen, indem dieser Umstand die Zeit des Maximums der verschiedenen Ausdehnung der Polargletscher früher herbeiführen muss. Die Zeit zu schätzen, um wieviel dadurch wohl die Zeitpunkte des Wechsels der periodischen Meeres- bewegungen beschleunigt werden können, will der Verfasser nicht wagen. Die ungleiche Dauer der entgegengesetzten Jahreszeiten, welche dem Vorstehenden zufolge die Veränderung der Polareismassen veranlasst und dadurch die periodische Bewegung des Meeres bedingt, ist eine Folge der elliptischen Gestalt der Erdbahn. Das Maximum dieses Unterschiedes beträgt 8 Tage, und findet dann statt, wenn die Durchschnittslinie der „Tag- und Nacht- gleichen“ mit der grossen Axe der elliptischen Erdbahn einen rechten Winkel bildet. Dass aber die Linie der „Tag- und Nacht -gleichen“ beständig ihre Lage ändert, und dass sich auch die grosse Axe der Erdbahn um die Sonne herumdrehet, ist längst bekannt, und bedarf hier keiner Erörterung. Die astronomischen Berechnungen ergeben, dass diese beiden Linien nach einem Zeitraum von 21,000 Jahren wieder dieselbe Lage gegen einander annehmen , und inzwischen einen vollständigen Kreislauf gegen einander ausführen. In diesem Zeiträume von 21000 Jahren muss also der Unterschied der beiden zusammengehörigen und der beiden entge- gengesetzten Jahreszeiten von seinem Maximum bis zu seinem Minimum ab- und dann wiederum bis zu seinem Maximum zunehmen. Um 4002 vor Christus war 10,500 Jahre hindurch der südliche Sommer länger als der nördliche gewesen und dieser Unterschied gleich Null. Von die- sem Jahre ab zeigte sich allmählig ein Unterschied zu Gunsten der nördlichen Halbkugel, welcher im Jahre 1248 nach Christus sein Maximum er- reichte, um 6498 nach Christus gleich Null sein wird, und dann nach 5250 Jahren sein Minimum (das Maximum zu Gunsten des Südpoles) erreichen muss. Diesen astronomischen Ermittelungen zufolge hätten wir also das Maximum der periodischen Temperaturerhöhung im Allgemeinen schon vor 600 Jahren gehabt, was auch durch die Erfahrung bestätigt wird. Die Anhäufung des Eises am Südpole, und die Verminderung desselben am Nordpole muss dagegen jetzt noch über 4000 Jahre dauern, wenn auch einige Jahrhunderte für den Einfluss der periodischen Schwankungen der Schneegrenze gerechnet werden. Es ist mit- hin der Hypothese ganz entsprechend, dass sich das Meer noch immer von Scan- dinaviens und allen nördlichen Küsten zurückzieht, und sich dagegen im südlichen Eismeere langsam hebt. Diese jetzige Bewegung des Meeres vom Nordpole zum Südpole muss daher, wenn man den Einfluss der Veränderung der Schneegrenze auf 500 Jahre veranschlagt, um 4500 vor Christus langsam begonnen haben, und wird noch • — • jedoch mit veränderter Geschwindigkeit • — ■ bis 6000 nach Christus fortdauern, und dann rückwärts erfolgen. Um 4000 vor Christus waren auch die nördlichen Polareismassen viel weiter vom Pole ausgedehnt, als es jetzt die südlichen sind. Die „Eiszeit“, welche jetzt an der südlichen Halbkugel herrscht, und den geognostischen Unter- suchungen zufolge früher in unserem Continente geherrscht haben muss, wird also durch diese Hypothese direct nachgewiesen. Die Tiefe des Meeres, die Ausdehnung und Dicke der Polareismassen und vieles Andere , was zur Berechnung jener Höhe erforderlich wäre , Avelche das Meer um 4000 vor Christus auf der nördlichen Halbkugel hatte, ist uns un- bekannt. Nur soviel scheint man aus den verschiedenen Meerestiefen, und den Zeiträumen , die seit dem Beginn dieser jetzigen Bewegung schon verflossen sind, und bis zur Beendigung derselben noch vcrfliessen müssen, folgern zu können, 24 dass der grösste Unterschied in der Erhebung des Meeresspiegels unter den bei- den Polen kaum 20,000 Fuss betragen könne, und vielleicht noch viel geringer sei. Dagegen haben die Geognosten ein untrügliches Mittel, um die Höhe des Meeresspiegels zur Zeit der letzten Erhebung des Meeres sowohl um 4000 vor Christus an der nördlichen, als auch um weitere 10,500 Jahre früher an der süd- lichen Halbkugel — • näher zu bestimmen. Sie dürfen nämlich nur die Grenzen der horizontal gelagerten neptunischen Bildungen an den Gebirgen aufsuchen, und die Höhe dieser Grenzen über dem jetzigen Meeresspiegel überall bestimmen, um daraus jene Höhe folgern zu können. Von Einer Oertlichkeit dürfen sie jedoch noch keinen Schluss ziehen, da dieselbe nach jener Zeit noch durch Erdbeben gehoben sein könnte. In gleichen Entfernungen vom Aequator muss auch im Allgemeinen der Abstand des Meeresspiegels von der Erdaxe derselbe sein. Ausserdem ist die Sicherheit einer Gegend gegen diese periodische Ueberschwemmung von ihrer Höhe über dem Meeresspiegel und von ihrer Entfernung von dem Aequator abhängig. Hochebenen in der Nähe des Aequators müssen daher immer von dieser Ueberschwemmung verschont bleiben , weshalb denn auch die Hochebenen Afrika’s und des südlichen Asiens um 4000 vor Christi Geburt und schon viel früher bewohnbar sein konnten. Moritz Wagener fand die Grenze horizontaler neptunischer Gebirgs - Bildungen in Armenien auf, und entdeckte zugleich , dass auf dem eigentlichen Hochlande von Ar- menien keine Spuren von Versteinerungen und neptunischen Gebilden zu finden seien. (^„Allgemeine Zeitung“ 1843, No. 214, Seite 1672). Diese Hoch- ebene muss also schon in den frühesten Epochen der Urzeit so weit gehoben sein, dass sie von den periodischen — * andauernden Ueberschwemmungen nicht getroffen werden, und nur kurze stürmische Fluthen darüber hinweg gehen konnten. Später gehobene Hochebenen und einzelne Gebirge, welche • — wie z. B. Spanien- — • unter demselben Breitengrade mit Armenien liegen, und sich über jener Höhe über dem Meeresspiegel erheben, auf welcher Moritz Wagener die Grenzen der horizontal gelagerten Kalkschichten endeckte, müssen daher jetzt ebenfalls von diesen periodischen Ueberschwemmungen verschont bleiben. Vergleicht man die Lage der einzelnen Gegenden Europas und Asiens mit Berücksichtigung des so eben Gesagten mit ihrer Erhebung über dem Meeres- spiegel, so erkennet man sofort: dass um 4000 vor Christus nur die gebirgigen Gegenden des südlichen Europas, und die höhern nördlichen Berggipfel als Inseln aus dem Meere hervorragen konnten, und dass namentlich die Tief- 25 ebenen und geringem Gebirge Deutschlands, Russlands, Sibiriens und Turans überschwemmt werden. Reissen sich Eismassen gewaltsam von dem Polareise los, so dass sie in dem Wasser des Meeres schwimmen, so verfallen sie ganz den hydrostatischen Gesetzen, und haben einen geringem Einfluss auf die Attractionskräfte. Jeder „schwimmende Eisberg“ beschleunigte also durch sein Losreissen die Bewegung des Schwerpunkts. Dass einige Zeit nach dem Beginne des Aufthauens des Eises ein „Eisgang“ sich bildet, sehen wir in jedem Frühjahre; und die „schwim- menden Eisberge“ gehören derselben Erscheinung an. — * Die „Sündlluth,“ welche 2,200 Jahre nach der Zeit sich ereignete, wo wahrscheinlich die jetzige Bewegung des Meeres begann, und welche — den vorhandenen geologischen Er- mittelungen zufolge * — stürmisch von Norden nach Süden erfolgte, ergiebt sich demnach als Folge eines gewaltigen Eisganges, dessen Wiederkehr aus südlicher Richtung also auch nach 7000 Jahren in Aussicht gestellt ist. Dass diese stürmische Bewegung des Meeres von Norden nach Süden eine Ceberfluthung Armeniens etc. herbeiführen musste, und für Indien und Spanien minder gefährlich war, ergiebt eine oberflächliche Betrachtung der betreffenden Gebirge. Da noch viel später das „schwarze Meer“ mit dem Eismeere direct verbunden sein musste, und die Gebirge an der untern Donau merklich niedriger sind, als die Gebirge näher dem „caspischen Meere“, so ist es leicht möglich, dass ein neuer gerin- gerer Eisgang zu Deukalions Zeiten der Bevölkerung Griechenlands gefährlich werden konnte, ohne Kleinasien zu beunruhigen. Die Cimbern und Teutonen sollen durch eine U eberschwemm ung zum Verlassen ihrer Wohnsitze an den Küsten der Ostsee veranlasst worden sein. Die Ostsee hat keinen südlichen Abfluss, wie die Nordsee, und war im 9. Jahrhundert nach Christus noch direct mit dem „weissen Meere“ verbunden. Dieser örtlichen Lage zufolge musste daher das Niveau der Ostsee merklich, das der Nordsee aber nur unbedeutend, geändert werden, wenn ein Andrang des nördlichen Meerwassers erfolgte. Jene Ueberschwemmung der Wohnsitze der Cimbern und Teutonen kann daher eben- falls durch einen kleinern Eisgang bedingt worden sein. Vermindert sich die Summe der beiden Polareismassen, so muss sich der Meeresspiegel unter dem Aequator heben. Ein Eisgang, wie er so eben gefolgert wurde, musste eine solche Verminderung hervorbringen. Die Wüste Sahara, welche sich im Allgemeinen nur wenig über dem jetzigen Meeresspiegel erhebt, und noch dazu über 20 Grade nördlich vom Aequator entfernt liegt, musste daher auch noch um 2000 vor Christus ein Meer sein. II. Abihoil. 4 26 Bisher hat man sich vielfach bemüht, das Alter der einzelnen Gebirgs- formationen zu bestimmen. Das relative Alter der einzelnen Gebirge * — d. h. die Zeitfolge ihrer gewaltsamen Erhebung ■ — wurde ermittelt, und selbst hie und da die Zeit mit Zahlen angegeben, welche zur Bildung einzelner Formationen erforderlich war. Eine dieser Berechnungen wurde vor einiger Zeit in No. 53 — 1844 der „Kölnischen Zeitung“ mitgetheilt. Mit Hülfe der Hypothese soll hier neuerdings eine Berechnung der Zeitdauer derselben Bildung versucht werden. In dem königlichen Steinkohlenrevier bei Saarbrück, welches durch plan- massiges Forschen vollständig bekannt ist. und wo in einem kleinen Bezirke die. ungeheuere Summe von 825,180 Millionen Centner Steinkohlen aufgeführt sind, liegen 164 verschiedene Steinkohlen - Lagen über einander, welche zusammen 338 V3 Fuss mächtig sind. Dass alle diese Steinkohlen nur allein aus Resten abgestorbener Pflanzen bestehen, ist längst bekannt. Gestützt auf Ermittelungen Liebigs, und andere chemische Voraussetzungen, wurde die Zeit des Pflanzenwachsthums, die erforderlich war, um jene 338% Fuss mächtigen Steinkohlenlagen zu erzeugen, zu 1,004,177 Jahren berechnet. Diese Zeit des Wachsthums jener Pflanzen wurde aber 164 mal auf längere Dauer unterbrochen, wie es die zwischenliegenden Gesteinschichten beweisen. Wie lange jede ein- zelne Unterbrechung dauerte, hängt von der damaligen Höhe jener Gegend über dem Meeresspiegel ab, welche nicht mehr zu ermitteln ist. Die Zeit der Bildung jener zwischenliegenden Steinschichten und des Pflanzenwachsthums ist aber == 164 x 21,000 = 3,344,000 Jahren, wenn die örtliche Untersuchung ergiebt, dass keine Hebungen und Senkungen auf die Anzahl der einzelnen wechselnden Schichten eingewirkt haben. Dass beide Bestimmungen sich nicht widersprechen, leuchtet ohne weiteres ein. Die früher angestellten Berechnungen der Zeit der Bewohnbarkeit unseres Continentes, welche auf die Deltabildungen unserer Flüsse und die Ab- lagerungen des Sandes an den Meeresküsten gestützt wurden, bestätigt die Hypo- these direct. Dagegen weiset sie aber auch nach, dass jene Berechnungen nur für die nördliche Halbkugel gültig sind, dass die Hochebenen in der Nähe des Aequators immer bewohnbar blieben, seitdem sie sich einmal über die allgemeine Oberfläche des Meeres erhoben hatten, und dass ganze Continente an der süd- lichen Halbkugel bewohnbar sein mussten, während Europa überschwemmt war. Diese richtigere Kenntniss der Beschaffenheit der bewohnten und allmählig der Geschichte verfallenden Gegenden ist für den Geschichtsforscher von hoher Be- deutung. So zeigt diese Hypothese augenscheinlich, dass die jetzigen Bewohner 27 Europas theils über Spanien, theils über Persien lind Kleinasien eingewandert sind, und dass die erstem • — die Celten deshalb noch lange Zeit die Neigung zeigten, nach östlicher Richtung vorzudringen. Wir sehen aber auch, warum der Europäer keine ältere Geschichte aufzuweisen hat, obgleich Indier und Chi- nesen ein so hohes Alter in Anspruch nehmen , und dass wir nicht berechtigt sind, ihnen ihre Angaben zu bestreiten. Auch die Geschichte des Erdballs, und aller darauf lebenden Geschöpfe wird durch diese Hypothese aufgeklärt, indem sie direct nacliweiset, dass alle gewaltsamen Erdrevolutionen, welche das Lebendige zerstörten, immer nur örtliche, wenn auch weit verbreitete Erscheinungen waren, und dass noch jetzt alle Kräfte auf die Erde einwirken, welche sich früher einflussreich zeigten. Dass der Erd- ball früher feuerflüssig gewesen ist, langsam erkaltete und noch jetzt unter einer mässig dicken erstarrten Erdrinde einen geschmolzenen Kern verbirgt, ist allgemein bekannt. Dass unermesslich lange Zeiträume dazu erforderlich waren, bis die Erde ihre jetzige Ausbildung erlangen konnte, zeigen obige Berechnungen einer • — • verhältnissmässig kleinen Veränderung der Erdoberfläche. Dass auch der Dunstkreis der Eide bedeutend grösser gewesen sein muss, und in seinen chemischen Bestandtheilen von der jetzigen Atmosphäre verschieden war, folgt Sowohl aus der hohen Temperatur, welche früher der ganze Erdball hatte, als auch aus den Bestandtheilen der jetzigen festen Erdrinde. Namentlich musste der viele Kohlenstoff, welcher jetzt als feste Kohle in der Erde lagert, und von abgestorbenen Pflanzen herrührt , früher sich als Kohlensäure in der Atmosphäre befunden haben. Diese grosse Masse Kohlensäure, welche das Athmen verhinderte, und in welcher die warmblütigen Thiere * — - und unter diesen der Mensch zuerst • — * ersticken, musste verschwinden, bevor alle jetzt lebenden Thiere exi- stiren konnten. Unbezweifelt ist es daher eine Folge dieser langsamen, und nicht sprung- weise, erfolgenden Veränderung des Erdballs, dass die verschiedenen Gattungen der Geschöpfe, welche ihn beleben, und aus deren versteinerten Resten der grössere Theil der Felsmassen an der Oberfläche der Erde besteht, nur nach und nach aus des Schöpfers Hand hervorgehen konnten. Gleichwohl sind wir nicht, berechtigt: „streng geschiedene Schöpfungsepochen “ anzu- nehmen, obgleich die geognostischen Forschungen sie bisher nachgewiesen haben, und eine genetische Fortbildung der einzelnen Gattungen von In- dividuum zu Individuum zu leugnen, indem ja die ganze Erde einer organischen Fortbildung unterworfen ist, sie deshalb auch zu verschiedenen Zeiten 4 * 28 verschieden auf den thierischen Organismus einwirken musste, und uns obige Hypothese direct nachweiset, dass wir die Thierreste der fehlenden Zwischen- glieder an der südlichen Halbkugel aufsuchen müssen, sobald sich an unserer nördlichen Halbkugel eine Lücke zeigt. Nicht minder scheint der Umstand den geschlechtlichen Zusammenhang der Thiere der Urzeit mit den jetzt lebenden Individuen derselben Gattung zu bestätigen, dass die Bildungsgeschichte eines einzelnen Individuums — eines Fisches z. B. (^„Allgemeine Zeitung“ 1844, No. 193 und 194 „die paläontologischen Leistungen“) • — als Foetus dieselben Verwandlungen nachweiset, die sich in den Resten der Thiere der Urwelt zeigen. Dass einzelne Thiergattungen von Zeit zu Zeit aussterben mussten , wenn die günstigen Bedingungen ihres Seins verschwunden waren, und eine genetische Fortbildung ihrem Organismus nicht mehr zusagte, widerspricht einer Fortbildung der Gattungen eben so Avenig, als eine nicht gleichzeitige Entstehung der jetzt vorhandenen Gattungen. Dass der Mensch die Erde zuletzt betreten habe, wird allgemein ange- nommen, und aus mehren Gründen gefolgert. Wahrscheinlich ist es, dass die ersten Menschen sofort erschaffen wurden, als alle Bedingungen zu ihrer Existenz gegeben waren. Dass auch der Mensch sich im Verlaufe von Jahrtausenden • — sowohl in geistiger, Avie in körperlicher Beziehung genetisch fortgebildet habe, kann nicht bezAveifelt werden : und vielleicht ist keine der jetzt lebenden Menschen- racen den ersten Menschen ähnlich. Augenscheinlich lebt aber das Menschenge- schlecht schon viel •— viel länger auf der Erde, als man bisher zugeben Avollte: wodurch denn auch die geschlechtliche Herleitung der verschiedenen Menschenracen von Einem ersten Menschenpaare — wenn dieses überhaupt erforderlich ist, da Avir ja doch alle gleichmässig aus Eines Schöpfers Hand hervorgegangen sind — möglich gemacht ist, ohne gegen anerkannte Thatsachen anzukämpfen. Die besprochene Hypothese zeigt uns aber, dass man die geognostischen Forschun- gei» nicht auf unseren Continent beschränken dürfe, Avenn man Spuren eines frü- hem Daseins der Menschen entdecken Avill. Dass gleichwohl der Pariser Academie ein neuer Fund von 3Ienschenknochen im festen Gestein der „tertiären“ Gebirgs - Formation vorliegt, wurde vor Kurzem in der „Kölnischen Zeitung“ berichtet. Im Verein mit andern, längst bekannten, Thatsachen zeigt uns die Hypo- these, dass unsere Erde * — als selbstständiger, bewohnbarer und von belebten Geschöpfen beAvohnter Planet — ein so hohes Alter hat, dass unsere Vorstel- lung dafür jedes Maasses entbehrt, und dass Avir die Zeitdauer der Bildung 29 einzelner Gebirgsformationen viel mehr ausdehnen müssen, als es früher geschah. Andererseits zeigt uns die Hypothese direct, dass die Oberfläche der Erde viel weniger Hebungen und Senkungen erlitten hat, als man bisher annehmen musste, um die wechselnden Bildungen der Erdrinde einigermassen zu erklären. Beides zusaminengenonmien führt uns aber zu der Folgerung, dass weder die plutonische noch die vulkanische Thätigkeit der Erde abgenommen habe, und dass unserer Erdoberfläche • — • bei der steten Zunahme der Dicke der erstarrten Erdrinde ► — dereinstens noch heftigere Naturphänomene bevorstehen, als sich früher bei den Erhebungen der verschiedenen Gebirge zeigten. Eben so berechtigen uns diese Folgerungen, die Bildung der „abgesetzten Gesteinschichten“ ganz allein aus den jetzt noch thätigen Kräften abzuleiten, sofern nur bei den älteren Gebilden auf die allgemeinen Aenderungen des ganzen Erdballes Rücksicht genommen wird. . — In der diesjährigen Versammlung der scandinavischen Naturforscher weiset der Professor Forchhammer die Bildung des Alaunschiefers durch den Ver- wesungsprocess des Seegrases unter Wasser nach. Allg. Zeitung“ No. 230.) Dieser langsame Bildungsprocess entspricht vollkommen den langen Zeiträumen der Hypothese. Die Hypothese lässt, eine Verschiedenheit des Bildungsganges der Erd- rinde in den Polargegenden und der Tropenzone erkennen, indem letztere dem periodischen Wechsel ihrer örtlichen Zustände viel weniger unterworfen ist. Ausserdem weiset dieselbe die grössere Heftigkeit jener Phänomene, welche die Bildungen der Diluvialgebilde an vielen Orten zeigen, als vorübergehend und periodisch wiederkehrend nach. Wahrscheinlich ist es daher, dass sich bei einer näheren Prüfung des Alters der einzelnen Bildungen verschiedener Erdtheile ganz andere Ergebnisse finden werden, als man bisher annahm, und dass selbst manche „Tertiär- Gebilde“ der kaltem Zonen viel jünger sind, als andere Gebilde der heissen Zone, welche noch zum Alluvium gerechnet werden. Es drängt sich nun noch die Frage auf: ob nicht dieselben Thatsachen welche die Hypothese stützen, auch in astronomischer Hinsicht eine Rückwirkung äussern müssen, Dass ein solcher Einfluss wirklich vorhanden, kann nicht bestritten werden; ob er aber gross genug, um sich durch Beobachtung nach- weisen zu lassen , dürfte zu bezweifeln sein. Sorgfältige Pendelbeobachtungen müssen eine verschiedene Abplattung der beiden Erdhälften wirklich Nachweisen. Ob aber dieser Umstand eine Vermehrung der Mond-Gleichungen bedinge, scheint verneint werden zu können. Die Hypothese weiset eine geringe Erhebung der Gewässer unter dem Aequator nach, was eine Veränderung der Dauer des Tages 30 veranlassen muss. Dass diese Veränderung verschwindend klein sein müsse, ergiebt die bedeutende Grösse des Trägheitsmomentes des gesammten Erdballes. Eine Veränderung der Richtung der Erdachse gegen die Weltgegenden ist allerdings bedingt, darf aber dreist unbeachtet bleiben. Dagegen ergiebt sich aus allen diesen Ermittelungen kein Umstand, welcher auch nur die geringste Verän- derung der Lage der Erdachse im Innern des Erdballs hervorrufen könnte. Diese Lage ist überhaupt ganz constant, was schon längst mit mathematischer Strenge nachgewiesen ist. Die beiden Polareismassen können sich erst gebildet haben , nachdem die Abplattung der Erde sich gebildet, und die Erdrinde schon merklich erstarrt war. Verschwindet das Polareis, so muss sich das Meer unter dem Aequator heben. Die Pendelbeobachtungen zur Ermittelung der Grösse dieser Abplattung, welche an der Oberfläche des Meeres angestellt werden, und die Berechnung der Grösse der Abplattung aus der Grösse der Fliehkräfte, müssen daher kleine Unterschiede zeigen. Die Abplattung der Erde, und die Verschiedenheit dieser Abplattung an den entgegengesetzten Erdhälften genau zu bestimmen, gehört aber zu den schwierigsten Aufgaben, da so viele örtliche Einflüsse zu beachten sind. Die Richtigkeit der besprochenen Hypothese würde aber durch das Ergebniss bestä- tigt, oder auch direct widersprochen werden. Auch die Untersuchungen der Geognosten müssen zu einer directen Be- stätigung oder Verwerfung der Hypothese führen, sobald sie die Höhe der Gren- zen der jüngsten neptunischen Bildungen überall aufgesucht und bestimmt haben. *) Noch im Anfänge dieses Jahres wurde in No. 2 und 3 der „Allg. Teilung“ der Inhalt eines Buches beurtheill, und — trotz der gerügten Mängel — als „eine organische Weiler- entwickelung der Wissenschaft“ dargestellt, welches nur allein eine derartige Veränderung der Erdachse und deren Folgen behandelt. Jenes Buch »der Urzustand der Erde etc. von Fre- derik Klee, nach der dänischen Handschrift des Verfassers etc.« hat durchaus keinen wissen- schaftlichen Werth, indem der Verfasser überall gegen die ersten Grundsätze der Mechanik ver- stösst. Als unterhaltende Lectüre ist es aber wohl zu empfehlen, weil überraschende Entdeckungen darin verzeichnet sind. — Dass Jemand sich in eine Hypothese verliebt, darf nicht auffallen. Heilige Pflicht gegen die Wissenschaft, und selbst gegen die Wahrheitsliebe eines Beurtheilers ist es aber, dass man rücksichtslos die Mängel einer solchen Arbeit aufdeckt. Der erwähnte ßeurtheiler dieses Buchs hat aber selbst etwas «hauptsächlich» «Mystisches» aufgefunden, und doch alle Folgerungen gelten lassen, welche darauf gestützt werden. Diese Halbheit zu rügen, und dadurch gleichzeitig zu scharfem Widerspruche gegen den vorliegenden Aufsatz zu reizen, war die Absicht des Verfassers bei Erwähnung dieses Buches. 31 Finden sich diese Grenzen in überwiegender Mehrheit in solchen Höhen, wie es die Hypothese verlangt, so würde dadurch nicht nur die Hypothese an sich be- stätigt, sondern auch die Grösse der besprochenen Erscheinungen ermittelt sein. Einige wenige Angaben für verschiedene Breitengrade sind aber schon genügend, um auf analytischem Wege die Curve näher zu bestimmen, welche die Oberfläche des Meeres vor 6000 Jahren beschreiben musste. Dieses Manuscript sollte schon abgesandt werden, als es dem Verfasser noch glückte, eine genaue Angabe der frühem Höhe des „mittelländischen Mee- res4* aufzufinden. Die Wichtigkeit dieser Thatsache veranlasst ihn, die eignen Worte des Berichterstatters vollständig mitzutheilen , und sich erst später einige Bemerkungen zu denselben zu erlauben. Die betreffenden Angaben befinden sich in den „Erläuterungen zu seinem Relief des Vesuvs“ welche der Dr. Philipp! in der zwanzigsten Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte mittheilte und in den „amtlichen Bericht“ über diese Versammlung aus- genommen wurden. Der Herr Verfasser sagt daselbst: „Merkwürdig ist das Vorkommen von Versteinerungen auf dem Vesuv in einer Höhe von 1800 Fuss über dem Meere. Man hat behaupten wollen, es seien Auswürflinge , und in der That liesse sich dieses zur Notli glauben von einem Cardiufn eclule , welches ich gesehen, und das in seinem Ansehen und Vor- kommen in einem ziemlich festen, gelblichweissen , mergeligen Kalkstein ganz überein kommt mit einer jungen Bildung an den Küsten des Vesuvs; allein es ist nicht zu bezweifeln, dass manche andere Versteinerungen dort an Ort und Stelle gelebt haben, und begraben sind. Hieraus folgt unstreitig, dass das Meer einst die ganze untere Hälfte des Vesuvs bedeckt hat; allein diese auffallende Thatsache dürfen wir nicht isolirt betrachten, wenn wir nicht zu falschen Schlüs- sen uns wollen verleiten lassen, sondern wir müssen sie mit den analogen Er- scheinungen in der Gegend in Verbindung bringen, namentlich mit der Thatsache, dass der vulkanische, offenbar vom Meer verbreitete und abgesetzte Tufl' Cam- paniens, der in alle Thäler der Appenninen eindringt, auch an vielen andern Stel- len in sehr beträchtlicher Höhe über dem Meere vorkoinmt. Leider fehlen bis jetzt fast alle hierauf bezügliche Höhenmessungen, doch wissen wir durch Gussone, dass in der Schlucht von Monteforte, durch welche die grosse Strasse von Nea- pel nach Avelino führt, in einer Höhe von 1896 Fuss der Tuff der campanischen Ebene in grosser Mächtigkeit ansteht; ein höchst wichtiges Factum, von welchem 32 ich mich selbst überzeugt habe. Wir haben es gewiss nicht mit einer einzelnen Erhebung des Vesuvs, einer andern Erhebung des Epomeo, einer dritten der Schlucht von Monteforte u. s. f. zu thun, sondern wir müssen annehmen, dass in der Tertiärperiode die ganze Gegend um Neapel sich etwa 1800 Fass erhoben habe, der Vesuv damals bereits in Thätigkeit gewesen sei, und als Insel über dem Spiegel der See hervorgeragt habe. Schon Leopold von Buch hat dar- auf aufmerksam gemacht, dass der Tuff Campaniens am Vesuv bis zu einer Höhe von 1800 Fuss reicht. Dass sich Meeresversteinerungen auf dem Epomeo in einer Höhe von 1400 Fuss, auf dem Vesuv in einer Höhe von 1800 Fuss linden, hat eben so wenig Wunderbares, als dass sich dieselben bei Benevent, bei Ariano und sonst befinden, und ich sehe nicht den mindesten Grund, weshalb man genöthigt sein sollte anzunehmen, dass die Erhebung, welche am Vesuv und am Epomeo den Meeresgrund trocken gelegt, von einer andern Natur gewesen sei, als die, welche die tertiären Massen Italiens überhaupt gehoben hat. Der Umstand aber, dass eine so ungeheure Strecke Landes nicht aus Sand, Mergeln und Thon, sondern aus vulcanischem Tuff gebildet ist, beweist zur Genüge, dass die Krater der phlegräischen Felder, Ischia’s und der Vesuv schon in der Ter- tiärzeit und vor der Erhebung der erwähnten Landstriche nicht nur thätig gewe- sen, sondern dass ihre Thätigkeit grossentheils in Ascheneruptionen bestanden habe.“ • — Bisher >var die „Erhebungstheorie “ das einzige Auskunftsmittel, um das Vorkommen von Meeres Versteinerungen aul Gebirgen zu erklären, dass diese Erklärung hier nicht zulässig sei, ergiebt sich aus einer näheren Betrachtung der Oertlichkeit : indem diese die vulkanischen Eruptionen begünstigt, und sich dadurch gegen eine so allgemeine — weit verbreitete Erhebung sichert, wie sie der Be- richterstatter glaubte annehmen zu müssen. Die besprochene Hypothese hat aber eine andere Erklärung dieser Erscheinung zugelassen, welche unleugbar ihren wirklichen Verlauf angiebt. Die directen Höhenmessungen in der Schlucht von Monteforte und die theoretischen Ermittelungen der Hypothese weisen daher nach: dass unter’m 4 t. Grade nördlicher Breite • — dem Parallelkreise dieser Schlucht — ^ der Spiegel des Meeres in einer früheren Zeit überall 1900 Fuss höher ge- wesen sei, als dieses jetzt der Fall ist, und dass das Meer auch dieselbe Höhe wieder erreichen müsse, wenn der Zeitraum seiner periodischen Bewegung ver- flossen ist. Bremen und seine LTmgebung ■ — mit Bedauern sei es gesagt — wird daher auch dem Geschick nicht entgehen können, dereinstens gegen 3000 Fuss unter dem Meeresspiegel zu liegen. 33 Vorläufig muss Bremen jedoch noch eine völlige Binnenstadt werden und seinen directen Seehandel aufgeben, bevor sich das Meer über sein jetziges Ni- veau erheben kann, weil zuerst alle Sandbanke und minder tiefen Stellen der Nordsee bewohnbares Land werden müssen. Dieses ergiebt sich aus den geolo- gischen Verhältnissen der Küsten des Kaplan des, welche Dr. Kraus in der 20. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte mittheilte: indem sich das Niveau so lange senken muss, bis die horizontalen, mit und ohne Petrefacten wechselnden, und 8 bis 9 Stunden landeinwärts sich erstreckenden, Schichten der Küstengegend an der Algoabay vollständig vom Meere bedeckt sind. Leider wurde die Höhe der Grenzen dieser Formation nicht näher ange- geben. Schliesslich erlaubt sich der Verfasser noch einmal auf die geologischen Eintheilungen der abgesetzten Gebilde in Alluvium, Diluvium, Tertiärformation etc. und deren Unhaltbarkeit beim Vergleichen der einzelnen Gebilde verschiedener Gegenden zurückzukommen, und noch einmal auf die Wichtigkeit absoluter Zeitbestimmungen aufmerksam zu machen. So, wie die Entfernungen verschieden geschätzt werden, wenn die nächsten Umgebungen des Beobachters mehr oder minder durchschnitten sind, und derselbe nur dann befähigt ist, verschiedene Gegenden mit einander zu vergleichen, wenn er die absoluten Entfernungen einiger Hauptpuncte kennt • — und doch das perspectivische Bild dieser Gegenden dasselbe sein kann; ebenso wird der Geologe das Alter der einzelnen über ein- ander gelagerten Schichten in verschiedenen Gegenden verschieden schätzen, wenn die einzelnen Gebilde der einen Gegend in kürzerer Zeit entstanden sind, als die Gebilde einer andern Gegend, und kein bestimmtes Zeitmaass für einzelne Haupt- abschnitte in dem Wechsel der Bildungen vorhanden ist. Dazu kommt, dass alle Geschöpfe einer genetischen Fortentwickelung un- terworfen sind, und dass dieses der Zeit nach um so rascher erfolgen muss, je schneller die äussern Einflüsse wechseln, unter denen die betreffenden Individuen leben, und je kürzer die Lebensdauer der einzelnen Individuen einer Gattung ist. Zum Erkennen des relativen Alters der verschiedenen Gebilde derselben Gegend sind die Petrefacten sehr geeignet, als Anhalt beim Vergleichen des Alters der Bildungen verschiedener Gegenden aber nur mit Vorsicht zu benutzen. Ein Beispiel wird das Gesagte deutlicher machen: Als das Meer sich mehr und mehr von der nördlichen Halbkugel zurückzog, musste ein Theil des Meerwassers in den Tiefebenen am Oberrhein zurück bleiben. Der Rhein, indem er fortwährend süsses Wasser diesem Landsee zu- 5 II. Ablheil. 34 führte, und sich bei Bingen einen Ausweg bahnte, verminderte nicht nur nach und nach den Salzgehalt dieses Landsees, sondern leitete auch sein Wasser selbst ab, indem er den Abfluss bei Bingen immer tiefer aushöhlte. Innerhalb eines Zeitraums von weniger als 6000 Jahren wurden also in dem Mainzer Becken die verschiedenartigsten Bildungen abgesetzt, und die dort lebenden Mol- lusken einem schnellem Wechsel der äussern Einflüsse unterworfen, als es in anderen Gegenden der Fall war. Dass die älteren Gebilde des Mainzer Beckens zu der Tertiärformation gerechnet werden, ist den bisherigen geologischen Kennt- nissen ganz entsprechend. Augenscheinlich sind diese Gebilde aber viel jünger, als andere • — nicht einmal Aveit entfernte, Avelche noch dem Alluvium angehören. Im Vorstehenden hat der Verfasser die einzelnen Schlüsse und Folge- rungen der Hypothese mehr andeuten, als vollständig naclweisen wollen. Nur allein die Wichtigkeit der theoretisch ermittelten Thatsachen — und als solche glaubt der Verfasser den grössten Theil des Gesagten ansehen zu können » — • hat ihn zu dieser Mittheilung bewogen. Auf manche Folgerungen ist er durch Freunde aufmerksam gemacht Avorden, die alle — Avie er selbst * — zuerst die Hypothese venvarfen, dann aber ihr grössere Aufmerksamkeit schenkten, weil sie von den vielen Aufklärungen überrascht wurden, Avelche dieselbe geAvährt. Sollte der Verfasser in diesem Aufsatze etwas, schon allgemein Bekanntes hervorge- hoben haben, so bittet er nochmals, anf seine isolirte Stellung in einer deutschen Grenzfestung gütigst Rücksicht nehmen zu Avollen. Luxemburg, im September 1844. v. Bruch hausen, Lieutenant der Artillerie. Die Abhandlung selbst in extenso zu verlesen, Avar Avegen der Kürze der Zeit nicht möglich. Der Herr Präsident giebt daher ein kurzes Resume. Diejenige Halbkugel, Avelche in der Nähe des Perihels ihren Sommer hat, empfängt mehr Wärme, strahlt daher auch mehr Wärme aus: daher bilden sich mehr Niederschläge; und in Folge davon mehr Polareis auf dieser Halbkugel. Da- durch Avird der Sclrwerpunkt der Erde verrückt, und diese Verrückung verursacht Aviederum die Meeresströmungen, Erhebung Skandinaviens u. s. av. Der Herr Präsident giebt zu, dass eine Verrückung des SchAverpuncts allerdings die daraus 35 abgeleiteten Folgerungen haben würde; dagegen läugnet derselbe, dass eine hin- reichende Verrückung des Schwerpuncts aus den angeführten Gründen folgen könne. Das Maximum der hieraus hervorgehenden Verrückung konnte höchstens 21 Fuss betragen. Dazu kommt, dass die nothwendigen Folgerungen der Hy- pothese des Herrn .Bruchhausen in der Erfahrung sich nicht nachweisen lassen. Skandinavien hebt sich, aber Dalmatien sinkt. Herr Dr. jur. Focke bemerkt, dass sich unmöglich mehr Eis am Pole bilden kann, als Regen fällt. Um aber eine gehörige Verrückung des Schwer- puncts hervorzubringen, aus der die gezogenen Schlüsse wirklich folgern würden, so müsste während der 10000 Jahre jährlich 16- — -17 Fuss Niederschlag fallen und aller dieser Niederschlag müsste sich in Eis verwandeln, was beides un- glaublich sei. Dagegen bemerkt Herr Dr. Sonnenburg, dass man an den Polen wohl einen ausserordentlichen Niederschlag annehmen könne, dazu kommen die vielen Phänomene, die auf eine Eiszeit und eine plötzlich eingetretene Vereisung hindeuten. Aber auch dann käme ein viel zu geringes Quantum der Verrückung heraus, wie Herr Prof. Mädler einwendet. Es entsteht eine Debatte über die Eisbildung. Das Resultat war, dass sich in keinem Fall eine so bedeutende Wirkung ergiebt, wie sie der Herr Verf. urgirt. Herr Prof. S tieffei giebt eine Mittheilung über Vorausbestimmung der Witterung. Die durchschnittlichen Schwankungen , die Schwankungen während 13 Jahre und die Gleichheit des laufenden Monats mit dem nämlichen Monat eines frühem Jahrs sind die Grundlagen, aus denen auf die Witterung des kommenden Monats geschlossen wird. Unter demselben Meridian ist die Witterung dieselbe, die Ostwinde oder Westwinde treten unter demselben Meridian gleich- zeitig ein. Dagegen ein Unterschied der Länge verursacht verschiedene Temperatur. Es wird die Aufgabe sein, die verschiedenen Witterungsgegenden zu unter- scheiden. Herr Prof. S tief fei theilt Exemplare seiner Monatsschrift „Zeus“ aus; ebenso einige Exemplare der „Beobachtungen des meteorologischen Vereins im Grossherzogthum Baden, zusammengestellt und mitgetheilt von S tieffei.“ Herr Prof. Listing bringt die Frage in Anregung, ob nicht die Beob- achtungen in Deutschland auf dasselbe Maass bezogen werden könnten. Es sind hauptsächlich zweierlei Maasse in Gebrauch, der piedduroi und das metrische System. Die Reduction des einen auf das andere ist bei einer grossen Anzahl von Beobachtungen höchst mühselig. Herr Prof. Listing schlägt zur allgemeinen Annahme das metrische System vor, wegen der Decimaltheilung. Die Discussion über den Gegenstand wird auf die nächste Session verschoben. 5 * 36 Herr Prof. Mädler hielt darauf seinen Vortrag: Ueber die hyberbolisclien Kometenbahnen. Wenn bei einem Kometen der Schweif wenig oder gar nicht merklich ist, so darf man sich die Annahme erlauben, dass der hellste Punct und der Schwer punct des Ganzen identisch seien; nicht so bei lang geschweiften, zumal wenn sie wie der von 1843 im März einen sehr starken Schweif und einen ganz unscheinbaren , kaum wahrnehmbaren Kopf haben ; hier muss vielmehr der Schwerpunkt des Ganzen viel weiter nach dem Schweife zu liegen als der hellste Punct des Kopfes. Wir bestimmen also die Orte eines näher nach der Sonne zu liegenden Puncts und der Unterschied beider ist am grössten, wenn die Sonnennähe eintritt. Statt des kleinsten Abstandes q und Parameters p der wirklichen Bahn wird also ein auf die Bahn des hellsten Puncts bezüg- liches q ' und p ' erhalten , und es ist offenbar, P>P' q>q' (p — p0> Cp* — qO so dass—, ein kleinerer Bruch als — ist, da in allen Fällen auch p >• u. Ist — p P 5 r ^ 1 p nahezu jedoch grösser, gehört also die Bahn zu den der Parabel nahe- stehenden Ellipse, so kann leicht -jjy kleiner als V2 werden, die Berechnung also eine hyperbolische Bahn ergeben. In neuern Zeiten sind einige Bahnen hyper- bolisch gefunden worden; man könnte also, ohne den Beobachtungen grössere Fehler als die wahrscheinlichen anfzubürden, demnach gar wohl annehmen, dass auch diese Bahnen in der Wirklichkeit elliptische, folglich geschlossen sind. Ebenso kann man fragen, ob die vom hellsten Punct beschriebene Curve ein Kegelschnitt sein werde? Aus der Natur der Sache ergiebt sich, dass nur bei einer ganz bestimmten und keinesweges nothwendigen Formel für die succes- sive Abweichung des hellsten Puncts vom Schwerpuncte der erstere in einem Kegelschnitte sich bewegen kann, zugleich aber auch, dass es stets einen solchen geben werde, welcher der in Rede stehenden Bahn sehr nahe kommt; destomehr, je kürzer der beobachtete Theil ist. Daher mag es kommen, dass Beobachtungen vor und nach dem Perihel zuweilen verschiedene Bahnen geben, und dass es Argeiander nicht gelang, das schöne und reiche Beobachtungsmaterial für den grossen Kometen von 1811, das 510 Tage umfasste, in einer einzigen und völlig 37 befriedigenden Kepplerschen Ellipse zu vereinigen. Es wird indess schwer sein, für die rechnende Praxis von dieser Bemerkung Gebrauch zu machen; erst dann, wenn ein periodischer Komet mehrere Umläufe wirklich gemacht hat, kann man es versuchen , eine Correction einzuführen ; doch werden stets mehrere willkür- liche und direkt nicht bestimmbare Constanten darin erscheinen und die Anwen- dung unsicher machen. Herr Dr. Lehmann bemerkt, dass wenigstens bei dem Halley’schen Kometen eine solche Uebereinstimmung der Beobachtungen bei den 4 Umläufen stattfindet, dass hier ein merklicher Unterschied zwischen Schwerpunkt und hellstem Punkte nicht angenommen werden kann. Herr Dr. Erpenbeck giebt eine Mittheilung über die Möglichkeit der Construction eines Cycloidalpendels. Für die nächste Sitzung ist zunächst die Discussion über den von Herrn Listing angeregten Gegenstand anberaumt. Herr Erpenbeck verspricht ein Planetarium vorzuzeigen. Mathematisch - Astronomische Sectio n. Den 23. September 1844. Der Herr Präsident macht einige Bemerkungen über die von Herrn Listing angeregte Frage. Herr Listing hätte ausser dem pied du i'oi und dem metrischen System auch den englischen Fuss anführen sollen. Der Herr Präsident glaubt nicht, dass es so bald zu einer Vereinigung kommen werde. Gegen das metrische System bemerkt derselbe, dass es mehr sein wolle als ein willkürliches Maass, was es doch in der Wirklichkeit nur ist, und dass es sich daher weniger zur allgemeinen Einführung eigne. Herr Klüver bemerkt, dass der Fuss eine allgemein anschauliche Grösse sei, das Meter dagegen jedesmal für eine deutliche Vorstellung in Fusse übersetzt werden müsse. Dasselbe, die gewohnte Anschauung, spreche, wie Herr Professor Mädler bemerkt, auch gegen die 100 theiligc Eintheilung des Thermometers statt der 80theiligen. Es entspinnt sich eine Discussion über einen einzuführenden Normalfuss, namentlich durch die Pendellänge. Die bei weitem vorherrschende Stimmung spricht sich gegen das metrische System aus; ohne jedoch über einen bestimmten Fuss sich vereinigen zu können. 38 Herr Dr. Focke zeigt an, dass im Archiv ein Modell der Schleuse zu Bremerhaven vorhanden sei und Herr Archivar Dr. Noltenius sich erboten habe, dasselbe der Section vorzuzeigen. Herr Klüver spricht noch Einiges über die von Herrn Lieutenant von Bruchhausen eingesandte Abhandlung. Es sei nicht constatirt, dass die Eis- massen festsitzen, wie Herr von Bruchhausen voraussetze. Ferner können die Niederschlage für die Eisbildung fast gar nicht in Anschlag gebracht werden, da in hohen Breiten gar keine Niederschläge mehr sich bilden, wegen der geringen Dampfcapacität, aus demselben Grunde, aus welchem auch die Berge nicht ins Unendliche durch Anhäufung von Schnee und Eis wachsen. Eine veränderte Lage der Rotationsachse der Erde lasse sich durchaus nicht annehmen, daher müsste eine etwaige Verrückung des Schwerpunkts in der Rotationsachse selbst geschehen sein. Dies ist aber höchst unwahrscheinlich, vielmehr hätte diese Ver- rückung gegen den Kältepol hin stattfinden sollen, der nicht mit dem Erdpol zusammenfällt. Alsdann hält Herr Klüver einen Vortrag: Ueber die Abweichung der Abplattung unserer Erde, welche aus ihrer jetzigen Rotationsgeschwindigkeit gefolgert werden muss und derjenigen, Avelche die wirkliche Beobachtung er- geben. Es ist bekanntlich zuerst von Laplace gegen die hin und wieder be- hauptete allmählige Abnahme der mittleren Temperatur der Erde der Grund ein- gelegt worden, dass solches mit der beobachteten Un Veränderlichkeit der Sterntage sich durchaus nicht vertrage, indem eine Abnahme der mittlern Temperatur des Erdballs auch eine entsprechende Verminderung seines Durchmessers, und damit wiederum eine Verkürzung des Sterntages zur Folge haben müsse. Denn nehmen wir die mittlere thermometrische Ausdehnung derjenigen Substanzen, aus welchen die Erde besteht, zu V100000 für i° Celsius an, so würde eine Temperatur- Aenderung von 1 0 C. eine Aenderung des Sterntages von 1 % Sec. bewirken. Aus den Mondsbeobachtungen wissen wir aber, dass diese Veränderung des Sterntages seit Hipparchs Zeiten, also seit 2000 Jahren, noch nicht l/100 Sec. betragen haben könne, und man kann also schliessen, dass die Temperatur des Erdkörpers von der, welche sie vor 2000 Jahren besass, sich nicht um Vi7o 0 C. unterscheide. 39 Allein dieses kann doch nicht immer also gewesen sein, wenn wir den plutonistischen Hypothesen folgen, nach welchen der ursprüngliche Zustand der Erde ein feurig flüssiger war. ln diesem Zustande muss sie auch bereits eine Rotation um ihre Axe gehabt haben, weil nur dadurch die an ihr beobachtete Abplattung erklärt werden kann. Welche Umdrehungsgeschwindigkeit und welche Abplattung sie in jener Urzeit haben mochte, lässt sich nicht angeben, sondern es lässt sich darüber bloss allgemeinhin sagen, dass sie von der jetzt beobach- teten verschieden, und zwar kleiner sein musste. Denn in dem glühenden geschmolzenen Zustande, worin sich damals die irdischen Stoffe befanden, mussten sie nothwendig einen grossem Raum einnehmen; der Erddurchmesser war also grösser und das Entgegengesetzte des oben erw ähn- ten musste stattfinden, eine langsamere Rotation und eine geringere Abplattung. Bei der allmähligen Abnahme jener hohen Temperatur zog sich die Masse zusammen, die Rotation wurde schneller, die Abplattung nahm zu. Endlich bei hinlänglich verminderter Temperatur erhärtete sich die Masse an der Oberfläche, und obgleich die Temperatur- Abnahme und damit die Beschleunigung der Rotation fortdauerte, musste doch die Zunahme der Abplattung ihre Endschaft erreichen, als die Erdrinde so weit erhärtet war, um einer weiteren Formveränderung hin- reichenden Widerstand entgegensetzen zu können. (Manche Durchbrüche der tieferen, noch geschmolzenen Massen mochten indessen durch die sich fortwährend beschleunigende Rotation von Zeit zu Zeit noch hervorgerufen werden, namentlich in der Aequatorial-Zone, wo der durch die wachsende Centrifugalkrafl vermehrte Druck gegen die feste Rinde am stärksten war u. s. w.) Es musste sich sonach endlich eine Abplattung der Erde feststellen, und zwar, wie wir die Muthmaassung hegen dürfen, nahezu diejenige, welche jetzt aus den Gradmessungen und Pendelschwingungen abgeleitet worden ist und die beiläufig '/goo beträgt. Allein diese Abplattung stimmt nicht mit derjenigen, welche aus der jetzigen Umdrehungsgeschw indigkeit der Erde folgt, und die erheblich grösser nämlich = y210 gefunden wird, Avogegen jene also auf eine langsamere UmdrehungsgescliAvindigkeit, oder eine grössere Tageslänge schliessen lässt. Es lässt sich nun die Frage aulwerfen , Avelches Avar die Umdrehungsge- scliAvindigkeit der Erde, Avelche der jetzt beobachteten Abplattung entspricht? Die Theorie giebt darüber bald Aufschluss, und eine darüber angestellte nur flüchtige Rechnung ergiebt beiläufig 25 h 18' für die entsprechende Periode der Rotation oder der damalige Tag Avar um ib 18' länger als der gegenwärtige. 40 Insofern nun dieses Ergebniss abhängig ist von der Grösse der Contraction der Erdmasse, von da an bis auf die jetzige Zeit, so lässt sich auch dieses leicht berechnen, und man findet, dass der Erddurchmesser um beiläufig 47 geographische Meilen grösser sein musste als jetzt. Dürfte man annehmen, dass die Ausdehnung der irdischen Stoffe dem Zunehmen der Temperatur durchweg proportional gehe, so würden wir zu jener Vergrösserung zu einer so hohen Temperatur geführt, dass dabei an eine feste Erdrinde wohl noch nicht gedacht werden dürfte wie es doch vorausgesetzt ist. Allein, wenn bei einer schon um vieles geringem Tem- peratur sich viele irdische Stoffe noch in der Dampfform befinden, so dürfen wo- für den damaligen Zustand auf eine, im Vergleich mit unserer jetzigen Atmosphäre ungleich dichtere und höhere schliessen, und da auch diese ebenmässig an der Rotation mit theilnehmen musste, so bedarf es einer so grossen Ausdehnung der Erdmasse und also auch einer so hohen Temperatur für unsern Fall gerade nicht, so wie denn auch die ganze Differenz zwischen der so zu sagen theoretischen Abplattung und der wirklich beobachteten nicht ihren alleinigen Erklärungsgrund in dem hier angeführten zu finden braucht, es mag vielmehr genügen, gezeigt zu haben, dass eine geringere Abplattung unserer Erde als die berechnete von 1 : 230 als nothwendige Folge aus der Hypothese des Plutonismus hervorgeht. Herr Erpenbeck zeigt ein Tellurium vor, das sich durch seine Einfach- heit auszeichnet. Herr Imhorst zeigt eine Kosmosphäre vor, eine hohle Glaskugel, den Fixsternhimmel vorstellend, in welcher der Erdglobus befestigt ist. Das Instrument ist aus London und gehört der hiesigen Navigationsschule. Herr Prof. Zeune trägt einige Gegensätze zwischen den Völkern beider Hemisphären vor. Gegen 1000 Millionen Menschen auf der Ostfeste, zu der auch noch ein grosser Theil von Australien gehört; dagegen auf der Westhälfte eine merkwürdige Abnahme. Nordamerika nicht ganz 30, Südamerika gegen 20 Mil- lionen. Nach Valmy atlas ethnographique giebt es 860 Sprachen; von diesen müssten nach der Bewohnerzahl nur y20 auf die neue Welt kommen, wäh- rend in der That 423 auf dieselbe fallen. Der Unterschied wird noch greller, wenn wir bedenken, dass s/4 Europäer sind, die Amerika bewohnen, es giebt nur noch 10 Millionen wirklicher Urbewohner. Eine grosse Sprachgruppe geht vom bengalischen Meerbusen bis zum atlantischen Ocean. Lässt sich eine Verwandt- schaft finden zwischen den Sprachen beider Hemisphären? Es findet sich durchaus 41 keine Sprachverwandschaft. Was etwa daran erinnern könnte, mag daher rühren, dass der menschliche Geist durch ein natürliches Gefühl auf gewisse Sprachbil- dungen hingetrieben wird; Dr. von Ts c hu di hat die Entdeckung gemacht, dass in Peru sowohl in den Gräbern Schädel sich befinden, als auch jetzt noch Völkerschaften leben, die im Kopfe einen Knochen mehr haben, als die andern Menschen. Dieses os int er parietale haben alle Völker der neuen Welt, so verschieden ihre Schädel sonst auch sein mögen, während die Adamskinder das- selbe nicht haben. Bei den Raubthieren findet sich derselbe auch. Dass bei den Mexikanern das os interparietale ebenfalls vorkommt, beweisen einige hier in der Seefahrt befindliche Schädel. Man muss daher wohl verschie- dene Ra9en annehmen, kann das Menschengeschlecht nicht auf ein Menschenpaar zurückführen. Zum Schlüsse theilte Herr Prof. Zeune noch einige Nachrichten über eine Expedition nach Schoa mit. J. M. Madien Zech. 0 n. AUbcii. 42 II. Section für Physik, Chemie und Pharmacie. Da für die Section für Physik, Chemie und Pharmacie und für die fol- gende Section für Mineralogie und Geognosie dasselbe Local zu verschie- dener Zeit bestimmt war, so versammelten sich am 18. September die Mitglieder beider Sectionen auf dem Schütting. Hier verzeichneten in Folge der Aufforderung des Herrn Apothekers To el die anwesenden Physiker etc. ihre Namen und schritten zur Wahl eines Präsidenten, welche auf Herrn Hofrath Dr. Vogel aus München, und eines Secretairs, welche auf Herrn Professor March and aus Halle fiel. Sitzung den 19. September 1844. Präsident: Hofrath Dr. Vogel aus München. Secretair: Professor Marchand aus Halle. Vorträge: 1. Herr Bergrath Professor Walchner aus Karlsruhe sprach über die Dar- stellung des Schwefelwismuths Bi -J- 2 S. auf nassem Wege. 2. Herr Professor Erdmann aus Leipzig hielt einen Vortrag über die Bestim- mung der Mischungsgewichte der einfachen Körper, mit besonderer Bezie- hung auf eine von ihm gemeinschaftlich mit Prof. Marchand begonnene Arbeit über diesen Gegenstand, die dabei angewandten Methoden u. s. w. 3. Herr Professor Hru schauer aus Grätz übergab den amtlichen Bericht über die 21. Versammlung deutscher Naturforscher in Grätz. 4. Herr Professor Böttger aus Frankfurt sprach über die von ihm gemein- schaftlich mit Herr Dr. Brom eis erfundene Hyalographie und zeigte mehrere Erzeugnisse derselben, nebst Proben von versilbertem Glase vor. 43 5. Herr Dr. Vogel jun. aus München theilte seine Versuche über das Vor- kommen salpetersaurer Salze im Wasser deutscher Flüsse, besonders im Isarwasser mit. 6. Herr Professor March and sprach über die Pikrinsalpetersäure und deren Constitution unter Vorlegung verschiedener Präparate. 7. Derselbe beschrieb seine Methode der Analyse des Schiesspulvers. 8. Herr Edler von Lanyi aus Ungarn theilte Bemerkungen über Artemisia vulgaris und deren Anwendung als Zunder mit. Sitzung den 20. September 1844. Vorträge: 1 . Herr Apotheker Kindt theilte , in Bezug auf Herrn Prof. Erdmanns Angaben, über die Zersetzung des schwefelsauren Bleioxyds durch Glühen, bestä- tigende Versuche mit, von ihm und Herrn Ul ex aus Hamburg ausgeführt. 2. Herr Dr. Vogel jun. aus München, sprach über die Zusammensetzung der Asche des menschlichen Blutes. 3. Herr Prof. Erdmann sprach über ein thierisches Concrement, welches als gelbe Malerfarbe angewandt wird, und eine eigentümliche Säure, E uxantliin s äure, enthält. 4. Herr Prof. Walchner theilte seine Versuche über die Verkohlung des Holzes mit, zu denen Prof. Marchand einige Bemerkungen machte. 5. Prof. Marchand theilte Beobachtungen über die gewöhnlichen Verunreini- gungen des Sublimats und des Zinnobers mit. über die Reactionen auf Strychnin, und die Umwandlung der Citronsäure in Trocinsäure. 6. Prof. Erdmann machte auf die Auflöslichkeit des Chlorsilbers in Sauer- stoffsalzen aufmerksam. 7. Herr Prof. Böttger sprach über die optischen Eigenschaften des Oxal- säuren Eisenoxyd-Clnomoxyd-Kalis. Sodann sprach derselbe über das Mittel, Schwefelsäure in Essig durch Chlorcalciüm nachzuweisen, und legte eine Anzahl schön crystallisirter Salze vor. 8. Herr Christeinicke aus Lübeck, zeigte einen grossen Stoererschen Magneto-electrischen Apparat vor, und stellte Versuche mit demselben an. 9. Herr Dr. Erpenbeck aus Leer, zeigte ein Luftpyrometer vor, und erläu- terte dasselbe. 6* 44 10. Herr Prof. Listing aus Güttingen sprach über ein sehr einfaches abge- kürztes Barometer, zu annähernden Höhenmessungen, von bequemer Ein- richtung. Derselbe theilte ein Exemplar seiner „kleinen hygrometri sehen Tafeln“ mit. 11. Herr Prof. Marchand berichtete über die Untersuchungen über Arsenik- vergiftungen, über welchen Gegenstand eine Abhandlung von Dr. Witting aus Höxter eingegangen war. Sitzung den 23. September 1844. Präsident: Professor Erdmann aus Leipzig. Secretair: Professor Ma i ch and aus Halle. Vorträge: 1. Herr Prof. Hruschauer aus Grätz sprach über das Vorkommen des Tel- lurs in den Oestreichischen Staaten, und der Zusammensetzung des Tetradymids bei Chemnitz. Das Erz, wie das reine Metall wurden vorgelegt. 2. Herr Dr. Kohl rau sch aus Rinteln sprach über ein, nach Dellmann, von ihm ausgeführtes und abgeändertes Electroscop, zeigte dasselbe vor, und stellte Versuche damit an. 3. Herr Dr. Hi mly ans Göttingen sprach über die Photographie und die von ihm angewandte Methode. Zugleich zeigte er prachtvolle Exemplare von Lichtbildern vor, und knüpfte daran eine Mittheilung über unterschweflig- saure und schwefligsaure Goldoxydul -Doppelsalze. 4. Derselbe sprach über den Zinkumd ruck, und zeigte Drücke und Platten vor. 5. Herr Dr. Leube aus Ulm sprach über die Zusammensetzung des Dolomits, und seine Methode, Magnesia von Kalkerde zu scheiden. 6. Herr Dr. Bro meis aus Hanau sprach über die Umwandlung des Chinins und Cinchonins in Chinälin, uud die Zusammensetzung und Eigenschaften dieses flüssigen Alkaloids. 7. Derselbe theilte einige Bemerkungen mit, über eine eigenthümliche Erschei- nung bei der Verzinnung von Kupfer, und die dabei sich bildende Legi- rung beider Metalle. 8. Endlich machte derselbe Mittheilungen über die von ihm und Malaga ti auf- gefundenen chromhaltigen organischen Säuren. 45 9. Herr Prof. March and machte auf die Zerlegung des Chlorsäuren Kalis bei Gegenwart von Manganoxyd aufmerksam. 10. Herr Abel aus Hamburg sprach über die Schmelzbarkeit des Platins in der Löthrohrflamme, und stellte Versuche darüber an. 11. Herr Prof. Erd mann sprach über die Zusammensetzung der Pilanzenaschen, und machte noch einige andere Mittheilungen, und schloss die Ver- sammlung durch einige Worte des Dankes an das gastliche Bremen^ auf welches die Versammlung ein freudiges Hoch ausbrachte. 46 III. Section für Mineralogie und Geognosie. Di.' mit den Mitgliedern der vorigen Section wie oben erwähnt am 18. Sep- tember auf dem Schütting zusammengetretenen Mineralogen und Geognosten, schritten in Folge einer Aufforderung des Herrn Apothekers Kindt nach Ein- zeichnung ihrer Namen zur Wahl des Präsidenten, welche auf Herrn Geheime Rath von Struve aus Hamburg, des Vicepräsidenten, welche auf Herrn Bergrath Walchner aus Carlsruhe und des Secretairs, welche auf Herrn Assessor R ömer aus Hildesheim fiel. Sitzung den 19. September 1844. Präsident: Geh. Rath von Struve aus Hamburg. Secretair: Stadtgerichtsassessor Römer aus Hildesheim. V o v traget Herr Baumeister Althaus aus Rotenburg : Heber die Versteinerungen des Kupferschiefers von Richelsdorf in Kurhessen. Während in früheren Zeiten die Versteinerungen des Kupferschiefers von Mannsfeld, Glücksbrunn etc. von wissenschaftlichen Männern mitersucht und die von Richelsdorf fast nicht beachtet wurden, kannte man aus diesem Kupferschiefer, ausser dem bekannten Palaeoniscus Freieslebeni, einem „Häring“ wie er ge- 47 nannt wurde, den Fischen aus dem Genus Platysomus „Scholle“ genannt, einen grossen Acrolepis, wovon Wolfart eine Beschreibung und Zeichnung unter dem Namen „eines grossen Seeteufels“ geliefert hat, und Caulerpites lycopo- dioides, „Hexenkraut“ genannt ■ — sonst gar nichts. Erst seit den letzten sechs Jahren sind die organischen Reste des Richels- dorfer Gebirges genau untersucht, und die grossen Petrefactenkenner, wie die Herren von Buch, Graf Münster, Professor Germar etc. haben ihr Erstaunen ausgesprochen über die Reichhaltigkeit dieser Reste, und ihre Mannigfaltigkeit, wie sie keines der andern Kupierschiefergebirge aufweisen kann. lieber das, was aus unserem Kupferschiefer bereits beschrieben ist, ver- weise ich auf die Münsterschen „Beiträge zur Petrelactenkunde,“ Heft 5 und 6. Seit dem Erscheinen dieser Hefte sind aber wieder eine Menge neuer Sachen gefunden worden, die zur Beschreibung für die nächsten Hefte vorbereitet werden. Ich erinnere die verehrtesten Herren, welche der V ersammlung in Mainz beiwohnten, an die von mir vorgezeigten sechsstrahligen Asterien und die in solcher Vollständigkeit noch nirgend vorgekommene deutliche Tatze des Protorosaurus Speneri, H. v. Meyer, wovon wir eine Abbildung von Herrn v. Meyer zu erwarten haben. Seit der Mainzer Versammlung sind wieder gefunden: 1) ein neuer Coelacanthus , an 2 Fuss lang, 2} ein ■ — Megalurus , 3) ein > — Acrolepis , 2 Fuss lang, Prachtstück, 4) eine vierstrahlige, 5) desgleichen eine fünfstrahlige Asterie, 6) zwei neue Pflanzen, Sphenopteris , wovon ich die eine vorläufig Sphenopteris Münsteri nenne, und mehrere andere Fische und Pflanzen, die noch der Untersuchung und Bestimmung entgegen sehen. Einen kleinen Theil der neuen Sachen und solcher kleinen Stücke, die leicht zu transportiren waren, werde ich der verehrten Versammlung zur Ansicht vorlegen, und glaube, dass besonders ein kürzlich gefundenes Bruchstück des Protorosaurus Speneri mit zwei deutlichen Tatzen, den Phalangen, Carpus und Bruchstücke des Antihrachium, Ulna und Radius interessiren wird. Ueber das Vorkommen der organischen Reste bemerke ich, unter Hinwei- sung auf meine Abhandlung im 5. Hefte der gedachten Beiträge, mit wenigen Worten, dass gleiche Arten in der Regel familienweise zusammengewohnt haben mögen. Während der Palaeoniscus Freiesleheni auf einzelnen Schächten 48 unseres Bergwerkes in erstaunlicher Menge, auf andern wieder sehr sparsam, aber auf allen Schächten, vorkommt, findet sich auf dem einen Schachte vorzugs- weise Palaeomscus ifiagnus > auf einem anderen Platysomus, wieder auf einem anderen Acrolepis , Pygopterus etc. und nur ausnahmsweise kommen einzelne Fische unter Familien anderer Fisch -Arten vor. Unsere Bergleute, die jetzt auf das Sammeln aller organischen Reste sehr aufmerksam sind, unterscheiden bereits sehr wohl die Schächte nach Schächte für Schollen „ „für grosse Fische“ und 7, „kleine Fische“. Eigenthiimlich ist es, dass die erwähnte sechsstrahlige Asterie erst vor drei Jahren, seit der Zeit in Hunderten von Exemplaren vorgekommen und jetzt abnehmend, mit der im vorigen Jahre in nur sechs Exemplaren gefundenen vier-^ strahligen und der vor wenigen Wochen in zwei Exemplaren gefundenen fünf- strahligen Asterie, nur auf einem Schachte, dem 21. Lichtloche, vorkommt. Dasselbe Gesetz in der Vertheilung der lebenden Wesen, finden wir bei unseren Flussmuscheln Unionen und Anodonten. So hatte ich bei meinen Wasserbauten an der Fulda, mehrfache Gelegenheit zu bemerken, wie die Sohle einzelner Flussstellen in unzählbarer Menge mit Mollusken belegt , gleichsam wie bepflastert war. Immer aber waren beisammen : Anodonta cellensis, Anodonta cygneaj, Unio pictorum , Unio tumidus etc-3 und nur selten und ausnahms- weise wurden einzelne Individuen, die bei der einen oder andern Familie einen Besuch gemacht, gefunden. * — Hierauf zeigte der Vortragende mehrere Petrefacten der genannten Fund- stelle vor. Sodann hielt der Herr Bergrath Professor Walchner aus Carlsruhe einen ausführlicheren Vortrag über die Gänge des Granitstocks bei Wittichen im Schwarzwalde unter Mittheilung der chemischen Analyse des Kupferwismuths. Hiernächst theilte der Herr Apotheker Dr. Leube aus Ulm das Resultat seiner Untersuchungen über die Structur des Dolomits mit: Untersuchungen über die Natur des Dolomits. Hochzuverehrende Herren! Ich erlaube mir, Ihnen das Resultat einer grossen Anzahl chemischer Untersuchungen, welche ich über die Mischungsverhältnisse des Dolomits angestellt 49 habe, in Kürze mitzutheilen, weil ich glaube, dass dasselbe einen Beitrag zu liefern geeignet sein möchte, um den Begriff des Dolomits in der Geognosie fester zu stellen und einige schwankende und verwirrende Ansichten über denselben zu berichtigen. Bekanntlich gilt in der Geognosie eine Kalksteinart als Dolomit, wenn sie durch grossen Gehalt an kohlensaurer Bittererde ausgezeichnet und ein eigen- tümlich körniges, dabei hie und da poröses und in den Poren und Spaltungs- wänden mit Bitterspath Rhomboedern bedecktes Gefüge hat. Dolomieu bestimmte auf diese Weise seine Eigenschaften und in den Lehrbüchern der Geognosie lautet seine Definition ungefähr ebenso. * — v. Leonhard fügt in seinem Lehrbuch der Geognosie und Geologie, pag. 345, bei: „das sicherste und beständigste Merkmal zur Erkennung eines Dolomits - — denn nicht immer sind die allerdings bezeichnenden mit Bitterspath-Rhomboedern ausgekleideten Höhlungen vorhanden * — • bleibt die Eigenschwere; Dolomite wiegen wenigstens 2,78 bis 2,86. Auch lösen sich die Dolomite meist weit langsamer in Säuren. Der grosse Gehalt an kohlensaurer Bittererde, die durch denselben bedingte grössere specifische Schwere, als sie andere Kalksteine haben, und die langsame Auflöslichkeit in verdünnter Salzsäure scheinen hiernach neben der körnigen, sandig sich anfühlenden Textur und den übrigen bekannten physikalischen Eigen- schaften die wesentlichen Merkmale seiner Natur zu sein. So scharf und richtig aber die Definition in der Theorie ist, so wenig genau ist ihre Anwendung in der Praxis und man sieht häufig anerkannte Geog- nosten eine Gebirgsart für Dolomit erklären, welche diese wesentlichen Merkmale keineswegs zeigt, und erhält fast aus allen Mineraliensammlungen Handstücke unter dem Namen von Dolomit, welche nicht minder nach dem V orausgeschickten diesen Namen nicht zu verdienen scheinen. Der Grund davon ist, weil man das chemische Mischungsverhältniss bei der Bestimmung dieses Gesteins nicht beachtet, namentlich nicht das Verhältniss seiner specifischen Schwere, welche mit jenem immer gleichen Schritt geht, und welche jeder Geognost, ohne weitere chemische Untersuchung, sogleich auffinden könnte. Ich will dieses Urtheil durch ein paar Beispiele zu begründen suchen. Mit der technischen Verwendbarkeit des Dolomits der Ulmer Umgegend beschäftigt, *) Die einzige bekannte Ausnahme bildet der Süsswasser- Dolomit, welcher in der Form der Kreide erscheint, und ein specifisches Gewicht von 2,5 durchschnittlich hat. II. AbthaiJ. 7 50 verschaffte ich mir aus der Sammlung eines ausgezeichneten Geognosten Würtem- bergs mehrere Stücke aus andern Lagern und Formationen der schwäbischen Alp zur Vergleichung, aber ich konnte mehrere derselben schon nach dem Merkmale der Schwere nicht für Dolomit gelten lassen, und die chemische Untersuchung bestätigte meinen Zweifel, denn ich fand in denselben sehr häufig die Bittererde in so kleinem Verhältnisse, dass ihnen die theoretisch gültige Grundeigenschaft der Dolomite offenbar abging. Später erhielt ich aus dem Heidelberger Mineralien- Comptoir durch geneigte Verwendung einer dortigen hohen Autorität 14 Hand- stücke; allein nur 9 unter denselben wies eine gründliche Untersuchung als Dolo- mite aus, 5 derselben gehen die wesentlichen Merkmale des Dolomits so entschie- den ab, dass man Anstand nimmt, ihnen diesen Namen zuzuerkennen. Es folgen hier meine Untersuchungen von 60 Dolomitarten. Ich werde die hochansehnliche Versammlung nicht mit deren Vorlesung ermüden, nur ihre allgemeinsten Ergebnisse will ich mir erlauben anzuführen, und an dieselben einige Bemerkungen knüpfen. Untersuchung von 60 Dolomiten aus fünf verschiedenen Formationen. 51 3 « Sft § If V Ä * & o c g g «s © MS — cvs © I I CVS 55 CVSn S St « MS CO © CVS CO © ■» «s 1 il II £ i: S cvs i— i i— i 3“ 12 — ao cvs H Tf CTS 05 ä £3 2~ SfS v* MS CO I I i'; ffff 3 05 © MS t '- © © S 3 28 I I 6 o 6 © do do 66 U© u© © 0 © © © © o© 0 © e 0 0 0 0 0 bO es öS CB do cs bD &o 65 « g © g © a« gg g © © © OS vf d d d d d © © © © © c 0 e c 0 u © © cs ü © © vf + + + + + d 6 d d d © © o © © o c 0 e e o£ as CO äs Sc 52 g g g g © CVS 23 O G* © © (M OD CO CS g SJ QD M CO © G^ cT © vf MS ■vf MS gT © CS1 CO ■Vf MS cf © MS ■v#' vf MS pH d d de oo d d 66 © © © © © © © © © © 0© oG ®o ? 0 ©o g © bS cs g © g © g © g © QD QO © MS © MS — - |> & t'» QO CVS 00 QD QD QD QD SD b. e* t- i< © © < vf vf Q C OD QD MS vf OS QtT evs^ co < ■vf MS © rf IC © iM Mf •vf MS JD © ■vf MS QO qd' ©( ors c© < £ . © © «> CO CO — ^ CO CO j5 © © -H ff« © — i Bf © 25 io to W3 1 I 66 © u © © os « g© O © © ec © + © © © tc ! i © © ©ü ©© ts « g © 00 05 © © © 66 © ü © © 68 re ” © 00- cT © ©' © 'S1 © TT ii ii ss* CO CO © 2 | s I I © © ©© ©© ÖC re g © © © © .ca + © © © tc g + © © © © TS § 6» ö * 5 « $ CO © © — i CO © I I © © ©© © © 50 re - © © © © —i © © oc in 99,088 41,97 53,27 95,24 © © I © B^J CO B^- B» 1-0 | § s£ N LC ©_ « «T io CO B» 81,87 Bf tB CJ CO HO Bf~ Bf in 99,61 Bf t'* C<1 IC IO — Bf LO äo © Oi- w z © © © CO Bf © s— as Bf £ s 43 & £ -5 £« i 3 ^ X g o ^ ^ © = QO w t" — c4 ca os — t> r*s ff« r o £ . p, ° & » . - — ** H S= • — ©> •— © w “ *■" - Äi -2 if ^ a g ©2 * J -3 S © o SV) > Jj « 5a_* © S P 5- « • = X § 2 1 3 = ’s _® "3 cn -2 *” Q s © fcE • 5 i 8 o a --2 Ö i ai y a srs o ^ £ »I o © 8 ^ | W i? 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O = 's q « : ft 3 ■*! ® ^ a bs s, CO Ci so © «f «s «5 © Ö O U ü O o » * S y »O rr £ s 1$ 8 s I I od « ü c0 iS _ 3 Ü HO © O y o CB u © + c y o iS o o y y Oo ,®Ä CB Ö Ö ü y Oo M) CB co »o I I o o u o Oo “> « S u tF OD . o + o y o iE 3 »> 00 © II II Ci © in n © © © 3t © oi © © 33 CS 1 I OO u u Oo ® * 3 u CO «t o y o ec y c Q O is II II II 8 II o o y y o o iS CB y o o y y oo •s 3 S > OH !ß B g| *r « 's i II 1|4 S 5 I 4 S ’O w O ff *. 3 » E 'S 3 * -2 3 -I £ E « S a OS- jy. a. 1 3 ^ "3 ^ 2 -s j» S 3 0) O ;5 l“S fcl WÄ von Sand. 57,99 Ca O C 02 . 62,60 7 Mg O C02 + 9 Ca O C 02 9 Ca O C 02 — 6310,190 = 62,83 Specif. Gew. 2,784. 92,64 100,00 10043,661 = 100,00 Fundort Kohlensaurer Kalk Berechnet und und auf Formel. Berechnung der Formel, tecif. Gewicht Köhlens. Bittererde lOOTheile 56 1 I ® TO 09 CO o II II II 1 I © 52 « 77 ii ii Mi ^ CO I— I *> © CO «j CO 00 co t* Ol 09 I I 09 i> sf a O QO i 7 d c o o o o « N o o oo u ü o a u a u a o u °o o o °o ° c o o & « g u g u gu “ « g u es g u *> QO 54 O 54 N »fl 09 £• o» S I 1 o d o o o0 Ü5 « g u o o o o o o o o o d u u u u u o U CJ U u oo &3 ^ g u °o °o OP g 6, la iC? es g U g ö O 54 © N g N N r* t- i> i> %aj oT sO rf «fl aT 54 of CO »fl gftf «— ! Ci cT QO •Cf »fl i> sf s .s i 2 .5 *> ► S « !S « s (Ns- « „ g Ä g B>S| 6 “ " - > fl .1 « 'S §»■§• » 'S » :cs ' v rz: — M u ^ Ci- <2ir C ff ••* . « ^ J! tß «säc/5 « | o j. to « K ® S ^ c n « b£ , « S > -S V - - -ä ’S w t* « O 0) < oj £ s o * * g cf l"* Q *S ä oT sS M 3 e>f *- ef . fl » 4! . - S -f W «T ^ * £ # 2 » i » T i s -*' » ^«ä^^Ssogä-ShfQora^^ri £ c/9 « . 3 a — s- 3 ^5 aa a. . a> i fl^«^”r’2Ed<“ f JÜ 'ß g 2 iS 02 «es - — .— «2 >* an cf ao N f Ol ■§ S.S as«d , ’S Q 3 . Ö3 „ 3 3 o £ S 2 ► •§ Sö.S* ! ~ g g (75 2 &- äc Au» dem ittiswa§§erkalk 57 SC £ . | 2 W ©_ o 21® a sä * 8 © A O ö u ü Oo bJ3 gg gy cs w O O U u CB -5 n ?• ©_ ia m © CO © k — © ao -h 05 — OD^ § o s h «*» 0 co ©* CO © 0 0 8 s 3 »fl ^ O O II lljjl II II I II II !ll II II 11 s » (O.W SS S2 8 © © © s 82 CO ©_ 05 CO 82 CO ©, f» CO^ -j, ao |Oä 05 OiO « «0 2 33,30 66,70 100,00 45,44 51,56 100,00 44,38 55,62 100,00 2 . . . o o Ü U °o ly8 •: c 2 ;« S « - fl .2 ” < ” •= ~ QO •- — < g .2 Q •= * S OM = ^ « * & * JS.tp'Jj'" t/5 63 o « u Oß ö OB .5 üj "3 Je !a | c r/) SS crf © »9> W5 II II £| § 5 <£> co I I o d u u 00 SJ3 k_T » S u 05 © o Ü o CB u eo © ^P W5 o o o u o o 05 Ä 3 u 3 w ss 2?~ © o rn w c « 00^ «8 « *T M ^ 5 , s « s, I £ ^.EO i» ^ cj -a cü _ -2 ;ro o £ g s q g. S S -s c « :3 s- o S «3 «j •« ® £ Q Abtboil . (I. 58 Anhang; Fundort Speeifisches Gewicht 1. Keuper-Dolomit von Malsch in Baden. 2. Keuper-Dolomit von Würzburg. 3. Uebergangs-Dolomit von Naumburg, Nassau. 4. Zechstein-Dolomit von Schweinlürt. 5. Rauchwake - Dolomit von Kreisfeld unfern Eisleben. (JV? 1 — 5 incl. aus dem Heidelberger Mi- neralien • Comptoir.) 6. Uebergangs-Dolomit von der Herr- schaft Penstein in Mähren. 7. Jura -Dolomit von Neuffen. 8. Desgl. von Zäuningen. 9. Desgl. vom Falkenloch, Höhle bei Böhmenkirch. 10. Desgl. vom Roggenthal bei Eibach. 11. Desgl. von Sontheim (Höhle}. 12. Desgl. von Urach (Wasserfall}. 13. Desgl. von Münsingen (Ludwigs- höhe}. 14. Desgl. zwischen Hütten u. Justingen. 7— 14 von der Schwab. Alp.) 2,688 2,659 2,673 2,666 2,677 Kohlensäure Bittererde in 100 Theilen. 2% % 7 % ! H I | j 59 1} Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass unter den 60 Dolomiten, die ihr Gegenstand waren, der Gehalt der Bittererde wechselt von 46,50 bis 2,58. Die höhere Gehaltszahl findet sich bei 46 der untersuchten Steine, doch fällt die- selbe nicht selten merklich und bei einem Dolomit aus dem Muschelkalk von Nagold sogar bis zu 20,85. Jene geringe Gehaltszahl von 2,58 oder eine nahezu ähnliche kommt auf 14 unter dem Namen Dolomit laufende Steinarten. — Dieses Verhältniss ist allerdings ein zufälliges und es könnte die Zahl der gleich -gering- haltigen Handstücke mit noch viel mehr Exemplaren der Sammlungen vermehrt werden. So viel scheint übrigens deutlich, dass mit 2,58 p. c. Bittererde-Gehalt der Character des Dolomits verloren ist, und dass derselbe am schwächsten bei den Dolomiten von 20 p. c. erst beginnt, und bei denjenigen von 46 seine Höhe erreicht. 2) Das höchste Gewicht der untersuchten Stücke ist 2,88, das niederste 2,65. Das niedere specif. Gewichtsverhältniss kommt allen jenen 14 sogenannten Dolomiten zu, das höhere den 46 der Anerkennung würdigen Arten. Fast durch- gehends steht die specif. Schwere im geraden Verhältnisse zum Bittererdegehalt, wo bei weniger Bittererde dennoch ein grösseres specifisches Gewicht sich findet, rührt dieses von der Beimengung der Kieselerde etc. her. Die einzige Ausnahme, wo bei sehr grossem Bittererdegehalt £44,94) eine sehr geringe specif. Schwere vStatt findet, bildet die dolomitische Kreide des Süsswasserkalks. 3) Die Dolomite aus der Zechsteinfonnation sind durchschnittlich durch ihren grossen Bittererdegehalt und ihr grosses specif. Gewicht ausgezeichnet, doch kommt ausnahmsweise einer vor (von Nieder-Rodenbach) der nur 28 p. c. Bitter- erde und ein specif. Gewicht von 2,78 hat; dagegen 28 p. c. in Salzsäure un- lösliche Bestandteile zeigt. 4) Die Untersuchungen bestätigen, dass feste Mischungsverhältnisszahlen für die Dolomite nicht bestehen. Das bekannte Verhältniss von 3 M. G. Bitter- erde zu 4 M. G. Kalk erscheint fast nur bei den Juradolomiten und nicht bei allen der letztem. Als das bei weitem im Allgemeinen überwiegende Mischungsver- hältnis der Bittererde zur Kalkerde erscheint das zu gleichen Gewichten. Unter 46 der untersuchten eigentlichen Dolomite kommt diese Zahl 18 mal vor. 5) Vielleicht ist die Bemerkung von Interesse, dass die rhomboedrischen abgesondert hervortretenden Krystalle, welche ich aus Juradolomiten sowohl, als einigen anderen Arten analysirte, kein Bitter spath waren, wie man dies ge- wöhnlich annimmt, sondern reiner Kalkspat h, dass also gerade in den Krystall- 8* 60 theilen die Natur des Dolomits nicht ausgesprochen ist, vielmehr diese nur in seinen derben Massen erscheint. 