ul) K iR (SSENSCHAFTLICHEN BEOBACHTUNGEN . — ss AUF REIS ER VISSENSCHAFTLICHEN BEOBACHTUNGEN u... AUF REISEN.\ Rn. \ er MIT BESONDERER RÜCKSICHT AUF DIE BEDÜRFNISSE DER KAISERLICHEN MARINE “ VERFASST VON P. AscHERSON, A. BasTIan, W. FÖRSTER, K. FRIEDEL, G. Fritsch, A. GERSTÄCKER, A. GRIESEBACH, A. GÜNTHER, J. HAnn, G. HARTLAUB, R. HARTMANN, H. KıePpErT, W. Koner, E. von MARTENS, A. MEITZEn, K. MöBıus, G. NEUMAYER, A. OPPENHEIM, A. OrtH, 0. A. F. PETeErs, °F. von RicHTHorEn, G. SCHWEINFURTH, K. VON SEEBACH, H. STEIN- AR THAL, F. TIETJEn, R. VırcHow, E. Weiss, H. WıLo UND HERAUSG Bon Fe 1 VON \ \ ar v DR. 6. NEUMAYER, HYDROGRAPH DER KÄISERLICHEN ADMIRALITÄT. 2 MIT 56 HOLZSCHNITTEN UND 3 LITHOGR. TAFELN. 5 BERLIN, VERLAG VON ROBERT OPPENHEIM. 1819. Webers behallan, Bene: Druck von Metzger & N Let : wu Hr 6 Ahsonian NStifr, 2 S 2 STEJNEGER 7? COLLECTION National Muses® >; BR u Vorwort. R m . 5. . . . Be Als im März verflossenen Jahres eine Anzahl wissenschattlicher Männer in Berlin zusammentrat, um zu berathen, wie die Herausgabe eines Werkes ermöglicht würde, dessen Bestimmung es sein sollte, den ET . . . vs eo ® zahlreichen Reisenden und in fernen Ländern lebenden Angehörigen Dr deutscher Nation eine einfache Anleitung zur Betheiligung an wissen- iR schaftlichen Arbeiten auf den verschiedenen Gebieten der Natur- u; forschung zu ertheilen, verhehlte man sich keineswegs, dass die Lösung dieser Aufgabe grosse Schwierigkeiten darbiete. Einerseits musste der wissenschaftliche Charakter des Werkes stets gewahrt bleiben, ander- seits war Bedacht darauf zu nehmen, dass auch der nicht fachmännisch Aussebildete daraus werthvolle Winke zu erhalten vermöchte, welche 2 ihn befähigten, jede dargebotene Gelegenheit für die Beobachtung eines Phänomenes oder für eine wissenschaftliche Erhebung in einer solchen Weise auszunützen, dass die Resultate von wirklichem Werthe wären. In dieser, wie in so mancher anderen Hinsicht war zwar ein Vorbild für _ unsere „Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen“ in dem englischen „Manual of scientific enquiry“ vor- handen, welches’ nicht allein in britischen Kreisen, sondern auch bei _ deutschen Seeleuten und Reisenden grossen Anklang gefunden hat. Es erschien jedoch wünschenswerth, dass mit Rücksicht auf Zahl, Behandlung und Umfang der einzelnen darin aufzunehmenden Arbeiten 3 > den deutschen Verhältnissen und namentlich unserer einschlägigen Li- _ teratur Rechnung getragen werde, und so geschah es, dass manche Zweige der Forschung Berücksichtigung fanden, welche in dem ‚englischen Werke fehlten, während wieder andere in dem deutschen Werke keine Stelle fanden, die dort berücksichtigt waren. Mit welchem Erfolge diese Sichtung der Materie durchgeführt wurde, wird die Zu- t lehren; einstweilen glauben wir, dass das deutsche Werk ver- vI ; Vorwort. manche Vorzüge aufweisen wird. Wir sind uns bewusst, dass es nur allmählich und mit Hülfe derjenigen, welche es benützen, gelingen wird, die unleugbaren Wohlthaten, die ein solches an der N schaft und den Arbeitende net zu. Maasse zu verwirklichen‘ . N Unser Buch dürfte gerade. Jjetzt/unter eünst igen ne in die Oeftentlichkeit treten. Die ganze Riehtuhe unserer Zeit, insbesondere die zahlreichen, von Deutschlands und Oesterreich- Use Akademien und Gesellschaften ins--Ereben gerufenen Forschungs- reisen, unter denen wir nur die wissenschaftlichen Unternehmungen im äquatorialen Afrika und die nun auf's Neue in Angriff genommene Lösung der geographischen Probleme innerhalb der Polarzonen namhaft machen wollen, rechtfertigen diese Annahme. Allein, was uns vor Allem in der Hoffnung ermuthigt, dass unserer „Anleitung“ eine günstige Aufnahme und ein Erfolg zu Theil werde, ist der Umstand, dass in derselben den wissenschaftlichen Arbeiten der Marine soweit irgend möglich Rechnung getragen wurde, und dass sowohl in Deutschland, wie in Oesterreich-Ungarn nach dieser Richtung eine rege Thätigkeit herrscht. ‘Wir erwarten daher mit einiger Zuversicht, dass der vater- ländische Sinn, gepaart mit dem lebhaften Wunsche nach Kräften zur Förderung der Naturforschung auf allen Gebieten beizutragen, welche in erster Linie in den Mitarbeitern den Entschluss zur Herausgabe dieser systematischen Anleitung reiften, seinen Lohn darin finden wird, dass es den Expeditionen, den Reisenden und solchen, die in fernen noch wenig erforschten Ländern leben, gelingen wird, an der Hand derselben nützliche Beiträge für die Entwickelung menschlicher Erkenntniss zu liefern. : Ursprünglich war es beabsichtigt, die Herausgabe so zu. beschleu- x nigen, dass die Anleitung vor dem Abgange der Expeditionen zur Be- obachtung des Vorüberganges der Venus vor der Sonnenscheibe er- scheinen könnte. Leider ist es indessen trotz des grössten Eifers der meisten Mitarbeiter nicht gelungen, das Ganze rechtzeitig für die volle Benützung bei den gedachten Unternehmungen fertig zu stellen, indem es bei der Durchführung des Planes, ausser den schon berührten noch andere, hier nicht näher zu erörternde Schwierigkeiten zu beseitigen galt. Schliesslich müssen wir mit besonderem Danke die geistige und materielle Förderung hervorheben, welche unser Unternehmen von Seiten der kaiserlichen Admiralität een hat. Berlin, den 9. December 1874. Inhalt. Seite ”- Ueber die Bestimmung der Abstände der Himmelskörper von der Erde und über die besondere Bedeutung, welche die Beobachtungen der Vorübergänge der : Venus vor der Sonnenscheibe für diese astronomische Aufgabe haben, von Dr. W. Förster, Professor der Astronomie und Director der k. Sternwarte Surkerlin.-. "0... 1 Geographische One. von "Dr. Fr. Tietjen, roten dr Netrononie 3 und Dirigent des astronomischen Seminars in Berlin . . . . 19 Topographische Beobachtung und Zeichnung (Flying survey, Levee & coup oa, 2% von Dr. H. Kiepert, Professor der a und Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften in Berlin. . . . Aha) Anweisung zur Beobachtung allgemeiner nen am Eosinael Kat rei. Aue oder mittelst solcher Instrumente, wie sie dem Reisenden zur Verfügung a stehen, von Dr. E. Weiss, Professor der Astronomie und erster der == kais. Sternwarte in Wien . . . 49 Anweisung zur Anstellung von Beopichlanen, la: Ebbe and Fluth, von Professor GA. BP. Peters, Director’ der k. Sternwarte n Kiel. : . . ... m... 82 5 Anleitung zur Bestimmung der Elemente des Erdmagnetismus auf Reisen, von Dr. H. Wild, Professor und Director des physikalischen Centralobservato- riums zu St. Petersburg und Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften daselbst . . . . NR RE RT TEA ON RR OR Meteorologie, von Dr. J. Hann in Wien N a ee NE EEE RE DEREN E RTID Politische Geographie und Statistik, von Dr. A. Meitzen, k. Geheimer Regierungs- Rath in Berlin . . . 151 Heilkunde, von Dr. K. @. A. erde, Obentabe und Chefarzt de Ercen Pens 1 Garde-Regiments zu Fuss . . . 173 Allgemeine Rückblicke auf die role arbiete der ne nd Krklärung fi der gebräuchlichsten Ausdrücke in der physikalischen vorn von Professor Dr. W. Koner, k. Bibliothekar in Berlin . . . nes Se ah Geologie, von F. Freiherr von Richthofen, Dr. phil. in Be, RER DE az | 4 U Erdbebenkunde, von Professor Dr. K. von Seebach in Göttingen... 2... 0208 - — Pflanzengeographie, von Professor Dr. A. Grisebach in Göttingen . . 333 "Die geographische Verbreitung der Be von Professor Dr. P. Kaas erson E) Be Berlın 2. , 2.309 ® Ueber Sammeln und Vonkeiriten von Pilanzen höherer Or (Bilnehnsanenii SR von Dr. G. Schweinfurth in Berlin . .. 374 as Sammeln von Reptilien und Fischen, von Dr. Albert Günther, Fellow of a en des Zoaloginchen Departements des B t schen Museums . . 389 w VIII Inhalt. & i Seite Sammeln und Beobachten von Mollusken, von Dr. Eduard von Mar tens, k. Professor und Custos am zoologischen Museum in Berlin 403 Wirbellose Seethiere, von Dr. Karl Möbius, Professor der Zoologie und. Direchen des zoologischen Museums in Kiel 418 Gliederthiere, von Professor Dr. A. Gerstaecker ın Bein 433 Vögel, von Dr. G. Hartlaub in Bremen . en a LAG! Die Säugethiere, von Professor Dr. R. tn Piosestor am anatomischen Museum der k. Universität in Berlin . . 481 Ueber Sammlung und Aufbewahrung chemisch ee Naturproduete, von ne fessor Dr. A. Oppenheim in Berlin. . F : . 505 Allgemeine Begriffe der Ethnologie, von Professor Dr. A Bastian Out am ethnologischen Museum in Berlin Sig Laändwirthschaft, von Dr. Albert Orth, Er der Larwisthschette in Berlin 534 Linguistik, von Professor Dr. H. Steinthal in Berlin 551 ‘“ Anthropologie und prähistorische Forschungen, von Professor Dr. R. yn ee Director des Pathologischen Instituts, Mitglied der k. Akademie der Wissen- schaften in Berlin 5 byal Praktische Gesichtspunkte für le ea zweier dem Bee wiesen technischen Hülfsmittel: das Mikroskop und der photographische Apparat, von Professor Dr. &. Fritsch, am anatomischen Museum in Berlin "591 Hydrographie und Oceanographie, einschliesslich Winke über Höhenmessungen und magnetische Beobachtungen zur See, von Professor Dr. @. Neumayer, Hydrograph der kaiserl. Admiralität in Berlin 02 Anhang RER EN Sa i .. 686 Kartem _ Skizze meines Weges am 1. Mai 1870 (letzte Hälfte, drei Stunden bis nach Jerusalem) unterwegs entworfen von Dr. H. Kiepert. $ Karte zur Illustration hydrographischen Zeichnens von L. Friederichsen. Uebersichtskarte der Meeresströme und Trift von Dr. G. Neumayer. Ueber die Bestimmung der Abstände der Himmelskörper von der Erde und über die besondere Bedeutung, welche die Beobachtungen der Vorüber- gänge der Venus vor der Sonnenscheibe für diese un Aufgabe haben. Von Bi W. Förster. hr Di. folgenden Darlegungen werden sich von dem Inhalte und der Form der übrigen Beiträge, deren Gesammtheit die vorliegende Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen bildet, insofern unterscheiden, als die in der Ueberschrift genannte astronomische Aufgabe durch Reisen und Aufenthalt in fernen Erdgegenden auf keine andere Weise, als ganz systematisch unter en eat nach sorgfältisster Vorbereitung und Ausrüstung gefördert werden kann, so dass es Si Bi der vorliegenden Darstellung nicht um die Orientirung des Reisenden zum Zweck gelegent- licher Be eelberer Betheiligung an der bezüglichen Forscher- Arbeit, sondern nur um eine Erneuerung des Verständnisses der wissenschaftlichen Ziele von Expeditionen obiger Art und um die entsprechende Erweckung oder Be- lebung grösstmöglicher Hülfsbereitschaft aller derjenigen, an welche sich das vorliegende Buch überhaupt wendet, für die Zwecke solcher Expeditionen handeln wird. Die Expeditionen, welche zur Bestimmung der Entfernungen der Himmels- _ körper in ferne Gegenden der Erde ausgesandt werden, erhalten aber ein Recht, in diesem Buch an erster Stelle behandelt zu werden, sowohl dadurch, dass dieselben sich in der Vergangenheit höchst wesentliche Verdienste auch um die gesammte Erforschung der Erde erworben und so zur Förderung ‚aller anderen wissenschaftlichen Aufgaben beigetragen haben, welche in vor- liegender Anleitung behandelt werden, als auch im Besonderen dadurch, dass die für December 1874 bevorstehenden Expeditionen — zur Bene genauerer irdischer Maassausdrücke für Dimensionen und Abstände inner- nus vor der Sonnenscheibe — den unmittelbaren Anlass zur Herausgabe orliegenden Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen Förster. DD Das wissenschaftliche Bedürfniss, Verhältnisse der Abstände der Him- melskörper von der Erde zu den Abständen verschiedener Punkte der Erde von einander oder allgemein zu den Dimensionen des Erdkörpers zu kennen, trat schon den ersten Astronomen entgegen, welche sich systematisch mit der Deutung und Vorausbestimmung der Bewegung des Mondes am Himmel beschäftigten, und zwar nachweisbar schon den babylonischen und den grie- chischen Astronomen. Nachdem schon in alter babylonischer Zeit die auf- merksame und stetige Beobachtung insbesondere der Mondfinsterniss-Erschei- nungen zu der Vorstellung der Kugelgestalt der Erde geführt hatte, konnte .es trotz der Täuschung des unmittelbaren Augenscheins, welcher jedem Be- obachter eine centrale Stellung innerhalb des Firmaments vorspiegelt, keine näher liegende Folgerung geben, als dass das Centrum der Welt nicht irgend ein Punkt der Erdoberfläche, sondern eben der Mittelpunkt der Erdkugel selbst se. — Durch diesen Punkt musste auch die Drehachse der Alles umfassenden Himmelskugel, welche täglich alle Gestirne um die Erde. herum- i zuführen schien, durch diesen Punkt die Drehachse jeder einzelnen der ge- dachten Sphären gehen, welche die 7 Wandelsterne Mond, Sonne, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn innerhalb der Fixsternsphäre tragen und bewegen sollten, durch diesen Punkt endlich musste man sich auch alle die verschiedenen Ebenen, in denen sich die Umläufe dieser Wandelsterne zu vollziehen schienen, gelegt denken. In Folge dessen mussten vom Erdmittelpunkte aus alle diese Bewegungen in ihren einfachsten, am leichtesten durch Mess- und Rechenkunst zu be- meisternden Formen erscheinen. Dagegen mussten von der Erdoberfläche aus gesehen die Bewegungen wenigstens aller derjenigen Himmelskörper, welche der Erde so nahe waren, dass die excentrische Lage der Be- obachtungsstationen auf der Erdoberfläche von ihnen aus unter messbaren Winkeln wahrgenommen werden konnte, nothwendig gewisse von diesen Winkelgrössen abhängende Abweichungen von jener einfachsten, unmittelbar nur von dem unzugänglichen Centrum der Erde aus wahrzunehmenden Form der Erscheinungen zeigen. Mit Sicherheit messbar waren nun den babylonischen und den ae schen Astronomen Winkel von etwa einem Dritttheil des Grades. Erwägt man zwar, dass der Winkel, unter welchem uns der Durchmesser der Sonne und der des Vollmondes durchschnittlich erscheint, etwas mehr als einen halben Grad beträgt, und dass ein gutes unbewaffnetes Auge Dop- pelsterne deutlich getrennt sieht, deren Winkelabstand an der Himmelskugel nur etwa 2 Minuten oder ein Dreissigstel des Grades beträgt, so scheinen selbst für die ältesten Astronomen obige Annahmen zu weit gegriffen zu sein. Es ist jedoch zu bedenken, dass es sich bei der Erkennung von Ab- weichungen und scheinbaren Unregelmässigkeiten gewissen Winkelbetrages in den Bewegungen der Himmelskörper nicht bloss um die Schärfe des Sehens, sondern auch um die Vergleichung und Festhaltung verschiedener Visirrichtungen an den Messinstrumenten, also um den Sicherheitsgrad der jedesmaligen ÖOrientirung und der geometrischen Einrichtung der Instru- mente, sowie um die Genauigkeit de Zeitmessung handelt. Nimmt man also nach den zahlreichen uns vorliegenden Zeugnissen von dem Entwickelungszustande der astronomischen Messkunst in babylonischen und in Eriechiechen Zeiten obigen Zahlenwerth für die damalige Grenze sicherer Messbarkeit von Oertern und Ortsveränderungen an der Himmelskugel an, so folgt daraus, dass ein Himmelskörper, bei welchem damals die excen- trische Lage einer Beobachtungsstation auf der Erdoberfläche oder der Ab- inem Drittel-Grad erschien, * d. h. um höchstens 172 Erdhalbmesser. Innerhalb dieses Abstandes von der Erde befindet sich von den mit en Auge sichtbaren Himmelskörpern allein der Mond, dessen messer beträgt. rn Monde aus gesehen muss hiernach der Halbmesser der Erdkugel unter einem Winkel Archalnern, dessen mittlerer Werth nahezu u, 57 Minuten beträgt. Um eben denselben Winkel muss natürlich von einem er Punkte der Erdoberfläche, an welchem eine vom Monde nach der Erde ge- dachte Gesichtslinie diese Oberfläche eben berührt, ohne sie zu ‚schneiden, also von einem Punkte, in welchem der Mond sich gerade im Horizonte be- findet, die Richtung nach dem Monde hin oder der Ort desselben an der - Himmelskugel verschoben erscheinen gegen den Ort, an welchem der Mond - im selbigen Zeitpunkte von dem Mittelpunkte der Erde erscheinen würde. Man nennt bekanntlich derartige Richtungsunterschiede der Gesichtslinien, wie sie eintreten, wenn auf ein und dasselbe Objekt von verschiedenen Stand- punkten aus visirt wird, und dasselbe hiernach zwischen anderen entfernteren Objekten, auf deren scheinbare Lage dieselbe Verschiedenheit der Standpunkte keinen merklichen oder einen geringeren Einfluss hat, verschiedene Stellen _ einzunehmen scheint, Parallaxen oder parallaktische Ortsveränderungen des Objektes (nach einem griechischen Worte, dessen Sinn ungefähr den Vorgang der Verschiebung der Gesichtslinien ausdrückt.) Hiernach heisst der oben ' definirte Winkel, unter welchem vom Monde aus der Halbmesser der Erd- se kugel erscheint, oder die entsprechende Verschiebung, welche der Ort des Mondes am ea im Horizonte eines Beobachtungsortes gegen eine vom antteipunkt aus gleichzeitig nach dem Monde eenee Gesichtslinie und den entsprechenden Ort am Himmel erfährt, die Horizontal-Parallaxe des Mondes. Innerhalb der einzelnen wissenschaftlichen Disciplinen gewährt es grosse ‚Erleichterungen, derartige knappe technische Ausdrücke anzuwenden; den - ausserhalb der Fachwissenschaft Stehenden erschweren dieselben oftmals das 2 Verständniss der einfachsten Dinge. Die Parallaxen haben schon manchem - Nichtastronomen Kopfzerbrechen bereitet, während man schon bei jeder Be- % wegung des Kopfes, oder bei abwechselndem Schliessen der Augen, über- RR ‚haupt bei jeder Ortsveränderung des wahrnehmenden Sinnesorganes De a tische Wirkungen in der en Lage der nn Gegenstände erkennen. Ken Eine Eisenbahnfahrt lässt bekanntlich die Abstufung der Entfernungen der Gegenstände, an denen man vorübereilt, deutlich an der Verschudene Geschwindigkeit ihrer parallaktischen en bemerken, in denen sich die Abbilder derjenigen Winkelbewegungen darstellen, unter welchen von dem Ort der einzelnen Gegenstände aus, von den näheren schneller, von en entfernteren langsamer, die Bewegung des Eisenbahnzuges selbst er- scheint. Jede Dreiecks-Messung, bei welcher man an den beiden Endpunkten ner Standlinie die beiden Winkel, welehe die Richtungen nach einem ent- ten Gegenstand mit der Richtung der a bilden, aufnimmt, um 2 Ile 3. 4 Förster. Winkel an dem entfernten Gegenstande gleich dem Unterschiede der beiden an den Endpunkten der Salate aufgenommenen Richtungen, d..h. gleich ihrer Abweichung vom Parallelismus ist, lässt sich auch a eine Bestim- mung des Parallaxen-Winkels, unter welchem = Standlinie an dem entfernten Objekt erscheint, bezeichnen. Die Erkenntniss der zutreffenden Askenttiiiest: aller dieser bekannten Wahrnehmungen oder geläufigen Messungen mit den parallaktischen Erschei- nungen und Aufgaben in der Astronomie und. das Bewusstwerden parallak- tischer Wirkungen überhaupt wird hauptsächlich dadurch verhüllt, dass - man bei den sich scheinbar in überall gleicher Entfernung auf der Himmels- kugel projieirenden Erscheinungen der Himmelsräume zur direkten Bestim- mung der Verschiedenheiten der Entfernungen kein anderes Mittel, als die bewusste ‚und exakte Messung der parallaktischen Erscheinungen besitzt. Auf der Erde dagegen wird bei Beurtheilung der Verschiedenheit der Entfer- nungen meistens unbewusst verfahren, indem man dabei in erster Stelle, wenn auch nur bei den nicht zu entfernten Gegenständen, diejenigen parallaktischen Wirkungen gelten lässt, welche schon durch die Verbindung der Wahrneh- mungen der beiden Augen unbewusst hervorgebracht werden, und deren Wesen (das sogenannte stereoskopische Sehen) man erst bei abwechseln- dem Schliessen der Augen, in einer durch diese Veränderun® des Visir- punktes bewirkten parallaktischen Verschiebung der näheren Gegenstände gegen die entfernteren deutlich bemerkt, und indem man ausser diesem un- bewussten Verfahren der Entfernungsschätzung auch noch in dem Grade der konvergirenden Visir-Stellung der beiden Augen-Achsen, sowie endlich in dem Grade der Deutlichkeit, der Färbung und der scheinbaren Grösse der ihren wirklichen Formen, Farben und Dimensionen nach meist bekannten Gegenstände hinreichende Mittel zu einer fast instinktiv werdenden Schätzung ihrer Entfernungen hat. a Es wird daher in der Regel Niemandem, der auf der Eisenbahn fährt, einfallen, sich durch die grössere oder geringere Schnelle des parallaktischen Vorübereilens der Gegenstände ein Urtheil über ihre Entfernungen zu bilden, da Jedermann hierfür ungefähre Anhaltspunkte schon in Fülle hat, wogegen es einem in exakten Messungen Bewanderten wohl einfallen könnte, mit einer Secundenuhr in der Hand auf Grund der Geschwindigkeit, die der be- treffende Zug nach’ dem Fahrplan durchschnittlich hat, bei entfernteren Gegenständen das Maass ıhrer — durch eine gewisse auf der nahezu gerad- linisen Bahn zurückgelegte Strecke bedingten — parallaktischen Winkel- bewegung am Horizonte zu schätzen und dadurch beiläufige Entfernungs- bestimmungen zu machen, die den astronomischen ganz ähnlich sind. Die Wirkung der Horizontal-Parallaxe lässt den Mond stets weiter ent- fernt vom Scheitelpunkt eines Beobachtungsortes auf der Erdoberfläche er- scheinen, als er vom Erdmittelpunkt aus gesehen werden würde, und zwar hat diese Wirkung, wie leicht ersichtlich, im Horizonte ihr Maximum, wäh- rend sie, wenn der Mond im Scheitelpunkt eines Ortes steht, verschwindet, weil dann der Beobachtungsort und der Erdmittelpunkt vom Monde aus gesehen in derselben Ders liegen, was nur wegen der Ellipsoid- Gestalt der Erde nicht wöllig genau zutrifft. Die Horizontal-Parallaxe verzögert nach dem Obigen relativ den Auf- gang und verfrüht ebenso den Untergang des Mondes. Diese Wirkungen konnten indessen von den alten Astronomen nicht bemerkt werden, weil ihre Mittel der Zeitmessung noch nicht entwickelt genug waren. Auch wirkt die Brechung, welche die Lichtstrahlen beim Untergang aus dem Welt- Ueber die Bestimmung der Abstände der ne von der Erde. 5 nr ee erfahren, jenem Einfluss aa in der Nähe des Hori- zontes so stark entgegen, dass dort nur die Kleinere Hälfte der Parallaxen- Wirkung übrig De ; Dagegen konnten die alten Astronomen bei den Mondfinsternissen die parallaktische Wirkung der excentrischen Lage des auf der Erdoberfläche befindlichen Beobackunu cs bemerken und zwar folgendermaassen: Die Achse des Schattenkegels der Erde, in welchem der Mond verfinstert er- scheint, ist eine dureh ° den Sonnenmittelpunkt und durch den Erdmittelpunkt gehende gerade Linie. Der Mittelpunkt des Kreises, in welchem der Schat- tenkegel die scheinbare Himmelskugel schneidet, muss also, vom Erdmittel- punkt aus gesehen, der Sonne genau gegenüber liegen. Die Umrisse dieses Kreises lassen sich nun wenigstens theilweise auf der in den Schatten eintre- tenden Vollmondscheibe so deutlich erkennen, dass man schon daraus die Lage des Mittelpunktes dieses Kreises gegen den Mittelpunkt der bekanntlich in dem Schattenraum niemals ganz verschwindenden Mondscheibe gut bestimmen kann. Diese von der Erdoberfläche aus bestimmte Lage der Mitte des vom Monde durchlaufenen Schnittes der Schattenfläche an der Himmelskugel wird nun von dem genauen Gegenpunkt des gleichzeitigen Sonnenortes am Himmel gerade um den Parallaxen-Winkel verschieden sein, unter welchem der Mbktand des Beobachtungsortes vom Erdmittelpunkte zur Zeit der Be- obachtung vom Monde aus ee, Aus diesem Winkel an der Spitze des Dreieks, welches einerseits durch den Mittelpunkt des Schattenschnittes, andererseits durch den Beobachtungsort und den Erdmittelpunkt als Endpunkte der Standlinie oder Basis bestimmt wird, kann mit Hinzunahme desjenigen Winkels, welchen am Beobachtungsort selbst die Richtung zum Mittelpunkte des Schattenschnittes mit der Richtung ‘von dem Erdmittelpunkte nach dem Beobachtungsort macht, das Verhältniss der Entfernung des Mondes vom ae zum Halbmesser der Erde ‚abgeleitet werden. Der eben erwähnte zweite Winkel aber wird, wenn man die kleine Ab- weichung der Erdgestalt von der Kugelform ae einfach durch 2 den derzeitigen Winkel-Abstand des Se Shehapllne: des Beobachtungsortes Fi. _ vom Mittelpunkt des kreisföormigen Schattenschnittes gefunden. h Schwierigkeiten musste den Alten hierbei nur a Bestimmung des ge- ® nauen Gegenpunktes zur Sonne bieten. Wurden indessen unter den zahl- ‘reichen Mondfinsternissen, welche mit allen charakteristischen Umständen Jahrhunderte oder veilleicht Jahrtausende hindurch in Babylon aufgezeichnet 3 _ worden waren, solche ausgewählt, bei denen der Mond um die Mitte der - — Verfinsterung sich in der Mittagsebene des Ortes befand, so ergab sich hierfür die Lage des Gegenpunktes zur Sonne leicht unter Benutzung der am vor- _ hergehenden und am folgenden Mittag mit der Schattensäule bestimmten Mittagshöhe der Sonne, natürlich unter der Voraussetzung, dass die Sonne "selbst Hureh die 'excentrische Lage des Beobachtungsortes keine oder we- # nigstens eine viel kleinere Parallaxe erfuhr, als der Mond, mit andern Worten, dass sie viel entfernter sei, als der Mond. — Dass det letztere überhaupt nüher sei, als die Sonne, ergaben ja schon die Sonnenfinsternisse, in welchen _ er nachweisbar vor die Sonne trat, während er zugleich) nach ‚seinem schein- äh er an der Erde war a sonst. 6 DM Förster. finsternissen bestimmbare Halbmesser des Schattenkegelschnittes selbst. Der- selbe erschien nahezu unter demselben Winkel, unter welchem. vom Monde aus nach den vorläufigen Resultaten des oben erörterten Verfahrens der Halbmesser der die Schattenumrisse erzeugenden Erdkugel selbst gesehen wurde. Es erfolgte also bis zum Monde hin keinesfalls eine starke Diver- genz des Schattenkegels, sondern die Wände desselben verliefen, wie es nur bei einer verhältnissmässig sehr entfernten Lichtquelle möglich ist, fast parallel. Aus der Vergleichung der Winkelgrösse des Halbmessers des vom Monde. passirten Schattenkegelschnittes mit dem Parallaxen-Winkel, unter welchem am Monde der .Halbmesser der Erde erschien, suchte später Ptolemäus um 140 n. Chr. das Verhältniss der Entfernung der Sonne zur Entfernung des Mondes von der Erde wirklich ehlernässe zu bestimmen. Ein anderes Verfahren zur Lösung letzterer Aufgabe hatte aber schon vierhundert Jahre vor ıhm Aristarch von Samos ee indem er den Winkelabstand des Mondes von der Sonne in einem der Zeitpunkte h maass, in welchen die Mondscheibe genau zur Hälfte erleuchtet erscheint, in welchen also in dem Dreieck: Sonne, Erde, Mond, der Winkel an letzterem sehr nahe ein rechter ıst. Da alsdann in diesem Dreieck zwei Winkel be- kannt waren, konnte auch der Parallaxen-Winkel, unter welchem von der Sonne aus der Abstand des Mondes von der Erde erschien, und konnten . überhaupt die Verhältnisse der Seitenlängen zu einander berechnet werden. Aristarch fand hieraus, dass die Sonne etwa 19 mal weiter entfernt sei, als der Mond, was später Ptolemäus nach der oben erwähnten Methode nahezu bestätigte. Bekanntlich beträgt aber jenes Vielfache in Wirklichkeit nicht 19, sondern etwa 400. Die Winkelgrössen, um die es sich hiernach han- dee waren eben zu klein, um von den Alten mit Sicherheit: gemessen zu werden. — Zu systematischen Messungen hatten übrigens die vorher erwähnten Möslichkeiten, das Verhältniss des Abstandes des Mondes zu den Dimen- sionen der Erde aus den Beobachtungen der Mondfinsternisse abzuleiten, nieht geführt: sie hatten ebenfalls nur dazu gedient, eine ungefähre Vor- stellung von diesem Verhältnisse zu geben. Diese Vorstellung wurde erst m der griechischen Zeit deutlicher und wissenschaftlicher, nachdem man auch von den Dimensionen des Erdkörpers selbst im Verhältniss zu den irdischen Maassen durch die Gradmessung des Eratosthenes eine wissenschaftliche Kenntniss erlangt hatte. Das Verfahren, welches endlich Ptolemäus einschlug, um eine möglichst exakte Bestimmung der Mond-Parallaxe zu erlangen, ge- hört im Prineip schon ganz zu dem System von parallaktischen Methoden, welche gegenwärtig zur Bestimmung der Entfernungen der Himmelskörper von der Erde angewandi werden, den man Auch, die genauere Kenntniss der Gestalt und der Dimensionen der Erde und durch die sicheren Bestim- mungen, welche man von der Lage der Beobachtungsörter auf der Erdober- fläche zu einander und zu den Polen und festen Meridianen der Erde machen kann, in den Stand gesetzt ist, statt des Halbmessers der Erde jeden be- liebigen Abstand auf der Erde als Standlinie für die parallaktische Dreiecks- messung zu benutzen. Die Methoden zur trigonometrischen oder parallaktischen Bestimmung der Entfernungen der Himmelskörper in Maassen der Erde zerfallen mit Ausschluss der oben erörterten, auf die Beschattungs- und Beleuchtungs- Erscheinungen begründeten, welche wegen des Mangels an Bestimmtheit und Regelmässigkeit jener Licht- und Schattengrenzen keine für die gegenwärtigen ne: 1) Messungen der scheinbaren Ortsveränderungen am Himmelsge- wölbe, welche B Objekt, dessen Entfernung zu bestimmen ist, erfährt A diejenigen Ortsveränderungen des Beobachters selbst, wolle von der Drehung der Erde hervorgebracht werden, somit nach ee und Grösse leicht bestimmbar und in den Maassen des Erdkörpers ausdrückbar sind. 2) Messungen der Abstände der verschiedenen Oerter am Himmels- _ gewölbe, an welchen das Objekt, dessen Entfernung zu ermitteln ist, in _ einem und demselben Zeitpunkte von verschiedenen Beobachtungsstationen aus, deren gegenseitige Lage nach Richtung und Abstand bestimmbar und in den Maassen des Erdkörpers ausdrückbar ist, gesehen wird. Beide Methoden fliessen bei Bestimmungen von Entfernungen auf der Erde selbst, zumal bei relativ ruhenden Objekten, in eine zusammen, denn es ist bei einer solchen irdischen Dreiecksmessung im Allgemeinen gleich- gültig, ob die Winkel an den beiden Endpunkten der Stand- oder Grundlinie gleichzeitig von zwei verschiedenen Beobachtern oder nach einander von dem- selben Beobachter gemessen werden. Bei en Entfernungsbestimmungen indessen sind ie Unter- scheidungen erheblich, da man es bei ihnen stets mit relativ bewesten Ob- jekten und mit mehreren Arten von Bewegungen des Standortes, z. B. ausser mit der täglichen Drehung auch noch mit der jährlichen Bewegung der Erde zu thun hat, wobei natürlich eine nahe Gleichzeitigkeit der Beobachtungen an zwei möglichst weit von einander abstehenden Stationen grosse Vorzüge bietet, während andererseits die Schwierigkeiten der sicheren Erzielung mög- lichst gleichartiger korrespondirender ana verschiedener von lan weit er oe dien in vielen Fällen für die Benutzung der Drehung der Erde zum bequemsten, billigsten und schnellsten Transport eines und desselben Beobachters von einem Ende einer grossen irdischen Standlinie zum andern den Ausschlag gegeben haben. | Letztere Methode hat danach in der That bis zum Ende des 17. Jahr- hunderts fast ausschliessliche Anwendung gefunden. Sie ist auch dem Prineip nach die einzige, welche bei der Erweiterung der parallaktischen Probleme über die irdischen Standlinien hinaus, nämlich bei den ersten Ausmessungen der Planeten-Bahnen und der Fixstern-Entfernungen durch die parallaktischen Wirkungen unserer Bewegung um die Sonne (jährliche Parallaxe), sowie bei der ferneren Ausmessung der Fixstern-Räume durch die parallaktischen Wir- kungen der Bewegung des ganzen Sonnensystems (Säkular-Parallaxe) zur An- ' wendung kommt, weil uns ausserhalb der Erde die korrespondirenden Be- obachter noch gänzlich fehlen. Sri In einer eigenthümlichen Form wurde diese Methode zuerst von Ptole- mäus zur Bestimmung der Entfernung des Mondes angewandt. $ Korrespondirende astronomische einen an entfernten Punkten Er. der Erde, wie wir sie jetzt in neben Fällen. durch das Zusammen- EN Er: Edlichen. ten bilden, vermochten die Nonne Alexandrias eben noch nicht zu beschaffen. Dafür aber hatte Alexandria gerade mit Bezug rs günstige Lage. - In den Zeiten nämlich, in welchen diese Bahnebene ihre stärkste Nei- die durch den Erdmittelpunkt gehende Ebene der Mondbahn eine beson- egen die Ebene des Erdäquators hatte, lag Alexandria bei einer be- 8 Förster. stimmten Phase der Erddrehung sehr nahe in der Ebene der Mondbahn, während es in der gerade entgegengesetzten Phase der Dead einen senkrechten Abstand von der Mondbahnebene hatte, welcher nahezu -%, des Erdhalbmessers betrug. Gelang es, den Mond in diesen beiden entgegen- gesetzten Daalkemas Singen a Erde auch in den entsprechenden einander entgegengesetzten Stellen seiner Bahn zu beobachten, so fand bei der einen Beobachtung, bei welcher der Mond dem Scheitelpunkt von Alexandria sehr nahe kam, fast gar keine parallaktische Wirkung statt, während bei der anderen Beobachtung der Mond in Alexandria um nahezu „%, desjenigen Winkels, unter welchem alsdann von ihm aus der Erdhalbmesser gesehen werden musste, vom Nordpol des Himmels entfernter erschien, als vom Erd- mittelpunkte aus. In Bezug auf letzteren, sowie überhaupt von jedem Punkte der Ebene des Erdäquators aus gesehen fand eine völlige Symmetrie der beiden äussersten Mondstellungen nördlich und südlich vom Himmelsäquator statt; von Alexandria aus war dagegen beim Durchgange durch die Mittags- chene der äusserste südliche Abstand des Mondes vom Himmelsäquator um 7, der Horizontal-Parallaxe grösser, als der grösste nördliche Abstand vom en Hiernach bestimmte Ptolemäus aus seinen Messungen für Vollmonds- und Neumondszeiten die Entfernung des Mondes zu 59 Erdhalbmessern. (Leider wurde der Gewinn, den diese ziemlich genaue Bestimmung der Astro- . nomie brachte, durch gewisse Fehler der Mondstheorie des Ptolemäus ver- mindert, welche die Annahme einer viel grösseren Veränderlichkeit dieser Entfernung enthielten, als nach den verhältnissmässig kleinen Veränderungen der scheinbaren Grösse des Mondes zulässig erscheinen durfte.) In dem ganzen oben dargelegten Verfahren bei der Parallaxen-Bestim- mung des Mondes wird übrigens gar nichts dadurch geändert, dass Ptolemäus selbst keine Drehung der Erde, also auch keine Bewegung des Beobachtungs- ortes annahm, sondern die Drehung nur der Himmelskugel und dem ge- sammten von ihr umfassten Himmelsraume zuschrieb. Letztere Drehung um das Centrum der Erde musste für einen ruhen- den, aber excentrisch gelegenen Beobachtungsort dieselben Erscheinungen hervorbringen, wie bei ruhender Himmelskugel die Bewegung des Beobach- tungsortes durch die Drehung der Erde. Nach obiger Messungsmethode würde man auch die Parallaxe der Sonne an jedem ausserhalb des Erdäquators gelegenen Punkte der Erd- oberfläche, z. B. mit völliger Analogie zu obigem Verfahren von einem Punkte der Wendekreise aus, durch die Unsymmetrie ihrer grössten nördlichen und südlichen Abweichung vom Himmelsäquator auf Grund der notorischen Sym- metrie der für den Erdmittelpunkt und die Ebene des Erdäquators überhaupt geltenden Phänomene derselben Art bestimmen können; doch würde dieses Verfahren aus vielen Gründen nicht zweckmässig sein, zumal da sich sogar nach demselben Princip günstigere Bedingungen für die Lösung derselben Aufgabe erreichen lassen. Aehnliches gilt von entsprechenden Parallaxen - Bestimmungen solcher Objekte, die, von gewissen Gegenden der Erdoberfläche aus gesehen, nicht untergehen, sondern in entgegengesetzten Phasen der Erddrehung, also von den beiden Endpunkten des Durchmessers eines Parallelkreises aus gesehen, eine grösste und eine kleinste Höhe über dem Horizonte erreichen. Eine andere und folgenreichere Anwendung der Drehung der Erde zur Parallaxen- Bestimmung machte gegen Ende des 15. Jahrhunderts Regio- montan (Johannes Müller aus Königsberg, Franken) zu Nürnberg. ae die seine de Abstände der Himmelskörper von der Erde. 9 "Er maass die Meränderungen, ons die Oerter eines Kometen an der Himmelskugel erfuhren, wenn er sie womöglich innerhalb desselben Tages owohl in der Nähe des westlichen als des östlichen Horizontes, also von den möglichst weit von einander entfernten, äussersten östlichen und west- ‚lichen Standpunkten, die man durch die Drehung der Erde erreichen konnte, _ bestimmte. Hierbei musste er natürlich die in der Zwischenzeit erfolgte _ Winkelbewegung am Himmel, welche der Komet — sowohl durch seine eigene Bewegung im Himmelsraume, als auch durch die parallaktische Wir- kung der gleichzeitigen Bewegung der Erde in ihrer Bahn um die Sonne — erfuhr, in Rechnung bringen. Dafür gab es aber eine hinreichende genäherte Bestimmung, wenn man den Kometen ausser in entgegengesetzten westlichen und östlichen Drehungs- # phasen der Erde hinreichend oft zu aufeinanderfolgenden Malen auch in einer und derselben Drehungsphase der Erde beobachtete und daraus die j, Oerter desselben am Himmel für die dazwischen liegenden Zeitpunkte der a in entgegengesetzten Drehungsphasen stattfindenden Standorte des Boabach- » ters einschaltete. Aus der Vergleichung der eingeschalteten mit den wirk- x lich beobachteten Oertern des Kometen ergab sich alsdann die parallaktische e Wirkung der in Theilen des Erdhalbmessers auszudrückenden Ortsverände- rung, welche der Beobachter selbst durch die Drehung der Erde erfahren E hatte, und daraus das Verhältniss der Entfernung des Kometen zum Erd- "a halbmesser. R) Nach dieser in der Folge auch von Tycho v. Brahe angewandten Me- thode des Regiomontan, nur in etwas verfeinerter Anordnung mit Hülfe der eben erfundenen Pendeluhr, sollte auch in den Jahren 1672 und 73 von ” einer besonderen — auch mit Rücksicht auf die grösseren Dimensionen, BR welche die Parallelkreise in der Nähe des Aequators haben, also auf die grösseren dort durch die Drehung der Erde herzustellenden Standlinien — ® nach Cayenne entsandten französischen Expedition die Entfernung des Pla- neten Mars in einer seiner Erdnähen bestimmt werden, um daraus in 2 einer unten näher zu erörternden Weise auch die Dimensionen der Bahnen der übrigen Planeten und die der Erdbahn selbst und damit die Sonnen- je Parallaxe abzuleiten. Br, Nachdem in dieser Bestimmung der Sonnen-Parallaxe und einigen ähn- - liehen Versuchen, die ihr bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts folgten, die Methode der Benutzung der Drehung der Erde zur Hervorbringung parallak- _ tischer Wirkungen eine Art von Gipfelpunkt erreicht hatte — man hat sie erst viel später u. A. im Jahre 1862 bei einer ähnlichen Ausnutzung einer besonderen Erdnähe des Planeten Mars wieder aufgenommen — trat die _ zweite Methode (pag. 7) von der Mitte des 18. Jahrhunderts ab in den Vordergrund. | Man richtete alsbald, insbesondere zur genauesten Bestimmung der Ent- fernung des Mondes, eine korrespondirende Beobachtungsstation am Vor- gebirge der guten Hoffnung ein und beobachtete sodann möglichst gleich-. zeitig, d. h. lange Zeiträume hindurch, so oft der Himmel wolkenfrei war, den Abstand des Mondes von den Himmelspolen beim Durchgange durch die Mittagsebene erst in Berlin, dann in Paris, Greenwich und am Vorgebirge der guten Hoffnung. Diese bis in die neueste Zeit hinein fortgeführten, seit nunmehr etwa Jahren durch Errichtung einer festen Sternwarte an dem genannten Vor- ge unterstützten Messungen, na Be die z. = zwischen der Stern- 10 Förster. Dreiecks, dessen Spitze der Mond bildete, nahezu das Anderthalbfache des Erdhalbmessers betragen hat, haben uns allmälig das Verhältniss der Ent- fernungen des Mondes von der Erde und überhaupt der Dimensionen seiner Bahn um die Erde zu jener Standlinie auf der Erde, sowie die Gesetze der periodischen Veränderungen seiner Entfernung mit einer Genauigkeit kennen gelehrt, welche gegenwärtig Nichts zu wünschen übrig lässt; denn der noch mögliche unbekannte Fehler der jetzigen Bestimmung dieses Verhältnisses wird höchst wahrscheinlich „4,55 des angenommeneu Zahlenwerthes nicht übersteigen, und wir sind zur Zeit kaum im Stande, das Verhältniss der bei dieser Messung benutzten irdischen Standlinie zu dem Halbmesser des Erd- äquators mit einer grösseren Genauigkeit als auf „4,75 Seines Werthes an- zugeben, während zugleich in der Bestimmung des Verhältnisses des Halb- messers des Erdäquators zur Toise oder zum Meter (d. h. zu der aus der Toise abgeleiteten Bestimmung des letzteren) ebenfalls noch. Unsicherheiten von nahezu demselben Werke aeshenans obwalten. Das System „Erde und Mond“ ist also gegenwärtig von den Maass- stäben menschlichen Ursprunges aufwärts bis zu den Dimensionen der Mond- bahn mit einer zwar beschränkten, aber nahezu eleichartigen Genauigkeit ausgemessen und gewissermassen in ein zusammenhängendes Ganze dergestalt verwandelt, dass man zur Ausmessung noch grösserer Entfernungen z.B. der der Sonne unter Umständen eine Standlinie von der Erde bis zum Monde : ebenso sicher anwenden könnte, wie eine auf der Erde selbst gemessene. — Eine solche vergrösserte Standlinie könnten wir zur Bestimmung der Parallaxe der Sonne und der Planeten sehr wohl brauchen; denn da z. B. die Sonne etwa 400 mal weiter von uns absteht, als der Mond, so würde eine Standlinie von der Erde bis zum Monde, obwohl sie etwa 60 mal länger als der Halbmesser der Erde und etwa 40 mal länger ist als die Standlinie vom Kap der guten Hoffnung nach Greenwich, dennoch bei der Ausmessung der Sonnenentfernung vergleichsweise erst den zehnten Theil der Genauigkeit bieten, welche die letztere Standlinie bei der Ausmessung der Mondentfer- nung zu erreichen gestattet hat. Es wird nämlich einleuchtend sein, dass gewisse, bei derartigen trigono- metrischen Winkelmessungen unvermeidliche Fehler, während sie in ihrem absolutem Betrage von der Grösse der Standlinie selbst im Allgemeinen nur in geringem Maasse abhängig sein können, die Bestimmung der Parallaxe oder des Winkels, unter welchem die Standlinie an dem entfernten Objekt erscheint, mit um so stärkerem Verhältnissbetrage verfälschen, je kleiner dieser Winkel, also je kleiner das Verhältniss der Standlinie zur Entfernune des Objektes ist. Ein Fehler von einer Sekunde in der Bestimmung des Unterschiedes der beiden, von den Endpunkten der Standlinie nach dem Objekte aufgenommenen Richtungen verfälscht, wenn dieser Unterschied oder die Parallaxe, wie beim Monde, etwa 3400 Sekunden beträgt, die Bestimmung der bezüglichen Entfernung nur um „.5 ihres Werthes, während derselbe Fehler eine Parallaxe von nahe 9 Sekunden, wie die der Sonne, um 4 ihres Werthes unrichtig machen würde. In der That besitzen wir ein Mittel, um die Entfernung des Mondes von der Erde gewissermaassen als Standlinie für die Bemessung der Sonnen- Entfernung zu benutzen. Wir können zwar keinen korrespondirenden Beob- achter nach dem Monde senden, aber die sowohl im Sinne der Richtung als der Intensität stattfindende Verschiedenheit der Wirkungen, welche Erde und Mond gemäss ilirer Entfernung von einander und ihrer jedesmaligen relativen Lage zur Sonne von der Anziehungskraft der letzteren erfahren, bringt in , aus welcher wir direkt das Verhältniss der mittleren Entfernung der Sonne zur mittleren Entfernung des Mondes von der Erde und somit nach dem Obigen auch das Veshaffaies der Entfernung der Sonne zu den Dimensionen ‘des Erdkörpers ableiten können, sobald wir durch anhaltende genaue Beob- achtungen der Mondbewegung den Betrag jener Ungleichheit selbst hinreichend genau festgestellt haben. Leider ist die theoretische Ergründung und die sichere Messung der Bewegungen des Mondes durch manche Schwierigkeiten, unter Andern auch durch die Unsicherheit über seine wahre Gestalt, von der er uns stets nur eine Seite zukehrt, und über die Lage seines. Schwerpunktes, so verwickelt, dass wir zunächst mehr danach len müssen, die parallaktische Une heit der Mondbewegsung durch eine ee Messung der Sonnen Parallaxe berechenbar zu machen, als die letztere aus der Messung der Mond- bewegungen abzuleiten. Da es uns also versagt ist, zur Messung der Sonnenparallaxe eine in irdi- schen Maassen gleichartig ausgedrückte Standlinie über die Dimensionen der Erde hinaus zu gewinnen, müssen wir Mittel und Wege suchen, die rein irdische Messung der Sonnen-Parallaxe, — deren kennen Genauigkeit nach dem bien unter Anwendung derselben Methode, wie Da der Mond- Parallaxe nahezu 400 mal geringer sein muss, als bei letzterer, — dadurch zu sichern, dass wir einerseits die trigonometrische Winkelmessung noch mehr verschärfen, andererseits anstatt die Messung der Sonnen-Entfernung direkt auszuführen, _ uns auf die Messung der Entfernungen solcher Himmelskörper verlegen, die in grössere Erdnähe als die Sonne gelangen können, und deren Entfernungen zugleich zur Sonnen-Entfernung in numerischen Verhältnissen stehen, welche uns mit bedeutender Genauigkeit bereits anderweitig bekannt sind. Bekanntlich wird die letztere Bedingung durch das dritte Kepler’sche Gesetz mit grosser Annäherung erfüllt, welches die Umlaufszeiten der Planeten zu ihren Entfernungen von der Be in eine feste Beziehung setzt und “dadurch die Verhältnisse aller Entfernungen im Planeten-System unter einander mit grosser Schärfe aus Zeitmessungen zu bestimmen gestattet. Bevor wir auf eine nähere Darlesung der hierauf zu begründenden Maassregeln zur Bestimmung der Sonnen-Parallaxe eingehen, dürfte es an der Zeit sein, einige häufig auftretende Fragen zu beantworten, welche den fol- genden subtileren Erörterungen über die bestmögliche Lösung unserer Auf- gabe vielleicht entgegentreten könnten: ‚Ist es denn, so hört man oft fragen, wirklich so wichtig, die Verhält- nisse der Entfernungen der Sonne und der Planeten von uns zu den Dimen- ' sionen des Erdkörpers, überhaupt zu den irdischen Maassen sehr genau zu bestimmen? Genügt es nicht für unsere wissenschaftliche Neugierde, eine ungefähre Idee davon zu haben, wie viel Millionen Meilen oder Kilometer ‚der eine und der andere Himmelskörper von uns entfernt ist. Eine verhältnissmässig sehr genaue Entfernungsbestimmung des Mondes, sagt man, mag noch wünschenswerth sein; eben weil er uns so nahe ist ‚deshalb so starke parallaktische Verschiebungen am Himmel erfährt, und ver. überhaupt mannigfach mit seinen Einflüssen in das irdische Leben treten und zu uns zu gehören scheint, aber wozu eine so grosse - 12 Förster. Mühe auf die äusserst genaue Entfernungsbestimmung der andern Himmels- körper verwenden? Diesen Fragen kann man zunächst ganz allgemein entgegnen, dass es ein bewährtes Princip der wissenschaftlichen Forschung ist, in der Genauigkeit ihrer Maassbestimmungen nirgends eine willkührliche Grenze zu machen, Nichts in ungenauer Bestimmung liegen zu lassen, was einer genaueren Be- stimmung zugänglich ist, und überall in möglichst gleichartiger Weise an die Grenze des zur Zeit Denslehbanen zu Some on. Bei der Befolgung dieses Princips man die Wissenschaft ökonomisch verfahren, d. h. Eines nach dem Andern, das schwer Zugängliche nach dem leichter Erreichbaren vornehmen, aber sie wird niemals irgend ein Erkennt- nissgebiet, auf welchem sie das Thatsächliche noch genauer und vollständiger zu ermitteln vermag, nach altklugen menschlichen Gesichtspunkten ganz un- bebaut liegen lassen; denn sie weiss zur Genüge, welche Hülfe sie schon bisher zur Lösung ihrer Probleme und gerade der sogenannten „eminent praktischen“ aus der strengen und folgerichtigen Erforschung von sogenannten Subtilitäten gezogen hat. Aber die genauestmögliche Bestimmung der Entfernung der Sonne nn der Planeten in irdischen Maassen ist für = ganze nezumle und somit für alle Aufgaben des Lebens, denen diese dacae Hülfe widmet, sogar ein höchst dringliches und eminent „praktisches“ Problem. Die Unsicherheit, welche auf diesem Gebiete noch obwaltet, ist zunächst und zwar in Folge der Schwierigkeiten, welche oben bereits erörtert wurden, viel grösser als man gemeiniglich glaubt. Die bisherige Annahme über das Verhältniss der Entfernung der Sonne zu dem Halbmesser des Erdäquators ist nämlich möglicherweise um „I, ihres Zahlenwerthes zu klein. Specieller gefasst besteht aber die grosse Bedeutung einer genauen Kenntniss des Tanis nleses der Abstände und Dimensionen im a Raum zu den Abständen und Dimensionen im irdischen und Mondbahnraum hauptsächlich in folgenden beiden Erfordernissen. 1) Die merklich verschiedenen Oerter an der Himmelskugel, an denen die Sonne, die Planeten und die Kometen unter den fast unermesslich ent- _ fernten Fixsternen nicht nur von verschiedenen Punkten der Erdoberfläche, sondern auch von den verschiedenen Punkten aus gesehen werden, welche die Erde in ihrer monatlichen Bewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt des Systems Erde-Mond einnehmen kann [dieser Schwerpunkt steht bekanntlich um etwa # des Halbmessers des Erdäquators vom Erdmittelpunkt ab], können hinreichend sicher nur dadurch mit einander vergleichbar gemacht werden, dass man die Abstände jener Himmelskörper mit entsprechender Genauigkeit in denselben Maassen bestimmt, in denen uns die Dimensionen der Erde und der Mondbahn bekannt sind. Es ist somit schon das blosse Zusammenwirken der Astronomen der verschiedenen Erdtheile, welches eine immer genauere Bestimmung jener Maassverhältnisse fordert. “ lange diese Verhältnisse noch nicht bis auf eine Fehlergrenze von etwa 5'557 Ihrer Werthe ermittelt worden sind, bleibt jede Vergleichung und Verbindung z. B. der von den Sternwarten der südlichen und der nördlichen Balblneel gemachten Beob- achtungen der Sonne, der Planeten und der Kometen mit Unsicherheiten behaftet, welche die theoretische Bearbeitung dieser Beobachtungen in Betracht der hierbei zur Zeit erreichbaren anderweitigen Genauigkeit erheblich beein- trächtigen, sowie überhaupt die Verwerthung eines zweckmässigen Zusammen- wirkens aller Astronomen der Erde auf dem Gebiete dieser Messungen erschweren. N \ v ” Ä Veber die Bestimmung der Abstände der Himmelskörper von der Erde. 13 2) Die Ausdrücke von solchen Kräften und Geschwindigkeiten, welche _ entweder in Maasseinheiten der Erde oder in Maasseinheiten des planetarischen Raumes ermittelt worden sind, können ihren absoluten Beträgen nach mit- einander nicht hinreichend strenge verglichen werden, und es können die auf der Erde ermittelten Wirkungen nicht in den Himmelsraum, die in letzterem ermittelten Wirkungen nicht auf die Erde mit genügender Sicherheit über- Bir tragen werden, wenn das Verhältniss der Dimensionen der Erde und der Mondbahn zu den Dimensionen der Planetenbahnen nicht mit grösstmöglicher Genauigkeit bekannt ist. Es wird z. B. die Anziehungskraft der Erde sehr genau mittelst des schwingenden Pendels in Pendellängen, überhaupt in irdischen Maassen ausgedrückt gefunden; aus dem so bestimmten Maasse dieser Kraft können aber die sehr merklichen Einwirkungen, welche dieselbe Kraft, kombinirt mit der u. A. aus Ebbe- und Flutherscheinungen zu bestim- menden Anziehungskraft des Mondes, auch auf die Bewegungen der Sonne, der Planeten und der Kometen äussert, nur mit einer verhältnissmässigen Un- sicherheit gefunden werden, deren Maass nahezu den dreifachen Werth der Fehlerquote beträgt, die noch in der Bestimmung des Verhältnisses der Ent- fernungen |dieser Himmelskörper zu irdischen Maassen und Dimensionen verblieben ist. Ebenso wird die Anziehungskraft der Sonne durch die Mes- sung der Umlaufszeit der Erde um die Sonne mit grosser Genauigkeit ge- funden, aber ausgedrückt"in einer Maasseinheit, welche der halben grossen Axe der von der Erde um die Sonne beschriebenen Ellipse nahezu entspricht. Die Wirkung dieser Anziehungskraft auf das System Erde-Mond in Hervor- bringung sogenannter Ungleichheiten oder Störungen kann aber nur dann zuverlässig genug ermittelt werden, wenn man das Verhältniss der Halbaxe der Erdbahn zu den Dimensionen des Systems Erde-Mond hinreichend genau bestimmt hat, und zwar beträgt auch hier wieder die relative Unsicherheit der Uebertragung der Anziehungswirkung aus dem einen Maasssystem in Y das andere das Dreifache der relativen Unsicherheit unsrer Kenntniss der Verhältnisse der Maasseinheiten beider Systeme. Auch die Vergleichung der himmlischen und irdischen Bestimmung der @Geschwindigkeiten des Lichtes bedarf einer genaueren Festsetzung der in Rede stehenden Maassver- hältnisse. Die unter No. 2 soeben aufgeführten Ermittelungen, welche zur Zeit noch einer möglichst genauen trigonometrischen Bestimmung des Verhältnisses der irdischen Maasseinheit zu den himmlischen Entfernungsmaassen bedürfen, | ' werden voraussichtlich dereinst zu den genauesten Bestimmnngen dieser Ai Maassverhältnisse, ähnlich wie das dritte Kepler’sche Gesetz für die Entfer- nungsverhältnisse innerhalb des Planetensystems, ihrerseits entscheidende Beiträge liefern, aher erst nachdem durch mehrhundertjährige genaue Be- obachtung der Wirkungen aller jener Kräfte ein möglichst vollständiges Prüfungsmaterial dafür geschaffen sein wird. Zur Erfüllung aller jener wichtigen und in gewissem Sinne für die Erkenntniss aller Bewegungen, Kräfte und Gesetze in unserm Planetensystem fundamentalen Forderungen bietet uns nun das bereits erwähnte dritte Kepler’sche Gesetz ausserordentliche Erleichterungen, indem es zwischen den ' Dimensionen der Erdbahn und den Dimensionen aller Planeten- und Kometen- bahnen, also auch zwischen beliebigen Abständen der Planeten und Kometen von der Erde und voneinander Verhältnisse aufstellt, die sich für die Pla- eten aus ihren Umlaufszeiten um die Sonne und für diejenigen Kometen, welche keine für uns messbare Umlaufszeit haben, aus den Winkelgeschwin- # digkeiten ihrer Bewegung am Himmel mit grosser Strenge ermitteln lassen. 14 Förster. Insbesondere für die Planeten bietet der Ausdruck jenes von Kepler ge- fundenen Gesetzes, wonach sich die halben grossen Axen der von den ein- zelnen Planeten um die Sonne beschriebenen elliptischen Bahnen zu einander verhalten, wie die Kubikwurzeln aus den Quadraten der Umlaufszeiten, den grossen Vorzug dar, dass dasselbe vermöge der fortwährenden Wiederholung der Umläufe und der dadurch im Verlaufe der Zeiten ermöglichten beliebigen Genauigkeit der Kenntniss der einzelnen Umlaufszeiten die Dimensionen der Bahnen mit einer Sicherheit zu bestimmen gestattet, welche durch keinerlei trigonometrische Winkelmessung unter Anwendung derselben Messungsmittel, mit denen die Wiederkehr der Planeten an denselben Ort des Himmels jedesmal bestimmt wird, erlangt werden kann. Gilt auch jenes von Kepler gefundene Verhältniss nicht mit absoluter Strenge, sondern nur mit einer Annäherung, welche aus der die Masse aller andern Körper unsers Systems weit überwiegenden relativen Grösse der Sonnenmasse hervorgeht, so lassen sich doch durch die successive Einfügung der Einwirkungen der allmählie immer genauer bekannt werdenden Massen aller Planeten jene Beziehungen zwischen Umlaufszeiten und Bahndimensionen mit einer so grossen Schärfe ermitteln, dass die Verhältnisse der Entfernungen der verschiedenen Planeten von der Sonne und ihrer Abstände von einander schon gegenwärtig mit einer Genauigkeit bekannt sind, welche die Genauigkeit aller trigonometrischen Messun- sen von Entfernungsverhältnissen selbst auf der Erde weit hinter sich lässt. Wir sind somit auch noch mit viel grösserer Sicherheit als wir auf der Erde aus den trigonometrischen Messungen von den Endpunkten einer hinreichend grossen . Standlinie das Verhältniss der Entfernung eines Himmelskörpers zu den Dimen- sionen der Erde zu bestimmen im Stande sind, in der Lage, aus dem Resultate einer solchen einzelnen Messung. des Abstandes irgend eines Planeten von der Erde das Gesammtverhältniss zwischen den Entfernungsmaassen des ganzen Planetensystems und den Dimensionen des Erdkörpers zu bestimmen. Natürlich werden wir in Folge der oben erörterten Genauigkeitsverhältnisse hierzu die trigonometrischen oder parallaktischen Bestimmungen des Abstandes des- jenigen Planeten, der der Erde am nächsten kommen kann, nämlich der Venus, und zwar zur Zeit ihrer grössten Erdnähe wählen. Die kürzest- mögliche Entfernung der Venus von der Erde beträgt etwa 26 Hundertel oder etwas mehr als !/, der mittleren Entfernung der Sonne von der Erde. Der Winkel, unter welchem zur Zeit dieser kürzesten Entfernung von der Venus aus der Halbmesser des Aequators erscheint, wird etwa 331/, Sekunden und die entsprechende parallaktische Verschiebung, welche der Ort der Venus am Himmel für die Standlinie von Greenwich zum Kap der guten Hoffnung erfährt, wird somit nahezu 50 Sekunden betragen, so dass, wenn es gelänge, den Unterschied der Richtungen von Greenwich und von der Kapstadt nach der Venus zur Zeit ihrer grössten Erdnähe mit der Genauigkeit von einem Zehntel der Sekunde zu bestimmen, das Verhältniss des Abstandes der Venus zu den irdischen Maasseinheiten etwa bis auf „I, genau ermittelt sein würde. Natürlich würden hierdurch, da das Verhältniss des heobachteten kürzesten Abstandes der Venus von der Erde zu allen andern Dimensionen des Pla- netensystems bis auf verschwindend kleine Fehler richtig bestimmt ist, auch die Sonnenentfernung und alle übrigen Entfernungen im Planetensystem mit derselben verhältnissmässigen Genauigkeit bestimmt sein. Leider ist die Venus zur Zeit dieses kürzesten Abstandes von der Erde nur sehr selten für die Erde. sichtbar, weil sie um diese Zeit an denjenigen Stellen ihrer Bahn sich befindet, welche zwischen der Sonne und der Erdbahn liegen, so- dass sie im Allgemeinen bei dem Durchgange durch diese Erdnähe in Folge l diffusen Erleuchtung der Be N Luft Ga die Sonnenstrahlen in Folge des Umstandes, dass sie der Erde in diesen Zeiten höchstens eine sehr nale Sichel ihrer von der Sonne beleuchteten Hälfte zuwendet, _ total unsichtbar bleibt. Nur in denjenigen Fällen, in denen der Planet ch zur Zeit der Erdnähe nicht über oder unter der Sonne, sondern gerade in der ne der Durchschnittslinie seiner u mit der Erdbahnebene befindet, ed sie alsdann uns in, die von Ne Sonne gar nicht beleuchtete Fläche zuwendet, als dunkle Scheibe vor den entsprechenden Stellen der Sonnen- { scheibe en Diese Vorübergänge finden in derartiger Folge statt, dass ‚immer zwei in 8 Jahren a a ao elle von denen der eine nördiien, der Mndte südlich von dem Mittelpunkt der Sonnenscheibe vor sich ‚geht, und dass diese zusammengehörigen Phänomenpaare sich alsdann in ubwechseladen _ Intervallen von 1134 ddl 1294 Jahren wiederholen, z B. in folgender Reihe von Epochen: | December 1631 December 1639 Juni 1761 Juni 1769 December 1874 Me December 1882 IR Juni "2004 Juni 2012. Diese Seltenheit des wichtigen Phänomens scheint dasselbe eines grossen Teiles seiner Vorzüge für De Lösung der in Rede stehenden Aursabe zu ee denn es ist eine wichtige Behrs der Messwissenschaften, dust durch die öftere Wiederholung einer a derselben Messung zu verschiedenen Zeit- _ punkten bedeutende Verstärkungen der Sicherheit der Endresultate gewonnen BR werden, indem durch solche lensse Wiederholungen die Wahrschemkoh- R keit vermehrt wird, dass unter den vorn Siihehen Einflüssen der zahlreichen sogenannten gen Fehler einander entgegenwirkende auftreten. — Hier- - nach würden wir vorziehen müssen, Venus nicht blos in ihrer grössten Erd- Er .. x . ei S EN nähe, sondern auch in solchen Punkten ihrer Bahn zu beobachten, in welchen sie uns immer noch erheblich näher ist, als irgend ein andrer Planet, in welchen sie aber zugleich einfachere und in öfterer Wiederkehr zu erfüllende sch, in welchen der Planet een weit von der Sonne absteht, um selbst für geringe optische Hülfsmittel und selbst neben zahlreichen Tobi schwächeren Fixsternen sichtbar zu sein, ist die Entfernung der Venus von der Erde nicht kleiner als drei Zehntel der Halbaxe der Erdßahel während die . kleinste Erdnähe, in welche der Planet Mars zu wiederholten Malen während "eines Jahrhunderts gelangen kann, 38 Hundertel derselben Maasseinheit be- - trägt. Immer noch würde also die Beobachtung der Venus in denjenigen Punkten ihrer Balın, in welchen sie uns näher ist als irgend ein andrer Planet und in welchen sie doch alljährlich bequem gesehen und ihrer age nach mit benachbarten Fixsternen verglichen var kann, das instigste Hälfsmittel zur Lösung unsrer Aufgabe bilden, wenn nicht der ebelstand hinzuträte, dass in Bolcken Fällen Venus sich immer ziemlich 16 Förster. wünschenswerth ist. Immerhin würden sich in grösseren Höhen bei Tage ausgeführte Messungen der Lage der Venus zu helleren Fixsternen, angestellt an sehr weit voneinander entfernten Punkten der Erdoberfläche, in den uns nächsten Theilen ihrer Bahn vortheilhaft verwenden lassen, umsomehr als dann die gleichzeitige Sichtbarkeit der Venus und benachbarter Fixsterne, welche letzteren von der Verschiedenheit der Standorte auf der Erdoberfläche wegen ihrer enormen Entfernung keinerlei parallaktische Einwirkungen mehr erfahren, uns die absolute parallaktische Einwirkung der Verschiedenheit der Standorte auf den scheinbaren Ort der Venus erkennbar machen ‘würde, während zur Zeit der Vorübergänge der Venus vor der Sonnenscheibe ihr relativer Ort innerhalb der letzteren, von verschiedenen Standorten aus ge- sehen, nicht um die absolute parallaktische Wirkung, sondern nur um die Differenz der parallaktischen Wirkung auf den Planeten und auf der Sonne verschoben erscheinen wird. Dem ungeachtet ist der Vorzug, den die sogenannten Durchgänge der Venus für die Bestimmung des Verhältnisses der irdischen nnd der himm- lischen Entfernungsmaasse gewähren, ein ganz ausserordentlicher und so wenig durch Beobachtungen in irgend einer andern Stellung der Venus oder eines andern Planeten zu ersetzen, dass die Astronomen verpflichtet sind, bei der säkularen Wiederkehr dieser Phänomene das Aeusserste an ihre möglichst vollständige und sorgfältige Ausnutzung zu setzen. Zwar werden die Oerter der Venus gegen Mittelpunkt und Ränder der hellen Sonnenscheibe, von zwei Punkten der Erdoberfläche aus gesehen, deren Abstand gleich dem Halbmesser des Erdäquators ist, höchstens um 24—25 Sekunden verschieden erscheinen können, während die entsprechenden Ortsverschiedenheiten der Venus gegen benachbarte Fixsterne in andern noch hinreichend günstigen Punkten ihrer Bahn, in denen sie öfter gesehen werden kann, bis 30 Se- kunden und die des Mars gegen benachbarte Fixsterne in seiner grössten Erdnähe auch noch etwa 25 Sekunden betragen werden. Aber jener gerin- sere Winkelbetrag der relativen parallaktischen Verschiebung der Venus innerhalb der hellen Sonnenscheibe wird dafür durch korrespondirende Messungen von möglichst weit voneinander abstehenden Standorten auf der Drclaher Kalte mit el grösserer Sicherheit bestimmbar sein, als irgend eine andere Winkelmessung solcher parallaktischer Wirkungen zu erreichen gestattet. Gerade bei korrespondirenden Messungen, die hs lslahzeie an weit entlegenen Punkten der Erdoberfläche angestellt werden müssen, bietet es die grössten Schwierigkeiten, die Messungsinstrumente und ihre Handhabung so völlig gleich zu machen, dass nicht zu den parallaktischen Verschie- denheiten, welche durch die Verschiedenheit der Standorte entstehen, noch höchst merkliche Verschiedenheiten hinzutreten, welche nur aus den Be- sonderheiten der Ausführung der Messungen hervorgehen und natürlich die Zuverlässigkeit der parallaktischen Ermittlungen höchst wesentlich trüben. Schon der erste Astronom, welcher auf die Vorzüglichkeit der Venusdurch- gänge für die Bestimmung der Sonnenentfernung aufmerksam machte, Edmund Halley, hob hervor, dass durch die blosse Beobachtung der Zeit- punkte, in welchen die dunkle Venusscheibe sich mit der hellen Sonnen- scheibe berühre, mit einer Genauigkeit, die nur von der Schärfe des best- bewaffneten Sehens, aber von keinem andern Messinstrument und auch von kleinen Fehlern in den Angaben der zeitmessenden Instrumente nur in ver- hältnissmässig geringem Grade abhängig sei, Winkelmessungen an ‚den ent- legensten Beobachtungsörtern gewonnen werden könnten, deren Genauigkeit durch keinerlei noch so feine Messungen mit eingetheilten Kreisen oder mit Ueber die Bestimmung der Abstände der Himmelskörper von der Erde. 7 Mikrometerschrauben erreicht werden könne. Halley entgingen hierbei aller- - dings, ebenso wie den meisten Astronomen, welche im vorigen Jahrhunderte die Durchgänge der Venus beobachteten, in einer durch die damalige Jugend der feineren optischen Technik erklärlichen Weise, die Bedeutung gewisser Eigen- thümlichkeiten der Fernröhre, durch welche in den Zeitpunkten der Be- rührung der dunklen Venusscheibe mit der hellen Sonnenscheibe merkliche Beobachtungsfehler hervorgerufen werden können. In der That sind die Verschiedenheiten der Leistungen der damaligen unvollkommenen Fernröhre in Verbindung mit der Unsicherheit der Bestimmungen der Lage einzelner damals gewählter wichtiger Stationen auf der Erdoberfläche die Ursache ge- worden, dass die Beobachtungen des vorigen Jahrhunderts, wie es scheint, nur zu einer ziemlich rohen Bestimmung der Sonnenparallaxe geführt haben. Mit der schärferen Kritik, mit welcher die gegenwärtige Beobachtungskunst auch die Leistungen der besten Fernröhre untersucht, werden bei dem bevor- stehenden Phänomen dieser Art Fehler des oben erörterten Charakters auf ein verschwindend kleines Maass eingeschränkt werden, und zwar dadurch, dass alle Fernröhre, die an korrespondirenden Stationen zur Beobachtung der Berührungen von Venus und Sonnenscheibe dienen sollen, vorher sorgfältig miteinander verglichen werden, indem durch besondere Apparate der Vorüber- gang einer dunklen Scheibe vor einer hellen Scheibe in möglichst denselben Verhältnissen, wie sie bei dem Venusdurchgang selbst eintreten werden, künstlich dargestellt, und die absoluten und relativen Fehler, welche die ein- zelnen Feernröhre bei dieser Nachahmung des Phänomens zeigen, scharf genug ermittelt werden, um später bei der wirklichen Beobachtung in Rechnung gebracht werden zu können. Uebrigens wird es bei den bevorstehenden Venusdurchgängen voraussichtlich auch gelingen, gewisse mikrometrische Messungsmittel, die sogenannten Heliometer, welche gerade auf Phänomene solcher Art in sehr günstiger Weise anwendbar sind, nach den sorgfältigsten vorherigen Vergleichungen mit Vortheil anzuwenden. Endlich aber bietet die Besonderheit der Venusdurchgänge, nämlich die Projektion des Planeten auf die hellste natürliche Lichtquelle, welche in den kleinsten Zeittheilen schon photographische Wirkungen ausübt, die günstigst denkbaren Verhältnisse für die Anwendung der Photographie zu völlig ob- jektiven, von Beobachtungsfehlern und Fehlern der optischen Apparate fast vollständig zu befreienden Festlegungen der Verschiedenheiten, in welcher sich das Durchgangsphänomen von den entlegensten Punkten der Erdober- fläche aus darstellen wird. Nimmt man nämlich an einer hinreichenden Zahl von Stationen während der 4 bis 5 Stunden betragenden Dauer des Phä- nomens etwa 100 bis 150 einzelne photographische Platten auf, so kann die mit völlig gleichartigen Messungsmitteln nachher in Ruhe auszuführende Mes- sung der nach Beobachtungszeit und Beobachtungsort verschiedenen Lage der Venus innerhalb der Sonnenscheibe zu einer Bestimmung der Venusparallaxe und somit der gesammten darauf zu begründenden Maassverhältnisse führen, welche bei sorgfältiger kritischer Untersuchung und Feststellung des wahr- scheinlichsten Werthes, unabhängig von jeder Erregung des Augenblicks und jeder Verschiedenheit des Geschickes und der Umsicht der Beobachter viel- leicht nicht ihres Gleichen haben kann. Es wird z. B. Venus, von den südlichsten für die Beobachtungen taug- lichen Stationen, den Kerguelen- oder den Macdonaldsinseln aus gesehen, zur Zeit ihres kürzesten Abstandes von ‚dem Mittelpunkt der Sonnenscheibe etwa 41 Sekunden nördlicher erscheinen, als von den am weitesten nördlich gelegenen noch hinreichend tauglichen Beobachtungsstationen. Gelingt es Anleitung zu wissenschaftl, Beobachtungen auf Reisen.; 2 - 18 Förster. Ueber die Bestimmung der Abstände der Himmelskörper von der Erde. nun durch das Zusammenwirken der Beobachtungen der Berührungszeiten von Venusscheibe und Sonnenscheibe, mit mikrometrischen Messungen und mit Vergleichungen der von den verschiedenen Stationen aus aufgenom- menen Photographieen, diesen auf 41 Sekunden hypothetisch berechneten Abstand so genau zu bestimmen, dass der noch mögliche unbekannte Fehler des Endresultates aller Beobachtungen 3 bis 4 Hundertel der Bogensekunde nicht übersteigt, dann ist das Verhältniss der Entfernung der Venus von der Erde zu der irdischen Maasseinheit, welche der Bestimmung der Ab- stände der einzelnen Stationen von einander zu Grunde gelegt wird, etwa bis auf 77/57 seines Werthes bekannt und hierdurch beiläufig für das nächste Jahrhundert die Grenze erreicht, welche für eine erschöpfende Erledi- gung zahlreicher andrer Aufgaben in der nächsten Zeit dringendst gefor- dert wird. Das oben unter No. 2 (pag. 7) aufgeführte Verfahren der Parallaxen- Bestimmung durch Benutzung der Drehung der Erde zum Transport eines und desselben Beobachters und Instrumentes von einem Ende einer trigono- metrischen Standlinie zum andern ist bei einem Phänomen, wie das vor- liegende, nicht mit Vortheil anwendbar, weil die beschränkte Zeitdauer des Durchganges die Grösse der während desselben zurückzulegenden Ortsver- änderung des Beobachters einschränkt. Indessen werden die auf jeder ein- zelnen Beobachtungs-Station durch die Ortsveränderung des Beobachters mit der Drehung der Erde eintretenden scheinbaren Bewesungen der Venus auf der Son mensaheilhe ebenfalls mit in Rechnung gezogen werden müssen und auch ihrerseits Beiträge zur Lösung der Aufgabe liefern. Der nächst Dre enende Durchgang Ga Venus, dessen Mitte auf 17 Uhr astronomische mittlere Zeit Greenwich des 8. December 1874, also für die im Meridian von Greenwich gelegenen Beobachtungsörter auf Morgens 5 Uhr des bürgerlichen 9. December berechnet ist, wird hauptsächlich auf der südlichen Halbkugel mit Ausschluss von Süd-Amerika, auf der nördlichen Halbkugel zwischen den Meridianen von Mittel-Afrika und der Sandwichsinseln bis in die Regionen des mittleren Sibiriens hin sichtbar sein. In Folgendem geben wir eine kleine Tafel der örtlichen Eintritts- und Austrittszeiten des Planeten am, Sonnen-Rande für eine Anzahl der wichtigeren Bu an welchen das Phänomen sichtbar ist: Sonnen- Sonnen- Aufgang. Bass Untergang. Anfang. Kap der guten Hoffnung vor Sonnen-Aufgang 4h.44m. 7h.40m.V. — Alexandria „ 6 „ 48 „ 8 „ 36 DE) ron, Tiflis „ 7 » 17 „ I ” 36 N.» DER Astrachan n 1, Bo, a AO Orenburg ” 7,96, 10,17 „2°. — Ispahan „ 6 „ 55 „ 10 „ 2 m ER Irkutsk 8h.41m.V, — 5 O2 0 Nennen Peking 9 „ 30 ”» RE ” 19 » DA Nangasaki EOS — ; sd Honolulu De: — nachSonn. -Untg, 5h. 18m) Auckland (Neuseeland) RN Ren Se: Di N Melbourne s DS DV _ 4. One Kerguelen-Insel DER ER — 105,094 Me Madras 7 „ 12 ”„»n Fe 11 ” 94 N) 77 S Mauritius ; 5 „ 38 ”»»n KBL 10 „ 10 a) NERER Lux? Geographische Ortsbestimmung. = N = i ö Yon Kin. F. Tietjen. a N. | Einleitung. . Jeder, der sich mit geographischer Ortsbestimmung beschäftigt, ist ‘sächlichsten astronomischen Ausdrücke zu en die er. vorkommen. Ausserdem ist für ihn erforderlich, dass er stets Ephemeriden zur Hand N habe, und wir schlagen das Nautische Jahrbuch von Bremiker als beson- ders für diesen Zweck geeignet vor; man findet in der Einleitung, in den Erklärungen und Aufgaben dieser Ephemeriden auch Alles, was zum Ver- | ändniss unseres Mu nothwendig ist. Aus diesen Gründen beschränken ir uns hier auf folgende einleitende Bo u. Die geographische Lage eines Ortes ist os durch seine. Länge und Breite. Die Länge pflest man ostwärts von einem bestimmten, dem ersten, Meridian aus bis 360° herumzuzählen, doch zählt man sie auch östlich und westlich von demselben an jeder Seite bis 180°. Die gebräuchlichsten N _ Annahmen für den ersten Meridian oder den Kun Spur der Längen- ählung sind: 1) der durch die Sternwarte zu Paris gelegte Meridian, 2) der lurch einen Punkt in der Nähe der Insel Ferro gelegte Merdiah der genau 20° westlich von der Pariser Sternwarte liest, 5) Bi durch die ae zu Greenwich bei London gelegte, der 2% 20° 2'' westlich von der Pariser Sternwarte liest. Letztere Zählungsweise ist für Seefahrer die allgemeinste ae B geworden. | In Bezug auf Wochentag und De sei bemerkt, dass Seefahrer bei er ‚jedesmaligem Veberschreiten 180° Greenwicher ange einen Wochentag nd ein Datum überschlagen, wenn sie von Osten nach Westen, und zwei _ Tage hinter einander denselben Wochentag und dasselbe Datum setzen, wenn on Westen nach Osten fahren. Bei den Völkern, die zwischen 100° r da 190% Greenw. östl. Länge wohnen, und die den Gebrauch der Wochen- "und des Datums der imishichen Rechnung eingeführt haben, hängt die rl und Weise dieser Zählung davon ab, ob ihnen. dieselbe von Westen her, in 29 ‘on Osten her überbracht wurde. Die Grenzlinie geht von Norden die Behringsstrasse und darauf zwischen Kamtschatka und den Allen nr seln dstlich von Japan durch die Formosastrasse, Balabakstrasse, ash > du 22 ' 30 Tietjen. un südlich von den Philippinen unmittelbar östlich von den Salomoninseln und Hebriden durch die Freundschaftsinseln, östlich von Chatham und wendet sich darauf direkt nach Süden. Westlich von dieser Linie wird ein Tag mehr gezählt als östlich davon. 2) Da die Erde ein an den Polen abgeplattetes Rotaltbnsellipsord ist, so bildet die Richtung der Lothlinie einen kleinen Winkel mit der ae des Radius oder der aan nach dem Erdmittelpunkt, so dass der Want welchen erstere mit der Ebene des Aequators bildet, grösser ist als der Winkel, welchen der Radius mit dieser Ebene bildet. Ersterer Winkel heisst die geographische, letzterer die geocentrische Breite. Die geographische Breite ist gleich dem Winkel zwischen Zenith und Aequator, oder auch: sie ist gleich der Polhöhe. 3) Da die Umdrehung der Erde gleichförmig und von Westen nach Osten erfolgt, so wird ein Stern dadurch nach und nach mit gleichförmiger Geschwindigkeit durch alle westlich gelegenen Meridiane geführt und nach 24 Stunden den ganzen Umkreis von 360° vollendet haben. Ist die Zeit- differenz, in der er dureh die Meridiane zweier Orte geht, A Stunden, so- ist h & die Längendifferenz offenbar DE 360° und zwar wird er am frühesten durch den Meridian des östlich gelegenen Ortes gegangen sein. Dies gilt offenbar auch noch für jeden anderen Himmelskörper, der in Bezug auf die Sterne eine eigene Bewegung hat, wenn nur die Uhr, nach welcher die Zeit ge- messen wird, einen solchen Gang besitzt, dass zwischen zwei aufeinander folgenden obern Culminationen dieses Gestirnes genau 24 Stunden verfliessen und ihr Gang in der Zwischenzeit nur genau der Bewegungsänderung des Gestirnes entspricht. Statt die Längendifferenz in Graden anzugeben, ist es meistens be- quemer, sie in Zeit auszudrücken, so dass also einer Stunde 15°, einer Zeitminute 15 Bogenminuten und einer Zeitsekunde 15 Einesise him ent- sprechen. Uhren. 4) Um grössere Zeiträume in kleinere einzutheilen, bedient man sich entweder der Pendeluhren oder der Federuhren. Bei jenen ist das treikende Element die Schwerkraft, die bei jeder einzelnen Schwingung gleich wirkt, so dass die Zeitdauer einer Schwingung grösstentheils nur vor der Länge des Pendels abhängig ist. Diese Länge ändert sich aber mit der Tempe- ratur und zwar so, dass der tägliche Gang eines Sekundenpendels für einen Grad Reaumur um nahe 04 abweicht, wenn die Pendelstange aus Eisen, und um 0.8, wenn sie aus Messing ist. Zur Beseitigung dieses Einflusses dient die Compensation. Für Reisezwecke sind nur Federuhren — Taschenuhren und Chrono- meter — anwendbar, da hier das in Verbindung mit der Feder als Regulator dienende kleine Rad — Unruhe, Balancier — bei jeder Lage der Uhr seine Schwin- gungen vollführen kann. Durch Reibung und Luftwiderstand geht bei jeder Schwingung Kraft verloren; diese muss auf geeignete Weise wieder ersetzt werden. Bei den Pendeluhren geschieht es meistens durch ein Gewicht, bei Taschen- uhren und Chronometern aber durch eine Feder, welche durch das Aufziehen gespannt wird. Da diese Spannung unmittelbar nach dem Aufziehen be- deutend stärker wirkt, als wenn die Uhr bald abgelaufen ist, so lässt man rn mittelst ee die Schnecke ur das a wirkt, : nach dem Aufziehen bedeutend kleiner ist, als längere Zeit nach dlueilen, Die Form der Schnecke muss nun so. sein, dass dieser Hebelarm der Federspannung stets entspricht. Die Schnecke ist zuweilen auch wohl durch eine besondere Construction der Triebfeder oder durch eine besondere Einrichtung der Hem- A - mung (Echappement) ersetzt. , Die zunehmende Wärme wirkt auf eine Federuhr in doppelter Weise: Erstens vergrössert sich die Unruhe und vermehrt dadurch die zu ihrer Bewegung erforderliche Kraft und zweitens vermindert sie die Spannkraft E der Feder. Eine Temperaturänderung von 1° kann eine tägliche Gang- änderung von 10 bis 20 Sekunden hervorbringen. Eine Compensation lässt sich nur für eine Temperaturdifferenz von etwa 20° erreichen; oft erstreckt sie sich auf noch engere Grenzen. Ueber diese Grenzen hinaus nimmt der K Einfluss der Temperatur auf den Gang sehr rasch zu; es ist daher uner- - lässlich, die Temperatur der Uhr stets innerhalb dieser Grenzen zu erhalten, die deshalb von vornherein, je nach der Bestimmung der Uhr, so ee Bo werden müssen, dass ein Ueberschreiten nicht de wird. k Ferner hat man noch Sorge zu tragen, dass die Uhr stets möglichst in - derselben Lage bleibt, in der sie regulirt ist, weil für eine nen Lage Ri H ein veränderter Brick der Spirale id der a und ea ‚ein ver- änderter Gang eintreten würde. So sind die grösseren Ohronometer (Box.- ei | _ — — Chronom.) nur für die horizontale Lage corrigirt; durch geeignete Aufhän- gung ist dafür zu sorgen, dass sie stets in dieser Lage verharren. Bei der Regulirung von Taschenuhren und Taschenchronometern ist zwar in der 7 Regel auf verschiedene Lagen Rücksicht genommen, will man aber einen _ gleichförmisen Gang erzielen, so ist es sehr rathsam, sie stets in derselben y Lage zu een sie z.B. nicht horizontal hinzulegen, wenn sie beim Tragen vertical in der Tasche hängen. Jede Erschütterung wirkt störend auf den Gang, ein rasches Drehen in der Ebene der schwingenden Unruhe kann sie ee selbst sofort zum Stehen bringen. Für langsamer schwingende Unruhen (Halbsekundenuhren) sind die Erschütterungen viel gefährlicher als für rasch » schwingende; daher sind für den Transport auf Reisen gute Taschenuhren- Er viel geeigneter, als grössere Chronometer, während letztere wieder beim län- geren Aufenthalt an festen Orten die Be Zeitmesser sind. Gute Chronometer an festen Orten gehen aelich a einer halben Sekunde genau, während der Fehler einer guten Maschenuhr t täglich 2 bis 3 Sekunden und beim Transport noch bedeutend mehr betragen kann. Endlich ist noch darauf zu achten, dass man keinen starken Magneten in unmittelbare Nähe der Uhr bringt, weil dadurch sofort ein höchst unregelmässiger Gang der- 5 selben eintritt. Dass es rathsam ist, die Uhr stets zu el. Zeit auf- Von .einer guten Uhr muss vor Allem verlangt werden, dass sie einen eichförmigen Gang habe, auf die u desselben kommt es nicht an. Ist ‚mit in Rechnung. Durch die anaktön verändert sich in der Regel Compensation. Einkaufe einer Uhr ist noch besonders darauf zu achten, dass 99 Tietjen. NR Minuten- und Sekundenzeiger mit der zugehörigen Theilung des Zifferblattes stimmen, dass sie also nicht excentrisch -zu derselben angebracht sind, Bei kurzem Sekundenzeiger kann die excentrische Stellung desselben au leicht zu Irrthümern in der Ablesung der Zeit Anlass geben. Will man zwei Chronometer mit einander vergleichen, die einen bedeu- tenden Gangunterschied haben, z. B. eine Uhr, die nach mittlerer Zeit geht, mit einer, die nach Sternzeit geht, so warte man den Moment ab, wo zwei Schläge genau mit einander coincidiren, da das Ohr für die Coinceidenz zweier Töne sehr empfindlich ist. Man erhält so die Differenz beider Uhren für diesen Moment bis auf ein- bis zweihundertel Sekunden genau. Die Ver- gleichung zweier Uhren mit nahe gleichem Gange führt man daher auch am sichersten mit Hülfe einer dritten von starkem Gangunterschiede aus, Bei astronomischen Beobachtungen sehe man vor Allem darauf, dass die Uhr bequem plaeirt ist, um sowohl ihre Schläge deutlich zu hören, als auch, um die Zeit mit möglichst geringem Zeitverlust ablesen zu können. Auf Reisen, wo man in der Regel Uhren anwendet, die entweder 2 Schläge in einer oder 5 Schläge in 2 Sekunden machen, verfährt man am besten auf folgende Weise. Kurz vor Eimtritt des zu beobachtenden Moments merkt man sich die Sekunde und zählt alle Schläge, bis der Eintritt erfolet ist, sehe dann aber wieder nach der Uhr, um sich zu vergewissern, dass man sich nicht verzählt hat. Aus den bis zum Eintritt gezählten Schlägen wird man leicht die Zeit desselben ableiten. Häufig lässt sich die Zeit des Ein- tritts eines Moments (z. B. einer Sternbedeckung) im Voraus nicht genau senug angeben, um kurz vorher mit dem Zählen beginnen zu können, in diesem Falle fange man erst mit dem Eintritt an zu zählen und entnehme erst darauf die Zeit von der Uhr. Sind mehrere Momente in so kurzer Zeit hinter einander zu beobachten, dass man zwischen denselben nicht Zeit genug hat, um nach der Uhr zu sehen, so zähle man alle. Schläge von Anfang bis Ende, notire aber diejenigen für jeden Eintritt, ‘ohne nach dem Schreiben hinzu- sehen, wobei man das Auce unverwandt vor dem Fernrohr hält und dabei weiter zählt. Eine kurze Tebung wird hinreichen, dies fertig zu bringen. Unter allen Umständen ist es gut, zwei Uhren zur Verfügung zu haben, von denen die eine nur als Beobachtungsuhr benutzt und vor und nach der Beobachtung mit der andern verglichen wird. Sextant und Prismenkreis. 5) Der Spiegelsextant besteht aus einem eingetheilten Kreissector, dessen Centrum zugleich der Drehpunkt einer Alhidade ist, welche an dem Ende, wo sie die Theilung des Sectors berührt, einen Nonius oder Ver»ier trägt. Sie kann an den Sector festgeklammert werden und enthält hier eine Schraube für feinere Fortbewegung oder Finstellung. Nahe im Drehpunkt der Alhi- dade und auf derselben befestigt, befindet sich ein senkrechter Spiegel. Seit- wärts, fest mit dem Sector verbunden, sitzt ein Fernrohr, diesem gegenüber in unverrückbarer Lage ein zweiter fester Spiegel, gleichfalls senkrecht zur Bewegungsebene der Alhidade. Das Objectiv des Fernrohrs trifft aber nur etwa zur Hälfte diesen zweiten Spiegel, mit der anderen Hälfte kann man über denselben hinweg einen Gegenstand direkt sehen. Dreht man nun die Alhidade so, dass ein zweiter Gegenstand von dem ersten Spiegel nach dem zweiten und von diesem nach dem Objectiv des Fernrohrs reflectirt wird, so dass sein durch das Fernrohr gesehenes Bild den direkt gesehenen Gegen- stand deckt, so ist nach den Reflexionsgesetzen der Winkel, welchen beide 4 Geographische Ortsbestimmung. 23 Gegenstände mit einander bilden, doppelt so gross als der, welchen die Ebe- ' nen beider Spiegel mit einander einschliessen. Die Eintheilung des Sectors ist daher gleich so ausgeführt, dass die Zahlen das Doppelte des Drehungs- winkels der Alhidade oder des Neigungswinkels beider Spiegel gegeneinander e . angeben, vorausgesetzt, dass die Alhidade Null zeigt, wenn beide Spiegel ein- RX. ander parallel stehen. BR 6) Ein Beobachter darf sich nie auf die Vollkommenheit seines In- strumentes verlassen; er soll dasselbe stets sorgfältig untersuchen und unter Controle halten. Folgende Bedingungen müssen bei einem Sextanten er- er Hullt sein: 1. Beide Spiegel sollen senkrecht zur Ebene des Instrumentes stehen. a) Sieht man an dem grossen mit der Alhidade fest verbundenen Spiegel vorbei nach dem Ende des Gradbogens, wo sich der Anfang der Theilung befindet, und ist zugleich die Alhidade so gestellt, dass man zu gleicher Zeit Theile des anderen Endes des Gradbogens reflectirt sieht, so ist bei diesem Spiegel die verlangte Bedingung nahe erfüllt, wenn der direkt mit dem re- flectirt gesehenen Bogen in einer Ebene liest und mit demselben keine ge- brochene Linie bildet. 5) Um die Stellung des anderen kleinen Spiegels zu prüfen, stelle man den Index nahe auf Null und bringe das durch das Fernrohr direkt gesehene Bild mit dem zugleich reflectirt gesehenen Bilde eines sehr entfernten Gegenstandes, am besten eines Sternes, möglichst zur Br Deckung. Erfolgt diese vollständig, so steht auch der kleine Spiegel senkrecht. 2. Die optische Axe des Fernrohres soll mit der Ebene des Instrumentes parallel, also senkrecht zu den Spiegelflächen stehen. Man wähle zwei um ‚einen grossen Winkel von einander entfernte Gegenstände und bringe das Bild des einen mit dem direkt gesehenen andern zur Deckung an einem der beiden Parallelfäden, die man vorher parallel zur Sextantenebene gestellt hat. Bewegt man darauf den Sextanten, bis die Bilder auf den andern Parallel- faden fallen, und ist die Deckung dann noch vollständig, so ist die optische Axe, die mitten durch die Parallelfäden geht, richtig gestellt. "3. Der Index- oder Collimationsfehler besteht in der Abweichung der Alhidade vom Nullpunkt des Limbus, wenn das direkt und das reflectirt gesehene Bild eines sehr weit entfernten Gegenstandes sich decken. Macht man für diese Deckung die Ablesung, so erhält man den Indexfehler un- mittelbar. Befindet sich der Nullpunkt der Alhidade bei dieser Stellung zwischen dem Nullpunkt der Theilung des Limbus und der Mitte desselben, so hat man den Indexfehler negativ zu nehmen, d. h. ihn von der jedes- malisen Ablesung für einen gemessenen Winkel zu subtrahiren. Im ent- gegengesetzten Falle hat man ihn zu addiren. Durch Drehung des kleinen Spiegels lässt sich der Indexfehler wohl genau auf Null bringen, doch em- pfiehlt es sich, ihn wohl möglichst klein zu halten, ihn aber dann mit in Rechnung zu ziehen. Bei jeder grösseren Beobachtungsreihe ist eine Bestim- mung nothwendig. 4. Die beiden Flächen des grossen Spiegels sollen einander parallel sein. Um die prismatische Gestalt der farbigen Gläser unschädlich zu machen, wende man dieselben auch bei der Bestimmung des Indexfehlers an. Die de, prismatische Gestalt des kleinen Spiegels ist ohne Einfluss, weil sie nur Be: „einen constanten Fehler hervorbringt, der auch im Indexfehler enthalten ist. de, 5. Die Fehler, welche von der Excentricität herrühren, sollten bei jedem Sextanten, ehe er in Gebrauch genommen wird, geprüft werden. Ist A die Ablesung für einen Winkel zwischen zwei Objecten, so erfordert diese Ab- See eine Correetion von der Form 94 Tietjen. AA=sintA fasin4A+bcostA} wo a und 5 zwei Constante sind, die man dadurch bestimmt, dass mindestens zwei anderweitig bekannte Winkel mit dem Sextanten gemessen werden. So- bald man a und 5 kennt, kann man für diese Correetion eine Tafel be- rechnen, in die man analleich die Oorrection für andere Fehler auf- nehmen kann. 6. Bei Winkelmessungen nicht weit entfernter Gegenstände kommt noch die Parallaxe des Instrumentes in Betracht. Der Scheitelpunkt des ge- messenien Winkels liegt nämlich nicht im Drehpunkte der Alhidade, sondern er liegt im Durchschnittspunkt zweier Richtungen, von denen die eine durch die optische Axe nach dem direkt visirten Gegenstande, die andere nach dem andern Objecte durch den grossen Spiegel geht. Ist daher Z das Loth vom grossen Spiegel auf die optische Axe, d die Entfernung des direkt gesehenen Gegenstandes, so ist der gemessene Winkel um die Correction w zu ver- 2 : grössern, die sich aus sin »= -- ergiebt. d Das was über den Sextanten gesagt ist, gilt auch von den Reflexions- kreisen, die sich nur dadurch von den Sextanten unterscheiden, dass statt des als Limbus dienenden Kreissectors ein ganzer Vollkreis angewandt ist.. Bei den Prismenkreisen ist noch der kleine Spiegel durch ein Prisma mit totaler Reflexion ersetzt, wodurch die Bilder an Helliskeit und Klarheit gewinnen. Die Vollkreise haben vor dem Sextanten ausser grösserer Stabilität haupt- sächlich den Vortheil, dass der Excentricitätsfehler durch Ablesen zweier um 180° von einander abstehender Nonien aufgehoben wird. 7) Um mit diesen Reflexionsinstrumenten die Höhe eines Gegenstandes über dem Horizonte zu messen, kann man auf See den wirklichen Horizont (die Kimm) benutzen; auf dem Lande dagegen bedarf es eines künstlichen Horizonte. Hierzu wendet man in der Regel eine mit Quecksilber gefüllte eiserne Schale an, und beobachtet den Winkel zwischen dem Object und dessen von der horizontalen Oberfläche des Quecksilbers reflectirtem Bilde. Auf diese Weise erhält man die doppelte Höhe. Um die Oberfläche des- Quecksilbers zu reinigen, wendet man entweder eine Stahlplatte oder auch ein Papier an, mit welchem der Schmutz nach der Seite gestrichen wird. Es empfiehlt sich, das Quecksilber mit etwas Zinn zu versetzen, weil es sich dann leichter reinigen lässt und weil dann auch die Erschütterungen nicht so sehr auf dasselbe wirken. Beim Füllen des Horizontes giesst man das Quecksilber am besten durch eine Düte aus zusammengefaltetem Schreib- papier, die an der Spitze ein kleines Loch hat. Um es vor Wind zu schützen, muss man irgend einen Schutz an der Windseite aufstellen; häufig wendet man ein aus planparallelen Platten bestehendes Dach an. Azimutal- und Höheninstrument (Theodolit und Universalinstrument). 8) Diese Instrumente besitzen doppelte Kreise, von denen der eine zum Messen horizontaler Winkel — Azimute —, der andere zum Messen von Höhen- winkeln — Zenitdistanzen — dient. Die Messung eines Winkels erfordert succes- sive Einstellung beider Gegenstände; das Instrument verlangt daher für die Zeit der Messung eine absolut feste Aufstellung. Die Ablesung an den Kreisen geschieht entweder durch Nonien, wie bei den Sextanten, oder auch durch Mikroskope. Letztere besitzen in der Gegend des Oculars einen Kasten, x a ie, ÄN Geographische Ortsbestimmung. 25 RN y ‚in welchem ein Fadenkreuz oder zwei parallele Fäden vermittelst einer an einer eingetheilten Trommel befestigten Mikrometerschraube beweglich sind. Um die ganzen Umdrehungen der Schraube zu zählen, erblickt man an der Seite des Gesichtsfeldes Auszahnungen oder Löcher, deren Abstand einer oder zwei ganzen Umdrehungen der Schraube entspricht. Nahe der Mitte des Gesichtsfeldes ist eine grössere Auszahnung oder ein anderes Merkmal, das dazu dient, den Nullpunkt anzugeben, auf welchen man die Ablesungen der Schraube bezieht. Die Trommel ist nun so auf der Schraube zu be- festigen, dass ihre Ablesung Null giebt, wenn die beweglichen Fäden auf das als Nullpunkt dienende Merkmal gestellt werden. Bewegt man von dieser Stellung aus die Fäden auf den nächst kleineren Theilstrich des unter dem Mikroskop befindlichen Kreises, so erhält man durch Ablesung an der Trommel den Abstand dieses Theilstriches vom Nullpunkt des Mikroskops in Theilen der Schraube Um die Ablesung des Kreises in Bezug auf den Nullpunkt zu erhalten, hat man den gemessenen Abstand in Bogen zu ver- wandeln und zur Ablesung für den nächst kleineren Theilstrich zu addiren. Der Werth eines Schraubentheils wird dadurch erhalten, dass man den Ab- stand zweier Theilstriche misst. Um unabhängig von einer Veränderung oder einer fehlerhaften Bestimmung dieses Werthes zu werden, ist es dringend zu empfehlen, bei jeder Messung stets die beiden benachbarten Theilstriche einzustellen und beide Ablesungen zu notiren. Die Eintheilung der Trommel ist fast stets so eingerichtet, dass sie direkt nahe Minuten und Sekunden angiebt. Kleine Abweichungen von den auf der Trommel bezeichneten Werthen lassen sich wohl durch geeignete Verstellung der Mikroskope corri- giren, doch ist es nicht rathsam, diese etwas mühsamen Correctionen für kleine Abweichungen vorzunehmen. Es ist genau darauf zu achten, dass stets der Theilstrich des Kreises und die Fäden des Mikroskops zu gleicher Zeit deutlich erscheinen. Ist dies nicht der Fall, so verschiebe man zuerst das Ocular, bis der Faden deutlich wird, nähert oder entfernt darauf das ganze Mikroskop, bis auch der Theilstrich möglichst deutlich erscheint. Dies beurtheilt man am besten da- durch, dass sich der Theilstrich durch seitliche Bewegung des Auges nicht verschieben, keine Parallaxe zeigen darf. 9) Vor der Messung ist das Instrument mit Hülfe der Libelle oder des Niveaus horizontal zu stellen. Das Niveau wird auf die horizontale Axe aufgesetzt und an den Fussschrauben so lange corrigirt, bis die Blase bei horizontaler Drehung des Instrumentes sich nicht mehr ändert. Um die Axe bei unveränderter Stellung des Horizontalkreises zu nivelliren, werden beide Blasenenden des aufgesetzten Niveaus abgelesen und aus beiden Ab- lesungen das arithmetische Mittel genommen, wodurch die Ablesung für die Mitte der Blase erhalten wird. Um die Ungleichheit in den Längen der Niveaufüsse zu eliminiren, setze man das Niveau um und nehme wieder das Mittel aus den Ablesungen für beide Blasenenden. Ist das Niveau von der Mitte aus getheilt, so bestimme man das Zeichen so, dass man die Ablesung nach dem Höhenkreise hin positiv nimmt; ist aber die Libelle ganz durch- getheilt, so nehme man die Ablesungen für diejenige Stellung des Niveaus als positiv an, bei welcher sich die grössere Zahl am Kreisende befindet. Nimmt man mit Rücksicht auf diese Zeichen das arithmetische Mittel aus den Mitteln beider Ablesungen, so erhält man die Neigung der Axe in Niveautheilen ausgedrückt, Bad; zwar liegt das Kreisende höher, wenn das ‚Mittel positiv ist. Ausser diesem ENG befindet sich am Höhenkreise fest mit den 36 Tietjen, Nonienarmen oder den Mikroskopträgern verbunden ein zweites Niveau, das aber gegen den Höhenkreis verstellbar ist. Bei Höhenmessungen ist die Blase desselben vor der Kreisablesung stets in die Mitte oder auf gleiche Theilstriche zu bringen, oder, was vorzuziehen, stets mit abzulesen und die Stellung derselben bei der Reduction mit zu berücksichtigen, so dass die Kreisablesungen stets auf dieselbe Stellung der Blase des Höhenniveaus be- zogen werden. Ist der Werth eines Niveautheils nicht bekannt, so kann man ihn am Höhenkreise selbst bestimmen. Ebenso lässt sich der Theil des Auf- satzniveaus am Höhenkreise ermitteln, wenn man dasselbe am Höhenniveau oder am Höhenkreise so befestigen kann, dass ihre Axe der Ebene dieses Kreises parallel ist. Auch eingetheilte Fussschrauben sind zu einer solchen Bestimmung geeignet. Wünschenswerth ist es, dass diese Bestimmung für verschiedene Strecken der Libelle gemacht wird, um zu sehen, ob die Krüm- mung der letzteren allenthalben gleich ist. Durch Correctionsschrauben lässt sich erreichen, dass die Blase der Aufsatzlibelle nahe in der Mitte ist, wenn sie auf einer horizontalen Axe steht und dass die Axe ihres Rohres parallel zu dieser horizontalen Axe ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Blase bei einer seitlichen Neigung des Niveaus sich nicht bewegt. — Eine mit Aether gefüllte Libelle ist die empfindlichste, doch, da der Aether schon bei 36° ver- dampft, so ist es sehr rathsam, in heissen Gegenden Weingeistlibellen oder die etwas empfindlicheren Benzinlibellen anzuwenden. Sobald als die Mes- sungen mit einem Universalinstrument auf Genauigkeit Anspruch machen sollen, ist eine sorgfältige Anwendung der Libellen erforderlich. Bei Reisen hat man daher auf eine gute Erhaltung derselben besonders zu achten und 'sich mit Reservelibellen zu versehen. Gegen strahlende Wärme, besonders aber gegen direkte Sonnenstrahlen sind die’ Libellen sowohl als auch das ganze Instrument sorgfältig zu schützen. 10) Um den Nullpunkt des Höhenkreises, d.h. ne Kreisablesung zu finden, bei der das Fernrohr bei richtigem Stande des Instrumentes genau nach dem Zenith gerichtet ist, stelle man erst das ganze Instrument horizontal und bringe die Blase der Höhenlibelle nahe in die Mitte. Hierauf richte man das Fernrohr auf einen weit entfernten Gegenstand, lese den Höhenkreis und die Höhenlibelle ab und reducire erstere Ablesung auf den Nullpunkt der Libelle.. Diese reducirte Ablesung sei A. Dreht man jetzt das ganze Instrument genau um 180°, so ist das F'ernrohr offenbar auf einen Punkt gerichtet, der mit dem beobachteten Gegenstand gleiche Höhe und gleichen Zenithabstand hat. Bewegt man daher das Fernrohr -durch das Zenith auf den Gegenstand, so muss es offenbar die doppelte Zenithdistanz beschreiben. Ist die reducirte Ablesung für diese Lage A,, so erhält man die Zenithdistanz Z und den ve N aus Z=#+4(4- 4) u: — 4 (4 +4,). Um hierauf die Zenithdistanz 2, eines anderen Gegenstandes, der die Ab- lesung a ergiebt, zu erhalten, hat man | AH kla ZN) Bei Höhenmessungen hat man sich fortwährend der Unveränderlichkeit des Nullpunktes zu versichern. Entweder beobachtet man dasselbe Object stets in beiden Lagen, oder man wählt einen entfernt stehenden Gegenstand, dessen Zenithdistanz man wiederholt bestimmt. 11) Terrestrische Winkel. Mit dem Theodolith erhält man unmittel- bar den auf den Horizont redueirten Winkel, nicht so mit dem Sextanten. ar st einen schlafen Winkel A en zwei Oben ge- m . deren Zenithdistanzen resp. 2 und z, sind, so erhält man hier ba 3 auf len Horizont reducirten Winkel A, aus cos A — cos 2c082 cos A, = ea ee nl sin 2 sin 2, sin4(A—2-+2)sin4(4—2, +2) sin 2 sin 2. sin 44, = 12) Ephemeriden. Jeder Reisende, der astronomische Bestimmungen in der Regel nur für ein Jahr, doch pflegen sie 2 bis 3 Jahre im Voraus Be reeßen zu werden. Zu Ortsbestimmungen sind die nautischen Ephe- meriden empfehlenswerther als die rein asieönamischen, welche mehr für _ Sternwarten berechnet sind. Von jenen eignet sich besonders das Nautische _ Jahrbuch von Bremiker für den Baden und es wird daher im Fol- genden vorausgesetzt, dass dieses zur Hand ist. Die Einleitung dieses Jahrbuches giebt eine kurze Beschreibung der Himmelskugel und der Kreise, welche man ni auf ihr und der Erde gezogen denkt, sowie die Erklärung Bi des Unterschiedes zwischen mittlerer Ad wahrer Zieit ind -Sternzeit. Hierauf Br folgt die Erklärung der Ephemeriden und Tafeln des Jahrbuchs und darauf = _ werden ae nautische Aufgaben gelöst. Schliesslich folgen die Ta- # ‚feln und Ephemeriden selbst. Es wäre Wohl überflüssig, hier die dort gege- ga 3 benen Auseinandersetzungen zu wiederholen, es wird daher nur durch N. J. 3 darauf verwiesen werden. ‚Hier: sei nur noch bemerkt, dass die dort gege- benen Zeitangaben sich stets auf die mittlere en Zeit beziehen; will man daher aus dem N. J. Oerter für eine andere Ortszeit entnehmen, so hat a man diese zunächst mit der Längendifferenz auf die Greenw. Zeit zu redu- 5) Interpolation. Da man fast nie in dem Momente beobachten SH für welchen die in den Ephemeriden gegebenen Daten gelten, so muss man die für die Reduction nothwendigen Dalcı mi ad Interpolation auf die Beobachtungszeit reduciren. Entsprechen drei auf einander folgende Be aerfensrte: z. B. Monddistanzen a, a, und a, den Zeiten f#, &,, f,, wobei . gleiche Zeitintervalle, also 4 —t = 4, —t,, vorausgesetzt nn: “und will man die Monddistanz A zur Zeit T kennen, wo 7 ku, \ und t, liegt, x Er setze man a hu x und hat dann, wenn d und d, die ae Ra. een \ : i d=a—aıd=% —M E, Pr .. t umgekehrt A gegeben und sucht man 7), so hat man zunächst it ; A ds De 3 SEN Id +a) FE. | Gleichung, die sich leicht durch successive Näherung auflöst. Darauf 5 T=t 2b —b) iche: N. 7. pag. XIH. und pag. 'xxv1) ö zu machen gedenkt, hat sich mit Ephemeriden zu versehen. Dieselben gelten ” Kg \ 23 Tietjen. Zeit- und Breitenbestimmungen aus Höhenmessungen. 14) Correction der gemessenen Höhen. Die Art der Höhen- - messung sowie die Anbringung der instrumentalen Correetionen ist oben (88 5—10) erörtert; es bleiben noch folgende Correctionen zu berücksichtigen. a) Die Refraction vergrössert die Höhe eines Sternes. Sie ändert sich nicht nur mit der Höhe, sondern auch mit der Temperatur und dem Baro- meterstande, so dass ihre strenge Berücksichtigung Tafeln verlangt (N. J. pag. XXVI). DBezeichnet A’ die gemessene, % die wahre Höhe und r die Refraction, so ist =» —r. Genähert ist für A grösser als 200: r = D10,0 cote. I. b) die Parallaxe ist die Reduction der von einem Punkte der Erdober- fläche gemessenen Höhe auf den Erdmittelpunkt (S. N. J. XXVIII bis XXXII, wo sich auch die Correetionen für Durchmesser von Sonne und. Mond wegen Refraction und Parallaxe finden). c) Haben die Planeten eine messbare Scheibe und ist nur der eine Rand beobachtet, so muss die Beobachtung, nachdem sie von Parallaxe und Refrac- tion befreit ist, mit dem Halbmesser auf dem Mittelpunkt des Gestirns redu- cirt werden. Bei Beobachtungen auf See ist noch die Depression des Meereshorizontes oder die Kimmtiefe zu berücksichtigen (N. J. Tafel X). 15) Der Ort eines Gestirnes ist bekannt, wenn die Sternzeit seines Durchgangs durch den Meridian (seine gerade Aufsteigung oder seine Recta- scension) und seine Entfernung vom Aequator (seine Abweichung oder Decli- nation) gegeben ist. Den Stundenwinkel oder den Winkel, welchen der durch das Gestirn und beide Pole gelegte grösste Kreis (Stundenkreis) mit dem Meridian bildet, erhält man aus Smedkommeiakal — Sternzeit — Gerade Aufsteigung. , Hier sollen stets folgende Bezeichnungen angewendet werden: « Gerade Aufsteigung oder Rectascension, ö Abweichung oder Declination, h wahre Höhe, bezogen auf den Erdmittelpunkt, 2 Zenithdistanz = 90° — h, A Azimut oder der auf den Horizont redueirte Winkel zwischen dem Südpunkte und einem Objeete, A wird gezählt vom Südpunkte durch West, Nord und Ost von 0° bis 360°, t Stundenwinkel, # Sternzeit der Beobachtung, y Breite oder Polhöhe des Ortes. 16) Aus dem sphärischen Dreiecke: Stern, Zenith, Pol ergiebt sich: sinh = cosz = sing snö + cos cosö cost 1) Betrachtet man den Sternort (a, ö) als gegeben und A ebenfalls durch Beob- achtung bekannt, so erhält diese Gleichung noch die beiden Unbekannten gundi= 9 — u. Aus zwei solcher von einander unabhängigen Gleichungen, also aus zwei Beobachtungen, die in bekannter Zwischenzeit angestellt sind, werden sich daher sowohl Zeit als Breite bestimmen lassen. Bel allen Beob: achtungen hat man aber vorzugsweise darauf zu achten, dass die etwaigen Fehler möglichst geringen Einfluss haben und dass, wenn man mehrere Grössen aus mehreren Beobachtungen ermitteln will, diese so anzuordnen sind, dass die gesuchten Grössen mit möglichster Sicherheit daraus hervor- _ kleinen Föhlern dh, dy und dt behaftet sind, so lehrt die Differentialrechnung, dass ughen denselben die Relation dh + cos Ady + cosy sin Adt = 0 stattfindet. Nach obiger Regel folgt hieraus sofort, dass man zur Bestim- _ mung von g oder der Breite des Ortes Gestirne in der Nähe der Azimute 0° und 180°, und zur Bestimmung des Stundenwinkels oder der sich hieraus ergebenden Zeit Gestirne in der Nähe von 90° oder 270° Azimut beobachten ‘soll. Denn im ersteren Falle wirkt ein Zeitfehler wenig auf den Werth von N, Fr g, im zweiten Falle ein Breitenfehler wenig auf die Bestimmung der Zeit . ein. Ferner ersieht man hieraus, dass Zeit sowohl als Breite in den günstig- sten Fällen mindestens um den vollen Betrag des Höhenfehlers fehlerhaft werden. Sterne, die durch das Zenith gehen, eignen sich in der Nähe des Meridians wohl zur Zeit- aber nicht zur Breitenbestimmung. Wegen der Unsicherheit der Refraction soll man nicht zu nahe am Horizonte beobachten. i Um sowohl von dieser Unsicherheit als auch noch von andern Fehlern frei { zu werden, ist es sehr rathsam, zwei um nahe 180° Azimut von einander | entfernte Gestirne zu beobachten. Bei dem Universalinstrument wird man noch von der fehlerhaften Bestimmung des Nullpunktes unabhängig, wenn in beiden Kreislagen gemessen wird. \ y rn vn Fu cn B NE a Zeitbestimmung. 00.17) Correspondirende Höhen. Hat man denselben Stern östlich und westlich in gleicher Höhe beobachtet, so entspricht das Mittel aus den - beiden Beobachtungszeiten seinem Durchgange durch den Meridian, für welchen die Sternzeit des Ortes gleich der geraden Aufsteigung des Sternes hi ist. Ist die Sonne das beobachtete Object, so ist zunächst auf die Aenderung PER: Be ihrer Declination Rücksicht zu nehmen. Vergrössert sich diese von der ersten bis zur zweiten Beobachtung um dö, so vergrössert sich der Stunden- En winkel um + E tan tang Ö re dt = Le N ds ..@) r sın tang £ “ wo dt in wahrer Zeit ausgedrückt ist. Beachtet man nun, dass der Stunden- ee winkel der Sonne gleich ne wahren Zeit ist, so erhält man, wenn U, und D, die Beobachtungszeiten in mittlerer Zeit ausgedrückt, U, die De: des _ wahren Mittags und # den Stundenwinkel, der mit dem ö a ersten Beob- achtungszeit berechnet ist, bezeichnen U VD =-U,+t+d ‚also = + U)—4d Die Grösse 4 (U) + T,) wird der unverbesserte Mittag, 4dt die Mittaos- verbesserung genannt. Es genügt dt in mittlerer Zeit. anzunehmen und mit ‚nl Ö zu N das für den kei gilt. Im N. J. ist die stündliche 30 Tietjen. AU= U 0, Geht z. B. die Uhr mittlere Zeit, so wird, wenn die Zeitgleichung für den mittleren Mittag gegeben ist, die wahre Zeit des mittleren Mittags: U= 24" — Zeitgl. und darauf A m, = U—T, geht sie dagegen Sternzeit, so drücke man zunächst die Zeitgleichung in Sternzeit aus und setze U, = Sternzeit im mittleren Mittage — Zeitgleichung, es ist dann wieder AU: U, 0% Di 18) Beobachtung einer einzelnen Höhe. Der Stundenwinkel 2 wird erhalten aus ; cos 2— sing sind COSKGE— cos p cos Ö oder aus 5 sin4 (2 — (9 —6)).sin } 208 ne =]/ @- 9). nd @+9—-)) cos p cos 5 Bei Sternbeobachtungen ist dann die Sternzeit der Beöbachtung en Ser ) wobei der östliche Stundenwinkel negativ zu nehmen ist. Ist die Sonne beobachtet, so rechne man ? auf dieselbe Weise, wo dann aber der Stunden- winkel gleich der wahren Zeit der Beobachtung ist. Hat man Ö für eine andre Zeit den Ephemeriden entnommen, so dass der wahre Werth um dö grösser .ıst, so ist an Z noch eine ÜCorrection nach $ 17, 2 anzubringen. Es ist sehr rathsam, wenigstens zwei verschiedene Sa zu beobachten und zwar solche, die Sich ae in gleicher Höhe und in symmetrischer Lage zum Meridian befinden, weil das Mittel aus den Resultaten von verschie- denen Fehlern befreit ist. 5% 19) Obwohl auf Reisen die Höhenbeobachtungen stets vorzuziehen sind, weil man die Instrumentalfehler so leicht berücksichtigen kann und man von der Zeit der Beobachtung nicht so sehr abhängig ist, so lässt sich das Unir- versalinstrument doch auch als Durchgangsinstrument benutzen. Könnte man das Instrument so aufstellen, dass bei festgeklemmten Horizontalkreis die optische Axe des Fernrohrs sich genau in der Meridianebene beweste, ‘so würde die Beobachtung eines Sterns an einem in der optischen Axe be- findlichen Faden sofort a Sternzeit der Beobachtung (= Gerade Aufsteigung ) ergeben. Da aber die Aufstellung des Instrumentes nie. fehlerfrei sein wird, so sei ö die Neigung der Umdrehungsaxe des Instruments, positiv genommen, wenn das westliche Ende höher ist; % das Azimut eines südlichen Punktes der in der optischen Axe des Fernrohrs liest und zwar positiv genommen, wenn er sich östlich vom Südpunkte befindet; endlich sei ce der Collimations- fehler oder die Abweichung des Mittelfadens von der optischen Axe. Ist e positiv, d. h. tritt der Stern zu früh an den Mittelfaden, so ist in der obern Culmination an die beobachtete Durchgangszeit folgende Correction anzu- bringen: +; Er 08 (97 2) + %k sin (97) cos cos Ö In der andern Lage des Instruments ist ce dann negativ zu nehmen. Für untere Oulmination hat man für erstere Lage die Correction | + esec od N Gepgrapbische Ortshestiminune: ar. EUREN | 2, Al cos Ö cos Ö + + — esecd Sei U die so corrigirte Uhrzeit, so ist die Uhreorreetion gegen Sternzeit AU=«-—T. Die Neigung i wird durch das Niveau ermittelt; um %k, e ER und AU zu erhalten, sind mindestens 3 Beobachtungen erforderlich, wozu man am besten einen Aequatorial- und zwei Polsterne, letztere bei gleichen BUN, 7 Ei . . . . - Qulminationen in verschiedenen Lagen -des Instruments, und bei oberer und unterer Culmination in gleicher Lage beobachtet. Sind mehrere Fäden eingezogen und braucht ein Stern im Aequator ‚f Zeitsekunden, um von einem Faden zum andern zu kommen, so gebraucht ein anderer Stern, dessen Deel. ö ist, dazu die Zeit fj‘, die sich aus sin 15, f/° —= sin15f° .sec ö ergiebt. Für kein sehr grosses ö genügt fi’ = f® . sec Ö. In der Regel bezieht man alle Durchgänge auf den Mittelfaden. 20) Ist man längere Zeit an demselben Orte, so kann man den Gang der Uhr auch dadurch bestimmen, dass man das Verschwinden eines Sternes hinter denselben nicht zu niedrigen terrestrischen Gegenstand beobachtet. Damit das Auge an verschiedenen Abenden stets dieselbe Position einnimmt, befestige man ein Diopter oder, weit besser, ein Fernrohr an der Stelle, wo man beobachtet. Die Zeit des Auf- und Unterganges eines Gestirns ist wegen der Re- fraction zu unsicher, um gute Resultate liefern zu können. KENN Breitenbestimmung. 21) Hier sind die Beobachtungen so anzuordnen, dass ein Zeitfehler nicht zu grossen Einfluss auf das Resultat gewinnt, es sind also die Gestirne go zu wählen, dass ihre Höhe sich mit der Zeit nur wenig ändert. Dies ist bei allen Sternen, mit Ausnahme der Zenithsterne, in der Nähe des Meridians der Fall, bei Polsternen aber in allen Stundenwinkeln. Hat man die Zenithdistanz Z genau im Meridian gemessen, so ist für Obere Culm. Z= + (—Ö) alog=6+Z Untere „ Z=-10 FW+9) „9=+(M80—-2)—8 i wobei südliche Breiten und südliche Declinationen negativ zu nehmen sind. > Bei der unteren Oulmination eilt das obere Zeichen für nördliche Breiten h und Declination, das untere für südliche. In der oberen Culmination wird man in Bezug auf das Zeichen nicht zweifelhaft sein können, da man stets B eine genüherte Kenntniss der Breite haben wird (N. J. pag. XLII). 22) Bezeichnet 2 irgend eine andere Zenithdistanz in der Nähe des Meridians, # der zugehörige Stundenwinkel, und setzt man Z=2—[, so erhält man £ am bequemsten durch indirecte Auflösung der Gleichung cos cos ö x i sin(@— I) - Aendert sich die Declination des Gestirns, von welchem Circummeridian- Zenithdistanzen beobachtet sind, so nehme man für alle Reductionen diejenige Declination, welche bei der Culmination stattfindet, und rechne den Stunden- winkel nicht von der Zeit 7 des Meridiandurchgangs ab, sondern von der Zeit 7’ der grössten Höhe. Bezeichnet u die Declinationsänderung in Bogen- y _ seeunden während 48 Stunden, so erhält man 7— 7, in Zeitsekunden aus- in ?1t (3) sin} = Pe 3 gedrückt durch Er 32 Tietjen. T,— T=_——_ (tangyp — tangd) 1 188.5 fo) O. Bei Polsternen kann man selbst in grösseren Stundenwinkeln obige Formel (3) anwenden, da hier cosö klein ist. Sonst setze man sinö=nsinN cosd cost=ncosN und erhält dann (4) en c0s2 n wo man über das Zeichen von N— x anderweitig entscheiden muss. 23) Aus zwei verschiedenen Beohachtungen desselben Sterns oder zwei verschiedener Sterne werden sich sowohl Zeit als Breite bestimmen lassen. Man wähle die Beobachtungen aber so, dass die eine günstig für die Zeit- bestimmung, die andere günstig für die Breitenbestimmung ist. Hat man für letztere die Culmination beobachtet, so erhält man die Breite frei von dem Zieitfehler, mit dieser Breite folgt dann aus der andern Beobachtung die Zeit. Sind zwei verschiedene Höhen % und A, desselben Sterns in den Stunden- winkeln # und Z, beobachtet, so kann man p und die Zeit aus der successiven Auflösung der beiden Gleichungen / COS2, — cos2 sind +0) = 1 2 cosy cos d sind (& —L) cos (g— 8) = cos2— 2 sin?1L4cosg cosd ableiten, wo rechts zunächst ein genäherter Werth von g einzusehen ist. t, —t ist aus dem Uhrgange bekannt. Ist = h,, hat man also correspondirende Höhen beobachtet, so erhält man zunächst die Uhrcorrection nach $ 17 und darauf p nach $ 22, 4. Aendert sich die Deeclination, so hat man Z und Z£, nach $ 17 zu corri- giren. 24) DBreitenbestimmungen aus Durchgängen am Passageninstrument lassen sich mit Vortheil nur im Ost-Westkreise, im ersten Vertical, anstellen. Die Aufstellung des Instrumentes muss eine sehr feste sein, so dass sie für längere Zeit ungeändert bleibt. Die Neigung der Axe ist mit grösster Genauig- keit zu ermitteln. Es ist mindestens der Durchgang eines Sterns im Osten und eines Sterns im Westen zu beobachten, wobei man Kreis Nord, Stern Ost mit Kreis Süd, Stern West oder Kreis Süd, Stern Ost mit Kreis Nord, Stern West verbindet. Damit die Fehler sich aufheben, müssen die Decli- natıonen beider Sterne nahe einander gleich sein, am besten beobachtet man denselben Stern Ost und West. Hier wird der östliche Stundenwinkel # nahe gleich dem westlichen {5 — eine nahe Berichtigung des Instruments vorausgesetzt — und man hat, wenn nach obiger Anordnung beobachtet ist, sin (p— 8) = sing cos (sin’}t+ sin?4t) + (' > = co82 wo i die Neigung vor, i, die nach der Culmination bezeichnet und positiv genommen ist, wenn der Stern zu früh an den Faden tritt. Geographische Ortsbestimmung. 88 Längenbestimmung. 25) Da es sich hier darum handelt, den Zeitunterschied zweier Orte zu ermitteln, so bieten sich für die Längenbestimmung drei verschiedene Wege dar. Erstens kann man die Zeit direkt vermittelst Uhren und Chronometer übertragen. Zweitens können an beiden Orten gleichzeitige Phänomene «Pulversignale, elektrische Signale, Mondfinsternisse, Verfinsterungen der Jupitertrabanten) beobachtet werden, wodurch man unmittelbar die Differenz N der ÖOrtszeiten erhält. Drittens endlich können Mondbeobachtungen zur Längenbestimmung verwandt werden. Da nämlich der Mond uns so nahe ist, so verändert sich sein auf den Erdmittelpunkt reducirter Abstand von einem anderen Himmelskörper oder einer Ebene in Folge seiner Eigenbewegung, deren Lage für jede Zeit bekannt ist, schnell genug, um die Zeit eines bestimmten Abstandes mit Sicherheit angeben zu können. Kennt man daher die Zeit eines Abstandes (sei es Berührung, wie bei Sonnenfinsternissen und Bedeckungen, oder eine grössere Entfernung, wie bei Monddistanzen, oder endlich der Abstand von en, deren Aenderung mit der Zeit bekannt ist, wie bei Meridiandurchgängen und Zenithdistanzen) für eine bestimmte Ortszeit (z. B. Greenwicher) im Voraus, und beobachtet diese Distanz an einem andern Orte, so giebt die Differenz der beobachteten Ortszeit mit der vorausberechneten Greenw. Zeit wieder die Länge, hier in Bezug auf Greenwich, an. Es ist nur zu bemerken, dass die Distanzen auf denselben festen Din (Erdmittelpunkt) bezogen erdlen müssen. 26) Was zunächst die Zeitübertragung betrifft, so ist weoen der Behand. lung der Uhren auf $ 4 zu verweisen. Auf der Be man sich aber nie auf den Gang einer Uhr verlassen, es müssen daher stets mehrere Uhren in Anwendung kommen. Die zweite Art bedarf hier ebenfalls kaum einer Erörterung, da die "Verfinsterungen in den Ephemeriden zum Voraus berechnet sind. Wegen der unsichern Schattengrenzen giebt diese Methode aber keine zuverlässigen Resultate, die Mondfinsternisse noch weniger, als die Verfinsterungen der ‚Jupitertrabanten, zu deren Beobachtung man überdies noch ein gutes Fern- rohr haben muss. Die Verschiedenheit der Beobachter und der ‘Fernröhre hebt man theilweise auf, wenn Eintritt und Austritt des Schattens beobachtet wird. Auch ‚dadurch kann der Beobachter seinen und seines Instrumentes -constanten Fehler theilweise bestimmen, dass er an einem bekannten Orte Verfinsterungen beobachtet und das Resultat mit anderweitig bekanntem Re- sultate vergleicht. — Von den Signalen fallen die electrischen auf Reisen fort, die andern dienen nur für kurze Entfernungen. 27) Sonnenfinsternisse und Sternbedeckungen gewähren die zuverlässigsten Resultate, sie finden jedoch nur selten statt. Für denselben Ort beträgt die Anzahl der Sternbedeekungen in einem Jahre: Be: für Sterne inel. Ater Grösse: im Mittel 6, selten mehr als 9, y\. a EN . Br, ) ) „ Stern ” „ ” 200, ) „ 27. N Pre; wenn auch nur mit Angabe der Grenzen der Sichtbarkeit, die der Stern- er findet sich jedoch nicht im N. J., wohl aber im englischen autical Almanac, im Berliner astron. Jahrbuch eo, Obwohl letzteres einige aten mehr zur Vorausberechnung giebt, als der Naut. Alm., so ist dan = Die Vorausberechnung der Sonnenfinsternisse findet sich in allen Ephemeriden, Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 3 Gare dieser ‚dem Reisenden mehr zu empfehlen, weil darin zugleich die Grenzen 24 Tietjen. der Sichtbarkeit dieser Bedeckungen angegeben sind und weil er ausserdem alles auf den Mond Bezügliche in grosser Ausführlichkeit enthält. Die Wichtig- keit der Sternbedeckungen wegen, mag hier eine genäherte Vorausberechnung nach dem astron. Jahrbuche (nach Bessel) folgen. Seien « und ö die gerade Aufsteisung und Abweichung des Sterns. A und D die des Mondes, wenn er mit dem Stern in geoc.. Conjunc- tion ist, so dass A= a. T diese Conjunetionszeit in mittlerer Zeit. > A und AD die Aenderungen von A und D in einer Stunde mitt- lerer Zeit. zz die Aequatorial-Horizontalparallaxe des Mondes. p die wahre und g, die geocentrische Breite des Ortes. der Radiusvector. die Längendifferenz zwischen dem Orte der Bedeckung und dem, für welchen 7 gegeben ist, östlich positiv. 6 die der Conjunctionszeit 7 entsprechende Sternzeit des Ortes. log k = 9,4354; logı — 9,41916 e—= 008g, s=osing. Sei e die Excentricität des elliptischen Meridians (log e = 8,912205; @ 2 log (1— e?) = 9,9970916) und sin B=esiny, so werden e und s erhalten aus c=cosy seB; s=(1—e?) sing secB. Man berechne ferner Be D—6 ey Arcos D a8 DD) re N an u=e sn(d—d); v=scosö— ec sind cos (d—«) wW=Aecos(d)—d); vV’=Ie sind sin (d—e) msn M= —u; nsnN=yp — u mes M=g—v; ncsaN=g—v (m und n stets positiv) To — cos (M— N) m sin (M— N)’ k Nn,-T+ti!+r cosw= (w stets kleiner als 180°) Für den Eintritt 7, und den Austritt 7, ergiebt sich dann in mittlerer Ortszeit: mM-h saw 2, —41, - snu n n Diese Zeiten werden aber noch einer Correction bedürfen, weil das z noch fehlerhaft ist. Um diese Üorrection zu finden, setze man p=op, n=-ı+wW; ,=-dH+r+s wo ge die Reduction des mittleren Zeitintervalls z auf Sternzeit bedeutet. Wird nun in obigen Formeln allenthalben g, statt g, 6, statt 0 gesetzt und ausserdem, wenn hiermit ug, %, ug, © gefunden wird: r Zu RL Ei 2 EEE EN A EEN z m, sin M, = —%;5 .% suN, =Pp —%y 7 re SR: 5 VAN ER? m, csM, = %; % 0cosM —=g— dv, 4‘ Ar . cos (M,— N) ) cos, = m, sin (Mo — N,) ke T=IT Bee uw; — 7, Hart sinw 0 No ; fon genähertere Werthe sein, die meistens genügen. Die Positionswinkel für Ein- und Austritt, welche vom Mittelpunkte des Mondes aus von der Richtung nach dem Nosdyele und über Ost, Süd, West bis 360° nn gezählt a : u einfach aus ‚Die Grösse 7 en genau ae aus e sin (d— «) rTz= 0,5646 — Ac cos (d— «) mittlerer Zeit. Vorstehende Formeln, die nur 4stellig berechnet zu werden brauchen, werden die Zeit des Eintritts und Austritts bis auf etwa 1” genau ‚geben, hierauf verlasse man sich aber nicht vollständig (wegen Unsicherheit e Bar auf den Stern. Zur Beobachtung ist ein Fernrohr mit starker Ver- ers zu empfehlen, weil das Mondlicht sich dadurch auf eine grössere Scheibe vertheilt, das Licht des Sterns aber fast ungeschwächt bleibt. Am hellen Mdrande kann man mit einem Fernrohr von 6 Centimeteröffnung _ und 60facher Vergrösserung schwerlich noch Sterne Ater Grösse beobachten, _ während man am eh Rande bei schmaler Mondsichel noch recht gut En ‚Sterne 6ter Grösse sieht. Die Beobachtung am dunkeln Rande ist ann a h weit vorzuziehen, besonders bei dem Wiedererscheinen. EN.” 28) Eines der besten Mittel für die Längenbestimmung sind die Mond- distanzen. Die Reduction derselben sowie die dazu nothwendigen Hülfsmittel _ enthält das N. J., weshalb hier nur Folgendes erwähnt werden mag. Die Monddistanzen sind offenbar dann am günstigsten, wenn dieselben sich am raschesten ändern. In Folge der elliptischen Mondbahn und aus einigen andern Ursachen kann die tägliche Aenderung zwischen 8 und 16 Grad schwanken, ein Beobachtungsfehler von 10” in der Distanz bringt je nachdem einen X _ Lüngenfehler von 74 und 3% Bogenminuten hervor. Beobachtungen bei iedern Höhen sind wegen der Mlsieherheit der Refraction zu vermeiden. rend am Tage, wenn Distanzen zwischen Mond und Sonne gemessen werden, _ letztere stark abgeblendet werden muss. Der Fehler, der dabei durch eine etwaige prisnlatische Gestalt der Blendgläser hervorgebracht werden kann, “muss aber bekannt sein, oder durch Da der Gläser um 180° eliminirt verden. 29) Mondhöhen lassen sich besonders in niedern Breiten, wo die täg- he Bewegungsrichtung nahe mit. dem Verticalkreise zusammenfällt, für Be estimmung verwenden. Die Höhen müssen in dem Stundenwinkel ge- erhalten. Die Einheit, in welcher z und Ar erhalten werden, ist die Stunde - in der angenommenen Länge etc.), sondern richte das Fernrohr längere Zeit Zuweilen wird es rathsam sein, den hellern Mond etwas abzublenden, wäh-: 36 -Tietjen. so müssen die Höhen im westlichen Stundenwinkel genommen werden. In höhern südlichen Breiten sind die Höhen dagegen im erstern Falle im Westen, im zweiten im Osten zu beobachten. Zur Eliminirung der Fehler ist erfor- derlich, dass stets Sternhöhen, die den Mondhöhen nahe gleich sind, zugleich mit gemessen werden, oder wenn Stern und Mond nahe gleiche Höhen haben, so beobachte man zuerst die eine Höhe und warte bis das andere Object dieselbe Höhe erreicht. Man hat dann nur die beiden Zeiten zu notiren; zur Sicherheit, dass sich das Instrument nicht verstellt hat, ist jedoch auch jedesmalige Ablesung zu empfehlen. Bei Ableitung der Länge aus Mond- höhen reducire man diese zunächst auf den Erdmittelpunkt, leite also die wahren Höhen ab. Mit einer genäherten Länge und der Beobachtungszeit nehme man « und Ö für den Mond aus den Ephemeriden, berechne mit der Orts-Sternzeit 7’ der Beobachtung und & den Stundenwinkel = T—« und dann die Höhe A, nach $ 16. Diese sollte mit der beobachteten Höhe % stimmen, wenn die Länge richtig angenommen, wenn also « und ö mit rich- tiger Zeit entnommen wäre. Hat aber die Länge einen Fehler von A/ Zeit- sekunden und ändern sich « und ö in 10T um Aa und A 6 Bogensekunden, woraus eine Höhenänderung Ah folgen mag, so ist Mh l= 600 Ah erhält man am bequemsten aus m sin M—= cos cost cosh sinp=cosy sin? mcosM = sin cosh cosp=m cos (ö+ M) (p für östl. Stundenwinkel negativ) Ah=c05p.A0d-+ cos sinp. de. 30) Ausser Mondhöhen kann man mit dem Passageninstrument noch Meridiandurchgänge beobachten. Für die so bestimmte gerade Aufsteigung des Mondes sucht man aus der Ephemeride die Greenw. Zeit, welcher die- selbe entspricht und die Differenz zwischen dieser Zeit und der Beobach- tungszeit giebt wieder die Länge. Um an demselben Tage naten Mondbeobachtungen zu erhalten, kann man diese in sschladenan Azimuten vornehmen, doch beobachte man. min- destens einen Stern in demselben Azimut. Da das Azimut nach $ 16 aber nicht nahe 90° oder 270° sein darf, so eignet sich diese Methode nicht in kleinen Breiten. Bestimmung/des Azimuts. 31) Das Azimut A eines Gestirns oder der Winkel am Zenith zwischen dem Meridian und dem Verticalkreise dieses Gestirns, wird nach dem N. J. pag. L erhalten. Ist der Stundenwinkel 7 bekannt, so ist noch sınz sin A= cos6 sin t sinz cos A=sing cos d cos E— cos sin od. Um das Azımut a eines terrestrischen Gegenstandes mit einem Reflexions- instrumente zu bestimmen, beobachte man die Distanz desselben von einem Gestirn und reducire den gemessenen Winkel nach $ 11 auf den Horizont. Dieser reducirte Winkel ist die Differenz der Azimute des Gegenstandes und des Gestirns.. Das Azimut des letztern, sowie die für die Reduction nothwendige Zenithdistanz erhält man durch Rechnung, wenn die Zeit und also auch der Stundenwinkel bekannt ist. Sonst beobachte man die Zenith- HI TR Fe ’ an Pi = IL Kia Nach) f Geographische Ortsbestimmung. 37 e ins gleich mit und zwar beobachte man alternirend Zenithdistanz und - Winkel mit dem Gegenstande, damit Alles auf denselben Zeitmoment redu- ”% eirt werden kann. Kleine Zenithdistanzen müssen ausgeschlossen werden. unmittelbar. 32) Um das Azimut einer Richtung mit dem Universalinstrument zu bestimmen, hat man zunächst diejenige Ablesung des Horizontalkreises zu ermitteln, welche der Richtung des Fernrohres nach dem Südpunkte ent- ‚ spricht. Wird dann diese Ablesung von der für. eine andere Richtung sub- trahirt (vorausgesetzt dass der Kreis in der Richtung von Süd durch West ete. getheilt ist), so hat man das Azimut der letztern Richtung. Ist die Zeit genau bekannt, so beobachte man irgend einen Stern in grössern Zenith- distanzen, lese den Horizontalkreis ab und subtrahire von dieser Ablesung das für die Beobachtungszeit berechnete Azimut. Ist die Zeit weniger genau bekannt, so kann man einen dem Pole nahen Stern in allen Stunden- winkeln oder einen andern zwischen Zenith und Pol culminirenden Stern zur Zeit der grössten Digression beobachten. Besser aber verbindet man mit der Ablesung des Horizontalkreises zugleich die des Verticalkreises, wo man aber Sterne wählen muss, deren Zenithdistanz sich bedeutend rascher ändert als das Azimut, also wieder Sterne, die sich nahe in grösster Di- gression befinden, Beobachtet man rasch hintereinander in beiden Lagen das Azimut, die man als für das Mittel der Beobachtungszeit gültig be- trachten darf. Wird mit z das Azimut berechnet und das Resultat von der Ablesung subtrahirt, so erhält man wieder den Südpunkt. Wegen der Umlegung des Instruments kann man diesen als frei vom Collimations- fehler betrachten, er ist aber noch für die Neigung » der horizontalen Axe zu corrigiren. Denkt man sich diese Axe bis zum Horizonte verlängert, so - wird das eine Ende einen Punkt des Horizontes treffen, dessen Azimut um 90° grösser ist, als das beobachtete. Liegt dieses Axende zu hoch, so be- trachte man, die durch das Niveau ermittelte Neigung ö als positiv. An das durch Rechnung gefundene Azimut ist dann die COorrection + 2 cotgz, an den eben gefundenen Südpunkt also — © cotg 2 anzubringen. Behandlung und Verpackung der Instrumente beim Transport. hi; 33) Die Vorsichtsmassregeln, die bei der Behandlung der Uhren und den andern astronomischen Instrumenten angewendet werden müssen, sind grössten- ie theils schon früher ($ 4 u. f.) erwähnt, so dass hier nur noch Folgendes an- X zuführen bleibt. — Die Uhren und Chronometer führe man auf Reisen stets bei sich und überlasse sie nicht fremden, ungeschickten Händen. Boxchrono- meter verpacke man in einem gut gepolsterten Kasten ohne cardanische Auf- ‘ hängung, die nur auf See zu empfehlen ist. Beim Transport stelle man die t Unruhe mittelst eines dazwischen geschobenen Papierstreifens fest und ver- wende das Chronometer nur dann ‚zur Zeitübertragung, wenn der Transport Er ohne Stösse und Erschütterungen ausgeführt werden kann. Darauf zu achten, dass kein Staub Hinsckleingen Em ist selbstverständlich. Die übrigen astronomischen Instrumente werden zunächst in einem Kasten so verpackt, dass alle Theile vollständig fest liegen, wobei jedoch für % an Theil irgend welche Zwängung oder Spannung entstehen darf. au Befinden beide Objecte sich im Horizonte, so erhält man die Azimutdifferenz _ des Instruments, so erhält man eine Zenithdistanz z und eine Ablesung für 38 Tietjen: Geographische Ortsbestimmung. ganze Verpackung muss möglichst einfach und in kurzer Zeit auszuführen sein. Grössere Kasten sind mit Handhaben zu versehen, um sie auf kurze Strecken möglichst bequem zu transportiren. Bei längerem Transporte ist dieser erste Kasten in eine zweite grössere Kiste einzuschliessen, und zwar so, dass an den Seiten ein Zwischenraum bleibt, der mit einem elastischen Polster aus Heu, Stroh etc. ausgefüllt wird. Findet ein längerer Transport zur See statt, wo die feuchte salzige Luft die Oxydation der Metalltheile so sehr begünstigt, so ist es empfehlenswerth, die zweite Kiste mit Zinkblech zu belegen und dieses luftdicht zu verlöthen. Alle Metalltheile mit Ausnahme der Axen und Schrauben sollen lackirt sein, die nicht lackirten Theile sind während des Transports und überhaupt während der Zeit; wo das Instru- ment nicht benutzt wird, mit einer Schichte von Oel oder Fett, am besten mit Rindertalg zu bedecken, um den Luftzutritt abzuhalten. Selbst wenn ein Instrument fortwährend benutzt wird, so sind diese T’heile dennoch von Zeit zu Zeit einzuschmieren und darauf mit einem reinen Lappen wieder zu reinigen, es bleibt eine hinreichend dicke Fettschicht zurück, um die Oxy- dation zu verhindern. Anmerkung. Zum Gebrauche auf Reisen sind folgende Werke, enthaltend astro- nomisehe und andere Tafeln, ganz besonders zu empfehlen: die nautischen Tafeln von Ligowski und Domke, die astronomischen Tafeln von Peters und die Tafeln zu geogr. Ortsbestimmungen von Albrecht. Für die logarithmischen Rechnungen genügen fünf- stellige Tafeln, wie jene von Bremiker, Lalande oder August. “ Topographische Beobachtung und Zeichnung. (Flying survey, Levse & coup d’oeil.) i an Von i Bar | H. Kiepert. Ai Unumgängliche Vorbedingung jeder geographischen Erkenntniss, so wie jeder darauf zu gründenden naturwissenschaftlichen Folgerung ist sichere _ Orientirung in den Ortslagen, wie sie nur durch richtige, wenigstens an- mähernd richtige Verzeiehnung der beobachteten Positionen und Naturformen Pir' im Kartenbilde gewonnen werden kann: alle andern Thatsachen, deren Beob- achtung den speciellen Zweck einer Reise bilden mag, erhalten ihren vollen ee Werth erst durch die Möglichkeit der Nachweisung ihres localen Vorkommens auf Grund der Karte. Die Nothwendigkeit einer beständigen Aufmerksam- keit auf jene Elemente bei Reisen in weniger genau erforschten Gegenden kann nicht dringend genug eingeschärft werden, weil sie selbst von wohl- Ri unterrichteten und eifrigen Reisenden stellenweise noch in letzter Zeit nicht 2 genügend beachtet wurde, vielmehr Dinge als bekannt vorausgesetzt worden sind, denen in der That noch die völlig sichere Grundlage fehlte. *) ar Die regelmässige Beobachtung und Aufzeichnung aller topischen Objecte sollte daher spätestens mit der Betretung desjenigen Bodens beginnen, von E dem noch keine aus wirklicher Aufnahme hervorgegangenen Specialkarten vorhanden sind; sie wird aber auch, wo eine solche oder auch nur eine Re- x ‚422 cognoseirung der vom Reisenden befolgten Route durch einen früheren, in Terrainaufnehmen geübten Reisenden vorhanden ist, nicht überflüssig sein, indem sie eine treffliche Vorübung, eine Controle der Brauchbarkeit der SR *) Selbst ein so geübter und wohl vorbereiteter Reisender, wie H. Barth z. B., “hat auf seiner letzten, speciell zum Zwecke topographischer Berichtigungen durch Theile A ‘der europäischen Türkei im Herbst 1865 gemachten Reise die Details der ersten "Tagereise in’s Binnenland — vom Hafen Antivari bis zur Stadt Seutari in Albanien — zu notiren unterlassen, in der Voraussetzung, dass die in der österreichischen Küsten- arte in Zusammenhang mit einer Recognoseirung stromaufwärts a Position on Scutari richtig, überhaupt das ganze stark frequentirte Wegstück hinreichend be- nnt sei; beides erwies sich später als irrige Voraussetzung, die Ortsbestimmung sogar der Breite erheblich irrig (also sicher nicht auf astronomischem Wege gewonnen), ss eine sorgfältige Notirung jenes Wegestückes nach Richtungen und Distanzen esentliche TE, selbst des Ausgangspunktes der ganzen weiteren Route haben würde. % R 7 40 Kiepert. neuen Beobachtungen zu eigner Befriedigung, wie zur Sicherung des Urtheils eines etwaigen andern Bearbeiters der Beobachtungen gewährt. Es bedarf zu solchen Beobachtungen nicht einmal absolut der Kunst _ des Zeichnens, so erwünschte Hülfe dieselbe auch gewährt, sondern nur einer mit leichter Mühe und in kurzer Zeit zu erwerbenden Uebung im Gebrauche der Instrumente, am besten unter Leitung eines Sachverständigen. Auch bei grösseren wissenschaftlichen Expeditionen, denen ein Topograph von Fach beigegeben ist, kann in vielen Fällen (z. B. Erkrankung des betreffenden Mitgliedes, absichtliche stellenweise Trennung der Reisewege u. dgl.) die Aushilfe eines ein anderes Fach vertretenden Oollegen sehr erwünscht, ja. nothwendig sein. Solchen nun, die sich einer ähnlichen Arbeit bisher nicht unterzogen haben, wird es nicht überflüssig sein, folgende durch Erfahrung erprobte Regeln dringend zu empfehlen: 1) Aufzeichnung unterwegs. Die ursprünglichen mit Bleistift, oft nur im Sattel gemachten, daher meist schwer lesbaren und nur dem Schreiber verständlichen Notizen, auch nachdem sie mundirt sind, aufzubewahren, um eventuelle Lücken und Mängel der Copie unter Umständen später noch ergänzen zu können. Statt eines Notizbuches, dessen bei fortgesetztem Ge- brauch immerhin möglicher Verlust*) leicht einen unersetzlichen Schaden herbeiführt, hat Verfasser vorgezogen, einzelne durch Numerirung und Da- tirung in ihrer Folge gesicherte Blätter starken Cartonpapiers zu verwenden, weil der Verlust eines einzelnen Blattes, wenn im Laufe oder spätestens am Ende des Tages bemerkt, leichter noch aus frischer Erinnerung im wesent- lichsten wieder ersetzt werden kann. 2) Reinschrift; bei erster Gelegenheit, also gewöhnlich im Laufe des Tages zweimal, hinreichend ausführlich und deutlich, um schlimmstenfalls auch anderen, als dem Schreiber, verständlich zu sein, jedenfalls mit Dinte. Thatsachen (besonders Namen und Ziffern), die etwa in der ersten Aufzeich- nung bereits undeutlich geworden und schon nicht mehr aus frischer Erinne- rung mit völliger Sicherheit ergänzt werden können, sind ausdrücklich als zweifelhaft zu bezeichnen, behufs Lösung der Frage durch spätere Nach- folger. 3) Sicherung der Nomenclatur, wenn sie Sprachen angehört, die dem Reisenden noch nicht geläufig sind, durch vielfaches Befragen mehrerer Zeugen und besonders, soweit es sich um Schriftsprachen handelt, mittelst Aufzeichnung in nationaler Schrift durch kundige Einheimische; wo diese Schrift (z. B. die arabische) wesentlich nur das Consonantengerippe, aber dieses in einer dem europäischen Ohre schwer fassbaren Schärfe giebt, ist auf die Auffassung der nicht geschriebenen Vocale durch das Gehör desto grössere Sorgfalt zu wenden. In der Transcription der fremden Laute stets nur eines der an den abweichenden orthographischen Gebrauch verschie- dener europäischer Sprachen sich anschliessenden Systeme, gleichviel welches, anzuwenden. 4) Entfernungsbestimmungen. Für den zurückgelesten Weg ist direkte genaue Messung selbstverständlich unanwendbar, Schrittzählung — (direkte oder mittelst des unbequemen, kostspieligen, leicht zerbrechlichen Hodometers oder Pedometers, welches am menschlichen oder thierischen Knie *) Barth erlitt einen solehen in der Dunkelheit einer Bergersteigung vor Somnen- aufgang an einem schon mit den Aufzeichnungen von drei Wochen gefüllten Büchelchen, wodurch seine ganze Reise von 1865 in der Mitte, gerade in einer durchaus neue For- schungsfelder eröffnenden Partie aufs störendste unterbrochen wurde, 41 Be ehracht wird), — nur ausnahmsweise, Mnzehk bei beschränkteren Plan- _ aufnahmen anwendbar, auch sonst kaum von einem der Mühe entsprechenden Nutzen; am allgemeinsten anwendbar ist das Zeitmaass, also die Uhr, nur mit den erforderlichen Correctionen der unausbleiblichen Abweichungen von - dem normalen Maasse: also jedesmalige Notirung der durch Beschaffenheit des Weges, Temperatur der Tageszeit, Ermüdung der Reitthiere oder andere zufällige Umstände bedingten Beschleunigung oder Verlangsamung der Gang- art, während der durchschnittliche Gangwerth des einzelnen Reitthieres zweck- mässig gelegentlich durch direkte Abmessung einer kurzen Strecke nach Zeit- und Schrittmaass festgestellt werden kann.*) Bei Notirung des zurück- gelegten Zeitmaasses verlasse man sich nie auf sein Gedächtniss, zeichne also nicht die Zeitdifferenz zwischen zwei Punkten der Route auf, sondern stets die absolute von der Uhr angegebene Zeit, natürlich mit sorgfältiger Noti- rung der nicht auf den Weg, sondern durch zufälligen Aufenthalt verbrauchten Zeit; durch dieses Verfahren werden Ergänzungen etwaiger Lücken und Berichtigungen von Fehlern der Aufzeichnung bis zu einem gewissen Grade sehr erleichtert. 5) Schätzungen der Entfernung von nicht direkt berührten und vom Wege aus mitunter nur an einzelnen Stellen sichtbaren Punkten können allerdings erst nach längerer Uebung einen einigermaassen befriedigenden Grad von Zuverlässigkeit erlangen, gewähren aber vielfach das einzige Mittel zu einer, wenn auch nur approximativen Fixirung mancher wichtigen Orts- lage auf der Karte, so dass sie unter keinen Umständen unterlassen werden sollten. Die wünschenswerthe Uebung lässt sich, ehe sie auf dem eigentlichen Arbeitsfelde erprobt wird, zweckmässig auf Reisen in Landschaften erwerben, von welchen genaue Karten existiren, durch welche der Beobachter über den Grad der Genauigkeit seiner wiederholten Schätzungsversuche sich selbst con- trolliren kann. 6) Richtungen sichtbarer Gegenstände in Beziehung zur Route in rohester empirischer Weise nach dem Augenmaasse anzugeben, genügt nur da, wo selbe der Natur des Gegenstandes entsprechend überhaupt nicht zu fixiren sind und häufig wechseln (z. B. Lauf von Flüssen oder Thälern) — aber wenigstens in Beziehung auf die betreffende Seite des Weges, ob rechts oder links, sollte man zuverlässige Angaben von einem nur halbwegs auf- merksamen Reisenden um so mehr erwarten, je unentbehrlicher solche (z. B für die Einsicht in den Zusammenhang des hydrographischen Netzes de ' Direktion jedes vom Wege chen Flusslaufes) für die Kartencon- struction sind und je grössere, mitunter unheilbare Verwirrung in dieser Be- _ — ziehung irrige Angaben verschulden. Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass selbst sonst geübte Beobachter gerade jene einfachsten Beziehungen, so wie ‚die der entsprechenden Himmelsgegenden (am leichtesten Ost und West, viel seltener begreiflicherweise Nord und Süd) häufig genug verwechseln: ein Wink, die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu verdoppeln und womöglich durch eine, wenn noch so roh gezeichnete Skizze, welche gerade en Umkehrungen der Richtung nicht unterworfen ist, der Wegebeschreibung zu - Hülfe zu köinmen. Je wichtiger zur Ableitung aller anderweitigen und ferner liegenden '*) Es ist auch zweckmässig, durch mehrfache Versuche das Verhältniss des Zeit- . aufwandes in verschiedenen Gangarten für ein und dasselbe Thier zu ermitteln, um bei er SE sen nicht ganz zu vermeidender Benutzung einer schnelleren Gangart den aassstab zur Ermittelung der Wegelänge nicht einzubüssen. 42 Kiepert. Localbestimmungen die möglichst genaue Fixirung der Route als Grundlinie ist, um so nothwendiger ist es, nicht blos den allgemeinen Verlauf derselben, sondern jeden Wechsel der Richtung im Detail, auf schwierigen Gebirgs- wegen mitunter von Minute zu Minute zu notiren, doch kann dies mit Ver- zicht auf jede extreme Genauigkeit mittelst eines Taschencompasses geschehen, indem selbst ein aus der Unvollkommenheit des Instrumentes, der Schwie- riekeit jedesmaligen völlig ruhigen Einspielens der Nadel (zumal bei der Beobachtung vom Sattel aus) und ‘der anfänglichen Ungeübtheit des Beob- achters entspringender Beobachtungsfehler von 5° auf die Detaileonstruction der Zeichnung mit Rücksicht den Reductionsmaassstab keinen a erheblichen Einfluss ausübt.*) Ein ähnlicher oder noch geringerer Grad von Annäherung an dee Direktion reicht aus, wo es sich um Notirung von Gegenständen (Ortschaften, Bergspitzen, Flussbiesungen u. dgl.) handelt, welche dem Wege so nahe liegen, dass sie überhaupt innerhalb des Gesichtsfeldes einen grösseren Platz einnehmen, so dass eigentlich der Horizontalbogen, den ihre Endpunkte ein- schliessen, zu notiren wäre, in den meisten Fällen aber die Beobachtung ihrer ungefähren Mitte genügen wird. Man lasse die Nadel auf die in der Boussole als wirklicher Nord nnd Süd bezeichneten Punkte einspielen, und lasse sich durch den sogenannten magnetischen Nord, welchen die in Deutsch- land fabrikmässig verfertigsten Compasse mit einer willkürlichen, nur für ein- zelne Linien auf der Erde (im Durchschnitt für das mittlere Deutschland) zutreffenden Annahme der Declination von 18° oder 20° westlich vom Nord- punkt anzeigen, nicht irre machen; man erhält auf diese Art natürlich Winkel, welche die Gesichtsobjecte mit dem nach Ort und Zeit veränder- lichen magnetischen Meridian bilden, die also bei der Kartenconstruction der Berichtigung unterworfen werden müssen. Für diese gewährt in der Nähe der Küsten die durch die nautischen ‚Aufnahmen von Zeit zu Zeit wieder- holte und auf den Seekarten mit Datum der Beobachtung angegebene Be- stimmung der Declination (auf den englischen Seekarten Variation genannt) ausreichende Hülfe. Bei Reisen, welche sich tiefer in das Innere eines Con- tinents erstrecken, ist es dagegen nöthig, von Zeit zu Zeit an geeigneten Plätzen längeren ruhigen Aufenthaltes durch wiederholte Vergleichung der Richtung der Nadel mit einer ermittelten Mittagslinie**) den Betrag der magnetischen Abweichung festzustellen. Hierzu ist nen ein durch Grösse und Hinrichtung einen höheren Grad von Genauigkeit der Beobachtung gewährendes a ee man bedient sich re einer Stativ-Boussole mit Dioptern, oder noch leichter des sog. Katerschen Compasses, eines Instrumentes, welches keine Aufstellung erfordert, sondern frei in der Hand gehalten mittelst Diop- tern auf dem die Magnetnadel enthaltenden beweglichen Oylinder die direkte Ablesung des Winkels mit der magnetischen Nordlinie, und zwar bei einiger Uebung in ruhiger Haltung des Instruments bis auf halbe Grade genau gestattet. Eine solche grössere Boussole ist es rathsam, zu Messungen an allen Ruhepunkten des Weges zu benutzen, wo sich eine weitere Aussicht über *%) Man versäume nie, nach gemachter Beobachtung durch die Arretirungs-Vor- richtung die Nadel wieder zum Stillstehen zu bringen, weil dieselbe durch das Hin- und Herschwanken während des Transports, resp. in der Tasche, an Empfindlichkeit verlieren würde. #*) Vg]. den Abschnitt „Geographische Ortsbestimmungen“ über Azimut 8. 37. Eh EASTERN « N Pe f “ N x RE, Topograph aa ische Beobachtung und Zeichnung. ‚den zurückgelegten*) oder bevorstehenden Weg oder überhaupt auf eine rössere Menge von Objecten eröffnet. Um sich gegen Irrungen in der Auf- zeichnung von Ziffern und Himmelsgegenden möglichst zu sichern, ist an solchen Aussichtspunkten nichts zweckmässiger, als die Notirung der Direk- tionen nicht blos mit Namen oder in Ermangelung der zuverlässigen Kunde des Namens, symbolischen Bezeichnungen, sondern auf einer, wenn auch noch so rohen, also selbst von des Zeichnens nur wenig kundigen Personen aus- führbaren Profilskizze des zu überschauenden Abschnittes oder unter Um- ständen des ganzen Horizontes. Können solche Profilansichten durch einen geübten Zeichner oder durch Photographie hergestellt werden, dann um so besser für das Ergebniss der Kartenconstruction; nur vergesse man nicht die Hinzufücung der durch die Magnetnadel angegebenen Direktionen der — Hauptobjeete, welche bei Anwendung der Photographie, insofern dieselbe die Detailmaasse an sich richtig wiedergiebt, auf sehr wenige, ungefähr den Endpunkten der einzelnen Profilstücke entsprechende beschränkt werden können. ’ # au . . ” fr - Statt der Boussole kann für feine Winkelmessungen, zumal solche, w > > . . a 7 . . Kr welche einen ganzen Horizont begreifen, mit noch grösserer Zuverlässigkeit ein Spiegelinstrument, wie der ungemein portative Douglas’sche Reflector angewendet werden, nur dass dasselbe natürlich nicht absolute Richtungen, _ mit Beziehung auf die Himmelsgegenden ergiebt, sondern die Winkel, welche die nach den einzelnen Sehobjeeten gezogenen Linien untereinander am Be- obachtungsplatze bilden. Das Instrument besteht bekanntlich aus einem Kreisbogen von 60 oder mehr Graden mit einem festen und einem verschieb- baren Radius, welcher von dem durch die Dioptern und eine auf dem Kreis- di bögen stehende, unten mit Spiegel bedeckte, oben durchsichtige Glasplatte = fixirten Objecte so weit geführt werden muss, bis ein zweites zu messendes Object, dessen Bild durch den zweiten - grösseren Spiegel zurückgeworfen _ wird, in jenem halben Spiegelchen das Bild des erstern Objectes direkt be- rührt. Sicherheitswegen ist sodann die Stellung des beweglichen Radius _ durch die Schraube am Kreisbogen zu fixiren (bei einiger Uebung und Vor- sicht ist selbst dies unnöthig), und kann sodann an dem auf Grade und mit- telst des Nonius auf Zehntelgrade eingetheilten Bogen, der dem gesuchten Centrumswinkel entsprechende Peripheriewinkel beim Nullpunkt der beweg- lichen Scala direkt abgelesen werden. Die Construction des Instruments bedingt, dass bei der Berührung der beiden Objecte das links befindliche im unbelegten Glase, das rechts befindliche im Spiegel darunter erscheint, dass also, wenn man von jenem ausgeht, das Instrument von links nach rechts bewegt wird, es ist aber eben so gut ausführbar und in vielen Fällen (zumal für den ungeübten Beobachter, weil das Spiegelbild weniger deutlich ist, als das direkte) sehr viel leichter, in umgekehrter Richtung zu verfahren, also zunächst bei geschlossenem Instrumente durch die Diopter den Gegenstand rechts in’s Auge zu fassen und ihn im Spiegel festzuhalten, während man das _ links gelegene Object erreicht ist. Ferner ist es überhaupt nicht nöthig, und *) Das von manchen Reisenden unbegreiflicherweise vernachlässigte Rückwärts- isiren kann nicht dringend genug empfohlen werden, da es durch Bekanntschaft mit en sichtbaren und bereits in der Nähe gesehenen Objecten eine grössere Sicherheit ihrt, als die vorwärts gerichteten Beobachtungen nach noch neuen ÖObjecten, für he mitunter sonst landeskundige Personen irrthümliche Namen angeben und da- h Verwirrung in den zu verarbeitenden Materialien bewirken. ER 44 ; Kiepert. bei unter einander ähnlichen und daher einer möglichen Verwechselung unterworfenen Gegenständen nicht einmal zweckmässig, die Winkel einer längeren Reihe von Objecten einzeln zu messen (also von a nach b, bnach e nach d, d nach e, e nach f), sondern, vorausgesetzt dass f ein auffallender, leicht erkennbarer Gegenstand sei, besser die Bogenstücke af,bf, ef, df, ef; man theile seinen Horizont in mehrere durch hervortretende Objecte begrenzte Abschnitte (das Instrument gestattet ein Maximum von 120°), messe diese im Ganzen, dann innerhalb derselben die einzelnen Winkel, und überzeuge sich sofort durch Addition der einzelnen Beträge, dass kein Fehler im Ab- lesen und Notiren. stattgefunden habe. Man beachte ferner, dass die Rich- tigkeit der Messung von der horizontalen Haltung des Instruments abhängt, dass es daher unmöglich ist, einen im Gesichtsfelde höher erscheinenden Gegenstand im Spiegelbilde unterhalb der Visirungslinie eines niedriger. erscheinenden zu bringen; man wird also zweckmässig die zur Haupteinthei- lung des Horizonts geeigneten Objecte unter den tiefer gelegenen zu wählen haben. — Eine direkte Verbindung der mittelst des Reflectors gemessenen Richtungen mit den wirklichen Himmelsgesenden (also mit der wahren, nicht magnetischen Nordlinie) ermöglicht sich unter günstigen Umständen an Stellen, welche in der Richtung der auf- oder untergehenden Sonne einen ganz freien oder dem wirklichen nahezu entsprechenden Horizont gewähren, indem man im Moment der Berührung des Sonnendurchmessers mit dem Horizonte die Distanz zwischen dem linken oder rechten Sonnenrande und einem der gemessenen oder zu messenden Objecte bestimmt; der linke Sonnenrand wird sich hierzu besser eignen, da er dann im Spiegel, jedenfalls deutlich genug, erblickt wird, während andernfalls das Spiegelbild eines. dunklen Objectes mit der direkten Visirung des rechten Sonnenrandes in Berührung gebracht, durch denselben für das Auge allzuleicht unkenntlich gemacht wird. Hauptsache ist bei diesem Verfahren natürlich richtige Auf- zeichnung des Datums (sollte eigentlich keiner Erinnerung bedürfen und ist doch mitunter bei wichtigen Beobachtungen versäumt worden), und wenigstens approximative Kenntniss der astronomischen Breite, aus welchen beiden Mo- menten die absolute Stellung der Sonne im Augenblick der Beobachtung, und somit die wahre Orientirung zu berechnen ist. Durch das bisher angegebene Verfahren werden immer nur die geome- trischen Grundlagen der Kartenzeichnung: Positionen und Routenlinien, ge- wonnen: es erübrigt noch die Ausfüllung der Räume zu einem vollständigen Bilde durch Eintragung der von der Route aus sichtbaren Formen der Erd- oberfläche und des Wassers. Das einzige, was der des Zeichnens absolut Unkundige in dieser Beziehung leisten kann: blosse Beschreibung mit Worten, kostet bei einiger Ausführlichkeit und Anschaulichkeit unverhältnissmässig viel Zeitaufwand, kann mithin meist nicht überall an Ort und Stelle, sondern oft erst bei einem Ruhepunkte aus noch frischer Erinnerung aufgezeichnet werden und ersetzt doch nicht entfernt selbst die flüchtigst hingeworfene, im Angesichte der betreffenden Objecte aufgefasste Zeichenskizze.*) Wenn bei Gewinnung des Materials zur Kartenzeichnung aus Reiseberichten des *) Mangel an charakteristischer Detaillirung der Terrainformen ist daher ein sehr begreiflicher Fehler an manchen Karten, die gleichwolil durch die Genauigkeit der darin zuerst niedergelegten Positionen sich auszeichneten, z. B. derjenigen, welche Verfasser dieses zweimal (1840 und 1852) nach den Reisetagebüchern und sehr zahlreichen und genauen, aber durch keinerlei Skizze unterstützten Messungen der bekannten amerika- nischen Palaestinaforscher Robinson und Smith ausgearbeitet hat. Topographische Beobachtung und Zeichnung. 45 vorigen, und selbst der ersten Decennien des laufenden Jahrhunderts der Geograph sich regelmässig mit solchen, oft sehr unbestimmten Beschreibungen begnügen, ja oft selbst Angabe der Marschdirektion, zuweilen sogar genaue Distanzen entbehren musste, also selbstverständlich nur sehr unvollkommene Karten liefern konnte, so sind eben gegenwärtig, entsprechend dem auf diesem Felde bethätigten Wetteifer tüchtiger, auch nicht militärischer Arbeits- kräfte, die Ansprüche an Genauigkeit und Schärfe des Ausdrucks derart ge- “ stiegen, dass sie nur durch Zeichnungen, die an Ort und Stelle aufgenommen, ein einigermaassen treues Abbild der Naturformen gewähren, befriedigt wer- den können. Ohne das topographische Zeichnen, wenigstens in seinen Anfangsgründen, schulmässig erlernt zu haben, wird es der Reisende kaum zu der gewünschten Fertigkeit im naturgetreuen Croquiren bringen: in jün- gern Jahren ist deshalb jedenfalls die längere Ausübung dieser Kunst als vorbereitendes Studium für Reisen zu empfehlen. Aber auch wer ohne das- selbe planmässig getrieben zu haben, nur eine sichere Hand hat und den Bleistift zu führen versteht, wird mit einiger Uebung, 'wozu kleinere Reisen im Vaterlande leicht Gelegenheit bieten, wenigstens dahin gelangen, das für die Kartenzeichnung nothwendigste mit einiger Sicherheit symbolisch auszu- drücken, wobei ihm die folgenden Winke nützlich werden können — denn eine eigentliche vollständige Anleitung kann nicht füglich mit Worten, son- dern besser durch einen Sachverständigen mittelst mündlichen Unterrichts und thatsächlichen Beispiels gegeben werden. SA hr 4 gi B., "E F; Man verzichte auf jeden Versuch, ein den wirklichen Distanzen der sichtbaren Objecte entsprechendes verkleinertes Bild sofort aufzuzeichnen oder man mache einen solchen Versuch, wo die Gelegenheit einer panoramatischen Uebersicht von höherem Standpunkte aus ihn zu empfehlen scheint, doch nur selbständig neben der Routenzeichnung, nicht in Verbindung damit: die Er- fahrung wird sehr bald zeigen, dass viele anfangs zu nahe geschätzte und innerhalb des nächsten Gesichtsfeldes verzeichnete Objecte weit über den Rand des Blattes, auf welchem man zugleich die den Standpunkt umgebenden Details skizzirt, hinausgerückt werden müssen. Man lasse bei einer solchen panoramatischen Skizze nicht im Unklaren, von welchem Punkte der Zeich- nung aus die angedeuteten Positionen entfernterer Objeete also erscheinen, und füge die gemessenen Direktionen sogleich bei. Man versuche ebensowenig die traditionelle Stellung der sog. Himmels- gegenden (also, nach europäischem Gebrauch, Norden oben) in der ersten Skizze beizubehalten: da die wirklich gemessenen Richtungen beigeschrieben werden, ist für das Skizzenblatt die Orientirung völlig indifferent. Man zeichne also in der Richtung, wie man sich auf dem eingeschlagenen Wege ı bewegt, d. h. vom untern Blattrande an, wo man den Zeitmoment des Auf- bruchs notirt hat, vor sich hin, möglichst in der Mitte des Blattes, soweit nicht Biegungen der Wegerichtung eine Veränderung der Linie bedingen. Auf ein gewisses Stück voraus lässt sich meistens der bevorstehende Weg übersehen und danach die Zeichnung einrichten; man hat natürlich diese Direktion mittelst des Compasses beobachtet und notirt und versäumt nicht, am letzten Punkte des Weges, von wo der Ausgangspunkt noch sichtbar ist, zurückzuvisiren und dieses, natürlich sichrere Ergebniss neben dem ersten Ki: nes winkel zu Bauten, Ei ge kleinsten .. von Minute mung der Wegelini bemerklich N nur vermäids man, die Biegungen, die sem Auge in der betreffenden Verkürzung der Horizontallinie stets viel 27. An a She 46 Kiepert. stärker erscheinen, als sie wirklich sind, allzustark auszudrücken. Allgemeine Visirungen längerer Wegstrecken mit Ausschluss der Krümmungen, wo sie ausführbar sind, werden das nöthige ÜOorgectiv daztı liefern. Auch dient oft der wechselnde Ausblick in der jedesmaligen wechselnden Wegrichtung auf schon früher sichtbar gewesene und daher mit dem Compass gemessene ent- fernte Objecte (z. B. Bergspitzen) als Norm für die Verzeichnung. Bei jeder Biegung, welche die gerade Wegelinie unterbricht, sowie bei jedem sonst am Wege verzeichneten Object notirt man natürlich die absolute Zeit; wo ein Aufenthalt, selbst ein sehr geringfüsiger, entsteht, Zeit der Ankunft und des Weitermarsches; diese Art von Controle der Details der Route ist durchaus nöthig und nicht oder doch nur, wo es sich um Minima handelt, zu ersetzen durch den Maassstab der Routenzeichnung selbst, welchen man, wenn auch im allgemeinen den wirklichen Distanzen entsprechend, doch keineswegs überall genau festhalten kann, sondern häufig bei wachsendem Detail stark zu erweitern genöthigt ist. Ferner vergesse man nicht, von Zeit zu Zeit den Blick rückwärts längs des zurückgelegten Weges zu richten, und wo die Ansicht eine Abweichung von der soeben verzeichneten Form zu bedingen scheint, dieselbe gleichfalls (am besten, da Correcturversuche oft zur Undeut- liehkeit führen, selbständig neben dem schon entworfenen) aufzuzeichnen. _ ‘Wenn eine unvorhergesehene und weiterdauernde Veränderung der Wegerich- tung vor Anfüllung des Blattes die Zeichnung der Route an den Seitenrand führt und darüber hinaus führen würde, biege man nicht willkürlich die an- genommene normale Direktion um, — welches, auch wenn die neue Richtung selbstverständlich nach der Compassdirektion beigeschrieben wird, einen stö- renden Einfluss auf die richtige Stellung der zur Seite der Route liegenden Objecte üben und dadurch später Missverständnisse, resp. Fehler in der de- finitiven Verzeichnung bewirken würde, sondern gehe sogleich auf ein neues Blatt über; ebenso thue man, sobald man in der bisherigen Verzeichnung einen Irrthum entdeckt, unter thunlichster Berichtigung des, falsch gezeich- neten auf dem neuen Blatte. In jedem Falle, auch wo das neue Blatt nach vollständiger Anfüllung des vorangehenden begonnen wird, bezeichne man deutlich, d.h. mit Zeitdatum, den auf beiden Blättern identischen Punkt der Route. Folgt der Weg zeitweise einem fliessenden Wasser und ist dasselbe nicht, wie in absolut flacher Gegend häufig, durch Bäume u. del. ganz verdeckt, so wird es nicht schwierig sein, die Biegungen des Wasserlaufes nach dem Ausenmaasse, höchstens bei grösseren Abweichungen mit Zuhülfenahme des Compasses (indem z. B. ein an einer entfernteren Ausbiegung liegendes Ob- ject: Haus, Felsen, auffallender Baum oder dgl. von zwei oder mehreren Punkten der Route aus visirt wird) auf dem Papiere zu entwerfen. Auch bei kleineren, vom Wege aus ganz zu übersehenden Landseen wird es lohnen, . diejenige Dimension, welche sich nicht aus der Wegelinie ergiebt (also z. B. die Breite, im Fall der Weg der einen Langseite des Sees folgt) durch mehrfache Visirung irgend eines an der Gegenseite befindlichen auffallenden Objectes genauer, als durch blosse Schätzung zu ermitteln. Wasserläufe hin- gegen, welche der Weg schneidet, sind in flacheren Gegenden selten (mit- unter durch die daran wachsenden Bäume) auf weitere Strecken in ihrer Direktion — die dann durch den Compass festzustellen ist — zu übersehen ; man besnügt sich also dann mit der Andeutung der localen Schneidung und der durch einen Pfeil angedeuteten Richtung des Wassers, wofern dieselbe sonst zweifelhaft bleiben konnte. Ob wirklich fliessendes Wasser in der Thalrinne vorgefunden oder nur das periodische Vorhandensein eines solchen vorauszusetzen, wie in heissen und trocknen Ländern die Regel ist, wird x N ie Breite! Did Tiefe desselben erwünscht ist. Die Auffassung und Wiedergabe des speciell sogenannten Terrains, d.h. © der Formen der Bedoberdste in Anhöhen und Mhälern, sanften oder stei- leren Abhängen und schroffen felsigen Abstürzen, isolirten oder zusammen- gereihten Gipfeln, Spitzen, Rücken u. s. w. — also der wesentlichste und für den Ungeübten schwierigste Theil der Kartenzeichnung — entzieht sich _ hegreiflicherweise am meisten dem Versuche blosser km llalake Belehrung: N einige Fertigkeit darin kann vielmehr durch gute Beispiele, namentlich aber Prch fortgesetzte Uebung in zeichnender Reproduetion des gesehenen er- : . worben werden. Die grösste Schwierigkeit macht dem u kun die Noth- — wendiekeit der Uebersetzung der nur im Profil und zwar einem während der | Route beständig wechselnden Profil sichtbarer Verticalform in die vom Verstande zu combinirende Horizontalform: die für das Auge stattfindende allmählige Verschiebung der Objecte, der Unterschied, den dieselben Objecte im Profile hinwärts oder rückwärts gesehen dem Auge bieten, nöthigt häufig zur Modification und Üorrectur a ea zur eilkrnedinien denn ‘ Aufzeichnung) der beim ersten Anblick für richtig hohe an Formen. Eine wichtige Hülfe für die definitive Reinzeichnung gewähren dabei möglichst oft an passenden Standpunkten wiederholte, nur in den einfachsten Oontouren gehaltene, aber nur in den Formen und dem Verhältniss der Höhe zur Länge Bun treue Profilskizzen, wie sie sich in wenigen Minuten herstellen lassen. (Die Notirung des genauen Standpunktes, ev. Zeitpunktes, innerhalb der Route - natürlich nie zu vergessen.) Es macht sich bei solchen öfteren Wieder- — holungen der Verzeichnung ein und derselben Objecte (vorausgesetzt, dass, - wie mehrentheils der Fall sein wird, keine Specialnamen für dieselben bekannt _ sind) zur Vermeidung von Missverständnissen die Nothwendiekeit einer be- > stimmten Bezeichnung, am besten durch willkürliche Buchstaben geltend (also z. B. Bergspitze a, Felsen 5, Steilabfall c, Passeinschnitt d u. dgl.), die man ebenso _auch bei der Notirung der Compassvisirungen anwenden wird. Hinsichtlich der speciellen Bezeichnung der Formen wird sich der im, a Zeichnen noch weniger geübte durch Beifügung kurzer descriptiver Notizen zu helfen wissen (z. B. spitz, rund, flach, steil, felsig u. del.), auch Angabe der Gesteinsart liefert, insofern z, B. Sandstein- oder Kalkfelsen, granitische oder basaltische Ehen en überall dieselben typischen Formen reprodu- . . eiren, ein schätzbares Hülfsmittel für charakteristische Ausführung der Rein- zeichnung. Eine wesentliche Hülfe zu genauerer er bieten _ endlich relative Höhenbestimmungen, sowohl in unmittelbarem Bereich - der Route (also z. B. Tiefe eines: zu durchschneidenden Thales verglichen _ mit den plateauartigen Thalrändern, Höhe eines Bergpasses oder Gipfels über den nächstgelegenen Thälern), wofür das so leicht zu handhabende und zu für die seitwärts der Route bleibenden Höhen, für welche nur approximative Schätzungen möglich sind, die jedoch immer an Ort und Stelle ausgeführt, zumal nach einiger durch aufmerksame Vergleichung der Barometer- messungen erworbener Uebung, immer viel werthvoller sind, als die blosse jätere Erinnerung und als der unbestimmte Spielraum der gezeichneten er die daher nie unterlassen werden sollten. Was die Croquirung während der Route selbst betrifft, so bleibt na- türlich Ausführung in irgendwie schraffirter Manier ausser we erforderlich nur Bezeichnung der Lage und des Zusammenhanges der Terraingestal- transportirende Aneroidbarometer ausreichende Genauigkeit gewährt, als auch \ N 48 Kiepert: Topographische Beobachtung und Zeichnung. tungen durch Horizontalcontouren von einem, den wirklichen Formen ent- sprechenden stärkeren oder leichteren Ausdruck, Geeigneter als der zum Aufzeichnen von Linien, Namen und Zahlen zu benutzende, also der Deut- lichkeit und Dauer der Züge wegen in ziemlichem Härteerad (Faber No. 4 besser als 3) zu wählende Bleistift, ist zu jenem Zwecke der farbige Kreide- stift, indem er auf festem Papier mühelos genügende Leichtiekeit und Stärke des Tones hergiebt und durch die Farbe (für die erste Skizze gleichviel welche) Verwechselung der Terraincurven mit anderen Linien ausschliesst. Der Schwierigkeit gleichzeitiger Führung zweier Stifte ist leicht abzuhelfen, freilich kann man sie nicht beide in der ohnehin vielfach anders beschäf- tigten rechten Hand, auch nicht bequem und ohne häufigeren Verlusten aus- gesetzt zu sein, in der Tasche führen. Verfasser hat es bequem gefunden, nur kurze Bleistift- und Kreidestift-Enden auf dem Pferde zu gebrauchen, welche mittelst eines um ‚das eingekerbte untere Ende gebundenen Fadens an einem Westenknopf befestigt frei herabhängen (längere Stifte würden auf diese Weise begreiflich sehr stören und leicht verloren gehen), so dass man beide in jedem Augenblick im Handgriff hat. Je weniger nun während der Route selbst ein die entsprechenden Ent- fernungen und Richtungen auch nur annähernd festhaltendes Aufzeichnen _ möglich ist, desto nöthiger ist es, die Herstellung einer die ersten rohen Skizzen schon in geordneter und berichtister Form zusammenfassenden Zeich- nung nicht länger als unumgänglich nöthig, also bis zur nächsten Mittags- oder Abendrast, zu verschieben und mit noch frischer Erinnerung des ge- sehenen vorzunehmen. Die nothwendigsten Instrumente zum Auftragen der Distanzen und Winkel sind dann zur Hand; statt des Zirkels dient ebenso gut ein auf einem Streifen festen Oartonpapiers aufgetragener Maassstab, statt des metallenen Transporteurs ein halbkreisförmiger Ausschnitt von Cartonpapier mit Gradeintheilung. Allerdings ist es bei dieser Arbeit noch nicht möglich, aber auch nicht erforderlich, sofort alle gemachten Messungen zu verwerthen; die auf entferntere Punkte gerichteten Winkelmessungen, welche in ihrem Zusammenhange unter Umständen die werthvollste Grundlage der Construction bilden können, werden gewöhnlich erst bei der schliesslichen Ausarbeitung zur Verwendung kommen. Nur erachte man die zunächst in Verarbeitung genommenen Details der Messungen durch diese vorläufige Construction nicht für überflüssig gemacht, sondern trage Zeitmaasse und Oompassrichtungen (resp. mit dem Reflector gemessene Winkel) auch in die Reinschrift ein, und zwar zweckmässiger Weise mit leicht zu unterscheidender farbiger Bezeich- aung, also z. B. Wege, Wasserläufe, Ortszeichen, Distanzziffern mit schwarzer, Richtungen mit den zugehörigen Ziffern mit rother Tinte. In dieser Gestalt wird die Skizze, falls der Autor sich die eigenhändige Ausarbeitung der Kartenzeichnung nicht zutraut, auch einer andern Person verständlich und verwendbar sein. Um die Bleistift- und Kreidestiftzeichnungen (namentlich auch Profil- skizzen) gegen Verwischen beim Transport zu schützen, kann män sie zweck- mässig mittelst eines Tuschpinsels mit Kaffee überstreichen, indem der darin aufgelöste Zucker als Fixirungsmittel wirkt. Um das hier gesagte einigermaassen, soweit es ohne mündliche Erläu- terung und sachliche Demonstration möglich ist, zu veranschaulichen, füge ich die Copie eines Skizzenblattes aus meiner palästinensischen Reise von 1870 bei. | iM u drei en Ber ale) un 7Deg5 entworfen. Hl. Kiepert. Oran. es-Sakan an den Strasse nach Jericho 2 Lith. Anstv.Leopold Kraatz in Berlin, Anweisung zur Beobachtung allgemeiner Phänomene am Himmel mit freiem Auge oder mittelst solcher Instrumente, wie sie dem Reisenden zur Verfügung stehen. - Von E. Weiss. n Kr, ! Es giebt in der San eine Reihe von Erscheinungen, zu derem u Bi mente, noch tiefe eh. und astronomische Kenntnisse, sondern nur = ein gesundes, scharfes Auge und ein gewisses Beobachtungstalent erforderlich _ sind. Und gerade in dieser Gattung von Beobachtungen kann ein Reisender RM der Wissenschaft viele und le Dienste leisten, besonders dann, wenn ‚ ur: ihn seine Reise in Gegenden ae, welche ein an von Fach nicht so h leicht Gelegenheit hat zu betreten, in denen aber das eine oder andere Phä- & Kon nomen in besonderer Einfachheit oder Schönheit auftritt. Sk ” Ein allgemeines Erforderniss für alle diesbezüglichen Beobachtungen ist eine übersichtliche Kenntniss der vorzüglichsten Sternbilder und ihrer Haupt- sterne. Diese Kenntniss ist übrigens leichter zu erwerben als man gewöhnlich B- glaubt, wenn man die schon bekannten Sterne mit einzelnen anderen zu ver- schieden geformten Drei- oder Vierecken verbindet und sodann ı versucht, . diese Figuren auf einer nicht mit allzuviel’ Detail überladenen Himmelskarte _ wiederzufinden. (Methode der Alignements.) Hat man auf. diese Art die helleren Sterne kennen gelernt, so führt öfterer Gebrauch das Erkennen der gegen welche man die Lage jener leicht im Gedächtnisse behalten kann. e Perhar ist es wichtig, das Auge vor öfterem, raschem Lichtwechsel , öglichst zu schützen, wenn man seine ern für schwache Licht- indrücke, oder geringe Lichtabstufungen nicht mE ups abstumpfen en latt RE nach jeder Zeile umbiest. Noch besser ii es, das Papier in einen Rahmen von Pappendeckel zu legen ‚ dessen Deckel bis auf einzeme > reifen ausgeschnitten ist, welche die "Linien markiren, zwischen die man 8 schreiben hat. Sobald jedoch das Auge ermüdet ist oder durch helles it eblendet wurde, soll man es vor dem Beginne einer neuen Beob- ine Zeit lang ruhen lassen (indem man, wenigstens durch einige Dunklen verweilt), bis es seine Empfindlichkeit Aueder gewonnen 2 er} unse auf Reisen. | ' 4 . y BA, 50 Weiss. [ = hat. Ebenso soll während der Beobachtung kein fremdes Licht störend ein- wirken: denn man kann auch dann, wenn das Auge nicht unmittelbar von dem fremden Lichteindrucke getroffen wird, in der Regel keine zuverlässigen Beobachtungen anstellen. Man vermeide es daber, zwischen hell erleuch- teten Häusern, oder geblendet von dem Glanze der Strassenlaternen zu beobachten, und versäume, wenn es einmal geschehen, ja nie, dies anzumerken. Ueberhaupt kann die sorgfältige Notirung aller, eine Beobachtung beein- trächtigenden Umstände nicht genug empfohlen werden, damit man später unsicheren Beobachtungen nicht mehr Zutrauen schenke, als sie verdienen. Endlich sei noch erwähnt, dass, so schätzbar auch eine jede sorgfältige und detaillirte Beschreibung eines einzelnen besonders ausgezeichneten Auf- tretens irgend eines Phänomenes ist, doch im Allgemeinen eine längere Zeit hindurch fortgesetzte, consequente Beobachtungsreihe desselben einen bei weitem grösseren Werth besitzt. Ehe wir nach diesen einleitenden Worten zur Besprechung der wich- tigeren hierher gehörigen Erscheinungen übergehen, sei noch die Bemerkung vorausgeschickt, dass der Kreis von Beobachtungen, deren Ausführung dem Reisenden eine lohnende Ernte verspricht, sich allmählig verengt. So sind uns beispielsweise manche Kometen früherer Jahrhunderte, welche nur auf der südlichen Halbkugel sichtbar waren, blos durch Berichte von Reisenden bekannt geworden: ebenso blieb die Beschreibung des spanischen Seefahrers Ulloa von der Sonnenfinsterniss am 24. Juni 1778 lange Zeit hindurch eine der wichtigsten Quellen unserer Kenntniss der Lichterscheinungen, welche sich um die total verfinsterte Sonne zeigen. Allein heutzutage, wo auf der südliehen Halbkugel bereits mehrere Sternwarten thätig sind, wird ein Rei- sender wohl nicht so leicht in die Lage kommen, einen Kometen zu beob- achten, der nicht auch auf diesen Sternwarten, und zwar mit besseren Hülfs- mitteln als ihm zu Gebote stehen, beobachtet würde, Nicht minder hat die Erleichterung des Verkehrs mit fernen Welttheilen zur Folge, dass jetzt zur Beobachtung jedes wichtigeren, selten sich ereigsnenden Phänomenes wohl- ausgerüstete Expeditionen an alle jene Punkte gesendet werden, welche für dessen Sichtbarkeit besonders eünstig liegen. Es werden daher Fälle, wo ein Reisender in diesen und ähnlichen Beobachtungen etwas Erspriessliches leisten kann, nur noch ganz ausnahmsweise vorkommen, und es sind überdies die Beobachtungen, deren Anstellung ihm bei solehen Gelegenheiten empfohlen werden könnte, je nach den Hülfsmitteln, die ihm zu Gebote stehen, so ver- schieden, dass wir es für’s Beste halten, derartige Phänomene hier nicht weiter zu berücksichtigen. Zodiakallicht. Unter dem Namen Zodiakal- oder Thierkreislicht versteht man gewöhnlich jenen mattleuchtenden, der Milchstrasse ähnlichen Lichtschimmer, der beim Schlusse der Abenddämmerung am westlichen, und kurz vor dem Einbrechen der Morgendämmerung am östlichen Himmel in Gestalt einer Pyramide sichtbar wird, die mit der Basis auf dem Horizonte ruht und sich nahezu längs der Ekliptik fortzieht. Das Zodiakallicht besteht also dem Anscheine nach aus einer elliptischen Lichtwolke, deren Längsachse beinahe in die Ekliptik fällt, und in deren Mittelpunkt die Sonne sich befindet. Dies ist jedoch nicht das ganze Phä- nomen, sondern nur sein sichtbarster und am leichtesten zu beobachtender Theil. Unter günstigen Umständen zeigt sich nämlich in der Ekliptik noch ‘baren Dimensionen und viel blasserem Fichte, dessen ea Partie dem Sonnenorte gerade gegenüberliest. Ein geübtes und scharfes Auge bemerkt aber überdies zuweilen noch eine äusserst zarte Lichtbrücke, welche den letztgenannten, von Brorsen mit dem Namen Gegenschein belegten Licht- schimmer mit dem Hauptscheine verbindet. Das Zodiakallicht bildet daher in seiner Gesammtheit eine grosse Lichtzone, welche sich über den ganzen Thierkreis ausdehnt, und zwei Intensitätsmaxima besitzt, von denen das eine mit dem Orte der Sonne zusammenfällt, und das andere, viel weniger aus- _ geprägte, demselben diametral gegenüberliegt, während die beiden Minima ungefähr 130° von der Sonne abstehen dürften. Das Zodiakallicht im engeren Sinne des Wortes (d. h. jene Licht- pyramiden, welche des Abends im Westen und des Morgens im Osten schief am Horizonte aufsteigen) ist wenigstens in unseren Breiten nicht zu allen Jahreszeiten gleich gut sichtbar, da es vermöge seines Verlaufes längs der Ekliptik zu Zeiten so tief am Himmel zu liegen kommt, dass es sich in den Dünsten des Horizontes sehr leicht der Wahrnehmung entzieht. Dies ist namentlich in den Sommermonaten der Fall, wo überdies auch die langen Dämmerungen seine Sichtbarkeit bedeutend grschweren. Eher schon kann man das Zodiakallicht im Winter erblicken, und zwar sowohl den östlich als auch den westlich von der- Sonne gelegenen Lichtkegel: den ersteren des Abends im Schützen und Steinbock, und den letzteren des Morgens im Skorpion. Am besten jedoch ist das Zodiakallicht am Abendhimmel im Februar und März sichtbar, wo Ekliptik und Horizont sich unter einem Winkel von 60 und mehr Graden durchschneiden, und nebstbei die kurzen Abenddämmerungen seiner Sichtbarkeit sehr zu Statten kommen. In diesen Monaten steigt es als eine nach links geneigte Lichtpyramide steil am Hori- zonte empor, durchzieht das Band der Fische, den Kopf des Walfisches und den Widder, und reicht mit der äussersten Spitze ungefähr bis zu den Hyaden und Plejaden. Dabei übertrifft das Licht desselben bei reiner durch- sichtiger Luft in seinem dichtesten Theile zuweilen die hellsten Partieen der Milchstrasse an Glanz, und ist sogar mitunter im Stande, einen schwachen Reflex auf der Oberfläche eines ruhigen Wassers zu erzeugen. Des Morgens macht die Ekliptik um diese Jahreszeit nur einen Winkel von etwa 20° mit dem Horizonte, weshalb die westliche Pyramide des Zodiakallichtes am Mor- genhimmel nur sehr schwer oder gar nicht sichtbar wird. Im Oktober hin- gegen ist gerade diese im Löwen und Krebs sehr bemerkbar und erstreckt sich bis in die Zwillinge, während jetzt umgekehrt die östliche Pyramide des Abends so niedrig am Horizonte sich hinzieht, dass sie kaum zu Ge- sichte kommt. In den mittleren Breiten der südlichen Halbkugel verhält sich die Sache. sehr ähnlich, nur dass hier das Zodiakallicht am besten des Abends im Ok- tober, des Morgens im Februar und März und gleichzeitig am Morgen- nnd Abendhimmel während unseres Sommers gesehen wird. In den Tropen- _ ländern hingegen, wo die Ekliptik den Horizont stets unter einem sehr be- trächtlichen Winkel durchschneidet, und wo die kurzen Dämmerungen und die im Allgemeinen weit grössere Pnnehziähtialkert der Luft die Sechcharleaik der dem Horizonte nen, hellsten Partieen des Zodiakallichtes sehr begün- igen, zeigt es sich das ganze Jahr hindurch in seiner vollen Pracht, und ann bei einiger Aufmerksamkeit zu jeder Zeit, sowohl am Abend- als auch Ei Die Ausdehnung der Pyramide des Thierkreislichtes längs der Ekliptik HR 52 Weiss. und ihre Breite längs des Horizontes ist schwierig anzugeben, da ihre Säume nicht scharf begrenzt sind, sondern allmählig in den dunklen Hintergrund ühergehen. Bei der Basis tritt überdies noch der Umstand hinzu, dass sie in der Regel nicht ganz bis zum Horizonte verfolgt werden kann, sondern sich bereits einige Grade darüber in den dichten Dunstschichten unserer At- mosphäre verliert. Es ist daher sehr begreiflich, dass die Dimensionen des Ziodiakallichtes, je nach seiner mehr oder minder günstigen Lage gegen den Horizont, der geringeren oder grösseren Durchsichtigkeit der Luft und der Schärfe des beobachtenden Auges sehr verschieden geschätzt werden, ohne dass man, wie es schon mehrfach geschehen ist, daraus allein auf Verände- rungen im Lichte selbst zu schliessen berechtigt wäre. Die Breite \der Basis variirt zwischen 10° und 30°, während die meistentheils etwas abgerundete Spitze zur Zeit ihrer besten Sichtbarkeit im Durchschnitte 50° bis 70°, zuweilen aber auch noch viel weiter, von der Sonne absteht. Das Zodiakallicht lässt das Licht der Sterne, wie es scheint, ohne merk- liche Brechung, und nach J. F. Schmidt, wenigstens in seinen hoch über dem Horizonte liegenden Theilen, auch ohne merkliche Schwächung hindurch- gehen, indem darin die Sterne 6. Grösse noch ohne Mühe erkannt werden können. Tiefer im helleren Glanze, näher an der Basıs des Zodiakallichtes wird es allerdings schwierig, die kleinen Sterne zu sehen, wobei aber die ohnehin starke Extincetion des Lichtes in Höhen von weniger als 15° bis 20° zu berücksichtigen ist. Sind die hellen Planeten Jupiter und Venus dem Aodiakallichte nahe, so überglänzen sie seine matten Säume derart, dass sie eine genaue Beobachtung derselben zuweilen wochenlang unmöglich machen. Dass dies vom Monde in noch weit höherem Grade gelte, versteht sich von selbst: übrigens entzieht er, so lange er über dem Horizonte steht, das Zodiakallicht ganz unseren Blicken, sobald ‚sein Alter vier Tage über- schreitet. Das Zodiakallicht zeigt nach den Untersuchungen von Liais keine Po- larisation. Seine Farbe ist gewöhnlich gelblich, wurde aber schon in allen Nuancen von milchweiss und weissgrau über celb bis röthlich gesehen. Doch scheinen diese Verschiedenheiten ebenso wie die öfters erwähnten Pulsationen und Zuckungen im Innern der Lichtkesel lediglich durch Zustände unserer Atmosphäre bedingt zu sein. In neuerer Zeit wurde das Zodiakallicht mehrmals spektralanalytisch untersucht, und dabei das merkwürdiee Resultat festgestellt, dass sem Spektrum aus einer hellen grünen mit der intensivsten Nordlichtlinie (Wel- lenlänge 5571) vollkommen coincidirenden Lichtlinie, und aus einem schwachen continuirlichen Spektrum besteht, welches nach der rothen Seite hin, kurz vor der eben genannten hellen Linie, scharf abgeschnitten ist. Der zweite Haupttheil des Phänomenes, der sogenannte Gegenschein, ist am leichtesten im März, April und Anfang Mai wahrzunehmen, wo sein Centrum in den Sternbildern des Löwen und der Jungfrau sich befindet. Schwieriger schon wird seine Beobachtung zur Zeit des Herbstägquinoktiums während der Monate September und Oktober, wo er die Sternbilder des Wassermannes und der Fische durchwandert. In den anderen Monaten ist er theils wegen seiner tiefen Stellung, theils wegen seiner Lage in den Ver- ästelungen der Milchstrasse kaum mit Sicherheit aufzufinden. Doch kann man im Ganzen genommen den Gegenschein auch in unseren Breiten als eine, nicht ungewöhnliche Erscheinung betrachten, obwohl die Sichtbarkeit, und namentlich die scheinbare Ausdehnung desselben seiner Lichtschwäche wegen von den atmosphärischen Zuständen noch in weit höherem Maasse affıcirt RN N Aha bei den früher besprochenen de des Zodiakal- i DR der Fall ist. Allein zur Erkenntniss der Lichtbrücke, welche den Gegenschein mit den Hauptpyramiden des Zodiakallichtes verbindet, gehört in unserer Breiten (und wahrscheinlich ebenso auch in den gleichen Breiten der südlichen Halbkugel) ein vorzügliches Auge und eine ungewöhnliche Reinheit der Luft. Hingegen muss die Lichtbrücke in den Tropenländern wenigstens an gewissen Orten immerhin eine ziemlich auffällige Erscheinung sein, indem z. B. Jones vom Zodiakallichte, wie es sich auf dem Hochplateau von Quito zeigt, folgende Schilderung entwirft: ; „L see höre every night and all through the nicht, a luminous arch, from east to west, quite across the sky. This arch, 200 a is visible at all hours, when the sky is clear, but is brightest and most le, when the ecliptie is vertical, at which times it tooks almost like another Milky Way. It is very evidently the Zodiacal Light. This luminous arch, I know, is not a new discovery, for Baron Humboldt saw it in the seas of Mexico, and Professor Brorsen has noticed it more fully in Germany. I also had glimpses .of it in my late cruise in the Eastern seas. Here however, it is developed with a remarkable degree of distinctness....“ Bi Das Zodiakallicht wird sonderbarerweise von den Schriftstellern des Alterthums nirgends erwähnt, oder mindestens nirgends so bestimmt be- schrieben, dass der betreffende Passus nicht ebensogut auf andere leuchtende _ Meteore, beispielsweise Nordlichtstrahlen ete. bezogen werden könnte. Auch ‚im Mittelalter scheint es wenig beachtet oder nur für eine Phase der Däm- merung gehalten worden zu sein, da wir erst im Jahre 1661 in der Bri- tamnia Baconica von Childrey auf eine unzweifelhafte Beschreibung desselben als einer regelmässieen Erscheinung stossen. Von da an wurde es einige Dezennien hindurch vielfach beobachtet, besonders seitdem Cassini es im Jahre 1683 für eine Atmosphäre der Sonne erklärt hatte. Allein das In- teresse am Studium desselben erkaltete sehr bald wieder. Denn von der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts an finden wir durch eine lange Reihe ER von Jahren in den astronomischen und meteorologischen elf sowie in den Tagebüchern von Reisenden nur noch er mihe, zum Theile aller- } dings sehr werthvolle Notizen über das Zodiakallicht, aber keine einzige N durch längere Zeit systematisch fortgesetzte Der desselben. Erst um die Mitte der vierziger Jahre nahmen sich einzelne Männer, na- _ mentlich J. F. Schmidt, E. Heis und Th. Brorsen der so lange vernach- lässigten Erscheinung lebhaft wieder an, und gaben dadurch einen neuen Impuls zur genaueren Erforschung derselben. Eine besondere Beachtung verdienen auch die Beobachtungen, welche der amerikanische Schiffskaplan G. Jones in den Jahren 1853 bis 1855 auf einer Reise um die Welt mit einer nicht genug anzuerkennenden Ausdauer zum Theile unter sehr gün- stigen Umständen ausgeführt hat. Er selbst glaubt aus ihnen die folgenden Resultate ableiten zu können: 1) Dass die Hauptmasse des Zodiakallichtes auf der nördlichen oder südlichen Seite der Ekliptik liegt, je nachdem der Beobachter sich nördlich -oder südlich von derselben befindet, mit anderen Worten, dass das Zodiakal- licht zugleich mit dem Beobachter näch Norden und Süden wandert. 2) Dass (in Folge der Erdrotation) im Verlaufe der Nacht eine sehr merkliche seitliche Verschiebung des Lichtkegels eintritt. 3) Dass nicht nur die Sonne, sondern unter günstigen Umständen auch Mond ein Zodiakallicht hervorbringen kann. - ist hier nicht der Ort, diese: Sätze einer eingehenden Kritik zu 54 Weiss. . unterziehen, und zwar um so weniger, als die Beobachtungen von Jones noch einer eigentlichen Bearbeitung harren. Nur so viel sei erwähnt, dass er bei seinen Schlussfolgerungen kaum. genug Gewicht auf manche Umstände lest, welche den Charakter des Phänomenes nicht unbeträchtlich modifieiren können. So findet man beispielsweise in seinen Diagrammen das unter Nr. 1 ange- gebene Gesetz darin ausgesprochen, dass der Lichtkegel nicht symmetrisch, - sondern an einer Seite scheinbar zusammengepresst ist, zugleich aber auch, dass in der Regel jene Seite, die zusammengepresste ist, welche mit dem Horizonte den spitzen Winkel einschliesst, also jene, deren Sichtbarkeit durch dıe Dünste des Horizontes am meisten beeinträchtigt wird. Es drängt sich dadurch unwillkürlich die Frage auf, ob die ganze Erscheinung nicht etwa blos eine optische Täuschung sei, ähnlich der in unseren Gegenden schon so häufig bemerkten, dass bei der am Abendhimmel sichtbaren Lichtpyramide der südliche (linke) Rand schärfer beerenzt erscheint als der nördliche. Dies rührt nämlich einfach daher, dass der nördliche Rand sich mehr mit den letzten Spuren der Dämmerung vermischt als der südliche, und sich deshalb weniger deutlich vom Hintergrunde abhebt. Nicht minder sind die 14 Fälle, die Jones als Mond-Zodiakallicht anführt, schwerlich genügend, eine so wich- tige Frage endgültig zu entscheiden, insbesondere da die nöthigen Angaben fehlen, um die Rolle zu beurtheilen, welche die Monddämmerung und die westliche Hauptpyramide des Zodiakallichtes bei diesen Beobachtungen ge- spielt haben. Es wäre daher sehr zu wünschen, dass eine grössere Beob- achtungsreihe speziell zu dem Zwecke unternommen würde, die Folgerungen, welche Jones aus seinen Beobachtungen gezogen hat, mit möglichster Berück- sichtisung aller hierbei in Betracht kommenden Momente zu verificiren, eventuell zu rektificiren, da dieselben für die Theorie dieses räthselhaften Phänomenes von der weittragendsten Bedeutung sind. Die Natur und das Wesen des ZAodiakallichtes sind uns noch völlig dunkel. Cassini hielt es für eine weit ausgedehnte, stark abgeplattete Son- nenatmosphäre, weil er gefunden zu haben glaubte, dass die Ebene desselben mit der Ebene des Sonnenäquators zusammenfalle, was jedoch nach den neueren gründlichen Untersuchungen von Schmidt und anderen noch keines- wegs als erwiesen anzusehen ist. Mairan bildete diese Hypothese in einer etwas phantastischen Weise weiter aus, um sie auch zur Erklärung der Polarlichter und anderer Phänomene benutzen zu können. Doch verliess man dieselbe nach und nach immer mehr, als Laplace am Anfange unseres Jahr- hunderts sehr gewichtige theoretische Bedenken dagegen geltend machte, und kehrte ziemlich allgemein zu der Hypothese von Fativo de Duillier, einem Zeitgenossen Cassini’s, zurück, nach der das Zodiakallicht der Wiederschein einer zahllosen Menge minutiöser Körperchen ist, welche die inneren Räume unseres Planetensystemes bevölkern, und die Sonne nahezu in der Ebene ihres Aequators umgeben sollen. Was dieser Hypothese bis vor Kurzem einen besonderen Anhang verschaffte, war der Umstand, dass rzan meinte, mittelst derselben das Zodiakallicht in eine sehr enge Verbindung mit dem wider- stehenden Mittel und den periodischen Sternschnuppenschwärmen bringen zu können: allein sie ist schwerlich im Stande, von allen Eigenthümlichkeiten des Phänomenes, namentlich vom Gegenscheine, genügend Rechenschaft zu geben. Es hat daher Jones in der neueren Zeit das Zodiakallicht für einen Nebelring erklärt, der die Erde innerhalb der Mondbahn umschwebt: eine Ansicht, die, nebenbei bemerkt, fast gleichzeitig auch Heis ausgesprochen hat. Indess lassen sich auch dagegen sehr gewichtige Bedenken erheben. Uebrigens ist unsere Kenntniss vom Zodiakallichte im Ganzen noch so 0 Anweisung zur Beobachtung allgemeiner Phänomene am Himmel. 55 mangelhaft, dass uns vor Allem noch zahlreiche, nach einem zweckmässigen Plane angestellte Beobachtungen noth thun, ehe wir mit begründeter Aussicht auf Erfolg an die Aufstellung neuer Hypothesen über die Beschaffenheit des- selben schreiten können. SR Zunächst wird es sich jedenfalls stets darum handeln, die Gestalt und Lage des Zodiakallichtes im Momente der Beobachtung zu ermitteln. Dies geschieht, falls der Beobachter mit dem gestirnten Himmel vertraut ist, wohl am einfachsten dadurch, dass er die Grenzen des Zodiakallichtes in eine gute Sternkarte einzeichnet, oder sich die Sterne notirt, welche die Ränder des- selben berühren, oder zwischen denen sie durchgehen, Auf einem schwan- kenden Schiffe ist diese Beobachtungsmethode auch die einzig anwendbare; auf dem festen Lande hingegen wird es sich vorzüglich dann, wenn der Beobachter mit den Gestirnen des Himmels nicht besonders vertraut ist, empfehlen, die Grenzlinien mit Hülfe von eigens hierfür construirten kleinen Theodoliten zu beobachten, die statt des Fernrohres eine einfache Visirvor- richtung tragen, und deren Kreise der leichteren Ablesbarkeit wegen nur von Grad zu Grad getheilt sind.*) Diese Beobachtungsart fordert fast gar keine Vorübung und nimmt auch weniger Zeit in Anspruch, als das Einzeichnen in Karten: ferner ist bei ihr das Auge nicht in gleichem Maasse dem Wechsel von Licht und Dunkel ausgesetzt, und es können auch kleinere Sterne, welche in den Karten nicht eingezeichnet sind, zur Fixirung der Grenzen benutzt werden: endlich ist bei ihr die Gefahr einer Verwechslung der Sterne, welcher beim Einzeichnen in Karten minder geübte Personen in hohem Maasse ausgesetzt sind, eine sehr geringe. Allerdings muss die Orts- zeit der Beobachtung ziemlich genau angegeben werden, damit die Azimute und Höhen mit genügender Genauigkeit in die entsprechenden Aequator- coordinaten verwandelt werden können, und es ist überhaupt diese Verwandlung eine nicht ganz unbeträchtliche Arbeit, welche bei der anderen Methode weg- fällt. Indess wird dieser Umstand in den meisten Fällen gegenüber den eben erwähnten nicht geringen Vortheilen dieser Beobachtungsmethode um so weniger in Betracht kommen können, als der Reisende wohl selten in der Lage sein dürfte, seine Beobachtungen an Ort und Stelle zu reduciren, son- dern dieselben in der Regel unreducirt in die Heimath mitbringen wird, wo ihm vielfache Hülfsmittel zu deren Bearbeitung zu Gebote stehen. Die Örientirung eines solchen Instrumentchens, welches, um überall mit Leichtigkeit verwendbar zu sein, so eingerichtet werden muss, dass es sich ‚ähnlich wie ein Nivellirinstrument oder das Zeichenbrett eines Messtisches auf einen hölzernen Dreifuss aufstecken lässt, ist sehr einfach. Denn sobald der Azimutalkreis horizontal gestellt ist, ergiebt jede Einstellung eines be- kannten Sternes, der nicht gerade nahe am Zenithe steht, durch eine leichte - Rechnung den Indexfehler beider Kreise. Am besten eignet sich zu diesem | Zwecke auf der nördlichen Halbkugel der Polarstern, da sein Azimut stets sehr nahe 180° beträgt, und in Folge dessen das Instrument stets sehr nahe richtig orientirt ist, wenn man den Index des Azimutalkreises auf 180° ein- *) Solche Instrumentchen, welche schon seit vielen Jahren an der Wiener Stern- warte mit sehr gutem Erfolge zur Bestimmung der Anfangs- und Endpunkte von Me- _ teorbahnen verwendet und deshalb Meteoroskope genannt werden, können mit Vortheil zur Beobachtung aller jener Erscheinungen benutzt werden, bei denen Lichtschwäche, verwaschene Umrisse oder andere Ursachen eine genauere Pointirung nicht zulassen. Solche Erscheinungen sind ausser dem Zodiakallichte beispielsweise noch: Stern- schnuppen, Polarlichter, die Halbmesser der verschiedenen Arten von Sonnen- und Mondhöfen ete. 56 Weiss, - : | : WR stellt, hierauf das Instrument um seine Hülse dreht, bis das Diopterlineal auf den Polarstern hinweist, und dann festklemmt. Man wird ferner gut thun, im Verlaufe einer längeren Beobachtungsreihe den Polarstern oder einen anderen bekannten Stern ein paar mal einzustellen, und die Angaben der Kreise nebst der Beobachtungszeit zu notiren: theils um sich von der Un- veränderlichkeit der Aufstellung zu überzeugen, theils um den Indexfehler aus dem Mittel mehrerer Beobachtungen mit grösserer Sicherheit zu erhalten. Möge man indessen die Beobachtungen nach dieser oder jener Methode ausführen, immer müssen mancherlei Vorsichtsmaassregeln angewendet werden, um eine gute Beobachtung des Zodiakallichtes zu erhalten. Vor allem muss der Beobachter vor jeder neuen Pointirung oder Einzeichnung das Auge wieder an die Dunkelheit gewöhnen (am besten dadurch, dass er es eine Zeitlang schliesst, oder gegen eine dunkle Stelle des Himmels oder der Erde richtet), damit es fähig werde, auch die schwächeren unmerklich in den dunklen Himmelsgrund sich verlierenden Partieen des verwaschenen Lichtschimmers aufzufassen. Ferner unterlasse man die Beobachtung, wenn Venus oder Ju- piter den Säumen des Lichtes nahe stehen, oder diese mit der Milchstrasse zusammenfallen, weil man in diesen Fällen wenigstens für die eine Grenz- linie nur illusorische Daten erhalten würde. Ebenso unterlasse man die Beobachtung lieber ganz, wenn das Auge, wie im Innern grösserer Städte, durch den Reflex von fremdartigem Lichte «eblendet wird, oder die Luft nicht ganz rein ist, weil man unter diesen Umständen vom feineren Detail des Phänomenes ‘ohnehin nichts wahrnimmt. Uebrigens sollten die atmosphä- rischen Verhältnisse ete., unter denen die Beobachtung ausgeführt wurde, stets sehr sorgfältig angegeben werden, da diese auf den Charakter der ganzen Erscheinung einen enormen Einfluss auszuüben vermögen. Endlich sei noch bemerkt, dass das. Zodiakallicht selbst unter den Tropen das Licht der Dämmerung nicht verträgt, indem es auch dort erst am Schlusse der Abenddämmerung sichtbar wird und kurz nach dem Beginne der Morgen- dämmerung verschwindet. Dies verdient deshalb besonders hervorgehoben zu werden, weil die meisten Angaben über das Fehlen des Zodiakallichtes ohne Zweifel nur daher rühren, I es des Abends zu zu oder des Morgens zu spät aufgesucht wurde. Befindet sich der Beobachter in geringen Breiten, d. h. in Gegenden, welche sich vorzugsweise für die Beobachtung des Zodiakallichtes eignen, so richte er sein Augenmerk vorzüglich auf den Gegenschein und die bei uns so schwer sichtbare Lichtbrücke, und beachte ausser dem Verlaufe der Licht-, zone namentlich auch deren Helliekeitsverhältnisse, um die Lage der Licht- minima festzustellen, über die wir noch sehr im Ungewissen sind. Es ist allerdings sehr schwierig oder eigentlich unmöglich, die einzelnen Helligkeits- stufen genau von einander, abzugrenzen, weil die Lichtintensität sich nicht sprungweise, sondern sehr allmählig ändert. Allein bei einiger Uebung wird. man doch auch darin eine gewisse Sicherheit erlangen, weil sich in der Milchstrasse ein vortreffliches Vergleichungsobjekt darbietet. Denn nicht nur hat sie in ihrem milden Schimmer die grösste Aehnlichkeit mit dem Zodia- kallichte, sondern an verschiedenen Stellen auch sehr verschiedene Helligkeit, so dass man leicht solche Stellen herausfinden wird, welche sich mit den einzelnen Partieen unseres Phänomenes gleich hell zeigen. Man wähle aber solche Gegenden der Milchstrasse aus, die mit den zu untersuchenden Punkten des Zodiakallichtes, vorzüglich wenn dieselben nahe am Horizonte liegen, beiläufig die gleiche Höhe haben, um dadurch die atmosphärischen Einflüsse so viel wie möglich zu eliminiren. 2 zur Beobachtung allgemeiner Phänomene am Himmel. 0 sich en, die Verschiedene‘ Tr eteisialten deren Zahlen zu Bi zeichnen, und beim Eintragen durch Verschieden starke Schraffirungen zu _ unterscheiden, so wie dies Heis in seinem neuen Atlas bei der Milchstrasse | hat. Sehr erwünscht wäre es, sich bezüglich der Zahl und Aberen- zung der Abstufungen möglichst nahe an Heis anzuschliessen, weil er die von > Ihm gewählten Unterabtheilungen nach vielfacher, langjähriger Erfahrung als 4 Hi: . die zweckmässigsten erprobt hat. Während der Beobachtungen wird der Beobachter wohl öfter Gelegen- heit haben, die vielfach erwähnten Lichtzuckungen, rasche Expansionen und Contractionen des Zodiakallichtes u. dgl. m. zu bemerken. In solchen Fällen richte er seine Aufmerksamkeit durch längere Zeit auf benachbarte Theile der Milchstrasse: zeigt auch diese Schwankungen in ihren Grenzen, so sind selbstverständlich die ähnlichen Schwankungen des Zodiakallichtes ebenfalls nur optischer Natur, und durch leichte, vom Winde hin und her getriebene Nebel verursacht, die sich auch bei sonst reinem Himmel Orkan in den höheren en unserer Atmosphäre bilden. Maskerderm bietet es noch ein Interesse dar, die Farbe des Zodiakal- lichtes zu ermitteln, und namentlich chen ob alle Theile desselben, die Hauptpyramiden, der Gegenschein und die Lichtbrücke, gleich gefärbt. h sind oder nicht. Von Wichtigkeit wäre ferner eine wiederholte spektral- analytische Untersuchung des Zodiakallichtes: doch wird ein Reisender kaum in der Lage sein, eine solche mit Erfolg durchführen zu können. Leichter hingegen dürften ihn Untersuchungen über die Polarisation des Zodiakal- lichtes gelingen, da nach Liais die einfachsten Polariskope: Nicholsches Prisma und Turmalinplatte für derartige Zwecke auch die empfindlichsten sind. Dreht man nämlich eines dieser Balharklenne, nachdem man es auf die es _ zu untersuchende Stelle des Himmels gerichtet hat, vor dem Auge, und fixirt man dabei die kleinsten, im Gesichtsfelde eben noch sichtbaren Sterne, so _ werden sich diese während der Drehung mit verschiedener Intensität vom Hintergrunde abzuheben scheinen, sobald dessen Licht polarisirt ist, weil sich in diesem Falle dessen Helligkeit bei der Drehung des Polariskopes ändert. Ist jedoch das Licht des Hintergrundes nicht polarisirt, so affıcirt + die Drehung des Polariskopes seine Helligkeit nicht, und in Folge dessen eben so wenig die scheinbare Lichtstärke der Sterne. a ip Vie x Sternschnuppen. Zu den Phänomenen, durch deren Beobachtung Reisende der Astro- nomie erspriessliche Dienste leisten können, gehören in erster Linie auch die Sternschnuppen oder Feuermeteore, welche in der jüngsten Zeit durch die Entdeckung ihres innigen Zusammenhanges mit den Kometen eine unge- ahnte Bedeutung in der Wissenschaft erlangt haben. Be scheinbare Grösse der Sternschnuppen ist bekanntlich sehr ver- hr heller werdende, bis sie nicht nur die schönsten Gestirne des Firmamentes BE und Venus an Leuchtkraft an sondern acht taghell gelichtet wird. Doch pflegt man in der Regel nur die eren Erscheinungen dieser Art Sternschnuppen oder Meteore zu nennen ach Sterngrössen von der 6. bis zur 1. zu ordnen, während man die 58 | Weiss. helleren Sternschnuppen, von Jupiter oder Venusgrösse angefangen mit dem Namen Feuerkugeln oder Boliden auszeichnet, weil sie bisweilen deutlich eine kugel- oder birnförmige Gestalt erkennen lassen, und manchmal sogar an Grösse dem Vollmonde gleichen sollen. Die Bahn der Sternschnuppen stellt sich in der Regel als ein grösster Kreis am Himmel dar, was darauf hindeutet, dass das von uns gesehene. Bahnstück von einer geraden Linie nicht merklich abweicht. Indessen be- sitzen die Bahnen öfter eine ziemlich auffällige, zuweilen sogar starke Krüm- mung; ebenso kommen wellen- oder schlangenförmige Curven nicht gar zu selten vor: endlich ist eine Bahn hin und wieder zum Theil geradlinig, zum Theil gekrümmt. Alle diese und ähnliche Variationen sind leicht erklärlich, wenn man bedenkt, dass die Sternschnuppen sich in unserer Atmosphäre, also in einem widerstehenden Mittel bewegen, und wenn man die an und für sich sehr wahrscheinliche Annahme macht, dass sie nicht immer genau sphärische Körper seien: denn dann müssen sie bei ihrer Bewegung in unserem Luft- kreise unter Umständen alle jene sonderbaren Curven beschreiben, welche uns beim Bumerang, den Projektilen gezogener Geschosse etc. etc. auffallen. Die Zeit, in welcher die Meteore den sichtbaren Theil ihrer Bahn durchfliesen, beträgt meistens blos Bruchtheile einer Sekunde, und übersteigt 3 bis 4 Sekunden schon sehr selten. Indess bleibt nach dem Erlöschen des eigentlichen Meteores, namentlich wenn es zu den helleren gehörte, in vielen Fällen am Himmel noch eine feurige Spur in Gestalt eines Schweifes zurück, der im Alloemeinen wohl bereits wenige Sekunden nach dem Meteore ver- schwindet, hin und wieder aber auch 1 bis 2 Minuten, ja sogar Viertel- bis Halbe- Stunden lang sichtbar bleibt, und dann oft merkwürdige, mit über- raschenden Formänderungen verbundene Bewegungen ausführt, bei denen sonderbarerweise einzelne seiner Partieen zeitweilig wieder heller aufleuchten. Während ihres Laufes ändern die Sternschnuppen meistentheils ihre Helligkeit nicht und verschwinden wieder ebenso plötzlich als sie erschienen waren. Nur grössere Meteore, insbesondere die Feuerkugeln ersten Ranges, scheinen manchmal unter Funkensprühen zu verlöschen oder zu zerplatzen, worauf man dann bisweilen einzelne matter leuchtende Stücke der Erde zu- fallen sieht und einige Minuten nachher ein mehr oder minder starkes, ja sogar betäubendes Getöse vernimmt. Solche „detonirende“ Meteore sind es auch, welche gelegentlich zu den so interessanten Meteoritenfällen Veran-' lassung geben. Die plötzliche Lichtentwicklung der Meteore rührt, den Forschungen der Neuzeit zu Folge daher, dass ihre kosmische Geschwindigkeit beim Ein- dringen in unseren Luftkreis durch den Widerstand desselben unglaublich rasch vernichtet, oder richtiger gesagt in andere Formen der Bewegung, als da sind: Wärme, Licht, Elektricität etc. etc. umgesetzt wird. Ferner lehrt die Theorie, dass der grösste Geschwindigkeitsverlust (und in Folge dessen die intensivste Licht und Wärmeentwicklung) gleich nach dem Eindringen des Meteores in die Atmosphäre in Luftschichten von ausserordentlicher Dünne stattfindet, und dass die Geschwindigkeit (und damit die Ursache der Lieht- und Wärmeentwicklung) bei Meteorkörpern von geringen Dimensionen bereits in den höchsten Schichten unserer Atmosphäre auf einen kleinen Bruchtheil der ursprünglichen reducirt wird. Mit diesen Ergebnissen der Theorie steht unsere Erfahrung in vollem Einklange, denn die Berechnung eorrespondirender Beobachtungen hat ergeben, dass die Meteore gewöhnlich in Höhen von 10 bis 20 deutschen Meilen, oder in noch grösseren auf- leuchten (also in Luftschichten die noch zu dünn sind, um merkbare Dämme- Er ehbinhngen hervorzurufen) und dass sie bereits in Höhen von 5 bis a 10 Meilen schon wieder erlöschen. Damit stimmt auch, dass man Stern- sehnuppen, einige schr seltene Fälle ausgenommen, die überdies bestritten werden können, noch nie unter die Wolkendecke oder gar bis auf die Erde hat herabfallen sehen. Ueberhaupt scheint die Materie der Sternschnuppen stets in unserem Luftkreise zerstäubt oder verflüchtist zu werden, da das, was man gewöhnlich als Sternschnuppenreste ansieht, nur gallertartige, erösstentheils organische Massen sind, welche in den ersten Stadien der Fäulniss eine schwache Phosphorescenz zeigen und sich dadurch in der Dunkelheit bemerklich machen. . Die mittlere Häufigkeit der Meteore steigt im Laufe einer Nacht, vom Abend bis Morgen nach und nach ungefähr auf das Dreifache, indem zahl- reichen jahrelang fortgesetzten Zählungen zufolge ein Beobachter im Durch- schnitte am Abend stündlich nur 4 bis 5, um Mitternacht schon 8 bis 10, gegen Morgen aber 14 bis 18 Sternschnuppen erblickt. Diese tägliche Va- riation in der Häufiokeit der Sternschnuppen, welche wegen ihrer unleug- baren Beziehung zur Ortszeit des Beobachters die Anhänger der kosmischen Theorie dieser Gebilde lange Zeit hindurch in nicht geringe Verlegenheit setzte, ist lediglich eine Folge der Combination der eigenen Bewegung der Meteore mit der Bewesung der Erde in ihrer Bahn. Eine gleiche Bewandt- niss hat es auch mit der jährlichen Variation in der Frequenz der Meteore, nach welcher auf der nördlichen Halbkugel in der zweiten Hälfte des Jahres (Juli — December) weit mehr Sternschnuppen sichtbar werden, als in der ersten (Jänner — Juni), während umgekehrt auf der südlichen Halbkugel die Sternschnuppen gerade in unserem Winterhalbjahre häufiger vorkommen. Die eben Een Zahlen sind jedoch nur als Mittelwerthe zu be- trachten. Als man dem Sternschnuppenphänomene mehr Aufmerksamkeit zu schenken begann, machte man gar bald die Entdeckung, dass sich einzelne Nächte alljährlich durch eine weit grössere Fülle von Meteoren auszeichnen, und dass dabei die Sternschnuppen den Himmel nicht regellos in allen Rich- tungen durchkreuzen, sondern der Mehrzahl nach Bahnen beschreiben, die nach rückwärts verlängert auf einen bestimmten Punkt des Himmels, den - Radiationspunkt hinzielen, dessen Lage weder im Laufe der Nacht, noch von einem Jahre aufs andere sich ändert. Man bemerkte auch, dass in diesen Nächten die Meteore bezüglich ihrer Farbe, Grösse und Dauer, sowie bezüg- lich der Schweifbildungen, kurz, bezüglich ihres ganzen Habitus einander sehr ähnlich seien. Alles dies weist unverkennbar darauf hin, dass die in solchen Nächten sichtbaren Meteore zu tausenden vereint, dieselbe Richtung im Weltraume verfolgen, und gemeinsam die Sonne in einer Bahn umkreisen, welche an einem bestimmten Punkte die Erdbahn durchschneidet, und dass die Erde bei jedem Durchgange durch diesen Punkt dem Strome einen Theil ‘seiner Glieder entreisst. Man nannte daher die, diesen periodisch wieder- kehrenden Sternschnuppenströmen angehörigsen Meteore periodische oder systematische, zum Unterschiede von den ahderen Sternschnuppen, welche man als sporadische bezeichnete. Neuere Untersuchungen haben jedoch ge- zeigt, dass in jeder Nacht sich mehrere Radiationscentra nachweisen lassen, zwischen welche sich die einzelnen Meteore ziemlich gleichmässig verthei- in Folge dessen für den ersten Anblick regellos am Himmel herumalr- Mecten scheinen. Es gehören daher so gut wie alle Sternschnuppen bestimmten teorströmen an, welche aber im allgemeinen viel dünner bevölkert sind Is die früher erwähnten sogenannten periodischen, die schon einige Male zu wahren Sternschnuppenregen Veranlassung gegeben haben. Die bekanntesten 60 Weiss. | Beispiele hierfür sind die Nacht vom 11. auf 12. November 1799, wo Hum- boldt und Bonpland an der mexikanischen Küste durch mehrere Stunden viele tausende von Sternschnuppen und kleinen Feuerkugeln den Himmel durchfurchen sahen; ferner die Nacht vom 12. auf 13. November 1833, in der nach Olmsted und Palmer zu Newhaven die Sternschnuppen stundenlang wie Schneeflocken herabfielen, endlich aus der jüngsten Zeit die Morgen- stunden der Nacht vom 13. auf 14. November 1866 und die Abendstunden des 27. November 1872. Die reicheren Sternschnuppenströme, deren Radiationspunkt nördlich vom Aequator liest, deren Meteore also auf der nördlichen Halbkugel gut sichtbar sind, dürften wohl schon so ziemlich alle bekannt sein: sie fallen auf die nen Epochen: 1) Januar 2. und 3. Hauptradiant im Hercules (« = 238° $= + 459). 2) April 12. und 13. Hauptradiant im Hercules (« = 273° 5 = + 25). 3) April 18—23. Reicher Schauer mit vielen Radiationscentren. Einer der Hauptradianten liest: («a = 267° ö= + 359). \ 4) Juli 26—29. Reicher Schauer mit vielen Radianten, von denen keiner besonders präponderirt. 5) August 9—14. Sehr reicher Strom, bekannt unter dem Namen Lau- rentiusstrom mit vielen Radianten. Einer der Hauptradianten liegt im Perseus («= 43° ö6= + 57%. Von Mitte Juli bis Mitte August ist überhaupt ein sehr beträchtliches Anschwellen des Sternschnuppen- phänomenes bemerkbar. 6) Oktober 19—25. zeigte manche Jahre ziemlich reiche Fälle Die Hauptradianten ‚liegen im Orion (« = 75° ö&= 25°) und den Zwil- Imaen(o 950 92 5 und & 1409 2500 7) To nase. 13—14. Der bekannte Novemberschwarm der bene (o — 1480 5 — 1 949), 8) November 27—29. Diffuse Radiation in der Andromeda. 9) December 6—13. Einer der Hauptradianten liegt in den Zwillingen (er 1050, 0% 1509): : Ueber die reicheren Sternschnuppenströme mit südlichen Radiations- punkten wissen wir nur sehr wenig, da ausser den mehrjährigen durch Heis bearbeiteten Meteorbeobachtungen Neumayer’s noch keine grössere Beobach- tungsreihe von Sternschnuppen aus der südlichen Halbkugel vorliegt. In diesen Beobachtungen spricht sich ein Anschwellen des Sternschnuppenphä- nomenes zu folgenden Zeiten aus: 1*) Jänner 28 bis Februar 2. 2%) März 12—15. 3%) Maı Mitte des Monates. . 4%) Juni Anfang des Monates. 5%) Juli 28 bis August 2. Scheint die Epoche der Maximalfrequenz der Meteore in der südlichen un ag zu sein. 6*) August 5—7. 7”) December 18—25. Manche dieser Epochen sind auch aus gelegentlichen Notizen in den Tagebüchern von Reisenden als Zeiten grösserer Meteorfrequenz zu erkennen. So macht beispielsweise J. ©. Ross im Berichte über seine Südpolarexpe- dition die folgende, auf die Epoche 5* hinweisende Bemerkung: „1840 July 28—29 ... meteors in great numbers were seen darting about in all di- rections .. .“. Endlich sei noch erwähnt, dass die beiden sternschnuppen- ic) a "Pelöden a nördlichen ie ee 9—14 und November —14) auf der südlichen an Meteoren besonders arm sein sollen. Die Ausführung von Meteorbeobachtungen an allen mondfreien Nächten im Laufe des ganzen Jahres ist insbesondere in jenen Gegenden sehr er- wünscht, in denen der grösste Theil des südlichen Himmels sichtbar ist, den wir Beritlieh des Meteorphänomenes noch sehr wenig kennen. Besonders lohnend gestalten sich indess die Meteorbeobachtungen während der Epochen einer grösseren Meteorfülle, weil man in diesen schon binnen Kurzem ein hinreichendes Material zusammenbringt, um die vorkommenden Radiations- A. punkte einigermassen sicher ermitteln zu können. In der Ermittelung der- selben besteht aber eine der Hauptaufgaben der Sternschnuppenkunde, seit- dem man weiss, dass die Sternschnuppen Auflösungsprodukte von Kometen | sind, und so wie diese, der grossen Mehrzahl nach, in parabolischen Bahnen einhergehen. Denn nun kann man aus dem Radiationspunkte allein nicht nur die relative Geschwindigkeit, mit der die Meteore des betreffenden Stromes auf die Erde herabstürzen, und die Bahnelemente desselben berechnen, sondern auch durch Vergleichung dieser Elemente mit den Elementen der . bisher erschienenen Kometen, zuweilen auch jenen Kometen herausfinden, dessen allmälicher Zerstörung der Meteorstrom sein Entstehen verdankt. Beispiele solcher Identifieirungen liefern uns die oben unter den Nummern 3, 5, 7 und 8 angeführten Sternschnuppenströme, die der Hauptsache nach _ Michts anderes sind als Bruchstücke der Kometen: 1861 I, 1862 III, 1866 I und des Biela’schen Kometen. Um Sternschnuppenbeobachtungen zu weiteren Untersuchungen möglichst _ verwendbar zu machen, muss der Beobachter vor Allem die Bahnen der ein- zelnen Meteore möglichst genau zu bestimmen trachten. Diess geschieht am einfachsten durch Einzeichnen derselben in eine Sternkarte, oder durch Ein- stellen ihrer Anfangs- und Endpunkte an Meteoroskopen, wie es bereits bei - der Besprechung des Zodiakallichtes näher erörtert wurde. Uebrigens wird man auch beim Einzeichnen der Meteorbahnen in Sternkarten in der Regel blos den Anfanss- und Endpunkt genau eintragen, und diese beiden Punkte durch einen grössten Kreis verbinden (wobei man aber nie vergessen darf, den Sinn der Bewegung, etwa durch eine Pfeilspitze, ersichtlich zu machen), da die Bahn nur in seltenen Fällen merkbar von einem solchen abweicht. Sollte der Beobachter so glücklich sein, einen reichen Sternschnuppen- fall zu erblicken, so wird er bald die Gegend des Himmels erkennen, aus welcher die meisten Meteore auszustrahlen scheinen. Auf diese Gegend richte _ er dann sein Hauptaugenmerk und beachte besonders die Meteore mit ganz kurzen Bahnen und die nahezu oder ganz stationären. Denn die Bahnen dieser Meteore sind nur wegen ihrer Nähe am Radiationspunkte perspek- tivisch so stark verkürzt, und bieten daher das beste und sicherste Mittel _ zu seiner genauen Bestimmung dar. Dasselbe Verfahren sollte übrigens der Beobachter auch in einer gewöhnlichen Sternschnuppennacht befolgen, wenn _ er zu bemerken glaubt, dass mehrere der gesehenen Bahnen au einen be- "stimmten Punkt des Himmels als ihren Radiationspunkt hinzielen. Bei sehr reichen Sternschnuppenfällen will man auch manchmal bemerkt haben, dass n der Gegend des Radiationspunktes ein matter nordlichtartiger Eolnmen ch zeigte. Auf dieses Phänomen sei vorkommenden Falles der Beobachter nders aufmerksam. Ausser den Bahnen der Sternschnuppen beachte man auch die Farbe [elligkeit derselben, die letztere, indem man die Sternschnuppen mit ternen der verschiedenen Grössen, und die helleren mit Jupiter und N n . x, 2 > a ee a un R 62 Weiss. Venus vergleicht. Ebenso notire man es, wenn eine Sternschnuppe anomale - Bewegungen zeigte oder während ihres Laufes ihren Glanz änderte. Hinter- liess sie einen Schweif, so bemerke man, ob und wie lange derselbe nach ihrem Verschwinden noch sichtbar blieb, ob er sich gegen die Sterne be- wegte, seine Form veränderte etc. ete. Bleibt ein Sternschnuppenschweif dem freien Auge so lange sichtbar, dass der Beobachter ein kleines licht- starkes Fernrohr mit grossem Gesichtsfelde (etwa einen Kometensucher oder ein Binocle) darauf richten kann, so sollte er nie versäumen, diess zu thun, um die höchst interessanten Veränderungen, welche in den Schweifresten vorgehen, genauer verfolgen eventuell skizziren zu können. Bei Beobachtungen wie den eben besprochenen kann das Anlegen zweck- mässiger Register zum Eintragen derselben nicht genug empfohlen werden: es wird dadurch die Uebersicht wesentlich erleichtert und viel Zeit und Mühe erspart. Ein solches Register könnte etwa folgendermassen eingerichtet werden: Athen (A = 0% 41” 21° östl. v. Berl, 9 = + 37° 58° 3). J. F. Schmidt. 2 Mittlere S R Dauer des |Anfansspunkt| Endpunkt A u Ortszeit.| 'S = |Mete-| Schwei- > = |ores.| fes. 5 ö % ö 1| Septbr. 8 [12% 10=I5 — || — 1° |+150.5j3490 |'+20°.7 2 »„..8112 40 JAa5}| — |4° — 1105 |+67 1547 |—10 3 „ 3 |12 49 |4* ii — | 31.5+25 24.5 +27.5 41 Octbr. 10. |15 43 |1.2*]| roth | 3° |(202). | 70 |—25 I, ei 5 „ 1117 31 3.4 | reth| — | — 0 + 6.5[347.5 + 4 6 TR BR — — 2100690249 56 |—23 7\ Novbr. 13 |13_ 32 | 4* | grün | — |(5°)30s1144 |+25. 51139 |+28.5 8 „4153.13. 38°) 9% roth | 12.°\(52)70:1163, 7.06: 18 4 wo No. 2. Diese ungewöhnliche Sternschnuppe beschrieb in 4° folgende Bahn: (105° + 679), (60° + 66.05), (85° + 57°), (15° + 36°), 1.5 + 14), (347° — 10°). Dieses Schema, welches der Hauptsache nach von J. F. Schmidt, einem der thätigsten Sternschnuppenbeobachter, herrührt, umfasst in seinen 10 Ab- theilungen alles, was sich für gewöhnlich an einem Meteore beobachten lässt. Sollte ausserdem noch etwas beachtenswerthes bemerkt werden, so kann diess leicht in Form einer Note (wie hier zu No. 2) am Schlusse hinzugefüst werden. Die einzelnen Columnen bedürfen wegen der ganz detaillirten Ueber- schriften wohl keiner weiteren Erläuterung. Nur in betreff der eingeführten Bezeichnungen sei bemerkt, dass ein der Grösse beigesetzter N tk oder ein angehängtes Kreuz hen. es habe das Meteor zu den geschweiften resp. jenen mit anomaler Bewegung gehört, und dass in der Columne:, Dauer des Schweifes von den miwerheilen Zeil die nicht eingeklammerte die Zeit angiebt, während welcher der Schweif dem freien Auge, die eingeklam- merte hingegen jene, während welcher er in einem Fernrohr u blieb, So will z. B. bei No. 7 die Doppelangabe (5”") 30° besagen, der Schweif erschien dem blossen Auge nur durch 30°; aber am Kometensucher liess er sich 5 Minuten lang en ı Anweisung zur Beobachtung allgemeiner Phänomene am Himmel. 65 j v Gestirnter Himmel, * ae Auf der nördlichen Halbkugel wird der gestirnte Himmel seit einigen __ Decennien so sorgfältig überwacht, dass auf ihm wohl nicht so leicht ein be- achtenswerthes Phänomen der Wahrnehmung entschlüpfen kann. Der in unseren Breiten sichtbare Theil desselben dürfte daher dem Reisenden im Allgemeinen kein besonders lohnendes Feld für seine Thätigkeit bieten: hin- gegen versprechen ihm die bei uns nicht sichtbaren Regionen des Himmels eine um so reichere Ausbeute, namentlich in folgenden Richtungen: a) Die Milchstrasse. Von dem Verlaufe der Milchstrasse hat uns wohl bereits vor längerer Zeit J. Herschel eine einigermassen ausführliche Beschreibung gegeben: allein mit der bildlichen Darstellung derselben waren wir bis vor Kurzem - noch sehr übel daran. Fast alle Himmelskarten zeichnen die Milchstrasse als einen continuirlichen Zug mit regelmässigen und zierlichen Contouren, und deuten keine Unterschiede der Helligkeit in ihr an, obwohl ein einziger Blick auf dieselbe sofort erkennen lässt, dass sie viel eher einer Ansammlung von verschiedenen dichten, unregelmässig aneinander gereihten Lichtwolken, als einem fortlaufenden Lichtgürtel oleicht. Diesem Uebelstande hat für den bei uns sichtbaren Theil des Himmelsgewölbes erst im vorigen Jahre der schöne Himmelsatlas von E. Heis abgeholfen, welcher die erste auf lang- jährige mühevoile Beobachtungen gegründete naturgemässe Darstellung der Milchstrasse enthält. Für ihren Zug durch die südlichen Sternbilder hat allerdings J. Herschel während seines Aufenthaltes am Cap eine ähnliche Arbeit ausgeführt und in seinem Capwerke veröffentlicht: allein in der dor- tigen Abbildung ist die Hauptaxe der Milchstrasse in eine gerade Linie auseinandergezogen, und es ist desshalb nicht ganz leicht, sich eine Vor- stellung von ihrem Verlaufe am Himmel zu bilden. Ferner dürfte die Ab- bildung von Herschel kaum genug Anhaltspunkte liefern, um seine Hellig- keitsscala und die von Heis hinreichend scharf auf einander reduciren zu können. Und doch wäre eine solche Reduction sehr erwünscht, weil uns vorerst noch immer die Mittel zur Herstellung einer einheitlich bearbeiteten Karte des Verlaufes der ganzen Milchstrasse fehlen. Es könnte sich daher ein Liebhaber astronomischer Beschäftigung ein bedeutendes Verdienst erwerben, wenn er bei einem längeren Aufenthalte in den Tropen oder auf der südlichen Halbkugel den bei uns unsichtbaren Theil der Milchstrasse möglichst conform mit Heis bearbeiten würde. Zu diesem Zwecke wären zunächst die Umrisse der Milchstrasse durch die Sterne, an ‚denen sie vorüberzieht, mit thunlichster Genauigkeit festzusetzen und hierzu nicht blos die helleren Sterne, sondern überhaupt alle mit freiem Auge sicht- baren zu verwenden, besonders an jenen Stellen, wo die Ränder bedeutende Krümmungen machen, wo sich Unterbrechungen und Theilungen zeigen, oder wo Ausläufer vorhanden sind. Dann wäre die verschiedene Helliekeit der einzelnen Stellen zu ermit- ‘ Dies kann mit Sicherheit nur durch vergleichende Beobachtungen hen. wobei aber, insbesondere dann, wenn man in geringen Höhen _ operirt, wegen der raschen Zunahme der Lichtabsorption in der Nähe des [orizontes darauf geachtet werden muss, nur Stellen mit einander, zu ver- gleichen, die nahezu dieselbe Höhe haben. Diese Vergleichungen müssen 64 Weiss. häufig wiederholt werden, um die Mangelhaftiekeit der einzelnen Beobach- tungen zu paralysiren und die Einflürse der Atmosphäre zu eliminiren. Dabei wäre es gut, nicht immer dieselben Stellen mit einander zu vergleichen, son- dern die Vergleichungen sich gleichsam kreuzen zu lassen. Bei diesen Vergleichungen muss sich der Beobachter genau so wie für Schätzungen von Sterngrössen eine bestimmte Scala bilden, und die einzelnen En ernennen, die er annimmt, auch in seiner Zeichnung, am ein- sen wohl Anssh vers aLem aka von Schraffirung kenntlich machen. Den obigen Auseinandersetzungen zufolge wäre es nun am zweckmässigsten, sich neh ganz an Heis a hie ken Diess macht sich von selbst, wenn der Badbackten damit beginnt, die noch unbekannten Partieen der Milch- strasse mit solchen zu vergleichen, die in Heis’ Atlas vorkommen, und erst, nachdem er sich dadurch Vergleichungspunkte in hinreichender Zahl ge- schaffen, neue Partieen mit vorhin unbekannten zusammenhält. Dass so deli- kate Untersuchungen nur bei ganz dunkler Nacht und vollkommen klarer und durchsichtiger Luft anzustellen sind, um auch den feinsten Schimmer nicht zu übersehen, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Kann ein Beobachter nicht so viel Zeit darauf verwenden, als zu einem derartigen Unternehmen erforderlich ist, so wäre schon sehr viel damit ge- leistet, wenn er durch ein sorgfältiges Vergleichen der schönen Zeichnung von Herschel mit dem Himmel und Gegenden der Milchstrasse, die Heis’ Atlas enthält, eine grössere Reihe von Partieen namhaft machen würde, die sich gegenseitig an Helligkeit gleichen. Doch ist der oben vorgeschlagene, freilich viel mühsamere und zeitraubendere Arbeitsmodus desshalb vorzuziehen, weil er den Beobachter vor einer etwaigen Beeinflussung seines eigenen Urtheils vollständig schützt, Diess schliesst natürlich nicht aus, dass der Beobachter seine Skizze, sobald er sie zu einem gewissen Abschluss gebracht, mit Her- schel’s Zeichnungen, und in zweifelhaften Fällen beide mit dem Himmel ver- gleicht: es wäre diess im Gegentheil von hohem Werthe. b) Die Grössen und Farben’der Sterne. Die genaue Ermittelung der relativen Helliekeit, oder wie man ge- wöhnlich sagt, des Grössenverhältnisses zweier Sterne wird durch eine Reihe von störenden Einflüssen ausserordentlich erschwert. Dahin gehören: die verschiedene Farbe der Sterne, die ungleiche Durchsichtigkeit der Atmo- sphäre in verschiedenen Höhen und Azimuten, die verschiedene Erleuchtung des Himmelsgrundes durch Dämmerung, Mondschein, Zodiakallicht, Milch- strasse, ja selbst durch nahestehende helle Planeten und Sterne u. s. f£ Es ist daher auch die Ansicht ziemlich allgemein verbreitet, dass die Bestim- mung der relativen Helligkeit der Gestirne mit freiem Auge entweder un- ausführbar sei, oder höchstens ein ganz rohes Resultat liefern könne. Allein abgesehen davon, dass die meisten der oben genannten störenden Einflüsse durch Anwendung von Instrumenten nur zum Theil oder gar nicht eliminirt werden können, lehrt die Erfahrung, dass dieselben keineswegs so nachtheilig einwirken, als man auf den ersten Blick meinen sollte, und dass man bei einiger Uebung und Anwendung der nöthigen Worsicht durch mehrfaches Wiederholen der Helliekeitsschätzungen unter verschiedenen äusseren Um- ständen recht genaue Resultate erlangen kann. : Für die Ausführung von Helliekeitsbeobachtungen dürfte sich am meisten die von J. Herschel vorgeschlagene Methode der Sequenzen empfehlen, welche darin besteht, dass man durch allmälise Vergleichung einer grösseren ne zur Beobachtung allgemeiner ae: am Himmel. 