397 Anleitung zum Sammeln der Kryptogamen. Bearbeitet 3553 Sydow. 5 2 1%, A hr nt 1 u W: Stuttgart. Julius Hoffmann. 1885. D u Fb a sn.) we a N ER RAR MAN LU IISU Vorwort. In seiner langjährigen botanischen Praxis ist dem Verfasser des vorliegenden Büchleins viel- fach die Frage vorgelegt worden: „Wo und wie sammelt man Kryptogamen?“ Gar mancher hat sich von dem Studium der kryptogamischen Ge- wächse nur dadurch ablenken lassen, dass seine ersten, ohne Anleitung vorgenommenen Präpa- rierungsversuche ein negatives Resultat er- gaben. Und doch bieten gerade die Krypto- samen eine Fülle des Interessanten und Beleh- renden; sie zeigen einen Reichtum der Formen, der unsere Bewunderung erweckt, der aber auch‘ den Forscher mit magischer Gewalt fesselt. Wohl sind Anleitungen zum Sammeln und Präparieren der Gewächse im allgemeinen perio- disch erschienen. Die meisten derselben be- schäftigten sich aber nur mit den Phanerogamen, der Kryptogamen wurde kaum Erwähnung ge- than. Die erste ausführlichere Anleitung zum Sammeln der Kryptogamen gab J. Nave in sei- nem Büchlein: ‚Anleitung zum Einsammeln, Prä- parieren und Untersuchen der Pflanzen mit be- ‚sonderer Rücksicht auf die Kryptogamen‘. Dres- den 1864. ‘Der; Verfasser, als‘ Algologe'’Dbe- kannt, behandelt die Familie der Algen in sehr detaillierter Weise, während die andern Familien der Kryptogamen sehr stiefmütterlich wegkommen. Seit dieser Zeit — über zwei Dezennien — ist kein ähnliches Werk erschienen. Wohl finden sich in den verschiedenen, kleineren und grösseren IV botanischen Schriften Beschreibungen gewisser Präparationsmethoden. Dem Anfänger werden aber in den meisten Fällen nur geringe littera- rische Hilfsmittel zu Gebote stehen, auch ist es zeitraubend und mühselig, alle diese Werke nach- zusehen, um das Wichtigste über das Einsammeln der Kryptogamen, über deren Präparation und Einreihung in das Herbar, sowie über die mecha- nischen Erfordernisse beim Untersuchen zu er- fahren. Diesem Uebelstande sucht Verfasser durch vorliegendes Büchlein abzuhelfen. Dasselbe soll dem Anfänger auf die oben erwähnte Frage Ant- wort geben. Der Stoff selbst gliedert sich nach den natürlichen Familien der Kryptogamen. Um den Anforderungen der Zeit und Wissenschaft zu genügen, sind auch die verschiedenen Kultur- methoden kurz beschrieben worden. Das jeder Abteilung angefügte Verzeichnis der hauptsäch- lichsten systematischen Litteratur und der be- kannteren Exsiccaten-Sammlungen dürfte man- chem willkommen sein. Die in der Einleitung enthaltene kurze Be- schreibung des Mikroskopes — gleichsam nur eine Terminologie der Teile desselben — ist in der Voraussicht gegeben worden, dass es manchem Anfänger vielleicht nicht sogleich möglich ist, sich irgend eins der grösseren mikrographischen Werke anzuschaffen. Möge das Büchlein den oft so wunderschönen kryptogamischen Gewächsen neue Freunde zu- führen und dadurch das Studium derselben fördern. Das ist der innigste Wunsch des Verfassers. Wilmersdorf bei Berlin, im Juni 1835. P. Sydow. Einleitung. Selten bietet ein Studium so viel Belehrung und zugleich Angenehmes, als jenes der Kryptogamen. Der unerschöpfliche Formenreichtum derselben, das so oft Geheimnisvolle ihrer Lebensweise, das Wun- derbare ihres Baues, das ist es, das jeden, der an dieses Studium herantritt, so anregt und fesselt. Doch nicht mühelos erschliesst sich die Natur dem Menschen. Sie verlangt, dass man sie aufsuche, sich unmittelbar mit ihr beschäftige. Nicht daheim, nicht aus Büchern ist sie zu erlernen und zu ver- stehen. Darum heisst es, hinaus in die freie Natur, in Wald und Feld, um sie an der Quelle ihres Lebens zu schauen. Hundertmal und aber hundert- mal muss der Forscher die heimischen Fluren durch- streifen, um Aufklärung zu erhalten. Gar viel sind der Täuschungen. In noch höherem Masse als bei den Phanerogamen wird an den Kryptogamen- Forscher die Aufgabe gestellt, selbst zu sammeln und eine Sammlung, ein Herbarium anzulegen. Das Herbarium muss aber nach wissenschaft- lichen Prinzipien geordnet und zusammengestellt sein, denn nur dann vermag es seinen Zweck zu erfüllen, nämlich den, der Rekapitulation und Ver- gleichung zu dienen. 1 ER) REN So einfach nun auch die Anlage einer solchen Sammlung erscheint, so dürfte es doch nicht über- flüssig sein, den Anfänger auf die Punkte auf- merksam zu machen, welche bei der Anlage und Aufbewahrung des Herbariums nicht ausser acht gelassen werden dürfen. Jede gesammelte Art oder Form wird in einem besonderen Bogen Papier aufbewahrt. Da die Kon- servierung der Pflanzen sehr von dem zu verwendenden Papier abhängt, so nehme man stets nur festes, gut geleimtes Papier. Auf die Farbe desselben kommt es weniger an, das ist Geschmackssache. Fliesspapier darf unter keinen Umständen zur Aufbewahrung der Pflanzen verwandt werden. In kurzer Zeit nisten sich in diesem Papier Insekten in solcher Menge ein, dass sie auch die schönste und reich- haltigste Sammlung bald total zerstören. Besitzt man von einer Art mehrere Varietäten und Formen, so werden dieselben in einen gemein- schaftlichen Bogen Papier: gelegt. Zur leichteren Orientierung wird in der unteren linken Ecke der Name der im Bogen liegenden Pflanze vermerkt. Alle Arten einer Gattung legt man in einen besonderen Gattungsbogen. Zu solchen Gattungs- bogen eignet sich sehr gut blaues Deckelpapier, denn da dieselben öfter aufgeschlagen werden, so sind sie auch leichter dem Zerreissen ausgesetzt. Die Artbogen werden mit der Falzseite nach links, die Gattungsbogen mit dieser Seite nach rechts gelegt. Die Gattungen ordnet man später zu Familien U..S. W., Die Pflanzensammlung muss so eingerichtet sein, dass jede Pflanze schnell, ohne viel Zeitverlust und Mühe herausgenommen werden kann. Am BE 0 leichtesten lässt sich dies durch alphabetische An- ordnung des ganzen Herbariums bewerkstelligen. Der Wert einer Sammlung wächst mit der Anzahl der vorhandenen Exemplare. Man suche deshalb dieselbe Pflanze aus den verschiedensten Gegenden zu erhalten. Nur dann erhält man ein richtiges Bild der Pflanze, wenn man die durch anderes Substrat und wechselnde Standorte hervorgerufenen Formen besitzt und vergleicht. Fin lehrreiches Beispiel ist Hypnum cupressiforme. Die extremsten Formen dieses Mooses lassen, jede für sich allein betrachtet, kaum die Stammart erkennen, leicht ist dies jedoch, wenn man die Übergangsformen an- einander reiht. Die Gattungen werden weiter zu Fascikeln ver- einigt. Es empfiehlt sich, diese nicht zu voluminös zu gestalten. Liegen viele Pflanzen aufeinander, so leiden sie durch den gegenseitigen Druck; auch ist auf das Einrangieren neuer Arten Bedacht zu nehmen. Die einzelnen Fascikel legt man in entsprechend grosse, nicht zu dünne Pappdeckel, welche mittels durchgezogener Bänder zusammengeschnürt werden können. Solche Pappdeckel sind billig, und jeder kann sie selbst verfertigen. Wer mehr anwenden kann und will, lasse sich vom Buchbinder Papp- kästchen anfertigen. In denselben leiden die Pflanzen nicht durch Druck, ferner sind sie vor Staub geschützt. Die Mappen oder Kästen stellt man auf Regalen oder besser in gut verschliessbaren Schränken auf. An jedem Fascikel wird an der dem Beschauer zu- gekehrten Seite eine Etikette befestigt, die den In- halt angibt. Die Sammlung ist an einem trockenen, staub- freien, keinem grossen Temperaturwechsel unter- Br a A worfenen Orte aufzubewahren. Bei feucht liegenden Pflanzen treten gar leicht Schimmelbildungen auf, welche nicht nur dem Ansehen der Exemplare schaden, sondern auch der Untersuchung hinderlich sind. Über die Aufbewahrung der Exemplare in Papier- kapseln ist näheres bei den einzelnen Familien zu ersehen. Jedem Exemplar ist ein Zettel, eine Etikette, bei- zugeben, die in lateinischer Schrift und wenn mög- lich auch in lateinischer Sprache folgende Angaben enthält: ı) Den Namen der Pflanze und auch der Va- rietät oder Form. 2). Die; 'Angabe”.des Autors, d.h. ‘den Namen desjenigen Botanikers, welcher der Pflanze zuerst den angeführten Namen gab. Diese Angabe ist sehr wichtig, da oft unter dem- selben Namen verschiedene Pflanzen be- schrieben sind. So ist z. B. Bryum margi- natum 2. S.. eine ganz andere Pflanze als Bryum marginatum Dicks. Letztere Pflanze ist das heutige Mnium serratum Drid. 3) Den geographischen Fundort. Je spezieller diese Angabe, desto wertvoller ist sie. Pflanzen ohne Bezeichnung des Fundortes haben etwa den Wert kultivierter Exemplare. 4) Den speziellen Standort, d. i. die Angabe der Bodenbeschaffenheit (Wiese, Acker, Wald u. dgl.) 5) Die geognostische Unterlage oder die Be- schaffenheit des Substrates, auf dem die Pflanze wächst. 6) Datum des Einsammelns (Monat und Tag). 7) Den Namen des Sammlers. Vor den Namen setzt man die Abkürzung des lateinischen EINE Wortes legit, z. B.: leg. N. N. heisst: gesam- melt von N. N. — Geht die Pflanze in dritte Hand über, so wird noch die Bemerkung: com. N. N. hinzugefügt, die Abkürzung von communicavit, d. h. mitgeteilt von N. N. 7) In manchen Fällen ist es nötig, auf der Etikette auch die wichtigsten Synonyma zu notieren. Die Etikette wird mit Gummi arabicum auf dem Papierkonvolut befestigt. Da man Diatomeen und Desmidieen selten rein, d. h. unvermengt mit andern Arten erhält, so fertigt man so viele Exemplare an, als Arten im Präparat enthalten sind. Auf jeder Etikette hebt man eine Spezies besonders hervor, notiert aber ferner die Namen der andern Arten. Viele Kryptogamen, z. B. die Moose, Characeen, die meisten Krustenflechten und zarteren, kleinen Algen werden von Insekten und deren Larven nicht belästigt. Die grösseren Algen, Flechten und fast alle Pilze muss man aber gegen solche feindlichen Invasionen zu schützen suchen. Die bewährtesten Mittel, um das Herbar von Insekten rein .zu halten, sind: öfteres Durchsehen der einzelnen Bogen und das Vergiften der Pflanzen mit Sublimat oder durch Schwefelkohlenstoff. In ı Liter starken Alkohols werden 25 Gramm Quecksilber-Sublimat aufgelöst und mit dieser Flüs- sigkeit die Pflanzen auf beiden Seiten bestrichen. Der Alkohol verdampft schnell, während das Subli- mat zurückbleibt. Schwefelkohlenstoff wird wie folgt angewendet. Man lässt eine hermetisch verschliessbare Blechkiste anfertigen, in welcher sich einige Centimeter über dem Boden einige Leisten befinden, auf welche die EN N aufgebundenen Pflanzenmappen gelegt werden. Auf den Boden selbst setzt man eine flache Porzellan- schale mit Schwefelkohlenstoff. Die aufsteigenden Dämpfe desselben durchdringen die Pflanzen und zerstören jegliches tierische Leben. Der Schwefelkohlenstoff ist sehr flüchtiger Natur und ein leicht entzündbarer Stof. Man nehme daher die Prozedur des Vergiftens der Pflanzen an einem nicht feuergefährlichen Orte vor, auch darf man der Kiste nicht mit brennendem Lichte nahe kommen. Wer sich ausführlicher über die Anlage und Einrichtung des Herbariums unterrichten will, dem sei das im gleichen Verlage erschienene Büchlein: „C. Mylius, Das Anlegen von Herbarien der deut- schen Gefässpflanzen“ warm empfohlen. Das Mikroskop. Nur wenige Kryptogamen lassen sich auf makro- skopischem Wege, d. h. mit dem blossen Auge oder unter Zuhilfenahme einer Lupe, bestimmen, die grosse Mehrzahl derselben erfordert eine mikrosko- pische Untersuchung. Der Kryptogamenforscher kann also des Mikroskopes nicht entbehren; er muss bemüht sein, sich ein solches anzuschaffen. Doch glaube man nicht, dass mit dem blossen An- kauf des Mikroskopes genug gethan sei, dass man nur hineinzusehen brauche, um sogleich wichtige Entdeckungen zu machen. Das mikroskopische Sehen ist im Gegenteil sehr verschieden von dem gewöhnlichen, es will gelernt sein. Treffend sagt daher Julius Sachs in seiner „Geschichte der Bo- tanik“: „Das Sehen ist eine Kunst, die gelernt und En ausgebildet sein will, ein bestimmter Zweck muss den Willen des Beobachters anregen, genau sehen zu wollen und das Gesehene richtig zu unter- scheiden und zu verbinden.“ — Es ist also nicht genug, dass wir das mikroskopische Bild mit un- sern Sinnen wahrnehmen, — wir sehen unter dem Mikroskope den Gegenstand nur immer in zwei Dimensionen, in der Breite und in der Länge, nie vermögen wir zu gleicher Zeit auch die dritte Raum- ausdehnung, die Dicke, wahrzunehmen — sondern das Sehen mit dem Mikroskop erfordert auch die Thätigkeit unseres Geistes. Das Mikroskop zeigt, je stärker es vergrössert, nur desto kleinere Teile des Ganzen. Daher kann nur „geschickte und über- legte korporative, sorgfältige Kombination der ver- schiedenen Bilder und lange Übung“ über den mikroskopischen Bau eines Körpers Klarheit ver- schaffen. Von einem Mikroskopiker wird verlangt, dass er „geschickte Hände, gute Augen, Gemütsruhe und Selbsterkenntnis‘ besitze. Die Anfertigung mikroskopischer Präparate er- fordert eine gewisse manuelle Geschicklichkeit. Was nun das Sehen anbetrifftt, so beobachte man mit dem rechten Auge, ohne jedoch das linke zu schliessen. Durch das Zukneifen des letzteren werden die Schliessmuskeln desselben sehr bald ermüdet und schmerzlich affıziert. Man gewöhnt sich übrigens sehr leicht daran, nur das mikrosko- pische Bild zu sehen, ohne durch das offene linke Auge gestört zu werden. Sollte sich etwa ein Hang zum Schielen einstellen, so ist diesem durch öfteres Ausruhen und einige Achtsamkeit leicht abzuhelfen. Kurzsichtigkeit ist dem mikroskopischen Beobachten nicht hinderlich. — Harting sagt in seinem Buche N „Das Mikroskop“: „Wir müssen uns in einem Gemütszustande befinden, der es uns möglich macht, mit nebelfreiem Blick zu sehen und mit vorurteils- freiem Verstande zu schliessen. Als Haupterfor- dernis hierzu nenne ich die Gemütsruhe während der Untersuchung. Wie leicht es auch scheinen mag, dass dieser Forderung Genüge geschehe, es lehrt die Erfahrung dennoch, dass das Gegenteil sich Geltung verschaflt. Dies hat vorzüglich bei mikroskopischen Untersuchungen seine Richtigkeit; diese veranlassen nicht selten lebhafte Gemütsein- drücke, welche mit der gewünschten Gemütsruhe während der Beobachtung unvereinbar sind.“ Der Mikroskopiker soll nie als positive Thhatsache hinnehmen, was vielleicht Wahrscheinlichkeit oder gar nur Möglichkeit bietet. Nirgends sind Täu- schungen leichter als hier. Das zusammengesetzte Mikroskop, denn nur ein solches ist für den Kryptogamenforscher brauchbar, gibt das vergrösserte Bild des Gegenstandes. Es muss also zum mindesten aus zwei optischen Gläsern bestehen, aus einer dem beobachtenden Auge nahen Linse (dem Bildbetrachter, Okular) und einer zweiten, dem zu vergrössernden Gegenstand nahen Linse (Bilderzeuger, Objektiv). — Diese beiden, natürlich so zu einander gestellten Linsen, dass das Bild nahe an den Brennpunkt des Okulars fällt, würden also das einfachste zusammengesetzte Mikroskop darstellen. Unsere heutigen Instrumente zeigen aber einen komplizierteren Bau. Das Okular besteht aus zwei plankonvexen Gläsern. Beide haben dieselbe Wirkung wie eine bikonvexe Linse, verhindern aber das Zustandekommen der sehr störenden farbigen Ränder. Das Objektiv besteht aus drei plankonvexen achromatischen Linsen. Be Objektiv und Okular müssen sich in einem ganz bestimmten, unverrückbaren Abstand zu einander befinden, der zu beobachtende Gegenstand muss genau in dem Brennpunkt des Objektivs liegen, und um das Bild des Gegenstandes zu sehen, muss ihm eine genügende Quantität Licht zugeführt werden können. Sämtliche Linsen müssen genau zentriert, d. h. so angeordnet werden, dass die optischen Mittelpunkte derselben genau in eine grade Linie fallen. Es kann nun nicht meine Aufgabe sein, an dieser Stelle eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Teile des Mikroskopes zu geben. Das Nachstehende diene nur zur vorläufigen Orientierung der Bestandteile des Mikroskopes. Wer sich gründ- lich hierüber belehren will, den verweise ich auf die reichhaltige, vortreftliche Literatur, die wir über dieses Instrument besitzen. H. v. Mohl, Mikrographie. Tübingen. 1846. Harting, Das Mikroskop. Braunschweig. 1859. Dippel, Das Mikroskop. Braunschweig. 1872. J. Sachs, Geschichte der Botanik. München. 1875. Naegeli und Schwendener, Das Mikroskop. 1877. W. Behrens, Hilfsbuch zur Ausführung mikro- skopischer Untersuchungen. Braunschweig. 1883. Dippel, Grundzüge der allgemeinen Mikroskopie. Braunschweig. 1885. Die Teile eines zusammengesetzten Mikroskopes lassen sich in drei Gruppen bringen. Die der ersten Gruppe sind bestimmt, den optischen Apparat zu tragen, die der zweiten dienen zum Tragen des Objektes und die der dritten Gruppe bilden den Beleuchtungsapparat. Wir bemerken zunächst den sogenannten Fuss (f) des Mikroskopes (siehe umstehende Fig. 1). 1* Sees Derselbe ist massiv aus Messing gearbeitet, hufeisen- förmig* und mit einem hinten vorspringenden, stützenden Zapfen (fı) versehen. Auf dem Fusse erhebt sich eine ebenfalls massive Säule (g). Bei grösseren Instrumenten ist diese Säule, wie auch im gegebenen Falle, oben mit einem Gelenk ver- sehen. Man kann dadurch den Apparat beliebig neigen und somit bequemer in sitzender Stellung beobachten. Ein zweiter wichtiger Teil ist die Mikroskopröhre oder der Tubus (tt). Derselbe trägt oben (c) das Okular, welches auf den Tubus ge- setzt wird. Unten am Tubus (bei o) ist das Ob- jektiv mittels eines Schraubengewindes befestigt. Der Tubus lässt sich in einer Messinghülse (r) leicht auf und ab bewegen. Zur ungefähren Einstellung des Tubus dient der Trieb (z); derselbe stellt eine mit einem Zahnrade in eine Zahnleiste des Tubus eingreifende Schraube dar. Durch Umdrehen dieser Schraube lässt sich der Tubus und mit ihm das Objektiv dem zu beobachtenden Objekt bis auf einen gewissen Abstand nähern. Die genaue (scharfe oder feine) Einstellung des Objekts in den Brenn- punkt des Objektivs bewirkt die Mikrometerschraube (m). Ihr Gewinde (n) besteht aus vielen, sehr nie- drig verlaufenden Umgängen und greift in den un- tern massiven Teil (v w) einer Säule (d) ein. Ober- halb w ist diese Säule röhrenförmig. Innerhalb derselben setzt sich die Achse der Schraube m ohne Gewinde fort bis etwa zu dem Punkte e. Hier fasst sie losein die Vertiefung eines mit der Tubus- hülse r fest verbundenen und durch einen Spalt in die Säule d hineinragenden Messingzapfens ein. Im obersten Teile von d befindet sich eine Spiralfeder, welche den genannten Zapfen auf die Schraubenachse drückt. Drehtman nun die Mikrometerschraube (m), so bewegen sich Zapfen, Hülse und Mikroskopröhre entweder etwas nach aufwärts oder entgegengesetzt abwärts. Die erwähnte Spiralfeder wird dement- sprechend mehr zusammengedrückt oder sie dehnt sich etwas aus. Der Tubus bewegt sich %tets völlig lotrecht. Zum Tragen des Objekts dient der Tisch (p). Derselbe besteht aus einer meist quadratischen, dicken Metallplatte und befindet sich bei normaler Stellung des Mikroskopes in vollkommen horizon- taler Lage. Genau senkrecht unter dem Objektiv besitzt der Tisch eine kreisrunde Öffnung. Das zu beobachtende Objekt wird so auf den Tisch gelegt, dass es sich über der Mitte der Öffnung befindet. Um bei einer Schiefstellung des Mikroskopes das Objekt nicht zu verrücken, sind auf der Tischplatte zwei federnde Klammern angebracht. Der Beleuchtungsapparat hat den Zweck, dem Objekte das nötige Licht zuzuführen. Hierzu dient der unter dem Tische befindliche und um seine Achse drehbare Beleuchtungsspiegel (Ss). Die eine Seite desselben ist hohl, die andere eben geschliffen. Damit man diesen Spiegel nach allen Richtungen hin, auch abwärts und aufwärts, be- wegen kann, ist an demselben ein Hebelwerk (h) angebracht. Dieser Spiegel wirft die reflektierten Lichtstrahlen auf das Objekt. Es ist nun oft er- forderlich, dass diese gespendete Lichtmenge in gewisser Weise modifiziert wird. Hierzu dient die Blendvorrichtung. An der untern Tischfläche be- findet sich eine Vorrichtung, der sogenannte Schlitten. Es ist dies ein viereckiges Metallstück, welches durch zwei an demselben befestigte Griffe (aa) ein- und ausgeschoben werden kann. Genau unter der Tisch- öffnung ist an dem Schlitten eine Metallhülse (b) angebracht, in welche sich der Blendcylinder (i) ein- wu Ce schieben lässt. Letzterem können niedrige Metall- cylinder aufgesetzt werden, welche dieselbe Grösse der Tischöffnung haben und in der Mitte mit einem kreisförmigen, verschieden grossen Loche versehen sind. — Die wichtigste Anforderung an ein Mikroskop ist, dass es vollkommen klare und scharfe Bilder gibt, d. h. die Vergrösserung muss in der Peripherie wesentlich dieselbe als in der Mitte sein, das er- zeugte Bild muss an allen Stellen deutlich heraus- treten und auch die feineren und feinsten Details scharf und deutlich zeigen. Ferner darf die Ver- grösserungskraft nicht eine zu geringe sein. Es gibt verschiedene Vorrichtungen und Methoden, um einen positiven Beweis von der Güte des In- struments zu erhalten. Alle Angaben über Ver- grösserung eines Mikroskopes beziehen sich nur auf diejenige in einer Dimension des Raumes, es sind Linearvergrösserungen. In früheren Zeiten waren sehr verschiedene Manipulationen erforder- lich, um diese Linearvergrösserung zu bestimmen. Heute hat man es leichter. Bei jedem neueren Instrument ist bereits vom Optiker die Vergrösse- rung sehr genau bestimmt und auf einer Tabelle verzeichnet. Anders liegt die Sache bei einer Prü- fung des Begrenzungs- und Auflösungsvermögens eines Mikroskopes, d. h. ob es scharfe klare, alle feinen Strukturverhältnisse zeigenden Bilder gibt. Hierzu bedient man sich der sogenannten Probe- oder Tastobjekte. Es sind dies auf eine gewisse Weise präparierte, sehr kleine Organismen oder Teilchen von Pflanzen oder Tieren. Man überzeugt sich, wie viel man von ihrer Konstruktion sehen kann und ob man das Bild in einem Zustande er- blickt, welcher der Erfahrung gemäss von einem I EN guten Instrument erzeugt wird. Ferner existieren Abbildungen und Beschreibungen zur Kontrolle dieser Leistungen. Man prüfe das Instrument an einem Tage, der ein möglichst gleichmässiges, nicht zu dunkles und namentlich nicht durch vorüberziehende Wolken gıv ken 3 . gi wechselndes Licht bietet. Das Mikroskop stelle man dicht vor das geöffnete Fenster, die Beleuchtung sei eine zentrale. Zur Prüfung des Begrenzungsvermögens, d.h. ob die Vergrösserung scharfe, zarte und farblose Konturen zeigt, eignen sich für schwache und mittlere Objektivsysteme folgende Objekte: I) für ganz schwache Objektivsysteme (ro bis 50fache Vergrösserung) dienen die Kalkkörperchen von Synapta-Arten (Tiere aus der Abteilung der Seewalzen oder Holothurien.) Die Konturen müssen durch eine schwarze Linie scharf begrenzt sein. (Fig. 2.) 