6) Die mir von Heidelberg zugekommenen sogenannten Keuperdolomite haben einen Gehalt von 2,5 und 7 p. c. Bittererde und ein specif. Gewicht von 2,68 und 2,65; sie sind also wohl keine Dolomite. Vielleicht wenigstens geben diese Nachweisungen Erfahreneren Anlass, den Begriff des Dolomits fester zu be- stimmen , ihn zu erweitern , oder zu beschränken auf die Grenze , welche ihm die Theorie bisher angewiesen zu haben schien. Vielleicht liefern sie selbst einigen weitern Stoff zu einer Begründung • — der Lehre von der Bildung des Dolomits. Herr Bergrath Walchner aus Carlsruhe fügte diesem Vortrage noch einige Bemerkungen über den dolomitischen Süsswasserkalk von Bedingen bei Ulm, und eigene Untersuchungen desselben, bei. Ferner wurden vorgezeigt von : Herrn Assessor Römer aus Hildesheim, einige Versteinerungen aus dem Kohlenkalke von St. Louis in Nordamerika, worunter mehrere neue Arten der Gattungen Cyathocrinus und Pentatrematites , eine ungestielte Crinoiden- Gattung und eine höchst merkwürdige schraubenförmig gewundene Retepora. Herrn Pastor Müller aus Hamburg ein fossiler Zahn aus derselben For- mation und Gegend. Herrn Regierungsrath Meyer aus Minden in einem bedeutenden Stück Glanzkohle (?) aus dem Lias bei Halle deutlich erhaltene Abdrücke mehrerer Molluskenarten, und ein schöner Zahn des Dinothej'ium (?) aus Kentucky. Herrn Dr. Dunk er aus Cassel eine Anzahl neuer Lias -Versteinerungen aus dem Lias- Sandstein bei Halberstadt. Herrn Oberkammerherrn von Rennenkamp ff aus Oldenburg sehr voll- kommene Granaten von der Ostküste des russischen Amerika’s. Herr Dr. Bre nnecke aus Jever, mehrere Versteinerungen aus den Ge- schieben bei Jever, welche dem Uebergangsgebirge angehörten. Am Schlüsse der Sitzung überreichte der zweite Geschäftsführer die von Herrn Professor Agassiz eingesandten Exemplare seines „Tableau general des poissons fossiles, welche dem Wunsche des Einsenders gemäss unter den anwesenden Mitgliedern der Section vertheilt wurden. 61 Sitzung den 20. September 1844. Vorträge. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung durch den Präsidenten verlas zunächst: Herr Professor Pliening er aus Stuttgart: Einige Bemerkungen über die Fischreste der Trias in W ürtemberg. Die Gebilde der geologischen Trias sind durch Reste von Reptilien und Fischen bezeichnet, deren erstere generisch, letztere wenigstens in einzelnen Arten der Formation eigentümlich und für dieselbe characteristisch sind. Erstere wur- den von Heim, von Meyer und mir in den kürzlich erschienenen: „Beiträge zur Paläontologie Würtembergs “ beschrieben; letztere habe ich versucht rücksichtlich ihrer Einreihung unter die fossilen Fisch- Genera, so wie ihrer Verbreitung näher zu beleuchten. Sie sind zunächst an den beiden Grenzen des Keupers angelagert und zwar in ungeheurer Menge in zwei Breccialagern vereinigt, deren Erstreckung so gross ist, dass sie als Formationsglieder anerkannt werden müssen; in abnehmender Menge aber in den übrigen Schichten, je mehr sich diese von den Grenzen entfernen. Die untere Knochenbreccie scheint der Lettenkohle, wo nicht anzugehören, doch zunächst vor- anzugehn: die obere dagegen, welche sich stellenweise wiederholt in gewissem Betrachte, nämlich der Bildungszeit nach, die Grenze des Keupers gegen den Lias zu repräsentirend, ist geognostisch jedoch dem unteren Liassandsteine beizu- zählen. Die untere scheint sich an verschiedenen Orten Deutschlands wiederzu- finden, die obere den hone beds von Aust-Cliff, Axmouth und anderen Orten Englands identisch zu sein, während die untere wie der Muschelkalk überhaupt in England fehlt. Beiden Breccien kommt daher eine geologische Bedeutung zu, welche sie als Epochen in der Periode der Trias -Bildung ankündigt. Ich habe für beide die Benennung „Gang- Breccien“ vorgeschlagen, sofern sie Wende- punkte bezeichnen , wo entschiedene Meeresbildungen auf die Sandsteinbildungen des bunten Sandsteins und des Keupers folgen, welche letztere vermöge der grossen Menge von Landpflanzen, die sie enthalten, den Character eines Terrains verkündigen, welches jedenfalls periodisch dem Einflüsse des Wassers entzogen war. Die Zusammenstellung der Fischreste beider Gangbreccien leint eine Iden- tität mehrerer derselben in beiden Breccien; dann aber wieder eine specifische Verschiedenheit anderer. Letzteres trifft namentlich bei Arten der Gattungen 62 Acrodus, Hybodus und Ceratodus zu. Der Methode von Agassiz in seinem classischen Werke über die fossilen Fische folgend, sehe ich mich genöthigt nicht nur mehrere neue Species dieser Gattungen aufzustellen, sondern auch ein neues Genus von Cestracionten , sofern es sich wesentlich durch spiegelglatte Oberfläche der Zähne in Verbindung mit Abwesenheit aller Streifung oder mit nur leichter, wenig hervortretender, Streifung von dem Character der Aerodonten unterscheidet. Ich habe dieses Genus vorerst mit Theitodus bezeichnet, ich sage vorerst, weil die Bezeichnung von Theilen solcher Organismen mit systematischen Namen über- haupt nur provisorischen Werth haben kann. Bei Vergleichung einer mir seit Erscheinung der Schrift zugekommenen sehr reichlichen Menge von Stücken aus der oberen Breccie zeigten sich neue, so zahlreiche Uebergänge von Zahnformen nicht nur von Theitodus in Acrodus minimus und acutus Ag., sondern auch von Exemplaren beider in grossen Exemplaren von Hybodus, dass sich die in der Schrift bereits angedeutete Ver- muthung immer mehr aufdrängt, es möchten die Zahnformen von Acrodus mini- mus und acutus Ag. und wohl auch einige der Arten von Thelodus , wie namentlich Th. crenatus und tricuspidatus , nur Altersverschiedenheiten oder Verschiedenheiten, welche durch die Stellung der Zähne bedingt sind, von gewis- sen Species des Genus Hybodus bezeichnen. Ich werde Sie mit dem Detail der Nachweisungen solcher Uebergänge nicht ermüden, sondern behalte mir vor, dieses Thema auf anderem Wege weiter zu verfolgen; meine Absicht war bei Erwäh- nung dieser Gangbreccien nur die, auf das Wünschenswerthe weiterer Nachfor- schungen nach ihrem Vorkommen auch in anderen Gegenden, welche der Trias angehören, aufmerksam zu machen. Das Nemliche möchte ich in Betreff jener seltsamen, bis jetzt blos in Zähnen vorliegenden Fischreste geltend machen, welche vermöge ihrer inneren Structur und der porösen Beschaffenheit ihrer Oberfläche zu den Psarnmodonten gehörig, wegen ihrer zackigten Form aber von Agassiz zu einem eigenen, von ihm Acrodus genannten Genus vereinigt wurden. Ich habe die Vermuthung in der Schrift geäussert, dass diese Zähne um der merkwürdigen Art willen, wie sie mittelst der rauhen Seite ihrer Oberfläche auf einem Sförmig gebogenen, bei- derseits keilförmig ausgehenden Knochen aufsitzen im Gegentheil gegen die übrigen Psammodontenzälme, welche nur als sogenannte Pflasterzähne anzusehen sind, Pharyngeal - Zähne sein mögen, die vielleicht mit jenen Pflasterzähnen in einem und demselben Thier vereinigt gewesen sein könnten. Diese meine Vermuthung 63 ist indessen durch weiter aufgefundene Zähne von Acrodus , welche in ähn- licher Weise mit dem Knochen verbunden sind, neu bestätigt worden. Es ist sehr zu wünschen, dass hierüber möglichst viele Thatsachen bei- gebracht werden, daher ich mir erlaube, die verehrten Herrn Collegen auch auf diesen Gegenstand aufmerksam zu machen. Sodann sprach : Herr Professor March and aus Halle. Heber den Aluminit und dessen bei Halle gefundene neueren V arietäten. Die ersten Untersuchungen des Aluminits rühren bekanntlich von Simon und von Buchholz her, welche darin nur Schwefelsäure, Thonerde und Wasser fanden. Tomson erklärt die Verbindung Anfangs für vierfach-basische schwefel- saure Thonerde mit 10 At. Wasser, ßerzeliu s leitete die, durch Stromeyer später bestätigte Zusammensetzung M2 03, S 03 + 9 Aq. daraus ab. Stro- meyer fand den Aluminit aus dem Waisenhausgarten zu Halle, den von Morl bei Halle, und den von Newtown in Sussex gleich zusammengesetzt, wodurch der Verdacht, die Substanz sei ein Artefact, der durch die äussere, sonderbare Form herbeigeführt wurde, verschwand. Herr Professor Ger mar in Halle hatte eine seltene Modification des Aluminits beobachtet, welche aus microscopischen Krystallen bestand, die spiessig, bacillarien-ähnlich waren. Ich fand diese Substanz genau so zusammengesetzt, wie den gewöhnlichen Aluminit. Zugleich beobachtete ich, dass sowohl dieser krystallisirte, als der gewöhnliche amorphe Aluminit hei 100° C 23,5% Wasser verliert, oder 4% At. ; d. i. die Hälfte des gebundenen Wassers. Ich habe mehrere Proben Aluminit aus dem Waisenhausgarten unter- sucht; sie hatten alle die angegebene Zusammensetzung. — Da das Mineral ziemlich selten ist, so hatte es ein Interesse, dass südlich von Halle, am Thalrande, nahe dem Rannischen Thore bei einem Erdbau ein neues Fundlager des Aluminits entdeckt wurde. In einem Letten, der kohlen- sauren Kalk, Kieselsäure, Eisenoxyd und kohlensaure Magnesia enthielt, fand sich dies, dem Aluminit täuschend ähnliche Conglomerat. Er ist röthlich, von organischer Substanz gefärbt. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass die hier gesammelten Stücke nicht sämmtlich von gleicher Zusammensetzung; keins hatte die des gewöhnlichen Aluminit; alle verloren bei 100° die Hälfte ihres Wassergehaltes. Ich fand in mehreren Proben der Zusammensetzung: 64 5 CA12 03), 2 (S 03) + 36 Aq. 5 (Al2 03), 3 CS 03) + 36 Aq. Herr Steinbug hatte eine Zusammensetzung 2 CA12 03), S 03 + 15 Aq. ge- funden. Bei der Untersuchung des Aluminits fand ich unter Anderm, dass eine sehr geringe kaum nachweisbare Spur Eisenoxyd der Thonerde beigemischt, dieser die Eigenschaft ertheilte, in starker Glühhitze eine gelbe Farbe anzunehmen, welche beim Erkalten verschwindet, und ferner bemerkte ich, dass die durch Aluminit gefällte und geglühte Thonerde beim Befeuchten mit Wasser eine viel beträchtlichere Wärme entwickelt, als die durch Glühen des schwefelsauren Salzes oder des Ammoniak - Alauns erhaltene, welche wahrscheinlich P oui Ile t bei seinen Versuchen angewendet hat. Die verschiedenen Verbindungen der Schwefel- säure mit der Thonerde, die bisjetzt bekannt geworden sind, habe ich in folgender Tabelle zusammengestellt: 1. Al2 03, S 03 +18 Aq. Haarsalz. 2. 2 CA12 03), 5 CS 03) + 36 Aq. Davyt; von Mill untersucht; von Bogota. 3. Al2 03, 2 CS 03) von G übel untersucht, vom Ararat. 4. 3 CA12 03), 4 CS 03) + 30 Aq. kürzlich dargest. v. R a m m e 1 s b e r g. 5. Al2 03, S 03 +9 Aq. gewöhnlicher Aluminit. 6. 3 f Al2 Oa), 2 (S Os) + 18 Aq. Aluminit von Epernay. 7. 5 CA12 03), 3 CS 03) + 37 Aq.) 8. 5 CA12 03), 2 CS 03) + 36 Aq. I neuer Aluminit von Halle. 9. 2 CA12 03+ S03 ' +15 Aq.) 10. 5 CA12 03), 2 CS 0 3) + 30 Aq. Aluminit von Huelgoath. 11. 5 2 CS 03) + 30 Aq. Pissophan. e2 U3 J Die Bildung des Aluminits aus dem neutralen Thonerde Sulphat ist höchst wahrscheinlich durch die Einwirkung des Ammoniaks und der atmosphärischen Luft, oder der umgebenden Erdarten bewirkt. Fällt man das neutrale Sulphat durch Ammoniak, so erhält man einen Niederschlag, der dem Aluminit gleich zusam- mengesetzt ist; kocht man diesen, oder den natürlichen Aluminit mit Ammoniak anhaltend aus, so zieht dies ununterbrochen Schwefelsäure aus. Endlich bleibt reines Thonerdehydrat zurük, welches die Zusammensetzung Al2 03 + 4 Aq. besitzt. Es ist dies ein neues Hydrat, so dass jetzt deren vier verschiedene existiren: Der Diaspor = Al2 03 + Aq. Ein von Berltier untersuchtes von Beaux = Al2 03 + 2 Aq. 65 der Gibbsit = Al2 03 + 3 Aq. und der neue = Al2 03 + 4 Aq. Diese Eigenschaft der schwefelsauren Thonerde , durch Ammoniak die Schwefelsäure völlig' zu verlieren, kann in der analytischen Chemie von Wich- tigkeit werden, wenn man nicht das kohlensaure Ammoniak zum Fällen anwenden kann, wie es Forchhammer vorschreibt, um der Einmischung der Schwefel- säure zu entgehen. Derselbe legte ferner ein grosses Stück gediegenen Silbers von Guantajaia in Chili vor, mit dem Bemerken, dass in solchen Silberstücken nicht selten Ver- steinerungen (des Kohlenkalkes?) von reinem Silber ganz ausgefüllt, vorkämen. A. v. Humboldt und Capitain Wen dt in Bremen seien im Besitz solcher Petrefacten, über deren Vorkommen in diesem Metalle folgender Bericht über- geben wurde : Guantajaia is situated about 2 leags. in a direct line from the port of Iquiqui but is about 3 legs. by the road, • — * the land rises in all this coast precipitately from the sea , from 1800 to 3300 or 3500 (or even more) feet above the level of the sea. * — • The mineral of Guantajaia appear to have been worked by some Portu- geese adventurers as early as 1665, and it is very probable was worked by the Aborigines (of the Nation of Atacames - which extended along the coast from the river of Jambo to Chili • — but only reached to the foot of the Cordillera). The Portugeese acquired very great riclies here, which is supposed to have excited the avarice of the then Government in Lima , they were accused before the In- quisition in Lima of heresy as Jews — • (which may have been true — but it is generally believed now that their riclies was their greatest crime) * — they were eondemned by the Inquisition ■ — one was burnt in Lima, the other 2 died in the prisons of the Inquisition in that City. . — • The ruiii of the owners brought ruin on the mineral, it was abandoned for about 100 years, when an Indian shewed this rieh mineral to Coronel Loaisa of Pica, the ancestor of the family of La Fuentis of Arequipa, the present principal owners — who have since its rediscovery in 1763 got out several Mi 11 io ns of dollars. • — The Situation of this rieh mineral is the most wild and desert that can be immagined — - embosomed in the midst of desert hills and sandy plains only II. Abthoil. fl 66 varied by large plains of salt * — (he nearest water in a natural state is in Pisagua 14 legs. north of Iquiqui, from whence Iquiqui is supplied • — to the N. E. is a small rivulet at Jilivichi 22 leagues distant, to the east the river of Javapaca 24 legs. and to the south the river of Loa -35 legs. by sea and 48 to 50 legs. by land > — < in the present day water is supplied to this mineral and Santa Rosa from wells sunk in the pampa where the salpetre is found 7 or 8 legs. distant and is brought on asses & mules in bags or odres made of the sinks of the Llama. * — • The water arrives in the minerals in a half putrid state add to wliich it is originally brackish, so that the privation and inconvenience respecting this article is extreem, it is sold in the mineral from 5 to 10 or 12 reales pr. odre or skin • — * weighing about 100 or 125 ®s at most * — this is the only supply of water both for man beasts as also for every domestic purpose and precludes the possibility of establishing works for the beneficio or smelting or amalgamation in or near the Mineral. The only plant in this part of the country is a species of Cactus called Cardon • — • and in the spring several kinds of flowers and grapes are scattered about the hill round wliich are only seen for about 2 months in the year and spring through the heavy fogs, wliich rise from the sea about the spring season • — these liills and this very scanty Vegetation is called Llanos and is generali all along the coast of Peru. • — • About 1778, 2 new minerals were discovered about 2 legs. to the south of Guantajaia • — • called El Carmen, which at first has been a source of great riches and still contains a considerable quantity of silver • — • the veins of Sa. Rosa are not so rieh as tliose of Guantajaia but are more constant as the riches of this latter mineral is found generally in accumulations of great richness called bolsones » — but these are soon cut through and either the silver entirely disappears or the ore is so poor that in this place it will not pay • — but if water and otlier necessaries were near hand and cheaper; still the now unpro- ductive ores would yield many thousand marc a year and good profit. • — The population in the year 1826 * — was in Guantajaia 280, in Santa Rosa 360 * — • and in Iquiqui 280 — • adults. Tliere is very little or no sulphur of sulphurised metals in these mine- rals . — the veins first sliew copper, which is very abundant all round about ■ — but the copper at a few yards below the surface is soon found to contain a more or less portion of silver, at a greater depth, say from 50 to 190 or more yards, the copper very often disappears but the vein of calcareous spar in which it and 67 the silver is found, still continues and the silver in general continues with more or less constancy in the spar ever after the copper has disappeared — the Crea- dero or matrix in all these minerals is calcareous spar - — the Caja or rock is generally blayslate • — • the mines all are dry; • — * water being only found in one called the Mina de la Quebrada which is the deepest. • — • Water is met with here at 200 Yds depth, but so coprus, that it is unfit for general use and as the mine is worked so bad and crooked (as in all these countries) that it is extreemly difficult to plant machinery • — otherwise tliis water may be turned to some ad- vantage in the beneficio or amalgamation of the ores, but the expence indispen- sable in puting tliis in execution has hitherto precluded the undertaking • — ■ there are a great many other hills rieh in minerals all along the coast • — as also in the ränge of the Cordillera all through tliis province, which is one of the riebest and one of the most desert in Peru. j — • Gold, silver, copper, iron, lead and many other metals are found, and near to Santa Barbara between upper and lower Atacama in the Pronvince of Atacama in the mountain of Yntipasti at a place called Chaltipoor are found Emeralds, Agate-, Cornelians-. Opal-, Chacedony and many other gems are common in different parts of Javapaca. Herr Bergrath Wa lehn er aus Karlsruhe sprach sodann über die Bohnerze des Jura und Diluvium und die Versteinerungen derselben, über Grand- und Linsenerze, das Vorkommen der letzteren im Jura, und ihre Entstehung als Quellenbildungen. Herr Bergrath Schwarzenberg aus Cassel bemerkte bei diesem Vortrage, dass Bohnerz in den Tertiärgebilden unweit Homburg vorkomme. Herr Geh. Rath v. Struve aus Hamburg sprach darauf über das Riesen- Gold- Geschiebe des Ural: Ueber das Russische Riesen - Gold - Geschiebe liefern die Verhandlungen der K. Russ. Mineral. Gesellschaft v. J. 1843 folgende Notizen von Alex. v. Osersky, (Berg Ingen. Major.) Der Uralsche Gebirgsrücken, der den Namen des Slatowtischen Urals führt, umschliesst die reichhaltigsten Goldlager des nördlichen Asiens. Der blü- hende Zustand der Goldwäscherei Russlands verdankt seinen Ruhm besonders den Goldseifenwerken welche zum System des Flusses Kija gehören, der sich in den Tow ergiesst; in neuerer Zeit auch derjenigen Gruppe goldhaltigen Sandes, welche 9 * 68 sich an den Flüssen Tungusks ausbreitet, feiner den Goldalluvionen längst der Pestuliauka. Bisher bearbeitet man auf dem südlichen Ural die zerstreuten Gold-Sandlager in einer Ausdehnung von einigen Tausend (J Wersten; als Mittelpunkt dieser Fläche kann man die Miaskischen Gold -Wäschereien betrachten; ihre Lage ist an beiden Seiten des Flusses Taschkutargan, wo die grössten unterirdischen Schätze gefunden sind. Merkwürdig ist die Beobachtung, dass am Ursprünge des Tasch- kutargan das Gold grösser und nach Verhältnis s der Annäherung an den Miass feiner gefunden wird; diese Flüsse waren sichtbar ehemals wasserreich und reis- send, jetzt aber, nach Beendigung der Wirkung geologischer Kräfte oft kaum im Stande einige Wasserräder in Bewegung zu bringen. Die Entdeckung der goldhaltigen Fläche war eine Folge der Unter- suchung, welche 1796 auf Kaisers Befehl vorgenommen wurde. Im Jahre 1799 fing man an, in einem Pochwerke die Erze der Perwo-Pawlowschen Gruben zu verarbeiten, und gewann aus denselben Gold vermittelst Amalgamation, bis zum Jahre 1811; da aber diese Bearbeitung ohne Vortheil war, indem während des zwölf- jährigen Betriebes nur 1 Pud und 5 Pfund Gold gewonnen wurde, so hat man be- schlossen, sie ganz aufzugeben. Dagegen richtete die Bergwerks Verwaltung ihre Aufmerksamkeit auf die nahe gelegenen Goldsandlager und fand im okerhal- tigen Schuttsande volle Befriedigung. Besonders wichtig wurden die Alexandrows- koischen und Nikolajewskaischen Lager die bis jetzt an 460 Pud Gold geliefert haben; im Anfang gaben oft 1000 Pud Sand bis 7 Pfund Gold. Der grössere Theil dieses edlen Metalls kam in grossem Körnern und Stücken von 9- — '20 Pfund an Gewicht vor. Im Jahre 1826 wurde der bekannte Goldklumpen von 24 Pf. 68 Solotinik gefunden. Am 26. Oct. des vergangenen Jahres wurde sogar ein gediegener Gold- Klumpen von 2 Pud 7 Pfund und 92 Solotinik unter dem abgebrochenen Fabrik- gebäude etwa 4 y2 Arschin tief unter der Oberfläche der Erde auf einem dichten Diorit entdeckt. Dies Prachtstück wird in dem Museum des Kais. Berginstituts aufbewahrt; es war anfangs von einer dichten Thonrinde umgeben, welche mit Hämmern abge- schlagen Avurde, dann einige Stunden in Seifenlauge gekocht und mit Messing- drathbürsten abgewaschen. Im Museum des Bergcorps findet sich ein grosser Reichthum an gedie- genen Stücken von Gold und Platina. Im Jahre 1841 bewahrte dasselbe über 27 Pud Gold an Werth bis 406 Mille Rubel Silber. Alle gediegenen Goldstücke die 69 einige Solotinik wiegen, mussten als Gegenstand besonderer Seltenheit an das Museuni abgeliefert werden; jetzt werden nur die Stücke abgeliefert die das Gewicht von 1 Pfund übersteigen. Jetzt befinden sich im Museum 336 Stücike an Gewicht von 11 Pud 22 Pfund und 79 Solotinik, an Werth 167,944 Rubel. Herr Dr. Grube r aus Mosbach erwähnte zunächst, dass im Muschelkalke bei Hassmersheim in Baden Kochsalz vorkomme und zeigte Nephelin vom Katzen- buckel am Neckar vor. Zum Schluss zeigte Herr Handelsgerichtspräsident Höninghaus aus Crefeld die Abbildung einer Phryganee aus dem Süss wasserkalke von Mombach vor, in welchem Rhinoceros-Zälme und Knochen Vorkommen , und bei welcher der Adernverlauf in den Flügeln mit den jetzt dort lebenden Phryganeen vollkommen übereinstimmt. Sitzung den 23. September 1844. Nach Mittheilung der Reihefolge der auf heute angekündigten Vorträge durch den Präsidenten theilte zunächst Herr Professor Plieninger aus Stuttgart seine Methode den Torf zu pressen mit: Ich habe schon auf der Versammlung zu Freiburg auf die Möglichkeit, sowie die Vortheile des Torfpressens aufmerksam gemacht. Die Vortheile lassen sich kurz in folgendem zusammenfassen : 1) Schnellere Entwässerung und daher schnellerer Umsatz des Betriebs- Capitals. 2) Erhaltung des bei dem gewöhnlichen Lufttrocknen unvermeidlichen Abganges, der nach Umständen zu 20 • — • 25 Procent angenommen wird. 3) Gewinnung eines Brennstoffs, der in halbem Volumen dieselbe Brenn- kraft, wie der gestochene Torf enthält, demnach durch seine Verdichtung dem Werth der Steinkohlen genähert, und zu allen den Heizzwecken geeignet wird, zu welchen man die Steinkohle dem Holz, der Holzkohle und dem gestochenen Torf vorzieht. Mein Bericht zu Freiburg gründete sich nur auf Versuche im Kleinen, welche die von Vielen beanstandete technische Ausführbarkeit des Torfpressens zweifellos in’s Licht stellten. Seitdem habe ich Versuche im Grossen angestellt, 70 welche nicht nur die Möglichkeit, den Torf in der Art zu pressen, dass ein geruch- geschraack- und farbloses Wasser abgepresst wird aufs Schönste bestä- tigen, sondern auch an der rentablen Ausführbarkeit dieser Methode keinen Zweifel übrig lassen. Alle mir bisher bekannt gewordenen Bestrebungen den Torf zu pressen, gin- gen von der Absicht aus, den Torf zugleich zu formen, weil derselbe gewöhn- lich der Zahl der Steine nach verkauft wird. Alle bisher bekannt gewordenen Torfpressen (heilen daher den Uebelstand, dass erstlich allzukleine Quantitäten auf einmal gepresst werden, oder dass diese allzukurz der Pressung unterworfen sind , demnach eine im Vergleich gegen die Zeit des Pressens allzugeringe Aus- beute oder ein nicht gehörig entwässerter Torf gewonnen wird, so dass in beiden Fällen das Geschäft des Pressens nicht lohnen kann. Auch die neueste auf der Ausstellung zu Berlin gezeigte Torfpresse theilt diesen Mangel, da bei ihr das Formen von Torfsteinen gleichfalls die Hauptsache bildet, nicht aber die Verdich- tung und gehörige Entwässerung des Torfes durch das Pressen. Dass aber das Formen des Torfes durch keine Noth wendigkeit geboten sei, lehrt die Praxis auf Torfwirthschaften von nur einiger Ausdehnung, wo das Zählen als zu zeitraubend umgangen, und einmal angenommen ist, dass eine bestimmte Zahl von Körben das tausend Stück Steine enthalte. Wird ja auch die Steinkohle entweder nach cubischem Maass oder nach dem Gewicht verkauft. Nimmt man nun von der Formung des Torfes Umgang, so ist die Mög- lichkeit gegeben, die Kosten des Pressens durch die gleichzeitige Behandlung solcher grossen Massen von Torf mit der Presse zu compensiren, gegen welche die zum Pressen nöthige Zeit nicht weiter in Betracht kommt. Dass indessen nicht jeder Torf, sondern vorerst nur der beste, brennkräftigste, dann aber sol- cher, welcher die gehörige Bindung hat, um nicht nach dem Pressen wieder auf- zugehen und so seine Dichtigkeit wieder zu verlieren, des Pressens werth sei, wird kaum zu bemerken nöthig sein ; namentlich werden gewisse leichtere Gattun- gen von Basentorf die eben genannte Eigenschaft entbehren und zum Pressen nicht taugen. Ich habe in Gemeinschaft mit einem Mechaniker eine Torfpresse projectirt und stehe im Begriff dieselbe in Verbindung mit einer Gesellschaft aufzustellen und im Grossen anzuwenden , welche der oben erwähnten Anforderung, möglichst viel Torf auf einmal zu pressen, entspricht. Sie ist im Stande in x/2 bis s/4 Stunde 20, 30 bis 36 Centner frischen Torf zu pressen, welcher abgepresst und getrocknet ungefähr das halbe Gewicht des frischen Torfes hat. Man gewinnt 71 demnach in % bis % Stunden 10- — 18 (im Mittel 14} Centner trocknen Torles, welches das Aequivalent von 1000 Steinen gestochenen Torfes ist. Demnach wird man mit dieser Presse in iy2 bis 2% Stunden die Tagesarbeit eines Torf- stechers sammt 5 Kindern und in 12 Arbeitsstunden das Tagewerk von 5 bis 8 Torfstechern und 25 bis 40 Kindern leisten können. * — • Zur Bedienung der Presse sind 4 Mann und jedenfalls eine weit geringere Zahl von Kindern nöthig, als beim Stechen desselben Quantums. Dazu kommt, dass der gepresste Torf bei günstiger Witterung unter freiem Himmel oder unter Dach in der Luft in 8 bis 10 Tagen bis zur Gebrauchsfähigkeit austrocknet in 8 bis 12 Stunden dagegen auf sehr einfache und Avenig kostspielige Weise künstlich und zu weit höherem Grade als an der Luit getrocknet Averden kann, so dass derselbe von der Grube weg in 12- — • 24 Stunden schon verkäufliche Waare ist. Nach einer Berechnung würden sich die Vortheile und Nachtheile des Pressens in der Art ausgleichen, dass der Productionspreis eines gleichen Gewichtsquantums gepressten und luft- trockenen Torfs Avenig oder gar nicht höher kommen Avird, als der des gestoche- nen, Avobei der durch die vermehrte Dichtigkeit gesteigerte Brenmverth desselben als Ersatz eines höheren Preises, der jedoch immer noch unter dem Verkaufs- preise der Steinkohle und des Holzes bleibt, gelten kann. Der Preis einer solchen Torfpresse mit allen Nebenapparaten ist auf etwa 1000 fl. rheinisch berechnet. • — * Meines Wissens ist das Pressen des Torfes noch nirgend in die Praxis der TorfAvirthschaft dauernd übergegangen , die Bedingungen dazu sind ausser den oben angegeben (gleichzeitiges Pressen in möglichst grossen Quantitäten und Fä- higkeit des Torfes, sich durch Pressen verdichten zu lassen,) eine vorgängige Verkleinerung oder Durcharbeitung desselben, ähnlich dem Zerkleinern des Obstes bei der Obstweinbereitung und Vorsorge dem Torfe die zu gehörigem Abfluss des Wassers nöthige Zeit zu lassen, ohne dass die möglichste Beschleunigung des Pressgeschäftes selbst dadurch gestört wird. Herr Dr. Dunk er aus Cassel machte hierauf einige Mittheilungen über seine Untersuchungen des Wälderthons und legte mehrere treffliche Lithographien von ihm beschriebener Petrefacten dieser Formation vor. Ferner legte Herr Pastor Müller aus Hamburg eine reichhaltige Samm- lung durch den grossen Brand in Hamburg veränderter Gegenstände vor und gab dazu die nöthigen Erörterungen. 72 Ein von Herrn Dr. K. F. Schimper zu Mannheim an den Secretair der geologischen Section gerichtetes Schreiben wurde hierauf verlesen, worin derselbe bevorstehende Publicationen ankündigt über die von ihm neu aufgestellte „Mor- phologie der Geschiebe“ und ausser einigen Andeutungen über den bishe- rigen Gang und die Erfolge seines Studiums dieser Bildungen zugleich seinen Entschluss mittheilt, eine reichhaltige Sammlung von Original - Beweisstücken für diese Lehre demjenigen deutschen naturwissenschaftlichen lustitute als freies Ge- schenk anzubieten, welches sich verpflichtet, dieselbe angemessen für Jedermann zur Ansicht aufzustellen. Die von dem zweiten Geschäftsführer übergebenen, von Liverpool einge- sandten, Gypsabgüsse der Fährten eines Cheirotherium , welche dort im bunten Sandsteine gefunden worden sind, wurden den Mitgliedern der Section vorgelegt. Mr. Alfred Higginson, Vicepräsident der Liverpooler naturhistorischen Ge- sellschaft, begleitete dieselben mit folgenden Bemerkungen: „The Stourton-Hill quarries are situated in the County of Chester, in the peninsula of Wirral, about 2 Miles from a ferry on the river Mersey, called Rock Ferry. These quarries have been worked for upwards of half a Century. The strata of which tliey are composed are a portion of the variegated Sandstone which is very extensively developed in this part of the Kingdom. The rock con- sists of fine grains of quartz and felspar united by an argillaceous cement. It is of a yellow and yellowish white appearance, and contains nodules and small masses of clay of a similar colour to the rock, and also of a bluish tint. The rock is unequally divided into strata, from a few inches to 15 and 20 feet in thickness. The strata are separated from each other by seams of bluish clay of inconsiderable thickness, — from a mere film to about an inch. • — About the month of June 1838, the impressions which have since excited so much attention, were discovered, not because they were then first exposed to view, but because they had not before come under the observation of any scien- tific person. These impressions were the footmarks of an immense number of reptiles of various kinds, and of tliat unknown animal, which from the peculiar shape of its foot, has been called the Cheirotherium. The animals have walked upon the surface of each stratum of rock or clay, soon after it was formed, and belore it had become Consolidated, and whilst, at the same time, from some unknown cause, the waters which had deposited the stratum had retired, and left it dry ground. Very soon afterwards, a fresh stratum of rock has been deposi- 73 ted, in all probability by a renewed irruption of water, the materials of which new stratum have filled up the impressions which the animals had made, and thus the traces of their steps have been preserved in distinct and high relief on the under side of the super incumbent stratum. This alternate process must have gone many tim es. The depth from which the large impressions of the Cheirotherium have been raised at Stourton is 30 feet or more, but some of the smaller footmarks are found much nearer to the surface. Since the above account was given me by the Revd. Thos. Dwyer, the footmarks, both large and small, have been lound by me in a quarry in the town of Liverpool, on the opposite side of the Mersey, and at the distance of 4 Miles from Stourton. Herr Bergrath Schwarzenberg aus Cassel meldete sodann das Vor- kommen verschiedener Mineralkörper an neuen Fundorten , als : 1) Molybdän zu R iechelsdorf. B unsen untersuchte die Riechelsdorfer Eisensauen. Molybdän Gehalt so gross, dass eine technische Gewinnung darauf zu gründen wäre, wenn man An- wendung davon wüsste. Interessant ist es daher, dass man in der Nähe eines Ganges des Rie- chelsdorfer Bergbaues in neuerer Zeit auch Molybdän gefunden hat. 2) Braunstein. Bohnerz (^Manganit) zu Hohenkirchen. Bekanntlich kommt auf den Eisenwerken zu Hohenkirchen mit schlackigem Gelbeisenstein, Hartbraunstein und kohlens. Braunsteinoxydul vor. Jetzt bei Schürf- Versuchen zur Gewinnung von Braunstein in dortiger Gegend von mir angeordnet, fand sich Manganit in bohn er z-förmiger Ge- stalt. Dasselbe bildet ganz wie das Eisenoxyd, bohnen- und erbsenförmige runde Theile, deren Kern meistens Wad ist, die Schaalen aber aus Manganit bestehen, welche durch dünne Lagen von Wad von einander getrennt sind. Die Bohnen und Erbsen liegen entweder in einer Grundmasse von Man- ganit (krystl. körnicht und dicht) theils in einem okrichten Gelbeisenstein, und werden öfters wie die Grundmasse durch feine Trümmer von Rhodochrosit durchsetzt. Nach Klipstein’s Abhandlung über das Vorkommen der Braunsteinerze bei Giessen wird dasselbe mit dem Vorkommen von Uebergangsgebirgs- Dolomit in Zusammenhang gebracht und auf plutonische oder vulcanische Bildung hinge- deutet. Interessant ist daher , dass auch am Hopfenberg und bei Hohenkirchen ein AbtheiJ. II. 10 74 vulcanischer Zusammenhang wohl nachzuweisen ist, indem nach meinen früheren Beobachtungen das Hopfenberger Gelbeisenstein Vorkommen von einem Basalt- gang durchsetzt Avird, in dessen Nahe der Braunstein mit Rhodochrosit vorkommt , wahrend das neue aufgefundene Braunstein - V orkommen umveit des Ortes Hohenkirchen, welches eine Lage auf und in einem Gelbeisensteinlager bildet, durch eine Lage von feinkörnigen Basalt -Conglomerat gedeckt wird, wel- ches mit einer Basalt - Hervorhebung zu Hohenkirchen , auf welcher die Kirche steht, in Zusammenhang zu bringen ist. Ueber denselben liegt der tertiäre Sand und Mergel der Grobkalk -Formation • — Anerbieten Stuffen davon mitzutheilen. 3) Doppeltarseniknickel. Bekanntlich wurde von Herrn B o o t h eine in Riechelsdorf vorkommende Kobaltmine in früheren Jahren unter Wöhler’s Aufsicht untersucht und solches für Doppelt - Arseniknickel erkannt, so dass es, während Kupfernickel = 1 At. Ars. + 1 At. Nickel, dieses 2 At. Ars. + 1 At. Nickel enthält. Aus meiner Sammlung theilte ich Herrn Booth damals auch Krystalle dieses Minerals mit. (Würfel mit abgestumpften Kanten und Ecken.) In neuerer Zeit sind mir Kobalt- Erze von Allemont aus der Dauphine und aus Ungarn vorgekommen, Avelclie unzweifelhaft nach meiner ehern. Untersu- chung mit diesem Erze übereinstimmen, und namentlich besitze ich Stücke von Allemont, welche Krystalle von gleicher Form enthalten. Hierauf theilte Herr Apotheker Kindt aus Bremen mit, dass er bei mi- croscopischer Beobachtung dünner Splitterchen von Obsidian gefunden habe, das Schillern des Obsidians von Zimapan rühre von Luftblasen her, alle nicht durch- sichtige Obsidiane dagegen Hessen eingeschlossene Krystallisationen erkennen. Dann zeigte Herr Geh. -Rath v. Struve eine Sammlung ausgezeichneter sogenannter Dendriten im Chalcedon vor und vertheilte Exemplare zur Unter- suchung mit der Bitte, das geAvonnene Resultat in der Versammlung des nächsten Jahres mitzutheilen. Schliesslich überreichte Herr Dr. Sonnenburg aus Bremen sein eben erschienenes Werk: „Tellusa oder die vorzüglichsten Thatsachen und Theo- rien aus der Schöpfungsgeschichte der Erde, . — Avorauf die Sitzung durch den Präsidenten geschlossen Avard. 75 IV. Section (iir Botanik, Forst- und Landwirthschatt. Am 18. September versammelten sich nach dem Schlüsse der ersten allgemeinen Versammlung die Mitglieder und Theilnelimer dieser Section auf dem Schütting, wo sie in Folge einer Aufforderung des Herrn Dr. Ph. Heineken ihre Namen einzeichneten und zur Wahl eines Präsidenten für die morgende erste Sitzung schritten, welche auf Herrn Professor Treviranus aus Bonn fiel. Zum Secre- tair wurde Herr Dr. Buek aus Hamburg gewählt. Eine besondere Zeiteinteilung für die der Land- und Forstwissenschaft angehörigen Vorträge, schien bei der geringen Vertretung dieser Interessen nicht notwendig. Erste Sitzung am 19. September 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Herr Professor Treviranus aus Bonn. Secretair: Herr Dr. Bue k aus Hamburg. Herr Professor Treviranus bewillkommnete die anwesenden Mitglieder und Theilnelimer und sprach den Wunsch aus, dass die zu haltenden Vorträge wo möglich nicht abgelesen, sondern frei vorgetragen werden möchten, und von jedem Vortrage ein Auszug dem Herrn Secretair zu übergeben sei. 10* 76 Herr Dr. Buek zeigte darauf an, dass der von Herrn Dr. Dietrich aus Leipzig angekündigte Vortrag über die Weintraubenkur etc. an die medicinische Section verwiesen sei. Hierauf sprach: Herr Professor Wilbrand aus Giessen: Ueber die Ernährung der Pflanzen. Die Frage: wie geschieht die Ernährung der Pflanzen, und wie ereignet sich der Lebensprocess in der Pflanzenwelt? • — • Diese Frage ist bisher nur vom chemischen Gesichtspunkte aus bearbeitet worden! Es dürfte wünschenswerth sein, diese der Pflanzenphysiologie angehörige Frage einer neuen durch Versuche unter- stützten Untersuchung zu unterwerfen, wobei einerseits die Thatsachen, welche die chemischen Untersuchungen liefern, nicht übersehen, andrerseits aber der Ge- sichtspunkt festgehalten werde, dass die lebende Pflanze in ihrem Dasein einem organischen Lebensprocesse angehöre! Versuche über diesen Gegenstand, im an- gegebenen Sinne angestellt, scheinen möglich zu sein; sie werden aber einen Aufwand von Zeit, von mancherlei Kosten, und die Beihülfe eines in der che- mischen Analyse geübten Chemikers erfordern. Es ist darum wünschenswerth, dass von einer Akademie aus die Bearbeitung dieses Gegenstandes zu einer Preisaufgabe gemacht werde, wobei ein solcher Preis bestimmt wird, welcher der Mühe und den Kosten entspricht, welche unvermeidlich sein werden. Es werden etwa folgende Fragen zur Sprache kommen müssen: 13 Präexistiren die Elemente, welche der Chemiker aus den Pflanzen darstellt, bereits in der Umgebung der Pflanzen, und besteht alsdann der vege- tabilische Lebensprocess nur in einer Zusammensetzung und Trennung dieser Elemente? 23 Ist das jedesmalige Wasser, was die Pflanze bedarf, ein blosses Vehikel für ihren Nahrungsstoff, oder geht dasselbe auch in die Pflanzen -Sub- stanz über? 33 Hat auch der Erdboden eine organische Beziehung auf die Bildung der Pflanze, oder liefert derselbe den Pflanzen nur die jedesmalige Stelle, wo sie sich in ihrer Entwickelung befinden kann? Sollte nicht etwa auch im Innern der Erde ein elektro- chemischer Process sich ereignen, der auf das Pflanzenleben Einfluss hat? Davy hat bereits 1806 darauf hingewiesen, dass im Innern der Erde elektro-chemische Processe sich ereignen dürften! 77 4) Was ist von der Ernährung der Pflanzen durch die Kohlensäure zu halten? Sollte dieselbe nicht wohl da, avo sie sich findet, vom Wasser und vom Erdboden absorbirt werden , wo sie alsdann zwar mittelbar für die Pflanzen ein Nahrungsmittel wird, aber nicht als Kohlensäure, indem sie als solche durch die Absorbtion untergegangen ist! Sollte nicht ein zu grosses Gewicht auf die Kohlensäure, als Nahrungsmittel für die Pflanzen, gelegt werden? Sollte die Ansicht, wornach sie bereits von Pristley, Ingenhousz, Senebier etc. und weiter von Saussure, als das vorzüglichste Nahrungsmittel der Pflanzen betrachtet wird, daher entstanden sein, weil bei der Zersetzung des Humus sich Kohlensäure bildet, die aber auch vom Erdboden wieder absorbirt wird? 53 Liefert auch die atmosphärische Luft einen Beitrag zur Ernährung der Pflanzen? 6} Woher erhalten die Pflanzen ihren Stickstoff1? Ist in dieser Hinsicht ein besonderes Gewicht auf das Ammoniak zu legen, wie dieses bereits vor Saussure, und Avie es auch von diesem geschah, wenn er sagt: „man kann an dem Vorhandensein ammoniakalischer Dünste in der Atmosphäre nicht zweifeln etc. “ (S. 190 der Schrift: Th. von Saussure’s chemische Untersuchungen über die Vegetation, übersetzt von Voigt, Leipzig 1805-3 • — Sollten nicht wohl die Pflanzen ihren Stickstoff aus derselben Quelle erhalten, aus Avelcher auch die atmosphärische Luft ihren Stickstoff hat? Die Harmonie in der Natur lässt dieses vermuthen ! 73 WünschensAverth wäre es, wenn Saussure’s Beobachtungen über den Aschen- Gehalt der Pflanzen, und über die in derselben vorkommenden Salze und Erdarten, vorzüglich hinsichtlich der Frage, woher dieselben entstehen, mit kri- tischer Umsicht Aviederholt Avürden, • — • insbesondere ob sie aus dem Boden in die Pflanzen übergehen, oder ob sie in den Pflanzen gebildet Averden, oder ob die verschiedenen Salze sich vielleicht erst in der chemischen Untersuchung bilden? 83 Was ist von dem Aufsaugen der Pflanzen zu halten, und können die Experimente, die man mit abgeschnittenen Pflanzentheilen anstellt, den Beweis für das Aufsaugen der Pflanzen liefern? Diese verschiedenen Fragen dürften die wesentlichsten sein, Avelche durch Versuche zu erörtern wären. Bei den Versuchen Aväre darauf zu sehen, dass das natürliche Verhalten der Pflanzen so Avenig, als möglich, in ein künstliches verwandelt werde. Dem in diesem Vortrage ausgesprochenen Wunsche: eine physiologisch- chemische Bearbeitung der Lehre von der Ernährung der Pflanzen zum Gegen- 78 stände einer Preisangabe von Seiten einer Akademie gemacht zu sehen, stimmten alle Anwesenden bei, und bemerkte Herr Professor Blume aus Leyden, dass in Harlem bereits vor einigen Jahren eine solche Preisaufgabe gegeben, aber bis jetzt nicht beantwortet sei. Herr Professor Treviranus- aus Bonn sprach sodann ü b e r d e n S c h w a m m- stein {Pietra fungaja der Italiener) mit Berücksichtigung der darüber kürzlich erschienenen Schriften von Gasparini und Brunner. Diese im trock- nen Zustande steinartige graue Substanz, welche im K. R. Neapel und im an- gränzenden Theile des Kirchenstaates gefunden wird, bekommt bei wiederholter Befeuchtung eine tiefbraune Farbe und eine elastische schwammförmige Consistenz und endlich bringt sie in gehöriger Temperatur einen essbaren Schwamm {Poly- porus Tuberaster Fri) hervor, welche Bildung sich von Zeit zu Zeit erneuert. Es gelang dem Vf. vor Kurzem, eine Anzahl solcher Steine durch die gütige Verwendung eines verehrten Collegen zu erhalten, welche bei der obigen Behand- lung zwar ganz auf die angegebene Weise sich veränderten , jedoch bis jetzt den Schwamm noch nicht hervorgebracht haben. Von den beiden Meinungen, in welche die Naturforscher sich, rücksichtlich der Natur dieses Körpers getheilt haben, wurde zuerst die von Michel i und Brunner anfgestellte erwogen. Nach der- selben ist die Pietra fungaja die Muttersubstanz {Mycelium) des daraus hervor- wachsenden Schwammes und es Avurde gezeigt, dass sowohl die innere Beschaf- fenheit dieser Substanz mit der vom Mycelium anderer Schwämme ganz überein- komme, als der, aus der perennen Lebensdauer derselben von Gasparini her- genommene Einwurf dagegen durch Anführung analoger Fälle entkräftet. Die andere Meinung über den Schwammstein, welche von Imperati und Boccone aufgestellt und von Gasparini mit Gründen unterstützt wurde, betrachtet jenen Körper als ein Vegetabil eigener Art, auf welchem der genannte Schwamm sich parasitisch erzeuge. Gasparini hält dasselbe der gemeinen Trüffel verwandt, aber doch von ihr verschieden und er bildet daraus eine besondere Gattung, My- celithe genannt, wovon nur die Eine Art, M. fimgifera bis jetzt bekannt ist. Es gelang dem Vortragenden so wenig, als es Brunner’n gelungen war, die vermeinten Sporangien darin mit bewaffnetem Auge wahrzunehmen und bis dahin, dass über diesen Punkt fernere Beobachtungen werden entschieden haben, dürfte der ersterwähnten Ansicht, welche auch bei den Anwesenden den meisten Beifall fand, unbedingt der Vorzug zu geben sein. 70 Herr 0 hl endo r ff aus Hamburg zeigte getrocknete Pflanzen vor, die er aus dem von Herrn Dr. Preiss in Australien gesammelten Samen gezogen. Le- guminosae , Proteaceae und Myrtaceae , einige 80 Arten, sämmtlich noch ganz junge Pflanzen, welche bis jetzt noch nicht geblüht haben und zum Theil noch gar nicht bestimmt sind. Derselbe vertheilte sodann einen Catalog der von ihm aus diesem Samen gezogenen lebenden Pflanzen , die in seiner Baumschule in Hamm bei Hamburg verkauft werden. Ferner wurde verlesen: ein Schreiben des Herrn Professor C. H. Schultz in Berlin. Der hochverehrlichen Versammlung deutscher Naturforscher in Bremen beehre ich mich anbei eine kleine Schrift: „die Entdeckung der Mähren Pflanzen- nahrung“ vorzulegen, weil ich vermuthe, dass der Inhalt, welcher über eine neue, die Ernährung der Pflanzen betreffende Entdeckung Auskunft giebt, ein weiteres Interesse darbieten möchte. Man hatte bisher nach Ingenhouss und Saussure die Kohlensäure für die wahre Pflanzennahrung und das von den Pflanzen im Lichte ausgehauchte Sauerstoffgas als aus der Kohlensäure entsprungen angesehen. Aus der in an- liegendem Werke dargestellten Entdeckung sieht man nunmehr, dass der von den Pflanzen ausgehauchte Sauerstoff nicht aus Kohlensäure, sondern aus anderen wasserstoffhaltigen Säuren: wie Weinsäure, Apfelsäure, Milchsäure, Citronen- säure stammt, und dass die Pflanzen diese Säure zum Verschwinden bringen und den darin enthaltenen Sauerstoff aushauchen. Die Säuren selbst bereiten sich die Pflanzen, Avie aus anderen Versuchen hervorgeht, aus dem Humusextrakt und dem Zucker, auf welche Substanzen sie durch ihre Wurzelsekrete digerirend und verändernd eimvirken, so dass der Rohrzucker dabei in Traubenzucker und Gummi, und dieses, Avie die Dammerde, in Säuren umgebildet Avird, die auch im Holzsaft der Pflanzen erscheinen. Auf die Umbildung des Zuckers in Milchsäure beruht die Wirkung der Pflanzenblät- ter auf das Sauerwerden der Milch, eine Wirkung, die nach meiner Entdeckung nicht bloss das Labkraut (Galiurn) sondern alle grünen Pflanzenblätter und ähn- lich auch die Wurzeln, z. B. Petersilie, Mohrrüben, Wurzeln, haben. Wasser Avird von den Pflanzen niemals zersetzt, sondern der Wasserstoff in den Pflan- zengebilden (den organischen GeAveben, den Oelen, Harzen etc.) dessen Ursprung man aus der Kohlensäuretheorie nicht ableiten, und daher nur der Wasserzer- setzung zuschreiben konnte, ist vielmehr ursprünglich in den Avahren Nahrungs- 80 stoffen der Pflanzen vorhanden. Als solche wahre Nahrungsstoffe der Pflanzen hat man nach unserer Entdeckung also weder die unveränderte Humussäure oder das Dammerdeextrakt, noch die Kohlensäure anzusehen, sondern, die durch die digerirende Wirkung der Wurzeln in Zucker, Gummi und Säuren £die bei ver- schiedenen Pflanzen verschieden sind) umgebildeten Humusbestandtheile. Auch die mineralischen Säuren, wie Schwefel- und Phosphorsäure werden von den Pflanzen zersetzt, der Schwefel und Phosphor zurückgehalten und das Sauerstoffgas ausgeschieden, wie die neuen Versuche lehren. Diese Entdeckungen möchten nunmehr die bisherigen Theorieen der Dün- gung gänzlich ändern, und für Land- und Gartenbau nicht ohne glücklichen Einfluss sein. Ich erlaube mir an die Herrn Geschäftsführer die ganz ergebenste Bitte, den Inhalt dieses Schreibens in einer der Gesammtsitzungen der hochgeehrten Versammlung mitzutheilen, die Schrift selbst dann der chemischen und der bota- nischen Section vorlegen zu lassen, und bitte alsdann den ersten Herrn Geschäfts- führer, solche für sich behalten zu wollen. Ich bitte die hochgeehrte Versammlung und die Herrn Geschäftsführer den Ausdruck meiner besonderen Hochachtung und Theilnahme zu genehmigen und indem ich mein lebhaftes Bedauern darüber ausspreche, dass ich der Versammlung persönlich beizuwohnen verhindert bin, beehre ich mich zu unterzeichnen Ihr ganz ergebenster Dr. C. H. Schultz, Prof. ord. an der Univers. zu Berlin. Die beigefügte Schrift: „Die Entdeckung der wahren Pflanzennahrung mit Aussicht zu einer Agriculturphilosophie.“ Dargestellt von Dr. C. H. Schultz, Prof, ord. an der Universität zu Berlin. 1844 erbot sich Herr Professor Wilbrand aus Giessen einzusehen, und darüber in der nächsten Sitzung zu referiren; und ferner ein Schreiben des Herrn Dr. Mauz in Esslingen, welchem ein Exemplar des zweiten Heftes seines Archiv’s für Naturheilkunde und Agricultur beigefügt war, so wie folgende Abhandlung: Beobachtungen über den Kornbrand. Wem ist nicht bekannt, dass die Getreidearten jedes Jahr von den Brand- krankheiten nicht nur sporadisch, sondern selbst öfters epidemisch befallen werden, 81 und wer möchte einen andern Glauben haben, als dass diese Krankheiten ebenso alt sind, als es überhaupt Getreidearten giebt ? Die Erfahrung lehrt nun, dass man seit undenklichen Zeiten gegen die Krankheiten im Pflanzenreich ebenso heilend und hemmend auftrat, als man gegen die verschiedenen Krankheiten im Thierreich aufgetreten ist, und dass, wenn man hier noch wenig Krankheiten hemmen oder gänzlich aufheben konnte, man eben dieses bei den Krankheiten im Pflanzenreich erfahren hat: daher man im allge- meinen damit zufrieden ist, wenn man nur die individuelle Zahl vermindern kann. Es entsteht aber die Frage: Ist der Brand als eine den Cerealien eigen- thümliche Krankheit ansteckend und einer materiellen Fortpflanzung fähig, oder wird der Stoff, welcher die Krankheit erzeugt, jedes Jahr durch besondere äus- sere Einflüsse von Neuem gebildet? Die Lösung dieser Frage hat sich schon mancher Naturforscher vorgelegt, und es sind, wie allgemein bekannt ist, unendlich viele Versuche in den verschie- denartigsten Schriften niedergelegt, Versuche, die bald für bald gegen die An- steckung sprechen, womit aber der Gegenstand bei weitem nicht erschöpft ist, sondern immer noch in ein grosses Dunkel gehüllt bleibt; und ob man wohl weiss, was die Brandkrankheiten dem Wesen nach sind, so ist man doch weniger mit den nächsten Ursachen ihrer Entstehung vertraut, weswegen wir uns mit beson- derer Vorliebe entschlossen haben, diesen Gegenstand mehrere Jahre hindurch auf die mannigfaltigste Weise durch Versuche zu verfolgen, und wagen, die neueren Resultate in allgemeinen Grundzügen mitzutheilen. Wir können nun nach sehr vielen Versuchen, die von einem und demsel- ben Saamen und der Zeit nach theils im Wasser, im Sand, theils in gleicher Erde und immer der Art angestellt wurden, dass die eine Parthie im Zimmer gehalten, die andere in Töpfen in’s Freie gesetzt, und ein dritter Versuch ähn- licher Art im freien Lande gemacht wurde, sagen: dass sowohl der Korn- als auch der Flugbrand nicht für sich ansteckend oder der Fortpflanzung fähig ist, sondern dass seine Wirkung nur darin besteht, das vegetative Leben, die Kei- mung schnell hervorzurufen, und dass er überhaupt eine schnelle grossartige Entwicklung gleich den alkalischen Stoffen, wie z. B. Salmiak, zu bewirken fähig ist und in dieser Hinsicht über alle ähnliche Stoffe weit zu stehen, aber in der Wirkung ganz mit dem Brand des Mais übereinkommt. Comparative Versuche mit den verschiedenartigsten Salzen, Erd- und Düngerarten zeigten: dass der Brand oder überhaupt Krankheiten, wie auch die der Kartoffeln, desto seltener erscheinen oder fast allgemein aufgehoben werden, 11 II. Al.lheil. je mehr die genannten Bestandteile die Fähigkeit besitzen, die Keimung zu re- tardiren (Beizmitel), und umgekehrt desto eher, je rascher und schneller die Keimung von statten geht (Reizmittel), und so z. B. an jenen Pol der Kupfer- vitriol, das Kochsalz, der Guano, kalireicher Dünger, schwere kühle und kali- reiche Bodenarten, vollkommene Saamen, Trockenheit und gewalzte Felder gehö- ren, während an den andern Pol der Brandstoff (Kornbrand), der Salmiak, Gips, kaliarmer Dünger, hitzige, leichte, moorartige, kaliarme Bodenarten, leichte un- vollkommene Saamen, Regen, ungewalzte Felder u. s. w. zu stehen kommen. Aus dem Gesagten wird deutlich hervorgehen , dass es bei der Brandbil- dung eigentlich nicht auf die Natur der Mittel, sondern nur auf die Eigenschaft ankommt, eine schnelle Keimung und Entwicklung unter besonderen günstigen äusseren Einflüssen anzufachen; daher insbesondere die verschiedenen Erdarten nicht für sich, wie z. B. bei den Krankheiten der Kartoffeln, in Anspruch ge- nommen werden können, und ebenso klar wird es sein, dass der Brand nicht im Verlauf der Entwicklung, sondern mit dem Act der Keimung gegeben ist, weil Beizmittel nur während dieses Acts und später nicht mehr günstig wirken, dass er jedes Jahr von Neuem gebildet wird und in einer specifischen Entwicklungs- schärfe besteht, in einer krankhaften vegetativen Schärfe, die dann später Orga- nisationen eigentümlicher Art und statt Saamen Pilze entwickeln lässt, diese aber natürlich nicht als schon gebildet von den Wurzeln aufgenommen werden und an ihren Ort gelangen, sondern sicli an der Peripherie ebenso entwickeln, wie unge- fähr exanthematische Krankheitsstoffe auf der Haut gebildet werden und nicht als solche vorher in der Blutmasse der Form nach vorhanden sind; daher alle Er- scheinungen an den krankhaften Pflanzen, wie z. B. das voluminöse, das gras- artige und sattgrüne nicht diesen Pilzen, sondern der kräftigen AVirkung des Brandstoffs zugeschrieben werden müssen. Für die folgende Sitzung ward Herr Professor Blume aus Leyden zum Präsidenten gewählt. 83 Zweite Sitzung am 2 0. September 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Professor Blume aus Leyden. Secretair: Dr. Buek aus Hamburg. Der Präsident eröffnete die heutige Sitzung mit einer begrüssenden Anrede, und forderte sodann zu den angemeldeten Vorträgen auf. Dr. Buek legte drei Centurien südafrikanischer Pflanzen vor, aus den Familien Ericeae, Ebencicecie, Scipotecie, Mjrsineae , Primulaceae, Jas - mineae, Oleineae, Gentianeae, Apocjneae und Asclepiadeae, welche ihm von Herrn Drege in Hamburg zugestellt wurden, (um sie der Versammlung vorzulegen.) Herr Drege hat, nachdem er die von ihm selbst im südlichen Afrika gesammelten Pflanzen zum grössern Theile verkauft, die noch in Hamburg vorhandenen Vorräthe der von den Herrn Eckion und Zeylier gesammelten Pflanzen käuflich an sich gebracht, wovon die vorliegenden eine Probe, und bietet dieselben den Freunden der Botanik zu einem bedeutend herabgesetzten Preise an, nämlich : 1. Sammlung 35 • — 50 Centurien (die vollständigsten, besten Exemplare) k 20 Hamb. Cour. (8 Thal. Pr.) 2. Sammlung 20 — 25 Centurien (wovon die vorgelegten eine Probe) ä 14 (5VS Thal.) 3. Sammlung unter 20 Centurien (wovon die vorgelegten eine Probe) ä 10 (4 Thal.) Einzelne Familien können nur zu erhöhten Preisen abgegeben werden, Leguminosae , Compositae , Ericeae , die kleinern, unter 50 Species haltenden Familien, alle Mono- und Acotyledoneae ä 40 4 (16 Thal.) die übrigen Dicotyledoneae 30 »$ (12 Thal.), * — weniger als eine halbe Centurie ist nicht verkäuflich. Herrn Drege’s Addresse ist: Herrn W. Sonder, Neuenwall JYi 109, Hamburg. Der Gegenstand eines Vortrages des Prof. Trevira nus aus Bonn war die eigenthümliche Art der Beproduction, welche man bei dem Sedum amplexicaule De. antrifft, einer in Spanien, im südlichen Frankreich, Italien und Griechenland vorkommenden Art, die aber in Gärten unsern Winter ziemlich gut aushält. Nach gebildeter Blüthe im ersten Theile des Sommers 11* 84 treibt der Stock der Pflanze auf kürzeren oder längeren Stielen cylindrische, knollenarlige Fortsätze, welche mit besondern scheidebildenden Blättern, die sich dachziegelartig decken und niemals abfallen, umhüllt sind. Sie sondern sich, so- bald sie ausgebildet, von der Pflanze ab, oder bleiben doch nur mechanisch mit ihr Zusammenhängen, worauf ein allgemeiner Zustand von Ruhe eintritt. Im zweiten Theile des Sommers erwacht aber ihre Vegetation von Neuem; jene treiben dann am Grunde Würzelchen, an der Spitze neue Triebe, welches die Anfänge der aufgerichteten, zumal der blühenden, Stengel des künftigen Jahres werden und die mit scheidelosen, abwechselnden, stielrunden Blättern versehen sind, die leicht abfallen. Durch diese zweierlei Blätter, von denen die eine Art nur für die Reproduction bestimmt ist, durch die knollenartigen Keime, welche sich über der Erde bilden und durch die Trennung derselben vom Hauptstocke der Pflanze gleich nach ihrer Bildung, unterscheidet sich demnach das Sedum amplexicaule von seinen Gattungs verwandten, unter denen es ausserdem durch Zahl der Griffel und Bildung der Kelchzipfel merkwürdig ist. Herr Kammerrath Waitz erinnert an eine ähnliche Bildung bei der Gattung Achimenes besonders Achimenes [Trevirania) coccinea ; Herr Prof. Blume bemerkte, dass etwas ganz ähnliches bei dem in Java wachsenden Arum vivi- parum vorkomme. Von Herrn Dr. Focke ward eine von dem Herrn Oberamtmann Hintze in Ottersberg eingesandte Sammlung von Moorpflanzen dortiger Gegend vorgelegt, so wie eine eigenthümliche , mit dem Meteorpapier verglichene , aber freilich sehr verschiedene, vegetabilische Masse, welche sich aus Conferven bildet, beim Ab- flüsse des Wassers trocknet, und dann zuweilen in dieser Form vom Winde fortgeführt wird. Dr. Buek zeigte einige getrocknete Früchte aus seiner seit dem grossen Hamburger Brande neuentstandenen Fruchtsammlung vor, welche gegenwärtig etwa 4000 Arten umfasst, zum Theil aus der Familie der Leguminosae, mehrere Arten Mucuna ( Stizolobium ) — P sophocarpus tetragonolobus De-, Cassia alata u. a. m. zum Theil noch unbestimmt, grossem Theils javanische, woran seine Sammlung verhältnissmässig reich sei, und bemerkte dabei, dass hätte er hoffen können, den Herrn Prof. Blume, den grössten Kenner der javanischen Flora, hier zu treffen, er eine noch grössere Menge von unbestimmten Früchten aus dieser Flor mitgebracht haben würde, um dadurch diesem hochverehrten Bota- niker Veranlassung und Gelegenheit zu geben, die Anwesenden auf höchst beleh- 85 rende Weise zu unterhalten. — Von den vorgezeigten gab Herr Prof. Blume sogleich einige Benennungen an, zum Beispiel Pangium edule , Dialium indicum, Dysoxylon spec Nephelium spec. Helicteres hirsuta, Cardamomum mctximum etc., und bestimmte von andern wenigstens die Familie, woran sich noch manche sehr interessante Bemerkungen knüpften. Herr Prof. Blume legte darauf das neueste, letzte Heft, des von ihm herausgegebenen Prachtwerks: Rumphia, vor; und theilte einigen der Anwe- senden Exemplare von Dozy & Molke nboer: Musci frondosi ex archipe - lago indico et Japonia, Leyden 1844 mit. Herr Dr. Brenn ecke vertheilte das Blatt: wissenschaftliche Beilage zu No. 12 der Jeverländischen Nachrichten, enthaltend eine von Herrn Dr. Koch in Jever und ihm zusammengestellte Flora von Wangeroge. Für die nächste Sitzung, die auf morgen Sonnabend früh von 9- — 10 Uhr, vor der allgemeinen Versammlung angesetzt ward, wurde Herr Kammerrath Waitz zum Präsidenten gewählt. Dritte Sitzung am 21. September 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Herr Kammerrath Waitz aus Altenburg. Secretair: Herr Dr. Buek aus Hamburg. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung durch den Präsidenten ersuchte Herr Dr. Buek diejenigen, welche etwa nach dem früher in der botanischen Zeitung ausgesprochenen Wunsche, Pflanzen für den Austausch mitgebracht hätten, solche vorzulegen. Herr Dr. Buhse aus Riga hatte eine kleine Auswahl von Pflanzen aus dem höchsten Norden Russlands zu diesem Zwecke anzubieten. Herr Prof. Blume gab als Einleitung zu seinem angekündigten Vortrage über das Ly copodium ctrboreum von Junghuhn einen kurzen Ueberblick der im Ostindischen Archipel angestellten botanischen Forschungen. Es biete sich dort dem Botaniker noch ein unerschöpfliches Feld für die Bereicherung der Pflanzenkunde dar, da doch hauptsächlich nur die Flora von Java in den letzten Zeiten, eben wie früher die der Molukken durch Ru mph, mit einigem Erfolge betrieben worden sei, wogegen die von allen übrigen Theilen jenes Archipels, mit 86 Inbegriff der grossen Inseln Sumatra, Borneo, Celebes etc. fortwährend zu dem beinahe unbekannt gebliebenen gehöre. Dies geht so weit, dass, um nur ein Bei- spiel anzuführen, von ganz Sumatra kaum ein halbes Dutzend Pflanzen bekannt gewesen wären, bevor Jack Benkulen untersucht habe. Durch die Mittheilungen dieses Botanikers, so Avie seines Nachfolgers Arnold, der bekanntlich im Innern von Benkulen jene höchst wunderbare Pflanze entdeckte, die gewissermaassen nur eine einzige Blume von ausserordentlichem Umfange darstellt, von R. Brown, Rafflesia Arnoldi genannt, sei die Aufmerksamkeit der Botaniker in einem hohen Grade auf Sumatra hingeleitet, und allgemein der Wunsch rege geworden, mit der Vegetation dieser Insel besser bekannt zu werden. • — Herr Prof. Blume legte hierauf einige Abbildungen der von ihm selbst entdeckten Rafflesia Patma vor, so wie der damit verwandten Gattung Brugmansia, die beide, eben wie die Rafßesia Arnoldi auf Sumatra, parasitisch auf Cissus- Arten Vorkommen. Die Brugmansia Zippelii ist allein an den westlichen Theilen von Java, in Wal- dungen des vulkanischen Gebirges, die Rafflesia Patma dagegen auf Kalkboden sowohl auf Nusakambangam als auch an dem dieser kleinen Insel gegenüberlie- genden südlichen Strande von Java beobachtet. Er machte nun die Anwesenden darauf aufmerksam, wie die Vegetation von Java und Sumatra schon in so eigen- artigen Gewächsformen auf eine gewisse Uebereinstimmung hindeute. Diese sei jedoch nicht so gross, als sich solches wegen der geringen Entfernung beider Inseln von einander wohl erwarten lasse. Anscheinend freilich und nach der An- sicht einiger Geologen hätten beide Inseln früher zusammengehangen und durch die Halbinsel Malakka mit dem Festlande Asiens in Verbindung gestanden, wo- gegen er jedoch bemerklich mache, dass wenn man auch dieser Ansicht beistimmen und nicht vielleicht richtiger annehmen wolle, dass die meisten Inseln dieses Archipels ihre Entstehung vulcanischen Erhebungen des Bodens zu verdanken hätten und noch fortwährend durch Anspülung vergrössert würden, dann doch jeden- falls jene vermeinte Verbindung zwischen Java und Sumatra bereits gehoben gewesen sein muss, bevor dieselben von Thieren der gegenwärtigen Schöpfung bewohnt waren. Wie anders wäre es erklärbar, dass beide Inseln eine so auf- fallende Verschiedenheit selbst von grösseren Säugethieren zeigten? So sei eine besondere Art wilden Rindviehs, der Bos Banting nur auf Java einheimisch, so komme der indische Elephant, der indische Tapir, der indische Bär, die doch sehr allgemein über Sumatra verbreitet sind, durchaus nicht in Java vor, so besässen beide Inseln jede eine besondere Art Rhinoceros, so wie durchgängig ganz ver- schiedene Affenarten etc. Wenn denn auch die Flora von so nahe liegenden 87 insein grosse Verschiedenheit darbiete, so bleibe sich die Natur auch in dieser Hinsicht vollkommen getreu, da sie hier, wie in allen Tropenländern, bei übrigens nicht gar zu ungünstigen physischen Verhältnissen, die grösste Mannigfaltigkeit der vegetabilischen Formen in einem solchen Grade bedinge, von dem die Be- wohner gemässigter Zonen sich kaum eine richtige Vorstellung machen könnten. Manche dieser Abweichungen und Verschiedenheiten in der Flora beider Inseln beruheten dabei offenbar auf ganz eigenthümlichen Ortsverhältnissen, so z. B. ge- hörten die Familien der Cupuliferen und Coniferen gewissermaassen als Reprae- sentanten einer gemässigteren Zone, auf Java der mittleren Bergregion, zwischen 3000 und 7000 ' Erhebung über der Meeresfläche an , während in verschiedenen Theilen von Borneo und Sumatra in der Nähe des Aequators und selbst unter demselben der 3Ieeresstrand mit Eichen - und Tannenwäldern bedeckt sei. In anderen Küstengegenden, in welchen eine grössere Gebereinstimmung der physi- schen Verhältnisse obwalte, z. B. in jenen Niederungen und sumpfigen Land- strichen, die den Ueberschwemmungen der Flüsse sowohl als des Meeres ausge- setzt sind, behaupte dagegen die Vegetation sowohl in Sumatra als Borneo ganz denselben Character, den sie unter gleichen Umständen in Java und anderen Theilen des indischen Archipels zeige. Da erstrecke die merkwürdige Nipa-Palme sich oft meilenweit ins Innere, oder vereinigten Rizophoren , Bruguieren, Ae- giceren etc. sich mit einigen Avicennien, Bar ringt onien und Rotang- Arten zu dichten Waldungen, hin und wieder mit hochstämmigen Palmen und auch wohl Pandaneen untermengt. Herr Prof. Blume erwähnte nun der grossmüthigen Fürsorge der Nieder- ländischen Regierung, die jetzt alle bis dahin weniger bekannten Theile des Ostin- dischen Archipels durch eine Commission von Gelehrten untersuchen lasse. Viele der wackeren Männer, die mit dieser Untersuchung beauftragt gewesen, hätten in Folge der mit diesen Forschungen, unter dem Einflüsse eines im Allgemeinen für Europäer nicht sehr günstigen Clima’s, verknüpften Anstrengungen und Entbeh- rungen einen frühzeitigen Tod gefunden, so Kühl, van Hasselt, Boie, Zip- pelius, van Raalten, Macklot, van Oort, Horner, Pierot und noch kürzlich sei der Tod von Forsten, dem Celebes und die Molukken zur Unter- suchungangewiesenwaren, berichtet worden- Gegenwärtig sei noch Dr. S chwaner mit einer naturhistorischen Sendung nach Borneo beauftragt, und der als ausge- zeichneter Botaniker bekannte Junghuhn mache in einem in Batavia gedruckten Werke die Resultate einer ihm von Regierungswegen aufgetragenen Sendung zur Untersuchung der Batta - Districte , im nördlichen Theile von Sumatra, bekannt. 88 Unter den von Junghuhn gemachten botanischen Entdeckungen nehme die eines baumartigen Ly copodium die erste Stelle ein. Ueber dieses Wunderding der Vegetation seien denn auch bekanntlich schon vorläufige Berichte in einigen Zeitschriften erschienen, und Junghuhn selbst spiele darauf in der Ankündigung des erwähnten Werkes von Neuem an, indem er bemerke, dass in jenem merk- würdigen Lande eine Pflanzenart als hoher Baum auftritt und weithin seine Zweige ausbreite, wovon alle übrigen bisher bekannten Arten nur kleine krautartige Ge- wächse wären. • — Die Nachrichten über diese Pflanze aus Sumatra, und zwar von einem im Fache der cryptogamischen Gewächse so ausgezeichneten Gelehrten, hätten denn auch allgemeines Erstaunen erregt, weil dieses Ly copodium dem zufolge im Vergleich zu allen übrigen bekannten Arten, als ein Riese, nur mit jenen aus früheren Schöpfungen, von welchen die Ueberreste nur im fossilen Zu- stande im Schoosse der Erde begraben sind, verglichen werden konnte. „Indessen fuhr Herr Prof. Blume fort, kam mir diese Entdeckung immer noch sehr pro- blematisch vor, und ich tlieilte meine Zweifel darüber vor kurzem dem Herrn Prof, de Vliese in Amsterdam mit, von dem ich zu meiner Freude erfuhr, dass er durch Vermittlung des gegenwärtigen General - Gouverneurs der Niederländisch- Ostindischen Colonien ein Exemplar dieser merkwürdigen Pflanze zum Geschenk erhalten habe, wodurch ich mich selbst überzeugen könne, dass es ein Lycopo- dium sei. Durch die gütige Mittheilung desselben und die Bewilligung, davon jeden beliebigen Gebrauch zu machen, sehe ich mich gegenwärtig in den Stand gesetzt, dasselbe der verehrten Versammlung vorzulegen, wobei ich noch eine Zeichnung hinzufüge, die hauptsächlich zur Erläuterung der Structur des Holzes bei dieser Pflanze dient. In der That fühlte ich mich schon beim ersten Anblicke des vorliegenden Exemplars in eben so grosses Erstaunen versetzt, als sich in diesem Augenblicke hier so allgemein ausspricht, wie man nämlich dazu gekom- men ist, eine Pflanze, wie diese, unter die cryptogamischen Gewächse, zu Ly - copodium , zu bringen. Trägt sie doch, selbst bei oberflächlicher Ansicht, alle Kennzeichen einer Conifere auf das unverkennbarste an sich, wie denn schon Junghuhn selbst in der beigefügten Etiquette bemerkte, dass sie den habitus abietinus habe. Um nun aber jeden Zweifel zu heben, zu welcher der grösseren Abtheilungen im Gewächsreiche dieser Baum zu bringen sei, bedurfte es ja weiter nichts, als einer etwas genaueren Betrachtung seiner Structur, wogegen Jung- huhn sich wahrscheinlich durch die männlichen Amenta, die allerdings einige oberflächliche Aehnlichkeit mit der Fructification gewisser Lycopodiaceen haben mögen, hat täuschen lassen, und so in jenen Irrthum verfallen ist. Das 89 Lycopodium arboreum von Junghiihn ist daher, wie dies aus seinem ganzen Bau, namentlich aus der Holzbildung, vollkommen einleuchtend wird, kein Ly- copodium, sondern eine Conifere 7 die nach meiner Meinung zur Gattung Da - crydiumSoXsLW&er gehört und zwar eine dem Dacrydium elatum-W a 1 1 i c h aus Pulu-Pinang zunächst verwandte Art, worüber ich gelegentlich das Nähere bekannt machen werde.“ Für die nächste Sitzung wurde Herr Professor Wilbrand aus Giessen zum Präsidenten erwählt. Vierte Sitzung am 23. September 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Professor Wilbrand aus Giessen. Secretair: Dr. Buek aus Hamburg. Die heutige Sitzung eröffnete der Präsident mit der Anzeige, dass Herr Consul Delhis in Bremen einige Holzarten aus dem südlichen Neuholland zur Ansicht eingesandt habe. Herr Prof. Treviranus aus Bonn sprach: „Ueber den Fruchtbau der Cruciferen“, wozu ihm das Vorkommen von Früchten zwiefacher Art bei Aethionema hete- rocarpum G- Veranlassung gab. Bekanntlich zeichnet sich die zweijährige Frucht der genannten Gewächsfamilien dadurch aus, dass die Scheidewand nicht, wie bei Scrophularinen, Gentianeen u. s. w. queer gegen das Centrum des Gesammt-Blü- thenkreises gerichtet ist, sondern im Radius desselben liegt, und dass demunge- achtet die nämliche Stellung der beiden Narbenlappen Statt findet, wie bei den zuletzgenannten Gewächsfamilien, nämlich so, dass der eine Lappen nach Aussen, der andere nach Innen gekehrt ist, also ihre Richtung mit der der Scheide>vand zusammenfällt. Das Gerüste der Schotenfrucht rücksichtlich der Gefässbündel, aus denen sie besteht, zeigt vier derselben, nämlich zwei, welche im verdickten Rande des Septum auf jeder Seite aufsteigen und zwei, welche in die beiden Valveln übergehen. Jene geben die Nabelstränge für die Eyer und sind also die Placentargefässe ; sie gehen über die Scheidewand hinaus in den Griffel und en- II. Abtheil. 