65 2 ak zu gleicher Zeit sichtbarer Sterne die Reihenfolge ihrer Helligkeit festsetzt. Zu iesem Zwecke sucht man durch eine cursorische Betrachtung des Himmels eine Reihe von Sternen aus, deren Glanz stufenweise, aber sehr merklich abnimmt, und schreibt sie vertical untereinander, jedoch so, dass zwischen den einzelnen Sternen leere Räume übrig bleiben. Hierauf ver- kleinert man die Helliekeitsintervalle zwischen den einzelnen Gliedern des so gebildeten Skelettes durch successives Einschieben frischer Sterne so lange, bis die Helliekeitsabstufungen der einzelnen auf einander folgenden Sterne so gering werden, dass man zwischen dieselben mit Sicherheit keine weiteren Sterne mehr einschalten kann. Die Art und Weise, wie man eine grössere Anzahl beobachteter Se- quenzen am zweckmässigsten zu verbinden habe, um alle darin vorkommen- den Sterne, von den hellsten angefangen bis herab zu den schwächsten in eine einzige ununterbrochene Kette aneinanderzureihen, ist in J. Herschel’s Kapwerk sehr umständlich erörtert. Doch würde eine na Auseinander- setzung des ‘dort angegebenen ne in der im Grunde auf ein wiederholtes Ziehen von ausgleichenden Kurven hinausläuft, sehr weit führen und wäre hier auch kaum am Platze, da ein Reisender wohl nicht so leicht die immerhin ziemlich weitläufige und zeitraubende Berechnung seiner beobachteten Sequenzen vor der Rückkehr in die Heimath ausführen dürfte. Die Helliskeit der Sterne 1. Grösse und die der meisten 2. Grösse ist bereits so stark, dass das Auge geringe Helliskeitsabstufungen zwischen ihnen schon nicht mehr sicher erkennt. Diesem Uebelstande kann man wohl am besten dadurch begegnen, dass man die Sterne durch schwache Rauch- brillen betrachtet, und damit ihren Glanz derart mildert, dass die Helliekeits- nuancen deutlicher hervortreten. Man hat auch mehrfach vorgeschlagen, die relative Helliskeit der grösseren Sterne durch die Reihenfolge festzustellen, in der sie nach Sonnenuntergang sichtbar werden oder in der Morgendäm- merung verschwinden. Doch ist diese Methode, falls man die Stellung der zu vergleichenden Sterne nicht sehr genau kennt, vielen Fehlerquellen unter- worfen. Denn trifft das Auge zufällig auf eine Stelle des Himmels, an der ein eben sichtbar gewordener Stern steht, so wird man diesen schon erblicken, während man einen anderen eben so hellen beim Herumsuchen noch über- sieht. In gleicher Weise wird man Sterne, die in bekannten Konfigura- ‚ tionen mit helleren stehen, viel eher gewahr werden, als andere gleich helle, die vereinzelt am Himmel vorkommen. Hingegen leistet hier der Mondschein zuweilen treffliche Dienste, doch muss man darauf achten, nur Sterne mit einander zu vergleichen, die nahezu dieselbe Entfernung vom Monde besitzen, damit der Hintergrund für beide ziemlich gleich erhellt sei. . Bei Helliskeitsvergleichungen zwischen schwächeren Sternen wirken aber "Mondschein und Dee entschieden schädlich, weil sie die schwächeren e Sterne nur mit Nsenun erkennen lassen, ad man sie deshalb gegen - die helleren, ohne Mühe erkennbaren in der Regel zu schwach schätzt. Man wird daher gut thun, Vergleichungen zwischen schwächeren Sternen nur an _ mondfreien Nächten und nach Schluss oder vor Beginn der Dämmerung aus- zuführen. Ebenso wird es gut sein, bei der Vergleichung der Sterne 6. Grösse, joder richtiger gesagt, jener ‚Sterne, welche für den Beobachter an der Grenze er Sichtbarkeit stehen, ein Opernglas zu benutzen, da das Auge diese rne nicht mehr distinkt genug sieht, um eine sichere Vergleichung ihres biz: anzustellen. Endlich ist jede Vergleichung so vorzwnekinen‘ dass man nicht beide Sterne zu gleicher Zeit, sondern. immer abwechselnd den “einen und den anderen fixirt, bis man ein sicheres Urtheil sich gebildet. Y 4 Anleitung zu wissenschnftl, Beobachtungen auf Reisen. 3 h I‘ De 66 Weiss. An Denn will man beide Sterne zugleich betrachten, so läuft man Gefahr, den rechtsstehenden Stern mehr mit dem rechten, den linksstehenden mehr mit dem linken Auge wahrzunehmen, und daher einen constanten Fehler zu be- gehen, wenn beide Augen ungleiche Lichtempfänglichkeit besitzen, was gar nicht so selten vorzukommen scheint. Ferner ist es eine bekannte Erfah- rung, dass ein Stern, wenn man ihn scharf fixirt, nicht so hell erscheint, als wenn sein Licht von der Seite in’s Auge fällt. Man muss daher, um sich auch vor allen aus dieser Quelle entspringenden Täuschungen zu schützen, den oben genannten Beobachtungmodus anwenden. Da huslk. keine Karte des ein Sternenhimmels vorhanden ist, in der auch nur der grösste Theil der mit freiem Auge sichtbaren Sterne richtig eingezeichnet wäre, wird ein Beobachter, der Elke a heiannnn zwischen Sale Sternen vornehmen will, gut thun, sich zuerst aus einer Stern- karte (nach einem ihm bequem scheinenden Maassstabe) eine grössere, durch mehrere auffällige Sterne begrenzte Partie des Himmels mit den darin an- gegebenen Sternen herauszuzeichnen, hierauf in diese Partie alle ihm ausser- dem noch sichtbaren Sterne mittelst Alignementen so gut als möglich ein- zutragen und erst dann an die Bildung von Sequenzen zu schreiten. Dabei erreicht er noch den Vortheil, schliesslich durch Zusammenschieben der ein- zelnen Polygone ein getreues Bild des Himmels zu gewinnen. In einem Anhange ist der Abhandlung ein Verzeichniss aller jener, südlich vom Aequator liegenden Sterne 1. bis A. Grösse beigefügt, die Herschel beobachtet hat, geordnet nach der Reihenfolge der Helligkeit, welche er ihnen zuweist. Im dieses Verzeichniss wurden auch noch ein Paar (im Ganzen 9) Sterne von ‘geringer nördlicher Deklination aufgenommen, um auf- fällige Konstellationen nicht zu zerreissen. Dieselben sind durch ein ın Klammern beigefügtes (N) kenntlich gemacht. Den 3 Sternen: Sirius, Canopus und « Oentauri ist keine Grösse beigeschrieben worden, weil sie die übrigen Sterne 1. Grösse so sehr an Glanz übertreffen, dass sie dieser Grössen- klasse eigentlich nicht mehr beigezählt werden können: die anderen Bezeich- nungen sind die jetzt allgemein üblichen, nach denen beispielsweise: 2.3 und 3.2 resp. Sterne von Sala 2. und hell 3. Grösse vorstellen. Es wurde schon am Eingange dieses Abschnittes erwähnt, dass das ver- schiedenfarbige Licht der Sterne nicht auf alle Augen den lehen Eindruck mache: namentlich scheinen manche Augen gegen cas undhe Licht besonders unempfindlich zu sein. Schon deshalb ist eine Angabe der Färbung der einzelnen Sterne sehr erwünscht; sie wird dies aber um so mehr, als es nicht unwahrscheinlich ist, dass manche Sterne mit der Zeit ihre Farbe verändern. Dies scheint beispielsweise seit den Zeiten der Griechen und Römer bei Sirius und erst in unseren Tagen bei Arcturus eingetreten zu sein, welche beiden Sterne früher den rothen beigezählt wurden. Ueberhaupt ist der Sternhimmel keineswegs in dem Maasse ein Bild ewiger Ruhe und Unver- änderlichkeit, wie die Alten sich ihn vorzustellen pflegten: auch an ihm ist alles in allerdings langsamer, aber nichts desto weniger stetiger Bewegung und Veränderung begriffen. Denn abgesehen von den sogleich zu besprechen- den veränderlichen Sternen scheinen auch manche der übrigen säkularen Aen- derungen ihrer Helligkeit unterworfen zu sein, und schon aus diesem Grunde allein ist es unsere Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass kommende Ge- schlechter sicherere und brauchbarere Daten zur Vergleichung vorfinden, als wir leider! von unseren Vorfahren überkommen haben. c) Veränderliche Sterne. Die Thatsache, dass einzelne Gestirne und darunter auch einige der hellsten des Himmels innerhalb verhältnissmässig kurzer Perioden regelmässige BD Veränderungen ihres Glanzes aufweisen, scheint den Alten vollmaddte un- bekannt Beben zu sein. Aber selbst als Phocylides Holwarda im Fahre 1638 in er Brust des Walfisches, an derselben Stelle, an der bereits im Jahre 1596 David Fabricius einen Stern gesehen und durch mehrere Mo- nate bis zu seinem Verschwinden beobachtet hatte, wieder einen Stern auf- fand, der zuerst an Helligkeit zunahm, und hierauf abermals bis zum Un- sichtbarwerden abnahm, erreste merkwürdigerweise diese auffallende Erschei- nung fast gar kein Aufsehen. Sie wurde im Gegentheile von den Zeitgenossen nur sehr unvollständig beobachtet, und erst im Jahre 1660 von Hevel die Bemerkung gemacht, dass der Lichtwechsel des fraglichen Sternes, dem er den heute noch gebräuchlichen Namen Mira Ceti beileste, innerhalb einer Pe- riode von etwa 11 Monaten, ziemlich regelmässig verlaufe. Ja es bannte nicht einmal die Entdeckung mehrerer neuer veränderlicher Sterne diese Apathie, indem erst gegen das Ende des verflossenen Jahrhunderts etwas mehr Interesse für dieselben erwachte, und namentlich J. Goodrike und E. Pigott nicht nur die bereits bekannten Variabeln sorgfältig beobachteten und die Dauer ihres Lichtwechsels genauer bestimmten, sondern auch die Anzahl derselben bedeutend vermehrten. Von nun an wurde zwar eine Zeit- lang diesen räthselhaften Sternen von verschiedenen Astronomen ab und zu _ etwas mehr Aufmerksamkeit zugewendet, aber im zweiten Decennium unseres - Jahrhunderts erkaltete der Eifer wieder gänzlich, und es geriethen die Ver- änderlichen nochmals auf viele Jahre fast vollständig in een, Erst um das Jahr 1840 trat eine erfreuliche Wendung zum Be ein, und e - entfaltete sich seither unter der Führung von eneklenakllan hauptsächlich unter | den deutschen und englischen Astronomen eine so lebhafte Thätigkeit auf diesem Gebiete, dass wir jetzt wohl schon an 150 veränderliche Sterne kennen, und auch bereits von einem grossen Theile derselben die Dauer und den Umfang des Lichtwechsels angeben können. | Die bekanntesten, in unseren Breiten sichtbaren’ veränderlichen Sterne, deren Helligkeit im Maximum die 5. Grösse übersteigt, sind die folgenden: E N: Max. Min Dauer i ng. mg. d. Periode > «@ Cassiopejae 2.2 2.8 irregulär B: o (Mira) Ceti aA l) 331.7336 o Persei 3.4 4.0 irreoulär ß Persei (Aleol) 2.3 4.0 2.867 ı Tauri 3.4 4.3 3.953 &e Aurigae 3.3 4.5 irreoulär ö Orionis 2.2 Zar: ebenso @ Orionis 1 1.4 ebenso © Geminorum 3.0 4.5 10.158 « Hydrae 2 2.7 sehr irreoulär‘ R Hydrae 4.5 9) 447.85 ö Librae 4.9 6.0 6.7983 9 Herculis 4.9 6.2 irregulär « Hereulis 3 3.9 ebenso 4.7.8.7 ebenso 5% 68° Weiss. N Max. Mini Dauer mg. mg. d. Periode ß Lyrae 3.5 4.5 12.908 R Lyrae 4.5 4.6 46. x Cygni 4 0 406 7 Aquilae 3.5 4.7 7.176 u Cephei 4 5 irregulär ö Cephei 3.7 4.9 5.366 ß Pegasi 2,2 DEN irregulär Die Grössenangaben sind hierbei so zu verstehen, dass man sich das Intervall zwischen je zwei Grössen in 10 Theile getheilt denkt, und O0 Un- sichtbarkeit mit freiem Auge bedeutet. Auf dem bei uns nicht sichtbaren Theile des Himmels ist bisher wohl nur 7 Argus mit Sicherheit als veränderlich erkannt worden. Dieser merk- würdige rothe Stern überstrahlte im Jahre 1843 eine Zeitlang alle anderen Sterne bis auf Sirius an Glanz, und ist jetzt nach und nach fast unsichtbar geworden, während gleichzeitig auch.in dem grossen ihn umgebenden Nebel bedeutende Veränderungen eingetreten sein sollen. Der Veränderlichkeit verdächtig sind nach J. Herschel: « und $ Hydrae, « und y Pavonis, ß Leporis ‚und nach Moesta auch u Doradus (jetzt wahrscheinlich mit freiem Auge nicht sichtbar. Bei den veränderlichen Sternen schreitet die Ab- und Zunahme des Lichtes selten gleichmässig fort: es kommen im Gegentheile bei den meisten sogenannte sekundäre Maxima und Minima, d. h. Rücksprünge, bald blos in der Zu-, bald blos in der Abnahme des Lichtes, bald in beiden vor. Ausser- dem ist die Dauer der einzelnen Perioden keineswegs konstant, sondern oft sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen, und nimmt sogar bei mehreren Sternen durch grössere Zeiträume an Länge regelmässig ab oder zu. Endlich erreichen manche Sterne nicht in jedem Maximum dieselbe Helliskeit, und sinken nicht in jedem Minimum zu derselben Lichtschwäche herab. Doch kommen die meisten Veränderlichen darin überein, dass ihr Licht geschwinder zu- als abnimmt, und? dass die kleinste Lichtphase länger dauert als die grösste. Die Ursache dieses eigenthümlichen Verhaltens, so wie die der Ver- änderlichkeit überhaupt, ist uns noch unbekannt. Am plausibelsten ist aber die Annahme, dass die veränderlichen Sterne gleich unserer Sonne eine Ro- tation um ihre Axe haben, und an einer ihrer Seiten mit grossen dunklen Flecken besetzt sind: mit andern Worten, dass sich diese Sterne bereits in einem weit vorgeschrittenen Stadium der Abkühlung befinden. Auch diese Annahme ist wohl nicht im Stande, alle bisher beobachteten Erscheinungen auf eine ungezwungene Weise zu erklären: doch spricht für sie unter An- derem noch der Umstand, dass bei Weitem die meisten Veränderlichen wenigstens in einzelnen Phasen ihres Lichtwechsels eine rothe Farbe, zu- weilen sogar eine sehr intensive zeigen. Den veränderlichen Sternen jedenfalls sehr nahe verwandt, vielleicht nur eine Abart derselben sind die „neuen“ und „wieder verschwundenen“ Sterne, deren in den Chroniken des Alterthums öfter Erwähnung geschieht. Das berühmteste Beispiel solcher Sterne lieferte bis vor Kurzem der Tychonische Stern, der Anfang November 1572 plötzlich in einer ziemlich sternarmen Gegend der Cassiopeja aufleuchtete, und nachdem er eine Zeitlang in der Helligkeit der Venus geglänzt hatte, allmälig wieder verschwand. Ein aller- dings minder auffallendes Seitenstück hierzu bietet aus unseren Tagen ein Anweisung zur Beobachtung allgemeiner Phäfomene am Hieminel, stern in der Krane dar, welcher früher mehrfach als ein Stern 8. bis 9. Grösse beobachtet worden war, im Mai 1866 aber plötzlich zu einem Stern 2. Grösse emporschnellte, um bereits nach einigen Wochen wieder au seine frühere Grösse herabzusinken. Die Ausführung der im früheren Abschnitte besprochenen Helligkeits- beobachtungen nach der Methode der Sequenzen würde auch auf eine ein- fache üise zur Auffindung der Variablen des südlichen Sternenhimmels führen. Denn diese Sterne werden an verschiedenen Abenden verschiedene Stellungen in den Sequenzen einnehmen, und sich dadurch besonders dann als Veränderliche charakterisiren, wenn sich in den Verschiebungen eine gewisse Gesetzmässigkeit bekundet. Ist jedoch die Variabilität eines Sternes erkannt worden, so bleibt noch die Dauer der Periode, sowie die Amplitude und die Art des Verlaufes seines Lichtwechsels zu erforschen. Dies kann nur durch ein anhaltendes Vergleichen mit mehreren anderen Sternen ge-. schehen, die ihm in den einzelnen Phasen des Lichtwechsels an Helliskeit nahezu gleichen, und womöglich so auszuwählen sind, dass ein Theil der- selben heller, der andere schwächer als der Veränderliche ist. Hierbei schätzt man Helliekeitsdifferenzen gewöhnlich nach Stufen, indem man sich den Helligkeitsunterschied, um den im Mittel zwei aufeinanderfolgende Grössen- klassen abstehen, in mehrere gleiche Theile getheilt denkt, und jeden der- selben als Stufe bezeichnet. Es lässt sich nun allerdings nicht leugnen, dass in dem Begriffe der Stufe eine gewisse Willkührlichkeit liest, indem jeder Beobachter sich seine eigene Skala bilden muss, und namentlich die Anzahl der Stufen, die er zwischen zwei Grössenklassen mit Sicherheit einschalten kann, von der grösseren oder geringeren Fähigkeit abhängen wird, schwache Lichtunterschiede aufzufassen. Im Alloemeinen hat man aber gefunden, dass ein normales Auge bei einiger Uebung das Intervall zwischen zwei Grössen- klassen noch ziemlich sicher in 10 Theile theilen kann, so dass im Mittel eine Stufe etwa „I; einer Grössenklasse beträgt. Uebrigens wird man unter dieser Annahme eigentlich immer nur 5 Stufen zu schätzen haben, nämlich 5 nach aufwärts und 5 nach abwärts. Dämmerung. r Mit der Besprechung der Dämmerung eröffnen wir die Besprechung einer Gruppe von Erscheinungen, welche durch unsere Atmosphäre bedingt werden, und daher mehr in das Gebiet der Meteorologie und Physik, als in , das der Astronomie gehören, deren Erforschung aber bisher fast ausschliess- a lich den Astronomen zugefallen ist, weil diese einerseits gewöhnlich die geeignetsten Mittel zu einer zweckmässigen Beobachtung dieser Phänomene besitzen, und weil andrerseits ein Theil derselben, wie die Dämmerung und Refraktion, die astronomischen Beobachtungen unmittelbar beeinflusst. Allein gerade diese Zwitterstellung ist vielleicht eine der Hauptursachen, warum diese Phänomene noch in vielfacher Beziehung ziemlich mangelhaft bekannt sind, da der Astronom, deren Erforschung nicht als seine Hauptaufgabe be- _ — trachten kann, und sie daher nur nach jener Richtung studirt, die für ihn das meiste Interesse darbietet. Uebrigens wollen auch wir diesen Standpunkt hier festhalten, und diese Phinomenee nur insoweit erörtern, als sie für die 9 Astronomie von Wichtigkeit sind. Der Verlauf der Dädimerung gestaltet sich in verschiedenen Zonen sehr verschieden, und ist in unseren Breiten im Allgemeinen der folgende. Gleich nach Sonnenuntergang zeigt sich am östlichen Horizonte ein schmutzig 70 Weiss. blaues, von einem matten rothen Saume eingefasstes Segment, welches desto höher emporsteigt, je tiefer die Sonne sinkt, wobei aber die anfänglich ziemlich scharfe Begrenzung desselben immer verwaschener und der rothe Saum immer a wird. Dieses unter dem Namen Gegendämmerung be- kannte Segment ist nichts anderes als der Schatten, den der Erdkörper auf die Atmosphäre wirft, während der rothe Saum von zerstreuten’Sonnenstrahlen herrührt, die in den Schattenraum gebrochen werden. Sobald die Gegendämmerung das Zenith überschreitet, ändert sich die Erscheinung seits als jetzt em weiteren Vorrücken des Erdschattens der früher ganz erhellte westliche Himmel von dem dunklen Bogen nach und nach immer mehr eingeengt wird, und dadurch die Gestalt eines lichten Seg- mentes annimmt, das zuweilen von einem matten weisslichen Rande umgeben erscheint, und Dämmerungsbogen oder Dämmerungsschein genannt wird. So wie der höchste Punkt dieses Bogens unter den Horizont sinkt, ist jede Spur der Dämmerung verschwunden und volle Nacht eingetreten. Man bezeichnet daher diesen Moment als den Schluss der astronomischen Dämmerung zum Unterschiede von der bürgerlichen Dämmerung, welche bereits dann ihr Ende erreicht, wenn man die meisten Arbeiten im Freien aus Lichtmangel ein- stellen muss. Das Verschwinden des Dämmerungsbogens lässt sich in unseren Breiten nur sehr selten einigermaassen genau beobachten. Allein in geringeren Breiten, namentlich aber zwischen den Wendekreisen, lässt sich der Unter- gang desselben in der Regel auf wenige Minuten genau angeben, sobald man durch einige Uebung die Schwierigkeiten überwunden hat, welche sich an- fänglich der Auffassung dieses Momentes entgegenstellen. Uebrigens sind in den Aequatorialgegenden alle Phasen der Dämmerung schärfer ausgeprägt, daher auch präeiser zu beobachten als bei uns, und es bietet dort überhaupt die ganze Erscheinung ein viel prächtigeres Schauspiel dar, weil während derselben in buntem Wechsel, rasch nach einander die verschiedenartigsten Färbungen auftreten. So stellt sich nach Liais die Dämmerung unter dem Aequator folgendermaassen dar. Fast unmittelbar nach dem Untergange der Sonne zeigt sich im Osten eine rosenrothe Färbung, unterhalb welcher bald darauf ein dunkles, häufig grünlich gefärbtes Segment zum Vorschein kommt. Die rosenrothe Färbung breitet sich rasch gegen Norden und Süden aus, und wird etwa 11 Minuten, nachdem sie im Osten aufgetreten, auch bereits im Westen bemerkbar. Um diese Zeit ist überhaupt der ganze Himmel rosenroth gefärbt, mit Ausnahme des Horizontes im Osten, wo ein dunkles graublaues, und im Westen, wo ein weisses Segment auf demselben aufliest. Die rothe Färbung im Osten wird nun immer schwächer und ver- schwindet 8 Minuten später vollständig, während sich im Westen um das weisse Segment ein lebhaft roth gefärbter Saum bildet, von dem das Azur- blau des darüber befindlichen Himmels sich in einem Glanze und einer Tinte abhebt, die unmöglich beschrieben werden können. Dieses Segment senkt sich nach und nach gegen den Horizont herab, färbt sich dabei intensiv roth oder roth-orange, und geht unter, wenn die Sonne eine Tiefe von 1197 erreicht hat. Wenn der eben besprochene Bogen gerade im Untergange begriffen ist, tritt fast gleichzeitig am ganzen Himmel neuerdings ein rosenrothes Licht auf. Nur das Zenith bleibt fortwährend blau oder vielmehr tief dunkelblau, da die Helliskeit bereits sehr gering ist. So wie die Sonne noch tiefer hinabsteigt, verschwindet auch diese zweite Röthung zunächst im Osten und zieht sich dann langsam gegen Nord und Süd zurück, so dass sie schliesslich estlichen: ar wieder zu einem gedrückten Bedinenite, mit einem lichen Bogen im Innern le Endlich geht auch dieses gment, das bei seiner Annäherung an den Horizont dien immer mehr ‚röthet, unter, wenn die Sonne 18°3 unter den Horizont gesunken ist, und echlieset damit die Dümmerung. . En, Vor Kurzem hat H. Burkhardt- Jetzler noch auf eine andere merkwür- dige Erscheinung aufmerksam gemacht, welche er für ein Analogon unseres Alpenglühens hält. Sie tritt an der östlichen Küste Südamerikas in beson- derer Pracht auf und besteht darin, dass, wenn schon Dunkelheit herrscht, - und Sterne bis zur 3. Grösse mit unbewaffnetem Auge erkannt werden können, das Tageslicht plötzlich wieder aufleuchtet, und der ganze Westhimmel ein helles Licht ausstrahlt, als ob ihn eine unsichtbare Sonne auf’s Neue be- leuchte. Diese Erscheinung, welche mit dem oben erwähnten zweiten Auf- treten des rosenrothen Lichtes am Himmel zusammenhängen dürfte, zeigt sich jedoch nur bei sehr reiner Atmosphäre, nach starkem Thaufalle, nach ee und Gewittern, in deren Folge sich die Luft abkühlt und der Ward entledigt. Die bürgerliche Dämmerung wird so unbestimint definirt, dass sich über ihr Ende nichts Näheres angeben lässt, als dass es eintritt, wenn die Sonne beiläufig 6° bis 7° unter dem Horizonte steht. Das Ende der astronomischen Dämmerung ist als Moment des Unterganges des Dämmerungsbogens aller- dings besser charakterisirt, allein es fehlten bis vor Kurzem neuere Beob- achtungen darüber, so dass man noch immer auf die zum Theile sehr vagen Bestimmungen früherer Jahrhunderte rekurriren musste, und die Tiefe der Sonne beim Ende der astronomischen Dämmerung gewöhnlich zu 18° rund- weg annahm. Erst in der neuesten Zeit hat J. F. Schmidt eine sehr um- fassende, hierauf bezügliche Beobachtungsreihe ausgeführt, aus welcher her- vorgeht, dass dieser Werth wenigstens für Südeuropa nicht unbedeutend ver- kleinert werden muss, und dass sogar an ein und demselben Orte die Tiefe der Sonne beim Aufhören der Dämmerung mit. den Jahreszeiten variirt, in- dem sie beispielsweise zu Athen im Sommer nur 15°3, im Winter aber 17°2 beträgt. Es lässt sich daher um so mehr bezweifeln, dass das Ende der Dämmerung an allen Orten der Erde bei demselben Sonnenstande eintritt: es weisen im Gegentheile mancherlei Umstände darauf hin, dass die Tiefe der Sonne am Schlusse der Dämmerung in niedrigen Breiten geringer sei, als in höheren. Uebrigens will man auch mehrfach die Bemerkung gemacht haben, dass die Morgendämmerung kürzer dauere als die Abenddämmerung: doch ist darüber noch nichts Näheres bekannt. Die Dauer der Dämmerung hängt in erster Linie von der Schnelligkeit IB. ab, mit welcher die Sonne rhlen de: a sinkt, ist daher den ; Tropen viel kürzer als in höheren Breiten. Allein auch an ein und dem- selben Orte ist ihre Dauer in verschiedenen Jahreszeiten sehr verschieden, und namentlich zur Zeit der Aequinoctien bedeutend kürzer als zur Zeit der - Solstitien, weil in jenen die Sonne viel rascher unter den Horizont hinab- | ‚steigt. als in diesen. Aus dem Obigem ergiebt sich von selbst, dass die Ermittelung der Dauer er astronomischen Dyranerı ung in ae dercn (Gegenden der Erde beson- s wünschenswerth wäre. Zu diesem Zwecke kann man in geringen Breiten n Untergang des Dämmerungsbogens unmittelbar beobachtän in höheren iten hingegen, wo diese Beobachtung nur sehr selten gelingen würde, ist zweckmässiger, die Höhe und azimutale Ausdehnung des Dümmerungs- so lange er noch gut zu erkennen ist, mehrmals nach einander zu 72 Weiss, beobachten, und aus diesen Daten durch eine einfache Proportion die Zeit seines vollständigen Verschwindens zu berechnen. Doch darf man sich bei diesen Beobachtungen durch das Zodiakallicht nicht täuschen lassen, dessen Basis sich mit dem Dämmerungsbogen vermischt, und sehr leicht mit dem- selben verwechselt werden kann, wie denn überhaupt das Zodiakallicht der Genauigkeit dieser Beobachtungen am meisten Abbruch thut. Die Höhe des Dämmerungsbogens kann man durch die Vergleichung der Höhe seines Scheitels mit den Höhen bekannter Sterne und seine azi- mutale Ausdehnung durch solche Sterne ermitteln, welche senkrecht über seinen Enden sich befinden. Viel einfacher und bequemer gestaltet sich jedoch die Sache, wenn man ein Meteoroskop zur Hand hat, weil man an einem solchen die gewünschten Grössen unmittelbar einstellen und ablesen kann. Scheut man hierbei die geringe Mehrarbeit nicht, nebst den Azimuten des Endpunktes des Bogens, noch das Azimut seines Scheitels zu notiren, so gewinnt man zugleich auch das nöthige Material zur Entscheidung der interessanten Frage, ob die Mitte des Dämmerungsbogens immer genau senk- recht über der Sonne steht, oder ob Unregelmässigkeiten in den oberen Luftschichten auch merkbare Unregelmässiskeiten in seiner Lage nach sich ziehen. Uebrigens wären alle diese Beobachtungen um so verdienstlicher, wenn sie im Hinblicke auf die vermuthete ungleiche Dauer der Abend- und Morgendämmerungen nicht nur am Abendhimmel, sondern auch möglichst häufig am Morgenhimmel angestellt würden. Neben diesen Beobachtungen versäume man es aber nicht, auch die ver- schiedenen Färbungen, welche die Dämmerung begleiten, zu beachten, na- mentlich dann, wenn darin eine besondere Lebhaftigkeit oder Pracht sich zeigt (ungewöhnlich starke Abend- und Morgenröthen). Ebenso sollten Beob- achter innerhalb der Wendekreise ein besonderes Augenmerk auf die Eingangs erwähnte Nachdämmerung richten, und Alles, was sie darüber sammeln können, sorgfältig notiren, da diese bisher so wenig gekannte Erscheinung für die Theorie des Dämmerungsphänomens von der höchsten Tragweite ist. Im Jahre 1858 machte Liais die interessante Bemerkung, dass bereits. einige Zeit vor dem Beginne der Morgendämmerung am östlichen Himmel polarisirtes Licht vorhanden sei, dessen Polarisationsebene durch den Sonnen- ort hindurchgeht. Dies polarisirte Licht steigt allmälig höher, erreicht das. Zenith beiläufig beim Beginne der Dämmerung und schreitet dann langsam. gegen Westen vor. Daraus ergiebt sich, dass die Sonne schon beim Anfange: der Dämmerung Schichten unserer Atmosphäre direkt beleuchtet, die sich im Zenithe des Beobachtungsortes befinden, oder mit anderen Worten, dass die: Höhe der Atmosphäre weit bedeutender sei, als die eigentlichen Dämmerunes- erscheinungen sie ergeben — eine Thatsache, die man übrigens aus anderen Phänomenen längst erschlossen hat. Indess ist die Entdeckung von Luais deshalb wichtig, weil sie ein sehr bequemes Mittel an die Hand giebt, we- nigstens eine untere Grenze für die Höhe jener Luftschichten zu ermitteln, welche das Licht noch zu reflektiren vermögen, wenn auch nur noch in so geringem Grade, dass das Auge die dadurch hervorgebrachte Erhellung nicht mehr wahrzunehmen vermag. Bedenkt man nämlich, dass in der Nähe des Zenithes die Grenze des polarisirten Lichtes mit gleicher Geschwindigkeit fortschreiten muss, wie die Grenze des Erdschattens, so ersieht man sofort, dass aus der Zeit, welche das polarisirte Licht braucht, um eine gewisse Winkelgrösse im Zenithe zu passiren, die Höhe der Atmosphäre berechnet werden kann. So beobachtete Liais im Jahre 1858, dass zu St. Domingos (Bai von Rio Janeiro) das polarisirte Licht in 9 Min. 40 Sek. von 20° östlich bis 900° örtlich vom Zenithe fortrückt. Da nun unter einer Breite von 230 ‘der Erdschatten 3,45 Meilen in einer Minute oder 33,4 Meilen in 9 M. 40 8. durchläuft, so folgt daraus für die Distanz, in welcher diese Grösse unter einem Winkel von 40° erscheint, d. h. für die Höhe der Atmosphäre, 45,8 Meilen. Diese Beobachtungen, welche Liais mit einem Nichol’schen Prisma oder einer Turmalinplatte in der Art anstellte, wie es beim Zodiakallichte näher angegeben ist, scheinen eigenthümlicher Weise trotz ihrer Einfachheit . und hohen Wichtigkeit seither nie mehr ausgeführt worden zu sein: es wäre daher eine Wiederholung derselben sehr erwünscht. Mit den Dämmerungsbeobachtungen können sehr leicht auch Beobach- tungen über das früheste und späteste Erscheinen der Mondsichel am Abend- und Morgenhimmel verbunden werden. Diese Beobachtungen haben heute allerdings nicht mehr die Bedeutung, welche sie in früheren Zeiten hatten: allein sie besitzen immerhin einiges Interesse, weil einzelne Wahrnehmungen - die Zeiten der ersten und jehzten Sichtbarkeit des Mondes seiner Kon- junktion mit der Sonne viel näher zu rücken scheinen, als man gewöhnlich annimmt. Hingegen hätten Beobachtungen heliakischer Auf- und Untergänge auch heute einen praktischen en namentlich wenn sie ae Zeik hindurch an den Kulturstätten des Alterthumes systematisch fortgeführt wür- den, da eine genaue Kenntniss des heliakischen Auf- und Unterganges einiger der hellsten Sterne das Verständniss und die Interpretation gar mancher Stelle in den alten Klassikern wesentlich fördern würde. Ebenso wäre eine genauere Prüfung der seit dem Anfange unseres Jahrhunderts mehrfach geäusserten Meinung, dass die ee des Erdlichtes im Monde davon Ebhrkeig sei, ob das Licht von der oceanischen oder vorwiegend kontinen- talen Seite der Erde reflektirt wird, nicht ohne Wichtigkeit, und könnte ein schätzbares Material für manche photometrische Untersuchung liefern. Refraktion. Von den mannichfachen Erscheinungen, welche die Refraktion des Lichtes darbietet, wollen wir uns jenen Theil herausfassen, welcher als astronomische Refraktion bezeichnet wird und die sogenannte terrestrische Refraktion ganz bei Seite lassen. Was nun die astronomische Refraktion betrifft, so ist ihre Konstante, oder was auf dasselbe hinauskommt, ihre Grösse im Horizonte, EN noch keineswegs so genau bekannt, als man in der Regel annehmen dürfte, noch weniger Sicheres aber wissen wir über das Gesetz, nach welchem sich ü die Horizontalrefraktion mit Temperatur und Luftdruck ändert, und über den Betrag, auf welchen sich diese Aenderungen belaufen können. Selbstver- ständlich ist hier nur von den Mittelwerthen aller dieser Grössen die Rede, - von denen einzelne Beobachtungen stets bedeutende Abweichungen zeigen werden, da die vielfachen Störungen in den untersten, das Licht am meisten brechenden Luftschiehten auch vielfach Unregelmässigkeiten der Refraktion - in der Nähe des Horizontes nach sich ziehen müssen. Man kann nun einem Reisenden allerdings nicht zumuthen, eigentliche MR hier darauf hinzuweisen, dass gerade die zahlreichen Expeditionen, welche 1 & Ur) { denen Gegenden der Erde begeben werden, eine Gelegenheit darbieten, wie sie so leicht nicht wiederkehren wird, über Verschiddkmel die Refrakkian be- treffende Fragen nähere Aufschlüsse zu erhalten. Es wäre dazu nur erfor- derlich, an möglichst vielen dieser Stationen eine Reihe von Gestirnen aus 74° Weiss. ° beträchtlichen Höhen bis zu ihrem Untergange, oder von ihrem Aufgange bis in beträchtliche Höhen zu verfolgen und diese Beobachtungen längere Zeit hindurch fortzuführen. Dabei würde es sich empfehlen, manchmal auch die ganze Kurve zu beobachten, die ein Stern von seinem Aufgange bis zu seiner Meridianpassage, oder von dieser bis zu seinem Untergange beschreibt und hierzu womöglich solche Sterne auszuwählen, welche einige Stunden nach Sonnenuntergang aufgehen oder einige Stunden vor Sonnenaufgang untergehen, weil ın diesem Falle die Beobachtungen gerade jemen Zeitraum umfassen würden, in: dem im Alloemeinen die grösste Regelmässigkeit in der Anord- nung der atmosphärischen Schichten herrscht. Ein besonderes Interesse würden übrigens Refraktionsbeobachtungen von höher gelegenen Stationen besitzen, an denen man die Gestirne bis unter den wahren Horizont ver- folgen und dadurch auch etwas Näheres über die noch so gut wie unbe- kannten Refraktionen in Zenithdistanzen über 90° erfahren könnte. Indess kann auch ein Reissnder ohne genauere Instrumente schöne Beiträge zur Kenntniss der Refraktion liefern, wenn er -auf einer weiten Ebene, oder noch besser am Meeresstrande die Auf- und Untergangsmomente der Sonnen- und Mondränder, oder die Untergänge der helleren Planeten und Fixsterne beobachtet: die letzteren mit Hülfe eines kleinen Fernrohres, um sie bis an den Horizont sehen zu können. Dabei darf er aber nicht vergessen, die Höhe seines Auges anzugeben (wegen der Depression des Ho- rizontes) und den Stand der meteorologischen Instrumente sorgfältig zu no- tiren. Ferner soll er nicht versäumen, unregelmässige Refraktionserschei- nungen, wie z. B. eigenthümliche Dekuanan der Ahnner- und Mondscheibe en des Auf- oder Unterganges, und namentlich die Fälle von lateralen Refraktionen in ihren Einzelheiten genauer zu beschreiben. Wenn auch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhange mit, so doch in einer gewissen Beziehung zur Refraktion steht das Funkeln oder Scin- tilliren der Sterne. Man versteht darunter bekanntlich die raschen, gewöhn- lich mit Farbenänderungen verbundenen Fluktuationen im Glanze und in der scheinbaren Grösse, welche die Sterne im Alleemeinen, besonders auffällig aber in der Nähe des Horizontes zeigen. Arago hält das Funkeln für ein einfaches Interferenzphänomen; Montieny hingegen glaubt, dass es weit eher auf Dispersion und Refraktion des Lichtes in der Atmosphäre zurückgeführt werden müsse: eine Ansicht, welche die Untersuchungen’ von Donati und Respichi zu bestätigen Sanei. Indess ist das Phänomen des Funkelns zweifelsohne ein so ee dass nur zahlreiche und sorgfältige Beobachtungen die nöthigen Daten zur Aufstellung einer sicheren T'heorie desselben liefern, und zur Erkenntniss der Relationen führen können, in welchen es mit den Zuständen in unserer Atmosphäre steht. Für das unbewaffnete Auge ist das Funkeln bei den Sternen erster Grösse sehr auffällig; Dede geringer schon bei denen zweiter Grösse, und wird bei den schwächeren a ganz unmerklich. Doch wechselt die Lichtstärke der Sterne, bis zu denen das Funkeln bemerkt werden kann, Tag für Tag, je nachdem dasselbe im Ganzen genommen stärker oder schwächer ist. In unseren Gegenden ist in Nächten, in denen die Sterne stark funkeln, das Funkeln selbst im Zenithe noch sehr merkbar, und nur in Nächten, in denen es schwach ist, zeigen Sterne im Zenithe und in der Nähe desselben keine Spur davon. Allein auf hohen Bergen, ferner in den Aequatorial- gegenden und auch in Ländern grosser Trockenheit sollen die Sterne in einem bedeutend schwächeren Maässe und blos in der Nähe des Horizontes EA v;fur Besultate: nur aus vereinzelten ehmngen versch ae Baden ge- gen sind. Es wäre daher sehr zu wünschen, dass bald grössere atisch angestellte Beobachtungsreihen aus edenen Gegenden der Erde _ vorliegen den, über das Werhälten des Funkelns bei grosser Hitze und BR Mrockenheit (Wüsten: und Steppengegenden), intensiver Kälte (Polargegenden oder hohem Dampfgehalte der Luft ete. $ Von den Planeten nimmt man gewöhnlich an, dass sie gar nicht oder höchstens sehr schwach funkeln: doch gilt diess nur für Jupiter und Saturn, denn an Mars, Venus und namentlich Merkur zeigt sich diese Erscheinung oft in sehr hohem Grade. Uebrigens sollen auch zwischen den einzelnen - Sternen individuelle Unterschiede im Seintilliren vorkommen, und insbesondere die rothen Sterne schwächer funkeln als die weissen: indess bedarf es zur Feststellung dieser und ähnlicher Verhältnisse noch zahlreicher Beobach- h tungen. Nach den Erfahrungen von Oh. Dufour, welcher sich mit derartigen Beobachtungen vielfach beschäftiot hat, ist es das Zweckmässigste, das Fun- keln der Sterne ohne jegliches Instrument, blos mit dem freien Auge zu beobachten und die Stärke desselben durch eine Zahl zu bezeichnen, ebenso wie man in der Meteorologie den Grad der Bewölkung oder die Stärke des | Windes durch Zahlen ausdrückt. Dufour glaubt, dass man bei einiger Uebung und bezeichnet demgemäss mit O ein ganz unmerkliches, mit 10 das stärkste Funkeln, das vorkommt und dadurch charakterisirt ist, dass die Sterne zu hüpfen, bedeutende Farbenänderungen zu erleiden und manchmal sogar ganz zu verschwinden scheinen. Ein solches Funkeln findet nur hart am Hori- zonte statt und gehört auch dort noch zu den seltenen Vorkommnissen. BR Ueber die zen der einzelnen Zwischenstufen lässt sich nichts Näheres angeben: sie muss dem eigenen Ermessen jedes Beobachters amheimsestellt werden. Es wird daher auch stets eine gewisse Unsicherheit bei der Vergleichung der Resultate verschiedener Beobachter zurückbleiben; indess ist trotzdem diese Art der Aufzeichnung bei Weitem jener vorzu- ziehen, nach welcher der Grad des Scintillirens blos durch die noch weit - elastischeren Ausdrücke stark, schwach, unmerklich u. dgl. angegeben wird. Von Nebenumständen, welche wohl zu beachten sind, sei erwähnt, dass dass Mondschein die Güte der Beobachtungen sehr beeinträchtigt. Sind daher Beobachtungen unter solchen Verh ältnissen angestellt worden, so sollte dies stets bemerkt werden. Dem Funkeln der Sterne in gewisser Beziehung ähnlich ist das soge- nannte Sternschwanken, welches in eigenthümlichen Ortsveränderungen der Sterne besteht, die sich auf mannigfache Weise manifestiren. Die Sterne = scheinen Gibweder Kreise oder Blliasen: deren Durchmesser zuweilen bis auf ehrere Grade steigen, zu beschreiben — oder mehr fortschreitend von links h nach rechts, oder von oben nach unten sich fortzubewegen, an dem äussersten unkte eine Zeitlang zu verweilen und dann dem Anfangspunkte wieder zu- eilen — oder endlich unregelmässig geschlängelte Linien nach verschie- n Richtungen zurückzulegen, jedoch immer so, dass sie zum Ausgangs- te wieder riräekkehren. F ei bir Bil » N n N 5 Ft t N N RE A RER Ay Pr Y A SR während der monatelangen Nacht und Ostsibirien in heiteren Winternächten) sehr wohl 10 Grade in der Stärke des Seintillirens unterscheiden könne, Dämmerung und Nähe von Wolken das Funkeln fast immer verstärkt, und. 76 Weiss. Auges beim längeren scharfen Fixiren eines Gegenstandes in innigem Zu- sammenhange. Denn nicht nur konnten er und mehrere Mitbeobachter die Erscheinung des Sternschwankens stets dadurch hervorrufen, dass sie einen Stern längere Zeit. hindurch unverwandt anblickten, sondern es war diese Erscheinung überdiess in ein und demselben Momente für einen jeden Be- obachter eine andere (indem z. B. der eine den Stern steigen, der andere ihn fallen, ein dritter ihn einen Kreis beschreiben, ein vierter ihn stille stehen sah etc.) und konnte auch jeden Augenblick durch ein rasches Blinzeln mit den Augenlidern unterbrochen werden. Indess ist es doch immerhin noch fraglich, ob alle bisherigen Wahrnehmungen des Sternschwankens sich auf analoge Weise erklären lassen. Es wäre daher sehr erwünscht, bei einem etwaigen Auftreten dieser Erscheinung durch das oben angegebene Mittel sich zu überzeugen, ob das Phänomen ein subjektives ist oder nicht, und ım letzteren Falle die Einzelheiten desselben genau anzugeben. Schliesslich seien dem Reisenden noch Beobachtungen über die Absorp- tion des Lichtes in der Atmosphäre, vorzüglich in der Nähe des Horizontes empfohlen. Diese Beobachtungen sind insofern wichtig, als sie uns die rela- tive Durchsichtigkeit der Luft in verschiedenen Gegenden der Erde kennen lehren, und können am einfachsten durch Vergleichung der Helliekeit der grösseren Sterne bei tiefem Stande mit Sternen in der Nähe des Zenithes angestellt werden. Die hierbei anzuwendenden Methoden sind bereits ın einem früheren Abschnitte (Helliekeit und Farbe ‘der Fixsterne) näher aus- einander gesetzt worden. Polarlichter. Das letzte Phänomen, auf dessen Beobachtung wir Reisende aufmerksam . machen wollen, sind die Polarlichter, welche man bekanntlich je nach der Hemisphäre, in der sie sichtbar sind, als Nord- oder Südlichter bezeichnet. Von diesen sind begreiflicher Weise die Nordlichter am häufigsten und sorg- fältigsten beobachtet worden; doch ist uns auch über die ersten Stadien und die allmälige Ausbildung eines Nordlichtes nur so viel bekannt, dass der nördliche Horizont kurz vor dem Auftreten eines solchen gewöhnlich ein schmutziges, dunstartiges Aussehen gewinnt und dass die schmutzig gefärbte Partie des Himmels nach und nach die Gestalt eines dunkeln Bogens an- nimmt, der sich in unsern Breiten meist nur bis zu einer Höhe von 5° bis 10° erhebt und von einem auf der obern Seite verwaschenen Lichtsaume begrenzt wird. Das dunkle Segment ist übrigens keine Wolkenbank, da die Sterne ohne bedeutende Lichtschwächung durch dasselbe hindurchschimmern. In hohen nördlichen Breiten scheint während dieses Entwicklungs - Stadiums öfters der ganze Himmel von einem rauchartigen Nebel erfüllt, und noch näher gegen den Pol hin sieht man das dunkle Segment am südlichen Hori- zonte aufruhen. In der weiteren Ausbildung zeigen namentlich intensivere Polarlichter eine so grosse Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, dass eine auch nur halb- wegs erschöpfende Beschreibung derselben den Rahmen dieser Zeilen weit übersteigen würde. Die auffälligsten und am öftesten wiederkehrenden Phä- nomene bezeichnet man als: Lichtbogen, Strahlenschiessen, Gewölk, Büschel, Flammen u. dgl. Dabei ist die ganze Erscheinung in steter Bewegung be- griffen und zwar theils in tremulirender, theils in undulirender, theils in mehr oder minder rasch fortschreitender. Nur ein Gebilde, die Krone, welche übrigens in mittleren Breiten selten und blos bei vollständig ausgebildeten bis zu ihr hinan Sen die Strahlen 6) Flammen von allen I ber nie über sie hinaus, und nie wird sie von den Strahlenbogen bedeckt, wenn Ka ‚diese auch nördlich und südlich von ihr in der heftigsten Bewegung nel; Die Krone hat für die Polarlicht-Strahlen dieselbe Bedeutung, wie der Radiationspunkt für eine Gruppe zusammengehöriger Sternschnuppen: sie ist nämlich jener Punkt, nach welchem der Perspektive gemäss die unter sich parallelen Polarlicht- Strahlen zu convergiren scheinen, und lehrt uns, dass diese Strahlen im Allgemeinen der Inklinationsnadel parallel angeordnet sind, da ihr Centrum dem magnetischen Zenithe stets sehr nahe liegt. Damit stimmt auch die beim Ueberwintern von arktischen Expeditionen häufig be- obachtete Thatsache, dass mit der Annäherung an die magnetischen Pole die Richtung der Sichtbarkeit der Polarlichter immer unregelmässiger wird und nach der Ueberschreitung der magnetischen Pole sich geradezu umkehrt. Die Krone beweist ferner am augenfälligsten, dass die Polarlichter zu den tellurischen Erscheinungen gehören, da ihre Lage in Bezug auf den Horizont im Laufe der Nacht ungeändert bleibt, zum Zeichen, dass das ganze Phä- nomen an der täglichen Rotation der Erde theilnimmt. Uebrigens will man auch mehrfach einen Zusammenhang des Nordlichtes mit gewissen Wolken- formen, ja sogar eine Art gegenseitigen Vertretens von Polarbanden und Nordlicht beobachtet haben. Doch ist eine solche innige Wechselwirkung schwer zu begreifen, da der Polarlichtprosess, wenigstens in mittleren Breiten, stets in den höchsten Regionen unserer Atmosphäre vor sich geht, Nur in den Polargegenden soll die Lichtentwickelung ausnahmsweise in die tiefern Schichten der Atmosphäre und sogar ganz nahe an die Erdoberfläche herab- steigen: indessen ist; bei den meisten hierfür angeführten Beobachtungen die Möglichkeit einer optischen Täuschung nicht ausgeschlossen. Schwache Polarlichter zeigen meist eine weisse oder blassgelbe Farbe. Gestaltet sich jedoch die Erscheinung zu einer glänzenden, dann weist der Himmel gleichzeitig eine grosse Varietät von Farbentönen auf. Einige Par- tien desselben sind weiss mit einem Anflug von grün, andere blass — oder strohgelb, während noch andere eine röthliche, selbst blutrothe Färbung an- nehmen. Zugleich wechseln diese Farben beständig ihre Lage und Inten- sität. Ebenso kommt es sehr häufig vor, dass ein Polarlicht nicht blos in einzelnen Theilen, sondern allmälig ganz verblasst und fast vollständig ver- schwindet, plötzlich aber in seinem vollen oder selbst in verstärktem Glanze wieder aufleuchtet. Ein derartiges Schauspiel kann sich bei starken Erschei- „nungen sogar 3 bis 4 mal in einer Nacht wiederholen. Das Spektrum des Nordlichtes besteht in seiner vollsten Entwickelung aus 7 hellen Linien, von denen eine im Roth, -eine andere im Blau und 5 im Grün sich befinden. Die ganze letztere Gruppe, namentlich aber die hellste Linie derselben, ist am leichtesten sichtbar, schwieriger schon die rothe Linie und am seltensten die blaue. Die re der Polarlichter ist sehr verschieden. Manchmal währen sie blos 1 oder 2 Stunden, manchmal die ganze Nacht, und erscheinen hin und _ wieder an zwei aufeinander folgenden Nächten unter Umständen,: welche an- nehmen lassen, dass der Lichtprozess ununterbrochen fortgedauert und ledig- lich das Dazwischentreten des Tages seine Sichtbarkeit sahidant habe. In ‚der That hat man auch in der neuesten Zeit, wo man derartige Vorkomm- _ nisse aufmerksamer verfolgt, schon mehrfach Erschöitiieen wahrgenommen, die ganz den Charakter eines Polarlichtes, wie es sich am Tage zeigen müsste, trugen. » 18 Weiss. Die Polarlichter erscheinen am häufigsten in höheren Breiten, und sind zwischen den Wendekreisen so gut wie unbekannt. Doch kennen wir das Gesetz ihrer Vertheilung nur für die Nordlichter etwas genauer. Für diese zieht die Linie der Maximalfrequenz nördlich von Nischney-Kolymsk und nahe an der Barrow-Spitze vorbei über den Bärensee, durch den nördlichen Theil der Hudsonsbai, über Labrador, südlich vom Kap Farewell zwischen Schottland und Island durch und wendet sich gegen das Nordkap, von wo sie bis zu ihrem Anschlusse an unseren Ausgangspunkt nicht weiter verfolgt werden kann. Dies- und jenseits dieser Linie werden die Lichtentwicke- lungen desto seltener, einförmiger und, weniger prächtig, je weiter man sich von ihr entfernt. eben die Lage der analogen ee für u Südlichter wissen wir noch nichts Näheres. Polarlichter werden oft gleichzeitig über einen grossen Theil der Erde gesehen. So wurden beispielsweise die Nordlichter vom 28. August und 2. September 1859 in ganz Europa und in Amerika vom 20. Breitengrade bis zu unbekannten nördlichen Gegenden beobachtet, während das Sichtbar- keitsgebiet der grossen Nordlichter vom 25. October 1870 und 4. Februar 1871, welche namentlich in Mitteleuropa einen ungewöhnlichen Glanz ent- falteten, kaum minder ausgedehnt war. Dazu kommt noch, dass jedes grosse Südlicht, von dem wir bisher Kenntniss erhielten, auch von einem grossen Nordlichte begleitet war. Es dürfte daher die Behauptung nicht ungerecht- fertigt erscheinen, dass intensive Polarlichter stets gleichzeitig an beiden magnetischen Polen der Erde auftreten. Obwohl Nordlichter zu allen Stunden der Nacht erscheinen, tritt em Maximum der Frequenz derselben doch für die meisten Orte der Erde einige Stunden vor Mitternacht ein, wobei indessen mit zunehmender Breite, namentlich in den Meridianen von Amerika, eine Verspätung statt hat. Für die südliche Halbkugel fehlen bis jetzt noch die nöthigen Beobachtungen zur Konstatirung einer ähnlichen täglichen Periode in der Frequenz der Südlichter. Hingegen lässt sich eine jährliche Periode, nach welcher zur Zeit der Aequinoctien eine grössere Zahl solcher Phänomene auftritt, als zur Zeit der Solstitien, auch in den Verzeichnissen der Südlichter trotz ihrer grossen Unvollständigkeit nicht verkennen. Ausser dieser täglichen und jährlichen Periode lässt sich aber in der Häufigkeit der Polarlichter noch eine längere Hauptperiode von etwa 55 Jahren nachweisen, welche mit der gleichlangen Hauptperiode der Sonnenflecken in inniger Beziehung steht und so wie diese in 5 sekundäre Perioden von nahezu 11 Jahren zerfällt. Bei der Eingangs erwähnten grossen Mannigfaltigkeit der Erscheinungen,, welche Polarlichter darbieten, ist es schwer, alles das detaillirter anzugeben, dessen Beobachtung wünschenswerth wäre: es ist daher das Beste, wenn ein Beobachter alles sorgfältig notirt, was ihm dessen werth scheint. Insbeson- dere aber sollte er den Verlauf der Bildung eines Polarlichtes von den ersten Anfängen an recht genau verfolgen, und sobald das dunkele Segment sich zu zeigen beginnt, namentlich das Augenmerk darauf richten, ob es sich auf einmal mit dem Lichtsaume umgiebt, oder ob dieser an einzelnen Stellen früher auftritt als an anderen. Dieselben Beobachtungen sind auch beim Verschwinden des Polarlichtes auszuführen. Ferner ist die Lage, Ausdeh- nung, Bewegung etc. der Lichtbogen möglichst genau zu beobachten, und sobald es bis zur Ausbildung einer Krone kommt, auch die Lage dieser. “ Die letztgenannten Beobachtungen haben desshalb ein besonderes Interesse, weil man in der neueren Zeit Methoden aufgefunden hat, aus der Amplitude und Höhe der Lichtbogen, sowie aus der Lage der a, allein, ohne Hin- anderer a Beebschtengent hs Höhe des Herdes -Strahlenbildung über der Erdoberfläche wenigstens näherungsweise zu Di Die Feststellung der Lage und Ausdehnung der Lichtbogen kann durch ö hm ihres unteren, meist schärfer begrenzten Randes in Sternkarten ' geschehen. Doch wird man sich auch Be hier eines Meteoroskopes mit besonderem Vortheile bedienen köunen, da man an einem solchen die zur Höhenbestimmung nöthigen Daten: Amplitude des Bogens am Horizonte und grösste Elevation über demselben, unmittelbar ablesen kann. Etwas ähnliches gilt auch von der Krone, weil diese, wie bereits erwähnt wurde, an der täglichen Bewegung theilnimmt, daher ihre Lage in Bezug auf das Koordinatensystem der Höhen und Azimute nicht ändert. Die Position der Krone wird in der Regel mit bedeutender Genauigkeit angegeben werden können, da die Polarlichtstrahlen nicht allzurasch vorüber- gehende, sondern oft minutenlang fast an derselben Stelle des Himmels fest- stehende Erscheinungen sind. Man kann daher den Anfangs- und Endpunkt und damit die Richtung einzelner verschieden gerichteter Polarlichtstrahlen mit einer namhaften Genauigkeit ermitteln und daraus den Konvergenzpunkt ebenso 'sicher herleiten. Diese Art der Feststellung des Centrums der Krone ist dem direkten Einstellen auf dasselbe desshalb vorzuziehen, weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass die Strahlen an einer Seite öfter näher an den eigentlichen Schneidungspunkt herantreten, als an der andern und dadurch dessen Lage in der Krone excentrisch wird. Hat Et die Erscheinung des Polarlichtes bis gegen den Morgen hin erstreckt, so sollte der Beobachter nicht versäumen, sich unter Tags öfter nach Ben umzusehen, welche als Fortsetzung des Lichtprocesses ge- deutet werden könnten; ebenso sollte er es nicht unterlassen, alle Boch nungen sorgfältig zu registriren, die über den vermutheten Zusammenhang zwischen Polarlichtgewölk und Cirruswolken einiges Licht verbreiten könnten. Zu weiteren Untersuchungen über die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Polarlichtern, magnetischen Störungen und Witterungsverhältnissen wird ein Reisender wohl selten genug Gelegenheit haben, da ein solches Unter- nehmen vor Allem einen längeren Aufenthalt an ein und demselben Orte erheischt. Wir wollen daher hier nicht näher darauf eingehen, und zum Schlusse nur noch beifügen, dass selbst das blosse Registriren des Auftretens eines Polarlichtes, ohne jede weitere Beobachtung desselben, namentlich auf der südlichen Halbkugel Werth hat, da es zu Untersuchungen über die Kor- respondenz zwischen Nord- und Südlichtern verwendet werden kann. S0 Weiss. Anhang I. Verzeichniss der Fixsterne bis zur 4. Grösse, südlich vom Aequator, die von J. Herschel nach der Methode der Sequenzen beobachtet wurden, geordnet nach ihrer Helligkeit. Um natürliche Konstellationen nicht allzu sehr zu zerreissen, sind auch einige Sterne mit geringen nördlichen Deklinationen hinzugefügt, aber durch ein beigesetztes (N) kenntlich gemacht. Name. Sirius Canopus «& Centauri 8 Orionis «& Eridani £ Centauri «& Crucis a Scorpil « Virginis « Piseis austr. - ß Crueis « Gruis y Crucis & Canis ma]. 4 Scorpil & Orionis 8 Argus © Orionis y Argus & Argus « Trianguli austr. & Sagittari © Scorpü oe Hydrs ö Canis ma). «a Pavonis (Var?) Gruis o Sagittarii ö Argus B Ceti ), Argus © Centauri 5 Canis ma). # Orionis ö Orionis (Var.) y Centauri & Scorpil £ Argus a Phönicis ı Argus « Lupi o Ceti (N) & Centauri n7 Canis ma). ö Scorpii Grösse. Fre} DDD D DDyDDW SSHSUEJUESUE NS) DDDDD [SLJUELSUEISU TU) RE Ge wm Do DDyDDm oODDDD Dyeame DDDDMDN DDDD [ÖVELSUELSUELSUEISG) mc 0 00 0 DOoDDmDmD Name. y Corvi # Scorpii n Centauri # Argus 9, Corvi ß Scorpii - £ Centauri sc Argus ö Centauri a Leporis ö Ophiuchi & Sagittarii Ophiuchi ß Libre y Virginis = uw Argus ö Sagittarii a Libre 8 Lupi e Columbzs 3 Aquarii o& Aquarli ), Sagittarii ı Centauri & Ophiuchi ö Corvi ö Capricorni 8 Eridani © Argus 5 Hydri (Var?) & Corvi ß Ar o Toucani o Argus re Scorpii 9 Leporis (Var?) y Lupi v Scorpii ı Orionis a Ars nı Sagittarii $ Capricorni a Musc» | « Hydri (Var?) | x Scorpil Grösse. [SUERSLEXSUEISS EIS) cm 9 CD [SCI RSUEISUELSV) [SC SU SCH SU SCHE SUR SCH SUN SC SCHERE SCH SCH SCH ICH SEE SUR SCHICHSCHST) [TS GET St So SEEN Sort SET SE SE SS SE SETS St SG SORSCH SUR SCH IT) BerRRıR SURSCH SUR SUR ET, BeRReRHe Name. &£ Hydr& (N) y Hydr 8 Trianguli austr. a Scorpii t Argus 9 Aquile y Trianguli austr. ı Scorpil v Argus ) Aquile ö Crucis y Sagittarii 7 Serpentis v Hydrz 4 %) Centauri N Velorum ö Aquarii ö Aquile (N) 5 Columbz & Canis maj. Y Gruis « Indi ß Musc® u‘ Scorpii 4 Centauri y Tubi y Hydri © Argus &e Hydre (N) ® Eridani | v Argus ErAreusı o?Canis ma]. re Hydr ı # Tubi t Sagittarii e Aquarii o. Pictoris p Sagittarii o Cireini y Ophiuchi (N) o Argus «& Doradus 8 Phönieis n Scorpii BPRPRPeP RR PBR Be ee He Ihe Ih OD [UPELSVETJWERSUELUN [DV EMUEIUUIZUL EIS] DD wc BR ıR [DSEISVEISULEEJUERSU] [SVERSUIERSUELSUERSU) [SUIKJCELJUELSUEN 2 m DD. OD Brppk Bann Grösse. 3. © Co Co Co Co 2 änomene am Himmel. ‚Grösse. ' f Grösse, Name. h 4.3 Eon 4 ı Gruis 4 4.3 5 Puppis 4 | y Scorpii 4 4.3 & Leporis f 4 N #9 « Retieuli a In E o Canis maj. 4 : Zaun n Orionis 4 Toucani 4 Re en 1 ' « Centauri 4 y Leporis 4 3 4 Beh Est 4 | «Capricorni 4|0 Bayenı n 5 Aquarii 4 en UNE lc 4 Virginis (N) 4 | y Eridani 2 oruuem 2 Go d Lupi 4 | » Scorpii A y Piscium (N) 4 | v Centauri 4 | Eridani 4 Bed Virginis (N) 4 | 8 Pavonis 4 | « Piscium (N) AIR IRce DL 279 Carine 4|e Sr 4 | y Pavonis (Var?) 4 ; a W Anhang II. ON Literaturangabe. S Dr. E. Heis. Neuer Himmelsatlas. Köln -1872. : J. J. v. Littrow. Atlas des gestirnten Himmels. Stuttgart Kal ; Dr. Fr. Argelander. Neue Uranometrie. Berlin 1843. Fr. Argelander. Aufforderung an Freunde der Astronomie ete. Schumachers astron. Jahrbuch 1844. Hr 0). F. Schmidt. Das Zodiakallicht. Uebersicht der seitherigen Forschungen, nebst _ meuen Beobachtungen etc. Braunschweig 1856. Eine wiehtige Ereänzung hierzu rg ag desselben Verfassers Aufsatz: Ueber den sog. Gezenschein des Zodiakallichtes. S ae Astr. Nach. B. 72 p. 337. nal) a" G. Jones. Observations of the Zodiacal Licht from April 2 1853 to April 22 1855. Bu U. S. Japan Expedition. Vol. II. Washington 1856. € J. V. Schiaparelli. Entwurf einer astronomischen Theorie der Sternschnuppen. SR Deutsch herausgegeben von @. v. Boguslawski. Stettin 1871. in —— M. Delaunay. Notice sur la constitution de P’Univers. Meteores, Etoiles filantes. vr #; Annuaire du Bureau des Longitudes pour l’an 1870. ia ‘Verzeichnisse von Radiationspunkten: Tun Not. Roy. Ast. Soc. XXXII 345 (Greg); Publications de l’Observ. d’Athenes II, 1 (J. F. Schmidt); Astr. Nach. LXIX 157 (Heis). "J. W. Herschel. Results of astronomical Observations at the Cape of Good Hope. N... ns London 1847. BEN y pi E. Schönfeld. Katalos von veränderlichen Sternen, mit Einschluss der neuen Sterne. 4 Mannheimer Verein f. Naturkunde XXXI. K - ——J.F. Schmidt. Ueber die Dämmerung. Astr. Nach. B. 63 ee A " E. Liais. Sur la hauteur de Patmosphöre deduite d’observations faites dans I Zone intertropicale et. Compt. rend. B. 48 p. 109. Br H. Burkhart-Jetzler. Die Abendlichter an der östlichen Küste Süd- Amerikas. Ra Pogg. Annalen. Bd. 145 p. 196, 337. Yin) Ch. Dufour. Instructions pour l’Observation de la seintillation des &toiles. Bull. de . | la Societe Vaudoise des sciences natur. No. 47. Lausanne 1860. : G. Schweizer. Ueber das Sternschwanken. Moskau 1858. er. . Loomis. The aurora borealis, or Polar Light. Its Phenomena and Laws. Smiths. 5 Rep. 1865 p. 208. Ein sehr vollständiger Auszug daraus in desselben Verfassers: En Treatise on Meteorology. New-York, 1868. Ben . Fritz. Das Polarlicht. Vierteljahrschr. d. naturforschenden Ges. in Zürich. 17. Jahrg. p. 338. TE Forssmann. Des relations de !’aurore boreale et des perturbations magnetiques Börse les phenomenes meteorologiques. Nova acta Regie Soc. Scient. Upsal. Seriei PR Bit Hoss. II. m Anweisung zur Anstellung von Beobachtungen über Ebbe und Fluth und die Gezeitströmungen. Von €. A. F. Peters. 1. Die Benennungen Fluth und Ebbe bezeichnen die Erschei- nungen des Steigens und Sinkens der Gewässer, insofern sie ursprünglich durch kosmische Einflüsse bewirkt werden. Fluth ist die Periode des Stei- gens, Ebbe diejenige des Sinkens. Beide Erscheinungen haben auch den gemeinschaftlichen Namen Gezeiten. Die höchsten im Laufe eines |lages eintretenden Wasserstände werden Hochwasser, die niedrigsten Niedrig- wasser genannt. Die Himmelskörper, deren Anziehungen diese periodischen Phänomene hervorbringen, sind der Mond und die Sonne. Die Wirkungen der beiden Körper können hier getrennt in Betracht gezogen werden, indem die Höhenänderung der Wasserfläche, welche durch eins dieser Gestirne her- vorgebracht wird, sich, dem bei Weitem wesentlichsten Theile nach, mit der durch das andere Gestirn hervorgebrachten so verbindet, als wenn beide unabhängig von einander ihren Einfluss üben. Wenn die durch den Mond und die Sonne hervorgebrachten Hochwasser zusammenfallen, so ist es Springfluth. Alsdann ist das Hochwasser am höchsten und das Niedrig- wasser am niedrigsten. Fällt dagegen das von dem Gestirne, welches die grösste Einwirkung hat, ausgehende Hochwasser mit dem Niedrigwasser der Anziehung des andern Gestirns zusammen, so ist es Nippfluth oder Taubefluth. Bei diesen Gezeiten ist das Hochwasser am niedrigsten und das Niedrigwasser am höchsten. Betrachten wir nun zuvörderst die Einwir- kung des Mondes. Ein Wassertheilchen, für welches der Mond sich ım Zenith befindet, wird von ihm stärker angezogen, als der Mittelpunkt der Erde. Der Ueberschuss dieser beiden Kräfte und die Schwerkraft wirken daher auf das Wassertheilchen nach entgegengesetzten Richtungen. Einen halben Tag später ist das Wassertheilchen mit dem Monde in Opposition, und dieser zieht es alsdann schwächer an, wie den Mittelpunkt der Erde, so dass, wenn der angezogene Punkt sich unter dem Aequator befindet, der Un- terschied beider Kräfte und die Schwerkraft wieder in entgegengesetzter Richtung wirken. Für Wassertheilchen, deren Vertikalen nicht mit den Richtungen zum Monde zusammenfallen, ist der Theil der Mondanziehung,, A x ir L 2 ; a "Anweisung zur Anstellung von Beobachtungen über Ebbe und Fluth. E 8 welcher längs einer Vertikale wirkt, sowohl von der Entfernung des Mondes von dem angezogenen Punkte, als auch von der Abweichung der Richtung der Mondanziehung von der Vertikale abhängig. In Folge dieser Ver- schiedenheit der Anziehungskräfte und der Ungleichheit ihrer Richtungen nimmt. die Oberfläche des Wassers eine andere Gestalt an, als wenn die Anziehung des Mondes nicht vorhanden wäre, und diese Gestalt ändert sich wieder in Folge der Rotation der Erde, die an sich auch von Einfluss .ist und die successive andere Punkte der Erdoberfläche in die Scheitellinie zum Monde bringt. Die hieraus hervorgehenden Phänomene der Ebbe und Fluth lassen sich in aller Strenge nicht theoretisch bestimmen, denn sie hängen nicht allein von den Anziehungen des Mondes und der Sonne und von der “ Rotation der Erde ab, sondern auch von der Ausdehnung der Continente und Inseln, der Configuration der Küsten, der Unregelmässigkeit des Meeresbodens, den Strömungen und der Richtung und Stärke der Winde. Es ist unmöglich, alle diese störenden Einflüsse der Rechnung zu unterwerfen. Man kann in- dess allgemeine Gesetze der Bewegung der Gewässer entwickeln, in welchen mehrere unbekannte Grössen vorkommen, die ihren Werth von einem Orte zum andern ändern, und die für jeden einzelnen Ort durch geeignete Beob- achtungen sich ermitteln lassen. 2. Newton gab zuerst die wahren Ursachen der Erscheinungen von Ebbe und Fluth an, indem er sie auf sein Gesetz der allgemeinen Schwere bezog. Um die Erscheinungen in ihren Hauptzügen zu erklären, eing er von den Annahmen aus, dass das Meer die ganze Erde bedecke, dieselbe Dichtigkeit habe wie die Erde, und dass es in jedem Augenblicke die Ge- stalt annähme, bei welcher es, unter der Einwirkung von Mond und Sonne im Gleichgewicht sich befindet. Unter diesen Annahmen lieferte er den Nachweis, dass Fluthen von täglicher und halbtäglicher Periode entstehen, und dass die Höhen des Wassers zu den verschiedenen Gezeiten, sowie auch die Zeitintervalle zwischen ihrem Eintreffen und der vorangegangenen Oul- minationszeit des Mondes sich mit der Veränderung in der Stellung des Mondes gesen die Sonne verändern müssen. Auch konnte er nachweisen, in wie fern die Entfernungen des Mondes und der Sonne von der Erde, die -ı Deelinationen dieser Gestirne und die Polhöhe des Orts von Einfluss auf die Flutherscheinungen sind. Nach dieser Theorie müsste das grösste Hoch- wasser zu den Zeiten des Neu- und Vollmondes eintreffen. Allein schon zu he Zeiten war es bekannt, dass die höchsten Fluthen an den euro- päischen Küsten zum Theil um 1!/, Tage nach den Syzygien eintreffen. Diese Verspätung, sowie auch den Umstand, dass die zu Plymouth und Bristol beobachteten Unterschiede zwischen den beiden im Laufe eines Tages eintretenden Höhen des Hochwassers viel geringer waren, als nach der auf- _ gestellten Theorie, erklärte Newton aus der Öscillationsbewegung des Meeres, die noch einige Zeit fortdauere, wenn auch die Einwirkung der Gestirne - aufhörte. Er machte ausserdem darauf aufmerksam, dass wenn Fluth- _ wellen durch verschiedene Meerengen und mit verschiedenen Geschwindig- Ns keiten nach einem Hafen gelangen, auch dadurch mancherlei Veränderungen in den Flutherscheinungen entstehen können. Er zeigte, dass durch solches sammentreffen zweier Wellen die Flutherscheinungen von halbtäglicher riode ganz verschwinden können, und nur diejenigen von täglicher Periode nachbleiben. Da Newton die Theorie der Flutherscheinungen unter der Annahme entworfen hatte, dass die ganze Erde mit Wasser bedeckt sei, so gab er noch eine allgemein gehaltene Darstellung, wie die Flutherscheinungen auch wid ar 6* 34 Peters. noch von der Grösse der Meere, der Configuration der Continente und der Lage des Orts gegen die Küsten abhängig sind. GH kn Folge einer von der en lene der Wissenschaften in Paris im Jahre 1738 eetalın Preisaufgabe wurde das Problem der Flutherschei- nungen, ein halbes Jahrhundert nach Newton’s erstem Entwurf, von Daniel Bernoulli, Leonhard Euler und Mac Laurin auf’s Neue behandelt. Diese erweiterten die Newton’sche Theorie, und insbesondere bestimmte Bernoulli durch allgemeine und elegante Formeln alle Umstände, wie sie aus der Newton’ Schen Theorie hasanehen, Diese grossen Geometer hatten jedoch sämmtlich ihren Untersuchungen die bereits erwähnte Hypothese zu Grunde gelegt, dass das Meer in jedem Augenblick die Form annimmt, bei welcher es unter der Einwirkung des anziehenden Gestirns im Gleichgewicht sein würde. 4. Laplace entwickelte zuerst die Theorie der Bewegungen der Ge- wässer, welche die Erde bedecken, unter Berücksichtigung 8: nn. der anziehenden Gestirne und der Roeder de Erde. Aus dieser Theorie konnte er, wenn auch noch die Form des Meeresbodens und andere Localverhältnisse in Betracht gezogen wurden, den geringen Betrag der Fluthen von täglicher Periode in den europäischen Gewässern erklären. Er untersuchte auch nach seiner Theorie, welchen Einfluss die Oscillations- bewegungen des Meeres, wenn dieselben noch nach dem Aufhören der Ein- wirkungen der Sonne und des Mondes fortdauern würden, auf die Zeiten des Eintreffens der höchsten Hochwasser haben könne, und fand, dass ohne Hin- zutreten von Nebeneinwirkungen die höchsten Hochwasser um die Zeiten des Neu- und Vollmondes, und die niedrigsten Hochwasser um die Zeiten der Quadraturen eintreffen müssen, so dass also die Verspätungen dieser Gezeiten nach den Mondphasen nicht der Ursache zugeschrieben werden können, welche Newton angegeben hat. Er hielt diese Verspätungen für Folgen der auf der Erde vorkommenden Localverhältnisse. Young und Airy haben später nach- gewiesen, dass sie sich durch Reibung erklären lassen. 5. Aus den theoretischen Untersuchungen von Laplace geht hervor, dass hauptsächlich vier verschiedene periodische Höhenänderungen des Wassers in Be- tracht kommen. Jede derselben besteht aus zwei Theilen, von denen der eine aus der Anziehung des Mondes, der andere aus der Anziehung der Sonne hervorgeht. Der wesentlichste T’heil der Anziehungskraft eines jeden der genannten Himmels- körper, in so weit sie für die Fluthbewegungen in Betracht kommt, ist der Masse ‚des anziehenden Körpers direct und en erben seiner Dasein, von dem angezogenen Wassertheilchen umgekehrt proportional. Je grösser die Ausdeh- nung eines Meeres ist, um so grösser ist die enunslnhen in der Stärke und den Richtungen der Anziehungskraft des Gestirns, und um so merklicher werden die Erscheinungen der Fluth und Ebbe sein. Im Allgemeinen sind in der Mitte grosser Wasserflächen die Fluthbewegungen am kleinsten. An den Küsten können durch locale Verhältnisse die Höhenunterschiede be- trächtlich grösser werden. Insbesondere steigen in einer Meerenge und einer Meeresbucht die Fluthhöhen oftmals zu einer ausserordentlichen Höhe, theils in Folge der Verengung des Kanals, durch welchen sich das Wasser bewest, theils auch durch das Zurückfliessen des Wassers von der nennen den Küste. 6. Von den erwähnten vier verschiedenen periodischen Höhenänderungen des Wassers sind die der ersten Gattung von einer langen Periode, die Fi die Einwirkung des Mondes einen halben Monat und für diejenige der Sonne ein halbes Jahr umfasst. Diese Höhenänderungen sind unabhängig von der Erde eh a nur von Est Bewegungen der anziehenden en ihren Bahnen ab. Die grösste durch diese a ‚hervorge- einem Be. Sie sind dem Sinus der neipellen Declination a anziehenden Gestirns ed dem Cosinus des Unterschiedes zwischen dem Stundenwinkel und einem für den Beobachtungsort unveränderlichen Winkel proportional. Die Höhenänderungen dieser an verschwinden also zu den Zeiten der = Aeguinoctien und wenn die Declination des Mondes = O0 ist, und sie er- reichen ihre grössten positiven und negativen Werthe zu ei Zeiten der Solstitien und der grössten Declinationen des Mondes. Der grösste Betrag für die Höhe des Wassers beträgt an den Küsten von Europa selten mehr als 2 Decimeter. 8. Die Oscillationen der dritten Gattung haben eine Periode von nahezu einem halben Tage. Sie sind dem Quadrate des Oosinus des anziehenden Gestirns und dem Cosinus der doppelten Differenz zwischen dem Stunden- winkel und einem für den Beobachtungsort constanten Winkel proportional. 9. Die Glieder der vierten Gattung sind der vierten Potenz der Ent- fernung des Mondes von der Erde umgekehrt proportional. Eins derselben hat eine Periode von nahezu 8 Stunden. Ihr grösster Betrag erreicht an allen ‚Orten, für welche derselbe mit Sicherheit hat bestimmt werden können, nur wenige Zolle Die entsprechenden von der Anziehung der Sonne ab- _ hängigen Glieder sind so klein, dass sie nicht in Betracht kommen. 2 10. Es sei für die Sonne: M die Masse dividirt durch den Kubus der _ mittleren Entfernung der Erde von der Sonne, ö die Declination, © der Stundenwinkel, » die Entfernung von der Erde, o die mittlere Entfernung von der Erde. Für den Mond seien die entsprechenden Grössen mit einem _ Accent bezeichnet, dann sind die hauptsächlichsten Glieder, welche nach - Laplace’s Theorie, die Höhe % der Oberfläche des Wassers über einem gegen die Erdoberfläche als invariabel anzusehenden Punkt ausdrücken: 3 DET »3 1=4+2|& (1-3 sin a = 3 sine | NZ ug +6 „5 sin öcosöcos (0 —y) + ı - sin ö’cos ö’ cos (@ -n] va BE: 3 2 3 2 ee +.D E cosö? cos 29 — 24) + nn . = cos &? cos (2 0 — 2) | an N gut cos 6°? cos (30 — 3°) 4m%, sin 6° cos Ö? cos (2 O9’ — 2r”). Dieses ist die genäherte Form des Ausdrucks für die Höhe der Wasser- Räche, wenn die Beobachtungsstation im offenen Meere belegen ist. Für Stationen, an welchen eine regelmässige Strömung des Wasders stattfindet, wie in den Flüssen, sind noch Glieder ren ‚ welche unter den Cosinus- „Zeichen die vier-, sechsfachen etc. Werthe von @ und © enthalten. 86 Peters. Bassadore im persischen Meerbusen, finden sich Ungleichheiten in den Zeiten und Höhen der Hochwasser, die sich nicht durch Oseillationen von täglicher Periode neben solchen von halbtäglicher Periode erklären lassen. In diesen Fällen sind in dem Ausdrucke für A noch Glieder zu berücksichtigen, welche die Sfachen oder höheren ungeraden Vielfachen von © und ©’ unter den Cosinus-Zeichen enthalten. Ein Theil dieser Glieder würde sich mit dem in Z multiplicirten vereinigen. ‘ 11. In dem für % gegebenen Ausdruck ist die Grösse A, die mittlere Höhe des Wassers, von der Höhe des Nullpunktes des Pegels abhängig, an welchem die Wasserhöhen gemessen werden. Die Werthe der Grössen B,G, D, E, FR, y, y, A, 4,x, v’, u’ sind für jeden Beobachtungsort aus geeigneten Beobachtungen abzuleiten. u’ bezeichnet hier einen Factor, mit welchem die Einwirkung des Mondes, der Local-Verhältnisse wegen, zu multipliciren ist. Wenn die Wasserhöhe für irgend eine Zeit Z nach der Formel ($ iO) zu bestimmen ist, so sind die Deklinationen und Stundenwinkel der Gestirne nicht für diejenigen Oerter dieser Gestirne zu nehmen,. welche zur Zeit stattfinden, sondern für solche, die in dem mit © multiplieirten Ausdruck für eine Zeit *— 7, und in dem mit D multiplicirten für eine Zeit £— T,, in beiden Ausdrücken für eine frühere Zeit, als ? gelten. Die Werthe der Grössen 7, und 7, sind gleichfalls durch Beobachtungen zu ermitteln. Unter Berücksichtigung der Verzögerungen 7, und 7, der Fluthwellen wird es in den meisten Fällen gestattet sein, y=y’ und A=4 zu setzen. Die Werthe von B,C, D, E, F#,T,, T,, y, X ändern sich von einem Orte der Erdober- Näche zum andern. Für jeden Ort sind diese Grössen jedoch, soweit die Einwirkungen von Sonne und Mond in Betracht kommen, konstant. 12. Laaplace hat die Formel für % noch in eine Form gebracht, in wel- cher anstatt der Decligationen und der in den Ausdrücken für die Stunden- winkel enthaltenen Rectascensionen von Sonne und Mond, nur die mittleren Entfernungen dieser Gestirne von der Erde, die mittleren Rectascensionen derselben unter Berücksichtigung der Ungleichheiten der Bewegungen und die für diese Substitutionen erforderlichen Bahnelemente vorkommen. Auf diese Weise kann man für die Höhe % des Wassers einen Ausdruck erhalten, der ausser der Constante der mittleren Höhe nur solche Glieder enthält, in welchen die Sinusse und Üosinusse von Vielfachen verschiedener der Zeit proportionaler Winkel constante Coefficienten haben. Die periodischen Glieder können dann sämmtlich in solche von der Form R cos (mt — eg) gebracht werden, worin ® und e für denselben Ort unveränderliche oder doch nur sehr langsam sich verändernde Werthe haben. Die Grösse R eines sol- chen periodischen Gliedes wird dessen Amplitude und die Grösse & die Epoche desselben genannt. Der Ausdruck für A ist in dieser Form weniger übersichtlich, als in der $ 10 gegebenen, hat aber den Vorzug, dass man die wahrscheinlichsten Werthe der Oonstanten, welche für den allgemeinen Aus- druck von h zu bestimmen sind, aus einer grossen Anzahl von Beob- achtungen, bei Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate, durch eine viel einfachere Rechnung erhalten kann, als wenn die vorhin gegebene Form zu Grunde gelegt wird. 13. Die in B multiplicirten, von den Declinationen der. Gestirne abhän- gigen Glieder werden die halbjährlichen Sonnen-Declinations-Un- gleichheiten und die halbmonatlichen Mond-Declinations-Un- gleichheiten genannt. Um den von der Sonne abhängigen Theil von dem Theile, der von dem Monde abhängt mit Sicherheit trennen und frei von meteo- rologischen und anderen periodischen Local-Einwirkungen erhalten zu können, { ee uns var Mnstelluns Es DEN über Ebbe und Fluth. 87 ish, es er deslich, dass die Beobachtungen, welche auch zur Bestimmung der in 6, D, E und F multiplieirten Glieder dienen, ein ganzes Jahr hindurch i en werden. 14. In dem Gliede, welches die Höhe der Gezeit von täglicher Periode darstellt, lässt sich der von der Sonne abhängige Theil nur dann von dem Theile, der aus der Anziehung des Mondes hervorgeht, mit Sicherheit trennen, wenn die Beobachtungsreihe zum wenigsten einen leder Zeitraum umfasst, dass Messungen, welche zu den en eines Aequinoctiums und eines Sol- stitiums stellt sind, darin vorkommen. Es sind dann aus den Beobach- tungen vier Grössen zu bestimmen: der Coefficient (©, das Intervall T, zwi- schen der Zeit der Beobachtung und dem vorhergehenden Zeitmoment, für welches die Oerter des Mondes und der Sonne zu nehmen sind, y (wenn man 7° =y setzt) und u’. Die ÖOscillationen von täglicher Periode würden, nach Laplace’s Unter- suchungen, Null sein, wenn das Wasser die ganze Erdoberfläche bedeckte und überall dieselbe Tiefe hätte. Der in der Wirklichkeit vorkommende Betrag hängt demnach nur von der Ausdehnung und Form der Üontinente und Inseln und von den Ungleichheiten des Meeresbodens ab. Es lässt sich da- gegen keine Form des Meeresbodens angeben, welche die Öscillationen von halbtäglicher Periode für die ganze Erde könnte zum Verschwinden bringen. 15. Die Grössen, welche man für die Gleichung der Gezeithöhen der dritten Gattung, oder von halbtäglicher Periode, aus Beobachtungen abzuleiten - hat, sind folgende: das el T, zwischen der Zeit der’ Be und 5 nu Zeitmoments, für welches die Oerter des Mondes a der Sonne zu nehmen sind, und die Werthe der Grössen D, A und u’ (wenn =) genommen aan im Ganzen also für jeden Bene vier Grössen. 16. Um die mittlere Höhe des Wassers, die Grösse A ($ 10) frei von den meteorologischen Einwirkungen, deren Periode ein Jahr beträgt, zu er- halten, ist es nöthig, dass die Fluthbeobachtungen ein oder mehrere volle Jahre umfassen. Auf solche Weise wird auch die Sonnen-Gezeit von halb- 3 jährlicher Periode, die Grösse B. = (1—3 sin ö°) ($ 10) für die Bestim- mung von A eliminirt. 17. Wenn für die Flutherscheinungen nur die kosmischen Einwirkungen berücksichtigt werden, so ist die in ie Formel für % mit w berechne Grösse = 1. Laplace hat zuerst Untersuchungen darüber angestellt, ob die Werthe für «” von der Einheit verschieden sein können. Er Denia dazu anfänglich die zu Brest im Laufe von sechs Jahren, von 1711 bis 1716, jeden Tag angestellten Fluthbeobachtungen. Aus der Vergleichung Fluthhöhen zu deh Zeiten der N aoete erıen mit a der Solstitial- N M’ u Syzygien folgte: = = 2,89841, und indem er die Hypothese aufstellte, dass u’ — 1 und )°— 4 dem Unterschiede der Bewegungen von Sonne und Mond in Rectascension proportional seien, erhielt er «’ = 1,10637. Aus _ den Beobachtungen der Fluthhöhen zu den Zeiten der Quadraturen wurde gefunden u’ = 1,1061, sehr nahe mit dem vorhergehenden Werthe überein- ' stimmend. Laplace bemerkte zu diesem Resultate, die Schnelligkeit der Be- "% wegung des Mondes in seiner Bahn scheine zu Brest die Wirkung des Mondes, das Meerwasser zu heben, um nahezu den zehnten Theil zu ver- grössern, wie es die Zeit der Springfluth um einen und einen halben Tag a Ne vr 88. | Peters. | | Rn verzögere, fügte jedoch hinzu, dieses schwierig zu bestimmende Element könne nur aus einer noch grösseren Anzahl von Beobachtungen mit Sicherheit er- mittelt werden. Eine Vergleichung der Beobachtungen des Hochwassers, welche in dem genannten Zeitraume zu Brest in der Nähe der Zeiten angestellt worden, wenn der Mond in der Erdnähe und der Erdferne ge-. wesen, gab in der That noch keine Bestätigung der soeben mitgetheilten Werthe für u’, vielmehr folgte aus diesen Beobachtungen u = 1 — 0,03423. Die Abweichung von der Einheit ist also hier unmerklich und in entgegen- gesetztem Sinne, wie bei den vorhergehenden Werthen. Später fand Bouvard, auf Laplace’s Veranlassung, aus Fluthbeobachtungen,. welche in den Jahren 1807 bis 1822 gleichfalls in Brest angestellt sind, M’ M’u M = 2,35533, wW = 1,25291, — 2,9485, — M 2 2 2 ) 5) M w 18. Für die meisten Orte, an welchen Fluthbeobachtungen angestellt worden sind, haben sich für das Verhältniss der Wirkungen der Sonne und des Mondes Werthe ergeben, welche von denjenigen, die Bouvard für Brest gefunden hat, nicht erheblich abweichen. Aus Beobachtungen, welche mit grosser Sorgfalt in der Zeit vom 22. Juni bis zum 22. August 1842 an 21 verschiedenen Punkten der Küsten von Irland angestellt worden sind, hat — 0,34. Airy für die Grösse Werthe gefunden, welche zwischen 0,33 und M M’w 0,48 liegen. An einzelnen Orten gelten für dieses Verhältniss jedoch Werthe, die von den genannten erheblich abweichen. In O Taiti ist, nach Beobach- tungen, welche Kapitain Belcher im Jahre 1840 angestellt hat, die Sonnen- Fa fluth nahezu eben so hoch wie die Mondfluth, also = nahe = 1, und für Courtown an der Irländischen Küste hat Airy jdie Grösse PEBRD: noch kleiner als Eins gefunden. 19. Das Zeitintervall 7, von der Syzygie bis zur Springfluth der Ge- zeiten von halbtäglicher Periode beträgt nach der verschiedenen Lage der Häfen einen bis drei Tage. Dieses Zeitintervall wird die Verzögerung ‘oder auch das Alter der Gezeit genannt. Letztere Benennung beruht auf der Voraussetzung, dass Neu- und Vollmond die höchsten Hochwasser her- vorbringen. Man ersieht aus der Formel für h, dass sowohl in Folge der Ungleich- heiten von täglicher, als auch derjenigen von halbtäglicher Periode die Höhen von Hoch- und Niedrigwasser von den Phasen des Mondes abhängige sind. Betrachtet man nur die halbtäglichen Ungleichheiten, so ist die Höhe am grössten, wenn die Cosinusse der in © multiplieirten Glieder = 1 sind, also wenn 9 — 7) = 0 oder = 180° und © — 3 auch = O0 oder = 180° ist. Alsdann ist die Summe jener Glieder 3 DD, 3 -0(% cos 6? + u nn cos s®) Das tiefste Niedrigwasser tritt etwa sechs Stunden früher oder später ein, wenn © —) und 9° — 7 die Werthe 90° oder 270° haben. Die Höhe des Hochwassers ist am kleinsten, wenn der Cosinus, der den grössten Üoef- ficienten hat, = 1, und der andere Cosinus = — 1 ist. Im Allgemeinen ist, wie erwähnt, die Einwirkung des Mondes grösser als die der Sonne, also u k H FR eisung zur Anstellung von Beobachtungen über Ebbe und Fluth. = 1; alsdann ist also das niedrigste Hochwasser, wenn ” —- 7 =0 Biel ‘oder = 180°, und 9 — = 90° oder = 270° ist. Die Nippfluth tritt also zu einer Tageszeit ein, die nahezu um sechs Stunden von der Zeit der c M’w Sa Springfluth verschieden ist. In den sehr seltenen Fällen, wo a a. er ist, findet das niedrigste Hochwasser statt, wenn cos 2(@ — A) =1 und ‚cos 2(© — 7’) = —1, also zu derselben Tageszeit wie die Springfluth. In beiden Fällen ist das Niedrigwasser am höchsten, und zwar etwa sechs Stun- den vor und nach der Nippfluth. Bei Berücksichtigung der Ungleichheiten von halbtäglicher Periode wird die Höhe des Hochwassers, von der Springfluth an, mit jedem folgenden Tage kleiner, bis zur Nippfluth; von dieser an wächst sie wieder bis zur nächstfolgenden Springfluth. Diese Veränderungen des Hochwassers und die entsprechenden des Niedrigwassers werden, weil sie eine Periode von nahezu einem halben Monat haben, zuweilen die halbmonatlichen Ungleichheiten des Hoch- und Niedrigwassers genannt. 20. Meistens sind die Fluthhöhen von halbtäglicher Periode die beträcht- lichsten. Indess können die Localverhältnisse, welche an einigen Orten eine ausserordentlich grosse Höhe dieser Fluthen verursachen, an anderen Orten dieselben beinahe zum Verschwinden bringen. Dieses ist, wie Newton schon hervorgehoben hat, insbesondere dann der Fall, wenn an einem Orte zwei Fluthwellen, von verschiedenen Richtungen kommend, zusammentreffen, und das Hochwasser der einen Welle mit dem Niedrigwasser der anderen zu- sammenfällt. Die an einigen Orten von der Tageszeit abhängige Richtung und Stärke des Windes können auch einen so bedeutenden Einfluss auf das Steigen und Fallen des Wassers haben, dass dagegen die kosmischen Ein- flüsse als unerheblich erscheinen. Aus diesen und auch aus anderen Ursachen, ‚ die von der Tiefe und Form des Meeresbodens und Lcoalverhältnissen ab- hängen, sind an einigen Orten die Fluthen von täglicher Periode beträchtlich im Verhältniss zu denen von halbtäglicher Periode, wie zu Bombay, Kurachee, auf der Cat-Insel im Meerbusen von Mexico, zu Fort Point in der San Franeisco Bay in Californien. 21. Laplace suchte die Werthe der Grössen E, F, »’ ($ 10) aus den Fluthbeobachtungen abzuleiten, welche in den Jahren 1807 bis 1822 in Brest angestellt sind. Um die Grössen E und x’ zu bestimmen, bildete er die Summe der Höhen der Morgen-Hochwasser über die der Abend-Hoch- _ wasser für die Tage der Aequinoctial-Neumonde, -Vollmonde, der ersten und n.; letzten Viertel des Mondes und für drei auf diese Mondphasen folgenden Tage. Aus der Vergleichung dieser vier Summen ergab sich E= — 0,117 - Meter. Laplace hält jedoch diese Bestimmung, ungeachtet der grossen An- \ zahl der benutzten Beobachtungen, noch für sehr unsicher. _ Für die Ermittlung der Grösse F verglich er die Höhen der Hochwasser _ über die der Niedrigwasser, welche zu den Zeiten der Solstitial-Syzygien bi Deelination südlich war. Dieselbe Rechnung führte er auch bezüglich der | Aequinoctial-Quadraturen aus. Aus den Solstitial-Syzygien folete #= — 0,076 dir Meter, aus den Aequinoctial-Quadraturen F gleichfalls = — 0,076 Meter. Die | Er Jebereinstimmung dieser beiden Werthe liess es Laplace, ungeachtet des K er; einen Betrages, nicht zweifelhaft erscheinen, dass die Einwirkung des Mon- des au ‘ den Ocean bei südlichen Declinationen grösser ist als bei nördlichen. 90 Peters. Thomson und Roberts ‚haben später noch Werthe von Z aus Fluth- beobachtungen abgeleitet, welche in verschiedenen anderen Häfen angestellt sind. Es wurde Z gefunden für Ramsgate = 0,04, für Liverpool = 0,09, für Bombay = 0,08, für Kurrachee = 0,10, für Fort Point = 0,00 engl. Fuss. 22. Wenn die Werthe der in der Formel für % ($ 10) enthaltenen Constanten ermittelt sind, so lassen sich nach derselben auch die Zeiten be- stimmen, wenn Hoch- und Niedrigwasser eintreffen. Nennt man die wahre Sonnenzeit des Hochwassers = f, die scheinbare Bewegung der Sonne in der Einheit von #4, = n, die Rectascension der Sonne = w, die des Mondes — w‘, und behält man im Uebrigen die Bezeichnungen von $ 10 bei, so erhält man für die europäischen Gewässer, in welchen vorzugsweise nur die Ungleichheiten von halbtäglicher Periode in Betracht kommen, die Zeit des an durch die Horse 3 _ = cos 6? sin 2 (w” — W) 7,7 3 3 x nn . 2 cos &? + = cos Ö? cos 2(w’ — ) R x dee Man kann auch setzen . Dez = = gr gg wenn R und AR’ die scheinbaren Halbmesser der Sonne und des Mondes bezeichnen. Nennt man noch, um abzukürzen, tg 2 (nt + v-wW—))=tg2e = M a R3 cos 62 au M’u RR so wird a — _ —k sin 2(w ei) 1+%cos2(wW— vw) Die Werthe von ö, 6° und w” — ı gehören einer Zeit an, die um den Be- trag T, der Verspätung der Fluthen dem Zeitpunkte, für welchen gerechnet wird, vorausgeht. Die Grösse A (in Zeit ausgedrückt), die Zeit des Hoch- wassers, welches um das Intervall 7, auf die Syzygie folst, wird von La- place die Fundamentalzeit des Hafens genannt. Die damit nicht zu verwechselnde Hafenzeit ist die Zeit des Hochwassers zu den Zeiten der Syzygien. Das Zeitintervall, um welches das Hochwasser auf die Culmi- nation des Mondes folgt, nennt Whewell das Mondfluth-Intervall, und den mittleren, durchschnittlichen Betrag der letzteren Grösse das mittlere Mondfluth-Intervall oder die mittlere Hafenzeit. Bezeichnet man diese mittlere Hafenzeit mit Z, den Unterschied der "mittleren scheinbaren Bewegungen des Mondes und der Sonne, in der Einheit von 7,, mit m’, die wahre Zeit der Culmination des Mondes mit c, so ist genähert: L=%— T,m', t=ece+L-+e Um ein Beispiel zu der Formel für # zu geben, sio=r,0=r‘/, M’ u’ i DR, = — 2,64, die Verspätung der Fluthen, 7, = 14 Tag, die mittlere Hafenzeit Z = 2% 11", die Culminationszeit des Mondes = 4 3m, so hat man in der Formel für x, w — w für eine Zeit zu nehmen, die um 14 Tag früher ist als 4" 3%. Nun ändert sich’ der Unterschied der Rectas- ’ SEHR / Pt BA, v. ie nah über Ebbe und Fluth. Beobach ungen ka IN % N veisung zur Anstellung von FAUNA Cr nsio: en von Sonne und Mond, oder die Grösse w — w, in 24 Stunden um 5055, also in 14 Tag um nahezu 1" 3"; es ist daher für w — w der Werth 3h oder 45° zu nehmen. Damit erhält man aus der Formel für tg2x. © = — 41”, und Z-+ x, oder das Mondfluth-Intervall = 1" 30”, dieses zu AN. 3m der Culminationszeit des Mondes addirt, giebt 5% 33” für die Zeit des Hochwassers. Diese Rechnung ist jedoch nur eine erste Annäherung. Für _ eine genauere Ermittelung müsste der Werth von w” — w nicht, wie es hier geschehen ist, für die Culminationszeit des Mondes, sondern für die Zeit des Hochwassers genommen werden. Die Zeit # des Hochwassers lässt sich auch aus folgenden Formeln be- rechnen: 1-—% ke —1 en ee ro (Way), 1 t=+[y (in Zeit) He + ZL +1), wenn X = E Diese sind jedoch nur dann bequem, wenn man die Weidenbach’sche Tafel + zur Hand hat, aus welcher man für log A’ direkt log __ entneh- men kann. Wenn man es nicht vorzieht, die Vorausberechnung der Flutherschei- nungen nach den mittleren Oertern des Mondes und der Sonne zu führen, so lässt sich die Berechnung von x nach der vorhin gegebenen Formel noch- M’ + sehr vereinfachen durch Hülfstafeln, die jedoch für jeden Werth von — = besonders zu entwerfen sind. Für Häfen, in welchen die ÖOscillationen des Meeres von täglicher Periode einen merklichen Betrag haben, sind auch diese bei den Bestim- mungen der Zeiten von Hoch- und Niedrigwasser zu berücksichtigen. 23. Zu Brest und auch in einigen anderen Häfen sind viele Jahre hindurch, zum Theil zu wiederholten Malen, an jedem Tage alle Zeiten des Hoch- und Niedrigwassers und die zu diesen Zeiten stattgefundenen Höhen des Wassers beobachtet worden. Aus solchen Beobachtungsreihen, vornehmlich wenn sie die ganze Dauer eines Umlaufs der Mondbahn-Knoten umfassen, lassen sich alle in der Formel für die Höhe des Wassers enthaltenen unbe- kannten Grössen mit Sicherheit bestimmen. Beobachtungen der Hochwasser allein, wie man sie in England früher auf einigen Stationen angestellt hat, - führen zu einer weniger sicheren Bestimmung dieser Grössen schon deshalb, weil die durch Winde entstehenden Störungen, wenn diese nicht eine tägliche Periode haben, die Höhen der benachbarten Hoch- und Niedrigwasser nahezu in gleicher Weise beeinflussen, so dass die Unterschiede zwischen diesen Höhen viel weniger dadurch verändert werden, als die Höhen der Hoch- wasser allein. 24. Wenn die Beobachtungen nur zu den Zeiten des Hoch- und Niedrigwassers angestellt werden, so ist es erforderlich, von 15 bis 30 Mi- ‚nuten vor dem Eintreten der Gezeit bis 15 oder 30 Minuten nachher die ‘öhen etwa von 5 zu 5 oder von 10 zu 10 Minuten zu beobachten. Man erhält aus diesen Beobachtungen die Zeit des Eintretens der Gezeit viel sicherer, als wenn man einfach nur den Augenblick des höchsten oder des niedrigsten Wassers abwarten wollte. Wenn es beabsichtigt wird, aus den N . 92 Peters. Ä $ i S Beobachtungen das Maximum oder Minimum der Höhe durch Rechnung zu bestimmen, so ist es für die Vereinfachung der letzteren vortheilhaft, von 8 zu 8 oder von 4 zu 4 Minuten zu beobachten. Indem man alsdann die 1., 2... . Differenzen gebildet hat, interpolirt man so lange in die Mitte, bis man die Zeitintervalle von Minute zu Minute und daneben die ent- sprechenden Höhen erhält. Hieraus ergiebt sich das gesuchte Zeitmoment ohne weitere Rechnung, da man es wohl nie genauer als kis auf eine Mi- nute erhalten wird. Bei starken Wellenbewegungen können die Höhenän- derungen so unregelmässig werden, dass es für die Ermittelung der Zeiten und Höhen der Maxima und Minima besser ist, ein graphisches Verfahren anzuwenden. Man trägt alsdann längs einer geraden Linie und nach einem angemessenen Maassstabe die Zeiten als Abscissen und die entsprechenden Wasserhöhen senkrecht dagegen als Ordinaten auf. Darauf bildet man eine Curve, welche, die Ungleichmässigkeiten der Höhen ausgleichend, sich den Endpunkten der Ordinaten, dem Augenmaasse nach, am besten anschliesst. Aus solcher Curve wird man die Zeiten und Höhen der grössten oder kleinsten Wasserstände oftmals insofern genauer, als durch das vorhin an- gegebene Rechnungsverfahren erhalten, weil durch die Curve die aus den Wellenbewegungen hervorgehenden Fehler der Messungen etwas ausgeglichen werden. Für die Entwerfung solcher Curven ist liniirtes Papier sehr bequem, welches in zwei auf einander senkrechten Richtungen mit Linien überzogen ist, deren Durchschnitte Quadrate bilden, von denen die kleinsten Seiten etwa einen Millimeter betragen. 25. Bevor das soeben erörterte Beobachtungsverfahren, welches darın besteht, dass nur die Zeiten und Höhen von Hoch- und Niedrigwasser ob- servirt werden, zur Anwendung gebracht wird, ist es erforderlich, zu Anfange der Beobachtungsreihe an einem Orte, wo früher noch keine Fluthbeobach- tungen angestellt sind, die Messungen den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch alle viertel- oder halbe Stunde anzustellen. Zeigt sich alsdann, dass das Steigen und Fallen des Wassers von den gewöhnlichen Gesetzen stark abweichend ist, so kann es nothwendig werden, das soeben angegebene Beobachtungsverfahren aufzugeben und dafür ein den Umständen mehr ent- sprechendes zu wählen. 26. Das Beobachtungsverfahren, die Messungen der Wasserhöhen zu den Zeiten von Hoch- und Niedrigwasser anzustellen, gewährt, wenn die Be- obachtungen so lange fortgesetzt werden, als für eine sichere Anwendung dieses Verfahrens erforderlich ist, den Vortheil, dass es die für praktische Zwecke wichtigsten Elemente der Flutherscheinungen, die Zeiten und Höhen des Hoch- und Niedrigwassers, durch beinahe directe Beobachtungen ergiebt. Die Entwickelung einer allgemeinen Formel für die Wasserhöhen wird jedoch viel einfacher und man geht auch sicherer, dass kein Glied der Formel un- berücksichtigt bleibt, dessen Periode aus meteorologischen oder anderen Ur- sachen von den Gesetzen abweicht, welche bei europäischen Fluthen vor- kommen, wenn die Wasserhöhen, nach dem Vorschlage von William Thomson (Report of the thirty-eight Meeting of the British Association. 1868). in gleichen Zeitintervallen, etwa von Stunde zu Stunde, Tax und Nacht hin- durch beobachtet werden. Solche von Stunde zu Stunde ausgeführte Mes- sungen reichen noch aus, wenn die Beobachtungen auch nur ein Jahr hin- durch angestellt werden. Umfassen die Beobachtungen jedoch nur den Zeit- raum von wenigen Monaten, so ist es nöthig, in so kleinen Zeitintervallen zu observiren, dass sich für jeden Tag eine Flutheurve entwerfen lässt. 27. Für die Fluthbeobachtungen, welche im Jahre 1842 während zweier Biden. die aa in folgender Weise von Airy angeordnet: Ber. Auf jeder Station waren zwei Beobachter. Einer ders ainen beobachtete, von 5zu5 Minuten, von einem Hochwasser zum nächstfolgenden Hochwasser, - oder von einem Niedrigwasser zum nächstfolgenden N Dieses _ Intervall wurde so ana eahe, dass es auf eine möglichst ee: Tages- zeit fiel. Hatte also ein Besbachter die Oele am Morgen bei Hochs wasser angefangen, wenn sowohl dieses als auch das am Abend darauf fol- . gende auf eine bequem gelegene Tageszeit fiel, so wurden die Beobachtungen in gleicher Weise so lange fortgesetzt, bis in Folge der mit jedem Tage ‘später eintretenden Gezeiten die "Abendbeobachtung auf eine so späte Zeit fiel, dass sie beschwerlich wurde. Alsdann Be der Beobachter die Ob- servationen 6 Stunden früher mit der Beobachtung des Niedrigwassers und beobachtete bis zum nächstfolgenden Niedrigwasser. Später wurde es wieder nöthig, wenn das Abend-Niedrigwasser sehr spät eintrat, aufs neue mit der Beobachtung des Hochwassers zu beginnen und so folgte immer nach wenigen Tagen ein Wechsel in der Anordnung der Beobachtungen. Die Beobachtungen begannen etwa eine halbe Stunde vor dem Eintreten des ersten Hoch- oder Niedrigwassers und wurden fortgesetzt bis eine halbe Stunde nach der Gezeit, mit welcher die Reihe geschlossen wurde. Auf solche Weise wurden von den vier Hauptphasen der Flutherscheinungen, welche im Laufe eines Tages eintreten, drei durch eine vollständige Reihe von Beobachtungen mit einander verbunden. Die vierte, von den drei er- ' wähnten getrennte Phase, welche während der Nacht eintrat, wurde von dem zweiten Beobachter observirt. Dieser beobachtete etwa eine Stunde hindurch, so dass die Hauptphase nahezu in die Mitte seiner Beobachtungen fiel. Dieses von Airy angeordnete System gewährt den Vortheil, dass es alle Phänomene der Fluthen angiebt, und dass es für jeden Tag eine vollständige Beobach- tung der halbtägigen Fluth liefert. Es hat auch überall, wo es angewandt worden ist, vortreflliche Resultate gegeben. Es lässt sich jedoch nicht leugnen, _ dass das ununterbrochene Beobachten während der Dauer von zwölf Stunden abspannend und ermüdend für den Beobachter ist. Um Zeit und Kräfte zu sparen, wird es daher immer vorzuziehen sein, selbstregistrirende Fluth- messer aufzustellen. Diese haben auch noch den Vorzug, dass man den ganzen Verlauf der Flutherscheinungen während 24 Stunden ohne irgend eine Unterbrechung erhält. 28. Für die Beobachtungen der Wasserstände im Hamburger Hafen wird ein selbstregistrirender Fluthmesser angewandt, der im Jahre 1861 nach dem Entwurfe des Ingenieurs F. H. Reitz von dem Mechaniker Reitz in — Hamburg ausgeführt ist. Dieser Fluthenmesser, der sich als sehr brauchbar bewährt hat, ist seinen wesentlichsten Theilen nach in folgender Weise con- _ — struirt und aufgestellt: Bi Nahe am Ufer der Elbe ist ein kleines Gebäude errichtet von etwa 14 Fuss Länge und 12 Fuss Breite. Der Fussboden desselben ist mit der angrenzenden Strasse, welche auch bei dem höchsten Wasserstande der Elbe ;* ri Kucht überschwemmt wird, nahezu von gleicher Höhe. Von dem Fussboden _ erstreckt sich lothrecht doh unten ein Hunden semauerter Schacht von 3 Fuss PS innerem Durchmesser bis auf einige Fuss unter den niedrigsten Wasserstand. Y " Been ist von dem Schachte aus seitlich ein eisernes Bene en _ Stromrinne der Elbe geführt, welches bei seiner Mündung in dem Flusse ‚ gleichfalls unter dem risk Wasserstande sich henden Die obere % . Flüche in dem Schachte correspondirt daher immer mit der oberen Wasser- 5 94 Peters. fläche der Elbe. Auf dem Wasser im Schachte befindet sich ein Schwimmer, der mit der oberen Fläche des Wassers sich frei auf- und niederbewegen kann. Dieser Schwimmer besteht aus einem cylindrischen Gefäss von 15 Zoll diekem Eisenblech. Es hat eine Höhe von 9 Zoll und einen Durch- messer von 2% Fuss. Boden und Deckel sind etwas nach aussen gewölbt. Im Boden ist eine mit Sand gefüllte Blechbüchse befestigt und im Deckel ist eine 4 Zoll im Durchmesser haltende Oeffnung mit Deckel; um Luft- spannungen im Innern des Gefässes zu verhüten. Ueber der Mitte des Deckels ist eine auch mit dem Boden des Schwimmers in Verbindung ste- hende ÖOese befestigt. Von dieser geht nach oben ein versilberter Kupfer- draht von einem Millimeter Dicke, der um den äusseren Rand eines verti- calen Rades geführt und mit dem Ende daran befestigt ist. Das aus Messing gefertigte und 0,43 Meter im Durchmesser haltende Rad kann sich um eine in festen Lagern ruhende horizontäle Achse drehen. Sinkt der Schwimmer, so dreht sich der Umfang des Rades um eben so viel, wie der Schwimmer sich bewegt; steigt der Schwimmer dagegen, so bewegt sich das Rad durch ein Gewicht, welches auf den Umfang eines mit dem ersten Rade concentrischen kleineren Rades wirkt, in einer entgegengesetzten Rich- tung. Auf der horizontalen Achse dieser beiden Räder befindet sich ein Trieb, dessen Durchmesser 4 von dem Durchmesser des ersten Rades hält. Der Trieb greift in den gezahnten Rand einer lothrechten Stange, die also. durch die Drehung des Triebes auf- und niederbewegt werden kann. An der Seite der Stange befindet sich ein horizontal gerichteter, mit einer Diamantspitze versehener Schreibstift. Die Spitze des Schreibstiftes wird durch einen mit einem kleinen Gewichte beschwerten Hebel gegen die äussere Fläche eines Cylinders gedrückt, der sich durch die Einwirkung eines Uhr- werks um seine vertikale Achse drehen kann. Der Cylinder ist von horni- sirtem Kautschuk angefertigt und hat einen Durchmesser von 14 Fuss, eine Höhe von 3 Fuss. Er wird für den Gebrauch mit einem geschwärzten Bogen von Kreide- oder Tapeten-Papier überzogen, auf welchem die Diamant- spitze des Schreibstiftes scharf begrenzte und sehr deutlich zu erkennende weisse Striche zeichnet. Der Cylinder dreht sich, durch die Einwirkung des seitlich davon befindlichen Uhrwerks, mit einer gleichförmigen Geschwin- digkeit in 12 Stunden einmal um seine Achse. Eine der Endflächen des Cylinders ist in 24 gleiche Theile getheilt, so dass also ein Theil 30 Mi- nuten Zeit entspricht. Der Schreibstift giebt, nach der erwähnten Con- struktion des Getriebes, welches ihn auf- und niederbewest, die Höhen- änderungen des Wassers in dem 8. Theile des wirklichen Betrages an. Für besonders hohe Fluthen wird ein zweiter Schreibstift benutzt, Das Uhrwerk, welches den Cylinder bewegt, ist mit einem Compensationspendel, welches aus Holz und Blei zusammengesetzt ist, versehen. Selbstverständlich muss das Häuschen, worin der Apparat aufgestellt ist, so eingerichtet sein, dass‘ das Wasser in dem Schachte desselben im Winter gegen Gefrieren geschützt werden kann. Der Bogen, worauf die Fluthceurven registrirt werden, bleibt gewöhnlich ' 14 Tage auf dem Oylinder, bevor er abgenommen und durch einen neuen ersetzt wird. Der Chronometer-Fabrikant Knoblich und die Mechaniker Dennert & Pape in Hamburg liefern selbstregistrirende Fluthmesser zum Preise von 200 bis 300 Thalern. In diesem Preise sind jedoch die Kosten für das Aufstellungsgebäude und den Schacht, der übrigens durch ein eisernes Rohr ersetzt werden kann, nicht mit einbegriffen. Anweisung zur Anstellung von Beobachtungen über Ebbe und Fluth. 95 Y 29. Wenn es nicht ausführbar ist, einen selbstregistrirenden Pegel aufzustellen, so würde das Beobachten an einer im offenen Meere befestigten _ _ lothrechten Scale, wegen der Wellenbewegung, oftmals unausführbar ‚sein. Die nichtregistrirenden Pegel sind daher meistens in folgender Weise kon- struirt worden: In dem Wasser wird ein oben offenes Rohr solide aufgestellt, so Aa es sich in der Höhe nicht verändern kann. Dieses Rohr muss eine solche Länge haben, dass es sowohl nach oben über das höchste Wasser, als nach unten unter das niedrigste Wasser hinausgeht, oder es werden auch, wenn es zweck- mässiger erscheint, zwei Rohre angebracht, eins für Hochwasser, das andere für Niedrigwasser. Wenn dieses Rohr unten zu ist und nur seitwärts ein oder mehrere kleine Oeffnungen hat, so werden die äusseren Wellenbewegun- gen nur geringen Einfluss auf die obere Fläche des Wassers im Rohre haben, und es lassen sich daher die Höhenänderungen des Wassers mittelst der innern Oberfläche viel sicherer beobachten, als an der äusseren. Auf dem Wasser im Rohre liest ein Schwimmer, welcher eine aufrecht gerichtete Stange trägt, oder es wird an dessen oberer Fläche ein Draht befestigt, welcher oben über eine Rolle geht, und nach aussen durch ein Gewicht gespannt ist. An dem Theil der Stange, oder der Schnur, welcher sich über dem oberen Theile des Rohrs befindet, muss ein Index angebracht sein, welcher an einer ver- tikal befestigten Skala die Höhe des Wassers angiebt. 30. Herr Thomson siebt (Report of the thirty-eight Meeting of the - "British Association, p. 492) folgende Einrichtung für einen nicht registri- renden Pegel an: Ein metallenes Rohr von 2 bis 3 Zoll Durchmesser ist vertikal zu be- festigen, so dass es durch das untere Ende mit der See in Verbindung steht. Ein metallener Maassstock, der in Centimeter, oder in Hunderttheile eines Fusses eingetheilt ist, wird von dem Beobachter in der Mitte des Rohrs herabgelassen, bis der Stab die Oberfläche des Wassers berührt. Mittelst eines am oberen Ende des Rohrs angebrachten Index liest man alsdann die Wasserhöhe ab. Um den Maassstock sind einige Ringe anzubringen, welche galvanische Ströme nicht leiten und die sich mit dem Maassstocke leicht im Rohre auf und nieder bewegen lassen. Diese Ringe dienen dazu den Mass- stock so zu führen, dass er sich sehr nahe in der Mitte des Rohrs befindet. Der Beobachter erkennt die Berührung des Massstocks mit dem Wasser, durch Hülfe eines galvanischen Stroms, der gebildet wird durch ein einzelnes galvanisches Element, ein Galvanoskop oder ein galvanisches Läutewerk, den metallenen Massstock, die Flüssigkeit und das metallene Rohr. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass dieser complicirte Apparat die Wasserhöhen mit _ grösserer Grenauigkeit giebt als der vorhin beschriebene, wenn derselbe gut _ eonstruirt ist. Die grössten Unregelmässigkeiten in den Höhenmessungen sind eine Folge der Wellenbewegungen, und diese sind von der Construction des Messapparats unabhängig. Ab 31. Wenn der Pegel, gleichviel, ob ein registrirender oder ein nicht . registrirender, nur für die Dauer eines kurzen Zeitraums errichtet wird, so an Ist es noch erforderlich, in seiner Nähe eine Marke auf einem Steinpfeiler 1 oder Steinblock, von dem sich annehmen lässt, dass er für lange Zeit seinen 1%: Stand unverändert behalten wird, zu verzeichnen, und den Hakeamkerachnen # - zwischen dieser Marke und dem Wasserstande, welcher dem Nullpunkte des _ Pegels entspricht, durch ein Nivellement zu bestimmen. Dasselbe ist auch nöthig, wenn man Gründe hat, anzunehmen, dass der Pegel nicht ganz solide 96 Peters. befestigt ist. In letzterem Falle ist die Nivellirung von Zeit zu Zeit zu wiederholen. 32.. Wird der Pegel am Ufer eines Meeres aufgestellt, so können an einigen Orten die Fluthbeobachtungen zuweilen durch Stürme unsicher und selbst unausführbar werden. Es kann sicn daher empfehlen, den Fluthmesser, wo es ausführbar ist, nicht direct am Meeresufer, sondern etwas entfernt davon in einem Kanale aufzustellen. Nur muss der Kanal so beschaffen sein, dass er zu den Zeiten der Beobachtungen nicht mit Eis bedeckt wird. Wenn der Pegel in einem Kanale aufgestellt ist, so wird man den Unterschied zwischen den Wasserhöhen in seiner Nähe und am Meere, bei günstigen atmosphärischen Zuständen, zu wiederholten Malen, durch Nivellirungen und Fluthbeobachtungen ermitteln. 33. Damit die Beobachtungen auch in Bezug auf die Zeiten eine den Höhenangaben entsprechende Sicherheit erlangen, ist es erforderlich, dass die Fehler der Uhrcorrectionen für die Beobachtungszeiten ein Zehntheil einer Minute nicht übersteigen. Wenn nicht bereits zu andern Zwecken in der Nähe des Fluthmessers eine’ Sternwarte sich befindet, von welcher die Zeit mittelst eines Chronometers übertragen werden kann, so ist es erforderlich, Zeitbestimmungen entweder mittelst eines Sextanten oder eines Spiegelkreises, oder auch mittelst eines kleinen Passageinstruments zu bestimmen. Das letztere Instrument giebt am Festlande durch ein einfacheres Beobachtungs- verfahren die Uhrcorrectionen mit einer grösseren Genauigkeit, wie ein Re- flexionsinstrument. Eine Anleitung über den Gebrauch eines transportablen Passage-Instruments zu Zeitbestimmungen findet sich im 3. Bande der Zeit- schrift für populäre Mittheilungen aus dem Gebiete der Astronomie. . 34. Ein selbstregistrirender Pegel giebt nur die den Zeiten entsprechen- den Höhen des Wassers an. Ausser diesen Registrirungen sind jedoch noch andere Beobachtungen auszuführen, die mit den Gezeiten in Verbindung stehen. Zu diesen Beobachtungen gehört die Ermittelung der Zeiten, wann die Strömung des Wassers ihre Richtung verändert. Diese Zeiten des Strom- -wechsels fallen im Alleemeinen nicht mit den Zeiten von Hoch- und Niedrie- wasser zusammen und dürfen daher mit letzteren nicht verwechselt werden. Die Fluthwellen schreiten zuweilen in einer der Gezeitströmung gerade 'ent- gegengesetzten Richtung weiter. An manchen Orten dauert die Fluth- strömung noch Stundenlang nach der Zeit des Hochwassers fort. Eben so Niesst die Ebbe-Strömung oftmals noch einige Zeit nach dem Niedrigwasser. Die Zeit des Stromwechsels ist zum Theil auch verschieden in verschiedenen Entfernungen vom Ufer, während die’ Zeit für Hoch- und Niedrigwasser für diese Punkte dieselbe ist. Ausserdem haben die Strömungen von Fluth- und Ebbe nicht immer nur zwei entgegengesetzte Richtungen, sondern sie ändern oftmals die Richtungen theils in der Folge von Osten durch Süden nach Westen, theils in umgekehrter Ordnung. Es sind daher neben den Höhenänderungen der Wasseroberfläche auch die Zeiten der Stromwechsel und die Richtungen, in welchen die Strömungen sich verändern, zu beobach- ten. Es ist vorzugsweise. von Wichtigkeit, solche Beobachtungen längs der Ausdehnung einer Meeresstrasse oder an den Mündungen grosser Flüsse auszuführen. 35. Kapitain Beechey hat die Strömungen, welche in dem Irländischen Kanale, in dem Kanale von Dover und in der Nordsee vorkommen, einer sehr gründlichen Untersuchung unterzogen. Die Beobachtungen, welche in dem Irländischen Kanale angestellt sind, führten zu dem merkwürdigen, für die Schifffahrt äusserst wichtigen Resultate, dass die Stromwechsel auf der hd a Eh ZELLEN, j nzen Tas, des Kanals nahezu gleichzeitig stattfinden, obgleich die Zeiten von Hoch - ud Niedrigwasser fir die ee Punkie zum Theil um _ mehrere Stunden verschieden sind. Der Strom fliesst etwa sechs Stunden “ "in jeder der beiden entgegengesetzten Richtungen, und überall trifft die Zeit des Stromwechsels sehr nahe mit denjenigen Zeiten von Hoch- und Niedrig- wasser zusammen, welche zu Fleetwood statt finden. In Folge des Zusam- _ mentreffens der von Norden und Süden eindringenden Fluthwellen zeigen sich an einigen Stellen des Irländischen Kanals besonders bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten in den Gezeit- und Strom-Erscheinungen. An zwei Stellen fliessen die abwechselnden Ströme mit beträchtlicher Geschwindigkeit, ohne dass das Wasser daselbst steigt oder fällt, und an andern Stellen steigt das Wasser bis auf 16 und 20 Fuss, ohne dass eine horizontale Bewegung des Wassers an seiner Oberfläche zu bemerken ist. In dem Kanale von Dover sind zum Theil andere, nicht weniger merkwürdige Erscheinungen gefunden worden. 36. Die von Kapıtain Beechey untersuchten Beobachtungen der Strom- Phänomene sind von Schiffen aus bewerkstelligt worden. Ein solches Schiff wurde successive an vielen Stellen des zu untersuchenden Kanals zwölf Stunden und länger vor Anker gelegt. Die Entfernung einer Station von der nächsten betrug in der Mitte des Kanals zum Theil nur 15 Seemeilen, in kleinen Buchten, an einigen Stellen, nur 2 Meilen. Die Richtung des Stroms wurde jede halbe Stunde beobachtet. Die Strom-Geschwindiskeit 4 ‚wurde sowohl durch ein gewöhnliches forttreibendes Log, als auch durch ein um-. laufendes Log, welches Fusse registrirte, gemessen. Um zu erfahren, ob die Ge- schwindigkeit an der Oberfläche des Wassers von der weiter in der Tiefe statt- findenden verschieden sei, wurden zwei umlaufende Logge benutzt, eins 2 Fuss, das andere 12 Fuss unter der Oberfläche des Wassers. Es wurden die Zeiten des Beginnens und des Aufhörens eines Stroms beobachtet, woraus sich die Dauer des stille stehenden Wassers und die mittlere Zeit des Stromwechsels ergab. Alle diese Zeiten wurden auf denselben Meridian bezogen und mit den Zeiten des Hochwassers in einem benachbarten Hafen (im Kanale von Dover mit dem Hochwasser an der Küste von Dover) verglichen. 37. In Betreff der Bewegungen der Fluthwellen ist unsere Kenntniss, ungeachtet der grossen Verdienste, welche Whewell sich um diesen Gegen- stand erworben hat, noch sehr mangelhaft, und es ist daher im hohen Grade wünschenswerth, dass auch in dieser Beziehung noch an recht vielen Orten Beobachtungen angestellt werden. Vornehmlich wird zu ermitteln sein, in wieweit sich Linien des gleichzeitigen Hochwassers angeben lassen, und nach welchen Gesetzen sich die Fluthzeiten mit der Lage des Orts in solchen % Meeresstrecken verändern, für welche sich die genannten Linien nicht con- struiren lassen. Lubbock hat auf einer Weltkarte, welche einer Abhandlung von ihm in den Philosophical Transactions von 1831: beigefügt ist, für viele Küstenplätze die Zeiten des Hochwassers bei Neu- und Vollmond, sowohl in Greenwicher Zeit, als auch in Ortszeit angegeben. Whewell machte den Verlauf der _ Fluthoseillationen, auf einer den Phil. Trans. von 1833 beigefügten Karte ! a noch übersichtlicher, indem er Curven angab, längs welchen das Hochwasler bei Neu- und Vollmond zu denselben, auf den Greenwicher Meridian be- E Zogenen, Zeiten statt findet. Diese Curven nennt Whewell Cotidal Lines, von andern werden sie auch Isorachien genannt. In den Phil. Trans. für 1836 hat Whewell für Europa und die Britischen Inseln neue Karten der Isorachien Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 1 ve Ta M Tr 3 N EP WR ae 4 4 > g fd x AR F Er E : h = } N ea, er \ , no Ehe? 98 , | Peters. mitgetheilt, für welche zahlreiche spätere Beobachtungen benutzt worden sind . und welche sich auch noch darin von den früheren unterscheiden, dass für die Bestimmungen der Zeiten der Hochwasser, statt der Hafenzeiten, die mittleren Mondfluth-Intervalle benutzt worden sind. Whewell ‚bemerkt in Bezug hierauf, dass das letztere Intervall für die Küsten von England um 4 Stunde kleiner ist als die Hafenzeit, und dass also die Isorachie für 11 Uhr der neuen Karte derjenigen für 2 Uhr der früheren entspricht. Es darf übrigens nicht unerwähnt bleiben, dass Whewell auf seinen Karten ins- besondere auf der früheren von 1833, wie es auch von ihm selbst später hervorgehoben ist, die Linien gleichzeitigen Hochwassers zum Theil hypo- thetisch über weite Strecken grosser Meere gebildet hat, für welche keine Fluthbeobachtungen vorhanden waren, und für welche sich zum Theil wohl überhaupt keine solche Linien werden construiren lassen. Indess für Wasser- flächen von kleinerem Umfange und für solche, welche sich längs den Küsten erstrecken, geben Whewell’s Karten eine sehr anschauliche Darstellung von dem Verlaufe einer der wichtigsten Erscheinungen der Fluthosecillationen. 38. Whewell giebt das Fortschreiten der Fluthwellen, so weit er es nach seinen Untersuchungen hat bestimmen können, in folgender Weise an: Die Fluthwelle, welche die Gezeiten an die Küsten von Europa bringt, kommt aus dem Atlantischen Oceane, und erreicht die Westküste von Spanien und Portugal ungefähr zwei Stunden nach der Oulmination des Mondes (in Greenwich), die Westküste von Frankreich nach etwa drei Stunden, die Westküste von Island und Land’s-End nach etwa vier Stunden. Die Fluth- welle bewegt sich darauf längs der Südküste von England und der Nord- küste von urn a Strasse von Dover, Welche sie etwa elf Stun- den nach der Mond-Culmination erreicht. Sie bewegt sich ausserdem auch längs der Westküste von Irland und Schottland und erreicht die Orkney- Inseln etwa neun Stunden nach der Mond-Culmination. Von dort gelangt sie in die Nordsee und bewegt sich längs der Ostküste von Grossbritannien, erreicht um etwa zwölf Stunden nach der Mond-Culmination Peterhead und zwölf Stunden Später Harwich. Hier trifft sie mit einer Fluthwelle zu- sammen, welche gleichfalls aus dem Atlantischen Ocean kommend durch die Strasse von Dr zwölf Stunden früher nach Harwich gelangt. Die Ge- zeiten in der Nordsee werden durch Verbindungen dieser beiden Wellen hervorgebracht, woraus complicirte Gesetze der Flutherscheinungen hervor- gehen, wie auch in dem Irländischen Kanale Die Fluthwelle, welche die Gezeiten nach der Ostküste von Amerika bringt, scheint die südlicheren Theile etwa 7 Stunden, die nördlicheren Theile der Vereinigten Staaten etwa 11 Stunden nach der Mond-Öulmination zu erreichen. Bemerkenswerth ist es, dass die Europäische Fluthwelle sich anfänglich in einer Richtung bewegt, welche der scheinbaren Bewegung des Mondes entgegengesetzt ist, nämlich von Westen nach Osten. Im stillen Oceane findet sich dieselbe Erscheinung. An der Westküste von Südamerika, in der Nähe von Cap Horn, bewegen sich die Gezeiten gleichfalls von Westen nach: Osten. Sie fallen mit der Mond-Öulmination zusammen bei Chiloe und erreichen 44 Stunden später Kap Horn. In den westlichen Theilen des stillen Oceans bewegt sich die Fluthwelle westlich, wie aus ihrer Bewegung längs den Küsten von Neu- Seeland und Australien, die mit Sicherheit ermittelt ist, hervorgeht. Sie erreicht Neu Seeland um etwa 6 Uhr und Australien um etwa 10 Uhr nach der Culmination des Mondes in Greenwich. In dem mittleren Theile des stillen Oceans sind die Gezeiten von ge- ringer Höhe und stark abweichend von dem Gesetze der halbtäglichen Un- en und es ist daher ed die ne zu a Ufern gehöri- Gezeiten in Verbindung zu bringen, als diejenigen des Atlantischen Die äusseren Regionen dos stillen Oceans, die durch grosse Inseln unter. _ brochen sind, so wie auch der Indische Ocean, haben Gere für welche die‘ Gesetze des Fortschreitens sehr complieirt zu sein scheinen und bis jetzt e noch nicht entwickelt"sind. Es scheint, dass sich diese Gesetze nicht durch - Isorachien darstellen lassen, diese en vielmehr nur für Gegenden in der x N ähe der Küsten zur Anwendung kommen können. ie Ban N 39. Für die Ermittelung der Gesetze des Borbschreilene der Fluth- x - wellen längst einer oder mehrerer Küsten ist es, nach Whewell’s Vorschlag, Ra vortheilhaft, wenn gleichzeitige Beobachtungen an verschiedenen Orten N, . angestellt werden: Auf solche Weise wird man die Geschwindigkeit des | Fortschreitens mit beträchtlicher Sicherheit erhalten, wenn die Beh auch nur wenige Tage oder eine Woche hindurch fortgesetzt werden. Zu dem Ende sind die Beobachtungsstationen, je nach den Umständen, 10 bis 20 Seemeilen von einander entfernt zu wählen, und auf jeder Station sind “2 die zu verschiedenen Tageszeiten eintretenden Momente des Hochwassers zu a beobachten. Um die Bewegung der Fluthwellen weiter zu verfolgen, werden a die Beobachter, wenn sie die Observationen an einer Reihe von Stationen absolvirt haben, dieselben an neuen Stationen, welche sich den ersteren an- % ‚reihen, wiederholen, und so das Fortschreiten der Fluthwellen für eine ‚grössere Strecke ermitteln. Diese Bestimmungen werden noch an Sicherheit gewinnen, wenn eine Normalstation ausgewählt Ed an welcher die Beobach- - tungen während der ganzen Dauer dr en Beobachtungsreihen angestellt werden, so de die Beobachtungen einer jeden andern Sa mit den an der Normalstation ausgeführten, verglichen werden können. u 40. Um eine Uebersicht zu bekommen, welchen Einfluss, neben den _ _ Anziehungskräften von Sonne und Mond, auch noch störende Einwirkungen auf die Höhenänderungen der Wasseroberfläche haben, ist es erforderlich, dass mehrere Male am Tage auch noch die Richtung und Stärke des Win- des und die Höhe des Barometerstandes beobachtet werden. Dass Stürme, besonders wenn sie in einen sich verengenden Meeresbusen eindringen, einen Ä grossen Einfluss auf die Neigung der mittleren Wasserfläche und auf die PR, _ Höhen und Zeiten von Hoch- und Niedrigwasser haben, ist bekannt; doch kann es von Interesse sein zu ‚ermitteln, in welcher Weise die Stärke und | SR Richtung des Windes, sowohl die gleichzeitigen, als auch spätere Erscheinun- 1 ns; gen der Gezeiten beeinflussen. { Dass die Höhen der Gezeiten von der Stärke des Luftdrucks beein- a L . Musst werden, haben Daussy, Whewell, Bunt und Airy aus Untersuchungen | x von Fluthbeobachtungen nachgewiesen. Wenn das Barometer fällt, so steigt i RN Ede, Höhe der Meeresoberfläche, und zwar an einigen Orten um einen Bebap 4 der 12 bis 14 mal so gross ist, wie die Höhenänderung des Barometers. Nie Für die allgemeine Theorie der Bewegungen der Fluthwellen ist es Fluthwelle erleidet, wenn sie sich längs einem Flusse bewegt. \ 41. Welches Rechnungsverfahren anzuwenden ist, um aus den beobach- en Wasserständen eine allgemeine Formel für die Höhe des Wassers zu rickeln, darüber werden sich allgemein gültige Vorschriften nicht angeben weil es dabei sehr in Betracht kommt, welche Zeitmomente für die ung der Beobachtungen ausgewählt worden sind. Wenn mittelst eines enden Pegels, oder in gleichen Zeitintervallen beobachtet worden ist, 7%* / LET ETR 100 Peters. so ist das von Thomson (Report of the 38. Meeting of the British Associa- tion) angegebene Verfahren sehr zu empfehlen. Er geht von derjenigen von - Laplace "angegebenen Formel für die Wasserhöhe (= h) aus, welche ausser einem constanten Gliede A, mehrere Reihen Deriodischer Glieder in der Form: A,cos nt+ B,sin nt u, cos2nt+B, sin 2nt on cos 3nt+ B, sindnt enthält. Hierin sind A, Ay As... Bir Ba Bar . - Grössen, welehe tr denselben Beobachtungsort constante Werthe haben, # ist die Zeit, welche von einer angenommenen Epoche beginnt, und n, 2n, 3n... sind die der Zeiteinheit korrespondirenden Winkelgeschwindigkeiten. 42. Thomson wandte die Formel zuerst auf Fluthbeobachtungen an, welche in dem Hafen von Ramsgate, ım Jahre 1864, an einem selbstregi- strirenden Pegel angestellt worden sind. Es wurden für die Berechnung nur diejenigen Angaben des Fluthmessers benutzt, welche Januar 1, OR mittlere Zeit beginnend, von Stunde zu Stunde registrirt sind. Für die Winkelgeschwindigkeiten wurden demnach die Bewegungen in einer Stunde mittlerer Zeit angenommen. Unter Anwendung folgender Bezeichnungen: ee ndiekeit der Rotation der Erde =y = x der mittleren Bewegung des Mondes um die Erde N h 5 der mittleren Bewegung der Erde um die Sonne =, des Fortschreitens des Mond- Peru —R Yes ermite er Keil der ersten Berechnung nur diejenigen periodischen Glieder, in welchen n die Werthe „—n, , y— 40-40, y—-o, y—-30+40, 7-20 hat. Für die Bewegung des Mondes wurden demnach nur die wesenslich- sten, von der al ns Form seiner Bahn abhängigen, Glieder berück- har, Die den vorhergehenden Werthen von n entsprechenden Reihen in der Formel für A bezeichnet Thomson mit 8, X, L, M, N und ©. Für jede dieser Reihen berechnete er die Werthe der dazu gehörigen Constanten A), Ay, Ay, ... bis A, B, Ba, By... bis B,, aus 24 aus den Beobachtungen elle een von 2 "Wäre die Rechnung bis A,,, B}], 4ı, fort- Beführt worden, so würde eine vollständige De der benutzten Mittel- mine erlangt sein, allein Thomson hielt mit Recht He letzten Werthe von A und B für zu unsicher, um auf ihre Entwickelung Zeit zu verwenden. Später liess Roberts von den Üoefficienten A,, Ag, Ay, ».: Ay; Bi, Ba B;, . B, auch noch diejenigen unberücksichtigt, die der Mhkonia nach, = 0 sein: e und deren Betrag sich ausserdem sehr klein herausstellte. Für die rn der Constanten in den Reihen S und M wurden die stündlichen Höhen benutzt, welche während der Dauer von 369 Tagen und 3 Stunden registrirt sind. Dieser etwas mehr als ein Jahr umfassende Zeitraum wurde gewählt, weil er sehr nahe 25 volle Perioden der Spring- und Nippfluthen umfasst, und daher die Mittelwerthe der Höhen, welche für einen bestimmten Werth des Stundenwinkels von S gelten, am wenigsten von den zu M gehörigen Werthen beeinflusst werden, und umgekehrt. Diese Mittelwerthe wurden in folgender Weise gebildet. Für die $ Gezeiten schrei- ten die Winkel („—) £, von o beginnend, für jede Stunde mittlerer Zeit um genau 15° fort. Es wurden daher aus allen Ablesungen 24 Mittelwerthe gebildet, »10L% "relche für on, 1", 2», 3b, ,.. 25% der $ Stunden gelten. Für die M Gezeiten Aalen zu een m 15 zu 15 Graden fortschreitenden Werthen von (06) tdie entsprechenden mittleren Zeiten bestimmt und für diese die dazu gehörigen Wasserhöhen aus den registrirten Curven genommen werden sollen. Statt dieser genaueren ehe wurden bei ae ersten Annäherung EN, een Werthe genommen, welche ihnen in der Reihe der für OR, 1a, ’ ‚3®,... mittlere Zeit geltenden Höhen der Zeit nach am len Re Auf ähnliche Weise wurden für jede der Reihen X, Z, N, O, 24 Mittelwerthe gebildet. Aus den 24 Mittelwerthen einer jeden Gruppe liessen ch die Werthe von a A AB Bas Basis. BD, .duxch. ecke nung so bestimmen , SE die nn der erhaltenen ee für nt im nt=30°, ... berechneten Werthe den beobachteten so nahe wie möglich sich anschliessen. Diese Rechnung ist sehr einfach, weil die für jede Gare in Rechnung genommenen Winkelwerthe Punkten entsprechen, die gleich- förmig auf dem Umfange eines Kreises vertheilt sind. Bei dieser ersten Annäherung wurde angenommen, dass in den benutzten Mittelwerthen für eine jede der S, X, Z, M, N, O Gezeiten der Einfluss der anderen Gezeiten, wegen der grossen Anzahl ihrer Perioden nahezu eliminirt sei. Nachdem die Werthe der ersten Annäherung ermittelt worden, wurde eine zweite An- näherung ausgeführt, indem die zuerst gefundenen Werthe benutzt wurden, um für jede einzelne Gezeit X, 8, Z, M, N, O den Einfluss der übrigen auf die zu verwendenden Mittelwerthe in Rechnung zu bringen. Auch wurden mit Hülfe der ersten Approximation die Verbesserungen bestimmt, welche deshalb an die für X, Z, M, N, O benutzten emzelnen Höhen noch anzubringen waren, weil diese, wie erwähnt, nicht genau zu den Zeiten ge- hören, für welche sie in Rechnung gebracht worden sind. Nachdem die Reihen für S, X, Z, M, N, O entwickelt waren, bestimmte Roberts später noch die Glieder, welche von der Evection und Variation der Mondbahn ab- ‘hängen, ferner die halbmonatliche Mond-Gezeit, die halbjährliche Sonnen-Gezeit b: und einige andere Glieder von kleinem Betrage. Schliesslich brachte Roberts je zwei zusammengehörige Glieder Acosnt-+Bsinnt in die für die An- wendung bequemere Form Rcos(nt— e), worin Rcose=A und Rsine=B. Für diejenigen Coefficienten A und B, welche der Theorie nach =o sein sollten, wie A,, Bi, As, B; in Z und N; A,, B, in O ete. ergab die Rech- nung in der That, Er nur sehr kleine Werne, Die Berechnung der Werthe der verschiedenen A und B lässt sich zum Theil noch vereinfachen, wenn die Relationen zwischen diesen Grössen und e Anweisung z zur sans von Eh chlangen über: Hbbe IR Floth. nt — den Grössen B, 0, D,... 7,9, 44, ....des $ 10 berücksichtigt werden. = Roberts wandte dasselbe Verfahren, welches er auf Thomson’s Veran- Re lassung, für die Berechnung der zu Ramsgate angestellten Beobachtungen - benutzt hatte, später mit sehr günstigem Erfolge auch auf Fluthbeobachtungen an, welche bei Liverpool, zu Fort Point in der San Francisco Bay und zu ie Kurrachee angestellt worden sind. Sa Ban R Bir. 43. Die Verspätung der Springfluth oder das Alter der Gezeit, ergiebt B- sich aus Roberts Formel, wenn die Differenz zwischen den Epochen. der Fr. halbtäglichen mittleren Sonnen- und Mond-Gezeit (zwischen den &, der Reihen BS und ıM ) durch den doppelten Unterschied zwischen den mittleren täglichen se kr ewegungen des Mondes und der Sonne, oder zwischen 24 (y— n) und " 24 (7 — 6) dividirt wird. Für Ramsgate ist & ($) = 32°,70, & (M) = 3390437; ausserdem ist 24 (y— N 360°, 24 a _ 2 — SAT, 809, 24 er _ - — u 0) 1 102 | Peters. 329,70 — 3390.43 53097 aa we re ee 23,185 2.190191 24,382 | — 24 4h 94m 44. Wenn die Beobachtungen an einem selbstregistrirenden Pegel nur wenige Monate hindurch angestellt sind, so wird es sich empfehlen aus den Höhen und Zeiten von Hoch- und Niedrigwasser genäherte Werthe für die Amplituden und Epochen der periodischen Glieder für die halbtägliche Sonnen- und die halbtägliche Mondfluth, so wie für die täglıchen Fluthen abzuleiten, und unter Por dieser Werhe die ferneren Approximationen nach Thomson’s Methode saninen. Es wird jedoch erforderlich sein, aus den registrirten Curven die Höhen für kleinere Intervalle, als von Stunde zu Stunde, etwa von 15 zu 15 Minuten, zu nehmen. 45. Es ist sowohl in wissenschaftlicher Beziehung als auch für mancherlei praktische Zwecke von grosser Wichtigkeit, dass noch an recht vielen Orten, an denen es bisher nicht geschehen ist, Fluthbeobachtungen angestellt werden. Aus zahlreichen derartigen Beobachtungen wird sich er- mitteln lassen, nach welchen Gesetzen sich die Verspätung der Fluth mit der Lage des Orts auf der Erdoberfläche verändert, auf welche Weise sich die Fluthwellen über die Oberflächen der Meere bewegen, und welche Flu- then an jedem Orte die vorherrschenden sind. In Folge solcher Ermitt- lungen wird es ausführbar werden, für viele Orte die verschiedenen Fluth- erscheinungen im Voraus zu bestimmen, so weıt nicht Localverhältnisse sie - Bose die nach unbekannten Gesetzen wirken. Die aus den Fluthbeobachtungen abzuleitenden mittleren Meerenhone finden ihre Anwendung in der Geodäsie und in geologischen Untersuchungen. Die Marken, auf welche an den yanschlsikemen Beobachtungsstationen die Wasserhöhen bezogen werden, sind durch Nivellements, so weit es ausführ- bar ist, mit einander zu verbinden. Insbesondere ist dieses längs solchen Meeresstrecken erforderlich, die sich, abgesehen von den Fluthoscillationen, nicht im Zustande des Gleichgewichts befinden. In Europa tritt, durch Ver- schiedenheiten im specifischen Gewichte der Wassermassen, eine merkliche Abweichung vom Gleichgewichts-Zustande durch die Verbindung der Ostsee mit der Nordsee ein. Es ist daher zu wünschen, dass an diesen beiden Meeren und den dieselben verbindenden Strassen noch mehr Beobachtungs- stationen als bisher zur Bestimmung der mittleren Meereshöhen an den ver- schiedenen Punkten angeleet Frecdlen, Von Wichtigkeit ist es gleichfalls, dass an reach Orten die Fluth- beobachtungen von Zeit zu Zeit wiederholt werden, um zu erfahren, ob und wie sich a mittlere Höhe der Wasseroberfläche, so wie auch die Ampli- tuden und Epochen der verschiedenen Gezeiten mit der Zeit verändern. Wenn die Fluthbeobachtungen an einem Orte während eines ganzen Jahres oder mehrere Jahre hindurch angestellt worden sind, so ist auch aus den Beobachtungen zu ermitteln, ob die mittlere Wasserhöhe ausser der Einwirkung durch die halbjährliche Ungleichheit der Sonnenfluth, deren Betrag, wie bereits bemerkt worden, nur gering ist, auch noch in Folge vom Schmelzen des Schnees und Eises, von Regengüssen oder der mehr oder weniger starken Verdunstung des Wassers sich im Laufe eines Jahres um eine angebbare Grösse verändert. | mulcu, | : ehe. Lib. III. % ‚ Plinii Secundi historia mundi. Lib. II. Cap. 97. Su Ben de En philosophorum. Lib. III. Cap. 17. elphinus, de fluxu et refluxu maris disputatio. 1559. . Alseforo, del flussu e reflussu del mare. 1561. oh. Kepler, Astronomia nova seu physica coelestis. Introdüctio. RR an‘. | — Epitome astronomiae p. 555. } A _ — de astronomia lunari. Bi: & Galilaei, dialogi de systemate RE. Dial. 4. a - _R. Descartes, de fuxu et refluxu maris (principia philosophiae Lib. IV. Art. BR El dg6), | u me Ricceiolus de motu maris, qui Aestus dieitur (Almagestum novum. II). Kin nr G@assendi opera II, p. 27. Do Hermanni, Landgravii Hassiae quaestio de fluxu et refluxu Oceani resoluta a Joh Placentino. 1659. ee Isaacus Vossius‘de motu marium et ventorum. 1663. Bit. M. Meier de maris aestu.. 1664. E 2 F. Baconus de fluxu et refluxu maris. 1665. Be: N Fabri dialogi physici, in quibus de motu terrae disputator, marini aestus nova causa Fi ER, proponitur. 1665. 12 2]; wälls hypothesis about the flux and reflux of the sea. Phil. Trans. 1666. Bi: — Observations astronomiques et physiques faites en l’isle de Cayenne Ba Reiher. Ben h E h“ \ Chap. X. Art. II. 1679. N — de aestu maris hypothesis nova. 1699. Ne Er Nitzschius de tripliei maris motu. 1667. NR Bee eorrect Tide Table to every day in the year 1683. Phil. Trans. AR: NER RI: saac Newton, philosophiae naturalis principia mathematica. Mb. 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Der Grund hiervon liest offenbar nicht allein in einem verminderten Geschick M anseter Zeit zur Deduction, sondern mindestens ebenso sehr darin, dass _ unsere Erfahrungen über den Erdmagnetismus in seiner räumlichen und zeit- By: ‚lichen Gestaltung eben! immer. noch ungenügend sind. Die hauptsächlich 5 E>" "noch zu neinden Erfahrungen sind zweierlei Art, nämlich econtmuricke und möglichst genaue Ba neen der nn der erdmagnetischen ia, “+ Kraft, besonders durch Sp registrirande Br an wenigen Punkten Er N der Trdöherfläche zur Erforschung ihres Zusammenhanges mit andern irdischen RR M und. kosmischen Erscheinungen und sodann Beobachtungen der Elemente des‘ _ Erdmagnetismus, wenn auch nur vereinzelt, an vielen Den und insbesondere an solchen, wo bis dahin keine oder nur einmalige Messungen dieser Art angestellt worden sind. Das Letztere ist die ae der magnetischen Beobachtungen auf Reisen. AN Die magnetischen Beobachtungen auf Reisen, die wir hier allein | rörlien haben, bieten unstreitig a Schwierigkeiten dar, welchen e bezüglichen Messungen auf ständigen Observatorien nicht ‚oder viel we- ig auch noch die einfachere Behandlung und raschere Beobachtung in’s. gefasst werden. Dass die Beobachtungen auf Reisen meistentheils der ganz im ee N nur in mangelhaft vor den Unbilden der :ch äussere 1 Unsti nde i in der Wahl ‚der en Zeiten beschränkt Br Er, 108 Hr | Wild. ist, dass störende Einflüsse hier schwieriger ganz zu beseitigen oder wenig- stens aus den Endresultaten zu eliminiren sind, dies und Andere ir mehr ermüden oft die Geduld des Reisenden va nehmen, wenn anders gute Resultate erzielt werden sollen, seine Aufmerksamkeit in einem viel höhern Maasse in Anspruch, als gewöhnlich vermuthet wird. Eine gedrängte Anleitung zur Anstellung magnetischer Messungen er- scheint daher ganz besonders für Beobachtungen auf Reisen als Bedürfniss. Sie hat der Natur der Sache nach in zwei Theile zu zerfallen, nämlich einen ersten allgemeinen Theil, in welchem dem Reisenden kurz die allgemeinen Prineipien dieser. Messungen und die bereits vorliegenden bekannten That- sachen über den Erdmagnetismus, insofern sie auf seine Beobachtungen in- fluiren können, in’s Gedächtniss zurückgerufen werden und sodann einen zweiten speciellern Theil, der die Instruction für den Gebrauch der Reise- instrumente enthält.?) Wir werden hier nur die magnetischen Beobachtungen auf dem Lande betrachten, da diejenigen zur See wegen des Eisengehalts und der Bewegungen der Schiffe besondere Vorsichtsmassregeln und. Hülfs- apparate erfordern und daher besser im nautischen Theil dieses Werkes zur Behandlung kommen. St. Petersburg, 1. Februar 1874. I. Allgemeines über die Bestimmung und die Eigenschaften der erdmagnetischen Kraft. 1. Die magnetische Kraft der Erde ist an irgend einem Orte als voll- ständig bestimmt zu betrachten, wenn ihre Richtung und Grösse daselbst gegeben ist. Die Richtung der erdmagnetischen Kraft pflegt man auf zwei, für jeden Ort genau bestimmbare feste Ebenen, nämlich den astronomischen Meridian und die Horizontalebene, zu beziehen und heisst Declination jenen Winkel, welchen eine Verticalebene durch die Richtung der erdmagne- tischen Kraft, der sogen. magnetische Meridian, mit dem astronomischen Meridian einschliesst, und Inclination den Neigungswinkel der Kraft gegen die Horizontalebene. Die magnetische Kraft der Erde an irgend einem Orte wird also auch durch die drei Elemente: Declination, Inclination und Intensität bestimmt. Statt durch diese drei Elemente hat man auch wohl die erdmagnetische Kraft durch ihre drei Componenten nach drei auf- einander senkrecht stehenden Richtungen, nämlich der Verticalen, der Nord- Süd-Bichtung und der Ost-West-Richtung in der Horizontalebene definirt. Die Beziehung zwischen diesen beiderlei Bestimmungs- Elementen ergiebt sich leicht. Heissen wir K die ganze Intensität des Erdmagnetismus V die verticale Componente derselben H die ganze horizontale Componente der erstern X die Nord-Süd-Componente der letztern Y die Ost-Wet- „ ,„ h 4 i die Inelination ; d die Declination so hat man die Relationen: V=Ksini „H=K0cos;, X—=Kcosticosd, V—=K cost sind. LITE L; Au 9%, een die drei an V, X und Y eine mehr theoretische als praktische Bedeutung haben, so werden wir uns hier an die drei erstern Be eiänie halten. 4 2. Die Deelination wird bestimmt, indem man den Horizontal-Winkel zwischen dem astronomischen Meridian des Orts und der magnetischen Axe einer, um eine verticale Axe drehbaren, Magnetnadel misst. Sie wird in Graden, Minuten und Secunden (oder auch Zehntel- und Hundertel-Minuten) ausgedrückt und als östliche oder westliche Declination unterschieden, je nachdem das Nordende (das nach Norden weisende Ende) der Magnet- - madel nach Osten oder Westen vom astronomischen Meridian abweicht. Selten wird die westliche Declination auch als die positive, und die öst- liche als negative bezeichnet. 3. Die Inclination erhält man durch Ausmessung des Vertical- Winkels zwischen der Horizontalebene und der magnetischen Axe einer Magnetnadel, die um eine, auf dem magnetischen Meridian senkrecht stehende Horizontalaxe drehbar ist. Sie wird wie die Declination in Graden, Minu- ten und Secunden (oder Zehntel- und Hundertel-Minuten) ausgedrückt und "als nördliche oder südliche Inclination unterschieden, je nachdem das Nordende der Magnetnadel sich unter die Horizontale senkt oder über die- selbe erhebt. Die erstere wird auch wohl positive und die letztere negative Inelination genannt. 4. Die Intensität lässt sich ihrem ganzen Betrage nach direct nur unsicher ermitteln, während die Bestimmung ihrer horizontalen Oomponente einer grossen Genauigkeit fähig ist. Man zieht es daher durchweg vor, die letztere Grösse unmittelbar zu bestimmen und dann aus ihr und der be- kannten Inclination die ganze Intensität nach der Formel: A= —— zu cos i berechnen. Die absolute Bestimmung der horizontalen Componente der erdmagne- tischen Kraft oder kurzweg der Horizontalintensität des Erdmagnetismus erheischt zweierlei Messungen: erstlich die Beobachtung der Schwingungs- dauer einer horizontalen Magnetnadel um eine verticale Axe und zweitens die Beobachtung der kenne aus dem magnetischen Meridian, welche diese Nadel in fixer Lage aus gewisser Entfernung bei einer ni um eine verticale Axe drehbaren Magnetnadel bewirkt. Sie setzt überdies die Kenntniss resp. Abmessung der letztern Entfernung sowie des Trägheits- momentes oder der Dimensionen und der Masse des Schwingungsmagneten voraus. Der numerische Ausdruck der aus diesen Beobachtungsdaten zu berech- En” nenden Horizontalintensität hängt von den Einheiten ab, welche man für die Zeit, die Länge und die Masse bei obigen Messungen gewählt hat. - Man erhält die Horizontalintensität ausgedrückt in absoluten Gauss’schen oder metrischen Einheiten, wenn wir alle Längen nach Millimetern, die Massen nach Milligrammen und die Zeiten nach Secunden der mittlern Sonnenzeit messen. Neben diesen Einheiten werden nur noch die der „Royal Society“ oder die englischen gebraucht, wobei als Längen- einheit der englische Fuss, als Maseneinheit die Maske eines Grains R: " und als Zeiteinheit wieder die Secunde der mittlern Sonnenzeit gelten. en sitätswerthe, welche in den letztern Einheiten ausgedrückt sind, hat BR man zur Reduction auf die Gauss’schen Einheiten mit dem Factor: 0,46108 - zu multipliciren. 110 Wild. | a 5. Isogone, isokline und isodyname Linien. Wenn man die Elemente der erdmagnetischen Kraft in fremden Gegenden zu bestimmen hat, so ist es nützlich, sich an der Hand der bereits vorhandenen Daten eine Vorstellung von dem ungefähren Betrag derselben zn machen. Dazu können am besten die magnetischen Karten benutzt werden. Man hat nämlich auf Karten diejenigen Orte, welchen jeweilen gleiche Declination resp. Inclination resp. Intensität zukamen, durch Linien verbunden und die Linien gleicher Declination: isogone, diejenigen gleicher Inclination: iso- kline, endlich die gleicher Intensität: isodyname Linien genamnt. Unter diesen magnetischen Karten erwähnen wir nur die neuesten und - vollständigsten, nämlich die von Sir E. Sabine für die südliche Hemisphäre (Philos. Transactions 1868) und für die nördliche Hemisphäre (Philos. Transactions 1872) beide alle 3 obigen Elemente umfassend und für die Epoche 1840 —45 geltend und die noch umfassenderen, nicht will- kürlich, sondern an der Hand der Gauss’schen Theorie entworfenen in dem Atlas des Erdmagnetismus von Gauss und W. Weber. Die letztern gelten für die Epoche 1830 und die Intensitätskarten unterscheiden sich von denen Sabine’s noch dadurch, dass sie nach einer willkürlichen Einheit entworfen sind, wornach die ganze Intensität in London 1372 ist, also die den Tafeln zu entnehmienden Werthe mit 0,0034941 zur Verwandlung in das absolute metrische Maass multiplicirt werden müssen, während Sabine’s Karten unmittelbar absolute Werthe der Intensität in englischem Maasse «eben. Der Gauss’sche Atlas enthält auch besondere Karten für die Horizontalintensität. - Aus den Gauss’schen Karten folgt, dass auf der Erdoberfläche die ganze Intensität zwischen den beiden Extrem-Werthen 7,898 als Max. und 2,828 als Min. nach metrischem Maasse, die Horizontalintensität aber zwischen 3,733 als Max. und O als Min. nach demselben Maasse schwankt, während die Declination alle Werthe von 0° bis + 180° und die Inclina- tion von 0° bis + 90° annimmt. Diese Karten ergeben auch, dass im mittleren Europa eine Längendifferenz von 1 Bogen-Minute — 4 Zeitsekun- den = 1,3 Kilometer eine Declinationsänderung von ungefähr 4 Minute und eine Breitendifferenz von 1 Bogen-Minute — 1,9 Kilometer eine Aenderung der Inelination um 1 Minute und der Horizontalintensität um 0,0008 abso- luten metrischen Maasses zur Folge hat. Hiernach lässt sich je nach der Genauigkeit, welche man seinen Messungen zu geben wünscht, die noth- wendige Sicherheit in- der Fixirung des Beobachtungsortes bemessen. Da überdies gewisse Local-Einflüsse jeweilen vorhanden sein können, so ist es zur spätern Wiederauffindung genau desselben Beobachtungspunktes zu em- pfehlen, nach dem Vorgange von Lamont in seinen magnetischen Orts- bestimmungen®) ausser der Länge und Breite des Beobachtungsortes auch noch einen kleinen Situationsplan desselben beizufügen. Die Vergleichung dieser beiderlei Karten, von denen also die einen auf ungefähr 121 Jahre spätere Beobachtungen sich stützen, als die andern, zeigt nicht unerhebliche Differenzen zwischen beiden und weist damit auf eine Erscheinung hin, welche die Schwierigkeiten magnetischer Beobachtungen bedeutend erhöht, es ist dies die Veränderlichkeit des Erdmagnetismus mit der Zeit. Dieselbe manifestirt sich in dreierlei Weise, nämlich als sogen. Säcularvariation, als tägliche Variation und als Störung. 6. Säcularvariation. Es zeigt sich entsprechend der vorstehenden Bemerkung, dass die Elemente der erdmagnetischen Kraft an ein und dem- selben Orte auch in ihren jährlichen Mittelwerthen eine langsame continuir- liche Veränderung mit der Zeit erleiden, die zu verschiedenen Zeiten am Be nk Auch einen engen en Sin hat. “ Im mittlern Europa ändern sich z. B. in Folge et sogen. Säcularvariation ‚die magnetischen Elemente zur Zeit in der Art, dass per Jahr He die mittlere westliche Declination um ah: 6 Min. er abnimmt; BR, Aa? die mittlere nördliche Inclination h n PARERNN, Ya 257% abnimmt; ee MY die mittlere Horizontal-Intensität „ yy 0,002 G. E. A zunimmt, ’ ‘ BR; die mittlere Ganze-Intensität „ ey 0,0005 G. E. Bl zunimmt. ja Dieser Säcular-Variation halber ist es also bei vereinzelten magnetischen Beobachtungen durchaus nothwendig, das Datum, für welches die Messung gilt, dem erhaltenen Werthe beizufügen. 7. Tägliche Variation. Des Weitern zeigen alle drei Elemente des Erdmagnetismus eine im Laufe von 24 Stunden periodisch wiederkehrende | Veränderung, welche man die tägliche Variation genannt hat. "3 Die westliche Declination — für die südliche Halbkugel die öst- liche — hat im Jahresmittel ihren geringsten täglichen Werth ungefähr um 8" Vm., nimmt dann rasch bis zum Mashum um 14 bis 2 Nm. zu und kehrt a langsam im Laufe des Nachmittags und ne. während | der Nacht zu jenem eelen Werth zurück. Durch das Mittel geht iv _ die Nadel zwischen 10 und 11” Vm. und 8 und 9" Nm. Der Ünkercchied - zwischen Max. und Min. beträgt in mittlern Breiten 7—8 Minuten, Bu Die Inclination zeigt im‘ Jahresmittel ihren grössten täglichen Werth ungefähr um 11" Vm. nimmt dann im Laufe des Nachmittags lang- sam bis ungefähr um 10" Nm. ab, um darauf zuerst langsam, später — etwa von 5! Vm. an — rascher zum Maximum um 11" Vm. zurückzukehren. Der Mittelwerth wird um 7" Vm. und 34" Nm. passirt. Die Differenz zwischen Max. und Min. beträgt nur 2—3 Minuten. Die Horizontal-Intensität endlich schliesst sich in ihrem täglichen Gange fast ganz der Inclination an, d. h. sie erreicht ihren kleinsten Werth ungefähr um 11" Vm., den grössten ungefähr um 9® Nm. und zeigt während der Nacht eine verhältnissmässig kleine Veränderung. Durch den Mittelwerth geht sie ungefähr um 7" Vm. und etwas nach 3" Nm. und - die Differenz zwischen Max. und Min. erreicht durchschnittlich 0,003 abso- 5 - Juten Gauss’schen Maasses. IR 1 Für alle 3 Elemente ist die Amplitude der Variation in höhern Breiten EN, grösser als in niedrigen, im Sommer der betreffenden Halbkugel grösser — ungefähr doppelt so gross — als im Winter, endlich in einem regelmässigen Amplitude ist auch von Aenderungen im Charakter der Bewegung begleitet, ie indessen verhältnissmässig viel unbedeutender sind. i Diese tägliche Variation erheischt demnach, dass wir dem Datum der i rg renutist später vom Einfluss der täglichen Variation möglichst befreien a resp auf das Tagesmittel reduciren zu können. Zur Zeit der raschesten Be San: enderung der Declination beträgt z. B. dieselbe 0,05 Bogen-Minuten in der Zeitminute und es wäre demgemäss die Zeit bis auf 2 Minuten genau B Kaymasben, wenn wir bei der Bestimmung der Declination eine Genauigkeit Tran Bogen-Minute anstreben. — Zur Reduction des einen oder andern, Be; io.» wild. zu irgend einer Tagesstunde bestimmten magnetischen Elements auf das be- treffende Tagesmittel kann man sich, analog wie dies kei der Temperatur geschieht, des bekannten täglichen Ganges des fraglichen Elements für eine “ benachbarte Normalstation bedienen. Ist eine solche nicht in der Nähe, so kann man entweder zu den Zeiten beobachten, wo das Medium des betreffen- den Elements einzutreten pflegt oder auch, wie dies bei der Beobachtung der meterologischen Phänomene gewöhnlich geschieht, zu solchen Terminen die Messungen anstellen, für welche das arithmetische Mittel sich nur wenig vom wahren Tagesmittel entfernt. Als solche Stunden -Combinationen sind zu empfehlen für die Declination: 8" Vm., 2% und 8 oder 9% Nm,, für die Inclination: 7° und 11° Vm. und 10% Nm. und für die Horizontalintensität 7® und 11° Vm. und 9% Nm.*) 8. Störungen. Den erwähnten regelmässigen täglichen Gang zeigen die drei Elemente der erdmagnetischen Kraft aber bloss ım Durchschnitt ganzer Monate und an wenigen einzelnen Tagen; derselbe ist vielmehr im Allgemeinen ein sehr unregelmässiger, so dass die wirklichen Werthe oft in rascher Folge und um bedeutende Beträge von diesem normalen Gange nach der einen und andern Seite abweichen. Diese Abweichungen vom normalen Gange, welche selbst in mittlern Breiten bei der Declination + 1°, bei der Inclination + 10’, und bei der Horizontalintensität + 0,03 Gauss’sche Ein- heiten betragen können, werden als magnetische Störungen und die bedeu- tendern auch wohl als magnetische Ungewitter oder Stürme bezeichnet. Die Störungen machen sich durchweg bei allen 3 Elementen zugleich geltend, während aber diejenigen der Inclination und Horizontal - Intensität eine gewisse unverkennbare Uebereinstimmung zeigen, scheinen diejenigen der Declination in ihrem Verlauf ganz unabhängig von jenen zu sein. Eine an einem Orte beobachtete Störung scheint sich stets auf die ganze Erdoberfläche auszudehnen, manifestirt sich aber an verschiedenen Orten in verschiedener Weise. Der Betrag der Störung ist unter höhern Breiten viel bedeutender als unter niedrigern; verschwindet wenigstens für die Declination am Aequator fast ganz und wird für diese auf der südlichen Halbkugel ent- gegengesetzt. Für Orte derselben geogr. Länge ist die Form der Störung eine ganz ähnliche und wird nur in höhern Breiten eine entschieden ab- weichende. Betrachten wir dagegen Orte gleicher Breite, aber verschiedener Länge, so zeigen um 180° auseinanderliegende Punkte zu gleicher Zeit ent- - gegengesetzte Störungsschwankungen und von der Stelle stärkster Störung nimmt deren Betrag nach beiden Seiten hin ab und ist beiderseits in 90° Abstand zu gleicher Zeit nahezu Null. Die Häufigkeit der magnetischen Störungen geht Hand in Hand mit der Häufigkeit der Sonnenflecken und der Nordlichter, zeigt also wie diese eine ungefähr 11jährige Periode. Die Störungen beeinträchtigen unter allen zeitlichen Veränderungen der magnetischen Elemente ihres hohen Betrages und ihrer Unregelmässigkeit halber am meisten die Sicherheit der magnetischen Messungen. Zu Zeiten eigentlicher magnetischer Ungewitter, welche leicht an einer beständigen Un- ruhe und an plötzlichen Bewegungen der Declinationsnadel zu erkennen sind, ist es gerathen, die Beobachtungen, aus welchen mittlere Werthe der mag- *#) Die von Kreil entdeckten periodischen Veränderungen der magnetischen Ele- mente nach Mondszeit, sowie die von Hornstein für dıe Rotationszeit der Sonne nachgewiesenen haben als sehr klein mehr nur eine theoretische Bedeutung und können daher hier ganz ausser Acht gelassen werden. h j ' Is ir) " ‘ BEE THTRBNGE SRH 2, Kay h y Ä RN Anleitung zur Bestimmung der Elemente des Erdmagnetismus äuf Reisen. 113 _ metischen Elemente abgeleitet werden sollen, ganz auszusetzen. Finden da- gegen nur geringere Störungen statt, so sind aus Messungen während der- selben doch noch brauchbare Resultate herzuleiten, wenn man sich genau die Zeiten der einzelnen Beobachtungen notirt und wenn in der Nähe ein Ob- servatorium sich befindet, wo in kurzen Intervallen magnetische Variations- instrumente abgelesen werden oder noch besser eine continuirliche Selbst- registrirung solcher erfolet. Da nämlich an nahe liegenden Orten eine fast mathematische Uebereinstimmung im Gange der Störungen erfolgt, so kann man nachträglich vermittelst der gleichzeitigen Aufzeichnungen der letztern die erhaltenen Beobachtungsresultate auf wahre Mittel reduciren. Für den Fall grösserer Entfernung (d. h. etwa über 5° in Breite und 10° in Länge) des Beobachtungsortes von einem ständigen magnetischen Observatorium! kann man zwar die Veränderung des Störungsbetrags mit der Länge und Breite bei der Reduction einisermaassen in Rechnung bringen, doch erscheint es im Allgemeinen sicherer, an jedem Orte mehrere Messungen zu verschie- dener Zeit anzustellen, um dann später diejenigen von ihnen, die nach der Angabe graphischer Instrumente mit Störungen zusammenfielen, ganz zu streichen oder wenigstens bei der Ableitung der Mittelwerthe mit geringerem Gewichte in Rechnung zu bringen. . II. Beschreibung und Gebrauch der magnetischen Reise- instrumente. Dem Zweck dieses Werkes entsprechend, das namentlich als Anleitung für Reisende in noch wenig erforschte, also auch von den Culturcentren ent- fernte Gegenden bestimmt ist, haben wir uns bei der Auswahl der hier zu beschreibenden Instrumente für die Bestimmung der drei Elemente des Erd- magnetismus besonders von zwei an dieselben zu stellenden Anforderungen leiten lassen; erstlich sollen sie alle Elemente nicht bloss relativ, sondern absolut zu messen gestatten, da man sich auf längeren Reisen nicht auf die unveränderte Erhaltung gewisser Grössen, welche die erste Methode vor- aussetzt, verlassen kann; zweitens müssen sie selbst auf die Gefahr hin, eine etwas geringere Genauigkeit der Messung damit erzielen zu können, com- pendiös und dauerhaft sein, sowie rasche und einfache Beobach- tungen gestatten. Durch die erste Forderung wurde der magnetische Reisetheodolith von Lamont*) trotz der guten Resultate, welche er selbst damit bei seinen magnetischen Ortsbestimmungen in Deutschland, Frankreich und Spanien erzielt hat, von unserer Betrachtung ausgeschlossen, da derselbe - für die Declination und Inclination und theilweise auch die Intensität nur - relative Bestimmungen erlaubt, ebenso auch das compensirte Magneto- meter von W. Weber (beschrieben von Kohlrausch)’), da dasselbe eine absolute Bestimmung zwar nicht ausschliesst, wohl aber sehr erschwert; den - zweiten Bedingungen entsprechend, glaubte ich hier auch von dem voll- 4 ständigern magnetischen Theodolithen sowohl in der Gestalt, wie sie ihm Lamont gegeben hat®), als auch in der in England üblichen von Lloyd?) und ebenso in denjenigen Formen, die ich angegeben habe®), ab- sehen zu müssen. Gelegentlich werde ich indessen einige Andeutungen über - den abweichenden Gebrauch auch dieser letztern Instrumente nicht unter- lassen. 1. Verification der Instrumente. Da selbst die aus den renom- mirtesten Werkstätten hervorgegangenen magnetischen Instrumente nicht Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 8 ne 114 | Wild, immer den an sie zu stellenden constructiven Anforderungen genügen, so müssen dieselben behufs Erzielung guter Resultate vor dem Gebrauche durchaus einer sorefältigen Verification unterworfen werden. .Diese Verifi- cation erfordert aber vielfach Hülfsinstrumente und Vorrichtungen, wie sie auf Reisen gewöhnlich nicht zur Disposition zu sein pflegen; es ist daher nothwendig, dass dieselbe vor Antritt der Reise erfolge. Wenn in der Nähe des Ausgangspunktes der Reise keine meteorologisch-magnetische Central- anstalt vorhanden ist, wo der Reisende zu dieser Verification die nöthigen Hülfsmittel und Anleitung findet, so wird er sich diese doch von irgend einem physikalischen Institute verschaffen können. Ich werde daher der Kürze halber in Folgendem nur die Bedingungen angeben, denen das be- zügliche Instrument zu genügen hat und deren Erfüllung durch die Verifi- cation zu.constatiren ist, dagegen auf Erörterungen über die Verifications- methoden selbst nicht eingehen. Nach jeder längeren Reise sollte, wo möglich an demselben Orte wie vorher, eine neue Verification aller Theile. der In- strumente erfolgen, um sich von der unveränderten Erhaltung derselben zu überzeugen. Eine erste und allgemeine Bedingung für alle magnetischen Instrumente ist, dass alle Theile derselben, mit Ausnahme der Magnete selbst, durchaus eisenfrei oder unmagnetisch seien. 2. Aufstellung der Instrumente. Da ein passender Stand für die Aufstellung der magnetischen Instrumente nur an den wenigsten Orten un- mittelbar zu finden ist, so ist es im Allgemeinen nöthig, ein Gestell mit 3 Füssen auf die Reise mitzunehmen. Damit dasselbe beim Transport weniger Raum einnehme, wird es zum Auseinandernehmen oder besser zum Zusammen- klappen eingerichtet. Die obere, die Füsse verbindende Platte besteht ge- wöhnlich aus Messing und ist mit 3 radialen Rinnen zur Aufnahme der Stellschraubspitzen der Instrumente versehen. Etwa in der halben Höhe werden die 3 Stativfüsse durch ein Brett oder durch einzuhakende Stangen ver- bunden, auf welche man ein zusammenzuklappendes Brett legen kann. Dieses Brett dient als Tisch für Hülfsapparate, wie Libelle, Putzleder u. dergl. Das Stativ mit allen zugehörigen Theilen muss ebenfalls ganz unmagne- tisch sein. Zur Anstellung der Beobachtungen wird das Stativ an einem frei ge- legenen Orte, möglichst fern von allen Gebäuden und andern Gegenständen, die Eisen enthalten, so aufgestellt, dass seine obere Platte nach dem Augen- maasse ungefähr horizontal steht. Dass der Beobachter selbst alle eisernen Gegenstände, wie Schlüssel, Messer u. dergl., die er gewöhnlich bei sich . trägt, abzulegen und in einige Entfernung zu bringen hat, versteht sich wohl von selbst; es erscheint aber nicht überflüssig, darauf aufmerksam zu machen, dass häufig auch Theile der Kleidungsstücke, wie z. B. Knöpfe und Schnal- len, etwas magnetisch sind und wegen der Nähe des Beobachters störend auf die Magnete der Instrumente einwirken können. Eine genaue Prüfung der letztern ist daher ebenfalls geboten. ’ 3. Bestimmung der Inclination. Das zur absoluten Bestimmung der Inclination dienende Instrument, das sogenannte Inclinatorium, be- steht aus einem horizontalen getheilten Kreis mit 3 Stellschrauben. Auf der Alhidade dieses Kreises ist ein verticaler getheilter Kreis mit umgebendem Gehäuse aus Messing und Glas und einem Träger für die Horizontalaxe der Inelinationsnadel befestigt, und auf ihr selbst oder oben auf dem Gehäuse befindet sich eine Libelle. Ausserdem gehören zu jedem Inclinatorium zwei oder mehrere Inclinationsnadeln, zwei, der Grösse dieser Nadel angepasste mit den Magnetstäben gestrichen werden soll. Ein Haarpinsel und ein Stück 'sämisches Leder zum Fuläreen des Staubes sind unentbehrlich; ein kleiner x BR ebentcompass ist als Beigabe erwünscht. Der Horizontalkreis bei den Inclinatorien ist durchweg so getheilt, dass man mit dem Vernier noch 1 Minute ablesen kann; die Ziffern gehen von 0 bis 350. Der Ver- ticalkreis ist entweder in gleicher Weise, oder nur je in den verschiedenen Quadranten von 0 bis 90, beziffert, wobei dann die Null-Linie annähernd horizontal liegt. Die Ab- lesung der Nadel- Stellung an ihm geschieht entweder in der Art, dass man direct beobachtet, welchem Theilstrich die Spitze der Nadel gegenübersteht — in diesem Fall muss die Nadel sehr spitz sein, dem innern, getheilten Rande des Kreises sehr nahe kommen und der Kreis entweder in 4° oder 4° direct eingetheilt sein, so dass man ‘ unter Zuhülfenahme einer Lupe leicht und sicher die Zehntel, also 2° oder 1’ schätzen kann — oder an der Alhidade des Kreises, deren Verniers dann mindestens noch 1‘ ablesen lassen, sitzen zwei kleine Mikroskope mit Fadenkreuzen, welche letztere auf die Nadelspitzen oder feine Striche an den Nadelenden eingestellt werden. Die letztere Ablesungsmethode besitzt den Vorzug, dass der getheilte Kreis nicht so nahe an die Nadel herantreten muss, und so Störungen durch dazwischen kommende Staubtheilchen, oder durch schwach magnetische Eigenschaften des erstern viel weniger zu befürchten sind, als bei der ersten Methode. Die Nadeln tragen auf einer ihrer Seitenflächen zwischen der Mitte und dem einen Ende eine Marke, am besten eine Ziffer zu ihrer Unterscheidung und zur Bezeich- nung ihrer Seiten und Enden, sie sollen ferner recht dünne, kreisrunde und zum Hoch- glanz polirte Stahlzapfen haben, auf deren gute Erhaltung besondere Sorgfalt zu ver- wenden ist. Die Lager, auf welche sie im Gehäuse zu liegen kommen, bestehen Be aus ebenfalls zum naneling polirten, ganz schwach abgerundeten Achat- schneiden. Nachdem das Instrument überhaupt und namentlich im Innern des Ge- häuses die Lager für die Nadelaxe und der innere Rand des getheilten Kreises sorgfältig von Staub befreit worden sind, wird dasselbe auf den Dreifuss gestellt und in gewöhnlicher Weise nivellirt. Alsdann müssen folgende Bedingungen erfüllt sein. Die Ebene des verticalen ge- theilten Kreises muss genau vertical sein; die Kanten der Achatschneiden sollen in ein und dieselbe Horizontalebene fallen und so hoch sein, dass wenn die Zapfen der Nadel auf ihnen ruhen, die Axen der letztern genau in das Centrum des getheilten Kreises fallen; endlich müssen die Einschnitte in der Arretirungsvorrichtung, in welche sich die Nadelzapfen beim Arretiren einlegen, so justirt sein, dass die Nadelaxe nach dem Lösen der Arretirung jeweilen genau senkrecht zur Ebene des getheilten Kreises und in dessen Centrum sich befindet. Nach erfolgter Nivellirung ist nun die Ebene des Verticalkreises zuerst - in den magnetischen Meridian zu bringen. Zu dem Ende wird eine der Nadeln, nachdem ihre Zapfen mit dem ade oder besser durch Einstechen FR in ein Stück Hollundermark gereinigt worden sind, so in den Apparat ör auf die Lager gelegt, dass die markirte Seite dem Beapackeer zugewendet "ist, die Arretirung sanft gelöst und das Gehäuse — das jeweilen nur für das R © Einlegen oder Herausnehmen der Nadel auf kurze Zeit geöffnet wird — so gedreht, bis der Nordpol der Nadel auf 90° der Theilung weist und dabei Bir ‚die Kreistheilung nach Norden gewendet ist. Der Horisantalkteis wird jetzt geklemmt, die Nadel durch die Arretirung nochmals gehoben und sanft - heruntergelassen und darauf die Mikrometerschraube am Horizontalkreise, enn nöthig,‘ gedreht, bis der Nordpol der Nadel genau auf 90° einsteht. ie Ablesung des Verniers am Horizontalkreise bei dieser Stellung sei a,. ch: frehen wir vermittelst der Mikrometerschraube den RE , bis auch der Südpol der Nadel genau auf 90° weist, und wiederholen wenn De nachdem wir wieder Aie Arretirung Bu und gesenkt . j s* clinationsnadel fest u kann, wenn sie zur ra der Pole 116 Wild. Horizontalkreise wird jetzt gelöst, das Gehäuse um 180° gedreht, so dass die getheilte Seite des Verticalkreises nach Süden gewendet ist, und wie vorhin zuerst das untere, dann das obere Ende der Nadel auf die Theilstriche 90 des letztern eingestellt. Die zwei entsprechenden Ablesungen am Horizontal- kreise seien a, und a,; alsdann ist die Ablesung am Horizontalkreise, bei welcher die Ebene des Verticalkreises senkrecht auf dem magnetischen Me- ridian steht, hinlänglich genau gegeben durch: _ At t% ra an und man hat, um den Verticalkreis in den magnetischen Meridian zu bringen, nur den Vernier am Horizontalkreise auf: a 90° einzustellen. Da für diese Einstellung auf den Meridian eine Genauigkeit von + 4° vollkommen genügt, so braucht man nur einen Vernier dabei zu beobachten. Die Nadel wird jetzt aus dem Gehäuse herausgenommen, in den Streich- ‘trog gelegt, die Stellung ihrer Pole mit dem Compass untersucht und darauf die letzteren durch Streichen mit dem grossen Magneten vertauscht, so dass das Ende, welches vorher ein Nordpol war, jetzt zu einem Südpol wird. Es habe sich z. B. bei der Untersuchung der Nadel mit dem Compass das be- zeichnete Ende als Südpol erwiesen, so werden die beiden Streichmagnete zur Umkehr der Pole so in der Nähe des Centrums der Nadel in beinahe verticaler Stellung auf- gesetzt, dass der Südpol des einen Magneten auf das bezeichnete Ende, der Nordpol des andern auf das freie Ende der Nadel zu liegen kommt, und darauf streicht man mit jedem Magnet über die betreffende Nadelhälfte bis zum Ende hin, hebt die Stäbe auf, setzt sie wieder in gleicher Weise in der Mitte an und wiederholt so das Streichen eine bestimmte Zahl von Malen, etwa 10 Male. Sodann kehrt man die Nadel um ihre Längsaxe um 180° um, so dass jetzt die bezeichnete Seite nach unten gekehrt ist, wenn sie vorher oben war, und streicht sie in genau gleicher Weise wieder 10 Male. Damit bei diesem Streichen die Nadel keinen Schaden leidet, müssen die Streichmagnete etwas abgerundete Ränder haben, ferner muss die Nadel festgehalten und zugleich ihre Axe egen Anstossen der Magnete geschützt werden. Es geschieht das Letztere in der Besel durch einen kleinen Bügel, der über die Mitte der Nadel gelegt wird und sie an den Streichtrog schwach anklemmt. Nach erfolgter Ummagnetisirung der Nadel — es sei dabei das bezeich- nete Ende zu einem Nordpol geworden — werden die Zapfen wieder gerei- nigt, die Nadel in das Gehäuse so eingelegt, dass die bezeichnete Seite nach Osten gerichtet ist und der Verticalkreis so in den magnetischen Meridian gebracht, dass seine getheilte Seite nach Ost gewendet ist. Man versetzt darauf die Nadel nach Lösung der Arretirung durch einen Hülfsmagneten in Schwingungen und beobachtet 2 Male nach einander vermittelst des Chronometers die Anfangs- und Endzeit von etwa 10 Schwingungen derselben. Ist so die Schwingungsdauer der Nadel bestimmt, so wird sie mit dem- selben Hülfsmagnet beruhigt und zwei Mal ihre Gleichgewichtslage an beiden Enden abgelesen, nachdem man jedesmal vorher die Arretirung gehoben und langsam wieder gesenkt hatte. Das Mittel der vier Ablesungen am Kreise für die beiden Nadelenden und die beiden Einstellungen sei ;,, so gilt also diese Grösse für bezeichnetes Nadelende als Nordpol, bezeichnete Nadel- fläche nach Ost und Kreistheilung nach Ost gewendet. Eine gleiche Beobachtung wird gemacht, nachdem man den Verticalkreis genau um 180° umgedreht hat. Das Mittel aus den vier neuen Ablesungen IETER Lo en am Kreise: ;, gilt dann für bezeichnetes Nadelende als Nordpol, bezeich- nete Nadelfläche nach West und Kreistheilung nach West. Nunmehr wird die Nadel auf ihren Lagern umgelegt — wozu voll- kommenere Instrumente eine besondere mechanische Vorrichtung besitzen, gewiehtslage bei dieser Stellung wiederholt. Das Mittel der 4 Ablesungen am Kreise: ;’, bezieht sich dann offenbar auf bezeichnetes Nadelende als - Nordpol, bezeichnete Nadelfläche nach Ost, Kreistheilung nach West gewendet. Endlich drehen wir bei unveränderter relativer Lage der Nadel den Verticalkreis wieder genau um 180° und beobachten die neue Stellung der- selben. Das Mittel der 4 Kreisablesungen: :’, bezieht sich auf bezeichnetes Nadelende als Nordpol, bezeichnete Nadelfläche nach West, Kreistheilung nach Ost gewendet. Das Mittel ö’‘ der vier so erhaltenen Grössen oder: „_Uth+sHti, 4 gilt also für das bezeichnete Ende der Nadel als Nordpol. Die Nadel wird jetzt entsprechend wie oben und insbesondere durch dieselbe Strichzahl ummagnetisirt, so dass ihr bezeichnetes Ende ein Südpol wird, die Schwingungsdauer neu bestimmt — die nahezu gleich sein soll — und darauf die Gleichgewichtslage der Nadel in denselben vier Hauptstel- lungen wie oben bestimmt. Heissen wir die entsprechenden vier Beobach- tungsresultate: ö”,, &”,, ö”,, ö”,, so bezieht sich also das Mittel aus ihnen: 5 a un + u: + i", 4 a % “E auf das bezeichnete Ende der Nadel als Südpol. Die wahre Inclination i ıst dann gegeben durch: ag: v + iv Nee Pi. Es gilt dieselbe für das Mittel aus den Zeiten, zu welchen man die einzelnen Messungen gemacht hat. \ Dieses Resultat ist nur dann mit genügender Annäherung richtig, wenn die Schwingungsdauer der Magnetnadel bei den beiden verschiedenen Pollagen nahezu ‚dieselbe gewesen ist, wenn ferner der Schwerpunkt derselben sehr nahe in die Drehungs- axe fällt, was daran zu erkennen ist, dass die Werthe 7], %, etc. und z”,, ©g ete. nur wenig von einander abweichen und wenn endlich die Zapfen der Nadel sehr nahe kreis- - rund sind. Um den letztern, schwer zu bestimmenden Fehler unschädlicher zu machen, - und überhaupt allfällige Veränderungen der Nadel besser erkennen zu können, thut man gut, stets eine entsprechende Beobachtungsreihe auch noch mit der zweiten Nadel _ anzustellen. Ist die Differenz der mit beiden Nadeln gewonnenen Resultate nicht grösser als bei den Verificationsuntersuchungen, so kann man wohl annehmen, dass beide Na- + deln unverändert geblieben sind, also noch gute Resultate geben. 4. Bestimmung der Declination. Das einfachste zur absoluten _ Bestimmung der Declination benutzbare Instrument ist der Azimutal- compass oder die Declinationsbussole. Er besteht aus einer dosen- förmigen Messingbüchse mit Glasdeckel, in deren Innerm ein horizontaler getheilter Kreis und eine Magnetnadel sich befinden. Die letztere ruht ver- mittelst eines Achathütchens auf einer Stahlspitze im Centrum des Kreises _ und bewegt sich bei der- Drehung um diese Verticalaxe mit ihren spitzen h % _ sonst muss dies von der Hand geschehen — und die Beobachtung ihrer Gleich- 118 wild. Enden entweder hart vor dem getheilten Rande des Horizontalkreises oder über der Theilung auf der Bodenplatte der Büchse, in welchem Falle aber die letztere zur Vermeidung der Parallaxe bei der Ablesung spiegelnd sein muss. Aussen an zwei diametral gegenüberstehenden Punkten des Büchsen- randes sind um horizontale Axen drehbare Diopter angebracht. Das eine besteht aus einer feinen Oeffnung oder vertikalen Spalte in einer Messing- platte mit vorzuschiebendem Sonnenglas, das andere aus einem länglichen, rechteckigen Messingrahmen mit in seiner Mitte der Länge nach ausge- spanntem, schwarzen Verticalfaden und einem dahinterstehenden kleinen, ebenfalls für sich um eine horizontale Axe drehharen Planspiegel. Die An- wendung dieses einfachen Oompasses setzt voraus, dass die obere Platte des Stativs eine der Dose desselben entsprechende Vertiefung im Centrum habe, so dass man den Compass in dieselbe stellen und auch leicht darin umdrehen kann. Zur Beobachtung wird der Compass auf das Stativ gebracht und mit Hülfe eines auf die Glasdeckplatte der Büchse aufgesetzten Niveaus durch Verstellung der Beine des Stativs horizontal gemacht. Wenn der Glasdeckel des Compasses horizontal gemacht ist, so sollen auch der Boden desselben und der getheilten Kreise, so wie die Axen der Diopter genau hori- zontal, die, Visirlinien der letztern aber genau vertikal sein. Behufs sicherer Ablesung ist es gut, wenn die Magnetnadel in horizontalem Sinne ganz schmal und nur in ver- ticalem Sinne verbreitert ist; das Achathütchen aber muss auf jeden Fall herauszu- nehmen und von der entgegengesetzten Seite wieder in die Oeffnung hineinzustecken sein, damit die Nadel um ihre Längsaxe um 180° gedreht und in dieser Stellung wieder auf die Spitze gelegt werden kann. Die Nadel muss sich auf der Spitze sehr leicht drehen und daher zur Schonung der letztern eine Arretirung angebracht sein, mit der die Nadel von ihr beim Nichtgebrauche des Instruments stets abgehoben wird. In neuerer Zeit versieht man die Compasse zur Erhöhung der Genauigkeit auch mit 3 Füssen und Nivellirschrauben, so dass sie wie das Inclinatorium auf ein gewöhn- liches Stativ gesetzt und nivellirt werden können. Eine Verbesserung besteht ferner auch darin, dass man die Kreistheilung aussen auf dem obern Rand der Büchse an- ‚bringt und die Diopter an der um das Centrum derselben drehbaren Alhidade befestigt; im Innern der Büchse befindet sich dann nur die Magnetnadel ohne Theilung, deren Stellung entweder unmittelbar mit dem Augendiopter oder mit Hülfe eines hinter dem- selben angebrachten rechtwinkligen Ocular-Prismas beobachtet wird. Die Kreistheilung kann hier leicht bis zu 4° gehen, so dass vermittelst einer Lupe die Indexstellung bis auf 1‘ genau geschätzt werden kann. Von dieser zuletzt angegebenen Form des Azimutalcompasses unterscheidet sich der magnetische Theodolith im Wesentlichen nur dadurch, dass statt der Diopter als Absehvorrichtung ein excentrisches Fernrohr angebracht ist, dass der Magnet an einem feinen ungedrehten Seidenfaden als Drehungsaxe aufgehängt wird und derselbe zur Beobachtung seiner Stellung mit dem Fernrohr entweder einen Collimator in sich trägt oder mit einem Spiegel versehen ist, wobei dann Objectiv und Fadenkreuz des erstern den Collimator repräsentiren. Die Genauigkeit der Ablesung am Horizontalkreise geht hier gewöhnlich bis 10“. Nach erfolgter Nivellirung des Compasses stellt man die Visirlinie der Diopter durch Drehung desselben auf die sogenannte Mire, d.h. auf irgend einen entfernten festen Gegenstand ein, der eine scharfe Marke darbietet, z. B. auf eine Thurmspitze, auf das Fensterkreuz eines Hauses, auf die Mitte eines Baumstamms ete. und liest nach Lösung der Arretirung und Beruhi- gung der Magnetnadel die Stellung der letztern am getheilten Kreise ab; darauf wird die Nadel herausgenommen, das Achathütchen umgesetzt, die Nadel nach dieser Drehung um 180° wieder eingelegt und unter steter Hin- richtung der Visirlinie nach der Mire, der neue Nadelstand am Kreise ab- gelesen, die Ablesung sei im erstern Fall ß,, im zweiten %,. Nunmehr dreht man den Compass so lange, bis der Faden des Diopters beim Visiren nach der Magnetnadel hin dieselbe in ihrer ganzen Länge deckt resp. halbirt, und liest den jetzigen Nadelstand am Kreise ab. Heissen wir diese Ablesung e ri; Se eselbe soll eigentlich gleich Null sein — so ei der Winkel zwischen Richtung age der Mire hin und der magnetischen Axe des Magneten vesp. dem magnetischen Meridian des Reolachungsaen gegeben dureh ua Nr AU At u / D) > SUN ; ANRER und wenn a das Azimut der Mire bezeichnet, so ist die gesuchte Decli- RN nation d der erdmagnetischen Kraft: re h ", d=b— 2 Hier repräsentirt ein positives Vorzeichen von d eine westliche De- elination, d. h, ein Abweichen des Nordpols der Nadel nach Westen vom Nordpunkte des astronomischen Meridians aus, wenn wir das Azimut a der Mire vom Nordpunkte aus positiv nach Osten, und ebenso den Winkel 5b j ö zwischen der Mire und dem Nordpol der Nadel von der Mire aus positiv 5 nach links zählen. FR Ist das Azimut der Mire bereits bekannt, so ist damit eine Declinations- bestimmung vollendet und es eilt der erhaltene Werth für das Mittel der bei den Ablesungen der einzelnen Nadelstände notirten Zeiten. Man thut gut, mehrere solche Beobachtungsreihen nach einander anzustellen, um den störenden Einfluss der Reibung des Achathütchens an der Spitze besser zu A eliminiren. NR hl Wenn dagegen das Azimut a der Mire nicht gegeben ist oder gar kein a) an als solche geeigneter Gegenstand vorhanden ist, so kann das Azimut der Re Mire in folgender Weise durch die ne der Sonne bestimmt oder ee die Stellung des Magneten direct auf diese bezogen werden.*) Man richtet 0 _ vor oder nach den vorigen Messungen die Visirlinie des Compasses gegen die Sonne, schiebt das Sonnenglas vor und bestimmt nach den Schlägen des in der Nähe, etwa unten auf dem Stativ, stehenden Uhronometers die Zeit des Antritts des ersten und darauf die des zweiten Sonnenrandes an den Verticalfaden des Diopters — bei hohem Sonnenstande wird zu dem Ende der Spiegel hinter demselben zu Hülfe genommen. Gleich hernach liest man den Stand y, der Magnetnadel am Kreise ab und darauf den Stand der. letztern 5,, wenn das Visir auf die Mire eingestellt ist. Heissen wir das A: Mittel aus den für den Fadenantritt des ersten und zweiten Sonnenrandes beobachteten Uhrzeiten U, so findet man zunächst das Azimut a’ der Sonne, vom Nordpunkt aus positiv nach Osten gezählt, nach der Formel: ; rannez 2»; & = u [4 — tang a’ = it cos y tang. ö6 — sin g cos f wo g die geographische Breite des Beobachtungsortes, ö die Declination der Sonne zur Zeit der Beobachtung — die mit Berücksichtigung der Längen- differenz 1 mit Greenwich und der stündlichen Aenderung der Declination RER .iG. A6d dem „Nautical almanac“ zu entnehmen ist —, SaAlich t den östlichen BR EN Stundenwinkel der Sonne reprüsentiren. Der letztere aber ist gegeben durch: 2 t= 360° —- 15 (U+u-2), ‚wo u die Uhreorreetion und z die Zeitgleichung darstellen und zu den am - n Vormittage am Chronometer unmittelbar abgelesenen Uhrzeiten jeweilen noch Stunden hinzuaddirt worden sind. Da nun der Horizontalwinkel zwischen ‚Sonne und der Mire: » nach den Messungen am Compass gegeben ist durch: 7 Be . 120 - “Wald.” so findet man schliesslich für das gesuchte Azimut der Mire: a=ad@—n», wo der Winkel » mit einem positiven Vorzeichen zu nehmen ist, wenn die Sonne vom Beobachter aus betrachtet rechts von der Mire steht. Ist keine Mire da, so muss noch eine zweite Beobachtung eines Sonnen- durchgangs am Diopterfaden erfolgen, nachdem die Nadel um 180° umgelest worden ist. Das Azimut der Sonne im letztern Falle sei gleich a” gefunden und dabei als Nadelstand am Kreise y, abgelesen worden; alsdann ist wie oben die Declination d gegeben durch: d=b—a wo aber jetzt: a + 11% cunda = aloe : 2 sind und der mittlere Winkel 5 zwischen der Sonne und dem Nordpol der Nadel von der Sonne aus positiv nach Links zu zählen ist. — Die günstig- sten Tageszeiten zur Bestimmung des Azimuts a sind 6" Vm. und 6% Nm.; nach 10® Vm. und vor 22 Nm. aber sollte eine solche nicht erfolgen. Die Ablesung ce am Kreise, welche der Visirlinie der Diopter entspricht, kann selbstverständlich ein für alle Male oder wenigstens für längere Zeit als Mittel mehrer bezüglicher Beobachtungen bestimmt werden; ebenso auch der Winkel a oder a d. h. der Winkel zwischen der magnetischen Axe der Nadel und der bezeichneten Linie oder geometrischen Axe der- selben. In Folge dessen lassen sich die einzelnen Declinationsbestimmungen sehr abkürzen. Bei Anwendung des oben beschriebenen verbesserten Azimutal-Compasses wird die Alhidade mit den Dioptern auf die Mire resp. Sonne eingestellt, die Stellung der Indices am Kreise abgelesen und darauf der Diopterfaden durch Drehung der Alhidade auf die Magnetnadel projieirt oder dann das Diopter mit Hülfe des Prismas auf die nähere Nadelspitze eingestellt, der Kreis wieder abgelesen und das Letztere nach Umlegung der Nadel um 180° wiederholt. Hierbei kann durch die Benutzung des Prismas leicht ein Fehler entstehen, nämlich dann, wenn die Einfallsebene bei demselben nicht genau vertical ist. Das Vorhandensein und dıe Grösse dieses Fehlers kann entweder, die Lage des Prismas als constant vorausgesetzt, ein für alle Male durch Vergleich der Angaben des Compasses mit denen eines andern fehlerfreien Declinatoriums oder auch, wenn schon etwas weniger genau, durch eine gleichzeitige Einstellung der Alhidade nach der ersten Methode der Projection des Diopterfadens auf die Masnetnadel bestimmt werden. — Die Declinationsbestimmung mit dem magnetischen Theodolithen schliesst sich ganz an das Verfahren beim letztern Compasse an; es muss nur noch jeweilen vor der Beobachtung die Torsion des Aufhängefadens vollständig dadurch aufgehoben werden, dass man statt des Magneten einen gleichschweren unmagnetischen Körper eine Zeit lang daran aufhängt. Da gerade auf Reisen, wo das Instrument verschie- denen Temperaturen und Feuchtigkeitszuständen der Luft ausgesetzt ist, die Torsion des Seidenfadens eine sehr veränderliche Grösse ist, so muss diese Operation vor jeder Messung vorgenommen werden, wenn man nicht Fehler riskiren will, die grösser sind als diejenigen beim Azimutal-Compass. Nach Fritsche ist nämlich der wahrschein- liche Fehler einer einzelnen Deklinationsbestimmung mit einem guten Azimutal-Compass nur + 0,09.) 5. Bestimmung der Horizontalintensität. Die absolute Bestim- mung der Horizontal-Componente 4 der erdmagnetischen Kraft setzt, wie wir schon sub I. A, kurz angedeutet haben, zwei gesonderte Messungen und dem entsprechend auch zwei besondere Apparate dazu voraus. g En Bestimmung der Elemente ei Erdmagnetismus auf Reisen. 191 Su Der erste Apparat dient zu den Schwingungsbeobachtungen und besteht | a einem hölzernen oder gläsernen Kasten mit Glasdeckel und drei Füssen mit Stellschrauben. In der Mitte des abnehmbaren Glasdeckels ist ein ver- ' tieales Messing- oder Glasrohr eingesetzt, das an seinem obern Ende die, in der Höhe etwas verstellbare Befestigungsöse für den Seidenfaden, sowie einen i kleinen Torsionskreis, besitz. Am untern Ende des Seidenfadens ist ein Haken mit Schlitz befestigt, an welchen man den Schwingungsmagneten an- hängen kann. Ein durch diesen Schlitz des Hakens und entsprechende Oeff- nungen in der Röhrenwand durchgesteckter Stift verhindert eine Torsion des Fadens im unbelasteten Zustande. Auf dem Boden des Kastens befindet sich eine einfache Kreistheilung auf Papier — ganze Grade —, ein kleines Thermometer — ganze Grade — und eine kleine, von aussen zu hebende Platte zur Beruhigung des Magneten. Der letztere hat eine Länge von höchstens 60 Millimeter und seine Messingfassung ist noch mit einer kreisförmigen horizontalen Platte ver- sehen, auf welche zur Bestimmung des Trägheitsmoments ein genau gearbei- teter Messingring concentrisch mit der Drehungsaxe ale werden kann. Zur Aufhebung der Torsion des Fadens wird an Stelle des Magnets ein gleich schwerer Messingkörper an ihn gehängt, auf den man ebenfalls den Messingring auflegen kann. Mit dem zweiten Apparat sind die Ablenkungsbeobachtungen auszuführen. Es kann dazu der Azimutalcompass, besonders in der oben erwähnten ver- besserten Form, die wir hier allein näher betrachten werden, dienen. Zu dem Ende muss sich auf der Alhidade desselben eine Messingschiene genau senkrecht zur Visirlinie der Diopter befestigen lassen, und auf der Schiene muss sich in verschiedenen genau zu messenden Entfernungen vom Centrum der Büchse der Schwingungsmagnet so aufsetzen lassen, dass seine magne- tische Axe gegen dieses Centrum gerichtet ist und sich in derselben Hori- zontalebene mit der Magnetnadel in der Büchse befindet. Statt der Decli- nationsnadel wird eine kleinere Magnetnadel — höchstens halb so lang als der Schwingungs- oder Ablenkungsmagnet — in die Büchse gebracht, welche Nadel behufs Beobachtung ihrer Stellung mit dem Prisma durch angesetzte Messingspitzen verlängert ist. An der Messingschiene befindet sich auch ein Halter zur Aufstellung eines einfachen Thermometers. Beim Azimutalcompass der ersten Art kann die Querschiene einfach an der Büchse befestigt werden. Beim magnetischen Theodolithen sind so- wohl der Schwingungsapparat als der Ablenkungsapparat im Wesentlichen dieselben, nur hängt da auch der kleinere abzulenkende Magnet an einem - ungedrehten Seidenfaden. Bi Beobachtung der Schwingungsdauer. Der Schwingungsapparat % wird auf das Stativ gestellt, die Torsion des Aufhängefadens aufgehoben, der Magnet in den Kasten gehängt und mit den en der letztere so justirt, dass das Magnetcentrum mit dem Centrum des getheilten Kreises zusammenfällt. Der getheilte Kreis im Kasten wird so gerichtet, dass sein W Nullpunkt genau unter den Nordpol des Maeoneten in seiner natürlichen Gleichgewichtslage fällt. Bei dieser Ruhelage soll die Längsaxe (eigentlich Ehe magnetische Axe) des Magneten ähesdiess genau Hosienılial sein, was stets durch ein um das eine Ende Keschlungenes En zu verschiebendes Drähtchen erreicht werden kann. Nach dieser Berichtigung des Instruments wird nun der Magnet ver- ‘ mittelst eines Hülfsmagneten um ungefähr 8° von seiner Gleichgewichtslage N abgelenkt und zunächst die Dauer von 10 Doppelschwingungen desselben um 122 Wild. diese Gleichgewichtslage nach Entfernen des Hülfsmagneten mit dem Chrono- meter gemessen. Hieraus berechnet man sofort einen ersten angenäherten Werth der Schwingungsdauer des Magnets und damit die ungefähre Dauer von 5, 10 und 100 Ehen Schwingungen des Magnets. Dies setzt uns in den Stand, zum Voraus mit einer Genauigkeit von 1—%» den Eintritt der 5, 10, 15 ete. sowie der 100, 105, 110, 115 etc. Schwingung anzugeben, wenn is zu der berechneten Dauer von 5, 10, 100 etc. a tern die Zeit der Oten Schwingung hinzuaddiren. Nachdem daher der Magnet stärker als vor- her, etwa bis 10 oder 12°, aus seiner Gleichgewichtslage abgelenkt worden ist, hat man nur die schon annähernd bekannten Zeit jedes Sten Durchgangs durch die Gleichgewichtslage nach dem Uhronometer genauer zu notiren und zwar etwa von der Oten bis zur 45ten Schwingung und dann wieder von der 100ten bis zur 145ten Schwingung. Die Differenzen der ersten und entsprechen- ‘den letzten Zahlen geben dann 10 Werthe der Dauer von je 100 Schwingungen des Magneten, die abwechselnd je den geraden und ungeraden einfachen Schwingungen entsprechen und deren Mittel daher von einer allfälligen Ver- änderung des magnetischen Meridians in der Zwischenzeit unabhängig ist. Summiren wir diese 10 Werthe. und dividiren die Summe durch 1000, so werden wir einen sehr genauen mittlern Werth der einzelnen Schwingungs- dauer erhalten. Am Anfang und Ende dieser Schwingungsbeobachtungen werden ausserdem noch die Temperaturen im Kasten #’ und £”” und die Ampli- tuden der Schwingungen &’ und «&” notirt, und zum Schlusse ist jeweilen noch der Einfluss der Torsionskraft des Aufhängefadens zu bestimmen. Zu dem Ende wird der Magnet beruhigt und seine Gleichgewichtslagen am ge- theilten Kreise abgelesen, nachdem man den Fiaden durch eine Drehung: des Torsionskreises am obern Ende einmal um 360° nach Links und darauf um ebenso viel nach Rechts gedreht hat. Die halbe Differenz der abgelesenen Stellungen des Magneten am getheilten Kreise im Schwingungskasten sei A Grade. Diese Beobachtungen geben für den unbelasteten Magneten A Grössen nämlich: die mittlere Schwingungsdauer = T Chronometer-Secund, bei der mittleren Amplitude m —= a Bogen-Grade bei der mittleren Magnet-Temp. = a t Centes-Grade. und pro 360° Torsion eine Ablenkung = 4 Bogen-Grade. Ablenkungsbeobachtungen. Der Azimutalcompass mit der Ab- lenkungsschiene, dem Thermometer und dem kleinern Magneten wird auf das Stativ gebracht und nivellirt. In einer bestimmten Entfernung legt man so- dann den Schwingungsmagneten auf die Schiene in der ie angegebenen Stellung und dreht dieselbe mit der Alhidade so lange, bis die Spitze des an Masnets in der Büchse bei der Beobachtung durch das Prisma mit der Visirlinie coinceidir. Nachdem man nun die Stellung der Alhidade am Kreise abgelesen hat, dreht man den ablenkenden Schwingungsmagneten - um seine Mitte um 180° um, so dass sein Nordpol jetzt nach West weist, wenn er vorher nach Ost gekehrt war. Der Magnet in der Büchse wird in Folge dessen nach der andern Seite abgelenkt und man dreht nun die Schiene mit Alhidade nach dieser Seite hin, bis auch wieder die Diopterlinie und der 5 kleine Magnet coincidiren. Die halbe Differenz der jetzigen Ablesung am Kreise und der frühern repräsentirt den Ablenkungswinkel w’ der kleinen nen N ilernkunbsyialel u”, indem wir den a die- selbe Entfernung E vom kleinen Magnet westlich davon au (die Schiene legen e et and y2 des Ablenkungsmagneten zu Nee und Ende dieser Ale 2 _ beobachtungen an dem Be der Schiene aufgestellten Thermometer ab, so Ms Ai geben uns dieselben 3 weitere Grössen, umiich, N x den mittlern Ablenkungswinkel ® Pu ei = v ın Graden und Minuten Ri N A h x t zer r’ Ä a für die mittlere ae des Abl,-Maen. a Centes-Graden für die Entfernung der Magnetmittelpunkte = E in Millimetern, - Die Entfernungen E sind bei der ersten Verification des Instrumentes für gewisse Marken auf der Schiene ein für alle Male nach wahren Millimetern ausgemessen und die Schiene soll so construirt sein, dass eine Veränderung dieser Grössen mit der Zeit nicht zu befürchten ist. Heissen wir das magnetische Moment des Schwingungs- resp. Ablenkungs- _ „magneten bei 0°: M, und u seinen nen für 1° C., so dass. m, (1—ut) das A slische Moment bei {” repräsentirt, ferner N, das Träg- ® Moment dieses Maundien bei 0° und e den linearen Anden eienten des Stahls für 10 C., also N, (1+2et) das Trägheitsmoment bei #0 C., E. ‚endlich s den täglichen Gang des Deatateh Chronometers in Secunden (bei BL dadurch bunten Zurückgehen des Ohronometers als positiv aufgefasst), 3 so ergibt sich aus den bei den Schwingungsbeobachtungen erhaltenen 4 Daten a für die Horizontalkomponente 4 der a Krafeider Ausdruck: i FON De 2) Be, H.M, = ————— UL — — ID Alle = 721 0,00002318. _ 0.00003808..° FODOITTE.A) tab, and aus den 3 bei den Bu gewonnenen Grössen: Ev H 2 (1- u.T) E E. u E,? (1 +3 mx) sin v Irma wo E, die wahre Länge bei 0° des Stücks ne Ablenkungsschiene zwischen 1 den beiden Magnetmittelpunkten — oder eigentlich die halbe Entfernung der Auflegungspunkte des Ablenkunesmapneten. bei der östlichen und westlichen Lage desselben auf der Schiene — und m den linearen Ausdehnungscoefficienten des Messings, aus welchem die Schiene angefertigt ist, darstellen, endlich a des Magnetismus in den beiden Magneten abhängige konstante Grössen N - Damit auf Br Fall das schwer genau zu bestimmende Glied n als und y zwei nicht genau bekannte, von den Dimensionen und der Vertheilung 124 Wild. Sicherheit zu erzielen —, so darf, wenn die Länge des grössern Magneten 60mm und die des kleinern 30 = beträgt, der Ablenkungswinkel v nicht kleiner als 40° und die Entfernung Z der beiden Magnete nicht kleiner als 20028 sein. Unter der Voraussetzung, dass diese Bedingungen erfüllt seien, enthalten also die obigen 2 Gleichungen ausser 7 nur noch die Unbekannten: M,„ © m, u, N, und «. Was zunächst die Ausdehnungskoefficienten e und m betrifft, so genügt es vollkommen, dafür die gewöhnlichen für Stahl und Messing geltenden Werthe zu een: lich e = 0,0000124 m — 0,0000180. Der Temperaturcoeffieient und das Trägheitsmoment des Schwingungs- magneten, sowie die Grösse » können bei sorgfältiger Behandlung des Appa- rats für längere Zeit als konstant betrachtet werden; für kürzere Zeit kann dies auch vom magnetischen Moment M, des Schwingungsmagneten gelten, wenn derselbe inzwischen keinen starken Erschütterungen oder bedeutenden Temperaturvariationen ausgesetzt war und sich bereits im Zustand der Per- manenz befindet. Unter diesen Beschränkungen können hie und da auf Reisen zur Ab- kürzung der Messungen entweder bloss Schwingungsbeobachtungen oder nur Ablenkungsbeobachtungen gemacht werden. Es seien z. B. an zwei benachbarten Orten die Schwingungsdauern 7, und 7, bei den Temperaturen 4 und t, beobachtet worden und im Uebrigen s, « und A dieselben geblieben, so ist nach 1) das Verhältniss der Horizontal- intensitäten an beiden nach der Formel: TER Var oda zu berechnen. Hat man dagegen an beiden Orten bloss die Ablenkungen v, und v, bei derselben Entfernung E, der beiden Magnete und bei den resp. Temperaturen z, und z, beobachtet, so ergiebt sich für dasselbe Intensitäts- verhältniss aus 2) die Formel: sın sın ©, y = 1-@m+mm- m] sin ®] Hiernach kann also, wenn der absolute Werth der Horizontalintensität. für den einen Ort oaalhen ist, auch derjenige für den andern Ort aus bloss einer Beobachtung bestimmt werden. Da aber, wie ah bemerkt, die Constanz des magnetischen Moments M, nur eine sehr beschränkte a, so sind im Allgemeinen stets sowohl‘ Ab- lenkungs- als Schwingungsbeobachtungen an demselben Orte anzustellen, aus denen zusammen dann die absolute Horizontalintensität nach der Formel: 5) #-|/; 27° N,A+2ed 1-9) |(1+4,)=V& 0 sinv.7?%k D,?(1+ 3 mr) zu berechnen ist, wo wir abkürzend: 1 + 0,00002315 . s— 0,00003808. «° 2 1.0,002778. a gesetzt haben. An dem so berechneten Werthe von H ist strenggenommen noch eine, von der Induction des Erdmagnetismus auf den Schwin- ur ne der eene, dd Erdmagnetiomus auf Be. 195 gem agn eten herstammende Correction anzubringen, welche in runder beträgt. * 74000 Der wahre Werth der Horizontalintensität des Erdmagne- +ismus ist somit: BR ) Kr 4000’ N wo allerdings das zweite in Gleichung 5) nicht berücksichtigte Glied in der Regel sehr klein ist. Wegen der täglichen Variation von HZ ist es zur Elimination dieses Ein- flusses auf das Messungsresultat räthlich, je vor und nach der Ablenkungs- beobachtung eine Schwingungsbeobachtung zu machen. Alsdann repräsentiren in obigem Ausdruck 7 das Mittel aus den beiden Schwingungsdauern und Z das Mittel aus den beiden Temperaturen vor und nach der Ablenkungs- beobachtung. Die allein noch unbekannten Grössen in der Gleichung 5, nämlich N,, « und x können, wie schon oben erwähnt, längere Zeit jeweilen als constant betrachtet werden und brauchen daher durchaus nicht jedesmal neu bestimmt Ze zu werden. Auf länsern Reisen ist es indessen gut, sich von Zeit zu Zeit von ihrer unveränderten Erhaltung überzeugen zu können und es muss daher ein gutes Reiseinstrument ‘auch hierzu die Möglichkeit darbieten. Bestimmung des Trägheitsmomentes N, des Schwingungs- magneten. Nkhden in der oben angegebenen were die Schwingungsdauer VE des unbelasteten Maeneten bei der mittlern Amplitude «, der ee 7 und der enonebrunse A gemessen worden, wird der erwähnte Messingring auf den Magneten zuaeleet aa in ganz derselben Art die neue Schwingungs- dauer 7, bei einer mittlern Alnplitude & , einer Temperatur Z, beobachtet und Es auch wie oben die neue Torsionsgrösse 4, Seas Heissen % wir das Trägheitsmoment des Messingringes Ane 0%: ,R,, 50 ist’ es bei 2 4°: R, A+ 2 m t,) und es berechnet Sal dann das Une heine; des Mirnsten nach Br Formel: i Ka mA—_2et+2mt) ® 7,21 —0,00003808 (m, 2— a) + 0,002778 (N — A) —u(h -DI- wo e und m die schon oben Werthe haben und ferner: N. D) M=R 3) I, = = (Di: + 42) | " Er iet. Hier bedeuten G, das m des Ringes in Milliorammen, D, und d, 2 _ seine äussern und ine Durchmesser in Malen bei 0,. Bei Sörera RN Behandlung und Aufbewahrung des Messingringes bleibt sein Trägheits- 200 moment R, erfahrungsgemäss während vieler Jahre auch auf längeren Rörden es hlinglich. konstant. Y Das Trägheitsmoment N, des Schwingungsmagneten mit seiner Fassung bleibt so lange konstant als sein Oeiehnmigewicht, die Dimensionen und % Lagerungsverhältnisse seiner einzelnen Theile sich Beh merklich verändert haben. Will man also eine öftere Bestimmung von N, vermeiden, so müssen Biere mechanische und chemische Einflüsse, aloe solche Veränderungen ewirken können, möglichst fern gehalten werden. Da N, eine Fündamentalgrösse repräsentirt, welche von wesentlichem Einfluss 5 auf das Resultat ist, so ist es räthlich, ihren Werth nicht bloss aus 126 SR wild. zwei einzelnen Beobachtungen, wie oben angegeben wurde, abzuleiten, sondern das Mittel aus vielen derartigen Bestimmungen zu nehmen, wobei jeweilen eine Schwingungsbeobachtung bei belastetem ins von zwei solchen bei un- belastetem eingeschlossen sein sollte. Bestimmung des Temperaturcoefficienten u des Schwingungs- magneten. Man misst rasch nacheinander die Schwingungsdauern 7, und 7, des laamesen bei zwei möglichst verschiedenen a en zZ, E t, etwa hama Abkühlen und Bus des Beobachtungsraumes —; damn findet en: man die Grösse u aus der Formel: 9) 2. (T?—-T. 2) EG (729 2) Auch diese Grösse hält sich längere Zeit constant. — 2e. Bestimmung der Grösse ©. In der oben auseinandergesetzten Art und Weise werden nacheinander Ablenkungsbeobachtungen bei zwei verschie- denen Entfernungen Z, und Z, der Magnete von einander angestellt. Sind die beobachteten Ablenkungswinkel resp. v; und v, und die bezüglichen Tem- peraturen 7, und z,, so ist x nach der Formel: E?° sin vo, — B,? sin v, 1 - (u+3 m) (a — z,)] E° . 2. nn MD, ae era | zu berechnen. Zur Erlangung eines genauen Werthes von « ist es nicht gleichgültig, in welchem Verhältniss die beiden Entfernungen E, und E, zu . einander stehen; am besten ist es, wenn BE, =1,32. E, gewählt wird. Es ist auch hier räthlich, zur Erzielung einer grössern Sicherheit für x ab- wechselnd mehrere Beobachtungen in der einen und in der andern Entfer- nung zu machen und je eine Messung bei einer Entfernung mit dem Mittel der beiden benachbarten bei der andern zu combiniren. Ueberhaupt thut man gut zur Elimination des störenden Einflusses der Variationen des Erdmagnetismus auf das Resultat bei diesen letztern Be- stimmungen immer eine Messung bei einem Zustand des Magneten von zwei solchen beim andern einschliessen zu lassen. Genauigkeit der Messungen. Es ist für die Praxis von Wichtig- keit, dass der Beobachter sich von vorne herein klar bewusst sei, in welcher Weise die einzelnen Beobachtungsgrössen auf das Endresultat einwirken oder mit andern Worten wie genau die einzelnen Grössen bestimmt werden müssen, um im Endresultat eine gewisse Sicherheit zu erhalten. Für gewöhnliche Reisebeobachtungen dürfte, wie schon oben bemerkt, in der Bestimmung der Horizontalintensität 7 eine Genauigkeit von kaum mehr als: + 0,001 ab- soluten Gauss’schen Maasses erzielt werden können. Soll das Endresultat diese Genauigkeit haben, so sind die zulässigen Fehler bei den üblichen Di- mensionen und Einrichtungen der Apparate für: N, (ganzer Werth circa 24,10?) v (ganzer Werth nicht < 40°) T (ganzer Werth eirca 4°) E, (ganzer Werth nicht < 200") s (täglicher Gang der Uhr) @ (mittlere Schwingungsamplitude) A (für 360° Drehung des Fadens) FHHHeHHH @) © DD 5 ür ollstän 1 enden Be ut ne zur Z ea DL a Ver- lung \ on Unvollständigkeiten durch Vergesslichkeit die Entwerfung von i htungsformularen sehr zu empfehlen. Wir theilen schliesslich u ir Schemata für die verschiedenen normalen Beobachtungen mit. Literatur. Y 6. B. Airy, A treatise on Magnetism. London, Macmillan & Co. 1870; deutsch vom r Fr. Tietjen. Berlin, Oppenheim 1874. 9 2) Anleitungen zur Anstellung magnetischer Beobachtungen: J. Lamont, Handbuch des Erdmagnetismus. Berlin, Veit & Co. 1849, Dr J. B. Riddell, Magnetical Instructions for the use of portable instruments. London, RT Clowes & Sons. 1844. CE E. Sabine, Manual of Terrestrial Magnetism (Extracted from the Admiralty Ma- BR be nual of Scientific Enquiry, Third Edition 1859). 0 Br >) J. Lamont, Magnetische Ortsbestimmungen in Bayern und Deutschland. I. und II. AAN > Theil nebst Karten-Atlas. München 1854 und 1856, SEM —, Magnetische Untersuchungen in Nord-Deutschland, Belgien, Holland und Däne- TERES mark. München 1859. - — —, Untersuchungen über die Richtung und Stärke des Erdmagnetismus i im südwest- lichen Europa. München 1858. €. Kreil, magnetische und geographische Ortsbestimmungen im südöstlichen Europa. Wien 1862. -G. Neumayer, Results of the Magnetic Survey of the Colony of Vicosa - - 1858—64. Mannheim, Schneider 1869. 9 3. Lamont, Resultate des magnetischen Observatoriums in München für 1843—45. RE München 1846. ei s R. Kohlrausch, Das Weber’sche compensirte Magnetometer zur Bestimmung der a erdmagnetischen Intensität. Pogg. Ann. Bd. 142. | D J. Lamont, Bleuliate des magnet. Observatoriums etc. f Ke ”) H. Lloyd, Theodolite Magnetometer. Proceedings of the R. Irish Academy. Vol. Il. 608 und Vol. VII. p. 8. SE. Hr wind, Bestimmung der Elemente des Erdmagnetismus auf einer Reise von br £ st, Petersburg nach Tiflis. Wild, Repertorium für Meteorologie. Bd. I. Ri, 253. N ‚ Ueber ein neues magnetisches Universal-Instrument. ibid. Bd. III. No. 2. Ei % MH. Fritsche, Ueber die magnetische Deelination Pekings. ibid. Bd. I. S. 182. a er 128 wild. Inelination. ; Beobachter... EN RR EN N ER (0) 2 AT EEE ER BEN ER pen 11 LE N U DONE Datumru- Zeib:. nn 2 RL: Instrumentz... De Re AR Nadel: na ehian aaa ddanelranenlean ah nnaue anna ae per ann ela dann Be ee ned SE NEE Magnet. Meridian... case. ER Marke: Schwingungen. h anr28; | h,2m Pens Anfang der Schwingung. | Ende der Schwingung. | | Dauer v. Schwing. | Schwingungsdauer: ü Kreis. |Marke. 1. Einstellung. \ 2. Einstellung. Mittel. Br 0 w. | wı Wo 0... wi) | | | Summe Mittel z' = Marke: Schwingungen. | | ak Rn RE he 2m. 08 Anfang der Schwingung. | Ende der Schwingung. | Dauer v. Schwing. | | Schwingungsdauer: Kreis. |Marke. 1. Einstellung. | 2. Einstellung. | Mittel. 0.1.0 | | ww: | w. 102.1 | Ole] Summe: Mittel :” = 2 Incelination i = z Ei RUN UN E van aY Beo tar, RL RE ET BAR DEEIEETEETZELTELTETTETEEZEST EEE Zr ‘ “, \ “anuustnnuunnunrnn euer Datum u. Zeit: a RATEN Instrument anne. EELERTEIEPDPITIEIEITIIETEEET TEL ELEITELEITEIIIEEIEELPEPERPRRRRRe Beobachtung. des Magneten. Index I. Index II. er des Visirs und | Ablesung am Marke oben Be Marke unten Berechnung. Winkel zwischen dem Magneten, . Nordpol und Mire. i Mittel C C Index IE Index II. (+ links v. d. Mire.) 130 Wild. Intensität. Beobachter:!«:... sn. N RE Ken. ON ER NL RE AN RERORN 1.1 Datum u Reiben NE SO Instrumenten ee NE N N Chronometer.: 1... en EREL Correction, des Chronom. zn... Tas Gans des Chropom. sep v0 en (+ - Zurückgehen gegen mittl. Ortszeit.) A. Schwingungsdauer. Anfangs-Temperatur. Anfangsamplitude der Schw. = Celsius. oy'= Grade. De hie ma .s: Dr ham. 8; Dauer von 100 Schw. 0 | 100 10 110 20 120 | 30 130 40. | | 140 | I: Summe: a hakımeans. N hWamat ss Dauer von 100 Schw. 5 | 105 52] 19] 2 | 125 35 | 135 5 | 145 Te: Summe: ; End-Temperatur End-Amplit. der Schw. De Cels. oa’ = Grade Mittel-Temperatur: /ı = mu = Celsius. DR! u Mittel-Amplitude: 01 = #1, = Grade. { Mittel-Schw. Dana TR = 2 —_—— = Sec. i B. Ablenkungsbeobachtungen. Entfernung des De Ev bei 0° = Millim. Anfangs-Temp. r’ Lage d. Magn. Ablesungen am Kreis. | Differenz Seite IN.Pol. Index I. Index u. ' für Vernier. nach | nach 0 / | | 0 1 Ost. | Ost. PAR | West. | I. West. | Ost. | ER | West. | | |. End-Temperatur Mittel u M= Mittel-Temperatur: 7 = n * = Celsius. 0) ‘ Mittl. Ablenkungswinkel v = Eu 2 DNB} Schwingungsdauer. BER: $ h Anfangs-Ampl. der Schw. Ba s 0, = Grade., Dauer von 100 Schw. $ | | | End-Temperatur End-Amplit. der Schw. ulels, 1 ev Grade. t [2 £ [7 iM Ken Era N Celsius. 2 “ D u : Rx N a Grade, 30 2 Ty' Je Hs: re 5 Sec. D. Bestimmung der Torsion. un er Par) a onsliefs Ablesung am Theilkreise. 4 D . Ende I. | Ende I. Mittel: D= Meteorologie. Von J. Hann. Der Reisende kann dieser Disciplin nach drei Richtungen hin förderlich sein: 1) durch eigene Beobachtungen mit, oder selbst ohne Instrumente, 2) durch Anregung zu Beobachtungen, 3) durch Sammeln schon vorhandener aber wenig bekannter meteorologischer Aufzeichnungen. Es ist hier am Platz, eine Ansicht darüber auszusprechen, in wie weit vereinzelte meteorologische Beobachtungen eines Reisenden für die Wissen- schaft werthvoll sind. Man muss hier unterscheiden, zwischen Beobachtungen zur See und Beobachtungen auf dem Lande. Ueber den Oceanen erleiden die meteorologischen Erscheinungen fast keine örtlichen Modificationen und jede einzelne Beobachtung trägt deshalb einen, man möchte sagen, generalisirten Cha- rakter. Beobachtungen während verschiedener Reisen lassen sich darum auch leicht an einander anschliessen und es bedarf einer geringeren Zahl derselben, um gute Mittelwerthe zu erlangen. Darum sind sorgfältige Beobachtungen auf Schiffen jederzeit erwünscht. Anders ist es auf Ueberlandreisen. Die örtlich vereinzelten wenn auch regelmässigen Aufzeichnungen der Temperatur, des Luftdruckes, der Feuch- tigkeit, Winde etc. lassen sich nur wenig verwerthen, und der einzelne Rei- sende, der seine Aufmerksamkeit auch zugleich vielen anderen Dingen zuzu- wenden hat, thut in den meisten Fällen am besten, sich durch derartige me- teorologische Beobachtungen nicht überflüssig zu ermüden und für seine andern Beobachtungen abzustumpfen. Etwas anderes ist es bei Expeditionen, wo die einzelnen naturwissenschaftlichen Disciplinen auch durch einzelne Personen vertreten sind. Auf der Reise selbst rathen wir daher dem Reisenden, nur jene Beobachtungen anzustellen, die für die Hypsometrie des durchzogenen Landes wichtig sind, also an jedem Halteplatz oder sonst noch an interessanten Punkten, den Luftdruck und zugleich die Lufttemperatur abzulesen, ohne sich dabei an gewisse fixe Stunden zu binden. Daneben mögen nur auffallende meteorologische Erscheinungen aufgezeichnet werden. Die im Nachfolgenden als wünschenswerth aufgeführten regelmässigen meteorologischen Beobachtun- gen zu fixen Terminen empfehlen wir für einen längeren Aufenthalt an einem und demselben Orte. I. Anleitung zu vollständigen meteorologischen Beobachtungen. Der Zweck dieser Anleitung kann nicht darin bestehen, über die 'Theorie und den Gebrauch der wichtigsten meteorologischen Instrumente ins Einzelne gehende Instructionen zu geben, dazu würde der hier gebotene Raum nicht ausreichen, und zudem existiren schon leicht zugängliche treffliche Publica- tionen über diesen Gegenstand (s. den bibliographischen Anhang). Unsere Hauptaufgabe muss sein, die Aufmerksamkeit des Reisenden auf jene Punkte hinzulenken, welche auf Reisen die meiste Förderung unserer Diseiplin ver- sprechen. Wir wollen nach den wichtigsten der einzelnen meteorologischen Elemente vorgehen und stets zuerst das Wesentlichste über die zu empfeh- lenden Instrumente und Beobachtungsmethoden zusammenstellen. 1. Temperatur. (a) Lufttemperatur. Die Thermometer sind be- währten mechanischen Werkstätten (siehe darüber am Schlusse dieses Ab- schnittes) zu entnehmen und vor wie nach der Reise an einem der meteoro- logischen Centralinstitute einer Vergleichung mit einem Normalthermometer zu unterziehen. Während einer längeren Reise ist es zu empfehlen, wenn sich hierzu eine Gelegenheit bietet, die Thermometer in thauenden schon wässe- rigen Schnee (oder Hagel, Eis, aber diese sollen immer möglichst rein von erdigen oder gar salzigen Beimengungen sein) zu geben, und wenn kein Sinken des Quecksilberfadens mehr zu bemerken, den Stand desselben zugleich mit der Nummer des Thermometers im Beobachtungsjournal anzumerken. Durch Stösse und Erschütterungen auf dem Transport trennt sich zuweilen ein Theil: des Quecksilberfadens, der, wenn noch in der Röhre, durch vorsichtiges schwaches Erwärmen sich wieder vereinigen lässt; zuweilen jedoch kommt auch etwas Quecksilber in den obersten meist etwas blasenartig erweiterten Theil der Thermometerröhre. Wenn man auf diesen Umstand nicht sorgfältig Acht hat, bekommt man leicht zu niedrige fehlerhafte Temperaturen.. Durch vorsichtiges wiederholtes Stossen des Thermometergefässes gegen eine weiche Unterlage oder schwaches Erwärmen desselben, welches eben genügt, den Quecksilberfaden in die obere Endigung der Röhre und zur Wiedervereini- gung mit dem dort befindlichen Quecksilbertropfen zu bringen, und nun fol- gende langsame Abkühlung gelingt es auch dann alles Quecksilber ungetheilt in die Röhre zurückzubringen. Zur Bestimmung der höchsten und tiefsten Tem- peratur im Laufe des Tages dienen die Maximum- und Minimum-Thermometer, deren es verschiedene Systeme giebt. Das vielfach angewendete Rutherford’- sche empfiehlt sich nicht für Reisen, weil es sehr leicht in Unordnung kommt. Gegenwärtig dürften Casella’s Maximum- und Minimum - Thermometer nach Philipp’s und das Hermann und Pfister’sche registrirende Metallthermometer Ä für Reisende am meisten zu empfehlen sein. Wenn man diese Instrumente ® benützt, ist es nöthig öfter und bei verschiedenen Temperaturen zugleich mit _ der Ablesung des gewöhnlichen Thermometers eine Ablesung des Standes 7 (des Quecksilber- oder Alkoholfadens, bei den Metallthermometern des mittlern Stiftes) dieser Registrirthermometer zu verbinden und etwaige Abweichungen “ an einer besonderen Stelle des meteorologischen Registers anzumerken. ER Sehr wichtig ist die Aufstellung der Thermometer. Dieselbe soll so er- folgen, dass die Thermometer gegen den Regen und gegen die direeten Sonnen- - strahlen sowohl, als auch gegen die von Wänden, nacktem Boden etc. reflec- tirte und strahlende Wärme geschützt sind, und dabei zugleich die Luft einen möglichst freien Zutritt zu denselben hat. Man schliesst zu diesem Zwecke _ auf den festen Stationen die Thermometer in weisse Blechkästehen mit Jjelousienartig durchbrochenen Wänden ein und bringt sie (auf der nördlichen a a ” Sh Meteorologie. HEN a 133 134 f | Hann. Hemisphäre) auf der Nordseite von Gebäuden wenigstens 4 Meter von der Wand, oder ganz im Freien mindestens 4 Fuss über einem rasenbe- deckten Boden an. Hat man wie im Sommer hoher Breiten keinen allzeit schattigen Ort zur Verfügung, so schliesst man die Thermometer in zwei solche Gehäuse ein (äusseres von Holz, inneres von Blech) mit luftigem Zwischen- raum. Eine ähnliche Beschirmung dürfte auch auf Schiffen sich empfehlen, Auf Landreisen wird es in der Regel schwer fallen voluminöse Thermometer- beschirmungen mit sich zu führen, obgleich die kleinen Blechschirme für ein Thermometer, wie sie an den secundären Stationen in Oesterreich im Gebrauche sind, mit innen festgeklemmtem Thermometer, zugleich zum Trans- port derselben sich eignen möchten. In den meisten Fällen muss es dem Reisenden überlassen bleiben einen schattigen luftigen Ort aufzufinden, wo das Thermometer möglichst richtige Lufttemperatur angeben kann. Stö- rende Einflüsse sind bei den Aufzeichnungen kurz zu vermerken. In baum- losen Ebenen, Wüsten, dann auf Berggipfeln etc. ist es oft beinahe unmöglich, eine Schattentemperatur anzugeben; die Temperatur unter Zelten und Schir- men (welche die Wärmestrahlung des Bodens oft geradezu concentriren) ent- fernt sich meist sehr weit von der Lufttemperatur. In solchen Fällen ist jedenfalls ein zuerst von Arago im Jahre 1830 empfohlenes Verfahren an- zurathen, welches darin besteht, ein kleineres, auf der Röhre getheiltes an einer Schnur befestigtes Thermometer im Kreise herumzuschwingen, bis dessen Stand stationär geworden ist. Man erhält dadurch selbst im vollen Sonnen- schein ziemlich richtige Lufttemperaturen (T'hermometre fronde, von Baudin 'ın Paris für 10 Frances zu beziehen). Diese Methode zur Bestimmung der Lufttemperatur wird überall dort zu empfehlen sein, wo sich eine schattige, von Wärmestrahlung freie Aufstellung der Thermometer nicht bewerk- stelligen lässt. - Beobachtungszeiten. Es ist wichtig, dass die Temperaturen mehr- mals im Laufe des Tages abgelesen werden und zwar zu Terminen, welche gestatten, ein Mittel aus allen Ablesungen zu nehmen, welches einem wahren aus 24stündigen Aufzeichnungen entnommenen Mittel möglichst nahe kommt. Als solche Termine empfehlen sich: ; 6 VM. 2% und 10» NM. 94 VM. 9% Abend Maximum und Minimum Bm Do 10 0er s = = oder mit Rücksieht auf die wünschenswerthen gleichzeitigen Barometerab- lesungen, besonders in niedrigen Breiten: 9" oder 10? VM., 3° oder 4" NM., 9a oder 10? Abend in Verbindung mit der Angabe der täglichen Minima. (mit Hilfe eines Registrirthermometers). Eine einmal gewählte Stundencom- bination ist, so lange es die Umstände gestatten, beizubehalten. Aenderungen in den Beobachtungszeiten, sowie verfrühte oder verspätete Ablesungen der Instrumente, sind in den Beobachtungstabellen kenntlich zu machen. Beobachtungen über die Wärmeabnahme mit der Höhe m heissen trockenen Continental-Klimaten wären sehr erwünscht. Die zu diesem Zwecke etablirten Beobachtungsstationen müssten in möglichst geringer hori- zontaler Entfernung von einander liegen und eine Höhendifferenz von min- destens 2—-300 Metern besitzen. Die Beobachtungen an solchen derart gewählten Punkten sollten zu gleichen Stunden und bei möglichst gleicher Aufstellung der Thermometer geschehen; letztere selbst müssen vorher unter einander verglichen werden. Schon eine einmonatliche Reihe solcher Beob- achtungen wäre von Werth. Der tägliche Gang der Temperatur ist noch unbekannt für Orte unter niedrigen Breiten jenseits des 30. Breitegrades und fern von den Meeres- sten, besonders in trockenen Klimaten. Um den täglichen Gang der Wärme | kennen zu lernen, wären zum mindesten Beobachtungen in’ Intervallen von N 2 Stunden von 6" Morgens bis 12% Nachts erforderlich, noch wünschens- _ werther ist natürlich die Fortsetzung der Beobachtungen auch in den Nacht- stunden. Sogenannte stündliche Terminbeobachtungen einmal (am 21.) in jedem Monat, wie sie in älteren englischen Instructionen vorgeschrieben, ge- Ba nügen nicht, oder führen erst nach einer längeren Reihe von Jahren zum Be gewünschten Ziele. Solche Beobachtungen müssen sich über den ganzen n -Monat oder doch einem grösseren Theil desselben erstrecken. Stündliche "a Beobachtungen blos während der Tagesstunden anzustellen, lohnt nicht die Mühe. RA Lenz hat aus seinen eigenen und den Beobachtungen von Schrenck ge- il - funden, dass auf offenem Meere innerhalb der Tropenzone das Wärmemaximum schon vor Mittag (um 114 bis 11) eintritt.*) Diese Erscheinung verdient aufs Neue geprüft und untersucht zu werden. Auch die Bestimmung des Eintrittes des täglichen Wärmemaximums auf hohen freien Berggipfeln, und die tägliche Wärmeschwankung daselbst, ver- - glichen mit gleichzeitigen Beobachtungen an einem Orte am Fuss des Berges muss empfohlen werden. Es genügen für's erste mehrtägige derartige Beobachtungen während heiteren ruhigen Sommerwetters. Von ‚ allgemeineren Beobachtungen über Wärmeverhältnisse eines Ortes führen wir an: Angabe des Eintretens des ersten und letzten Frostes im Winter, der Frosttage überhaupt, über die Dauer einer geschlossenen Eis- decke auf Flüssen, Seen, Meerbusen, sowie deren Aufgang; Angabe des ersten und letzten Reifes etc. (b) Insolation und Radiation. Zur Bestimmung der Intensität der Sonnenstrahlung in absolutem Maasse hat bisher nur ein Instrument mehrfache Anwendung gefunden; es ist dies das Pyrheliometer von - Pouillet. **) RR Zum Zwecke der Bestimmung der Sonnenstrahlung wird das aus dünnem r Silberblech bestehende Gefäss mit Wasser ganz gefüllt, die Vorderseite mit Russ geschwärzt und das Instrument so aufgestellt, dass man es leicht dem vollen Sonnenschein aussetzen kann. Sobald es die Lufttemperatur ange- nommen, stellt man zuerst die berusste Fläche so auf, dass sie nicht vonder Sonne beschienen wird aber ihre Wärme frei gegen den Himmel ausstrahlen Y kann. Dies geschieht durch etwa 5 Minuten, man liest hierauf die Tem- Kr; | peraturänderung (wir bezeichnen sie mit At) ab, und setzt nun die berusste Fläche den senkrecht auf sie einfallenden Sonnenstrahlen aus, was man da- x durch bewirkt, dass man den Schatten des Gefässes in die Mitte der unten 3 angebrachten Scheibe bringt. Nachdem man die Insolation durch 5 Minuten “ hat einwirken lassen, liest man die Temperaturerhöhung (AT) ab, und setzt | nun wieder die berusste Fläche durch 5 Minuten der freien Strahlung gegen den Himmel aus, die nun erfolgende Aenderung heisse A’. Während as Instrument der Sonnenstrahlung ausgesetzt war, hat demungeachtet auch eine 0 "Wärmeausstrahlung stattgefunden und der wahrscheinliche Werth derselben Br ER t + At BEEFAN reg wird durch ee gemessen. Die Wirkung der Sonnenstrahlung allein R Bi. N Ri *) Bulletin der Petersburger Akademie. I. B. 1860. 2 Aa **) Für Reisende statt des gewöhnlichen Stativs oder neben demselben mit einer " R Baumschraube zu versehen. a % url , 136 ö Hann. At + At 2 sind, wenn, wie dies meist der Fall sein wird, die Temperatur des von der Sonne abgewendeten Instrumentes sinkt. Diese Beobachtungen werden mehrmals wiederholt und stets die Zeit der Beobachtung mit ange- geben, weil diese dazu dienen kann, Beobachtungen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten auf dieselbe Sonnenhöhe zu reduciren und dadurch vergleichbar zu machen. Das Beobachtungsschema wäre also z. B. Zeit Temp. des Instruments 15°.6 C. wird daher sein AT —( Jr wobei A und AF negativ zu nehmen h m 2 a N Schatten 14.8 A = — 0,8 h m \ 3 | Sonne - 182 AT= -+ 3.4 Sal EL 15m \ Schatten 17.6 AU= — 0.6 u. s: w. Isolation = 3°.4 + 0°%.7 = 4°.1 in 5 Minuten, somit 0°.82 in 1 Minute. Kennt man das Gewicht des Wassers im Gefässe = p, das Gewicht des Ge- fässes selbst — p’, das Gewicht des Quecksilbers im Thermometer p” und deren specifische Wärmen: 1, 6’, 0”, so hat man in Wärmeeinheiten: AT (p + p’o’ + p” 0”) bezogen auf die Oberfläche des Gefässes. Die Grösse in den Klammern ist constant für dasselbe Instrument und braucht nur ein für alle mal bestimmt zu werden. Beobachtungen mit diesem Instrument sind bisher nur in Europa von Pouillet in Paris, Althaus in Bonn, Quetelet in Brüssel, Forbes in der Schweiz gemacht, oder wenigstens bisher veröffentlicht worden. Es wäre sehr zu wünschen, dass sie in hohen Breiten im Winter wie im Sommer, ferner in der Nähe des Aequators in sehr feuchten, wie in sehr trockenen Klimaten, be- sonders auch in grossen Höhen (z. B. auf den Hochebenen von Tibet oder von Südamerika, im Winter auf hohen Berggipfeln unserer Alpen wie anderer‘ Gebirge) wiederholt würden. Das Pyrheliometer eignet sich zu einzelnen Bestimmungen der Sonnen- strahlung,, weniger zu fortgesetzten regelmässigen Beobachtungen, die z. B. ganze Jahrgänge umfassen. Zu solehen Beobachtungen über Insolation an festen Stationen empfehlen sich am meisten die englischen Insolationsthermo- meter mit geschwärzter Kugel im Vacuum. Das Instrument wird horizontal auf Stützen in einiger Höhe über einer Rasendecke angebracht, und die An- gabe des Maximum-Index in demselben täglich notirt; nach jeder Ablesung muss natürlich der Stift wieder auf das Ende des Quecksilberfadens zurück- gebracht werden. Auch Beobachtungen mit diesem Instrument sind sehr wünschenswerth an den oben näher bezeichneten Oertlichkeiten und Zeiten. Die Wärmeausstrahlung in heiteren Nächten ist ein wichtiger klima- tischer Factor und es sind daher Beobachtungen über dieselbe zu empfehlen. Zur Bestimmung derselben dient ein Minimumthermometer, das frei, unbe- schützt, auf kleinen Stützen horizontal auf einen kurzen Rasen gelegt wird. Die Differenz zwischen der Angabe des nächtlichen Minimums an diesem Thermometer und der Angabe des unter dem Thermometerschirme befind- lichen Minimumthermometers, welches die Lufttemperatur anzeigt, entspricht dem Betrage der nächtlichen Wärmeausstrahlung über dem Grasboden. An pflan- zenleeren Orten kann man auf ähnliche Weise die Erkaltung des Bodens selbst = r ee a Br An RN RAR I LH PO N _ bestimmen. Ist der Boden mit Schnee bedeckt, so legt man ein Minimum- 'thermometer unmittelbar auf den Schnee. | In trockenen Wüstenklimaten soll die nächtliche Erkaltung der Erdober- fläche unter die Lufttemperatur (beobachtet in circa 2 Meter Höhe über dem Boden) sehr bedeutend sein. Es liegen aber wenige Messungen derselben vor. Bi Länger fortgesetzte Beobachtungen hierüber wären daher sehr erwünscht. $ (ce) Bodentemperatur. Regelmässige, in verschiedenen Tiefen angestellte, Beobachtungen über die Bodentemperatur können nur von Hauptobservatorien gefordert werden. Auf Reisen und an vorübergehend etablirten Beobachtungs- stationen können jedoch Beobachtungen gemacht werden über die Temperatur der Bodenoberfläche. Die kräftige Erwärmung besonders dunkler Boden- arten über die Lufttemperatur ist ein nicht unwichtiges Element, z. B. für N die Pflanzengeographie. Im hohen Norden sowohl, wie auf grossen Berghöhen macht sich die Vegetation dadurch in gewisser Hinsicht von der Luftwärme unabhängig. Die Beobachtung der Temperatur der Bodenoberfläche kann dadurch geschehen, dass man ein Maximumthermometer in eine kleine Ver- . tiefung des Bodens lest und es 1—2 Üentimeter hoch mit der umgebenden Erde bedeckt. An Oertliehkeiten, die fernab liegen von metereologischen Beobachtungs- stationen und für welche wenig Aussicht vorhanden ist, dass in nächster Zeit solche errichtet werden mögen, sollten Bestimmungen der Bodentemperatur in grösserer Tiefe vorgenommen werden, um wenigstens zu einer genäherten Kenntniss der mittleren Jahreswärme der betreffenden Gegend zu gelangen. In jener Tiefe, in welcher die jährliche Schwankung der Wärme, wie sie an der Ober- fläche statthat, aufhört, ist die Temperatur sehr nahe gleich der mittleren “ Lufttemperatur an der Oberfläche. Von diesem Niveau constanter Tempe- R ratur nimmt aber in noch grösseren Tiefen die Temperatur wieder zu, unge- fähr im Verhältniss von 1° C. auf 90—100”. Jene Tiefe, in welcher die jährliche Variation der Temperatur unmerk- . lich wird, hängt erstlich ab von der Grösse der jährlichen Wärmeschwankung an der Bodenoberfläche und zweitens von der Wärmeleitungsfähigkeit des Bodens. Von sekundärer Bedeutung sind auch die in den Boden eindrin- genden meteorischen Wassermengen. Mittlere Verhältnisse in letzteren zwei Beziehungen vorausgesetzt, kann man für die gemässigte Zone der nörd- lichen Hemisphäre annehmen, dass in einer Tiefe von 15 Meter die jährliche Variation schon bis auf 0.1° C. vermindert ist. Die Bestimmung der Tem- peratur in dieser Tiefe genügt schon vollkommen für einen genäherten Werth der mittleren Jahreswärme. In polaren continentalen Klimaten (wo jedoch solche Bestimmungen auf manche Schwierigkeiten stossen dürften) müsste man die Beobachtungen in einer grösseren Tiefe anstellen; unter niedrigeren Breiten findet man die constante Temperatur schon näher an der Oberfläche. E Uebrigens haben selbst die Beobachtungen zu Trevandrum, 8° nördl. Br., bei _ einer jährl. Wärmeschwankung der Lufttemperatur von circa 2.8° ©. noch in 3.6 Meter Tiefe eine Variation der Wärme von 0.8 ©. gegeben, wahrschein- lich unter dem Einfluss der starken Regen. Eine Verminderung auf OS wäre erst in 9—10 Meter Tiefe zu erwarten. Boussingault begnügte sich E anf den Andes der Aequatorialregion Südamerikas allerdings mit einer Tiefe von 0.3 Meter zur Bestimmung der mittleren Bodenwärme*). Die grosse s Nimmt man das Mittel aus den Beobachtungen zu Edinburg, Upsala, Brüssel, Paris, Strassburg, Madrid, Peking (welche für den Coeflieienten B in der bekannten | Formel Ig 4p = A— Bp allerdings ziemlich variirende Werthe liefern), so findet man Ar A ER. Er P N 138 Hann. Anzahl seiner Bestimmungen mag die noch übrig bleibenden Fehler eli- minirt haben. ' Um nun die Bodentemperatur zu bestimmen, bohre man an einer freien horizontalen Bodenstelle, welche kein Zusickern von Quellwasser besorgen lässt, ein Loch bis zur nöthigen Tiefe, versenke in dieses ein unempfindlich gemachtes Thermometer, fülle die Bodenöffnung nicht zu locker wieder mit Erde aus und sorge dafür, dass das Regenwasser und oberflächlich zufliessendes Wasser nicht eindringen kann. Je länger man die Thermometer in den Boden lassen kann, desto besser ist es. Hat man hierzu die Mittel, so ist sehr zu em- pfehlen, dieses Verfahren an mehreren Stellen in verschiedenen Bodenarten ‚gleichzeitig anzuwenden. Die Thermometer kann man für den Gebrauch ad hoc durch dichte Umhüllung des Thermometergefässes mit schlecht leitenden Substanzen (Wachs, Harz, Wolle, Hanf etc.) möglichst unempfindlich machen; besser jedoch ist es schon derart vorbereitete Thermometer mit sich zu führen. Am meisten dürfte sich empfehlen, das Thermometergefäss in eine zweite dicke Glashülle einzuschmelzen, so dass eine Luftschichte zwischen beiden bleibt. Das ganze Thermometer wird zum Schutz gegen Zerbrechen in eine Metallkapsel eingeschlossen, ähnlich wie die englischen Tiefsee- thermometer. Wenn auch der einzelne Reisende selten in der Lage sein wird, Erd- bohrer kleinerer Sorte, wie sie zu obigem Zwecke nöthig sind, mitzunehmen, so ist dies doch wissenschaftlichen Expeditionen sehr zu empfehlen. Nur auf diesem Wege wird es möglich sein, von zahlreichen, wenig besuchten und unbewohnten Erdstellen Mitteltemperaturen zu erlangen. Besonders dürften Expeditionen in höhere südliche Breiten keine Ge- legenheit versäumen, durch sorgfältige Bestimmung der Bodentempe- ratur in Tiefen von 12—15 Meter uns in den Besitz zahlreicher genäherter Jahresmittel der Luftwärme jener interessanten Zone zu setzen. Die Be- stimmung der Temperatur von tiefen Brunnen sowie von Quellen lässt viel weniger verlässlich auf die mittlere Lufttemperatur schliessen, ist aber aus anderen Rücksichten nicht ganz bei Seite zu lassen. Ebenso mag die Tem- peratur des Flusswassers bestimmt werden. Auch hierzu bedient man sich am besten unempfindlich gemachter Thermometer (z. B. Janssen’s Pinsel- thermometer, thermometre plongeur de Janssen, von Baudin in Paris), die man genügend lange im Wasser versenkt lässt. Ueber die Bestimmung der Meerestemperatur verweisen wir auf den Abschnitt über Hydrographie. (2) Luftdruck. Zur Bestimmung des Luftdruckes empfehlen sich für den Reisenden zu Lande Heberbarometer von kleinerem Kaliber (wie sie 'z. B. Kappeller in Wien liefert), zur See Gefässbarometer nach dem System von Kew. Die Barometer sollen vor der Abreise an einem Hauptobservatorium verglichen worden sein, und es ist sehr wünschenswerth, dass eine sorgfältige Vergleichung an allen Observatorien wiederholt wird, an denen der Reisende eine mittlere Leitungsfähigkeit des Bodens vorausgesetzt, die Tiefe p (in Metern), in welcher die jährliche Variation der Wärme auf 0.1° ©. herabgesunken ist, durch die. Gleichung ga+l,, OSB a bezeichnet die Wärmeschwankung an der Oberfläche (in Celsius-Graden) und müsste eigentlich bekannt sein. Aber auch die Einführung eines beiläufigen Werthes nach een führt wenigstens zu einem genäherten Werth der Tiefe p, in welche man die Thermometer zu versenken hat. i eben Beobachter vorgenommen und ie Temperatur der Alnehirien Thermometer mit angegeben werden. Die Ablesungen der Barometer und | Thermometer werden im Original (ohne Reduction verschiedener Maasse) in die Tagebücher eingetragen. NY Die Ablesung geschieht immer in der Art, dass der untere Rand des _ — Nonius auf die Quecksilberkuppe eingestellt wird, so dass er den Meniskus tangirt. Zu diesem Zwecke wird der Noniusrand von oben herab mit dem Meniskus zur optischen Berührung gebracht. Das Auge muss dabei genau m der Höhe des Meniskus sich befinden, was man den erreicht hat, wenn der hintere untere Rand des Nonius mit dem vorderen in derselben Ebenk ‚ erscheint, sich also beide zu decken beginnen. Bei dem Heberbarometer muss die Einstellung auf dieselbe Weise auch am kürzeren Schenkel erfolgen, und die Ablesungen an beiden Schenkeln werden in das Beobachtungsjournal eingetragen. Das attachirte Thermometer wird am besten vor der Ablesung des Barometers beobachtet, weil während einer längeren Manipulation an dem- selben die Temperatur des T'hermometers rascher steigt, als die des Queck- silbers im Barometer. Man vermeide, dass die Sonne während oder kurz vor der Beobachtung das Barometer bescheint, ebenso die Nähe eines ge- - heizten Ofens. R Während der Reise überzeugt man sich von der Unversehrtheit des Va- D euums im Barometer durch (nicht zu schnelles) Neigen desselben, so dass das Quecksilber an das obere geschlossene Ende der Röhre anschlägt. Ist der Ton hell, metallisch klingend, so ist das Barometer luftleer, ist er dumpf B und matt, so ist wahrscheinlich Luft eingedrungen, selbst wenn man noch keine Luftblase bemerkt. Schiffsbarometer mit verengten Röhren geben aber nie einen starken hellen Ton. ; Der Transport des Barometers erfolgt immer in der Art, dass man ‚dasselbe neigt, bis das Quecksilber das Vacuum erfüllt hat und es dann ganz. umkehrt. Die gewöhnliche Stellung des Instruments wie beim Ablesen, ist die geführlichste für den Transport in Bezug auf das Eindringen von Luft in das Vacuum. m Die Beobachtungszeiten für den Luftdruck sollen im Allgemeinen die- selben sein, wie für die Temperatur. Das Tagesmittel erhält man in niedrigen Breiten, wo die tägliche Oscillation schon beträchtlich ist (unter 30° eirca 1.6 Mm., unter dem Aequator 2.5) aus zwei Beobachtungen zur Zeit des - Hauptmaximums, zwischen 9 und 10" VM., und des Haupfninimums um 3—4" NM., oder einer Beobachtung um Mittag. Liegt die Beobachtungsstation in der Nähe der Küste, so ist es wün- schenswerth, dass die Höhe des Barometers über dem mittleren Niveau des 5 Meeres mit Miöglicheier Genauigkeit ermittelt werde. Beobachtungen über den täglichen Gang des Luftdruckes sind besonders _ unter niedrigen Breiten und Bi: den Continenten noch immer wünschens- werth. ° Ch. S. Claire Deville will z. B. gefunden haben, dass die tägliche 'Schwankung des Barometers an der Westküste (auf der pacifischen Seite) es tropischen Amerika mehr als doppelt so gross sei, als auf der östlichen tlantischen Küste. Neuere Beobachtungen im Innern Südamerikas haben ır grosse tägliche Amplituden ergeben. » Um wenigstens die Hauptmaxima und Minima des täglichen Ganges zu lernen, sind Beobachtungen mindestens in zweistündigen Intervallen igiler 6 6 'h Morgens bis 10 oder 11" Abends erforderlich, welche wo Moe R' Hi EIER ER 140 i Hann. einen Monat hindurch fortgesetzt werden. Bei längerem Aufenthalt empfiehlt es sich, wenn man nicht Musse und Gelegenheit findet, diese Beobachtungen continuirlich fortzusetzen, dieselben wenigstens durch längere Zeit um die Periode der Solstitien und Aequinoctien vorzunehmen. Wünschenswerth sind ferner Beobachtungen und Angaben über das ‘Verhalten des Barometers vor, während und nach Gewittern, heftigen Regen- güssen, während auffallender charakteristischer Winde u. s. w. Wenn sich auch derartige Beziehungen zum Theil später numerisch sogar genauer ab- leiten lassen, ist es dennoch zu empfehlen, an Ort und Stelle den Fr- scheinungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und was als charakteristisch auffällt zu notiren. Es wird hierdurch einer allseitigen Verwerthung des numerischen Beobachtungsmaterials ungemein Vorschub geleistet. (3) Luftfeuchtigkeit. Die zwei Methoden zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit, die für Reisende wohl allein in Betracht kommen können, sind die Bestimmung des Thaupunktes und die Beobachtung des Tempe-' raturunterschiedes eines trockenen und eines befeuchteten Thermometers. Ein Hygrometer der ersten Gattung ist das Daniell’sche, sowohl in der ursprünglichen als in der von Regnault verbesserten Form. Auch das Regnault’sche Thaupunkthygrometer mit Aspirator ıst schon auf ziemlich compendiöse Form gebracht worden. An Daniells und Reg- naults Hygrometer beobachtet man mit möglichster Genauigkeit die 'Tem- peratur in dem, Aether enthaltenden, Gefäss im Momente, in dem es sich aussen mit Thau beschlägt. Der Thaupunkt ist jener Temperaturgrad, bei welchem die in der Luft enthaltenen Wasserdämpfe das Maximum ihrer Spannkraft erreichen würden. Die Grösse des entsprechenden Dunstdruckes e kann darum aus jeder Tabelle, welche die Maximal-Spannkräfte des Wasser- dampfes für jede Temperatur enthält, entnommen werden. Hat man zugleich die Lufttemperatur abgelesen, und entnimmt aus derselben Tabelle die dieser letzteren Temperatur entsprechende grösste Spannkraft des Dampfes s, welche also bei gänzlicher Sättigung der Luft mit Wasserdampf beobachtet worden eo 0 B © ® wäre, so nennt man das Verhältniss — die relative Feuchtigkeit. — In die B Beobachtungstabellen sind mindestens die beobachtete Temperatur des Thau- punktes und die gleichzeitige Lufttemperatur einzutragen. Die Bestimmung der Luftfeuchtigkeit mit dem Regnault’schen Hygrometer erfordert jedesmal einen eigenen Versuch, ferner macht der nicht unbedeutende Verbrauch von Aether die Beobachtungen ziemlich kostspielig. Nur wenige Reisende wer- den sich darum entschliessen, ein Regnault’sches Hygrometer mit Aspirator mit sich zu führen und regelmässig zu beobachten. Wissenschaftlichen Ex- peditionen sind aber wenigstens zeitweilige vergleichende Beobachtungen an diesem Instrument dringend zu empfehlen. Bequemer und einfacher, aber weniger fehlerfrei, ist die Feuchtigkeits- bestimmung mit dem August’schen Psychrometer, d. i. die Beobachtung der Temperatur an einem befeuchteten und an einem trockenen Thermometer. Diese beiden Thermometer sollen unter gleichen Umständen übereinstimmende Angaben liefern und zum Zwecke der Feuchtigkeitsbestimmung neben einander angebracht sein. Man beziehe die Psychrometer nur von bewährten Werk- stätten, und lasse beide Thermometer vor dem Gebrauch einer sorgfältigen Vergleichung unterziehen. Zerbricht eines der Thermometer, so ersetze man es nicht durch ein beliebiges anderes, sondern überzeuge sich vorher, ob das neue Thermometer mit dem alten wenigstens bei einigen verschiedenen Temperaturgraden übereinstimmt; beobachtet man Differenzen, so sollen die- a nr m 27 M eteorologie. Iben im Beobachtungsjournale vermerkt werden. Die Vergleichungen werden in einer grösseren Menge Wasser vorgenommen, welches beständig _ gemischt wird, und in welches beide Thermometer bis zur selben Tiefe ein- getaucht sind. Die Beobachtungsfehler und jene Fehler, die aus der nie gleichmässigen Temperatur des Wassers hervorgehen, macht man unschädlich durch Wiederholung der Beobachtung bei nahezu gleichen Temperaturen. Die Kugel des „nassen Thermometers“ wird mit dünnem Baumwollzeug, Mousselin, überzogen und einige Zeit vor der Beobachtung befeuchtet. Man achte sorgfältig darauf, nicht früher die Temperatur abzulesen, bis die Ab- kühlung oder Erwärmung durch das aufgetrorfte Wasser keinen Einfluss mehr haben kann. Wenn die Hülle durch Staub und Schmutz verunreinigt worden, muss sie durch eine neue ersetzt werden. Die Beobachtung an dem Psychrometer erfolge an einem, vor Sonnen- strahlung und Wüärmereflexen geschützten, freien Orte, nicht in Zimmern, Zelten, zwischen Fenstern u. s. w.; im Allgemeinen unter denselben Ver- hältnissen, die für die Bestimmung der Lufttemperatur schon empfohlen worden sind. Die Luft um die Thermometer soll nicht stagniren und völlige ruhig sein, sondern es soll ein mässiger Luftwechsel stattfinden. In das Beobachtungsjournal trage man die Ablesung am trockenen wie am nassen Thermometer ein. Zur Bestimmung des Dunstdruckes und der relativen Feuchtigkeit aus diesen Ablesungen existiren Tabellen, welche beide. Werthe ohne jede weitere Rechnung entnehmen lassen (siehe den biblio- graphischen Anhang). Die Richtigkeit der auf diesem Wege erhaltenen ' Feuchtigkeitsbestimmungen hängt vornämlich ab von der genauen Ueberein- stimmung der beiden Thermometer und einer günstigen Aufstellung derselben, vorzüglich aber auch von einem mässigen Luftwechsel. Um den Gefrierpunkt herum werden die Bestimmungen unsicher, ebenso bei hohen Wärme- und Kältegraden. Die Formel, nach welcher aus der Psychrometerdifferenz Dunst- druck und Feuchtigkeit ae: werden, ist nur für die im mittlern Europa vorkommenden De und Feuchtigkeitsgrade geprüft, nicht so für hohe Temperaturen und grosse enckenheil Es ist daher sehr wünschens- werth, dass auf Expeditionen in solchen Ländern, wo grosse Trockenheitsgrade vorkommen, öftere gleichzeitige Beobachtungen mit dem Psychrometer und mit Regnaults Hygrometer ausgeführt werden, besonders während- hoher Trockenheit der Luft, sei es bei niedriger oder hoher Wärme. Selbst kurze aber sorgfältig durchgeführte Reihen solcher Beobachtungen würden für die Wissenschaft sehr werthvoll sein. Beobachtungen an Haarhygrometern haben nur dann einen Werth, wenn _ sie sehr häufig durch Vergleichungen mit dem Psychrometer oder dem - Regnaultschen Hygrometer controllirt werden. Im Allgemeinen sind sie \ ‘ nicht zu empfehlen. R Will man den mittlern Feuchtigkeitsgehalt der Luft kennen lernen, so genügt es nicht blos einmal am Tage, oder gar zu unregelmässigen Zeiten, ‘zu beobachten. Die Beobachtungen erfolgen am besten täglich mehrmals zugleich mit jenen der Trfitemperafur. 