2) Für Vergrösserungen von 350—450 eignen a sich gut die Schüppchen von Schmetterlingsflügeln, und zwar von Lycaena Alexis oder L. Argus. Auf den elliptischen, gestielten Schüppchen (in Kanadabalsam eingeschlossen) müssen sich die Längsstreifen als doppelte Linien zeigen, ferner müssen die Tüpfel auf diesen Streifen kleine deut- liche Kreise darstellen. (Fig. 3.) Um das Auflösungsvermögen zu prüfen, ver- wendet man folgende Tastobjekte: TR (IHREN, ONNENHENNNENRENNDNN HEADS (ONLINE URLUSUSERLLLIUNUNIURTENLEUN LEEREN RENNEN PRWURDIIENUUNIUUGUNN INUNDUUNNTINULENUNUNITTVZ NIIT ETEEETNOTUEEURNNLATEEUNENUNHNENETRNAHTULDZ RENTNER DETEKTEI TR EUNNUTTRUSCRNNTN UIUNONANANENNEUNERTIKULIAALITAAGSSSSSEISLANGEOCGECSSGSSSGSENRGTTITETTITEONNARINTN NTSC BASTI HNTTNTTNTITITTEITITTTTTTTT IN, Fig. 4. ı) Die Schuppen von Hipparchia Janira. Die- selben zeigen zwischen den Längsstreifen sehr viele zarte Querstreifen. Je stärker die Vergrösserung ist, in desto feinere Details werden diese Streifen aufgelöst. Fine 500 fache Vergrösserung hievon stellt Fig. 4 dar. 2) Die Kieselpanzer von Pieurosigma angulatum Sm. Bei einer Vergrösserung bis 150 lässt sich keine Zeichnung auf den Schalen erkennen; bei 250 facher Vergrösserung treten die ersten Spuren a. einer Zeichnung auf; bei 300facher lassen sich Streifensysteme erkennen, welche sich gegenseitig schneiden; bei 450—480ofacher lösen sich die Striche in aneinander gereihte Sechsecke auf. Bei noch stärkeren Vergrösserungen treten diese Sechs- ecke immer deutlicher hervor. Den Mikroskopiertisch stellt man, wenn irgend möglich, an ein Fenster gegen Norden oder Nord- westen, Der Tisch muss fest und sicher stehen. Jede Störung macht sich unangenehm bemerkbar. Zur Beleuchtung dient am besten das Licht, welches von einem gleichmässigen, weissen Wolken- schleier reflektiert wird. Direktes Sonnenlicht an- zuwenden ist verwerflich, ja unmöglich, weil jeder Beobachter in wenigen Augenblicken geblendet ist. Auch das Licht des wolkenlosen Himmels eignet sich nicht zu mikroskopischer Beobachtung. Wäh- rend man in das Mikroskop sieht, wendet man so lange den Beleuchtungsspiegel hin und her, bis man eine gleichmässig helle Beleuchtung des Ge- sichtsfeldes hat. Lampenlicht ist für die mikroskopische Unter- suchung höchst untauglich, es verdirbt die Augen und ist daher nur in dringenden Ausnahmefällen anzuwenden. Eine mattgeschliffene Glaskugel über die Flamme gesetzt, hebt die Nachteile etwas auf. Auch kann man zwischen Flamme und Beleuch- tungsspiegel einen Schirm von Pausepapier an- bringen, wodurch das grelle Licht gedämpft wird. Bei richtiger Behandlung erhält sich ein Mikro- skop jahrelang unverändert. Es ist also nicht genug, dass man ein gutes Instrument erwirbt, man muss es auch in gutem Zustande zu erhalten suchen. Der Erzfeind des Mikroskopes ist der Staub, weil der- selbe eine stete Reinigung der Gläser nötig macht, AR ee wodurch diese mit der Zeit leiden. Man bewahre deshalb das Instrument, wenn es nicht benutzt wird, stets in dem beigegebenen Kästchen oder stelle es unter eine hermetisch schliessende Glas- glocke. Die Metallteile sind leicht rein zu halten. Tro- ckenes Abreiben mit Wildleder oder Leinwand wird in den meisten Fällen genügen. Nie wende man hiezu Alkohol oder dergleichen an, da dieser den Goldlack auflöst. Sind die Gläser — Okular und Objektiv — bestaubt oder angelaufen, so reinigt man sie mit alter, ganz weicher, in destilliertem Wasser gewaschener Leinwand; die anhaftenden Leinwandfasern werden mit einem weichen Haar- pinsel entfernt. Haucht man die Gläser ein wenig an, so muss der Anflug ganz gleichmässig ver- schwinden, ist dies nicht der Fall, so befinden sich noch Staubteilchen etc. auf denselben. Die innere Seite des Objektivglases lässt sich schwieriger rei- nigen, weil dieselbe wegen der Fassung schwer zu- gänglich ist. Man umwickelt ein Holzstäbchen mit einem Bäuschchen feiner, weicher Leinwand und sucht mit diesem das Glas zu erreichen. Nie darf man die Gläser mit demselben Tuche reinigen, welches zum Abwischen der ÖObjektträger und Deckgläser dient. Vor der Berührung mit Reagentien ist die untere Linse des Objektivs sorgfältig zu schützen. Sollte dieselbe zufällig von diesen benetzt werden, so muss man sie so lange in destilliertem Wasser abspülen, bis jede Spur der Reagentien entfernt ist. Mit Alkohol die Linsen zu reinigen, ist durchaus zu verwerfen. Dieselben sind mit Kanada-Balsam gekittet, der Alkohol kann leicht in die Linsen- fassung eindringen, den Balsam auflösen und so das ganze System verderben. 2 Keine Schraube am Mikroskope darf mit Öl, Glycerin etc. geschmiert werden. Auch auf die Einstellung des Mikroskops ist grosse Sorgfalt zu verwenden. Damit man beim Hinabschieben des Tubus nicht auf das Deckglas stösst und dasselbe zerbricht, empfiehlt es sich, den Tubus vorsichtig bis dicht auf das Objekt herab, tiefer als erforderlich, zu schieben. Während dieser Zeit sieht man scharf von der Seite über das Objekt weg. Auf diese Weise verhindert man sicher das Zerbrechen der Deckgläser oder gar des Objektivs. Nun bewegt man den Tubus aufwärts bis zur groben Einstellung und stellt dann mit der Mikro- meterschraube fein ein. Das Mikroskop ist ein kostbares Instrument. Beim Ankauf desselben wende man sich nur an einen vorzüglichen, durch die Anfertigung guter Mikroskope bekannten Optiker. Nie lasse man sich vielleicht durch einen etwas niedern Preis beein- flussen, ein mittelmässiges Mikroskop zu erwerben. Dasselbe bereitet später nur Ärger und Verdruss. Im Anfange kann ja der optische Apparat weniger umfangreich sein, später kann derselbe je nach Bedürfnis vervollständigt werden. Vor Ankauf eines durch Zeitungsannoncen angepriesenen Instruments, desgleichen der sogenannten „Salon- und Schul- Mikroskope“ ist nicht genug zu warnen. Solche Instrumente sind nur zu Spielereien verwendbar, für wissenschaftliche Zwecke aber völlig unbrauchbar. Um nun auch die Frage: Wo und bei wem soll ich ein Mikroskop kaufen? zu beantworten, führe ich eine Reihe deutscher Werkstätten auf, deren Lei- stungen auf diesem Gebiete rühmlichst bekannt sind. L. Beneche in Berlin (früher Ben&che & Wasserlein). Emil Boecker in Wetzlar. Engelbrecht & Hentzold in Wetzlar. Dr. E. Hartnack in Potsdam. Otto Himmler (vormals Himmler & Bartling) in Berlin, Simeonstrasse 27. J. Klönne & G. Müller, Berlin, Prinzenstr. 69. E. Leitz in Wetzlar. Sigmund Merz in Firma G. & S. Merz in München. S. Plossel & Co. in Wien IV, Goldegg-Gasse 6. Karl Reichert in Wien VIII, Josefstadt, Benno- Gasse 26. F. W. Schieck, Berlin, Hallesche Str. 14. Franz Schmidt & Haensch, Berlin, Stallschreiber- Strasse 4. W. & H. Seibert (E. Gundlachs Nachfolger) in Wetzlar. Paul Waechter, Berlin, Grüner Weg 16. R. Wasserlein, Berlin, Bernburgerstrasse 34. Rudolf Winkel in Göttingen. Dr. Karl Zeiss in Jena. Kleine Utensilien des Mikroskopikers. Die zum Anfertigen mikroskopischer Präparate erforderlichen Instrumente sind folgende: I. Einige gute Rasiermesser. 2. Skalpelle zum Zurechtschneiden des Pfianzen- teilles vor dem Schneiden mit dem Rasiermesser. 3. Präparier-Nadeln und Lanzetten. 4. Zwei verschieden gebaute Pinzetten. 5. Eine kleine Schere. 6. Mehrere Tusch- oder Haarpinsel. en 7. Dünne Glas-Stäbe zum Zusetzen der Rea- gentien. 8. Kleine Porzellanschälchen mit flachem Boden. 9. Einige Uhrgläser von verschiedener Grösse. ıo. Eine Spirituslampe nebst Dreifuss. ıı. Glasglocken zum Schutz der Präparate oder Kulturen. T2.@ Reazentien. DD: Pflanzenreich gliedert sich in folgende grosse Abteilungen: A. Phanerogamen — Samenpflanzen. I. Angiospermen — Bedecktsamige. a. Dikotyledonen — Zweikernblättrige; b. Monokotyledonen — Einkernblättrige. IH. Gymnospermen — Nacktsamige. B. Kryptogamen — Sporenpflanzen. I. Cryptogamae vasculares — Gefässkryp- togamen. a. Filices — Farne; b. Lycopodiaceen — Bärlappgewächse; c. Equisetaceen — Schachtelhalme; d. Rhizocarpeen — Wurzelfrüchtler. II. Cryptogamae cellulares — Zellenkryp- togamen. Bryophyten: a. Musci frondosi — Laubmoose; b. Musci hepatici — Lebermoose; (c. Characeae — Armleuchtergewächse.) Thallophyten: a. Algae — Algen: b. Lichenes — Flechten; c. Fungi — Pilze. Bin 2183 I. Die Pilze. Die Pilze sind als die niedrigste Klasse des Pflanzenreichs zu betrachten. Niemals finden wir in ihren Zellen Chlorophyll, das allen andern Pflan- zen (mit alleiniger Ausnahme der Flechten) die herr- liche grüne Farbe verleiht. Sehr bezeichnend nennt sie daher auch Reichenbach ‚„grünlose Pflanzen“. Ein auf die Dauer giltiges System der Pilze existiert zur Zeit nicht, da von vielen Arten unsere Kenntnis noch sehr mangelhaft ist. G. Winter hat seiner Bearbeitung der Pilze für L. Rabenhorsts Kryptogamenflora II. Aufl. folgende Übersicht zu Grunde gelegt. Schizomyceten Asexuelle Reihe Sexuelle Reihe Saccharomyceten Myxomyceten nn N Zygomyceten Basidiomyceten Ascomyceten Oomyceten. Eine detalliierte Schilderung der einzelnen Grup- pen zu geben, würde den Rahmen vorliegender Ab- handlung zu weit ausdehnen, auch dem Zweck der- selben wenig entsprechen. 1- Das’ Sammeln-der Bilze. Die Pilze benötigen zu ihrer üppigen Entwicke- lung der Anwesenheit von in Zersetzung begriffenen Organismen. Wo Moder und Verwesung vorhanden, wo Pflanzen kränkeln, dort erscheint auch stets eine reiche Pilzvegetation. Keine Klasse der Pflanzen ist daher so allgemein, so allüberall verbreitet, als die der Pilze, da jene Vorbedingungen ihrer Exi- stenz eben überall in der Natur vorhanden sind. a Zu jeder Jahreszeit, vornehmlich jedoch zur Zeit der reichlichen Niederschläge im Spätherbst und Winter, bietet die Natur dem Pilzsammler ihre Gaben dar, bei jeder Temperatur, jeder Witterung vermag er, wie kein anderer Sammler naturwissenschaftlicher Objekte, erfolgreiche Exkursionen zu unternehmen. Nur die eisige Kälte des Winters und hoher Schnee können ihm draussen ein Halt zurufen. Doch drinnen im Haus und Hof findet er auch dann noch seine Beute. Sobald die wärmespendende Sonne und laue Südwinde den Schnee geschmolzen haben, be- ginne der junge Mykologe seine Excursionen. Haupt- sächlich wird ihm der Wald jetzt Vertreter der Pilz- welt bieten, da hier die Grundbedingungen der Pilzentwickelung — verwesende Organismen, Feuch- tigkeit und Schutz vor eisigen Winden — in reichem Masse vorhanden sind. Hier untersuche er vor allem die alten, faulenden Baumstümpfe. Schon von weitem sind die verschiedenfarbigen Stereum- und Corticium-Arten zu erkennen. Bei genauerer Untersuchung, oft unter Zuhilfenahme der Lupe, wird er noch manche Pyrenomyceten, seltener frei- lich Discomyceten und Myxomyceten finden. Die am Boden liegenden, abgefallenen dürren Zweige bieten ferner manch seltenen Fund. Namentlich findet man die Pilze auf der dem Boden zugekehrten Seite entwickelt. Dürre, noch stehende Schösslinge und an den Sträuchern und Bäumen festsitzende dürre Äste sind ebenfalls zu untersuchen; die wasser- reichen, gallertartigen, strukturlosen, mannigfache Gestalt annehmenden Formen der Tremellineen finden sich auf ihnen. An alten Zäunen, Pfählen und Brettern macht sich der rote Dacryomyces stil- latus bemerkbar. Die abgefallenen, faulenden Blätter der Bäume beherbergen wieder andere Arten. ee TAN EZ Auch den feuchtliegenden trockenen Stengeln und Halmen von Kräutern und Gräsern müssen wir un- sere Aufmerksamkeit schenken. — An sonnigen, mit kleinen Moosen — Barbula, Bryum, Ceratodon — bewachsenen Abhängen, an Eisenbahndämmen, Grabenrändern wird man oft Vertreter der Familie der Pezizeen, besonders Humaria- und Leucoloma- Arten sammeln können. Oft sind dieselben freilich zwischen den Moosrasen so versteckt, dass nur ein günstiger Zufall sie entdecken lässt. Durch ihre meist rote Farbe sind sie gekennzeichnet. Wie auch der Sammler von Insekten sich nicht scheuen darf, tierische Exkremente zu untersuchen, da er sonst viele Arten in seiner Sammlung vermissen würde, so muss auch der Pilzsammler diesen Ob- jekten seine Aufmerksamkeit schenken. Besonders ist der Mist von Hirschen, Rehen, Hasen, Hunden und Füchsen zu untersuchen. Die kleinen, punkt- förmigen, schwarzen Sordarien und die Scheiben oder Schüsselchen von Ascobolus-Arten finden sich auf ihnen. Der angehende Pilzsammler mache es sich also zur Pflicht, jedes abgebrochene, am Boden liegende Aestchen, jedes Holzstück, welches auf der Erde liegt, jeden alten Baumsturz, jede Anhäufung von Kräuterstengeln oder Grashalmen, jedes Blatt zu untersuchen, alle anderen im Walde liegenden or- ganischen Gegenstände, wie Mist, faulendes Papier, alte Lappen, Strickenden etc. — letztere Substrate werden von einer ganzen Reihe, oft sehr seltener Pilze erwählt — mitzunehmen, um sie zu Hause im Zimmer untersuchen zu können, da man draussen bei flüchtiger Durchmusterung sehr leicht einen Pilz übersehen kann. Sollten auf diesen Gegenständen sich zufällig keine Pilze vorfinden, so werfe man dieselben doch nicht einfach beiseite. Man kann durch geeignete Kulturen (s. unten) noch Pilze dar- auf erzielen. Nicht selten wird der Fall eintreten, dass man unreife Pilze mitgebracht hat. Man suche diese nun zur Reife zu bringen. Dies geschieht, indem man die Objekte an einem der nächsten Tage wieder hinaus in den Wald trägt und sie an ge- schützter Stelle, mit Laub verdeckt, auslegt. Be- quemer ist es natürlich, wenn ein Garten zur Ver- fügung steht, in dem man dann die Aeste, Blätter etc. in gleicher Weise unter abgefallenes Laub legt. Im April, Mai, Juni richte man sein Augenmerk auf abgefallenes Laub und vorjährige Grashalme, auf denen man selten vergebens nach Pilzen suchen wird. Namentlich findet man auf diesen Substraten Ascosporeen, Sphaeriaceen, Pleosporeen etc. — Da manche Blätter sehr leicht zerfallen, andere wieder ihrer Zersetzung grösseren Widerstand leisten, so muss man eben zur rechten Zeit die verschiedenen Lokalitäten aufsuchen. Wie der Augenschein lehrt, dauern die Blätter unserer Eichen am längsten, man wird demnach auch auf ihnen noch später im Jahre Vertreter der Pilzwelt finden. Auf vorjährigen, stehenden oder am Boden lie- genden Kräuterstengeln und Grashalmen finden wir jetzt zahlreiche einfache Pyrenomyceten. Bei stehen- den Stengeln und Halmen achte man hauptsäch- lich auf den untern, von Gras, Blättern oder Moos umhüllten Teil derselben und zwar umsomehr, je trockener der Standort ist. Man wird hier jetzt auch selten die zierlichen, gelblichen oder rötlichen Becher kleiner Pezizeen (Helotium) vermissen. Die dickere Stengel und Äste bewohnenden Diaporthe-, Valsa-, Massaria-Arten etc. gebrauchen meist etwas längere Zeit zu ihrer völligen Entwicke- 9%* re lung, ja dieselben reifen oft erst im Spätherbst oder Winter, oder selbst im Frühling des zweiten Jahres. Auch beim Einsammeln dieser Substrate richte man sich stets nach dem betreffenden Standorte. Ist derselbe feucht, so finde tman die Pilze auch noch an sitzenden oder hängenden, umgeknickten Zweigen und Ästen der Bäume und Sträucher. An sehr nass oder gar direkt im Wasser liegenden Zweigen wird man meist vergebens nach Pilzen suchen, da die darauf wachsenden Arten sehr schnell verfaulen. Stehen die auf Pilze zu untersuchenden Bäume oder Sträucher an trockenen Orten, so achte man nur auf die abgefallenen, am Boden liegenden Zweige und Äste, da die noch festsitzenden dürren Äste meist gar keine Pilze beherbergen oder nur die ersten Entwickelungsstadien derselben zeigen, mithin also unbrauchbar für die spätere Untersuchung und fürs Herbarium sind. Bei noch stehenden Schöss- lingen, Brombeer-Ranken u. s. w. achte man hier stets auf den untern im abgefallenen Laube oder zwischen Moos versteckten Teil derselben. Schöne Discomyceten finden sich hier. Man kann sich übrigens schon durch eine Un- tersuchung mit der Lupe überzeugen, ob der ge- fundene Pilz reif, d. h. Sporen tragend ist. Man durchschneide den Pilzkörper mit dem Messer. Zeigt sich der Innenraum mit einer dicken, schleimigen Masse erfüllt, so nehme man den Pilz mit, da jene Masse von den Schläuchen und Sporen gebildet wird; zeigt das Innere dagegen eine leere Höhlung, so sind die Sporen bereits ausgestreut. Der Pilz ist also zu alt und wertlos. Vom August bis Dezember ist nun die Zeit des Einsammelns besonders für Äste bewohnende Pilze, ferner für Polyporeen, Thelephoreen, Clavarien, ag Gasteromyceten, Myxomyceten und namentlich für Agaricineen, also für Pilze, die im Volksmunde als „Schwämme“ allgemein bekannt sind. Warme Regen im Herbste befördern in hohem Masse die Ent- wickelung der Pilze, und wir sehen deshalb auch zu dieser Jahreszeit die Märkte oft förmlich über- schwemmt mit essbaren Pilzen, während diese in der heissen und trockenen Jahreszeit sehr spärlich auftreten. — Im Waldesdunkel ist die Heimat der Agaricus-Arten. In allen Farben, in rot, orange, gelb, grün, braun, weiss, blau, in den verschiedensten Farben-Nüancen bieten sie sich dem Auge des Be- schauers dar. Doch auch auf Aeckern, Grasrainen, an Wegen, auf bebautem Boden, in Gärten, auf Dung- haufen, auf Wiesen etc. finden wir viele Agaricineen, welche aber weniger durch grelle Farben ausgezeichnet sind. Die als Tintenpilze bekannten Coprinus-Arten suche man an Wegrändern, in Furchen, auf Acker- land, Dunghaufen, am Grunde modernder Baum- stümpfe, in hohlen Weidenstämmen etc. Zur Ein- sammlung dieser oft ephemeren Pilze empfehlen sich die jüngeren Exemplare, da oft die älteren schon auf dem Heimwege von der Exkursion verderben. Die meist plumpen, gesellig wachsenden, oft eine wunder- bare, selbst abenteuerliche Gestalt annehmenden Gas- teromyceten suche man in Wäldern, unter Gebüsch in Parkanlagen, in Hecken, Baumgärten, an Wiesen- rändern u. s. w. — Phallus impudicus Z. macht sich schon von weitem durch seinen höchst wider- lichen Aasgeruch bemerkbar. Die Erdsterne, Greaster, fallen durch ihre zierliche Gestalt leicht ins Auge. — Die Hymenogastrei sind grösstenteils schwer zu finden, da der Pilzkörper meist unterirdisch seine Entwickelung beschliesst, seltener bis zur Hälfte aus dem Boden hervorragt und auch dann gewöhnlich noch vom abgefallenen Laube und den Nadeln der Coniferen bedeckt wird. Äusserlich sind dieselben den 'T'rüffeln nicht unähnlich, doch ein Schnitt durch den Pilzkörper genügt zur Orientierung. Die Schnitt- fläche bei Hymenogastreen zeigt viele kleinere und grössere, verschieden gestaltete, runldiche, läng- liche oder gewundene und gekrümmte Kammern (Hohlräume), bei den Trüffeln besteht der Innen- raum dagegen aus einer festen, marmorierten Masse. In den regenreichen Tagen des September und Oktober ist auch die günstigste Zeit zum Einsam- meln der oft wunderschönen Becherpilze, der Pezi- zeen. Auf festem, kurz berastem Waldboden — besonders in Eichenwaldungen —, auf feuchtem Sandboden, auf Lehmwegen, an Grabenrändern, auf Schuttplätzen, Komposthaufen ist ihre Heimat. Zwischen Moosen, Barbula-, Bryum-, Ceratodon-, Polytrichum-Rasen, lugen die roten Scheiben oder Schüsselchen hervor; oft überdecken sie förmlich den Moosrasen, so dass sie schon von weitem dem Auge bemerkbar sind. Alte Kohlenstellen, Meiler- haufen seien dem Pilzsammler besonders empfohlen. Sie beherbergen manch interessanten Pilz. Auf im Walde liegenden grösseren Federn, auf Hörnern oder Klauen von Tieren, auf dem Gewölle der Raubvögel wächst eine Tuberacee, die schöne Onygena corvina, die bei oberflächlicher Betrachtung für einen kleinen Agaricus gehalten werden könnte; ein Blick .auf die Unterseite des Hutes genügt in- dessen, um uns Gewissheit zu verschaffen. Auch Ascobolus-Arten kommen auf Gewöllen vor. Fau- lendes Papier, alte Lappen zeigen die tiefschwarzen Torula-Rasen, oder sie sind bedeckt mit andern kleinen Pilzen. — Die auf altem Kuh- und Pferde- Dünger wachsenden Pyrenomyceten und Discomy- Begg ceten sind bei trockenem Wetter schwer zu ent- decken; es empfiehlt sich daher, den Dünger an- zufeuchten und dann auf die Anwesenheit von Pilzen zu untersuchen. Die darauf wachsenden Ascobolus-Arten, wie auch alle Pezizeen haben näm- lich die Eigentümlichkeit, bei Trockenheit bedeutend zusammenzuschrumpfen, bei feuchtem, regnerischem Wetter dagegen wieder ihre frühere Gestalt an- zunehmen. Tote Insekten und deren Larven aus den Ord- nungen der Coleopteren, Hymenopteren und Hemi- pteren werden von einer ganzen Reihe von Pilzen bewohnt. Hierher gehören Vertreter der Gattungen Cordiceps, Entomophtora, Laboulbenia, Tarichium etc. — Die allbekannte, im Herbst auftretende Krankheit der Stubenfliege verursacht Entomoph- thora Muscae (Cohn). Die vom Pilze infizierten Fliegen sitzen mit ausgestreckten Beinen und dick angeschwollenem, weiss geringeltem Leibe, gleichsam wie angeklebt an Fenstern und Stubengeräten fest, bedeckt und rings umgeben von einem Hofe weissen Staubes, der von den ausgeschleuderten Sporen des Pilzes gebildet wird. Entomophth. sphaerosperma Fres. richtet unter den Raupen des Kohlweisslings oft grosse Verheerungen an. Auf toten, in den heissen Tagen des Sommers im Wasser liegenden Tieren siedeln sich Saprolegnien an. Auch der Körper des Menschen wird von Pilzen nicht verschont. Ver- treter aus der Familie der Schizomyceten sind es, die hier ihre Wohnstätte haben; so findet sich z. B. in dem weissen, sich an die Zähne setzenden Schleim Leptothrix buccalis Rodn. Auf Brot und Käse, auf stehenden Speiseresten, Früchten etc. treten sehr häufig Pilze auf, die als „Schimmel“ bezeichnet werden. Auf gekochten Kartoffelscheiben, Stärke- kleister, Fruchtdekokten entwickeln sich Schimmel- Pilze und Schizomyceten. An dem feuchten Holzwerk in Kellern und Berg- werken, an den Tapeten in feuchten Zimmern sie- deln sich gerne Pilze an. — Die Gruppe der Tube- raceen führt mit wenigen Ausnahmen im lockern Waldboden ein unterirdisches Dasein. In Algen vegetieren parasitische Pilze. Die verschiedenar- tigsten Flüssigkeiten werden von Schizomyceten be- wohnt, im Blute, Urin, Magensafte, in Wunden wuchern dieselben. Allbekannt sind die Hefenpilze, die im ‚Wein, ‚Bier etc. ‚die verschiedenartissten Zersetzungen hervorrufen. Es erübrigt uns nun noch, die auf lebenden Pflanzenteilen parasitierenden Pilze in den Kreis unserer Betrachtung zu ziehen. Wenn wir von den wenigen, auf Flechten para- sitisch lebenden Pilzen absehen, die auch im Winter gesammelt werden können, so ist das Leben der- selben an die wärmere Jahreszeit gebunden. Wenn es draussen im Freien wieder sprosst und grünt, wenn Wald und Feld und Flur sich mit Phanero- gamen schmücken, dann treten auch die heimlichen Feinde derselben, die pilzlichen Schmarotzer auf. Peronosporeen eröffnen im zeitigen Frühjahr den Reigen. Sie erscheinen als ein grauer Überzug auf der Unterseite der Blätter, während die Oberseite meist eine gelbliche Fleckenbildung annimmt. Ver- einzelt findet man Peronosporeen auch im Sommer, etwas häufiger wieder im Herbst. Im April und Mai treten nun die Aecidien-Formen der Uredineen auf. Meist auf der Unterseite der Blätter, aber auch an Stengeln und dünnen grünen Zweigen vorkom- mend, bilden sie hier gewöhnlich rundliche Häufchen von gelblicher Farbe, doch treten sie auch in un- regelmässiger Anordnung auf der ganzen Blattfläche auf. Es sind kleine, becher- oder schüsselförmige Behälter, die anfangs geschlossen, später aber weit geöffnet sind und einen zierlich eingeschnittenen Rand erkennen lassen. Einzelne Aecidien findet man auch noch im Sommer und Herbst. Treten sie in Menge auf der betreffenden Pflanze auf, so rufen sie