12 90 digen sich unter der Narbe mit kolbigen, strahlig ausgebreiteten Zweigen. Diese steigen in denValveln auf, unter Abgebung von zahlreichen Seitenzweigen, welche mit andern, von den Placentarstämmen abgehenden, zusammenmünden und endigen sich unter der Spitze der Valvel, ohne in den Griffel überzugehen; ein merk- würdiger Bau, von welchem nur Camelina eine eben so merkwürdige Ausnahme macht. Die Scheidewand besitzt keine Gefässe, d. h. keine Bündel fibröser und spiraler Röhren, sondern hat einen rein zelligen Bau, der manche Besonderheiten darbietet. Doch findet man in ihr, wie bereits Brown angemerkt hat, manchmal einen Mittelnerven, der sich oft sehr verästelt, der aber aus blossen Zellen eigen- thümlicher Art besteht und dessen Stelle, wo er fehlt, durch eine netzförmig vertheilte parenchymatöse Substanz ersetzt wird. Die Art der Verbindung dieser Nerven oder dieser Substanz mit dem Innern des Griffels scheint der Annahme sehr günstig, dass selbige eine Fortsetzung der leitenden Substanz (tela con- ductrix ) des Griffels sei, ohne dass man bis jetzt nachzuweisen vermag, in welcher Art dieselbe hier die Befruchtung vermittelt. Schliesslich wurde die Frage berührt über das Verhältniss der Schote zur allgemeinen Entstehungsweise der Frucht durch Verwandlung des Blattes und jener Ansicht der Vorzug gege- ben, wonach die Schote aus zwei Fruchtblättern und eben so vielen von ihnen unabhängigen, aber bis zur Reife mit ihnen zusammen hängenden Placenten be- steht, welche ihren Ursprung einer Theilung der Axe in zwei Zweige verdanken, die sich an der Spitze der Frucht wieder nähern , um in den Griffel überzugehen. Nach dieser Ansicht ist das Septum hier die zu einem blossen Blatte zusammen- gedrückte Axensubstanz selber, in und an welcher das den Befruchtungsstoff lei- tende Zellgewebe vom Griffel herab sich fortsetzt und in der Tliat selber nur eine Modification davon für diesen bestimmten Zweck ist. Derselbe vertheilte zwei kleinere, früher in der Linnäa erschienene Abhandlungen: „Ueber den Byssus ßos acjuae“ und „Ueber den Bau der Lycopodiaceen. “ Herr Professor Blume sprach: Ueber ein Surrogat des chinesischen Thees. Erwäge man, dass die Ausfuhr von Thee aus China bis auf 20- — 25 Millionen Thaler jährlich gestiegen sei, wodurch dem Welthandel fortwährend grosse Schätze entzogen würden, da die chinesische Nation beinahe alle ihre Be- dürfnisse aus eigenen Mitteln befriedigt, so dass demnach der Ertrag, oder ge- wissermaassen der Tribut, den China für seinen Thee vom Auslande erhebt, aus 91 der allgemeinen Circulation verschwindet; dass dabei endlich die Consumtion im- merfort noch zunimmt, so dass der Thee einer der vorzüglichsten Stapelartikel geworden sei, so würde es einleuchtend, dass die Auffindung eines geeigneten Surrogates, und wäre es auch nur für die geringeren Sorten des chinesischen Thees, von höchster Wichtigkeit sein würde. Auf diese geringeren Sorten be- schränke sich doch hauptsächlich die Consumtion, während die feineren Sorten, als Luxusartikel, allerdings schwieriger zu ersetzen wären, aber auch weniger in Betracht gezogen zu werden verdienten. Als Surrogat könne nur ein solcher Stoff Anerkennung finden, der wenigstens in den Avesentlichen Eigenschaften mit dem Thee übereinstimme, dem also auch der eigentlich Avirksame Bestandtheil desselben, die Theeine , nicht fehlen dürfe, die in keinem der bisher vorgeschla- genen Surrogate des Thees angetroffen Avürde. Durch die Arbeit des Herrn Prof. Mulder in Utrecht, über Coffeine und Theeine , sei nun enviesen, dass beide Stoffe ganz dieselben sind, die, merkAvürdig genug, den Avirksamen Be- standtheil der unter allen civilisirten Nationen am allgemeinsten verbreiteten Ge- tränke, des Caffees und Thees, ausmachen, und bis jetzt nur in diesen gefunden sind. Herr Prof. Blume setzte hierauf Aveiter auseinander, Avie er hiedurch schon im Jahre 1840 auf den Gedanken gekommen sei, dass auch die Blätter des arabischen Caffeebaums diesen Stoff enthalten , und demnach zur Bereitung einer im Handel brauchbaren Sorte Thee tauglich sein möchten. Es sei unzAveifelhaft, dass jener Stoff auch in den zubereiteten Caffeeblättern enthalten sei, so Avie schon damals die folgenden, früher ganz unbeachtet gebliebenen, Umstände zur Unter- stützung seiner Meinung gedient hätten: 1) dass die Caffeeblätter von den unteren Classen in Java und Sumatra schon längst vielfach für den täglichen Gebrauch als Thee benutzt Averden; 2) dass selbst ein früher als öffentlicher Theeprüfer im Dienste der Nie- derländischen Handels-Maatschappy angestellter Beamter sich durch einen Aufguss von Caffeeblättern hat täuschen lassen, und denselben für eine gute Sorte des sogenannten JaAra- Thees getrunken hat, der aus dem in Java angebauten chine- sischen Theestrauch geAvonnen Avird. Im Jahre 1841 sei daher auf seine Veranlassung in Java ein Versuch ge- macht, einige Sorten Thee aus Caffeeblättern anzufertigen, von denen erProben vorlegte, und zugleich den folgenden Auszug des dabei erstatteten Berichts des Herrn P. von Hemert, Assistenten erster Classe bei der Theecultur, mittheilte. „Die sechs Sorten Thee“ • — heisst es in diesem Berichte, sind Pecco, Souchon, Congo , Joosjes, Hysant und Schin. Der Pecco, aus der Spitze 12* 92 junger Caffeeblätter bereitet, ist ganz schwarz und es geht ihm demnach das eigenartige Grau des Pecco ab , weil die Spitzen der Caffeeblätter auf der Rückseite nicht weichhaarig sind, wie die Theeblätter. Das Ansehen von Congo und Schin ist sehr grob, da es nicht möglich ist, eine feine Qualität von Caffeeblättern anzufertigen, weil dieselben zu breit sind, sich auch wegen grösserer Sprödigkeit bei der Fabrication nicht so geschmeidig und biegsam zeigen, als die Theeblätter. Der Souchon, Hysant und besonders der Joosjes, haben dagegen ganz das Ansehen des aus Theeblättern fabricirten Thees, und ist es in der That auffallend, dass alle sechs Sorten den Geschmack von frisch angefertigten Tliee haben; auch ist selbst der Abzug des grünen von Caffee- blättern bereiteten Thees rein, so dass man durch das äussere Ansehen und den Geschmack bei einigen dieser Sorten leicht getäuscht werden kann, wogegen das abgegangene Blatt sogleich die wahre Herkunft verräth, weil die Caffeeblätter durchaus nicht gezähnt sind.“ Wenn nun auch, bemerkte Herr Prof. Blume weiter, die vorliegenden Proben von Caffeethee noch Vieles zu wünschen übrig Hessen, so dürfe man da- bei nicht übersehen, dass die Sache noch in ihrer Kindheit sei, und wenigstens theilweise durch eine bessere Zubereitung noch manchen Mängeln abzuhelfen sein würde, eben wie der gegenwärtig in Java, Assam und Brasilien fabricirte Thee aus dem chinesischen Theestrauche erst nach und nach an Güte gewonnen habe, nachdem man mit der Zubereitung besser bekannt geworden sei. Sollte der Caffeethee im Handel Eingang finden , so würde diese Entdeckung bei der gros- sen Verbreitung des Caffeebaums sich nicht allein von der grössten Wichtigkeit für viele Colonien erweisen, sondern auch zur Belebung von Handel und Schiff- fahrt wesentlich beitragen, da bekanntlich der Absatz eines zum Bedürfnisse ge- wordenen Artikels durch Nichts so befördert werde, als durch den billigen Preis desselben. Der Caffeethee würde aber um vieles billiger geliefert werden können, als jeder andere, indem man zur Bereitung desselben die verlassenen Anpflanzun- gen, welche weiter keinen Caffe von Bedeutung abwerfen, mit Vortheil benutzen könnte. So z. B. wurden in Java jährlich von Regierungswegen zwischen 7 und 10 Millionen solcher Caffeebaume, von denen weiter kein Nutzen gezogen wird, abgeschrieben. • — • Herr Professor Wilbrand gab sodann eine kurze Relation über die ein- gesandte Schrift des Herrn Professors C. H. Schultz in Berlin, und empfahl das Studium derselben jedem Pflanzenphysiologen wegen der interessanten Auf- schlüsse, welche durch dieselbe gegeben würden, angelegentlichst. 93 Herr John Booth in Flottbeck bei Hamburg hatte frische Zweige einer neuen Art Rubus aus Neuseeland mit eigentlriimlicher Blattform zur Ansicht ein- gesandt, welche vorgezeigt Avurden. Eine von Herrn Oberkammerherrn von Rennenkam}) ff mitgetheilte Flechte, durch Avelche die Eingeborenen von der NordAvestküste Amerika’s ihre Zeuge schön gelb färben , wurde für eine Species der Gattung Evernia erkannt. Am Schlüsse begrüsste der Secretair den leider so spat erst eintreffenden Herrn Professor Griesbach aus Göttingen, Avorauf die Sitzungen der botani- schen Section geschlossen Avurden. 94 V. Section liir Zoologie, Anatomie und Physiologie. Am 18. September nach der ersten allgemeinen Versammlung fanden sich die Anatomen und Physiologen in dem für diese Section bestimmten Locale zugleich mit den Zoologen ein, und verzeichneten erstere auf Veranlassung des Herrn Dr. St achow, letztere aufge fordert von Herrn Dr. Hartlaub ihre Namen für eine oder beide Sectionen. Auf den Wunsch der Mehrzahl der anwesenden Mit- glieder wurde jedoch beschlossen, da in der einen oder andern Section schwerlich geeignete Vorträge gehalten werden könnten, welche nicht sowohl in physiologischer wie zoologischer Beziehung ausreichendes Interesse darbieten möchten, beide Sectionen zu vereinigen. Es wurde daher gemeinschaftlich zur Wahl von Präsidenten und Secretairen zunächst für die bestimmt anberaumten drei ersten Sitzungen geschritten und wurden erwählt: für die erste Sitzung zum Präsidenten: Geh. Rath Lichten stein aus Berlin, zum Secretair: Prof. Bur meiste r aus Halle, für die zweite Sitzung zum Präsidenten : Prof. Esch rieht aus Kopenhagen, zum Secretair: Prof. Herbst aus Göttingen, für die dritte Sitzung zum Präsidenten: Prof. D’alton aus Halle, zum Secretair: Dr. Hartlaub aus Bremen. 95 Erste Sitzung Donnerstag den 19. September. Morgens 9 Uhr. Präsident: Geh. Rath Lieh teil stein aus Berlin. Secretair: Professor Burmeister aus Halle. Der Präsident eröffnete die Sitzung mit der Anzeige des gestrigen Be- schlusses der Vereinigung der beiden Sectionen für Zoologie und für Anatomie und Physiologie, mit der Aufforderung in den Stunden von 9 bis 11 Uhr vor- zugsweise die physiologischen Themata zur Sprache zu bringen und erst nachher zu den rein zoologischen überzugehen. Zunächst brachte derselbe den im vorigen Jahre von Sr. Kais. Hoheit dem Erzherzoge Johann von Oesterreich gemachten Vorschlag in Anregung, alljährliche Uebersichten der Fortschritte der Wissenschaften mitzutheilen, forderte die Anwesenden auf für diesen Zweck thätigst mitzuwirken und bat, unter Hin- weisung auf die Annehmlichkeit, wenn einer der Anwesenden sich zur Ausar- beitung eines solchen Berichtes bereit erklären wollte, in einer der folgenden Sit- zungen auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Hieran schloss sich eine Mittheilung über die beabsichtigte Herausgabe des Plinius und eine Hinweisung auf die würdigsten Aufgaben vereinter Kräfte der Forscher ein neues Sy stema zoologicum und eine allgemeine Terminologie. Der folgenden Aufforderung die angemeldeten Vorträge zu beginnen ent- sprach zunächst Medicinalrath Dr. Tourtual: Ueber die Einrichtung des menschlichen Schlundkopfs nebst De- monstration eines von ihm entdeckten Muskelpaares an den hinteren Nasenöffnungen des Menschen und mehrerer S äugethiere. Der Redner zeigte, dass an der Hinterwand und an den Seiten des mensch- lichen Schlundkopfes sich drei elastische Bänder befinden, welche in den von ihm untersuchten Säugethieren nicht nachgiebig, sondern sehnigen Gewebes sind, mit Angabe ihres speciellen Zweckes für den Menschen, der sich auf die Stellung und Bewegungen seines Hauptes bezieht. Er gab ferner eine Methode an , die Tiefe des Schlundkopfgewölbes, welche nach seinen Beobachtungen im Menschen zwischen 5 *4 111 * — ■ 9 /(/ schwankt, am Skelette zu messen und wies die Existenz eines, von der Stärke des Nahrungstriebes abhängigen gesetzlichen Verhältnisses der Schlundtiefe zur Breite des Schlundes vermöge der verschiedenen Höhe der 96 Ursprungsflächen der Schläfenmuskeln nicht allein für die menschlichen Individuen, sondern auch in den Klassen der Säugethiere, Vögel, Reptilien und Fische nach, welches sich sogar aul fossile Säugethiergerippe der Urwelt verbreite. Endlich beschrieb derselbe unter Vorzeigung anatomischer Präparate ein von ihm ent- decktes Muskelpaar an den hintern Nasenöffnungen des Menschen und mehrerer Säugethiere, welches er Flügelgaumenmuskeln nennt, und dessen Functionen zur Erhebung und Anspannung des vorderen Theils des Gaumensegels wie zur Ver- engung der Ohrtrompete von ihm erläutert wurden. Der Gegenstand dieses Vortrages ist bereits in Müllers Archiv 1844, Heft V, pag. 452 in einer ausführlicheren Abhandlung mitgetheilt, worauf hier wegen des Näheren verwiesen werden kann. Hierauf folgte eine Abhandlung des Herrn Professor Dr. Herbst aus Göttingen: Ueber die Farbe des Chylus. Referent benutzte zur Bestimmung die Flüssigkeit des Duct. thoracicus} dessen Inhalt eine Mischung vom Gehalt der Chylus und Lymphgefässe ist. 1) Die Farbe hängt von der der Nahrungsmittel ab. 2) Sie bestätigt die Thatsache, dass die in das Blut gelangten neuen Stoffe den sämmtlichen Lymphgefässen mitgetheilt werden. 33 Sie beweist, die Veränderung der Blutmasse nach dem Eintritt der neuen Nahrungsstoffe in dieselben, die auch mit den Farben der Nahrungsmittel in Beziehung stehen. - — Refer. legte Abbildungen zur Bestätigung seiner Angaben vor. 13 Vom Hunde: a3 Nach Fettfütterung, — Farbe grünlich. I>3 Nach Brodfütterung. ■ — Weisslich dünn, klarer, dann röthlich, ver- mittelst Blutkügelchen. Die zuerst gesammelte Flüssigkeit ist am schwächsten gefärbt. — Die spätere steht aber immer im Verhältniss zur Farbe der zunächst ausgeflossenen. c3 Nach Kalbfleischfütterung. • — • Dasselbe war gekocht, und zu drei Malen in zwei Tagen gereicht. In diesem Falle veränderte der Chylus seine Farbe an der Luft nicht. — Die erste Portion Chylus ist schwach geröthet, wird dann deutlicher und nimmt mit dem längern Ausfliessen stets zu. 97 d) Nach Hammelfleisch. — • Allemal rein weiss, und röthet sich an der Luft nicht; erst nach dem Druck röthet sich das Fluidum, und verrieth bei stärkerem Druck Bluteindrang mit Sediment. Die mikroskopisch Uutersuchung zeigte stets Blutkügelchen iin Chylus. e) Nach künstlich in den Magen gebrachten Flüssigkeiten. a) Heidelbeeren. - — ■ Anfangs hellblau, dann blasser, dann braun- grün, dann röthlich, dann gelblich braun. ß) Infusum Malvcie durch Schwefelsäure roth gefärbt. — > Anfangs hell weissroth, doch eigenthümlich und der Farbe des Fluidums entsprechend. Wird dann bläulich, zuletzt (nach Druck) schön rothviolett. y) Indigosolution. ■ — • Nach allen fieberhaften Zuständen und Inflammationen röthet sich die Farbe der Lymphe. Als solches Incitament wirkt die Indigosolution und daher war die Lymphe sehr roth, aber doch durch Antheil von Blau mo- dificirt. Nach Anwendung von Druck kam ein stärker gerö- thetes Fluidum, das durch grösseren Antheil von Blut tiefer blutroth wurde. 8) Einspritzungen nach dem Tode ergeben ebenfalls deutliche Spuren der Farben im Chylus. So gab bei der Katze Indigo unmittelbar nach dem Tode einen bläulichen Chylus. Dasselbe fand bei Einspritzung von Kali ferro-borus- sicum Statt. Die Flüssigkeit ist gelblich, daher auch der Chylus gelblich. Nach Druck nahm die Farbe des Kali fern. bor. im Chylus zu. * — • Professor D’ Alton aus Halle legt Zeichnungen vor, welche sich auf die Verbreitung der Nerven und die Verbindung ihrer Zweige unter einander bezie- hen, namentlich über das siebente Nervenpaar, welches zuerst genau untersucht wurde von J. F. Meckel dem älteren vor 100 Jahren. Interessant und wichtig ist seine Verbindung mit dem fünften Paare, worüber zwar manche neuere Unter- suchungen vorliegen, allein gute Abbildungen bis jetzt noch fehlen, namentlich fehlt die Zusammenstellung der bisher gefundenen Resultate. Diese zu geben, ist die Aufgabe der vorzulegenden Abbildungen. II. Abtlicil. 13 Der Vortragende berücksichtigt zugleich die Blutgefässe und namentlich die Analogie im Verlauf der Arterien und Nerven, welche sehr gross ist, und zu der Annahme berechtigt, dass Inflammationen sich bis in die Nerven selbst fort- pflanzen, und diese selbst inflammirt erscheinen können. Zum Schlüsse dieser Sitzung hielt Herr Professor E schl icht aus Ko- penhagen einen zoologischen Vortrag: Ueber den inneren Bau der Walle {Cetaceen) , auf die Unterschei- dung der Arten angewandt. „Die Wallthiere oder Walle ( Cetaceen ) stimmen in ihrem inneren wie in ihrem äusseren Baue in den mehrsten Punkten vielfältig mit einander überein, und für viele Organe, z. B. die Luftröhre, die Lunge, den Magen, die Leber, die Nieren, Geschlechtstheile , kann man den Braunfisch als Typus aufstellen, indem grössere Abweichungen allenfalls nur in sehr wenigen Arten Vorkommen, sonst nur relative Unterschiede in der Grösse der verschiedenen Theile. Indem ich dieses ausspreche, habe ich übrigens nur die eigentlichen und wahren Cetaceen vor Augen; die sogenannten pflanzenfressenden Cetaceen muss man zufolge ihres ganzen inneren Baues, gegen Cuvier, aber nach den von Cuvier aufgestellten Principien, nach Blainville’s und Owen’s Beispiel, aus der Ordnung der Cetaceen ausschliessen. Neben der grossen Uebereinstimmung im inneren Baue der eigent- lichen Cetaceen giebt es indessen auch sehr wesentliche Abweichungen, einige so wesentliche, wie sie sonst kaum in der Reihe der Wirbelthiere Vorkommen möch- ten. Als allgemein bekanntes Beispiel können die Barten angeführt werden; ein- zelne nicht weniger wesentliche aber viel weniger bekannte Abweichungen lassen sich in den innern Theilen nachweisen, und mitunter bei Thieren, bei denen man der äussern Form und der Lebensweise nach es gar nicht hätte erwarten sollen. Dies gilt vorzugsweise von dem Nahrungskanal, zumal von der Darmschleimfläche, und ich werde mich deshalb hier vorzugsweise an diese halten. Unter den Wallthieren zeichnet sich zuvörderst der Schnabel wall [Hyperoodon autorum ) hinsichtlich der abweichenden Formen seiner Ver- dauungswerkzeuge aus. Der Schnabelwall ist ein seit den ältesten Zeiten im ganzen Norden allgemein bekanntes Thier. Er heisst bei den Isländern „ Andar - nefia “ (Entenschnabel) oder „ Andhvalur “ (Entenwall) ; bei den Norwegern 3, Nebberhal “ (Schnabelwall), bei den Färingern „Dögling.“ Da in der Regel ausserlich keine Zähne sichtbar sind in den sehr schmalen Kiefern, wurde er von den Systematikern der Linnei’schen Periode, ( Pontoppidan 0. F. Müller) in 99 das Genus Baläna gestellt, unter dem Namen Baläna rostrata. Hiedurch aber wurde 0. Fabricius zu der Annahme verleitet, dass er, wie die übrigen Baläna des Linne, Barten habe. Er hielt ihn für identisch mit dem kleinsten Bartenwall der Grönländer ( Tikagulik ) und trug nun den Namen Baläna ro- strata auf diesen über, wodurch der in vielfacher Hinsicht höchst merkwürdige ►Schnabelwall ganz in Vergessenheit gerieth. Auf der andern Seite hatte Fabri- cius den Schnabelwall selbst in Grönland kennen gelernt. Die Grönländer nennen ihn Anarnak {cacare faciens ) wegen der laxierenden Eigenschaft seines Speckes, die auch bei den Isländern und Färingern allgemein besprochen wird. Fabricius bekam hiedurch allerdings die Vermuthung, dass der Anarnak die ei- gentliche Baläna rostrata sei, kam aber ganz von dieser wichtigen Spur ab, da er die beiden grossen Zähne im Unterkiefer gewahr wurde. Er verwechselte dazu noch den Unterkiefer mit dem Oberkiefer (so wie es gleichzeitig auch Chemnitz erging}, und so wurde daraus eine neue Specäes: Monodon spurius. Der Schnabelwall, der somit aus dem System gestrichen war, musste von Neuem entdeckt werden, und zwar von englischen und französischen Beobachtern. Nach- dem man entweder die zwei grösseren Zähne des Unterkiefers oder die kleinen hornigen Rauhigkeiten des Gaumes gefunden hatte, erhielt das Thier wiederum manche neue Namen: Delphinus bidens , D. Disdon , Hyperoodon (als ob es Zähne am Gaumen hätte ! ) Wenden wir uns von diesem zoologischen Wirrwar an die Betrachtung der inneren Theile. Sie sind in der That von John Hunter sehr gut beschrieben worden in seiner inhaltsreichen noch immer viel zu wenig beachteten Abhandlung über die Wallthiere in den Philo sophical trans- actions von 1787, nur dass er sonderbarer Weise den Schnabelwall mit Del- phinus Delphis verwechselte, was gewiss viel dazu beitrug, dass seine Beob- achtungen übersehen wurden. Die von Boussard beschriebenen Rauhigkeiten am Gaumen verhalten sich wie von ihm angegeben; es sind sehr kleine hornige Höckerchen, wodurch die Gaumenhaut an gewissen Strecken rauh anzufühlen ist. Von Zähnen finden sich nicht allein die zwei bekannten im Unterkiefer, sondern noch ausserdem eine Reihe spitziger Delphinzähne an jeder Seite beider Kiefer. Dass diese Zähne selbst von den Neueren, z. B. von Vesmael nicht gesehen, rührt davon her, dass sie bei der Macerafion an dem Zahnfleische sitzen blei— *) In den Verhandlungen der skandinavischen Naturforscher in Stockholm 1842 habe ich den Namen Chänodelphinus vorgeschlagen. 13* 100 ben.*)> — ■ Die Zunge des Schnabelwalls ist auffallend klein und auf den hintersten breite- ren Theil des Unterkiefers beschränkt, niedrig und anscheinend gar nicht ausstreck- bar, also ein Gegenstück zur Zunge der Bartenwalle überhaupt, (bei denen sie selbst im Verhältnis zum colossalen Körper ungemein gross ist!) Vom Magen dieses Thieres hat bereits Hunter angegeben, dass er aus 7 Abtheil ungen be- stehe. Dies verhält sich wirklich so. Das heisst: Von den drei Mägen des Braunfisches und der Wallthiere überhaupt ist der erste, der nur als ein blinder Sack der Speiseröhre zu betrachten ist, und der dritte, der den erweiterten An- fang des Darmes vorstellt, in dem gewöhnlichen Verhältnisse vorhanden. Der mittlere sehr grosse Magen aber wird durch 6 kreisförmige Vorsprünge in 7 Ab- theilungen getheilt, jede immer nur durch eine ziemlich kleine Oeffnung in dem kreisförmigen, oder richtiger ringförmigen Pylorus - artigen Vorsprunge mit der benachbarten communitirend. Die Schleimhaut aller dieser Abtheilungen ist übri- gens überall gleich geformt im Gegensätze zumal zu dem ersten von dem dicken Epithelium der Speiseröhre überzogenen Magen. Der Nutzen dieser vielfachen Unterabtheilung Hesse sich vielleicht durch die darin gefundenen Theile erklären. In dem beobachteten, von Island’s Küsten im Spätjahre 1841 gesandten, Indivi- duum enthielten diese Mägen ein sonderbares Gemisch von drei verschiedenen Körpern: 1) etwa ein paar tausend Linsen von Cephalopodenaugen, 2) etwa tausend Schnabel von denselben Thieren , sonderbar genau in einander geschoben etwa 3 ■ — • 4 oder 5 zusammen, als wären sie eben so viele Schichten eines ein- zigen Schnabels , 3) Avohl eben so viele 2 ■ — '3 Zoll lange weisse cylindrische Körper, in der einen Hälfte 1 • — 2 Linien, in der andern kaum x/2 Linie dick, anscheinend EingeweideAvürmer, bei genauerer Betrachtung aber keiner bekannten Form ähnlich, und somit auch von dem ersten jetzigen Helminthologen von Sie- bold, für nicht unter die Helminthen gehörig erklärt. Ich Aveiss sie nirgends hinzuführen, Avenn es nicht etwa eine Form von Spermatophoren sein sollte. Von allen diesen Körpern fanden sich nun immer mehr in den vorderen Mägen, im vordersten ausserdem ein halbverdauter kleiner Gcidus , eine Onichoteuthis und *) Zwei Zahnreihen in jedem Kiefer, wie Delphinzähne überhaupt geformt, finden sieh höchst wahrscheinlich bei allen Wallthieren ; nur dass sie bei den Barlenwallen nicht zum Ausbruche kommen, und schon während des Fötuslebens verschwinden. Die Barten sind hornige Gebilde, die keineswegs mit den Zähnen analog gestellt werden können, obgleich die gefässreichen Hautbildun- gen, auf denen sie sich bilden, merkwürdiger Weise gerade auf dem Theile der Gaumenhaut her- vorwachsen , der die Zahnfurche des Oberkiefers überzieht. 101 eine Holothurie ; in dem letzteren nur einzelne der obengenannten Körper, im Darme gar keine. Es möchten also wohl die vielen Scheidewände bestimmt sein, den Durchgang der Augenlinsen und Schnäbel, bevor sie verdaut sind, zu er- schweren. Am merkwürdigsten ist die Bildung der Schleimfläche im Darme des Schna- belwalls. Sie ist von John Hunter treffend beschrieben worden, und in mehren Präparaten in den Museen Englands aufgestellt. Obgleich sie aber vielleicht von der Bildung der Darm schleimfläche aller übrigen Wirbelthiere mehr abweicht, als sonst etwa die Darmschleimfläche irgend eines Wirbelthieres von der eines andern , ist die betreffende Angabe Hunters doch bisher sehr wenig von den Anatomen be- rücksichtigt worden. Die Schleimfläche des Darmes im Schnabelwalle faltet sich nämlich in ihrem ganzen Verlaufe (Blinddarm ist nicht vorhanden) dermassen in zwei Richtungen, dass sie grosse Zellen bildet, deren Mündungen abwärts ge- richtet sind. Diese grossen Zellen, etwa x/4 • — Zoll im Durchmesser werden durch tiefer liegende Falten der Schleimhaut wiederum in kleinere geschieden. Glücklich injicirte und getrocknete Darmstücke gewähren durch diese Anordnung einen sehr anmuthigen Anblick, und werden in jedem Museum als Prachtstücke sich zeigen können. Wie abweichend nun auch diese Form der Darmschleim- fläche des Schnabelwalls ist, lässt sie sich doch auf die gewöhnlichen der Län- genfalten reduciren, und in der That zeigt sie sich am Ende des Dickdarms dahin reducirt. Es werden nämlich hier die Zellen immer mehr in die Länge gezogen, und die Zellenwände lösen sich am Ende theils in spiralförmige, zuletzt sogar fast grade verlaufende Längenfalten, theils in schwächere Ouerfalten auf. *) • — Die Lymphgefässe des Gekröses im selben Thiere sind überaus weit, die grössten etwa 2"' im Durchmesser. An zwei Präparaten, die vom Regimentsarzte Ibsen injicirt in dem Museum der Kopenhagener Universität sich befinden, und überaus prachtvoll erscheinen durch die glückliche Injection der lymphatischen und der Blutgefässe, erkennt man sehr deutlich das doppelte System dieser lymphatischen Gefässe am Darm, indem die eigentlichen Chylusgefässe dendritisch in die Tiefe sich verzweigen, während die eigentlichen Lymphgefässe ganz oberflächlich unter der Peritonealbekleidung als lauter Längenäste verlaufen. Jedoch münden beide diese Systeme in die grösseren Aeste des Gekröses zusammen und steigen in *) Von Darmzollen finden sich bei diesem, wie bei den Wallthieren, überhaupt nur schwache Spuren. 102 die Gekrösdrüsen , indem sie sich darin abermals in feine Zweige auflösen, so dass sie sich in diesen Drüsen augenscheinlich wie die Pfortader in der Leber verhalten. Indem somit zwei Hauptlormen der Darmschleimfläche bereits durch Hun- ter nachgewiesen sind, wird es von grossem Interesse sein zu erfahren, zu wel- cher die der Bartenwalle gehören. Bei den früheren Schriftstellern finden sich hierüber nur wenige Nachrichten. - — • Bei allen Bartenwallen scheint der Darm sich in einen Dünndarm und einen Dickdarm zu scheiden. Dass in der Baläna ro- strata ein kleiner Blinddarm vorhanden ist, wurde ebenfalls bereits von Hunter entdeckt, und so scheint es in der That bei allen Finfischen Balänopteren ) sich zu verhalten. Bei Baläna mysticetus hingegen habe ich durch Untersu- chung eines neugebornen Individuums das eigenthümliche Verhältniss gefunden, dass die Scheidung des Dickdarms vom Dünndarm sich nur als eine plötzliche bedeu- tende Erweiterung des Darms zu erkennen giebt. * — • Die Schleimfläche des Dick- darms scheint bei allen Bartenwallen dichtstehende Queerfalten zu besitzen. Die des Dünndarmes ist hingegen bei den verschiedenen Arten von verschiedener Form, dermassen, dass sich in der Regel ganz bequem die verschiedenen Species an jedem kleinen Stück Dann unterscheiden lassen. Um dies zu erläutern, wird es aber wiederum nothwendig sein, vorher die Artenunterscheidung der besproche- nen Thiere etwas genauer zu erläutern. Hinsichtlich der Artsunterscheidung der Finfische herrscht jetzt ohngefähr eben so viele Verwirrung, wie hinsichtlich der Bestimmung des Schnabelwalls oben nachgewiesen worden. Artide und Linne folgten in der Aufrechnung der Arten von Finfischen durchaus nicht den Angaben der Küstenbewohner und Seeleute. Von den drei aufgestellten Arten boopSj musculus und physalus, hatten sie die zwei ersten nach ganz einzelnen Beob- achtungen des Sibbald genommen . und dabei noch den Namen musculus an die Species mit dem breiteren Unterkiefer gegeben , obgleich dieser Name gerade der anderen Art von Sibbald beigelegt worden. Die Aufstellung der dritten Species, phy salus , beruhte auf der ungegründeten Meinung, dass Märtens, weil er der Bauchfurchen nicht erwähnt • — die er, indem nur freischwimmende Thiere auf seiner Reise beobachtet wurden, gar nicht hatte sehen können • — gemeint habe, der von ihm beobachtete Finfisch hätte dieselben nicht. Diesen dreien auf so höchst lockeren Boden gestellten Arten und dem Mysticetus wurde nun, wie bereits angeführt, der Schnabelwall als vermeintlich ebenfalls zahnlos beigesellt, unter dem Namen Baläna roste ata. — O. Fabricius hörte auch die Grönländer vier verschiedene Finfische unterscheiden, und ging nun von der höchst Unglück- 103 liehen Voraussetzung aus, es möchten diese grade die vier systematisch aufge- stellten sein. Er lernte nur zwei davon selbst kennen : 1) den Keporbak , der im südlichen Grönland der gewöhnliche Finfisch ist, und auf einer Colonie Ge- genstand eines jährlichen Fanges • — er nannte ihn B. Boops, und 2) eine kleine Art, Tikagulik • — er nannte ihn Baläna rostrat a. Den andern beiden grön- ländischen Finfischen gab er, offenbar aufs gerathewohl, den Namen phjsalus und musculus. Es ist kaum zu berechnen, wie sehr die Fortschritte der Cetologie durch den unverdienten Beifall gehemmt wurden, den man dieser F a br i ci’schen Nomenclatur allgemein zollte. Der Physalus , von dem Fabricius in der Fauna grönlandica nicht angeführt hatte, ob er Bauchfurchen habe oder nicht, unter welchem Namen man aber überhaupt einen Finfisch ohne Bauchfurchen ver- stand — wurde, wie es zu erwarten war, nie Avieder gefunden. Ein musculus , worunter man seit Linne einen Finfisch mit sehr breitem Unterkiefer verstand, kam eben so Avenig Avieder A?or. Man beobachtete grosse und kleine Finfische, die ersteren nannte man Boops, die zAveiten rostrata , bis Cuvier das Unhaltbare dieser Bestimmung zeigte, und nun Avalen die mehrsten Zoologen geneigt, alle nordische Finfische unter eine Species zu schlagen : B. Boops . Im Gegensätze zu dieser stand die B • longimana, von der zuerst ein Exemplar als Balänop- tera australis, vom Cap stammend, beschrieben worden, Avovon aber später ein Exemplar an der Elbmündung gefangen Avurde. (Das Berliner Exemplar.) Der als Zoolog hoch verdiente Dr. Schlegel sprach es ganz deutlich aus, dass es nur 2 Species von Finfischen gebe: 1) Die arctische oder kurzhändige Art, B. Boops , und 2) die antarctische oder langhändige Art, wovon jedoch einzelne Individuen sich möchten nach der entgegengesetzten Hemisphäre verirren. ~ - Um die Sache genau zu ermitteln, habe ich geglaubt einen ganz neuen Weg ein- schlagen zu müssen. Einestheils suchte ich von den einzelnen Fangplätzen ge- wisser Finfische möglichst viele Exemplare zu erhalten, anderntheils Hess ich die Untersuchung hauptsächlich von kleinen Individuen oder Foetus ausgehen. Als zoologisches Hauptergebniss hiervon lässt sich nun aufstellen: A) De r grönländische Keporb ak, den Fabricius Boops nannte, ist die B. longimana , und somit gehört diese Art durchaus der nordischen Fauna an. Sie ist sogar die häufigste in der Davisstrasse, kömmt dorthin im April, während sie im März an den Bermuden sich zeigen, macht also Avahr- scheinlich mit den Individuen der südlichen Halbkugel eine Sippschaft aus und wandert regelmässig in grossen Streifzügen. 104 B) Es existirt allerdings eine eigene kleine nicht leicht über 30 Fuss er- langende Art von Finfisch. Sie ist sehr häufig an den Küsten Norwegens unter dem Namen Vaagetval , und lässt sich am sichersten dadurch characterisiren, dass sie nur 11 Rippenpaare und 48 oder vielleicht 49 Wirbel im Ganzen hat. Ihr Brustbein hat die Form eines langgezogenen Kreuzes. Der Kopf ist etvyas schief, was sonst nicht an den Bartenwallen der Fall ist. Die Zahl der Rippen und Wirbel lässt sich am sichersten an den nicht gar zu kleinen Foetus erken- nen, während sie noch in ihrer natürlichen Verbindung sitzen. Man wird nicht annehmen, dass die Zahl der Wirbel und der Rippen sich beim fortschreitenden Wachsthume vermehre. Die Länge der Wirbelsäule wächst bekanntlich nicht durch Vermehrung der Wirbelanzahl, sondern nur dadurch, dass die Wirbelkör- per, wie die langen Knochen überhaupt, neue Knorpel und Knochenmasse zwischen ihrem langen Mittelstücke und den beiden Endstücken bilden, welche als Schei- ben oder Platten sich ausnehmen, und bei den Cetaceen überhaupt erst sehr spät im Leben dem Mittelstücke verwachsen. » — Da nun bekanntlich fast alle an den europäischen Küsten gewonnenen grossen Finfische weit mehr als 49 Wirbel (etwa 63) gehabt haben, so ist es klar, dass wir fürs erste 3 nordische Finfische kennen: 1) die langhändigen, 2) die kleinen kurzhändigen mit 11 Rippenpaaren und 48- — • 49 Wirbeln, 3) die grossen kurzhändigen mit 13 Rippenpaaren und etwa 63 Wirbeln. Die ersten werden wohl am besten als longimana unterschieden werden. Die kleine Art mag jetzt immerhin den Namen rostrata behalten. (Knox nennt sie Rorqualus minor .) Sehr möglich ist es übrigens, dass unter diesen beiden Formen mehrere Arten stecken: dass es bei der dritten Form der Fall sei ist ganz entschieden. Schon Cu vier unterschied von der gewöhnlichen grossen kurzhändigen Art, Boops, eine andere an der Form der Wirbel, zumal der Halswirbel, deren Seiten- fortsätze geschlossene Ringe bilden, was bei keiner anderen Species der Fall ist. Das von ihm beobachtete Individuum war vom Eingänge zum mittelländischen Meere, und er wurde zu der höchst unstatthaften Annahme verleitet, diese sehr grosse Art wäre eine für das mittelländische Meer eigene Art. Später ist sie (durch Co mpanyo und F. Cuvier) musculus genannt, und allenfalls ist dieser Name besser als der Name mecliterraneus . Auch diese Art habe ich Gelegen- heit gehabt zu untersuchen, aber nur an einem Individuum, das im Spätjahre 1841 an der nördlichen Küste Seelands todt antrieb. Somit lassen sich mit Gewissheit als nordische Finfische 4 Arten aufstellen: 1) longimana , 2) rostrata, 3) mus- 105 culus und 4) BoopSj welche letztere, obgleich die in der Nordsee am gewöhnlichsten vorkommende Art, zumal an den holländischen Küsten, von mir noch nicht beob- achtet worden ist. Ich habe aber ausserdem die volle Ueberzeugung, dass es im Norden noch andere Arten von Balänopteren gebe. Namentlich ist der Kepor- bak der Grönländer nach den privaten Mittheilungen des Herrn Capit. Lieu- tenant Holbüll (der mir die reichsten Schätze zu dieser weitläufigen und kost- baren Untersuchung verschafft) eine eigene sehr characteristische Art, der longi - mana nahestehend; und unter den kleinen werden wir durch spätere Nachfor- schungen gewiss auch noch mehrere Arten zu unterscheiden lernen. In dem inneren Baue zeigen nun diese verschiedenen Arten von Finfischen manche zum Theil sehr characteristische Verschiedenheiten. Zuvörderst muss die longimcma als im ganzen Bau durchaus characteristisch allen kurzhändigen ent- gegen gestellt werden, und ohne Zweifel wird man sich veranlasst finden aus ihr ein eigenes Genus zu machen, zumal wenn sich unter dieser Form verschiedene Arten finden sollten. Wie ihr ganzes Aeussere durch die Dicke und Plumpheit des Kopfes und Körpers, durch die auffallend langen, am vorderen Rande wellen- förmig eingekerbten Brustflossen und oft auch noch durch die schmarotzenden Diadema, auf welchen wiederum das Otion in Menge sitzt, #) • — so ist dieselbe auch an jedem Knochen, zumal an jedem Wirbel durch die Breite und Stärke des Wirbelkörpers , die geringe Höhe des Dornfortsatzes im Gegensätze zu denen aller kurzhändigen Arten gleich zu erkennen. Das Brustbein ist weniger charac- teristisch von dem der grossen kurzhändigen Arten verschieden. Es hat die Form eines schiefen, breiten Dreieckes, häufig durch ein grosses Loch durchbohrt. Alle inneren Theile haben ebenfalls leicht kenntliche relative Unterschiede, die jedoch gegen die auffallende Eigenthümlichkeit der Darmschleimfläche ganz unbedeutend sind. In der Bcilänoptera longim anci ist nämlich die Zellenbil- dung, die uns Hunter bereits in dem Schnabelwall kennen gelehrt hat, längs des ganzen Dünndarmes im höchsten Grade entwickelt. An dem aufgeschnittenen Darm, der verhältnissmässig wenig dick ist, sieht man schiefe (Jueerfalten, etwa % Zoll von einander abstehend, durch Queerscheidewände (die also in der Längenachse des Darmes verlaufen) viereckige Räume bilden. In *) Alle anderen Finfische scheinen nie schmarotzende Cirrhipeden zu haben. Die Coro- nula, so wie die Tubicinella kommt nur auf der ßaläna australis, und zwar hauptsächlich vorne oben am Kopfe vor, während die longimana ihre Diadema vorzüglich an den Brust- flossen und besonders um die Vulva tragen. II. Abtheil. 14 106 ihrem Innern erblickt man tieferliegende Scheidewände, wodurch die Hauptzellen, wie im Schnabelwall, in etwa 3* — -4 kleinere abgetheilt werden. Alle sind mit ihren Mündungen stark abwärts gerichtet. An der äusseren Fläche der Schleim- haut erkennt man, wenn man die Muskelhaut vom Darme abstreift, alle die blinden Enden der kleineren Zellen als eben so viele Säckchen, mit ihrem Boden sehr schräge nach Vorne gekehrt. Bringt man eine Sonde von der inneren Seite hinein, bis ihre Spitze den Boden eines Säckchens erreicht, so erkennt man die Tiefe der Zelle als etwa iy2 Zoll. Ein Queerdurchschnitt des Darmes zeigt die durchschnittenen Zellen als eine Menge Löcher, welche die verhältnissmässig enge Höhle des Darmes in 2 ■ — 3 Reihen ringförmig umgeben : nur an der Anheftungsstelle des Gekröses fehlen sie. Im frischen Darme sind alle Zellen vom Schleim ganz angefüllt, und es erfordert viele Zeit und Mühe ihn gänzlich davon zu reinigen. Es herrscht dieser Zellenbau vom Anfänge des Zwölffingerdarms bis zum Blinddarm. Man wird diese Entdeckung gewiss sehr unerwartet nennen müssen. Bei allen kurzhändigen Finfischen findet nämlich nichts ähnliches Statt. Die lang- händigen Finfische stehen also hinsichtlich der Form der Darmschleimfläche dem Schnabelwalle am nächsten, oder richtiger stehen mit diesem ganz isolirt da, im Gegensätze zu den übrigen Wallthieren und Wirbelthieren überhaupt, insofern sie bisher bekannt sind, und dennoch nährt er sich nicht von Cephalopoden wie dieser, sondern von Fischen, wie die Balänopteren überhaupt. Unter den kurzhändigen Finwallen ist der Boops ( autorum , non Fa- bricii) von Vrolik hinsichtliclyder Darmschleimfläche untersucht. Er hat, diesem verdienten Forscher zufolge, Queerfalten im Dünndarme. In der rostrata er- scheint die Schleimhaut des Dünndarmes immer sehr schlaff, so dass sich ihre natürlichen Falten leicht ausziehen lassen und verwischen. Im Ganzen genommen herrschen aber 4 oder 5 Längenfalten vor, zwischen welchen weniger bestimmte Queerfalten sich finden. Dagegen hat der musculus in der ganzen Länge des Dünndarmes, oder wenigstens ein 70 Fuss langes Individuum in den hintersten 200 Fuss desselben, 5 oder 6 ungemein hohe und bestimmte Längen falten. Durch dieses characteristische Verhältniss wurde ich nicht wenig überrascht, als ich im Spätjahr 1841 an der Küste anlangte, wo der angetriebene Koloss in der Brandung lag, und den ausgerissenen im Wasser schwimmenden Darm aufschnitt. — Diesen Beobachtungen zufolge glaube ich mir Zutrauen zu können, an jedem klein- sten Bruchstücke des Dünndarmes den Schnabelwall, die Balänoptera longi - 107 mana, rostrata, musculus , und wahrscheinlich auch die Boops, unterscheiden zu können. Im Spätjahre 1843 erhielt ich von Herrn Inspector Müller aus dem nörd- lichen Grönland ein grosses Stück des Darmes einer Tunnolik, der B. physalus des Fabricius, in der Erwartung hieran die Species zu unterscheiden. Es fanden sich darin lauter Queerfalten und demnach mögte man die Species für Boops autorum erklären. Ich muss jedoch gestehen, dass die auffallende Weite dieses Darmstückes mich in Zweifel setzt, ob es nicht vielleicht vom Dickdarm ent- nommen ist, wodurch die Bestimmung bis jetzt noch als unsicher betrachtet wer- den muss. Sämmtliche hier mitgetheilte Ergebnisse werden übrigens noch in den Schriften der dänischen Gesellschaft der Wissenschaften ausführlicher veröffent- licht werden. Professor Behn aus Kiel fügte diesem Vorträge einige Bemerkungen bei und machte daun darauf aufmerksam, dass der von dem Prinzen zu Wied (Beiträge zur Naturgeschichte von Brasilien Band III, p. 1140) beschriebene Xyphorynchus tr o chiliros tris von dem D endrocolapt es pro- curvus Temmink. verschieden sei; er unterscheidet sich unter anderem durch viel kürzeren und anders gefärbten Schnabel. Derselbe schlug den Namen D en- drocolapt es ( Xyphorynchus ) Wiedii dafür vor und zeigte beide Vögel. Der zweite Geschäftsführer zeigte hierauf an, dass so eben 400 lebende Hummer und ein Schock Taschenkrebse von Helgoland als Geschenk für die Versammlung eingetroffen seien und forderte die Mitglieder auf dieselben in Augen- schein zu nehmen. Auch machte derselbe auf einige in der am Heerdenthorswalle aufgestellten kleinen Menagerie befindliche lebende Amphibien aufmerksam, und empfahl den Besuch derselben. Der gemeinschaftliche Besuch der Sammlungen des Bremer Museums wurde auf Morgen um 1 Uhr Mittags verabredet. Nach dem Schlüsse dieser Sitzung verfügten sich die Zoologen an den Ort, wo man noch mit dem Landen der Hummer und Taschenkrebse beschäftigt war, und von da nach dem Hause Seefahrt, in dessen Vorhofe Herr Professor Es ch rieht aus Kopenhagen den dort vorhandenen Schädel und die von ihm ein- gesandten Skelette der Wallfische, Delphine etc., unter Bezugnahme auf seinen 14 * 108 oben mitgetheilten Vortrag in der zoologischen Section demonstrirte. Eine Reihe dahin gehöriger Spirituspräparate befand sich noch in Fässern auf der Hausflur desselben Locales, welche Herr Professor Esch rieht ebenfalls vorzeigte und dadurch sämmtliche Anwesenden zum innigsten Danke verpflichtete; denn nach dem einstimmigen Urtheile der Sachverständigen möchte in Beziehung auf Objecte, welche dem Naturforscher so selten zugänglich und so schwierig zu behandeln sind, wie die Cataceen, bei späteren Versammlungen weder ein eben so reichhal- tiges Material noch so wichtige Ergebnisse sich so leicht wieder zusammenfinden. Zweite Sitzung am 20. September 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Professor Eschricht aus Kopenhagen. Secretair: Professor Herbst aus Göttingen. Der zweite Geschäftsführer zeigte zuerst einige lebende Thiere vor, nämlich : 1) Ein Phrynosoma orbiculare welches gestern von Texas angebracht worden. 2) Einen Scorpion welcher mit einer Ladung Blauholz von Campeche Bai (Mexico) vor sechs Wochen angebracht worden und seitdem in einem Glas- gefässe eingeschlossen gewesen — also wahrscheinlich länger wie zwei Monate ohne alle Nahrung geblieben ist. • — (Das Thier lebte in diesem Zustande noch bis zum Monat November 1844.) 3) Polyphemus Kindtii, (Focke) ein neues Entomostracon aus dem Bremer Stadtgraben, welches sich durch eine ungewöhnliche Durchsichtigkeit aus- zeichnet, und da dieselbe während seiner ganzen Lebensdauer in jedem Theile seines Körpers gleich bleibt, und die Anwendung der stärksten Vergrösserungen gestattet, ohne das Leben des Thieres zu gefährden, für physiologische Unter- suchungen von Wichtigkeit zu werden verspricht. Die Durchsichtigkeit dieses Thieres ist so gross, dass, wie sich zeigte, die grösste Aufmerksamkeit dazu gehörte um in einem viereckigen Gläschen, welches wenige Cubiczoll klaren Was- 109 sers enthielt, das vier Pariser Linien lange und sich lebhaft bewegende Thierchen nieht zu übersehen. Die Mitglieder und Theilnehmer wurden eingeladen uin 6% Uhr Abends in der Aula der Gelehrtenschule einer Demonstration dieses Thieres und anderer Objecte durch ein Hydrooxygengas - Mikroscop beizuwohnen. Einige Notizen darüber so wie die Abbildungen desselben wurden im Sonntagsblatte der Weser - Zeitung vom 22. September 1844 mitgetheilt. • — Hieran knüpfte derselbe einige Andeutungen über die Ergebnisse seiner ferneren Untersuchungen der polygastrischen Infusorien, mit Beziehung auf die bei der Versammlung zu Mainz 1842 gemachten Mittheilungen. Der Aufschluss, welchen eine abwechselnde Fütterung derselben Individuen von Loxocles Bursaria und Paramecium Aurelia mit blau und rothen Farb- stoffen über den Weg, welchen die Nahrungsstoffe durch den Körper dieser Thiere nehmen, gegeben, vermittelte die Entdeckung eines Verfahrens, diese winzigen Geschöpfe selbst bei 400 facher Vergrösserung in dem beschränkten Raume des Sehfeldes in fast ruhiger Lage zu erhalten. Dieser Zweck wird erreicht durch Anhäufung einer möglichst grossen Anzahl von Individuen in einer dünnen zwischen zwei Glasplatten eingeschlossenen Wasserschicht, in welcher diese Thiere nach mehreren Stunden und selbst Tagen sich bequem beobachten lassen, wenn man das verdunstende Wasser immer durch eine reichhaltige Infu- sorienemulsion ersetzt. Man sieht dann die verschluckten Farbstoff'e in kugligen Häufchen durch die Substanz des Körpers dieser Thiere wandern, wobei sich letztere immer dichter um den Farbstoff anlegt. Bei Paramecium findet diese Aufnahme statt so lange das Thier einfach ist, oder sich zur Queertheilung vorbereitet; während der Längstheilung hört sie jedoch ganz auf, und es gewährt einen sonderbaren Anblick zwischen vielen mit Indigo gefütterten Thieren dieser Species, welche dicht mit blauen Kugeln erfüllt sind, die blassen in der Längstheilung begriffenen, Individuen hin und her fahren zu sehen. — Man bemerkt ausser diesen Magen noch bestimmte Körner in dem Parenchym des Körpers dieser Thiere, welche alle genau dieselbe Grösse haben und den Bewegungen der mit Nahrungsstoff erfüllten Höhlen folgen. Diese doppelte Circulation liess sich bis jetzt bei Loxo- deSj, Paramecium , Bursaria , Spirostomunij Nassula , Vorticella} Carche- sium und anderen nachweisen; bei anderen wie Euplotes , Kerona , Stylony- chia etc • gelang dieses jedoch nicht. 110 Die Fortpflanzung dieser Thiere geschieht im Sommer durch Längs- und Queertheilung oder Sprossenbildung ähnlich wie bei Hydra; die sich dann trennen- den, oder vom Mutterthiere ablösenden Individuen haben immer eine ziemlich gleiche Grösse. Kleinere findet man jedoch selbst in dicht erfüllten Infusionen während des Sommers nicht. Im Spätherbste und Winter zeigten sich unter den sorgfältig beobachteten grössten Exemplaren von Loxodes Bursaria einige Individuen, deren Körper weniger dicht mit grünen Körnchen erfüllt und daher auffallend blass erschien; in diesen zeigte sich die Zahl der contractilen Blasen (sonst zwei} um einige vermehrt, welche bei genauerer Untersuchung, während das Thier allmählig verstärktem Drucke zwischen zwei Glasplättchen ausgesetzt wurde, in dem die Mitte des Körpers dieser Thiere einnehmenden dunkleren Or- gane (Saamendrüse nach Ehrenberg} sich befanden. Es zeigten sich in diesem Organe bei verschiedenen Thieren ein bis drei schwach begrenzte Kreise, welche jeder ausser zwei contractilen Blasen auch ein mittleres dunkleres Organ ent- hielten, welche nicht nur ganz der Anordnung dieser Tlieile bei dem Mutterthiere entsprechend gelagert waren, sondern auch die bei jenen bekannte Färbung wahr- nehmen Hessen. Bei ferneren Untersuchungen gelang es den Austritt dieser lebendigen Jungen aus dem Körper der Mutter wahrzunehmen, und jenes mittlere dunklere Organ ist somit, wenigstens bei Loxodes Bursaria als Uterus zu betrachten. Dr. Focke legte sodann die zu einer demnächstigen Veröffentlichung über diese Beobachtungen bestimmten Zeichnungen, so wie Abbildungen des Poly- phemus Kindtii vor. Herr Dr. H i r s c h f e 1 d aus Bremen sprach hierauf : Ueber das Verhältniss der grauen zur weissen Substanz des Gehirns, des Rückenmarks zum Gehirne, und den innern Bau des G e hirns al s G eist es o rgan. Diese drei Punkte erschienen dem Vortragenden bei seinen phrenologischen Untersuchungen von Wichtigkeit, welche ihn im allgemeinen zu den hier kurz zusammengefassten Folgerungen geleitet haben. Aus dem Umstande, dass die graue Substanz bei dem Menschen eine dickere Lage wie bei den Thieren bildet, lässt sich schliessen, dass erstere mit dem höheren Nervenleben in einer näheren Beziehung stehe, als die weisse, faserige Substanz* — • Einem jeden Nerven muss an und für sich eine selbst- 111 thatige Nervenkraft zugeschrieben werden, welche nicht von dem Ausstrahlen der Nervenkraft vom Gehirne abhängig ist, wie solches die zahlreichen Versuche über die Wegnahme des Gehirnes und unveränderte Fortdauer der Respiration bestä- tigen. • — Auch lässt sich eine Fortsetzung der Fasern des Rückenmarkes in’s Gehirn nicht annehmen, da der Cervicaltheil desselben dünner ist, wie einige der tieferen Anschwellungen. • — • Aus der Stärke der Anschwellungen des Rücken- marks lässt sich ein Schluss auf das Vorwalten der Nervenkraft in den einzelnen Gliedern ziehen. — - Im Gehirn findet ein Zusammenstrahlen aber kein Ausstrahlen der Nerven- fasern zum Rückenmark und von diesem zu den übrigen Nerven statt, von welchen letzteren die peripherischen Endigungen wieder in demselben Verhältniss zum Rückenmarke stehen. ■ Das Zusammenstrahlen findet in der grauen Sub- stanz statt. Mit dem Verhältniss der grauen zur weissen Substanz des Gehirnes wird daher die Entwickelung einer höheren Geistesthätigkeit überhaupt in Beziehung stehen, und der Gegensatz dieses Centralorgans gegen das Rückenmark und die übrigen Nerven durch dasselbe bedingt sein. — Professor Marc band ans Halle theilte hierauf einige Versuche in Bezie- hung auf die Respiration der Thiere mit, welche bereits ausführlicher im 33. Bande des Journals für practische Chemie von Erdmann und Marchand (Wer gl. auch: Fl. Heller: Archiv für physiologische und pathologische Chemie und Mikroscopie. 1845. pag. 131) mitgetheilt sind. Ausgehend von Liebigs neuer Idee, dass die Nahrungsmittel in einer innigen Beziehung zur Respiration stehen, und dass die Art und Weise, Avie die Kohlensäure bei dem Athmungsprocesse gebildet Averde, gänzlich unbekannt sei, daher man vermuthen müsse, dass diese Production auf das ganze Circulations- system gleichmässig vertheilt ist, untersuchte der Vortragende das Verhältniss der eingeathmeten Sauerstoffmenge zu der ausgeathmeten Kohlensäure. Mannig- fache ScliAvierigkeiten , Avelche die genaue Bestimmung einzelner Gasquantitäten erschweren, wurden durch geeignete Vorrichtungen zu beseitigen gesucht. Die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft ist fast überall gleich. Treviranus nahm in derselben ein Procent Kohlensäure an, allein 10,000 Theile atmosphärische Luft liefern nur 4 • — >6 Theile Kohlensäure. 112 Zu den Versuchen über die Veränderung der Luft durch den Athmungs- process wurden in einem eigenen Apparate , wovon eine Abbildung vorgezeigt wurde, vorzugsweise Frösche benutzt, jedoch auch mit anderen Thieren verglei- chende Versuche angestellt. Das Hauptresultat derselben ist : kein Thier bildet Kohlensäure allein, son- dern zugleich auch Wasser, da immer weit mehr Sauerstoff verbraucht wird als zur Bildung der ausgeathmeten Kohlensäure nothwendig ist. Bei Rana escu - lenta werden auf 100 Theile gebildeter Kohlensäure etwa 330 Theile Sauerstoff aufgenommen. Es war nun interessant zu untersuchen, wie sich die Respiration beim Hungern der Thiere verhalte. Längere Zelt in reinem Brunnenwasser gehalten, werden die Frösche schnell leichter, was besonders von dem Mangel der Nahrung herrührt. Anfangs wird der Verbrauch des Sauerstoffs geringer und dem entsprechend die Bildung der Kohlensäure. Die Bildung des Wassers geht dagegen in vermehrtem Grade vor sich. Bei fernerem Hungern der Thiere nimmt der Verbrauch des Sauerstoffs mehr und mehr ab und zuletzt athmen sie auf 72 Theile verbrauchten Sauerstoff gegen 100 Theile Kohlenstoff aus. In abgesperrter Luft wird anfangs mehr Sauerstoff wie gewöhnlich verbraucht, nach 6 Stunden ist jedoch die Respiration wieder wie im natürlichen Zustande. Nach dem Tode findet sich bei diesen Thieren viel mehr Kohlensäure vor als möglicher Weise aus dem verbrauchten Sauerstoff hätte gebildet werden kön- nen. In Wasserstoffgas leben die Frösche nicht länger wie drei Stunden, wenn das Gas völlig chemisch rein ist; sie schlafen darin bald ein und sterben allmählig. Unter dem Recipienten der Luftpumpe werden die Thiere schwach, wenn der atmosphärische Druck noch 3 Zoll beträgt. Bei einem Drucke von einer Linie entwickeln sich Gasarten. Die Frösche werden aufgetrieben, die Zunge theilt sich und es entstehen Blasen an der Oberfläche des Thieres, welches beim Wiedereinströmen der atmosphärischen Luft unter den Recipienten skelettartig zusammen fällt. Auf diese Weise kann man also die Menge der in der Substanz eines Thieres enthaltenen Gasarten, so wie auch die Blutmenge bestimmen, und durch vergleichende Versuche ermitteln, ob die Nahrungsmittel wirklich in dem von Liebig angedeuteten Verhältnisse zu den Producten des Respirationsprocesses stehen. 113 Professor Behn aus Kiel hielt darauf einen Vortrag: „ Ueber den Bau der Blutgefässe. a Derselbe unterschied zwei Classen von Gefässsystemen : I. Ein nur theilweise gefülltes, theilvveise leeres Gefässsystem* ganz contractil, mithin ohne Herz; das Blut ohne Blutkörnchen (Ringelwürmer). II. Ein nur theilweise contractiles Gefässsystem mit einem oder mehreren Herzen, nur in diesen abwechselnd Blutleere und Blutfülle, die Ge- fässe von bestimmtem Durchmesser, das Blut mit Blutkörnchen. Hiervon giebt es zwei Unterabtheilungen : a) mit verästeltem, und in seinen verschiedenen Theilen sehr ungleich weitem Gefässsysteme, mit einem, an eine Stelle zusammengedräng- ten Athemorgane, welches die Ursache der Verästelung ist. (Der Mensch und die meisten Thiere.) b) mit verästeltem, in allen seinen Theilen gleich weitem Gefässsysteme, colossalem Herzen (Rückengefäss), der grossen Adhäsion so enger Gefässe entsprechend, verästeltem Athemorgane (Tracheen), sehr sparsamen Blutkörnchen. (Insecten.) Neben dem Herzen (bei den Wasserwanzen) und anstatt desselben (bei den Planarien) wirken bisweilen eigentümliche schwingende Klappen auf den Blutlauf. Bei den höheren Thieren mit Herzen und verästeltem Gefässsysteme sei es bestritten, ob die Gelasse selbst Muskelfasern besässen oder nicht. Bei dem Menschen , den Säugetieren und Vögeln habe derselbe sich von dem Vorhanden- sein von Muskelfasern nicht überzeugen können, er glaube sie jedoch an den Gefässen der Chelonia Midas sehr stark entwickelt gefunden zu haben. Die Gefässe dieses Thieres beständen aus zwei concentrischen Schichten, einer inne- ren grau rötlichen und einer äusseren gelblich weissen. Die letztere sei elasti- scher Natur, die erstere aber bestehe seiner Meinung nach aus Muskelfasern; die innere Fläche der Gefässe sei nicht glatt, sondern articulirt und erinnere im Klei- nen an die trabeculae carnecie des Herzens. Bisweilen kommt an den Gefässen der Chelonia Midas einekrankhafte dunkel- gefärbte Geschwulst vor, deren brauner Inhalt sich unter dem Mikroscope als aus gleichartigen Körpern bestehend zeigt, die der Form nach zu den Eingeweide- würmern, oder vielleicht zu den Larven derselben zu zählen sind. 15 II. Abtheil. 114 Geh. Rath Lichtenstein aus Berlin theilte sodann im Auszuge folgende, von Herrn Consul Klee in Guatemala eingesandte, Abhandlung mit: Beschreibung der Cultur der Cochenille in Antigua, Guatemala und Amatitan im Staate Guatemala, Republik von Centro - Amerika. Die Cultur der Cochenille ward 1817 durch den Präsidenten Bustamente von Oaxaca, wo dies Insect ursprünglich zu Hause ist, und wo es die Spanier zur Zeit der Eroberung fanden, nach Guatemala verpflanzt, indem er das lebende Insect auf den Cactus -Blättern nach Guatemala bringen liess, als ein Geschenk an die Sociedad patriotica, welche es an Dr. Isidro Montufar und Dr. Miguel Galvez in der Antigua und Padre Lopez in Cubulco, District Verapez, ver- theilte, um es zu cultiviren. Im Anfänge hatte man viel mit Unwissenheit bei der Behandlung zu käm- pfen und nur wenige Insecten, wovon die jetzigen reichen Erndten abstammen, wurden gerettet. Mit jedem Jahre nahm die Bebauung zu und vervollkommnete sich, und hat besonders in den letzten acht Jahren in jeder Hinsicht so reissende Fortschritte gemacht, dass die Cochenille als ein schätzbarer Export- Artikel den Hauptreichthum des Staates bildet und gewissermaassen den ganzen Staat von Guatemala unterhält. Die Bebauung der Cochenille wird vorzüglich in der Antigua und Amatitan, in der Nähe der Hauptstadt Guatemala, betrieben, hatte sich jedoch ferner in Cu- bulco und Salama, District Verapez, in Guastatoya, District Chiquimula und in San Salvador ausgebreitet; nach vielen Versuchen ist man jedoch genöthigt ge- wesen, die Cultur daselbst aufzugeben. Die Ländereien von der Antigua und Amatitan scheinen sich am besten für die Cultur des Insects zu eignen, indem sie aus grossen, leichtbodigen, leuchten Ebenen, von hohen Vulcanen und Bergen eingeschlossen, bestehen , ein mildes fast immer gleiches Clima haben * *) und die Regenzeit sehr regelmässig einsetzt und nur fünf Monate dauert. Ein kälteres Clima wie die Antigua und ein wärmeres wie das von Amatitan, scheint der Grad Farenheit. *) Guatemala 65 ä 68. Antigua 70 ä 72. Amatitan 70 ä 75. Oaxaca 68 ä 75. 115 Cochenille nicht zuzusagen, da sie weder den Nachtfrost der Altos noch die starken Sonnenstrahlen der Küste ertragen kann. Ein Pflanzer, um seine Cactus - Pflanzung anzulegen, sollte dafür einen ebenen, leichten und etwas feuchten Grund aussuchen, gegen Winde geschützt und wo kein Nachtfrost fällt. Auf Anhöhen und an den Seiten von Bergen kommt die Cactus-Pflanze nicht gut fort, und die heftigen Winde im Januar und Februar thun oft den grössten Schaden zur Zeit der Besäung, indem sie das junge noch nicht festsitzende Insect wegführen. Der Pflanzer hat dann oft zwei oder dreimal zu besäen, die Besäung fällt sehr unegal aus und ist oft ausser der Zeit. Der Boden braucht nicht besonders fruchtbar zu sein, muss aber Feuchtigkeit haben ; je besser er jedoch ist, desto mehr und gesündere Blätter giebt die Pflanze. Von den Cactus -Pflanzen, eine Art Opuntia [Opuntia coccinellijera ) giebt es sehr viele Arten, aber wenige die sich zur Cultur der Cochenille eignen. Ein Pflanzer kann in der Auswahl nicht sorgfältig genug sein. Die verschiedenen Arten, die man hier beobachtet hat, sind die folgenden: Penea de tuna blanca; - — • Cactus, dessen Frucht weiss ist, kommt gut in trocknem Boden fort. Der Baum nimmt viel Raum ein, ist sehr unregelmässig, breit auswerfend gebaut und mit Avenig aber sehr dicken, grossen und langen ein wenig stachligen Blättern, die leicht der Fäulniss ausgesetzt sind, wenn sie ver- letzt werden, versehen; in feuchtem Grunde kommt er nicht gut fort, giebt wenig aber sehr grosse schöne Cochenille und eignet sich vorzüglich, um die Saat- Cochenille zu conserviren, wozu er aber vorzugsweise nur in der Antigua ge- braucht wird. Penea de t una amarilla;- — Cactus, dessen Frucht gelb ist, kommt gut in jeder Art Boden fort. Der Baum ist sehr gut formirt, giebt viele grosse, breite stachlige Blätter, die aber nicht sehr dick sind, dauert, wenn er rein ge- haltenwird, 10 bis 12 Jahre und nimmt viele Cochenille auf; liefert jedoch weniger grosse als weisse aber mehr Cochenille. Dieser eignet sich vorzüglich zu Pflan- zungen und wird vorzugsweise in der Antigua gebaut. Penea de tuna morada; • — • Cactus, dessen Frucht violet ist. Die Blätter sind sehr gross, haben aber eine dicke Cutis. Das junge Insect kann sich nicht gut befestigen und fällt leicht ab, weshalb derselbe nicht benutzt wird. Penea de Terciopelo; » — • Cactus, mit einer sammetartigen Cutis. Der Baum ist etwas schwach, sehr gut formirt, hat viele lange, schmale, dicke mit 15 * 116 vielen Stacheln versehene Blätter, die vertical aufschiessen und liefert sehr grosse und viele Cochenille, die nicht leicht vom Regen abgeworfen wird. Von dieser Art Cactus ist erst seit zwei Jahren Notiz genommen, und die damit gemachten Versuche in den Pflanzungen fallen sehr vorteilhaft aus; sie ist nur in der Antigua und sehr wenig bekannt. Die Pflanzer behaupten, dass die Würmer, welche die Cochenille zerstören, sich nicht auf der sammetartigen Cutis des Blattes bewegen können, und die Cochenille, die darauf gezogen wird, dieser Gefahr nicht ausgesetzt ist. • — * Penea costena oder Oaxaca. Das ursprünglich von Oaxaca ge- brachte Blatt kommt gut in feuchtem Boden fort. Der Baum ist anfangs schwach und nicht hoch, breitet sich aber sehr im 2. Jahre aus und hat eine grosse Menge kleiner, dünner, runder stachliger Blätter, die dicht zusammenwachsen, sich leicht flach legen und dadurch die Cochenille vor Regen beschützen. Man braucht wenig Saat- Cochenille um sie zu besäen, da die Cutis der Blätter sehr dünn ist und das junge Insect, wovon, wegen der Menge der Blätter, wenige verloren gehen, sich leicht befestigt. Die Pflanzung muss drei volle Jahre alt sein, ehe man sie besäet; liefert viele aber kleine Cochenille. Die Cultur dieser Art breitet sich viel in der Antigua mit Erfolg aus. Mosotilla hat rothe Frucht und ist die Art Cactus, die man in Amatitan baut. Der Baum kommt fast in jeder Art Boden gut fort; ist stark, hat nicht viele aber grosse dicke Blätter mit kleinen Flecken, dünne Cutis und wenig Stacheln; eignet sich sowohl zu Pflanzungen als zur Aufbewahrung der Saat. Diese Art kann im Jahr drei Erndten liefern, ohne dass es den Blättern schadet, welches mit keiner andern Art Cactus der Fall ist. — Die Quantität der Coche- nille ist aber dann jedesmal geringer, die dritte Erndte ist beinahe Granilla und kommt selten gut ein. Penea de Cubulco; * — Cactus, der in der Verapez cultivirt wird, gleicht der Penea amarilla und Mosotilla und eignet sich sowohl für Pflanzungen als zur Aufbewahrung der Saat; liefert nicht grosse Cochenille aber von vielem Gewicht. Tunilla. Eine Art Cactus, der einen sehr hübschen Baum mit vielen grünen Blättern bildet, nimmt leicht die junge Cochenille auf; wenn diese aber halb zur Reife gediehen, stirbt sie und fällt ab, weshalb man diese Art in allen Pflanzungen ausrottet. Um zur Anlegung einer Cactus-Plantage ISopal ) zu rechter Zeit genug und gesunde Blätter zu haben, legt man im Juni oder Juli einen Almacigo an. 117 Man theilt ein Stück Land in Beete von zwei varas Breite und pflanzt darauf die Cactus-Blätter einerlei Art halb in die Erde perpendiculär in Reihen, so dass die Seiten der Blätter sich beinahe berühren. Eine jede Reihe muss ungefähr sechs Zoll von der andern entfernt sein, um jedes Unkraut mit der Hand heraus- ziehen zu können. Die Blätter, die dazu bestimmt sind, müssen gesund sein und noch nicht gedient haben: bevor man sie pflanzt muss man das Blatt und vorzüglich den ab- geschnittenen Theil der Sonne aussetzen, ungefähr acht Tage lang, damit die Wunde sich vernarbt. Hat man jedoch genug frische Blätter im Februar oder März, so ist dieses nicht nöthig. In Amatitan pflegt man die Blätter der Mosotilla, die zur Bewahrung der Saat gedient haben und dann 4 ä 5 Monate alt sind, zu Pflanzungen zu be- nutzen, und legt deshalb keine Almacigos an. Nachdem das Land, worauf die Cactus- Pflanzung angelegt werden soll, gut gepflügt und gereinigt ist, theilt man es in Felder ab von etwa 100 bis 120 varas und lässt zwischen jedem Felde einen Weg von drei varas. Im Februar oder März, welches dazu die beste Zeit ist, pflanzt man das reife gesunde Blatt, deren der vorher angelegte Almacigo genug liefert, seitwärts oder perpendiculär halb in die Erde, nachdem es vor circa 8 Tagen abgeschnitten und der Sonne ausgesetzt gewesen, in Reihen zwei bis drei varas breit und jedes Blatt % varas von einander der Breite oder der Länge nach gegen einander ge- stellt. In kürzlich angelegten Pflanzungen von Amarilla hat man die Blätter eine vara weit von einander gepflanzt; sie wachsen üppiger und liefern mehr Blätter, als die, welche dichter zusammengepflanzt sind. Die Reihen und Stellung der Blätter müssen von Norden nach Süden laufen. Viele Pflanzer pflegen die Blät- ter nur V2 oder y3 vara von einander zu pflanzen, welches jedoch dem Baum nicht Raum genug lässt, dass die Wurzeln sich verzweigen , daher der Cactus schlecht treibt und die Plantage dadurch bald ruinirt wird. Die junge Pflanzung treibt sehr bald viele Blätter und die, welche Schaden gelitten oder gar verdorben sind, müssen versetzt werden. Die Pflanzungen, welche man im Juni oder Juli anlegt, sind wegen der zur selbigen Zeit eintretenden Regenzeit sehr der Fäulniss ausgesetzt; man hat dann aber nicht nöthig zuvor Almacigos anzulegen, weil zu der Zeit die benach- barten alten Pflanzungen genug Blätter geben, die man billig kaufen kann. Man muss vorzüglich darauf sehen, dass die Pflanzung stets rein ist, und in einer jungen Pflanzung ist man genöthigt vier bis fünfmal im Jahr zu reinigen, 18 so oft das Unkraut einige Zoll hoch ist» Die Cactus-Pflanze kommt auch durch- aus nicht im Schatten fort, und man darf weder Bäume noch Mais dazwischen pflanzen. Die Indianer in San Antonio pflegen jedoch frigoles (Krupbohnen) zwi- schen den N o p a 1 - Reihen zu pflanzen, welches nicht schadet, da die frigoles nicht so hoch wachsen, um Schatten zu geben und die Pflanzung dabei sehr rein gehalten wird. Ungelähr acht Monate, nachdem die junge Pflanzung angelegt ist, muss man die Blätter, die sich zu weit nach den Zwischenreihen ausgedehnt, ab- schneiden, um den Baum gut zu formiren und den Zwischenweg rein zu halten. Um alte No pale zu erneuern, pflegt man in den Zwischenreihen die neue Bepflanzunganzulegen und lässt den alten Nopal noch für zwei Jahre lang stehen, um die Erndten davon abzunehmen. Dieser schlägt nicht viele Blätter mehr aus und schadet deshalb der jungen Bepflanzung nicht; sobald wie diese jedoch voll- kommen ist, wird der alte No pal abgehauen und vermodert in den Reihen. Es ist jedoch besser das ganze Land wieder zu pflügen und zu bearbeiten, um eine Plantage zu erneuern, und man sollte sogar das Land düngen, denn der Cactus saugt dasselbe ungemein aus. Ein Nopal, der rein gehalten und im März gepflanzt ist geAvöhnlich im Ja- nuar in dem Stande, um besäet werden zu können, kann indess nur wenig Cochenille liefern, und diese Erndte schadet auch beträchtlich der jungen Pflanzung; es ist daher weit besser noch ein Jahr damit zu warten. Aber ein Nopal im Juni oder Juli gepflanzt, ist selten in demselben Stande und muss ein Jahr länger warten. Er muss dann frisch, dunkelgrün aussehen, wenn die Blätter aber gelbbraun gefleckt sind Qgiote), so taugen sie nicht zur Besäung und ist ein Zeichen der schlechten Qualität der Stammblätter oder meistentheils des Bodens. Die Cutis der Blätter ist dann zu dick und das Insect kann sich nicht leicht befestigen. Die M oso ti 11a hat hierin Avieder den Vorzug; denn die Blätter, die mit diesem giote vollkommen bekleidet sind, liefern sehr gute und viele Cochenille. Die Costena ist der Mo so tili a hierin wenig nachstehend, und im dritten Jahre hat sie sich so ausgebreitet, dass man kaum zwischen den Reihen gehen kann. Die Zeit der Besäung in der Antigua, wo man gewöhnlich nur eine und mit wenig Ausnahmen zwei Erndten hat, ist im Januar und Februar und darf nicht länger verzögert werden. In Amatitan gebrauchen die Nopale wenigstens zwei Jahre um fähig zum Besäen zu sein ; das Clima erlaubt hier zwei und selten drei Erndten, und, wenn man im October besäet, hat man im Januar reife Cochenille, die dann gewöhnlich von den Antigua-Pflanzern zur Saat aufgekauft wird. 119 Aber ehe man sie abnimmt, lässt man sie ein oder zwei Tage lang gebären, wo- durch die Pflanzung natürlich besäet wird und die zweite Erndte liefert. Zur Besäung gebraucht man Behälter, worin man die Saat - Cochenille tliut, um sie am Baum zu befestigen. Man gebraucht dazu entweder eine Art Rohr, etwa ein Zoll im Diameter, welches man an der einen Seite schräg und an der andern gerade abschneidet, etwa 2 Zoll lang, in diese letztere Oeffnung steckt man das Ende einer Mais-Stange, welches dadurch ein kleines Gefäss bildet. An der äussersten Spitze des schräg abgeschnittenen Theiles macht man ein kleines Loch und befestigt vermittelst einer Art langen Dornes, schräg hängend, das offene Ende dicht am Blatte, nachdem man zuvor 10 bis 12 Körner reif gebärender Cochenille hinein gethan hat. Diese Art Behälter zur Besäung ( Cartuchos ) werden für grosse Plantagen vorgezogen, weil es weniger Zeit raubt; jedoch ist es nicht die vortheilhafteste Weise, denn die Oeffnung füllt sich bald mit Spinnen- geweben und wird das junge Insect dadurch verhindert herauszukriechen. Wenn es stark und öfters regnet während der Saatzeit , füllt es sich mit Wasser und dieses tödtet die Cochenille. Wenn es nicht gut an’s Blatt befestigt ist, bleibt es in der Luft hängen, und das kleine Insekt kann nicht an’s Blatt gelangen, • — auch pflegt das Rohr, wenn es nicht gut getrocknet ist, leicht zu bersten und die Coche- nille fällt zur Erde. Die Casar illa wird oft verloren und es kostet viele Mühe und Zeit, um sie zu reinigen. Die beste Art zu besäen , deren erste Zubereitung aber viel Zeit raubt, ist vermittelst des Sudaderos, einer Art faserigen Gewebes, welches sich am Fusse der Cocos-Bäume erzeugt und sich wegen seiner Elasticität und Trocken- heit am besten dazu eignet. Man schneidet dies Gewebe in Stücke von etwa 4 Zoll Q] und reibt es, damit die Kruste abfällt; es bleibt dann locker genug, dass die kleine Coche- nille herauskriechen kann. — - Man thut darin ebenfalls 10 bis 12 Körner und steckt durch die vier zusammengelegten Ecken die Dorne, womit man es am Baume befestigt, welches dadurch einen dicht am Baume hängenden kleinen Beutel bildet. Der Regen thut darin der Saat -Cochenille keinen Schaden, da der Su- dadero keine Feuchtigkeit anzieht und die Casar illa bleibt rein und vollkommen, ohne davon zu verlieren. Man hat jetzt angefangen gewöhnliche Manta und ordinäre Museline zu gebrauchen, die dem Zwecke vollkommen entsprechen. Man hat auch verschiedene andere Versuche gemacht, um vermittelst Mais- Blättern ( Dobladores ) zu besäen, die aber untauglich befunden wurden. 