4 - Es mangeln bis jetzt noch sorgfältige längere Beobachtungsreihen über den Feuchtigkeitsgehalt der Luft auf Berg ggipfeln, und so anah, über die im Trockenheit. Wir besitzen ferner überhaupt wenige zuverlässige Beobach- tungen über die Feuchtigkeit in dem Innern der Festländer. Der Zusam- menhang zwischen Aenderungen der Feuchtigkeit mit der Windrichtung ver- er Beachtung. Selbst über dem Meere kann die Luft ziemlich trocken 142 Hann. - sein. Lenz hat an den Beobachtungen von Schrenck gezeigt, dass an der Westküste von Südamerika, speciell von Peru, die relative Feuchtigkeit sehr vermindert ist. Zwichen 10—1° Südbreite geben die Beobachtungen von Schrenck in einiger Entfernung von der Küste zwischen 96 und 109° Länge eine relative Feuchtigkeit von nur 23—36%, erst in 123° Länge: stieg dieselbe wieder auf die normale Höhe von 782. (Bull. der Petersburger Akad. IV. 1861.) Diese Verminderung der Feuchtigkeit wird wahrscheinlich durch den Passat hervorgebracht, der hier über den hohen Kamm der Anden herabkommt und dadurch ausgetrocknet wird. Eine wiederholte Prüfung dieser Erscheinung ist wünschenswerth. (4) Bewölkung. Der Grad der Trübung des Himmels durch ‚condensirten Wasserdampf ist ein nicht unwichtiges klimatisches Ble- ment. Darum soll der Bewölkungszustand des Himmels zugleich mit den Ablesungen der meteorologischen Instrumente angegeben werden. Die Be- ‚zeichnungen heiter, wolkig, trüb, genügen nicht, man gebe vielmehr an, ein wie grosser Theil des ganzen sichtbaren Himmels von den Wolken ein- genommen wird. Nach der jetzt allgemein üblichen Bewölkungsscala be- ‚zeichnet man mit O ganz heitern, mit 10 vollständig bedeckten Himmel, gleichgültig welcher Art die Wolkendecke ist; die Grade 1, 2, 3 etc. ‚entsprechen einen bis zu 1, 2, 3 etc. Zehntheilen bedeckten Firmament. Diese Schätzung mag anfänglich schwierig und nicht scharf genug aus- führbar scheinen, indess übt sich mit der Zeit der Blick, und da die ‚einzelnen Schätzungen ebenso oft etwas zu gross als zu klein ausfallen werden, können die mittleren Resultate dennoch eine völlig befriedigende Genauigkeit erlangen. Besondere Angaben über bemerkenswerthe Er- scheinungen am Wolkenhimmel sind wünschenswerth. Nebel, die auf dem Boden aufliegende Wolke, von welcher der Beobachter selbst umgeben ist, :soll immer speciell angemerkt werden, am besten durch ein bestimmtes ‚Zeichen. Bei jeder Beobachtung auch die Wolkenformen anzugeben, mag nur jener Beobachter thun, der den Wolkenformen ein specielles Studium ‘widmet. Die mechanische Ausführung solcher Beobachtungen ist bei der nach jeder Terminologie grossen Unbestimmtheit der Wolkenformen nicht empfehlenswerth. Zur Entscheidung einiger Fragen über die zeitliche und örtliche Vertheilung der beiden am schärfsten charakterisirten Wolkenformen, des Cumulus (als Product des Courant ascendant) und des Cirrus, bei uns ın Europa die typische Wolkenform des feuchten SW- und W - Windes, (schon vor deren Eintreten an der Erdoberfläche sie ankündend) empfiehlt es sich zumeist diese beiden Formen regelmässig zu beobachten, um z. B. folgende Fragen beantworten zu können: Giebt es eine Polargrenze des 'Cumulus selbst im Sommer, giebt es eine Aequatorialgrenze des eigentlichen Cirrus? — nicht des cirrusartigen (meist unbeweglichen) Wolkenschleiers, n welchem sich schliesslich die Cumulostratuslager der Gewittersheerde auf- lösen. Am entscheidendsten sind darum die Beobachtungen am frühen Morgen. Welche Bewegungsrichtung zeigen die langgestreckten Cirrusfäden, ziehen sie überall auf der nördlichen Hemisphären fast nur aus SW und WSW, auch auf der Ostseite von Amerika und in Ostasien; auf der südlichen Hemisphäre ebenso stetig aus NW? . Bestehen irgendwo längere Zeit oder regelmässig zwei übereinander wehende Luftströmungen, eine untere und eine obere, von verschiedenen Richtungen, angezeigt durch den Zug der Wolken, so verdient eine solche Erscheinung beobachtet und bemerkt zu werden. Eigenthümliche Trübungen ‚des Himmels, etwa ähnlich unserem Höhenrauch, ferner durch Staub u. s. w. Aur Meteorologie. | u kung, besonders wenn sie periodisch ee oder mit zes en Witterungserscheinungen in regelmässigen Zusammenhange zu teen r & cheinen. (5) Niederschläge. Die Niederschläge des Wasserdampfes aus der Atmo- sphä re treten auf in der Form von Thau, Reif (gefrornen Thau), Glatteis, ne " Rauchfrost oder Haarfrost, Schnee, Be Hagel. Jede dieser Formen ist BR: e als solche in dem AS. Journal zu bezeichnen, am einfachsten durch 7 - bestimmte Symbole. KRegelmässiger starker Thaufall (leider giebt es kein einfaches Mittel die Quantität dieser Niederschläge zu messen), sowie ein | Aufhören des Thaufalls zu bestimmten en ferner das Datum des letzten Reifes im Frühjahr und des ersten im Berl, Glatteis, als bezeich- nendes Phänomen einer rasch wechselnden sehr veränderlichen Winter- witterung, sind charakteristische Erscheinungen für gewisse Klimagebiete. ilosohenswerth sind Angaben über die Dauer der Schneedecke, undı deren mittleren Tiefe, die aus öfteren Messungen an verschiedenen Stellen, welche keine besonderen Schnee-Anhäufungen und Entblössungen zeigen, erhalten wird. Bis zu welchen Breiten kommt Schneefall in niedrigen Lagen zu Be: beiden Seiten des Aequators vor? Beiträge zur nähern Bestimmung einer ‚38 Aequatorialgrenze des Schneefalls und einer winterlichen Schneedecke sind er wünschenswerth. Beim Hagelfall verdient Beachtung: Grösse und Form der Schlossen, die Zeit des Falles, die Erstreckung des Hagelwetters, die Richtung des Zuges desselben, sowie die vorausgehenden und begleitenden Erscheinungen. A Giebt es Oertlichkeiten, welche besonders häufig und regelmässig von Hagel- - schlag betroffen werden, und welche sind deren besondere natürliche Ver- hältnisse? Wie verhält es sich mit der Häufigkeit des Hagelfalls auf offenen Meere. Vom Hagel, grössere Körner mit eisiger Umhüllung, sind aber zu unterscheiden die Graupeln, kleinere Körner aus zusammengebackenen Schneeflocken, kleinen Schneeballen ähnlich sehend, denen die glatte eisige NN Rinde fehlt. BR Die als Schnee, Graupeln, Hagel oder Regen fallenden Niederschläge Se werden ihrer Intensität nach gemessen durch den Regenmesser. Casella | in London liefert auch speciell für Reisende bequeme Formen derselben. Die Regenmenge wird angegeben durch die Höhe der Wasserschichte, mit welcher der gefallene Regen, oder der geschmolzene Schnee (Graupel, Hagel) den ” Boden bedecken würden, wenn nichts verdunsten oder abfliessen könnte. b: Die Maassröhren geben meist unmittelbar diese Höhe. Hat man den Regen- messer nicht von einer bekannten Firma bezogen, oder sich denselben selbst - eonstruirt, so soll die Grösse der Oberfläche des den Regen aufsammelnden Gefässes, und dessen Form, so wie die Methode der Messung speciell an- gegeben werden. Der Regenmesser ist auf dem flachen Erdboden ufzu- stellen, so dass der Regen von allen Seiten, auch wenn er vom Winde ge- trieben in schiefer Richtung niederfällt, frei in das Sammelgefäss gelangen kann. Es ist zu rathen, die Höhe des Niederschlags jedesmal nach Aufhören al des Regens gleich zu messen. Die Zahl der Monatstage, an welchen ein messbarer Niederschlag über- aupt, gleichgültig von welcher Form, stattgefunden hat, gelten als Tage t Niederschlag, überdies kann daneben besonders die Zahl der ge, an welchen Schnee oder Hagel gefallen ist, angegeben werden. 144 Hann. eines Gebirgszuges reichlichen Regen, die andere gleichzeitig Trockenheit hat, so verdient dies eine Mittheilung mit Angabe der speciellern Verhältnisse. Meist mit Niederschlägen zugleich treten die elektrischen Ent- ladungserscheinungen auf, die wenn der Blitz mit hörbarem Donner verbunden ist, als Gewitter, wenn nur Blitze oder Blitzschein wahrgenommen wird, als Wetterleuchten zu bezeichnen sind. Natürlich ist dies nur eine Unter- scheidung zum Zwecke unmittelbarer Vergleichbarkeit aller meteorologischen Tagebücher; ein aufmerksamer Beobachter kann bei diesen noch wenig auf- geklärten Erscheinungen durch Mittheilung interessanter Detailbeobachtungen der Theorie vielleicht manchen werthvollen Fingerzeig geben. Besondere Beachtung verdienen die räthselhaften sogenannten Kugelblitze, Blitze in Form von Feuerbällen, die sich auffallend langsam bewegen sollen. Doch ist hier auch die Gefahr einer Täuschung z. B. durch Nachbilder u. s. w. sehr gross und darum strenge Selbstkritik und nackte Darstellung des Sach- verhalts zu empfehlen. Bei den Gewittern ist ebenfalls Angabe der Zeit des Auftretens, Dauer, Riehtung und aller bemerkenswerther Umstände wünschenswerth., Um die Häufigkeit der Gewitter an. verschiedenen Orten vergleichen zu können, ist die Angabe der Zahl der Tage mit Gewittern am meisten zu empfehlen. Die Häufigkeit der Gewitter auf offenem Meere soll viel geringer sein, als über einer benachbarten, wenn auch flachen Küste. Das ruhige Ausströmen der Elektrieität mit Lichterscheinung aus Mast- spitzen, Kirchthürmen Bäumen u. s. w. (Eliasfeuer), Blitze ohne Donner im oder nahe dem Zenith, Blitzschläge, die besondere, merkwürdige Wirkungen hinterlassen haben, starke elektrische Spannung der Luft, die sich zuweilen durch knisternde Funken an geriebenen Wollstoffen u. s. w. unmittelbar zu erkennen giebt, diese und noch manche andere bemerkenswerthe elektrische Erscheinungen verdienen ebenfalls einen Platz in den meteorologischen Auf- zeichnungen. (6) Winde. Die Winde sind nach ihrer Richtung und Stärke zu notiren. Letztere kann gemessen oder nur geschätzt werden. Zur Messung der momentanen Windstärke zur Zeit der Beobachtung kann man sich am besten eines Anemometers nach Robinson kleinerer Gattung (wie sie z. B. Mecha- niker Kraft in Wien liefert) bedienen, vorausgesetzt, dass der Beobachtungs- ort so frei liegt, dass man annehmen darf, die richtige Windgeschwindigkeit zu erhalten. Man bestimmt mittelst des am Apparate angebrachten Zähler- werkes die Zahl der Umdrehungen für etwa 5 Minuten. Daraus ergiebt sich auch deren Zahl für eine Secunde Nach Robinson ist die Wind- geschwindigkeit dreimal grösser als die Geschwindigkeit, mit der sich die Mittelpunkte der Halbkugeln bewegen. Bei Einer Umdrehung legen die- selben den Umfang « des von ihnen beschriebenen Kreises zurück, die Windgeschwindigkeit in der Zeiteinheit ist daher gleich 3nw, wenn n die Anzahl der Umdrehungen. Der Abstand der Mittelpunkte zweier gegenüber stehender Halbkugeln oder der Durchmesser d des Kreises lässt sich leicht messen, und man findet dann v= nd, wo na=3.14159. Die Grösse 3zd ist eine Constante für ein bestimmtes Instrument, hat man sie einmal be- rechnet, so braucht man nur die Zahl der Umdrehungen » in der Zeitein- heit mit diesem constanten Factor zu multipliciren um die Windgeschwindig- keit zu erhalten. Bei Schätzung der Windstärke bedient man sich auf dem Lande am besten der 10Otheiligen Scala, nach weleher 1 einen eben spürbaren leichten Windzug, 10 einen Orkan bedeutet. Die Abstufungen 2, 3, 4 entsprechen ar N ist die Bhaufor’sche Scala upben, ie ne der a Stufen ist: FR Siler Wind, eben fühlbar 2 ‚leichte Brise, 1-2 Knoten ea, e) ” 2—4 ER 4 mäsige „ 4—6 e? - 5 frische Brise mit welchem ein Schiff eben die Oberbrahmsegel noch führen on ne stürmische Brise (einfach gereefte Marssegel) 7 mässige Windstösse (doppelt gereefte Marssegel) EL E "lebhafte Windstösse (dreifach gereefte Marssegel) NR heftige Windstösse (dicht gereefte Marssegel) 10 Slürmische Windstösse (dieht gereeftes Grosssegel) 11 Sturm (Sturm-stapsegel) 12 Orkan (dem kein Segel Widerstand leisten kann). Für meteorologische Zwecke entspricht es vollständig die Windrichtung nach 16 Punkten der Windrose anzugeben, ja es genügen schon die 8 Haupt- richtungen. Wenn die Bezeichnung der Himmelsgegenden nach den Compass orientirt sein sollte, so muss dies ausdrücklich bemerkt werden. Auf Reisen zur See in die Aequatorialgegenden verdient besondere Be- achtung der Eintritt in die Passatregion sowie der Austritt aus derselben, ebenso Beobachtungen über die Breite der Zone mit schwachen und ver- änderlichen Winden zwischen den beiden Passatgürteln.. Auf den Con- _ tinenten ist die Abgrenzung der Passatregionen noch viel weniger bekannt, als auf den Oceanen, sie ist auch viel unregelmässiger und deshalb schwieriger zu bestimmen. Wenn Reisende nicht selbst durch längeren Aufenthalt inner- ‚halb oder an der Grenze. der Passatregionen Gelegenheit haben, regelmässige Beobachtungen über die Winde anzustellen, so können zuweilen auch Erkun- digungen bei den Eingebornen über die Zeit der constanten Winde und die Richtung der letzteren förderlich sein. Ebenso sollten Erkundigungen ein- gezogen werden, aus welcher Himmelsgegend die Regen kommen, ferner über die durchschnittliche Dauer der Regenzeit und die Regelmässigkeit, mit welcher sie eintritt. Da die Eingebornen mit ihren Ernten und in manchen Einrichtungen ihres öffentlichen und häuslichen Lebens von diesen meteorologischen Verhältnissen abhängig sind, so dürfte es nicht so schwierig sein, brauchbare Mittheilungen darüber zu erlangen. B Zur Bestimmung der constanten Windrichtungen in den höhern Regionen empfiehlt Mühry die, Rauchsäulen der hohen Vulkane, die Richtung nach welcher sie ziehen, regelmässig zu beobachten. #7 In den gemässigten und höheren Breiten verdient das Dove’sche Drehungsgesetz des Windes weitere Aufmerksamkeit. Dove hat zuerst fest- ‚gestellt, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle die Winde in den ‚ektropischen Breiten so mit einander abwechseln, dass ihre Aufeinanderfolge im Sinne des täglichen Laufes der Sonne geschieht, also auf unserer Hemi ne die Windfahne von N über O nach 8, SW, W, NW zurück nach und über OÖ zurück nach N. Oder: auf der nördlichen Hemiphkes dh ch die Windfahne wie der Zeiger einer Uhr, auf der südlichen im ungen des Luftdruckes der Temperatur, "Feuchtigkeit, Bewölkung, der igkeit des Regens im engen Zusammenhange. Die Nordwinde, und zwar Et und an ‚der Westseite von an NW an der Ostseite von tgegengesetzten Sinne. Mit dieser Drehung des "Windes stehen die Aen- a Ba AT et! y a ee 17° 146 Hann. grösste Aufhellung des Himmels und geringste relative Feuchtigkeit, der SW (Europa, westl. Amerika) und SO (östl. Asien und Amerika) den tief- sten Luftdruck, die höchste Wärme, grösste Trübung und Feuchtigkeit. *) Der Uebergang von dem einen zu dem andern Extrem erfolgt auf regelmässige Weise, bei Ost sinkt das Barometer und steigt die Temperatur, bei W steigt das Barometer und sinkt die Temperatur. Auf der südlichen Hemisphäre Bi die Pole der Windrose bei SO und NW. Diese Veränderungen sind noch weniger bekannt aus dem Innern von Asien und von Amerika, ebenso von der Ostseite dieser Continente, wie von der Ostseite von Süd-Amerika. Beobachtungen daselbst über das Gesetz der Winddrehung und die sie Susann master an sind darum aschsnsrenih, Ueber Winde von besonders hoher Temperatur und Trockenheit sind specielle Beobachtungen zu empfehlen. Die heissen trockenen Winde zer- fallen in zwei Re 1. Wüstenwinde, d.h. Winde die aus pflanzenleeren stark erhitzten Ebenen kommen, und darum heiss und trocken und meist staubführend sind, wie der Chamsin in Aegypten, der Samum in Mesopotamien, der Solano in Spanien, der trockene Scirocco auf Sizilien und in Unteritalien, der Har- mattan in Senegambien, Leste auf Madeira, die Nordwinde in Vietoria und Süd-Australien u. s. w. 2. Heisse trockene Gebirgswinde, in den Alpen Föhn genannt. Diese kommen trocken und heiss von dem Kamm der Gebirge herab, selbst wenn dieser schneebedeckt und vergletschert ist. Die Temperatur ıst am höchsten in den Thälern, die dem Kamm des Gebirges am nächsten liegen, sie wird niedriger gegen das Flachland hinaus. Auch die Höhen des Ge- birges selbst sind minder auffallend warm, und noch mehr gilt dies von den jenseitigen Hängen, des Gebirges, welche meist zugleich starke Regen haben. Diese Winde treten stets stürmisch auf. Wir kennen noch nicht genau alle Umstände, durch welche die Föhnerscheinungen erzeugt werden. Durch Erfahrungen, wo überall in Gebirgsländern derartige heisse trockene Winde, die vom Kamm des Gebirges herabwehen, sich finden, könnte ihre Theorie weiter ausgebildet werden. Die Trockenheit sollte mit dem Hygrometer ge- messen und wenn irgend möglich Erkundigungen über die gleichzeitige Witterung an den jenseitigen danasönen. eingezogen werden. en durch Stürme banibnunksem bestens ührt Trereilen. die deutlich auf eine ferne Ursprungsstätte hinweisen, oder der Regen und besonders der Schnee durch Beimengungen gefärbt erscheint, isn es wünschens- werth, nicht zu geringe Proben davon aufzusammeln und mit Etiketten versehen aufzubewahren. Zeigt der frisch vefallene Schnee fremde | Beimengungen, so soll sogleich, am besten noch während des Schneefalls, eine grössere Menge desselben in vorher möglichst gereinigten Gefässen auf- gesammelt, ash nleanı und das Wasser durch reines Filtrirpapier geseiht werden. Die auf dem Filter bleibenden Rückstände sind bei alalnker Temperatur auf dem Filter selbst vor Staub geschützt zu och und aufzubewahren. Von Wirbelwinden, welche Wasser oder Staub aufheben, sog. Tromben, besonders wenn sie in grösserer Heftigkeit mit zerstörenden Wirkungen *) Im Sommer liegen diese Pole der Windrose jedoch für die Temperatur bei NW (Min.) und SO (Max.) in Europa, bei NO (Min.) und SW (Max.) im östlichen Amerika und Asien. + WReS, ten ind möglichst lee abe ar Verlaufes der Er- inung selbst und der vorhergehenden und nachfolgenden Witterung zu besonders über Drehungsrichtung, vorausgehende Windstille, hohe Tem- atur, ‚begleitenden Hagelfall u. s. w. | w; Von Eitereise ist ferner eine ausgesprochene tägliche Periode der Winde N; Be eena einem Orte, besonders wenn sie einen deutlichen Einfluss auf den Gang der übrigen meteorologlächen Elemente hat. Auf die Wichtigkeit der Feststellung einer bestimmten jährlichen Periodicität der Windrichtung undder damit zusammenhängenden periodischen Witterungserscheinungen haben wir 2 schon früher aufmerksam gemacht. Sie kann aber auch ausserhalb der Tropen- zone angetroffen werden. A Von besonderem theoretischen wie praktischen Interesse sind die Beob- achtungen bei Stürmen. Während derselben sollten die meteorologischen Beobachtungen in kleineren Intervallen angestellt werden, speziell über die Aenderungen des Luftdruckes und die Aenderung der Windrichtung; ferner über das Aussehen des Himmels, die Bewegung der höhern Wolken, ob sie _ mit der Richtung des unten herrschenden Windes übereinstimmt oder nicht. Bei längerem Aufenthalt an einer Station können über folgende wichtige Punkte * Erfahrungen gesammelt werden: Aus welcher Richtung kommen die meisten Stürme, welche Winde, welche Witterungserscheinungen gehen ihnen voraus, © IN welche folgen ihnen; springt der Wind während Bier nach dem Sturme in D. Fu ‚die eo. Richtung zurück oder durchläuft er die Windrose und inwecker Richtung? Könteh Nachrichten gesammelt und Erkundigungen eingezogen - ER Ye Berden über die Zeit des ee, die Richtung u. s. w. des Sturmes an N anderen Orten» so ist dies nicht zu verabsäumen, da hierdurch werthvolle a - Daten geliefert werden. Man möge die Mühe nicht scheuen, aus Local- | blättern, an Küstenplätzen von hl ndeni Schiffen, alle auf Stürme bezüg- liehen Angaben zu sammeln. Werden solche Sammlungen consequent fort- LER gesetzt, so bilden sie für die Theorie der Stürme ein sehr werthvolles \ Material und kommen in Hafenplätzen nicht minder unmittelbar der Praxis zu Gute, vorzüglich in meteorologisch noch weniger bekannten Ländern. Solche Beobachtungen und Sammlungen sind auch dann verwerthbar, wenn keine Instrumente zur Verfügung stehen, wenn nur sorgfältige Angaben über Windrichtung, geschätzte Br des Windes und begleitende Willens erscheinungen beigebracht werden können. Beobachtungen ohne Instrumente. Es ist schon aus den vorher- gehenden ersichtlich, welche meteorologischen Erscheinungen auch ohne In- _ strumente mit Nutzen beobachtet und iereneiehaet werden können. Möge B8: sich niemand von der Anstellung ee Beobachtungen Solche _ lassen durch den Gedanken, nicht etwas vollständiges ee zu können. ; Regelmüssig fortgesetzte Beobachtungen über ersten und letzten Frost und ® _ Reif, über die Tage mit Niederschlä ägen (Regen und Schnee), Gewitter, Rn " agel, über die Häufigkeit der 8 Windrichtungen zu gewissen fixen Su Sy den des Tages, über Stürme, Grad der Bewölkung den Himmelsnı Ss. w.! ind sehr werthvoll für die Klimatologie, Deonlders in wenige bekannten a Aeeune zu meteorologischen Beobachtungen. Ya 148 Hann. diesem Mangel abzuhelfen im Stande sein. Ueber alle Erdtheile zerstreut, selbst auf den entlegensten Inseln der Südsee, leben Europäer und besonders Deutsche. Darunter finden sich sicherlich eine nicht geringe Zahl von in- telligenten Männern, welche Interesse für die Wissenschaft haben und nicht wenige mögen darunter sein, deren Beschäftigung und Lebensweise für Beobachtungen an einem und demselben Orte gerade sehr passend ist. In der gesellschaftlichen Isolirung und der daraus hervorgehenden geistigen Monotonie, welche das Leben an solchen exponirten Punkten mit sich bringt, dürfte vielen die Gelegenheit sehr erwünscht kommen durch regelmässige Beobachtungen sich zugleich der Wissenschaft nützlich zu erweisen, mit dem eivllisirten Leben neue _ Verbindungen anzuknüpfen und sich dabei zu- gleich geistig zu beschäftigen. Stets wird die Wissenschaft dankbar nennen einen Newcroff, jenen einfachen Kaufmann zu Jakutsk, der aus eigenem Interesse ein Vierteljahrhundert hindurch an einer in thermischer Beziehung höchst interessanten Erdstelle meteorologische Aufzeichnungen machte, oder einen Tobiesen, dem wir die ersten Wintertemperaturen aus dem euro- päischen Eismeere verdanken, und andere mehr. Vielleicht lässt sich mancher unserer fernen Landsleute aneifern, auf ähnliche Weise seinem Namen eine Unsterblichkeit zu sichern. Wollen wir unser meteorologisches Beobachtungsnetz über die ganze Erde ausdehnen, so sind wir nothgedrungen auf die Beihilfe solcher frei- williger, selbst interessirter Beobachter angewiesen. Der Reisende hat die Gelegenheit in fremden Ländern mancherlei Leute kennen zu lernen und es wird sein nicht geringes Verdienst sein, die zu Beobachtungen geeigneten Persönlichkeiten ausfindig zu machen und sie dafür zu interessiren. Ist dies gelungen, so ist fürs erste eine Anleitung zu den meteorologischen Beobach- tungen nöthig, und es wäre wünschenswerth, dass zugleich Instrumente an solche freiwillige Beobachter abgelassen werden könnten. Wenn letzteres nicht möglich ist, so mögen vorläufig jene Beobachtungen begonnen werden, zu denen es keiner Instrumente bedarf, und es muss auf Mittel gesonnen werden, wie letztere beschafft werden können. Der in Wien im September 1873 versammelte internationale Congress der Meteorologen hat auch die Unterstützung meteorologischer Beobachtungen an entlegenen Orten beschlossen und diese und ähnliche Angelegenheiten an ein permanentes Comit&e übertragen, das aus den Herren: Dir. Buys Ballot in Utrecht, als Präsident, Dir. ©. Bruhns in Leipzig, Prof. Cantoni in Pavia, Dir. ©. Jelinek in Wien, Prof. Mohn in Christiania, Dir. Robert H. Scott in London und Dir. H. Wild in Petersburg besteht. An eines der Mitglieder dieses Comite’s können derartige Anzeigen und Wünsche, sowie auch schon vorhandene, zur Versiemilftlnre bestimmte meteorologische Tagebücher eingesandt werden. III. Sammeln schon vorhandenen Beobachtungsmateriales. Der Reisende dürfte zuweilen Gelegenheit haben, von meteorologischen. Beobachtungen zu hören, welche von einem Freunde der Wissenschaft viel- leicht schon seit längerer Zeit angestellt werden. Sind dieselben nicht schon irgendwo publicirt und ist keine bestimmte Absicht vorhanden, die Resultate in einem Fachblatte zu veröffentlichen, so ist dringend zu wünschen, mit dem Beobachter ein Uebereinkommen zu treffen in Betreff der Ueberlassung des Beohachtungsjournals oder der Resultate (letztere aber möglichst detaillirt,, eeestieme, die Hinfigkeit der Winde ebenfalls für die en Monate a and wenigstens für 8 Richtungen etc, siehe oben bei den einzelnen meteoro- x logischen Elementen), sei es im Original oder in Abschrift. RN. YA Es existiren ferner viele derartige von Freunden der Meteorologie mit Bi Sorgfalt an interessanten Orten Busontellte Beobachtungen, welche den Fach- RE - männern nicht bekannt werden und darum für die Fortbildung der Disciplin Pr - auch nicht verwerthet werden können. Von manchen dieser Beobachtungen Ri - werden die Resultate in wenig bekannten Localblättern publieirt, und ihr - Schicksal ist dasselbe. Es lohnt sich darum sehr wohl der Mühe, in frem- ‘den Ländern derartige Publicationen möglichst vollständig zu sammeln, oder die betreffenden Daten zu copiren. Immer sind aber die sorefältigsten Nachforschungen wünschenswerth, über den Ort, an dem die Beobachtungen angestellt worden sind, sowie über \ die verwendeten Instrumente. Wenn möglich, sollen letztere mit den eigenen E Instrumenten des Reisenden einer genauen Vergleichung unterzogen werden. Zum mindesten lässt sich vielleicht der Werth des Nullpunkts des benutzten a, Thermometers und vielleicht noch eines oder des andern Scalentheils an 7 demselben feststellen. Man möge sich die Mühe nicht verdriessen lassen, sich über alle diese Punkte nd Aufzeichnungen zu machen; ohne solche können die besten Beobachtungsreihen oft Kain Verwerthung Balen, Wir haben schon früher bemerkt, dass, falls der Reisende nicht selbst Gelegen- heit hat, derartige Sammlungen bald zu publiciren, es am gerathensten er- scheint, sie mit den nöthigen Bemerkungen versehen an das ständige Comite ‚des internationalen Meteorologencongresses einzusenden. Anhang. A. Mechanische Werkstätten, welche empfehlenswerthe meteorologische Instru- £ mente liefern: | A 1. Berlin: Aktien-Gesellschaft zur Fabrikation meteorologischer Instrumente und‘ Glas-Präeisions-Apparate (vormals J. G. Greiner jun. und Ch. Geissler) Mark- grafenstrasse 87. Da 2. London: L. Casella, Meteorol. Optical Surveying and Scientifie Instrument Makers Be to the Admiralty 147 Holborn bars London E. C. — Negretti und Zambra Holborn Viaduct, 45 Cornhill, oder Krystall Pallast Sydenham. \ 3. Paris: Baudin, Instruments de Physique et de Meteorologie. 330 Rue Saint SR Jacque. Er 4. Wien: L. J. Kapeller, Wieden, Hauptstrasse Nr. 2 und C. Kraft u. Sohn für Anemo- K meter, Wiedner Hauptstrasse 60, Kärnthnerstrasse 34. BEN. ...B. Meteorologische Tafeln und Lehrbücher zur Einführung in die Meteorologie: 2" „Jelinek: Anleitung zur Anstellung meteorologischer Beobachtungen und Sammlung ” von Hülfstafeln. Wien, in Commission bei Braumüller. Es Beurot: Tables, Meteorological and Physical. Washington. Smithsonian Institution.*) GE Kämtz: Meteorologische Tafeln herausgegeben von A. v. Oettingen. Dorpat. © Jelinek: Psychrometertafeln für das hunderttheilige Thermometer. Wien "sr. *) Es ist dies die reichhaltigste Sammlung meteorologischer Tabellen, die über- h. Bey Dia Wirbeletfirne Dove: Das Gesetz der Stürme. IV. Auflage. J. Müller: Lehrbuch der kosmischen Phy sik. ne A aD: ‘A. Buchan: Handy Book of Meicoloen IH. Ed. Edinbı A. Buchan: Introductory text book of Meteorology. Edinbure _ ). Herschel: Meteorology. Second. Ed. Edinburgh 1860. Marie Davy: Les mouvements de Vatmosphöre et de la serre, Paris Flamarion: eos Paris uam Politische Geographie und Statistik. = Von SDR Mi A. Meitzen. ep A: politischer Geographie und Statistik wird der Erkenntnisskreis _ _ verstanden, den wir über die politische und wirthschaftliche Cultur und Cul- | _ turfähigkeit eines Landes zu erlangen wünschen. ’ a +. Wir fragen dabei nach Bodengestalt und Beschaffenheit, nach Pflanzen- und Thierwelt, nach Anbau, Besiedelung und Bevölkerung, nach Landwirth- schaft und Viehzucht, Kunstübung und Gewerbe, nach Handel und Verkehr, Land- und Wasserstrassen, nach Staatswesen und Geistesbildung. Die Gegen- stände sind dieselben, die mancherlei Wissenschaften unter mancherlei Ge- Be ® siehtspunkten betrachten. Die politische Geographie aber verfolgt bei ihrer Ba Art der Auffassung die Absicht, Natur und Menschen nach den Zügen u beschreiben, welche ein Bild der politischen und wirthschaftlichen Zustände RG und der Mittel sie auf höhere Stufe zu heben, gewähren; die Statistik will | in demselben Sinne die einzelnen Elemente des Naturlebens nach Zahl und SRASN Maass in ihrer räumlichen und zeitlichen Vertheilung feststellen und Ver- gleiche mit den ähnlichen Erscheinungen anderer Orte und Zeiten möglich _ machen. Wenn man sich über die Einzelheiten Rechenschaft giebt, aus denen sich ein solches Bild des Kulturzustandes und der Culturfähigkeit zusam- mensetzen muss, um die nöthigen Ansprüche einigermaassen een zu befriedigen, so entdeckt man sofort, dass die Mannigfaltigkeit und Massen- haftigkeit ganz überwältigend sind. Sobald es sich darum handelt, nicht einzelne Beobachtungen und Notizen u sammeln, sondern auf die oben gestellten Fragen eine begründete und ‘übersichtlich zusammenfassende Antwort zu geben, werden Ermittelungen othwendig, welche nur durch eine organisirte Vereinigung zahlreicher Arbeits- a äfte ausgeführt werden können. i Niemand kann ohne mannigfache Veranstaltungen, die im wesentlichen die Bee yelt! zu veranlassen vermag, die topographischen Grund- r den Flächeninhalt des Landes mit seinen Gebietsabtheilungen und ‚ge der Berge, Flüsse und Orte gewinnen, ‚oder Volks- und Vieh- 152 Meitzen. zählungen vornehmen, Geburten, Trauungen, Todesfälle notiren, die Cultur- flächen an Acker, Wiese, Weide, Wald feststellen, oder Einfuhr und Aus- fuhr der verschiedenen Waarengattungen an den verschiedenen Grenzen ermitteln, öffentliche Einnahmen und Ausgaben kennen u. dgl. mehr. Auch genügt für die meisten Fragen eine einmalige Antwort, oder die Angabe über die Zahlen eines Jahres nicht. In zahlreichen Fällen ist fortlaufende Beobachtung des eintretenden Wechsels nothwendig oder erwünscht; man - will wissen, was sich zum Besseren, was zum Schlechteren verändert. Für alles Dieses handelt es sich zunächst um hinreichend sichere Fest- stellung der einzelnen Thatsache, wo immer sie auftritt. Diese Beobachtung und Aufzeichnung fordert der Staat, der dabei verschiedene Zwecke seiner Verwaltung verfolgt, in der Regel von seinen örtlich vorhandenen Beamten oder anderen dazu bestimmten Organen. Die grosse Masse der verzeichneten Einzelheiten aber muss dann gesichtet, nach bestimmten Gesichtspunkten unterschieden und summirt, und endlich so übersichtlich zusammengestellt werden, dass daraus der geforderte Kreis von Antworten in Haupt- und Verhältnisszahlen entnommen werden kann. Dies ist Sache der sogenannten amtlichen Statistik, welche in allen Kulturstaaten als ein nothwendiger Zweig der Verwaltung betrachtet und geübt wird. Selbst verhältnissmässig noch sehr weit zurückgebliebene und rohe Staaten pflegen in neuerer Zeit für solche Ermittelungen und Zu- sammenstellungen und für die Veröffentlichung dieser Nachrichten Sorge zu tragen. Sie legitimiren sich damit gewissermaassen als in die Reihe der- jenigen Staaten eingetreten, welche ihren Bevölkerungen solche immerhin schwierig zu organisirende Erhebungen und Angaben zumuthen können. Wenn die Grundlagen auch vielfach mangelhaft und unsicher sind, sehen diese Staaten doch in der möglichst vollständigen und glatten Herstellung ein nicht ungeschicktes Mittel, politisch und finanziell ihren Credit zu erhöhen. Der Reisende wird daher, so weit er noch von leidlich kultivirten Ver- hältnissen umgeben ist, fast überall solche Hülfsmittel erwarten können. Er wird häufig überrascht sein, welche glänzend ausgestatteten Tabellenwerke, Kartirungen und Beschreibungen er vorfindet; und er darf sich dieselben niemals entgehen lassen. Aber es ist nicht so einfach, allerorts von ihrer Existenz zu erfahren, und sie zu beschaffen. In der Regel wissen nicht sehr Viele um dieselben; Buchhändler nur ausnahmsweise, weil diese amtlichen Schriften nicht in den Buchhandel kommen; eher gelehrte Gesellschaften, denen sie mit Vorliebe und bis in die entferntesten Gegenden zugesandt werden. Am besten aber sind sie bei den höheren Beamten der Centralverwaltuuigen und bei den mit der Bearbeitung beauftragten statistischen Bureaus und ähnlichen Behörden zu erfragen. Diese Nachfrage aber ist jedem Reisenden sehr zu empfehlen, denn ohne jede Ausbeute wird sie selten sein. Jedenfalls aber bildet sie einen vor- züglichen Anknüpfungspunkt, der den Nachfragenden auf die natürlichste Weise in Beziehung mit den in der Verwaltung des Staates hervorragend- sten, mit Land und Leuten besonders gut bekannten Persönlichkeiten bringt, und ihm gewiss einen freundlichen, entgegenkommenden Empfang und vielerlei belehrende Andeutungen bietet. Nur ist dabei die alte Regel zu befolgen, sich stets an den höchststehenden Beamten zu wenden. Dieser erkennt darin nicht bloss die Höflichkeit, sondern auch, dass der Fremde sich. des Werthes seiner Anfrage bewusst ist. Der Chef der Behörden vermag die Fragen ‚der Regel a snehend zu each u hat wenig Mühe davon, die ıteren Beamten zu den etwa nöthigen Diensten anzuweisen. Neben der Beschaffung ist aber auch das Verständnis und die Fund | habung solcher geographisch-statistischen Arbeiten schwerer, als es auf den ersten Blick erscheinen kann. Es gehört einige Bekanntschaft mit solchen Werken und eine gewisse Uebung dar, um Sn in ihren Zahlenreihen und kurzen Ausdrücken. nicht zu irren, ganz abgesehen davon, dass es sehr viel Kritik erfordert, das Wahrscheinliche von dem Verdächtigen zu unter- scheiden. Der Reisende wird gewiss gut thun, vorher zu Hause, wo er mit Leich- Pe tigkeit volle Belehrung finden kann ‚ auch wenn dort die statistischen Ar- beiten der Staaten, die sein Reiseziel sind, nicht zu erlangen sein sollten, doch die ähnlichen Werke seiner Heimath a Inhalt und Gebrauch näher anzusehen. Er findet da bei jeder höheren Behörde zahlreiche Tabellen, Staatshand- bücher, Jahrbücher und periodische Schriften über die oben gedachten ver- schiedenen statistischen Gegenstände. Alle diese Veröffentlichungen werden Da durch die übereinstimmende Natur der Dinge in den verschiedenen Staaten a ziemlich ähnlich gestaltet. S Je mehr er sich mit Zweck und Anordnung solcher Aufstellungen be- kannt gemacht hat, desto leichter wird es ihm werden, ähnliche Arbeiten im fremden Lande auszunützen, und er wird um so rascher Einsicht in dieselben onen und durch persönliche Rücksprache Grundlagen für die richtige . $ "Würdigung erreichen. Solche Hinweisungen werden um so nothwendiger, je „ unbekannter und unentwickelter die thatsächlichen Verhältnisse des bereisten | ‘ Staates sind. Bei statistischen Werken in weniger bekannten Sprachen wird 1 R der Reisende gut thun, zu wichtigeren und schwerer verständlichen Angaben bi die ihm mündlich mitgetheilten Uebersetzungen und Erläuterungen alsbald . zu notiren, um dadurch für sich und Andere Aufschlüsse zu sichern, die fern 3 vom Lande häufig durch keinerlei Hülfsmittel zu erreichen sind. Selbst sehr A vollständige Lexika lassen für die statistische Terminologie meist sehr erheb- Be liche Zweifel und Lücken. Fa Die statistischen Werke, die der Reisende im fernen Lande sammelt, wird er voraussichtlich nicht weiter mit sich führen wollen, sondern nach _ Hause senden. Gewiss aber wird sich ein Tag reichlich lohnen, den er vor- _ her zu einer genaueren Durchsicht und zur Entnahme übersichtlicher Aus- _ züge der wichtigsten Zahlen und sonstiger Angaben verwendet. Mit solcher _ — Vorbereitung ausgerüstet wird er auch in sehr kleinen und verborgenen Or- ten einen Gemeindevorsteher, einen Beamten, einen Priester, einen Landwirth, überhaupt gewiss irgend J tländ finden, mit dem er en Verhältnisse, über die Art der Erhebung, über deren Richtigkeit und über die Ursachen der Ergebnisse, oder die Folgerungen daraus, sprechen kann, und den er durch die erworbene Landeskunde leichter für allerhand inter- essante Mittheilungen aufzuschliessen vermag. IR Dass aber der Reisende überall durch solche von langer Hand vorbe- ı Bas, sachkundig geordnete, genügend verständliche geographisch- -statistische ten. Immer muss er vorbereitet sein, auch ohne jedes Hülfsmittel seinen zu Beobachtungen zu verwerthen. Auch bleibt es sehr fruchtbar, nur { der eigenen Anschauung ausgehend, Schlüsse auf das Allgemeinere zu ET OR TEE . 1 RE RT; r 154 Meitzen. Für den vorliegenden Zweck, bei dem vorwiegend Reisen in wenig oder gar nicht kultivirte Gegenden in’s Auge zu fassen sind, empfiehlt sich des- halb anzunehmen, dass der Anhalt literarischer Nachweisungen fehlt, dass es dem Reisenden vielmehr obliegt, sich im Wesentlichen auf eigene Beobach- tungen und Erkundigungen hin die nöthigsten Grundlagen zu verschaffen, ke um die beregten Fragen, wenn auch keineswegs genau, doch annähernd richtig oder wenigstens so zu beantworten, dass er die wissenschaftliche Forschung, der er dienen will, nicht irre leitet, und Andere auf seinen An- gaben weiter fortzubauen vermögen. Wir wollen uns also den Reisenden zu Ross oder Kameel im wechselnd kaum bewohnten Lande denken und ihn bitten, uns die Fragen, wie sie uns als Nationalökonomen und Statistiker am Herzen liegen, nach Möglichkeit zu beantworten. Dabei möchten wir ihm aber in Erinnerung erhalten, dass seine Ant- worten uns, die wir der Anschauung fern sind und deren Ergänzung nicht hoffen können, so weit es erreichbar, zweifelfreie mit dem vollen Inhalt der Wirklichkeit erfüllte Belehrung gewähren sollen und wollen. Er, der selbst als Fremder mit fremden Augen sieht, beabsichtigt Anderen neue Vorstel- lungen zu geben oder alte zu berichtigen. Diesen Zweck, dessen muss er sich bewusst bleiben, vermag eine aus der Gesammtheit der Eindrücke ge- wonnene Ueberzeugung oder ein souverain ausgesprochenes Urtheil nicht zu erfüllen. Vielmehr müssen wir wünschen, dass er verstehe, die einzelnen Elemente, die sein Urtheil vor ihm selbst begründen, auch uns gegenüber auszudrücken und kurz und plastisch zusammenzufassen. Wer Reisebeschrei- bungen oder unseren Altmeister Ritter mit Aufmerksamkeit liest, wird leicht erkennen, durch welche Züge die Darstellung ihn ungezwungen aus dem Nebel der Möglichkeiten in klar beleuchtete, fast wie die Heimath erkenn- bare Gegenden führt. Die Sache ist einfach zu wissen, aber schwer zu üben. Der Erfolg liest wesentlich in der richtigen Angabe der bestimmen- den Gründe, statt der, wenn auch noch so wohl durchdachten Abstraction des subjectiven Endurtheils.. Wir wollen nicht glauben, sondern schauen. Der Reisende möge uns genau sagen, was er sieht, wir werden selbst ahnen, was daraus folgt. Unser Fragen ist freilich leichter, als sein Antworten. Was wir auf dem Gebiete der politischen Geographie und Statistik an Beobashtungen wün- schen, davon ist schon das Bemerkenswertheste allein von unendlicher Man- nichfaltigkeit. Wir wollen versuchen, das Wichtigste unter einige Haupt- gesichtspunkte zusammenzufassen. .1. Bodengestalt und Bodenbeschaffenheit. Wo sind wir? Wie verläuft der Boden unter unseren Füssen? Wie sieht die nächste Nähe, wie die Ferne, wie der Horizont aus? Was wir für unseren Vorstellungskreis davon bedürfen, lässt sich eher an Beispielen andeuten, als durch allgemeine Regeln feststellen. In der Oberflächengestaltung der Erde giebt es nächst dem Meere Nichts über die ganze Welt gleichartigeres, immer ähnlich wiederkehrendes, als den Boden der Strombetten und ihrer Auen: Sie sind die Schöpfung des Wassers | und gewissermaassen das in Thon und Sand zurückgelassene Abbild der u überall gleichen Thätigkeit desselben. \ Will uns der Reisende orientiren, so führe er uns vom Meere aufwärts, das strömende Wasser entlang, an dem mehr oder weniger trocknen Fluss- er. bs uns ie, Tiefe, Schnelligkeit, Farbe db Wesen an, zeichne { uns, so weit das ee reicht, den geraden oder gewundenen Lauf, die Breite N der flachen Auen, die Bechen den Eon oder der Ba br genügend orten Lagen der Thalebene. Dann sage er, ob die höheren Ufer in sanften Böschungen, als Abbruchstellen alter Schlangenwindungen | ‚ansteigen, durch deren immer wiederholte mäandrische Verschlingungen der Di: Strom sich in den lockeren Boden eingeschnitten, oder ob er zwischen Hügel- _ vorsprüngen sich durchdrängt, ob Felsen ihm ab und zu den Weg verlegen, ob ihn in grösserer Weite Bergabhänge begleiten, sanft abfallend in flachen Neigungen, Terrassen und Schuttsenkungen, oder steil in Fels oder Erd- _ wänden oder in mannichfachen mehr rundlichen oder mehr zackigen Formen, „wie sie das Gestein des Gebirges annimmt. Be, Vom Stromufer ausgehend, aufwärts und abwärts schauend, zunächst über das Flussthal, dann längs der auf beiden Seiten coulissenartig hinter- - „einander gelagerten flacheren oder höheren Thalabhänge, erreicht die Schil- derung überall leicht und mit wenig Worten eine Mn Linie, einen sicheren :y Goundhau für das Verständniss der landschaftlichen Situation. Vom Fluss- = thal steigt, wie der Weg, so der Blick allmälig zu den Höhen auf, ermisst : die Zugänglichkeit, unterscheidet die weitere Verwickelung der Vorthäler bis R. zu den höchsten Gipfeln der Wasserscheiden und Pässe. Bi Aber nicht immer verfolot der Weg das Stromthal, in wilden Gegenden . geht der willkommenere Reisezug meist über Hochplateaus und breite Rücken ohne Gewässer und Einschnitte. Nothwendigkeit oder besondere Absicht zwingt, seitab über Abhänge und Vorhöhen zu hohen Lagen und mächtigen Gebirg gsmassen anzusteigen, und Pässe oder Uebergänge in ar oder weniger tente andere Flussthäler zu überwältigen. Ren vermag auch die ‚ Beschreibung am deutlichsten vom Thale aufsteigend die rechts und links X liegenden Gebirgsstöcke in ihren charakteristischen Formen zu erfassen, und ’ an die feste, für die Kartirung besonders wichtige Hauptlinie des Weges die Gruppen von Höhen anzuschliessen, zwischen denen die Reise sich dnuch Gebirge zu Gipfeln, Pässen oder Plateaus erhebt und Rückblicke und um- fassendere Aussichten gestattet. Für die Beschreibung wird ebenso wie für j das eigene Auge die Schwierigkeit, in das richtige Verständniss einer Gegend von einem hohen Aussichtspunkte aus einzudringen, wesentlich durch die - bereits erworbene genauere Bekanntschaft mit de (RER. der Einsen- kungen erleichtert. Von welchen Grundsätzen immer aber der Reisende bei seiner Darstel- lung ausgehe, ein scharf aufgefasstes Bild der Oberflächengestaltung kann in keiner Reiseschilderung en werden, es ist die wichtigste Ga für die Richtigkeit aller Weitären Vorstellungen von Land und Leuten. y \ 2. Pflanzen- und Thierwelt. Der Botaniker, der Zoologe mag die Merkwürdigkeit der einzelnen Pflanzen- oder Thiererscheinung aufsuchen. Der Statistiker und Volkswirth gt anders auf diesen Gebieten. Für ihn treten die Beziehungen der Flora und Fauna zur Cultur in ' Vordergrund. _ Interessant ist, welche Pflanzen die Bodenoberfläche beherrschen; wich- ‚och, dass, wie weit und in welcher Gestalt eine Pins über- besteht. 20 ne ARE SCI FECR, : 1506 Meitzen. dürre, harte oder fliegende Boden? Diese Frage geht allen vor und ed erst näher illustrirt durch das mehr oder weniger fremdartige Bild, das die einzelnen betheiligten Pflanzengattungen und ihre Zusammenstellung bieten. Wie vertheilen sich alle diese Vegetationsformen? in welchen Mischun- gen, in welchen Lagen stehen sie gegeneinander? Für die Culturfähigkeit des Landes gilt es, die mehr oder weniger be- kannten Besonderheiten des botanischen Charakters durch Prüfung einiger Eigenthümlichkeiten zu ergänzen, auf die sich nicht immer, selbst bei be- kannten Gattungen, schliessen lässt. Wie wurzelt der herrschende Waldbaum und wie tief? wie klammert er sich an? welche Zerstörung fordert sein Stand im Untergrundsgestein? Bedarf er viel oder wenig, stetige oder periodische Feuchtigkeit? Füllen Wur- zeln, Unterholz, Schlingpflanzen die Räume zwischen den Stämmen? Was lässt sich von den Gestrüpppflanzen, von den auftretenden Grasarten aussagen? Welche Höhe lockerer Bodendecke fordern sie? Welche Geschichte durchläuft die herrschende Vegetation im Jahr? Die Culturfähigkeit des Bodens hängt weniger von seiner Zusammen- setzung oder von seinem geologischen Charakter ab, als von seinen physika- lischen Eigenschaften. Wie rein und wie tief er zerkleinert ist, ob lockerer Sand oder mehr oder weniger bindender Thon oder Mergel darin vor- herrscht. Ob das Wasser darin leicht versinkt, ob es mässig gebunden bleibt, oder ob es bis zur Versumpfung zurückgehalten wird. Ob die Oberlagen porös und durchlüftet, oder verschlossen, verschlämmt oder hart sind. Ob der Boden sich heiss, kühl oder kalt hält. Für alles dies giebt die Pflan- zendecke zu unseren Füssen Zeugniss, und spricht dies Zeugniss gleichmässig auf weite Entfernungen hin aus. Die Brauckbarkeit zum Anbau ist durch diese Unterscheidungen mehr oder weniger bedingt. Dies gilt von der Nutzbarkeit des Bodens. Anderes lässt sich über die Nutzbarkeit der einzelnen Pflanzengattung erfragen. Wie ist der Baumwuchs, wie das Holz, wie die Früchte? Bieten sie besondere Vorzüge oder büssen sie nach Klima, Boden oder anderen Einflüssen ihre Vorzüge ein? Entspricht die vorhandene Art der Verwend- barkeit der Gattung? Wie weit reicht die Ernährungsfähiekeit -der wilden Vegetation für Menschen, für Hausthiere? In welchen Jahreszeiten ist sie reichlich, in wel- chen spärlich oder gar nicht vorhanden? Wie steht es mit der Zugänglichkeit? Welche Schwierigkeit bietet die Flora dem Vorschreiten der Menschen, der Reit- und Lastthiere, der Wagen? Wie viel Zeit und Arbeit fordert durchschnittlich eine bestimmte Wegelänge? Wie wechseln diese Hindernisse mit der Jahreszeit? — Auch die Thierwelt kann ausser unter dem streng zoologischen Ge- sichtspunkte unter manchem mehr kulturwissenschaftlichem und wirthschaft- lichem betrachtet werden. Wie die Pflanze, und vielfach durch die Pflanze, hängt auch das Thier von dem Boden ab, der für seine Bedürfnisse geeignet ist, und erläutert die Eigenthümlichkeiten der Natur, in der es lebt. Es ist ein Gewinn, diesen Zusammenhang durch die Beobachtung zu erweisen. Wichtig End die Brleichterungen, welche die wilden Thiere dem Leben bieten: die Möglichkeit der Bahrung mittelst der Jagd durch Fleisch, wie durch sonstigen. Jagdgewinn. Wie a, Menschen leben davon auf en ge- wissen Terrain? Werden sie im weiteren Verlauf davon leben können? Welche Bedingungen bestehen dafür? Politische Geographie und Statistik. a ]ässt/ sich von Fischen und Wasserthieren sagen? Wichtiger noch sind wohl die Gefahren. Raubthiere lassen sich tödten, ja ausrotten; aber die Myriaden der kleinen Fauna, wie steht es mit ihnen? Was aus deren wechselvollem Dasein betrifft die Menschen, was das Vieh, was die ÖOulturpflanzen? Von welchen Bedingungen scheinen die einzelnen Plagen abzuhängen? Wirken sie. einander entgegen oder steigern sie sich? In welchen Jahreszeiten herrschen sie? Welche Gegenmittel sind in bekannter Anwendung? 4 3. Anbau, Besiedelung, Bevölkerung. Culturfähigkeit steht die erreichte Culturentwickelung gegenüber, Es frägt sich, wie ist das Land angebaut, bewohnt, bevölkert? | Nur ausnahmsweise zeigt die Geschichte Völker, welche aus sich selbst heraus von Stufe zu Stufe höhere und gleichmässig verbreitete Cultur errungen haben, vielmehr hat sich zu allen Zeiten, von den ältesten bis auf - die neuesten, die Erscheinung wiederholt, dass unter wilden und halbwilden . Völkerstämmen von fremden Zuwanderern vereinzelte Culturstätten als Co- lonien höherer, übermächtiger und fremdartiger Bildung begründet werden, die längere oder kürzere Zeiträume ohne innere, wahrhaft organische 'Ver- bindung mit dem Volke bestehen, in dessen Territorium sie Fuss gefasst & haben; die, auch wenn sie dieses Volk ihrer Herrschaft mehr oder weniger unterwerfen, doch die Fremdartiekeit ihres Ursprungs und die Eigenartigkeit ihrer Lebensbedingungen nicht en Solche Coloniestädte, Handels- _ emporien, glänzend emporgeblühte Hauptorte inmitten weit unentwickelter Landgebiete empfangen gewöhnlich den Reisenden. Von ihnen aus setzt er seinen Fuss in’s innere Land. Sie sind für ihn vom höchsten Interesse, und Jeder, der später dasselbe Ziel verfolgt, wird wünschen, genau sowohl über die Oertlichkeit wie über die Hülfsmittel, die sie bietet, orientirt zu sein. Gleichwohl ist es gut, wenn der Reisende sich bewusst bleibt, dass eine solche Stadt nicht anders denn als Fremdling im Lande zu betrachten ist. Sie will in ihrem geschichtlichen und merkantilen Entwickelungsgange aufgefasst, und > in ihren daraus folgenden Besonderheiten als eine eigene der Erklärung be- dürftige Erscheinung dargestellt sein. In ihrem innern Wesen und Treiben ist sie in der Regel wegen der Ausgleichung, die die Weltverbindungen schaffen, leicht verständlich. Niemand wird zweifeln, was er über einen solchen Punkt zu berichten hat. Hundertfältig besitzen wir die Beispiele, wie eine derartige Stadt nach ihrer Lage, ihren Bauten, ihren Communikationsmitteln, ihrem Handel und Wohlstand, ihrer Gesellschaft und ihrem Volkstreiben dem Leser anschaulich und befriedigend vor Augen geführt werden kann. Gewiss bietet eine solche ale a schon ausserordentlich viele. Gelegenheit, nähere Kenntniss vom Innern des Landes zu erlangen, oder doch dafür Vorbereitungen zu treffen; und die Quellen, wie solche Kenntniss er- langt worden ist, oder erlangt werden kann, können nicht ausführlich und deutlich genug dargestellt und bezeichnet werden. Wohl aber ist auch dabei die Mahnung zu beachten, dass die Beobachtung an solchen Orten keine unge- trübte ist. Mischung aller Art, von den Bun drlichen Rassen- und Karen “ schatten, von Charakter und Temperament bis zu den verschiedenen _ Richtungen der Gedankenwelt, der Anschauungen und Wünsche, wird zur , = ‚unabweisbaren Voraussetzung, welche so lange gelten muss, als nicht durch RB ‚sorgfältige, Prüfung die gegentheilige Annahme gerechtfertigt erscheinen darf. ‚Es st wohl gut, wenn der Reisende sich bewusst bleibt, dass grade hier 158 . Meitzen. - die schwierigsten Probleme ihm begegnen, und dass richtige Beobachtung an solchen Orten am allermeisten den kritischen Apparat fordert, der erst als die Summe aller Reiseerfahrungen am Ende, nicht am Anfang, der For- schungsreise als erworben betrachtet werden kann. Das nächste Ziel, die Hauptfrage für die Reisenden wird, soweit es sich um die Kultur des Landes handelt, immer der Zustand der eigentlichen Masse des Volkes, die Verhältnisse des Territoriums der mehr oder weniger ausgedehnten Landgebiete sein, über die die eigenartige Bevölkerung dieser ae ausgebreitet ist. Die een aber, die Volksgruppen, unter denen er sich bewegt, bleiben dem Reisenden auch hier lange ein ungelöstes Räthsel; er muss sich zunächst an ihre Werke halten. Wenn der Blick über die weiten Flächen oder an den Gebirgslehnen hinstreift, so sucht er fast unbewusst nach den Spuren der Arbeit. Was hat der Mensch hier gethan? Wie hat er die gegebenen Mittel zu nützen gewusst? Wo hat Hacke oder Pflug Ackerfurchen gezogen? Wo ist der Forst gelichtet, wo stehen geordnet gepflanzte Bäume, wo lassen sich ge- pflegte Grasflächen bemerken? : Auch bei fremdartiger Gestaltung findet das Auge, von der Nähe aus- gehend, diese Unterscheidungen leicht in seinem Gesichtskreise auf; und es 'ıst keine zu grosse Forderung, dass sich der Beobachter darüber Rechen- schaft gebe, in welchem Verhältniss alles dies Oulturland den Flächenaus- dehnungen nach zu dem wilden Walde oder zu der Oede, zu Fels, Heide und Sumpf steht. Was er aber selbst sieht, möge er sagen. Was ihm Andre an Schilderung dazu ergänzen, thut er gut, davon zu unterscheiden. Aehnlich lassen sich bei dieser Betrachtungsart die "Wohnstätten über- blicken. Wir erinnern uns der anziehenden Schilderungen Schweinfurts, wie er in den Landstrichen der verschiedenen, dem Nil anwohnenden Völker- schaften die Hütten zählt und danach die Köpfe schätzt. Es giebt eine vortrefflliche Anschauung zu hören, welche überschlägliche. Zahl von Wohn- stätten sich im Verlaufe der Tagereise im Gesichtskreise gezeigt, wie sie gruppirt gewesen, welche Form und Grösse die Hütten gehabt, ob sie einzeln gestanden, allen Bedürfnissen unter einem Dach genügend, oder ob die Bau- lichkeiten verschieden für verschiedene Zwecke, und ob und wie sie für einen Haushalt zu Gehöften vereinigt zu werden pflegen. Auch sehr ausgedehnte Ansiedelungen, grosse Lager, stadtähnliche Zu- sammenhäufungen lassen hinreichend sichere Schätzungen zu. Wo die Ueber- sicht mangelt, vermag ein Abschreiten der Hauptausdehnungen, abschnitts- weises Zählen und verhältnissmässiges Berechnen immerhin ausreichenden Anhalt zu. gewähren. \ Stets wird willkommen sein, zu erfahren, welche Bauart die einzelnen Gebäude haben, und welche Stellung gegeneinander, wie viel Raum den ein- zelnen Wohnstätten, wie viel den umgebenden Höfen, Hausplätzen, Strassen gewährt ist, auf welche ungefähre Fläche sich die ganze Ansiedelung aus- dehnt, und ob dies nach einem ersichtlichen Plane geschieht. Ebenso wird interessiren, ob dieser Plan auch bei anderen Ortschaften mehr oder weniger sicher wiederkehrt, und wie weit ein solcher mit Stammeseigenthümlichkeiten, Sitten oder Bedürfnissen zusammenhängt. Diese Beobachtungen führen am natürlichsten und sichersten dazu, auch ein begründetes Urtheil über die Bevölkerung selbst zu gewinnen.. | Die Volkszahl entscheidet wesentlich über den Entwickelungsgang der enrins wird der Rande nie versäumen, nach der Zahl der Männer, der Familien, oder der Köpfe des Volkes im Lande zu fragen; auch ist "bekannt, wie geläufig den Wilden und Halbwilden Angaben über die Zahl _ der eger nd) in ein Stamm ins Feld stellen Ken ar: Aber die Prüfung des Anbaus und der Bewohnung bietet Gegenproben, SH . welche diese Angaben ler und zugleich auf die lohnendste und über- . zeugendste Weise in das Wesen der asande einführen, Jeder Anbau bedeutet eine Summe von Arbeit, die innerhalb gewisser ‚Zeitperioden gethan worden sein muss, die in der Reel auch ihrem Zwecke nach sich periodisch wiederholt, und diese Summe der Arbeit setzt eine Summe von Menschenkräften voraus. Was eine Menschenhand an einem Tage schaffen kann, auch nur in der R gewöhnlichsten landwirthschaftlichen Arbeit, ist unter Verhältnissen sehr ver- schieden. Grosse Flächen im Zusammenhang bewirthschaftet, ersparen stets y Zeit und Kräfte und beweisen unmittelbar die Regelmässigkeit der Durch- führung. Die Kleinwirthschaft kann mit rastloser Sorgfalt verknüpft sein; | sie kann aber auch in der Gewohnheit und Neigung wurzeln, nur das für | des Lebens Nothdurft Unentbehrlichste dem Bon mine, und an- deren Richtungen der Beschäftigung oder allein der träumerischen Trägheit f nur die nöthigste Zeit für die Landarbeit zu entziehen. 3 Nirsends aber ist schwer zu erfragen, wie viel Menschen durch wie viel Zeit nach Sitte des Orts zu einer gewissen Oulturarbeit erforderlich geachtet werden? wie viel Arbeiter das im Jahre Wiederkehrende auf einer gewissen Fläche herzustellen pflegen? wie viele Betheiliste die Ernte auf _ gewissen mit Brotfrüchten, Obst, Palmen oder anderen Culturpflanzen be- er standenen Flächen besorgen ? "= Dies sind Fragen, welche, auch wenn Kundigere nicht zur Hand sind, h für Diener, Fuhrknechte und Träger zu den verständlichsten gehören, und auf die auch durch unbehülfliche Dolmetscher hinreichende Auskunft zu . erlangen ist, wenn man nicht blos eines Zeugen Rede hört, sondern mit Aufmerksamkeit die Angaben Mehrerer vergleicht. Ri; Ebenso wird meist zu erfragen sein, woher und wie weit diese Arbeiter ; herkommen, und für wie viele die in gewöhnlichen Jahren gewonnene Ernte zur Nahrung hinreicht. Lässt so damit ein ungefährer Anschlag vereinigen, in welchem Ver- hältnisse solche Culturflächen bis in gewisse a een vorgefunden werden, auf wie viele Quadratmeilen innerhalb des een selde: oder über dasselbe hinaus dies Verhältniss gelten kann ‚ so leuchtet ein, dass daraus " Ein ähnliches Hülfsmittel, die ‘Bevölkerungszahl zu schätzen und zu- 5, ic tiefer ihre Bipenihautliohkärten zu erfassen, ergiebt die Bewohnung RX el als Bewohner auf eine Hütte, ein Haus oder ein Gehöft zu ET ie :echnen sind. Daraus ergiebt sich, verbunden mit der beobachteten Zahl Wohnungen ein entsprechender Veberschlag der Bevölkerungsdichtigkeit. Bs. ist aber bei der Beobachtung der Bewahren eines a ee etwas weiter zu gehen, wo man es nicht mit aussergewöhn- Ra 7 160 Meilzens lichen Verhältnissen, die Krieg, Wanderungs-, Wirthschafts- oder Handels- zwecke herbeiführen können, sondern mit dauernden landesüblichen Zu- ständen, mit der gewöhnlichen Lebensweise des Stammes zu thun. hat. In welcher Weise setzt sich die Bewohnerschaft eines Hauses zusam- men? Werden viele Kinder, viele alte Leute bemerkt? Ist nur Einer Hausherr oder Mehrere? Lebt er mit einer Frau oder mit mehreren? Ist die eine eine legitime bevorzugte Ehefrau? Wie ist das Verhältniss der Kinder? Wie erben sie in Betreff der Herrschaft, der Vorrechte, des Ver- mögens in der Familie, im Stamm oder Staat? Gelten etwa die Schwester- kinder mehr als die eigenen, hat der älteste oder der jüngste Sohn mehr Anrechte ? Wie ist die Lage der alten Leute; wird ihnen Achtung und Hülfe be- wiesen? Haben alte rauen eine bevorzugte Stellung ‚oder alte Männer, oder werden beide als Last behandelt ? Macht sich ein Unterschied in der Familiengestaltung nach verschie- denen Klassen oder Stämmen, nach Priester-, Krieger-, Herrschergeschlech- tern bemerklich? Welche Vansinallkenth und namen. äussern sich über alle diese Verhältnisse bei den: darüber Befragten? Bleiben Geschwister, nachgeborene a Töchter oder sonstige Anverwandten im ern Teanlbanas a ie ist es überhaupt üblich, ohne eigenen Haushalt eine Familie zu begründen? Bestehen genossenschaftliche Haushal- tungen einer grösseren oder geringeren Anzahl von Verwandten, und wie werden sie geleitet? Oder lebt jeder Familienvater selbstständig und geson- dert mit dem engeren Kreise von Frau und Kindern? Hält er Sklaven, ab- hängiges oder bezahltes Gesinde? Ist alles dies bei verschiedenen Klassen in bestimmter Weise verschieden ? Ehe-, Geburts-, Mannbarkeits-, Begräbniss-Ceremonien zu schildern, hek an sich Br genug, als dass Ya Veranlassung dazu unbenutzt gelassen werden sollte. Vielleicht zu wenig aber wird der aus den Lebensbeziehungen, Anschauungen und Bedürfnissen herfliessende Sinn beachtet, der sich in ihnen ausspricht. Dabei ist es rathsam, weniger die mystische Bedeutung, auch wenn sie von den Betheiligten behauptet wird, in den Vordergrund der Betrachtung treten zu lassen, als vielmehr das Zeugniss, welches in diesen Veranstaltungen von geschichtlichen Ueberlieferungen, oder von dem Charakter des Stammes, von seiner Sittlichkeit, seiner Art, dem Genuss und der Freude sich hinzugeben, oder von der oft streng erprobten Selbstüber- windung, Härte und rauhen Tugend zu erkennen ist. 4. Landwirthschaft und Viehzucht. Schon der erste Versuch in die Anbau- und Bevölkerungsverhältnisse der ihn umgebenden Landstriche einzudringen, wird dem Reisenden das hohe Interesse nahe legen, welches eine speciellere Kunde der Landwirthschaft in fremdem Lande mit Recht in Anspruch nimmt. Die Bewirthschaftung des Landes muss schon eine ziemlich hohe Ent- wickelung erreicht haben, ehe die einzelne ländliche Ansiedelung den eigen- thümlichen Charakter eines Heimwesens verliert, das mit einer gewissen Selbstgenügsamkeit aus eigenen Kräften für den grössten Theil seiner Be- dürfnisse selbst zu sorgen vermag. Auf den unteren Stufen der Cultur ‚ver- einigt die ansässig gewordene Familie materiell und ideell die Züge eines Mikrokosmos des Staates. An einen gewissen Fleck Landes gebunden, von N a du rch mehr nl weniger neeride Arbarten ihren täglichen Le- trachtet sie nach aussen mehr nach Ajseen der Rechte Nach ung vor Eingriffen, als nach Verkehr und unruhigem Wechsel. Nicht allein die Nahrung, sondern auch Kleidung, Werkzeuge und ‘ Genussgegenstände sucht sie in der Regel, sei es auch mit sehr einfachen e Mitteln, doch selbst mit eigenen Kräften herzustellen, denn sie kann auf uk _ Lieferung von aussen nicht immer mit Sicherheit rechnen, und besitzt nur Ye - ausnahmsweise die Möglichkeit, sie durch Austausch oder Kauf zu gewinnen. So lange die Landwirthschaft nicht das Wesen der Grosswirthschaft annimmt, ‚sind dire Erträge in der Regel nur ein mässiger, eben nur den Te deckender Ersatz für die aufgewendete Arbeitskraft. Nicht deshalb, weil nicht an vielen Stellen Boden und Klima für wenig Arbeit reichliche Früchte zu gewähren vermöchten, sondern weil auf niederen Oulturstufen der Arbeiter meist vorzieht, sich nur den nothwendigsten Anstrengungen zu unterziehen, und deshalb erst die organisirte Herrschaft über die Arbeitskräfte, die sich in der Grosswirthschaft ausspricht, erhebliche Ueberschüsse zu erzeugen ver- mag. Die gewöhnliche kleine bäuerliche Landwirthschaft bekommt ihrer 1% Natur nach überall einen gewissen abgeschlossenen und stabilen Charakter, Pi : mit einem der Oertlichkeit angemessenen gleichbleibenden Kreislaufe der Kr x jährlichen Beschäftigungen und Ereignisse. Da nun mit Boden und Klima E E auch die am nutzbarsten anzubauenden Culturpflanzen und am zweckmäs- | sigsten zu haltenden Viehbestände kaum durch ein Jahrtausend dem Wechsel unterliegen, die Hülfsmittel einer Gegend und ihre einfachste und zweck- entsprechendste Anwendung vielmehr leicht erkannt und ohne besondere Cultureinflüsse unverändert festgehalten zu werden pflegen, so ist unzweifel- haft, dass die genaue Erforschung einer landesüblichen Landwirthschaft eine - Quelle der reichsten und merkwürdigsten Aufschlüsse sein muss. Eine Fülle von Fragen drängt sich auf. Welche Pflanzen werden an- _ gebaut? Warum nicht andere, in der Gegend wohl bekannte, anscheinend | ertragreichere? Welche Arbeitskräfte, welche Hülfsmittel erfordert der Anbau? Ei Welche Zeiten halten Aussaat, Pflanzung, Blüthe, Frucht, Ernte inne? Wie stimmen diese Zeiten mit den Hauptperioden des jährlichen Ganges des Klimas? Welche Bodenarten werden benutzt, welche Bedingungen der Lage aufgesucht? Wie steht es mit der De mit dem eines. mit der Düngung? Welche Gefahren werden en welcher Sehne versucht? Wie hoch ist der Ertrag der Ernte, die man hofft, schwankt er sehr, oder ist er sicher? Wie stellt sich ihm gegenüber der tägliche oder jährliche Bedarf der nothwendigen Arbeitskräfte? Welches Quantum einer ‚gewissen Frucht kann als dasjenige bezeichnet werden, welches den täglichen Nahrungsbedarf eines Menschen oder einer Familie ausmacht, oder ihm gleichgestellt werden kann? Ist es möglich, dafür einen Geldwerth anzu- geben ? Bi: Welche Hausthiere werden gehalten? Wie werden sie ernährt? Welche Sorge wird auf sie gewendet ? Wie ist ihr Lebenslauf, ihre Aufzucht, ihre ' Verwendung ? Id welchem‘ Verhälfnis4 werden sie Kieneher dem Wer ‚einer täglichen Nahrungsportion eines Menschen a Tausche. ange na schlagen? Ist ein 2 bekannt? Findet mit ihnen verbreiteter Handel & en Theilen, aus welahem Material‘ bestehen sie? Welche ER oder | XKunstfertigkeiten erfordert ihre Herstellung, und welche ihre he bung? Wie viel leistet ein Arbeiter ‘damit in einer gewissen Zeit ? j* lei tuns zu wissenschaftl, Beobachtungen auf Reisen. 11 fi pe - i ie: 4 ai 162 N Meitzen. i 2 # Wie ist die häusliche Einrichtung beschaffen? Welchen Plan, welche Zusammenstellung, welches Baumaterial zeigt Haus und Gehöft? Wie werden die einzelnen Räume ausgestattet und benutzt? Welche Besonderheiten haben Heerd, Kochgeschirr, Lagerstätte, Aufbewahrung von Werth und Schmuck? Welche Vortheile, welche Nachtheile bietet die Wohnweise? Wie hängt sie mit dem Organısmus der Wirthschaftsführung zusammen? Wie viel Grund und Boden gehört üblicherweise zur Wirthschaft? Wie ist er belegen und wie eingetheilt? Welche Abgrenzung besteht gegenüber den Nachbarn? Ist Jeder selbstständiger Eigenthümer an seinem Grundstücke, oder nur vorübergehender Pächter de Nutzniesser? Wie ist die Vererbung? Bestehen Senn sah, genossenschaftliche oder auf Familienband be- gründete Rechte am Boden? Sind solche Anrechte oder die Nutzungsarten an Acker, Wiese, Wald verschieden? Sind gemeinsame Weide, gemeinsame Holzrechte nach Bedarf oder nach bestimmten Antheilen in Uebung? Be- steht eine Gemeinde mit wechselndem Besitz, mit periodischen Vertheilungen oder Verlosungen der Grundstücke? Gelten anerkannte agrarische Gebräuche oder Gesetze, und wer wacht über deren Aufrechthaltung ? Jede scharfe Antwort auf diese Fragen dient nicht allein dazu, das Bild der vorgefundenen Zustände in dankenswerther Weise zu zeichnen, sie bildet zugleich einen culturhistorischen Anhaltspunkt, dessen Wichtigkeit der Rei- sende, auch bei gewissen Vorstudien auf diesem Gebiete, nicht‘ mau zu ermessen vermag. Man kann sagen, dass aus diesem Kreise selbst die unscheinbarsten Kleinigkeiten und Trümmer der Aufbewahrung werth sind. Denn es han- delt sich hier nicht um einen vorübergehenden Moment, oder um ein ver- einzeltes 'Stammesdasein, sondern ner sind die a Fäden angeknüpft, welche, wenn auch noch kaum erkennbar, doch ohne Zweifel in die Urge- schichte des Menschengeschlechts zurückleiten und, von den ae alensien Seiten nennen, uns die Hoffnung auf eine mr klarere Erkenntniss der Vorzeit verbürgen. Nicht, dass wır davon so leicht ein Spiegelbild wie- derzufinden vermöchten, aber für die Erklärung einzelner Züge bieten sich Erinnerungen, die bei anderen Völkern längst verklunsen sind, Ueberein- stimmung in unnöthigen Bedürfnissen, in Hülfsmitteln und in Ideen; alt- überlieferte Bezeichnungen, sprachliche Anklänge, bei denen grade in der ursprünglichen Landwirthschaft alle amsas ante nach Natur und Zweck besonders anschaulich und rnlhass hainihek zu identificiren sind. Hier recht- fertigen sich leicht Schlüsse auf gemeinsame Quellen, oder es ergeben sich Ausblicke auf Ideen, Schöpfungen und Erfindungen, die übereinstimmend aus dem Wesen jeder menschlichen Gemeinschaft erwachsen. Dieses Forschungsgebiet also dem Reisenden ganz besonders zu empfeh- len, ist gewiss aller Grund vorhanden, und es nd ıhm zugleich eines der leichtesten und zugänglichsten sein. Es bietet sich überall dar. Jeder weiss davon zu erzählen. Es bedarf nur des offenen Auges. Alles ist gegen- ständlich, selbst ohne genügenden Dolmetsch werden die Bezeichnungen ver- ständlich. Dabei genügen wenige Beispiele, und diese sind, wo überhaupt Landbau betrieben wird, aller Orten zu finden. 5. Kunst und Gewerbe. Schon auf fast noch thierischer Stufe drückt dem Menschen das Be- dürfniss die Werkzeuge in die Hand und lehrt ihn, die äusseren Dinge sich zu Hülfsmitteln des Daseins zu gestalten. Waffen, Jagdgeräth, Nahrungsbereitung, ‚At. Politische Gere und Statistik. ohnung, Er, alles dies beginnt in einfacher ursprünglichster Gestalt, e der Zufall Bietet, die bereite Aneignung wiederholt und die erfinderische Phantasie ausbildet. Grösser, als wir es von unserem überschwänglichen Reichthume aus 5 würdigen, ist die Mannigfaltiekeit der Cebrauchsgegenstände selbst bei sehr wenig entwickelter Culture ie augenscheinlicher ee Schon welche Art des Hausraths, der Werkzeuge, des Schmuckes, für welche Zwecke und ‘für welche Personen in überwiegender Zahl und Ausbildung vorhanden, welche andern Arten und Richtungen vernachlässigt sind oder unbekannt scheinen, ist nicht ohne Interesse. Aber auch an Becken Eigenthümlichkeiten wird keine Beobachtung ohne Ausbeute bleiben. Es wird für den Reisenden keine lange Bekanntschaft mit einem Volks- stamme dazu gehören, um an den Dingen des täglichen Gebrauches das Charakteristische in Gedanken und technischer Behandlung einerseits und in Zweck und Anwendungsweise andrerseits aufzufinden. 4 Auch wird es immer sehr dankenswerth sein, wenn er Beispiele aller Art sammelt, und uns zum lehrreichen Beleg seiner Notizen in thunlichst ausgewählten Exemplaren unmittelbar vor Augen stellt. Aber man darf sich nur solcher oft schwer errungener Sendungen von E Waffen und Geräthen oder mancher Schaustellungen in Museen erinnern, um | sich zu sagen, dass durch diese äusserliche Aufsammlung doch nur selten ein genügend bestimmtes, in vielen Fällen vielmehr ein Gellr zweifelvolles und gewiss nicht selten lie irrthümliches Bid erweckt wird. ‚Seh In der That bedarf es auch hier scharfer Auffassung und sonstiger ‚ Unterscheidung. \ B- In verschiedenem Sinne ist es nothwendig, nach der Quelle dieser Dinge zu forschen und jedes in sein richtiges Licht zu stellen. Zunächst müssen wir wissen, dass der Gegenstand dem Volke, dessen be, Cultur er erläutern soll, auch wirklich angehört. Entweder die Sache, oder % der Verfertiger kann importirt sein. Und so lange beide noch nicht mit ‚ Leben und Bedürfnissen verwachsen sind, hat der Besi dieser Gegenstände Me nicht nothwendig andere Bedeutung, Nr die der Neugierde oder des Ge- E; schmacks am Ungewöhnlichen! Bi Aber auch der Werth der heimischen oder heimisch gewordenen Gegen-. hr stände ist für die Culturbetrachtung sehr verschieden. Die meisten dieser Dinge sind allgemein menschlich und werden mit mehr oder weniger durch die Umstände bedingten Veränderungen von Ge- schlecht zu Geschlecht von sehr alten Zeiten her überliefert. Viele aber wanderten auch von Volk zu Volk, sei es, indem sie selbst der Oertlichkeit angepasst, mit dieser aus einer Hand in die andere gingen, sei es, indem sie der Begleiter der weiten Züge blieben, die gewisse Stämme nach und nach uhvoll über weite Strecken des Back führten. Vielleicht lässt sich noch hier und da eine Erinnerung, ein Anklang an Namen, oder ein - Rest früherer, zu anderem Gebrauch bestimmter or erkennen. Auch hier kann das Kleine und Nebensiüchliche von kaum seahnter Wichtigkeit sein. Einer der interessantesten Gesichtspunkte für die Betrachtung aller - dieser Gegenstände, welche zum Gebrauch und zum Schmuck des a ebens dienen, ist die Frage, wie weit sie als Liebhaberei, als die freie Schöpfung der Phantasie entstehen, oder wie weit sie Ergebniss der auf ohn oder Erwerb gerichteten, dem fremden Zwecke dienenden, nachahmenden "beit sind: also die Unterscheidung zwischen Kunst und, Gewerbe. x Es ist ein eigenthümlicher Aug) der menschlichen Natur, der sich immer 11* 164 Me wieder unter den verschiedensten Verhältnissen geltend macht, dass sie Fürsr ideale Ziele ganz ungewöhnlicher Leistungen fähig ist. Was der Drang des Bedürfnisses, der Zwang der Arbeit oder der Wunsch des Erwerbes niemals erreicht, schafft der freudige Genuss, einem innerlich vorschwebenden Bilde von Schönheit oder Erhabenheit Ausdruck zu geben. Die Kunst ist nicht jünger, als das Gewerbe. Die freie Zwecklosigkeit des Daseins ist ihre Wiege, und die eigene Befriedigung giebt ihr die Spannkraft, aber die Be- fähigung von Andern verstanden und mitgefühlt, als eine beglückende Ver- schwendung anerkannt und als Schmuck und Reichthum erstrebt zu werden, ist ihr an Die Leistung, das Kunstwerk selbst, kann Balch in argem Mir hältniss zu der innewohnenden Idee allein. und es kann andererseits die blosse erwerbsmässige Nachahmung Gegenstände erzeugen, welche nur der genaue Sachkenner auf Originale zurückzuführen weiss. Der Unterschied aber, ob man es mit einem Gegenstande ideeller Nei- gung, der nur die Entwickelung subjectiver Idee En Fertigkeit beweist, aber keinen allgemeinen Re ksalhlinse erlaubt, oder ob man es mit einer hand- werksmässigen Uebung zu thun hat, ist ein sehr wesentlicher. Letztere wird zunächst von der zweckmässigen Befriedigung des Bedürfnisses bestimmt, sie sucht diesem Bedürfnisse zunächst am einfachsten und mit den erneien Opfern zu genügen, und je weiter sie darüber hinaus zum Senne zur Nachahmung künstlerischer Verschönerung übergeht, desto mehr müssen ebenso die Mittel eines gewissen Ueberflusses oder Sohlen als andrer- seits Neigung und Wohlgefallen an Aufwendungen für Reiz und Zierde Sobemdlen sein, und es muss sich darin auch eine mehr oder weniger be- stimmt ausgeprägte Geschmacksrichtung erkennen lassen. Man kann also von einer für den le des beobachteten Wolkoe charakteristischen höheren oder niederen Stufe des Kunstgewerbes sprechen; und es ist bei jedem Gegenstande, den uns der Reisende beschreibt oder übermittelt, durchaus wesentlich, dass er sich über die Stellung ausspricht, die derselbe der herrschenden Stufe des Kunstgewerbes gegenüber einnimmt. Ist man nicht bereits durch anderweit gewonnene Kenntniss belehrt, so bleibt der einzelne Gegenstand bei aller Klarheit seines Zweckes, ein unge- löstes Räthsel. - Man muss wissen, ob er das vereinzelte Product eines auf sich selbst gestellten Künstlers, oder ob er das Ergebniss allgemein ver- breiteter Routine ist, ob ihn nur der übermächtige Häuptling oder der heilig geachtete Priester als seltene, angestaunte Auszeichnung besitzt, oder ob ihn die Reichen, die Wohlhabenden oder selbst die Armen beschaffen. Auch ob einfachere oder noch werthvollere Gegenstände desselben Zweckes angefertigt und mehr oder weniger verbreitet besessen werden. Ferner gehört hierher die Beantwortung der Frage, ob die Anfertigung in den Händen Einzelner, oder bestimmter Handwerkerclassen, Gesellschaften oder Familien liegt, ob damit Kasten- oder Ausschliessungsrechte verknüpft sind, oder endlich, ob viele oder die Mehrzahl der Männer oder Frauen des Volkes ähnliche Gegenstände für ihren Bedarf anfertigen oder anzufertigen vermögen. Es bedarf keiner Hinweisung, dass hierdurch erst die Bestimmung eines Geldwerthes, oder der für den Gegenstand einzutauschenden Menge landes- üblicher Nahrungsmittel, ihre Bedeutung erlangt. Vermag der Reisende zu- gleich eine Auskunft darüber zu erlangen, wie viel Zeit die Anfertigung des Gegenstandes und der Gewinn seines Materiales in Anspruch nimmt, dann kann er sich auf wenige solcher Gegenstände beschränken und gleichwohl, De ne Politische a nd. lag he Ahsscheinlich öhile besondere Mühe, mit grosser Schärfe Die hend Alkali unkte für die Culturstufe sowohl als für die wirthschaftliche Entwickelung BL Bnöben erscheint indess die Bar e gewisser Fragen über be- sondere Gebiete der Technik von culturhistorischem und sonst allgemeinerem _ wissenschaftlichem Interesse. % Dahin gehört zunächst die Frage, ob und wie weit bei dem Volksstamme, ‚den der Reisende beobachtet, noch Steinwerkzeuge in Gebrauch sind, und wie sie hergestellt und Ahewendet werden ? \ ! Unbestritten bilden die Steinwerkzeuge die ältesten Spuren des Men- - _ sehengeschlechtes, und mit Recht ermisst man noch gegenwärtig nach ihrem _ ausschliesslichen, überwiegenden oder mehr und mehr verschwindenden Ge- brauche die grössere oder geringere Annäherung des bestehenden an den _ ursprünglichen Zustand. ‚Es sind ükerdies bezüglich der Anfertigung und des Gebrauches dieser Steinwerkzeuge viele Umstände noch unaufgeklärt. In diesen Verfahrungsweisen liest aber gewissermaassen das einzige beweis- E fähige Document, welches wir uns über jene ältesten Zustände verschaffen können; es muss deshalb jeder Beitrag zu einer richtigen Vorstellung über dieselben höchst willkommen sein. i In ähnlichem Sinne fragen wir nach dem Verfahren der Metallbereitung. { Die Anwendung der Metalle ist unbezweifelt jünger, als die der Steine. Man f glaubt an das Auftreten von Metallgegenständen eine Art Chronologie der Gresenstände, wie der Fundstätten knüpfen zu können. Man er dabei wesentlich auf die grössere oder geringere Leichtigkeit Gewicht, Ih welcher E; die verschiedenen Metalle in einfacher Weise aus den Erzen gewonnen _ werden können. Aber das Vorkommen von Erzen und die Möglichkeit, sie ohne 8 grosse Vorbereitungen zu gewinnen, sind in den verschiedenen Gegenden der R Erde vielfach abweichend. Die rohen Methoden der Behandlung, durch welche die Darstellung des Metalles gelingen kann, sind keineswegs in erschöpfender Weise bekannt. Die cultivirten Völker haben schon viel zu p lange den Zustand verlassen, in welchem es weder auf Zeit, noch auf Ar- beitskraft, noch auf Menge und Werth, Reinheit, Härte u. dergl., sondern \ lediglich auf die schliessliche Herstellung des Metalles ankommt. Die rohen KR br Verfahren älterer Zeit sind deshalb längst in Vergessenheit gekommen; Versuche, die man jetzt anstellt, um die Möglichkeit einfacher Gewinnung nachzuweisen, haben nicht die Sicherheit für sich, dass sie früher bereits bekannt waren. Es ist also von grossem Interesse, eigenthümliche Weisen der Metalldarstellung irgendwo thatsächlich in Ausübung zu finden, welche _ einen Aufschluss ne ersten Versuche auf en Genai: 7 geben fi _ vermögen. Dabei ist es von erheblichem Werthe, sowohl die Erze, ET die Ziwischenproducte und das endlich gewonnene Metall der wissensehaftlichen - Untersuchung in ‚Proben darbieten zu können. ; Be. Unter verwandte Gesichtspunkte fällt die Bereitung von Thongefässen Be: sammt ihren‘ OÖrnamenten und der Art, wie dieselben hervorgebracht sind, a nächst den Steinen die irdenen Denen zu den ältesten und doch in ben kannte Perioden herab reichenden Resten der Vorzeit gehören. ’ Auch Glas und Glasflüsse, die verschiedenen Gewebe mit ihren beson- en Mustern und der dazu gebrauchte Webstuhl, ebenso die Benutzung Färbstoffen gestatten mancherlei culturgeschichtliche Beziehungen. | Die Eigenthümlichkeiten der Ornamentik in Zeichnung oder Färbung OR mit Recht Gegenstand aufmerksamer Vergleichung denn sie bilden ea ermaassen eine Art Zeichenschrift, welche die Verwandtschaft des 166 ' Meitzen. Geschmackes bekundet und häufig naheliegende Gründe an die Hand giebt, bestimmte Ueberlieferung und m die gegenseitigen Beziehungen entfernter Gegenden zu Tas Für die Technik der Gegenwart kann besonders die Benutzung von Hölzern und Spinnstoffen, sowie namentlich die Bereitung von Färbmitteln von Bedeutung sein. Letztere werden vielfach aus Pflanzensäften in mehr oder weniger geheim gehaltener Weise gewonnen, und es sind auf diesem Gebiete noch Entdeckungen von durchgreifender Wichtigkeit möglich. 6. Handel, Verkehrsstrassen, Schifffahrt. Seit lange rechtfertigt der Weltverkehr, dass, wenn wir vom Handel auch des entferntesten oder abgelegensten Landstrichs der Erde sprechen, wir dabei zunächst an den der Europäer oder der europäisch eivilisirten Nationen denken. Die Handelsbeziehungen unserer Culturmittelpunkte um- spinnen in der That die ganze Welt, dringen mit rastloser Energie und unwiderstehlicher Gewalt selbst über die abgeschlossensten und feindseligsten Grenzen und erstrecken sich in völlig unbekannte Gegenden, die nie ein europäischer Fuss betrat. Von Häfen und anderen zugänglichen Punkten aus weiss unser Kaufmann dem vermittelnden Händler sehr bald Geschmack und Neigung seiner Abnehmer abzulauschen und dieselben bis in dunkle Fernen seinem rastlosen Streben nach Gewinn unterthan zu machen, das zugleich die Propaganda der Civilisation ist. Alle handeltreibende Nationen veröffentlichen Handelsberichte und Han- delsnachweise. Es giebt kaum einen grossen Seehafen, auch in entfernten Ländern, in welchem nicht Specialberichte über den Verkehr zu erlangen sind, sei es besondere, die von kaufmännischen Corporationen, einzelnen Personen oder von den Consuln der vertretenen Staaten ausgehen, sei es durch eigene Zeitungen oder durch die Correspondenzen der Weltblätter. Der’ Reisende darf sich diese Auskunft selbstverständlich nicht entgehen lassen; er wird daraus mannigfache Belehrung schöpfen und weitere Fragen daran knüpfen können. Aber er mag sich über die Bedeutung dieser Angaben nicht täuschen. Wenige Stunden Studium, in denen er versucht, sich aus ihnen ein klares Bild von dem wahren Stande der Handelsbeziehungen zu machen, werden ihn belehren, wie viel zu demselben fehlt. Nicht dass die Nachrichten ab- sichtlich täuschten, aber unsere Kenntniss bleibt in den Vorhallen. Theils setzen die Mittheilungen Verhältnisse als selbstverständlich voraus, von denen uns jede Anschauung fehlt, wir vermögen die Bedeutung der einen oder anderen Notiz nicht zu würdigen, theils können die Berichterstatter selbst nur Bruchstücke geben, vieles Wichtige bleibt verborgen. Der Reisende wird stets Gelegenheit haben,: schon am Ausgangspunkte eines solchen Handels die dankenswerthesten Erläuterungen zu sammeln, wie viel mehr, wenn er, in das Innere vordringend, dessen Gang und Verzwei- gungen und alle Eigenthümlichkeiten des Geschäftes beim Uebergang aus den europäischen in die einheimischen Hände kennen lernt. Schon Leben und Verkehr der Factoreien ist uns fremd. Sie bilden bereits die zweite, den Eigenthümlichkeiten des Landes mehr angepasste Etappenlinie. Von ihnen aus aber beginnt doch erst der wirkliche Vertrieb mit allen seinen Besonderheiten. Auf noch weiterer Station, an der letzten Grenze der Cultur, wo der europäische Kaufmann schon nicht mehr der Uebermächtige ist, sondern wo er nur durch kluge und sorgsame Benützung ler wechselnden Umstände Stand halten kann, da nehmen die Handels- verhältnisse endlich den fremdartigen, abenteuernden Charakter an, der unser ganzes Interesse zu erregen geeignet ist; und hier liegen zugleich die Schlüssel zu manchem Einerklärlichen, zu den nn en Widersprüchen, zum Fehlschlagen der lange überlegten und vorbereiteten Versuche, zum Ge- lingen des Ünwahrscheinlichsten, ee der Boden der praktischen, “ erfinderischen und unerschrockenen That. Jede Belehrung über denselben wird nicht blos dem Laien, der nach den Wegen sucht, auf denen die Cultur sich ausbreitet, sondern auch dem Kaufmanne, der nicht leicht eine Notiz übersieht, die seinem Geschäfte dient, in hohem Grade willkommen sein. Es handelt sich dabei allerdings nicht blos um die allgemeine Bezeich- \ nung der gehandelten Gegenstände, auch wenn sie uns anscheinend ganz bekannt sind, sondern um ihre genaue Beschreibung, wo möglich um Proben. Denn der Geschmack hängt an kaum glaublichen Kleinigkeiten. Auch der Gebrauch fordert oft Besonderheiten, die für uns und in der Ferne durch- aus unbedeutend und gleichgültig erscheinen. In den Formen von Haupt-. und Nebendingen, in Grössenverhältnissen, Material, Farbe, Glanz, Musterung, | machen kaum erfindbare Umstände fast wie ein neckischer Zauber einen ; Gegenstand im Handel dem anderen überlegen. Aber dies ist nur die eine Seite des Verkehrs. In jedem Lande giebt es noch ein weiteres Feld, das allerdings dem europäischen . Kaufmanne weniger wichtig ist, für den ethnologischen Forscher aber reichere Ausbeute verspricht, weil es nicht an Bekanntes und Jüngst- entstandenes anknüpft. {N Es ist dies der Austausch heimischer oder von anderen, unserer Öultur nicht angehörigen Völkern verfertigter Gegenstände und die Art, wie der- | selbe vermittelt wird. Be, Selten vermögen wir uns auch nur ein annähernd sicheres Bild von | diesem Verkehre zu machen, und doch bewegt er das tägliche Leben viel "intensiver, als der grosse Welthandel, und umfasst die einfachsten und noth- wendigsten landesüblichen Gegenstände, die durch Jahrhunderte und Jahr- tausende ihre ursprünglichen Formen und Gebrauchsweisen beibehalten, und auch ihre Bezugsquellen, Handelsstrassen und Verbreitungsmittel in der Regel nur durch den unüberwindlichen Widerstand mächtiger Ereignisse } ändern. Seien sie nun mehr Naturproducte oder mehr Kunsterzeugnisse, sie 4 haben die Vermuthung für sich, dass sie in ihren innern Eigenthümlich- a keiten, in ihrer Verwendung wie in ihrer Benennung, Ueberlieferungen ent- ‚halten, die für den Culturhistoriker von unerwarteter Bedeutung werden können. Deshalb ist die scharf, in charakteristischen Zügen gezeichnete Skizze, wie ein fremder Volksstamm seinen Bedarf an den vielerlei Kleinigkeiten des Tages beschafft, wie sie aussehen und wie sie heissen, wie sie mehr oder weniger beliebt sind und gegeneinander im Werth stehen, nicht weniger an- _ ziehend, als die bunten Genrebilder des wirren Marktlebens, durch welche uns unsere wandernden Maler mit sicherer Wahl mitten hinein in das pul- sirende Leben der unbekannten geheimnissvollen Fremde versetzen. Hier kommen dann für den einzelnen Gegenstand alle die Fragen wie- I der in Betracht, die in Betreff der mehr oder weniger merk erden Eigen- B thü imlichkeiten der Erzeugnisse der Kunstfertigkeit aufzuwerfen sind. — B. ‚Der Verkehr hängt indess nicht allein an den Gegenständen selbst, son- den auch an der Möglichkeit oder grösseren Leichtigkeit, dieselben an Ort Ele zu schaffen. Die Transportmittel sind so sehr Hauptbedingung für BR, al LAN 4 4 168 RS 5 Meitzen. die gesammte Gestaltung des Handelsverkehrs, dass eine möglichst richtige Anschauung von denselben weder dem Kaufmanne, noch dem Forscher mangeln darf. Für den Reisenden selbst aber haben sie offenbar das un- mittelbarste und vielseitigste Interesse. Es wäre völlig überflüssig, einen Reisenden auf die Bedeutung hin- zuweisen, die jede Notiz über eine Handelsstrasse, sei es Land- oder Wasser- weg, und über die auf derselben gebräuchlichen oder anwendbaren Trans- portmittel hat. Da giebt es offenbar nichts Unwichtiges. Die Erkundigungen über die Strassenzüge sind gewissermaassen die ersten Visirlinien, die der Reisende über das Gebiet seiner Forschungen aus- lest, um zunächst feste Punkte darin zu gewinnen. Strassenkunde ist die Grundlage aller Geographie. Aus Itinerarien ist die Weltkarte entstanden, und noch heute füllen die Strassenlinien zuerst das Kartenbild unbekannter Gegenden. Die hintereinanderfolgenden Stationen und ihre Entfernung in Stunden oder Tagemärschen, die Lagen einer gegen die andere nach den Himmels- gegenden, die Wendungen, die der Weg nimmt, bilden das constructive Ge- rippe. Der Charakter des Landes, Ebene, Hügel, Berge, Pässe, Uebergänge, die Bodenbeschaffenheit, Steine, Sand, Steppe, Wald, Sumpf, ebenso die Flüsse, die passirt' werden, die Richtung ihres Laufes und ihr Wasserreich- thum zu gewissen Zeiten, die Grenzen der Gebiete der Herrscher und der Stämme geben die äussere Gestalt und Form. Den vollen lebendigen Inhalt aber gewährt erst, wie Land und Leute genauer aussehen, mit wem man es zu thun hat, mit welcher Cultur, mit welchen Sitten, wie die Wohnplätze beschaffen sind, wie man vorwärts kommt, mit welchen Hülfsmitteln, unter welchem Aufwande und was sich Aehnliches erfahren lässt. Alles dies zu erfragen, wird der Reisende nicht versäumen, auch wenn er nicht gedenkt, selbst des Weges zu gehen; ja man muss wünschen, um so weniger, je weniger’ er hoffen kann, die eigene Anschauung an die Stelle dieses durch Hörensagen gewonnenen Spiegelbildes zu setzen. 7. Staatswesen und Geistesbildung. Nächster Beweis der erreichten Oultur, der Bildung und der Geistes- und Charakterentwickelung eines Volkes ist sein Staatsleben. Der Reisende darf uns und sich selbst über die wesentlichen Züge desselben nicht im Unklaren lassen. Allerdings aber ist dafür die hergebrachte äussere Schematisirung der Staatsformen, sei es nun autokratische oder beschränkte Monarchie, aristo- - kratische, oligarchische oder demokratische Republik, Theokratie, Patriarchal-, Patrimonial-, Rechtsstaat, oder wie man unterscheiden will, nicht ohne Be- denken zu verwenden, weil dadurch Voraussetzungen einer systematischen Organisation erweckt werden, von denen die Wirklichkeit in weitem Maasse abweichen kann. Auch die staatsrechtlichen Theorieen, welche in Europa seit einem Jahrhundert die Kämpfe constitutioneller Principien gegen die autokratische, oder man kann sagen bureaukratische, Monarchie unterstützt haben, sind in ihren Gegensätzen zwischen dem Staate einerseits und dem Einzelnen, der Familie und der Gesellschaft andererseits, welche gewisser- maassen als Existenzen ausserhalb des Staates behandelt werden, ein keines- weges sehr klarer und glücklicher Anhalt für die Auffassung der wirklichen Zustände der Völker auf den verschiedenen Stufen ihrer staatlichen Ent- wickelung. "Mit dem ersten Sand REN dass zur bee Durch. rung des gemeinsamen Lebens Beschränkung der Gewalt ud Opfer der Bin! und Wünsche im Interesse des Radeon nothwendig und durch die Rückwirkung auf das eigene Wohl gefordert seien, beginnt der Staat. _ Ohne dieses Element steht auch das Familiendasein auf thierischer Stufe, Wohl mag die Familie Wiege und Schule des Staates sein, und der Staat kann zunächst auf eine durch gesicherte Vereinzelung selbstständige und souveraine Familie beschränkt bleiben, aber unter der Herrschaft menschlichen Bewusstseins giebt es weder eine Familie, noch eine Gesellschaft, welche nicht innerhalb. des Staates beständen. Eine Horde, ein freier Stamm ist ein Staat. So lange die Theile der Gemeinschaft nicht die Kraft haben, sich freiwillig oder durch Empörung loszulösen und ein anderes Staatswesen zu bilden, ist auch die abnormste Lage, in die sich ein Einzelner oder eine Gesellschaft Vieler den übrigen Staatsbürgern oder der Staatsleitung gegen- % über versetzt, gleichwohl nur durch den Schutz und die Ausübung eines Kreises von Rechten und Pflichten haltbar, denen sich Niemand im Staate entziehen kann, und die, wenn ein Staatsganzes zerreist, sofort in jedem Theile, als Sonderstaat, wieder aufleben. Einfach aufgefasst, handelt es sich also für jedes Staatswesen im Innern ' mur um den Br derer, die ihren Willen in der Gestaltung des Staats- lebens zur Gele bringen, und derer, die von diesem Willen Be) werden. Dies ist nicht nothwendig identisch mit dem Gegensatz des Herrschenden "und der Beherrschten, a: der Regierenden und der Regierten. Denn die _ Bedingungen, von aan das en abhängt, können sich so mischen, dass die nach der einen Richtung Leitenden Mach verschiedenen anderen Richtungen die Geleiteten sind. Es ist meist nur Sache feiner Beobachtung zu ermitteln, wie dabei die Gewalten mehr oder weniger in gewissen Hän- _ den vereinigt, und von welchem Willen sie so beeinflusst werden, dass er als der bestimmende erkannt werden muss. Die Darstellung muss noth- wendig auf das wahre Verhältniss zwischen der formalen Verfassung und. dem in der praktischen Ausübung ausgesprochenen Wesen mit Schärfe ein- gehen. Letzteres zu kennen ist das Wichtigste. Aehnlich grenzt nach Aussen die Staaten die Erstreckung ihrer sou- veränen Selbstbestimmung ab. Nicht durch die Kräfte, sie zu vertheidigen, besteht dieselbe, sondern thatsächlich, so lange sie nicht wirklich beeinträch- ' tigt wird. Aber auch hier sind nach asenak open Staatsrecht Fietionen der Unabhängigkeit, wie der Abhängigkeit möglich; und für die, Beobachtung _ fremder Staatsverhältnisse ist es en ebenso wichtig zu wissen, wie weit der Druck der Lage ein Staatswesen bestimmt, sich mehr oder weniger dauernd dem Einflusse des andern zu en als wie weit dieses Va- N sallenthum einen formalen Rechtsausdruck gewonnen hat. - Hat man also auch bei dem rohesten und wildesten Volksstamme die undzüge eines Stastswesens aufzusuchen, so wird es sich empfehlen, von em Minimum der Anforderungen für ein solches ausgehend, sich zu Een, wie es sich äussert, und auf welche Stufe es sich er- 170 Mettzen, Sicherheit vor Gewaltthat, vor Unterjochung und Zwang, vor Beleidigung? Wie in Betreff des Eigenthums, des Hausfriedens, der Feldfrüchte, .des Viehes, wie in Betreff der gemeinsamen Berechtigungen an Acker, Wiese, Wald? Wie sind Verträge, Kauf und Tausch, wie Schuldforderungen und Bürgschaften gesichert? Bestehen besondere kaufmännische Rechte? Wie behandelt man den Ueberschuldeten, Zahlungsunfähiggewordenen ? Was gilt von Familienrechten, von Ehe, von Kindern, Vormundschaften, Erbschaften? Besteht Sklaverei oder Höriskeit, Gesinde, vertragsmässige Lohnarbeit, und unter welchen Berechtigungen? Giebt es besondere Rechte für den Adel, für die Priester, für die Fürsten und ihre Familienglieder’? Wie weit darf man für alle diese Rechtskreise von feststehenden Normen sprechen? Wechseln dieselben nach Meinung oder Belieben des Königs oder des von diesem, oder vom Volke, oder von den Priestern anerkannten oder eingesetzten Richters oder Beamten? Wird den geltenden Normen durch Festsetzungen oder Beschlüsse mehr oder weniger Stetigkeit und An- sehen verliehen? Wie kommen diese zu Stande? Wie weit gelten Sitte und Ueberlieferung. Wie weit wirken religiöse Vorstellungen? Sind Rechts- sprüchwörter bekannt? Giebt es geschriebene Gesetze; sc ein Beligions- buch zugleich als Gesetzbuch? Lebt man Straf- und Civilgericht mit einer gewissen feesichen Förm- lichkeit? Wer ist dabei betheilist? Wie wird Nee oder Klage gestellt, wie der Beweis erzielt? Wie werden Zeugen, Urkunden, Schwüre benutzt? Ist Berufung von einem Richter an den anderen möglich? Entscheidet schliesslich der König, die Volksversammlung, der Priester, die Gottheit, das Orakel? Sind die Strafen leicht oder grausam, einfach oder abgestuft und verwickelt? Fällt der Schwache der Willkür, dem Eigennutz, dem Be- trug der Gegenpartei oder des Richters leicht zum Opfer? Wie werden die Strafen vollzogen, wer führt die Processurtheile aus? Macht sich in den einzelnen Orten oder Bezirken, oder vom Mittel- ‚ punct des Staates aus eine polizeiliche Aufsicht und Fürsorge geltend? Wer - übt sie aus? Worauf bezieht sie sich? Werden Wege oder Brücken, Lan- dungsplätze, Wasserleitungen gebaut und ım Stand gehalten? Giebt es eine Fürsorge durch Nacht- oder Feuerwachten, Strassenreinhaltung, Handels- und Marktaufsicht? Besteht ein Benachrichtigungs-, ein Boten- oder Postwesen? Wie ist das Militär organisirt? Giebt es stehende Truppen? Gehört Jeder zum Aufgebot? Welche Waffen bestehen als Kriegswaffen? Muss sie Jeder selbst beschaffen? Wer ist Ober-, wer Unterbefehlshaber? Sorgt man für Vorbildung? Besteht Sinn für kriegerische Tapferkeit, Unterordnung und Ausdauer in Beschwerden? Sind Befestigungen der Grenzen oder ein- zelner Punkte bekannt? Wie sind sie beschaffen? Wie werden die öffentlichen Bedürfnisse bestritten? Schalten die Macht- haber nach Belieben? Steht dafür das Eigenthum oder die Leistungskraft jedes Einzelnen zur Verfügung, oder besteht eine organisirte Vertheilung der Lasten? Werden Abgaben erhoben? Worauf haften sie? Wie ist die Festsetzung, wie die Einziehung, sind bestimmte Gegenstände oder bestimmte Personen besteuert? Giebt es Grenz-, Wege-, Fluss-, Hafenzölle? Besteht eine Rechnungslegung, eine Verantwortung? Wer erfährt davon? Sind Schulen eingerichtet? Bestehen sie nur für Priester oder durch Priester? Worauf ersu sich der Unterricht? Knüpfen sich Vorzüge oder Berechtigungen an eine gewisse Vorbildung? Welche Religionsvorstellungen herrschen? Ist eine Priesterschaft aus- | Politische Geographie und Statistik. 171 gebildet, oder stehen sich verschiedene gegenüber? Stehen sie mit aus- yärtigen Priesterschaften in Verbindung oder in Unterordnung. Sind die Priester zahlreich, mächtig, reich, oder arm und verkommen? In welchem NR Verhältniss steht ihre Bildung zu der anderer Volksclassen ? Was lässt sich von der äusseren Politik sagen? Wer bestimmt dieselbe? _ Wer entscheidet über Krieg und Frieden? Besteht Neigung zu kriegerischen Unternehmungen, werden dieselben durch Raubsucht, Hass, Sitte, Fanatismus - oder durch Noth hervorgerufen ? > Lassen sich die geschichtlichen. Hergänge, die Ereignisse in Staat und Politik in die Vergangenheit zurückverfolgen? Welcher Art sind die Ueber- lieferungen? Giebt es Denkmäler, Inschriften, Heldenlieder, Schriften? Was _, wird berichtet? h Es kann nicht daran gedacht werden, die Folge der wichtigsten und interessantesten Fragen irgend zu erschöpfen. Ebenso wenig wird der Rei- sende im Stande sein, auch nur die Mehrzahl der eben gestellten zu beant- _ worten. Aber schon der Versuch, Auskunft darüber zu finden, wird ıhn in den Besitz einer Fülle von Bemerkungen und eigenthümlichen Thatsachen setzen, die um so mehr Interesse erregen müssen, je mehr der Beobachter vermag, dabei die Stufe intellectueller und moralischer Bildung derer klar | zu stellen, in deren Händen die Leitung der verschiedenen Richtungen des erforschten staatlichen Organismus liest. Es steht dabei auf der einen Seite in Frage, in welchem Umfange diese, Kreise des Volkes an den Kenntnissen Theil nehmen, welche in unserer Zeit ein Gemeingut aller Gebildeten sind. In diesen Kenntnissen liegt das Mittel, die geistige Cultur zu bereichern, die Seelen dem Verständnisse des Alleemeinen zu öffnen und sie der Herrschaft von Vorurtheilen zu entreissen. B; Auf der anderen Seite handelt es sich um den überwiegenden Charak- ter, die Denkweise und die Thatkraft der massgebenden Persönlichkeiten oder Genossenschaften. Wie das Seelenleben des einzelnen Menschen wird auch das eines Vol- kes bestimmt durch die ursprünglich mehr oder weniger gesunde, mehr oder weniger glückliche Naturanlage des Körpers und des Geistes und durch die stärkere oder schwächere Entwickelung, die diese Anlage in der Erziehung A - und durch die eigene Willenskraft und Thätigkeit erhalten. Gute und leichte 8 Ernährung, sinnige Schulung, frohe und erhebende Eindrücke, Hoffnungen und frische Thaten, oder der Einfluss der Kärglichkeit, Unkenntniss, Dumpfheit und scheuen Einschränkung entwickeln verschiedene Menschen und ver- schiedene Völker. Die Mannigfaltigkeit ist aber keine geringere, als die Möglichkeit aller der Combinationen, in denen alle diese Elemente auf ein- ander treffen können. Der Reisende mag uns sagen, wie weit ihn seine Eindrücke bestimmen, ’ - nicht blos einzelne gute oder glänzende neben mehr oder weniger nachtheiligen “ Eigenschaften anzunehmen, sondern wie weit er zur Freude des Menschen- freundes bestimmte Züge jener Harmonie des Empfindens, des Wollens und ; nicht über die Grenzen vernünftiger Erwägung und Beurtheilung fortreissen AN“ _ lässt, welche selbstbewusst und selbstvertrauend, doch nicht überhebend und in Selbsttäuschung eingewiegt, deren Charakter edel, zuverlässig, streng n sich selbst, gerecht und milde gegen andere ist; mit einem Worte, weit er seine Gastfreunde der wahren Humanität genähert findet. N a Pen und Statistik Kerkörer P2 Heilkunde. h Von Dr. Friedel. Dem Arzte und dem Naturforscher, dem wissenschaftlich gebildeten Ur Laien bieten sich auf Reisen so zahlreiche Gelegenheiten zur Beachtung und‘ De: $ Untersuchung einschlägiger- Fragen, dass es schwierig sein dürfte, auf dem diesem Capitel hier era kamen zugemessenen geringen Raume Alles zu besprechen, was des Beobachtens, atenmenne, ne etc. werth ist. F Seibetnerstänälich sind die Gelegenheiten je eh der Art der Reisen sehr r _ verschiedene und müssen natürlich hier moderne Vergnügungs- und Geschäfts- je Ehen Instruction des Betreffenden ein Scherflein beitragen, dem allgemeinen ärztlichen Wissen aber selten Nutzen bringen können, selbst wenn sie als Feuilletonartikel während oder nach der Badesaison in irgend einer Zeit- zu wissenschaftlichen Zwecken reist, zu achten habe, soll hier zunächst so _ kurz und doch so vielseitig als möglich erörtert werden. Dann aber sollen diese Zeilen auch dem Missionar, der in fernen weniger bekannten Regionen _ stationirt ist, dem Handelsagenten, dem J agdliebhaber, dem ee ‚lichen Sammler, dem Consularbeamten u. A. eine Anleitung sein, was und % e sie beobachten und erforschen sollen. Namentlich könnten unsere een nicht nur der Menschheit, sondern auch der Wissenschaft enormen tzen stiften. Dazu gehört aber unter anderen Dingen auch, dass sie regel- sige Berichte in unseren Fachjournalen über m medicinischen Beob- ngen veröffentlichen. Leider haben unsere Missionsanstalten solches en noch gar wenig unterstützt. Ich habe auf meinen Reisen nur einen chen Missionar kennen gelernt, der darin etwas leistete, und der stand ele andere dagegen habe ich leider auch angetroffen, die die ein- arachte: ‚der aneeboreneg, zu denen sie als Aufklärer gesandt fr % 174 Friedel. worden waren, nicht dem Namen nach kannten. Von solchen Leuten wird freilich für uns nicht viel zu erwarten sein! Vor allen Dingen halte sich der Beobachter und Forscher auch hier das „multum, non multa“ vor Augen. Eine einzige gut durchgeführte Beobachtungsreihe über eine einzelne Streitfrage oder über ein noch nicht in sicheren Zahlengrössen dargestelltes Untersuchungsobject ist fruchtbrin- gender als eine noch so ausführliche allgemeine Darstellung medicinischer Reiseerlebnisse. Wo letztere durch die Verhältnisse erforderlich ist, z. B. im militärischen oder maritimen Dienst, kann sie ja nur durch erstere Rück- sicht gewinnen. Seitdem aber die Flotten und andere Expeditionsunter- nehmungen der civilisirten Welt alle Winkel der Erde mehr oder minder durchsucht haben, sind wir schon im Besitz so zahlreicher allgemein gehaltener Berichte über die medicinischen Erlebnisse auf denselben, dass dergleichen Mittheilungen für die Wissenschaft in genere wenig Werth bean- spruchen und eigentlich nur der Statistik zu Gute kommen können. Arbeitstheilung ist daher auch hier als der leitende Grundsatz zu be- trachten und ein Jeder lege sich vor Antritt einer solchen Reise die Frage vor, in welchem Fache er nach Wunsch, Neigung und Befähigung zu arbeiten sich am meisten qualıfieirt fühle. Berufen zu solchen Unterneh mungen sind vor Allen die Aerzte der Marine, sowohl der Kriegsmarine wie der postalischen Verkehrslinien. An bequemerer Gelegenheit zur Unter- suchung physiologischer, pathologischer, pharmacologischer, auch chirureischer und therapeutischer Fragen kommt ihnen kaum je ein Hospitalarzt, unter den günstigsten Verhältnissen stehend, gleich. Theils lange Monate und Jahre, theils immer ‘sich wiederholende kürzere Zeiträume, ein gleichförmiges - Jebendes Beobachtungsmaterial, gleichbleibende oder doch stets ihrer unmittel- barsten Beobachtungscontrole unterworfene äussere Einflüsse liegen ihnen zur ‚Einsicht vor. Namentlich steht den Aerzten der Kriegsschiffe ein beneidens- werthes Menschenmaterial von durchgängig normaler physiologischer Qualität zu Gebote. Und dies führt uns gleich zu dem ersten Abschnitte unseres Themas, den in die Physiologie gehörenden Untersuchungen. Prof. Hirsch spricht in seinem berühmten Handbuche der historisch geographischen Pathologie, Band I, p. 41 Anm. schon im Jahre 1858 die wohlbegründete Meinung aus, „die wissenschaftliche Begründung einer geo- graphischen Physiologie, eines der Hauptdesiderate für die Bearbeitung der geographischen Pathologie, ist auch noch nicht einmal in den Anfängen ver- sucht worden“, und dies zwar gelegentlich der Erwähnung der als „hypo- thetische Voraussetzung“ bezeichneten erhöhten Venosität des Blutes in den -Tropen, gesteigerter Arteriellität in der kalten Zone, vermindertem Muskel- tonus dort und vermehrtem hier etc. Wenn nun auch seitdem einzelne Untersuchungsresultate des physiologischen Verhaltens unseres Organismus unter den verschiedenen klimatischen Einwirkungen bekannt geworden sind, so ist doch das noch viel zu wenig, um als befriedigend für die Wissenschaft betrachtet zu werden. Fast jedes Capitel der Physiologie ist hier noch lückenhaft und bedarf der Ergänzung. Gehen wir daher dieselben für unseren Zweck hier einzeln durch. Das ergiebigste Feld für die Untersuchung bildet zunächst die Physio- logie des Stoffwechsels und hier bietet dem Marinearzt sich die günstigste Gelegenheit. Es ist nicht nöthig, eine grosse Anzahl von Individuen auf einmal einer fortgesetzten Tolles zu unterwerfen, wohl aber wün- ‘ schenswerth, möglichst viele Kätegorigen von Individuen auszusuchen. Zu diesem Zwecke sind: 1) de Altersstufen, 2) verschiedene Beschäf- - Heilkunde. 175 BE jClaisen, 3) materiell verschieden situirte Olassen (Gemeine, Unteroffiziere, Cadetten, Offiziere etc.) zu unterscheiden. Die Zahl der In- dividuen in jeder Kategorie braucht 5 kaum zu überschreiten. Ueber jedes Objeet muss ein förmliches Ausgabe- und Einnahmejournal quoad Stof- - wechsel angelegt werden. Hauptuntersuchungsinstrument ist eine Schönemann’- sche Patentdecimalwaage, die bei 150 K. Tragkraft noch 1 Grm. Ausschlag giebt (von Kuhtz u. Co. in Brandenburg a/H. für 90 R.-M. zu beziehen vid. dessen Katalog, Brandenburg a/H. 1873). Die Voruntersuchung jedes Indi- _ vwiduums muss die durchschnittliche materielle Constitution und do. Stoff- ' wechsel unter den gewohnten heimischen Verhältnissen feststellen. Die Ein- flüsse der Jahreszeit, Witterung, Kleidung und Arbeit sind dabei genau zu berücksichtigen; auch der Aufenthaltsort (Logis ete. an Bord, z. B. Last, Zwi- schendeck, Batterie, Cajüten ete.) würde hier als Eintheilungsprincip (wie analog bei den obigen grösseren Kategorieen) dienen müssen. Wie lange die Voruntersuchung dauern soll, muss der Ueberlegung des Beobachters und dem Zweck, den er in specie verfolgt, überlassen bleiben. Beiläufig will ich nur u, a. z. B. darauf hinweisen, dass von manchen Reisenden, namentlich Seeleuten, dem Monde und seinen Phasen eine Einwirkung mysteriöser Natur auf die Organismen zugeschrieben wird. Wer hierüber exactere Beobach- tungen machen wollte, müsste also zunächst während einer ganzen Mond- phase auch Voruntersuchungen anstellen. Gegenstand der Stoffwechseluntersuchung unter den Einflüssen der ver- schiedensten Klimate und Zonen ist dann zunächst natürlich das Blut und seine Zusammensetzung. Wie verhält sich unter veränderten klimatischen ete. Einflüssen seine Reaction, sein specifisches Gewicht, seine Mischung in 1 Bezug auf feste und flüssige, feuerfeste und verbrennliche Bestandtheile? ; Wie die rothen Blutkörperchen nach Gestalt, nach Farbe, chemischen Be- - standtheilen, Quantität, im Vergleich zu den weissen? Letztere wiederum, zeigen sie Abweichungen in Bezug auf Grösse, Beweglichkeit, Zahl, Ueber- gangsformen? Die Blutflüssigkeit selbst ist auf ihre Gerinnungsfähigkeit, Menge im Verhältniss zur Placenta sanguinis nach der Gerinnung, das Serum auf sein eigenes specifisches Gewicht, chemische Zusammensetzung (Wasser- gehalt, Eiweisskörper, Amidsubstanzen, Zucker, Fette, Riechstoffe, Farbstoffe, müssen traumatische Blutverluste oder Venäsectionen aus Veranlassungen, wie etwa Commotionen wichtiger Organe bei ganz gesunden Individuen, geben. Auch ist Rücksicht zu nehmen auf Racenunterschiede, wo sich am Lande dazu gerade eine Gelegenheit bietet. ed Wichtig sind vor Allem die Blutgase. Die Frage nach der grösseren oder geringeren Venosität oder Arteriellität, je nach den Klimaten, kann nur _ durch Untersuchung dieser Umstände entschieden werden. Vom © weiss man, dass es im Mittel 15,78% in Volum beim arteriellen Blut ausmacht, "während der Gehalt des venösen daran sehr schwankend ist. Ist es absorbirt oder chemisch gebunden in grösserer oder geringerer Menge vorhanden? Ist F& Nes als Ozon vorwiegend vorhanden? Die theils fest, theils absorbirt vorhan- be dene ©9,, ih im arteriellen Blut zu a im venösen zu 35 Volumprec. durch- BEIN. ak 2 p 2% L: ES, Die Blutarten ofen sind nah Henke, haha Di Zusam- mensetzung und Ursprung (Pfortader, Leber, Milz ete.) und unter Berück- siehtigung” aller tellurischen und siderischen ine zu prüfen. Auch ist jede Gelegenheit, die Blutmenge zu bestimmen, zu benutzen. Endlich ist A ae der Einfluss der Klimate auf die Blutbewegung, d. h. also auf Salze, Gase etc.) zu untersuchen. Gelegenheit zu diesen Untersuchungen 176 Friedel. die Herzbewegung, die Bewegung in den Gefässen, die Spannung im Ar- teriensystem, die Pulswelle, Frequenz etc. Der Sphygmograph (Preis bei Windler in Berlin, Dorothstr. 3: 40 Thlr.) wird hier eine Menge inter- essanter Vorgänge aufdecken. Pathologische F'rragen werden sich hieran knüpfen lassen. Die Gelegenheit, in aller Ruhe Beobachtungen zu machen über den Einfluss heftiger und langdauernder Körperanstrengungen auf das Herz, ist dem Marinearzte geboten wie keinem Andern. Die Untersuchungs- objecte sind nach den verschiedenen Exercitien (Segel-, Geschütz-, Boots- Exereitien etc.) sofort und wiederholt mit dem Sphygmographen und ander- weitig zu untersuchen. Wo die Umstände es gestatten oder erfordern, sind auch die anatomischen Verhältnisse des Herzens und seiner Abschnitte durch die physikalische Exploration festzustellen. Die Resultate der Beobachtungen sind in tabellarische Form zu bringen. Schemata zu solehen Tabellen lassen sich bei der Fülle der Fragen, die hier in Betracht kommen können, gar nicht aufstellen. Ich will nur ohngefähr den Gang einer einzelnen solchen Untersuchungsreihe skizziren und annehmen, es sollte z. B. festgestellt wer- den, welchen Einfluss der Aufenthalt in den Tropen, und zwar theils nur auf der See, im Passat oder in den Calmen, theils wieder längerer Aufenthalt im Hafen, auf die Qualitäten des Pulses ausübte. Zu diesem Zwecke würden bei und gleich nach der Indienststellung eines Schiffes 12 vollkräftige nor- male Individuen, und zwar 4 Jungen, 4 Matrosen, 4 Heizer ausgesucht wer- den müssen und deren normales Durchschnittsverhalten in Bezug auf Ge- wicht, mittlere Temperatur, Athem- und Pulsfrequenz, Pulscuren ete. während der ersten 14 Tage festgestellt werden. Die meteorologischen Verhältnisse müssten gleichzeitig notirt werden. Sobald alles Hierzugehörige festgestellt ist, hört die Beobachtung der Individuen auf, während die der äusseren Ein- flüsse fortgesetzt wird. Sobald ein längerer Aufenthalt unter den zu schätzenden Agentien beginnt und stattgefunden hat, fängt die Beobachtung der betreffenden Individuen in derselben Weise wie vorher wieder an und wird in entsprechender Weise so lange fortgesetzt, bis sich ein mess- oder wägbares Resultat ergiebt. Der Beobachter wird dann sich dafür entscheiden ' müssen, ob und wie oft, resp. in welchen Perioden die Beobachtungen zu wiederholen sind. Eine solche einzige lange fortgesetzte und mehrfach von. demselben, resp. anderen Beobachtern angestellte Untersuchung wird z. B. schon viel dazu beitragen, die Redensarten von dem gesunkenen Tonus, der herabgesetzten Vitalität, der verminderten Energie der Functionen u. dgl. m., die man in den meisten Handbüchern über Tropenkrankheiten und Tropen- hygienen immer wieder von Neuem vorgekäut findet, zu illustriren und auf ihr wahres und richtiges Maass zu reduciren. Wird gleichzeitig die Ernäh- rungsweise berücksichtigt, so wird auch zur Lösung der Frage, wie die Diät beim Betreten der Tropen modificirt werden soll, ein Beitrag geliefert wer- den, sofern der Arterientonus als ein Maassstab für den Kräfte- und Ernäh- rungszustand des Organismus dienen kann. Es wird nicht genügen, die Blutmasse als fertiges, in sich abgeschlos- senes Constituens des Organismus zu studiren. Auch die Ausgaben aus dem- selben, die Absonderungen sind zu prüfen, wo sich dazu Gelegenheit bietet, namentlich sind die Racenverschiedenheiten hier zu beachten. Die Parenchymsäfte und Parenchyme der Organe verschiedener Racen sind wahr- scheinlich different, z. B. sind wahrscheinlich die Knochen der afrikanischen Race anders constituirt als die der weissen, malaischen etc. Man vergleiche also die Constitution des Knochengewebes, des Knorpels, des Bindegewebes, der Muskeln, des Hirns etc., die Gelenkhöhlen- und Schleimbeutelflüssigkeit. R, =) 2 v ei RE ae ae nn ae ar ne; = = U N at . Heilkunde. och ergi biger wird die Beobachtung der 1 Werden ee gen sonderungen sein, des Schleimes, Speichels (Einwirkung verschiedener nationaler BE eitonien: Tabak, Betel, Coca, Pituri in Neuseeland etc. auf Bi enselben),, Magensaftes, Galle, Pederestieähen- und Darmsaftes.. Unglücks- CR fälle und Untersuchungen an ‚Sehlschtthieren an Bord, die gleichen ann. Kl e tischen Einflüssen wie die Menschen ausgesetzt gewesen, ee hierzu die Gelegenheit bieten müssen. — Ei E Sehr umfassende und varlirende Beobachtungen wird die Urinsecretion 2 erfordern und zahlreichen Untersuchern Gelegenheit zur Arbeit bieten. a Waren die bisher erwähnten Punkte wegen der dazu erforderlichen Gelegen- CH heiten, wegen des Zeitaufwandes u. a. m. mehr geeignet den Aerzten der Be Kriegsmarine zur Untersuchung vorgelegt zu werden, so können sich hier ie namentlich die Aerzte der Postdampfer etc. betheiligen und an sich selbst wie an ihren Untergebenen (Wärtern, Gehülfen ete.) Beobachtungen machen. TR Die dazu erforderlichen Apparate, Maasscylinder, Araeometer, Pipetten und jr Büretten, Reagentien, Titrirflüssigkeiten etc. sind so compendiös, so wenig Y Kostepielig, so weit verbreitet in allen grösseren Städten, dass die Anschaf- fung nur wenig Mühe kostet. Das Feld selbst ist in dieser Weise fast noch gar nicht bearbeitet, denn wir wissen noch nichts Genaues darüber, welchen Veränderungen die en nach Menge und Zusammensetzung beim _ Wechsel der Klimate und anderer äusserer, kosmischer Einflüsse unterworfen | ist. Ein Arzt, der 4 bis 6 Mal im Jahre aus unseren norddeutschen Häfen . B nach Westindien, Brasilien u. a. m. hin- und zurückreist, kann hier in Bezug ‚auf die Harnsecretion vielerlei untersuchen. Ein gehörig eingerichtetes und ® _ genau geführtes Journal, für jedes Individuum eins, ist vor Allem dazu er- | forderlich. Es. enthalte Notizen über Alter, Grösse, Beschäftigung an Bord, R Rubriken für Körpergewicht, Temperatur, Feuchtigkeit, Luftdruck, Diät, täg- n liche Flüssigkeitseinnahme, Körpertemperatur, an Dr ehe spec. Gewicht, Farbe, Reaction, feste Rückstände, organische und unorganische \ Rückstände, Gehalt an oe Harnsäure, Anenih ah Salze a deren Bi - Säuren etc. etc., für abnorme Beat (Zucker, Albumen, Fett, Indican). ’ — Man wird gut thun, nicht alle hier möglichen Fragen auf einmal zu beant- ' _ worten zu versuchen, weil die Zeit dazu selten ausreichen wird. Man b- 3 gnüge sich vielmehr damit, jedesmal nur eine kleinere Anzahl Dinge zu er- N forschen, zunächst z. B. nur die einfacheren Fragen nach Menge, spec. Ge- Bi! wicht und Reaction, beim zweiten Male organische und unorganische Rück- stände u. s. w. festzustellen. Bedenkt man dabei ferner, dass die chemische ; Zusammensetzung des Harnes weiterhin ein sehr genaues Bild des Stoff- RR _ wechsels im Organismus giebt, so werden sich daran eine ganze Reihe anderer Fragen eh an z. B. welche Stoffe, und in allen Ver- _ hältniss, einen den Harn des schnell in die Tropen gelangenden Nord- _ länders vor seinem bisherigen aus, bei gleichbleibender Diät, bei ungewohnter, tropischer Diät, bei gleichbleibender ode wechselnder Most larbait? Welche BL. Rückschlüsse Eee das Resultat der Untersuchung auf die Vorgänge im SRhaR Organismus bei solch schnellem Klimawechsel und ‘wie. lassen "sich die eis twaigen Nachtheile vermeiden oder paralysiren durch diätetische Maass- | NN. reg ogeln ? Sind Lebensalter, geographische Abstammung (ob Nord- oder Süd- ader?), Racen, Nationalität u. A. hierbei von Einfluss? Bietet die Urin- schaffenheit Anhalt, auf die Blutconstitution in den Tropen Schlüsse zu wo Blutuntersuchungen möglich, welche Beziehungen finden wohn tung zu ‚wissenschaftl. Dechachtungen auf Reisen. 12 178 ; Friedel. äusseren Einflüssen sind so wichtiger Art, dass bekanntlich der italienische Physiologe und Arzt Mantegazza, um dieselben zu studiren, im Jahre 1862 nach Buenos Ayres reiste und dabei zweimal die Tropen und die gemässiete Zone beider Hemisphären passirte. Früher schon hatten Davy auf Barbadoes, Reynaud (auf der fr. Corvette la Chevrette) 1826, dann Eydoux und Souleyet auf der berühmten Fahrt der „Bonite“ einschlägige Beobachtungen gemacht, wenigstens über die Körpertemperatur beim Wechsel der Zonen. Mantegazza’s Beobachtungen ergaben in Kurzem etwa Folgendes: Die Temperatur des Körpers und des Harns steigt und fällt mit der der Luft, so dass schneller Wechsel die Temperatur des Harns um mehr als 3° C. verändern kann. Die Harntemperatur nimmt schneller ab beim Uebergang aus den Tropen in die kälteren Zonen als umgekehrt. Bei Gesunden ist die subjective Wahrneh- mung der Temperatur von entsprechenden objectiv nachweisbaren Verände- rungen der Körpertemperatur begleitet: Exposition des Körpers an die Sonne vermehrt die Harntemperatur, desgleichen Genuss alkoholischer Getränke, Muskelthätiekeit u. s. w.: Man findet Mantegazza’s Arbeit im Jahrgang 1863 der Presse medic. belge.e Noch andere sehr unterrichtende Untersuchungen in diesem Gebiete hat Lawson vor Mantegazza in der British and foreign medical Review von 1861 Oct. mitgetheilt. Er stellte dieselben 1859 in Jamaica an gesunden europäischen Soldaten an, die in Newcastle fast 4000” über dem Meeresspiegel stationirt waren, und auch an Anderen.*) Man ersieht aus diesen Beispielen, dass hier schon Manches gearbeitet ist, Manches aber noch unerledigt ıst und bedenke, dass eine öfters wiederholte Unter- suchung jeder sollen Frage in der Physiologie nothwendig ist, um das all- gemein Gültige aan kunden Die an lern Ausscheidungen aus dem Blute erfordern ebenfalls ver- gleichende Untersuchungen. wer die Schweisssecretion und deren Varianten existirt wenig Daranlass gas die unmerkliche Wasserverdunstung durch die Haut hat Weyrich bearbeitet. Nach Analogie dieser Arbeit (Leipzig bei Engelmann, 1862) würde die letztere unter den verschiedenen Klimaten fol- gsendermaassen zu beobachten sein: Ein cylindrisches Glasgefäss von be- “ stimmtem kubischen Inhalt, in welches ein Condensationshygrometer eingefügt ist, wird mit seinem freien abgeschliffenen Rande auf die Haut aufgesetzt und wird alsdann nach einer bestimmten Zeit (W. nimmt 3 Minuten an) der Thaupunkt im Inneren des Gefässes ermittelt. Ein Vergleich des gefundenen Werthes mit dem Thaupunkte der Luft ergiebt das Maass für nn Wasser- verdunstung der Haut. W. setzt den each auf die Regio subelavieularis an. Er ad folgende Resultate: Die Perspiration steht unter dem Einfluss des Nervensystems; Erregung steigert, Depression verringert sie. Nahrungs- aufnahme, namentlich Stimulantien, Muskelthätiskeit, psychische Erregung steigern, Ruhe des Körpers und der Psyche, Schlaf, deprimirende Affecte, Enthaltung von Speise und Trank setzen sie herab. Reizung der äusseren Nervenfäden (Frottiren, Kneipen etc.) steigert, Kälte vermindert sie. Bei Abschliessung atmosphärischer etc. Einflüsse (Zimmeraufenthalt) sind die Schwankungen sehr geringe, doch finden sonst solche Schwankungen unab- lässig statt; sie fällt und steigt z. B. mit der Pulsfrequenz u. s. w. Wie verhält sich ferner die en das specifische Gewicht des Blutes, des Muskeltonus zur Schweissmenge? Wie die Körpertemperatur? Und bis *) Auszüglich zu finden in Schmidt’s Jahrb. Band 120 und 125; überhaupt sind in diesem Sammelwerke die referirenden Artikel über den Harn ete. von Huppert für den Untersucher dieser Punkte unentbehrlich. TE g : . r\ 15 Gras - ER ET Heilkunde, zu welchen nen MR äusseren Temperatur ist die ee als 1a: egulator für die Körpertemperatur zu betrachten? Welche Schweissmenge kann noch zu den erträglichen, welche zu den krankmachenden Einflüssen ezählt werden? Welche chemische Qualitäten besitzt der Schweiss in den N verschiedenen Klimaten, und wie verhält er sich in ätiologischer Beziehung a bei Entstehung gewisser Hautkrankheiten in den Tropen? Ki Auch der. zweite Bestandtheil der Hautabsonderung, das Hauttalg, ver- N. dient eine Berücksichtigung, namentlich in ethnologischer Hinsicht. Noch Y viel mehr ist dies jahren: bei der Milchabsonderung, deren Verschieden- Ss heiten nach Klima und Race wenig bekannt ist. Ein grosses Hinderniss FERN der Verbreitung der europäischen Race unter wärmeren Zonen ist ja be- BR _ kamntlich eben die Schwierigkeit, den Neugeborenen der Europäer passende EIERR n Milch zu verschaffen. Die ae a ebenso wie die Kuhmilch R klimatischen Abänderungen zu unterliegen und dass die Neonati eingeborene ae Ammen erhalten können, ist wohl nur ein seltener Glücksfall. Hier liest also dem Arzt ein anderes unbeachtetes Feld offen, auf welchem er, da auch IN - die Einführung der condensirten Milch zu diesem Zwecke nicht überall zu- | lässig sein dürfte, neue Thatsachen ergründen könnte. Die hier angedeutete Einführung der condensirten Milch oder anderer Surrogate als diätetisches EN Mittel in den Tropen ist bisher wohl nicht ausgedehnt versucht und verdient X Berücksichtigung. 0 Die Aufnahme von Stoffen in das Blut hängt von so vielen äusseren Asentien ab, dass auch hier mancherlei vergleichende Untersuchungen statt- finden können. Die „Trägheit der Assimilation in den Tropen“ ist eine HR - eben so landläufige Redensart wie die von der erhöhten Venosität. Hier‘) EA wird Wägung und gelegentliche chemische Prüfung am Orte sein, um die Frage z. B. zu Beankwörien, ob in der That in dan Tropen die regen. - denn nur um ein Erhebliches weniger von den Ingestis differiren als in den nördlichen Breiten u. A. m. Die Speichelwirkung, die Chymusbereitung, die N Qualität des Chylus, die Wirkung des Pancreatischen Saftes, der Galle, die Reaction des Darminhaltes sind, wo sich Gelegenheit dazu bietet, unter an- Ki deren Zonen zu studiren. Schon die oft wiederholten Prüfungen der Reaction EN 4 des Darminhaltes würden mancherlei Schlüsse gestatten. Ueberhaupt ist die Controle der Verdauungsvorgänge durchaus wichtig und geeignet, auch für die Hygiene der Ernährung in "Terachiedenen Klimaten neue ig: PR zu gewinnen. Die Gewichtsveränderungen des Körpers, bei verschiedener, natürlich genau zu detaillirender u notirt, werden dazu beitragen, ein Urtheil zu gewinnen, welcher Kost ea in die Tropen sich am besten Enkerzichen u. AR mehr. In den arctischen Zonen werden sich nicht NE minder wichtige lersnohmngen in dieser Beziehung anstellen lassen. Unter - Controle der anderen Men (Harn, Schweiss, co: etc.) werden sich die BR N besten Surrogate für gewisse, in den betreffenden Zonen schwer erreichbare, dem Einwanderer aber fast unentbehrliche Genuss- und Nahrungsmittel a Alkoholica, Fette, N-haltige Alkaloidmittel, Amylacea, Saccharina etc.) er- Ren, eben. Der Einfluss körperlicher Uebungen auf diese Vorgänge ist zu con- liren und ein Maass daraus abzuleiten für die Exereitien und sonstigen. » Gewisse Kategorieen der Besatzungen grosser Schiffe, namentlich der GR apfer, die an Bord schon dem Leienange auffällig erscheinen durch ihr "Gesichtscolorit, die Kategorieen der‘ Heizer, Lastmänner, Botteliere, ‚ kurz der Functionäre, die, die grösste Zeit ihren Schiffslebens in ge- ur 180 Friedel. Beobachtungssubstrat mit anderen Kategorieen zu vergleichen. Ein näheres Eingehen auf eine einzelne dieser Fragen wird übrigens dem Forscher, der mit warmem Interesse an die Sache herantritt, eine solche Mannichfaltigkeit der Themen entwickeln, dass zahlreiche Forscher sich daran betheiligen können. Die Physiologie der Respiration wird in klimatischer Beziehung weniger: in der Ebene als in der senkrecht zu ihr stehenden Dimension ihre Unter- suchungen erfordern. Vorübergehende Beobachtungen, augenblickliche Ein- wirkungen beim Aufsteigen mit Luftballons etc. betreffend, sind hier sattsam vorhanden. Hier ist die Wirkung des Höhenklimas während längerer Pe- rioden gemeint, und vornehmlich in Bezug auf die Respirationsorgane, dann aber auch auf Ernährung, Harnabsonderung, Schweissbildung ete. zu studiren. Die Grösse und Qualität des Gaswechsels bei der Respiration ist allerdings auch in der Ebene unter allen existirenden tellurischen und siderischen Ein- flüssen noch nicht erkannt genug und demgemäss zu studiren. Die dazu erforderlichen Apparate sind nicht so kostspielig und complicirt, dass sie schwer zu beschaffen wären. Es genügen dazu die von Pexin bei seiner 1864 angestellten Untersuchung über den Einfluss des Alkohols auf die Er-. nährung (Schm. Jahrb. Vol. 126 p. 266) benutzten einfachen Apparate zur Bestimmung der CO? und natürlich, wie zu allen feineren Untersuchungen. solcher Art, eine chemische Wage, feine Thermometer für Körperwärme- messung. Barometer besserer Art, die eventuell erforderlich sind, werden Reisenden, denen zu solchen Untersuchungen Gelegenheit sich bietet, so wie so zu Gebote stehen. Zur Bestimmung der vitalen Capacität der Lungen, die nach den Racen z. B. noch gar nicht untersucht sind, ist allerdings ein. Spirometer erforderlich. Ein sehr bequemes portatives Spirometer, von Ga- lante ın Paris construirt und 1867 daselbst in der Weltausstellung producirt, besteht in einer dünnen Kautschukblase, deren Luftkubus an einer graduirten vertikalen Stange gemessen werden kann. Ob das Instrument seine Probe fernerhin bestanden hat, ist mir nicht bekannt geworden. Endlich sind die Wirkungen solcher gemischten Gase, die in der Natur hie und da frei der Erde etc. entströmen, aufmerksam zu studiren. Es sei hier nur z. B. an die Höhle von Monsummano erinnert. Zum Studium des Gesammtstoffwechsels des Blutes in geographisch- physiologischer Beziehung wird nur derjenige befähigt sein, der durch zahl- reiche Einzelbeobachtungen der vorher angeführten Punkte und langjährige Residenz an einem Orte zur Lösung dieser schwierigsten Frage der Chemie des Blutes sich qualificirt. Es würde vergebliche Arbeit sein, dies unter anderen Verhältnissen als den hier hervorgehobenen zu untersuchen. Ebenso steht es um das Studium des Gesammtstoffwechsels des Orga- nismus unter den erwähnten Verhältnissen. Hier müssen zunächst erst die gröberen Versuche mit Wägen uud Messen vorgenommen und nebenbei die Nahrungsmittel der verschiedenen Zonen berücksichtigt und analysırt werden. Zu letzterem Zwecke thut daher zunächst ein Sammeln und Conserviren dieser Gegenstände Noth und die Begründung einer Abtheilung für die ver- gleichende Bromatologie in einem ethnographischen Museum. Hier berührt sich die Physiologie mit der Hygiene und mit der Ethno- logie, und wer in letzterer Wissenschaft arbeitet ohne gerade Physiolog, Bo- tanıker.oder Arzt zu sein, kann also durch einschlägiges Sammeln auch an- deren Disciplinen nützlich sein. Man achte hier aber nichts zu gering und sammle nicht zu kleine Proben und suche auch die quantitativen Verhältnisse, die zum Unterhalt der Individuen durchschnittlich von diesem oder jenem a 181 Wo periodische Abstinenz, man den Einfluss derselben "Dem Consum gegenüber beachte un nr die Leistungen des Orga- nismus, die ja in den Formen der Wärme, der Elektrieit und der Be- wegung auftreten. Die Thermographie der verschiedenen Racen, _ vom angedeuteten Gesichtspunkte aus aufgefasst, ist noch nicht bearbeitet _ und verdient daher, selbst wenn a priori vielleicht ein irrelevantes Resultat _ vermuthet werden dürfte, dennoch in Angriff genommen zu werden. Man DE weiss z. B. wie colossale Mengen Brennstoffe der Polarländer verzehrt und wie geringe Nahrung der Wüsteäbewohner Afrikas geniesst. Wie steht es hier mit der Bilance- der thierischen Wärme? Sl Nahrungsmengen sind absolut erforderlich zum Unterhalt des Lebens hier und dort? wel. Wärme grenzen sind dem Menschen gezogen und wie hat er seine Ernährung danach einzurichten. Man giebt als höchste Grenze der Eigentemperatur, die der Mensch ertragen kann, 42°%,6 ©. an, und doch geben Berichte manchmal _ höhere Aussentemperaturen als erlebt an. Welche Vorgänge im Organismus ermöglichen dann die Weiterexistenz desselben ? Die elektrischen Vorgänge in Muskeln und Nerven in den verschiedenen Zonen und Höhen sind wohl zu subtiler und schwieriger Natur, um sie schon jetzt von diesem Gesichtspunkte aus zu studiren. Eher lässt sich die Arbeitskraft des Muskels hiernach untersuchen. Man wendet dazu entweder ein Dynamometer an und prüft Druck-, Zug-, Stoss- oder Hebekraft gewisser - Muskelgruppen, je nach den Einflüssen der Temperatur, Luftdruck (Höhe über der See) Feuchtigkeit, Ernährung, Per- und Transpiration u. s. w. oder _ man prüft auch nach der Methode von Weber, indem man den betreffenden Körper solange mit Gewichten (Sand- oder Schrotbeuteln) belastet, bis das Erheben der Fersen vom Boden durch die Action der Wadenmuskeln un- ‚möglich geworden ist. Die absolute Kraft der letzteren ist = dem Moment der Last (d. h. Körper + Gewicht) durch die Länge des Hebelarmes der Wadenmuskeln dividirt (Näheres in den Handbüchern der Physiologie). Diese Untersuchungen über die Muskelkraft werden den Aerzten von Kriegs- schiffen oanz besonderes Interesse gewähren und der Hygiene der Mannschaften, { in Bezug. auf nothwendige und eikubte Arbeitsleistungen unter den Tropen u.s. w. von grossem Nutzen sein. Die Flimmerbewegung, die der ceontractilen Zel- - len u.s. w. sind ebenfalls noch zu studiren. B.. Was demnächst noch aus dem Capitel der Nervenphysiologie zu unter- suchen ist, lässt sich vor der Hand schwerlich näher bestimmen. Dass das Nervensystem von äusseren Einflüssen des Klimas, der Höhe über dem Di Meere u. s. w. stark beeinflusst wird, dass die Energie der Leistungen darunter entweder leidet oder dass sie Erhöht wird, wissen wir Alle. Es fragt sich nur um die Methode, wie man diesen Einfluss messbar darstellen Korn und ir werden uns demgemäss wohl zunächst auf die Untersuchung der Functio- nen der Simesorgune De ar an nn BEVeh, auch hier zunächst nur ganz ein- len Kategorien der Besatzung des Schiffes vor, während und nach einer igeren Reise wird ein dankbares. Bank sein und über manche Tonotonie des Seelebens hinfort helfen. Ich habe früher dazu schon einmal Anregung gegeben und zwar zunächst nur in der Absicht, das Sehver- einer gewissen Classe von Seeleuten nach allen Richtungen hin, auf 182 N 2 Eee Sehschärfe, Accomodation, dioptrische Qualität, Fern- und Nahepunkt u.s.w. geprüft, zu ermitteln und danach das absolut von Seedienst-Oandidaten zu fordernde Maass von Sehvermögen festzustellen. Eine solche Untersuchung muss aber vielfach, tausendfach wiederholt werden, nicht nur in diesem In- teresse, sondern auch in anderer Beziehung, ebenso unter dem stetig gleichen intertropicalen Tageszeitenwechsel wie unter den langen Tages- oder Nacht- monaten der Pole. Vollständige Brillenkasten, Optometer u. s. w. sollten daher für solche Zwecke der sonstigen Ausrüstung eines Schiffsarztes mit ophthalmologischen Instrumenten gelegentlich hinzugefügt werden. Die Endorgane des Olfactorius, Acusticus, Glossopharyngeus werden weniger interessante Untersuchungen gestatten, eher noch wird vielleicht die Tastempfindung in ihren verschiedenen Abstufungen als Wärme-, Druck-, Schmerz- u. s. w. Wahrnehmung sich einer Inquisition unterwerfen lassen, wobei ich nur darauf hinweisen will, dass z. B. das Schmerzgefühl nach Racen sehr variabel erscheint. i Dass mit diesen Andeutungen nicht die gesammten Aufgaben aus der geographischen oder ethnographischen Physiologie erschöpft sind, wird Jeder einsehen, ebenso aber bereitwillig zugeben, dass sich dieselben nicht erschöpfend ohne Weiteres a priori stellen lassen. Wer sich aber mehr und mehr in die Lösung einiger derselben vertieft haben wird, wird aus sich selbst heraus mehr und mehr die Vielfältigkeit derselben erkennen und immer neue Ge- sichtspunkte ausfindig machen, von welchen diese oder jene Frage aufs Neue einer Untersuchung und Beantwortung unterworfen werden kann. Die bisher betrachteten physiologischen Gebiete konnten grossentheils auch von Nichtärzten bearbeitet werden, sofern sie nur in den dazu uner- lässlichen propädeutischen Fächern der Naturwissenschaften, Chemie, Physik, Physiologie, Anatomie u. s. w. bewandert sind. Das Gebiet der eigentlichen ärztlichen Wissenschaft, die Pathologie, pathologische Anatomie, Aetiologie, Therapie u. s. w. wird auf Reisen nutzbringend grösstentheils nur von wirk- lichen Aerzten angebaut werden können und das auch nur bei gehöriger literarischer Vorbereitung auf das vorgesteckte Ziel. Wer daher eine ein- zelne Krankheit studiren oder das gesammte pathologische Bild einer be- stimmten Region auffassen will, säume nicht, bei Zeiten seine Vorstudien zu beginnen. Nutzbringend wird auch die Bekanntschaft mit den Vorgängen sein, die in den letzten Jahren auf den internationalen medicinischen Oon- gressen und auf den alljährlichen Wanderversammlungen der Naturforscher und Aerzte sich abgespielt haben. Ich füge daher sogleich hier z. B. die Fragen ein, welche auf dem 1867 zu Paris abgehaltenen internationalen medicinischen Congress vorgelegen haben: 1. Die pathologische Anatomie und Physiologie des Tuberkels, die Häufigkeit der Tuberkulose in verschiedenen Klimaten und ihr Verhältniss zur Sterblichkeit im Allgemeinen. Der erste Theil der Frage kommt hier nicht in Betracht, während es bezüglich des zweiten Theiles darauf ankommt, zu untersuchen, welche Verhältnisse in den ver- schiedenen Zonen und Ländern für die Entstehung der Krankheit von vor- wiegendem Einfluss sind. Berücksichtigt müssen werden Alter, Geschlecht, klimatische Eigenthümlichkeiten, Racen, sociale Gewohnheiten, Nahrungs- mittel, Profession, frühere Krankheiten, Complicationen. Die Erscheinungen, unter welchen die Krankheit in verschiedenen Gegenden aufzutreten pflegt und der Einfluss von Complicationen auf den Verlauf der Tuberkulose selbst und umgekehrt der Einfluss der Tuberkulose selbst auf andre Krankheiten we zu untersuchen, Eine rende Prüfung der Fe etischen Unter- zur Beantwortung der Frage benutzt worden sind, ist erforderlich, An Die ‚seit dieser Zeit in der Erkenntniss der nel, Frage ge- machten Fortschritte werden allerdings die Fragestellung in mancher Be- ziehung abändern. Man wird manche Frage präciser cöllen müssen. Tuber- ‚ceulose und Phthisis werden streng zu enden und ein Hauptaugenmerk wird darauf zu richten sein, welche oranfoegangenen Organ-Erkrankungen_ die . Tuberkulose in genere und in specie herbeiführen. Die Häufigkeit des Aue Be tretens von Mabenkulans bei nicht nach Habitus und Constitution dazu dis- _ ponirten Individuen in den Tropen ist bisher noch unerklärt und ebenso EN, der Grund der Gefährlichkeit des Tropenaufenthaltes für prädisponirte oder Bi schon in dem ersten Stadium einer Lungenphthise befindliche Individuen. a, Hat sie ihren Grund in der diätetischen Lebensweise der Tropen, in der Ban: veränderten, mangelhaft assimilirten Nahrung? Was antwortet mit Bezug hierauf die, nach oben angeführten Grundzügen bearbeitete physiologische TR Beobachtung der gesunden Individuen ? Gehen etwa in den Tropen entzündliche Vorgänge in den Parenchymen nz der Organe nicht in eine hinlängliche, erwünschte Resolution über, fehlen Ws. die nothwendigen kritischen Auscheidungen, bleiben Reste zurück, die käsige Bu Umwandlung erfahren? Ist namentlich die Pneumonie in den Tropen etwa - sehleichend-insidiöser Natur, und aus welchen Gründen ist sie das? Hängt Br; etwa die tropische Furunkulose, die sie oft begleitende Lymphdrüsenentzün- EN dung, die Dysenterie der Tropen und die damit einhergehende Schwellung. | der Mesenterialdrüsen mit der Tuberkulose causal zusammen? Eine Menge von Fragen kommt, wie der Leser sieht, hier vielleicht in Betracht. „ E. 2. De a des ann welche nach chirurgischen ! ; Operationen den Tod herbeiführen. Hierher sind zu rechnen die Zufälle, welche weder mit Ausdehnung oder Beschaffenheit des operativen Eingriffes, moch mit Vernachlässigung irgend einer Vorsichtsmaassregel in Verbindung gebracht werden könne, z. B. diffuse Phlegmone, Brand, Rothlauf, Lymph- angitis, Phlebitis, Pyaemie, Septieämie, Tetanus. Die Entstehungsursachen BR aller dieser Wund- und Hospitalkrankheiten ist, obschon unsere neuere Zeit 1 ra (die „Bacterienfrohe“, wie sie Cohnheim nennt), mancherlei Aufschlüsse ER darüber bieten zu wollen scheint, noch nicht aufgeklärt, und die Erfahrung Te, lehrt, dass dieselben nicht überall gleich stark und gleich häufig auftreten. 5” Hier heilen die schwersten ausgedehntesten Verletzungen stets per primam, 0 ‚dort keine einzige, jede Acne- oder Furunkelbeule kann lethal endigen. Es } ist daher zu untersuchen, ob die Sterblichkeit nach traumatischen oder chi- rurgischen Eingriffen, je nach Race und Klima verschieden ist (z. B. in | China, Alsgier u. s. w., wo die enormsten, vom Priesterfanatismus ersonnenen Verletzungen spontan heilen) und ob die Allgemeinerkrankungen, welche die- ‚selben bedingen, gleich heftig und gleichartig überall auftreten, ob den Va Methoden der Nachbehandlung, den localen Dorn erhal, Hospital- “, einrichtungen u. s. w. ein Einfluss zuzuschreiben ist. es 3. Die dritte Frage des Congresses, 1873 in Wien wieder behandelt, 2; etreffend Beschränkung der Verbreitung venerischer Krankheiten, ist füglich | er nicht in dieser Weise mehr zu stellen. Jedoch wird das Studium der Syphilis überall unternommen und gefördert werden können, ausgenommen türlich an solchen Punkten der Erde, wo sie angeblich bisher fehlt. Diese ‚2. B. also der Archipel der St. Tohainal Inseln (Moolsamodo ‚ Port-Vietoria auf den Seychellen u. A., die etwa noch frei von ind, erfordern aber erst recht eine aufmerksame Beobachtung und 184 . ‚Eriedel. ebenso die Centren der grossen Continente mit ihrem mühseligen und spär- lichen Fremdenverkehr, Ebenso verdient Berücksichtisung die Therapie der Eingeborenen und namentlich die Frage, ob nicht hier und da, und unter welchen Umständen, genuine constitutionelle Syphilis spontan heilt. Die Höhenklimate, die Wüstenregionen, gewisse insulare Lagen sind zu beachten. Um den Antimercurialisten erfolgreich entgegentreten zu können, würde es äusserst wichtig sein, Erfahrungen darüber zu sammeln, ob mereurielle Be- handlung an solchen Orten überhaupt bekannt, möglich und erreichbar ist, und welche Formen der Syphilis auf solchen, dem Mercur gar nicht bisher zugänglichen Territorien vorkommen. Die zahlreichen, auf kleine Territorien localısirten Leiden, welche noch immer erösstentheils als Syphilis-Varianten oder -Bastarde bezeichnet werden, sind genau zu studiren und namentlich dazu Impfversuche vorzunehmen. Die mikroskopische Untersuchung der Se- crete von derartigen Geschwürskrankheiten ist bisher noch grösstentheils verabsäumt worden. Die Secrete sind möglichst frisch zu untersuchen oder durch Glycerin (resp. carbolisirtes Gl.) conservirt in Lymphröhrchen von gelbem Glase mitzunehmen und später mit Musse zu prüfen. Wo man Ge- legenheit hat, exstirpire man ganze solche Hautstellen, unter Hülfe des Lister’schen Carbollösungzerstäubers, um die Heilung des chirurgischen Ein- grifies zu befördern und beobachte den Verlauf der Heilung. Ebenso sind verdächtige Geschwülste solcher Natur, Drüsenpackete u. s. w. zu enucleiren und alle solche Präparate, in Chromsäure, Chlorzink u. s. w. conservirt, unter Beifügsung gehöriger Etiquetten, nach Haus zu nehmen und an competenter Stelle weiter zur pathologisch-anatomischen Untersuchung abzuliefern. Zu den Varietäten der Syphilis sind zu rechnen 1) die Radesyge Norwegens und Schwedens, 2) das jütische Syphiloid im nördlichen Jütland, 3) Morbus ditmarsicus in Holstein, 4) die Sibbens in Schottland, 5) das liv- und cur- ländische Syphiloid, 6) die Falcadina, der Scerljevo (Margaritizza, Grobnicker Krankheit) da Mal di Breno auf der dalmatinisch -ıllyrischen Küste, 7) die Frenga Serbiens, 8) Spirocolon oder Orchida Griechenlands, 9) das cana- dische Syphiloid, auch Mal de la Bay de St. Paul, Ottawa-Krankheit u.s. w. genannt. 4. Einfluss der in den verschiedenen Ländern üblichen Nahrungsweise auf die Entstehung gewisser Krankheiten. Diese Frage schliesst sich wieder eng an die schon oben von mir be- sprochene physiologische Untersuchung und an die noch später zu erörternden hygienischen Beobachtungen an. Das Üongresscomite fügt hinzu: Mit Aus- schluss der Getränke und der direct unzureichenden Nahrungsweise, richte sich die Aufmerksamkeit auf die Wirkung des ausschliesslichen oder vor- wiegenden Genusses bestimmter und des Verbrauches geradezu schädlicher Nahrungsmittel. In ersterer Hinsicht sind die physiologischen Bedingungen zu erforschen, welche den zufälligen, resp. epidemischen Leiden zu Grunde liegen, die bei ausschliesslichem Genuss vegetabilischer oder animalischer Nahrungsmittel oder vorwiegendem Gebrauche bestimmter Speisen eintreten, unter Berücksichtigung der Wirkung der verschiedenen Zubereitung der- selben. Direct giftige Stoffe, die etwa zufällige zur Verwendung kommen, sind natürlich nicht zu berücksichtigen (wohl aber doch solche die z. B. wie Trichinen u. s. w. deletär wirken) und vielmehr nur die spontane (oder ab- sichtlich herbeigeführte, von specifisch nationaler Natur) Verderbniss der qu. Nahrungsmittel ihrem Wesen und ihren Entstehungsursachen nach zu erforschen und die Krankheiten zu schildern, welche der Genuss solcher Speisen beim Menschen hervorzurufen im Stande ist. vo 7% neuerer Zeit eine immer grössere geworden a Pellagra u. ve aber es bleiben noch genug übrig, bei deren ein solcher Verdacht vorhaah 2. B. beim Aussatz. Die Ausschliessung der Getränke durch die Erläuterung ds Co- _ mites, möchte nicht so unbedingt anzuerkennen sein. Es handelt sich erst- lieh hierbei ja nicht nur um die Genese von Krankheiten, sondern auch um N‘ far . . . . die Ausschliessung solcher aus gewissen Zonen und Territorien und man würde wohl nicht gut nationale Getränke, wie z. B. Kumys hier unbeachtet lassen dürfen; zweitens aber sind wieder andre Getränke, wie Pulque, Chica u.A. nieht so ohne Bedeutung, so wenig wie bei uns zu Lande die Weine, Biere und Branntweine, für die Genese acuter resp. chronischer Leiden. Abgesehen vom Alkoholismus, kommen doch Arthritis, Urolithiasis, Hämorrhois u. A. dabei in Betracht. 5. Der Einfluss des Klimas, der Race und der Lebensweise auf die Menstruation in verschiedenen Ländern. Mehrere Reihen von Frauen, welche derselben Race angehören und in demselben Lande wohnen, aber unter verschiedenen socialen Verhältnissen leben, sind miteinander zu vergleichen. Am meisten zu empfehlen ist die g Eildung von drei Kategorien, onen der wohlhabenden Stände, Arbeiterinnen und raten der ärmeren Olasse in den Städten, Frauen der ländlichen Be- völkerung. Bei den Völkern europäischen Stammes werden sich, wegen der seit Jahrhunderten stattgehabten Vermischung der Stände, diese Reihen schwer bilden lassen, desto besser bei den Völkern mit Kastenwesen. Farbe der Augen und Haare sollte dabei berücksichtigt werden. Der Einfluss des Klimas in der qu. Richtung lässt sich nur durch Vergleichung. mehrerer Reihen von Frauen derselben Race finden, welche unter nahezu gleichen äusseren Verhältnissen unter verschiedenen Klimaten leben, während dort, ro die Versleichung streng geschiedener Racen ausführbar ist, zugleich .. die Frauen mit gemischtem Blut berücksichtigt werden müssen. Es wird _ auch nöthig sein, den Einfluss der qu. Verhältnisse auf die Unregelmässig- keiten der Menstruation zu erforschen. Sehr geeignete Orte für diese Beobachtungen werden die grossen Han- delsemporien des Ostens sein, z. B. Singapore, Oaleutta, Hongkong, Batavia, Melbourne u. A., wo zahlreiche Nationalitäten unter gleichen Verhältnissen theils schon längere Zeit angesiedelt leben, theils in immer neuen Völker- strömen zuziehen. Die Beobachtungen sollten in Form von Tabellen nieder- gelegt werden, welche enthalten: Alter, Lebensverhältnisse, Beschäftigung, Zeit des Eintritts der ersten Menstruation, Dauer des blutigen Ausflusses, — Verheirathung oder Ehelosigkeit, Zahl der Kinder und Fehlgeburten, Zeit- punkt der Menopausie. Zu den Angaben über die klimatischen Qualitäten _ des Beobachtungsortes gehört auch die der Höhe über der See. S 6. Die Acclimatisirung der europäischen Racen in heissen Ländern. Es handelt sich nicht um einzelne Individuen oder eine grössere Anzahl derselben, da die Erfahrung bewiesen hat, dass die Nachkommenschaft der- 2 ge häufig dem Klima erliege. Zur yolkoen Acclimatisation einer Race ne sich zu Be haen, en Solche Arber Aueh Natives Ei - andre, Sklaven- oder Kulibevölkerung verrichtet wird, da ist die Acelimati- von keiner Dauer. Doch auch solche Beobakutägen müssen mit in 186 i Friedel. Betracht gezogen werden. Die Zunahme der europäischen Race an einem solchen Platze ist an. und für sich kein Beweis für ihre gelungene Acelima- tisirung. Selbst bei Vergleichung der Geburts- und Sterblichkeitsverhältnisse, sonst dem bestmöglichsten Verfahren zur Beurtheilung der Frage, muss die neueingewanderte Bevölkerung von der in der Colonie selbst geborenen ge- schieden werden, da erstere bei ihrer Ankunft grösstentheils das gefährliche Alter der Kindheit schon hinter sich haben. — Was in dem Abschnitt über die physiologischen Beobachtungen früher schon erwähnt worden ist, findet natürlich hier seine volle Anwendung. Ich füge hier nur noch hinzu, dass nach meiner Ansicht, bei gehöriger Observanz aller Cautelen, die die hygie- nischen Erfahrungen schon jetzt allermeist innezuhalten erlauben, die Acecli- matisirung der Europäer fast überall möglich ist, sofern nur der Nervus rerum, d. h. Geldmittel, reichlich zu Gebote stehen. Alle Schwierigkeit liegt an den Bodenverhältnissen, nicht am Längen- und PBreitengrade eines Ortes, und an dem langsamen, aber systematisch-sicheren Vorschieben der Cultur- arbeiten. Wer eine Brücke über einen Fluss bauen will, muss vom sichern Ufer anfangen, und wer Sümpfe austrocknen oder Wälder ausroden will, darf sich nicht mitten in dieselben hineinwagen. Die Altmeister der europäischen Colonisationsexpeditionen, die Portugiesen und Spanier, haben nur durch zähe Geduld und systematische Arbeit, ohne von Hygiene einen Begriff zu haben, ihre wahrhaft grandiosen Colonialbauten zu Stande gebracht und fast allen Klimaten mit Erfolg getrotzt. Die 7. Frage des nase az „die Entozoen und Entophyten des Menschen“, würde heut zu Meat richtiger lauten müssen: Die Parasiten des menschlichen Körpers und die durch sie bedingten Krankheiten. Der Um- fang dieses Capitels ist ein so grosser, dass kaum noch eine contagiöse, . miasmatische, verimpfbare oder mittheilbare, en- oder epidemische Krankheit ezistirt, welche nicht Anspruch hätte, hier mit in den Kreis der Beobach- tung gezogen zu werden. Noch brennt ja allerdings der Kampf der Mei- nungen heiss. Aber wie in jeder Frage, welche im Gebiete der Pathologie eine gänzliche Umwälzung herbeiführen musste, die conservativen und die fortschrittlichen Kämpfer “ch arg befehdeten, bis die Meinungen sich ab- klärten und eine positive nen erenssaaa allseitig en) wurde, so auch hier. Die Jünger überholen in Meister mit der Zeit, wie es z.B. in der Cellularphysiologie erging mit der Feststellung der Thatsache, dass es Zellen giebt, ohne die bis dahin für unumgänglich nothwendig erachtete Zellmem- bran, und wer früher über die Botaniker die Achseln zuckte, wenn sie bei zahlreichen pathologischen Vorgängen niedere . Parasiten als Ursache be- schuldigten, der ist heut nicht mehr so ungläubig, seitdem der leider so früh verstorbene Mediciner Obermeier die Spirochaete im Recurrens-Blute auf- sefunden hat. Ich glaube, dass die Zeit doch noch kommen wird, zu welcher Mancher den Pionieren auf diesem Gebiete, Hallier und seinen Schülern, ein Unrecht abbitten wird. Und eben aus diesem Grunde sollte jeder Beobachter unter allen Zonen seine Hauptaufmerksamkeit auf solche Krankheiten richten, die möglicherweise von der Existenz derartiger Parasiten am oder im Körper abhängig sein können. Die dazu erforderlichen Instrumente sind jedem Arzte heut geläufig und bekannt; es sind zunächst: ein gutes Mikroskop mit ausreichender Vergrösserung, wenigstens bis 1200 lin. und dabei hellem und klarem Bilde, feuchte Kammern, grosser Vorrath an Objectgläsern und namentlich Deckgläschen. Letztere brauchen gar nicht regulär zugeschnitten zu sein, im Gegentheil sind unregelmässige grössere Bruchsplitter aller Art von dieser Glassorte oft willkommener als jene, weil sie eventuell für die ’ a ln gewähren. Für es die an Bord fast immer nur von ‘oben einfallendes Licht beim Mikroskop benutzen können, ist ein Mikroskop mit umlegbarem Fuss und seitlicher Drehung wohl absolut erforderlich. Die 'Objecte selbst sind natürlich zunächst vom Beobachter möglichst frisch zu 4 _ untersuchen, demnächst aber in conservirenden Flüssigkeiten, oder wo erfor- \ _ derlieh, in Lymphröhrchen aufzubewahren. Letztere sind immer zuzuschmelzen, da ade derselben nicht genug schützt. Wer Culturversuche unmittelbar anstellen will, muss dazu seine Isolir- Cultur- -Apparate, über deren Construction er Halliers Schrlten befrage, falls er auf einem Schiffe arbeitet, an möglichst Be | trocknem und sonnigem, luftigen Platze aufbewahren und Barstellen; denn be- EN kanntlich fängt an Bord Alles Organische sehr.bald an von Schimmelbildungen zu leiden und leider stört ja das allgegenwärtige Penicillium glaucum bekanntlich ich so viele Mikroculturen. Wer dazu keine Zeit und Gelegenheit hat, suche die } zur späteren Cultur resp. Untersuchung bestimmten, mit der qu. Flüssigkeit gefüllten Lymphröhrchen vor zu hohen Hitzegraden dadurch zu schützen, dass h. er sie in gewöhnlichen irdenen Blumentöpfen, die mit rein gewaschenem und R ausgeglühtem Sande gefüllt sind und in einer flachen Schüssel mit Wasser % stehen, vergräbt, die Töpfe auf Schlengerbrettern dem Luftzuge und dem m. Lichte möglichst constant aussetzt und durch ein eingesetztes Thermometer oft die Memperatur controllire: Temperaturen, die anhaltend über 20—22°C. stehen, vernichten meistens die Lebensfähigkeit solcher protozoischer Ge- bilde. (Gleiche Vorrichtung ist für den Tonsehen von Vaceine- Röhrchen in tropische Gegenden die beste Methode). Das Verpacken in den untersten — —- Schiffsräumen ist gänzlich zu widerrathen, da hier höhere Temperaturen vorkommen können. Die Conservirung solider Objecte in Chromsäure u. s. w. H ist schon erwähnt. Wer selbständig solche Untersuchungen anstellen will, muss aber nicht _ mur ein sicherer Mikroskopiker, sondern auch Botaniker und Zoolog genug sein, um nicht Enttäuschungen oder positiven Täuschungen ausgesetzt zu sein. Das Studium der Mycologie u. s. w. ist aber leider noch so wenig von _ Äerzten bisher cultivirt, dass es unerlässlich sein dürfte, für diesen Zweck, _ dass der Beobachter dich durch propädeutische Siudıen an ne: 2 BER Schizomyceten u. dergl. dazu vorbereite. Wer das nicht kann, der wage Ben. sieh nicht daran, unbekanntes Gebiet zu erforschen, denn er setzt sich der $, Gefahr aus, bekannte Dinge für Neue zu halten, gleichgültige für bedeu- tungsvolle auszugeben. Fleissiges Sammeln zum Zweck der Untersuchung durch Sachverständige in der Heimath ist hier das Erforderniss. | Wenn auf den nun folgenden Seiten eine Aufzählung der Krankheits- a formen folgt, auf welche von dem hier entwickelten Gesichtspunkte die Auf- ah _ merksamkeit der Beobachter hingelenkt werden soll, so soll damit nicht twa 'Aerzten eine Anleitung gegeben werden (denn von ihnen muss vorausgesetzt werden, dass sie ihre Aufmerksamkeit der Aetiologie der Krankheiten so RP: _ wie so immer zuwenden), sondern den Botanikern, Zoologen, Ethnologen, Mi Physikern, Astronomen u. A. die oft weit mehr und längere Zeit hindurch perbeit haben, auf ihren Reisen und Excursionen derartige Beobachtungen Be. zu machen, und wohl, wie leider von einem Arzte hier ine werden N muss, mehr Terstähdinies für die terrestrischen oder en Qualitäten Re. nes Ortes haben, als die jüngeren Generationen der Mediciner, bei denen 183 Friedel. Sprechen wir zunächst von den acuten Infectionskrankheiten, so sind es vor Allen die Malaria-Krankheiten, die hier in Betracht kommen. Sie sind die Hauptfeinde, nach Ansicht Vieler sogar die einzigen Feinde der Acelimatisationsunternehmungen der europäischen Race. Ihre Unabhängig- keit vom Boden und von dem Einfluss der Jahreszeiten auf denselben ist allbekannt und bedarf keiner besonderen Untersuchungen. Es handelt sich hier hauptsächlich um folgende Fragen: 1) Wie weit erstreckt sich der Ein- fluss der Malariaquellen auf ihre Umgebung, zunächst am Lande, dann wie weit hinaus auf die See, Lagunen, Flussdeltas, Haffs, breiten Ströme? 2) Sind die Landnebel der Malariaküsten Träger des Infectionsstoffes? 3) Welche Bodenerhebung schützt am jeweiligen Orte und welche locale Eigenthümlich- keiten lassen sich an hochgelegenen, aber dennoch malariösen Orten wahr- nehmen? 4) Welche Windrichtungen sind an Fieberorten die gefährlichen ? 5) Welche Wohnungsaccomodationen schützen dagegen*)? 6) Ist das Trink- wasser, das Flusswasser u. s. w. von Einfluss auf die Genese? 7) Sind ge- wisse Gesteinsarten des Bodens (Granit, Gneis u. s. w.) von Bedeutung? 8) Wo existiren absolut malariafreie Orte und wie ist ihre geologische, hydrologische, botanische Beschaffenheit? 9) Was ergiebt die Untersuchung der verdächtigen Luft? Man benutze dazu Glasplatten, die mit reinem Gly- cerin bestrichen sind und stelle sie an den verdächtigen Localitäten auf oder man aspirire die qu. Luft vermittelst einer Saugpumpe durch eine grosse Anzahl von Glasröhren, die mit Bäuschehen von Schiessbaumwolle verstopft sind und löse diese dann in Aether. Die erhaltene Collodiumlösung fülle man ın Glasbüretten mit Glashahn und untersuche dann das in denselben am Boden angesammelte Sediment, welches sich tropfenweis auf ein Object- glas vermittelst des Hahnes abzapfen lässt, mikroskopisch. Diese Methode, Sedimente aus verdächtigen Flüssiekeiten zu untersuchen, ist die bequemste und sicherste und dem Umherfischen mit einem Glasstabe in einem weiten Gefässe gewiss vorzuziehen. Ich bediene mich derselben seit Jahren, und bin damit im Stande, die kleinsten wie die grössten Mengen von Sedimenten durchzusehen. Die erhaltenen Präparate conservire man oder nehme Zeich- nungen davon, um sie mit denen von anderen Localitäten vergleichen zu können. Dass man die Oollodiumlösung möglichst verdünnt, nachdem sie in einem grösseren Gefässe sedimentirt hat und decantirt worden ist, ist. selbst- verständlich. Ueberhaupt muss man dafür sorgen, dass solche Sedimente mit möglichst wenig Fluidum in die Büretten hineinkommen. 10) Die For- men der Malariafieber sind zu beachten, namentlich ist eine genauere Unter- suchung der remittirenden und der biliösen remittirenden Form nothwendig mit exacten Temperaturmessungen, uroskopischen Untersuchungen u. s. w. 11) Von Wichtigkeit sind ferner Blutuntersuchungen, namentlich bei den perniciösen Formen. Sind wirklich hämobiotische Parasiten bei der Malaria im Spiel, so müssen sie sich bei diesen Formen zunächst im Blute finden. Es ist daher während des Anfalles sowohl als längere Zeit nach demselben Blut zu entziehen und mikroskopisch zu untersuchen. 12) Welche Immunität geniessen die Eingeborenen und wie weit erstreckt sich dieselbe; worauf be- ruht sie? Welche andre Momente (Erdarbeiten, Sprengungen, Tunnelbauten, Erdbeben) begünstigen das Auftreten von Malaria? 13) Welche Bodenecul- turen schützen dagegen, was ist namentlich von der z. B. von Ali Cohen so *) Z. B. in den Schlafzimmern in den Tropen statt der Fensterjalousien u. s. w. Rahmen mit doppelten Metallgaze-Scheiben, zwischen denen Watteschichten, compri- mirt, eingelegt sind ? Heilkunde. warm empfohlenen Sonnenblumencultur zu halten? 14) Welche sicheren dia- gnostischen Kennzeichen existiren zwischen biliöser Remittens und Gelbfieber und andrerseits Typhus icterodes? 15) Ueberall ist vermittelst genauer 2 20 Tagebuchnotizen anamnestisch die Incubationsdauer festzustellen. Oft wird In; nur auf diesem Wege die Frage: ob Gelbfieber oder biliöses Remittens? zu BER entscheiden sein. Icterische Fieber, die später als 7—11 Tage nach Com- % - munication mit einer verdächtigen Localität u. s. w. auftreten, sind nach meiner Ansicht wohl kaum je Gelbfieber. 16) Welche Prophylaxe ist inne- N „gehalten worden und wie hat sie sich bewährt? 17) Welche andern Krank- heitsformen treten mit der Malariaaffection zugleich auf, welche verschwinden? Re r. 18) In tödtlich ablaufenden Fällen suche man Milz, Theile der Leber, des oh Hirnes, die Mesenterialdrüsen, Nieren zur späteren Untersuchung zu con- serviren. a ’ ‘ Ganz analoge Fragen liegen beim Gelbfieber zur Erledisung vor. Neuerdings hat bekanntlich eine Autorität wie Pettenkofer demselben die Contagiosität absprechen wollen und es nur als „verschleppbar“ bezeichnet. Diesem Ausspruche gegenüber halte ich es für die Pflicht jedes Arztes, dem Gelegenheit wird, Gelbfieber zu beobachten, namentlich jedes Schiffs- arztes, die Frage aufs Neue sorefältiest zu studiren. Kein Andrer ist so dazu berufen, wie ein solcher. Er kann alle Umstände genau controlliren ; unter seinen Augen entwickelt sich der Vorgang, unter seiner Behandlung befinden sich die Kranken. Jede erdenkliche Mühe ist von ıhm daher an- zuwenden, die Giftträger zu ermitteln und die Umstände klar zu legen, welche ein Aufgehen der giftigen Saat oder das Erlöschen derselben be- dingen konnten. In vielen Fällen, so namentlich auf Kriegsschiffen, wird | wegen der sofort zu ergreifenden Gegenmaassregeln (Verlassen des Hafens R und Aufsuchen nördlicherer Breiten) eine genauere Forschung sehr erschwert - werden. Wer aber von solchen Umständen unabhängig eine Gelbfieber- epidemie beobachten kann, dem stehen noch viele Fragen zur Lösung offen. Vor allen Dingen ist die Aetiologie noch ganz und gar mythisch. Wir wissen, dass bis vor nicht langer Zeit Gelbfieber nur die atlantischen Con- tinente und Inseln infestirt hat, dass es mit der Verbreitung der Klipper, Dampfer und Eisenbahnen über den amerikanischen Continent hinweg- seschleppt ist, dass es die früher so salubren brasilianischen Häfen heim- gesucht hat. Ueber den indischen nach Osten und über den grossen Ocean nach Westen ist es noch nicht gedrungen und warum das nicht? Wenn es KÜ von hämobiotischen Parasiten abhängig ist, welcher Art sind dann dieselben und wo existiren sie, analog der Malaria, ausserhalb des menschlichen Or- ganismus? Welche derartige Gebilde zeichnen denn die Heimath des Gelb- fieber, die westafrikanischen Dschungeln, vor anderen tropischen Dschungeln aus? Welche fehlen in Vorder- und Hinter-Indien, den Sunda-Inselu, den ” chinesischen Küsten, Madagascar u. s. w.? Wird ein zweiter Obermeier im _ Gelbfieberblute die hier supponirten Gebilde entdecken? Ich erinnere daran, dass nach glaubwürdigen Untersuchungen, beim Biss durch Giftschlangen, gi FE hämobiotische Neubildungen in unzähligen Mengen die Blutmasse zerstören Hai und zu hämorrhagischen Ergüssen durch die Schleimhäute, sowie ins sub- | eutane Meilgewebe Veranlassung geben. Rührt die Blutdissolution bei Gelb- N fieber Hicks "elwa. von analogen Vorgängen her? Man hat (vergl. meine Bi „Krankheiten in der’ Marine“ pag. 221) frisch gefälltes, mit der Rinde ver- sehenes Holz ‚und die darauf wachsenden üppigen parasitären Pflanzen als Ursache ‚beschuldigt. Die Erwägung, dass die Quelle des ersten autochthonen [e7 Parfalles doch einmal Buekerhälkı des menschlichen Organismus zu ee Ad a er, ME. u MM . Hr d a 190 Heide suchen ist, lässt die Annahme zu, dass z. B. also auf der westafrikanischen Küste immer von Neuem eine solche Genese stattfinden kann. Ist man sicher dass solche Fieber nicht zu den bilbös-remittirenden gehören, so muss sich doch das Agens einmal erforschen lassen, welches die Gelbfieber-Er- krankung erzeugte. Wenn ferner, im Pettenkoferschen Sinne, Gelbfieber nicht contagiös, sondern nur verschleppbar ist, warum fallen ihm so viele Aerzte und Krankenpfleger auf gut und sauber gehaltenen Kriegsschiffen zum Opfer? Wo liegt hier der Boden, das Mistbeet, um mich so auszu- drücken, auf welchem der Infectionsstoff, einmal ausgesäet, neu aufkeimt und seine Keime weiter ausstreut? Welche Desinfeetionsmaassregeln verhüteten eventuell dieses Aufgehen der Saat oder waren sie unwirksam? Schützte nur das schon erwähnte Aufsuchen höherer, kälterer Breiten dagegen? Die Therapie anlangend, so ist wohl anerkannt, dass Chinin, gegen die bei- den andern biliösen Fieberformen der Tropen so wirksam, hier nichts hilft. Wie steht es aber mit anderen antizymotischen Mitteln, den Präparaten der Carbolsäure (z. B. carbolsaures Chinin,) den Hyposulfiten? Sind etwa direete Injeetionen in die Venen, von Ammoniak, welches gegen Schlangenbiss so warm empfohlen wird, von Hyposulfiten ete. nicht wirksam? Ist die schwere Erkrankung der Magenschleimhaut nicht etwa die alleinige Ursache, wess- halb Chinin und dessen Salze, als nicht resorbirbar, unwirksam sind? Wer über Eis und Eismaschinen gebieten kann, sollte ausserdem die Abkühlung des Körpers durch grosse Eismassen, in Beuteln oder in Eiscataplasmen (dieker Mehlteig mit Eisbrocken darin) nicht unversucht lassen. Es bedenke ferner jeder Beobachter, dass unseren heimischen Forschern noch keine Ge- legenheit geboten gewesen ist, anatomisch-pathologische Untersuchungen ein- zelner Organe von Gelbfieberkranken zu machen. Wer daher Gelegenheit zu Obductionen hat, bringe Probestücke aller Organe gut conservirt im Chromsäure oder Ohlorzink etc. mit nach Haus und schicke sie an die patho- logischen Institute unserer Universitäten! a In Bezug auf Cholera wird an dieser Stelle kaum etwas Anderes er- wartet werden können, als was vor Kurzem erst die Reichscommission zur Erforschnng der Ursachen der Cholera im August 1873 schon Allen Beob- achtern ans Herz geleet hat. Der einheitliche Untersuchungsplan stützt sich auf folgende Momente die übrigens bei jeder epidemischen Krankheit beob- achtet werden könnten: 1. Jeder einzelne Krankheitsfall ist als Gegenstand besonderer Anzeige bei den Behörden isolirt zu registriren in ein Schema, enthaltend: Ort, Wohnung (Strasse, Hausnummer, Stockwerk, Zahl der Hausbewohner, ob am Beobachtungsort oder anderswo erkrankt (zugereist, wann und woher?) Name, Geschlecht, Alter, Stand oder Gewerbe des Erkrankten, Tag der Erkrankung, Tag des Todes. Bei Kindern unter 14 Jahren Stand oder Gewerbe der Eltern, bei ausserhalb ihrer Wohnung Arbeitenden auch der betr. Aufenthaltsort, Werkstatt, Fabrik, Bergwerk etc. wo sie arbeiten. Unter Be- merkungen sind Andeutungen über Wohnung, Aborte, Trinkwasser, Verkehrsverhältnisse, Gewerbsanlagen im Hause etc. zu machen. Analoge Fragen sind zu beantworten be- treffs der Militärpersonen und zwar nach Ort, Truppentheil, Unterabtheilung desselben, (Caserne, Bürgerquartier, Strasse, Hausnummer, Stockwerk, Stubennummer, Zahl der Bewohner), ob der Kranke zugereist, wann und woher, Namen, Alter, Dienstzeit, Charge, Civilberuf, Tag der Erkrankung und des Todes, Bemerkungen (ob im Arrest, auf Posten erkrankt, Art der Strafe bei Arrestaten, bereits abgesessene Zeit, Beschaffenheit der Wohnung, Aborte ete. wie oben). 2. Bei Erforschung der Krankheitsträger und Ver- breiter kommen in Betracht: der Mensch selbst, der krank oder gesund aus infieirten Gegenden kommt, Verkehr desselben mit den Infieirten; Leichen und mit denselben stattgehabte Manipulationen; Auswurfsstoffe der Kranken, auch der an abortiven Formen Leidenden; Gegenstände an denen das Gift haften kann: Thiere und Thiertheile, Wäsche, Kleider, ete. Transportmittel, Trinkwasser, (Untersuchung desselben vor, während und nach Auftreten der Krankheit und Ausdehnung des Gebrauchs desselben auf dem heim- BEN“ | | lg! u RT 7 suchten Terrain, Einfluss der Absperrung des qu. Wassers auf das Erlöschen der rankheit in dem Terrain; Verunreinigung des Nutzwassers mit Choleradejecten, z.B. durch Waschanstalten; Abzugscanäle und deren Zusammenhang mit den infieirten Localitacten, Aborte und deren Beschaffenheit, Communication derselben mit einander oder Isolirung und Zusammenhang dieser Verhältnisse mit den Erkrankungen; Art der NE Entleerung der Aborte und wohin? ob in offene Gruben, Canäle, Bäche, oder ver- seharrt? Wasserläufe als solche und als Verkehrsstrassen, als Träger von Stoffen (Strolı, ii: pe Holz ete.) an denen der Krankheitsstoff haftet; endlich die Luft selbst, in der Nähe der Kranken wenigstens. Es ist ferner 3, zu berücksichtigen: individuelle Empfäng- lichkeit und zwar im Individuum selbst als auch in seiner nächsten Umgebung, also | Constitution, früherer Gesundheitszustand, etwa überstandene Cholera, Schwangerschaft, - Wochenbett, Lebensweise, Nahrung, Mangel oder Uebermass derselben, unverdauliche oder laxirende Speisen, Gemüthsstimmung, Wohnung, Luftkubus, Kleidung, Reinlich- keit. Auch die Erforschung der Incubationszeit gehört hierher. 4. Die Erforschung der sub 2 und 3 angedeuteten Momente ist besonders detaillirt zu führen bei Gefäng- nissen, Correetionshäussern, Hospitalen, Irrenhäussern, Versorgungs- und Lehr-Anstalten etc. kurzum bei Zusammenleben vieler Menschen unter gleichen äusseren Verhältnissen. Garnisonen, Bergwerksdistrikte, Schiffe und Flösse werden als Territorial-Bezirke, in denen die Krankheit besonders genau beobachtet werden kann, zu bezeichnen sein. 5. Die Coineidenz epidemischer Verbreitung der Cholera mit gewissen constanten atmosphärischen und tellurischen Vorgängen, namentlich in Indien, erfordert dass end- lich folgende Gesichtspunkte näher bezeichnet werden müssen a) von tellurischen: geognostische Formation, ob Urgebirgs-, Keuper-, Kalk-Formation, ob Diluvial- oder Alluvial-Boden. Physikalische Beschaffenheit, ob Kies, Sand, Lehm, Fels, leicht-, schwer-, oder undurchlässig? Festes Gestein ist nicht immer undurchlässig, es kann dabei sehr porös sein. Die Angabe der Bodenverhältnisse beziehe sich auf die Schichten von der | Oberfläche bis zur ersten Wasserundurchlässigen Schicht mit Angabe der Maasse, Gestaltung und Gefällsverhältnisse der Oberfläche, ob relativ hohe oder niedrige Lo- calität, auf oder am Fusse eines Abhanges, an einem Steilrande, ob auf einer Schneide zwischen zwei Mulden oder in einer Mulde gelegen? Inhalt des Bodens an Wasser und organischen Stoffen mit besonderer Rücksicht auf die Abfälle des menschlichen Haus- haltes. b. Von atmosphärischen: Temperatur der Luft und des Bodens, Regenmenge, \ Verdunstungsmenge, Grundwasserstände (sämmtliche Angaben nach den Monatsmitteln der Beovachtungen), Pegelstände grösserer und kleinerer Flüsse nach täglichen Auf- - © zeichnungen. ) Diese Aufzeichnungen sind nur werthvoll, wenn sie Jahre hindurch stattgefunden haben und nicht bloss an Cholera-Orten sondern auch an cholerafreien oder auffallend verschont gebliebenen Orten. Missionsanstalten mögen davon Notiz nehmen! 6. Endlich Abwehr der Cholera, wo und wo- durch sie stattgefunden? E Die Aufmerksamkeit der Beobachter wende sich ausserdem noch auf die verschiedenen Formen der Krankheit, die tetanische, cyanotische, trockne, sudatorische ete. Die Pseudocholera-Formen der Malariafieber sind wohl zu unterscheiden! Die Therapie wird Bereicherungen durch Import vom Aus- lande her kaum zu erwarten haben und man vertraue daher nicht allzusehr den Empfehlungen von Specifieis der Eingeborenen. Von den typhösen Fiebern ist die geographische Verbreitung, die Form e. des Auftretens, namentlich der eventuellen exanthematischen Erscheinungen bei denselben, die Aetiologie, die Blutbeschaffenheit zu studiren. Von vielen Kae Gegenden her fehlen noch ganz und gar die Obductionsergebnisse, nament- Aa lich vom Typhus ‘syneopalis. Vom Recurrens ist das Vorbild zu den mi- kroskopischen Studien der Blutveränderung herzunehmen. Das biliöse ' Typhoid mit seiner Differential-Diagnose von den schon erwähnten beiden ur ‚anderen icterischen Fiebern, ist einer sehr genauen Forschung bedürftig. | as Mittelmeerfieber (mediterranean fever), bald für eine Typhusform, bald ı Richtungen hin. Ebenso steht es mit dem sogenannten „Australfieber“ nderen mit grosser Prostration und Benommenheit verbundenen fieber- ' Krankheiten des südamerikanischen Continents, Neuseelands, Austra- Kan'ıy Kr er! h ee eh a HA 192 Friedel. liens, Neu-Guinea’s, Südafrika’s etc. die noch ihrer Bearbeiter warten und eine bedeutende Ausbeute liefern dürften. Auch hier werden die Missionen dieser Regionen als Pioniere der ärztlichen Wissenschaft Europa’s auf- treten müssen. Beulenpest, indische, sibirische Pest sind heut zu Tage den Forschern wohl nur in ihrer Heimath noch zugängig, versprechen aber nach jeder Richtung hin die ergiebigste Ausbeute und sollten auch hierbei unsere pa- thologischen Institute vor Allem von den Reisenden (nach Anleitung der beim Gelbfieber gegebenen Andeutungen) nicht vergessen werden. Von den exanthematischen Fiebern sind besonders Erysipel und Schweiss- friesel vom neueren aetiologischen Standpunkte aus zu untersuchen, nament- lich das gleichzeitige Auftreten von Cholera und Schweissfriesel zu beachten. Vom Scharlach und von den Morbillen interessiren die Erscheinungen der- selben bei den farbigen Racen, ihre Einschleppung u. s. w. Diphtheritis und ihre Coincidenz mit Scharlach in bisher selten heimgesuchten oder ganz verschonten Territorien ist noch überall eingehender Beobachtungen bedürftig. Ueber Blattern wird kaum viel Neues noch beigebracht werden können, wenigstens von Reisenden. Dengue wird den Schiffsärzten, die die Tropen besuchen, nicht entgehen dürfen, wenn es das Glück will, dass sie eine solche Epidemie gerade vorfinden. Die räthselhaften Ursachen der Influenza, wenn sie plötzlich 1000 Meilen vom Lande Schiffsbesatzungen überfällt, erwarten von diesen Reisenden ebenfalls scharfe Beobachtungen der atmosphärischen Verhältnisse womöglich unter Zuhülfenahme des Mikroskopes, falls die Winde etwa Staub etc. (analog dem Passatstaube) mit sich führen. Auch das Heu- fieber und seine Analogie”) gehören hierher. Was über den Aussatz (Lepra arabum) zu beobachten ist, hat Virchow schon vor längerer Zeit in einem Fragenschema mitgetheilt und muss, um diesen Zeilen nicht eine zu grosse Ausdehnung zu geben, daher hier auf dasselbe verwiesen werden. Ich kann die Ansicht aber hier nicht unter- drücken, dass auch der Aussatz und alle seine Formen so wesentlich den . Charakter einer parasitären Krankheit, ähnlich wie Pellagra u. A., trägt und daran also die Aufforderungen knüpfen, die Genese desselben aus dem Ge- nuss gewisser verdorbener Nahrungsmittel aus der Fischelasse scharf im Auge zu behalten und darauf hin die Untersuchung zu richten. Auch die Contasiosität, event. Verimpfbarkeit, die Mittheilbarkeit auf irgend einem noch dunklen Wege, ist noch nicht zweifellos zurückgewiesen. So herrscht in Bangkok die Ansicht, dass der Urin der Kranken das Vehikel des Con- tagıums sei! Als pathologische Raritäten sind zur Beobachtung ferner zu empfehlen: 1. die Fromboesie, auch Pians oder Yaws genannt, jene eigenartige höchst contagiöse, von Fiebererscheinungen eingeleitete Hautkrankheit der Tropen beider Hemisphären, namentlich Westafrikas, fast nur Schwarze und Farbige, sehr selten Weisse behaltend. Ist von Neuem sorgfältigen mikroskopischen Untersuchungen zu unterwerfen. 2. Dieser ähnlich aber nur auf irländische Distriete beschränkt und lange nicht mehr besprochen, der Warzen-Schar- bock, Button scuryy der Engländer, vielleicht eine übertragene Zoonose. 3. Die Veruga Perus, eine Krankheit, bei deren Beschreibung man unwill- *) Ein mir wohlbekannter höherer Diplomat wird z. B. jedesmal vom Heufieber ergriffen, wenn er mit Pferden zu thun hat, reitet oder fährt, oder in einen Pferde- stall tritt, während er andre Stallungen ungefährdet betreten kann. ‚die len Fälle von Er Hinose a mu) wenn nicht He auftretenden, bis hühnereigrossen Warzengeschwülste der Haut dem ] den einen noch ganz anderen Chkrakter gäben. Ursache soll das Wasser ! gewisser Quellen sein, oder wohl vielmehr das, was im Wasser suspendirt, a mit demselben zugleich verschluckt wurde. Die Untersuchung des Wassers ah ist bisher, auch durch v. Tschudi, noch nicht vorgenommen worden. 4. Die N Kriebelkrankheit (Ergotismus, Raphanie) als eine allbekanntere himscher % a giebt das Prototyp ab für 3 Krankheitsformen, die höchst wahr- vi . scheinlich, auch schon theilweise anerkanntermaassen, auf analogen Vergiftun- BN.. gen des Denke durch Staub- und Brandpilze gewisser er Bu, beruhen, für: die Acrodynie, bisher nur in Bee und seit 1860 nicht Eh wieder beobachtet und wohl auf Genuss schlechten Brotes zurückzuführen Be (erkrankter Weizen?), dann für das Pellagra (auch Mal rosso, Mal del Sole, eattivo male, mal de la Rosa span.), in Spanien, in Nord- und Mittel-Italien, - Dalmatien etc. auch in Süd-Frankreich und in der Wallachei von kranken | Mais herrührend*) und für die in einzelnen Reisländern (Hinter-Indien, ; - — Öeylon, Sunda-Inseln, China) beobachteten gangränösen Affectionen der Füsse, Be die von Verdauungsbeschwerden, heftigen Gelenkschmerzen, Fieber, Brennen a und Prickeln der Hände und Füsse etc. eingeleitet werden und durch leichte A Hautreize zum Ausbruch kommen können, von den Engländern „Burning of “ the feet“, senannt. All diese Leiden dürften reiche mikroskopische Ausbeute Ve vom parasitologischen Standpunkte aus gewähren, oder doch etwas anderes ÄR Plausibles bringen lassen. Hierher gehört vielleicht auch das noch räthsel- hafte, in Cadix, Xerez u. s. w. epidemisch 1867 aufgetretene Trancazo-Leiden, ER ein mit gastrischen und catarrhalischen Symptomen complicirtes fieberhaftes _ Exanthem, bald als maserartig, bald als frieselartig bezeichnet. N OHR Weit verbreitet über grosse Strecken der Erde zeigt sich die Kropf- i | krankheit und der Cretinismus, erstere bald sporadisch, bald endemisch und RT ah _ erlöschend obne bekannte Ursache, bald epidemisch und doch nirgends an Rn überall gleiche locale Bedingungen, soweit wenigstens bisher el, ge- BR. + * knüpft. “Tange und umfangreiche Be wie‘sie nur auf nk RN. stationen möglich sind, dazu erforderlich sein, um mehr Material zum Ab- ER, he. schluss der Fragen, die hier vorliegen, herbei zu bringen. Der Cretinismus, u ‚so häufig Begleiter des Kropfes, dürfte gerade den Missionaren Veranlassung geben, diese Krankheiten ihrer besonderen Beachtung theilhaftig werden. zu lassen. **) RT Die Zuckerharnruhr ist nach geographischer und ethnographischer Ver- breitung noch gar wenig studirt. Ob dies daran liest, dass so mancher - Ka Arzt d’nltramare sie noch. nicht De oder die su auf Zucker nicht BEN *) Hierher sind vielleicht auch noch zu rechnen: die Columbische Mais- rankheit (vom Peladero, dem Mutterkorn des Mais), von Roulins in Columbia, der Cak, von Broechi in Sennaar 1816—17 und der „Namby‘“ von Tytler in Benkulen auf Die ne paulsische Ohrgeschwulst, vielleicht die Veranlassung der bekannten stellung der B uddha-Statuen mit den langen birnenförmigen Aurikeln, wird gleicher zu er sein; sie soll gleichzeitig mit Kropf vorkommen, was aber be- gr wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen, 13 N 4 1 94 Friedel. Die Abwesenheit der Arthritis (Gicht) auf vielen Gebieten ist noch _ mancher Aufklärung bedürftig. Die geographisch - physiologischen Studien über Harn- und Schweiss- Ausscheidung, über den Einfluss der Nahrungs- mittel, namentlich der anımalischen und der Alkoholica auf den Chemismus der Säfte, sind wohl unerlässliche Vorstufen zur Lösung dieser Frage. Das- selbe dürfte erforderlich sein bei einer Untersuchung über die rheumatischen Affectionen, deren fast allgemeine Verbreitung über alle Zonen der Erde vielen Beobachtern Arbeitsmaterial liefern wird. Ich kann dabei Nichts Besseres thun als die Worte Hirsch’s hier anführen, mit denen er das Capitel über Rheumatismus schliesst: „Es ist eine Hauptaufgabe späterer medieinisch-topographischer Forschung, das Verhältniss des acuten Gelenk- rheumatismus nach allen Seiten hin einer sorglichen Prüfung zu unterwerfen, um die Beantwortung der Frage zu ermöglichen, ob, vom Standpunkte der geographischen Pathologie, die in Frage stehende Krankheitsform überhaupt dem sogen. rheumatischen Krankheitsprocesse zugezählt werden darf, oder ob es sich hier nicht, was mir sehr wahrscheinlich ist, um eine specifische, acute Infectionskrankheit handelt, welche etwa ähnliche Beziehungen zu dem Rheumatismus, wie die Influenza zum Catarrhe hat.“ Gleicher Aufklärungen ist die den Tropen oder vielmehr gewissen tro- pischen Bezirken neh Krankheitsform Beriberi. Ihre Abhäneig- keit von Witterung und Klima scheint allerdings erwiesen zu sein, doch bleibt ihre eigene locale Verbreitung, die Vorliebe für farbige Racen und für das männliche Geschlecht, ihr Auftreten bei Individuen, die schon längere Zeit am betr. Orte sich aufhalten, und nicht so sehr bei neuen Ankömm- lingen, ganz unerklärt. Ueberhaupt bedarf diese Krankheit einer erneuerten klinischen Bearbeitung nach modernen Gesichtspunkten. Die Untersuchung mittelst der elektrischen Agentien, die mieroscopische Beobachtung der Mus- culatur, die Thermographie der Affection u. A. fehlen noch. Von den Organkrankheiten beanspruchen demnächst eine ziemlich be- trächtliche Reihe die Aufmerksamkeit des Reisenden. Die Erkrankungen der Respirationsorgane wird derselbe überall vorfinden und für die Patho-"- logie namentlich daraus Gewinn ziehen, dass er die Thermographie der acuten und subacuten Formen, vor Allem in den Tropen, studirt, worauf schon oben unter der Besprechung der Tuberkulose hingewiesen wurde. Diejenigen Gegenden, welche sich einer besonderen Immunität von diesen Leiden er- freuen, sind besonderer Rücksicht würdig. Die socialen Verhältnisse, nament- lich gewerbliche, üben auf ihre Entstehung bekanntlich grossen Einfluss und wir kennen schon eine ganze Reihe von Gewerben, die durch den mit ihrer Ausübung verbundenen Staub-Inhalations-Process ihre Angehörigen höchlichst gefährden. Eine Erweiterung dieser Kenntniss, auch etwa in der negativen Richtung resp. mit Rücksicht auf solche Gewerbe, die eine Immunität ver- leihen oder einen curativen Einfluss hier und dort ausüben, ist ım Interesse der öffentlichen Hygiene wünschenswerth., Der Einfluss klimatischer Ver- änderungen, der See-Reisen, der Veränderungen der Höhenlage ist zu studiren. Besondere Beachtung erfordern die folgenden seltenen Formen von Er- krankungen dieser Organe: 1. Die Nacra oder Naukhra Ostindiens jene eigen- thümliche heftige aan: der Nasenhöhle und ihrer Adnexa, fast nur Farbige befallend.. 2. Die von Ansiedelung von Insecten-Larven in den Nasenhöhlen herrührende „Peenash-Krankheit“ Ostindiens, Cayennes und wahrscheinlich auch anderer Tropenländer. 3. Die besonderen Formen von Pneumonieen, die als typhöse Pneumonie in Europa sowohl als auch in N kind, ‘dann auch die sog. Malaria-Pneumonie. Die neueren Ansichten über Keuchhusten, Diphtheritis und ÖOroup, namentlich über den parasitären Character der beiden ersteren, werden den Beobachtern Veranlassung geben, dieselben auch in anderen Regionen in _ dieser Hinsicht zu prüfen. Die Krankheiten des Verdauungssystemes werden den die Tropen be- suchenden Reisenden und Aerzten die nächste Veranlassung zu Beobachtungen geben. Die ersten Aeusserungen des inneren Menschen gegen die Einflüsse des Tropenklimas sind die verminderte Esslust und die verzögerte Ver- dauung. Dass die physiologischen Grundlagen dieser Erscheinungen noch aufzuklären sind, bedarf wohl kaum noch des Hinweises. Viele z. B. Fonssa- grives, schreiben die Trägheit der Magen-Darm-Functionen der vermehrten Säfteströmung nach der Haut und der verminderten Durchfeuchtung und da- durch beschränkten Schleimabsonderung des Alımentationscanals zu und ge- wiss nicht ohne Recht. Es würde sich nun nur darum handeln, von einer Reihe von Personen hierüber feste Data zu erhalten, ihre Darmfunctionen zu protocolliren, desgl. ihre Körpergewichte etc. und dann ihre etwaigen durch « die physiologischen Vorgänge vorbereiteten Erkrankungen zu studiren, eine | Aufgabe für den Arzt eines kleineren oder grösseren Kriegsschiffes z. B. die Arbeitsmaterial für längere Zeit darbietet. Man wird dadurch Anhalt gewinnen können über die Genese der Dysenterie, ob dieselbe mehr oder minder den Fäcalstauungen im Dickdarm zuzuschreiben oder ob sie einem, an diesem Br oder jenem Orte acquirirten Infections-Medio aufzubürden ist. Dies sei nur als ein Beispiel hier angeführt. Die grosse Zahl der das Verdauungssystem _ heimsuchenden Leiden kann hier nicht der Reihe nach durchgesprochen B werden. Es muss nur gleich demnächst darauf hingewiesen werden, dass \ der einheitliche Zusammenhang des ganzen Darmrohres vom Lippensaume an bis zum Constrietor ani eine Wanderung der schädlichen Uebertragungen von Anfang desselben bis zum Ende sehr begünstigt und dass Schädlichkeits- fänger, wie sie den Augen durch die Lider und den Respirationswerkzeugen durch die ihnen vorgelagerten Schutzorgane verliehen sind, hier nicht anders _ als etwa durch das Geschmacksorgan repräsentirt sind. Krankheiten des { Mundes und Schlundes, parasitäre Ansiedelungen auf diesen, die bisher als F noxen sui generis galten, sind vielleicht oft nur Vorläufer der Leiden tieferer Partieen. Die Stomatitis vesicularis intertropica ist z. B. vielleicht ein solches schleichendes, oft gar nicht beachtetes Leiden, welches den tropischen insidiösen Durchfällen vorausgeht. Genaue und durch pathalogisch-anatomische Präparate unterstützte Mittheilungen aus allen Weltgegenden sind erwünscht _ über Noma (den Wasserkrebs der Wangen), ebenso über die Parotitis epi- mis, den Mumps. Die Zahnkrankheiten der verschiedenen Nationen ‚bieten nicht minder Interessantes: Die Ursachen der Immunität so vieler _ Racen von Zahnleiden sind aufzusuchen und zu prüfen. Die Untersuchung der der Zahncaries zu Grunde liegenden Pilz-Wucherung ist allerorts, wo 2 i ‚es angeht, aufzunehmen, eventuell ih nöthige Anzahl von ee Krank- _ Magens sind im Zusammenhange mit der üblıahen ‚tatianalen Diät zu be- trächten und die Exemption davon mit gleicher Berücksichtigung zu notiren. ei chronischen Gastrosen, namentlich ihre Beziehung zu der erst in den letzten Jahren näher gewürdigten Ectasie des Magens, sind bei ihrem ohne Zweifel nationalen Sitten zuzuschreibenden häufigen Vorkommen, und trotz elben, ‘noch immer sehr interessante Beobachtungsobjecte.e Wir haben 13 # Heitsobjecten, in Glycerin etc. verwahrt, mitzubringen. Die Krankheiten des‘ 196. : Friedel. z. B. von der Beschaffenheit eines nordischen Magens, der ja bekanntlich ; colossale Fettmassen aufnehmen können soll, noch keine Vorstellung. Eine volumetrische Aichung solcher Mägen ist noch nicht bekannt und ebenso- wenig alle die näheren Umstände, welche die Verdauung z. B. einer Menge von 20 u. m. Pfunden Butter im Darmcanale eines Tschuktschen oder Tungusen begleiten. Wie erhält sich das Blut derselben während und nach der Verdauung, wie die Temperatur, wie die Gallenseeretion, die Nieren- thätiekeit u. s. w.? Welchen gastrischen Affectionen sind solche Nationen unterworfen? Kommen Oarcinom und perforirende Geschwüre bei ihnen vor? Und dagegen: welches Volumen hat der Magen eines Wüstensohnes, eines Andesbewohners? Welche Magenleiden finden sich bei ihnen? Von den Krankheiten des Darmes interessirt vor allen den Reisenden die Dysenterie und ihre Aetiologie, worauf schon hingewiesen worden ist. Was man auch darüber anführen möge, so bleibt es, bis andere Thatsachen darüber mitgetheilt werden sollten, doch feststehend, dass auf einem segeln- den Seeschiff, selbst unter den ungünstigsten Witterungseinflüssen und den schlechtesten Verhältnissen in der Trinkwasserversorgung, Dysenterie nicht auftritt, es sei denn von Hause aus inficirtes Trinkwasser mitgenommen wor- den oder die Accomodation für die Defäcation so mangelhaft, dass daraus Schädlichkeiten entstehen. Erst wenn Schiffe mit dem Lande communicirt, von dort Wasser zum Trinken bezogen oder wenn ihre Mannschaften Fluss- wasser aus den Aestuarien grosser Ströme genossen haben, tritt Durchfall und bald darauf Dysenterie auf. Temperaturwechsel allein erzeugt keine Dysenterie. Dass auch bei Ausschliessung des Genusses von Wasser, also bei grosser Trockniss und Dürre Dysenterie auftritt, ist kein Grund dagegen. „ Denn der eingesogene und verschluckte Staub, der auch mit Obst und anderen Früchten verschluckt werden kann, kann ebenso infectiös wirken, wie der Staub in den trocknen, heissen Sommern in Malaria-G@egenden Intermittenten hervorrufen kann. Der Beobachter richte also sein Augenmerk hauptsächlich auf die Beschaffenheit der Erdoberfläche und der Wasserläufe, auf die Land- cultur, die Düngungsmethode, die Berieselung, die Feld- und Gartenfrüchte und die Art ihrer Zu- und Vorbereitung zum Genusse, des Kochens, Schälens ete. Länder, deren Boden in reicher und langanhaltender Düngungsceultur gehalten wird, sind die bevorzugten Heimstätten der Dysenterie, deren, nebenbei gesagt, überall oleichartiger Charakter und Verlauf auch ausserdem aller- wärts auf gleichartige Aetiologie hinwiess. Auch die Therapie des Leidens verlangt neuere Mittheilungen namentlich über die Nützlichkeit der localen Behandlung des Dickdarms durch massenhafte Irrigationen von Wasser oder arzneilichen Mischungen, wie sie durch Mosler u. A. neuerlichst vorgeschlagen und auch angewendet worden sind. Nähere Auskunft verlangen noch von Leiden des Darmkanals der m den Tropen häufige Prolapsus anı mit seinen begleitenden Ulcerationen, Gangrän ete., unter dem Namen Bicho, Maculo u. A. bekannt und nament- lich den Negern eigenthümlich. Ferner die endemische Colik, Colica inter- tropica seu sicca und deren Vorkommen auch ausserhalb der Tropen, wobei namentlich die etwa vorhandene Möglichkeit einer chronischen Bleivergiftung genau zu beachten ist. Demnächst, obschon am besten studirt von allen Erkrankungen dieser Organe, verdienen die Entozoen des Darmes stets neue Beachtung des Reisenden, da hier, wie z. B. die Forschungen Bilharz’s er- geben haben, ganz sicher noch an vielen Orten der Erde neue Entdeckungen zu erwarten sind. Ihre Wanderungen in und ausserhalb des Menschenleibes ‘ wie des ihrer anderen Wirthe werden immer wieder neue Aufschlüsse Heilkunde. 197 | Von den Ne des Darmes ist es bekanntlich die Leber, die lreichen, durch Klima, geographische Lage des Ortes, Diät etc. bedingten Leiden ausgesetzt ist. In den Tropen häufig entzündlichen und abscediren- en Erkrankungen unterworfen, bleibt sie dort fast ‚ganz immun gegen Neu- # enderungen unterliegt Diese Thatsachen wollen enleren untersucht, SR festgestellt werden. Die Nachbarin der Leber, die Milz, theilt vielfach die RS Geschicke derselben und verlangt daher gleiche Beachtung. In den ub- en und tropischen Zonen kommt Noma und Rhachitis in Verbindung FREE BE mit Milztumoren vor und ist das Verhältniss dieser Erscheinungen zu ein- | ander noch der Aufklärung bedürftige. ER „ R ei Die Krankheiten der Circulahiönkbreane sind nach ihrer geographischen ; Verbreitung noch wenig studirt und ne a ee Be ‘der Eorichen Die He chondn des Herzens, entzündliche wie organische, ihr - Vorkommen in Verbindung mit chronischen Lungenleiden, mit chronischem | Alkoholismus, mit Chlorose, Geophagie, unter Zeiten grosser geistiger Auf- a regungen (Revolutionen, Erderschütterungen, Handelskrisen ete.), die Com- n | plicationen mit Scorbut, die Fettentartungen, das welke Herz, die Hyper- - traphie ohne Klappenfehler bei Bergvölkern, Arbeitern, Seeleuten, die schwie- lige Pericardo-Mediastinitis mit dem sogenannten paradoxen Pulse, die Bil- dungsanomalieen, sind allerwärts zu studiren. Von den Gefässkrankheiten sind die Aneurismen aller Art (sie sollen in der Negerrace, bei den Indiern, Egyptern fehlen), die Hämorrhoidal- und Varicenkrankheit bisher die ein- x zigen, welche, und dies nur spärlich, beachtet worden sind. 2 RB? Von den Krankheiten des uropoötischen Systems ist eine reichere Aus- beute zu erwarten. Schon die oben besprochene physiologische Untersuchung - dieser Organe und ihrer Functionen lässt dies erwarten. Hirsch bemerkt hierher gehörig, dass die Acclimatisationsatrophie der Nieren bei den aus B " nördlicheren. ach tropischen Zonen übergesiedelten Individuen „leider di Aufmerksamkeit der Beobachter in sehr geringem Grade beschäftigt hat“. ı Brisht’sche Nierenkrankheit, an vielen Orten aller Zonen elreelhirss, fehlt a auf gewissen Territorien fast ganz, z. B. auf Inseln, wie auf Neuseeland und ME, der Füroergruppe; ist selten in gewissen malariareichen Gegenden Nieder- a bengalens und Brasiliens. Mittheilungen über gleiche Immunität anderer £L Gegenden sind daher erwünscht. Doch auch die übrigen pathischen Pro- cesse der Nieren sind nicht zu vernachlässigen, z. B. die amyloide Degene- ration, die Hydronephrose, die wandernde Niere. Von den parasitären Er- h _ krankungen kennt man die endemische Hämaturie von Mauritius, Isle de N Bourbon und namentlich Brasilien. Ein Analogon bietet die Chylurie, welche { nach neueren Mittheilungen von Lewis in Calcutta durch die Gegenwart Be *) Als ein Beispiel nur Folgendes, wenn es auch nicht vom menschlichen Leibe, indern nur von einem Hunde sich handelt: 1860 herrschte eine Epizootie unter _ den Hunden in Singkawang, Montrade u. s. w. auf Borneo. Die holländischen Aerzte nden bei Obductionen die rechte Herzhälfte der Thiere voll von Nematoden, die 8 bis oll rh. lang und einige Linien diek waren und bis in die Vena cava und _pulmo- s hineinreichten. Aehnliche fanden sich im Dünndarm. Dieser Befund hatte indess mit der Grundkrankheit der Thiere zu thun, die vielmehr eine Cerebrospinal- ingitis mit Lähmungen war. Er ist aber so sonderbar, dass er auf’s Neue auf- h ‚und erforscht zu werden verdient, denn die Natur der Hämatozoen ist nicht 198 Friedel. finden. Beide Formen der Harnstörung sind daher dringend zum Studium des Reisenden zu empfehlen, wie nieht minder die Distomenerkrankung der- Blase, welche bisher fast nur aus Egypten bekannt geworden ist, wahrschein- lich aber auch anderswo aufgefunden werden wird. Die Urolithiasis endlich, sowie andere, durch chemische Veränderungen des Harn (Oxalurie, Indigo- harn, harnsaure Diathese etc.) charakterisirten Leiden sind zu berücksich- tigen. Erstere ist zwar reichlich unter allen Zonen verbreitet und studirt worden, aber die Exemtion mancher Racen ist noch weiter zu erforschen und aufzuklären. Die Krankheiten der weiblichen Genitalorgane (und ihrer Adnexa, der Brustdrüsen) meist von socialen Missständen, verkehrten und schlechten Ge- wohnheiten, Excessen etc. abhängig, sind Begleiter des geringeren wie grösseren Oivilisationszustandes und werden daher dem Reisenden bald mehr, bald weniger auffällig werden. Der Einfluss des Wochenbettes, die Art und Weise der Abhaltung desselben bei den verschiedenen Nationen und Racen wird daher seine Aufmerksamkeit in Thätigkeit setzen müssen. Die Mit- theilungen über die Krebsaffectionen des Uterus und der Brustdrüse, die Ovarialtumoren, gewähren bisher in vielen Beziehungen nur dürftiges und wenig brauchbares Material. Sie sind daher aller Orten von Neuem zu stu- diren. Die Puerperalprocesse endlich, ihr theils diphteritischer, theils sept- hämischer ev. pyämischer Charakter und die neuere ätiologische Auffassung derselben sind von letzterem Gesichtspunkte aus gleichfalls einer Revision mit Mikroskop, Impfung, Mikrocülturen ete. zu unterziehen. Diese neuere Auffassung, welche, vielleicht mit Recht, eine einheitliche genetische Ent- stehung vieler soleher Processe, wie Wunddiphtherie, Wundrose, Rose der Neugeborenen, Hospitalbrand, Septhämie etc. befürwortet, wird den Forschern reichliche Anregung zu vergleichenden Studien über diese Processe geben. Von den Krankheiten der männlichen Genitalorgane beanspruchen die Hydrocelen, die Neubildungen der Hoden u. a. erneute Untersuchungen nach ihrer geographischen Verbreitung, ebenso die verschiedenen Formen der Unterleibsbrüche. Das Heer der Hautkrankheiten wird sich überall der ersten und immer wiederholten Aufmerksamkeit der Reisenden zu erfreuen haben, da es ihnen zunächst in die Augen fallen muss und verhältnissmässig wenig diagnostische Schwierigkeiten bietet, schon deshalb, weil selbst für die grössten Raritäten endemischer Art unter denselben der betreffende Patient meist den ortsüb- - lichen oder nationalen Namen seines Leidens kennen wird. Und serade diese eigenen nationalen Affectionen sind die der Beachtung und Aufklärung bedürftiosten Objecte der Forschung. Um einen kleinen Fingerzeig für den Beobachter zu liefern, folge daher hier ein kleines Verzeichniss solcher Leiden nebst ihrer Heimath nach Hirsch. Es gehören hierher: a) in Persien die Nabot el leyl, die Nachtpflanze, auch Ihr, eine Art von Nesselsucht von zweifelhafter Ursache, ob von Insectenstichen oder Nahrungs- etc. Einflüssen ? in Assam die Daudkrankheit, ein schuppiges Exanthem, besonders zur Regenzeit auftretend, anfänglich papulös und heftig juckend, in Brasilien die „Curüba“, eine chronische Psoriasis bei den Indianern und auch bei Thieren, auf Polynesischen Inseln die Gune, ein Schuppenepanthem mit ringförmigem ex- centrischem Wachsthum und centralen Nachschüben; b) in Vorderasien (Syrien, Mesopotamien, Persien ete.): die Beule von Aleppo, eine Lupusform, die auch als Beule von Sindh, Cambay, Delhi in Ostindien aufge- funden worden ist, Heilkunde. FAR et "auf Polynesis . pöses Leiden, . in der Berberei, Algier die Beule von Biscara, wohl identisch mit der von Aleppo. hen Inseln unter dem Namen Tona, Bua, Pupal en ähnliches lu- Die Veranlassung aller dieser lupösen Leiden ist ganz dunkel. Man hat sie N: 5 im Trinkwasser gesucht — ob mit Recht, müssen neuere Forschungen lehren. Be. 0 e) in Egypten eine Prurigokrankheit der Neger, auf den Seychellen eine ähnliche Et: Bin bei europäischen Einwanderern, die besonderer Eigenthümlichkeiten des Sitzes ASS RR etc. wegen fernere Forschungen erfordern; RL rd) auf den Peruanischen Hochebenen die „Chunu“, auch in anderen Gebirgsgegenden 0 : - bekannt, vielleicht eine eczematöse Affection, 2 I a in Egypten die Nilflechte, Boutons du Nil, und in gleicher Region der Intertrigo N So scrotalis navium, beide dem Einflusse des Nil- resp. Seewassers (des rothen ee I N; Meeres) zugeschrieben, | “ 2 ) in Illinois die Illinois Iteh (Krätze), ebenfalls ein Eezem, nicht ansteckend, im „Re Winter vorherrschend und seit 1824 nicht weiter erwähnt; Br e) auf den Fidschi-Inseln die Dthoke, der Fidschiausschlag, wahrscheinlich syphili- tischer Natur, in Westindien (vom- Verf. auf Sr. M. S. Gefion fast epidemisch beobachtet) eine äusserst schmerzhafte, acneartige, auch in Furunkel übergehende Entzündung der \ Haut über den Patellen, vielleicht durch Corallensandsplitter beim Scheuern der N 4 Schifisdecks bei den Matrosen entstehend; auch anderwärts in den Tropen vs en - beobachtet; i. f) auf den Molukken die Cascadoe (Huitklei) eine Art von Ichthyosis, angeblich mit 4 dem Aussatz in einem localen Exelusionsverhältniss stehend, Ä in Mexico, Brasilien, Columbien, Cayenne das Mal de los pintos, auch Pinta, N % Quiricua, Tinna genannt, ; 1% auf der Cordillarenkette, besonders in Neu-Granada die Carate, Y in Surinam die Lota, auch auf den Antillen, in Brasilien, Peru und Chili vor-- RR) kommend, a alle 3 Formen fast nur Farbige befallend, rein localer Natur, nicht con- tagiös, nicht mit Aussatz oder Syphilis zusammenhängend und zum Genus des Chloasma gehörend, möglicherweise von einem Epiphyt bedingt und da- ‘ her dringend für neue Untersuchungen zu empfehlen, überall in den Tropen die Pachydermie, im Süden Chinas die Chylorrhoea scroti, wie ich sie nennen will, eine mit er- schöpfenden chylusartigen Ergüssen verbundenen Pachydermie des Scrotums. Präparate sind sehr erwünscht; g) in Peru die Uta, endemisches (lupöses oder parasitäres?) Scrotalleiden, stets tödtlich ? h) an den Küsten des \rothen Meeres das Yemen- auch Adengeschwür, übrigens I R. überall in den Tropen verbreitet und dem Nosocomialbrande sehr-ähnlich, aber \ RN wohl nicht identisch. Wird sich wohl neueren Mikroskopikern gegenüber als NR ein parasitäres Leiden entpuppen, ' Pr, auf den Antillen, in Cayenne, in Indien die „Crabbe“, bei Negern, Indianern und } Hindus die geschwürigen Zerklüftungen der Fusssohlen; % i) in den Tropen weit verbreitet der „Ringworm“ der Engländer, eine Herpes circin- Tu natus-Form, von Trichophyton tonsurans herrührend, BEN: in Ostindien (Madura, Bellary, Madras, Pundjab, Pondichery etc.) der von Hirsch ER so benannte „Madurafuss“, von den Eingeborenen Goutlon Mahdi, Pericae, ee Anaycae, Kirinaghra u.s. w. genannt, ein exquisit-parasitäres Leiden, in Gestalt Rt von Geschwülsten im subeutanen Bindegewebe eines Fusses, niemals beider, EN auftretend, und zwar an der Fusssohle ete., selten an der Hand, die schnell Bi, wachsen und dann exulceriren und den Fuss gänzlich zerstören können. Ein Pilz aus den Gruppen der Myxomyceten ist die Ursache. Beobachtungen und A: ER Präparate sind äusserst erwünscht; BE - j) endlich die, epizoischen Parasiten ihre Entstehung verdankenden Leiden von der ci i* Natur der Scabies, die Filarialeiden, die sonstigen von Ansiedelungen anderer ur Würmer, Insecten, Milben herrührenden Affeetionen wollen erneute Unter- suchungen der Forscher auf sich ziehen. e«; "Von den Krankheiten der Knochen und Muskeln sind pathologisch- ographische Angaben sehr spärlich bekannt, mit etwaiger Ausnahme der- igen über die Rachitis, welche indess auch nicht beträchtliche zu nennen 200 5 Friedel: ‘degeneration, Osteomyelitis und Periostitis, Caries und Necrose, Sclerose, 'Fragilitas Ossium (auch die senile). Die zahlreichen Neubildungen an den Knochen, die Gelenkerkrankungen (Arthritis deformans eingerechnet), die erst neuerdings bekannt gewordene Zehenkrankheit der Neger, Ainhum genannt, gehört ebenfalls hierher, die Deformitäten derselben, die Krank- heiten der Wirbelsäule, die myopathischen Gelenkleiden, die Hygrome u. A. fehlen von den meisten aussereuropäischen Gegenden her Nachrichten. Es ‘scheint überhaupt, als würde in der medicinischen Geographie den chirur- gischen Erkrankungen wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Aufmerksam- .keit der reisenden Aerzte sollte sich also mehr diesem Felde zuwenden, als bisher geschehen ist. Die Krankheiten des Nervensystems sind gleich stiefmütterlich von den berufenen Reisenden und Forschern behandelt worden. Hirsch bezeichnet dies Gebiet als ein solches, „auf welchem wir uns nicht nur von allen auch _ nur einigermaassen brauchbaren Vorarbeiten verlassen sehen, sondern auf welchem auch die äusserst mangelhaften und zum Theil‘ wenig verlässlichen Angaben der Berichterstatter die Forschung auf die engen Grenzen der Er- langung einzelner Gesichtspunkte beschränken.“ Das Gebiet der Nervenleiden ist aber ein so ausserordentlich ergiebiges, dass es reichlich Stoff zu Beob- achtungen der Reisenden bietet. Abgesehen von den Seelenstörungen, den Logoneurosen, deren vergleichende ethnische Darstellung noch mangelt, wäh- rend eine vergleichende Völkerpsychologie als Grundlage dafür immer mehr angebaut wird, sind die anderen Gruppen der Hyperästhesieen, Anästhesieen, Krämpfe und Lähmungen etc. und die acuten Krankheiten der Centralorgane noch wenig ethnographisch behandelt worden. Von manchen derselben (Hysterie, Epilepsie, Chorea, Apoplexie u. a.) wird behauptet, dass sie m diesen oder jenen Regionen gar nicht vorkommen, während bei anderen (Pa- ralysis agitans, Tetanus traumat. und neonat., Hydrocephalus acutus u, a.) ein endemisches resp. epidemisches Auftreten bekannt ist. Diese Punkte sind daher sorgfältig zu beachten und zu untersuchen. Die verschiedenen Formen der Myelitiden, der Spinalmeningitis, die progressive graue Degeneration (Tabes dorsualis) entbehren fast jeder Bearbeitung in ee ethnolo- gischer Beziehung. In dies Capitel gehören auch Untersuchungen über die Hypnosie der Neger. Die lenanllanis und Toxicologie endlich erwarten von den reisenden Forschern, ernanihieh den Botanikern und Zoologen, immer neue Aufschlüsse und neue Thatsachen. Die Erforschung des Inneren grosser Continente und Inseln, die noch von rohen und uncivilisirten Eingeborenen bewohnt sind, hat diesen Zweigen der Wissenschaft schon reiche Ausbeute gewährt. Ich erinnere nur an die Anthelmintica, an Calabar, Eucalyptus, das Tootgift Neuseelands, die vielen nationalen Narcotica u. A. Die Nachforschungen nach Antitypieis sind nicht minder zu erneuern. Auch die animalischen Gifte und die durch sie erzeugten Leiden (Anthrax, Malliosis, Lyssa ete.) sind überall zu beachten. Die neueren Untersuchungen über Schlangen > : erkrankungen, wonach aus zelligen Gebilden des Thaltes des Giftsackes, so- bald sie in den Kreislauf des Warmblüters gelangen, zahllose Abkömmlinge entstehen und den Zerstörungsprocess des Blutes bedingen sollen, sind wo- möglich experimentell zu untersuchen. Zu empfehlen ist es, dass die betref- fenden Thiere oder doch ihre Köpfe, womöglich in Paraffin eingeschmolzen, conservirt mitgebracht werden. Paraffın conservirt solche Objecte so vor- züglich, dass fast jede Zerstörung des feineren organischen Baues ausge- schlossen wird. Die Anwendung ist der Art, dass das betreffende Object aranı haftenden Reste von Paraffin in ein Glas oder eine Blecehbüchse ein- gesenkt wird, in’welchem sich eben in flüssigen Zustand übergegangenes (bei 45— 50° 0.) Paraffin befindet. Sobald das Object hierin so lange ver- blieben ist, dass anhängende Luftblasen abgestreift sind, wird das Gefäss wieder nel! abgekühlt. und das Object verbleibt nun bis zur näheren Un- er tersuchung in diesem Einschlusse, gegen alle Fäulniss- und Schimmelprocesse & 1 geschützt. Hieran schliesse ich noch 2 Vorschriften zur Oonservirung grö- SW - berer und feinerer anatomischer Präparate: San I. Van Vetter’s Verfahren, anatomische Präparate in natürlicher Farbe und Geschmeidigkeit zu erhalten. 7 Theile Glycerin, 1 Theil natürlicher De brauner Zucker und 4 Theil Salpeter werden gemischt. In diese Mischung, in der ein leichter Bodensatz sich bildet, legt man die schon fertig präpa- rirten oder noch zu präparirenden Theile und lässt sie nach ihrer Grösse ® verschieden lange darin, z. B. eine Hand 8 Tage. Herausgenommen sind hängt, ganz weich und geschmeidig. Wenn sie lange genug gehangen haben, um alles überschüssige Glycerin abdunsten zu lassen, firnisst man das Prä- _ parat und wiederholt dies, wenn sich irgend wo Schimmelbildung zeigt. Ri Trocken und warm aufbewahrt, bleiben sie weich, behalten ihre natürliche - Farbe und können Jahre lang aufbewahrt werden. Welchen Vortheil das _fuss!!) ist leicht ersichtlich. | ‚I. Farront’s Gummiglycerinmischungen für histologische etc. Präpa- rate. Es sind 2 Mischungen,. eine flüssig bleibende in eine erstarrende. _ Die erste wird folgendermaassen bereitet: 3 Gran Acid. arsenicos. in 2 Unz. Ag. dest. gekocht und kalt durch Papier filtrirt. Gleiche Gewichtstheile dieser Lösung, von reinem Glycerin und reinem Gummi arab. gemischt und ohne Anwendung von Hitze zur Lösung gebracht, wozu wohl 14 Tage nöthig sind. Schütteln ist zu vermeiden, um Luftbeimengung zu verhüten. Trübe, flockige Lösung ist durch Filtriren durch ein gut ausgespültes Oolaturtuch zu reinigen. Die zweite Lösung besteht aus gut ausgelesenem reinem arabischem Gummi und destillirtem Wasser, ca. 2 Gew.-Theile, 1 Gew.-Theil Glycerin. Beide wie oben angegeben gemischt und zur langsamen Lösung gebracht. In die verkorkte Flasche thut man dann noch einige Stückchen Campher und wartet, bis eine möglichst gleichmässige Vertheilung eingetreten ist. Dies Gummiglycerin erhärtet nach einigen Tagen in dünnen Lagen voll- ständig zu einem Firniss. Tinctions- ad Den: ei selbem Anilin und Oarmin) halten sich darin vollkommen. Rosanilintinetionen da- _ gegen verschwinden nach einiger Zeit. Bei weitem die meisten medieinischen Beobachtungen müssen entweder selbst statistisch bearbeitet sein oder doch so angelegt werden, dass sie einer olehen Bearbeitung späterhin fühig sind. Nun wird es allerdings so man- er er wird wegen zu geringen Beobachtungsmaterials nicht geneigt sein, n ste leisten. Angenommen ein Missionar, ein Consul, ein Maler, ein sund etc. befinde sich auf spärlich erforschtem Gebiet oder in einer 3 Be en, dann schnell neekählt und mit dem noch. die Theile steif, werden aber, an einem trockenen und warmen Orte aufge- Verfahren für chirurgische Präparate namentlich hat (Madurafuss, Ainhum- chem Reisenden gar‘ nicht möglich sein, statistische Erhebungen zu machen, isselbe statistisch zu verwertben. Wer sich im ersteren Falle befindet, der trotzdem der medicinisch - statistischen Forschung noch immer grosse 202 | Friedel. tungen oder erst in ganz geringem Maasse ausgebildet, beziehentlich ent- wickelt habe, auf welehem zwar Einrichtungen für Gesundheits- und Kranken- pflege existirten, z. B. Missionshospitäler oder dergl., so wird er der übrigen medicinischen Welt immerhin einen dankenswerthen Dienst erweisen, wenn er die von solchen Instituten gemeiniglich nur zum Gebrauch für ihre Gönner und Erhalter bestimmten und gedruckten Circulare, Jahresrapporte etc. sam- melt und Sachverständigen zur Benutzung überliefert. Dieselben dringen eben zu selten über ihre Ursprungsstätten hinaus und bieten doch sehr viel Interessantes. Wer selbst beobachten will und statistische Bausteine heran- tragen möchte, der muss natürlich zunächst auch selbst Arzt resp. mit ge- nügenden ärztlichen Kenntnissen ausgerüstet sein. Die brauchbarsten No- tizen werden von diesen Beobachtern aber nicht in Form grosser vielspaltiger Tabellen, sondern in Form der Zählkarten geliefert werden müssen. Was eine Zählkarte für solchen Zweck ausser dem vollständigen Nationale des Individuums enthalten sollte, dafür bieten sich, soweit es im Grossen und Ganzen die Infections- (zymotischen) Krankheiten angeht, oben schon unter den der Cholera gewidmeten Zeilen genügende Anhaltspunkte. Wer in der Lage ist, lange Zeit an einem Orte die ärztliche Kunst ausznüben, wird diese Zählkarten sich mit Bequemlichkeit dort selber anfertigen lassen können und dieselben auch noch als kurze Krankenjournale benutzen können. Jedoch wird er mit dieser Arbeit besser so lange warten, bis er sich über die Gesichtspunkte, von welchen aus die Zählkarten einzurichten sind, durch hinlängliche Bekanntschaft mit den localen Eigenthümlichkeiten und Sitten ete. orientirt hat. Wer mit der bestimmten Absicht, irgend eine Krankheit an Ort und Stelle zu studiren, auf die Reise geht, der wird sich allerdings schon zu Hause gehörige darauf vorbereiten und event. Zählkarten vorher anlegen. Wer in die Lage kommen sollte, in amtlicher Stellung von der Gesundheits- resp. Krankheitsstatistik ganzer politischer oder ethnologischer Bezirke Notiz nehmen zu müssen (etwa als Communal- oder Colonial-, Pro- vinzial- ete. Gesundheitsbeamter), der wird sich am besten an die Beschlüsse und Vorschläge halten, welche die statistischen Congresse der letzten Jahr- zehnte für die Medicinalstatistik aufgestellt haben. Beachtenswerth sind daher z. B. die Vorschläge, welche der Registrar-General Dr. Farr in grossen Zügen gegeben hat: 1) Der Gesundheitszustand der Nationen und Distriete ist je besonders darzustellen. Die Sterblichkeit ist in pro mill’s über Reihen von Jahren zu bestimmen. 2) Mortalität, Durchschnittslebensdauer, Todesursachen sind für die ganze Bevölkerung, für die gesundesten und ungesundesten Di- stricte und für die grossen Städte besonders nachzuweisen. 3) Die Zahl der an den hauptsächlichsten Krankheiten Leidenden, sowie derjenigen Dei- den, welche zu den gewöhnlichen Beschäftigungen unfähig machen, ist zu ermitteln. 4) Die Hospitalstatistik sollte folgende Data erkennen lassen: a) Krankenbestand am 1. Tage jedes Jahres; b) Zahl der im Jahre aufge- _ nommenen Kranken nebst Angabe des Ortes, woher sie eingeliefert. Stand, Alter, Familie ete. möglichst genau; c) Zahl der Geheilten, Gebesserten, als unheilbar oder auf Verlangen oder aus anderen Gründen Entlassenen, sowie der Verstorbenen; d) mittlere Dauer jedes einzelnen Krankheitsfalles nach Tagen, sowie die Kosten für jeden Kranken; Tag des Beginnes der Krank- heit und der Aufnahme in das Hospital; e) ‚Häufigkeit, Behandlungsdauer und Lethalität der einzelnen Krankheiten nach Alter und Geschlecht; f) Zahl und Resultate der Behandlung einzelner Krankheiten nach Alter und Ge- schlecht und je nach der Behandlungsweise; g) Verhältniss der Heilungen für jedes Alter, Geschlecht und jede Krankheit; h) Angabe der im Kranken- i) 2. der noch ee Betten, sowie der zu Felsgeri en N ea euationen lange belester Säle disponiblen Räume, und wie oft und wie lange { solche Evacuationen im Jahre stattfanden, sowie der danach beobachteten ‚Heilresultate.. 5) Die Krankenpflegevereine zu gegenseitiger Unterstützung, die Gewerkscassen etc. als ein vorzügliches, von genauen Grundlagen aus- gehendes Substrat, sind der statistischen Untersuchung besonders zu empfehlen. 6) Grösse, Gewicht, Muskelkraft, Arbeitskraft, Athemgrösse als Gradmesser der Gesundheit sind von grösseren Gruppen der Bevölkerung nach be- f stimmten Alterselassen in regelmässigen Intervallen zu prüfen. 7) Ferner + ist zu erforschen, welchen Einfluss'auf die Gesundheit Boden, Klima, Luft, Diehtigkeit der Wohnstätten und der Einwohner, Nahrung, geistige und körperliche Thätigkeit, Höhenlage, Art der Häuserconstruction, Latrinen u. A. _ ausüben. 8) Der Einfluss, welchen die Beschäftigung und die Gewerbe etc. 4 auf eine Bevölkerung ausüben, ist zu untersuchen. Die Gewerbekrankheiten nehmen in neuerer Zeit immer mehr das Interesse der Wissenschaft wie des Staates in Anspruch. Bezügliche statistische Aufnahmen sind daher nament- lich für die Gewinnung bes ätiologischer Anschauungen und der darauf zu begründenden etwaigen len Beihülfen sehr erwünscht. 