eigentümliche Deformierungen derselben hervor. Wem sind nicht schon die Veränderungen aufgefallen, welche durch Aecidium Cyparissiae an Euphorbia Cyparissias veranlasst werden. Der Habitus der Pflanze ist völlig verändert. Ebenfalls im April und Mai erscheinen auf angeschwollenen Stellen der Zweige der Juniperus-Arten die gelblichen oder rotbraunen, gallertartigen zylindrischen, zungen- oder bandförmigen, oft gekrümmten und gebogenen Fruchtkörper der Gymnosporangien-Arten. Im Mai und Juni tritt nun ferner die Bildung der Uredo-Formen, jene gelblichbraunen oder rost- gelben, rundlichen, ovalen, bis länglich-linealischen Sporenhäufchen auf den Blattflächen der Pflanzen auf. In den Sommermonaten erreichen diese den Höhepunkt ihrer Entwickelung. Vom Juli bis zum Spätherbst folgt dann die weitere Fruchtform der Uredineen, die Teleuto- sporen, die überwinternden Sporen. Die Teleuto- sporenlager zeichnen sich meist durch dunklere Fär- bung vor jenen der Uredo aus. Habituell zeigen sie sonst keinen Unterschied. In früherer Zeit, als man noch nicht wusste, dass die verschiedenen Aecidien- und Uredo-Formen nur Entwickelungszustände anderer Pilze — Puccinia, Uromyces, Gymnosporangium, Chrysomyxa etc. — darstellen, wurden Aecidium und Uredo als selbst- ständige Genera betrachtet. Heute existieren diese 9 — a als solche nicht mehr, sondern nur ihre Namen als Bezeichnung für verschiedene Stadien der Entwicke- lung eines und desselben Pilzes sind erhalten, so ist z. B. Aecidium leucospermum DC. die Aecidien- form zu Puccinia fusca (Relh). Allerdings gibt es noch eine ganze Anzahl Aecidien- und Uredo-Arten, von denen man die dazu gehörige Teleutosporen- form zur Zeit noch nicht kennt. Dieselben behalten vorläufig ihren alten Namen. Eine Reihe von Uredineen ist dadurch aus- gezeichnet, dass sie ihre verschiedenen Entwickelungs- zustände — Aecidium, Uredo, Teleutosporen — nicht auf derselben Nährpflanze beenden, sondern verschiedener Wirte bedürfen. So gehört das auf Rhamnus Frangula Z. und R. cathartica Z. auf- tretende Aecidium zu Puccinia coronata Corda. Diesen notwendigen Wohnungswechsel, den der Pilz zu seiner vollständigen Entwickelung vornehmen muss, bezeichnet man mit dem Namen „Heteröcie“* im Ge- gensatz zur „Autöcie“, d. i. Wohnungsbeständigkeit. In den Sommermonaten treten nun auch ferner die verderblichsten aller pflanzlichen Parasiten auf, die Ustilagineen, Brandpilze. — Dieselben bewohnen teils die Blütenteile und Fruchtknoten und zerstören diese gänzlich, teils rufen sie in dem Gewebe der Blätter längliche, dunkle, von der durchscheinenden Epidermis bedeckte Streifen hervor, teils bilden sie an den Stengeln, Halmen und Blättern grosse, meist rundliche Anschwellungen. Besonders haben von ihnen die Gramineen und darunter vorzugsweise die Getreidearten, ferner Cyperaceen, Liliaceen, Poly- goneen und Sileneen zu leiden. Welchen Schaden sie anrichten können, weiss am besten der Land- wirt, wird ihm ja nicht selten durch sie die Hälfte, ja zwei Drittel der ganzen Ernte zerstört. Synchytrien findet man namentlich in den regen- reichen Monaten des Frühjahrs und des Herbstes. Der unter dem Namen „Mehltau‘ allgemein be- kannte weissgraue Überzug so vieler Pflanzen rührt von Erysipheen her, deren Conidienformen ‚„Oidium“ im Laufe des Sommers erscheinen und bis in den Herbst vegetieren. Die Schlauchsporen der Frysi- pheen findet man in den kleinen, punktförmigen, schwarzen Perithecien, die sich von dem grauen Oidium deutlich abheben. — Den ‚„Russtau‘“, der gewöhnlich die Oberfläche der Blätter so vieler Pflanzen befällt, rufen Cladosporium-, Capnodium- und Fumago-Arten hervor. Die niedern Entwicke- lungsstadien vieler Pilze, jene zahlreichen Formen, welche als Spermogonien, Pycniden, oder auch Coni- dien bekannt sind, bewohnen lebende Pflanzenteile und rufen hier stets eine Fleckenbildung hervor. Vertreter der alten Gattungen Septoria, Ascochyta, Phyllosticta, Ramularia etc. gehören hierher. In den Monaten August bis Oktober erreichen diese Formen den Höhepunkt ihrer Entwickelung. Reka- pitulieren wir vorstehendes, so muss es sich auch der Mykologe zur Pflicht machen, jedes Blatt, das Fleckenbildung, oder weisse, graue oder schwarze Überzüge zeigt, zu untersuchen. Nicht selten zeigt der infizierte Pflanzenteil eine Missbildung, Ver- krümmung oder blasige Auftreibung. Die Fleckenbildung der Blätter kann freilich auch tierischen Ursprungs sein, hervorgerufen durch Insektenstiche, Minierraupen etc. Nicht gar zu oft wird man sich täuschen lassen; einige Übung lehrt bald das Richtige erkennen. © 2, Das Präparieren der gesammelten Pilze Zum Transportieren der frisch gesammelten Pilze bedient man sich einer Mappe und einer Botanisiertrommel oder Reisetasche. Die Mappe besteht aus zwei Pappdeckeln, welche mittels durch- gezogener Schnüre zusammengebunden werden. Die Pappdeckel durch einen Leder oder Leinwandrücken zu verbinden, ist nicht gerade notwendig. In die Mappe legt man zunächst als Umschlag einen grös- seren Bogen recht starken Packpapiers und in diesen ferner eine beliebige Anzahl einzelner Bogen Papier. Zweckmässig ist es, auch an den beiden schmalen Seiten der Mappe Schnüre anzubringen, durch deren Zusammenbinden das Herausfallen einzelner Pilze verhütet wird. Diese Mappe dient zur Aufnahme der Pilze, die auf Blättern, Stengeln, Halmen und dünneren Ästen vorkommen. In jeden Bogen lege man stets nur eine Art. Hierdurch wird von vorn- herein ein Durcheinanderkommen der verschiedenen Pilzarten verhütet und so die spätere Untersuchung wesentlich erleichtert. Man häufe die Blätter dicht aufeinander, wodurch sie viel länger frisch bleiben und ein Einlegen auch am nächsten, oder selbst einem noch späteren Tage ermöglichen. Die Botanisiertrrommel oder Reisetasche dient zur Aufnahme der dickeren Äste, der auf dem Boden oder an Baumstümpfen, auf Rinde oder Mist ge- sammelten Pilze. Es empfiehlt sich, stets einige kleine Schachteln mitzunehmen, um darin Pezizeen, Myxomyceten, welche schon durch leichten Druck beschädigt werden, aufzubewahren. Selbstverständ- lich wird auch in der Trommel jede Pilzart für sich in einen Bogen Papier eingeschlagen. Eine Lupe, ein scharfes Messer, eine kleine Stichsäge, unter Umständen auch Hammer und Meissel bilden die fernere Ausrüstung des Mykologen. Die pilzbefallenen Blätter und weicheren Pflanzen- teile werden wie phanerogamische Pflanzen zwischen Fliesspapier unter Anwendung gelinden Drucks ge- presst. Zu scharfer Druck zerstört die Pilzhäufchen. Dickere Stengel, Halme und Äste trocknet man, ohne sie einzulegen, an der Luft. Sind die Stengel und Äste sehr dick, so werden sie der Länge nach gespalten. Dicke Holzstücke von Hirnschnitten zer- schneidet man zu dünnen Scheiben und trocknet sie gleichfalls an der Luft. Die schönen Pezizeen bringe man niemals in die Pflanzenpresse;, sie wer- den dadurch nur zerstört. Die kleinen, auf feuchter Erde oder zwischen Moosen wachsenden Humaria-, Leucoloma-Arten etc. hebt man mit einer dünnen Schicht Erde ab, presst sie aber ebenfalls nicht. Da diese Erdstückchen und kleinen Moosrasen leicht auseinanderfallen, so befestige man dieselben durch eine Gelatinelösung auf festem Kartonpapier oder noch besser in flachen Pappschachteln (Apotheker- schachteln). Auf dieselbe Weise verfahre man mit den Myxomyceten, Telephoreen und kleinere, flache Polyporeen trocknet man unter Anwendung gelinden Drucks. Will man grössere Polyporeen im Herbarium selbst aufbewahren, so fertigt man davon etwa !a—ı cm dicke Radialschnitte an. Dieselben zeigen die Form des Hutes und die Poren. Wie wir gesehen haben, verursacht bei den bis- her angeführten Pilzen die Präparation derselben fürs Herbarium keine Schwierigkeiten. Wesentlich anders liegt nun die Sache bei den grösseren, flei- schigen Hutpilzen. Alle früheren Versuche, diese Pilze so zu präparieren, dass sie ein brauchbares ER 1 Objekt für das Pilzstudium abgeben, fielen fruchtlos aus. Man suchte deshalb nach anderweitigen Hilfs- mitteln. Lange Zeit begnügte man sich.mit Abbil- dungen. Wohl sind Abbildungen von nicht zu un- terschätzendem Werte, namentlich bei Vergleichung der Formen leisten sie gute Dienste, doch können sie nie das Objekt selbst ersetzen. Die Abbildung kann man nicht studieren, ihr fehlt das Körperliche. Nur in dem Falle werden Abbildungen bleibenden Wert haben, wenn sich die Hand des Künstlers mit dem speziellen Forscher vereinigt. Nur Hand- zeichnungen nach der Natur können die Farben- nüancierungen wiedergeben. Jede Vervielfältigung derselben durch Druck wird aber mehr oder weniger Mängel hervorrufen. Der Preis solcher kolorierter Druckwerke ist aber ein so hoher, dass’ es ver- hältnismässig nur wenigen vergönnt ist, sich die- selben anzuschaffen. Von andern wurden Pilzmodelle aus Wachs oder Papiermach& hergestellt. Es lässt sich nicht be- streiten, dass solche Pilzmodelle, vorausgesetzt, dass sie sorgfältig” ausgeführt und gut koloriert sind, zum Bestimmen der Pilze sehr gut gebraucht werden können; die Natur zu ersetzen, vermögen aber auch sie nicht. Hierzu tritt noch zweierlei. Soll solche Sammlung plastischer Pilze gut erhalten bleiben, so ist sie sorgfältig vor Staub zu schützen. Dieselbe muss in gut verschliessbaren Schränken aufbewahrt werden. Solche Schränke sind aber nicht billig und nehmen einen grossen Raum ein. Schon letzteres allein verbietet oft die Anschaffung einer solchen Sammlung. Ferner ist der Preis dieser Pilzmodelle ziemlich bedeutend. So kostet z. B. die Arnoldische Pilzsammlung — die beste ihrer Art — bis jetzt 176 Mark. Dafür erhält man 264 Nummern. ee Im Jahre 1827 wurde von Lüdersdorfi*) em- pfohlen, die Hutpilze auf folgende Art zu präpa- rieren. Man lasse die frischen Pilze etwas abtrocknen, lege sie dann in ein Gefäss, das mit gewöhnlichem Hammeltalg gefüllt ist und erhitze diesen bis auf etwa 55° C., so dass die Pilze vollständig von dem flüssigen Talg durchdrungen werden. Damit der Talg besser eindringen kann, werden die dicken Pilze mit einer Nadel durchstochen. Hat man Pilze mit langen, dünnen Stielen, so zieht man durch diese einen Draht, ihnen dadurch die erforderliche Halt- barkeit gebend. Solche präparierte Pilze sollen (nach Lüdersdorff) genau ihre Gestalt und Farbe behalten. Von verschiedenen Forschern angestellte Versuche haben aber ergeben, dass diese Behaup- tung sich keineswegs bewahrheitet. Die grossen, dicken Hutpilze, besonders Boletus-Arten, werden überhaupt nur dann von dem Talg vollständig durch- drungen, wenn man den Hut und auch den Stiel durch Nadelstiche fast siebartig durchlöchert. Da- durch aber werden die Exemplare völlig verunstaltet und sind wertlos. Auch die Farbe des Pilzes ver- ändert sich sehr schnell. Bei Anwendung ganz frischen Hammeltalges hielt sich die Farbe einige Zeit, je älter der Talg war, desto schneller vollzog sich der Farbenwechsel. Da auch diese Methode sich nicht bewährte, griff man zu dem einfachsten Mittel, die Pilze zu trocknen, zurück. W. Lasch in Driesen machte im Jahre 1830 auf *) Das Auftrocknen der Pflanzen fürs Herbarium und die Aufbewahrung der Pilze nach einer Methode, wodurch jenen ihre Farbe, diesen ausserdem auch ihre Gestalt erhalten wird. Bearbeitet von F. Lüdersdorff, Berlin, 1827. Haude und Spenersche Buchhandlung. 8. m. Kpfrt. Preis 2 M. ZEN) 7 2 ua 2 eine neue Art der Präparation aufmerksam. Ihm, dem ausgezeichneten Mykologen, war ja bekannt, dass grössere Hutpilze sich nicht zwischen Fliess- papier trocknen lassen, dass freiliegende aber beim Trocknen sich zu sehr verkrümmen und zusammen- schrumpfen, deshalb sagte er sich, muss man sich begnügen, gewisse instruktive Teile von ihnen zu erhalten. Er empfahl nun, Längendurchschnitte von Hut und Stengel anzufertigen und diese zu- sammen mit dem von den fleischigen Teilen mög- lichst befreiten Hut nach Art der Phanerogamen zwischen Fliesspapier zu trocknen und die trockenen Stücke auf Papier mit schmalen Streifen gummierten Papiers zu befestigen. Letzteres wurde von B. Auers- wald 1860 dahin modifiziert, dass er die Pilzschnitte ganz mit Gummi arabicum auf Papier aufklebte. So viel Mühe man sich nun auch gab, so oft man auch das Trockenpapier wechselte, die Resul- tate befriedigten nicht. Die Farben veränderten sich gar bald und Insekten zerstörten die Präparate in der Sammlung. Daher vermochte sich auch diese Methode keinen Eingang zu verschaffen. Die Hut- pilze blieben nach wie vor das Aschenbrödel. Man sehe nur ältere Sammlungen nach. Die so arten- reiche Familie ist am wenigsten vertreten. Und trifft man auf Hutpilze, so sind dieselben entweder dunkelbraun oder völlig schwarz. Jede Spur der ursprünglichen Farbe ist verloren. Endlich, im Jahr 1880, wurde nun von G. Her- pell in St. Goar eine Methode veröffentlicht, welche alle diese Übelstände mit einem Schlage beseitigt. In seinem Büchlein (G. Herpell, Das Präparieren und Einlegen der Hutpilze für das Herbarium. Bonn, 1880... 8. m. 2 Kpfrt.. Preis 3 Mare) hespreht Verfasser in ausführlichster, minutiösester Weise Fe seine Art und Weise der Präparation. Es ist daher jedem sich für die Sache Interessierenden ein Durch- lesen des Büchleins zu empfehlen. — Meine Auf- gabe kann nicht sein, alle Einzelheiten dieser Me- thode hier anzuführen, das würde fast einem Ab- schreiben des ganzen Büchleins gleichkommen. Doch kann ich nicht umhin, die Bemerkung zu machen, dass die Anwendung der Herpellschen Methode eine grössere Kenntnis der Hutpilze voraussetzt. Herpell wendet statt des Gummischleims tieri- schen Leim, die Gelatine an, da diese sich gegen Pflanzenfarben nahezu indifferent verhält. Er ver- fertigt zunächst sogenanntes „Gelatinepapier‘, das man durch dickes Bestreichen von starkem Schreib- papier mit einer Lösung von ı Teil Gelatine in 5 Teilen Wasser erhält. Zum Gebrauche macht man es auf der nicht bestrichenen Seite nass und legt es mit dieser Seite auf eine flache, angefeuch- tete Schüsse. Nun beginnt man mit der Anfer- tigung der Präparate. Man teilt mit einem recht scharfen Messer den ganzen Pilz, also Hut samt Stiel, in zwei gleiche Hälften. Von jeder dieser Hälften schneidet man nun von oben nach unten etwa 2 mm dicke Blätter ab, die somit einen Längs- durchschnitt des ganzen Pilzes darstellen. Diese Blätter legt man auf das Gelatinepapier. Von einem zweiten, ebenfalls halbierten Exemplar schneidet man dicht unter dem Hute die Stielhälften ab und ver- sucht nun von den Hutstücken. sowohl wie von den Stielstücken das Fleisch bis auf eine ganz dünne Schicht wegzuschneiden. Hierzu eignet sich am besten ein Messer mit abgerundeter Spitze. Auch diese Stücke werden auf das Gelatinepapier gelegt. Das Letztere nimmt man nun von der Schüssel, lässt es etwas abtrocknen und bringt es dann zur völ- BE. ae ligen Austrocknung in die Pflanzenpresse. Die auf dem Gelatinepapier aufgetrockneten Präparate wer- den nun mit der Schere ausgeschnitten und mit Gummi arabicum auf weisses, starkes Papier geklebt. Es ist jedoch unbedingt notwendig, diese Präparate zuvor zu vergiften. Dies geschieht am besten mit einer Ioprozentigen Auflösung von (JQuecksilber- chlorid in Spiritus, mit der man die trockenen Präparate bepinselt. Um sie vor Staub und Schimmel zu schützen, empfiehlt sich ein schwacher Überzug von Collodium. Das Aufkleben der getrockneten Stücke geschieht folgendermassen. Zuerst wird der Stiel aufgeklebt, dann setzt man an das obere Ende desselben eine Huthälfte, so dass man hierdurch eine Seitenansicht des Pilzes erhält. Die Längenausschnitte werden daneben geklebt. Für die wissenschaftliche Bestimmung ist es unbedingt notwendig, die reifen Sporen zu besitzen, um sie mit dem Mikroskope untersuchen zu können. Dieselben sind sehr leicht zu erhalten. Man schnei- det von einem Pilz den Stiel ab und legt den Hut auf ein Blatt Papier. Die Sporen streuen von selbst aus. Sie geben ein naturgetreues Bild der Hut- unterfläche; jede Lamelle, jede Pore spiegelt sich wieder. Bei Herstellung dieser Sporenpräparate ist noch ein Punkt zu berücksichtigen: die Farbe der Sporen. Man darf für die verschiedenen Pilze nicht ein und dasselbe Papier zum Auffangen der Sporen verwenden, so würden z. B. weisse Sporen auf weissem Papier sich kaum erkennen lassen. Man nimmt daher verschieden gefärbtes Papier. Ungefähr lässt sich schon von der Farbe der Lamellen, be- sonders der älteren Exemplare, ein Schluss auf die Farbe der Sporen ziehen. Um nun das so ge- a a wonnene Sporenbild dauernd zu erhalten, bestreicht man die Unterseite des Papiers mit einer Klebe- flüssigkeit.. Man verwendet hierzu entweder eine spirituöse Harzlösung, oder Gummischleim oder Gelatinelösung. Herpell schildert nun in sehr aus- führlicher Weise, welches von den genannten Klebe- mitteln und in welcher Zusammensetzung man es für die einzelnen Pilzgattungen und Ordnungen ge- brauchen kann. Dem Anfänger, der nur wenige Agaricineen kennt, dürfte es schwer werden, aus allen den angeführten Modifikationen das Richtige zu treffen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen genügt eine Auflösung von Schellack in Spiritus. Diese Herpellsche Methode liefert sehr instruktive Präparate. Doch erfordert ihre Herstellung einen bedeutenden Zeitaufwand. Will jemand Pilzpräparate in grösserer Zahl anfertigen, so möchte ich folgendes empfehlen. Die frischen Stengel- und Hutschnitte bestreicht man auf der Innenfläche mit einer recht dicken Gummi arabicum- oder Gelatinelösung und legt sie sogleich auf weisses Kartonpapier. Die Flüssigkeit dringt in die Substanz der Schnitte ein und verdrängt die Feuchtigkeit. Diese Präparate lässt man etwas an der Luft abtrocknen und bringt sie dann in die Pflanzenpresse. Nach einigen Tagen sind sie vollständig trocken. Die Farbe ist bei allen von mir auf diese Weise angefertigten Präparaten gut erhalten. Man erspart sich die Mühe des An- fertigens des Gelatinepapiers, des Ausschneidens der trockenen Pilzstücke und des nochmaligen Auf- klebens derselben. Kleine Agaricineen, z. B. Marasmius-, Collybia- Arten u. a. trocknet man am besten ganz, ohne sie zu zerschneiden. Aus mir zugegangenen, brief- lichen Mitteilungen entnehme ich über diesen Punkt 3* folgendes. Um ganze Pilze zu trocknen, bediene man sich des Trockenofens, als solcher ist z. B. der Bratofen in der Küche gut zu verwenden. Auf eine dicke Schicht Fliesspapier lege man die zu trocknenden Pilze und erhitze nun den Öfen so, dass die Pilze „knochentrocken‘ werden. Da die Hitze die Feuchtigkeit schnell absorbiert, so haben diese trockenen Pilze meist gut ihre natürliche Farbe behalten. In diesem Zustande sind sie aber sehr zerbrechlich und können daher nicht in der Mappe untergebracht werden. Man legt deshalb nun die Pilze auf angefeuchtetes Papier oder in den Keller. Dieselben saugen schnell so viel Feuchtigkeit auf, dass sie geschmeidig werden. Man drückt die Exemplare nun mit den Fingern etwas zusammen, und trocknet sie völlig in der Pflanzenpresse. Vor- teilhafter dürfte es sein, diese Pilze an Orte zu legen, welche stark der Zugluft ausgesetzt sind und sie noch vor der völligen Austrocknung zu pressen. Die gesammelten ganzen Pilze in einer Konser- vierungs-Flüssigkeit aufzubewahren, zeigt dieselben Übelstände, wie jene Sammlung plastischer Pilze, ja noch in höherem Masse. Der Preis der Flüs- sigkeit und der nötigen Gläser würde ein ganz enormer sein. Eine solche Konservierungs-Flüssigkeit, welche Fäulnis und Schimmelbildung verhindert, zugleich aber Farbe und Gestalt unverändert erhält, ist auch zur Zeit nicht bekannt. Weder Salzwasser, noch verdünnter Alkohol besitzen diese Eigenschaften. Ersteres vermag die Fäulniserscheinungen nur kurze Zeit hinzuhalten, letztere Flüssigkeit extrabiert die meisten Farbstoffe. Dasselbe tritt bei einer Mischung aus gleichen Teilen Glycerin und Wasser ein. Die Wickersheimersche Konservierungs-Flüssig- keit ist überhaupt für pflanzliche Organismen nicht anzuwenden. Sie extrahiert die Farben infolge ihres hohen Gehaltes an Methylalkohol (Holzgeist), ferner erfolgt schon nach kurzer Zeit eine so tiefgreifende Zersetzung des Zellgewebes, dass z. B. Pilze schliess- lich eine weiche, schlüpfrige, fast gallertartige Masse darstellen und für eine Untersuchung absolut un- brauchbar sind. Will man lebende Pilze behufs Bestimmung an einen Mykologen senden, so empfiehlt sich hierfür eine übersättigte wässerige Salicylsäure-Lösung, der man ein wenig Spiritus beifügt. In dieser Flüssig- keit erhalten sich die Pilze geraume Zeit unverändert. Die getrockneten Pilze werden nun dem Her- bar einverleibt. Jede Form kommt in eine Papier- kapsel, auf der man die Etikette befestigt. Die Pappschachteln klebt man auf Kartonpapier. Sehr grosse Polyporeen können auch einzeln für sich in einem Schranke aufbewahrt werden, doch muss dann im Herbar auf dieselben hingewiesen werden. Das Gleiche gilt von den Schizomyceten, Saccha- romyceten, Saprolegnien, die man am besten in der Präparatensammlung (s. unten) unterbringt. Da es nun nicht möglich ist, alle Pilze selbst zu sammeln, so suche man sein Herbar durch Tausch zu vergrössern. Man wende sich an andere Myko- logen, schliesse sich einem Tauschverein an, oder suche einige der Exsiccaten-Sammlungen zu erwerben, sei es durch Kauf oder durch Beiträge. 