120 Man hat den Gebrauch, besonders auf grossen Plantagen, die Saat-Coche- nilie einige Tage lang in Körben mit Papier ausgefüttert dünn ausgestreut der Sonne auszusetzen, damit sie schneller gebiert. Es mag dieser Gebrauch zu empfehlen sein, wenn die Saat- Cochenille nicht ganz reif abgenommen ist, denn die Sonne bringt bald dieses hervor; aber es scheint, als wenn die kleinen T liiere nicht viel Kraft haben, und bei guter Saat-Cochenille ist der Gebrauch überflüssig, denn je schneller sie an den Baum geheftet wird, desto besser ist es. Gute reife Cochenille zur Saat ist ein wesentlicher Punkt ; nicht vollkommen reife Coche- nille ist unnütz. In der Antigua pflegt man von den C a r t u c h o s , worin man mittelst eines kleinen hölzernen Löffels sorgfältig, ohne sie zu verletzen, die Saat-Cochenille gethan, auf jedem Blatte eins zu befestigen; erst unten und dann oben am Blatt, damit die Besäung egal ausfällt, und sie abzunehmen, um sie auf die nächste Reihe Nopal zu heften, sobald man bemerkt, dass das Blatt hinreichend mit kleinen Insecten besäet ist; man kann dies drei oder viermal wiederholen, je nachdem die Qualität der Saat- Cochenille ist. Gute Cochenille gebiert 30 bis 40 Tage lang. In Amatitan , wo es ein wärmeres Clirna ist , gebiert die Cochenille weit schneller und nur 20 bis 25 Tage lang; man heftet ungefähr 10 bis 12 Car- tuchos unten an den Baum, wo die grünen Blätter anfangen, und das Insect ver- theilt sich sehr gleich über alle Blätter; wenn dieser hinreichend besäet ist, nimmt man sie ab und heftet sie an einen andern Baum. Diese Art zu Be- säen geht weit schneller, ist weniger Zeit raubend und scheint am besten, wenig- stens in einem wärmeren Clima, wo die junge Cochenille mehr Activität zu haben scheint. Man muss sehr sorgfältig beobachten, dass die Blätter sich nicht zu sehr mit junger Cochenille beladen; denn, wenn dies der Fall ist, so hat das Blatt nicht Saft genug, um die Cochenille zur gehörigen Grösse zu bringen und sie tritt in Granilla über, liefert daher fast gar kein Product. Das Auge des Pflanzers muss die Kraft der Blätter zu beurtheilen verstehen, um der Besäung den gehö- rigen Grad zu geben. Am besten ist es, die Blätter weniger zu beladen, und wenn sie zu überladen sind, muss man sofort einen Theil der jungen Cochenille vermittelst eines leichten harigen Instruments abnehmen. Das Insect , eben geboren , ist kaum dem blossen Auge sichtbar. Der Körper ist im Verhältniss sehr klein und dünn, länglich rund, hat 6 lange Füsschen und einen kleinen Rüssel und Fühlhörner, sieht dunkelroth aus und gleicht einer sehr kleinen Laus. * — • Nachdem es ein oder zwei Tage lang auf dem Blatte 121 herum gelaufen, befestigt es sich vermittelst des kleinen Rüssels und der Fiisschen gewöhnlich an der Westseite des Blattes; jedoch oft, wenn der Himmel mit Wolken überzogen ist und keine Winde herrschen, heftet sich das Insect an beide Seiten der Blatter. So z. B. wie der Vulcan von Cosiguina ausbrach und die Atmosphäre zwei Wochen lang mit Asche geschwängert war, welche die Sonnenstrahlen nicht durchliess, was sich gerade zur Saatzeit in der Antigua ereignete, bedeckten sich die Blätter an beiden Seiten mit Cochenille und brachten sie zur Reife, ln den bedeckten Nopales findet man ebenfalls das Insect an beiden Seiten des Blattes. Es scheint, dass das junge Insect in den ersten Tagen die starke Morgensonne nicht vertragen kann , später aber keinen Schaden davon leidet. Eine jede gute Saat-Cochenille gebiert ungefähr 4 bis 500 Junge. Bei der Besäung gehen unzählige verloren und werden leicht vom Winde weggeführt oder vom Regen abgewaschen. Einige Tage, nachdem sich das kleine Insect am Blatt festgesogen hat, bedeckt es sich mit einem feinen weissen Staub und wird dann dem Auge mehr sichtbar, und zusehends wird es grösser. In diesem Zustande tliut ein unerwartetes Regenschauer gewöhnlich nicht weiteren Schaden, als den weissen Staub abzuwaschen, der sich in ein paar Tagen wieder herstellt. In Amatitan, am 20. Tage, nachdem sich die Cochenille festgesetzt, und in der Antigua einige Tage später, häutet sie und das Insect sucht oft einen andern Platz, um sich wieder fest zu saugen, kann aber nicht weit kriechen, da der kleine Rüssel und die kleinen Fiisschen sichtbar angeschwollen sind, ln dieser Periode ist es sehr schädlich, wenn es regnet. Bei heftigem Regen wird der grösste Theil abgewaschen und wenn es auch nur gelinde regnet, so werden doch viele von den kleinen Thierehen krank und sterben. Der heftige Wind thut eben sowohl vielen Schaden in diesem Zustande. • — In ein paar Tagen hat es sich jedoch wieder festgesogen und wird sichtlich grösser. Am 40. Tage in Amatitan und am 50. in Antigua, häutet es und sucht sich wieder einen neuen Platz aus ; es kann sich dann kaum am Blatte halten und Regen und Wind ist sehr schädlich, es saugt sich jedoch bald wieder fest und bleibt bis zur Reife am Rüssel hängen, ohne weitere Zeichen des Lebens von sich zu geben, als dass es sich sichtbar vergrössert: und in dieser Periode ist ein gelinder Regen eher vortheilbringend als schadend. Die Beobachtungen bei dieser letzten Häutung angestellt, ergeben folgendes: Einige wenige Insecten auf fast jedem Blatte bilden, wenn sie die Haut abwerfen, an ihrem Hintertheile hängend, einen kleinen Beutel, welcher ein kleines Würmchen einschliesst. Dieses bildet am 8. bis 10. Tage seine Flügel und 16 If. Abihcil, 122 erscheint schneeweiss von der Grösse einer Mücke mit vieler Activität über die Cactus -Blätter und Cochenille herumlaufend, und verschwindet in kurzer Zeit. Der grössere Theil der Cochenille hat zwar zu gleicher Zeit das Häutchen abge- worfen, bildet aber kein Beutelchen mit der Fliege. D on Jose Alm orga in Amatitan besäete verschiedene Blätter mit Coche- nille, umzog sie mit einer leichten Gaza und hing sie im Corridor auf, auf jedem Blatte waren circa 150 Insecten. In der zweiten Häutung ( segunda muda ) behielten etwa 20 Insecten auf jedem Blatte dies kleine Beutelchen.. Von einem Blatte nahm er alle die Cochenille mit Beutelchen ab und wohl umzogen hing er es wieder an seinen Ort. Die Cochenille auf diesem Blatt wurde sehr gross, blieb einen Monat länger am Blatte sitzen und brachte durchaus keine kleine In- secten hervor. Die Cochenille, die er davon zerquetschte enthielt nur ein dunkel- rothes Wasser ohne die kleinen Körnchen zu formiren, welche die reife Coche- nille enthält. Die andern Blätter brachten die Cochenille seiner Zeit zur Reife; die kleine Fliege erschien und verschwand und er fand sie auch nicht in der Gaza. Von einem dieser Blätter nahm er alle Cochenille ab bis auf eine die dann 410 kleine Insecten erzeugte, die sich rund um die Mutter herum ansetzten und eine kleine Colonie bildeten. Es scheint keinem Zweifel unterworfen zu sein, dass diese kleine weisse Fliege, die man hier Palomita nennt, das Männchen der Cochenille ist und sie befruchtet; auf welche Weise aber, haben wir noch nicht bemerken können, obgleich schon viele Beobachtungen darüber angestellt worden sind. Zur Zeit wann die kleine Palomita erscheint, hängt die Cochenille nur am kleinen Rüssel, die Füsse haben sich mit rothem Saft angefüllt und bilden mit dem Körper eine länglich runde Masse von der Form einer weissen Perle. Zu gleicher Zeit längt sie an bis zur Zeit der vollen Reife Wasser von sich zu geben, welches zuerst weisslich ist, dann gelblich und später röthlich aussieht und aetzend ist, weshalb man sie dann de perla nennt. Ungefähr am 90. Tage in Amatitan und am circa 100. in der Antigua gelangt sie zur vollkommenen Reife, welches man daran erkennt, dass sie anfängt zu gebären. Die Cochenille, welche secunda in Amatitan genannt, wird in circa 75 bis 80 Tagen reif, ist aber nicht so gross wie die primeira. Man hat verschiedene Arten sie abzunehmen, je nachdem die Umstände es erfordern. Man pflegt an beiden Seiten auf den Boden circa 5 varas lange Laken auszubreiten und die Cochenille mit einem kleinen Besen abzufegen. Dies ist die schnellste Art, aber alle Spinnengewebe, Gummi, Staub etc. fällt dann mit 123 dazwischen und verzögert die Reinigung, nachdem sie getrocknet ist, welches zwar nicht von besonderer Bedeutung ist, wodurch jedoch viele Cochenille ge- quetscht wird. • — • Andere Pflanzer lassen sie mit kleinen Spateln abnehmen, welches aber viele Zeit raubt. In Amatitan lässt man gewöhnlich zu gleicher Zeit die Blätter abschneiden, damit sie wieder frisch ausschiessen und im Monat October wieder besäet werden können, und fegt die Cochenille mit kleinen Besen ab; auch schneidet man die Blätter der Costena ab bis auf eine gewisse Höhe. ■ — ■ Wenn es in den letzten Tagen vor derErndte oder zur selben Zeit regnet, nimmt der Staub oft eine röthliche Farbe an und solche Cochenille nennt man in England ,, foocy - — • Die Erndte von jedem Tage wird in etwa 3 Fuss langen, 1% Fuss breiten und 1V2 Zoll hohen Kasten vertheilt und in einem kleinen Zim- mer, das rund herum mit einem Gestell versehen ist, worauf die Kasten aufge- schichtet ruhen , getrocknet , indem man grosse irdene Töpfe mit angezündeten Holzkohlen in die Mitte des Zimmers stellt. Das Zimmer muss an der einen Seite oben eine kleine Oeffnung haben, damit der feuchte Dunst abzieht und selbst dieser färbt oft roth. Bei der Trocknung der Cochenille muss inan Sorge tragen, dass die Hitze nicht zu gross ist und die Cochenille nicht verbrennt. Je nach- dem es nöthig ist, braucht man nur mehr oder weniger irdene Töpfe ( brazeros ) mit entzündeten Kohlen hineinzusetzen. In 24 Stunden ist die Cochenille ge- wöhnlich trocken und wenn noch etwas daran fehlt, wird sie auf Matten in der Sonne noch ausgebreitet, wodurch sie jedoch viel von dem weissen Staub verliert den sie aber vollkommen im Ofen getrocknet, behält. Man hat verschiedene Arten Oefen angelegt, jedoch scheint der des Herrn Vinchon de Quemont in Villalobos der zweckmässigste zu sein, da die Hitze durch einen von aussen geheizten Ofen sehr gleichmässig durch Röhren vertheilt wird und nie der Cochenille schaden kann , auch man die Kasten , worauf die Cochenille getrocknet wird, da jede Reihe aneinander befestigt ist und auf Latten- werk läuft, herausziehen kann ohne die Hitze des Ofens zu verlieren. Man ist auch nicht genöthigt hineinzusteigen um die Cochenille herauszuholen, Avie es bei den gewöhnlichen Oefen der Fall ist, und daher der Gefahr zu ersticken nicht ausgesetzt. Im Anfänge der Culturder Cochenille hatte man den Gebrauch die geerndtete Cochenille in Säcke zuthun und sie im heissen Wasser ersticken zu lassen, worauf sie dann an der Sonne getrocknet wurde. Der grösste Theil der Cochenille wurde aber durch diese Tödtung fuchsig und ist dieser Gebrauch gänzlich abgekommen. IG* 124 Nachdem die Cochenille völlig trocken ist wird sie durch Drath- Siebe gereinigt und ist dann für den Markt bereitet. Wenn man die Coche- nille nicht ganz trocken in Säcke schüttet und einige Tage stehen lässt, so erhitzt sie sich, der weisse Staub wird gelb und bekommt überhaupt ein hässliches An- sehen. • — * Um die Saat-Cochenille zu behalten, damit die starken Regen sie nicht abwaschen, hat man, vorzüglich in Amatitan Magazine [Almacenes) angelegt. • — Diese bestehen aus einem festgestampften erdenen Wall oder Mauer, welche ge- wöhnlich alle Cactus- Plantagen umgeben, etwa 2l/z ä 3 varas hoch. Nach der Innenseite baut man ein mit Stroh oder Ziegeln bedecktes offenes Schauer^ circa ein vara breit, worunter ein Lattenwerk von Rohr angebracht wird mit einer Menge kleiner Abtheilungen, in jede derselben Avird ein gutes, frisches noch nicht gebrauchtes Cactus-Blatt gelegt, die dann im Monat Juni oder Juli besät wer- den und die Saat- Cochenille für October liefern. In denselben Magazinen und auf ähnliche Art beAvahrt man die Cochenille, die zum Besäen im Juli be- stimmt ist. Diese Schauer haben Vorhänge von starker Manta die bis 1% varas zur Erde reichen und Avährend der Regenzeit geAvöhnlich niedergelassen sind und vor dem Regen und schädlichen Insecten schützen, bei klarer Witterung dagegen auf- gezogen werden. Man hat noch eine andere Art die lebende Cochenille zu beAvahren, die man vorzüglich in der Antigua gebraucht, indem man über eine jede Reihe guten No pal es ein etAva 1 vara breites Strohdach, auf Pfählen ruhend, bauet. Das Dach liegt schräg und nach der Seite woher geAvöhnlich die perio- dischen Regen kommen niedriger, so dass die gesäete Cochenille keinen Schaden leiden kann. Die Cochenille bleibt aber längere Zeit am Blatte bis sie zur Reife kommt, auch ist diese Art Tapados kostspieliger und mehr den starken Ungewittern ausgesetzt, Avodurch sie oft ganz zerstört werden. Ausser den heftigen Platzregen, Hagel und starken Winden hat die Coche- nille noch viele andere Feinde, die man im Anfänge der Cultur nicht bemerkte. Unter den verschiedenen Insecten, die ihr schaden, zeichnet sich besonders eine Art Wespe aus, Avelche sich gewöhnlich mein- in den alten Plantagen vorfindet Diese legt ihre Eier in die Mitte der Colonien von Cochenille, woraus denn in kurzer Zeit ein kleiner rauhaariger Wurm entsteht, der, wird er nicht baldgetödtet in ein paar Tagen alle sich auf dem Blatte befindende Cochenille verschlingt und sich zur Lar\re venvandelt, Avoraus Avieder eine Wespe entsteht. Zumal in Ama- titan im Anfänge jeder Säezeit und in den Magazinen muss man fortAvährend 125 Sorge tragen und Leute halten, welche diesen unersättlichen Wurm auf einen Dorn spiessen und jeden Abend ihrem Herrn Rechnung ablegen, wie viel sie gemordet haben. Ich habe ganze No pale gesehen, die aus Nachlässigkeit in acht Tagen durch diesen Wurm ihrer Erndte beraubt worden waren; • — es ist wirklich erstaunend mit welcher Schnelligkeit und welche Quantität er verschluckt, ohne besonders zu wachsen. Die Cultur der Cochenille beschäftigt eine grosse Menge Menschen, jung und alt, männlichen und weiblichen Geschlechts und gerade vorzüglich zur trockenen Jahreszeit, wo sie keinen Feldbau betreiben können. Die Instrumente, die man dazu gebraucht, bestehen nur aus einen Pflug, von Ochsen gezogen, der nach Robinson Crusoe’s Modell gemacht zu sein scheint, und kaum die Erde 6 bis 8 Zoll nach drei- oder viermaligem Pflügen um wirft. Eggen kennt man nicht, die Erde wird mit „Asadones“ egal gemacht und die Gras-Ballen etc. abgesucht, dann wird ein kleiner Graben nach der Schnur ge- zogen , gerade tief genug damit das £ Penea ) Cactus-Blatt gehörig hinein ge- pflanzt werden kann. Zu allen anderen Feldarbeiten, Reinigen etc. gebraucht man entweder die Machete oder Asadon. Die Nopale von Penea amarilla, die zurBesäung im Januar bestimmt sind, bleiben nach der Erndte bis zum Monat August ruhen, man muss aber dann alle Blätter bis auf eine gewisse Höhe abschneiden, was man mit gut geschliffenen 12 zölligen Messern thut, damit die jungen Blätter hervortreiben, und diese dann weder zu jung noch zu alt sind um die Saat aufzunehmen; diese Operation nennt man P o d a s. Wenn man dieses Leuten anvertraut, die es nicht verstehen, verdirbt man sehr leicht den ganzen Nopal und bekommt wenig gute Blätter. Die Blätter der Costena pflegt man bei der Erndte abzuschneiden, weil damit keine Gefahr ist, dass sie überreif werden. Ein guter Pflanzer hat alle seine zur Erndte nöthi- gen Sachen im Voraus bereit, damit seine Aufmerksamkeit zur Säe- und Erndte- Zeit nicht abgeleitet wird. Hierzu gehört die nöthige Anzahl Körbe, mit Papier oder dünnem Zeuge ausgeklebt, auch muss er dabei zu gleicher Zeit auf die genaueste Oekonomie sehen. Ueberhaupt scheint die Cultur der Cochenille noch vieler Verbesserungen fähig, welche ein Pflanzer nur durch genaue Beobachtungen und verbesserte Feldarbeiten erreichen kann. Erfahrung ist übrigens, wie bei allen Sachen, auch hierin der beste Lehrmeister. 126 Im Jahre 1830 wurden exportirt 385 Säcke n n 1831 * „ 1,120 r> n 1832 r> n 779 n n 1833 n 77 1,420 „ » n 1834 n n 1,368 77 „ „ 1835 77 n 3,514 77 n V 1836 » tj 3,237 77 „ 1837 fl 77 3,746 77 „ 1838 >y r, 4,583 77 n n 1839 77 77 5,587 ri - n 1840 yy 77 5,270 » „ 1841 77 77 6,048 77 „ n 1842 77 77 3;670 77 n 1843 bis 22. Juli „ 3,613 77 Zusammen (von 150 & Netto) 44,340 Säcke. Gell. Rath Lichte nste in aus Berlin machte sodann einige Mittheilungen über die während Cook’s zweiter Weltumsegelung begonnenen und später ver- schiedentlich wieder aufgenommenen Arbeiten der beiden Förster über die wäh- rend jener Reise beobachteten Thiere. Die nach dem Tode J. R. Försters nach Berlin gelangten Papiere seien erst 1810 wieder an’s Licht gezogen, während ein Theil der dazu gehörigen Abbildungen noch lange nachher in England ge- blieben. Die zoologische Abtheilung der in Berlin vorhandenen Papiere sei von ihm neuerdings geordnet und durch den Druck veröffentlicht worden. Hierauf theilte Herr Professor Behn aus Kiel seine Entdeckung eines bis dahin nicht beachteten Befestigungsapparates des Rückenmarkes mit. — * Diese von ihm ligamenta s pondylo-meningea genannten Bänder erstrecken sich längs der ganzen Wirbelsäule von den Seiten des ligamentum longitudinale i n t e r n u m zum Sack der dura mater des Rückenmarkes. Herr Dr. Ziegler aus Hannover vertheilte dann einige Exemplare seines Werkes über den Embryo und die Brunst der Rehe und fügte die Bemerkung hinzu, dass er bei seinen fortgesetzten diesjährigen Untersuchungen die Beobach- tung Bischoff’s über die periodische Loslösung der Eier aus den Graaf 'sehen 127 Bläschen ohne fruchtbare Begattung bestätigt gelunden habe, woran sich eine kurze Discussion zwischen Professor E schl icht, Dr. Ziegler, Professor Michaelis und Professor Belm über die Natur und Bedeutung der corpora lutea schloss. Herr Dr. von dem Busch aus Bremen legte einige Hefte der neuen Ausgabe von Chemnitz „ C o n c h y I i e n - C a b i n e t “ vor und zeigte einige seltene Conchylien. So das vonLea neugebildete Genus Schizostoma, welches sich in den süssen Wassern des Staates Alabama findet, wo 4 — 5 Species des- selben unterschieden sind. Es verhält sich wegen des eigenthümlichen Einschnittes am rechten Mundrande zu Melania und Ancu latus, wie sich unter den Meer- conchylien das Genus Pleurotoma zu Fusus und Pyrula verhält. Durch dieses neue Genus wird die Aehnlichkeit, welche so oft zwischen den im Meere lebenden und den Schalthieren des süssen Wassers gefunden wird, neuerdings bestätigt. Ferner wurden einige Species von Melania und Unio vorgezeigt; unter letzteren der Unio spinosus, der ebenfalls Aehnlichkeit mit einem Meer- conchyl der Cytherea Dione hat und der Unio Nicklianus, den Lea als aus China kommend angiebt, der aber in den Lagunen bei Tampico gefunden wurde. Dann zeigte noch Herr Consul Grüner aus Bremen einige seltene und schöne Conchylien seiner ausgezeichneten Sammlung, darunter die Scalaria magnifica, die in keiner anderen Sammlung existirt. Dr itte Sitzung am 23. September 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Professor D’ Alton aus Halle. Secretair: Dr. Hartlaub aus Bremen. Die heutige Sitzung wurde eröffnet mit einem Vorträge des Herrn Medi- cinalrath Dr. Tourtual aus Münster. 128 Ueber die Zusammensetzung der Nasenscheidewand im Menschen und den Säugethieren. Nach einer vorläufigen Auseinandersetzung der Lage der die Nasenschei- dewand constituirenden Theile beschreibt der Vortragende zunächst die cartilago quadr angularis, welche auch bei den Säugethieren beständig vorkommt, wie durch vorgezeigte Präparate nachgewiesen wurde. Dieser Knorpel ist nicht fest mit dem vorne r verbunden, sondern steckt locker zwischen den Blättern dieses Knochens. ■ — Das Loch zwischen der Schaufel des vom er und dem Zapfen des os occipitis bildet den Zugang zu der Spalte zwischen den Blättern des Pflugschaarbeines, und führt in zwei seitwärts neben einander liegende Canäle, welche in die Spalte des vom er übertreten. Hier nimmt ein Venennetz die Blut- adern des Pflugschaarknorpels auf, welches sich gegen das Gewölbe des Schlund- kopfes heraufzieht. Der vordere untere Theil des vom er- Knorpels bleibt lebenslänglich in einem knorpeligen Zustande, während der übrige Theil sich mit einer knöchernen Schale überzieht. Die Pflugschaar selbst ist daher eine knöcherne Bedeckung des vom er -Knorpels. Das foramen vomeri ist dabei constant um so weiter, je jünger das Individuum ist, und verschliesst sich gegen das Greisenalter völlig, wodurch die zu und rückführenden Gefässe jenes Knorpels obliteriren und derselbe atrophisch werden muss. In der That ist derselbe nur in höchst seltenen Fällen noch nach dem 70. Lebensjahre aufzufinden. — Der vom er -Knorpel gehört folglich zu den verschwindenden Knorpeln. • — Professor D’ Alton aus Halle machte bei dieser Gelegenheit auf die Aehn- lichkeit des v o m e r - Knorpels beim Foetus mit dem des Wallfisches auf- merksam. Professor Esch rieht aus Kopenhagen bemerkte zu obiger Mittheilung, dass die genaueren Untersuchungen über die Nerven und Blutgefässe dieses Knorpel - Gebildes um so willkommner sein müssten, indem es zufolge den Untersuchungen von ihm selbst an Wallfischembiyonen, von Jacobson, über das knorpelige Urcranium der Säugethiere, und von Rathke, über die Entwicke- lung des Schädels überhaupt ■ — ■ als ein Ueberbleibsel des ursprünglichen knorp- ligen Kopfgerüstes zu betrachten sei, um welches herum sich die bleibende Pflug- schaar in der Form einer zusammengedrückten Halbröhre bilde. Er bemerkte, dass so wie an den Wallfischen die Entwickelung dieser Theile überhaupt aus- serordentlich leicht zu beobachten sei, indem sie sehr langsam vor sich gehe, imd 129 selbst bei sehr grossen Individuen noch lange nicht vollendet sei, so Hesse sich auch an jedem AVallfischkopfe leicht erkennen, dass der innere knorpelige Theil der Pflugschaar (der die Dicke von einem und die Länge von 15 Fuss erreichen kann) von der knöchernen Pflugschaar durch eine sehr dicke gefässreiclie Haut getrennt sei, diese also keinesweges durch dessen Verknöcherung gebildet werde, sondern sich zu ihm verhalte, wie die knöchernen Wirbelkörper zu der Rücken- saite. Ein ähnliches Verhältniss, meinte Prof. Esch rieht, fände zwischen dem Unterkiefer und dem processus Meckelii statt und auch zwischen den paarigen Schädelknochen und gewissen vergänglichen Knorpelflügeln, die von der knorpe- ligen Grundlage der Schädelbasis ausgehen. Dr. C. H. Sch midt aus Bremen zeigte hierauf 1) eine blindgeborene Chlamys fimbriata aus Columbien, — • 2) ein in der Begattung begriffenes Paar von Stronggylus arm atu s, • — 3) ein Stück eines injicirten Band- wurmes, an welchem deutlich ein von oben nach unten verlaufendes Gefäss mit einer Queer Verbindung jn jedem Gliede zu unterscheiden ist. • — 4) Raupen von Bombyx di spar, in denen sich zahlreiche Filarien zwischen den Integumenten des Darmes finden. Professor Michaelis aus Kiel zeigte ein deformes Becken vor, welches ihm von Herrn Dr. Kirchhoffer in Altona zugesandt war. Die Missbildung hatte bei einer 24 jährigen Person die Operation des Kaiserschnittes nothwendig gemacht, und es bestand dieselbe in einer Verwachsung der Synchondrosen beider Seiten. Professor Michaelis machte auf die interessante Frage aufmerksam, ob hier die Suturen durch die foramina sacrales gegangen seien, und ob eine bestimmte Krankheit diese Veränderung hervorgebracht habe. — Prof. D’ Al ton aus Halle sprach die Ansicht aus, dass eine ursprüngliche mangelhafte Bildung des Kreuzbeines die Ursache solcher Missbildungen sein müsse. • — * Gypsabgüsse dieses Beckens sind durch Vermittelung des Herrn Dr. Kirchhoffer in Altona zu bekommen. — ^ Professor Burmeister aus Halle hielt demnächst einen Vortrag: Ueber die Mundbildung der Läuse. Der Saugapparat derselben war bisher noch ungenügend bekannt. • — • Der Redner verbreitete sich zuvor über die Verschiedenheiten der Tliiere, welche 17 II. Abtheil. 130 gewöhnlich Lause genannt werden, im Allgemeinen, erinnerte an die Unterschiede der heissenden und saugenden lausartigen Parasiten, und bemerkte über die ersteren , dass Nitzsch in Halle, sein seel. Vorgänger, nachge- wiesen habe, dass solche heissenden Läuse Federn oder Haare frässen. Auf den Vögeln giebt es nur heissende Läuse, auf Säugethieren aber zugleich heis- sende und saugende. Die letzteren, um deren Mundbildung es sich hier han- delt, bilden die alte Gattung Pediculus, von der gegenwärtig nur etwa 25- — 30 Arten bekannt sind; • — sie verbreiten sich über alle Säugethierabtheilungen, mit Ausnahme der Fledermäuse und Wallüsche, von denen man noch keine ächte Laus kennen gelernt hat. Ihre Mundbildung betreffend, so ist der äussere, einschiebbare, mit Haken am Ende besetzte Apparat schon von Swam- m er dämm und Nitzsch richtig beschrieben worden. Der innere verletzende Stachel dagegen, den S wammer dämm für einfach hielt, während Nitzsch vermuthete, dass er aus 2 Borsten bestehe, ist aus 3 Theilen zusammengesetzt: einer hornigen Halbrinne , worin der Stachel liegt ; einer äussern zweiklappigen Scheide, die am Grunde mit den divergirenden Schenkeln der Halbrinne innig verbunden ist und nur zugleich mit ihr bewegt wird; und einem inneren feinen Rohr, das aus der Scheide wie ein Glied des Fernrohrs aus dem anderen hervorgeschoben werden kann. Mit diesem inneren Rohr öffnet die Laus die Blutgefässe, aus denen sie ihre Nahrung einsaugt. Der Durchmesser des Kanales beträgt bei der Laus des Schweines, der grössten Art, welche man kennt, 0,003 eines Pariser Zolls. Demnach ist die kürzlich geäusserte Ansicht, dass auch die Pediculi mit heissenden Mundtheilen versehen seien, als falsch zu verwerfen. Professor Belm aus Kiel legte dann der Versammlung eine Abbildung des Eies einer gesunden, zum erstenmale schwangeren Frau vor, welches so voll- kommen in die decidua eingesackt war, dass nur ein kleiner Theil mit reichen Flocken hervorragte. Derselbe bemerkte dabei, es sei ihm mehrmals gelungen, sehr zerrissene Deciduen ganz zusammenzuflicken, und dann habe er das Ei nicht an der Mündung der tuba, wie man es jetzt oft darstelle, sondern an der Fläche des uterus eingesackt gefunden. Derselbe zeigte darauf der Versammlung einige Abbildungen über eine seines Wissens bisher noch nicht beobachtete menschliche Missbildung vor. Es fehlte derselben ein Bein und ein Arm, beide an derselben Seite, während beide Extremitäten der andern Seite vollkommen entwickelt sind. Zu gleicher Zeit ist ein Nabelbruch und Spina bifida vorhanden. 131 Derselbe machte darauf der Versammlung eine Mittheilung über das Un- genügende der bisher in der Classification der Mollusken bei Bildung der genera benutzten Abtheilungsgründe. Kennzeichen, die nur von der Schaale entlehnt sind, seien ungenügend und es sei irrig, dass das Thier nicht genügende Kenn- zeichen biete. Er machte darauf auf noch nicht benutzte Abtheilungsgründe der Lungenschnecken aufmerksam, z. B. auf den Fuss derselben. Arion krieche auf der ganzen Sohle, Limax nur auf dem mittleren Theile derselben. Eine neue Species, Limax typus Behn, sei ganz schwarz, jener mittlere Tlieil aber weiss; sie sei von Nilsson (Mollusca suecica} als eine Varietät von Arion Empiricorum aufgeführt, sei aber ein wahrer Limax und in dichten feuchten Buchenwäldern häufig. Ein zweiter, zu wenig beachteter Punkt seien die Liebespfeile der Helices. Dieselben seien nicht bei allen einheimischen Helixarten vorhanden und bei denen, die sie besässen, sehr verschieden geformt, z. B. bei Helix nemoralis und liortensis, die Anton in Halle zu einer Species vereinige. Der Versammlung wurde eine Anzahl solcher Liebespfeile darunter auch einige von ausländischen Schnecken, vorgelegt. - — • Ein dritter, wich- tiger Punkt seien die Zähne ; auch über die verschiedene Bildung derselben bei einheimischen Lungenschnecken wurden Präparate vorgezeigt. — Ein vierter ungleich mehr berücksichtigter Punkt seien die Fühler, aber auch hier sei noch Manches unbeachtet. Er zeigte darauf Thier und Schaale einer mexicanischen Schnecke vor, die, der Schaale nach, der Abtheilung Achatina Lam. und Glan di na der neueren Conchyliologen angehört. Das Thier ist zahnlos, hat ausser den vier zurückziehbaren Fühlern, die an ihrer Spitze wie geknickt sind noch zwei ungleich stärkere, dem Munde näher stehende, hörnerförmig gebogene, nicht zurückziehbare Fühler. Ein ähnliches Thier hat Say in der Description of the Land and fresh wate/' Shells of the United States in Nichol- son’ s Encyclopädia von seinem fälschlich so genannten Polyphemus glans beschrieben; er nennt die nicht zurückziehbaren. Fühler, verlängerte Lippen. . Sollte diese Thierform ein neues Genus begründen müssen, so schlägt Professor Behn für dasselbe, zu Ehren des Conferenzraths Pfaff in Kiel, den Namen Pfaffia vor. Professor Behn hielt darauf einen Vortrag über seine Untersuchungen der knöchernen Augenringe der Vögel. Es ist bekannt, dass die Zahl der Knochenplatten, welche denselben zusammensetzen, nicht ganz gleich ist, indess ist 15 die gewöhnliche Zahl. Viel grösser sind aber die Unterschiede, welche sich in der Lagerung der Platten zeigen. Die meisten Platten liegen zwar Dach- 17 * 132 ziegelartig, d. h. die eine Seite auf, die andere unter der nächsten; indess ist Prof. Behn noch kein Augenring (auch nicht bei Amphibien) vorgekommen, wo alle Platten eine solche Lagerung haben. Immer findet sich wenigstens eine Platte, welche mit ihren beiden Seiten auf den Nachbaren liegt und dem ent- sprechend wenigstens auch eine, die beide Seiten unter den anliegenden hat. Oft aber findet sich diese Erscheinung 2 oder 3 mal. * — Die Anordnung dieser soge- nannten obern und untern Platten zu den sogenannten Ziegelplatten giebt begreif- licher Weise Gelegenheit zu unzähligen Abänderungen. • — • Behn bezeichnet die Ringe, je nachdem in denselben eine Platte oben und eine unten oder zwei oder drei oben und unten liegen, als einreihige, zweireihige und dreireihige Ringe (mehr hat er bisher noch nicht beobachtet.) Um diese Abweichungen einfach und übersichtlich zu bezeichnen, bedient er sich einer Formel; er setzt nämlich die Zahl der obern Platten über die der Ziegelplatten auf, und die der unteren, unter einen Strich. Er beginnt mit einer oberen Platte und zählt nach der Seite, wo die meisten Ziegelplatten liegen. * — Die zuerst bezeichnete Platte pflegt er dem Ende der Formel wieder anzuhängen, sie aber einzuklammern, um zu zeigen, dass sie nicht mitgezählt werden müsse. • — Der Augenring des Genus FalcoL. ist einreihig; von F. buteo vulgaris lautet er -8T5(i)=15. * — * Der Augenring des Genus Larus (der sich sehr leicht untersuchen lässt,) ist, so wie der vieler anderen Geschlechter, zweireihig; er lautet bei den meisten Arten des Genus Larus x4tix3t3(-) = 15. — Dreireihige Ringe scheinen sehr selten vorzu- kommen und sind vielleicht nur Folge von Missbildungen, die natürlich auch hier sich finden. Bei Phoenicopterus ruber fand Behn -3t3-ito-ito(IJ = 14. • — Prof. Behn bat die Versammlung, der er eine grosse Zahl solcher Augenringe vorlegte, ihm durch Mittheilung der Augenringe ausländischer und seltener Vögel zur Fortsetzung dieser Untersuchung behülflich zu sein. Professor Behn zeigte der Versammlung ein junges Exemplar des seltenen Crocodilus intermedius Gray. (C. Journei. Borj de St. Vincent ) vor. Dasselbe stammt aus Afrika. Endlich zeigte derselbe der Versammlung zwei mexicanische Fledermäuse, welche der Flügelbildung nach mit dem Geoffroy’ sehen Genus Cephalotes (Hypod erma. Quoy und Gaimard.) übereinstimmen, aber im Uebrigen z. B. durch das Vaterland in der neuen Welt, und zackige Zähne sehr abweichen. Dieselben werden ausführlicher beschrieben werden. 133 Herr Dr. C. H. Schmidt aus Bremen zeigte eine mit Taback ver- packte Limax-Art aus Nordamerika vor, welche sich sehr gut erhalten hatte, und knüpfte daran Vorschläge, die conservirende Kraft des Tabacks auch ander- weitig zur Erhaltung von Naturalien zu benutzen. Auch fügte derselbe einige Worte über die antiseptische Kraft des Zuckers bei. Herr Brandt aus Hamburg legte einige seltene Vögel vom Altai vor und Dr. von Tschudi eine höchst merkwürdige neue Gattung von Landeonchylien, welche von ihm aus Peru mitgebracht war. Zoologische Besprechungen über verschiedene der zuletzt erwähnten Thiere bildeten den Schluss dieser Sitzung und zugleich der Versammlungen der ver- einigten Sectionen für Zoologie und für Anatomie und Physiologie. 134 VI. Section für Medicin und Chirurgie. Mittwoch den 18. September 1844. Bfach beendigter allgemeiner Versammlung und der Aufforderung des zweiten Geschäftsführers zur Bildung der Sectionen, versammelten sich die Mitglieder der oben bezeichneten Section unter dem Geleite des Dr. med. C. H. Schmidt aus Bremen in dem für dieselbe bestimmten Locale, Börse No. 2. Dr. Schmidt sprach hier einige Worte über die Zwecke der Section, veranlasste dieselbe zur Wahl eines Präsidenten und eines Secretairs, und die Vortragenden Mitglieder zur Anmeldung ihrer Vorträge. Wie in den frühem Versammlungen vereinigte man sich sehr bald dahin, dass das Präsidium täglich wechseln, das Secretariat aber permanent bleiben solle. Zum Vorsitzenden des folgenden Tages wählte man Dr. Chaufepie sen. aus Hamburg und zum Secretair für die ganze Versammlungszeit Dr. Mansfeld aus Braunschweig. Zu Vorträgen für die folgenden Tage meldeten sich : 1) Professor Michaelis aus Kiel, über Symphysiotomie. 2) Dr. Flügge aus Hannover; über die physiologische Wirkung des Seebades und den therapeutischen Einfluss gymnastischer Uebungen während desselben. 3) Dr. Erpenbeck aus Leer; über einige von ihm erfundene Mittel zur Präservation gegen die Schädlichkeit des Athmens in vergifteten oder verpesteten Räumen. 135 43 Dr. Chaufepie sen. aus Hamburg; über Radesyge. 53 Professor Ruete aus Göttingen; über ein von ihm erfundenes Oph- thalmotrop. 63 Dr. Tölken aus Bremen; über einige anatomisch - pathologische Präparate. 73 Dr. Lo reut aus Bremen; über einen grossen Harnstein. 83 Dr. Bark haus eil aus Bremen; über die Mortalität der Kinder aus innern Ursachen. 93 Dr. Wolff aus Berlin; über eine neue Methode zur Behandlung gewisser Ohrenkrankheiten. Wegen bereits vorgeschrittener Zeit wurden die Verhandlungen bis zum andern Tage ausgesetzt und die Mitglieder ersucht, sich pünktlich einstellen zu wollen. Erste Sitzung Donnerstag, den 19. September 1844. Vormittags von 11 bis 2 Uhr. Präsident: Dr. Chaufepie sen. aus Hamburg. S e c r e t a i r : Dr. 31 a 11 s f e 1 d aus Braunschweig. Der zweite Geschäftsführer, Dr. Focke, meldete folgende für die Section eingegangene Schriften an und empfahl deren zweckmässigste Vertheilung nach dem Wunsche ihrer Verfasser: 13 Dr. Heidenreich; die Verkehrtheit in der Erziehung und Bildung der weiblichen Jugend. 2te verbesserte Auflage. Ansbach. 1844. 60 S. 8. 23 Dr. H. A. Peez; Bemerkungen über die Thermen zu Wiesbaden, oder kleine Beiträge zur Pathologie, Diagnostik und Therapie nicht genug beach- teter Zustände und ihrem Verhältnisse zu den Heilquellen. Wiesbaden. 1844. 19 S. 8. 33 Dr. Christian Weigl ein; diätetische Fragmente für Aerzte und gebildete Laien. Gr ätz 1842. 108 S. 8. 43 Dr. A. Müliry; über die historische Unwandelbarkeit der Natur und der Krankheiten. Hannover 1844. 50 S. 8. Secretair Dr. Mansfeld versprach, in einer der nächsten Versammlungen über den Inhalt dieser Schriften referiren zu wollen. 136 Der Präsident sprach den Wunsch aus, dass die Vorträge kurz, ein jeder nicht länger als zehn Minuten dauern und die Discussionen um ein Uhr gehalten werden möchten. Auch wurde auf den Vorschlag des Professors Michaelis aus Kiel eine geburtshülfliche Section gebildet, deren Versammlung für jeden Tag um ein Uhr anberaumt und der Vorschlagende zum Vorsitzer derselben bestimmt. Dr. Ewald Dietrich aus Leipzig sprach über die Weintraubenkur, den chemischen Gehalt der verschiedenen Trauben und über die Wirkung derselben auf den menschlichen Körper. Professor Michaelis handelte über Symphysiotomie , besonders wie man sie aus der Vergessenheit in den Fällen durchaus wieder hervorrufen müsse, wo keine andere Operation ihre Stelle zu vertreten vermöge. Dieser Fall sei der, wo eine allgemeine Beckenverengerung stattfinde. Nach dem Einschnitte betrage die Entfernung der beiden Ossa pubis höchstens einen Zoll und dann sei Alles zur Geburtsvollendung der Natur zu überlassen. Das vor Zeiten gefürchtete Nichtheilen der getrennten Symphyse sei jetzt weniger zu befürchten, da die sub- cutanen Durchschneidungen ganz das Gegentheil bewiesen haben. Sanitätsrath Dr. Flügge aus Hannover sprach über die physiologische Wirkung des Seebades und den therapeutischen Einfluss gymnastischer Uebungen während desselben. Die Erklärungen der bisherigen Autoren über die nächste primaire Wir- kung der Seebäder bestehen nur in einer Aufzählung einzelner Symptome, die sich während des Gebrauchs eines Seebades zeigen oder in der Angabe secundairer Erscheinungen, die nach den verschiedenen Individualitäten in sehr mannigfaltiger Gestalt auftreten können. Nach der Ansicht des Redners besteht die eigentliche physiologische Wirkung des Seebades in einer directen Potenzirung der gesamm- ten Nerventhätigkeit und wird vorzugsweise dadurch eine erhöhte Intensität des ganzen vegetativen Processes im Organismus bedingt. Während des Seebades werde gewissermaassen das electrische Wechsel- verhältniss zwischen dem menschlichen Körper und der Atmosphäre unterbrochen und gleichsam eine andere Kette auf einige Augenblicke mit dem Meerwasser geschlossen. Der Wellenschlag bewirke ein wiederholtes Oeffnen und Schliessen dieser Kette, daher die kräftigen Wirkungen desselben. Auf die (Kapillarität aber, als Sitz des galvanisch-physiologischen Processes des organischen Lebens, wirke das kalte Seebad zunächst. Wenn diese bis zu einem gewissen Grade abgekühlt wird, so cessire der Process auf Augenblicke, um danach mit erneuter Kraft wieder hervorzutreten. Das seien die dynamischen Erscheinungen. Die potenzirte 137 Vegetation entstehe auf folgende Weise: An einer durch äussere Mittel abgekühlten Stelle des lebenden menschlichen Körpers tritt ein rascherer Stoffwechsel ein; dadurch wird indirect die Lebenskraft in sämmtlichen inneren Gebilden erhöht — • tritt die Abkühlung auf der ganzen Oberfläche des menschlichen Körpers ein, so sammelt sich die vitale Reaction , die Lebenskraft im Innern um so mehr. Hat sich die Temperatur der Haut aber wieder mit der Atmosphäre und den innern Körpertheilen ins Gleichgewicht gesetzt, dann wird auch die relativ erhöhte Energie der inneren Gebilde wieder vermindert und dann tritt in diesen ein rascherer Stoff- wechsel und damit eine erhöhte Wärmeentwickelung ein. Der sinnlichen Wahr- nehmung macht sich dies durch äussere Erscheinungen bemerkbar. Unmittelbar nach dem Bade, bei ganz abgekühlter Haut, fühlt man die durch den raschen Stoffwechsel bedingte behagliche Wärme, oft sogar eine glühende Hitze über die ganze Oberfläche des Körpers verbreitet; ist die Haut wieder Avarm geworden, dann fühlt man das eigenthümliche innere Wohlbehagen, die innere Wärme. So lange der grössere Stoffwechsel Avährend dieses Wechselverhältnisses fortdauert, Avird ein grösseres Maass von Lebenskraft zu mechanischen Aeusserungen dis- ponibel gemacht. Eine methodisch geübte Steigerung dieser mechanischen Actionen erhöht aber diesen Process, und das Bedürfniss nach vollständiger Ausgleichung im organischen GleichgeAvichte kann nur durch Schlaf und vermehrte Zufuhr von Nahrungsmitteln befriedigt Averden. Beides im Seebade. Bei einem so künstlich gesteigerten Stoffwechsel werden alle, selbst die indifferentesten Theile des Or- ganismus durchdrungen und daher der therapeutische Nutzen in den verschiedenen Arten körperlicher Deformitäten. Alle Kinder mit leichten Verbiegungen der Wirbelsäule, erhöhten Schultern und anderen Abnormitäten der Art wurden durch einen sorgfältig geleiteten und individualisirten gymnastischen Unterricht alle, — • über 100 Fälle seiner Erfahrung — während des Gebrauchs von Seebädern geheilt. Seit vier Jahren habe er seine gymnastische Anstalt in Norderney - — • die erste in einem Seebade — errichtet und so erfreuliche, empfehlensAverthe Resultate erlangt. Dr. Erpenbeck aus Leer zeigte die von ihm erfundenen Apparate zur Praeservation gegen die Schädlichkeit des Athmens in vergifteten und verpesteten Räumen und explicirte die Art ihrer Anwendung. Die bisher gebräuchlichen und bekannten Schutzmittel, deren der Vortragende mehrere nannte, seien nicht immer die sichersten geAvesen. Dr. M ans fei d forderte zur Mittheilung von Erfahrungen über die An- Avendung der Magnet-Elektricität, namentlich des ReiPschen Rotations- Apparats, II. Abtheil. 18 138 in den verschiedenen Krankheiten, auf. Er selbst habe in physischen Krankheits- zuständen mit dem Character der Depression ganz ausgezeichnete Erfolge davon in der Braunschweiger Irren - Anstalt gesehen, und in Specie einen Mann mit Melancholia attonita, der Jahrelang den Seinigen als unheilbar zur Last gelegen, so vollkommen dadurch hergestellt, dass keine Spur seines Leidens zu- rückgeblieben sei, und er seiner gewohnten Landarbeit wieder zurückgegeben werden konnte. Noch andere eben so glücklich verlaufene Fälle werde er bei Gelegenheit zu veröffentlichen nicht versäumen. Hofrath Holscher aus Hannover warnte vor dem un zeitigen Gebrauche dieses äusserst kräftigen dynamischen Mittels , vorzüglich bei noch irgend vorwal- tenden entzündlichen Zuständen. Er nannte im Allgemeinen die Fälle seiner An- wendung und wo er selbst den guten Erfolg gesehen, z. B. wo gutartige Ge- schwülste zu zertheilen waren. Professor Ruete aus Göttingen rieth zu der- selben Vorsicht und erwähnte einige Krankheitszustände, wo kein anderes Mittel an sicherer Wirksamkeit der Magnet- Electricität gleich komme. In Beziehung auf den Apparat selbst machte er die Bemerkung, dass die meisten bisher ge- bräuchlichen keinen Gyrotrop besässen, der zum sichern Gebrauch so durchaus erforderlich sei. Dr. Oppenheim aus Hamburg fragte, unter welche Kathegorie dieje- nigen Geschwülste gehörten, welche Hölscher durch Magnet- Electricität zu zertheilen hoffte, worauf dieser die gutartigen Verhärtungen in weiblichen Brüsten, Scrophelgesch wülste am Halse, Strumen u. s. av. nannte. Dr. Hahn aus Hannover erwähnte ebenfalls die gelungene Heilung eines Tumor cysticus auf dem Kopfe durch dasselbe Mittel. Oppenheim sah die Anwendung desselben bei Hydrops ovarii er- folglos. Dieser Gegenstand beschäftigte noch Mehrere der Anwesenden und gab zugleich die Veranlassung, den Unterschied des wahren Hydrops ovarii von ähnlich scheinenden, durch Hydatidengeschwülste verursachten Desorganisationen zu besprechen und festzustellen. Die Frage Oppenheims, ob Einsprützungen bei Hydrops ovarii nützlich sein können, oder man die Operation stets vornehmen müsse, wurde von Professor Michaelis dahin beantwortet, dass wo Injectionen die Heilung herbei- geführt hätten, auch wahrscheinlich kein Hydrops ovarii Statt gefunden habe. Als zu denjenigen Wasseransammlungen gehörend, deren Beseitigung durch Magnet -Electricität bewerkstelligt werden könne, gab er besonders Hydrops 130 genu an, in einem geringem Maassstabe sei dies bei den Hydrocelen der Fall. In Betreff des Hydrops ovarii könnten die Injectionen nur bei hydatidösen Geschwülsten, guten Erfolg haben; bei dem Hydrops, vom eigentlichen Organe selbst ausgehend, sei die Heilung allein durch die Operation zu versuchen. Michaelis sprach noch von einer angebornen Hydatidengeschwulst der Ovarien und Dr. Schober aus Vlotho über eine von ihm beseitigte Lähmung des Nervus facialis durch Magnet- Electricität, die er als ein sehr wirksames Reizmittel hervorhob. Dr. ßarkh ausen aus Bremen forderte in seinem und Namens seiner übrigen Collegen, die Mitglieder dieser Section zum Besuche des Krankenhauses für Nachmittags 5 Uhr, auf. Zu ferneren Vorträgen meldeten sich: Hofrath Holscher, über einige Pathologica. Dr. Schütte aus Bremen, über einen Fall von Defectus irdis, und Dr. Foc ke aus Bremen, die Vorzeigung einiger magnet - electrischen Apparate. Zum Vorsitzenden für die morgende Versammlung ward Geheime Medi- cinalrath Dr. von Ammon aus Dresden gewählt. Zweite Sitzung am 20. September 1844. Vormittags von 11 bis 2 Uhr. Präsident: Geh. Medicinalrath Dr. von Ammon aus Dresden. Secretair: Dr. Mansfeld aus Braunschweig. Der Präsident machte die Mittheilung, dass eine Liste zur Unterschrift für die Festfahrt nach Bremerhaven eingegangen sei, und die Anwesenden sich unterzeichnen möchten. Dr. Focke machte die Anzeige , dass ein Etui mit geburtshülflichen In- strumenten von Leisnig in Würzburg eingeschickt sei, worauf Dr. Tölken ersucht wurde, darüber in der geburtshüflichen Section referiren zu wollen. In Betreff des von dem Präsidenten von Ammon erwähnten Beschlusses der vorjährigen Grätzer Versammlung, dass jede bei der Versammlung betheiligte 18 * 140 Wissenschaft einen Referenten aufstellen möge, der über das im verflossenen Jahre neu Erstandene ein ►Summarium liefern solle, war jedoch die medicinisch- chirurgische Section der Meinung, dass dies für ihre Wissenschaften schon jedes Jahr so verschiedentlich und in grösster Ausführung geschehen sei, und sie daher von diesem gewiss sehr vortheilhaften Vorschläge für sich aus diesem Grunde keinen Gebrauch machen könne. Dr. Focke sprach über Electromagnetismus und die früheren unbequemen Apparate, denselben anzuwenden, zeigte einen kleinen und einfach construirten Apparat, beschrieb dessen Zusammensetzung, die Art, wie er beliebige Wirk- samkeit hervorzubringen vermöge etc. Ein gleiches geschah von Professor Ruete. Dr. Chaufepie sen. aus Hamburg hielt einen Vortrag über die Rade- syge, die er bei seinem Aufenthalte in Christianien , während der Versammlung der scandinavischen Naturforscher und Aerzte, in mehreren Formen zu sehen Gelegenheit gehabt, und über welche er durch Dr. Daniel ssen schriftliche und bildliche Mittheilungen erhalten hatte. Diese Nachrichten müsse der Redner für um so gehaltreicher ausgeben, als Daniel ssen durch eine fünfjährige Praxis im St. Georg’s-IIospital zu Bergen, die Ra de sy ge in allen ihren Formen kennen zu lernen, hinreichende Gelegenheit gehabt habe. „Die Speclalskhed ist der eigentliche nordische Aussatz; die Elephan- tiasis graecorum, die Lepra der Alten, die schon seit Moses Zeiten besteht und von der man schon in alten Urkunden Spuren findet, dass sie in Norwegen und Irland vor 1000 Jahren geherrscht hat. Im Mittelalter wüthete sie dermaassen in Norwegen, dass viele Hospitäler errichtet wurden, um die Kranken abzuson- dern und ihre Verbreitung zu hindern. Ist sie damals ansteckend gewesen, so hält man sie jetzt nicht für contagiös, wohl aber für erblich, obgleich sie manch- mal ein Glied der Familie überspringt. Unter nachtheiligen Einflüssen entwickelt sie sich auch bei gesunden Menschen und man hat sie selbst beim Foetus beob- achtet. Sie zeigt sich mehr im Innern des Landes, jenseits der Gebirge; aber auch in Island, Finnmarken, Lappland und selbst in Schott- und Irland, in Griechen- land findet man einzelne Fälle dieser Krankheit. Die Spedalskhed oder die Radesyge bildet wahrscheinlich eine tertiäre Form der Syphilis, eine besondere Art die man unter zwei verschiedenen Formen beobachtet, als Elephantiasis tuberculosa_, und Elephantiasis anae- sthetica. Beide zeigen sich vorzüglich an der Westküste Norwegens zwischen dem 60 und 70 0 der Breite, besonders unter der ärmsten Volksklasse. 141 Die Prodromi wie die Gelegenheitsursachen sind bei beiden Krankheiten ziemlich die nämlichen. Es zeigen sich Schwere und Mattigkeit im ganzen Körper* dazu gesellt sich Widerwillen zur Arbeit, Müdigkeit, Schaudern, Druck in der Cardia, Ekel und Anorexie. Dieser Zustand kann lange, selbst Jahre dauern. Dann bildet sich eine eigenthümliche Eruption, entweder: 1) von runden, lividen, platten Flecken, die unter dem Druck des Fingers auf längere oder kürzere Zeit verschwinden; oder 2} harten, runden, isolirten Knoten, die endlich aul ihrer Ober- fläche Geschwüre bilden. Bei der Elephantiasis tuberculosa verlaufen die Vorboten selten schnell, ist dies aber doch der Fall, so tritt ein vierzehntägiges Fieber ein. Die Flecken gewöhnlich an der Stirn und dem Rücken der Hand sichtbar, werden immer erha- bener und sind von einem brennenden Gefühle begleitet. Das Gesicht fängt an zu schwellen und die Flecken verbreiten sich über Extremitäten und Rücken. Bei dieser Zunahme nach allen Dimensionen, bilden sich zusammenfliessende Tuberkeln, und machen breite, erhabene Flächen. Diese zusammenfliessenden und die isolirten Tuberkeln, erweichen sich, veranlassen tiefe Geschwüre, die eine ichoröse Materie absondern und mit einer grau braunen Kruste bedeckt werden. Die Haut infiltrirt und verdickt sich, wird immer hypertrophischer und verdickt und verliert ihre Elasticität. Die Hautausdünstung wird verändert, bekommt einen bocksartigen Geruch und sie wird bei längerer Krankheitsdauer gefühllos. Die bis dahin unberührten Schleimhäute werden nun auch ins Mitleiden gezogen; die Stimme wird rauh und pfeifend, die Respiration beengt und der Kranke gewinnt das Ansehen eines Cyanotischen. Aehnlich wie auf der Haut verhält es sich in der Mundhöhle und die Geschwürsbildung, wenn auch auf der Zunge etwas ober- flächlicher, findet auch da Statt. Dringt die tuberculose Infiltration bis zum Larynx, so sind Sprache und Respiration äusserst benachteiligt. Auch die Nasenschleimhaut wird ergriffen, am Septum cartilaginosum bilden sich pha- gadänische Geschwüre, die die Substanz zerfressen. Auf der Sclerotica und vorzüglich an den äussern Rändern der Cornea zeigt sich im Verlauf der Krank- heit ein braungelber Fleck, der sich in Form eines Tuberkels erhebt, die Cornea vernichtet, die innere Augen-Kammer und die Iris erreicht und mit der Ausfüllung beider Augen-Kammern endet, so dass das Auge das Ansehen einer ganz tuber- culosen Masse bekommt. Bei langsamem Krankheitsverlauf tritt endlich Cachexie ein, die mit Marasmus endet; bei schnellem, entwickelt sich eine tuberculose PI euritis oder Peritonitis, seltener Enteritis, und noch seltener Pneu- monie, die dann mit dem Tode enden. 142 Die Elephantiasis anaesthetica hat einen sehr chronischen Verlauf. Nach langen Vorboten fangen Hände, Finger und Füsse von unten an ausserordentlich empfindlich zu werden, so dass die Kranken oft schon bei geringer Berührung fast convulsivische Erschütterungen, wie bei elektrischen Schlägen, empfinden. Zuweilen nach Jahre langer Dauer und nach überhandgenommener Schwäche und Abmagerung des Kranken , zeigt sieh eine Gefühllosigkeit der Haut beim Be- rühren und die Secretion derselben hört auf; die Haut wird bleich und trocken wie Pergament und ihrer Elasticität gänzlich beraubt. Diese Anaesthese ver- breitet sich allmählich über den ganzen Körper und kann jedes äussere Glied be- fallen; sie wird zuletzt sogar so vollkommen die Herrscherin, dass sich der Kranke bis zur Mortification verbrennen kann, ja dass man bedeutende Amputationen bei ihm vornehmen kann, ohne dass es von ihm wahrgenommen werde. Ja es giebt Beispiele, dass die Kranken sich selbst amputirt und um die Blutungen zu stillen, das verstümmelte Glied in siedendes Pech gesteckt haben. Während des Verlaufs der Krankheit sieht man an verschiedenen Theilen des Körpers, besonders an den Fussohlen, Geschwüre entstehen, die die Haut zer- fressen und die Muskeln entblössen. Diese Geschwüre sondern eine dünne, seröse Feuchtigkeit ab und sind dermassen atonisch, dass man zum Öftern Can- tharidenpulver einstreuen kann, ohne Eiter und Schmerz zu erzeugen. Die Ab- magerung beginnt mit zuerst auf dem Rücken der Hände, wo die Muskeln atro- phisch werden und die Finger sich verkürzen und krümmen. Bald tritt dann die Necrose der Phalangen ein, die so eigentümlich diese Form der Elephantiasis bezeichnet. Gewöhnlich werden die Finger nach und nach angegriffen, selten auf einmal. Zu der Geschwulst der ergriffenen Theile gesellen sich lebhafte Schmer- zen des Periosteums und alle Zeichen einer allgemeinen Reaction, die sich durch innere Krankheitserscheinungen äussert. Nach einigen Tagen zeigt sich am leidenden Theil Fluctuation, die Haut bricht durch, und nachdem eine grosse Menge eines stinkenden Ichors ausgeflossen ist, findet man die Sehnen und Knochen entblösst. Nun hören die Zeichen der allgemeinen Reaction auf und nach einigen Wochen, bisweilen Monaten lösen sich die Phalangen ab, die Ge- schwüre heilen und es bleibt eine bedeutende Verkürzung des Gliedes zurück. Diese Necrose ergreift nach und nach alle Finger und Zehen und die Haut die- ser Theile verdickt sich. In Folge dieser Entzündungen verdickt sich das subcu- tane Hautgewebe, und infiltrirt sich dermassen, dass die Hände und Füsse ganz platt, aufgeschwollen und verunstaltet werden. Nach langjährigen Leiden kommen 143 endlich Cachexien, Marasmus, colliquative Diarrhoeen , Wassersüchten und der Tod. Bei der Elephantiasis tuberculosa findet man in der Epidermis und im Zellgewebe , die Infiltration einer ausgeschwitzten Masse der Art, dass sie die Haut und das Zellgewebe gänzlich zerstört. Diese Infiltration findet sich auch in den Wänden der subcutanen Venen, so dass die Vena basilica die Dicke eines Fingers erreichen kann. Aehnliches bemerkt man an den Augen , am Larynx, in der Trachea und den Bronchien, in der Pleura, der Leber, Milz, den Eingeweiden, dem Uterus, aber selten in den Lungen. Im Gehirne zeigen sich starke Adhaesionen der Dura mater mit dem cranio und der Arach- noidea , Wasser und Blutanhäufungen, gelatinöse Exsudate, Erweichungen der Hirnmasse und bisweilen Verknöcherungen. Im Rückenmark zwischen den Wirbeln und der Dura mater gelatinöse Ausschwitzungen ; seröse Ansammlungen mehr in den untern Theilen, Erweichungen des Rückenmarks, die Arach- noidea und Pia mater etwas verdickt und die Gefässe der Medulla angefüllt. In der Brusthöhle: Exsudate auf der Pleura, Adhaesionen zwischen der Pleura pulmonalis und costalis, Pseudomembranen und Hepatisation der Lun- gen. Die Membran der Epiglottis und der cavitas laryngis sind geschwol- len, mit Tuberkelmasse infiltrirt und mit Tuberkeln bedeckt; im Pericar- dium finden sich Exsudate und das Herz ist vergrössert. Gleiche Veränderun- gen finden mit den Organen im Abdomen statt. Das Resultat der meisten Obductionen ist, dass die innern Organe bei beiden Formen der Krankheit fast gleich ergriffen und leidend sind. Doch scheint es , dass die Haut , das Rückenmark und das Gehirn bei der anaesthetischen Form mehr benachtheiligt sind und es bedarf noch mehrere und sorgfältigere Lei- chenöffnungen um zwischen beiden Krankheiten die unterscheidenden Merkmale angeben zu können. Die Therapie betreffend, bleibt das Resultat aller ange- wandten Heilmittel, dass wenn die Krankheit sich bis zu einem gewissen Grade entwickelt hat, alle Bemühungen fruchtlos gewesen sind und die Kranken unheil- bar starben. • — Professor Ruete berichtete über ein von ihm sehr sinnreich erfundenes Ophthalmotrop, um die verschiedenen Vorgänge des Sehens daran beobachten zu können, zeigte dessen Zusammensetzung und wie der Apparat auch zu stereoscopischen Untersuchungen etc. angewandt werden könne. 144 Dr. Wolff aus Berlin sprach über eine neue Methode zur Behandlung gewisser Ohrenkrankheiten und demonstrirte seinen selbst construirten Apparat zur Leitung von Wasserdämpfen in das mittlere Ohr. Dr. Lorent zeigte einen 28 Loth schweren und in seinem Innern aus 3 Abtheilungen bestehenden Harnstein vor. der vom Herrn Dr. Camelin in Aguadilla (Portorico) hiesigen Rhedern eingesandt worden war. Dieser Stein zeichnet sich durch seine ausserordentliche Grösse aus , wiegt 28 V2 Loth Medicinalgewicht und ist von weisser Farbe , bröcklich und zerreiblich. Nach dem Durchsagen konnte man im Innern deutlich drei verschiedene Stadien der Bildung erkennen. Der untere Taubenei grosse Theil, welcher auf dem fundus vesicae angeheftet gewesen zu sein scheint, hat eine festere Consistenz und mehr Färbung von thierischer Materie. Die darüber liegende Schicht enthält eine Höhle, wozu nach der einen Seite der Urin einen freien Zutritt gehabt zu haben scheint, in Folge dessen das Innere derselben mit nadelförmigen Kry stallen ausgekleidet ist Darüber liegt die dritte Schicht, die späteste von bröcklicher weicher Beschaffenheit. Nach der genauen chemischen Analyse des Herrn Apo- theker Kindt besteht der Harnstein aus phosphorsaurem Talk- Ammoniak mit et- was pliosphorsaurem Kalk, mit wenig Harnsäure und thierischer Materie. Nach dem Berichte des Herrn Dr. Camelin stammt dieser Harnstein aus der Leiche eines 80jährigen Greises, bei welchem seit dem 20. Jahre sich unver- kennbare Spuren von Steinleiden gezeigt hatten. Ausserdem litt er sehr an Flechten und Geschwüren. Er war Vater vieler Kinder, die alle von der Krank- heit des Vaters geerbt haben. Mit der Zunahme des Steines vermehrten sich die schmerzhaften Symptome, so dass Patient in den letzten Jahren seines Lebens keinen Augenblick Ruhe hatte. Die Bildung dieses enormen Steines hat circa 60 Jahre gedauert und die Blase muss damit ganz ausgefüllt gewesen sein. Die Doctoren Tölken und Bark hausen aus Bremen zeigten mehrere interessante Präparate aus der jüngst angelegten anatomisch - pathologischen Sammlung. Unter andern den Polypus cor dis verus eines im 44. Jahre ver- storbenen Mannes, der schon im 4. Lebensjahre an Herzklopfen gelitten zu ha- ben behauptet hatte: dann das Herz eines 14jährigen cyanotischen Knaben; ein im Uterus gestorbenes und durch Wendung zur Welt, befördertes Kind mit ge- spaltenem Rückgrath; eine Masse frei im Magen eines verstorbenen Individui ge- fundenes Fett und endlich einen Schädel, an dem Atlas und Epistropheus verbunden waren. 145 Dr. Schütte aus Bremen sprach einige einleitende Worte über Defectus iridis überhaupt und zeigte einen vollkommenen Fall der Art vor. Dr. Bark hausen brachte die grössere Mortalität der Kinder aus innern Ursachen zur Sprache, ging die verschiedenen Unregelmässigkeiten im Baue des Körpers durch, die sich hin und wieder zeigen und die Sterblichkeit vermehren und erwähnte die mannigfaltigen mit jenem unregelmässigen Baue verbundenen Krankheitszustände. Präsident von Ammon sprach bei dieser Gelegenheit über den eigentlichen Grund des unbekannten Bildungstriebes und bezweifelte, dass es immer Entzündung beim Foetus sei, die manche als unbedingte Ursache der Missbildung desselben annehmen. Medicinalrath Münchmeier aus Lüneburg machte darauf aufmerksam, dass ungleiche Ehen ein Bedeutendes dazu beitragen möchten , sowohl Deformi- täten, wie grössere Sterblichkeit unter Kindern zu veranlassen. Präsident von Ammon, auf Dr. Heidenreichs der Versammlung zu- gegangene Schrift, „die Verkehrtheit in der Erziehung und Bildung der weib- lichen Jugend, 2. Auflage, Ansbach 1844“ hinweisend, erinnerte an des Geh. Medicinalraths Schmidt aus Berlin Verhandlung in Braunschweig, dasselbe Thema betreffend. Er sei der Meinung, dass man die Ursachen bis heute noch nicht hinreichend ermittelt habe, worin die häufige Erscheinung der Chlorose im jugendlichen Alter begründet sei. Hierüber sprachen sich noch Professor Fuchs aus Göttingen , Münch- meier und Bark hausen aus, und Fuchs entgegnete gegen Münchmeier, dass nicht immer der fehlerhaften Erziehungsweise Schuld gegeben werden müsse. Von Ammon warnte vor dem Missbrauch der Behandlung verschiedener chirurgischer, besonders scirrhöser, Leiden in Soolbädern, da sie nicht allein in diesen und anderen Fällen Nachtheile schafften, sondern das Leiden noch durch hinzukommende Neuralgie verschlimmerten. Fuchs, Barkhausen und Hofrath Textor aus Würzburg, discutirten darüber aus dem Bereiche ihrer Erfahrungen, stimmten im Allgemeinen dem Prä- sidenten bei, nur seien sie der Ansicht, dass man diesen nicht Alles, sondern Vieles auch der eigenthümlichen atmosphärischen Constitution zuzuschreiben habe. Professor Fuchs wurde zum Vorsitzenden für die morgende Sitzung er- wählt, diese aber wegen der stattfindenden allgemeinen Versammlung, auf 8 bis 10 Uhr Morgens anberaumt. II, Abtbeil, 19 146 Zu Vorträgen meldeten sich: Regierungsrath Dr. Meier aus Pr. Minden, über die neue warme Quelle zu Neusalzwerk. Medicinalrath Dr. Tourtoual aus Münster, Vorzeigung einiger seltenen Concremente des menschlichen Körpers. Die Section wurde noch zu einem Turnfeste eingeladen, welches morgen um 5 Uhr Nachmittags stattfinden solle. D ritte Sitzung Sonnabend den 21. September 1844. Vormittags von 8 bis 10 Uhr. Präsident: Professor Fuchs aus Göttingen. S e c re tä r : Dr. Mansfeld aus Braunschweig. Hofrath, Leibchirurgus Dr. Holscher aus Hannover theilte einige Pa- thologica mit. Er sprach über krankhafte Rückwirkung älterer Stricturen der Harnröhre auf Harnblase und Nieren, ferner über seltene Tuberkelablagerungen, z. B. Tuberculum linguae , theilte einen solchen Fall mit, der leicht für Scirrhus hätte gehalten werden können, den er durch Cauterisation behandelte und heilte, worauf aber dennoch der Kranke ein Jahr nachher a n Phthisis trachealis gestorben sei. Zu den seltenen Tuberculosen gehöre auch diese Ablagerung in den Testikeln, namentlich mit gleichzeitiger Hydatidenbildung , wie der Redner einen solchen Fall erlebt habe. Castration sei da unbedingt erforderlich. Auch im Hirne finde Tuberkelbildung statt, wovon Geisteskrankheit die Folge sei, wobei aber das Leben noch lange fortbestehen könne. Unter den verschiedenen von Dr. Hol scher vorgezeigten Präparaten, war eine Tuberkelablagerung im Ovarium. Derselbe erinnerte auch daran, dass man nicht jede Krankheit des Hodens immer für bösartig ausgeben dürfe , da selbst die Vereiterung der Tunica albuginea testis nebst ihren Folgen noch nicht dazu zu zählen sei, das Indi- viduum nicht castrirt zu werden brauche, sondern durch Cauterisation mit Arsenik und dergl. behandelt werden müsse. Ausser mehreren andern seltenen pathologi- schen Beobachtungen deren der Redner aus eigner Erfahrung in Kürze erwähnte, sprach er noch über Gastrobrosis und gelatinöse Erweichung des Darmkanals, und über den plastischen Gehalt des Bluts bei syphilitischen Subjekten. 147 Medicinalrath Tourtoual aus Münster zeigte einige seltene Concremente des menschlichen Körpers unter kurzer Mittheilung der Krankheitsgeschichten, als : einen incrustirten Thonpfeifenkopf, welcher lange Zeit in der Harnblase einer alten unverheiratheten Frauensperson verweilt hatte und endlich durch eine Blasenschei- denfistel ausgestossen ist; einen incrustirten Pflaumenstein aus dem Jleo eines Mädchens, in welchem derselbe eine chronische Entzündung mit organischer Stric- tur und tödtliche Exulceration veranlasst hatte, und endlich: zwei durch ihre Form und Grösse seltene Gallenblasensteine, davon einer sieben Drachmen vier- zehn Gran schwer, durch den Stuhlgang entleert; der andere pyramidalisch gestaltet und von weisser, glänzender Oberfläche, durch einen Abscess unter dem Nabel eliminirt wurde. Regierungsrath Dr. Meier aus Pr. Minden liess sich, über die neue warme Quelle und die Badeanstalt zu Neusalz werk aus einem von Dr. W estermann daselbst, verfassten Berichte folgendermassen vernehmen: Neusalzwerk liegt an der schönsten Gegend Westphalens, in der Nähe der bekannten Porta westphalica , dort, wo die Werra in die Weser mündet. Was die Salubrität anbelangt, so ist diese hier ganz vorzüglich, mias- matische und contagiöse Krankheiten kommen fast gar nicht vor; rund um Neu- s alz werk herum, habe ich Nervenfieberkranke behandelt, während die Neu- salzwerker selbst nicht einmal eine leise Anwandlung davon wahrnahmen. An Phthisis ist, so viel ich weiss, nur einer gestorben, intermittentes habe ich gar nicht gesehen. Diesen ausgezeichneten Gesundheitszustand glaube ich dem mit Theilchen der Soole geschwängerten Dunstkreise der Graduirwerke zuschreiben zu dürfen. Mit Ausnahme einzelner Pflanzen gedeihen die Vegetabilien an Seeküsten, wie in der Nähe von Soolen und Graduirwerken nicht, die Vögel, deren Respira- tionsorgane nicht ein so abgeschlossenes Ganze, Avie bei den Menschen bilden, halten sich nicht lange in einer mit Salzpartikeln geschwängerten Luft, den Men- schen bekommt aber diese Luft erfahrungsmässig sehr wohl. Graduirluft und Seeluft sind ziemlich gleich bedeutend, und Aver sollte nicht wissen, Avie erspriesslich die Seeluft auf die Matrosen wirkt; die in Hufelands Makrobiotik angeführten Beispiele eines vorzüglich langen Lebens sind gröss- tentheils den lüsten der Insel - und StrandbeAvohner entnommen. Schon die Alten Avussten dies; scliAvelgerische Römer suchten ihre ver- lornen Kräfte in der Seeluft Avieder zu ersetzen, und nach Strabo schickten schon die Caesaren ihre entkräfteten Gladiatoren nach den Lagunen Venedigs. Die muriatischen Emanationen sind es gerade, die hier so erspriesslich Avirken. 19* 148 Bei der von dem Grafen von Beust angegebenen und in ganz Deutsch- land als der vorteilhaftesten anerkannten Tröpfelgraduirung rieselt die Soole in unzähligen Tropfen von Dorn zu Dorn, bis sie endlich conzentrirter die Reser- voirs unter den Graduirwerken erreicht. Auf diesem Wege bietet die Soole dem Luftzuge immer neue Flächen dar, • — Kalk, Eisenoxyd etc. scheiden auf diesem Wege aus und incrustiren die Graduir werke, aber nicht blos Wasser, dessen Verdunstung technisch bezweckt wird, sondern auch muriatische Anteile nimmt die zehrende Luft auf, nicht blos Kochsalz, sondern auch Jod und Brom etc. Die Benutzung der schönen Spatziergänge an den Graduirwerken entlang kann ich darum nicht genug empfehlen; die Graduirluft bringt das Gefühl hervor, als wenn man im heissen Sommer in einen dichtbelaubten Wald tritt, wobei das Atmen leichter und besser vor sich geht, und der Brustkasten einen grossem Raum zu gewinnen scheint. Eine genaue Analyse der Bohrlochssoole ist noch nicht bekannt. Der Herr Professor G. Bi sch off in Bonn hat die Untersuchung über- nommen, indess die Resultate derselben noch nicht angegeben ; sich aber mündlich darüber ausgesprochen, dass er alle Elemente zu einem recht wirksamen Wasser darin gefunden habe. • — Verschiedene andere Chemiker haben es schon früher versucht, die festen Bestandteile auszuscheiden, und wenigstens qualitativ zu bestimmen, aber teils ist dabei die Untersuchung nur unvollständig gemacht, indem weder die Kohlen- säure noch der Bromgehalt angegeben, teils hat sich aber auch bei dem fortge- setzten Bohren das Wasser quantitativ sowohl als qualitativ verändert; so dass die Resultate einer vor 2 Jahren angestellten Untersuchung jetzt nicht mehr als richtig angesehen werden können. Die Quantität des Wassers betrug noch vor i % Jahren pro Minute nur 23 Cubicfuss, im vorigen Jahre wurde eine so starke Quelle angebohrt, dass jetzt nach Entfernung des Bohrgestänges aus dem Boln- loche über 60 Cubicfuss ausströmen. Die Soole enthielt vor 1% Jahren 5 pCt. , während sie jetzt nur etwa 43/4 pCt. enthält. Auch hat sich die Temperatur der Soole, von der grossem Tiefe des Bohrloches abhängend, um einige Grade vermehrt. Nach der Versicherung des Herrn Chemikers C. Geucke, sind in 1000 Pf. der Bohrlochsoole 1% Drachmen Brommagnium enthalten. Die Quantität der freien Kohlensäure hat der Professor Bischoff zuerst, und zwar durch sehr schöne Experimente nachgewiesen; ich habenden Experi- 149 menten beigewohnt, und gesehen, dass die Kohlensäure in einer Minute 3 Cubic- fuss Wasser austrieb. In Ermangelung der Analyse des Prolessors Bischoff, müssen wir uns mit einer blos qualitativen aus früherer Zeit begnügen, wonach die Bohrlochssoole folgende feste Bestandtheile enthält: 13 Kohlensaures Eisenoxydul, 23 Kochsalz, 33 Salzsaure Magnesia, 43 Schwefelsaures Natron, 53 Schwefelsaures Kali, 63 Schwefelsäuren Kalk, 73 Kohlensäuren Kalk, 83 Kohlensäure Magnesia, 93 Thonerde, 103 Brom und Spuren von Jod. Wirkungen der Soole im Allgemeinen. Die salinischen Bestandtheile, die Kohlensäure und das Eisen stärken, . — dies ist die Ansicht, welche schon der Laie über die Wirkung mehrerer Soolen hat, und sie enthält so viel Wahrheit, dass man durch die gelehrteste Explication nicht im Stande sein würde, den Laien besser zu belehren. Die salinischen Bestandtheile führen den Inhalt des Darmkanals ab. während das Eisen restaurirt, und die Kohlensäure belebend auf die Unterleibsnerven, die Circulation des Bluts im Pfortadersystem befördernd, die Secretionsthätigkeit inci- tirend, und auf den Gesammtorganismus erfrischend einwirkt. In dieser Gestalt sagt die Soole Unterleibskranken besonders zu, wo es darauf ankommt, Stoffe zu lösen und zu emoviren , hauptsächlich aber auch den Darmkanal zu stärken, und ihn vor ähnlichen Anhäufungen zu bewahren. ln den ersten Tagen der Curzeit klagen die Gäste über Appetitlosigkeit, die etwa vorhandenen zähen Stoffe im Darmkanal sind beweglicher gemacht; oft nach oben turgescirend, > — • daher Neigung zum Erbrechen, daher die Völle im Magen, das Gefühl von Oppression in den Präcordien, ■ — Erscheinungen, die sowohl der innern als bloss äussern Anwendung des Wassers folgen. Nach wenigen Tagen tritt das behaglichste Gefühl ein, und die Kranken fühlen sich erfrischt. 150 Je nach dem Orte der Aufnahme, je nach der Art der Anwendung tritt die Wirkung der Kohlensäure verschieden in die Erscheinung. Dass auch die Kohlensäure dermatisch angewendet, von der Haut aufgenommen wird, dafür sprechen die Versuche Abernethy’s, welcher seine Hand in ein durch Queck- silber abgesperrtes mit Kohlensäure gefülltes Gefäss einige Stunden lang hielt, und nach diesem Experiment fand , dass ein grosser Theil der Kohlensäure ver- schwunden war. In der Nähe des Bohrloches ist eine pneumatische Wanne angebracht, welche mit demselben durch eine Röhre in Verbindung steht; dieses Gasbad habe ich überall da anwenden lassen, wo auf das Blut und Nervenleben der Unterex- tremitäten und des Unterleibes erregend eingewirkt werden musste. Durch die auch aus dem dicksten Leder bestehende Fussbekleidung fühlt der Patient bald die angenehmste Wärme hindurch dringen. Sanft erregend tritt die belebende Wärme an den Unterleib, und ruft hier nicht selten ein Wollust- gefiihl hervor. Die Einrichtung der pneumatischen Wanne ist indess noch so unvollständig, dass nur sogenannte Halbbäder haben genommen werden können. Gegen Oedema pedum, gegen torpide Geschwüre, bei ichorösen Abson- derungen in cariösen Leiden, gegen Dys- und Amennorrhoea ist die freie Kohlensäure mit dem ausgezeichnetsten Erfolge benutzt worden. Bei nervösen Zahnschmerzen habe ich die Kohlensäure an mir selbst in Anwendung gezogen, und kann versichern, dass die heftigsten Schmerzen in Zeit von 5 Minuten verschwunden waren. In Ermangelung eines passenden Instruments nahm ich eine gewöhnliche lange Tabackspfeife, hielt den Pfeifenkopf in das Gas, und recht stark ziehend, leitete ich dasselbe zu der Höhle des cariösen Zahns. • — - Auf ähnliche Art liess ich bei Heiserkeit in Folge von Erschlaffung der Kehlkopfbänder Kohlensäure zu dem V elum palatinum leiten, und habe auch da herrlichen Effect gesehen. Bei dem chronischen Nasencatarrh, dem sogenannten Stockschnupfen lasse ich die Kohlensäure in die Nase einziehen. Ich glaube auch, dass die Kohlensäure eingeathmet, nicht allein im Asthma spasmo dicum , sondern auch dem vom Emphjsema pulmonum abhängenden Asthma zuträglich ist. Wegen der mangelhaften Einrichtung ist die freie Kohlensäure weniger benutzt, als sie es verdiente, benutzt zu werden; wir besitzen in ihr eine für das Bad wichtige Zugabe, da der grosse Reichthum daran einen vielfachen Gebrauch zulässt. Gassalons und Gascabinette, Gasbäder und Sprudelbäder werden sicher, sobald als thunlich angelegt werden. Ueberhaupt bietet das Soolbad durch den 151 Reichthum der Soole, und durch die reichhaltigen festen Bestandteile, durch das gewaltige Hervorsprudeln, durch das starke Gefälle derselben viele Gelegenheit zu zweckmässigen Einrichtungen. Es ist der Vorschlag gemacht, ein Bassin zu allgemeinen Bädern für die ärmeren Classen einzurichten, ein Bassin das etwa 20 Badegäste auf einmal auf- nehmen könnte, und durch welches die unbenützte Soole hindurchfliesse. Ein solches salinisches Flussbad Avürde sicher einen gewaltigen Effect hervorrufen, ein Effect, der bei den niederen Classen um so zweckdienlicher ist, als man es grossentheils bei diesen mit älteren verschleppten und vernachlässigten Krank- heiten zu thun hat. Sturzbäder, Regen- und Tropfbäder lassen sich auf das herrlichste an dem ßohrloche anlegen, denn es waltet kein Zweifel ob, dass durch auf das Bohrloch aufgesetzte Röhren die Soole noch gegen 40 Fuss in die Höhe steigt. • — Da die Kohlensäure das gesunkene Nervenleben zu grösserer Thätigkeit excitirt, das Eisen der Plasticität des Blutes nachhilft, so bewährt sich die Soole zu Bädern von 5 • — ■ 10 Minuten angewendet, besonders bei Chloj'osis, bei schlaffen und cachectischen Individuen. Längere Zeit benutzt, zeigen sich mehr die Wir- kungen der salinischen Bestandteile, die Hautthätigkeit wird bedeutend erhöht, die Secretion des Darmkanals und der Nieren wird vermehrt, die Blutcirculation geht rascher von Statten, und es treten die resorbirenden und resolvirenden Eigen- schaften des Bades in die Erscheinung. Es ist daher keinesweges gleichgültig, wie lange der Patient bade, und gerade hier werden die meisten Verstösse von Seiten der verordnenden Aerzte gemacht. AVo die Kohlensäure, das kohlensaure Eisen, dem Patienten nicht zusagt, da verordne ich das Bad in einem so weit von dem Bohrloche entfernten Bade- hause, dass die Kohlensäure sich verflüchtigt, das Eisen sich abgeschieden hat, — - ist sehr kräftiger Reiz nöthig, bedarf der Patient der aufregenden Kohlensäure, so lasse ich die Soole durch die von ihm benutzte Badewanne hindurch fliessen; können Kranke nur einen geringen Reiz ertragen, so würde diese Art der Be- nutzung der Soole heilloses Verderben bringen. Der Badegast verweilt in der Regel % bis 8/4 Stunden im Wasser, in dieser Zeit fliesst so viel Soole durch die \A7anne, dass sich dieselbe ungefähr 6 Mal damit füllen liesse, es kommt also der Badende, während er in der Wanne weilt, mit ungefähr 200 Pfund Salzen in Berührung. Phthisiker, denen eigentlich gar keine Bäder dienlich sind, führen rasch das Stadium collujuativum herbei, holen sich daher sicher, auf diese 152 Weise das hiesige Bad benutzt, den baldigen Tod. Schwache erethische Indivi- duen verfallen in eine solche Aufregung, dass sie in der Regel das hiesige Bad als ihrem Zustande gefährlich nicht ferner benutzen. Wirkung der Soole im Speziellen. Dyscrasien, d. h. Krankheiten, die von den Verdauungsorganen ausgehen, in denen dem Blute fremdartige Bestandtheile beigemischt sind, Leiden die jetzt so häufig sind, und dem Leben die grösste Gefahr bringen, eignen sich ganz vor- züglich für das hiesige Bad; es gehört besonders hierher die Scrophulosis , Ar- thritis und die herpetische Dyscrasie. Scrophulöse Individuen werden am meisten hierher geschickt; gegen Herpes wird das Bad ebenfalls vielfach ver- ordnet; Arthritiker suchen meist Hülfe in den T h eiothermen , und doch ist die Arthritis eine Dysc rasie, gegen welche die Bohrlochsoole in den wenigen hier bekannt gewordenen Fällen sich herrlich bewährt hat. Ganz ausgezeichnete Wirkung hat die Soole gegen Scropheln an den Tag gelegt, herpetische Kranke behielten meist keine Spur ihres Uebels. Der reich- liche Bromgehalt, wovon ich mich gelegentlich selbst überzeugt habe, spielt die Hauptrolle bei der Cur von Dyscrasien, wiewohl nicht zu leugnen, dass der durch die salinischen Bestandtheile auf die Haut ausgeübte Reiz, die belebende Kohlensäure, die expandirende Wärme, wodurch die Haut in grösseren Turgor versetzt, die Blutcirculation beschleunigt wird, ebenfalls dazu beitragen, besonders da, wo es zugleich darauf ankommt, Blutstasen im Pfortadersystem zu entfernen, wo es sich darum handelt, innere Leiden nach der Haut hin abzuleiten. Der reiche Gehalt an Brom, die freie Kohlensäure, die natürliche Wärme, die augenblicklich 26 r/2 0 R. beträgt, sind gerade die Vorzüge, welche unsere Soole vor andern auszeichnet. Hin und wieder hört man Klagen über den Man- gel einer Trinkquelle zur Unterstützung der Cur; will man jedoch die, besonders salzsaure und schwefelsaure Magnesia enthaltenden Bitterquellen nicht als solche gelten lassen, so ist es klar, dass es kein besseres Adjuvans giebt, als die Bohrlochssoole selbst. Der nicht ganz angenehme Geschmack darf den Patienten von der inner- lichen Anwendung der Soole nicht abhalten. Scrophulöse Kranke machten ausser den rheumatisch Erkrankten, während der diesjährigen Curzeit die grösste Anzahl der Badegäste aus, ihnen folgten die mit Herpes behafteten, und mit Hautausschlägen verschiedener Art. Scrophulöse Individuen, meist der geringem Classe angehörend, habe ich etwa 300 gesehen, 153 bei Vielen litt besonders das Knochensystem, es war Caries vorhanden, bei An- dern litten die serösen und Schleimhäute, besonders dieConjunctiva des Auges, und wieder bei Andern drohete das Hebel in Phthisis überzugehen. Bedeutende Trübungen der Hornhaut, Pannus und Phlyctänen habe ich nach dem Bade verschwinden sehen. Bei einem an beginnender Luxatio spontanea ossis femoris leidenden Kranken habe ich wenigstens so viel Er- leichterung ein treten sehen, dass er ohne Krücken umhergehen konnte. Die Absonderung cariöser Geschwüre wurde stets um vieles besser und geringer, und bei den meisten an Caries leidenden Individuen gewahrte man bald, dass die in dem Knochen hausende scröphulöse Entzündung nachliess. Die Geschwulst wich dem Bade, die Schmerzen liessen nach, und ohne Zweifel hat die Nachwirkung der Cur eine vollkommene Heilung herbeigeführt. Bei herpetischen Leiden hat das Bad Wunder gethan. Der gewöhnliche herpes squamosus verschwindet in der Regel schon mit dem 8. Bade. Dass das Bad antirheumatische Kräfte besitzt, lässt sich bei der hohen Temperatur des Wassers und der grossen Quantität salinischer Bestandteile leicht erwarten, und ich könnte Hunderte anführen, die an chronischem Rheumatis- mus litten, und in dem hiesigen Bade curirt sind. Was die Neurosen anbelangt, gegen welche die Bohrlochssoole ange- wendet ist, so habe ich auch hier die günstigsten Erfolge gesehen. Zwischen Aachen und Warmbrunn besitzen wir nur diese eine Therme, es ist also auch gewiss, dass der Norden sich nach Neusalz werk wendet, während der Westen Aachen, der Osten Warmbrunn frequentirt. Neusalz werk, den 17. September 1844. Fr. Westermeyer. Wegen der morgenden Fahrt nach Bremerhaven ward für heute noch eine zweite Sitzung um 6 Uhr Abends anberaumt, und zum Vorsitzenden für nächsten Montag Hofrath Holscher aus Hannover erwählt. Zu Vorträgen meldeten sich: Dr. Hermann Engelken zu Rockwinkel über die Anwendung des Opiums in frischen Fällen von Geisteskrankheit. Professor Wal ebner als Carls ruhe, über Fälle von Heilung durch Galvanoelectricität vermittelst Anwendung eines höchst einfachen Apparates. II. Abthsil. 