9) In grösseren Städten sind ahnlich ‚ in anderen Distrieten monatliche oder Br sshrliche Nachweise über a Personenstand und die Todesursachen, nach den Altersclassen (von 5 zu 5 Jahren nach Farr) geordnet, anzulegen _ und mit populär-hygienischen Balklkeringen versehen zu veröffentlichen. Diese Vorschläge sind gewiss Heel wohlgemeint und verdienen auch alle Berücksichtigung, sind uber bisher meist nur in Europa befolgt worden, und auch hier nur selten genügend in Bezug auf das weibliche een. ‚Die medicinisch-hygienische Statistik des Geschlechtes der Mütter der Mensch- heit ist von ihren Söhnen in der That arg vernachlässigt worden. Wer . diesem Zweig der Statistik zur Blüthe verhelfen will, der muss mit den K - Fr . . . {, Säuglingsbewahranstalten anfangen und mit den Vereinen zur Hebung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechtes zusammen arbeiten. Darin wird es noch Vielerlei und Wichtiges zu erforschen und zu entdecken geben. n Schliesslich noch einige Hindeutungen und Anleitungen für solche sta- tistischen Untersuchungen nach den vom internationalen statistischen Con- gress 1863 adoptirten Principien. Zum. Messen des Gesundheits- und _ Krankenzustandes einer Bevölkerung muss die Statistik die einzelnen Indi- viduen durch alle Stadien ihres Lebens bis zum Tode begleiten. Zur Ab- kürzung beschränke sich dies auf die Hauptlebensabschnitte und als solche - sind zu bezeichnen: 1) Geburt und Säuglingsalter bis zum vollendeten - 1. Lebensjahre; 2) von da ab bis zum Eintritt der Schulpflicht, also zum _ vollendeten 6. Lebensjahre, das zarte Kindesalter; 3) die Periode des so-. ‚genannten schulpflichtigen Lebensalters, bis zum vollendeten 14. Jahre; re E:4) Periode der Pubertät oder des körperlichen Reifens und Vorbereitung fi zum selbständigen Erwerbe, 14—20. Lebensjahr; 5) Zwischenperiode A A uch nur für einen Theil der männlichen Bevölkerung: das Be R% Iidi orehechnittlich. vom 60. ne ab u Be Tode; 8) endlich ler es selbst. Für jede der genannten Lebensperioden mögen die den- en ‚adaptirten öffentlichen und. privaten Anstalten regelmäksige, möglichst 204 Friedel. _ genaue und vollständige Beobachtungen übernehmen und solche veröffent- lichen. Die Schulen sollten alljährlich Nachweise über die Erkrankungen und Todesfälle ihrer Schüler, eine Situationsskizze ihrer Schulräume nebst Beschreibung nach Lage, Grösse, Ventilation, Heizung, Erleuchtung ete. ein- . reichen und derselben Zahlenangaben über Lehrer, Schüler, tägliche Unter- richtsstunden, Turnstunden, andere körperliche Erholungs- und Uebungs- stunden, Ferien etc. hinzufügen. Viel werthvolle Angaben könnten die Le- bensversicherungsanstalten machen und würde es möglich sein, dass die Aerzte aller gebildeten Nationen sich dazu entschlössen, für jeden ihrer Pa- tienten ein nach einem übereinstimmend adoptirten Schema angelegtes Ge- sundheits- und Krankheitsbüchelchen anzulegen (etwa wie der Militärpass oder das Soldbuch des deutschen Soldaten), und dass sie dert hinein alle den Gesundheitszustand ihres Patienten betreffenden Beobachtungen kurz und bündig eintrügen, die Therapie nur durch Eintragung der Haupt- und Kern- mittel ihrer Recipes andeuteten, so würden sie sich selber, ihren Kranken und der Wissenschaft einen grossen Dienst erweisen. Wie der Soldat durch solches Büchelchen einer anderen Behörde überwiesen wird, so überweise der erste Arzt der Kindheit seinen jungen Clienten damit z. B. dem Arzte der Erziehungsanstalt, diese dem aushebenden Militärarzte ‚u. s. f. jedes Lebens- alters ärztlicher Patron dem des nachfolgenden ein möglichst medicinisch genau beleumundetes Individuum und der Arzt, der den Todtenschein für dasselbe endlich ausstellt, nimmt das Curriculum vitae medicum an sich und bearbeitet aus der Gesammtheit derselben eine gewiss interessante und ge- naue Statistik. Dem ähnliche Einrichtungen bestehen jetzt ihre Probe in der Armee, und es hängt vielleicht nur von einem demnächstigen inter- nationalen statistischen Congresse ab, dies System auch weiterhin in der Civilbevölkerung nutzbar zu machen. Besondere Hinweise für Forschungen auf dem Gebiet der Hygiene zu geben enthalte ich mich, da sie hinlänglich unter dem schon Gegebenen ent- halten sind. Literatur. Für die physiologischen Abschnitte im Allgemeinen die Handbücher von Ranke, Herrmann, Valentin, Funke, Hoppe-Seyler. Für den Sphygmographen: Marey, Journ. d. l. Physiol. 1860 p. 241., Mach, Duchek: Wiener Zeitschrift 1862, auch Bayer’s Bericht, Schmidt’s Jahrb. Vol. 142. 7 I0AU: 281. Ueber Wärme: Weickart, Archiv d. Heilk. 1863. Walther, Virch. Arch. 1862. Renzi, Gaz. hebdom. 1865. Ogle, St. Georges Hosp. Rep. 1866. Schm. Jahrb. Vol. 138. Ueber Höheneinfluss: Glaisher, Lancet, Nov. 1862. Ueber Harn: Die Artikel von Huppert in Schmidt’s Jahrb. Vol. 120, 1.,2.u.3. Heft, Vol. 125, 1., 2. u. 3. Heft, Vol. 126. Alcohol und die Ernährung: Perrin, Gaz. hebd. 1864. Zur medicinischen Zahlenlehre: Marx, Göttingen 1863: Beurtheilung d. Werthes u. d. Bedeutung d. m. Z. Zur Blutlehre: Huppert, Bericht in Schm. Jahrb. Vol. 122, Heft 1 u. 2. Nationale Genussmittel: Fronmüller, Prag. Viertelj.-S. 1863 über Coca, Cath. Gewichtsbestimmungen vom menschl. Cadaver: Bischoff: Zeitschr. f. rat. Medie. \ 1863 (auch für vergleichende Ethnologie). Zur Verdauung und Assimilation: Huppert, Bericht in Schm. Jahrb. Vol. 128. Muskelkraft: Henke, Zeitschr. f. rat. Medie. 1865. Huppert, Bericht in Schm. Jahrb. 1867 Vol. 135. Schlangengift: Halford, brit. med. Journ. 1867, auch Schm. Jahrb. Vol. 139 p. 27. usschei un en Vol. 137, p. 5. % Jathe ee Beobachtungen ist ne allich ‚Hirsch, Han \ ‚dbuch d is sch-geographischen Pathologie *). "Für statistische Beobachtungen : EN dbuch der medicinischen Statistik. Mühry’s Schriften: „Die geographischen Verhältnisse der Krankheiten‘ (1856) und „Klimatologische Untersuchungen“ sind en ihrer reichhaltigen Bibliographie in Auszügen zu e N sonst aber nicht ohne Vorsicht zu benutzen. Für reune sind das Werk von Oesterlen: „Handbuch der Hygiene“, Kirchner’s „Militär-Hygiene“, Roth und Lex gleich- artiges Werk zu nennen. Für die Schiffsärzte will ich schliesslich meine Schrift: „Die Krankheiten in der Marine, Boah. und statistisch dargestellt ete. ) _ Berlin 1866“ in Erinnerung bringen. *), Für vorstehenden Artikel vielfach benutzt. Allgemeine Rückblicke auf die Erforschungsgebiete der Continente und Erklärung der gebräuchlichsten Ausdrücke in der physika- lischen Geographie. Von W. Koner. Es kann nicht in unserer Absicht liegen, in den beschränkten Rahmen, welcher uns zur Erörterung geographischer Fragen zugemessen ist, ein Bild dessen, was man von der Erde weiss, hineinzuzwängen. Was man von un- serm Globus kennt, bis zu welchen Punkten des Innern unserer Continente und der die Pole umgebenden Meere und starren Eisregionen menschlicher Forschungsgeist bis jetzt vorgedrungen ist, darüber giebt jedes geographische Lehr- und Handbuch, welches den Entdeckungen der Neuzeit und somit den Fortschritten geographischen Wissens Rechnung trägt, genügende Auskunft, und jeder Reisende, der mit Nutzen reisen will, der die ihn umgebende Aussenwelt richtig zu erfassen bestrebt ist, wird sich vor dem Becinn seiner Reise mit dem Studium eines solchen Buches zu befassen, ja vielleicht das eine oder andere als Vademecum mit sich zu führen, und besonders ° sich mit der geographischen Literatur desjenigen Landes, nach welchem er seine Schritte zu lenken gedenkt, vertraut zu machen haben. Ebensowenig liegt es in unserer Absicht, die Blicke auf alle jene Gebiete zu lenken, welche bis jetzt noch der geographischen und naturwissenschaftlichen Durch- forschung harren. Und dennoch wäre es interessant, ein so zu sagen nega- tives Bild unsers oeographischen Wissens, ein kartographisches Bild der- jenigen Theile unseres Globus, welche bis jetzt noch als terrae incognitae oder als ungenügend durchforschte Gebiete sich erweisen, etwa derartig 'her- zustellen, dass das noch Unbekannte oder mangelhaft Erforschte durch einen weissen, respective hellselben, das Bekannte mit einem dunklen Farbenton bedeckt würde. Erkennen würden wir aus einem solchen Bilde, welche Fort- schritte die geographische Wissenschaft seit jenen Zeiten, wo der Gesichts- kreis der Völker der alten Welt nicht über die vom Okeanos umströmte Erdscheibe hinausreichte, bis zu Erkenntniss der Kugelgestalt unsers Erd- balles, bis zur Entdeckung neuer Continente, bis zur richtigen Darstellung der Vertheilung des Festen und Flüssigen auf unserm Globus gemacht hat. Gleichzeitig würde aber ein solches Bild uns lehren, welche Zeit unermüd- lichen Strebens und Forschens dazu gehört hat, welche Summe geistiger Kräfte dazu erforderlich gewesen ist, um die Kenntniss unsers Erdballs bis 2 ein punkte zu fördern, auf welchem wir DE jetzt angelangt sind, nd welche gewaltige Aufgabe noch der Zukunft überlassen Aleıbn um n. ernomtbild unsers Erdkörpers genügend herzustellen. Blicken wir zunächst auf Ne, die Wiege des Menschen ern Welche gewaltigen Länderstrecken en in Be nächst Europa reichst- - gegliederten Continente noch der Durchforschung. Von den Ufern des Eu- phrat und Tigris bis zu den Gestaden des Delmeeree wo zahllose Ruinen * alter iurstähten ein redendes Zeugniss von dem einstmals blühenden Zu- stande dieser Gegenden geben, in Kleinasien, in Syrien, selbst in dem von - Tausenden durchpilgerten heiligen Lande, überall eröffnet sich hier, verhält- _ nissmässig so nah der eignen Heimath, dem Reisenden, der abseits von den so oft betretenen Verkehrsstrassen in noch wenig bekannte Gegenden seine Schritte lenkt, ein überraschend reiches Feld für seine Thätigkeit. Fest verschlossen liegt die arabische Halbinsel vor uns, wo der von den heiligen Stätten des Islam aus genährte Fanatismus dem Ungläubigen den Eintritt nur auf einigen Küstenstrichen gestattet hat, wo noch Keiner den das Innere bedeckenden geheimnissvollen Schleier zu lüften gewagt hat. Mesopotamien ist erst in neuester Zeit, wo englische und französische, durch reiche Mittel geförderte Ausgrabungen die Wunder seiner alten Bauwerke wiederum ans Tageslicht gezogen haben und durch ein bis dahin ungeahntes inschriftliches Material die Urgeschichte dieses Landes reconstruirt werden konnte, zum x Schauplatz der Forschung geworden. Und ostwärts, wo das iranische Ge- birgsland beginnt, bis zu dem von wilden Stämmen bewohnten Afghanistan und Balutschistan liegen, mit Ausnahme der an das Caspische Meer gren- en zenden Provinzen und der Umgebungen der Hauptstädte des persischen Reiches, die erforschten Punkte nur oasenartig zwischen den weiten Strecken & der noch völlig unbekannten oder nur umgentirend durchforschten Gebiete. - — Änders auf der vorderindischen Halbinsel, auf deren Küsten europäische R Cultur festen Fuss gefasst und dem Lauf der Flussthäler folgend auf die : Hochländer ihre Wanderung begonnen hat, wo Eisenbahn- und Meet. linien bereits die fernsten Punkte mit einander verbunden haben und genaue Landesvermessungen und Aufnahmen von der Südspitze der Halbinsel bis _ zu der Grenzmauer des Himalaja das Land mehr und mehr bekannt werden = lassen. Welche ethnographischen Probleme sind hier aber noch unter dem 7 bunten Gemisch von Völkerracen, welche das Innere von Dekan, die Thäler Y des Ganges und Indus, die Abhänge des Himalaja bewohnen, zu lösen, welche dem Geographen und Ethnographen entgegen! Und um wie viel schwieriger wird die Lösung dieser ethnographischen Aufgaben in dem noch so wenig bekannten Hinterindien. Langsam beginnt hier von den Küsten her, wo Engländer und Franzosen an den Mündungen der mächtigen Stromstrassen Kasten Fuss gefasst haben, die Brkundieung länes dieser Sirame von Süden nach Norden, von der Dec ae Er dem noch völlig unbekannten - Innern hinaufzusteigen. Aber die epochemachenden Leistungen kühner Rei- 5 ‚senden beider Nationen, welche zur Erkundigung von Handelswegen nach sich bis jetzt nicht über den Bm Streifen der von ihrdn a. &ebiete auszudehnen ; mehr als drei Viertel der siamesisch - anamitischen _ Halbinsel, ebenso wie Malacca, mit Ausnahme der wenigen von den Englän- _ dern teten Punkte, müssen noch als völlig she Gebiet betrachtet ;. werden. Um vieles bedeutendere Erfolge hat aber die geographische Wis- . Be in der Nöuzeit in China errungen, seitdem der diesem Reiche auf- ER Ar grosse Aufgaben treten hier, trotz der grossen Vorarbeiten. der Engländer, 208 Koner. ET vr gedrungene Verkehr mit dem Auslande und innere politische Kämpfe die Abgeschlossenheit China’s unhaltbar gemacht haben. Im Dienste des Handels nd der Industrie hat die Forschung sich über die tractatmässig geöffneten Handelsplätze hinausgewagt, der Hinblick auf den eigenen Vortheil beginnt ‘das Misstrauen der Bon gegen die Fremden zu besiegen, und trotz aller Reactionsversuche wird es mehr und mehr gelingen, der friedlichen Forschung von Osten her Eingang zu verschaffen. Anders im Norden . und Westen China’s, wo Russlands kriegerisches Vorgehen bereits die alten Reichsgrenzen durchbrochen hat, oder zu durchbrechen droht und mit der Eroberung neuer Provinzen auch der wissenschaftlichen Forschung neue Pro- vinzen zu schaffen beginnt. Als Pfadfinder eilten die Geographen den Ar- meen voran, die Geographie bahnte den Heeren den Weg in die noch unbe- kannten Gegenden Turan’s, und nachdem die in Despotismus und religiösem Fanatismus versumpften Chanate der Uebermacht der russischen Waffen erlegen waren, konnten der Geograph und Naturforscher auf dem neu gewonnenen Terrain unter sicherem Schutze ihre Thätigkeit, in ausgedehnterem Maasse beginnen. Mehr und mehr hat seitdem die bis dahin nur der Hypothese unterworfene Configuration Centralasiens eine gesicherte Grundlage erhalten, aber noch vieler Decennien bedarf es, noch vieler blutigen Kämpfe, um die fast 30 Breitengrade umfassende Forschungszone ostwärts bis zur chinesischen Mauer und südwärts bis zum Anschluss an die englischen Vermessungs- arbeiten in Indien auszudehnen. — Ueber Japan ist mit dem Augenblick, wo es aus seiner Abgeschlossenheit herausgetreten ist, eine neue Aera für die wissenschaftliche Forschung hereingebrochen. Handel und Industrie haben ihr Augenmerk auf die Hebung der noch verborgenen Naturschätze gerichtet und dem Geographen und Naturforscher ein neues Feld eröffnet. Auf den Inseln des indischen Archipels endlich beschränkt sich die wissenschaftliche Forschung mit wenigen Ausnahmen nur auf die den Holländern unterwor- fenen Gebietstheile, während das Innere der grossen Inseln, wie Sumatra, Borneo, Celebes, noch weite Strecken gänzlich unbekannter Gegenden birgt, viele kleineren Inseln und Inseleruppen aber nur in ihren äusseren Oontouren bekannt geworden sind. - Afrika, der im neuerer Zeit von der Forschung so vielfach umfreite Continent, beginnt mehr und mehr den mysteriösen Charakter, welcher seit Jahrtausenden sein Inneres verhüllte, zu verlieren. Colonien europäischer Nationen haben hier sich weiter Küstenstriche bemächtiet, Factoreien sind an den Mündungen der Flüsse und an sonst geeigneten Küstenpunkten, wo Aussicht auf Handelsverbindungen mit dem Inneren sich eröffneten, ent- standen, und die Staaten des Islams und viele Negerreiche, welche von der Küste die Scheingrenzen ihres Gebietes bis weit in das Innere ausdehnen, beginnen, die einen der Civilisation gehorchend, die andern der Waffen- gewalt der Europäer weichend, der friedlichen Forschung weniger feindlich entgegenzutreten; die Unterbindung der Lebensader des Sklavenhandels wird den Eingebornen mehr und mehr auf den friedlichen Verkehr mit dem Weissen hinweisen. Werfen wir aber einen Blick auf die Karte, auf der die von den Europäern und den islamitischen Reichen besetzten Küstenlinien farbig angedeutet sind, so finden 'wir fast überall ihre Grenzen nach dem Innern zu, weil meistentheils unbekannt, offen gelassen: in der Nordhälfte, wo Sahel, Sahara | und die libysche Wüste die ungewisse Südgrenze bilden, auf der Südhälfte, wo ein im ersten Stadium der Entdeckung sich befindendes mächtiges Pla- teau mit seinen Seeregionen von der östlichen Abfallsstufe zum indischen Ocean bis zur Westterrasse an den Gestaden des atlantischen Oceans sich Be ‚die stark Deren Sudaristasten. _ Centren seit uralten Zeiten die Karavanenstrassen gerichtet, wohl lehrt uns Wohl sehen wir auf diese die Geschichte der Entdeckungen, wie es einzelnen kühnen Reisenden ge- lungen ist, sich den Weg zu diesen dem vorigen Jahrhundert noch völlig unbekannten Ländergebieten zu erzwingen und die Lücke unsers geographi- en "Wissens duraT die Entdeckung nd Erforschung derselben auszufüllen. Mehr und mehr haben sich die Ba weissgelassenen Flächen auf den Karten Afrika’s mit Namen von Völkerschaften, von bewohnten Orten, von Bergen und Wasserläufen belebt, die grossen Probleme der noch räthselhaften Fluss- und Wasserscheiden rücken durch den rastlosen Eifer der Forscher ihrer Lösung näher und näher, aber die endgültige Lösung dieser wichtigen Fragen liegt noch in weiter Ferne. Der Tod eines Reisenden, der Verlust seiner schriftlichen Aufzeichnungen zerstört oft auf Jahre hinaus die für die Wissenschaft erhofften Erfolge, die Unmöglichkeit, auf dem eingeschlagenen Wege weiter vordringen zu können, schreckt nur zu häufig von nachfol- senden Versuchen in derselben Richtung zurück. Und dennoch müssen wir hier: wo ein Massenvordringen europäischer Civilisation ein nur sehr lang- sames ist, wo an vielen Banken ein solches vielleicht nie stattfinden a auf die Einzelforschung unsere ganze Hoffnung setzen. Gerade in ee Erdtheil, wo die Handelsbeziehungen weniger als in Asien und Amerika die Eröffnung der Binnenländer nothwendig machen, wo nutzbare Wasserstrassen weniger als in anderen Continenten das Innere mit der Küste verbinden und die Anlage seregelter grosser Verkehrsstrassen nach europäischen Begriffen durch die Natur des Landes meistentheils auf unüberwindliche Hindernisse stösst, hat die Begeisterung für die Forschung die grössten Triumphe ge- feiert, sie hat die Gefahren, welche Klima und feindliche Begegnung mit den durch den Sklavenhandel demoralisirten Völkerschaften dem Reisenden entgegensetzen, siegreich überwunden und etwa zwei Drittheile dieses Con- tinentes der Geographie, aber auch diese nur in grossen Umrissen eröffnet, während geographische, sowie naturwissenschaftliche Specialuntersuchungen erst hier und da begonnen haben. In Amerika, wo durch den Contact mit der europäischen Civilisation die Eingebornen mehr und mehr der Vernichtung anheimgefallen sind und durch Staatenbildungen der germanischen und romanischen Race in wenigen Jahrhunderten dieser Oontinent eine vollständig veränderte ethnographische BB s Physiognomie gewonnen hat, wo in vielleicht nicht allzuferner Zeit, in Nord- _ amerika wenigstens, die Reste der Urbevölkerung nur noch durch wenige 1 - Individuen vertreten sein werden, sind eben durch das wnaufhaltsame we - dringen der Europäer die Vorbedingungen zu einer geographischen Forschung ehr als anderswo zur Geltung Sekommnen- Krystallinisch setzen sich in Nordamerika an die noch vor einem Jahrhundert auf wenige Districte be- schränkten Staaten der anglogermanischen Race neue an; immer weiter in die unbekannten lade des Far West dringen die Pioniere der Civili- s ihren an folgen Schaaren von .. welche die alte Welt 210 Kanon Bf graden, eine Erscheinung, wie eine ähnliche sich in der Geschichte nicht wiederholt hat. Doch wie grosse Strecken dieses mächtigen - Erdgürtels harren noch der Durchforschung! Immer neue zu Ansiedlungen geeignete Gegenden werden aufgesucht und entdeckt, neue Hülfsquellen. dem Boden entlockt, die bis dahin ungeahnte Schönheit einer grossartigen Gebirgswelt mit ihren Naturwundern zugänglich gemacht, und durch Anlage mächtiger Eisenbahnnetze auch die fernsten Punkte der geographischen Forschung und gleichzeitig dem Verkehr erschlossen. Gleiche Bedingungen walten im Britischen Nordamerika; auch hier erheischt die Einwanderung eine Erweiterung des For- schungsgebietes nach W. zu, über welches wir bis vor kurzer Zeit nur spärliche Kunde aus dem Munde der Trapper besassen, die jene Gegenden auf ihren Jagdzügen zu durchstreifen pflesten. In Mexico, in den centralamerikanischen Staaten und in Südamerika hingegen, wo eine romanische Bevölkerung schon vor Jahrhunderten staatenbildend auftrat, haben die Indolenz dieser Race sowie die klimatischen Verhältnisse das ann bisher nur wenig ge- fördert. Hier verbleibt der Forschung ein noch lkae: Terrain; sie beginnt die grossen Wasseradern, das weit in das Land hineingreifende Stromnetz bis zu seinen Quellen hinaufzusteigen, sie sucht im Interesse des Handels und Verkehrs nach geeigneten Uebergangspunkten über die hohen Grenz- wälle, welche die beiden Oceane von einander trennen, nach der Möglichkeit von Verbindungen der von jenen Gebirgen nach Osten und Westen herab- strömenden Gewässer, sie dringt ein in die Urwälder, sie bahnt sich den Weg zu den unter dieht wuchernder Vegetation verborgenen Ruinenstätten, den grossartigen Zeugen uralten Oulturlebens, sie entdeckt in den noch von keiner Axt berührten Urwäldern neue Schätze der Fauna und Flora, sie eröffnet von Neuem die Metalladern, deren Reichthum einst die Habsucht der Conquistadoren reizte, kurz, dem Geographen, Naturforscher und Archaeo- logen eröffnet sich hier auf unendlich weiten Strecken ein noch gänzlich unberührtes Feld für eine erfolgreiche Thätigkeit. In Australien, dem jüngsten der nclnsen Continente, hat sich mit einer nur den ea Tease en Verhältnissen vergleichbaren Schnelligkeit eine Staatenbildung vollzogen. .Je weiter hier der Küstensaum sich mit Colonien bedeckt, je weiter diese sich binnenwärts auszudehnen beginnen, um so mehr der Angriffspunkte auf das noch unbekannte Innere, um so enger zieht sich der Kreis des Erforschten um das noch unerforschte Centrum. Nicht die wasserlosen Einöden mit all’ ihren Schrecknissen, nicht die Kunde von missglückten Versuchen in das Innere einzudringen, schrecken den For- scher zurück; die erwiesene Möglichkeit einer Durchschneidung des Continents hat stets zu neuer Thätigkeit angespornt. Auch hier ist das Forschungs- gebiet innerhalb der bereits cultivirten Districte ein noch unendlich grosses, ja es erweitert sich von Jahr zu Jahr mehr, seitdem man die mineralischen Bodenschätze kennen gelernt hat. Selbst die negativen Resultate vieler Reisen, vereitelte Hoffnungen auf Auffindung neuer Besiedelungspunkte, neuer Weide- plätze, neuer Verbindungsstrassen der besiedelten Küsten mit einander haben dem geographischen Wissen stets neue Bereicherung gebracht. Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf die Nordpolargegenden. Hier, wo starre Eisbarrieren nur unter besonders günstigen Verhältnissen ein Vordringen' gestatten, hat die wissenschaftliche Forschung ein reiches Arbeitsfeld gefunden. Jeder Schritt vorwärts in dem heute erschlossenen, morgen und vielleicht für lange Zeit verschlossenen Gebiet ist mit seinen Erfolgen oder seinen negativen Resultaten genau in den Annalen der Geo- graphie verzeichnet, und so wird es endlich gelingen, aus der Summe der lie sten Aus drücke in Eh physi ee ee ee eines le a über ein eis Meer im hohen Norden, über die Strömungsverhältnisse, über die Möglichkeit einer Wasser- Me bading im Norden der grossen Continente unsers Globus näher zu treten. ie ‚Selbst unser eigener Erdtheil, der am gründlichsten durchforschte, in BA Ben von zahllosen Oentren der en chart aus die Lichtstrahlen nach und R nach die verborgensten Punkte zu erhellen beginnen, bleibt noch viel zu thun übrig. Hier, wo innerhalb einer civilisirten Welt das Natur- und Völ- i kerleben in weniger fremdartigen Erscheinungen dem Reisenden entgegen- tritt, mag derjenige, der mit Nutzen in fremden Erdtheilen beobachten will, Co seine Vorstudien beginnen, hier mag er lernen, wie von Forschern selbst die i scheinbar unbedeutendsten Seiten des Naturlebens zum Nutzen der Wissen- schaft ausgebeutet werden, hier, wo fast jede Stadt geistige Anregung zu freier Forschung bietet, mag jeder in der ihm zusagenden Sphäre beobachten und sammeln lernen. \ \ Wir haben in diesem kurzen Umrisse auf die grosse Aufgabe aufmerk- sam gemacht, welche die geographische Forschung noch zu erfüllen hat. Die Ausdehnung des negativen Bildes der Kenntniss unsers Globus, .das noch — der Ausfüllung harrt, ist riesengross, und jeder Reisende, der in sich das Be- — dürfniss trägt, schon Erforschtes mit Nutzen zu beobachten und in noch nicht erforschten Gebieten selbstforschend aufzutreten, mag sein Theil dazu bei- tragen, nutzbare Bausteine zu sammeln zu dem grossen Bau, zu dessen Bi Vollendung der Mensch berufen ist. Wie auf meteorologischem, hydro- \ graphischem und en catch Gebiete nutzbringend zu beobachten und zu sammeln ist, dazu bieten die betreffenden Absehnitte dieses Buches eine [x genügende BaudHabe, Uns bleibt nur noch die Aufgabe, dem Reisenden eine “ _ kurze. Anleitung zur richtigen Benennung der physikalischen Erscheinungen in der Bildung unsers Festlandes, soweit dieselben nicht schon in Abschnitten über Geologie und Hydrographie behandelt sind, zu geben, wobei wir uns aber gegen jeden Vorwurf eines Mangels an Vollständigkeit von vorn herein FR wahren wollen. Es sollen eben hier nur die allgemein bekannten Erschei- nungen, wie sie jedem Reisenden entgegentreten, in compendiöser Form in enerung gebracht werden. ; Nühert man sich dem Lande von der Seeseite her, so wird zunächst die Fe - Beschaffenheit der Küste oder des Gestades unsere Aufmerksamkeit in ; Anspruch nehmen. Ersterer Name bezeichnet die Grenze des Landes von x der Seeseite ‚her, letzterer die Grenze der See in Bezug auf das Land (Nord- t küste Afrika’s; Südgestade des Mittelmeeres); beide Ausdrücke werden aber je; _ häufig verwechselt. Zunächst hat nun der Reisende auf. die Contouren der “er } 7 Küste seine Aufmerksamkeit zu richten, ob dieselben in sanft eingeschnittenen — Biegungen, oder ob sie ausgezackt und starkkantig sich dem Ause darstellen, na welche die Ursachen sind, durch welche. die Gestaltung dieser Con - toure bedingt wird. Die Hlachküsie, als eine gleichmässige Fortsetzung _ der Tiefebene unter der Meeresfläche gedacht, wird sich meistens als ein ° der a durch die Wellen Strand mit geringem Bö- he ae b | Amen Steingeräll, acht mit schwererern Sandtheilen und Muschelschalen, EB, % a ahnst, "als ein oft meilenweit den Küstencontouren folgender Uferwall, N die Grenzen des Strandes landeinwärts. Wird der Uferwall durch engere a ; erbindung des denselben bildenden losen Materials zu einem compaten en 14* RER FERN 2 Koner. - ee“, Conglomerat, so bezeichnet man denselben als „Riffstein“ oder „Ufer- breccie“; Vermischung mit Eisenoxyd kann ihn in feste Felsbildung umwan- deln (an der Küste Calabriens, bei Messina, auf Elba, auf mehreren west- indischen Inseln). Sind die Uferwälle vom Festlande durch einen Streifen flachen Wassers getrennt, so heissen sie vorgeschobene Uferwälle (am meisten ausgebildet an der Ostküste Nordamerika’s von Long Island bis Florida, namentlich in der Nähe des Cap Hatteras). — Je nach dem grös- seren Steilabfall des Meeresbodens kann dieser Wall in grösserer oder ge- ringerer Entfernung die Ufer einsäumen, bald in gerader Linie hinlaufend, bald an den Ausgängen flacher Buchten sich aufthürmend und diese allmälig in abgeschlossene Binnenbecken, Haffe oder Lagunen umwandelnd, sei es, dass diese Binnenbecken gänzlich abgeschlossen sind, oder durch eine oder mehrere Wasserrinnen mit dem Meere in Verbindung stehen. Einen solchen nicht geschlossenen, weit in die See hinausragenden und eine breite Bucht umschliessenden Uferwall bildet die Halbinsel Hela; fast geschlossen und nur durch eine schmale Durchfahrt mit dem Meere in Verbindung stehend sind das Frische und das Curische Hatf, bei denen der abschliessende Wall als Nehrung bezeichnet wird. Aehnliche Erscheinungen bieten die Lagunen von Venedig, die Etangs im Departement des Herault u. a. m. Selbst wo Flussmündungen die Uferwälle durchbrechen, setzen sich dieselben unter- seeisch als Sandbänke oder Barren fort. Mit der Flachküste eng verbunden tritt in den meisten Fällen die Dünenbildung auf: aus dem Flugsande des Strandes durch die von der See her wehenden Winde zusammengewehte Hügelreihen, in mehreren Reihen hintereinander sich erhebend und je weiter landeinwärts, um so höher an- steigend, hier durch Thäler von einander getrennt, dort nur von unbedeu-. tenden Einsenkungen unterbrochen und gegen das Meer hin meistentheils steiler abfallend als binnenwärts. Durch den Wind entstanden und ‘seinen Einwirkungen fortdauernd ausgesetzt, ist, abgesehen von den Auswaschungen, welche durch den Anprall der vom Sturm gepeitschten Wogen entstehen, die Gestalt der Dünen eine veränderliche. Gewähren nun dieselben auch den dahinterliegenden angebauten Gegenden einen gewissen Schutz gegen die Ueberschwemmungen des Meeres, so wird doch in vielen Fällen ihre Wanderung landeinwärts für die fruchtbaren Landstriche verderbenbringend, eine Erscheinung, die sich mehr oder minder bei allen Dünen zeigt (an der preussischen Ostseeküste, in Frankreich zwischen den Mündungen der Gi- ronde und des Adour, in den Landes im südwestlichen Frankreich). Durch Anlage einer die Bewegung des Flugsandes hemmenden V.egetation hat man mit mehr oder minder glücklichem Erfolge es versucht, den Wanderungen der Dünen ein Ziel zu setzen. Häufig finden sich da, wo Dünenreihen das Durchbrechen der Gewässer verhindern, hinter denselben Sümpfe und stagni- rende Wasserbecken, während das Fehlen von Dünen oder eine zu geringe Höhe derselben an flachen Küsten oft eine Versumpfung des Ufers erzeust. Durchschnittlich varürt die Höhe der Dünen zwischen 10 und 60 Fuss; sie erreichen aber in einigen Fällen eine bei weitem grössere Höhe. So trennt eine 160 Meilen lange Dünenkette von 370—550 Fuss Höhe die Sahara vom Ocean zwischen Cap Bojador und Cap Verde; Hollands Küsten, welche im Mittel 2 Fuss unter dem gewöhnlichen Meeresniveau liegen, sind von 40—50 Fuss, an einzelnen Stellen bis 185 Fuss hohen, durchschnittlich eine - Stunde breiten und mit Sandrohr bepflanzten Dünenreihen geschützt, von denen die äusserste, aus losem Sande bestehend, die niedrigste, die mittlere die breiteste und höchste, die innerste die älteste ist. Da wo hier natürliche geh inchlichsten ed in der physikalischen Geographie. 213 der Natur geschaffene gute Häfen, in denen Schiffe von grös- serem Tiefgang und vor den Winden Be elikn zu ankern vermögen, finden sich bei Flachküsten fast nirgends. Hansen an solchen Küsten, selbst da, wo Flussmündungen eine grösssere Tiefe bieten, erheischen mithin die Erbauung einer oder zweier tief in das Meer hinausreichenden Molen, durch welche der aus der Meerestiefe aufgewühlte oder von den Flüssen 2a _ hinausgeführte Sand seitwärts bewegt wird, sowie stetige Ausbaggerungen BL, innerhalb derselben. Derartige Hafenanlasen ‚zeigen die Häfen an der Ost- Sind seeküste, an Frankreichs Küsten, bei Port Said an der nördlichen Mün- " dung des Suez-Canals, an der Sulina-Mündung der Donau u. s. w. u % Als Gegensatz zur niedrigen, sanft zum Meere sich abdachenden Flach- ur, — — küste tritt uns die Steilküste entgegen, wo der Rand eines Plateaus, ° 28 die unterste Stufe eines Gebirges oder einzelne Felspartien jäh zur Küste abfallen. Die Höhe der Fluth, die Richtung, Schnelligkeit und Gewalt der ——_Fluthwelle, die Richtung der Stürme sind mächtige Faetoren für die Con- Me R touren der Steilküste. Maassgebend ist bei diesen äusseren Einwirkungen auf das Gestein der Küste, dass Gneiss, Granit, Syenit und Basalt grösseren 4 - Widerstand zu leisten vermögen als Sandstein- und Kalksteinformationen ; “ horizontal geschichtete Felswände einen grösseren, als schiefliegende Schich- e _ tungen. Je grösser die Zahl der Vorgebirge und Buchten, um so reicher - | die Zahl der Angriffspunkte durch die Wogen, und um so grösser die Möglichkeit einer Zerstörung durch dieselben, während lines Strecken - weniger derselben ausgesetzt sind. Wird nun der Küstensaum von einer ° labyrinthischen. Anhäufung von Felstrümmern gebildet, sei es, dass die- selben als Reste der durch die Luft zersetzten, oder in Folge von Ero- A sionen durch die Meereswogen herabgestürzten Massen der Steilküste sich darstellen, oder dass sie als Theile des seewärts sich fortsetzenden Fusses des Ve Gebirges mit ihren Spitzen als Felskesel oder Klippeninseln über der Meeresfläche emporragen oder als blinde, dem Auge nicht sichtbare Klippen _ unter dem Meeresniveau liegen, so wird man eine solche Küste als Klip- penküste bezeichnen. Bei Steilküsten pflegen mehr oder minder weit in die See hinaus- ragende Felsenvorsprünge und Felsencaps grössere oder kleinere Buchten und. Baien zu umschliessen, die, sobald der Meeresboden von Klippen frei ist, sich in vielen Fällen treflich zu Hafenanlagen eignen, einmal durch die zumeist grössere Tiefe des Seebodens in der Nähe des Ufers, dann N durch den Schutz, den die die Bucht umschliessenden hohen Ufer gegen IN gewisse Windrichtungen gewähren. Klippenküsten hingegen bieten, wenn EL auch oft in den innersten Theilen ihrer Buchten gute, aber wegen der \ Gewundenheit und geringen Breite des durch die vorliegenden Klippen und Kelseneilande führenden Fahrwassers für den Verkehr nur in wenigen Fällen practicable Häfen. “ Wir sprachen von der Bildung der Klippenküste als durch % ersetzung er Felsenmassen entstanden. Da, wo nun eine Zersetzung des weicheren esteins durch atmosphärische Einflüsse derartig vor sich gegangen ist, dass ' Meer durch tief in die Steilküste hineinreichende Einschnitte sich einen alen Zugang und Weg bis in das Plateau des Landes gebahnt hat, _ tritt uns die Fjordbildung entgegen. Ein Gewirr von Inseln und Klippen de Baden EmenE der Fjorde (in Schweden Skären, Schären genannt), oo ala, Koner. dieselbe, bald in gerader Linie, bald in Krümmungen zwischen hohen Steil- wänden in längerer oder kürzerer Ausdehnung in das Land einschneiden. Hier und da zweigen sich Nebenarme von dem Hauptfjord ab. Die inner- halb seiner Mündung liegenden Klippen und Inseln können verschiedene Einfahrten bilden, welche, da die Fjorde gleichfalls der Ebbe und Fluth unterworfen sind, je nach der Jahreszeit und der Fluth als Eingänge zu diesen Meereseinschnitten benutzt werden können. In Skandinavien, Schott- land, Irland, Island, in den Nordpolarländern, an der Ost- und Westküste Nordamerika’s, in Südamerika auf der Westküste von Chilo& bis zum Cap Horn ete., überall wo das ganze Jahr hindurch die stärksten atmosphärischen Niederschläge sich bilden, tritt die Fjordbildung auf. Im Gegensatz zu den zerstreut liegenden Klippen oder Schären be- zeichnet man die kammartig zusammenhängenden Klippen oder Felsbänke, mögen dieselben sich unter dem Wasser hinziehen oder in geringer Höhe den Wasserspiegel überragen, mit dem Namen Riff. Dieselben sind häufig von grossen Dimensionen und begleiten die Küste mancher Länder in grösse- rem oder geringerem Abstande (z. B. das durch 8 Breitegrade an der Küste Brasiliens von Cabo Prio bis Cap do Calcanhar sich hinziehende Sandstein- Riff). Klippen wie Riffe werden deshalb, weil der Schifffahrt am gefährlichsten, auf guten Seekarten überall verzeichnet sein müssen, und hat jeder Schiffer die Pflicht, die Lage neuentdeckter mit genauer Breiten- und Längen- bestimmung in die Karten eintragen zu lassen. Zu diesen Riffen gehören auch die Korallenbänke. Sie sind an die heissen Zonen gebunden und treten zwischen den 30° N.Br. und 25°S.Br. und zwar vorzugsweise im Stillen und Indischen Ocean, im Rothen Meere und in den westindischen Meeren auf. Stark bewegtes Wasser begünstigt ihre Ent- wickelung, die in einer Meerestiefe von höchstens 40 Meter zu beginnen vermag und 1—2 Meter unter dem tiefsten Stande der Ebbe aufhört. Ueberall da, wo Korallenriffe auf einem tiefer gelegenen Meeresboden ruhen, scheint, weil eben die Korallenthiere in grösserer Tiefe nicht zu leben vermögen, eine allmälige Senkung des Meeresbodens stattgefunden zu haben, während neue Riffe sich auf den unbelebten aufgebaut haben. Hingegen wird da, wo Korallenriffe oft bis zu mehreren hundert Fuss über die Meeresfläche auf- steigen, diese Erscheinung auf eine Hebung des Seebodens deuten. Durch Ansiedelung von Seethieren, durch ihre Verkalkung und durch Schlamm- massen eh das Riff allmälig über die Fluthlinie empor, auf dessen Ober- fläche nun durch Wind, Wellen und Vögel dorthin getragene Samenkörner ein vorzugsweise aus Kokospalmen, Pandanus und Pisang bestehendes Vege- tationsleben sich entwickelt. Viele solcher Korallenriffe lagern häufig hart an der Küste von Inseln oder sind von denselben durch breite Canäle ge- trennt; andere umschliessen in weiten Kreisen mehrere Inseln oder Insel- gruppen. Diese Art der Korallenbänke werden mit den Namen Strand-, Küsten- oder Ufer-Riffe bezeichnet. Alle aber zeigen mehr oder minder breite Einsenkungen, namentlich gegenüber den Punkten, wo auf dem Lande Flussmündungen sich finden. — Andere Riffe begleiten die Küsten des Fest- landes oder langgestreckter Inseln (Neu-Caledonien) als Barrierenriffe. Ein solches gegen 300 Meilen langes Barrierenriff zieht sich von der Torres- strasse längs der Nordküste Neuhollands hin. — Schliessen die Riffe in ovaler oder kreisrunder Gestalt ein Seebecken (Lagune) dergestalt ein, dass die eingeschlossene Wasserfläche nur durch einen oder mehrere Einschnitte mit dem ausserhalb des Ringes liegenden Meere in Verbindung steht, so heisst ein solches Riff Atoll (Atoll von Ebon, White Sunday in der Gruppe 2 niedri en Tel etc.). Erhebt sich a einer re ln eine Insel, so erhält das Riff den Namen Dammriff. Wohl zu beachten ist, dns innerhalb der Lagune das Wasser völlig ruhig, in den zwischen den ‚anderen genannten Riffen und dem Lande gelegenen Canälen nur verhält- Riffe stets von einer wilden Brandung umtost sind. En u Als in gleicher Weise für die Schifffahrt gefährlich verdienen die Un- Aal tiefen oder Sandbänke der Erwähnung. = Als Product zweier sich begegnenden und in ihrem Bestreben, die auf dem Meeresboden oder im Flussgrunde fortgestossenen Sand- und Schlamm- massen sich hemmenden Strömungen entstehen Sandbänke sowohl im offenen Meere, als auch vorzugsweise häufig an Küsten, Flussmündungen und inner- halb breiter fliessender Gewässer. Häufig unter dem Meeresspiegel liegend. (wie z. B. wie oben bemerkt, als unterseeische Fortsetzungen der Uferwälle), a an anderen Stellen das een entweder zu Mippeseit oder fortdauernd | überragend, aber je nach der Stärke der einen oder der andern Strömung x re von variirender Gestalt und desshalb für die Schifffahrt um so gefahr- ' _ bringender, treten dieselben, ebenso wie die Riffe, hier als submarine Wälle von grosser Längenausdehnung (Agulhasbank an der Südspitze Afrika’s bis zu Algoa-Bai), dort als von schmalen Einsenkungen unterbrochene und auch diese oft nur zur Fluthzeit als passirbare Durchfahrten zu benutzende Reihen- Bänke auf. Leuchtfeuer, Feuerbecken, Tonnen müssen hier das oft variable ü Fahrwasser bezeichnen. Häufig erscheinen solche Sandbänke oder Barren ‘an den Mündungen grosser Flüsse, wo sie durch die Ablagerung der von den- gelben in das Meer hineingeführten Schlammmassen entstehen. Sind Ein- E.; schnitte in derselben vorhanden und werden dieselben durch künstliche Aus- tiefung offen gehalten, so wird die Barre auch für grössere Schiffe passirbar _ sein; andere Barrren, welche geschlossen sind, können nur zur Fluthzeit, und dann auch häufig nur von kleineren Fahrzeugen überwunden werden (z. B. Donaumündungen, die Mündungen der meisten Flüsse Afrika’s sind ).: VORN von solchen Barren gesperrt). Sandbänke lagern aber auch in Strombetten, | hier meistentheils in langgestreckter, in ihren Contouren den Ufern parallel - laufender Form, oder vor der Mündung von Nebenflüssen in den Hauptstrom. U ‘ Endlich machen wir auf eine nur auf die Tropengestade beschränkte ; Küstenbildung aufmerksam. In den Tropen (Louisiana, Florida, Westindien, am Rothen Meer, Koralleninseln des Stillen Oceans) umgeben nämlich an vielen Punkten innerhalb der Fluthmarken die zur Gattung der Rhizophoren _ (Rhizophora Mangle, Mangrove-Waldungen) und Avicennien gehörige Bäume "in schmalen Gürtel den Meeressaum. Zwischen ihren mächtigen, aus dem Uferschlamm hervorragenden hohen Luftwurzeln und den hervorsprossenden _ Wurzelschösslingen werden die von der Fluth angespülten Tange, Muscheln Di: und Krebsschalen,, sowie Sand zurückgehalten. Durch die Verwesung | E "TS des lederartigen Laubes bildet sich, beschattet von dichtem Laubwerke, eine Bi schwarze Humusschicht, von Me nironden, Pfützen und Sümpfen unter- - brochen. Hierdurch ertart sich allmälig das Küstenland, das Meer wird % urückgedrängt und die Küstenlinie verändert. Ei Der Reisende hat deshalb auf die Küstenbildung ein aufmerksames Auge - ‚richten, sich nicht allein mit dem Charakter derselben an den Punkte ner Landung vertraut zu machen, sondern von erhöhtem Standpunkte eine ıschau über grössere Strecken derselben zu halten, sich an unbekannteren n damit vertraut zu machen, an welchen Punkten sich dieselbe zu dungspunkten und Hafenplätzen eignet, ob die Küste bewohnbar oder er - N he 2 x if 6) er y 216 Koner. bewohnt ist, wie weit Ansiedelungen und Culturen sich bis zum Strande erstrecken, ob die Ufer bewaldet, ob steril sind. Die Küstencontouren sind vom,Schiffe aus in Umrissen zu zeichnen, einzelne, namentlich charakteristische Partieen der Steilküste, von einem Punkte derselben aus. Endlich wird der Reisende sich darüber Rechenschaft zu geben haben, welchen Einfluss die Küstengestalt auf die Gesittung und den Verkehr der Bewohner des Landes ausübt. N Gehen wir von der Betrachtung der Uferränder zu der der Relief- formen des Landes selbst über. Hier begegnen wir den Ausdrücken Tiefland, Tiefebene, Hochland, Hochebene. Absolute Ebenen oder fast absolute kommen, wie wir später zeigen werden, nur in wenigen Fällen vor; überall werden wellige Anschwellungen des Bodens, Hügel und Hügelreihen, Einsenkungen und Thal- mulden, von Wasserläufen gebildet, dieselben unterbrechen. Als charakte- ristisches Merkmal für das Tiefland oder die Tiefebene gilt, dass die- selbe in ihrer absoluten mittleren Höhe (d. h. bei einer gleichmässig ge- dachten Vertheilung ihrer höchsten und niedrigsten Punkte über den ganzen Flächenraum und in ihrer Erhebung nach dem Meeresspiegel berechnet) im Ganzen wenig mit der Höhe des Meeresspiegels differiren darf; ein allmäliges Ansteigen der Fläche landeinwärts zu, einer grösseren Höhe, selbst die Lage derselben mitunter unter dem Meeresspiegel, ändert nichts in der Bezeichnung (Norddeutsche, Lombardische Ebene, Ungarn, ein umschlossenes Binnentief- land; unter dem Niveau des Meeres liegend: Holland, die Gebiete am Cas- pischen Meere). Selbst Ebenen, welche vom Meeresstrande aus sich zu be- deutender Höhe allmälig erheben, wie die des Amazonenstromes, behaupten ihre Bezeichnung als Tiefebene. ; Ursprünglich vom Ocean oder Binnenmeer bedeckt zeigen viele Tief- ebenen, in denen atmosphärische Niederschläge fehlen oder nur selten er- scheinen, einen einförmigen oder vegetationslosen Charakter oder bieten da, wo Mangel an Gefäll die Gewässer sparsam rinnen oder stagniren lässt, das Bild weit ausgedehnter Sumpf- und Moorflächen. Bei geneigteren Flächen, in denen durch Wasserläufe hingegen eine fruchtbare Humusschicht das Land bedeckt und atmosphärische Niederschläge die Fruchtbarkeit erhöhen, wo Wald- und Wiesengründe entstanden sind, hat Menschenkraft die Boden- kraft zu benutzen verstanden und durch Anlage von Culturen den einför- migen Charakter der Tiefebene verwischt; solche Tiefebenen sind zu Centren des Culturlebens der Völker geworden. Je nach ihrer geognostischen Boden- ‚ beschaffenheit und der sie bedeckenden Vegetation haben wir für die Tief- länder besondere Bezeichnungen. Ueberall da, wo die einst vom Meere be- deckte, gegenwärtig aber gehobene Tiefebene ihren ursprünglich sterilen Charakter in der Art bewahrt hat, das der sandige Boden auf endlosen Strecken mit einer Vegetation von Haidekräutern und Gestrüpp bedeckt, wo die Ebene kaum von kleinen Erhebungen unterbrochen wird und der Horizont gleichsam endlos in die Ferne gerückt ist, wendet man die Benennung Haideland an. Fast überall fehlen in ihm Wasserläufe und wo Wasser- ansammlungen sich finden, werden, weil jeder Abfluss fehlt, moorartige Pfützen sich bilden (Landes in Frankreich, Lüneburger Haide). Sind durch Wassergewalt in Einsenkungen der Haidefläche, namentlich wo Wasserläufe dieselbe durchschneiden, der Sand weggeschwemmt und die darunter lagernden Lehm- und Mergelschichten blossgelegt, so werden solche Striche sich als ceulturfähig erweisen, während die eigentliche Haidefläche mit ihrem nackten Sande nur in den seltensten Fällen sich zum Anbau eignet und nur durch mühsamen Anbau von Kiefernwaldungen nutzbar gemacht werden kann. ü N L . > h Ve iR at Miet Se von 1 Sumpffläic Keen erfüllte Bedeu ie Oak morastige nn‘ und Stromniederungen en so wird man dieselben 1: Ma, in solche, wo die Diluvialdecke von grossen Torfmooren und i in solche, welche von einer starken, fruchtbaren Ehe edn bedeckt sind. Letztere Form wird Marschland genannt. Gebildet ist die Marsch durch das feine _ Material, welches die Flüsse aus dem Innern zur Meeresküste führen und das dort zu Inseln und Schlamm- oder Schlickbänken angehäuft wird. Durch Deichanlagen wird die Marsch vor den Meereswogen gesichert und zur Be- \ bauung benutzt. Sie ist vollkommen flach, ist bedeckt mit fruchtbaren Aeckern _ und Wiesen, von Canälen durchschnitten, ohne Wald und ohne Sand- und Haideboden (Marschen der untern Eider, Elbe, Weser, Ems). Treten die erwähnten Schlickabsätze nur zur Ebbezeit über der Meeresfläche hervor, sind mithin dieselben noch nicht durch Deiche in Marschen umgewandelt, so wird eine derartige Bildung Watte genannt (Westküste von Schleswig). , Dem Marschlande entgegen steht die Geest (Gast), Geestland. Dasselbe besteht grossentheils aus diluvialem Sande, ist hoch, uneben und minder fruchtbar als,die Marsch, hat Quellen, Bäche und Ströme, ist nur stellen- weise bebaut und bildet z. B. im Westen der untern Elbe, an der untern Weser und in Westphalen das Becken der Moore und Haiden. Moor- und Sumpflandschaften, wie sie namentlich der Nordwesten Deutschlands bietet, sucht man in verschiedener Weise der Cultur zugäng- lich zu machen: einmal durch die seit dem 17. Jahrhundert in jenen den eingeführte Methode des Moorbrennens (Anzünden des durch flache Gräben einigermassen entwässerten und an seiner Oberfläche gelockerten "Bodens im Henhjahre, in Folge dessen der Moorrauch oder ee von üblem Einfluss auf die klimatischen Verhältnisse durch seine En: erbsnhäre austrocknenden und demgemäss den Pflanzenwuchs hindern- den Eigenschaften), dann in neuerer Zeit mit besserem Erfolge für die Oul- tivirung der Moore durch Anlage von Fehncolonien (ÜCanäle, die von einem schiffbaren Fluss aus theils zur Entwässerung, theils zur Verschiffung N des gewonnenen Torfes durch die Moorlandschaften geführt werden, und wo h nach Abstechung der Torflager Culturen an ihre Stelle treten). Be Einen ähnlichen N ArBIIEE tragen die ausgedehnten Ebenen des nörd- an lichen Russlands und Sibiriens, Tumdea genannt. Während der langen in diesen Regionen herrschenden Winterzeit une Schneemassen begraben, be- deckt sich hier, sobald während der kurzen Sommerzeit der Schnee ge- 'schmolzen ist, der Boden an seinen niedrigen Stellen inselartig mit einer = aus Torfmoosen und anderen Pflanzen bestehenden Vegetation, während die A 5 o° - Gleichfalls charakteristisch durch die Gleichmässiekeit und Einförmig- Re keit ihrer Pflanzendecke sowie durch ihre von keiner Erhöhung und Ein- iefung unterbrochene Ebenheit des Bodens stellt sich die De des ungarischen Tieflandes dar: weit ausgedehnte mit üppigen Gräsern be- andene Ebenen, ursprünglich ein altes Seebecken, dessen Boden durch die Feich wiederkehrenden Dar ea een der sie bewässernden Flüsse # Jen Begriff einer eehnlen Fbene, die allerdings je nach ihren Vege- BE nälisen einen schiedenen Charakter zeigt, bedingt auch das ur- 218 Koner..; u ns | ee sprünglich Tussische Wort Steppe, eine Benennung, welche gegenwärtig nicht blos auf die weiten grasbedeckten Ebenen Südrusslands, sondern auch für analoge Bodenbildungen in anderen Ländern ihre Anwendung gefunden hat. Da, wo in Südrussland eine dicke Humusschicht von schwarzer Erde. 2 die endlosen Ebenen bedeckt, breitet sich ein weites baumloses Gras- und Kräutermeer, nur unterbrochen von den auf dem fetten Boden zu üppigster Pracht sich entfaltenden Getreidefeldern, über sie aus; Spuren, dass diese Tiefebenen einstmals Seeboden gewesen sind, fehlen hier. Südlich aber von diesem Gebiete der „schwarzen Erde (Tschonosjom)“, wo der Boden sich als früherer Meeresgrund erweist, entbehrt die Steppe im Sommer ihr grünes Pflanzenkleid, welches nur im Frühjahr den dort weidenden Heerden Nah- rung in reichster Fülle zu gewähren vermag. Griesebach in seinem Werke, „die Vegetation der Erde“, theilt die Steppen nach ihrer charakteristischen Vegetation in Gras-, Sand- und Salzsteppen. Die Grassteppe, in er- weitertem Sinne aufgefasst, umfasst überhaupt die Strecken, wo der Boden seinen Salzgehalt verloren und die Vegetation so viel Humus abgelagert hat, dass die Feuchtigkeit nach dem Schmelzen des Schnees oder nach erfolgten Niederschlägen nicht sogleich wieder den Erdschichten an der Oberfläche entzogen wird, so dass, auch wenn Gestrüpp sie bedeckt, doch.auch zartere _ Gewächse zur Weide geboten sind. In den Eeannen bedeckt da, wo Gramineen vorherrschen, der Rasen niemals vollständig den Boden; nur stellenweise wachsen Gräser, während das übrige Land nur im Frühling mit zarten Kräutern bekleidet ist, die durch die sommerliche Hitze versengt werden. Die Sandsteppe, die den Humus fast ganz entbehrt und die Feuchtig- ' keit zum Grundwasser abfliessen lässt, geht in die Wüstenbildungen über, die bald von beweglichen Dünen bedeckt, bald von feiner gekörnter Erd- krume entblösst ist, indem die Oberfläche aus dem nackten Felsen selbst .oder aus Gerölle gebildet wird. In ihr verschwinden die Gramineen fast gänzlich, und Stauden und Kräuter sind den Strauchformen untergeordnet; wo die Feuchtigkeit nicht ausreicht, letztere zu ernähren, wird die Sand- steppe zur unbewohnbaren Wüste. Die Salzsteppe endlich, welche Natrium- verbindungen in grösserer oder geringerer Menge dem Boden beigemenst enthält, und deren Feuchtigkeit, von dem Thongehalt der Erdkrume abhängig, nur durch Verdunstung verloren geht, oder in anderen Fällen sich längere Zeit erhalten kann, wird, wenn sie sich über grössere Räume ausgedehnt, gleichfalls zur Wüste, weil ihr Wasser nicht trinkbar ist und ihre Vegetation zur Weide nicht dienen kann. Grassteppen und die besseren Theile der Sandsteppen sind mithin allein zur Ernährung der Heerden der nomadisiren- den Stämme geeignet. Sandsteppen nehmen zum grossen Theile das west- liche Becken der caspischen Niederung ein, während Salzsteppen in weiter Ausdehnung sich zwischen Wolga und Ural hinziehen. Sandsteppen, wie die der caspischen Senkung, umgeben auch den Balkasch See in Sibirien, dort unter dem Namen von Hungersteppen bekannt. Wir erwähnten des Ueberganges der Steppe zur Wüste. Als charak- teristisches Merkmal für letztere sind das Fehlen atmosphärischer Nieder- schläge, oder, wo diese als Gewitterregen eintreten, rasch vorübergehend, und in Folge dessen der gänzliche Mangel eines Vegetationslebens oder dieses nur auf Distelgewächse und stachlige Mimosen beschränkt. Den Boden bildet nackter Fels oder ein mit Rollkieseln -überschütteter grobkörniger, aus Verwitterung des Felsboden entstandener Sand; in anderen Theilen feiner Sand, der von den über die Wüste streichenden Winden leicht emporge- Die 219 beit sich als N. in bestimmter Richtung rgh Nur wo ügelreihen aus gröberen Sandtheilen sich aufbauen, vermögen sie den Win- den Widerstand zu leisten. Luftspiegelungen sowie Reif und Eisbildungen während der Nächte gehören wegen der durch nichts gehinderten nächtlichen Ausstrahlung des durch die Hitze des Tages erwärmten Bodens nicht zu den Seltenheiten. \ Da wo unterirdische Wasser in der Wüste auftreten, bilden sich Wadis _ und Oasen, erstere in Form von Thalbildungen, in denen die Quelladern ‚tiefer im Boden liegen und in Folge dessen nur mit dürftiger Vegetation fe, versehen sind, letztere, gleichfalls als Thalbildungen anzusehen, in denen die BR unterirdischen Wasser in grosser Menge bis zur Oberfläche steigen und in- 2 ‚mitten des Sandmeeres grüne fruchtbare Inseln schaffen. Je nach der Stärke h der Quellen oder ihrer Zahl sind die Oasen von grösserem oder kleinerem Umfang. Dattelpalmen vorzugsweise sowie andere fruchtbare Bäume, Mais, Weizen und Gerste gedeihen auf ihnen trefflich und sind im Stande, je nach der Grösse der Oase, den auf ihnen angesiedelten Bewohnern, oft ganzen Stämmen, mit ihren Heerden hinreichende Nahrung zu spenden. Um die Zahl der Oasen zu vermehren, haben die Franzosen in neuester Zeit mit glücklichem Erfolge in der Provinz Constantine durch Anlage artesischer 3 Brunnen neue Oasen zu schaffen versucht. Brunnen (arabisch Bir), häufig freilich mit brakischem Wasser, und Oasen bestimmen die Richtung der die - | Wüste durchwandernden Karavanen; die Karavanenstrassen in der Wüste haben daher seit den ältesten Zeiten so ziemlich ihre Richtung beibehalten, _ und werden nur durch räuberische Ueberfälle der Wüstenstämme, mitunter auch durch das Versiegen eines Brunnens die Karavanen zeitweise zur Veränderung ihrer Wegerichtung gezwungen. Die Abstände der Oasen und‘ Wüsten- _ brunnen von einander sind sehr ungleich, selten jedoch auf den grösseren _ Karavanenstrassen weiter als 3—5 Tage. Der Wüstengürtel der Oontinente der alten Welt beginnt am Westgestade des atlantischen Oceans mit der Sahel (arabisch eine mit feinem Sande bedeckte Fläche), zieht sich ostwärts als Sahara (Sahar, arabisch = Wüste, bedeckt mit grobem Kies und Steinen und Oasen enthaltend) und libysche Wüste, nur unterbrochen durch das Nilthal, bis zum Rothen Meere, bedeckt das Innere der arabischen Halbinsel und das iranische Plateau und endet in der Wüste Gobi in der chinesischen Mongolei. Bei allen diesen Wüsten finden sich die oben angedeuteten charakteristischen Merkmale des Bodens, sowie der meteorologischen Er- 'scheinungen, Wie auf der östlichen Halbkugel erscheinen auch auf der westlichen Steppen, Tundren und Wüsten, hier als Prairien, Savannen, Pampas, Llanos und Disiertos Dekanat. Die Prairien und Savannen Norden gleichen, abgesehen von den durch die Klimate bedingten Verschiedenheiten, en“ “den Puszten Ungarns und den Grassteppen Südrusslands. Sie stellen sich dem Auge als wellenförmige, mit einer üppigen Grasvegetation bedeckte Flächen dar, aus denen nur hier und da einzelne Bäume oder kleinere Baum- _ gruppen hervorragen. Wie in Europa beginnt auch in Amerika die unauf- N aber gegen Westen vordringende Cultur. den Prärien mehr und mehr Die Grassteppen Südamerika’s, die Llanos Columbiens und die Pampas Her La Plata-Staaten, in denen der Ackerbau erst noch unbedeutende rtschritte gemacht hat, erscheinen im Gegensatz zu den nordamerikanischen, s ns Ebenen, in denen jede Bodenerhebung fehlt. Nur zerstörte el en von Sandstein oder Kalkstein (Bancos) mit wagerechter Oberfläche, 330 Koner. nur wenige Fuss über dem Boden sich erhebend und oft stundenlang sich fortsetzend, sowie gewölbte, nur wenig ansteigende Erhöhungen (Mesa), hier häufig die Wasserscheide der Gewässer bildend, unterbrechen die gleich- förmigen Niveauverhältnisse dieser Ebenen. Nach der Regenzeit mit üppigen Gräsern und Halbgräsern bedeckt, verdorrt mit dem Beginn der Hitze die Vegetation der unabsehbaren Weideflächen; die durch die Regen angeschwol- lenen Wasserläufe, welche die Gegend meilenweit überschwemmen, versiegen, die Wasserflächen verwandeln sich in Sümpfe, der Boden zerreisst durch die Gluth der Sonnenstrahlen, und der Sturmwind jagt die in Asche verwandelte Vegetation in dichten Wolken über die verbrannte Ebene. — Doch auch wirkliche Wüsten, denen Afrika’s und Asien’s vergleichbar, hat Amerika auf- zuweisen: im Norden, westlich von dem grossen Salzsee und in der Colorado- Wüste theils ohne jeglichen Wasserlauf, ohne jede Spur von Vegetation, mit hartem Felsboden, mit weiten Salzflächen, theils mit armseligem, über den Boden hinkriechendem Gestrüpp bedeckt oder von einzelnen aus dem Thon- und Felsboden hervorstarrenden riesigen Cactus belebt. Im Süden aber er- innern am meisten an die Wüsten der alten Welt die Disiertos, die sich terrassenförmig zwischen dem Stillen Ocean und den Anden im südlichen Peru und im Norden Chile’s ausbreiten. Das australische Tiefland endlich zeigt neben wellenförmigem Weideland, welches sich jedoch weniger mit den Prärien Amerika’s als mit den Haide-Steppen vergleichen lässt, weite nur von einzelnen Felspartieen unterbrochene endlose Ebenen von sandig-thonigem Boden, fast gänzlich ohne Quellen und nur selten von atmosphärischen Nieder- schlägen bewässert, welche dann auf kurze Zeit die tiefer liegenden Theile in wassergefüllte Mulden verwandeln und ebenso rasch wieder verdunsten, einen salzhaltigsen Schlamm zurücklassend, welcher den Boden mit einer harten Salzkruste überzieht. Steppe und Wüste liegen hier neben einander, letztere aber den grösseren Theil des Innern des Continents bedeckend. Der Tiefebene gegenüber stehen das Tafelland, die Hochebene oder das Plateau, das Hochland. Die Hochebene bedingt die Erhebung einer Ebene zu einer grösseren mittleren Höhe über den Meeresspiegel, als dies r FREE Rh, AR Ä h Th gr DEDG { f a h " 4 a a IR ? h ef ; , ls a = 5 # RER As bei dem Tieflande stattfindet. Sonderungen der Hochebene in solche ersten und zweiten Ranges je nach ihrer Erhebung von über oder unter 4000° sind willkürliche. Nur die Beziehung der Ebene zur continentalen Masse, der sie angehört, wird massgebend sein für die Bezeichnung derselben als Hoch- oder Tiefland, und Flächen, welche nach ihrer mittleren Erhebung in dem einen Lande als Hochebene gelten, würden in einem anderen Lande nur den Anspruch auf die ‚Bezeichnung einer Tiefebene zu machen haben. Dieselben charakteristischen Merkmale der Bodengestaltung, auf welche wir bei der Tiefebene aufmerksam gemacht haben, wiederholen sich bei der Hochebene: bei beiden ist der Begriff der absoluten Ebene aus- geschlossen; muldenförmige Einsenkungen, Schluchten und Erhebungen wechseln mit Flachland, Weide- und Ackerland mit Morästen, sterilem Fels- und Sandboden und Wüstenbildungen. Bedingt wird aber die Hochebene durch das Vorhandensein eines Gebirges. Der Uebergang der Tiefebene zum Gebirge wird durch allmälig ansteigende Hügelketten oder Terrassen ver- mittelt, und werden diese vermittelnden Gliederungen als Stufen bezeichnet; eine Erhebung des Hochlandes aus der Tiefebene ohne ein solches Ver- bindungsglied findet nur selten statt. Mit dem Ausdruck Gebirge bezeichnet man die Summe unter sich zusammenhängender und gegliederter Berge aus festem Gestein. Je deutlicher diese Gliederung auftritt, umsomehr wird sich der Name Gebirge für eine 2: Rn 221 RA ehe hai eh incl lassen, wahrend Ba einer geringer scharfen bgrenzung NR Gliederung, bei dem Fehlen tiefer Thaleinsenkungen, eher die Bezeichnung Bergland anzuwenden sein wird. Da wo der Berg oder I das Gebirge aus der Ebene aufsteigt, beginnt der Fuss; derselbe wird aus Male, allmälig ansteigenden höheren Vorbergen mit Thaleinschnitten gebildet; selten N - steht der Berg unvermittelt in der Ebene (Pic von Tenerifa, Stromboli, Baar bei Besen in Kleinasien). In den seltensten Fällen hat der Fuss ‚eines Gebirges oder Berges überall ein und dieselbe Meereshöhe. Der Rei- Een sende hat Hader bei der okrune der Höhe eines Berges genau die Höhe IS seines Standpunktes, von welchem aus die Schätzung vorgenommen wird, an- Xu zugeben. Bestimmte Höhenangaben lassen sich nur durch Besteigung mit Hülfe von Instrumenten ermitteln. Gewöhnlich ist bei den Gebirgen die Längendimension vorherrschend. Ri Es wird sich eine Linie bestimmen lassen, in deren Richtung die grössten f Erhebungen liegen, und bezeichnet man dieselbe als Gebirgsrücken oder Kamm; er bildet die Wasserscheide der zu ihren beiden Seiten herab- fiessenden Gewässer. Die Kammlinie, weil sie die Vorberge bedeutend über- ragt, wird von der Ebene aus betrachtet mit dem Auge am weitesten sich ver- folgen lassen, während ein weiteres Ueberblicken derselben von einem höheren Punkte innerhalb der Kammlinie selbst in den meisten Fällen durch vor- liegende, die Fernsicht verdeckende Berge unmöglich wird. Der Reisende mag deshalb die Contouren der Kammlinie von der Ebene aus sich wohl ein-, prägen, dieselbe zu zeichnen versuchen und wird dabei vorzugsweise auf die charakteristischen Merkmale derselben, z. B. bei vulkanischen Gebirgsketten, bei Juraformationen u. s. w. seine Aufmerksamkeit zu richten haben. Auf Reisen durch wenig erforschte oder noch völlig unbekannte Gegenden mag er stets - die den Horizont begrenzenden Gebirgscontouren, besonders da, wo Zeit und Verhältnisse eine nähere Untersuchung der Bergketten nicht gestatten, zu skizziren versuchen. Die Skizzirung a Gebirges aus weiter Ferne gestattet freilich nur in seltenen Fällen ein näheres Eingehen auf die Beschaffenheit des dem Beschauer zugekehrten Abfalles, welcher sich meistentheils, je nach dem Stande der Sonne oder der Reinheit der Atmosphäre, als eine blaue - — oder graue Fläche, in der nur einzelne heller beleuchtete Punkte sich mar- kiren, darstellen wird. Auch wird die eigentliche Beschaffenheit des Kam- mes, ob derselbe schmal und scharf (Grat, Gräte), ob er breit ist, ob - weite Flächen auf demselben sich hinziehen, der Kamm also die charakte- ristische Gestalt der Hochebene annimmt, vom Fuss aus nicht erkennbar sein. Alle diese Bestimmungen müssen der Autopsie bei der Wanderung durch Bi) das Gebirge selbst überlassen bleiben. Beim Aufstieg haben wir den zwischen dem Fuss und der Spitze des Berges oder der oberen Kante des Gebirges liegenden Theilen, dem Abfall oder der Abdachung, eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken; ihre _ verschiedenartige Neigung ist für die Physiognomie des Gebirges von höch- ster Wichtigkeit. Ein symmetrisch gleicher Abfall nach beiden Seiten hin findet sich nur höchst selten; stets ist der Abfall auf der einen Seite hin ‚steiler, als auf der entgegengesetzten. Bei grossen von N. nach S. strei- - chenden Gebirgen liest der Steilabhang gegen W. (Anden, Skandinavische iR Gebirge), bei den von O. nach W. Keichendeh auf der Südseite (Pyrenäen, N _ Erzgebirge, Riesengebirge), doch giebt es auch Ausnahmen von dieser Regel ee Sevennen, Küstengebirge Venezuela’s). 232. Koner. F “ $ grat ausgehenden Rippen, nach beiden Seiten ehainklie auf die Hahpk > achse treffende Seitenarme, was als Quergliederung bezeichnet wird. Mitunter ist die Gliederung eine parallele (Anden Südamerika’s), in der das Gebirge aus parallel nebeneinander laufenden Ketten besteht oder diese sich unter einem spitzen Winkel berühren. Endlich zeigt sich auch mitunter eine divergirende Gliederung, wo die Hauptkette sich an ihrem Ende in mehrere in verschiedenen Richtungen streichende Gebirgszüge theilt. Alle Punkte nun, von denen bei Quergliederungen Seitenarme auslaufen oder wo bei Parallelketten diese sich vereinigen, um später wieder ihre ur- sprüngliche Richtung zu verfolgen, bilden meistentheils höhere Gipfel und werden Gebirgsknoten oder Stöcke genannt. Alle grossen Erhebungen des Gebirges, mögen sie aus der Kammlinie hervortreten oder als isolirte Gebirgsstöcke neben der Hauptmasse der Ge- birgskette auftreten, nennen wir Gipfel. Ihre Gestalt ist von der geologi- schen Berne: der Gebirgsart, aus welcher sie bestehen, abhängig, sie geben dem Gebirge den eigentlich charakteristischen Teramis, Gerundete Formen in Abhängen und Gipfeln zeigt, weil leichter verwitternd, das aus Sandstein aufgebaute Gebirge, zackige, schroffe Gipfel, das aus Granit, Por- phyr und Gneis bestehende, da diese Formationen dem Einfluss der zerstö- renden Elemente kräftigeren Widerstand leisten. Diese allgemeinen Annahmen finden jedoch auch ihre Ausnahmen, indem ein und dieselbe Gebirgsart in verschiedenen Erhebungen oft einen verschiedenen Charakter annimmt. — Für die verschiedenen Formen der Gipfel hat sich bei den Gebirgsbewohnern, namentlich bei denen der Hochgebirge, eine reiche Nomenclatur entwickelt, während der Bewohner des Flachlandes sich mit allgemeinen Bezeichnungen für die Gestalt der ihm zunächstliegenden Höhen begnügt. Nach ihren viel- fachen volksthümlichen Bezeichnungen aber die Berge bestimmt classificiren zu wollen, ist unmöglich, und mag der Reisende an den landesüblichen Be- zeichnungen festhalten. Abgesehen von der so schwankenden Scheidung zwischen Hügel und Berg (letztere Benennung wird ja von dem Flachländer für jede grössere Erhebung des Bodens angewendet) pflegt man für alle sanft ansteigenden Rücken oder gerundete Gipfel den Namen Berg anzuwenden (Inselsberg, Winterberg, Feldberg) oder Kopf, Kuppe, Kulm, Kolm, Buel, Bühel (Schneekopf, Riesenkoppe, Knüllköpfchen, Wasserkuppe, Rauhe Kulm, Rigi-Kulm, Brandberger Kolm, Hirschbühl, Brennbüchel); für sanft abfallende grasige Bergrücken, doch auch für den Berg selbst, Leite, Lehne, Leiste (Eisenleite, Madonna ai Lait beim St. Gotthard); bei Ber- gen, bei denen Felspartieen zu Tage treten oder bei einzeln stehenden grossen Felsmassen den Namen Stein, Fels (Drachenfels, Königstein), bei niedri- geren Bergen, namentlich mit freier Umschau, Höhe (Victorshöhe); oder es werden Gebirgszüge nach ihrer Waldbekleidung als Waldgebirge bezeichnet (Böhmerwald, Steigerwald). In den Alpen finden wir zerrissene kegelförmige oder nadelförmige Spitzen, hier oft als Hörner, Hörnli oder Nadeln (französich dents und aiguilles) bezeichnet, oder einzelne spitz ansteigende oder in zugespitzten Massen sich erhebende Felsformationen, für welche häufig die Namen Stock, Kofel, Kar, Ker in Anwendung kommen (Schreckhorn, Uri Rothstock, Aiguille de Balme, Dent de Jaman, Ankogel, Gartnerkofel, Fuscherkarkopf); die abgestumpften Kegel erloschener Vulcane werden im südlichen Frankreich Puy (Puy de Döme) genannt; Tucs oder Trucs heissen in den Pyrenäen Gipfel von bedeutenden Höhen, Tugue, Truque, Tusse Berge von weniger steilem Gehänge; Berge, deren Spitzen durch thurmartige Gipfel gekrönt sind, heissen in der Ostschweiz Piz (Piz Bernina, Bapeeeilo), in en Prrenaen Pine oder Bee u. 8. w.,u. 8. w. Berge, N welche abgestumpften Kegeln gleichen und oben in eine Fläche enden, umnt man Tafelberge (Meissner bei Cassel, Tafelberg bei Capstadt); es gehören ER auch in diese Kategorie die in Abyssinien unter dem Namen Amba vor- Bi hi kommenden Erhebungen, welche sich als steil in die Thalgründe abfallende u r, theils isolirt dastehende, theils mehrere unter einander durch schmale Grate Br “und Joche verbundene Felsmassen darstellen, mit weiten culturfähigen Flächen De "auf ihren Plateaus. — Alle vom Hauptgebirgsrücken ausgehenden Neben- 2 arme werden als Jöcher bezeichnet; sie trennen die Thäler von einander, 2 - und wird man da, wo zwei Hauptthäler von einander durch sie getrennt ‘werden, von einem Hauptjoch, da wo sie Nebenthäler von einander schei- ‘den, von einem Seitenjoch zu sprechen haben. Die Enden dieser Seiten- i jöcher senken sich allmälig zur Ebene herab und bilden die Ausläufer des ' Gebirges. Die Entstehungsgeschichte der Thäler und Schluchten gehört der Geo- logie an; wir werden uns hier mithin nur auf die Bezeichnungen für die De verschiedenen Thalbildungen zu beschränken haben. Zunächst haben wir Längen- und Querthäler von einander zu unterscheiden. Erstere folgen dem Gebirke in der Richtung, seines Hauptzuges und scheiden zwei Erhe- r bungen in ihrer ganzen ee von einander, während das Quer- thal eine Spaltung ist, welche durch das Zerreissen des Gebirges während seiner Hebung entstanden ist, und das in seiner mittleren Richtung etwa senkrecht auf den Hauptgebirgszug gerichtet ist. Die Gehänge, d. h. die zu beiden Seiten der Thalsohle (des niedrigsten Theiles der Thaleinsen- kung) hinlaufenden Bergabhänge des Querthales werden, weil sie den Quer- durchschnitt des Gebirges, bilden, die Schichtungen mehr zur Anschauung bringen, als dies bei heulen der Fall ist; Querthäler sind meistens eng, haben eine schmale Thalsohle und ken der Vegetation und den Ä - menschlichen Ansiedlungen meistentheils einen geringeren Raum als die Ya breiteren Längenthäler. Die Einwirkungen der Niederschläge, sowie die Erosionen oder Auswaschungen durch das in den meisten Thalsohlen fliessende Wasser. bedingen zum grossen Theile die Gestalt der Thäler; hinzu tritt als anderer Factor die geologische Beschaffenheit des Gebirges, der Widerstand, _ den die eine oder die andere Felsart den Erosionen durch das Wasser ent- gegensetzt. Hier werden die Thäler, durch parallele Thalwände eingeschlossen, bald in gerader, bald in gewundener Richtung laufen; dort entfernen sich i die Thalwände von Oatder (Thalweitungen), um sich später wieder zu ß nähern (Thalengen oder auch bei längerer Ausdehnung Thalschlünde genannt), und es entsteht da, wo Sa Thalweitungen nt Thalengen ab- wechseln, eine Reihe von Becken, die durch diese Einschnürungen der Thal- wände abgegränzt werden. Diese oft von senkrechten Felsen eingeschlossenen Thalengen, durch welche das Wasser mit wilder Gewalt sich seinen Weg bahnt, heissen Klusen oder Klausen und zeigen sich in vielen Gebirgen _ Europa’s, am grossartigsten aber jedenfalls in den unzugänglichen Thalengen S der Colorado im Westen Nordamerikas, dort Caüones genannt. Häufig ‚stellen, über welche das Wasser als Wasserfall herabstürzt, oder es wird a durch einen von dem einen Thalgehänge zu den gerenäberisen sich R n "hinziehenden Damm (Thalriegel, Ei ldymm) das "Wasser des- “a Br n seeartig aufgestaut und stürzt mit furchtbarer Gewalt durch tief aus- iR 294 Koner. d. h. jedes vom Rücken des Gebirges bis zum Fuss sich hinziehende Thal, hat seine Nebenthäler; letztere sind meistens steiler als das Hauptthal und nehmen wiederum kleinere Seitenthäler (oft als Runsen und Tobel bezeichnet) auf. — Kammeinschnitte oder Scharten endlich, theils ent- standen durch Risse in den aufgerichteten Schichten, theils durch Einstürze oder Erosionen, hier als schmale von senkrecht oder steil aufsteigenden Ge- birgsmassen begrenzt, dort als weite Thore zwischen zwei entgegengesetzten Gehängen des Gebirges sich darstellend und durch die Kunst häufig zu Fuss- pfaden oder bequemen Fahrstrassen erweitert, heissen Pässe (Furken, fourches, ports, puertos, pasos), ihr höchster Punkt Passhöhe, auch Scheideck. Sie bilden die Verbindungs- und Verkehrsadern zwischen den Thälern und Landschaft diesseits und jenseits, sie spielen in der Landesvertheidieung, weil allein für grössere Truppenkörper passirbar, die wichtigste Rolle und sind deshalb häufig befestigt. Die vorhandenen, meistentheils schon seit alten Zeiten prakticablen Passübergänge in gutem Stande zu halten, bequeme Strassen zu ihnen hinaufzuführen, ihre Ränder durch Schutzbauten gegen Erd- und Felsrutsche und da, wo sie sich bis zu bedeutenden Höhen erhe- ben, durch Schutzdächer gegen Lawinen zu sichern, wird daher die Aufgabe ' jeder wohlgeordneten Regierung sein. Der vermehrte Länderverkehr m unseren Tagen hat aber da, wo Eisenbahnen hüben und drüben am Fusse von Berg- und Gebirgsrücken enden, statt der mühsamen Uebersteigung des Gebirges auf seiner Passhöhe in der Anlage von Tunnel ein Mittel zu einer directen Verbindung der entgegengesetzten Gehänge gefunden. Ebenso veränderlich, wie die Anwendung der Bezeichnung von Berg und Hügel, sind auch bei fliessenden Gewässern die Benennungen Strom und Fluss. Weder die grössere oder geringere Wassermenge, noch die Schnel- ligskeit und Länge des Laufes, noch der Umstand, dass ein Wasserlauf in den Ocean mündet oder als Nebenfluss eines Hauptflusses auftritt, gestatten eine prägnante Scheidung in der Benennung. Selbst der für die kleinsten Wasserläufe gebräuchliche Ausdruck von Bach wird in vielen Fällen, na- mentlich bei Gebirgsgewässern, mit der Bezeichnung von Fluss confundirt. Der Reisende mag deshalb bei der Bezeichnung von fliessenden Gewässern sich den althergebrachten, wenn auch nicht immer ganz präcisen Benennun- gen anschliessen, da eine Reform des landesüblichen Sprachgebrauches mancherlei Missverstände herbeiführen würde. Wichtiger für unsere Zwecke ist die Erörterung allgemein feststehender hydrographischer Begriffe Als Strom- oder Flussgebiet bezeichnen wir die von der Gesammtheit der zu ein und demselben Stromsystem gehörenden grossen und kleinen Wasserläufe eingenommene Fläche. Je nach der Ausdehnung der Gesammtheit dieser Wasserläufe wird das Stromgebiet einen grösseren oder kleineren Flächen- raum einnehmen, dessen Gestalt durch eine Linie bezeichnet wird, welche die Quellenpunkte der Wasserläufe mit einander verbindet. Da fliessende Ge- wässer, selbst die unbedeutendsten, eine schiefe Ebene bedingen, "muss die Gesammtheit der zu einem Stromsystem gehörenden Quellen, die wir als Quellbezirk bezeichnen, höher liegen als derjenige Theil, in dem sie sich vereinigen. Das Stromsystem wird sich deshalb muldenförmig darstellen, und die tiefste Linie des Thalweges die Vereinigung sämmtlicher Gewässer bilden. Hier liest die Hauptwasserader, der Hauptfluss; alle in ihn mündenden Wasserläufe sind als Neben- oder Zuflüsse zu bezeichnen. Gewöhnlich verliert der Nebenfluss mit seiner Mündung seinen ursprünglichen Namen, besonders wenn sein Lauf rechtwinklig auf den Hauptfluss gerichtet ist, wäh- rend dem Hauptfluss selbst von der seiner Mündung am entferntesten liegen- zu werden pflegt. Fraglich freilich bleibt es in solchen Fällen, wo zwei gleich wasserreiche Flüsse sich zu einem Strombette vereinigen, welcher von beiden auf die Bezeichnung eines Hauptflusses Anspruch zu machen hat. In einigen Fällen wird die Grösse des Flussgebietes, die Breite, die Wassermenge, die Färbung des Wassers, das frühere oder spätere Anschwellen desselben in Bezug auf den Unterlauf des Hauptstromes etc. maassgebend sein können; in den meisten Fällen aber wird auch hier althergebrachte, volksthümliche _ Ueberlieferung für die Namengebung bestimmend bleiben. Aber auch ein und derselbe Fluss wird häufig auf verschiedenen Abschnitten, vorzugsweise in aussereuropäischen Mendern, von den Völkerschaften, durch deren Gohir - derselbe fliesst, mit wersobiedenen Namen belegt, a! die Geographie - gewöhnlich den an seiner Mündung gebräuchlichen Namen für den Gesammt- flusslauf adoptirt hat. Ebenso wird der Gesammtname des Flusses bei den anwohnenden Völkern oft ein verschiedener sein. Ueberall, wo nur der Un- terlauf eines Flusses bekannt ist (z. B. in Afrika und Australien) ist nach Durchforschung seines Mittel- und Oberlaufes, selbst bei verschiedener Bezeich- nung desselben durch die Eingeborenen, der für den Unterlauf von den Europäern bereits gebräuchliche Name als Gesammtbenennung des Haupt- flusses anzuwenden. Eine europäische Namentaufe von Flüssen und anderen Localitäten ist überhaupt nur da zulässig, wo (z. B. in Australien) einhei- mische Namen für dieselben nicht existiren oder wo die von den Eingebo-. renen so häufig für Wasserläufe angewandte Bezeichnung „Wasser“ eine genauere Unterscheidung derselben durch eine neue Namengebung noth- - wendig macht. Bei jedem vollständig ausgebildeten Flusssystem werden sich drei Ab- _ sehnitte unterscheiden lassen: der Ober-, Mittel- und Unterlauf. Scharf gesondert treten die unterscheidenden Merkmale jedoch nicht überall auf. Für weniger entwickelte Flusssysteme, namentlich bei solchen Flüssen, welche über Steilabfälle des Gebirges dem nahen Meere zueilen, oder -die, auf niedrigen Höhenzügen entspringend, mit geringem Gefälle durch das Flachland strömen, L wird jene dreifache Scheidung überhaupt nicht anwendbar sein. Wo aber im Gebirge Quellen und Giessbäche, eingeengt durch steile Felswände, meist über nacktes Gestein ihren Weg in die Tiefe bahnen, wo Schluchten und Spalten den Abfluss der atmosphärischen Niederschläge begünstigen und der | Zusammenfluss dieser Gewässer zu einem grösseren, gemeinsamen Lauf noch innerhalb der Gebirgsabhänge stattfindet, da ist der Oberlauf des Flusses zu ; suchen. Mit seinem Eintritt in das niedrigere Hügelland, wo die Berge mehr _ und mehr von seinen Ufern sich entfernen und die Gewässer ihr Bett frei 1 auszuarbeiten vermögen, das Gefälle geringer wird und die eigentliche Ent- wiekelung des Stromgebiets durch von rechts und links herkommende Zu- Fi flüsse stattfindet, liegt der Mittellauf. In Folge seines verminderten Gefälles 3 ' wird der Fluss während seines Mittellaufes einen weniger geradlinigen Lauf nehmen, vielmehr in maeandrischen Krümmungen (Serpentinen) je nach dem Widerstande, der sich der Fortbewegung des Wassers entgegenstellt, infiessen. Bei diesen Krümmungen wird, sobald dieselben nicht durch - Steilabfälle des Ufers aus festem Besiein bedingt werden, der Fluss h Abspülung des Materials von der Stelle, wo er auf Widerstand trifft und: zur Krümmung seines Laufes genöthigt ist, durch Ablagerung desselben _ auf einer weiter unterhalb gelegenen Stelle im Lauf der Zeiten eine Verän- “ derung seines Bettes bewirken. An die Stelle des alten Laufes treten Sand- Br > Werder und Auen, und die Kunst weiss durch Stromreguli- den Quelle a 3 zu seiner Mündung ein und derselbe Na beigelegt. 226 | Koner. rungen, durch Anlage von Canälen, welche die Krümmungen abschneiden, sowie durch Uferbauten dem Fluss sein bestimmtes Bett anzuweisen und da- durch die Benutzung der Flüsse auch in ihrem Mittellauf für den Verkehr. zu erleichtern. Häufig treten aber auch im Mittellauf Unterbrechungen durch Verengungen des Flussbettes in Gestalt von Stromschnellen und Wasserfällen auf, welche menschliche Macht vergeblich zu beseitigen sucht. Mit dem Aufhören der Thalbildung, mit dem Eintritt des Flusses in das Tiefland, wo sein Niveau nur wenig höher als das des Meeres liegt, be- ginnt sein Unterlauf. Fast uferlos und in seiner Geschwindigkeit sehr ver- langsamt, verliert er, je näher der Mündung, an Tiefe und breitet sich bei Hochwasser seeartig über seine niedrigen Ufer aus. Während er noch in seinem Mittellauf Kiesel und Geröll fortzubewegen vermochte, verliert er, je näher der Mündung, an Tragkraft; er ist nur noch im Stande, Sand und feinen Schlamm mit sich zu führen, den er da, wo er noch hinlängliche Kraft besitzt, in das Meer hinausführt und vor seinem Mündungsgebiet als eine halbmondförmige, nach der Seeseite convex gebogene Barre, sei es in Ge- stalt einer vom Meere bedeckten Sandbank oder einer hervorragenden Düne, ablagert. Häufig versperrt die Barre derartig die Flussmündung, dass Schiffe nur bei Hochwasser dieselbe passiren können, oder hindert jeglichen Verkehr auf dem Flusse mit der See. Durch Eindeichungen des Flussufers an der Mün- dung versucht man dem Flusse eine verstärkte Strömung zu geben, um die Barre zu durchbrechen, oder, was am wirksamsten erscheint, durch weit in das Meer hinausgeworfene Steindämme oder Molen. Das Finden des rich- tigen Mittels zur dauernden Beseitigung der Barre ist mithin eine Lebens- frage für den Aussenverkehr der Bewohner eines Stromgebietes. Die Barre ist ein Product der Gegenströmung des Flusswassers und der Meereswogen; jenes wird durch die Meeresfluth in seiner Bewegung gehemmt; der vom Fluss mitgeführte Schlamm sinkt, und während das Süsswasser seinen Weg unter dem herandringenden Salzwasser fortsetzt, werden vom Fluss die Schlammmassen nach auswärts weiter zurückgeworfen, wo sie vermischt mit dem Sande des Meeres zur Barre anwachsen. Sie wechselt ihre Gestalt, je nachdem die Kraft der Strömung von der ‚einen oder anderen Seite die überwiegende ist. Mit der Barrenbildung eng verknüpft ist die der Delta’s. Dieselbe findet an der Ausmündung grösserer Ströme in das Meer da statt, wo bei wenig geneigtem Meeresgsrunde Uferwälle oder Barren die Mündungen der- artig schützen, dass, ohne den Einwirkungen von Ebbe und Fluth unterworfen zu sein, der Fluss seine Sedimente ungehindert abzulagern vermag. Bei einem solchen Processe werden zunächst Lagunen entstehen, welche durch fortgesetzte Niederschläge entweder ganz oder theilweise ausgefüllt werden. Allmälig steigt der also neu gebildete Boden über die Oberfläche empor, seine Ränder erhöhen sich mehr und mehr, und der Widerstand, welchen . der Hauptfluss an der Neubildung findet, nöthigt ihn, seine Gewässer in Arme zu zertheilen, welche, unter sich häufig durch kleine Wasserläufe in Verbin- dung stehend, das Anschwemmungsgebiet inselartig umschliessen. Seichte Seen, als Ueberreste der Lagunen, pflegen sich in solchem Anschwemmungs- gebiet zahlreich vorzufinden. Der Punkt, von dem aus die Theilung des Flusses beginnt, heisst Gabelungsstelle oder die Spitze des Delta’s, wäh- rend das ihr gegenüberliegende Meeres- oder Seeufer (Deltabildungen zeigen sich sowohl am Meere wie an den Mündungen vom Hochgebirge kommender Flüsse in Gebirgsseen) als Basis bezeichnet wird. Ist bei Flussmündungen, vor welchen Uferwälle gelagert sind, die Ein- | also bbe und Fiuth auf den Flusslauf weniger Be so Geitt hin- gen bei dem Fehlen von Uferwällen die Erscheinung auf, dass die N Se Zurückströmen des angestauten HRS aesehn mit erhöhtem Gefälle nach Br der Mündung zu statt. Schlämm: und Sandmassen, welche die Fluthzeit ab- er gesetzt hat, erden mit grosser Gewalt in das offene Meer hinausgetragen, wo sie auf er Grunde Bde auch längs der benachbarten Küste sich ab- lagern. Diese Erscheinung wird als Na nacıum (früher fälschlich nega- oe Delta genannt) bezeichnet. Das Gefälle (Fall des Wassers im Verhältniss zu einer bestimmten Strecke, z. B. 3%, dd. h. 3° auf einer Strecke von 100°) bildet den Haupt- factor Her echamchen Thätigkeit der fliessenden Gewässer. Von dem Ur- _ sprung nach der Mündung zu mehr und mehr abnehmend, im Oberlauf und theilweise auch im Mittellauf bei allen grösseren Flüssen, deren Quellen im Hochgebirge liegen, um so stärker, bedingt das Gefälle mit seiner zerstören- Bi, den Kraft die Fortbewegung der durch die Unterwühlung durch das Wasser | gelösten Stein-, Sand-, Kies- und Schlammmassen. Das starke Gefälle der "7 von den Bebirsen ea Gewässer reisst Felsblöcke aus ihrer ur- sprünglichen Base, es glättet und zerkleinert die Felsen, und die Gesteins- — bruchstücke werden dureh andauerndes Rollen und Aneinanderreiben zu Ge- | schieben, welche im Flussbett fortgeschoben oder, weit über die Ufer hinaus- Go = geschleudert, die Grenzen der Wasserfluth bezeichnen und da, wo tiefe BR Schluchten in breite Thäler ausmünden, oft mächtige Schuttkegel bilden. Je \ er ‚weiter die Geschiebe fortgeführt werden, um so lan ala sie; dieselben 2 werden bei längeren Flussläufen nach und nach in Sand und Schlamm, nament- lich aber als ke Theilchen (Silt, Flusstrübe) zur Mündung des h Flusses fortbewegt. Eine geringere Neigung des Flussbettes bedingt eine geringere Be orkiniökeit, hier werden Ablagerungen das Bett der Ströme w. erhöhen, der Strom wird über seine Ufer treten und dieselben mit Detritus bedecken, wenn nicht durch künstliche Dämme die Ufer in demselben Ver- hältniss erhöht werden, in welchem das Bett des Stromes sich erhöht. A Hingegen vertieft sich das Flussbett durch Erosion oder Aus- waschung. Sie entsteht da, wo durch Verwitterung durch die Luft eine Zersetzung des Gesteins vorangegangen ist und die also mürbe gewordenen _ und zerfressenen Gesteinstheile durch fliessende Gewässer in Bewegung gesetzt AR werden. Je geringer, die Widerstandsfähigkeit des Gesteins, um so rascher % geht dieser Process vor sich. Rückwärts von dem Punkte aus, an welchem u das Gewässer in die Ebene fällt, schreitet die Austiefung seiner Mulde fort m. ip Ve (daher das langsame Zurückweichen des Niagarafalles), und je grösser die Te (raft des Wassers, um so grösser die Geschwindigkeit der Auswaschung des PN Bettes in seiner Tiefe. Ein merkwürdiges Beispiel einer solchen Erosion RR: bietet die Elbe. In der Urzeit lag ihr Bett in gleicher Höhe mit dem Be. genwärtigen Plateau der sächsischen Schweiz und erai etwa in der Ge- von Pirna in das Busch Be, steh allmälige N des oben erwähnten Canones a Chtbrade in Aal "anf 60 Meilen. ausgewaschene senkrechte Schluchten von 1000 bis 2000 Meter Höhe, en sich ein weit verbreitetes System gleich tiefer Schluchten ab- 228 Koner. Alluvialbodens an beiden Flussufern häufig zonenartige Geröllablagerunger gebildet, welche als Uferterrassen bezeichnet werden und wo die ursprüng- lich steilen Abhänge durch nachstürzendes weicheres Material in sanft an- steigende Böschungen umgewandelt worden sind (Thal von Aosta, Oberwallis). Ein Bild fortgesetzter Bee bieten vorzüglich die Wasserfälle und Stromschnellen, welche namentlich im Oberlauf der vom Hochgebirge kommenden Flussläufe, bei noch nicht vollständig entwickeltem Flusssystem aber auch im Mittellauf auftreten. Die über höhere oder niedrigere Stufen. oder in starker Neigung des Strombettes herabstürzenden Wassermassen zer- stören je nach der Härte des Gesteins in längerer oder kürzerer Zeit die durchbrochenen Schichten; sie suchen alle Hindernisse aus dem Wege zu räumen und das Gefälle auszugleichen. Wo die Widerstandskraft des Gesteins eine grössere ist, fällt das Wasser als mächtige Katarakte oder als kleinere Cas- caden in die Tiefe, hier und da noch in ihrer Mitte eine dem Angriffe Widerstand leistende Felsmasse umtosend, während an tiefer gelegenen Punkten, wo Steilufer das Flussbett einengen, all: verborgene, theils aus dem Wasser hervorragende Felsenklippen oder quer den Fluss sen: Felsbänke Stromschnellen, Strudel oder Wirbel erzeugen. Dem ausgebildeten Stromsystem, bei welchem die Entwickelung der drei oben angedeuteten Stufen des Flussbettes nachweisbar ist, steht gegenüber das unentwickelte Stromsystem. Zu letzterem zählen die Küstenflüsse, bei denen entweder wegen ihres geringen Gefälles oder wegen ihres jähen Absturzes von den nahe gelegenen Gebirgen herab die mechanische Thätigkeit des Wassers eine Ausgleichung des Bettes noch nicht bewirkt hat. Ferner rechnet man hierhin die Steppenflüsse, welche, ob- gleich häufig von grosser Längenausdehnung, sich in abgesonderte Wasser- beeken ergiessen oder in ausgedehnten Sumpfregionen von dem Erdreich aufgesogen werden, wobei der Ueberschuss des zugeführten Wassers durch Verdunstung entweicht. Auch der Beobachtung der nicht fliessenden Gewässer, welche wir - mit den allgemeinen Namen „Seen“ und „Sümpfe“ bezeichnen, wird der Reisende sich nicht verschliessen dürfen. Die Verbindung der Seen. mit fliessenden Gewässern, die Bildung ihrer Ufer, ihre Grösse, Tiefe, Temperatur an der Oberfläche und in verschiedenen Tiefen, ihre Farbe, ihre chemische Analyse, ob dieselben süsses Wasser, ob sie Salz-, alkalisches oder kalkhaltiges Wasser: enthalten, die Niveauverhältnisse, die periodischen Schwankungen des Wasser- spiegels, die klimatischen Einflüsse, welche derselbe auf die umliegenden Gegenden ausübt, endlich die Scenerie werden die besohdere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Jedes rings vom Lande eingeschlossene Wasserbecken. wird bei grösseren Dimensionen als See, bei kleineren und den kleinsten. Dimensionen als Teich (dieser Ausdruck auch oft für künstliche Wasser- ansammlungen gebraucht), Lache, Weiher, Pfuhl bezeichnet. Die Be- zeichnung Binnen- oder Landsee schliesst aber keineswegs die Verbindung des Seebeckens mit einem Flusssystem aus, sei es dass ein fliessendes Ge- wässer seinen Abfluss in ein Seebecken hat, sei es dass letzteres einen Ab- fluss in andere fliessende Gewässer oder zum Meere hat. Nur pflegt man Seen, welche einem Flusssystem angehören, als Flussseen zu bezeichnen und diese dann den Binnenseen im engeren Sinne des Wortes, d. h. den Wasseransammlungen ohne Zu- und Abfluss, gegenüber zu stellen. Seen werden von Quellen, welche sich an ihren Rändern oder in ihrem Grunde efinden, durch Schneeschmelzen, sowie durch Flüsse gespeist; es werden sich in letzterem Falle häufig die schon oben bei den Flussmündungen in das Meer ge- Ua a IP Or “ en Mn Betein dem Drucke der Wassermassen eh hat, er durch Erosionen oder dadurch, dass Erdbeben gewaltsam diesen Dam zer- issen haben. In Seen mit Zi und Abflüssen wird eine Strömung wahr- nehmbar sein, welche je nach ihrer Richtung eine grössere Austiefung des Seebodens bedingt: Ab- und Zuflüsse können an den entgegengesetzten Enden eines Se stattfinden (Genfer See), oder es kann der Zufluss an dem einen Ende, der Abfluss an der einen Seite oder umgekehrt (Comer-See), ‘oder beide auf den gegenüberliegenden Seiten (Baikal- See), oder beide nahe an einander auf derselben Seite liegen (Taadoga- See). Auch giebt es Seen _ mit unterirdischem Abfluss, vorzugsweise in Kalksteingebirgen, in denen Höhlenbildungen vorherrschend sind. Zu dieser Kategorie gehören auch, weil gleichfalls fast ausschliesslich in kluftigen Kalksteingebirgen auftretend, die intermittirenden Seen: Wasserbecken, in denen das Wasser zu Zeiten in unterirdische Höhlen und Abzugscanäle zurückweicht, zu anderen Zeiten, er namentlich bei nassem, stürmigem Wetter, aus jenen Höhlen mit Gewalt BR, wieder hervorbricht ni! von Neuem das Seebecken füllt (Zirknitzer See); "rd “ _ eine regelmässige Periodicität dieser Erscheinung findet aber nicht statt. \% Aehnliche langgezogene Höhlen im Kalkgebirge, welche z. B. die Ueberschüsse _ Yo e ‚des Winterwassers und theilweise auch des Sommerwassers des Kopais-See En aufschlürfen, werden in Griechenland allgemein als Katawothren be- Nu zeichnet. Bi ES; Während nun bei diesen intermittirenden Seen vermöge ihrer eigen- R _ thümlichen Beschaffenheit das Niveau ein veränderliches ist, “bleibt im All- KR ‚gemeinen das Niveau der Seen dasselbe, wenn nicht eine ‚Verstopfung des =. a fusses ‘oder eine momentane Versiegung des Zuflusses eintritt. Auch Cr Pt u ® können durch Temperaturwechsel bedingte Veränderungen des atmosphärischen RR Druckes eine unregelmässig ende und nur kurze Zeit dauernde Hebung u des Seespiegels herbeiführen, ein Phänomen, welches beim Genfer See unter > dem Namen „Seiches“ bekannt ist und mehrfach bei anderen Seen, wenn | auch nicht in gleicher Stärke, sich zeigt. 1: Nach der Lage der Seen werden wir Niederungs-, Strand-, Thal-, i Gebirgs-, Alpen-, Steppen- und Wüsten-, Krater- oder Trichter- seen zu scheiden haben. Je nach der Beschaffenheit des Seewassers, welches theils von der seiner Zuflüsse, theils von der seines Beckens bedingt wird, lassen sich Süsswasser- und Salzseen unterscheiden. Die Mehrzahl der Ne * # . . A . . « & a , Br Seen, namentlich die Au gehören, weil sie ziemlich reines Wasser ent- N 58 ‚starke Auflösungen von ERTL: diese werden wir als Salzseen zu bezeichnen _ haben. Sie treten besonders hanke in der nordwestlichen Hälfte Asiens vom een x Meere bis in die Hochebene der Mongolei auf, doch auch in anderen Erdtheilen (Salzsee in Utah). Hierher gehören auch diejenigen asserbecken, welche kohlensaures und schwefelsaures Natron enthalten und h “unter dem Namen Natronseen bekannt sind. Salz- und Natronseen gehören Ba chst an seinen Banden and dann mehr und mehr der Mitte nähernd EV umpfbecken verwandeln, und umgekehrt können Sumpfniederungen, ch in Folge der Schneeschmelze "und der atmosphärischen Nieder- gmporär den Charakter von ausgedehnten, seeartigen Wasserflächen Bi er Te 3 dk a AR EN 2er ne 2, PETER. 7 Ha HARZ EEZ ER REN AIR Bee Let Da a A 9 RYY Sur + RN RE OBEN N ER Re PAR REN WANT AR BISZN N ; N ar h t Yale X £ ae, 930 Koner: Die gebräuchlichsten Ausdrücke in der physikalischen Geographie. RE annehmen, eine Erscheinung, welche fast bei allen Sumpfniederungen, beson- ders in den Tropengegenden, auftritt. Wie bei den Seen werden wir auch bei den Sümpfen, je nach ihrer Lage, Niederungs-, Gebirgs-, Steppen-, Wüsten-, Küsten- und Deltasümpfe zu scheiden haben. Die reiche Nomen- clatur, welche in verschiedenen Gegenden auf Sumpfniederungen angewandt wird, bezeichnet jedoch nur in wenigen Fällen charakteristische Formen der- selben (Bruch, Moor, Luch, Marsch, Fenn, Moos, Ried, letztere beide in Baiern gebräuchlich, Tundra, Swamps und theilweise auch die Creeks sind zum grössten Theil Localnamen und unterscheiden sich je nach der Zone, der sie angehören, hauptsächlich durch ihre eigenthümliche Vegetation, durch die grössere oder geringere Menge des stagnirenden Wassers, durch den Grad ihrer Unwegsamkeit und demgemäss durch den Anblick, den sie dem Beschauer gewähren). hi Geologie = \ 5 sh Von | ie F. Frhr. v. Richthofen. Je weiter die Kenntniss des vielgestaltigen, gemeinhin als „Physikalische Geographie“ bezeichneten Forschungsgebietes fortschreitet, desto klarer stellt es sich heraus, dass unter den Fundamentalwissenschaften, welche es ihr 8 möglich machen, den Gründen der Erscheinungen, mit en sie sich be- A schäftigt, nachzuforschen, die Geologie die wichtigste Stelle einnimmt; so N _ wichtig in der That, dass man an Theil der Doadalhendleche der Erde A verstehen kann, ohne wenigstens einigermaassen einen Einblick in seine geo- Me logische Beschaffenheit und die Vorgänge, welche gestaltend wirkten, gewon- h nen zu haben. Wohl kann man nach den Höhenverhältnissen die Form und Vertheiluns von Gebirgen und Hochebenen, Thälern und Niederungen, Halb- - inseln und Inselgruppen, Meeresküsten und Flussbecken kennen lernen, und Ber ihre Bedeutung für die Verbreitung meteorologischer Vorgänge, oder. der Pflanzen und Thiere feststellen. Aber ebenso wie wir in der organischen | Natur ein Verständniss der Morphologie nur auf Grundlage anatomischer, histologischer und embryologischer Forschung gewinnen en. so lässt sich eine tiefere Erkenntniss der einzelnen Flomente der Gestalt der Oberfläche der Erde nur dann erreichen, wenn wir uns mit ihrem allgemeinen inneren Bau, der Art und Anordnungsweise der einzelnen Bestandtheile und ihrer Entwickelungsgeschichte im Verhältniss zum Erdganzen, sowie mit jenen Vor- _ gängen fortdauernder Veränderungen bekannt gemacht haben, welche hr _ Analogon in den physiologischen Processen der organischen Welt haben. ill daher der Reisende für das tiefere Verständniss der Länder, welche er rforscht, beitragen, so muss er seine Thätigkeit einigermaassen der Geologie. wenden. Allerdings nur einem gewissen Theil en denn es gicbtt dere Gebiete dieser umfangreichen Wissenschaft,. welche dem geographischn tebiet fern liegen, und welche nur der Geolog von Fach auf Reisen berück- htigen wird. Auf diese soll im Folgenden nur in geringem Grade ein- gangen werden. Beispiele der Elementar-Untersuchung. — Um uns Se st in ganz ner Weise der hier in Betracht kommenden Aufgaben kl lar zu wer-. 232 v. Richthofen. Heimath oder ihm sonst bekannten Ländern vergegenwärtigen kann: ein Reisender, mit geringer Vorbildung in der Geologie, aber bestrebt, die ihm gebotene Gelegenheit nach seinen Kräften zur Vermehrung der Kenntniss auf diesem Gebiet zu benutzen, lange auf einem Gebirgspass an, und sehe vor sich ein Thal ausgebreitet durch das sich ein Fluss schlängelt, jenseits. dessen ein anderer Hügelzug mit einzelnen höheren Gipfeln in der Ferne ansteige. Sein Weg führe ihn quer über das Thal hinweg, und an dem jen- seitigen Gehänge allnalıe hinan nach dem Kamm. Gebirge und Thal, wenn sch) ihrer nz bekannt, seien doch in ihrem inneren Di noch unerforscht. Was kann er thun, um sein Bestreben auszuführen und Beob- achtungen mitzubringen, die einen wirklichen Einblick in die geologischen Verhältnisse gewähren, oder die Geologie nach anderen Richtungen hin zu - fördern geeignet sind? Die meisten schrecken vor der Schwierigkeit der Aufgabe zurück, oder nehmen im besten Falle einige planlos aufgelesene Ge- steinsstücke mit, deren Fundorte sie später vielleicht noch annähernd anzu- geben wissen, und erwarten von dem Geologen, dass er daraus den Bau des durchreisten Landes construire. Diese Methode ist unzureichend, und die ganze auf das Sammeln und Fortschaffen der Gesteinsstücke verwendete Mühe vergeblich. Nehmen wir an, der Reisende bestimme die Lage des Passes astrono- misch, um ihn als einen der Stützpunkte für die topographische Karte der Be Gegend, welche er unzweifelhaft anfertigt, zu benutzen. Zunächst wird er da die N des Passes, des Gebirges, in dem er liegt, des Flusses ım Thalgrunde, der daran liegenden Ortschaften und des jenseitigen Höhen- zuges zu erfragen suchen, sowie auch diejenigen der in der Ferne sichtbaren hohen Gipfel, deren Richtung er mit dem Compass bestimmt. Sodann schlägt er, nach den später anzugebenden Regeln, ein Handstück des Ge- steins, das am Pass ansteht, und nimmt es mit, entweder zum Beleg seiner Beobachtungen und zu eigenem späteren Studium, oder um es nach der Rück- kehr einem Fachmann vorzulegen. An und für sich hat das einzelne Stück keinen Werth. Es erhält ıhn zum Theil dadurch, dass der Ort, von wo es stammt, sich auf der Karte genau bestimmen lässt. Doch hat es auch dann noch eine untergeordnete Bedeutung; denn es lässt sich nicht ersehen, ob das Gestein örtlich beschränkt vorkommt oder ein ganzes Gebirge zusammen- setzt, noch auch, von welchem Alter es ist, und wie es sich zur Structur der ganzen Gegend verhält... Um eine Grundlage für die Beantwortung dieser Fragen zu schaffen, wird die Beobachtung bei dem Abstieg nach dem Thal ohne Unterlass fortgesetzt. Vielleicht bildet die Gebirgsart, sei sie Granit oder Kalkstein, oder von anderer Art, den ganzen Abhang, und dann genüst die einfache Constatirung dieser Tihätsache im Tagebuch. Vielleicht macht sie bald anderen res Platz, indem z. B. Sehiefehihon und Kalkstein auf Granit folgen, oder unter einer Basaltdecke, in der der Pass sich be- findet, Glimmerschiefer zu Tage_tritt. In solchem Fall wird unser Reisender auch von diesen Gesteinen Handstücke schlagen, und auf der Karte die Stellen bezeichnen von denen sie herrühren, sowie im Tagebuch und auf Zetteln, die den Gesteinsstücken beigelest werden, ihre Reihenfolge genau notiren. Ebenso wird er bei dem jenseitigen Anstieg verfahren. Vielleicht ist er so glücklich, in einer Schicht einige Versteinerungen zu finden. Mit dem Werth, den sie für den Geologen haben, vertraut, wird er sie besonders sorgfältig sammeln, und genau feststellen, aus welchem Theil seiner Reihenfolge von Gesteinen sie stammen. So wird die Art und das Nebeneinander der Gesteine in mehr oder ufbau dr beiden ehren theilnehmen, und wie sie sich zunächst dem Wege des Reisenden weiter verbreiten. Wie viel er von diesen Verhält- nissen feststellen kann, wird sich zum Theil nach der Gunst der Umstände s richten. Ein Schnitt quer durch das Gebirge, wie ihn zuweilen die in engen as - Querspalten gelegenen Theile von Flussbetten bieten, würde am geeignetsten sein, sie zu erehe Dem zunächst an Werth kommt ein Einschnitt in R ‚die Oberfläche von der Kammhöhe nach dem Fuss des Abhanges. Die ge- genseitigen Begrenzungsflächen der einzelnen Gesteine sind hiereea jeder ' Seite entblösst "und geben sich in ihren Durchschnittslinien mit den Wänden Ir _ der Schluchten zu erkennen, besonders wenn diese zu grosser Tiefe ausge- "waschen sind. Verlängert man die Flächen nach dem en des Berges, so erhält man ein Bild des Gebirgsbaues, welches wenigstens annähernd riehtig sein kann. x Angenommen, der Weg von unserem Pass nach dem Thal führe in einer u tiefen Schlucht hinab, so wird es sich hier zeigen, in welcher Weise entweder Kr die Schichten eines und desselben Gesteins, oder die geschichteten und un- “sh h; _ geschichteten Massen verschiedener Gesteine gegen einander angeordnet sind. SM Hat man es mit Sandstein, Schiefern oder Kalkstein zu thun, so lagern die. Bi Schichten selten horizontal, sondern sind unter einem gewissen Winkel, oder auch unter verschiedenen Winkeln geneigt, und zwar ist meistentheils die Nei- BR gung entweder in das Innere des Gebirges oder von ihm hinweg gerichtet. Re. Um das Verhältniss zu einem klaren und kurzen Zahlenausdruck zu bringen, be- NR stimmt man mit dem Compass die Richtungen des Streichens und ir Fal- lens — d.h. 1) die Himmelsrichtung einer auf der Schichtungsfläche ge- dachten Horizontallinie, und 2) diejenige, nach welcher die Fläche geneist ist, sowie den Winkel, welchen die Neigung mit der Horizontalebene bildet. Bei einiger Erfahrung wird es auch gelingen, anzugeben, wie viel Zehner oder _ MR Hunderte oder Tausende von Metern die Mächtigekeit — d. h. die Dicke in einer zu den Schichtebenen rechtwinkligen Richtung — eimer durch gleiches oder ähnliches Gestein ausgezeichneten Reihenfolge beträgt. Da nun in der Regel ein uud dasselbe Gestein mit wenig wechselnder Mächtigkeit ib, weithin fortsetzt, so lässt sich, wenn die Streichrichtung bekannt ist, auch der EN Bau der beiderseits an die Schlucht angrenzenden Theile des Gebirges im Allgemeinen übersehen. Treten in einem der Gesteine Kohlen oder Erze _ auf, so muss auch die Art, in der diese vorkommen, genau untersucht werden. So wird der fortdauernd beobachtende Reisende ohne viel Mühe, und | mit desto weniger je mehr seine Erfahrung wächst, eine Reihe von That- A ; sachen sammeln, aus deren Vereinigung sich ein, wenn auch noch wumvol- kommenes Bild von dem Gesteinsaufbau, d. i. von dem geologischen Bau der beiden das Thal einschliessenden Gebirge machen ide dl Er: kann es € vollständigen, indem er mit besonderer Sorgfalt die äusseren Formen des Kämme und Abfälle, der Nebenhöhen und Wasserläufe, die Neigungs- kel der Gehänge in verschiedenen Höhen, die Richtung des Hanpebkales, sit es sichtbar ist, die Breite, Form und Beschafsnheit des Flussbettes, eschwindigkeit des Stromes, die Ausdehnung der Alluvien zu seinen ire Abgrenzung entweder durch eine ebene Terrasse oder unmittel- ch Na} Gebirgsgehänge, untersucht; und das Verständniss wird 934 SER erleichtert werden, wenn möglichst viele Höhenbestimmungen gemacht wer- den. Wie diese hier in flüchtigen Umrissen angedeuteten Beobachtungen ausgeführt werden, worauf besonders das Augenmerk zu richten ist, und welche anderweitige Gesichtspunkte dabei noch festzuhalten sind, dies ist der Zweck unserer Auseinandersetzung. Aehnlich wie in dem bisher angenommenen Fall der aufmerksame Beob- achter, auch ohne bedeutende Vorkenntnisse, mitten im Lande ein Bild von den geologischen Verhältnissen zu liefern im Stande ist, das dem Fachge- lehrten verständlich ist und von ihm zu weiteren Schlüssen benutzt werden kann, so vermag-er dies auch bei dem Landen auf einer Insel oder an einer fernen Küste zu thun, mit dem Unterschied, dass hier die Aufgabe eine un- gleich leichtere ist. Zunächst bietet sich ausgiebige Gelegenheit zum Sam- meln, da Raum und Gewicht bei einer Reise zu Schiff keine Beschränkung auferlegen. Die topographische Küstenaufnahme ist vorhanden und kann mit geringer Mühe nach dem Innern hin vervollständigt werden. Es ist in diesem Fall stets das Beste, zunächst sich von einem hohen Aussichtspunkt eine Uebersicht der Gegend zu verschaffen, dann die Details derselben eingehend zu studiren, und schliesslich noch einmal das Ganze zu überblicken. Allgemeine Aufgaben. — Es lassen sich aus den angeführten Beispielen im Umriss die Aufgaben übersehen, welche sich der geologischen Forschung in einer gar wicht oder unvollkommen bekannten Gegend bieten. Sie be- stehen im Sammeln, Beobachten und Aufzeichnen, und diese drei Beschäfti- gungen müssen fortdauernd Hand in Hand gehen. Am wichtigsten ist die Beobachtung, aber nur wenn sie durch die beiden anderen Arten der Thätig- keit controllirt und in ihrer Ursprünglichkeit zu Papier gebracht wird. Die _ Gesichtspunkte, welche sich ihr bieten, sind, wenn wir die im vorigen Ab- schnitt dieses Buches abgehandelten Oberfilächenformen ausser Acht lassen, die folgenden: 1) der Charakter und die Arten der Gesteine und Forma- tionen, welche das Land zusammensetzen; — 2) die Art, in welcher dieselben einerseits von unten nach oben, und andererseits in Beziehung auf die Zeit- alter ihrer Entstehung aufeinander folgen; — 3) die Stellung welche sie ın der Geschichte der Erde einnehmen, d. h. ihre Einreihung in die nach ihrer ehronologischen Folge bestimmten Formationsreihen anderer Länder; — 4) die Art, in welcher sie sich zu Gebirgen aufbauen oder die Zwischenräume zwischen ihnen ausfüllen; — 5) die Art, in welcher diese Gebirge gegen- seitig angeordnet sind und Länder oder Inselreihen zusammensetzen; — 6) die Veränderungen, welche an deren Oberfläche durch Verwitterung, Erosion, Wirkung des Eises, Ablagerung von Zerstörungsproducten, vuleanische Thä- tigkeit, Hebung oder Senkung, Ebbe und Fluth und andere Agentien nach- weislich stattgefunden haben und noch stattfinden; — 7) die technische Ver- werthbarkeit einzelner Gesteine und das Auftreten nutzbarer Mineralstoffe. in ihnen. Erforderliche Vorkenntnisse. — Die vorstehenden Aufgaben wird der Einzelne, je nach dem Grad seiner Vorkenntnisse und praktischen Erfahrung, sowie nach dem Maass der ihm gebotenen oder von ihm aufgesuchten Ge- legenheiten, in mehr oder minder vollständiger Weise zu lösen vermögen. Keiner sollte vor den scheinbaren Schwierigkeiten zurückschrecken; denn in wenigen anderen Wissenschaften setzen elementare Beobachtungen so wenige und so leicht zu erwerbende Vorkenntnisse voraus, als in der Geologie. Jeder, der guten Willen hat, kann durch verständiges und planmässiges Sam- meln von Gesteinsstücken Fragmente zur geologischen Kenntniss liefern; und wer mit offenen Augen reist, kann eine Menge werthvoller Beobachtungen nach er 2, 4, 5, 6,7 (vor. 8.) ee Gecichler gu sn sowie Material zur Lösung der in 1. und 3 enthaltenen Fragen mitbringen. Je vollkom- Ana _ mener die Vorbildung, desto höher können ern die Leistungen sein, ne und desto grösseren Werth wird jede einzelne Beobachtung haben. Absolut a erforderlich ist die Kenntniss der verbreitetsten Gesteine a der gebräuch- N lichsten geologischen Ausdrücke. Die letzteren kann sich jeder ae das SP RR _ aufmerksame Lesen populär geschriebener Bücher aneignen. Die Gesteine Bi rt aber und die richtige Anwendung ihrer Namen lassen sich nur nach Schau- 5 stücken in Sammlungen einprägen, wenn man sie unter kundiger Anleitung ee gründlich besichtigt und studirt. Eine bessere Vorbereitung für Reisen ist 3 $ es, eine eigne Sammlung anzulegen, die sich auf das latest: beschränkt, und an Sn Hand man die ern lein allgemein an eren wa mit Sorgfalt liest. Wer sich des ABC in der Geologie unkundig erweist, indem er beispielsweise (wie dies häufig geschieht) einen Sandstein oder Trachyt, weil sie körnig sind, als Granit beschreibt, oder einen versteine- | rungsführenden Kalk als Muschelkalk bezeichnet, oder jede kesselförmige Vertiefung einen Krater nennt, der kann höchstens durch Sammeln etwas Rn leisten, aber seine aufgezeichneten Beobachtungen werden als verlorene Mühe 2 Y betrachtet werden. Wie wichtige Beiträge für die grossen geologischen Fragen ein Zoolog oder Botaniker, der sich nebenher geologische Kenntnisse angeeignet hat, leisten kann, das zeigen die Muster-Reisewerke von Oharles. Darwin, Hooker und Alfred Russell Wallace. Das Studium des Reisewerks j des erstgenannten insbesondere ist jedem Reisenden anzuempfehlen. Be Die, Leichtigkeit, mit der man sich eine Menge des Wissenswürdigen iur in der Geologie aneignen kann, führt zu einer gefährlichen Klippe, an wel- cher viele scheitern. Sie besteht in der Versuchung, welche die Geologie i zu weitgehenden theoretischen Schlussfolgerungen bietet. Der Laie ist zu E denselben am meisten geneigt, und kaum minder sind es diejenigen, welche i k entweder ausschliesslich im Felde oder ausschliesslich im Studirzimmer A _ (besonders am Tisch des chemischen Laboratoriums) gearbeitet haben. Die: - Vorsicht wächst mit der Kenntniss und Erfahrung, und die Schlussfolgerun- gen von höheren Gesichtspunkten aus sollten denen überlassen bleiben, welche = neben einer ausgedehnten Uebung im Felde die Fähigkeit zu gründlichem _ geologischem Arbeiten im Studirzimmer erlangt haben. Je reiner sich die 4 Beobachtung von der Theorie hält, desto werthvoller ist sie. Dies kann | nicht genug beherzigt werden. 4 Ich will nun im Folgenden auf die Mittel eingehen, wie die geologischen Aufgaben bei Forschungsreisen zu lösen sind, und mit der nen: als der nothwendigen Vorbedingung beginnen. Es soll dabei nur selten über das hinausgegangen werden, was der Anfänger zu leisten vermag. Der ge- bildete Geolog kennt seine Aufgabe besser als sie hier dargestellt werden könnte. } Ausrüstung. h Hammer, Compass und Aneroid sind das Handwerkszeug, ohne welches | | geologische Arbeit nicht ausgeführt werden kann. Nächst einem Notizbuch Sn ist ausser ihnen nicht viel nothwendig. a: i Der Hammer muss besonders für den Zweck gearbeitet sein, Von seiner Ka: Beschaffenheit hängt viel ab. Mit einem schlechten hat man doppelte Arbeit, a erhält unvollkommene Handstücke und unterlässt oft das Sammeln; er nutzt sich BR RE leicht ab, wird dann beinahe unbrauchbar, und man hat viel Verdruss. Der ‚* 2 Be. verwendete Stahl muss die grösste Härte besitzen, welche sich ohne zu Yv. Bichlhofen. 1 grosse damit verbundene Sprödigkeit erreichen lässt. Seiner Herstellung sind nur einzelne, besonders geschickte Stahlschmiede fähig, und gute Hämmer sind eine Seltenheit. Von nicht geringer Wichtigkeit ist die Form des Hammers, und in dieser Hinsicht gehen die Ansichten weit auseinander. Es giebt eine Berliner, Wiener, schweizerische, italienische, englische, indische, californische etc. Form, und jede Schule hält die ihr eigenthümliche für die beste. Nachdem ich mich periodisch verschiedener Hämmer bedient habe, bin ich bei dem von Prof. Whitney bei den geologischen Aufnahmsarbeiten in Californien einge- führten stehen geblieben, da er den wirksamsten Schlag und die genaueste Ar- beit gestattet. Als Regeln haben zu gelten: ein Ende ist scharf, das andere stumpf; die Schneide des Keilendes ist dem Stiel parallel; das stumpfe Ende ist parallelopipedisch (nicht abgestutzt-pyramidal, wie in den meisten Fällen); die Endfläche desselben (also auch der Querschnitt des Hammers am stumpfen Ende) ist ein Rechteck, dessen längere Seiten dem Stiel parallel sind; als das günstigste Grössenverhältniss fand ich 1 Zoll und 11/, Zoll für die vier Seiten des Recht- ecks, und 4!/, Zoll für die ganze Länge des Hammers; das Centrum des Loches für den Stiel muss mit dem Schwerpunkt zusammenfallen, und das Loch muss oben weiter sein als unten, damit, wenn das obere Ende des Stiels verkeilt ist (mit hölzernem, oder mit Widerhaken versehenem eisernen Keil), der Hammer bei dem Gebrauch nicht herausfliege; der Stiel muss 15 bis 16 Zoll lang, vom zähe- sten und härtesten Holz gearbeitet (z. B. amerikanischem Hickory-Holz), und am Ende so abgerundet sein, dass er zu sicherem Schlag bequem in der Hand ruht. Es ist gut, einige Reservestiele und Keile mit sich zu führen. Man trägt den Hammer entweder in einem ledernen Futteral, das an einem Leibriemen auf der linken Seite des Körpers angebracht ist, oder an der Seite der ledernen Umhängetasche. Der Compass sollte so eingerichtet sein, dass er zu verschiedenen Zwecken dient, und in Anbetracht seiner Wichtigkeit von vorzüglichster Construction sein. Erst bei mindestens 21/,zölligem Durchmesser des Theilungskreises kann die wün- schenswerthe Genauigkeit der Gradtheilung und Ablesung erreicht werden. ._Uhrför- mige Instrumente sind nur ein unvollkommener Nothbehelf. Das runde Gehäuse sollte aut einer quadratischen Messingplatte so befestigt sein, dass die N-S-Linie einer Seite parallel ist, und das ganze Instrument in einem genau gearbeiteten Holz- kasten liesen, so dass bei dem Aufklappen desselben eine 6 Zoll lange Seite der N-S-Linie parallel ist. Man hat dann nur diese Seite derjenigen Linie parallel zu halten, deren Abweichung von dem magnetischen Meridian bestimmt werden soll, und kann das Resultat unmittelbar mit grosser Schärfe an der Stellung der Nadel ablesen. Die letztere sollte stets stabförmig, und der Kreis in 360 Grade getheilt sein. Doch ist auch eine Theilung jedes Quadranten in 90 Grad, wobei die Nullpunkte mit den Polen zusammenfallen, praktisch. Früher theilte man den geologischen Compass in die bergmännisch gebräuchlichen 24 oder zweimal 12 „Stunden“ ein; dies ist heute zum Theil noch gebräuchlich, muss aber als ganz ungenügend bezeichnet werden, da dıe Ablesungen auf einen Grad genau geschehen müssen. E Die angegebene Methode der Ablesung ist besonders bei Streichrichtungen anstehender Schichtgesteine oder eines Ganges anzuwenden. Sie ist ungenügend, wo die Richtungslinie von dem Standpunkt des Beobachters nach einem ent- fernteren Gegenstand, z. B. dem Gipfel eines Berges, bestimmt werden soll. Dazu muss an dem Compass eine Azimutvorrichtung angebracht sein. Ein ‚ einfaches Visir zum Aufklappen, bestehend in einem senkrecht stehenden, mit einem Schlitz versehenen Stäbchen am Südende, und einem ebenso gestellten, mit einem Faden, am Nordende der Gradeintheilung, ist vollkommen zweckent- sprechend. In England wendet man häufig den sogenannten prismatischen Compass an. _ Die Nadel trägt ein rundes Kartenblatt mit Gradeintheilung, und letztere wird, vergrössert, durch ein Prisma abgelesen. Da jedoch die Ablesung nur durch letzteres geschehen kann und die Nadel mit ihrer Belastung sehr langsam schwingt, so sind diese Instrumente nur dann brauchbar, wenn man den Com- pass fest und in einer für diese Art des Ablesens bequemen Lage aufstellen kann; und da dies sehr häufig nicht möglich ist, so beeinträchtigt man leicht die Genauigkeit, welche die Methode zu erhöhen bestimmt ist. An jedem geologischen Compass befindet sich ein Klinometer, um den Winkel zu bestimmen, den eine geneigte Linie oder Fläche mit dem Horizont bildet. Die Genauigkeit der Bestimmung wird um so grösser sein, je länger die gerade Linie des Instrumentes ist, welche man in die zu bestimmende Neigung N, N, REIN Geologie, bringen vermag. Fällt der Nullpunkt des Klinometers mit dem W- oder - O-Punkt des Compasses zusammen, so kann man die sechszöllige Seite des geöffneten Kästchens zum Anlegen auf einer geneigten Schichtfläche benutzen | "und sehr befriedigende Resultate erhalten. Will man aber die Neigung einer EL. im Profil gesehenen sanften Böschung, oder der Gehänge eines vuleanischen Kegels messen, so hält man die untere Langseite des Kastens so, dass sie mit der Profillinie zusammenfällt, und wird, wenn man das Mittel aus zwei oder ER BB; drei Ablesungen nimmt, das Resultat bis auf einen halben Grad genau bekom- ine men können. BER Das nächst wichtigste Instrument ist das Aneroid, um, ausser jenen" ° Bes.‘ Höhenbestimmungen, die für das Relief der Gegend wichtig sind, auch fort- 3 m, dauernd kleine Höhendifferenzen zu beobachten, und dadurch die Mächtigkeit i ni BE“, von Schichtengruppen, die Erhebung einer Schotterterrasse über die Thalsohle, Ar ao > oder alter Küstenränder über dem Meere, die Tiefe von Schluchten, die Höhe en: bis zu welcher Gletscher oder Lavaströme herabreichen, das Gefälle von Ge- birgsbächen, und vieles Andere, das sich der Beobachtung ohne Unterlass bietet, sogleich zu bestimmen. Den besten Dienst thut ein kleines Instrument in Ge- stalt einer Uhr, das man an einer um den Hals geschlungenen Schnur, in einer &; etwas höher als die Uhr angebrachten Westentasche trägt. Dort ist es Stö- i bi rungen am wenigsten ausgesetzt und bewahrt am gleichmässigsten die Tem- peratur; zugleich auch hat man es stets, bequem zur Hand. Der Reisende Ei sollte aber niemals ohne zwei andere controllirende Aneroide sein. Der Gang eines jeden muss auf das genaueste bekannt und in Tabellen niedergelest sein. Erfährt ein Instrument einen Stoss, wie es bei längeren Reisen unvermeidlich Ä vorkommt, so vergleicht man es sofort mit dem anderen und notirt, falls es ur seinen Gang verändert hat, die von nun an bis auf weiteres constant bleibende \ ; Abweichung. Da man zuweilen bei zwei Aneroiden eine grössere Differenz im beiderseitigen Stand beobachtet als sie vorher hatten, ohne die Veranlas- sung zu kennen, und ohne daher zu wissen, welches von beiden seinen Gang geändert hat, so ist ein drittes Instrument erforderlich, dessen Vergleichung sofort zeigt, wo und wie gross der Fehler ist. Sind auch Unfälle dieser Art bei sorgfältiger Behandlung selten, so sind sie doch nicht zu vermeiden (z. B. bei einem Fall, dem Umstürzen des Wagens, dem Abwerfen des Gepäcks durch Last- thiere u. s. w.). Ein einziges Aneroid ist deshalb gänzlich werthlos. Die Mit- nahme eines zweiten bietet einige Garantie, aber nur wenn ihrer drei sind, kann N % Bi man die Fehler ganz eliminiren. — Die Reserve-Aneroide packt man mitten in ‘ Wäsche hinein, wo sie recht gut geschützt sind. — Am besten ist es natürlich, h en Quecksilberbarometer zur Vergleichung bei der Hand zu haben. Bei ker langen geologischen Landreisen ausserhalb Europa ist jedoch ein solches Instru- A # ment oft schwierig zu transportiren; man muss stets auf seinen Verlust g- x R fasst sein, und daher selbst dann noch die Dreizahl der Aneroide beibehalten. — Die Stationsbarometer, welche jeder Reisende besitzt, aber entweder an Bord oder auf der Hauptstation zurücklässt, um periodisch die anderen In- Br Ri strumente mit ihm zu vergleichen, lasse ich hier ausser Acht, da sie nicht zur \ R eigentlich geologischen Ausrüstung gehören. i $ s Der Gebrauch des Aneroids wird wesentlich vervollständigt durch ein Hori- | zontglas, eine ungefähr einen Fuss lange Röhre, an deren einem Ende sich ein kleines rundes Visir befindet, während am anderen in der Mitte der Oeff- An: Mr; nung ein Faden gespannt ist. Durch eine prismatische Vorrichtung sieht man, I a ; wenn das Instrument genau horizontal steht, und der Faden ebenso gerichtet h Sch ist, eine in einer kleinen Libelle befindliche Luftblase, sobald sie in der Mitte n steht, von einem zweiten am Prisma angebrachten Faden durchschnitten. Der i erste Faden bezeichnet daher den Horizont. Beobachtet man nun von einem N Punkt, dessen Höhe das Aneroid anzeigt, den Horizont ringsum, so lassen sich Er 4 manche geologisch interessante Niveauverhältnisse sofort bestimmen. Bei einem Se mehrgipfeligen Gebirge z. B. kann man, wenn man einen Gipfel bestiegen hat, - die Höhe der andern annähernd durch Schätzung bestimmen, wenn man.beobachtet, RN. wo die Horizontlinie sie schneidet. Thermometer führt selbstverständlich der Reisende in Mehrzahl mit sich. Ausser der Temperatur von Quellen, insbesondere Thermen, sollte man damit diejenige des Wassers in sehr tiefen Brunnen fleissig bestimmen, da sie sich der K Ben Temperatur des Ortes hinreichend nähert um diese annähernd fest- S zustellen. «72 Der Geolog braucht nothwendig eine aus starkem Leder fest genähte asche, die an einem über die Schulter geschlungenen Riemen an der Seite en Fir & re tn, "i$, % PB. VON Y or. Sr 238 ae v. Richthofen. getragen, und nicht gleich andern Sachen den Trägern oder Führern übergeben wird. Er findet sich von diesen sehr häufig isolirt, und muss Fundstücke von Gesteinen wenigstens eine Weile selbst zu transportiren bereit sein, ausser- dem aber die Instrumente, ein Skizzenbuch und Notizbuch stets zur Hand haben. Auch darf es nie an einer Quantität weichen Packpapiers fehlen, um vorkommenden Falls eine Menge von Steinen hineinzuwickeln. Hinsichtlich der Form der Notizbücher hat jeder seine Liebhaberei; doch sollte der Geolog _ ein möglichst einfaches Buch stets in der Rocktasche bei sich tragen, um es jederzeit zu rohen Aufzeichnungen und flüchtigen Bemerkungen zur Hand zu haben *). Aus dem vermittelst der angegebenen einfachen Utensilien gesammelten Material von Gesteinsproben, sowie von vorläufig aufgezeichneten Beobach- tungen, wird am Abend jedes Tages das Tagebuch mit Gewissenhaftig- keit und Ausführlichkeit mittelst Feder und Tinte geschrieben; zugleich werden die geologischen Skizzen mit mehr Sorgfalt ausgeführt. Das Tage- buch sollte in Gross-Octav- ‘oder Quartformat sein. Bei Einzeichnungen wird es Jedem zu statten kommen, farbige Stifte mit sich zu führen, um sie für geologische Unterscheidungen sofort anzuwenden. Auch ein Farben- kasten ist erforderlich, um die Verbreitung einzelner Formationen gleich auf der Karte aufzutragen. $ Dies ist Alles was der Geolog nothwendig braucht. Je nach Be- dürfniss wird mancher noch mehr mit sich führen. Wer darauf ausgeht, an Orten, von denen das Vorkommen von Versteinerungen bekannt ist, grössere Sammlungen anzulegen, der wird eine Keilhaue, einen schweren Hammer, einige Meissel und andere Instrumente mitnehmen. Wer beabsichtigt, an Ort und Stelle Untersuchungen von Mineralien und Erzen auszuführen, der belastet sich vielleicht mit einem Löthrohrapparat, Mikroskop und Reagenzkasten, wird aber davon wenig Gebrauch machen können, wenn er nicht an einzelnen Orten einen längeren Aufenthalt nimmt. Will einer geologische Karten an- fertigen und muss er dazu auch die topographische Grundlage selbst con- struiren, so hat er Alles mitzunehmen was dazu gehört. Ein nicht unwichtiger Theil der allgemeinen Ausrüstung, der aber nach den Bedürfnissen der einzelnen sehr verschieden sein wird, betrifft Karten und Bücher. Von Karten sollte der Reisende, der nur einigermaassen geologisch zu beobachten gedenkt, das beste mitnehmen was von dem be- treffenden Lande existirt, und fortwährend bei sich führen, um Einzeich- nungen zu machen und sich über den weiteren Verlauf der Flüsse und Gebirge, welche er sieht, zu orientiren. Wo es keine giebt, vermisst sie der Geolog mehr als ein anderer Reisender, und wo sie existiren, da sind sie ihm mehr als diesem unentbehrlich. Die Bücher theilen sich in zwei Klassen. Denn einerseits besitzt der Reisende eine Bibliothek, die er an Bord oder an Orten, wo er sich länger aufhält, mit Musse studirt. Hier wird der Laie seine geologischen Lehrbücher, der Geolog von Fach seine specielleren Nachschlagewerke haben. Auf Reisen im Innern eines Landes aber sollte *%) Den kleinen, höchst unbedeutend erscheinenden, und doch sehr beherzigens- werthen Wink möchte ich hinzufügen, dass der Geologe stets einen guten langen Bleistift an einer Schnur befestigt um den Hals trage, weit genug herabhängend, um ihn mit Bequemlichkeit zu gebrauchen. Fortdauerndes Notiren ist das Wesen genauer geologischer Aufnahmen, und vielfache Erfahrung hat mir gezeigt, dass man mehr als - ‚doppelt soviel notirt, wenn man den Bleistift bei der Hand hat. Ist die Mühe, ihn anderswo hervorzuholen noch so gering, so ist dies doch hinreichend, um oft einen Aufschub und dadurch eine Vernachlässigung der Notiz zu veranlassen. Ein einziges Wort, kaum leserlich in das Rohbuch geschrieben, ist häufig hinreichend, um am Abend im Tagebuch zu einer längern Beschreibung ausgesponnen zu werden, deren Ab- avesenheit man später sehr empfinden würde. Geologie, n sich Möglichst beschränken. Existiren bereits Abhandlungen über die late desselben, so sollte man sie mit sich führen, denn sie regen ausser- ordentlich an. Ausserdem aber genügt ein kurzes Compendium, in dem man zeitweise sein Gedächtniss auffrischen kann. Zum Studium ist in der Regel "keine Zeit; und der Laie mühe sich nicht damit ab, unterwegs nach Be- sschreibungen Gebirgsarten kennen lernen oder bestimmen zu wollen. Da würde er sicher auf Irrwege gerathen. Wer vorher die gewöhnlichen Ge- AM birgsarten nicht zu unterscheiden weiss, der kann es unter solchen Verhält- nissen aus dem besten Buch nicht lernen, und handelt weit richtiger, keine Namen anzuwenden. Fi Als das beste Compendium, das in gedrängter Kürze einen reichen und wohl- je, geordneten Inhalt hat, mit der vollsten Reife geologischer Durchbildung eschrieben ist und viele neue fruchtbringende Ideen birgt, aber auch grade des. alb die vorhergegangene Lectüre anderer Bücher voraussetzu, ist F. v. Hoch- stetter’s Geologie, in dem vortrefflichen Werk: Allgemeine Erdkunde (ein Leitfaden der "astronomischen Geographie, Meteorologie, Geologie und Bio- logie) von Hann, Hochstetter und Pokorny (Prag 1872), das zugleich das Wichtigste aus anderen Wissenschaften in ähnlicher Kürze zusammen- gedrängt enthält, zu empfehlen. Es ist jedem Reisenden zu rathen, dieses Buch bi mit sich zu führen. Bei den folgenden Betrachtungen ist dies vorausgesetzt, und j ich habe mich daher betreffs der Erläuterung geologischer Ausdrücke und der zahlreichen instructiven Abbildungen, welche hier, da sie kaum besser gegeben werden können, weggelassen sind, mehrfach (unter der Form: ,„Hochst. 8...“) auf jenes Werk bezogen. — Wer etwas Ausführlicheres wünscht, dem ist ausser- dem das nach einiger Vorbildung leichtverständliche, durch Klarheit und Kürze des Ausdrucks sich rühmlichst auszeichnende Werk „Elemente der Geologie‘ von Hermann Credner (Leipzig, 1872) bestens anzuempfehlen. Es erübrigt noch ein einleitendes Wort über die Methode geolo- gischer Reisen. Der Geolog reist unter allen Umständen am besten allein, oder höchstens (natürlich abgesehen von der einheimischen Dienerschaft) mit einem Begleiter, welcher nicht einem bestimmten Zweig der Wissenschaft nachgeht, sondern vielmehr dazu da ist, specielle Aufsicht über Leute und Gepäck zu führen, gelegentlich den Packzug auf einem von dem des Reisenden abweichenden Weg zu führen, die Küche mit Wildpret L versorgt zu halten, die Neugier der Eingebornen zu befriedigen, während E der Reisende seine Arbeiten ausführt, u. s. w., und sich für geologische Hülfs- N" arbeiten, wie das Sammeln von Versteinerungen, das Schlagen von Format- - stücken u. s. w. anleiten lässt. Jeder Reisende welcher selbstständigen Zielen nachgeht, sei er Botaniker, oder Entomolog, oder Ethnograph, oder Kaufmann, hindert den Geologen und wird von ihm gehindert, da jeder andere Bedingungen für die Orte, an denen ihm ein Aufenthalt wünschens- werth erscheint, bedarf. Selbst ein geistig ebenbürtiger, dem Willen desReisenden sich unterordnender Gesellschafter ist kaum anzurathen, da man dann nicht die nöthige Zeit auf Ausarbeitungen zu verwenden im Stande ist. Der . Geolog aber hat beim Reisen nicht einen Augenblick Zeit, müssig zu sein. — _ Diese Vorschriften gelten für den an in rigorosester Ww eise, und 3 haben allerdings weit weniger Anwendung für den.‘ welcher Geologie als 2 Nebenbeschäftigung treibt. Doch gilt für alle reisenden Naturforscher die Em- allein oder in sehr kleinen Gesellschaften zu reisen. Botaniker ren in der freien Natur für sie wichtiger ist als das stete Vorwärts- egen. Auch der Ethnograph und der Statistiker mögen zusammengehen, da Beide ihr Material an bevölkerten Ortschaften finden. Mit dem Geologen kann. derjenige am besten reisen, welcher geographische Ortsbestimmungen macht Be nlunöktenlische Karten verfertigt, also der eigentliche Forschungs- 240 Cr Richten er Er - reisende Daher auch kann dieser am besten geologische Studien mit den ee ae . .,. \ .ı. . . seinigen vereinigen. Je vielseitiger grosse Expeditionen mit zahlreichem Per- sonal sind, desto ungünstiger gestaltet sich das Verhältniss der aufgewendeten Mittel zu dem zu erwartenden Erfolg. Man hindert sich gegenseitig, man hält einander auf und reisst einander fort. . Viel Zeit wird vergeudet, und sehr selten hat ein Mitglied Gelegenheit, seine Kräfte zur vollen Geltung zu bringen. Solche Expeditionen werden in Hindernissen geboren und wachsen in ihnen fort; nur wenige sind mit grossem Erfolg gekrönt gewesen. Der Geolog muss, wo immer er mitten in einem Beobachtungsgebiet ist, möglichst viel zu Fuss gehen. Unter den Beförderungsmitteln ist der Ge- brauch des Wagens wenig zu empfehlen, da man dadurch an die Fahrstrassen gebunden ist, welche das geologisch interessante Terrain gewöhnlich ver- meiden. Tragstühle sind nur dem anzurathen, welcher das Bedürfniss hat sie öfters zu verlassen. Am zweckmässigsten ist das Reisen zu Pferde oder Maulthier, da man damit am wenigsten an bequeme Wege gebunden ist, und ein Mittel zu Seitenausflügen stets zur Hand hat. Stromfahrten sind unbe- friedigend, da man vom Boot zu wenig Aussicht hat und nur den Gebirgs- bau entlang einer Linie kennen lernt. Bei der Fahrt stromaufwärts kann man viel zu Fuss gehen, aber stromabwärts eilt man im Fluge an den interessan- testen Stellen vorbei, und gerade in Felsengen, wo die Aufschlüsse am reichsten sind, hat man selten Gelegenheit, an den für die Beobachtung zweck- mässigsten Orten anzulegen. Ist man an ihnen vorbei, so ist die Gelegen- heit sie zu sehen unwiederbringlich verloren. Sammeln geologischer Gegenstände. Die Gegenstände, welche gesammelt werden sollten, lassen sich vom praktischen Gesichtspunkte eintheilen in: Gesteine, Erden, Versteinerungen und Mineralien. Die Sammlung von Gesteinen oder Gebirgsarten ist die wichtigste, um einen allgemeinen Ueberblick des Baues der betreffenden Gegend möglich zu machen. Die Art ihrer Anlegung richtet sich ganz nach dem Grad der geologischen Ausbildung, welche der Reisende besitzt. Als das Vollkom- menste kann man eine Reihenfolge guter Handstücke von regelrechtem For- mat betrachten, die ein namhafter Geolog nach eigener Auswahl selbst ge- schlagen hat, und die ihm dann als Grundlage einer Ausarbeitung dienen, ın welcher er das, was in der Sammlung fehlt, durch deutliche Beschreibungen ergänzt. Unter regelrechtem Format versteht man Stücke von ungefähr 4 Zoll Länge, 3 Zoll Breite und 4 Zoll Dicke; gute Handstücke müssen allseitig einen frisch geschlagenen Bruch haben. Wer Special- untersuchungen eines kleinen Gebietes ausführt, bemühe sich, auch in Bezug auf äussere Ausstattung das Vollendetste zu leisten und jede Beobachtung durch Musterstücke zu belegen. Von dem reisenden Geologen jedoch ist nicht zu verlangen, dass er dieses Ziel in einer auch nur annähernd voll- kommenen Weise erreiche; und so sehr es anzuerkennen ist, wenn er dort, wo er Zeit dazu hat, auch einige Mühe auf äusseres Ansehen verwendet, so würde es doch ganz fehlerhaft sein, zu sehr darauf zu achten, und manche Stücke deshalb nicht mitzunehmen, weil sie den genannten Anforderungen nicht entsprechen. Eine kleine vorspringende Ecke, die man gelegentlich von einem Fels abgeschlagen und mitgenommen hat, ist nachher oft mehr werth als ein Dutzend mühsam in die regelrechte Form gebrachter Stücke. Der Dilettant, vorausgesetzt, dass er geologische Untersuchungen zu einer Haupt- ar seiner Harka wählt ist in der eigenthünlichen ie, Rs © sammeln muss als der Geologe von Fach, deshalb, weil er die ngaben erst durch Bela nee Zuverlässigkeit en Um „ich A zu sehr zu belasten, sollte er, beispielsweise bei dem Does über ein Ge- birge, mit Sorgfalt kleine, frisch gebrochene Scheiben oder Würfel der ein- einen ebine sammeln, denen er begegnet, sie sofort numeriren und in Ki Papier wickeln, und entsprechende Nummern mit Bemerkungen über die Art des Auftretens an Ort und Stelle in das Rohbuch eat Damit ist aber "9 ‚nicht gesagt, dass er, wie es viele thun, hin und wieder ein beliebiges Stück - ‚Stein von der Strasse aufheben und nach Hause bringen solle, das würde nur mutzlosen Ballast ergeben. Sondern jedes Bruchstück muss von anstehen- - dem Gestein sein, vom Fels selbst losgeschlagen; der Reisende muss wissen, _ weshalb er es mitgenommen hat, und es muss durchaus wenigstens Eine frische Bruchfläche haben. Neben dieser kleinen, unter allen Umständen ‘ leicht zu transportirenden Sammlung, welche den Weg des Reisenden. ei illustrirt, sollte er dann eine zweite von guten Handstücken anlegen, zu der Be “ | er den längeren Aufenthalt an interessanten und geographisch gut bestimmten y R Localitäten ebenso wie eine kurze gelegentliche Rast am Wege benutzt*). B. Was die Erden betrifft, so empfiehlt es sich zunächst, die Anschwem- DR mungen von Flüssen zu sammeln, Die Dammerde ist durch Cultur verän- Di dert; man thut daher besser, die Proben von Steilabbrüchen an Flussufern wenigstens 2 Fuss unter der Oberfläche zu entnehmen. Dasselbe sollte man dort ÄB. - thun, wo der Boden von tiefen Schluchten durchfurcht ist. Ausserdem sollte man Rn alle technisch verwendeten Erden, Töpferthone, Porzellanthone, Pfeifenthone und Be 3 _ die aus ihnen gewonnenen Produete sammeln. Ferner die Pole über- RR haupt Bekehige Erden, und die Absätze aus heissen Quellen, die dann zum Bi | N; Theil auf Infusorien zu untersuchen sind. Bei Porzellanthonen kommt es En, darauf an, die verschiedenen angewendeten Arten von Material vollständig - ie 1% zu haben. In vulcanischen Gegänden ist Aufmerksamkeit auf die ver- AR schiedenen Tuffe und die Schlammabsätze zu verwenden. Wer in den Tropen Ua ei: reist, der sollte nicht versäumen, den Laterit**) recht gründlich zu studiren, RE : und Proben desselben von verschiedenen Orten mitzunehmen. — Zur Aufbe- A wahrung von Erden empfehlen sich die Büchsen von verzinntem Eisenblech, in Welchen man stets einen Theil’der Provisionen mit sich führt. Bei al chen Erden, die eine Structur haben, wie der Löss, sollte man solide Stücke EB von der Gestalt der Büchse schneiden und sie, in ihrer natürlichen Lage, je} jr _ hineinthun. R Wenn die Gesteinssammlung für den allgemeinen Ueberblick besonders wichtig ist, so ist es diejenige von Versteinerungen zur genauen Bestim- mung ‘der Formationen. Kein Reisender sollte unterlassen, auf sie ein ganz besonderes Augenmerk zu richten. Selbst wenn er gar keine Gesteine sam- melt, darf er "keine Gelegenheit vorübergehen lassen, um Fossilien in mög- fohster Reichhaltigkeit mitzubringen. Denn wenn man das Glück hat, eine Fig N Ich habe mich selbst, bei meinen Reisen in China, fortdauernd dieser zwei eben einander hergehenden Methoden bedient. Denn wenn man zum Beispiel mit ılthieren über ein Gebirge reist, so hat man keine Zeit zum Stehenbleiben, sondern rastlos vorwärts gehen. Das Mitnehmen eines kleinen . Belegstückes erscheint oft nA nblick selbst als überfiüssig. Hat man es jedoch gesichert, so bewahrt man es En ya ‚ und manches unscheinbare Fragment bewährt sich später als das wichtigste NEN: ıl zur Vergleichung. Keines aber ist nutzlos gesammelt. NN ER ne Abschnitt. 167 242 . v. Richthofen. noch unerforschte Gegend zu betreten, so bleibt sie, wenn sie nicht vielleicht aus vulcanischen Gesteinen oder Schwemmland besteht, ganz unverständlich, so lange man nicht im Stande ist, durch die Bestimmung des geolo- gischen Alters einzelner Formationen Licht über das Ganze zu verbreiten. Wer diese erste Aufgabe löst, dem wird der Dank des Fachmannes die darauf gewendete Mühe reichlich Don. Das Auffinden von Versteinerungen er- fordert allerdings Uebung, und es lassen sich nicht leicht bestimmte Regeln angeben. Ich will nur einige wenige Fälle erwähnen: Alle mit krystallinischen Schiefern wechsellagernden Gesteine sind im Alloemeinen als versteinerungslos zu betrachten. Gelingt es, darin etwas zu finden, so wird der Werth um so grösser sein. — Reiner Kalkstein ist ge- wöhnlich arm an deutlichen Versteinerungen, und sind sie vorhanden, so ist es schwer sie zu sammeln. Sie sind aber stets wichtig und in hervorragen- dem Grade zu beachten. Insbesondere kommen in reinen Kalksteinen Bra- chiopoden, Cephalopoden, Orinoideen, Korallen und Foraminiferen vor. Vor Allem sind solche Steinbrüche zu berücksichtigen, in denen Kalkstein zum Brennen gewonnen wird. Die Abänderungen, welche man dazu verwendet, sind häufig voll Versteinerungen, welche, sonst schwer zu erhalten, durch die Steinbruchsarbeit blossgelest werden. Wird der Kalkstein bituminös oder mergelio, oder geht er in Mergelschiefer oder in thonige Schiefer mit Kalk- knauern über, so wird man in der Regel einige, und zuweilen eine reiche Ausbeute haben. Dies gilt auch für den Fall, dass Kalkstein und Schiefer wechsellagern. — In reinen Quarzsandsteinen oder diekbankigen rothen tho- nigen Sandsteinen wird man meist vergebens nach Versteinerungen suchen. Werden sie aber mit dem Thongehalt ee mit glimmerigen Abson- derungsflächen, so, stellen sich each, Reste von Zweischalern und Pflanzen ein. Weit eünstiger ist der Dep ne in thonig sandige Schiefer und reine a ehone einerseits, und ee nersans, — Wo Kohlenflöze vorkommen, da giebt es fast immer etwas zu sammeln; gewöhnlich sind es Abdrücke von Pflanzen in den begleitenden Kohlenschiefern, bei deren Samm- lung besondere Vorsicht in der Üonservirung nothwendig ist. Oft auch kommen thierische Versteinerungen in den Schichten über oder unter der Kohle vor. Hier ist das Sammeln besonders wichtig, um festzustellen, wel- chem Alter die Kohle angehört. — Tuffschichten, seien sie untermeerisch oder in Süsswasser abgelagert, der Tertiärperiode angehörig oder von höherem Alter, enthalten fast stets stellenweise grössere Anhäufungen von Verstei- nerungen. Man kann von Versteinerungen niemals zu viel sammeln. Wo sie ın Masse vorkommen, sollte man die am besten erhaltenen Stücke aussuchen, wo es nur wenige giebt, die unvollkommenen Exemplare nicht verachten; denn ein kleines Bruchstück kann oft einen Anhalt von grösserem Werth geben, als von einem anderen Ort eine Sammlung der besten Exemplare. Mineralien hat der Reisende, welcher nicht Fachmann ist, selten Ge- legenheit zu sammeln. Die unscheinbaren, welche zuweilen grossen Werth haben würden, fallen ihm nicht auf, und berücksichtigt er die schön krystal- lisirten, so kann es ihm leicht geschehen, dass er sich aus Unkenntniss mit Sachen von geringem Werth beschwert. Allerdings giebt es Ausnahmen. Besonders werden schön krystallisirte Erze, die man in Bergwerksgegenden zuweilen bekommt, in der Regel geschätzt werden. Nutzbare Mineralien, als Kohle, Eisenerze, Graphit u. s. w. sind natürlich stets mit Aufmerksamkeit zu sammeln. Einzelne speciellere Winke zum Sammeln werden sich im Weiteren nd. da ist vor Allem zu bemerken, dass ein Gerne Wolken ist, wenn man den Ort, von dem es stammt, nicht ganz genau t, bei Versteinerungen aber hinklebhend die Gegend hr Ursprungs n- ben sein muss, und jedes genauere Detail erwünscht ist. Die Verstei- “u oalität, oder wenn diese schwer Ashnirbar jet, Stunde und Tag des Sammeinen ‚oder wenigstens eine die Reihenfolge an acn betreffenden Tape bezeichnende Nummer geschrieben werden. Kommt man Abends in es Quartier an BEN. Lager, so Wird zu jedem Gesteinsstück ein Zettel geschrieben, auf dem man ‘ oben das Land oder die Provinz, darunter die Richtung und Entfernung des Fundortes von einem auf der Karte verzeichneten Ort, und dann das Detail AN der Localität selbst angiebt. Jede weitere Bemerkung ist später von Nutzen. Unten wird das Datum vermerkt, an dem das Stück gesammelt wurde, damit man sofort das Tagebuch um len nachschauen kann, und endlich der Namenszug des. nee. also 'z..B.: j Da Kr der Zettel zerreibt, wenn er auf den Stein zu lie- gen kommt, so wird er in das Java. Be zum Einwickeln des Ge- Residentie: Preanger Regentschaften. steins verwendete Blatt Papier eingeschlagen. Drei halbe Bo- Bandong 3 M. NNW. Dee weichen Papiers sind bei Südabhang des Vulcans Tankuban N Prahu. — 1 Stunde von Lembang, am rle Fi: Verpacken hinreichend. Weg nach dem Gipfel. Bildet das un- i Die so eingewickelten Gesteins- tere Ende eines Lavastromes. stücke müssen nun so unter- 1. 6. 1874. M.N. "Sg gebracht werden, dass sie fest liegen*). Bei Expeditionen, bei welchen Mehrere betheiligt sind, ist es wünschenswerth, die Proben zu nume- riren und in Registern fortlaufend einzutragen. Der Einzelne braucht sich dieser Mühe nicht zu unterziehen. PRREK Sollte es dem Reisenden einmal geschehen, dass er die hier angegebenen a: Regeln vernachlässigt und bei einigen Stücken nicht mehr genau da Fund- \ ‚ort weiss, so sollte er sie, mit Atanalkrie der Verstendrungen! ohne Weiteres 3 wegwerfen, da sie nutzlos sind. 2 Beobachtungen über Gebirgsbau. Von grösserer Wichtigkeit als das Sammeln greifbarer Gegenstände ist las Sammeln ne Beobachtungen und er: sorgfältige ne ”) Die Gesteine sind nun zum Versenden bereit. Sind deren genug vorhanden, so ‚sie in eine Kiste gepackt, in welcher unten eine dünne Lage von Heu ist. Die zelnen Päckchen werden dann, wie beim Packen von Büchern, in Reihen aufrecht einander gestellt und fest eingezwängt. Je fester sie liegen, desto besser werden a aenngen überstehen, denen sie weiterhin unterworfen sind. Zartere e werden mit Baumwolle belegt, ehe sie in Papier gewickelt werden, ze i) 2 nu Kistchen gepackt. | ® N Te 244 v. Richthofen. Oberflächenformen, in den zwei grossen Abschnitten: Gebirgsbau und Geolo- gische Vorgänge, zusammenfassen. Der Gebirgsbau ergiebt sich aus der sorg- fältigen Beobachtung der geologischen Aufschlüsse. Geologische Aufschlüsse. Einen geologischen Aufschluss giebt jede Stelle, an der man das an der Zusammensetzung einer Gegend theilnehmende Gestein beobachten kann, und er ist um so vollständiger, in je grösserer Ent- wickelung in horizontalem oder verticalem Sinn das Gestein blossgelegt ist oder sich durch Schlussfolgerungen feststellen lässt. Die Oberfläche des Bo- dens, wo sie nicht aus dicker Ackerkrume besteht, ein Graben, ein Stein- bruch, die Seiten eines Flussbettes, die Runsen und Tobel in Gebirgen, jeder anstehende Fels, und jedes an die Oberfläche kommende weichere Schicht- gestein, geben mehr oder weniger vollkommene Aufschlüsse. Der Reisende, wel- cher sie bei dem Betreten einer fernen Gegend verfolgt, findet dort Sand- steine, Kalksteine, verschiedene Arten von Schiefern, Granit, Sand, Alluvial- absätze u. s. w. in ähnlicher Ausbildung, wie er sie in anderen Ländern ge- sehen hat. Aber ihre Anordnung ist überall verschieden, und erst wenn man diese mit Klarheit erkannt hat, kann man daran gehen, Vergleichungen mit anderen Gegenden auszuführen. Das erste Ziel der Untersuchung ist die Erkenntniss der Art und Weise, wie die einzelnen Gesteine im Alter auf einander folgen. Die darauf bezüglichen Schlussfolgerungen bauen sich nach und nach aus Einzelbeobachtungen auf, deren jede Licht in das Chaos bringt, in welchem uns anfangs die vielen verschiedenen Gesteine und Erden ent- gegentreten. Das zweite Ziel, dessen Erreichung gleichzeitig angestrebt und herbeigeführt wird, ist die Erkenntniss der Art, in welcher die Gesteine zu Gebirgen zusammengefügt sind, oder Einsenkungen ausfüllen. Es giebt Ge- genden, wo eine grosse Gleichförmigkeit über: weite Strecken herrscht. Aber keine ist von so geringem Interesse, um nicht Stoff zu Beobachtungen zu AR bieten. Sehr häufig hängt die Erlangung von Aufschlüssen von dem Willen des Reisenden und der Geschicklichkeit in der Wahl seiner Wege ab; denn anstatt das zufällige Begegnen solcher Stellen, welche zur Beobachtung geeignet sind, abzuwarten, muss er dieselben aufsuchen und seine Pläne dem- gemäss einrichten. Dazu gehört vor Allem, dass er sich nicht an die Thäler halte, noch auch, mehr als nothwendig ist, der Richtung der Gebirge parallel reise, sondern möglichst oft quer über dieselben hinweggehe, oder vom Thal aus Ausflüge nach den Kämmen unternehme. Bekommt man mehrere Quer- schnitte desselben Gebirges, so ergänzt einer den anderen, und man wird sich bald ein annähernd richtiges Bild von dem Gesammtbau desselben machen, während die innere Structur ganz verborgen bleibt, wenn man die Gesteine von seinem Fuss noch so genau kennt, der Rest aber unbekannt ist. Die Mühe und Kosten der angegebenen Art der Bereisung sind viel bedeutender, als wenn man auf bequemen Strassen in den Thälern herumfährt; aber man wird reichlich belohnt, nicht nur durch die geologischen Aufschlüsse, sondern auch durch den Genuss, welcher in Gebirgstouren liegt, den Ueberblick des Landes, den man von den Höhen erhält und der zur Kartenzeichnung wich- tiges Material giebt, die Bereicherung der Kenntniss der hypsometrischen Verhältnisse der Gegend, und die Gelegenheit zum botanischen und zoologischen Sammeln. Ein Reisender, der die Gebirge nicht besucht, mag wohl die Leute kennen lernen, aber mit der Natur des Landes bleibt er unbekannt. Je mehr dies beherzigt worden ist, desto mehr haben berühmt gewordene Landreisen zur Bereicherung der naturwissenschaftlichen Kennt- nisse beigetragen. Aber auch wo die Gelegenheit dazu nicht vorhanden und man auf grosse Ebenen angewiesen ist, fehlt es nicht an Beobachtungs- esichtspunkte, von dena aus man dieselben nach ) einer Ba berbliekt. So geringen Werth man oft im Augenblick auf Beobachtungen in solehen Gegenden zu legen geneigt ist, sollte man doch auch in ihnen nie- mals ermüdet stille stehen. .Jede Lücke macht sich bei der Bua an in empfindlicher Weise bemerkbar. Ein sehr brauchbares Feld für geologische Beobachtung bieten ai mW erke von Menschenhand, in denen Steine angewandt werden. In einer ' Gebirgsgegend könnte man aus dem Material womit die Mauern und Häuser in Dörfern und Städten gebaut sind eine fragmentarische geologische Karte eonstruiren; denn wo die Verkehrsmittel unvollkommen sind, verwendet man zu _ diesen einfachen Bauwerken meist nur Material aus der unmittelbaren Nach- barschaft. Oft führt ihre Beobachtung zur unerwarteten Entdeckung einer Formation, die man vorher nicht anstehend sah, z. B. von Basalt; oder man findet an ihnen das Wiederauftreten eines längst bekannten Gebildes, z. B. eines oolithischen Kalksteins, dessen genaue Einreihung als Formations- glied man genau kennen gelernt hat. Zu monumentalen Bauten wird das Gestein oft weiter herbeigeführt, und indem man die Lage des Steinbruches, * welcher es liefert, erforscht, erweitert sich die Kenntniss von der Verbreitung der betreffenden Formation. Auch die Gerölle in Bächen müssen untersucht werden, da sie manchen Fingerzeig für den Bau des Gebirges geben, aus dem sie stammen. Grosse Vorsicht ist an solchen Orten nothwendig wo See- ‚schiffe anlegen. Begierig, einen Wink über das was er zu erwarten hat’ zu erhalten, untersucht der Geolog beim ersten Landen sofort die zu Ufer- bauten verwendeten oder lose umherliegenden Gesteine. Sie zeigen oft eine auffallende Musterkarte, und bei näherer Untersuchung ergiebt es sich, dass sie Schiffsballast sind, welcher aus verschiedenen Gegenden hergebracht wurde. Selbst der Schluss, dass Ballast, der eben ausgeladen wird, eine Andeutung _ der Formationen an dem Ausgangspunkt des Schiffes geben könnte, ist falsch; denn dort nahm man vielleicht solchen ein, welcher schon mehrere Male seinen Ablagerungsort wechselte. Eine kurze Betrachtung des Materials, woraus die Erdoberfläche besteht, wird zeigen, welche Klassen von Gesteinen sich der Beobachtung des Rei- senden unterziehen. Wir werden dann auf die bei jeder einzelnen sich dar- bietenden Gesichtspunkte eingehen. \ ix Allgemeine Zusammensetzung der festen Erdoberfläche. — Die Grund- züge der Systematik der Gesteine, welche in dem Aufbau des der Beobach- tung zugänglichen Thheiles der Erdrinde vertreten sind, hängt eng mit den Grundzügen der Entwickelungsgeschichte der In zusammen, wie sie sich auf inductivem Wege ergeben hat. Die Entstehung einer festen Rinde auf dem heissflüssigen Erdkörper durch Ausstrahlung der Wärme, bei gleich- _ zeitiger Condensirung hoch überhitzten Wassers auf ihrer Oberfläche, bezeich- net, soweit die Forschung in das Ohaos der Urgeschichte einzudringen ver- aus wuchs die Rinde nach aussen durch Aufwärtsdringen heissflüssiger Massen aus der Tiefe und durch Absatz von Zerstörungsprodukten aus dem sser, während sie nach innen, in weit stärkerem Maasse, durch Er- rung zunahm. Hier war der Sitz des Vulcanismus, der, als die Rinde dü inn war, wenig Widerstand zu überwinden hatte, sich sehr häufig äusserte "und ie der Erstarrungsoberfläche zunächst gelegenen Theile des Innern . dur Spalten nach aussen brachte, später aber, als durch fortschreitende ing die Widerstände allmälig wuchsen, sich mehr und mehr selten \ mocht hat, den Anfang der Gesteinsbildung. Von dieser ersten Oberfläche 946 v. Richthofen. und paroxysmatischer äusserte, während zugleich die nach der Oberfläche ge- langenden Massen aus grösserer Tiefe stammten und, da die Zusammen- setzung der Erde von der Oberfläche gegen das Innere sich nach mathe- matischen Gesetzen ändert, von anderer Beschaffenheit waren als die früheren. Der sich zu gleicher Zeit allmälig verdickende äussere Theil der Rinde setzte sich demnach aus zweierlei Producten zusammen: 1. den in heissflüssigem Zu- stand aus der Tiefe heraufgedrungenen, stets mit überhitztem Wasser vermengten Massen, welche krystallinisch erstarrten und die Eruptivgesteine abgaben, deren wichtigste Eigenschaft darin besteht, dass ein in ihrer chemischen Zu- sammensetzung waltendes mathematisches Gesetz sie zu einem Ganzen ver- bindet; 2. den ‚Sedimentgesteinen, welche sich im Wasser absetzten, und anfangs aus der Zerstörung der Gebilde der Erstarrungsrinde und der Eruptivgesteine, später aus derjenigen der letzteren und der älteren Sedi- mente hervorgingen. Sie haben eine regellose, von zufälligen Umständen abhängige chemische Zusammensetzung, und sind in Form horizontaler oder wenig geneigter Lagen oder Schichten (normal) abgelagert, während die Eruptiv- gesteine in von unten nach oben (abnorm) gerichteten Spalten aufstiegen und erst an der Oberfläche durch Ueberströmen sich ausbreiten konnten; unter besonderen Umständen veranlassten sie bei der Ankunft an ee ‘ paroxysmatische und explosive Erscheinungen, und verursachten dadurch die Entstehung von Vulcanen. — Da die Sedimentgesteine die Entwickelung von der Erstarrungsoberfläche nach oben darstellen, die Eruptivgesteine aber ein Abbild derjenigen von der Erstarrungsoberfläche nach unten geben, so haben beide in ihr einen gemeinsamen Berührungspunkt, und müssen dort aus demselben Ma- terial bestehen. Granit, welcher jetzt allgemein als die Unterlage aller Sediment- gebilde angesehen wird, und Urgneiss, welcher das tiefste derselben bildet,. sind daher eng verwandt und oft identisch. Sie bilden die Ausgangspunkte der ee der Gesteinslehre, welche sich nach diesen Grundanschauungen leicht übersehen lässt. Es ist dabei stets festzuhalten, dass es bei den Ge- steinen keine scharf getrennten Gattungen und Arien giebt, sondern, wie. Granit und Gneiss in ander übergehen, so auch jedes ren überhaupt durch Aenderung der Structur oder der Zusammensetzung gewissen anderen Gesteinen durch Uebergänge verbunden ist. Dies erschwert die präcise An- wendung der Nomenclatur. A. Die Sedimentgesteine lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten ein- theilen. Für die rein praktischen Zwecke des Reisenden gibt es im Wesentlichen zwei grosse Reihen, die primitiven und die secundären Sedimentgesteine. In der ersten walten die krystallinischen Schiefer weitaus vor, in der anderen die nur verhärteten Sandsteine, Schiefer- thone und Kalksteine. Die ersten reichen, im Alter, von den Anfängen der Sedimentbildung bis zu den unbestimmten Anfängen des organischen Lebens auf der Erde, die anderen umfassen die lange Periode, aus welcher das organische Leben seine Spuren in zahllosen deutlichen Resten hinterlassen hat. Die späteren Gesteine der ersten und die älteren Gesteine der zweiten Reihe sind durch Uebergänge mit einander verbunden, welche Werner, der zuerst diese heute nur aus Zweckmässigkeitsgründen noch anwendbare Eintheilung aufstellte, zur Unterscheidung einer dritten Reihe, der Uebergangsgesteine, veranlasste. Man gewinnt aber dabei nichts, weil auch ihre Grenzen nach oben und unten undefinirbar sind. Die praktische Brauchbarkeit der Eintheilung beruht darauf, dass sie einen wesentlichen Factor in der geographischen Verbreitung der Ge- birgsarten abgiebt, indem grosse Gebiete oder Theile desselben Gebirges uhr aus den 1 esteineh de einen oder der andern Reihe end, nn und die Aufmerksamkeit des Beobachters in jedem der beiden Fälle in etwas verschiedener Weise in Anspruch genommen ist. — Von theore- “ tischem Gesichtspunkt aus sind dann noch die metamorphischen Gesteine zu IN! unterscheiden, welche unter gewissen wenig bekannten und stets örtlich beschränkten Umständen durch Umänderung aus Secundärgesteinen ent- a Kun standen sind. Sie gleichen den primitiven krystallinischen Schiefern, und im der Betrachtung der Gesteine nach äussern Merkmalen lassen sie Ri sich von diesen nicht trennen. — Wir unterscheiden somit 1. die krystallinischen Schiefer, und zwar zunächst soweit sie die 3 primitiven Sedimentgesteine oder das Grundgebirge umfassen, Be: Ihre Entstehungsart ist nicht sicher erwiesen und lässt sich nur aus R Wahrscheinlichkeitsgründen ableiten. Je nach den Lehrbüchern, in ® denen der Reisende seine Vorstudien macht, wird er verschiedene An- * sichten vertreten finden. Neuere Untersuchungen scheinen indess eine Bi... so gleichmässige Entwickelung dieser Gesteine über die ganze Erdrinde Se: darzuthun, dass man annehmen muss, sie seien ursprünglich so gebildet Be: wie wir sie heute finden, d. h. von Anfang in krystallinischem Zustand Bi abgelagert. Sie stellen vielleicht zum kleinen Theil das Oberste der AR Erstarrungsrinde des Planeten dar, welche sich im Verein mit hoch Br. überhitztem. Wasser bildete, während sie wohl zum weit überwiegenden Be. Theil aus dem überhitzten und sich allmälig abkühlenden Ocean der Urzeiten niedergeschlagen wurden, und sich demgemäss in ihrer Natur mit dem fortschreitenden Alter der Erde änderten, indem zu dem Ab- satz aus rein chemischer Lösung nach und nach der Niederschlag mechanisch suspendirter Theile kam, so dass hierdurch die lange Reihe von Uebergangsstufen (besonders in den Schlammabsätzen, welche zu Bi den Thonglimmerschiefern erhärteten) entstand, welche die krystallinischen Schiefer .mit den Gesteinen der nächsten Ordnung verbindet. Man nennt die Formationen, welchen die ganze Gesteinsreihe angehört, azoisch, weil ein reich entwickeltes organisches Leben in wohlerhaltenen Resten darin noch nicht nachgewiesen worden ist, wenn es auch im letzten Theil der Periode mit grosser Wahrscheinlichkeit schon existirte. Die grosse Aehnlichkeit in der Ausbildung, welche die metamorphi- N schen krystallinischen Schiefer mit den primitiven haben, deutet darauf hin, dass die Vorgänge, welche ihre Bildung veranlassten, viel Analogie mit denjenigen hatten, unter denen der Niederschlag von jenen stattfand. — Gneiss, Glimmerschiefer, Hornblendeschiefer, Chloritschiefer, Thonglimmerschiefer und Thonschiefer sind die wichtigsten krystallinischen Schiefergesteine, welche der Reisende | kennen muss. Zwischengelagert sind körniger Kalkstein oder Mar- N mor, Quarzit, und in den oberen Theilen eine Reihe von Schiefern, welche sich durch grüne Farben auszeichnen und für praktische Zwecke als Grüne Schiefer bezeichnet werden können. 2. Die Seeundären Sedimentgesteine, oder das Flözgebirge. Alle Formationen von der Cambrischen an sind im wesentlichen aus —— Schiehten aufgebaut, welche durch die Ablagerung mechanisch in Wasser _ suspendirter Theile oder chemisch gelöster Stoffe gebildet wurden, und N. von einem ursprünglich weichen oder losen Zustand meist zu festem Gestein erhärteten. Alle Schieferthone, Sandsteine und Conglomerate, gR und d wahrscheinlich die meisten Kalksteine, haben diese Entstehung. x FE r der durch Korallen aufgebaute Riffkalk und ‚einige chemische Se- EN 248 der lich v. Richthofen. dimente waren schon ursprünglich grösstentheils fest. Hierher gehören auch alle jetzt noch weichen oder losen Ablagerungen aus Meerwasser und Süsswasser. So wenig zahlreich die Namen sind, unter denen sich die in den secundären Sedimenten vertretenen Gesteinsarten zusammen- fassen lassen, bilden sie doch den allermannichfaltigsten Aufbau, theils wegen der endlosen Nüancirung im äusseren Charakter, welche ihnen eigenthümlich ist, und theils wegen der nicht minder vielgestaltigen Art in welcher sie miteinander wechseln. Den einzigen Anhalt zu einer wissenschaftlichen und durchgreifenden Gliederung liefert das historische Moment, welches die eingeschlossenen organischen Reste abgeben. Darauf stützt sich die Eintheilung in Formationen, mit deren Aufeinanderfolge von der Cambrischen und Silurischen bis zur Tertiär- Formation und den Gebilden des Diluviums und Alluviums jeder Rei- sende vertraut sein sollte. Es ist nicht schwer sich ihre Grundzüge anzueignen und mit den vorwaltenden paläontologischen Merkmalen be- kannt zu werden, auf welche sich die Eintheilung stützt. . Die Eruptivgesteine. Das wesentliche äussere Merkmal an diesen Ge- steinen ist ihr Mangel an Schichtung, verbunden mit einem krystallinischen Gefüge und einer Zusammensetzung aus mehreren Mineralspecies. Ihre Entstehungsweise, welche derjenigen der heutigen Lavaströme analog war, und die Gesetzmässigkeit in ihrer chemischen Zusammensetzung wurden schon erwähnt. Um einzelne Gesteine mit Namen benennen zu können, sollte der Reisende sich zunächst mit den Begriffen der grani- tischen, porphyrischen und trachytischen Textur durch Studium in Sammlungen bekannt machen. Bei granitischer Textur sind alle zu- sammensetzenden Mineralien zu einem gleichmässig körnigen Gemenge auskrystallisirt; bei porphyrischer umschliesst eine feinkrystallinische dichte Grundmasse grössere Krystalle eines Minerals oder mehrerer; bei trachytischer waltet ebenfalls eine feinkrystallinische Grundmasse, aber sie ist stark porös und meistens rauh; einzelne Mineralien sind meist in grösseren Krystallen eingeschlossen, fehlen aber auch häufige. Aus der ersten Gruppe sollte man Granit, Syenit und die deutlicheren Varietäten von Diorit kennen lernen; aus der zweiten den Quarz- porphyr und Porphyrit. Dem Laien wird man gern gestatten, sich des obsoleten Namens „Grünstein“ für die schwer erkennbaren dunkel gefärbten und meist etwas grünlichen Gesteine aus den zwei Gruppen zu bedienen; nur wäre es gut, den porphyrischen Charakter zu erwähnen, wo er vorhanden ist. Die vulcanischen Gesteine, bei denen allein das trachytische Gefüge vorkommt, sollen später erwähnt werden. ‚ Als eine dritte Klasse kann man die subaerisch gebildeten Gesteine be- . trachten, welche auf dem trockenen Land unter der Atmosphäre entstan- den sind. Zu ihnen gehören im Wesentlichen der vulcanische Schutt, welcher die Kegel der Vulcane bildet, der Löss, und einzelne Zersetzungsproducte. Die sedimentären und die Eruptivgesteine setzen den sichtbaren Theil Erdrinde zusammen; die Gesteine der dritten Klasse spielen nur ört- eine Rolle, und sind auf die äusserste Oberfläche beschränkt. Ich gehe nun auf die Beobachtungen ein, welche bei den Gesteinen jeder ein- zelnen Classe von den Reisenden anzustellen sind, sei es dass sie Gebirge selbstständig zusammensetzen, oder nur Theile von combinirten Gebirgen bilden. Die vulcanischen Gesteine, welche sich an dem Grundbau derselben weniger betheiligen, aber duch in der Zusammensetzung der Oberfläche eo n 249 un eine! Rolle spielen, sollen besonders Bolrachte werden. Von subaöris hen Gebilden finden einige ihre Besprechung in demselben Capitel über vulcanische Gegenden, der Löss in dem über Steppen und Wüsten, die Zersetzungsproducte in dem Abschnitt über die geologischen Vorgänge. Bane<. Secundäre Sedimentgesteine (Flözgebirge). \ Den nur verhärteten aber nicht metamorphorisirten Sedimentgesteinen hat der Reisende am häufigsten zu begegnen Gelegenheit, da sie an dem Aufbau fast aller Gebirge den hervorragendsten Antheil nen und manches allein zusammensetzen. Es ist, wie erwähnt, die Hauptaufgabe geologischer Forschung in einer neuen Gegend, die Grundlagen zur Feststellung des Alters- _ verhältnisses derselben zu suchen: die Sedimentgesteine zu gliedern. Dem Anfänger erscheint sie sehr schwierig, aber gerade hier macht Uebung den Meister. Die einfache Angabe, dass in einer Gegend Kalkstein, oder Sand- stein, oder Schiefer vorkommt, ist, wenn auch nicht werthlos, doch durchaus ungenügend. Man hat stets nach dreierlei Gesichtspunkten genau vorzugehen. Sie sind: 1. Angabe des Gesteinscharakters. Bei Sandsteinen: Farbe, Grad der Festickeit, Grösse des Korns; ist es ein reiner Quarzsandstein, oder ist er thonig oder kalkig? wie dick sind die einzelnen Schichten? sind die einzelnen Sehiehtungsflächen eben, oder wellig, oder zeigen sie Spuren des Wellenschlages? sind sie glimmerig? sa kohlige Pflanzenspuren oder schilfartige Reste vor? Hinsichtlich der Festigkeit kann jeder nach eigenen Bezeichnungen eine Scala von losem Sand is Quarzit einführen. — Bei Conglomeraten: Grösse der Rollstücke; sind sie scheibenförmig oder eiförmig, in die Länge gezogen oder in allen Dimensionen gleich? Woraus bestehen die Rollstücke, aus einer Gesteinsart oder aus mehreren, und welches sind diese? Lassen sie sich in der Nachbarschaft anstehend finden? dies ist ein wichtiger Punkt, da das Conglomerat jünger ist als die einge- schlossenen Gesteine, und aus dem Fehlen gewisser Gesteine unter den Ein- schlüssen es sich oft schliessen lässt, dass es älterer Entstehung ist als 4 diese. Wie ist das bindende Cement? sandig, kieselig, thonig, kalkig, oder aus dem zerkleinerten Material benachbarter Eruptivgesteine bestehend (tuf- | artig)? welches ist seine Farbe? Auch die Festigkeit des Conglomerats, und die Mächtigkeit seiner Schichten sind anzugeben. — Bei Schieferthonen sind ebenfalls Farbe, Korn, sandige oder Be Beschaffenheit, Vertheilung von Glimmerblättchen auf den Seren Hann zu beobachten; ferner a mehr oder weniger vollkommene und ebenflächliche Schieferung. Die Thon- schiefer unterscheiden sich durch dichteres Korn, festere Beschaffenheit, vollkommenere Schieferung (Dachschiefer, Tafelschiefer), seidenglänzendes An- sehen, Vorkommen von Einschlüssen, häufigere Durchsetzung durch Quarz- schnüre, und zerfallen oft in Griffel dr Stengel in Folge einer durch‘ Fi Druck entstandenen zweiten (transversalen) Schieferung: — Bei Kalk- steinen: Farbe, Bruch, Härte, krystallinische oder dichte Textur. Bei den B ne _ dichten Kalksteinen, “elche für die Formationsbestimmung wichtiger sind, Fe _ kommt dann weiter in Betracht: Ist das Gestein geschichtet? in dünne ae #3 der dieke Bänke? sind die Sehichtflächen ‚eben, En wellig, oder ineinander- honig, kieselig, dolomitisch oder hittlindn? hat er homogene Textur ist er oolitisch; oder erdig (Kreide)? enthält er Einschlüsse von Feuer- , in’ oder Hornstein, und wie sind diese vertheilt? Ist der Kalkstein von 950 v. Biehthofen. weissen Kalkspathadern durchsetzt? führt er Erze? ist er zellig? neigt er zur Höhlenbildung? — Aehnlich sind die Fragen, die man bei anderen, nicht so häufig vorkommenden Schichtgesteinen zu stellen hat, und von denen einige, wie die vulcanischen Tuffe, noch behandelt werden sollen. — Wenn man ein in grosser Mächtigkeit auftretendes Gestein in dieser Weise beobachtet und sich seine Eigenthümlichkeiten eingeprägt hat, ist es gut, die Aufmerksamkeit auf die Oberflächenformen zu richten, welche dem- selben eigenthümlich sind. Gewisse Kalksteine und Sandsteine zeichnen sich in dieser Beziehung so aus, dass man ihre Verbreitung häufig von weitem erkennen kann. Doch gehört grosse Uebung dazu um mit Vertrauen zu Werke gehen zu können. Der Reisende, welcher im Landschaftszeiehnen Fertigkeit besitzt, sollte sich die getreue Wiedergabe des den einzelnen Ge- steinen eigenthümlichen landschaftlichen Elementes angelegen sein lassen. 2. Schichtenverband. Die Angabe der äusseren Eigenschaften ist zur Charakterisirung nicht hinreichend. Denn ganz gleichartige oder ähnliche Schichtgesteine treten in verschiedenen Formationen auf, und man kommt auf Fehlschlüsse, wenn man aus der Aehnlichkeit auf. Idendität schliesst. So bezeichnet die Zeit, als man alle iu den Alpen auftretenden Kalksteine mit dem Namen „Alpenkalk“ belegte und sie nicht weiter zu gliedern ver- stand, einen ganz unreifen Standpunkt, bei welchem die Alpengeologie ein dunkles Feld blieb. Klarheit kam erst hinein, als man anfıng, einzelne Kalk- _ steine von einander zu unterscheiden. Dies aber kann der Beobachter in einem neuen Land von vorn herein thun. Das Mittel dazu ist, nicht bloss einzelne Schichtgesteine zu unterscheiden, sondern bestrebt zu sein, gleich Schichtensysteme aufzufinden, und diese als Elemente zur Vergleichung zu verwenden. Ein Schichtensystem ist ein Verband gleichmässig gelagerter Schichtgesteine verschiedener Art. Wenn zum Beispiel ein durch Hornstein- führung ausgezeichneter Kalkstein, dessen Hangendes und Liegendes (d.ı. das darunter und das darüber lagernde) nicht bekannt sind, eine Schieferein- lagerung von 100 Fuss Mächtigkeit und bestimmtem Charakter enthält, so bildet die Reihenfolge von unten nach oben: Kalkstein, Schiefer, Kalkstein, ein einfaches Schichtensystem. An diesem Verband wird man den Kalkstein wie den Schiefer mit Sicherheit wiedererkennen, wenn man ihnen in nicht. zu grosser Entfernung von dem ersten Ort begegnet, und sie von anderen Kalksteinen und anderen Schiefern zu unterscheiden vermögen. Je complicirter ein Schichtensystem. desto schwieriger wird die Auf- gabe es zu entwirren, aber auch desto wichtiger. Es sind dabei stets die folgenden einfachen Regeln im Auge zu behalten: 1. Wo Schicht auf Schicht in längerer Reihenfolge übereinanderlagern, seien sie horizontal oder geneigt, da ist die tiefere (mit seltenen Ausnahmen) älter als die darüber- liegende; 2. alle Schichten sind ursprünglich in Ebenen abgelagert, welche von der Horizontale gar nicht oder wenig abweichen, und konnten in eine stärker geneigte Lage erst durch spätere Störung gebracht werden; 3. wenn horizontale oder schwach einfallende Schichten stark geneigten angelagert sind, so ist die Aufrichtung der letzteren zwischen den Ablagerungsperioden beider geschehen. An der Hand dieser Grundsätze sollte der Reisende (und dies kann auch dem geübteren nicht genug anempfohlen werden) bei dem Betreten einer neuen Gegend den ersten sich darbietenden oder absichtlich aufgesuchten deutlichen und reichhaltigen Schichtenaufschluss auf das sorg- fältigste, mit dem Notizbuch in der Hand, studiren. Ausser an Flüssen, welche Schichtgebirge quer durchsetzen, und in tief eingerissenen Quer- schluchten, bieten sich Gelegenheiten, wo immer man einen Theil eines welehe durch. das ‚leisten- oder ER schon von weitem erkennen lassen. Die unterste Reihe gleich- artiger Schichten, z. B. die eines braunen thonigen Sandsteins, bezeichne man mit einem beliebigen Buchstaben des Alphabets (z. B. @), notire ihre Mächtigkeit (z. B. 60 Meter) und Gesteinsbeschaffenheit, und bestimme ihr: Streichen und Fallen. Nun geht man aufwärts in das Hangende und fährt in der Bezeichnung der nächsten Schichten nach der Reihe des Alphabets fort. Ob ein Complex gleichartiger Schichten aus einer 200 Meter mäch- tigen Folge von Kalkstein oder einer nur 6 Zoll dicken Schiefereinlagerung bestehe, Alles wird aufgezeichnet, und mit kurzen aber prägnanten Gesteins- beschreibungen begleitet. Mit einer in dieser Weise schriftlich nieder- ) gelegten Schichtenfolge hat man schon gleich im Anfang einen Schlüssel gewonnen, den man so oft anwendet, als man einer einzelnen, oder einer: ‚kleinen Reihenfolge der am ersten Platz gesehenen Schichtengruppen begegnet. = Je nachdem sich am nächsten Ort andere Glieder nach oben oder unten h anreihen, fährt man mit dem Alphabet nach vorwärts oder nach rückwärts fort; und nach kurzer Zeit wird man jedes bereits gesehene Gestein nicht IR nur sofort wiedererkennen, sondern auch gleich wissen, welches Glied in der Reihe es bildet, und welche andern man zunächst darüber oder darunter zu erwarten hat. Zugleich werden sich in der Reihenfolge allmälig Aende- rungen einstellen, die gleich beschrieben werden müssen. Kommt man aber, vielleicht nachdem man ein Thal überschritten hat, zu einer Schichtfolge, Ay die mit der früheren keine Aehnlichkeit hat, und also einer jüngeren oder älteren Formation angehört, so suche man so bald als möglich sich auch für diese in der schon beschriebenen Weise einen Schlüssel zu verschaffen. So _ wird man auch die zweite Reihe zu verfolgen und an ihren untergeordnetsten Gliedern wieder zu erkennen vermögen, und an einem dritten Ort entdecken, Be, ob sie über oder unter der ersten lagert, das heisst, ob sie jünger oder _ älter als diese ist. In ähnlicher Weise fahre man weiter fort. Dabei ist es gut, von vornherein Benennungen für sehr ausgezeichnete Schichten- $ gruppen (z. B. eine solche, in welcher gewisse rothe Schieferthone oder Es grünliche Sandsteine bei allem sonstigen Wechsel stets wiederkehren), oder ” besonders mächtige und charakteristische Formationsglieder (z. B. einen Kalk- stein von einer gewissen Mächtigkeit, der sich vor andern Kalksteinen durch — bituminöse Beschaffenheit auszeichnet),. nur für den Gebrauch im eigenen Tagebuch, einzuführen, und zwar am besten nach Localitäten; also z. B. der ' schwarze Kalk (m) vom Ort A, der rothe Schiefer (k) vom Berg L u. =. f. | So wird nach und nach eine kleine Geologie. der Gegend erwachsen, mit einer ausschliesslich für sie geltenden Mermmolagik. Nicht immer bieten ee so günstige Verhältnisse, dass man vollständige Schichtenreihen gleich auffinden und verzeichnen kann. Dann muss man fragmentarische Beobachtungen sammeln, aus denen sich nach und nach das 3 „ Vollendetete entwickelt. Diess lässt sich am besten an einem Beispiel zeigen. Aus einem Thalboden kommt man häufig zu einem einzeln auf- _ _ ragenden Hügel oder einem kleinen Hügelzug, der aus einer einzigen Ge- steinsart besteht. Es sind besonders die härteren, welche bei der allgemeinen 2” Erosion in dieser Weise zurückgelassen werden, zum Beispiel die ver- ärteten reinen Quarzsandsteine oder Quarzite. Man bestimmt das Streichen und Fallen der Schichten dieses Gesteins. Daraus zeigt sich, wo die m tiefsten derselben zu "suchen - sind; und an der betreffenden Stelle wird es END. 0 | TR 952 v. Richthofen. schiefer, zu finden. Der Quarzit habe eine Mächtiekeit von 2000 Fuss. Es kommt nun darauf an, sein Hangendes, das heisst, die ihn überlagernden Schichten, zu kennen. Das gelingt vielleicht nicht gleich; aber indem man das Problem im Auge behält, kommt man doch schliesslich wohl an eine Stelle, wo man es lösen kann. Vielleicht zeigt es sich, dass dem Quarzit nichts regelmässig aufgelagert, sondern ein anderes Schichtensystem in solcher Weise angelagert ist, dass es sich deutlich als jünger erweist, so dass man schliessen muss, es habe sich in einer Periode, als der Quarzit bereits ein Riff bildete, abgelagert. Nun wird man beim Weiterreisen die erste Schich- tenfolge vom Quarzit und Schiefer abwärts zu verfolgen, und die jüngere nach allen Dimensionen zu erforschen haben. Der Laie sollte, wie es der Fachmann thut, alle Beobachtungen über Schichtung sogleich graphisch darstellen. Wenige Linien drücken das Ver- hältniss besser aus als eine lange Beschreibung. Die gebräuchliche Art der Darstellung besteht in der genauen Einzeichnung der Einfallslinien auf einer " senkrechten Ebene, die man sich rechtwinklig zur Streichrichtung der Schichten gelegt denkt. Durch ihre vollständige Zusammenstellung entlang eines Ab- hanges, oder über einen Gebirgszug hinweg, erhält man das „geologische Profil“, das, wenn mit Sorgfalt gezeichnet, den Bau eines Gebirges am klarsten zum Ausdruck bringt. . Nichts hütet mehr vor falschen Schlüssen über den Gebirgsbau und fördert mehr die richtige Vorstellung von demselben, als die sorgfältige und unablässige Aufzeichnung solcher Schichtenprofile mit genauer Angabe von Streichen und Fallen. Wo die Erinnerung selbst nur weniger Stunden un- ‘ vollkommene und lückenhafte Ergänzungen macht, da ergiebt die graphische Darstellung von selbst das Richtige, und bei der Rückkehr von einer Reise ist nichts geeignet, das Gedächtniss in wirksamerer Weise zu unterstützen. Darum aber sind auch Schichtenprofile, die nicht mit vollkommener Exact- heit gezeichnet sind, ganz besonders im Stande, irre zu führen. — Wer Beobachtung, Sammlung von Handstücken und Einzeichnung fortdauernd verbindet, der wird bald von selbst alle jene Verhältnisse entdecken, welche er in Büchern als Lagerungsformen und Schichtenstörungen beschrieben findet. Wo Schichten wellige aufgebogen sind, da ist die Streichrichtung der Falten, und die beiderseitige Neigung zu notiren. Dieser Gegenstand soll in dem Abschnitt über Gebirgsbau noch ausführlicher behandelt werden. 3. Geologisches Alter. Die .stratigraphischen Beobachtungen geben über das relative Altersverhältniss der in einer abgegrenzten Gegend vor- kommenden Schichtgesteine Aufschluss. Aber die Resultate erhalten ihren wahren Werth erst dann, wenn es auf Grundlage von Versteinerungen ge- lingt, einerseits die Stellung der einzelnen aufgefundenen Schichtensysteme in der Geschichte der Erde festzustellen, andererseits an ihrer Hand die Richtigkeit der aus den stratigraphischen Untersuchungen gezogenen Schlüsse zu prüfen und zu controlliren. Mit niemals nachlassender Sorgfalt sollte man nach ihnen suchen und jeden Anhalt, der sich in den Pflastersteinen einer Stadt, an den Pfeilern einer Brücke, in dem Baumaterial von Häusern, Mauern und Tempeln, oder in Kunstproducten bietet, benutzen, um nach dem Herstammungsort darin gesehener Versteinerungen zu fragen und dann den Fundort aufzusuchen. Bei der Begehung von Gebirgen sind die $. 242 angegebenen Regeln zu befolgen. Wer Uebung hat und mit Eifer sucht, der wird gewiss in irgend einer Schicht Versteinerungen finden. Der Platz derselben in der ganzen Reihe der in der.Gegend auftretenden Schicht- gebilde sollte nach den vorhergehenden Beobachtungen bekannt sein. Auf Iche den Fundort der Versteinerungen aneen a die Schicht genau, mit Verweisung auf das Tagebuch, zu bezeichnen. Findet man dann noch Versteinerungen in andern Schichten höher hinauf oder tiefer hinab n der Reihe, so wird sich dadurch auch das Alter aller dazwischenliegenden Schichten mit einiger Sicherheit interpoliren, oder der Betrag der in den Ablagerungen vorhandenen Lücken festsetzen lassen. In Anbetracht der Wichtigkeit der Altersbestimmung muss man aus einer Schicht, von welcher man noch keine Fossilien besitzt, auch das Unbedeutendste ei Unvollkom- f Be na, Schiefer (Grundgebirge und metamorphische Gesteine, I Diese Gesteine treten so selbstständig auf, setzen so ausgedehnte Län- derstrecken für sich allein zusammen, und tragen so viel zur Veranlassung eines besonderen landschaftlichen Charakters bei, dass sie besonders behandelt werden müssen. Sie bilden häufig die Unterlage der so eben behandelten Ri Flözgebirge und können daher diesen gegenüber a Grundgebirge bezeichnet werden. Die Beobachtung in solchen Gebieten ist schwierig und setzt Uebung voraus. Schon die ae der Anwesenheit und Techno: von kry- | stallinischen Schiefern entlang dem Reiseweg ist ein beachtenswerthes Re- sultat. Der Reisende sollte auch angeben, welche besonderen Gesteine allein herrschen oder vorwalten, dieselben durch gut gewählte Belegstücke zur Dar- stellung bringen, und möglichst oft die Richtungen des Streichens und Fal- lens festsetzen. Insbesondere ist auf die Züge von krystallinischem Kalk oder Quarzit zu achten, welche zwischen Gneiss oder Glimmerschiefer liegen, N _ ferner auf das Vorwalten von Glimmer oder Hornblende neben den anderen Bestandtheilen, auf die Beimengung von Granaten und das Auftreten von _ Gängen, seien dieselben Granit, Pegmatit (oder Schriftgranit, mit oder ohne | ro), oder Quarz. N Der geübte Geolog findet weit mehr Fragen zu lösen. Zunächst wird er sich bemühen zu entscheiden (und dies ist meist sehr schwer), ob de krystallinischen Schiefer jener grossen Abtheilung derselben angehören, welche als die primitiven bezeichnet werden, oder ob sie von jüngerem Alter und durch Umwandlung aus Schichtgesteinen von silurischem, devonischem, car- bonischem, triassischem oder noch jüngerem Alter entstanden sind. Den f primitiven Gesteinen gehören sie unzweifelhaft an, wenn auf den Köpfen der steil gestellten Schichten die cambrischen oder untersten silurischen Gesteine h horizontal oder in geringer Neigung auflagern. Es ist dann die Hauptauf- _ gabe, in ähnlicher Weise wie bei den secundären Schichtgesteinen das rela- _ tive Altersverhältniss festzustellen. Daraus wird sich ergeben, ob, wie man - Grund hat anzunehmen, eine in ihren allgemeinen Zügen analoge Reihen- folge sich in verschiedenen Gegenden der Erde wiederholt, ob die ältesten sichtbaren Gebilde überall Gneisse von ausserordentlich grosser Mächtigkeit sind, darauf eine Reihe von Gesteinen folgt, unter Ma Glimmerschiefer or wältet, und als drittes Glied See mit Hornblendeschiefer, Ser- yentin und Talkschiefer auftreten, welche mit einer Reihe undefinirnaler Y iner Schiefer verbunden sind; ob a. nach oben hin Thonglimmer- N) > wi rische Formation und das bilden was man in aronz die Cambrische mati on en und in Amerika wahrscheinlich den obersten Theil ‚der l- 254 v. Richthofen. primitiv, sondern durch Metamorphismus entstanden, so kommt es vor Allem auf die Altersbestimmung an, die sich nur in seltenen Fällen ausführen lässt, ferner auf die Art des Verbandes mit Eruptivgesteinen, und die Ausdehnung der metamorphischen Einwirkung. Man kann auch versuchen, den Charakter der besonderen Schichten, welche verändert worden sind, festzustellen, doch setzt dies die geübteste und genaueste Beobachtung voraus. Die krystallinischen Schiefer, die primitiven wie die metamorphischen, bilden oft die Mittelzone in zusammengesetzten Kettengebirgen, z. B. die Central-Alpen, die höchsten Kämme des Himalaya, des Kwen-lun, der Anden und vieler andrer Gebirge, sowie den grössten Theil der skandinavischen Halbinsel. Auch bilden sie ausgebreitetes Hügelland, wie in Canada. In letzterem Fall ist die Oberfläche gewöhnlich sanft wellig und von schroff eingeschnittenen Thälern unterbrochen, im ersteren walten zackige Gräte und schroffe Kämme vor. Die Schichten sind meist steil geneigt, und be- wahren häufig über weite Strecken ein gleiches Streichen und Fallen. In diesem Fall ragen Theile von ihnen als kurz abgesetzte wilde Höhenzüge auf, wäh- rend im Fortstreichen oft dieselben Schichten tief hinab zersetzt und weich geworden sind und culturfähiges Land bilden. i Granit. Der Granit ist ein Gestein, dem der Reisende stets mit besonderem Vergnügen begegnet. Denn er ist leicht erkennbar, gewährt dadurch einen vollkommen sicheren Boden, schmückt die Landschaften mit einigen ihrer schönsten Formen und ist immer eins der wichtigsten Elemente im Gebirgs- bau. Daher auch sollte man der Art seines Vorkommens in verschiedenen Ländern grosse Aufmerksamkeit zuwenden. Für den Anfänger genügt es auch hier, die Anwesenheit und Verbreitung des Gesteins festzustellen und auf der Karte niederzulegen; er sollte ferner angeben, ob der Granit die höchsten Kämme zusammensetzt oder sie, in geringerer Höhe an den Gebirgs- abhängen, in Zonen oder einzelnen Stöcken begleitet, ob er von Klüften durchsetzt ist, wie diese gerichtet sind und sich gegenseitig durchschneiden, ob die Segmente durch Verwitterung in grosse runde Blöcke aufgelöst wer- den, welche in phantastischen Haufwerken übereinander liegen, oder die Abhänge hinunterrollen, um unten ein wildes Felsgewürfel zu bilden; ob er flachrunde Kuppen bildet, die schalig abgesondert sind; ob Steilwände in ihm niedersetzen; ob seine Oberfläche von kesselförmigen Vertiefungen mit senkrechten Wänden unterbrochen ist; oder ob er sich ohne irgend eine dieser Eigenthümlichkeiten über breite niedere Landschaften ausdehnt. Man kann drei verschiedene Weisen unterscheiden, in denen der Granit auftritt: 1) in Verbindung mit Gneiss, so dass beide Gesteine unmerklich in einander übergehen. Die Glimmerblättchen, welche im Granit regellos zerstreut sind, nehmen eine parallele Lagerung an, und durch zunehmende Vollkommenheit der Parallelstructur entsteht wirklicher Gneiss. Die Ueber- gänge wechseln häufig mehrere Male an demselben Berg. Man kann diesen Granit als den primitiven bezeichnen, da sich niemals ältere Gesteine finden, und er ist vielleicht als Erstarrungsrinde anzusehen. — 2) Als Unterlage der Sedimentformationen jeglicher Art, die in einer Gegend auftreten; aber ohne mit Gneiss verbunden zu sein. Dann muss er einfach als von hohem Alter angesehen werden; genauer lässt sich dieses nicht feststellen. — 5) In die Lagerung der Sedimentformationen in abnormer Weise eingreifend. Er bildet dann zuweilen mächtige und nach allen Richtungen gleich ausge- breitete Massen (Stöcke) zwischen ihnen, oder setzt ganze Zonen zusammen, esonders genau zu beobachten), oder bildet breite Ausfüllungen zwischen getrennten Schollen des zerborstenen Sedimentgebirges. In allen diesen Fällen dringt er in Gängen in das letztere ein, manchmal nur auf einzelnen grossen Spalten, dann häufiger, und zuweilen das ganze Gestein in einem Netzwerk von Schnüren und Adern durchziehend. Wo sich die dritte Art des Auf- tretens findet, ist der Granit stets jünger als die von ihm durchsetzten Ge- steine, und wenn man sorgfältig beobachtet welches Alter die höchsten noch von ihm affıcirten Schichtgesteine haben, kann man das Alter des Granits mit mehr oder weniger Genauigkeit feststellen. Wer mit dem Charakter des Granits wohl vertraut ist, wird in den meisten Fällen festsetzen können, welche Art des Auftretens er vor sich hat. Häufig finden sich in einer Gegend verschiedene Granite von verschie- denem Auftreten und verschiedenem Alter. Sie sind dann gewöhnlich auch im Aeussern von einander verschieden. Man sollte sie getrennt beobachten und Proben von allen sammeln. Auch durchsetzt eine Granitvarietät eine andere in Gängen, und dann müssen beide Gesteine untersucht werden. Bei dem häufigen Zusammenvorkommen von Granit und Gneiss ist wohl zu unterscheiden, ob sie (wie oben unter 1) in einander übergehen, oder ob der Granit den Gneiss in Gängen durchsetzt. Während man im ersten Fall die ältesten Gebilde vor sich hat, tritt der zweite bei primitivem wie bei metamor- phischem Gneiss ein, der ein verhältnissmässig jugendliches Alter haben kann. Ist der Granit jüngerer Entstehung, so sollte man nie unterlassen, die Veränderungen zu beobachten, welche er im Contact mit den durchsetzten Sedimentgesteinen hervorgebracht hat, und wie sie sich in der Verwandlung des diehten in körnigen Kalkstein mit gleichzeitiger Ausscheidung schön krystallisirter Mineralien, der Umänderung thoniger in glimmerige Schichten, erdiger in krystallinische Textur u. s. w. äussert. Es ist dabei auf den ver- schiedenen Grad der Metamorphose, je nachdem nur einzelne grössere Gänge # oder zahlreiches kleines Geäder von Granit auftreten, zu achten. Auch sollte man die Quarzgänge beachten, welche die durch Granit verursachten meta- morphischen Processe in grosser Anzahl zu begleiten pflegen und oft erz- haltig sind. In Californien sind sie die Hauptquelle des Goldes. Sie helfen N ‘oft wesentlich, das Alter des Granits zu bestimmen. Bi! Aeltere Eruptivgesteine, Nach Abzug der jugendlichen vulcanischen Gesteine, welche ihre eignen Verbreitungsgebiete haben und selbst dort, wo sie in älteren Gebirgen auf- ‚treten, individualisirte, schmarotzerhafte Massen bilden, die man leicht von dem Gesammtbau getrennt überblicken kann, und des Granits, bleiben noch eine grosse Anzahl wichtiger und häufig vorkommender Gesteine übrig, welche ‚eine lange Kette zwischen den Endgliedern Granit und Lava bilden und durch analoges geologisches Auftreten wie durch analoge Entstehungsweise in der 8.248 angedeuteten Art untereinander verbunden sind. Diese Eruptivgesteine haben eine sehr allgemeine Verbreitung, und fehlen nur selten in Gebirgen E Eeiche aus gestörten Schichtmassen von Sedimentgesteinen bestehen. 2 Für ihre Beobachtung gelten im mals meinen die Regeln, welche für den Granit aufgestellt sind, Ed bei den Fragen 1, 2, 4 betreffs der vulcanischen Ge- kino betrachtet werden sollen, aber Belt, für alle gleichartig. Man theilt die Eruptivgesteine in kieselsäurereiche oder saure, und in kieselsäurearme ' oder basische. Zu den ersten gehören Granit, Syenit, Quarzporphyr und Por- i phyrit, zu den letzteren der Diorit, die dunklen Porphyre (Melaphyr und ae & ? 7 a \ . NR Be 3 ER a RN ie Ge A A FR - N ? j a £ BERN . 256 v. Richthofen. Aueitporphyr) und die verschiedenen Grünsteine. Die sauren Gesteine nähern sich in ihren grossen Ausbruchsmassen, wie sie besonders dem Quarzporphyr und Porphyrit eigenthümlich sind, dem Granit; die basischen trifft man vor- waltend in Gängen, welche die Sedimentgesteine durchsetzen, sich oft viel- fach verzweigen, und entweder blird endigen, oder auf der Oberfläche in Kuppen, Decken und Lagern endigen, die zuweilen wieder von andern Sedi- mentgesteinen bedeckt sind. Diese Formen trifft man auch bei sauren Ge- steinen, aber seltener ahmen die basischen die grossen Ausbruchsmassen der letzteren nach. ; Die Anwesenheit, Lagerungsform und Verbreitung ‘gewisser Eruptiv- gesteine nachgewiesen zu haben, ist an sich von Interesse. Doch wird das- selbe erhöht, wenn man in jeder einzelnen Gegend das Alter und die Auf- einanderfolge der einzelnen Gesteinsarten festsetzen kann. Ersteres bestimmt man aus dem Alter der durchsetzten Schichten, welche älter sind, und der überlagernden Gesteine, welche jünger sind als das Eruptivgestein. Die Auf- einanderfolge ergiebt sich aus den gegenseitigen gangartigen Durchsetzungen ver- schiedener Eruptivgesteine, sowie aus den Fragmenten welche einzelne derselben umschliessen, indem im ersteren Fall das durchsetzte Gestein, im zweiten dasjenige von dem die Einschlüsse stammen, das ältere sein muss. Bei den Conglomeraten ist zu beachten, ob die Einschlüsse eckig oder gerundet sind, ob die ganze Gesteinsmasse sich structurlos hoch aufthürmt, oder in dicken Bänken, oder in dünneren Schichten abgelagert ist. Im letzteren Fall sind sie unter Wasser abgesetzt, und meist wird es sich dann ergeben, dass auch die Gesteinsausbrüche unter Wasser stattfanden. Mit den Conglo- meraten wechseln alsdann Sedimente, in denen die Bruchstücke des Eruptiv- gesteins sandartig klein sind, und andere in denen sie erdig werden und nicht mehr erkennbar sind. In Südtyrol sind z. B. die Ausbrüche des Au- gitporphyrs mit solchen Tuffablagerungen in grosser Mächtigkeit verbunden. Sie umschliessen Reste von Thieren und Pflanzen, welche sie hinsichtlich des Alters einem bestimmten Niveau der Triasformation zuweisen. So auch, wird man überall, wo derartige submarine Ablagerungen den Ausbrüchen verbunden gewesen sind, nach Versteinerungen zu suchen haben, aus denen sich unmittelbar das Alter des Eruptivgesteins ergiebt. Gebirgsban. Die meisten Gebirge sind nicht einfach zusammengesetzt, sondern be- stehen aus einem Wechsel von Gesteinen aus den verschiedenen im Vorher- gehenden näher betrachteten Classen. Es ist die Aufgabe des Beobachters, die Gesammtarchitektur kennen zu lernen. Dazu muss er die Art, in wel- cher die einzelnen Formationen und Gesteine nebeneinander und übereinander angeordnet sind, mit Klarheit erkennen, und die Grundzüge des Gebirgs- baues aus der Vielheit der Erscheinungen entwickeln. Tafelländer. Diese bieten in der Regel den einfachsten Fall. Sie entstehen besonders dort, wo ein mächtiges System horizontaler Schichten sich mit dem ganzen betreffenden Theil eines Continentes ohne örtlich ver- mehrte oder verminderte Störung aus dem Meer gehoben hat und von andern Schichten nachher nicht mehr bedeckt worden ist. Nach der Hebung haben sich die Gewässer durch Erosion tief in die Schichten eingegraben und das Tafelland in einzelne Theile zerschnitten. An den Seiten der Schluchten kann man den Aufbau studiren, und häufig wird man in dem untern Theil derselben die Beschaffenheit des Bodens kennen lernen, welcher die Unterlage für die Schichtenanhäufung bildete. Manche Tafelländer sind TH ERTRENETIE re ae KT Geologie. ch in ‚dan Stadium, wo ein System von Furchen ik tief eingeschnitten Ri (2 Bi dasjenige Her Colorado-Flusses). Fortschreitende Erosion bringt N zweierlei Wirkungen hervor. Sind die tieferen Schichten weich und leicht zerstörbar, die oberen hingegen hart, so werden die Furchen sehr breit und ' haben einen ebenen Boden, während die Abfälle ausserordentlich steil sind. Zuletzt bleiben nur noch einzelne, oft sehr grosse und weit von einander getrennte Tafeln oder Schollen als Fragmente übrig. Wenn aber umgekehrt die unteren Schichten härter eind, als die oberen, so ist die Else - der Erosion in den oberen Inhelan und von laiaen. aus fallen die Gehänge a a in Terrassen nach den in- der Tiefe engen Schluchten ab. Zuletzt bewahren ‘nur noch einzelne Rücken die ursprüngliche Höhe. Von ihnen aus erkennt man noch, wie einst eine ebene Fläche sie verband. Gewöhnlich sind \ solche aus Sedimenten aufgebaute Tafelländer die Ausfüllung ehemaliger weiter Meeresbuchten. Dann erheben sich an den Rändern die früheren Küstengebirge, welche älterer Entstehung sind. Reste von organischem Leben sind in den Schichten besonders diesen alten Gestaden entlang ein- ; geschlossen, ein Gesichtspunkt, der häufig betreffs des Vorkommens von {u Kohlenflözen nicht unwichtig ist. — Eine zweite Art von Tafelländern sind diejenigen, welche durch die deckenartige Ausbreitung eines Eruptivgesteins gebildet werden. Dieselben nehmen oft grosse Flächen ein. Auch sie füllen, wie die Schichten im vorigen Fall, .die Unebenheiten der Unterlage‘ aus, und man kann dieselben, wenn das Tafelland von Wasserläufen durch- schnitten ist, häufig blossgelegt sehen. Eine Decke folgt über der anderen; nur höhere Aber ragen noch darüber hervor. Basalt und Dolerit bilden die grössten. De ahder dieser Art; kleinere bestehen zuweilen aus Quarz- porphyr oder Diabas. Granit Ehren den Basalt noch an Ausdehnung, aber seine Oberfläche ist gewöhnlich durch grosse blasenartige Auftreibungen uneben. Häufig auch hat der Reisende Gelegenheit, von einem Höhenpunkt aus ein Meer von anderen Höhen zu überblicken, welche sämmtlich in ungefähr gleicher Höhe liegen, obgleich sie aus verschiedenen, oft stark geneigten PX Schiehten bestehen. Man trifft sie besonders im krystallinischen Schiefer- gebirge. Es drängt sich die Ueberzeugung auf, dass sie die Fragmente eines früher eben und zusammenhängend gewesenen Landes sind. Die Gründe solcher Erscheinungen sind noch wenig klar. Tafelländer haben oft nach einer Seite einen steilen Abbruch, mit dem sie gegen eine angrenzende Ebene oder das Meer endigen. Diese Stellen sollten besonders genau untersucht werden. Bei denen, welche von Eruptiv- gesteinen gebildet werden, kann die Auswaschung der Unterlage durch Mee- resbrandung oder einen Fluss die Erklärung geben. Bei solchen aber, welche aus horizontal gelagerten Schichtgesteinen bestehen, wird man häufig eine Blötzliche Urnbreeung oder eine A ammenfaltung der Schichten dann einer schmalen ren rone allenchmest von der aus sie unter die Ebene oder das _ Meer hinabfallen. Man hat es dann wahrscheinlich mit einem Bruchrande zu thun, an welchem ein Senkungsfeld und ein Hebungsfeld aneinander . I S FR \ ne F r \ Lange Abdachungen. Der Uebergang von der Ebene zum Gebirge wird häufig durch eine sehr allmälige Abdachung vermittelt, welche viele "Meilen X ‚ breit sein kann. Oft besteht sie aus dem losen Schwemmland der Flüsse oder Bo: ee ‚gehobenen a Berongen eines seichten Meeres. Dieser Fall " Y Anleitung zu wissensehanl, Beobachtungen auf Reisen, 17 258 Se Art, dadurch gebildet, dass Schichtgesteine, welche in ihrer Lagerung wenig oder keine Störung erfahren haben, allmälig über die Meeresfläche erhoben worden sind. In wenigen Fällen (wie im nördlichen Russland) ge- hören solche Sedimentgebilde den ältesten Formationen an; gewöhnlich aber sind sie jugendlicher Entstehung. Da die höheren, den Gebirgen zunächst liegenden Theile schon gehoben waren, als die tieferen sich noch unter Wasser befanden und von jugendlichen Schwemmbildungen bedeckt wurden, so findet man dort häufig ein fast ebenes oder sanftwelliges Land von tertiären Schichten, denen gegen die Küsten hin allmälig jüngere Ablagerungen fol- gen. Im Innern der Continente (wie in Ungarn) ist auch das Meer längst zurückgewichen, und die tieferen Theile werden dann von Süsswasserbil- dungen eingenommen. Ist der Neigungswinkel der Abdachungen sehr ge- ring, so haben sich die Gewässer nur flache Canäle ausgeschnitten und die Gestalt der Oberfläche wenig verändert. ‚Je grösser die Böschung, desto tiefer sind jene eingegraben, desto mehr das früher ebenflächige Land in sanfte Hügel aufgelöst, welche eine erste Vorstufe gegen das Ge- birge bilden. Im ersten Fall kann man den Schichtenbau nur durch Brunnengrabungen oder Bohrlöcher kennen lernen, im zweiten durch unmit- telbare Beobachtung. Die Aufschlüsse sind oft sparsam. Man sollte daher keinen ununtersucht lassen. Es bietet sich in ihnen besonders häufig Ge- legenheit, die versteinerungsreichen Schichten des Tertiärgebirges kennen zu lernen. Die Ränder der südlichen Hälfte des Afrikanischen Continentes en das grossartigste Feld für die Untersuchung der Art in welcher Tafelländer abfallen, sowie derjenigen, in welcher eine aus verhältnissmässig jüngeren Gebilden bestehende Vorlage den Abfall von der Küstenebene und dem Meere trennt. Vereinzelte Hügele — Aus Ebenen, langen Abdachungen und Tafel- ländern erheben sich ‘oft inselförmig vereinzelte Hügel. Entweder sind sie vulcanischen Ursprungs, und dann mit den Gebilden über die sie ansteicen gleichzeitiger Entstehung, oder ihnen im Alter nachstehend; oder sie sind auf- ragende Theile unterirdischer Gebirge. Dies ist der häufigere Fall. Sie erfor- dern dann dieselbe Aufmerksamkeit wie Inseln im Ocean, und sollten, als die isolirten Punkte, an denen man Aufschlüsse über oft wichtige Verhältnisse erlangen kann, stets sorgfältig untersucht werden. Die isolirte Gypsinsel von Sperenberg, welche zur Bohrung von 4000 Fuss in solidem Steinsalz Ver- anlassung gab, sollte geeignet sein, einen Wink über die praktische Bedeu- tung des Studiums solcher Inseln zu geben. Von ähnlicher Wichtigkeit würde das vereinzelte Auftauchen von Steinkohlenformation in einer Ebene, in welche vom Gebirgsrande aus die Schichten derselben hinabtauchen, sein. In anderen Fällen giebt sich ein grösseres Hauptgebirge durch Inseln un- zweideutig zu erkennen. Häufiger stellen sie die letzten Ausläufer von Ge- birgen oder Seitenrücken derselben dar. Auch kommt es vor, dass in ge- ringer Entfernung von einem Gebirgsrand, besonders wo man es mit einem Bruchrand zu thun hat, einzelne hochgewölbte Kuppen von Eruptivgesteinen aufsteigen, vorzüglich von solchen welche unter den weiten Begriff der „Grünsteine“ fallen. Einfache Gebirge. Es giebt Gebirgszüge, welche aus den Gesteinen einer einzigen der bisher behandelten Olassen zusammengesetzt sind, indem sie entweder aus krystallinischen Schiefern, oder aus Schichtgesteinen, oder aus Eruptivgesteinen bestehen. Sie sind selten und im Allgemeinen von geringer Bedeutung. Für sie gelten die in Beziehung auf jede einzelne + nitt. Re chtet werden söllen: ombinirte Gebirge. — Bei Weitem die Mehrzahl der Gebirge sid aus inen nn Ve Art m Die sind als durch unendlich ıgen Behr Reihen über einander AN een anzu- ‚ehen, elche an solchen Stellen Siattfarden‘ wo zugleich günstige Bedin- gungen für das Hervorbrechen von Eruptivgesteinen gegeben waren. Je lter die Formationen, desto länger hatten sie an dem nalen theil- ‚zunehmen, und desto erösser ist daher in der Regel die Störung, die sie ‚erlitten haben. Den Ben Bau haben die grösseren Kettengebirge. ‘Meist herrschen bei ihnen in einer Axenzone ‚ welche zueleich die Zone höchster Erhebung zu sein pfleet, krystallinische Schiefer und Granit, und es schliessen sich daran beiderseits die Schichten einzelner Formationen aus der Reihe von der Cambrisehen und Silurischen aufwärts bis zur Tertiären, Sie bilden Nebenketten, welche oft dem Centralzug parallel gerichtet sind. Zu solchen normal gebauten Gebirgen, deren Emporhebung bis in die jüngste Zeit gedauert hat, gehören die Alpen und der Himalaya. Nicht alle com- binirten Gebirge sind so regelmässig construirt. Es giebt solche, wo die krystallinische Zone nur Su einer Sr von parallelen Na von’ - Sehichtgebirgen begleitet wird, während auf der andern Seite eine Ebene . angrenzt, oder wo ds Sehschlgekirge in elliptischen Kreisen einen krystalli- ‚ nischen Kern umgeben, und noch andere, wo die Schichtgebilde einer kry- ! er DO ehirge seine eigene Art der Anordnung und seinen eigenen Bau hat, Der _ Ray - Reisende wird sich schnell überzeugen, ob er es mit einem combinirten Ge- Y ' birge zu thun hat. Je nach der Gesteinsclasse, welche er bei der Bereisung desselben in einzelnen Theilen antrifft, kann er die früher gegebenen Regeln 3 anwenden, um dann noch die Art Ban Weise zu untersuchen, wie diese - Theile zum Gebirgsganzen zusammengefügt sind. Es sind dabei im Wesent- lichen die folgenden Fragen zu beantworten: Ist das Gebirge langgestreckt (wie die Alpen), oder kurz abgesetzt (wie der Harz)? Besteht es aus einer oder aus mehreren Ketten? Sind diese einander vollkommen parallel? Stimmt - die Abtheilung der geologisch verschiedenen Zonen mit der Anordnung der Formen überein? Bilden die krystallinischen Gesteine eine oder mehrere Zonen? Ist, wenn nur eine vorhanden ist, dieselbe in der Mitte oder am “ bier Axenlinie aus nach beiden Seiteh ab? oder sind sie sämmtlich nur nach einer Richtung geneigt? stehen sie senkrecht? oder fallen sie eimer xenlinie von beiden Seiten zu (Fächerstructur)? Ist in letzterem Fall die SE gung gleichmässig? oder biegen sich die Schichten von einer in dr Tiefe schenden steilen Neigung in den oberen Thheilen so um, dass sie hier unter ngerem Winkel der Axe zufallen? Wie sind die Sedimentformationen. ordnet? Ist eine gewisse Reihe derselben zu einer Gruppe verbunden, eine Zone für sich bildet (wie z. B. die Trias-Lias-Zone in den Nord- ? Schliessen sich daran andere Zonen, die aus ähnlichen Gruppen be- wie z. B. die Jura- Kreide- Eocän-Zone in den westlichen Nord- ie ist das beiderseitige Fallen der der Streichriehtung parallelen ji Ben? 1 Int. es SR, oder nach einer Seite steiler als E 17% “ k . A h 260 v. Richthofen, nach der anderen? (In den Nordalpen sind geringe Fallwinkel auf der der Centralkette zugewendeten, steile auf der abgewendeten Seite.) Wie verhalten sich in jeder Zone die Eruptivgesteine? Wie endet das Gebirge in seiner Streichrichtung? Geht es in andere Gebirge über, oder versenkt es sich in eine Ebene? Wie sind die dem Streichen parallel gerichteten Abfälle? Sind sie plötzlich und steil, oder dacht sich das Gebirge allmälig in Hügelreihen ab? Sind die einzelnen Zonen durch Längsthäler geschieden, oder kommen nur Querthäler vor? Zur Beantwortung der meisten dieser Fragen gehört etwas Uebung; aber wer die Gabe eines klaren Ueberblicks hat, wird sie bald in den unter seine Beobachtung kommenden Fällen zu lösen verstehen, .sowie er auch die Fragen selbst zu modifieiren wissen wird, wenn eine An- ordnung in deutliche Zonen nicht vorhanden ist. Wer im Stande ist, das Alter der Formationen sogleich Amnäheruil zu bestimmen, der sollte dh seinen Blick auf die Unterschiede zwischen den- jenigen hen wo das Auftreten tertiärer Schichtgebilde in den höheren Theilen ein bis in die jüngeren geologischen Perioden fortgesetztes Ansteigen der ganzen Gebirgsmasse erweist, und denjenigen, an deren Aufbau nur die ältesten Formationen theilnehmen, richten. Die ersteren (Himalaya, Felsen- gebirge) wachsen wahrscheinlich noch heute fort, während die letzteren schon in frühen Perioden vollendet waren und seitdem als Ruinen allein der zer- störenden Gewalt des Wassers ausgesetzt waren (Skandinavisches Gebirge, f Harz, Kwenlun und die meisten Gebirge von China, Appallachische Ketten). Gebirgsländer. Ein Gebirgsland wird von vielen Gebirgen mit oder ohne eingeschlossene Thalweitungen oder Ebenen zusammengesetzt. Ein Gesammtüberblick seiner Configuration und Anordnung lässt sich nur durch die vorangegangene Untersuchung des allgemeinen Baues der einzelnen Ge- birge gewinnen, Hierbei wird es vor Allem klar, wie wichtig es ist, die Streichrichtungen der Ketten und Abfälle und der einzelnen Formationen zu bestimmen. Mit ihrer Hülfe zeichnet sich oft in einem anscheinend chao- tischen Gebirgsland die Anordnung mit überraschender Klarheit. Dort z. B., wo hervorragende Kämme nicht existiren, sondern gleichmässiges Mittel- gebirge sich ausbreitet, in welchem die Flüsse einen gewundenen Lauf neh- men, zeigen Aussichten von Höhepunkten ebenso wie topographische Karten oft ein scheinbar gesetzloses Gewirr. von Erhebungen und Vertiefungen. Legt man aber die geologischen Beobachtungen auf der Karte nieder, so erkennt man mit Staunen die einfachen Linien, in denen die Formationen durch das Land ziehen, und wie sich ihnen die Gebirgsabfälle, die einzelnen Theile der Flussläufe Ed Thaleinsenkungen nach bestimmten, vorher aber ungeahnten Gesetzen unterordnen. Der his, aber trotzdem nicht immer ' am leichtesten zu beurtheilende Fall ist der, dass ein ausgedehntes Gebirgs- land nur aus einander parallelen Ketten besteht, die durch parallele Thäler getrennt sind. Verwickelter wird das Verhältniss, wenn in parallelen Furchen dieser Art jüngere Formationen liegen, die aueh durch Zusammenfaltung und Aufrichtung an dem gebirgigen Charakter theilnehmen. — Häufiger als solcher über weite Strecken sich ausdehnender Parallelismus ist der Fall, dass Gebirge von verschiedenen Streichrichtungen gegeneinander laufen und sich entweder kreuzen oder verbinden. Wie sind die Verhältnisse au den Kreuzungs- oder Schaarungspunkten? Zeigt sich das Vorherrschen und Durchgreifen einer der beiden Richtungen, und welcher? Ist dort besonders hoch erhobenes Land? Der interessanteste Punkt dieser Art, welcher noch einer Untersuchung wartet, ist dort, wo der Kwenlun (Streichen O 12° $) und der Himalaya (Streichen SO — NW) gegen Westen zusammenlaufen. — nlonson sie ein Tafelland ein? — Diese Fragen Koinnen nur einen allee- meinen Anhalt für diejenigen geben, die sich Ha Reisenden in jeder Gegend in besonderer Weise bieten und in weiterer Fassung auf die Configuration N der Continente ausgedehnt werden können. h Bruchlinien und Gebirgsverwerfungen. — Dieser für die Gestaltung des ‘inneren Baues der Continente wie für ihre Umrisslinien fruchtbare und wich- ‚tige Gegenstand wird noch wenig beachtet Der Reisende hat Gelegenheit, Thatsachen darüber aus verschiedenen Gegenden der Erde zu sammeln. Die einfachen Schichtenverwerfungen, wie man ihnen in Flözeebirgen fortdauernd begegnet, sind leicht zu verstehen, wenn man sich den Begriff aus der Dar- stellung in einem Lehrbuch (s. Hochst. $. 113) angeeignet hat. Der ein ‚fachste Fall der ungleich grossartigeren Erscheinung der Gebirgsverwerfungen MR findet sich in Kettengebirgen deren einzelne Theile in regelmässigen Zonen En angeordnet sind. Da kommt es häufig vor, dass die Zonen ihre Anordnung nicht einer einfachen Ueberlagerung a Schichtenbiesung, sondern Verwer- fungen, welche parallel der Streichrichtung des Gebirges sind, verdanken. Man erkennt dies, wenn von zwei gegenüberliegenden Seiten eines Längs- thales der Bau der einen sich nicht aus dem der anderen ableiten lässt, son- dern plötzlich eine ganze Zone weit älterer oder viel jüngerer Formationen auftritt, als man zu erwarten hat. Ein dem Streichen paralleler Steilabfall. eines Gebirges besteht zuweilen aus dichtgedrängten derartigen Längsver- werfungen. — In ähnlicher Weise finden sich Querverwerfungen, wo entlang einer quer gegen ein Gebirge gerichteten Linie plötzlich alle Höhenrücken und Falten ein Ende erreichen, um daneben in weit tieferem Niveau (zu- weilen um mehrere tausend Fuss tiefer), und manchmal noch überdies seitlich verschoben, wieder aufzutreten (Verwerfung der nördlichen Kalkalpen am Bodensee). s Bruchlinien unterscheiden sich von den Gebirgsverwerfungen dadurch, - dass ihnen entlang ein Gebirge vollkommen abgebrochen ist und gar nicht u oder erst in grösserer Entfernung wieder erscheint. Man muss sie auch als , Verwerfungsspalten betrachten, denen entlang aber eine weit bedeutendere _ werticale Verschiebung als im ersten Fall stattgefunden hat, so dass der ver- senkte Theil des Gebirges unter der angrenzenden Öberfläche,. sei sie eine Alluvialebene, oder Meer, oder Tertiärgebirge, verborgen ist. Auch hier müssen Längsbrüche und Querbrüche unterschieden werden. Längsbrüche sind dem Streichen der Gebirge parallel «erichtet. Sie finden statt, wenn eine Zone eines Gebirges plötzlich von grösserer Höhe steil abfällt und kein _ weiteres demselben Gebirge angehöriges Glied darauf folgt. Zuweilen sieht man wellio aufsebogene Schichten auf einmal umbiegen und senkrecht hinab- ‚stürzen, um ein ganzes Gebirge abzuschliessen (z. B. am unteren Yang-tsze- a - kiang). Dass ähnliche Fälle bei Tafelländern vorkommen, wurde schon er- wähnt. — Querbrüche kommen dort vor, wo ein ganzes Gebirge in der RR, Streichrichtung plötzlich endet, und zwar oft in solchen Theilen, wo die a Rücken vollkommen entwickelt sind (Bruchlinie der Alpen bei Wien, dean. Se Kwen-lun in Honan, der Westkarpathen bei Eperies). Es schliesst sich dann iR x unmittelbar Ebene oder niederes Hügelland an, oder es steigen vulcanische i & steine aus der Bruchlinie auf. - Dies sind Erscheinungen, welche die Aufmerksamkeit des Reisenden auf wre sich ziehen sollten. Da sie eine nicht unbedeutende planetarische Rolle Ve so sollten die Fälle mit Sorgfalt g gesammelt und die Streichrichtungen 262 v. Richthofen. "RR Hierher gehört auch das schwierigere Phänomen der vulecanischen Einbruchs Es sel. Es giebt grosse Gebirge, welche mitten in ihrem Ver- lauf eine durch Bruchlinien a rate Lücke von mehreren Meilen Durch- messer haben, und wo an der Stelle des vollkommen verschwundenen Ge- birestheiles Sultanıche Gesteine abgelagert sind, über die sich thätige Vul- cane erheben. Die Vermehrung r wenigen in dieser Beziehung bekannten Thatsachen würde wesentlich zur Erkenntniss des Vulcanismus beitragen. Vulcane und vulcanische Gesteine. Ein Vulcan ist ein Berg, welcher durch successive Ausbrüche heiss- flüssigen, aus der Tiefe heraufgedrungenen Gesteinsmaterials aufgebaut ist, das sich um eine senkrechte Axe, die periodisch ihre Lage gewechselt haben kann, kegelförmig anhäufte, sei es, dass dasselbe in Gestalt von Lavaströmen ruhig über die Abhänge hinabfloss, oder, durch Explosionen in Fragmente zertrümmert, als Schlacken und Rapilli ausgeschleudert und über die Kegelfläche zerstreut, oder, gleichzeitig durch die plötzliche Verwandlung des im Innern des Gesteins enthaltenen überhitzten Wassers in Dampf schwammartig aufge- bläht, in Bimstein und feine Asche verwandelt wurde. Man unterscheidet thä- tige Vulcane, bei welchen noch periodisch Ausbrüche stattfinden, und erloschene Vulcane, "bei welchen sie ın historischer Zeit. sich nicht ereignet haben. Man betritt mit ihnen gewissermaassen ein Stück des nach aussen gekehrten Eirdinnern, und da sich auch die unterirdischen Kräfte nirgends deutlicher manifestiren als an thätigen Vulcanen, so nehmen diese das Interesse des Forschungsreisenden in besonderem Maasse in Anspruch. Auch der Laie findet sich zu ihrer specielleren Untersuchung hingezogen, und findet vielfache Gelegenheit zur Sammlung werthvoller Beobachtungen. Gewöhnlich finden sich eine geringe Zahl thätiger Vulcane unter einer grösseren Zıahl anderer zerstreut, Graileins nicht mehr als sind, aber durch eine den ersteren analoge un und Structur den Bow liefern, dass sie ın analoger Weise aufgebaut wurden. Bei einigen von ihnen strömen noch Dämpfe oder Quellen kochenden Wassers hervor; bei anderen geben nur noch Thermen von geringeren Temperaturgraden Zeugniss von der en - unterirdischen Wärmequelle. In anderen Gegenden ist die Ausbruchsthätig- keit gänzlich erloschen; da geben von- ihrer früheren Heftiekeit nur noch die Reihen von oft schon halb zerstörten Kegeln beredte Kunde. In früherer Zeit richtete man die Aufmerksamkeit ausschliesslich auf die thätigen Vulcane und legte deren Verbreitung auf der Erde auf Karten nieder. Dies ist ein veralteter und schr unvollkommener Standpunkt, da wir -dadureh nur ein ganz lückenhaftes Bild von der Verbreitung derjenigen Ge- steine erhalten, welche in Charakter und Ursprungsart dem Material, welches die Vulcane aufbaut, analog sind. Gewisse Erscheinungen ehemaliger vul- canischer Thätigkeit, wie sie im grossartigsten Maasstab aus der Permischen und Trias-Periode (z. B. im Fassathal in Südtyrol) vorliegen, sind nur dem Auge des geübten Geologen erkennbar und kommen hier nicht in Betracht. Die betreffenden Gesteine sind von mächtigen Schichtmassen bedeckt und ihre Anordnung ist nicht leicht zu enträthseln. In der Tertiärperiode be- gann auf der ganzen Erdoberfläche, nach langen Zeiten verhältnissmässiger Ruhe, eine neue Phase der Eruptionsthätigkeit. Nie steigerte sich in jeder einzelnen von ihr betroffenen Gegend zu einem Höhepunkte, von dem aus sie sich allmälig abschwächte. Unsere heutigen thätigen Vulcane sind ihre letzten geringen Nachwehen. Da sie ein Hauptmoment für die Beobachtung ossen. Rei e von einen durch hehe a so bezeichnet an alle in unmittelbarem Zusammenhang mit ihnen stehenden Eruptions- gesteine, 'd. h. alle welche seit dem A der Tertiärperiode an die Erd- )berfläche gelangt sind, als vulcanische Gesteine. Eine zweite Art der Anhäufung vulcanischer Gesteine besteht darin, dass ganze Gebirge mit bedeutender Längenerstreekung aus ihnen aufgebaut sind. Bei ihnen gruppirt sich Alles um eine horizontale Längsaxe; es finden sich keine Kratere als Ausgangspunkte der Thätigkeit. Wohl aber sind häufig ihren Rücken und Flanken vulcanische Kegel mit Verticalaxen, Krateren und radialer Anordnung des Materials aufgesetzt, oder ihr Fuss ist von Reihen derselben begleitet. Sie sind von Vulcanen verschieden, indem sie das Gepräge eines ruhigen Ausflusses von heissflüssigem Material aus Längs- ' spalten tragen, während der Vulcan wesentlich convulsivischer Thätigkeit seinen Ursprung verdankt. Im Gegensatz zu thätigen und erloschenen Vul- eanen bezeichnen wir jene kurzweg als vulcanische Gebirge. Die Beob- achtung muss nothwendig auf sie ausgedehnt werden. Sie lässt sich unter folgenden Gesichtspunkten zusammenfassen: 1. Wie ist das Material beschaffen? besteht es aus einer einzigen _ G@esteinsart, oder sind deren mehrere vorhanden? — Das Material, woraus die llesas bestehen, zerfällt nach seinen augenfälligsten Eigen- schaften in zwei grosse Abtheilungen: 1) homogene Gesteine, welche durch } _ Festwerden einer rechten Masse entstanden sind; 2) Trümmergesteine, welche aus der Zertrümmerung der ersten zur Zeit dei Ausbruchs hervor- = gegangenen sınd. Zwischen Beide stehen 3) solche homogene Massen, N ee» Trümmer umschliessen und mit ihnen Breccien bilden. Die homogenen Gesteine sind am normalsten ausgebildet, wenn sie ein krystallinisches Gefüge haben, und man kann dann die end feststellen Mr sie angehören. Bo sind sie unvollkommen ausgebildet, oder haben durch le Einflüsse ein besonderes Gepräge Satan led von j glasartiser Textur nennt man, ohne Rücksicht auf die Gesteinsart, Obsi- dian; schaumige Aufblähung giebt den Bimsstein, eine concentrisch- lamellare Aufblähung gewisser Arten (nur Rhyolith) den Perlstein. Ebenso scheint Basalt eine im Wesentlichen mikrokrystallinische Ausbildungsform der kieselsäureärmsten Arten zu sein, und zwar die häufigste Form, in welcher dieselben auftreten. Das Vorkommen solcher Modificationen der Textur zu beobachten ist stets von Interesse. Aber wichtiger ist die Feststellung der Gesteinsart, welche nach der mineralischen Zusammensetzung, in Verbin- dung mit gewissen Texturunterschieden, bestimmt wird. Die hauptsächlich- sten Arten lassen sich leicht kennen lernen, und keiner sollte es versäumen, ‚vor Antritt einer grösseren Reise sich mit denselben vertraut zu machen. on Allsemeinen unterscheidet man auch hier die kieselsäurereichen oder Ben und die kieselsäurearmen oder basischen Gesteine; zu ersteren gehören 3st einigen chen verwandten Gesteinen, häufig als Basalı u ildet ist. Die erste Gruppe besteht im Wesentlichen aus hellen, die a eite aus dunklen Gesteinen. . stark poröses Gefüge oder ein geflossenes, an die verschiedenen Arten von Glas- füssen erinnerndes Ansehen. Zuweilen ist er zu einem Bimsstein aufgebläht, der ‚durch lange Fasern und Seidenglanz auszeichnet. Glasartiges Gefüge (Ob- ist häufig, und in manchen Abänderungen wechseln papierdünne Lamellen sen, und anderen Arten der Textur. Perlsteintextur ist ihm ganz allein Der Rhyolith ist stets von den hellsten Farben, und hat entweder ein 264 v. Richthofen. eigen. Die Erkennung der Mineralien, welche er enthält: Quarz, glasiger Feld- spath (Sanidin und Oligoklas), Glimmer und Hornblende, kann man sich ohne Schwierigkeit aneignen. — Der Trachyt ist häufig dem Rhyolith ähnlich; seine Farben sind zum Theil eben so hell, aber Mittelstufen walten vor. Er enthält keinen Quarz, aber die anderen angeführten Mineralien, und in den häufigsten Abänderungen ist Oligoklas als einziger Feldspath vorhanden. Auch er ist fast stets porös, oft zu Bimsstein aufgebläht, welcher etwas weniger langfaserig ist als der aus Rhyolith gebildete, und besitzt oft eine Absonderung in feine La- mellen. — Der Andesit ist das verbreitetste unter allen vuleanischen Gesteinen, aber, was die Erkennbarkeit mit blossem Auge betrifft, schwer zu definiren. Bei Weitem vorherrschend ist schwärzlich graue Farbe. Wenn er erkennbare Kıy- stalle enthält, so sind es sehr kleine eines Feldspaths, Nadeln oder Säulen von’ Hornblende, und vereinzelte Krystalle von Augit. Er ist zuweilen zu Bimsstein aufgebläht, der von grünlicher oder grauer Farbe und rundblasig ist. Auch bildet er en. — Der Dolerit ist in seiner weitverbreiteten mikrokrystallinischen Modifieation, dem Basalt, zu wohl bekannt, um dessen Beschreibung nothwendig zu machen; das Vorkommen von Olivin ıst besonders charakteristisch für diesen. Die krystallinischen Modificationen bieten dem Ungeübten Schwierigkeit, da charakteristische Mineralien in grösseren Krystallen gewöhnlich nicht ausge- schieden sind. Doch gewöhnt man sich bald an das einförmig lichtgraue, an der Oberfläche oft rothbraune, poröse Mineralgemenge, Dazu kommt ein hohes specifisches Gewicht, und besonders charakteristisch ist das häufige Auftreten rundlicher Höhlungen, welche leer oder mit fremden Mineralien erfüllt und den anderen Gesteinen nicht eigenthümlich sind. Wer eine gründliche Vorbildung in der ‚Geologie nicht besitzt, thut wohl, sich nur die Typen dieser vier Gesteinsarten einzuprägen, da die anderen unwe- sentlich sind. Nur eine ist noch von hober Wichtigkeit: der Propylit oder Grünsteintrachyt, welcher von allen anderen vulcanischen Gesteinen wesent- lich verschieden ist und sich überdies dadurch auszeichnet, dass er die meisten grossen Silbererzgänge der Welt führt. Seine Beobachtung bietet Schwierigkeiten und sollte dem Fachgeologen überlassen bleiben. Zunächst den grossen festen Massen der homogenen Gesteine, welche als Lavaströme, als einzeln aufragende Kuppen und als ganze 'Gebirgszüge auf- treten, sind die Trümmergesteine zu untersuchen, welche aus jenen entstanden sind und in welchen sich daher deren Artenreihe wiederholt. _Es kommen hier zunächst diejenigen in Betracht, welche als lose Auswürflinge aus Krateren die Flanken der Vulcane zusammensetzen. Die herkömmlichen, den Grössenverhältnissen entnommenen Ausdrücke: vulcanische Blöcke (mehrere Fuss Durchmesser, aussen verschlackt, innen fest), vulcanische Bomben, Ra- pilli, vuleanischer Sand, vulcanische Asche, lernt jeder bei dem ersten An- blick auf der Lagerstätte richtig anwenden. Sie ordnen sich in der-Regel nach der Grösse von dem Kraterrand nach dem Fuss des Kegels; nur die feinste Asche, und insbesondere der Bimssteinsand, breiten sich weit darüber hinaus aus.’ Diese Materialien bilden Schichten, welche allseitig vom Kegel abfallen, und sind häufig von radial eingeschnittenen Wasserrillen durch- schnitten. Sie werden leicht eämentirt. An den Trümmern erloschener Vul- cane kann man sie in tiefen Durchschnitten beobachten und die Natur jener daran erkennen. Aus der Untersuchung der festeren Stücke lässt sich die Art des Gesteins festsetzen, das in einer gewissen Epoche vom Vulcan aus- geworfen wurde. Eine zweite Form, in welcher Trümmergesteine erscheinen, sind die Schlammströme, welche durch das Zusammenströmen von Auswürflingen in Folge der die Eruptionen zuweilen begleitenden wolkenbruchartigen Regen- güsse entstehen. Man erkennt sie an dem gänzlichen Mangel der Schich- tung oder der lagenartisen Vertheilung der einzelnen Trümmer nach ihrer Grösse, an der Menge scharfeckiger Einschlüsse von der verschiedensten Grösse, welche in dem aschenartig zerkleinerten Material, das die Grundmasse bildet, unregelmässig zerstreut sind, ferner an dem Umstand, dass sie die af cr Ber x ER: eferen Theile ihrer Unterlage ausfüllen und oft eine bedeutende Längen- rstreckung bei geringer Breite haben. Sie sind ein wichtiges Element in vuleanischen Gebirgen, und wer sie kennen gelernt hat findet sie auch als Begleiter von Ausbrüchen alter Eruptivgesteine. Man verwendet sie wegen ihrer Lockerheit und Leichtigkeit, die sie trotz fester Oementation aus- zeichnet, gern zu Baumaterial. Die dritte Form des Auftretens sind die Tuffgesteine, die sich von den vorigen durch Schichtung auszeichnen. Es sind Ablagerungen von Auswürflingen und sonstigen zur Eruptionszeit zerstörtem Ausbruchsmaterial unter Wasser. Die einzelnen Bestandtheile sınd darin nach der Grösse in Schichten geordnet. Schlamm und Tuff ‚ variiren je nach der Art des Gesteins aus dem sie entstanden sind. Die zwischen beiden Abtheilungen stehenden Gesteine bestehen in ho- A mogener Masse, welche eckige Bruchstücke von Gesteinen umschliesst. Die Trümmer sind entweder 1) gleichartig mit dem einschliessenden Gestein, oder sie bestehen 2) aus vulcanischem Gestein anderer Art, oder 3) aus ganz fremdartigem Gestein. ; ' Gesteine der ersten Art sind am grossartigsten in Andesitgebirgen entwickelt, und sie bilden zuweilen das Hauptmaterial ausgedehnter Rücken. Sie entstehen wahrscheinlich, indem die zu einer Kruste erstarrte Schale einer im ruhigen Zu- stand befindlichen heissflüssigen Masse durch neues Andrängen der letzteren zer- berstet und die Trümmer in den hervorbrechenden Strom eingeschlossen werden. — Gesteine der zweiten Art sind bei vuleanischen Ausbruchsmassen häufig. Ihr Studium ist wichtig, weil das eingeschlossene Bruchstück älter ist als die um- schliessende Masse. — Die Gesteine der dritten Art sind von allgemeinerem In- teresse und zeichnen sich zuweilen durch das Vorkommen schöner Mineralien er aus. Man nimmt zu ihrer Erklärung an, dass die vulcanische Masse bei ihrem ER Aufwärtsdrängen Bruchstücke des Nebengesteins losriss. $ 2. Ist, wenn mehrere Gesteinsarten vorhanden sind, eine be- stimmte Altersfolge zu erkennen, in der sie an die Erdoberfläche ge- langten? — Für diese wichtige Frage, betreffs derer sichere Beobachtungen aus sehr wenigen Gegenden vorliegen, kann der nur einigermaassen der Ge- steine kundige und im Beobachten geübte Reisende werthvolle Beiträge liefern. Das Altersverhältniss lässt sich erkennen 1. in der Ueberlagerung einer Ge- steinsart durch eine andere, z. B. der Abhänge eines Andesitgebirges durch Ströme von Rhyolith, oder einer trachytischen Masse durch eine Basaltdecke, “ wobei das überliegende Gestein das jüngere ist; 2. durch Gänge, in welchen ein Gestein durch das andere aufsteigt, indem das letztere fest gewesen sein 3. durch Einschlüsse von Bruchstücken einer Gesteinsart in homogener Masse einer anderen, wobei die Bruchstücke älter sind; 4. in der gegenseitigen Ueberlagerung verschieden gefärbter Tuffgesteine, welche sich gleichzeitig mit den Ausbrüchen unter Wasser ablagerten. Wenn z. B. weisser Tuff von langfaserigem Bimsstein, welcher aus Rhyolithsubstanz gebildet wird, auf _ dunklen Tuffschichten von Andesitsubstanz liest, so ist ersteres Gestein jünger als das letztere. Einige Worte über das Wesen der Ausbruchsthätigkeit der vulcanischen Gesteine werden die hohe Bedeutung dieses zu wenig berücksichtigten Ge- sichtspunktes darlegen. Wenn ein Vulean durch Mangel an Zufuhr von flüssigem Gestein aus der Tiefe in eine Periode der Ruhe getreten ist, so schreitet die Er- starrung von der Oberfläche nach der Tiefe fort. Beginnt (wahrscheinlich durch Volumenvermehrung in Folge der Zunahme der Quantität des überhitzten - Wassers) ein neues Andrängen der flüssigen Massen, so finden sie einen Wider- stand, der endlich durch mit Erdbeben verbundene Aufspaltung überwunden wird. Entweder folgt convulsivische Auswurfsthätigkeit, die mit der Entwickelung ungeheurer Dampfmassen verbunden ist, und ein neuer Schuttkegel wird aufge- ' worfen, oder das überschüssige Material quillt in Gestalt eines Lavastromes ruhig EN \ DAN) muss, als die Gangmasse in zähflüssigem Zustand .hindurchgepresst wurde; 266 v. Bichthelen empor. — Wendet man dies auf die Thatsache der Eröffnung einer allgemeinen Ausbruchsthätigkeit über die Erdoberfläche zu Anfang der Tertiärperiode, nach langen Zeiten verhältnissmässiger Ruhe, an, so hat das grossartige Phänomen seinen Grund offenbar in dem Umstand, dass eine fortdauernd langsam anwachsende Spannkraft in dem Innern der Erde hoch genug gediehen war, um den Wider- stand des Gewichtes und der Cohäsion der darüber befindlichen Theile der festen Erdrinde zu überwinden. Aufspaltungen stellten den Gleichgewichtszustand her. Durch seitlich verzweigte Spalten und Risse erhielt Wasser Zugang zu solchen Tiefen, wo eine hohe Temperatur herrscht, und indem es mit den glühenden, in festem oder zähem Zustand befindlichen Gesteinsmassen in Verbindung trat, führte es dieselben nach bekannten Erfahrungen in flüssigen Zustand über und ver- grösserte ihr Volumen. Die flüssige, mit überhitztem Wasser geschwängerte Masse stieg in Folge dessen allmälıg in der Spalte auf und quoll über ihren . oberen Rand, wo sie sich ausbreitete und erkaltete. Wie alle solche Erscheinungen . einen periodischen Charakter haben, so erfolgten nach Intervallen der Ruhe neue Ueberfliessungen, und indem sich Lage auf Lage aufthürmte, wurde über der Spalte ein ganz aus Tiefengestein zusammengesetztes Gebirge aufgebaut, wie es die langen Andesitrücken zeigen. In manchen Fällen hat der Process damit sein Ende erreicht; wahrscheinlich dadurch, dass der Wasserzugang nach, der Tiefe verstopft wurde und eine weitere Volumenvergrösserung nicht stattfand. In anderen dauerte er fort, nahm aber periodisch einen anderen Charakter an, theils dadurch, dass längere Pausen der Ruhe eintraten, das Gestein im Canal in Folge dessen erkaltete, ein starker Widerstand geschaffen wurde, dann das Wasser wieder Zugang zu irgend einem Theile der Spalte fand, die frühern Processe sich wiederholten und die Wiedereröffnung der Thätigkeit mit einer heftigen Kata- strophe geschah, wobei dann häufig seitliche Spalten gebildet wurden. So ent- stand ein neuer Herd der Ausbruchsthätigkeit, welcher, wenn er der Oberfläche nahe genug gelegen war, dass die Dampfkraft zur Wirkung. kommen konnte, zu solchen explosiven Erscheinungen, wie wir sie heute sehen, Veranlassung gab. Es wurden dann über den Schlünden Kegel aufgehäuft, theils aus Schlacken und Asche, welche durch die Dampfkraft ausgeschleudert wurden, theils aus Lava- strömen bestehend, welche das in Folge einer Volumenvergrösserung ruhig aus- quellende Material darstellen. Da nun die Zusammensetzung der Erde sich von der Oberfläche gegen den Mittelpunkt hin nach bestimmten, allgemein giltisen Gesetzen ändern muss, und da zu Anfanz der Tertiärperiode die Erstarrung allenthalben bis zu einer nahezu gleichen Tiefe vorgedrungen sein musste, wo Material von einer bestimmten Zusammensetzung herrschte, so sollte man nicht nur die Eröffnung der Ausbruchsthätigkeit mit einem überall ungefähr gleich- artigen Material, sondern auch die Fortentwickelung der Thätigkeit nach allent- halben nahezu gleichen Gesetzen erwarten. Dieselbe wird sich aber hauptsächlich in der relativen Aufeinanderfolge bestimmter Gesteinsarten zu erkennen geben. Gelingt es, in dieser Beziehung eine Gleichmässigkeit zu erweisen, so ist damit ein grosses kosmisches Gesetz gefunden, welches eine Basis für weittragende Schlüsse giebt: Hierauf nun zielen die Beobachtungen über das relative Alter der vulcanischen Gesteine in jeder einzelnen Gegend, welche ein Forschungs- reisender berührt. Zur Lösung der angedeuteten Frage kann nur derjenige einen werthvollen Beitrag liefern, welcher sich längere Zeit in einer vulcanischen Gegend aufhält. Zunächst muss er sich daran gewöhnen, die Massenausbrüche, deren Ursprung in-Vorgängen, welche in grosser Tiefe stattfanden, zu suchen ist, von den vulecanischen zu unterscheiden, welche örtlich beschränkt sind, ihren Sitz in geringer Tiefe haben, weit mehr Zufälligkeiten unterworfen sind und die letzte Phase der Ausbruchsthätigkeit bezeichnen. In den grossen Massen- anhäufungen zeigt sich ein merkwürdiges Gesetz, das bisher in mehreren Ge- genden (Ungarn, Siebenbürgen, Nordamerika, Mexico, Japan) nachgewiesen worden ist, zum Beweis seiner allgemeinen Giltigkeit aber noch der Bestäti- gung aus vielen anderen Theilen der Erdoberfläche bedarf. Dieses Gesetz der Aufeinanderfolge der vuleanischen Gesteine besteht darin, dass der den alten Grünsteinen im Ansehen fast genau gleichende Propylit die Ausbruchsthätigkeit eröffnete, dann Andesit folgte, in welchem dieselbe cul- minirte, darauf Trachyte und endlich Rhyolithe an die Reihe kamen, Diese %> eseine ale ‚in ihrer Verbreitung erösenee von jenen nabhängig sind und die Masseneruptionen en Auch bei thätigen erloschenen Vulcanen lässt dasselbe Gesetz sich erkennen, erleidet abe wegen der vielen zufälligen Umstände welche in’s Spiel ah, manche » . 9 "Ausnahme. : nn 8 Wie äussern sich gegenwärtig die Kräfte, welche das Aufsteigen ‚des Gesteins bewirken? — Wo es in einem .vulcanischen Gebiet Stellen ' giebt, an denen die Aeusserung des Vulcanismus noch fortdauert, sollte der _ Reisende zuerst seine nen den thätigen Vulcanen, dann den Solfataren und anderen Schauplätzen en Thätigkeit zuwenden, da er durch ein genaues Studium der jetzigen Vorgänge ind ihrer Wirkungen den Schlüssel zum Verständniss des Aufbaues vulcanischer Gebiete im All-- gemeinen erhält.*) Bei einem vulcanischen Ausbruch sind zu beachten: die vorbereitenden Vorgänge, und zwar Erderschütterungen, ihr Centrum, ihre Aus- dehnung, die Art ihrer Fortbewegung; Inchson lo clio un. die oh genaue Gestalt des Vulcans und seines Kraters, und etwaige nik ge- KU schehene Veränderungen derselben; Sitz und Art der Gas- und Dre N Exhalationen; Schmelzen des Schnees; Versiegen von Quellen und Brun- “ nen u. s. w. Steigern sich diese gewöhnlichen Vorläufer der Ausbrüche allmälie, oder beginnen die letzteren plötzlich? Wie manifestirt sich der erste Ausbruch? Ein Maass für die Stärke der Explosion wird sich in dem Grad der Veränderung der Gestalt des Kraters, in der Höhe bis zu welcher i "die Trümmer im Wen: zu ihrer Grösse geschleudert werden, in der = Entfernung vom Centrum in welcher ehe von gewisser Grösse noch a 7 miederfallen, ergeben. Es sind dann die Häufigkeit-und Stärke der fllgeen- den Explosionen, die Entfernung bis zu welcher die feine Asche getragen Na wird, die weiteren Veränderungen des Kraters, die Bildung seitlicher Spalten, ER durch welche Dampf entweicht, zu beobachten. Die Trümmer, welche nieder- fallen, sind zu untersuchen; sind diejenigen des ersten Ausbruchs gleichartig mit denen der späteren Explosionen? Die Bestimmung entweichender Gase, womöglich durch Reagenzien an Ort und Stelle, wird zur Entscheidung der Frage beitragen, ob das von Bunsen aufgestellte Gesetz, dass Fluor und Chlor das intensivste Stadium der Ausbruchsthätigkeit, schwefelige Gase Io einen späteren abgeschwächten Zustand, und Kohlensäure das Absterben der Er vuleanischen Thätigkeit bezeichnen, überall anwendbar ist. — Bei Lavaströmen N ist der Ursprungsort, die Art der Oeffnune des ersten Canals, der Quer-- schnitt des Stromes, der Grad der Geschwindigkeit, mit welcher er unter ver- schiedenen Neigungswinkeln hinabfliesst, vor Allem aber die Natur der von ‘der Oberfläche der Lava aufsteigenden Dämpfe und Gase, der Grad der fortschreitenden Abkühlung und und endlich die Art des daraus ‚sich ergebenden Gesteins zu untersuchen. Welche Mineralien sind schon vor dem Festwerden der Lava in Kıystallen vorhanden gewesen? Man er- ennt sie oft daran, dass sie bei dem Fortschieben der Masse zerrissen worden ind zerborsten sind. — Ein glücklicher Umstand könnte einen intelligenten w *) Eine Musterdarstellung soleher Vorgänge, sowie der Structur eines vulcanischen ee überhaupt, welche durch klare, anschauliche Form auch dem Anfänger ver- ıdlich ist und ihm einen Fingerzeig für die Methoden der Beobachtung giebt, ent- " v. Hochstetter’s „Neu-Seeland“ (Stuttgart bei Cotta, 1863), ein Buch, welches ‚demjenigen, welcher sich auf Forschungsreisen begeben will, auf das wärmste st 268 v. Richthofen. Reisenden zum Zeugen der Bildung eines jener Schmarotzervulcane machen, welche nicht selten den Flanken eines grösseren Vulcans aufsitzen. Sie wiederholen im Kleinen dessen Structur und Thätigkeit; und wie dieser in glühenden Massen grösserer Tiefen wurzelt, so muss ihr Ursprung auf glü- hende Jıavamassen im Innern des Vulcans selbst zurückgeführt werden. Mit ihrem Aufschüttungskegel, ihrem Krater und dem zuweilen vorhandenen Lavastrom geben sie ein Miniaturbild eines Vulcans, und ebenso müsste man bei ihnen die Geschichte der Bildung eines Vulcans der einfachsten Art in Miniatur studiren können. Tritt nach einer Periode der Thätigkeit der Vulcan in den Ruhestand zurück, so sollte mit Sorgfalt das Zurücksinken des Kraters und seiner Umgebungen beobachtet werden. Es tritt dann durch Abkühlung eine Vo- lumenverminderung der unterirdischen heissflüssigen Lavamassen ein. Hoch- stetter nimmt an, dass sich dann im Innern des Berges ein leerer Raum, der Lavaraum, hal, welcher vor einer neuen Eruptionsperiode zuerst durch die empordrängende Lava wieder ausgefüllt werde. Nun beobachtet man in alten Schuttkegeln Einbrüche, zuweilen von ausserordentlichem Umfang, aus deren Mitte dann ein neuer Schuttkegel aufgestiegen ist, und in kleinem Maassstab hat sich dieses Phänomen am Vesuv und andern thätigen Vul- canen in historischer Zeit manifestirt. Sollte einmal eine Untersuchung ergeben, dass ein solcher Einbruch von gewaltigen Dimensionen plötzlich geschieht, so würde damit das Vorhandensein eines solchen „Lavaraums“ erwiesen sein. Eine andere wichtige Frage betrifft jene langsamen Athemzüge des Vul- cans, welche sich in dem periodischen Wechsel der Hebung und Senkung seines ganzen Gerüstes manifestiren. Es liegen Beobachtungen vor, welche zu beweisen scheinen, dass ein Vulcan während der Periode, ın der sich die Ausbruchsthätigkeit allmälig vorbereitet, in langsamer Hebung begriffen ist, dann aber, während und nach der Periode der Ausbrüche, sich wieder langsam senkt. Sie sind noch zu mangelhaft, um dies als ein Gesetz, aus- zusprechen, und jede einschlägige Beobachtung ist daher von Wichtigkeit. Sie lassen sich, nach den später anzugebenden Methoden, besonders dann anstellen, wenn ein Vulcan am Meere gelegen ist. Doch ist auch bei solchen, die weiter von der Küste abliegen, die Beobachtung nicht ausge- schlossen. Dort würden sich insbesondere aus der Zunahme oder Abnahme ım Gefälle benachbarter Flüsse ziemlich sichere Schlussfolgerungen auf Aen- derungen des Niveau’s ergeben. Die meisten der hier in diesem Abschnitt angeführten Beobachtungen setzen eine lange zu Gebote stehende Zeit, oder ein häufigeres Zurückkehren an denselben Ort voraus. Sie sind besonders solchen anzuempfehlen, welche, wie die Residenten auf Java, Sumatra, Manila, oder einiger Orte in Central- Amerika, in der Nähe thätiger Vulcane leben. -Der Reisende kann den eignen Aufenthalt in gewissem Grade durch das Einziehen von Erkundigungen ersetzen, und sollte bei keinem Vulcan unterlassen, so viele T’hatsachen als möglich über die Geschichte seiner Ausbrüche festzustellen. Die Beobachtungen an Solfataren fallen mehr in das Gebiet des Reisenden, sind aber wegen ihrer complieirten Natur noch kaum von Fach- männern genügend ausgebeutet worden. Eine Solfatara ist eine Stelle, wo Wasserdämpfe mit Gasen, insbesondere Schwefelwasserstoff und schwefliger Säure, vermischt aus der Erde strömen. Kratere im Zustand periodischer Ruhe haben diese Art der Thätigkeit; ausserdem findet man Solfataren in Kesseln und Spalten, sowie an den Abhängen vulcanischer Gebirge und ihrer PS Fk en Mit grosser ek strömt a und Eochendes Wasser hervor. Die Gesteine werden stark zersetzt; es bilden sich Ansammlungen von Schlamm, der selbst ein brodelnder Pfuhl wird. Darin setzt sich häufig Schwefel ab. Solfataren liegen meist in nachgiebigem Gestein, besonders Trümmersestein, Conglomeraten mit eckigen Bruchstücken, zuweilen auch m nicht vulcanischem Gestein. Die Zersetzung bringt weisse, giftig gelbe und braune Farben hervor und erzeugt zuweilen Alunitfels. Der Besuch solcher Stellen ist dem Reisenden sehr zu empfehlen, da ihre Beobachtung ihm ein ; Verständniss für eine Olasse vulcanischer Vorgänge und für eine Art von nr * Zersetzungsprocessen giebt, deren Wirkung er sehr häufig wiederfinden wird, besonders bei erloschenen Vulcanen, und in noch grösserem Maassstabe in vulcanischen Gebirgen. Bei heissen Quellen ist der Temperaturgrad, das Gestein, aus welchem j' das Wasser entspringt, die Quantität des entströmenden Wassers, das Vorhanden- sein oder Fehlen von Schwefelwasserstoffgeruch, sowie von Absätzen am Rand oder am Boden (Kieselerde, kohlensaurer Kalk, Eisenoxydhydrat u. s. w.) zu beobachten, und die Absätze zur Untersuchung auf mikroskopisches Leben zu sammeln. Auch sollten bezüglich der Lage der Quellen möglichst viele Notizen gegeben werden, insbesondere, ob vulcanische Gesteine in der Nähe sind. Man findet z. B. dort wo steile Abbrüche von Granitgebirgen durch Reihen von Basaltausbrüchen begleitet sind, fast stets heisse Quellen. I. Bei intermittirenden Springquellen, denen man nach dem isländischen Prototyp den Namen Geysir giebt, sind neben diesen Gesichtspunkten noch die Intervalle der regelmässig pulsirenden Thätigkeit zu bestimmen. Das angeführte Werk von Hochstetter über Neu-Seeland giebt hierfür alle erfor- derlichen Fingerzeige. 4. In welcher Weise wurde das Gesteinsmaterial auf der Erdoberfläche ausgebreitet und abgelagert! — Die eingehende Untersuchung eines einzigen i Vulcans wird den Reisenden in Stand setzen, die vielen hinsichtlich dieser Frage sich darbietenden Gesichtspunkte selbst zu finden, und diejenigen, welche in Lehrbüchern beschrieben sind, zu verstehen. Zunächst ist die , Ausbreitung und Ablagerung eife zweifache, je nachdem sie auf dem Fest- lande oder unter Wasser geschah. Auf die Ausbreitung der homogenen Massen ist dies von geringem Einfluss; aber die Ablagerung der Trümmer- sesteine wird dadurch wesentlich beeinflusst. Die homogenen Gesteine treten bei Vulcanen als Lavaströme auf, welche R von der Verticalaxe aus radienförmig nach aussen gerichtet sind, wiewol : sie durch die Bodenformen häufig abgelenkt werden. Bei vulcanischen Ge- birgen, wo ihre Lagerungsformen schwieriger zu beobachten sind, ordnen sich die Ergüsse im Allgemeinen in Zonen parallel zur Längsaxe des Gebirges an; - die jüngeren Gesteine bilden Gänge in den älteren, und breiten sich häufig über ‚diesen . aus. Der Flüssigkeitsgrad ist besonders bestimmend a a . u N rungen des hyaliihs tragen die Spuren nenne: Zühftüssigkeit in Klub hochgewölbten, noch am Dub hoch und steil abfallenden Se während NH umgekehrt t die Basalte stets den besonders dünnflüssigen Zustand bekunden, in welchem sie an die Erdoberfläche gelangten. Sie breiten sich von den Aus- . bruchsspalten fast horizontal aus, a le: zuweilen sehr grosse Becken 5 aus, in ee Schicht auf Schicht kt ist. Es entstehen dadurch die wi 270 v. Bichihefn a Man kann die Structur eines vulcanischen Gebirges am besten in Spal- "tenthälern erkennen, welche dasselbe quer durchziehen, während diejenige einer basaltischen Ablagerung sich in jeder Schlucht erkennen lässt, welche auf die Unterlagen niedersetzt. Man sollte solche Gelegenheiten nie ver- säiumen, um die Aufeinanderfolge der einzelnen Gesteinsarten genau zu stu- diren. — Einige Gesteine bilden auch hoch-glockenförmige oder domförmige isolirte Kuppen, wie die Propylite; andere ragen in spitzen Kegeln auf, wie es nicht selten bei Trachyten der Fall ist. Einige Geologen bezeichnen solche Formen, ohne Rücksicht auf die Analogie mit vulcanischen Gebirgen, als homogene Vulcane, andere betrachten sie als den stehen gebliebenen massiven Kern zerstörter Vulcane, indem sie annehmen, dass der umhüllende Schuttkegel zerstört wurde. Ausgedehnte Beobachtung wird die Richtigkeit der letzteren Ansicht prüfen; besonders ist zu untersuchen, ob bei solchen isolirten Kegeln oder Domen Spuren von Lavaströmen sichtbar sind. Bei allen Arten der Lagerung besitzen die homogenen Gesteine gewisse Formen der Absonderung, welche sie durch Contraction bei dem Fest- werden annehmen. Sie sollten stets angegeben werden. Sie ist platten- förmig (gewöhnlich von 4 bis 5 Zoll Dicke), lamellar (von 4 Zoll ab- wärts bis zu Papierdicke, welche sich besonders bei Rhyolithen und Trachyten findet), prismatisch und säulenförmig (resp. in unregelmässiger und regelmässiger Weise senkrecht zur Oberfläche zerklüftet). Ausserdem sind Platten und Säulen zuweilen kugelig abgesondert. Die senkrechten Zer- klüftungsformen,, welche am häufigsten und vollkommensten bei Basalt vor- kommen, sind ein wichtiges geographisches Moment, indem sie es den Ge- wässern leicht möglich machen, tiefe Schluchten einzugraben, welche sich nach oben erweitern. Am gerossartigsten sind dieselben, wo horizontale Ba- saltdecken in grosser Mächtigkeit übereinander gelagert sind. Es entstehen breite terrassenförmige Abhänge, indem der Stirnrand jeder Decke gegen den der darunterliesenden zurücktritt und fast senkrecht abgebrochen ist. Es werden dadurch einzelne basaltische Plateau’s von’ einander abgesondert. Die Trümmerschichten sind bei Landvulcanen kegelförmig um den Krater gelagert, da sie aus der Luft niederfielen. Indem aber der Neigungs- . winkel der Ablagerung mit der Feinheit des Kornes abnimmt, bildet sich im Profil eine Curve, welche am Gipfel in der Regel mit Winkeln von 28 bis 30° beginnt und, wenn Raum zur seitlichen Ausbreitung gegeben war, bis zu dem geringen Betrag von 2° und 1° gegen den Fuss hin übergeht. Es ist wünschenswerth, dass die Gestalt der Curven bei recht vielen Vulcanen, deren Gesteinsnatur bekannt ist, festgelegt werde, damit man sehen könne, ob sie sich mit der Art des Gesteins ändert. Bei untermeerischen Vulcanen sind die Trümmer ebenfalls in Schichten angeordnet, welche einen äusserst flachen Kegel darstellen, gemeinhin aber als horizontal angenommen werden. Das gröbste Material häuft sich der Auswurfsstelle zunächst an; je feiner es ist, desto länger bleibt es suspendirt, um sich zum Theil in besondern Schichten auf das Grobe zu legen, zum Theil aber weit fortgetragen zu werden. Es wäre von Interesse, bei gehobenen und trocken gelegten Ablagerungen dieser Art ebenfalls die Curvengestalt nachzuweisen und das Maximum der Nei- sungen festzustellen. An Durchschnitten lässt sich der Wechsel solcher Tuff-- schichten (s. S. 265) genau beobachten. Sie sind stets auf Versteinerungen zu untersuchen, aus denen es sich ergiebt, ob sie im Meer oder im Süss- wasser abgesetzt wurden. Im letzteren Fall bieten sie oft besonderes In- teresse, indem sich jede Ausbruchsperiode kennzeichnet, Von den gröbsten # Conglomeraten, die zu unterst liegen, findet eine allmälige Abstufung nach A ce Fat Polhncheter: der eine durch Be here mikro- skopisches Leben charakterisirte Periode der Ruhe bezeichnet. In unmittel- arer Auflagerung foleen dann wieder die eröbsten Conglomerate, welche dem Anfang einer neuen Ausbruchsperiode entsprechen; und so folgen nicht selten eine Reihe von Ablagerungen, welche eine deutliche Geschichte des Vulcanismus der Gegend erzählen. Wo dünnflüssige Basalte ausgebrochen ‚sind, lagern wohl auch Decken dieses Gesteins zwischen Infusorienschichten. Diese Untersuchungen erstrecken sich auch auf die grossen vulcanischen Gebirge, die zuweilen voll von kleinen, mit Tuffen, Kieselerde (Kieselguhr, - Polirschiefer, Halbopale aller Art, verkieseltes Holz ete.), und Braunkohlen- flözen erfüllten ehemaligen Süsswasserbecken sind, und in den feineren Tuffen _ die Weberreste der Flora aus der Zeit der Ablagerungen bergen. Untersuchung eines einzelnen Vulcans. Wenden wir die viel- fachen bisher erörterten allgemeinen Gesichtspunkte auf den speciellen Fall _ eines Vulcans an. Es ı in Betracht: die Unterlage, das Gerüst und N der dem Gipfel eingesenkte Krater. Die Unterlage kann ein vulcanisches Gebirge sein, und dann ist der Vulcan entweder dem Kamm oder den Flan- ken desselben aufgesetzt (z. B. Rhyolithvulcane auf Andesitgebirge). Oder wulecanische Tuffe (z. B. Basaltvulcane auf Bimssteintuffen). Oder ein Vul- Schmarotzer auf dem älteren, oder der ganze Bau als ein combinirter Vul- eam zu betrachten, je nach der Rolle, welche der später entstandene spielt. Oder älteres Gebirge irgend welcher Formation. In allen bisher untersuchten “ auf die Schiehtenneigung der Unterlage bewirkt hat. — Der Vulcanke gel selbst besteht äusserlich im er Fall aus Lagen von Schutt, die wie _ eoncentrische Schalen übereinander liegen. Sie sind in der ae von _ dem in dem Krater endenden Bl anscenl durchbohrt, und der Kern _ besteht aus fester Lava, die in Gängen in die Schalen er und zwischen einzelnen derselben, sowie auf der Oberfläche der äussersten, sich stellenweise stromartig hinabzieht. Sie bildet ein Gerüst, welches den Bau zusammen- hält. Zuweilen ist der obere Theil des Schuttkegels eingestürzt, und ein zweiter Kegel mit Krater, dessen Axe mit der ersten nicht zusammenfällt, auf einem Theil des ursprünglichen Kegels aufgeworfen. Bei einzelnen sind mehrere Kegel mit ebenso vielen Krateren zu einem ganzen Bau vereinigt. Dies sind combinirte Vulcane. — Schon bei der Annäherung an einen Vul- can bestimmt der Beobachter die Profillinien des Berges durch Zeichnung mit der Camera oder durch das Klinometer. Beim Anstieg wird das Material in der unter 1) angegebenen Weise untersucht. Auf dem Gipfel ist der Bau "von Kraterrand und Kraterwänden, sowie die Thätiekeit im Kraterboden zu beobachten, die Weite und Tiefe des Kessels een und eine Skizze zu entwerfen, welche einen Grundplan der Lage der Nebenkratere zum Haupt- rater, der Wände eingestürzter alter Kratere u. s. w., mit Notirung der Höhenunterschiede, Sieht. Wo möglich sollte die Kartenskizze über den zen Vulcan, allseitig bis über seinen Fuss hinaus, ausgeführt und darauf alle sichtbaren Lavaströme verzeichnet werden. Man: wird finden, dass, ırend einzelne Kegel ihrer Unterlage unvermittelt aufsitzen, andere, und can selbst; dann ist entweder derjenige von späterer Entstehung als ein - Fällen scheint es, u die Bildung eines Vulcans keinen merkbaren Einfluss 272 v. Richthofen. en stalt des Bruchrandes stehen. Hierher gehören die auf S. 262 erwähnten Gebirgseinbrüche. Man wird nach diesem Gesichtspunkt, wenn darüber mehr Thatsachen vorliegen, vielleicht aufgesetzte und eingesenkte Vulcane unter- scheiden können. 5. Zeigen die Vulcane, wenn deren mehrere vorhanden sind, ein bestimmtes Gesetz in ihrer gegenseitigen «ruppirung oder in ihrer Lage zu vulecanischen Gebirgen? — Thätige und erloschene Vulcane müssen hierbei in Betracht gezogen werden. Die Frage lässt sich zwar am besten durch die Construction einer genauen Karte beantworten, doch reichen Com- pass und Auge oft hin, um die Anordnung mehrerer Kegel in einer geraden Linie zu zeigen. Zuweilen findet sich noch eine secundäre Anordnung in Linien, welche rechtwinklig zur ersten gerichtet sind. Doch kommen auch Gruppen vor, in welchen diese linearen Anordnungen nicht gelten. Nicht selten begleiten Vulcanreihen die Rücken vulcanischer Gebirge in gewissem Abstand, und besonders häufen sie sich an deren Enden. 6. Wie verhalten sich ganze vuleanische Gebiete zu ihren Umgebungen? — Es ist von hoher Wichtigkeit, die vulcanischen Gebiete in ihrer Ge- sammtheit auf Karten niederzulesen, um ihr Verhältniss zu den nicht vul- canıschen Gegenden zu constatiren. Wo Studien der Art vorliegen, findet . man, dass die vulcanischen Gebirge, einschliesslich der erloschenen und thä- tigen Vulcane, Gebirgszügen parallel sind, welche aus älteren Formationen bestehen (Vihorlat-Gutin Zug in den ungarischen Karpathen), oder dass sie die Querverwerfung eines Gebirgszuges bezeichnen (Eperies-Kaschauer Zug in Ungarn), oder den Raum einnehmen, in welchem ein ganzes Gebirge (Sierra Nevada in Californien am Lassen’s Peak und Mount Shasta) einen Einbruch erlitten hat. Manchmal beschränken sich die Vulcane auf eine Bucht, die von Gebirgen umschlossen wird; auch werden ihre’ geraden Züge durch Gebirge abgelenkt. Von den planetarischen Gesetzen der Verbreitung der Vulcane und der grossen Anhäufungen vulcanischer Gesteine seien hier nur einige T'hatsachen, welche dem Reisenden eine gewisse allgemeine Orien- tirung zu geben vermögen, erwähnt: 1) dass sie sich besonders dort häufen, wo Oontinente mit ihren Spitzen gegeneinander gerichtet und entweder be- reits verbunden sind, oder einer Verbindung durch Hebung entgegengehen (Central-Amerika, Alaska-Kamtschatka, Ostindische Inseln und Australien, Türkische Halbinsel und Kleinasien); 2) dass sie die Bruchränder der Con- tinente begleiten (Westabfall der Anden und Cordilleren; Kette von Manila über Formosa, Liu-kiu, Japan, Kurilen); 3) dass sie sich an die Nähe der gegenwärtigen Meeresküsten oder derjenigen der Tertiärperiode halten; 4) dass, als Ausnahme von dieser Regel, eine grosse Verbreitung auf einigen » Plateau’s stattfindet, welche seit langen Perioden einen Wasserabfluss nach dem .Meere nicht gehabt haben (Plateau zwischen Sierra Nevada und Felsen- sebirge). Steppen und Wüsten (Lössbildung). Wenn der Reisende die weite Steppe betritt, so wird er das Feld geo- logischer Forschung beendet glauben. Doch bieten sich gerade hier Fragen von grosser Tragweite. Man muss von geologischem Gesichtspunkt zwei Arten von Steppen unterscheiden, die auch der Geograph und der Botaniker als verschieden anerkennen werden, nämlich die mit Abfluss versehenen Steppen (wie die Haiden Norddeutschlands, die Puszten Ungarns, die Tundren oder Moossteppen von Nordrussland und Sibirien, die Grassteppen von Südrussland, die Prärien von Nordamerika, die Pampas von Südamerika) u er die abflusslosen oder ne Insgemein unterscheidet man sie nicht, weil beiden der Charakter weiter Verebnung, allgemeiner Oede und Einförmigkeit, und des Vorwaltens von Graswuchs, fast zum gänzlichen Ausschluss von Baumvegetation, gemeinsam ist. Der grosse geologische Un- terschied, welcher sich in allen ökonomischen Verhältnissen, wie in denen der Bevölkerung und Vegetation widerspiegelt, besteht darin, dass in denjenigen - Steppen, deren Gewässer nach dem Meere abfliessen, die Salze, welche der “Boden ursprünglich enthalten haben mag, die Zersetzungsproducte, sowie die mechanisch vom Wasser losgelösten oder von den Gebirgen der Umgebungen abgespülten Bestandtheile, ebenfalls ihren Abzug dorthin haben, während die abflusslose Steppe in einzelne Becken getheilt ist, deren jedes den Zufluss eines bestimmten Gebietes in sich aufnımmt, und die löslichen wie die mechanisch fortgeführten Zersetzungsproducte in dem Bereich des Beckens selbst bleiben. Salzsteppen kann man sie nennen, weil-in Folge dieser Zu- rückhaltung der Boden stets mit Salzen imprägnirt ist; überdies hat fast jedes Becken in seiner Mitte einen See von concentrirter Salzlösung, aus dem das Wasser verdunstet. Durch die Ablagerung der unlösbaren Zer- setzungsproducte an Ort und Stelle wird der Boden der einzelnen Salz- steppenbecken auf Kosten der durch die allmälige Abtragung verlierenden Umgebung erhöht. Zu den Gegenden der Salzsteppen gehören: das Land zwischen der Sierra Nevada und dem Felsengebirge in Nordamerika, ein Theil von Mexico, die Wüste Atacama in Südamerika, das Innere von Australien, das ganze Hochland von Centralasien, soweit nicht die Abführung der Gewässer nach dem Meere stattfindet, grosse Theile von Persien, Ara- bien und dem nördlichen Afrika — Gegenden welche in den Bereich vieler , der Reisenden, für welche diese Bemerkungen bestimmt sind, kommen werden. Die Gegend des Kaspischen Meeres, ale und Balkhash-sees, sowie Theile der on, bilden Uebergangsstufen, da sie vom Ocean abgetrennt wurden, und die Umgebungen ihren Salzgehalt grossentheils der we des Meerwassers zu verdanken haben. Während die Steppen der ersten Art im Ganzen eben oder leicht ansteigend sind und Theile von Niederungen bil- den, finden sich in den Gebieten der Salzsteppen grosse Höhendifferenzen, und sie sind im Wesentlichen als Hochländer zu betrachten. In dem cen- 'tralasiatischen Gebiet z. B. sind die Höhenunterschiede grösser als in Europa, wenn auch in jedem einzelnen Becken die Oberflächenformen sanft, die Neigungen gering sind. Zur Beobachtung empfehlen sich folgende Jedem verständliche Punkte. | Die Öberfächengestalt der Ausfüllung ist bei einigen Becken festzustellen, * die Differenz der Meereshöhe an den Seiten und in der Mitte, und die Winkel der Böschung in verschiedenen Theilen zu bestimmen. Die Aen- derung im Salzgehalt von den Rändern nach der Mitte hin sollte wenigstens „bei einem ausgezeichneten Becken untersucht und die efflorescirenden Salze ER häufiger gesammelt werden. Welches sind die Begrenzungen des Beckens? E sind es hohe Gebirge oder sanft gerundete Rücken? Wie ist der Neigungs- winkel derselben an der Stelle, wo die Oberfläche der Beckenausfüllung an die Abhänge ansetzt? auf welche Tiefe des Kessels und (daher) le SER Mächtigkeit der Ausfüllung darf man schliessen? Wie gross ist der jährliche - derschlag auf der Fläche eines Beckens? Wie A sich derselbe aus den eorentzenden Gebirgen, wenn deren vorhanden sind? Entströmt er ihnen in starken Flüssen? und wie lagern dieselben, wenn sie vorhanden sind, ihre Sedimente bei dem Austritt aus jenen ab? Geben die Flüsse beim Austritt zu künstlicher Berieselung Anlass? versiegen sie später, oder erreichen sie das Anleitung zu wissenschaft]. Beobachtungen auf Reisen. i 18 Vo v Bichthein: centrale Seebecken? Fliessen sie in mehreren seichten Armen, oder in einem scharf begrenzten Canal? Geht man auf das Gebirge hinauf, so wird man oft jenseits der Wasserscheide kleine abgeschlossene Becken in hoher Lage finden, und an dem Kamm werden andere Becken beginnen, welche sich zwischen ihm und den nächsten Kämmen ausbreiten. Die wichtigste Frage für den Geologen ist aber: Woraus besteht die Ausfüllung der Salzsteppenbecken? Offenbar sind es nur in der Mitte wahre Sedimente; der Rest besteht in subaä@rischen Gebilden, wobei das Herab- spülen der Zersetzungsproducte von benachbarten Gehängen durch das Regenwasser, ihre Ausbreitung über die Fläche der Steppe und ihr Zurück- halten durch die Grasvegetation eine wichtige Rolle spielen. Einen Auf- schluss kann man in der Steppe selbst nie erwarten, da die Neigungen zu gering sind, als dass die Flüsse in den Boden einschneiden könnten. Man muss sie dort suchen, wo veränderte Bedingungen eine tiefe Erosion möglich gemacht haben, z. B. wo durch Aenderung der klimatischen Verhältnisse einige an den Grenzen eines Salzsteppengebietes gelegene Becken mit Wasser ange- füllt wurden, dieses sich einen Ausweg grub, und nach und nach Flüsse ent- standen, welche mehrere der alten Becken durchströmen. Ich habe nachzu- weisen gesucht, dass im nördlichen China weite Gegenden im Charakter der Oberfläche mit dem der Salzsteppen, wie sie in der Mongolei noch existiren, übereinstimmen, aber von nach dem Meere strömenden Flüssen tief durch- schnitten sind. Dort besteht die ganze Ausfüllung der Becken aus Löss, der über: 1000 Fuss Mächtigkeit erreicht, und, wenn die erste Annahme richtig ist, gebildet wurde, als ein regenarmes Continentalklima herrschte. Nur an den Rändern nimmt Gebirgsschutt an der Ausfüllung Theil, und ım Centrum jedes Beckens tritt insofern eine Aenderung ein, als dort die Ge- bilde geschichtet sind, das Wasser schwer durchlassen und von Salz am stärksten imprägnirt sind, als Zeugniss der einstigen Anwesenheit eines Salzsees. Wahrscheinlich bestehen die Ausfüllungen sämmtlicher Salzsteppen- becken von ÜOentralasien aus demselben Löss.. Aehnliche Gebilde wie der Löss von China finden sich, wie es scheint, um ganz Centralasien herum, in Tibet, am oberen Indus, am Tien-shar und in anderen Gegenden, sind aber bisher der Beobachtung entgangen. Die Untersuchung dieses Verhältnisses wäre sehr erwünscht. Der Löss ist vom Lehm dadurch unterschieden, dass er mit Structur begabt ist, indem seine sehr poröse Masse von feinen in- erustirten verticalen Röhrchen durchzogen ist, welche die frühere Lage von Graswurzelfasern bezeichnen. Er ist ungeschichtet, zerklüftet vertical, saugt Wasser auf, und enthält zahlreiche Gehäuse von Landschneeken, sowie Knochen diluvialer Säugethiere. Beides sollte der Reisende sammeln. Das Wasser ist in tiefen Schluchten eingeschnitten, deren Wände ın senkrecht abstürzenden Terrassen nach oben auseinandertreten. — Es wäre von grossem Interesse, einerseits zu untersuchen, in wie weit der Löss auch in anderen Gegenden . auf trockenem Land gebildet wurde, und andererseits, wie in anderen Salzsteppen- Gegenden die Ausfüllungen der Becken beschaffen sind. Sind vielleicht die „Mauvaises Terres“ von Nebraska, Dakota und anderen westlichen Territorien der Vereinigten Staaten, mit ihrer überreichen Säugethierfauna und den tief ausgewaschenen Schluchten, subaörische, dem Löss entsprechende Bildungen? Besondere Aufmerksamkeit sollte den Stürmen, welche in solchen Ge- senden häufig sind, gewidmet werden. Dieselben führen. grosse Staubmassen weit mit sich fort, "welche zur Erhöhung des Bodens beitragen, indem der niederfallende Staub von der Grasvegetation festgehalten wird. Wo der Wind in gänzlich resenlosen und vegetationslosen Gebieten die feinen Lehmtheilchen “= Geologie. ? RE en entführt, bleibt Sand übrig. Dies ist ein ern Flugsand. -Wüste in Genen ist wahrscheinlich zum Theil in dieser "eise gebildet. Durch das Vorherrschen einer bestimmten Windrichtung undert der Flugsand nach einer Himmelsgegend allmälig fort, und es Ben ie ce Fragmente zurück; ‚die weicheren unter ihnen werden durch ® fo a dass die Wüsten alter Meeresboden seien und dies ihre Natur erkläre, gänzlich ungenügend ist. Wüsten können wahrscheinlich verschiedenen Ursprung haben. Wo 'Sandsteingebirge abgeholzt sind, sieht man oft Theile ihrer Oberfläche, selbst in klimatisch begünstieten Ländern, in Sand aufgelöst, welcher wandert, sich _ über fruchtbaren Boden ausbreitet und die Ausdehnung der wüsten Strecke vermehrt. Tritt regenloses Klima ein, so können wahrscheinlich ganze Tafel- länder von Sandstein in ähnlicher Weise umgewandelt werden; wo aber die Lagerung wellig ist, werden Kalksteine in Riffen und Zügen stehen bleiben, während der Sandstein aufgelöst wird. Auch hier wird der Wind eine $ai- b ‚gerung ausführen, und den san Sand nach gewissen Richtungen fortführen, während die Gerölle, welche in den oe einen hlegken. waren; R . Surüekbeien Dies dürfte auf die Entstehungsweise er Wüsten, be- ee sonders im Innern von Afrika, anwendbar sein. Oasen können natürlichen und künstlichen Ursprungs sein, und haben AR cn beiden Fällen geologisches Interesse. Welchen Umständen verdankt de A Be ice Oase uns Besen Ist sie durch diejenigen Gesteine, deren Ober- we äche Wüstencharakter hat, in solche eingesenkt, welche fruchtbaren Boden N. . und vermöge einer das Wasser a Ennselalgessemdlen Unterlage im ’ Eee hkiekeitszustand erhalten werden? Wie kommt es, dass sie a mit Flagsand überführt worden ist? Hat es früher in der Nähe noch andere een gegeben, welche im Lauf der Zeit verschüttet wurden? — Künstliche Oasen sind dort angelegt, wo salzhaltiger Boden ausgelaugt und bewässert werden konnte, wie an solchen Stellen der Steppen des Hochlandes von Centralasien, wo Gebirgsbäche auf sie münden, z. B. am Südfuss des Tien- _shan. Welchen Einfluss hat die Anlage von Berieselungsoasen auf die Geo- - graphie der Gegend ausgeübt? Hat sie durch die Vergrösserung der Ver- “dunstungsfläche die Verkleinerung des Sees, dem das Ar nn, zur Folge gehabt?*) 4 Nutzbare Mineralien. | Kohlenlager. nicht gewonnen wird, kann ein glücklicher Zufall auf ihre late solar führen. Denn selbst wenn Dieses Problem bietet sich beispielsweise bei dem Lob-nor, welcher in histo- Ya &it weit grösser als jetzt gewesen zu sein scheint. Verdänkt der Aralsee, wie ö muthet, seine Verkleinerung der äusgedehnten Berieselung von Khiwa? und | cht demselben Umstand die Austrocknung des nach dem Kaspischen Meer ge- es des zuad, a niapen: [7 976 “ v. Richthofen. doch einerseits nicht mit Sicherheit auf deren Vorkommen rechnen, und an- dererseits selten hinreichende Aufschlüsse erhalten, um darüber etwas festzu- stellen. In vielen Ländern haben die Eingeborenen die Eigenschaften der Steinkohle kennen gelernt, und beuten sie so weit aus als ihre einfachen Mittel es erlauben. Gelingt es, die Orte auszukundschaften wo dies ge- schieht, so geben sie passende Anhaltspunkte für den einzuschlagenden Reise- weg; denn man darf an ihnen stets allgemein werthvolle geologische Auf- schlüsse erwarten, für die es sonst oft schwer ist, einen Fingerzeig zu erhalten. Kommt man an einen Ort wo Bergbau getrieben wird, so hat man zuerst den Charakter der Kohle, des Flözes welches sie führt, und der ein- schliessenden Schichten zu untersuchen. Ist die Kohle von schwarzer oder schwarzbrauner Farbe? oder giebt sie, wenn sie schwarz ist, beim Zerreiben ein braunes Pulver? ist sie fest oder zerfallend, spröde oder mild, mit dem Messer schwierig oder leicht zu ritzen? hat sie einen muschligen, splittrigen oder erdigen Bruch? ist sie in Lagen abgetheilt (schiefrig) oder homogen, oder spiegelklüftig? enthält sie Verunreinigungen (erdige oder schiefrige Be- standtheile, Schwefelkies, dünne Blättehen von Dolomit), oder ist sie frei davon? Brennt sie ohne Flamme und Rauch, oder auch nur mit einer schwach bläulichen, nicht leuchtenden Flamme (in beiden Fällen Anthraeit), oder mit schwacher gelber und wenig russender Flamme (magere Kohle), oder mit langer stark russender Flamme (fette Kohle)? Geschieht beim Verbrennen ein Aufkochen und Zusammenbacken der Stücke (kokende oder backende Kohle), oder verbrennen sie ohne merkliche Aenderung und ohne sich zu ‘vereinigen (Schmiedekohle)? Hinterlässt sie viel oder wenig Asche? ist diese im erstern Fall fein und leicht, oder bleibt sie in Stücken (Klinker)? Brennt die Kohle leicht bei offener Luft, oder bedarf sie eines starken Zuges? Wird am Orte selbst Koks bereitet, und wie geschieht dies? wie sind die Oefen con- struirt, in denen die Eingeborenen die Kohle verbrennen? „- Den Oharakter des Flözes kann man nur durch Befahren der Grube wirklich kennen lernen. Dies ist oft nicht ausführbar, und man ist auf Ausfragen angewiesen. Die Angaben über die Mächtigkeit lassen sich controlliren, indem man die Länge der Grubenhölzer, welche als Stützen dienen sollen, misst. Es fragt sich dann, ob die Kohle durch die ganze Mächtigkeit gleich ist, oder in den han- genden oder liegenden Theilen einen anderen Charakter annimmt. Es ist ferner zu erforschen, ob mehrere Flöze übereinander aufgeschlossen, und durch wie viel Zwischenmittel sie von einander getrennt sind. Man erhält darüber meist unbefriedigende Auskunft, da die angewendeten einfachen Methoden gewöhnlich nur den Abbau eines Flözes durch eine Grube erlauben. Wenn die Flöze unter einem Winkel gegen die Oberfläche geneigt sind, so wird in ‚der Regel eine Reihe von Gruben ein Flöz bezeichnen. Findet sich dann in gewissem Abstand eine andere, parallele Reihe von Gruben, so wird man aus dem Studium der Schichten ermitteln können, ob sie ein zweites Flöz, und ob fernere Reihen von Gruben noch andere Flöze bezeichnen, oder ob man es mit Verwerfungen zu thun hat. In Gebirgsgegenden kann man die Flöze oft an Gehängen in Schichtendurchschnitten sehen. Sie sind dort so verän- dert, dass man den Charakter der Kohle und die Mächtiekeit nicht erkennen kann; aber die Frage der Mehrheit der Flöze und ihrer Abstände lässt sich alsdann lösen. — Das Studium der einschliessenden Schichten ist wichtig, theils weil man nur dadurch die Formation bestimmen kann, der die Kohle angehört, theils weil man dadurch in den Stand gesetzt wird, festzusetzen, ob andere Flöze, die man in derselben Gegend findet, mit dem ersten in gleicher Inne a a WGeoldeierti ey he) erung, oder von ihm hinsichtlich der Stellung in der Schichtenreihe ver- ieden sind. Fast immer sind Steinkohlenflöze von dunklen Schieferthonen gleitet, entweder nur im Liegenden, oder im Liesenden und Hangenden, während die einzelnen Flöze mit ihren zugehörigen Schiefern durch Schichten von Sandstein und Oonglomeraten von einander getrennt sind, und das oberste häufig noch durch sehr mächtige Folgen rother Sandsteine überlagert wird. Die Schiefer führen fast stets Pflanzenabdrücke, diejenigen des Liegenden hauptsächlich die Wurzelstöcke, diejenigen im Hangenden die Stengel und Blätter. Wenn Flöze geringe Mächtigkeit haben, werden zur Erleichterung des Abbaues Theile der oberen Schiefer, seltener Theile der unteren mit ge- a fördert und auf Halden gestürzt. Hier hat man sorgfältig nach Pflanzen- h _ resten mit deutlich erhaltener Blattnervatur zu suchen, aus denen das Alter der Formation bestimmt werden kann. Es giebt auch Kohlenflöze, welche zwischen Schichten von Kalkstein lagern; doch auch sie sind fast ausnahmslos von Schiefern begleitet. Der Kalkstein wird an der Grenze der Schiefer gewöhnlich mergelig und umschliesst Meeresconchylien, welche eine noch sicherere Altersbestimmung als die Pflanzen erlauben. Besonders werthvoll ist die letztere, wenn die Versteinerungen aus Schichten stammen, die zwischen den Flözen liegen. Bei wirklicher Steinkohlenformation findet man gewöhnlich als Liesendes sehr mächtige, gebirgsbildende Kalksteine (den Bergkalk), welchen dann die langen Reihen von Sandsteinen und Schiefern oft in vielen tausend Fuss Mächtigkeit folgen. Es ist dann festzusetzen, ob die Kohlenflöze sich in verschiedenen Niveaus dieser Schichtfolge wieder- I holen, und wie sie in jedem einzelnen Niveau beschaffen sind. Be Mit der Beantwortung dieser Fragen verbindet man die Untersuchung des Grubenfeldes, sei es dass dasselbe einen Theil eines Gebirgsabhanges - bilde und ein zwischen anderen Formationen eingeschlossenes, in seiner La- _ gerung viel gestörtes Fragment einer früher ausgedehnteren Formation darstelle, oder in ebenem Lande weit und regelmässig ausgebreitet sei, oder in an- derer Weise auftrete.e Mit Compass, Bleistift und Papier verfolgt man die ‚ Lagerung bis zu den Grenzen gegen ältere Formationen, wenn sich diese feststellen lassen, und verfertist eine Skizze von dem gesehenen Theil des Grubenfeldes, sowie Entwürfe der Lagerungsverhältnisse, mit genauer Ein- zeichnung aller Streichrichtungen und Fallwinkel. Der einfachste Fall ist ‚gegeben, wenn kohlenführende Schichten ungestört in einer von älteren Ge- ' steinen im Halbkreis begrenzten Bucht gelagert sind. Besonders findet man tertiäre Braunkohle, sowie überhaupt jüngere Kohle, häufig unter solchen Verhältnissen. Zuweilen sind es nur kleine Becken, zuweilen sind sie von } ausserordentlicher Grösse (wie das gegen 4500 deutsche Quadratmeilen um- CR % -fassende Steinkohlenbecken der Provinz Sz’-tshwan in China). Durch Aus- {' einandertreten der beiden Flügel entstehen Uebergänge dieser Buchteinlage- Eh zungen in solche Kohlenfelder, deren Schichten einem Gebirge vorliegen und | demselben angelagert sind, und endlich in solche, welche eine ganze Mulde N zwischen zwei Gebirgen ausfüllen. Grössere Schwierigkeit bietet sich der Untersuchung, wenn durch nachträgliche Störungen die kohlenführenden Schichtensysteme Hebungen und Faltungen erfahren haben, von Eruptivge- inen durchbrochen und zum Theil durch Erosion fortgeführt sind. Die “ohlenschichten werden dann zu Nebenzonen von Kettengebirgen aufgebogen, oder bilden welliges Land zwischen zwei Gebirgen, oder sind hier und da in einem, zwischen anderen Schichtgesteinen eingeklemmten und hoch aufge- j% richteten Fragment einer alten Buchteinlagerung mitten in Gebirgen anzu- treifen. ‚Solche Umstände sind von der grössten Wichtigkeit für die Be- # 8. v. Richthofen. 5 ; stimmung des ökonomischen Werthes des Kohlenfeldes. Wissenschaftliche Ausbeute erhält man oft am reichsten von solchen, welche nur einen unter- geordneten praktischen Werth haben; es sollte daher keines seiner geringen Bedeutung wegen übersehen werden. Der ökonomische Werth eines Kohlenfeldes hängt ausser von der Lagerung und der Beschaffenheit der Kohle auch von der geographischen Lage ab. Es ist. von Interesse zu wissen, wie weit das Product gegenwärtig verführt wird und wie weit es bei Verbesserung der Verkehrsmittel verführt werden könnte, Die- Entfernung nach einem Hafenplatz oder einem schifibaren Fluss sollte stets er- fragt und die Gelegenheit zur Anlage vollkommenerer Beförderungsmethoden er- forscht werden. Auch sind Angaben über die beim Bergbau angewendeten Me-- thoden, die Mittel zur Förderung und Wasserhebung, den Betrag der täglichen Förderung, die Kosten derselben, die Höhe des Tagelohns, die Preise der Mate- rjalien stets erwünscht; sie müssen sofort in das Notizbuch eingetragen werden. Erzlagerstätten. — Der Reisende sollte nie unterlassen, zu erfragen,, woher das Eisen, Kupfer, Blei, Zink, Zinn, Silber, Gold, das die Eingeborenen anwenden, bezogen wird. Nur nach oft wiederholter Nachfrage kann er einigermaassen sicheren Aufschluss bekommen. Ergiebt sich daraus, dass. er Gelegenheit hat eine Erzlagerstätte zu besuchen, so sollte er sie nicht. versäumen. — Eisenerze sind besonders wichtig, wenn sie in einer kohlen- führenden Formation auftreten. Sie halten sich dann gewöhnlich an schiefrig-- thonige Einlagerungen, denen sie in kleineren oder grösseren Resten inne- liegen; seltener bilden sie fortlaufende Lager. Thoneisenstein und Braun- eisenstein walten unter solchen Verhältnissen vor. Es ist dann die Art der Vertheilung, die relative Menge des Erzes und seine Qualität zu untersuchen. Belegstücke sollten sowol von den besten Sorten als von den an Masse vor- waltenden gesammelt werden. Magneteisenstein und Kotheisenstein bilden Lagerstätten von grossartigem Umfang vorwaltend in krystallinischen Schiefern.. Es sind bei ihnen die folgenden Punkte zu berücksichtigen: Welches sind die begleitenden Gesteine? (es ist besonders auf Hornblendeschiefer, Chloritschiefer, krystallinischen Kalkstein und Serpentin zu achten). Finden sich massive Erze in regelmässigen Zwischenlagern (Mächtigkeit,. Anzahl, Fallen und Streichen, Art der trennenden Mittel), oder in mächtigen, linsenföormigen oder stockförmigen Massen (Ausdehnung derselben)? Wie ver- hält sich deren längste Axe zum Streichen und Fallen der Schichten? Sind. die Nebengesteine von Erzen imprägnirt (Fallbänder)? Welche Mineralien finden sich als Verunreinigungen in den Erzkörpern? Eisenkies tritt im sehr ausgedehnten Zwischenlagern und Reihen ungeheurer Linsen in Thon- schiefern und Glimmerschiefern auf. Er wird zur Darstellung von Eisem nicht verwendet, ist aber in dieser Art des Auftretens in neuerer Zeit durch den gewöhnlich vorhandenenen geringen Gehalt an Kupfer zu einem wich- tigen Erz für die Gewinnung dieses Metalls geworden (besonders in Süd- spanien). Spatheisenstein tritt, gleich den genannten Erzen, in grossen Einlagerungen in den älteren Formationen auf. Auch der Raseneisenstein, welcher sich unter dem Einfluss der Vegetation an sumpfigen Stellen bildet, ist von Bedeutung geworden, seitdem Schweinfurth gezeigt hat, welche Wich- tigkeit für die Darstellung eines vortreflichen Eisens er in Oentralafrika hat. Die anderen Metalle kommen, mit Ausnahme einiger nicht unwichtiger Kupfererzlagerstätten, vorwaltend auf Erzgängen vor, d.h. in Spalten, welche verschiedene Gesteine durchsetzen und auf dem Wege chemischen Nieder- schlags, insbesondere durch Sublimation von unten und durch aufsteigende Ther- malgewässer, ausgefüllt worden sind. Ihre Bildung hängt in der Regel mit Vorgängen zusammen, welche das Aufsteigen von Eruptivgesteinen durch andere Spalten zur Folge hatten. Das Studium der letzteren in Erzdistrieten = EL "besonders wichtig; denn allgemeine Schlüsse lassen sich erst s der Ansammlung zahlreicher T'hatsachen ziehen. Da die jüngsten Schicht- gebilde auch nur von den jüngsten Eruptivgesteinen, die älteren aber von allen Eruptivgesteinen durchbrochen werden konnten, so ist es wahrscheinlich ' daraus zu erklären, dass je älter eine Formation, desto grösser in der Regel ihr Reichthum an Erzgängen und die Mena derselben ist. Bei _ dem einzelnen Erzgang ist zu untersuchen: das Streichen und Fallen, die _ Mächtigkeit in verschiedenen Theilen, ferner die Grenze gegen das Neben- gestein; das Gangmittel kann scharf gegen dasselbe sich abgrenzen, und ist dann gewöhnlich durch eine dünne, lettige Lage (Besteg) davon getrennt, oder es "kann (und dies ist oft am Teen a dien 5 Fall) allmälıg in esseilge über- gehen, indem zahlreiche Bruchstücke des Nebengesteins dem Gangmittel inne- liegen, und das letztere in zersetzte Massen von jenem eingreift, oder sich in kleinen Gängen und Schnüren hinein verzweigt. Dann ist das Gangmittel zu untersuchen, ob es Quarz, Kalkspath, Eisenspath, Flussspath, Schwerspath, oder nur Erz ist, ferner die Erzvertheilung: sind die Erze eingesprengt, oder in abwechselnden, den Seitenwänden parallelen Lagen angeordnet? und wie ist die Aufeinanderfolge? Finden sich hohle, mit Drusen bekleidete Räume, und wie folgen in diesen die Mineralien auf einander? Selten ist ein Gang in seiner ganzen Ausdehnung in gleicher Weise von Erzen erfüllt; sondern wenn man einen horizontalen Querschnitt durch den Gang legt, wechseln in ge- wissen Entfernungen erzarme und erzreiche Mittel. Es hat sich an vielen Gängen gezeigt, dass die reichen Mittel einzelne Erzkörper darstellen, welche in schiefer Richtung nach der Tiefe ziehen. Der Abbau wird darüber Auf- schluss geben. Ebenso hat sich oft gezeigt, dass die Erzführung aufhört, wenn der Gang in ein anderes Gestein übersetzt; auch darüber sind That- sachen zu sammeln. Wo mehrere Gänge vorhanden sind, ist festzustellen, ob sie sämmtlich einander parallel sind, oder einzelne, Hansa en ee Systeme paralleler Gänge darstellen; ob sich die Gänge kreuzen und an den Kreuzungsstellen Anreicherung des durchsetzenden Ganges stattfindet, oder ob sich zuweilen zwei Gänge mit einander vereinigen (scharen) und ob dies auf die Erzführung von Einfluss ist; ob sie sich in Gangmittel und Art der Erze von einander unterscheiden. Aus dem Studium der Eruptivgesteine der Umgebungen wird sich ergeben, ob die Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass verschiedene derselben mit verschieden gerichteten Mineralgängen in ‚Verbindung stehen. Gold findet sich vorwaltend auf Quarzgängen, welche: in Formationen jeden Alters, am meisten aber in den primitiven und metamorphisch krystallinischen Schiefern auftreten. Es ist meist an Eisenkies gebunden, und kommt vielfach mit Erzen von Kupfer, Blei, Silber ete. zusammen vor. — Silbererze haben vielfaches Vorkommen, meist in Verbindung mit vielen anderen Erzen. Die Hauptmasse des Silbers wird jedoch aus Gängen gewonnen, die in Propylit oder Grünsteintrachyt aufsetzen, dem Eruptivgestein welches die Ausbruchs- thätigkeit der Periode der vulecanischen Gesteine eröffnete (S. 266); sie stehen anscheinend in genetischer Verbindung mit Ausbrüchen von Rhyolith oder Trachyt. Es wäre von hohem Interesse, zu erfahren, inwieweit die Silbererzgänge von Mexico und Peru dieser Art des Vorkommens angehören. Gänge im Propylit sind oft sehr mächtig und enthalten ausserordentlich grosse Erzkörper. Silber- erzgänge in Kalkstein sind meist unregelmässig, indem sie mit dem reichsten Erz erfüllte Weitungen enthalten, die durch schmale Schnüre. verbunden sind. _ Regelmässige aber weniger wichtige Silbererzgänge finden sich in allen älteren Mr "Formationen. — Vielfach wird Silber aus Bleierzen gewonnen, besonders wo Rn diese auf Gängen vorkommen. Bleierzgänge sind allenthalben häufig, aber nur % Arne eine verhältnissmässig eringe Zahl von ihnen ist abbauwürdig. An vielen Orten Di: finden sich in Kalksteinen verschiedener Formationen Putzen und Nester von af Bleiglanz, und stellenweise wachsen diese zur Ausfüllung grosser Hohlräume an; A 280 v. Bichlhefen. sie sind dann unregelmässig durch das Gestein vertheilt und durch Schnüre ver- bunden. Gewöhnlich ist der Bleiglanz mit Zinkblende und anderen Schwefel- metallen vergesellschaftet. — Kupfer erreicht seine grösste technische Bedeutung im Kupferkies, der gewöhnlich mit Eisenkies verbunden ist und in sehr grossen Massen auftritt. Das Vorkommen ist ähnlich den Lagermassen des Eisenkieses. Kupfererzgänge sind ebenfalls ausserordentlich häufig und zuweilen sehr wichtig, stehen aber im ganzen an Bedeutung hinter ienen grossartigen Anhäufungen zurück. — Zinnerz tritt in der Regel in sogenannten Stockwerken auf. Das Gestein (gewöhnlich Granit, in Japan Sandstein) ist entlang gewisser Richtungen von kleinen Schnüren durchschwärmt, welche Zinnerz mit anderen Mineralien führen. — Quecksilbererze (Zinnober) haben die unregelmässigste Vertheilung. Das Gestein, in dem sie aufsetzen, ist gewöhnlich von kleineren Gängen und Gangtrumen durchzogen, zwischen denen sich‘ hier und da eine grössere Anhäufung des Minerals findet. Die Orte an welchen Erzbergbau, insbesondere auf Gängen, betrieben wird, sollten stets auch im Hinblick auf das Vorkommen gut krystallisirter oder seltener Mineralien untersucht werden, da dieselben sich hier am meisten finden und in grösster Menge an die Oberfläche gefördert werden. Doch kann man auf diesem Gebiet ohne Specialkenntnisse nicht mit Erfolg sammeln. Ein Gesichtspunkt verdient eingehendere Beachtung. Aus vielfachen Unter- suchungen scheint es hervorzugehen, dass diejenigen Gegenden, wo vulcanische Gesteine zum Ausbruch gelangten, von jeher der Sitz eruptiver Thätigkeit ge- wesen sind, indem jenen porphyrische und granitische Gesteine vorangingen. Nach dem eben gesagten ist die Bildung von Erzgängen an das Auftreten von Eruptivgesteinen gebunden. Nun giebt es Gegenden, in denen die mit dem Ausbruch der vulcanischen Gesteine verbundenen Vorgänge anscheinend nicht vermocht haben, Erzgänge hervorzubringen, und solche Gegenden be- sitzen überhaupt wenig oder keine Erzgänge, indem auch die früheren Erup- ‚tivgesteine ihre Bildung nicht veranlasst haben. Dagegen giebt es andere Länder, wo der Vulcanismus der Tertiärzeit ausserordentlich reiche Erz- gänge hervorgerufen hat. In solchen Ländern ist auch die Ausbruchsthätig- keit früherer und frühester Zeiten mit der Entstehung bedeutender Erzlager- stätten in Verbindung gewesen. Ob dies ein allgemein geltendes Gesetz ist, muss weitere Beobachtung entscheiden. Die Bildungszeit der einzelnen Erz- gänge festzusetzen ist die dazu nothwendig zu lösende Aufgabe. Das Gesetz bezieht sich nicht in derselben Form auf solche Gegenden, wo vulcanische Gesteine nicht auftreten. Noch ist des Vorkommens von Erzen in Schwemmbildungen zu erwähnen, dem der Reisende häufiger begegnen wird. Am ver- breitetsten sind die goldführenden Schwemmgebilde. Sie sind eigentlich überall vorhanden, besonders wo Flüsse aus krystallinischem Schiefergebirge kommen. Meist sind sie so arm, dass sie nicht ausgebeutet werden. Wo man sie bearbeitet, hat oft die Thatsache der Gewinnung von Gold zu der Vermuthung geführt, dass das betreffende Land reich an diesem Metall sein müsse. Doch wird sich der sorgfältige Reisende überzeugen, dass der Gewinn in der grossen Mehrzahl der Fälle geringer ist als der Tagelohn in der betreffenden Gegend. Durch Anwendung der Kraft schnell strömenden Wassers an Stelle der menschlichen Arbeit sucht man die Kosten zu ver- ringern. Es ist daher bei der Untersuchung von goldführenden Ablagerungen darauf zu achten, ob die Einführung einer solchen Kraft möglich sei, und wenn dies der Fall ist, ob die Kosten und Schwierigkeiten im Verhältniss zu dem Reichthum der Ablagerung stehen. Wer Uebung hat, kann aus der Menge des Goldes das in je einer Pfanne von bestimmtem Inhalt aus dem re alt der rung mit Aunähernden Bichkiokeie! in Zahlen Ol deicken Den Schwankungen derselben muss dabei Rechnung getragen werden. Die grösste Concentration des Schwemmgoldes ist am Grunde von Flussbetten, besonders von verlassenen, zu suchen, wo dieselben mit starkem Gefälle quer gegen das Streichen harter Schichtgesteine gerichtet sind und eine Wirbel- bewegung im Wasser stattgefunden hat. — Zinnführendes Schwemmland kommt in einzelnen Gegenden vor. Der Zinnstein findet sich darin in run- den Körnern von verschiedener Grösse, Die Auffindung neuer Lagerstätten von Schwemmzinn, welche gewöhnlich auch zur Entdeckung des Ursprungs- ortes führt, wäre von bedeutendem praktischen und theoretischen Interesse. — KEisenführendes Schwemmland ist so weit verbreitet als das Schwemmland selbst. Doch ist das Eisenerz (Magneteisenstein und Rotheisenstein) selten r so concentrirt, dass es technisch abbauwürdig ist. Der Gegenstand verdient nA mehr Berücksichtisung als er bisher erfahren hat. R Bei allen Erzvorkommnissen sollte der Reisende die Methoden des Ab- 3 baues und der Zugutemachung genau beobachten, Kosten und Preise zu er- mitteln suchen und Proben der Hüttenproducte in ihren verschiedenen Stadien sammeln. | Andere Mineralien. — Ausser Kohle und Erzen giebt es noch eine Reihe anderer nutzbarer Mineralien, deren Fundstellen der Reisende unter- ‚ suchen sollte. Insbesondere die Töpferthone und Porzellanthone, welche ver- schiedenen Formationen angehören, oder in verschiedener Weise aus anderen Gesteinen entstanden sind; die zur Glasur verwendeten Erden; die zum Schleifen und Poliren benutzten Stoffe, von Kieselschiefern, Schieferthonen ; und feinkörnigen Sandsteinen bis zum Tripel und Smirgel. Was immer von h} Mineralstoffen in der Industrie eines Landes und im täglichen Leben ver- En wendet wird, das sollte nach Fundort und Vorkommen bekannt sein. Hier- her gehören auch die Kdelsteine und Schmucksteine. So wäre es z. B. von hervorragendem Interesse, die Fundstellen der Nephritvarietäten, welche von $ den Völkern von Ostasien unter dem Namen Yü (in Europa Jade genannt) 3 verwendet werden, und deren einer bei Khoten, der andere in Oberbirma ö gelegen ist, zu untersuchen. Wo Edelsteine im Schwemmland gewonnen werden, sollte man versuchen, das Gestein, aus dem sie stammen, aufzufinden. Dem Graphit wird gewöhnlich aus technischen Rücksichten eine Aufmerk- samkeit geschenkt, deren er fast in allen Fällen nur von theoretischem Ge- sichtspunkt werth ist. Sein Vorkommen ist stets von Interesse und sollte im Tagebuch genau beschrieben werden; doch thut der Reisende wohl, sich mit den im Handelswerthe sehr verschiedenen (die besten haben den tausend- fachen Preis der geringsten) Arten dieses Minerals bekannt zu machen, um nicht den fortdauernd wiederkehrenden Illusionen betreffs vermeintlich auf- gefundener Schätze zu verfallen. Der an ist meist ausserordentlich R eica, körnigem Kalk und Gmernehiefer, kommt aber auch in wenig en so en lchten vor. — Der Schwefel findet sich besonders ale Krusten sedhisden! — Das Petroleum oder Erdöl one an der Oberfläche um Theil in Quellen und Tümpeln vor, auf denen es eine schwärzliche Schicht von hietern, Sandsteinen und Kalksteinen. ‘Wo es sehr verbreitet ist, lässt sich zuweilen auf ein massenhafteres Vorkommen in grösseren Tiefen Schlieen dal det, oder im Schlamm der Schlammvulcane, zum Theil als Imprägnation 282 v. Richthofen. AG ; theils in grösseren Lagern. — Zum Bauen und besonders zur Ornamentik von Gebäuden verwendete Gesteine sollten endlich auch Berücksichtigung finden. Geologische Karten. Die in den vorhergehenden Abschnitten auseinandergesetzten Beobach- tungen müssen, soweit es thunlich ist, sofort durch Zeichnungen und Schich- tenprofile dargestellt (S. 252) und auf Karten niedergelegt werden. Im An- fang fällt die Einzeichnung schwer, da man nicht weiss, was man auf den Karten zur Anschauung bringen soll; die ersten Versuche sind roh und unbefriedigend. Aber wer sich dadurch nicht abschrecken lässt und energisch fortfährt, der wird bald das angenehme Gefühl steigender Sicherheit und Uebung haben. Sind topographische Karten des betreffenden Gebietes vor- handen, so ist die Aufgabe verhältnissmässig leicht, und je genauer dieselben sind, desto eründlicher kann man selbst bei Uebersichtsaufnahmen verfahren. Man hüte sich aber, während der Reise nur die Formationen entlang dem Wege anzugeben, um die Grenzen zwischen ihnen später auszuziehen, son- dern man thue dies sofort, an Ort und Stelle. Der Verlauf der Linien muss eingetragen werden, so weit als die Aussicht gestattet, es mit annähern- der Richtigkeit zu thun, und man lasse sich durch die Unmöglichkeit, die letztere absolut zu erreichen, nicht abschrecken. Denn an Ort und Stelle hat man die grössten Ohancen, die Linien mit möglichst wenigen Irrungen anzugeben; je länger man wartet, desto mehr schwindet die Klarheit der Erinnerung; und wer-die Grenzen erst nach der Rückkehr von einer Reise auszieht, der wird theoretisch verfahren und sich von der Wirklichkeit weit entfernen. In einem - Thal giebt man zunächst die Grenzen der Ebene an, welche das Alluvium umfasst, dann sondert man die höher ansteigende Stufe aus, welche vielleicht aus einer Diluvialterasse besteht. Am Weg nach den Höhen erkennt man, ob sie bis an den Steilabhang des Gebirges reicht, oder noch von ihm durch andere Gebilde getrennt ist. Besteht der Steilabhang aus Quarzporphyr | oder Kalkstein, so verfolgt man seine untere Grenze genau und trägt ie auf der Karte ein. Dann folgen auf den Porphyr beispielsweise Schichten = von rothem Sandstein, oder auf den Kalkstein solehe von Schiefer. Der gute Beobachter erkennt sofort den Unterschied im Oberflächencharakter, den sie veranlassen, und zeichnet die Grenze soweit sein Auge das Ver- hältniss übersehen kann. So wird man bald eine leicht zu verfolgende, bald eine ungemein schwierige Grenzlinie erreichen; aber jede muss angegeben werden. Zugleich werden mit eingezeichneten Abkürzungen die Formationen angegeben, welche man ausscheidet. Nach wenigen Tagen wird die bereiste Strecke gemalt. Auf die Wahl der Farben kommt es bei den an Ort und Stelle gemachten Skizzen nicht an. Nur bezeichnet jede Farbe eine Gesteins- art oder eine Schichtengruppe, welche man glaubt als ein Flormationsglied ausscheiden zu dürfen; und man muss nicht versäumen, an der Seite der Karte sofort einen Pinselstrich mit jeder Farbe zu machen und anzugeben, was mit ihr gemeint ist, vielleicht mit Hinweis auf Seite oder Tag im Tage- buch, wo die Formation beschrieben ist. Für jede Ausscheidung, wenn sie wiederkehrt, wird dieselbe Farbe wieder angewendet. Bald wird der Reisende Vergnügen daran finden, mit einem Blick die durchreisten Formationen zu übersehen. Geht man über ein Kettengebirge, so werden die Farbenstreifen häufig einen unvollkommenen Parallelismus haben. Kehrt man später auf einem andern Weg über dasselbe Gebirge zurück, so wird man wahrschein- ) Bora ‘ r Be : a; f hernd gleichen Reihe derselben Formationen in umgekehrter 'olge begegnen. Die Verbindung der Grenzlinien an beiden Orten wird ein riehtiges, wenn auch nicht genaues Bild der Vertheilung der Formationen in einer grösseren Strecke geben und dadurch grosse Befriedigung gewähren. Es fehlt nun noch die Einzeichnung des Streichens und Fallens, welche für das Verständniss der Karte unentbehrlich ist. Die Methode wird als be- durch besondere willkürliche Zeichen die Lage von Steinbrüchen, von Berg- bauen, von Fundorten von Versteinerungen u. s. w. angeben. a Wo topographische Karten nicht existiren, hat sie der Reisende selbst anzu- fertigen. Die Methode solcher Aufnahmen ist von Herrn Kiepert in einem an- Be; dern Theil dieses Buchs beschrieben. Bei geologischen Einzeichnungen kommt BR es darauf an, den Maasstab so zu wählen, dass er für die Angaben von Details ; ausreiche, ohne zu gross zu sein. Ich habe mich auf Reisen in China, wo ich durch Jahre fortdauernd auf eigne Aufnahmen angewiesen war, des Maasstabs von 6 nautischen Meilen auf einen Zoll bedient, und denselben in allen Breiten durchgeführt. Er hat sich als praktisch bewährt. Vor dem Aufbruch zu einer Reise bedeckt man eine Anzahl von Bogen Zeichnenpapier (z. B. 16 bei 20 Zoll) mit quadratischen Netzen, deren Linien je 1 Zoll Abstand haben. 10 Zoll sind ein Breitengrad. Die Längengrade werden nach dem unter der betreffenden geo- graphischen Breite herrschenden Verhältniss eingetragen. Jeden Abend zeichnet ‚man den durchlaufenen Weg gleich auf diese Blätter, oder, besser, erst in ein Skizzenbuch, oder auf besondere Bogen, von denen er später übertragen wird. Dabei-wird nicht nur topographisch sondern auch geologisch alles angegeben was man von dem Wegs aus überblicken kann. % In beiden Fällen, ob eine Karte vorliege oder erst construirt werden müsse, sollte der Reisende bestrebt sein, Uebung im Schätzen von Berg- höhen zu erlangen, und wenn er sie besitzt, sollte er die relativen Höhen aller Hügel und Berge zu beiden Seiten seines Weges fortdauernd nach - Schätzung notiren. Dies trägt wesentlich dazu bei, dem Beschauer der Karte ihr Verständniss zu ermöglichen. Entlang dem Wege werden natür- lich barometrische Messungen ausgeführt, welche es gestatten, auch die absolute Höhe der umgebenden Gebirge annähernd zu bestimmen. Um Uebung zu - erlangen, sollte man sich daran gewöhnen, jede Anhöhe, ehe man sie besteigt, zu schätzen und dann die Richtigkeit der Schätzung durch das Aneroid zu a stets der Begehung erheblicher Irrthümer ausgesetzt bleibt. Es ist aber Bergzug beispielsweise zu. 6000 Fuss, mit einer möglichen Irrung von 1000 Fuss zu viel oder zu wenig, angegeben zu sehen, als deshalb, weil der Verfasser aus übermässiger Gewissenhaftigkeit nur das genau bekannte angebracht hat, in der Vermuthung über die Höhe des aufgezeichneten Ge- _ birges von 1000 bis 10,000 Fuss schwanken zu müssen. Unter allen Um- ständen sollten geschätzte Höhen durch eine andere Schriftart als die be- rechneten eingetragen werden. Beobachtungen über geologische Vorgänge. Die Vorgänge der Jetztzeit erklären die Wirkung von Vorgängen der ‚N auf den Vulcanismus bezüglichen sind schon, so weit sie sich dem Reisenden Kt darbieten, behandelt worden. Die wichtigsten der noch zu betrachtenden Ausserdem giebt es noch einige andere Classen von Vorgängen, welche sich, kannt vorausgesetzt (s. Hochst. S. 112 und 8. 119). Ausserdem kann man controliren. Auf diese Weise erlangt man bald Fertiekeit, wenn man auch weit befriedigender, auf einer Routenkarte die Höhe der Gipfel in einem _ Vergangenheit, und sollten daher ohne Unterlass beobachtet werden. Die - sind die, welche sich auf die Wirkung des Wassers und des Eises beziehen. 284 v. Richthofen. wie der Contactmetamorphismus, nur an ihren vollendeten Aeusserungen er- kennen lassen. Es ist hier nicht der Raum um auf diesen umfassenden Gegenstand, bei dem auch das Capitel der Paragenesis der Mineralien würde behandelt werden müssen, einzugehen; auch sind die betreffenden Beobach- tungen für den nicht gründlich geologisch ausgebildeten Reisenden schwierig. Zerstörende Thätigkeit des Wassers. Wirkungen des atmosphärischen Wassers; Verwitterung. — Alle Ge- steine, die festesten wie die lockersten, unterliegen, wo sie den atmosphärischen Einflüssen ausgesetzt sind, einer Veränderung, welche sich mehr oder weniger weit in das Innere erstreckt und, wiewol langsam vor sich gehend, doch durch ihr andauerndes Wirken überaus grosse Umgestaltungen der Erdober- fläche hervorbringt. Den wesentlichsten Antheil hat das Regenwasser, welches mit Bestandtheilen der Luft, insbesondere Sauerstoff, Stickstoff und Kohlen- säure, dann auch mit organischen Substanzen beladen in die Gesteine eindringt und ihre Zersetzung vermittelt. Die hierbei stattfindenden hydrochemischen Processe, welche in Reduction und Oxydation, Auflösung und Wiederabsatz von Bestandtheilen, Eintreten des Wassers in die chemische Zusammen- setzung von Mineralien, Bildung von Carbonaten, und überhaupt in der Um- setzung chemischer Verbindungen bestehen, genauer zu verfolgen, ist nicht die Aufgabe des Reisenden, wiewol er sich mit den Gesetzen, welche bei so allgemeinen und täglıch unter seine Augen kommenden Vorgängen herrschen, bekannt machen sollte. Nur die äusseren Manifestationen derselben fallen seiner Beobachtung zu. Fast alle Gesteine erhalten durch atmosphärische Einflüsse eine Ver- witterungsrinde. Zuweilen ist sie eine dünne scharf abgesetzte Kruste, zu- weilen eine dickere, allmälig in das frische Gestein übergehende, und in anderen Fällen zeigt sich eine schalige Auflockerung, wobei die äusserste Schale am stärksten, jede nachfolgende weniger verwittert ist. Diese Erscheinungen finden sich besonders bei festen Gesteinen, darunter bei fast sämmtlichen Eruptivgesteinen. Da sie stets von Klüften durchsetzt sind und das Wasser in dieselben eindrinst, so findet dieselbe oder eine sehr ähnliche Art der Zersetzung wie an der Oberfläche auch an den Kluftwänden statt. Wo, wie häufig beim Granit, zwei oder drei Systeme von Kluftflächen einander so durchsetzen, dass dadurch eine Auflösung des Gesteins in kubische oder poly&drische Blöcke stattfindet, und zugleich die Verwitterung in Schalen fortschreitet, liegen unzersetzte Kerne in dem durch die Zersetzung entstehen- den Gruss oder Thon, und indem der Regen die weiche Substanz fortspült, bleiben jene als gerundete Blöcke übrig. Es entstehen dann Haufwerke von lose übereinanderliegenden Gesteinsblöcken, welche die abenteuerlichsten For- men annehmen, dort aber, wo sie den Halt verlieren, an den Abhängen hinabrollen und in die Betten reissender Gebiresströme getragen werden. Es ist in solehen Fällen die Farbe, Dieke und Beschaffenheit der Ver- witterungsrinde zu beobachten. In anderen Fällen, z. B. bei krystallinischen Schiefern, wo sie nicht Gebirgsfirsten sondern flachwelliges Land zusammen- setzen, greift die Verwitterung hunderte von Fussen tief ein. Das Gestein wird aufgelockert, einige Bestandtheile werden ausgelaugt, die Structur und das Ansehen verändert, und es entsteht ein weicher Boden, welcher zuweilen ausschliesslich die Oberfläche einer Landstrecke bildet und auf den Charakter der Vegetation und die Art der Landwirthschaft von grösstem Einfluss ist. Man kann überhaupt den Boden in zwei grosse lassen eintheilen, in e1 Pelcher aus der Ablagerung der ee hervorgegangen ist. Hier haben wir es mit dem ersten zu thun. Er giebt, wenn er auch das frische Gestein noch so sehr verhüllt, doch meist dem aufmerksamen Beob- achter zu erkennen, woraus das letztere besteht. Grus und Grand der ver- schiedensten Arten, Töpferthon, Porzellanthon u. s. w. finden sich häufig auf solchen ursprünglichen Lagerstätten, und man sollte wo möglich be- stimmen, woraus sie entstanden sind. Bei Erzgängen bringt die Verwitterung der der Oberfläche zunächst gelegenen Theile den rostig gefärbten sogenann- ten eisernen Hut hervor. Wind und Regen. — Dem Wind als geologischem Agens ist bisher seine Rolle kaum zuerkannt worden. Der Race hat vieliach Gelegenheit ihm seine gebührende Stellung zu sichern. Ich verweise hier auf das in Be- | ziehung auf die Salzsteppen und Wüsten und Bildung des Löss ge- 4 sagte (S.272—75). Man begegnet auf solchem Boden, welcher das Wasser ein- Rn, saugt, vielfach tiefen Einschnitten, welche durch Wind entstanden sind, z. B.' 3 Hohlwegen, welche in einer ebenen Fläche über hundert Fuss tief eingesenkt sind und in welche die Wagen an einem Ende hinabfahren, während sie an dem Alle anderen nach dem Niveau der Ebene hinauffahren. Ebenso sieht man altes Ge- h mäuer mit seinem Fundament freistehen, ja dasselbe unterminirt, an Stellen wo s fliessendes Wasser keinen Zutritt gehabt hat. In beiden Fällen war der N Wind die fortführende Kraft; er wirkt am meisten wo der Boden, wie z. B. durch die Wagenräder, zerrieben wird, am wenigsten wo Vegetation eine schützende Decke bildet. Was die Wiederablagerung betrifft, so sollte man bei Staubstürmen die Quantität des auf einer abgemessenen Fläche niedergefallenen Staubes nach dem Gewicht bestimmen. Dies wäre beson- ders werthvoll auf See, wo man mit Sicherheit weit von der Ursprungsstelle Bi des Staubes entfernt ist. Schiffe, die bei Taku liegen, haben z. B. dafür Gelegenheit. Es würde sich zeigen, dass der in einem Jahrhundert nieder- fallende und von der Grasvegetation festgehaltene Staub eine nicht zu ver- 9 nachlässigende Grösse beträgt. Ferner sollte man die Wanderung des Sandes N beobachten *), besonders wo sie dauernd nach bestimmten Richtungen statt- ‘ findet und aus der Geschichte sich die Ueberführung eines fruchtbaren Land- striches durch Sand ohne Zuthun von Wasser nachweisen lässt. Hierher gehört auch die Bildung von Gebirgslehm, welcher auf Flächen und Abhängen lagert und nicht durch Wasser abgesetzt ist. Die Art seiner Entstehung ist noch nicht hinreichend untersucht. Wahrscheinlich spielt, neben dem Vorwalten örtlicher Zersetzungsproducte, das spülende Regen- wasser, welches über die Gehänge rieselt ehe es sich zu Bächen gestaltet, die Hauptrolle, während auch der Wind einen Beitrag liefert. Besonderen Aufschluss über die durch rein atmosphärische Einflüsse entstehenden Ge- bilde kann man aus genauen Untersuchungen über solche Schuttmassen er- warten, welche menschliche Werke, z. B. die alten Bauten in den Ländern am Mittelmeer, in Mesopotamien und Indien an solchen Stellen bedecken, wo eine Ablagerung durch Wasser nicht stattgefunden hat. Lateritbildung. — Unter den durch Einwirkung der Atmosphärilien entstandenen Gebilden nimmt der Laterit eine der hervorragendsten Stellen *) Nach Schweinfurth soll in den een der Oase Chargeh der vom Winde epeitschte Sand in die felsigen Flächen scharfgeschnittene Furchen eingraben, welche die vorherrschende Richtung seiner Wanderung angeben. Ist Aehnliches ander wärts zu beobachten? SR v. Richthofen. - ein. Er hat seinen Namen von der ihm eigenthümlichen Farbe rothge- brannter Ziegelsteine (later) erhalten, und zwar zuerst in Ostindien, wo er den Erdboden weithin bedeckt, Der ern welcher Ceylon Dean hat in dem intensiv rothen feinen Staub der Landstrassen Gelegenheit, Salt un- angenehme Bekanntschaft zu machen. Er findet sich ebenso über Hinter- indien und Birma ausgebreitet und scheint den Boden grosser Landstriche in Brasilien zu bilden. Sein eigenthümlichstes Merkmal besteht in seiner Beschränkung auf tropische Gegenden. Obgleich die Ansichten über seine Entstehungsart noch von einander abweichen, scheint es doch aus Unter- suchungen in verschiedenen Ländern hervorzugehen, dass der Laterit auf tiefgreifenden Zersetzungsvorgängen beruht, und dass die mannichfaltigsten Ge- steine, wahrscheinlich dadurch, dass sie Jahrtausende hindurch tropischen Regengüssen, vielleicht mit Beeinflussung durch üppige Vegetation, ausgesetzt gewesen sind, in Laterit umgewandelt werden können. Seine Structur und seine zufälligen Bestandtheile ändern sich daher auch je nach dem Gestein, auf dem er lagert und aus dem er entstanden ist. Doch erkennt man ihn, zunächst der Farbe, stets leicht an dem ihm eigenthümlichen zellisen Gefüge, welches aus einem festen Maschenwerk mit rundlichen Ausfüllungen von thoniger Substanz besteht. Er geht in Gneiss, Granit, Thonschiefer, Schie- ferthon und thonigen Sandstein über, je nachdem er auf dem einen oder andern dieser Gesteine lagert, indem sich Zwischenstufen von dem unzer- setzten Gestein bis in den vollkommensten zelligen Laterit zeigen. In Bra- silien, wo der Laterit aus krystallinischen Schiefern hervorgegangen zu sein scheint, soll er eine Menge fester, unzersetzter eckiger Blöcke, besonders von Quarz, umschliessen, welche bei der Erosion zurückbleiben, und deren An- häufung zu der Ansicht von Gletscherwirkungen in jenem Lande Veranlassung gegeben haben mag. Die nähere Untersuchung dieses Gegenstandes wäre von grossem Interesse. — Im mittleren und südlichen China finden sich Massen von Laterit, welche von Zersetzungsproducten und Anschwemmungen der Neuzeit bedeckt werden. Es scheint, dass der erste ein früheres tro- pisches Klima andeutet. Kommt Aehnliches in anderen Ländern vor? Aus Afrika fehlen noch Angaben über das Auftreten von Laterit. Hat er dort ein grosse Verbreitung? Ist er dort auf die feuchten Gegenden be- schränkt? Sind vielleicht de ausgedehnten Lager von theils reinerem, theils sehr unreinem Raseneisenstein , welche sich über grosse Landstriche aus- dehnen, eine dem Laterit vergleichbare Bildung, durch grösseren Eisengehalt modificirt? Zwei andere Probleme hängen hiermit eng zusammen. Verdankt der rothe Passatstaub dem , der Tropen seinen Ursprung, wie der gelbe Staub, den der von Centralasien kommende Wind führt, dem Löss? Das ame, betrifft die Ablagerungen von abgeschwemmter em. Bilden dieselben rothe thonige Sandsteine? Dies würde vielleicht auf die noch unklare Entstehungsweise der mächtigen rothen Sandsteine Licht werfen, welche in älteren Formationen als Sedimente der Aestuarien und des seich- ten Meeresstrandes so häufig auftreten und wenigstens zum Theil Perioden einer üppigen tropischen essen bezeichnen. Der Laterit sollte auch Em das Vorkommen von Infusorien ea werden. Quellwasser. — Das Regenwasser nimmt theils einen unterirdischen und theils einen überirdischen Lauf. Im ersteren Fall kommt der bei weitem überwiegende Theil in Gestalt von Quellen wieder zum Vorschein. Insofern die Quellen durch Aufnahme von Bestandtheilen während ihres unterirdischen Re dies zuweilen Bekchee der Wechsel in der Fähigkeit Ai einzelnen Ge- steine, das Wasser durchzulassen, worin die Quellen meist ihren Ursprung haben; die Temperatur; der Gehalt an Kohlensäure oder Schwefelwasserstoff; “w das Entstehen von Absätzen von Kalktuff, Eisenocker oder Kieselerde — sollten N stets. beobachtet werden. Auch sollte man nicht unterlassen, am Fuss von EN _ Gebirgen die Tiefe der Brunnen zu untersuchen, ihre Temperatur zu be- _ stimmen, und ganz allgemein anzugeben, ob de Brunnen einer gewissen Ge Bi Gegend, oder een von einer gewissen Tiefe, sich entweder durch ähnliche , ’ Temperatur, Härte oder Wc des Wassers, einen alkalischen oder salzi- _ zigen Geschmack auszeichnen, und ob diejenigen verschiedener Tiefen von einander verschieden sind. En nr: Besondere Aufmerksamkeit ist dem Vorkommen von Salzsoole zu MT, schenken. Kommt sie in Quellen hervor, oder wird sie in Brunnen erbohrt? x in weleher Tiefe erreicht man sie durch diese? In welchem Gestein setzen Be die Bohrlöcher an, und wie ist das Liegende derselben nach sonstigen Auf- schlüssen beschaffen? Wie lagert die ganze Formation in welcher he Soole vorkommt? Füllt sie ein Be aus? aa es sandige und thonige Schichten ? Kommt Gyps vor? und in welcher Weise? asien die Verhältnisse darauf schliessen, dass das Salz aus einem abgeschlossenen Meerwasserbecken nieder- ‚seschlagen wurde? Ist das gewonnene Salz rein? Höhlenbildung deren Auslaugung ist eine der Wirkungen des Ei _ unterirdisch fliessenden Wassers. Sie findet am,meisten in solchen ee VER statt, welche zugleich leicht löslich und von grosser Festigkeit sind, wie vor A lem’ Kalkstein. Gypsmassen sinken durch Ay smeme een kell in sich > selbst zusammen. Sobald sich das Wasser unterirdische Wege durch Auf- lösung gebahnt hat, vergrössert es dieselben durch Erosion. Es entstehen dann Einstürze, welche kesselförmige Vertiefungen auf der Oberfläche ver- hr ursachen und zur Bildung der Karrenfelder des Kalksteins Veranlassung geben. Ist das Maass der Auslaugung und der dadurch verursachten Wir- BR kungen auf die Gestalt der Oberfläche in tropischen Gegenden grösser als “ in kälteren Klimaten? Man könnte dies aus dem: Umstand schliessen, dass dort die Quellabsätze weit bedeutender sind. % Erosion durch fliessendes Wasser. — Die erste Wirkung des nieder, ' gefallenen Regenwassers auf allen geneigten Flächen ist das en, welches eine so grosse Rolle bei der ee in den Becken der Salzsteppen spielt. Es werden dadurch lose Bestandtheile von höheren Theilen nach ‚niederen geführt und über Flächen ausgebreitet; werden sie von der Vege- I tation festgehalten, so tragen sie zur Erhöhung des Bodens bei. Bald sammelt sich das Wasser in Rinnsalen, und damit beginnt die Erosion. Sie vereinigen sich mehr und mehr zu en ara und schliess- ich zu Flüssen. Die Producte der Zersetzung und die losgerissenen ‚Be A $ a Das transportirte Material besteht in (1) Felsblöcken, welche theils bei der NEN. - den Klüften folgenden Zersetzung (S. 284) übrig geblieben sind, theils Br 1 durch Abbrechen unterwaschener elle Abrutschungen und ee Pro- A cesse in die "Wasserläufe gelangen, theils auch den Eruptiveonglomeraten Bi ‚entstammen; 2 Schotter, welcher sich theils nur in der Grösse der ursprüng- EV n 288 or. Richthofen. scheidet, theils durch Zertrümmerung und Abreibung beim Transport aus ihnen entstanden ist, und endlich noch weit häufiger als die Felsblöcke seinen Ursprung in der Zerstörung von Conglomeraten aller Art hat; (3) Kies, der wesentlich durch noch weitere Zerkleinerung und Abreibung ent- steht, oder aus groben Sandsteinen stammt, in welche er auf ähnliche Weise gekommen ist, daher er auch vorwiegend aus den härtesten Gesteinen, be- sonders aus Quarz, besteht; (4) Sand, dessen Ursprung noch verschiedenartiger ist, indem bei ihm auch die Zersetzung quarzhaltiger Gesteine, wie Granit und krystallinische Schiefer, eine wesentliche Rolle spielt; (5) feinerdigen oder thonigen Bestandtheilen, dem Resultat der Verwitterung, der Abreibung, und der mechanischen Zerstörung thoniger Gesteine; (6) chemisch gelösten Stoffen. — Die Thalbildung durch Erosion (s. Hochst. 8. 160 f.), auf welche der Raum nicht erlaubt ausführlich einzugehen, bietet sich dem Reisenden zur fortdauernden Beobachtung. Die gewöhnlichen Aufgaben (Art der Erosion in einzelnen Gesteinen, im Schwemmland, Ausnagen an den con- vexen, Ablagern von Schutt an den concaven Seiten der Biegungen, allmälige Aenderung der Stromwindungen, Wirkung der Cascaden u. s. w.) lassen sich aus jedem Lehrbuch ableiten. Hier sollen nur noch einige Fälle besonders angedeutet werden. Am eclatantesten ist der Vorgang dort, wo das Wasser sich tiefe Canäle senkrecht eingeschnitten hat, wie dies besonders häufig in Tafelländern der Fall ist, ferner in ausgefüllten Seebecken, wo der hindurch- strömende Fluss den Riegel, welcher früher das Becken abschloss, allmälig durchnagt hat und tief unter dem Niveau des alten Seebodens fliesst, und ganz besonders wo ähnliche Veränderungen in mit Löss erfüllten Salzsteppen- becken stattgefunden haben. Bei weiterer Fortführung der Ausfüllung ent- stehen Thalweitungen. Die Geschichte der Erosion ergiebt sich oft mit Klarheit in Querschluchten, welche in einem Kettengebirge vom Kamm nach dem Fuss gerichtet sind. Wenn sie, wie am californischen Abhang der Sierra Nevada, mehrere tausend Fuss tief eingeschnitten sind, sieht man oft an jeder Seite Abstufungen, auf welchen Reste von Fluss-schotter liegen; sie bezeichnen das Niveau, in welchem das Flussbett in einzelnen früheren Perio- den gewesen ist. Besondere Beachtung verdienen jene häufigen Stellen, wo ein Gebirgs- zug von einem Fluss quer durchbrochen wird. Gewöhnlich ist man mit dem Schluss, dass der Fluss eine Querzerspaltung des Gebirges benutzt und die- selbe ausgeweitet habe, schnell zur Hand. Auch ist dies unzweifelhaft häufis der Ursprung der Querdurchsetzung. Das Problem bietet sich besonders in der so sehr häufigen Erscheinung, dass grosse Gebirge nicht Wasser- scheiden von grossen Flüssen sind, sondern dass diese auf einer Seite desselben entspringen, es dann durchbrechen und ihren Lauf auf der andern Seite fort- setzen, und dass sogar, wie z. B. im Himalaya und der Tatra, die Haupt- wasserscheide quer gegen die Hauptkette gerichtet ist. Das Problem ist schwer zu lösen, wo das Verhältniss so vollständig entwickelt ist. Der Reisende hat Gelegenheit es in seinen ersten Stadien zu beobachten, wo ein Gebirgskamm ein abflussloses Salzsteppenland von einer Gegend, welche Abfluss nach dem Meere hat, trennt und einzelne Theile der Salzsteppen bereits in den Bereich des Abflusses gezogen sind. Solche Fälle sind wahrscheinlich um das ganze centralasiatische Hochland herum vorhanden und mögen auch in Afrika vorkommen. Ich beobachtete sie vielfach am Südrand der Mongolei, we die meisten Flüsse in Steppenboden entspringen und noch als kleine Bäche Ge- birgsketten durchnagen. Manche sind nur bis wenig unterhalb der Kammhöhe. gediehen, andere schon so weit vorgeschritten, dass das Verhältniss, wenn auch in kleinem Maasstab, an diejenigen des Himalaya und der Tatra erinnert. Dort kann die Bildung der Querfurchen nur der Erosion zugeschrieben werden. ba R ” | Ge Dozch je“ längere Perioden die Erosion Berk hat, desto mehr werden Ele Flussbetten nivellirt, desto weiter die ae Ant Kosten der Berg- gebiete (s. Hochst. 8. 160) ‚gegen das Innere der Gebirge, nach den we scheiden hin vorgeschritten sein — vorausgesetzt, dass nicht partielle Hebungen des betreffenden .Gebirgslandes die Wirkung neutralisirt haben. Diese streben, das Gefälle, wo die Erosion es mühsam ausgeebnet hat, wieder steiler zu machen. Sind daher, wie im südöstlichen China, sämmtliche in einem weit ausgedehnten Gebirgsland gelegene Flüsse der Schitffahrt zugänglich, so ist dies ein Beweis, dass nicht nur die Erosion durch unendliche Zeiträume gewirkt hat, sondern auch, dass partielle Hebungen lange nicht statt- den een Die Beziehungen der Erosion zu den Uferterrassen sollen bei den Fragen über die Wiederablagerung des Materials betrachtet werden. Eis und Gletscher. wo wegen niedriger Temperatur die chemische Zersetzung langsam vorschreitet, tritt das Eis als compensirender Factor auf und befördert die mechanische Zerstörung, Ab- bröckelung, Zertrümmerung und Zerreibung von Gesteinen, und dadurch die sung. von Gebirgen, in mächtiger Weise, Durch das nächtliche Gefrieren des Wen in den Klüften wird Sa festeste Gestein aufgelockert; es lösen sich scharfkantige, unzersetzte Fragmente los und schaffen die Formen der wilden Gräte und Bergfirsten, wie sie die Hochalpen charakterisiren. | Die Fragmente gelangen entweder sogleich in strömende Gewässer, oder auf die Eisströme oder Gletscher, welche sie in Seitenmoränen, Mittelmoränen und Gufferlinien nach tieferen Theilen der Thäler tragen, und dort wo sie “ ihr Ende erreichen, in Endmoränen vor sich herschieben. Wer Glet- scher zum Gegenstand der Beobachtung machen will, sollte die besten Werke darüber studirt haben, um mit den Vorgängen bei der Verwandlung Mn des Schnees in Firneis, und dieses in Gletschereis, sowie mit den Gesetzen ” der Bewegung der Gletscher vertraut zu werden. Doch sind alle Nachrichten - aus weniger bekannten begletscherten Gebirgen von Interesse. Wie gross ist | die Menge des jährlichen Schneefalls? Wie weit erstrecken sich die Firn- Pi felder? Zu welcher Meereshöhe steigen die Gletscher hinab ? Wie gross ist ie das periodische Vorrücken und Zurückziehen des Endes? Lässt es sich nachweisen, ob in historischer Zeit das Eis tiefer hinabreichte als gegen- wärtig, oder ob es in grösserer Höhe endiste? Sind Endmoränen, welche durch den jährlich sich wiederholenden Vorgang entstehen, dass die auf der Eisfläche transportirten Gesteinsblöcke bei dem Abschmelzen des unteren Endes liegen bleiben und bei dem Vorrücken vorgeschoben werden, in mehr- facher Anzahl unterhalb des Gletscherendes vorhanden? Wie gross ist die Neigung des Eisstromes in verschiedenen Theilen? wie gross seine Dicke am untersten Ende? Die Dimensionen in Länge und Breite, die Verhält- nisse zu den Wänden des Gletschercanals, das Zusammenströmen verschie- dener Gletscher, sollten auf Kartenskizzen dargestellt werden. Der Frage nach der früheren Verbreitung von Gletschern sollte die Aufmerksamkeit des Beobachters in Gebme länder und in hohen Breiten stets zugekehrt sein, da sich daraus Schlüsse auf die ehemaligen Verhältnisse des Klima’s, besonders in Beziehung auf Temperatur und Quantität des Niederschlags, ableiten lassen. Eisströme hinterlassen auf hartem Gestein unverkennbare Spuren durch das Schleifen desselben mittelst derjenigen Fragmente, welche (als sog. Grundmoräne) auf den Boden des Gletschers gelangen. In noch weit höherem Grade als die vom strömenden Wasser mitgeführten festen Massen vermögen sie, unter dem Druck des darüber Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 19 290 v. Richthofen. befindlichen Eises sich hinschiebend, Canäle auszuhöhlen. Alle schärferen Vorsprünge werden zunächst abgewetzt, und es bilden sich im festesten Granit ganz glatte Wände. Darauf haben die Gesteinsblöcke beim Fort- schieben scharfe Furchen eingegraben, welche die Richtung der Bewegung zu erkennen geben. Sie sind aber auch selbst gefurcht. Wo man daher geschliffene und zugleich nach einer gewissen Richtung geritzte Felswände sieht, da hat man es mit dem Canal eines ehemaligen Eisstromes zu thun; und wo sich in einem Haufwerk von Gesteinsfragmenten viele der Blöcke geritzt zeigen, ist dasselbe als die Endmoräne eines ehemaligen Gletschers zu be- trachten. Man findet beide Erscheinungen in Gebirgen wo jetzt keine Glet- scher existiren (z. B. im grossartigsten Maasstabe in der Sierra Nevada in Californien, welche früher ganz vergletschert war). > Die reichste Gelegenheit zur Beobachtung sowohl der physikalischen Eigenschaften als der geologischen Wirkungen grosser Eismassen bietet sich in hohen Breiten. Fjordbildung. — Dass die Fjords eine Wirkung der Erosion sind, kann keinem Zweifel unterliegen, doch ist es unentschieden, welche dabei die Hauptagentien gewesen sind. Seltsam ist die Beschränkung der Fjordbildung auf höhe Breiten (z. B. Skandinavien, Grönland, Alaska und Columbia, Feuerland und Patagonien). Wer dort reist, wird der Wissenschaft einen Dienst erweisen, wenn er sich eingehend mit dem Phänomen beschäftigt. . Wo so ungeheure Eisanhäufungen gewesen sind, wie in diesen Ländern, ist es wahrscheinlich, dass dieselben beim Fortschieben die Unterlage noch mehr aushöhlen mussten, als Wasser es unter den günstigsten Verhältnissen zu thun vermag. In ausserordentlichem Grad würde eine langsame Ver- mehrung des Gefälles, wie sie dann geschieht, wenn die Axe eines Gebirges (z. B. Skandinaviens) in bedeutenderem Maasse als sein Fuss in langsamer Hebung begriffen ist, die Erosionskraft vermehren, da in bereits vorgezeich- neten und gebahnten Canälen die Eisströme sich mit grösserer Geschwindie- keit abwärts bewegen würden. Darauf hinzielende Beobachtungen wären sehr erwünscht. Brandung. Die Brandung des Meeres an seinen Küsten, welche mit der Ebbe und Fluth das Niveau ihrer intensivsten Wirkung täglich einige Male wechselt, wirkt langsam zerstörend auf die Gesteine welche die Küste zusammensetzen, und in verschiedenem Grade je nach der Härte derselben. Am stärksten ist die Wirkung dort, wo weichere Schichten im Niveau der Brandung liegen und von härteren Gesteinen überlagert werden. Dann wer- den die letzteren unterminirt und stürzen nach. Die herabgefallenen Fels- blöcke werden gegeneinander bewegt, zerkleinert und abgerieben, bis sie in . sandiger und erdiger, Form hinweggespült werden. Besonders sind die Küstenplattformen oder Küstenterrassen (s. Hochst. 8. 184) zu berücksich- tigen, welche in halber Fluthhöhe liegen, und über welche die Brandung in langer schäumender Linie hinstiebt. Selbst aufgerichtete harte Kalk- steinschichten werden in dieser Weise von einer glatten Fläche abgeschnitten. Diese Beobachtungen, sowie alle welche die Wirkung der Brandung be- treffen, sind besonders nützlich, wo es sich darum handelt, frühere Küsten- linien, welche höher als die gegenwärtigen liegen, zu verfolgen. — Brinst geringe Brandung Wirkungen derselben Art wie stärkere hervor? Wie ent- stehen die steilen Klippen, welche zuweilen geschlossene Meeresbuchten ohne Brandung umgeben? Hat hier der Wellenschlag einen ähnlichen (wiewohl langsameren) Einfluss wie jene auf die Unterminirung der Ufergesteine ? KR ae u eepelken eian gen. im Erdboden, welche mit Wasser erfüllt rad Ed San \ lden, können ihre Entstehung verschiedenen Ursachen verdanken. In der ehrz hl der Fälle ist das Problem schwer zu lösen; wo man dies versucht ‚ herrschen gewöhnlich widersprechende en und um eine Syste- n atik der Seebecken nach bestimmten ee durchführen zu kön en, bedarf es noch der Aufsammlung vielfacher Untersuchungen, wie sie ein Reisender besonders im Stande ist rn. In allen Fällen ist ein Seebecken ein Resultat seologischer Vorgänge, und in den meisten sind solche Kräfte thätig gewesen, welche auf die ganze Umgebung gestaltend wirkten. Schlüsse auf die Entstehungsart eines Beckens müssen sich daher auf die genaue Untersuchung der Umgebungen gründen. Im Folgenden sollen nur einige Fälle zusammengestellt werden, welche geeignet sein dürften, fr ‚dem Reisenden Gesichtspunkte für die Beobachtung in jedem speciellen Fall BA und vielleicht auch für eine geologische Eintheilung der Seen zu bieten. TR Erosion durch Wasser. — Man nimmt an, dass viele Seen, z.B. die- gu a jenigen welche den Alpen im Norden vorliegen, durch Auswaschung ver mittelst Wassers entstanden sind. Es ist zu untersuchen, ob Wasser eine solche Wirkung in grossem Maassstab ausüben kann, was an sich sehr er ekeralich ist, da es wohl seitlich abschwemmen und ein Strombett erweitern kann, ann nach der Tiefe aber, d.h. nach einer Tiefe welche | diejenige des Ausflusscanals übersteigt, durch die Kraft des einfachen Stro- } mes nur in sehr geringem Maass, in höherem Grade aber nur durch starken HERR R Aal, en oder rückläufige Ströme hervorzubringen vermag. irkungen dieser Art sind häufig zu beobachten, z. B. wo ein Strom in langen sich an festen Wänden bricht, oder in seinem Bett ein hartes ee auf ein weiches folgt, aber sie ist stets räumlich beschränkt *). RG Wahrscheinlich wird daher dieses Agens bei der Bildung der Seebecken nur | \ N Erosion durch Eis. — Eisströme bewegen sich im Allgemeinen nach I ‚den Gesetzen des fliessenden Wassers. Auch in ihnen entsteht daher wahr- A scheinlich eine langsame rotirende Bewegung, wenn das Eis durch ein set- liches Hinderniss in der Richtung der Bewegung abgelenkt wird. Solche Wa Wirbel würden viel grössere Dimensionen annehmen können als diejenigen N in Wasserströmen, und durch das Gewicht des Eises die stärkste erodirende | Wirkung ausüben. Der Gegenstand sollte besonders in den Gebirgen unter- ae sucht werden, welche in der Eiszeit von Gletschern bedeckt waren und jetzt IE frei davon sind **), insbesondere in Lappland und Norwegen. Es ist ange- Mr %) Solche Stellen finden sich besonders auch oberhalb der Stromschnellen der Flüsse, wo die Ablagerungen, wahrscheinlich durch rückläufige Tiefenströme, stets wieder weg- _ genommen werden und eine Ausfüllung daher nie stattfindet. Dies sind jedoch räumlich u beschränkte Erscheinungen; noch mehr ist dies der Fall mit den sogenannten Riesen- öpfen, brunnenartigen Vertiefungen, welche entstehen, wenn fallendes Wasser PRae jesteinsmassen an ein und derselben. Stelle fortdauernd in wirbelnder Bewegung erhält EN, ei als Material zum Ausdrehen benutzt. Sie sind am häufigsten in Gletschergegenden. NIE: **) Auf der Sierra Nevada in Californien finden sich Stellen, wo ein Gletscher, dr dem Bereich weicherer Gesteine ein breites Bett einnahm, unterhalb derselben durch Re enges, aus hartem Gestein, z. B. Granit, gebildetes Thor gezwängt wurde, dessen er nde noch jetzt bis auf den Boden in der Richtung der Bewegung geschliffen und ‚geritzt sind. Dann findet man zuweilen oberhalb der Engpforte einen See, dessen n hinsichtlich der Lage ganz mit den häufigen Stellen, wo in der angegebenen Tiefwasserbecken in Flüssen gebildet werden, übereinstimmt. Sie -sind oft voll- MM mmen kieisrund, wie herausgedrechselt. Hierher gehören vielleicht die „Meeraugen‘“ ara. ut: Da 107. 292 v. Richthofen. 4 nommen worden, dass Eis auch durch blosses Fortschieben auf der Unter- lage Becken von grosser Tiefe aushöhlen könne, und dass z. B. die Alpenseen schon vor der Eiszeit existirten, bei deren Eintritt ganz mit Ab- lagerungen ausgefüllt waren, durch das Eis aber von neuem ausgehöhlt wurden; Dagegen ist erwidert worden, dass Gletscher an manchen Stellen, wo sie das Gebirge verliessen, auf weichem Schichtgebirge fortgeschoben wurden, ohne bedeutende Aenderungen in der Gestalt der Unterlage hervorzubringen. Diese Frage wird man gewiss in hohen Breiten, durch Beobachtung einer Anzahl von Stellen die erst kürzlich von Eis verlassen wurden, erledigen können. Gebirgsfaltung. — Die Seebecken in den inneren Theilen der Alpen sind von Herrn Desor orographische Seen genannt werden; er unterscheidet nach der Lage im Verhältniss zu den Ketten des Schichtgebirges: 1) Comben- Seen, die in isoklinen Einsenkungen (d. h. wo die Schichten, aus denen die Seiten des Beckens aufgebaut sind, sämmtlich nach einer Richtung fallen, 2) Mulden-Seen, die in synklinen Einsenkungen (d. h. mit von beiden Seiten gegeneinander einfallenden Schichten) und 3) Clusen-Seen, welche in den quer gegen das Streichen der Schichten gerichteten, stets schroffen Einsenkungen der Querthäler liegen. Die Seen der beiden ersten Kategorien nehmen Längsthäler ein. Desor nimmt an, dass die Seen zuerst durch eine Faltung zur Zeit der Erhebung des Gebirges gebildet, dann während der Eiszeit von Eis erfüllt und dadurch von Sedimenten frei gehalten, dann durch klimatische Aenderung eisfrei wurden, und in das Stadium allmäliger Sediment- ausfüllung gelangten, in dem sie sich gegenwärtige befinden. Dagegen ist von Lyell als wahrscheinlicher hingestellt worden, dass die Faltung der Schichten, welche die Bildung der Seebecken zur Folge hatte, erst während der Eiszeit geschah, indem die dadurch entstandenen Ungleichheiten in den Einsenkungen durch ihre Eisdecke von der Ausfüllung mit Sedimenten bewahrt blieben, der Gebirgsschutt vielmehr darüber hinweg getragen wurde. Der Reisende wird gut thun, sich der Eintheilung von Desor für die Seen in Ketten- gebirgen, welche man wol am besten als Faltungsseen bezeichnet, zu bedienen. Er sollte es sich angelegen sein lassen, zu bestimmen, in wie weit Eis eine Rolle in dem betreffenden Gebirge gespielt hat. Wenn man sieht, in welchem Maasse kleine Gebirgsseen gegen Norden zunehmen, und wie sie dort am häufigsten sind wo die Begletscherung am stärksten war, dagegen südlich vom 40sten Breitegrad äusserst selten werden, so muss man das Eis als einen wesentlichen Factor betrachten. Denn die Kräfte, welche Seebecken bilden, wirken allenthalben gleich. Aber wo das Eis fehlt, hält die Ausfüllung nahezu Schritt mit der Vertiefung der Becken. Es ist hauptsächlich zu untersuchen, wie die Rollen der Erosion durch rotirendes Eis und der Gebirgsfaltung unter Eisbedeckung sich vertheilen, und ob nicht beide zu- sammenwirkten. Senkung. — Aehnlich wie bei der Gebirgsfaltung kleine Unterschiede in dem Betrag der gegenseitigen Verschiebung der einzelnen Theile, oder der Niveauveränderung benachbarter Gebiete, die in den Längs- und Quer- thälern der Gebirge gelegenen Seebecken hervorbringen, so können grössere Becken in flachen oder hügelisen Gegenden entstehen, wenn bei der lang- samen Niveauveränderung grösserer Strecken der obere Theil eines Fluss- gebietes sich im Verhältniss zum unteren senkt, oder der letztere im Ver- hältniss zum ersteren in Hebung begriffen ist. Das Wasser wird dann auf- gestaut und füllt grosse flache Becken. Auch hier würde Ei, wenn es die Fläche bedeckte, die Wirkung haben, dass bei langer Dauer dieses Vor- ee c’en an Tiefe zunehmen, Wahn wo Eis nicht: dee Fall wäre, ununter rochen einströmenden Sedimente das Becken seicht erhalten len. — Der Fall ist besonders dann evident, wenn sich am Fuss eines ung in Ebenen $.296), Seen ek reiten Viele Plateauseen dürften den- selben Ursprung haben. Ein noch fortschreitendes Sinken wird sich dadurch ı erkennen geben, dass ein solcher See in Armen in die Betten der u- Abtrennung von ee nen, — Durch Hebung des Meeres- bodens an den Rändern der Continente sondern sich Becken ab. Ist der Mr Niederschlag hinreichend sie erfüllt zu halten und einen Ausfluss zu gestatten, so werden sie ausgesüsst; ist er geringer als die Verdunstung, 0 findet kein Abfluss statt: das Ban sich. Dem Caspischen Meer Fr und dem Aralsee wird diese Entstehungsart zugeschrieben. Das Studium u der Fauna wird in solchen Fällen den sichersten Anhalt bieten und absolute | N Beweise gestatten. I Continentale Gliederung. Wo die von Gebirgen gebildeten grossen En, continentalen Becken eine Verbindung’ mit dem Meer ne Abfluss der B - sich ansammelnden atmosphärischen Gewässer nicht haben, bleiben die N - - letzteren an allen tiefern Stellen stehen. Es bilden sich jene Seen, die in - dem Abschnitt über Steppen und Wüsten betrachtet wurden. Bringt nach- her klimatische Aenderung einen Abfluss hervor, so erfolgt die Aussüskung a des Wassers und Slaalie die Verwandlung des Sachen ec, Ines | EN becken. Fe Abdämmung. Wird quer gegen ein Flussbett ein künstlicher oder FE: natürlicher Damm aufgeworfen, so entsteht ein See. In Gebirgsthälern üben h f Abrutschungen de we sehr häufig aus. Die Endmoränen von HN eleischern stauen das Wasser oft zu bedeutenden Seen auf, auch noch, wie | E "im Fall des Garda-Sees, an Stellen wo ein Fluss aus dem Gebirge heraus- Be tritt. In Ebenen findet eine Abdämmung durch Aufschüttung kaum statt; N: aber in den Mündungsgebieten der Flüsse verursachen Sanddünen die Ab- eh trennung seeartiger Ausbreitungen, welche durch ihre Brackwasserfaunen einen Fk 7 wichtigen Anhalt für das Verständniss mancher Bildungen der Vorzeit geben. | Explosion. Es scheint, dass man unter dem Naren A See- becken von zwei Arkchredenen Entstehungsarten vereinigt. Man bezeichnet. Al _ damit trichterförmige Becken, welche den leihen Gegenden eigenthüm- Br: lich sind und bald in vulcanischem Tufland, bald in Gesteinen land: Art eingesenkt sind. In der Eifel, aus der der Name stammt, ist dasselbe Material, aus dem die Wände bestehen, in zerkleinertem Zustand in Form eines in der Mitte durchbohrten, sehr flachen Kegels um die Oeffnung angehäuft. Man nimmt eine Entstehung durch einmalige Explosion an; solche Stellen sind gleichsam Kratere, die in einem Stadium geringer Entwickelung stehen geblieben sind. Sie finden sich in vulcanischen Gegenden anderer Länder zusammen mit anderen ähnlich gestalteten Becken, welche auch als Maare bezeichnet werden, aber keinen aufgeworfenen Ring haben, sondern oft in orizontalen Tuffschichten unmittelbar eingesenkt sind. Diese gehören zur Bien Kategorie. 5 or Stellen der Erdoberfläche gebildet werden. Hierher gehören Se die Einbruchskessel in vulcanischen Gegenden. Es giebt deren grosse, wo die Ufer den Ringwall rellene aus dessen Mitte ein can sich“ über die Wasserfläche erhebt (Vulecan de Taal auf Manila). I Ra Richthofen. Ferner die oft nieht unbedeutenden Seen, welche Kratere erloschener Vuleane ausfüllen (der Hakone - See in Japan bietet ein schönes Beispiel), und wahr- scheinlich die Maare der zweiten angeführten Art, welche durch das Fehlen eines Schuttkegels auf eine Ba hans durch Birbösch hindeuten. — Es dürften noch viele, mannichfach esallaas und in verschiedenen Gesteinen auf- tretende Seebecken Gegenden in Folge der Erkaltung und Zu- sammenziehung unterirdischer ale as Massen und des dadurch” bewirkten Nachstürzens des darüber befindlichen Gesteins entstanden sein; denn gerade solche Gegenden sind auch in den Tropen reich an grossen und tiefen Seen, deren Enstehung durch keine der sonst bei der Bildung von Seebecken thätigen Kräfte erklärt werden kann. — Eine andere Art von Einbruchseen sind diejenigen, welche durch Auslaugung von Gestein, z. B. von Gyps- oder ‘ Steinsalzmassen, oder von Kalkstein, entstanden sind. } Es würden hiernach von einfachen Formen zu unterscheiden sein: Erosionsseen, 3 Arten von Faltungsseen, ferner Senkungsseen, abgetrennte Meeresarme, Seen der continentalen Gliederung, 3 Arten von Abdämmungs- seen (durch Erdfälle, durch Moränen und durch Sanddünen), Explosionsseen, 4 Formen vulcanischer Einbruchseen (Ringwallseen mit einem Vulcan in der Mitte, Kraterseen, Maare, und solche, die durch Einbruch grösserer Strecken in vulecanischen Gegenden entstehen), und Einbruchseen durch Auslaugung. Bei so vielfachen möglichen Ursachen, zu denen gewiss noch andere kommen, ist die genaueste Untersuchung erforderlich, um die Agentien zu bestimmen, die in jedem Fall thätig waren. Dazu kommt, dass wahrscheinlich in vielen Fällen eine Combination verschiedener der hier angegebenen Ursachen der Bildung von Seebecken zu Grunde gelegen hat. Wiederaufbauende Thätigkeit des Wassers. — 1. Ablagerung der mechanisch suspendirten Stoffe. Alles was das Wasser durch seine zerstörende Kraft von dem Gebirge, dem Flachland und den Küsten entführt: die Gesteinblöcke, der Schotter, der Kies, der Sand, die erdigen Theile und die chemisch gelösten Stoffe, wird. durch das Wasser, zum Theil im Verein mit Wind, sowie mit chemischer und or- ganischer Thätigkeit, wieder abgelagert. Bei den mechanisch suspendirten Massen findet eine Sichtung nach Grösse und specifischem Gewicht, je nach der Tragfähigkeit des strömenden Wassers statt. Die grössten Blöcke und die specifisch schwersten Substanzen (wie das Gold) bleiben, mit Ausnahme des besonders zu betrachtenden Transportes durch Eis, der Ursprungsstelle am nächsten liegen. Je feiner die Vertheilung und je geringer das specifische Gewicht, desto weiter ist die Fortführung, und desto grösser die Vermischung der Zerstörungsproducte der verschiedendsten Gesteine, und am weitesten verbreiten sich die chemisch gelösten Stoffe. \ Ablagerung durch spülendes Wasser. — Zum Theil sind die hierher gehörigen grossartigen Wirkungen, an solchen Stellen wo sanftes Gefäll die Vereinigung des über eine Fläche fliessenden Wassers zu einzelnen Rinn- salen beschränkt, bereits dargestellt worden (8. 274 u.286). Die Vorgänge des Spülens sind sehr allgemeiner Art, ihre Aeusserungen aber, je nach der Menge des spülenden Wassers, der Neigung der Gehänge, der Art des Ge- steins und der Pflanzendecke verschieden, und die sorgfältige Beobachtung der gegenwärtigen Resultate und ihre Vergleichung mit denen der Vorzeit, gestattet Schlüsse auf klimatische Aenderungen. Das über die Gebirgsge- hänge fluthende Regenwasser lagert die mitgenommenen, durch die Zersetzungs- Geologie. DEN 295 } vorgänge lose gewordenen oder sonst locker angehäuften Bestandtheile dort ' wieder ab, wo eine Verminderung der Neigung oder andere Umstände der ms ein Hinderniss bieten. Gebet bildet grosse Anhäufungen am Fuss von Gehängen, und feinere Bora heile breiten sich über grössere Flächen aus. Die Wirkungen dieser Art sind am stärksten wo in regenreichen Gebirgsgegenden der Wald vernichtet ist. — Der unregelmässigen Ablagerung der Materialen durch das spülende, folgt nun die regelmässigere durch das in bestimmte Canäle geleitete Wasser. Gebirgsbäche mit steilem Gefäll. — Ist das Gefäll schäumender Wild- bäche nahezu gleichmässig, so werden sämmtliche Materialien, einschliesslich der grössten Felsblöcke, hindurchtransportirt, Sie finden len und da einen Rastplatz, werden aber Be Hochwasser wieder mit fortgerissen. Bildet sich im Strome eine Barriere, z. B. durch eine Bergabrutschung, so staut sich das Wasser auf, das Material bleibt liegen, häuft sich an und erfüllt den gebildeten Kessel bis zu der Höhe, welche der Tiefe entspricht, zu welcher das Wasser im Stande gewesen ist, den Riegel zu durchnagen. Nach und nach gräbt sich der Strom tiefer in die Sedimente ein, bis er in seinem früheren Niveau angekommen ist. Zu beiden Seiten aber bleibt die Thal- ausfüllung stehen und bildet eine, oft hoch über dem Gewässer gelegene ‘ Terrasse. An solchen Stellen findet man häufio die Gebirgsdörfer der engen Querthäler. Mündung steiler Gebirgsbiche in Thalweitungen. — Wo der Wildbach in ein breiteres Thal, z. B. ein Längsthal mündet, lässt er die grossen Blöcke liegen, da seine nun vertheilte Kraft zu ihrem weitern Transport nicht hin- reicht. Es bildet sich ein Schuttkegel, der sich im Halbkreis um die Mündung lagert, und auf welchem der Bach seinen Lauf oft ändert. Die Neigungswinkel solcher Anhäufungen sollten gemessen werden. Kleine und feine Bestandtheile vermengen sich mit dem Schutt, werden aber zum bei weitem grösseren Theil weiter hinab «eführt, nach dem das Thal durch- strömenden Fluss. Wo ein Wildbach unmittelbar in diesen mündet, da nimmt der Fluss die grossen Gerölle mit so weit er kann, und rollt sie weiter ab. — Zuweilen durchbricht ein Wildbach seinen eignen Schuttkegel, indem er einen Canal in ihn gräbt. Dann bilden sich lange Mauern von zuweilen fest cämentirtem Gebirgsschutt, die man leicht mit Moränen ver- wechseln kann; sie sollten mit Vorsicht untersucht werden. Sind sie Moränen, so enthalten sie stets geschliffene und geritzte Blöcke. Seeablagerungen. — Das fliessende Wasser entledigt sich, wenn es einen See betritt, der mechanisch vertheilten Stoffe, und verlässt ihn klar. Die Ablagerung der gröbsten Bestandtheile geschieht nach Art derjenigen welche bei einem Schuttkegel stattfindet, nur, wegen der Tragkraft des Wassers, unter einem geringeren Winkel. In noch weit weniger geneigten Schichten werden die feineren Bestandtheile am Grunde des Sees niedergeschlagen. Durch die Begegnung und Vereinigung der den verschiedenen Zuflüssen an- gehörigen Schuttkegel wird der See allmälig ausgefüllt und bildet schliess- lich ‚einen Thalboden, in dem nur noch das Flussbett eingegraben ist. Es kommt nicht selten vor, dass der Fluss sich allmälig ein tieferes Bett aus- nagt und die Seeausfüllung durchschneidet. Man sollte an solchen Stellen nicht vorübergehen, ohne genau die Art, in welcher die Ausfüllungsmassen | des Seebeckens niedergeschlagen sind, zu beachten; insbesondere die von der Ein- — mündung des Flusses nach dem Ausfluss des Sees allmälig vorschreitende geneigte Ablagerung des gröberen Materials, und dessen Wechsel mit feineren Schichten, welcher die Reihenfolge grösserer und geringerer Wasserführung 296 v. Richthofen. des Flusses bezeichnet. Es wäre von Interesse, die Ablagerunesform in solchen Becken, die, wie viele Schweizer Seen, eine im Verhältniss zur Aus- dehnung sehr beträchtliche Tiefe haben und hauptsächlich Gebirgsschutt zugeführt bekommen, mit der Art zu vergleichen, in welcher die Ablagerung in solchen Seen stattfand, die während der allmäligen Vertiefung fortdauernd mit Sedimenten versehen wurden. Ablagerung in Thalweitungen. — So lange die Flüsse noch zwischen Bergen fliessen, werden sie von ihnen mit frisch von den Felsen entnommenem Ablagerungsmaterial gespeist. Daher ist hier die eigentliche Region des groben Schotters, von dem nur wenig die Nähe des Gebirges verlässt. Die grösseren Thalweitungen im Gebirge selbst, welche wohl in der Mehrzahl der Fälle von Parallelketten eingeschlossen werden, sind daher grossentheils mit grobem Geröll ausgefüllt. Wenn am untern Ende die Hügel von beiden Seiten zusammentreten, um das Thal abzuschliessen, so hat man es mit einem alten Seebecken zu thun. Treten sie auseinander, so dass das Thal sich gegen die dem Gebirge vorliegende Ebene erweitert, so stellt es nur eine Bucht der- selben dar und nimmt an ihrem ÜÖharakter theil. Man wird bei den meisten Flüssen, welche ihren Lauf in Kettengebirgen haben, und noch mehr bei denen, welche in einem aus Parallelketten aufgebauten Gebirgsland von einer Thal- ' mulde nach der anderen ihren Weg nehmen, finden, dass ihr Lauf aus emer Reihe durch Erosionscanäle verbundener Seebecken besteht, welche entweder noch zum Theil durch Wasser oder ganz von Ablagerungen ausgefüllt sind. Dasselbe gilt überhaupt überall wo Faltung stattgefunden hat, besonders wenn die Störungen einer jugendlichen Periode angehören. Anders ist es in Tafel- ländern, deren oberste Schichten eine Störung nicht erlitten haben. Sind diese weich und die tieferen hart (s. S. 257), so kommen in den darin eingesenkten Fluss- systemen Thalweitungen selten vor, und entstehen wesentlich an der Confluenz von Flüssen durch die örtlich vermehrte Erosion. Im umgekehrten Fall, wenn oft das ganze Gebiet aus Thalweitungen zwischen Fragmenten der Tafelsebirge besteht, wird man irrthümlich auf ausgefüllte Seebecken zu schliessen geneigt sein, wo man es nur mit horizontalen Abwaschungen und einer leichten Ueberführung des Gesteins durch Schwemmgebilde zu thun hat. — Die Seebeckenthäler zeigen in eminentem Grad die Bildung der soge- nannten Schotterterrässen, welche durch Tieferlegung des ganzen Flussbettes oder seines unteren Theiles entstehen. Sie begrenzen einen breiten, durch ’ die veränderlichen Windungen des Flusses ausgenagten Stromweg, in welchem derselbe die Alluvien abgelagert hat, zwischen denen er sich hinschlängelt. Es ist in diesen Fällen die Höhe der Terrasse im oberen und im unteren Theil des Thales, ihre Zusammensetzung, die Anwesenheit einer oder mehrerer Terrassen, und die Verschiedenheit ihrer Culturfähigkeit zu unter- suchen, indem häufig der Ertrag der Felder auf den Alluvionen weit be- deutender ist als auf den Terrassen, oder auch die natürliche Vegetation einen ganz anderen Oharakter annimmt. Ablagerung in Ebenen. Wo der Fluss aus der letzten Gebirgsenge oder, wie es häufiger der Fall ist, aus allmälig sich öffnendem Hügelland heraustritt, um seinen Lauf auf einer sanft geneigten, gemeinhin als Ebene be- zeichneten Fläche fortzusetzen, wird gewöhnlich das Gefäll gering und gleichmässig.. Ist der Boden der Fläche das Product des Flusses, so kann man ihn wie einen Schuttkegel des letzteren betrachten, über welchen der Fluss verschiedene Canäle einschlagen kann. Eine kleine Differenz im Gefäll bewirkt, dass entweder der Fluss nur in einem Canal zur selben Zeit fliesst, denselben aber in einzelnen langen Perioden wechselt, oder dass er entgegensetzen, in mehreren Canälen gleichzeitie Erna und ein Delta 'bildet. Der Schotter erreicht bald das Ende seiner "Ablagerung; auch der BR Kies wird nicht weit geführt. Sand und Schlamm aber bleiben im Flusswasser Na uspendirt. Ist der Lauf kurz, so geht noch viel Sand direct nach dem mi leer; ist er lang, so bleibt der Sand grösstentheils im Flussbett, wo er Bänke bildet, welche ihre Lage und Form ändern und allmälig abwärts nach dem Mündungizeliet gelangen. Der am feinsten suspendirte "Schlamm wird zum Theil Sr denn Sand a zum Theil geht er direct nach der _ Mündung. Tritt der Fluss Der dem ren een end Hochwasser _ über seine Ufer, so setzt sich der Sand in seiner Nähe ab; der Rest des Ueberschwemmungsgebietes wird mit schlammigem Sediment überführt, und auch aufgelöste Stoffe bleiben zurück. Es bieten sich hier dem Beobachter Dr mancherlei Fragen. Wie sind die Sedimente beschaffen? (Proben zusammen) und wie ist ihre ökonomische Bedeutung? Wie weit reicht das Ueber- ER. _ schwemmungsgebiet gegen das Meer (das Küstengebiet wird von Flüssen Sg Fr nicht SE a), gegen das Gebirge und in andern Richtungen? Ist N das Wasser dabei Menend, so hat man .darin ein natürliches Ne | ie. R 2% ur Lassen sich alte verlassene Flussläufe durch vorhandene Canäle, Versandungs- : - zonen, alte Dämme oder historische Ueberlieferungen nachweisen? Ad Ablagerung an Flussmündungen. — Wo Flüsse in das Meer münden, kommen alle jene Ablagerungen in Betracht, welche sicb durch die Com- bination der Wirkung des Stromes mit derjenigen von Ebbe und Fluth, oder, h wo diese fehlen, des stillstehenden Wassers bilden. Indem die Gezeiten durch f. E: die zweierlei Bewegungen eine Saigerung veranlassen, gelangen im All- gemeinen, je weiter an der Mündung abwärts, mehr und mehr die feineren - Sedimente zum unmittelbaren Absatz aus dem Wasser, während zugleich _ dadurch, dass der Ebbestrom ausser dem eingedrungenen Fluthwasser auch das Flusswasser begreift, mithin stärker ist als der Fluthstrom, die im Strom- Nas bett gebildeten Bänke und Inseln von Sand allmälig abwärts wandern. Das N _ — Endresultat im Meer ist daher wahrscheinlich eine Vermischung von Thon, — und Sand, oder ihr Wechsel in sehr dünnen Lagen. Die Geschichte der E Inseln in Strommündungen und der Ansiedelungen auf denselben, die weit schneller vor sich gehenden Aenderungen in der Vertheilung der unter Wasser _ bleibenden Bänke und der fahrbaren Canäle, die Versandung alter Canäle und die Bildung neuer, die Form der Barre welche sich vor der Flussmündung halbkreisförmig im Meer bildet, die zuweilen in Gestalt langer Zungen von Sand dem Fluss sich anlagernden und ihn seitlich ablenkenden Halbinseln und Dünen *), die Art der Absätze jenseits der Barren am Meeresgrund — sind sämmtlich Gegenstände von theoretischem und praktischem Interesse. Hinsicht- " lich der Benny des Wassers sind in jedem Fluss zwei Punkte festzusetzen: R Derjenige Punkt, "bis zu welchem die Fluth als Strom aufdringt, (er bezeichnet oft die Lage wichtiger Handelsplätze), und der höchste Punkt im Fluss, wo noch ein Steigen "des Wassers bei dem Eindringen der Fluth stattfindet. _ Küstenablagerungen. — Während diejenigen Flüsse, deren Unterlauf urch ebenes Land führt, nur die feinsten Sedimente und chemisch gelösten Piolte nach dem Meere bringen, kommen demselben an Steilküsten alle n>: Di Erscheinungen, welche sich besonders dort finden wo Fluth und Brandung ' wirken, sind nicht mit den Nehrungen der von einem ganz ruhigen Meer en Ostseeküste zu verwechseln, welche sich durch Zusammensetzung aus s Diluvial- Ba Ueberreste von losgetrennten Theilen des angrenzenden Festlandes docu- 298 : vw. Richthofen. Formen von Zerstörungsproducten zu, welche auch die Gebirgswässer erhalten. In beiden Fällen dacht sich von der Küste aus ein Schuttkegel ab, dessen Form von der Tiefe des Meeres und der Steilheit der Böschung, von der Grösse der sich ablagernden Bestandtheile, von Unebenheiten der Unter- lage (Inseln und Klippen) und von Strömungen abhängt, und in welcher die Feinheit des Korns mit der Entfernung von der Küste zunimmt. Die Tiefenparallelen sollten mit Sorgfalt gezogen, und das Verhältniss ihrer Gestalt zu derjenigen der Küste beobachtet werden. Inseln, können mit dem Festland oder untereinander durch sanfte untermeerische Mulden verbunden, oder durch tiefe Canäle getrennt sein (beides ist z. B. bei den ostindischen Inseln der Fall, und: wie folgenreiche Schlüsse sich daraus ziehen lassen, hat A. R. Wallace gezeigt). Häufig findet sich, dass der Schuttkegel plötzlich durch .einen Steilabfall abgeschnitten ist, wie im Westen der Britischen Inseln. Die Ursache davon liegt wahrscheinlich in Strömungen, welche die über die Abbruchslinie hinausgelangenden Theilchen aufnehmen und in andere Regionen führen. | Es ist noch ‘nicht untersucht, wie weit dort, wo keine Strömungen statt-, finden, die Küstenablagerungen gegen die Tiefsee hin fortsetzen. Ist auch die Entfernung wahrscheinlich sehr gross, und mögen auch Strömungen noch viel weiter hinaus Absätze verursachen, so glaubt man doch im Allgemeinen annehmen zu dürfen, dass in den centralen Theilen der grossen Meere klastische Ablagerungen nicht stattfinden. 2. Ausscheidung der gelösten Stoffe. Nachdem alle mechanisch suspendirten Materialiemabgelagert sind,bleibtdem Wasser von den Stoffen, welche es den Gebirgen entführt hat, nichts übrig alsdie chemisch gelösten Substanzen. Sie finden verschiedene Verwendung. 1) Ein Theil wird schon durch Ueberspülung oder, im Unterlauf der Flüsse, durch Ueberschwem- mungen dem Boden mitgetheilt, um von der Vegetation aufgenommen zu werden und später in veränderter Form nach den Flüssen zurückzukehren. 2) Ein anderer dringt mit den Sickerwassern in den Boden, und bewirkt dort chemische Um- setzungen und krystallinische Absätze (in Drusen, in den Blasen des Mandel- steins, auf Klüften und Spalten). 3) Noch ein anderer Theil findet eine Be besondere Verwendung in den Steppenbecken, indem durch die ununter- brochene Zufuhr die Lösung concentrirter wird, bis sich, wenn sie über- sättigt ist, die Salze krystallinisch ausscheiden. 4) Der bei weitem grösste Theil wird dem Meere zugeführt. Das Wasser in diesem wird aber nicht concentrirter, da eine fortdauernde Ausscheidung von Stoffen einen gleich- bleibenden Salzgehalt bewahrt. Die Ausscheidung ist theils krystallinisch und theils geschieht sie durch zoogene Bildungen, von denen zwei, die Korallen- riffe und der Tiefseeschlamm, besonders in Betracht gezogen werden müssen. Die zu 1 und 2 gehörenden Processe sollen hier nicht näher erörtert werden. Ausscheidungen aus Steppenseen. Den Salzausblühungen der Steppen, den Salzkrusten welche die austrocknenden Seen umgeben, und den Salz- massen, welche zurückbleiben wenn das Wasser ganz verdunstet ist, hat man bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Da die gelösten Stoffe derselben Quelle (den zersetzten Gesteinen) entstammen, von der sie nach dem Meere ge- gelangen, so sollten sie auch, mit kleinen, von der Art des vorherrschenden Gesteins der Umgebung abhängigen Unterschieden, jenen des Meeres ähnlich sein. Dennoch wird aus einigen ausgetrockneten Becken solcher Art kohlen- saures Kali, aus anderen kohlensaures Natron, und noch aus anderen Stein- salz gewonnen. Nur eine grosse Reihe systematisch gesammelter Proben- in ei) » AN Se al y-i Pad BAER, 8 nn denen Beoken? ‚und: "ihre Snztatigelie Anand werden, im 1 ammenhang. mit der Becher ‚der örtlichen Verhältnisse, über die rsacher solcher Verschiedenheiten Miet zu verbreiten vermögen, Besonders wäre es von Interesse, festzusetzen, ob grosse Steinsaliluger in Becken Ausscheidungen aus abgetrennten 'Meeresbecken ; Bildung der Stein- « — Wenn eine Meeresbucht durch Hebung oder andere Ursachen nieder. Man nimmt an, dass die in verschiedenen Sedimentformationen ein- geschlossenen grossen Sasha in dieser Weise entstanden sind, seit- 17 dem man baohadktet hat, dass sie aus den verschiedenen im Meere lesen Substanzen zusammengesetzt sind, und dass diese nach dem Grad ihrer Lös- lichkeit angeordnet sind, so, dass Gyps und Anhydrit, welche am schwersten löslich sind, im Allgemeinen zu unterst liegen, dann das im Löslichkeitsgrad zunächst stehende Steinsalz folgt, und die am meisten löslichen Salze (wie schwefelsaures Kali, refeles en NT Chlorkalium, Chlormagnesium und Chlorealeium), welche zu den Mineralien Polyhalit, we al und anderen zusammentreten, oben auf gelagert sind. Es wäre von Interesse, in den verschiedenen Salzwasserbecken der Aralokaspischen Senkung, in denjenigen Becken der Sahara welche Ueberreste einer vormaligen Meeresbedeckung sind, und wo immer Salzseen nachweisbar diese ud haben, die Salzbildung, an ihrem Grunde und die gegenwärtige Zusammensetzung der Mutterlauge - kennen zu lernen. Auch die ausserhalb des Salzkörpers in den Becken niedergeschlagenen Sedimente sollten untersucht werden, um sie mit denen daR zu reichen, welche die Salzkörper einzuschliessen pflegen. BR Eine wichtige Frage ist es, ob chemische Sedimente auch auf dem Boden des Meeres selbst sich ie decechleecn, Insbesondere betrifft dies dyps und Steinsalz.. Der Beweis des theoretisch wahrscheinlichen Vorgangs - kann nur durch Tiefseeproben geliefert werden. Korallenriffe. — Die Art des Wachsens der Korallenriffe, eigentlich der Zoologie angehörig, ist zuerst durch Charles Darwin zu einem herrvoragenden Gegenstand geologischer Forschung erhoben worden. Die Korallen tragen wesentlich Br ds erneerhelneke einzelner Substanzen im Meereswasser im Gleichgewicht zu een. indem sie dieselben in ihren kalkigen Ab- ‚sonderungen fortdauernd zur Aukseheidime bringen und feste Massen. aus, - den von den Gebirgen durch Dean entführten Substanzen aufbauen. sieich gestatten sie weittragende Schlüsse auf Vorgänge der Gegenwart ‚und früherer Zeitalter der Erdgeschichte. Denn da die Thiere der vll stehe 200 Fuss wenig übersteigt, leben können, die Riffe aber von der 'Meeresfläche oft viele ag! Fuss hinabreichen, so bekundet sich in dem "Aufbau derselben eine allmälige Senkung des Meeresbodens, wobei die Korallen durch Weiterbauen nach der Höhe sich stets in einem bestimmten Niveau im Verhältniss zur Meeresfläche erhielten. Die lebenden Korallenriffe sind 24 Ruf ‚die ee und einen Theil der uberuBı ehe Meere beschränkt. die darauf bezüglichen Werke von Darwin und Dana nich Anleitungsbücher mit sich führen. Man wird leicht finden, nan es mit Bklenniffen ‚ Dammriffen oder Lagunenriffen (s. Hochst. 8. an nun Be Die Arten der Korallen sollten sorgsam studirt und zu einem Binnenmeer isolirt wird und die Verdunstung den Wasserzufluss übersteigt, so trocknet es aus, und die Salze schlagen sich krystallinisch 300 v. Richthofen. gesammelt, und die Rolle untersucht werden, welche jeder einzelnen, betreffs ihres Antheils am Riffbau und der Formen welche sie hervorbringt, zukommt *). Nicht minder genau sollte die artenreiche Fauna der auf den Korallen weidenden Schalthiere, Echinodermen, Würmer, Krebse, sowie der darauf wachsenden Schwämme untersucht werden, da man dadurch ein Verständniss für die mit den Riffen der Vorzeit zusammen vorkommerden Faunen gewinnen würde. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem sogenannten Korallensand geschenkt werden, welcher eine Zusammenhäufung kleiner Fragmente der Schalen von Thieren aus allen vorgenannten Klassen ist. Die Brandung wirft die Gehäuse der abgestorbenen Thiere Millionen Male heftig durch- einander und zerschlägt sie an dem rauhen Geäst der Korallenstöcke, bricht dabei Theile von diesen ab, und zerschellt auch sie, bis endlich die Trümmer- massen auf der Leeseite der Riffe, in den Zwischenräumen zwischen den Korallen- stöcken, oder an weiter ab gelegenen Stellen des Meeresgrundes zur Ruhe kommen. Der Unterschied des Charakters der Riffe auf der Seite an welcher die Brandung anschlägt, und auf der entgegengesetzten, an der Grenze des ruhi- gen Wassers, sollte besonders beachtet, und ebenso an der Oberfläche wie mit dem Senkblei in der Tiefe untersucht werden. Bei Küstenrifen und Damm- rifen ist auch der Antheil zu beobachten, den der Korallensand an den Küstengebilden nimmt; denn der grösste Theil desselben wird vom Riff hin- . weggespült, und der Raum zwischen Riff und Land sollte in der Tiefe ganz und gar damit ausgefüllt sein, wie auch das Innere der ringförmigen Atolle daraus besteht. Wie fällt das Riff nach der inneren Seite ab? steil, oder allmälig, oder in Terrassen? Kann die Ueberführung eines Theiles des le- benden Riffs mit einer durch eine besonders grosse Fluth herangeschwemm- ten Schicht von Korallensand die daselbst bauenden Korallen tödten und das Wachsthum unterbrechen? Kann man dadurch das innere Abfallen in Ter- rassen, wie es zuweilen beobachtet worden ist, erklären? Umschliesst der Korallensand an der Leeseite auch die unzerbrochenen Gehäuse von Schnecken und anderen Thieren? Siedeln sich auf ihnen auch noch Korallenstöcke an? *) Darwin giebt selbst folgende Regeln: „Der wichtigste Gegenstand bei Unter- suchung von Korallenriffen besteht darin, bis zu welcher Tiefe der Meeresboden ausser- ‚halb des Riffes mit einem zusammenhängenden Lager lebender Korallen bedeckt ist. Man kann dies durch wiederholte Sondirungen mit einem schweren und sehr breiten glockenförmigen Senkblei thun, das unten mit einer Lage von Talg versehen ist. Es wird kleine Theile der Korallen abbrechen, oder genaue Eindrücke von ihnen erhalten, und man kann daraus ersehen, wo die Bedeckung des Seegrundes mit Sand beginnt. Diese Tiefensrenze sollte in verschiedenen Meeren, unter verschiedenen Breiten und unter verschiedenen Lagen festgestellt werden. Um die Korallen selbst zu sammeln, sollten Ketten und Haken angewendet werden. Man hat Grund zu vermuthen, dass verschiedene Arten von Korallen in verschiedenen Zonen und Tiefen leben, und man sollte daher bei dem Sammeln sorgfältig die Tiefe, von der jedes Stück stammt und in der die betreffende Art am häufigsten ist, notiren, ebenso, ob das Stück von dem ruhi- sen Wasser einer Lagune oder eines geschützten Canals oder von der ausgesetzten - Aussenseite des Riffes kam. Die kleinen Riffe innerhalb der Lagune gewisser Atolle im Indischen Ocean kommen alle an die Oberfläche, während in anderen Atollen jedes Riff um mehrere Faden unterhalb der Oberfläche bleibt. Es wäre von Interesse, festzusetzen, ob die Korallen in beiden Fällen denselben Arten angehören, und wenn dies der Fall sein sollte, von welchem möglichen Umstand dieser eigenthümliche Unterschied im Be- trag ihres Aufwärtswachsens abhängig gewesen sein mag. — Alle Thatsachen, welche über das Maass des Wachsthums der Korallen unter günstigen Umständen Aufschluss geben können, sind von Werth. Die Eingeborenen einzelner Koralleninseln könnten vielleicht darüber Auskunft geben, z. B. zu welcher Zeit ein seitdem von Korallen zu- er Canal zum Zweck der Durchfahrt mit grossen Canoes ausgefurcht wor- en ist. } Rift ent die Beschaffenheit des renden a und die Entfernung, bis zu welcher die Übzebrachenen Fragmente des Riffes auf dem Seegrund vertheilt werden, zu ah Wie ist z. B. der Boden zwi- A "schen zwei nahe enden Atolls beschaffen ? | Von Wichtigkeit für die Geologie ist besonders die Untersuchung ab- . gestorbener Korallenriffe, welche durch Hebung des Bodens entweder partiell über das Meer hervorragen, oder mit ihrer Tarlrlafe trocken gelegt sind. Man wird sie nicht immer gleich erkennen, da sie sich von anderen Kalk- Br riffen nicht wesentlich unterscheiden. Wo immer in tropischen Meeren eine Hebung in jüngster Zeit stattgefunden hat, sollte man in den Küstengebieten nach ihnen suchen, und hat man eine gefunden, welche den unzweifelhaften Be- weis für die angegebene Art der Entstehung giebt, so wird es nicht schwer halten, noch andere aufzufinden. Es ist zunächst die Form zu beobachten. Ri - Ein Atoll wird sich als allseitig steiles Riff mit einer flach trichterförmigen R Vertiefung auf der Höhe erweisen. Ein Dammriff wird der Meeresseite einen a, langgedehnten; mehrfach unterbrochenen Steilabfall zukehren, nach der Land- seite aber allmälig abfallen, während ein Fransenriff (oder Küstenriff) nach "= der Seite der Gebirge hin ansteigen und gegen das Meer hin entweder plötz- B:- lich oder allmälig endigen, vielleicht auch bis unter dasselbe, nach solchen Stellen wo die Thiere noch fortbauen, sich erstrecken sollte. Am wichtigsten sind die beiden ersten Arten von Riffen, da sie mächtige Kalksteinmassen liefern und einen Anhalt zur Erklärung der Entstehung mancher mächtiger Kalksteinmassen in der Vorzeit geben können. Mit der grössten Sorgfalt sollte nun das Riff in allen Theilen beobachtet werden. Ist die Oberfläche eben oder senkt sie sich nach gewissen Richtungen? Finden sich auf ihr "Anhäufungen, welche früher, wie bei den Laguneninseln, über das Meer auf- raeten? Ist die Fläche glatt oder mit Höckern besetzt? Ist in diesen noch — Korallenstructur deutlich zu erkennen? Sie geht häufig verloren. Der Ko- _ rallensand zwischen den Höckern ist fest cämentirt und lässt durch seine etwas dunklere Färbung die weissbleibende Masse der Korallenstöcke in ihren — Umrissen deutlich erkennen. Wie ist der äussere Abfall des Riffes? Wahr- scheinlich wird man ihn steil, vielleicht überhängend, zerfressen und höhlen- reich finden, indem dort der Korallensand sich nicht ablagern konnte, oder, was davon vorhanden war, bei der Hebung des Riffes, durch die Brandung, welche nach und nach an alle Theile des Abfalls von der Höhe bis zur Tiefe anschlug, herausgeholt wurde und letzterer nur das Gebäude der unregelmässig aufeinander gesetzten und sich oft nur an einzelnen Stellen berührenden ein- zelnen Korallenstöcke darstellt. Jedes Riff ist von tiefen Spalten durchsetzt, welche bis auf den Boden reichen und ihren Ursprung in den Mündungen _ von Bächen hatten, die vom Lande herabkamen und die Ansiedlung von Ko- ' rallen hinderten; nachher aber, als das Land sich tiefer senkte, blieben die ähnliche Formen wie an der Front finden. Auf der Landseite bieten sich Alle bisherigen Bicbachtuugen an gehobenen Riffen haben gezeigt, dass die ganze Masse derselben in einen unvollkommen krystallinischen Zustand Sr wird und Schichtung annimmt. Der cämentirte Korallensand Spalten bestehen, weil die Brandung hindurchschlug. Dort wird man daher Rn Beobachtung die mächtigen Ablagerungen von ehemaligem Korallensand ein etwas lockerer, poröser, bräunlich gefärbter, der eigentliche Körper ein ster ‚geschichteter Kalkstein von weisslicher Färbung, der sich zuweilen von ar Be Te TE IE, En 8 N Te ” PEPPER Er EW DIR HE, KR RG j je x ern | Reiche den Kalksteinen der älteren Formationen nicht unterscheiden lässt. Da man in der Regel lebende Korallen und jüngst gehobene, wenig über der Fluth- höhe befindliche Korallenbänke in der Nähe der gehobenen Riffe findet, so hat man Gelegenheit, die ganze Reihe von Uebergangsstufen von der frischen Koralle bis zu geschichtetem Kalkstein, in welchem nur noch hier und da die Form einer Koralle erkennbar ist, zu verfolgen und zu sammeln. Es würde eine dankbare Aufgabe sein, bei einem gehobenen Damm- oder Wallriff die zwischen demselben und dem ansteigenden Bergland (dem früheren Festland) gelegenen Sedimente genau zu untersuchen, am besten in Erosionsschluchten. Diese Zwischenräume sind bei hohen Riffen sehr gross, da das Riff mauerartig aufwächst, das Land aber eine allmälige Abdachung hat. Es muss darin eine Vermischung der vom Land herbeigeführten klas- tischen Sedimente mit Korallensand stattfinden; und ist die Ablagerung stark genug, um mit der vielleicht sehr langsamen Senkung insoweit Schritt zu halten, dass die Wassertiefe noch die Ansiedlung von Korallenstöcken ge- stattet, so werden diese sporadisch aufwachsen, und ihre Entwickelung perio- disch durch vermehrten Süsswasserandrang oder schlammige Niederschläge unterbrochen werden. Man darf daher erwarten, dass an solchen Stellen hin und wieder ein Verhältniss eintreten wird, welches abwechselnde Lagen von Schlamm und Kalk mit eingestreuten Korallenstöcken zeigen wird. Dies würde gewisse Gebilde der Vorzeit, die z. B. in der silurischen Formation vorkommen, befriedigend erklären. Man würde aber auch dadurch demon- striren, wie verschieden die Gebilde sein können, welche sich gleichzeitig aus demselben Meere nebeneinander ablagern. Ein ähnlicher Fall würde sich bieten, wenn es gelänge, ein gehobenes Dammriff aufzufinden, das einer vul- canischen Insel vorliest oder sie umzieht, und dessen Entstehung mit der Periode der vulcanischen Thätigkeit zusammenfiel. Wo sich eine solche Gelegenheit bietet, sollte sie der Reisende nicht unbenutzt lassen, um das Ineinandergreifen der riffbauenden und der vulcanischen Thätigkeit zu stu- diren. Könnte man einen in jugendlicher Zeit in der Nachbarschaft von Korallenriffen abgelagerten Wechsel von 'Tuffschichten, Korallensandschichten, Lavaströmen und einzelnen Korallenstöcken ‘oder Korallenbänken beobachten, so würde ein streitiges Problem der Geologie von Südtyrol, das anderwärts manches Analogon hat, endgültig gelöst sein. Tiefseeschlamm. — Den Untersuchungen der Neuzeit ist die Kenntniss eines reichen organischen Lebens in den grössten Meerestiefen, das meist aus mikroskopischen, theils Kieselsäure und theils kohlensauren Kalk abson- dernden Thieren besteht, zu verdanken; es scheint den Schlüssel für die Ent- stehungsweise der über weite Länderstrecken gleichmässig ausgebreiteten Kalksteinschichten zu geben, und liefert den Beweis, dass sich z. B. gleich- zeitig mit Korallenriffen und dicht neben ihnen Kalksteine ablagern können, welche sowohl von ihnen als von den Korallensand- und gemischten Sedi- menten abweichen. Der Gesichtskreis geologischer Vorgänge hat sich da- durch ausserordentlich erweitert. Doch giebt es gegenwärtig noch manche schwierige Fragen, es würde aber zu weit führen diese hier auseinanderzusetzen. Der Reisende kann zu ihrer Lösung vorläufig nichts beitragen als: Sammeln recht zahlreicher und ausgiebiger Tiefseeproben. Ablagerung durch Eis (Drift). Ausser derjenigen Form der Ablagerung, welche ein Gletscher ausübt, indem er die auf seinem eigenen Rücken abwärts getragenen Schuttmassen ben EI ee grosse Gesteinsmassen mit sich ac und beim Ab- chmelzen auf den Mer nd fallen lassen. Es kommen bei der Beobach- tung dieser Bincheihungen verschiedene Gesichtspunkte in Betracht, und N zwar: 1) der Hersilanussort der Gesteine. Die vom Eis entweder A nur auf dem Festland oder nk das Meer transportirten Blöcke sind ge- wöhnlich nicht gerollt und finden sich als Fremdlinge in Gegenden, in deren geologischen Bau sie nicht passen. Lässt sich der Herstammungsortt us - findig machen, so erkennt man daraus den Weg des en oder die \ Richtung der Strömung, welche den Eisberg kransportirt hat. —. 2) Dee horizontale Grenze der Vertheilung. Bei Gletschern lässt sich draus B. ‚ erkennen, wie weit sie aus dem Innern de Gebirges in das Flachland hinaus sieh verbreiteten, bei Eisbergen, die Küsten des Meeres in welchem der Bi Transport stattfand, oder, wo das Meer offen war, die Grenze, bis zu welcher das Eis in der Richtung des wärmeren Klimas gelangen konnte. Die >» u Grenzen der ee anen sind in Europa und in Thelen von Nordamerika u Sut bekannt, weniger genau im nördlichen Asien, und in Südamerika ist die u Kenntnisse von Dr der ganz ungenügend. — 3) Die verticale Ver- e breitung. Bei ehemaligen Gletschern lässt sich, theils an Stellen, wo sie Fre einen in der Ebene gelegenen Berg einhüllten, oder sich gegen einen quer zur Bewegung gerichteten Hügel aufstauten, oder ein grosses Thal anfüllten, _ vr an ‚den beim Abschmelsen liegen gebliebenen Blöcken a: Höhe erkennen, bis zu welcher sie reichten. (Sie ea oft mehrere tausend Fuss.) Aber weit 2 wichtiger ist dieser Gesichtspunkt Bei der durch schwimmende Eisberge her- Br: % _ vorgebrachten Drift, da ihre verticale Verbreitung zeigt, bis zu elle Tiefe _ die jetzigen Banken. zur Eiszeit in das Meer ee waren. — 4) Wir- kungen des Drifteises. Die scheuernde Wirkung der mit Steinblöcken . erfüllten Eisberge der Diluvialmeere giebt sich an Bergen zu erkennen, welche - Untiefen in letzteren bildeten, oder an den Gehängen, gegen welche die Eis- berge, in ähnlicher Weise wie jetzt an die flachen Be der New- Foundland-Insel, getrieben wurden, und an denen sie sich mit Ebbe und Fluth abwärts und aufwärts bewegten, während auch die Brandung ein Os- eilliren in geringeren Grenzen verursachte. Alle solche Erscheinungen, das Furchen der Bersgipfel, das Scheuern der Gehänge, das verworrene Auf- stauen von Thon oder Lehm u. s. w. sind ebenso zu beobachten, wie die gegenwärtigen Bewegungen gestrandeter Eisberge, und die Beschaffenheit des _feineren und gröberen Materials, welches sie enthalten. — 5) Zusammen- setzung der Drift. Ist die Ablagerung, welche die erratischen Blöcke führt, geschichtet oder ungeschichtet? oder wechseln geschichtete und unge- schichtete Massen? Sind die Blöcke, soweit sie nicht lose auf der Oberfläche . zerstreut sind, an sandige oder thonige Ablagerungen gebunden? oder finden ie sich in beiden? Nehmen sie'vielleicht je nach dem Charakter der Schicht Yr ne andere Gestalt an? Kommen gerollte Stücke neben eckigen VORAN ind beide Formen von einander getrennt, und vielleicht die eine mehr n d, die andere an Thon gehlinden? Wechseln mit den De Ku j *) Darwin macht darauf aufmerksam, dass das Packeis die von Wasser gerollten S iebe der Küsten und Flussmündungen einschliessen sollte, und räth, bei dr Uun- ung der Einschlüsse das Packeis vom Gletschereis zu trennen. Beide würden, RN Vermuthung richtig ist, verschiedenartig geformtes Material zur Ablagerung % 04 v. Richthofen. andere, in denen von Eis transportirte Blöcke 'nicht vorkommen? Oder lässt es sich schliessen, dass zwei Perioden der Driftablagerung durch eine Periode der Trockenlegung des betreffenden Landes durch Hebung aus dem Meere unterbrochen waren? — 6) Organische Reste in der Drift. Wenn schon die vorigen Fragen Aufschluss über die Geschichte der Eiszeit in jeder einzelnen Gegend zu geben bestimmt sind, so wird dieselbe sich noch viel klarer aus den organischen Resten, wenn sie vorkommen, entwickeln lassen, und es sollte auf sie die grösste Aufmerksamkeit verwendet werden. Es ist in neuerer Zeit ein besonders wichtiges Problem geworden, festzu- stellen, ob es auf der nördlichen Hemisphäre eine oder mehrere Eiszeiten gegeben hat, die durch Perioden des Vorrückens der Wärme nach dem Nor- den unterbrochen waren; ob die Eisperioden auf der südlichen Erdhälfte mit denen auf der nördlichen gleichzeitie waren oder, wie es wahrscheinlicher ist, alternirten; ob mit der Wärme zwischen der vorletzten und letzten Eiszeit des Nordens organische Wesen wärmerer Zonen, und unter ihnen der Mensch, nach Europa vordrangen, um dann während der letzten Eiszeit wieder zu verschwinden und nach ihr abermals vorzurücken; ob mit den Kälteperioden eine grössere Versenkung des Landes unter das Meer verbunden war als mit den Wärmeperioden. Diese und verwandte Fragen lassen sich nur durch die subtilsten Untersuchungen lösen, zu denen sich dem Reisenden nur in seltenen. Fällen, wie bei einem längeren Aufenthalt in Patagonien oder Canada, oder anderen Ländern hoher Breiten, Gelegenheit bietet. Ablagerungen in Höhlen. Der ruhige Aufenthalt, welchen Höhlen den grösseren Säugethieren und dem Menschen in seinen frühen Entwickelunesstadien gewährten, giebt den Absätzen in ihnen eine besondere Wichtigkeit für das Studium des gleich- zeitisen Bestehens gewisser T’hierarten und des Menschen mit ihnen, aber nur wenn sie mit so viel Sorgfalt untersucht werden wie es z. B. neuerdings. in England geschieht. Der eigentliche Reisende hat dazu keine Gelegenheit; aber sie dürfte sich zuweilen dem bieten, welcher längere Zeit in der Nähe von Höhlen wohnt, und es wäre von hohem Werth, zu den vielen jetzt in Europa erhaltenen wichtigen Resultaten solche aus anderen Erdtheilen hin- zuzufügen. Die Ablagerungen in Höhlen bestehen im Wesentlichen aus, Kies, Lehm und Stalagmit. Incrustationen des letzteren konnten sich nur in Zeiten der Ruhe bilden, während Kies darauf deutet, dass ein Fluss die Höhle durchströmte, wie es jetzt noch so häufig der Fall ist. Der Lehm zeigt ruhigeren Absatz an, ist aber vielleicht auch von aussen zugeführt worden. Die Thierreste sind zum Theil abgerollt und dann mit Sicherheit. von aussen zugeführt, zum Theil deuten sie darauf, dass die Thiere an Ort und Stelle starben und inerustirt wurden. Producte menschlicher Kunst. dürften stets als am Ursprungsort befindlich angenommen werden können, Mit, grosser Vorsicht muss man die in einer bestimmten Lage, z. B. oberhalb oder unterhalb einer gewissen Stalagmitdecke befindlichen Reste sammeln, und wohl darauf achten, dass sie nicht mit anderen vermengt werden. Die Bestimmung der aufgefundenen Reste sollte nur den höchsten Autoritäten überlassen werden. Nur dann wird es möglich sein, festzusetzen, ob successiv verschiedene Faunen lebten und klimatische Aenderungen andeuten, und ob der Mensch mit gewissen Thieren, deren geologisches Alter von anderwärts. bekannt ist, zusammen lebte; vielleicht auch, ob verschiedene Rassen nach einander in einer Gegend auftraten. In allen Gegenden, welche der Ursitz. ‘ ' gewesen sind, versprechen derartige Untersuchungen grossen “ Hebung und Senkung. Yin Re: allen Seitdem es bekannt ist, dass keine der bisher genau untersuchten Küsten - stationär bleibt, sondern jede durch die langsam aber stetig fortschreitende Aenderung, welche das Niveau des Landes im Verhältniss zu dem des Meeres erleidet, auf eine gegenwärtig stattfindende Hebung oder Senkung _ des Bodens schliessen lässt, sind die darauf bezüglichen Erscheinungen unter - diejenigen gekommen, welchen der Reisende in hervorragendem Maasse seine Aufmerksamkeit zuzuwenden hat. Der Seefahrer, dessen Beobachtungsgebiet auf die Nähe der Küsten beschränkt ist, insbesondere derjenige welcher mit Küstenaufnahmen beschäftigt ist, hat reiche Gelegenheit zu derartigen Unter- ' suchungen. Im Innern des Landes, je weiter man sich von der Küste ent- fernt, wachsen die Schwierigkeiten. Die Bezeichnungen „Hebung“ und „Sen- kung“ sind dabei nur relativ, im Verhältniss zu der scheinbar stationären Meeresfläche, aufzufassen; es kann, wo es sich um empirische Beobachtung handelt, nicht darauf ankommen, ob nicht beide Erscheinungen zum grösseren. Theil auf allgemeine Senkung zurückzuführen sind, oder ob das Zurückziehen des Meeres von einem oder dem anderen Pol und seine Öoncentration nach dem entgesengesetzten hin auch eine Rolle spielt. Die Hebung einer Küstengegend während der jüngstvergangenen Perioden ist am leichtesten festzusetzen. Denn wo immer das Land tiefer als jetzt in das Meer versenkt war, wird man in dem früheren Niveau der - Brandung mehr oder weniger deutlich die Spuren aller Arten von zerstö- _ render, und unterhalb derselben diejenigen der wiederaufbauenden Thätigkeit des Meeres finden. Klippige, durch einen ebenen Küstenstreif vom Meer ge- _ trennte Abfälle werden in der Regel auf Hebung deuten. Man hat dann die Felswände mit solchen zu vergleichen, an welche Brandung anschlägt. Noch sicherere Schlüsse erlaubt das Vorkommen der von Bohrmuscheln her- — — rührenden Löcher in festem Gestein, besonders wenn die Schalen noch darın Er sitzen, oder das Anheften von Austern, Balanen und anderen die Brandung liebenden Thieren. Wo man sie findet, sollte man die Spuren nach der Höhe so weit als möglich verfolgen, und besonders darauf achten, ob sie in horizontalen Streifen angeordnet sind. Findet man, besonders in klippigen mit Schwemmland angefüllten Buchten, alte Haken zum Befestigen von Schiffen angebracht, so rückt die Periode der Hebung mit Bestimmtheit in die "Zeit des Menschen herab. Die Anwesenheit von Uferbauten, Ankern, im Sande vergrabenen Fahrzeugen u. s. w. sind ebenso directe Beweise für eine Hebung = in jüngster Zeit. Einen anderen Anhalt geben die Uferwälle, welche das Meer ‚aus Gesteinsblöcken, Kies, Sand, Muscheln und Tang zusammenspült und, indem es sie bei Hochfluth u den Bereich der gewöhnlichen Brandads bringt der weiteren Zerstörung und Fortschaffung gegen die Tiefe entzieht. Man findet sie zuweilen auf sanft ansteigendem Boden in parallelen Reihen *) Ein Gegenstand, welcher würdig wäre als besonderer Zielpunkt einer ee zu ienen, wären die Höhlen von Yünnan, welche die erstaunlichen Mengen in chinesischen potheken verkäuflicher fossiler Zähne (bekannt als Drachenzähne) liefern. Ein längerer enthalt daselbst würde sich ohne Schwierigkeit bewerkstelligen lassen, und nirgends i ee Bolzeiche auf den besonderen Gegenstand eingeübte "Arbeiter zur Hand. — ee vom höchsten Interesse würde die Untersuchung von Höhlen nischen asnlen bestimmten Continent en würden. nseln bieten, da sich vielleicht Rückschlüsse auf ihre frühere Verbin- P% 306 v. Richthofen. entlang der Küste angeordnet, manchmal bis weit in das Innere der Thäler hinauf. Grosse Vorsicht ist dort nothwendig, wo man Küstenebenen mit Resten derselben Schalthiere, welche jetzt im angrenzenden Meere leben, be- deckt sieht. Denn die Bewohner führen dieselben als Dünger auf die Fel- der, und von den Gehäusen der Muscheln und Schnecken, welche ihnen zur Nahrung dienen, bilden sich oft unglaublich grosse Ansammlungen. In jedem Fall kann daher erst das Vorkommen unterhalb der Ackerkrume maassgebend sein. Andere Anzeichen von Hebung sind: das Aufragen von Klippen, die früher vom Wasser bedeckt waren; das Seichterwerden des Meeresgrundes an Stellen wo keine bedeutende Ablagerung von Material stattfindet, wie man dies an vielen ehemals guten und jetzt nicht mehr brauchbaren Häfen beobachtet; die Ueberlieferung, dass eine Stadt, die früher am Meer gelegen war und durch Handel und Schifffahrt blühte, jetzt weit landeinwärts, vom Meere entfernt liest und ihre Bedeutung für den Handel verloren hat; die Erzählungen der Strandbewohner, dass, auf demselben Grund, wo sie jetzt N ihre Felder und Wiesen bewirthschaften, ihre Väter in Booten gefahren sind und gefischt haben. Durch sorgfältige Ansammlung solcher historischer Daten sollte man versuchen, den Betrag der Hebung in einer bestimmten Zeit- periode, z. B. im Lauf eines Jahrhunderts, tz. — In tropischen und subtropischen Gegenden geben trocken gelegte Korallenriffe den aller- sichersten und \eichhssren Anhalt. Jeder ansıtzende Korallenstock über dem Bereich der Fluth ist Beweis der geschehenen Hebung, und an Riffen kann man oft erkennen, dass sie Hunderte von Fussen betragen hat. Besonders aber geben sie En Anhalt zur Beobachtung des Wechsels von Hebung und Senkung, indem das Riff selbst Senkung bekundet, seine Trockenleeung Hebung erweist, und andere Vorgänge vielleicht loan: A dass Jatze wieder eine Senkung der Küste stattfindet. Die absoluten ass für die Senkung einer Küstengegend zu finden ist weit schwieriger, da in diesem Fall das Meer die Spuren seiner eigenen Thätigkeit verhüllt. Das Tieferwerden des Meeresgrundes in felsigen Buchten, das historisch nachgewiesene Vordringen desselben in das Land, das Verschlingen ganzer Städte und Dörfer und Ueberfluthen blühender Land- striche Ban as Meer, an Stellen wo die Brandung allein eine solche Wir- kung nicht auszuüben vermag, das Versinken von Wäldern, und andere der- artige Erscheinungen, sind directe Beweise der Senkung. Nicht minder findet man sie bei Ausgrabungen welche bis unter das moon hinabreichen. Bei der Anlage von Brunnen z.B. erschliesst man im Schwemmland Ueber- reste menschlicher Kunst in Töpferarbeiten, Steingeräthschaften, Wohnhäusern, sowie Anzeichen ehemaliger Wälder und Torfmoore. Ausser diesen von glücklichen Zufällen abhängigen Beweisen kann der Beobachter noch andere auf dem Wege indirecter Solar saheleiscinn & ableiten. So z. B. liegen an der süd- lichen Hälfte der Küste von China, welche dort felsig und Sehen ist, allen Flussmündungen Schlammbänke vor, welche genau im Niveau der Fluth stehen, und aus denen die Felsberge oe ansteigen. Wenn die ge- ringste Hebung stattfände, so würden dieselben in Küstenebenen verwandelt, und selbst bei vollkommenem Stillstand zum Theil trocken gelegt werden. Nur wenn Senkung stattfindet, ist es denkbar, dass durch Absatz von neuem Material jede Schlammbank genau im Niveau der Fluth erhalten wird: Der Beweis, welchen die Erscheinung für eine fortdauernde Senkung der Küste giebt, wird durch die Resultate der Brunnengrabungen in dem weiter land- einwärts gelegenen Schwemmland der Flüsse bestätigt. Umgekehrt sind im’ nördlichen China die ausgedehnten submarinen Sediment- Ablagerungen an ER ix Ä vr Ne ib ae En Re RLSEN v dungen deı ‚grossen Flüsse zu einer weiten, den Gebirgen vorlie- ene verwandelt worden, und noch jetzt schreitet die Hebung fort, ie di eranlasste. Aehnliche Argumente werden sich gewiss in vielen deren Ländern finden lassen. | \ DS $ Der Nachweis oscillirender Bewegungen inKüstenländern, wie ihn zu- { eu $ erst Lyell für den Tempel von Puzzuoli gab, verlangt genauere und scharfsinni- _ gere Beobachtung. Es wurde bereits (8. 268) auf das Phänomen in vulea- nischen Ländern hingewiesen. Korallenriffe werden hier einen gewichtigen Anhalt geben. Am leichtesten ist die Thatsache einer früheren Versenkung und darauf erfolgten Hebung zu constatiren. Wenn z. B. ein im Niveau des Meeres oder über demselben befindliches Torflager, oder die sicheren r Ueberreste menschlicher Existenz von einer mehrere hundert Fuss mächtigen u - jugendlichen Schichtenablagerung bedeckt sind, so ist dies ein sicherer Be- ; weis, dass das ehemalige Festland mindestens um diesen Betrag unter die Oberfläche des Meeres versenkt wurde und sich wieder gehoben hat. N Wo ein Hebungsfeld und ein Senkungsfeld sich berühren, wird Still- stand herrschen, und wahrscheinlich können stationäre Zonen von langem Bestand sein. Man muss dies z. B. annehmen, wo eine der auf S. 290 be- - sehriebenen Küstenplattformen eine grosse horizontale Ausdehnung hat. Denn ‚Se die Abwaschung geschieht nur im Niveau der mittleren Brandung. Ist die Plattform gegen das offene Meer geneigt, so deutet dies eine Senkung an. Die Hebung oder Senkung des Bodens im Innern der Con- } tinente wird sich durch genaue Nivellirungen, die in längeren Zeiträumen 2 DE wiederholt werden, nachweisen lassen. Weit mehr kommt es hier darauf,an., die örtlichen Verschiedenheiten im Betrag der verticalen Bewegung festzu- Br. De setzen, und dafür giebt es auch mehr und directere Anhaltspunkte. Es ‚ A ist von besonderem Interesse, zu erweisen, ob Gebirge noch jetzt in Hebung Wi begriffen sind, und ob, wie es in ihrer Vorzeit der Fall war, die axialen e Theile sich in stärkerem Maass heben als die Flanken. Wo Gebirge in der Nähe einer Küste liegen, lässt sich dies zuweilen durch das Ansteigen alter _ _ Küstenwälle gegen das Innere der Thäler nachweisen. Doch kann man auch u R ® Schlussfolgerungen durch die Beobachtung der Veränderungen im Gefäll der ee - vom Gebirge herabströmenden Gewässer gelangen.*) Wird eine Seite eines ER Parallelthales stärker gehoben als die andere, so wird der dasselbe durch- strömende Fluss allmälig nach der weniger gehobenen Seite hin wandern, oder, wenn er es vermag, sein Bett seitlich überschreiten und einen anderen Lauf nehmen. Wird der obere Theil eines Stromlaufes stärker gehoben als u der untere, so wird das Gefäll vermehrt, der Fluss schneidet tiefer ein, es ER - bilden sich hohe Uferbünke. Wo diese nicht von einer alten Seeausfüllung - herrühren, sondern in einer, von zwei Gebirgsarmen eingeschlossenen aber nach vorn weit geöffneten Bucht vorkommen und grössere Höhe erreichen, MM \ ; *) So ist z. B. an der Sierra Nevada in Californien, welche jetzt von dem nur wenige Fuss über dem Meeresniveau liesenden Schwemmland zu Kammhöhen von 6 bis - 10000 Fuss ansteigt, deutlich wahrzunehmen, dass sie früher ein Hügelland war, in Kr welchem an der Westseite, in Thälern, welche dem jetzigen Kamm des Gebirges parlel richtet waren, grosse Flüsse strömten. Ihre Betten mit der ganzen Schotterablagerung wohl erhalten und die Hauptlagerstätten des Californischen Goldes geblieben. Ak mn die Axe des Gebirges allmälig höher anstieg, trat das Wasser aus den Strömen } ‚deren Westseite über und floss seitlich hinab, erst an einer, dann nach und nach mehr Stellen. Endlich bildete sich ein System von Querschluchten aus, welche die on der früheren Parallelströme rechtwinklig durchschneiden und dem Goldgräber lich machen. Allerdings bietet sich selten Gelegenheit, eine derärtige Erschei- ‚solcher Sicherheit zu beobachten wie in dem erwähnten Fall. | 2 “ . . 20* 308 ° ENG Richthofen. * wird man deshalb auf eine Hebung ihres oberen Theiles schliessen müssen. "Wo solche Terrassen sich (wie z. B. westlich von Yedo) von einer Höhe von mehr als 100 Fuss abstufen, wird man eine lang andauernde und be- trächtliche Hebung anzunehmen haben. Senkt sich hingegen der obere Theil eines Flusslaufes gegen den unteren, so wird der bei der Seebildung (S. 292) erwähnte Fall eintreten, dass das Wasser aufgestaut wird. Das Land am Fuss des Gebirges wird leicht Ueberschwemmungen ausgesetzt sein, sumpfi- gen Charakter annehmen und je nach der Menge disponibler Sedimente ebenso gleichmässig erhöht werden als es sich senkt, oder mit flachen Seen bedeckt werden. Wo immer das Schwemmland mit horizontaler Oberfläche und unvermittelt an den Fuss eines Gebirges heranreicht, kann man anneh- men, dass seine Ablagerung Senkung bekundet, und es bleibt dann nur zu beobachten, ob nicht das ganze Land nachher noch gehoben worden ist. Es konnten hier nur einige allgemeine Winke für die Beobachtungen über Hebung und Senkung gegeben werden. Der Gegenstand gehört zu den anziehendsten und wichtigsten, die sich der Reisende, auch ohne geolo- gische Vorbildung, als Ziel seiner Arbeiten setzen kann. Durch diese lang- samen aber stetigen Vorgänge wurden erst in den jüngsten Zeiten der Erd- geschichte die wichtigsten Stätten der menschlichen Cultur über den Ocean gehoben, und wahrscheinlich gleichbegünstigte Landstriche unter ihn versenkt, Continente mit einander verbunden oder in Inseln aufgelöst (ostindischer Archipel), oder vielleicht auch ganz vom Meer überfluthet (Lemuria); es wurden klimatische Aenderungen hervorgerufen, weit über den Kreis des ge- hobenen oder versenkten Landstriches hinaus, Meeresströmungen abgeleitet, die Verbreitung organischer Wesen in bestimmte Richtungen geführt, das Aussterben einzelner Geschlechter, die Variation anderer verursacht. In nahem Zusammenhang mit den säcularen Hebungen und Senkungen stehen diejenigen Bewegungen der Erdkruste, welche zu der Emporhebung und Zusammenfaltung von Gebirgen und überhaupt den schnellen Uebergängen in den Unebenheiten des Erdbodens Veranlassung gegeben haben. In wel- cher Art die diesen zu Grunde liegenden Kräfte wirken, darüber sind Auf- schlüsse nur durch die genaueste Beobachtung der Erscheinungen der Erd- beben zu erwarten, welche den Gegenstand des nächsten Abschnittes bilden. BA ee R x vi NR ATS Erdbebenkunde. on K. von Seebach. \ I. Einleitendes. Tausende und ertausende von Menschen sind en Bean in rien Secunden durch n Erdbeben getödtet worden. So soll beispielsweise nach den am meisten rbreiteten Angaben das Erdbeben von Lissabon am 1. November 1855 2 Menschenleben oe, haben. Das Erdbeben von Calabrien im ER gegen 30,000. — UDeberall und zu allen Zeiten. Erdbeben haben in allen Zeit- * abschnitten, in allen Jahrhunderten, in allen Jahres- und Tageszeiten statt- gefunden (Mallet. Report. Brit. assoc. adv. sc. for 1850 p. 25 No. 2). Wenn man Nachricht von dem täglichen Zustande der gesammten Erdoberfläche = aben könnte, würde man sich wahrscheinlich cn überzeugen, dass fast immerdar an irgend einem Punkte diese Oberfläche erbebt (Humboldt Kosmos I p. 213). | Sie sind in allen Theilen der Erdoberfläche auf dem Festlande, wie auf Oceane beobachtet worden. Sie finden sich in Gegenden von der al llerverschiedensten geologischen Zusammensetzung und Struktur: in dem ulcanreichen tropischen Amerika wie in dem en Skandinavien, in Felsengebirgen der Alpen, wie in dem Schwemmland der norddeutschen ebene. Auf jeder Reise, in welche Gegenden sie auch gerichtet sein möge, daher die Möglichkeit und Eaalh die Wahrscheinlichkeit vor, mit \ merkwürdigen Phänomen bekannt zu werden. nssehten über frühere Erdbeben. Aber auch wenn der Be | nicht selbst ein Erdbeben erlebt, so empfiehlt es sich doch immer, in iven, libros de cabildo, in den Kirchenbüchern und Familien- heren Erdbeben nachzuforschen, um durch neue, zuvor unge- se die bereits Re und mit so erstaunlichem Fleisse 10 v. Serbache Pr En natürl. Veränderungen der Erdoberfläche, Bd. IV u. V, 1840 u. 41, reicht bis 1805 und von 1821 bis 32; British Association earthquake-catalogue by R. Mallet 1851 u. 1854, reicht bis 1843; für die Zeit seit 1843 nach Ländern geordnet die bewundernswerth sorgsamen Zusammenstellungen A. Perrey’s in verschiedenen 2) zu bestätigen und zu er-is gänzen. Kritik der Quellen. Selbstverständlich en man aber bei der Be- nutzung von Nachrichten über Erdbeben, mögen dieselben aus älteren Zeiten äberliefers sein oder von Zeitgenossen mündlich oder schriftlich mitgetheilt werden, stets die grösste Vorsicht und strengste Kritik anwenden müssen. „Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beobachtungen über ein so über- raschend eintretendes Phänomen nicht alle von gleichem Werthe und gleicher Glaubwürdigkeit sein können, da sich sehr leicht Täuschungen und vor- gefasste Meinungen einmischen, abgesehen von ganz absichtslos ungenauen Mittheilungen, welche ebenso unterlaufen und deren Quelle bald in leicht- fertiger Auffassung und bald in der mangelhaften Darstellung liegen kann. Die Materialien können daher nur mit besonderer Kritik Bez) werden, ' und es ist auf alle diejenigen Angaben keine Rücksicht zu nehmen, welche irgend den Charakter der Unrichtigkeit, des Irrthums und der Te scheinlichkeit an sich tragen. Die Probe der Wahrscheinlichkeit ist aller- dings nicht immer ganz leicht; sie ergiebt sich aber noch oft aus der Ver- gleichung mit den Umständen, welche an vielen benachbarten Oertlichkeiten beobachtet worden sind“ (Nöggerath, D. Erdbeben v. 29. Juli 1846 p. 2). II. Thatsächliches. Diagnose. Erdbeben nennt man jede vorübergehende Bewegung des Erdbodens, deren Ursache eine natürliche und unter der Erdoberfläche? ge- legene ist. Form. Diese Bewegung kann bald nur ein kurzes Erzittern sein, wel- ches den in Gebäuden befindlichen Personen den nämlichen Eindruck zurück- lässt wie bei dem raschen Vorüberfahren eines stark beladenen Wagens oder bei dem heftigen Zuschlagen einer schweren Thüre oder auch bei dem Fallenlassen eines sehr grossen Gewichtes im Keller oder auf dem Boden: Tassen und Teller klirren gegen einander, Klingeln läuten, Bilder pendeln. kleine Gegenstände werden verschoben, Pendeluhren bleiben stehen ete. Bald ist die Bewegung eine bedeutendere, die Bäume, Thürme und Häuser sicht- bar hin- und herschwanken macht, Essenköpfe herabstürzt, in Mauern kleine Spalten öffnet, Gegenstände von geringerem Gewichte umstürzt und fort- schleudert. Bei noch stärkerer Bewegung stürzen dana die Thürme und andere höhere Baulichkeiten ein; die Mauern von Gebäuden bersten weit auf und stürzen ein, und auch schwere Gegenstände werden umgestürzt und fort- geschleudert. Endlich kann das Erdbeben jene furchtbare Intensität er- reichen, durch welche der feste Erdboden bewegt wird wie ein wild erregtes Meer, ganze Städte werden in wenigen Secunden in Trümmerhaufen ver- wandelt, mächtige Erdspalten öffnen und schliessen sich, weit genug, um ganze Häuser mit ihren Einwohnern — nur in seltensten Fällen unbe- schädigt und lebendig — zu begraben. Die Bewegung eines Erdbebens kann sich von dem Festland aus auch auf alle Wasserflächen und in das Meer hinaus erstrecken und ungewöhn- liche Wellen erzeugen, die in diesem schon über tausende von Meilen ver- hie Morde a Endlich anne Brlehen a direct den ; Oceans erschüttern und durch die Uebertragung dieser Bewegung (Vgl. = auf Ei überlagernde Wassersäule wahre Seebeben verursachen. unten S. 327.) Ausdehnung. Der von einem Erdbeben Beiräte Theil der Erd fläche kann bald nur einen sehr geringen Raum ‚einnehmen, bald tausende von Quadratmeilen erreichen, und soll bei dem Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 sogar 71; der ganzen Erdoberfläche 700,000 geographische Quadratmeilen betragen haben. Die Form des erschütterten Gebietes lässt sich in den meisten Fällen mit einem Kreise oder einer Ellipse vergleichen, seltener stellt dieselbe einen lang gezogenen schmalen Gürtel dar. Jedoch kommen nicht nur bedeutende Unregelmässigkeiten in dem Verlaufe der Grenze des erschütterten Gebietes vor, sondern es finden sich auch innerhalb des erschütterten Gebietes einzelne Punkte, welche nicht bewegt worden sind. Die Bewegung pflegt an der Grenze des Verbreitungsbezirkes am geringsten zu sein und wächst von da ab nach dem Innern zu. Doch kommen auch hierbei die mannichfachsten Unregelmässigkeiten vor. Modalität. Die Bodenbewegung besteht, wie schon der Name: Erd- u beben andeutet, stets aus einer Reihe in ee Aufeinanderfolge sich wie- derholender Erschütterungen, die in weitaus den meisten Fällen unmittelbar als ein wellenförmiges Hin- und Her- und Auf- und Abschwanken erkannt wer- _ den können. Weit seltener erscheint dieselbe glücklicher Weise als eine anbedeutenden Erschütterungen erscheint die wellenförmige Bewegung als ein gleichmässiges Erzittern, in der Regel zeichnen sich dagegen in derselben eine oder mehrere stärkere Schwankungen aus, die dann meist als einzelne - Erdstösse bezeichnet werden. Die Richtung der Bodenbewegung ist eine wesentlich geradlinige. Auch die Thatsachen, aus welchen man früher auf eine wirbelnde oder drehende Bewegung („moto vorticoso*, „oscillation tournante“) geschlossen hatte, müssen auf eine geradlinige Erschütterung zurückgeführt werden und lassen sich sehr einfach und naturgemäss aus einer solchen ableiten. (Siehe unten Ri Br 8.325.) R Schallphänomen. Viele Erdbeben werden von einem besonderen — —_ Schallphänomen begleitet, welches am gewöhnlichsten mit einem entfernten h: Donnern oder auch wohl mit dem rasselnden Dröhnen verglichen wird, wel- ches ein rasch über das Pflaster fahrender, schwer beladener Wagen erzeugt. Dieses Schallphänomen wird oftmals direct als ein unterirdisches erkannt. Im Freien befindliche Personen geben dasselbe dagegen auch wohl als ein aus der Luft kommendes starkes Brausen an. Das Schallphänomen kann gleichzeitig mit der Bodenbewegung eintreten oder derselben kurz voraus- gehen oder ihr nachfolgen, oder alles dreies zugleich. Die Stärke des Schall- phänomens entspricht nicht der Stärke, mit welcher die Bodenbewegung empfunden wird, und es sind daher ebensowohl starke Erdbeben ohne jedes 'Schallphänomen, als auch starkes unterirdisches Donnern ohne jede Boden- Kosmos IV 8. 226). - Spaltenbildung, Erdschlipfe, dauernde Niveauveränderungen. Erdbeben erzeugen zuweilen Spalten in der festen Erdkruste. Die Mehrzahl 5 ‚derselben ist bisher in lockerem Materiale beobachtet worden längs steiler ® usseins chnitte etc, verbunden mit Erdschlipfen. Bei ihrem Aufbersten n denselben Ba chen Staubwolken,, Sand, aa oder breiiger stossende oder endlich gar als eine schussartig schleudernde Nur bei ganz erschütterung beobachtet worden (Xuanaxuato, Anfang 1784, A. v. Humboldt 4 312 v. Seebach. am. wie die berühmte brennbare Moya De dem Erdbeben von Rio- bamba am 4. Februar 1797, welche in kegelförmisen Hügeln über den Spalten emporquoll und weiterfliessend Häuser begrub und zerstörte (vgl. A. v. Humboldt, z. B. Kosmos Bd. V 8.33 u.£). Auch Dampf soll ihnen entströmen. Wenn hingegen auch Rauch- und Feuerexhalationen berichtet werden, so bedürfen diese doch noch sehr der Bestätigung. Wahrscheinlich beruhen sie nur auf irrigen Wahrnehmungen und übertriebenen Angaben. Weit seltener als diese im Grossen und Ganzen doch immer linearen und in gleicher Richtung verlaufenden Spalten sind die radial stehenden, die dann zu den kreisförmig eingesenkten Trichtern mit kurzen Radialspalten in den Rändern hinüberführen (Calabria 1783). Es sind offenbar nur durch das Erdbeben veranlasste Erdfälle über unterirdischen Hohlräumen und Spalten. Die Längsspalten lassen oftmals deutlich erkennen, dass ihre Bildung zugleich Verwerfung erzeugte, das heisst also: dass von den beiden ursprüng- lich in einem Niveau gelegenen Rändern durch das Erdbeben der eine oder beide in ein anderes Niveau bewegt worden sind. Dies führt hinüber zu den Fällen, in denen durch Erdbeben grössere Niveauveränderungen veranlasst worden sind, wie in Cutch am 16. Juni 1819 und in Chile 1822 etc. Sie werden natürlich am ehesten an den Ufern des Meeres, von Seen und grossen Flüssen bemerklich werden. Auch in den Fällen, in denen an der Erdoberfläche noch keine Spalten- bildung zu erkennen ist, lassen doch zuweilen noch die veränderten Quell- läufe: das Versiechen mancher Brunnen, während andere reichlicher fliessen, die verschiebende, vorhandene Spalten bald erweiternde, bald verengernde und wohl auch neu bildende Kraft des Erdbebens erkennen. Die Tlempe- ratur von T'hermen wird durch Erdbeben bisweilen vorübergehend oder auch wohl dauernd alterir. Durch entstandene Spalten und Erdschlipfe werden dann weiter auch wohl Aufstauungen von Flüssen und ganz veränderte Fluss- läufe veranlasst. Ueber die Wirkung der Erdbeben im Meere, d.ı. also über die sogenannten Seebeben siehe unten S. 327. Ansonnnener Zusammenhang mit Zuständen der Atmo- sphäre. Eine Einwirkung oder doch wenigstens ein Zusammenhang der Erdbeben mit dem Zustand der Atmosphäre gehört zu den weit verbreiteten und tief eingewurzelten Annahmen, hat sich aber nichts desto weniger wissen- schaftlich bis jetzt noch nicht nachweisen oder begründen lassen. Der regel- mässige Gang des Barometers in den Tropen wird durch Erdbeben nicht gestört und auch in unseren Breiten sind dieselben bei allen Barometer- ständen und ebensowohl beim Steigen wie beim Fallen derselben beobachtet worden. Die noch immer auf manchen gewöhnlichen Barometern gegenüber von 27 Zoll angebrachte Angabe „Erdbeben“ ist daher eine absolut falsche und unsinnige. Ebensowenig hat sich nachweisen lassen, dass Erdbeben eine drückende Schwüle vorausgehe, oder dass dieselben von heftigen Windstössen begleitet werden. Die gelegentlich während Erdbeben beobachteten Störungen des Erdmagnetismus, der atmosphärischen Elektrieität (Gewitter etc.) und andere meteorologische Phänomene müssen nach dem heutigen Stande unserer Kenntniss ebenfalls nur auf eine ganz zufällige Gleichzeitiekeit zurückgeführt werden. Merkwürdig hartnäckig haftet im tropischen Amerika und auch anderen- orts noch der Glaube, dass Regen und besonders der Eintritt der Regenzeit in innigem Zusammenhange mit dem Erscheinen von Erdbeben stehe, und man wird die gewöhnliche Annahme, dass kurz nach Eintritt der Regenzeit Kt ar, A ohne, Weiteres als eine ungereimte a priori sun msn dürfen. h Es führt dies Bel zur Frage nach der Häufiskeit und Periodicität ol Her Erdbeben. . Häufigkeit, Periodieität. Ein Erdbeben kann bald ganz isolirt und durch abe Zwischenzeiten von allen anderen getrennt auftreten, bald’ ein le von schwächeren Stössen Beleiteen bald können Zen die- selben, meist eng begrenzt, zu wahren Erdbebenschwärmen häufen, wie z. B. ' jüngst die Hunderte von Erschütterungen bei Gross-Gerau (wesentlich vom 30. October 1869 bis Februar 1870. S. Nöggerath: Verh. d. nat.-hist. Ver. £. Rheinl. u. Westf. 1870 S. 54 u. fi). Dabei ist es kaum zulässig, anzu- nehmen, dass vulcanreiche Gegenden häufiger von Erdbeben heimgesucht werden als vulcanfreie. Schon Humboldt bemerkt ausdrücklich, dass er die hier der Kürze wegen als Erdbebenschwärme bezeichneten Erschütterungen nur fern von allen Vulcanen kenne. Auch sonst sind zahlreiche „habituelle - Stossgebiete“ bekanntlich in vulcanfreien Regionen nachgewiesen. Umgekehrt ist der ursachliche Zusammenhang zahlloser Erdbeben mit näheren vulcanischen Erscheinungen über jeden Zweifel sichergestellt. Die Periodieität der Erdbeben ist einmal auf Jahreszeiten und das andere Mal auf Mondphasen bezogen worden. Ihre Erforschung setzt na- türlich ausgedehnte Sammlungen voraus, wie sie v. Hoff, Merian, Volger, Mallet und A. Perrey angelegt haben. Es erscheint danach, als ob die Erd- beben im Winter und Herbste häufiger sind als im Frühjahre und Sommer. Nach A. Perrey sind Erdbeben häufiger zur Zeit der Syzygien, als zu der der Quadraturen, häufiger beim Perieäum als beim Apogäum des Mondes und an jedem Orte häufiger, wenn der Mond im Meridian steht. A Von diesen Erfahrungen bis zu der neuerdings von R. Falb wieder mit Eifer verfochtenen Theorie, nach welcher die Erdbeben nur als eine Fluth- - bewesung des gluthflüssigen Erdkerns aufzufassen sind, ist nur noch ein Schritt. Offenbar ergeben aber alle derartigen Untersuchungen, auch wenn sie auf die fleissiosten Sammlungen sich stützen, doch immer nur unvollkommene Induetionen ar der ua R. Falb’s, ein grosses Erdbeben für Perü vor- auszusagen, ıst daher — wie bekannt — ta kläslich fehlgeschlagen und hat die Bewohner Limas nur in eine vergebliche Furcht ad en > versetzt. ‘Einwirkung auf Thiere. Dass endlich Erdbeben wie auf den Men- schen, dessen Erdbebenfurcht mit der Zahl der erlebten Erschütterungen zu wachsen pflegt, auch auf Thiere einen furchtbaren Eindruck hervorbringen, ist nieht zu verwundern. Directe Beobachtungen 'haben gelehrt, dass die E% Wasserbewohner und die landbewohnenden Klee le eng durch ei dieselben erschreckt werden. BI” Von hohem Interesse ist aber die unbestreitbare Thatsache, die vielleicht moch zu wichtigen praktischen Folgen führen kann, dass manche Thiere schon vor ‚dem Eintritt der von den Menschen empfundenen Erschütterungen in Aufregung serathen, wie kaum zu bezweifeln ist, in Folge ee E _ unserer Wahrnehmung sich entziehender, lead Beier Als EolehR # werden erwähnt: Hunde, Schweine, le und Maulthiere, Ziegen, Einhuer, . Krokodile, „Fische“, 314 v. Seebach. N er / FR 1 III. Theoretisches. Die soeben übersichtlich zusammengestellten Fundamentalerschütterungen von Erdbeben lassen sich übereinstimmend durch eine, erst in der ersten. Hälfte dieses Jahrhunderts bestimmt formulirte Hypothese erklären, nach welcher ein Erdbeben nur der die Erdoberfläche erreichende Theil der Schwingungen ist, welche durch irgend einen bezw. mehrere Stösse irgendwo im Innern unserer Erde erzeugt und durch das elastische Medium der festen Erdkruste nach allen Richtungen fortgepflanzt werden. Longitudinale Wellen. Die Bewegungen eines Erdbebens sind dem- nach ebenso wie die Schwingungen, welche den Schall erzeugen und von denen die Erdbeben so oft begleitet werden, longitudinale Wellen. Es ist dies eine Art der Bewegung, die man wohl mit derjenigen verglichen hat, welche in einer langen Reihe dicht hintereinander stehender Billardkugeln entsteht, wenn man auf die letzte derselben in der Richtung der Reihe einen kurzen Stoss ausübt. Jede Billardkugel stösst auf ihren Vordermann und setzt diesen in Bewegung, dann prallt sie von diesem ab, bewegt sich rück- wärts und kehrt in ihre Ruhelage zurück. Im elastischen Körper tritt diese Rückkehr zur Ruhe, d. i. in die Gleichgewichtslage erst ein, nachdem jedes. einzelne Theilchen wiederholt hin- und hergeschwungen. Wenn in elastischen Massen ein beliebiges kleines Partikelchen durch einen Stoss oder sonst irgendwie aus seiner Gleichgewichtslage entfernt wird, so führt es eine hin- und hergehende Schwingung aus, und indem es hierdurch auch seinen Nach- bar aus der Gleichgewichtslage bringt, geräth auch dieser in eine Schwin- gung. Dadurch wird nun wiederum dessen Nachbar genöthigt, eine Schwin- gung auszuführen und so fort. Die aus solchen einzelnen Schwingungen bestehende Bewegung nennt man eine Wellenbewegung, und es sind die ‘Wellen longitudinale, wenn, ähnlich wie bei dem eben gebrauchten Vergleich mit den Billardkugeln, die Richtung, in welcher die einzelnen Punkte schwin- gen, die nämliche ist, in welcher sich die Bewegung fortpflanzt. Wird nun innerhalb einer gleichartigen Masse irgend ein Punkt in Schwingung versetzt, so entsteht eine Bewegung, welche sich von dem Punkte des ersten Anstosses. . als dem Centrum nach allen Richtungen hin fortpflanzt. Bei dieser Fort- pflanzung ist nun wohl zu unterscheiden die Geschwindigkeit, mit welcher die Bewegung fortschreitet, und die Abnahme der Intensität bei dieser Ver- breitung. HR Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Fort- pflanzung in einer gleichartigen Masse ist unabhängig von der Stärke des ersten Anstosses und der Geschwindigkeit der einzelnen Schwingungen. Sie wird vielmehr allein bestimmt durch die Blasticität und die Dichtigkeit der _ gleichartigen Masse, welche in Bewegung versetzt wird. Die Fortpflanzungs- geschwindigkeit (c) ist der Quadratwurzel der Elasticität der gleichartigen Masse (e) direct, derjenigen der Dichte (7) umgekehrt proportional e e= ae IE Störungen. Bestände die Erde daher aus einer gleichartigen Masse, so müssten auch alle Erdbeben gleiche Fortpflanzungsgeschwindig- keiten haben. Dies ist aber nicht der Fall. Die Erde besteht aus ver- schiedenartigen Massen. Aber auch eine indirecte Berechnung der Fort- pfanzungsgeschwindigkeit nach der eben angeführten Formel aus der im Cabinet zu bestimmenden Dichte und Elastieität der erschütterten Masse ist RN I diese Methode Follkonisuene Blasticität Ben ee Me Hr nett, Diese aber besteht nicht. Denn, wie bekannt, werden lle Gesteine, aus denen unsere feste Erdkruste sich aufbaut, von Fahlloken j Sr palten , Fugen und Klüften durchzogen, durch welche rethweh eine BE ereerung ik Geschwindigkeit bewirkt wird. In der That hat R. Mallet in durch directe, im Grossen a Freien ausgeführte Versuche die Fortpflan- zungsgeschwindigkeit von Stosswellen gefunden in: i feuchtem Sand 201,3 zerklüftetem Granit 398 festerem Granit 507,5 starkgefaltetem Schiefer 331,5 in der Sekunde. Diese Werthe bleiben ausserordentlich weit Zus hinter denen, die. man nach einer theoretischen Berechnung, z. B. aus dem an einem Granit- würfel angestellten Versuche erwarten eine: keiner derselben erreicht auch nur Ennehbend die Geschwindiekeit, mit welcher sich der Schall im Wasser fortpflanzt (1437 m. in der Secunde), sondern sie stehen vielmehr noch näher der geringen Geschwindigkeit, mit welcher der Schall von der Luft fort- gepflanzt wird (bei 0° 337 Meter in der Secunde). Dabei fand Mallet gleichzeitig, dass in Folge dieses Mangels vollkommener Elastieität die Fort- BE enssßerchwindipkeit in diesem Falle auch nicht völlig unabhängig von ‘ der Intensität des ersten Anstosses ist. Denn er fand in den quarzitischen Schiefern von Holyhead die Geschwindigkeit in der Secunde bei einer Pul- verladung von im Mittel Re 30,75 Ctr. = 331,5 m. (Mittel aus 4 Beobachtungen), . 91,00 ©tr. = 412,0 m. (Mittel aus 2 Beobachtungen). Hieraus ergiebt sich unmittelbar, dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit sich nicht indirect theoretisch berechnen lässt, sondern in jedem einzelnen Falle direet zu ermitteln ist. Fortpflanzung der Intensität. Die Gewalt aber, mit der ein Erd- stoss empfunden wird, die Verheerungen, die er verursacht, sind nicht ab- hängig von der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellenbewegung, sondern von der Intensität des ersten Anstosses und den Gesetzen, nach denen diese sich fortpflanzt, oder was dasselbe ist, von der Maximalgeschwindigkeit des zuerst schwingenden Partikelchens und von dem Gesetze, nach dem diese mit der Entfernung vom Punkte des ersten Anstosses abnehmen muss. In einem vollkommen elastischen Körper soll diese Intensität und Maximal- geschwindigkeit des schwingenden kleinsten Theilchens abnehmen nach dem Quadrate der Entfernung von dem Punkte des ersten Anstosses. SR Störungen. Da nun aber, wie schon oben erwähnt, die feste Erd- kruste kein vollkommen elastisches Mittel ist, sondern vielmehr von zahl- ‚reichen Spalten in seiner Oontinuität unterbrochen wird, so muss hierdurch ein Verlust an lebendiger Kraft und somit auch eine ee Abnahme in der Geschwindiskeit der schwingenden Theilchen eintreten. \ Dagegen ist für die Fortpflanzung der Intensität (und für die Forte a der Wellenbewegung N zu Be dass R.. der bewegten EDER: Masse nicht übersteigt. Bei den Stössen %: ‚ welche Erdbeben erzeugen, wird diese vielfach überschritten und wie ‚gebildeten Spalten lehren, die Festigkeit des bewegten Mittels über- Ein so gewaltiger erster Anstoss wird der rascheren Dämpfung dem, "316 v. Seebach. Intensität entgegenwirken und sie wiederum mehr oder minder zu vernichten vermögen. \ ; Die zu lösende Aufgabe. Die genaue Ermittelung der Fortpflan- zungsgeschwindigkeit eines Erdbebens und des Maasses, nach welchem seine Stärke abnimmt, setzen aber nothwendig die Kenntniss des Ortes voraus, von welchem der erste Anstoss ausging. Die Feststellung dieses Ortes und besonders die Tiefe desselben unter der Erdoberfläche ist aber wenigstens vom geologischen Standpunkte aus bei Weitem die wichtigste Aufgabe bei der Untersuchung eines Erdbebens und eins der wichtigsten Probleme der dynamischen Geologie schlechthin. Methoden zur Lösung der Aufgabe. Zur Feststellung desselben hat schon Hopkins*) eine Methode in Vorschlag gebracht, die aber, da sie allzu feine Beobachtungen voraussetzt, bis heutigen Tages noch nicht prak-: tisch durchgeführt worden ist und auch wohl nicht so leicht werden wird. Es sind bisher nur 1. zwei Methoden in Vor- M, ı» M, Ms: M;,. DE Ze praktisch durchgeführt Da worden. Zu ihrem leich- —\ N a 5 2 | | teren Verständniss wird DE der nebenstehende Holz- Ra ! schnitt beitragen. Der- % ee d 4 4 selbe stellt das Stück -eines Querschnittes der AR Erde durch seinen gröss- ten Kreis dar. Der Quer- schnitt durch die Erd- oberfläche erscheint, da diese für ein Erdbeben von geringeren Dimensionen als ebene Fläche angesehen werden kann, als eine gerade Horizontallinie. O sei der Ursprungsort oder das Centrum (Heerd, Focus) eines Erd- stosses, YOA ist das Stück eines Erdradius, der durch O gelest ist. Der- selbe heisse die Erdbebenaxe. -A ist der Punkt, in welchem die Erd- bebenaxe die Erdoberfläche schneidet und der somit senkrecht über O liest. Er heisst der Oberflächenmittelpunkt oder das Epicentrum. OA=h ist daher die Tiefe des Centrums unter der Erdoberfläche. M, M,M;, etc. seien von dem Erdbeben betroffene Orte auf der Erdoberfläche. Ihre Ab- stände von O= OM,, OM,, OM, etc. heissen ihre Centralabstände, ihre Abstände von A= AM,, AM,, AM, ete. ihre Axialabstände. Die Oentral- abstände OM,, OM,, OM, etc. sind die Radien (r,, r,, r, ete.), in denen die Wellenbewegung sich fortpflanzt und die einzelnen Theilchen schwingen, welche M,, M,, M, ete. erschüttern. Die Winkel AM,O, AM,O, A M,O etc., unter welchen die Radien r,, r,, 7, etc. den Horizont schneiden, sind die Emersionswinkel der Wellenbewegung für M,, M,, M, ete. Die Curve, welche die Orte gleichzeitiger Erschütterung verbindet, heisst Homoseiste, die Curve annähernd gleich starker Erschütterung aber Isoseiste. R. Mallet’s Verfahren. Die erste Methode ist nun die von R. Mallet in seinem bahnbrechenden Werke „The great Neapolitan earthquake of 1857 (London 1862, Chapman and Hall) begründete und durchgeführte Methode, *) Report of the meeting of the British association for the advancement of science 1847 p. 83. schlag gebracht und - er estürzte oder fortgeschleuderte nd stützt. na EN ‚Es liest ihr die mit der Wahrheit nicht bene aber ac va keine andere allgemeine Voraussetzung zu ersetzende Annahme zu Grunde, RN N dass die Erde eine gleichartige Masse sei. a NR RN Be Spalten in Gebänden Wenden wir uns zunächst der Spaltenbil- CR dung zu. Nehmen wir der Einfachheit wegen den in Fig. 2 skizzirten Balkan 5 1 1: (subnormal Mallet), dass "Ve zwei Seiten eines Ge- Fig. 2. N bäu udes parallel r liegen, der Erdstoss also in der _ Richtung dieser Seiten das Gebäude trifft, jedoch nicht in der horizontalen, } sondern mit einem ge- FR wissen Eimersionswinkel. FÜR R% Es seien die parallel Be jr stehenden Seiten längere, E% die queren kürzere. In > dem Momente,in welchem N | die Wellenbewegung das a ; Gebäude erreicht, führen 2 Re die kleinsten Mheslehen erst eine Schwingung in der Richtung des Pfeils aus, dadurch wird go zu sagen, der dem Stosse ee Quermauer der Boden unter N, den Füssen weggezogen, sie erhält durch ihre Trägheit einen Anstoss nach ER aussen, der Richtung des Erdstosses entgegen einzustürzen, und wenn der Stoss stark genug bezw. die Geschwindigkeit der schwingenden Theilchen gross genug ist die Festiekeit der Mauern zu überwinden, so entsteht recht- HR, winklis auf der Richtung des Stosses in den beiden Längsmauern die Haupt- Be spalte «ß, zu der bei noch bedeutenderer Stärke auch die beiden nliegen- den, ebenfälls skizzirten secundären Spalten hinzutreten können, Gleich- zeitig hiermit ist die der Wellenbewegung abgewendete Querwand nur gegen 3% die beiden Längswände gedrückt worden. Aber unmittelbar darauf beginnt Ba - die zweite Hemiphase der Bewegung, und die Theilchen schwingen der Rich- Sort tung des Pfeils entgegen. Jetzt erhält die abgelegene Querwand durch ihre Trägheit ebenfalls den Anstoss nach aussen und diesmal mit der Richtung der Wellenbewegung einzustürzen, und es bildet sich die Spalte y6. Ist der: Stoss noch stärker, so mögen die abgerissenen Querstücke wohl auch ganz einstürzen und nur zwei Längesstücke von der Form des schraffirten Mauer- - theils stehen bleiben. Doch sollen dann meist auch diese mit einstürzen. Kann man daher in einem geeigneten Gebäude derartige Spalten erkennen, vr - so braucht man nur auf der durch die zusammengehörigen Spaltenpaare ge- legten Ebene das nach dem Erdinneren gerichtete Loth zu construiren, um u ‚sofort das Azimut der Wellenbewegung und den Emersionswinkel zu erhalten, ge Bi Erer welchen dieselbe den betreffenden Ort getroffen: hat. HET Der (normale Mallet) Fall, in welchem die Wellenbewegung ein Ge- er in horizontaler Richtung trifft, kann theoretisch offenbar nie vorkom- . Nach Mallet wirken A alle Stosswellen, die einen Emersionswinkel 100° oder weniger haben, wie horizontale. Die Spalten sind dann senk- und 2. der dem Stosse ‚zugewandten Seite pflegt sich eine stärkere 318 v. Seebach. % Bietet ein Gebäude statt der schmalen Seiten längere dar, so werden diese beide dem Stosse entgegen convex in der Mitte ausgebauscht, von oben nach unten entstehen Spalten und der mittlere und obere Theil kann ganz herausstürzen. Trifft die Stosswelle ein Gebäude über Eck (abnormal und subabnormal Mallet), so entstehen die Hauptspalten, wie in Fig. 3 skizzirt, paarweise an den zu- und abgewandten Fig. 3. Ecken, zu denen noch andere ebenfalls angedeutete secun- däre hinzutreten können. Der mit Trigonometrie einiger- maassen Vertraute wird auch hier keine Schwierigkeit fin- den, die Richtung der Stoss- welle zu berechnen. Umgestürzte und fortgeschleuderte Ge- senstände. Aus einem um- sestürzten Körper lässt sich zunächst das Azımut bestim- men, in welchem die Wellen- z bewegung den umgestürzten Körper traf, indem -dieser natürlich in der verticalen Ebene jener und, da er nur Ten seine Träg- heit umgestürzt wird, der Richtung ln entgegen liegen muss. Hat der umgestürzte Körper eine einfache und regelmässige Gestalt, so kann dann weiter auch die horizontale Componente der einzelnen Schwin- gungen und somit der Stosskraft selbst bestimmt werden. Denn wenn wir nennen: V die horizontale indie M die Masse des Körpers, a# Abstand des Schwerpunktes des Körpers von der Axe, um welche der Körper gestürzt wird, 9 der Winkel, welchen die den Schwerpunkt mit dieser Axe verbin- dende Lin mit der verticalen macht, 9 .die beschleunigende Kraft der mas und M (k?-+.a?) das Trägheitsmoment des Körpers in Bezug auf die Axe, so gilt als allgemein: ve 29, (k? + a?) C — cos M @ cos ap Es ist dann im einzelnen Falle je nach der Form des umgestürzten Körpers %? + a? noch besonders zu bestimmen. Ist der Körper ein solider Cylinder von der Höhe « und vom Durchmesser ß, so ist 15ß? + 16.0? 52 2 ? +a 18 BR, ist er dagegen ein massiver Pfeiler von der Höhe & und von einer quadra- tischen Basis, deren Seiten ß seien, so.gilt: u? 5 2 2 Bo k?+a 5 RE N nr. 4 ku) N nz A H BC BA auf ‚absolutes Maass zurü ückzuführer f diese Weise das Azimut der Wellenbewegung und u son. Geschwindigkeit des Stosses ermittelt, so genügt eine freiliegende, fort- Ist: b der verticale ee ‚der Kugel in ihrer ursprünglichen Lage über dem: » horizontalen Boden, ‘a der horizontale Abstand der Kugel nach dem Stosse von der Verticale b, wiederum TV die horizontale Componente der Geschwindigkeit des geworfenen Kör- pers und {N 9 die beschleunigende Kraft der Schwere, tang e = b ag. = 2 Bestimmung von Epicentrum und Centrum. Sind nun durch Spalten in Gebäuden oder durch Umsturz und Fortschleudern von Körpern _ an zwei oder mehreren Orten das Azimut der Wellenbewegung und deren Emer- sionswinkel bestimmt, so braucht man offenbar nur diese Azimute in eine, Karte in Mercators Projection einzutragen, um in ihrem Schnittpunkte den Oberflächenmittelpunkt oder das Epicentrum zu erhalten. Danach ist selbst- verständlich auch der Axialabstand der verschiedenen erschütterten Orte be- kannt und da gilt h=a tang e&, wobei, wie oben, % die Tiefe des Centrums, a den betreffenden Axialabstand, '& den Emersionswinkel bezeichnet, so ist auch die Lage des Centrums - Erdbebenheerdes bestimmt. - Von Interesse ist ausserdem noch das folgende von R. Mallet zuerst 7 erkannte allgemeine Resultat. Die Stärke der Dane ‘wird auf der 1 Erdoberfläche zwar im Epicentrum am intensivsten sein, aber die Gebäude _ werden hier nur in die Höhe gestossen werden und dann wenig oder unbe- schädigt wieder zurücksinken. Da nur die horizontale Componente einstürzend wirkt, so müssen die stärksten Verheerungen sich auch da vorfinden, wo diese ein ER ist. Unter der Annahme, ae: die Intensität wirklich nach dem Quadrate der Entfernung abnimmt, ist dies in einem Kreise der Fall, für welchen das Verhältniss besteht: en zur Heerdtiefe, zum Central- abstand =1:V2:Y3 Seismometer. Um sich beim Eintreten eines Erdbebens von allen Zufälligkeiten frei zu machen und stets genaue Beobachtungen zu erlangen, hat man eigene Apparate: ‚Erdbebenmesser, Seismometer, Sale er- dacht, welche bestimmt sind, die Eigenthümlichkeiten derselben zu nachträg- + Eher Benutzung zu fixiren. Die denken Prineipien und Oon- uctionen sind in Anwendung gekommen, von a einfachsten Vorkehrungen, e sie jeder Reisende sich leicht selbst ausdenken wird, bis zu complicirten, stregistrirenden Apparaten, die nur auf grossen Observatorien aufgestellt den können (vgl. Mallet Rep. Brit. Assoc. adv. sc. 1858 und Adm. manual inquiry). es der zweckmässigsten Seismometer ist das nachfolgende, zuerst von geschlagene, welches überall leicht und billig herzustellen ist und ente ra welche für die wiskenschaftliche ‚Erforschung eines 320 v. Seebach. Erdbebens zunächst wünschenswerth sind. Dip besteht aus einer oder zweckmässiger aus zwei rechtwinklig auf einander stehenden Reihen kleiner Cylinder. Die Säulchen sind von Marmor, Gusseisen, Holz, Thon oder ähn- lichem Material; sie sind von gleicher (beliebiger, etwa 30 Cm.) Höhe, aber von abnehmenden Durchmessern (Höhe zu Durchmesser etwa 3:1,4:1u.s.w. bis 9:1) und daher von abnehmender Stabilität. Diese zwei Säulenreihen werden auf 2 im Boden befestigten horizontalen, ebenen und rechtwinklig zu einander liegenden Platten oder Bohlen aufgestellt, die etwa so breit sind, wie der Durchmesser der breitesten Säule und so lang, dass zwischen je 2 Säulchen ein etwas grösserer Zwischenraum bleibt als ihre Höhe. Um diesen einfachen Apparat herum wird bis zur Höhe der Bohlen oder Platten etwa 5 Cm. hoch trockener Sand aufgefüllt. Wenn jetzt durch einen Erd- stoss ein oder mehr Säulchen umgestossen werden, so wird zunächst ihre Lage in dem Sand, der ein Rollen verhindert, das genaue Azimut des Stosses ergeben, und man kann ferner aus den theilweise umgestürzten und theilweise stehen gebliebenen Säulchen auch die horizontale Geschwindiskeit des Stosses berechnen, Füst man noch eine fest im Boden stehende Säule hinzu, auf deren oberer ebener Fläche eine Kugel frei aufliegt, so ergiebt bei der bereits be- kannten horizontalen Geschwindigkeit das Wegschleudern derselben auch den Emersionswinkel. ; Genaue Wägung und Messung der Kugel und der Säulen nach Höhe und Durchmesser, Messung der ursprünglichen Höhe und des späteren Ab- stands der Lage der Kugel und genaue Ermittelung des Azimuts mittelst des Compasses sind hierbei natürlich erforderlich. Neue nur auf exacte Zeitbestimmungen gegründete Methode. Da R. Mallet’s Methode sich in der Regel und ohne Seismometer nur bei Erdbeben wird anwenden lassen, welche beträchtlichere Verheerungen ange- stiftet haben, da ihre Anwendung, so weit sie sich nicht auf Seismometer stützt, immer eine complicirte bleiben wird, die Reisen an Ort und Stelle und die sorgsamste Berücksichtigung aller der zahlreichen Fehlerquellen, mit denen sie behaftet ist, voraussetzt: so hat Schreiber dieses besonders für Erdbeben von schwächerer Wirkung eine andere einfachere Methode in Vor- schlag gebracht. (K. v. Seebach, Das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872. ms H. Hässel 1873). Auch ihr liegt die mit der Wahrheit nicht bee aber durch keine andere allgemeine Voraussetzung zu ersetzende Annahme zu Grunde, dass die Erde sie gleichartige Masse sei. Uebrigens stützt sie sich nur auf genaue Beobachtungen der Zeiten, in denen die Stosswelle an den verschiedenen Orten beobachtet worden ist. Je genauer und zahlreicher diese sind, um so schärfer und sicherer werden na- türlich auch die gefundenen Resultate sein. Um die verschiedenen Zeiten, aus denen Beobachtungen vorliegen, vergleichen zu können, ist es selbstver- ständlich erforderlich, dieselben aus örtlicher Zeit auf eine beliebig zu wäh- lende gemeinsame Zeit zu reduciren. Bestimmung des Epicentrums oder des Oberflächenmit- telpunktes. Zunächst soll aus den so reducirten Zeiten das Epicen- trum gefunden werden. Die Aufgabe ist sehr einfach gelöst, wenn drei oder mehrere Orte gleiche, oder zwei oder mehrere Paare unter einander gleiche Beobachtungszeiten ergeben. Man braucht dann nur auf einer Karte von geeigneter Projection (Kegelprojection mit weit abstehender Kegelspitze) die Orte gleichzeitiger Erschütterung durch Grade zu verbinden, diese zu hal- \ \ ö a Liegen Ei Paare gleicher Zeiten vor, so wird man je nich Te I Angaben andere Methoden versuchen müssen (vgl. z. B. Mallet, Report of 'the meeting of the British association for the advancement of science 1858, 9). Sind keine einfachen rationellen Methoden mehr anwendbar, so wire Y man immer noch am kürzesten mit Probiren zum Ziele kommen, indem man aus der Gesammtheit aller Beobachtungen eine erste rohe Annäherung n en Oberflächenmittelpunkt versucht. Von dem so gewählten Punkte zieht man Radien nach einigen besonders zuverlässigen TBelalnelbiane nennen und be- stimmt aus ihnen die (constant gedachte) Oberflächengeschwindigkeit. Diese ergiebt sich höchst wahrscheinlich auf den verschiedenen Radien verschieden. Man nimmt nunmehr das Mittel der gefundenen Oberflächengeschwindigkeiten _ und sucht nun rückwärts ein neues Epicentrum, von dem aus man dann $ wieder ähnlich verfahren kann, bis endlich der Oberflächenmittelpunkt mit der _ wünschenswerthen Genauigkeit gefunden ist, % Bestimmung des Erdbebenheerdes oder Centrums. Darauf ist “ ? die Tiefe des Erdbebenheerdes oder Centrums unter der Erdoberfläche zu suchen. Diese Aufgabe ist früher (a. o. a. O.) allgemein gelöst worden. e: Hier dürfte es genügen, allein den einfacheren Fall zu neh, in welchem bei einem Erdbeben von nur geringerer Verbreitung die Erdoberfläche wie- Y j: _ derum als ebene Fläche angenommen werden kann. Nach der Tiefe, die wir s "bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse für die Tiefe der Erdbeben- he ‚heerde annehmen müssen, wird dies bis zu einem Axialabstand von etwa a - 200 Seemeilen zulässig bleiben. a Es stelle’der neben- stehende Holzschnitt, wie Fig. 4. oben, einen Querschnitt naeh einem grössten E Kreise der Erde dar, __ weleher durch den Erd- bebenheerd O gelegt wor- den ist. A ist alsdann das Epicentrum und A Na ar die zu findende Tiefe. | M,, M,, M, ete. sind a beliebige Orte der Erd- eperäche, welehe in 4, ty, 1, etc. Zeit von Sam. Erdbeben erschüttert worden sind. Der Einfachheit ne Be Bd Uebersichtlichkeit wegen sind die Abstände Zt, und t£,tf, etc. immer {8 . gleich angenommen worden. 7, 75, 7, etc. sind die Bde von M,, M,, M, ete. Nun gilt aber ganz allgemein / Farb A M; .M, M,-M, BR b- x N r=ct; ‚heisst r ist gleich der (in der Theorie constanten) Fortpflanzungsge- Bekeit ce mal Zeit . Nun ist: Inschan, Be nsen, auf Reisen, 322 “02... v. Beebach. . Dies ist die Formel der Hyperbel; die Oberflächengeschwindigkeit folgt also den Gesetzen der Hyperbel. Dass dies der Fall sein müsse, erhellt auch schon aus der folgenden einfachen Betrachtung. Hat die Stosswelle in der Zeitz, die Oberfläche, das ist also das Epicentrum, A erreicht und inZ, Zeit M,, so hat die Stosswelle auf der Erdoberfläche in der zwischenliegenden Zeit die Strecke AM, zurückgelegt, also scheinbar eine weit grössere Geschwindigkeit besessen, als die wahre Geschwindigkeit r„r,. Während ebenso auf der Erdoberfläche die Strecke von M, is M, durcheilt wird, beträgt der Weg der gleichzeitigen wahren Sesam uk nur den en von r, bis r,; auch hier ist die Ober- flächengeschwindiekeit grösser als die wahre, aber die Differenz beider ist Bee als bei AM, und r„r,. Vergleicht man dann weiter ab von A die Oberflächengeschwindigkeit mit der wahren, so sieht man sofort, dass jene sich dieser immer mehr nähert, sich also immer mehr ebenfalls einer Con- stanten nähert, ohne sie jedoch wirklich erreichen zu können. Die Ober- Hächengeschwindiekeit nähert sich also der wahren asymptotisch und es ist die wahre Fortpflanzungsgeschwindiskeit die Asymptote zu der Hyperbel der Oberflächengeschwindigkeit. Nun fällt aber offenbar die Queraxe der Hyperbel zusammen mit der Erdbebenaxe, und da mit dem Oberflächen- mittelpunkt oder Epicentrum uns diese gegeben ist, so ist auch jene bekannt. Construirt man daher nunmehr ein quadratisches Netz, dessen Abschnitte auf der Abscissenaxe Meilen darstellen, auf der Coordinatenaxe aber Mi- nuten, die man mit einigen Minuten früher als die früheste beobachtete Zeit des Erdbebens zu zählen anfängt, und trägt nun die verschiedenen erschüt- terten Orte nach ihrem Axialabstand von der Ordinatenaxe und nach der Zeit ein, in welcher sie erschüttert worden sind, so müssen dieselben auf einer Hyperbel liegen. Die weiter von der Erdbebenaxe und somit auch von der Ordinatenaxe abstehenden Orte stellen nun einen so wenig gekrümmten Theil der Hy- perbel dar, dass man diesen in der Praxis als gerade und somit als Asymptote selbst ansehen kann. Diese ergiebt aber unmittelbar die wahre Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellenbewegung nach Meilen in der Mi- nute. Zieht man nunmehr diese Asymptote wirklich aus, so ergiebt ihr Schnittpunkt mit der Ordinatenaxe unmittelbar den Zeitpunkt des ersten E Anstosses im Erdbebenheerde selbst. Ist nunmehr der Scheitel der Hyperbel gegeben, so ist auch die Zeit bekannt, welche die Stosswelle bedurfte, um sich vom Centrum bis zum Öberflächenmittelpunkte oder Epicentrum fort- zupflanzen, und da wir auch ihre Geschwindigkeit kennen, so ist offenbar auch der Weg vom Centrum bis zum Epicentrum und somit auch die Tiefe des Erdbebenheerdes gefunden. Der Scheitel der Hyperbel kann im einfachsten Falle direct gegeben sein durch eine aus dem Oberflächenmittelpunkte herstammende Zeitbeob- achtung. In weitaus den meisten Fällen wird man denselben aber erst con- struiren müssen. Man bedarf hierzu nur noch eine gute Zeitbestimmung eines Ortes von möglichst geringem Axialabstand. Man braucht lenken nur die andere Ne ipiete zu Haken und die Lage dieses Ortes symmetrisch auf der anderen Seite der Ordinatenaxe anno Legt man nun durch diesen Punkt einen Strahlenbüschel, so hat man nur den Abstand, in welchem diese Strahlen die nächste Asymptote schneiden, vor der anderen Asymptote auf. dem gleichen Strahle abzutragen, um durch diese Punkte die gesuchte Hy- perbel vorgezeichnet zu erhalten. So findet man auch sicher und rasch den da ınd kann, wenn mehrere geeignete Zeitbesti ı Uebereinstimmung oder Güte prüfen. Panbfarer in. oblenz. \ Der vorstehende Holzschnitt möge dies an einem concreten Falle erläu- en. Er bezieht sich auf das Rheinische Erdbeben vom 29. Juli 1846 (8. _ A oeggerath’s gleichnamige Schrift. Bonn 1847). Die wahre Fortpflanzungs- ER geschwindigkeit beträgt hier 18,4 Seemeilen in der. Minute. Der Moment Di des ersten Anstosses ergiebt sich zu 24,12 Minuten, der der Erschütterung En - des Epicentrums zu 25,26 Minuten, die Tiefe des Erdbebenheerdes oder a r Centrums betrug somit 20,9 Seemeilen. ng ER ' Die Anwendung dieses einfachen Verfahrens auf das Erdbeben vom Br 6. März 1872 hat es mindestens sehr wahrscheinlich gemacht, dass durch die Me "Annahme einer nach allen Radien des Centrums gleichartigen Fortpflan- Rx _ zungsgeschwindigkeit kein bemerkbarer Fehler entsteht. Wenn aber die en _ wahre Fortpflanzungsgeschwindigkeit im Innern der Erde auf einem Radius grössere Aenderungen erleidet, so müssen sich diese bei sehr zahlreicher und AHRaS guter Zeitbestimmung gerade auch nach dieser Methode durch Aendrung der Richtung der Asymptote zu erkennen geben. 3 Ein bei Erdbeben geringerer Wirkung wohl eher zu verschmerzender Mangel dieser Methode ist, dass dieselbe keine unmittelbare Bestimmung der Maximalgeschwindigkeit der schwingenden Partikelchen zulässt. Für das Mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872 wurden nach diesem Verfahren gefunden: die Tiefe des Centrums zu 9,6 Seemeilen und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit zu 24 Seemeilen in der Minute. 2 18 Meilen, Intensität. Es ist hervorzuheben, dass, wie schon oben nach den et'schen Beobachtungen zu Holyhead vorausgesagt wurde, die Fortpflan- geschwindigkeit bei den verschiedenen Erdbeben eine verschiedene ist. Wie oben erwähnt, würde im vollständig elastischen Mittel die Inten- nach dem Quadrat der Entfernung vom Centrum abnehmen; in Folge ‚der Erde zahlreich vorhandenen Spalten muss jedoch einerseits ein "th ascherer Kraftverlust eintreten, während andererseits bei ener so ıtensität, wie die der Erdbeben, welche die Elastieitätsgrenze der Massen überschreitet, wieder eine langsamere Abnahme der ' wird. Wie sich diese beiden entgegenwirkenden Einflüsse y \ 21% x Rn a fi LEERE ieh ‘ N 2 324 'v. Seebach. genauer zu einander verhalten, würde sich nur durch (heute noch fehlende) zahlreiche und gute Beobachtungen über die Maximalgeschwindigkeit der schwingenden Partikelchen in verschiedenen C'entralabständen ermitteln lassen. Einstweilen muss man für weitere Betrachtungen annehmen, dass sie sich ausgleichen und die Intensität somit wirklich nach dem Quadrat des Cen- tralabstandes abnimmt. Die Stärke, in welcher ein Erdstoss an einem be- stimmten Orte wahrgenommen wird, m, ist daher gleich der Intensität des. ersten Anstosses ö dividirt durch das Quadrat des Centralabstandes r D ne i = hr: Da nun anzunehmen ist, dass die Stärke der Erschütterung, welche bei dem grössten beobachteten Centralabstand bei verschiedenen Erdbeben den- noch durch einfache Sinneswahrnehmung erkannt werden konnte, wenigstens eine annähernd gleiche Grösse ist, so wird für diese Fälle » eine constante. Setzt man diese gleich 1 und bezeichnet den grössten beobachtbaren Cen- tralabstand mit r,, so gilt für jedes Erdbeben: 2 DIE De womit daher ein relatives Maass gefunden worden ist, um die wahren In- tensitäten verschiedener Erdbeben mit einander zu vergleichen, Da dem- nach betragen: Die wahre Intensität Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit In Mitteldeutschland 1872 3305 24 Seemeilen Am Rhein 1846 1577 20,9 r so ergiebt sich, dass auch in diesen beiden Fällen die Fortpflanzungsge- schwindigkeit mit der Intensität wuchs. Es ist zu hoffen, dass sich für dies Verhältniss dereinst noch ein bestimmtes Gesetz wird nachweisen lassen. Aus der Gleichung ö = r,? = a,? + h? ergiebt sich ferner sofort, dass bei allen Erdbeben von nur geringer Ausdehnung, die doch grosse Ver- heerungen angestiftet haben (Melfi 1857 etc.) dies nicht die Folge eines sehr grossen ersten Anstosses ist, sondern nur diejenige einer geringen Tiefe A. Seismometer. Da für die erfolgreiche Durchführung dieser Methode möglichst genaue Zeitbestimmungen erforderlich sind, so ist entweder ver- bunden mit dem oben beschriebenen Seismometer Mallets oder auch für sich allein ein anderes Seismometer zur Erlangung solcher vorgeschlagen worden. Eine gut gehende, womöglich auch Secunden zeigende Uhr wird aufgezogen und auf 0 Zeit gestellt. Ihr Pendel wird darauf aus der Gleich-_ gewichtslage entfernt und in dieser dadurch festgehalten, dass ein Haken an einem nur um ein geringes den anderen an Gewicht übertreffenden Arm eines Hebels in das Steigrad eingreift: Am anderen leichteren Hebelarm hängt an einem schlaffen Faden ein Gewicht, welches äuf einer kleinen Säule von geringer Stabilität ruht. Ein Erdstoss stürzt dann die Säule um, das Gewicht fällt, löst den schwereren Hebelarm aus und die Uhr beginnt zu gehen. Durch nachträgliche Vergleichung ihrer Zeit mit der astrono- misch oder telegraphisch genau festgestellten mittleren Zeit des nämlichen oder eines anderen Ortes wird dann der genaue Zeitpunkt gefunden, in welchem das Erdbeben den betreffenden Ort erschüttert hat. Muss diese Vorkehrung für Gegenden, die nur selten bewegt werden, für zweckmässiger gelten, so empfiehlt sich dagegen für häufiger erschütterte Länder das um- | a wie es Gümbel len 1873 Nr. 48) sekladın danach ist, ‚die Uhr dauernd im Gange, das N der Hebelarme wird vandten Arm. Die Uhr wird alsdann durch Erdstoss und das fallende ‚Gewicht arretirt. Diess Verfahren setzt aber natürlich weit zuverlässigere ‚Uhren voraus, deren Gang sehr oft controllirt wird. RR Die Nointlieke kreiselnde Bewegung. Nach allem bisher Gesagten muss sich die Stosswelle wesentlich geradlinig fortpflanzen. Dem hr Reint aber entgegenzustehen, dass in vielen, ja wohl in den meisten Erd- beben Fälle beobachtet worden sind, in denen. Gegenstände nicht geradlinig - fortbewegt worden sind, sondern um eine senkrechte Axe gedreht wurden. Man hatte hieraus auf eine drehende, kreiselnde Bewegung (moto verticoso) schliessen wollen. R. Mallet hat aber schon 1846 (Transact. of the Royal Irish academy vol. 21 p. 52) in überzeugendster Weise dargethan, dass in Wahrheit keine solche drehende Bewegung stattfindet. Die beobachteten — Drehungen müssen vielmehr ebenfalls durch eine geradlinige Bewegung erklärt werden. Ein einfaches Beispiel wird dies sofort klar stellen. Es - liege ein Steinwürfel auf Mauerwerk auf und er sei in der Nähe seiner ® einen Ecke von einer senkrechten in der unter liegenden Basis befestigten _ Eisenspitze ganz oder theilweise durchbohrt. Wenn dieser nunmehr nahezu _ horizontal, normal auf eine Seite von einer Stosswelle ‘getroffen wird, so wirkt ar in dem Schwerpunkte oder in dem en des We _ und es wird der ganze Block durch seine Trägheit dem Stosse entgegen bewegt. Da derselbe aber ausserhalb des Lothes seines Schwerpunktes durch die eiserne Spitze an einem Punkte festgehalten wird, so muss sich der Block um diese senkrechte Axe wie um eine Angel drehen. Statt des eisernen Stachels kann dann auch eine geringere Hervorragung das Gleiche bewirken und es wird eine derartige Drehung selbst dann schon eintreten - müssen, wenn bei der Bewegung eines Körpers auf einer Unterlage derselbe - an einer ausserhalb des Lothes seines Schwerpunktes gelegenen Stelle seiner - Basis eine besonders starke Reibung erleidet. Körper werden also durch die geradlinige Wellenbewegung verdreht, wenn ihr Schwerpunkt und ihr Haftpunkt nicht in einer Senkrechten liegen. | Einfluss der Form des Erdbebenheerdes. Bei den ganzen bis- herigen Betrachtungen ist das Centrum der Erdbeben stets stillschweigend _ als ein Punkt oder doch eine Region von geringen Dimensionen angenommen B: worden, so dass die Projection derselben auf der Erdoberfläche, der Ober- fHächenmittelpunkt, ein kleiner arrondirter Distrikt ist und die Homo- 2 seisten und Isoseisten als kreisförmige Curven sich darstellen. Zahlreiche derartige centrale Erdbeben sind che eren worden. Ä Nach allen geologischen Erfahrungen ist jedoch anzunehmen, dass der ürdbebenheerd, was auch immer die, Ursache des Erdbebens sein möge, plattenförmig sein werde in oder neben Spalten. Geht der erste Anstoss on einer solchen Spalte aus, so wird, wie R. Mallet 1862 gezeigt hat, die Intensität in der Richtung normal auf die Wände der Halten weniger isch abnehmen, als in der Richtung der Spalten. Unter diesen Umständen innen aber natürlich die isoseistischen Zonen nicht mehr kreisförmig ben, sondern werden, wenn die Spalte senkrecht steht, zu Ellipsen aus- ‚ge ‚ogen, deren kleinerer" Durchmesser der Länge nach dreh die Spalte hin- dur urchgeht, während ihr grösserer Durchmesser normal zur Richtung der Spalte, stehen wird. Steht die Spalte nicht senkrecht, sondern fällt sie en eigt ins ‚Erdinnere, so müssen die Isoseisten oe erscheinen. Der No 326 v. Seebach. © grössere Theil der Eiform muss neben und über der Spalte liegen, der klei- nere neben und unter derselben und es kann schliesslich der Fall eintreten, 345 der bei dem mitteldeutschen Erdbeben vom 6. März 1872 nachgewiesen wurde, in dem ein Maximalgebiet der Erschütterung, eine pleistoseistische Fläche nur auf der einen Seite der Spalte (über ihr) vorhanden ist, während der auf der anderen Seite (neben und unter ihr) erschütterte Theil der Erd- ° oberfläche nur wenig bewegt wird. Wäre die Spalte endlich horizontal, z. B. ein ‘flaches Schichtengewölbe, so ist eine nur wenig ausgedehnte aber starke Erschütterung zu erwarten. Aus dem oben Gesagten ergiebt sich ferner unmittelbar, dass der Schwerpunkt eines erschütterten Gebietes keines- wegs mit dem Epicentrum zusammenzufallen braucht urd dass es daher un- zulässig bleibt, jenen ohne Weiteres als Oberflächenmittelpunkt anzunehmen. Besitzt eine derartige Spalte von nahezu senkrechter Stellung aber eine bedeutendere Längserstreckung, so wird sich der Einfluss der Form des Erdbebenheerdes auch auf die Homoseisten erstrecken müssen. In diesem Falle werden die Homoseisten entgegengesetzt zu den Isoseisten in der Richtung der Spalte gestreckt erscheinen müssen. Alle Orte, welche längs der Spalte gleichweit von ihr abstehen, werden gleichzeitig erschüttert. Die Homoseisten laufen daher der Spalte parallel und sind nur an deren Ende halbkreisförmig gestaltet. Erdbeben, bei denen man diese Art der Fortpflanzung im grossen Maasstabe beobachtet haben will (4. Januar 1843 Ohio-Mississippi nach Rogers Sillim. Amer. Journ. vol. 45) hat Naumann transversale genannt. Ihre Existenz in der Form, wie sie Rogers annahmen, wird indessen von Noeggerath wohl mit Recht noch bezweifelt. Einfluss der Form und Beschaffenheit der festen Erdkruste. Andere Erdbeben, welche sich nicht in kreisförmiger oder elliptischer Form, sondern nur in schmalen Zonen verbreitet haben, hat man unzweckmässig longitudinale nennen wollen. Sie werden nicht durch die Form des Erd- bebenheerdes beeinflusst, sondern entstehen nur durch die eigenthümliche Zusammensetzung und Form der erschütterten Region, welche die Be- wegung nur nach zwei gegenüberliegenden Richtungen weit fortpflanzt, sonst aber nicht. Der Einfluss, welchen die verschiedenartige Form und Beschaffenheit der festen Erdkruste auf die Verbreitungsweise eines Erdstosses überhaupt und besonders seiner Stärke ausübt, ist noch wenig aufgeklärt. Wohl von jedem Erdbeben liegen Berichte vor, welche beweisen, dass mitten in dem allgemeinen Schütterungsgebiete, ja oftmals neben stark bewegten Orten andere vollkommen verschont geblieben sind. Nicht selten ist an einem und demselben Orte ein Erdstoss über der Erde bemerkt worden, den man unterirdisch nicht wahrnahm, oder auch umgekehrt. Andere Orte, die für längere Zeit vollkommen erdbebenfrei waren, gehen bei einem späteren Erd- stosse dieses Vorrechts verlustig. Alle diese Erscheinungen müssen dadurch erklärt werden, dass die verschonten Orte in einem localen Erdbebenschatten liegen. Durch welche bestimmte Verhältnisse dieser aber erzeugt wurde, hat man nur in einzelnen einfachen Fällen mit einiger Wahrscheinlichkeit dar- zuthun vermocht. Dreierlei Ursachen sind hier besonders zu berück- sichtigen: 1) Der geologische Bau des erschütterten Gebietes. Besteht ein erschüttertes Gebiet in seiner ganzen Ausdehnung nur aus einem massigen Gesteine ohne grössere Spalten und Verwerfungen, so muss sich natürlich in einem solchen die Bewegung am regelmässigsten fortpflanzen. Besteht das erschütterte Gebiet aus geschichteten Gesteinen, so findet parallel der ne ne h sere Leitung statt len Aue » (Mallet) und ‚eine bessere als in massigen Gesteinen. Breite mit lockerem Material efüllte Spalten sollen die Bewegung vollkommen verschlucken. 2) Das Relief der Erdoberfläche. Die hohe Bedeutung der Gestaltung ‚der Erdoberfläche für die Verbreitung der Erdbeben ist in vielen Fällen d irect bewiesen worden. Oftmals haben Erdbeben grössere Gebirgsketten cht zu überschreiten vermocht. So sind an der Westküste Südamerikas sogenannte longitudinale Erdbeben entstanden, weil in diesen Fällen die Anden die Fortpflanzung nach Osten hemmten und abschnitten. Auch die Einwirkung, welche man grösseren Flussthälern auf die Richtung de rd " beben zugeschrieben hat, wird von anderen auf die ihren bene vorzeich- ı un, menden, Henachbarien Ereköllen zurückgeführt. Dass in anderen Fällen Erdbeben hohe Gebirgsketten überschritten haben, wie z. B. das Erdbeben AN) von Lahore 1832 nach Burnes den Hindu-Kusch und anderer neuerdings _ auch die Anden, kann den Einfluss der Gebirgszüge auf die Verbreitung von — Erdstössen offenbar nicht entkräften. Ortschaften, die auf isolirten steilen EN. — — Anhöhen liegen, werden besonders stark erschüttert; beobachtete Ausnahmen BEN", sind wohl durch die unter 1 und 3 aufgeführten Einwirkungen zu erklären. N Bei Bergketten von geringer Höhe werden die auf der abgewendeten Flanke Bu liegenden Orte mehr leiden, als die dem Epicentrum zugelegenen. Hingegen bleibt bei tief eingeschnittenen Thälern die entferntere Thalseite oft völlig ee ER 4 _ verschont. Bei dem neapolitanischen Erdbeben von 1857 hat Mallet sogar nach- "gewiesen, dass ein Theil der Wellenbewegung durch einen Gebirgszug zu- _ rückgeworfen wurde, wie ein Lichtstrahl von einem Spiegel. | N 3) Die verschiedene Natur und Beschaffenheit der Gesteine, welche die Oberfläche selbst und die unmittelbar unter ihr gelegenen Regionen bilden. Eine wenig mächtige Decke von lockerem Material, Schotter, Sand, wird für einen gefährlichen Untergrund gehalten, ll eine el hie . Bedeckung Adirch solche Massen die Wellenbewegung ganz oder theilweise Ns absorbiren und dadurch schützend wirken soll. Freilich sind auch File _ bekannt geworden, die auf das gerade Gegentheil deuten und Orte auf festem, EN anstehenden ‚Gestein sicherer erscheinen lassen, als benachbarte andere, die auf lockerem Schwemmlande stehen. Kan. Unsere Kenntniss von dem Einfluss der erschütterten Massen auf die ; Fortpflanzung der Bewegung sind eben noch viel zu gering, als dass sich _ aus ihnen sichere Gesetze ableiten liessen. Jeder Lichtstrahl, den die genaue Beobachtung eines einfachen Falles nach dieser Richtung in das Dunkel wirft, muss als ein dankenswerther Fortschritt begrüsst werden. Seebeben. Ein besonders interessantes Phänomen ist der Uebergang eines Erdbebens vom Festland auf den Ocean, oder auch die Entstehung _ eines solchen unter der Meeresbedeckung. (F. v. Hochstetter, Sitzungsber. d. eK. Acad. d. Wissensch. zu Wien, II. Abth. 1868 und 1869; sowie in Bes | N ittheil. 1869 p. 222 u. Karte 12). In diesem. Falle entsteht zunächst auch in dem Meere eine Stosswelle; indem diese aber das hydrostatische Gleich- ‚gewicht stört, werden Wellen erzeugt, die, wie andere Wasserwellen be- en; ch den Gesetzen- folgen, welche die Fortpflanzungsweise” dieser ’ ‚Die Stosswellen selbst sind in Schiffen oftmals als ein scharfer, kurzer etwa so, als ob das Schiff auf den Grund gerathen wäre, wahrgenom- rorden, nicht selten verbunden mit einem Schallphänomen und zuweilen: wenig stens Bsheinend) völlig ruhig bleibender. ‚See, 328 m. Seebach. Lieot das Epicentrum nicht unter dem Meere, sondern auf dem festen Lande, so steigt zuerst in seiner Nachbarschaft das Niveau; die See fluthet. Mallet und F. v. Hochstetter fassen diese Welle nach Russel’s Theorie als foreirte positive Welle erster Ordnung (wave of translation) auf. Gleich darauf ebbt die See, um darauf (z. B. in 20 Minuten) als eine furchtbare Fluthwelle zurückzukehren, weit über die Marken der höchsten Springfluth hinaus über die Küste hereinzubrechen und alles zu verwüsten. Nochmals zieht sich dann das Meer zurück, um in welchselnden Schwankungen noch ein- oder mehrmals, wenn auch nur mit geringerer Gewalt, wiederzukehren. Es sind diese Wellen, die über die grössten Seeflächen hin mit grösster Ge- schwindigkeit fortgepflanzt werden. Als am 23. December 1854 ein Erd- beben Simoda in Japan zerstörte, wurden fünf mächtige Wogen erzeugt, deren Wirkungen man 124 Stunde später in einem Abstand von etwa 4800 Seemeilen in den Fluthmessern an der Californischen Küste noch zu erkennen vermochte. Von dem Erdbeben, welches am 13. August 1868 den Distriet von Arica verwüstete, hat F. v. Hochstetter gezeigt, dass die entstandenen Fluthwellen sich über den ganzen südlichen Theil der Südsee verbreitet haben und nach rund 194 Stunde Neuseeland (Abstand ca. 6100 Seemeilen) und nach rund 221 Stunde die Ostküste von Australien (ca. 7400 Seemeilen abstehend) erreichten. Die Erdbebenfluthwelle hat sich daher, wie F. v. Hoch- stetter hervorhebt, mit derselben Geschwindigkeit fortgepflanzt, wie die lunare Fluthwelle und ist daher wie diese nach Russel eine freie Uebertragungs- welle gewesen. ‘ Die grossen Erdbebenfluthwellen sind nach Hochstetter negative Wellen gewesen, aber obschon nur 2 Beobachtungen dies direet erkennen lassen, so müsse ihnen doch eine positive Uebertragungswelle vorausgegangen sein, die in der Richtung des Stosses durch das dichtere Aufeinanderrücken aller verticalen Wasserdurchschnitte habe entstehen müssen. Besonders berufen für das häufige Vorkommen submariner Erdbeben oder Seebeben ist die Region mitten im atlantischen Ocean 7° N. bis 3° 30° S. Br. und 15° 50° bis 29° 30° W. L. v. Greenw. (Vgl. Mercantile Marine Magaz. 1869 Jan. u. Petermann. Mittheil. 