3. Das Bestimmen der Pilze Wohl keine andere Abteilung der Pflanzenwelt bietet beim Bestimmen solche Schwierigkeiten dar, Abbe re als die der Pilze. Es liegt dies teils an der Un- masse der vorkommenden Arten, teils an der immer- hin noch sehr lückenhaften Kenntnis vieler der- selben. Selbst der erfahrene Mykologe steht oft vor einem Rätsel. Doch soll dies Geständnis den Anfänger nicht abschrecken. Nur frisch ans Werk, Uebung macht den Meister. Als zu den verhältnismässig leichter zu bestim- menden gehören die Uredineen und Ustilagineen und ferner anschliessend an diese die Perono- sporeen,. Eiysipheen. und Sphaeropsideen,: gene oben angeführten niederen Entwickelungsstufen — Spermogonien, Pycniden und Conidien — von Pyre- nomyceten. In weiterer Steigerung folgen dann Pyrenomyceten, Discomyceten und vor allem die eigentliche Hutpilze, die Agaricineen. Beim Bestimmen leistet nun das Herbarium die besten Dienste, da man immer die vorhandenen Arten zum Vergleiche mit den neu gefundenen an- wenden muss und wird. Die besten Beschreibungen vermögen das zur Vergleichung dienende, richtig bestimmte Exemplar zusersetzen: Folgende Punkte mache sich der angehende My- kologe zu feststehendem Gesetz: ı) alles Beobachtete sofort zu notieren, z. B. bei Agaricineen: Farbe des Hutes, des Stieles und des Fleisches, Farbenwechsel des Fleisches am frischen Schnitte, Konsistenz des Fleisches, ob spröde, zäh, schwammig, Geruch, Aus- scheidung von Säften an Bruchstellen etc. 2) stets die Sporen zu zeichnen und 3) mikroskopische Präparate anzufertigen. Nur die wenigsten Pilze lassen sich mittels der Lupe bestimmen. Zu diesen gehören Gasteromyceten und Hymenomyceten; aber selbst auch hier wird man N das Mikroskop oft noch zu Rate ziehen müssen. Der Bau der Sporen ist auch hier massgebend. — Alle übrigen Pilze lassen sich nur mikroskopisch sicher bestimmen. Die Behandlung der einzelnen Gruppen ist sehr verschieden; im grossen und ganzen folge ich dem oben zitierten Winterschen Werk. Die geringe Grösse, ferner die Formenmannig- faltigkeit einer Species verursacht bei Untersuchung der Schizomyceten bedeutende Schwierigkeiten. Sie erfordern ein Immersionssystem mit mindestens tausendfacher Linearvergrösserung. Die Präparation ist sehr einfach. Man bringt ein Tröpfchen der sie enthaltenden Flüssigkeit, oder ein kleines Teilchen des von diesen Pilzen bewohnten Substrates auf den Objektträger und sucht nun die Art zu bestimmen. Oefter macht sich der Zusatz eines Färbemittels, Jodlösung, notwendig. Die Untersuchung der Saccharomyceten er- folgt auf ähnliche Weise. BeiMyxomyceten empfiehlt es sich, das Prä- parat in einem Uhrglase vorzubereiten. Man nehme ein einzelnes Sporangium oder eine kleine Quantität eines Aethaliums; sollten Formen mit Capillitium vorliegen, so ist dieses durch Ausschwämmen von den anhaftenden Sporen zu befreien. Das Präparat bringt man dann auf den Objektträger unter Zusatz absoluten Alkohols, um zunächst die Luft zu ver- drängen. Nachträglich muss man, wie bei allen Präparaten, noch Wasser hinzufügen. Man bringt einen Tropfen an den Rand des liegenbleibenden Deckglases, worauf sich das Wasser allmählich unter das Deckglas zieht und den Alkohol verdrängt. Die Zygomyceten bilden oft verworrene, dicht verfilzte Hyphengeflechte, welche die Sexualorgane EV eaog = tragen. Man legt ein solches Hyphengeflecht in ein Uhrgläschen mit Alkohol, stellt dasselbe auf einen schwarzen Gegenstand und sucht nun mittels zweier stumpfer Präpariernadeln einen Fruchtträger, eine Zygospore zu isolieren und auf den Objektträger zu übertragen. Doch darf man das Deckglas nicht an- drücken, sondern muss vielmehr zwischen Objekt- träger und Deckglas einen schmalen Streifen Papier oder eine Borste legen, da sonst die Zygospore zerstört wird. Die Synchytrien leben auf Blättern und Stengeln. Sie erfordern Schnitte, welche man von dem Substrat anfertigt und auf dem Objektträger in einem Tropfen Wasser untersucht. — Zum Schnei- den bedient man sich breiter Rasiermesser; je schärfer das Messer ist, desto besser gelingt das Präparat; bei stumpfem Messer werden die Zellen zerrissen und gezerrt, auch darf das Messer keine Scharten aufweisen, weil sonst an der Schnittfläche Streifen entstehen, welche störend einwirken. Grös- sere Gegenstände schneidet man aus freier Hand, indem man sie mit der einen Hand hält und mit der andern das Messer darüber hinwegführt. Dünne, sehr biegsame Gegenstände, wie z. B. Blätter, kann man jedoch nicht mit der blossen Hand halten und verfährt deshalb folgendermassen. Man schneidet ein Stückchen des den Pilz tragenden Blattes ab, steckt es zwischen die Hälften eines Stückes Hol- lundermark, (das letztere hat man vorher mit einem scharfen Messer der Länge nach halbiert) und schneidet nun mit dem Rasiermesser senkrecht auf die Halbierungsfläche des Hollundermarkes von diesem und dem dazwischen steckenden Blattstücke dünne Scheibchen ab. Die fertigen Schnitte nimmt man mit einem feinen Pinsel auf und überträgt sie ae auf den Objektträger. Nach einiger Uebung ge- lingen solche Schnitte sehr leicht. Bei Synchytrien dürfen die Schnitte nicht zu zart sein, weil sonst die die Dauersporen enthaltende Galle zerstört wird. Die Untersuchung der Oosporen der Perono- sporeen erfolgt wie bei Synchytrium. Die Conidien- form bildet die bekannten weissen oder grauen schimmelartigen Ueberzüge auf den Blättern. Mit einem kleinen Messer oder der Staarnadel bringt man eine Partie des Pilzes auf den Objektträger und fügt nun Alkohol hinzu. Die Saprolegnien werden wie die Zygomy- ceten präpariert. Die Ustilagineen lassen sich sehr leicht unter- suchen. Ein wenig Sporenpulver auf den Objekt- träger in Alkohol gebracht, genügt, um Farbe, Bau und Grösse der Sporen zu erkennen. Die habituell gleichen Genera Ustilago und Tilletia unterscheiden sich wesentlich durch die Keimungsweise ihrer Sporen, daher ist es nötig, auch jüngere Entwicke- lungsstadien zu untersuchen, die man in den jüngsten Teilen der vom Pilze befallenen Nährpflanze findet. Um Uredineen zu bestimmen genügt es nicht, wenn man eine Partie des Sporenpulvers aus dem Sporenhäufchen herausnimmt, da sich ‚hierbei der Beobachter über manche Punkte nicht Sicherheit verschaffen kann, so z. B. über die Bildungsweise der Sporen, die Länge ihrer Stiele, die Anwesenheit von Paraphysen etc. Es sind vielmehr Schnitte — ähnlich wie bei Synchytrium — anzufertigen. Doch erfordern dieselben schon grössere Uebung, da die Schnitte sehr fein sein müssen. Die Sporen der Tremellineen, Gasteromy- ceten und Hymenomyceten lassen sich mikro- I PAR ee skopisch sehr leicht untersuchen. (Kolorierte Zeich- nungen des ganzen Pilzes leisten beim Bestimmen dieser Pilze sehr gute Dienste.) — Discomyceten werden in der Weise präpa- riert, dass man mit scharfem Messer oder scharfer Staarnadel dünne Radial-Segmente aus der Cupula ausschneidet, die so ein Stück des Randes und die Aussenseite erkennen lassen. Durch leichten Druck zerteilt man dieselben auf dem ÖObjektträger, um Asci, Sporen, Paraphysen zu prüfen. Wir gelangen nun zu der Gruppe, welche die grössten Schwierigkeiten bei der Untersuchung bietet, zu den Pyrenomyceten. — Ueber folgende Punkte muss man sich zunächst Klarheit zu verschaffen suchen. I) Sind die Perithecien oberflächlich oder ein- gesenkt ? 2) Ist ein Stroma vorhanden, oder sitzen die Perithecien nur in der Substanz des Substrates? Die Perithecien stellen kugelige, birn- oder flaschenförmige, linsenförmige, halbkugelige oder ge- wölbt-schildförmige, ringsum geschlossene Behälter dar. Die auf Halmen, Stengeln und Blättern wach- senden Arten besitzen meist kein Stroma, jedoch findet man dasselbe bei denjenigen, welche Stämme, Zweige, Aeste, Mist und tote-Insekten bewohnen. Einige Pyrenomyceten tragen die Perithecien auf der Oberfläche des Stromas, anderen wiederum fehlen die Perithecien ganz und die Schläuche sitzen büschelweise in nestförmigen Höhlungen des Stromas, z. B. bei den Dothideaceen. — Ferner ist die Sub- stanz der Perithecien zu berücksichtigen, ob fleischig, häutig, lederartig oder spröde-kohlenartig? — Die meisten Perithecien sind schwarz gefärbt, andre — Hypocreaceen — lebhaft, rot, gelb, blau etc. — Be Eine andre Frage ist die, ob eine Mündung vor- handen ist, d. h., ob der Scheitel des Peritheciums von einem Kanale durchbohrt ist. Schliesslich ist noch zu berücksichtigen die Form und Grösse der Schläuche und Sporen, die Zahl der letzteren im Schlauche, die Anwesenheit von Paraphysen etc. — Kleinere Perithecien zerdrückt man auf dem Ob- jektträger, bei grösseren Öffnet man durch einen Horizontalschnitt das Perithecium und hebt den Inhalt heraus. — Die Conidienformen der Ascomyceten prä- pariert man wie diejenigen der Peronosporeen. Bei Spermogonien und Pycniden wendet man zarte Ver- tikalschnitte an. Das Messen der Objekte. Nicht nur die Pilze, sondern auch die grössere Mehrzahl der übrigen Cryptogamen lassen sich nur mittels der mikroskopischen Untersuchung-sicher be- stimmen. Die Grösse der Schläuche und Sporen, der vegetativen Zellen etc. gibt wichtige spezifische Merkmale. Es ist daher für jeden Kryptogamen- forscher unerlässlich, die wahre Grösse des unter dem Mikroskope befindlichen Objektes zu bestimmen. Die diesem Zwecke dienenden Apparate (Mikrometer) messen entweder das Objekt selbst oder das ver- grösserte Bild desselben. Darnach unterscheidet man Objektivmikrometer und Okularmikrometer. Von beiden gibt es je zwei Arten, Schraubenmikrometer und Glasmikrometer. Die Schraubenmikrometer sind teure und leicht zu verderbende Instrumente, daher wird der An- fänger gänzlich von diesen Abstand nehmen, Die meiste Anwendung findet, wenigstens in Deutsch- land, das Okularglasmikrometer. Dasselbe besteht 4 RE aus einer kleinen Glasplatte, in welche ein feiner Massstab, gewöhnlich I mm in 100 gleiche Teile, mit dem Diamanten eingraviert ist. Bei den neueren Instrumenten lässt sich das Mikrometer seitlich von aussen in einen entsprechenden Schlitz des Okulars einschieben. — Wer sich ausführlicher über diesen Gegenstand, das Wie? und Warum? unterrichten will, den verweise ich auf die . oben genannten Werke — Sieht man ins Okular, nachdem man das Mikro- meter mit der Diamantteilung nach unten eingesetzt hat, so erblickt man gleichzeitig den Gegenstand und die Mikrometereinteilung. Durch einige Mani- pulationen — Verschieben des Objektträgers, Drehen des Okulars — sucht man das Objekt mit der Skala in Deckung zu bringen und zählt dann ab, wie viel Teilstriche auf das Objekt entfallen. Die Anzahl der Teilstriche gibt aber die Grösse des reellen Bildes, nicht die des Gegenstandes selbst an. Man muss sich daher über den Wert eines solchen Teilstriches klar werden. Gewöhnlich ist derselbe schon von dem Verfertiger des Mikro- skopes für jedes gelieferte System genau bestimmt. Gegenwärtig gilt als Einheit für mikroskopische Messungen der tausendste Teil eines Millimeters, als Dezimalbruch ausgedrückt 0,001 mm. Diese Einheit wird als Mikromillimeter bezeichnet. Das Zeichen dafür ist uw. — In älteren systematischen Werken sind die Grössenangaben in Bruchteilen von Linien angegeben. Man ist also stets gezwungen, diese auf Millimeter zu reduzieren. Folgende Tabellen dienen zur Vergleichung der gebräuchlichen Masseinheiten. 0$SStro'o oLgstro‘o orz4Lro'o ozEtrho'o (ww 10) n 001 SAN Adehe) SE£ozzo‘o 0298 z0°0 Sg1220'0 (wur 60‘0) n 08 011600'0 bL1600'0 strr600'0 998800°0 (ww zo'o) n oz GSTHroo‘o LsStoo‘o rzLroo'o eetrroo'o (wu 100) n 01 LLzz00'0 E6zz00'0 z98z200'0 9122000 (wur Soo‘o) n $ 116000'0 L16000'0 SP6000°0 L98g000°0 (ww z00'0) n z STyo000 650000 Je nach der Natur der Schlauchfrüchte unter- scheidet man: Scheibenfrüchtige, Stielfrüchtige und Kernfrüchtige. Die unter dem Namen Soredien bekannten meh- lig-staubigen, meist heller als der Thallus gefärbten und auf diesem unregelmässig zerstreuten Häufchen sind ebenfalls bei der Bestimmung der Flechten zu berücksichtigen. Um nun Flechten richtig bestimmen zu können, bedarf man des Mikroskopes. Man fertigt mit scharfem Rasiermesser, ähnlich wie bei den Pilzen, feine Schnitte durch Thallus und Fruchtlager. Die Bildung der Gonidien, der Bau der Schläuche und Sporen sind für die Artunterschiede massgebend. Viele Flechtenarten nehmen nach Anwendung von Reagentien eine bestimmte Färbung des Lagers an. Diese Eigenschaft derselben wird von einigen neueren Autoren benutzt, um allein auf dies Ver- halten hin neue Arten zu basieren. Wenn z. B. Cladonia macilenta (Ehrh.) sich nach Anwendung von Atzkali sofort gelb färbt und dadurch augen- blicklich sicher von der sich nicht färbenden Cl. Floerkeana Fr. unterschieden werden kann, so kann Verfasser doch nur diese Methode als ein immer- hin entbehrliches Hilfsmittel bezeichnen, da jene Arten auch durch andere gute Merkmale hinlänglich charakterisiert sind. Arten, welche nur auf rein chemischem Wege zu erkennen sind, haben nach meiner Ansicht etwa denselben Wert wie jene zahl- losen, mit eigenen Namen versehenen, kaum An- spruch auf das Recht einer Form habenden Arten von Scleranthus oder diejenigen anderer Genera, die von keinem Sterblichen wieder erkannt werden. .— Tk — TittkerTatur Acharius, G., Synopsis meth. Lichenum. Lund 1814. Arnold, F., Die Lichenen des fränkischen Jura. Regensburg 1858—76. Britzelmayer, M., Die Lichenen der Flora von Augs- burg. Augsburg 1874—75. Dietrich, D., Lichenographia germanica, m. Abbild. Jena 1832 — 30. Floerke, H. G., De Cladoniis. Rostock 1828. Flotow, J. v., Lichenes florae Silesiae. 2 Apart. Breslau 1849—50. Fries, E., Lichenographia europaea reformata. Lund. Glowacki, J., Prodromus einer Flechtenflora von (Koerz., &oerz 1871. Hazslinsky, Flechtenflora von Ungarn. Budapest 1884. Hepp, P., Würzburgs Lichenenflora.. Mainz 1824. Koerber, G., Systema Lichenum Germaniae. Breslau 1855. — Parerga Lichenologica. Breslau 1859—65. Krempelhuber, A. v., Lichenenflora Bayerns. Re- gensburg 18061. Kummer, P., Führer in die Flechtenkunde. 2. Aufl. Berlin 1883. Minks, A., Symbolae licheno-mycologicae. Kassel 1881—82. Müller & Pabst. Kryptogamenflora Deutschlands. I, Flechten... Gera 1874. Nylander, W., Synopsis method. Lichenum. Paris 1858—61. Rabenhorst, L., Die Lichenen Sachsens. Leipzig 1870. Sauter, A. E., Die Flechten des Herzogtums Salz- burg. Salzburg. 1872. BE Schaerer, L. E., Lichenum Helveticorum spicilegium. Bern 1823 —42. — Enumeratio critica Lichenum europaeorum. Bern ı851. Stein, B., Die Flechten von Schlesien. Breslau 1879. Zwackh, W. v., Die Lichenen Heidelbergs. Heidel- berg 1883. Exsiccaten-Sammlungen. Arnold, Lichenes exsiccati Tiroliae et Bavariae australis., Jack, Leiner und Stizenberger, Badische Krypto- gamen. Massalongo, A., Lichenes Italiae exsiccati. Rabenhorst, L., Lichenis Europaei exsiccati. — Cladoniae Europaeae. Rehm, H., Cladoniae exsiccatae. IIl. Die Algen. Die Algen sind dadurch charakterisiert, dass sie, rein oder vermengt, stets Chlorophyll enthalten; infolge dessen besitzen sie die Fähigkeit zu assi- milieren, d. h. aus den Elementen Kohlenstoff, Wassertoff, Sauerstoff und Stickstoff, welche in dem umgebenden Medium in verschiedenen, zumeist anorganischen Verbindungen enthalten sind, unter Mitwirkung gewisser Salze und unter dem Einflusse des Sonnenlichts organische Verbindungen, vor- züglich Stärke und Eiweissstoffe, zu bilden. Hierin liegt der alleinige Unterschied der Algen von den Pilzen. Diese besitzen niemals Chlorophyll, bedürfen also zur Ernährung schon vorgebildeter organischer Stoffe. Bei der Klassifikation der Algen begegnet man fast denselben Schwierigkeiten wie bei den Pilzen. Eine Vergleichung der aufgestellten Systeme lässt drei verschiedene Richtungen erkennen. Entweder basiert das System nur auf dem vegetativen Cha- rakter der Alge, oder es ist nur auf die Repro- duktionsorgane Rücksicht genommen, oder endlich ist durch Vereinigung beider Methoden ein mög- lichst natürliches System angestrebt worden. Letz- tere Methode verdient jedenfalls den Vorzug, da durch sie natürliche Verwandte nicht von einander getrennt werden und auch die Fortpflanzungsorgane zu ihrem Rechte kommen. Das Chlorophyll ist in den Zellen der Algen ent- weder rein vorhanden oder mit andern Farbstoffen vermischt, wodurch die mannigfachsten Farbentöne hervorgerufen werden. Auf dies Vorkommen cha- rakteristischer Farbstoffe gründete Harvey sein System. RN, a Nach ihm zerfallen die Algen in: Rhodospermeae. — Zellplasma durch Phyco- erythrin rot gefärbt. Melanospermeae. — Zellplasma durch Phycophäin braun gefärbt. Cyanophyceae. — Zellplasma durch Phycocyan meist blaugrün gefärbt. Chlorospermeae. — Zellplasma rein chlorophyli- grün. Der vorzüglichen Bearbeitung der Meeresalgen für Rabenhorsts Kryptogamenflora durch W. Hauck liegt dieses System ebenfalls zu Grunde. ri. Das Einsammeln der Alsen, Algen lassen sich ebenso wie Flechten und Pilze das ganze Jahr hindurch sammeln, da eben gewisse Familien derselben sehr wenig empfindlich gegen Temperaturunterschiede sind. Wie bei allen Pflanzenabteilungen, so bemerken wir jedoch auch bei den Algen bestimmte Vegetationsperioden. Wäh- rend Diatomeen im Frühjahr am besten gedeihen, ist für Desmidiaceen der Herbst die günstigste Zeit ihrer Entwickelung. Andere Arten, z. B. Ulothrix, ziehen den Anfang der wärmeren Jahreszeit, die Monate Juni und Juli vor; späterhin im Jahre würde man diese vergeblich suchen. Die meisten Arten kehren. konstant jedes Jahr wieder, vorausgesetzt, dass ihre Wohnplätze durch die stets fortschreitende Kultur nicht zerstört worden sind. Andere Arten lieben es, obgleich man sie jahrelang an derselben Stelle beobachtet und gesammelt hat, plötzlich zu verschwinden, um vielleicht erst nach Jahrzehnten wieder aufzutauchen. Ein lehrreiches Beispiel hier- EDER IE EORE für bietet Hydrodictyon utriculatum Zo/h, welche Alge oft plötzlich erscheint und Wasserbassins, Fischteiche etc. in ungeheurer Menge erfüllt, um dann wieder völlig spurlos zu verschwinden. Der Sammler wird also hierauf Bedacht nehmen müssen. Es ist jedenfalls vorteilhaft, gleich beim ersten Auffinden einer Alge so viel Material mit- zunehmen, dass man zahlreiche Exemplare anfer- tigen kann. Ein Ausrotten der Alge ist nicht zu befürchten. Wo Wasser in der Natur vorhanden ist, da siedeln sich auch Algen an. Wir dürfen also nicht allein in grösseren Gewässern, in Meeren, Seen, Flüssen und Bächen nach Algen suchen, sondern auch die Pfützen, Tümpel und Lehmlachen, selbst die unbedeutendsten Wasseransammlungen nicht ausser acht lassen. Ferner bieten überrieselte Fel- senwände, die von dem ausströmenden heissen Dampf der Dampfmaschinen betroffenen Mauern der Fabri- ken, die Innenwände der Warmhäuser in botanischen Gärten, Abzugskanäle u. s. w. eine reiche Fülle von Algentypen dar. Wieder andere Arten wachsen zwischen überrieselten Moose, an dem Holze der Brunnen und auf feuchter Erde. Die grösseren Algen, vornehmlich die im Meere wohnenden Florideen und Fucoideen, ferner die grünen, fadenartigen, unter Wasser an Pflanzen, Holz und Steinen festsitzenden, oft lang flutenden Confervaceen, Zygnemaceen etc. fallen leicht ins Auge. Wesentlich anders liegt die Sache bei den kleineren Arten. Der Laie oder oberflächliche Be- obachter wird oft an Lokalitäten achtlos vorüber- gehen, an denen der Kenner manche seltene Art findet. Alle grünen oder braunen Anflüge an feuchtem Be Holze, die schleimigen Massen an Holz, Steinen und Pflanzenteilen unter Wasser, die rostbraunen oder grünlichen Schlammschichten halb ausgetrockneter Pfützen und Lachen enthalten Algen. Da für diese Formen nur die mikroskopische Untersuchung ent- scheidend ist, so ist man gezwungen, alles das- jenige mitzunehmen, .das anscheinend Algen ent- hält. Der Gedanke „diese oder jene Art besitze ich schon,‘ darf hier nie Raum gewinnen. Ferner sind zu verschiedener Zeit dieselben Lokalitäten wieder aufzusuchen. Oft entwickeln sich in späterer Jahreszeit auf den schon früher an dem- selben Orte gesammelten Algen Parasiten, oder hat man bei dem ersten Besuch der Lokalität nur ste- rile Exemplare gesammelt, so suche man später fertile Exemplare zu erhalten. Zur Ausrüstung des Algensammlers gehören fol- gende Gegenstände: I. Eine Partie geölten Schreibpapiers zum Ein- wickeln der einzelnen Algenarten, oder anstatt dieses Papiers kleine Stücke Wachstuch oder Kautschuk-Leinwand. Ein grösseres Stück Wachstuch oder Kaut- schuk-Leinwand zum Einpacken der kleineren Pakete. 3. Eine Anzahl kleiner, am besten viereckiger Flaschen mit weiter Mündung, um gesammelte Diatomaceen, Desmidiaceen etc. zu transpor- tieren. Die Flaschen werden mit Korkstöpseln verschlossen. Die Zahl der mitzunehmenden Flaschen wird sich stets nach der Dauer der betreffenden Exkursion richten. 4. Eine etwa 6 cm weite, gestielte Blechschale zum Herausfischen und Auffangen der mit der Hand nicht zu erreichenden Algen. Zweck- 186) —. 80. — „ mässig ist es, diese Blech- P schale an einer Stelle des Ran- des, am besten an der rechts vom Stiele gelegenen Seite, mit nach innen gekrümmten, kleinen Zähnen versehen zu lassen, an denen die Algen leichter haften bleiben (Fig. 6). Unter Umständen kann man auch ein Thee-Sieb an Stelle der Blechschale verwenden. 5. Ein Blechlöffel zum Abheben der Diatomeen enthaltenden obersten Schlammschichten. Wenn es der Algensammler irgend möglich machen kann, so nehme er 6. ein kleines Taschenmikroskop mit, um sogleich an Ort und Stelle die Algen auf ihre Brauch- barkeit hin prüfen zu können. Messer und Wanderstab noch namentlich auf- zuführen, ist wohl kaum nötig, da ohnehin diese Gegenstände jeder Botaniker bei sich hat. Der Botanisierrrommel bedarf der Algologe nicht, auch kann er in den meisten Fällen die Pflanzenmappe zu Hause lassen. Er vermag schon eine gute Anzahl Arten in den Taschen seines Rockes zu transpor- tieren. Das grössere Stück Wachstuch schützt hin- länglich die Kleider gegen abtröpfelndes Wasser. Nach der Ankunft zu Hause bringt man jede Art der gesammelten Algen für sich in Gefässe mit weichem Wasser (Fluss-, See- oder Regenwasser). Im Wasser der Brunnen und Wasserleitungen der Städte sterben fast alle Algen bald ab. Hat man Vaucherien gesammelt, so sind diese zuerst zu präparieren, da sie sich auch im weichen Wasser nur kurze Zeit aufbewahren lassen; andere Arten pe halten mehrere Tage aus, ohne zu verderben. Durch Zusatz einer geringen Menge Salzsäure lassen sich eintretende Fäulniserscheinungen hemmen. Arten aus fliessenden Gewässern sind auch eher zu prä- parieren als solche aus stagnierenden Gewässern entnommene. Auf Exkursionen in entfernten Ge- senden wird man selten Zeit und Gelegenheit haben, die Algen sogleich zu präparieren. Um dieselben nun längere Zeit zu erhalten, giesse man auf die in den Gläsern befindlichen Algen halb mit Wasser ver- dünnten Spiritus. Der Spiritus extrahiert freilich die Farben, doch schadet dies nicht viel. Man muss aber später auf der Etikette bemerken, dass die Alge in Spiritus gelegen habe. 2. Das Praparieren der vesammelten Algen. Die Familie der Algen nimmt hinsichtlich des Artenreichtums unter den Kryptogamen die zweite Stufe ein, sie wird hierin nur von den Pilzen über- troffen ; andrerseits aber zeigen uns die Algen einen solchen unerschöpflichen Wechsel der Formen, dass ihnen in diesem Punkte unbedingt der erste Rang zugesprochen werden muss. Werfen wir nur einen Blick auf die Extreme — die mikroskopischen ein- zelligen Diatomeen und die riesenhaften Fucoideen des Ozeans — so geht dies hieraus schon zur Ge- nüge hervor. Innerhalb dieser Grenzen finden wir die zahlreichen Formen jener bald fadenförmigen, bald breit hautartigen, oder krustenförmigen, schlei- migen, gallertartigen und steinartigen Algen. Jede dieser angeführten Formverschiedenheiten erfordert auch eine besondere Präparationsmethode. Wenn ich, dem Vorgange ]J. Naves folgend, bei 6 BR der Besprechung der einzelnen Abteilungen von der systematischen Einteilung abweiche und das habi- tuell Gleiche mit Gleichem vereinige, so geschieht dies zu dem Zwecke, um die sonst unvermeidlichen Wie- derholungen so viel wie möglich zu umgehen. Beginnen wir mit den Diatomaceen. Die Diatomaceen sind einzellige Algen, welche selten zu bandförmigen oder durch ausgeschiedenen Schleim verbundenen Familien vereinigt sind. Die Zellhaut verkieselt (Kieselalgen) und besteht aus zwei von einander trennbaren Hälften, von denen die eine über die andere weggreift, ähnlich wie der Deckel einer Schachtel über den unteren Teil der- selben. Sie enthalten in ihren Zellen einen cha- rakteristischen Farbstoff, ein Gemenge von Chloro- phyll und Diatomin oder Phycoxanthin. Die Verbreitung der Diatomaceen ist unermess- lich. Wohl in jeder, selbst der kleinsten Wasser- ansammlung, findet man ihre Vertreter. Je nach