20 Professor Listing aus Göttin gen, über eine häufig vorkommende un- durchsichtige Stelle in den brechenden Medien des menschlichen Auges. Dritte Sitzung, Sonnabend am 21. September 1844. Abends 6 bis 8 Uhr. Präsident: Professoi\Fuchs aus Göttingen. Secretair: In Abwesenheit des Dr. Mansfeld, Dr. Oppenheim aus Hamburg. Nachdem der Herr Präsident die Anzeige gemacht hatte, dass von Dr. Czykanek eine Schrift über die sicherste und rationellste Methode, die typhö- sen Fieber zu behandeln, eingegangen sei, über deren Inhalt in der nächsten Sitzung Bericht erstattet werden würde, theilte Professor Walchner aus Carlsruhe einige Fälle von Heilung neuralgischer Schmerzen, nervösen Kopfwehs und beginnender Amaurose, mittelst eines von ihm erfundenen höchst einfachen galvanischen Apparats, mit, dessen Construction er auch ausführlich beschrieb. Herr Christeinicke in Lübeck fertige einen solchen für 30 Thaler an. Hofrath Holscher veranlasste eine Discussion über den Nutzen des Klei- sterverbandes, rühmte dessen Anwendung besonders in orthopädischen Fällen nach der Tenotomie beim Klumpfusse, wo er ein paar Tage nach der Operation, wenn die Wunden geschlossen, angelegt, alle Maschinen überflüssig mache und es zulasse, dass nach Verlauf von 4 bis 5 Wochen der Kranke im Scarpa’ sehen Schuh gehen könne. Auch bei Fracturen der Clavicula und bei unruhigen Kranken und Kindern selbst bei Brüchen mit Trennung und Verletzung der Weichtheile, sei er von grossem Nutzen. Dr. Oppenheim erklärte sich im Allgemeinen nicht zu Gunsten des Verbandes, der dem Wundarzte die Ansicht des verletzten Theiles entzöge, und sprach sich entschieden gegen seine Anwendung bei Ver- letzung der Bedeckungen und Weichtheile aus. Häufig sei man genöthigt, bei Abscessbildung etc. Fenster in den Verband zu schneiden, wodurch er dann an Festigkeit und Sicherheit verliere. Er ziehe in der Privatpraxis den einfachen Contentivverband oder Schweben vor. Leibarzt Dr. Böser aus Athen, erwähnte des Alters des Kleisterverban- des und, dass er in ganz Griechenland von den dortigen Empirikern stets an- gewendet werde, und Dr. Oppenheim, dass er häufig Verkrümmungen und 155 Verkrüppelungen in Folge der Behandlung dieser Empiriker gesehen habe , die in ein paar Fällen sogar die Entfernung des Gliedes erfordert hätten. Dr. Scharlau aus Stettin rühmte den Kleisterverband bei Tumor albus und Hydrops ge?iu. Auf die Frage des Dr. Hahn aus Hann over, in welchem Zeiträume der Verband bei Fracturen anzulegen sei, erwiderte Hofrath Holscher, dass eine möglichst frühe Anwendung stets wünschenswert!), der Moment der An- legung sich aber nach der Art der Verletzung richte; sogleich, bei sehr obliquen Fracturen, mit spitzen, scharfen Bruchenden, doch ohne Quetschung; in Fällen, wo üble Nervenzufälle zu erwarten oder ausgebrochen , z. B. im Delirium tre- mens, endlich bei Brüchen in der Nähe der Gelenke nach vorangeschickter Blut- entziehung, in Fällen, Wo Fracturen mit heftiger Irritation, mit Contusionen , mit Extravasat complicirt sind etc. erst am dritten, vierten Tage. Hofrath Textor warnte im Ganzen vor dem Kleisterverbandö, er ziehe den gewöhnlichen Contentivverband vor; jener passe nur in Fällen, wo der Kranke transportirt werden müsse. Dr. Hahn rühmte den einfachen Gurt- und Schienenverband. Auf die Anfrage des Präsidenten Professor Fuchs, ob die Anwesenden über den Nutzen der topischen Mittel bei Krankheiten der Luftwege Erfahrun- gen gesammelt hätten, erwähnte Dr. Scharlau, einer Heiserkeit und beginnen- den Laryngealphthise aus syphilitischer Ursache, wo eine Auflösung von Höllenstein erfolglos örtlich angewendet ward, das Jodqueksilber innerlich aber heilte. Präsident erinnerte, dass es Fälle gebe, die weder syphilitischer noch tu- berculöser Natur wären, wo die Stimmlosigkeit, Laryngnalhusten , selbst Febris hectica durch die Cauterisation geheilt wurden. Ein am Fischbeinstäbchen be- festigter Schwamm in eine Auflösung von Lapis infernalis Gr. 10 auf 1 bis i y2 Unzen Wasser getaucht und in die Fauces gegen die AVurzel der Zunge gedrückt, wirke sehr vortheilhaft, ohne Schmerz oder irgend einen Nachtheil zu veranlassen. Er empfehle das Mittel dringend. Dr. W am ecke aus Sandstedt, theilte einen Fall von Laryegnal- catarrh mit, der durch Cauterisation der fauces in Verbindung mit dem Gebrauch der Häringsmilch geheilt sei. Dr. Hermann Engelken, Director der Irrenanstalt zu Rockwinkel, sprach über die Anwendung und den Nutzen des Opiums in frischen Fällen von Geisteskrankheit, sowohl Manie als Melancholie da, wo keine gewöhnlichen Gegenanzeigen des Opiums vorhanden wären. Da aber den Irrenanstalten nur 20* 156 wenige frische Falle von Geisteskrankheit anvertraut würden, so passe das Mit- tel für die Privatpraxis. Präsident meinte , dass in Orten , wo Irrenanstalten wären , die Kranken auch früh genug hingeschickt würden, dass das Opium nützen könne, wo etwas zu calmiren wäre, aber wohl nicht anwendbar sei bei vorhandener Oppression. Dr. Engelken will es auch da, und zwar consequent durchgeführt gebraucht wissen und stets die glänzendsten Erfolge gesehen haben. Das Opium wird in Gaben von mindestens 2 bis 3 Gran steigend auf 8 bis 10, selbst 16 Gran in Zwischenräumen von 10 Stunden gereicht, binnen welcher Zeit die Hauptwirkung verschwinde. Es erfolge wenig Congestion, die Kranken werden nicht schläfrig und müssen, wenn es der Zustand sonst erlaubt, umhergehen. Gegen die fol- gende Verstopfung werde auch, wenn sie 8 bis 10 Tage dauere, nichts gethan. Die Heilung erfolge in 4 bis 6 Wochen, selbst in Fällen von 4- bis 6 monat- licher Dauer. Die Frage des Professors Meyn aus Kiel, ob diese Dosen Opium beschränkende Einwirkungen auf die geistigen Verrichtungen des Recon- valescenten äusserten, verneinte Dr. Engelken, behauptete sogar, dass die gei- stigen Functionen später geschärfter wären, als vor dem Eintritte der Krankheit. Die zweite Frage des Erstgenannten, welche allmählige Veränderungen mit dem Kranken vorgingen, beantwortete Dr. Engelken dahin, dass die ersten Gaben Opium bei den Maniacis eine erhöhete Aufregung hervorbringen und belebend auf die Melancholischen einwirken, seien aber erst die rechten Gaben des Opiums getroffen, so mindere sich die Krankheit, und die Genesung trete nach und nach ein. Nach einem vierwöchentlichen Gebrauche des Mittels hören die Obstructio- nen beim Aussetzen desselben sogleich auf und der Darmkana] reagire regel- mässiger, als zuvor. Das Opium wirke bei Geisteskrankheiten, wie Chinin bei Intermittens. In letzter Hinsicht erinnerte Leibarzt Dr. Röser, dass in Con- stantinopel das Opium bei den Opiophagen, Manie hervorrufe und daher dessen Wirkung nicht mit der des Chinins zu vergleichen sei. Dr. Grimm aus The- dinghausen behauptete bei einem mit Opium behandelten Geisteskranken, bei der Section Hirnerweichung gefunden zu haben, und fragte daher an, ob dies Fol- gen der Krankheit oder des Mittels gewesen sei. Präsident Dr. Fuchs erinnerte, dass Hirnerweichung bei Irren häufig vor- komme und daher wohl nicht mit Gewissheit zu entscheiden sei, was in diesem Falle Ursache der Erweichung gewesen. Dr. Engelken führte an, dass auf Batavia eine Anstalt für Individuen errichtet sei, die fast alle durch Opium blöd- sinnig geworden. Dort zeige sich Hirnerweichung wenig, Congestion häufig. 157 Dr. Se li arl au will den Gebrauch des Opiums bei Geisteskrankheiten sehr beschränkt wissen, er selbst habe von der Anwendung der Narcotica nur Schäd- liches gesehen. Dr. Engelken wies diese Einwürfe, als auf seine eigentümliche Methode des Gebrauchs des Opiums nicht anwendbar, zurück. Präsident Dr. Fuchs warf die Frage auf, ob die Hundswuth identisch sei mit der Wasserscheu des Menschen, ob letztere ein Product des Hundsbisses sei, also hervorgebracht durch ein Contagium oder ob man sie für eine Neurose durch Furcht, Angst etc. hervorgerufen, halten müsse. Er stimme dafür, dass es verschiedene Krankheiten seien; denn die Wasserscheu komme als Symptom vor in Fällen, wo gar keine Verletzung Statt gefunden, so wie bei Verletzungen, die nicht durch den Biss wüthender Thiere hervorgerufen worden. Dr. Scharlau sprach von einem beobachteten Falle von Wasserscheu bei Frieselfieber und erinnerte an eine ältere Beobachtung, die beweisend für die Entstehung der Wasserscheu aus blosser Furcht sei. Hofrath Textor erklärte die Hydrophobie für eine Neurose, eine dem Menschen eigenthümliche Krankheit, die ohne den Biss wüthender Thiere auftreten könne; die Hundswuth aber für eine Krankheit, die den Thieren eigenthümlich zukomme. Präsident schloss die Discussion mit der Erklärung, dass es unsere Pflicht sei, das Publikum zu beruhigen, dass die Wasserscheu zu der Zahl der gebissenen Wunden nur eine relativ seltene Krank- heit sei, dass es aber unsere Aufgabe sein müsse, zu ermitteln, unter Avelchen Umständen und Verhältnissen sie nach dem Bisse wuthkranker Thiere ausbreche. Zu Vorträgen meldeten sich: Physikus Dr. Heyland aus Lübeck; briefliche Mittheilung das orthopä- dische Institut des Hofraths Leit ho ff in Lübeck betreffend. D erselbe, über eine Unrichtigkeit in dem Mainzer Bericht der Natur- forscher-Versammlung, und über einen in medicinisch-polizeilicher Hinsicht wich- tigen Gegenstand. 158 Vierte Sitzung, Montag den 23. September 1844. Vormittags von 11 bis 2 Uhr. Präsident: Hofrath Holscher aus Hannover. Secretair: Dr. Mansfeld aus Braunschweig. Secretair Dr. Mansfeld referirte über die bei der medicinischen Section eingegangenen Schriften, folgendermaassen : Einleitend müsse er bemerken, wie es zur Schicklichkeit gehöre, eine der Section gezollte Achtung, wie diese jedenfalls, theils aus den derselben wirklich dedicirten Schriften, theils aus der blossen Zusendung von Schriften in vielen Exem- plaren, erhelle, gleichgemäss zu erwidern. Bei der Braunschweiger Versammlung habe Bei., als zur Zeit Geschäftsführer, damit den Anfang gemacht, aber weder vorher noch bei den spätem Zusammenkünften, sei von solchen Zusendungen eine andere, als die Notiz der zweckmässigsten Vertheilung genommen. Damit aber dürfte den Verfassern nur zum geringsten Theile gedient sein, eine grössere Genugthuung müsse von ihnen jedenfalls darin gefunden werden, dass sie durch möglichst kurze, bündige und beurtheilende Referate, eine in der Section aus- gesprochene Anerkennung erfahren. f) Umrisse der Phrenologie. Zur Förderung des Ausbaues einer natur- gemässen Geisteskunde, den Theilnehmern an der zweiundzwanzigsten Versamm- lung der Naturforscher zu Bremen gastlich dargeboten von Dr. S. E d. Hirschfeld. Bremen 1844, VI und 105 S. 8. In sehr fasslicher Darstellung enthält diese Schrift eine Schilderung der Phrenologie bis in ihre einzelnen Theile; geschichtlich lehrt sie, wie sie durch Gail entstanden und durch dessen und Spurz heims Tod eine längere Zeit in ihrer Fortbildurg gehemmt worden, wie sie gegenwärtig durch fleissigeres Bear- beiten sich immer mehr Anhänger gewinne und endlich sucht sie zu erweisen, wie sie in alle menschlichen Wirkungskreise hineinrage und daselbst bestimmend influire. * — Der Verf., dem die Phrenologie dem Worte wie dem Wesen nach, nichts anders als Geisteskunde ist, nämlich die Erkenntniss der Thätigkeitsäusserungen des menschlichen Geistes und der Gesetze, welchen dieselben hinwieder unter- worfen sind, bezeichnet somit selbst den Standpunkt, den Forscher dieser AVissen- schaft zuvor einzunehmen haben, wenn sie fruchtbringende Resultate aus ihren Untersuchungen gewärtigen wollen. Nach Ref. Dafürhalten würde es zu ausge- 159 dehnter Zeit bedürfen, wenn er über jedes Einzelne in der Schrift sich hier er- klären wollte; er könne aber fest versichern, es sei zur Belehrung für die mit der Hirnlehre Unbekannten viel Gediegenes darin enthalten, müsse aber laut den Wunsch aussprechen, dass es Anatomen und Physiologen, auch Irrenärzte nicht unter ihrer Würde halten mochten, duneh anatomisch- physiologische und psycho- logische Untersuchungen, das in der Lehre befindliche Wahre vom Falschen zu sondern. Die juristischen Mitarbeiter seien zwar ehrenhafte und geistreiche Persönlichkeiten, ihr Verfahren dabei sei aber zu speculativ und ohne materielles Fundament. 2) Bemerkungen über die Thermen zu Wiesbaden, oder kleine Beiträge zur Pathologie, Diagnostik und Therapie nicht genug beachteter Zustände und ihr Verhältniss zu den Heilquellen, von Dr. H. A. Peez, Herzoglich Nas- s auischem Geheimen Hofrathe, Bade- und Brunnenarzte in Wiesbaden etc., Wies- baden 1844. VI und 19 S. 8. (Der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Bremen hochachtungsvoll gewidmet.} Das Schriftchen, in 3 Abtheilungen zerfallend, zeigt in der ersten, dass oft leichte rheumatische Schmerzen in Wiesbaden nicht zur Heilung kommen, später aber durch eine febi'is cicessoria critica sich entfernen. Die zweite Abtheilung sucht zu beweisen, dass man die mit Gonorrhoe verbundenen schmerz- haften Zustände der Glieder nicht stets für metastatisch und den Tripper als ein Noli me tangere zu betrachten habe. Die kranke Harnröhre solle man nur ebenfalls therapeutisch berücksichtigen und Antigonorrhoica mit leichten Dia- phoreticis in Verbindung bringen und den guten Erfolg mit Sicherheit erwarten. Die dritte Abtheilung lehrt, wie Bäder in ihrer Wirkung oft scheitern in den Fällen, wo Schmerzen und Steifheit in den Gelenken die Folgen von Stric- turen seien. Die Hebung der letzteren beseitige dann auch die übrigen Zustände von selbst, die nur als eine davon abhängende Irritation in den Gliedein ange- sehen werden müssten. Ref. äusserte, dass man dem Verfasser für diese praktischen Resultate zu hohem Danke verpflichtet sei , wenn sie auch des gänzlich Neuen entbehrten ; denn in Betreff des Tripper - Rheumatismus sei viel Schätzbares neulich von Hol sc her in seinen Annalen und hinsichtlich der Gelenkschmerzen bei Harn- stricturen in The Lancet als Referat aus TVestminster medical Society, mit- getheilt worden. 3) Diätetische Fragmente für Aerzte und gebildete Laien, von Dr. Chri- stian Weiglein, praktischem Arztein Grätz etc. Grätz 1842, IV und 108 S. 8. 160 Nach Ref. Ausspruch, sei diese Schrift keine gewöhnliche populair-ärztliche, wie sie an die von Becker und Consorten erinnere, sondern sie enthalte Manches, wie z. B. in den Abschnitten, die Civilisation und ihr Einfluss auf das allgemeine physische Wohl, über Praeservativa , über den klimatischen Einfluss Venedigs, das selbst bei erfahrenen Aerzten nicht geringes Interesse erregen dürfte. 4) Ueber die historische Unwandelbarkeit der Natur und der Krankheiten. Der zweiundzwanzigsten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ge- widmet. Von Br. A. Mühry, praktischem Arzte und Wundarzte, Lehrer an der chirurgischen Schule zu Hannover etc. Hannover 1844. 50 S. 8. Als Skizze zu einem grossem W erke sei dessen Erscheinen von allen Betheiligten nur mit Ungeduld zu erwarten. Kurz aber mit klaren Worten, ver- wahre der Verf. der Natur wie den verschiedenen Krankheiten ihre alten Ahnen- rechte und statuire keine Wandelbarkeit in ihrem Auftreten anders, als Neben- verhältnisse dieses bedingen. Wenn auch der Verfasser viele berühmte Historio- graphen zu Gegnern habe, so sei doch Ref. der Ansicht , dass er durch fortge- setztes gründliches Forschen schon den Kampf mit ihnen bestehen werde. 5} Die Verkehrtheit in der Erziehung und Bildung der weiblichen Jugend von Dr. Friedrich Wilhelm Heidenreich. Zweite verbesserte und mit Nachträgen vermehrte Auflage. Ansbach 1844. VIII und 60 S. 8. Dies Thema verdiene, als von gleich interessanter als hoher Wichtigkeit eine ausführlichere Bearbeitung als es mit aller Mühe des Verf. in vorliegender Schrift geschehe. Die verschiedenen ärztlichen Personen, die der Verf. an den Folgen der verkehrten Erziehung arbeiten lasse, und in Internisten, Oculisten, Orthopäden und Geburtshelfer getheilt werden, würden Manches nur unvollkommen erwähnt finden, Manches ganz und gar vermissen. Weitläufiger sei von Geh. Med. Rath Schmidt aus Berlin, schon in der Braunschweiger Versammlung über diesen Gegenstand gesprochen, das Resultat aber vom Verfasser aus deren Hauptbericht nur oberflächlich berücksichtigt worden. Professor Zeis aus Marburg handelte über die Paracenthese bei der Tympanitis peritonealis und intestinalis . Wenn man in den Fall kommt die Paracenthese des Unterleibes oder der Därme wegen Tympanitis ausführen zu sollen, und sich in den gebräuch- lichsten Handbüchern, oder den sonst einem zunächst zu Gebote stehenden chi- rurgischen Werken über diese überhaupt selten zur Ausführung gekommene 161 Operation Rath erholen will, so findet man entweder gar keinen solchen, oder doch so widersprechende Urtheile über den Werth derselben, dass diese grosse Meinungsverschiedenheit sehr auffallen muss. So rätli, um nur einige Beispiele anzuführen, Zang die Paracentese des Colon descendens als ganz gefahrlos an, während Boyer u. A. sie eine lebensgefährliche, und selbst schon die der Peritonaealhöhle allein ohne Perforation des Darmes eine höchst eingrei- fende und bedenkliche Operation nennen. Ein Fall von Tympanitis, bei welchem ich vor einiger Zeit die Paracentese ausgeübt habe, veranlasste mich möglichst vollständig alles, was darüber geschrie- ben worden ist, nachzusehen, und dies hat mich zu der Ueberzeugung gebracht, welche ich in folgenden Sätzen aussprechen will. 1) Die Furcht vor der Operation wurde ehemals besonders dadurch be- dingt, dass man nicht im Stande war, die Diagnose der Tympanitis perito- nealis von der der Tympanitis intestinalis, des Meteorismus, genau zu trennen. Dies verhält sich gegenwärtig anders , denn mit Hülfe der Percussion vermögen Avir jetzt mit der grössten Bestimmtheit darüber zu entscheiden, ob auch nur eine geringe Menge Gas in der Peritonealhöhle vorhanden ist oder nicht. Nur Avenn ausser in der Peritonealhöhle gleichzeitig in den intestinis Luft angesammelt ist, reichen unsere diagnostischen Hiilfsmittel nicht aus, dies zu bestimmen, und Avir müssen dann die Avährend des Verlaufs der Krankheit gemachten Beobachtungen und das Krankenexamen mit zu Hülfe nehmen. - — 2) Während die älteren Pathologen fast nur Perforation des Darmes durch Geschwüre, oder Erguss purulenter Massen in die Peritonealhöhle, aus denen sich durch Fäulniss Gas entAvickele, für die Ursachen der Tympanitis peritonealis anzuerkennen geneigt Avaren, sind die neueren fast allgemein der Ansicht, dass sie auch durch Diffusion entstehen könne, oder dass die serösen Häute, das Peritoneum soavoIiI als die Pleura, soAvie tropfbar flüssige Stoffe auch gasförmige zu secerniren und zu resorbiren vermögen. Ist diese Ansicht die rich- tige, so würde daraus hervorgehen, dass auch Zustände von Tympanitis ohne bedeutende organische Desorganisationen Vorkommen können, und dass man, so- bald die dadurch bedingten Functionsstörungen, besonders in der Circulation und Respiration, eine bedeutende Höhe erreichen, die Operation zu unternehmen nicht nur berechtigt ist, sondern dass man selbst radicale Hülfe von ihr envarten dürfe, Avelches letztere natürlich nicht der Fall ist, Avenn bereits unheilbare organische Veränderungen wie z. B. Scirrhus des Rectum, Verschlingungen und Verkno- tungen der Därme, Perforation derselben etc. vorhanden sind. Indess unternehmen II. Abtholl. 21 162 wir ja auch die Paracentese des Unterleibes wegen Hydrops bei Kranken, von denen wir recht wohl wissen, dass wir ihnen dadurch nur palliative Hülfe ver- sprechen können, warum sollten wir dies also nicht auch mit der Paracentese bei Tympanitis thun. Es handelt sich nun ferner darum, ob die schlimmen Zufälle, welche man als Folge der Operation selbst fürchtet, wirklich so hoch anzuschlagen seien, als man dies oft gethan hat. Was zuerst das Eindringen von Luft von aussen in die Peritonealhöhle nach der Eröffnung dieser allein anbetrifft, so ist die Furcht vor diesem Ereigniss ganz ungegründet, und es ist durchaus kein physicalisches Gesetz vorhanden, wo- nach dies stattfinden kann. Das Eindringen der Luft von aussen in die Peritonealhöhle nach der Ope- ration der Tympanitis ist ebensowenig zu fürchten, als nach der Operation beim Hydrops oder der Hydrocele . Was nun ferner die Furcht anlangt durch die Perforation des Darmes erst rechten Anlass zur Entstehung von Tympanitis peritonealis zu geben, dass nämlich Austritt von Gas und Fäcalmassen aus den Därmen in die Peri- tonealhöhle erfolgen könne, so muss man sich zuerst daran erinnern, dass die Thierärzte den Pansen der Rinder sehr häufig perforiren, ohne jemals Luftaus- tritt in die Peritonealhöhle erfolgen zu sehen, ferner dass die vitale Contraction der Därme, sowie der nach der Entleerung ihres gasförmigen Inhaltes erfolgende Collapsus die ohnehin kleine Troikartwunde noch um ein sehr bedeutendes ver- kleinern, so dass schon aus diesen Gründen Austritt von Fäcalmasse keineswegs so leicht erfolgen kann, als man gemeiniglich anzunehmen geneigt ist. Zu dem Allen kommt aber noch, dass der Druck, welchen die Därme von den Rauch- wänden zu erleiden haben, auf die in ihnen enthaltene gasförmige Flüssigkeit nach allen Richtungen hin gleichmässig wirkt, und dass somit, wenn nach der Para- centese neue Ansammlung von Gas in den Därmen entstehen sollte, dieses die Wände der Intestina gleichmässig ausgedehnt erhalten muss, ohne durch die kleine Troikartwunde, falls sie noch nicht geschlossen sein sollte, herausdringen zu kön- nen, was zu verhindern auch die den Därmen anliegenden Bauchwandungen und die übrigen Darmschlingen geeignet sind. Es kann hier nicht so wie bei einer Section, wo man den Unterleib geöffnet hat, und die Därme ansticht, die Luft aus ihnen entweichen, und die Wände der Därme collabiren. Durch ein einfaches Experiment kann man sich diese Verhältnisse an- schaulich machen. Wenn man nämlich zwei Schweinsblasen in einander steckt, 163 und dafür sorgt, dass alle zwischen beiden Blasen befindliche Luft ausgetrieben werde, dann die innere Blase verletzt, so erfolgt trotz alles Drückens kein Col- lapsus der inneren Blase, oder Luftaustritt zwischen beide, weil, wie gesagt, der Druck sogleich auf die in der Blase enthaltene Luft wirkt, und die Blase gleichmässig nach allen Richtungen hin ausgespannt erhält. Keineswegs als ob man bei der öfteren Anwendung der Paracentese bei der Tjmpanitis sehr glänzende Resultate gewinnen werde, vielmehr überzeugt davon, dass sie überall, wo organische Veränderungen zu Grunde liegen, keine radicale Hülfe zu schaffen vermag, höchstens als Palliativoperation die suffocato- rischen Beschwerden erleichtern kann, bin ich trotzdem der Meinung, dass die Verminderung der Furcht vor der Gefahr der Operation selbst, dazu beitragen kann, manchen Arzt zur Unternehmung der Perecentese, besonders bei der Tjm- panitis der Kinder, zu veranlassen, und auf diese Weise bisweilen ein Menschen- leben zu retten, wo alle anderen Mittel dies zu thun unvermögend sind ; wenigstens spricht dafür auch der kürzlich von Stuhr in Celle beschriebene Fall dieser Art, vielleicht der einzige bis jetzt bekannte, in welchem die Paracentese bei Tjm- panitis mit glücklichem Erfolge gekrönt worden ist. (Eine ausführliche Bearbeitung dieses Gegenstandes, schon zum Drucke bereit, wird Professor Zeis nächstens erscheinen lassen.} Dr. Hey land aus Lübeck theilte den Inhalt eines Briefes von Dr. Coll- mann daselbst mit, worin gemeldet wird, dass Hofrath Leithoff ebendaselbst sein schon lange Jahre bestehendes orthopädisches Institut wegen Krankheit auf- zuheben gedenke und die ansehnlichen Gebäude und Gärten verkäuflich anderweits diesem Zwecke entsprechend verwenden möchte. Ferner berichtete er über den tödtlich abgelaufenen Fall einer Vergiftung durch eine Nürnberger graue Farbe, die sich im Malerkasten befunden hatte und Arsenikbestandtheile enthielt. Endlich rügte Dr. Heyland eine Unrichtigkeit in dem Mainzer Bericht der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte, eine Bluterfamilie seiner Stadt betreffend. Die Erzählung, S. 290 des Berichts befindlich, deren Verfasser er nicht kenne, enthalte viele Unwahrheiten, die der Familie, die wirklich in Lübeck wohne, nicht gleichgültig sein könnten. Zugleich nahm er diese Gelegenheit wahr, über Bluter aus seiner Erfah- rung und zwar über die Beschaffenheit des Blutes derselben und über dessen Gehalt in einem von ihm beobachteten Falle zu sprechen. In diesem bestand das 21 * 164 zuerst abgeflossene Blut in 1000 Theilen aus 780 Wasser, 5 Faserstoff, 70 Ei- weissstoff und 137 Blutroth. Mit den angeführten Bestandtheilen von Lecanu verglichen habe er hinsichtlich des Faserstoffs grosse Verschiedenheit und für seinen Fall ein grosses Uebergewicht gefunden. Seiner Ansicht von der Natur der Bluterkrankheit angemessen, gebe er das Strychnin in sehr kleinen Dosen. Dr. Grandid ier aus Cassel zeigte einen Weichselzopf vor, der nicht wie gewöhnlich zopfartig war, sondern zu den massenförmigen gehörte. Er stammte von einer den höhern Ständen angehörenden polnischen Dame, welche innerhalb 5 Jahren dreimal davon befallen wurde. Da ihr diese am Hinterhaupte sitzende Masse durch ihr Gewicht und die starke Zerrung der Kopfhaut uner- träglich wurde, so suchte sie sich stets davon durch Abschneiden zu befreien, ohne weitern nützlichen Rath einzuholen. Zweimal blieb dieser Eingriff' unge- straft; als sie aber zum drittenmale den Zug der pathischen Stoffe mit der Scheere unterbrochen und die vorliegende Masse abgeschnitten hatte, stellte sich allmäh- lich ein schweres Leiden ein, in Folge dessen sie von ihrem Arzte nach Nenn- dorf geschickt wurde. Ausser den gewöhnlichen Zeichen der Dyskrasie und Cacochymie , waren es besonders heftige reissende Schmerzen in den Knochen des Kopfes und der Extremitäten, zahlreiche, runde und flache Geschwüre an den Schleimhäuten der Deglutitionsorgane, und die Erscheinungen beginnender Lun- gentuberkeln, welche an dieser bisher gesunden Dame beobachtet wurden. Durch den sechswöchentlichen Gebrauch der Schwefelwasser und Gasbäder und bei dem innern Gebrauch der Molke wurde zwar jenes Schleimhautleiden gänzlich besei- tigt, aber die Folge müsse lehren, wie lange sie von jenen pathischen Stoffen, der Weichselzopfmasse nämlich, befreiet bleiben werde. Sanitätsrath Lamby aus Iburg, sprach über die Anwendung von Bella- donna-Klystieren im Jleus nach eigenen und Dr. Hanius’s glücklichen Erfah- rungen. Die Klystiere bestanden aus einer halben Drachme des Krautes in einem Aufgusse, welche so oft wiederholt werden, bis narkotische Symptome eintreten, durch welche die Erscheinungen des Jleus verschwinden. Die Gefahr zu be- deutender Narkose habe er bis jetzt noch nicht beobachtet. Professor Michaelis aus Kiel, zeigte ein Becken seltener Eigentüm- lichkeit, dessen beide Synchondrosen fest verwachsen und welches dadurch im Querdurchmesser verengt war. Es sei dadurch ein doppelt schräg verengtes Becken geworden, wovon ein ähnliches sich nur noch in D’ Outrepont’s Samm- lung in Würzburg befinde. Der Redner betrachte diese Deformität als ein vitium congenitum y dem keine Krankheit weiter zum Grunde liege. Der 165 eigentliche Besitzer dieses Beckens sei Dr. Kirchhoffer in Altona, der Gyps- Abgüsse , zu 2 Thlr. das Stück, davon verfertigen lassen wolle. Dr. Oppenheim aus Hamburg, berichtete über das von Dr. Franz Xaver Czykanek der Versammlung zugeschickte Buch, die Behandlung der typhösen Fieber durch grosse Dosen Chinin. Da die Vorträge beendigt Avalen, schritt die Section zu den Discussionen. Hofrath Textor aus AVürzburg handelte über die Paraeenthese des Unterleibes bei Luftansammlungen und stimmte Professor Zeis’s Behauptung bei, dass man oft zu solchen Operationen greifen müsse, von denen man auch nicht so sicher Heilung erwarten könne, nur um den Kranken Erleichterung zu verschaffen. Er wähle zu solchen Operationen den französischen Troikart Avomit er den Darm ansteche und dann die Luftpumpe naclnvirken lasse. Den ungegründeten Aron Zeis angegebenen Befürchtungen stimme er ebenfalls bei. In dem von ihm besonders hervorgehobenen Falle war der Dünndarm in Form eines harten Ringes vom Peritonaeum der Unterleibsmuskeln doppelt wie ein x eingeschoben. Dr. L amby stellte die Frage, ob nicht auch in solchen Fällen Belladonna- Klystiere angeAvandt werden dürften, Avas aber Textor verneinte, hinzufügend, dass die incarcerirten Brüche sich selten glichen, von einander unterschieden Aver- den müssten, und darnach auch die Behandlung eine Veränderung erleide. Hof- rath Textor erwähnte auch noch der eingeklemmten beAveglichen Brüche und Präsident Hol scher sprach sich ähnlich wie Zeis und Textor für die Opera- tion der Paraeenthese bei Tympanitis aus. Professor Fuchs bezAveifelte die grosse Menge Faserstoffs, deren Dr. Heyland in seinem Fall der Bluterkrankheit erwähnt habe, denn er selbst habe nur grossen Mangel an demselben stets beobachtet und nicht einmal das Blut coa- guliren sehen. Er fragte den Dr. Heyland, welche Methode er zur Ausschei- dung des Faserstoffs benutzt habe, und ob nicht auch andere Bestandteile noch damit verbunden geAvesen seien, die zu einer Täuschung Veranlassung gegeben haben könnten. Dr. Heyland erwiderte, dass, obgleich er auf diese seine Untersuchungen keinen Werth lege, er nur damit habe bemerken Avollen, dass sich das Blut sogleich coagulirt habe und dies doch nicht anders als durch einen Gehalt von Faserstoff geschehen könne. Von verschiedenen anderen Seiten Avurde noch über die Identität des Morbus maculosus W ei'lhojfii und der Bluterkrankheit gesprochen, und dass in ersterer ebenfalls ein geringer Faserstoffgehalt vorhanden sei. 166 Dr. S iebert aus Bamberg erinnerte an das Alterniren der Blutung aus dem Capillargefässsystem beim Morbus maculosus FF'erlhojjii; es könne sich dieselbe an den entferntesten Stellen erzeugen, doch gehöre dazu ein vor- her einwirkendes Agens. Er erinnerte ferner, dass man bei Behandlung der Werlhoff sehen Krankheit sich an keinen Schmerz im Darmkanal kehren müsse, sondern geradezu die Mittel anwenden solle, die man in ähnlichen Fällen auf der blutenden äussern Haut zu appliciren nicht anstehen würde, Säuren, China etc. Professor Fuchs sprach über die grosse Seltenheit oder das Garnichtvor- kommen der Bluterkrankheit bei weiblichen Individuen; doch war es für ihn vom grössten Interesse, von einigen der Anwesenden, namentlich Dr. Thulesius, Dr. Sch midt sen. aus Bremen und Anderen, auch Erfahrungen beim weib- lichen Geschlecht zur Kenntniss zu bekommen; nur müsse er vor Verwechselung mit der Werlhof f’ sehen Krankheit warnen. Noch redete Dr. Hahn aus Han- nover über die Krankheit der Bluter und Präsident Holscher bedauerte es, dass man erst dann die Natur eines Bluters erfahren könne, wenn eine Verletzung irgend einer Art stattgefunden. Auch über die Belladonna-Klystiere sprach sich Dr. Könemann aus Haye noch vortheilhaft aus und Präsident Holscher rieth zu einiger Vorsicht in ihrer Anwendung, lieber den Gebrauch des Chinin ’s im Typhus discutir- ten Regierungsrath Meyer aus Minden, Dr. Erpenbeck aus Leer, Dr. Chaufepie sen. aus Hamburg, Leibarzt Röser aus Athen, Professor Fuchs aus Göttin gen und Dr. Christian Schmidt aus Bremen und Dr. Mansfeld erinnerten daran, dass Regimentsarzt Dr. Bonorden in Minden bereits im Jahre 1841 der Versammlung der Naturforscher in Braunschweig eine besondere Schrift mit vielen Beobachtungen über Anwendung des Chinin’s in grossen Dosen im Typhus eingesandt habe, daher die Czykanek’ sehe Schrift durchaus nichts Neues enthalte. Professor Fuchs sprach sich noch darüber aus, wie eine rationelle Heil- methode nie ein bestimmtes Mittel für eine Krankheit statuiren könne, daher auch im Typhus das Mittel den Verhältnissen nach gewählt werden müsse. Dr. Mansfeld kündigte seine" Abreise an, dankte der Section für das ihm geschenkte Vertrauen als Secretär, ,und ersuchte Dr. Runge aus Bremen als|seinen Nachfolger wählen zu wollen, und Präsident Hol sch er brachte Hof- rath Textor zum Vorsitzenden für den morgenden Tag in Vorschlag, welches, wie Dr. Mansfeld’s Antrag angenommen wurde. 167 Fünfte Sitzung Dienstag den 24. September 1844. Vormittags von 8 bis 10 Uhr. Präsident: Hofrath Textor aus Würzburg. Secretär: Dr. Runge aus Bremen. Erst um 8% Uhr hatten sich so viele Mitglieder versammelt, dass der Präsident die Versammlung eröffnen konnte. Zunächst wurde Professor Listing aus Göttingen aufgefordert, den von ihm angekündigten Vortrag: „über eine häufig vorkommende undurchsichtige Stelle in den brechenden Medien des mensch- lichen Auges“ zu halten. Da aber Professor Listing nicht anwesend war und weiter keine Vorträge angemeldet wurden, so vertheilte Dr. Chaufepie sen. den Prospectus des orthopädischen Instituts zu Hamburg von Otto Langaard, welches erst kürzlich zu Hamburg gestiftet sei, und von dem er sich wesentlichen Nutzen verspreche, ja wodurch eine in Hamburg fühlbare Lücke ausgefüllt worden sei. Er h a u f e p i e) habe viele der bedeutenderen orthopädischen Anstalten Deutschlands gesehen und glaube, dass die in Ham- burg neu errichtete hinter diesen nicht Zurückbleiben werde. Langaards Bru- der sei Director einer orthopädischen Anstalt in Kopenhagen, bei diesem sei Otto L. länger gewesen und habe sich dort ausgebildet und sowohl dieser, als auch seine Frau würden gewiss für die aufmerksame und liebevolle Behandlung der ihnen anvertrauten Pfleglinge das Mögliche thun. Ferner berichtete Dr. C haufepieüber ein neues Stethoskop, das ihm der Er- finder Dr. Grahl, als ein verbessertes mitgegeben und ihn gebeten habe, es der medi- cinischen Section vorzulegen. Das Stethoskop habe sich aber bei näherer Unter- suchung eben nicht als ein verbessertes erwiesen; die Muschel sei zu gross, der Rand derselben lege sich eben deshalb nicht genau genug an die Brust an, die zum Anlegen an das Ohr bestimmte Spitze erfülle auch nicht so gut ihren Zweck, wie die Platte an den gewöhnlichen Stethoskopen und durch beides entständen falsche Töne. Da in Bremen keine geeignete Gelegenheit sei, das Stethoskop aufzubewahren, so glaube er dem Zwecke und dem Interesse des Erfinders nicht entgegen gehandelt zu haben, indem er es Dr. Mansfeld mit nach Braun- schweig gegeben. Der Präsident fragte nun an, ob Jemand noch irgend etwas mitzutheilen habe und da sich hierauf Niemand meldete, so brachte er die Operation des grauen Staars zur Sprache. Dieselbe sei eine dreifache , die Depression , die Extraction und die Zerstückelung der Linse. Zu der letztem sei besonders die Kera - 168 tonyxis vor etwa 30 Jahren durch Buchhorn empfohlen worden. Diese machte anfangs grosse Sensation, man glaubte die Fragmente der zerstückelten Linse lösten sich nachher auf und würden resorbirt; die damaligen Journale erzählen da- von grosse Wunderdinge. Nach und nach lernte man einsehen, dass dies wenig- stens nicht immer der Fall sei, dass oft bedeutende Entzündung darauf folge, und so machte man dann die Depression der Linse durch die Keratonyxis. Aber auch diese hielt sich nicht in allgemeinem Ansehn, man fürchtete von dem Einstich durch die Hornhaut bedeutende Narben und Verdunkelungen , machte da- her denselben ganz am Rande der cornea , so dass noth wendig, indem man die Spitze der Nadel mehr nach innen gegen die Linse wendete, die Iris und der Ciliarkörper stark gequetscht und gezerrt werden mussten. Dies gab natürlich Veranlassung zu mancherlei bösen Folgen und so gerieth die Keratonyxis in Miss- credit und wurde nach und nach wieder mehr und mehr verlassen. Geheimerath von Walther in München war Einer der Wenigen, die ihr treu blieben, und von ihm sahTextor sie ausführen. Man hat vielerlei Nach- theile von der Keratonyxis erzählt, als Narben, die auf der Hornhaut zurück- blieben, sehr leichtes Ausfliessen der wässrigen Flüssigkeit u. s. w. • trotz dem ist von Walther bis jetzt ein Anhänger dieser Operationsweise geblieben, nur macht er den Einstich nicht am Rande, sondern mehr in der Mitte der coimea. ohne zu fürchten , dass eine verdunkelnde Narbe davon Zurückbleiben werde. Nach diesem Vorbilde habe denn auch er (Hofrath Textor) diese Operationsweise zu der seinigen gemacht, seitdem sie sehr oft ausgeführt und dieselbe immer geübt mit Ausnahme einiger weniger Fälle , in denen besondre Umstände ihre Ausfüh- rung nicht erlaubten. Dabei sei ihm oft von Walthers Ausspruch eingefallen, dass Jemand der bei gesunder Hornhaut die Linse durch Scleroticonyxis deprimire, ihm vorkomme, wie Einer, der mühsam in ein Haus durch das Fenster hinein- steige, anstatt durch die offene Thür zu gehen. Die Mehrzahl der Fälle gelinge, obgleich die Keratonyxis auch ihre Nachtheile habe, wie es denn in der ganzen Chirurgie überhaupt keine absolut gute Methode gebe. Der öftere Wechsel der Methoden in der Chirurgie rühre gewöhnlich daher, dass Jemandem eine Reihe unglücklich ablaufender Fälle nach einander vorkämen, der nun die Schuld leicht auf die Operationsmethode zu schieben geneigt sei und sich deshalb eine Zeit lang einer andern bediene. Gewiss gebe es gute und schlechte Methoden in der Chirurgie, aber sehr viel hänge auch von der Ausführung einer Operation und noch mehr von der Nachbehandlung ab. Nach Allem, was er in Deutschland, Frankreich und Italien von Staaroperationen gesehen habe, glaube er mit der 169 Keratonyxis wenigstens eben so glücklich gewesen zu sein, wie Andere mit der Scleroticonyxis. Nur bei mit der Kapsel verwachsenem Staar und starker Verdunkelung der Linsenkapsel scheine die Scleroticonyxis den Vorzug zu verdienen, weil man bei dieser die dunkelen Theile besser bemerken, also auch besser entfernen und lösen könne. Wenn nach der Depression die Linse immer wieder aufsteige, so bleibe endlich nichts anderes übrig, als zur Extraction zu schreiten; diese habe er aber nie gleich anfangs gemacht, sondern immer erst die Depression durch Keratonyxis versucht, ja sogar diese oft 5 bis 6 mal wieder- holt, ehe er zur Extraction geschritten. Manche Augen seien so empfindlich, dass sie bei jeder Operation zu Grunde gehen würden. Einer der bösesten Zu- fälle nach der Keratonyxis sei die Hornhauterweichung, die Textor öfter ge- sehen habe, und wobei die Hornhaut vom Rande aus sich verdunkele, ihre Ober- fläche sich in Läppchen und Schüppchen erhebe und dieselbe so complet sphace- lire. Leider sei ihm noch kürzlich ein solcher trauriger Fall vorgekommen bei einem Manne, der, nachdem er das eine Auge auf diese Weise verloren, nicht aufgehört habe zur Operation auch des anderen Auges zu drängen, die leider denselben Erfolg hatte und also mit völliger Erblindung des Patienten endigte. Die Ursache des Misslingens der Operation möge mitunter in ungeschickter Aus- führung derselben liegen, indessen sei dies bei Weitem nicht immer der Fall ; oft miss- lingen die leichtesten Operationen und im Gegentheil entwickele sich oft nach langsamen und schwierigen Operationen auffallend wenig Entzündung. In günstigen Fällen könne die Operation sehr schnell, fast in einem Augenblicke gemacht wer- den, der Einstich, die Niederdrückung der Linse und die Zurückziehung der Nadel würden innerhalb weniger Secunden ausgeführt und trotzdem seien auch dann die Folgen oft die traurigsten, Entzündung, Pupillensperre, Vereiterung u. s. w. Er steche jetzt gerade im Mittelpunkte der Cornea ein, ohne die zu- rückbleibende Narbe zu fürchten. Die verschiedenen, von Scarpa, Siebold, Langenbeck, von Walther und Anderen angegebenen Staarnadeln habe er alle durchprobirt, halte aber die einfache lanzenförmige gerade Nadel von Beer für die zweckmässigste. Sie dringe leicht ein, gehe leicht zurück, die Wunde sei wie geschnitten, nirgends gequetscht und so heile der Stich so schön, dass nachher die Narbe schwer zu finden sei. Endlich forderte Hofrath Textor die Anwesenden auf, zu sagen, was für Operationsmethoden sie angewandt, und welche sie für die besten hielten. Da hierauf Niemand antwortete, so fragte er an, ob Jemand Erfahrung habe über die Operation des künstlichen Afters am Colon descendens , wie sie 22 II. Abtheil. 170 Amussat kürzlich angegeben und ausgeführt habe. Er (Textor) habe die Operation des künstlichen Afters zweimal gemacht an Kindern auf die gewöhn- liche Weise an der Flexura sigmoidea , die Operation nach Amussats An- gabe habe er an der Leiche versucht, aber es sei ihm nicht gelungen, in den Darm einzudringen, ohne das Peritonaeum zu verletzen; vielleicht sei die Ope- ration am Lebenden leichter auszulühren, da dann immer das Colon durch Faeces erfüllt und also leichter zu entdecken sei. Die Gelegenheit zu dieser Opera- tion am Lebenden sei sehr selten, Scirrhus im Mastdarm mache sie wohl noth- wendig, aber der Scirrhus sei überall eine seltene Krankheit. Dr. Barkh ausen aus Bremen fragte an, ob Textor Scirrhus in der Brust bei Männern oft gesehen habe. Hofrath Textor erwiderte, er habe dies einigemale gesehen, Scirrhus in Weiberbrüsten aber sehr oft operirt; von allen operirten Frauen aber lebe nur noch Eine, der er vor 3 Jahren eine scirrhöse Brust amputirt habe; bei allen andern seien Recidive eingetreten und in deren Folge der Tod. Scirrhus in den Hoden und Lippenkrebs schienen nach der Opera- tion nicht so häufig zu recidiviren, wie der Scirrhus in der Weiberbrust. Wenn aber auf die Operation eines Scirrhus kein Recidiv folge, so sei es immer die Frage, ob man es auch wohl mit einem wirklichen ächten Scirrhus zu thun ge- habt habe. Dr. Erpenbeck aus Leer fragte an, ob Jemand genauere Beobachtun- gen angestellt habe über die Entstehung der Taubstummheit. Er habe etwa 20 Taubstumme genau untersucht und hoffe, dass bei etwas grösserer Aufmerk- samkeit der Aerzte das Uebel in Zukunft nicht mehr so ganz als unheilbar werde betrachtet werden müssen. Die meisten Taubstummen schienen es erst im zwei- ten oder dritten Jahr zu werden, man höre von den Eltern, dass diese anfangs nicht bemerkt hätten, dass die Kinder taub wären; auch lernten die Kinder in der Regel einige Laute aussprechen, ein sicherer Beweis, dass sie Gehör besessen haben müssten. Bei allen Taubstummen, die er gesehen, seien allgemeine Scro- phulosis, Verengerung der Tubae Eustachii und Anschwellung der Tonsillen die Ursachen gewesen und hierauf habe er seine Behandlung gegründet. Diese be- stehe in den gewöhnlichen Antiscrophulosis gegen die allgemeine Dyskrasie, ferner dem Gebrauche von Jod innerlich und äusserlich gegen die Anschwellung der Mandeln, wobei nachher auch adstringirende Dinge, z. B. Pinseln mit einer starken Auflösung von Alaun auf die Mandeln selbst angewandt werden könnten, endlich Erweiterung der Tuben durch die Einführung des Catheters und der Bou- gies. Durch die eingelegten Catheter könnten dann auch lauwarme Dämpfe ent- weder blos von Wasser oder auch von andern heilkräftigen Substanzen, Aether u. s. w. in die Tuben geleitet werden. Bei diesem Verfahren sei bei mehreren Taubstummen Hörfähigkeit eingetreten, und sie hätten selbst bei übergehangenem Tuche Manches vernommen. Ein jüngerer Knabe sei fast ganz geheilt gewesen, als leider bei einem heftigen Anfalle von Angina die Mandeln wieder intumescir- ten und damit auch das Gehör gänzlich wieder verloren gegangen sei. Zur Vollendung der Cur seien fleissige Hör- und Sprachübungen unerlässlich. Wenn man schon bei kleinen Kindern die erwähnten Punkte wohl beachtete, so würde sich die Taubstummheit gewiss verhüten lassen. Das Catheterisiren der Tuba Eustachii sei bei kleinen Kindern sehr wohl möglich und ein dünner elastischer Catheter mit eingelegtem Silberdraht hierzu am besten zu benutzen, denn ohne den Silberdraht sei ein solcher Catheter seiner Biegsamkeit wegen schwer oder gar nicht einzubringen. Nur ergebe sich hierbei der Uebelstand, dass das Aus- ziehen des Drahtes aus dem Catheter sehr schmerzhaft und schwierig sei und bei einliegendem Drahte sich durch den Catheter nicht gut heilkräftige Dämpfe in’s Ohr leiten Hessen. Das Instrument seiner Erfindung ist, wie nebenstehende Zeichnung Tc verdeutlicht, ein elastischer Chateter, der an seinem vordem Ende c ge- rade abgeschnitten ist. Darin liegt ein Silberdraht, der das Ende des Ca- theters bei c nicht ganz erreicht und bei a durch die Wandung desselben nach aussen geht. So kann man nun dem Catheter jegliche Biegung geben, sa die zur Einführung desselben bequem sein könnte, und obgleich der Sil— Ns berdraht liegen bleibt, kann man durch die offene Mündung b Dämpfe ein- ^ dringen lassen, die an dem Silberdraht seitlich vorbei gehen, und so durch die Oeffnung c das Innere des Ohres erreichen werden. Man müsse sich hüten, den Catheter zu tief einzuführen. Dr. Erpen- beck versicherte, dass sein ganzes Heilverfahren und besonders die Einführung heilkräftiger Dämpfe in die Tuben nicht nur das Gehör, sondern auch die Sprache wesentlich verbessere, indem selbst die Sprachorgane auf eine eigenthümliche Weise dadurch belebt zu werden schienen; ja er vermuthe, dass auch hier die Magnetelectricität von grossem Nutzen sein könne. Die ganze Curmethode be- stehe also, um es noch einmal kurz zu sagen in Beseitigung der mechanischen Hindernisse und Belebung und Uebung des Gehörs und der Sprache. Dr. Barkhausen meinte die Ursache der Taubstummheit liege doch oft tiefer und sei dann wohl nicht so leicht heilbar. So fänden sich oft Verbildungen des Schädels und in Folge davon mangelhafte Ausbildung aller Geistesthätig- 22 * 172 keiten damit verbunden. Dr. Erpenbeck führt aber dagegen an, dass bei man- gelndem Gehör auch die dazu gehörigen Theile des Gehirns unausgebildet blieben und darnach der Schädel sich conformire. So habe er bei dem oben angeführten, fast geheilten taubstummen Knaben einen Eindruck am Schädel während der Cur verschwinden sehen und zugleich hätten sich die Geistesfähigkeiten bei demselben bedeutend entwickelt. Dr. Bark hausen führte dagegen wieder an, dass er den Schädel einer erwachsenen taubstummen Frau besitze, dessen mittlerer Theil offenbar sehr mangelhaft ausgebildet sei. Mitunter liege auch die Ursache der Taubstummheit in einer fehlerhaften Bildung der Zunge und andern Dingen. Durch Zurückbildung der Geschwulst der Mandeln könne vielleicht arge Schwer- hörigkeit etwas gebessert, mehr aber doch wohl nicht geleistet werden. Dr. Oppenheim fragte an, ob man Condylome immer als Symptome einer primären, secundären oder tertiären Syphilis betrachten müsse, oder ob vielleicht auch Condylome vorkämen, die gar nicht syphilitischen Ursprungs wären. Er sei kürzlich als dritter Arzt zu einem Falle zugezogen worden, in welchem eine junge, schwangere, 17jährige Frau seit längerer Zeit an Schmerzen in der Vagina und weissem Fluss gelitten habe. Bei näherer Untersuchung fanden sich eine Menge breiter Condylome an der inneren Fläche der Scheide. Die beiden andern Aerzte sprachen nun von Schmierkur, Entziehungskur u. s. w. Dr. Oppen- heim konnte aber sogleich einem so heftig eingreifenden Verfahren nicht beistim- men. Die Frau war früher nie syphilitisch gewesen, der Mann hatte allerdings an einer syphilitischen Ansteckung gelitten, war aber genesen und seit seiner Verheirathung nicht mehr krank gewesen. Man beschloss vorläufig die Entbin- dung abzuwarten und beschränkte sich bis dahin auf örtliche Mittel, die aber nicht ganz zum Resultate führten. Der Rest wurde nur mit Essig betupft und man behielt es sich vor, nach der Entbindung eine umfassendere Behandlung ein- zuleiten. Zur rechten Zeit wurde ein gesundes kräftiges Kind geboren und bald nachher verschwanden die Condylome ganz von selbst. Dr. Barkhausen meinte, dieser Fall müsse bestimmt als Syphilis be- trachtet werden. Es komme gar nicht selten vor, dass eine Frau syphilitisch an- gesteckt werde von einem Manne, der augenblicklich gesund, früher aber syphili- tisch gewesen sei. Eben so habe er oft beobachtet, dass Kinder mit angeerbten syphilitischen Ausschlägen geboren wären , die nur durch Mercurialia hätten ge- heilt werden können, obgleich die Eltern augenblicklich gesund waren. Ammen, die sich bei der Untersuchung ganz gesund zeigten, steckten oft später an, ob- gleich sie selbst gesund blieben. Er habe gesehen, dass ein Kind und eine dessen 173 Amme aussaugende erwachsene Dienstmagd beide Schanker im Munde bekamen, obgleich an der Amme sich durchaus augenblicklich keine syphilitische Affection habe entdecken lassen. Dr. Richard aus Osnabrück stimmte Dr. Bark hausen ganz bei und erzählte, in einem Dorfe nahe bei Osnabrück sei eine eigenthümliche Krankheit aufgetreten, aus der die Aerzte anfangs nichts zu machen wussten, bis es sich endlich entdeckte, dass das Leiden syphilitischer Art sei. Ein Mann hatte vor 15 Jahren die Krankheit eingeschleppt, seine Frau angesteckt, diese hatte ihren Säugling mitunter einer Nachbarsfrau in Verwahrung gegeben, die das Kind in Abwesenheit der Mutter auch wohl an die Brust gelegt habe und so sei in einem Zeiträume von 15 Jahren hauptsächlich durch Säuglinge die Krankheit weiter und weiter verbreitet und habe zuletzt an 40 Personen ergriffen. Dr. Richard hält zweifelhafte Formen gern für echt syphilitisch, so z. B. die Hirsekörnchen in der Scheide bei Fluor albus und behandelt solche Personen immer tüchtig antisyphilitisch, da dies ja doch wenigstens niemals schaden könne. Professor Fuchs meinte, die Syphilis könne allerdings auf vielfache Weise übertragen werden und komme unbezweifelt erblich vor, obgleich die Eltern augenblicklich gesund seien. So habe er ein Kind geboren werden sehen mit einem syphilitischen Ausschlage und Schankern im Halse, die bereits den grösse- sten Theil des Velum pendulum zerstört hatten, obgleich zur Zeit der Ent- bindung die Mutter ganz gesund war, bei der aber später wieder syphilitische Symptome auftraten. Es kämen aber auch bei Kindern ganz gesunder Eltern Condylome am After vor, die ohne das Auftreten anderer syphilitischer Erschei- nungen ganz von selbst verschwänden und wahrscheinlich nicht syphilitischer Natur wären. Die syphilitische Dyscrasie sei offenbar eine neuere Krankheit, einzelne syphilitische Symptome seien dagegen vielleicht so alt, wie die Welt und zu diesen gehörten die Condylome, die in der alten Chirurgie unter dem Namen Morus aulgeführt und durch allerhand örtliche Mittel, Aetzen, Brennen etc. behandelt worden seien. Solche Condylome könnten nun vielleicht noch heutigen Tages spontan aultreten und so müssten also nicht alle Condylome syphilitisch sein , ob- gleich er gern zugestehen wolle, dass sie es meistentheils wären. Die Entschei- dung, ob die von Dr. Oppenheim angeführte Frau syphilitisch gewesen sei oder nicht, sei sehr schwierig. Oft trete die Syphilis in der Schwangerschalt zurück und recidivire nachher Avieder. Auf Dr. Oppenheims Anträge, Avie solche zu behandeln seien, erwiederte Prof. Fuchs, dass jedenfalls Avohl Avährend der 174 Schwangerschaft ein möglichst unschädliches und indifferentes Verfahren einge- schlagen werden müsse. Dr. Siebert aus Bamberg wünschte die Aufmerksamkeit der Versamm- lung auf ein Strafverfahren zu leiten, das leider noch immer stark im Schwange sei, nämlich die körperliche Züchtigung. In Deutschland werde leider noch immer entsetzlich viel geprügelt; es gebe criminalistische , polizeiliche, militairische und inquisitorische Prügel, ja mitunter finde sich die Polizei veranlasst, sogar prophy- lactische Prügel auszutheilen. Noch kürzlich sei in einer grossen Residenz Deutschlands eine Verordnung erlassen worden, dass selbst Epileptische geschla- gen werden dürften. Ihm sei kürzlich ein Fall vorgekommen, dass ein junger Mann, der an Herzerweiterung litt, in Folge körperlicher Züchtigung gestorben sei. Fälle, in denen Krankheiten dadurch entstanden, als Congestionen zu wich- tigen inneren Organen, Zerreissung der Milz, Epilepsie etc. seien nicht selten. Schläge seien eine völlig maasslose Strafe, da offenbar manche Nachtheile da- durch entständen, die nicht in der Absicht der Behörden lägen und darüber müss- ten die Behörden aufgeklärt werden. Er bitte nun die Anwesenden, ihm ihre Erfahrungen darüber mitzutheilen , wie diesen Uebelständen zu begegnen sei. Er meine, dass die Gerichtsärzte, die allerdings die Gesetze ausüben müssten, wie sie sie vorfänden, doch in ihren Gutachten wohl vor allen Dingen die Behörden auf die oben erwähnten Punkte aufmerksam machen sollten. Ausserdem liege wohl die beste Abhülfe in einer freien Besprechung der Sache durch die Presse. Er denke in der Henkeschen Zeitschrift gegen das Prügelsystem zu Felde zu ziehen und ersuche die anwesenden Herren, ihn darin möglichst zu unterstützen. Dr. Oppenheim erinnerte noch kurz, dass es nur zu wünschen sei, dass an die Stelle der abgeschafften Prügelstrafe nachher nicht gar noch schlimmere Proceduren träten. So hätten englische Officiere sich veranlasst gefunden, nach Abschaffung der Schläge medicinische Strafen wieder einzuführen, wie die Appli- cirung der Magenpumpe, der Vesicatore etc. Endlich wurde der durch Elephantiasis verunstaltete amputirte Unter- schenkel und Fuss eines Negers aus St. Thomas in Spiritus vorgezeigt, ein so- genanntes Barbadoes-Bein, welches Prof. Es ehr i cht aus Kopenhagen mitgebracht und der pathologischen Sammlung des ärztlichen Vereins zu Bremen geschenkt hatte. Professor Fuchs nahm hierbei Gelegenheit, ein Bild des Verlaufes der Elephantiasis von Barbadoes zu entwerfen und machte besonders darauf aufmerksam, dass auch bei uns mitunter harte Knollen an den Beinen vorkämen, die sich in Folge öfterer Anfälle von Erysipelas oder alter Geschwüre durch Ablagerung 175 platischer Lymphe in das Unterhautzellgewebe bildeten, dass aber diese sich von der wirklichen Elephantiasis in tropischen Gegenden immer wesentlich dadurch unterschieden, dass bei letzterer nicht nur das Unterhautzellgewebe krank, sondern auch die Haut selbst von einer tuberculosen Entartung ergriffen sei; in der Haut lägen hornige Tuberkeln, die sich leicht herausschälen Hessen. In diesen kleinen, harten , bräunlichen , hornartigen Tuberkeln scheine der Hauptcharacter der echten Elephantiasis heisser Climata zu liegen. Der Präsident hob um 10 Uhr die Sitzung auf, weil um diese Zeit die letzte allgemeine Versammlung auf dem Rathhause begann. Für den folgenden Tag Avurde Medicinalrath Dr. Tourtual aus Münster zum Präsidenten ge- Avählt, falls noch eine Sitzung Statt finden solle, die aber nicht zu Stande kam. Nachträglich erhielten wir noch durch Vermittelung des Herrn Dr. Bark- hausen von Herrn Hofmedicus Dürr in Hannover folgende interessante Mit- theilung : Ueber die Krankheit Torcicollo. Von einem practischen Arzte in Palermo, im August 1844. Die folgende Notiz ist ein Auszug aus dem officiellen Berichte an den hohen Gesundheits - Magistrat in Palermo, und aus Special- Berichten. Diese Krankheit ist in Sicilien nicht eher gesehen, als im vorhergehenden Jahre 1843 und im laufenden 1844, in früherer Zeit noch nie. Sie fing in jedem Jahre im Winter an und versclnvand im Anfang des Sommers. Die Ursachen, durch welche diese Epidemie ( inßuenza ) sich entwickelte, sind geAvesen heftige Kälte, sehr feuchte Regenzeit, plötzliche Umwechsl ungen in der Atmosphäre und die Armuth. Sie herrschte epidemisch; die Zahl der Fälle erreichte ungefähr den fünften Theil der Bevölkerung, und bis etAva zu 20 Procent der Ergriffenen fielen dem Tode anheim. Man glaubt keinen Grund zu finden für eine contagiöse Ur- sache, auch nicht einmal für eine solche, welche von der Localität abhängt, denn sie zeigte sich soAvohl an gesunden, als ungesunden Orten; nur in den letzteren in grösserer Anzahl. Die Zeit , in Avelcher sie auftrat , Avar auch nicht die des Sumpf-Miasma. Sie befiel vorzugsweise die unbemittelte Klasse, seltener die wohlhabenden Personen; die Kinder dagegen leichter, als die Erwachsenen, und die Greise Avaren ihr am Avenigsten unterworfen. 176 Die Krankheit erscheint bei der Mehrzahl der Ergriffenen ohne Vorboten. Sie fängt an mit einem plötzlichen Anfall von einem starken Frost mit Schaudern {con orripilazioni ), dem sehr bald heftiger Kopfschmerz folgt, starker Schmerz im Nacken, welcher oft am ganzen Rückgrat herabsteigt, anhaltendes Brausen in den Ohren, häufiger und harter Puls, erweiterte Pupille, Funkeln der Augen, Träume bis zu Delirien, Verdunkelung und manchmal gänzlicher Verlust des Denkvermögens. Solches in den weniger schweren Fällen. In den mehr violenten ein Zusammenschrumpfen (una corrugazione) , eine starke und schmerzhafte innerliche Kälte, welche von den untern Extremitäten anhebt und die Gelenke steif macht, und sich nach oben verbreitet zum Rückgrat, Unterleibe, Herzen, zum Nacken und zum Gehirn mit wüthenden Schmerzen. Nach etwa 12 Stunden nach solchem ersten Anfall stellt sich Verlust der Sinne ein und tiefes Coma, öfters verbunden mit einem tetanischen Krampfe, oft auch mit starken und unaufhörlichen Convulsionen aller Glieder und Steifheit ( rigidimento ) der Halsmuskeln , be- gleitet mit lautem und kläglichem Schreien und mit heftigem Erbrechen von grün- gelblichen Stoffen; wenn die Kranken diesem ersten Anfalle der Krankheit nicht unterliegen, so folgt ein Nachlass der Symptome mit partiellen Schweissen, aber nach 8, 12 oder 16 Stunden tritt wieder eine Exacerbation ein, stärker als die erste, und mit ihr eine grosse Oppression, furiose Delirien, Schielen, Athem- noth, Dysphagie, Sehnenhüpfen und der Tod. • — Zuweilen folgt, wenn nach einem heftigen Anfalle dieser Krankheit eine Remission eingetreten war, ein tiefer Schlaf, die grösste Schwäche, Verschwinden des Pulses, allgemeines Sinken der Wärme, allgemeiner Frost und der Tod. • — W enn nun der Ausgang nicht so tragisch ist, so vermindert sich von Tag zu Tag der Complex der beschriebenen Erscheinungen; die Erkrankten treten am ersten, siebenten Tage, oder in den ersten Tagen der zweiten Woche in Ge- nesung. Ferner lässt sich diese in manchen Fällen noch hoffen bis zu Ende der dritten oder auch vierten Woche. Ist die Besserung auch einmal eingetreten, so zeigt sie sich doch immer mit einer grossen Abgespanntheit der Kräfte, und in vielen Fällen mit Taubheit, oder andauerndem Schielen, oder noch einige Zeit währender Contractur der Halsmuskeln. Während der Krankheit treten in sehr vielen Fällen Parotiden- Geschwülste auf, in anderen Petechien, in vielen Hemiplegie, oder auch Dysurie, oder eine totale Abkältung ( refrigerazione ) des Körpers, was sich oft fortzieht bis zum neunten oder zehnten Tage. 177 Die Kraukheit nahm selten die periodische Form an; die Subjecte aber, bei welchen diese Form erschien, sind gewöhnlich solche gewesen, welche vorher vom Sumpf -Miasma ergriffen waren. Die Leichenöffnungen haben beständig Spuren von Entzündung ( costan - temente tracce di ßogosi) gezeigt, entweder im Gehirn, oder in seinen Hüllen, oder seinen Anhängen. Daher der Name der epidemischen Encephalitis, welcher ihr allgemein gegeben worden. Bei den in der ersten heftigen Periode der Krankheit gestorbenen Individuen findet man die Venen in der Mitte des Hirns erweitert und mit schwarzem coa- gulirtem Blute gefüllt, mehr oder weniger Serosität in den Hirnventrikeln und einen Erguss trüber Lymphe zwischen Arachnoidea und der Corticalsubstanz des Hirns. Aber bei den an den letzten Tagen der ersten oder den ersten Tagen der zweiten Woche Unterlegenen zeigt sich eine mehr oder weniger erkennbare Erweichung einer oder beider Substanzen des Hirns, oder eine purulente, pseudo- membranöse Schicht zwischen Arachnoidea und Pia mater, deren Gefässe sehr erweicht erscheinen, in Form eines Ligaments durch und durch mit einer halb- durchscheinenden Materie infiltrirt. In 20 und mehr im Laufe der Epidemie dieses Jahres angestellten Leichen- schauen, waren die Alterationen in verschiedenen Punkten des Cerebro- Spinal - Systems constant; die anderen Höhlen boten solche weniger dar. Die Eingeweide mit ihrem ganzen Secretions-Apparate gewähren jedoch beständig die Zeichen einer krankhaften Mitleidenheit. So findet man dieselben mit Spuren einer entzündlichen Alteration oder überfüllt, die Gallenblase ist beständig voll Galle, sowie diese in die Digestions wege ergossen. Solche biliöse Symptome zeigen sich als Begleiter der Krankheit. Bei Eintritt des vorigen und des laufenden Jahres nach der Frostperiode haben die Aerzte in dem ersten Stadium Blutentleerungen, allgemeine und locale, sehr nützlich gefunden, selbst mehr wiederholte nach Maasgabe der Heftigkeit der Krankheit und der individuellen Verhältnisse; nicht wenige haben sie auch wieder- holt in einer vorgerückten Periode der Krankheit und mit Nutzen ferner in den Fällen, in welchen Zeichen einer localen Irritation hervortraten, wenn das Gesicht heiss und der Puls hart war. Nach dem Aderlass ward Hülfe gesucht von einem allgemeinen lauwarmen Bade, und zu gleicher Zeit machte man kalte Uebergies- sungen des Kopfes; die Ableitungen an den untern Extremitäten sind sehr im Gebrauche gewesen. Die Purganzen wurden gemeiniglich viel benutzt, und häufig mit merkbarer Minderung der Cerebro-Spinal-Symptome. Bei Indicien der Gegen- II. Abtheil. 23 178 wart einer Gastro -Intestinal -Irritation wandte man die Laxanzen an, und inson- derheit Ol. i'icini , in hartnäckigen Fällen Drastica. Brechmittel haben Viele mit grossem Vertrauen gebraucht, und mit Nutzen allemal da, wo nicht Zeichen einer Irritation des Magens zugegen waren. Andere aber wandten sie gar nicht an, aus Furcht, durch den Brechzwang eine Hirncongestion hervorzurufen. Beim Gebrauch des Tartarus emeticus aber, ohne Brechen zu erregen, und gradweise zu höheren Dosen steigend, sah man unter einer blanden und dauernden Transpi- ration die Krankheit täglich in vielen Fällen sich mindern und auflösen. In einem in Palermo beobachteten und von einem Arzte beschriebenen Falle ([und gegentheils sind solche Fälle nur in kleiner unerheblicher Zahl vor- gekommen) brachte Erbrechen nach Tart. emet. bei einer Frau von 20 Jahren plötzlich eine Contraction der Zunge hervor und Zurückgezogenheit derselben in den Grund des Mundes. Wenn die nervösen Symptome lange angedauert haben, wie der Krampi und die Starrheit der Muskeln oder Opisthotonus, so sind Mercurial-Einreibungen sehr nützlich gewesen, in starker Dosis auf den Rücken, und die Stibiatsalbe, oder Belladonnasalbe, die Moxa und Blasenpflaster: ferner innerlich Liquor ace- tatis ammoniaci, Liquor anodjnus Hoffm. und Strychnin waren heilsam. Zur Besiegung der hartnäckigen Schmerzen am Kopf, Nacken und Rückgrat, der Convulsionen, des Trismus, der Dysphagie, des Schielens etc. thaten Hjoscia- mus, Aconitum, essigsaures Morphium, Opium in kleinen Dosen etc. viel Gutes. Das Opium ist jedoch in Sicilien bisher nicht wie ein Specificum gebraucht wor- den, und von denjenigen, welche es anwandten, weder ausschliesslich, noch in allen Perioden zu Hülfe genommen. > — 179 VII. Section für Geburtshülfe. Auf de« Vorschlag des Herrn Professor Michaelis aus Kiel war in der ersten Sitzung der Section für Medicin und Chirurgie die Bildung einer besonderen Section für Geburtshülfe beschlossen und Professor Michaelis zum Präsidenten derselben gewählt. Erste Sitzung, Freitag den 20. September 1844. Mittags 1 Uhr- Präsident: Professor Michaelis aus Kiel. Secretair: Hofmedicus Dr. Schneemann aus Hannover. Der Präsident veranlasste zunächst die Wahl eines Secretairs, welche auf Herrn Hofmedicus Dr. Schneemann aus Hannover fiel, und kam sodann auf seine Abhandlung über Symp hysiotomie, welche bereits in der Section für Medicin und Chirurgie vorgetragen worden, zurück, indem er sich die Einwürfe der Anwesenden gegen die von ihm behauptete Ausführbarkeit dieser Opera- tion erbat. Es folgt hier zunächst jener Vortrag selbst. 