1869 p. 96). Wiederholt sind daselbst Seebeben irrig bald für eine gestreifte Untiefe, bald für die Vor- boten einer vulkanischen Inselgeburt gehalten worden. IV. Für die praktische Ausführung. Aus: dem bisher Gesagten dürfte hinreichend hervorgehen, welche Beobachtungen für die rationelle Erforschung eines Erdbebens von Wichtig- keit sind. Vielleicht ist aber eine kurze Recapitulation derselben, bei der sich gelegentlich noch einige Vorsichtsmaassregeln für die Ausführung der Beobachtungen ergeben werden, nicht unzweckmässig. Sofortige, detaillirte Aufzeichnung aller Beobachtungen wird dabei als selbstverständlich voraus- gesetzt. Zeit. Bei jedem Erdbeben muss eine möglichst sorgfältige Bestim- mung der Zeit, in welcher dasselbe empfunden wurde, die erste Aufgabe sein, da sie die einzige Beobachtung ist, die nachträglich völlig unmöglich ist. Bei einer kleineren Erschütterung wird man die Zeit natürlich unmit- telbar und daher genauer finden können, als bei einem heftigen Stosse, bei welchem die Sorge um das Leben eine wenigstens um einige Secunden ver- spätete Beobachtung, deren Fehler dann geschätzt werden muss, in der Regel kung Ahren ganzen Werth, wenn man rn, die Uhreet durch chronometrische oder telegraphische Wersletchung oder durch eine astrono- _ mische ° Zeitbestimmung auf eine bestimmte Zeit bezw. auf mittlere ört- liche Zeit zu reduciren. Man scheue nicht die Mühe, sondern erinnere sich, dass schon wenige gute Zeitbestimmungen genügen, um alle Intere Verhältnisse eines Erdbebens klar zu lägen. Dauer. Ebenfalls sofort ist die Zeitdauer der Erschütterung zu schätzen. Wer des Schätzens kleiner Zeiträume ungewöhnt ist, überschätzt dieselben gemeiniglich. Bei heftigen Stössen vergrössert der Schrecken die Seeunden zu Minuten und wohl noch mehr. Vergleichung mit den Wahr- # nehmungen Anderer empfiehlt sich hier noch besonders, verlangt aber auch RL wieder Vorsicht und Kritik. Der Ort der Beobachtung ist kurz anzugeben: R: ob auf ebener Erde, oder in einem hohen Gebäude, ob auf einer ee be Anhöhe oder im Thale u. s. w. | BL Form. Weit leichter und schärfer pflegt man die Form eines Erd- » bebens, auch wenn es von verheerender Stärke war, zu erfassen. Wenn die € Erschütterung keine regelmässige zitternde Undulation war, ist darauf zu = achten, in welchem Theile der ganzen Zeitdauer der bezw. die Anschwellungen r bezw. Stösse lagen und deren Stärke gegen einander abzuwägen. Be lihnadem en. Es ist darauf zu achten, ob das Erdbeben von einem eigenthümlichen Geräusch begleitet war oder nicht? War dies, wenn enden. einfach oder mehrfach? Welcher Art erschien es und wo schien _ es herzukommen? Ging es der Erschütterung voraus, folgte es nach, oder war es gleichzeitig? Wo ist es beobachtet ve ale. und ist man nicht die durch die Erschütterung in dickem Mauerwerk u. s. w. erst erzeugten krachenden Zerreissungen u. s. w. für ein begleitendes Getöse gehalten zu haben? In Holzhäusern pflegt das Knarren und Aechzen unverkennbar zu sein und erleichtert daher die Ermittelung der Wahrheit. os Richtung. Wenngleich sich der Oberflächenmittelpunkt, das Epi- i centrum schon aus guten Zeitbestimmungen ermitteln lässt, so wird diese i Aufgabe doch nicht nur wesentlich vereinfacht, sondern es ist für die Frage ‚von "der Grösse der Ablenkung, welche die Stosswelle erfahren mag, unent- behrlich, die Richtung, in welcher dieselbe einen Ort trifft, auch direct zu bestimmen. Zunächst ist stets zu bedenken, dass es die Trägheit der Körper - ist, welche diese (und daher auch dem Stosse entgegen) bewegt. In allen nieht völlig klaren Fällen erhält man daher nur die Himmelsrichtung der Bewegung, aber nicht das woher und wohin, und selbst diese wird man bei einer einfachen unmittelbaren Empfindung nur in Ausnahmefällen hinrei- ; chend genau erkennen können. Genügende Genauigkeit liefern dagegen meist schon die Pendelschwingungen eines freihängenden Körpers von nicht zu un- vö ’® geeigneter Form und Aufhängung. Man messe so bald nach der Erschütterung BEN. als möglich mit dem Compass die Richtung der Ebene der Schwingungen und deren Amplitude. Man messe, wäge und beschreibe möglichst genau den schwingenden Körper. Wenn beobachtet, ist natürlich auch die Rich- ik tung des ersten Ausschlags von Wichtigkeit. Mit Erfolg bedient sich der ende Naturforscher auch für diese "Beobachtungen seines in Compass- ufhängung aufgestellten oder freihüngenden Barometers an dessen unterem Ende eine kleine Hülse zur Befestigung eines kurzen Bleistifts angebracht ist. Unter dem Bleistift liegt ein dessen Spitze in der Ruhelage berüh- We render en weissen Papiers auf anderen nicht fest gefalteten Papierbogen, ”r + 330 v. Seebach. deren Rücken je in einem rechten Winkel mit dem nächsten unter bezw. über ihm liegenden gelegt sind. Man erhält hierdurch eine ausreichend und gleichmässig gegen die Bleistiftsspitze federnde Unterlage, auf welche ) dann bei einer erfolgten Erschütterung der Bleistift die Richtung und die Amplitude verzeichnet. Durch Ausgleichung der meist elliptisch gezeichneten Schwingungen auf eine mittlere gerade, durch künstlich herbeigeführte Con- trollversuche und andere Vorsichtsmaassregeln dürfte ein ausreichender Grad der Genauigkeit zu erreichen sein. Aber auch wenn das Barometer nicht be- west worden ist, wird die Anbringung jener einfachen Vorkehrung, durch welche dasselbe als ein einfaches Seismometer benutzbar wird, sich oftmals lohnen, da nicht nur während Vulcanausbrüchen oft genug von Anderen schwächere Erschütterungen behauptet werden, deren Nichtigkeit der im- provisirte Apparat sofort nachweist, sondern auch in oft erschütterten Län- dern die von Fall zu Fall sich steigernde nervöse Reizbarkeit gegen Erd- stösse unter Umständen den Beobachter selbst irre führen kann. Weniger genaue Resultate ergiebt naturgemäss die Beobachtung der Schwankungen von Flüssigkeiten in runden Becken und Schalen, da sich hierbei die Richtung, in welcher die Flüssigkeit am höchsten emporge- schlagen, immer nur annähernd bestimmen lässt. Umgestürzte und fortgeschleuderte Körper. Bei jedem Erd- beben versäume man nicht, sofort nach solchen nachzuforschen. Sie werden kaum jemals fehlen. Man überzeuge sich genau, ob dieselben nicht nach ihrem Falle noch seitlich gerollt sind und messe dann vor allem mit dem Compass die genaue Richtung, in welcher dieselben umgestürzt bezw. ge- worfen wurden. Bei sehr Sach Form messe und wäge man den Körper; ist derselbe geschleudert worden, so ist alsdann (wie oben angeführt) auch die verticale Haie seines ursprünglichen Standorts über der Horizontalebene seines Auffalles und der horizontale Abstand dieses letzteren von jener Ver- ticalen zu messen. Seismometer. Allen, die aber nicht nur vorübergehend, sondern für längere Zeiten oder dauernd in einer oft erschütterten Gegend wohnen, den Herrn Consuln, Kaufleuten und Aerzten, die in solchen Gegenden woh- nend, das schreckenerregende Phänomen mit Interesse zu beobachten pflegen, kann gar nicht warm genug die Aufstellung des einfachen oben (8. 324) beschriebenen Seismometers anempfohlen werden. Da man zu den (allerdings genau auszuarbeitenden) Säulchen und der Kugel sehr zweckmässig völlig trockenes und möglichst schweres Holz verwenden kann, so ist derselbe gewiss überall leicht und mit geradezu verschwindendem Kostenaufwande herzustellen. Derselbe bedarf kaum einer weiteren Beaufsichtigung. Seine Benutzung ist eine so einfache und bequeme, dass sie Niemandem Schwierigkeiten bereiten kann. Für seine Aufstellung sind leichte Hütten und Holzhäuser geeigneter, als schwer fundirte steinerne Gebäude, welche die Richtung schwächerer Stösse leicht ablenken können. - Spalten in Häussern (Mallet). Zunächst wird man schon die Ge- bäude, deren durch Erdbeben erzeugte Spalten man zur wissenschaft- lichen Untersuchung verwenden will, mit Vorsicht auszuwählen haben. Iso- lirte oder doch fast isolirte Gebäude, die nicht zu sehr beschädigt worden, sind am geeignetsten und es werden die Resultate um so einfacher zu finden und um so genauer sein, je gleichmässiger das gesammte Material ist, aus welchem ‘die Mauern des Gebäudes bestehen und je weniger die Mauern von zahlreicheren oder grösseren Lücken (Fenster, Thüren) unterbrochen werden. Einstöckige Gebäude (z. B. Kirchen) sind mehrstöckigen vorzuziehen. In nden, die allen diesen eitedenmeen en Dr et | ige Auswahl der Gebäude und Spalten muss eben dem Tact ds Ehlers überlassen bleiben. Besonders gut ist nach Mallet bei dem ne von unten und übereck ein Gebäude treffenden Stosse, der an der abge h legenen Ecke oben abgesonderte Theil des Gemäuers, der oftmals’ ganz heraus- stürzt, zur Ermittlung der Stossrichtung geeignet. (Vgl. Holzschnitt 8. 318.) j BB der Aufzeichnung des Beobachteten wird man nicht umständlich genug sein können. Man messe mit der Diopterboussole genau das Azimut der gespaltenen Mauer, man messe den Abstand von dem oberen Anfang der b Spalte bis zu den Ehren Wanderken und ebenso das Antere Ende von der _ unteren Wandecke, oder messe, falls die Spalte den Boden nicht erreicht, die anderweitigen Dimensionen, welche geeignet sind, die Lage und Richtue der Spalte in der Mauer festzustellen. Man gebe Länge und Weite der Br Spalten an. Man versäume nicht, Skizzen der beschädigten Gebäude zu A zeichnen, um den Verlauf der Snalıcı sowohl, als die übrigen Verhältnisse zu äxiten. Notizen über die Bauart und Natur des Mauerwerks, etwaige Querwände, Stützen und Träger sind nicht zu vergessen. . Die Mühe wird ve reichlich dadurch belohnt, dass schon zwei gute Beobachtungen an verschie- denen Orten genügen een. um die interessantesten Verhältnisse eines a Erdbebens zu entwickeln. Er ; Spaltenbildung. Sind durch ein Erdbeben Spalten gebildet worden, i so ist zunächst von Interesse, ob diese nur im lockeren. gen ‚oder im } Felsen selbst sich vorfinden, ferner ob sie unabhängig vom Relief der Erd- oberfläche sind, oder ob sie nur längs den Abhängen von Thälern und Flussläufen sich finden. Sind- easy leer oder ausgefüllt und womit? Drang bei ihrem Aufreissen Sand, Staub oder was sonst aus ihnen hervor. "Ihre Richtung, Länge, Tiefe il Breite ist zu bestimmen. -Es ist zu Bi ermitteln, ob die eine Seite der Spalte gegen die andere ihr Niveau ver- ändert hat, oder ob die Spaltenbildune gar zu wirklichen Erdschlipfen ge- führt hat. Wenn keine äusseren Spalten entstanden, achte man doch auf die etwaige Veränderung von Quellen, in ‚ihrer Wassermenge und Tem- peratur. ’ N Dauernde Niveauveränderungen. Der sichere Nachweis dauernder Hebung oder Senkung eines Landstrichs, veranlasst durch ein Erdbeben, wie sie in der Regel nur längs der Seeküsten unmittelbar erkennbar sein werden, | ürde von besonderem Interesse sein. EI Zusammenhang mit Vulcanen. Bei jedem Erdbeben, welches in Ai der Nachbarschaft activer Vulcane eintritt, wird man sorgfältigst darauf zu ” achten haben, ob mit demselben irgend al Veränderungen in dm Zu- Be ‚stande dieser Terbulden äind, a: Vorausgegangener klimatischer Excess. Wo Messungen nd längere Beobachtungsreihen vorliegen, empfiehlt es sich, zu prüfen, ob die einem Erdbeben vorausgegangene Zeit, etwa ein Jahr, excessive Abwei- ‚chungen von dem normalen mittleren Klima), besonders in Bezug auf ‚die Bu ‚Regenmenge erkennen lässt. = Regenzeit. Es wäre wünschenswerth, aus häufiger bewegten Tropen- nden- mit scharf ae Begenzeiten, von verschiedenen Plätzen h er Sul ER Be x „über, den alljährlichen Anfang (und Ende) der Ba zu Shah ©. Jede Beobachtung von Thieren, welche durch ein ungewöhn- % 332 v. Seebach : Erdbebenkunde. liches Benehmen, verrathen, dass sie das Erdbeben eher als die Menschen wahrnehmen, ist von Interesse. Es ist anzugeben, was für Thiere dies waren, welcher Art ihr Benehmen war, und so genau wie möglich, wie lange vor den von Menschen empfundenen Erschütterungen das letztere begann. Beobachtungen an verschiedenen Plätzen. So wichtie oft- mals auch eine isolirte Beobachtung über ein Erdbeben werden kann, so wird dieselbe doch offenbar in weit aus den meisten Fällen ihre wahre Be- deutung erst durch die Verknüpfung mit anderen und besonders mit gleich- artigen Beobachtungen an anderen Plätzen erlangen. Gerade die wichtigste Untersuchung, die Frage nach der Lage und Tiefe des Erdbebenheerdes setzt ja stets die entsprechenden Beobachtungen an zwei oder sogar meh- reren verschiedenen Plätzen voraus. Man wird daher stets bemüht sein müssen, alle gewonnenen Erfahrungen zu vervielfältigen und über einen möglichst grossen Theil des ganzen Erschütterungsgebietes auszudehnen. _- ns Dies Bestreben wird dann selbstverständlich auch so- fort zu Ben über die Verbreituneserenzen und die Verbreitungsart führen. Die rare Darstellung, De Dome mn in die Karte tritt dann in ihre Bedeutung. Für das Fixiren der Homoseisten, für die nach annähernd eisen Wirkungen zu construirenden Isoseisten ist sie. natürlich unentbehrhlich. Schluss. Niemals aber versäume man, eine sichere und genaue Beobachtung über ein Erdbeben aufzuzeichnen und mitzutheilen, mag sie momentan auch noch so gering und unbedeutend erscheinen. Kann er eine jede, gerade auf ann eher so dürftig bebauten Felde, wie die Erd- bebenkunde, neue Gesichtspunkte eröffnen und der Anfangspunkt werden für wichtige neue Forschungen *). *) Zum Schluss möge es gestattet sein, an alle diejenigen, welche zwar Beobach- tungen über Erdbeben angestellt oder gesammelt haben, dieselben aber nicht selbst zu bearbeiten und zu berechnen wünschen, die gehorsamste Bitte zu richten, dieselben . zu diesem Zwecke dem Schreiber dieses gütigst zuschicken zu wollen. Adresse: Dr. K. v. Seebach, Professor der Geologie zu Göttingen (Preussen). Nachtrase. Erst während der letzten Revision obiger Notizen erschien die verdienst- volle Schrift: A. v. Lasaulx, das Erdbeben von Herzogenrath, Bonn, M. Cohen u. Sohn 1874. In derselben wird für genaue Zeitbestimmungen ein neues sinnreiches Seismometer, als „Seismochronograph“, vorgeschlagen, das für häufig controllirte und sehr genau gehende Uhren den Vorzug zu verdienen scheint. Dasselbe ist an jeder Pendeluhr (Regulator etc.) anzu- bringen. Zu sehr mässigem Preise kann es von Herrn Mechaniker Eschbaum in Bonn bezogen werden, wobei entweder die Tiefe des umschliessenden Ge- häuses oder die Länge des frei schwingenden Pendels der Uhr, an welcher es angebracht werden soll, anzugeben ist. | Pflanzengeographie. E | Von - A. Grisebach. BR. 0. Dem wissenschaftlichen Reisenden pflegt sich im Bereich pflanzengeo- RR ' graphischer Thatsachen zuerst die Frage aufzudrängen, ob er durch seine i botanischen Studien zu den Beobachtungen hinlänglich vorbereitet sei. Allein ee seine Vorbereitung hat auf den Werth seiner Leistungen einen weniger be- deutenden Einfluss, als in anderen Gebieten der Naturwissenschaft. Es ist he wichtiger, dass ihm die natürliche Begabung zu Gebote steht, den landschaft- 2 lichen Charakter eines Landes aufzufassen und durch die Vergleichung mit as _ heimathlichen oder aus frühern Reisen geschöpften Natureindrücken indr Mannigfaltigkeit der Einzelnheiten das Eigenthümliche zu erkennen, als dass ihm der Besitz einer umfassenden Pflanzenkenntniss von entscheidendem Vor-- theil sein könnte. Denn auch der Botaniker von Fach, der sich diesen Vor-- ' zug erworben hat, ist auf Reisen in fremden Ländern nicht im Stande, eine Beobachtungen auf eine sichere Kenntniss der Pflanzennatur zu gründen, N von der doch jedes brauchbare Ergebniss bedingt ist. Es bleibt ihm nichts übrig, als diejenigen Pflanzen einzusammeln, über deren geographische Ver- breitung er Nachrichten zu geben denkt: erst nach seiner Rückkehr findet er Gelegenheit, die genaue Untersuchung der Arten, welche eine Vergleichung in grossen Museen voraussetzt, nachfolgen zu lassen. Diese Arbeit aber kann _ ebensowohl von anderen vorgenommen werden, als vom Reisenden selbst. Wer also ohne specielle botanische Kenntnisse nur das für die Feststellung - pflanzengeographischer Thatsachen Geeignete zu sammeln versteht, kann sich A ‚später der Hülfe von Botanikern bedienen und hierdurch den Mangel eigener orstudien ersetzen. RE nen Es giebt jedoch eine Reihe von Aufgaben, welche nur diejenigen Rei- den zu lösen im Stande sind, denen eine genügende botanische Vorbilduung Gebote steht. Nur sie vermögen durch ihre Sammlungen eine vollständige ler doch die grosse Mehrzahl der Arten umfassende Kenntniss der vegetabi- Erzeugnisse eines Landes vorzubereiten. Hierzu ist zunächst die langjährige Uebung und eigene systematische Arbeiten nicht zu er- e Fähigkeit erforderlich, verwandte Arten zu unterscheiden und hümlichkeiten ihres Baues mit Leichtigkeit aufzufassen. Wie viel NR AR ER FAHRR j 4 £ 334 Grisebach. in dieser Beziehung von angebornem Talent und erworbener Geschicklich- keit abhängt, geht schon daraus hervor, dass selbst in den am meisten durch- forschten Gegenden Europas für gewisse Gattungen ‚die Fragen über den Variationskreis der Arten oder die durch hybride Befruchtung entstandenen Individuen nicht erschöpft sind und die Einsicht in die unveränderlichen Normen der Gestaltung, also die Kenntniss der Flora erst allmälig fort- schreitet. Sodann sind aber auch zugleich die Erfolge botanischer Reisen von der Dauer des Aufenthalts an zweckmässig gewählten Oertlichkeiten be- dingt. Bei einer raschen Bewegung durch unerforschte Gebiete bleiben die Sammlungen in demselben Verhältniss unvollständig. Da in der Regel nur solche Arten sicher erkannt werden können, die mit Blüthe und Frucht ge- sammelt wurden, und da auch anderweitige Beobachtungen über die jähr- lichen Entwickelungsphasen gerade in geographischer Hinsicht von hohem Werthe sind, so ist hierüber maassgebend, was Spruce nach seinen viel- ’ to} ? P jährigen, so erfolgreichen Forschungen am Amazonas ausgesprochen hat. Weil daselbst jeder Monat des Jahres neue Blüthen hervorbringe, bemerkt er, und weil die Vegetation von den Quellen des Stroms bis zur Mündung mehrfach wechselt, so sei mindestens ein einjähriger, an verschiedenen Punk- ten des Thalweges wiederholter Aufenthalt unerlässlich, um einen gewissen Grad der Vollständigkeit der Sammlungen zu verbürgen, Endlich giebt es noch eine andere Olasse von Beobachtungen, welche nur der bereits mit hin- länelicher Artenkenntniss ausgerüstete Botaniker und auch .dieser nur dan unternehmen kann, wenn er sich Jahre lang an demselben Orte ansässig ge- macht hat. Dazu gehört namentlich die Feststellung des Einflusses, den die Beschaffenheit der Erdkrume und die geognostische Unterlage auf das Vorkommen bestimmter Pflanzen äussert. Denn sie erfordert nicht bloss den Nachweis, dass sie auf gewissen Bodenarten auftreten, sondern auch dass sie auf anderen Substraten fehlen, was meist nur durch langjährige Vergleichungen und in Verbindung mit Bodenanalysen zu ermitteln ist. Ebenso bedürfen auch die Untersuchungen über die natürlichen Wanderungen der Pflanzen, wodurch sie auf neue Standorte übergehen und die Vegetation eines Landes allmälig verändern können, wegen ihrer Langsamkeit oder auch, weil sie selten in die Erscheinung treten, einer unausgesetzten Aufmerksam- keit, wie sie in grösserem Umfange nur an dem Wohnorte eines Botanikers aufzuwenden ist. Solche topographische Beobachtungen sind demnach von den Aufgaben der Reisenden auszuschliessen oder können doch nur gelegentlich in Betracht kommen. Ebensowenig aber sollen sich die folgenden Anweisungen auf die- jenigen Arbeiten beziehen, die dem Botaniker von Fach obliegen, mögen sie oaun auf den Reisen selbst oder später in den Museen ausgeführt werden. Denn diese fallen wesentlich mit dem zusammen, was der die Aufgaben wissenschaftlicher Reisenden im Bereiche der systematischen Botanik behan- delnde Abschnitt dieses Buches zu erörtern hat. Indem ich also demgemäss den Umfang des hier Mitzutheilenden einschränke, stelle ich mich auf den Standpunkt eines Reisenden, der, ohne durch botanische Fachstudien vor- bereitet zu sein, ein Land betritt, dessen Vegetation ihm fremdartig gegen- übersteht. Das Charakteristische wird er aufzufassen vermögen, wenn er, von der Bekanntschaft mit den heimischen Vegetationsformen ausgehend, diese durch vergleichende Anschauungen in botanischen Gärten erweitert hat. Auch muss er in den Handgriffen geübt sein, um Sammlungen ge- trockneter Pflanzen in der Weise anlegen zu können, dass die Arten in der Folge systematisch festgestellt werden können. Da solche Herbarien, wie | Pflanzengeographie. werden, © einen baschrs nkten Umfang haben, wird As, lee ‚indessen nur wenig Zeit und Geschicklichkeit, beanspruchen. fh Die Vegetation ist der unmittelbarste Ausdruck der geographischen Sllang eines Landes und dadurch zugleich von dessen klimatischer Eigen- thümlichkeit. Von jedem Reisenden muss daher gefordert werden, a er _ eine anschauliche Darstellung von der vegetativen Bekleidung de: Bodens: entwerfe, durch welche en der dureh das Relief hen Grenz- $ — linien des Landschaftsbildes die Physiognomie der Natur in ihrem ursprüng- ie lichen Zustande fast allein bedingt wird. Diese Charakteristik kann durch Eee Zeichnungen und Photographieen gewinnen, aber nicht ersetzt werden. Denn N auch die gelungensten Landschaftsbilder aus fernen Erdtheilen, wie wir deren von Kittlitz, Rugendas und Andere besitzen, sind wegen ihres verkleinertem Maassstabes ungeeignet, die Pflanzen hinreichend srl zu machen, welche al der Veketation das örtliche Gepräge verleihen. Es bedarf um die ver gleichende ‚Geographie zu fördern, der systematischen Bezeichnung solcher Gewächse, und zu diesem Zwecke einer angemessenen Auswahl nach ihrer physiognomischen Bedeutung, der Aufbewahrung derselben zu späterer Un- tersuchung. er Der Reisende wird sich leicht überzeugen, dass die Physiognomie der, Landschaft zunächst von der Gestaltung der Vegetationsorgane abhängt, welche den Pflanzen zur Ernährung dienen, dass hingegen ihre Blüthen und ‘ - Früchte, von denen ihre Fortpflanzung ausgeht, in dieser Beziehung von untergeordneter Bedeutung sind. Viele Sträucher Australiens und des Oap-- landes stimmen in ihrem Wuchs und in der Belaubung so sehr überein, dass man sie im Landschaftsbilde und selbst in den Treibhäusern erst dann unter- scheidet. wenn sie in Blüthe treten, und doch gehören sie nach ihrer syste- matischen Stellung, da das Pflanzensystem auf en Bau der Fortpflanzungs- a organe gegründet ist, zu den verschiedensten Familien. Der Sammler der für die Landschaft charakteristischen Gewächse muss zwar blühende und Frucht tragende Exemplare auswählen, weil nur diese zur systematischen Feststellung der Arten geeignet sind, aber er bedarf einer nach den Vege- ' tationsorganen gegliederten Bezeichnungsweise der physiognomisch verbun- ’ Er. denen Hbrmen, um eine anschauliche Darstellung des landschaftlichen Cha- > rakters geben zu können. Diesem Bedürfniss entspricht Humboldt’s System E27 .. der ae onen, welches, in gleichem Sinne weiter ausgebildet, zugleich noch einen andern Gesichtspunkt darbietet, der für den Fortschritt der Pflanzengeographie noch wichtiger ist, als die blosse Beschreibung der ‚bereisten Landschaften. 2 x ‘Die Vesgetationsformen sind nämlich in weit höherem Maasse, als die BR. ' von den Fortpflanzungsorganen abgeleiteten, systematischen Gliederungen des Pflanzenreichs, ein Maassstab für die klimatischen Abstufungen, von denen Bde geographische Anordnung der Gewächse bedingt wird. Die Familie der Gräser reicht so weit, wie das Pflanzenleben auf leckeren Erdreich über-- ° haupt, aber die Savannengräser tropischer Klimate zeigen ene andere Bir ungsweise der Vegelätiondörgeme, als die Wiesengräser höherer Breiten 7 ade. Die Pflanzengeographie hat nicht bloss die Aufgabe einer botanischen \ irdbeschreibung, sondern sie hat das höhere Ziel, den Ursachen nachzu- forschen, durch welche die heutige Anordnung der ne bestimmt wor- den ist. Der geologische Theil hear Untersuchungen, der die Entstehung f: "Arten, sowie den Ausgangspunkt und die Richtung der Pflanzenwande- rn rungen zum Gegenstande hat, steht mit den systematischen Forschungen der ‘ e ehe nastn Zusammenhang und entzieht sich in gleichem Nina Pi 57: 336 Grisebach. dem Berufe des wissenschaftlichen Reisenden. Die Vergleichung hingegen der Vegetation eines Landes mit den klimatischen Factoren, von denen ihre Entwickelungsphasen bedingt werden, ist ein Gebiet, welches seiner Thätig- keit sich öffnet und wodurch ausserdem sein Blick geschärft wird, die natür- lichen Hülfsquellen der Länder richtiger aufzufassen. Als werthvoll sind besonders die Beobachtungen zu bezeichnen, wo dem Reisenden zuerst eine neue Vegetationsform begegnete, weil aus diesen geographischen Grenzlinien sich häufig bestimmte, klimatische Grenzwerthe: ableiten lassen, an welche das eben noch mögliche Fortkommen jener Form gebunden ist. Das System der Vegetationsformen ist so einfach und übersichtlich, dass, um sich darin zu orientiren und Verwechslungen vorzubeugen, ein- gehendere botanische Studien nicht erforderlich sind. Wenn in der nach- folgenden Zusammenstellung desselben einige allgemeinere klimatische Mo- mente berücksichtigt werden, so ist hierüber zu bemerken, dass damit nichts weiter beabsichtigt ist, als einen ersten Anhaltspunkt zu geben, wo die ein- zelnen one heklamen zu erwarten sind. Nirgends mehr, als in der orga- nischen Natur, haben alle Bemühungen, den Begriffen und Wechselbeziehungen eine systematische Form zu geben, nur einen typischen Werth, so dass, um gewisse Thatsachen logisch zu ordnen, den Ausnahmen und Uebergängen kein Platz eingeräumt wird. Vegetationsformen, die in kalten Klimaten die Physiognomie der Landschaft bestimmen. Erdlichenen. Zellenpflanzen von nicht grüner Färbung und ohne Belaubung. Laubmoose. Zellenpflanzen mit grünen Blättern. Vegetationsformen, die in höheren Breiten und auf höheren Gebirgen der Nord- hemisphäre vorkommen, wo die Vegetationsperiode nicht durch Dürre, aber durch Kälte des Winters unterbrochen- wird, zum Theil im antarktischen Amerika wieder- kehrend. I. Bäume mit verzweigter Krone. Nadelhölzer. Blätter nadelförmig, starr, immergrün. Cypressenform. Zweige mit anliegenden, immergrünen Blättern von sehr geringer Grösse bedeckt. Buchenform. Blätter breit, ungetheilt, biegsam: Belaubung eseähuch. A Lindenform. Blätter ende sr han Houpiadern, die vom Grunde in die Fläche eintreten. Eschenform. Blätter einmal gefiedert. II. Sträucher (vom Boden aus verzweigte Holzgewächse). Rhamnusform. Blätter biegsam. Belaubung periodisch. Krummholzform. Blätter nadelförmig, starr, immergrün (der Eriken- ‘ form an der Höhengrenze der Wälder in gewissen Gebirgen ent- sprechend, Zweige niedergedrückt.) III. Gräser. Wiesengräser. Rasen aus biegsamen Blättern. Rohrgräser. Halm hochwüchsig, mit entfernt stehenden Blättern. Vegetationsformen, die über den grössten Theil der Erde verbreitet sind (ubiquitäre Formen). I. Auf Sumpfboden. Cyperaceenform. Grashalm ohne Knoten. PR ri) - sprechend). N A torn/ Sträucher nd Bäume mit N AU. unge- x theilten Blättern: Belaubung Denon. E | N Br ® kent orm. Sträucher mit rn igen ,‚ starren, immergrünen RN Blättern. hi Myrtenform. Sträucher mit glänzend grünen, starren, immergrünen Blättern unter Zollgrösse. Oleanderform. Sträucher mit glänzend grünen, starren, immergrünen Blättern über Zollgrösse. Dornsträucher. Sträucher ‚ deren Belaubung g durch Bildung von Dornen in der Entwickelung gehemmt wird. Chenopodeenform. Sträucher und Kräuter mit saftigen Blättern, die eines Vorraths von alkalischen Salzen im Boden bedürfen. DR (Halophyten.) \ Stauden und Halbsträucher. Kräuter, die durch einen Wurzel- stock perenniren und die Halbsträucher genannt werden, wenn der Stengel zugleich am Grunde verholzt. IV. Gräser. Annüelle Gräser. Gräser ohne Rasenbildende Verzweigung. (Mittel- meergebiet, Oalifornien.) _Vegetationsformen, welche der kurzen Vegetationsperiode des Steppenklima’s ent- : sprechen. Tamariskenform. Sträucher mit anliegenden Blättern von sehr ge- ringer Grösse. Zwiebelgewächse. Kräuter, die durch unterirdische Z%eheln oder“ Käsllen perenniren: Stengel mit einer Laubrosette am Boden. Steppengräser. Grasrasen aus. starren Blättern. _ Vegetationsformen, welche die subtropischen und tropischen Zonen bewohnen und - gegen die Dürre der trockenen Jahreszeiten durch ihre Organisation geschützt sind. 4 Kr | I. Holzgewächse. Kt Sykomorenform. Bäume mit verzweigter: Krone und starren, unge- theilten Blättern: Belaubung edlen. Mimoseenform. Bäume mit verzweigter Krone oder Sträucher, Be Blätter doppelt gefiedert und die Blattflächen klein sind. ÖOschurform. Sträucher mit starren, immergrünen, glanzlosen, blau- SR $ grünen Blättern (der Proteaceenform in Sudan und Ostindien ar Ag Sodadafo rm. Sträucher mit starren, ungetheilten Blättern; Belnäai ‚periodisch. (Sudan.) # " Spartiumform. Sträucher ohne Laub, oder Blattbildung wenigstens HR: NOR SER unterdrückt. % 'ergpalmenform. Holzgewächse ohne Verzweigung: Hatibiosstis Bi on. getheilten Blättern auf. verkürztem oder=unterdrü cktem Stamm. ° a 338 : Grebseh II. Suceulente Gewächse, Agavenform. Saftreiche Laubrosette am Boden. (Agaveen in Ame- rika, Aloe in Afrika). \ Cactusform. Blattlose Saftgewächse. (Cacteen in Amerika, fleischige Euphorbien in Afrika.) III Schlinggewächse. Cucurbitaceenform. Schlinggewächse ohne Holzstamm (der Convol- vulusform entsprechend). IV. Schmarotzer. Loranthusform. Parasitische Sträucher mit starrer Belaubung. V. Kräuter. Gnaphaliumform. . Kräuter mit Wollbekleidune. | Immortellenform. Kräuter mit allmälig austrocknenden Blumen. e VI. Gräser. Savanengräser. Rasen von hohem Wuchs. Vegetationsformen, welche der gleichmässigen Tropenwärme und starker Nieder- schläge bedürfen, daher gegen die Aequatorialzone an Bedeutung zunehmen , aber zum Theil die subtropischen Breitengrade erreichen. I. Unabhängig von der Feuchtigkeit der Luft, Palmen. Bäume ohne verzweigte Krone: Stamm durch eine Laub- rosette von einmal getheilten Blättern gekrönt. i Pisangform. Bäume ohne verzweigte Krone: Stamm durch eine Laubrosette von ungetheilten, breiten Blättern gekrönt, deren Adern . parallel verlaufen. Clavijaform. Bäume ohne verzweigte Krone: Stamm durch eine Laubrosette von ungetheilten, breiten Blättern gekrönt, deren Adern netzförmig verbunden sind. Pandanusform. Bäume ohne verzweigte Krone: Stamm durch eine Laubrosette von ungetheilten schmalen Schilfblättern gekrönt. (Lilia- ceenbäume.) 3 Lorbeerform. Bäume mit verzweigter Krone: Blätter ungetheilt, breit, glänzend grün, starr, immergrün. Olivenform. Bäume mit verzweigter Krone: Blätter ungetheilt, schmal, starr, immergrün. Bombaceenform. Bäume mit verzweigter Krone: Blätter abgerundet, mit mehreren Hauptadern, die von der Spitze des Blattstiels in die Fläche eintreten (der Lindenform entsprechend, aber Stamm ange- schwollen und mit am Grunde vorspringenden Holztafeln). Tamarindenform. Bäume mit verzweister Krone: Blätter einmal gefiedert (der Eschenform entsprechend, aber immergrün). Banyanenform. Bäume mit verzweisten und gegenseitig verbundenen Kronen, die durch Luftwurzeln est ae Bambusenform. Bäume ohne re Krone, mit seitlichen Büscheln von Grasblättern auf kurzen riesluen an den Seiten des Stammes. Lianen. Holzige Schlinggewächse en netzaderigen Blättern. Rotangform (Palmlianen.) Holzige Schlinggewächse mit Palmen- blättern. (Monsungebiet.) Pal ooh volvulusform. Schlinggewächse ohne Holzstamm. [ Bromelienform. Kräuter mit einer Laubrosette von Schilfblättern “am Grunde des blühenden Stengels. (Amerika.) m Neben tropischen Niederschlägen einer feuchten Mor sphäre bedürftig. ‘ = ° Farnbäume. Bäume ohne verzweigte Krone: Stamm durch eine Laub- BT rosette von mehrfach getheilten Blättern gekrönt. — — — — — Farnkräuter. Laub aus dem unterirdischen Stamm: Blätter mit frei Ra im Gewebe endenden Adern. N ' Atmosphärische Orchideen. Gewächse, bei denen kein Organ n den Boden oder in eine Mutterpflanze eingesenkt ist. Sceitamineenform. Kräuter mit einer Laubrosette oder zweizeiliger Belaubung: Blätter ungetheilt, breit, mit parallelen Adern. Ki. Aroideenform. Kräuter mit einer Laubrosette aus gestielten, pfeil- Er; oder herzförmigen, oder getheilten Blättern. % x IIL Tropische Küstenbäume im Bereich von Ebbe und Futh. ar Mangroveform. Bäume mit verzweigten und gegenseitig verbundenen CR Ben, die durch neue, aus den Zweigen aan nase Individuen ’' Ber gestützt werden. u Rn, Vegetationsformen Australiens (zum Theil auch des Caplandes), wo dürre Jahres- ent zeiten von unregelmässiger Dauer eintreten. \ Bar. Xanthorrhoeenform. Büume ohne verzweigte Krone: Stamm durch BT eine Rosette von ungetheilten, schmalen, saftarmen Grasblättern ge- en: krönt. (Australien, besonders im en des Continents.) Dar: Eukalyptusform. Bäume mit verzweigter Krone und nicht periodischer SE Belaubung: Blätter starr, ungetheilt, glanzlos blaugrün, schief oder er vertical gestellt. (Australien.) NA Proteaceenform. Sträucher (oder Bäume) mit starren, immergrünen, Kai glanzlosen, blaugrünen Blättern. (Australien und Capland, aber hier _ fast nur auf der südwestlichen Küstenterasse.) x Casuarinenform. Bäume mit verzweigter Krone von nackten Zweigen ohne Blätter. (Australien und gewisse Inseln des indischen und stillen Meeres). ur Bi ' Es erhellt aus dieser Uebersicht, dass dadurch keineswegs der Kreis von Bildungen erschöpft wird, durch welche die Ernährung den ver- schiedenen, äusseren Lebensbedingungen angepasst ist. So fehlen die einjährigen Kräuter, die den Winter nur in der Form des Samens über- stehen, die Wurzelparasiten, die Humuspflanzen, die Pilze. Dies erklärt sich daraus, dass nur solche Vegetationsformen aufgenommen sind, welche zur ' geographischen Charakteristik verschiedener Länder und Klimate dienen können. Nur diese ‚eignen sich, durch ihre ee die feinen und un NE N ZEN ihre ass beschränken. Solchen Verhältnissen Be ist RAT 'G = . . ES ine anziehende Aufgabe für jeden nn der auf die in BrereSee Massen > . vertraut Vrae hat. Der en Gesichtspunkt, der S demselben zu Grunde liest und wodurch es ungeachtet der unzähligen Ueber- ‚günge zwischen den einzelnen Formen allein Boreolinleriigt wird, spricht sich 340 Grisebach. gleich Anfangs darin aus, dass die Moose und Teen zwar überall auf der Erde ihr Gedeihen finden, aber nur in den arktischen Ländern zu den Tundren sich verbinden, ne ‘wenige Bestandtheile dadurch die Bedeutung einer besondern essen erhalten. Unter den ubiquitären Formen. haben aus gleichem Grunde nur solche Gewächse Aufnahme gefunden, bei denen die Abhängigkeit von bestimmten, örtlichen Bedingungen deutlich. hervortritt. So stehen unter ihnen die Dornsträucher in einer augenschein- lichen Beziehung zur Trockenheit der Luft: denn obgleich sich dies keines- wegs in jedem en Falle nachweisen lässt, weil dieselbe Einrichtung in der Organisation verschiedenartigen Zwecken dienstbar sein kann, so sind es doch die dürren Klimate, wo die dornigen Gewächse eine unvergleichlich viel grössere Mannichfaltiekeit erreichen. Ebenso fehlt es zwar nirgends an einjährigen Gräsern, aber nur in zwei Floren der subtropischen Zone treten sie, so weit dies bis jetzt nachgewiesen ist, als massenhafte Bekleidungen des Bodens auf, wodurch der Zusammhang zwischen der in diesen Breiten rasch eintretenden, feuchten Frühlingswärme mit ihrer kurzen Vegetations- periode angedeutet wird. Wer nicht als Botaniker reist und nicht darauf ausgeht, botanische Sammlungen von möglichst grossem Umfange zusammen- zubringen, muss sich von dem zerstreuenden Uebermaass der topographischen Einzelnheiten abwenden und seinen Blick für die allgemeineren Thatsachen der Pflanzengeographie zu schärfen suchen. In dem System der Vegetationsformen sind auch die Wasserpflanzen übergangen, weil das Studium ihrer geographischen Anordnung ebenfalls den botanischen Sammlern grossentheils überlassen bleiben muss. Höchstens sind Tiefenmessungen über das Vorkommen der. am Boden des Meeres befestigten Algen eine Jedem zugängliche Beschäftigung, die um so wünschenswerther- sein würde, als wir ae erst wenige, sporadische Beobachtungen besitzen. Die Gewächse des süssen Wassers tragen wenig zur Charakteristik- der Län- der bei, wo sie vorkommen. Da die ae des Wassers geringer ist, als die der Luft, und da die Wasserpflanzen leichter durch ns und durch Thiere verbreitet werden, so sind sie geographisch weit weniger abgeschlossen, als die Landpflanzen. Aus einer genaueren Kenntniss ihrer verticalen Verbreitung im Meere und in Landseen aber wird wahrscheinlich ein Gewinn für die Lösung der physiologischen Frage erwachsen, in wie weit die Vegetation verschiedener Algenformen von dem Lichteinflusse be- dingt sei. Die Auffassung der Vegetationsformen würde zu einer nur sehr unvoll- ständigen und einseitigen Darstellung führen, wenn der Reisende nicht im. gleichem Maasse auch ihre Anordnung berücksichtigte. Zu diesem Zweck muss er von dem Begriff der Vegetationsformationen ausgehen. Hier- unter werden die botanischen Gliederungen der Erdoberfläche verstanden, sofern sie den Charakter der Landschaft bestimmen. ‚Gleichmässig reichen sie durch grosse klimatische Gebiete, in der baltischen Ebene als Haiden, Wälder und Wiesen in stetem Wechsel wiederkehrend, oder, wie die Tun- dren der arktischen Zone, unermessliche Flächen mit einem einförmigen Teppich überkleidend. Die Bedingungen ihres Wechsels bestehen, so weit die klimatischen Einflüsse dieselben bleiben, in der Beschaffenheit und Be- wässerung des Bodens, in der Mischung und Form der Nahrungsstoffe, welche dieser den Pflanzen darbietet. Aendern sich diese Verhältnisse im Laufe der Zeit, so kann auch auf demselben Boden ein Wechsel der Vegetationsforma- tion eintreten. Rasch und in grossem Maassstabe können solche Aenderungen nur durch die Oultur herbeigeführt werden, im natürlichen Lauf der Dinge: en Nohetens einen uatulaten Wechsel ee wie ER in Hon n Dänemarks von Steenstrup nachgewiesen wurde. Je mehr die Natur h lbst überlassen blieb, desto deutlicher sind daher die Formationen in ihrer gesetzmüssigen Krfordukne ausgeprägt und geben jeder Landschaft. den Reiz eigenthümlicher Gestaltung. \ Die Vegetationsformationen nach ihrem Gesammtleben aufzufassen, ihre > theile en und den physischen Bedingungen ihres Vorkommens nach- > muforschen, ist eine Aufgabe des eikeiastlichen Reisenden, die nur durch eine vergleichende Methode nach bestimmten Gesichtspunkten gelöst werden . kann. Vor Allem hat er sich auch hier zu hüten, topographischen Einzeln- heiten einen zu grossen Werth beizulegen, da das Charakteristische eben in der Massenwirkung liegt. Wie die grossen Gebirgsketten eine ganz andere geographische Bedeutung haben, als die unregelmässig verschlungenen Hügel- gelände, so verdienen nur solche Vepetationsformationen eine besondere R) Beachtung, die über weite Erdstriche ausgebreitet sind und dadurch Auf- AR schluss darüber geben, was diese an en Kraft leisten können. Bi Die Natur spricht zu uns in grossen en aber sie zeichnet neben ihren wesentlichen Gebilden zugleich eine Mosaik von unzähligen Ornamenten, die Er fehlen könnten, ohne vermisst zu werden, und die der Reisende ohnedies nie _ würde erschöpfen können. Er muss wie der Künstler verfahren und den - Charakter der Landschaft in seiner Darstellung zu idealisiren verstehen. Mi &erade die Schilderungen der en in Mitteleuropa leiden _ oft aus einem hier keineswegs zulässigen Streben nach Vollständigkeit an ‚dem Mangel angemessener Gruppirung der Thatsachen und an dem Ueber- maass von Einzelnheiten, denen keine geographische Bedeutung zukommt. Sie scheiden ausserdem viel zu wenig aus, was die Natur erst unter dem Einfluss des Menschen geworden a wenn neben den Erzeugnissen des Waldes und der Wiesen auch die Fisnen aufgezählt werden, = sich an Wegen oder auf Aeckern angesiedelt haben. In dem ursprünglichen Land- ‚schaftsbilde und in den Formationen, die es zusammensetzen, macht man sich da am sichersten heimisch, wo man in den Einöden der Steppen, der Wälder und Gebirge umherwandert, die von der Cultur unberührt blieben. Hier pflegen sie auch schärfer umgrenzt zu sein, die Bedingungen ihres Bestehens lassen sich leichter erkennen und weit seltener sind die Mittelstufen und Uebergänge, die oft nur die Folge einer beschleunigten Aenderung in der Beschaffenheit des Bodens sind. In den von der Cultur weniger umgestalteten Ländern treten die Vege- tationsformationen dem uuhöfangenen Blicke so bestimmt und selbständig Rs gegenüber, dass ihre Unterscheidung hier den Bewohnern am geläufigsten ist und in deren Sprachen einen reicheren Ausdruck gefunden hat. Beson- Bi dere zeigt sich dies bei den ÜOolonisationen durch die ee) Spanier ‘_ und Engländer, welche als die historischen Pioniere in Amerika, Südasien “und Australien diese Bezeichnungen theils von den Eingeborenen entlehnt, theils selbst gebildet haben. Für die vergleichende Darstellung ist es von hen, wenn die entsprechenden Bekeichhungin zusammengefasst, auf die hartigen Erscheinungen anderer Floren übertragen und den ann ıt/ werden, die wegen ihrer Allgemeinheit in jeder Sprache Sch wie- Hiezu ist die nachfolgende Uebersicht der bedeutendsten Vege- durch Bildungsweise und Geselligkeit der Individuen hervorragenden Bestand- Aahligkeit, die Bedeutung solcher, wenn auch nur in einzelnen Ländern, Sf 'h gewordener Ausdrücke zu kennen; sie lassen sich wissenschaftlich ver- nen bestimmt, ‘in welcher zugleich Ba Charakterzüge Ye x 342 Grisebach. angedeutet sind, die in der Darstellung besonders berücksichtigt zu werdem verdienen. ) Wälder. _ Die wichtigsten Unterschiede ergeben sich aus der Gesellig- keit der Baumarten, der Zusammensetzung aus einer einzigen oder mehrerer Baumformen, der Höhe des Wuchses der einzelnen Bestandtheile, der Be- leuchtung der Zwischenräume oder in geschlossenen Beständen des Bodens und des Unterholzes, endlich der Verbindung der Bäume mit anderweitigen Vegetationsformen, mit denen sie zusammenzuleben bestimmt sind. Der ein- fache Baumschlag, die Folge der Geselligkeit einer einzelnen Art von Bäu- men, ist die gewöhnlichste Erscheinung in der nördlichen, gemässigten Zone, die tropischen Wälder sind fast immer aus den verschiedensten Bäumen und Vegetationsformen gemischt. Die letzteren zerfallen in die feuchteren Be- stände, wo die Mischung der Formen unter allen Formationen der Erde den höchsten Grad erreicht, und in die lichteren Savanenwälder, deren periodische Bewässerung ihre Vegetationsperiode an ein kürzeres Zeitmaass,bindet. Die immergrüne oder periodische Belaubung der Wälder ist in beiden Zonen an bestimmte Baumformen geknüpft, aber die erstere, in den höheren Breiten auf die Nadelhölzer eingeschränkt, wird in den feuchten Tropenwäldern zur herrschenden Erscheinung und behauptet sich in gleicher Weise auch jen- seits des südlichen Wendekreises, wo die jährliche Temperaturvariation ge- ringer ist, als in dem gemässigten Klima unserer Hemisphäre. Die Neben- bestandtheile des Waldes, das aus Sträuchern und Zwergbäumen bestehende Unterholz, Stauden und andere Schattengewächse, Schlinspflanzen, Epiphyten,, die unter den Tropen vom Boden auf die Stämme hinaufrücken oder para- sitisch durch sie ernährt werden, alle diese mannichfaltigen Gebilde sind nach Vorkommen und Anordnung von dem Lichteinflusse bedingt. Sie können ganz fehlen, wenn die unteren Räume durch die Dichtiekeit der Baumkronen. in Dunkel gehüllt sind; sie vereinfachen sich in den gemässigten Zonen in demselben Maasse, als die sich verschränkenden Blätter des Laubdachs ein, durchscheinendes, aber gleichmässiges Licht in’ die Tiefe gelangen lassen, und sie erreichen die höchste Fülle in der Richtung zum Aequator, je mehr die durchbrochene Bildung der Baumgipfel den Eintritt greller Lichtreflexe zu- lässt und diese mit dem tiefen Schatten undurchsichtiger Organe sich be- rühren. Wälder einfachen Baumschlags, die nach der Vegetationsform der Bäume unterschieden werden. Nadelwälder, z. B. Pine barrens in den nordamerikanischen Südstaaten: Pinus australis; Pinares in spanischen Colonialländern; Pinheiros in. Brasilien: Araucaria brasiliensis. ‘ Laubwälder, z. B. Postoakland in Texas: Eichenwälder. Tjemorowälder der Sundainseln: Casuarina montana. Gemischte Wälder. In Ostindien. Jungle: allgemeine Bezeichnung. In Sudan. Waldgalerieen: Uferwaldlinien an den die Savanen durch- strömenden Flüssen. In Australien. Brushwood an feuchten Standorten der Creeks; Cedrela- wald (Cedar country) in Queensland: mit Aufnahme indischer Formen. In Brasilien. Matovirgem: feuchte Urwälder; am Amazonas Eta, wenn sie ausser- halb, Igapo, wenn sie innerhalb des Ueberschwemmungsgebietes liegen (letzterer den Pantanals in Mattogresso entsprechend). VRR dungen, ea Dekraheie nach aussen an abnchmen, in. 24, x Zwergbäume und in Gesträuche übergehen. BR Be oires: Waldbildunsen aus neuen Bestandtheilen, die an _gelichtet Bi en gewesenen Orten Dr de en aideb sten 0 Catingas: Savanenwälder mit grösstentheils periodischer Belaubung 0 (den Chumicales auf dem Isthmus von Panama entsprechend). 0, Waldsavanen in Australien (Grasland der Colonisten), die diesem Con- RA tinent eigenthümliche Formation, wo die mit einzelnen Bäumen der fast schattenlosen Eukalyptusform besetzten Weidelandschaften eine Mittelstufe zwischen den Wäldern und Savanen darstellen. t $ Gebüschformationen. Mit Sträuchern bedeckte Landschaftsgliede- } Re rungen sind für das subtropische Klima besonders charakteristisch und haben 9 in deren Bereich die mannichfachsten Bezeichnungen erhalten. Oberhalb der “= Baumgrenze in den Gebirgen entsprechen sie einer kürzeren Vegetations- - periode, als das Baumleben sie erfordert. Im Steppenklima stehen sie unter EN Br ähnlichen klimatischen Bedingungen, aber auch in den offenen Landschaften % a0 höherer Breiten dehnen sie sich da über weite Räume aus, wo der Boden | oder das Klima den Wald zurückdrängt. Grosse Verschiedenheiten zeigen die Gebüschformationen in der Höhe des Wuchses, der immergrünen oder periodischen Belaubung und in den Vegetationsformen, die sie zusammen- ‚setzen. Die Nebenbestandtheile treten weit mehr zurück, als in den Wäldern, weil die Sträucher gewöhnlich dem Boden eine dichte Bekleidung geben: in ‚einzelnen Fällen Banden sie auch Bäume auf, die sich einzeln oder gruppen- weise aus dem Gesträuch erheben. Auch eine Mischung verschiedener Ve- getationsformen ist in den Gebüschformationen eine viel seltenere Erschei- nung, als in den Wäldern. Denn wie wohl sie ebenfalls bald aus einer ein- h zigen, gesellig wachsenden Art bestehen, bald aus vielen verschiedenen Sträuchern zusammengesetzt sind, so ist doch im letzteren Falle die Bildungs- weise der Vegetationsorgane einförmiger, als bei den Bäumen. Haiden: mit niedrigen Sträuchern der Erikenform (Calluna) bewachsene Flächen in der baltischen Ebene; die westlichen Hochmoore desselben sind mit einer ähnlichen Formation bekleidet. Be: Brüche: Moräste im nordöstlichen Deutschland und Russland, die mit \ Birken- oder Erlengebüschen bewachsen sind. * Eichengebüsche: Bichengesträuche mit periodischer Belaubung, besonders in Ungarn und Rumelien. ahlkosten: Weidengebüsche an Flussufern. Maquis: immergrüne, aus den ÖOleander-, Myrten- und Erikenformen bestehende oder aus denselben gemischte Gebüsche. Den corsica- nischen Maquis entsprechen: die Garrigues in Südfrankreich, die Formation des Montebaxo in Spanien, die Macchie in Italien, de Xerovuni in Griechenland, die Bosjes am Kap, die Ambavilles au den Maskavenen, die acc in Brasilien. Ginstergebüsche: Sträucher der Spartiumform und ähnliche Gebilde Traganthgebüsche: niedrige, dornige Sträucher von Tragacantha SM von Astragulus) im Orient. Kae ER _ Espinales: Dornsträucher in Chile. Diesen entsprechen die Chaparals ee in Texas. N: lan Karroofelder: niedriges Gestrüpp aus holzigen Synanthereen am Cap, na- ) entlich ar geselligen Rhinocerosbusch (Elytropappus). AS 0 eb MER EU SE ARE RER ae, SE FAR Ber BAT $ EN un “‘; Wr ‚Serub: eigenthümliche Gesträuchformation Australiens, von undurch- dringlich verwachsenen Sträuchern der Proteaceen- und Erikenform | 344 ! Grisebach. gebildet, aus denen hier und da auch wohl Bäume hervorragen. u Brigalow-Scerub: allgemeine Bezeichnung. Callitris-Serub (Pine forest): Serub mit Bäumen von Callitris. Bottletree-Scrub: Scrub mit Bäumen der Bombaceenform (Brachy- chiton). Mezquites: Mimoseengesträuche in Texas. Chanarsteppe: mit Holzgewächsen bekleidete Abschnitte der Pampas, die grossentheils mit aladlalsıenn Gebüsch bewachsen gegen den Wende- Bas auch Bäume und Dakie Gehölze aufnehmen (Buschwile Wiesen und Matten. Die Formation der Wiesen setzt ein zusammen- hängendes Wurzelgeflecht von Rasen bildenden Gräsern voraus, welche den Boden mit einer dichten Vegetationsdecke bekleiden, aber sie nimmt auch als Nebenbestandtheil blühende Stauden auf, deren unterirdische Or- gane ebenfalls jenes Geflecht durchwachsen. Wenn dagegen die Stauden den Graswuchs zurückdrängen, entstehen ‚jene Matten, die als Weideland oft glei- chen Werth haben und in manchen Ländern, wie im Mittelmeergebiet, die Wiesen fast überall zu ersetzen pflegen. So sind auch in den europäischen Hoehgebirgen die alpinen Matten für die Region oberhalb der Baumgrenze bezeichnend, für die Waldregion die Bergwiesen. Eigentliche Wiesen, in denen die Gramineen vorherrschen, fordern eine stetige Erneuerung des Wasserzuflusses während ihrer Vegetationsperiode; Halbgräser (Cyperaceen) treten an ihre Stelle auf sumpfirem Boden, wo das Grundwasser in Ruhe bleibt und dann leichter bis zur Oberfläche ansteigt. Auch diese Forma- tionen sind, wie die übrigen, nach der’Art der Bewässerung und unter kli- matischen Einflüssen unter sich und mit der Steppenvegetation durch Ueber- gänge verbunden. Wiesen begleiten in den höheren Breiten der Nordhemisphäre das fliessende Wasser, vom Quellgebiet der Gebirge und Wälder (Wald- wiesen) bis zu den Küsten des Meeres. Auf den Alluvionen des See- strandes und der grossen Ströme werden sie Marschen, im arktischen Sibirien Laidie’s genannt. Matten. Tomillares in Spanien: Matten des Mittelmeergebiets, aus Stauden und Halbsträuchern bestehend. Alpenmatten: Matten der alpinen Regionen in den Hochgebirgen; sie heissen in der spanischen Sierra ee Borreguiles. Wiesenmoore: mit Oyperaceen bewachsene Sümpfe und schwimmende Inseln (im deutschen Sprachgebrauch nicht immer von den Brüchen unterschieden). Eine besondere, durch das Wollgras be- zeichnete Bildung in den höheren Breiten 'ist die Eriophoren- formation. Parklandschaften entstehen aus der Verbindung von Wiesen mit Baumgruppen und Waldinseln. Solche Grasfuren mit hohen Stauden, wo durch die Aufnahme von Bäumen die Physiognomie der Tone der künstlichen Gruppirung des englischen Parks ähnlich wird, sind für die Floren des Amurgebiets, sowie von Kamtschatka und von Californien cha- rakteristisch. Rohrdickichte. Mit geselligen Rohrgräsern sind oft auf weiten Strecken die Ufer an den Mündungen der Ströme und ihre Deltabildungen ER en bildet im östlichen Asien a in die Eoekeigte oa, ‚hinaufreicht. Dieser Formation entsprechen auch u: Cane-breaks in ME chte Grasfluren, die eine geringe a und ein schärferer Gegensatz nasser und trockener Jahreszeiten hervorruft. Von den Steppen N) ler gemässigten Zonen unterscheiden sie sich durch den im Allgemeinen N BAR öheren Wuchs der Savanengräser, welche die Bekleidung des offenen Bodens RR _ bilden, weit bestimmter aber durch die Aufnahme von Bein, die entweder _ zerstreut unter den Gräsern wachsen oder die Savanenwälder und Wald- galerieen bilden. Savanen. Sie heissen Pens in Jamaika, Llanos in Venezuela, Campos N; in Brasilien. al In Brasilien werden unterschieden: | Taboleiro coberto: Grasflur mit zerstreutem oder vereinzeltem . RER ' Baumwuchs. ’ Campo aberto: Grasflur mit zerstreuten Liliaceenbäumen. “ Campo serrado: Grasflur mit zerstreuten Gebüschen (den Carrascos). on Campo vero: reine Grasflur. Dieser entsprechen die Alangfelder auf den Sundainseln. \ Bay of Biscayland in Australien: Grasflur mit niedrigem und seltenem , Baumwuchs. Steppen. Sie sind eine Wirkung des Serena fie wo durch die Dauer regenloser Jahreszeiten oder ch des Winters die Entwickelung der Vegetation auf wenige Frühlingsmonate eingeschränkt wird und nur bi ge- ji wissen, durch ihre Oral Keschiiteten. Formen sich über ein längeres RR EN _ Zeitmaass ausdehnen a A die-Bewässerung des Bodens von den ING atmosphärischen Niederschlägen abhängt, ist daher der Ackerbau ausge- Bi) _ sehlossen, und die Bean werden, um Viehzucht oder Jagd zu betreiben, zum Nomadenleben genöthigt. Diese physischen Ben treten am N - reinsten im Innern der beiden Öontinente der Node nnare ein, wo ein \ Bi. strenger Winter auf den: regenlosen Sommer folgt. Die Steppen in der süd- Me lichen gemässigten Zone stehen vermöge ihrer nen Temperatur den Savanen näher, von denen sie weniger Asch ihr ins als durch ihre \ Vegetationsformen abweichen: sie sind je die Viehzucht Besen und ge- ähren auch einer sesshaften Bevölkerung hinreichende Hülfsquellen, zu be- tehen. Die Vegetationsformationen sind in den Steppen durch die Beschaf- - fenheit der Erdkrumen am deutlichsten geschieden. Die Grassteppe ist von - den Steppengräsern nur unvollständig Deyrachden| die Zwischenräume ihrer asen werden auch von anderen Gewächsen nicht vollständig ausgefüllt und hon durch diese Stellen nackten Erdreichs entsteht ein ganz anderes Land- haftsbild, als die Formationen der Wiesen und Matten gewähren. Wenn ‚Steppenboden Natriumverbindungen enthält, erzeugt derselbe ‚die Bora ation der Salzsteppe, wo die saftreichen Blätter der "Halophyten eine län- 5 Vegotationsperiode gestatten. Durch die Strauchformen der Cheno- | deen und durch ihr dichteres Wachsthum bildet die Salzsteppe den Ueber- u den mit Gebüschen bewachsenen Abschnitten des Steppenklimas, die erwähnt wurden. Zur Sandsteppe endlich wird die Grassteppe dadurch, ig: n Erdkrumen das Wasser in die Tiefe entlassen: nun löst x KE® ER N r >) TER 346 Grisebach. sich die Vegetation zu vereinzelten Individuen auf und, indem das nackte Erdreich sich weiter ausbreitet, verliert der Boden als Weidegrund vous seinen Werth. Grassteppen: die in den Steppen nutzbaren Weidelandschaften. In Australien werden sie als Desert oder als offene Niederungen (open downs) bezeichnet, aber hier wohl kaum von den Sandsteppen unter- schieden. . Potreros sind in Chile die eingehägten Weidegründe, in Südbrasilien werden darunter von Wald umschlossene Pampas ver- standen. Salzsteppen. Dazu gehört auch die Ser, Salzwüste. In den Pampas‘ werden sie Sala genannt. Wüsten. Der Begriff der Wüsten beruht auf ihrer Unbewohnbarkeit, die wiederum die Folge einer Vegetation ist, die entweder keinen Nahrungs- werth hat oder zu spärlich ist, um die Viehzucht zu unterhalten. Das Erstere ist der Fall in den Polarwüsten (den Tundren), das Letztere in den Wüsten der regenlosen Gebiete, die nur da belebt sind, wo die Vegetation durch die Quellen der Oasen oder ‘durch von auswärts eintretende Flüsse bewässert wird. Von den Sandsteppen unterscheiden sich diese weniger durch ihre Vegetation, als dadurch, dass hier auch die periodischen Niederschläge fehlen, die jenen zukommen. Die Polarwüsten im Norden von Asien und Amerika sind eine Wirkung des unterirdischen Eises, durch dessen Aufschmelzen im Sommer die Temperatur der Bodenfeuchtigkeit gehindert wird, sich so weit zu heben, dass zur Weide geeignete Pflanzen bestehen könnten: indessen fehlen doch wenigstens der Lichenentundra die spärlichen Nährstoffe nicht, mit denen das Rennthier sich begnügt. Tundren: Formation der Erdlichenen (Lichenentundra) und der Laub- moose (Moostundra, Polytrichumtundra). Regenlose Wüsten in der tropischen und Snbineochem Zone. In der Salkena unterscheidet man: Areg: Wüste mit Sanddünen. Hammada: steinige Wüste. Wadi’s: wasserlose Thalbildungen. Oasen: Palmenwald in Folge unterirdischer Wasserzuflüsse. Reisen in gebirgigen Gegenden und Hochländern geben den Anlass, sich mit.dem Studium der Regionen zu beschäftigen, worunter die klimatischen Abstufungen der Vegetation nach Höhengrenzen verstanden werden. Die physischen Bedingungen, welche die verticale Anordnung der Pflanzen beeinflussen, sind weit leichter und sicherer zu erkennen, als die verwickelte. Frage über die Beziehungen zwischen Klima und Vegetation auf ebenen Bodenflächen gelöst werden kann. Die Abnahme der Wärme mit dem Niveau ist das die Regionen scheidende Moment, und diese tritt so rasch ein, dass auf dem engen Raume geneigter Abhänge die vergleichenden Beobachtungen in wenigen Stunden zum Abschluss gelangen. Dazu kommt, dass die Pflan- zen in ihrem Kampf um den Besitz des Bodens hier leicht zu den so nahe gerückten Niveaugrenzen vorrücken, jenseits derer sie nicht mehr bestehen können. In den Ebenen dagegen vertheilt sich die allmälige Abstufung der klimatischen Werthe auf weite Länderstrecken, und an den Linien, wo eine bestimmte Pflanzenart beginnt oder aufhört, ist es schwierig zu ermitteln, ob sie wirklich die Grenze ihrer klimatischen Sphäre erreicht hat, oder, wie es weit häufiger der Fall ist, noch weiter im Laufe der Zeit sich ausbreiten und andere Gewächse verdrängen könnte. N ernen und töten der Ebene. In den meisten en ordnen sich diese nach der Höhe des Wuchses: je mehr man nach auf- ’ Schneelinie sich nähert, desto kleiner wird der Maasstab der ea zunimmt und diese mit der geringeren Erwärmung sich verkürzt. Das Niveau der Baumgrenze gehört daber, ebenso wie das der u. 5 des ewigen Schnees, zu den Hadeniendsten und le Wendepunkten in dem rakter der Gebirgslandschaft. Schon aus der Ferne von den Ebenen aus in langen Horizontallinien erkennbar, aber im Einzelnen je nach der ört- lichen Erwärmung und andern Einflüssen vielfach verschoben, fordern diese Werthe auf, aus vervielfältigten Höhenmessungen ihr mittleres Niveau zu 7 bestimmen und mit der verticalen Abnahme der ‘Wärme zu vergleichen. Zwischen der Baumgrenze und Schneelinie liegt die alpine Region, in welcher wiederum Sträucher und höhere Stauden die Räume zu bekleiden pflegen _ und weiter aufwärts die Gewächse an Grösse abnehmen. An den bewaldeten Abhängen der Gebirge lassen sich ebenfalls in der Regel bestimmte Regionen nach den herrschenden Vegetationsformen unterscheiden, in der nördlichen, gemässigten Zone eine OD Region der Nadelhölzer, eine untere von Laub- ‚ wäldern. Unter den Tropen an die Regionen in gewissen Hochländern mit solcher Bestimmtheit geschieden und als me der verticalen Wärme- IE abnahme erkannt worden, dass sie von den Einwohnern eine besondere Be- zeichnung erhalten den Beispiele davon dienen zur Erläuterung des Be. Famboldt’schen Satzes, dass in der tropischen Zone die Pflanzen in en RN ‚Sinne ähnlich geordnet sind, wie sie auf den Tiefebenen der ganzen Hemi- SB . sphäre in der Richtung vom Aequator zum Pol nach einander in die Er- ‚ e - scheinung treten. [\ as h Regionen in Abessinien. Br: Kola (0°—5500°): Thäler mit tropischen Vegetationsformen. ri Woina-Deka (5500°—7500°): Coniferen und Weinban. R. Deka (7500’—12000°): Erikenregion. Regionen in Mexiko. Tjerra caliente (0”—3000°): heisse Region mit überwiegend tropischen Familien, Tjerra templada (3000°—6000°): Region immergrüner, mit tropischen Formen gemischter Eichenwälder. Tjerra fria (6000°—12300°): Region der Eichen- und Nadelholzwälder bis zur Baumgrenze. Regionen in Peru. Montaüa (950°— 4700’): tropische Region am Ostabhang der östlichen Kordillere. Sierra (3750°—10200°): gemässigte Region der westlichen und des Westabhangs des östlichen Kordillere. n Ceja (4700°—7500°): Cinchonenregion am Ostabhang der östlichen FR Kordillere. Puna (10200°—13100°): alpine Region der Hochebene zwischen j Sn beiden Kordilleren. n e Aus der Vergleichung solcher landesüblichen Landschaftsbezeichnungen rgie t Aal schon, dass die Eintheilung der Gebirge in Regionen bis zu jr wissen Grade willkürlich ist. Zum Zweck vergleiche Darstellung Ale: N 348 Grisebach. .“. erscheint es am passendsten, von der Stufenfolge der herrschenden Vege- tationsformen auszugehen und den dadurch bestimmten Regionen andere Gliederungen unterzuordnend, die für einzelne Gebirge bezeichnend sind, aber keine allgemeine Bedeutung haben. Nach diesem Grundsatze würden z. B. in Mexiko über der tropischen Region (0’—6000’) die Regionen der reinen Eichenbestände (— 7800’), der Nadelhölzer (—12300°) und die alpine Region bis zur Schneelinie (12300-——13900°) zu unterscheiden sein. In der nörd- lichen Hemisphäre geht dann mit zunehmender Breite von diesen vier Haupt- gliederungen eine nach der andern verloren, zuerst die tropische, im höhern Norden auch die Abstufung der Laub- und Nadelhölzer, bis zuletzt jenseits der arktischen Baumgrenze nur noch die alpine Region übrig bleibt. Eine grössere Schwierigkeit für die Unterscheidung von Regionen ent- steht dadurch, dass sie in gewissen Gebirgsländern, namentlich innerhalb der Tropen, nicht als abgesonderte Formationen von einander geschieden sind, sondern durch Uebergänge allmälig sich verwischen. Dies ist der Fall in den Waldregionen des indischen Monsungebiets, wo einzelne tropische Vege- tationsformen bis zu bedeutenden Höhen im Gebirge ansteigen. Hier kann die zum Ziweck der Darstellung doch nothwendige Eintheilung, wie es auch in den Grenzgebieten natürlicher Floren vorkommt, nicht von den herrschen- den Vegetationsformationen, sondern muss aus der Stufenfolge klimatischer Werthe abgeleitet werden. Nichtsdestoweniger ist es auch hier die Aufgabe des Reisenden, die verticale Anordnung der Vegetation durch Höhenmessungen festzustellen. Denn jede einzelne Pflanzenart hat ihre klimatische Sphäre, ebenso sehr wie jede Vegetationsform. Das Niveau also, welches den phy- siognomisch bedeutenden Gewächsen eine Grenze setzt, kann im Einzelnen be- stimmt werden. Hierbei ist anzurathen, die Messungen der oberen Niveau- grenzen nicht während des Ansteigens, sondern beim Herabsteigen vorzu- nehmen, weil es leichter zu beobachten ist, wann ein Gewächs zuerst dem Blicke bamsamzh als wo es sich verliert. ‚Bei der Einsammlung der Pflanzen, welche.dem Reisenden zur Grund- lage der Darstellung des Vegetationscharakters einer Landschaft dienen sollen, ist die zweckmässige Auswahl das erste Erforderniss. Hierüber lassen sich weiter keine Regeln geben als dass es darauf ankommt, die vorkommenden Vegetationsformen nachzuweisen und diejenigen Arten in die Sammlung auf- zunehmen, von denen die Eigenthümlichkeit der Vegetationsformationen und der Regionen bedingt wird. Gesellige Pflanzen, die, wie die Calluna der baltischen Ebene, oft fast ausschliesslich den Boden bekleiden, stehen in erster Linie; Bäume, die durch ihre Grösse, ihre Teatehillens. ihre Be- laubung oder Formen, die, wie die Succulenten, durch die Gestaltung der Organe sich aznen verdienen vor allen übrigen beachtet zu werden. Aber hier das Geeignete zu wählen, muss dem Geschick des Reisenden überlassen bleiben. Hier kann er sein persönliches Talent zur Geltung bringen, die Natur wie ein Kunstwerk aufzufassen und nachzuweisen, wie sie im Bereich des Zu- lässigen sich mässigt und wie unter theils harmonisch verbundenen theils widersprechenden Bedingungen überall bestimmte Lebensformen in die Er- scheinung treten. Die Herrichtung und Aufbewahrung der Sammlungen erfordert dieselbe Sorgfalt und Umsicht wie jedes grössere Herbarium, welches dem Systematiker zu seinen Untersuchungen genügen soll. Die Exemplare müssen so voll- ständig und in getrocknetem Zustande so gut erhalten sein, dass die Pflanzen- - art sicher erkannt werden kann. Bei variabeln Arten ist auch auf die wichtigsten Abänderungen Rücksicht zu nehmen, nicht bloss wenn dieselben en einander wachsenden Individuen Bu zeigen, an auch in len Fällen, wo sie Wirkungen eines besondern Standorts oder von geänderten klimatischen Einflüssen zu sein scheinen. Um Verwechselungen vorzubeugen, wird jedes Document mit einer Nummer versehen und in doppelten oder Be siöchen Exemplaren aufbewahrt, von denen später das einem Systematiker zur Untersuchung übergebene in deksen Händen bleibt. Den Nummern ent- sprechen sodann die schriftlichen Aufzeichnungen des Reisenden über das "Vorkommen und die pflanzengeographische Bedeutung des Gewächses, so dass diese Notizen durch den systematischen Namen desselben leicht ergänzt R: * werden können. Auch ist der Ordnung und Erhaltung der Exemplare wegen anzurathen, jedes einzelne Gewächs abgesondert zwischen halben Foliobogen von ungeleimtem Papier zu verpacken. I ' Die Orte, wo eine Untersuchung von botanischen Sammlungen aus jedem beliebigen Theile der Erde mit Erfolg vorgenommen werden kann, sind wenig zahlreich. Denn es können nur Städte in Betracht kommen, in deren Museen umfassende Herbarien aus den verschiedensten Florenge- bieten und in hinlänglicher Menge Originalexemplare vorhanden sind, die systematischen Schriften zu Grunde lagen. Nur da, wo solche Hülfsmittel | zu Gebote stehen, wo eben aus diesem Grunde erst in unserm Jahrhundert "die an Umfang und Genauigkeit hervorragenden Quellenwerke über exotische Gewächse grossentheils entstanden sind, findet sich zugleich der literarische Apparat mit seinen kostbaren Kupferwerken in einer zu Arbeiten dieser Art genügenden, aber auch unerlässlichen Vollständigkeit. Die Erfahrung hat - nämlich gelehrt, dass selbst geübte, scharfsichtige Botaniker, wenn sie sich mit. den - eneyklopädischen Werken über das Pflanzenreich behelfen müssen, oft nicht ‚ R% im Stande sind, in Sammlungen aus fremden Ländern neue oder schon be- - schriebene Arten sicher als solche zu erkennen. Hieraus aber entspringt ein grosser Nachtheil für die Pflanzengeographie, wie für die Systematik, indem h» _ das Eigenthümliche nicht unterschieden, das Gleichartige nicht, verbunden wird. Dieser Zustand ist ohne Zweifel nur ein vorübergehender, der aber _ für die gegenwärtige Epoche noch maassgebend ist. Schon haben indessen die | monographischen Bearbeitungen der meisten natürlichen Florengebiete be- gonnen, nach deren Vollendung ein grosser Theil der jetzt bestehenden - Schwierigkeiten, die geoeraphische Verbreitung bestimmter Pflanzenarten fest- zustellen, verschwinden wird. Im Bereich der europäischen Floren ist dieses Ziel schon seit langer Zeit erreicht, europäische Pflanzensammlungen lassen Fi sich an jedem Daten Orte mit wenigen literarischen Biene unter- ” suchen: hier steht dem Fortschritt der Be nicht die Unvollkommen- heit der bereits geleisteten wissenschaftlichen Arbeit, sondern die in der ey _ Natur der Organismen selbst liegende Schwierigkeit Br: Artbegriffs entgegen. :# Um Pflanzensammlungen aus den meisten aussereuropäichen Ländern so be-, arbeitet zu erhalten, wie es für die Zuverlässigkeit pflanzengeographischer _ Darstellungen Er deslieh ist, können gegenwärtig nur folgende Orte namhaft gemacht werden, wo für diesen Zweck zureichende Mittel geboteu sind: London, Paris, Genf, Berlin, Göttingen, München, Wien, Petersburg, Cam- ‚bridge bei Boston. Die Reisenden werden in der Mehrzahl dieser Städte Systematiker finden, die solchen Arbeiten sich zu unterziehen geneigt sind; für gewisse Länder hätten einzelne Museen den Vorzug vor den übrigen, _ und so giebt es auch andere Orte, in deren Sammlungen bestimmte Floren ebenso reich oder noch reicher vertreten sind, z. B. der indische Archipel ' und Japan in Leiden, die Kapflora in Hembusg, Auch braucht nicht erinnert zu werden, dass ‚die Monographen einzelner Pflanzenfamilien, die an diesen » “ Ir AR " a a 2 a Fe FR a Al DE Da Ye x EU OR a EEE IE PN en ae NT ER Pr u * . a. Ws TILL F = A T e N x % 4 350 Grisebach. @ und vielen andern Orten zerstreut leben, als Rathgeber und Mitarbeiter von den Reisenden vorzugsweise anzugehen sind. Die Beobachtungen, die an den Fundorten der ausgewählten Pflanzen während der Reise aufgezeichnet werden müssen, beziehen sich nicht bloss auf ihre Physiognomie und ihr Zusammenleben, sondern vor Allem auf die physischen Bedingungen, von denen ihr Vorkommen bestimmt wird, auf den Boden, worin sie wurzeln und auf die klimatischen Einflüsse, die ihrem natür- lichen Wohngebiet eine Grenze setzen. Bei den Angaben über die Boden- verhältnisse, von denen die Anordnung der Vegetationsformationen abhängig ist, kommt, abgesehen von den Halophyten, die mineralogische Beschaffenheit der Erdkrumen und das unterliegende geognostische Substrat weniger unmittel- bar als dadurch in Betracht, dass die Stetigkeit und Menge des Wasserzu- flusses zu den Wurzeln davon beeinflusst werden. Sodann ist von ihrer Verwitterung und dem Grade ihrer Löslichkeit, sowie von dem Humusgehalt des Bodens die Zufuhr der unorganischen Nährstoffe und damit die Frucht- barkeit der Erdkrumen bedingt. Schon bei diesen Beobachtungen ist es klar, dass es nicht auf eine ausführliche Beschreibung der Bodenverhältnisse ankommt, sondern auf die Berücksichtigung ihrer Beziehungen zu den phy- siologischen Ernährungsbedürfnissen, die bei den verschiedenen Formen der sen ungleicher Art sind. In noch weit höherm Maasse aber ist es er öorderlich, bar der Untersuchung der klimatischen Bedingungen, denen sie unterworfen sind, deren physiologische Wirksamkeit zu Grunde zu legen und unter diesem Gesichtspunkte allein die mannigfachen klimatischen Werthe zu würdieen. Der allgemeine Satz, dass die Vegetation unter dem Einflusse von Wärme, Licht und Feuchtigkeit stehe, erhält erst dadurch seine pflanzen- geographische Bedeutung, dass jedes Gewächs in seiner Entwickelung an eine bestimmte Temperatursphäre gebunden ist, dass es nur beleuchtet seine Nähr- stoffe in organische Techn sen Tarenclelln die zum Wachsthum brauchbar sind, und is es in seiner hldlendn Tekeit still steht oder abstirbt, wenn die mann des Wassers von der al zu den Blättern gehemmt und unterbrochen wird. Früher meinte man den Wärmemaassstab für eine Pflanze schon gefunden zu haben, wenn man die mittlere Temperatur der Orte kannte, wo sie vorkommt. Aber die Vegetation ist nicht von Mittelwerthen, sondern von Extremen der Temperatur abhängig, die nicht überschritten werden dürfen; innerhalb dieser Grenzwerthe beschleunigt oder verlangsamt sich ihre Entwickelung bei verschiedenen Wärmegraden. Ferner ist die Temperatursphäre jeder Pflanze veränderlich und nur für die einzelnen Ent- wickelungsphasen des Keimens, der Belaubung, des Blühens, der Fruchtreife und der Ruhezeit des Samens eine Reihe von bestimmten Werthen. Sinkt die - Wärme unter ein gewisses Maass, so braucht die Organisation noch nicht ab- zusterben, sondern geht in einen Stillstand ihrer Entwickelung, in den Winter- schlaf, über, während dessen grössere Temperaturschwankungen ertragen werden, als in den übrigen Jahreszeiten. Endlich hat sich auch ergeben dass das Pflanzenleben in den Perioden des Steigens und Sinkens der jährlichen Temperaturcurve sich verschieden verhalten kann, dass es nur im ersten Falle aus dem Winterschlafe geweckt wird, unter dem Einfluss nicht höherer, ja vielleicht noch niedrigerer Wärmegrade, als bei denen es in denselben ein- trat oder in einer früheren Zeit darin verharrte. So verwickelt sind demnach die Beziehungen der Temperatur zur Vegetation, dass sie in vollem Umfange zu untersuchen, dem Reisenden Gelegenheit und Musse fehlen würde: er hat daher seine Beobachtungen auf ee ung des Wärmeklimas zu en die etwa enden meteorologischen Tagebücher in mancher Beziehung nicht ausreichend sind. Die Lufttemperatur, die, im beschatteten Raume gemessen, darin verzeichnet wird, ist nicht der alleinige Maassstab dafür, wann die Entwickelungsphasen _ eines Gewächses eintreten. Die Insolation, wodurch die Erwärmung der von ‚der Sonne beleuchteten Pflanzen gesteigert wird, der Schutz gegen extreme Temperaturgrade, den sie andererseits in besonderen Einrichtungen ihrer Organisation oder während ihres Winterschlafs durch die Schneedecke des Bodens erfahren, finden in den meteorologischen Messungen keinen genügen- den Ausdruck und doch ist es die Temperatur nicht ihrer Umgebung, sondern ihrer Gewebe, an deren Maass das Bestehen der Pflanzen geknüpft ist. TE Auf dem eingeschränkten Standpunkte, den der Reisende bei seinen “ _ Untersuchungen über den Einfluss der Temperatur auf das Verkommen der E* Pflanzen einnehmen muss, ist das Studium der Vegetationslinien das _ — wiehtigste.e Darunter werden durch klimatische Einwirkungen bestimmte Grenzlinien der Verbreitung von Pflanzenarten oder von Vegetationsformen grad, über welche hinaus eine bestimmte Pflanze nicht mehr vorkommen kann, weil sie das in dieser Richtung sich ändernde Klima nicht mehr erträgt. Hiermit ist die Frage gegeben, ob einer durch geographische Beobachtungen nachgewiesenen Pflanzengrenze wirklich eine klimatische Bedeutung zukomme. Pflanzen durch andere Ursachen zurückgehalten, sich weiter auszubreiten, durch mechanische Hindernisse, durch das Meer, durch Gebirge oder durch Vesetationsformationen, die sie nicht zu verdrängen vermögen. Wenn eine Pflanze an den Grenzen ihres Wohngebiets verkümmert und in ihrer Ent- wiekelung gehemmt 'erscheint, wenn Bäume daselbst in eine Zwerggestalt oder in Strauchformen übergehen, oder wenn Arten, die dem Reisenden bis dahin häufig begegneten, nun selten werden und nur noch an geschützten, klimatisch begünstigten Oertlichkeiten sporadisch auftreten, dann kann er sicher sein, eine wirkliche Vegetationslinie und nicht bloss eine veränderliche oder mechanische Grenze erkannt zu haben. Jede Beobachtung dieser Art ist von entschiedenem, sowohl pflanzengeographischem als botanischem Werth, weil dadurch nicht bloss die Einsicht in die Gesetze sich erweitert, die dem Zu- sammenhang zwischen Klima und Vegetation zu Grunde liegen, sondern auch zugleich die Natur des Gewächses und seiner Öulturbedingungen er- läutert wird. In anderen Füllen verschwindet eine Pflanze, wo sie ihre geographische Grenze erreicht hat, gleichsam plötzlich und ohne dass Störungen ihrer _ Entwickelung und ihres Fortkommens zu bemerken sind. Auch solche Pflanzen- ‚grenzen können wirkliche Vegetationslinien sein, aber dürfen nur dann als R solche gelten, wenn sie mit hetiklanien klimatischen Linien zusammenfallen. ‚Auch müsste streng genommen dabei nachgewiesen werden können, dass der "klimatische Grenzwerth, der hier überächritten wird, zur Halwiekelund der. Wi Pflanzen und den Bekerhngen ihres Lebens in einer gewissen Bezichnlik sicht Ein Beispiel bietet de Nordwestgrenze der europäischen Weincultur, sie ‚entspricht einer klimatischen Linie, ‘die durch den Grenzwerth von Monats- ” isothermen bestimmt wird, welchen die Reife der Trauben im Spätsommer _ noch eben ertragen kann. Da das Pflanzenleben in den verschiedensten Beziehungen zum Wärme- verstanden. Eine nördliche Vegetationslinie ist beispielsweise ein Breiten- Dieses Problem ist nicht leicht zu lösen: in den meisten Fällen werden die’ klima. steht und selbst in denjenigen Ländern, deren Klima durch vieljährige “ 352 Grisebach. ji x meteorologische Messungen am genauesten erforscht ist, diese Hülfsmittel zur physiologischen Würdigung der Vegetationslinien nicht genügen, so wird dr Reisende selten in der Lage sein, diesen Weg einschlagen zu können, und am wenigsten in der Ebene, wo die klimatischen, Aenderungen so rs einzutreten pflegen. Er muss auch in dieser Beziehung seine Thätigkeit auf einen engeren Kreis von Untersuchungen und namentlich auf solche Fälle einschränken, wo eigene Messungen möglich sind. Hiezu bieten die Regionen und die Niveaumessungen derselben in den Gebirgen ihm die angemessenste Aufgabe. Hier ist der Zusammenhang zwischen Klima und Vegetation am einfachsten und am sichersten nachzuweisen. Wenn der Schnee des Winters bis zum Fusse des Gebirges herabreicht und nun mit der steigenden Wärme allmälig nach aufwärts zurückweicht, bis zuletzt im Sommer auch die alpine Region der Vegetation frei gegeben wird, so verkürzt sich in demselben Verhältniss auch die Entwickelungsperiode nach der Stufenfolge der Niveau- abschnitte. Die abnehmende Grösse der Vegetationsorgane ist demnach die Folge der ungleichen Zeitdauer, deren sie zu ihrem Wachsthum bedürfen. Hieraus ergiebt sich die Wichtigkeit der Beobachtungen über den Zeitpunkt, , i: wann in den einzelnen Regionen die Vegetation erwacht und zu Ende geht. Denn jede Pflanzenart kann nur bis zu einem gewissen Grade ihre Ent- wickelungsperiode verkürzen oder verlängern; sie erwacht aus dem Winter- schlaf erst nachdem der Schnee geschmolzen ist und die Wärme nun anfängt, sich über den Gefrierkunkt zu erheben, und ihr Leben kommt unter dem erneuerten Schneefalle im Herbste zum Stillstand. Die Temperatur des Zeit- raums, der den jährlichen Kreislauf von Bildungen einschliesst, ist der Maass- stab der Niveaugrenze, die es nicht überschreiten kann. Unter den Tropen und in den gemässigten Breiten der Südhemisphäre, wo der Unterschied der thermischen Jahreszeiten geringer ist oder aufhört und die jährlichen Ver- schiebungen der Schneelinie daher unbedeutend werden, vereinfacht sich ie Frage insofern, als nur noch die Abnahme der Jahreswärme bei der Ab- | sonderung der Regionen in Betracht kommt und diese thermischen Factoren sich von dem Reisenden selbst leichter bestimmen lassen. Allein eben us der unbestimmtern Dauer der Entwickelungsperiode erklärt sich, dass hier die Vegetationsformen oft weniger deutlich nach dem Niveau geschieden sind, dass die Bäume zuweilen bis in die Nähe des ewigen Schnees ım Gebirge ee emporsteigen. a In den nördlichen Coltmenten, wo die Kenntniss der Vegetationslinien zuerst begründet und am meliasten fortgeschritten ist, sich aus den bisherigen Untersuchungen, dass auch den aber das Zeitmaass der Entwickelungsperiode, ebenso wie in den Gebirgen, das wichtigste klimatische Moment ist, die Wohngebiete der Pflanzen geographisch abzuschliessen. Wenn daher die Reisenden auch die Ermittelung der bestimmenden klima- tischen Werthe spätern Forschungen und dem Fortschritt der Wissenschaft = meist werden überlassen müssen, so hat doch jede ihrer Beobachtungen über den Zeitpunkt, zu welchem bestimmte Entwickelungsphasen bei den charakte- ristischen Landschaftspflanzen eintreten, einen bleibenden Werth. Sie haben, so oft sich die Gelegenheit darbietet, darauf zu achten, in welchen Monaten die Saftbewegung stockt und wann sie rege ist, um Knospen zu entfalten. Diese Hauptphasen der Vegetation lassen sich fast in allen Klimaten der Erde unterscheiden, sie sind für verschiedene Gewächse desselben Standorts nicht gleichartig, bei den periodisch belaubten Holzgewächsen erkennt man sie am leichtesten, indem ihre Belaubung der anhebenden Bewegung ds Frühlingssafts innerhalb weniger Tage nachfolgt und. die herbstliche Ent- Bei den N renubelanangkn der an oder Vegetationslinien der Gebirge ist eine möglichst grosse Zahl von einzelnen Messungen wünschens- 'werth, um Durchschnittswerthe zu, gewinnen. Wenn auch diese Höhen- _ messungen, vorausgesetzt dass gleichzeitige Beobachtungen an nahe gelegenen Orten in der Ebene zu Gebote stehen, mit dem en am sichersten auszuführen sind, so ist doch schon die Bestimmung des Siedepunkts an den Grenzen der Regionen eine empfehlenswerthe Methode an hochgelegenen ‚Standpunkten. Den grossen Schwankungen gegenüber, welche unter sehr verschiedenartigen een das Nivanı ar Regionen erfährt, ist eine Fehlergrenze von zwei Pilens nicht bedeutend el ill. Die Beziehungen der Feuchtigkeit zur Vegetation müssen ebenso, wie die der Wärme, auf physiologische Grundsätze zurückgeführt werden. Die Ergebnisse meteorologischer Messungen über den Wasserdampf der Atmo- sphäre und über die Regenmenge lassen sich nur selten zur Erläuterung pflanzengeographischer Erscheinungen benutzen. Aber je mehr der Umfang _ der Temperaturvariation nach den Jahreszeiten abnimmt, einen desto grösse- ren Einfluss auf die Grenzen der natürlichen Floren, a die Vegetations- en und auf gewisse Vegetationsformen gewinnt die jährliche Vertheilung ‚und Boch fönbeit der almosphärisehen len insofern davon de _ Wasserzufluss zu den Wurzeln abhängt. Jede Pflanze fordert während ihrer " Entwickelungsperiode eine stetig von den Wurzeln zu den Blättern auf- 4 steigende Wasserströmung, bei verschiedenen Gewächsen ist ‚diese von un- gleicher Intensität. Stillstand der Funetionen ist die Folge vegenloser Jahres- a zeiten. In den meisten Ländern, wo die ea nme gering ist, giebt es Perioden, in denen die ienekalene entweder ganz aufhören Hi Prdoch zur Thätigkeit der Pflanzen nicht genügen; in den ten Step- im Winter durch Kälte ein zwiefacher Stillstand der Entwickelung ein. Eine nach der Jahreszeit verschiedenartig bedingte Periodicität des Pflanzen- stets ihre Aufmerksamkeit zu widmen haben. Bei dem Wechsel feuchter und dürrer Jahreszeiten ist es nicht hin- _ reiehend, die Zeit der Niederschläge und ihre Intensität zu bestimmen, son- E27, dern ich hier muss man zuerst die Zeitpunkte des Erwachens und Auf- bo: Ta 'hörens der Entwickelung bei den verschiedenen Vegetationsformen feststellen. Auf dieser Grundlage ann Ferse ir Verlalinisn, zu (den meteorologischen Thatsachen weiter erforscht werden. Selten sind die dürren Jahreszeiten durchaus regenfrei: in aufsteigenden Luftströmungen, welche eine ungewöhn- liche, örtliche Erhitzung des Bodens veranlasst, können durch die Kälte in den ‚höhern Schichten der Atmosphäre er evolken entstehen, aus denen sie nicht geeignet, den Boden so zu bewässern, dass dadurch eine ge Saftbewesung eingeleitet und unterhalten wird. Die Vertheilung der R gentage ist daher für das Pflanzenleben ein bedeutenderes klimatisches SR Moment, als die Regenmenge, wie sie aus den meteorologischen Messungen o- wird. Eine andere Unsicherheit in der Anwendung derselben auf j eographische Beobachtungen beruht darauf, dass der "stetige Wasser- zu den "Wurzeln in so hohem Kara von der Beschaffenheit des . ‚pen und einigen subtropischen Gebieten tritt im Sommer durch Dürre und lebens ist daher eine der allgemeinsten Erscheinungen, der die Reisenden | Baengürse herabfallen. Aber rasch vorübergehend, wenn auch wasserreich, 34 Grisebach. N Bodens beeinflusst wird, theils von dessen Neigung, indem nicht das ober- flächlich abfliessende, sondern nur das in die Tiefe dringende Wasser den Pflanzen zu Gute kommt, theils von der ungleichen Fähigkeit der Erdkrumen, dasselbe zurückzuhalten. So muss man annehmen, dass die T'heecultur der trockenen Hügel China’s nur deshalb auch in dem feuchten Klima von Assam gedeiht, weil auch hier die starken Niederschläge an den Berggehängen der Himalayathäler mit Leichtigkeit herabfliessen, ohne die Wurzeln des Strauches mit Feuchtigkeit zu überladen. Bei den Untersuchungen über die verschie- dene Art der Bewässerung ist endlich auch zu beachten, wie die Vegetations- formen je nach ihrer Organisation zu deren Mangel oder Ueberfluss sich in weit höherem Maasse ungleich verhalten, als im Grade ihrer Widerstands- fähigkeit gegen die Kälte. Je nachdem sie die Verdunstung zu beschränken im Stande sind, können sie im Wechsel feuchter und dürrer Jahreszeiten ihre Entwickelungsperiode entweder verlängern oder müssen ihre Thätigkeit auf ein kürzeres Zeitmaass einschränken. Und hiebei tritt auch, namentlich in tropischen Klimaten, der Dampfgehalt der atmosphärischen Luft in Wirk- samkeit, durch dessen Maass die Verdunstung der Blätter verlangsamt oder befördert wird. Was die verschiedene Beleuchtung der Pflanzen betrifft, so ist zunächst zu beachten, ob die einzelnen Arten im Schatten wachsen oder der Sonne ausgesetzt sind. Es ist zwar eine offene Frage, ob das diffuse Tageslicht, auf welches die ersteren beschränkt sind, die chemischen Umwandlungen der _ Nährstoffe in jedem Falle ebenso wirksam beeinflusst, wie die directen Son- nenstrahlen, allein durch die zugleich davon bedingten Unterschiede in der Erwärmung des Gewebes und in der Verdunstung der Säfte ist das Vorkom- men der Pflanzen an verschiedenen Standorten schon erklärlich. Nur bei den Schattenpflanzen können die Messungen der Luftwärme mit dem Ther- mometer zum Maassstab ihrer geographischen Verbreitung dienen. Die In- solation, wodurch die unbeschatteten Gewächse erwärmt werden, ist eine Function der geographischen Breite, aber die Instrumente, sie zu messen, sind wenig brauchbar und wegen der ungleichen Bewölkung des Himmels in verschiedenen Klimaten würden sie ohnedies nicht ausreichen, die pflanzen- geographische Bedeutung der directen Sonnenwärme zu erläutern. Wie sehr aber die Art der Beleuchtung auf die Anordnung der Bestandtheile in den Vegetationsformationen einwirkt, erhellt aus der Vergleichung der Wälder in verschiedenen Zonen. Bei der Schilderung des LDandschaftscharakters dürfen daher auch diese Verhältnisse nicht vernachlässigt werden. Eine besondere Aufmerksamkeit muss den Gewächsen gewidmet sein, die Gegenstände der Bodencultur und des Handels sind. Neue Hülfsquellen von nationalökonomischem Werth eröffnen sich, wo das Klima die Einführung ihres Anbaues gestattet, und wenn dieser in den Ländern, die sie bereits erzeugen, sich so weit ausgebreitet hat, als die Natur des Gewächses es zu- lässt, können ihre Vegetationslinien mit grösster Sicherheit erkannt werden. In den Vegetationslinien an den verschiedenen Grenzen ihres Oulturgebiets aber ist zugleich ein umfassender Aufschluss über die physischen Bedin- gungen enthalten, denen sie unterworfen sind. Bei den meisten Gewächsen, die im Grossen gebaut werden, ist die Heimath unbekannt oder lässt sich doch nicht näher angeben. Es wäre indessen in vielfacher Beziehung von Wichtigkeit, die Orte bestimmter kennen zu lernen, von denen ihr Anbau ursprünglich ausgegangen ist. Dies wird dem reisenden Beobachter, der sie ohne Zuthun des Menschen wachsen sieht, dadurch möglich, dass die Be- TE EEE R & TRTBET WISE TA Ar. dingungen Ahen \ Vorkoininens und das Verhältniss der durch die Cultar ent- standenen Spielarten zü der Stammart genau untersucht werden. Es folgen nun noch .einige Andeutungen über einzelne Probleme, welche ‚der Aufmerksamkeit der Reisenden zu empfehlen sind, sowie über die Län- der, deren Vegetationscharakter am wenigsten bekannt ist. Arktische Flora. Wünschenswerth sind Untersuchungen über den Einfluss der Tageslänge auf die Entwickelung der Pflanzen, und zwar so- wohl in Bezug auf die Dauer der Vegetationsperiode einzelner Arten, als ‚auf das Verhältniss der aufgenommenen und abgegebenen Gase im Zeitraum der Beleuchtung und Dunkelheit. Das letztere Problem ist durch die Be- ‚obachtungen der schwedischen Naturforscher in Spitzbergen besönders wichtig geworden, nach denen die Vegetation der Algen auch während des arktischen Br Winters, also bei Entziehung des Lichtreizes, fortdauern soll. — Die be- — — ı deutendste Lücke in der Kenntniss der Verbreitung arktischer Pflanzen ir würde durch Sammlungen in Neu-Sibirien und Wrangels Land ausgefüllt werden. Waldgebiet des östlichen Continents. Im östlichen Asien scheint die Amurflora durch allmälige Uebergänge in die des chinesisch-japanesischen Gebiets überzugehen. Die Vegetationslinien charakteristischer Vegetations- formen in der Mandschurei und im nördlichen China sind hier in ähnlicher Weise festzustellen, wie dies auf Sachalin geschehen ist. Dabei wäre beson- ‚ders zu beachten, in wie weit die grössere Regelmässigkeit der Regenperioden China’s auf die Lage solcher Vegetationslinien von Einfluss ist. Ein ähn- liches Problem bezieht sich auf das gemischte Klima Kamtschatka’s, indem zu untersuchen ist, wie weit kamtschadalische Arten von ‘der Halbinsel in den ‘Continent verbreitet sind. — Die Regionen des Ural bedürfen einer genaueren Feststellung; in Europa fehlt es an einer Untersuchung der Sumpfformationen Lithauens und Polens; die walachischen Karpaten, Rumänien überhaupt und Er - 3 Bulgarien, die Gebirgslandschaften Bosniens in ihrem Verhältniss zu den ‚östlichen Alpen und das Balkansystem mit seinen Verzweigungen gehören zu den am wenigsten erforschten Gebieten. Mittelmeergebiet. Auch hier ist die südosteuropäische Halbinsel am wenigsten bekannt, namentlich die Herzegowina und Albanien, grosse Theile von Macedonien, Thessalien und 'hracien, wo theils die Gebirgs- regionen, theils die Grenzen gegen das Steppengebiet näher festzustellen sind. In Spanien ist Estremadura weniger erforscht, als die übrigen Pro- vinzen, die Vegetation des marokkanischen Atlas nur an einzelnen Stellen "untersucht worden. — In Cyrenaica wäre die Wiederaufindung der Um- -bellifere, welche das Silphium der Alten lieferte, von grosser Wichtigkeit. Steppengebiet. Die Grenze der Steppen mit periodischen Nieder- schlägen und der regenlosen Wüsten ist in Syrien, Arabien und von da bis u: ‚Sind noch nicht genau bekannt, Innerhalb des Gebiets sind die Lücken - unserer Kenntniss in Centralasien am fühlbarsten. In den Hochländern, die - sich vom indischen Himalaya bis Turkestan erstrecken, sind nur die britischen Besitzungen und die Strasse, welche vom Changchemno nach Yarkand führt, botanisch erforscht worden. Auch von der Mongolei, vom Thianschan und der Gobi kennt man die Vegetation nur an vereinzelten Punkten. — In dem östlichen, noch von keinem Reisenden betretenen Theile der central- . asiatischen Hochsteppen, welche an die chinesische Provinz Szetschuan an- i a Se: 23 # 356 Grisebach. grenzen, sind Prshewalski und David. nur zu den äusseren Randgebirgen vor- gedrungen. & Chinesisch-japanisches Gebiet. Vom Festlande ist die Vegetation nur von einigen Küstenpunkten näher bekannt geworden. Die Flora von Peking zeigt nur wenig Aehnlichkeit mit den südlichen Provinzen, die Fest- stellung der Palmengrenze im Innern ist hier die erste Grundlage weiterer R Fortschritte. In Japan wäre die Untersuchung des Innern von Kiusiu be- Be sonders wünschenswerth, welches von der Cultur des Bodens nicht berührt ; zu sein scheint. — Zahlreiche Oultur und Handelspflanzen China’s verdienen eine genauere Beachtung, theils in systematischer Beziehung, theils um aus ihrer Vegetationsperiode auf die klimatischen Bedingungen der dortigen Bodencultur zu schliessen, die in den verschiedenen Provinzen ungleich zu sein scheinen. Indisches Monsungebiet. Die Formationen beider indischer Halb- inseln bedürfen, wie die der meisten T’ropenländer, eingehenderer Darstellungen, als sie die Literatur bis jetzt aufweist. Vom Himalaya sind die östlichen Gliederungen über Assam hinaus unbekannt, die malayische Flora ist wenig bearbeitet. — Im indischen Archipel gehört zu den wichtigsten Problemen, ob die Linie tiefen Seegrundes durch die Macassarstrasse zwischen Borneo und Celebes und im Norden zwischen den Molukken und Philippinen, im Süden zwischen Bali und Lombot auf die Verbreitung der Pflanzen einen bestimmten Einfluss geäussert hat, wie dies bei den Thieren der Fall ist. Dazu würde eine viel umfassendere Kenntniss der Flora des Archipels und namentlich von den. beiden grössten Inseln, von Borneo und Neu-Guinea, ge- hören, als die auf wenige Küstenpunkte eingeschränkt gebliebene Untersuchung ' bis jetzt geleistet hat. Auch das Verhältniss des indischen Archipels und besonders von Neu-Guinea zur Flora des tropischen Australien bietet ein | grosses, allgemeines Interesse dar und erfordert zu seiner Erläuterung eine genauere Kenntniss der durch die herrschenden Winde bestimmten Regen- RT zeiten. — Die Sammlungen von den Philippinen und den pacifischen Archi- pelen der Carolinen , und Marianen bis über die Gesellschaftsinseln hinaus sind ebenfalls unvollständig. Sie scheinen zwar sämmtlich zum Verbreitung bezirk der indischen Flora zu gehören, aber es müsste untersucht werden ob nicht auf diesen Inseln noch manche endemische Centren anzunehmen sind. Sahara. Reisende, welche zu dem Erhebungssystem des Ahaggar vor dringen, müssen ihr Augenmerk auf die Vergleichung der dortigen Vegeta- tion mit der des Atlas richten. — Die in der algerischen Sahara beobac- teten Wüstenpflanzen sind von denen der egyptisch-arabischen Flora vielfach abweichend: Sammlungen aus Fezzan und aus der libyschen Sahara sind da- her besonders wünschenswerth. Re Sudan. Bei dem Fortschritt der geographischen Entdeckungen im he aequatorialen Afrika möchte die wichtigste Aufgabe sein, nachzuweisen, unter- fs welchen Meridianen der Uebergang von den Savanen des Nilgebiets zu der viel reichern Flora der feuchteren Wälder am Gaboon und Congo stattfindet und ob in den südlichen Breiten sich ein ähnliches Verhältniss zwischen Mozambique und Benguela geltend macht. — Die Verbindung der Gebirgs- floren von Abessinien und vom ÜÖameroon kann nur durch die zwischen- liegenden Hochländer und durch die fortgesetzte Untersuchung der Schnee- berge an der Zanzibarküste aufgeklärt werden. — Schilderungen der For- mationen, wie sie Schweinfurth gegeben hat, fehlen fast für alle, ausserhalb des Nilgebiets gelegenen Landschaften des tropischen Afrika’s. Kalahari. Die Flora ist grösstentheils unbekannt, das geographische: Kr Pflanzengeographie. " ältniss zur re von Natal näher eastallen — Klimatische weis ıngen über die Bedingungen, unter denen die re Welwitschia irt,. ‚sind wünschenswerth., ie) Kapland. Die Regionen in den Gebirgen von Kaffrarien und die er Grenzen der Capflora En die von Natal Send festzustellen. RN in Eicher Weise fortzuführen. Am wenigsten sind En Ausnahme von Queensland die tropischen Breiten bekannt und die Vergleichung der gegen- Y _ überliesenden Küsten an der Torresstrasse, sowie das Verhältniss von Nord- ) A nstralien zu Timor besonders beachtenswerth. SR Nordamerikanisches Waldgebiet. Im Norden fehlt es an Dar. "ab stellungen der Formationen von Newfoundland und Labrador. Die Regionen \ in den Alleshanies und in einem grossen Theil der Rocky Mountains sind genauer festzustellen. In den südlichen Staaten und besonders in Florida bedürfen die Formationen- einer vergleichenden Schilderung. An der West- 7 —— — küste sind die Regionen ebenfalls nach ihrer Gliederung und ihren Höhen- grenzen zu bestimmen. Prairiengebiet. Die natürlichen Vegetationsgrenzen gegen Mexico sind sehr unvollständige bekannt, ebenso auf der californischen Halbinsel gegen das Gebiet der aan Flora. Die Regionen der Gebirge, soweit sie bewaldet sind, namentlich ihre Gliederung an beiden Abhängen ‚der Sierra Nevada, nn von der pacifischen en ausgehend leicht festzusteller sein. Kalifornien. Ueber die Formationen und Regionen sind wir noch wenig unterrichtet. Ueber die Verbreitungsweise einiger mit Chile gemein- samer Arten wären Untersuchungen wünschenswerth, welche sich auf die Zugvögel und auf den Schifsyerkehr beziehen. x Mexico. Die Flora ist nur fragmentarisch bearbeitet, was in gleichem Maasse auch vom tropischen Sudamerika eilt. Die are gegen die Flora ' des Isthmus von Panama sind nur unvollständig angedeutet, am wenigsten weiss man von Yucatan. Die Regionen der westlichen Cordillere sind mit denen der Ostküste und des innern Mexico’s zu vergleichen. — Ueber manche Droguen und andere vegetabilische Handelsproducte aus Mexico und den “übrigen Gebieten des tropischen Amerika’s sind Nachweisungen des Ursprungs wünschenswerth. R Westindien. Eine umfassende Untersuchung der Bahama’s würde für viele, allgemeinere Probleme der Pflanzengeographie von grossem Interesse sein. Auf den grossen Antillen sind nur in Jamaica die een und - Regionen genügend erläutert worden, auf den übrigen Inseln Westindiens ist, wie auf Cuba, die Systematik der einheimischen Pflanzen besser bekamt, als ihre Anordnung, von Haiti und Portorico sind auch die Sammlungen | ückenhaft und grossentheils unbearbeitet. KEN fi. Tropische Florengebiete Südamerika’s. Die am wenigten + ınnten Landschaften sind: die Westküste von Panama bis zur Bi von oc0, sowie weiter hin bis Tumbaz, und in diesen Breiten auch die west- NR Kordillern der Anden, sidwärik vom Aequator die östliche Crdleree ihrer ‚Abdachung zum brasiliänischeni Tieflande, ein grosser Theil der ldgebiete des Orinoko und der beiderseitigen Zuflüsse des Amazonas, die Ku w eigungen der Anden nach Venezuela, die Gebirge an den Grenzen. uiana und Brasilien, der grössere Theil der Serra do Mar, das Strom- . S uay und weite Strecken im Innern von Peru und u .t 358 Grisebach. ; ge Pampasgebiet. Die Grenzen der argentinischen zur brasilianischen Flora sind wenig genau festgestellt. Die Pampas und patagonischen Steppen bis zur Magellanstrasse und die afrikanische Kalahari sind überhaupt die. am wenigsten bekannten Vegetationsgebiete der südlichen. gemässigten Zone. Durch die Forschungen des Botanikers Lorentz in Tucuman, Catamarca. und bis zum Wendekreise am östlichen Fusse der Anden werden einige der am meisten fühlbaren Lücken in der Kenntniss der dortigen Flora beseitigt. werden. Chile. Die Regionen der chilenischen Anden sind nur unter einzelnen Breitengraden untersucht worden: am wichtigsten wäre eine Erforschung der- selben in Araucanien, weil hier die Schneelinie südwärts rasch in ein tiefes ‘ Niveau herabsınkt. Oceanische Inseln. In der Reihe derjenigen Inseln, welche durch ihren Endemismus sich auszeichnen und von den Floren der Continente wenig entlehnt haben, sind Madagaskar und Neucaledonien noch immer am wenig- sten bekannt: die Anordnung der Vegetation haben die Reisenden daselbst wenig beachtet und ihre Sammlungen sind nur unvollständig bearbeitet wor- den. — Von abgelegenen Inseln sind unerforscht und wären von besonderem Interesse: im atlantischen Meere Martin Vaz nebst Trinidad und Fernando Noronha; in der Südsee Masafuera, S. Felix und S. Ambrosius, Oster- insel, Pitcairn, Bounty und Antipodeninsel, Macquaries; im indischen Meere Keeline (Cocosinsel), Rodriguez, Amirantes und Comoros. geographische Verbreitung der Seegräser. Von | 4 - P. Ascherson. Unter dem Ausdruck Seegräser sind hier diejenigen blüthentragenden 'Gewächse (Phanerogamen) verstanden, welche ihre Lebensvorrichtungen ganz oder doch grösstentheils untergetaucht im Meerwasser vollziehen und nur in diesem Medium vollziehen können. Obwohl zwei verschiedener, allerdings im Systeme sich nahe stehenden (monokotylen) Familien, den Potameen und Hydrocharitaceen angehörig, sind doch diese Gewächse ihren gemeinsamen Lebensbedineungen in so ähnlicher Weise angepasst, dass mehrfach Ver- wechselungen zwischen zu verschiedenen Familien gehörigen Arten vor- korameh, sind. Die grosse Mehrzahl besitzt schmale, grasartige, ungestielt auf meist langen Scheiden stehende Blätter, wie unser bekanntes ee päisches Matratzenseegras (Zostera marina L.), dem auch die meisten See- gräser durch ihren mit verlängerten Gliedern kriechenden Wurzelstock glei- chen, vermöge dessen sie oft weite Strecken des Meeresbodens ee überziehen. Eine Ausnahme machen nur die Arten der Gattungen Posidonia und Phyllospadix; bei der Posid. oceanica Del. des Mittelmeeres erscheinen die massigen, rasenähnlichen Verzweigungen des Rhizoms besonders geeignet, die Pflanze auch auf steinigem Grunde festzuhalten. Von der grasähnlichen . _ Blattbildung weichen nur la: isoätifolia Aschs. und C manatorum Aschs. durch ihre stielrunden binsenähnlichen, sowie die Halophila- -Arten _ dureh ihre breiten, rundlich eiförmigen oder länglichen, meist in einen Stiel verschmälerten Blätter ab. Ich habe diese Gewächse seit 1867 mit beson- ‚derer Aufmerksamkeit verfolgt und nicht nur die in den grösseren Samm- lungen aufbewahrten Exemplare verglichen, sondern durch das freundliche sher zugekommene Material sowohl in geographischer als in systematischer insicht auch manche Lücken; da indess die Zahl der hierher gehörigen tewächse eine verhältnissmässig beschränkte ist, so dürften dieselben in hsen zuwendet, ausgefüllt werden können. Ich bemerke übrigens, Entgesenkommen zahlreicher Freunde und Gönner von den verschiedensten ?: Punkten des Erdballs wichtige Beiträge erhalten. Dennoch bietet das mir langer Zeit, falls die Aufmerksamkeit der Seereisenden sich allge- BR ‚esen eeinbiren, aber für den Haushalt der Natur nicht unwich- 360 Ascherson. dass das Präpariren dieser Gegenstände a Sa lehche Schwierigkeiten - hat. Gestattet es die Gelegenheit nicht, sie wie andere Pflanzen ee Löschpapier zu pressen es alle me trocknen sie wegen ihres Salzgehaltes etwas langsam), so sind auch an der Luft getrocknete Exemplare recht brauchbar. Blüthen und Früchte sind womöglich, mit einzelnen Blatt- und Stengelproben, in Weingeist aufzubewahren; namentlich ist es erwünscht, die Spitzen der lachen Stengel mit jungen Blättern auf diese Art zu conserviren. Mit Ausnahme der arktischen (und vermuthlich antarktischen) Gewässer dürfte keine Erdeegend der Seegräser entbehren. Da sie meist nur in ver- hältnissmässig seichtem Meere, etwa bis zu einer Tiefe von 10 m. vorkom- men*), so sind sie nur in der Nähe von Land zu erwarten, sie finden sich nicht nur an den Küsten der Continente und grossen Inseln, sondern selbst bei so kleinen oceanischen Inseln wie die Bermudas-Gruppe, von wo Dr. Rein Cymodocea manatorum mittheilte. Die meisten Arten ziehen, wie bemerkt, schlammigen und sandigen Grund vor; innerhalb der Tropen bietet Korallen- sand eine besonders günstige Unterlage; doch dürften vielleicht ausser der erwähnten Posidonia oceanica auch einige andere Arten Steingrund nicht. verschmähen. Manche Arten treten mit Vorliebe in die brackischen Küsten- sewässer, Flussmündungen, Lagunen etc. ein, wo jedenfalls nicht der geringere Salzgehalt des Wassers, dessen Fehlen selbstverständlich keine Seegrasart erträgt, sondern der Schutz vor Brandung und der schlammige Grund ihr Gedeihen beeünstigen. An solchen Stellen, wie auch in seichten Meeres- buchten, werden die Seegrasbänke öfter zur Ebbezeit halb entblösst und sind dann besonders geeignet, das reiche Vorkommen dieser Gewächse, bei denen, wie bei anderen gesellisen Pflanzengruppen die Anzahl der Individuen die geringe Zahl der Gattungen und Arten mehr als aufwiegt, zur Anschauung zu bringen, wie dies z. B. jeder Besucher Venedigs gesehen haben wird. Es ist bemerkenswerth, dass die Seegräser, selbst ar de heissen Tropensonne, an solchen Stellen stundenlange Entblössung ohne Schaden ertragen, wie dies z. B. Motley an der Küste von anne von. Einhalus acoreides Deo achtete; selbst ir Meeren ohne merkliche Gezeiten sah ich die nämliche Er- scheinung durch den unter dem Einfluss des Windes wechselnden Wasser- stand bedingt, wie an den Zostera nana Rth. in der Kieler Bucht. Diese biologischen Beobachtungen wären namentlich für die exotischen Arten zu, ren Eine besondere Aufmerksamkeit verdient auch der Bestäubungsprocess, welcher bei der grossen Mehrzahl der hierher gehörigen Gewächse, nämlich bei allen Potameen, durch das ungewöhnliche Medium des Wassers vermioı 5 wird. Dem angepasst besitzt der Pollen nicht die gewöhnliche Kugelgestalt, sondern stellt langgestreckte, cylindrische Sarah dar, die bei Halopide sogar, wie ein een, durch Querwände gegliedert sind; diese Schläuche werden von den nass fadenförmigen Griffelästen nn und steigen längs denselben in die F'rruchtknotenhöhle hinab. Abweichend hier- von gestaltet sich die Bestäubung bei den marinen Hydrocharitaceen, wenig- stens ist für Enhalus eine der verwandten Süsswassergattung Vallisneria vollkommen entsprechende Bestäubung festgestellt, die männlichen Blüthen reissen sich von ihren kurzgestielten Blüthenständen los und schwimmen an *) Posidonia oceanica wurde von Lorenz im Quarnero noch ın der fünften Tiefen- region (15—35 Faden, also ca. 30—50 m. tief) beobachtet. (Physik. Verhältnisse und Vertheil. der Organismen im Quarn. Golfe. Wien 1863, S. 249:) a Wa wo sie. der Aue en a ® | handen: weiblichen begegnen. Für Thalassia macht. die Sraare stalt des Pollens ebenfalls eine. Bestäubung über oder an der Ober- he des Wassers wahrscheinlich. Ich will nun zunüchst die Seegräser in systematischer Reihenfolge auf- en und die mir über ihre Verbreitung bekannten Thatsachen anführen, Di alsdann die Seegrasfloren der einzelnen Aptkeilungen des Weltmeers auf- stellen und mit den daraus sich ergebenden ae een Folge- _ rungen schliessen. \* I, Hydrocharitaceae L. C. Rich. DR; 1. Enhaälus L. C. Rich. 1. E. acoroides (L. fil.) Steud. (Linnaea. Neue Folge I.Bd. S.158 *)). In Diese Pflanze charakterisirt sich durch ihren robusten Wuchs, die breiten ' Blätter, welche nach ihrer Zerstörung zwei lange, glänzend schwarze Fäden - «die Gefässbündel der Randnerven) hinterlassen und besonders durch den \ eigenthümlichen Bau ihrer zweihäusigen Blüthen, deren sonderbares biolo- I RN 'gisches Verhalten oben angedeutet wurde. Die männlichen sind sehr klein _ and zahlreich, aus der chen. ziemlich grossen weiblichen bildet sich eine wallnussgrosse, mit kammförmigen Schuppen besetzte Frucht, welche durch den spiralig sich wieder einrollenden Blüthenstiel, den Bahr Rumph naiv mit einem Schweineschwanz — varkenstaart — vergleicht, wieder unter Bi Wasser gezogen wird. Enhalus findet sich im ns an, und zwar ar sonders häufie im Indischen Archipel, wo ihre Grenzen nach Norden und Osten noch: zu erforschen sind; die äussersten mir bekannten Punkte sind En Cap York in Queensland und Bahtan auf Borneo; ferner sah ich sie auch _ von Ceylon und aus dem Rothen Meere von Assab im Schchoslande und | r Djambo. - ER | 2. Thalassia Solander (Königs) aR De Gattung unterscheidet sich von Enhalus durch die einblüthgen männlichen Blüthenstände, welche, wie die weiblichen, kurz gestielt sind; Ei: RL. Frucht zerreist, wenigstens bei T. Hemprichi, in zahlreiche schmale, sich sternförmig snratände Klappen. Die beiden in der Tracht kaum zu 3) rncheidenden Thalassia-Arten haben kürzere und meist breitere Blätter . - als unsere Zostera marina, sind aber weit kleiner und zarter als Enhalus. 2, T. testudinum Solander (König). (Linnaea a. a. O. S. 159.) Ist % 'Südspitze von Florida; wie weit nach Süden. sie vorkommt, bleibt festzu-. stellen. Die reife Frucht dieser Art ist noch nicht bekannt. “ ' =; T. Hemprichii (Ehrb.) Aschs. (Schizotheca Hemprichii Ehrb, Ln- a. a. 0. S. 159.) Findet sich im Indischen und Stillen Ocean inner- Ei Tropen. Im ersteren kennt man sie im Rothen Meere von Zan- von den Küsten von Ceylon, im Indischen Archipel von Java, eo, Mindanao, im letzteren vom Lieu-Kieu-Archipel und von a he eitirten Stellen habe ich mich über die technisch- Bela Merkmale chte g: ‚betr. Arten Aka verbreitet. 362 'Ascherson. II. Potameae Juss. em. 3. Cymodocea König. Diese Gattung zeigt eine unter den Seegräsern ungewöhnliche Mannich- faltigkeit im äusseren Ansehen der Arten, welche indess, soweit bisher be- kannt, in den‘ wesentlichen Gattungsmerkmalen übereinstimmen. Bei allen Arten sind die Blüthen zweihäusig. Die männlichen bestehen aus zwei ver- hältnissmässig sehr grossen, der Länge nach mit einander verwachsenen Staubbeuteln, die weiblichen aus zwei nebeneinander stehenden Fruchtknoten, deren jeder zwei bandförmige, yerlängerte Griffeläste trägt. Die Merkmale im äusseren Ansehen, mit denen auch solche des inneren Baues Hand in Hand gehen, geben Veranlassung, diese Gattung in drei Untergattungen zu trennen, welche sich auch, wie wir später sehen werden, in geographischer Hinsicht fast wie die übrigen Gattungen verhalten. a. Untergatt. Phycagrostis (Willd.). Stengeltheile krautartig, weich, getrocknet einschrumpfend; Blüthen ein- zeln, die männlichen lang gestielt, weit aus den Scheiden der sie umgebenden Laubblüthen hervorragend; die weiblichen dagegen von diesen Scheiden ein- geschlossen, nur mit den Griffelästen hervorragend. Die Früchte sind daher im Boden vergraben und werden fast nie an’s Ufer geworfen wie die Rhi- zome und Blätter. 4. C. nodosa (Uceria) Aschs. (Naturf. Freunde in Berlin, Febr. 1869; C. aequorea Kön., Linnaea a. a. O. S. 161). Diese zierliche Seegrasart steht in der Grösse etwa zwischen den beiden europäischen Zosteraarten in der Mitte, von denen sie sich indess durch die gezähnelten Blätter, sowie die lange ausdauernden, stellenweise durch dichtstehende Blattnarben geringelte Rhizomverzweigungen leicht unterscheidet; frisch ist sie durch die schön purpurrothe Farbe der letzteren besonders gekennzeichnet. Ihr Verbreitungs- gebiet umfasst hauptsächlich das Mittelländische Meer, an dessen Nord- und Südküste wie um die Inseln sie an geeigneten Stellen überall zu finden ist. Ob sie in das schwarze Meer eindringt, ist bisher nicht festgestellt; dagegen ist sie ausserhalb der Strasse von Gibraltar an der spanischen Küste bei Cadix, an den Ufern der Canarischen Inseln und an der Westküste Afrikas noch bei Joal in Senegambien beobachtet worden. 5. ©. rotundata (Ehrb. u. Hempr.) Asch». u. Se (Naturf. Freunde in Berlin, Dec. 1870). Der vorigen sehr ähnlich, aber robuster, die Blätter kürzer, breiter, mit zahlreicheren Negm: die langen sich in unregel- mässigen Fetzen ablösend, während sie bei C. nodosa meist auf einmal ab- fallen; die bisher noch unbekannten Blüthen dürften wohl noch schlagendere Unterschiede ergeben. Bisher nur im Rothen Meere an verschiedenen Punkten von Tor im Norden bis Assab im Süden beobachtet, ohne Zweifel aber im Indischen Ocean weiter verbreitet. 6. ©. serrulata (R. Br.) Aschs. u. Magnus (Naturf. Freunde in Berlin,. Dec. 1870). Diese sehr robuste und kräftige Pflanze hat noch breitere, kürzere Blätter als die vorige und unterscheidet sich besonders auffällig durch die Kürze der Blattscheiden; die männliche Blüthe und die jedenfalls ziem- lich grosse Frucht sind noch unbekannt. Sie gehört dem Indischen und Stillen Ocean an; man kennt sie bis jetzt aus dem Rothen Meere (Kosser,, Suakin), von den Küsten der Ostafrikanischen Inseln (Nossi-Beh), aus dem Bengalischen Meerbusen an der Küste Coromandel, aus der Strasse. von Siepore: von der Süd- und Ostküste N un arge uud von Neu- Di yputen Ei b. Untergatt. Amphibolis (Agardh). Stengeltheile holzartig hart, die aufrechten Triebe gewöhnlich sehr ver- längert und fast baumartig Vera eieh, während bei Phycagrostis wie bei den meisten Seegräsern die Blattbüschel unmittelbar über der kriechenden Grund- achse auf ganz kurzen Stengeltheilen stehen, Blätter flach, Blüthenstand wie bei Phycagrostis. 7. C. ciliata (Forsk) Ehrenb. Linnaea a. a O. S. 762, Naturf. Freunde in Berlin, Dec. 1870. Der C. serrulata im Ansehen so ähnlich, dass ich sie früher selbst nicht unterschieden habe; ausser den harten ver- längerten aufrechten Stengeltheilen unterscheidet sie sich von dieser auch dadurch, dass die Blattnarben bei ihr (wie bei den meisten Seegräsern) ge- schlossene Ringe bilden, während sie bei C. serrulata an einer Seite mehr oder weniger weit geöffnet sind. Die Blattzähne treten (wie auch bei C. serrulata) am stärksten unter allen bekannten Seegräsern hervor. Man kennt diese Art, deren männliche Blüthen und Früchte noch unbekannt sind, nahezu aus demselben Gebiete wie C. serrulata, in deren Gesellschaft sie mitunter zu wachsen scheint; im Indischen Ocean ist sie im Rothen Meere sehr häufig, ebenso an der Ostküste von Afrika (Rowuma Bai, Mündung des Luabo) und im Östafrikanischen Archipel (Mayotte, Nossi-Beh, R£&union); aus dem Stillen Ocean sah ich sie bisher nur von der tropischen Ostküste Neuhol- lands (Cap York, Port Denison). 8. C. antarctica (Labill.) Endl. (Amphibolis antarctica Aschs. u. Sond. Linnaea a. a. O. S. 164). Kleiner und zarter als die vorige, unter allen Seegräsern durch die an der Spitze halbmondförmig ausgeschnittenen, sonst ganzrandigen, kurzen und verhältnissmässig breiten Blätter ausgezeichnet. E Die Keimpflanzen (deren erste Laubblätter an der Spitze abgerundet sind) sind am Grunde mit einem eigenthümlichen, kammförmie zerschlitzten Becher B umgeben. Diese merkwürdige Art ist nur von der West-, Süd- und Ost- — — — küste Neuhollands, sowie von Tasmania bekannt; den Wendekreis scheint sie nach Norden nicht zu überschreiten. c. Untergatt. Phycoschoenus Aschs. Blätter stielrund, binsenähnlich; Blüthen zahlreich auf eigenen Zweigen, von kleinen (Hoch-)Blättern umhüllt. 9. C. manatorum Aschs. (Naturf. Freunde in Berlin, Jun. u. Oct. 1868). Unter diesem Namen habe ich das vom alten Sloane in seiner klassischen Beschreibung Jamaika’s schon sehr treffend gekennzeichnete Mannittee-grass _ der neueren Systematik einverleibt. Die Blüthen sind kleiner als bei ©. no- dosa, jedoch viel grösser als bei der folgenden Art; die Blätter sind lang und verhältnissmässig dünn. Man kennt diese Art, deren reife Früchte noch _ nicht vorliegen, aus dem Atlantischen Ocean auf der amerikanischen Seite, STERN _ und zwar von den westindischen Inseln (Martinique, St. Thomas, Haiti, a Cuba), von Key West an der Südspitze Florida’s und von den En 10. C. isoetifolia Aschs. (Linnaea a. a. O. S. 163). Blätter kürzer und erhältnissmässig dicker als bei der vorigen, beim Trocknen ihre graugrüne. . Farbe 'beibehaltend, während sie bei C. manatorum, wie bei den meisten See- _ gräsern, sich schwärzen. Diese Art bewohnt den Indischen und Stillen Ocean; ieh sah sie aus dem Rothen Meere, wo sie häufig und tonangebend auftritt, \ von Nossi-Beh, von den Küsten von Ceylon zu Vorderindien und von Neu- ne aleelonien. und den Viti-Inseln. . 364 Ascherson. 4. Halodule Endl. Diese der vorigen sehr nahe stehende Gattung gleicht im Aussehen deren Section Phycagrostis; indess unterscheiden sich die männlichen Blüthen dadurch, dass die beiden Staubbeutel nicht genau nebeneinander stehen, son- dern der eine etwas höher als der andere, die weiblichen dagegen dadurch, dass jeder Fruchtknoten nur einen Griffel trägt. Die schmalen Blätter, welche unserer, Zostera nana gleichkommen, haben an der Spitze zwei oder drei stark hervortretende Zähne, sind aber sonst ganzrandig. 11. H. Wrightii Aschs. (Naturf. Freunde in Berlin, Juni u. Oct. 1868). Findet sich im tropischen Atlantischen Ocean und. zwar im Antillen-Meere (St. Thomas, Haiti, Cuba, Key-West); ich glaube bisher auch eine von dem verstorbenen, hochverdienten Welwitsch an der Küste Nieder-Guineas bei Loanda und Ambriz nur unfruchtbar gesammelte Pflanze vorläufig rechnen zu dürfen. 12. H. australis Miqg. (Linnaea a. a. O. S. 163). Staubbeutel viel kleiner als an der vorigen Art; weitere Beobachtungen müssen lehren, ob ein merkwürdiges an den bisher vorliegenden Exemplaren beobachtetes Verhält- niss beider Geschlechter beständig ist; bei dieser Art ist nämlich die männ- liche Pflanze weit zarter und schmächtiger als die weibliche, während es bei H.- Wrightii umgekehrt ist. Die Frucht der H. australis ist noch unbekannt. Sie findet sich im Indischen und Stillen Ocean, und zwar im Rothen Meere (tonangebend) an den Küsten der Ostafrikanischen Inseln (Madagascar, Nossi-Beh), Vorderindiens, des Indischen Archipels (Sumbaua, Flores), dr Marianen, Viti-Inseln und Neu-Caledoniens. 5. Aostera L, Der eigenthümliche Blüthenstand macht, wenn vorhanden, die Arten dieser Gattung, der einzigen in unseren nordeuropäischen Meeren vertre- tenen, leicht kenntlich. Eine flachgedrückte Stengelspitze („Kolben“) trägt nur auf einer Seite die aus einem Staubbeutel (mit 2 getrennten Hälften) und einem daneben stehenden Fruchtknoten (mit 2 bandförmigen Griffelästen) bestehenden Blüthen derart über einander, dass in den beiden senkrechten Zeilen ‘Staubbeutel und Fruchtknoten meist regelmässig abwechseln. Dieser Kolben ist völlig in die Scheide des obersten Blattes (Hüllblatt) ein- geschlossen, aus dessen Scheidenspalte nur die Narben hervorragen. 13. Z. marina L. (Linnaea a. a. O. S. 165). Unser allbekanntes Ma- tratzenseegras findet sich keineswegs, wie frühere Botaniker annahmen, in allen Meeren, ist vielmehr nahezu auf die nördliche gemässigte Zone be- schränkt. Im Atlantischen Ocean findet es sich an der Ostküste von Nord- amerika; ob es wirklich nach Süden bis West-Florida reicht also in den mexicanischen Golf eintritt, oder die dahin lautende Angabe Chapman’s auf Verwechselung mit einer der westindischen Arten, z.B. Thalassia testudinum, welche nach dem Grafen Pourtales auf Key West mit dem sonst unserer Zostera zukommenden Namen eel-grass bezeichnet wird, beruht, ist noch weiter festzustellen; nördlich reicht es bis Island und Westgrönland, wo sie indess den Polarkreis nicht zu erreichen scheint; an der Küste Ostgrönlands suchte es Dr. Pansch, der sich mit diesen Gewächsen mit besonderer Vor- liebe beschäftigt hat, vergeblich; in den Europäischen Gewässern an der Nordküste des Mittelmeers (ich sah Exemplare von den Ufern Spaniens, chs, I aliens (auch wi von Mena Teen) Dilmaten di 6 | nasiens (Smyrna), auch von der Nord- und Südküste des Del warlen x ' aber nicht von Syrien, Nordafrika, Sardinien und Corsica), ausser- der . Strasse von Gibraltar an den Küsten der Iberischen Halbinsel, NN En hie. nach Na En und unfruchtbar bleibe. Doch ist es Bi. a dem neuerdings festgestellten weiten Vordringen des Golfstromes nach Nord- _ osten nicht lu Nahe dass das von Kapitän Johannessen an der " Weissen Insel im Karischen a: beobachtete ‚Seegras“*) wirklich Zostera ist. Ausserdem findet sich unsere Zostera marina noch im nördlichen Stillen Ocean an den Küsten der Mandschurei, Japans und der Aleuten (Unalauhka). i | 14. Z. nana Rth. (Linnaea a. a. O. S. 166). Die zarteste und schmal- blättrigste aller Zostera-Arten. Sie hat, soviel bisher bekannt, drei getrennte Verbreitungsbezirke: 1. Im nördlichen Atlantischen Ocean, wo ihre Verbrei- ‚tung weiter nach Süden, aber nicht so weit nach Norden reicht als die der De marina L. Sie ist von der Amerikanischen Küste nicht bekannt, dagegen an den Canarischen Inseln, an allen Küsten des Mittelmeeres und seiner Inseln, des Schwarzen und Kaspischen Meeres, an den Küsten der Iberischen Halbinsel, Frankreichs, Irlands (Dublin) und Grossbritanniens (doch ist .es ; Bei, ob diese Art die nördlichsten Küstenpunkte Schottlands erreicht; an der Westküste kennt man sie bisher nur bis zur Grafschaft Argyll En - an der Ostküste bis Forfar), an der Niederländischen und Deutschen Nord- ‚und Ostseeküste bis Heilisenhafen; von der Mecklenburgischen und Pommer- schen Küste sah ich sie nicht, wohl aber ein Exemplar aus der Danziger “Bucht. In den Dänischen Gewässern kennt man sie nördlich bis zum Lim- fjord, an der Küste der Skandinavischen Halbinsel, so viel mir bekannt, nur im Kattegat am Ufer von Bohuslän und Halland, aber nirgends in Nor- wegen. 2. Im nördlichen Stillen Ocean, bisher nur an der Japanischen Küste bei Kanagawa gesammelt. 3. In den Südafrikanischen Gewässern: Am Vorgebirge der Guten Hoffnung, in der Natal Bay und an der Insel Nossi-Beh (die Pflanze aus 2. u. 3. bisher nur unfruchtbar gesammelt, aber von der Europäischen durch kein Merkmal unterschieden). 15. Z. Muelleri Irmisch (Linnaea a. a. ©. S. 168). Der vorigen sehr ähnlich, indess robuster, die Blätter an der Spitze breit ausgerundet (bei Z. nana nur mit einem kleinen Einschnitt). Beobachtet an der Süd- und Ost- küste Neuhollands (nördlich bis Moreton Bay), sowie an der Küste Tasma- niens; hierher glaube ich vorläufig auch eine von dem verdienstvollen Prof, Philippi an der Küste Chile’s bei on nur unfruchtbar gesammelte 16. Z. tasmanica @. v. Martens (Linnaea a. a. O. S. 168). , Vondn ei anderen Arten auffällig durch die Hüllblätter verschieden, deren Blatt che viel breiter ist als die der übrigen Laubblätter und deren bauchige scheiden der Pflanze ein sehr eigenthümliches Aussehen geben. Ich kenne bisher nur von Port, Philipp an der Südküste Neuhollands. 366 Ascherson. 6. Phyllospadix W. J. Hooker. Diese Gattung steht Zostera sehr nahe, von der sie sich nur durch dn zweihäusigen Blüthenstand, sowie durch die zu deutlichen Deckblättchen ent- wickelten Tragblätter der Blüthen unterscheidet; letztere sind übrigens bei den drei letztgenannten Zostera-Arten normal, sowie mitunter auch bei 2. marina angedeutet. Die männlichen Blüthen, sowie die reife Frucht unbe- kannt. Der Wurzelstock kriecht nicht weithin, wie bei den meisten Seegrä- sern, sondern trägt dichte Blattrasen; die Blätter sind denen der Zostera marina nicht unähnlich. 17. P. Scouleri Hook. (Linnaea a.a. O0. S.169). Nächst der Zostera tas- manica ist diese Art bisher auf dem beschränktesten Gebiete gefunden wor- den, nämlich an fünf Orten der Westküste Nordamerikas von etwa 50—-34° n. Br., nämlich an der Küste von Vancouvers Island, an der Mündung des Oregon, unweit der ehemaligen Niederlassung Ross, bei Monterey und S. Barbara in Californien. 18. (?) P. serrulatus Rupr. (Linnaea a. a. O. S. 169). Diese zweifel- hafte, nur in einigen unfruchtbaren Bruchstücken bekannte Art unterscheidet sich von ‘P. Scouleri nur durch die gezähnelten Blätter. Sie wurde von zwei russischen Sammlern jedenfalls aus den das jetzige Territorium Alaska bespülenden Gewässern mitgebracht; indess steht nicht fest, ob von Sitka und Unalaschka oder nur von einem dieser Punkte. 7. Posidonia Könige. Zu dieser Gattung gehören die grössten und breitblättrigsten Seegräser mit dickem, kräftigen Wurzelstock, der wie bei Phyllospadix nicht weithin kriecht, sondern mit seinen kurzen Verzweigungen dichte Blattrasen bildet. Diese Verzweigungen sind unterwärts mit den borstenartigen Gefässbündel- ruthen der abgestorbenen Blätter bedeckt und .erhalten dadurch das Ansehen einer Hasenpfote. Der langgestielte Blüthenstand ist von laubartigen Deck- blättern, die allerdings viel kürzer als die eigentlichen Laubblätter sind, um- hüllt; die meist zwittrigen Blüthen bestehen aus drei flachgedrückten Staub- blättern, welche einen sehr grossen, von einer zerschlitzten Narbe gekrönten Eruchtknoten umgeben, der sich in eine Frucht von Ansehen und Farbe ‚einer unreifen Olive verwandelt. 19. P. oceanica (L.) Del. (Linnaea aa, 0. S. 170). Diese Art ist im Mittelmeere allgemein verbreitet, wo sie, wie oben bemerkt wurde, in sehr beträchtliche Den hinabsteigt. Aus dem Schwarzen Meere kenne ich sie nicht, doch dürfte sie an der West- und Südküste Kleinasiens, sowie an der Küste Syriens, woher ich sie auch nieht sah, schwerlich fehlen, da ich sie bei Alexandrien häufig antraf. Ausserhalb der Strasse von Gibraltar sind nach Süden weitere Standorte nicht bekannt, nach Norden findet sie sich indess an der Küste Portugals, der Nordküste Spaniens und noch im inner- sten Winkel der Baı von Biscaya, bei Biarritz. Ob sie von dort noch weiter nach Norden vorkommt, ist sehr zweifelhaft, da sie der ausgezeichnete Bota- niker Durieu de Maisonneuve in Bordeaux, welcher diese Gewächse ebenfalls zum Gegenstande seiner Beobachtungen gemacht, nicht bemerkt hat. 20. P. australis J. D. Hook. (Linnaea a. a. ©. S. 171, Naturf. Fr. ın Berlin, Nov. 1869). Sehr ähnlich der vorigen, von der sie sich besonders durch lockerere, mehrblüthige Blüthenstände unterscheidet. Sie bewohnt die Süd- und Ostküste Neuhollands (vermuthlich nur südlich vom Wendekreis) und die Ufer Tasmaniens. er Die; Selen a de ee 8. Halophila Du Petit-Thonars. Die Arten dieser für ein Seegrasgeschlecht ungewöhnlich formenreichen Gattung unterscheiden sich von allen übrigen Seegräsern auf den ersten Blick, wie bereits angedeutet, durch ihre nicht linealischen, grasartigen, sondern von lineal-länglich bis rundlich in Umriss abändernden, am Grunde mehr oder weniger stielartig verschmälerten, oft langgestielten, zarten, meist auch ge- trocknet hellgrünen Laubblätter, ausser denen bei manchen Arten auch durch- sichtighäntige Schuppenblätter oa lan sind. Alle Blätter sind paarweise genähert einem meist zarten, weit umherkriechenden Stengel angeheftet; öfter B: rücken auch mehrere dieser Blattpaare zusammen, wodurch eine sche quirlige Anordnung der Blätter entsteht. Die Ben stehenden, meist zwei- häusigen Blüthen sind von zwei scheidenartig zusammengerollten Schuppen- blättern umhüllt; die männlichen sind mehr oder weniger lang gestielt und besitzen eine dreiblättrige Blüthenhülle, und drei freie Staubbeutel; die weib- j lichen bestehen aus einem nackten von einen 2—Öspaltigen Griffel gekrönten Fruchtknoten, welcher zahlreiche Samenknospen enthält, durch welches Merk- mal sich Halophila von allen übrigen Potameen unterscheidet. Die dünn- häutige Frucht lässt die hartschaligen Samen durchschimmern. 21. H. stipulacea ‚(Forssk.) Aschs. (Linnaea a. a. O. S. 172.) Laub- blätter kurz gestielt, am Rande gezähnelt; Schuppenblätter sehr gross und auffällig, worauf der vom Entdecker der Pflanze gegebene Ne Zostera stipulacea hindeutet. Diese schöne, auffallende Art scheint dem Indischen Ocean eigenthümlich zu sein und zwar habe ich sie .bisher nur aus dem Rothen Meere, wo sie häufig und tonangebend ist, und von den Ostafrika- nischen Inseln Madagascar, Nossi-beh und Mauritius gesehen; Exemplare vom „Cap der guten Hoffnung“ oder „Cap Agulhas“, die ich in mehreren Her- barien sah, stammen alle aus derselben, mir verdächtigen Quelle, obwohl das Vorkommen immerhin möglich wäre. Dagegen hat sich die früher von mir auf fremde Autorität hin gemachte Angabe an der Küste von Ceylon als zur folgenden Art gehörig ergeben; es bleibt mithin durch andere Unter- suchungen festzustellen ob sich diese Art wirklich auf die Ostafrikanischen (Gewässer beschränkt. Die Frucht derselben kenne ich noch nicht. Die am Strande ausgeworfene, gebleichte Pflanze und höckerig-blasigen Blättern wurde von Delile als eigene Art Zostera bullata beschrieben. AP H.S ovalıs. (Re. Br.) 3... D.ı, Hook. .*(Einnaea ‘a. ,a. 0., 8.173.) Zarter und meist kleinblättriger als die vorige; Laubblätter lang und dünn gestielt, länglich bis rundlich oval, ganzrandig, (durch welches Merkmal sich ‘diese Art von den meisten anderen unterscheidet). Die verbreitetste Art der Gattung, scheint den ganzen Indischen Ocean und die Südsee zu be- wohnen; ich sah Exemplare aus dem Rothen Meere, wo diese Art ebenso häufig als die vorige ist, aus dem ÖOstafrikanischen Archipel (Madagascar, - — Nossi-beh, Mauritius), aus dem Persischen Meerbusen, von den Küsten ‘Vor- - der- und Hinterindiens, Ceylon’s, Südehina’s (Hongkong, Pratus Bank, südl. von Canton) der Philippiner (Negros) der Ler-Choo-Inseln, dem ostindischen Archipel (Celebes, Sumbawa, Flores, Timor), von der Süd- und Ostküste Neuhollands (Adelaide, Paramatta, Brisbane), von Tasmanien, Neucaledonien, den Marianen, Viti, Samoainseln und Tongatabu. 23. H. Baillonii Aschs. ms. Diese Art gleicht im Aussehen der vori- - gen, von der sie sich indess durch die gezühnelten Laubblätter sofort unter- scheidet. Sie scheint dem tropischen Atlanfischen) Ockamyan der Amerika- Y r b ” ‘ h = 368 Ascherson. nischen Seite eigenthümlich. Ich sah sie von Martinique, Guadeloupe und St. Thomas, ae indess nur mit weiblichen Blüthen. 24. H. Beccarii Aschs. (Giorn. bot. italiano 1871 p. 302.) Das Mes: und zarteste aller Seegräser, im Ansehen der dikotylen Uferpflanze Lino- sella aquatica L. nicht unähnlich. Sie unterscheidet sich von kleinen Formen der H. ovalis, mit der sie durch die ganzrandigen (lineal-länglichen) Laub- blätter übereinstimmt, dadurch, dass diese spitz sind und der bei allen übrigen ‘ Arten vorhandenen Seitennerven entbehren; auch sind keine Schuppenblätter vorhanden. An seichten Uferstellen Borneo’s an der Mündung des Flores Bintulu in Sarawak von dem verdienstvollen Reisenden Beccari entdeckt und mir bisher ausserdem nur von Arrakan mitgetheilt, aber gewiss in den indischen Gewässern weiter verbreitet, 25. H.(?)spinulosa (R. Br.) Aschs. ms. Ich glaube diese von Robert Brown entdeckte und nach sterilen Exemplaren zweifelhaft als Caulinia? spinulosa beschriebene Art vorläufig zu Halophila stellen zu müssen, mit der sie in der weiblichen Blüthe übereinstimmt; möglich, dass die mir noch un- bekannte männliche Blüthe eine generische Trennung nothwendig machen wird, da die Tracht (trotz der Uebereinstimmung in der Nervatur der stark gezähnten Blätter) von den übrigen Arten sehr abweicht. Es sind nur längliche Laubblätter vorhanden, welche in zahlreichen Paaren nahe über- einander stehen; dieselben sitzen mit etwas verschmälertem Grunde, und verleihen der Pflanze eine grosse habituelle Aehnlichkeit mit unserer Süss- wasserpflanze Potamoeton densus L. Ich kenne diese merkwürdige Art bis- her nur von der Ost- und Nordküste des tropischen Neuholland (Moreton- Bay, Port-Denison, Albany-Island) und von den Philippinen; muthmaasslich ist sie im Indischen Archipel und wohl auch von da weiter östlich und westlich verbreitet. 26. H.(P) Engelmanni Aschs. ms. Ich stelle auch diese, nur in einem sterilen Exemplar bekannte zweifelhafte Pflanze vorläufig zu dieser Gattung, mit der sie im Blattbau übereinstimmt. Die kurzgestielten Laubblätter (es sind nur solche verhanden) sind länglich, zugespitzt, und stehen in vierzähli- sen Scheinquirlen, wodurch die Pflanze an manche Najas-Formen erinnert. Sie wurde an der Küste Florida’s gesammelt und ist vermuthlich im Antillen- Meere weiter verbreitet. Aus dieser Zusammenstellung der Thatsachen, die mir bisher über die geographische Verbreitung der Seegräser bekannt geworden, ergeben sich als diejenigen Gebiete, aus denen am wenigsten Nachrichten vorliegen und deren Erforschung von besonderem Interesse wäre, das östliche Polynesien, wo ver- muthlich auch alle Indisch-Pacifischen Arten vorkommen, die Küsten von China (wichtig wegen der Abgrenzung der Indisch-Pacifischen und Nord- Pacifischen Arten, möglicherweise durch Sammlungen in den so oft besuchten. Emporien Schang-hai und Tschi-fu festzustellen) die ganze Afrikanische Küste von der Strasse Bab-el Mandeb bis zu der von Gibraltar und die Küsten des Festlandes von ganz Amerika. Ferner ergiebt sich (man vergleiche die von mir in Petermann’s Mit- theilungen 1871, Tafel 13 veröffentlichte Karte, welcher bereits die meisten hier mitgetheilten Daten zu Grunde liegen), dass die grosse Mehrzahl der Arten entweder der Tropenzone oder einer der gemässigten Zonen fast aus- schliesslich angehört; dass die Arten des Indischen Oceans im nördlichen Rothen Meere (und vermuthlich im Persischen Golf) den nördlichen Wende- 7 Grad überschreiten, ist bei dem anerl annt on Flora und. Fauna dieser ‚Meerbusen nur ‚eme s cheinl ir dürch den Golfstrom temperirten Theile des ee N Ä innerhalb der kalten Zone vorkommt. Nur Oymodocea serrulata und Halo- hila ovalis greifen aus der Tropenzone beträchtlich in die südliche Sr : ni a N: Zone Minäber. Ich will das Vorkommen in den nunmehr folgenden Seegras- “. 'Floren (früher habe ich, einen Ausdruck der Algologen adoptireng, dieselben 4 R als „phanerogame Nereis“ bezeichnet) durch die Buchstaben c. (heisse Zone) ER t. a. (südliche gemässigte Zone), Z. b. (nördliche gemässigte Zone) *) und f. db. (nördliche kalte Zone) andeuten, sowie die aan de Erdtheile, n welchen jede Art gefunden ist, durch deren Anfangsbuchstaben bezeichnen. Die übrigen pfanzengeopzaphischen Bemerkungen I ich diesen Foren nachfolgen. | a eo I. Seegras-Flora (phanerogame Nereis) des nördlichen Wiemecrds 1. Zostera marina L. f. db. Eur. As.? KEN TUR Seegras-Flora des Atlantischen Oceans. Thalassia testudinum Kön. ce. Am. Bı Cymodocea nodosa Aschs. t. b. Eur. As. Afr. Kae — manatorum Aschs. c., t. b. Am. . Halodule ‘Wriehtii Aschs. c. Am. Afr.? AR, Zostera marina L. £. db. Am. Eur. As. A ee > mana Bth’ tb, ta. Kur. As. Afr. Posidonia oceanica Del. Z. b. Eur. Afr. Halophila Baillonii Aschs. c. Am. i% — Engelmanni Aschs. .? Am. | Br . . Pr oORMHuPpwmHm II. Seegras-Flora des Indischen Oceans. | ae Enhalus acoroides Steud. c. Afr. As. Thalassia Hemprichii Aschs. c. Afr. As. Oymodocea rotundata Aschs. u. Schweinf. ec. Afr. As. — serrulata Aschs. u. Magn. e., t. a. Afr. As. Austr. — ciliata Ehrb. e. Afr. As. — antarctica Endl. {. a. Austr. — isoetifolia Aschs. ce. Afr. As. Haloduld australis Miq. e. Afr. As. Zostera nana Rth. f. a. Afr. —- Muelleri Irm. f. a. Austr. — tasmanica v. Mart. £. a. Austr. Posidonia australis J. D. Hook. £. a. Austr. Halophila ovalis J. D. Hook. c., £. a. Afr. As. Austr. Kae — stipulacea Aschs. e. Afr. As. BON — Beccarii Aschs. ec. As. } BASE. spinulosa Aschs. c. Austr. Sonn pumm . art a ar 55 n ‚oben erwähnten nördliehsten Einbuchtungen des Indischen Oceans, isch Benechiet hierher a wird i im a Folgenden abgesehen. 370 | Ascherson. IV. Seegras-Flora des Stillen Oceans. 1. Enhalus acoroides Steud. e. As. Austr. 2. Thalassiıa Hemprichii Aschs. c. As. Austr. 3. Cymodocea serrulata Aschs. u. Maen. ce., t. a. As. Austr. 4. — ciliata Ehrb. e. Austr. 5. — antaretica Endl. ?. a. Austr. 6. — isoötifolia Aschs. ec. Austr. 7. Halodule australis Mig. e. Austr. 8. Zostera marina L. £. b. As. Am. 9. — nana Rth. Z. b. As. 10. —- Muelleri Irm. 2. a. Austr. Am.? 11. Phyllospadix Scouleri W. J. Hoch. £. db. Am. 12. — serrulatus Rupr. i. b. Am. 13. Posidonia australis J. D. Hook. f. a. Austr. 14. Halophila oyalis J. D. Hook. f:.d., e., t. a. As. Austr. 15. —- Beccarü Aschs. c. As. 16. — spinulosa Aschs. c. As. Austr. Numerische Zusammenstellung aller Seegräser. ' Im Nördl. Im Atlant. | Im Indisch. | Im Stillen |Im ganzen Gattungen. Eismeer. | Ocean. Ocean. | Ocean. Weltmeer. Enbalus ae. — — 1 1 1 halassıa 8 4... — 1 1 il 2 Cymodocea Er Sect. Phycagrostis . — 1 2 1 ® Sect. Amphibolis . = = 2 2 2 Sect. Phycoschoenus — | 1 1 1 2 Halodule . % 1 Dt 1 | Dur Ziostera ‘... .» 1 2 3 3 | 4 Phyllospalix . _ — Da 2 Posdomma ar :2r: — 1 1 1 2 Halophılar.on.u.. en 2 4 | 3 6 Summe | 1 9 16 16 26 Pflanzengeographische Bemerkungen. Die Seegrasarten bewohnen in der Regel zusammenhängende Gebiete. Die beiden Verbreitungsbezirke der Zostera marina im nördlichen Atlan- tischen und nördlichen Stillen Ocean stehen möglicher Weise durch ein Vor- kommen dieser Art längs der Nordküste Asiens in Verbindung; ein ähnlicher Zusammenhang längs der Nordküste Amerika’s ist dagegen sehr zweifelhaft. Dagegen ist für Zostera nana allerdings ein Zusammenhang des Nord-Atlan- tischen und Nord-Pacifischen Bezirkes auf dem eben bezeichneten Wege sehr unwahrscheinlich, da diese Art nirgends jenseits des 60° N. B. beobachtet wurde, Auch ob dieselbe Art etwa längs der Westküste Afrika’s an den Canarischen Inseln bis zum Cap verbreitet ist, müssen wir im Hinblick auf das oben constatirte Gesetz der vorwiegend tropischen oder vorwiegend temperirten Bezirke dahingestellt sein lassen. Nur wenige Arten sind, soweit bisher bekannt, über die ganze Breite eines Oceans hinüber verbreitet, wenn dessen gegenüberliegende Küsten sich R an der Europäischen und Amerikanischen Küste des Atlantischen Oceans een, da die Identität der Halodule Wrightii an der Afrikanischen und der Zostera Muelleri an der Amerikanischen Westküste immerhin beim 4 Bi f Mangel der Blüthen noch zweifelhaft bleibt. Im oben erwähnten Falle haben - wir wohl die Faer-Oer und Islandals vermittelnde Zwischenstationen zu be- trachten, obwohl die Zwischenräume zwischen ihnen und den Continenten immerhin sehr ansehnlich sind und durch tiefe Meeresgründe gebildet werden. ar Im Falle der vollständigen oder annähernden Gau der Küsten sehen "wir dagegen mehrere Arten unter gleichen klimatischen Bedingungen auf be- Ri trä chtlich. grössere Strecken sich nee als die Breite des . - Oceans, und selbst noch weiter, als die des Stillen Oceans zwischen Neuseeland und Südamerika beträgt; letztere Küsten sind etwa 110 Längengrade von . einander entfernt, während die Indisch-Pacifischen Arten Thalassia Hemprichii, + Cymodocea serrulata und isoötifolia, Halodule australis und Halophila ovalis von den Östafrikanischen Gewässern mindestens bis Neucaledonien, einige 1: bis zur Viti- und Tongagruppe verbreitet sind, also über 120—140 ee - Ro- grade. Verhältnissmässig beschränkt sind en soweit bisher Ban er die Gebiete der onen (Thalassia testudinum, Cymodocea manatorum, : Halophila Baillonii und Engelmanni) Mittelmeer- (Cymodocea nodosa, Posi- donia occanica) und Südaustralischen Arten (Oymodocea antarctica, Zostera tasmanica, die allerdings kaum auf eine Localität beschränkt sein dürfte, # Posidonia australis), ferner die der beiden Nord-Paecifischen Phyllospadix- formen. Oymodocea rotundata wird wohl so gut als die übrigen Arten des Rothen Meeres sich als weiter im Indischen Ocean verbreitet herausstellen. Im Gegensatz zu diesem Verhalten der Arten sind die Verbreitungsbezirke der Gattungen resp. der Untergattungen von Cymodocea, welche sich so- wohl physiognomisch als geographisch wie Gattungen verhalten, vorwiegend getrennt. Eine Ausnahme macht, abgesehen von der monotypischen Gattung Enhalus, nur Phyllospadix, bei dem allerdings auch die specifische Verschie- denheit der beiden Formen noch zweifelhaft ist. Innerhalb der einzelnen Gattungen lässt sich die Mehrzahl der Arten in zwei Reihen paarweise gruppiren. Einmal bewohnen eine Anzahl von Arten-Paaren, welche durch verhältnissmässig geringfügige, öfter nur relative Merkmale sich unterscheiden, getrennte Bezirke. Solche sind: Thalassia testudinum T. Hemprichii Cymodocea (Phycagrostis) nodosa C. (P.) rotundata — (Phycoschoenus) manatorum — (P.) isoetifolia Halodule Wriehtii H. australis Zostera nana Z. Muelleri Posidonia occanica P. äustralis Dagegen bewohnt eine andere Reihe von Arten-Paaren, welche sich denselben Verbreitungsbezirk: Cymodocea (Phycagrostis) rotundata P. serrulata Zostera marina Z. nana — Muelleri Z. tasmanica Halophila stipulacea H. ovalis -—— Engelmanni H. Baillonii “ Vielleicht dürften auch die Verbreitungsbezirke von Cymodocea (Am- /phibelis ‚ailiata und C, (A.) antaretica theilweise- über einander ‚greifen. 4% er en dieser Art dürfte das Vorkommen von Zoe marina durch auffallende und beträchtlichere Merkmale unterscheiden, annähernd ’ 372 Ascherson. Eine merkwürdige Thatsache ist auch die fast vollständige Congruenz der Bezirke mehrerer zu verschiedenen Gattungen gehöriger Arten, wie der der oben erwähnten Westindischen, Mittelmeer- und Südaustralischen Arten- gruppen; bei vollständigeren Daten wird sich wohl von den meisten Indisch- Paeifischen Arten dasselbe sagen lassen. Die somit über die jetzige Verbreitung der Seegräser festgestellten That- sachen scheinen mir einige Rückschlüsse auf die Geschichte dieser merkwür- digen Gewächse zu gestatten. Die grösstentheils getrennten Bezirke der Gattungen machen es wahrscheinlich, dass dieselben bereits zu einer Zeit existirten, wo eine andere Vertheilung von Land und’ Wasser Verbreitungs- wege often liess, welche gegenwärtig geschlossen sind, vielleicht auch andere klimatische Bedingungen Verbreitungen zuliessen, welche jetzt nicht mehr möglich sind. Dagegen deuten die zusammenhängenden Gebiete der meisten Arten darauf hin, dass diese erst von einer Zeitepoche datiren, in der die Begrenzung der Meeresbecken, sowie die klimatischen Bedingungen annähernd die jetzigen waren; bei den Arten der ersten Reihe dürfen wir sogar in der Aufhebung der en Oontinuität ihrer Wohnbezirke die Ursache ihrer specifischen Differenzirung vermuthen. Die Gegenwart der Zostera nana im Kaspischen Meere macht die Vermuthung ahesenlch dass der Zu- sammenhang desselben mit dem benachbarten, dieselbe Art besitzenden Schwarzen Meere noch in einer relativ neuen Zeit existirte. Die Seltenheit des oben von Zostera marina erwähnten Falles der Ver- breitung einer Art quer über weite Meeresstrecken erklärt sich ungezwungen aus der Schwierigkeit der Wanderung dieser an seichtes Wasser gebundenen Gewächse über die breiten te der Tiefe, da der Transport a immer zu lange dauern würde, als dass losgerissene Pflanzen oder Samen, welche sicher zu früh keimen würden, falls sie an ein geeignetes Gegengestade ge- führt würden, ihre Lebensfähigkeit noch bewahrt haben könnten. In vielen Fällen dürfte auch die Richtung des Transports eine ungünstige sein; so würden etwa die Westindischen Arten, durch den Golfstrom an die Euro- päische Küste geführt, dort schwerlich die Bedingungen ihres Gedeihens vorfinden. Für die Richtigkeit dieser Anschauungsweise spricht wohl über- wiegend die Thatsache, dass der anscheinend so leicht mögliche Fall der Verschleppung eines Seegrases durch die heutzutage überall verkehrende und- so sehr beschleunigte Schifffahrt noch nie beobachtet wurde. Dagegen ist die Verbreitung einer Art längs continuirlicher oder nur durch schmale und seichte Wasserstrassen unterbrochener Küstenstrecken keiner Schwierig- keit unterworfen. Das schlagendste Bo der Abhängigkeit der jetzigen Verbreitung der Seegräser von der gegenwärtigen Meeresbegrenzung ist wohl die That- sache, Ines die Seegrasfloren an beiden Seiten der, geologisch betrachtet, neuen Landenge von Suez so verschieden als möglich sind. Von den vier Arten des Mittelmeeres (Cymodocea nodosa, Zostera marina und nana, Po- sidonia oceanica ist nicht nur keine mit einer der neun Arten des Rothen Meeres (Enhalus acoroides, Thalassia Hemprichii, Cymodocea rotundata, serrulata, ciliata, isoetifolia, Halodule australis, Halophila stipulacea und ovalis) identisch, sondern sie gehören mit Ausnahme von Cymodocea sect. Phycagrostis beiderseits durchaus verschiedenen systematischen Gruppen an. In dieser Gruppe scheint allerdings das Vorkommen der Oymodocea rotun- data im Rothen Meere darauf hinzudeuten, dass die nahe verwandte C. nodosa des Mittelmeeres eine ältere, zu einer Zeit wo dasselbe noch nach Südosten geöffnet war, eingewanderte Bewohnerin dieses Beckens ist als die vielleicht ae oe Thatsache wäre es, -wenn beide wirklich im Schwarzen. tz der noch heut existirenden Gattungsverwandten auf eine Einwanderung. s Südost, wobei die so paradoxe Uebereinstimmung. einer Mittelmeer - mit SER veih ERELEE f UVeber Sammeln und Conserviren von Pflanzen höherer Ordnung. (Phanerogamen.) Von 6. Schweinfurth. A. Allgemeine Regeln bei der Auswahl einzusammelnder Pflanzenexemplare. 1. Beim Einsammeln von Pflanzen und Pflanzenproben hat der Reisende vor Allem auf die möglichste Vollständigkeit der an den Exemplaren erkenn- baren Merkmale zu achten, insoweit sich darin die Eigenart einer Pflanze verräth. 2. Die wichtigsten Erkennungszeichen jeder Pflanzenart finden sich an den Theilen der Blüthe und des aus ihr hervorgegangenen Fruchtgebildes. 3. Vollständig sind Exemplare nur dann, — d. h. erschöpfend für den wissenschaftlichen Nutzen einer Sammlung, — wenn sie die Pflanze als Ganzes, oder wenn sie die charakteristischen Theile derselben darbieten, oder wenn sie zugleich die verschiedenen Entwickelungsstadien ein. und derselben Art in einer Reihe von Formen vor die Augen führen. Ein einzelnes Exemplar einer Pflanzenart genügt daher nicht in allen Fällen. 4. In den Herbarien bezeichnet man mit dem Ausdruck Exemplar (specimen) nicht nur das einzelne Stück einer Pflanze, sondern eine Anzahl von Pflanzen oder Pflanzentheilen, die sich in Hinsicht auf die zur Schau getragenen Merkmale gegenseitig ergänzen. 5. Vollständige Exemplare sind daher nur solche, an welchen sich folgende Theile einer Pflanze erkennen lassen: Wurzel, Stamm oder Stengel, Rinde, Blätter, Blüthe und Frucht. Der Reisende wird, zumal an grösseren Gewächsformen (an Bäumen z. B.), nicht immer alle, die genannten Theile zugleich antreffen, auch wieder einzelne derselben ihrer Natur nach von der Sammlung in Papierbögen ausschliessen müssen, in jedem Falle aber sei er bestrebt die angedeutete Vollständigkeit möglichst annähernd zu er- reichen. 6. Einzelne abgerissene Blüthen oder Früchte, wenn ihnen nicht wenig- stens ein beblättertes Aststück beigegeben ist, sind fast werthlos, dasselbe gilt für den umgekehrten Fall. 7. Die Blüthen müssen, um genau erkannt werden zu können, wohl- ‚ausgebildet und geöffnet sein; ebenso müssen die Früchte der Reife nahe stehen, wie sich das an der Entwickelung der Samenkerne am besten er- 1 läs a sei nicht Ken a de re Bi Bann r N und unreife Früchte vom Einsammeln ee "habe; wir eide Zustände sind gleichfalls wichtig zur Erkennung der Eigenart einer dan“ Pflanze. nn je. 8 Bei baum- und strauchartigen Gewächgen achte der Sammler auf den Erwerb solcher Zweige, welche die ersten Anfünge der Blattentwiekelung darthun; Blattknospen sind besonders bei Gewiichsen mit periodisch eintreten- der Entlaubung nie zu vergessen. “a 9. Kleine Gewächse (Kräuter) welche eine Länge von 40 Cent. nieht überschreiten, werden ganz gesammelt, so dass sie ine unter 5. aufgeführten Theile aufweisen En ae Gewächse werden theils durch an der Aeste oder Wurzeln, oder hun Zerschneiden der Pflanze in einzelne "Stücke oder durch Abschneiden von Theilen, welche den unter 5. angedeuteten Bedin- gungen entsprechen, zur Mitnahme behufs Conservirung hergerichtet. 10. Die definitive Länge, zu welcher grössere Pflanzen auf die obige Be \ Art zuzustutzen sind, um in einem Herbarıum untergebracht werden zu können, kann, je nach der Grösse zur Verfügung stehenden Papiers, zwischen “ 40 und 50 Centim. schwanken; die diesen Maassen entsprechende Breite ist Be 25 bis 35 Centim. nu 11. Von Insecten zerfressene, verdorrte oder in ihren Blüthen- und Fruchttheilen verstümmelte Exemplare sind zu vermeiden und bessere auf- zusuchen. B. Präpariren der Pflanzen am Platze der Einsammlung. 12. Um Pflanzen auf Ausflügen unbeschädigt nach seinem Standquar- tiere bringen zu können, wo die weitere und sorgfältigere Präparation vor- zunehmen ist, bedient sich der Reisende am zweckmässigsten einer Mappe, die er mit Papierbögen zur Aufnahme der Exemplare füllt. er de 13. In früheren Zeiten bediente man sich gewöhnlich der sogen. Bota- - misirbüchsen; diese aber erscheinen aus Miuchäln Gründen als mangelhaft oder mindestens doch für heisse Klimate A durchaus ünzweckmäßsig: 1. mit Hülfe der Mappe können die Exemplare frisch in’s Papier ein- gelegt werden, so dass sie, bevor sie noch welk und schlaff werden, die natürliche Stellung der Pflanzentheile in dem Maasse bewahren, als es bei der statthabenden Einzwängung in die Flächenausbreitung überhaupt möglich ist. | 2. Einmal eingelegt brauchen die Exemplare nicht mehr aus dem Bogen entfernt zu werden, sondern sie bedürfen nur noch der Einfügung von Papierzwischenlagen zwischen den mit Pflanzen gefüllten Papier- bögen der Mappe. 3. In der Mappe werden die Exemplare nicht gequetscht und verunstaltet RE, durch gegenseitig ausgeübten Druck und.durch die Stiche harter Tele gegen zarte. Die zarteren Blüthen bleiben in der einmal empfangenen MM Einbettung zwischen Papier wohlgesichert. Auch das Zusammenfalen und Welen der Blätter wird den welches in der Büchse, 7 sobald sie von der Sonne beschienen wird, namentlich in den Tropen- ländern unausbleiblich ist. Einmal welk gewordene oder zusammenge- schrumpfte Pflanzentheile lassen sich nur mit grossem Zeitaufwand nachträglich wieder glätten, oft gelingt dieses durchaus nicht. In der Mappe können weit grössere Quantitäten untergebracht werden a als in der Büchse, da, sind sie erst einmal eingebettet, die Pflanzen it AR Gewalt zusammengedrückt und geschnürt werden können, ohne zu leiden. ; 376 Schweinkarhht 14. Nur für sehr fleischige, sogen. succulente oder cactusartige Gewächse, oder für Pflanzen mit knolligen und zwiebelartigen Wurzeltheilen, die einer sorgfältigen Zustutzung mit dem Messer oder einer Behandlung mit kochen- dem Wasser bedürfen, ist der Gebrauch einer Büchse empfehlenswerth. In den meisten Fällen wird es sich jedoch auch bei ihnen empfehlen die ange- deutete Zustutzung bereits am Einsammlungsplatze auszuführen, um auch solche Exemplare in der Mappe unterbringen zu können, 15. Dieser letzte Rath empfiehlt sich gerade deswegen der Beachtung des Reisenden, weil sehr viele Gewächse, deren Blätter, Stengel- und Wurzel- theile vermöge ihrer Textur von derartiger Dauerhaftigkeit sind, dass sie weder durch Sonnenbrand und Hitze noch durch Druck und gegenseitige Quetschung im Laufe vieler Stunden leiden, dennoch sehr zarte und hin- fällige Blüthen tragen können. 16. Die unter 14 erwähnten Gewächse, soweit sie nicht durch die unter 15 genannte Ausnahme betroffen werden, lassen sich indess noch besser als in Botanisirbüchsen, in offenen oder geschlossenen Körben fortschaffen. Gewaltsames Einzwängen in einen geschlossenen Raum ist bei der Brüchigkeit fleischiger Blatt- und Stengeltheile zu vermeiden. Derartige Gewächse müssen locker aufeinander gelegt in die Körbe gethan werden. 17. Eine Botanisirmappe ist von Aussen am besten mit starkem Leder zu überziehen und an den Rändern muss der Ueberzug extra gesäumt sein. Für die Auskleidung der Innenseite entspricht wasserdichter Koeper oder Wachstuch, um die von den Pflanzen ausgehende -Feeuchtiekeit vom Pappen- deckel der Mappe fernzuhalten, am meisten allen Zwecken. Zwei lange Riemen mit Schnallen genügen, die durch je vier Einschnitte der beiden Deckel zu ziehen sind, welche letztere sonst unter sich nicht verbunden sein dürfen. Diese Riemen lassen sich anziehen, um den Inhalt der Mappe fest zusammenzuschnüren. 18. Der Sammler wird wohl daran thun, die Mappe nicht zu sehr an- schwellen zu lassen, um sie beständig selbst unter dem Arme tragen zu können. Von Zeit zu Zeit kann er den Stoss bereits gefüllter Papierbogen in eine zweite Mappe thun, die sein Begleiter fortschafft. 19. Der Sammler scheue nie die Mühe bei jedem neuen Funde die Mappe zu öffnen, denn er muss stets darauf bedacht sein, dass die in den Händen getragenen Exemplare nicht welken, bevor sie eingelegt werden können. Das, Welken erfolgt in heissen Ländern nach Verlauf weniger Mi- nuten, und hier bei vielen Pflanzen sogar unmittelbar nachdem man sie aus der Erde gerissen oder abgeschnitten hat. 20. Eine Botanisirmappe darf nur einzeln auf einander geschichtete Papierbögen, die vor Antritt der Excursion auszulegen sind, enthalten, um beim Einlegen jeden Zeitverlust zu vermeiden. 21. Das Einlegen der Pflanzen geschieht in der Weise, dass jeder Bogen für sich gefüllt wird, die Flächen zwischen den einzelnen Bögen aber unbenutzt bleiben, damit bei nachherigem Einfügen der Zwischenlagen die Pflanzen nicht aufgehoben und überhaupt nicht mehr berührt zu werden brauchen. 22. Jeder Bogen muss, falls er mit Exemplaren von geringer Grösse gefüllt wird, womöglich nur solche von ein und derselben Pflanzenart ent- halten. 23. Ist der Sammler nicht im Stande windgeschützte Stellen zum Ein- lesen aufzusuchen, so muss er sich an stürmischen Tagen durch einen Be- hi iR 0 PRARR A SE ER TEN NT N RN NE a Sch £ Ko v ur tstützen lassen, weicher die er ausbreite, während. er 24. Ben Einlesen hat der Sammler die Blätter a Aeste mit den den so zurecht zu legen, dass sich die einzelnen Theile nicht aufeinander . äufen und nicht zu viele Blätter übereinander zu liegen kommen. Ist letz- »res nicht zu vermeiden, so muss durch Ausschneiden Platz geschaffen wer- ee ' den. Häufung der Masse erschwert das ‚Trocknen und macht diesen Press sehr ungleich are) so dass der grösste Theil des Exemplars bereits ge- N trocknet sein kann, hrs an einzelnen Stellen Fäulniss und Sc | bildung Platz N NER, 25. Beim Einlesen der Exemplare ist auch auf möglichst gleiche Ver- R 'theilung der dicken Theile der Pflanzen zu achten, damit die Pe nicht auf einer Seite mehr anschwellen als auf der anderen. Die Basaltheile müssen Un Rt ‚daher bald nach oben, bald nach unten auf dem Papierbogen zu liegen Eu kommen. Dasselbe gilt von dicken Blüthen und Früchten. Legt man die i Exemplare alle in derselben Richtung in’s Papier, so häufen sich dieselben an einer Stelle und bilden einen Ten im Packet, auch drücken und be- schädigen sie sich alsdann leicht gegenseitig. 26. Zarte Blüthen, besonders da, wo die Blumenblätter grosser Blüthen auf derbe Theile der Pflanze, auf Blätter etc. zu liegen kommen, müssen mit feinem weichen Papier, am besten mit Selen eingeschlagen und in dieser Hülle belassen werden. Da wo Blüthen von rear und al theilen gekreuzt werden empfiehlt sich behufs Separirung die ansehen: eines Lappens von Fliesspapier. | 27. Sind an den eingelesten Exemplaren nur wenige Blüthen oder Früchte zu finden, oder bringt es die Natur der Pflanze a sich, dass nur _ wenige Blüthen an ihnen vorhanden sind, so muss der Sansa einzelne Blüthen und Früchte noch abbrechen und diese in die stets vorräthig mit- _ zuführenden Papierkapseln gethan extra dem Exemplare beifügen. 1 28. Solche Papierkapseln müssen von starkem Schreibpapier in Vorrath -— und von verschiedener Grösse angefertigt werden. Sie müssen von viezeckiger Gestalt und so geschnitten sein, dass die eine Hälfte über die andere an den auf und zuzuklappenden (einzufalzenden) Rändern übergreife. Br 29. In den Einlagebögen dürfen sich keine von der Pflanze herrühren- den kleineren Theile frei umherliegend befinden, damit ein Herausfallen der- selben nicht Statt haben kann. Ausser Blüthen und Früchten, hat der Reisende hauptsächlich darauf zu achten, dass die aus den letzteren fallenden _ Samenkerne eigens in Papierkapseln gesteckt werden, desgleichen Rinden- proben, Blatt- und a ukben abfallende Blätter und ‚Stacheln, Wurzel- 80. Das Dapient, in welches die Pflanzen gethan werden, braucht nicht von derselben Qualität zu sein, wie das zum Trocknen verwandte. Es em- pfiehlt sich zum Einlesen eine stärkere Sorte. Fliesspapier ist zu diesem Behufe nicht unbedingt erforderlich; man kann sich auch zur Einlage ds chreibpapiers, geleimter Druckpäpiere und selbst der Zeitungen bedienen. RR jedem Falle aber darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass das Papier, elches mit der Pflanze in unmittelbare Beskhrahe gelangt, frei sei von „ rnchen und Knötchen, welche auf zarten Blättern und Blüthen hässliche Für ‚sehr starre, holzige und dambeiche Gewächse ist glattes ge- Papier von besonderer Stärke ‚die geeignetste Sorte. BA 378 Schweinfurth. 32. Sehr sperrig und spreizend verzweigte, starrästige Exemplare müssen mit Hülfe des Messers so zugestutzt werden, dass diejenigen Pflanzentheile,. welche der horizontalen Ausbreitung am meisten widerstreben, ganz ent- fernt werden. Oft können die widerstrebenden Aeste gewaltsam auf die Seite gebogen werden, was sich durch Anschneiden ihrer Basis unter- stützen lässt. 33. Widerstreben starre Gewächse der Einzwängung in die horizontale Flächenausdehnung bis zu dem Grade, dass sie beim Aufeinanderschichten - der Einlagebögen mit ihren Dornen, Stacheln und Astspitzen diese durch- löchern und den Inhalt der benachbarten Bogen durch Druck und Stich beschädigen, so müssen sie, ehe man sie einlegt, zuvor gebändiet werden. Auch würde ohne vorhergegangene „Bändigung“ die Pflanzenmappe sehr schnell zu unförmiger Dicke anschwellen. 34. Das Bändigen geschieht am Besten mit Hülfe zweier starker Pappdeckel, zwischen welche man das widerspenstige Exemplar gewaltsam zusammendrück. Zwei Holzplatten oder nöthigenfalls die Deckel der Mappe selbst, leisten gleichfalls diesen Dienst. Nachdem man das zu bän- disende Exemplar zu ebener Erde zwischen die beiden Deckel gelegt, stampft man kräftie mit den Füssen darauf. Alsdann nimmt man sie heraus, ordnet noch an den zusammengedrückten Theilen und behandelt sie wie die anderen Exemplare. Manche Gewächse sind so voller Dornen und Stacheln, dass man sie nur mit grosser Vorsicht abzuschneiden und in den Händen zu halten vermag, ohne sich zu verletzen. 35. Bei dieser gewaltsamen Behandlung der Pflanzen wird es nicht zu vermeiden sein, dass viele ihrer Blüthen, Früchte und Blätter abfallen. Diese müssen in die unter 28 beschriebenen Kapseln gethan werden. Auch kann der Sammler nach wiederholten Versuchen der Art solche Exemplare aussuchen, welche durch das Zusammendrücken zufällio am wenigsten eelitten haben. 36. Oactusartige Gewächse (Oacteen, Euphorbien, Stapelien u. dergl.) and solche deren Stengel unförmig dick sind, müssen durch Schnitte zu der Form zugestutzt werden, wie sie sich der horizontalen Ausbreitung in die Fläche am meisten anpassen. Die Stengel werden der Länge nach durch- schnitten oder Längsschnitte durch die ganze Blüthe geführt, wobei darauf il ; zu achten ist, dass die an den Segmenten haftenden Blüthen, Stacheln, Dornen und Blätter nicht abfallen. Von anderen Stengeltheilen müssen unter Beobachtung derselben Vorschrift Querschnitte von scheibenartiger Gestalt hergestellt werden. 37. Besonders dicke Blüthenköpfe (z. B. von Disteln) müssen halbirt, oder, wenn dieses nicht genügt, von beiden Seiten beschnitten werden, so dass sie nur noch eine den Längsschnitt darbietende Scheibe ausmachen. 38. In ähnlicher Weise stutzt man unförmig dicke Früchte zu, die an den einzulegenden Exemplaren haften. Man macht Längs- und Querdurch- schnitte je nach der Lage der Früchte. Ganze Früchte müssen ausserdem noch mitgenommen werden und unter Angabe ihrer Zugehörigkeit (vgl. 52.) entweder auf feuchtem oder auf trockenem Wege conservirt werden. 39. Auch von sehr dicken, fleischigen oder lederartigen Blattgebilden, wie sie namentlich bei Liliengewächsen und Zwiebeln vorkommen, müssen scheibenförmige Querschnitte den Exemplaren beigefügt werden. 40. Rübenartige Wurzeln, Knollen und Zwiebeln, dicke, Wurzelstöcke oder Rhizome, welche, wo nur immer thunlich, von den Pflanzenexemplaren ehebnarig von Ben Seiten Se fach ae werden. UI 41 In gleicher Weise sind dicke Theile an holzigen Aststücken a oa Bone ’% ‚42. Der Sammler, welcher gerade in der Ueberwindung der unter 32 bis 41 angeführten Sbeien seine Freude findet, wird nicht verfehlen einen an ee Ebenvakchenden Reichthum zu erzielen; er wird Pflanzen erlangen, die in den vorhandenen Sammlungen bisher gar nicht, oder dech nur sehr mangelhaft vertreten waren, weil seine Vorgänger die Mühe scheu- _ ten, welche eine solche zeitraubende Präparation erheischt. 43. Es empfiehlt sich, um späteren Verwechselungen und Gedächtniss-- fehlern vorzubeugen, die auf einer Excursion zu sammelnden Exemplare sofort Mn beim Einlegen mit den unter 51 und 52 näher zu bezeichnenden Zetteln zu | versehen. Die Pflanzennamen der Eingeborenen, sowie Angabe über die i Wachsthumsverhältnisse der Pflanzen — (über die Höhe, ob Baum oder " Strauch, ob schlingend oder kriechend u. s. w.) — müssen schon an Ort und N; Stelle niedergeschrieben werden. Q. Conserviren der Pflanzen auf trockenem Wege. 44. Das Trocknen der in den unter 21. beschriebenen Einlagen ent- _ haltenen Pflanzen wird durch wiederholt erneuerte Zwischenlagen von Papier vollzogen, welche einmal trocken mit grosser Begierde die von den eingelegten Pflanzen ausgehende Feuchtigkeit aufsaugen müssen. Dieser Process wird durch Druck und Pressung beschleunigt. 45. Das hierzu Verwendung findende Papier darf kein geleimtes sein, wie es die Schreibpapiere und alle harten Packpapiere sind. Die für den botanischen Sammler unentbehrliche Sorte, gewöhnlich Fliesspapier genannt, muss von wolliger, lockerer und weicher Beschaffenheit sein. Taugliehes — — Trockenpapier erkennt man in jedem Falle auf folgende Art. Man drückt BL einen nass gemachten Finger auf das zu untersuchende Papier. Hinterlässt 5% derselbe einen deutlichen Fleck und wird das Papier an der angefeuchteten Stelle in demselben Momente weich und aufgelöst, so dass man es mit dem Ei. Finger durchstossen kann, so ist es brauchbar. Bleibt es fest und wird der - — Fleek nur undeutlich, so ist es unbrauchbar. Bi. 46. Bei der Auswahl des Papieres achte man darauf, dass die einzelnen Bögen eine gewisse Stärke (Dicke) besitzen, da zu feines, schwaches Fliess- ‚papier, wie es namentlich die weissen Sorten zu sein pflegen, keine genü- gende Dauerhaftigkeit besitzen, um einer tagtäglichen Manipulation zu Hain ‚stehen. Die zur Verwendung kommenden Papiersorten müssen von möglichst gleichartigem Format sein. ED dies bei häufig wechselndem Einkaufsplatze - schwer zu beobachten sein wird, so muss man zum Zuschneiden der Papiere seine Zuflucht nehmen. Bi 47. Der Reisende wird in fernen Ländern hinsichtlich der Beschaffung des nöthigen Trockenpapiers nicht selten in grosse Verlegenheit gerathenn da die geeigneten Sorten in den Fabriken Europas mit jedem Jahre seltener werden. Die sogenannten Maschinenpapiere, weil fest gewalzt, und geglättet vo und minder hygroskopisch, eignen sich zu unserem Ziwecke weniger als die f Be Handpapiere wie sie vor Jahren fast ausschliesslich. ads Pack. Be: $ papier Verwendung fanden. Zum Pflanzentrocknen. besonders geeignete Me Sorten werden heutzutage nur noch in Belgien, am Rhein, in Oesterreich, SR Ya und. An slend im grösseren Maassstabe fabricirt. Spanischen Pack Yo 350 | Schweinfurth. | papier übertrifft an Weichheit, Lockerheit und Imbibitionsfähigkeit ale ; * europäischen Sorten. Es giebt auch sogen. Strohpapiere, welche leicht A, imbibiren. I 48. Die einzelnen Zwischenlagen bestehen, wenn das Papier stark ist, wie Packpapier aus 4 bis 6 Bogen, wenn es schwach ist, wie Druckpapier, aus 8 bis 12 Bogen. Brauchbare Zwischenlagen müssen zusammengepresst mindestens eine Dicke‘ von 3 bis 5 Millimeter darthun. 49. Die Bogen einer Zwischenlage müssen geheftet werden, damit beim Trocknen an offener Luft die einzelnen Blätter nicht vom Winde zerstreut werden und das Auflesen und Ordnen derselben keinen Zeitverlust zur Folge habe. 50. Die Anwendung der Zwischenlagen besteht darin, dass man die von der Excursion zum Standquartiere geschafften und nicht zu öffnenden x Einlagen (unter 21.) mit diesen Zwischenlagen abwechseln lässt, so dass ein wohlgeschichteter Ballen entsteht, der bis zu 2 Fuss Höhe anwachsen darf. Eine regelmässige Schichtung muss beobachtet werden und darf kein Bogen ; über dem andern vorstehen. 51. Sobald der Sammler nach Hause zurückgekehrt ist und die mit- gebrachten Pflanzeneinlagen zum Trocknen herrichtet, muss seine erste Sorge darauf gerichtet sein, eine sorgfältige Etiquettirung aller ihm als eigenartig erscheinenden Exemplare vorzunehmen. Blatt für Blatt durchmusternd hat er jeder eigenen Art einen Zettel beizufügen, welcher folgende Angaben ent- halten muss: — 1. Datum der Einsammlung. 2. Angabe des Standorts: a) Ortsangabe: das Land, District, Stadt; der Bach, Fluss oder Berg in der Nähe. b) Standortsangabe und Bodenverhältnisse: Wald, Steppe, PanDE Ackerland, Hlusuren) Sandfelder, Felsen etc. c) ehe Z 3. Angabe über Wachsthumsverhältnisse, ob Kraut, De Baum: oder Der Strauch, ob schlingend oder kriechend; Wurzelbildung; bei Bäumen die Höhe in Metern approximativ, Gestalt und Amssahan von Laub- krone, Stamm und Rinde. 5 Name der Pflanze bei den Eingeborenen. “y Etwaige Nutzanwendung der Eile und einzelner ihrer Theile a den Eingebörenen. ; 6. Bene über solche Theile, die sich in Folge des Trocknens N verändern oder aus den eingelegten Exemplaren nicht ersichtlich sind, z. B. die Farbe der Blüthen, Frucht, Rinde, Art des Duftes «der Blüthen ete. Je vollständiger diese Angaben sind, desto grösser wird der wissen- schaftliche Werth und der Nutzen der Sammlung sein. Der Mangel solcher Angaben wird bei vielen, sonst vorzüglichen Sammlungen auf’s schmerzlichste empfunden. - Die unter 1., 2., 3. und 6. aufgeführten Angaben sind in jedem Falle mindestens durch eine kurze Notiz zu berücksichtigen. 52. Um zu erfahren wie gross die Anzahl der auf einer Reise gesam- melten Exemplare oder wie gross die der Arten sei, kann der Reisende die Zettel mit fortlaufenden Nummern versehen, die er sich im Voraus auf die leeren Zettel geschrieben hat. Bei Unkenntniss des Artnamens hat diese Ein- richtung für ihn den grossen Vortheil, dass er, wo er von dieser oder jener Art sprechen will, nur die betreffende Nummer seines Herbars zu eitiren braucht. / nu U (= 1460, wo mit Frucht) Re BI neo-Name: mit Nr. 1575 zusammen „Gurfa“ Blüthen gelblich weiss; duftend. 30 Fuss hohe Bäume, mit hellgelbem weichem Holz, niederem Stamm „und breiter Krone. Rinde schwärzlich, tiefrissig. Bildet geschlossene Wälder in sumpfigen Niederungen. Gegen 700 Meter am Teh im südlichen Bongo- lande. 2. Februar 1870. 53. Kommen in einen und denselben Bogen Exemplare verschiedener Arten zu liegen, so sind die dazu gehörigen Zettel an denselben zu befestigen, damit keine "nachherige Verwechselung möglich ist. Zu dem Ende schiebt man einen vorspringenden Ast, oder die Wnkegel, durch einen spaltartig am Bi unbeschriebenen Rande des Hettels geführten Schnitt, oder man befestiet den Zettel mit einer Stecknadel, oder man näht kamen em Stengel fest. # 54. Die Pressung geschieht am Besten durch einen schweren Körper, durch einen Stein von circa 40 Kilogramm. Letzterer muss womöglich von plattenförmiger Gestalt sein; eine wirkliche Steinplatte macht das Unter- legen eines Brettes entbehrlich. Holzplatten und Bretter müssen in jedem Falle auf Reisen eigens zu diesem Zwecke mitgeführt werden. 55. Wendet man zu schwere Gewichte beim Pressen an, ‚so werden theile und die Früchte en völlig flach gedrückt erden) sodass sich auch an der getrockneten Pflanze immer noch die Form nah oder errathen lässt, eliaz dieselben im frischen Zustande auf dem Querschnitt zu er- "kennen gaben. 56. .Die zu pressenden Papierballen lehnt man an eine Wand, an einen Be aliche Umstürzen zu verhüten. 57. Will der Reisende Pflanzen während des Marsches trocknen, so schnürt er die Papierballen mit Riemen und Stricken fest zusammen. An den Rast- und Lagerplätzen muss er sie mit Steinen beschweren. Ist der Boden feucht, so legt er die mitgenommenen Bretter unter die Ballen. Steht Termitenfrass zu befürchten oder ist der Erdboden durchnässt, so hat er Pflöcke mit sich zu führen, die in den Boden getrieben der Brettunterlage als vier Füsse dienen können. 58. Die in früherer Zeit üblichen Deu die (Buchbinder- _ pressen) sind aus dem Grunde unzweckmässig, weil die Bilanzen durch die- Br selben momentan zu gewaltsam zusammengedrückt später aber nach erfolgter Saekung des Inhalts, nicht nachhaltig genug gepresst werden. Auch ver- R mehrt dieser schwerfällige Apparat unnöthiger Weise das Gepäck der Reisenden. Exemplare erzielt man für die Sammlung; je häufiger die imbibirten Zwischen- die Pflanzen. In heissen Ländern muss während der ersten 2 bis 3 Tage ‘ein zweimaliges Wechseln stattfinden. Ueberlässt man die Pflanzen in ihrer Kinbettung zwischen Zwischenlagen sich selbst, so faulen und verschimmeln _ Fäulniss und Schimmelbildung sind aber vor allen Dingen fernzuhalten; ie: red untauglich sein. Pfahl ete., um das bei stattfindender Sackung der trocknenden Pausen un- 59. Je schneller die Pflanzen getrocknet werden können, desto bessere lagen gegen trocken gewordene vertauscht werden, desto schneller trocknen zenexemplare, die diese Uebelstände verrathen, werden zu Re wissen- 382 Schweinfurth. Austrocknung der gebrauchten Zwischenlagen. Zu regenloser Zeit wird es genügen, dieselben auf der trocknen und nackten Erde auszubreiten, so dass sie von der Sonne ausgedörrt werden können. . Ist der Boden feucht und grasbewachsen, so errichte man Gestelle, um die Zwischenlagen der vollen Wirkung der Sonnenstrahlen aussetzen zu können. Es empfiehlt sich auch die Zwischenlagen in solchem Falle an ausgespannten Stricken aufzu- hängen. Wo grosse Oefen (bei Bäckern) zu Gebote stehen, Plattformen der Häuser und dergl., kann das Trocknen sehr beschleunigt werden. 61. Um die Zwischenlagen gegen den Wind zu schützen, legt man auf jede einzelne einen Stein, oder man legt Stangen der. Länge nach über eine grössere Anzahl derselben. 62. Das Trocknen der Zwischenlagen einzeln am Feuer ist eine so mühsame Arbeit, dass sie fast unausführbar erscheint. An regnerischen Tagen oder in thautriefenden Nächten wird der Reisende auf eine Conser- virung auf trockenem Wege zu verzichten und den feuchten Weg einzuschla- gen haben. ‘In feuchten Klimaten kann man ohne Einwirkung der Sonnen- strahlen keine absolut trockenen Zwischenlagen erzielen. 63. Um Pflanzen auch unter Verhältnissen trocknen zu können, welche ein Ausdörren der Zwischenlagen unmöglich machen, wie es in der Regen- zeit heisser Tropenländer, wo die Regen oft Tage lang ohne Unterbrechung niederfallen, wie es an feuchten Küstenstrichen, auf Flussreisen ete. vorkommt, sind eigene Apparate erfunden worden, welche sich indess nicht hinreichend bewährt haben, da alle gewaltsam durch künstliches Ausdörren hergestellten Exemplare eine so brüchige, schrumpfe Beschaffenheit annehmen, oder in so unnatürlicher Weise gebräunt und geschwärzt werden, dass sie sich später weder gut aufbewahren noch mit Erfolg untersuchen lassen, in jedem Falle aber ein sehr entstelltes Aussehen zur Schau tragen. Dies gilt namentlich für diejenigen Exemplare, welche in durch Wasserdämpfen erhitzten Trocken- kammern oder zwischen über Feuer gestellten Drahtgittern gedörrt oder viel- mehr gebraten wurden. Bessere Resultate erzielt man mit Hülfe des von Professor Münter erfundenen Trockenofens, in welchem die zwischen Draht- gitter oder durchlöcherte Blechplatten gelegten Packete mit Pflanzen einem durch Feuer ausgedörrten Luftstrome ausgesetzt werden. 64. Jeder Reisende wird gewisse Pflanzen einzusammeln Gelegenheit haben, welche zur definitiven Austrocknung einen unverhältnissmässig grossen Zeitraum erfordern. Hierzu gehören besonders hinsichtlich ihrer Wurzel- theile alle Zwiebelartisen Gewächse und die Erdorchideen, ferner trocknen alle Succulenten oder Fettpflanzen selbst bei beständigem Wechsel der Z/wischenlagen oft in vielen Wochen nicht aus, so dass man auf Mittel sinnen muss, um das Trocknen derselben zu beschleunigen. - Das einfachste Mittel besteht darin, dass man je nach Erforderniss die ganze Pflanze oder nur ihre Wurzeltheile in siedendes Wasser taucht. 65. Nach vollzogenem Abbrühen ist grosse Sorgfalt auf das Wechseln der Zwischenlagen zu legen, da die davon betroffenen Theile sehr leicht faulen und schimmeln. Dieses Wechseln muss bei Tage mindestens alle 6 Stunden erfolgen. Abgebrühte Exemplare dürfen nur ganz leicht gepresst werden, da sie sonst vollständig zerdrückt werden. 66. Zwiebelartige Pflanzentheile müssen unter allen Umständen, selbst nach vorgenommener Halbirung und bei Anwendung des Längsschnitts, ab- gebrüht werden, weil sie sonst entweder faulen oder schimmeln oder aus- wachsen und frisch zu treiben beginnen. Knollen von mehliser Beschaffen- gegen wie Zwiebeln behandelt werden. Oft erheischen auch die Blätter und Stengel der Abbrühung. 67. In manchen Fällen wendet man auch das Abbrühen da an, wo in Folge des Trockenprocesses ein Abfallen der Blätter ete. zu befürchten steht. deren Blätter und Früchte nur nach geschehenem Abbrühen im Zusammen- hange bleiben. fordern, müssen. von den übrigen getrennt in eigenen Packeten untergebracht werden. Der Reisende wird sich der fortgesetzten Mühe des Umlegens durch Anwendung von Gittern entziehen können. Succulente Gewächse werden mit doppelten oder dreifachen Zwischenlagen versehen zwischen die Gitter geschnürt und diese der Sonne und dem Winde ausgesetzt (vor Thau zu % bewahren) sich selbst bis zu ihrer völligen Austrocknung überlassen. Ein Abbrühen der für die Gitter bestimmten Pflanzen ist unzulässig. ge 69. Die zum Austrocknen der Pflanzen ohne Wechsel der Zwischen- i lagen dienenden Gitter bestehen aus einem Netzwerke von Draht, welches zwischen einem eisernen Rahmen von der Grösse des Papierformats ausge- spannt ist. Auch ‚hölzerne Gitter sind verwendbar, und der Reisende kann sich selbst leicht derartige Holzgitter verschaffen, indem er eine Anzahl dünner Holzstäbe (Rohr, gespaltene Palmzweige, Bambus u. dergl.) der Quere und der Länge nach über und unter den Packeten ausbreitet und die Stäbe da, - wo sie vorragen, fest zusammenschnürt. 70. Die in den Gittern enthaltenen Pflanzenpackete können nur in dem Falle des Umlegens entbehren und sich selbst überlassen werden, wenn dieselben _ in zusammengepresstem Zustande keine grössere Dicke erreichen als etwa 5 bis 10 Centimeter. Bei sehr fleischigen Pflanzen darf man nur 5 bis 6 Einlagebogen und 10 bis 15 Awischenlagen in ein und dasselbe Gitterpacket einschnüren. D. Verpackung und Aufbewahrung getrockneter Pflanzen. 71. Erst nach gänzlich vollendetem Trocknungsprocesse dürfen die Ein- lagebögen mit den Pflanzen aus den Zwischenlagen genommen und sich selbst überlassen, zu einzelnen Packeten zusammengebunden werden. 72. Man erkennt den vollendeten Trocknungsprocess eines Exemplares an der völligen Starrheit aller seiner Theile. Wenn man ein trockenes Exemplar aufhebt, so müssen alle seine Theile in derselben Lage zu ein- ‚ander verharren, welche sie vorhin zwischen dem Papiere einnahmen. 73. Die Einlagen mit den trockenen Pflanzen werden ohne weiteres sorgfältiest auf einander geschichtet und zu Packeten vereinigt, welche man in Mappen von Pappdeckel schnürt. 74. Um das spätere Ordnen der Sammlung zu erleichtern, empfiehlt es sich, solche Einlagebogen, welche trocken gewordene Exemplare, ein und der- ormirt wird. Geschieht dies nicht, so muss ein jeder Bogen eine Abschrift ‚des auf die betreffende Art bebuglichet Ziettels enthalten. 75. Die zum Zuschnüren IE Packete mit getrockneten Pflanzen dienen- den Mappen muss der Reisende in entsprechender Menge vorräthig mit sich führen. Mittelstarke Pappdeckel, deren Format das zur A ge- langte Papier um eines Fingers Breite nach allen Seiten überragen muss, brauchen nur Büros kten zu ee N Knollen müssen da- Dies gilt besonders für die Conservirung der Exemplare von Feigenbäumen, 68. Pflanzen, die voraussichtlich eine lange Zeit zum Austrocknen er- - selben Art enthalten, in einem Umschlagbogen zu vereinigen, bevor das Packet X f 04 354 ß Schweinfurth. werden je mit 6 Einschnitten versehen, durch welche Bänder von Fingerbreite (leinene oder baumwollene Stränge) hindurchgezogen werden, die zum Zu- schnüren dienen. 76. Die gefüllten Mappen dürfen an Höhe die Breite ihres Formats nicht überschreiten. 77. Gegen Insectenfrass kann man getrocknete Pflanzen nur durch Ein- tauchen in eine Lösung von Sublimat in Spiritus (5, vom Gewichte des letzteren) vollständig schützen. Alle anderen Mittel haben sich auf die Dauer als unbrauchbar erwiesen. Da das Sublimatisiren der Exemplare indess, der noehmaligen Trocknung halber, eine sehr zeitraubende Manipulation erfordert, so wird der Reisende nur selten Zeit und Musse finden, es vornehmen zu können. Er wird daher wohl daran thun, die Packete der Art zu embal- liren, dass ein Eindringen der Insecten von aussen mindestens sehr er- schwert werde. 78. Auch gegen den Einfluss der Feuchtigkeit müssen solche Packete sorgfältig geschützt werden. Ein sehr gutes Mittel dagegen, und zugleich sehr geeignet, Insecten abzuhalten, ist in dem Kautschuksafte gewisser Ge- wächse dargeboten, wie man sich denselben frisch in verschiedenen Tropen- ländern verschaffen kann. Mit diesem milchartigen Safte (von Feigenbäumen, von Asclepiadeen und Sapotaceen) bestreicht man Papierbogen und hüllt in dieselben die zu schützenden Packete. In manchen Fällen wird auch geöltes Papier einen willkommenen Schutz’ gegen äussere Einflüsse gewähren. 79. Vor Termiten, Ameisen, Ratten und Mäusen Sehitzt, man die Pflan- zenpackete durch Aufhängen hoch über dem Boden. 80. Zur Versendung packt man die Pflanzenpackete am besten in gut- schliessende Holzkisten. Befürchtet man Schaden durch Nässe auf dem Trans- port, so ist auch ein Einschluss in verlöthete Blechkisten oder Blecheinsätze in Holzkisten zu’ empfehlen. In keinem Falle aber darf das Verlöthen der- selben vorgenommen werden, bevor man sich nicht vom absolut trockenen Zustande der Packete überzeugt hat. Halbfeuchte (durch atmosphärische Einflüsse) Packete bewirken im hermetisch geschlossenen Raume eine häss- liche Schwärzung der Exemplare. Die Verpackung nimmt man an sonnen- klaren Tagen vor, nachdem man die einzelnen Packete zuvor für einige Stunden der Sonne exponirt hat. 81. Eine einfache Umhüllung in Leinewand und andere weiche Stoffe reicht nicht aus, da die Packete nicht nur gegen Nässe, sondern auch gegen Druck und Quetschung zu hüten sind. Passirt die Sendung auf ihrem Wege nach Europa dürre Gegenden, Wüsten etc., so ist anzunehmen, dass die Exemplare unterwegs äusserst brüchig werden, so dass ein wiederholter, un- gleichmässiger Druck den Pflanzen grossen Schaden zufügen kann. 82. Zoologische Sammlungen, überhaupt Gegenstände von anımalischer Substanz dürfen in keinem Falle in die für die Pflanzenpackete bestimmten Kisten mit verpackt werden. Dagegen können Mineralien, Petrefacten, Holz- proben (völlig trockene) und metallene Gegenstände gut zur Ausfüllung der leeren Räume verwandt werden. Letzteres empfiehlt sich auch vom Gesichts- punkte der Raum- und Gewichtsersparniss aus, da allein mit trockenen Pflan- zen gefüllte Kisten unverhältnissmässig leicht zu sein pflegen, ein Umstand, der bei Kameeltransporten und dergl, wo weniger für das Gewicht als für das Volumen einer Last gezahlt wird, besondere Berücksichtigung verdient. DER Mr ” i ” “ } " i Sammeln und Conserviren von Pflanzen Haherer Ordnung. =. _ Conserviren der Pflanzen auf feuchtem Wege. 83. Unter 62 und 63 ist auf die grossen Schwierigkeiten aufmerksam gemacht worden, denen der Reisende in manchen Gegenden beim Trocknen ' der Papiere und beim Aufbewahren der bereits getrockneten Pflanzen begesnen wird; zugleich wurde auf die Unzweckmässigkeit gewaltsamer Dörrprocesse bei Herstellung von Pflanzensammlungen in solchen Ländern hingewiesen. x ‘Um nun das Conserviren von Pflanzen unter allen Verhältnissen, Helber mitten im Regen, zu ermöglichen,. habe ich die in folgenden Artikeln beschriebene Methode ersonnen, die ich bereits mit grossem Erfolge zur Ausführung zu Fi. bringen vermochte und daher als etwas schon Bewährtes allen Reisenden Supfehlen kann. 84. Alle pflanzlichen Gebilde, da sie in en Grade von Luft und wässrigen Säften erfüllt, als Thierkörper, sowohl durch unzählige Oeffnungen als auch durch das endo- und exosmotische Vermögen ihrer Zollnemhrene mit dem sie umgebenden Medium in einen direceten Austausch der Stoffe treten können, vornehmlich aber in Folge der in der Regel weit geringeren Massivität ihrer Theile, lassen sich weit leichter und schneller durch anti- septische Mittel (dampfförmige so gut wie flüssige) conserviren als thierische N Körper irgend welcher Art. 3: 85. Die wohlfeilsten und zuverlässigsten Conservationsflüssigkeiten sind Spiritus oder Carbolsäure, Glycerin, Sublimat und Kochsalz in wässeriger oder alkoholischer Lösung. Die beiden letztgenannten Lösungen sind nur in gläsernen oder glasirt-thönernen Gefässen anwendbar. 86. In allen den genannten Flüssigkeiten werden Pflanzen sofort con- servirt, sobald man sie hinein gethan. Ein nachfolgender Wechsel der angewandten Flüssiekeit, wie dies bei thierischen Körpern erforderlich ist, fällt weg. HN 87. Eine starke Kochsalzlösung in Wasser empfiehlt sich ihrer leichten r Beschaffung halber besonders zur Conservirung von Früchten. Indess müssen dieselben darin völlig untergetaucht sein und untergetaucht erhalten werden, sie dürfen nicht einmal die Oberfläche berühren, da sonst an den der Luft exponirten Theilen unfehlbar Schimmelbildung Platz greift. Auf den sorg- fältigsten Verschluss ist daher zu achten, damit während des Transports die Flüssigkeit sich nicht verringere. 88. Will man Gewächse durch Immersion conserviren, so genügt bei Anwendung von Spiritus eine verdünnte Lösung von ein- bis zweimal mehr Wasser als Spiritus. 89. Pflanzen, welche (mit der” Bestimmung später am Bestimmungsorte _ getrocknet zu werden) durch eine Flüssigkeit conservirt werden sollen, kann man nicht durch einander in die Gefässe thun, sondern sie müssen mit ihrem "Papier, wie sie als Einlagen (unter 21) frisch von der Excursion zum Stand- “quartiere gebracht worden waren, und zu Bündeln vereinigt in den Gefässen untergebracht werden. 7% 90. Die Etiquettirung der für die CÖonservirung auf feuchtem Wege bestimmten Pflanzen muss vermittelst eines mittelweichen Bleistiftes von ge- nügender Schwärze (Faber No. 2) vorgenommen werden, da mit Tinte ge- _ schriebene in den meisten Füllen unleserlich werden. 91. Die geeignetsten Gefüsse zn diesem Zwecke sind vierkantiee Blech- büchsen, welche oben offen und mit umgebogenen Rändern versehen sein _ müssen, um das Auflöthen eines Deckelblechs zu gestatten. Sie müssen in ALOE, au wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 25 386 Schweinfurth. ihrem Längs- und Breitendurchmesser das Format der Einlagen um eines Fingers Breite überragen. 92. Das passendste Metall zur Anfertigung dieser Büchsen ist starkes Zinkblech; minder zweckmässig erscheint Weissblech, da das Eisen desselben von den durch den Spiritus ausgezogenen Pflanzensäften beeinflusst, leicht eine schwärzliche Färbung der eingeschlossenen Pflanzen veranlassen kann. 93. Das Füllen der Btichsen mit den frischen Einlagen ist auf folgende: Art vorzunehmen. Man formirt aus den Einlagen drei mehrmals über das Kreuz zusammengeschnürte Bündel ohne Pappendecken anzuwenden. Die drei Bündel müssen zusammen bei leichtem Zusammendrücken dem dargebo- tenen Raume ungefähr entsprechen. Alsdann stellt man zwei der Bündel so in die leere Büchse, dass sie zur Rechten und zur Linken an den Seiten- wänden derselben lehnen. Nun treibt man das dritte Bündel keilartig zwi- schen die beiden ersten hinein, und die Büchse ist wohlgefüllt. Um das Hineingleiten des keilartigen Bündels zu erleichtern, umgiebt man die Bündel mit einem (nicht unter die Umschnürung derselben zu bringenden) losen Umschlagebogen von glattem, starren und starken Packpapier (Carton- oder Actendeckelpapier). 94, Die Füllung mit Flüssigkeit kann erst nach ransggsans nn Einschieben der Pflanzenbündel vorgenommen werden. Da nun Gefässe von der unter 91 angedeuteten Grösse ein sehr bedeu- tendes Gewicht (20 bis 25 Kilo) erreichen würden, falls man sie ganz mit einer Conservationsflüssigkeit füllen wollte (20 bis 30 Liter), so empfiehlt es sich zur Erleichterung des Transports, die Conservirung nur durch Ein- wirkung des Spiritus in dunstförmiger Gestalt bewerkstelligen zu lassen. 96. Spiritus und in mindestens zwanzigmal stärkerem Grade, Oarbol- säure leisten auch in dampfförmiger Gestalt denselben Dienst, als wenn die Pflanzen ganz in diese Flüssigkeiten eingetaucht worden wären. Wenn man Blüthen und Blätter verschiedener Art (sowohl succulente wie zarte) in eine Flasche einschliesst, auf deren Grunde sich ein mit Spiritus oder Carbol- säure getränkter Schwamm befindet, so wird man noch nach Jahren an ihnen keine andere Veränderung wahrnehmen, als höchstens ein Ausbleichen der Mehrzahl ihrer Farben; dennoch waren sie an jeder unmittelbaren Berührung mit der conservirenden Flüssigkeit völlig gehindert. 97. Die mit nelenmengenlten Papzerbündeln versehenen Blechbüchsen brauchen daher nur zum kleinsten Theile mit Spiritus gefüllt zu sein, um jeder Fäulniss ihres Inhalts vorzubeugen. Es genügt, die eingeschlossene Papiermasse durch allmäliges Berieseln mit Spiritus zu durchtränken, was nur ein dem 6. Theil des Büchsenvolumens “gleichkommendes Quantum er- heischt. 98. Der Sammler darf nicht ausser Acht lassen, dass zu dem unter 97 beschriebenen Verfahren ein nicht zu verdünnender, möglichst hochgradiger Spiritus erforderlich ist. Oarbolsäure, obgleich les mindestens zwanzigste Theil der erforderlichen Spiritusmenge ausreicht, dürfte sich aus Rücksicht auf den Kostenpunkt und die beim nachherigen Trocknen unvermeidlichen Exhalationen übelster Art für unseren Zweck minder empfehlen als Spiritus. 99. Das Zulöthen muss der Reisende entweder eigens erlernen oder er muss es durch Sachkundige bewerkstelligen lassen, da diese Arbeit mehr Uebunug und Geschick erheischt, als man auf den ersten Blick zu vermeinen glaubt. 100. Der Reisende versehe sich. mit einem Vorrathe der durch nichts zu ersetzenden Löthapparate. KT. Löthkolben grösserer Form. 2. Zinn in Stangen. 8. Salzsäure in möglichst kleine Fläschchen abgefüllt und mit a u Stöpseln. 101. Die Verpackung der gefüllten Büchsen zum Transport geschieht in Holzkisten, in welche eine Anzahl der ersteren genau hineinpassen muss. "Bei der grossen Brüchigkeit des Zinkblechs ist wohl auf diesen Umstand zu achten. Weiche Papiere zwischen die einzelnen Büchsen (als Polster) ge- than, werden zum Schutz derselben gegen Stoss und Schlag =: Uebrige thun. 102. Sind die Blechbüchsen mit den in Spiritus conservirten Piauaa an ihrem Bestimmungsorte angelangt, so werden die Bündel herausgezogen und die einzelnen Einlagebögen mit Pflanzen sorgfältig von einander abge- hoben und wie frische zwischen Zwischenlagen getrocknet. | 103. Mit Spiritus getränkte Exemplare von Pflanzen trocknen kaum AN schleuniger als frische; ein wiederholtes Wechseln der Zwischenlagen ist daher erforderlich. 104. Ich resumire in Kürze die Vorzüge und Nachtheile der haupt- sächlich unter 89—103 erläuterten Methode der Pflanzenconservirung. Man wird sehen, wie sehr die ersteren die letztgenannten überwiegen. R Vorzüge: 1. Grosse Zeitersparniss für den Sammler. Der Reisende kann die Zeit, welche er sonst auf das Trocknen der Pflanzen verwendet, weit er- RN Br spriesslicher für die Herstellung von Zeichnungen und nen snalian sen Ei derselben an Ort und Stelle verwerthen. 2. Der Reisende kann ohne die unter 44—82 beschriebenen Manipu- lationen vorzunehmen, Pflanzen und Pflanzentheile jeder Art auf das leichteste conserviren. x 3. Der Reisende kann zu jeder Zeit, auch wenn Regen tagelang anhalten he sollte, die Pflanzen conserviren. u 4. Der Reisende geniesst da, wo ihm kein genügender Raum zum Trock- nen der Papiere geboten, wie beispielsweise auf den engen Fahrzeugen ! der Flüsse, oder auf Küstenfahrten in kleiner Barke, den Vortheil Br einer leichteren Manipulation und bedarf keines sehr grossen Papier- ei vorrathes. “ 5. Die einmal conservirten Pflanzen sind ein für alle Mal gegen Ein- “ flüsse von Feuchtigkeit und Nässe gegen Schimmelbildung, sowie gegen Insectenfrass und gegen Ratten und Mäuse sichergestellt. 6. Hat der Sammler in der Hast des Zusammenraffens die Pflanzen schlecht eingelegt, so steht nichts im Wege, um sie nachher in Europa von neuem auszubreiten und besser zurechtzulegen. 7. Brüchige Pflanzen oder solche, welche leicht in ihre Theile zerfallen, - durch Abwerfen der Blätter, durch Abgliederung der Blüthen- und Fruchttheile, durch Aufspringen und Zerfall der Fruchtgebilde selbst, nehmen in Folge der Behandlung mit Spiritus ein weit festeres. Ge- füge an. Zugleich geben die Exemplare nach erfolgter Trocknung später eine weit grössere Geschmeidigkeit und Biegsamkeit aller Theile zu erkennen, als wenn sie auf gewöhnlichem Wege getrocknet wor- den wären, 8, Viele Pflanzen besitzen die Eigenthümlichkeit, nach erfolgtem Trock- - mungsprocesse schwarz zu werden; man nennt solche Arten „ni- grescirende“. Durch die Einwirkung des Spiritus fällt dieser, die Kar 95% 388 10. SS Schweinfurth. spätere Untersuchung sehr erschwerende Uebelstand entweder gänzlich R weg.oder er tritt nur in weit beschränkterem Grade ein. Für das spätere Studium der gesammelten Pflanzen erwächst der grosse Vortheil, dass man sich beim Oeffnen der Büchsen Proben von Blüthen und Früchten im safterfüllten Zustande herauszunehmen und in Glaskölbehen mit Spiritus aufzubewahren vermag, um diese Theile einer ebenso genauen Analyse unterziehen zu können, wie sie an der frischen Pflanze dargeboten erscheinen. Das zur endgültigen Sicherung eines Herbars gegen Insectenfrass unerlässliche Sublimatisiren wird auf weit einfacherem Wege ermög- lieht, da man nach Oeffnung der Blechbüchsen nur die erforder- liche Lösung des Giftes auf die bereits durchnässten Pflanzen zu giessen braucht, bevor man sie definitiv trocknet. Nachtheile: Grösserer Kostenaufwand. Erschwerter Transport auf Landreisen. Stärkeres, wenigstens frühzeitigeres Ausbleichen der pflanzlichen Farb- stoffe, das übrigens im Laufe der Jahre auch bei den bestgetrock- neten Pflanzen unausbleiblich ist. en a ET Das Sammeln von Reptilien und Fischen. Von | A. Günther. | N # ry ° Ä I. Reptilien. Soweit es nur immer zulässlich ist, sollen alle Arten von Reptilien in iritus aufbewahrt werden. 2 in Stehen dem Sammler genügende Geldmittel zu Gebote, so wähle der- selbe den besten und stärksten Weingeist der zu haben ist; derselbe kann _ dann auf der Reise mit Wasser oder schwächerem Spiritus verdünnt werden, bis er auf die gewünschte Stärke gebracht ist. Es ist oft schwierig während der Reise sich mit Spiritus zu versehen, und desshalb thut der Reisende MN. wohl daran, eine genügende Quantität mitzunehmen, was ja bei Seereisen i _ keine Schwierigkeit haben kann. Nächst reinem Weingeiste empfiehlt ich der grösseren Billiekeit halber Methylirter Spiritus; doch halten sich meiner Ki Erfährung gemäss, Exemplare lange nicht so gut in dieser Flüssigkeit; und Re man sollte ihn nie für die Conservation besonders schätzbarer Exemplare, By oder solcher, die später genau anatomisch untersucht werden sollen, anwen- ‘den. Ist dem Sammler der Vorrath an Spiritus ausgegangen, so kann er Arac, Cognac, Rum oder irgendwelche weingeisthaltige Flüssigkeit, die gerade Dr zu haben ist, anwenden, vorausgesetzt dass dieselben den nöthigen Spiritus- gehalt besitzt. Im allgemeinen kann man sagen, dass Spiritus, der ic sofort, ohne vorhergehendes Erwärmen, durch eine daran gehaltene Flamme } . entzündet, zur Conservation von Thieren tauglich ist. N Es ist aber bei weitem besser, wenn sich der Sammler mit einem oder zwei jener einfachen Maasse, Hydrometer*) oder Alkoholometer, versieht, mit elchem Chemiker und Destillirer die Stärke des Spiritus messen, und wo- *) In den folgenden Angaben über die Stärke des Spiritus habe ich mich der % schen Bezeichnungen bedient. Auf dem englischen Hydrometer bezeichnet O einen ritus (proof-spirit), dessen speeifisches Gewicht 0,92 ist, und der nach Beck’s Hydro- 14,8%, nach Cartier’s 22,5° und nach Baume’s 22° stark ist. Spiritus von 10° ) Stärke nach dem englischen Hydrometer, hat ein specifisches Gewicht von eine Stärke von 16,5° nach Beck, von 24° nach Cartier, und von 233° nach ırend Spiritus von 10° unter O0, 13,1° nach Beck, 21° nach Cartier, nd aumd stark wäre. ct iR 390 Günther. mit man ohne alle Mühe und mit Sicherheit bestimmen kann, ob der Spiri- tus noch tauglich ist. Der Spiritus, in welchem Exemplare für die Dauer der Reise verpackt werden, sollte 15° bis 20° über O stark sein. Es ist gerathen, mit dem Spiritus irgend ein Brechen erregendes oder sonst Ekel verursachendes Mittel zu vermischen, um Unberufene zu verhin- dern, die Flüssigkeit für sich selbst zu verwenden. Ferner wird der Reisende einen kleinen Destillirapparat höchst nützlich fin- den, da er mit Hilfe. desselben seinen eigenen Vorrath von geschwächtem und verunreinigtem Spiritus, oder den schlechten Liqueur, der ihm als Rum verkauft wird, destilliren und bis zur gewünschten Stärke bringen, ja unter Umständen sich eine geringe Quantität Spiritus selbst bereiten kann.*) Na- türlich wird der Reisende bei der Wahl und Zusammensetzung des Apparats darauf bedacht sein, Glas möglichst zu vermeiden, und dasselbe durch Metall zu ersetzen. Von Gefässen erwähne ich zunächst diejenigen, welche der Reisende zu täglicher Verwendung nöthig hat. Höchst zweckmässig sind vierkantige Büchsen aus Zink, von 18 Zoll Höhe, 12 Zoll Breite und 6 Zoll Weite. Dieselben haben auf ihrer oberen Fläche eine runde Oeffnung von 4 Zoll im Durchmesser, welche durch einen starken Zinkdeckel von 5 Zoll Durch- messer verschlossen und durch ein Schraubengewinde in der Oeffnung fest- gehalten wird. Um den Verschluss zu sichern, wird ein :Kautschukring. unter dem Rande des Deckels befestigt. Jede dieser Zinkbüchsen steht ın einem genau anschliessenden Holzkasten, dessen oberer Deckel mit Charnier und Riegel versehen ist, und der auf zwei Seiten einen Handgriff von Leder oder Flachs hat, um die Büchse bequem von einem Ort zum andern bringen zu können.**) Solcher Büchsen bedarf der Reisende zwei bis vier, und er steckt darein alle diejenigen Exemplare, welche er Tag für Tag erhält, um sie darin vom Spiritus, der von Zeit zu Zeit erneuert wird, durchtränken zu lassen, und sie für einige Zeit unter stetiger Beobachtung zu haben, bis das Gefäss voll ist, oder die Objecte zur endlichen Verpackung tauglich sind. So praktisch und bequem diese Büchsen sind, so können sie natürlich auch durch einfachere Gefässe ersetzt werden, z. B. gewöhnliche irdene Töpfe, die durch Kork oder Kautschuk verschlossen sind. Die Bedingungen, welche für diese Ge- fässe nothwendig sind, wären nur die 1. dass sie geräumig sind, 2. dass sie eine weite Oeffnung haben, 3. dass sie so verschlossen werden können, dass der Spiritus nicht verdunstet, und dass man sie ohne Mühe jeden Augen- blick öffnen kann. Gefässe, in welchen die Gegenstände bleibend verpackt und auf die Heimreise geschickt werden, bestehen in Zinkkasten von verschiedener Grösse, welche in genau anschliessende Holzkisten gestellt werden. Es ist jedoch zu vermeiden, dass die Kisten nicht zu gross gemacht werden, da durch einen übermässigen Druck die Objecte selbst leiden, und sich mit der Zu- nahme des Gewichts die Gefahr für die Kiste selbst ‚steigert. Eine solche Kiste mit in Spiritus conservirten Gegenständen sollte höchstens einen *) Das zuerst von Sir Samuel Baker gemachte Experiment ist seitdem von andern Reisenden erfolgreich wiederholt worden. *%) Diese Büchsen sind nach dem Muster der Ammunitionsbüchsen der englischen Armee gemacht, und haben sich im Dienste des Britischen Museums als sehr prak- tisch bewährt. 391 Valle von 18 BE ihilkfuss ‚haben, a was, dem Bedürfnisse der Exemplare gemäss, an Länge zugesetzt ren muss, ist in der Tiefe oder Breite der Kiste abzunehmen. Am zweckmässigsten, aber nicht für alle Fälle aus- reichend, sind eine Reihe kleinerer Kisten von 2 Fuss Länge, 14 Fuss Breite und 1 Fuss Tiefe. Der Reisende kann nun diese Kisten fertig zu- ‚sammengesetzt mit sich nehmen, und darin Gegenstände, welche während der Reise verbraucht werden, verpacken; oder er kann der Raumersparniss halber nur die Zinkplatten, welche zur passenden Grösse geschnitten sind, mit- nehmen, um sie selbst an Ort und Stelle zusammenzufügen; er wird an keinem Orte Schwierigkeit finden, sich die nöthigen Holzkisten zu verschaffen. Unter allen Umständen muss er sich aber mit einem Löthapparat versehen, und sich mit dessen Gebrauch wohl vertraut machen. Auch eine- Scheere zum Schneiden der Zinkplatten ist nützlich. Holzfässer eignen sich nicht gut (namentlich nicht in heissen Ländern) zum Transport von Spiritusexemplaren. Man sollte sich derselben nur im. Nothfalle, oder zur Verpackung der grössten Exemplare, oder eingesalzener Gegenstände bedienen. Sehr kleine oder leicht zu verletzende Exemplare sind nicht mit grösseren zusammenzupacken ‚ sondern in kleinen Flaschen oder Töpfen Bond zu conserviren. Conservirungsmethode. — Alle Reptilien, mit Ausnahme sehr grosser Schildkröten, Krokodile und Alligatoren (über 4° Länge), und Schlan- gen (über 10° Länge), eignen sich zur Conservation in Spiritus. =—— Man mache einen tiefen Einschnitt in die Magengegend, und einen zweiten in einiger Entfernung vor dem After, so dass eines Theils der die Fäulniss be- fördernde Inhalt des Magens und Mastdarms entleert wird, anderntheils der Spiritus schnell Eingang zu den Weichtheilen im Innern des Körpers findet. Die Exemplare werden nun in eine der oben beschriebenen Handbüchsen gebracht, um ihnen durch den Spiritus die wässerigen Bestandtheile zu ent- ziehen. Nach wenigen Tagen (in heissen Klimaten schon nach 1 oder 2 Tagen bringt man solche Exemplare in die zweite Handbüchse mit stärkerem Spiritus, und lässt sie darin S—14 Tage. Zeigt sich am Ende dieser Zeit, dass die Exemplare fest und wohlerhalten sind, so kann man sie in demselben Spiritus bis zur Zeit der finalen Verpackung belassen; sind sie aber weich, und fliesst aus ihnen ein durch Blut missfarbig gewordener Schleim ab, so müssen sie für kürzere oder längere Zeit in frischen und wenigstens 10° starken Spiritus gebracht werden. Exemplare, welche deutliche Zeichen von Fäulniss tragen, werfe man weg, da durch solche der Inhalt der ganzen Kiste gefährdet ist, und dieser alsdann nur zu häufig zu Grunde geht. In gleicher Weise darf man nie Gegenstände, welche schon angefault sind, ehe sie in Weingeist kommen, zur Conservation annehmen; sie taugen höchstens noch zum Abbalgen, oder zum Skelett. Der Spiritus, der bei diesem provisorischen Process verwendet wird, wird natürlich schwächer und schwächer. So lange er noch 15° unter 0, oder in heissen Klimaten 10° unter 0, ist, kann er immer noch zum ersten Stadium der Conservation verwendet, werden. Fällt er aber unter diesen Grad, so kann ihn der Sammler, welcher nicht die Mittel hat, ihn zu destil- liren, nur so weiter benützen, dass er ihn zunächst durch gepulverte Kohle filtrirt, und dann mit Zusatz von sehr starkem Weingeist wieder auf den nöthigen Stärkegrad bringt. Viele Reisende machen aber den Fehler, dass sie solchen Weingeist, den sie auf die angegebene Weise wiederholt ee haben, zu oft und zu lange benützen, Die Flüssigkeit erhält in kurzer Zeit 392 Günther. 4% 'so viele Fäulnissstoffe, dass dieselben nicht durch oe des stärksten ritus überwunden werden können, und den Zersetzungsprocess bald den best- erhaltenen Exemplaren mittheilen. Anwendung des Geruchsinnes, häufige Untersuchung der in Weingeist gelegten ‘Exemplare, und einige Uebung werden dem Sammler bald seine gewonnenen Schätze sichern. Hat der Sammler eine ans Anzahl wohlconservirter Exemplare beisammen, so werden deseiben bald möglichst auf die Heimreise gesandt. Sie werden gesondert in alte Leinwandlappen gewickelt, und so dicht als möglich in die Zinkkiste verpackt. Es darf kein freier Raum oben oder auf den Seiten gelassen werden, damit der Inhalt der Kiste keinen Schaden durch das unvermeidliche Rütteln nehmen kann. Ist die Kiste voll, so wird der Deckel, in dessen einer Ecke ein etwa 4 Zoll im Durchmesser enthalten- des Loch Saale ist, aufgelöthet. Durch das Loch füllt man nun die Kiste langsam mit 20° ankam Spiritus und trägt Sorge, dass womöglich alle Luft durch die Flüssigkeit ausgetrieben wird. Hat man sich hiervon überzeugt, so löthet man ein kleines viereckiges Stück Zink über das Loch. Um endlich sicher zu sein, dass der Verschluss vollständig gelungen ist, dreht man die Kiste um, und lässt sie über Nacht stehen, wobei es sich bald herausstellt, wenn ein Leck vorhanden ist. Conservation sehr grosser Reptilien. 1. Schildkröten. — Eine gefangene grosse Schildkröte zum Zwecke der Conservation zu tödten, ist keine leichte Sache, da man die Weise; in der zum Essen bestimmte Schildkröten getödtet werden, nicht anwenden kann. Der Reisende wird sich also zunächst fragen, ob es nicht möglich ist, das Thier lebend nach Europa zu bringen, da es ohne Nahrung in einem Winkel des Schiffes 10—12 Monate leben kann. Ist dieses aber nicht thunlich, so dürfte es das Beste sein, mit einem langen Messer an der Wurzel des Halses gegen das Herz einzudringen, um nes Organ selbst, oder doch einige grosse Gefässe zu durchschneiden und das Thier durch Verblutung een zu lassen. Es ist nicht schwierig, sowohl das Skelett als die Haut zu bewahren; muss aber das eine oder das andere geopfert werden, so ist es wichtiger, das erstere zu erhalten. Zunächst hat man den Bauchschild abzuheben, indem man den schmalen Isthmus jeder Seite durch- sägt, und dann mit dem Messer sorgsam die vorne und hinten anhaftende Haut ablött. Man führt dann duscı die Haut einen geraden Schnitt vom Kinn in der Mitte bis zum Ende der Brust, und nachdem die Haut nach rechts und links wegpräparirt worden ist, kann man alle Weichtheile, sowie den grössten Theil der Muskulatur von Hals, Extremitäten, Schulter- und Beckenknochen entfernen. Der Kopf ist der einzige Theil, der einige Mühe - macht, da man an demselben möglichst wenige Weichtheile zu lassen hat, und hierbei die Haut oder der Knochen leicht verletzt werden. Soll ausser dem Schild und den Knochen auch die Haut erhalten werden, so muss man ihre ganze innere Seite, sowie die Knochentheile mit Arsenikseife bestreichen. Alle Theile werden nun in die Höhlung des Schildes zurückgebogen, und in dieser Lage getrocknet. Sind sie trocken, so bringt man den Bauchschild in seine natürliche Lage zurück, und hält ihn darin durch einige Windungen mit einer Schnur fest. Diese Methode ist auch bei kleineren Schildkröten anwendbar, wenn der Reisende mit seinem Spiritusvorrath sehr sparsam zu Werke zu gehen hat. ur VE AS 1 idel unverletzt bleibt, damit wenigstens dieser Theil gerettet ist, im Falle die Haut zu Grunde ginge. Für die Conservation der Haut ist eine wieder- "holte Einreibung (mit einer Bürste) einer starken Alaunlösung, der einige | Gran Sublimat beigefügt sind, zu empfehlen. Vollständige Skelette grosser Krokodile und Alligatoren sind auffallenderweise ziemlich selten in Samm- - Jungen, und deren Beschaffung ist äusserst wünschenswerth. Es ist hierbei ' viel besser, wenn der Sammler die Knochen in ihrem natürlichen Verbande a belässt, und das Skelett nur von der Masse der Muskulatur befreit, und in EN mehrere leicht zu verpackende Stücke getrennt, nach Hause schickt, als wenn er die Maceration und vollständige Reinigung an Ort und Stelle unter- ‘ nimmt, da er auf letztere Weise sich nur der Gefahr aussetzt, einzelne Knochen zu verlieren. Der Sammler sollte aber zu jedem Skelett den äusseren Rücken- und Bauchpanzer des Exemplars zu bewahren suchen, da nur so die richtige Bestimmung des Species gesichert wird. N 3. Schlangen — “line eine De von 10 Fuss überschreiten, können nicht in Spiritus aufbewahrt werden; ja Pythonen, welche bekanntlich einen verhältnissmässig grossen .Körperumfang haben, sind schon, ehe sie diese Grösse en für diese Präparationsmethode unpassend. Sie müssen abgehäutet werden, aber nicht in der Weise, wie es häufig geschieht, dass _ man nämlich nur hinter dem Kopfe einen kurzen Schnitt macht, und dann _ die Haut mit dem daran hängenden Kopfe über den Körper zurückstülpt, ‘da so die Schuppen zu sehr verzerrt werden. Es ist viel besser, mit einer Scheere die ganze Mittellinie des Bauches und Schwanzes aufzuschlitzen, und die Haut nicht allein von vorne nach hinten, sondern auch von der Bauch- nach der Rückenseite vom Körper al Ion. Eine "solche Haut nimmt nicht sehr viel Raum ein, und wird, wenn andere Verhältnisse es ‘erlauben, besser in Spiritus, als getrocknet conservirt. Der Kopf bedarf dann selbstverständlich ebenfalls keiner weitern Präparation. Ä Grosse Riesenschlangen werden so häufig lebend nach Europa gebracht, dass die meisten Museen sich mit guten Skeletten versehen können, und es sich desshalb nicht der Mühe lohnte, wenn ein Sammler sich ein solches _ ÖObjeet während der Reise verschafite. Anders würde es sich mit den hu grössern Seeschlangen (Hydrophis) verhalten, auf die ich weiter unten zurück kommen werde. Wenig erforschte Reptilien-Faunen. — Um den Reisenden, der nicht Fachmann ist*), einen Begriff zu geben, in welchen Ländern das Sammeln von Reptilien ders erfolgreich sich erweisen würde, ist es einfacher, diejenigen Gegenden zu bezeichnen, deren Reptilienfauna ziemlich Di gründlich durchforscht ist. Solche mehr öde weniger bekannte Theile sind r nun | Europa (mit Ausnahme von Griechenland ad Sicilien), Nordamerika, 'amaica, Trinidad, die Küstenstriche von ganz Südamerika, Nordafrika, ds ap der guten Hokhäng: die Küstenstriche von West- el Östa das Bl. inentale Indien uuter englischer Herrschaft oder Protektorat, Ceylonn Die folgenden Bemerkungen (hier, wie im _ späteren Artikel über die Fische) erhaupt für Männer geschrieben , die Herpetologie und Ichthyologie nicht zum A. adium gemacht haben: da der Herpetologe und Ichthyologe so gut als ich, N weiss und was er an Ort und Stelle untersuchen und beobachten kann. i 394 Günther. ‚ Java, die Nachbarschaft der europäischen Ansiedelungen in Borneo, die Philip- pinen, die Küstengegenden China’s von Hongkong bis zum Breitegrade von Peking, der südliche Theil von Japan, der südöstliche Theil Australiens, Tas- manien und Neuseeland. Natürlich lassen sich noch manche interessante Ent- deckungen in den genannten Gegenden machen, allein es gehört nicht unbedeu- tende Sachkenntniss dazu, dieselben zu erkennen. In allen übrigen Welttheilen mag der Reisende getrost alle ihm zustossenden Reptilien sammeln, da die- selben schon der Localität halber Werth haben. Ist er nicht im Stande, Seltenes und Werthvolles von den schon wohlbekannten Arten zu unter- scheiden, so kann er nicht besser zu Werke gehen, als wenn er jede unter- scheidbare Art nur in etwa 6 Exemplaren sammelt. Zur Lösung wichtiger biologischer und geologischer Fragen ist es von grosser Bedeutung, die Fauna isolirter Inseln, sowie der einzelnen Inseln einer Gruppe genau zu erforschen. Der Reisende, dem sich eine solche Ge- legenheit bietet, wird also sich Mühe geben, die Reptilien solcher Inseln auf's sorgfältigste zu sammeln, und dabei Sorge tragen, dass der Fundort aller Exemplare aufs genaueste bezeichnet ist. Es ıst bekannt, dass manche Reptilien, wie kleine Geckonen, und Schlangen (Lycodon, Typhlops) zufällig auf Schiffe gerathen, und durch dieselben in sehr entfernte Gegenden transportirt werden. Auch kleine Schildkröten werden oft in grösserer Anzahl durch Matrosen von einer Tropengegend in die andere gebracht. Es ist interessant, solche Fälle zu notiren, da sich auf diese Weise manche anomal erscheinende Vorkommnisse von Thieren in Ländern, wo man sie nicht erwartet, erklären lassen. In Gebirgsgegenden muss man über die Höhe, in welcher die einzelnen Exemplare gefangen wurden, möglichst genaue Angaben sammeln, oder wenigstens bemerken, welcher Vegetationszone dieselben eigenthümlich sind. In Bezug auf die einzelnen Ordnungen mag der; Reisende noch beson- ders auf folgende Punkte sein Augenmerk richten: Schildkröten: — Es ist, wie schon oben angeführt, äusserst wichtig, ausser dem Panzer noch soviel als möglich von dem Skelette zu conserviren, und ganz besonders den Schädel, von welchem Theile man in neuerer Zeit gefunden hat, dass er in der Classification und Artbestimmung dieser Thiere eine besondere Rolle spielt. Höchst interessant ist die Erwerbung der riesigen Landschildkröten, welche früher auf den Mascarenen in grosser An- zahl lebten und zum Theil schon jetzt ausgestorben sind. Sie sollen im wilden Zustande nur noch auf der Insel Aldabra vorkommen. Man bringe sie womöglich lebend nach Hause; und da sie häufig an Orten, die weit von ihrer eigentlichen Heimath entfernt sind, verkauft werden, so ziehe man möglichst genaue Erkundigungen über ihre Herkunft ein. In Mauritius, Bourbon, den Seyschellen und in Rodriguez sind sie ausgestorben, dagegen finden sich noch an gewissen Localitäten in diesen Inseln ihre Knochen- überreste in grosser Anzahl. Solche Ueberreste sind äusserst werthvoll, besonders wenn der Reisende ihre Ausgrabung selbst überwacht, und sich die Mühe giebt, die Knochen, welche zusammengefunden werden, und daher wahrscheinlich demselben Individuum angehören, durch angeschriebene Num- mern zu kennzeichnen. Solche grosse Landschildkröten finden sich auch auf den Gallapagosinseln, und ir alte und grosse Exemplare (bis über 4 Fuss Länge) werden alljährlich seltener. Sie sind — als ausgestopfte oder skelettirte Exemplare — sehr werthvoll. Die Schildkröten der verschie- denen Inseln des Gallapagos Archipels gehören verschiedenen Arten an; der Sammler würde sich also nicht A begnügen, nur von einer Insel ae RUN 5 sie nenn zu a den eine Reihe junger und elle ‚In- Heibe so Ei eichden dass jede Möglichkeit einer spätern Coikision en Lo- ‚calität ausgeschlossen ist. Die Ünterscheiding der grossen Flussschildkröten (Trionyx), welche sich in den Strömen des tropischen Asiens und Afrika’s finden, ist in neuester Zeit in schwierige Verhältnisse gerathen: und die gegenwärtig herrschende Unsicherheit ist in keiner andern Weise zu entfernen, als dass man auf's neue alle Arten ohne Unterschied in grosser Anzahl sammelt. N Es ist also dem Sammler zu empfehlen, so viel als möglich Exemplare von ER, % allen Altersstufen mit genauer Angabe der Localität, und immer mit dem Schädel, zu bekommen zu suchen. Es wäre dabei namentlich interessant, Exemplare, welche in copula gefunden wurden, zu erhalten. Das Sammeln von Seeschildkröten scheint wenig Aussicht auf belohnende be Resultate zu liefern. Ausserordentlich grosse Exemplare, und namentlich das S; . Skelett der Lederschildkröte (Sphargis) sind in den Museen sehr gesucht. | Ueber die Fortpflanzungsweise der letzteren Art, die über alle warmen und gemässigten Meere spärlich verbreitet zu sein scheint, weiss man noch sehr RN wenig; auch wäre es wichtig, in den Eischalen eingeschlossene Embryonen er in verschiedenen Entwickelungsstadien zu erhalten *). BR. Saurier. — Ueber die Lebensweise und Fortpflanzungsart der Eidechsen ae weiss man verhältnissmässig noch sehr wenig, und wo der Reisende Gelegen- BR. heit hat, für längere Zeit eine oder die andere Art dieser Thiere zu beobachten, Bi - sollte er alles notiren, was ihm als eigenthümlich erscheint. Wie anziehend DE, und belehrend solche Behealkirahen sein können, davon kann man sich über- Be; zeugen, wenn man Gosse’s ne von Anolis in „A Naturalist’s so- E journ in Jamaica“ oder von nelelmlaspankıns in Darwin’s „Journal“ liest. Br Beobachtungen an lebenden Thieren gewinnen oft eine besondere Tragweite, ” wie z. B. erst kürzlich der Versuch gemacht wurde, durch die angeblich eigenthümliche hüpfende Locomotion der australischen Krageneidechse (Chla- mydosaurus) gewisse Fussspuren mit den fossilen Dinosauriern in Zusammen- hang zu bringen. Um von vielen Desideraten nur noch eines zu erwähnen, dürfte es sich wohl der Mühe verlohnen, die Amphisbänen lebend zu beobachten, da man von ihrer Lebensweise und Fortpflanzung so gut wie nichts weiss. Von bekannten Sauriern mögen noch einige namentlich erwähnt werden, welche der Sammler in möglichst vielen Exemplaren zu bekommen suchen sollte, da sie von beinahe allen Museen gesucht sind: die Krokodile und Alligatoren der südamerikanischen Ströme (mit Ausnahme des gemeinen Crocodilus americanus), den Gavial Borneo’s, die Krokodile und Gaviale des tropischen Australiens, die neuseeländische Hatteria, das mexicanische Helo- derma, die grossen Eidechsen der Gallapagos-Inseln (Trachycephalus und Öreocephalus), die gehörnte Iguana von Hayti (Metopoceros). Schlangen. — Es ist dringend zu empfehlen, die kleinen und in Farbe meist unscheinbaren Arten nicht zu vernachlässigen. Viele derselben leben _ perpetuirlich unter dem Boden oder sind nächtliche Thiere, deren man nur durch Aufwühlung des Bodens oder durch Suchen in verwitternden Stoffen E habhaft werden kann. Sodann sollten die Seeschlangen, deren es eine grosse ..,”) Embryonen aller Art, welche in Rischälen eingeschlossen sind, werden im f stärksten Spiritus aufbewahrt, nachdem man mehrere Löcher in die Eischale ge- stossen At, und die vorhandene Flüssigkeit hat ablaufen lassen. 396 Günther. Anzahl von Arten und Abarten giebt, ein Gegenstand besonderer Aufmerk- samkeit sein. Mit Ausnahme Her gemeinen pP laturus und Pelamys kann der Sammler ohne Unterschied alle Exemplare annehmen, muss aber dabei ganz genau die Localität, resp. geographische Länge za Breite, sich ver- zeichnen, wo die Exemplare gefunden wurden. Biker Seeschlangen in den Meeren nördlich von Australien, erreichen eine nicht unbedeutende Grösse, und es ist wünschenswerth, dass der Reisende selbst die grössten in Wein- geist conservirt; solche Exemplare bedürfen eine verhältnissmässig längere Durchtränkung mit starkem Spiritus und öfteren Wechsel desselben. Viele Schlangen sind während des Lebens mit äusserst bunten Farben geziert, welche nach dem Tode verschwinden. Ist der Reisende ein Zeichner, so sollte er, wenn er Zeit hat, sich eine Skizze der Schlange machen, worin die Färbung während des Lebens soweit angedeutet ist, dass man mit ihrer Hülfe später eine vollständige Zeichnung der Art machen kann. Batrachier. — Bekanntlich bietet diese Classe in Bezug auf Fort- pflanzung und sexuelle Verhältnisse viele merkwürdige Erscheinungen. Hat der Reisende Gelegenheit, während der Fortpflanzungsperiode eine oder meh- rere Arten zu beobachten, so mag er es möglich finden, von dem Mutter- thiere Eier zu erhalten, deren Entwickelung zu beobachten, und die Larven in verschiedenen Entwickelungsstadien zu conserviren. Solche Larven, über deren richtige Artbestimmung dann kein Zweifel herrschen kann, sind für das Studium dieser Thiere werthvoll, während Larven, über deren Herkunft man nichts weiss, ganz werthlos sind. Es scheint auch, dass in tropischen Gegenden die Metamorphose, wie sie an den europäischen Batrachiern beobachtet wurde, in manchen Arten sehr modifieirt ist, ja zum Theil noch vor dem Absetzen der Eier stattfindet; dass in kälteren Regionen dagegen die Entwickelung sehr retardırt ist; dass in wasserarmen Ländern die Eier in besonderen schützenden Hüllen vor dem Eintrocknen bewahrt, und so oft in Entfernung vom Wasser angetroffen werden. Alle derartige Verhält- nisse sollten an Ort und Stelle untersucht werden. Von dem grossen Sala- mander Japan’s kennt man die Larve nur aus’ rohen japanesischen Abbil- dungen; über seine Fortpflanzung sowie über die vieler sogenannter Perenni- franchier weiss man noch nichts. Endlich bieten die Coecilien ein weites Feld für ähnliche Beobachtungen; die Jungen haben einen feinen äussern Kiemenfaden, und leben — wenigstens in den Seyschellen — für eine unbe- kannte Periode im Wasser. 5 Literarische Hülfsmittel. — Ist der Bezirk, den nn Reisende besuchen will, bestimmt und irgendwie begrenzt, so wird sich der Reisende über die existirende Literatur leicht orientiren können. ‚Der verstorbene. so glückliche Reisende, Andrew Smith, sammelte die Abbildungen aller Thiere, welche von der durch ihn zu erforschenden Capcolonie bereits be- kannt waren; und von den Abbildungen von Werken, welche ihm nicht zur freien Verfügung standen, machte er sich Copieen. In dieser Weise ver- schaffte er sich ein compendiöses Material, mit dem er sich auch in den Fächern, die er nicht‘ speciell kannte, leicht orientiren konnte. Erstreckt sich dagegen die Reise eines Sammlers auf sehr verschiedene Welttheile, so dürften ihm die foigenden herpetologischen Werke von Nutzen sein: Ein allgemeines Werk, das nun aber eben jetzt sehr antiquirt ist, den- noch aber die grösste Masse belehrenden Inhaltes darbietet, ist Dumeril et Bibron, Erpetologie generale. Paris 1834 et segqg. 8. Im 8 Bänden, mit verhältnissmässig wenigen Abbildungen. =. (} f f \% ; 2 NH 2 ara RS AR EN ER A 05, Specialwerk über die Schildkröten: ray; er E., a (sund mit einem Specialwerk über Eidechsen: = e, J. E., Catalogue of Lizards. Lond. 1845. 16. Veraltet, aber doch noch das letzte Werk über diese Ordnung. : upplement to the Catalogue. Lond. 1870. 4. Specialwerke über Schlangen: | Schlegel, H., Essai sur la physiognomie des Serpens. Leide (ohne Datum). 8. Atlas in Fol. Ein seiner Zeit classisches, und für das Studium der Schlangen unentbehrliches Werk. Der Atlas enthält "Abbildungen der Köpfe einer grossen Anzahl von Arten. Günther, A., Catalogue of Colubrine Snakes. Lond. 1858. 16. Enthält nur die nicht-giftigen Landschlangen, und ist jetzt durch die Menge seither entdeckter Arten noch unvollständiger geworden. Jan et Sordelli. Iconographie des Ophidiens. Milan 1360 et seqg. 4. Unvollendet und ohne Text. Die grosse Anzahl abgebildeter Arten wird dieses Werk dem Sammler besonders nützlich machen. BR, Specialwerke über Batrachier: Bi Gray, J. E., Catalogue of Batrachia gradientia. Lond. 1850. 16. Br Günther, A., Catalogue of Batrachia salientia. Lond. 1858. 4. en } Mit einer Anzahl Abbildungen vereinigt dürften sich dem Reisenden _ haltende Cataloge des Britischen Museums am meisten empfehlen. MM. Fische, Die Behandlung von Fischen, welche in Spiritus conservirt werden ‚sollen, stimmt so sehr mit der von Reptilien überein, dass Anweisungen hierüber nur eine Wiederholung des in dem vorhergehenden Abschnitt Ge- sagten sein würde. Man benütze denselben Spiritus und dieselbe Art von Gefüssen, halte aber womöglich während der Entwässerungsperiode Fische, Batrachier und Reptilien getrennt. Man hat im Auge zu behalten, dass Fische viel mehr Wasser enthalten, als Reptilien, und dass devolo dee gewandte Spiritus viel schneller Ba, und ein öfterer Wechsel desselben nothwendig ist. In grösseren 2 Fuss born) und sehr fleischigen Fischen dringt der Spiritus nur sehr langsam in das Innere, und während die äus- seren Theile im besten Erhaltungszustande erscheinen, sind die inneren Theile plaren tiefe Einschnitte oder Stiche in grösserer Anzahl in die Musculatur des Rückens und Schwanzes zu machen (ausser den beiden früher erwähnten - Bauchschnitten), um dem Spiritus Zutritt in die Muskeln zu verschaffen. Ferner habe ich wiederholt bemerkt, dass einzelne Fische sehr verschiedener _ zustammen scheinen (gewisse Gadoiden, Trigloiden, "Cobioiden etc.) un- gemein schnell in Fäulniss zerfallen. In einer Sammlung von 50— 60 vo dieser eigenthümlichen Weise verhalten, und die alle ohne Ausnahme in efindet. Bemerkt der Sammler eine solche rasche Auflösung in einer Art, Bet zu rathen, die Exemplare sofort in den stärksten Spiritus zu setzen, d dieselben für sich in einem besondern Gefässe aufzubewahren und zu | Es ist um so gerathener, diese Mühe auf solche Exemplare zu en da sie meistens zu den interessantesten Funden gehören werden. ER | ue of Shield Reptiles.. Part. I. Lond. 1855. 4, Mit 42 Tafeln; die billigen, compendiösen, eine grosse Anzahl geographischer Angaben ent- über und um die Wirbelsäule in Fäulniss. Man hat also bei diesen: Exem- - Familien, welche aber das gemein hen dass sie aus grösseren Tiefen her- Arten sind es oft die Exemplare von nur einer Art, welche sich in Stücke zerfallen sind, während der Rest sich im besten Erhaltungszustand 398 Günther. Man benütze keine Fische, welche ihre Schuppen verloren haben; solche, die, wie die häringsartigen Fische, dieselben leicht verlieren, wickle man in ein Papier oder Stück Leinwand, ehe sie in Spiritus gesetzt werden. Hie und da kommt es in heissen Klimaten vor, dass es dem Sammler nicht mit dem stärksten Spiritus gelingt, seine Exemplare vor Fäulniss zu beschützen, ohne dass er die Ursache auffindet, welche diese Wirkung her- beiführt. In diesen Fällen ist es gerathen, dem Spiritus etwas Arsenik oder Sublimat zuzusetzen; der Sammler sollte aber seinen Correspondenten von dieser Oonservirungsmethode benachrichtigen. In früheren Zeiten bewahrte man Fische aller Art, selbst die von ge- ringer Grösse, getrocknet als plattgedrückte Häute, oder im ausgestopften Zustande auf. Da solche Exemplare nur die alleroberflächlichste Unter- suchung zulassen, so haben alle besseren Museen diese Conservationsmethode aufgegeben, und sie sollte nur unter solchen Umständen angewandt werden, wo es, wie auf langen Landreisen und bei grosser Schwierigkeit des Trans- ports, absolut unmöglich ist, Spiritus und Oonservationsgefässe in genügender Menge mitzunehmen. Rathsam ist es dabei, wenn der Reisende vor dem Abhäuten des Fisches eine Skizze macht und dieselbe colorirt, im Falle die Art eine auffallende Färbung zeigen sollte. Ich mag bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass es zwar höchst wichtig ist, eine Sammlung mit nach dem Leben colorirten Zeichnungen zu begleiten, dass auf der andern Seite aber Zeichnungen, deren Originalien nicht zu gleicher Zeit conservirt wurden, einen nur untergeordneten Werth besitzen. Sehr grosse Fische können natürlich nur im getrockneten Zustande conservirt werden; und dem Sammler ist dringend zu empfehlen, die grössten Exemplare zu präpariren, die er sich verschaffen kann. Da dieses mit ziem- lich grosser Mühe und vielen Kosten verbunden ist, so sieht man in den Museen verhältnissmässig sehr wenige Exemplare von beträchtlicher Grösse, und viele Arten kennen wir nur von kleinen, jugendlichen Individuen. Soll von einem grossen beschuppten Fische die Haut conservirt wer- den, so führt man mit einer starken Scheere einen Schnitt vom vordersten Theil der Kehle, entlang der Mittellinie des Bauches, an der Basis der Afterflosse vorüber bis zur Schwanzflossenwurzel, und von hier aufwärts an der Basis der Schwanzflosse bis an deren Rückentheil. Die Haut wird nun auf der einen Seite des Fisches bis zur Mittellinie des Rückens wegpräparirt, und wenn man an die die Flossen stützenden Knochen angekommen ist, schneidet man dieselben durch, oder löst sie in den Gelenken ab, so dass alle Flossen an der Haut verbleiben. Die Ablösung der Haut von der andern Seite des Fisches ist dann leicht. Schwieriger ist die Präparation des Kopfes und der benachbarten Theile. Am besten trennt man die beiden Hälften des Schultergürtels in der Mittellinie der Kehle, drückt sie nach rechts und links auf die Seite, und schneidet dann den vordersten Theil der Wirbelsäule durch, so dass jetzt nur noch der Kopf und die Schulterknochen an der Haut hängen. Diese Theile müssen nun von innen heraus von allen Weichtheilen möglichst gesäubert werden; kleinere Knochen, wie die des Zungen- und Kiemenapparates entfernt man mit den Weichtheilen. Ist dieses geschehen, so reibt man die ganze Innenseite der Haut und der von Fleisch entblössten Stellen mit Arsenikseife, stopft in Höhlen und Zwischen- räumen Baumwolle oder anderes weiches Material, und legt endlich zwischen die beiden Hautlappen eine dünne Lage desselben Materials, worauf das Exemplar getrocknet wird und zur Versendung fertig ist. 2 4 EDEN‘ nee von Reptilien und daher Grosse unbeschuppte Knochenfische, wie Siluroiden und Störe werden in derselben Weise abgebalgt; da aber ihre schuppenlose Haut in ein Bündel aufgerollt werden kann, so können sie in Spiritus verpackt werden, N wobei sich der Reisende die Mühe des Reinigens des Kopfes ersparen kann. Skelette grosser Knochenfische sind eben so werthvoll, wie ihre Haut. Im Allgemeinen werden sie ebenso behandelt, wie die Skelette grosser Sau- rier. Der Sammler hat dafür Sorge zu tragen, dass soviel von den äusseren Theilen erhalten bleibt, dass man die Art bestimmen kann, da es sonst meist unmöglich ist, mehr als das Genus zu bestimmen. BR Es ist bekannt, dass einzelne Haifische eine Länge von 30 Fuss und | einzelne Rochen eine Breite von 20 Fuss erreichen; ja einige ganz zuver- 2 lässliche Angaben gehen noch über diese Maasse hinaus. Es ist höchst wünschenswerth, von diesen Colossen Exemplare für Museen zu bekommen; und die Anschaffung derselben ist bedeutend durch den Umstand erleichtert, dass sich die Conservation in Salz für die Häute aller Haie und Rochen eignet. Der Abbalgungsprocess von Haien ist im Allgemeinen derselbe wie bei Knochenfischen. Bei Rochen führt man aber nicht blos einen Längs- schnitt von der Schnautzenspitze bis an das Ende des fleischisen Theiles 2 des Schwanzes, sondern auch einen Querschnitt über den breitesten Theil der Bauchseite. Auch andere Schnitte, die zur Entfernung von Weichtheilen nöthig sind, können ohne Schaden an der untern Seite des Fisches gemacht werden; doch ist es nicht nothwendig, sehr scrupulös hierbei zu Werke zu sehen. Die abgezogene Haut wird in ein Fass gebracht, das mit einer eoncentrirten Salzlösung, welcher man Alaun beigemischt hat, angefüllt wird; dabei wird man wohl thun, den Kopftheil, der am meisten Weichtheile an - sich hat, am obern Ende des Fasses zu behalten, damit man ihn unter den Augen hat und nöthigenfalls die Flüssiekeit sofort erneuern kann. Ist die - Flüssigkeit durch das der Haut entzogene Wasser und Blut sichtlich schwächer geworden, so erneut man sie in toto. Endlich nimmt man die Haut aus dem Fasse, breitet sie aus, lässt sie möglichst abtrocknen, bedeckt ihre ganze innere Fläche mit einer dünnen Schicht trockenen Salzes, rollt sie auf (die- N sesmal den Kopf nach innen) und verpackt sie fest in einem Fasse, auf @ dessen Boden eine Salzlage ist, und indem man alle Zwischenräume mit i Salz anfüllt. Das Fass selbst muss vollständig wasserdicht sein. Bei allen Individuen, welche der Sammler auf diese Weise conservirt, müssen die verschiedenen Längenmaasse genau vom vollständigen Thiere ge- nommen werden, um dem Ausstopfer später zur Wiederherstellung der rich- tigen Proportionen zu dienen. Wenig erforschte Fisch-Faunen. — In der gründlichen Durch- suchung der Süssen Gewässer ist noch so wenig geschehen, dass man eigentlich nur die Flüsse Central-Europa’s, den untern Nil, den untern und * mittleren Ganges, und den untern Theil des Amazonenstroms als Gebiete bezeichnen kann, an denen Sammeln ohne Unterschied sich nicht belohnen } würde *), Etwas besser verhält es sich mit den oceanischen Distrieten: be- : BE eorteren Erfolg dürften die folgenden versprechen: der arktische Ocean, alle Küsten der südlich vom 3g0 südlicher Breite gelegenen Länder und Inseln, das Cap der Guten Hoffnung, der Persische Golf, die Küsten von Australien (mit Ausnahme von Neu-Südwales) und Neu-Guinea, die Insel- Ä Pr *) Es ist hier zu erwähnen, dass keine Gelegenheit vessäumt werden sollte, Ge- 3 wässer, welche sich in Höhlen finden, genau zu untersuchen und zu erforschen, ob he dieselben Be (oder andere Thiere) beherbergen. 