der chemischen Beschaffenheit des Wassers wechseln die Formen. So sind dem salzigen Wasser des Meeres, dem brackigen Wasser und dem süssen unserer Landseen und Flüsse charakteristische Arten eigentümlich. Sehr häufig finden sich ferner Diato- maceen an vom Wasser berieselten Mauern und Steinwänden, an feuchten Felsen und Bergabhängen, in den Polstern der Moose oder in den Lagern anderer Algengattungen. Die verkieselte Zellhaut, der Kieselpanzer, der Diatomaceen ist unverweslich. Jahrtausende gehen an ihm spurlos vorüber. Die Struktur der Wan- dungen erleidet keine Veränderung. Durch diese Eigentümlichkeit erlangen die Diatomaceen eine hohe geologische Bedeutung. Jene fossilen Diato- meenlager sind ein sprechendes Zeugnis. Nament- ee lich kommen Diatomaceen in solchem Boden vor, der Ueberschwemmungen ausgesetzt ist. So ist z. B. die Ackererde längs des Nils so reich an diesen Organismen, dass man in jedem Pröbchen einige Kieselpanzer nachweisen kann. Der Schlamm der Häfen von Wismar, Cuxhafen und Pillau besteht bis zu }s, ja zur Hälfte aus Diatomeenschalen. Durch solche im Laufe der Jahrtausende stattfindenden Ablagerungen wird es erklärlich, dass diese Wesen Felsen, ja grosse, mächtige Gebirgslager erzeugen können. Längst bekannt ist, dass der Tripel von Bilin in Böhmen und Isle de France, da Bergmehl von Lappland, Skandinavien und Santa Fiora in Toscana zum grössten Teil aus Diatomaceenschalen gebildet sind. Diatomeenlager sind aus den meisten Ländern Europas bekannt geworden. Zu den grössten gehören die Lager in der Lüneburger Heide, in den Spree- und Havelniederungen, in und bei Berlin, bei Königsberg i. Pr., Dormblitten Zittau, Franzensbad u. s. w. — Im Guano sind mannig- fache Arten entdeckt worden. Die Kreidefelsen und Feuersteine Griechenlands und des nördlichen Afrika enthalten Diatomaceen. Auch im Bernstein sind sie nachgewiesen worden. Die meisten lebenden Diatomaceen kommen in seichten Gewässern vor, jedoch sind auch Arten aus bedeutenden Tiefen der Meere heraufgezogen worden. Sie überziehen den Bodenschlamm, ins Wasser gefallene Blätter, Steine, unter Wasser be- findliche Pflanzenteile mit einer meist rotbraunen Sehbieht..) Sehr oft, reissen ‚diese ‚Laser, ab ung schwimmen in grösseren oder kleineren Flocken auf der Oberfläche stagnierender Gewässer. Die zwischen Moosen und Fadenalgen lebenden Arten werden samt diesen eingesammelt. Man darf jedoch den Be er betreffenden Rasen nicht stark ausdrücken, weil da- durch die meisten Diatomaceen zugleich mit dem abfliessenden Wasser entfernt werden. Zu Hause wäscht man diese Moos- oder Algenpolster tüchtig aus, lässt die Diatomeen sich zu Boden setzen und giesst dann das Wasser ab. Um aus Oscil- larien-Rasen, welche gern von Diatomeen bewohnt werden, reines Material zu erhalten, kocht man in einem Porzellanschälchen den Rasen mit starker Salz- oder Salpetersäure. Dadurch werden die sonst unvermeidlichen Bruchstücke der Oscillarien zerstört und es bleiben nur die Kieselpanzer der Diatomeen übrig. Findet sich Sand zwischen denselben, so wird derselbe durch Schlämmen entfernt. Ebenso muss auch die den Schalen anhaftende Säure ent- fernt werden. Man bringt die Diatomaceen in ein Gefäss mit destilliertem Wasser und schüttelt sie tüchtig um. Nachdem sich die Schalen gesetzt haben, wird das Wasser vorsichtig abgegossen. Diese Prozedur wird so oft wiederholt, bis in das Wasser getauchtes Lackmuspapier sich nicht mehr rötet, ein Zeichen, dass keine Spur von Säuren mehr vorhanden ist. Selten wird man die auf Schlamm vegetierenden Diatomaceen rein einsammeln können; der rot- braune Ueberzug des Schlammes wird mit einem Löffel abgehoben, etwa auf der Oberfläche des Wassers schwimmende, losgelöste Schlammflocken werden aufgefangen und mit ersterem in einer Flasche transportiert. Um nun diese Diatomaceen rein zu erhalten, d. h. sie von den beigemengten erdigen Bestandteilen zu befreien, ist es nötig, die- selben zu schlämmen. Die ganze Schlammmasse wird in einem grösseren, mit Wasser gefüllten Ge- fässe tüchtig durchgerührt und dann so lange ruhig ENROR RN stehen gelassen, bis die gröbsten Beimengungen — Sandkörner — zu Boden gesunken sind. Die viel leichteren Diatomaceen schwimmen noch alle im Wasser. Letzteres wird nun in ein zweites Gefäss gegossen. Nach kurzer Zeit giesst man die Flüssig- keit in ein drittes Gefäss und fährt so fort. Da die einzelnen Diatomaceenarten verschieden schwer sind, so sind durch dies wiederholte Umgiessen auch die grösseren und zugleich schwereren von den leichteren Arten geschieden. Der Bodensatz der einzelnen Gefässe wird nun unter dem Mikro- skop geprüft. Um die Sandkörner zu entfernen, bringt man den Bodensatz in ein Wasserglas und giesst etwa I cm hoch Wasser darauf. Nach meh- reren Minuten haben sich Sandkörner und Diato- maceen zu Boden gesetzt. Man ergreift nun das "Glas, führt es auf der Tischplatte schnell im Kreise herum, so dass die Flüssigkeit in rotierende Be- wegung versetzt wird. Die schwereren Sandkörner rollen am Grunde des Gefässes, während die leichten Diatomaceen emporgerissen werden. Nun giesst man das Wasser schnell in ein zweites Gefäss. Durch Wiederholung dieser Manipulation lassen sich fast sämtliche Diatomaceen herauswaschen. Um reines Material von lebenden Diatomaceen zu erhalten, empfiehlt sich auch folgende Methode. Man breitet den sie enthaltenden Schlamm auf einem flachen Teller aus, bedeckt letzteren mit einem Stück dünner, weisser Leinwand und stellt ihn ins Licht. Die Diatomaceen sammeln sich nach einiger Zeit auf der Oberfläche und können so bequem abgeschöpft werden. Diese Methode ist jedoch nicht für alle Arten anwendbar. Die verschiedene Schwere der Arten gibt ein gutes Mittel, die einzelnen Arten zu sondern. Munro a empfiehlt, die gereinigten Diatomaceen in eine etwa ı m lange und I cm weite, unten durch eine Vor- richtung verschliessbare Glasröhre zu bringen. Nach ungefähr einer Minute lässt man die unterste Wasser- schichte abfliessen, nach etwa drei Minuten eine neue und so fort in immer längeren Intervallen, bis das ganze Wasser abgelassen ist. Natürlich hat man jede Wassermenge in ein besonderes Gefäss fliessen lassen. Die schwersten Arten, welche inner- halb einer Minute zu Boden sinken konnten, werden sich nun in dem ersten Gefässe befinden, in dem zweiten die nächst schwereren u. s. w. Hat man Material von toten Diatomaceen, so zerteilt man dasselbe fein in Wasser, schüttelt es tüchtig durch und lässt es stehen. Die lufthaltigen Schalen wer- den längere Zeit von dem Wasser getragen — wäh- rend die Beimengungen zu Boden sinken — und: können abgegossen werden. Durch wiederholtes, vorsichtiges Schlämmen wird die weitere Reinigung des Materials erzielt. Um die organische Substanz der Diatomaceen zu entfernen, kocht man sie in einem Porzellan- schälchen mit englischer Schwefelsäure und doppelt- chromsaurem Kali, indem man das angefeuchtete Material mit Schwefelsäure übergiesst und so lange kleine Mengen des Kali zufügt, bis kein Aufschäu- men mehr erfolgt. Hierauf wird das Material durch Wasser von den Reagentien befreit. Ist etwa noch Sand den Diatomaceen anhaftend, so wird derselbe durch Schlämmen entfernt. Von flockigen Massen befreit man die Schalen am besten durch Kochen mit Seifen- oder Ammoniakwasser. Das so gewonnene reine Material wird bis zur Herstellung des Präparates in Weingeist oder in mit Karbolsäure versetztem Wasser aufbewahrt. BE Trockenpräparate für die Präparatensammlung stellt man her, indem man einen Tropfen dieser Flüssigkeit mit einem Pinsel auf den Objektträger oder besser auf das Deckglas bringt. Um die Schalen vor Druck zu schützen, empfiehlt es sich, mit einem Pinsel auf den Objektträger einen dem Deckglas entsprechenden Rahmen von recht dickflüssigem schwarzen Maskenlack (Nr. 3) zu ziehen. Später kann der vollständige Verschluss des Präparats mit demselben Lack vollzogen werden. Hat man Gly- cerinpräparate, so ist als Verschlussmittel Kanada- balsam anzuwenden. Um Herbarpräparate herzustellen, wird die die Diatomaceen enthaltende Flüssigkeit auf Glimmer- blättchen aufgetragen. Die fertigen Glimmer-Präparate werden in Papier- Konvolute eingeschlossen. Dem Konvolut ist eine solche Form zu geben, dass sich die Glimmer- blättchen oder Glastafeln nicht verschieben können. Durch die sonst unvermeidliche Reibung würde das Präparat beschädigt werden. Solche Konvolute sind sehr leicht hergestellt. Man verfertigt Papierstreifen nach Figur 7, legt ' das Glimmerblättchen auf den gleich grossen Teil des Papiers ı, biegt diesen auf 2 und beide auf 3 über; die Seitenteile‘ 4. werden ebenfalls auf 3 übergebogen; oder man nimmt ein viereckiges Stück (Fig. 7), legt das Präparat auf die Mitte des Ab- schnittes ı, biegt diesen auch auf 2 und beide auf 3 über; die freibleibenden Seiten werden schräge übergebogen, so dass das fertige Konvolut die Fig. a zeigt. Abschnitt 4 dient zum Aufkleben der Etikette. Den Diatomaceen schliessen sich in Bezug auf Lebensweise, Vorkommen und Präparation die Desmidieen an. ea Es sind dies oft sehr zierliche Organismen. Die Zellen sind stets symmetrisch, häufig in der Mitte eingeschnürt, einzeln oder zu einfachen Fäden ver- bunden. Der Zellinhalt besteht aus Chlorophyll. = re EN Te 7 Glommer., | | an blattehen | | | Fig. 8. Die Desmidieen sind Bewohner der stehen- den süssen Gewässer, der Teiche, Sümpfe und Gräben. Vorzüg- lich finden sie sich in grosser Menge und Mannigfaltigkeit in den Wasseransammlungen der Torfstiche und Moore. Im Herbst erreichen diese Pflänzchen den Höhepunkt ihrer Entwickelung. Man trifft dann nicht selten auf Wasseransammlungen, auf deren Grund die Desmidieen eine ausgebreitete, ano Or grüne Schicht bilden. Diese sucht man mit einem Löffel vorsichtig abzuheben. Oft erhält man dann die Art rein, ohne jegliche Beimengungen. Die von Desmidieen bewohnten Sphagnum-Polster sind leicht zu erkennen; sie sind mit einem grünlichen Schleim bedeckt und fühlen sich etwas klebrig an. Beim Einsammeln darf man. die Sphagneen nicht aus- drücken, weil sonst zugleich mit dem abfliessenden Wasser die meisten Desmidieen entfernt werden. Zu Hause wäscht man die Algen von den Sphag- neen ab. Nach einiger Zeit setzen sich die ersteren am Boden und an den Wänden des Glases ab und können nun mit einem Pinsel auf Glimmerblättchen übertragen werden. Will man ein solches Trockenpräparat. unter dem Mikroskope betrachten, so muss dasselbe angefeuchtet werden. Dies lässt sich am besten durch mehr- maliges Anhauchen bewerkstelligen. Dadurch setzt sich so viel Feuchtigkeit ab, dass die Desmidieen anquellen. Das Objekt wird nun mit einem Deck- gläschen bedeckt und unter das Mikroskop gebracht. Ohne Anwendung des Deckglases beschlagen die Linsen des Objektivs und geben ein schlechtes Bild. Für Dauerpräparate empfiehlt sich als Einbettungs- flüssigkeit folgende Mischung: 3 Teile Alkohol, 2 Teile destilliertes Wasser und ı Teil Glycerin. Die Methode selbst ist schon oben (bei den Pilzen) näher angegeben. Die Protococcoideen erinnern durch ihre äussere Erscheinung an die Desmidieen. Der Zellinhalt ist chlorophyligrün, sehr selten rotgelb oder braun, jedoch niemals blaugrün. Die Membran ist weich, nicht verkieselt. — Hierher gehören die Volvoca- ceen, Protococcaceen und Palmellaceen. Sie werden auf dieselbe Weise wie die Desmidieen präpariert, 6* Bye Die sogenannte „Wasserblüte‘“ wird von Ver- tretern der Familie der Schizophyceen gebildet. Hierher gehören Polycystis, Anabaena, Aphanizo- menon etc. Die Zellen enthalten Phycochrom und sind sehr verschieden gefärbt, blaugrün, blau, rot, violett, orangegelb, aber niemals chlorophyligrün. Diese Algen müssen sogleich an Ort und Stelle auf Papier aufgefangen werden; sie trocknen sehr schnell. Zu den Schizophyceen gehören ferner eine An- zahl schleimiger und gallertartiger Algen, welche häufig blasige Hüllen oder Scheiden bilden. Man findet sie in stagnierenden Gewässern, auf feuchtem Erd- boden, gern zwischen Moosen und an nassen Felsen. Solche Gallertmassen legt man auf Papier und lässt, sie, an der. Luft: antrocknen, Bei’ späteren Untersuchung feuchtet man sie an, wodurch sie meist vollkommen wieder aufquellen. Hierher sind die Rivulariaceen und Nostocaceen zu stellen. Eine eigene Behandlung erfordert die Gattung Oscillaria.. Die Arten derselben bilden auf Schlamm spangrüne, stahlblaue oder auch braune Überzüge; bei höherem Wasserstande reissen oft solche Massen ab und schwimmen als Flocken auf der Oberfläche des Wassers. Die eingesammelten Massen bringt man zu Hause auf einen tiefen Teller, giesst wei- ches Wasser darauf und stellt denselben in helles Licht.. Die Oscillarien kriechen bald aus, dem Schlamme hervor, sammeln sich an der Oberfläche und können nun in beliebig grossen Stücken ab- geschöpft werden. Brunnenwasser tötet die Oscil- larien schon nach kurzer Zeit. Um nun gute Präparate zu erhalten, teilt man einen halben Bogen recht starkes, weisses Papier in acht Vierecke, befestigt denselben mit Nadeln ee auf einem Brette und legt in die Mitte jedes Vier- ecks ein etwa bohnengrosses Stück des reinen Oscillaria-Rasens. Nun giesst man auf jedes Algen- stück ungefähr einen halben Theelöffel voll weiches Wasser, breitet dasselbe kreisförmig aus und stellt dann das Brett an einen hellen Ort. Gar bald treten aus dem Oscillaria-Rasen strahlenartige Fäden hervor, welche sich bis an den Rand des Wassers ausbreiten. Das Wasser verdunstet allmählich und die Alge haftet mit ihrem Strahlenkranze fest auf dem Papier. Die Oscillaria-Fäden sind sehr zer- brechlich; würde man den Bogen frei, ohne ihn zu befestigen, hinlegen, so verkrümmt derselbe stark und beim Geradebiegen springen die Algen ab. Um von Schizophyceen reines Material zur ent- wicklungsgeschichtlichen Untersuchung zu erhalten, bedient man sich sogenannter Fangapparate. Die fadenförmigen Schizophyceen kriechen gern in abgestorbene Zellen von Wasserpflanzen, z. B. von Lemna, Utricularia etc. oder auch in die Gehäuse von Protoceen und mikroskopischen Krebsen (Cypris- Arten). Meist wandert je ein Faden in eine Zelle ein. Die Schizophyceen haben die Eigenschaft, an den Wandungen der Gefässe über die Wassergrenze emporzukriechen. Schöpft man nun Material aus solcher Gegend, so darf man fast sicher annehmen, die Alge unvermischt zu erhalten. Dieses Material überträgt man nun in Gefässe, welche ausgekochtes Brunnen- oder Sumpfwasser mit den Nährstoff- lösungen enthalten und setzt dann die erwähnten Fangapparate zu. Die Präparation der eigentlichen Fadenalgen, z. B. der Confervaceen, Cladophoreen u. s. w. ge- schieht folgendermassen: Man bringt den grösseren Algenrasen in eine — 32 — Schüssel mit Wasser, reinigt denselben von allen Beimengungen und teilt ihn in so viele Portionen, als man Präparate anfertigen will. Diese kleinen Stücke legt man in ein zweites Gefäss mit reinem Wasser. Man lockert nun den kleinen Rasen so, dass nirgends Klumpen oder Knoten vorhanden sind, schiebt unter denselben ein entsprechend grosses Stück weisses, starkes Schreibpapier, hält mit der einen Hand die Alge auf dem Papier fest und zieht letzteres langsam aus dem Wasser hervor. Die Algenfäden haften an dem Papier fest. Das Wasser lässt man von dem Papier gut ablaufen und legt die Papierstücke dann frei auf Fliesspapier, bis sie fast trocken sind. Dann bringt man sie in die Pflanzenpresse.. Um das Ankleben der Algen an dem Fliesspapier zu verhindern, bedeckt man die- selben mit einem Stück Stearinpapier. Solches Stearinpapier ist sehr leicht herzustellen. Man überstreut einen halben Bogen Papier mit fein zerteilten Stearinabfällen, legt einen zweiten Bogen darüber, streut darauf wieder Stearin und fährt so fort, bis etwa 5—6 Bogen übereinanderliegen. Durch Überstreichen mit einem recht heissen Plätteisen schmilzt das Stearin und dringt in die Poren des Papiers, wodurch dieses ziemlich wasserdicht wird. Zygnemaceen nehmen beim Trocknen stets eine bräunliche oder schwärzliche Färbung an. Für die Untersuchung der Fadenalgen sind nur fruktifizie- rende Arten tauglich. Sterile Vaucherien lassen sich z. B. absolut nicht bestimmen. Eine Anzahl Algen wachsen krustenförmig auf Pflanzenteilen, Rinden, Felsen etc. und bilden auf dem Substrat sammetartige oder filzige Überzüge, so z. B. Chroolepus, Gongrosira u.a. Diese darf man nicht abschaben, sondern muss sie samt dem Substrat Mag. einsammeln. (Man vergleiche das Einsammeln der krustenförmigen Steinflechten). Chroolepus verändert beim Trocknen stets die Farbe, alle Arten haben Veilchengeruch. Es erüb- rigt uns noch, einen Blick auf jene farbenprächtigen, formenreichen Florideen und Fucoideen zu werfen. Mit nur wenigen Ausnahmen gehören dieselben dem Meere an. Begleiten wir den Algologen an den Strand des Meeres. Dort breitet er sich aus vor unsern Augen, der majestätische Ozean, in seiner Ruhe ein Bild der Unendlichkeit, in seinem Wellen- spiel ein Bild leichter Beweglichkeit, wildempörter Naturkräfte. Wie vertieft sich so gern das Auge in das Spiel der Wellen, unermüdet lauscht das Ohr dem Donner der Brandung. Wie sie kommt, die Flut, brausend ihre Wogenmassen dem Lande ent- gegenwälzend, gleichsam als wolle sie in ihren un- ergründlichen Schoss die Erde versenken, wie sie geht, langsam, immer weiter und weiter den Meeres- grund mit all seinen Wundern dem Auge des Men- schen enthüllend. Hier ist die Heimat jener Algen, In den vielfachsten Schattierungen von Grün, Violett. Purpur und Rot bieten sie sich dar. Im allgemeinen kann man annehmen, dass das Grün in den Polar- gegenden, die Olivenfarbe unter den Tropen, das Rot in den gemässigten Zonen vorherrscht. Bald finden wir die Algen breit blattartig, wellig oder glatt, bald einfach, ganzrandig, bald seltsam durch- löchert, mit zierlich ausgeschweiftem Blattrande, bald vielfach zerteilt, gefiedert, haarförmig oder faden- förmig. Wer vermöchte den Formen- und Farbenreichtum wiederzugeben, den die Gattungen Delesseria, Poly- siphonia, Dasya, Ulva, Halimeda, Bryopsis, Calli- thamnion, Thallassiophyllum u. a. zeigen! Das Auge — 4 — kann sich nicht satt schauen an diesen herrlichen Gebilden der Natur. Welch ein Schmuck der Mappe des Algologen! Mehr als bei allen andern Algen muss den Meeresalgen bei der Präparation der natürliche Habitus erhalten bleiben. Nicht selten lassen sich Dilettanten verleiten, das Präparat durch Abschneiden irgend eines Zweiges, durch Einzwingen in eine gewisse Stellung, nach ihrer Ansicht zu verschönern. Solches Präparat ist dann wohl ein niedliches Bild- chen, aber nie und nimmer ein naturwahres Bild der Pflanze. Die Meeresalgen lassen sich frisch oder auf- getrocknet präparieren. Wem also nicht Gelegen- heit geboten ist, am Strande selbst die Algen zu sammeln und sogleich an Ort und Stelle zu prä- parieren, der muss sich das nötige Rohmaterial — vorläufig aufgetrocknet — zu verschaffen suchen. Die frisch gesammelten Algen werden einfach in Salzwasser auf Papier aufgezogen und getrocknet. In vielen Fällen giebt solch getrocknetes Roh- material bessere Präparate als frisch gesammelte Algen. Manche Gattungen, wie Aglaophyllum, Calli- thamnion, Polysiphonia u. a. sondern frisch einen Teil des Farbstoffes aus und beflecken das Papier. Wrangelia wird bei Behandlung mit süssem Wasser sofort schwarz. Die vorläufig getrocknete Alge legt man in eine Schüssel mit reinem Wasser. Nach einiger Zeit löst sich die Alge von dem Papier, so dass sie un- beschädigt abgenommen werden kann. Hierauf drückt und knetet man die Algenmasse mit den Fingern, bis sich die zusammengeklebten Fäden gelöst haben und sich leicht von einander trennen lassen. Mit einer gewöhnlichen Stricknadel breitet man nun die Stämmchen und Äste auseinander. Bei dieser Manipulation wird auch ersichtlich, ob man ein Individuum oder mehrere vor sich hat. Von grossen Arten nimmt man zu jedem Präparat ein Individuum, von kleineren, gesellschaftlich wach- senden mehrere. Nun schiebt man ein entsprechend grosses Stück weisses, recht starkes und gut ge- leimtes Schreibpapier unter die Alge, hält dieselbe mit dem Wurzelende auf dem Papier fest und ver- teilt mit der Stricknadel die Hauptstämme und Äste über die Papierfläche. Allmählich fortschreitend zieht man hierbei das Papier mit der Alge aus dem Wasser heraus. Die feinsten Verzweigungen der Bryopsis-, Callithamnion-, Ceramium-, Polysiphonia- Arten breiten sich jedoch selten gut aus. Man bringt desshalb mit einem weichen Pinsel einen recht grossen Tropfen Wasser auf die zusammenklebenden Ästchen. Das Wasser hebt dieselben empor und breitet sie aus. Mit einer kleinen Glasspritze, die man in jeder Glashandlung sehr billig kauft, saugt man nun das Wasser so viel wie möglich auf. Die Ästchen liegen schön ausgebreitet auf dem Papier. Den Rest des Wassers lässt man verdunsten. Bevor die Alge trocken ist, wird sie in die Pflanzenpresse gebracht und völlig getrocknet. Damit die Algen an dem Fliesspapier nicht ankleben, bedeckt man sie mit dem schon erwähnten Stearinpapier. Die blattartigen Laminarien trocknet man wie Phanerogamen in Fliesspapier und befestigt sie dann auf weissem Schreibpapier. Sollten kleine Papierfragmente an der Alge kleben, so betupft man diese mit Wasser und entfernt sie dann leicht mit einem Radiermesser. Die kalkführenden Algen (Corallineen) müssen vor der Untersuchung so lange in verdünnte Salz- REN säure gelegt werden, bis der Kalk aufgelöst ist. Die gemachten Schnitte werden durch Ausspülen in destillierttem Wasser von der anhaftenden Säure entfernt. TutteratnT. . Agardh, C. A., Systema Algarum. Lund 1824. — lIcones Algarım europaearum. Leipzig 1828— 1835. Agardh, J. G., Species, genera et ordines Algarum. Lund 1848— 1870. Dodel-Port, A.,Illustriertes Pflanzenleben. Zürich 1883. Grunow, A., Die österreichischen Diatomaceen. Wien 1862. Hauck, F., Die Meeresalgen. Band II. von Raben- horst, Kryptogamenflora. Leipzig 1882 —84. Kirchner, O., Algenflora von Schlesien. Breslau 1878, Kützing, F. T., Die kieselschaligen Bacillarien oder Diatomeen. Nordhausen 1844. — Phycologia germanica.. Nordhausen 18435. — Toabulae phycologicae. 19 Vol. Nordhausen 1845— 1809. — Species Algarum. Lipsiae 1849. Rabenhorst, L., Flora europaea algarum aquae dulcis et submarinae. II Vol. Lipsiae 1864— 1868. — Kryptogamenflora von Sachsen, der Ober- lausitz etc. Leipzig 1853. — Die Süsswasser-Diatomaceen. Leipzig 1853. Schmidt, A., Atlas der Diatomaceenkunde. Aschers- leben 1874—82. | Wollny, R., Die Meeresalgen von Helgoland. Dres- den 1880. N Exsiccaten-Sammlungen. Areschoüg, J. E., Algae Scandinavicae exsiccatae. Ser. Nov. Fasc. I-VII. Upsaliae. Crouan, H. M. et P. L., Algues marines du Finis- tere. Brest 1852. Desmazieres, ]. B..H. ].,' Plantes 'eryptogames de France.‘ TI. Ser. Nr. 12200. Erbario crittogamico italiano. Genova - Milano 1808—82. Hohenacker, R. F., Algae marinae exsiccatae. 