23 * 180 Professor Michaelis aus Kiel: Ueber die S ymphy s i otomie. Meine Herren! Mit einer gewissen Befangenheit trete ich vor Ihnen auf; theils weil ich unter den ersten berufen werde, vor Ihnen zu sprechen, theils weil der Gegenstand, über den ich reden Avill, der Art ist, dass ich ein Vorurtheil dagegen, ja selbst eine Abneigung, von demselben etwas zu hören, bei Ihnen voraussetzen muss. Es ist nämlich die Symphysiotomie, von der ich Sie unterhalten werde, eine Ope- ration, die wie keine andre mit einer gewissen Gewaltsamkeit eingeführt wurde; zur Partheisache herabsank, und als solche gemissbraucht ist; deshalb nach wenigen Jahren allen Credit verlor und jetzt gewöhnlich nur als geschichtliche Antiquität abgehandelt wird. Und dennoch glaube ich beweisen zu können, dass sie es verdient, der Vergessenheit entrissen zu werden, indem es einzelne Fälle giebt, wo nur sie zu einem günstigen Resultate führt. Der Kürze der mir hier zugemessenen Zeit mich fügend, werde ich den Gegenstand in die beiden Fragen zusammendrängen: Wo kann die Operation nützen? und wie lassen sich die Gefahren derselben vermeiden oder doch vermindern? Nicht die in der Conjugata verengten Becken, wozu das rhachitische und viele andre Formen gehören, sind es, bei denen man Hülfe von der Symphysio- tomie erwarten darf; denn durch diese Operation wird die Conjugata nicht er- weitert; noch kann man dieselbe bei queerverengtem Becken anwenden; da die einzige Form desselben, die von Robert beschrieben und neuerdings auch in Altona wieder gefunden wurde, mit Anchylose der Synchondrosen verbunden ist. Es ist einzig und allein die symmetrisch verengte Form, [pelvis aequabiliter justo minor) bei welcher die Operation den günstigsten Erfolg für die Erwei- terung verspricht; und dieser Erfolg übertrifft bei Weitem Alles, was man bisher von derselben gerühmt hat. Sie sehen hier, ein solches Becken, Avelches vor etwa zehn Jahren eine so schwere Zangenoperation veranlasste, dass Mutter und Kind in Folge der- selben zu Grunde gingen. Die Entwicklung des Kopfes erforderte drei viertel Stunden und eine gleiche Zeit die Entwicklung der Brust. Die Scheide wurde theils zerrissen, theils so gequetscht, dass sie in Brand überging. Ich wagte es damals nicht, gegen die Ansicht aller deutschen Fachgenossen, und die des mir Vorgesetzten Direktors der Anstalt die Symphysiotomie zu machen; wie 181 günstig sie aber auf Erweiterung des Beckens gewirkt haben würde, mögen Sie selbst beurtheilen. Sie sehen, dass das Becken der Form nach zu den schönsten gehört; indess ist es in allen Maassen des Einganges um einen halben Zoll etwa verengt; und die Maasse der andern Aperturen und der Höhe stehen hiermit in harmonischem Verhältniss. Dieser Kopf eines Kindes von gewöhnlicher Grösse, geht, wie Sie sehen, nur mit Zwang in den Beckeneingang, und es ist kaum möglich, ihn durch den Beckenausgang ohne Zerbrechung der Knochen zu drängen. Jetzt öffne ich die Symphyse, und entferne die Schambeine nicht weiter als einen Zoll von ein- ander; und Sie sehen gewiss mit Erstaunen, wie dieser andere grosse Kopf, der in jeder Richtung über einen halben Zoll grösser ist , als der Kopf eines neuge- bornen Kindes, und namentlich im grössten Umfange 15 Pariser Zoll misst, ohne allen Anstand durch dieses Becken geht. Die Conjugata wird dabei durch die Entfernung der Schoossbeine weder vergrössert noch verringert; ist aber auch, da sie noch 3 " 7 misst für jeden Kopf genügend gross. Ohne mich weiter auf Angabe der Veränderung einzelner Maasse in Zahlen einzulassen, was bei aller Schwerfälligkeit und allem Anscheine von Gründlichkeit doch zu keinem weitern Resultate führt; glaube ich, genüge Ihnen dieser augenscheinliche Beweis, um Sie zu überzeugen, dass die Symphysiotomie für die Erweiterung des Beckens im vorliegenden Falle von genügendem Erfolge gewesen wäre. Indess würden die ungünstigen Folgen, Avelche die Operation erfahrungs- mässig für die Mutter hat, doch immer von deren Ausführung zurückschrecken, wenn es keine Mittel gäbe, diese Gefahren zu mindern. Es sind aber bekanntlich Zerreissung der Synchondrosen , Verletzung der Harnwege und endlich Vereite- rung oder mangelhafte Vereinigung der Schoossfuge hier besonders in Betracht zu ziehen. Was die ersten betrifft, so glaube ich, dass die Gefahr derselben ganz verschwindet, sobald man die Schoossbeine langsam und nicht weiter als einen Zoll von einander entfernt. Das Klaffen der Synchondrosen beträgt dann nicht viel mehr als 2 Linien; damit es aber möglichst langsam geschehe, müsste man ganz allein den Kopf selbst diejenige Erweiterung bewirken lassen, welche er zu seinem Durchgänge bedarf, wobei man noch den grossen Vortheil hat, nie eine unnöthig grosse Erweiterung zu veranlassen. Es ist aber auch nicht der mindeste Zweifel vorhanden, dass die AVehen allein zu jeder nöthigen Erweite- rung genügen können und alle gewaltsame Hinwirkung darauf erscheint zwecklos. Die Verletzung der Harnwege, in sofern sie von direkter Verletzung bei dem Einschnitte der Schamfuge bedingt ist, lässt sich nur durch Geschick 182 und Vorsicht vermeiden. Indess wird eine Verletzung dieser Theile gleich Zer- rung und spätere Eiterung desto weniger zu fürchten sein, wenn die Trennung der Schambeine gering ist und keine Eiterung der Schamfuge eintritt. Diese Eiterung aber mit ihrer Folge dürfte am sichersten durch subcutane Symphysiotomie vermieden werden. Dass die Heilung nach derselben sich eben so günstig gestalten möchte, als nach Durchschneidung grosser Sehnen, lässt sich annehmen. Nur die Ausführung der Operation ist schwierig. Doch habe ich mich drei Mal an Leichen, wo ich sie anstellte, von der völligen Unverletzt- heit der Harnwege überzeugt. Es wurde zu diesem Zwecke ein Messer, wel- ches die Biegung eines Knorpelmessers hatte, über der Clitoris eingestossen ; äusserlich auf der Schamfuge so hoch hinaufgeführt, dass dessen Spitze zwischen den Tuberculis des Schambeinkammes , die man immer finden kann, gefühlt wurde; und die Trennung der Schainfuge wurde allein durch Druck bewirkt. Sollte hier- bei auch ein kleiner Theil dieser Symphyse ungetrennt bleiben, so dürfte dies den Erfolg nicht vereiteln , da die treibende Kraft der Wehen ihn dehnen wird, die ja nicht selten die ganze Schamfuge gesprengt hat. Ja es bleibt selbst fraglich, ob nicht meistentheils oder immer eine partielle Trennung der Symphyse genügen möchte. Die Harnröhre aber und die Blase werden durch die Schneide des Messers, wenn man blos drückend wirkt, schwerlich verletzt; nur die Spitze des Messers ist zu fürchten. Deshalb muss man diese stets mit dem Finger der andern Hand beobachten; gar nicht in die Tiefe senken, sondern den Griff des Messers allein gegen den Damm herabdrücken. Hiernach erscheint die Symphysiotomie in dem Falle indicirt, wo bei symmetrisch verengtem Becken die Kräfte der Mutter nicht zur Geburt hinreichen, die künstliche Frühgeburt versäumt ist, das Kind lebt und die Zange entweder wirkungslos oder doch äusserst gefährlich für Mutter und Kind ist. Es ist aber bekanntlich nirgends die Zange von ungünstigerm Erfolge, als bei dieser Becken- enge, wo sie so oft die grössten Zerstörungen in den weichen Theilen der Ge- burstwege bedingt. Indess sehe ich den Einwurf voraus , dass die Diagnose des symmetrisch verengten Beckens von andern Beckenarten, bei denen die Symphysiotomie unan- wendbar ist, zu schwierig sei, um darauf eine Indieation bauen zu können. Die Wissenschaft darf solchen Einwurf nicht anerkennen , sondern muss sich % 183 bestreben, diese erkannte Lücke baldigst auszufüllen; und wie überhaupt, was auch Kilian neuerdings bemerkt hat, jetzt aller Fortschritt in der Geburtshülfe abhängig zu sein scheint von einer Ausbildung der Lehre vom engen Becken, so ist das auch hier im Besondern der Fall. Nur bemerke ich, dass ausser der Beckeninessung während des Geburtsverlaufes Erscheinungen eintreten, die diese Beckenart charakterisiren und wenigstens genügen werden, um in Gebärhäusern mit Sicherheit die Fälle auswählen zu können. • — Als bemerkenswerth wies der Vortragende nochmals daraul hin, dass die Wehen bei theilweise verengtem Becken stets beträchtlicher und schmerzloser seien; bei allgemein verengtem Becken sind dagegen die Wehen eher mangelhaft, und wie gelähmt. Ferner komme bei theilweise verengtem Becken unverhältniss- mässig oft eine fehlerhafte Kindeslage vor, nicht aber bei dem andern Becken. Bei allgemeiner Verengung kommt insbesondere noch vor ein Herabsinken des Hinterhauptes. Beimrhachitischen Becken ist die Zusammenschiebung der Kopfknochen am bedeutendsten, wogegen beim allgemein verengten Becken fast gar keine Ver- schiebung sondern statt ihrer, in Folge des circulären Druckes, eine bedeutende Ge- schwulst des Kopfes stattfindet. — In weiterer Diskussion kam man zu dem Schlüsse, die Operation der Symphysiotomie passe nicht für die Fälle, wo die Verengung des Beckens sich ausschliesslich auf die Conjugata beziehe, sondern sei allein beim allgemein verengtem Becken zulässig, sofern dadurch auf alle Durch- messer des Beckens gleichmässig die Erweiterung sich vertheile, welche durch die Trennung der Schambeinfuge zu erreichen stehe. An dieser Diskussion nahmen Theil die Herren Erpenbeck aus Leer, Köhnemann aus Haye, Fontheim aus Syke, Schneemann, Grimm und mehrere andere. Hierauf legte Herr Dr. Tölken das von Herrn Dr. A. F. Leisnig in Würzburg eingesandte Etui mit geburtshülllichen Instrumenten vor, unter denen namentlich ein neues Perforations- Instrument der Aufmerksamkeit der Versamm- lung empfohlen wurde, woran die Zähne der Trepankrone durch kleine Messer- klingen ersetzt waren. Die beigefügte Probe, wo mit diesem Instrumente der Schädel einer Leiche trepanirt war, bewies die Zweckmässigkeit dieser Einrich- tung auch in Beziehung auf die Trennung der Weichtheile, und indem die An- wesenden weder der Erfindung noch der Ausführung dieser Instrumente ihre volle Anerkennung versagen konnten, wurde zugleich bedauert, dass die Einführung derselben und der allgemeinere Gebrauch wegen der grösseren Complication An- 184 stand finden dürfte. Eine dadurch angeregte Discussion über die Peroation überhaupt und das dabei anzuwendende Verfahren, führte noch zu keinem weite- ren Resultate , daher eine zweite Sitzung auf den 21. September anberaumt wurde. Zweite Sitzung, Sonnabend den 21. September 1844. Mittags 1 Uhr. Präsident: Professor Michaelis aus Kiel. Secretair: Hofmedicus Dr. Schneemann aus Hannover. Dr. Kö h nemann aus Haye in Ostfriesland theilte den Geburtsfall eines neunmonatlichen Kindes mit, welches nicht nur ohne Bedeckungen der Bauch- und Brustorgane, sondern sogar ohne Nabelschnur geboren wurde, von welcher letzterer keine Spur sich fand ; die Placenta hatte ihre Insertion unmittelbar am Kinde. Ausserdem fehlte ein Arm gänzlich. — Medicinalrath Tourtu al aus Münster machte hierauf eine Mittheilung über mehrere ähnliche Fälle, in deren einem die ausgetragene Frucht ohne Herz geboren wurde. Sodann erörterte Dr. S chnee mann in einem längeren Vortrage die Trans- fusion des Blutes als eine besonders für Geburtshelfer wichtige Operation, in Fällen von Metrorrhagien, welche tödtlich zu werden drohen. Es wurde ein einfaches Verfahren zur Ausführung derselben angegeben und die Besorgniss vor dem Ein- dringen der Luft in die Venen durch theoretische Gründe, wie durch Hinweisung auf sämmtliche vorliegende Fälle, als unstatthaft dargethan. Zugleich warnte derselbe davor, die Operation bei Personen auszuführen, welche an schweren Desorgani- sationen wichtiger Eingeweide schon länger gelitten haben, oder durch deprimirende Einflüsse lange und tief ergriffen sich darstellen, da bei solchen ein günstiger Er- folg der Operation nicht zu hoffen sei. Professor Michaelis sprach darauf über den nachtheiligen Einfluss des Hängebauchs auf Mutter und Frucht und erörterte hierbei das besondere Ver- hältniss der Musculi recti abdominis während dieses Zustandes; der Muskel wird nämlich zu dieser Zeit beträchtlich breiter, bekommt die Fähigkeit, sich wie ein Schlauch oder Sack auszudehnen und giebt seine Muskularität gewisser- massen auf. Den entschiedensten Nutzen dagegen bietet ein Suspensorium lür den Leib, wozu das eben so einfache als zweckmässige Modell vorgelegt wurde. Endlich trug Professor Michaelis noch einige Bemerkungen über Pro- lapsus uteri , vaginae et recti vor und bezeichnete den Anwesenden, als Ersatz für die höchst unzweckmässigen Pessarien, eine Bandage, welche ebenfalls durch ein Muster erläutert wurde. 185 Dritte Sitzung, Montag den 23. September 1844. Mittags 1 Uhr. Präsident: Professor Michaelis aus Kiel. Secretär: Hofmedicus Dr. Schneemann aus Hannover. Hofmedicus Schneemann hielt einen Vortrag über die Vortheile, welche die Seitenlage der Gebärenden für die Wendung darbiete, indem sie es dem Operateur möglich mache, die operirende Hand in Pronation und Supination zu gebrauchen, während diese Bewegungen bei gebogenem Ellenbogen beschränkt sind. Prof. Michaelis stimmte mit der Ansicht vollkommen überein und empfahl aus eigner Erfahrung dasselbe Verfahren, um so mehr, als bei dieser Lage zur Geburt man der Gehülfen entbehren könne und die Vortheile der Reinlichkeit da- bei zugleich in Betracht kommen. Derselbe rieth sogar die weitere Ausschlies- sung des Kindes ebenfalls in dieser Lage, einschliesslich der Kopfentwickelung vorzunehmen. Ausserdem wurde der Nutzen dieser Lage auch bei schweren Fällen von Mutterblutung bezeichnet, in welchen jedes Bewegen und Umlegen der Kreisenden oft so gefährlich sei. Herr Ober -Medicinal- Rath Röser aus Athen sprach von den Täuschun- gen, welche die Deutung und Erklärung von Schmerzen ausser der Schwanger- schaftszeit herbeiführen, sofern man Schmerzen über den Schambeinen von dem Uterus selbst ableite oder dem Ovario zuschreibe. Prof. Michaelis erinnerte hierbei, dass man bei der äussern geburtshülflichen Untersuchung mittelst der Fingerspitzen bis zum promontoi'io zu dringen suchen solle, um den Becken- inhalt dann zwischen der innern und äussern Manipulation genau zu untersuchen. Diskussionen über verschiedene Gegenstände der praktischen Geburtshülfe beschlossen die Sitzung. II. Abtheil. 24 . ' NHT v v 187 Nachtrag. w ährend des Druckes der zweiten Abtheilung dieses Berichtes sind uns noch manche Mittheilungen zugegangen, welche gehörigen Ortes eingeschaltet worden sind; nur bei den in der Section für Physik, Chemie und Pharmacie gehal- tenen Vorträgen war letzteres nicht mehr ausführbar, daher wir hier einen neuen Bericht über die Verhandlungen in jener Section folgen lassen. Die Geschäftsführer. Seciion fiir Physik, Chemie und Pharmacie. WBie erste Versammlung dieser Section fand am 18. September auf dem Schüt- ting No. 1 statt. Als Präsident wurde Hofrath Dr. Vogel aus München, als Secretair Professor Dr. Marchand aus Halle gewählt. In der letzten Sitzung, am 23. September übernahm Professor Dr. Erd- mann aus Leipzig den Vorsitz, da Herr Hofrath Dr. Vogel bereits einige Tage vorher Bremen verlassen hatte. Die Zahl der aufgezeichneten Mitglieder dieser Section betrug 196. 24 * 188 Erste Sitzung, Donnerstag den 19. September 1844. Präsident: Hofrath Dr. Vogel aus München. Secretair: Professor Dr. Marchand aus Halle. 1) Professor Wa lehn er aus Carlsruhe sprach über die Darstellung des Schwefelwismuths auf nassem Wege. Reines salpetersaures Wismuthoxyd wird durch Zinnchlorür in Wismuth- oxyd verwandelt. Der Niederschlag wird mit luftfreiem Wasser vollständig aus- gewaschen, in Chlorwasserstoffsäure gelöst, und die Lösung durch Schwefelwasser- stoffgas zersetzt. - — Der reine Niederschlag ist zusammengesetzt aus 13.9 £ Schwefel 86.1 ä Wismuth entsprechend der Formel Bi S2. Die Zusammensetzung ist daher anolog der von Werther auf trocknem Wege dargestellten Verbindungen. (Erdm. u. Mar- chand Journal Bd. 27, Pag. 65.) Der Rechnung nach würden darin enthalten sein 13.1 ^ Schwefel 86.9 ^ Wismuth. 2) Professor Erdmann aus Leipzig berichtete über die von Professor Marchand und ihm ausgeführten Untersuchungen über die chemischen Ae- qui valente. • — • Die Resultate dieser Arbeiten sind bereits durch den Druck veröffentlicht. £Erdm. u. 3!archand Journal.) 1) Ueber das Atomgewicht des Kohlenstoffs Bd. 23. 153. 2) Ueber das Atomgewicht des Wasserstoffs und des Calciums Bd. 26. 461. 3) Ueber das Atomgewicht des Calciums. Erwiderung auf Ber- zelius Bemerkungen hierüber Bd. 31. 257. 4) Ueber das Atomgewicht des Quecksilbers, Kupfers und des Schwefels, Bd. 31. 385. 5) Ueber das Atomgewicht des Eisens, Bd. 33, 1. Prof. Erd mann machte besonders auf die von ihnen befolgte Methode aufmerksam, die zu untersuchenden Substanzen in möglichst grosser Menge anzu- wenden und deutete auf die Nothwendigkeit hin, sich bei den Berechnungen der strengsten mathematischen Methode zu bedienen, nämlich der sogenannten Methode der kleinsten Quadrate. 189 Ferner berührte er das Pr out’ sehe Gesetz, welches durch ihre Bestimmung des Kupfers = 396,6 widerlegt wird. Merkwürdig ist das Verhältniss der Elemente der organischen Verbindun- gen. Setzt man das Wasserstoff Aequivalent = i so hat man: H : C = 1 : 6 H : 0 = 1 : 8 H : N = 1 : 14 H : S = 1 : 16 H : Ca = 1 : 20 H : Fe = 1 : 28 H : P = 1 : 32. Pelouze in Erdm. u. Marchand Journal Bd. 35, Pag 73. In Beziehung auf die Bestimmung des Schwefels wurde bemerkt, dass die Methode von Berzelius nicht genau sei, da das schwefelsaure Bleioxyd beim Glühen über der Spiritus -Lampe sich zerlege. Zu der Prüfung dieser Angabe wurde aufgefordert, wie überhaupt zu der gemeinschaftlichen der gedachten Unter- suchung. Endlich wurde auf die Nothwendigkeit hingewiesen die Abkürzung der Zahlen für die Aequivalente einzuführen, so dass die Zahlen keine grössere Ge- nauigkeit ausdrücken, als sie in der Tliat besitzen. 3) Prof. Hru schau er aus Grätz übergab im Namen der Geschäftsführer der 21. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Grätz dem Secre- tair den amtlichen Bericht über dieselbe. 4) Prof. Böttger aus Frankfurt a. M. sprach über die Versuche, welche von Dr. B romeis und ihm über den Glasdruck ( Hycilographie 3 ausgeführt worden sind; theilte einen Prospect mit, und legte Proben von den geätzten Platten, Abdrücken und Umdrücken auf Stein, vor. 5} Derselbe sprach über die Methode von Drayton Silber auf Glas zu befestigen. 1 Unze Argent. nitr., fein gepülvert, und 1 Unze Ammoniak von 0,96 sp. G. werden gemengt, eine Mischung von % Unze Cassiaoel und 1 Pfd. absolutem Alkohol dazu gesetzt. Die Flüssigkeit wird im Dunkeln filtrirt. Eine zweite Flüssigkeit aus V2 Unze Nelkenoel in 1 Pfd. Alkohol gelöst wird dazu- gesetzt. Nach einer halben bis zwei Stunden, ist ein vollkommen metallisch glän- zender Ueberzug erschienen. Sehr gelungene Proben wurden vorgelegt. Vergl. Drayton in Dingler Polyt. Journal 1844. 2. Juliheft p. 137. 190 6) Dr. A. Vogel jun. aus München sprach: Ueber das Vorkommen des Salpeters im Flusswasser und nament- lich im Tsar- Wasser. Der Destillations -Rückstand von 100 Maas Isarwasser, welches aus dem Flusse % Stunde vor dessen Berührung der Stadt genommen worden, wurde bis zur Trockne abgeraucht und die löslichen Salze durch kochendes Wasser ausge- zogen. In dieser Lösung wird Indigodinktur, mit Schwefelsäure versetzt, deut- lich entfärbt. Um den Salpeter für sich allein darzustellen, wurden die in Was- ser löslichen Salze des Isarwassers zur Trockne abgedampft und in dünnen Schichten an den Wänden eines Trichters mit engem Halse vertheilt. Der Trich- ter wurde auf eine Flasche aufgesetzt und so in einen feuchten Keller gestellt. Nach etwa 8 Tagen waren die zerfliesslichen Salze abgellossen und die an den Wänden vertheilten dünnen Schichten vollkommen trocken geworden. Nach mehr- maligen Auflösen und Filtriren dieses trockenen Rückstandes krystallisirten end- lich aus der concentrirten Flüssigkeit deutliche Prismen von salpetersaurem Kali heraus. Da die Kalksteine, welche das Flussbett der Isar ausmachen, Kali ent- halten, so entsteht der Salpeter im Isarwasser wahrscheinlich durch die Verbin- dung dieses Kali mit der Salpetersäure, welche sich wie bekannt beim Faulen und Verwesen stickstoffhaltiger organischer Körper in Berührung mit atmosphä- rischer Luft und Wasser bildet. 7) Professor M a r c h a n d aus Halle sprach über die P i k r i n s ä u r e, ihre Entstehung aus den verschiedensten organischen Verbindungen und den ihr zu Grunde liegenden Kohlenwasserstoff 12 C. 8 H. Ferner berichtete er über den Pikrinaether, seine Verbindungen mit Ammoniak und anderen Stoffen; über die Zersetzung der Säure, durch Chlor, Alkalien, Schwefelwasserstoff- Ammoniak und Schwefelsäure und erklärte die Entstehung zweier neuen Säuren, durch die Einwirkung der letzteren, nämlich der Pikrophyllin säure und Pi- krobryon säure. S. Erd mann und ' ir ch an d Journal, Bd. 35. Diebetreffen- den Präparate wurden vorgelegt. 8) Derselbe theilte eine bequeme Methode zur Analyse des Schiesspul- vers mit. In einem kleinen Extractions- Apparat wird das gewogene Pulver zu- erst durch einen trocknen Luftstrom getrocknet und gewogen, darauf durch Was- ser der Salpeter erschöpft, der Rückstand im Röhrchen getrocknet und gewogen; der Schwefel mit Schwefelkohlenstoff ausgezogen, und die zurückbleibende Kohle gleichfalls gewogen. 191 9) Edler von Lanyi sprach über Artemisia vuig. und deren tech- nische Anwendung. Er zeigte einen Strauch des vorzüglich auf dem Plattlande an der Theis und um Debreczin herum wildwachsenden Wermuthkrautes Artemisia vulgaris vor, und stellte dar, dass wenn man die Blätter vom Stiele sondert, sie trock- net, dann so lange knetet, bis sie sich in dünne Fasern verwandeln, und zu einer leichten Masse bilden, man sie dann mit der Asche des eigenen Stiels bestreut, gut vermengt, sie dann wieder von dieser befreit, ein leicht feuerfangender und wohlriechender Zunder entstehe • — dies bewies er dadurch, dass er ein bohnen- grosses Stück mittels Feuerschlagen in eine glimmende Kohle verwandelte , und damit einen Papierstreif, dessen Spitze linienbreit in Schwefel getaucht war, zur hellen Flamme brachte. Der obengenannte wünscht daher den in fragestehenden leicht feuerfangenden wohlriechenden in ganz Deutschland noch unbekannten Wer- muthzunder in Handel zu bringen, allen Haushaltungen und den Tabakrauchern auch darum, weil er sich an den Tabak und an die Cigarre leicht anklebt, mit vollem Rechte anzuempfehlen, und die Zünd - und Reibholzeln ( remors ) aus denen schon so viel Unglück, Brandschäden von Millionen entstand, und die schon manchen sogar das Leben gekostet haben, aus dem Gebrauche auf immer zu ver- drängen. • — Zweite Sitzung, Freitag den 20. September 1844. Präsident: Hofrath Dr. Vogel aus München. Secretair: Professor Dr. March and aus Halle. 1) Apotheker Kindt aus Bremen bestätigte die in der vorigen Sitzung mitgetheilte Erfahrung von Erdmann und Marchand über die Zersetzung des schwefelsauren Bleioxydes unter den angegebenen Umständen. Die Versuche Avaren in Gesellschaft mit dem Apotheker Ulex aus Hamburg angestellt worden. 2) Dr. A. Vogel jun. sprach: über die chemische Zusammensetzung der Asche des menschlichen Blutes in verschiedenen Krankheiten. Die Untersuchung wurde mit der Blutasche von einer Lungen-, einer Leber- und einer Gedärment- zündung, und endlich der Cholera vorgenommen. Das Blut Avar in allen Fällen durch den Aderlass am Arm erhalten. Die Ascherückstände von 8 Unzen Blut betrugen zwischen 43 und 44 Gran. Die Hauptverschiedenheit dieser Asche zeigte sich in dem Gehalt der Phosphorsäure, 192 welche nach der Methode von Fresenius aus dem phosphorsauren Eisenoxyd be- stimmt wurde. Während nämlich die Asche des gesunden Blutes stets 5 bis 6 p. c. Phosphorsäure enthält, zeigte die Blutasche der Lungenentzündung einen über das Doppelte vermehrten Gehalt an Phosphorsäure, die der Leberentzündung 10, 2 p. c., der Gedärmentzündung 11, 7 p. c. Ganz anders verhält sich die Cholerablutasche; sie enthält nur 4, 1 p. c. Phosphorsäure, also weniger als die normale Blutasche. Es gehören natürlich eine grosse Menge von Analysen dazu, um eine bestimmte Gesetzmässigkeit in dieser Beziehung aufzustellen, weshalb es wünschens werth scheint, diese Versuche zu vervielfältigen. 3) Professor Dr. Erd mann sprach: über die Zusammensetzung und den Ursprung des sogenannten Kameelharns. (Püree; Jaune Indien ). Die an Mag- nesia gebundene Säure erkannte er als eine eigenthümliche von schön gelber Farbe; er nannte sie Eux an thin säure. Zusammensetzung und Verhalten wurde mitgetheilt, die Präparate wurden vorgelegt. S. Erdmann und Marchand Journal Bd. 33, 190 und 248. 4) Prof. Wale hn er aus Carlsruhe sprach: über die Verkohlung des Holzes. Zuvörderst wurden Rumford’s Versuche angeführt, sodann Nau’s, Gehlen ’s, Proust’s, Scopoli’s und andrer mehr. Alle gaben sehr verschie- dene Resultate. Der Redner machte darauf aufmerksam, dass zunächst die mög- lichst niedrige Temperatur der Verkohlung bestimmt werden müsste, die Trocken- heit des Holzes berücksichtigt, und die Luft völlig abgehalten werden müsste. Die niedrigste Temperatur, bei der eine völlige Verkohlung eintritt, ist 228 0 C., Zinnschmelzhitze. Das Gewicht- und Volumen- Verhältniss ist: 1 Vol. = fast % Vol. des frischen Holzes. Verschiedenheiten sind bedingt durch Trocken- heit des Holzes, und durch den Ort woher das Holz aus dem Baume genommen wurde. Eichenholz gab 35 ■ — 38 § Gewicht. Weisstanne 31 ^ n Rothtanne 31, 7 -Q- „ Rothbuche 30, 8 - — 32 $ „ sehr constant. Birke 27, 7 — 28 £ Esche 30, 7 — 30, 4 £ Professor Marchand knüpfte hieran einige Bemerkungen über die Zu- sammensetzung der Holzkohle, bei verschiedener Temperatur erhalten. 5) Professor Marchand theilte einige Beobachtungen über nicht unge- wöhnliche Verunreinigung des käuflichen Sublimats durch Zin nober mit. Jener 193 enthält nicht selten Schwefelquecksilber sogar bei völlig weisser Farbe und vollstän- diger Auflöslichkeit. Durch Sublimation ist diese Beimischung nicht völlig ab- zuscheiden, obwohl jedesmal eine gewisse Menge des Schwefelquecksilbers zurück- bleibt. Ohne Zweifel besteht die Beimischung in der chemischen Verbindung von Schwefelquecksilber mit Sublimat, die sich auch auf nassem Wege so leicht erzeugt. Der Zinnober enthält gewöhnlich etwas freien Schwefel und Schwefeleisen. Jenen kann man im Kohlensäure- und Stickstoffstrom abdestilliren, dieses bleibt bei der Sublimation zurück. * — • Ferner machte derselbe auf die von Eug. Mar- ch and angegebene Entdeckung des Strychnins durch Bleisuperoxyd und Schwe- felsäure aufmerksam, und wies nach, dass die Ansicht von Fuss: Brucin und Strychnin seien dieselben Stoffe, nur jenes durch ein Harz verunreinigt, un- richtig sei. Endlich berichtete March and über seine Untersuchung der Einwirkung der anhaltenden Siedehitze auf eine Auflösung der Citronensäure in Wasser, welche endlich in eine neue Säure, die er Tro ein säure nannte, umgewan- delt wird. 63 Professor Erdmann machte auf die Auflöslichkeit des Chlorsilbers in salpetersaurem Silberoxyd, uud andern Sauerstoffsalzen aufmerksam. An diese Mittheilung knüpften Professor Böttger und Dr. Brom eis einige Bemer- kungen an. 73 Professor Böttger sprach über die optischen Eigenschaften eines merkwürdigen Quardrupelsalzes von oxalsauren Chromoxyd - Eisenoxyd - Kali, welches einen aulfallenden Dichroismus zeigt; bei reflectirtem Lichte sieht es schwarz aus; schleift man einen Krystall zu einem dünnen Plättchen, und be- trachtet man dies bei durchfallendem Lichte, so erscheint dasselbe, je nachdem man die eine oder die andere Fläche des Krystalls längs der Axe geschliffen hatte, bald herrlich blau, bald grün. Ferner wurde in prachtvollen Exemplaren eine Reihe der schönsten Kry- stalle vorgezeigt, nämlich: Zweifach chromsaures Kali. Borsaures Natron. Schwefelsaures Kupfer- oxydkali. SchwefelsauresNickeloxydammoniak. Neutrales chromsaures Kali. Schwe- felsaures Zinkoxydammoniak. Zweifach oxalsaures Kali. Schwefelsaures Thon- erdeammoniak. Chlorsilbernatrium. Schwefelsaures Chromoxydammoniak. Schwe- felsaures Chromoxydkali. Schwefelsaures Thonerdekali. Schwefelsaures Nickel- oxydkali. Salpetersaures Magnesiaammoniak. Weinsaures Kalinatron. Schwe- lt. Abthcil. 25 194 felsaures Magnesiakali. Essigsäure Kupferoxydkalkerde. Salpetersaures Blei- oxyd. Chlorzinnkalium. Schwefelsaures Zinkoxyd. Doppelt schwefelsaures Kali. Kaliumeisencyanid. Kaliumeisencyanür. Schwefelsaures Kupferoxyd. Schwefel- saures Eisenoxydammoniak. 8) Professor Böttger theilte eine neue Methode mit, die Gegenwart der freien Schwefelsäure in der Essigsäure nachzuweisen, durch Anwendung von krystallisirtem Chorcalcium; s. Erdmann und Marc ha nd Journal f. p. Ch. XXXIV. p. 254. 9} Herr Christ ei nicke aus Lübeck zeigte einen grossen magneto-electri- schen Apparat von Stöhrer in Leipzig vor, dessen Construction und An- wendung er durch Versuche erläuterte. Die Beschreibung und Theorie s. in Webers und St obrer s Abhandlungen, Poggendorff Annalen für Physik und Chemie Bd. LXI. p. 417, 431. IO} Dr. Erpenbeck aus Leer legte ein nach dem Po ui 11 et’ sehen Prinzipe ausgeführtes Luftpyrometer vor, und erläuterte dessen Anwendung. 113 Professor Listing aus Göttingen theilte die Theorie eines abge- kürzten Barometers mit, welches annähernd genaue Resultate liefern kann, und zwar bis auf 1 Millimeter Genauigkeit. Die Benutzung eines solchen Instruments würde ohne Zweifel für Pflanzenphysiographie von grossem Nutzen sein. Die einfache Einrichtung besteht in einer an einem Ende verschlossenen Glasröhre, welche eng genug ist, um eine kleine Quecksilbersäule nicht ausfliessen zu lassen. Diese dient als Index. Ihr Stand wird aufgezeichnet, wenn man die Röhre mit der Oeffnung nach oben senkrecht, und sodann, wenn man sie umge- kehrt hält. Aus der Länge der Säule, und der Differenz des Standes, also der Dichtigkeit der eingeschlossenen Luft, lässt sich die der äussern Luft einfach berechnen. 123 Derselbe legte seine „Kleinen hygrometrischen Tafeln“ vor, und über- gab dem Secretär ein Exemplar derselben. 133 Professor March and berichtete über die neueren Untersuchungen in Beziehung auf Arsenikvergiftungen, und legte eine handschriftliche Abhandlung vor, welche Hr. Dr. Witting in Hö xter eingesendet hatte. 195 Dritte Sitzung, Montag den 23. September 1844. Präsident: Professor 0. L. Erdmann aus Leipzig. Secretair: Professor Marchand aus Halle. Professor Hruschauer aus Grätz sprach: über das Vorkommen des Tellurs im österreichischen Staate, vorzüglich als Tetradymit zu Schubkau bei Schemnitz • — er zeigte dieses Erz der Versammlung vor und führte eine von ihm gemachte Analyse, die er behufs der Darstellung des Tellurs aus diesem Erze vorläufig unternommen hatte, an: die Resultate etc. derselben waren folgende: Wismuth 59, 2 Tellur 35, 8 Schwefel 4, 6 99, 6 Spuren von Selen waren nicht aufgefunden worden. Diese Analyse be- stätigt die für dieses Erz bereits ausgemittelte chemische Formel Bi S + Bi Te2. Zur Darstellung des Tellurmetalls aus dem Tetradymit räumte derselbe jener Me- thode den Vorzüge ein, nach welcher man sich zuerst Tellurnatrium darstellt, in- dem das feingeriebene und durch Waschen von der Gangart befreite Erz mit dem gleichen Gewichte kohlensauren Natron gemengt und mit Oel zu einem stei- fen Teig umgestaltet, hierauf in einem wohl bedeckten Tiegel allmählig zum Weiss- glühen erhitzt wird. Die erhaltene Masse wäscht man mit luftfreiem Wasser aus und filtrirt. Das Filtrat enthält Tellurnatrium und Schwefelnatrium, in welchem Filtrate durch das Oxygen der atmosphärischen Luft, beim Stehenlassen an sel- ber, Natrium oxydirt, und gewöhnlich schon im Verlauf eines Tages das metal- lische Tellur in Gestalt eines grünen Pulvers vollständig zu Boden fällt. Die Destillirbarkeit des Metalls wurde zur vollständigen Reinigung desselben benutzt, und das regulinische Tellur gleichfalls der Versammlung vorgezeigt. Dr. Kohl rausch aus Rinteln sprach über d as Dellm ann’sche Elec- troscop und empfahl es dringend zum Gebrauche beim Experimentiren mit Elec- tricität von sehr geringer Spannung. Er zeigte ein Instrument vor, welches sich von dem D eil mann’ sehen in etwas unterschied. Statt des Streifchens von zu- sammengeklebtem Silberpapier wurde von einem Lackstiele, der auf dem Boden des Glases befestigt war, ein feiner Draht horizontal getragen, welcher durch die Glaswand, in welcher er mit Schellack eingekittet war, mit dem einen Ende her- vorragte. Dieser Draht trug zwei Scheibchen Goldpapier von einer Linie Durch- 25 * 196 messer, an welche sich ähnliche Scheibchen, die an den Enden des von äusserst feinem Silberdrahte gebogenen Wagebalkens befestigt waren, anlegen konnten. Durch diese Einrichtung sollten die Flächen, auf welchen die mitgetheilte Elec- tricität sich ausbreiten musste, möglichst verringert werden, während diese sich doch an den Enden, wo die Abstossung am wirksamsten geschah, anzuhäufen ver- anlasst wurde. — Der Vortragende bemerkte, dass es ihm nicht gelungen sei, nach Dellmanns Angabe ein Instrument zu construiren, welches ganz frei von Eigensinn , dass ohne solchen jedoch auch das vorgezeigte Electroscop nicht sei. Er suchte dies darin, dass die einmal mitgetheilte Electricität sehr schwer wieder bis auf die letzten Spuren entfernt werden könne, was er den nicht gut leitenden Substanzen, Papier, Leim u. s. w. zuschrieb. Indem er den anwesenden Physi- kern die Verbesserung des Instrumentes anempfahl, schlug er vor, zum Zulei- tungsdrahte und Wagebalken blos feinen Silberdraht anzuwenden, an diesen statt der vier Scheibchen von Goldpapier in der Lampe Kügelchen anzuschmelzen, und diese an dem Wagebalken plattzuschlagen, um bei möglichst geringem Gewichte desselben an den Enden grössere Flächen zu haben. Ebenso hielt er es für noth- wendig , durch Chlorcalcium oder Schwefelsäure für Trockenheit zu sorgen , und endlich über den ganzen Apparat noch einmal eine mit einem kurzen Zuleitungs- draht versehene, verschiebbare Glasglocke zu stürzen, um die Luftströmungen zu vermeiden, welche innen entstehen und auf die Bewegungen des Wagebalkens einwirken, wenn die Glaswände des Electroscops durch irgend eine Ursache, ([wo- zu die Körperwärme des Beobachters ausreicht3, ungleich erwärmt werden. Aus demselben Grunde ist es nicht räthlich, den unteren Theil des Instrumentes innen zu schwärzen, wie das bei dem vorgezeigten des bequemeren Sehens wegen ge- schehen war. 33 Medicinal - Assessor Dugend aus Oldenburg machte folgende Mit- theilung über eine goldglänzende Substanz in den Eingeweiden der Schellfische. Da der Schellfisch (Gadus aeglißnus) sich von Würmern nährt, so dürfte, Avenn ich es Avagen darf, meine Ansicht darüber auszusprechen, die gold- ähnliche Substanz wohl nichts Anderes als im Darmkanal zurückgebliebene Bor- sten der Coma von .Amphitrite auricoma sein. Auf diesen interessanten Wurm *) Dem Vortragenden wird es Vergnügen machen, denjenigen Herren, welche mit Draht von der nölhigen Feinheit nicht versehen sind, oder mit dem Anschmelzen der Kügelchen, namentlich in der Mitte des Zuleilungsdrahles, nicht umzugehen wissen, diese Theile des Apparates zuzusenden, wenn sie sich an ihn zu wenden die Güte haben wollen. 197 wurde ich bei einem früheren Aufenthalte auf der Insel Wangerooge dadurch besonders aufmerksam, als ich einstmals zur Ebbezeit einsam am Strande nach Algen und Conchylien suchte, durch ein kleines Geräusch, ähnlich dem, wenn im Herbste ein verdorrtes Blatt über einen harten Weg rasselt, alle Aufmerksam- keit aufbieten musste, um die Ursache des Geräusches zu entdecken. Indem ich nun ein paar kleine schwach - conische aus Sandkörnern bestehende Cylinder über den feuchten Sand rollen sah, bemerkte ich, dass das Geräusch von diesen her- rührte^ und fand, dass dieselben wohl nichts anderes als die Gehäuse des Sand- köchers Amphitrite auricomci (Okens Naturgeschichte B. 5, p. 574) sein konnten, avovoii Blumenbach in seinem Handbuche der Naturgeschichte sagt: „diese und verschiedene andere Gattungen dieses Geschlechts bewohnen überaus zarte, etwas conische Gehäuse, die meist aus einer einzigen Schicht unzähliger, dicht an einander liegender kleiner Sandkörnchen auf eine bewundernswürdige Weise zusammengesetzt sind.“ * — Ich bemühte mich sehr Gehäuse dieser Thiere zu erhalten und wenn gleich ich wohl 50 leere Exemplare nach und nach erhielt, so konnte ich nur zwei, jedoch sehr instructive Exemplare, worin sich Thiere vorfanden, erlangen. Die Coma der Thierchen dürfte mit dem fraglichen Golde zu vergleichen sein. Da es vielleicht einigen der hochgeehrten Herren nicht un- interessant sein möchte das ähnliche Gehäuse eines anderen Thierchens mit dem der AmphitT'ite auricoma zu vergleichen, so möge es mir erlaubt sein, das- jenige der Terebella conchylega vorzuzeigen (Oke ns Naturgeschichte B. 5, p. 574). Am Gestade der Insel Wangerooge kommt dieselbe häufig vor. Das Gehäuse ist cylindrisch und das Thier nicht so delicat in der Auswahl des Materials zum Erbauen seines Gehäuses, indem dasselbe auch kleine Muschel- stückchen mit aufnimmt. Derselbe legte folgende Gegenstände zur Ansicht vor: Re sin a Styr acis aus älteren Zeiten. Sanguis Dr aconis in lacrymis desgleichen. I cht hyoc oll a in foliis . Das bekannte Irisiren ist an diesenExem- plaren besonders zu bemerken. Hiruclo complan ata lebend im Wasser. Je länger sich derselbe ausdehnt, desto durchscheinender erscheint er. Hirudo complanat a mit vielen Jungen in Spiritus. Längere Zeit habe ich dieselben lebend beobachten können. Hi rudo medicin alis. Var. variegata. Hirudo muricata. Aus der Nordsee. £Okens Naturgeschichte B. 5, p. 563). „Meer -Egel; mit einem walzigen, last spannelangen Leibe. Mund und Schwanz in einen Saugnapf ausgedehnt, 6 Augen. Der Leib besteht aus etwa 60 Ringen, an jedem 10 Warzen, er ist grau. Er saugt sich fest an Fische an, besonders an Rochen und entzieht ihnen das Blut.“ Gordius aquaticus ; das Wasserkalb. £Okens Naturgeschichte B. 5, p. 555.) Interessant in Hinsicht auf den Gordius medinensis. Dieses von einem Blutegelfänger aus hiesiger Gegend gebrachte Exemplar habe ich im Wasser lebend längere Zeit zu beobachten Gelegenheit gehabt. Seine verschie- denartigen Verschlingungen machten nicht nur mir, sondern auch meinen damals noch nicht erwachsenen Kindern manches Vergnügen. Eines Abends hatte er sich in einen gordischen Knoten so stark verschlungen, dass eines der Kinder sagte: „Jetzt kann er doch nicht wieder auseinander kommen, Vater! Du musst ihm helfen!“ Am anderen Tage hatte er ohne alle Hülfe sich wieder lang aus- gestreckt. Verbranntes Malz vom oldenburgischen Brande 1676. Blitzröhren aus den sogenannten Ösen berge n ('Sanddühnen) ohngefähr 3 • — 4 Stunden von Oldenburg. Convo Ivulus Soldanella L. Gewiss die seltenste Pflanze unseres Herzogthums. Herr Hofrath Dr. Meyer in Göttin gen führt in seiner Chloris Hannover ana dabei an: „Auf der oldenburgischen Insel Wangerooge, vom „verstorbenen Möhring gesammelt, dessen Exemplare ich besitze, im Jahre „1824 vom Herrn Dr. Kellner.“ • — • Letzterer theilte sein Exemplar dem ver- storbenen Professor Mertens mit, dessen reichhaltiges Herbarium nach Russ- land gekommen ist. Am 26. Juli dieses Jahres hatten Herr Dr. Brenneke, Lehrer in Jever, und mein jüngster Sohn Theodor das Glück auf einer gemeinschaftlichen Excur- sion dieselbe schön blühend auf Wangerooge wieder aufzufinden. Cornus suecica. Diese für die oldenburgische Flora so sehr interes- sante Pflanze findet sich nicht selten auf dem Ammarlande. VF ahlenber gia hederacea Reich, eine seltene Pflanze Deutsch- lands. Findet sich im Neuenburger Holze, woselbst sie vom verstorbenen von Oeder, Herausgeber der Flora danica aufgefunden wurde. 4) Dr. Hirn ly aus Göttingen berichtete über seine photographischen Stu- dien, theilte sein Verfahren mündlich in extenso mit, und zeigte eine Anzahl prachtvoller, von ihm hergestellter Lichtbilder. 199 Daran knüpfte derselbe eine Mittheil ung über unterschwefligsaure und schwefligsaure Goldoxydul - D oppelsalze. 5) Derselbe sprach über Zinkumdruck, legte Druck und Platten vor, ohne das Verfahren, welches geheim gehalten wird, näher anzugeben. 6] ) Apotheker Leube aus Ulm: Einfache Methode der Analyse der Dolomite. (resp. Trennung der Kalkerde von der Bittererde.} a) Die Vorprüfung. In eine Mischung von 1 Theil eisenfreier Salzsäure und 3 Theilen Wasser wird ein Stückchen des zu untersuchenden Dolomits eingetragen, möge die Masse fest oder selbst sandartig sein. Bei wirklichen Dolomiten findet nur eine ganz träge Auflösung statt, somit eine unbedeutende Kohlensäure -Entwicklung. Nur der von mir aufgefundene Süsswasserdolomit macht hiervon eine Ausnahme, weil er in der Form von Kreide vorkommt, und in diesem lockeren Zustande die Kohlensäure bei Säurezusatz leicht fahren lässt. Alle anderen Kalksteine, wenn sie noch so dicht, verlieren mit dieser verdünnten Salzsäure versetzt, sehr stür- misch ihre Kohlensäure. Zu weiterer Prüfung ob man es mit einem Dolomite zu thun habe, schreitet man zur Ermittlung des specif. Gewichts. Alle von mir ge- wogenen Kalkarten bleiben unter dem Gewichte von 2,70, dagegen bis auf einen, den kreideartigen Süsswasserdolomit, sämmtliche Dolomite darüber hatten. Phosphorescenz ist wie Herr Prof. Christ. Gm el in bemerkte, durch- aus kein Zeichen für die Dolomite. Ich habe auch gefunden, dass fast alle Jura- dolomite dieselbe mehr oder weniger glanzvoll zeigen; es gilt dies auch von denen aus der Nähe basaltischer Bildungen. Ein Uebergangsdolomit von Gerol- stein zeigte auch Phosphorescenz, dagegen keine oder nur höchst schwache, im Augenblicke vorübergehende, hatten sämmtliche aus der Muschelkalkformation, ebenso die Haufwerke von St. Agata, sämmtliche Zechsteindolomite , der Rauch- stein und die Uebergangsdolomite von Dietz und Naumburg. Beim Glühen verlor das Gestein durchschnittlich 0,50 — 0,60 Wasser. b) Die eigentliche Analyse. Man löst den zerkleinerten und schwach geglühten Dolomit in verdünnter Salzsäure. Hat man sich bei der Vorprüfung durch Zusatz von Ammoniak über- zeugt, dass nur kleine Mengen von kohlensaurem Eisenoxydul vorhanden sind, so 200 kann dieses zur Bittererde gerechnet werden, im andern Falle behandelt man die sauere Flüssigkeit mit überschüssigem Ammoniak, und erwärmt und filtrit ge- schwinde, das Eisenoxyd bleibt auf dem Filter, das gebildete Chlorammonium, Chlor- magnesium und Chlorcalcium bleiben gelöst. Man dampft diese nun ab in der Porcellanschaale. Hat die dickliche Flüssigkeit eine gallertartige Consistenz, so deutet das auf die Mischungsverhältnisse des Dolomits. Alsdann bringt man die Salzmasse in den Platintiegel und glüht etwa % Stunde, dann wird das Rück- ständige in der Porcellanschaale mit einigen Tropfen Wasser abgewaschen (wo- durch keine Spur Salz verloren . geht) und nochmals geglüht, bis feuchtes Lakmus- papier nicht mehr geröthet wird. Zuerst entweicht Salmiak, darauf wird bei Gegenwart von Wasser das Chlormagnesium zersetzt in Salzsäure und Magne- sia; erstere entweicht und Magnesia, die nicht flüchtig ist, bleibt zurück, nebst Chlorcalcium das nicht zerlegt wird. Nun wiegt man den Tiegel sammt Inhalt, löst in Wasser, bringt auf das Filter, wäscht aus, das Chlorcalcium ist im Filtrat und Magnesia bleibt zurück. Diese wird nach dem Trocknen geglüht und ist reine Bittererde, sie wird nach den Gesetzen der Stöchiometrie auf reine einfach kohlensaure Bittererde, als welche die Bittererde im Dolomit nach meinen vielen Versuchen stets enthalten ist, berechnet. 1 Gewichtstheil Magnesia entspricht 2,0644 kohlensaurer Bittererde. Das gelöste Chlorcalcium, dessen Gewicht man nach Abzug der Bittererde erhält, wird auf einfach kohlensauren Kalk berechnet. 1 Gewichtstheil entspricht 0,903 kohlensaurem Kalk. Wenn man das Eisen nicht abscheidet, hat man also blos die Verbindung von Chlorcalcium und Chlormag- nesium unter 2> — 3 maligem Zusatz einiger Tropfen Wasser zu glühen. Diese, wie ich glaube mir eigene auch, wie ich aus dem Munde eines Schülers des Hrn. Professor Liebig weiss, in Giessen nicht gebräuchliche Me- thode der Trennung der Bittererde von der Kalkerde ist bei ihrer grössten Ein- fachheit so scharf, dass sie wohl allen anderen vorzuziehen sein möchte, daher ich mir erlaubte dieselbe hier vorzutragen. Hiegegen wurde von dem Präsidenten und dem Secretair die Erfahrung angeführt, dass wasserhaltiges Chlorcalcium gleichfalls durch das Glühen zerlegt werde, und daher der abgeschiedenen Bittererde stets Kalkerde beigemischt sein müsse. Versuche, welche später in dieser Beziehung angestellt worden sind, zeigten die Unzulänglichkeit der erwähnten Methode, welche schon vor langer Zeit Berzelius im Lehrbuch als nicht genau bezeichnet. Vergl. Journal f. pr. Chem. XXXIV. p. 192. 201 7) Dr. B r o in e i s aus Hanau theilte seine weiteren Untersuchungen über das Chinolin mit, wonach dieses interessante sauerstofffreie flüchtige Alkaloid bei der Destillation mehrerer Alkaloide, namentlich des Cinchonins, mittelst Kalihydrat entsteht. Es bildet 2 Hydrate, von denen das eine 3 Atome Wasser enthält, wovon sich jedoch schon bei dem geringsten Erwärmen ein Tlieil ausscheidet und allmählig verflüchtigt, so dass bei 100 0 ein Hydrat zurückbleibt, welches nur 1 Atom Wasser besitzt. Wird dieses noch höher erhitzt und später über vor- hergeschmolzenes Kalihydrat destillirt, so erhält man das Chinolin ganz wasserfrei, in welchem Zustande es folgende Zusammensetzung zeigt C19 H20 N2, welche sich von der von Gerhardt für diesen Körper neuerlich mitgetheilten Formel durch einen geringeren Wasserstoffgehalt unterscheidet. Es bildet schöne Salze, unter welchen namentlich die Platinverbindung ausgezeichnet ist. Bromeis er- kennt in diesem dem Chinin und Cinchonin gemeinschaftlichen Zersetzungsprodukt einen neuen Beweis für den innigen innern Zusammenhang dieser beiden wichtigen Alkaloide und hält es nicht für unmöglich das Cinchonin in Chinin durch geeig- nete Oxydation überzuführen. Derselbe sprach über die Bildung von Metalllegierungen bei der nur eines der beiden Metalle in geschmolzenem Zustande war, das andere aber noch fest ist, und machte die interessante und neue Mittheilung: dass kupferne Röhren, welche in einem Zinnbad verzinnt Avorden Avaren, nach der Verzinnung anstatt schwerer zu sein leichter befunden Avurden als vor der Verzinnung, und dass das überschüssige früher reine Zinn jetzt einige Procent Kupfer enthielt. Es geht also hieraus hervor, dass Kupfer sich schon bei der Temperatur des geschmol- zenen Zinns mit Zinn legiert, auch glaubt Brom eis, dass in ähnlichen Fällen bei den meisten Metallen derselbe Vorgang z. B. zwischen Eisen und Zink, Eisen und Zinn, namentlich beim Löthen etc. stattfindet. Hierdurch Avürde dann das Anheften des einen Metalls auf und an dem andern nicht Avie bisher angenommen von der Adhäsion der beiden Metalle, sondern grösstentheils von der Cohäsion der gebildeten Legierung abhängen. Zuletzt theilte Dr. Bro meis noch einiges über die vonMalaguti und ihm entdeckten neuen chromhaltigen organischen Säuren mit, namentlich über eine, welche Bromeis bei der Behandlung von Phloridzin mit Chromsäure erhalten hatte. Sie ist ein hellbrauner, fester nicht krystallisirender aber bestimmt zusam- mengesetzter Körper, Avelcher sich nur in verdünnter oder concentrirter Kalilauge auflöst und durch Säuren wiederum daraus unverändert ausgeschieden Avird. Er- Avärmte Salpetersäure oxydirt ihn höher, Avodurch er im Wasser etc. leicht lös- 26 II. Abtbeit. 202 lieh wird, sauer zusammenziehend bitter schmeckt, stark sauer reagirt und durch doppelte Zersetzung mittelst anderen namentlich mit Metallsalzen sehr zusammen- gesetzte chromhaltige organische Verbindungen liefert. Das Chrom ist darin durch die gewöhnlichen Reagentien nicht zu erkennen, und es vertritt nicht, wieMalaguti bei seinen Säuren angiebt, darin ein Aequivalent Wasserstoff. Die Zusammen- setzung dieses interessanten Körpers behält sich Bromeis noch für die Folge vor» 8) Professor March and machte auf die Zerlegung des chlorsauren Kalis gemischt mit chromsaurem Bleioxyd oder Mangansuperoxyd aufmerksam, bei der sich im Glühen eine gewisse Menge chloriger Säure entwickelt. Hieran knüpften sich einige Discussionen des Dr. Brom eis. Der Gegen- stand sollte weiter verfolgt werden, da er von Einfluss auf die von Regnaul t und Bromeis angewendete analytische Methode des Gusseisens ist. 9) Herr Abel aus Hamburg sprach über die Schmelzbarkeit des Platins in der Löthrohrflamme, und stellte Versuche darüber an. Der sehr dünne Drath wird knieförmig gebogen und die Flamme gegen die eine Spitze geblasen. Da die Wärmeableitung auf diese Weise gehindert wird, so kann man in der That dünne Dräthe so schmelzen. 10} Prof. Erdmann sprach endlich über die Zusammensetzung der Pflanzenaschen und deren Veränderlichkeit, namentlich in Beziehung auf ihren Phosphorsäure- Gehalt, der durch mehr oder minder anhaltendes Glühen sehr be- deutend vermindert werden kann. Es schloss derselbe die Versammlungen der Section durch einige Worte des Dankes an das gastliche Bremen, auf welches die Versammlung ein freudiges, einstimmiges Hoch ausbrachte. 203 Alphabetisches Verzeichntes der Vortragenden Mitglieder. Erste Abtheilung: . 125. 35. 137. . 100. 75. . 58. . 105. . 60. Zweite Abtheilung: Engelkcn, Dr. H 128- Eschricht 92. Focke, Dr. med 44 Holscher 131. Umschalter 60. Lichtenstein 132. 139. v. Mädler 65 151 Roeser . Smidt Stieffel . v. Struve Walchner Weher . Wilhrand Abel ..... Althaus .... v. Amnion . . . Barkhausen . . . Behu Blume Böltger .... Bromeis .... Buek Burmeister . . . Cbaufcpie .... Christcinicke . . D’Alton .... Dieterich .... Dugend .... Dunker .... Diirr Engelken .... Erd mann . . 42. 4; Erpenbeck . . . Eschricht .... Flügge .... Focke ..... Seite. 45. 202. 46. 145. 145. 172. 07. 113. 126. 130. . 84. 85. 90. 43. 189. 193. 194. 44. 201. 83 . 84. 129 140. 43. 194. 128. 136 196. 71. 175. 155. 188. 192. 193. 202. 43. 137. 170. 194. 98. 107. 128 136. Fuchs Grandidier . . . Grober .... Hahn ..... Herbst Heyland .... Himly Hirschfeld . . . Holscher .... Umschalter . . . Kindt Klüver .... Kohlrausch . . . Köhnemann . . . Earnby Lanyi Lehmann .... Leube Lichtenstein . . . Listing v. Mädler Mansfeld .... Marchand 43. 44. 63. . 145. 155. 173. 174. ...... 164. 69. .... 138. 155. ..... 96. 108. 163. ... 44. 198. 199. ...... 110. . . . 138. 146. 155. ... 44. 189. 195. ... 43. 74. 191. 37. 38. 44. 195. 184. 164. ..... 43. 191. 3. 37. ... 44. 48. 199. ... 95. 114. 126. ... 35. 44. 194. . 14. 34. 36. 37. 43. 137. 158. 111. 190. 192. 194. 202. 204 Michaelis . . Müller . . . Miinchmeyer Ohlendorff , . Oppenheim . . Plicninger . . Richard . . . Roeser . . . Ruete . . . . Scharlau . . . Schneemann . . Schober . . . Schütte . . . Schwarzenberg Siebert . . . Seite. 129. 136. 138. 164. 179. 184. 71. 145. 79. . . . 138. 154. 165 172 61. 69. 173 154. 185. 140. 143 155. 184. 185. 139. 145. 73 ......... 174. Stieffel . v. Struve Textor Tourtual . Treviranus Vogel jun. Waitz . Walchner Wilbrand Wolff . . Zech . . Zeis . . Ziegler Zeunc 35. 67 74. 145. 155. 170. 95. 127. 147. 75. 78. 80. ....... 43. 190. 191. # 84. . . . 42. 60. 67. 154. 188. 192. 76. 92. 144. 12. 160. 126. .......... 40. TAGEBLATT d e r xweiimdzwaozigitcn Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, Bremen. Den 17. September 1841. M 1. Zur Nachricht. Eine Abänderung- der in dem Programme bezeichneten Locale für die Sectionen ist dabin nöthig geworden, dass die Section für Medicin auf der Börse Nr. 2 von 11 — 2 Ubr statt auf der Aula der Gelehrtenschule Sitzung hält, während die übrigen Sectionen sich vcrtheilcn wie folgt: (Für Mineralogie, Cicognosic von 9 — 11 Uhr. j von 9-1 Uhr. j Phy8lfe, Chemie ». Pharmacie von H -lUbr. | a“f ttm »*»<“"»« «• (Fiir Botanik von 9 — 11 Ulir. 1 von 9-1 Uhr. Fer8t. I.a„awirthschaft von 11-1 dir. nuf 4“ *• von 9 — 1 Ahr. Für Zoologie von 9 — 11 Uhr. „ Anatomie und Physiologie von ll — 1 Uhr. auf der Börse Ir. 3. Die Section für Mathematik und Astronomie bleibt von 9 — 11 Uhr auf der Börse Nr. 1. Die gemeinschaftlichen Mittagstafeln linden mit Ausnahme des 22. täglich in denf oberen Sälen der Union für fremde und hiesige Herren und Damen statt, wozu die Karten für den folgen- den Tag daselbst genommen werden können. Die Abendreunionen in der Erholung, welche von den hiesigen Subscribcnteu veranstaltet sind, bieten den als Gästen willkommenen fremden Herren und Damen einen abendlichen Vercini- gnngspuukt. Eine Ausstellung von Naturalien etc. im Hause Seefahrt wird nach der ersten allgemeinen Versammlung am 18. zunächst nur den Mitgliedern und Theilnehmern geöffnet, welche daher ersucht werden, heim Eingänge auch hier ihre Karten vorzuzeigen. Verzeichniss der bis zum 16. September 6 Ubr Abends angekommeiten Gäste. Mtgl. bedeutet Mitglied. TLlu. bedeutet Tlieilnehmer. Albers, geh. Medicinalralli, aus Berlin, Mitgl., Wall Nr. 45 B. Alt haus, Land- und Wasserbaumeister aus Rotenburg a/F., Mitgl., Stadt Frankfurt. Beliebe, Slud. med. aus Göttingen, Thln., Obernslrasse Nr. 3. Boettger, Professor der Physik und Chemie aus Frankfurt a/M., Mitgl., Stadt Frankfurt. Christeinicke, K., Lehrer der Physik, Mitgl., Stadt Frankfurt. Craincr, Dr. med. aus Cassel, Mitgl., Langenslrassc Nr. 34. Eyl, A., Dr. med. und Brunnenarzt aus Hannover, Thln., Obernstrasse Nr. 57. Fa her, Apotheker aus Minden, Thln., Osterstrasse Nr. 18. Fink, Finanzrevisor aus Braunschweig, Thln., Faulenstrasse Nr. 28. Gicscken, Hofmedicus aus Pyrmont, Thln., Stadt Frankfurt Nr. 32. Grube, Fr., Dr. phil. aus Lübeck, Thln., Infanterie-Caserne, bei Lieutenant Wilken. Hage mann, Bergzehntner aus Goslar, Mitgl., Johannisstrasse Nr. 11. H alter mann, geh. Regierungsrath aus Osterholz, Thln., Lindenhof. llartog, Gymnasiast aus Minden, Thln., St. Wilhadi. H eesemann, Geriehlsverwaller aus Schönebeck, Thln., Stadt Frankfurt. Herr ich , Dr. med. aus Regensburg, Thln., Lindenhof. Hocninghaus, Handelsgerichtspräsident aus Crefeld, Mitgl., hinter Slephanikirchhof Nr. 20. von Jan, Gerichlsarzt aus Wallerstein in Baiern, Thln., Ansgariithorscontrescarpe Nr. 15 E a. Kclp, Dr. med. aus Delmenhorst, Thln., Heerdenlhorssteinweg Nr. 1. Koch, Bergrath aus Grüneplan, Mitgl., Deich Nr. 2. König, Regierungsrath aus Bückeburg, Thln., Stavendamm Nr. 27. Kotzenberg, Cand. d. Theologie aus Osnabrück, Thln., Wall Nr. 21. Kottmeier, B., Dr. philosoph. und Rector aus Münster, Thln., Allenwall Nr. 11. Kuypers, W. T, aus Amsterdam, Thln., Lindenhof. Lachmann, Professor aus Braunschweig, Thln., Hulfilterstrasse Nr. 31. Listing, Professor der Physik aus Göltingen, Mitgl., Hannoversches Haus. Luce, Stud. med. aus Halle, Thln., Pelzerstrasse Nr. 50. Merkel, Sehalzrath aus Hannover, Thln., Sandstrasse Nr. 14. Meyer, B., Regierungsralh aus Minden, Mitgl., Markt Nr. 1. Meyer, Dr. med. aus Bückeburg, Mitgl., Lindenhof. Müller, R. M., Pastor aus Eutin, Thln., Ansgariithorssteinweg. Nölting, Slud. med. aus Berlin, Thln., Ohlendorf, J. H., Inspeclor des botan. Gartens aus Hamburg, Thln., Hannov. Haus. Pletzer, Stud. Theol. aus Berlin, Thln., St. Stephanikirchhof Nr. 4. Power, Kaufmann aus Gibraltar, Thln., Langenstrasse Nr. 43. Rodewald, F., Kaufmann aus Neworlcans, Thln., Osterstrasse Nr. 20. Ru etc, Professor der Medicin aus Göttingen, Mitgl., Osterthorstrasse Nr. 39. Sch a eff er, Dr. phil. aus Dresden, Thln., Richtweg Nr. 14. Schmidt, C., Dr. phil. aus Sonderberg, Herzogth. Schleswig, Mitgl., Lindenhof. Schober, Dr. med. aus Vlotho, Thln., Doventhorstrasse Nr. 8. Schönfeld, Pastor aus Reelkirchen, Thln., Kohlhökerstrasse Nr. 18 D. Schwcihert, Apotheker aus Dingelstädt, Thln., Kohlhökerstrasse Nr. 18 C. Sprenger, W., Apotheker aus Jever, Thln., Catharinenstrasse Nr. 33. Struve, G. von, aus Mannheim, Mitgl., Wall Nr. 76 A. Unhart, E., Kaufmann aus Newyork, Thln., Stadt Frankfurt. Vogel, Hofrath Dr. aus München, Mitgl., Stadl Frankfurt. Vogel, Dr. med. aus München, Mitgl., Stadl Frankfurt. Waitz, Cammerralh ans Altenburg, Mitgl., Klosterkirchenstrasse Nr. 9. Wardenburg, Dr. med. aus Delmenhorst, Thln., Heerdenthorssteinweg Nr. 1 b. Warnefcen, H., aus Neworleans, Thln., Neuenstrassc Nr. 3. Wilde, E. von, Gutsbesitzer aus Russland, Thln., Altenwall Nr. 15. Wilbrandt, geh. Medicinairath aus Giessen, Mitgl., Stadt Frankfurt. Wolf, Dr. med. aus Berlin, Mitgl., Stadt Frankfurt. Zitting, G. R. E., Dr. med. aus Aurich, Thln., Stephanikirchhof Nr. 4. Dieses Blatt erscheint täglich und wird früh Morgens an den Eingangsthüren der Börse den Mitgliedern und Theilnehmern eingehändigt. Einzelne Exemplare sind zu 3 Grote in der Schünemanuschen Buchhandlung zu haben. Bruck von C. Schünemann. TAGEBLATT der «wciiind/wan/igsteii Tcrsammlnn^ deutscher Naturforscher und Aerzte. Bremen. 1S* September 1844. J\o Zur Nachricht. Heute, Morgens 10 Uhr, beginnt die erste allgemeine Versammlung auf der oberen Halle des Rathhanses, welche durch eine Begriissungsrede des ersten Geschäftsführers eröffnet wird. Hierauf wird der zweite Geschäftsführer die Statuten vorleseu und über eingegangene Vorschläge, Ge- schenke etc. berichten. Darauf folgeu die Vorträge von Prof. Wilbrandt aus Giesspn. Ueber die körperliche Bildung der Affen, in Vergleich mit der körperlichen Bildung des Menschen und die etwaige verwandtschaftliche Stellung derselben zum Menschen. Prof. Walchner aus Carlsruhe. Ueber das Vorkommen des Kupfers und Arseniks an der Oberfläche der Erde und in Quellen. Prof. Mruschaur aus Gratz wird int Namen der vorigjährigen Geschäftsführer die diesjährige Versammlung begriissen. Eine Abänderung der in dem Programme bezeichnetcn Locale für die Scctionen ist dahin nöthig geworden, dass die Section für Mcdicin auf der Börse Nr. 2 von 11 — 2 Uhr statt auf der Aula der Gelehrtensci» nie Sitzung hält, während die übrigen Scctionen sich vcrthcilen wie folgt: j Für Mineralogie, föeognosie von 9—11 Uhr. ) von 9 I Uhr. j PhySik, Chemie u. Pharmacic von 11 - 1 Uhr. j auf d4‘,H Schüttin* Mr* 1 (Für Botanik von 9 — 11 Uhr. \ von O — l Ihr. Forst_ un(| IiMawirthSdl«ft von 11 - 1 Uhr. imf St"Ü"”,S *r 8 von SB — 1 Uhr. (Für Zoologie von 9 — 11 Uhr. „ Anatomie und Physiologie von 11—1 Uhr. Die Section für Mathematik und Astronomie Ideiht von 9 Börse Nr. I. auf der Börse Nr. 3. 11 Uhr auf der Die gemeinschaftlichen Mittagstafeln finden mit Ausnahme des 22. täglich in den oberen Sälen der Uniön fiir fremde und hiesige Herren und Damen statt, wozu diä Karten für den folgen- den Tag daselbst genommen werden können. Die Abcndretinionen in der Erholung, welche von den hiesigen Subscribenten veranstaltet sind, bieten den als Gästen willkommenen fremden Herren und Damen einen abendlichen "Vereini- gungspnnkt. Eine Ausstellung von Naturalien ete. im Hause Seefahrt wird nach der ersten allgemeinen Versammlung am 18. zunächst nur den Mitgliedern und Theilnchmern geöffnet, welche daher ersucht werden, beim Eingänge auch hier ihre Karten vorzüzeigön. Verzeichntes der bis zum 1 7 . September 6 Uhr Abends angenommenen Gäste. lltgl. bedeutet Mitglied. Tbln. bedeutet Theilnebmer. d’Alton, Professor aus Halle, Mitgl., Prof. Strack. Becker, Apotheker aus Vahrenholz, Thln., Langcnstrasse Nr. 18. Beim, Dr. med. aus Kiel, Mitgl., Lindenhof. Bl ume, Professor aus Leiden, Mitgl., Lindenhof. Blüh me, Dr. med. Medicinalrath aus Norden, Mitgl., Hulfiiterstrasse Nr. I. Brennecke, Dr. Lehrer aus Jever, Mitgl., Langenslrasse Nr. 145. Brockmann, aus Königsberg, Thln., Ansgariilhorstrasse Nr. 13. Briick, Dr. Medicinalrath aus Osnabrück, Mitgl., Stephanikirchhof Nr. 33. Bnck, Dr. med. aus Hamburg, Mitgl., Obernstrasse Nr. 3. Bulise, F. A., aus Riga, Thln., Pelzerstrasse Nr. 14. Buh sc, J. II., aus Riga, Thln., ebendaselbst. Burbenne, Dr. philolog. aus Cassel, Thln., Lindenhof. Burmeister, Professor aus Halle, Mitgl., Langenslrasse Nr. 23. Cammann, Dr. med. aus Verden, Thln., Vorwerks Hotel. Chaufepie, Dr. med. aus Hamburg, Mitgl., Stadt Frankfurt. Doencb, Apotheker aus Vlotho, Thln., Stadt Frankfurt. Dunker, Dr. med. aus Cassel, Mitgl., Wall Nr. 56. Dürr, Hofmedicus aus Hannover, Mitgl., Wall Nr. 70 A. Erdmann, Professor aus Leipzig, Mitgl, Kohlhökerstrasse Nr- 20 C. Erpenbeck, Dr. med. aus Lehe, Mitgl., Buchtstrasse Nr. 41. Flügge, Dr. med. Sanitätsralh aus Hannover, Tliln., Kohlhökerstrasse Nr. 20 6. Goedeke, Dr. med. aus Lübeck, Thln., Stadt Frankfurt. Grönning, Pastor aus Oldenburg, Thln., Remberlistrasse Nr. 42 b. II aase, Pflanzer aus Mexico, Thln., Alten Wall Nr. 16. Harn i er, Hofralh Dr. aus Cassel, Mitgl., Sandstrasse Nr. 16. Hayessen, Particulier aus Jever, Thln., Stadl Frankfurt. Helm, Dr. med. aus Hannover, Thln., Schiisselkorb Nr. li. Henne ke, Dr. med. aus Goslar, Mitgl., Hullilterstrasse Nr. 16. Herbst, Professor aus Güttingen, Mitgl., Stadt Frankfurl. Heyland, Dr. med. aus Lübeck, Thln., Riehtweg Nr. I. Hoffbauer, Dr. med. aus Bielefeld, Mitgl., H oman n, Dr. med. aus Hamburg, Thln., 2. Schlachtpforte Nr. 7. II rusch aur, Professor aus Gratz, Mitgl., Lindenhof. Ingcnohl, Apotheker aus Hooksiel, Calharinenslrasse Nr. 13. Kirchner, Oekonom aus Kelteritz, Thln., Koch, Dr. pliil. aus Jever, Mitgl., bei Herrn H. FrGrichs. Köhnemann, Dr. med. aus Haye, in Ostfriessland, Thln., Buchtstrasse Nr. 44. Ko tt in ei er, aus Scharmbeck, Thln., Allen Wall Nr. 11. Kropp, Theol. aus Brakei, Thln., Johannisslrasse. Lamby, Sanilätsrath aus Iburg, Thln., Bnchtstrasse Nr. 30. Lamby, Sind. med. aus Iburg, Thln., ebendaselbst. Länyi, Edler von, Geriehtstafelbeisilzer aus Ofen, Mitgl., Buchtstrasse Nr. 29. Lehmann, Dr. aus Berlin, Thln., Seemannstrssse Nr. 8. Lichtenstein, Professor aus Berlin, Mitgl., bei Herrn Bürgermeister Smidt. Lohmeyer, Apotheker aus Verden, Thln., Wachtstrasse Nr. 25. Mannsfeld, Dr. med. aus Braunschweig, Wall Nr. 66 A. March and, B. F., Professor aus Halle, Kohlhökerstrasse Nr. 20 B. Matthäi, Apotheker aus Hannover, Mitgl., Märkel, Cantor aus Stadt Wehlenburg, Mitgl., Wall Nr. 66 A. Meier, Apotheker aus Bederkesa, Thln., Langenslrasse Nr. 99. Mevn, Professor aus Kiel, Mitgl., Wachtstrasse Nr. 14. 31 e y n , Dr. phil. aus Kiel, Thln., ebendaselbst. Michaelis, Professor aus Kiel, Mitgl., Lindenhof. 31 ii h len p f o r dt, Dr. med. aus Hannover, Thln., Langenslrasse Nr- 7. Miihlcnpf ordt, Apotheker aus Braunschweig, Thln., 31 ü 11 er, Archidiaconus aus Hamburg, Thln., New m a n-Shc rwood, Dr. med. aus Lübeck, Thln., Buchtstrasse Nr. 59. Niebcrding, Dr. med. aus Hooksiel, Thln., bei J. H. Müller. Nölting, Turnlehrer von Alfeld, Thln., Dechanatstrasse Nr. 1 B. Oswald, Mathematiker von Nordhansen, Thln., Doventhorstrasse Nr- 6. Owen, Assistenzarzt aus Bederkesa, Thln., Ansgariilhorslrasse Nr. 21. Felzcl, Gutsbesitzer aus Verden, Thln., Wachtstrasse Nr. 14. P rösch, Dr. med. aus Hamburg, Thln., Wall Nr. 63. B e n n en k am p f, Oberkammerherr aus Oldenburg, Thln., Wall Nr. 104. Rete in eye r, Stud, med. aus Amsterdam, Thln., Doventhorsstrasse. Röding, Oberalter aus Hamburg, T hin. Rö mer, Stadtgerichtsassessor aus Hildesheim, Mitgl. Contrescarpe Nr. tO A. Schleicher, Kaufmann aus Minden. Thln., Osterlhorssteinweg Nr. t. B. Schorn bürg, Apotheker aus Verden, Thln., Sögeslrasse Nr. 37. Schütz, Pastor aus Prille, (Schaumburg Lippe) Thln. Calharinenstrasse Nr. 3. Schütz, Dr. phil. aus Bielefeld, Langenstrasse Nr. 23. Stieffel, Professor aus Carlsruhe, Mitgl., Seemannsslrasse Nr. 3. Struve, von., Geh. Rath aus Hamburg, Mitgl., Wall Nr. 69. Thünen, von. Landwirth aus Jever, Thln., Stadl Frankfurt. Tourtual, Medicinalrath aus Münster, Mitgl., Stavendamm Nr. 8. Treviranus, Professor aus Bonn, Mitgl., Hohestrasse Nr. 5. Vogel, Dr. med. von Grohn, Thln., Stadl Frankfurt. Walch ne r, Bergrath und Professor aus Carlsruhe, Mitgl., bei Cons. Höpken. Wonneberg, Dr. med. aus Verden, Thln., Geeren Nr. 37. Zeis, Professor aus Marburg, Mitgl., Lindenhof. Tageblatt iVr. 1. 54 Theilnehmer und Mitglieder. Nr. 2. 80 Theilnehmer und Mitglieder. Erratum im gestr. Register. Lach mann, Professor ans Braunschweig, Mitgl., Domshof Nr. 9. Dieses Blatt erscheint täglich und wird früh Morgeus an den Eingangsthüren der Börse den Mitgliedern und Theilnebmern eingehändigt. Einzelne Exemplare sind zu 3 Grote in der Schüncmannschen Buchhandlung zu haben. Druck von C. Schünemann, TAOEBEATT der Kweiund/wanzlgsten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Breoien. Den 1S>* September fi844. J\o Die zwciundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher uud Aerzte ward um 10 Uhr eröffnet. Der erste Herr Geschäftsführer, Herr Bürgermeister Dr. Smidt crÖffnete die Gesellschaft mit einer Hede, worin er dieselbe herzlich willkommen hicss, und den lang gehegten Wunsch unserer Republik aussprach, die gelehrte Versammlung, die bis dahin fast nur auf Universitäten ihre Zusam- menkunft gesucht, ein Mal in ihrer Mitte zu sehen. Derselbe hob das Verhältniss hervor, worin das wissenschaftliche Leben zu den materiellen Interessen einer Handelsstadt und einer Republik steht, wo keine Mäeene Wissenschaft und Kunst begünstigen können; er erörterte dann den W^erth und den Zusammenhang zwischen Naturforschung und Handelsverhältnissen , und fand für Wissenschaft und Handel namentlich darin einen Berührungspunkt, dass beide, die Handels- wie die Gelehrtenrc- publik, zu ihrem glücklichen Gedeihen vollkommener Ungebundenheit und Freiheit bedürfen. Auf weiche Weise Bremen den Zwecken der Versammlung am meisten genügen könne, die Frage beschäftigte allgemein, nachdem die Wahl zur zweiundzwanzigsten Versammlung unsere Stadt getroffen, und hier gaben die Handelsverbindungen mit fernen Welttheilcn, die Handelsflotte unserer Stadt, die Finger- zeige, und beide wurden benutzt, den Zwecken der Naturforscher würdig zu dienen. Schliesslich hob der Herr Geschäftsführer die Macht und den Einfluss der Wissenschaft auf politisches und sociales Leben hervor und sah darin eine schöne Morgcnröthc für die Zukunft aufgehen. Darauf ward von dem ersten Herrn Geschäftsführer die Versammlung für eröffnet erklärt. Der zweite Geschäftsführer, Herr Dr. nied. G. W. Focke, verlas darauf die Statuten und Loh den Werth derselben als noch immer dem Zwecke entsprechend hervor. Es schloss sieh daran eine Hinweisung im Allgemeinen auf die segensreichen Folgen der früheren Versammlungen, namentlich auf die glücklichen Kombinationen , zu welchen der Austausch gegenseitiger Beobachtungen Anlass gegeben habe. Indem der Redner in dieser Anwendung, welche das Genie von der Arbeit Vieler macht, den eigentlichen Fortschritt der Wissenschaft fand, sah er in der Thcilnahme an den Vorarbeiten eine Aufgabe für möglichst Viele. Es komme vorzüglich darauf an, dass ein Jeder in seinem Kreise sich der Beobachtung und Sammlung der Naturkörper annchmc und ferner, dass die an unzähligen Orten zerstreuten Gegenstände mehr auf einem Punkte vereinigt würden. Dazu sei in der durch Privatkräfte eben jetzt zusainincngebrachtcn Sammlung der erste Schritt gethan , für dessen Förderung allen, die daran Theil genommen, öffentlich gedankt wurde. Unter gleicher Danhbezeugung wurde schliesslich folgender von auswärtigen Gelehrten ein gesandter Schriften Erwähnung gethan. 1. von Herrn 2. 3. 4. 5. » 6. 7. 8. 9. Dr. Weiglein in Gratz. — Diätetische Fragmente. Prof. Agassi z in Neuchatel, — Cataloguc des poissons fossiles. Dr. Mauz in Esslingen. — Uehcr den Kornbrand. Prof. C. II. Schultz in Berlin. — Die Entdeckung der wahren Pilanzennahrung. Dr. Heidenreich in Anspach. — Ueber die Verkehrtheit in der Erzichnng uud Bildung der weiblichen Jugend. Dr. Hcpp in Strassburg. — Ueber die zehnte Versammlung des Congres scientifique de France zu Strassburg 1842. A. Th. Na hl in Cassel. — Meteorologische Annalen. Dr. A. M ühry in Hannover. — Ueber die historische Unwandelbarkeit der Ur- sachen der Krankheiten. Hofrath Dr. Peez in Wiesbaden. — Bemerkungen über die Quellen zu Wiesbaden. Darauf verlas der zweite Geschäftsführer eine durch Hrn. Professor PI i e n i n g e r aus Stutt- gard übergebene Zuschrift, von dem neu gebildeten Verein für vaterländische Naturkunde in Würtem- berg, worin dessen Constituirung der Versammlung angezeigt ward. Der erste Geschäftsführer forderte dann die Herren auf ihre Vorträge zu halten, und zuerst sprach: Herr Professor J. Wilbrandt aus Giessen über die körperliche Bildung der Alfen, im Vergleich mit der körperlichen Bildung des Menschen und die etwaige verwandschaftliche Stellung derselben zum Menschen. Unter den 137 verschiedenen Affenarten stehen nur in der alten Welt der O rang-O iitang und der Chimpansee den Menschen einigermassen nahe. Früher kannte man nur den ersteren im jugendlichen Zustande und hielt ihn im erwachsenen Zustande, als Congo, für eine andere Speeles. In Giessen hat ein ausgewachsenes und ein junges Thier im anatom. Museum zu einer genauen Unter- suchung Veranlassung gegeben. Nach einer genauen Schilderung der Einzclnheitcn der Bildung dieses Affen ward besonders das Vorhandensein des Zwischenkieferbeines, der Mangel des Kinns, was schon Blumenbach hervorgehoben, und der Mangel des Ohrläppchens, was nur heim Kapuziner- affen in Rudimenten vorhanden, hervorgehoben. Die Länge der oberen Extremitäten, die Schwäche der unteren, deren Hände am meisten der menschlichen Hand entsprechen, der Mangel der Waden, der Hinterbacken, des Ballens, der Ferse, wodurch bewirkt wird, dass die Last des Körpers vorzüglich auf den Mittclfuss fällt, wurden als besondere Merkmale des Affen erwähnt. Die Schultern liegen mehr nach vorne , sind nicht abgerundet. Die innern Organe bieten ebenfalls Verschiedenheiten dar, so sind die vorderen Lappen des grossen Gehirns kleiner, während das kleine Gehirn mehr nach hinten hervortritt. Die Vorzüge der Ausbildung liegen besonders in der inneren Bildung. Bei der Entwickelung des Menschen und des Affen zeigt sich die auffallende Verschiedenheit, dass während der Orang-Outang und derMensch im kindlichen Alter sich näher stehen, die fernere Entwickelung immer mehr auseinander weicht, der Affe mehr Thier wird, während der Mensch zur II u manität sich ausbildel; daraus geht die selbst- ständige Stellung des Menschen für alle Zeiten hervor. Die Aeusserungen des geistigen Lebens beim Affen bestehen nur in Coinbinationen von Vorstellungen, wie sie ungefähr ein zwei bis dreijähriges Kind ausfiilircu bann, höhere Vcrstandesäusserungen fehlen ganz, eben so Vernunft, wodurch die Würde des Menschen gerechtfertigt wird. Herr Prof. Walchncr aus Carlsruhc sprach: Ucber das Vorkommen des Kupfers and Arseniks an der Oberfläche der Erde und in Quellen. Arsenik und Kupfer als sparsam auf der Erdoberfläche vorkoinmcnd angesehen, sind dennoch allgemein verbreitet und kommen in der Ackerkrume nnd in Quellen vor. Die Untersuchungen der Eisenerze in Baden haben das Resultat geliefert, dass in allen Kupfer und meist auch Arsenik enthalten ist. Diese Bestandtkcilc kommen auch in den jüngsten Formationen vor. Boknenerz, Linsenerz und der Rascneisenstein, der sich noch unter unsern Augen bildet, liefert sie. Der Gedanke, dass wenn die früheren Quellen diescBcstandtthcile enthielten, dieselben auch in den noch flicssenden Eisenquellen zu linden seien, lag nahe, und wirklich wurde in den Ockerabsätzen von Griesbach, Rippoldsau, Rothenfels, Ems, Pyrmont etc. Arsenik gefunden. Die Untersuchungen wurden mit den möglichsten Vorsichtsinassrcgeln zur Sicherstellung vorgenommen. Die Quantitäten sind indessen nur sehr klein, so dass sie im Wasser nicht zu ent- decken sind und kommen einer homöopathischen Verdünnung von Milliontel gleich. — Herr Prof. Hruschaur aus Gratz begrüsste die Versammlung im Namen der durch Geschäfte abgehaltcnen Geschäftsführer der einundzwanzigsten Versammlung in Gratz und sprach seinen Dank aus für das Andenkeu, welches man der Versammlung zu Gratz erhalten habe, eine Versammlung, woran Steiermark mit Freude zurückdenke. Er übergab schliesslich den Geschäftsführern den amt- lichen Bericht der vorigjährigen Verammlung. Nachdem der zweite Geschäftsführer zur Bildung der Sectionen in den verschiedenen Localen aufgefordert hatte, ward um 12 Uhr die Versammlung geschlossen. Sectionen. Scction für Mathematik, Astronomie etc. Präsident: Hofrath V. üfötfler aus Dorpat. Sccretair : Zech aus Berlin. V o r t r ä g c : 1. Dr. Lehmann aus Berlin. Ueber das Stabiütätsprincip in unserem Planetensysteme. Scction für Mineralogie und Ccognosic. Präsident: Geh. Rath VOH StrUVe aus Hamburg. Vizepräsident: Berg-Rath Prof. Walchner aus Carls ruhe. Secretair: Stadfgerichtsasscssor Römer aus Hildesheim. Section für Chemie, Physik und Pharmacie. Präsident: Hofrath Dr. Vogel aus München. Secretair: Professor Marehand aus Halle. V orträge: 1. Professor Walchner aus Carlsrulie. Leber die Bildung von Wismuthoxyd auf nassem Wege. 2. PA’ofessor Marehand aus Halle I 3. Professor Böttcher aus Frankfurt a/'M. / Mehrere Mittheilungen. 4. Professor Erdmann aus Leipzig ) 5. F. Edler von Lanyi. Leber das wildwachsende Wermullihraut, Artemisia Absinthium zum Gebrauche als Zunder. 6. Br. Er penbech aus Leer. Vorzeigung und Explieation eines von ihm erfundenen Luftpvrometer. 7. Derselbe. Leber das Mehrfach-Sehen mit einem gesunden Auge, so wie über die farbigen Säume bei undeutlichem Sehen. Section für Botanik, Forst und Sjandwirlhgchafb Präsident: Professor Mi. C. WreviranUS aus Bonn. Secretair: Dr. Muck aus Hamburg. Vorträge: 1. Br. E wald Dietrich aus Leipzig. Blicke auf Weintrauben und die Heilkraft des Weins, (an die Section für Mcdicin verwiesen.) 2. Dr. J. B. Wilb randt, einige Worte über dse Ernährung der Pflanzen. 3. Dr. Buck wird einige Centuricn getrockneter Capseher Pflanzen vorzeigen, weiche von Hrn. Drege zum Verkauf angeboten werden. 4. Derselbe wird getrocknete Früchte aus seiner Collection, zum Tbcil unbestimmt, vorlegcn. 5. Professor Treviranus. Leber den Schwammsteiu, Pietra fungaja, der Italiener, so wie über eine besondere Art der Reproduction bei einem Sedum. 6- eogiiosic. Den 19. September 184 4. Präsident: Geheime Rath Struve aus Hamburg. Secrelair; Assessor JtÖMffief* aus Hildesheim. V ertrüge: Nachdem bereits am gestrigen Tage die Wahl der obenbenannten Personen zum Präsidenten und Secrelair erfolgt war, eröfFnete der Herr Präsident die heutige erste Versammlung, worauf der Herr Baumeister Althaus aus Rotenburg, mit einem Vortrage über die Versteinerungen des Kupfer- schiefers von Riech elsdorf in Kurhessen begann und schliesslich mehrere Petrefacten der genannten Fund- stelle vorzeigle. Sodann hielt der Herr Bergrath Professor Walchner aus Carlsruhe einen ausführlicheren Vortrag über die Gänge des Granilstocks bei Willi eben im Schwarzwalde unter Mitlheilung der chemischen Analyse des Kupferwismulhs. Hiernächst theille der Herr Apotheker Dr. Leube aus Ulm dps Resultat ferner Untersuchungen über die Strulur des Dolomils mit, welchem der Herr Professor Walchner noch einige Bemerkungen über den dolomitischen Süsswasserkalk von Bedingen bei Ulm hinzufügte. Der Unterzeichnete Protocollführer zeigte hierauf eine Anzahl Versteinerungen aus dem Kohlenkalke aus der Gegend von St. Louis in N. America vor, darunter mehrere neue Arten der Gattung Cyethoccinus und Pentatrematites, eine ungestielte Crinoiden- Gattung und eine höchst merkwürdige schraubenförmig gewundene Retexora, denen der Herr Pastor Müller aus Hamburg noch einen Zahn aus derselben Formation und Gegend hinzufügte. Der Herr Regierungsrath Meyer aus Minden zeigte ein bedeutendes Stück Glanzkohle (?) aus den Lias bei Halle vor, in welchem sich die Abdrücke mehrerer Mollusken - Arten sehr wohl erkennen Hessen, ausserdem auch einen wohl erhaltenen Zahn (Dinotherium ?) aus Kentucky. Ebenso der Herr Dr. Dunker aus Kasse! eine Anzahl neuer Lias-Versfeincrungcn aus dem Lias- Sandstein bei Halberstadt. Ferner der Herr Oberkammerherr Rennenkampf aus Oldenburg sehr vollkommene Granaten ton der Ostküste des russischen America. Endlich der Herr Dr. B r e n n e k e eine Anzahl von Versteinerungen, aus den Geschieben bei Jever, welche dem Uebergangsgebirge angehörten. Zum Schluss überreichte der Herr Dr. Focke aus Bremen eine Anzahl Exemplare des Tableau general des poissons fossiles par d’Agassiz als ein Geschenk des Verfassers, welche sämmllich unter den anwesenden Mitgliedern verlheilt wurden. Der Herr Präsident schloss sodann die heutige Versammlung mit der Aufforderung zur Anmeldung von Vorträgen für die morgende Zusammenkunft. Nachträglich überreichten die Herren Allhaus und Leubc ihre heutigen Vorträge schriftlich. Scction für Chemie, Physik, and Pharmacic. Den 19. September 1844. Präsident : Ilofrath Dr. Wogel aus München. Secretair: Professor M.archand aus Halle. V o r t r ä g c : j 1. Herr Professor Waichner theiite Bemerkungen über die Bildung; des Schwefelwismuths und des Wismuthoxyds mit. 2. Herr Professor Erd mann machte auf das falsche Mischungsgewicht verschiedener Körper auf- merksam, und gab sein Verfahren das von Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Quecksilber, Schwefel, Calcium und Eisen zu erhalten, welche Multiple in ganzen Zahlen von dem des Wasserstoffs wären. 