400 ' ; Günther. gruppen des Stillen Oceans, die Küsten des nordöstlichen Asiens vom 35° nördl. Breite, die westlichen Küsten von Nord- und Südamerika. Manche Entdeckungen und Beobachtungen werden sich in den nichtgenannten Meeres- strichen machen lassen; in den aufgezählten Distrieten ist aber verhält- nissmässig noch so wenig geschehen, dass kein Sammler verfehlen kann, werthvolle neue, oder doch wenigstens in den Museen sehr seltene Arten nach Hause zu bringen. An keine Art von Seefischen knüpft sich ein grösseres Interesse, als an die, welche beständig in der hohen See leben und nur selten sich den Küsten nähern (pelagische Fische), und an solche, welche für den Aufenthalt in grossen Tiefen organisirt sind, und nur zufällig an die Ober- fläche kommen (Tiefsee-Fische). Was die letzteren betrifft, so weiss man 'schon seit einer Reihe von Jahren, dass in sehr bedeutenden Tiefen (von 1000 und mehr Faden) eine beträchtliche Mannigfaltigkeit von Fischen vorkommt und dass dieselben durch gewisse Eigenthümlichkeiten, die hier auseinanderzusetzen nicht der Platz ist, so charakterisirt sind, dass man sie sofort als Bewohner grosser Tiefen erkennen kann. Die Tiefen selbst, in denen diese Fische leben, genau numerisch zu bestimmen, ist mit den bis- herigen Beobachtungen nicht möglich, und jeder Beitrag, der in dieser Rich- tung Aufschluss giebt, ist höchst willkommen. Der Fische selbst wird man nur selten habhaft; und die englischen und amerikanischen Deep sea-explo- rations der letzten Jahre haben in dieser Beziehung äusserst wenig geleistet, einmal, weil die dabei betheiligten Männer von der Existenz dieser Fauna keine Kenntniss gehabt zu haben scheinen, und dann, weil die Dredge sich nicht dazu eignet, die Fische zu fangen. Da alle Tiefsee-Fische gefrässige Raubfische sind, so dürften sich zwei Fangmethoden empfehlen. Die eine wird an der portugiesischen Küste und bei Madeira wirklich von den Fischern ausgeübt, welche sich einer starken, bis 800 Faden langen Schnur bedienen, an deren einem Ende ein Gewicht, und von da an in entsprechenden Zwi- schenräumen Angeln befestigt sind; kurz, eine Angelschnur, deren man sich auch beim Stockfischfang bedient. Eine zweite Methode, die man aber kaum in grösseren Tiefen, als 400 Faden, wird anwenden können, wäre die, dass man Körbe, die aus Rohr oder galvanısirtem Zink nach Art der Hum- merkörbe construirt sind *), an geeigneten Orten versenkt, und sie nach 12 oder 24 Stunden untersucht. ® Alle Tiefsee-Fische sind so zerbrechlich, dass ihre Conservation ganz besondere Aufmerksamkeit erfordert, und es verlohnt sich, dieselben in Lein- wand eingewickelt für sich in einem Gefässe aufzubewahren. Das Sammeln von pelagischen Fischen, welche an der Oberfläche leben, ist mit weniger Schwierigkeiten verbunden. Der Sammler sollte nie ver- säumen, das Schleppnetz zu gebrauchen, so oft es der Capitain und das Wetter erlauben; auf diese Weise erhält man die kleinen Arten, sowie die höchst interessanten Jugendzustände der grösseren: Fischchen, welche oft kaum eine Länge von 2—3 Linien haben. Viele dieser ‚Fische kommen nur während der Nacht an die Oberfläche des Wassers. Grösserer Fische kann man sich natürlich nur mit der Angel oder der Harpune bemächtigen. Gegenstände, die auf der hohen See treibend angetroffen werden, wie Holzstücke, Körbe, grössere und kleinere Massen von Flechten u. s. w. ver- *) Diese Körbe sind domförmig, mit flachem Boden von 2—21/, Fuss Durch- messer, und mit einer oben in der Mitte angebrachten, einwärts gestülpten Oeffnung von 6 Zoll Durchmesser. da sie- meistens: von. : Eisen aller. A are N Ganz besonders: ver- nders reiche Ausbeute von Fischen alas Art, deren man sich hier mit " Angel sowohl als mit den oben erwähnten Bi hlörhen bemächtigen kann. Für alle in der offenen See gefangenen Exemplare ist der Da und E reitegrad des Fundortes genau zu notiren. Die Classe der Fische bietet eine so ausserordentliche Mannigfaltigkeit der Form und Lebensweise dar, und in Bezug auf letztere ist so wenig be- _ kannt, dass es unmöglich ist, den Reisenden auf alle Verhältnisse A. Stande sein wird. Es wird jedoch nützlich sein, mit einigen allgemeinen Bemerkungen, welche sich auf diese Aufgabe des Sammlers een, dieses Capitel zu schliessen. deutenden Nahrungsartikel Feder Kchon bilden (frisch oder zur Expor- _ tation), oder einen solchen bilden können. Es verdienen also besondere Aufmerksamkeit die Störe, die Gadus-Arten, die Thyrsites und Chilo- Ä dactylus der südlichen Meere, die Salmonoiden, die Clupeoiden und andere. So ist es bekannt, dass die Lachse, Sardellen, Anjovis etc. in sehr ver- i schiedenen Weltihälen vorkommen, und dass es nur darauf ankömmt, ihr Bin _ Vorkommen in genügender Menge zu constatiren, um neue wichtige Handels- quellen Bülsudchliessen. N Auf der andern Seite ist es bekannt, dass das Fleisch vieler Seefische eonstan, oder zu gewissen Jahreszeiten ade sn gewissen Localitäten giftige Sigenschaften besitzt: und es wären namentlich über die Ursache lese ! Mi. * entieken Verhaltens, auch über die Natur des Giftes und seine samkeit auf andere Thiere Beobachtungen zu machen. a Andere Fische, deren Fleisch ganz an checleh, ja schmackhaft ist, be- sitzen in den Sichel des Kopfes, der Flossen oder des Schwanzes Gift- ei, organe, und secerniren eine beträchtliche Menge von Gift in besondere Säcke; sie vergiften den Menschen durch Verwundung: es wäre höchst wünschens- | werth, dieses Gift am frischen Fische zu untersuchen und damit zu experi- mentiren. Alle Verhältnisse, welche sich auf das Geschlecht und die Fortpflanzung beziehen, sind von besonderem Interesse: so also alle Geschlechtsunterschiede, Hermaphroditismus, numerisches Verhältniss der Geschlechter (ob monoga- misch oder polygamisch), Laichezeit und Wanderungen, Art der Absetzung _ des Laiches, Nestbau, Sorge für die Jungen u. s. w. Wie in andern Olassen des Thierreichs, so auch in den Fischen, treten ‚einzelne Arten höchst selten auf, und zwar in einer Weise, dass man sich ihre Seltenheit nicht allein aus eiwaiger localer geographischer Verbreitung ‚erklären kann. Es ist wahrscheinlich, dass solche Arten im Aussterben Ba _ griffen sind: und jede ‚Nachricht Aber die Lebensverhältnisse solcher Fische ist daher von ungemeinem Werthe. nen District bewohnen, zu einer viel bedeutenderen se heran s später, wenn in Folge energischen Fanges kein Individuum mehr die sserste Grenze des Wachsthums erreichen, nn Dr Sammeln are aber alle in einiger Entfernung vom Lande gelegenen Untiefen be- M ER Be. zu mächen, in denen er interessante Beobachtungen zu sammeln im Vor allem sind wichtig alle Angaben über Fische, welche einen a Ferner ist es Thatsache, dass alle Fischarten, so lange sie ungestört e 402 Günther: Das Sammeln von Reptilien und Fisehen. In heissen Gegenden, wo die Gewässer austrocknen, sind viele Fische - auf temporäre Luftathmung angewiesen, oder reisen beträchtliche Strecken über Land, oder fallen, in eine Höhle oder selbstgemachte Kapsel einge- schlossen, in einen Zustand der Torpidität. Eigene, selbst angestellte Beobachtungen hierüber sind von ungleich höherem Werthe, als was der: Reisende von den Eingeborenen hört. Auf der anderen Seite wäre es in- teressant, zu wissen, ob in der arctischen oder antarctischen Zone das Leben in von Eis eingeschlossenen Fischen sich erhalten kann, und wie lange. Parasitische Fische giebt es in der heissen Zone sowohl unter den marinen, als unter den Süsswasser-Arten. Sie sollten, womöglich für län- gere Zeit, unter den Augen des Beobachters in einem Gefässe gehalten werden. Es ist bekannt, dass die Temperatur des Blutes der Thunfische _ um mehrere Grade wärmer, als die anderer Fische ist. Wahrscheinlich sind die Thunfische nicht die einzigen, welche warmes Blut besitzen; man sollte hierauf namentlich auch die Haifische, und überhaupt alle grossen See- und Flussfische untersuchen. Viele pelagische Fische sind mit kleinen, glatten, perlmutterglänzenden oder weissen Körperchen besetzt, welche auf dem Körper rund und klein, am Kopfe (besonders am Auge) unregelmässig gestaltet und grösser sind. Ich habe die Hypothese (welche bisher nur auf eine von mir gemachte Beobachtung gestützt ist) aufgestellt, dass diese Körper Leuchtorgane sind, und diesen Thieren zur Beleuchtung ihrer Umgebung dienen. Da die Sco- peliden, welche mit solchen Organen versehen sind, sehr häufige pelagische: Fische sind, so kann ein aufmerksamer Reisender leicht diese höchst in- teressante Frage an frisch gefangenen lebenden Exemplaren lösen. Was endlich die literarischen Hülfsmittel betrifft, so giebt es eine ziemliche Anzahl faunistischer Publicationen, die hier aufzuzählen zu weit- läufig wäre, und welche der Reisende ohne Schwierigkeit in Erfahrung bringen kann. Als das neueste und vollständigste allgemeine Werk empfiehlt: sich Günther, A., Catalogue of Fishes. Lond. 1859 et seg. 8. In 8 Bänden. und ohne Abbildungen. Kann der Reisende über genügenden Raum verfügen, so wird ihm das folgende grosse Werk von Nutzen sein. Cuvier et Valenciennes. Histoire naturelle des poissons. Paris 1828 et seg. 8. In 22 Bänden und mit 650 Abbildungen. Dieses Werk behandelt nicht alle Fische, kann aber vervollständigt werden durch den 4. und 8. Band des erstgenannten Werks und durch a Müller u. Henle. Systematische Beschreibung der Plagiostonen. Berl. 1838. Fol. & Sammeln und Beobachten von Mollusken. Von: Ed. v. Martens. on jedem Reisenden leicht nebenbei betrieben en kann, wie denn auch . chon ‚sehr Viele, deren Reisen ganz anderen Zwecken gewidmet waren, die ‚ähnlichen Süsswassermuscheln desselben (Aetheria) entdeckte. Dennoch ist die Kenntniss der geographischen Verbreitung der Molluskenarten, namentlich ä - für die aussereuropäischen Länder, noch recht unvollkommen, und es ist da- - her jedem Reisenden, der andere Gegenden als die ganz gewöhnlichen, von Be en vielbesuchten Hafenplätze wie Rio Janeiro, Singapore etc. betritt, a Herz zu legen, das was er gelegentlich von Schnecken und Muschel, sieht, mitzunehmen, sie können dadurch der Wissenschaft mit leichter Mühe _ eimen guten Dienst leisten, vorausgesetzt, dass sie die Fundorte genau _ nmotiren. Dieses ist als die erste Regel jedes Sammelns und Beobachtens ' voranzustellen, sowohl des beiläufigen, als des ernstlicheren, eingehenden, nie für eine Einzelheit sich auf das Gedächtniss zu verlassen, das ja ganz beson- ‚ders auf Reisen durch die rasch sich folgenden neuen Eindrücke sehr in Anspruch genommen wird, sondern in jedem Falle alsbald ein Zettel- chen mit Angabe ae Fundortes, sei es auch nur mit Bleistift ge- schrieben, den gesammelten Stücken beizulesen und nie Stücke von hiadenkn Fundorten ungetrennt eiandar zv. ver- Irelken. So einfach und selbstverständlich diese Regel ist, so oft wird sie a Nachtheil der Wissenschaft und auch des Sammlers vernachlassiät; ganz Föhnliche Stücke können durch genaue Fundortsangabe ein wissenschaft“ es Interesse erhalten, und die seltensten, ja ganz neue Arten verlieren, onn der Fundort nicht angegeben werden Be "bedeutend an Werth. Dass enieher eben so sehr vor falschen Fundortsangaben, durch Verwechse- a Ein- oder Auspacken u. s. w. zu hüten habe, versteht sich von che aleghe, Autgaben können für den Augenblick vielleicht Interesse 404 v. Martens. - erwecken, als etwas Unerwartetes, Paradoxes, aber die Unrichtigkeit stellt sich doch früher oder später heraus und sie beeinträchtigen dann auch die Glaubwürdigkeit der richtigen Angaben desselben Sammlers. Der Reisende kommt sehr oft in den Fall, Conchylien in Kauf oder als Geschenk zu er- halten; diese Art der Acquisition ist auf den beigelesten Zetteln zu ver- merken und die Stücke sorgfältig von denen getrennt zu halten, welche man ‘ in derselben Gegend selbst aufgenommen oder in noch frischem Zustande von Fischern u. dgl. erhalten hat; denn man kann keine Garantie für ihren Fund- ort übernehmen. In Singapore, Pointe de Galle, Amboina kann der Reisende leicht ganze Muschelsammlungen kaufen; selbst noch ehe er das Dampf- schiff verlassen, bringen ihm Händler auf eigenen Booten dieselben entgegen; diese Oonchylien eignen sich vortrefllich, um Bekannten in der Heimat ein hübsches Geschenk von der Reise mitzubringen, einen wissenschaftlichen Werth darf man aber nicht von denselben erwarten; es sind mit wenigen Ausnahmen gerade diejenigen Arten, welche seit zwei bis drei Jahrhunderten in den europäischen Sammlungen verbreitet sind, und sie sind auch nicht für die geographische Verbreitung zuverlässig, da sie selbst einen Handels- und Tauschartikel zwischen den eingeborenen Kaufleuten der genannten Orte bil- den, je nach Ueberfluss oder Nachfrage. Anders ist es freilich mit einzelnen Stücken, die irgend ein dort wohnender Europäer oder intelligenter Einge- borener von einer bestimmten Reise nach einem anderen, weniger besuchten Orte mitgebracht hat; man kann dadurch öfters zu seltenen und interessanten Stücken gelangen, doch ist auch hier eine vorsichtige Beurtheilung der er- haltenen Angaben zu empfehlen. | Selbstthätiges eingehendes Sammeln und Beobachten kann überall, auch an den besuchtesten Hafenorten wie die beispielsweise oben genannten, noch interessante Resultate ergeben, es erfordert aber auch etwas Zeit und An- strengung, Neigung und wenigstens einige Vorkenntnisse Zweierlei ist da- bei ganz allgemein zu empfehlen, erstens auf die kleinen Arten beson- ders zu achten, da diese unter sonst gleichen Umständen stets die weniger bekannten, von früheren Sammlern übersehenen oder vernachlässisten sind, und zweitens die lebenden Thiere, soweit sie aus der Schale sich vor- strecken, sofort zu zeichnen. Die Schale lässt sich leicht bewahren und noch später von Anderen genau beschreiben und zeichnen; die Formen der Weichtheile des lebenden kriechenden Thiers, der Fühler, des Fusses, der Athemröhre gehen mit seinem Tode mehr oder weniger verloren, sie sind von sehr zahlreichen in unseren Sammlungen recht häufigen Arten noch nicht bekannt, und für die systematische Einordnung derselben von Werth; eine Art ist doch eigentlich nur unvollständig bekannt, so lange sie nicht während ihres Lebens und in ihrer Bewegung beobachtet und diese Beob- achtung bleibend aufbewahrt ist. Soviel zum Zeichnen der hauptsächlichsten Formen nöthig, erwirbt man sich bald und leicht bei etwas gutem Willen; kann man es künstlerisch und in Farben, um so besser, aber auch die ein- fache PRleistiftskizze hat ihren Werth und ist in den meisten Fällen lehr- reicher als eine Beschreibung mit blossen Worten. Ueber das Nähere, wie man die Thiere zum Hervorstrecken bringen kann und auf welche Theile man besonders zu achten hat, siehe weiter unten. Mühe und Zeitaufwand des Suchens und Sammelns kann man sich sehr erleichtern oder ganz ersparen durch Heranziehen der Eingeborenen, namentlich der Kinder derselben, denen man eine Kleinigkeit für jedes Stück oder für eine gewisse Anzahl derselben im Voraus verspricht. Diese kennen in der Regel die geeigneten Oertlichkeiten besser, lassen sich auch Beah ‚oder Bodenschwierigkeiten + weniger NE ji man ver- b gleich die Geduld, wenn sie auch anfangs nur schlechtes Zeug ‚ mache ihnen aber sobald als möglich den Unterschied zwischen ten, Ei setze man ihhen eine bestimmte Stunde a zu welcher allein man ihre "Sachen annimmt, wenn es nicht ganz etwas ee halliaie: ist, sonst äuft man Gefahr, alle fünf Minuten wegen eines werthlosen Stückes gestört zu werden. Dieses Verfahren hat den Vortheil, dass man in kurzer Zeit und ohne besondere Mühe eine grössere Anzahl von Exemplaren erhält; in der N esel bringen sie so lange immer wieder dasselbe, bis man es li mehr annimmt. Der allen Cbrchrliölogen bekannte „König der Sammler“ (H. Cu- ming) erhielt so einen grossen Theil seiner so zahlreichen Conchylien. Aus- ; schliesslich angewandt, hat es allerdings den Nachtheil, dass man die Thiere nicht in ihrer natürlichen Umgebung, die oft so charakteristisch für sie ist, Er zu sehen bekommt und dass man auch nicht immer leicht bezeichnen kann, ar was die Leute suchen sollen; wiederholtes Vorzeigen von Abbildungen der BR . gewünschten oder auch nur ähnlicher Arten ist hiefür zu empfehlen. Wo ge Zeit und Umstände es gestatten, ist das Richtieste, Selbstaufsuchen und Le Bringenlassen zu verbinden. a: WA: nicht der Mühe werth sei, mitzunehmen, darüber lassen sich | Bucht leicht allgemeine Regeln geben. In wenig besuchten Gegenden oder _ wenn man eine möglichst vollständige Sammlung der in eimem Bezirk vor- _ Na menden Arten als, ist Inch ein verbleichtes, selbst zerbrochenes Bi 3 Stück von Werth — so lange man kein besseres hat; nur zu oft geschieht es, dass man ein schlechtes Exemplar nicht mitnimmt, in der ana bald era ein besseres zu finden, und diese Zuversicht sich nicht bewährt. Aber wenn N _ man die Wahl hat, nehme man nur frische, lebende oder den lebenden an ‚Glanz und Farbe gleichende, unversehrte Stücke. Im Allgemeinen hat eine | verbleichte, abgeriebene oder zerbrochene Oonchylie, namentlich wenn die RT Mündung bei einer Schnecke, Wirbel und Schloss bei einer Muschel un- u & kenntlich geworden, keinen Werth, insbesondere keinen Geldwerth. Kleinere B Ba “Löcher an unwichtigeren Stellen hehe nichts an wissenschaftlichem und _ nur etwas an pecuniärem Werth. Unausgewachsene Schalen, neben gerin- gerer Grösse bei vollständiger Den der ala) vorhandenen Theile bei den Schnecken meist auch durch den dünnen geraden Rand der Mündung zu erkennen, mit den erwachsenen zu sammeln, ist von Interesse, SR nur nicht allzuviele, da sie allein kein Tausch- oder Verkaufsobject bilden; ROSE wenn man im Zweifel ist, ob etwas unausgewachsen oder eine besondere Art ER sei, thut man gut es mitzunehmen; in den meisten Fällen wird sich die Frage auch später noch durch Kundige lösen lassen. Wieviele Exemplare en lässt sich nicht im Allgemeinen be- * A da es ganz von den einzelnen Arten abhänet; bei ganz kleinen, - deren Gewicht und Volum praktisch nicht in die Wagschale fällt, soviel als Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass sie in den europäischen Sammlungen on zahlreich vertreten seien, also eine grössere Menge mitzunehmen, für A De! _ gewöhnlichen Zwecke des Reisenden sich nicht lohnt; handelt es sich ER ' um wenig besuchte EBena eh, namentlich nicht aritime, so nehme man ere Conchylien Keidern keinen Elondoren Schutz gegen Insecten, h oder Trockenheit; nur dem unmittelbaren ESDRER ee lasse 406 v. Martens, man sie nicht längere Zeit ausgesetzt, da sie dann leicht von der Lebhaftig- keit ihrer Farben verlieren, an Kim sogar Sprünge bekommen können. Beim Einpacken hat man nur gegenseitiges Reiben und Schütteln durch Ausfüllen aller Zwischenräume mit Baumwolle, Spreu oder dergl., bei zar- teren oder stachligen auch durch Einwickeln der einzelnen in Pre zu ver- hüten; sehr grosse und sehr kleine packt man nicht gern untereinander, son- dert erölnelhne die kleinen in eigenen Behältern ab; lessk ist bei dünnscha- lisen, daher leicht zerbrechlichen ganz nothwendig, man nimmt dazu kleine Schachteln jeder Art, Stücke eines Bambusrohrs, u. dgl. Lebend oder Auch frisch mit den er dihinllen erhaltene Oonchylien kann man auf verschiedene Weise behandeln. In gutem Spiritus erhalten sie sich soweit, dass man bei grösseren noch die gröbere Anatomie, bei allen, auch den kleinsten, wenigstens noch die wichtigeren Hartgebilde der Mund- organe, Zunge und Kiefer, studiren kann. Aber die Schalen leiden in Spi- ritus, meist verlieren sie mehr oder weniger Glanz und Farbe, so dass sie nach längerer Aufbewahrung darin im Trocknen äusserst unansehnlich, matt und blass werden und deshalb in den Sammlungen trockener Conchylien nicht gerne gesehen sind. Es ist daher zu empfehlen, bei hinreichender Anzahl nur einen Theil und zwar nur solche Exemplare, die unzweifelhaft noch die Weichtheile enthalten, in Spiritus aufzubewahren, die anderen aber von An- fang an trocken, um die Schale gut zu erhalten Wenn das Thier inner- halb seiner Soleil langsam abstirbt und fault, so verliert die Mündung meist dadurch auch an eur und Farbe. Das einfachste Mittel, die Thiere schnell und sicher zu tödten, ist, sie in siedendem Wasser einigemal aufwallen zu lassen; nur Ueberschütten mit siedendem Wasser ist nicht so sicher, da es die in die Schale zurückgezogenen Thiere öfters erst etwas abgekühlt er- reicht. Bei weitmündigen gewundenen Schalen lassen sich dann die Weich- theile in der Regel leicht mit einer Nadel, bei grösseren auch mit Pincette oder Messer Hera, man kann sich abs Herausziehen dadurch erleich- tern, dass man die Sehne near langsam nach der entgegengesetzten op Sun KEN aR, N 1 ur % ef dr Bei engmündigen oder langgewundenen Schalen geht das ısziehen nur unvollständig oder gar nicht; man thut dann wohl daran, ündung mit Baumwolle oder Papier dicht zu verstopfen, um sie und e Aussenseite der Schale vor den Fäulnissproducten im Innern zu schützen. 9 \usfressenlassen durch Ameisen oder Käferlarven mag in manchen Fällen N ut sein; meist fehlt aber Zeit und Gelegenheit dazu; Fliegenmaden stellen sich leicht von selbst ein, machen aber diese Arbeit zu unvollständig und zu unreinlich. Wenn das Thier einen Deckel hat, ist derselbe nach dem Herausziehen vom fleischigen Fuss zu trennen, was meist schon durch - Schieben mit dem Fingernagel geht, wo nicht, mit dem Messer, in die Mün- ' dung der Schale zu bringen und daselbst durch Baumwolle oder Papier- Be pfropfen festzuhalten. Zweischalige Muscheln schliessen meist, so lange sie Be: leben, fest zusammen; wenn sie aber matt werden oder todt sind, klaffen sie | etwas. Bei gewaltsamem Aufreissen zerbricht man leicht‘ den Rand. Man bringt daher nur eine Messerklinge fach in die Spalte und fährt damit hin und her, bis die Schliessmuskeln, meist zwei, einer vorn und einer hinten, durchschnitten sind; dann öffnet sich die Schale ohne Mühe weit und die übrigen Weichtheile lassen sich leicht mit Fingernagel oder Messerstiel los- schieben, nur die Muskelansätze verlangen in der Regel Abschaben mit der h k; Messerschneide. Das elastische Band, welches beide Muschelhälften zu- h _ sammenhält, zieht sich beim Trocknen so zusammen, dass die Muschel weit often steht und leicht bricht; man thut daher gut, sie gleich, so lange sie moch feucht ist, mit einem Faden fest zusammen zu binden und so trocknen zu lassen. Die losgelösten oder herausgezogenen Weichtheile der Muscheln ' und Schnecken mag man auch, wenn sie nicht zu sehr zerstückelt sind (bei Schnecken genügt der untere vordere Theil), statt sie wegzuwerfen, in Spi- ritus aufzubewahren; es hat den Vortheil, dass sie weniger Raum einnehmen, namentlich auch in Flaschen mit engerem Hals gebracht werden können, als mit den Schalen; aber es ist dann nothwendig, sie und die Schalen so zu bezeichnen, dass man die Arten danach wieder zusammenfinden kann. Wo Schnecken oder Muscheln den Eingeborenen als Speise dienen, hat der Sammler gute Gelegenheit, schöne grosse Exemplare in Mehrzahl ohne besondere Mühe auszulesen, und es ist auch an sich nicht ohne Inter- esse, zu wissen, welche Arten dadurch eine praktische Bedeutung in diesem oder jenem Lande haben; daher versäume man nicht, Fischmärkte und der- gleichen Gelegenheiten zu besuchen und wenigstens einzelne Exemplare als Belegstücke von da mitzunehmen. Auch anderweitige Verwendungen, z. B. | zu Werkzeugen oder als Schmuck, sind zu beachten und womöglich die a, betreffenden Exemplare zur sicheren Bestimmung der Art mitzunehmen; a: manche seltene dem Hinterlande angehörige Oonchylie hat man bis jetzt nur e oder hauptsächlich nur aus dem Schmucke der Eingeborenen zu erhalten Gelegenheit gehabt. % ws A ER a) Land- und Süsswasser-Mollusken. Bu .; Landeonchylien sind in unserer Zeit etwas mehr beliebt als Meercon- Be 'hylien, und da sie auch durchschnittlich einen geringeren Verbreitungsbezirk haben, so bieten sie mehr Ohance, neue Arten zu finden. Dagegen sind sie ; ist nicht so gesellig beisammen, als die weniger geschätzten Süsswasser- necken, und daher in derselben Zeit nicht so viele Exemplare zusammen- ingen. Auf ebenem, angebautem Terrain ist nicht viel von ihnen zu rtten; wer Landschnecken sammeln will, suche Waldränder oder Wald- EN 408 vw. Martens, | | TER Fa lichtungen, Schluchten und wo möglich Felsen auf, Unter abgefallenem Laub, an den Wurzeln der Bäume, an den Stämmen der Bäume unter Moos oder . Schlinepflanzen, in den feuchtbleibenden Blattachseln monokotyledonischer Gewächse, an der Unterseite lose liegender Steine, in Spalten und einsprin- genden Ecken kann man lebende Exemplare finden, auch wenn beim ersten Ueberblick der ganze Platz unbelebt erscheint; öfters leiten. Schleimspuren, den Weg, den sie früher zurückgelest, bezeichnend, zu dem Verstecke der lebenden Schnecken, oder verrathen verbleichte leere Schalen die Nähe bes- serer Exemplare. Nur nach Regen oder in der Morgenfrische darf man er- - warten, sie frei umherkriechen zu sehen. Es ist von Interesse, sich die Ge- steinsart des Bodens, auf welchem man Schnecken findet, zu notiren, und ebenso wo möglich die Art der Bäume, an deren Stämmen und auch eventuell Kronenlaub man lebende Schnecken findet. Kalkstein bietet zahlreichere Exemplare und grössere, dickschaligere, heller gefärbte Formen; manche Arten scheinen nur auf Kalkstein vorzukommen; der Landschneckensammler sollte daher nie an Kalkfelsen ohne Aufenthalt vorübergehen. Besondere Instru- mente zum Sammeln sind nicht nöthig, die Hand ist das vielseitigste Instru- ment; unter Umständen kann ein Taschenmesser zum Herausholen aus engen Spalten zu Hülfe genommen ' werden. Ein kleiner Handrechen zum Auf- scharren des abgefallenen Laubes mag unter Umständen anwendbar sein und könnte sich dadurch empfehlen, dass er etwas mehr Sicherheit gegen etwaige. Schlangen, Skorpione und Tausendfüsse gewährt, welche von der blossen Hand durch unabsichtliche Berührung im Laube oder Mulme zur Selbstvertheidi- d. gung gereizt werden könnten. Diese Gefahr aber, sowie die Anwendbarkeit jenes emo ist zu selten, als dass wir das Mitnehmen eines solchen Stückes für gewöhnliche Excursionen im Voraus empfehlen möchten. Zut ersten Aufbewahrung der gesammelten Schnecken dient jedes Gefäss, das sie einigermaassen vor Zerdrücktwerden sichert: Zündholzbüchsen, Pappschach- teln, im Nothfall ein Stück Bambusrohr mit improvisirtem Stöpsel, und wo auch das nicht zu haben, kann man sie wenigstens in einen Zipfel. des Taschentuches einknüpfen. Es giebt verschiedene Methoden oder Kunstgriffe, um Landschnecken zu finden, welche alle unter Umständen sehr vortheilhaft, aber je nach Boden- beschaffenheit u. dgl. auch oft gar nicht anwendbar uac, Eine sehr einfache ist z. B. alle lose liegenden Steine umzudrehen, da oft an der Unterseite derselben, von der Sonne geschützt, Schnecken (auch Käfer, Asseln u. dgl.) verborgen sitzen. Umständlicher, aber auch für kleine Schnecken oft sehr lohnend ist die von Insectensammlern vielgeübte Methode, abgefallenes Laub und sonstige Pflanzenreste handvollweise zusammenzuraffen und in einem eigens dazu mitgenommenen Sieb zu schütteln, so dass die kleinen Thiere, freilich mit viel Erde und Mulm, durch das Sieb in einen an dessen Unter- seite befestigten Sack hindurchfallen und so mitgenommen werden können, um sie zu gelegener Zeit in Musse auszusuchen. Auch an Pflanzen, die zu ökonomischen Zwecken haufenweise gesammelt werden, kann ein achtsames Auge noch manche Schnecke finden; ich weiss von einem Falle, wo inter- essante Arten in der Krippe des Pferdestalles gefunden wurden; einige neue Arten sind sogar in Pfeffer- und Sesamsendungen unabsichtlich ea A gebracht worden. Was die Beobachtung der lebenden Landschnecken betrifft, so hat man zunächst darauf zu achten, ob das Thier sich ganz in seine Schale - zurückziehen kann oder nicht; manche Arten können es erst, wenn sie eine Zeitlang an einem trockenen Orte verwahrt gewesen und damit mehr Feuch- e, ar Bohtbeilen der Be ana Mantel) mehr Br weniger ig | verhüllte Schale, und auch der Grad dieser Verhüllung kann bei ei oder vier (ein oder zwei Paar) Fühler trägt, ob diese Fühler ganz oder cht ganz eingezogen (eingestülpt) werden können, ob die schwarzen Augen- "punkte (a) an ihrer Spitze oder an ihrer Basis sitzen, ob Mantellappen (b) aus der Mündung der Schale hervortreten. Der hintere Theil des Körpers einer Schnecke kann dachförmig mit einem First (Kiel) versehen oder flach sein, sein Ende kann steil abfallen, mit einem Grübchen (grössere Schleimdrüsenöffnung e) Ä _ und auch mit einem darüber vorragenden weichen Hörnchen versehen sein oder ‚nicht, was für die systematische Stellung der Art von Wichtigkeit ist. Es kann _ auch einen dünnen oder stärkeren Deckel (d) tragen, der dann mit der Schale auf- bewahrt werden muss. Bei schalenlosen Schnecken achte man ausserdem noch a darauf, wie weit der durch eine Furche umgrenzte Schild (Mantel) an der Oberseite sich über den Rücken erstreckt, und an welcher Stelle desselben, in seiner vorderen oder hinteren Hälfte (meist an der rechten Seite) das rundliche, willkürlich sich öffnende und schliessende Athemloch liegt. Br In Betracht der Lebensweise ist z. B. darauf zu achten, ob die lebenden Schnecken nur am Boden oder auf dem Laub der Gesträuche, selbst Bäume, gefunden werden, ob sie einzelne Pflanzenarten bevorzugen, wie tief sie sich in der kalten oder trockenen Jahreszeit in den Boden vergraben, ob sie einen consistenten schalenähnlichen oder nur papierdünnen Winterdeckel sich bilden u. s. w. Einige Landschnecken sind fleischfressend und fressen ihre genen Kameraden aus; Beobachtungen hierüber an aussereuropäischen Arten nd sehr dankenswerth. Auch die Zahl und Grösse der Eier (taubeneigross einigen Bulimus), sowie die Jahreszeit, in der sie gelegt werden, ist von teresse. Einige sind lebendiggebärend, so dass die Jungen schon: mib...\ en im Leibe der Mutter gefunden. werden. RN Süsswasserschnecken und Süsswassermuscheln leben meist in er Menge beisammen. Auch hier reicht in vielen Fällen die Hand me n aus; Wasserpflanzen kann man mittelst eines Hakenstockes 4 \ \ 410 = a heranziehen, um sie auf daran sitzende Schnecken zu untersuchen, oder auch mit einem Handnetz, ähnlich den Schmetterlingsnetzen, an langem Stiel das Wasserpflanzendickicht so durchstöbern, dass die abfallenden Schnecken in das Netz fallen. Süsswassermuscheln graben sich oft so in den Grund ein, dass sie dem Auge leicht entgehen; man bemerkt in diesem Falle nicht selten die seichten Furchen, die sie auf dem weichen Grunde gezogen haben und findet dann an deren Ende die eingegrabene Muschel, oder man fühlt ihren scharfen Rand beim Baden an der Fussohle. Bei Beobachtung der lebenden Süsswasserschnecken kommt es haupt- sächlich wieder auf Besitz oder Abwesenheit eines Deckels, Zahl und Form (fadenförmig oder abgeplattet) der Fühler und die Lage der Augen an deren Basis nach innen, oben oder aussen, an; auch ist es von Interesse zu wissen, ob die Thiere zeitweise an der Oberfläche des Wassers schwimmen und dann etwa ein Athemloch öffnen, um direct Luft aufzunehmen, vielleicht auch frei- willig einige Zoll über Wasser herauskriechen, oder ob sie stets am Grund unter Wasser bleiben, und ob sie etwa besondere federartige Organe (Kiemen) unter Wasser entfalten, wie es z. B. bei der Gattung Valvata der Fall ist. Auch auf Consistenz, Form und Bau des Deckels ist zu achten; er kann concentrisch geringelt (Paludina) oder spiralgewunden (Melania) sein, mit angelartigen Fortsätzen im Fleisch des Thiers haften (Neritina) u. s. w. Endlich ist die Form und Anordnung der Eier von Wichtigkeit, z. B. in wurstförmigen Laichen bei Limnaea, in flachen Häufchen bei Planorbis, wäh- rend wiederum einige, wie die echten Paludinen, lebendig gebährend sind. Bei den Muscheln ist die Form und Grösse der Fortsätze von Wichtig- keit, nach vorn und unten ein beilförmiger, cylindrischer oder auch pilz- förmiger Fuss, nach hinten und oben zwei Röhren, lang oder kurz, zu- weilen zu einfachen Oeffnungen verkürzt, getrennt oder mit einander verwachsen, am Rande gefranzt oder glatt; man sieht diese Fortsätze am besten, wenn man die Muschel aus ihrer natürlichen Lage nimmt und in ein Gefäss mit Wasser-und etwas Sand legt, wo alsdann das Thier nach vollständiger Beruhigung versuchen wird, sich von neuem einzugraben. N Es ist interessant, Gewässer von besonderem Minmeralgehalt darauf zu untersuchen, ob und welche Schnecken oder Muscheln darin leben. Bei heissen Quellen ist zu untersuchen, bis zu welcher Nähe die Wasserschnecken herankommen und die Temperatur des Wassers an der Stelle, wo schon welche leben, neben derjenigen der Quellen selbst zu messen. An Flussmündungen und in Strandseen pflegen ganz besondere Molluskenarten vorzukommen, welche theils einer eigenen Familie (Aurieula- ceen) angehören, theils mit andern Süsswasser- oder auch Meermollusken nächst verwandt sind; solche Oertlichkeiten verdienen daher besondere Auf- merksamkeit und es ist soweit möglich festzustellen, ob die betreffenden Arten nur in brackischem oder auch in rein süssem Wasser, ob noch im Bereiche der Fluth auf feuchten, periodisch von Wasser bedeckten Stellen leben. In den Tropenländern bilden die Mangle- (Mangrove-) dickichte reiche Fundplätze einer solchen Brackwasserfauna, in denen Land-, Süss- “ wasser- und Meerthiere sich mannichfach begegnen, Litorinen gehen auf die Blätter der Bäume, Neritinen auf die Gesträucher hinauf und an den ein- tauchenden Zweigen hängen Austern; man beobachte möglichst sorgfältig, ‚Sa ammeln Ka Eebbaekien on Mollusken. ungen. an Solch rt Stellen in nächster Nähe een vorkom- wie weit sich die einzelnen, sowohl horizontal als vertical, vom RSE b) Meer-Mollusken. EN AIR re \ Er ' Eine Anzahl von Mellusken wird durch ihren Aufenthalt in der Strand- RR region ohne weitere Umstände dem Beobachter zugänglich, namentlich wenn erselbe die Ebbezeit zu seinen Excursionen wählt. An flachem Sand- n 3 strande wird er freilich zunächst nur todte, vom Meer ausgeworfene, Schalen B finden; diese sind in der Regel für Sammlungen wenig brauchbar, namentlich RN _ die von Einsiedlerkrebsen bewohnten sind meist nicht nur aussen, sondern auch an der Innenseite stark abgeschliffen; doch sind sie immerhin wenigstens HL noch zur Erkennung der Art brauchbar, und wer sich daher vornimmt, über- haupt die Conchylien-Fauna einer Küste möglichst vollständig zu sammeln, a darf sie nicht ganz verachten. Unmittelbar nach unruhigem Wetter findet : man oft bessere Oonchylien, frisch, zuweilen noch lebend, aus etwas grösserer Tiefe von den Wellen ausgewühlt. Im Allgemeinen sind aber solche vom. Strand aufgesammelte Schnecken und Muscheln nicht des Transportes werth. Eine Ausnahme machen die ganz kleinen Oonchylien, die man öfters streifen- RR weise mit andern kleinen Thierresten, namentlich Foraminiferen, mit feinem - Sande dicht am Saume des Spiels der Wellen an geschützteren Stellen Be findet; von diesen ist immer eine Quantität mit dem Sande mitzunehmen, ii: das Auslesen kann zu Hause besorgt werden und wird in der Regel manche . a gute Arten ergeben. Der umsichtige Beobachter wird aber auch am flachen Strande nicht immer ganz ohne lebende Ausbeute bleiben, ein cylindrisches Loch im Sande oder eine langgezogene Spur verräth ihm die Stelle, wo eine Muschel sich eingegraben hat, zuweilen sogar ein kleiner Wasserstrahl, - den die durch den Tritt des Herannahenden zum raschen Einziehen be- wogene Muschel ausstösst; öfters sind die Muscheln bis 1 Fuss tief oder noch tiefer eingeoraben. Wenn man einen dünnen langen: Gegenstand, z. B. einen Strohhalm, Rohrstengel, Draht oder auch eine Degenklinge bei der Hand hat, kann man damit sondiren, dieser Gegenstand wird leicht, wenn er auf die Muschel trifft, von dieser durch Schliessen ihrer Schalen eingeklemmt, so dass sie daran festgehalten und unter Umständen herausge- zogen werden kann. In der Regel wissen die Eingebornen, denen solche alu ht Muscheln zur Nahrung dienen, am besten Bescheid sie zu finden und zu KR “ fassen. Es ist von Interesse, die Tiefe in der sie stecken, und die Länge der fleischigen Röhren, die sie ausstrecken, zu notiren, wie auch ob sie zwei getrennte Röhren haben oder dieselben in ein Stück verwachsen sind. X Für schlammigen Boden gilt ungefähr dasselbe; nur befindet er sich in diesem Niveau meist in der Nähe von Flussmündungen, und es ist daher interessant, den Salzgehalt des Wassers zu prüfen, wenn auch zunächst nur durch Kosten, und wenn man dazu Gelegenheit hat, auf- oder abwärts die einzelnen Arten zu verfolgen und zu beobachten, welche früher, welche später aufhören und wo neue auftreten. (Vgl. oben die Bemerkungen über Brack- _ wasserfauna.) K Mehr Gelegenheit zur Beobachtung lebender Meermollusken geben die elsenküsten "und wie vorhin. das Ineinandergreifen der Süsswasser- und [eeresfauna, so ist hier das Grenzgebiet an Land- und Meerthieren Behtung werth. Nicht nur unter den beweglichen Crustaceen, sondern Lu 419 v. Martens. N manche, welche obwohl eigentlich dem Meer angehörig, doch die gewöhnliche Fluthhöhe überschreiten und für dıe meiste Zeit nur auf das emporspritzende . Wasser oder die feuchte Luft angewiesen sind. Ihnen kommen. von der Landseite andere entgegen, welche obwohl ihrem Bau und ihrer Verwandt- schaft nach zu den Landbewohnern gehörig, doch die Nähe des Meeres lieben und auch eine gelegentliche Ueberschüttung mit Meerwasser ertragen. In der Regel sind beide Kategorieen leicht von einander zu unterscheiden, die Landthiere gehen nicht über die zusammenhängende Landvegetation hinab und die Meerthiere nicht bis zu dieser herauf. Aber es giebt doch auch Stellen, wo diese Regel nicht Stich hält, und für ganze Gattungen unter den Conchylien (z. B. Truneatella 0), sind in dieser Hinsicht noch nähere und zahlreichere Beobachtungen wünschenswerth. Ueber der Fluthlinie sind von Meer- halb derselben nimmt die Zahl der Gattungen rasch zu, herauszuheben sind besonders die einfach mützen- förmigen Schüsselschnecken (Patella) und die acht- gliederigen Käferschnecken (Chiton); beide kleben ihrer ganzen Länge nach dicht an den Felsen oder Steinen und drücken sich um so fester an, je mehr man sie beunruhigt, so dass es oft nicht möglich ist sie ohne Verletzung ab- zunehmen; lässt man ihnen aber etwas Ruhe, so lüften sie die Schale wieder, man kann dann rasch die Messerklinge zwischen dieselbe und die Unterlage brin- gen und sie so ablösen. Die Patellen haben rings in der Furche zwischen blättehen (ad), es giebt aber eine ähnliche, bare Gattung (Tectura, Acmaea oder Pa- telloida), welcher diese Blättchen fehlen; es ist daher. gut, sofort die lebenden Thhiere Exemplare mit den Weichtheilen in Spiri- ' auf eine flache Unterlage mit Faden festbinden und so trocknen lassen, um sie ausgedehnt zu erhalten. Wo sie häufig sind, wie namentlich in der südlichen gemässigten Zone, kann man nach sieben- oder sechsschaligen suchen, was als Ausnahme bei einzelnen Individuen vorkommt. Man findet sie meist in Spalten oder vorspringenden Felsstücken; solche Stellen sind überhaupt gute Fundgruben für allerlei Meerthiere, nur hat man oft Mühe sie aus engen Spalten hervorzuholen, wobei Messer und Finger zusammenarbeiten müssen. Mit der gewöhnlichen Ebbegrenze pflegen ungefähr auch die Meer- pflanzen, Tange (auf sandigen Strecken Seegras) zu beginnen und diese dienen meist zahlreichen Meerschnecken zum Aufenthalt, namentlich auch den schalenlosen zarten buntgefärbten Nudibranchien, die man lebend studiren muss, da sie in Spiritus sich zu sehr zusammenziehen. Zu ihnen kann man noch durch Waten und Baden gelangen. In den Tropengegenden treten statt der Tangwiesen häufig Korallenbänke ein, und diese bieten, wie für alle niedern Thiere, so auch für Conchylien, das reichste Beobachtungs- und Sammelfeld.e Ausgerüstet mit einem Sack oder Korb, ein paar derben schnecken namentlich Litorinen zu erwarten, unter- Mantel und Fuss eine Reihe Kiemen- nach der Schale allein nicht unterscheid- darauf anzusehen und womöglich einige tus aufzubewahren. Die Käferschnecken rollen sich abgelöst ein und sterben so; man muss sie daher gleich pressen oder be | 0’ nu I ec ch ai : j ir a | ı H re zum Schutz gegen die pitzen TEosallen, immer zum ED schlagen der grösseren Blöcke und einem spitzigen ‘zum Herausholen aus engen Spalten, kann man hier Tag für Tag wieder Neues und eier zu Gesicht und in die Hände be- n, und man wird hier noch öfter, als wie an den Felsen und zwischen Tangen sich überzeugen, dass gerade diejenigen Formen und Farben, in. den Sammlungen so auffällig Sn barock erscheinen, in nächster Har- monie ‚mit der Ummgebans stehen und mehr zum Verbergen des Thieres bi- tragen, als man erwartet. Hierfür Belege zu sammeln, indem man die Schalen unmittelbar mit den umgebenden Korallenstücken u. dergl. aufbe- wahrt, ist eine interessante Aufgabe. Freilich verschwindet die Harmonie Sr der Farben beim Trocknen öfters Ach, indem die der Korallen, Tange u. s. w. sich dabei weit mehr ändern als ih der Öorselriklenksein: Ic) Auch die Färbung der Weichtheile an den lebenden Mollusken zu beobachten, ist von ER resse, bei manchen tropischen, z. B. den blassen braunfleckigen Eburna sind sie in auffallender Uebereinstimmung mit denen der Schale, bei andern gar nicht, z. B. den lebhaft rothen Tritonien und Fusus in düster braunen u Schalen. Ueber die Ortsbewegung und überhaupt das Benehmen dee Tiere gerschiedener Gattungen lassen sich auf den Korallenriffen noch manche Be: - Jehrreiche Beobachtungen machen; man weiss z. B., dass die schweren 30 Strombus und Pterocera nicht eigentlich kriechen, _ sondern sich durch Um- kugeln vorwärtsbewegen, dass Conus und Tere- _ bellum, nach einer alten Nsube auch Mitra mit- telstihres vorstreckbaren Rüssels empfindlich ver- wunden. Viele Meer- schnecken legen Eier, deren Hülsen im Wasser _ erstarren und eine eigen- +. thümliche Form anneh- men, wie Krüge, langge- stielte Blumen, aneinan- | dergereihte Scheiben u. s. w. (Fig. 1—6); von manchen solcher Formen weiss man noch nicht, durch welche Schneckengattung sie hervorgebracht wurden und es ist daher ich nur empfehlenswerth, solche Erker wenn man sie findet, HL mitzunehmen, sondern auch womöglich ausfindig zu ken welcher Sllnlage sie angehören, und den Hergang es Denkens zu beobachten. Zu solchen und ähnlichen Beobachtungen, wie auch zum Zeichnen der "lebenden Thiere, kann man dieselbe in aan mit Meerwasser einige Zeit lebend zu erhalten suchen; man darf dabei nicht zuviel zusammen- lassen und muss alle todte bald en da sie das Wasser leicht ver- derben; überhaupt muss das Wasser, wenn man nicht etwa grüne Meer- pflanzen darin vegetiren lassen kann, mindestens jeden Tag, in der Hitze ers gewechselt werden, Alle Thiere, die sich in eine Sehale zurückziehen nt sind, halten sich länger nur im Feuchten, vor Verde a möglichst chü ützt, als. in nem oder sonst verdorbenem Wasser; man setze 414 v. Martens. nicht allzulange vorher. Wenn sie sich sehr weit ausstrecken, ohne ernst- lich herumzukriechen, ist das ein Zeichen, dass das Wasser nicht mehr gut für sie ist, und ebenso wenn sie augenscheinlich es zu verlassen streben. Bei der beschalten Meerschnecke ist hauptsächlich zu beobachten: die Gestalt des Kopfes und der Fühler, die Lage der Augen (@) an denselben, die Länge der Athemröhre (b) und ob sie einen Rüssel hervorstrecken können, die Gestalt und Ausdehnung des meist scheibenförmigen Fusses (d), auf welchem sie kriechen, endlich ob ein Theil der Weichtheile um die Schale herumgeschlagen und diese dadurch theilweise oder auch ganz verdeckt wird; dieser Theil kann entweder der Fussscheibe (d) angehören oder beson- dere Lappen (c) bilden, die aus der Schalenöffnung hervorkommen und eine Fortsetzung des die Schale von innen auskleidenden sogenannten Mantels sind, so ist es z. B. bei den bekannten Porzellanschnecken (Cypraea). Endlich ist auch zu beobachten, in welcher Weise der Fuss sich zusammenfaltet, um in die Schale einzutreten, und ob ein Deckel an demselben vorhanden ist, oder nicht, eventuell ob derselbe die Schalenöffnung vollständig schliesst oder nicht. Bei den schalenlosen Meerschnecken ist namentlich die Lage und Form der Kiemen, ob sie baumförmig verzweigt, gefiedert oder einfach faden- förmige, in Reihen oder einem Kreisbogen, auf dem Rücken, an einer oder an beiden Seiten angeordnet sind, zu beachten, auch die Lage der verschiedenen Körperöffnungen, soweit möglich, zu constatiren. Es giebt einige Meer- schnecken, welche bei schnellem Zusammenziehen in Gefahr einen Theil ihres Fusses lostrennen und verlieren (Harpa); bei diesen ist es von Interesse zu beobachten, ob sie am Leben bleiben, wie bald sie wieder umherkriechen und ob ein Nachwachsen des verlorenen Theils zu bemerken ist, falls man sie lang genug am Leben erhalten kann. Manche Thiere geben einen fär- benden Saft von sich, sei es ihre allgemeine Körperflüssigkeit, sei es die Absonderung einer eigenen Drüse, wie bei der Purpurschnecke (Murex); es ist immer von Interesse, das Factum für die einzelnen Arten zu constatiren und die Veränderungen, welche diese Farbe gewöhnlich bald an der Luft erleidet, zu verfolgen. Bei den Muscheln handelt es sich hauptsächlich um das Vorhandensein oder Fehlen zweier ausstreckbarer Röhren am hintern Ende, um die Gestalt des nach.vorn und unten vorstreckbaren fleischigen Fusses, ob beilförmig, eylindrisch und del., endlich zu untersuchen, in welcher Ausdehnung die, die Innenseite oder Schale auskleidende, Haut von beiden Seiten in der Mittellinie, da wo die Schalenränder zusammentreffen, con- tinuirlich sich fortsetzt oder auch gespalten ist. | ap und Bkalpeit Umsonst weiss, in in "der Anatunie sh en ein weites Feld vor sich, aus dem ich hier nur hervorheben ‚d von sehr vielen die Beschlechtsverhältniere noch unbekannt ommen sind; es handelt sich zunächst darum, zu constatiren, ob in dem- ben dumm Spermatozoen und Eier sich gleichzeitig finden, bei eini- n vielleicht auch abwechselnd zu verschiedener Zeit sich ausbilden, und - wo das nicht der Fall, sondern die Geschlechter wirklich auf verschiedene Individuen vertheilt sind, ob sich eine Verschiedenheit an den Schalen zwischen den Geschlechtern findet, ob z. B. wie man öfters annimmt, die Schalen der Weibchen dicker, aber zuweilen dafür auch kürzer sind. Bei einer Anzahl von Meer chnecken mit getrenntem Geschlecht lässt sich das Männchen äusserlich an den ihm rennen Organ, das an der rechten Seite, meist in der Nähe der Fühler, vorgestreckt wird, erkennen; hier kann auch der Laie leicht, wenn er die lebenden Thiere vor sich hat, nach Ver- schiedenheiten an der Schale sich umsehen. Besonderes Interesse bietet die Beobachtung lebender Cephalopoden (Tintenfische), ihres Farbenwechsels durch ausdehnbare Pigmentzellen, ihrer Ortsbewegung durch Auf-dem-Kopf-Gehen oder Rückwärtsschwimmen und ihrer Fortpflanzungsverhältnisse; auf Korallenriffen sind am ehesten Arten der Gattung Octopus zu erwarten, sie haben oft ihre eigenen Höhlen, in denen sie sich verbergen, verrathen aber ihr Dasein durch Häufchen leerer Muscheln, die sie ausgefressen haben; die Männchen erkennt man oft daran, dass einer ihrer acht sonst lea Arme in Anordnung und Grösse der - Saugnäpfe von den andern sich unterscheidet. Es ist so manches Eigen- ae y theilweise erst in der Neuzeit bestätigt, dass sorgfältige Beobachtungen an _ verschiedenen Arten in verschiedenen Gegenden noch manchen wichtigen ? Zuwachs versprechen. 3 Bis jetzt haben wir vorzugsweise von denjenigen Mollusken gehandelt, die dem Forscher noch unmittelbar an ihrem Wohnort zugänglich werden. Es giebt nun noch zwei Kategorieen von solchen, die man nur durch eigene Apparate erreichen kann, die ersilnianee en Mollusken des offenen Meeres _ und die in grösserer Tiefe lebenden. Die ersten, welche man pelagische _ zu nennen pflegt, bieten während der Seereise oft eine angenehme Unter- wenn sie so massenhaft erscheinen, dass sie sich leicht bemerklich machen, _ und es ist von Interesse, ihr Vorkommen nach Ort und Zeit genau zu notiren, um unsere Kenntnisse über deren geographische Verbreitung und - periodische Erscheinung nach Jahres- und Tageszeit zu erweitern. Sie fin- den sich sowohl in den tropischen, als in den kalten Meeren, in letzteren aben sie als Nahrung der Walfische eine praktische Bedeutung und sind daher auch den eken seit lange, theilweise unter Kohler Namen Walfischaas u. dgl. (Cliona, Limacina) bekannt. Sie erscheinen hauptsächlich bei ruhiger See, in Windstille an der Oberfläche, gewisse Arten, wie man tigung wünschenswerth ist; am zahlreichsten findet man sie in Meer- durch welche eine Strömung geht, so sind z. B. die Meerengen von sina und Gibraltar als Fundorte zahlreicher Arten bekannt. Um sie zu Bat man ein sackförmiges Netz mit kreisrundem eisernen Rahmen, glich von 2—3 Fuss Durchmesser, das Netz aus grobem Bindfaden und ern u Nintern) Hälfte mit Gazestoff ausgefüttert, damit die kleinen nur theoretisch nach dem Beispiel weniger Ordnungsrepräsentanten an- thümliche über das Leben dieser Thiere uns von Alters her überliefert und haltung nicht nur für den Naturforscher, sondern auch für die Seeleute selbst, ‚ nur zu gewissen Stunden des Morgens und Abends, wofür wiederholte Thiere nicht durch die Maschen entkommen, während der Bindfaden die nöthige Festigkeit giebt; am Rahmen sind drei Oesen, woran drei Enden eines gemeinschaftlichen Taues befestigt sind; dieses Netz lässt man vom Hintertheill des Schiffes aus nachschleppen mit so viel Tau, dass schneidet; wenn es sich nicht selbst durch den Zug senkrecht stellt, hilft man durch Gewichte oder Schwimmer an einer der. Oesen nach. Es ist aber nur bei sehr mässiger Geschwindigkeit der Fahrt, anwendbar; wenn das Schiff über drei Knoten macht, tritt Gefahr ein, "es durch Röisgen des Taus zu verlieren. Die Mollusken, welche man auf diese . Weise neben zahlreichen Thieren anderer Classen erhält, gehören hauptsäch- lich den Ordnungen der Pteropoden und Heteropoden an. Auch hier ist es interessant, die Thiere eine Zeit lang lebend zu beobachten, ehe man sie in Spiritus aufbewahrt, ihre Bewegungen beim Schwimmen, namentlich beim Auf- und Absteigen im Wasser zu verfolgen und zu constatiren, welche Mittel sie zur Veränderung ihres specifischen Gewichtes anwenden; bei den beschalten wird Zurückziehen in die Schalen und wiederum möglichstes Aus- breiten das Hauptsächlichste sein. Die veilchenblaue Janthina ist durch einen eigenen blasigen Schwimmapparat ausgezeichnet, an dem sie zugleich ihre Eier trägt; es ist von Interesse zu beobachten, ob sie ihn freiwillig ab- stösst, wie sie sich ohne ihn behilft und wie sie ihn bildet; für letzteres müsste man sie längere Zeit am Leben zu erhalten suchen oder man könnte Sünstigenfalls aus verschiedenen Exemplaren die aufeinander folgenden Stadien combiniren. Besonderer Erwähnung verdienen noch einige Cephalopoden, zunächst die zwei lebenden mit gekammerter Schale, der durch seine Perl- mutterschale ausgezeichnete grosse Nautilus, nur im indischen Ocean zu Hause, und das kleinere weisse Posthörnchen, Spirula, mit abstehenden Win- dungen, aber am lebenden Thier halbverhüllt, dessen Schale häufig in allen Sammlungen ist, während das vollständige Thier zu den grössten Seltenheiten gehört; bei beiden ist es von grossem Interesse, ihre Stellung und Bewe- gungen beim Schwimmen ‚sowie beim Aufsteisen und Niedersinken zu beob- achten, eventuell am lebenden Thier durch Anbohren der Schale die Zusam- mensetzung der Luft in den Kammern zu untersuchen und den Einfluss, den ihre Entleerung auf die Bewegungen des Thieres hat, zu erproben. Endlich giebt es noch riesenhafte Tintenfische, deren Reste, Schnäbel wie die von Pa- pageien, und schenkeldicke Armstücke, im Magen der Potwale (Cachelots) zu- weilen gefunden werden, und die nur höchst selten an die Oberfläche des Meeres zu kommen scheinen; was von solchen zu erlangen, ist werthvoll. Sollte man ein solches Thier ganz bekommen, so ist es zunächst in seinen einzelnen Theilen auszumessen a! in oe grossem Maassstab zu zeich- nen, dann in Spiritus, oder doch in Se aufzubewahren; ist das unmöglich - und misslingt auch das Trocknen, so sind der Kopf, die Enden der u und der schwertförmige hornartige Knorpel im Rumpfe die wichtigsten Theile für die Aufbewahrung. Was die Mollusken des Meeresgrundes betrifft, so ist unter günstigen Umständen und nur bei mässiger Tiefe Heraufholenlassen durch Taucher möglich und räthlich; in der Regel und bei jeder beträchtlicheren Tiefe ist das einzige Mittel das Schleppnetz (englisch dredge, französisch la drague, neuerdings zu „Schabe“ verdeutscht), über dessen Beschaffenheit, Handhabung es die Oberfläche des Meeres durch-; e dem Nölgondon . übrigen allen 'Thiere 3a le von Prof. Möbius das Nöthige angegeben werden wird, ebenso - . h Er lie dadurch zu ermittelnde Tiefenvertheilung der Thiere. Es möge nur noch bemerkt werden, dass viele seltene und werthvolle Conchylien durch dieses Mittel zu erlangen sind, dass es in den a ron salschen eren noch eine Fülle neuer Arten ver- spricht. Namentlich in Westindien, bei den kleinen Antillen Tortola, Guadeloupe und arbados sind durch dasselbe grosse und. schöne, durch ihre Aehnlichkeit mit fossilen Formen höchst interessante Conchylien (Pho- _ ladomya, Pleurotomaria), erlangt worden, aber nur in geringer Anzahl und daher immer noch sehr selten und werthvoll. Als passendes Handbuch zum Studium Peemana der Mollusken ist dem Reisenden in erster ER Reihe zu empfehlen: $. P. Woodward’s manual of the Mollusca, London bei J. Wheale 1851. 1856, mit 24 Tafeln und zahlreichen Holzschnitten, in dritter. Auflage mit Zusätzen von Ralph Tate 1868 (2 Thlr.'20 Ser.), I 5 a ERRÄN II = GN, Anh, zu un auch in französischer _ ) . iR R 14 Sees ZH MA Uebersetzung von Hum- = iM A = Br bert, Paris 1870. Es SS B*; enthält in einem klei- I nen ÖOctavband in ge- Pholadomya. ER drängter , . angenehmer } “ Er llung eine grosse Menge wichtiger und nes eh Capitel, nament- BR lich auch cher geoktaphische ae und über das Schleppnetz, zugleich eine systematische Uebersicht und eine kurze Beschreibung der wichtigeren Ri Gattungen und die nöthigsten Abbildungen. Umfassender ee und ls an Stoft, aber auch an Tess und ae ist die bee der W eichthiere in Prof. Bronn’s „Classen ) Ordnungen des Tea fortgesetzt von _ Prof. Keferstein, Leipzig und Hödeihre bei Winter 1861-66; zwei starke Octavbände füllend, mit 137 Tafeln (22 Thlr.); es ist haupkechhet denen zu empfehlen, welche sich mit dem Körperbau, der Anatomie und BR Physiologie dieser Thiere näher bekannt machen wollen. Chenu’s manuel YA -; de conchyliolögie, Paris 1860—62. 2 Bde. gr. 8. zeichnet sich durch die » grosse Zahl der abgebildeten Arten bei mässigem Preise (163 Thlr. Ladenpreis a u: ‚antiquarisch billiger) aus und wird daher a der ak: viel gleich unter- wegs zu bestimmen wünscht, willkommen sein. Zwei etwas ältere, aber immer N ’ noch sehr brauchbare war sind Johnston’s Einleitung in die Conchy- iologie, aus dem Englischen übersetzt mit Zusätzen von Bronn, Stuttgart a 1854. 8. mit 166 Faerenntlen (44 Thlr.) und Philippv's Harabue dent u any onehyliologie, Halle 1853. 8. (4 Thlr.); ersteres giebt das Allgemeine Ag sführlich und gründlich, namentlich über Lebensweise und Verwenduie EN R ırch den Meschen ohne auf die einzelnen Gattungen einzugehen; Philippi’s % N itstärke ist umgekehrt die Beschreibung der Gattungen, aber leider ohne Bi Wirbellose Seethiere. Von X“. Möbius. Krustenthiere, Crustacea. Krustenthiere sind vom Strande bis in mehrere tausend Meter Tiefe verbreitet. Auf dem Strande wende man angespülte Seepflanzen um, damit die Strandflöhe hervorspringen. In feuchten Steinklüften suche man Strand- asseln. An Steinen und Holzwerk sitzen bis zur höchsten Fluthlinie und selbst über diese hinauf Rankenfüssler in kleinen zeltförmigen Kalk- gehäusen. Man: löse sie mit einem Meissel oder Messer los. Von der höl- zernen Unterlage trenne man sie womöglich mit einer dünnen Holzschieht ab, damit ihre Basis durchaus nicht verletzt werde. Wenn Schiffe gedockt werden, kann man am Kiele derselben oft reiche Ernten von Rankenfüsslern halten. ; In Wasserlöchern, die bei Ebbe trocknen Fusses zu erreichen sind, kann man Taschenkrebse, Krabben und Flohkrebse sammeln, wo sie sich unter Steinen und Pflanzen verbergen. Im flachen Wasser leben auf weichem Grunde Schwertschwänze (Molukkenkrebse) Krabben und Garnelen; in Höhlungen der Klippen Hum- mer, Langusten u. a. grosse Krebse. Manche grössere Krebse gehen auch ans Land, z. B. die Landkrabben. Zum Fangen von Krustenthieren, die im freien Wasser oder auf tieferen, niemals trocken laufenden Gründen leben, wendet man Käscher, Schweb- und Schleppnetze und Siebe an. Diese und alle anderen Fanggeräthe sind in einem besonderen Abschnitte weiter unten beschrieben. Einen Theil der Grundbestandtheile, die man mit dem Schleppnetz emporgeholt hat, bringe man sofort in Schüsseln und giesse etwas See- wasser darauf. Ebenso behandle man lebende und todte Seepflanzen, damit darin verborgene Krustenthiere an die Oberfläche kommen. In den höheren Wasserschichten treten kleine Krustenthiere (Copepoden) oft in solchen Schaaren auf, dass sie das Wasser färben. Dann kann man sie schon fangen, indem man Wasser schöpft oder auf Deck pumpt; besser freilich mit Schwebenetzen, die man in verschiedenen Tiefen in das Meer hängt. Sind an der Oberfläche keine Krebschen, so schwimmen sie doch oft 2, 3 oder noch mehr Faden tiefe. Wo Schaaren von Fischen auftreten, eh ee Copepoden, Welchen Ei Fische in! um sie zu n ee solche Fische, schlitze ihren Bauch auf und lege sie in } rilas ‚ damit ihr Darminhalt zur späteren Untersuchung gut er Hei Nicht selten wirft die See bei stürmischem Wetter so viel (m Schwebnetz fängt en mit Copepoden auch andere kleine Krebsarten, oft auch junge Entwieklanesfonmen der Taschenkrebse, Langusten und anderer erösserer Krebse, die ganz andere Formen bel. als die Alten. | diese Entwicklungsformen sind werthvoll, besonders wenn es gelingt, eine Reihe von fen bis zur el een Ausbildung hinauf zu KR erlangen. Die oft prachtvoll gefärbten Techn ermanenn oder Scheune der 2 warmen Meere sind in der Jugend fast ganz durchsichtig und so dünn wie | _ ein Blatt. Entwicklungsreihen solcher Arten sind sehr erwünscht. x Unter den nen giebt es viele Schmarotzer. Solche suche man auf der Haut der Saat (Halicore, Manatus), Delphine, Walfische, Be Schildkröten, Seeschlangen, Fische, Nacktschnecken und Würmer; in den je Schalen von Schneeken und Muscheln, auf Stachelhäutern, Polypen, Korallen 0 _ und Schwämmen; in der Mundhöhle und auf den Kiemen von Fischen, auf h den Kiemen und unter dem Hinterkörper (Schwanze) grösserer Krebse, in der Leibeshöhle von Tintenfischen und in den Kar hohen der Quallen. Lassen sich die Schmarotzer nicht leicht ablösen, so bewahre man sie mit ihrem Wirthe zusammen auf oder schneide den Theil ab, an dem sie fest- ‚hängen, damit sie unverletzt bleiben. Von vielen Sneak se kennt : man blos die Weibchen, welche in der Regel viel grösser sind als die RM ännchen. Oft klammern sich die Männchen neben der Geschlechtsöffnung | der Weibchen fest. Beim Fangen und Aufbewahren der Weibchen sehe man daher zu, dass nichts von Bm Anhängseln verloren gehe. Wenn solche bemerkt werden, empfehle ich den lan bass mit seinen Anhängseln in ein besonderes Gläschen einzusetzen. In süssen Gewässern: in Seen, Flüssen, Wassergräben suche man in Klüften, unter Steinen und Baumwurzeln nach Krustenthieren. Schmarotzer- krebse leben auch auf Süsswasserfischen. ü Am besten conservirt werden die Krebse in starkem Spiritus Will % man mehrere hartschalige in einem Gefässe aufbewahren, so muss man jedes “ Stück in weiches Zeug (altes Flaggentuch) einwickeln oder einnähen. Will man grössere Krebse trocknen, so trenne man den Hinterkörper (den soge- nannten Schwanz) von dem Tanker nner ab und hole aus beiden alle En NY geweide heraus. Aehnlich verfahre man mit den Scheeren und dickeren Ra _ Beinen. Nachdem die leeren Schalenstücke mit Süsswasser ausgespült und RE darauf mit arsenigsaurem Natron ausgepinselt worden sind, werden sie an em schattigen zugigen Platze gut getrocknet. BR. Den Smphehll, die len Krebse mit einem Firniss zu über- DR, »n, der auf folgende Weise bereitet wird. ? 00 Gramm Gummi arabicum und 6 Gramm Gummi Traeanth läse m" 1,5 Liter Wasser. Hierzu setze 100 Gr. Weingeist mit 20 Tropfen Thy- mianöl und 1,3 Gr. Quceksilberchlorid. Mische gut und lass abklären. Der ve ‚© Theil dient als Firniss, der Bodensatz als Kitt. 1 Da. suchen. Käfer und Wasserwanzen fängt man mit Käschern, Schwebe- netzen und Schleppnetzen in höheren Wasserschichten und auf geringen Tiefen. Seespinnen (Pyenogoniden) leben am Grunde auf Seepflanzen, See- rosen und Spongien, die man mit Schleppnetzen fängt. Milben kommen in. höheren und tieferen Regionen auf lebenden und todten Pflanzen und auf anderen Thieren vor. Man findet sie, wenn man diese unter schwachen Ver- grösserungen durchmustert. N Alle diese Thiere werden in Spiritus aufbewahrt; die ausgebildeten Insecten können auch auf Nadeln gespiesst und getrocknet werden. Würmer, Vermes. Würmer leben am Strande unter Steinen und angespülten Seepflanzen, welche nur bei Hochwasser nass werden, auf Sand- und Schlickbänken, welche bei Ebbe trocken liegen. Hier zeigen schnurförmige Kothhaufen und kleine Löcher ihre Lagerstätten an. Man hebe mit einem Spaten schnell den Boden auf nnd werfe ihn auseinander oder bringe ihn in ein Sieb, das man im Wasser auf- und niederbewegt, damit die feinen Bodenstoffe durch- gehen, bis die Würmer frei liegen. _ Würmer, welche auf iebenden und abgestorbenen Seepflanzen wohnen, en am leichtesten entdeckt, wenn man eine Hand voll solcher Pflanzen in einer Schüssel mit asian einige Stunden stehen lässt. Die meisten erscheinen dann an der Oberfläche. Beliebte Wohnplätze von Würmern sind poröse Klippen und Steine; aus diesen holt man sie mit Meissel und Hammer. Auch auf Muscheln und Schneckenhäusern und auf hartschaligen Krebsen siedeln sich ver- schiedene Würmer mit ıhren Kalk- und Sandröhren an oder sie verkriechen sich in Höhlungen alter Muschelschalen und Schneckenhäuser, in Spalten und Löcher des Pfahlwerks der Häfen oder in leere Röhren der Schiffs- bohrer. Auf lebenden Seesternen halten sich auch Würmer auf. In dem weichen Meeresboden jeder Beschaffenheit kommen Würmer bis zu den grössten untersuchten Tiefen vor (über 5000 Meter). Man holt Re: Meeresboden mit Schleppnetzen herauf und siebt ihn durch. Röhren aus Sand, Mud, Muschelbrocken oder Foraminiferenschalen zeigen die Anwesen- heit von Würmern an. Man breche sie vorsichtig entzwei um ihre Bewohner zu finden. Aufbewahrt werden nicht blos die Würmer, sondern auch ihre Röhren. Man nehme alle längeren Röhren mit und lege sie in Spiritus, damit sie später auf ihren Inhalt untersucht‘ werden können. Viele Würmer schwimmen als junge Thiere, manche auch im ausgebil- deten Zustande in der Öberflächenschicht des Meeres. Diese werden mit feinen Schwebenetzen oder Käschern gefangen, deren Inhalt in Glashäfen angesammelt und darauf genau betrachtet wird. Verschiedene egelartige Würmer sitzen auf äusseren Theilen der Fische, Frösche, Molche A Schildkröten. Man hat sie auch in der Nasen- höhle und im Schlunde von Säugethieren und Vögeln und an den Kiemen von Muscheln gefunden. : Eingeweidewürmer suche man im Innern des Nahrungscanals anderer Thiere. Diesen schneide man mit einer Schere auf, spüle den Inhalt mit Wasser in ein Gefäss und verdünne ihn portions- und gradweise in einem anderen Gefässe immer weiter, um vorhandene Würmer sichtbar zu machen. Man sehe auch zu, ob Würmer an der innern Fläche des gereinigten Darms 20° | Mäbius x er k BL, EEE 6 Sur e or auch die Leibeshöhle, die en he Narsahhler die a das Zellgewebe unter iS Haut, das Gehirn und selbst Sie onen. sich in diesen Organen kan und in dem Auge durch, en Die Würmer des süssen Wassers verschafft man sich, indem B Hamm und Pflanzen aus Gräben, Teichen, Seen und Flüssen in Glas- ässe bringt und, durchmustert, nachdem sich das aufgegossene Wasser ge- ärt hat un man lässt die weiche Grundmasse, die man land Schleppnetze nd Schraper heraufgeholt hat, durch das Sieb gehen. - In feuchten oder kommen Blutegel auf Gebüschen und Bäumen vor. Gewisse Plattwürmer sind auf .der ke den Erde, Regen- Würmer, welche lebhafte prächtige Farben haben, sollten womöglich ab- gemalt werden, weil die meisten Farben in Spiritus vergehen. Kann man sie nicht malen, so beschreibe man ihre Färbung. Zur en der _ Würmer dient Weingeist. Würmer mit harten Röhren dürfen mit elien Würmern nicht zusammen in ein Glas gesetzt werden. Zur Aufbewahrung .d on i in Sta getödteten Plattwurm baldiest sten zwei Platten steifen ’apiers, deren Ränder man durch Nadeln oder Ziwirn aneinanderhettet. Mantelthiere, Tunicata. Es giebt schwimmende und festsitzende Mantelthiere. Zu den schwimmenden gehören die Salpen und Leuchtwalzen (Pyrosomen), welche beide zum Leuchten der warmen Meere beitragen. Sie werden mit Schweb- .netzen g gefangen. Die Salpen pflanzen sich hen. Iipellcc durch Eier und durch ‚ganze Ketten junger Thiere for. Man bemühe sich von jeder Art, die man sammelt, beide Generationen zu erlangen, sowohl die eierbildende als auch ‚die sende Form. Festsitzende Mantelthiere leben von der Strandregion bis zu grossen Tiefen hinunter. Sie sitzen auf Pflanzen, Holzwerk, Steinen und andern _ Körpern, auf felsigen, steinigen, sandigen und muddigen Gründen. Manche bi den Thiercolonieen und erscheinen wie Sterne, Sterngruppen oder farbige Re, Ueberzüge auf ihrer Unterlage. Es ist zweckmässig sie mit dieser zu con- rviren, da sie beim Ablösen leicht ‚verletzt ln _ Die Seescheiden (Ascidien) sind grössere Mantelthiere, welche meistens derbe Hülle haben, in der nicht selten kleine Muscheln sitzen. Man en Gründen. Die Mudbewohner werden oft erst mit Hülfe des Biebes n *l 422 Möbius.. n Stachelhäuter, Echinodermata. Manche Seesterne und Seeigel kriechen auf dem Pfahlwerk der Häfen, auf Klippen, Steinen und Seepflanzen so nahe an die Oberfläche herauf, dass sie mit Käschern oder Schrapern vom Ufer oder von einem Boote aus gefangen werden können. Für tiefer lebende wendet man das Schleppnetz und den Quastenschlepper an. Die Beschreibung dieser In- strumente findet man in einem besonderen Abschnitte weiter hinten. Sie bringen Echinodermen empor, welche auf dem Meeresgrunde kriechen Oder sich in die obere Schicht desselben eingraben, als herzförmige und scheiben- förmige Seeigel, Schlangensterne mit dünnen schlangenartig biegsamen Armen und Seewalzen (die wie dicke Würmer aussehen oder gurkenförmig sind). Ausser diesen fängt man auch noch kleinere und grössere Haarsterne (Cri- noideen), die dünne gefiederte-Arme haben. Der Körper, von welchem diese Arme ausgehen, steht entweder mittels eines gegliederten Stieles auf einem Steine oder einem anderen Gegenstande fest oder er hat statt des Stieles Ranken, durch welche er sich willkürlich festhalten kann. Die gestielten Haar- sterne bewahrt man mit dem Gegenstande auf, an welchem sie festgewachsen sind. Gut conservirt, haben sie als sehr seltene T'hiere, grossen Werth. Eine Gruppe von seesternartigen Echinodermen (die Medusenhäupter, Euryalae) ist mit einfachen oder verzweigten Armen ausgerüstet die sich wie Ranken um Polypenäste schlingen; daher werden die Medusenhäupter oft mit Polypenbäumen zugleich aus der Tiefe gehoben. Von diesen reisse man sie nicht ab, sondern conservire beide so viel als möglich zusammen. Man beachte, ob beide T'hiere ähnliche oder verschiedene Farben haben und notire, wie sie aussahen. Für viele Seewalzen sind Höhlungen in Klippen und Korallen- riffen beliebte Wohnstätten. In den tropischen Meeren leben sie auch in dem Schlamme der Mangrovesümpfe. Man findet sie auch in dem sandigen Grunde der Flussmündungen. Die Echinodermen werden am besten in starkem Weingeist aufbewahrt. Seewalzen pflegen ihre Eingeweide auszustossen, wenn sie gefangen werden. Sie rasch in Weingeist zu werfen, ist immer noch das beste Mittel, möglichst viele unzerstört zu erhalten. Seeigel haben in ihrem Schalenraum sehr viel Wasser, welches entfernt wird, ehe man sie in Weingeist setzt. Man steche mit einer dicken Nadel einige Löcher in die Haut, welche den Mund um- giebt und lege den Seeigel dann mit der Mundseite auf ein Sieb, damit das Wasser auslaufen kann. Will man sie mit allen Stacheln gut erhalten, so muss man jeden Seeigel einzeln mit weichem Kattun (altem Flaggentuch u. dergl.) umgeben, ehe man mehrere zusammen in ein Gefäss mit Weingeist bringst. Und dieses fülle man so vollständig aus, dass die Seeigel beim Transport nicht gegeneinander fahren können. Sollen sie trocken aufbewahrt werden, so trenne man die Mundhaut an ihrer Peripherie von der Schale ab und zieht das Gebiss, den Darm und die andern Eingeweide aus der Schale heraus. Von dem Gebiss schneidet man den Darm ab und lest es dann sammt der entleerten Schale einige Stunden in Süsswasser, darauf einige Stunden in starken Weingeist und endlich an einen schattigen und zugigen Platz zum Trocknen. Die Därme verdienen in Spiritus oder getrocknet aufbewahrt zu werden, da sie oft reichlich mit Foraminiferen und Diatomeen angefüllt sind. Die getrockneten Seeigel werden sorgfältig verpackt, damit sie unbe- schädigt bleiben. Das Gebiss wird mit Seidenpapier umwickelt und in den IoRn a ne sie ‚dann in einen a der mit Watte ir einem as a hem Stoffe ausgepolstert worden. Je vollkommener die Stacheln erhalten , je mehr Werth hat der Seeigel. Soll eine grössere 7 ahl von Seesternen, Schlangensternen oder Haar- "von weichem Zeug oder hier zwischen sie, damit sie sich nicht gegenseitig zerreiben. Um die Eingeweide grosser Seewalzen, Seeigel und Seesterne recht gut zu conseryiren, treibe man durch eine Stuttan Spiritus in ihre Leibeshöhle. Ausser den Seeigeln kann man auch Seesterne, Schlangensterne und Haarsterne trocknen. Man lege sie kurze Zeit in Süsswasser, dann einige Stunden in Alkohol und darauf trockne man sie in Zugluft im Schatten. Um die trocknen Echinodermen besser vor dem Verbleichen, von Fäul- miss, Feuchtigkeit, Schmutz und Insectenfrass zu schützen, kann man sie mit demselben Firniss bestreichen, der bei den ÜUrustaceen angeführt worden ist. Die einzelnen trocknen Echinodermen werden nicht unmittelbar in Watte schwer ohne Stachelbrüche entfernt werden können. Wenn prächtig gefärbte Echinodermen nicht nach dem Leben gemalt werden können, so mache man Notizen über ıhre Farben. Beim Einsammeln von Seewalzen sei man achtsam auf Fischchen (Fier- asfer), die in ihrem Innern (in dem baumförmigen Athemorganen) wohnen. Auf Seeigeln trifft man zuweilen kleine Schnecken an (Stylifer), auf See- _ sternen as Krustenthiere. _Solche Schmarotzer bringe man mit ihren { Wirthen in eine Gefäss, intel sie aber auch für sich allein und schreibe auf, woher man sie nahm. Polypen- und Quallenthiere, Coelenterata. Die einfachen Weichpolypen, welche Seerosen oder Aktinien heissen, kommen vor bis an die Grenze des Hochwasserstandes; man kann sie daher bei Ebbe auf dem trockenliegenden Meeresboden aufsuchen. Besonders be- ‚liebte Wohnplätze derselben sind Vertiefungen, in denen etwas Wasser zurück- geblieben ist. Hier findet man oft auch zarte baumförmige Polypen, die von Nichtkennern leicht für farblose Pflanzen mit kleinen Früchten ge- halten werden. Solche Polypen siedeln sich gern auch an dem Pfahlwerk der Häfen an. Man erhält sie leicht mit dem Schraper. Dieser ist weiter "unten beschrieben. Für Aktinien, Seefedern, Hornkorallen (mit biegsamen Zweigen) und Kalkkorallen grösserer Tiefen wirft man das Schleppnetz oder den Quasten- schlepper aus. Ausgezeichnete Fundstätten für Korallen sind die Korallen- ätte. Hier le man nicht nur die grösseren Arten, sondern achte auch zer uf die kleineren, welche nur aus einem Thier bestehen, oder aus einem ie ne mit Krospen.” Dr. . Grüffe's Erfahrungen) zwei Tage in Süsswasser, am besten in fliessendes, 2 der weiche Ueberzug abfault. Diesen entfernt man durch wiederholtes Auf- ale Niedertauchen und Schlagen auf das Wasser vollständig. Mangelt a gewickelt, sondern zunächst in Seidenpapier, weil die Wattenfasern später Um die Korallen recht schön weiss zu erhalten, setzt man sie en . 494 | ne Mob zuletzt wenigstens ein längeres intauchen in Süsswasser erforderlich. Dies kann Fed auch später nach dem Trocknen noch nachgeholt werden. Trocknet man Korallen mit ihrem weichen Ueberzuge in der Luft, so wer- den sie bräunlich. Solche Stücke haben, wenn sie sonst nur al erhalten sind, auch wissenschaftlichen Werth. Wenn man es möglich machen kann, so conservire man von jeder Ko- rallenart auch kleine Exemplare oder Bruchstücke grösserer mit dem weichen Polypenüberzuge in starkem Spiritus (der mit etwas Chromsäure versetzt werden kann), damit später noch eine anatomische und mikroskopische Unter- suchung der Korallenpolypen möglich ist. Wenn man mehrere Polypen- zweige in ein Glas lest, so müssen sie durch weiche Umhüllungen vor gesen- seitiger Reibung geschützt werden. Wer Gelegenheit hat, ein Korallenriff genauer zu untersuchen, der notire die Lage, die Form, die Tiefe, den Untergrund, die Höhe unter der Oberflüiche, die Wasserbewegung, die Temperatur und den Salzgehalt des Wassers. Ueber Korallenriffe findet man ausführliches in der Schrift: Corals and Coral Islands by James D. Dana, Liondon 1872. (Mit Karten und vielen Abbildungen.) Aktinien in einem ausgedehnten Zustande zu conserviren gelingt schwer. Wenn man sie fängt, ziehen sie sich zu schleimigen Klumpen zu- sammen. Um sie zur Entfaltung zu bringen, setze man sie in ein Gefäss mit Seewasser. Haben sie sich ausgedehnt, so tödte man sie durch allmälisen Zusatz von Süsswasser oder Weingeist. So gelingt es manchmal, sie im aus- sedehnten Zustande todt zu erhalten. Sie werden in starkem Spiritus oder in Lösungen von doppeltchromsaurem Kalı aufbewahrt. Notizen über ihre Lebensfarben, noch besser Farbenbilder sind erwünscht. Alle zarten Weichpolypen, wie auch Seefedern und Seenieren werden in starkem Spiritus aufbewahrt. Grössere Quallen und Schwimmpolypen (Siphonophoren) fimer man mit Siebschöpfern, kleinere mit Schwebenetzen. Diese Instrumente sind weiter hinten beschrieben. Die kleineren (bis 5 Cm. Durchmesser ungefähr), kann man in einer 5 bis 7procentigen Lösung von doppeltchromsaurem Kalı aufbewahren. Sehr kleine, bis 2 Mm. grosse, lege man in ein Uhrglas mit wenig Seewasser und übergiesse sie dann (nach F. E. Schulze) mit einer 1procentigen Lösung von Osmiumsäure, um sie rasch zu tödten und alle zar- ten Weichtheile gut zu erhalten. Nach einigen Minuten schütte man sie in reines Wasser und übertrage sie aus diesem in Spiritus von wenigstens 60 Procent. In Ermangelung von Osmiumsäure conservire man auch die kleinen Quallen in starkem Spiritus oder in doppeltchromsaurem Kalı. Grössere Quallen und Schwimmpolypen lassen sich dadurch conserviren, dass man sie lebend in unverdünnten Spiritus wirft, welchen man nach einigen Stunden abgiesst und durch neuen ersetzt. Dies wiederholt man drei bis viermal. Auf diese Weise zieht man alles Wasser aus ihrem Körper; sie, werden zwar bedeutend kleiner und derber, behalten aber ihre Form. L. Martin empfiehlt, Alaunlösung mit dem Spiritus für Quallen zu mischen, um die Farbe derselben zu erhalten. Derartig behandelte Quallen werden am besten einzeln in einem Gefässe aufbewahrt, welches ganz mit Spiritus angefüllt ist. Bringt man mehrere in ein Gefäss, so müssen sie durch Scheiben von Zeug oder Papier getrennt werden. Dann schichte man aber das Gefäss ganz voll, damit die zarten Thiere nicht durch Schütteln zerstört werden. In süssem Wasser und im Brackwasser kommen kleine Weich- werk, die en Steine und Felsen in. Hldnsen ee ne en a Häfen in den Flussmündungen werden oft eine recht ee ei Moosthierchen, Bryozoa.. Diese Thiere bilden oft feine Ueberzüge auf Seepflanzen, Muse Steinen und anderen Gegenständen. Manche sind blattartige Colonien, N ‘andere haben die Form von Bäumchen. Es giebt biegsame und harte 'kalkige Moosthiere. Man wird sie oft mit Polypen zusammen im Schlepp- _ netz finden. Alle zarteren bewahre man mit ihrer Unterlage in gutem Spiritus auf. Nur die grösseren kalkigen Arten eignen sich zum a. _ nachdem sie vorher in Süsswasser gelegen. Von den getrockneten Arten eonservire man stets kleine Exemplare oder de in starkem Spi- _ ritus. Bryozoen*) kommen auch im süssen Wasser auf Wasserpflanzen und _ anderen Unterlagen vor. Schwämme, Spongiae. Die ne sind festsitzende Thiere, welche von Nichtkennern Teiche ür Pflanzen gehalten werden. Sie unterscheiden sich jedoch durch ihre ‚mehr massigen Formen und durch ihre Farbe von den Seepflanzen; sie sind grau, weiss, bräunlich, gelb, roth, blau oder schwärzlich. Sie sitzen an Seepflanzen,. an ae, aut An. an Holzwerk, auf Muscheln, Schnecken und hartschaligen Krebsen. Manche siedeln sich sogar in den Kalkschalen ‚der Muschel an und ragen aus den Höhlungen, ee ne Bi: ursachen, nur wenig über die Oberfläche der Muschelschale hervor. : Die flachwohnenden gewinnt man bei Ebbe wie Krebse, Würmer und andere Seethiere; die tiefer lebenden mit Schrapern und Schleppnetzen. Man Baht sie am besten in starkem Spiritus auf. ci Arten darf man nur dann in ein Gefäss setzen, nachdem man jede beson- ders eingewickelt hat, damit die mikroskopischen Kalk- oder Kieselkörper ‘der einen Art nicht in die andere gerathen, | Will man sie trocknen, so lege man sie vorher einige Stunden in Süss- wasser. ' pP Wurzelfüssler, Rhizopoda. In dem Sande des Strandes kommen, besonders in wärmeren Gegenden, chalen von Wurzelfüsslern vor, welche Foraminiferen heissen, weil Poren der Schale sind. Um sie in dem Sande zu entdecken, bringe man eine men; sie ähneln Schneckenhäusern, Kugeln, Walzen, Scheiben, Sternen anderen Dingen. Die meisten. a Eco einen ie einige Millimeter ’ re use sie mittels ze (Sarkodetäden) ,‚ die aus *) Die , Bryozöen stehen ihres vollkommenen inneren Baucs wegen den Wermeen Saar en, und Quallen. In einer praktischen Anweisung zum Sammeln eren f Risen sie am 'passendsten auf diese. | andvoll desselben auf eine dunkle Unterlage. Sie haben die verschiedensten Yeah TEN ARTE a GR re EIERN N FR > 4 ke ’ TR ae RER f] r 14 > un & 426 Möbius. den Poren der Schale hervorkommen, am Meeresboden auf Pflanzen, Steinen, Polypen und anderen Thieren. Wenn der Küstensand reich ist an Wurzelfüsslerschalen, so entfernt man durch Siebe die gröberen Theile desselben, trocknet die feine Masse gut und bringt sie dann in Schachteln, Flaschen oder Büchsen. Vom Meeresboden werden die Wurzelfüssler mit Schleppnetzen oder Schrapern heraufgeholt. Will man nn lebend beobachten, so bringe man kleine Portionen der heraufgebrachten Masse in Schüsseln oder klare Glashäfen und giesse See- wasser darauf. Nach einiger Zeit werden vorhandene Wurzelfüssler an der Oberfläche des Schlammes oder an der Gefässwand erscheinen, Will man sich die Schalen der Wurzelfüssler aus dem Schlamm 'ver- schaffen, so breite man diesen in flachen Gefässen oder auf Papier zum Trocknen aus. Die gut getrocknete Masse wirft man in ein Gefäss, das mit Süsswasser gefüllt ist. Die Schlammtheile sinken unter, aber die Schalen der Wurzelfüssler steigen an die Oberfläche, weil sich ihre Höhlungen beim Trocknen mit Luft anfüllten. Mit einem kleinen Mullnetz oder einem kleinen gestielten Sieb schöpft man sie ab, trocknet sie und bringt sie dann in Röhrengläser oder andere Gefässe. Ebenso kann man auch verfahren mit foraminiferenhaltigem Sande des Strandes. Bei den Echinodermen habe ich schon mitgetheilt, dass ihre Därme nicht selten Foraminiferenschalen enthalten. Gleiches gilt auch von dem Darme schlammfressender Würmer. Ausser den kalkschaligen kriechenden Wurzelfüsslern giebt es noch schwimmende, von denen viele Arten Skelete von Kieselsäure in ihrem weichen Körper tragen. Sie heissen Radiolarien. Man fängt sie mit Schwebnetzen wie die Oopepoden und kleinen Quallen, bringt sie aus dem Seewasser entweder unmittelbar ın starken Spiritus oder übergiesst sie vor- her auf wenige Minuten mit 4procentiger Osmiumsäure. Sehr kleine Wurzelfüssler sucht man mit Mikroskopen an Pflanzen- _ theilen und Polypenzweigen oder zwischen Bodenbestandtheilen, wie man In- fusorien und andere mikroskopische Thiere aufsucht. Die Werkzeuge zum Fangen der wirbellosen Seethiere. Das wichtigste Werkzeug zum Fangen wirbelloser Thiere, die am Meeres- boden leben, ist das Schleppnetz. Es besteht aus einem rechteckigen Eisenrahmen, dessen längere Seiten für grössere Tiefen 1 Meter, die kürzeren 25 Cm. lang genommen werden können. Die Langseiten sind divergirende Schneiden von 5 Cm. Breite, die Kurzseiten bestehen aus Rundeisen von 2,5 bis 3 Cm. Durchmesser. Für geringere Tiefen kann der Netzrahmen etwas kleiner und leichter sein. An der innern Seite der Schneiden ist eine Reihe Löcher, eines von dem anderen 1,5 Om. weit entfernt. In diesen Löchern und an den seitlichen Rund- eisen des Rahmens wird der Netzbeutel durch star- kes Netzgarn oder durch dünnen Kupferdraht befestigt. Der Beutel ist ungefähr 1'/,mal so lang wie breit. Er wird aus grobem Stramin (Canavas), einem zu Stickereien ge- immer gut an, und getrocknet u Zum Schutz gegen Kar en Grund und gegen zu un Füllungen kann man ihn mit einem. weit- aschigen dicht anschliessenden . Beutel von starkem Netzgarn umgeben. An len Funden Seitenstücken des Rahmens sitzen zwei bewegliche Schenkel, welche ungefähr °?/, so lang sind wie die Schneiden. Das Zugthau wird an einem Enkel nnielbar befestigt, mit dem anderen wird es durch eine kurze dünne Leine in Verbindung gesetzt. Bricht diese, wenn das Netz hinter einen schweren Stein Ge so wird es sich in den meisten Fällen leichter aufziehen lassen, als wenn das Zugtau an beiden Schenkeln gleich festliegt. Die ungleiche Befestigung des Talk an den eisernen Schen- keln des Netzrahmens kann en so geschehen, wie Figur 2 darstellt. Beim Schleppen auf geringen Tiefen lässt man ungefähr doppelt so viel Tau aus, als die Tiefe beträgt, damit das Netz in den Boden eingreifen kann. Wenn man grössere Tiefen befischt, so ist es zweckmässig, einige Faden vor dem Netz Gewichte von 25 De zu 100 Pfund zu befestigen. Auf sehr grossen Tiefen kann man dadurch Tau sparen, dass man schwere ‚Gewichte wiehvere hundert Meter vor dem Netze anbindet. Diese Gewichte ziehen das Tau fast senkrecht nieder, und wenn das Schiff vorwärts geht, ird das Netz von dem Gewichte fortgezogen. Auf geringen Tiefen fischt man von einem Boote aus, welches durch ' Ruder oder Segel langsam fortbewegt wird. Von grösseren Segel- oder Dampf- ‚schiffen aus konn nur gefischt werden, wenn sie in ganz langsamer Bewegung Auf den Ost- und Nordsee-Expeditionen in den Jahren 1871 und 1872 ben wir das Schleppnetz entweder vom Hintertheil oder von der Back- # seite hinter dem Radkasten in's Meer, während das Schiff (der Aviso- er Pommerania) mit dem Winde trieb. Es schleppte gewöhnlich eine tunde am Grunde. Während. dessen liess ein kundipen' Mann seine ob das Netz festgehalten werde. Tetz. in grossen Tiefen Bängen,, so Xu hit man es nicht. .d 498 i Möbns “0 Et Capt. Boardsley, der Commandant der Blue Light, des Dampfers der 3 nordamerikanischen Meeruntersuchungscommission hat (1873) eine zweck- mässige Einrichtung angewendet, um Schleppnetzverlusten vorzubeugen (s.Fig.3). Er liess das letzte Stück des ausgelassenen Netztaues N durch ein dünneres Tau S mit dem Bordrand verbinden. Bleibt das Schleppnetz am Grunde hängen, so reisst zunächst das Sicherheitstau $, und der Knall, mit dem dies geschieht, veranlasst sofort den Commandanten des Schiffes und die Mann- schaft, alla das Netz bedient, zur Rettung desselben das Nöthige zu thun. Hat man einen Schraubendampfer, so werfe man das SE vom Vordertheile aus und gehe während des Schleppens langsam rückwärts, um So kräftig vorwärts laufen zu ea sobald das Netz Fig. 4. am Grunde sen ben wird. Da das Aion des Schleppnetzes mit den Händen sehr anstrengend und zeitraubend ist, so wendeten wir auf der Pommerania dazu eine kleine Dampfwinde an, die von dem grossen Dampfkessel aus gespeist wurde. Sie brauchte z. B. nur 24 Minuten, um das gefüllte Netz im Skagerak aus 294 Faden Tiefe heraufzuholen. } Der Inhalt des aufgezogenen Netzes wird. entweder mit einem Mal in ein flaches Fass entleert oder in kleineren Portionen herausgenommen und sorgfältig durchsucht. Besteht er aus Schlick, feinem < Sand, Muschelbrocken oder todten zerfallenen se TE ER ee Fig. 5. Pflanzen, so muss man Siebe anwenden, um \ verborgene Thiere blosszulegen. Die käuflichen N Haarsiebe sind dazu schon recht brauchbar; \ besser jedoch sind Siebe von feinem Messing- \ draht mit zwei Griffen (deren Form Fig. 4 zeigt), A welche ein bequemes Auf- und Niedertauchen : zum Durchspülen ‘der feinen Grundmassen ge- statten. Werden drei Siebe in einander gesetzt, _ von,denen das unterste Oeffnungen von 1 Mm. RR Weite- hat, das mittlere von 4 Mm. und ds oberste von 8—10 Mm., so erhält man die There nach 3 verschiedenen Grössen sortirt. Fischt man bei ruhigem Wetter von einem. Boote aus, er so können die Siebe im freien Wasser auf- und al niedergetaucht werden. Die Siebe in horizon- taler Haltung zu drehen, ist unzweckmässig, weil zarte Thiere dadurch gescheuert werden. ER Auf Schiffen siebt man in flachen Fässern (Baljen). Aus den Sieben nimmt man die kleineren Thiere mit Hornlöffeln , löffelförmige angeschnit- MR tenen Federposen, Ess Haarpinseln oder mit - 5 ‘ Pincetten von Neusilber, Messing oder Horn, welche auf See den stählernen orzuodchen sind. Einen Theil der nicht gesiebten Bodenmasse bringst man in Schüsseln mit etwas Wasser, um kleinen Thieren Gelegenheit zu geben, aus 3 derselben hervorzukriechen und sich im klaren Wasser zu zeigen. Zum Fangen von Seesternen, en Korallen, kleinen Krustenthieren u. dgl. sind ausser den Schleppnetzen auch grosse Hanfquasten sehr ® Aal UNE Il zu; Ra: Uli! { ln ILIHRIZ KINMIRN der ie ‘D en Bor: An einer eisernen Stange von änge mit ann ea on Läufern von 20—25 Om. Durinn el 'hän- Ketten mit 3 bis 6 Reihen Die englischen Te, nn Abkratzen Rs Pfahlwerks der Häfen, der Quaimauern, der Shit S en le und der Klippen ist der Schraper, das Fig. 6 abgebildete Instrument, recht zweckmässie. Es besteht aus einer Schneide von 20—25 Cm. Länge _ und einem Bogen von 15—18 Cm. Höhe. Schräg aufwärts von dem höch- sten Punkte des Bogens läuft eine Hülse für eine Stange Am Hinter- ' rande werden Löcher in die Schneide und den Bogen eahllunen. durch welche man einen Straminbeutel anheftet. Dieser Samen on lässt sich auch anwenden, um Muscheln und Würmer auf flachen Gründen auszugraben. ‚Schwimmende Thiere werden mit Schwebnetzen, Fig. 7, gefangen. Diese bestehen aus einem Beutel von Mull, der an einem Bar von lei Be nledreht befestigt ist. Der Ring hat ungefähr 25 Cm. Durchmesser und der Beutel ist 35—40 Cm. lang. nn dem Ringe gehen gleichweit von ein- der drei Aufhängeleinen aus; wo diese ame, ,‚ wird das Zugtau angesetzt. (Siehe nal Seite 416.) Das Schwebnetz darf nur bei ganz langsamer Fahrt des Bohren) ausgehängt werden, weil starker essslnn oh das Netz als auch a gefangenen Thiere zerstört. Liegt das Fahrzeug vor Anker, so kann man das Schwebnetz aushängen, sobald das Wasser vorüberströmt. Hat man mehrere Schwebnetze, so hänge man sie an einem Tau, das durch ein Loth beschwert ist, in Abständen von mehreren Metern unter einander auf, um nicht blos an der Oberfläche, sondern auch in tieferen Wasserschichten schwimmende Tbiere zu fangen. Wenn das Schwebnetz 5, 10 oder 15 Minuten im Wasser gewesen ist, zieht man es heraus. Eine Schüssel oder ein Glashafen mit Seewasser steht ae bereit. Der Netzbeutel wird umgestülpt und in diesem Wasser ab- gespült. Die kleinen gefangenen Thiere hebt man mit einer Glasröhre aus em Wasser, deren obere Oeffnung man- mit einem Finger geschlossen Bu ! bis das untere Ende über dem anti Thiere Flanke Oeffnet man nun Ben so fährt das Wasser sammt dem ‚Thierchen hinein; un man heller gewinnt man die kleinen Thiere, wenn man das Ba x bnetze durch einen kleinen Durchschlag von Mull oder sehr feinem | 430 | Möbius. Ausser den aufzuhängenden Schwebnetzen wendet man zum Fangen kleiner schwimmender Thiere auch noch Käscher von Mull an. Sie unter- scheiden sich von dem beschriebenen Schwebnetz nur dadurch, dass.ihr Ring an einer Stange befestigt ist, ; mittels welcher das Netz vom. Boot, vom Ufer oder von einer Brücke aus durch das Wasser gezogen werden kann. Man fische mit Mullnetzen nicht blos bei Tage, sondern auch am Abend und bei Nacht, da viele Thiere gerade während der Dunkelheit aus der Tiefe in die Höhe steigen,, Bender, bei ruhigem und warmem Wetter. Weil zarte Thiere schon durch den geringsten Druck gegen den N beutel verletzt werden, so gebrauche man zum Einfangen von Thieren, die an der Oberfläche schwimmen, auch noch Glasgefässe und durchschlase- artige Schöpfer von der Form des oben Fig. 8 abgebildeten Durchschlags.. Sie bestehen aus einem Messingring von 10, 15 oder 20 Cm. Durchmesser mit Stielhülse und aus einem Boden von Messingdrahtgewebe. Solche _ Schöpfer sind sehr geeignet, Quallen, Schwimmpolypen, Tunicaten und andere zarte Thiere aus dem Wasser zu heben. Während der Fahrt kann man kleine Thiere, die in der Oberflächen- schicht schwimmen, dadurch fangen, dass man Wasser aufpumpt und in emen Mullbeutel fallen lässt, der in einem Eimer hängt. Wo das Schiff vor Anker liegt, kann man Aalkörbe oder andere korb- förmige Fanggeräthe mit Köder nk den Grund senken, um darin grössere Krebse, Schnecken und Stachelhäuter zu fangen. Beim Aufziehen des Ankers achte man auf das, was an der Kette und an dem Anker hängt. Auch fange man schwimmende Pflanzen, schwimmendes Holz u. dgl. ein, weil solche Dinge häufig von Thieren besetzt sind. Um da, wo das Meerwasser ganz klar ist, einen Blick auf den rund zu thun, kann man ein Geräth reiten, dessen sich die griechischen Sahemesmnati she bedienen. Es ist ein Cylinder von Zinkblech, 45 Um. lang und 30 Cm. weit, mit einem Glasboden. Man drückt die untere Hälfte des- selben in das Wasser und blickt dann durch das Glas in die Tiefe. Auf diese Weise erhält man Bilder von dem Meeresboden, welche durch die Un- ruhe der Oberfläche nicht verzerrt werden. Das Conserviren der wirbellosen Seethiere. Gefässe. Ehe die Seethiere zur Versendung verpackt werden, muss man sie durch Einlegen in Spiritus entwässern. Dies geschieht am bequemsten in Stand- denen. mit weitem Halse und gut aa allen Glasstöpsel. Zwei eylin- drische Standgefässe von 40 Um. Höhe und 25 Cm. Durchmesser, zwei von 30 Cm. Höhe und 20 Cm. Durchmesser und 20 Gefässe von 20: Cm. Höhe bei 15 bis 4 Cm. herab reichen aus zur Entwässerung einer ziemlich grossen Menge gleichzeitig gefangener Thiere von verschiedenen Formen und Grössen. Um diese Gefässe sicher zu transportiren, lässt man Kisten für sie anfer- tigen, in welchen jedes Glas in durchlöcherten Brettern an seinem Platze festgehalten wird. Von den grossen Gläsern kommen nur 4 Stück in eine Kiste, von den kleineren mehr, Die genügend entwässerten Thiere verpacke man in Blechkisten, über- Eos Bein dienen ‚ die man in Gestellen mit ae Brettern aa stellt. Solche Röhrengläser sind auch sehr empfehlenswerth zur Versendung ; kleinerer zarter ihren Man rüste sich daher mit einer grösseren Menge solcher Röhrengläser 3 ' von drei verschiedenen Längen aus, von 10 Um., 15 de und 20 Cm. Länge. Eh Die Durchmesser können alba Behr verschieden sein, etwa von 1 NE bis 3 Cm. Damit der Kork recht fest schliesst, lässt man die Fig. 9. Ne Röhren unter der Oeffnung ein wenig verengen (Fig. 9). Die ? Dicke der Glaswand beträgt ungefähr 1 Mm. Ist eine grössere | Zahl solcher Röhrengläser mit entwässerten Thieren gefüllt, so h kann man sie mit einem weichen Stoffe umwickeln und dicht an- vo einander in einen Blechkasten lesen, der zugelöthet wird, nachdem das Zeug mit starkem Spiritus getränkt worden ist. Die Etiketten werden mit Bleistift auf Papier geschrieben und in die Röhren- gläser mit eingeschlossen. Will man Thiere in Standgläsern ver- senden, welche mit Glasstöpseln verschlossen sind, so überbinde man sie mit Schweinsblase, welche vorher in Wasser gelegen hat. Beim Trocknen klebt sie so dicht an, dass sie das Verdunsten des Spiritus ver- hindert. Conservirungsflüssigkeiten. “ Die brauchbarste Conservirungsflüssigkeit ist starker Weingeist. Man Ban vermischt ihn nicht mit Wasser, weil alle Wasserthiere sehr viel Wasser ent- Bi halten. Setzt man mit einem Mal eine grössere Menge Seethiere in ein be- schränktes Maass von Spiritus, so muss man wenigstens nach 12—24 Stun- den den durch das Wasser der Thiere sehr gewässerten Weingeist durch neuen stärkeren ersetzen. Schwächer als 50 p. ©. darf er nicht werden, | wenn die Eingeweide der Thiere nicht verderben sollen. Zum Messen des Spiritus wendet man die käuflichen Alkoholometer an. Aus grossen mit Thieren angefüllten Gefässen ziehe man den stark ge- wässerten Weingeist durch einen Heber von Glas, Blech oder Kautschuk ab, dessen einer Schenkel bis an den Boden des Gefüsses reicht, weil gerade am Boden die wasserreichste, schwerste Flüssigkeitsschicht steht. Dringend empfehle ich allen Seethiersammlern, die baldige Entfernung des stark ge- wässerten Weingeistes und die Ersetzung en durch nn conservirenden Weingeist nicht zu versäumen, damit die Weichtheile ihrer Thiere für ana- tomische und histologische Dakerrem lt anem tauglich bleiben. Sehr wasser- "ander in neuen unverdünnten Spiritus setzen, wenn sie gut bleiben sollen, L. Martin empfiehlt in seiner Praxis der Nantes (Weimar 1870) eine Auflösung von 1 Gewichtstheil Alaun in 30 Gewichtstheilen Wasser mit dem a zu mischen, damit sich die Farben der Wasser- y Kleine Quallen, schalenlose kleine Mollusken und kleine Würmer lassen für spätere mikroskopische Untersuchungen ihrer Gewebe auch recht A „alnen;, 5—7 procentigen Lösung von doppelt chromsaurem Kali SR x N Möbius: Wirbellose Seethiere. conserviren. Man sehe nur zu, dass die Lösung nicht zu sehr durch das Wasser verdünnt wird, welches die eingesetzten Thiere abgeben, und ver- stärke sie wieder, wenn dies geschehen sein sollte. Alle übrigen sonst noch zur Anwendung gekommenen Conservirungs- Hüssigkeiten haben weniger allgemeinen Werth. In Goadby’s Liquor behalten wohl zarte kalkfreie Wasserthiere Jahre lang ihre Form; sie werden aber brüchig und zu mikroskopischen Unter- suchungen taugen sie wenig oder gar nichts. Ich kann ihn deshalb nicht empfehlen. Man bereitet ihn aus 140 Gramm Seesalz, 70 Gr. Alaun und 0,3 Gr. Quecksilbersublimat, welche in 2,5 Kgr. Wasser gelöst und filtrirt werden. Osmiumsäure, in 1procentiger und !/,procentiger Lösung, kann man an- wenden, um sehr kleine zarte Seethiere für mikroskopische Untersuchungen zu conserviren. Sie werden mit der Säurelösung, nachdem sie sich in einer kleinen Menge Wasser ausgedehnt haben, plötzlich übergossen, aber schon nach einigen Minuten in reines Wasser gelegt und bald darauf in Weingeist von ungefähr 60 Grad gebracht. (Vgl. oben S. 424,’ wo von der Üonser- virung der Quallen gesprochen wird.) Man hüte sich die schädlichen Dämpfe der Osmiumsäure einzuathmen. Einige allgemeine Regeln. Wo Thiere in grossen Schaaren auftreten, wo sie ungewöhnliche Fär- bungen des Wassers oder das Leuchten des Meeres verursachen, da unter- suche man die Temperatur, die Strömung, den Salzgehalt und andere beglei- tende Erscheinungen. Denke niemals: hier brauche ich kein Netz auszuwerfen, denn hier ist doch nichts zu fangen, sondern mache überall, wo sich Zeit und Gelegenheit dazu bietet, einen Versuch. Verachte das Unscheinbare nicht; es kann ein sehr seltenes und sehr gesuchtes Thier sein. Wirf nichts fort, ehe du nicht sicher überzeugt bist, dass es wirklich werthlos ist. Wenn viele Exemplare einer Art leicht zu erlangen und out z zu con- serviren sind, so nimm viele mit. Vielleicht ist ‘es eine Art, 2 noch kein Museum besitzt. Schiebe die schriftlichen Aufzeichnungen nicht auf, sondern mache sie während der Beobachtung oder doch sehr bald nachher. Bringe an den ren oder an ihren Aufbewahrungsgefässen dauer- hafte Zettel an, auf denen Ort und Zeit des Fanges vermerkt sind. Perga- mentabfälle sind zu solchen Zetteln sehr geeignet. Wenn die Thiere keinen Ursprungszettel haben, so sind sie ige: Hans. Conservire und verpacke mit grosser Sorgfalt, damit die Arbeit des Sammelns nicht umsonst gewesen ist, wenn die Thiere zu Hause ankommen. Die trocknen schütze vor Feuchtigkeit und Insectenfrass; die in Weingeist conservirten vor Verwässerung und Verdunstung des Weingeistes und vor dem Bruch der Gefässe. Alle farbigen Thiere schütze vor Licht. Die Fanggeräthe bewahre nach dem Gebrauch rein und trocken auf, Gliederthiere Von EN A. Gerstaecker. Man fasst unter diesem Namen diejenigen Thiere zusammen, welche gemeinhin als Insecten (Käfer, Schmetterlinge, Heuschrecken, Libellen, Bienen, Wespen, Fliegen u. A.), Spinnen, Skorpione, Krebs- und Krusten- thiere, Asseln, Tausendfüsse (Skolopender) u. s. w. bezeichnet werden, und welche darin mit einander übereinstimmen, dass ihre bald nachgiebige, bald mehr oder weniger erhärtete und selbst bis zur Brüchigkeit starre Körper- _ : "haut (als äusseres oder Hautskelet bezeichnet) eine durch quer gegen die - Längsachse gerichtete Einkerbungen hervorgerufene Gliederung wahrnehmen lässt, so dass der Körper äusserlich aus einer grösseren Anzahl in der Rich- B tung von vorn nach hinten aufeinander folgender Ringe (Segmente) zu be- stehen scheint. Diese Ringe können in sehr grosser (bis 100 und darüber), wie bei den Tausendfüsslern, oder in ungleich geringerer Anzahl (13 oder _ weniger), wie bei den meisten Insecten, vorhanden und ebenso oft an allen Theilen des Körpers von annähernd gleicher Form und Grösse, wie in bei- der Hinsicht sehr verschieden gestaltet sein. Im letzteren Fall verschmelzen sehr häufig. je mehrere aufeinanderfolgende dieser Ringe zu mehr oder we- “2 niger deutlich eschiedenen, d. h. durch tiefere Einkerbungen von einander we getrennten Körperabschnitten, von denen man z.B. bei jedem Insect den vor- ' dersten, welcher mit den Augen und Fühlhörnern versehen ist, den Kopf, RR ii; den Be kllalanı welcher aersih die drei Beinpaare und el (in der on Regel) die Flügel trägt, den Brustkasten (Thorax), den hintersten endlich, welcher die Gliederung; am deutlichsten zur Schau trägt, den a, (Bauch) nennt. Bei den Spinnen werden durch Verschmelzung mehrerer oleher Körperringe nur zwei Hauptabschnitte: ein vorderer, mit Beinen ver- ehener (Brustkasten) und ein hinterer, derselben entbehrender hergestellt; 2 > den Skorpionen dagegen lässt jeder dieser Abschnitte die ihn zuammen- enden Körperringe "noch deutlich erkennen, doch sind sie hier durch chiedene Breite (Rumpf- und Schwanztheil) unterschieden. Bei einem bs (z. B. dem Flusskrebs) existiren zwei ähnliche Hauptabschnitte, an eren vorderem (Brustpanzer) die Einzelringe mit einander verschmolzen ırend sie an dem hinteren (Krebsschwanz) getrennt geblieben sind. 1 wissenschaft. Beohachtungen auf Reisen. 434 Gerstaecker. Gliederthiere finden sich überall, so weit organisches Leben überhaupt reicht, und zwar sowohl der aan wie der Individuenzahl nach ungleich häufiger als irgend eine andere Abtheilung des Thierreiches vertreten; sie erstrecken sich durch alle Zonen ah bis zum äussersten Norden, in verticaler Richtung bis auf die höchsten Gipfel der Gebirge (in Europa bis über 9000’, in den Tropen noch bei weitem höher) und bis in sehr beträcht- liche Tiefen des Meeres (Krebsthiere). Auch unter den dem Festlande eigen- thümlichen giebt es zahlreiche, mag stehendes und fliessendes Wasser be- wohnen. Die, wie es scheint, uner schöpfliche Zahl der theils ansehnlich grossen, theils bis zu na kresk nrkchler Kleinheit herabgehenden Gliederthiere — man kennt deren bereits gegenwärtig über 250,000 Arten, also mehr denn zehn- mal so viel als Wirbelthiere — lässt es selbst für den praktischen Zweck des Sammelns wünschenswerth, ja zur Orientirung unentbehrlich erscheinen, dieselben nach bestimmten äusseren Körpermerkmalen in systematische Ab- theilungen höheren und niederen Ranges (ÜClassen, Ordnungen, Familien u. s. w.) zu zerlegen. Solcher hat man zunächst nach den natürlichen Ver- wandtschaften der Einzelformen vier, mit dem Namen der „Classen“ belegt, abgesondert: Classe 1. Insecten (Insecta, Hexapoda).. Körper mehr oder weniger deutlich dreitheilig, aus Kopf, Brustkasten (Thorax) und Hinterleib bestehend. Der Kopf mit zwei seitlichen Netzaugen (häufig auch mit drei kleinen Punkt- oder Scheitelaugen), zwei Fühlhörnern (von sehr verschiedener Gestalt und Grösse) und mit Fress- oder Saugwerkzeugen (als Mundtheile, Kiefer, Zunge, Saugrüssel u. s. w. bezeichnet) versehen. Am Brustkasten unterhalb stets drei Beinpaare, oberhalb ausserdem. sehr allgemein zwei Flügelpaare (zuweilen beide, zuweilen das hintere fehlend; das vordere in vielen Fällen zu harten, hornigen Deckschilden: Flügeldecken, Elytra umgestaltet) beweglich eingelenkt. Am Hinterleib niemals Beinpaare, wohl aber häufig faden-, zangen- oder säbelförmige Anhängsel an der äussersten Spitze, besonders zum Ablegen der Eier (seitens der Weibchen) dienend. (Diese Charakteristik bezieht sich nur auf die ausgebildeten (d. h. fortpflanzungsfähigen) Insecten, während bei den Larven (Maden, Raupen) stets die Flügel fehlen, der Körper häufig nicht dreitheilig, sondern linear und gleichmässig geringelt erscheint, und die Beine ebensowohl ganz fehlen ‚wie zu mehr als drei Paaren vorhanden sein können.) { Olasse 2. Spinnenthiere (Arachnoidea). Körper nur zweitheilig oder (Milben) selbst ungetheilt. Der vordere Abschnitt (Cephalothorax, d.h. dem Kopf plus Thorax der Insecten entsprechend) stets nur mit ein- fachen (Punkt-)Augen in verschiedener Zahl versehen, der Fühl- hörner entbehrend. An seiner Unterseite sind ausser Kiefern und Tastern vier Beinpaare beweglich eingelenkt; Flügel, wie bei den fol- genden zwei ÜOlassen, stets fehlend. Der hintere Abschnitt (Bauch, Abdomen) bald sackförmig, ungegliedert (Spinnen), bald gegliedert und dann zuweilen (Skorpione) schwanzförmig verlängert. — Ausser den allgemein als „Spinnen“ bekannten Gliederthieren gehören hierzu die Skorpione, die Geisselskorpione (Taranteln), die Schneiderspinnen („Schneider“), die Milben, Zecken u. A. Olasse 3. Krebs- oder Krustenthiere (Crustacea). Körper entweder deutlich zweitheilig (wie beim Flusskrebs, Hummer u. A.) und dann Gliederthiere. | aus einem Be liedorten Brustpanzer (Bere und einem darauf - folgenden, oe Schwanztheil (Postabdomen) zusammengesetzt, r ‘oder (wie bei den Kellerasseln) aus einem Kopftheil und meist dreizehn ER auf ihn folgenden, fast gleich langen Körperringen bestehend. In beiden Fällen an allen Körperabschnitten (resp. Körperringen) unterhalb Beine eingelenkt, diese jedoch im Bereich der vorderen Hälfte grösser (Wan- delbeine) und von denjenigen der hinteren auch in der Form verschieden. Ki Am Kopftheil oder dem ihm entsprechenden Vorderende des Brustpan- Fri zers zwei seitliche (zuweilen auf beweglichen Stielen sitzende) Netz- Pi, augen und zwei Paar Fühlhörner. — Die meisten’ (mit Ausnahme vieler Be Asseln) im Wasser lebend und daher mit Kiemen athmend. Es gehören zu dieser Classe ausser den eigentlichen ‚Süsswasser- und Seekrebsen (Krabben, Taschenkrebse, Einsiedlerkrebse, Hummer, Langusten, Garneelen u. s. w.) die Flohkrebse, die Asseln; ausserdem aber zahl- reiche, bis zu mikroskopischer Kleinheit herabgehende See- und Süss- wasserthierchen, wie die Hüpferlinge (Cyclops), Wasserflöhe (Daphnia) u) A, Qlasse 4. Tausendfüssler (Myriopoda). Körper lang gestreckt, linear, aus einem Kopf und zahlreichen (zu 16, 20 bis 80 und selbst über 150 i vorhandenen) fast gleichartigen Körperringen bestehend, von denen jedes entweder ein oder zwei Beinpaare trägt. Am Kopf ein Paar Fühler Bi und meist zwei zusammengesetzte Augen oder Gruppen von Punktaugen. — Sie leben sämmtlich auf dem Lande. Die bekanntesten Formen sind die flachgedrückten Scolopondren und die drehrunden (cylindrischen) Tausendfüsse (Julus). 1. Die Insecten. here VE: nr Sr P2 > y An ihrem zweiten Körperabschnitt (Brustkasten, Thorax) lassen sich drei Segmente nachweisen, von denen bei aller Verschiedenheit in Form und Grösse das vorderste (Prothorax) stets nur das erste Beinpaar, das mittlere und hintere (Meso- und Metathorax) je ein Bein- und ein Flügelpaar tragen. - Am Mesothorax sind die Vorder-, am Metathorax die Hinterflügel eingelenkt. Man theilt die Insecten gegenwärtig allgemein in sieben Ordnungen, welche einerseits auf die Verschiedenheiten in der Mundbildung, andrerseits auf die Art der Verwandlung (Metamorphose) begründet sind. In ersterer Beziehung ist es allgemein bekannt, dass es neben kauenden (beissenden) — Insecten, wie Käfer, Heuschrecken u. s. w. auch saugende giebt, welche, wie z. B. die Schmetterlinge, Fliegen, Wanzen u. A. sich nur von flüssigen - Substanzen (Blüthensaft, Blut) ernähren. Bei beiden Kategorieen finden sich » zwar die zur Nahrungsaufnahme dienenden Mundwerkzeuge in gleicher Zahl (sechs) und in ähnlicher gegenseitiser Lage vor; sie a aber, ihrer ver- an Function entsprechend, in ihrer Form sehr auffallend und selbst _ bis zur Unkenntlichkeit von einander verschieden. In Bezug auf die Ent- wickelung der Insecten verdient erwähnt zu werden, dass die Mehrzahl in einer Form aus dem Ei hervorgeht, welche von derjenigen des ausgebildeten 4 (fortpflanzungsfähigen) Individuums total verschieden ist und zur Umwandiers {x = in letzteres eines Durchgangsstadiums (Puppe) bedarf. Diese erste (Jugend-) Be Form wird als „Larve“ bezeichnet und ist Jedem von den Schmetterlingen, ng wo sie gewöhnlich Raupe genannt wird, hinreichend bekannt. Eine solche PN formell verschiedene ya, welche sich nach Erlangung ihrer vollen Grösse 7 erpuppt, besitzen nun ausser den Schmetterlingen anch die, Käfer, Fliegen, \ 28* . + BE; 1* e s ; A . 436 \ Gerstaecker. Bienen, Wespen u. A., welche man aus diesem Grunde als Insecten mit Verwandlung (Metamorphose), Insecta metabola zusammenfasst. Ihnen gegenüber stehen die ametabolen Insecten, bei welchen eine derartige Ver- wandlung insofern fehlt, als das Individuum aus dem Ei sogleich in einer dem erwachsenen ähnlichen oder fast übereinstimmenden Form hervorgeht, nur dass es noch der Flügel und der Fortpflanzungsorgane entbehrt. Zu dieser Abtheilung gehören alle Wanzen, Cicaden, Heuschrecken, Grillen, Schaben, Libellen und Verwandte. Uebersicht der Insecten-Ördnungen. A, Kauende Insecten. a) Ohne Metamorphose (ametabole). 1. Ordnung. Geradflügler (Orthoptera). Sie sind in ihrer Körper- form und in der Bildung ihrer Flügel sehr schwankend. Letztere sind entweder zu beiden Paaren dünnhäutig und durchsichtig (Libellen und Eintagsfliegen: Ephemera) oder es sind die vorderen in leder- artige oder hornige Deckflügel umgewandelt, welche sich dann im: Zustand der Ruhe den häutigen und faltbaren Hinterflügeln, so wie _ dem Hinterkörper auflegen (Heuschrecken, Grillen, Schaben). Ausser- dem gehören dieser Ordnung aber auch verschiedene, zeitlebens unge- flügelte Formen, z. B. die Silberfischchen (Lepisma), Springschwänze (Podura) u. A. an. b) Mit Metamorphose (metabole). 2. Ordnung. Netzflügler (Neuroptera). Vorder- und Hinterflücel dünnhäutig, meist mit einem dichten Adernetz durchzogen, die hin- teren zuweilen grösser und dann faltbar. Erster Ring des Mittelleibes (Prothorax) frei beweglich. — Larven mit drei Beinpaaren, theils mit saugenden, theils mit beissenden Mundtheilen; die einen auf dem Lande, die anderen im Wasser lebend. — Es gehören hierher von alleemein bekannten Insecten: der Ameisenlöwe (Myrmeleon), die Florfliegen (Öhrysopa), die Skorpionsfliegen (Panorpa) und die Köcher- fliegen (Phryganea). 3. Ordnung. Käfer (Coleoptera). Anstatt der Vorderflügel sind harte, hornige Flügeldecken (Elytra) vorhanden, welche dem Hinterkörper fest aufliegen und ihn seitlich sogar umfassen; dieselben stossen im der Mittellinie meist unter einer geraden Naht zusammen, an welcher sie zuweilen selbst mit einander verwachsen sind. Nicht selten sind sie mehr oder weniger verkürzt und lassen dann einen Theil des Hinterkörpers frei hervortreten. Die Hinterflügel, welche hier die alleinigen Flugorgane sind, liegen im Zustand der Ruhe unter den Flügeldecken verborgen; wegen ihres grösseren Umfangs falten sie sich in doppelter Richtung, nach der Länge und Quere (gegenläufig) zusammen. Der erste Ring des Mittelleibes (Prothorax) an den fol- senden frei beweglich und von grossem Umfang. — Larven mit drei, zuweilen verkümmerten Beinpaaren. 4. Ordnung. Hautflügler (Hymenoptera). Vorder- und Hinterflügel dünnhäutig, durchsichtig, von wenigen Adern durchzogen, die hinteren stets viel kürzer als die vorderen, an welche sie sich durch eine Reihe feiner Häkchen anheften können. Mundtheile zwar durchweg beissend, theilweise jedoch stark rüsselförmig verlängert (Bienen). Erster Ring des Mittelleibes (Prothorax) sehr kurz, ringförmig und in der Regel PR An a ohne Beine; een der Blattwespen raupen- nn förmig, mit neun bis elf Beinpaaren (Afterraupen). — Zu dieser Ordnung gehören Bienen, Wespen, Grab- und Wegewespen, Gold- ME _ wespen, Schlupfwespen, Ameisen, Gall- und Blattwespen. VEN B. Saugende Insecten. N Ms Mit Metamorphose (metabole). N 5. Ordnung. Schmetterlinge (Lepidoptera). Vorder- und Hinterflügel De A häutig, dicht mit aha ‚ schuppenförmigen Haargebilden Belacsı N; die hinteren fast durchweg beträchtlich, kürzer, nicht selten aber Via breiter als die vorderen. Der Saugrüssel nach Art einer Uhrfeder Ei spiralig aufgerollt, seitlich von grossen, buschigen Tastern eingefasst. fe. ; — Larven KBainen) in der Regel mit acht, zuweilen (Spanner) nur Be ., mit fünf Beinpaaren versehen. ' BR; 6. Ordnung. Zweiflügler (Diptera). Von den beiden Flügelpaaren ah nur das vordere ee dieses dünnhäutig, durchsichtig; anstatt Re: "EA der Hinterflügel ein Par Ialsimen. lea Erneen Organe (Schwinger, N © Halteres). Am Brustkasten alle drei Ringe fest mit einander ver , schmolzen. Saugrüssel gerade hervorstehend (nicht aufgerollt), faden-, xE Bi 3 dolchförmig oder in zwei schwammige Lippen endigend. — Be 2. Be madenförmig, beinlos. — Ausser den Fliegen können dieser Ordnung PR auch die Flöhe zugerechnet werden. ann FR ») Ohne Metamorphose (ametabole). Bi Br 7. Ordnung. Halbflügler (Hemiptera). Daugrüssel aus einer teleskop- Bst, artig gegliederten Röhre, in welcher sich vier feine, hervorstreckbare Be Borsten finden, bestehend. Vorderflügel bald (Wanzen) zur Hälfte Br; oder darüber Heran) (Hemelytra) we dann den Hinterflügeln und Sag ‚dem Körper flach aufliegend, bald (Cicaden u. A.) gleich den hinteren E: häutig oder lederartig und dann dem Körper schräg anliegend. — Zu Ve dieser Ordnung gehören ausser Kraut-, Baum-, Mord- und Waser- wanzen auch die Singeicaden, die Zirpen, die Laternenträger, die Blatt- “ | und Schildläuse; auch können ihr die eigentlichen (parasitischen) Läuse angeschlossen werden. Geographische Verbreitung, Artenzahl. Die für die Gliederthiere im Allgemeinen angegebene weite Verbreitung in horizontaler und verticaler Richtung gilt ganz besonders für die schon X urch ihr Flugvermögen bevorzugten und zu einer Ortsveränderung befähigten nsecten. Sie reichen erfahrungsgemüss nach beiden Richtungen hin is an äussersten Grenzen der spärkiehsten und unscheinbarsten Vegetation ja r noch über dieselben hinaus. Dass sie sich gegen die Pole hin und bei bedeutender verticaler Erhebung auf eine ls geringe Anzahl on Arten beschränken, ist en bekannt, als dass sie daselbst in um so seren Massen auftreten und dass ihre Erscheinungszeit sich oft nur auf a vöss serer Reichthum, ihre progressive Mannichfaltigkeit; an Form, ne Ki er een ete. wird einerseits durch die Zunahme der mittleren | 438 Gerstaecker, Boden, Wasserreichthum, die Fülle seiner Vegetation u. s. w. bedingt. Schom für Europa, dessen bekannte Insectenarten sich auf 60 bis 65,000 belaufen, kann man als die Durchschnittszahl einer mässig begünstigten Localität etwa 20,000 Arten annehmen; die vorzugsweise begünstigten der Tropen (West- afrika, Ostindien, Sundainseln, Südamerika) sind aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens um die Hälfte reicher. Dass bei allen Sammlungen, welche nicht von einer und derselben Station herrühren, sondern auf einer in der Fort- bewegung begriffenen Expedition veranstaltet werden, eine möglichst genaue Angabe des Fundorts nach Längs- und Breitegraden von Belang und daher erwünscht ist, bedarf kaum der Erwähnung. Von ebenso grossem Interesse ist aber auch die verticale Erhebung, besonders wenn sie beträchtlich und mit einer merklichen oder auffallenden Modification des Pflanzenbestandes verbunden ist. Gerade aus den Tropengegenden liegen hierüber nur sehr spärliche Nachrichten vor; in den wenigen Fällen, wo sie gegeben worden sind, lässt: sich aber ein nicht minder auffallender Unterschied zwischen dem faunistischen Charakter der Ebene (Niederungen) und des Gebirgsterrains erkennen, als er in Europa seit langer Zeit bekannt und hervorgehoben worden ist. Erscheinungszeit, Vorkommen, Aufenthaltsorte. Mit der allmähligen Zunahme der mittleren Jahrestemperatur gewinnt die Erscheinungszeit der Insecten beträchtlich an Ausdehnung. Schon im mittleren Europa beschränkt sich ihr Verborgensein — denn von einem gänzlichen Fehlen kann überhaupt zu keiner Jahreszeit die Rede sein — nur- auf zwei bis drei Monate, in besonders milden Wintern selbst nur auf Wochen. Zum Theil hängt dies von einer verhältnissmässig langen Lebensdauer des Individuums, zum Theil von dem Auftreten einer und derselben Art in meh- reren Generationen, in noch weiterer Ausdehnung aber davon ab, dass die einzelnen Arten sich in ihrem Auftreten auf verschiedene Jahreszeiten ver- theilen, dass mithin die eine von der anderen abgelöst wird. Es kann kaum zweifelbaft sein, dass in diesen Beziehungen die einzelnen Gegenden mehr oder weniger auffallende Verschiedenheiten zeigen werden, welche zu ermit- teln der Nachforschung des betreffenden Sammlers überlassen bleiben muss; in jedem Fall hat er den Versuch zu machen, auch während der sogenannten „todten Saison“ diese Thiere in ihren Schlupfwinkeln aufzufinden. In den Tropengegenden beginnt bekanntlich mit dem Eintritt der Regenzeit das Wiedererwachen der vorher schlummernden Natur und mit ihm auch das regere Insectenleben, welches sich um diese Zeit zu immer grösserer Fülle entwickelt. Wie zu allen Jahreszeiten, so giebt es auch zu allen Tageszeiten Inseeten, d. h. es verlassen gewisse Arten zu den verschiedensten Stunden des Tages, des Abends und der Nacht ihre Schlupfwinkel, um ihren Flug anzutreten und mit diesem ihrer Nahrung und ihrer Fortpflanzung nachzu- gehen. Die grosse Mehrzahl wird allerdings durch das Tageslicht und die mit demselben verbundene höhere Temperatur zu einem regeren Treiben an- gelockt, daher in den gemässigten Zonen sonnenhelle, warme und windstille Tage und an diesen wieder die Mittagszeit eine reichere Ausbeute gewähren; indessen auch die Nachmittags- und Abendstunden, ja sogar die Dämmerung und die Nachtzeit haben ihre besonderen Arten, welche während dieser ent- weder vorwiegend oder sogar ausschliesslich in Thätigkeit versetzt werden. Ganz allgemein üben Witterungsverhältnisse, insbesondere grosse Hitze und noken eit, asE der anderen Beide eushtiekeit, Gewitter u. s. w. auf das Erscheinen der Insecten einen bemerkbaren nu Ausnahmsweise heisse und schwüle Tage veranlassen selbst solche Arten, welche sonst Licht und Wärme lieben ud durch diese zum Aufsuchen der Blüthen, des Baumsaftes, | _ der Excremente oder anderer ihnen Nahrung gewährender Objeete angeregt 3 werden, zur Ruhe, zum Aufsuchen schattiger und kühler Verstecke, welche sie gegen ihre sonstige Gewohnheit dann erst bei grösserer Kühlung, nach _ einem erfrischenden Regen u. s. w. verlassen. Bienen, Wespen, Tagfalter, Fliegen, die mit intensiven, besonders metallischen Farben geschmückten Käfer u. A. gehen besonders dem Sonnenlicht nach und tummeln sich gerade bei hoher Temperatur mit besonderer Vorliebe auf Blüthen, Gesträuch, an Bäumen, Klafterholz u. s. w. herum. Mit einem unscheinbaren, düsteren (dunkelbraunen oder schwärzlichen) Colorit ist in den meisten Füllen eine verborgene oder nächtliche Lebensweise verbunden; die Dungküfer, die Abend- falter (Schwärmer, Sphingidae) beginnen ihren Flug meist erst in der Däm- merung, die Eintagsfliegen (Ephemera), die Mücken, Ameisen u. A. führen ihre gemeinsamen Tänze besonders am Abend aus, die Nachtfalter (Bomby- cidae, Noctuina), die Leuchtkäfer (Lampyris) werden geradezu erst durch die Dunkelheit aus ihren Verstecken hervorgelockt. RR Eine grosse Anzahl von Insecten zieht während der Tagesstunden schon durch ihren oft lebhaften und anhaltenden Flug von selbst die Aufmerksam- + zu werden braucht. Durchschnittlich sind solche Arten jedoch die häufigsten des jedesmaligen Terrains, daher auch meist schon von Anderen gesammelt, _ zur Genüge bekannt und in den Sammlungen vertreten. Die Menge der BY Individuen, die stete Wiederkehr derselben an den verschiedensten Orten des fe: von ihm durchforschten Terrains, wird dem Sammler leicht die Ueberzeugung Be gewähren, dass es sich bei einer solchen Art nicht um etwas besonders Sel- _ -tenes und. Wünschenswerthes handelt. Seltenere und daher werthvollere treten in der Regel entweder nur local oder sparsam, oft sogar nur in ver- einzelten Individuen auf; immerhin kann es jedoch ein glücklicher Zufall mit h sich bringen, dass man auch seltene oder selbst noch ganz unbekannte Arten in grosser Individuenzahl beisammen trifft, wie das z. B. bei Bockkäfern Be (Cerambyx) und Prachtkäfern (Buprestis), welche aus einem und demselben - — Baumstamme ausgeschlüpft sind, bei Schmetterlingen, deren Raupen gesellig leben, u. A. nicht selten vorkommt. Ist das Land, in welchem gesammelt wird, ein bis dahin überhaupt noch nicht betretenes und durchforschtes, so ist Beibiverständlich jede Art, welche sich darbietet, von Interesse; die we- niger verbreiteten und selteneren verdienen aber auch hier (für den Fall der Raumbeschränkung) den Vorzug. Da es sich nun bei der naturgeschichtlichen Erforschung eines Landes _ oder eines engeren Gebietes nicht blos darum handelt, die Sich unmittelbar der oehächtune darbietenden Naturobjecte le in dem vorliegenden Fall also die häufigsten Inseeten obenhin abzuschöpfen, so wird ein rationelles Sammeln darin zu bestehen haben, dass man für die einzelnen Arten die Be- _ dingungen ihres Vorkommens zu ermitteln sucht. Die eine Art bewohnt figes, die andere trockenes Terrain, diese den Wald, jene mehr Lich- ‚Feuchtigkeit, Licht, Wärme, Schatten u. s. w. angewiesen ist. Besonders ist es aber die Nahrung und die Sorge für die Nachkommenschäft, welche einen Anhalt für das Anutänden der selteneren Arten gewährt. Findet man z. B., s die, Blüthen bestimmter Krautpflanzen, Sträucher und Bäume dutch „# y keit des Sammlers auf sich; daher ihnen nicht erst besonders nachgespürt tungen, Felder oder Gärten, je nachdem sie durch Ehe Lebensweise auf HL ' RN - ”“ Ra Bone in De) FE: Er ae le KR NE ge A ET N SUN e SARA AR N a.) N) F Y ER > v SR 6a . E - SR REN ; ee R / = Fan: FEN ne A * / f IE & c £ | 440 Gerstaecker. ihren Geruch, ihren Blüthenstaub u. s. w. eine besondere Anziehungskraft auf Insecten ausüben, wie es im Inlande z. B. von den Weidenkätzchen, von den Blüthen des Orataegus, vieler Labiaten, Borragineen u. A. bekannt ist, so wird man solche Blüthen immer wieder von Neuem aufzusuchen und zu beobachten haben und kann sicher sein, an denselben auf die Dauer eine reiche Ausbeute zu machen. Die seltneren Schmetterlinge, Fliegen, Bienen, Grabwespen gehen dem Nektar derselben mit ebenso grosser Vorliebe nach, wie viele auf Blüthennahrung angewiesene Käfer (Cetonien, Bockkäfer, Rüssel- käfer u. A.), die Antheren benagen, Eine ganz analoge Anziehungskraft und zwar fast auf dieselben oder nahe verwandte Insecten übt der ausfliessende Saft vieler Bäume aus; ein öfter wiederholter Besuch solcher wird eleich- falls immer wieder neue Individuen — ausser den genannten Käfergattungen auch die besonders geschätzten Hirschkäfer (Lucanus) — antreffen lassen, da dieselben durch den Geruch des Saftes aus ziemlich weiter Ferne herbei- gelockt werden und solche Bäume daher zu ihrem Versammlungsort wählen. Ist es in diesen beiden Fällen die Nahrung, welche die betreffenden Insecten anzieht, so ist es in anderen die ihnen gebotene Gelegenheit, ihrer Nach- kommenschaft ein Unterkommen zu sichern. Dies ist z. B. mit dem Dung, besonders der Hufthiere und des Menschen, der Fall, welcher ausser zahl- reichen Käfern (Copris, Onthophagus, Hister) auch viele Fliegen, Schmetter-- linge u. A. durch seinen Geruch anlockt, ihnen selbst zur Speise dient, von den meisten aufgesucht wird, um die Eier (seitens der Weibchen) in den- selben abzusetzen; ferner mit den Cadavern der verschiedensten Wirbel- thiere (Säugethiere, Vögel), welche zu demselben Zwecke von Aaskäfern (Necrophorus, Silpha, Staphylinen u. s. w.), verschiedenen Fliegen u. A. sehr bald ausgekundschaftet werden. Sind ferner in Waldungen Holzschläge angelegt worden, so lockt der aussickernde Saft der niedergelesten Stämme um! Ir stehen gebliebenen Stümpfe viele Inseeten gleichfalls zur Unterbrin- sung ihrer Brut an. Ausserdem lassen sich aber na die Stämme, nachdem sie epelsusl und aufgeklaftert worden sind, und zwar besonders, wenn sie, von Er Sonne beschienen werden, gerade = seltensten und gesuchtesten £ Insecten, als welche besonders die Prachtkäfer (Buprestis), die Bockkäfer (Cerambyx), manche Rüsselkäfer (Anthribus), die Raubfliegen (Asilus, Laphria),, Holzwespen (Sirex), grosse Schlupfwespen (Pimpla, Ephialtes) u. Az nennen sind, mit besonderer Vorliebe nieder und sind daher hier öfters ın grösserer Individuenzahl zu fangen. Da es gerade von den genannten In- sectengattungen zahlreiche Arten giebt, welche zu verschiedenen Jahreszeiten auftreten, sich zum Theil also ablösen, so ıst ein öfterer und auf längere Zeit ausgedehnter Besuch solcher Holzschläge anzuempfehlen. Ein Gleiches, wie von den niedergelegten Stämmen, gilt auch für das aus ihnen geschnit- tene und zu Blockhäusern, Zäunen u. s. w. verarbeitete Holz, welches be- greiflicherweise und erfahrungsgemäss dieselbe Anziehungskraft auf die ge- nannten Insecten ausübt. Einer besonderen Beachtung sind ferner alle Baumstämme zu em- pfehlen, welche zum Theil ihrer Rinde beraubt sind oder bei welchen das Absterben bereits sich auf das blossgeleste Holz fortgepflanzt und in diesem Risse, Höhlungen u. s, w. zu Wege gebracht hat. In den meisten Fällen wird man an solchen beschädigten Stellen mehr oder weniger deutliche Ein- griffe von Insecten, in Form von Ausnagungen, Bohrlöchern u. del. wahr- nehmen, oder es stehen solche, falls sie noch fehlen, in naher Aussicht. Zu- weilen gelingt es, von dem morschen Stamm die Rinde oder einzelne, bereits abgestorbene Theile des Holzes loszulösen und auf diese Art den Urheber En Mr lieäfer aan EN a Bast- und Rindenkäfer Elater, Nititula, Platysoma, Colydium u. A). Prachtkäfer (Buprestis) u. s. w. erwähnen. Da auch diese Käfer sich aus dem Holze erst nach und nach ‚käfer z. B. nur gegen Abend aus ihren Verstecken im Baume hervorkommen, so ist eine Ausbeutung der ganzen Einwohnerschaft nur durch öfter wieder- holte ans zu erreichen. — Epdlich wäre von vegetabilischen - - Fundorten noch Dar lns der Pilze und Baumschwämme zu erwähnen, welche ‚gleichfalls zahlreiche Insecten, besonders wieder Käfer (Staphylinen, Dorca- toma, Mycetophagus, Orchesia, Scaphidium, viele Heteromeren u. A.) in sich beherbergen und, um sich ihrer Einwohner mit grösserer Sicherheit zu be- mächtigen, am besten in einem Sack ausgeschüttelt oder mitgenommen und bei der Rückkehr auseinandergebrochen oder zerschnitten werden. Eine Eigenthümlichkeit vieler Insecten besteht darin, dass sie sich gern und selbst gewohnheitsmässig in die Gesellschaft anderer, besonders in grossen Oolonieen oder Staaten lebender begeben. Als solche Staa- _ ten bildenden Insecten sind besonders die Termiten, die Ameisen, die Wes- _ pen und manche Bienen (Honigbienen, Hummeln) bekannt. Fast alle in. solchen Bauten oder Nestern als Gäste lebenden Insecten, welche dem _ grösseren Theil nach den Käfern, sonst aber auch den Zweiflüglern, Haut- N Rüglern und Netzflüglern (Mantispa in Wespennestern) angehören, sind ii _ ebenso interessant als bis jetzt selten und geschätzt. Vor allen sind als A Gäste der Ameisen die merkwürdigen Paussusarten, Käfer von 2-6 Lin. Länge, von meist kastanienbrauner Färbung, mit auffallend geformten, keulen- förmigen Fühlhörnern, abgestutzten Flügeldecken und messerartig flachge- EA — drückten Beinen, zu erwähnen. Neben ihnen die viel kleineren, aber sehr j B zierlich gestalteten Pselaphiden, Qlaviger, Scydmaenus und Verwandte, ebenso _ viele durch ihre kurzen Flügeldecken kenntlichen Staphylinen. Es lassen sich diese Käfer entweder durch Aussieben (siehe unten Sammeln) oder .da- durch aus der Ameisencolonie mit leichter Mühe erhalten, dass man, be- sonders nach eingetretenem Regen, flache Steine oder Holzstücke (Bretter) ER in den Ameisenhaufen Gbernachlien. hinein-, vesp. auf denselben lest und die- Ba 2 ‚selben nach Verlauf mehrerer Stunden oder eines Tages wieder Dörstshehr en _ Es sitzen dann diese Käferchen, falls solche unter den Ameisen vorhanden ORT _ sind, an der untern Seite der Steine oder Bretter. — Bei Eröffnung und We * Dutersuchung von Termitenbauten ist gleichfalls auf dergleichen, bis jetzt Bi noch wenig bekannte Gäste zu achten; bei Wespennestern würde es zu ' ihrem Auffinden einer Ausräucherung und Tödtung der (stechlustigsen) B- sitzer des Nestes bedürfen. Ki Von denjenigen Insecten, deren Thätigkeit erst mit einbrechender Nacht HANS ginnt, welche sich dagegen den Tag über verborgen halten, können ie n ihren Schlupfwinkeln aufgesucht und in diesem bei Tage oft sogar in össerer Anzahl und mit leichterer Mühe gesammelt werllen. Ausser ge- sen Geradflüglern, besonders Schaben (Blatta) und Gespenstheuschrecken (E hasma), Halbflüglern (Rindenwanzen) u. A. gehören hierher ganz beson- Eogn zahlreiche Käfer, unter welchen vor Allem die (meist nächtlichen) - oder Laufkäfer EN viele Staphylinen und Elateriden zu nennen ’ Es ‚ge erbergen sich dieselben gern unter Baumrinde, Moos, unter; ab. en # 449 Gerstaecker. gefallenen Blättern, unter niederliegenden Baumstämmen, unter flachen, dem Erdboden weniger aufliesenden, als etwas in denselben eingesenkten Steinen u.s. w. Ebensowenig versäume man Gräben und Erdiöcher, besonders solche, welche mit steil abfallenden Wänden versehen und auf ihrem Grunde mit abgefallenem Laube bedeckt sind, stets auf die während der Nacht hinein- gefallenen Insecten zu untersuchen. An Localitäten, welche sich für den Fang als günstig erwiesen haben, lohnt es sogar der Mühe, derartige Gräben und Gruben speciell behufs des Sammelns von Insecten anzulegen, auch flache Steine, Bretter u. s. w. in den Erdboden einzustampfen, um ihnen die Gelegenheit, sich unter dieselben zu flüchten, darzubieten. Die Unter- suchung von abgefallenem Laube erweist sich besonders dann als lohnend, wenn dasselbe in der Nähe von stehendem oder fliessendem Wasser, dessen Ufer meist zugleich mit Anspülicht bedeckt sind, angehäuft is. Um die darin befindlichen Insecten leichter und in grösserer Menge zu erhalten, ist. anzuempfehlen, das Laub, resp. den Anspülicht entweder auszusieben oder dasselbe unter das Wasser‘zu tauchen und auf diese Weise die Insassen herauszulocken. In ungleich grösserer Individuen- und Artenzahl lassen sich jedoch die in ihrem Treiben auf die Nachtzeit angewiesenen Insecten durch eine eigens auf sie während der Dunkelheit gerichtete Jagd, den sogenannten Nacht- fang erhalten. Erfahrungsgemäss bieten mondhelle Nächte eine geringe, solche mit bewölktem Himmel und selbst regnerische dagegen eine ungleich reichere Ausbeute dar. In menschlichen Wohnungen bieten offene Schuppen, Gartenlauben, Veranden u. s. w., im Freien Hecken von Sträuchern, Wald- und Wiesenränder besonders günstige Fangplätze dar. Zur Anziehung der Inseeten dienen Laternen, welche vor oder auf weissen Flächen, z. B. Segel- tüchern, Tischdecken u. A. aufgehängt oder gestellt werden, ausserdem aber auch Blüthen, welche während der Nacht besonders intensiv riechen. Einen sehr ergiebigen Ersatz für letztere hat man in Obstschnitten (Bananen, Aepfeln u. s. w.), welche man an Schnüren 'bündelweise an günstigen Orten aufhängt und mit Aepfeläther begiesst, ausfindig gemacht. Durch An- wendung solcher Lockspeisen hat man in Europa sowohl wie in den Tropen die verschiedensten Insecten, besonders aber Nachtschmetterlinge, welche für grosse Seltenheiten galten, in überraschender Menge gefangen. Die Erfahrung, dass zahlreiche Insecten theils behufs ihrer eigenen Ernährung, theils zur Unterbringung ihrer Nachkommenschaft bestimmte vegetabilische und animalische Substanzen constant aufsuchen und durch die- selben in grösserer Zahl angelockt werden, lest es dem Sammler nahe, der- artige Anziehungspunkte überhaupt (auch bei Tage) künstlich herzustellen, d. h. die betreffenden Arten zu ködern. Es wird sich daher die Auslegung eigens geschossener Säugethiere und Vögel an passenden Orten, das An- schneiden oder Anbohren saftreicher Bäume, das Bestreichen fliessender Stämme mit zuckerhaltisen und aromatischen Substanzen, (Flüssigkeiten) u. s. w., kurz jedes Verfahren beim Sammeln empfehlen, welches die natürlichen Bedingungen nachzuahmen, resp. zu vermehren angethan ist. Als solches ist nach den Erfahrungen neuerer Reisender auch die Anhäufung mensch- licher Exeremente an passenden Localitäten und besonders ihre Vermischung mit Urin hervorzuheben. Die Anziehungskraft, welche diese Auswurfsstoffe z. B. auf die Nachtfalter haben, wird als eine ganz eminente und mit der reichsten Ausbeute verbundene geschildert. ie RAN Vz L R ur WENIGE ‚in, IX Ir jır« “ Ghiederthiene, Sammelapparate und ihre Anwendung. Dass es viele Insecten giebt, welche sich ebenso wohl mit dem Auge erspähen, wie mit der Hand leicht erreichen lassen, ist allgemein bekannt; für solche würde es also besonderer Fangapparate nicht bedürfen, wenn man sich auf das Einsammeln der sich gerade darbietenden Exemplare beschränkt. Indessen selbst für solche leisten Sammelapparate oft dadurch Nutzen, dass sie in verhältnissmässig kurzer Zeit und mit weniger Mühe grössere Mengen von Exemplaren zu beschaffen geeignet sind. Für alle sich durch Lebhaftig- I keit und Schnelligkeit des Flugs auszeichnende, ferner für leicht verletzbare oder sich durch Beissen und Stechen gegen das Ergriffenwerden zur Wehre setzende Insecten sind dagegen zweckmässige Fangapparate unentbehrlich. Als solche sind besonders folgende hervorzuheben. 1. Ein Regenschirm von gewöhnlicher oder über diese hinausgehender Grösse, welcher mit haltbarem, leinenem oder baumwollenem Stoffe überzogen und auch innerhalb mit ähnlichem Zeuge, hier aber mit solchem von heller (weisser oder gelblicher) Farbe bespannt ist. Man benutzt denselben, um in ihn die auf Sträuchern und Bäumen sitzenden Insecten mittelst eines Stockes hineinzuklopfen. 2. Fangsäcke (Kötscher) von grobem, grauem Leinen oder Cannevas, deren ofienes Ende um einen starken eisernen Reif befestigt ist. Ihre Länge muss etwa das Doppelte ihres Guerdurchmessers betragen und ihr Boden bauchig abgerundet sein. Der 14 bis 2 Fuss im Demo li ass; haltende Reif, elcher ae bequemeren Verpackung halber in Form eines Halbkreises zu- sammenschlagbar sein kann, wird mittels einer Mutter auf die an dem Ende eines Stockes befindliche Schraube befestigt. Mit einem solchen Fang- oder Streifsack werden theils die an Gesträuch und Krautpflanzen sitzenden In- secten abgeschöpft, theils die in Wasser lebenden aus diesem herausgefischt. x 3. Fangnetze Ein gleich grosser und in gleicher Weise an einem Stocke zu befestigender eiserner Reif, welcher jedoch weniger stark als bei 4 2. zu sein braucht, trägt einen seinen Querdurchmesser um das Doppelte - an Länge übertreffenden, unterhalb gleichfalls abgerundeten Beutel von | dünnem, durchsichtigem Zeuge (Tüll, Musselin oder dgl). Zum Fang schnell fliesender Insecten (Schmetterlinge, Zweiflügler, Hautflügler, Libellen u. s. w. dienend. 4. Fangscheeren (Klappen). Sie sind in der Hauptsache nach dem Modell einer Papierscheere gebaut, nur dass die beiden Arme aus starkem drehrunden Eisendrahte (solcher ist der Haltbarkeit wegen mehr zu em- pfehlen als Messing) hergestellt und an ihrem Angelpunkt des festeren Schlusses wegen zu einer runden Drehscheibe erweitert sein müssen. Wäh- rend ihr hinteres, ösenartig geschlossenes Ende zum Einlesen der Finger ‚dient, schliesst sich an das entgegengesetzte ein quer ae (nicht \ ierunder!) Rahmen von 5—6 Zoll Breite und 4—5 Zoll ne an; beim een der Scheere müssen sich diese (flach gehämmerten) Rahmen genau _ decken. Dieselben werden (von der Innenseite her!) mit einer doppel- ken Lage starken, grosslöcherigen Tülles straff überspannt, letzterer aber u um den Rand der Rahmen noch mit festem leinenen Bande übernäht. | ei doppelter Gaze- oder Tülllage wird abgesehen von grösserer Haltbarkeit NR Sch Debereinanderschieben die Grösse der Maschen verringert, was den N . Wonthsil gewährt, dass kleine Insecten sich weniger leicht duch die Oeft- a nungen des Ueberzuges hindurchzwängen können, nebenbei aber dem Durch- ziehen des Nadelknopfes — nachdem das gefangene Insect durch die beiden 444 Gerstaecker. Ueberzüge hindurchgespiesst worden ist — keine Hindernisse entgegensetzt. (Durchaus verwerflich sind die von manchen Seiten — besonders zum Schmetterlingsfang — verwendeten Klappen, deren Ueberzug aus Metall- draht besteht, da durch diese der Körper aller‘ zarteren Inseeten sofort ge- quetscht, resp. gedrückt wird). Die.Scheere oder Klappe dient demselben Zweck wie das Fangnetz und gewährt den Vortheil, dass das gefangene In- sect zwischen den beiden Tülllagen sofort fixirt ist, also nicht, wie im Netze, herumflattern kann. Ihre erfolgreiche Anwendung erfordert jedoch der grösseren Annäherung an das zu fangende Individuum wegen einer ungleich grösseren Behutsamkeit und Uebung. Bei sehr schnell fliegenden Insecten wird daher der Fang mit dem Netz immerhin ein sicherer und ergiebigerer sein, wie sich denn die Anwendung des letzteren bei solchen Insecten, welche ihrer grösseren Entfernung wegen mit der Scheere nicht zu erlangen sind, von selbst als nothwendig ergiebt. 5. Siebe aus Eisendraht verfertigt, von verschiedener Lochgrösse. Dieselben können entweder den Boden eines kreisrunden Holzrahmens von etwa 1 Fuss Höhe und 2 Fuss Durchmesser oder auch denjenigen eines leinenen Sackes, dessen offene Seite um einen eisernen Ring (mit Handhabe) herumgenäht ist, bilden. Sie dienen zum Aussieben kleinerer Insecten aus abgefallenem Laub, aus Anspülicht, aus Holzmulm, aus Ameisenhaufen u. s. w. Nachdem das Sieb mit diesen Substanzen, welche rasch zusammengerafft werden müssen, angefüllt ist, wird es über untergelegtem Papier oder weissem Zeuge so lange kräftig hin und her geschüttelt, bis nichts mehr durch die Löcher hindurchfällt. Die durchgesiebten Insecten werden, soweit sie sich sofort bemerkbar machen, in Gläser eingesammelt; die zugleich mit ihnen durchgefallenen Erd- und Holztheilchen u. s. w. müssen jedoch in Säcke ge- schüttet und auf die kleineren, darin verborgenen Thiere noch einer speciellen nachträglichen Durchsicht unterzogen werden. Ebenso wird auch das aus dem Sieb wieder ausgeschüttete Laub einer nochmaligen Prüfung auf etwaige grössere, darin verborgene Insecten, welche. die Löcher des Bodens nicht passiren konnten, zu unterwerfen sein. 6. Als Ersatz für den Regenschirm werden grosse Tücher von festem Leinen, Segeltuch oder dgl. zur Ausbreitung unter abzuklopfende grössere Bäume und Sträucher oft mit grösserem Erfolge in Anwendung gebracht. werden können. In solchen Fällen würde auch der zum Abklopfen dienende Stock eine entsprechende Festigkeit und Länge zu erhalten haben und zum kräftigeren Schütteln der Aeste und Zweige mit einem Eisenhaken zu ver- sehen sein. 7. Insectennadeln in sechs bis acht verschiedenen Stärken, von Haardünne bis. zur Dicke einer gewöhnlichen Stecknadel und darüber; zum Aufspiessen des Fanges dienend (siehe unter Präparation). Ihrer schnelleren Handhabung wegen werden sie am besten auf ein im Knopfloche zu be- festigendes Nadelkissen (nach ihrer Stärke geordnet) gesteckt. 8. Anatomische Pincetten, zum Ergreifen und Fixiren solcher Insecten, welche sich durch Beissen oder Stechen (Hymenopteren-Weibchen) wehren. Ferner Nadelzangen zum Befestigen der aufgespiessten Insecten in dem Korkboden der Fangschachteln. (Bei nicht hinreichender Befestigung reissen sich grössere und kräftigere Insecten nicht selten von ihrer Unter- lage los und beschädigen dann die übrigen.) | 9. Sammelschachteln und Sammelkasten. Zu ersteren können entweder gewöhnliche, zwei Zoll hohe Holzschachteln, welche dann jedoch mit starkem Papier zu bekleben sind, oder solche von Eisenblech, welche Tr Haltbarkeit N BR an Schluss Ba Deckalı en ndet werden. Für letztere ist weniger eine Herstellung aus Pappe als tem (besonders Eichen-) Holz anzurathen; der im Charnier beweg- iche Deckel wird besser so eingerichtet, dass er nicht übergreift sondern BR Rssten nur. fest auf. oder einlegt und durch einen in eine Oese ingreifenden Haken geschlossen wird. Am bequemsten werden solche etwa ‚Zoll hohe, 12 bis 15 Zoll lange und um einige Zoll schmalere Kasten mit einer Schnur oder Riemen he die Brust gehängt. Mehrere Kasten ser Schachteln von verschiedener Grösse Find beim Sammeln deshalb nöthig, | Fi getrennt aufbewahren zü können. nn. Boden aller muss zur iceren Fixirung des Fanges mit einer etwa 3 Lin. dicken Korkplatte ausgelegt en. _ (Gepresster Torf, welcher hierzu vielfach verwendet wird, ist deshalb verr werflich, weil er nicht den nöthigen Halt bietet; dasselbe ist mit Hollunder- mark und Agavenmark der Fall, letzteres auch desshalb unvortheilhaft, weil es die Nadeln leicht rosten macht.) 10. Gläser und Blechbüchsen zum Einsammeln solcher Insecten, welche harte, hornige Vorderflügel haben (Käfer, Wanzen, manche Geradflügler) und daher nicht sofort auf Nadeln gespiesst zu werden brauchen. Die Gläser _ müssen möglichst dickwandige, annähernd cylindrisch und mit einer weiten, > durch einen Kork verschliessbaren Oeffnung versehen sein (von der Form ER: der sogenannten „Opodeldok-Gläser); die Ben verschiedener Grössen IR SR ren: sich, um kleinere und grössere Insecten beim Sammeln von vorn- 2 herein Kondern zu können. Um ne Insecten, besonders Käfer, bequemer u und schneller in die Flaschen einzusammeln , führt man durch den durch- bohrten Kork eine Federpose oder eine Glasröhre, deren unteres Ende in we die Höhlung der Flasche hinein- und deren oberes über den Kork um 14 bis 2 Zoll hinausragt und hier mit einem besonderen Holz- oder Korkstöpsel nn zu verschliessen ist. Durch dieses Rohr lässt man, ohne den Hauptkork von k der Flasche zu entfernen, die kleineren Insecten in das Innere der letzteren _ hineinpassiren. Da die in die Gläser gelangenden Insecten meist nicht an’ B* den elatten Wänden heraufzuklimmen oder sich wenigstens nicht am den- Elben festzuhalten im Stande sind, sich daher auf dem Boden ansammeln und sich hier gegenseitig leicht De ist es zweckmässig, in das Innere der Gläser einen Knäuel von Papierstreifen, zwischen welche die Thiere sich vertheilen können, hineinzubringen; derselbe muss, sobald er - beschmutzt oder feucht geworden ist, erneuert, das Glas selbst nach jedes- - malisem Gebrauch gelüftet werden. An das in die Flasche hineinragende di hs Ende des Korkes kai ein Stückchen Badeschwarute ader Wollenzeug zum R Auftropfen betäubender Substanzen befestigt werden. — Blechbüchsen, welche ch durch grössere Haltbarkeit empfehlen, aber den Nachtheil haben, dass sie leicht Bost ansetzen, müssen mit einem abnehmbaren Deckel und einer _ besonderen halsförmigen Seas, welche durch einen Kork verschlossen wird, versehen sein. EISEN he. En Sfnlichd, Ansehen in Form, ee u.s.w. ve a resp. zu bewahren. Leider ist as mit den bisherigen ae 446 Gerstaecker. möglich. Einerseits giebt es Insecten von so zartem Bau, dass sie fast un- mittelbar nach dem Tode ihre Gestalt verändern, d. h. durch Eintrocknen zusammenschrumpfen; andererseits auch solche, deren Färbung sich ebenso schnell verändert oder selbst fast verloren geht. Um so mehr muss es die Aufgabe des Sammlers sein, wenigstens in denjenigen Fällen, wo eine solche Veränderung von selbst nicht eintritt, dieselbe nicht durch unzweckmässige Behandlung zu veranlassen oder zu befördern. Letzteres kann aber ebenso- wohl durch die Art der Tödtung wie durch eine auf Unkenntniss beruhende Art der Aufbewahrung bewirkt werden. Das in beiderlei Beziehung ein- zuschlagende Verfahren wird durch Beobachtung des lebenden Insektes, seines Aufenthalts (mit wenigen Ausnahmen) im Trockenen, seiner Zurück- gezogenheit während des Regens, seiner bis zur Unkenntlichkeit und völli- gen Unbrauchbarkeit gesteigerten Veränderung durch anhaltend nasses Wetter u. s. w. gewissermaassen von selbst an die Hand gegeben. Da die- selben Veränderungen d. h. Verschlechterungen, welche an dem lebenden Insect die Nässe hervorruft, auch bei oder nach seiner Tödtung jede künst- liche Befeuchtung zur Folge hat, so ist es als erste Regel hinzustellen, dass jedes zur Aufbewahrung in der Sammlung bestimmte Insect vor aller, auch der geringsten Feuchtigkeit bewahrt werde. Schon die An- wendung von Flüssigkeiten, wie Weingeist oder Schwefeläther, zur Tödtune der in ein Glas eingesammelten Insecten ist wenigstens in der Weise ver- werflich, dass dergleichen Flüssigkeiten mit den Thieren selbst in Berührung gebracht, d. h. auf dieselben aufgetröpfelt oder gar aufgegossen werden; denn selbst eine vorübergehende Benetzung bringt bei behaarten Insecten eine Verfilzung ihres Haarkleides, bei vielen intensiv (grün, gelb, roth) gefärbten oft eine Veränderung der Farbe hervor. Als ein ganz rohes Verfahren muss es aber bezeichnet werden, wenn Insecten der verschiedensten Gattungen ohne Unterschied zusammen im Weingeist oder Branntwein geworfen oder wohl gar in Gemeinschaft mit Schlangen, Eidechsen u. del. in einen und denselben Behälter gebracht werden. Da fast alle in dieser Weise be- und misshandelten Exemplare zu Nichts zu gebrauchen sind, sondern einfach fort- seworfen zu werden verdienen, so ist es bei dieser Art des Sammelns besser, sie von vorn herein leben zu lassen und sie nicht unnütz zu tödten. Selbst die im Wasser lebenden Insecten machen von dieser Regel keine Ausnahme, da sie während des Lebens vor der Benetzung durch eine fettige Abson- derung ihrer Haut geschützt sind, nach eingetretenem Tode aber gleichfalls vom Weingeist angegriffen und verändert werden. Ausgenommen von dieser Regel sind einerseits Larven von Insecten, welche, da sie ihrerseits wieder durch trockene Aufbewahrung unbrauchbar werden, nur durch Alkohol con- servirt werden können; andererseits gewisse (später zu erwähnende) Arten, bei welchen behufs anatomischer Untersuchung ein Einsetzen in Weingeist erforderlich ist. Allenfalls können auch, wenn eine Conservirung im getrock- neten Zustand nicht thunlich ist, solche grössere Käfer in Weingeist auf- bewahrt werden, welche entweder metallisch oder dunkel (schwärzlich, bräun- lich) gefärbt und zugleich von glatter, d. h. unbehaarter Körperoberfläche sind (z. B. Nashornkäfer, Cetonien, Laufkäfer, Buprestiden); alle nicht me- tallisch, sondern in Mennigroth, Goldgelb, Spangrün u. s. w. gefärbten, mit Filz oder Behaarung bekleideten sind hiervon jedoch unter allen Umständen auszuschliessen. Alle Insecten mit zarthäutigen Flügeln, wie Fliegen, Bienen, Wespen, Libellen, Eintagsfliesen, Schmetterlinge u. s. w. können überhaupt nur da- durch in brauchbarem Zustande erhalten werden, dass man dieselben unmittel- Gliederthiere. Ku Aa 447 bar au: dem lagen im Netz oder der Scheere (Klappe) auf eine Nadel spiesst. Bei dem Gebrauch der Fangscheere wird dies in der Weise aus- geführt, dass man die Nadel durch den Thorax des zwischen den beiden mit _ Tüll überspannten Klappen eingeschlossenen Insectes in der Richtung von oben (Rücken) nach unten (Brustseite) hidurchstösst. Die Stärke der an- gewendeten Nadel wird. sich dabei jedesmal nach der Grösse und Kraft- äusserung des betreffenden Insectes zu richten haben, doch sind, um ein- .greifendere Verletzungen des durchstochenen Körpertheiles zu vermeiden, im Ganzen feinere Nadeln vorzuziehen. Eine Nadel, welche die Dicke einer ge- wöhnlichen Stecknadel hat, wird in ihrer Anwendung schon auf die grössten “ und kräftigsten der genannten Inseetenformen zu beschränken sein. Die Nadel wird mit ihrer Spitze stets auf die Mitte des Thoraxrückens, der Längs- richtung nach dem Ansatz der Vorderflügel entsprechend, aufgesetzt und durch denselben in senkrechter Richtung durchgestossen, so dass sie an der Brustseite zwischen den Beinen des ersten und zweiten Paares hervortritt. Nachdem sie durch das Insect so weit hindurchgeführt ist, dass dieses ober- halb der Mitte ihrer Länge (3 derselben unter, 4 darüber) zu sitzen kommt, öffnet man die Klappe mit der Vorsicht, dass man das eine Ende der Nadel mit den Fingern erfasst und ietztere aus den Maschen des Ueberzuges los- löst. Bei Insecten mit nackten (d. h. unbeschuppten) Flügeln reicht es dann aus, sie vorläufig lebend auf den Korkboden der Schachtel in solcher gegenseitiger Entfernung zu fixiren, dass sie einander nicht mit den Kiefern oder Beinen verletzen können; bei den viel leichter verletzbaren Schmetter- lingen ist aber ein sofortiger Druck mit den Fingern auf die dem Ansatz der Beine entsprechende Seite des Brustkastens nöthig, um sie am Flügel- schlag zu hindern. Bei kräftigeren Schmetterlingen, welche durch einen solchen Druck in ihren Bewegungen nicht gelähmt werden, ist das sofortige Einführen einer mit Nicotin getränkten Nadel in die Brust und den Hinter- leib anzurathen und sie so niedrig auf die Nadel zu stecken, dass sie mit den Beinen den Korkboden berühren. Eine weitere Betäubung, resp. Tödtung solcher in die Sammelschachtel gebrachten Insecten wird am: besten durch Cyankalium oder eine Mischung von rectif. Alkohol und Schwefeläther be- wirkt; von ersterem wird ein Stückchen von Erbsengrösse, in ein Leinen- läppshen eingehüllt, auf den Boden der Schachtel befestigt, letztere auf ein gleichfalls dort Bee: Schwämmchen aufgetröpfelt, ohne jedoch mit dem Insect selbst in Berührung gebracht zu werden. Schmetterlinge, welche, wie die grösseren Schwärmer und Spinner, eine besondere Lebenszähigkeit be- sitzen, tödtet man nachträglich sicher dadurch, dass man eine von a Kehle her der Länge nach in den Leib eingeführte Nadel mit ihrem Knopfende in eine Flamme hält und glühend irscht; die hierzu in Anwendung gebrachte Nadel muss möglichst lang sein, Mami der Schmetterlinge sich nicht die - _ Fühlhörner versengt. Solche Insecten dagegen, welche, wie die Käfer, Schaben, Heuschrecken, Cicaden und Wanzen, verhornte oder pergamentartige Vorderflügel (Flügel- decken) besitzen und mit diesen die zusammengefalteten, häutigen Hinterflügel verdecken, sammelt man besser in Gläser ein, in welche man zuvor einen Knäuel von ‚Papierstreifen, zwischen welche sie sich vertheilen können, ge- bracht hat. Um sie zu betäuben, was, wenn sie sich nicht gegenseitig ver- y letzen sollen, möglichst bald geschehen muss, wendet man Kirschlorbeer- blätter, Oyankalium'‘ oder ein Gemisch von Schwefeläther und rectificirten Alkohol (beides zu gleichen Theilen) an; letzteres wird auf ein am Kork des Glases befestigtes Schwämmechen aufgeträhfelt. Da jedoch kräftigere 448 Gerstaecker. Insecten, besonders die Bockkäfer, Rüsselkäfer, Nashornkäfer, Cetonien, grosse Heuschrecken u. s. w. sich meist nachträglich von dieser Betäubung wieder erholen und vollständig aufleben, so muss eine Tödtung derselben bei der Rückkehr von der Jagd dadurch vorgenommen werden, dass man die sie enthaltenden Gläser einige Minuten in siedendes Wasser steckt oder sie über einer Flamme stark a Bevor die so gesammelten und getödteten Tnsecen in die zu ihrer Auf- bewahrung und Wesens een Behälter gebracht werden, ist vor Allem dafür Sorge zu tragen, dass sie gehörig austrocknen. Bei kleineren Insecten geschieht dies verhältnissmässig schnell und ohne weitere Manipula- tionen, welche auch bei grösseren Käfern, da diese durch ihre consistente Körperhaut vor Fäulniss genügend geschützt sind, meist nicht nöthig sind. Anders verhält es sich dagegen mit allen grösseren Heuschrecken, Libellen und dickleibigen Schmetterlingen, bei welchen die in Verwesung übergehenden Eingeweide des Hinterleibes nicht nur die äussere Haut dieses Körpertheiles, sondern oft sogar das ganze Insect mit in Fäulniss und Verjauchung ver- setzen und in Folge dessen fast stets eine Veränderung und selbst einen Verlust der natürlichen Färbung hervorrufen. Es ist daher bei den ge- nannten Inseeten, zur Vorsicht aber auch bei besonders grossen und dick- leibigen Käfern gleich nach dem Tode die Hinterleibshöhle durch einen Längschnitt mittels einer feinen anatomischen Scheere zu öffnen und ihrer Eingeweide zu entleeren. Ausser dem gewöhnlich mit Kothmassen angefüllten Darmcanal gilt dies auch von dem zuweilen sehr massigen Fettkörper und bei den weiblichen Individuen besonders von den Eierstöcken. Bei Käfern schneidet man am besten, indem man die Flügeldecken lüftet, die weiche Rückenhaut des Hinterleibes ein, bei Heuschrecken, Libellen und dickleibigen Schmetterlingen dagegen die Bauchhaut längs ihrer Mittellinie; durch Ein- bringung einer feinen anatomischen Pincette kann man sehr leicht mit einem oder einigen Griffen die leicht zerreissbaren Eingeweide durch die Schnitt- öffnung hervorziehen und mit der Scheere abtrennen. Da die Hinterleibs- höhle meist noch längere Zeit nachher nässt, ist es zweckmässig einen Streifen Löschpapier einzubringen und diesen nach Bedarf zu erneuern, bis sich keine Feuchtigkeit mehr in denselben einsaugt. Selbst bei dieser Be- handlung verändert sich an vielen Heuschrecken, Libellen u. A. die Körper- färbung immer noch merklich; es wird jedoch wenigstens durch Beseitigung der Fäulniss das Insect vor dern Zierfall geschützt ne bietet dann auch für die leicht sich einstellenden zerstörenden Würmer eine geringere Anziehungs- kraft dar. Nach völliger Austrocknung können die mit Flügeldecken hama een) Insecten bakas ihrer Versendung gleichfalls auf Nadeln ge- spiesst werden; es muss dies jedoch in der Weise geschehen, dass die Nadel nicht durch den auf den Kopf folgenden Körperabschnitt (Prothorax), son- dern durch die rechte Flügeldecke geführt wird. Der Einstich geschieht etwa am Einde des ersten Drittheils der Länge dieser Flügeldecke, näher der Mittellinie (Naht) als dem Aussenrande; maassgebend für die Stelle des Einstiches auf der Rückenseite ist der Ansatz des zweiten und dritten Bein paares, zwischen welchen die senkrecht durchgeführte Nadel unterhalb wieder heraustreten muss. Sonst ist übrigens ein Spiessen dieser mit Flügeldecken versehenen Insecten, besonders der Käfer, zu ihrer Conservirung und Ver- packung nicht unbedingt nöthig. Dieselben können, wenr es mit Vorsicht geschieht, ebensogut in Löschpapier eingewickelt werden, wobei zu beachten ist, dass alle grösseren Insecten einzeln, d.h. jedes für sich in eine fest zu- Gliederthiere iR 2 drehe Düte zu bringen ist. Diese Papierdüten werden dann, lose auf _ einandergeschichtet, in einen Blechkasten gebracht, welcher mit etwas Campher zu versehen und darauf durch Zulöthen des Deckels fest zu verschliessen ist. | Kleinere Käfer schichtet man zwischen Lagen von Löschpapier in kleinere, gleichfalls gut zu verschliessende Papp- vl Holzschachteln, so fest, dass sie, ohne rückt zu werden, sich nicht verschieben können. — Ein durchaus I erelicheu wiewohl vielfach angewandtes Verfahren ist die iR _ Verpackung sowohl solcher hartflügliger wie auch der übrigen Inseceten zwischen Siügemehl, da dieses stets mit ihnen verklebt und ie feineren N. — Theile, wie Fühlhörner, Haare, Borsten u. s. w. verdirbt oder abbrechen ET macht. ) Bi Er Um Raum zu ersparen, hat man das Einschlagen in Papier neuerdings } auch vielfach für die Schmetterlinge in Anwendung gebracht und damit wenigstens für die dünnleibigen Tagfalter, welche nach dem Tode ihre Flügel über dem Rücken aneinander legen, verhältnissmässig günstige Resultate er- zielt. Während dieses Verfahren für alle übrigen Schmetterlinge durchaus zu verwerfen ist, kann es — da sorgsam auf Nadeln gespiesste Exemplare stets sehr viel besser conservirt werden — für die Tagfalter wenigstens als - Nothbehelf gelten. Es wird für diese in der Weise in na gebracht, Ya dass man sich Papierstücke verschiedener Grösse von er le, dieselben in der Diagonale zur Dreiecksform zusammenknifft und, nachdem zwischen die beiden Blätter des Dreiecks ein einzelner, zuvor gut ausge- trockneter Falter gelest worden ist, die Ränder der beiden offen bleibenden Seiten zusammenfaltet. Die so hergestellten flachen Düten werden dann gleichfalls, lose auf einander geschichtet, in Blechkästen oder gut schliessen- den Holzschachteln aufbewahrt. Viele Mühe verursacht dem Insectensammler in den Tropen einerseits das Austrocknen, andererseits der Schutz der gesammelten Vorräthe vor zer- -_ störenden Elementen, als welche besonders Schimmel, Ameisen, Termiten, | Schaben, verschiedene Käferlarven (Dermestes, en) u. A. zu nennen sind. Zerstörende Insecten, welche oft massenhaft in menschliche Behausungen _ eindringen, hält man am besten einerseits durch scharf riechende Substanzen, - wie Campher, Rosmarin- und Cajeput-Oel, Naphthalin, Carbolsäure, welche _ man in die zur Austrocknung und Aufbewahrung dienenden Behälter bringt, | ab; andererseits auch dadurch, dass man ihnen den Zugang zu denselben ab- h schneidet, indem man etwa die Füsse des 'Tisches, auf welchem die Vor- : räthe getrocknet werden, in Wasserbehälter stellt, ferner Deckel von fein- löcheriger Draht- oder Garngaze über die Sammelschachteln stülpt. Um das Austrocknen zu beschleunigen und Schimmelbildung ‘zu verhüten, möchte N sich wohl am meisten empfehlen, in die mit frisch gesammelten Inseeten ge- ' füllten Behälter Chlorcaleium zu bringen, ausserdem ur Behälter einer mög- hat starken Zugluft auszusetzen. Natürlich werden sich dergleichen Proee duren je nach den localen Verhältnissen zu richten haben und letztere den % "Sammler am besten auf die Wahl der anzuwendenden Mittel hinweisen. Rd Während die bisher genannten ausgebildeten, d.h. fortpflanzungsfähigen _ und meist mit Flügeln versehenen Insecten durchweg in getrocknetem Zustande aufzubewahren sind, verhält es sich mit ihren‘ früheren Ent- _ wickelungsstadien, den Larven (Raupen) und Puppen gerade umgekehrt. EM Diese schrumpfen, wenn sie getrocknet werden, wegen der Zarthäutigkeit _ ihres Körpers nach dem Tode bis zur Unkenntlichkeit® zusammen und müssen _ daher zu ihrer Erhaltung in Weingeist aufbewahrt werden. Viele, wie ‚die Ponhalıı (grün, roth, gelb) gefärbten ee büssen dabei I. 450 - Gerstaecker, zwar in der Regel ihr Öolorit ein; doch wird dann wenigstens noch ihre ; Form erhalten. Bei ihrem Einsammeln ist auch darauf zu achten, dass der Weingeist, in welchem sie getödtet worden sind, weil er in der Regel durch sie verunreinigt und jauchig gemacht wird, nach Verlauf einiger Tage zu beseitigen und, durch neuen zu ersetzen ist. Zur Tödtung ist stärkerer (etwa 80°/,er), zur späteren Üonservirung etwas schwächerer (von etwa 60°/,) zu empfehlen. Dass solche Insectenlarven nicht zusammen mit Schlangen, Eidechsen, Fröschen oder dergl. in dieselben Behälter geworfen werden dürfen, kann als selbstverständlich gelten; aber auch das Zusammen- werfen sehr heterogener und zahlreicher Larven in ein und dasselbe Glas ist nicht anzurathen, einerseits weil die zarteren von den härteren und grösseren leicht beschädigt werden, andererseits weil dann eine Bezeichnung des Fundortes, der Futterpflanzen u. s. w. für die einzelnen Arten nicht möglich ist. Beobachtungen und darauf bezügliche Notizen. Wenngleich die Beschaffung wohl erhaltener Exemplare seltener und bis dahin unbekannter Arten das erste und hauptsächlichste Ziel des Samm- lers in wenig durchforschten oder neu betretenen Gebieten der Erdoberfläche sein muss, so hat sich darauf seine Thätigkeit doch keineswegs zu beschrän- ken, wenn sie einen wirklichen Gewinn für die Wissenschaft abwerfen soll. Farbenprächtige und grosse Schmetterlinge und Käfer dienen den Lieb- habern als Augenweide, den naturhistorischen Museen vorwiegend als Schau- stücke, an welche sich ein allgemeineres wissenschaftliches Interesse verhält- nissmässig selten, oder nur dadurch knüpft, dass directe, ihre Liebensweise betreffende Beobachtungen vorliegen. Solche nach Möglichkeit und bei jeder ‚sich darbietenden Gelegenheit anzustellen und darüber genaue Notizen nieder- zuschreiben, ist die ungleich höhere und die wissenschaftliche Kenntniss des Gegenstandes wahrhaft fördernde Aufgabe des Sammlers, welche’ er um so vollkommener lösen wird, wenn er seine Aufmerksamkeit auch den weniger ansehnlichen, in ihrer Lebensweise, Fortpflanzung, Entwickelung u. s. w. meist aber sehr viel merkwürdigeren Insecten aus den Abtheilungen der “ Zweifllügler, Aderflügler, Netzflügler u. A. zuwendet. Wenn dergleicen Beobachtungen selbst für einen grossen Theil der inländischen Insecten entweder noch ganz fehlen oder in ihrer Vollständigkeit noch viel zu wün- schen übrig lassen, so ist damit schon von selbst der Hinweis gegeben, ein wie weites und vollständig brach liegendes Feld der Thätigkeit eines inteli- genten Beobachters in den übrigen Erdtheilen und vor Allem innerhalb der | so überreichen Tropengegenden eröffnet ist. Was aus diesen bekannt ist, beschränkt sich dem grösseren Theil nach nur auf die in todten Exem- plaren eingesandten Individuen, aus deren Vergleich sich der Kenner den Artbegriff erst zu construiren hat, sehr häufig aber über denselben in Zweifel bleibt; die Grenzen der Art bei auffallender Abänderung der Individuen, bei stärkerer oder totaler Form- und Färbungsdifferenz der beiden Geschlechter, ihre Beziehungen zu der umgebenden Natur (Pflanzen, anderen Thieren, Parasitismus u. s. w.), ihr Entwickelungsgang, Aufenthalt u. dergl. sind von der Mehrzahl zur Zeit noch unbekannt, deshalb aber natürlich um so wissenswerther. Die Punkte, auf deren Erledigung sich die Aufmerk- samkeit des Sammlers besonders zu richten hat, möchten hauptsächlich n folgende sein: 1. Die Feststellung der Art nach den beiden Geschlechtern and Weihohen). Bei zahlreichen Insecten sind Männchen an I müssen, oder ere den eh rensinmengen gegenüber so zurücktreten, Er dass die Zusammengehörigkeit auch ohne directe Beobachtung, lediglich durch iR. Betrachtung des todten Materials festgestellt werden kann. Von dieser Regel Hi sind jedoch. zahlreiche Ausnahmen vorhanden, in denen sich die Unterschiede der beiden Geschlechter allmälig bis zu totaler Verschiedenheit in Form, Structur, Färbung und Grösse steigern können. Beispiele davon bieten ge- N wisse Gattungen und Familien in allen Insectenordnungen dar; unter dn ° -Orthopteren besonders die Raub- und Gespenstheuschrecken (Mantis, Phasma) ER in Grösse, Form und Färbung, die Schaben (Blatta) in Färbung und Form Mu, (Weibchen oft fügellos, wenn die Männchen geflügelt sind), die Libellen (in | Färbung des Körpers und der Flügel); unter den Käfern die Blatthornkäfer ‚«(Cetonia, Goliathus, Copris, Onthophagus, Hirschkäfer: Lucanus), viele Bock- käfer (Cerambyx), Leuchtkäfer (Lampyris), Schmiede (Elater), bald in der Färbung, bald in der Form einzelner Körpertheile, wie Fühlhörner, Beine, hornartige Auswüchse auf Kopf und Prothorax, geweihartige Kiefer (Hirsch- Bi. käfer, Bockkäfer), bald in der Grösse, dem Mangel resp. der Ausbildung von S Flügeln u. s. w.; unter den Zweiflüglern die Bremsen (Tabanus) u. A. in BR, der verschiedenen Grösse der Augen und der Körperfärbung, die Mücken und Schnacken (Culex, Tipula) in der Bildung der Fühlhörner, die Raub- fliegen (Asilus) in der Bildung der Hinterleibsspitze, zuweilen auch in Rumpf- . j und Flügelfärbung. Bis zu völliger Verschiedenheit im ganzen Habitus sind aber diese Differenzen zwischen Mann und Weib besonders bei vielen Schmet- — terlingen und Aderflüglern ausgeartet, so dass in vielen Fällen ohne einen _ — direeten empirischen Nachweis der Zusammengehörigkeit die Artidentität absolut nicht zu ermitteln ist. Unter ersteren ist besonders die Gattung Papilio (Ritter, Equites Lin.), deren meiste Arten sich durch geschwänzte Hinterflügel kenntlich machen, zu erwähnen; Männchen und Weibchen sind hier oft wie Tag und Nacht verschieden gefärbt und zum Theil auch ver- schieden gestaltet, so dass beide sehr oft als besondere, weit von einander getrennte Arten beschrieben und abgebildet worden sind. Aehnliches gilt . auch für andere Tagfalter aus den Gruppen der Nymphaliden (Schillerfalter _ und Verwandte) und Lycaeniden (Männchen mit hellblauen oder feuerrothen, Weibchen mit dunkelbraunen Flügeln), während bei den Nachtfaltern häufiger die Fühlhörner, die Körpergrösse, die Ausbildung der Flügel (Weibchen zu- weilen flügellos) u. s. w. mehr oder weniger ausgeprägte Unterschiede zeigen. Unter den Aderflüglern (Hymenoptera) sind Männchen und Weibchen einer \ und derselben Bienenart (Xylocopa, Mesilla, Megachile) sehr häufig ganz >; und gar verschieden gefärbt und gestaltet; bei denjenigen Arten, welche in 5 ‚grossen Colonieen leben nein, Honigbienen) auch die on iR Arbeiter von den fruchtbaren Weibchen in der Grösse auffallend (um das OR a Doppelte und Dreifache) verschieden. Die beiden Geschlechter vieler Mord- an © ne N vEie RIP A wespen (Meria, Thynnus, Mutilla) machen den Eindruck, als gehörten sie ganz Sg versc iedenen Familien an, indem besonders bei den beiden . Galtungen Bi ER die Weibchen flügellos und buntscheckig, die Männchen geflügelt und oft wel IN dunkler, einfarbiger sind. ich In solchen Fällen ausgeprägter Geschlechtsdifferenz ist begreiflicher \ Weise die Feststellung der Zusammengehörigkeit nur auf Grund dreterr Fr ‚Beobachtung möglich. "Eine solche kann auf zweierlei Weise bewirkt werden: 1) beim. Sammeln durch den Fang verhängter, d. h. in der Begattung be- \ findlicher” deze 2) durch die Zucht aus Eiern oder aus Larven, vondenen 2398 Al 452 Gerstaecker. i erstere von einem und demselben Weibchen abgesetzt, letztere in Gemein- schaft gefunden und als übereinstimmend in Form, Färbung, Nahrung u. s. w. beobachtet worden sind. Der Fang copulirter Paare ist bei Schmetterlingen, Käfern, Wanzen, Zweiflüglern, Libellen, Heuschrecken u. A. nicht gerade selten, gehört dagegen bei den Aderflüglern (Bienen, Wespen, Grab- und Schlupfwespen) zu den Ausnahmefällen. Sowohl bei jenen wie ganz beson- ders bei letzteren ist eine die beobachtete Paarung betreffende Notiz (oder ein Aufstecken beider Individuen auf eine und dieselbe Nadel) natürlich von besonderem Belange; aber auch schon eine Andeutung, dass das constante gemeinsame Vorkommen einer männlichen und weiblichen Form die Ver- muthung ihrer Zusammengehörigkeit nahe legt, ist, als Anhalt gewährend, wünschenswerth., Ueber die Züchtung zweierlei, in Form oder Färbune verschiedener Individuen aus gleichen Larven, welche besonders bei Schmet- terlingen zu ermöglichen ist, wird selbstverständlich gleichfalls eine möglichst eingehende Notiz zu geben sein. 2. Die. Feststellung der Art nach ihren verschiedenen Formen. a) Diese Formen können entweder nur Abänderungen der beiden Ge- schlechter in Grösse, Gestalt und Färbung sein und als solche dann entweder gleichfalls durch die Zucht aus Eiern oder Larven oder durch ihr gemeinsames häufiges Vorkommen an einem und demselben Fund- ort, z. B. unter Baumrinde, in Dung, auf den Blüthen derselben Pflanze u. s. w. ermittelt werden. Bei der Zucht aus Larven sind von diesen sowohl wie von den Puppen einige Exemplare in Weingeist aufzube- wahren und als den entwickelten Insecten angehörig zu bezetteln. b) oder diese Formen können, wie bei Teermiten, Ameisen, geselligen Bienen und Wespen, die nach Alter, Function u. s. w. verschieden ge- stalteten und verschieden grossen Mitglieder eines gemeinsamen Insecten- staates repräsentiren. Es finden sich also z. B. in einem Termitennest, welches unter oder über der Erdoberfläche, im Innern von Bäumen u.s. w. angelegt sein kann, zu allen Zeiten Larven, Arbeitertermiten, die durch einen grossen Kopf ausgezeichneten Soldaten und eine Königin (träch- tiges Termitenweibchen von Fingerdicke und bis zwei Zoll Länge), sämmtlich ungeflügelt, aber in ihrem Aussehen auffallend von einander verschieden, zu anderen Zeiten ausserdem noch Nymphen (blass gefärbt, mit Flügelstummeln) und geflügelte Männchen und Weibchen (dunkler gefärbt und mit vier Flügeln versehen) vor. Alle diese gemeinsam lebenden Formen sind, da es auf die Kenntniss ihrer Zusammengehörig- keit besonders ankommt, in möglichst grosser Individuenzahl zu sammeln und, da es sich bei ihnen um anatomische Untersuchung handelt, in Weingeist aufzubewahren. Bei den Ameisen, welche meist gleichfalls in grossen, unter oder über dem Erdboden befindlichen Oolonieen leben, kommt es hauptsächlich auf die Zusammengehörigkeit der geflügelten männlichen und weiblichen Individuen mit den flügellosen Arbeitern (zuweilen gleichfalls in mehreren, durch Grösse des Körpers, Dicke des Kopfes u. s. w. unterschiedenen Formen repräsentirt) an; während letz- tere nebst Larven, Puppen.und einem oder mehreren grossen, dick- bauchigen (flügellosen) Weibchen zu jeder Jahreszeit in der Oolonie sind, gehen die geflügelten Individuen aus dieser nur zu einem bestimm- ten Termin hervor, um sich in der Luft zu begatten (Schwärmen). Beim Auffinden solcher im Schwärmen befindlichen Colonieen, ebenso bei denjenigen von Bienen- und Wespenstaaten ist gleichfalls ein Ein- Eier sind le nur die weichen (fusslosen) Maden und Puppen in Weingeist aufzubewahren, die ausgebildeten Insecten dagegen auf ‘Nadeln zu spiessen. Unter den ameisenartigen Insecten ist besonders auf die in unterirdischen Colonieen lebenden Dorylusarten, deren Arbei- chen Magegen mehr an eine blassbraun gefärbte Wespe (mit Flügeln, Machen, Die Männchen schwärmen zusammen mit zahlreichen Arbeitern (im tropischen Afrika und Asien) nicht selten aus einem und demselben Erdloche aus; um das bisher nicht sicher gekannte, vermuthlich aber gleichfalls augen- und flügellose Weibchen, welches wahrscheinlich den Männchen an Grösse gleichkommen, den Arbeitern dagegen mehr im $ Aussehen ähneln wird, aufzufinden, ist es nöthig, den unter dem Erd- loche liegenden Grund aufzugraben und auf die Anwesenheit besonderer Höhlungen, Zellen oder dergl., in welchen die Weibchen sich aufhalten Ara dürften, genau zu untersuchen. Auch diese Dorylus sind behufs ana- ' tomischer Untersuchungen nach allen ihren, in Gemeinschaft angetroffenen © Formen in Weingeist aufzubewahren. u c) diese Formen können, auch ohne dass ein Staatenleben der Anlass Bi ist, ferner dadurch in der Drei- oder Mehrzahl vorhanden sein, Be dass entweder zu einer und derselben weiblichen zwei verschiedene N männliche oder zu einer und derselben männlichen zwei oder mehr ver- schiedene weibliche gehören. Derartige Fälle sind einerseits bei ge- ‘wissen WLibellen, andererseits bei verschiedenen Tagfaltern (Papilio, a Helieonier) beobachtet worden, könnten sich indessen leicht auch noch - auf andere Insecten ausdehnen. Zuweilen kommen die beiden Formen desselben Sexus an einer und derselben Localität vor; in anderen Fällen Bar © hat ein und dasselbe Männchen in verschiedenen Gegenden verschieden er gestaltete und gefärbte Weibchen (z. B. Pap. Pammon Lin.). Zur Fest- I ar stellung derartiger besonders interessanter Verhältnisse wird, z. B. bei Be Schmetterlingen, die Zucht aus den Larven, resp. Puppen den sichersten Br Anhalt gewähren; indessen auch eine Beachtung der in Copula gefan- genen Paare wird zu ihrer Ermittelung beitragen. ' 3. Die Feststellung der Lebensbeziehungen zweier oder mehrerer Arten zu einander, besonders die Abhängigkeit der Existenz einer Art von einer anderen betreffend. Solche Beziehungen lassen sich viel- fach schon durch aufmerksames Sammeln, durch den Nachweis eines häufigen oder constanten gemeinsamen Vorkommens zweier Arten erkennen, andere, zu denen der Parasitismus der einen Art auf Kosten einer anderen gehört, _ erst durch die Zueht des Wirths- oder Nährthieres feststellen. Der a Fall betrifft z. B. das regelmässige Vorkommen bestimmter Gattungen und Wespen, Termiten u. s. w. oder das "Sehmarotzen der einen Bienendı Grab- jespen-, Goldwespen- u. s. w. Art in den von anderen zur Auffütterung sst, dass der "Schmarotzer in die Wohnung des bauenden Insectes eintritt, ald letzteres dieselbe verlassen hat, um neues Futter einzutragen. Ueber : solche durch oft wiederholte und genaue Beobachtungen festgestellte Be- ngen sind Notizen ebenso erwünscht, wie über die aus Raupen und ı (bei Züchtung von Schmetterlingen) erhaltenen parasitischen Zwei- m | Individuen der verschiedenen Formen wünschens- _ ter augenlosen und ungeflügelten Ameisen gleichen, deren grosse Männ- Augen und langem, eylindrischem Bineuleib) erinnern, aufmerksam zu Een von Käfern in den Colonieen gesellig lebender Insecten, wie Ameisen, ırer Brut angelesten Nestern oder Zellen, welches sich daran erkennen ut! ügler (Tachina, Ichneumon, Chaleis u. A.), welche dann am besten | ui». h ar h 454 Gerstaecker. mit derselben Nummer wie diejenige Art, aus welcher sie erzogen wordem sind, versehen werden. 4. Die Feststellung der Lebensbeziehungen gewisser In secten zu anderen Thieren, besonders Wirbelthieren. Zu diesen gehört zunächst die Gewohnheit oder Liebhaberei gewisser Insecten, die Schlupfwinkel, Nester u. s. w. höherer Thiere, besonders der Raub- und Nagethiere unter den Säugern, so wie zahlreicher Vögel aufzusuchen und in diesen zu verharren; daher man die Lager- und Brutstätten derselben stets auf solche Einmiether zu untersuchen hat. Eine ungleich nähere und daher auch viel allgemeiner verbreitete Beziehung ist.der Parasitismus bestimmter Inseeten an Wirbelthieren und zwar kann derselbe ebensowohl ein äusser- licher, nach Art der Flöhe, Läuse, Zecken u. s. w., wie ein innerer nach dem Vorbild der Eingeweidewürmer sein. Auf der Haut, zwischen dem Pelz der Säugethiere und den Federn der Vögel finden sich meist nur aus- gebildete Insecten, im Innern der Körper- (Leder-) Haut, in der Nasen- und Rachenhöhle so wie im Darmcanal dagegen nur Larven. Besonders interes- sante äussere (Haut-) Parasiten haben alle Fledermäuse, z. B. die kleinen Spinnen ähnelnden, fügellosen Dipteren aus der Gattung Nycteribia, fast alle Vögel, (Lausfliegen, Federläuse), manche Hufthiere: Einhufer, Hirsche, Hohl- hörner u. A. (gleichfalls Dausfliegen). Da dieselben meist sehr verborgen, in Einfaltungen der Haut, bei den Fledermäusen z. B. in den Achseln der Arme, tief zwischen dem Pelz, am Grunde der Federn (bei Vögeln) u. s. w. sitzen, so ist zum Auffinden derselben schon eine genauere Untersuchung des frisch geschossenen Thieres, welches sie bald nach seinem Ableben verlassen, nothwendig. Leichter machen sich beim Abziehen des Felles die im Innern der Lederhaut steckenden, oft sehr dicken und. ansehnlich grossen parasiti- schen Larven dadurch kenntlich, dass sie beulenartige Anschwellungen her- vorrufen. Sie kommen vor Allem bei Hufthieren (Hirschen, Hohlhörnern), zuweilen auch bei Nagethieren und Raubthieren vor, sitzen bald am Rücken, bald in der Bauchhaut und gehören den Dasselflliesen (Oestrus) an. Da sie sich nach Tödtung des Wirthsthieres nicht weiter entwickeln und sich also nicht züchten lassen, so sind sie mit Angabe des Namens ihres Trägers in Weingeist aufzubewahren; ebenso ähnliche Larven, welche man in der Nasen- und Rachenhöhle geschossener Hirsche und Antilopen (vielleicht auch Giraffe, Rhinoceros, Tapir, Elephant?), im Darmcanal der Einhufer (vielleicht auch Zweihufer?) antrifft. Gelingt es jedoch, solche bereits ausgewachsene Larven in dem Koth ihrer Wirthsthiere (Zebra, Esel, Rhinoceros, Elephant?) auf- zufinden oder dieselben, nachdem sie aus der Nasen- und Rachenhöhle der Hirsche, Antilopen, Kameele, Schafe, Rinder u. s. w. durch Niesen entleert worden sind, zu erhalten, so ist der Versuch zu machen, aus ihnen das aus- gebildete Insect zu erziehen. Man hat dazu die vollwüchsigen Larven (als Engerlinge der Hufthiere bezeichnet) nur einfach in ein Gefäss mit leicht angefeuchtetem, etwas backendem Sand zu legen, in welchen sie sich dann von selbst oberflächlich eingraben, um sich in demselben zu verpuppen; die Fliege geht aus ihnen nach verhältnissmässig kurzer Zeit (2 bis 4 Wochen) hervor. Da alle diese in Säugethieren parasitirenden Bies- oder Dassel- fliegen grosse Seltenheiten und von zahlreichen tropischen Thieren überhaupt noch nicht bekannt sind, so ist denselben in allen Ländern eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen und besonders ihre Zucht aus Larven (unter ge- nauer Angabe des Wirthsthieres) anzustreben. Das an Hufthieren so reiche Afrika verspricht davon eine besonders ergiebige Ausbeute. d. Feststellung der Lebensbeziehungen der Insecten zu be- a Ta a ar x " b dh RI BEN UT DE N kach EAR | EUREN rd a) IX Gliederthiere, 455 stimmten Pflanzen. Sind Angaben darüber, auf welchen Pflanzen sich bestimmte Insectenarten constant oder mit besonderer Vorliebe aufhalten, überhaupt schon vielfach von Interesse, . so ist die Kenntniss der ersteren um so erwünschter, wenn sie sich als die ausschliesslichen Nahrungspflanzen besonders der Larven (Raupen u. s. w.) herausstellen und durch die Zucht der letzteren als solche um so sicherer festgestellt werden können. Ist dem Sammler der wissenschaftliche Name der betreffenden Pflanze nicht bekannt, so ist die Aufbewahrung eines eingelegten Blattzweiges, resp. Blüthenstandes, mit Hinweis auf das sich davon ernährende Insect wünschenswerth. Ein be- sonderes Interesse gewähren, als bis jetzt noch sehr wenig bekannt, die von zahlreichen ausländischen Insecten hervorgerufenen Pflanzendeforma- tionen, welche, im Allgemeinen als „Gallenbildungen“ bezeichnet, sich an den verschiedensten Theilen der Gewächse, wie Blüthen, Blätter, Früchte, Stengel, Wurzel vorfinden und oft schon durch Grösse und abenteuerliche Gestalt auffallen. Ihr wissenschaftlicher Werth ist natürlich um so grösser, wenn das sie erzeugende Insect bekannt, wo möglich aus solchen Deforma- tionen durch die Zucht. erhalten worden ist. Das Einlegen und Pressen ‚solcher mit Gallenbildungen versehener Pflanzen ist jedoch deshalb nicht zu empfehlen, weil dadurch die charakteristische Form der ersteren verloren geht; weiche, nachgiebige Deformationen sind daher in Weingeist aufzu- bewahren, resistente, wie z. B. holzige dagegen im trockenen Zustand ein- zusenden. 6. Ermittelunge der bei manchen Insecten vorhandenen In-' stinete und Kunstfertigkeiten. Solche sind besonders bei vielen Arten der Hautflügler (Hymenoptera), ausserdem auch von den Termiten (unter den Orthopteren) so wie von Seiten gewisser Insectenlarven (Ameisenlöwe: Myrmeleon u. A.) bekannt, bedürfen aber zu ihrer näheren Kenntniss bei den ausländischen Formen noch weiterer und genauerer Beobachtungen. Be- sonders ist es die Anfertisung der von solchen Insecten zur Auffütterung ihrer Brut angelegten Bauten (Zellen, Waben, Nester), welche nähere Auf- merksamkeit verdient und für deren Kenntniss eine Aufbewahrung und Ein- sendung der oft sehr kunstvoll ausgeführten Bauten selbst erwünscht ist. Unter den Hymenopteren legen z. B. die Weibchen der Sand- und Grabwespen, der Mauerwespen, der einsam lebenden (solitären) Bienen entweder einzelne oder zu Galerieen vereinigte Zellen von Lehm, Thon, Holzspänen, abgeschnittenen Blattstückchen an oder sie höhlen behufs Herstellung ihrer Galerieen Aeste und Zweige von Bäumen und Sträuchern aus, benutzen dazu auch schon von vornherein hohle Stengel oder Schafte von Rohr u. dgl. Die Grab- und Mauerwespen tragen in diese Zellen zur Nahrung für ihre Brut andere, von ihnen todtgebissene oder gelähmte Insecten, Raupen, Spinnen u. s. w. ein, während die Bienen ihre Zellen mit Pollen von Blüthen, mit Honig oder mit Beidem anfüllen. Bei den in Staaten, d.h. in einer Gemeinschaft zahlreicher Individuen lebenden Honigbienen (Apis, Trigona), Hummeln und Papier- oder Faltenwespen sind die Zellen meist zu Waben vereinigt, dabei aber, je nachdem in demselben fruchtbare Weibehen (Königinnen), Arbeiter oder Männchen aufgezogen werden, von verschiedener Form und Grösse. Da gerade von den ausländischen Honigbienen, deren Königinnen und Männchen das Nest nur ausnahmsweise (behufs der Begattung, Hochzeitsflug) verlassen, bis jetzt fast nur die herumfliegenden Arbeiterformen bekannt sind, so ist eine nähere, auf das Auffinden dieser Weibchen und Männchen gerichtete Beobachtung der Nester selbst, so wie die Aufbewahrung der verschieden grossen und geformten Zellen, aus welchen wo möglich die Insassen durch 456 Gerstaecker. \ Zucht zu gewinnen sind, besonders zu empfehlen. Vor Allem sind in dieser Beziehung die in Ostindien und auf den Sundainseln vorkommen- den Honigbienen aus der Gattung Apis, welche nach ihren einzelnen Formen und nach ihren Bauten noch so gut wie unbekannt sind, genau zu untersuchen. — Bei dem Einsammeln der sehr mannigfaltig geformten, nicht selten durch ihre Grösse auffallenden Wespennester ist begreiflicher Weise eine Kenntniss ihrer Bewohner von besonderem Belang; es ist daher zum Mindesten von den sogenannten Arbeiterwespen eine Anzahl Exemplare (aufgespiesst) beizufügen. — Bei der Oeffnung und Untersuchung von Ter- mitenbauten und zwar ebensowohl solcher, welche im Erdboden wie in Baum- stämmen, Holzpfählen, Gebäuden u. s. w. angelegt sind, ist besonders auf das Auffinden der grossen und dickwandigen Königinzelle (oft von der Grösse eines Eies oder einer Faust) auszugehen; ausser dieser sind jedoch auch andere Theile des aus zahlreichen Gewölben, Kammern, Gängen u. s. w. be- stehenden Baues, als für die Kenntniss seiner Anlage, von Interesse auf- zubewahren. - (. Angaben über Erscheinungen, welche gewisse Insecten im Leben darbieten, welche dagegen mit dem Absterben ver- schwinden. Hierher gehören a) Arten, welche mit dem Tode ihre Fär- bung, ihren Metallglanz einbüssen, z. B. viele Heuschrecken, welche ıhre im Leben intensiv rothe, blaue, gelbe und grüne Färbung mit einer fahlgelben oder braunen vertauschen, ferner die Schildkäfer (Cassida), welche oftin den herrlichsten Metallfarben (Gold, Silber, Bronze) strahlen, mit dem Tode aber knochengelb werden. In beiden Fällen sind Angaben über das Colorit wäh- rend des Lebens erwünscht; bei den letzteren (Uassida) ist ausnahmsweise ein Aufbewahren in Weingeist oder Glycerin, welche den Metallglanz erhalten, anzurathen. b) Arten, welche an bestimmten Stellen des Körpers während des Lebens leuchten (Lampyris, Pyrophorus u. A.). Hier sind Notizen über den Ort, die Intensität und Färbung des Lichtes erwünscht. c) Arten, deren Augen im Leben intensiv, oft metallisch gefärbt, bunt gebändert u. s. w. erscheinen; gleichfalls mit Angaben zu versehen. d) Arten, welche im Leben andere Naturkörper (Pflanzentheile, Blüthen, andere Thiere, leblose Gegen- stände, z. B. Excremente von Vögeln und Reptilien) nachahmen (mimiery) sind als solche zu bezeichnen und sind wo möglich die nachgeahmten Ob- jeete beizufügen. 2. Die Spinnenthiere (Arachnoidea). Die Conservirung der Spinnen ist eine ungleich einfachere und leich- tere als diejenige der Insecten. Da man bis jetzt keine Methode ausfindig gemacht hat, sie im getrockneten Zustande unter Erhaltung ihrer Form und Färbung aufzubewahren, so tödtet und conservirt man sie durchweg in Wein- geist, duch welchen in allen Fällen ihre ursprüngliche Gestalt erhalten bleibt, während die Färbung sich allerdings nicht selten verändert. Es ist jedoch bei diesem Aufbewahren in Weingeist auch für diese Thiere darauf zu achten, dass erstens nicht zu verschiedenartige Formen in denselben Be- hälter geworfen werden, besonders nicht weichhäutige und kleine mit hart- schaligen, grossen und stachligen, zweitens aber der erste zur Tödtung ver- wendete Weingeist nach Verlauf einiger Tage, besonders wenn er sich stark gefärbt hat, beseitigt und durch neuen ersetzt wird. Bei den Webespinnen, welche sich überall im Walde an Bäumen onders das RE der zu einer und dee Art Ei innchen und bchan, von denen erstere meist selten und viel kleiner, auch anders gefärbt und gestaltet (besonders durch die keulenförmig ver- lickten Taster kenntlich) sind, anzuempfehlen. Die mit der Hand schwer u greifenden Springspinnen (Salticus, Attus), theils auf Blättern und mittels des Schmetterlingsnetzes zu fangen. Desselben oder des Kätschers (Streifsackes) kann man sich auch zum Fang der sehr schnell laufenden, meist am Erdboden unter Steinen, abgefallenen Blättern u. del. lebenden Jagd- und Wolfsspinnen (Lycosa, Tarantula), deren Weibehen ihren Eier- sack unter dem Bauche tragen, bedienen. Die innerhalb des Erdbodens in selbstverfertigten und oft mit einem Deckel verschliessbaren Röhren lebenden - _ Fallenspinnen (Cteniza)' verschafft man sich durch Ausgraben; ihre oft sehr grossen (2 bis 3 Zoll langen) nächsten Verwandten, die sogenannten Vogelspinnen (Mygale) finden sich theils in Baumlöchern, theils gleich- falls in Erdhöhlungen, welche sie besonders des Nachts, um auf Raub auszu- gehen, verlassen. Bei ihrem Fange ist einige Vorsicht zu beobachten, da sie einerseits mit ihren Kiefern heftig beissen, andererseits durch ihre leicht _ _ abbrechenden, starren Haare leicht eine Hautentzündung an den Händen ver- anlassen. Auch bei dem Einsammeln der Skorpione, welche sich am - Erdboden unter Steinen, unter Laub, Baumrinde, in Felsspalten, nicht selten _ auch in menschlichen Wohnungen vorfinden, ist in Rücksicht auf den gifti- gen Stich, welchen sie mittels ihres Schwanzes auszuführen befähiet sind, Ri die nöthige Vorsicht und stets ein Erfassen mit einer langarmigen Zange Ei anzuempjchlen. Ihre Begattung ist zur Zeit noch völlige kn. falls sie also zur Beobachtung len, in ihren Einzelheiten zellen, Copu- Jirte Paare sind in gleicher Weise als Desiderate zu bezeichnen, wie träch- tige oder ihre Jungen auf dem Rücken tragende Weibchen (letztere sind bei den Skorpionen und der verwandten Gattung Phrynus lebendig-gebärend); von häufig auftretenden Arten sind zahlreiche, an gleichen Orten beisammen gefundene Individuen verschiedener Alters- (Grössen-) Stufen einzusammeln und in einem und demselben Glase aufzubewahren. N Die sogenannten Schneiderspinnen (Opilio), in den Tropengegenden durch zahlreiche, sehr bizarre Formen vertreten, sind gleichfalls noch nicht genügend in ihren Geschlechtsunterschieden bekannt; copulirt gefundene ‚Paare sind daher auch von ihnen stets erwünscht. Die mit sehr langen und "dünnen (leicht abfallenden) Beinen versehenen Arten fängt man, um sie un- verletzt zu erhalten, am Besten durch Ueberstülpen eines Glases. 83. Die Krebsthiere (Crustacea) Hei ‚ehören der Mehrzahl dem Meere an und sind daher vorwiegend Gegenstand Be Fischerei. Von den auf dem a und im Süsswasser Sr ns Die eigentlichen, mit beweglichen ER versehenen Krebse. chain Decapoda) haben von Süsswasserbewohnern.. aowohl Lang- - (Maerura) wie Kurzschwänze (Brachyura) aufzuweisen. Die Langschwänze ehören SER Myschweg der Gattung der Flusskrebse (Astacus) uud einigen lüthen theils an Baumstämmen, Planken u. s. w. anzutreffen, sind am besten 458 er Gerstaecker. von derselben abgeschiedenen Untergattungen (Engaeus, Cambarus u. A.), einzelne der Garneelengattung Anchistia an. Die meisten Astacusarten sind Bewohner grösserer Ströme und der mit denselben in Verbindung stehenden Seen, andere von Gebirgsbächen; einzelne finden sich ferner in. unterirdischen Höhlen (Mammutshöhle in Kentucky) und sind dann blind, noch andere graben sich in der Nähe von Flüssen in den Sand ein (Austra- lien). Alle diese ausländischen Flusskrebse sind, als in den Europäischen Sammlungen sehr dürftig vertreten, der Aufmerksamkeit des Sammlers unter allen Breiten besonders zu empfehlen und in grösserer Individuenzahl beider Geschlechter und verschiedener Altersstufen wünschenswerth. Da man deren bereits aus allen Erdtheilen und aus Nordamerika selbst eine sehr ansehn- liche Artenzahl kennt, so ist mit gutem Grunde vorauszusetzen, dass sich bei näherer Nachforschung überall noch viele neue Arten werden auffinden lassen. — Dasselbe ist mit einigen, an den Ufern der Flüsse lebenden und sich oft weit im Innern des Landes vorfindenden Kurzschwänzen aus den Gattungen Telphusa, Gecareinus, Dilocarcinus u. A., so wie mit ge- wissen, zwischen Lang- und Kurzschwänzen die Mitte haltenden Formen (Aeglea), von denen man einzelne gleichfalls in Gebirgswassern (Chile) ge- funden hat, der Fall. Alle diese Krebse lassen sich nur in Weingeist, in welchem sie freilich ihre Färbung verlieren, aufbewahren. 2. Flohkrebse (Amphipoda), von den eigentlichen Krebsen durch sehr viel geringere Grösse, ungestielte Augen und den Mangel eines grossen, ungegliederten Brustschildes unterschieden, finden sich gleichfalls überall in stehendem sowohl wie fliessendem Wasser, unter Steinen, Anspülicht u. s. w. Viele derselben machen lebhafte Sprungbewegungen (Talitrus), andere (Gam- marus) rutschen mittels der Seiten ihres seitlich zusammengedrückten Kör- pers auf ihrer Unterlage sehr gewandt herum. Aufbewahrung gleichfalls in’ Weingeist. 3. Wasserasseln (Aselina), durch flachgedrückten Körper von den vorigen unterschieden und daher mehr den Läand- oder Kellerasseln gleichend, mit den vorhergehenden an gleichen Orten, meist aber mehr an Wasser- pflanzen angeklammert lebend. AN, 4. Kiemenfüssler (Branchiopoda). Sie gehören zu den merkwürdig- sten und interessantesten Süsswasserkrebsen und versprechen bei ihrer an- sehnlichen Artenzahl gleichfalls noch eine reiche Ausbeute, besonders in den wärmeren Gegenden aller Erdtheile. Viele derselben (z. B. Wasserflöhe, Daphnia) gehen bis auf die geringe Grösse von nur 1 Millim. herab, andere dagegen erreichen eine Länge von zwei Zoll. Die grösseren sind durchweg mit zahlreichen (11 bis 60), sehr zarthäutigen und blattförmigen Beinen, welche sie beim Schwimmen in ununterbrochene Ruderbewegung versetzen, ausgestattet; manche (Apus) mit einem grossen unpaaren Rückenschilde versehen, andere (Limnadia, Estheria) in eine zweiklappige Schaale, welche ihnen das Ansehen kleiner Muscheln verleiht, eingeschlossen, noch andere (Branchipus, Artemia) ganz unbedeckt. Gewöhnlich finden sich diese Krebschen theils in stehenden Gewässern (Teichen, Gräben), theils in Regen- tümpeln, welche sich bei Anlass von Gewittern, während .der Regenzeit (in den Tropen) u. s. w. vorübergehend gebildet haben, in grossen Massen, meist aber nur während eines beschränkten Zeitraumes vor. Ganz beson- ders sind auch die Salzseen, welche als der constante Aufenthaltsort ge- wisser, hierher gehöriger Arten nachgewiesen worden sind, auf dieselben zu untersuchen. Während die grösseren Arten sich dem unbewaffneten Auge N! was cn da sie sich zeitweise in den le a ; ihnen nicht durchweg der Fall ist — lassen sich die kleineren . zusammen (solche sind durchweg sehr klein, nur einige Millimeter lang), theils als Parasiten auf dem Körper von Fischen, denen sie aus der Körperhaut, aus der Mundhöhle und aus den Kiemen Blut entziehen. Auch diese in grosser Artenzahl existirenden und die mannigfaltigsten, zum Theil abenteuerlichsten Formen zeigenden Krebschen sind sämmtlich von In- teresse: daher alle zur Beobachtung kommenden Fische des Süsswassers sowohl wie des Meeres auf ihre Anwesenheit zu prüfen sind. Genaue An- gabe über die Fischart, auf welcher sie leben und über die Körperstelle, a an welcher sie aufgefunden ‚worden, sind erwünscht. Finden sie sich an Hs: ‚den Kiemen oder in die Haut, in die Kopfknochen u. s. w. der Fische ein- “. gebohrt, so wird am besten der betreffende Körpertheil mit den Parasiten, ohne dieselben abzulösen, in Weingeist gesetzt. he 6. Landasseln (Oniscus, Porccllio, Armadillidium u. s. w.) finden sich Bin. Ri, überall unter Baumrinde, Steinen und in ähnlichen Verstecken; kugeln sich Ber zum Theil zusammen, In Weingeist einzusammeln. a; 4. Die Tausendfüssler (Myriopoda). K Im Inlande von geringen Körperdimensionen, erreichen sie unter den s Tropen nicht selten die ansehnliche Länge von acht Zoll und darüber, Als lichtscheue Thiere finden sie sich he den Tag über in Verstecken, N. b; Ei an der Erde unter Steinen und abgefallenem Laub, unter Composthaufen, u SE ‚Baumrinde u. s. w., kommen jedoch bei feuchter Witterung aus diesen her- Ve vor, um Bäume, Sträucher, Planken, Mauern u. dergl. zu een. Beim Einsammeln derselben ist zu beachten, dass die abgeflachten, an den einzel- I; nen Leibesringen nur je ein Peasar tragenden Seoloner dir sich h _ mit ihren: scharfen und eine ätzende Flüssigkeit ergiessenden Kiefern heftig _ zur Wehr setzen, daher mit einer Pincette zu fassen sind. (Die eylindri- h e schen Julusarten sind unschädlich und können daher mit den Fingern er- griffen werden.) Nachdem man sie in Gläser eingesammelt hat, tödtet N oder betäubt man sie durch Eintröpfeln von Aether mit Weingeist a reicht dadurch, dass ihr langer Körper sich — was zur Aufbewahrung und Untersuchung nöthig ist — nicht zusammenrollt, sondern gestreckt bleibt. Um die Thiere in dieser Streckung zu erhalten und sie zugleich vor dem Rei ihnen leicht eintretenden — ‚Zierfallen in einzelne Theile zu ‚schützen, pP Kechendo Gläser, welche mit Weingeist gefüllt werden, zu bringen. (Viele nmen in ein Glas gebrachte Mansendfüssler werden durch den Wein- icht brüchig und zerfallen.) Werden zwei Individuen in Begattung fen, wie es z, B. bei feuchter Witterung unter den Julusarten nicht kommt, so sind sie als Männchen und. Weibchen derselben Art zu der in einen und demselben Glase vereint aufzubewahren. Ten, ei ARE g pendriden (Geophi us) ndes ehauptet worden; weitere oe hi besonders geschätzte N sind die ‚mit einem rüssela Von Dr. 6. Hartlaub. Journ. Anthrop. Sust. July 21 72 pag. 305 A. W. Franks; „There is however a point of great importance which relates to the disposal of the collections when they are brought back. I has been too much the habit to consider such objects the pro- perty of the ofücers of the expedition; to be disposed of accord- ing to their wish. Should however such collection be made by a seientiie expedition there should be clear directions that it should be placed at the disposal of the Government to be depo- sited in the national museum and the commander of the expe- dition should see that the main collection contains the best illu- strations of the subjeet‘.. Skelettiren eines Vogels *). Die Herstellung eines Vogelskelett’s kann auf Reisen immer nur eine rohe sein. Man verwendet zum Skelettiren natürlich nur Exemplare, die möglichst, wenig durch den Schuss gelitten haben, namentlich gern ge- fangene Vögel. Balg und Skelett von einem und demselben Exemplare zu präpariren, ist unzweckmässig. Die erste Arbeit ist die Entfernung von Haut, Eingeweiden und mög- lichst vielen Fleischtheilen, nachdem man das Geschlecht, den Mageninhalt u. s.w. untersucht hat. Dieses Abfleischen und Auswaiden muss womöglich bald nach dem Tode geschehen und ebenso sollte man, wenn dies ausführbar, das Roh- skelett sogleich eine Zeitlang (in gemässigten Klimaten 1—2 Tage) in Wasser und zwar am besten in fliessendes senken, weil so am besten das Blut voll- ständig aus den Knochen entfernt wird. Dann nehme man die Augen mit- telst eines löffelartigen Kratzers heraus, trenne den Kopf**) zum Theil oder ganz vom Halse und entferne das Gehirn durch Einschieben von Wollpfröpfen und zuletzt durch Ausschwemmen mit Wasser. Die die einzelnen Knochen in den Gelenken zusammenhaltenden Bänder und Sehnen lasse man unver- sehrt. Gerathen erscheint es, da die Etikette verloren gehen kann und die Art oft sehr schwer wieder zu bestimmen sein würde, auch um das Skelett vor Wind und Stoss zu sichern, die äussersten Schwingen und die Schwanz- federn stehen zu lassen. Man kann diese letzteren, wenn sie zu viel Raum einnehmen sollten, etwas beschneiden, *) Nach Mittheilungen von Dr. Th. v. Heuglin und Dr. A. Pansch. **) Rich. Owen empfiehlt den Kopf abzulösen und im Thorax zu verpacken: Man. for Seient. Inquiry 3 = p- 390. FERH 462 Hartlaub. Ist nun der Vogel ziemlich sauber abgefleischt, so lege man Hals und \ Kopf in die Bauchhöhle, knicke die Füsse ganz ein (wie sie der Vogel in liegender Stellung zu tragen pflegt), binde mittelst eines.um die Mitte des Körpers gewundenen Fadens oder Bandes Hals, Kopf und Füsse in der be- treffenden Lage fest und hänge dann das Skelett an einem luftigen, schattigen Orte zum Trocknen auf, nachdem man dasselbe zuvor mit einer Lösung von arsensaurem Natron ein- oder zweimal bestrichen hat. Bei grossen Vögeln kann man die Hinterseite des Kopfes und die Un- terseite der Zehen mittelst eines Schnittes öffnen, um dadurch das Trocknen zu beschleunigen. Ist das Skelett trocken, so binde man eine Etikette mit Datum, Fund- ort, Geschlechtbezeichnung und dem systematischen Namen an die Füsse, signire nöthigenfalls auch den Schädel und verpacke das Skelett in Säge- mehl oder Spreu oder umwickele dasselbe ordentlich mit Löschpapier. Das Ganze kann man dann noch mit einem Kreuzband von Hede (Werch) oder Bast umschnüren. Man thut wohl, die Knochen jedes einzelnen Exemplars in eine be- . sondere Schachtel zu verpacken. Ganz kleine Vögel bewahre man in Spiritus auf, da das trockene Ske- lett sehr zerbrechlich wird. Das äussere (Hand-) Gelenk des Flügels erfordert wegen der dort be- findlichen kleinen Knochen beim Skelettiren Vorsicht; ebenso die Basis des Schädels zwischen den Unterkiefern. Am Unterschenkel ist das zuweilen sehr dünn auslaufende Wadenbein vor Verletzung zu bewahren; an der Brust der zuweilen sehr zarte Gabelknochen (furcula). Die zwischen ihm, dem Brustbein und den Schulterknochen befindlichen Häute und Bänder suche man zu erhalten. Von besonderem Interesse ist die Conservirung einiger harten Theile, die nicht eigentlich zum Skelett gehören: des Zungenknochens, des Kehl- kopfs und der Luftröhre sowie der Knochenringe des Auges. Der Zungen- knochen sitzt am Grunde der Zunge und schlägt sich jederseits mit einem Ausläufer nach hinten und zuweilen hoch am Schädel hinauf. Man bewahrt diese Theile (für die Augenringe natürlich die ganzen Augapfel) in schwä- cherem Spiritus. Ornithologie. In aussereuropäischen Ländern auf dem Gebiete der Ornithologie sam- meln und beobachten zu können, dazu ist die oft und sehnlich herbeigewünschte Gelegenheit uns versagt geblieben. Wenn wir dennoch, von der Wichtigkeit der Aufgabe durchdrungen, gern darauf eingegangen sind, die nachstehenden Winke und Anleitungen für Reisende susammenzustellen, die etwa Gefallen finden sollten an Forschungen in dieser unserer Specialität, so haben wir dabei uns, besonders für die praktische Hälfte, die nöthige Information zum Theil bei Anderen suchen müssen. Es existirt num eine Anzahl von Schriften, welche unser Thema mehr oder weniger vollständig behandeln und deren sich der weniger geübte oder selbst der ganz Unvorbereitete mit entschiedenem Vortheil bedienen könnte. Aber keine dieser Schriften erschöpft dasselbe in knapper übersichtlicher Gestalt und wir haben es daher vorgezogen, unserer Arbeit in erster Linie die Erfahrungen eines Mannes zu Grunde zu legen, der einen grossen Theil seines Lebens bald unter der heissen Sonne der Tropen, bald auf den eisigen Gefilden des hohen Nordens f h. ö “A S I» , Ya r und zwar hauptsächlich als Ornitholog mit glänzendem ig gewesen ist und dessen Competenz in dieser Hinsicht ausser haftliche Bereitwilliskeit, mit welcher er unserem Anliegen in ausgiebigster NV ögeln auf Reisen mit Fug und Recht als bewährte hinstellen und wir sind nr est überzeugt, dass dieselben von jedem seiner Nachfolger unbedenklich BT a .. z adoptirt werden können. I. Praktischer Theil. bei, die Absicht verfolgt, sein Unternehmen auch für die Ornithologie nutz- bar zu machen, dringend anzuempfehlen, sich zu dem Zweck einigermaassen vorzubereiten. Und zwar vor Allem dadurch praktisch, dass er sich im — Gebrauche von Schiesswaffen und namentlich des Jagdgewehrs einige Uebung zu verschaffen sucht und dass er an irgend einem geeigneten Institute einen gewissen Grad von Gewandtheit im Präpariren erwerbe, um nöthigenfalls Be Diener und Eingeborne in dieser Kunst unterweisen zu können. Theoretisch lässt sich kaum nur einigermaasen Werthvolles von einem Reisenden erwarten, _ dem es um die Ornithologie als Wissenschaft nicht wenigstens zu irgend einer Zeit einmal etwas ernsthafter zu thun gewesen ist. Ja, bei den Rathschlägen und Anweisungen, die hier mitgetheilt werden sollen, muss geradezu voraus- gesetzt werden, dass der Reisende bei einiger Vorliebe für unser Fach auch Re Schiessen nicht gethan. Gerade auf die unscheinbarsten Formen ist häufig _ Rücksicht zu nehmen und gerade die Auswahl des Gesammelten bedingt in der Regel den Werth desselben. ar Ausrüstung. „Bei der Ausrüstung kommt es darauf an, dass sie in _ jeder Beziehung ausreichend, sowie darauf, dass sie möglichst compendiös eingerichtet sei.“ —— — Zur Ausrüstung rechnet Heuglin, wo es möglich ist, grössere Gepäck- stücke mitzuführen, also bei Reisen zu Schiff oder zu Kameel, einen Feld- tisch mit Feldstühlen und eine Prä- parirkiste, d.h. eine Kiste, welche alles zum Präpariren und Conserviren erfor- derliche Material, nicht nur für Vögel, sondern überhaupt für Thiere aller Art enthält und welche nebenbei als Tisch zum Arbeiten und zum Aufbe- wahren der noch nicht ganz trocknen Bälge dient. Ein solcher Präparir- Tasten (siehe nebenstehende Figur) hat Präparirkiste mit herausgenommenem 1% kkiste, wie sie Kameele tragen. und Seitenwand. t von starkem Tanennholz von 4 Linien Dicke verfertigt und kann mit Eisenblech an den Kanten und schlagen werden. Dieser Kasten ist 24 Fuss lang, 14, Fuss hoch 3—4 Zoll tief. A ee m Zweifel steht. ‘Es ist Dr. Th. v. Heuglin, dem wir uns für die freund- eise entsprochen hat, zu grösstem Dank verpflichtet fühlen. Praktisch ind theoretisch vorbereitet wie wenige, und gestützt auf langjährige UVebung, durfte er seine Ansichten über Sammeln, Präpariren und Beobachten von Es ist dem wissenschaftlichen Reisenden, welcher, wenn auch nur neben- als Beobachter kein völliger Neuling sei. Ist’s doch mit dem kritiklosen. efähr die Grösse und Form einer oberen Fach und aufgeschlagenem Deckel r 464 Hartlaub. Ist der Sache Deckel geöffnet, so lässt sich ein Theil der vordern Wand (Klappe) von 5—6 Zoll Höhe horizontal herabschlagen und macht dann mit dem zweiten Boden der Kiste den Präparirtisch aus. Dieser obere Theil der Kiste enthält ein Fach zum Herausheben mit zweckmässiger Eintheilung in verschiedene Fächer, in welchen die Materialien zum Präpariren Platz finden, als Etuis für anatomische Bestecke mit Skalpellen, Pincetten, Scheeren und Kratzern, Nadel und Faden, Schleifsteine, Arseniklösung mit Pinseln, Salz und Alaun zum Gerben, Fliess- und Packpapier, Baumwolle und Werch, Sägespähne, ein kleines Waschgefäss mit Schwamm, Nägel, Zasgen, Eisen- drath, Stecknadeln, Hammer und Beil, Maassstab, Zirkel, Notizbücher, ornithol. Journal, Tinte und Federn, Bleistifte, Farben, kleine Gläser mit verdünntem Spiritus, Etiketten, Loupen, Bindfaden, Schachteln verschiedener Grösse u.s. w. Der untere Theil des Kastens enthält 2 Schubfächer, die sich nach der Vor- derseite öffnen, das eine 4, das andere 8°” hoch, zur Aufnahme der noch nicht eänzlich fertigen und trocknen Bälge. Beim Haitmachen der Karavane nimmt man diese Fächer zum Lüften heraus. Fangapparate. Ein oder mehrere eingeborene Jäger werden, nament- lich wenn sie mit dem Fang umzugehen wissen, den Wünschen des Reisenden sehr förderlich sein können. Nun sind allerdings grosse Fangapparate meist schwer transportabel, kleinere aber, Trappfallen (Tellereisen, Schwanenhälse), Schlaggärnchen und Stellnetze*) führt man ohne viele Umstände mit sich. Laufschlingen aus Rosshaar und Schnüren kann sich der mit den verschie- denen Fangapparaten vertraute Sammler überall selbst anfertigen. Schiesswaffen. Das beste Mittel zur Erlangung von Vögeln wie von Säugethieren bleiben aber Schiesswaffen. „Hierzu wählte ich — schreibt v. Heuglin — die besten Doppelgewehre neuesten Systems, nämlich Lefaucheux oder Lankaster. Sie haben den Vortheil, dass sie seltener versagen, dass man schneller laden und feuern kann und dass in kürzester Frist jede mo- mentan erforderliche Art von Schrotcaliber eingeführt werden kann. Für sehr zarte Vögel bedarf es des feinsten Vogeldunstes, für sehr grosse der Rehposten und selbst der Kugel.“ „Aber auch die OCaliber der Gewehre müssen verschieden sein. Zum Einsammeln ganz kleiner Arten ist ein mit Messing ausgebüchstes Blasrohr mit Lehmkugeln, welche letztere in einer besonderen Form gepresst und dann getrocknet werden, sehr vortheilhaft. Für Vögel von der Grösse eines Sper- lings bis zur Drossel schiesse man Schrote Nr. 10—12 mit halber Pulver- ladung aus einem Hinterladergewehr Caliber 24 oder 28. Für Vögel von Taubengrösse bis zum kleineren Raubyogel eignet sich Caliber 16 oder 14.“ „Bei Wasserjagd empfiehlt sich ein sogenanntes Entengewehr oder eine Doppelflinte Caliber 10 und von 3—3!/, Fuss Lauflänge. Ist das Gewehr ein Vorderlader, so sind Schrotpatronen, die den Schuss zusammenhalten und weiter tragen, sehr vortheilhaft.“ „Bei Jagd auf Strausse, Trappen und andere sehr grosse Vögel bediene man sich eines gezogenen Gewehrs von mindestens 2 Fuss Lauflänge, welches eine sehr kleine Rundkugel, 36 bis 40 auf ein Pfund, schiesst.“ „Von Hinterladergewehren hat man nicht mehr als drei verschiedene Caliber der Cartouche mitzuführen. Um letztere möglichst zu sparen, sammle man die nicht geplatzten Hülsen, die sich mit neuen mit einer kleinen Kapsel *) In Paraguay stellt man gewissen kleineren Papageien mit Garnen nach. Der Vogelsteller baut sich ein Hüttchen, spannt das Garn aus, setzt Lockvögel und erwartet dann ruhig seine Beute. Reugg. Reise in Parag. p. 218. nehmen, et bei Anschaffung der Patronen verhältnissmäsere mehr ee ewählt werden. Eine Chevelotpatrone lässt sich oft 3 Amal benutzen. A | Endlich hatte ich eine Anzahl von metallenen Oartouchen bei mir, 12 Stück RR für jedes Caliber. Für eingeborene Diener und Jäger sind Hinterladergewehre wohl zweckmässiger.“ „Dann Folie, grosse, metallene Pulverhörner und zu jedem Gewehr ein Paar Reservehahnen, Reserveschrauben und Federn, eine Anzahl Cylinder, Ladestöcke, Putzzeug und Schraubenschlüssel.“ „Das Schiesspulver, von dessen Güte viel abhängt, transportirt man am N besten in hermetisch geschlossenen Büchsen von Blech oder Zink. Von Schroten sind anzuschaffen alle Grössen vom feinsten Vogeldunst bis»zu Reh- posten. Auf 100 Pfund Pulver rechnet man durchschnittlich 400 bis 450 . Pfund Blei.“ „Man versäume nie, den eingeborenen Jägern die grösste Sorgfalt in Reinhaltung der Gewehre, namentlich der Batterieen und Läufe, einzu- schärfen.“ „Jeder Jäger hat neben der wasserdichten Tasche für Munition 2 bis 3 Schrotbeutel, eine Kugeltasche, metallene Schachtel für Zündhütchen, Pfropfen- zieher und Schraubenschlüssel bei sich zu führen. Dazu wo möglich noch einen sogenannten Rucksack von starkem Baumwoll- oder Segelzeug, oder _ eine Netztasche mit vielem Papier (am besten Zeitungspapier) zum Verpacken der erlesten Thiere und zum Laden (als Pfropfen).“ ; „Als Gehilfen zur Jagd, also zum Tragen des Erlegten, der Reserve- : _ gewehre, Munition, Lebensmittel und gelegentlich zum Treiben oder Auf- stöbern lassen sich Eingeborene leicht abrichten. Diese kennen auch in der - Regel am besten den Aufenthaltsort des verschiedenen Wildes und sind häufig höchst geschult im Gebrauche von Pfeil und Bogen.“ . „Hunde*) können von grossem Nutzen sein. Aber europäische Jagd- hunde halten sich nicht in sehr heissen Gegenden. Man wird sich also er- forderlichen Falles der eingeborenen Rasse zu bedienen haben, der freilich das feine Geruchsorgan unserer Vorstehhunde abgeht, die aber doch zum Apportiren sowie als Wächter verwendet werden kann.“ „Ein gutes portatives Fernrohr wird der Jäger oft schmerzlich ver- missen.“ _ Soweit unser Gewährsmann Heuglin über diesen Theil der Ausrüstung. Herr James Edmund Harting, der bekannte treflliche Specialist über die Grallatoren, hat in seinem hübschen Büchlein: „Hints on Shore Shooting with a chapter on skinning and preserving birds“ (London 1871) allerlei auf unseren Gegenstand Bezügliches. „As to the guns, an ordinary 12 bore breechloader with 3 sizes of shot in the cartridges, will kill anything you are likely to come across“. Dabei handelt es sich allerdings zunächst nur um Strandvögel. Harting et im Allgemeinen sehr für den Gebrauch kleiner ie, ‚Schroten. „Depend upon it, Sir, small shot is the best.“ Mit Nr.7 kann Mn ‚ man in der Regel allein fartig warden Dass die Patrontasche wasserdicht, N: ei unumgänglich nothwendig „for nothing is more annoying than .to find A 2 after ‚a shower, that the cartridges in your pocket have bulged with the wet _ and will not go into the gem.“ a | 1) Ueber die Verwendung des Stellhundes zur Jagd von Rebhühnern und Be- ‘ kassinen in Paraguay vergl. J. R. "Rensper, Reise in Par. p. 213. Bei dieser Jagd Kr werden oft Giftschlangen den Hunden gefährlich. Bei der dort so beliebten Wasserjagd uf‘ dem Rio Paraguay sind gute Apportirhunde unentbehrlich. Rengg. 1. c. p. 220. Anleitung zu wissenschaft. Beobachtungen auf Reisen. 30 Da ie A 466 Hartlaub. „Recognosciren des Terrains.‘ Der Reisende, der auf fremdem Terrain jagen und sammeln will, würde als seine erste Aufgabe zu betrachten haben, sich durch Excursionen nach allen Richtungen him mit der Natur der Umgegend vertraut zu machen. Er muss die Flüsse, Seen, Sümpfe und Quellen derselben genau kennen, um zu wissen, wo die Thiere zur Tränke kommen. Günstige Plätze der Art verrathen sich nicht nur aus den Fährten, sondern durch die Umgebung selbst. Jede Form von Landschaft hat be- kanntlich ihre eigenthümlichen Insassen aus dem Vogelreich. Im Buschwald sucht man Bienenfresser, Würger, kleine Sänger und die Raubvögel, welche sich von solchen nähren, in der Wüste Lerchen, Sandhühner, Trappen; in der Steppe und im Unterholz hausen vorzugsweise Läufer und Hühnervögel, im Hochwald Kukuke, Spechte, Drosseln, Papageien, verschiedene Tauben, an angebauten Stellen Tauben, Hühner, Raben, körnerfressende Finken, auf den Sandbänken Strandläufer, in Brüchen Wasserhühner, auf Seen mit schilf- reichem Ufer und überhängenden Bäumen eh Pelikane, Enten, Gänse, Cormorane, Seeschwalben, Mösen DS Wer „Viele Vögel halten sich nicht nur an bestimmte Gebiete und Vegeta- tionsgürtel auf verschiedenen Meereshöhen, sondern auch an das Vorkommen bestimmter Pflanzen und Thiere, die ihnen zur Nahrung dienen. In Afrika macht man z. B. besonders reiche Ausbeute an blühenden Akazien und Euphorbien, auf riesigen mit Früchten beladenen Feigenbäumen u. s. w.“ „Andere Anhaltspunkte gewähren die zum Theil von der Jahreszeit be- dingten Stimmen der Wildniss,. die sich von Beginn der Morgendämmerung bis zum Aufgang der Sonne und dann wieder zur kühleren Abendzeit ver- nehmen lassen, die aber während der heissen Stunden des Tages verstummen. Ein Besuch der Tränkplätze um jene Zeiten ist allemal lohnend.“ „Von manchen besonders scheuen Vögeln, als Falken, Adlern, Kranichen, Reihern erkundet man die Nachtstände, von anderen, als Gänsen, Enten, Pe- lekanen die Plätze, wo sie während der namens regelmässig einzufallen pflegen.“ „Zur Zeit des Fortpflanzungsgeschäfts belauscht man das Balzen, Schreien, Kämpfen und Singen der Männchen, das Hacken der Spechte, Kreischen der Kukuke, Z Salsa von zarten Fr Ben, wie es die Papageien thun. Selbst die Loosung, Plätze, wo Hühner und Teen gescharrt und. sich im Sande gepudert haben, lassen auf die temporäre Anwesenheit der- selben schliessen.“ „Manche Vögel schiesst man ferner auf ihren Wechseln nach dem Wasser. Auf solchen pflegen die Eingeborenen Laufschlingen und Prügelfallen zu lesen, machen auch nöthigenfalls die Wechsel selbst durch Verflechten des Hochgrases und der Büsche, sowie durch Einstecken dornigen Gestrüpps ge- zwungen.“ „Ein gutes Hülfsmittel für die Jagd auf grosse Raubvögel, Kropfstörche u. dergl. ist das Legen von Köder, Futter und Gift. In der Nähe des Ca- davers von irgend einem grösseren Säugethier lege sich der Schütze in den Hinterhalt. Oder man vergifte Fleisch und Eingeweide durch Strychnin oder Cyankalium. Zum Anlocken von kleinen Vögeln kann man sich eines Kauzes oder eines Lockvogels im Bauer bedienen. Viele Arten, als Kukuke, Pirole, Tauben, Hühner, Spechte und selbst manche Raubvögel gehen genau auf den nachgeahmten Ruf ihrer Männchen oder Weibchen.“ „Der erlegte Vogel. Der erlegte Vogel ist gewöhnlich da und dort mit Blut befleckt, das aus Schusswunden oder dem Schnabel und den Nasen- löchern fliesst und nicht selten mit Fett, Schleim oder Mageninhalt gemischt forder Ve icht zu lange, reinigt die Blutflecke oberflächlich mit Fliesspapier, stopft “ “mittelst des Fingers oder einer Pincette reichlich Fliesspapier oder Wolle in den Schlund und die Nasenlöcher und schliesst die Schusswunden durch einen kleinen spitzkugelförmigen Papierpfropf. Dann nimmt man feinen trocknen Sand (im Nothfall reine Asche oder Erde), streut die fetten und blutigen _ mit feinem Sand leicht ein- und abreibt. Oft ist die Aftergegend von heraus- dringenden Excrementen zu säubern, manchmal auch der Kropf zu entleeren. Dann steckt man den Vogel in eine Papierdüte und diese horizontal gelegt in den Rucksack oder das Netz. Sind schon andere Vögel darin, so ist es gut, wenn die grösseren schwereren Stücke unten, die leichteren oben liegen.“ Abbalgen. Bevor man an das Abbalgen des erlesten Vogels geht, hat man denselben im Fleisch zu messen, d.h. seine Totallänge, die Flügel- weite und den Abstand der zusammengelesten Flügel von der Schwanzspitze. Dann notire man die Farbe der Weichtheile: Schnabel, Schlund, Zunge, Wachshaut, Augenring, Iris, Füsse, Flügel und etwa vorhandene nackte Stellen. Später ist an dem herausgenommenen Körper der Inhalt des Ma- gens, des Schlundes und der Eingeweide zu untersuchen und vor Allem das Geschlecht. Heuglin machte zu diesem Zweck einen Längsschnitt auf der linken Seite des Unterleibes, nahm Magen und ‘ Man versäume nicht, die sich etwa vorfin- denden Eingeweidewürmer, sowie die Federläuse (Mallophagen) zu sammeln. Ar *) Mit einem scharfen Scalpell (Fig. a, b, c) öffnet der Präparator beim Abbalgen die Haut _ durch einen Längsschnitt vom Brustbein bis gegen den After, nachdem zuvor die Bauchfedern sorgfältig bei Seite gestrichen worden sind. Die Bauchhöhle darf dabei nicht verletzt werden. In _ manchen Fällen erscheint ein Längsschnitt unter den Flügeln geeigneter und bei Scharben, Enten und ähnlichen Formen macht man denselben auf _ dem Rücken. Mittelst schwächeren oder stärkeren Drückens des Daumens oder Zeigefingers und der spatalföormigen Spitze des Handgrifis der pelle, nöthigenfalls auch mit dem Messer, löst man nun die Haut in der » des Schnittes um und um vom Körper ab und bestreut diesen sowie Innenseite der Haut mit Sägespähnen oder dergl. Dann arbeitet man Hintertheil des Heftes. ‘ Scalpelle mit Schaber oder Kratzer am E: Harting empfiehlt als erstes beim Abbalgen den humerus_ beiderseits zu i „the wings will then lie open and be out of the way“. Auch erinnert er daran, vor dem Beginnen mit der Arbeit den Schnabel zusammenbinde, wobei das en des Fadens dadurch unmöglich gemacht wird, dass man ihn durch die IV / en . J 468 Hartlaub. \ den Rumpf vorsichtig aus der Haut heraus und zwar so, dass die Schwanz- gegend zuerst frei wird. Beim Durchschneiden des Afters sucht man das Entleeren von Unrath zu vermeiden. Ist man bis zur Schwanzwurzel gelangt, so trennt man diese durch einen Schnitt von der Wirbelsäule. Dann ist der hintere Theil des Rumpfes frei und die Haut kann hier umgestülpt werden, wie ein Handschuh. Man fährt fort sie immer weiter abzutrennen und ge- langt dann zunächst zu den Schenkeln. Hier wird das Gelenk, welches den Oberschenkel mit dem Schienbein (tibia) verbindet, durchgeschnitten, so dass der Oberschenkel am Rumpfe bleibt. Bei den Schultern angelangt, löst man dort die Flügelknochen am oberen (hinteren) Gelenk des humerus aus. Jetzt liest der ganze Rumpf blos in seiner Verbindung mit dem Halse, welchen man jetzt vorsichtig, sowie endlich auch den Kopf bis zur Schnabelwurzel abstreift. Beim Ueberziehen der Hals- und Kopfhaut über den Schädel be- darf das Auslösen der Haut im Gehörgang und das Durchschneiden der Bindehaut des Auges, sowie das Reinigen der Nipphaut besondere Vorsicht, damit die natürliche Oeffnung des Auges mit dem dasselbe umgebenden Augenlide nicht verletzt werde. ; Während dieser Operation des Abstreifens wird von Zeit zu Zeit Säge- mehl*) auf Haut und Rumpf gestreut. Jetzt trennt man den Hals am ersten Wirbel oder am Hinterhauptsloch vom Schädel selbst, der in der Haut bleibt, löst die Zunge und das Zungen- bein aus und reiniot den Schädel von Fett und Fleisch- d. theilen. Dann hebt man mittelst eines kleinen löffelartigen Kratzers (Fig. d) die Augen aus der Augenhöhle. Gelenke und Gelenkflächen werden mit Kratzern und Messern von Fleischtheilen befreit. Das Gehirn entfernt man durch Ein- führen von Werg mittelst einer Pincette oder eines starken zu erweitern ist. Jetzt geht es an das Reinigen der Kopf- und Halshaut durch Reiben mit Sägespänen, die dann wieder abgestäubt werden. In die äussere Oeffnung des Auges in der Haut führt man ein Klümpchen Baumwolle ein, pinselt Hals- und Kopfhaut mit Arseniklösung ein, ebenso den Schädel und Kratzer. Kratzer von der Seite. kommt ein fester Wollpfropf von der Grösse und Form des herausgenommenen Auges. In das Hinterhauptsloch wird, nachdem es theilweise mit Were vollgestopft, noch ein Strang Werg von der Länge des Halses und Körpers fest ein- gerammt. Dieser Strang muss nahezu die Dicke des Halses haben. Gut ist’s, die Stellen an der äusseren Schädelfläche, wo Muskeln lagen, mit etwas Baumwolle zu unterlegen. Dann wendet der Präparator Kopf und Hals wieder sorgfältig um und sucht den hier und da zerdrückten Federn ihre ursprüngliche Lage wiederzugeben. Bei manchen Vögeln (Geiern, Gänsen, Enten, Trappen, Flamingos, Spechten u. s. w.) ist jedoch der Hals so eng, dass es unmöglich wird, den Kopf durch die Halshaut herauszuziehen, d. h. Hals- und Kopfhaut umzu- wenden. In diesem Fall streife man den Hals so weit von unten nach oben, Pr . 