6 Cen- turien. Kirchheim 185 1—62. Jürgens, G. H.B., Algae aquaticae etc. Dec. 1—20. Jever 1816— 22. Te Jolis, ‘A. Algues marines de’ Cherbourg. Rabenhorst, L., Die Algen Sachsens. Dec. I— 100. Dresden 1848—6o. — Die Algen Europas. Dec. 1—259. Dresden 1861 —79. Richter, P., et Hauck, F., Phycotheca universalis. Leipzig 1885. Wittrock, V. B. et Nordstedt, O., Algae aquae duleis exsiccatae etc. Fasc. I—14. Upsala 1877 — 84. ; Fir RE IV. Die Armleuchtergewächse (Characeen). Die habituell an höher stehende Gewächse er- innernden Characeen schliessen sich in ihrem Bau eng den Algen an und wurden deshalb früher einfach zu denselben gezählt; durch die Bildung eines Vorkeims und den Bau der Spermatozoiden stimmen sie andererseits mit den Moosen überein. Trotz ihrer weiten Verbreitung über den ganzen Erdball sind die Characeen doch morphologisch eng begrenzt und selbst dem ungeübten Blicke in allen ihren Formen leicht erkennbar. Die kleine Familie besteht aus fünf Gattungen, die sich in die beiden Unterfamilien Nitelleae und Chareae gruppieren. Zu ersterer gehören die Gat- tungen Nitella und Tolypella. Dieselbe wird charak- terisiert durch stetes Fehlen der Berindung des Stengels und der Blätter und das zehnzellige, aus zwei übereinanderliegenden, fünfzelligen Kreisen ge- bildete Krönchen des Samens. Letztere Gruppe — Chareae — umfasst die Gattungen Lampro- thamnus, Lychnothamnus und Chara. Die Arten derselben sind teils berindet, teils unberindet. Das Krönchen des Samens besteht nur aus einem fünf- zelligen Kreise. Fast alle Arten zeigen einen ausserordentlichen Formenreichtum, der Veranlassung gab zur Auf- stellung einer grossen Anzahl unhaltbarer Arten. Den Forschungen A. Brauns, v. Leonhardis, Nord- stedts u. a. blieb es vorbehalten, dieselben auf das richtige Mass zurückzuführen. Die Characeen bewohnen Seen, Teiche, Gräben, Torflöcher, Sümpfe, Lehmlachen u. s. w., seltener findet man sie in schnell fliessenden Gewässern. NG Sie treten gewöhnlich am Rande der Gewässer auf, bis zu einer Tiefe von I—2 m. Doch kommen sie auch in beträchtlicherer Tiefe vor. So wurde die seltene Chara dissoluta A. Br. in dem Neuen- burger See von Bulnheim aus einer Tiefe von ca. 18 m hervorgezogen. Viele Arten lieben schwach salziges Wasser (Brackwasser), einige wachsen selbst im. Meere. Beim Sammeln der Characeen durchsuche man Schritt vor Schritt die von ihnen bewohnten Loka- litäten; bei der grossen habituellen Ähnlichkeit der Arten wird man sonst leicht irgend eine oder die andere Art übersehen. So wächst z. B. Ch. jubata A. Br. gern nesterweise zwischen den Rasen der Che foetida: A..Bei: und: Ch. veontrania .AF: Brs;:Ch, tenuispina liebt die Gesellschaft von Ch. foetida und Ch. fragilis Desv. Oft wird man erst durch Bruchstücke in eingesam- melten, getrockneten Rasen auf das Vorkommen anderer Arten aufmerksam gemacht. Die so zierlichen kleinen Nitella-Arten— N. tenuissima undN. batracho- sperma — sind oft ganz im Schlamm versteckt und erfordern daher eine sehr genaue Untersuchung der geeigneten Lokalitäten. Da bei einigen Arten die charakteristischen Merkmale in trockenem Zustande oft deutlicher hervortreten, so beachte man jede auch noch so geringfügig erscheinende Abweichung im Habitus der Pflanze, nehme von jeder Lokalität, jeder Form Exemplare mit nach Hause. Oft wird man da durch eine neue Art oder Form freudig überrascht werden. Die meisten Charen kommen in inkrustiertem Zustande vor; sie besitzen eben das Vermögen, Kalk aus dem Wasser auszuscheiden und sich da- mit zu bedecken. Hierdurch wird aber eine grosse — 100° — Brüchigkeit aller Teile der Pflanze hervorgerufen, welche bei getrockneten Exemplaren in noch höhe- rem Masse auftritt. Der Sammler wird also immer mit grosser Vorsicht verfahren müssen, wenn er gute, unverletzte Exemplare erhalten will. Die Characeen sind entweder diöcisch oder monö- cisch. Bei ersteren treten die männlichen und weib- lichen Fortpflanzungsorgane — Antheridien und Arche- gonien — auf derselben Pflanze auf, bei letzterer sind sie auf verschiedene Individuen verteilt. Man muss sogleich an Ort und Stelle sich über diesen Punkt Klarheit verschaffen. Hat man eine monöcische Art gesammelt, so suche man in der Nähe nach, ob nicht auch die Pflanzen des entgegengesetzten Geschlechts vorkommen. Die kleinen roten Anthe- ridienkügelchen fallen sehr leicht ins Auge. Sie verleihen der Pflanze oft ein sehr zierliches Aus- sehen. Ferner achte man gleich beim Einsammeln darauf, ob die Fruktifikationsorgane mit einer Gallert- hülle bedeckt sind. Es ist dies ein wichtiger Punkt beim Bestimmen der Nitella-Arten, in trockenem Zustande ist diese Gallerthülle sehr schwer nach- zuweisen, und sind dann einzelne Arten kaum sicher zu bestimmen. Einige Arten tragen an ihren untern, im Schlamme versteckten Teilen sehr charakteristische, weisse, Stärkemehl enthaltende Knöllchen — Bulbillen. Es ist also entschieden zu verwerfen, die Pflanze ein- fach abzureissen, stets muss man sie behutsam aus dem Boden hervorzuheben suchen, um die untern Teile auf die angeführten Bulbillen zu untersuchen. Chara stelligera verdankt ihren Namen diesen zier- lichen, sternförmigen Knöllchen, Beim Sammeln jeder Art naturwissenschaftlicher Objekte gilt als Grundbedingung: instruktive und — 11 — vollständige Exemplare zu erhalten. Wie schon erwähnt, zeichnen sich die Characeen durch grosse Zerbrechlichkeit aus. Es ist also schon beim Heraus- heben aus dem Wasser darauf zu achten, dass die einzelnen Pflanzen nicht durcheinandergewirrt und verwickelt werden, sie müssen vielmehr so zu liegen kommen, dass sie leicht von einander abgehoben werden können. Dies gelingt am besten, wenn man die Pflanzen mit der Hand selbst herausholen kann. Erfasst man die Pflanze an den oberen Teilen, so Fig. 10. erhält man fast stets Bruchstücke; es ist daher nötig, die Pflanzen möglichst an den Wurzelenden zu ergreifen; man umspannt ein Büschel derselben, zieht es langsam heraus, so dass ein Umbiegen und Verwirren der einzelnen Individuen vermieden wird. Bei Arten, die in tieferem Wasser wachsen, scheue man selbst ein Bad nicht, um gute Exemplare zu erhalten. Die angewandte Mühe wird reichlich be- lohnt. Ist jedoch die Jahreszeit zum Baden nicht angemessen, oder sind andere Ursachen diesem hinderlich, so muss man sich schon nach andern Hilfsmitteln umsehen. Als Notbehelf könnte ein an einer langen Stange befestigter Haken dienen. Bessere Dienste leistet der von Caspary empfohlene — 102 — Rechen, den man sich vom Schmied nach vor- stehender Zeichnung aus Eisen anfertigen lässt. An der Öse des Stieles befestigt man die Leine. Der ganze Apparat wiegt ungefähr ı—ı!la Kilo. — Man wirft den Rechen in das Wasser und zieht ihn mit der Leine zurück. Vermöge seiner Schwere schleift derselbe am Grunde des Wassers, an den Zähnen bleiben die abgerissenen Charen hängen. Hat man einen Kahn zur Verfügung, so fährt man langsam über die mit Charen bewachsene Stelle hin, den ausgeworfenen Rechen an der Leine nach sich ziehend. Sobald man spürt, dass sich an dem Rechen Pflanzen angesetzt haben, zieht man ihn mit denselben empor. Ein Teil der so gewonnenen Charen ist freilich stets unbrauchbar, doch wird man immer noch hinreichend gute Exemplare er- halten. Lassen sich in einem grösseren See vom Ufer aus keine Characeen entdecken, so gebe man noch nicht ohne weiteres die Untersuchung auf. Man achte auf die am Ufer liegenden, ausgeworfenen Pflanzenreste, oft wird man unter denselben Bruch- stücke von Characeen finden und so auf die An- wesenheit dieser Gewächse aufmerksam gemacht werden. Um nun die Characeen fürs Herbarium zu prä- parieren, teilt man den grösseren Rasen in mehrere kleinere Partieen und hebt von diesen bei grösseren Arten die einzelnen Individuen vorsichtig ab. Dies geschieht am besten ausser dem Wasser. Die ein- zelnen Exemplare legt man in ein flaches Gefäss, eine grössere Schüssel mit Wasser, schiebt unter dieselben ein entsprechend grosses Stück recht starken, weissen Papiers, hält die Pflanze mit dem Wurzelende an dem Papier fest und zieht letzteres — 198 — langsam aus dem Wasser. Die Mehrzahl der Äste und Blätter der Pflanze breiten sich hierbei auf dem Papier aus und legen sich an dasselbe an. Wo dies nicht der Fall ist, oder wo diese Teile zu dicht aufeinander liegen, hilft man mit einer stumpfen Stricknadel nach. Das an dem Papier haftende Wasser lässt man nun möglichst ablaufen und legt es frei auf eine Lage Löschpapier. Man wartet nun einige Zeit, bis die Pflanze etwas abge- trocknet ist, legt dann auf dieselbe ein gleich grosses Stück Stearinpapier, darauf wieder eine Lage Löschpapier und so fort, bis man den ganzen Vor- rat präpariert hat. Hierauf wird der ganze Stoss in die Pflanzenpresse gebracht, doch wende man nicht zu starken Druck an. Nach wenigen Stunden ersetzt man das nasse Papier durch neue, trockene Lagen. Beim Umlegen darf man das Stearinpapier nicht abnehmen, da die Pflanze gern an demselben anzukleben pflegt; ist dieselbe völlig trocken, so springt das Stearinpapier von selbst ab. Die Cha- racee sitzt nun gewöhnlich an der Papierunterlage fest, wo dies, wie bei einigen sehr. dickstengligen Arten nicht der Fall ist, hilft man mit einer schwachen Gelatinelösung (Gummi arabicum) nach. Beim Einrangieren in das Herbarium häufe man in den einzelnen Herbariumbogen die Exemplare nicht aufeinander. Sie zerbrechen sonst sehr leicht. Zum Bestimmen der Characeen genügt meist eine gute Lupe; in einigen Fällen wird man aber auch das Mikroskop zu Hilfe nehmen müssen. Bei den Nitelleen achte man auf das Verhalten der Fruktifikationsorgane — ob diöcisch oder monö- cisch —, ferner auf die Teilung der Blätter, die gallertartige Umhüllung der Antheridien und Spo- rangien und die Farbe und Grösse des Fruchtkerns. — 14 — Die Characeen erfordern eine Untersuchung des unter den Blattquirlen sich befindenden Stipular- kranzes, der Berindungsverhältnisse des Stengels und der Blätter und der Zahl und Anordnung der Rindenröhrchen, der den Stengel bekleidenden Sta- cheln, des Blütenstandes und der Frucht. Manche Formen sind so stark mit Kalk inkrustiert, dass die Rindenschicht völlig verdeckt wird. Man taucht dieselben in verdünnte Salzsäure, wodurch die Kalk- schicht aufgelöst wird. Von hohem morphologischen Interesse sind die Characeen dadurch, dass man bei ihnen — be- sonders bei den Nitellen — die Rotation des Zell- inhalts, des Protoplasmas, am besten beobachten kann. Von den 47 bisher bekannten europäischen Arten entfallen auf Nitella 13, Tolypella 4, Lampro- thamnus ı, Lichnothamnus 2 und Chara 27. Titteratur. Agardh, C. A., Systema Algarum. Lund 1824. 8. cart. I Mk. Babington, British Characeae in Ann. and Magaz. of ‚Nat. -Hist.-Vol>V. Braun, A., Esquisse monographique du genre Chara, in Annales des sciences natur. Ser. I. Paris. ;1834,; — Übersicht der Schweizer Characeen. (Zürich.) 1840, % 4. VINO, Mk. — Conspectus Characearum europaearum. Dres- den 1867. 1,50 Mk. — Die Characeen Afrikas. Berlin 1868. 8. 1,;Nk. — 15 — Braun, A., Die schlesischen Characeen in Cohn, Kryp- togamenflora von Schlesien. Breslau 1870. Crepin, Les Characdes de Belgique in Bulletin de la Societe Botanique de Belgique 1863. Ganterer, U., Die bisher bekannten österreichischen Characeen. Wien 1847. 4.: m. 2 kol. Kpfrt. 2,50 Mk. | Groves, A., A Review of the British Characeae. Journal of Botany 1880. Kützing, T. F., Tabulae phycologicae. VII. 1357. v. Leonhardi, H., Die österreichischen Armleuchter- gewächse. Prag 1864. 2 Mk. Nordstedt, O., Skandinaviens Characeen, in Bota- niska Notiser 1809. — A. Braun, Fragmente einer Monographie der Characeen. Berlin 1882. 1,50 Mk. Sydow, P., Die bisher bekannten europäischen Cha- — “raceen. Berlin 1382. 1,50 Mk, Wallmann, ]J., Försök till en systematik uppställning af växtfamiljen Characeae. Stockholm 1853. 1,80 Mk. Wahlstedt, L. J., Monografi öfver Sveriges och Norges Characeer. Lund 1862. 8. 1,80 Mk. Exsiccaten-Sammlungen. Areschoüg, Algae Scandinavicae exsiccata. Billot, Flora Galliae et Germaniae exsiccata. Braun, A., Rabenhorst und Stitzenberger. Die Cha- raceen Europas. Desmazi£res, Plantes cryptogames de France. Fries, E., Herbarium Normale. Günther, Grabowsky und Wimmer, Schlesische Ge- wächse. 7 * — 106 — Jack, Leiner und Stitzenberger, Badische Krypto- gamen. Nielsen, Exsiccatsamling of Characeer fra Danmark. Nordstedt et Wahlstedt, Characeae Scandinavicae exsiccatae. Rabenhorst, Algae exsiccatae. Reichenbach, Flora germanica exsiccata. Schultz, F., Herbarium Normale. Wartmann und Schenk, Schweizerische Kryptogamen. Westendorp, Herbier cryptogamique belge. ’ V. Die Lebermoose (Musci hepatici). Schon bei den Algen treten gewisse Organe auf, die man mit dem Namen „Blatt“ bezeichnen könnte, obgleich dieselben dazu nicht gerechnet werden dürfen. Bei den Lebermoosen finden wir nun zuerst eine bestimmte Trennung von Blatt und Stamm und somit die erste Andeutung der höher potenzierten phanerogamischen Pflanzenformen. Wie nun bei jeder höheren Familie Anklänge an vorher- gegangene, niedere Entwicklungsstufen vorhanden sind, so zeigen auch die Lebermoose recht an- schaulich den Übergang von den Lagerpflanzen, den Thallophyten, zu den beblätterten Kryptogamen. Bei den niederen Formen, den Marchantiaceen, An- thocerotaceen, Targioniaceen und Ricciaceen zeigt sich uns der Vegetationskörper als ein flach band- oder blattartiger, stets blattloser Thallus, oder als ein thallusähnlicher, unterseits beblätterter Stamm, so an gewisse Algen- und Flechtentypen erinnernd. Erst durch die stielrunden, fadenförmigen, regel- mässig beblätterten Stengel der Jungermannien gehen die Lebermoose zu den Laubmoosen über. Hier finden wir auch zuerst die später bei den Phanero- gamen eine so hohe Bedeutung erlangende Eigen- schaft der Pflanze, Wurzelausläufer — Stolonen — zu bilden und sich so auf vegetativem Wege fort- zupflanzen, klar und deutlich ausgeprägt. Jene ab- wärts oder seitlich steigenden, mit Blattrudimenten versehenen, zuletzt Wurzelhaare und Blattknospen tragenden Seitensprosse des Lebermoosstengels werden als Stolonen bezeichnet. Gleich den Brut- zwiebeln mancher Phanerogamen kommen auch an — 108 — den Stengeln und Blättern vieler Lebermoose Brut- zellen oder Brutknospen vor, vermöge deren sich die Pflanze weiter auf ungeschlechtlichem, vegetativem Wege vermehren kann. Die Früchte (Kapsel) sind entweder stiellos, dem Laube eingesenkt (Ricciaceen) so an die Fruchtbildung der Pyrenomyceten erin- nernd, oder sie sind mehr oder minder lang ge- stielt. Die Kapsel selbst spaltet sich in den mei- sten Fällen von oben nach unten in vier (selten mehr) oder in zwei Klappen, oder sie zerreist un- regelmässig. Nie öffnet sie sich durch einen beson- dern Deckel. Sehr selten tritt eine Öffnung durch Abwerfung des obern Teiles der Kapsel ein. Bei den Ricciaceen dagegen wird die Kapselwand noch vor der Sporenreife ganz aufgelöst. Wenn wir die eigentümliche Fruchtöffnung der Lebermoose ent- schieden als einen höheren Entwicklungsgrad be- zeichnen müssen, da die Thallophyten ihre Sporen nur durch Verwesung des Fruchtkörpers entleeren, so haben wir auch hier wieder — durch die Ric- ciaceen — eine Rückerinnerung an jene. Wunder- bares Walten der Natur! Die beste Zeit zum Einsammeln der Lebermoose ist der Frühling und Herbst, die Zeit der reichlichen Niederschläge. Beginnen wir mit einer Exkursion in den Wald. Dort zeigt sich uns ein alter, mo- dernder Baumstumpf. Nähertretend erblicken wir die zierlichen, dicht an das Substrat sich anschmie- genden Rasen eines Lebermooses. Auf zarten, meist wasserhellen Stielen sitzen die anfangs geschlossenen, kugelartigen, später sich öffnenden Kapseln. Wir eilen weiter zu andern Baumresten und reiche Aus- beute wird uns zu teil werden. Vor uns breitet sich ein Moor, ein Sumpf aus. Dort finden wir wohl umgestürzte, modernde Baumstämme. Blicken —,19 — wir nur flüchtig auf dieselben hin, so dürften wir vielleicht nichts finden, was des Mitnehmens wert wäre. Doch wenden wir den Stamm um und freu- dig überrascht sind wir von der Fülle des sich dar- bietenden. In grossen, prächtigen Rasen bedecken Lebermoose dort den Baumstamm. Die verwendete Mühe ist reichlich belohnt. An im Walde, im Moor oder auf der Wiese stehenden Pfählen findet man stets an dem untern, der Feuchtigkeit mehr aus- gesetzten Teile diese Pflänzchen. Eine genaue Un- tersuchung dieser Objekte bringt mehr ein als oft stundenlanges, flüchtiges Herumsuchen auf vielen Lokalitäten. Der Wald bietet uns noch andere Beute. An der Rinde lebender Bäume finden wir Radula-, Frullania-, Lejeunia-Arten etc. Waldwege sind oft förmlich bedeckt mit Jungermannieen. Auf dürrem Heideboden, wo Cladonien üppig gedeihen, siedelt sich Ptilidium an. Niemals versäume man, trockene Gräben, über- haupt Gräbenränder zu untersuchen. Dieselben sind in den meisten Fällen mit einem dichten Polster von Jungermannieen bekleidet. An überhängenden Erd- schollen siedeln sich gern Marchantieen an. Auf feuchten, sandigen Orten an Flussufern, am Rande der Seen, in Lehmgruben, auf schwarzem Humusboden wachsen Lebermoose, in Quellen und Bächen findet man ihre Vertreter. Auf torfhaltigem Wiesenboden bekleiden Marchantiaceen oft weithin den Boden. In Hohlwegen, auf alten Mauern und Steinen haben andere ihre Wohnstätte. Zahlreich sind die Felsen bewohnenden Arten. Wo nur in unsern Gebirgen ein wenig Feuchtigkeit die Felsen tränkt, dort er- scheinen auch die Lebermoose. Dort finden wir auch die eigentümlich gestalteten, starren, weisslich- grauen, bräunlichen bis schwärzlichen Polster der Gymnomitrieen. — 109 — Die geognostische Unterlage ist für viele Arten massgebend. Einige lieben kalkreichen, andere gyps- haltigen Boden. Man achte hierauf sogleich an Ort und Stelle und versehe die gesammelten Exem- plare mit den nötigen Notizen. Noch ist zu bemerken, dass manche Lebermoose selten in reinem Rasen wachsen, sondern mit an- dern Arten vermischt zwischen grösseren Laub- moosen, namentlich solchen Arten, welche dichte Polster bilden, wie z. B. die Sphagneen, ferner Leucobryum glaucum, Pleuridium u. a. Sterile Lebermoose zu sammeln vermeide man so viel als möglich. In manchen Fällen ist man frei- lich gezwungen, von diesem Grundsatz abzuweichen. Einige Arten sind bisher überhaupt nur steril ge- funden worden, andere wieder tragen an bestimmten Lokalitäten nicht gern Früchte. Findet man sterile Lebermoose, so empfiehlt es sich, in der Nähe des Fundorts an verschiedenen Stellen, trockeneren oder feuchteren, höher oder niedriger gelegenen Loka- litäten nachzusuchen. Manchmal wird man an einem andern Orte doch Früchte entdecken. Manche der auf Holz oder Baumrinde wach- senden Lebermoose schmiegen sichso an das Substrat an, dass man sie nicht loszulösen vermag, im besten Falle nur einzelne Brocken, niemals einen schönen Rasen erhält. Man schneidet daher dieselben mit einem flachen Stücke der Unterlage ab. Die Erde bewohnenden Arten wachsen teils in dichten, eng verwebten Polstern, oder in mehr lockeren Rasen. Von ersteren werden grössere Stücke aus dem Boden ausgeschnitten und von der anhaftenden Erdschicht gut gesäubert; letztere hebt man mit einer dünnen Erdschicht behutsam ab. Die losgelösten Rasen legt man in die Bogen der Mappe, doch packe a A man nicht mehrere Rasen auf einander. Die Frucht- stiele sind äusserst zart und hinfällig und erfordern daher eine sorgfältige Behandlung. Zu Hause teilt man die grösseren Rasen in kleinere Partien, rei- nigt sie von allen Beimengungen und presst sie in Fliesspapier unter Anwendung sehr. schwachen Druckes. Am besten ist es, wenn man die gesam- melten Lebermoose sogleich nach der Ankunft zu Hause einlegt; ist man daran behindert, so schadet dies nicht viel, da diese Pflanzen, selbst wenn völlig trocken, doch wieder fast ihre frühere Gestalt an- nehmen, wenn man sie mit Wasser befeuchtet. Zur Untersuchung der Lebermoose genügt in manchen Fällen eine gute Lupe, bei den meisten Arten wird man jedoch nicht des Mikroskops ent- behren können; mit einem einfachen Präparier- Mikroskope, mit etwa 200facher Linearvergrösserung, kommt man gut aus. Wie oben erwähnt, wachsen die Lebermoose oft mit andern Arten durcheinander, oder sie stecken so im Boden, dass nur ihre obern Teile hervorragen. Man muss dieselben daher ge- wissermassen für die Untersuchung vorbereiten. Man bringt den betreffenden Rasen in eine flache, kleine Schüssel mit Wasser und wäscht behutsam die an- hängende Erde ab. Das schmutzige Wasser wird abgegossen und so lange reines zugesetzt, bis sich dasselbe nicht mehr trübt. Nun kann man leichter die einzelnen Individuen loslösen. Man legt sie auf Fliesspapier, um das Wasser aufsaugen zu lassen und betrachtet sie nun mit dem Vergrösserungs- glase. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass man bei diesem Auswaschen sorgsam darauf zu achten hat, dass nicht einzelne Teile der Pflanze, namentlich die Kelche, abbrechen und verloren gehen. Beim Bestimmen der Lebermoose beachtet man —. .112 — zunächst das Habitusbild, ob die Pflanze einen echten Stengel, oder einen thallusähnlichen Stamm, oder einen echten Thallus besitzt. Ist ein Stengel vorhanden, so fragt es sich, ob derselbe zwei- oder dreireihig beblättert ist. Die Blätter sind verschieden angeordnet, entweder oberschlächtig, d. h. der obere Rand eines Blattes überdeckt den untern Rand des nächsten, über demselben stehenden Blattes, oder sie sind unterschlächtig, indem der untere Rand den obern des nächstuntern Blattes bedeckt. Das Blatt selbst ist sehr einfach gebaut, es besteht nur aus einer Zellschicht. Eine Mittelrippe ist nie vor- handen. Um das Blatt auf seine Konstruktion hin zu untersuchen, erfasst man es mit der Pincette ganz dicht am Stengel und zieht es nach unten hin ab. Der Blattgrund ist für die Unterscheidung der Arten wichtig, daher man unter das Mikroskop nur ganze Blätter bringen darf. Form und Inhalt der Zellen sind nun genau zu untersuchen. Man breitet das losgelöste Blatt in einem Tropfen Wasser auf dem ÖObjektträger unter einem Deckglase aus. Es wird auch folgende Methode empfohlen. Das Blatt wird in einem Tropfen Ätzkalilösung bis zum Kochen erwärmt, dann mit Wasser rein abgespült und ein Tropfen Chlorzinkjod-Tinktur zugesetzt. Die Zell- wände färben sich nach kürzerer oder längerer Zeit schön blau und lassen die Verdickungsschichten leicht erkennen. Ob das Blatt kielig gefaltet ist, lässt sich unter der Lupe erkennen. Die in frischen Zellen häufig enthaltenen, eigentümlichen, ellipsoidi- schen oder rundlichen, durchsichtigen Ölkörper ver- schwinden mit der Zeit bei Herbarexemplaren. Auch die Beschaffenheit der Oberhaut (Cuticula) der Zellen, ob glatt oder fein gekörnt, oder papillös, ist für die Bestimmung: wichtig. — 13 — Die dreireihig beblätterten Lebermoose zeigen eine untere, bauchständige Reihe anders gestalteter und quer inserierter Blätter, die sogenannten Unter- blätter (Amphigastrien). Dieselben sind oft erst mit einiger Mühe zu finden. Man beachte namentlich die stärkeren Triebe, die fruchttragenden Stämmchen und Äste. Für die Untersuchung löst man die Unterblätter mit einem scharfen, feinen Messer (Skalpell) von oben nach unten vom Stamm ab. Es empfiehlt sich auch, den Stengel oberhalb und unterhalb des Blattes durchzuschneiden und diesen Durchschnitt unter das Mikroskop zu bringen. Man hat so das Blatt völlig unversehrt und erkennt deutlich die Anheftungsweise. Es folgt nun die Untersuchung des Blüten- standes. Je nach dem Vorkommen der Antheridien und Archegonien ist von Lindberg eine etwas kom- plizierte Einteilung der Blütenstände gegeben worden. Nach ihm ist der Blütenstand: 1. synöcisch — Z’ und Q2 Geschlechtsorgane stehen in derselben Blütenhülle; 2. paröcisch — g’ Geschlechtsorgane stehen unterhalb der © oder einer Zwitterblüte; 3. autöcisch — g’ und © Geschlechtsorgane auf derselben Pflanze in getrennten Blütenständen; 4. heteröcisch — ein Individuum trägt die sub I, 2 und 3 aufgeführten Blütenstände; 5. diöcisch— g’und 9 Blütenstände auf verschie- denen Individuen; 6. polyöcisch — g’ und Blütenstände finden sich entweder auf einem Individuum oder auf mehreren getrennt von einander. Die Archegonien sind von einer Hülle umgeben, welche Kelch oder Blütendecke (Perianthium, Calyx, 8 — 114 — Colesula) genannt wird. Diesen Kelch untersucht man zunächst von aussen, um seine Gestalt kennen zu lernen. Derselbe ist schlauch- oder sackartig, an der Mündung mehr oder weniger geteilt und gezähnt. Dann halbiert man den Kelch der Länge nach und untersucht die Archegonien. Zur Untersuchung der Frucht nehme man, wenn es irgend angeht, die jugendlichen, noch geschlosse- nen Kapseln. Zwischen den Sporen finden sich die eigentümlich gebauten Schleuderzellen (Elateren). Zahl, Farbe und Grösse der Schleuderer im Verhältnis zu den Sporen u. Ss. w. sind für die Unterschei- dung der Arten wichtig. Nach Öffnung der Kapsel fallen die Schleuderer aus. Hauptsache ist das Studium des Blattes. Man versäume nie, von jeder untersuchten Form eine Zeichnung anzufertigen. Eine Reihe solcher neben- einander gelegten Zeichnungen lässt sich schnell und sicher vergleichen. Beim Bestimmen wird man so eher zum Ziele gelangen, als durch die direkte Ansicht der mikroskopischen Präparate, L.stteratur, Corda, A. J., Deutschlands Jungermannien. Nürn- berg 1835. Dumortier, C., Hepaticae Europeae. Brux. 1875. Eckart, T. P., Synopsis Jungermanniarum in Ger- mania vicinisque terris cogn., figuris 116 microsc. analyt. illustr. Coburgii 1832. Gottsche, Lindenberg et Nees ab Esenbeck, Synop- sis Hepaticarum. Hamburg 1847. Hübener, ]J. W P., Hepaticologia Germanica, Mann- heim 1834. — 15 — Jack, J., Die Lebermoose Badens. Freiburg 1870. Kummer, P., Führer in die Lebermoose. Berlin 1875. Limpricht, C., Die Lebermoose Schlesiens in Bd. ]. von Cohn, Kryptogamenflora von Schlesien. Breslau 1875— 78. Lindenberg, J. B., Synopsis Hepaticarum Europae- arum. Bonnae 1820. Nees von Esenbeck, Naturgeschichte der europä- ischen Lebermoose. Berlin 1833 — 38. Pabst, G., Die Lebermoose. Deutschlands. Gera 7877: Stephani, F., Deutschlands Jungermannien in Ab- bildungen nach der Natur, nebst Text. Landshut 1879. Sydow, P., Die Lebermoose Deutschlands, Oester- reichs und der Schweiz. Berlin 1882. Exsiccaten-Sammlungen. Delogne et Gravet, Les Hepatiques de /’Ardenne. Gottsche und Rabenhorst, Hepaticae Europeae. Hübner und Genth, Deutschlands Lebermoose in getrockneten Exemplaren. Jack, Leiner und Stizenberger, Badische Krypto- gamen. Rabenhorst, L., Hepaticae Europeae exsiccatae. Warnstorf, C., Deutschlands Lebermoose. — 16 — VI. Die Laubmoose. Die Familie der Laubmoose stellt eine eigene Entwickelungsstufe nicht dar, sie ist der vorgehend besprochenen Familie der Lebermoose im Werte gleich. Doch sind die Laubmoose systematisch genommen ungleich reicher potenziert, ihre Organe zeigen eine grössere Mannigfaltigkeit der Formen. Beide Familien unterscheiden sich hauptsächlich in der Blatt- und Fruchtbildung. ‚Das Lebermoos- blatt ist stets ohne Mittelrippe. Diese finden wir (die alleinige Ausnahme bildet Schistostega) stets bei dem Laubmoosblatte entwickelt. Das charak- teristische Merkmal der Laubmoose ist jedoch die sogenannte Mütze oder Haube. Jedes Laubmoos besitzt dieselbe und von jeder Frucht wird sie getragen. Ferner besitzt jede Laubmoosfrucht ein Mittelsäulchen (Columella), während dieses unter den Lebermoosen nur der kleinen Gruppe der Antho- ceroteen eigentümlich ist. Wohl keine andere Pflanzengruppe hat sich so viele Freunde erworben, als die der Laubmoose. Wie zierlich sind ihre Formen und wie leicht sind sie zu sammeln und aufzubewahren. Kein Wurm zerstört sie im Herbar. Treu begleiten die Moose den Menschen. Kaum treten wir aus dem Flur des Hauses, so fällt unser Blick auch auf diese lieblichen Kinder Floras. In den Ritzen und Spalten alten Gemäuers, auf dem verwitterten Stroh-, Schindel- oder Steindache des Hauses siedeln sie sich an, auf Gartengehegen, in Hecken begrüssen sie den Menschen. Eilen wir weiter auf Feld und Flur, überall sprossen die Moose hervor. Auf wüstem Brachfelde macht sich uns ein leichter grünlicher oder bräunlicher Anflug bemerkbar. — 117 — Wir heben eine Probe desselben auf und auf zahl- reiche, winzige Moospflänzchen fällt unser Auge. Es sind die Zwerge der Mooswelt, die Physcomi- trioideen und Pottioideen, welche hier ihre Heimat haben. Nicht leicht sind die verschiedenen Arten zu erkennen. Oft wird man, dicht niedergebeugt zur Erde, selbst mit der Lupe suchen müssen, dafür aber auch durch manch seltenen Fund erfreut werden. Auf feuchter, humusreicher Erde, in Sand- und Lehmgruben, an Wegrändern und Garten- böschungen wachsen andere Arten. Auf grüner, blütenreicher Wiese suchen wir weiter. Hier sind es die weichen Polster der Hypneen, der Astmoose, welche den Sammler entzücken. In murmelnder Quelle, im sanft sich dahin schlängelnden Bache, im breiten, mächtigen Strome bieten sich uns wie- derum andere Vertreter der Mooswelt dar. Aus den Fugen und Ritzen der Steine und Felsblöcke, an dem Holze des Mühlenwehrs, von den in den Fluten sich badenden Wurzeln des Baumes am Ufer sprossen sie hervor. Es sind die langen, flutenden Rasen der Quellenmoose (Fontinalis). „Als ob ihnen die ewige Flut ein ewiges Lied zu ewigem Tanze murmele, wiegt sie die schlanken Moose in ihren Armen auf und ab.“ — Auch in die düstere Tiefe der Brunnen steigen sie hinab und schmücken noch hier die Natur mit einem neuen Reize. So findet sich z. B. das herrliche Conomitrium Juli- anum in den Brunnen von Stuttgart, Pforzheim, Pirna und in den Thermen Roms. Im unwegsamen Sumpfe, wo bei jedem Schritte die dünne Pflanzendecke sich auf- und niederhebt, ist die Heimat der Torfmoose (Sphagneen). Die grossen Rasen derselben machen sich schon von weitem durch ihre gelbliche oder bräunlichrote Fär- — 118 — bung bemerkbar. Aber auch andere Moosarten treten zwischen den Sphagnum-Polstern auf. Hier- her gehören besonders die Polytrichum-Arten, die im Vergleiche zu den winzigen Moosen des Brach- und Stoppelfeldes wahre Riesen sind. Nicht selten erreichen sie eine Höhe bis zu !/a Meter. | Der Boden unserer Laub- und Nadelwälder ist meist dicht bedeckt mit Moosen. Hier sind die- selben in Wahrheit ein „Kleid der Erde“ zu nennen. Freudig weilt unser Auge auf den weichen, sammetnen Moospolstern. Zahlreich sind die Arten, die der Wald bietet. Viele Hypneen, Dicraneen, Bryum- und Barbula-Arten u. s. w. sind nur im Walde zu suchen. Oft steigen sie an den dicken Stämmen der Bäume hoch empor. Umgestürzte, modernde Baumstämme sind förmlich bedeckt von ihnen. Die Mappe vermag die Schätze nicht zu fassen, die der Moosfreund in nur wenigen Stunden dort sam- melt. Besteigen wir mit ihr das wilde Gebirge. Wo nur das Gestein von Wassertropfen getränkt wird, da erscheint ein grüner Moosteppich, um so üppiger sich entfaltend, je wasserreicher das Ge- birge ist. Treffend nennt daher C. Müller das Gebirge „das Paradies des Moosforschers“. In den Anden Perus findet sich das grösste Moos der Erde. Es ist das oft meterhohe, baumartige Schildmoos, Catharinea dendroides, das oft weit den Boden bedeckt. Wunderbar muss der Eindruck sein, den der Reisende empfängt, wenn er aus himmelan- strebendem Urwald hinaustritt und nun, gleichwie durch Zauberspruch hervorgerufen, diesen Zwerg- wald zu seinen Füssen erblickt. Wir finden also, dass jede Bodenlage, jede Ab- stufung von Feuchtigkeit von gewissen Moosarten bewohnt wird, dass ferner andere Arten es vor- — 19 — ziehen, sich auf Bäumen, selbst auf hartem, trocke- nem Gestein (Grimmia) anzusiedeln. Es erübrigt noch, auf die Gruppe der Splach- neen hinzuweisen, welche sich auf tierischen Ex- krementen (Kuhfladen) auf den Wiesen und Matten der Ebene und des Gebirges entwickeln. Das Sammeln und Präparieren der Laubmoose verursacht geringe Mühe. Man schneidet mit dem Messer grössere Stücke des Moosrasens aus und legt sie in die Mappe. Zu Hause reinigt man die Rasen von etwa beigemengter Erde, Zweigstückchen etc., teilt sie in kleinere Stücke und trocknet sie in der Pflanzenpresse unter Anwendung sehr schwachen Druckes. Bei den meisten Arten ist ein Umlegen derselben kaum erforderlich. Ausnahme hiervon bilden selbstverständlich die Wasser bewohnenden Sphagneen, Fontinalis-Arten, Hypneen etc, — Hat man grössere Rasen von gipfelfrüchtigen Laub- moosen, so legt man dieselben auf ein Brettchen und teilt sie mit dem Messer in flache Schnitte. Es lassen sich so die einzelnen Individuen erkennen und die Fruchtstiele behalten beim Pressen ihre natürliche Lage. Bei den winzigen Rasen der Physcomitrioideen und Pottioideen lässt man eine dünne Erdschicht an dem Wurzelgeflechte, da diese Räschen sonst leicht auseinanderfallen. Die Rasen der seitenfrüchtigen Moose (Astmoose) teilt man in kleinere Stücke ohne Anwendung des Messers und ohne Rücksicht auf die einzelnen Individuen. Nur lockere man den Rasen nicht, da er sonst sein natürliches Aussehen verändert. Dass sich beim Pressen die Fruchtstiele umlegen, schadet weiter nicht. Die Arten einiger Gattungen (Seligeria, Brachyodus, Campylostelium) sammelt man am besten mit ihrer geognostischen Unterlage. RT Die Familie der Laubmoose gliedert sich fol- gen dermassen: A. Bryinae. I. Musci acrocarpi. — Kapsel endständig oder selten nur durch Sprossung seitenständig. 1. Musci cleistocarpi. — Kapsel nicht durch einen Deckel sich öffnend, nur durch Verwesung der Kapselwand die Sporen entleerend. 2. Museci stegocarpi. — Kapsel stets durch einen Deckel sich öffnend. II. Musci pleurocarpi. — Kapsel seitlich, blatt- achselständig. B. Bryinae anomalae. I. Andreaeaceae. — Kapsel mit 4, selten 6 an der Spitze und der Basis verbundenen Klappen aufspringend, endständig. II. Sphagnaceae. Kapsel mit einem Deckel sich öffnend, seitenständig. Als Hilfsmittel zum Bestimmen der Moose dienen ein Mikroskop mit mindestens ı5ofacher Linear- vergrösserung, eine gute Lupe, eine grössere, mit auf der Innenseite gekerbten Flächen versehene Pin- cette und eine feinere Pincette, mit schmalen, genau auf einander passenden Spitzen. Das zu untersuchende Moos reinigt man zu- nächst sorgfältig von Erde. Die Methode ist bei den Lebermoosen bereits angegeben. Hierauf legt man es auf eine etwa halb mit Wasser gefüllte Untertasse und betrachtet es mit der Lupe. Hat man ein fruktifizierendes Moos vor sich, so ist es — i21 — verhältnismässig leicht, dasselbe in eine der oben angeführten Gruppen zu bringen. Bei sterilen Exem- plaren ist dies schon schwieriger, doch wird man diese ohnehin ausnahmsweise und zwar nur dann sammeln, wenn das betreffende Moos überhaupt nur steril gefunden worden ist. Bei der weiteren Untersuchung gehe man stets planmässig zu Werke. Niemals begnüge man sich mit der Untersuchung nur eines Teiles der Moos- pflanze. Stets ist die ganze Pflanze, von der Wurzel bis zur Frucht zu betrachten. Die keimende Moosspore entwickelt sich zunächst zu einem konfervenartigen, ästigen, chlorophylihal- tigen Gebilde, dem Vorkeim. Auf diesem entstehen Knospen, aus welchen die vollständigen, beblätterten Moospflanzen hervorgehen. Der Vorkeim geht ge- wöhnlich bald zu Grunde, nur bei wenigen Gat- tungen (z. B. Ephemerum, Schistostega) bleibt er das ganze Leben der Pflanze hindurch und wird so zum wichtigen, generischen Merkmal. Der Stengel zeigt an seinem Grunde oder auch an der ganzen Unterseite ein mehr oder weniger entwickeltes Wurzelgeflecht. Die Verästelung des Stengels lernt man am besten kennen, wenn man ein einzelnes Individuum vorsichtig aus dem Rasen heraushebt und die Äste mit der Präpariernadel auseinander breitet. Die zierlichste Verzweigung zeigt wohl Hypnum Crista Castrensis, welche den Stengel wedelartig gestaltet. Mannigfacher ist das Blatt gebildet. Dasselbe ist ungestielt, selten zwei- bis dreizeilig, meist in mehreren Reihen den Stengel umgebend. Zwischen den extremsten Formen, der kreisförmigen und spitznadelförmigen, finden wir jede Übergangsstufe vertreten. Der Blattrand ist entweder ungeteilt, oder gekerbt, gezähnt, auch wohl mit langen Wimpern versehen. Wichtig für die Bestimmung der Arten ist auch die Basis des Blattes. Öfter ist das Blatt herablaufend (Bryum Duvalii) oder geöhrt (Neckera). — Die Oberfläche der Blätter ist entweder glatt oder papillös oder mit Warzen bekleidet. Es sind dies sehr wichtige, diagnostische Merkmale. Ferner achte man auf den Bau der Rippe; ist dieselbe auslaufend oder in der Spitze endend, oder erreicht sie ungefähr nur die Blattmitte? u. s. w. Das Laubmoosblatt besteht meist aus einer Zellenlage, selten aus zwei bis drei Lagen (Leuco- bryum, Fissidens). Das speziellste Studium dieses Blattzellnetzes ist von grösster Wichtigkeit. Ohne das Zellnetz genau zu kennen, wird man nie ein steriles Moos bestimmen können. Für die Charak- terisierung von Unterfamilien, Gruppen, Gattungen, Arten und Formen leistet es die grössten Dienste. Das Zeichnen möglichst vieler Blattzellnetze ist sehr zu empfehlen. Auch der Zellinhalt ist für manche Genera ein wichtiges Merkmal. Die Gattungen Hypnum und Amblystegium unterscheiden sich z. B. auch dadurch, dass man bei letzterer den soge- nannten Primordialschlauch deutlich wahrnehmen kann, bei ersterer nicht. Wird ein Moosblatt an seinem Rande von Reihen sehr enger und langer Zellen eingefasst, so nennt man es gesäumt. Sehr schön tritt dies bei den Arten der Gattungen Bryum und Mnium auf. Manche pleurocarpischen Moose führen ausser den eigentlichen Blättern noch die sogenannten Nebenblätter (Paraphyllia).. Diese zeichnen sich durch geringere Grösse und handförmige oder gabelige Zerteilung aus. Das Zellnetz des Blattes kann man nur unter — 723 — dem Mikroskope untersuchen. Bei Dicraneen und Sphagneen wird man nicht umhin können, Quer- schnitte der Blätter anzufertigen. Hierzu wird von Milde folgende Methode empfohlen. Man zer- schneidet einen weichen Korkpfropfen der Länge nach, jedoch nicht ganz bis zum Grunde in zwei gleiche Hälften und steckt den Stengel des zu unter- suchenden Mooses so in den Spalt, dass die Stengel- spitze etwas hervorragt. Um den Korkpfropfen besser halten zu können und ein Auseinanderfallen der beiden Hälften zu vermeiden, legt man einen anschliessenden Messingring um denselben. Nun schneidet man mit dem Rasirmesser zunächst eine glatte, horizontale Fläche und sucht dann von der Pflanze möglichst feine Schnitte zu erhalten. — Auch von abgetrennten Blättern lassen sich leicht Querschnitte anfertigen. Man klebt mit Glycerin- Gummi eine Anzahl Blätter zusammen und schneidet dann, ohne das Trocknen des Gummis abzuwarten, das dicker gemachte Objekt zwischen Hollunder- mark. Die Querschnitte legt man in’s Wasser, welches den Gummi bald auflöst. Die Fortpflanzungsorgane der Laubmoose sind die Antheridien (männliche) und Archegonien (weib- liche). Selten stehen die Antheridien nackt in den Blatt- achseln (Distichium capillaceum), meist sind beide Geschlechtsorgane von mehreren Kreisen andersge- stalteter Blätter — Blütenstandshüllen — umgeben. Die Geschlechtsorgane selbst sind mit mehrfach gegliederten, oft am oberen Ende keulig verdickten Fäden, den Saftfäden (Paraphysen), vermischt. Die- selben sind oft für die Unterscheidung einzelner Genera von Wichtigkeit. Je nach der Anordnung der Geschlechtsorgane unterscheidet man diöcische, monöcische oder zwitterige Blütenstände. (Man ver- — 124 — gleiche die bei den Lebermoosen aufgeführte Lind- berg’sche Einteilung der Blütenstände). Die Moosfrucht ist in den meisten Fällen ge- stielt, selten fast ungestielt, sitzend (Diphyscium foliosum). Der Stiel ist steif aufrecht oder gedreht bis bogig gekrümmt, glatt oder rauh. Den Grund des Stieles umschliesst das Scheidchen (Vaginüla). Die Kapsel übertrifft an Mannigfaltigkeit des Baues alle bisher betrachteten Organe. Sie ist ent- weder aufrecht oder horizontal bis hängend, sym- metrisch oder unsymmetrisch, der Form nach kuglig, oval, birnförmig, länglich, cylindrisch u. s. w. — Manche dieser Formen entstehen dadurch, dass sich die Kapsel nicht plötzlich von dem Stiel abhebt, sondern allmälig aus demselben hervorgeht. Dadurch bildet sich der sogenannte Kapselhals (Collum, Apo- physis). Seine höchste Ausbildung erreicht dieser Hals bei den Splachneen. In den meisten Fällen öffnet sich die Kapsel mittelst eines Deckels, selten zeigt sich keine An- deutung desselben. Der Deckel kann flach gewölbt, genabelt, kurz kegelförmig, gerade oder schief ge- schnäbelt sein. Farbe und Zellenbau des Deckels sind für den Systematiker von geringerem Werte, Nur in zwei Fällen ist eine Untersuchung der Deckel- zellen erforderlich. Die Gattungen Barbula und Funaria unterscheiden sich von Trichostomum und Enthostodon hauptsächlich durch die spiralig an- geordneten Zellen des Deckels. Zwischen Kapsel und Deckel bildet sich bei sehr vielen Laubmoosen der sogenannte Ring (annulus), welcher durch sein späteres Ausdehnen den Deckel von der Kapsel löst. Dieser Ring ist oft ein sehr gutes specifisches Merkmal, z. B. für Eurhynchium speciosum, Meesia Albertini, Webera pulchella u. a. — 1353 — — In manchen Fällen erscheint der Ring teils ganz, teils stückweise mit dem Deckel verbunden, es er- fordert seine Untersuchung daher immerhin einige Aufmerksamkeit. Wir kommen nun zu einem der wunderbarsten Organe der Laubmoose, dem Mundbesatz (Peristom). Bei keiner andern Pflanzenfamilie findet sich der- selbe wieder. Einer Anzahl Moose fehlt der Mund- besatz gänzlich, bei anderen ist er nur in einzelnen, papillösen Fragmenten angedeutet. Die grössere Mehrheit der Laubmoose besitzt jedoch dies Peri- stom. Dasselbe ist entweder einfach, d. h. es ist nur ein Kreis von Zähnen um die Kapselmündung vorhanden, oder doppelt. In diesem Falle finden wir einen zweiten, inneren, mit dem äusseren Kreise gewöhnlich alternierenden Kreis von Zähnen. Das äussere Peristom ist sehr regelmässig gebildet. Die Grundzahl der Zähne ist 4, so bei Tetraphis pellu- cida. — Alle andern Arten zeigen eine Mehrheit dieser Zahl, also 8, 16, 32, 64. Diese Regelmässig- keit der Zahnbildung beweist recht treffend die grosse Gesetzmässigkeit der Natur, die selbst bis in die kleinsten Dinge hinab dieselbe harmonische ist. Das innere Peristom besteht entweder aus einzel- nen, bis zur Basis freistehenden Zähnen, oder es besitzt an seinem Grunde eine verschiedenartige Haut, welche in ı6 gekielte Fortsetzungen ausläuft. Oft findet man zwischen diesen Zähnen 2 — 3fädige Wimpern, welche auch noch mit horizontal gestell- ten Anhängseln versehen sein können. Abweichend hiervon ist der Mundbesatz der Polytrichaceen und Buxbaumiaceen gestaltet. Specielleres über die Mannigfaltigkeit in Gestalt, Grösse und anatomischen Bau (der Zähne, über das Verhalten der beiden Peristome zu einander zu — . 126 — geben, dazu ist hier nicht der Ort. Die wenigen An- deutungen mögen genügen. Die Untersuchung des Peristoms, namentlich des doppelten, ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Bereits entdeckelte Kapseln eignen sich zur Unter- suchung nicht. Das Peristom ist bei solchen immer mehr oder weniger verletzt. Milde empfiehlt nun, die bedeckelte Kapsel einige Augenblicke zwischen zwei Glasplatten über der Spirituslampe zu kochen. Meist löst sich hierbei von selbst der Deckel, im andern Falle hilft man behutsam mit einer Nadel nach. Nun schneidet man unterhalb des Peristoms die Kapsel quer durch. Den so gewonnenen Ring teilt man in zwei Hälften und betrachtet an einer Hälfte die äussere, an der andern die innere Seite des Peristoms. Etwaige den Zähnen anhaftende Sporen entferne man durch kurzes, nochmaliges Kochen. — Um die Anhängsel an den Wimpern zu sehen, muss man das Deckgläschen etwas ver- schieben. Dadurch kommen die Wimpern in eine andre Lage und lassen die zum Centrum der Kapsel radial gestellten Anhängsel erkennen. Keiner Laubmooskapsel fehlt das Mittelsäulchen (Columella). Während dasselbe bei den Sphagneen fast verkümmert ist, ragt es in andern Fällen über den Kapselmund empor, so bei den Splachnaceen, ja es trägt, wie bei Climacium, Dissodon, Hyme- nostylium u. a. eine Zeitlang den mit ihm ver- wachsenen Deckel. — Besonders in der unteren Kapselhälfte findet man in der Oberhaut der Kapsel sogenannte Spaltöffnungen (Stomata). Die verschie- dene Anordnung derselben ist für die Arten der Gattungen Bryum, Mnium und Orthotrichum nicht ohne Bedeutung. Beiläufig sei noch erwähnt, dass sich zur mor- phologischen Untersuchung jugendliche Früchte am besten eignen; der Systematiker bedarf dagegen vollkommen reifer, noch Deckel und Haube tragen- der Kapseln. Es erübrigt uns nun noch, der Haube (Calyptra) zu gedenken, In der Jugend umhüllt jede Haube als ein cylindrisches Häutchen den obern Teil des Fruchtstiels, die zukünftige Frucht. Durch weiteres Wachstum des Stieles wird dies Häutchen in ver- schiedenster Weise gesprengt oder zerrissen und später von der Kapsel getragen. Die Gestalt der Haube, ob halbiert, kappenförmig, oder mützenförmig, ist so durchgreifend regelmässig, dass sie ein sehr gutes, generisches Merkmal abgiebt. Die Haube be- deckt oft kaum den Deckel, oft hüllt sie die ganze Kapsel ein; sie ist teils glatt, teils behaart, an der Basis ganzrandig, oder mehrfach gespalten, oft lang bewimpert. Die behufs Untersuchung angefertigten Präparate hebe man sorgfältig in der Sammlung auf. Oft wird man nur wenige Früchte besitzen, diese wür- den bei wiederholter Untersuchung sämtlich zerstört werden. Ferner erspart man sich dadurch die Mühe nochmaliger Präparation. Von C. Müller ist nun folgende Methode empfohlen worden. Man spaltet dünne, rechteckige Glimmerblättchen bis etwas über die Mitte, so dass die Hälften an dem einen Ende noch zusammenhalten, bringt einen Tropfen Wasser dazwischen und legt ın dasselbe die Teile des unter- suchten Mooses. Bei einer spätern Vergleichung taucht man das Glimmerblättchen in reines Wasser, welches zwischen die Hälften dringt und die zarten Moosteile verhältnismässig schnell aufweicht. Solchen Glimmer erhält man billig bei jedem Mineralien- händler. Die Präparate selbst legt man in dieselbe — 12383 — Papierkapsel, in welcher sich die betreffenden Moos- arten befinden. Die Aufbewahrung der Moose erfolgt im Her- barium. Kleinere Rasen schlägt man in ein Papier- konvolut ein. Besitzt man von einem Moose nur sehr wenige Exemplare, so befestige man dieselben im Konvolut mit Gummi arabicum. Dadurch werden die Früchte besser erhalten. Grosse Rasen, z. B. von Sphagneen, Hypneen u. A. befestigt man auf recht starkem, weissem Papier. Ueberhaupt empfiehlt es sich, von jeder Moosart ein Exemplar frei auf Papier gelegt im Herbarium aufzubewahren. Bei jeder Durchsicht der Sammlung hat man so stets das Moos vor Augen. Das Habitusbild prägt sich leichter dem Gedächtnis ein. Die getrockneten Moose werden von Insekten nicht angegriffen, es ist also ein Vergiften derselben nicht erforderlich. In meiner eigenen, bedeutenden Sammlung ist wenigstens noch kein Moos durch Insektenfrass zerstört worden. | Litteratur. Arnold, F., Die Laubmoose des fränkischen Jura. Regensburg 1877. Bridel, S. E., Bryologia universa. Lipsiae 1826—27. Brockmüller, H., Die Laubmoose Mecklenburgs. Schwerin 1869. Bruch, Schimper et Gümbel, Bryologia Europaea. Stuttgart 1838 —50. Fiedler, B., Synopsis der Laubmoose Mecklenburgs. Schwerin 1844. — 129 — Geheeb, A., Die Laubmoose des Kantons Aargau. Aarau 1864. Gerber, G., Südbayerns Laubmoose. 