2. Herr Professor Böttgcr aus Frankfurt verlas einen Prospcctus über eine Methode, mittelst einer Flüssigkeit in Glas zu ätzen, und zeigte einige auf diese Weise erhaltene Zeichnungen in Glaä und Abdrücke davon vor, wollte das nähere Verfahren aber nicht angeben, weil es einem Lithographen alsGeheimniss überlassen sei. Derselbe gab sodann eine Methode an, Glas mit einem schön spiegelnden Silberübcrzuge zu versehen, indem man salpetersaures Silberoxyd in Ammoniaklösung aullöst, dann mit einer spirituösen Lösung von Zimmtcassia zusammen* bringt, und die filfrirte Flüssigkeit durch Nelkenöl in Alkohol rcducirt, hei gelindem Er- wärmen erscheint die Flasche, in welcher die Keduction vorgenommen wurde, mit einem schönen silberglänzenden Ueberznge. 3. Herr Dr. Vogel jun. theiite einige Bemerkungen mit über das Vorkommen salpetersaurer Salze im Wasser. 4. Herr Professor March and hielt einen Vortrag über die organische Säure, welche durch Ein- wirkung von Salpetersäure auf Aloe und einige andere organische Substanzen gebildet wird, gab darauf ein Verfahren an, kleinere Krystalle mittelst des Fadenkreuzes im Microscope zu messen, indem man die eine Fläche des Krvstalls mit dem einen Faden in Berührung bringt und nun misst, wie weit man drehen muss, um den, einen rechten Winkel mit dein andern machenden Faden mit einer andern Fläche des Krystalls in Berührung zu bringeu, darauf thcilte derselbe ein sehr einfaches Verfahren mit,' Schiesspulver zu untersuchen, indem in einer gewogenen Röhre durch haltcs Wasser der Salpeter gelöst wird 5 der Apparat durch einen trochnen Luftstrom getrocknet, giebt heim Wiederwiegen durch seiuen Verlust den im Schicsspulver enthaltenen Salpeter an, der Schwefel wird darauf durch Schwefelkohlenstoff auf ähnliche Wreise entfernt, das Zurückhleibcmle ist Kohle. 5. Herr Edler von Läuyi thcilte einiges über Artemisia vulgaris und dessen technische Anwen- dung mit. 6. Dr. Erpenbeck aus Leer. Vorzeigung und Explication eines von ihm erfundenen Luftpyroincter. 7. Derselbe. Uebcr das Mehrfach-Sehen mit einem gesunden Auge, so wie über die farbigen Säume bei undeutlichem Sehen. Section für Botanik, Forst imd &andwirlfliscfaaft. Präsident: Professor JL. C. TrevirailUS aus Bonn. Secrctair: Dr. ffiUeli aus Hamburg. Vorträge: Nach der Bewillkommnung der Anwesenden durch Prof. Treviranns aus Bonn, las Herr Prof. Wilbrandt einen Aufsatz über die Ernährung der Pflanzen, welche die Untersuchungen darüber, als bisher nur unvollkommen, mehr von chemischem als physiologischem Standpuncte ausge- gangen, darstellte. Herr Professor Wilbrandt machte alsdann den Vorschlag, in dem Protocoll den Wunsch der Section auszusprechen, dass das Thema als eine Preisaufgabe von einer Akademie benutzt werde. Herr Prof. Blume bemerkte, dass eine in llarlcm schon vor einigen Jahren gege- bene Preisaufgabe noch nicht gelöst sei, worauf beschlossen wurde dem Vorschläge des Herrn Prof. Wilbrandt Folge zu leisten. Der Herr Präsident sprach sodann über den Schwaminstein, das Lyncurium des Dioscorides, den Pietra fungaja, thcilte die divergireuden Ansichten von Gasparin i in Neapel und Brunner in Genf mit, welchen er beistimmte, dass diese Substanz, das Mycclium, die Mutter des Polyporus tube- rasterFrics sei, während Gasparini sie für einen eigenen Schwamm hält, Mycelitlic fungifera, auf welchen der Polyporus tuberaster parasitisch wachse. Er erinnerte dabei an den Tuber regium in Rumpfs Herb, ainboineux, von dem Herr Prof. Blume erklärte, dass er ihn gesehen und das es sich ganz ähnlich damit zu verhalten scheine. Hr. Prof. Treviranus legte ein Exemplar dieses Schwammsteines vor. Hr. Ohicndorff aus Hamburg zeigte getrocknete Pflanzen vor, die er aus dem von Herrn Dr. Prciss in Australien gesammelten Saainen gezogen. Leguininosac , Proteaceae und JHyrta- ceae einige 80 species, säinmtlich noch ganz junge Pflanzen, die bis jetzt noch nicht geblühet, zum Thcil noch unbestimmt; er vertheiltc sodann einen Cataiog der von ihm aus diesen Saainen gezogenen lebenden Pflanzen, die in seiner Baumschule in Hamm bei Hamburg verkauft werden. Darauf verlas der Herr Präsident ein Schreiben des Herrn Dr. C. H. Schultz in Berlin, welches eine Schrift «Die Entdeckung der wahren Pflauzcnuahrung, Berlin 1844,» begleitete, wor- über Herr Professor Wilbrandt in einer der nächsten Sitzungen zu referiren versprach. Der Herr Präsident verlas dann ein Schreiben des Herrn ür. 31 a u z in Esslingen, so wie eine kurze Abhandlung desselben, »über den Kornbrand» und theiite endlich den Inhalt des gleichfalls eingesen- deten zweiten Heftes des Archivs für Natur, Heilkunde und Agricultur mit. Für die Sitzung vom 20. Sepfbr. wurde Herr Professor Blume aus Leyden zum Präsi- denten erwählt. Vorträge: Herr Professor Blume. Einige Bemerkungen über das Lycopodium arborcnm von Jung- hnhn aus Sumatra. Dr. Buek wird die für heute angekündigte Vorzeigung von Pflanzen und Früchten, wozu die Zeit nicht ausreicht, morgen vornehmen. §cction für Zoologie und für Anatomie und Physiologie. Präsident: Geb. Rath BAellt eUSteill aus Berlin. Secretair: Prof. Burmeister aus Halle. Vorträ ge: In der ersten Sitzung dieser beiden vereinigten Sectioaien kamen folgende Themata anato- mischen und physiologischen Inhalts zur Sprache: Der Herr Präsident Gchcimrath Lichten st ein eröffnete die Sitzung mit der Anfrage, ob dein im vorigen Jahre von Sr. kais. Hoheit Erzherzog Johann von Oestreich gemachten Vorschläge, jährlich eine kurze Uebersicht über die Leistungen und die im Laufe des Jahres gemachten Fort- schritte der Wissenschaften zu liefern, nicht Folge zu geben sei, fordert deshalb alle Anwesende auf, in einer der nächsten Sitzungen nach Kräften mitzuwirken und wünschte, dass immer ein An- wesender sich erbieten möge, einen solchen Bericht zu liefern. Ferner brachte er die intendirte Ausgabe des Plinius zur Sprache, berührte die Zweckmässig- keit eines neuen systeina zoologicum, indem er auch auf das JBediirfniss einer allgemeinen Termino- logie aufmerksam machte, und fordert endlich die Zoologen auf, sich morgen um 1 Uhr in den obern Sälen im Museo einzufinden, um die schöne Sammlung daselbst in Augenschein zu nehmen. Nach geschehener Aufforderung an die zu Vorträgen bereitwilligen Herrn, erhob sich Herr Mcdicinalratb Dr. Tonrtual und theilte seine Untersuchungen über den Schlundkopf und Schlund des Menschen mit, indem er auf ein Muskelpaar am Gaumsegel aufmerksam machte, das bisher noch nie bekannt gewesen sei. Dieses wird nach ihm Levator veli penduli minor santerior genannt und scheint dazu bestimmt zu sein, den vordem Gaumspanner und Heber zu unterstützen. Dass auch dieses Muskel paar wenn gleich verschieden von dem des Menschen den Thicren zukömmt, haben vergleichende Beobachtungen beim Rinde, der Ziege, dem Hunde und Fuchse ergeben. Ausserdem beobachtete der Redner am Pharynx des Menschen drei elastische Bänder, an deren Stelle beim Säugcthiere einfache Sehnenstreifen Vorkommen, die mit der Bewegung der Hirn- schaale in Berührung zu stehen scheinen. Hiernach hielt Herr Professor Dr. Herbst aus Göttingen über die Farben des Chylus einen Vortrag, den er durch Abbildungen erläuterte. Die Untersuchung bot ihm die Flüssigkeit des duct. thoracic, dar, dessen Inhalt aus einer Mischung von Ghylus und dem Safte der Lympligcfässe besteht. Er gelangte zu folgenden Resultaten : 1. Die Farbe hängt von der der Nahrungsmittel ab 2. Sic bestätigt die Thalsache, dass die in das Blut gelangten neuen Stoffe den sämmtlichen Lymphgcfässcn mitgetheilt werden. 3. Sie beweist die Veränderung der Blutmassc nach dem Eintritte der neuen Nahrungs- sloffe in dieselben, die auch mit den Farben der Nahrungsmittel in Beziehung sichen. Darauf legte Herr Professor d’ Al ton zwei Zeichnungen vor, welche sich auf die Verbrei- tung des nerv.' facial. und dessen Verbindung mit Zweigen anderer Nerven beziehen. Obwohl die Untersuchungen über diese Nervenpaare schon alt sind, so fehlen doch genaue gute Abbildungen namentlich in Betreff der Zusammenstellung der bisher gefundenen Resultate, welche nun der Redner durch seine vorliegenden trefflichen Abbildungen zu geben sucht. Für die zoologische Section hielt Herr Professor Eschricht aus Copenhagcn einen Vortrag über den inneru Bau der Cetaceen. Derselbe war bei den kleineren Arten, z. B. den Delphinen ziemlich genau bekannt, dagegeu so gut wie unbekannt bei den eigentlichen Wallfischen. Er machte auf die schon von Fabricius verbreiteten und ganz kürzlich wieder von Schlegel begangenen Irr- thiimer hinsichtlich der Bartenwalle aufmerksam, zeigte sehr schöne Präparate vom Darm und den Inhalt des .Magens jener Thiere vor und demonstrirte dann die bis dahin nicht beobachteten anatomi- schen Unterschiede der Balaena tnusculus, longimana und rostrafa. Sitzung vom 20. September. Präsident: Professor JSZschvicflt aus Copenhagcn. Secretair: Professor Murmeister aus Halle. V © r t r ü §j e : 1. Herr Dr. Hirsch fei d. Uebcr die Anatomie des Gehirns vom phrenolog. Gesächtspuncfe. 2. Herr Professor Bchn. Bemerkungen über den Bau der Blutgefässe. 3. Herr Professor Lichtenstein. Uebcr die Cultur der Cochenille nach schriftlichen Mitthei- lungen des Herrn Consul Klee aus Guatemala. 4. Derselbe. Ucher die Verdienste von J. R. Förster um die beschreibende Zoologie. 5. Professor Bchu. Uebcr die ligaincnta spondylo — meningen. 6. Dr. von dem Busch. Vorzeigung zweier neuen Hefte des Conchylien - Werkes von Chemnitz, und Demonstration einer neuen Spccies von Conchylien aus Nord- Amerika. 7. Mcdicinalrath Tourtual. Uebcr die Existenz eines Pllugschaarknorpels im Mcusehen und dessen Ernährung. SeclioEB für Medlciii aoseS CMrurgie. Präsident: Dr. CSldUfepie , aus Hamburg. Secretair: Dr. HEatlsfeld, aus Braunschweig. Der zweite Geschäftsführer, Dr. Focke eröflnele die Versammlung mit einem Vortrage über die für diese Section eingegangenen Schriften. Diese sind: f) Dr. Heidenreich. Die Verkehrtheit in der Erziehung und Bildung der weiblichen .fugend. 2) Dr. H. A. Peez. Bemerkungen über die Thermen zu Wiesbaden u. s. w. 3) Dr. Chr. Weiglein. Diätetische Fragmente für Aerzte und gebildete Laien. 4) Dr. A. Mühry, über die historische Unwandelbarkcil der Natur der Krankheitsursachen. Der Herr Präsident bemerkte, dass die Verhandlungen kurz und die Discussionen um ein Uhr gehal- ten werden möchten. Endlich wurde eine besonders zu bildende geburtshülfllche Section vorgeschlagen, ge- nehmigt, für jeden Tag um 1 Uhr anberauml und Prof. Michaelis aus Kiel zum Präsidenten derselben erwählt. Dr. Ewald Dietrich aus Leipzig sprach über die Weintraubenkur, den chemischen Gehalt der ver- schiedenen Trauben und über die Wirkung derselben auf den menschlichen Körper. Prof. Michaelis aus Kiel handelte über Sjmphysiotomie, besonders wie man sie aus der Vergessen- heit durchaus in den Fällen wieder hervorrufen müsse, wo durch keine andere Operation ihre Stelle vertreten werden könne. Dieser Fall sei der, wo eine allgemeine Beckenverengerung Statt finde. Nach dem Einschnitte betrage die Entfernung der beiden ossa ptibis höchstens einen Zoll. Nach dem Einschneiden sei Alles zur Geburtsvollendung der Natur zu überlassen. Das früher gefürchtete Nichtlheilen der Symphyse sei jetzt weni- ger zu befürchten, da die snbcutanen Durchschneidungen genügend das Gcgcntheil bewiesen haben. Dr. Flügge aus Hannover sprach über die physiologische Wirkung des Seebades und den grossen therapeutischen Einfluss, den gymnastische Uebungen während desselben haben. Zuvor redete er über die ver- schiedenen Ansichten der Wirkungsart der Seebäder, dass das wirksame Agens nicht in den einzelnen chemi- schen Bestandteilen des Seewassers, auch nicht allein in dem AVellenschlage u. s. w. , sondern in dem Sum- mum aller dieser Agentien bestehe. Wie diese Wirkung nun hervorgebracht werde, liege in der eigentüm- lichen Beschaffenheit des Nerven- und Capillargefässsyslems des Organismus überhaupt und der Haut im Beson- dern. Die Wohltat der gymnastischen Uebungen im Seebade zu Norderney bei rhachitischen Kindern lobte derselbe aus eigner fünfjähriger Erfahrung. Dr. Erpenbeck aus Leer zeigte und explicirte einige von ihm erfundenen Apparate zur Präservalion gegen die Schädlichkeit des Athmens in vergifteten oder verpesteten Räumen. Die bisher bekannten und be- nutzten Schutzmittel, deren der Redner mehrere erwähnte, seien nicht immer die sichersten gewesen. Dr. Mansfeldt berief die Mitglieder zur Mitteilung von Erfahrungen über Magnet-Electricität. Er selbst habe deren mehrere gemacht, die obgleich von vorteilhaften Folgen, doch noch zu neu wären, um sie hier vortragen zu können. Hofrath Dr. Holscher aus Hannover warnte vor dem unzeitigen Gebrauche dieses äusserst kräftigen dynamischen Mittels, vorzüglich bei noch irgend vorwallenden entzündlichen Zuständen. Er nannte im Allgemeinen die Fälle ihrer Anwendung und wo er selbst den guten Erfolg gesehen. Professor Ruete riet zu derselben Vorsicht und erwähnte einige Krankheilszuslände, wo kein anderes Mittel an siche- rer Wirksamkeit der Maguet-Eicctricilät beikomme, ln Beziehung auf die Maschiene selbst machte er die Be- merkung, dass die meisten von den Aerzten angewandten Apparate keinen Gyrotrop besässen und dieser sei zum sichern Gebrauch durchaus erforderlich. Dr. Oppenheim aus Hamburg fragte, unter welche Kategorie diejenigen Geschwülste gehörten, welche Herr Hofrat Dr. Holscher durch Magnet-Electricität zu zerteilen hoffte, worauf dieser die gutarti- gen Verhärtungen in weiblichen Brüsten, Scrophelgeschwülste am Halse, Strumen u. s* w. nannte. Dr. Hahn aus Hannover erwähnte ebenfalls die Heilung einer tumor cyslicus auf dem Kopfe durch dasselbe Mittel. Dr. Oppenheim sah die Anwendung desselben bei hydrops ovarii erfolglos. Dieser Gegenstand be- schäftigte nachher noch Mehrere der Anwesenden und gab zugleich die Veranlassung zur Besprechung der Un- terscheidung des wahren hydrops ovarii von ähnlich scheinenden, durch Hydalidengeschwülsle verursachten, Desorganisationen. Prof. Michaelis aus Kiel sprach von einer angebornen Hydatidengeschvvulst der Ovarien. Schliesslich forderte Dr. Barkhausen im Namen seiner übrigen Collegen die Sectionsmitglieder zum Besuche des Krankenhauses Nachmittags 5 Uhr auf. Zu Vorträgen für die nächsten medicinisch-chirurgischen Sections-Versammlungen meldeten sich: Herr Hofrat Dr. Hol scher aus Hannover, über einige Palholögica. Herr Dr. Schütte aus Bremen wird einen Fall von defeclus iridis, und Herr Dr. Focke aus Bremen einige Apparate für Magnet-Electricität vorzeigen. Verzeichniss der am f@. September bl® © Uhr Abends ang^eftLommciBeii €*äste. Milßl. bedeutet Mitglied. Tblo. bedeutet Theilnebmer. Abel, Kaufmann aus Hamburg, Thln., Lindenhof. Ji a r I: li a n sen , Dr. med. aus Hildesheim, Thln., Stadl Frankfurt. Bonns, Chemiker aus Boebblingen, Thln., Hannov. Haus. Bosscl, Apotheker aus Hannover, Thln., Hoheslrasse Nr. 13. ßroincis, Dr. phil. aus Hanau, Thln., Marlinisirasse Nr. 5. Brual, Geh. Hofrat und Leibarzt aus Oldenburg, Thln., Osterlhors-Contrescarpe Nr. 2 A. Bane k werts, Dr. med. aus Ritterhude, Thln., Stadt Frankfurt. BuSend, Amtsassessor aus Oldenburg, Thln., Lindenhof. Ehrentraut, Hofrath aus Jever, Thln., Lindenhof. Fischer, Apotheker aus Ovelgönne, Thln., Stadt Frankfurt. Gr i ms eh 1, Amtmann aus Lilicnthal, Thln., Stadt Frankfurt. Hag- ena, Gymnasial-Lehrer aus Oldenburg, Thln , Lindenhof. H arms, Lehrer aus Oldenburg, Thln., b. Weinhändler Müller, Langenstrasse. Hinrichs, Dr. med. aus Ovelgönne, Thln., Stadt Frankfurt. Hirschfeld, Dr. med. ans Rethem an der Aller, Thln., Buchtstrasse Nr. 10. Hohnholts, Organist aus Hashergen, Thln., Contrescarpe Nr. 14 A. Hölscher, Hofralh und königlicher Leib-Chirurgus aus Hannover, Mtgl., Contrescarpe Nr. IS A. Horn, A- F., Apotheker aus Gronau, Thln., Stadt Frankfurt. Ko hl rau sch, Dr. med. aus Hannover, Mtgl., Osterthorstrasse Nr. 22. Koh Iran sch, R., Dr. phil. aus Rinteln, Mtgl., daselbst. Krcymborg, Dr. med. aus Vechta, Thln., Grünenstrasse Nr. 116 A. Lampe, Dr. aus Hannover, Thln., Lindenhof. Lange, Dr. med. aus Ritterhude, Thln. Leu he, Dr. med. aus Ulm, Mtgl., Papenslrasse Nr. 7. Leunis. J., Professor aus Hildesheim, Thln., Wall Nr. 66 A. Lin de mann, Dr. aus Lüneburg, Thln., Königstrasse Nr. 3- Matthäi, Medicinalralh Dr. aus Verden, Mtgl., Dechanatslrasse Nr. (0. Matthäi, Phys. Dr. aus Gronau, Thln. Merkel, Dr. aus Uchte, b. Dr. Merkel Sandstrasse. Monshold, Cabinetsrath aus Kniphausen, Thln., Vorwerks Hotel. Mühry, Dr. med. aus Hannover, Mtgl. Münster, Apotheker aus Berne, Thln., Hann. Haus. IV ä gelein, von, Forstmeister aus Oldenburg, Thln., Carl Hegeier am Deich. Olivet, Apotheker aus Lilienthal, Thln. Opp ermann, Dr. med. aus Delmenhorst, Mtgl., Wall 64 A. Over heck, Medicinalassessor aus Lemgo, Thln., Braulstrasse Nr. 25. Pape, Dr. aus Neustadt a/R., Thln., b. Backmeister am Deich. Plass, Dr. med. aus Zwischenahn, Thln., Osterthors Contrescarpe Nr. 2 A- PI enge, Dr. med. aus Osterholz, Thln., Heerdenthors Contrescarpe Nr. *. Prestcl, Dr. aus Emden, Mtgl., Stadt Frankfurt. Rasch C. A., Amtmann aus Rethem an der Aller, Langenstrasse Nr. 12. Schauenburg, Dr. med. aus Ovelgönne, Thln., Stadt Frankfurt. Schmidt, Apotheker aus Wildcshattsen, Thln., Weslerslrasse Nr. 61. Schneemann, Dr. aus Hannover, Lindenhof. St öhr, Dr. med. aus Emden, Stadt Frankfurt. Schwarzenberg, Bergrath aus Cassel, MitgL, Lindenhof. Schwarzenberg, A-, aus Cassel, Thln., Lindenhof. Sicvcrs, aus Hildesheim, Thln., Neuenstrasse Nr. 5. Suhrland, Professor aus Ludwigslust, Thln., Stadl Frankfurt. Textor, Hofralh Profesor Dr. aus Würzburg, Milgl., Ansgariilhorslrasse Nr. 18. Textor, Privatdocent Dr. aus Würzburg, MitgL, Ansgariithorstrasse Nr. 18. Ul ex, Apotheker aus Hamburg, MitgL, Sögeslrasse Nr. 37. Weber, Chemiker aus Göllingen, Thln., Hannov. Haus. ÄV es t er na ch e r , Stud. aus Hannover, Thln., Stadt Frankfurt. "Wi cp he n, Cuslos des Grossherzogi. Oldenburg. Naturaliencabinets aus Oldenburg, Thln., Stadt Hamburg. Zedelius, Physicus Dr. aus Ovelgönne, Thln., Stadt Frankfurt. Zeunc, Prof, aus Berlin, Mtgl., Schüsselkorb Nr. 12. Errata im gestr. Register. Hahn, Dr. med. ans Hannover, logirt Schüsselkorb Nr. 11. Wilbrandl, Prof, aus Giessen. Kohlhökerslrasse Nr. 6, bei Hr. Prof. Weber. Sanitäts-Rath Dr. Beker aus Rahden, Geeren Nr. 47. Täglich um 3 Uhr Nachmittags wird in der Union zu Mittag gegessen. Dieses Blatt erscheint täglich und wird früh Morgens an den Eingangsthüren der Börse den Mitgliedern end Theilnehmern eingehändigt. Einzelne Exemplare sind zu 3 Grote in der Schünemanuschen Buchhandlung zu haben. Druck von C. Schünemann. TAGEBLATT der Kweiund/wanzigsten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Bremen. Den 31. September 1844. *J\^2 5* Scctiou für Mathematik., Astronomie etc. Den 19. Sept. 1844. Präsident: Hofralh *>. JfSÜdler aus Dorpat. Secrctair: l)r. Xftch aus Berlin. Vorträge: Der Herr Präsident verlas eine Zuschrift des Hrn. Lieutenant Bruchhausen aus Luxemburg, der eine Abhandlung über die periodische Bewegung des Meeres millheille. Der Herr Verfasser giebt als Ursache an: Verrückung des Schwerpunktes der Erde in Folge von vor- herrschender Eisbildung an dem einen Pole. Die hierdurch eingeleitele Discussion halle zum Resultate, dass die angegebene Ursachen nicht die gehörige Grösse der Veränderung des Schwerpunktes zur Folge haben könnten. Herr Professor Stieffel aus Carlsruhe legte der Gesellschaft mehrere Exemplare seiner Monatsschrift: »Zeus« und der »Beobachtungen des meterologischen Vereins im Grossherzoglhum Baden, zusaminengestellt und milgetheilt von Hr. Prof. Stieffel« vor, und knüpfte daran einige interessante Bemerkungen über die Grundlage und Erfolge seiner Vorausbestimmungen. Hr. Prof. Listing brachte die Frage in Anregung: Ob nicht die meteorologischen Beobachtungen auf ein und dasselbe Maas bezogen werden könnten, um dadurch die Mühe der Reduction zu ersparen. Die Dis- cussion hierüber wurde auf die nächste Sitzung verschoben. Hr. Prof. Mädler hielt einen Vortrag über die hyperbolischen Koinetenbahnen. Alle unspre Kometenbeobachtungen können sich, sofern sie eine Ortsbestimmung betreffen, nur auf den hellsten Punkt des Kopfes beziehen. Derjenige Punkt, welcher den Kegelschnitt beschreibt, ist der Schwerpunkt, welcher nur dann mit jenem zusammenfällt, wenn kein Schweif vorhanden oder der vorhandene nur sehr unmerklich ist. Im entgegengesetzten Falle liegt der hellste Punkt des Komelen der Sonne näher als der Schwerpunkt und zwar ist dieser Unterschied im Perihelium am grössesten. Wenn man also eine Bahn durch die beob- achteten Oerter legt, so fallt diese innerhalb der wirklichen Bahn des Schwerpunktes und dies ist in der Nähe des Perihelium mehr als an anderen Punkten der Fall. — Die Art der Balm hängt indess ab von dem Verhältnisse des Parameters zur kürzesten Distanz. Diese Distanze der berechneten Bahn weicht von der in der wirk- lichen im Perihelium am meisten ab. Daher muss das Verhältniss des Parameters zu dieser kleinsten Distanz in der berechneten Bahn ein anderes sein als in der wirklichen und zwar so, dass für die berechnete Bahn dieses Verhältniss zu gross wird. Hieraus lässt sich erklären, w-ie die Rechnung eine Hyperbel ergiebt, während die wirkliche Bahn eine Ellipse ist. Wie die Beobachtung aber auf den Schwerpunkt zurückzu- führen sei, ist bis jetzt uoch nicht abzusehen. Hr. Dr. med. Erpenbeck aus Leer machte eine Mittheilung über die Möglichkeit der Ausführung eines Cyclo ida I- Pendels. Für die nächste Sitzung ist zunächst die Discussion über den von dem Hr. Prof. Listing angeregten Gegenstand anberauml. Hr. Dr. Erpenbeck versprach ein Tellurium vorzuzeigen. Scction für Mineralogie und Gcognosie. Präsident: Geheime Rath von StrUVe aus Hamburg. Secretair; Assessor Römer aus Hildesheim. V o r t r ä g e; Nach Eröffnung der heutigen Zusammenkunft durch den Herrn Präsidenten, begann der Herr Professor Plicninger aus Stuttgart mit einem Vortrage über die in der unteren und oberen Breccia der Trias-Formation vorkommenden Fischüberreste. Sodann redete der Herr Professor JMarchand aus Halle über das Vorkommen des Aluminit bei Halle und zeigte hiernach ein grosses Stück gediegenes Silber ans Guantajaia in Chili mit dem Bemerken vor, dass in solchen Silberstücken nicht selten Versteinerungen (des Kohlenkalkes?), von reinem Silber ganz ausgefüllt, gefunden würden und nannte Alex, von Humboldt so wie auch den Schiffscapitain Wen dt in Bremen als Besitzer solcher Petrefacten. Der Herr Professor Marchand überreichte auch den anliegenden Bericht des Capitains Wendt über das Vorkommen dieses Silbers. Hierauf hielt der Herr Professor Walclincr aus Karlsruhe einen Vortrag über die Bohuerze des Jura und Diluvium und die darin vorkommenden Versteigerungen, über die Grand- und Linsenerze und das Vorkommen der letzteren im Jura, so wie über deren Entstehung als Quellen- bildung. Diesem Vortrage fügte der Herr Bergrath Schwarzenberg aus Cassel noch seine Beob- achtungen des Bohnerzcs in den Tertiärgebilden ohnweit Homburg hinzu. Der Präsident der Section sprach sodann über das Biesen-Goldgeschiebe im Ural , zeigte die Abbildung eines darin gefundenen Goldklumpens von 2 Pud 7 Pfred Gewicht vor und überreichte seinen Vortrag schriftlich. Der Herr Dr. Gruber aus Mosbach redete über das Vorkommen des Kochsalzes im Muschel- kalke bei Hassmersheim in Baden und zeigte Stephnlie vom Katzenbuckel am Neckar vor. Zum Schluss zeigte der Herr Handelsgerichts -Präsident H oen ingh aus aus Crefeld eine Phryganee aus dem Süsswasserkalke von Moinbach vor und überreichte .die dazu gehörige Abbildung. Die heutige Versammlung wurde hiernach durch den Präsidenten der Section geschlossen. Scction für Chemie, Physik and Pharmacic. Präsident: Hofrath Dr. Vogel aus München. Secretair: Professor Jff archatld ans Halle. V © r t r ii g e : 1. Herr Apotheker Kindt theilte, in Bezug auf llrn. Erdinanns Angaben, über die Zersetzung des Schwefelsäuren Bleioxyds durch Glühen, bestätigende Versuche mit, von ihm und Hrn. Ul ex aus Hamburg- ausgeführt. 2. Herr Dr. Vogel jun. aus München, sprach über die Zusammensetzung der Asche des mensch- lichen Bluts. 3. Herr Professor Erdmann sprach über ein ihierisches Concrement, welches als gelbe Malerfarbe angewandt wird, und eine cigcnthümliche Säure, Euxauthinsäure, enthält. 4. Herr Professor Walch ner theilte seine Versuche über die Verkohlung des Holzes mit, zu denen Professor March and einige Bemerkungen fügte. 5. Herr Professor Marchand theilte Beobachtungen über die gewöhnlichen Verunreinigungen des Sublimats und des Zinnobers mit, über die Reactioneu auf Strychnin, und die Umwandlung der Citrouensäure in Trocinsäure. 6- Herr Professor Erd mann machte auf die Auflösslichkeit des Chlorsilbcrs in Sauerstoffsalzen aufmerksam. 7. Herr Professor Böttger sprach über die optischen Eigenschaften des oxalsauren Eisenoxyd - Chromoxyd-Kalis. Sodann sprach derselbe über das Mittel, Schwefelsäure in Essig durch Chlorcalcium nachzuweisen, und legte eine Anzahl schön krystallisirter Salze vor. 8. Herr Professor Christ ein icke aus Lübeck, zeigte einen grossen Stocrerschen Magneto - elec- trisehen Apparat vor, und stellte Versuche mit demselben an. 9- Herr Dr. Erpenbeck aus Leer, zeigte ein Luftpyrometer vor, und erläuterte dasselbe. 10. Herr Professor Listing aus Göttingen sprach über ein sehr einfaches abgekürztes Barometer, zu annähernden Höhemnessungen , bequemer Einrichtung. Derselbe theilte ein Exemplar seiner »Kleinen hygroinefrischen Tafeln« mit. Jl. Herr Professor Marchand berichtete über die Untersuchungen über Ärsenikvergiftungcn, über welchen Gegenstand eine Abhandlung von Dr. Witfing aus Höxter eingegangen war. Bemerkung. Der im gestrigen Tageblatte gegebene Bericht über die in der Section für Chemie, Phy- sik und Pharm acie gehaltenen Vorträge, ist durch folgenden Auszug aus dem Protocolle zu ersetzen : 1. Herr Bergrath Professor Wal ebner aus Karlsruhe sprach über die Darstellung des Schwefelwismuths Bi -f 2 S. auf nassem Wege. 2. Herr Professor Erdmann aus Leipzig hielt einen Vortrag über die Bestimmung der Mischungsgewichte der einfachen Körper, mit besonderer Beziehung auf eine von ihm gemeinschaftlich mit Marchand begonnene Arbeit über diesen Gegenstand, die dabei an- gewandten Methoden ly. s. w. 3. Herr Professor Hruschauer aus Grätz übergab den amtlichen Bericht über die 21. Ver- sammlung deutscher Naturforscher in Grätz. 4. J|Hcrr Professor Böttger aus Frankfurt sprach über die von ihm gemeinschaftlich mit Herr Dr. Brom eis erfundene Hyalographie nnd zeigte mehrere Erzeugnisse derselben, nebst Proben von versilbertem Glase, vor. 5. Herr Dr. Vogel jun. aus München theilte seine Versuche über das Vorkommen salpeter- saurer Salze im Wasser Deutscher Flüsse, besonders im Isarwasser mit. 6. Herr Professor March and sprach über die Pikrinsalpetersäure und deren Constitution unter Vorlegung verschiedener Präparate. 7. Derselbe beschrieb seine Methode der Analyse des Schiesspulvcrs. 8. Herr Edler von Lanvi aus Ungarn theilte Bemerkungen über Artemisia vulgaris und deren Anwendung als Zunder mit. Vorträge für Montag den 2 3. September. 1. Mittheilung über Tetradymit und Darstellung des Tellur aus selbem von Prof. Ilruschauer. 2. Vorzeigung eines Electroscops von Dr. R. Ko hl rausch. 3. Herr Professor II im ly ans Göttingen, mehrere kurze Bemerkungen. 4- Einfache Methode der Analyse des Dolomits von Dr. G. Leu he, Apotheker in Ulm. 5. IV. T. Abel, über Schmelzbarkeit des Platins vor dem Löthrohr. 6- Herr Professor Erd mann, über den Aschengehalt der Pflanzen. 7. Herr Professor Marchand, mehrere Mitteilungen. Sßcüon für Botanik, Forst nsnt LandwirthscliafL 2. Sitzung- den 20. Sept. 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Professor ßlwBne. Secretair: Dr. Muek aus Hamburg. V o r t r » g e : Herr Professor Blume crÖflnete die Versammlung mit einer begrüssenden Anrede. Herr Dr. Buck legte drei Centimen südafrikanischer Pflanzen vor, aus den Familien Ericeae, Ebenaceac, Sapateae, Myrsineac, Primulaceae, Jasmineac, Oleineae, Gcntianeae, Aposyneae und As- clepiadcac, welche ihm vonllerrn Dregc in Hamburg zugeslellt worden. Herr Drcge hat, nachdem er die von ihm im südlichen Afrika gesammelten Pflanzen zum grösseren Thcile verkauft, die noch in Hamburg vorhandenen Vorräthe der von den Herren Eckland und Zeyher gesammelten Pflanzen käuflich an sich gebracht, wovon die vorliegenden eine Probe, uud bietet dieselben den Freunden der Botanik zu einem bedeutend herabgesetzten Preise an, nämlich: 1. Sammlung 35 — 50 Centurien (der vollständigsten besten Exemplare) a 20 Mrk. Cour. (8 Rt. Preuss.) 2. Sammlung 20 — 35 Centurien (wovon die vorgelegten eine Probe) ä 14 Mrk (5% Rt. Preuss.) 3. Sammlung unter 20 Centurien 10 Mrk. (4 Rt. Preuss.) Einzelne Familien können nur zu erhöheten Preisen abgegeben werden, Leguminosae, Com- positac, Ericeae, die kleineren, unter 50 Species haltenden Familien, alto Mano und Acotyledoneae a 40 Mrk. (16 Rt.) die übrigen Dicotyledoneae ä 30 Mrk. (12 Rt ) — weniger als eine halbe Centurie ist nicht verkäuflich. Scction für Geburtshülfe. Präsident: Professor Michaelis, aus Kiel. Secretair: Hofmcdicus Schneemann, aus Hannover. Vorträge: Der Herr Präsident erbat sich die Einwürfe gegen die von ihm in der medic. Section vorgetragene Abhandlung über die Symphysiolomie , hob die stärkeren und schmerzhafteren Wehen bei theilweise verengtem Becken hervor, während bei allgemein verengtem Becken die Wehen mangelhaft und wie gelähmt seien ; fer- ner komme bei theilweise verengtem Becken verhältnissmässig oft eine fehlerhafte Kindeslage vor, nicht aber bei den andern Becken. — Bei allgemeiner Verengerung beobachtet man fast beständig ein Herabsinken des Hinterhauptes. Bei dem rhachitischen Becken ist die Zusammenschiebung der Kopfknoehen am bedeutendsten, dagegen bei allgemein verengerten Becken fast gar keine Verschiebung!, wohl aber statt ihrer in Folge des circularen Druckes eine bedeutende Geschwulst des Kopfes statt findet. Im Verlaufe der Discussion, an welcher die Herren Dr. Dr. Erpenbeck aus Leer, Font he im aus Syke, Schneemann, Grimm und mehrere andere Theil nahmen, kam man zu dem Schlüsse, die Symphysio- lomie passe nicht für die Fälle, wo die Verengerung des Beckens sich ausschliesslich auf die Conjugala be- ziehe, sondern sei allein bei allgemein verengten Becken zulässig, indem durch diese Operation die Erweite- rung, welche durch die Trennung der Schaambeine zu erreichen stehe, sich auf alle Durchmesser des Beckens gleichmässig verlheile. Dann wurden mehre von Herrn Dr. Leisnig in Cottbus eingesandle geburtshülfliche Instrumente zur ßeurlhcilung vorgelegt. Das Neue an dem zur Perforation bestimmten Instrumente scheint in einem an der Trepankrone angebrachten Messerclien zur Trennung der weichen Theilc zu bestehen. Man hielt dafür, dass mit einem weniger complicirten Instrumente sich der Zweck besser erreichen lasse. Mit einer weitern Discussion über Perforation wurde die Silzung geschlossen, nachdem mau vorher verabredet, alle am 21. um 1 Uhr sich zu einer zweiten Silzung wieder zn vereinigen. Verzeichntes der aeii 20. September bis ® Uhr Abends angekommeisen Gäste. Mitgl. bedeutet Mitglied. Tblu. bedeutet Theilnebmer. Allmcrs, aus Rechtenfleth, Thln., Vorwerks Hotel. Becher, Cand. theol. aus Alleiiburg, Thln., Tiefer Nr. 51. Brandt, aus Hamburg, Thln., Sögeslrassc Nr. 6. Bremer, Gastwirth aus Götlingen, Thln., Wall Nr. 57. Bruns, Dr. phil. Oberlehrer aus Hannover, Thln., auf Stephani-Kirchhof Nr. 4. Castro, H. de, Dr. med. aus Wandsbeck, Lindenhof. Caesar, Stud. med. aus Göttingen, Thln., Domshof Nr. 21. Curtius, Apotheker, aus New-Orleans, Thln., Martinislrasse Nr. 11. Cz ilchert, Dr. med. aus Ungarn, Milgl., Sögeslrasse Nr. 8. Detmers, C., Apotheker aus Oldenburg, Thln., Liudcnhof. Dine klage, Wasserbau-Conduclcur aus Achim, Thln., Schlachte Nr. 30. Duncker, Pharmaceut aus Oldendorf, Thln., Stadt Hamburg. Filtger, Postmeister aus Delmenhorst, Thln., Lindenhuf. Frerichs, Dr. raed. aus Aurich, Thln., Stadt Hamburg. Fuchs, Professor aus Göttingen, Mitgl , Ansgariithorssteinweg Nr. 1. Grewe, Thierarzt aus Rodenkirchen, Thln., Vorwerk’s Hotel. Gundolf, Gymnasial-Oberlelirer aus Paderborn, Thln., Weisse Traube. Graffunder, Dr. med. aus Petershagen, Thln., Weisse Traube. Grimm, Dr. Physicus aus Thedinghausen, Thln., Martinislrasse Nr. 26. Heins, Landphysikus Dr. aus Sulingen, Thln., Lindenhof. Heuzenroeder, Dr. med. aus Ottersberg, Thln., Markt Nr. 3. Heyn, aus Lüneburg, Thln., Stadt Frankfurt. Kipp, Dr. med. aus Unna, Thln., Schiisselkorb Nr. 35. Krossmann, Prediger aus Leipzig, Thln., Richtweg Nr. * Li chtenberg, Steuerdirector aus Oldenburg, Thln., Langestrasse Nr. 41. Mansholt, Cabinetsrath aus Knipbausen, Thln., Vorwerk’s Hotel. Meine, Dr. med. aus Oldendorf, Thln., Stadt Hamburg. Merrem, Oberzollinspector aus Witzenhausen, Mitgl., Stadt Frankfurt. Meyer, aus Hamburg, Thln., ßuchtstrasse Nr. 48. Minder, C., Arzt aus Moskau, Thln., Lindenhof. Minder, G., Arzt aus Moskau, Thln., Lindenhof. Oppermann, Dr. phil. aus Hoya, Mitgl., Sögestrasse Nr. 14. Rohrs, aus Hannover, Thln., Tiefer Nr. 26. Scharlau, Dr. med. aus Stettin, Thln., Stadt Hamburg. Schlenzig, Privatlehrer aus Altenburg, Mitgl., Tiefer Nr. 51. Schmidt, Dr. phil. aus Curland, Thln. Siemsen, Apotheker aus Altona, Thln., Sögestrasse Nr. 37. Tschudi, von, Dr. med. aus St. Gallen, Mit^l., Martinistrasse Nr. 14, Vetterlein, Dr. med. aus Thedinghausen, Thln., Lindenhof. Weiss, Dr, med. aus Bückeburg, Thln., Weisse Traube. Wiggers, Dr. phil. aus Göttingen, Mitgl., Lindenhof. Ziegler, Dr. med. aus Hannover, Mitgl., Papenstrasse Nr. 23. Sonnabend, den 2 1. Sept. 184 4. Um 10 Uhr zweite Versammlung auf der oberen Halle des Ratlihauses. Bericht des ersten Geschäftsführers. Wahl des nächstjährigen Versammlungsortes. W © rtrsige: Hr. Hofrath v. Mädler aus Dorpat. — Ueber die neuesten Beobachtungen an der Dorpater Sternwarte, v. Slruve aus Mannheim. — Ueber das Vcrhällniss der Phrenologie zur Wissenschaft Überhaupt und zur Naturwissenschaft insbesondere. Professor Esch rieht aus Kopenhagen. — Ueber die Schädel aus den alten Hünengräbern. Professor Stieffel aus Carlsruhe. Ueber die Grundlagen der Vorhcrsagung der Willerung. Professor Weber. Ueber die Vermittelung zwischen der Kochkunst und der Naturwissenschaft durch die Poesie. Nach beendigter Sitzung beginnt die öffentliche Versteigerung im Hause Seefahrt mit Nr. 1 Mineralien. Am Sonntage wird eins der Dampfschiffe bei Vegesack anlcgen, um die dortigen Theilnchmer an Bord zu nehmen. Druckfehler des Tageblatts Nr. 4. Section Mineralogie und Geoguosie. Dr. Leube: seiner Untersuchungen, statt ferner. Natur, nicht Slmcttir. Ass. Roemer: Cy alhocr in Tis, nicht Cyelhoecinus. Rctepora, nicht Retexora. Meyer, dem Lias, nicht den. Druck von C. S ch ü nein an n. Herrn Dregc’s Addresse ist: Herr W. Sonder, Nenenwall Nr. 109, Hamburg. Herr Professor Treviranus zeigte sodann eine besondere Art der Reproduction bei dem Sedum a m p 1 ex i ca u 1 e. De. (Sedum rostrattim. Ten. senipervivum anoinalum. Lag., Sempcrvivum tenuifoiium Sibtli.) vor, und erläuterte dieselbe durch einen Vortrag. Während die anderen perennirenden Arten der Gattung Sedum gleichsam als Grundlage für das neue Individuum, als Knospe für das nächste Jahr, beblätterte Stengel aus der Haupfpilanze treiben, zeigt sich hei einer im südlichen Frankreich vorkommenden Species eine andere Art der Reproduction. Die Pflanze treibt Ausläufer, welche keine beblätterte Stengel, sondern cylindrischc Knollen (propagines cylindraccac nennt sie Smith in der Flora graeca) bilden, die mit einer beson- dern Art von scheidenbildendcn Blättern umgehen sind, sich von der Mutterpflanze trennen oder nur durch einen leblosen , nicht organischen Faden mit ihr verbunden bleiben. Diese Knollen, die auf der Oberfläche der Erde liegen, während die Pflanze im völlig ruhenden Zustande liegt, treiben An- fangs August Wurzeln, Stengel, Blätter, welche den gewöhnlichen runden Blättern der Se- dum-Arten ganz ähnlich sind, und im nächsten Jahre blühen. Herr Professor Trevira nus möchte dies überirdische K u o 1 I e n h i 1 d u n g nennen- Herr Kammerrath Waitz erinnerte an eine ähnliche Bildung hei der Gattung Achimenes, besonders Achimenes (Trevirana) coccinea; Herr Professor Blume bemerkte, dass etwas ganz ähn- liches bei dem in Jever wachsenden Arum viviparum vorkomme. Von Herrn Dr. Focke ward eine von dem Herrn Oheramtmaun Hinlze in Ottersberg einge- sandte Sammlung von Moorpflanzen dortiger Gegend vorgelegt, sowie eine eigentümliche, mit dem Meteorpapicr verglichene, aber freilich sehr verschiedene, vegetabilische Masse, welche sich aus Con- ferven bildet, hei Abfluss des Wassera trocknet, und dann zuweilen in dieser Form vom Winde fortgeführt wird. Herr Dr. Buek zeigte einige getrocknete Früchte aus seiner seit dem grossen Hamburger Brande neuerstandenen Fruchtsammlung vor, welche gegenwärtig etwa 4000 Arten umfasst, zumThcil aus der Familie der Leguminosae, mehrere Arten Murana (Stizolobium) — Psophocarpus tetragono- lobus, Cassia alata L. u. a. m. zum Theil noch unbestimmt, grösseren Theils javanische, worauf seine Sammlung verhältuissmässig reich sei, und bestimmte von anderen wenigstens die Familie. Herr Prof. B 1 u in e legte darauf das neueste , letzte Heft , des von ihm heransgegebenen Prachtwerkes: Rumphia vor und theilfe einigen der Anwesenden Exemplare von Dozy’s Molkcn- boer: M usci frondosi ex archipelago indico et Japonia. Leyden 1844. Herr Dr. Brcnnecke vertheilte dasBlalt: Wissenschaftliche Beilage zu Nr. 12 der Jever- läudischen Nachrichten, enthaltend eine vom Herrn Dr. Koch in Jever zusammengestellte Flora von Wangerooge. Für die nächste Sitzung, die auf morgen, Sonnabend früh von 9 — 10 Ehr, vor der allgemei- nen Versammlung angcselzt ward, wurde Herr Kammerrath Waitz zum Präsidenten gewählt, Vorträge waren weiter nicht angekündigt, Herr Prof. Blume wird den von ihm versproche- nen Vortrag über Lyropodum arboreum morgen halten. Scction für Koologie und für Anatomie und Physiologie. Präsident: Professor J EschricM aus Kopenhagen- Secretair: Professor Herbst aus Göttingen. Vorträge: Herr Dr. Focke zeigte zuerst 3 lebende Thiere vor. I. Phrynosoma ans Texas, gestern angekommeu. 2. Scorpion (von Campeche ßay) ans Mexico. 3. Polyphemus Kittis, und sprach seine Absicht aus, letzteres, sowie ein neues Entomoslracum am Abend um 6V2 Uhr im Hörsaale auf der gelehrten Schule unter dem Hvdro-oxygengas microscope vorzuzeigen. Darauf theilte derselbe einige Beobachtungen über den Bau einiger polygrastischen Infusorien, als: 1. Lox odox burseria und 2. Paramaecium mit, hob besonders die Aufnahme der Nahrungsmittel, die Fort- pflanzung durch Theilung und ausserdem das Lebendiggebähren dieser Thierc im Winter hervor, eine bis- jetzt, noch ganz isolirt stehende Beobachtung. Hierauf machte Herr Dr. Hirschfeld anf 3 Punkte aufmerksam, die ihm bei seinen phrenologischen Forschungen in Beziehung auf das höhere Nervenleben besonders wichtig zu sein schienen. 1. auf das Verhallen der grauen zur weissen Substanz des Nervensystems, 2. » „ des Rückenmarks zum Gehirn, 3. » » des innern Bau’s des Gehirnes, ais Geistesorgan, und entwickelt dann in einem langem Vortrage die Bedeutung der grauen Substanz, von wo die Nervenfasern nicht ausstrahlen, sondern worin sie zusammenstrahlen sollten, für die Geistesthä ligkeit. Herr Professor Marchand sprach darauf über die von LJ e big ausgehende neue Idee, dass die Nah- rungsmittel in einer innigen Beziehung zur Respiration ständen, die Bildungsweise der Kohlensäure, die bis jetzt ganz unbekannt, gehe wahrscheinlich im ganzen Cireulatioassysteme vor sich und stehe in Beziehung zu der Wärmeproduction. Derselbe hat verschiedene Versuche mit Fröschen über die Veränderung der Luft durch die Respiration angestellt und zeigte eine Abbildung des dazu gebrauchten Apparates vor. Er war dadurch zu dem Resultate gelangt, dass jedes Thier neben der Kohlensäure auch Wasser bilde, indem es viel mehr Sauerstoff verbrauche, als zur Bildung der ausgeathmeten Kohlensäure nöthig ist. Durch das Hungern der Thiere ändert sich der Respiralionsprocess dahin, dass weniger Sauerstoff aufgenommen und weniger Kohlensäure ausgeathmet wird, während die Quantität des Wassers zunimmt; fort- gesetztes Hungern vermindert den Sauersloffverbrauch. Im luftverschlossenen Raum wird anfangs mehr Sauerstoff verbraucht, indess nach 6 Stunden ist die Respiration gewöhnlich. Frösche leben im Wasserstotfgase nicht länger als 3 Stunden, wenn auch das V Gas völlig chemisch rein ist. Die Thiere schlafen einige Zeit nach dem Einbringen in das Gas eia und sterben allmählig. Schliesslich theilte der Redner einige Beobachtungen mit, über das Verhallen der Frösche in der durch die Luftpumpe allmählig verdünnten Luft- Herr Professor ßehn aus Kiel hielt einen Vortrag über den Bau der Blutgefässe und unterschied 4re» Arten des Gefässsystems 1. Ein conlracliles Gefässsyslem, dessen eine Hälfte immer leer, während die andere gefüllt ist. 2. Ein th.eilweise contractiles Gefässsyslem, d. i. wo ein Herz vorhanden ist und das Gefässsyslem immer gefüllt ist. 3. Ein nur in Haargefässen bestehendes Gefässsystem ; zwischen diesen giebl es noch Miltelformen , wo ver- schiedene Theile des Gefässsystems contractil sind. Er erwähnte dann der Lage der Arterien 11. Venen der Schildkröte in einer musknlösen Schicht, der rauhen Beschaffenheit der innern Gefässwandungen hei derChelonia Mydas, bei welchen die äussre Gefässfläche von kleineren und grösseren, von einer dichten Kapsel gebildeten, Geschwülsten bedeckt ist, deren Inhalt als eine schwarze Substanz, aber unter dem Mikroscope als sichtbare Würmer erscheinen. Herr Geh. Ralh Lichten stein theilte im Auszuge eine von Consul Klee aus Guatemala eingesandle Abhandlung über die Cochenille und die Cactusarten, welche für die Cultnr derselben dienen, mit. Genannte Abhandlung wird als von hohem Interesse in dem später erscheinenden Bericht Liber die diesjährige Ver- sammlung mitgetheilt werden. Geh. Rath Lichtenstein gab sodann nähere Nachrichten Liber die für descriptive Zoologie so wich- tigen während der zweiten Weltmnseglung Cooks angefaugenen und später verschiedentlich wieder aufgenom- menen Arbeiten der beiden Förster, über die während jener Reise beobachteten Thiere, so wie über die von ihm veranstaltete Ausgabe des von jenen Naturforschern (unterlassenen Manüscripts. Prof, ßehn machte die Versammlung mit seiner Entdeckung eines bis dahin nicht beachteten ßefe- sligungsapparals des Rückenmarks (der ligamenla spondylo-meningca) bekannt, welche längs der ganzen Wir- belsäule von den Seiten des lig. longitudinale internuin zum Sack der dura matcr des Rückenmarkes gehen. Dr. Ziegler theilte Exemplare seines Werkes über die Brunst und den Embryo der Rehe mit und fügte verschiedene dahin gehörige Bemerkungen bei. Daran knüpfte sich eine Discussion über die Bedeutung der corpora lutea zwischen Prof. Eschricht, Michaelis, Dr. Ziegler und Prof. Behn. Herr Consul Grüner legte verschiedene schöne oder seltene Conchylien seiner Sammlung vor, z. B. die Scalaria magnifica, die in keiner anderen Sammlung exislirl. §cction für Mcdicisa iiittl Cbirnrgic. Präsident: Geh. Medicinalrath VOtl AlMn,0Il9 aus Dresden. Secretair: Dr. IfKatlsfcld, aus Braunschwcig. V o r t r ä g e : Der Herr Präsident machte die Mitlheilung, dass eine Liste zur Unterschrift für die Fahrt nach Bre- merhaven eingegangen sei, und forderte die Anwesenden zur Unterzeichnung auf. Der zweite Geschäftsführer, Herr Dr. Focke, zeigte an, dass ein Etui mit geburtshülflichcn Instru- menten von Leisnig in Wiirzburg zur gefälligen Beachtung der Sachverständigen eingegangen sei. Dr. Tölken aus Bremen wurde beauftragt, darüber in der geburtshülflichen Section zu referiren. Der Herr Präsident v. Ammon erwähnte den Beschluss der vorjährigen Versammlung, dass jede bei der Versammlung beiheiligte Wissenschaft einen Referenten aufstellen möge, der über das im vorigen Jahre neu Erstandene ein Summarium liefern solle. Die medicinisch-chirurgische Section war jedoch der Meinung, dass dies für ihre Wissenschaften bisher schon jedes Jahr geschehen sei, und sie daher von diesem »gewiss sehr vorlheifhaften Vorschläge für sich aus diesem Grunde keinen Gebrauch machen könne. Dr. Focke sprach über Electromagnelismus und die früheren unbequemen Apparate, die Electricilät anzuwenden, zeigte einen einfach und klein construirlen Apparat, beschrieb dessen Zusammensetzung, die Art, wie er beliebige Wirksamkeit hervorzubringen vermöge u. s. w. Prof. Ruete wies einen ähnlichen Apparat vor und beschrieb ebenfalls dessen Construction. Dr. Ghaufepie sen. aus Hamburg hielt einen Vortrag über die Radesyge, die er auf einer vor kur- zem nach Norwegen unternommenen Reise selbst beobachtete. Er ging die Krankheit kurz historisch durch, zählte die verschiedenen Meinungen über ihre Natur auf, beschrieb ihre Formen, ihre Entstehungsursachen , Krankheils- symplome, und nannte ihre Ausgänge der verschiedensten Art, nachdem dieses oder jenes Organ vorzugsweise dem Leiden unterworfen gewesen. Den Seetionsfund berührte er ebenfalls, sowie die Kur, die in w'eit vorge- schrittenen Fällen immer schlecht ausfalle, und die vielen dagegen empfohlenen Mittel. Verschiedene treffende und naturgetreue Abbildungen wurden zur weiteren Versinnlichung den Anwesenden vorgelegt. Prof. Ruete berichtete über ein von ihm erfundenes Ophthalmotrop , um die verschiedenen Vorgänge des Sehens daran beobachten zu können. Dann machte er die Mitlheilung, wie der Apparat zu sternoscopi- schen Untersuchungen u. s. w. angewandt werden könne. Dr. Wolf sprach über eine neue Methode zur Behandlung gewisser Ohrenkrankheiten und zeigte sei- nen Apparat zur Leitung der Wasserdämpfe ins innere Ohr, den er selbst conslruirt. Dr. Lorent zeigte einen grossen Harnstein, der bei Gelegenheit der Einschickung von Naturalien aus Amerika mit eingeschickt war. Er wiegt 28 Lolh, gehört zu den leicht zerreiblichen, besteht im Innern aus 3 Abtheilungen und ist vom Apotheker Kindt in Bremen chemisch untersucht worden; die Resultate dieser Untersuchung sollen im Hauptbcrichle näher angegeben werden. Die Doctoren Tölken und Bark hausen zeigten mehrere Präparate aus der jüngst angelegten Sammlung. Dr. Schütte aus Bremen sprach einiges Allgemeine über defectus iridis und zeigte den Anwesenden einen Fall der Art vor. Dr. Bark ha usen brachte die Mortalität der Kinder aus inneren Ursachen zur Sprache, ging die ver- schiedenen Unregelmässigkeiten im Bau des Körpers durch, die sich hin und wieder zeigen und die Mortalität vermehren und erwähnte die mannigfaltigen mit jenem unregelmässigen Bau verbundenen Krankheitszuslände. Präsident v. Ammon sprach hierauf über den eigentlichen Grund des unbekannten Bildungslriebes und bezweifelte es, dass immer Entzündung beim Fötus sei, die Manche als unbedingte Ursache zur Fölusmis- bildung annähmen. Herr Medicinalrath Dr. Münchmeier ans Lüneburg machte darauf aufmerksam, dass ungleiche Ehen bedeutend dazu beitrügen, Missbildung sowohl als grössere Mortalität der Kinder zu verursachen. Präs. v. Ammon referirte über Heydenreichs eingegangene Schrift, erinnerte an des Geh. Medicinal- raths Schmidt aus Berlin Verhandlung in Braunschweig, dasselbe Thema betreffend. Er sei der Meinung, dass man die Ursachen noch nicht hinreichend ermittelt habe, worin die häufige Erscheinung der Chlorose im ju- gendlichen Alter begründet sei. Hierüber sprachen sich noch die Herren Münchmeier, Fuchs und Barkhausen aus, und entgegnete Prof Fuchs gegen Münchmeier, dass nicht immer der fehlerhaften Erziehungsweise Schuld gegeben werden müsse. Präs. v. Ammon warnte noch vor dem Missbrauch der Behandlung verschiedener chirurgischer, be- sonders scirrhöser Leiden in Soolbädern , dass sie nicht allein in diesen Fällen Nachlheile schafften, sondern das Leiden noch durch hinzukommende Nauralgie verschlimmerten. Die Herren Fuchs und Bark hausen und Herr Hofrath Textor aus Würzburg disculirlen darüber aus dem Bereiche ihrer Erfahrungen, stimmten im Allgemeinen dem verehrten Präsidenten bei, nur müsse man diesen nicht Alles, sondern Vieles auch der eigentümlichen atmosphärischen Constitution mit zuschreiben. Prof. Fuchs aus Göltingen wurde zum Präsidenten für morgen erwählt und d;e Sitzung der allge- meinen Versammlung wegen anf 8 bis 10 Uhr anberaumt. Als Vorlräge w'urden angemeldet: Regierungsrath Dr. Meier aus Minden über die neue warme Quelle zu Neusalzwerk. Medicinalrath Tourtual aus Münster, Vorzeigung einiger seltnen Concremente des menschlichen Körpers. Die Seclion wurde zum Turnfest eingeladen, welches morgen um 5 Uhr Nachmittags in der Turn- anstalt Statt finden solle. TAGEBLATT der xwelimdjrwanzig§teii Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Bremen. Den 33. September 1814. *J\Q 0» Zweite allgemeine Versammlung . Nachdem die Herren Mitglieder und Theilnehmer sich um tO Uhr auf der ohern Rathhaushalle ver- sammelt hatten, wurde die Sitzung vom ersten Herrn Geschäftsführer eröffnet, welcher der Versammlung die Anzeige machte, von einigen für die Versammlung bestimmten Geschenken Hiesiger und nannte als solche: 1) Eine unter dem Titel: Biographische Skizzen verstorbener Bremischer Aerzte und Naturforscher, vom ärztlicheu Vereine zu Bremen veröffentlichte Schrift. 2) Eine von der hiesigen Museumsgcsellschaft zur Feier der Versammlung geprägte Medaille mit den wohlgetroffenen Bildnissen von Olbers und Treviranus. 3) Die den Theilnehmcrn der 22. Versammlung bestimmte Schrift des Herrn Dr. S. E. Hirschfeld, betitelt: Umrisse der Phrenologie. Endlich wurden 4) die bei Gelegenheit der Versammlung von dem Herrn Dr. F. A. Menke in der Urschrift und in der Ueberselzung neu bearbeiteten und dem ersten Herrn Geschäftsführer gewidmeten »Aphorismen des Hippokrales« angezeigt. Der erste Geschäftsführer forderte sodann zur Wahl des nächstjährigen Versammlungsortes auf und als positive Einladungen nicht eingegangen waren, zu Vorschlägen. Herr von Struve aus Mannheim schlug dem- nach für’s nächste Jahr Mannheim vor und hob in einigen Worten dessen Vorzüge hervor. Herr Professor Wilbrandt dagegen schlug Wiesbaden als geeigneten Aufenthaltsort vor, wo die Versammlung gewiss gern gesehen würde. Herr Geh. Rath Lichlenslein machte auf Niirnberjg aufmerksam. Nach der über die Vorzüge des einen oder andern Orts sich erhebenden Discussion, ergab die Abstimmung entschiedene Stimmen- mehrheit für Nürnberg. Auf die Aufforderung des ersten Geschäftsführers, für die nächstfolgende Versammlung die Geschäftsführer zu wählen, schlug Herr Hofrath Textor den Herrn Prof. Dielz in Nürnberg zum ersten Geschäftsführer vor, dem die Wahl des zweiten Geschäftsführers überlassen ward. Darauf verlas der erste Geschäftsführer die Reihenfolge der Vorträge für die heutige Sitzung und be- merkte in Betreff der morgenden Fahrt, dass das Dampfschiff Roland verhindert sei, morgen zu fahren, und dass die auf dieses Schiff lautenden Karlen Jür das Dampfschiff Bremen, welches dessen Stelle vertreten solle gelten müssten. Herr Hofrath v. Mädlcr aus Dorpat. Ucber die neuesten Beobachtungen am Fixslernhimmel zu Dorpat. Von Mädler bemerkte im Eingänge seines Vortrages über »die Sternsysteme«, dass er vor einer Versammlung zu reden habe, welche mit Recht fordern dürfe, dass ihr nur Neues und allgemein Wich- tiges in entsprechender würdiger Form geboten werde. Wir leben aber nicht mehr in einer Zeit, in wel- cher Alles, was am Himmel durch grosse Fernröhre beobachtet wird, neu ist. Mit jedem Jahr wächst die Zahl derer, welche astronomischen Forschungen ihre Kräfte widmen; mit jedem Jahre gehen aus München’s vor- trefflichen Werkstätten neue Fernrohre hervor, und werden in alle für die Gesittung gewonnenen Theile der Erde versandt; der Wetteifer, die Himmelskunde zu fördern, beschränkt sich nicht mehr auf die Fürsten des christlichen Europa’s. Nachdem v. Mädler die Schwierigkeiten seiner Aufgabe angedeulet halte, kam er auf die Forschun- gen zu reden, welche er, seitdem ihm die Leitung der Arbeiten auf der Sternwarte zu Dorpat anvertraut ist, angestellt hat. Obgleich das Dorpater Fernrohr beträchtliche Vo r. theile für die Betrachtung des Erdmondes, dessen genauere Kenntniss wir besonders den Beobachtungen v. Mädler’s verdanken, gewährt, und v. Mädler auch fernerhin unserem Trabanten seine Aufmerksamkeit zuzuwenden gedenkt, so hat doch wegen der nörd- lichen Lage von Dorpat dies nur selten, und im Sommer fast nie, mit Erfolg geschehen können; v. Mädler musste daher sich eine Aufgabe stellen, welche in jeder heitern Nacht, unabhängig von der Jahreszeit und Lunation, mit Erfolg fortgesetzt werden kann, und eine solche vermochte ihm nur der Fixslernhimmel zu bieten. Der Vorgänger v. Mädlers an der Sternwarte zu Dorpat hatte sich hauptsächlich mit den Doppel- sternen beschäftigt, ja dieselben dem grösseren Theile nach dort neu entdeckt, für mehr als driltehalb Tausend dieser Sternsysleme die gegenseitige Stellung nach Abstand und Richtung ermittelt, meistens jedoch nur für eine Epoche, obgleich abgeleitet aus den Beobachtungen mehrerer Abende. Der Hauptzweck dieser dreiundzwanzig Jahre lang fortgesetzten Beobachtungen war, durch ihpe Vergleichung mit künfti- gen den Nachkommen die Möglichkeit zu verschaffen, für jene Systeme von Sonnen dieselben ßewegungs Elemente abzuleiten, welche für die Planeten vollständig, und für die übrigen um unsere Sonne kreisenden Körper mehr oder weniger genähert werden können. Für die Mehrzahl der Doppelsterne können im Laufe eines Menschenallers keine Stellungsveränderungen mit Sicherheit erkannt werden, die meisten davon sind aber durch Herrn Dr. Struve erst entdeckt worden, nur etwa der fünfte Theil der Gesammtmasse vor ihm bekannt gewesen, darunter haben sich aber doch schon 58 gefunden, deren Stellungsveränderung gewiss, so wie noch etwa 100 andere, bei denen sie mehr oder minder wahrscheinlich ist. Herr Hofralh v. Mädler hat jeden von Dr. Struve in den Jahren 1825 — 1827 beobachteten Stern zunächst an einem günstigen Abende 4 — 6 mal nach Distanz und Richtung beobachtet. In den meisten Fällen stimmten seine Resultate mit denen von Struve genau überein, so dass angenommen werden musste, dass eine Slellungsveräuderung seit 10 — 15 Jahren nicht erfolgt sei. Bei stärkeren Abweichungen von den ältereu Re- sultaten, mass Herr Hofrath v. Mädler einen solchen Stern wiederholt an mehreren Abenden, bis sich die Gewissheit herausstellle , ob er zu denen mit erkannter Bewegung, oder zu den für jetzt noch als unver- änderlich anzunehmenden zu zählen sei. Nach den bisher gewonnenen Resultaten gehören mindestens fünf Sechstheile der Doppelsterne in die letztere Klasse, und man wird also keine nähere Veranlassung haben, die Beobachtung dieser Sterne für jetzt und in den nächsten Decennien zu wiederholen, vielmehr werden die 400—500 Sternenpaare, bei welchen eine Veränderung angedeulet ist, mit desto grösserer Aufmerksamkeit ver- folgt werden müssen. Wir besitzen für einen Doppelstern im grossen Bären eine hinreichende Fülle von guten Beobachtun- gen, um aus ihnen darthun zu können , dass wenigstens für dieses Sternenpaar das Newton’sche Gesetz mit Ausschluss jedes anderen gültig ist. Was die übrigen 8 — 10 Doppelsterne betrifft, wo eine Bahnberechnung versucht werden konnte, so entsprechen die Beobachtungen dem angewandten Attraktionsgesetze nicht minder gut, nur ist ihre Zahl geringer, oder auch der durchlaufene Bogen kleiner als in dem angeführten Falle. Bei den übrigen Doppelsternen ist der durchlaufene Theil der Bahn zu gering, um die Basis eines Elementen- syslems bilden zu können, doch ist wenigstens die Gültigkeit des einen der Keplerscheu Gesetze, die Propor- tionalitäl der Zeiten und durchlaufenen Räume bei ihnen nachweisbar. Was Kepler nur für die Hauptplaneten unseres Sonnensyslemes empirisch nachwies, was Newton in grösserer Allgemeinheit und Vereinfachung für alle Körper desselben feststellte, und theoretisch entwickelte, kann nunmehr auch als das Gesetz der Fix- sternsysteme betrachtet werden. Wenn aber in den verschiedenen Partikular-Systemen der Fixsternenwelt das gleiche ßewegungsgeselz waltet, so wird man auch nicht umhin können, für die höheren Ordnungen, in welchen diese Parlikularsysleme wiederum nur einzelne Glieder bilden, das gleiche Princip anzunehmen, wel- ches sich hierdurch zum allgemeinen Weltgesetz erhebt. Waltet Ein einziges und zwar völlig bestimmtes Gesetz durch alle Räume des Universums, so ist auch die Einheit des Weltganzen im strengsten Sinne des Wortes dargethan. Die Schöpfnng ist ein Organismus, der bis in seine kleinsten Theile hinein durch ein einziges Band gehalten wird. Dieser Lehrsatz ist mehr als Astronomie, er ist Religion. Unbeschadet der Allgemeingültigkeit eines einzigen obersten Principes finden wir die überraschendste Mannigfaltigkeit in den Individuen , und wird dadurch der Wunsch gerechtfertigt, mit der inneren Einrichtung eines solchen Organismus bekannt zu werden, und seine Glieder in ihrer Eigenlhümliehkeit aufzufassen, ln dieser Absicht hat von Mädler die 39t Doppelslerne, für welche eine Stellungsveränderung gefunden worden ist, nach ihrer grösseren oder geringeren Winkelgeschwindigkeit geordnet. Die geringste bis jetzt ermittelte Umlaufszeit eines selbstleuchlenden Fixsternbegleilers ist 36 Jahre, sie gehört dem schwer sichtbaren Nebenstern von £ Hercuüs an; ij der Krone, welcher aus zwei gleich grossen aber nur in den stärksten Fernrohren trennbaren Sternen besteht, hat eine Umlaufszeit von 44 Jahren. Perio- den von 60 und 62 Jahren ergeben sich für <£ des Krebses und % im grossen Bären, von 80 — 90 Jahren für p des Schlangenlrägers. Bei 9 Doppelsternen führt die Winkelgeschwindigkeit auf eine Periode von 100 — 200 Jahren, » 15 » » » » )> » » » 200 — 400 n » 29 » » » » » » » 400 — 600 » » 32 » » » » » » » 600 — 800 » » 36 » » » » » » » 800 — 1000 » » 33 » » » » » » » » 1000 — 1200 » » 44 » » » » » » » ,, 1200 — 1500 » Für die übrigen 188 Sternenpaare, in denen die Umlaufsbewegung angedeulet ist, kommt eine grössere Periode heraus, welche bei einigen 15,000 bis 20,000 Jahre erreicht. Die rascheren Umläufe gehören vorzugs- weise den helleren, leichter erkennbaren, aus ganz oder fast gleichen Gliedern bestehenden Doppelsternen an; die schwächeren blos teleskopischen Doppelsternen , so wie die schwer erkennbaren schwachen Begleiter helle- rer Sterne führen fast immer auf grössere Perioden, wenn sie überhaupt schon ein Resultat geben. Es giebt am Himmel einige ganz vorzüglich helle und deutliche Doppelslerne, bei denen Distanz und Richtungswinkel seil mehr als einem halben Jahrhundert ganz und gar nichts von einer bemerkbaren Verän- derung zeigen. Dahin gehört Nr. 11 im Einhorn, der mit blossen Augen ganz gut sichtbar ist, und aus drei fast gleich hellen sehr weissen Sternen besteht; der schönfarbige Stern y Delphini von der 4. Grösse; die beiden 22“ von einander entfernten 0 Serpenlis, gleichfalls zur 4. Grösse gehörend; der schöne rothe Haupt- stern am Kopfe des Hercules mit seinem blaugrünen Begleiter, den ein starkes Fernrohr schon am hellen Tage als Doppelstern zeigt; und noch einige andere. Bei diesen Sternen müssen Lichtglanz und Masse in einem ganz anderen Verhältniss stehen als bei den meisten übrigen. Weniger noch als über die Umlaufzeiten vermögen wir über Gestalt und Lage der Bahnen, so wie über die Grössen der Sterne und ihre relativen Entfernungen mit Sicherheit anzugeben. Für zwei Doppelsterne kennen wir die Parallaxe und folglich die Entfernung, für 61 im Schwane beträgt sie nach Bessel 580,000Son- nenweilen für den in Europa nicht sichtbaren a des Centauren, nach Henderson und Maclear 225,000 Sonnen- weilen. Wenn wir mit diesen Entfernungen die an diesen Sternen wahrgenommenen Umlaufsbewegungen so wie ihre eigenen Bewegungen im Weltenraume vergleichen , so erhalten wir Geschwindigkeiten , welche die Hauptplanelen unseres Sonnensystems nicht überlreflen, sondern eher noch hinter diesen zurückstehen. Für die Masse der beiden in 61 Cycei vereinigten Sterne ergiebt sich V3 der Sonnenmasse und für die Schnelligkeit der Umlaufsbewegung 20 Meilen in der Minute, während unsere Erde 12mal schneller dahinrollt. Wenn die übrigen Doppelslerne nicht etwa unsere Sonne an Masse viele [hundert und selbst tausend Male übertreffen, so ist die Umlaufsgeschwindigkeit auch bei ihnen in Gränzen eingeschlossen, die über die Schnelligkeit unserer Erde nicht hinausgehen, und in einigen Fällen nicht die unseres Mondes erreichen. Noch eine andere umfassende Arbeit ist auf der Sternwarte von Dorpat ausgeführt worden, und ihrer Beendigung nahe, nämlich: die absoluten Ortbestimmungen der zwei- und mehrfachen Sterne am Himmel. Bereits haben mehrfache Vergleichungen dieser Bestimmungen verbunden mit denen der einfachen Sterne zu höchst interessanten Schlüssen geführt, und hat nicht allein die Fortbewegung unseres eigenen Sonnensystems nach ihrer Richtung und angenähert selbst nach ihrer Quantität bestimmt werden können, sondern es sind auch bereits Andeutungen vorhanden, aus denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verbindung sowohl der Doppel- als einfachen Sterne zu Systemen höherer Ordnung folgt. Schliesslich erinnert Herr Hofrath v. Mädler an die Verdienste von O Ibers um die Kenntniss des Fixsternhimmels. Herr G. von Struve sprach über den Einfluss der Phrenologie auf die Wissenschaft überhaupt und die Naturwissenschaft inbesondere. Die Phrenologie ist die Lehre von den Verrichtungen des Gehirns, und da dieses das Central-Organ des Geistes bildet, ist sie zu gleicher Zeit die Lehre des Geistes, wie sie sich darstellt aus der Betrachtung seiner körperlichen Organe. Ihre Grundsätze sind jetzt ausdrücklich aber stillschweigend von sämmtlichen fortschreitenden Physiologen im wesentlichen anerkannt. Indem sie auf der einen Seite die Verrichtungen der verschiedenen Organe des Gehirns bestimmt, hat sie auf der andern Seite die Elementarkräfte des Geistes entdeckt. Sie stellt die Grundsätze auf, unter deren Einfluss die Menschen- Natur steht, und bildet in solcher Weise das Band, welches sämmlliche Wissenschaften, die den Menschen zu ihrem Gegenstände haben, vereinigt. Sie ist die Wissenschaft der Menschenkenntniss, die Philosophie der Humanität, und ist daher nicht blos dem Gelehrten, sondern auch jedem denkenden Menschen, insbesondere aber dem Arzte von der höchsten Wichtigkeit, Herr Professor Eschrichlaus Kopenhagen hielt dann einen Vortrag über die Schädel aus den allen Hünen-Gräbern. Die Geschichte des nördlichen Europa geht nur bis zur Einführung des Christenthums zurück, was vor der Zeit liegt, muss man aus den allen Sagen und den sparsamen Hinterlassungen der früheren Bewohner beziehen, zu deren Erklärungen wiederum alle Hülfsmittel zu benutzen sind. Aus den verschiedenen Perioden, wo die Leichen nicht verbrannt wurden, findet man noch immer die Leichen ziemlich unversehrt und aus ihrer Untersuchung Hess sich hoffen zu bestimmen , in wiefern die frühem Einwohner von der gegenwärtigen ver- schiedener Race sein oder nicht. Professor Nilson in Kund halte auf die Vergleichung der Waffen und Ge- räthe aus den Gräbern gestützt, die Vermuthung aufgeslellt, dass jene frühem Einwohner Scandinaviens Grön- länder gewesen. Dass dem anders sei, hat Herr Prof. E sehr ich t durch Vergleichung der in Hünen-Gräbern auf der Insel Möen gefundenen Schädel mit denen der Grönländer sogleich erkannt. Später hat Herr Prof. Nilson seine Meinung dahin geändert, dass jene Bewohner Lappländer ge- wesen. Auch dieser Ansicht konnte Herr Professor Eschricht nicht beilrelen und fand auch darin eine Wi- derlegung, dass man keine Hünen-Gräber in Lappland, wohl aber in Norddeulschland, der Normandie und Ir- land fände. Die Frage über die Vorfahren Scandinaviens ist milhiu noch nicht entschieden. Wenn nun hier die Untersuchung auch nicht das Ziel erreicht hat, darf man sie doch nicht als ver- loren betrachten. Nicht in Erreichung des Vorgesetzten Zieles, sondern in dem Erstreben, es zu erreichen, findet der Wissenschaflsforscher seine beste Freude, und darin mag es ihm ergehen, wie dem Menschen über- haupt in seinem Streben. Prof. Stieffel redet über die seinen Bestimmungen der vermulhlichen Witterung in seiner Monats- schrift »Zeus« zu Grunde liegenden Durchschnitts-Berechnungen und graphischen Darstellungen, woraus sich eine Pcriodicität der Baromelerschwankungen, des Mondeinflusses darauf und der gleichartigen Jahre ergäbe’ die mit der gegenwärtigen Witterung zusammengenommen eine Vorherbeslimmung der Witterung des folgenden Monates bis zur höchsten Wahrscheinlichkeit ergebe. Die bisherige Erfahrung von 8 Monaten unter 9 sprechen jetzt schon laut für seine Methode und auch in Bremen sei sichtlich die Prognose wahr geworden und habe er auch das Vergnügen, der Versammlung für die Fahrt nach Bremerhaven schöne Witterung in Aussieht stel- len zu können. Schliesslich hielt Hr. Professor Weber einen erheiternden Vortrag »Ueber die Vermittelung zwischen der Kochkunst und der Naturwissenschaft durch die Poesie«, welcher wegen Kürze nicht beendigt werden konnte, und worauf wir später zurückkommen werden. iecfion für Botanik, Forst und Landwirthschaft. 2. Sitzung- den 20. Sept. 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Kammerrath WuitSS. Secrctair: Dr. ffilieli aus Hamburg. Vorträge: Der Secretair Dr. Buek fragte an, ob einer der Anwesenden dem früher in der bolan. Zeitung ans- gesprochenen Wunsche zufolge, Pflanzen für den Austausch milgebracht habe. Herr Dr. Buhse aus Riga hatte eine kleine Auswahl von Pflanzen des höchsten Nordens Russlands zu diesem Zwecke anzubielen. Herr Professor Blume hielt einen Vortrag über das Lycopodium arboreum von Junghuhn, gab eine geschieht]. Einleitung über die Erforschung der Flora von Java und Sumatra, berichtete dann über seine eige- nen Forschungen und legte dabei eine Abbildung der von ihm entdeckten RafHesia Patma sowie einer ver- wandten Pflanze Brugmansia Zippelii vor, beide als Parasyten auf Cissus- Arten vorkommend, knüpfte daran mehrere belehrende Nachweisungen, erinnerte an die merkwürdige Verschiedenheit der Thier- und Pflanzen- welt von Java und von Sumatra und erwähnte endlich der Fürsorge der NiederJänd. Regierung, welche durch Möller, Korthaes, Junghuhn die Inseln untersuchen lassen. Eine der merkwürdigsten Entdeckungen des Letzteren wäre die eines baumartigen Lycopodium (Lycopodium arboreum), dessen holzartiger Stamm mehrere Fuss im Durchmesser und 40 — 50 Fuss Höhe erreiche. Doch sage Junghuhn selbst, dass die Pflanze einen habitus abielinus habe. Herr Professor Blume bewies an einem vorgelegten spccimen aus dem ganzen Bau, namentlich aus der Holzbildung, dass es kein Lycopodium, sondern eine conifere sei und zu Dacrydium (D. elalum?) gehöre. Zum Präsidenten für die nächste Versammlung ward Herr Prof. Wilbrand gewählt. Vorträge für den 23. September. 1. Referat über die Schrift des Dr. Schultz, von Prof. Wilbrand. 