3. Abteilung. Regensburg und Augsburg 1860 —61. Gümbel, W. T., Die Moosflora der Rheinpfalz. Landau 1857. Hampe, E., Das Moosbild. Wien 1871. Hedwig, J., Species Muscorum frondosorum. Lipsiae 1801—42. Holler, A., Die Laub- und Torfmoose der Umgebung von Augsburg. Augsburg 1873. Juratzka, J., Laubmoosflora von Oesterreich-Ungarn. Wien 1882. Kummer, P., Führer in die Mooskunde. 2. Aufl. Berlin 188o. Limpricht, C., Die Laubmoose Schlesiens. Breslau 1875. Milde, J., Bryologia Silesiaca. Leipzig 1809. Molendo, L., Bayerns Laubmoose. Passau 1876. Müller, C., Synopsis Muscorum frondosorum. Berlin 1849— 51. © Deutschlands Moose. Halle 1853. Schimper, W. P., Synopsis Muscorum Europaeorum. Ed... II.) Stuttgart ‚1870. Seubert, M., Laubmoose von Baden. Freiburg 1800. Sydow, P., Die Moose Deutschlands. Berlin 1881. Warnstorf, C., Die europäischen Torfmoose. Berlin 1881. Exsiccaten-Sammlungen. Brebison, A. de, Mousses de la Normandie. Crome, G. E. W., Sammlung deutscher Laub- . moose. Hartmann, R., Bryaceae Scandinaviae exsiccatae. g — 150 — Jack, Leiner und Stizenberger, Badische gamen. Limpricht, C., Bryotheca Silesiaca. Müller, H., Westphalens Laubmoose. Rabenhorst, L., Bryotheca Europaea. Warnstorf, C., Märkische Laubmoose. Ss Deutsche Laubmoose. e Sphagnotheca Europaea. Krypto- a 1 0 Gefässkryptogamen. I. Farne (Filices). Die bisher betrachteten Pflanzen bestanden nur aus Zellen. Mit den Farnen gelangen wir zur höchsten Abteilung der Kryptogamen. „Gefäss- kryptogamen“ hat man sie genannt, weil ihr Ge- webe aus Zellen und Gefässen besteht. Allerdings sind diese Gefässe von denen der Phanerogamen verschieden. Sie bestehen aus langgezogenen, ge- fässartigen, verholzten Zellen. „Zellenleitbündel“ sind sie deshalb auch benannt worden. Die Farne sind ausdauernde, sehr selten ein- jährige (Gymnogramma leptophylla) Gewächse. Sie besitzen meist einen sehr verkürzten oder kriechen- den Stamm, Rhizom, der sich aber auch in den Tropengegenden baumartig erhebt. Das Rhizom zeigt in seiner Mitte einen zelligen Markcylinder, der von einem Ringe grosser, mit braunen, verholz- ten Zellen umgebener Zellenleitbündel umschlossen wird. Diese Zellenleitbündel verlaufen nie parallel, sondern durchziehen in Schlangenwindungen das Rhizom, wodurch die Markschicht mit der aus dickwandigem Parenchym gebildeten Rindenschicht in Verbindung tritt. Der unterhalb der Terminal- knospe sich befindende Cambiumring verholzt, so- bald der Stamm seine normale Dicke erreicht hat. Aus der Unterseite des Stammes brechen zahlreiche Adventivwurzeln hervor. Die blattartigen Organe führen den Namen ‚„Wedel“, Sie sind in der Jugend schneckenförmig eingerollt. Die Blattfläche zeigt eine grosse Mannigfaltigkeit der Formen, sie wird — 132 — aus zwei, von einer Epidermis bedeckten Zellen- schichten gebildet. Die Oberhaut zeigt zahlreiche Spaltöffnungen. Stamm, Wedelstiel und Blattrippen sind meist stark mit Spreuschuppen bedeckt, selten fehlen diese gänzlich. Die Sporenbehälter sitzen auf der Unterseite des Blattes meist in Häufchen beisammen, welche oft von einem zarten Häutchen, Schleier, bedeckt werden. Das einzelne Sporangium stellt einen gestielten, rundlichen, von einem Ringe umgebenen Körper dar. Die keimende Spore ent- wickelt einen oberirdischen, blattartigen, herz- oder nierenförmigen (selten unterirdischen, knollenartigen) Vorkeim. Während bei den Zellenkryptogamen die Geschlechtsorgane — Antheridien und Archegonien — auf der vollständig ausgebildeten Pflanze auf- treten, entwickeln sich dieselben bei den Farnen auf dem Vorkeime. Aus ihrem Zusammenwirken geht nicht die Sporenfrucht, sondern die neue Pflanze hervor. So sehen wir auch in diesem Stücke eine höhere Stufe der Entwickelung. Die Farne gliedern sich in vier Ordnungen: I. Hymenophylleae. 2. Polypodiaceae. 3. Osmundaceae. 4. Ophioglosseae. Die Hymenophylleen, von denen Europa nur zwei Arten aufweist, vermitteln recht anschaulich den Übergang zu den Moosen. Durch die einfache Struktur der blattartigen Organe, den fast steten Mangel an Spaltöffnungen, das Vorkommen von Paraphysen in den Fruchthäufchen und den kon- fervenartigen Vorkeim schliessen sie sich eng an jene an. Zu den Polypodiaceen gehört die weitaus grösste Mehrzahl der Farne. Bald einfach blattartig, bald — 133 — zierlich zusammengesetzt und vielfach geteilt, sind die oft einen Meter langen Wedel ein herrlicher Schmuck unserer Wälder und Gebirge. Unendlich zahlreicher und mannigfaltiger treten. freilich die Farne in der tropischen Zone auf. Häufig findet man sie dort den Baumstämmen ansitzend und ihnen einen wunderbaren Formen- und Farben- schmuck verleihend. Nicht wenig tragen sie dazu bei, den fremdartigen Eindruck hervorzurufen, den der tropische Urwald auf den Reisenden ausübt. Wahre Prachtgestalten sind die Adiantum- und Davallia-Arten, ferner die Marattiaceen und vor allem die herrlichen Gymnogramma- und Cheilanthes- Arten mit ihren silbern oder goldig schimmernden Wedeln. Grossartig aber erscheinen dann die Farne, wenn der Farnstamm, der bei unsern Arten sich der Erde anschmiegt oder nur wenig darüber er- hebt, dort eine Höhe bis zu etwa zehn Meter er- reicht, gekrönt von einem Busch mächtiger, zierlich gefiederter, in kühnen Bogen herabwallender Wedel. Wahrlich, da zeigt sich uns der Farntypus in seiner erhabensten Formvollendung, da werden die Farne eine Zierde jeder tropischen Landschaft. Wohl dürften diese berechtigt sein, mit den Palmen über den ersten Rang unter den Gewächsen ernstlich zu streiten und Anspruch zu erheben auf das Wort des grossen Linne, der, ergriffen von der wunder- baren, architektonischen Schönheit der Palmen, sie als die „Fürsten des Gewächsreiches“ allen Pflanzen voranstellte. Das hauptsächlichste, generelle Unterscheidungs- merkmal liegt in der Nervatur des Laubes. Die Fruchthäufchen sind teils einseitig, dem Nervenverlaufe folgend, teils dem Rücken der Nerven aufsitzend. Bei Pteris stehen die Früchte stets — 134 — unter dem umgerollten Blattrande. Von Unkundigen wird oft ein auf der Unterseite des Laubes von Pteris aquilina auftretender Pilz, Dothidea Pteridis, für die Fruktifikationsorgane angesehen. Die Gruppe der ÖOsmundaceen ist dadurch charakterisiert, dass die Sporangien durch Ver- drängung der Blattsubstanz sich zu einem eigen- artigen Fruchtstande vereinigen. Deutschland be- sitzt. /nur einen Vertreter dieser’ Gruppe, ir den Königsfarn, Osmunda regalis, der ein herrlicher Schmuck unserer Wälder und Torfwiesen ist. Dieser Farn besitzt ein so eigentümliches Gepräge, dass er nie verkannt werden kann. Die Ophioglosseen bewohnen teils die nördliche, teils die tropische Zone. Sie besitzen einen unter- irdischen, knollenförmigen Vorkeim, dem die Ge- schlechtsorgane eingesenkt sind. Das Rhizom bildet Adventivwurzeln. Die entwickelte Pflanze besteht aus einem Blatte, das einen unfruchtbaren und einen fruchtbaren Teil, die Aehre oder Rispe, er- kennen lässt. Auf trockenen Wiesen, an grasigen Abhängen, in Heidegegenden der Ebene und des Gebirges ist die Heimat dieser zierlichen Pflänzchen. Die bei uns vorkommenden beiden Gattungen Ophioglossum und Botrychium sind sehr leicht zu . unterscheiden. Mehr als bei den Zellenkryptogamen ist bei den Farnen der Grundsatz festzuhalten, stets nur voll- ständige Exemplare einzusammeln. Solche Exem- plare müssen das Rhizom oder wenigstens einen Teil desselben aufweisen und stets Früchte tragen. Niemals reisse man den Wedel einfach ab, wie dies von Anfängern oft beliebt wird. Solche krüppel- haften Exemplare sind wertlos. Empfehlenswert ist es, wenn man zu dem vollständig entwickelten — 15° — Exemplare auch Jugendzustände der Wedel legt. Dieselben sind oft abweichend gestaltet und haben nicht selten Veranlassung zur Aufstellung eigener Arten gegeben. Überragen die Wedel das Herbarformat, so knicke man den Wedelstiel um, ohne ihn zu zer- schneiden. Dasselbe gilt auch von den Enden der Fiedern 1. Ordnung. Will man von. kultivierten Baumfarnen auch Exemplare fürs Herbar einlegen, so ist man freilich schon gezwungen, den Wedel zu zerschneiden. Häufig findet man nun in Samm- lungen solche Exemplare, die nur aus den abge- schnittenen Fiedern (Segmenten) I. Ordnung be- stehen. Diese haben gar keinen Wert. Niemand kann an solchem Bruchstück erkennen, ob dasselbe ein Segment I. Ordnung oder die abgeschnittene Spitze eines ganzen Wedels ist. Der ganze Wedel ist vielmehr so zu zerschneiden, dass wenigstens ein Fiedernpaar zusammenhängt, also einen Teil der Mittelrippe erkennen lässt. Notizen auf der Etikette weisen auf die Form des ganzen Wedels hin. Um Wiederholungen zu vermeiden, gebe ich das Verzeichnis der einschlägigen Litteratur und der Fxsiccaten-Sammlungen am Schlusse der ganzen Abteilung der Gefässkryptogamen. Il. Schachtelhalme (Equisetaceae). Die Schachtelhalme stehen habituell in der jetzi- gen Pflanzenwelt völlig isoliert da. Es ist dieser Pflanzentypus als ein Überrest verloren gegangener Formen der vorweltlichen Pflanzenwelt zu betrachten. Obwohl also die Schachtelhalme mit den Farnen in ihrer Tracht gar keine Aehnlichkeit besitzen, ge- — 136 — hören sie doch in ihre Nähe, da sie sich auf die- selbe Weise aus den Sporen entwickeln wie jene. Die Hauptachse zeigt ein weit in der Erde hin- kriechendes, oft knollentragendes Rhizom. Dasselbe ist teils glatt, teils von braunem Filze überzogen. Unmittelbar über der Erdoberfläche setzt sich das Rhizom als Stengel fort. Dieser zeigt mit wenigen Ausnahmen eine Zentralhöhle, um welche herum die durch Parenchym getrennten Zellenleitbündel liegen. Er ist in Zwischenräumen mit den zu Scheiden verwachsenen Blättern besetzt und an dieser Stelle immer durch Querwände geschlossen. Wo zwei Blättchen aneinander grenzen, findet sich gewöhnlich eine deutliche Furche, Commissuralfurche genannt. Tritt noch eine Furche in der Mitte der flachen oder gewölbten Blätter auf, so nennt man diese Carinalfurche. Der Stengel ist entweder ästig oder einfach gegliedert. Jeder Ast ist ein getreues Abbild des Ganzen. Scheinbar stehen die Aeste über den Scheiden; in Wirklichkeit aber gehört jeder Astquirl zu dem zunächst unter ihm stehen- den Blattquirl. Das grundständige Astscheidchen ist ein wichtiges, specifisches Merkmal. In den Zellenleitbündeln entstehen durch Re- sorption des Zellengewebes Lufthöhlen, die Carinal- lufthöhlen genannt werden. Im Parenchym liegt ein zweiter Lufthöhlenkreis, die Vallekularlufthöhlen. Die an Kieselerde reiche Oberhaut zeigt sehr verschieden angeordnete Spaltöffnungen. Die Früchte entwickeln sich in einer endständi- gen Aehre. Diese wird von metamorphosierten Blatt- quirlen gebildet. Jedes Fruchtblatt ist gestielt und besteht aus einem fünf- bis mehreckigen Schildchen, das auf seiner unteren Seite kegelförmige, einwärts in einer Längsspalte aufspringende Sporenbehälter —, 1397 — trägt. Die Sporen sind kugelig und von zwei elastischen, spatelförmigen Schleuderern umwickelt. Unterhalb jeder Aehre befindet sich ein Ring. Während bei den bisher betrachteten Krypto- gamen die Kenntnis der Frucht zur Charakteristik der Arten von grösster Wichtigkeit ist, verliert sie bei den Schachtelhalmen fast ganz ihre Bedeutung, da man gerade die Art an den sterilen Stengeln am leichtesten erkennen kann. Dafür sind die Spaltöffnungen der Oberhaut desto wichtiger und bei der Klassifikation der Familie unentbehrlich. Diese Spaltöffnungen liegen entweder in der Oberhaut selbst (Equiseta phaneropora) oder unter der in einer Querspalte aufgerissenen Oberhaut (Equiseta cryptopora). Die Arten der zweiten Gruppe sind schwer von einander zu unterscheiden. Sie erfordern eine mikroskopische Untersuchung. Man fertigt zarte Querschnitte des Stengels an, um die Riefen zu prüfen. Letztere sind entweder kon- vex oder spitzkantig. Durch Schaben auf der Innen- seite befreit man die Oberhaut von Bast und Parenchym und ist nun im stande, die Beschaffen- heit und Anordnung der Spaltöffnungen zu erken- nen. Von getrockneten Exemplaren weicht man Pröbchen des Stengels in Wasser auf. Equisetum arvense Z/., Telmateja Zhrh., pratense Ehrh. und E. silvaticum Z. sind dadurch eigentüm- lich, dass der fruchttragende von dem sterilen Stengel sehr verschieden ist. Die Fruchtstengel er- scheinen im Frühjahre und haben nur eine kurze Lebensdauer. Die später auftretenden, sterilen Stengel kann man den ganzen Sommer hindurch sammeln. Auf die selten auftretende, ährentragende Form des sterilen Stengels möchte ich den Sammler besonders aufmerksam machen. 9* — 133 — Alle übrigen Arten zeigen vollkommen gleich gebildete und auch zu gleicher Zeit erscheinende sterile und fertile Stengel. Um den grossen Formenreichtum der einzelnen Arten kennen zu lernen, empfiehlt es sich, an mög- lichst vielen und verschiedenen Lokalitäten Exem- plare einer Art zu sammeln. Beim Pressen wende man nur sehr gelinden Druck an, weil sonst die hohlen Stengel zerquetscht werden. Ill. Bärlappgewächse (Lycopodiaceae). Die Lycopodiaceen wurden von vielen älteren Botanikern den Moosen angereiht, mit denen sie habituell allerdings Aehnlichkeit besitzen. Es lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Lycopodieae, Selaginelleae, Isoeteae. Die Lycopodieen sind Landpflanzen mit meist stielrundem, niederliegendem Stengel. Selten bleibt letzterer einfach, meist teilt er sich gabelförmig in zahlreiche Äste. Er besitzt einen Strang zentraler Leitbündel, in deren Mitte regelmässig bandartig angeordnete Treppenzellen liegen, die von Spiral- zellen und Parenchym umgeben sind, Das Cam- bium liegt im Umkreise des Bündels. Von der Aussenseite sind die Leitbündel durch einen Ver- dickungsring getrennt. Die Blätter stehen spiralig am Stengel, in ihren Achseln finden sich oft Brut- knospen. Die nierenförmigen, einfächerigen, zwei- klappigen Sporangien sitzen am Grunde der Stengel- blätter oder bilden einen ährenförmigen Fruchtstand — 159 — und enthalten zahllose, staubfeine Sporen. Die Lycopodieen findet man in Wäldern der Ebene und des Gebirges, auf Torfboden, feuchtem, sandigem Heideland u. s. w. Die Selaginellen sind moosähnliche Gewächse. Der Stengel ist niederliegend, selten in die Höhe steigend und teilt sich dichotom in zahlreiche Aeste. Stengel und Aeste entwickeln zahlreiche Adventiv- wurzeln.. Die Blätter sind vierzeilig angeordnet. Die Sporangien entwickeln sich meist in ähren- förmigen Fruchtständen. Sie treten in doppelter Form auf, als Makrosporangien und Mikrosporangien. Erstere springen in vier Klappen auf und enthalten vier Makrosporen, die bei der Keimung einen Vor- keim mit Archegonien entwickeln; letztere sind zweiklappig, angefüllt mit vielen, staubfeinen Mikro- sporen. Diese bilden die Antheridien, in denen die Spermatozoiden enthalten sind. Europa beherbergt nur drei Arten dieser interes- santen Pflanzengruppe. In gebirgigen Gegenden überkleidet Selaginella helvetica oft auf grosse Strecken den Boden, an Felsen, auf altem Gemäuer, an Strassen und Gräben bilden ihre weithin krie- chenden Stengel eine dunkelgrüne bis dunkelblut- rote Decke. S. spinulosa wächst mehr versteckt im Grase. S. denticulata Z. kommt nur im Süden Europas vor. Die Iso&ten haben das Ansehen steriler Gras- oder Binsenrosetten. Dem minder aufmerksamen Beobachter können sie daher leicht entgehen. Sie bilden einen durchaus eigentümlichen, scharf ge- sonderten und in vieler Beziehung merkwürdigen Pflanzentypus. Der knollenartig verkürzte Stamm zeichnet sich durch grosse Einfachheit des Wuchses aus. Er zeigt keine Sprossbildung und nur in — 140 — einigen wenigen Fällen ist eine dichotomische Teilung desselben beobachtet worden. Der Stamm besitzt eine zentrale Holzmasse. Die Rinde bildet sich fortwährend von innen heraus durch neue Zellen, die später von aussen her absterben. Nach unten entsendet der Stamm sonderbar dichotom geteilte Adventivwurzeln. Die Fruktifikationsorgane befinden sich auf der ausgehöhlten Innenfläche der an der Basis erweiterten, dachziegelig angeordneten Blätter. Stets finden sich auf demselben Stock zweigestaltige Sporangien. Die äussern Blätter ent- halten grössere, gerundet tetraädrische Makro- sporen, die innern bedeutend kleinere, längliche Mikrosporen. Letztere zeigen eine überraschende Aehnlichkeit mit dem Pollen der Phanerogamen. Die Keimung ist ähnlich der bei Selaginella. Je nach dem Vorkommen der Isoeten lassen sich folgende Gruppen unterscheiden: I. Wasser-Isoäten. Pflanzen stets im Wasser unter- getaucht. 2. Amphibische Isoäten. Pflanzen im Wasser oder an periodisch austrocknenden Orten wachsend. 3. Land-Isoäten. Pflanzen an periodisch nassen oder auch stets trockenen Orten auf dem Lande wachsend. Im nördlichen und mittlern Europa finden sich nur Vertreter der ersten Gruppe. Auf dem Grunde der Seen bis zu einer Tiefe von etwa 1!s Meter kommen die dichten, starren Rasen von Isoetes lacustris Z. und I. echinospora Dur. vor, oft gleichsam unterseeische Wiesen bildend. Auf einen Punkt möchte ich den Sammler auf- merksam machen. Diese beiden Wasser-Isoeten hat man stets in Gesellschaft einiger bestimmter Phanerogamen gefunden. Als solche Begleitpflanzen — 1441 — sind zu erwähnen: Litorella lacustris (nie fehlend), Lobelia Dortmanna, Nuphar pumilum, Sparganium affiıne, Myriophyllum alternifolium, Elatine Hydro- piper. Characeen finden sich selten in der Nach- barschaft der Iso@äten. — Findet man also in einem See mit sandigem, steinigem Boden einige der an- geführten Pflanzen wachsend, so unterlasse man nie, denselben auf die Anwesenheit von lIsoötes hin zu untersuchen. Die Vertreter der I. und II. Gruppe finden sich im westlichen und südlichen Europa, oder sie sind aussereuropäisch. 4. Wurzelfrüchtler (Rhizocarpeen). Wir kommen nun zur letzten Familie der Krypto- gamen, den Wurzelfrüchtlern oder Rhizocarpeen. Bedeutsam wird diese Familie, da sie als Schluss- glied der Sporenpflanzen dasteht und zugleich den Uebergang zu den Samenpflanzen bildet. Wurde sie ja früher ohne weiteres den Phanerogamen zu- gezählt. Die Rhizocarpeen sind sämtlich Wassergewächse und schwimmen teils frei auf der Oberfläche des Wassers, teils wurzeln sie im Schlamme in Sümpfen und Gräben. Der Stengel besitzt nur ein zentrales Gefäss- bündel, welches von einem Ringe verholzter Zellen und einer parenchymatischen Rinde umgeben ist. Die Blätter sind entweder fadenförmig oder flächen- artig ausgebreitet. Die Sporangien sind von kugel- oder bohnenförmigen Behältern eingeschlossen. — 142 — Diese stehen entweder einzeln oder zahlreich neben oder in den Achseln der Blätter. Die Makro- und Mikrosporen finden sich entweder in demselben Behälter oder getrennt in verschiedenen. Die reifen Makrosporen besitzen eine sogenannte Keimwarze. Regelmässig bricht neben derselben der Vorkeim hervor, auf dem sich nur ein Archegonium bildet. Nach der Befruchtung durch die in den Mikro- sporen gebildeten Spermatozoiden wächst der Keim- körper zur neuen Pflanze heran. Vorkeim und Keimpflanze entwickeln sich ganz selbständig, bis ersterer überholt wird und nach und nach verküm- mert. Von den in Europa vorkommenden Gattungen Pilularia, Marsilea und Salvinia besitzt Deutschland je eine Art. Salvinia natans findet man im Herbst auf Gewässern schwimmend, namentlich gern zwischen Flossholz. Man fängt die Pflanzen unter Wasser auf Papier (vergl. Characeen) auf, wodurch das zarte Wurzelgeflecht gut erhalten bleibt. Nahe verwandt mit Salvinia ist die Gattung Azolla, deren Vertreter in aussereuropäischen Län- dern gefunden werden. Litteratur Döll, J. C., Gefässcryptogamen des Grossherzog- tums Baden. Karlsruhe 1855. Duval-Jouve, ]J., Histoire naturelle des Equisetum de France. Paris 1864. Heufler, N. v., Asplenii species Europ. Wien 1856. Hooker, W. ]., Genera filicum. London 1842. 120 kol. Tafeln. Luerssen, Ch., Gefässcryptogamen Deutschlands — 13 — (vergl. Rabenhorst, Crypt. Flora. 2. Aufl.‘ Leipzig 1884. Mettenius, G., Filices horti botan. Lipsiensis. Lip- siae 1856. Milde, J., Gefässcryptogamen in Schlesien, mit 25 Tafeln. Bonn 1859. „ Die höheren Sporenpflanzen Deutschlands und der Schweiz. Leipzig 1865. Monographia Equisetorum. Dresden 1865. Filices Europae et Atlantidis, Asiae minoris et Sibiriae. Lipsiae 1867. Presl, C. B., Hymenophyllaceae. Prag 1843. Roeper, ]J. A., Zur Flora Mecklenburgs. 2 Teile. Rostock 1843—44. Spring, A., Monograph. de la fam. des Lycopo- diac&es. Brux. 1842—40. Waldner, H., Deutschlands Farne mit Berücksichti- gung der angrenzenden Gebiete Oesterreichs, Frankreichs und der Schweiz. Wünsche, O., Filices Saxonicae. Zwickau 1871. „ ” Exsiccaten-Sammlungen. Anne Libert, Plantae cryptogam. Arduennenses, Baenitz, Herbarium europaeum. Breutel, Cryptogamae vasculares exsiccatae. Billot, Flora Galliae et Germaniae exsiccata, Babette Simon, Filices Maderenses. Jack, Leiner und Stizenberger, Badische Crypto- gamen. Desmazieres, Plantes cryptogam. de France. Erbario crittogamico italiano. Elias Fries, Herbarium normale. — 14 — Funk, Cryptogamische Gewächse des Fichtel- . gebirges. x Herbarium norddeutscher Pflanzen von Lasch und Baenitz. Kneiff und Hartmann, Badische Kryptogamen. Nestler et Mougeot, Stirpes cryptogamicae Vogeso- Rhenanae. i Rabenhorst, Cryptogamae vasculares Europaeae. Schultz, F., Flora Galliae et Germaniae exsiccata. EB, Fa Br NR r 1 New York Botanical Garden Libra Tin | | GAUMLÄLÄLLÄLLLECLEa GW (7 7 Y, G VL GH RL. KL, ALL 7 7 2 dass kat UaU€ldhaı€ıcE€d€ıaıı€d€ııdıııdaııdıııGGBGECG(G(G(d6GdiiddiddchadacııdaııadaıEGCGGG&6&dddedad a, GELESENE BEE NDELEE ROBERT IL? 4 j z er _ Hl ÄcAÄGAHZ ..— a REN EN N AN N N TG TG WEGE \ N vv N N N N \ nn INN N NN HE N N NUN N NN N N N N WO PFHL, DAR, IIHHRF, GC FR, ZUEZT, S N NN DIT RRR—ÜR—ÜR——Q RERÄÜÜÜUÜUQU—UQÜQÜQÜ'qÜQÜQ'ÜQÜ :Q—QQ—: TERIINTTUUUUUUISARRÜQÜ AN TG, G GH