2. Ueber ein Surrogat des chines. Thee’s von Prof. Blume. Berichtigungen zu Nr. 5. des Tageblattes. Section Botanik. Sapoteae für Sapateae, — Apocjneae für Aposyneae, — Herr Eckion für Herr Eckland, — bei dem in Java wachsenden für in Jever, — Mucuna für Murana, — nach „woran seine Sammlung verhältnissmässig reich sei“ ist einzuschalten: Herr Prof. Blume war so gütig, einige dieser unbestimmten Früchte sogleich zu er- kennen und etc. — Rumphea für Bumphia, — Dozy et Molkenboer für Dozy’s Molkenboer, — nach „eine vom Herrn Dr. Koch in Jever“ ist einzuschalten „und ihm (Herrn Dr. Brennccke)“, — Lycopodium für Lyropodum. Scction für Mcdicin und Chirurgie. Präsident: Professor Fuchs aus Güttingen. Sccretair: Dr. Mansfeld , aus Braunschweig. V orträge; Hofrath H olschcr aus Hannover tbeilte einige pathologica mit. Er sprach über brau I; hafte Rückwirkung älterer Stricturen der Harnröhre auf Harnblase und Nieren, ferner seltene Tubcr- kelablagerungcn z. B. tubcrculum liuguac, tbeilte einen solchen Fall mit, der leicht für Scirrhus hätte gehalten werden können, den er aber durch Kauterisation behandelte, heilte, worauf aber den- noch der Kranke ein Jahr nachher an phthisibs traehealis starb. Zu den seltenen Tuberkulosen ge- höre auch diese Ablagerung in den Tcstikeln, namentlich mit gleichzeitiger Jiydatidenbildung, wie der Redner einen solchen Fall erlebte. Castration sei da unbedingt erforderlich. Auch im Hirne finden Tuberkelbildung Statt, wovon Geisteskrankheit die Folge sei, wobei aber das Leben noch lange fort- bestehen könne. Unter den verschiedenen Präparaten, die Hr Dr. Hol sei» er vorzeigte, war auch eine Tuberkelablagerung im Ovarium. Er warnte auch davor, dass man die Krankheit des Testikels nicht immer für bösartig ausgeben dürfte, da selbst die Vereiterung der tunica alhuginea testis nebst ihren Folgen noch nicht dazu zu zählen sei, das Individuum nicht castrirt zu werden brauche, sondern durch Kauterisation mit Arsenik u. dgl. behandelt werden müsse. Ausser mehreren anderen seltenen pathol. Beobachtungen, die ausführlich im Hauptbericht erwähnt werden sollen, sprach der geehrte Redner noch über Gastrobrosen und gelatinöse Erweichung des Darmkanals und über den plastischen Gehalt des Blutes bei syphilitischen Subjecten. Hr. Regierungsrath Dr. Meyer aus Pr. Minden handelte über die neue warme Quelle zu Ncusalzwerk zwischen Minden und Herford, ihren Gehalt, Wärmegrad, und ihre Anwendung in allen serophulosen Krankheiten bei Stockungen im Unterleib, herpetischen Zuständen, Lähmungen naeh Ischias u. s. w., mit der Behauptung, dass diese Quelle noch weit mehr Leistungen verspreche. Hr. Mcdicinali'ath Tourt ual aus Münster zeigte einige seltene Concremente des menschli- chen Körpers unter kurzer Miltheilung der Krankheitsgeschichlen , als: einen incrustirten Pflaumen- stein aus dem ileo eines Mädchens, in welchem derselbe eine chronische Entzündung- mit organischer Strictur und tödtlicher Exulceration veranlasste. Ferner 2 durch ihre Form und Grösse seltne Gallenblasensteine, deren einer 7 Quentchen 14 Gran schwer durch den Stuhlgang entleert, der andere pyramidalisch gestaltete und mit weisser glänzender Oberfläche durch einen Abscess unter dem Nabel eliminirt wurde. Endlich einen incru- stirten Thonpfeifcnkopf , welcher lange Zeit in der Harnblase einer alten Jungfrau verweilt hat und zuletzt durch eine ßlasenscheidenfistcl ausgestossen worden ist. Als Vorträge wurden angemeldet: Hr. Dr. He rrnann Engelken zu Rockwinkel über die Anwendung des Opiums in frischen Fällen von Geisteskrankheit. Hr. Professor Walchner über Falle von Heilung ilurcb Galvanoelcctricität, vermittelst An- wendung eines böelist einfachen Apparates. Hr. Professor List in g ans Göttingen über eine häufig vorkommendc undurebsiebtige Stelle in den brechenden Medien des menschlichen Auges. Wegen der morgenden Fahrt nach Bremerhaven ist für heute noch eine zweite Sitzung um 6 Uhr Abends anberaumt worden. Zum Präsidenten für nächsten Montag ist Hr. Hofrath Dr. Höl- scher aus Hannover erwählt worden. Scctioii für Ocbnrlshülfc. Präsident: Professor Michuelis9 aus Kiel. Secretair: Hofinedicus Schneemann , aus Hannover. Vorträg e: Dr. Köhncmann aus Maye in Ostfriesland theiite den Geburtsfall eines neunmonatlichen Kindes mit, welches nicht mir ohne Bedeckungen der Bauch- und Brustorgane, sondern sogar ohne Nabelschnur geboren wurde, von welcher letzterer keine Spur sich fand $ die placenta hatte ihre In- sertion unmittelbar am Kinde. Ausserdem fehlte ein Arm gänzlich. Medic. Rath Tourt ual aus Münster reihete hieran eine Mittheilung über mehrere ähnliche Fälle, in deren einem die ausgetra- gene Frucht ohne Herz geboren wurde. Sodann erörterte Dr. Schneemann in einem langem Vorträge die Transfusion des Blutes als eine besonders für Geburtshelfer wichtige Operation, in Fällen von Metrorrhagien, welche tödlich zu werden drohen. Es wurde ein einfaches Verfahren zur Ausführung derselben angegeben und die Besorgniss vor dem Eindringen der Luft in die Venen durch theoretische Gründe wie durch Hin- weisung auf sämmtlichc vorliegende Fälle als unstatthaft dargethan. Zugleich warnte derselbe davor, die Operation bei Personen auszuführen, welche an schweren Desorganisationen wichtiger Eingeweide schon länger gelitten haben, oder durch deprimirende Einflüsse tief ergriffen sich darstellen, da hei solchen ein günstiger Erfolg der Operation nicht zu hoffen sei. Prof. Miehaelis sprach darauf über den nachtheiligen Einfluss des Hängebauchs auf Mutter und Frucht, und erörterte hiebei das be- sondere Verhältnis der musc. recti abdominis während dieses Zustandes 5 der Muskel wird nämlich zu dieser Zeit beträchtlich breiter, bekommt die Fähigkeit sich wie ein Schlauch oder Sack auszu- dehnen und giebt seine Muskularität gewissermassen auf. Den entschiedensten Nutzen dagegen bietet ein Suspensorium für den Leib, wozu das eben so einfache als zweckmässige Modell vorgelegt wurde. Endlich trug Prof. Michaelis noch einige Bemerkungen über prolapsus uteri, vaginae et recti vor und bezcichnete den Anwesenden als Ersatz für die höchst unzweckmässigen Pcssarien, eine Bandage, welche ebenfalls durch ein Muster erläutert wurde. Verzeichntes der am 21. September bis © Uhr Abends angekommenen Cfäsle. Mitgl. bedeutet Mitglied. Thln. bedeutet Theilnebmer. Andr6, Dr. med. aus Otterndorf, Thln., Lindenhof. ßalk, aus Syke, Thln., Weisse Traube. Bes seil, Stud. math. aus Hannover, Thln., Weisse Traube. Bollraeyer, Pastor aus Barrien, Thln., Weisse Traube. Buttel, von, Hofrath aus Oldenburg, Thln., Langenstrasse Nr. 122. de Chaufepie jun., Dr. med. ans Hamburg, Mitgl., Lindenhof. Ellerhorst, Advocat aus Delmenhorst, Thln., Stadt Hamburg. Forst, Landchirurgus aus Diepholz, Thln., Hannoy. Haus. Fr ob öse, Apotheker aus Waniefried, Thln., Weisse Traube. Geiler, Pastor aus Delmenhorst, Thln., Stadt Hamhurg. Ger ding, Dr. med. aus Vilsen, Thln., Hannov. Haus, Groninger, Dr. med. aus Elsfleth, Thln., Lindenhof. Haase, Pharmaceut aus Bückeburg, Thln., Brautstrasse Nr. 25. Hausmann, Arzt aus Münster, Thln., Grünenstrasse Nr. 122. Hey 1 and, Auctionscommissair aus Werther, Thln., Lindenhof. Hofmeister, Assessor aus Delmenhorst, Thln., Stadt Hamburg. Rlockenbring, aus Werther, Thln., Lindenhof. Krüger, Arzt aus Moscau, Thln., Lindenhof. Lampe, Landgerichtssecretair aus Delmenhorst, Thln., Stadt Hamburg. Mielk, Apotheker aus Hamburg, Thln., Sögestrasse Nr. 8. Mo sie, Oberst aus Oldenburg, Thln., Langenstrasse Nr. 11. Moellen, von, Hofrath aus Minden, Thln., Hannov. Haus. Naumann, Pastor aus Syke, Thln., Weisse Traube. Richard, Dr. med. aus Osnabrück, Thln., Stadt Hamburg. Richter, Gerichlsrath aus Minden, Thln., StadtlFrankfurt. Roes er, Obermedicinalrath aus Athen, Mitgl., Lindenhof. Rolfs, Amtsauditor aus Hoya, Thln., Wall Nr. 66. i. Römer, von, Particulier aus Delmenhorst, Thln., Hannov. Haus. Schabran, Pastor aus Werther, Thln., Lindenhof. Schloifer, Slaatsrath aus Oldenburg, Thln., Stadt Frankfurt. Sch war tz, Dr. med. aus Syke, Thln., am neuen Markt Nr. 25. Stürmer, von, Professor aus St. Petersburg, Mitgl., Lindenhof. Witter, Apotheker aus Werther, Thln., Lindenhof. E r r a t a. Eschricht, Dr. med. u. Professor aus Copenhagen, Mitgl., Wall Nr. 59. Krossmann, Prediger aus Leipzig, Thln., Richtweg Nr. 14. Dugend, Medicinalassessor aus Oldenburg, Thln., Liudenhof. In Nr. 3. Gruber, Dr. Physikus aus Mosbach am Neckar, Catharinenstrasse Nr. 21. In Nr. 4. Mansholt, Cabinetsrath aus Kniphausen, Vorwerk’s Hotel. Am Dienstag, den 24. Vormittags, bis zur Beendigung der allgemeinen Versammlung, bleibt die Sammlung im Hause Seefahrt für Jedermann geschlossen, und wird für Damen erst um 3 Uhr wieder geöffnet. Wenn sich bis Montag, den 33. September Machmittags 3'/2 Uhr (möglichst früher) eine hinreichende Anzahl Passagiere dazu anmelden sollten, so wird das Dampfschiff KOHIHCr WILLEM II. am Mittwochen , den 25. September Morgens — Mach Ifelnolaiitl — fahren und auf seiner Rückfahrt von Amsterdam, am Montag, den 30. September früh Morgens zur Auf- nahme der nach der Weser zurückkommenden Passagiere diese Insel wieder anlaufen. Nähere Auskunft ertheilt Bremen, den 21. September 1844. Ed. IchOll, Wall 66. E. (Die nächste Nummer des Tageblattes erscheint Dienstag Morgen.) Druck von C. Sckünemann. TAGEBLATT der xweiund/wanzig§ten Ver§ammlun^ deutscher Naturforscher und Aerzte. Bremen. ®en September 1844. J\o J*. SM© Tcrsamminng der Maturforscher in ßrcmerhaven. Am vorgestrigen Tage, als an einem Sonntage, fand keine Seetionssitzung Statt; an deren Stelle war an die Versammlung von Seiten der Stadt eine Einladung zur Fahrt nach Bremerhaven ergangen, zu welcher sich ausser sämmtliehen Mitgliedern und Theilnehmcrn noch eine grosse An- zahl anderweitig Eingeladner aus der Stadt Morgens früh um 8 Uhr an der hiesigen Schlachte cin- gefunden hatten. Hier lagen 3 festlich geschmückte Dampfschiffe: »Gutenberg, Telegraph und Bre- men« bereit, um die Gäste, deren Zahl sich etwa auf 700 belaufen mochte, zu empfangen. Nachdem um halb 10 Uhr der Hafenort Vegesack erreicht war, wurde daselbst Halt gemacht, um das zu Ehren der Versammlung vom Stapel gelassene den Mru. Fabcr & Fletcher gehörige Schiff »Minna« ah laufen zu sehen. Gegen 2 Uhr landete man in Bremerhaven, wo nach Besichtigung des Ortes und der im Hafen zahlreich liegenden Schiffe ein dejeüner dinatoirc eingenommen wurde. Geeignete Toasts der beiden Herrn Geschäftsführer und verschiedener fremder Thcilnehmer belebten die Tafel, welche nach 5 Uhr aufgehoben wurde. Nachdem die Versammlung noch die sog. Spülschleuse halte operiren sehen, wurde das Zeichen zur Rückfahrt gegeben, die ebenfalls vom schönsten Wetter begünstigt, von Statten ging. Um 12 Uhr erreichte man die nach der Weser zu tbeilweis iUumiuirte Stadt. Die allgemeinste Zufriedenheit mit der Anordnung und Ausführung sprach sich unter sämmtliehen Anwesenden aus. §cction für Mathematik, Astronomie etc. Präsident: Ilofrath V . JflÜ liier aus Dorpat. Secretair: Dr. Zet'A aus Berlin. Vorträge: Die von Hin. Prof. Lisling in Anregung gebrachte Frage über die Annahme eines gemeinschaft- lichen Maases hei den meteorologischen Beobachtungen veranlasste eine längere Debatte, in deren Verlauf sich die bei weitem überwiegende Mehrheit gegen das metrische System aussprach, aus dem Grunde, weil das- selbe keine Anschauung der gemessenen Grösse gewähre, sondern eine metrische Angabe erst in Füsse über- setzt werden muss, um anschaulich zu werden. Herr Klüver hält einen Vortrag über die Abweichung [der Abplattung [der Erde, welche [aus ihrer jetzigen Rotationsgeschwindigkeit folgen würde, und derjenigen ,~ welche die wirklichen Beobachtungen geben. Er zeigt, wie diese Abweichung sich durch die Hypothese erklären lasse, dass bei der allmäligen Erkaltung der Erde sich schon eine feste Erdrinde gebildet habe, ehe das thermische Gleichgewicht eingetreten sei, dass also naeh dieser Periode die Erde noch weiter erkaltet, die Rotationsgeschwindigkeit daher kleiner geworden sei aber die Abplattung wegen der festen Erdrinde nicht mehr habe zunehmen können. Herr Klüver theilte auch noch einige Bemerkungen mit über die in der vorigen Seclionssitzung dis- cutirte Abhandlung des Hm. von Bruch hausen da; eine Veränderung der Umdrehungsachse der Erde nach allen Erfahrungen sich durchaus nicht annehmen lasse, so müsste die behauptete Verrückung des Schwerpunkts in der Umdrehungsachse selbst statlgefunden haben, dies ist aber durchaus unwahrscheinlich, vielmehr sollte man vermulhen, die Verrückung hätte gegen den Kältepol hin, der nicht mit dem limdrehungspol? zusammenfällt, staltfinden müssen. Herr Erp enbeck zeigt ein Tellurium vor, das sich durch seine einfache Conslruction empfiehlt; Herr Imhorst eine der hiesigen Navigationsschule gehörige in London verfertigte Kosmosphäre. Herr Prof. Zeune hält einen Vortrag über einige Gegensätze zwischen den Völkern der östlichen und westlichen Erdhälften. Auf jener leben gegen 1000 Millionen Menschen, auf dieser in Nordamerika nicht ganz 30, in Südamerika gegen 20 Millionen. Von den 860 Sprachen, die Valmy in seinem atlas ethnographique aufzählt, dagegen kommen nur sieben mehr als die Hälfte, 437 auf die östliche Halbkugel, die übrigen 423 auf die westliche. Dieser Unterschied wird noch greller, wenn man bedenkt, dass von den Bewohnern Amerikas drei Viertel Europäer sind, und daher die 423 Sprachen sich nur auf 10 Millionen wirkliche Urbewohner verlheilen. Zwischen den Sprachen beider Erdhälften findet sich durchaus keine Verwandschaft; einige vor- handene Aehnlichkeiten rühren wohl nur daher, dass der menschliche Geist durch ein natürliches Gefühl von selbst auf gewisse Sprachbildungen hirigelrieben wird. Herr Dr. v. Tschudi hat ferner die Entdeckung ge- macht, dass die peruanischen Völkerschaften alle im Kopfe einen Knochen mehr haben, als die Bewohner der allen Well, und Herr Professor Zeune fand dieses os interparietale auch an einigen Schädeln von mexica- nischen Völkern, die sich hier in der Ausstellung in der Seefahrt befinden. So ist man wohl zu dem Schlüsse genölhigl, dass das ganze Menschengeschlecht nicht von einem Paare abstammen kann. Zum Schlüsse gibt Herr Prof. Zeune noch Nachrichten über eine Expedition nach Schear. Scction für Mineralogie und Gcognosfc. Präsident: Sr. Excellenz Geh. Rath von Stvuve aus Hamburg. Secrelair: Assessor J& övner aus Hildesheim. Vorträge: Der Herr Präsident eröffnetc die heutige Versammlung durch Ankündigung der angemeldelen Vor- träge, und begann sodann der Herr Professor Plieninger aus Stuttgart mit einem Vortrage über die von ihm neuerfundene Weise, den Torf zu pressen. Der Herr Dr. Dunker aus Cassel machte hierauf einige Millheilungen über seine Untersuchung des Wälderthons und zeigte mehrere vortreffliche Lithographien von ihm beschriebener Petrefacten dieser For- mation vor. Hiernach legte der Herr Pastor Müller aus Hamburg eine reichhaltige Sammlung durch den grossen Brand in Hamburg veränderter Gegenstände mit den nölhigen Erörterungen vor. Aufstellung; von O, 11. Treviranus Marmor -Büste auf der Stadtbibliothck. Um 11 Ulir versammelt« sich ein Thcil «1er Mitglieder und Theilnclinicr vorzugsweise der Seetion der Anatomie und Physiologie nebst einigen hiesigen auf der Stadtbihliothek, wo die Marmor^ biistc von Gottfried Rcinhold Treviranus ausgestellt wurde. Der erste Geschäftsführer Herr Bürgermeister Dr. Smidt hielt eine Anrede an die Ver- sammelten, worin er nebst seinem Dank für das Geschenk der Büste an die Bibliothek, deren Auf- stellung daselbst man durch die Anwesenheit der versammelten Naturforscher eine höhere Feier zu geben gedacht habe, auch in einigen Worten über die Verdienste des Verewigten sich aussprach. Herr Gel». Rath Lichtenstein als Senior der Versammelten im Namen der Fremden «tankte, dass man der Versammlung auch den Genuss dieser Feier gewährt habe, erwähnte der Verdienste Treviranus, dessen Würdigung in wenigen Worten auszusprechen, ein schwieriges Unternehmen sei, und hob schliesslich das eine Moment seiner Bestrebungen hervor, welches dahin gegangen sei, die Naturwissenschaft auf philosophischen Boden zurückzuführen, für welchen Zweck er mit seiner Biologie einst so glänzend begann, und für sein ganzes Leben mit dem grössten Eifer fortarbeitete Nachdem die Anwesenden, welche T r e v i r a n u s persönlich gekannt halten, noch über die meisterhafte und so glücklich gelungene Ausführung der Büste ihre Freude geäussert, trennte sich die Versamm- lung, in der von dem ersten Herrn Geschäftsführer geäusserten Hoffnung, dass wenn eine würdigere Stätte für die Bibliothek später gefunden sei, es in den folgenden Generationen nicht an Gelehrten fehlen möge, welche verdienten den jetzt hier vorhandenen Büsten von Olbers und Treviranus an die Seite gesetzt zu werden. Einweihung des Wlatses für das Olbers - Denkmal. Nachmittag um fünf Uhr versammelten sich die Herren Naturforscher und Aerzte auf der Osterthorswallbastion, um der Weihe des Platzes, worauf das Olbers -Denkmal errichtet werden soll, beizuwohnen. Die Mitglieder des Olbers- Yereines wurden durch den Präsidenten desselben — Herrn Senator Dr. Droste — benachrichtigt, dass durch Rath und ßürgerschlnss eine würdige Stätte für das Denkmal angewiesen sei und der Verein dadurch das Recht einer moralischen Person erworben habe. — Zum ersten Male geschehe etwas der Art für einen einzelnen Mann in Bremen. — Zwei Mo- delle seien bereits eingesandt, und ein Drittes werde noch vor dem eilften October erwartet. — Von Olbers selbst zu reden überlasse er seinem Nachfolger. — Hofrath von Mädler bemerkte sodann, dass nicht die Verdienste um die Wissenschalt, nicht das Geschick als Arzt und nicht die hohe Intelligenz, sondern die liebenswürdigen Eigenschaften des Menschen für Olbers diese ungelheilte und über alle Klassen der Gesellschaft verbreitete Verehrung und Liebe hervorgerufen hätten. In herzlichen, begeisterten Worten schilderte der Redner dann die Verhältnisse, unter welchen er selbst mit ihm in Berührung gekommen, und wie es sich ihm stets bewährte, dass Olbers unter allen Verhältnissen selbst den undankbaren Schülern der Wissenschaft mit Rath und That an die Hand gegangen sei. Dadurch habe auch seine Vaterstadt Bremen gewonnen und nicht ein Denk- stein, sondern ein Dankstein solle an dieser Stätte sich dafür erheben. Ein kurzes Gedicht, welches in kräftiger Sprache diese Gedanken wiederholte, schloss die Rede, welcher die Zustimmung der begeisterten Zuhörer nicht fehlte. Herr Senator Dr. Droste wandte sich hierauf an die Naturforscher und Aerzte, mit der Bitte, sie möchten die Ueberzeugung mit in ihre Heimath nehmen, dass auch eine Republik, die vorzugsweise materielle Interessen zu vertreten habe, durch Anerkennung wissenschaftlicher Verdienste begeistert werden könne, und vertheilte schliesslich die für die 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte gedruckten Statuten des Olbers -Vereines. Am Dienstag, den 2 4. Vormittags, bis zur Beendigung der allgemeinen Versammlung bleibt die Sammlung im HailSC §CCfahl*t für Jedermann geschlossen , und wird für D&IS1CI1 erst um 3 Uhr wieder geöffnet. Am 24. S c j» tc in h e r 1 8 44. Dritte und leiste allgemeine Sitsung. Der erste Geschäftsführer eröffet die Sitzung mit einem kurzen Reriehte und darauf folgen die Vorträge: Von Herrn Dr. Roser aus Athen: Geber die Lagerung der Skelette in den alt - hellenischen Gräbern. Von II errn Dr. !4 e r in. E n g e I k e n aus Roekvyinkel : Geber das Verhältniss der Poesie zur Seelenhcilkiindc. Von Herrn Leibchirurgus Dr. H olscher aus Hannover: Geber den Schmerz. Hierauf folgen Berichte des zweiten Geschäftsführers, worauf der erste Geschäftsführer nach einem Abschiedsgrusse die 22. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzle schliessen wird. Dann folgt die Versteigerung der im Hause Seefahrt ausgestellten Naturalien, welche mit Cabelincr 124 beginnt, und im Falle die Zeit nicht ausreichen sollte, Nachmittags fortgesetzt werden muss. Um 3 Uhr letzte Mittagstafel in der Union — 8 Uhr Abschieds - Reunion in der Erholung. Verzeichntes «!er hm znm September © Uhr Abeaids asigefeommefieia Gäste. Mitgl. bedeutet Mitglied. Tlilu. bedeutet Thcilncbtncr. Augspurg, Advocat aus Bremervörde, Thln., Lindenhof. Basse, Dr. med. und Stabsarzt aus Oldenburg, Thln., Stadt Frankfurt. Böckmann, Botaniker aus Hamburg, Thln., Lindenhof. Freudenthal, Dr. med. und Oberwundarzt aus Verden, Mitgl., Stadt Frankfurt. Grap er, Dr. med. aus Oldenburg, Thln., Stadt Frankfurt. Grisbach, Professor aus Göttingen. Heidel, Ingenieur aus Seraing, Thln., Stadt Frankfurt. Hessling, von, Dr. med. aus Bamberg, Thln., Weisse Traube. Langenbeck , Professor aus Kiel, Mitgl., Lindenhof. Meinecke, Dr. med. aus Oldenburg, Ihln., Stadt Frankfurt. Nöldeke, Collaborator aus Emden, Thln., Hanno v. Haus. Oeltermann, Amtmann aus Elsfleth, Thln., Lindenhof. Plate, Hauptmann aus Oldenburg, Thln., Stadt Frankfurt. Sichert, Dr. med. aus Bamberg, Mitgl., Weisse Traube. Schöne, Pastor aus ßlumcnthal, Thln. Schilvester, Dr. med. aus Bassum, Thln., Hannov. Haus. Schwartz, Theodor, aus Louisville in Kentucky, Thln., Neuenraarkt Nr. 25. Suhr, Dr. philos. aus Elsfleth, Thln., Lindenhof. Thulesius, Dr. Sf Amtmann aus Bremerhaven, Thln, Brake Nr. 6. Volkhausen, Apotheker aus Elsfleth, Thln., Lindenhof. Weltzien, von, Oberlieutenant und Katnmerjunker aus Oldenburg, Thln., Lindenhof- Wie bei, Professor aus Hamburg, Mitgl., Schulhof. Wo Urin g, Dr. med. aus Verden, Thln., Stadt Frankfurt. Errata. Tageblatt Nr. 3. Seite 4. Zeile 25 von oben: Pongo statt congo. Tageblatt Nr. 6. Lund für Kund. Die letzte Nummer des Tageblattes erscheint morgen und kann von 9 Uhr Vormittags in der Schü- li e m a n n’ sehen Buchhandlung abgefordert werden. Druck C. SchQiicmaiin, Ein von dem Hrn. Dr. Schimper zu Mannheim an den Sccretair dieser Section gerichtetes Schreiben über die von ihm neu aufgestellte »Morphologie der Geschiebe« ist hierauf verlesen und sind dann auch die von dem Hrn. Dr. Focke überreichten Gypsabgiissc der im Bunten -Sandstein ohnweit Liverpool gefundenen Fuss- Abdrücke des Chirotherium zur Ansicht vorgelegt. Der Herr Bergrath Schwarzenberg aus Cassel sprach über das Vorkommen und mehrere neue Fundorte des Molybdän-Glanzes, des Manganic und des Doppel-Arsenik-Nickels, der Herr Apotheker Kindt aus Bremen über das Vorkommen von Kryslallisalionen in den schillernden Obsidianen von Zimapan in Mexico. Letzterer zeigte auch eine 8 Fuss lange abgeplattete Blitzröhre aus dem Oldenburgischen vor. Der Herr Präsident der Section zeigte eine Sammlung ausgezeichneter s. g. Dendrilen im Chaleedon vor und vertheille einige derselben zur chemischen Untersuchung mit der Bitte, das gewonnene Resultat in der Versammlung des nächsten Jahres mitzutheilen. Schliesslich überreichte der Herr Dr. Sonnen bürg aus Bremen sein neues Werk »Tellus«, oder die vorzüglichsten Thatsachen uud Theorien aus der Schöpfungs- Geschichte der Erde, worauf die heutige Ver- sammlung durch den Präsidenten geschlossen ward. Section für Chemie, Physik und Pharmacie. Präsident: Professor Erdmanti aus Leipzig. Secretair: Professor Marchand aus Halle. Vorfrage: !. Herr Prof. Hruschauer aus Grätz sprach über das Vorkommen des Tallurs in den Oeslreiehischen Staaten, und der Zusammensetzung des Telradymidts bei Shemnitz. Das Erz, wie das reine Metall wurde vorgelegt. 2. Herr Dr. Kohlrausch aus Rinteln sprach über ein, nach Dellmann von ihm ausgeführtes und abge- ändertes Eiechoscop, zeigte dasselbe vor, und stellte Versuche damit an. 3. Herr Dr. Hirn ly aus Güttingen sprach über die Photographie und die von ihm angewandte Methode. Zugleich zeigte er prachtvolle Exemplare von Lichtbildern vor, und knüpfte dann eine Millheilung über unterschwefligsaure und schwefligsaurc Holdoxydul-Doppelsalze. 4. Derselbe sprach über den Zinkumdruck, und zeigte Drücke und Platten vor. 5. Herr Dr. Leube aus Ulm sprach über die Zusammensetzung des Dolomits, und seine Methode, Magnesia von Kalkerde zu scheiden. 6. Herr Dr. Bromeis aus Hanau sprach über die Umwandlung des Chinins und^Cioehonins in Chinälin, und die Zusammensetzung und Eigenschaften dieses flüssigen Alhaloüls. 7. Derselbe theille einige Bemerkungen mit überfeine eigenthümliche Erscheinung bei der Verzinnung an Kupfer, und die dabei sich bildende Secirung beider Metalle. 8. Endlich machte derselbe Miltheilungen über die von ihm und Malagati aufgefuudenen chromhaltigen organischen Säuren. 9. Herr Prof. Marchand machte auf die Zerlegung des chlorsauren Kalis bei Gegenwart von Sigenoxyd aufmerksam. 10. Herr Abel aus Hamburg sprach über die Schmelzbarkeit des Platins in der Lülhraheflamme , und stellte Versuche darüber an. 11. Herr Prof. Erdmann sprach über die Zusammensetzung der Pflanzcnaschen , und machte noch einige andere Mitlheilungen , und schloss die Versammlung durch einige Worte des Dankes an das gastliche Bremen, auf welches die Versammlung ein freudiges Hoch ausbrachle. Scction für Botanik, Forst- und Landwlrthgchaft. Montag, den 23. Sept. 1844. Morgens 9 Uhr. Präsident: Professor WH bVttndt. Sccretair: Dr. MStiefi aus Hamburg. V «j> r t f ä g e : Hr. Professor Will) ran dt machte auf einige, von Hrn. Consul Delius hierselbst zur Ansicht eingesandte Holzarten, aus dem südlichen Neuholland , aufmerksam. Hr. Professor Treviranus sprach sodann über die Fruchtbildung bei den Cruciferen, deren Frucht in der Morphologie Schwierigkeit mache. Die Frucht des Aethionema heterocarpum , habe ihn zu einer Untersuchung über dieselbe veranlasst. Diese Pflanze habe Früchte doppelter Art, zweifächrige und einfächrige Sehötchen, letztere jedoch nicht, wie es sonst bei dem Ue- bergange von zweifächrigen zu einfächrigen Früchten sei durch Verkrümmung (per abortum) sondern durch Fehler der Scheidewand, an deren Stelle sich der einzige Saame befinde. Die Frucht der Cruciferen sei im Allgemei- nen eine zweifächrige Frucht mit stehenbleibender Scheidewand und abfallenden Klappen , die Scheidewand stehe im Radius der Inflorenccnz, die [beiden Stigmata aber haben dabei die gewöhnliche Lage, das eine nach innen, das andere nach aussen gekehrt. Der Redner halte versucht, diese abweichende Fruchtbil- dung, sowie die verschiedenen Arten derselben hei den Cruciferen auf ein allgemeines Gesetz zurückzufüh- ren, was ihm indess noch nicht gelungen war. Derselbe vertheille zwei kleine Abhandlungen, welche er früher in der Linnaea herausgegeben: über den Byssus flos aquae und über den Bau der Lycopodiaceae. Hr. Professor Blume sprach über ein Surrogat des chinesischen Thee’s. Das Thein fehle allen bis jetzt vorgeschlagencn Surrogaten des Thees. Münler in Utrecht, in seiner Schrift über Thein und Caffein habe nachgewiesen, dass beide Stoffe nicht verschieden seien. Die Blätter des arabischen Caffeebaumes möchten daher wohl ein gutes Surrogat für den Thee abgeben. Dass die Blätter jenen Stoff enthalten , sei unzweifelhaft; sie wurden auch schon längst von der untern Classe auf Java und Sumatra als Thee benutzt, und selbst ein früher als öffentlicher Theeprüfer der Matschappey angeslellter Beamter habe sich täuschen lassen und einen Aufguss von CafTeeblätlern für eine gute Sorte ehinesichen Thees getrunken. Im Jahre 1841 sei daher in Java ein Versuchern Kleinen gemacht und 6 Sorten Thee: Souchong, Peking, Kongo, Schin etc. aus Cafleblätlern bereitet, wovon ein paarKistchen nach Europa gekommen, von denen er eine Probe vorlegle. — Geruch, Geschmack und das Ansehen des Aufgusses sei ganz wie bei wirklichem Thee; feinere Sorten wür- den sich folglich nicht daraus machen lassen, weil die Blätter zu breit und zu lederartig sind, auch Hesse sich die Herkunft leicht entdecken, weil die Caffeeblälter nicht, wie bei dem ehinesichen Thee gezähnt sind. — Für die gröberen Sorten aber würde bei der grossen Verbreitung des Caffeebaumes und den Schwierigkeiten, welche der Anbau der Theestaude in den Colonien darböle , vielleicht mit Vortheil der Versuch im Grossen fortzusetzen sein. Hr. Professor Wilbrandt gab sodann eine kurze Relation über die früher angeführte Schrift des Hrn. Dr. Schultz in Berlin und erklärte dieselbe für eine sehr interessante Schrift. Booth in Flottbeck bei Hamburg hatte frische Zweige einer neuen Art von Rubus aus Neuseeland zur Ansicht eingeschickt. Hr. Oberkammerherr von Rennenkampf in Oldenburg halle eine Flechte eingesandl, mit welcher die Eingebornen an der Nordwestküste von America ihre Zeuge schön gelb färben. Sie ward für eine Art von Evernia erkannt. Am Schlüsse der Versammlung begrüsst Dr. Buek den so eben, leider so spät eingelrelenen Herrn Professor Griesbach aus Götlingen. Da keine Miltheilungeu weiter zu machen, auch keine Vorträge mehr angekündigl waren, wurden mit dieser Sitzung zugleich die Versammlungen der Section für Botanik geschlossen. Sccfion für Anatomie, Zoologie und Physiologie. Präsident: Professor d'jklton. Secretair: Professor hr. IfartldUb . Vorträge: Zunächst hielt Hr. Medicinalralh Dr. Tourlual einen Vortrag über die Zusammensetzung der Nasen- scheidewand im Menschen und den Säugethieren. Es wurde darin nachgewiesen, dass im Menschen die Pflug- schaar einen länglich vierseitigen von einem Perichondrio umgebenen Knorpel enthalte, welcher mit dem Nasen- scheidewandknorpel zusammen hänge und zwischen den Blättern dieses Knochens eingeschlossen, bis nahe dem Keilbeinschnabel sich rückwärts hinauferstrecke. Die ernährenden Blutgefässe und die in der Umhüllungshaut befindlichen Nerven, so wie deren weitrer Verlauf wurden gezeigt, und auf den ähnlichen Verlauf bei den Säuge- thieren hingewiesen. Der Redner verbreitete sich ferner über die Entwickelung der Pflugschaar aus dem Knorpel, über die Atrophie und das völlige Verschwinden des letztem als Folge einer Aliteration der Ernährungs- gefässe und bewies seine Behauptungen durch vorgelegte Präparate. Prof, d’ Alton machte auf die Aehnlich- keit des Vomer eines neugebornen Kindes mit dem eines Wallfisches aufmerksam. Hr. Prof. Esch rieht theille ähnliche, bei dem Foetus am Wallfiche gemachte Untersuchungen mit. Jacobson wollte eine complete Ur-Cranium aus Knorpeln bestehend gefunden haben, welches mit dem künfti- gen Knochenschädel Nichts zu tbun habe; sondern ihn nur bekleide, ein Gegenstand, der immer noeh proble- matisch und daher der grössten Aufmerksamkeit zu empfehlen sei. Hr. Dr. Schmidt zeigte darauf einige Präparate vor: t) Blindgeborne Clamys fimbriato aus Columbien. 2) Ein in der Begattung begriffenes Paar von Strougglas armatus. 3) Jnjicirten Bandwurm, das Gefäss geht von Oben nach Unten und an jedem Giiede befindet sich eine Querverbindung. 4) Raupen, mit Filarien, welche zwischen den Integumen des Darmkanals liegen. Hr. Prof. Michaelis zeigte hierauf ein ihm von Hrn. Dr. Kirchhoffer aus Altona zugesandtes ver- bildetes Leben einer 24jährigen Person, welche nach dem Kaiserschnitte gestorben war. Die Synchondroren an beiden Seiten waren verwachsen und der Redner wünschte zu wissen, ob die Sulura durch die Foramino sacro- les gegangen war oder nicht. Gipsabgüsse von diesen Becken sind in Altona zu erhalten. Herr Prof. Burmeister trug Einiges über die Mundbildung der Läuse vor? und bemerkte, dass ge- genwärtig noch immer ein Streit herrsche, ob die Läuse das Blut einsögen oder einschlürften. Nach einigen kurzen historischen Notizen, theilte er mit, dass nach Mite hei die Läuse der Vögel heissende Mundwerkzeuge besässen, und sich von den Federn nährten. Es kämen bei den Säugethieren Blutsaugende und Haarfressende Läuse vor; bei den Fledermäusen und Wallfischen aber seien bis jetzt keine Läuse wahrgenommen. Hierauf erläuterte der Redner seine bei den Läusen eines gemeinen Schweines angestellten Unter- suchungen durch mehrfache Abbildungen, woraus sich ergab, dass sie mit einem deutlichen Saugapparate ver- sehen waren. Herr Prof, ßchn machte darauf einige Bemerkungen über das Verhalten des Eies, welches sich in die tunica decidua einsackt und dadurch die reflexa bildet. Zugleich zeigte er einzelne Abbildungen vor. 1) Ei von einer erstgebärenden gesunden Frau, welche vollkommen in der decidua eingesackt war. 2) Eine Missbildung. Einseiliges Hohlen einer Hand und eines Fasses. Zu gleicher Zeit war Spino bifida und ein Nabelbruch vorhanden. Fehlen der Extremitäten. Ferner machte der Vortragende aufmerksam auf den Unterschied in Betreff der Anwendung der Fuss- sohlen zwischen Limax und Arion und Iheille Melires über die Verschiedenheit der Liebespfeile beim Helix mit, welches durch Abbildungen erläutert ward. — Herr Professor Belm zeigte sodann das Thier von einem dem Geri. Achalina verwandten Conchil aus Mexico vor, das bisher noch nicht beschrieben und machte auf den sehr eigentümlichen Bau aufmerksam. Er schlug vor das Genus, welches dieses Conchil bilden müsse, Pfaffia zu nennen. Dann untersuchte Professor Behn den knöchernen Augenring der Vögel, der in Lage aus Form der Platten sehr verschieden sei. Zoologische Besprechungen über Crocodilus inlermedius Gray (C. Turnei Barr St. Vincent); über einige seltene Vögel vom Altai, welche Herr Brandt vorlegle; über einige Fledermäuse war eben daher und über eine neue Gattung von Landconchil, welche:, Herr Dr. v. Tschudi vorzeigte, schlossen die Sitzung. Scctioia für Mcsticin und Chirurgie. Zweite Sitzung am 2 0. Sept. Abends 6 bis 8 Uhr. Präsident: Professor Fuchs aus Göltingen. Secretair: In Abwesenheit des Herrn Dr. Mansfeld , Herr Dr. Oppenheim aus Hamburg-. Vorträge: Der Herr Präses zeigte an, dass nachträglich füs diese Sectio n noch eingegangen war ein Exemplar der Schrift. Herr Dr. F. X. Czykanek. Einige Worte über die sicherste und rationelsle Methode, die typhösen Fieber zu behandeln. Vorgetragen in der kaiserl.-künigl. Gesellschaft der Aerzle in Wien am 31. Mai 1842, worüber in der nächsten Versammlung Bericht erstattet werden würde. Herr Prof. Wa lehn er aus Carlsruhe theillc einige Fälle von Heilung neuralgischer Schmerzen ner- vösen Kopfwehs und beginnender Amaurose mittelst eines von ihm erfundenen höchst einfachen galvanischen Apparates geheilt mit, und beschrieb denselben ausführlicher. Herr C h ri s t ei ni cke aus Lübeck fertigt die- selben für 30 Thaler an. Herr Hofralh Holscher aus Hannover regle eine Discussion über den Nutzen des Kleisterverbandes an und rühmte dessen Anwendung besonders in orthopädischen Fällen nach der Tenotomie beim Klumpfusse, wo er ein paar Tage nach der Operation, wenn die Wunde geschlossen, angelegt, alle Maschinen überflüssig macht und es zulässt, dass nach Verlauf von 4 bis 5 Wochen der Kranke im Scarpäschen Schuh gehen kann. Auch bei Fracturen der clavicula und bei unruhigen Kranken und Kindern selbst bei Brüchen mit Trennung und Verletzung der Weichlheile sei er von grossem Nutzen. Herr Dr. Oppenheim aus Hamburg erklärte sich im Ganzen nicht zu Gunsten des Verbandes, der dem Wundärzte die Ansicht des verletzten Theiles entzöge und sprach sich entschieden gegen seine Anwendung bei Verletzung der Bedeckungen und Weichlheile aus. Häufig sei man genöthigt, bei Abscessbildung u. s. w. Fenster in den Verband zu schneiden, wodurch er an Festigkeit und Sicherheit verlöre. Er zieht in der Civil- und Privatpraxis den einfachen Conteutivverband oder Schweben vor. Leibarzt Dr. Böser aus Athen erwähnt des Allerlhums des Kleisterverbandes und dass er in ganz Griechenland von den dortigen Empirikern stets angewendet würde. Prof. Zois aus Marburg- handelte über Paraceatese bei tympanitis baiiptsäcblicb in Betreff der Würdigung- und Bedeutung der Operation selbst, dann über die Furcht des Missliugcus der Operation, des Eintritts von Luft in die Abdoniiualböhle , was nicht möglich sei u. s. w. Allerdings könne das glückliche Resultat der Operation nur dann erhalten werden, wenn keine die tympanitis bedingende bedeutende organische Störung vorhanden seien. Dr. Hevland aus Lübeck theilte den Inhalt eines Briefes von Dr. Coli mann daselbst mit, worin gemeldet ward, dass Hofrath Leit hoff ebendaselbst sein schon lange Jahre bestehendes orthopädisches Institut wegen Krankheit aufzuheben gedenke und die ansehnlichen Gebäude und Gärten verkäuflich anderweits diesem Zweck entsprechend verwenden möchte. Ferner berichtete er üher den tödtlich abgelaufenen Fall einer Vergiftung durch eine Nürnberger grüne Farbe, die sich im Malcrkastcn befunden hatte und Arsenikbestandthcile enthielt. Endlich rügte er eine Unrichtigkeit in dem Mainzer Berichtjjder Gesellschaft der Naturforscher und Aerzte, eine Bluterfamilie seiner Stadt betreffend. Die Erzählung, deren Verfasser er nicht kenne, enthalte viele Unwahrheiten. Diese Gelegenheit nahm er wahr, über Bluter aus seiner Erfahrung und zwar über die Beschaffenheit des Blutes derselben und über dessen 'Gehalt in einem von ihm beobachteten Falle zu sprechen.. In diesem bestand das zuerst abgeflossene Blut in 1000 Theilen aus 780 Wasser, 5 Faserstoff, 70 Eiweisstoff und 137 Blutroth. Mit den angeführten Bestandteilen von Lecanu verglichen habe er hinsichtlich des Faserstoffs grosse Versehiedneheit und für seinen Fall ein grosses Uebergewicht gefunden* Seiner Ansicht von der Natur der Bluterkrankheit angemessen, gebe er das Strychnin in sehr kleinen Dosen. Dr. Grandidier aus Kassel zeigte einen Weichselzopf vor, der nicht wie gewöhnlich zopfartig war, sondern zu den massenförmigen gehörte, sprach über die metastatischen Erscheinungen nach den Abschneiden der plica, die in Geschwüren der Mundhöhle beständen und in Nenndorfs Heilquellen gebessert vyorden wären. Sanilätsrath Lainby erwähnte die Anwendung von Belladonnaklystieren im Ileus nach eigenen und Dr. II a n i u s glücklichen Erfahrungen. Die Klystiere beständen aus einer halben Brackma des Krautes in einem Infusum, welche so oft wiederholt werden, bis narkotische Symptome cintreten, durch welche die Erscheinungen des Ileus verschwinden. Die Gefahr zu bedeutender Narkose habe er bis jetzt noch nicht beobachtet. Prof. Michaelis zeigte ein Becken seltner Eigenthümlichkcit, dessen beide Svnchdrosen fast verwachsen und welches dadurch im Querdurchmesser verengt war. Es sei dadurch ein doppelt schräg verengtes Becken geworden , wovon ein gleiches sich nur noch in d’Outreponts Sammlung- in Würzburg befinde. Der Redner betrachtet diese Deformität als ein vitium congenitum, dem keine Krankheit weiter zum Grunde liege. Der eigentliche Besitzer dieses Beckens sei Dr. Kirchhofcr in Altona, der Abgüsse, zu 2Rthlr. das Stück, davon verfertigen lassen wolle. Dr. Oppenheim aus Hamburg referirte über ein der Section zugeschicktes Buch, die Be- handlung des typhösen Fiebers durch grosse Dosen Chinin betreffend von Dr. Franz Xaver Czy hauch zu Wien. Da die Vorträge beendigt waren, schritt die Section zu den Discussionen. Hofrath Textor bandelte über die Paraccntcsc des Unterleibes bei Luftansammlungcn und stimmte Prof. Zeis Be- hauptung bei, dass man oft zu solchen Operationen greifen müsse, von denen man auch nicht so sicher die Heilung erwarten könne, nur um den Kranken Erleichterung zu verschaffen. Er wähle zu solchen Operationen den französischen Troicart, womit er den Darm austechc und lasse die Luftpumpe nach- wirken. Den ungegründelcn von Prof. Zcys angegebnen Befürchtungen stimme er ebenfalls bei. In dem von ihm hervorgehobnen Falle war der Dünndarm in Form eines harten Ringes von peritonaeum die Unterlcibsmuskeln doppelt wie die eines X eiugeschoben. Dr. tambj stellte die Frage, ob nicht auch in solchen Fällen Belledonnaklystiere angewandt werden dürften, was aber T e x to r verneinte und hiuzufügte, dass die incarcerirten Brüche sich selten glichen, von einander unterschieden werden müssten und darnach auch die Behandlung- eine Veränderung erleide. Ilofrath Textor erwähnte auch noch der eingeklemmten beweglichen Brüche und Fräs. I)r. Hölscher sprach sich ähnlich für die Operation der Paracentese bei tympanitis aus. Prof. Fuchs bezweifelte die grosse Menge Faserstoff, deren Br. Heyland in seinem Falle erwähnt habe, denn er selbst habe nur grossen Mangel an denselben stets beobachtet und nicht ein- mal das Blut coaguliren sehen. Er fragte den Br. Hey 1 and, welche Methode er zur Ausscheidung des Faserstoffs verwandt habe und oh nicht auch andere Bestandteile noch damit verbunden gewesen seien, die zu einer Täuschung Veranlassung gegeben haben könnten. Es erwiderte hierauf Herr Dr- Heyland, dass obgleich er auf diese seine Untersuchungen keinen Werth lege, er nur damit be- merken wollen, dass sich das Blut sogleich coagnlirt habe und dies doeli nicht anders als durch ein Gehalt von Faserstoff geschehen könne. Von verschiedenen anderen Seiten wurde noch über die Identität des morbus maculosus Werl- iiofii; uud der Bluterkrankheit gesprochen und dass in ersterer ebenfalls ein geringer Faserstoffgehalt vorhanden sei. Br. Sichert aus Bamberg erinnerte an die Alternative der Blutung aus dem Ca- pillargcfässystem heim morbus maculosus Werlhofii, cs könne sich dieselbe an den entferntesten Stellen erzeugen $ doch gehöre dazu ein vorher ein wirkendes agens. Er erinnerte ferner, dass mau bei der Behandlung der Wcrlhofschcn Krankheit steh an keinen Schinerz im Darmkanal kehren müsse, sondern solle geradezu die Mittel anwenden, die er in ähnlichen Fällen auf der blutenden äussern Haut anzuwenden nicht anstelien würde: Säuren, China u. s. w. Professor Fuchs sprach über die grosse Seltenheit oder das Garnichtvörkommen der Bluterkrankheit hei weiblichen Individuen, doch ward es für ihn vom höchsten Interesse, von einigen der Anwesenden, als Dr- Thulesius, Br. Schmidt sen. und Anderen auch Erfahrungen heim weiblichen Geschlecht zur Kenntniss zu bekommen } nur müsse er vor Verwechslung mit der Werlhofschen Krankheit warnen. Noch sprach Dr. Hahn aus Hannover über die Krankheit der Bluter und Br. Hölscher bedauerte es, dass man erst dann die Natur eines Bluters erfahren könne, wenn eine Verletzung irgend einer Art stattgefunden. Ueber die Wirkung der Belladonuakiystiere sprach sich|Br. Köncmann vortheilhaft aus und Dr. Holscher riet!» zu einiger Vorsicht in ihrer Anwendung. Ueber die Anwendung- des Chinins im typhus disentirten Regierungsrath Meier aus Minden, Br. Erpenbeck aus Leer, Br. Chaufpie sen., Medieinalratli Roeser aus Athen, Prof. Fuchs und Br. Christian Schmidt aus Bremen und Br. Mansfeld erinnerte daran, dass Br. Bon Or- den in preuss. Minden bereits im Jahre 1841 der Versammlung der Naturforscher zu Braunschweig eine besoiulre Schrift mit vielen Beobachtungen über die Anwendung des Chinie in grossen Bosen im typhus eingesandt habe. Prof. Fuchs sprach sich darüber noch aus, dass eine rationelle Heil- methode nie ein bestimmtes Mittel für eine Krankheit statuircu könne, also auch im Typhus das Mittel den Verhältnissen nach gewählt werden müsse. Br. Mansfeld dankte der Scction für das ihm geschenkte Vertrauen als Secretair, kündigte seine baldige Abreise an und ersuchte Dr. Runge als Nachfolger wählen zu wollen. Ilofrath Br. Hölscher brachte Herrn Ilofrath Tc x t o r zum Präsidenten für den morgenden Tag in Vorschlag, welches ebenfalls angenommen wurde. Herr Dr. Oppenheim hal häufig Verkrümmungen und Verkrüppelungen in Folge der Behandlung dieser Empiriker gesehen, die in ein paar Fällen die Entfernung des Gliedes crforderlen. Herr Dr. Schar lau aus Slellin rühmt den Verband bei tumor albus und hydrops genu. Auf die Frage des Herrn Dr. Hahn aus Hannover, in welchem Zeiträume der Verband bei Fracluren anzuiegen sei, erwiedert Herr Hofralh Hol scher, dass eine möglichst frühe Anlegung stets wünschenswert!], der Moment der Anlegung sich aber nach der Art der Verletzung richte, sogleich bei sehr obliquen Fracturen, mit spitzen scharfen Bruchenden doch ohne Quetschung. In Fällen, wo üble Nervenzufälle zu erwarten oder ausgebrochen z. B. im delirium tremens, endlich bei Fracturen in der Nähe der Gelenke nach vorangeschickter Blutentzie- hung, in Fällen, wo Fracluren mit heftiger Irritation, mit Contusionen, wie Extravasat droht u. s. w. erst am dritten, vierten Tage. Herr Hofralh Prof. Textor aus Würzburg warnt im Ganzen vor dem Kleistcrverbande, dem er den ge- wöhnlichen Conlenlivverband vorzieht. Er passe nur in Fällen , wo der Kranke transportirt werden müsse. Herr Dr. Hahn aus Hannover rühmte den einfachen Gurt- und Schienenverband. Der Präsident Prof. Fuchs fragte darauf, ob die Anwesenden Erfahrung gesammelt, über den Nutzen der topischen Mittel bei Krankheit der Luftwege. Dr. Scharlau aus Stettin erwähnte einer Heiserkeit und be- ginnenden Laryngealphthise aus syphilitischer Ursache, wo eine Höllensteinsolution erfolglos örtlich angewendet ward, das Jodquecksilber innerlich aber heilte. Herr Prof. Fuchs erinnert, dass es Fälle gebe, die nicht syphilitischer noch tuberculöser Natur wä- ren, wo die Stimmlosigkeit Laryngealhusten, selbst febris hectica durch die Cauterisalion geheilt würden. Ein an ein Fischbeinsläbchen befestigter Schwamm in eine Solution von lapis infernalis grX auf 1 bis 1V2U. Wasser getaucht und in die fauces gegen die Wurzel die Zunge gedrückt, wirkt sehr vortheilhafl, ohne Schmerz oder irgend einen Nachtheil zu veranlassen. Er empfiell das Mittel dringend. Herr Dr. Warncke aus Sandstedt theille einen Fall von Laryngealcalarrh mit, der durch Caute- risalion der fauces in Verbindung mit dem Gebrauch der Häringsmilch geheilt war. Herr Dr. Hermann Engelken, Director der Irrenanstalt zu Rockwinkel sprach über die An- wendung und den Nutzen des Opium in frischen Fällen von Geisteskrankheit, sowohl Manie als Melancholie, da, wo keine der gewöhnlichen Contraindicationen des Opium vorhanden. Da aber den Irrenanstalten nur we- nige frische Fälle von Geisteskrankheit anverlraut würden, so passe das Mittel besonders für die Privatpraxis. Präses Dr. Fuchs meinte, dass in Orten, wo Irrenanstalten wären, die Kranken auch früh genug hingeschickt würden, dass das Opium auch nützen könne, wo etwas zu calmiren wäre, aber wohl nicht an- wendbar sei bei vorhandener Depression. Dr. H. Engelken will es auch da und zwar consequenl durehgeführt gebraucht wissen und stets die glänzendsten Erfolge gesehen haben. Er theilt die ihm eigenlhiimliche bis dahin geheim gehaltene Methode mit; das Opium wird in Gaben von mindestens 2 bis 3 Gran steigend auf 8 bis 10 selbst 16 Gran in Zwischenräumen von 10 Stunden gereicht, binnen welcher Zeit die Hauptwirkung ver- schwinde. Es erfolgt wenig Congestion, die Kranken werden nicht schläfrig und müssen, wenn es der Zu- stand sonst erlaubt, umhergehen. Gegen die folgenden Verstopfungen wird, auch wenn sic 8 bis 10 Tage dauern , nichts gelhan. Die Heilung erfolgt in 4 bis 6 Wochen selbst in Fällen von 4 bis 6 monatlicher Dauer. Die Frage des Herrn iProf. Meyn aus Kiel, ob diese Dosen Opium beschränkende Einwirkungen auf die geistigen Functionen den Reconvalescenten äussern, verneint Herr Dr. Engelken, behauptet sogar, dass die geistigen Functionen später geschärfter wären , als vor dem Eintritte der Krankheit. Die zweite Frage des Erstgenannten, welche allmählige Veränderungen mit den Kranken vorgingen, beantwortete Herr Dr. En- gelken dahin, dass die ersten Gaben Opium bei den Maniacis eine erhöh ete Aufregung hervorbringen und belebend auf die Melancholischen einwirken, sind aber erst die rechten Dosen des Opiums getroffen, so min- dern sich die Krankheit. Erscheinungen mehr und mehr und die Genesung tritt ein. Nach einem vierwö- clientlichen Gebrauche des Mittels hören die Obslruclionen beim Aussetzen desselben sogleich auf und der Darmkanal reagirt regelmässiger, als zuvor. Das Opium wirke bei Geisleskrankheiten, wie Chinin bei inter- miltens. Leibarzt Dr. Röser aus Athen erinnert, dass in Constantinopel das Opium bei den Opiophagen Manie hervorrufe und daher die Wirkung nicht mit der des Chinin zu vergleichen sei. Physicus Dr. Grimm aus Thedinghausen fand bei einem mit Opium behandelten Geisteskranken bei der Section Hirnerweichung und fragt, ob dies Folgen der Krankheit oder des Mittels gewesen seien. Präses Dr. Fuchs erinnert, dass Hirnerweichung bei Irren häufig vorkomme und daher wohl nicht zu entscheiden, was in diesem Falle Ursache der Erweichung gewesen. Dr. Engelken führt an, dass auf Sumatra eine Anstalt für Individuen errichtet sei, die fast alle durch Opium blödsinnig geworden. Dort zeige sich Hirnerweichung wenig, Congestion häufig. Dr. Scharlau aus Stettin will den Gebrauch des Opiums bei Geisteskrankheit sehr beschränken, er selbst sah von der Anwendung der narcotica nur Schädliches. Herr Dr. Engelken weist diese Einwürfe als auf seine cigenthümüche Methode des Gebrauchs des Opiums nicht anwendbar zurück. Präs. Prof. Fuchs wirft die Frage auf, ob die Hundswulh identisch sei mit der Wasserscheu des Menschen, ob letztere ein Product des Hundesbisscs sei, also hervorgebracht durch ein Conlagium oder eine Neurose durch Furcht, Angst u. s. w. hervorgerufen. Erhält sie für verschiedene Krankheiten, denn die Wasser- scheu komme als Symptom vor in Fällen, wo gar keine Verletzung Statt gefunden, so wie bei Verletzungen die nicht durch den Biss wütender Thiere hervorgerufen. Dr. Schar lau aus Stettin sah bei Frieselfieber Wasserscheu er erinnert an einen ältern Fall, der beweisend ist für die Entstehung der Wasserscheu aus blosser Furcht. Hofrath Professor Textor erklärt die Hydrophobie für eine Neurose, eine den Menschen eigentüm- liche Krankheit, die ohne Biss wütender Thiere auftreten kann, die Hundeswuth für eine Krankheit, die den Thieren eigentümlich. Der Präses Prof. Fuchs schliesst die Discussion mit der Erklärung, dass es unsere Pflicht sei, das Publikum zu beruhigen, dass die Wasserscheu zu der Zahl der gebissenen Wunden nur eine relativ seltene Krankheit sei, dass es aber unsere Aufgabe zu ermitteln, unter welchen Umständen und Ver- hältnissen sie nach dem Bisse vvuthkranker Thiere ausbreche. Vorträge wurden angemcldct auf Montag: Physikus Dr. Hevland in Lübeck, briefliche Mitteilung des orthopädischen Instituts des Hofraths Leithoff in Lübeck betreffend. Eine Unrichtigkeit im Mainzer Bericht. Ein in polizeilich- medicinischer Beziehung wichtiger Gegenstand. Sitzung vom 23. September. Präsident: Hofrath Dr. MäOlSCher aus Hannover. Secretair: Dr. JVEunsfeld aus Braunschweig. V orträge; Secr. Dr. Mansfeld referirtc über den Inhalt der der Section zugcgaiigencn Schriften, als: Dr. Hirsch feld, Umrisse der Phrenologie. Peez, Bemerkungen über Themen zu Wiesbaden. Weiglein, diätetische Fragmente. M üliry, über die historische Unwandclbarkcit der IVatur und der Krankheit. Heydenreich, Verkehrtheit in der Erziehung «nd Bildung der weibl. Jugend. TAGEBLATT der weiundzwanzigsten Versammlung; deutscher Naturforscher und Aerzte. Bremen. ®en s5* September 1844. J\o Scction für Medicln und Chirurgie. A n fa ng. Am 24. September, Morgens 8 Uhr. Präsident: Geheim-Hofralh Dr. VextOV aus Würzburg. Sccretair: In Abwesenheit des Herrn Dr. ]91ansfeld, t)r. Mutige aus Bremen. V er träge: Dr. Chaufepie aus Hamburg verlheilte mehrere Exemplare eines Prospeclus des von Herrn Otto Langaard in Hamburg neu gestifletcn orthopädischen Instituts. Er rühmte die Einrichtung desselben, wie auch den Stifter, und verspricht sich davon sehr günstige Resultate. Ferner berichtete Herr Dr. Chaufepie über ein schon früher vorgclegtes neu erfundenes Stethoskop ; dasselbe habe aber gegen die gewöhnlichen manche Nachtheile; die Muschel desselben sei zu gross, der am Ohr anliegende Theil zu klein und entständen dadurch falsche Töne. *> Der Präsident Textor fragte an, oh noch Jemand etwas vorzutragen habe. Wenn dieses nicht der Fall sei, so wünsche er Einiges über die Operation des grauen Slaares vorzubringen. Dieselbe sei dreifach. Depression, Extraction und die Zerstückelung der Linse, die meist durch Keratoiryxis bewirkt sei; diese letztere Operation wurde vor 30 Jahren von Buchhorn empfohlen und man versprach sich damals grosse Dinge davon, die man nachher nicht realisirt fand, weshalb die Operation nach und nach fast ganz verlassen wurde. Hofrath Textor sah die Depression durch Keralonjxis besonders ausführen vom Geheimen Rath Walther in München, überzeugte sich von ihren Vortheilen und bediente sich seitdem immer dieser Opera- tions-Methode, wenn nicht besondere Umstände es verboten. Die Mehrzahl der Fälle gelinge, der Hornhaut- slich lasse eine kaum sichtbare Narbe zurück und im Ganzen glaube er wenigstens eben so glücklich gewesen zu sein, wie Andere in Frankreich, Italien und Deutschland hei anderen Operalionsmelhoden. Steige die Linse immer wieder auf, so müsse die Extraction gemacht werden, die er aber nur dann und nie von vorn herein ausgeführt habe. Der böseste Zufall bei der Keralonjxis sei die Erweichung der Hornhaut, die mitunter eintrete, auch wenn die Operation schön und leicht gemacht worden sei. Ueberhaupt hänge der Erfolg nicht so sehr von der Operation selbst, als von der Constitution des Individuums und von der Nachbehandlung ab. Die schönsten Operationen gäben oft die schlechtesten Resultate und umgekehrt. Von den verschiedenen Nadeln empfiehlt Textor die gerade Nadel von Beer. Da Niemand zu dem Gesagten weiter etwas hinzufügte, so forderte Textor auf zur Discussion über die Operation des künstlichen Afters am Colon descendens, wie sie kürzlich von Amussat vorgeschlagen und ausgeführt worden sei. T extor habe die Operation zwei Mal gemacht an der flexura sigmoidea hei Kindern aber nie an Erwachsenen nach Amussat’s Weise. Diese letztere habe er versucht an Leichen; es sei ihm aber nicht gelungen, in das Colon einzudringen, ohne das Peritonaeum zu verletzen. Vielleicht sei die Ope- ration an Lebenden leichter, weil dann immer das Colon überfüllt und also leichter aufzufinden sei. Hieran schlossen sich einige Bemerkungen über Scirrhus. Brustkrebs bei Männern habe Textor einige Male gesehn, bei Weibern unzählig oft operirt, ohne mehr als ein einziges Mal einen glücklichen Erfolg davon gesehn zu haben bei einer Frau, die er vor drei Jahren operirt und die noch lebe; bei allen Uebrigen seien Recidive eingelreten und in Folge deren der Tod. Eine glücklichere Prognose scheine der Hoden - und Lippenkrebs zuzulassen, trete aber kein Recidive ein, so sei es immer sehr wahrscheinlich, dass man es gar nicht mit einem wirklichen Scirrhus zu thun gehabt habe. Herr Dr. Erpenbeck aus Leer hofft, dass bei etwas grösserer Aufmerksamkeit der Aerzle künftig alle Taubstummen heilbar sein würden. Selten würde ein Kind taubstumm geboren, das Leiden trete erst auf im zweiten oder dritten Jahre. Ursache desselben sei Scrophulosis, Verengerung der Tuben und Anschwellung der Tonsillen. Hierauf gründet er seine Heilmethode, welche besteht iu Äntiscrophulosis , Jod innerlich und äusserlich gegen die Anschwellung der Mandeln, Erweiterung der Tuben durch Bougies und Einleitung in die- selben von lauen heilkräftigen Dämpfen; vielleicht könne auch hier der Eleclro-Magnelismus Anwendung finden. Herrn Dr. Barkhausen’s Einwurf, dass bei Taubstummen oft der Schädel verbildet und darin der Grund des Leidens zu suchen sein möge, will Herr Dr. Erpenbeck nicht gelten lassen. Die mangelhafte Bildung des Schädels sei die Folge des mangelnden Gehörsinnes und habe er dieselbe bei seiner Behandlung verschwin- den sehen. Dr. Oppenheim aus Hamburg referirte über einen Fall von einer 17jährigen schwängern Frau, deren Scheide von einer Menge breiter Condylome besetzt war, ohne dass eine vorhergegangene syphilitische Anste- ckung sich nachweisen liesse. Oerlliche Mittel halfen wenig; zu rechter Zeit wurde ein gesundes kräftiges Kind geboren und nach der Entbindung verschwanden die Condylome von selbst. Waren nun diese Condylome syphilitisch oder nicht? Dr. Barkhausen aus Bremen, Dr. Richard aus Osnabrück und Professor Fu c h s sprachen sich theils dafür, theils dawider aus, die Behandlung müsse jedenfalls während der Schwangerschaft sehr indifferent sein. Herr Dr. Siebert aus Bamberg leitet die Aufmerksamkeit der Section darauf, dass in vielen deutschen Staaten noch immer Prügelstrafe zuerkannt werde. Die Prügelstrafe habe oft Leiden in ihrem Gefolge, die ein dauerndes Siechthum oder gar den Tod herbeiführen, und dies liege doch nicht in der Absicht der Behörden. Darauf müssten dieselben aufmerksam gemacht werden, theils durch die Gutachten der Gerichtsärzte, theils im Allgemeinen durch die Presse. Dr. Siebert denke, in der Henke’schen Zeitschrift gegen die Prügelstrafe zu Felde zu ziehen und bitte die Anwesenden, ihn darin zu unterstützen. Endlich wurde der durch Elephantiasis verdickte amputirle Unterschenkel und Fuss eines Negers aus St. Thomas vorgezeigt, ein sogenanntes Barbadoes-Bein. Herr Professor Fuchs nahm dabei Gelegenheit, ein Bild dieses Leidens zu entwerfen, und erwähnte, dass wir auch in unsern Gegenden wohl der Elephantiasis ähnliche Fälle sähen, bei denen das Unterhaul-Zellgewebe sich verdicke, dass aber die Elephantiasis in heissen Gegenden sich davon immer wesentlich unterscheide durch die Entwickelung von hornigen Tuberkeln in der Cutis selbst. Präsident Texlor hob um 10 Uhr die Sitzung auf. Dritte und letzte allgemeine Versammlung . Um 10 Uhr versammelten sich die Mitglieder und Theilnelimer auf der oberen Rathhaushalle zur drit- ten und letzten allgemeinen Sitzung. Der erste Herr Geschäftsführer eröfTnete dieselbe und erinnerte, dass auf der vorigjährigen Versammlung zu Gratz auf den Antrag Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Johann von Oesterreich beliebt wurde in jeder Ver- sammlung einen Bericht über die Fortschritte der Wissenhafl vorzulegen. Von den Herren, welche die Bear- beitung verschiedener Theile übernahmen, sei Niemand zugegen, doch hätten einige die Vollendung ihrer Ar- beiten oder die bald bevorstehende Vollendung angezeigt. Wegen des grossen Umfangs eigneten sie sich nicht zum Vortrag in den allgemeinen oder Seclionssitzungen. Der zweite Herr Geschäftsführer verlas dann den folgenden Brief: Hochwohlgeborne, Hochverehrteste Herren ! Durch den Beschluss der Versammlung des verflossenen Jahres in Gratz wurde mir der Auftrag zu Theil, die Fortschritte des Jahres in der Mineralogie zusammen zu stellen. Verhindert an der diesjährigen Versammlung Theil zu nehmen, der ich so gern selbst diese Resultate vorgelegt hätte, würde ich sie nun eingesammell haben, wenn sie nicht doch zu voluminös ausgefallen wären, um sei es in allgemeinen, sei es in den Sections-Versammlungen, vorgelragen werden zu können. Doch konn- ten sie einer gemeinschaftlichen Herausgabe durch den Druck zum Grunde gelegt werden, worüber in Gratz nichts beschlossen worden war. Da aber die Herren, Direclor P. Marian Koller und Prof. v. Ettings- hausen ebenfalls ihre Berichte einzusenden verhindert wurden, also keine schnelle gemeinschaftliche Heraus- gabe möglich ist, so schien es mir dem Zwecke am besten zu entsprechen, wenn ich die Herausgabe meiner partiellen Arbeit in Wien sogleich einleitele und der Hochverehrten Versammlung, mit dem Bedauern, dass ich selbst auf die Theilnahme an derselben verzichten muss, doch die Anzeige von der Vollendung des mir aufge- tragenen Werkes zu machen. Nebst dem Vorchlage, Herrn Prof. v. G locker, der bereits früher dergleichen Jahresberichte für Mineralogie lieferte, wenn er bei der Versammlung gegenwärtig sein sollte, für das künftige Jahr zu eben demselben Zwecke zu gewinnen, deutete ich als vorzüglich wünschenswerte Resultate für das künftige Fort- schreiten der Mineralogie an: Die gesammelte Bekanntmachung der vielen Beobachtungen Mitscherlichs an so manchen bisher nicht in das Mineralreich gezählten krislallisirten Körpern, die gleiche Zusammenstellung der optischen und physicalischen Forschungen Sir David Brewsters, endlich ein mineralogisches Lesebuch von Gu- stav Rose, als Desidonata, die fähig wären, dem Studio der Mineralogie einen neuen Schwung zu geben, dessen diese Wissenshaft vorzüglich in ihrer Anwendung auf die Bedürfnisse anderer Wissenschaften eben in bedeu- tendem Maasse entbehrt. Indem ich Ew. Hochwohlgeboren bitte, der Hochverehrten Versammlung meine Ehrerbietung und mei- nen persönlichen Freunden, die sich dabei einfanden, meinen herzlichsten freundlichen Gruss darzubringen, verharre ich hochachtungsvoll Wien, 10. September 1844. Ew. Hochwohlgeboren etc. W. Haidinger. Der erste Herr Geschäftsführer erklärte hierauf, dass man sich begnügen müsse, die eingehenden Acten ganz oder theilweise, in dem amtlichen Berichte aufzunehmen, und forderte dann die Herren zu den angemeldeten Vorträgen auf. Herr Dr. Roes er aus Athen hielt zuerst einen Vortrag: lieber die Lagerung der Skelette in den alt- hellenischen Gräbern. Der Redner begann damit, wie ein längerer Aufenthalt in Griechenland ihm öftere Gelegenheit ge- geben, der Eröffnung AU -Hellenischer Sarkojhage beizuwohnen und dieselben zu untersuchen. Das Studium der Lagerung der Skelette [in den Sarkophagen und Feisengruben im Königreich Griechenland und der Insei Milos giebt sowohl über die Lage Aufschluss, welche die alten Hellenen ihren Todten gaben, als auch über die vorletzte Verwerfung, das karlenblattarlige Zusammensinken der Skelette. Das Zerfallen der Skelette geht nach den Gesetzen der Schwere vor sich. Der Unterkiefer sinkt zuerst auf das Brustbein und dort findet man den Obolos, welchen bekanntlich die alten Hellenen der Leiche zwischen Unterkiefer und Unterlippe steckten. Eine grüne Färbung, von Kupferoxyd herrührend, bezeichnet die Stelle. Das Brustbein trennt sich später, in- dem sich die Rippen kartenblaltarlig übereinander legen. Die oberen Extremitäten fallen nach aussen, obwohl einige Handwurzelknochen auf den Lendenwirbeln oder zwischen den ßeckenknochen darauf hindeuten, dass sie mit der Oeliampe auf dem Unlerleibe zusammengelegen haben. Schabeisen und ßalsamgefässe lagen neben den Röhrenknochen des Unterschenkels und Tarfusknochen darunter beweisen, dass dieselben zwischen den angenäherten Füssen gelegen. Die Thränengefässe fand man neben den Halswirbelknochen. Die Lendenwirbel sind in der Regel zerstört, wegen der Nähe der parenchymatösen Organe, während Brust- und Halswirbel gänzlich erhalten sind. Eine schwärzliche Hasse in einem der Gefässe enthielt nach der Untersuchung des Hofapothekers Länderer, Schierlingsexlrakl. Um die Tlieile in ihrer Lage zu besitzen muss man die Sar- kophage mit Wachs volllaufen lassen. Der Redner zeigte sodann einen Schädel aus einem All- Hellenischen Grabe vor, mit Cai'ies auf dem rechlseiligen Scheitelbeine; vielleicht das älteste palholog. Knochenpräparat. Derselbe theille sodann schliesslich mit, dass Baron von Sina auf eigne Kosten in Athen eine Stern- warte erbauet, erwähnte der sehr günstigen Lage Athens zur Beobachtung des meist unbewölkten Himmels. Die Sternwarte, woran ein Herr Prof. Buris, ein Schüler Littrows, Vorsteher sei, werde ebensowohl ein Geschenk für die ganze gelehrte Welt sein, als für das Königreich Griechenland. Darauf hielt Herr Dr. Engelken aus Rockwinkel einen Vortrag: Ueber das Verhällniss der Poesie für Seelenheilkunde. In der Einleitung hob der Redner die allgemeine Theilnahme für das Schicksal der Seclengestörlen, welche zu erleichtern, das Streben aller Regierungen sei, lobend hervor, erwähnte aber zugleich, wieviel von den Hoffnungen am Erfolge noch unerfüllt geblieben sei, und versicherte ein Verfahren zu besitzen, die Leiden der Unglücklichen zu mildern und zu heilen, worüber das Weitere in der Section der Medicin verhandelt worden. Bei dem jetzigen Stande der Psychiatrie seien nicht nur Anstalten nolhwendig, sondern auch der einzelne Arzt sollte im Besitz eines Heilverfahrens sein, um nicht nur den Seelenkrankheiten vorzubauen, sondern auch die frischen Krankheitsfälle zur Genesung zu führen. Der Redner sprach dann über den Umfang aller Wissenschaften, wo sich der Forscher nach Gefährten umsehen und sein Wissen durch die Arbeiten anderer erweitern müsse. Der Zweck dieses Vortrags sei auf das Verhällniss der Poesie zur Medicin aufmerksam zu machen, und in den Dichtungen grosser Dichter sei manche Krankengeschichte eine wahre Zeichnung von den Seelenleiden enthalten. Für den physischen Arzt sei besonders eine naturgetreue Darstellung des Interesses von einem grossen Meister anziehend, und nun schilderte der Redner ein Bild von Shakspeares Pinsel, der in König Lear die Entwickelung der Geistes- krankheit so unübertrefflich wrahr geschildert habe. Die ursächlichen Momente, Leidenschaften und Affecte, die Furcht vor Wahnsinn und die Simulationen im Beginn des Irrseins, der ausbrechende Poracismus mit Sinnestäuschung und Monomanie und endlich die vollendete Verrücktheit, welche lucida intervalla, worin der Kranke das elende Leben schildert, unterbrechen, alle diese Momente hebt der Redner in der Dichtung als mit der Natur der Krankheit völlig im Einklänge hervor. Auch die Therapie auf rationellem Wege versteht der Dichter; er besänftige den Sturm durch die Liebe der Cordelia und durch Musik, der Tobsucht folge eine Art Blödsinn und der Schlaf bringe Ruhe. Shakspeares Lear sei eine wahre Antike, ein Sillenstück der Niobe. Dann hielt Herr Leibchirurgius Dr. H ols eher aus Hannover einen Vortrag über dcnSchmerz. Der Arzt hat am öftersten Gelegenheit den Schmerz zu prüfen, und der Redner, wenn er auch nichts Neues darüber sagen kann, versucht im Folgenden den Schmerz näher zu beleuchten. Der Schmerz fühlt sich leichter als er sich ilefiniren lässt; und Miltheilungen aus der Erfahrung- des Redners werden dem Schmerze viel von seinem Schreck nehmen. Der Vorwurf, dass die Gewohnheit die Aerzte und namentlich die Operateure unempfindlich mache gegen die Leiden Anderer, ist unge- recht; namentlich sind ältere Aerzte weicher und empfindlicher als jüngere. Wie ein geübter Musiker geringe Abweichung des Tones hört, so fühlt der erfahrne Arzt aus jeder Bewegung des Gliedes, aus jeder Veränderung der Stimme den Schmerz, der sich dadurch kund giebt, heraus. Das Mitge- fühl hat sich einen heiligen Altar in dem Herzen des Menschen erbaut. — Im Verlaufe hebt der Redner besonders folgende Funkte hervor: 1) Schmerz und Freude sind wesentliche Bedingung der Erhaltung; der Schmerz mahnt an die Gefahr, das Lehen zu verlieren und die sensiblen Nerven führen den Schmerz zum Bewusstsein. 2) Man unterscheidet physischen und moralischen Schmerz, beide sind nach der Ursache, Dauer, Periodicität, Art, Sitz verschieden und die Heilkunde entlehnt daraus für die Diognose Wmke und findet darin den Werth des Schmerzes für die Heilkunde be- gründet; 3) ein Jeder hat für seinen Schmerz eine Schätzung und den Standpunkt der Schätzung zu bestimmen, ist schwer. Manche sind unklar über ihre Empfindung; eine richtige Empfindung ist für den Arzt von grossem Werthe. — Ueberempfindlichkeit und Indolenz sind beide gleich zu fürchten, ganze Nationen haben darin ihren eigenen Typhus. Das schöne Geschlecht zeigt einen grossen He- roismus in Ertragung der Schmerzen; 4) ist der Schmerz auch ein Heilmittel, dessen sich auch die Natur manchmal zur Heilung bedient. Der Schmerz also als ein Element der Erhaltung verliert von seinen Schrecken, und am Krankenbette fasst der praktische Arzt ihn auf, sucht ihn zu würdigen und unter Umstünden als Heilmittel zu benutzen. Schliesslich empfahl der Redner einem Jeden die Kunst, den Schmerz ertragen zu lernen, führte den Wahlsprueh der Römer an: »Nur der ist frei, welcher sich selbst besiep-t.« Diese höchste BSiithe der Philosophie ward schon von Kant gepriesen, und auch für das gegenwärtige Zeit- alter muss die Pädagogik das Menschengeschlecht darin zu kräftigen suchen. Daun werden die Nach- kommen Deutschland und dies Jahrhundert mit Dank und Anerkennung nennen. Geh. Rath Lichlenstein theilte dann einiges über die Einrichtung des zoolog. Gartens in Berlin mit, worin er die wichtigsten Momente und den Zweck des neugegriindeten Instituts zur Kunde zu bringen beabsichtigte. An die Stelle der wandernden Menagerien, die mehr zur Befriedigung der Neugierde als zur Belehrung gedient hallen, und wodurch manche Irrlhümer über die Naturgeschichte der Thiere durch die Unternehmer verbreitet worden, seien stehende Menagerien, als: Thiergarten getreten, die man in England, Frankreich und Holland zu einem allgemeinen Bildungsmiltel für das Volk benutzt habe. Eine derartige seit zwei Monaten zu Berlin eröffnete Anslalt habe schon manchen Tadel erfahren, welchen der Redner zu entkräf- ten suchte. Zweckmässiger Unterricht der Schuljugend in der Naturgeschichte, Begünstigung wissenschaftlicher Forschung, allgemeine Zugänglichkeit, freie Verwaltung durch eine zoologische Gesellschaft, wurden als beson- dere Vorzüge des Instituts hervorgehoben; daneben aber auch Ökonomische Zwecke, Veredelung der Hausthiere, mögliche Benutzung derselben, z. B. Verbesserung der Hühnerarten, endlich künstliche Zwecke, z. B. Vorbilder für das Studium der Kunstschüler zu liefern, als Bestimmung des Instituts dargestellt. Der König habe ein 81% Morgen grosses Areal, das von einem Bache durchflossen und mit reichen Waldungen bepflanzt sei, der Anstalt als Lehn gegeben. Die Gesellschaft sei durch Beiträge zahlender Mitglieder gebildet, der ein weiterer und ein engerer Ausschuss vorsiehe, monatlich kommen sie wenigstens ein Mal zu Sitzungen zusammen, worin zoologische Vorträge gehalten werden. Endlich erzählte der Redner einige Details der Einrichtung, wobei man immer auf die Eigentümlich- keit und Lebensart derThiere Rücksicht genommen, erwähnte z. B. eines 40 Fuss hohen und 30 Fuss im Durch- messer haltenden Behältnisses von Dralhgewebe für Vögel und Affen, eines Locales für Mollusken und Insecten, sowie eines Infusorienhauses mit einem Hjdrooxygcngas-Mikroscope und schloss mit einer Aufforderung an Collegen zur Mittheilung von Ideen und Wünschen in Betreff dieser Einrichtung und der Bitte, elw'a vorfal- lende Fehlgriffe zu rügen. Der erste Geschäftsführer, Herr Bürgermeister Smidl, richtete dann die Anfrage an die Versammelten, ob noch Jemand etwas auf die Versammlung Bezügliches vorzutragen oder anzuzeigen habe, darauf zum Schluss einen Abschiedsgruss an die Gesellschaft, indem er zuerst sein Bedauern äusserle, dass so schnell die schönen Tage, welche die Versammlung in unsern Mauern zugebracht habe, dahin- gegangen seien, dann aber um auch dieses Tagewerk mit einer ernsten Selbstprüfung zu schliessen , zu der Frage überging, ob die 22ste Versammlung der Naturforscher dem Zwecke ihrer Zusammenkunft entsprochen habe. Dieser bei der Stiftung des Vereins laut ausgesprochene und oft wieder anerkannte Zweck, nämlich den Naturforschern und Aerzten Deutschlands Gelegenheit zu geben, sich persönlich kennen zu lernen, sei auch dieses Mal nicht aus den Augen gesetzt. Das Gute aber, welches aus solcher persönlichen Bekanntschaft der Gelehrten unter einander für den wissenschaftlichen Verkehr erwachse, sei die schnelle Beseiligung mancher Schranken und Förmlichkeiten, welche denselben hindernd entgegenlreten könnten. Das sei auch auf der dies- jährigen Versammlung erreicht, so wie nicht minder aus den Tagesblätlern hervorgehe, dass in den verschie- denen Zweigen der Naturwissenschaften durch die Lösung vorliegender Aufgaben Fortschritte erzielt und auf den Grund derselben neue eröffnet und aufgestellt worden seien. Noch einen zweiten Nutzen, welchen der Verein stifte, hob der Redner hervor; denn nicht nur zwischen den einzelnen Genossen desselben, sondern auch mit der Stadl und dem Staate, in welchem sich die Versammlung befinde, werde eine innige Berührung hervorgebracht, welche auf die socialen Verhältnisse einen, wenn nicht gleich vor Augen liegenden, doch still wirkenden und oftmals unberechenbaren Einfluss ausübe. Wie in früherer Zeit die kaiserlichen Sendboten das ganze Reich durchwandert hätten zur Beförderung einträchtigen Wirkens und Strebens, so trügen jetzt die um- herziehenden Apostel der Wissenschaft zur Belebung und Befestigung eines noch höheren einträchtigen Wirkens bei. Zu der Wahl Nürnbergs, als des nächsten Versammlungsortes und zu der Wechselwirkung mit den Handels- und Industrie-Verhältnissen dieser Stadl, wünschte; der Herr Geschäftsführer der Versammlung Glück, indem er die Nürnberg schön characterisirende Strophe aus. Schenkendorfs: „Die deutschen Städte“ betiteltem Gedichte anführte. Mit dem Wunsche, auf fröhliches Wiedersehn in Nürnberg! erklärte der Herr Geschäfts- führer sodann die 22ste Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte für geschlossen. Ehe die Versammlung aus einander ging, erhob sich Herr Geh. Rath Lichtenstein aus Berlin mit folgenden Worten: „Der alten Sitte unserer Versammlungen gemäss, sollten die Geschäftsführer der vorjährigen Versamm- lung jetzt einen öffentlichen Dank aussprechen; doch ist keiner derselben zugegen. Unvorbereitet stehe ich liier; aber wenn auch vorbereitet, Worte wären schwer zu finden. Es giebt Gefühle, für die keine Beredsam- keit genügt. Die Gefühle des Herzens, die, in die Oeflenllichkeit gezogen, nicht würdig ausgesprochen wer- den können, verlieren ihren Werth und wie die Gefühle der Rührung sich gerne verbergen, so passt auch das, was in uns hier vorgeht, nicht für die Oeffentlichkeit. Uebereinstimmend müssen wir aber Alle sagen: wir fühlen uns zum höchsten Danke verpflichtet gegen die Stadt Bremen und ihre Bewohner, die Geschäftsführer und die Personen, welche nahem Anlheil an den Geschäften genommen haben, und wir werden nie die Erine- nerung an die 22ste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte verlieren.“ Mit dem Ausbruche allgemeinen Beifalls und mit Lebehoch für die Geschäftsführer ging die Versamm- lung auseinander. Eine aus der Versammlung gebildete Deputation, bestehend aus den Präsidenten und Secrelairen der Seetionen, begab sich zum ersten Geschäftsführer, dem Herrn Bürgermeister Dr. Smidt, und im Namen der Versammlung sprach Herr Kammerrath Waitz aus Altenburg einige Worte des Dankes gegen den ersten Herrn Geschäftsführer aus, worauf Letzterer mit einigen herzlichen Worten antwortete. Dieselbe Deputation verfügte sich daraufzu Herrn Senator Dr. Droste und übergab ein Danksagungsschreiben der Seetionen an das Mu- seum für das Geschenk der Medaille. Errata. Tageblalt Nr. 7. S. 3. Z. 6. von oben muss heissen: d. H. A. Kindt theilt mit, dass er bei microscopischer Betrachtung dünner Splilterchen von Obsidian gefunden habe: Das Schillern des Obsidians von Zimapan rühre von Luftblasen her, alle nicht durchsichtigen Obsidiane aber Hessen eingeschlossene Kryslailisationen erkennen. S- 3. Z. 21. von unten Tellur statt Tallur. 17. „ „ Electroscop statt Eiechoscop. t4. „ „ Goldoxyd statt Holdoxyd. 7. „ „ Legirung statt Secirung. 4. „ „ Manganoxyd statt Syganoxyd. Druck von G. Seliünemann, ' ' I