2 D . . ) Englische Präparatore bedienen sich zu dem Zweck des soganannten „plaster of 66 r le N: . . Paris“ ealeinirten Gypses in Pulverform „to absorbe the moisture“, Drahtes in die Hinterhauptsöffnung, die nöthigenfalls etwas zwar diesen von innen und aussen. In jede Augenhöhle I 3% dies thunlich, durchschneidet die Halswirbel mit Tuuft- tue Eookeröhre und öffnet durch einen äusserlichen Längsschnitt längs des Hinterkopfes und des oberen Theils des Nackens die Kopfhaut. Durch. diese Oeffnung prä- parirt man den Schädel heraus, behandelt das Reinigen und Füllen wie oben h und näht durch Kreuzstiche mit Nadel und Zwirn die betreffende Stelle wieder zu. Jetzt sind nur noch die so weit als möglich aus der Haut herauszu- ziehenden Flügel- und Fussknochen zu reinigen. Bei grossen Vögeln ist das Umwenden des Flügels längs des Vorderarms (cubitus) oft kauın möglich, noch weniger das vollkommene Streifen der Handknochen. Um diese Stellen von Fleischtheilen vollständig befreien zu können, mache man auf der Innen- seite des Flügels unter den bei Seite geschobenen Oubitaldeckfedern einen Schnitt längs und zwischen Ulna und Radius und setze diesen Schnitt bis zum äussersten Fingerglied fort, löse dann allseitig die Haut von den Flügel- knochen, reinige letztere und vergifte Haut und Knochen. Die hier gemachte Oeffnung kann ebenfalls zugenäht werden. Meistens genügt es aber, sie mit etwas Wolle zu unterlegen und die Deckfedern wieder darüber zu breiten. Von den Fussknochen bleiben also nur Tarsen und Tibia am Balg. Die Tibia streife man bis zum Fersengelenk und womöglich noch etwas darüber 5 hinaus nach dem Tarsus zu, umwickele erstere mit Werg, so dass das ab- genommene Fleisch durch letzteres ersetzt wird, vergifte die Haut-und wende auch den Fuss wieder um. Bei Vögeln, deren Tarsen befiedert, oder wenn letztere und die Zehen sehr muskulös oder fleischig sind, ist es zweckmässig, die Sohle der Zehen durch einen Längsschnitt zu öffnen, um die Zehenglieder ß, von ihren Muskeln zu reinigen. 0 dies auch bei den Tarsen zu thun, öffnet man die Haut am Ballen, löst die Tarsenmuskeln heraus und spritzt Alaun oder arsen. Natron in die Oeffnung bis gegen das Fersengelenk hin- auf. Ebenso conservirt man die Zehen und vergiftet dann auch die Aussen- seite derselben, nachdem das entfernte Fleisch durch etwas Baumwolle ersetzt ; ist. Zuletzt wird die Innenseite der Körperhaut, die Schwanzwurzel und die ihr nahe liesende Fettdrüse sorgfältig gereinigt und vergiftet, und schliesslich werden auch diese Theile umgewendet, d. h. die Innenseite der Haut wird wieder nach aussen gekehrt und das Gefieder etwas geglättet. Damit ıst die , Operation des Abbalgens vollendet. \ Ist die Haut sehr mit Fettzellen erfüllt, so bestreiche man die Innen- seite derselben anstatt mit einer einfachen Solution von arsensaurem Natron mit einer dünnen Lage von breiartig geschlemmter mit arsensaurem Natron vermischter Thonerde. Die Haut sehr fetter Schwimmvögel kann man mit etwas Alaun einstreuen, das je nach der Grösse des Vogels 6—12 Stunden darin bleiben mag, dann aber wieder mit Sägespähnen davon abgerieben wer- den muss. Es ist räthlich, auch die Nasenlöcher, die Mundwinkel, die Wachshaut £ und die Augengegend zu vergiften.*) u, Es ist gut, den frisch gestreiften Balg eines grösseren Vogels einige —- Zeit, etwa 6—12 Stunden, liegen zu lassen, ehe man ihm durch Nachstopfen. mit geschnittenem Werg seine ursprüngliche Gestalt und Grösse wiederzu-. geben sucht. Dies geschieht, nachdem die Flügel und Flügelknochen ihre s\ richtire Lage erhalten haben. Der im Hinterkopfe befestiste Wergstrang wird etwas angezogen, damit der Hals nicht zu gestreckt erscheine, und um No >) a not neglect to brush the Sn; and beak with a solution of corrosive subli- u B mate.“ Ch. Darw. Journ. of a Natur. p. 600. ATO Hartlaub. erstere herum füllt man den Körper nach und nach leicht aus, ohne die Haut zu sehr auszudehnen, jedoch auch nicht zu wenig, weil diese sich beim Trocknen etwas zusammenzieht. Auch die Ohr- und Kieferwinkelgegend ist oft mit Wolle etwas nachzustopfen, ebenso die Kehle, erstere durch die Augenöffnungen, letztere durch die Mundspalte. Es erfordert einige Uebung, allen Hauttheilen und Federn mittelst der Pincette wieder ihre alte Lage zu geben. | Stellen, welche während des Abziehens durch Fett oder Blut besehmutzt wurden, wasche man sofort sorefältig aus, trockne die feuchtgewordenen Fe- dern rasch durch mehrfach aufgepresstes Fliesspapier und pudere dieselben dann mit trocknem Sarde. Beim Präpariren von Eulen fülle man nicht, wie sonst, die orbita mit Baumwolle, sondern nehme das ganze Auge heraus, öffne dasselbe von hinten, entleere und vergifte es und setze es alsdann gut mit Baumwolle ausgestopft wieder ein. Skelettiren. Beim Skelettiren eines Vogels streife man einfach die Haut ab, nehme den Inhalt der Bauchhöhle heraus, entferne nur oberflächlich die Fleischtheile an den Knochen und der Wirbelsäule, nehme die Augen aus dem Schädel und entleere das Gehirn, wobei der Kopf am ersten Wirbel sanz oder theilweise vom Halse getrennt wird. Die Bedeckung der Tarsen und Zehen verbleibt, ebenso zur Schonung des Skeletts einige Schwingen und Schwanzfedern. Auch Zungenbein und Luftröhre können stehen bleiben. Jetzt trocknet man das Ganze etwas und vergiftet es, macht es dann schliess- lich lufttrocken, etikettirt und verpackt es, selbstverständlich getrennt. von den Bälgen. Es lassen sich ganze Vögel, wie Alfred Newton von Herrn John Hancock _ mitgetheilt wurde und wie ersterer es als bewährt erprobte, dadurch conser- viren, dass man einige Tropfen acid. pyrolignos. mittelst einer Röhre in ihren Schlund träufelt und dass man ihre Federn mit derselben Flüssigkeit saturirt. Nachdem sie etwa eine Stunde getrocknet, kann man sie einfach in Papier verpacken. Das Conserviren ganzer Vögel in Weingeist ist, will man den Balg erhalten, nicht räthlich, da der Fettgehalt des Gefieders sammt einem Theil der Farben, des Metallolanzes u. s. w. verloren geht. Das Material zum Präpariren*) besteht in Messern (Scalpellen) verschiedener Form und Grösse, in einigen Pincetten, guten Scheeren und in Kratzern zur Entfernung von Fett und Muskeln. (Ein Paar kleine feine Schleifsteine nicht zu vergessen.) Endlich in einem tüchtigen Vorrath an Papier, Wolle, Werg (Hede), Sägespähnen, Stecknadeln, leichtem Holzwerk zu Kisten, Rohr zu Geflechten u. s. w. Zurichten des Balges. Als Conservativmittel wendet man jetzt, wie schon erwähnt, anstatt der früher gebräuchlichen Arsenikseife eine ein- fache Lösung von arsensaurem Natron an. Ist die Haut sehr fett, so mischt man dieses mit einem Brei von feiner Thonerde, welche letztere alles Fett ansaugt und den Balg geschmeidig erhält. Das Trocknen des Balges geschieht in einem trocknen luftigen Raum, %») E. Harting nennt als die dazu nothwendigen Utensilien: ein scharfes Messer, ein Paar Vogelscheeren, etwas Baumwolle, caleinirten Gyps (plaster of Paris), Arsenik- paste mit der zu ihrer Anwendung erforderlichen Bürste, Nadeln, Faden und eine höl- zerne Stopfnadel „with these few items you may skin and preserve anything in the world“. i NE a RE RE aber noch we- N d Y Luftzug ausgesetzt wird. Im ala Fall eekt man ihn, den Kopf an, in eine Papierdite von entsprechender Grösse. In feuchten Gegenden und während der tropischen Regenzeit muss das Be nen aber künstlich But es Zu diesem Dad legte Bi. oder. ah wohl auf | Ne, trocknen erwärmten Sand Wenn der Balg een trocken ist, wird demselben die Etikette mit Bezeichnung der systematischen Benennung, des Geschlechts, der Farbe der Weichtheile, des Datums und der Tocalität angehängt und zwar am Fusse. Eh Dann verpackt man ihn leicht in einem Bogen Papier, der durch Verkleben . EUR gut geschlossen: wird. Die gesammelten Bälge bringt man schliessichn Kisten oder Rohrgeflechten unter und sorgt lan dass sie nicht an feuchten a Orten ah und vor Insectenfrass, eeseltirna werden. Ein Nachsehen An und Umpacken von Zeit zu Zeit ist unelseslch, Heuglin liess die Vogel- iR kästen während der-Bivouacs gewöhnlich an Baumäste aufhängen und mit einer Haut bedecken. In den Standquartieren kamen sie auf hängende Ge- ‚ stelle oder auf solche, deren Füsse in Gefässen mit Wasser gestellt wurden, um sie für Ameisen und Termiten unzugänglich zu machen. ) Lebende Vögel werden dem Reisenden häufig zum Kauf angeboten. u Viele Eingeborene verstehen sich auf den Voselfäne. Aber der an E ® ist oft ee Man kann sich zu dem Amok he a - Rohrkäfige (von Bambus, den Stielen von Palmblättern u. s. W.) bedienen. — — Eingeweidewürmer und Federläuse bewahrt man in kleinen mit "a onnten Spiritus gefüllten Glascylindern, die mit einem Papierstreifen beklebt sind, auf Ian der, Name des Vogels, dem sie Ba ver- Ey zeichnet ist. Er FR Sammeln im hohen Norden. Im hohen Norden ist das sunells A von Vögeln insofern leichter, als man einen Vogel im Fleisch je nach der herrschenden Temperatur tage-, ja wochenlang liegen lassen kann, ehe man ihn abbalet. Man hat ihn nur einen kühlen trocknen Raum anzuweisen. Das BeEnen der Bälge hat aber in einem leicht erwärmten und zugleich luftigen Raum kunden. Heuglin construirte sich zu dem Zweck einen ‚ grossen viereckigen Rost von 1!/, ns 2 Zoll breiten Latten, welchen er an den vier Enden an starker Schnüre in der Nähe des Oisas der Cajüte nahe an der Decke aufhing. Die Oberfläche dieses Rostes, auf dem die Bälge 3 bis 8 Tage liegen blieben, bedeckte er mit einer Lage Fliesspapier. Eier id Neer Ein sehr moderner und sehr een Zweig orni- thologischen Studiums bildet das wissenschaftliche Sammeln von Bieru: Die fa vortrefflichste Anleitung dazu findet sich in einem Schriftchen niedergelegt, elches auf Ansuchen "der Smithsonian Institution zu Washington Pro \ewton in Cambridge veröffentlicht hat. Wir entnehmen diesen „Duggestions“ | Folgende. ‚Die Hauptsache, auf die es dem Biers ammler ankommen muss, ist ee » en ‚it is better to send home a few things well preserved than a nlfrhude ition.“ “ Ch. Darw. Journ. of a Natur. p. 601. 4 472 Hartlaub. der gesammelten Eier. Nur dadurch wird eine wissenschaftliche Verwerthung derselben möglich. Sauberkeit in der Behandlung und Zurichtung des Eies für die Sammlung ist natürlich höchst wünschenswerth, aber, wie gesagt, es ist nicht das Wichtigste. h Der einfachste und in der Regel genügendste Weg, die Vogelart, der das gefundene Gelege angehört, zu identificiren, ist die Erlangung der Alten oder eines derselben durch den Schuss oder durch Schlingen, Fallen, Sprenkel, Leimruthen oder dergl. Glückt das nicht, so führt die genaueste Feststellung der Situation und Beschaffenheit des Nestes, sowie der Umgebung oft zum Ziel. Werden die alten Vögel erlegt, so muss die Haut oder irgend ein anderer zu conservirender charakteristischer Theil mit einer Etikette ver- Fie. 1. Fig. 2. Fig. > "Fig. 4. Fig. 5. Fig. 8. sehen werden, die mit der späteren Inschrift auf den Eiern correspondirt. Der Umstand, dass ein Vogel in der Nähe eines gefundenen Nestes gesehen wird, hat in dieser Beziehung gar keine Bedeutung und kann nur zu leicht zu Irrthümern verleiten. Man erinnere sich z. B. der bekannten Thatsache, dass viele Ouculiden, die amerikanische Gattung Molothrus, die Eiderente u. s. w. sich gern der Nester fremder Vögel bedienen. Die sicherste Methode Eier zu authenticiren, ist mit Tinte auf der Eischale selbst der Namen des Vogels zu schreiben, zudem aber die Localität, das Datum, Namen des Finders u. s. w., und zwar immer mit Bezugnahme auf das Journal oder Notizbuch des Sammlers. Auch ist zu notiren, ob die e Ge { 1 f n N ‚ob sie ee gefangen m. an dabei symbolischer oder anderer Abkürsungen b ie nach einem System, welches für Personen Allein kein ( Br, "Man bezeichne jedes Ei sofort provisorisch mit Bleistift, mache die N rift mit Tinte aber erst, nachdem es entleert ist. Ba Die Entleerung eines Bies geschieht am einfachsten mittelst einer Oef- mung, und zwar einer seitlichen (Fig. 18 u. 19). Diese Oeffnung, deren IR 6 össe im Verhältnis zu der ni Ries und zu dem Grade der a Halbe Grösse. man sie entleert. Wenn die Schale durchbohrt ist, entferne man die innere Haut derselben mit dem Federmesser. Dann führe man das dünne Ende es Blaserohrs (Fig. 4 und 5) ein, nehme das dickere in den Mund und se, anfangs sehr vorsichtig, durch. Wenn der Embryo schon ziemlich s ist, lasse man einen Wässeratrahl mittelst einer Spritze (Fig. 8) ein- us en, schüttele das Ei sanft und bediene sich dann abermals des Blase- bis unter dem wiederholten Gebrauche beider Instrumente und mit "von _ Scheeren (Fig. 9 und 10), Haaken (Fig. 11, 12 und 13), Messern 14, 15 und 16) und eines Forceps (Fig. 17) ‚der Inhalt vollständig D ann fülle man das Ei mit Wasser, schüttle es sanft, blase es 474 | Hartlaub. aus und wiederhole das so oft, bis es ganz rein ist. Dann lasse man es, die Oeffnung nach unten, liegen, bis es trocken ist, wobei die äussere Schale vor Nässe und vor der Einwirkung des Lichtes, naar des Sonnenscheins, sorgfältig zu bewahren ist. Den Inhalt sehr kleiner frischer Eier kann man mittelst des Instrumentes Nr. 6 aussaugen. Die Inschrift ist auf der durchbohrten Seite zu machen und als geeig- nete Stelle für das Loch immer eine solche zu wählen, wo die wenigst ckarakteristische Zeichnung ist. Diejenigen, die es dennoch vorziehen, das Ei mittelst zweier Oeffnungen zu entleeren, mögen diese auf einer und derselben Seite des Eies machen: nicht an den beiden Enden (Fig. 20). Sehr stark bebrütete Eier lässt Newton zur Stärkung der Schale beim, Durchbohren und ‚Entleeren mit gummirten Papierstücken (Fig. 21), eines über dem anderen, bekleben und das Instrument durch Fig. 21. die mittlere Oeffnung desselben einführen. Sal Die beste Methode, Eier auf längeren uud beschwer- N AD licheren Reisen zu verpacken, ist, dieselben jedes einzeln IL N mit Werg oder Wolle zu umwickeln und dann diese ) Ber Ballen dicht nebeneinander in einer starken guten Schachtel , __/ so zu placiren, dass keine Lagerveränderung derselben CD möglich ist. Jede andere Art der Verpackung ist unsicher. Die besten Verbündeten des Eiersammlers sind die Anwohner der Gegend. Kleine Belohnungen werden die- selben leicht bestimmen, dem Reisenden bei seinen Bemühungen Nester oder Eier zu finden, behülflich zu sein. Derselbe bestehe indessen darauf, dass ihm das Nest in situ gezeigt werde. Es mag hier erwähnt werden, dass die Eier von Regenpfeifern und Strandläufern (Charadriadae und Scolopacidae) bei den Oologen aller Nationen die gesuchtesten sind. Sollte es erforderlich sein, zur Erlangung eines seltenen Nestes an. einer schroffen Felswand eine Person am Tau herabzulassen, so muss dieses letztere unbedingt unter den. Armen des Herabzulassenden befestigt werden. Nester hat man nur einfach so zu verpacken, dass sie vor Dre und Beschädigung gesichert liegen. Embryo’s. Besonderer Beachtung sei hier noch das Sammeln und Conserviren (in Spiritus) von Embryo’s in jedem Stadium der Entwickelunge P y J S empfohlen, wobei natürlich die Identifieirung und Authentieirung der Exem- plare von höchster Wichtiekeit ist. Würde es doch später geradezu unmöglich sein, die einzelnen Stücke zu bestimmen. Bekanntlich ist es Agassız, der auf diesen bis jetzt wenigst cultivirten Zweig zoologischen Wissens das grösste Gewicht legt und wiederholt der Belehrung gedenkt, die ihm gerade aus dem Studium von Vogelembryo’s erwachsen. „Wie höchst interessant — schreibt er — müsste es sein, derartige Untersuchungen auch bei den tropischen Vögeln zu machen, von deren Embryo’s wir so gut wie gar nichts wissen,“ Und es scheint in der That, dass der genaueren Kenntniss der Embryonen ein bedeutender Antheil an dem künftigen Fortschritt der Zoologie zu- erkannt werden muss. II. Theoretischer Theil, Wie praktisch, so wird der Reisende, welcher das Studium der Vögel von seinen Beobachtungen nicht ausschliessen will, sich auch theoretisch As V Er en Vorl Ale wohlthun, sie 1 ogie er von SCH zu bereisenden Gegenden einigermassen ver N L machen. Er wird dann schärfer, fen wir möchten sagen ‚tematischer sehen und seine Aufzeichnungen werden dadurch nicht wenig _ an Werth und Bedeutung gewinnen. Ein gewisser Grad von ornithologischer ocalbekanntschaft ist Sach darum neukpehrlich‘ San sie die Aufmerkennn HR des Reisenden einigermaassen controllirt. So z. B. muss derselbe die wenigst bekannten, die besonders interessanten und seltenen Formen seines ji insskobietes kennen, um gerade diesen erhöhte Beachtung schenken zu Dem Naturforscher, der demnächst behufs der Beobachtung des Vorüber- gangs der Venus, die entlegene Station Kerguelensland betreten wird, sollte es nicht unbekannt sein, dass auf dieser Insel Ohionis minor lebt, ein im hohen Grade interessanter Vogel, dessen Lebensweise noch wenig bekannt ist, - der also vorzugsweise zu näherem Studium auffordert. Der Zoolog der afr» |. kanischen Expedition würde sein Augenmerk unter Anderem der seltenen Mus ophaga Rossae zuzuwenden Ba. Die Ufer der Magellanstrasse be- herrbergen eine der allerseltensten Grallatorenformen, Pluvianellussociabılis. Nun wohl, die Wiedererlangung und nähere Beobachtung gerade dieser Art wäre im hohän Grade wünschenswerth. Der sammelnde Reisende, welcher nicht de . unvorbereitet das Gebiet von Cachapoyas in Peru besucht, würde Alles au- ar, _ zubieten haben, den wundervollen Colibri Loddigesia mirabilis zu erlangen Ba: und womöglich selbst seiner ansichtig zu IN Sehr zu bedauern ware _ es, wenn ein Tukuman als Denen bereisender Gelehrter nicht wüsste, dass in diesem Lande Chunga Burmeisteri einer der höchsten Preise seiner fi Bemühungen sein würde. Die merkwürdige Grallatorenform Prosobonia, von 3 welcher das ‚einzige bekannte Exemplar die Leidener Sammlung ziert, fordert A auf Tahiti oder Pinea zu erneutem Nachsuchen auf. Auf der grossen Navi- ı) IX es VER y er eh A ber - satorinsel Sawai würde in erster Linie Didunculus, die aberranteste aller a Tauben, weiterer Nachforschung und Beobachtung bedürfen. Auf der benach- N barten Vitigruppe gilt dies von einer der ausserordentlichsten und reizend- “2 sten Tauben, Chrysoenas vietor, die auf Taviuni lebt u.s.w. u.s.w. Es gelingen freilich dergleichen sehr specielle Recherchen an Ort und Stelle dem reisenden Ornithologen keineswegs immer. So z. B. bemühte sich der be- _ kannte englische Naturforscher Wallace auf Celebes eifrigst aber vergebens, - Meropogon Forsteni wiederzuerlangen, während dies später dem Deut- schen Dr. Bernhard Meyer über Erwarten glückte. = % Es würde: nun für den een Reisenden ornithologischen Erforschungen gegenüber eine wesentliche Hülfe und ln sein, wenn die Zahl der Vollständigkeit anstrebenden Localornithologien, d. h. FAR cher Bücher, die in zum Gebrauch unterwegs geeigneter knapper Form mmtliche zur Zeit bekannte Arten dieses oder jenes Landes gut nd Zend vollständig beschreibt, grösser wäre als sie es ist. Also Bücher, das im Anhang näher Dezkiehiete Audubon’s für Nordamerika, Bur- ster’s für Brasilien, Gould’s und Reichenbach’s für Australien, Huttons r Neuseeland, ‚Jerdon’s für einen grossen Theil Indiens, Hauke für Nord- Rn, frika, Berard's für Südafrika, Hartlaub’s für Westafrika, Finsch und FE laub’s für Ostafrika, Finsch uhr Centralpolynesien und _ N höchstens noch zwei oder drei andere. Ist der reisende Forscher m eines solchen Buches, so wird die sofortige Bestimmung der gesam- ı als sehr wünschenswerth mindestens zu Yersunen sein. Ist so wird, wie dies die Regel ist, die sichere Bestimmung der 476 Hartlaub. Folgezeit anheimfallen müssen. Als gute ornithologische Vorbereitungsbücher allgemeineren Charakters empfehlen wir Lesson’s Manuel d’Ornithologie und Swainson’s Natural history and classification of Birds; beide dem Datum nach ältere Werke, die aber bis jetzt durch keine Publication der Neuzeit über- boten und entbehrlich gemacht worden sind. „Lrust nothing to memory“ möchte Darwin jedem Sammler als Motto empfehlen. Das Gedächtniss wird ein unzuverlässiger Hüter, wenn jeder Augenblick neue Eindrücke bringt, wenn dem soeben erlangten interessanten Gegenstand ein anderer folgt, der vielleicht noch interessanter ist. Er führe Buch über das Datum der Schiffe, in welchen Kisten mit erbeuteten Reise- früchten von ihm nach Europa gesandt werden und er halte den Empfänger an dasselbe zu thun. Er versehe jedes Stück mit einer Nummer und trage es sogleich in den Katalog ein. Er muss, wenn später die Localität ange- zweifelt werden sollte, mit Darwin sagen können: „every specimen of mine was ticketed on the spot“. Der reisende Sammler wird ferner aus demselben Grunde oh jederzeit ein kleines Schreibbuch mitzuführen, in welches mit Bleistift No- tizen über Stimme, Bewegung, Stellung u. s. w. sofort eingetragen werden. Heugelin pflegte, wenn er Gelegenheit fand, einen Vogel etwas länger durch ein Fernrohr beobachten zu können, die Umrisse desselben mit ein Paar Linien zu notiren. „Hat man einen Vogel mit hervorragendem Federschmuck oder mit besonders bunten oder auffallend gefärbten Weichtheilen erlest, so empfiehlt es sich, denselben im Fleisch zu zeichnen und die Zeichnung we- nigstens stellenweise nach der Natur zu coloriren.“ Für den wissenschaftlichen Sammler, also denjenigen, welcher zugleich beobachten will, mögen hier aphoristisch einige der wichtigsten Anhalts- punkte als durch die Erfahrung constatirt mitgetheilt werden. Ein eigentliches Wandern indes in tropischen Ländern nicht statt, wohl ‚aber ein aka. Der tropische Frühling fällt einige Monate vor dem Eintritt der Re- genzeit. In den Somaliländern z. B. dauert die Zeit der Regen und der Frucht- barkeit, also zugleich die der Fortpflanzung bei den Vögeln, von Ende Sep- tember bis Ende Februar. Auch in Brasilien ist dieser Zeitraum die Zeit des Brütens. Nach Euler fällt hier der Anfang schon in die zweite Hälfte des August. i Die Brützeit der Vögel tritt nach vollendeter Wanderung ein, und der Ort, wo sie brüten, ist ie eigentliche Heimath. Am Zambesi fällt nach Kirk die Paarungszeit der Vögel und das erste Wiedererscheinen der Vegetation im October zusammen. In Damara hängt de Brützeit hauptsächlich, wenn nicht ganz und gar, vom Beginn der Ben ab. Die Hauptdauer derselben fällt in hs Zeit vom November "bis Mai ee) Auf Ceylon lässt sich nach Layard keine bestimmte Brütperiode angeben. Er habe Nester in jedem Monat des Jahres gefunden und zwar in ziemlich gleicher Frequenz. Die Temperatur sei dort freilich auch immer so ziemlich dieselbe. Dabei darf indessen nicht übersehen werden, dass überhaupt geringere Regelmässigkeit ein Hauptcharakter in den Functionen der Thiere heisser Länder ist. Die Mauser, also die Zeit der Erneuerung des Gefieders, erfolst bei den Vögeln tropischer Länder gerade wie bei denen Europas, nach über- BE elkoetläde, also im Herbst. Bei den Vögeln Damaras ut Miete Periode mit der Wiederkehr der nassen Da Je näher der Brutplatz eines Vogels dem Pole, desto später fallen der Zug und die Mauser. f Während dieser Zeit, wo es also mit nur geringen Unterbrechungen In regnet, beobachtet man z. B. in Damara die grösste Menge und Verschie- er Mefiheit in der Classe der Vögel. Obgleich während der trocknen Zeit kaum mehr als Wüste, wird Damara und die Nachbarländer in der Regenzeit ein Paradies für die Vogelwelt. W Wo die Jahreszeiten selbst nicht wesentlich verschieden ausgeprägt sind, da kann auch von Jahreszeitenkleidern bei den Vögeln kaum die Rede sein. Dies erkannte z. B. Burmeister bei den Vögeln Brasiliens. u, Für die Wasserjagd auf den grossen Strömen tropischer Länder ist der bi Winter die beste Jahreszeit, indem alsdann der Strom in seine Ufer zurück- S | getreten ist und viele an und Stelzvögel schaarenweise herumziehen, Bl die Niederungen des Ufers nach Nahrung absuchend. Man vergleiche Rengger’s Schilderung der Wasserjagd auf dem Rio Paraguay. Die günstigsten Tageszeiten zum Jagen und zum Beobachten sind in tropischen Ländern der frühe Morgen und der Abend. Man erlangt zahl- reiche Formen am besten auf der Bürsche, ‚wenn man Abends oder Morgens langsam und. so geräuschlos als möglich am Saume des Waldes hinreitet oder hinspaziert“. Hinsichtlich des Beobachtens der Lebensweise der Vögel ist bereits im ersten Theile dieser Arbeit auf manches Wichtigere hingewiesen worden. Auch dabei lässt sich nur auf praktischem Wege Uebung und Sicherheit _ erlangen. Absolut nöthig bleibt es, dass der Beobachtende ein scharfes und I. wenigstens einigermaassen geübtes Auge habe. „Es ist mir — schreibt uns - Heuglin — schon öfters vorgekommen, dass ich Anderen, die sich einer scharfen Sehkraft rühmten, einen sich im Lager drückenden Hasen, fest- liegende Hühner und andere Vögel zeigte, ohne dass sie im Stande waren, das betreffende Thier zu unterscheiden, selbst wenn sie nur 10 Schritte weit davon entfernt standen. Nur einem geübten Jäger fallen manche Dinge auf, % die auf Anwesenheit dieser oder jener Vogelart schliessen lassen, wie z. B. Re die Exeremente namentlich unter Bäumen, wo gewisse Vögel ihre Nachträge halten oder wo sich Nester mit Jungen befinden; Fährten; Plätze, wo sich Hühner im Sande oder in trockner Erde gepudert haben, wo der Boden frisch aufgescharrt ist, wo an Blattpflanzen und nach Insecten oder Samen _ gepickt wurde; Spuren am Rande von Plätzen und Gewässern, auf Sand- _ bänken, Lagerstätten; verdeckte Wechsel in Gras und Gebüsch u. s. w. Ben Anstell en biologischer Beobachtungen würden also hauptsächlich LER 1. Die u horizontale wie verticale. 2. Der Stimmlaut.in seinen Modificationen nach Geschlecht, Jahreszeit, j Affeeten; also namentlich auch der Lockton. 8. Die Art des Vorkommens und Zusammenlebens in ihrem Ver- hältniss zur Umgebung. Hier bleibt noch Vieles aufzuhellen. Welche Bedeutung ist z. B. jenen welegentlichen Massenversammlungen von Vögeln zuzuschreiben, wie solche z. B. Armstrong am Nordufer der \ Magellansstrasse mit dem Fernrohr beobachtete, wo Myriaden von Wasservögeln überragt wurden von den hohen Gestalten zahlloser Strasse? 478 Harllaun. 4. Die Wanderung und der Strich in ihrer Abhängigkeit vom Nee und anderen Motiven. — Standvögel, Zugvögel, zufällige Gäste. — v. Middendorf stellt den Satz auf, die Unbeirrbar- keit der Vögel bei ihren Wanderungen zeige, dass sie sich der Lage des magnetischen Pols bewusst seien. Ist dies richtig? — A. Newton nennt die Frage von dem Wandern der Vögel „The mystery of orni- thological mysteries‘“. — Besondere Beachtung verdient das gelesent- liche massenhafte Erscheinen einer Vogelart in einer Gegend, wo die- selbe zuvor unbekannt war und von wo sie aus bis jetzt unbekannten - Ursachen früher oder später wieder verschwindet. (Vergl. Gould Introduct. B. of Austral. p. 14.) 5. Die Mauser und die Umfärbung. 6. Die Nahrung. Der Mageninhalt ist bei jedem erlegten Vogel zu notiren. Wallace bemerkt, die Zahl der für die Vögel essbaren Früchte sei in den Tropengesenden nur klein. „There must be some other principle regulating the infinitely varied forms of animal life.‘ 7. Das Brutgeschäft, dessen Zeit, das Nest, die Eier u. s. w. Auch hier fehlt es nicht an interessanten Fragen, die der Lösung harren. Castelnau untersuchte auf seinen weiten Reisen im tropischen Amerika 3750 Individuen anatomisch und fand unter dieser Zahl nur 297 Weib- chen. Er folgert daraus, es sei die tropische Hitze der Mutabilität des Typus günstig, aber die Vermehrung der Individuen sei meist geringer als in der gemässigten Zone. In Gujana und Brasilien ist die Zahl der Eier sehr gering. (Schomburek, Euler, Burmeister u. s. w.) Hinsichtlich der Nester würde die Theorie, welche Wallace aufstellt, sowie deren Widerlegeung durch den Herzog v. Argyle specielle Be- rücksichtieung Here 8. Es us von grossem Interesse sein, weitere Belege für die neuerlich von Wallace and Bates mit Morene behandelte Theorie von „Mi- micry“ in der Vogelwelt nachzuweisen. Es handelt sich dabei be- kanntlich um jene seltsame Erscheinung, wo eine Thierart eine andere ihr systematisch oft sehr fernstehende äusserlich dergestalt imitirt, dass derselben durch diese Aehnlichkeit ein nachweisbarer Schutz oder Vortheil erwächst. Für den aufmerksamen Beobachter bleibt dann die Aufgabe zu ermitteln, welche der beiden Arten das Modell und h welche die Oopie ist. 9. Instincte. Eine Hauptsache für den Beobachter aber zugleich von der schwierig- sten seiner Aufgaben ist das rasche Auffassen und sichere Erkennen gewisser Eigenthümlichkeiten, wodurch sich eine Form von der anderen, ja eine Art von der anderen sofort unterscheiden lässt. „Fast jede Vogelart zeichnet sich durch gewisse, oft unbeschreibbare, aber ihr ganz nusschliossich eigene Arten der Bewegung, sowohl im Gehen, Sitzen, en Klettern, Schlüpfen, als auch im Fluge aus. Ich habe immer gefunden, dass eine in ihrer äusseren Erscheinung wenig auffallende Art, wenn sie nur einmal eingesammelt wurde, viel leichter erlangt wird, weil der Beobachter sie dann sofort wieder erkennt und zwar gerade aus der oder jener Eigenthümlichkeit“ (Heuglıin). Auch beim Beobachten der Lebensweise der Vögel wird man die Hülfe der Eingeborenen nicht ganz entbehren, ja dieselbe häufig mit Vortheil ver- wenden können. Man lasse sich von ihnen die einheimischen Namen der Vögel sagen und suche Auskunft zu erlangen über gewisse zwar ohne Zweifel vorhandene, aber noch nicht erlangte Arten. Nicht selten knüpft sich bei und ar der a zu achten, welchen es wohl a Recht ' eine stieirende Bedeutung für das Wetter beilegen.*) A Be Wir ‘wünschen hier noch speciell aufmerksam zu machen auf eine Ab handlung. A. Newton’s, die den Titel führt: „On a method of registering - Natural History Observations“ und welche ursprünglich in den Verhandlun- gen der „Norfolk and Norwich Naturalist’s Society“ erschienen ist. Diese Methode soll dazu beitragen, die Arbeit, gemachte Becbachtungen auf irgend _ einem Felde der Zoologie zu registriren, weniger beschwerlich zu machen, und sie verdient schon dadurch die höchste Beachtung, weil sie das Resultat zehnjähriger Prüfung und Anwendung eines der ausgezeichnetsten Ornitho- logen unserer Zeit ist. „We wished to make the birds tell their own story for themselves, so that their appearance or disappearance, their abundancee or scareity should be shown plainly by the pages of owr „Register“ Ist es schliesslich dem wissenschaftlichen Reisenden in aussereuropäischen Ländern anzuempfehlen, nur zu beobachten ohne gleichzeitig zu sammeln ? Gewiss wird das für die Wissenschaft vortheilhafter sein, als beides zu unter- lassen. Aber rathen können wir dazu nicht. Ganz abgesehen von der ‚grossen Bedeutung, welche gesammelte Exemplare als Belegstücke den ange- stellten De Ben haben können, möchten wir auf den er _ aufmerksam mächen, malen die Untersuchung, ja der blosse Anblick der ‚ vor Jahren gesammelten und oft unter den erschwerendsten Umständen prä- parirten Exemplare immer von neuem ausüben wird. Sie bilden gewisser- maassen ein Tagebuch unserer Erlebnisse und werden nie aufhören, der Er- _ innerung des Senken die schöne genussreiche Zeit seiner Reisen wieder „lebendig zu nz ERS Literatur. pP. L. Martin, Die Praxis ‚sler Naturgeschichte. 3 Th. Weimar 1869. Taxidermie, A Präpariren und Sammeln auf Reisen; Ausstopfen u. s. w. Vergl. über dieses Buch: We Caban. Journal für Ornith. 1869, p. 381. Bu Adam’s Manual of Natural History- for travellers. London. (V. Voorst) 1854. 2 _ T. M. Harting, Hints on Shore Shooting with a chapter on skinning and preserving birds. London 1871. 88 8. Direetions for collecting, preserving and transporting specimens of Natural History. En Prepared a the use of the Smithsonian Institution. Smiths. Instit. Washington 1. 1852. 23 Ike ER, Newton, Suggestions for forming collections of Birds Eggs. Reprinted ip er: additions from the eircular of the Smithson. Institut. of Washineton. London (a ” 7.1360. 15 8. ; “ ? — On a method of registering Natural History observations. 9S. (Separatabdruck aus den Transactions of the Norfolk and Norwich Naturalist’s Society von 1870). h DB. ‚P. Lesson, Manuel d’Ornithologie ou description des genres et des principales ‚especes d’oiseaux. 2 vol. Paris 1828. RR Swainson, On the Natural History and elassifieation of Birds. 2 vol. London 1836. Für Nordamerika: ° % aanen, A. Synopsis of the Birds_of North America. 1 vol. 8. Edinb. 1889. Bene Key to North-American Birds, ete. Salem 1872. 1 vol. er sagt von den Vögeln: ihr rasches Durcheilen der cha Luft- die lebhafte und andauernde Einwirkung dieses Elements a sie, setzen ‚N ‚ die Veränderungen der Witterung zu SnCHlETER , nr en A 480 Hartlaub: Vögel. Für Brasilien: ’ H. Burmeister, Systematische Uebersicht der Thiere Brasiliens u. s. w. Zweiter und dritter Theil: Vögel. Berlin 1856. | Für Australien: L. Reichenbach, Die vollständige Naturgeschichte der Vögel Neuhollands, nach Ver- gleichung von Exemplaren beschrieben u. s. w. 1 vol. 8. Dresden u. Leipzig 1350. Für Neuseeland: Fr. Wollaston Hutton, Catalogue of the Birds of New-Zealand, with diagnoses of the species. 1 vol. 8..85 8. Für Polynesien: Finsch u. G. Hartlaub, Beitrag zur Fauna Centralpolynesiens. Ornithologie der O. Viti, Samoa- und Tonga-Inseln. 1 vol. 8. Halle 1867. Für Ostindien: T. €. Jerdon, The Birds of India being a Natural History of all the birds known to inhabit Continental India ete. 3 vol. Caleutta 1862. Für Nordostafrika : i Th. v. Heuglin, Ormithologie Nordostafrikas. 8. Cassel 1870 u. s. w. Für Ostafrika: O0. Finsch und G. Hartlaub, Die Vögel Östafrikas: 4. Band von Baron Cl. v. der Decken’s Reisen in Ostafrika. Leipzig und Heidelberg 1870. Für Westafrika: _ 6. Hartlaub, System der Ornithologie Westafrikas. 1 vol. 8. Bremen 1857. Br . = . Für Südafrika: E. L. Layard, The Birds of South Afrika. 1 vol. 8. London 1867. R. B. Sharpe, Layards Birds of South Africa a new edition thoroughly revised and augmented ete. London 1874. Die Säugethiere Von R. Hartmann. Förderung der Naturgeschichte der Säugethiere bildet eine der dank- ro barsten Aufgaben für Bereiser fremder Länder. ; i annte brennende Fragen auf diesem Gebiete der Thierkunde wer- den rn am ae durch Fachleute gelöst und reisende Mammalogen werden selbst immer am besten wissen, was sie in dieser Rich- tung zu leisten haben. Indessen vermögen doch auch anderen Berufsclassen angehörende ge- 2 bildete Reisende, dach die Erweiterung der nissen en "Erkenniniss A überhaupt am Herzen liegt, sich um die Säugethierkunde verdient zu machen. Ur: Den Bestrebungen aller zur letzteren Kategorie gehörenden Leuten eine a Anregung und ihnen selbst eine gedrängte Anweisung zum Einsammeln und Zurichten von Säugethieren und deren Resten zu geben, sollen die nach- folgenden Blätter hauptsächlich bestimmt sein. Die Säugethiere in ihren mannigfaltigen, zuweilen gewaltige Grösse ‚ erreichenden Gestaltungen, nicht selten ausgezeichnet durch die Harmonie ah ihres Gesammtbaues, durch die Schönheit in den einzelnen Formen ihres Körpers, durch die Kraft, Gewandtheit und Anmuth in ibren Bewegungen, „durch die Eigenthümlichkeiten ihrer Lebensweise, oftmals tief eingreifend in das menschliche Sein und zwar bald nützend, bald schadend, sind schon seit den ältesten Zeiten die Lieblinge unserer Weltwanderer gewesen. Jene stylvollen Malereien und Pildweike der Assyrer, Aeoypter, nd Perser, ‚jer e roheren der Mexikaner und Peruaner, führen uns interessante Säugethier- irmen nicht allein der von jenen Oulturvölkern bewohnten, sondern auch N ihnen benachbarten, ja selbst der ferner von ihnen gelegenen Länder vor. bst aber die ganz rohen Zeichnungen des Indianers auf der Lederbeklei- seines Wigwam, auf der um seine Schultern hängenden Büffeldecke, jenigen des Tibu und Buschmannes auf den Felsen ihrer Steppen zeigen u . Säugethiere, welche jene wilden Leute auf ihren Wanderungen 7 ommen, gejagt, erlegt hatten. Wie wohl haben auch unsere Altvor- en, charakteristische Umrissfiguren des Mammuth, des Büren, . w. auf Knochen, Elfenbein oder weichem RE einzu- 1. Beobachtungen auf Reisen. je 482 | Hartmann. graben. Welche schönen Nachrichten über die geographische Verbreitung sd dass Leben verschiedener Säugethiere verdanken wir nicht schon einem Aristoteles, Diodor, Strabo, Ak Tacitus, Plutarch, Aelian u. s. w. Während nun die Säugethiere hauptsächlich in ihrer Eigenschaft als. Pelze, Fleisch, Hörner und andere wichtige Producte liefernde Geschöpfe seit Alters zu ihrer Jagd und Hegung anregten, fühlten sich auch schon ältere Reisende öfters dazu veranlasst, nach der Verbreitung, dem Bau, der Lebensweise und Verwendbarkeit jener Thierarten zu forschen, die Tempel, Museen und Privatsammlungen mit deren Resten zu schmücken. Leider aber kümmerte man sich von jeher weit mehr um die den Wald, die Steppe, die Wüste, die Fluss- und Seeufer, wie auch die Meere bewohnenden wilden Säugethiere, als um die treuen nützlichen Begleiter der Menschen, um die Hausthiere. Freilich erscheint es heroisch, dem bemähnten Köniee der Wüste nachzugehen, dem wehrhaften Büffel, dem so leicht offensiven Rhino- ceros aufzulauern, freilich erscheint es poetisch, den Hirsch des Waldes, die Antilope der Steppe aufzuspüren, aufregend, den Walfisch im Ocean, das Walross an den Eisschollen, anmuthig, das Aeffehen und Eichhörnchen im Baum, den Springhasen und die Viscacha im Mondscheine des südlichen Himmels zu beobachten. Wie prosaisch dagegen erscheint es, in Feld und Hütte das Pferd, das Rind, die Ziege, den Hund u. s. w. im den Bereich einer genaueren Beobachtung zu ziehen. Und doch sind gerade die Haus- thiere so sehr enge mit dem Sein des Menschen verwachsen; sie bedingen so häufig die ganze Art seines Erdenwandels, seine staatliche, seine gewerb- liche Existenz! Wie viele Naturvölker hängen nicht gänzlich von ihren Hausthieren ab! Welche wichtigen Probleme der gesammten Thierkunde lassen sich nicht an Hand der Hausthierkunde lösen! Alle die vielen unser Denken anregenden Fragen nach den verschiedenen Abstufungen der thieri- schen Intelligenz, nach der Entwickelungsfähigkeit der letzteren, nach der Zähmbarkeit und Angewöhnbarkeit ursprünglich wilder Thierformen, nach ihrer Nutzbarkeit und nach ihrer Variabılıtät, letztere namentlich unter Ein- wirkung der künstlichen Zuchtwahl, lassen sich an Pferd, Esel, Rind, Schaf, Ziege, Hund, Katze und Schwein mit Aussicht auf Erfolg behandeln. Bisher hat die Mehrzahl unserer Reisenden die Hausthiere hauptsächlich aus folgenden Gründen vernachlässigt. Erstlich schmeichelte die Beschreibung einer simplen Hunde- oder Schweinerasse dieses oder jenes Volkes zu wenig der Eigenliebe des Reisenden, indem es ja dabei keine neue Gattung oder Art zu beschreiben, indem es dabei den Namen des Betreffenden nicht durch eine lateinische Benennung zu verherrlichen galt. Zweitens war die Beobach- tung der Hausthiere, wie oben bereits angedeutet worden, den Reisenden überhaupt zu langweilig, zu uninteressant. Drittens waren diese sich der Wichtigkeit der Frage überhaupt nicht bewusst. Man hielt Alles für be- kannt und schämte sich fast, von solchen anscheinend selbstverständlichen Dingen zu sprechen. Einige hervorragende Reisende der Neuzeit, ein &. Schweinfurth, A. Reichenow, B. Klunzinger, J. Haast, J.-Hildebrandt, haben es nicht ver- schmäht, aus Freundeshand einige auf die Erforschung der Hausthiere be- zügliche Winke entgegenzunehmen und es haben solche Männer denn auch diesen Zweig der Naturgeschichte durch directe Beobachtung und durch Ein- sendung von Resten jener Thiere unsere Kenntniss nicht unwesentlich be- reichert. So lasst Euch denn erbitten, Ihr Reisenden, dem rauhhaarigen, fuchs- ähnlichen Köter der Tehnelches und Pescherähs, dem schmucken Maulthiere 7 r A dem edlen Rosse der Wüstenbeduinen, dem gravitätischen _ Budelrinde der Malgaschen, dem grobwolligen Schafe der acer US, Wi. von nun an mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als dies bisher im. Allee- meinen geschehen war. ‚ Reisende, welche die Süugethierkunde überhaupt fördern wollen, 10 mögen zunächst folgende Punkte ins Auge fassen: N 1. Von anderen Personen (z. B. von Ansiedlern, reisenden Händlern, Jägern, auch Eingebornen) herrührende Nachrichten über die in einem Lande vorkommenden Säugethiere sind sorgfältig zu sammeln. Es sind nicht nur lebende Säugethiere, in Bezug auf ihr Vorkommen, ihre Gestaltung, ihre Lebensweise u. s. w. direct zu beobachten, sondern es sind selbst einzelne Reste, Theile derselben zu beachten. 2. Sind Beschreibungen, Messungen, Zeichnungen der beobachteten Säugethiere anzufertigen, dieselben sind photographisch aufzunehmen oder abzuzeichnen, es sind kartographische Skizzen ihrer geographischen Ver- ‚ breitung anzufertigen. 3. Säugethiere und deren Reste sind einzusammeln, es sind die nöthig- sten Vorkehrungen für deren Aufbewahrung, Erhaltung und Versendung zu treffen, den gesammelten Specimina aber sind Etiketts beizufügen. Im Nachfolgenden sollen die oben aufgestellten Punkte näher erörtert werden. 1. Ueber das Einsammeln von Nachrichten über die in einem Lande vorkommenden Säugethiere, sowie Beobachtung der Reste und Theile von solchen. Ueber das Beobachten lebender Säugethiere. a BR Gesetzt, es betritt ein Reisender irgend eine Hafen- oder auch eine ge- _ wissen Verkehr darbietende Binnenstadt. Er sieht da in Privathäusern und auf dem Markte von mehreren oder von einzelnen Verkäufern herumtragen, oder -führen: lebende — wilde Thiere*) wie Affen, Aoutis, Igel, Stachel- - schweine, Hyänen, Löwen, Leoparden, Ichneumons, Antilopen, Ameisenbären, | Schuppenthiere, Faulthiere u. s. w. Er sieht auf den Fleischbänken zu- gerichtete Borstenferkel, Hasen, Hirsche, Rehe, Gazellen, Büffel, Zebras u. s. w. | Oder er erschaut Felle von Affen, Leoparden. Jaguaren, Tigern, Tiger- - katzen, Luchsen, Hyänen, Viverren, Schakalen, Antilopen, Stücke von Ele- B- phanten-, Flusspferd-, Rhinoceroshaut ete., oder er sieht Geräthe aus Büffel- horn, Elfenbein, Fell, aus Leder besonderer Art u. a. m. feilbieten. Natürlich 4 _ kann Aehnliches auch im kleinsten Dorfe, auf dem einsamsten Weiler, im _ abgelegensten Beduinenzelte, im dürftigsten Wigwam begegnen. Einzelne *) Beispieles halber erwähne ich hier, dass uns in der keineswegs von Thierhänd- 2 lern besuchten Stadt Sennaar folgende lebende Thiere zu Spottpreisen angeboten wur- den: 8 sogenannte grüne und 4 vothe Meerkatzen, 1 Pavian, 3 Igel, 2 Stachelschweine 2 efleckte Hyänen, 1 Gepard, 2 Löwen, 1 Gazelle, Brian in dem ganz entlegenen : ade Idris, am Berge Gale, im Lande der Funje: 6 grüne, 2 rothe Meerkatzen, Paviane, 2 Stachelschweine, 4 Igel, 1 Klippschliefer, 1 junger Leopard, 1 Genettkatze, 3 junge Kuhantilopen, 1 Giraffe, 1 Strauss, 8 Bullocks Bienenfresser, 6 Mandelkrähen, 2 Steppenwarneidechsen, 10 Gehafieschildkröten, 3 Chamäleons, 20 Agamen, 2 Schlan- gen üu.8. w, u. s. w. In Khartum wurden angeboten: 1 weibliche Kudu- Antilope, 1 junges Flusspferd, 1 Zibethkatze, 2.rothe Meerkatzen, 2 Papageien. Wenn nun der Reisende in so chen Fällen, wie die "hier notirten, nicht im Stande ist, die Thiere zu _ erwerben und lebend oder todt zu transportiren, so kann er doch immerhin an ihnen Br Studien der obenbezeichneten Art machen. 31* DIeHBsneethiere sn Bi Ri 454 Hartmann. De Bewohner können Bekleidungsgegenstände aus Fellen interessanter Thiere, sie können als Schmucksachen rohe oder bearbeitete Zähne, Klauen, Hörner, Knochen und Haare von Säugethieren tragen. Es sind in dieser Hinsicht besonders die Schamanen, Medizinmänner, Doctoren, Regenmacher, Zauberer und Propheten wilder Völker interessant, indem diese nämlich unter dem an ihnen herumhängenden, auf Ausbeutung von Seltsamkeiten und von Auf- fallendem berechneten Plunder zuweilen wichtige zoologische Funde be- herbergen. Auch sind nach dieser Richtung hin die Ausschmückungen der Hütten, Gräber, Fetischhäuser, Tempel, Votivpfähle u. s. w. in nähere Be- trachtung zu ziehen. Derartige Gelegenheiten sollte kein Reisender ungenutzt vorübergehen lassen. Er sollte sich demnach erkundigen, ob z. B. etwa ein zu Markte gebrachtes Säugethier oder ob Reste eines solchen aus dem Lande selbst, in welchem sie eben zur Beobachtung gelangten, oder ob sie aus benach- barten Gegenden, ob gar aus ferneren herstammen, ob sie durch Handel oder ob sie auf andere Weise an den Ort ihrer Bestimmung gebracht sind u. s. w. An derartigen Erkundigungen lassen sich dann solche über die geographische Verbreitung, über einheimische oder fremde Benennung, über die Lebens- weise, die Jagd, Züchtung, Verwendung u. s. w. der vorliegenden Thiere anknüpfen. ‚Jeder Reisende sollte ferner bemüht sein, Nachrichten über die Jagd- und Fangmethoden der Säugethiere, über die dazu dienenden Geräthe u.s. w. einzuziehen. Er kann sich dieserhalb an andere mit Land und Leuten ver- traute Reisende, an umherziehende Händler, an eingeborne Krämer, Jäger, Beamte und Arbeiter wenden. In dieser Hinsicht sind z. B. die nordameri- kanischen Trapper, Coureurs «des bois, Voyageurs, die südamerikanischen Peones, Gauchos, Baqueiros, Formigneiros, Oapitäes do Matto, Cacadores, Canoeiros ‚und Arrieros, die Empacaceiros in Angola und Benguella, die weit- reisenden Djaalın und Pilgrime in Inner- und Ostafrika, die nubischen und südafrikanischen Elephantenjäger, die syrischen Beduinenjäger, die cingale- sischen Beddahs, die Malayenjäger im Archipel, die Walfischfänger an den Stationsorten der Südsee, die Robbenschläger u. s. w. zu Rathe zu ziehen. Natürlicherweise müssen die erwünschten Erkundigungen auch auf die Lebensweise und die Fortpflanzung, die Sitten und Gewohnheiten der wilden, auf die mögliche Zähmbarkeit und Domesticirbarkeit derselben, auf die Be- schaffenheit, die Pflege und Zucht der in den menschlichen Hausstand bereits übergeführten Säugethiere sich erstrecken. Auch hierzu kann die Hülfe der oben erwähnten Bevölkerungselemente eines bereisten Landes in Anspruch genommen werden. Die Genauigkeit und kritische Schärfe, mit welcher derartige Erkundi- gungen eingezogen werden, dürften übrigens stets gute Prüfsteine für die in- tellectuelle Befähigung und Glaubwürdiekeit der betreffenden Reisenden abgeben. Eine wesentliche Aufgabe für den Reisenden, auch den nicht fach- männisch gebildeten, besteht in der Beobachtung der Säugethiere in freier Natur. Zieht Ihr durch eine afrikanische, mit hohem Grase und mit knorrigem Buschwerke bewachsene Steppe, seht Ihr daselbst näher oder ferner Antilopen oder Büffel grasen, so sucht dergleichen Thiere, so lange es Euch die augenblickliche Sachlage gestattet und falls Euch die Jagd auf jenes Gethier für den gegebenen Fall nicht ansteht, zu beobachten, sucht zu erkennen, wie sich die Thiere im Freien benehmen, wie sie stehen, gehen, En 4 38 en ' zei Eure en In gleicher Weise verfahrt, wenn etwa am Abhange der na a i Wildziegen in Euren Gesichietrei: eintreten, wenn auf polarer See Robben den Eisschollen dahinklettern, wenn im ei eines südamerika- 3 schen Urwaldes der Spinnenäffchen behende Schaar umhergaukelt, wenn n der schlammigen Diekung eines indischen Dschungel das schwerfällige "Rhinoceros sich umhersiehlt, wenn im Schrecken der Estampede der Wisent > über die Prairien rast oder wenn das Känguru in den Casuarinahainen spielt. Bekanntlich führen viele Säugethiere eine theilweis oder ausschliesslich nächtliche Lebensweise Es int sich stets der Mühe verlohnen, auch zu solcher Zeit Beobachtungen anzustellen, zu welchen unter den Tropen ‚wenigstens die herrlichen ah Mena. ‚einladen. Da wird man den eicches Bewegungen der Springhasen zuschauen, das Flusspferd auf seinen Weidegängen belaulsohen, dem Geheule der Schakale und Hyänen folgen, dem sonderbaren Schnalzconcerte der Klippdachse zuhören können. Es ist wohl zu beachten, dass viele Säugethiere an bestimmten Tages- zeiten zum Wasser ziehen, um daselbst ihren Durst zu,löschen. Unter den - Tropen geschieht dies durchschnittlich zwischen 5—8 Uhr früh und zwischen 57T er Abends. Manche Arten besuchen freilich auch Mittags, Nachts oder regellos zu ‚allen möglichen Tageszeiten die Tränke. In Afrika hicliern oder doch en mit dem Zeichnen vertrauten Laien einen unerschöpflichen Stoff des Naturgenusses und eine Fülle von Motiven für wi das Skizzenbuch gewähren. Gerade an solchen Stellen vermögen der gute a ‘ Wille und die Befähigung der beobachtenden Reisenden Proke alle en. Aehnliche Erscheinungen, wie die geschilderten in Afrika, sollen sich ab gens auch in anderen Gegenden, z. B. in den ungeheueren Stromgebieten Bass Amur, Orenoco, oe 16 Plataın,.s.. w. en. Ich erinnere ‚hierbei z. B. an eine interessante Schilderung von dem zur Tränke ziehen der Unze, des Tapirs, Nabelschweines u. a. Thiere am Rio Apure, woselbst die erwähnten Geschöpfe sich thorartige Oeffnungen durch eine lebendige, dem Uferwalde parallellaufende Hecke von Sausobüschen brechen, durch welche sie am frühen Morgen und bei nz unien a an das Wasser zu gelangen suchen. Manche Säugethiere pflegen zur Zeit der Tageshitze unter Bäumen, "Wurzelwerk, in trocknen Wildbächen, Kulen und Kesseln zu ruhen. Ist die Diekung nicht zu beträchtlich, ist noch ein Blick in die Weite möglich, so kann der Beobachter auch dann gar manches interessante Geschöpf uf ie ‚seine äussere, Gestalt, Farbe, seine Art sich zu lagern, aufzustehen, uch ‚seine Kopfhaltung u. s. w. prüfen, ferner iconographische oder selbst wohl ofographische Darstellungen aufnehmen. Nie me ich so manchen sengend- A SR a in \ _ Addaxantilopen unter breitästigen Akasienhüschen nuü a lauben- Re Ai. ewachsenen Kapparideen oder "Balanites in den malerischesten Gruppen 5 ni, ER 456 Hartmann. Bei Gelegenheit solcher biologischen Beobachtungen hat man natürlicher- weise alle diejenigen Vorsichtsmaassregeln zu treffen, welche nothwendig sind, um das zu belauschende Thier nicht gar zu bald zu erschrecken, es nicht zu frühzeitig zur Flucht zu reizen u. s. w. Man wird dabei manchmal grosse Geduld zu üben haben. In nicht seltenen Fällen wird man daher lange Zeit still stehen oder liegen müssen, um ein scheues Thier ungestört ins Auge fassen zu können, andererseits wird man sich früher oder später veranlasst fühlen, das gerade ruhende Thier durch Rufen und Gesticuliren zu kräftigen Lebensäusserungen zu reizen, um damit auch seine Gangart, Kopfhaltung, Schwungkraft und sein sonstiges Benehmen kennen zu lernen. Geringe Schwierigkeit macht im Allgemeinen die directe Beobachtung der Lebensweise der wirklichen Hausthiere, d. h. solcher in den Haus- halt des Menschen völlig übergeführter Thiere, welche sich in diesem Le- benszustande fortpflanzen*). Denn die Hausthiere, einzelne böse Indi- viduen abgerechnet, lassen sich doch meist leicht ankommen. Höchstens können solche Hausthiere, welche gleich den Rindern in den Cordilleras, den Rindern und Pferden auf den Estancias der Pampas, gleich den Yak’s auf Thibets Hochflächen, gleich den Pariahhunden der orientalischen Städte u. s. w. in einem halbwilden Zustande leben, in welchem sie scheu und schwer nahbar sind, dem Forscher Mühe bereiten. Dann giebt es bei wilden und halbeivilisirten Völkern eine gute Anzahl von Thieren, namentlich Säugethieren im domesticirten Zustande, welche sich theils nachweislich in der Gefangenschaft nicht fortpflanzen, oder bei denen es theils noch nicht oder nicht sicher bekannt ist, ob sie sich in jedem Zustande fruchtbar paaren. So halten sich z. B. die Indianer Südamerika’s, im Allgemeinen grosse Thierliebhaber, in ihren Niederlassungen Agutis, Pacas, Tapire, Bisam- schweine u. s. w., die sie im Walde einfangen und der Zähmung unterwerfen. Desgleichen findet man bei den Schwarzen zuweilen Ichneumonen, Wiesel, Genettkatzen, Zibethkatzen, Hyänen, Hyänenhunde, Füchse, Schakale, Ge- parden, Mähnenmouflons, Warzenschweine, Pinselohrschweine u. s. w. im do- mestieirten Zustande. Auf solche Thiere sollte der Reisende besonders achten, und über deren Zähmbarkeit, Eingewöhnbarkeit, über ihre etwaige Fortpflanzungsfähigkeit unter dem Einflusse der Domestication, über ihr Be- nehmen, ihre Abänderungen unter den verschiedenartigen Lebensbedingungen, wie sie der ursprünglich wilde und der spätere domesticirte Zustand dar- bieten, nicht allein Nachrichten einzusammeln suchen, sondern der Reisende sollte auch von jenen Dingen durch eigene Anschauung, durch eigene Unter- suchung Kenntniss nehmen. Bei Hausthieren kommen ferner noch einige Fragen in Betracht, welche ökonomischer Natur, von keinem gebildeten Reisenden vernach- lässigt werden sollten. Dieselben beziehen sich nämlich auf die Pflege und Züchtung jener nützlichen Geschöpfe, namentlich unter den Naturvölkern, Erkundigungen und directe Beobachtungen, betreffend der Hausthiere Hal- tung und Wartung, ihre Ertragsfähigkeit an Fleisch, Milch, Käse, Haut, ‘Wolle, Haar, Hörnern, Hufen u. s. w., die Zubereitungsmethode dieser Stoffe, die eigentliche Züchtung und die Fruchtbarkeit, die Arbeitsleistung der oben erwähnten Geschöpfe, bilden stets würdige Objecte für den strebsamen Rei- *) Völlig genau präcisiren lässt sich dieser Begriff leider nicht, da un- sere Untersuchungen über die Fortpflanzungsfähigkeit der Thiere in der Gefangen- schaft noch nicht abgeschlossen sind, und da gewisse Bastarde, wie Maulesel und Maulthiere trotz ihrer mindestens beschränkten Fortpflanzungsfähigkeit dennoch zu. den Hausthieren gerechnet werden müssen. Die Säugethiere. N ende Ein Meer Arbeit angefügter, auch die Hausthiere berücksichtisender Bl N Fragebogen wird noch die nöthigen Einzelnheiten, zu deren Ben chire f Schreiber Dieses anregen möchte, präcisiren. Y | NB. Unter Hausthieren verstehe ich hier: / Be 1) Die Katze (Felis domestica). oe 2) Den Hund (Canis familiaris). > u 3) Das Pferd (Equus caballus) und den Esel (E. asinus) nebst deren EN Bastarden. 4) Das Hausschwein (Sus scropha domestica). 5) Das Rind (Bos taurus), zu welchem ich auch den Zebu (Bos Zebu) und den Yak (Bos grunniens) *) rechne. 6) Den Büffel (Bos Bubalus) nebst seinen Varietäten (Bos Cerabau, B. Ami u. s. w.) 7) Die Hausziege (Oapra domestica). 8) Das Hausschaf (Ovis aries). 9) Das Trampelthier (Camelus bactrianus), und das Dromedar (C. dro- medarius). 10) Das Lama, Llama, Llacma (Auchenia Lama), nebst Paco, Alpaca, Huanaco, Viecuna. 5 11) Das Rennthier (Cervus tarandus). “ 12) Das Frettchen (Mustela furo). 13) Das Kaninchen (Lepus cuniculus). ; 14) Das Meerschweinchen (Cavia Cobaya). j Zu den domesticirten Säugethieren rechne ich u. A. vorläufig noch das Ichneumon, den aegyptischen Hausmarder (Mustela palmata), die Zibeth- katze (Viverra civetta), den Geparden (Felis jubata), die Chinchillas (Erio- mys lanigera, E. chinchilla), das sogenannte Sennärschwein (Sus sennariensis), das Pinselohrschwein (Potamochoerus penicillatus), den Elephanten. Von vielen dieser Thiere kennt man die Fortpflanzungsfähigkeit in der Gefangen- schaft noch nicht sicher und ist es sehr wohl möglich, dass dereinst genauere Forschungen das Verhältniss derselben den eigentlichen Hausthieren gegen- über nenlch anders gestalten werden, als en es selbst a noch zuzugeben mich in der Das fühle. 2) Ueber Anfertigung von Beschreibungen, Messungen und bild- lichen Darstellungen der Säugethiere. 3 Wenn ein Reisender ein von ihm auf irgend eine Weise genauer | beobachtetes Säugethier beschreiben will (meine Anweisungen sollen auch hier wieder den Nichtzoologen gelten), so soll derselbe triviale, Jeder- mann zu Händen befindliche Vergleichungen mit beliebigen typischen Formen, ; _ nämentlich der Hausthierwelt, wie z. B. Schwein, Pferd, Kuh, Hund, mög- _ lichst vermeiden, weil dadurch nämlich abenteuerliche und unpassende Dinge zu Tage gefördert werden. Es soll damit nicht etwa gesagt werden, dass derartige Merglsiche; z. B. eines Tapir mit einem en einer Gare mit 1 _ einem Reh nicht gelegentlich auch gewisse, im Charakter der Thiergruppe, Ber welcher die ereichenen Formen angehören, begründete Eigenthümlichkeiten is = zu kennzeichnen vermöchte. Allein der nicht geh a: Reisende Re lässt sich gar häufig dazu verleiten, solchen von N en Verslei- a chungen eine äbodiktische Bedeutung beizulegen und erachtet sich wohl ma „ei En x ——— , *) Den Ausdruck Yak-Büffel halte ich für durchaus verfehlt. Na ar: wein, 488 Be daheim im Eifer für die Sache verpflichtet, mit dem vollen Gewicht des Selbstbeobachters für die angebliche Richtigkeit seiner Angaben einzutreten. Daher denn die mancherlei abscheulichen, wohl durch kritiklose Seribenten eifrig nachgeschriebenen Berichte über das Vorkommen von Rehen und Hirschen in Uentralafrika, ‘von wühlenden Schweinen (Erdferkeln, Ameisen- scharrern, Orycteropus) in demselben Erdtheile, :von wilden Eseln, so man Danta heisse (Anta-Tapır) in Südamerika, von echten Panthern (Pumas, Felis concolor) in den vereinigten Staaten, von wilden Ochsen (Antilopen) in den Wüsten der Mongolei und Berberei u. s. w. Manche europäische Völker, welche sich (zur Kindschaftsperiode der Zoologie) seit geraumer Zeit in fremden Erdtheilen niedergelassen haben und deren erste Angehörige meist aus ungebildeten Leuten bestanden, haben die in den occupirten Ländern vorgefundenen Säugethiere bald einmal mit ihren heimischen ‘Formen in Vergleichung gezogen und nach solchen benannt. Bald haben sie den ihnen fremd entgegentretenden Formen die Namen mehr oder minder ähnlicher gegeben, deren Kenntniss ihnen von Hause aus ge- läufger war. So haben die Südamerika colonisirenden Spanier den Puma Leon, d. h. Löwe, den Jaguar Tigre, d. h. Tiger, es haben die Südafrika überziehenden Holländer das Hippopotamus Seekuh, die Oryxantilope Gems- bock, es haben die Eneländer das australische Schnabelthier Wassermaulwurf genannt u. s.w. Durch eine derartige Nomenclatur sind von weniger gebil- deten Reisenden manche Irrthümer ın deren Berichte eingeführt worden. Es ist daher erwünscht, wenn nach dieser Seite hin mit möglichster Vorsicht verfahren wird und wenn man bei Ausarbeitung der Tagebücher u. s. w. lieber Fachmänner zu Rathe zieht. Wilde Völker, welche häufig der Jagd obliegen, haben sich nicht selten . eine gewisse Schärfe in der Naturbeobachtung angeeignet, haben z. B. an den ° von ihnen gejagten und erlegten Säugethieren gewisse Eigenthümlichkeiten der Färbung, der Formenbildung, der Lebensweise nach bald seltener, bald nach häufigerer Begeenung sich angemerkt und den Gegenständen ihrer Beobachtung auch unterscheidende Namen verliehen, welchen sie selbst die Bedeutung durchgreifender Merkmale denn auch beilegen, was sie fremden Reisenden gegenüber oftmals mit Hartnäckigkeit zu vertreten suchen. So z. B. unterscheiden die Denka-Stämme Innerafrika’s mancherlei Farben- varietäten der Antilope (Damalis) senegalensis als verschiedene Thiere, sie unterscheiden die kleineren Elenantilopen (Boselaphus oreas) von grossen, ausgewachsenen, jüngere Löwen von älteren u. s. w. In Vorderindien unterscheidet man am Elephanten die Form Muknah mit kleinen, abwärts gerichteten und die Form Quantelah mit langen, stark enger gebogenen Stosszähnen. In Russland wird der Muraweissiki oder Ameisenbär von Ster- wetniki oder Aasbären unterschieden u. s.w. u.s.w. Es ist nur zu loben, wenn Reisende derlei von Landeseingeborenen getroffene Unterscheidungen auffassen und wiederzugeben suchen, noch lobenswerther ist es, wenn sie sich bemühen, Material an Bälgen, Skeletten, Zeichnungen von solchen durch ihre Gewährsleute für verschieden erklärten Thieren herbeizubringen. Verwerf- lich dagegen erscheint es, wenn der Dilettantismus sich soleher nur schwer zu entscheidender und zuerst ernstlich zu prüfender Gegenstände bemächtigt, nach jenen immerhin vagen Merkmalen generische oder specifische Charaktere in die Wissenschaft einzuschmuggeln sucht, welche dann wieder herauszuwerfen, dem reellen Forscher viele, meist schlecht gedankte Arbeit kostet. Fa R Schema | 1 PEN Namentlich hier bleibt es natürlich. ‚der Armes i Es ist danach zu sehen, ob am Kopfe, am Rumpfe oder En Gliedern etwa Auswüchse, Höcker oder dergl. vorkommen und wel- cher Beschaffenheit, ob sie z. B. hart, weich, aufgerichtet, hängend, behaart, nackt, hornie u. dergl. seien. 2) Ungeführe Grösse im Vergleiche zu anderen Thieren, wenn so etwas ausführbar ist. Diese Angabe sollte übrigens nur dann gemacht werden, wenn directe Maassangaben ‚unausführbar sind. 3) Farbe und Beschaffenheit des Haares und nackter Hautstellen. Da das Haar der Säugethiere sehr häufig eine gemischte (melirte) Färbung - besitzt, so wird es out sein, bei Beschreibung elsachen) einzeln ansberaufte _ Haare zu berücksichtigen und anzugeben, mit welchen Farben dieselben von unten bis oben, von der Wurzel bis zur Spitze, gezeichnet sind. Z. B.: „Haare ‚unten weisslichgelb, in der Mitte einmal Seen "zbraun geringelt, dann weiter nach oben hin rn an der Spitze wiederum schwarzbraun.“ Es muss übrigens darauf ne werden, dass an verschiedenen Körperstellen, na- mentlich bei hundeartigen Raubthieren, die Zeichnung der einzelnen Haare wesentlich wechselt. Endlich ist auch der Base ner zu berücksich- tieen und so präcise wie möglich wiederzugeben, welchen das Gesammt- colorit der melirten Stellen hervorruft. Die durch besondere Färbung ervorstechenden Fleckungen des Pelzes sind genau ins Auge zu fassen und . zu beschreiben, auch ist auf die Intensität und verschiedenartige äussere Besrenzung derselben bei verschiedenen Individuen wohl zu achten. Hin- sichtlich der Beschaffenheit des Haares ist zunächst darauf zu sehen, ob man es mit den längeren, dickeren und steiferen Grannen-, oder ob man es mit den kürzeren, dünneren und weicheren, mehr gekräuselten Woll- haaren zu thun habe. Oefters hat man steife, glatte, stachelspitzige, öfters _ auch steife, grobe, fast heuähnlich gebildete Haare (Faulthiere), anderemale wollartig gekräuselte, dicht verfilzte vor sich. Solche Stellen am Körper, welche mit Stachelhaaren bedeckt sind, z. B. am Rücken der Stachelmäuse _ (Acomys), sind besonders zu berücksichtigen. An nackten Hautstellen ist ‘deren Haltung, Oberflächen-Zeichnung (z. B. beim javanischen Rhinoceros) nd Färbung zu beachten. Finden sich Auswüchse am Kopf oder an an- eren Körperstellen ? ne 4): Farbe und Gestaltung der Hörner, Klauen, Krallen, Hufe. Gerade er sind triviale Vergleiche sehr sonlAalit Beh and! ist daher eine ıze treue Beschreibung des Gesehenen ganz besonders empfehlenswerth. i Beschreibung der Hörner sind Bezeichnungen, wie: „halbmondförmig, rförmig, Bunt oder stark-gebogen, spiral, wohl statthaft. Es ist darauf achten, ob die Hörner gänzlich oder stellenweise plattgedrückt, oder ob zlich oder stellenweise rund, ob sie stark- oder schwachgeringelt, itz oder stumpf sind. Auch ist ihre Stellung am Kopfe in Be- ‘zu ziehen, Es ist jedesmal anzugeben, ob die Weibchen gehörnt Be Hinsichtlich der Klauen, Krallen und Hufe ist de GE Yad 490 - Hartmann. 5) Ist überhaupt die Gestalt der Zehen und der Fusssohlen einer be- “ sonderen Berücksichtigung werth. Sind die Fusssohlen nackt oder behaart, sind sie mit weicher oder härterer, mit schwieliger oder borkiger Haut be- deckt? Wie ist die Farbe der letzteren? ö 6) Bei geweiheten Thieren (hirschartigen Wiederkäuern — Üervina) muss nicht allein auf die allgemeine Gestalt und Stellung des Geweihes,*) sondern auch auf die Verästelung desselben, auf die Zahl und Gestalt der Enden, ferner auf die Beschaffenheit der Aussenflächen derselben (ob glatt, ob höckerig, knorrig) auf die Zeit der ersten Entwickelung, auf die Zeit des Eintritts und auf die Dauer des Geweihwechsels geachtet werden. Auf diese Punkte ist in der Beschreibung Rücksicht zu nehmen, zumal dadurch vielfache Aufklärung über die Altersverhältnisse der betreffenden Thiere ge- wonnen werden kann. Messungen an lebenden oder frisch getödteten Thieren sind sehr wichtig. Erstere sind natürlicherweise nur an zahmen oder an Haussäuge- thieren, und auch hier nicht immer gut ausführbar. Denn auch ein ursprüng- lich wildes, später gezähmtes Thier oder irgend ein von Hause aus noch so geduldiges Hausthier mag sich zwar füttern, streicheln oder sonstwie lieb- kosen lassen, wird aber, sobald die methodische Vermessung der einzelnen Körpertheile beginnt, misstrauisch und störrisch werden können. Hier hängt daher jeder Erfolg von der Gunst des Zufalles, d. h. hauptsächlich von dem Temperamente des gerade zu messenden Thieres, ab. Verfasser hat in dieser Beziehung die merkwürdigsten Erfahrungen gemacht. So bissen übrigens höchst zutrauliche Hunde nach der Hand, welche das Bandmass an das End- theil ihres Rückens, an eine für sie allerdings sehr empfindliche Stelle an- legen wollte. Militärfromme Pferde schlugen ungestüm hinten aus, sobald ihr Bauch gemessen werden sollte. Eine weibliche, sehr sanfte Njellet-An- tilope (Ant. strepsiceros) rannte mich mit ungestümen Kapriolen über den Haufen, als ich die absolute Länge ihres Kiels (Wamme) mit dem Stangen- zirkel messen wollte. Ein sonst sehr mactabeler Klippschliefer (Hyrax) fauchte heftig und biss wüthend um sich, als man ihm mit dem Messapparate _ zu nahe kam u. s. w. In solchen und ähnlichen Fällen ist es natürlich besser, die Messung gänzlich zu unterlassen, als dieselbe hastige und dabei ungenau zu vollführen oder als sich dabei noch womöglich Verletzungen durch das wüthende Thier auszusetzen. Es sei denn, dass irgend eine Vor- richtung gefunden werde, um das Thier für die Dauer der Messung fest- machen zu können. An Säugethierkadavern ist die Messung möglichst bald nach einge- tretenem Tode vorzunehmen, so lange noch die Glieder biegsam sind. Denn hat sich erst die Todtenstarre entwickelt, so bereitet diese, namentlich an den Extremitäten, manche Schwierigkeiten. Indessen lassen sich auch diese noch umgehen, wenn man sich an den steifgewordenen Theilen das Gesammt- maass z. B. eines Beines aus den einzelnen von Glied zu Glied genommenen Theilmaassen zusammenaddirt. Zur Ausführung der Messungen dienen a) ein Bandmaass, im Etuis aufrollbar, von mindestens 6 Meter**) Länge, auf starkem *) Noch immer werden von nicht wissenschaftlich gebildeten Reisenden die soliden alle Jahr sich erneuernden Knochenbildungen der Geweihe mit den hohlen, auf knö- ehernen Auswüchsen des Schädels, den Hornzapfen, aufsitzenden persistirenden Hör- nern verwechselt. *#) Ich setze die Anwendung des metrischen Systemes bei den Messungen als selbstverständlich voraus. # Die Säugethiere. - 491 : geöltem Köper genau graduirt. b) Ein etwa 3 Meter ea hölzerner oder 'metallener Massstab mit ineinander verschiebbaren Gliedern. c) Ein Taster- zirkel von Metall nach Art eines geburtshülflichen Compas d’epaisseur, mit besonders weiten Branchen versehen. d) Womöglich ein Stangen- oder — Winkelzirkel, dessen obere vom graduirten Theile, dem festen Massstabe, ‚ im rechten Winkel abstehende Branche auch fest ist, während die untere - frei auf- und niederbewegt und mittelst einer Schraube beliebig fixirt werden kann. Während man nun die freien Branchenenden solcher Zirkel behufs - Ausmessung von Skeleten mit Vortheil zuspitzen lässt, gebe man ihnen an den zur Messung lebender Thiere dienenden Zirkeln dagegen eine abge- stumpfte Form; dies, um nämlich bei Anwendung des Instrumentes die Bei- brinsung von Stichwunden, die Erzeugung von Kitzel u. s. w. möglichst vermeiden zu können. e) Einige Meter Schnur, Bindfaden, Spagat, am Besten Köperband oder schmale Lederriemen, auf welchen letzteren Materia- lien man gemessene Distanzen mit Bleistift oder Tinte markiren kann. Hat man nur Bindfaden zur Hand, so hilft man sich durch Einknotung der ge- wonnenen Masse. Diese unter e) aufgeführten Apparate sind zur Ausführung mancher Aushülfemessungen sehr brauchbar. Prof. C. Bruch hat in einer sehr gediegenen Arbeit „Ueber Thier- messungen“*) Schemata veröffentlicht, nach welchen Messungen von Säuge- thieren ausgeführt werden können. Ich lasse hier mehreres Nützliche aus Bruch’s Artikel abdrucken. Unser Verfasser sagt: „Wir beginnen die Ope- ration mit der Ermittelung der Körperhöhe am Widerrist und am Kreuz, als der beiden hervorragendsten Punkte des Rumpfes, wobei zugleich durch eine Theilungsmessung an dem auf die Basis gefällten Loth die Länge der vorderen und hinteren Extremitäten und der einzelnen Abschnitte der- selben gefunden wird. Darauf folgt die Bestimmung der Körperlänge vom vorderen Rand des Buges bis zum hinteren Rand des Sitzbeines mittelst einer Horizontalen, welche der Basis parallel ist und in deren Verlängerung beim Rinde auch die Nasenspitze fällt. Hieran reihen sich die verschiedenen Durchmesser des Kopfes, die Schwanzlänge und die Umfangsverhältnisse des Rumpfes, welche wir an zwei Stellen, nämlich hinter den vorderen und vor den hinteren Extremitäten, nehmen. Die Ausmessung untergeordneter Theile, der Ohren, Hörner, Hufe u. s. w. bildet den Schluss.“ Wir lassen hier den Abdruck der Tabelle I aus Bruch’s Arbeit folgen, welche. die Masse von 8 Individuen der Neckar-Simmenthaler Rinderrace enthält. Diese letztere zeichnet sich durch Körpergrösse vor anderen aus. Die Tabelle betrifft 3 männliche (Mas = m.) und 5 weibliche (Foemina = f.) Exemplare. Sie sind nach dem Lebensalter geordnet, um zugleich die Zunahme der Propor- - tionen besser übersehen zu können. SR Bruch fügt dieser Tabelle noch folgende, auch ein allgemeineres In- teresse darbietende Betrachtungen an: B „Schon ein flüchtiger Blick auf die Zahlen der Tabelle ergiebt, dass das Wachsthum vom ersten zum zweiten Lebensjahre nicht so beträchtlich ist, als vom zweiten zum dritten, mit welchem das Thier zwar nicht ausge- wachsen ist, aber doch seine osteologischen Dimensionen ziemlich erreicht zu ‚haben pflest und zwar gilt dies sowohl von der Körperlänge, als von der i Körperhöhe, welche letztere hauptsächlich durch die Länge der Extremitäten bedingt ist. Während jedoch die Zunahme der Körperlänge beinahe 4 be- BL, trägt, nimmt die Höhe noch nicht um 4. zu, wird also in einer Baberen *) Der zoologische Garten. Frankfurt a. M. Jahrgang 1865, S. 161 ff. > te | | 1. Tabelle‘) - Bezeichnung der Thiere Geschlecht Race u, S. W. \ Länge des Kopfes von der Stirnleiste z. Nasenspitze) Breite zwischen den Augen Breite an der Nase Hörnern. beinhöckern Höhe vom Boden bis Breite zwischen den Hornspitzen. Stärke Entfernung der beiden leiste bis zw. d. Schultern Von da bis zu den Sitz- Länge d. Halsesv.d. Stirn- rehmesser des Buges zum Ellenbogen Widerrist Höhe der Hinterbeine bis zum Knie Von da bis zum Länge des Schwanzes Querdu Von da bis zum Kreuz Querdurchmesser von Hüfte zu Hüfte der Beine unten Umfang des Rumpfes oben | Horizontallänge von der Schwanzwurzel zur Stirne Brust- Umfang Besondere Bemerkungen » I. Ludwig, Rothscheck m. Il. Hans, Rothscheck m. III. Napoleon BRothscheck m. IV. Marie Rothscheck f. V. Lisebeth Rothscheck f. VI. Goldle Rothscheck f. VII. Babet Rothscheck f. -VIIT. Grethle Rothscheck f. 0,39 0,51 0,45 0,54 0,459 0,453 0,495 0,465 0,153.0,093 0,105 0,10 0,105 0,09 0,096 0,102 0,09 0,69 0,675 0,75 0,675 0,705 0,696 0,774 0,9 0,36 0,42 0,546 : 0,441 0,54 0,495 0,6 0,489 1,968 1,95 2,19 1.99 *) Wir verdanken dieselbe der gütigen Verwendung des Verwaltungsmitgliedes, Herrn Dr. med. Stiebel in Frankfurt a. M. #*) Soll wohl 0,25 heissen, da die Genauigkeit; der Messungen einen solchen Irrthum nieht annehmen lässt. mehr weiss Kalbin seit 5M.trächt. mehr weiss mehr roth- braun mehr weiss fr der, mit anderen Worten, dus: rnmsishy Thier Het ekherniger. te. Die Zunahme der Körperlänge kömmt vorwiegend auf Rech- iR ; Halses und Kopfes, auch der Schwanz wächst mehr als der ._ velcher letztere mehr an Umfang zunimmt.“ i SR „Die weiblichen Maasse bleiken im Ganzen nicht erheblich unter len männlichen und übertreffen sie sogar in mehreren Rubriken, wobei jedoch n Anschlag zu bringen ist, dass de ersteren der Mehrzahl nach von älteren - Thhieren ni und dass si jüngste derselben, sowie das unter VII aufge- Bnrie, sich daten eine ungewöhnliche Körpergrösse (Frühreife ?) auszeichnen, ensionen auf, mit Ausnahme der Länge der Extremitäten und der Hör- ' ner, welche hier die grössten Maasse geben. Nicht zu verkennen ist eine sowohl absolut, als relativ grössere Länge des Halses und des Schwanzes bei den weiblichen Thieren; dagegen zeigt sich in den Umfangsverhältnissen nur am Bauche ein Uebergewicht zu ihren Gunsten, da der Umfang an Brust und Extremitäten entschieden auf Seiten der männlichen Thiere ist.“ „Unschwer lassen sich Schwankungen in den individuellen Proportions- _ verhältnissen herauslesen; so ist namentlich bei dem weiblichen Thiere unter VIII das Verhältniss der Extremitäten zum Rumpfe, welches die relative 'Körperhöhe desselben bedingt, ein ganz abweichendes, und zwar besonders Ne. den hinteren Be Ebenso abweichend sind die Kopfverhältnisse des II. Thieres, welche durch starke Dimensionen, besonders in der Breite, j auffallen, wobei die geringere Stärke der Hat einen Antheil hat. Am Sn meisten variirt die Ben der Hornspitzen, die sich als verhältnissmässig _ unwesentlich erweist, wie kan überhaupt die Verhältnisse des Schädels ın . Dimensionen schwanken, welche strenge Specifiker nur ungern als indivi- _ duelle bezeichnen würden. Ni Wir lassen auf nächster Seite noch eine andere Tabelle des verdienten Forschers folgen. Wer Ingend die Musse hat und die passende Gelegenheit findet möge die von Bruch aufgestellten, ausführlichen Schemata benutzen und deren ein- zelne Rubriken auszufüllen sich bemühen. Jemand, welcher in besagter 3 günstiger Lage ist, copirt sich am Besten die citirte Mabelle aue) Sehe u bösen des gewöhnlichen Formates und trägt die erhaltenen Zahlwerthe in die Rubriken ein, womöglich mit Tinte oder doch mit weicheren Bleistiften, da letztere von härterer Sorte erfahrungssemäss eine zu matte, namentlich auf weicherem Conceptpapier zu leicht none: Schrift erzeugen. Für solche Reisende, denen die Bechen Tabellen zu ausführlich er- einen und welche aus mancherlei Gründen ein einfacheres Messungsschema Schema: 1) einge von der Stirnleiste (d. h. der auch durch di Weichtheile durchfühlbaren knöchernen Hervorragung am Ende des Hinter- uptes) bis zur Nasenspitze. 2) Länge von der Stirnleiste bis zum hinteren Augenwinkel. 3) Lünge vom vorderen Augenwinkel bis zur Nasenspitze. 67.9 Ohrenlänge aussen, 5) Grösseste Ohrenbreite. 6) Hörner- oder Geweihlänge an der stärksten Krümmung gemessen. Abstand der Hörner- oder Geweihspitzen voneinander. | alslänge im Rücken gemessen. BI länge von der ‚Halsbeuge bis zur Schwanzwurzel. ah Bi f Ka ni Ru X 07 pr a EN te Ve TE I ABA IE TEN Pe 0 x R Bu! Hartmann. Formular zur Ausmessung Massstab u9soqueft wnz stq uopogg WOA Oyom SIZUEAUIS SIP SUB] [pzınmzurmyog ANZ SIq YSTa -A9pIM 'A sopdumy 'p asurr] ASLLIOPIAY WUNZ SIq 9YSTo[ -UIIIS °P A Bose] sap asur] [Pyasupy dop Oyroas] Ohren aosmpony dep 9suvT uazyıds -uIop 19p Sunurpgum sısegg ı9p uw Surpun asuerg ı Hörner UNIO] Up ur uaony up uw Breite des Kopfes. UIUIOJUISEN UP Ur 9z2}1dsueseN Anz Sıq 99sTo] -uagg op uoA osur])doy dor IV Bezeichnung der Thiere Geschlecht Race Nr. 495 Die Säugethiere. vierfüssiger Thiere. ‘ [eb] ae Aa2E %_ EN Bass‘ 5 Te 5) SL a Fat Si Beste oe5 20.2 aA o dm a Fr | ozyıdsuosen anz sıq. uIOSPOYUIWIZAE "P UOA Sng wnz sıq AIONPOYUTOAZIIS "P UOA Umfang d. Umfng d.! Horizon- Vrdrbein.| tallänge | urquoryag we uayun 911938 ‚u9JsY9Ip Top ue uago a u950qua][H uap tayuıy | = Be ' x Z| waluy up 10a | | Z 5| usypn wop ur | | 38 — Ge er | = SS 2 H Ban | zuaıy E Sr wnz sIgq oluy WoA 9yo wnz sıq uAPogT uroA ao SLRST JsrLapıy unz sıq uaSoqua]][F] WOA ayoy 496 Essen 11) Höhe vom Widerrist bis zum Boden. 12) Höhe von der Kruppe bis zum Boden. 13) Bauchlänge zwischen den Insertionen der Vorder- und Hinterbeine gemessen. 14) Vorderbeinlänge von der Insertion bis zum Vorderknie. 15) Dieselbe vom Vorderknie bis zur Fusssohle. 16) Hinterbeinlänge von der Insertion bis zum Hinterknie. 17) Dieselbe vom Hinterknie bis zur Fusssohle. 18) Gesammtlänge des Thieres von der Schnautzenspitze bis zur Schwanz- wurzel. i Jedermann wird sich nach diesen 18 Maassangaben mit Leichtigkeit die nöthisen Tabellen construiren können. Zur Ausführung der Masse 2, 3 wird man mit Vortheil den Taster- zirkel, zur Ausführung der Masse 4, 5 und 7 den Stangenzirkel, zu derjeni- gen von 1, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 18 das Bandmaass benutzen. Für 14, 15, 16, 17 wende man- dagegen den verschiebbaren Maassstab an. Fehlt es an einem Stangenzirkel, so benutze man für 4, 5, 7 den Tasterzirkel, mangelt es auch an diesem, so bediene man sich des festen Maassstabes und des Band- maasses. Letztere beiden Apparate sollten freilich stets zur Hand sein. Bei der grossen Verschiedenheit der Körpergestalt selbst unter Säuge- thieren einer Art, bedingt. durch die Differenzen des Alters, Geschlechtes, Ernährungszustandes und durch die Variabilität, lassen sich durchschlagende Regeln, wo und wie man den Messapparat an den einzelnen Punkten des Körpers, z. B. an das Widerrist, an die Kruppe u. s. w. jedesmal anzusetzen habe, nicht gut geben und bleibt es hier der Uebung sowie dem Takte des Messenden überlassen, sich in den gegebenen Fällen zurechtzufinden. Dass solchergestalt die Messungen nicht immer absolute Genauigkeit beanspruchen können, liegt auf der Hand, indessen ist hier doch tröstlicherweise anzuführen, dass es bei solchen Messungen weniger auf die exacte Begründung und Wiedergebung der einzelnen Zahlenangabe, als vielmehr auf die Herstellung von Verhältnisszahlen zwischen den verschiedenen quantitativ möglichst aus- einandergehenden individuellen Formen ankommt. Bc. Wem es übrigens an Zeit und Gelegenheit gebricht, auch das zu- letzt von mir aufgeführte, reducirte Messungsschema durchgehends zu berücksichtigen, möge wenigstens, um noch immer einigen Nutzen stiften zu können, die unter Nr. 1, 4, 6, 8, 9, 10, 14, 15, 16, 17 und 18 ange- gebenen Messungen vornehmen, oder sich schlimmstenfalls auch mit Nr. 1, 4, 6, 8, 9, 10 begnügen. Noch weniger zu geben, dürfte dann freilich kaum der Mühe verlohuen. Endlich werde noch bemerkt, dass bei den bärenartigen mit ganzer Sohle auftretenden Säugethieren diese im Rücken und auf der Unterseite, dass bei Hufthieren der Längsdurchmesser des Hufes an der Sohlenfläche desselben gemessen werden müssen, und zwar am Sichersten mit dem Stangenzirkel. Bildliche Darstellungen. Ueber die photographische Aufnahme von Thieren wird man das Nothwendigste in dem der photographischen Technik gewidmeten Abschnitte dieses Buches finden. Hier nur noch einige Winke für solche des Zeichnens kundige Reisende, -welche als geschickte Dilettanten durch ihre Thätiekeit hinlänglichen Nutzen stiften können. Es zeigen dies u. A. die Originalskizzen eines Barnim, Harnier, Heuglin, Schwein- furth und des Verfassers dieser Zeilen, Skizzen, welche unter der Hand eines geübten Künstlers zu anerkannt brauchbaren, instructiven Abbildungen er- wachsen sind. Die Aufmerksamkeit zeichnender Reisender sollte nur - 7 \ ; arauf Serichtet sein, beobachtete Säugethiere in ihrem Vivarıum ‚aufzunehmen und zwar dies unter Berücksichtigung der umgebenden Boden- beschaffenheit, Vegetation u. s. w., sondern Yielmehr hauptsächlich darauf, das todte Thier, wie es vor dem Ben liest, namentlich aber die Phy- siognomie Nefnchiedener Thiere, abzukonterfeien. Der Dilettant möge im- merhin den Kopf — en face, von oben, en profil — eines gezähmten wilden Be Säugethieres oder eines Haussäugethieres nach dem Leben zu zeichnen Er versuchen. Besser freilich wird es immer für ihn sein, wenn er sich mög- _ lichst an die ruhig vor ihm bleibenden, eine constante Silhouette darbietenden - und wichtige Einzelnheiten in der Configuration der verschiedenen Theile erkennen lassenden todten Thiere hält. Am einfachsten ist es, wenn man mit Bleistift und Estampe oder mit Schwarzkreide die Zeichnung grundirt, sodann aber mit Bleistift, mittelst der Feder oder des Pinsels, schwarze Touche, Sepia oder Neutraltinte benutzend, die tiefen Linien und die Schatten deutlicher hervorzubringen sucht. Eine combinirte Anwendung von Schwarz, Sepia, Neutraltinte oder auch von Winsor und Newton’s Indelible Brown Ink kann ganz effectvolle Zeichnungen liefern, Benutzt man farbiges Papier, z. B. Windsor Paper, De Oanson und: dgl., so lassen sich die Lichter durch reines oder durch ein mittelst Gelb, Bräunlich * und Grünlich abgetontes Weiss in höchst bestechender Weise hervorheben. | Verfasser sah die Köpfe von Wölfen, Hyänen, Rehen u. s. w. recht trefflich _ auf dunkel grundirten Sorten des leider jetzt wieder aus der Mode gekom- _ menen Papier pell@ ausführen. Die hervorstechenden Grannenhaare konnten _ auf diesem Material durch Einkratzen., in den Kalküberzug recht täuschend hervorgehoben werden. ie Ergebnissreicher ist freilich die Nachahmung des vollen Colorites. Wer nicht in. Oel malt, also nicht den höchsten Grad der Malerkunst aus- zuüben weiss, nehme wenigstens gute halbfeuchte oder feuchte Farben von Newman, Schoenfeld, Winsor und Newton u. A. Trockne Farben, - wie die sonst vortrefflichen von Panier, Flatow, Ohenal, Rogall u. s. w. sind leider zu empfindlich gegen Temperaturdifferenzen, zerspringen z. B. in der Hitze von selbst oder bei leichtem Insult und verkrümeln sich dann in der unleid- lichsten Weise. Ein geschiekter Aquarellist wird rauhe Papiere, wie rauhes Bristol Paper, Royal Belge, gewisse ein starkes Grain zeigende venezianische und rheinische Ellen- oder Oartonpapiere, auch chemnitzer Holzpapiere, vor- ziehen. Verfasser erhält recht günstige Resultate, wenn er auf mässig rauhem Papiere die Hauptfarben des Thieres mittelst der Estampen von den besten französischen Pastellen aufsetzt und mit Honigfarbe, Bleistift oder farbiger Kreide die Schatten, Flecken u. s. w. nachträgt. © Auch die schon flüchtig erwähnte farbige Kreide, Oelkreide, Creta po- Iycolor, p- p- in den verschiedenartigsten Nüancen zu haben, liefert nament- lich in Verbindung mit dem Bleistift und der Estampe Saale Bilder, so z. B. in der geschickten Hand eines Schweinfurth. Auf die Zeichnung der Ohren, Ohrläppchen und Ohrleisten, der inneren 'Ohrhaare, der Schnauze, Nasenlöcher, Augen (Iris — ob runde, ob verengte Baile —), der Hörner und Geweihe, der Füsse, Afterzehen, Hufe und der foten und Hufeindrücke (Fährten) ist besondere Rücksicht zu nehmen, 3 nmlung und Conservirung von Säugethieren und deren Resten. AR er Reisende findet an den verschiedensten Punkten der Erde Gelegen- heit, ee lebend, in mehr ER minder gezähmtem oder noch ganz BB hr lalben 3.) EEE EN 498 Hartmann. wildem ungebändigten Zustande, sei es durch Tausch, Kauf oder als Ge- schenk zu erhalten. Ist es der betreffenden Person darum zu thun, der- gleichen lebende Thiere in diesem Zustande nach der Heimath zu be- fördern, so hat er für passende Behältnisse zu sorgen, und womöglich so viel von der einheimischen, für das Thier sich eignenden Futtersubstanz mitzu- nehmen, als es die Umstände gestatten. Es ist wohl kaum nöthig, darauf hinzuweisen, mit welchen Schwierigkeiten im Allgemeinen der Transport lebender Säugethiere verbunden ist. Da nun bei den steigenden Bedürf- nissen unserer Zeit, namentlich bei dem sich mehrenden Interesse unserer Zeitgenossen für zoologische und Acclimatisationsgärten, für öffentliche und Privatmenagerieen, der Handel mit lebenden Thieren in immer lebhafterer - Weise etablirt und in immer regelmässigere Bahnen gelenkt wird, so dürfen wir die eine so unendlich viel Routine verlangende Beschäftigung, wie das Erwerben und der Transport lebender Säugethiere, füglich der Hauptsache nach den Thierhändlern überlassen. Sollte sich dennoch einer oder der andere Reisende veranlasst fühlen, ein Exemplar aus unserer Thierordnung lebend zu transportiren, so muss er sich dabei auf die eigene Wissenschaft, das eigene Glück, sowie auf den Rath von Kennern und von erfahrenen Thierfreunden verlassen. Denn Regeln nach dieser Richtung hin zu geben, gehört nicht zu unserer Aufgabe, würde aber auch hier nicht einmal durch- führbar sein, weil” man alsdann alles über die Lebensweise der einzelnen Säugethiere Bekannte zusammenstellen müsste. *) Für uns handelt es sich hauptsächlich um die Einsammlung, Aufbewah- rung oder den Transport von todten Säugethieren und deren Skeleten, Häuten, Hörnern u. s. w. Der Reisende wird hier und da frisch getödtete Thiere, Schädel, Skelete, Bälge und einzelne merkwürdige Theile derselben zum Tausch oder Kauf erhalten. Hier heisst es Acht geben, dass auch die Waare dem Preise entspreche. An den Schädeln ist nach meinen eigenen Erfahrungen nur zu häufig das Hinterhauptsbein zerstört, um nämlich das Gehirn bequemer herausbekommen zu können, häufig fehlen auch Zähne oder der ganze Unterkiefer. An den Skeleten fehlen einzelne Rippen und na- mentlich oft einzelne Zehenglieder. Die Bälge sind nicht selten durch Schuss- oder Speerwunden gräulich zerlöchert, an manchen Stellen sind sie gefault, abgehaart, angefressen u. s. w. Hörner finden sich besonders an ihrer Basis zernagt u. s. w. Vielfach wird sich der Reisende in der Lage befinden, irgendwo ein- geborene Jäger in seinen Dienst zu nehmen, diese auf die Jagd zu sen- den und von ihnen Säugethiere einsammeln, resp. präpariren zu lassen. Man findet in manchen Gegenden geschickte Leute dieser Art, Leute, wie ihrer S. 484 erwähnt wurden. Nur muss man dieselben daran gewöhnen, scho- nender zu verfahren, als sie im Allgemeinen zu thun pflegen; namentlich bei Entfernung des Gehirns aus der Schädelhöhle, das Hinterhaupt zu erhalten, die Zehen und Huf-(Nagel-) Glieder ordentlich aus der Haut zu lösen, die Nasengesend nicht zu verstümmeln und jene Vorkehrungen zu treffen, welche für die Erhaltung der Präparate wichtig, von mir unten noch näher erörtert werden sollen. *) Vergl. die verschiedenen Jahrgänge der Zeitschrift: „Der zoologische Garten“, der Bulletins de la Societe d’Acelimatation de Paris, der Proceedings of the Zoological Society of London, sowie die hauptsächlich auf Biologie Rücksicht nehmenden zoolo- gischen Werke: H.O. Lenz: Gemeinnützige Naturgeschichte 4. Aufl., Bd.I, Gotha 1860, Wood: Natural history. Vol. I Mammals. Brehm: Ilustrirtes Thierleben Bd. TI, II, Figuier: les Mammiferes. Die Säugethiere. nn. Stämme verstehen es nicht nur mittelst der Feuerwaffen, { EL Bogen, Speere, Harpunen, Schwerter, der Wurfeisen, Wurfhölzer, Keulen, Lacos (Wurfschlingen), Bolas (Wurfkugeln) u, s. w. Säugethiere zu erlegen, sondern sie fangen dieselben auch in verschiedenartig construirten Fallen, in Netzen, mit Selbstgeschossen, Fallharpunen, Schlaghölzern, in Gruben und Gehegen (Mundöos, Hopos u. s. w.). Von solchen Vorrichtungen muss der Reisende möglichst Nutzen zu ziehen suchen. Eine Fallharpune, wie sie sich zur Erlegung gewisser Dickhäuter, grösserer Antilopen u. s. w., namentlich aber der Flusspferde, eignen möchte, findet sich in Monteiro’s und Gamitto’s interessantem Werke: O Muata Cazembe, Lisboa 1854, Tab. X abgebildet, ist auch in Livingstone’s Missio- nary travels und in Anderson’s Lake Ngami beschrieben und bildlich wieder- gegeben. Eine Harpune, deren Spitze vergiftet werden kann, wird am unteren Ende eines mittelst Steinen beschwerten Fallholzes befestist. Letzteres wird nun durch eine Leine an einem Baumaste oder an einer künstlichen Stütze emporgezogen und wird die Leine zugleich horizontal über den Weg gespannt, den das zu erlegende Thier erfahrungsgemäss zu betreten pflegt. Berührt dasselbe aber die zu beiden Seiten seines Pfades an Baumstümpfen lose be- festigte, horizontal laufende Leine, so löst sich dieselbe augenblicklich, das Fallholz schiesst niederwärts und fährt in den Rücken des Thieres, welches in Folge der Verwundung stirbt, dies namentlich schnell, wenn die Harpune vergiftet gewesen war. Ein Selbstgeschoss von starker Wirkung beschreibt der schon von uns eitirte Anderson, einer der bewährtesten afrikanischen Sportsmen, wie folgt: „Man nimmt zwei junge Bäume, deren untere Zweige man abgeschnitten hat, oder ein Paar starke Pfähle, die man fest in die Erde einschlägt, und be- festigt an ihnen eine Büchse in fast horizontaler Lage, doch so, dass die Mündung des Laufes etwas aufwärts gerichtet ist. Ein Stück Holz von un- gefähr sechs Zoll Länge, so zu sagen ein kleiner Hebebaum, wird so an den Büchsenschaft gebunden, dass er etwas vor- und rückwärts geschoben werden kann. Ein kurzer Bindfaden vereinigt den Drücker mit deın unteren Theile jenes Holzstückess. Am oberen Ende desselben bindet man eine längere Schnur an, die man durch einen der leeren Ladestockhülsen zieht, worauf man an das äusserste Ende der Schnur ein Stück Fleisch bindet, das auf der Mündung der Büchse liest. Wenn dies soweit fertig ist, macht man eine Art Zaun um den Platz, der aus stacheligem Gebüsch besteht, und lässt nur einen Zugang frei, gerade vor der Mündung der Büchse. Von verschie- denen Seiten her legt ‚man altes Fleisch oder etwas Aehnliches bis an die Falle heran. Wenn nun z. B. eine Hyäne das Fleischstück anbeisst, was nicht geschehen kann, ohne dass ihr Rachen gerade vor die Mündung des Flintenlaufes kommt und die Schnur berührt, geht der Schuss sogleich los, und man kann hundert gegen eins wetten, dass die Hirnschale nach allen Seiten hin zersplittert.“ Die Mundeos sind in Östbrasilien gebräuchlich und werden dieselben namentlich von den Indianern geschickt angelegt. Man wählt zu ihrer Auf- stellung gern die Nähe eines Flussufers im Walde. Hier errichtet man aus _ grünen Reisern einen langen Zaun, der auf das Ufer rechtwinklig gestellt wird und etwa 24 bis 3 Fuss hoch sein muss. Alle 15 bis 20 Schritte wird in diesem Flechtzaun eine schmale Oeffnung gelassen, in welcher drei starke Stücke Holz vermittelst verschiedener kleiner Hölzer schräg in einem Winkel aufgestellt werden. Das kleine Wildpret sucht einen Durchgang, wenn es, seiner Gewohnheit gemäss, längs des Flussufers hin und her wechselt, 32* e er 500 & Hartmann. es findet eine Oeffnung unter den Schlagbäumen und tritt auf die Stellung, welche ein kleiner aus Reisig geflochtener Boden ist, die schweren Hölzer schnellen los, schlagen herab und tödten das Thier. Solcher Mund&os macht - man dreissig, vierzig und mehr in einer Linie und in ihnen fängt man täg- lich. Wildpret. Prinz Max von Neuwied, welchem wir eine Beschreibung dieser Art primitiver Thierfallen verdanken, fing darin an einer Localität innerhalb fünf Wochen 181 Säugethiere (darunter 3 Tapire, 3 Rehe, 11 Nabelschweine, 2 Ameisenbären, 2 Fischottern, 9 Tigerkatzen u. s. w.) Jedenfalls dürften sich diese Mund£os für die brasilischen und sonstigen Flüsse der waldreichen Theile Südamerikas recht wohl eignen. Der schon erwähnte Hopo wird von gewissen Bantu- (Kaffern, Bechuana-) Stämmen Südafrikas benutzt. Derselbe besteht nach Livingstone aus zwei Verhauen oder Hecken in Gestalt des Buchstabens V, welche in der Nähe des Winkels sehr hoch und dicht sind. Anstatt dass aber beide Hecken im Winkel zusammenstossen, sind sie so angelegt, dass sie eine schmale Gasse von etwa funfzig Armlängen bilden, an deren Ende eine Grube von 6 bis 8 Fuss Tiefe’ und 12 bis 15 Fuss Breite angebracht ist. Ueber die Ränder der Grube sind Baumstämme gelegt, besonders über den Rand zunächst der Stelle, wo die Thiere in das Loch hinunterspringen sollen, und auf der gegenüberliegenden Seite, über welche sie, wie man voraussetzt, versuchen werden zu entkommen, wenn sie hinuntergefallen sind. Die Stämme hängen so lose über den Rand, dass sie das Entkommen beinahe unmöglich machen. Das Ganze ist sorgfältig mit kurzen grünen Binsen bedeckt, wodurch die Vertiefung einer versteckten Fallgrube ähnlich wird. Da die Hecken ge- wöhnlich ungefähr eine englische Meile lang sind und an ihren Enden etwa ebensowenig auseinanderstehen, so kann ein Stamm, der um die Grube herum einen Kreis von drei bis vier Meilen bildet und nach und nach näher zu- sammenrückt, darauf rechnen, eine grosse Menge Wild einzuschliessen. Dieses wird dann unter Geschrei nach dem engen Theile des Hopo getrieben, die dort versteckten Männer schleudern ihre Wurfspeere unter die bestürzten Rudel hinein, die erschreckten Thiere rennen immer weiter bis zu der Oeff- nung, die sich am Ende der zusammenlaufenden Hecken befindet, und stürzen in die Grube, die sich bis zum Rande füllt. Von letzterer Fangmethode sollte der Reisende im gegebenen Falle in einem Lande Nutzen zu ziehen suchen, welches sich durch so grossen Wild- reichthum auszeichnet und woselbst der Wagenverkehr im Innern den Trans- port selbst grosser Thierreste erleichtert, wogegen dieser in den mehr nörd- lichen Gegenden des afrikanischen Festlandes erhebliche Schwierigkeiten findet. Der Reisende wird sich nun auch häufig bewogen fühlen, die Jagd persönlich auszuüben. Es würde die Tendenz dieses Buches und den mir zugewiesenen Druckraum gänzlich überschreiten, wollte ich mich hier darauf einlassen, dem Leser Mittheilungen über moderne Jagdwaffen u. s. w. zu machen. Nur hinsichtlich zweckmässiger Jagdkleidung möchte ich hier ein paar kurze Bemerkungen einschalten. Schreiende Farben sind gänzlich zu vermeiden, vielmehr muss der Kleiderstoff ein möglichst mattfarbiger sein. Dagegen wird es sich vielfach empfehlen, ein rothes Schnupftuch oder Läpp- chen in der Tasche bei sich zu führen, um damit’ die Neugier des Wildes, z. B. mancher Antilopen u. s. w., zu reizen und sie so leichter zu Schusse zu bringen. Für tropische, an’ dornigem Buschwerke reiche Gegenden eignen sich vorzüglich Jacke und Hose von Leder, die erstere vorn mit mehreren kleineren und hinten auf dem Rücken mit einer grossen Tasche versehen. Schlitze zugänglich, die sich ınd z ıkn ] pfen ke Eher kann man Reservezeug für das Gewehr, zbuch, Kä sehe. u. s. w. unterbringen, ohne doch dadurch in seinen egungen gehemmt zu werden. Als Leibwäsche ist auch für die heissen der ein auf dem blossen Körper zu tragendes Wollhemde 'anzurathen. leicht und gut gearbeitete Kniestiefel. Als Kopfbedeckung nehme man einen “lzhut, dessen breite Krämpen im Dickicht emporgeschlagen werden können. Auch sind die von den Engländern in Indien u. s. w. getragenen helmartigen er leichten Filzhüte sehr elle An einem starken Ledergurt werden die 2 ' Patrontasche und ein gutes Jagdmesser befestigt. Sehr enipichlenswerit sind die in Solingen Belcrtieten, in er lasener Scheide steckenden Bowie- N Messer, Machetes oder Fagöes, welche zugleich als Hackemesser im Walde dienen on und überdies eine elle Vertheidigungswaffe abgeben. > ‘ Will man nun ein todtes Säugethier abb ns so verfahre man in folgender Weise: Man lege den Oadaver auf den Rücken, mache mit einem | starken Skalpell oder einem Küchenmesser mit convexer Schneide einen am - „(zur Linken des Präparators gelegenen) Kinn beginnenden, bis gegen den After hin reichenden medianen Längsschnitt und verbinde damit je vier an den Füssen beginnende, an der Innenseite der Beine verlaufende Quer- { ı schnitte. Die Schwanzhaut wird an der Unterseite dieses Organes bis zur Spitze gespalten. Brustwarzen, die männliche Ruthe, der Hodensack, die weibliche Geschlechtsöffnung und die Afteröffnung sind zu schonen, resp. a des Aufschneidens der Bauchhaut durch en zu umgehen. Durchschneidung der Sehnen und Bandapparate. An der Nase, an den j Lippen und . Anpenlidern sei man (worauf u. A. auch Ph. R. Martin mit’ y . Recht on macht) sehr vorsichtig, damit diese Organe nicht einge- N, schnitten werden. An der Ruthe, dem Hodensack und den Zitzen, resp. \ Eutern, schäle man die Weichtheile aus der sie bedeckenden Haut heraus. Die Ohren werden hart am Kopfe abgetrennt. Die Hörner und Geweihe lasse man an der Haut und säge dieselben an ihrer Basis ab. Scheide und | Mastdarm werden hart an ihrer äusseren Mündung abgeschnitten. Fett muss 0 nach Möglichkeit von der Fleischfläche der Haut gelöst werden, auch muss man sich hüten, zu viel Muskel, namentlich Hautmuskel und Sehnenhäute (Faseien) daran zu lassen. \ Martin schlägt vor, die nur schwierig im Ganzen ablösbaren und zu transportirenden Häute. sehr grosser Bestien, der Elephanten, Nashörner, - Flusspferde u. s. w. in dibelken Stücken abzuziehen. Man solle dabei die "natürlichen Hautfalten benutzen, was namentlich beim indischen Rhinoceros k leicht ausführbar sei. Jedenfalls dürfte dieser Vorschlag des hervorragenden BE - Taxidermen wohl zu beherzigen sein. 7 * Bee « Die Vordirbeine ‚werden sammt den a abzelash? vi ») Mond wähle man glänzende Knöpfe von Perlmutter, Metall und dergl,, El n den Wilden unaufhörlich darum angebettelt wird. 502 Hartmann. hirnung sorgfältig vom ersten Halswirbel gelöst werden. Man zerstört als- dann das Gehirn vom Hinterhauptloche mittelst eines starken, winkelförmig gebogenen Drathes oder mittelst eines Baumästchens, an welchem noch ein Zweig im Winkel absteht. Das Hirn wird damit in der Schädelhöhle selbst zerdrückt und extrahirt, es kann aber mittelst Wasser und Holzasche noch weiter herausgespült werden. Es empfiehlt sich die Skelete kleinerer Säuge- thiere in feuchtes Löschpapier einzuschlagen, das ganze Packet am gelinden Feuer oder in der Sonne zu trocknen und mit Bindfaden zu umschnüren. Grössere Thierknochen trocknet man ebenfalls an einem nicht zu intensiven Feuer oder in der Sonne. Durch Aufstreuen von über Feuer erwärmtem oder von der Sonne durchglühtem Sande, selbst von heisser Asche, kann man das Eintrocknen der Skelete befördern. Auch empfiehlt es sich, der- gleichen Materialien in die Schädelhöhle einzustreuen. Die enthirnten Schädel von Thieren, die nicht zu lange und nicht zu dieke Hörner oder Geweihe haben, können in den Rippenkorb gesteckt werden, in welchem auch wohl die vorher in Beugestellung gebrachten Vorderbeine Platz finden. Füllt man nun noch die übrigebleibenden Zwischenräume innerhalb des Rippenkorbes mit Werg, Watte, Papier, Lappen, Heu, Pflanzenhaaren oder mit Laub aus, so lässt sich das Skelet sicherer transportiren. Hat man ein gehörntes oder geweihetes Thier abgebalgt und die betreffende Kopfbewehrung abgesägt, so bleibt der Schädel trotzdem immer noch brauchbar. Selbst der Rippenkorb, die Wirbelsäule, die Beckenknochen und die abgehäuteten oberen Knochen der Extremitäten solcher abgebalgten Thiere sollten nicht bei Seite geworfen, sondern erhalten werden. Ist die nöthige Musse vorhanden, so kann man die vorher in Gefässen untergebrachten Skelete kleiner Säugethiere immerhin von Ameisen, Ter- len, Speckkäfern und Schaben benagen lassen. Behufs Conservirung der Häute und Rohskelete hat man die ver- schiedenartigsten Methoden und Mittel in Vorschlag gebracht. Anstatt nun den Leser hier mit einem Wust von Recepten u. del. zu ermüden und zu verwirren, will ich nur einige Dinge mittheilen, deren Zuverlässigkeit ich selbst erprobt habe. Zunächst Becoeur’s Arsenikseife. Man kocht weisse Seife 1 Pfd. in Wasser zu einem Brei und füst erst 4 Pfd. frisch gelöschten Kalk und dann 1 Pfd. gepulvertes Arsenik (arsenige Säure — acidum arsenicosum), endlich 4 Pfd. Kampher hinzu. Man transportirt diese Masse in geschlossenen, nasse gut gesicherten, weithalsigen Gefässen von Glas, Thon, Steingut oder Bozen und streicht sie mit hölzernen Spateln auf de damit zu conservirenden Präparate auf. Besser als diese Arsenikseife ist das von Martin in Vorschlag gebrachte arsenigsaure Natron. Es kann dasselbe als „arsenigsaures Natron, Natron arsenicosum“ aus chemischen Fabriken und Droguerieen bezogen werden. Vor dem Gebrauch löst man es in kaltem Wasser auf. Kleine Säugethiere, welche man mit Haut und Haar trocknen will, können vorher in eine solche Lösung eingetaucht werden. Gut ist es, auch die Hörner- basen an Schädeln, Bälgen oder an isolirt abgelösten Hörnern damit zu be- streichen, weil diese Theile grossen Zerstörungen durch Insectenfrass aus- gesetzt sind. Ferner muss man solche Rohskelette, deren Zusammenhang er- halten bleiben soll, damit bestreichen. Man kann dazu eine beliebige Vogel- feder benutzen. Martin empfiehlt statt der Arsenikseife arsenigsauren Thon. Zu - | Die Säugethiere. gesättigter. elekung rd irgend ein trockner Kehren Thon a “ gerührt, bis ein dünner Brei entsteht, - Ehe man nun Häute mit Arsenikpräparaten behandelt, let man sie einen Tag oder länger in eine gesättigte Kochsalz- oder A und trocknet sie alsdann. Hat man nun hierzu keine Musse, so bestreue man die - Häute wenigstens auf der Fleischseite mit Kochsalz oder Alaunpulver, sehe ‚ naber bald einmal nach, ob sich diese Stoffe nicht nach Aufsaugung von ' Wasser aus der Luft Bel haben. Ist dies der Fall, so trockne man das Präparat an der Sonne oder am Feuer. Auch Carbolsäure, sowohl roh wie - rectificirt, Benzin, Naphthalın, Kienöl und Petroleum sind gute Oonservirungs- mittel für Häute, Hörner u. s. w., müssen indessen zuweilen neu aufgestri- - chen werden. Naphthalin kann man trocken einstreuen. Will man kleine Thiere behufs späterer anatomischer Untersuchung aufbewahren, so lege man dieselben in Spirituosa, nachdem man sie vorher von Blut, Excrementen, Erde u. s. w. sorgfältig gesäubert und nachdem man ihre Bauchhöhle durch einen medianen Längsschnitt geöffnet hat. Kann man die Thiere erst einige Tage in sehr starkem und später in schwächerem, mit Glycerin versetztem Alkohol aufbewahren, so gewinnt man gute, später na- mentlich für das Studium der Muskeln linie Präparate. Uebrigens sei man mit der Wahl der Spirituosen nicht zu ängstlich und nehme, was das Land bietet, selbst die amerikanischen Peotend wie Cachaca, Agoa ar- dente de Oanna, Pisco u. s. w. Hat man es übrigens mit anerkannt schwa- RL chen Branntweinen zu thun, so erneuere man dieselben möglichst oft und ; setze jedesmal etwas Arsenik oder arsenigsaures Natron, arsenigsauren Thon h oder selbst Arsenikseife hinzu. Spirituosen, womöglich mit den eben erwähnten Ingredienzien versetzt, sind auch das beste Aufbewahrungsmittel für Eingeweide, Darmcanal und Geschlechtswerkzeuge, welche bar erst sorgfältig von Blut und Auswurfs- stoffen gereinigt werden müssen, bevor man sie rlleeh / Fehlt es durchaus an Spirituosen oder sind die ee zu gross, um m sie sanz feucht aufbewahren zu können, so suche man sie wenigstens einzu- pökeln, in Gläsern, Töpfen (womöglich gepichten) Fässern u. s. w. Man \ nehme Kochsalz (Seesalz) und erneuere dasselbe öfters, ebenso wie sich bil- R dende Lake, welche letztere leicht fault. R' Wer die nöthige manuelle Fertigkeit im Herausnehmen von Gehirnen, Augäpfeln, Felsenbeinen, Nasenapparaten und Zungen besitzt, möge dieselben in das leicht. käuflich zu erwerbende und im trocknen Zustande leicht zu transportirende in (zur Noth gewöhnlichem, sonst destillirtem) Wasser bis zum dunklen Weingelb gelöste, alle paar Wochen zu erneuernde doppelt chromsaure Kali — Kali bichromieum — einlegen. Chromsäure ist oft nur schwierig zu haben und zerfliesst beim Transporte sehr leicht. Haar- und Wollproben lege man mit etwas fein gestossenem Pfeffer oder mit Inseetenpulver in aussen etikettirte Hülsen von en Papier ein. 0 Man vergesse niemals einem Präparate ein mit Tinte oder halbweichem, 2 Bleistift auf askein Papier geschriebenes, mit laufender Nummer versehenes BE Etikett beizufügen, auf welchem Fundort, Geschlecht, ungefähres oder wirk- liches Alter, landesübliche Namen und — wenn es Et um Häute handelt, die Hothwendigsten Maasse, wenn man es dagegen mit Skeleten, Schädeln, Hörnern oder Adeweihen zu thun hat, Maasse, Aeusseres und Farbe des be- _ treffenden Individuums kurz Verben Verden 2 einsatz versehene Kisten; muss man sich aber mit dürftigerem Verpackungs- . Zum Transport dienen natürlich am sichersten mit verlöthetem Blech- ca) 504 ES Hartmann: Die Säugethiere. materiale begnügen, so suche man doch die Kästen oder dgl. in nasse, stein- hart eintrocknende Ochsenhäute oder wenigstens in Segeltuch, Matten u.s.w. einzuhüllen und vorher gestossenen Pfeffer, Kampher oder andere stark- riechende, trockene Substanzen aufzustreuen. Anm. Zum Präpariren dienen anatomische Präparirbestecke, eine Blatt- und eine Stichsäge, eine Knochenzange, eine Rippenscheere, ein paar Küchen- messer in Holzheft, Nadeln und Zwirn. Verel. u. A.: Boitard, Manuel du Naturaliste Preparateur, ou l’art d’empailler les anımaux etc. Paris 1825. Deutsch bearbeitet von Th. Thon. Ilmenau 1827. P. L. Martin, Die Praxis der Naturgeschichte. I. u. II. Theil. Weimar 1869. J. F. Naumann, Taxidermie oder die Lehre Thiere aller Classen am einfachsten und zweckmässissten für Naturaliensammlungen aufzubewahren und auszustopfen. 2. Aufl. Halle 1848. Barboza du Bocage, Instruegöes praticas sobre o modo de colligir, preparar e re- metter productos” zoologicos parä o Museu de Lisboa. Lisboa 1862. : Schilling, Hand- und Lehrbuch für angehende Naturforscher und Naturaliensammler. Weimar 1861. 3 Bände. Swainson, Taxidermy with the Biography of Zoologist ete. London 1840. 79 h 3 ee ie u y B: | Ueber Sammlung und Aufbewahrung chemisch wichtiger Natur- producte, Von A. Oppenheim. Die Chemie hat erst in neuerer Zeit einen Theil ihrer Kenntnisse syn- thetisch, durch willkürliche Verbindung der Elemente, gewonnen. Ihre ur- sprüngliche Methode ist rein analytischer Natur. Sie war deshalb früher absolut und ist noch heute zum grossen Theil auf die Substanzen angewiesen, welche ihr von Mineralogen, von Botanikern, von Zoologen, von Solchen endlich, welche aus technischen Gründen Naturproducte sammeln, überliefert werden. Was ihrer Analyse unterworfen wird, was ihr entgeht, hängt noch heute vom Zufall ab. Aus dem unerschöpflichen Schatze der Natur sind ihr nur sparsam und ohne System einzelne Brocken in den Schooss geworfen — und wenn sie aus zufällig erlangten Kenntnissen zu einer Wissenschaft er- blühen konnte, deren Reichthum und Zusammenhang hinter keiner anderen zurücksteht, wenn sie der Industrie grössere Dienste leisten konnte als irgend eine, so steigt damit unser Verlangen, dass die Quellen ihrer Entdeckungen dem Zufall entzogen werden. Wie nach unbekannten Gestirnen der Himmel systematisch durchforscht wird, so müssen die drei Reiche der Natur einer strengen Prüfung auf che- misch wichtige Substanzen unterzogen werden. Im Mineralreich und nur in diesem ist dies bereits der Fall. Jedes neue Mineral wird seit länger als einem Jahrhundert dem Chemiker zur Analyse unterbreitet und die Chemie der unorgänischen Natur hat sich des- halb am frühesten und vollständigsten entwickelt. Eine Anweisung zum Sammeln chemisch wichtiger Mineralien erscheint deshalb nicht am Platz. Die mineralogischen Abschnitte dieses Buches geben darüber das Wissens- werthe. Auch Luft und Wasser der verschiedensten Fundorte sind schon früh untersucht worden. Von der Atmosphäre ergab sich bereits 1804 durch Biot und Gay- Lussac, welche mit Hülfe eines Ballons Luft in der Höhe von 6500 Meter sammelten, dass dieselbe in hohen und niederen Schichten wesentlich dieselbe Zu- sammensetzung habe. Nachdem durch Sammeln von Luft auf hohen Bergen dies Resultat wiederholt bestätigt worden ist, kann man dies Capitel als geschlossen 506 Oppenheim. betrachten. In neuerer Zeit bildete die vom Meerwasser absorbirte Luft den Gegenstand mehrfacher Untersuchungen. Es handelt sich dabei um einen Apparat, der in bestimmter Tiefe leicht gefüllt und fest verschlossen werden kann. Ein solcher findet sich von ©. Jacobsen in den Annalen der Chemie und Pharmacie Bd.167 S. 13 beschrieben. Da hierbei die Luft unter höherem Drucke gesammelt wird, ist es wünschenswerth, dieselbe bald aus der Flasche zu entlassen und zu untersuchen, wozu sich an Bord des Schiffes leicht die nöthige Einrichtung treffen lässt. Die Variationen in der Zusam- mensetzung der vom Wasser absorbirten Luft sind, der angeführten in der Ostsee und Nordsee sorgfältig ausgeführten Arbeit nach, nur von localen und zufälligen Umständen abhängig, und Reisende auf anderen Meeren werden derartige Untersuchungen deshalb nur unter besonderen Umständen anstellen wollen, wofür ihnen dann die citirte Abhandlung die beste Anweisung liefert. Um so häufiger handelt es sich darum, die aus Quellen, Geysern oder Fumarolen aufsteigenden Gase aufzufangen. Die hierfür erforderlichen. Maassregeln sind von Bunsen in seinen „Gasometrischen Methoden“ (Braun- schweig 1857) ausführlich beschrieben. Für gewöhnliche Fälle wird der fol- gende Auszug aus diesem classischen Werke genügen: Man versehe sich mit Probirröhren von 40—60 Ce. Inhalt, die vor der Glasbläserlampe nahe dem offenen Ende zur Weite eines dünnen Strohhalms ausgezogen sind und mittelst eines gut schliessenden Korkes oder eines Röhrenstückes von vulcanisirtem Kautschuk mit einem Trichter luftdicht verbun- den werden können. Statt der Probirröhrchen lassen sich auch kleine langhalsige Arzneiflaschen benutzen, die ebenso zugerichtet werden. Man füllt den Apparat zunächst mit dem Wasser der Quelle an. Da dies nicht ohne Luftzutritt geschehen kann, wo- durch die Zusammensetzung des im eingefüllten Quellwasser dif- fundirten Gases geändert werden würde, so taucht man den mit der Trichtermündung nach oben gekehrten Apparat unter den Quellenspiegel ein und saugt vermittelst einer bis auf den Boden des Probir- röhrehens reichenden engen Röhre das bei der ersten Füllung mit Luft in Berührung gewesene Wasser so lange auf, bis man überzeugt sein kann, es durch anderes Wasser aus der Quelle ersetzt zu haben. Lässt man dann das Quellengas durch den Trichter in das so gefüllte Gefäss aufsteigen, so ist man vor jeder Verunreinigung desselben gesichert. Werden die auf- steigenden Blasen in dem Trichterhalse oder unter der Verengung zurück- gehalten, so kann man sie leicht durch Klopfen des Trichterrandes gegen eine harte Unterlage zum Aufsteigen bringen. — Nachdem der Apparat ın einer kleinen Schale aus der Quelle entfernt ist, schmilzt man das Gefäss _ an der ausgezogenen Stelle ab, was ohne Schwierigkeit mit der Löthrohr- flamme geschehen kann, mittelst deren man zugleich die Feuchtigkeit an der abzuschmelzenden Stelle durch Erwärmen vorher entfernt. (8. Fig. nächste $.) \ $ den. Man entfernt den Trichter unter dem N veau der Quelle und ersetzt ihn durch einen befeuch- teten, gesunden, gut schliessenden Kork, der mit einer _ ebenfalls ‚befeuchteten dünnen Koulschukplatte über- zogen ist, Dabei wird der Verschluss unter dem Wasser so bewerkstelligt, dass keine Flüssigkeit über dem Kork zurückbleibt. Schneidet man den letzteren dicht über dem Halse des Gefässes ab und überzieht man ihn, nachdem er sorgfältig abgetrocknet ist, mit einer Schicht möglichst feinen Slegellacks, so se keine Luftverun- reinisung möglich, wenn nicht anders der Siegellack- überzug Rich Dean oder endet Tem- - peraturwechsel Risse erhält. Die so gefüllten Gefässe sind sorgfältig in Watte oder Werg verpackt ihrem Bestimmungsort zuzuführen: wenn nicht, wie es wohl bei Untersuchung der Meerwassergase an Bord des Schiffes geschehen ist, die Untersuchung bald nach der Auffangung ausgeführt werden kann. Um Gase aus Kraterseen und Kochquellen aufzufangen, ist es oft nöthig, den Apparat an einem längeren Stabe zu befestigen, um nicht von perio- dischen Dampferuptionen zu sehr belästigt zu werden. Sind die Quellen un- zugänglich oder durch heftiges Sieden unnahbar, so wendet man einen mit einem Bleiring beschwerten Trichter an, von dessen Stiele ein mittelst vul- eanisirten Kautschuks befestigtes Zinnrohr ausläuft, mit welchem ein Hahn . und hinter dem- selben Sammel- röhren durch Kautschuk ver- bunden sind. Ist der Apparat in die Quelle gesenkt und durch Aussau- gen der Luft bis zum Hahn mit Wasser ge- füllt, so lässt man das aufzufangende Gas in dem Trichter so lange aufsteigen, bis es sich unter einer den Atmosphärendruck überwiegenden Pressung befindet. Man öffnet sodann den Hahn und lässt dasselbe ‚durch die een so lange nen) bis man überzeugt sein kann, SB RT N, Sn hrehen, ren ausgezogene Enden an der zum Abschmelzen bestimmten BR Stelle etwas verdickt und verengt sind und deren man drei bis vier zugleich e: anwenden kann, sind durch Röhren von vulcanisirtem Kautschuk uftdicht mit einander verbunden. Sie werden nach vorgängiger Erwärmung an der sten und letzten Kautschukverbindung durch einfaches Zusammenpressen t den Fingern luftdicht verschlossen nnd endlich, sobald ihre Temperatur Me soweit gesunken ist, dass der äussere Luftdruck den inneren ein wenig ‚überwiegt, der Reihe nach abgeschmolzen. — Wo grosse Dampfmassen ab- eo a mit kochendem Wasser aus Oeffnungen herrorkenchleudert werden ie A at AND a m; 7 ee I he ar De er, ar ae Te - . 508 Oppenheim. und der umliegende heisse Schlammboden nur von einer dünnen erhärteten . Thonkruste überlagert wird, wie auf den Solfatarenfeldern Islands, erheischt die Vorsicht, die Festigkeit des Grundes mit einer Stange zu prüfen und vor plötzlichen Dampfausbrüchen den Rückzug zu sichern. Bisweilen ist es dann vortheilhaft, an bequemer Stelle mittelst eines Stabes ein Loch in den heissen Fumarolenthon zu stossen, um sogleich einen Gas- und Dampfstrom künstlich hervorzurufen. Enthalten solche Gase, wie gewöhnlich, Schwefelwasserstoff, Salzsäure oder schweflige Säure, welche von Zinn oder Blei zersetzt werden. so müssen die sonst am besten aus die- sen Metallen bestehenden Ableitungs- röhren durch Glasröhren ersetzt wer- den. Die Ableitungsröhren sind in ein Loch eingesenkt und der umgebende Thon daran festgestampft. Um das Gas vor der Aufsammlung von Dampfmassen zu befreien, leitet man es durch ein Glasgefäss mit doppelt durchböhrtem Kork, welches zum Theil mit kaltem Wasser gefüllt ist. Dieses condensirt den Dampf, während das mitgeführte Gas, sobald das Wasser damit gesättigt ist, seine Zusammensetzung unver- ändert beibehält und die Luft aus dem Gefäss und den Sammelröhren ver- drängt. Wenden wir uns der Untersuchung des Wassers zu, so wird auch hier zuvörderst das Gas zu beachten sein, welches häufig aus Quellen aufsteigt und auf die angegebene Weise gesammelt werden muss. Feste Quellabsätze, wie Eisenocker u. s. w. sind vom Boden der Quelle und ihrer Abflusscanäle aufzuheben und in gut verschlossenen Flaschen zu bewahren. Das Wasser selbst sammelt man, indem man passende Flaschen (Weinflaschen können hierzu wohl verwandt werden) möglichst tief unter dem Wasserspiegel füllt, wieder entleert und möglichst tief eingesenkt wieder füllt. Dieselben werden mit gut passenden weichen Korken verschlossen, die man zuvor mit dem Wasser der Quelle (des Flusses oder des Sees, oder des Meeres) befeuchtet und mit vorher erwärmtem, befeuchtetem Blattkautschuk über- zogen hat. Der über den Flaschenhals hervorragende Theil des Korkes wird abgeschnitten, der Hals abgetrocknet, mit dem feinsten Siegellack ver- siegelt und die Flaschen werden mit Etiquetten bezeichnet. Wünschenswerth ist, von jedem Wasser für die Analyse 3—6 Literflaschen zu besitzen, die ver- packt werden, wie es der Ort erlaubt, in Heu, Werg, Kleie oder auch in Sand, wo es an passenderen Schutzmitteln fehlt. Einige Bestandtheile man- cher Quellwasser, namentlich Eisenoxydul, schweflige Säure und Schwefel- wasserstoif verändern sich beim Aufbewahren und müssen deshalb sofort be- stimmt werden. Hierzu sind Vorbereitungen nöthig, die der Reisende nur in vorhergesehenen Fällen treffen kann und für die wir ihn auf die Ab- handlung von Bunsen: Anleitung zur Analyse von Aschen und Mineral- wässern (Heidelberg, ©. Winter 1874) verweisen. Aehnlich wie die Quellen von Wasser sind die von Erdöl (Petroleum) zu behandeln. Welche Wasser ein Interesse haben, muss dem Tact des Reisenden zu entscheiden überlassen ing und Rn als ng chemisch wichtiger N aturproduce, 509 : geologische Betrachtungen, des Geschmask oder zufällige Neben- istände” werden ihn hierbei leiten. » Be Im Allgemeinen wird die chemische Untersuchung von Gasen und I. Wasser weniger der Chemie selbst nützen, als anderen Wissenschaften, welchen sie dient. Das Umgekehrte ist meistens und zwar im höchsten Grade der Fall bei den Producten der organischen Natur. Hierbei wird das A eich seltener in Betracht kommen als die Pflanzenwelt. Denn so wichtig auch die Kenntnisse sind, welche der Che- miker dem ersteren verdankt, so zeigen die thierischen Stoffe ,‚ mit. wenigen Ausnahmen, innerhalb grosser erelsenen eine sehr ähnliche Zinn setzung. Der Harn der pflanzenfressenden unterscheidet sich in gewissen Be- standtheilen von demjenigen der thierfressenden Säugethiere. Innerhalb einer jeden dieser Classen finden, soweit unsere heutigen Kenntnisse reichen, nur geringe qualitative Unterschiede statt. Die Exeremente der Amphibien und Vögel (Guano) sind für den Chemiker der Ausgangspunkt sehr einflussreicher Arbeiten geworden, aber ihre Bestandtheile scheinen wesentlich identisch zu sein. Aehnlich verhält es sich mit der Galle, dem Blut, der Milch, den -- Fetten, der Gehirnsubstanz, den Geweben u. s. w., und wenn auch im Harn A des Hundes, in der Galle des Schweines, in dem Fett der Hyäne u. s. w. h besondere Stoffe aufgefunden worden sind, so sind doch unsere einheimischen Thiere in dieser Hinsicht noch zu unvollständig untersucht, um uns zu ver- _ anlassen, die exotische Fauna in dieser Beziehung in Anspruch zu nehmen. Ausserdem ist die Isolirung der angedeuteten Substanzen zu zeitraubend und Bi. die Conservirung der thierischen Säfte zu schwierig, um den Reisenden der- E°; artige Aufgaben zu stellen. Einzelne Insecten, wie die Cochenille (coccus ° ' eacti), die Canthariden, welche chemisch wichtige Substanzen enthalten, lassen - sieh unschwer transportiren, und neue ähnliche Fälle werden dem aufmerk- E samen Beobachter leicht erkennbar sein. 7 Ganz verschieden verhält sich in allen diesen Beziehungen die Pflan- zenwelt. Innerhalb derselben Familie kommen hier die mannigfaltigsten Substanzen vor, ja dieselbe Pflanze liefert in verschiedenen Perioden ihrer Vegetation verschiedene chemische Producte.e Ohne die Kenntnisse einer ” Reihe derselben würde der bei weitem umfangreichste Zweig unserer Wissen- schaft, die organische Chemie, nicht existiren. Ohne die Kenntnisse der Pflanzensäuren, vieler ätherischer Oele, der Alkaloide u. s. w. wäre die Chemie auf dem beschränkten Standpunkte des dritten Viertels des vorigen Jahrhun- derts stehen geblieben und der Aufschwung, welchen sie in der Neuzeit ge- nommen, selbst im Keime unmöglich gewesen. Den wenigen Pflanzenpro- dueten, welche der Zufall ihr Are hat die Chemie eine unendliche Reihe -- neuer Körper entlockt, aus ihnen vorzüglich ihr System von wunderbarer Grösse entfaltet. Bedenken wir aber, wie gering verhältnissmässig die Anzahl der Pflanzen ist, denen sie ihr Rohmaterial verdankt, wie unermesslich das Gebiet, welches | heute noch unerschlossen geblieben ist, wie reich gerade die Dicker auf das _ unvollkommenste erschlossene Tropenwelt an Pflanzenproducten aller Art ist, so "liegt hierin ein Ansporn, mit aller Energie diesen vernachlässigten Zweig der Erkenntniss zu pflegen. Der Reisende, vor Allen derjenige, welcher sich die Tropenwelt zum Ziel gewählt, kann keinem Wissenszweige grössere _ Dienste leisten als dem genannten. Wer zu Völkern seine Schritte lenkt, die auf einer selbständigen, ver- r hältnissmä üssig hohen Culturstufe stehen, nach Persien, Indien u. s. w., % ‚vor. Allem nach Japan und China, wird ohne Zweifel daselbst für medi- ER: vi 510 Oppenheim. cinische und technische Zwecke Pflanzenstoffe benutzt finden, die in Europa noch unbekannt sind. Droguen und Farbstoffe sind seinem Sammel- fleisse dringend zu empfehlen, mit dem: Bemerken, dass die chemische Unter- suchung derselben meistens grössere Mengen erfordert, weil sie zuweilen sehr complicirter Natur sind und oft wesentliche Bestandtheile nur in sehr geringer Quantität enthalten. Je mehr er von interessanten Substanzen dieser Art erlangen kann, um so besser. Zuweilen wird ein Pfund oder weniger für die Untersuchung genügen; zuweilen wird das Zehnfache für dieselbe nicht ausreichen. Häufiger jedoch wird die Pflicht an den Reisenden herantreten, selbst Pflanzen auf die in ihnen vorkommenden Substanzen einer vorläufigen Prü- fung zu unterwerfen und diese, wenn auch im unreinen Zustande, aus ihnen zu gewinnen. Für diesen Zweck wird es vortheilhaft sein, wenn er mit Kenntnissen in der Botanik solche in der Chemie vereinigt. Er wird dann keine Anlei- tung nöthig haben als diejenige, welche ihm sein Wissen und dem Zweck angeeignete Lehrbücher der organischen Ohemie, etwa Husemann’s Pflanzen- stoffe (Berlin, Springer 1871) liefern. Er wird hiernach leicht die Auswahl der Gewächse treffen können, die noch nicht untersucht sind und die ihm am meisten Ausbeute versprechen. Eine derartige Vereinigung von Kennt- nissen ist bei Reisenden jedoch selten, die mehr den beschreibenden Natur- wissenschaften oder der Physik und Astronomie, als der Ohemie ihre Studien zu widmen pflegen. ! In der folgenden Anleitung soll darum auch nur auf die letztere Olasse von Reisenden Rücksicht genommen werden. Wir wollen kurz die Processe schil- dern, welche uns Rohproducte aus Pflanzen zu erhalten erlauben, die in der Heimath von geübten Chemikern einer fachmässigen Untersuchung unter- worfen werden können. Wir wollen auf die Reinigung der Rohproducte, die Isolirung bestimmter Substanzen daraus keine Rücksicht nehmen und nur solche Processe beschreiben, die sich mit Hülfe der einfachsten Apparate und der gewöhnlichsten Chemikalien, nämlich mit Wasser, Salzsäure und einem Alkali, Natron oder Kalkmilch ausführen lassen. Mit ihrer Hülfe wird der Experimentator in den meisten Fällen unansehnliche, stark gefärbte und syrupartige oder undeutlich krystallinische Extracte gewinnen, die aber wohl- verschlossen aufbewahrt bei der Rückkehr in civilisirte Länder bei weiterer Reinigung deutlich charakterisirte chemische Individuen zu liefern vermögen. Die nöthigen Apparate sind Abdampfschaalen aus Porcellan und Wasser- bäder: das sind grosse Gefässe aus starkem Blech oder besser mässig dünnem Kupfer, deren Deckel Oeffnungen enthalten, um die Schalen darauf zu stellen und durch Dampf zu erhitzen, und passende Apparate, um diese Erhitzung vorzunehmen. Derartige Apparate sind in Handlungen chemisch -pharma- ceutischer Utensilien vorräthig. Soll, was wünschenswerth, im Grossen gear- beitet werden, so sind dazu kupferne oder auch verzinnte oder emaillirte eiserne Kessel und ein Apparat nöthig, der Dampf entwickelt, um durch ein- geleiteten Dampf zu kochen und abzudunsten. Für Destillationen endlich sind kupferne Destillirgefässe und Kühlvor- richtung anzuwenden. Ein compendiöser, fast zu kleiner Apparat, welcher Dampfbad und Destillationsgefäss unter Anwendung gespannten Dampfes vereinigt, wird durch die Figur auf folgender Seite dargestellt. In tropischen Gegenden Amerikas und Westindiens werden sich hier und da, z. B. in Zuckerplantagen oder auch in wenigen Apotheken grosser Städte, een derartige Einrichtungen finden. Im Urwalde findet man sie nicht und es ist deshalb wohl am Platz, auf das Dringendste dazu aufzu- fordern, dass der Chemie eine Hülfe zu Theil werde, welche die Physik, die Meteorologie und Astronomie lange gefunden haben. Die Anlage phyto- chemisc er Stationen wird den Regierungen, gemeinnützigen Gesellschaften ‘oder Privaten, welche dieselben in’s Leben rufen wollen, ebenso reiche in- dustrielle Quellen wie der Wissenschaft einen neuen Born von Thatsachen eröffnen. Sie werden neue Farbstoffe, neue Heilmittel u. s. w. kennen lehren und verhindern, dass werthlose Substanzen wie Condurango und Anacohuit- holz in Mengen eingeführt werden und therapeutische Hoffnungen erregen, um sich schliesslich als ebenso medicinisch unwirksam wie chemisch indifferent ‚I „am zu erweisen. Sie werden endlich erreichen, dass die Botanik nicht eine iso- lirte Existenz führt, sondern den Reichthum der Pflanzenwelt der Chemie als einer treuen Verbündeten zum ersten Male voll und ganz zu Gebote stellt. Wo derartige Anstalten anzulegen sind, hängt zunächst von persön- lichen und zufälligen Verhältnissen ab. Wissenschaftlich gesinnte Colonisten, denen einige Musse zu Gebote steht, werden auf eigene Hand in diesem Gebiete viel nützen können. Diereiche Flora Brasiliens, Westindiens, der Molucken u.s. w. verspricht unendliche Ausbeute. Grosse Städte des Südens, wie Caleutta, die Capstadt, Cairo, Melbourne, Batavia, Rio de Janeiro, Cordova am Fusse der Cordilleren, Mexico u. a., die alle oder fast alle botanische Gärten be- > 512 ER Oppenheim. sitzen, würden besondere Erleichterungen gewähren können. Aber selbst einsame Plätze, nicht zu weit vom Meer, und mitten in der ursprünglichen Vegetation der Tropen gelegen, würden zur Anlesung der Stationen wohl geeignet sein. Die Einrichtungskosten einer Station würden die des Laboratoriums einer gut organisirten Apotheke nicht übersteigen, und bald würden ohne jeden Zweifel diese Anstalten ihre Kosten durch industrielle Erfolge mehr als decken können, ohne ihre wissenschaftliche Bestimmung aus dem Auge zu verlieren. Sie werden dann die Darstellung reiner Präparate zu betreiben vermögen und nicht nur die von Röhproducten, deren Darstellung hier zu erörtern übrig bleibt: 1. Darstellung ätherischer Oele. Die ätherischen Oele sind am reichlichsten in den Blüthen, Fruchtrinden, Samen und Blättern, sparsamer auch in den Rinden oder dem Holz vieler Pflanzen enthalten, sowie in Harzen, Balsamen und Camphern, welche aus ihrer Rinde freiwillig oder aus künst- lich angebrachten Einschnitten ausfliessen. Die. meisten dieser Pflanzen geben sich dem Geruch sofort zu erkennen. Andere enthalten das ätherische Oel nicht fertig vorgebildet. Die Oele der Cruciferen, der Liliaceen, das Oel der bitteren Mandel und des Kirschlorbeers entstehen erst, wenn die Zellen der Gewächse durch Pressen zerstört werden, so dass ihre Flüssigkeiten sich mischen, wodurch Gährung und damit Bildung des flüchtigen Oels hervor- gerufen wird. Bei anderen Gewächsen, die völlig geruchlos sind, z. B. beim Wegerich ruft man diese Gährung künstlich hervor, indem man die Pflan- zen zerquetscht und mit Wasser an der Luft stehen lässt. Die meisten ätherischen Oele erleiden an der Luft durch Oxydation eine, Umwandlung, indem sie in Harze oder Säuren übergehen. Es kommt deshalb darauf an, auch aus solchen Pflanzenproducten, die sich wie Balsame oder Harze scheinbar unverändert aufbewahren lassen, im frischen Zu- stande die ätherischen Oele zu gewinnen, da sie nach längerer Aufbewahrung dieselben häufig nicht mehr zu liefern vermögen. . Man unterwirft zu diesem Zwecke die genannten Substanzen oder Pflan- zentheile der Destillation mit Wasser, dessen Dampf die flüchtigen Oele fast sämmtlich fortreisst, trotz dessen ihr eigener Siede- punkt über dem des Wassers liest. Am besten wendet man gespannten Dampf für diesen Zweck an. Eine gewöhnliche kupferne Destillirblase mit guter Kühlung, besser jedoch eine Destillirblase mit ein- sesenktem Dampfrohr, welches mit einem Dampf- kessel zusammenhängt und gespannten Wasserdampf liefert, genügen für diesen Zweck. Man fügt hin- reichend Wasser zu, um die feste Masse zu bedecken und destillirt den dritten Theil davon ab. Zum Auffangen des Destillats dient eine sogenannte Flo- rentiner Flasche, von der die beistehende Abbildung eine verbesserte Form, reducirt auf den zehnten = Theil der wirklichen Grösse, giebt. Im Nothfalle wird es leicht sein, aus Glasröhren und Flaschen * eine ähnliche Einrichtung selbst herzustellen. Da die ätherischen Oele meistens leichter als Wasser sind, so schwim- men sie obenauf und können durch das obere Rohr der Florentiner Flasche in ein passendes enghalsiges Gefäss abfliessen, während aus dem unteren Rohr kehrten Weg nimmt. Wenn man bemerkt, dass die Oele fest werden (wie es: 2. B. Anisöl, Rosenöl u. a. thun, so lässt man das Wasser in der Floren- flüssigen. Aus sehr ölreichen Fruchtschalen wie Citronen u. s. w. kann man das Oel auch durch Pressen der frischen Schalen gewinnen. Man entfernt zu _ diesem Zweck vorher das weisse, innere wasserreiche Zellgewebe derselben und lässt das Gemenge von Oel und Wasser durch Stehen-lassen zur Tren- } E V _ nuns gelangen. Dieser Weg ist jedoch mit Verlust verbunden und wenig empfehlenswerth. Die flüchtigen Oele, von denen viele der Chemie die > grössten Dienste geleistet haben, müssen in wohlverschlossenen Gefässen, die womöglich ganz gefüllt sind, aufbewahrt werden. Aus manchen Blumen z. B. Jasmin, Veilchen, Heliotrop u. s. w. kann man auf den angegebenen Wegen keine ätherischen Oele gewinnen, weil die- selben entweder mit Wasserdämpfen nicht flüchtig sind oder durch dieselben _ zerstört werden. Der Parfumeur gewinnt ihre Wohlgerüche, indem*er die Blumen auf Fett legt, welches das Parfum aufnimmt und Pomaden bildet. Die Chemie kann ach aus dieser Methode keinen Vortheilziehen. Sie gewinnt, wenn auch nur spärliche Mengen von Oelen aus solchen Pflanzen, an man dieselben mit Aether, Chloroform oder Schwefelkohlenstoff auszieht. Die . letzteren Substanzen stehen ihrer Flüchtigkeit wegen in tropischen Klimaten jedoch schwer zu Gebote. Balsame, Harze und Campher haben für die Chemie auch andere In- teressen, als durch die flüchtigen Oele, welche sie durch Destillation zu liefern vermögen und sie sind der Aufmerksamkeit des Reisenden um so mehr zu empfehlen, als ihre Aufbewahrung eine leichte ist. Campher sind in wohlgeschlossenen Gefässen zu bewahren. 2. Auflösung von Pflanzenstoffen in Wasser, Säuren oder Alkalien. Um aus Pflanzentheilen die löslichen Bestandtheile zu gewinnen, bedient man sich der oben (S. 510—511) beschriebenen Apparate. Man zerkleinert die Pflanzentheile, namentlich Rinde, Wurzel, Keime und Früchte, weniger häufig ‚ Holz und Blätter und unterwirft dieselben Vorversuchen im kleinen Maas- stabe, um zu erfahren, an welches Lösungsmittel dieselben ihre löslichen Be- standtheile abgeben. Man kocht einige Pfund der zerkleinerten Pflanzensub- stanzen nach einander mit den oben angeführten Lösungsmitteln in Porzel- - lanschaalen, die auf dem Wasserbade erwärmt werden. Wasser pflest ausser Pineanschlene und Gummi, die Zuckerarten und die mit Zucker - verbundenen Substanzen (die sogenannte Glucoside) ferner viele Pflanzen- ‚säuren, manche Bitterstoffe, Warbstofe und einige Alkaloide aufzulösen. Enpnehe en Ben nur von alkalischen Flüssigkeiten y & nie meisten Alkaloide werden nur von Säuren aufgenommen und zu ve nn Zwecke setzt man dem Wasser am besten kleine Mengen von Salzsäure ‚zu, bis blaues Lakmuspapier von der Lösung bleibend schwach roth ge- färbt wird. Ar Man wird bei Vorversuchen nach einander zuerst Wasser, dann sehr " Ar N site zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. ; 33 NETTER an fliessen ec dis unisre Rohr ab, während das Wasser den umge- 514 Oppenheim. verdünnte Salzsäure und schliesslich mit kohlensaurem Natron oder Kalk- milch versetztes Wasser anwenden, so zwar, dass man die mit dem einen Lösungsmittel erschöpfte Substanz, nach einander mit den beiden anderen behandelt. Um die Lösung von dem Rückstand zu trennen, filtrirt man durch Beutel aus leinenem oder baumwollenem Stoff. Die Lösung, wenn sie eine wässrige ist, wird darauf geprüft, ob sie sauer oder alkalisch reagirt. In dem ersteren Fall färbt sie blaues Lakmuspapier roth, im’ anderen Fall färbt sie rothes Lakmuspapier blau. Ist sie sauer so fügt man so lange vorsichtig kohlensaures Natron oder Kalkmilch hinzu, bis sie mit Lakmuspapier keine Farbenreaction mehr zeigt. Ist sie alkalisch so fügt man so lange Salz- säure hinzu bis Lakmuspapier nicht mehr gefärbt wird. Die so „neutralisirte* oder von vornherein neutrale wässrige Lösung wird nun in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade so lange erwärmt, bis durch Verdampfen alle Flüssigkeit verschwunden ist. Es wird dann in den meisten Fällen ein fester Rückstand bleiben. Ebenso verfährt man mit den durch Alkalien oder Salzsäure dargestellten Lösungen. Der Augen- schein wird so bereits darauf führen, welche Methode für grössere Operationen anzuwenden ist: ob die Pflanzensubstanz an Wasser, an Säuren oder an Alkalien mehr abzugeben vermag, oder in welchem Falle der Extraet ein besseres, etwa ein krystallinisches Ansehen gewinnt, und hiernach wird sich, so lange weiterer Anhalt fehlt, die Operation im Grossen richten. Für diese benutzt man die oben beschriebenen verzinnten Kupferkessel, die am besten durch einen Dampfstrom erhitzt werden. Die im Grossen gewonnenen Lösungen werden im Wasserbade oder im Dampfstrom eingedampft; sofern sie mit Wasser bereitet waren, jedoch vorher neutralisirt. Der trockene Rückstand wird aus dem Abdampfgefäss entfernt und in wohlverschlossenen Gefässen bewahrt. Selbstverständlich müssen die Gefässe etiquettirt und mit der Angabe versehen werden, aus welchen Pflan- zen und Pflanzentheilen und durch welche Methode der Extract aus ihnen dargestellt worden ist. Bemerkt man, dass der Extract zu gähren beginnt, so ist es gut, ein wenig Quecksilbersublimat (weniger als 1 p.C. an Gewicht genügt) zuzufügen um die Gährung zu unterbrechen. Auch etwas arsenige Säure oder Phenol ge- nügt diesem Zweck. Das angewandte Mittel ist auf der Etiquette anzugeben. Sehr saftreiche Früchte (wie. die Citrone) liefern die in ihnen enthal- tenen Säuren durch Auspressen des Saftes.. Der Saft wird dann mit Kalk- milch neutralisirt und abgedampft. Passende Pressen eignen sich auch um aus Pflanzentheilen die mit Wasser befeuchtet sind Auszüge zu bereiten. Manche Pflanzenstoffe werden von keinem der angeführten Lösungs- mittel, wohl aber von Alkohol aufgenommen. Zur Extraction mit Alkohol bedient man sich besonderer Apparate die in Werken wie Mohr’s Phar- maceutische Technik oder Duflos’ Apothekerbuch beschrieben sind, Ex- tractionspressen oder auch Flaschen mit Kühlvorrichtungen, welche verhindern, dass die Alkoholdämpfe entweichen. Wir umgehen ihre Beschreibung um so mehr, als sie verhältnissmässig seltener zur Anwendung kommen, und diese Anweisung zur Ausführung der einfachsten Operationen nicht weiter comp- lieirt werden soll. Es darf nicht verschwiegen werden, dass die anempfohlenen Operationen z. B. das Auskochen mit Kalkmilch gewisse Körper, wie Flech- tensäuren (z. B. Lecanorsäure) zersetzen. Das sind jedoch Ausnahmsfälle, die. nur in phytochemischen Stationen, an deren Spitze geübte Chemiker stehen, vermieden werden können, am nn Ben Alten Se de man A a die © (Rinden, Früchte ü. s. w.) direct einzuführen und erst in Europa Die Erfahrung hat eben Be) erden. Es ist ferner bereits erwähnt, dass die Pflanzen durch Trock- en und Aufbewahren häufig ihre wesentlichsten Bestandtheile verlieren: so ass der bisher befolgte Weg nicht zum Ziel führen kann. Endlich ist be- ebstanzen nur in ganz inmalen Mengen in den Gewächsen vorkommen. Das Verlangen, desshalb die Pflanzen Ba Europa zu verschiffen und erst _ hier auf das Vorkommen jener Stoffe zu prüfen, würde mit dem Vorschlage auf gleicher Stufe stehen, etwa den Sand californischer Flüsse in Schiffs- a. ladungen herüberzubringen um erst in Europa das Gold derselben zu ge- ir 'winnen. h Reisende aber, welchen es gelingt mit den angegebenen, immerhin un- hi vollkommenen, Mitteln die Pflanzenchemie um eine neue Substanz zu be- De zeichern, werden damit nicht nur direct der Ohemie, der Pflanzenphysiologie ES En, und vielleicht der Industrie einen Dienst leisten, sondern was viel wesent- Be licher ist, sie werden einen neuen Beweis dafür Helen dass die Anlesung { phytochemischer Stationen eine wissenschaftliche und industrielle Nothwendig- ® ‚keit, eine Quelle von Wissen und Wohlstand ist, die nicht länger unbenutzt Sa ke: _ bleiben darf. a Be Allgemeine Begriffe der Ethnologie, Von A. Bastian. Für ethnologische Forschungen bildet den Hauptgesichtspunkt die Ab- hängigkeit des Menschen von der ihn umgebenden Natur, so dass sie auch in denjenigen Richtungen, wo sie sich mit den anthropologischen berühren, den homo weniger nach seiner Stellung innerhalb des Systems (im Anschluss an das zoologische) betrachten, als vielmehr in der charakteristischen Fär- bung, die ihm seine geographische Provinz verleiht (während wieder das aus der Herrschaft dieser befreite Oulturvolk nicht länger der Ethnologie, son- dern der Geschichte, und also der historischen Behandlung, angehört). Für den Ethnologen erscheint der Mensch in zwei Formen, einmal als Individuum und dann als Gesellschaftswesen, und zwar fällt diese Scheidung mit der in eine physische und psychische Hälfte zusammen, denn Alles zur psychischen Wesenheit Gehörige setzt als primären Zustand den der Ge- selliokeit voraus, innerhalb welcher sich dann erst die Geltung des Indivi- duums bestimmt, während in physischer Hinsicht das Individuum als solches den. nächsten Gegenstand der Untersuchungen bildet, und zwar einen durch die socialen Verhältnisse nur in geringem Grade modificirbaren. Die Causalitäten, die sich in den Eigenthümlichkeiten der physischen Erscheinungsform manifestiren, fliessen aus dem Klima im weitesten Sinne (aus den wandelnden Umgebungsverhältnissen, zu denen dann in psychischer Hinsicht noch die Einflüsse seines historischen Horizontes hinzutreten) und für dieses geographische Klima lassen sich die causae efficientes seiner orga- nischen (im Besonderen, seiner anthropologischen) Schöpfungen ungefähr unter folgenden Rubriken begreifen: : 1) die mittlere Temperatur des Ortes; 2) die extremen Temperaturen der Jahreszeiten; 3) die Modificationen der Temperatur nach der Erhebung; 4) locale Beeinflussungen der Temperatur; 5) Wechsel der Jahreszeiten und Eintheilung derselben; 6) Feuchtigkeitsgrade; 7) Windrichtungen; 8) Elektrieitätsverhältnisse der Luft; 9) unregelmässige Störungen der meteorologischen Processe und Natur- katastrophen; ; - 2 EEE ne ee Ne 3 13) Hydrographie und Orographie; | I: 14) Geologie und Metallreichthum; SER 15) Flora, mit besonderer Ei nleskihihieinne der Nutz- und Schmuck- 16) Fauna, und die von derselben gelieferten Jagd- oder Hausthiere; 17) agricole Bodenkunde; 18) die Lagerung des Landes nach Länge und Breite. Zu Nr. 1. | ea In einer durch hohe Temperatur beständig erwärmten und dadurch also | zur Expansion grösserer Mengen von Walrdapr befähigten Luft wird die Lunge mit jedem Athemzuge verhältnissmässig weniger reinen Sauerstoff auf- nehmen, das venöse System also, bei geringerer Oxydation des Blutes, über Be das arterielle vorwalten und somit die (auch zur Reinigung von deletären Stoffen dienende) Gallenausscheidung in der Leber vermehrt werden (oft mit on Ablagerung kohlenstoffhaltiger Pigmente im Hautnetz verbunden). In Folge BR _ hiervon werden in solche Gegenden versetzte Fremde zu Leberkrankheiten x Bi disponirt sein, während die in denselben Einheimischen, wenn nach kälteren Er versetzt, Lungenkrankheiten verfallen. So oft in Ellen Gegenden ölige ER rung reichlicher vorhanden ist, tritt Fettbildung auf, an Stellen a sonst (wie bei den Thieren) chenden Behaarung. Die rothe Oxydation | _ des Blutes durch den Sauerstoffreichthum in condensirterer Luft lässt die 8 Erhitzung des Körpers schon in der. Ausdünstung der Polarländer spüren, | Sr R. ' während am Aequator der Körper seinen Refrigerationsapparat eingefügt Bde krägt und die schwarze Haut sich kühl anfühlt. < ; N ER N; ie Zu Nr. 2. Bi: Ks Die Differenzen der Jahreszeiten müssen sich verschieden geltend machen, | He je nachdem die grössere Dauer in den Sommer oder in den Winter fällt, und EN IN ob extreme Gegensätze bestehen. An den gleichmässigen Vertheilun nen TORE Re ‚der temperirten Zonen werden in activer Muskelarbeit geübte Ba her- vortreten, während die Unthätigkeit polarer Nächte a Erschlaffung zur Folge hat, wie sie nach an Aequator hin die, aus Mühelosigkeit db ‚ Unterhaltes, Hiessende en ergiebt. Zu Nr.3. Wenn unter niederen Breiten bedeutende Elevation noch immer den "Charakter der Bewohnbarkeit bewahrt, wird dort die mittlere Temperatur, AR ei auf höheren Breiten der am Meeresniveau ‚entspricht, von zunehmender Ro Zu Nr. 4 i ” Auf niedrigen rauhen Hochebenen mag eine gebräunte und ausgedörrte Menschenart neben einer behäbig in en "Thälern situirten wohnen, durch " Ausrodung « entwaldete Flächen, ni verschiedene. Ei “ 518 Bon Zu Nr. 5. Der Umlauf der Jahreszeiten bedingt mit der Lebensweise auch manche Besonderheiten des davon abhängigen Körpers und in den Namen der Mo- nate spiegelt sich oft das Bild der in ihnen wechselnden Natur, sowie der daraus folgenden Beschäftigungen und Beschaffung der Nahrung. Zu Nr. 6. Ein trockenes Wüstenklima ergiebt einen straffen Körper und heiss- blütiges Temperament, wogegen mit Feuchtigkeit gesättigte Luft melancho- lisch deprimirend wirkt. ZAveıNr: 27. Die im Jahre vorherrschenden Windrichtungen eines Ortes bedingen, wie manche Eigenthümlichkeiten in der Lebensweise und deren Effecte in der Körperconstitution, oft Schutzmaassregeln, die sich im Baustyl und seinen Schirmdächern wieder erkennen lassen. Zu Nr. 8. Das Capitel der Elektricitätsvertheilung in der Luft ist ein von der Meteorologie noch zu wenig durchforschtes, um weitere Folgerungen daraus ableiten zu können, doch ist es bereits evident, dass die elektrischen Span- nungsverhältnisse nicht nur psychisch die Gemüthsstimmung influenciren, son- dern auch die äusseren Hautbedeckungen (besonders der Haare), und viel- leicht die in febrilen Attaquen afficirten oder mitleidenden Nervenparthien. Zu Nr. 9. Die Vertrautheit mit Stürmen, Gewittern, Ueberschwemmungen, Erd- beben und andern Naturrevolutionen manifestirt sich in den körperlichen Erscheinungen zum Theil, sowie in einigen Eigenthümlichkeiten der psychi- schen, und weiterhin in den Producten schöpferischer Geistesthätigkeit, dann aber auch in den Bautenverhältnissen, wie Pfahlbauten gegen Fluthen schützen, versteckte Anlage der Hütten gegen Orkane, leichtes Fachwerk derselben gegen die Folgen der Erderschütterungen, die Tadtla genannte Wohnungs- form der Australier gegen Hagelwetter u. s. w. Zu Nr. 10. Abgesehen von den klimatischen Bedingungen hat die maritime oder continentale Lage den weitgreifendsten Einfluss auf den im Leben verfolgten Beruf und die dadurch wieder modificirte Erscheinungsform des Körpers. Im Gegensatz zu Afrika und Australien zeigt Europa die Folgen einer gün- stigen Küstenentwickelung, in deren buchtenreich gegliederten Ländern die immer neu in die Häfen einfallenden Reize des Fremdartigen die Entwicke- lungssphäre anregen, in höheren und höheren Spiralen emporzusteigen, ohne je ein stabiles Verharren in einschläfernder Stagnation zu gestatten. Im Gegen- satz zu den die Ansiedler in schwer zugänglichen Schluchten mit Vielfachheit der Dialekte zersplitternden Bergländern, wirkt das Meer, nicht die Völker scheidend, sondern sie verbindend. Es bildet eine Barriere im Zustande der Uneultur, wo noch nicht der Baum zum Canoe gehöhlt, noch nicht das Floss erfunden, noch keine Schläuche zur Erleichterung des Schwimmens dienstbar sind. Sobald indess das Schiff die Wogen durchschneidet, werden die fernsten Küsten in nächste Nachbarschaft gerückt, wie auch die Wüste, wenn die Benutzung des Wüstenschiffes im Kameel gegeben ist, ihre Grenz- Allgemeine ae der ee En ro länder zusammenrückt, und so durch Einströmungen aus Afrika’s Nordrand, der nebst Aegypten und seinem Nilthal in geographischer Einigung mit Asien- ' Europa steht, einheimische Culturbestrebungen im Sudan hervorrief. Werden dann in Folge politischer Umwälzungen zersprengte Stämme in die Wüste ge- - worfen, wo sie ihrer Heerden beraubt und ohne Möglichkeit des Ackerbaues > auf das Umherstreifen von Oase zu Oase angewiesen sind, so mögen sie durch ihre Räubereien die Karawanenstrassen unterbrechen, wie, bei zeitweiser Schwächung der Küstenreiche, Piratereien den Handel. Als Regulatoren für den bestimmten Gang der Civilisation dienen dann oftmals auch die Meeres- strömungen, wie auf dem Lande in weiten Längsrichtungen streichende Ge- birgsöffnungen. Zu NEE. Schroff abfallende Bergländer bieten Völkerscheidungen. Erheben sich dieselben indess unter den Tropen zu solchen Höhen, dass sie in verschie- denen Temperaturzonen, die nach den Breitegraden der warmen, gemässigten und kalten entsprechen würden, bewohnbar bleiben, so bildet sich zwischen den unter verschiedenen Physiognomien ausgeprägten Terrassen ein reger Wechselverkehr, der zur Culturentwickelung führt, wie sich in den mexica- nischen Hochlanden des nördlichen Amerika und den peruanischen im Süden zeigt. Meistens leiten dann die Sagen den mythischen Ursprung auf ein do- minirendes Seebecken zurück, nach dessen Ufern sich von verschiedenen Rich- tungen her die Wanderungen der Völker lenkten, oder auf ein centrales Hochland, wie in Anahuak, Sumatra, Madagascar u. s. w. Zu Nr. 12. Während weite Ebenen die Nomaden (wenn beritten, leicht in Krieger- völker verwändelt) bald zum Hirten-, bald zum Jägerleben führen, überwiest das letztere in den Wäldern, mit deren Ausrodung der Ackerbau seinen | Ansatz finden wird. Zu Nr. 13. Die Wasserläufe sind von den dominirenden Bergketten des Ortes be- stimmt, und nicht nur wird der an sie gebundene Mensch sich als Fischer oder Schiffer von dem Flusse abhängig, und zwar verschieden, zeigen, ob RX den Quellen, ob dem mittleren Durchbruch oder ob dem unteren Lauf in der Ebene anwohnend, sondern längs der Ströme, an Seen oder an der Meeres- küste markiren ich zugleich die Centralpunkte der Geschichtsbewegung, die > dann den streichenden Gebiegulinien in ihren Richtungen folgt. wa die- selben, wie in Europa-Asien, gleichsam von gemeinsamen Centren, ausstrahlen, eröffnen sich die natürlichen Geschichtswege, während der Küste parallele Grenzgebirge, wie in Afrika und Australien, von dem belebenden Elemente abschliessen, und oft auch den innern Verkehr durch die Cataracten unfahr- barer Flüsse hemmen. Der Durchbruchsweg eines Flusses wird oft der An- — gelpunkt der Entwickelung des Landes, wie in Indien der des Indus, oder wie sich im kleineren Maassstab, in Australien nur im Gebiete des Murray einiger Fortschritt im Leben der Wilden bekundete (ebenso wie im Norden, in Folge der Einwirkung gegenüberliegender Küsten, die als erste Treppen- stufe zu andern Entwicklungsgraden weiter führten). Zu Nr. 14. Die geologische Bodengrundlage, für die Wassergewinnung sowohl, wie für den Anbau und die Verwendung der Baumateri alien von Bra Be- h \ r 520 - Bastian. deutung, ist auch nach ihrem Gehalte an Metallen und je nach der Leichtig- keit deren Verarbeitung für weitere Oulturstufen maassgebend, Zu Nr. 15. Wenn die Pflanzenwelt vorwiegende Nahrung liefert, wird — je nachdem . sie in Fülle, reifende Früchte gewährt, ob sie zum mühsamen Suchen von Beeren und Wurzeln zwingt, oder ob sie sich durch Fleiss die Körnerfrucht abringen lässt — in ihrer Mitte eine verschiedene Menschenart weilen, in deren Kleidung und Schmuck dann gleichfalls die specifische Flora des Ortes hervortritt. Zu Nr. 16. Während der Jäger und der Hirte, jener von den wilden, dieser von den zahmen Thieren abhängig ist, begleiten die Hausthiere auch den Acker- bauer durch alle Stufengrade fernerer Cultur. Ehe noch die Waffen zur Bekämpfung der Thiere genügten, die dann (in birmanischen und peruani- schen Sagen) als frühere Beherrscher der Menschen erscheinen, beschränkt sich die Jagd auf niedere Thiere, auf Reptilien, auf Nager, auf Insekten, die vielfach in der Speiseliste tief stehender Stämme figuriren, wie die Mol- lusken, Austern und andere Muscheln, deren Schalen jetzt wieder den Faden abgeben, um in einstige Vorzeit zurückzuleiten. Die Herrschaft der wilden Thiere bekundet sich jetzt noch in mehreren Distrieten des vorderen oder hin- teren Indiens, wo Zunahme der Würger mitunter die Verlegung der Ortschaften nöthig macht und der Herr des Waldes sklavische Verehrung empfängt, vielleicht auch sühnende Menschenopfer. Ersteht dann dem Volke in einem (in vielfachen Sagen und mit verschiedenen Namen gefeierten) Nimrod (Hera- kles, Maui u. s. w.) ein Retter, so werden zunächst die unbehülflichen Thier- kolosse vertilet, die dann oft gänzlich in einer Localität verschwinden (wie in neuester Zeit noch der Dinormis in Neuseeland). Beginnt sich die Zahl der Jagdthiere zu vermindern, so mag zur Bewahrung und Fortzüchtung des Restes eine Zähmung (und damit domesticirende Veränderung) einge- leitet werden, ähnlich wie in Neu-Guinea auf die anfangs zu Jedes Benutzung frei stehende Sagopalme Eigenthumsrechte geltend gemacht werden, wenn die Menge derselben in der Nähe des Dorfes abzunehmen anfängt. Zu Nr. 17. Ehe die Dreiheit der Honochenokeh oder ein Hiawatha die Kunst des Ackerbaues lehrt, ernährt sich der Wilde von den ausgegrabenen Wurzeln und Knollen, wie die Digger-Indianer Oregons oder die Stämme Australiens, sowie mit den Beeren des Waldes, wie sie (gleich Wandervögel und Zugfische) von der Jahreszeit geboten werden. Mit richtiger Ausnutzung des Landes vervoll- kommnet sich der Ackerbau zur höchsten Verwerthung für die dicht ge- drängte Bevölkerung der Städte, die gewöhnlich bereits aus dem ethnologischen Horizonte auf die Bühne der Geschichte hinausgetreten ist.“ Der Handel leitet dann durch Erweiterung des Verkehrs fernere Verknüpfungen ein und somit schöpferisch weiter zeugende Wechselwirkungen. Der erste Uebergang zum Ackerbau ergiebt sich meistens als ein erzwungener, wie in Südafrika bei verachteten Stämmen, die sich nur deshalb zu der beschwerlichen Arbeit bequemten, weil sie durch mächtigere ihrer Heerden beraubt waren. Wenn das sesshafte Volk durch die dem Boden entlockten Schätze und später ein- geleiteten Handel und Verkehr einen schmuckvollen Culturstaat aufbaut, werden durch die Schätze desselben die an den Grenzen schweifenden No- madenhorden herbeigelockt, um, sobald aus dem zunehmenden Luxus der 74, As Begriffe. der Bihnolagie. IR snder Fäulniss aufwuchert, die vermorschenden Stützen der an chen une das Höher gebildete Ackerbauvolk in dienende Knechtschaft herabzudrücken, während sich die Throne (wie Asiens Geschichte zeigt) mit den Sprossen der Reiterstämme besetzen, die dann als abgeschlossener Adelsstand durch Verwandtschaftsheirathen ihr blaues Blut rein zu halten trachten, aber es damit nur in krankhafte Zerrüttungen über- ER ihten, so dass es bald wieder regenerirender Einträufelung aus dr frischen _ Atmosphäre der Wüste bedarf. Aus Schlichtung der Eigenthufnszwistip- _ keiten zwischen Siegern und Besiegten bilden Seh die ou. ln allodialen oder anderen Besitzes. i Zu Nr. 18. R Die Längelagerung macht sich nur in Vergleichung des Gesammt- _ effectes der beiden Hemisphären zu einander geltend, während sich die Un- terschiede der Breitelagerungen in jeder der beiden wiederholen, und zwar im umgekehrten Sinne nördlich und südlich von der Linie. Die Feindlich- _ keit der polaren Natur nimmt die ganze Thätigkeit des dortigen Menschen in Anspruch, und weckt deshalb in ihm die Ausübung einer Menge kleiner Fertiokeiten und handwerksmässiger Geschicklichkeiten, lässt ihn aber nie zu der Ruhe des künstlerischen Weiterschaffens kommen. In der äquatorialen Zone schläfert die allzu gütige Natur den Geist des Menschen ein, indem des Backens seines täglichen Brodes überhebt und ihm selbst seine Geräth- schaften oder Waffen auf den Bäumen wachsen lässt. In temperirtem Klima _ allein (ob durch die Breitenzone, ob durch die entsprechende Erhebung, und dann natürlich wieder in den Tropen, gegeben) ist das richtige Maass inne- =“ gehalten, indem die Natur genügende Widerwärtigkeiten einschliesst, um im Menschen die Bekämpfung derselben anzuregen, ihm aber nach siegreichen _ Erfolgen periodisch stationäre Ruhepunkte gönnt, auf denen der jetzt ein- mal in Bewegung und Fluss gesetzte Bildungstrieb selbstständig weiter wächst, um die Blüthe der Civilisation hervorzutreiben. ‘ Die primärsten Erzeugnisse des Menschen sind die Waffen für seinen ' Lebensunterhalt (in Nahrung und Kleidung), sowie zur Vertheidigung. In. den kalten Ländern muss das Thier zur Ernährung, in den warmen, wo der Pflanzenwuchs die Ernährung gewährt, zur Vertheidigung getödtet werden. Bei dem schweren Holz des Südens ist die Keule ot in Hercules), bei dem leichten Holz des Nordens der Stein (symbolisch in Thor) die erste Waffe, anfangs eine geschleuderte, und dann mit ihrem Stiel verbunden zum Werfen oder Schlagen. Aus der gespitzten Keule entsteht der Dolch, der geschärfte Stein wird zum Messer (dann zum Schwert). Die ee des Eraöke: findet sich, bald einfach Ei bald mit ee Spitze die durch einen Riemen ih den Schaft oki das Verfolgen erleichtert, an der Wasserjagd eine Schwimmblase zugefügt erhält. Die Schleuder ‚dient zum Werfen des Steines, der Bogen zum Schleudern des Wurfpfeils, - und entwickelt sich weiter zur Armbrust. Die Schilde werden zum Schutz verwandt, bald parirend (als Faustschild), bald nur die verletzlicheren Or- ‚ das nur dürch Vergiftung des leichten Pfeiles Wirksamkeit erhält, , Ka sich als Waffe dichtverschlungener Wälder, in denen der Bogen Kohn RR ER Zar shengbaben ist. ‚ Der Danze wird weitere Flugkraft durch das Wurf: Da sie ihm überall den Tisch gedeckt hat, ihn durch Anerbieten der Brodfrucht gane, bald (gegen vergiftete Pfeile) den ganzen Körper deckend. Das Blas- f 522 Bastian. brett (von den Eskimo bis zu den Australiern) ertheilt oder durch die (dem Amentum ähnliche) Schlinge (wie bei den Neucaledoniern). Der Wurfwaffe wird gern (wie beim Bumerang Australiens, oder in geringerem Grade bei ostafrikanischen Wurfmessern) eine, rückkehrende Bewegung ermöglichende, Form gegeben, um sie beim Fehlwurf nicht zu verlieren. Die Wohnung besteht in warmen Ländern oft nur in einem Wetter- oder Sonnendach, in kalten zunächst in Höhlen, in nassen in Pfahlbauten (auch zum Schutz gegen wilde Thiere beibehalten) und schliesst sich (in Betreff des Materials, ob aus Holz, Ziegel, Stein u. s. w.) im Uebrigen an den Boden des Landes an, bis im geschichtlichen Fortschritt dem architek- tonischen Style folgend. Aus Bedürfnissen gegenseitiger Vertheidigung bilden sich die Wohnungsdörfer (der Dayak), lange Häuser und Casas grandes (die durch Wegnahme der Leiter den oberen Stock in eine Fes- tung verwandeln. Aus besonderen Gebräuchen wachsen bestimmte Modi- ficationen hervor, wie einstöckige Häuser in Hinterindien, wo die Heilig- keit des Kopfes ein Darüberhinschreiten verbietet, oder die Abtrennung des Kochhauses, wie in Polynesien u. s. w. Die Hausgeräthe wachsen vielfach auf den Bäumen, wie in den Cala- bassen und anderen Fruchtschalen, oder der Wilde lässt die Natur für sich en u arbeiten, sei es, dass er den gerillten Stein dem Aste einfüst, der zum Stiel 'auswachsen soll, sei es, dass er das junge Stämmchen in die auf den Fidji- inseln gewöhnliche Form der Keule beugt, um es nach dem Fortwachsen mit der Wurzel auszugraben. In der Kleidung hängt der Wilde von den Fabrikaten der Natur ab und er passt sich der Benutzung des gebotenen Materials an, ohne selbst- ständig freie Verwendung derselben, wie bei den Culturvölkern. Blätter- menschen werden in den Hügeln der Kolh, den oberen Nilländern oder sonst erwähnt, und vielfach findet sich Umhüllung mit Schilf, Rohr u. s. w. Schon früh tritt an Stelle des Rohstoffes die Verarbeitung der Fasern (des Palmbastes in Niederguinea), bald als Filz (in der Auti oder Morus papyrifera in Polynesien) und dann als Gewebe (einreihiges bei Phormium tenax in Neu- seeland), auch in Ländern, wo (wie in Cambodja) die Sagen noch von Rindenkleidern sprechen, obwohl schon baumwollene oder leinene Gewänder habituell geworden sind. In kalten Gegenden wird die primäre Bekleidung von den Thieren hergenommen, und mit der Erwärmung vereinigen dann die Federn noch den Putz, wie im Süden. r Der Schmuck übt sich (wenn geringe Bekleidung) am Körper selbst, durch Anmalen, Färben des Haares, Ausreissen des Bartes, durch Tättowiren oder (seine Vorstufe) das Mankaverfahren, sowie im Feilen oder Entfernen der Zähne, Durchlöcherung der Lippen (auch mit Einfügung von Klötzen zur Erweiterung), der Nase, der Ohren, wobei zugleich Hauttaschen gebildet werden, während später die Kleidung dafür die Unterlage bietet. In den Substanzen, die zum Zierrath verfertigt werden, wird besonders die Selten- heit berücksichtigt, wodurch z. B. auf den Aleutischen Inseln das Holz kost- bar (und zu Hüten verwendet) wird, im Innern der Continente die See- muscheln u. s. w.; während mit Abschätzung des Geldwerth’s das Metall wegen Ueberwiegen des specifischen Gewichtes, durchdringt. | Die Nahrung, in den Tropen durch die Früchte geboten, wird im Nor- den von den Thieren gefordert, und bleibt (neben der Jagd oder der, viel- leicht nur die Milchproduction, statt des Fleisches, benutzenden Heerden- züchtung) auf Wurzelsammeln in den gemässigten Zonen hingewiesen, ehe der Ackerbau die Nährpflanzen in die Cultur eingeführt hat. — Ichthyophagen - Allgemeine Begriffe der Ethnologie. 523 finden sich an der Küste, wo mit der Ebbe Seethiere stranden, oder an Flüssen und Seen, die Fische mit mehrzackigen Pfeilen zu speeren oder sie zu schiessen, bis zum Erlernen des Fischfangs, den die Ostjaken auf ihren in- spirirten Propheten (der anderswo das geheimnissvolle Netzstricken übt), zurückführen, wie man sonst den Bringer der Körnerfrucht (in Triptolemos), den Erfinder des Webstuhls (in Bochica) oder der Töpferscheibe (bei Aegyp- tern) feiert. Früher wurden die Töpferwaaren mit der Hand oder in Formen ge- bildet, und bleibt ihre Herstellung von dem Vorkommen des geeigneten Materials im Boden abhängig, der dann oft ein geheilister oder neutraler (auch für feindliche Stämme) wird, wie der des rothen Pfeifensteinfels den rauchenden Indianern. Für Landtransport dient der Mensch als Lastthier, wenn noch keine Hausthiere abgerichtet sind und bei den Wasserfahrzeugen hängt es von den Winden und Strömungen ab, ob die Form der Flösse be- vorzugt wird, oder die der Canoe (auch doppelt verbunden oder durch Aus- leger gestützt), sowie ob zur Fortbewegung durch Ruder Benutzung der Segel tritt. Der Luxus schafft für Würzen die Parfüms, die berauschenden Getränke (in gegohrenen, und später auch destillirten Spirituosen) und den Narcotica (Opium) im Kauen (Betel, Kat, Coca u. s. w.) oder Rauchen, sei es des, auch seschnupften, oder (in Südamerika) im Dampfe eingeathmeten Tabaks, sei es (zu directer Betäubung) der Hanfarten (im Haschisch als Lemba u. s. w.). Die Art und Weise des Kochens wird zum Theil bedingt von der Feuerbeständigkeit der Gefässe und der Fertigkeit in Herstellung derselben. Die Zubereitung der Speisen hängt vielfach mit den Enthaltungsgebräuchen zusammen und kann auf einen bestimmten Ort beschränkt sein oder, nach den Kastenvorschriften, jedem Einzelnen obliegen, wie auch die Zeiten des Essens Beachtung erhalten müssen, sowie ob das Mahl durch die Hände (vielleicht nur eine derselben nach den Reinigkeitsvorschriften) oder mittelst Werkzeugen, ob es gemeinsam oder in Isolirung eingenommen wird. Die Ausleerungen, deren Natur von der Speise abhängig bleibt, sind oft nach Ort und Zeit regulirt und beim Uriniren mögen traditionell vorgeschriebene Körperhal- tungen anzunehmen sein. Im Leben des Einzelnen stehen drei Momente hervor, der der Geburt, ‚der der Pubertäts-Entwickelung (bald mit der Hochzeit, bald mit der Waffen- weihe näher verknüpft) und der des Todes. 1. Bei der Geburt ist zu beachten: “ Die Haltung der Mutter. Die Lösung der Nabelschnur. Die Reinigung des Neugebornen, die Pflege und Besorgung desselben. Die Namengebung. Die Aufnahme in der Familie. Die Säugungszeit. Während der Kindheit verdient der Ausbruch der Milchzähne und die _ Reihenfolge derselben, das Gehenlernen, die ersten Sprechversuche die Auf- merksamkeit, sowie die Kinderspiele, die Redeweisen der Kinder, ihre Be- schäftigungen u. s. w. ii 2, Die Ceremonieen bei der Pubertätsentwickelung, während welcher die Geschlechter getrennt gehalten werden oder umgekehrt die Freiheit ungehin- derter Vermischung haben, betreffen bald den Einzelnen, bald werden sie von der ganzen Altersclasse gemeinsam abgehalten. In dieser Lebensperiode offen- = .bart sich dann in der (auf Totems oder Wappen fortdauernden) Gestalt des 524 Bastian. Schutzgeistes die fernerhin leitende Idee. Nach den in verschiedenem Um- fang angestellten Prüfungen, mit denen sich Beschneidung der einen oder andern Art verbinden mag, tritt der Knabe als Jüngling auf, oder dieser in die Reihen der Männer über, und dann folgt im Anschluss die Ehestif- tung durch Raub, Kauf, Verdingung oder gegenseitigen Vertrag. Darnach modifieirt sich die Stellung von Mann und Frau gegeneinander, sowie durch polyandrische oder polygamische Gebräuche. Neben der Dauer der Schwanger- schaft oder der während derselben auftretenden Zufälle, die sich physisch oder psychisch zu erkennen geben, ist die Verhältnisszakl der Söhne und Töchter in’s Auge zu fassen. 3. Die Eheschliessung*) (oft mit vorhergehender Prostitution), der Raub der Braut, der Kauf derselben oder ihre Erwerbung durch Dienstleistungen des Mannes besonders bei gynäkokratischen Verhältnissen, die, wenn nicht aus der Geschichte erklärt, sich oft aus den physischen Verhältnissbeziehungen der Geschlechter zu einander ergeben, führt aufdie Verwandtschaftsgrade (ob nä- here geboten oder nur entferntere erlaubt sind) mit den daraus folgenden Be- zeichnungen für dieselben, die Versklavung der Frau oder ihr Recht, die Stel- lung der Wittwe,— ob vom Bruder übernommen, ob von den Kindern gepflest, oder ob den Verwandten, bis zur Lossprechung (wie in Oregon), dienend, — - dann die Polygamie, bald als ein nur von dem Reichen bestreitbares Luxus- Institut (wie im Orient), bald als in Vermehrung der Arbeit Bereicherung gewährend, sonst auch Polyandrie, sowie die Ausdehnung der väterlichen Gewalt oder der des Oheims (während das Mutterrecht localer beschränkt bleibt). Aristokratische Classen, oder Eroberer, die ihr Blut von dem der unterwor- fenen Gemeinen (die Miche-miche-quipy der Natchez) unberührt zu halten wün- schen, bevorzugen eine, oft bis zu Schwesterheirathen (in Peru, Persien und sonst eupatorischen Geschlechtern) getriebenen Inzucht, während die für Ver- meidung der ausihrer Weitertreibung folgenden Degeneration gebotene Kreuzung Heirathen unter gleichen Geschlechtsnamen (wie in China), unter gleichem Kobong oder Totem verbietet, und auch im Stamme selbst zu Zwei- oder Mehrtheilung führen mag, wie (in Australien) in Erming und Tem (in Ippai und Kumpo mit Ippata und Puta gegen Muri und Kupi mit Mata und Kapota), ähnlich (in Lydien) in Tuberis und Termeris, bei Choctaw, Cherokee u. S. w. Die den Verwandtschaften gegebenen Namen erklären ihren Wortsinn je in den Graden enger oder näher gedachter Verknüpfung. - 4. Die Erbschaftsverhältnisse und daraus folgende Gemeinsamkeit oder Theilung des Besitzthums (mit Berücksichtigung der Primogenitur, der Mi- noritätsrechte, des Neffenrechtes u. s. w.) greift tief in gesellschaftliche Ge- staltung ein. 5. Bei dem Tode erfordert Beachtung: ob derselbe von den Verwandten beschleunigt wird, ob der Verscheidende aus dem Hause entfernt oder in diesem eine Communication mit Aussen eröffnet wird, ob_der Tod auf dem Bette erwünscht oder vermieden wird; die Leichenfeste und Todtenklagen; dann: die Aufbewahrung der Leiche (oder die Disposition über dieselbe durch Verbrennung, durch Aussetzen auf Gerüsten zum Frass durch Vögel, durch Hunde u. s. w., ihre Uebergebung an geheiligte Ge- wässer, die sie in das Todtenreich führen werden), Ei *) Die Rechtsverhältnisse bei den verschiedenen Völkern der Erde (Berlin 1870). 110; e rn um die Todesursache (mit Hexenriecherei zur Bestrafung des Schuldigen, mit Blutrache oder deren Milderung in der Sühne des Wehrgeld’s), die Form des Grabes (und der Grab-Beigaben), Reinigung der Knochen, ER en mei einer Familiengruft (oft periodisch gefüllt, wie bei den BR Karen), Zurückhaltung von Reliquien. , | RER: Die Einzelheiten bedingen sich hier durch die Vorstellung über die 8 Natur der Seele*) und das fernere Geschick derselben. Diese eindrucksvollste Katastrophe im Leben des Mitmenschen, seine Ver- niehtung im Tode, baut aus grübelnden Sinnen eine dämonische Welt in der ER Erinnerung auf, die aus den Mysterien des allen Naturgegenständen anhaf- = tenden Unbekannten, in räthselvoll den Geist durchziehenden Ahnungen, An- ‚klänge an die abgeschiedenen Seelen herauslauscht und so den Makrokosmus Mi wieder aus dem Mikrokosmus beseelt. ? R ‚Da der Mensch nackt und blos in’s Leben gesetzt ist, muss er sich die . Ya nothwendigen Vertheidigungsmittel, die die Ni den Ten bereits mit- Bu. gegeben E, durch Kunst erst schaffen, in seinen Waffen, auf die, als erstes _ und nothwendigstes Mittel der Existenz alle zu Gebote stehende Fertigkeit - 1m der Herstellung verwandt, und bald auch zierender Schmuck zugefüst ie, Gegen die Unbilden der Witterung schützt die Kleidung (aus Fell, Rinde Ei Gewebe) und dann in erweiterter Fassung, das Be das ob in kalten oder warmen, ob in regnichten oder trockenen Klimaten erbaut, einen ver- er schiedenen Styl der Be zeigen wird. Eine Verschönerung wird Ba durch pflanzliche Anlagen Ehen. in bequemlicher Erleichterung des häus- lichen Lebens durch Dirt des Nebenmenschen, in en verschie- denen Formen der Kriegssklaven, Kaufsklaven, Pfandsklaven u. s. w., je 9 nachdem die Versklavung**) durch Vergewaltigung, durch gerichtliche Ver- BIN - urtheilung oder durch Schulden herbeigeführt ist. A en Die Völker sind als Ausdruck ihrer geographischen Provinz zu be- trachten, um zu verstehen, wie und warum sie das, was sie sind, geworden, ' wie sich unter den makrokosmischen Bedingungen der sie charakterisirende Typus entwickelt hat. Der Mensch, als Gesellschaftswesen, ist nicht nur von i - dem Milieu des physikalischen Klima’s seiner (zunächst an die zoologische, wie diese an die festere botanische angeschlossenen) anthropologischen Pe- ripherie in der jedesmaligen geographischen Provinz abhängig, sondern auch von den politischen COonstellationen seines Landes, die (auf topographischen NR # Configurationen basirend) den ethnologischen Horizont darstellen. Wie jedes. erde Naturwesen hat sich der Mensch mit der Monde ambiante in’s Gleichgewicht © ; setzen, also zunächst mit der anthropologischen Provinz und unter Bin SR leitung der geschichtlichen Bewegung auch mit der ethnologischn. Dorr Uebertritt von der anthropologischen Provinz in die ethnologische bezeichnet den Beginn einer freieren Culturentwickelung im Naturvolk. Cultur ist der ; ) Der ] Mensch in der Geschichte (Leipzig 1860), Bd. II, S. 304. ). echtsverhältnisse u. s. w. S. 186. IRA RA RR. RRAREN DR 526 Bastian. Ausdruck der frei schöpferischen Geistesthätigkeit, die sich von dem unmittel- baren Eindruck der Umgebung unabhängig zu machen gesucht hat. Auch bei dem Volke, das (noch auf den untersten Stufen) im vollen Banne der Natur liegt, ist bereits eine gewisse Kunstfertigkeit vorhanden, ohne welche der hülflos in’s Leben gesetzte Mensch überhaupt nicht zu existiren vermag. Dieser von Natur eingepflanzte Trieb strebt dahin, sich mit der Umgebung in Ausgleichung zu setzen, und wird dieser Zweck je nach den Zonen ver- schieden erreicht werden, in den Polargegenden nur mit Aufbietung und Vervielfältigung aller Kräfte, in den Tropen so rasch, um nicht die gesammten Kräfte entfaltet zu haben, wogegen in dem gemässisten Gürtel (oder einem erst durch Erhebung gemässisten Klima) ein, befriedigenden Genuss gewäh- render, Sieg zu erkämpfen ist, der dann zu eigenen Eroberungen weiter führt. Ob, nachdem der Ausgleich mit der anthropologischen Provinz her- gestellt ist, ein neuer Reiz zum historischen Weiterschaffen einfallen wird, bleibt von der geographischen Configuration des jedesmaligen Landes ab- hängig, besonders von seiner Orographie und Hydrographie, ob die Berg- ketten in dominirenden Reihen die Continente durchziehen, ıhn in fest um- schriebenen Theilganzen umgrenzend, und vor Allem, ob das Wasser, das belebende Element, in den (die Anwohner der Quellen und Mündung ver- bindenden) Flüssen sowie in dem, die Entfernungen annähernden, Meere Ver- kehrswege eröffnet. In den geistigen Schöpfungsproducten (aus Reaction gegen die Natur gezeugt, um die Feindlichkeiten unschädlich zu machen und ein Gleichgewicht mit der Umgebung herzustellen), sind die Wachs- thumsprocesse zu studiren durch vergleichende Uebersicht, einmal in Auf- stellung der Grundformen unter den Naturvölkern und dann in Ausfolgung der Fortbildungsstufen unter den Culturvölkern, besonders auf den die meisten Oomparationspunkte bietenden Feldern. Aus den Beziehungen der Einwanderer und Eingeborenen zu einander treten Kastenscheidungen hervor, die sich gesellschaftlich gliedern, auch Be- sonderheiten der Verfassungsform bedingen, sei es der monarchischen (im Erbrecht oder bei Wahl des Fürsten), sei es eines bald demokratisch bald aristokratisch gefärbten Gemeinwesens republikanischer Natur. Das ursprüng- liche Priesterkönigthum pflegt im Laufe geschichtlicher Bewegung (wie sich in Japan, bei Chibchas, in Meroe, in Cochin u. s. w. zeigt) in seine Hälften weltlicher und geistlicher Macht zu zerfallen, und neben dem König an der Spitze des Heeres oder dem Priester als Hort des Wissens (so lange der Glauben noch nicht für theologische Prärogative beansprucht ist) wird dann der Richter mit selbständigen Functionen eingesetzt, und entscheidet nach Satzungen, in denen der alte Brauch unter den Anordnungen eines (meist mythischen) Gesetzgebers feste Bestimmungen gefunden hat, obwohl sich noch immer im Gedächtniss Traditionen vererben, bei denen vorkommenden Falles Rath geholt werden mag. Die anfangs gemeinsamen Eigenthumsrechte an den Boden*) werden, wenn die Verminderung der nutzbaren Pflanzen oder die Vermehrung der sie ausnutzenden Bewohner, die Kostbarkeit des Gutes erhöht, unter Zinzelnbesitz parcellirt. In den untersten Verhältnissen der Wilden herrscht das Recht des Stär- keren, indem der Mann das schwächere Geschlecht und die jüngeren Kinder als Sklaven knechtet, bis der im -Greisenalter geschwächte Vater vor der überlegenen Kraft des aufwachsenden Sohnes erliest (wie bei brasilischen Stämmen). Es tritt dann der (in mongolischen Sagen markirte) Zeitpunkt *) Rechtsverhältnisse u. s. w. 8. 70, DNA v Er X " Allgemeine Begriffe der Ethnologie. ein, wo.die von den Alten gesammelte Erfahrung als nützliche. Weisheit geschätzt wird, und jetzt im Senatus, in der Rathsversammlung, über die An- " gelegenheit des Stammes entscheidet, obwohl die Anführung im Kriege noch immer (wie bei den Araucanen und einst bei den Germanen) dem Tapfersten aus den Jüngern zufällt, und überhaupt die gereiften Männer in einer nach den Alterselassen abgestuften Gliederung der Kasten (wie bei den Kru, Krıh _ u.s.w.) die der vollen oder schwerbewaffneten Krieger bilden. Hier ist nun vielfach das historische Beispiel bekannt, wo der siegreich heimkehrende Feldherr die Niederlegung seiner temporären Würde verweigert, und sich dann allmälig einen auf den Bruder oder auf den Neffen, und schliesslich auf den Sohn (den ältesten oder, bei Minoritätsrecht, den jüngsten) über- gehende Erbfolge festsetzte. Wie weibliche Succession zur Anerkennung ge- langt, ist ausser in Afrika (bei dem dortig geringeren Geschlechtsunterschied, wie andererseits bei amerikanischen. Bardachen u. s. w.), wie auf anderen Territorien, in den malayischen u. s. w., zu ersehen durch die Aufnahme flüchtiger Fürsten in die Herrscherfamilien des Landes, wo dann der durch Heirath erworbenen Königstochter, als einheimischer Prinzessin, ein Vor- rang über den Fremdling blieb (wie in Lykien). Die Gesellschaft gliedert sich verwandtschaftlich*) in der Familie zum Geschlecht (der Gens) mit seiner Erweiterung zum Stamm (tribus) oder unter Aufnahme der Stammesangehörigen als fietitiver Verwandte zum Clan (mit patriarchalischer Geltung des Hauptes), worauf sich dann in grösserem Ganzen das Volk oder die Nation zusammenschliessen. Für das Studium der vergleichenden Psychologie zeigen sich die mytho- logischen Vorstellungen am geeignetsten, da sie nicht, wie die recht- lichen, sich an praktische Verhältnisse anzuschliessen haben und nicht, wie die poetischen, von individueller Zuthat abhängen, sondern in voller Freiheit geschaffen, die sesammte Naturanschauung einschliessen, so lange Religion und Wissenschaft noch nicht getrennt sind. In der Religion beantwortet sich der noch nicht zu wissenschaftlicher Forschung gereifte Geist in gläubig verehrten und dichterisch ausgemalten Idealen die an die Gegenstände der Aussenwelt**) gestellten Fragen und verkörpert sie in mythologischen Gestal- tungen. Von den Definitionen des Wortes Religion bleibt es abhängige, ob solche einem jeden Volke zuzuschreiben sei, aber überall auf der Erde finden sich Verknüpfungen mit dem Uebersinnlichen, die religiösen Charakter tragen. Die religiösen Ideen wachsen auf der sinnlichen Grundlage des täglichen Lebens hervor und sie kommen (der, den Leiden unterworfenen, Menschennatur gemäss) desshalb zunächst in den Krankenheilungen ***) zur Geltung, dann überhaupt bei den Vorstellungen von der Seele, den Üeremonieen bei der Geburt und bei dem Tod, bei der Pubertätsentwickelung, bei der Ehe, bei den abnormen Zuständen des Nervensystems (in Besessenheit, Extase, Seherthum) u.s. w. Die einzelnen Naturobjecte, Steine, Pflanzen, Thiere, Flüsse, Berge, _ Wind, Wasser, Feuer treten in einen sagenhaft mysteriösen Zusammenhang mit dem Menschen, der sich etwaiger Pflicht gegen sie durch die Gelübde zu entledigsen sucht. Mythen bilden sich über die Himmelskörper, über Sonne, Mond und Sterne, die leicht mit den Gottheiten identificirt werden, welche als schöpferische an der Spitze des Alls stehen und bei denen dann auch im Erwachen höherer Ahnungen, der Mensch in der Weihe *) Ethnologische Forschungen (Jena 1871) Bd. I, S. XXI. **) Beiträge zur Ethnologie (Berlin 1871) S. XL. ***) Ethnologische Forschungen (Jena 1873) Bd. II, S. 320. 528 Bastian. der Mysterien Rettung sucht, während sich die Priester in den Formen der weissen und schwarzen Magie*) bekämpfen. In den mythologischen Anschau- ungen finden wir die geistige Verkörperung der Natur, den Reflex der Um- gebung, innerhalb welcher der Stamm lebt. Andere Figuren erscheinen im heissen Afrika der Neger, andere dem Lappen oder Samojeden kalter Polarländer, andere in den Wäldern des südlichen, auf den Prairien des nördlichen Ame- rika, andere wieder in arabischen Wüsten, andere auf mongolischen Steppen, andere in den Bergthälern des Himalaya oder Kaukasus, 'andere auf den Oaseninseln des weiten Ocean. Von den mythologischen Schöpfungen be- ginnen die mit dem Cultus der herrschenden Religion im Lande verknüpften rascher in stereotype Formen zu verknöchern, als die im freien Volksleben aufspringenden, aber auch die letztern charakterisiren sich fest durch die psychologischen**) Gesetze der Bildung, und sind (als conventioneller Behand- lung entbehrend) für Vergleichungen noch geeigneter. Ein einheitlicher Kult wird meist unter politischer Einigung organisirt, aber eine einheitliche Religion knüpft sich an die Offenbarung eines Propheten, dem dann leicht die Autorität des Buchs in Niederschreibung der Ueberlieferungen folgt. Den Grundzug des religiösen Oultus bildet das Gelübde, indem in der dem Menschen nicht eignenden Natur durch die Enthaltung von selbstge- wählten Gegenständen die Erlaubniss zum Gebrauch der Uebrigen nachge- sucht wird. Die dämonische Erfüllung aller Naturgegenstände im Fetisch- glauben erhält ihren Abschluss mit dem den Horizont umwölbenden Himmel, als unnahbarer Sitz der in Emanationen ausströmenden Gottheit. Die Manen der Ahnen***) steigen als hülfreiche Schutzgeister herab oder sie erhalten, als Heroen vergöttert, in den für sie errichteten Capellenf) ihre Verehrung. Die Oultushandlungen liegen dem Priesterstande ob, der in viel- fachen Weisen mit der unsichtbaren Welt des Jenseits communicirt und, in den Orakeln, Verkündigungen von dort zurückbrinset. Die Inspirationen be- rühren sich (je nach der Auffassung weisser oder schwarzer Magie) mit den Phänomenen der Besessenheit,ff) wo es wieder der Exorcisationen zur Aus- treibung bedarf.. Dem Zauberer steht der Zaubermeister, den Hexen der Hexenmeister gegenüber, aber der in fremder Religion geweihte Priester ver- folgt .dann seinerseits wieder den Hexenmeister mitsammt den Hexen, wenn ihm die weltliche Macht ihren Arm leiht. In gegenseitiger‘ Unterstützung wird geistliche Hülfe dem Staat gewährt, in der von den Fetischen ‚gestell-- ten Polizei oder in den Verordnungen des Tabu, durch die der blinde Glaube hülflos gebunden ist. Die richterlichen Functionen werden durch Eides- abnahme erleichtert oder lassen zweifelhafte Fälle durch Gottesgerichte‘ ent- scheiden. Die Krankheiten können als Strafen gesandt werden, vom Priester sowohl, wie vom Guten oder Bösen, und je nach diesem Ursprung ändert sich die Kurmethode, die bald blutige Opfer, bald Sühnen verschiedenster Art, bald feiernde in Tänzen (wie in Mikronesien) zum Heilen verlangt. Die dem Menschen selbst geheimnissvolle Fähigkeit seines Geistes, die ihn zu neuen Erfindungen führt, wirft auf die Befähigtsten einen zauberischen Schein, unter welchem göttliche oder doch dämonische Belehrung die mit dem Jenseits verkehrenden Priester begünstigt haben möchte, wenn sie die *) Der Mensch in der Geschichte (Leipzig 1860) Bd. II, S. 242. **) Das Beständige an den Menschenrassen (Berlin 1868) S. 71. ***) Beiträge zur vergleichenden Psychologie (Berlin 1868) S. 72. 7) Reisen in Siam (Jena 1867) S. 247. tr) Beiträge zur vergleichenden Psychologie S. 115. Paichten a ne er ee wie in Si- ‘ birien und Mexico) üben, wenn sie, gleich dem Inca, Brücken bauen oder e kunstvolle Häuser, wie be priesterlichen Zimmerleute Tonga’s. (römische Su Pontifices) oder wenn sie die geheimnissvolle Kunst des Schmiedes (wie einst in Arcadien) treiben, und als solcher bei arabischen und afrikanischen Fa Stämmen Verehrung empfangen, die sich freilich wieder im Gegensatz zu Bun einem anderen Glauben in ein durch Vermuthung böser Schwarzkünste her- N vorgerufene Verachtung (wie in Kunawar) verwandeln mag. Die nächste Folge ist erbliche Veberlieferune der erlangten und geleiniuissyall bewahrten Kunstfertigkeit von Vater auf Sohn, wann sie sich gesellschaftlich in Kasten- BERN; An eidungen oder anderswo in Zunftverbänden ne, Die Priester gewinnen ihre an das Uebersinnliche hinausreichenden Kräfte durch geheimnissvolle Riten, aus denen sie als Wiedergeborne hervorgehen, und sie sind dann ihrerseits wieder befugt, Candidaten zu einem Cursus von Prüfungen zuzu- lassen, der ihre Aufnahme in heilisende Mysterien vorbereitet. — Solche in Amerika (im Meda) und in Polynesien religiöse Weihen verleihende Ceremo- nien gewinnen in Afrika die vehmgerichtliche Gewalt der Geheimbünde h (unter einem im Waldesdunkel gefürchteten Gross-Purrah) im Semo, im Egbo- Orden u.ıs. w. Zur Bekämpfung des feindlich Bösen leiten die Diener des höchsten Wesens oder Grossen Geistes ihre Kraft auf specielle Belehnung zurück, wie in Guiana, oder auf Einflüsse, in denen sich niederfliessende - Emanationen mit dem Aufsteigen seelischer Deificationen durchdringen. Unter den Jahresfesten,**) die sich mit der Zeitrechnung, wie diese mit der Sternkunde verknüpft, treten besonders die beim Aussäen und Ernten der Früchte bedeutsamen (in ihrer Verbindung mit. phallischen Ceremonien, um die (he ni Zeugungskraft der Muttererde zu beleben oder mit Menschenopfern, um sie durch das im Blute liegende Leben zu erneuern) hervor, sowie bei Jäger- « . völkern die mit ee Bindung der Thiere verknüpften Tänze, oder ii Hirtenvölkern, die beim Auszug al Rückkehr der Heerden. Aus den mit Sagen near Traditionen wächst (mit Entwickelung x des Zeitbegriffs een dem en Denken) die chronologische Scheidun® des Een empor. Der ungeschulte Geist übt en nicht das Zählen, sondern fasst die Menge der Einzelnheiten noch in ihrem räumlich ' gegebenen Nebeneinander auf. Die einfachste Zählmethode geht (wenn nicht bei der Zwei stehen bleibend) bis zur drei, wo dann die Vier das Viele bildet. Darauf folgt der Abschluss mit der Fünf (in der Hand) oder, beim Weiterzüählen an den Zehen der beiden Füsse, die Vergleichung der Zwanzig mit dem (ganzen) Menschen. Bei höheren Zahlen findet leicht eine Ent- lehnung von culturfähigeren Nachbarn statt. Die Sprache sucht zunächst Bezeichnungen für jede Einzelnheit der sinnlich gebotenen Eindrücke und _ mehrt so mit geschärfter Beobachtung die Menge der Namen***) und die Masse der Charakterisirungen für Einzelbezeichnungen bis an die Grenze des Mög- lichen, wo dann das dem logischen Denken inhärirende Wachshurn ge hr der Entwickelung in Generalisationen abgleicht, wie die unter den Vorstufen Y he der ER enschnitte, der Knoten, der ee ilereı gebildete Schrift durch: al die unübersehbar zunehmenden Reihen der nen, durch die dafür be- _ 2 amöthigten Schlüssel schliesslich auf die Vereinfachung des Hülfsmittels in dem A Alphabet geführt wird. Se *) Der Mensch in der Geschichte (Leipzig 1860) Bd. II S. 331. e#) Geographische und Ethnologische Bilder (Jena 1873) S. 198. N *%%) Sprachvergleichende Studien (Leipzig 1868) S. XXI. Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 34 580 Bastian. Aus den Gesprächen der Eingebornen tritt die logische Verknüpfung \ hervor, die in ihren Denkoperationen herrscht und ursprühglich auch die syntaktische Form ihrer Reden geschaffen hat, obwohl sie bei später zu- nehmender Fülle des Ausdrucks auch dann noch als Mittel derselben ver- wendbar bleibt. Der in den Wurzeln der Gedankenschöpfung treibende Mechanismus ist aus den an dem geistigen (zunächst dem mythologischen) Horizont projieirten Gestaltungen, als Resultate jener, zu studiren, 4 Für die Zwecke ethnologischer Museen sind die Sammlungen besonders auf folgende Gegenstände zu richten: *) 1. Kleidungstücke (von einheimischer Manufactur) besonders gemusterte, unter Beifügung des Rohstoffes, der Stadien der Verarbeitung, der dabei gebrauchten Werkzeuge, Beschreibung des Verfahrens, Ver- wendung und Art der Farbestoffe etc. 2. Schmuckgegenstände und die Materialien, aus denen sie gefertigt sind, oder wenn dieses, weil aus edlen Metallen oder Steinen, zu kostspielig, Abzeichnung der Ornamentirung, ebenso etwaiger Tätto- wirung, Durchlöcherung von Körpertheilen, Bemalung derselben; am: Kopf, Nase, Ohren, Zähnen geübter Entstellungen. 3% Hausgeräthe aus Thon (ob ehe, mit der Hand gefertigt oder in einem Geflecht) oder Holz, wenn leicht und transportabel, sonst Mo- delle dieser und der Häuser (aus Stein, Holz, Lehm, je nach dr _ Natur des Landes geboten), oder Zeichnungen, unf den architektoni- schen Styl wiederzugeben. 4. Das Bett (Matten, Decken, Nacken- und Kopfkissen etc.). 5. Waffen zum Kriegsgebrauch (defensiv und offensiv) und Scheee oder Etikette-Waffen. 6. Geräthe zur Jagd mit Beschreibung des Gebrauchs (Lanze, Wurf- stock, Bogen, Pfeile etec.). er i. Geräthe zum Fischfang (Angeln, Netze, Reussen, Pfeile, Speere ete.). 8. Geräthe zum Ackerbau (Beschreibung der Gebräuche beim Feldbau, beim Säen, der Ernte ete.). | 9. Die bei der Viehzucht gebrauchten Geräthe, Schuppen, Lhasso, Glocken etc. mit Geräthschaften zur Butter- und Käsebereitung. 10. Handwerkszeuge in Reihen. 11. Heilige Gegenstände, für den Cultus verwandt, Embleme und Sym- ’ bole, zen und Götzenbilder, Fetische, Aonalete, Talismane, Zeichen | des Priesterranges, der Würden etec. 12. Musikinstrumente. 13. Figürliche Bilderzeichen zur Verzierung oder im Uebergang zur Schrift, wo sie sich immer angebracht finden, entweder mit dem sie den Gegenstande oder abgeklatscht (durch gebürstetes Papier oder durch schwarzgefärbte Wachsbälle). 14. Aushülfen für Rechnungen, wo vorhanden, geschürzte Knoten, ge- kerbte Stäbe etc. Solche Erwerbungen sind meist durch einfache Austauschobjecte euro- päischer Manufactur zu bewerkstelligen, die freilich, weil je nach dem herr- schenden Geschmack verschiedentlich" vorgezogen, dem entsprechend zu wählen sind. *) S. Rathschläge der Anthropologischen Gesellschaft Berlin’s (in der | Ethnologie). ER as Bedeutet derselbe in. der eigenen ragt | ‚bR ee Wie heisst er bei seinen Naben ES In welcher Sprache verkehrt er mit denselben ? Ru Wie ist die Verfassung (patriarchalisch, republikanisch, theokratisch, Ds " monarchisch ete.) ? SR ET Welche Rangunterschiede bestehen? (etwaige Kastenscheidungen.). Re Bilden die Handwerker eine besondere Classe (wandernd oder ansässig)? Welche Verkehrsmittel gelten (Austauschartikel, Handelswege) ? Weitere Auskunft ist dann zu suchen: | Ueber Gebräuche bei Kriegs- und Friedensschluss (Gesandtschaftsrecht, iR) Erwählung des Heerführers). NH A Ar Ueber Gebräuche bei der Geburt (Haltung der Mutter, Lösung der re Nabelschnur). EN Ueber Gebräuche beim Wochenbett (Betheiligung des Mannes). N. i Ueber Gebräuche bei Namengebung (Säugungszeit, Durchbruch der RE Zähne etc.). se We Ueber Gebräuche bei Eintritt der Pubertät (Zeit des Eintritts ete. Prü- 37 A i funsen, etwaiges Beschneiden, Excision etec.). au 0... Ueber Gebräuche bei Eheschliessung (Kauf der Braut, Dienst des I Bräutigams, Raub). A Ueber Gebräuche bei Krankheiten (Arzneimittel, priesterliche Be- Ku! schwörungen). k Ueber Gebräuche beim Begräbniss, durchschnittliche Lebensdauer, haupt- sächliche Todesursachen etc. Ueber die Form der Gräber (etwaige Zubereitung der Leiche, Begraben, | Verbrennen etc.). Ri ’ Ueber das Familienleben (väterliche Gewalt etc.). ii. Ueber die socialen Verhältnisse (Sittlichkeit, Gastrecht etc.). 1 Ueber die Stellung der Frau (Verheirathung in oder ausserhalb des / . Stammes. Monogamie, Polygamie, Polyandrie). Ueber das Ansehen der Alten. Aue Ueber die bestehenden Gesetze (und auf wen zurückgeführt ?). Sn Ueber die herrschenden Sitten und Gebräuche. 9 Ueber das Erbwesen (weiblicher oder männlicher Linie). Me Ueber die Form der Eidesablegung. Ueber die Sklaverei und Schuldsklaverei. en! Ueber Gewicht und Maass. Ueber die Zeichen des Eigenthums und Symbole der Besitzergreifung, RR, Ueber die Anlegung der Dörfer, Befestigungsweisen etc. \ Ueber die Getränke (Fluss-, Brunnen-, Regenwasser, gekocht oder ge- Ueber die Nahrung (Zubereitung derselben, Esszeiten etc.). r Art, Dauer und Wechsel der Moden. Rah. das Beleuchtungsmaterial u Methoden des Feuer- Ueber die Zeiten des Schlafes (zu Nachtstunden, Mittags etec.). be. die Haltung von Hausthieren (Züchtung oder Abrichtung der- en Rı tst PRung x der Hörner, Melken der ‚Kühe, Scheeren der Schafe). g32aR Bastian. Ueber die verwendeten Narcotica (in Getränken, Speisen, Rauchen, Schnupfen, Kauen). Ueber Spiele und Tänze (oder Volksfeste). Ueber die Transportmittel zu Lande. Ueber die Befahrungsweise der Binnen- und -Küstengewässer. Ueber die Beschaffung und Verarbeitung der Metalle. Ueber die Werkzeuge und deren Verwendung beim Baumfällen oder bei Herrichtung des Stammes. Bei Darstellung der gebrauchten Geräthe und Schmucksachen sind, besonders unter den aus Stein, Muscheln oder Knochen, die Verfahrungsweisen möglichst genau zu beschreiben. Bei Gelegenheit zu längeren Gesprächen können Vocabularien gesammelt werden, zunächst in den Bezeichnungen der Naturgegenstände, der Körper- theile, der Verwandtschaftsgrade, der Religionsbegriffe, dann der hauptsäch- lichsten Verba und Adjectiva, sowie kurzer Phrasen (um Verwendung der Präpositionen zu zeigen) in fragender, befehlender, erzählender Form. Dabei sind die Rangunterschiede zu beachten, in der Anrede und Bezeichnungs- weise, sowie der Sprechweise der Kinder. Bei Wörterverzeichnissen ist es geeignet, dem bereits von Koelle in der Polyglotta Africana (Oomparative Vocabulary London 1854) niedergelegten Schema zu folgen. Wenn möglich, ist eine Schätzung der Bevölkerung zu gewinnen, der durchschnittlichen Kinderzahl, das Verhältniss der Geschlechter. Bei Bezeichnung der Monate muss zugleich auf die meteorologischen Verhältnisse des jedesmalisen Klima Rücksicht genommen werden, bei der Bezeichnung der Sternbilder auf die daran geknüpften Mythen, namentlich auf die über die Sonne und den Mond erzählten, die bei Finsternissen und im Gewitter geläufigen, die Heilighaltung sogenannter Donnersteine u. s. w. Erkundigung über vorhandene Traditionen und die Art ihrer Fortpflanzung sind mehr bei herbeigeführter Gelegenheit herauszuhören als herauszufragen, wie überhaupt die Fragen nie als leitende gestellt werden dürfen. Wieder- gabe von Fabeln, Sprichwörtern, Wellkskeden wird ursprünglichen Sinn und Deore am besten bewahren, wenn scheinbar unabsichtlich belauscht. Bei stattgehabter Kreuzung sind die daraus hervorgegangenen Mischungen im en zu den ursprünglichen Stämmen zu charakterisiren. Bei Darstellung des Religionssystems ist der Einfluss desselben auf die. individuelle Moral, die gesellschaftlichen Beziehungen und das politische Leben, sowie der Einlass der Priesterkaste auf a Individuen und den Staat zu beachten. Bei den verschiedenen Formen des Irrsinns (oder Idio- tismus) ist der Zusammenhang mit religiöser Schwärmerei in Betracht zu ziehen. Neben der Statur, Kopfbildung, Physiognomie, Verhältniss der Extre- mitäten zum Rumpf, Farbe, der sanft oder rauh anzufühlenden Haut an be- deckten Körpertheilen, der Augen, der (straffen, harten, weichen, lockigen, kräuselnden, welligen, buschigen) Haare, der Zahl und Abschleifung der Zähne, dem Verhältniss zwischen Brust und Bauch, der Stellung des Unter- kiefers und des Kinns, ist die gewöhnlichst angenommene Körperstellung zu beachten: die Haltung der Arme, das Setzen der Füsse beim Gehen, die im Schlafen bevorzugten Lagen u. s. w. Ferner die Schrittweise, die Art des Laufes, des Sprunges, des Schwimmens, der bei der Rede gebrauchten Gesten, der Figuren des Tanzes u. s. w. Zugleich muss dem Minenspiel Aufmerksamkeit geschenkt werden: welche Kopf-, Hals- oder Schulter- bewegungen drücken Bejahung oder Verneinung aus, wie markirt sich Ver- achtung, Ueberraschung, Freude? welcher Art ist die durch Weinen oder a ARE se Hände Berheligt (im Drah)! die Tippen (im Ki die se Ä Reiben)? findet Athemeinziehung oder Bespeiung statt? ist ein au I er Geruch bemerkbar? Wie schliesst der Mund? "Werden die Nägel kurz oder lang getragen (vielleicht in einer Schoideyt Hi werden sie (und wie oft) ERS beschnitten, und was geschieht mit den Abfällen? welche Werkzeuge dienen zum Abscheeren und Glätten der | Haare, zum Kratzen des (oft er unter bestimmten Verhältnissen mit den Händen nicht zu berührenden) Kopfes, zur Reinhaltung und zum Stöchern (auch Schleifen) der Zähne? sind Vorrichtungen im Gebrauch, den Auswurf des Spei- _ chels aufzunehmen und vielleicht zu verbergen? tritt die Muskulatur stark an den Kaumuskeln hervor ? ist das Trinken mehr schlürfend oder schluckend, wird der Bart gepflest oder ausgerupft, wie auch die Augenwimpern und . die Haare an anderen Körpertheilen, zeigt sich Blinzeln der Augen in Folge des Sonnenlichtes oder Schneeglanzes (md finden sich Nonnen, zum Schutz in Gebrauch), kommt Nachtblindheit vor? bis zu welcher Enten scheinen Gegenstände erkannt zu werden? richten sich die Ohren beim Lau- schen oder ed der Kopf gewendet, schnüffelt die Nase, welche Art von Gerüchen scheinen beliebt, wird das Süsse, Salzige, Herbe, Bittere oder Saure beim Geschmack es welche Farben werden für Zusammen- Ben a sind Blau und Grün unterschieden und mit welchen Be- hä ee Gangart der Reitthiere, welche Laute mn Si Antreiben oder Zurückhalten, ae zum Locken der Hunde, wie werden (von den Hirten) _ die Heerden getrieben und in der Zusammenhaltung bewacht, wie in der Vollständigkeit controlirt, ob nach Zahl oder nach seien wie wird nach den verschiedenen Jahreszeiten darüber disponirt, und wie ändert in diesen überhaupt die Lebensweise des Stammes? — Je nach der besonderen Reise ergeben sich dann die ansallaneı Instructionen. Landwirthschaft. Von Albert Orth. Die Kenntniss der natürlichen Grundlagen für organische Entwickelung auf der Erde ergiebt häufig den Grund für das an bestimmten Orten daran geknüpfte verschiedene Culturleben, nach Richtung, Mannichfaltiskeit, Zu- rückgebliebensein oder Fortschritt. Will man deshalb die geographische Verschiedenheit einer Gegend und die wirthschaftliche Entwickelungsfähigkeit derselben durch Bodencultur verstehen, so ist eine möglichst eingehende naturwissenschaftliche Orientirung über Luft und Klima, sowie über Boden und geologische Grundlage nicht zu entbehren. Und indem das animalische Leben die organische Arbeit der Pflanze zu seiner nothwendigen naturgesetz- lichen Voraussetzung hat, so sind die genannten Factoren für viele Cultur- fragen, wie Population, Möglichkeit der Volksvermehrung und dergl., über- haupt entscheidend. I. Die natürlichen Grundlagen der landwirthschaftlichen Cultur. Die Sonne ist das grosse mächtige Agens, welches für die Erwärmung der Erdoberfläche, für die Vertheilung der wässerigen Niederschläge und die chemische Actior auf der Erde von dem maassgebendsten Einfluss ist. Die Angabe der geographischen Breite macht es möglich, die Dauer und die In- tensität der Sonnenwirkung in den verschiedenen Jahreszeiten während des Tages zu bestimmen, soweit es von dem Stande der Sonne zur Erdoberfläche im Weltraum bedinst wird. Im hohen Norden und Süden summiren sich die Sonnenwirkungen innerhalb gleicher Zeiträume mehr, wenn die Erdober- fläche tagelang davon beschienen wird. ; Die Wirkung der Sonne auf die Erdoberfläche wird in hohem Grade modificirt durch die Art und Weise, wie die feuchten Niederschläge auftreten, und das trockene continentale Klima im Innern vieler grosser Ländermassen unterscheidet sich in dieser Hinsicht sehr von dem feuchten und regnerischen Klima an vielen Meeresküsten. Es ist deshalb erwünscht, wenn die Beob- achtung neben der Zahl der jährlichen Regen- und Schneetage auch auf die Miet, bedecktem und Bovalklen Himmel, Fb neh ist dies für alle ‚die Gegenden! Cal ind in welchen jeder Abzug Ton der durch den Stand be- dingten jährlichen Sonnenwirkun& sich in nee Weise bemerklich macht, Die Samenreife in Island. und im BerdBenen N orwegen, der Weinbau in Grossbrittannien und Irland wird dadurch sehr nachtheilig beeinflusst, ıin- ie dem daselbst die dazu nöthige Wärme häufig oder regelmäksig fehlt. Ar Die durchschnittlich aierlhe ee eines oe durch die Isotherme, resp. die bezügliche Ourve auf der Erdoberfläche durch die zuge- “ hörigen Magesbeobachtungen bestimmt. Für die Vegetation und die land- wirthschaftliche Cultur im weitesten Sinne des Wortes ist die durchschnitt- liche Jahrestemperatur weniger maassgebend, als der Durchschnitt und die Extreme der Sommer- und Wintertemperatur (perennirende und zweijährige Gewächse), ferner die Temperatur in den einzelnen Monaten während der oft kurzen Vegetationsperiode. Der Bruchtheil des Jahres, in welchem der grösste Theil der vegeta- tiven Thätigkeit, der Aufnahme- und Assimilationsprocesse sich land, ist an verschiedenen Punkten der Erde von sehr abweichender Dauer und nicht auf dieselben Jahreszeiten beschränkt. In anderen Theilen der Jahresperiode kann es eine zu extreme Wärme oder eine zu grosse Kälte oder beides zu verschiedenen Jahreszeiten sein, wodurch die vegetative Thätigkeit mehr oder weniger begrenzt wird. Es ist erwünscht, über die Jahreszeit und die Dauer der eigentlichen Vegetationsperiode, nel verschiedener Vegetationszeiten _ innerhalb eines Jahres und die naturgesetzliche Begründung er Wechsels R möglichst genaue und vollständige Angaben zu erhalten. Dadurch würde ein _ weiteres wissenschaftliches Material gewonnen zur Bestätigung resp. Wider- lesung des von Boussingault aufgestellten Satzes, dass bei denselben Oultur- pflanzen das Product de: Vegetationsperiode in die mittlere Jahrestemperatur an verschiedenen Orten der Erde eine annähernd constante Grösse sei. Die Wärmeverhältnisse sind stets in einem gewissen Zusammenhange ex mit der Lieht- und chemischen Wirkung der Sonne und den Feuchtigkeits- _ verhältnissen einer Gegend aufzufassen, namentlich mit den feuchten Nieden schlägen in gewissen en und Monaten. Damit in den Pflanzen die ühfmische Action organischer Bildung aus unorganischen Stoffen vor sich gehe, damit die Oulturpflanzen he han en und sich vollständig ent- wickeln können, ist das gleichzeitige Zusammenwirken der genannten Factoren und eine bestimmte Vertheilung in den einzelnen Jahresabschnitten nothwendig. - Während die Natur in manchen Gegenden Feuchtigkeit im Ueberfluss, jedoch zu wenig Licht und Wärme darbietet, als dass sich die Vegetation und manche Culturpflanzen noch zu entwickeln vermögen (hohe Gebirge, viele die überschüssige Licht- und Wärmeabgabe durch die Sonne nicht oder nicht - genügend activ im Sinne organischer Bildung, weil die dazu nothwendige Feuchtigkeit dahin durch die Luft nicht verbreitet wird. Sowie die Natur der V egetation überhaupt, so ist auch die Zahl der anzubauenden Cultur- flanzen, in gleichem Maasse die Höhe und Sicherheit der Ernten grossen- eils bedingt durch den Eintritt und die Stärke des Regenfalls in bestimm- fe ee seneiten;, wie durch die Höhe des Jahresregens überhaupt. Sogar die Höhe des Schneefalles und die Art und Weise, wie der Winter mit nl "oder wenig Feuchtigkeit in ein trockenes Frühjahr und einen heissen Sommer übergeht, ist, in ‚den Gegenden des PORSHaUn ER continentalen Klimas auf die t (y 536 Orth. -. % Ernteerträge von Einfluss, wie man namentlich in der russischen Steppe deutlich erkannt hat. Das Verdichten von Feuchtigkeit in dem Thau wäh- rend der Nacht und innerhalb der Bodenräume während des ganzen Tages, indem hier die Thaupunktstemperatur in verhältnissmässig geringer Tiefe vorhanden ist, vertritt im heissen Sommer vieler Gegenden die, wenn auch sparsame, Zufuhr des Wassers, welches eine der unentbehrlichsten Bedin- gungen für die Vegetation und die Cultur von Pflanzen auf der Erde ist, es wird auch je nach der Natur, Entfernung und Entwickelung dieser Pflanzen. und der dadurch dem Boden gewährten Beschattung natürlich oder künstlich in verschiedenster Weise, mehr oder weniger günstig beeinflusst. Die Er- mittelung der täglichen, monatlichen und jährlichen flüssigen Niederschläge und der relativen Feuchtigkeit der Luft in Beziehung zu dem Wechsel der Temperaturverhältnisse ist deshalb eines der nothwendigsten Desiderien, um die Vegetation und Culturfähiskeit eines Landes beurtheilen zu können, und die Ansellung eingehender ne fortgesetzter meteorologischer Untersuchungen hat deshalb einen sehr hohen Werth. Die Zusammensetzung der Luft aus verschiedenen permanenten Gasen hat einen so hohen Grad von Constanz und die Kenntniss der durch die Luft verbreiteten kleinsten Organismen ist noch so wenig entwickelt, dass allgemeinere Rathschläge für ein System von Untersuchungen darüber aus- geschlossen werden können, so wichtig als dieselben auch für’die Kenntniss pathologischer Verhältnisse anzusehen sind. Neben den in erster Linie für Vegetation und Pflanzencultur auf der Erde entscheidenden klimatischen Verhältnissen sind in zweiter Linie die Boden- und geologischen Grundlagen zu nennen. Ihr Werth für die Bodencultur wird durch die Natur des Kli- mas wesentlich bedingt und sowie sich die ungünstigen Wirkungen extremer Boden- und klimatischer Verhältnisse zu summiren vermögen, so können die Nachtheile geringer Bodenarten wenigstens bis zu einem gewissen Grade aus- geglichen werden durch ein günstiges Klima und "umgekehrt werden die Vor- züge von guten Boden- und geologischen Verhältnissen bei ungünstiger at- mosphärischer Beschaffenheit weniger wirksam sein können. Ein Sandboden im feuchten Irland oder im gemässigten Norddeutschland oder in der trockenen ungarischen oder russischen Steppe hat demnach einen ganz ver- schiedenen Werth für die Vegetation. Die Feuchtigkeit, lee sich durch das Medium der Luft auf ae Erde verbreitet, er je nach der Neigung und Natur des Bodens, worauf . der ee erfolgt, mehr oder weniger davon aufgenommen oder fest- gehalten. Die es gelegenen und eisen geneigten Böden erhalten von denjenigen aus höherer und abschüssiger Lage einen Theil des darauf ge- fallenen Regens zugeführt, in geringerem Grade an dem Abhange von Hü- geln und Bergen, in höherem Grade da, wo in der Tiefe von Gebirgszügen oder Ebenen das verdichtete Wasser in Form von Quellen, Bächen, Flüssen und dergl., als das Product eines grossen Condensationsgebietes, auftritt. Die von diesen Wasseranhäufungen berührten Thäler, Niederungen und Depressionen . sind in extrem trockenen Klimaten nicht selten die einzigen Gebiete, welche durch den Wasserabfluss anderer und oft grosser Distriete die nöthige Feuch- tigkeit bekommen, ohne welche hier überhaupt keine Pflanzencultur möglich sein würde, Der .Antheil des jährlich durch die grossen Wasserläufe ab- fliessenden Wassers in Beziehung zu dem Stromgebiete und dem ganzen im ' Landwirthschaft. | Ib dergeschlagenen Wasserquantum (das Supplement zu dem durch | unstung verloren gegangenen Wasser), die Ausdehnung der Niederungen _ und die Möglichkeit der Bewässerung des Bodens sind hier also sehr wich- ' tige Faetoren, welche durch Messungen festgestellt werden können. Es ist A von ‚besonderem Interesse, zu ermitteln, welche Hülfsmittel dieser Art für die De _ Bodencultur in Anspruch genommen werden, ob der natürliche Regenfall Ve ausreicht oder ob durch Bewässerung nachgeholfen werden muss, resp. in we ver ir welcher Ausdehnung dies möglich ist, in welcher Weise, mit welchen Ger räthen, technischen Hülfsmitteln und dergl. sa Das Verhalten des Bodens zum Wasser und zur Wärme ist für den a Bodenwerth von der allergrössten Bedeutung, namentlich dasjenige zum AR - Wasser, indem dadurch auch die Temperatur indirect wesentlich bedint wird. Der trockene Boden erwärmt sich in der Sonne übermässig, der feuchte e und nasse dagegen wird kühl erhalten, weil die von der Sonne übertragene Wärme eorossentheils in dem daraus verdunstenden Wasser latent und des- ‘ halb zur directen Temperaturerhöhung des Bodens nicht oder wenig wirk- sam wird. J Die sogenannte „wasserhaltende Kraft“ des Bodens, d. i. die Fähigkeit, einen grösseren oder geringeren Theil von Wasser aufzunehmen, ohne dass dieses direct abzulaufen vermag, ist zum Theil von der chemischen Natur der Bodenbestandtheile, zum Theil von dem Zertheilungsgrade und der Summe K der dadurch bedinsten capillaren Räume abhängige. In grobem Sand und Kies ist die Zahl der capillaren Räume und deshalb auch die wasserhaltende Kraft gering, im feinen Quarzmehl, Kalkmehl und dergl. sind viel mehr ca- - pillare Räume und deshalb auch eine viel grössere wasserhaltende Kraft. Je mehr in einem Boden die grösseren Zwischenräume zwischen den Sand- körnern durch feinerdige Theile ausgefüllt sind, desto mehr Wasser vermag ‘er capillar in sich aufzunehmen und der lehmige Sand, der sandige Lehm | und Lehm verhalten sich deshalb in dieser Hinsicht viel günstiger. Thon und Humus vermögen nach ihrer chemischen Natur und gleichzeitigen feinen Zertheilung ausserordentlich viel Wasser festzuhalten, namentlich der Humus, bei welchem die wasserhaltende Kraft nicht selten das 6—8fache von der des, reinen Sandes beträgt. Die Durchlässigkeit oder Undurchlässigkeit für Wasser, resp. die Durchlüftung, die Fähigkeit auszutrocknen und, wie ange- $: geben, auch die Erwärmungsfähigkeit, die Art und Weise, wie ein Boden sein Volumen verändert und in der Sonne Risse und Spalten bekommt und dergl., stehen in bestimmten Beziehungen zu dem Bestande des Bodens und während Quarzsand und Quarzmehl in feuchtem oder trockenem Zustande nahezu dasselbe Volumen haben, so wirkt ein hoher Gehalt von Thon und Humus auf Spaltenbildung beim Austrocknen und entsprechend vermehrte N .y Durchlüftung, was gegenüber vielen an Quarzmehl reichen Bodenarten beson- _ ders hervorgehoben werden muss, welche zuweilen bei verhältnissmässig wenig Thongehalt einen undurchlässigen, kalten und verschlossenen Untergrund ab- geben. Für viele Fragen ist es nicht ohne Bedeutung, dass der genannte Boden nicht selten undurchlässiger ist als Thonboden, namentlich bei ober- ‚ Nächlicher Lagerung. Indem in den lehmigen und thonigen Bodenarten ein höherer Grad von Zertheilung vorhanden ist, so ist die Oberfläche der Bo- dentheilchen, an welche sich die feinsten Wurzelenden anlegen und zwischen x welchen sie sich verzweigen können zum Zwecke der Nahrungsaufnahme, eine u ungleich grössere als in den Sandböden und wird auch dadurch die Pflanzen- Y ernährun ung beeinflusst, ganz abgesehen davon, dass die feinerdigen Theile der Fü re die grösste Absorption für mineralische Pflanzennährstofe Pr he BE y fa y? 538 2 Orth. besitzen und auch aus diesem Grunde je nach ihrem Ursprung eine ganz andere Bedeutung für die Fruchtbarkeit haben als Sand und Kies. Bekannt- lich steht aber diese Absorption des Bodens für gelöste Mineralstoffe, resp. die geringe Löslichkeit der einen, die verhältnissmässig grosse Löslichkeit der andern in einer nahen und sehr interessanten Relation zum organischen Leben, zur Zusammensetzung sowohl der Pflanze als des Thiers und ähnlich auch des Menschen. ; Die Feststellung des Bodencharakters, der geologischen Bildung und Grundlage giebt deshalb unter sonst günstigen Verhältnissen einen Anhalt für die Culturfähigkeit einer Gegend. Es ist dazu aber nicht hinreichend, nur die Natur und den Bestand des oberflächlichen Bodens zu bestimmen, sondern es ist ein genaues geologisches Profil in verticaler Richtung bis zu einiger Tiefe (wo möglich 1—2 Meter, wenn mehr, um so besser) zu geben. Der Untergrund regulirt die allgemeinen oder die innerhalb einer Vegetations- periode hervortretenden nachtheiligen Eigenschaften der Oberkrume in der mannichfaltigsten Weise, wirkt je nach der Natur dieser verbessernd oder verschlechternd und ist für Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit von der aller- grössten Bedeutung. Dazu kommt, dass die Culturpflanzen, auch das Ge- treide, viel tiefer wurzeln als man früher angenommen hat, und nicht selten aus dem Untergrunde die Feuchtiekeit, auch die Nährstoffe aufnehmen, welche ihnen in der Ackerkrume nicht geboten werden oder welche letztere zu Zeiten nicht aufnahmefähig sind. Das geologische Profil soll die verschiedenen oberflächlichen und ' - bestimmt charakterisirten Bodenschichten nach Beschaffenheit und Mächtig- keit bezeichnen, resp. die Natur und Mächtigkeit über dem Gestein, durch dessen Verwitterung der Boden entstanden ist, und den Bestand dieses Ge- steines andeuten. Man trägt die Profile unter genauer Angabe des Ortes auf der Karte und unter Beifügung einer Nummer in ein besonderes Buch ein, indem man die verschiedenen Schichten unter einander schreibt (oder kurz durch die Anfangsbuchstaben andeutet) und vor jeder Schicht die Mächtigkeit nach Oentimetern besonders bemerkt, etwa in folgender Weise: 14. ; Alluvium des Rheins. Ort und Gegend. 45 Cm. stark gebundener Thonboden (gepflüst 15 Cm.). 50 Cm. Kalkmergel (Rheinweiss). — -—- Mittelkörniger kalkreicher Alluvialsand, in die Tiefe fortsetzend. 30 Cm. Hochwasserstand (senkrechter Abstand von der Oberfläche). 150 Cm. Niederwasserstand % 5 a ; Oder: 183. Muschelkalkformation. Ort und Gegend. 30 Cm. schön gemengter kalkhaltiger Lehmboden (gepflügt 20 Cm.). — — Zerklüfteter, schwach geneigter, plattenförmiger Muschelkalk. Oder: 270. Diluvium. Stassfurt. Provinz Sachsen. 50 Cm. Schwarzerde, humoser Lehmboden (gepflügt 36 Cm.). 100 Cm. milder lössartiger Diluvialmergel. — —- Mittelkörniger Diluvialsand, in die Tiefe fortsetzend. Par, Ten asien Ei, en Marien von grösserem Maassstabe, wie Rn ‚Grundsteuer- karten (1:3000, 1:5000) würden solche Profile mit abgekürzten Zeichen an den zugehörigen Stellen direct eingetragen werden nn und das Bild von den natürlichen er verkältnigsen: der ietefenden Gegend ein um so voll- ee sein, je mehr solcher Profile genommen und eingetragen sind. Ist es möglich, eine Notiz über den weretand, Hochwasser und Niederwasserstand, a erstand und ee. wenn auch. - annähernd, mit ai nelaen, so ist dies sehr erwünscht und Dean wichtig bei Ben öaben über den Untergrund der Ortschaften und Städte im Te iS teresse der Gesundheitsstatistik und Bebauung. Genauere Angaben und Zahlen können hier nur durch ein System von fortgesetzten Beobachier gen gewonnen werden und würde auch eine Notiz über den Wechsel im - Wasserniveau der Brunnen etc. von hohem Werthe sein. Werden die an- gegebenen Profile mit einer Niveaukarte mit möglichst vielen Horizontal- curven combinirt, so sind dadurch die einzelnen Schichten, resp. der Wasser- stand im Ehsenleitiren Niveau bestimmt und ein solches vollständiges System _ wissenschaftlicher Ermittlungen ist besonders für die en des Bau- grundes grosser Städte nicht zu entbehren. Die Gewinnung eines solchen reichen Materials ist naturgemäss nicht ohne Schwierigkeiten und man wird sich häufig auf einen Bruchtheil be- schränken müssen. Unter allen Umständen aber ist es werthvoll, verschie- - dene Verticalprofile durch die oberflächlichen Bodenschichten bis zu grösserer — Tiefe (Luzernewurzeln hat man bis 30 Fuss Tiefe verfolgt) zu gewinnen und die Mächtiekeit derselben zu bestimmen, dadurch allein kann ein motivirtes ÜUrtheil über den Culturwerth des Bodens und seine geologische Constitution erzielt werden. Man kann hierfür alle natürlichen Abfälle, Wasserrisse, steile Uferränder, Steinbrüche, Lehm- und Sandgruben, die bei Häuser- und ' Brunnen-, Strassen- und Eisenbahnbauten entstehenden Profile in’s Auge > fassen und die dadurch zu gewinnende ÖOrientirung vervollständigen durch Spaten und die sehr zu empfehlenden Erdbohrer, besonders Te bis fast 1 Meter langen Handbohrer. Es ist in der Regel besser, weniger Profile, ‚aber diese in einer gewissen Vollständigkeit und m den area. ty- pischen Bodengrundlagen, welche zu diesem Zwecke besonders zu untersuchen und auszuwählen sind, aufzunehmen, als den oberflächlichen Boden an einer grösseren Reihe von Punkten einseitig zu prüfen, ohne den tieferen Unter- grund und seinen Bestand, die Trockenheit, resp. Feuchtigkeit desselben und den Wasserstand (Eis im Norden) dabei zu berücksichtigen. Es wird da- durch auch an wissenschaftlich verwerthbarem Material am meisten ge- _ wonnen. TE Dasselbe bezieht sich auf die Aufnahme der Bodenarten und empfiehlt es sich, von den verschiedenen charakteristischen Schichten eines typischen ee nee 4 Bu resp. von dem darunter befindlichen verwittertem und unverwittertem Gestein Proben auszuwählen, unter Angabe der Bezeichnung, der Reihenfolge $ jeder Sehicht und der Nummer des zugehörigen Profils. Man entnimmt von In jeder Schicht, auch von der Ackerkrume, eine charakteristische Probe von R 1,0 bis 2,0 Kilogramm; füllt dieselbe in einen entsprechenden leinenen oder B nwoöllenen Beutel air bemerkt die Bezeichnung gleichlautend auf 2 star- ken weissen Papierstreifen, wovon der eine zum Boden in den Beutel gethan, der andere beim Zubinden daran befestist wird. Dadurch wird für alle Fülle eine Verwechselung vermieden. Besonders wichtige Bodenmaterialien ' werden eventuell in stärkeren Quantitäten von 5 bis 10 Kilogramm ent- : nommen. Das durch oberflächliche Besichtigung erhaltene Urtheil kann dann Mi 4 Mr 540 Orth. später durch genaue Bodenuntersuchungen controllirt werden, wie es für Preussen in der Geologischen Landesanstalt zu Berlin, einer Abtheilung des Königlichen Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, be- reits in der Ausführune' begriffen ist. Für die oberflächliche Untersuchung ist eine gute Lupe mit nicht zu kleinem Gesichtsfeld sehr werthvoll, um die Körnung und den Sandgehalt genauer wahrnehmen zu können, und ist es zu empfehlen, neben dem feuch- ten auch den trockenen Zustand zu prüfen, wodurch sicherere und vergleich- barere Resultate gewonnen werden. Bei der alleinigen Beobachtung im feuchten Zustande wird das Auge sonst leicht getäuscht. Durch ein zusam- mengesetztes Mikroskop kann das Vorkommen von Quarzmehl, Kieselmehl, Organısmenresten, Diatomeen und dergl. constatirt werden. Will man die gröberen Theile von den feinerdigen trennen, um beide gesondert zu prüfen, so braucht man den Boden nur eine halbe Stunde unter Umrühren mit Wasser zu kochen und nach wiederholtem Aufrühren und kurzem Stehen die feineren Theile von den gröberen Theilen abzugiessen oder abzuhebern. Der Bestand eines Bodens, die Beziehungen zur eventuell vorkommenden Gesteins- unterlage (Verwitterungsboden, Anschwemmungsboden) können dadurch leicht nachgewiesen werden. Die Angabe, ob ein Boden einem bestimmten Gestein angehört, ist nicht genügend, durch diese Bezeichnung wird nur angedeutet, - welcher Boden daraus hervorgehen konnte. Der Grad und die Tiefe der Verwitterung, die Beschaffenheit und Mächtiekeit des dadurch entstandenen Bodens muss hinzugefügt werden, wenn daraus über den Oulturwerth etwas Bestimmtes hervorgehen soll. Es ist wünschenswerth, unter Berücksichtigung des letzteren Gesichtspunktes zu ermitteln, in welcher Weise und zu welchen Antheilen (Hectaren oder []Kilometer) die einzelnen geologischen Florma- tionen den Grund und Boden einer Gegend zusammensetzen. In welchem Verhältniss treten die älteren und jüngeren krystallinischen Gesteine auf, die geschichteten Thon- und Thonschiefergesteine, die Sandsteine und Kalksteine? Wie weit sind die jüngeren, meist noch nicht verhärteten Anschwemmungen des Diluviums und Alluviums vertreten, in welcher Ausdehnung, in welcher Gliederung und Beschaffenheit? Diese Fragen sind, abgesehen von der wissen- ' schaftlichen Seite, auch für Culturzwecke von grosser Bedeutung. Neuere Untersuchungen ergeben namentlich deutlich, welche erosse Flächen auf der Erde von den jüngeren Bildungen des Diluviums eingenommen werden, und ist die Frage nach dem Vorhandensein oder Fehlen von Diluvialablagerungen (an manchen Stellen stehen sie zur sogenannten Eiszeit in bestimmter Be- ziehung) nach dem Vorkommen und der Beschaffenheit derselben von einiger Bedeutung. Ist doch das Leben der Menschen in geschichtlicher und vor- geschichtlicher Zeit vielfach an diese Formation geknüpft! Gehören doch viele der fruchtbarsten Bodenarten mancher Gegenden dem Diluvium an, na- mentlich die über grosse Bezirke vertheilte Schwarzerde! Ebenso sind die lehmigen und thonigen Ablagerungsproducte der jetzigen Flussläufe an vielen Stellen die Hauptrepräsentanten der fruchtbaren Boden- arten oder des Culturbodens überhaupt, letzteres namentlich in extrem trockenen Klimaten, wo die Grundfeuchtigkeit und die Bewässerungsfähigkeit von besonderer Wichtigkeit ist. An manchen flachen Meeresküsten mit Ebbe und Fluth wird in der Seemarsch noch jetzt der fruchtbarste und an Nährstoffen reichste Boden gebildet, ebenso wie die gegenwärtigen vulca- nischen Ascheneruptionen und derartigen Anschwemmungen die besten Boden- grundlagen zu geben vermögen. Die leichte Verwitterbarkeit der Silicate geringe uufruchtbare Distriete, namentlich manche geringe Sandböden, Theil so rein abgelagert und so wenig durch feinerdige Theile und on gebunden, dass die feineren Sandkörner durch die eigene Schwere zu RN ig festgehalten und durch den Wind in Bewegung gesetzt werden, nicht a selten der Art, dass dadurch der Sand über breite Districte fortgeführt ird Fe und die Versandung fortschreitet. Schon eine ganz geringe Beimengune NR " von Lehm oder Thon sind hier von dem günstigsten Einfluss, sowie über- RR _ haupt die Zahl der capillaren Räume, die sog. wasserhaltende Kraft und die 2 Bewurzelungsverhältnisse dadurch sehr viel günstiger werden. Man hat deshalb der bezüslichen Vermengung agronomisch und im Sinne der Lan- — deseultur ein viel grösseres Interesse zuzuwenden und weit geringere Unter- schiede noch zu beachten, als es seitens der wissenschaftlichen Geologie A meist geschehen ist. Bei den sogen. Verwitterungsböden ist neben dem Be- stande des Gesteins der Zersetzungsgrad auf die Mengung der gröberen mit den feinerdigen Theilen und die Natur beider von dem grössten Einflusse, - vorausgesetzt, dass überhaupt verwitterbare Gemenstheile vorhanden sind. ER Das Vorwiegen von nicht oder schwer verwitterbaren Mineralfragmenten, wie Quarz und Glimmer, giebt dem Boden mit Bezug auf chemische Zer- setzung einen höheren Grad von Constanz, so dass weniger Pflanzennähr- stoffe aufgeschlossen werden, selbst wenn es an der für die Auflösungs- processe im Boden nothwendigen Feuchtigkeit nicht fehlt. Die Feldspathe, _ - namentlich Oligoklas und Labrador, ferner die kalk- und eisenhaltigen Sili- . ® cate (Augit, Hornblende) verhalten sich in dieser Hinsicht je nach Vor- kommen und Mengung viel günstiger. | N Eine besondere Bedeutung nimmt der Gehalt an Caleium- und Magne- - siumcarbonat (kohlensaure Kalkerde, kohlensaure Talkerde) sowie an Humus in Anspruch und wird dadurch die chemische Action im Boden sowie das physikalische Verhalten in nieht geringem Grade beeinflusst. Namentlich - Thonböden nach verschiedenen Seiten hin in günstiger Weise und sind des- halb die humosen Bodenarten für Culturzwecke besonders geschätzt. In sehr grosser Ausdehnung treten solche humose Bodenarten mit dunkler, in feuch- tem Zustand schwarzer Färbung (Schwarzerde, Tschernosem) in einer j Mächtiskeit von 0,5 bis 2 Meter in manchen Diluvialgebieten auf, so im EN mittleren Russland bis an das schwarze Meer, am Kaukasus, in Sibirien, _ aus der Uebergangszeit von der Diluvial- zur Alluvialperiode aufzufassen >. Rn und würde es von Interesse sein, zu verfolgen, an welchen Stellen der Erde was Aehnliches zu beobachten ist. In vielen Gegenden liegt unterhalb der hwarzerde Diluvialmergel, (auch Diluviallehm) z. Th. unter dem Diluvial- chen Provinz Sachsen), Verhältnisse, welche an den Rändern der Fluss- ler, an Wasserrissen und andern steilen Abfällen meist leicht beobachtet werden können. Are Schon ein geringer Gehalt an Humus und Caleiumcarbonat in inniger _ Mengung mit den feinerdigen Theilen ist von Wichtigkeit, während anderer- seits ein zu grosser Antheil an diesen Gemengtheilen den Bodenwerth sehr re 542 Orth. herabsetzen kann. Eine übermässige Anhäufung von Humus ist im Torf- moor vorhanden, er hat darin auch eine für die meisten Culturpflanzen we- niger günstige Beschaffenheit und sowie das Vorkommen von Moordistricten pflanzengeographisch die grösste Beachtung verdient, so ist es in gleicher Weise betr. technischer und agronomischer Benutzung der Fall. Einen mittleren Gehalt von Humus findet man in manchen Niederungen und Sumpf- distrieten, welche aber den hohen Gehalt an sehr fruchtbarem Bodenmaterial häufig erst durch entsprechende Entwässerung verwerthen lassen, wobei die nachfolgende Cultur auf die Gesundheit eines solchen Bodens für Ansiedlungs- zwecke selbst wieder günstig einwirkt. Die Gemenge von fein vertheiltem Kalk mit Thon pflegt man ım All- gemeinen als Mergel zu bezeichnen, je nach dem Vorwiegen des Thons oder Kalks als Thonmergel oder Kalkmergel, oder wenn Sand stark vertreten ist, als Sandmergel. Der Mergel ist in vielen geologischen Formationen ver- treten und geht seine Bedeutung für den Boden auch daraus hervor, dass er häufig als ein wichtiges Meliorationsmaterial dem Boden künstlich bei- gemengt wird. Es würde von Interesse sein zu erfahren, ob und in welcher Ausdehnung solche Materialien Verwendung finden und welche Methoden dazu benutzt werden. Aus dem Angedeuteten ergiebt sich, dass bezüglich der Culturinteressen bei der Bodenfrage die gesammte Oonstitution’der oberflächlichen geologischen Bildungen — der Culturboden ist nur das Product einer bestimmten geo- logischen Thätigkeit — in’s Auge zu fassen ist, der Bestand aus gröberen und feineren Gemengtheilen, die Beschaffenheit beider und das ‚Vorwiegen der einen oder andern nebst Angabe der Mächtigkeit. Es ist das quan- titative Prinzip, was auch hier möglichst in den Vordergrund gestellt werden muss, dasselbe quantitative Princip, was bei den Flötzlagerstätten des Bergbaues schon seit langer Zeit und naturgemäss Anwendung gefunden hat. Zugleich wird dadurch der wissenschaftlichen Geologie am meisten gedient. Es ist die möglichst genaue naturwissenschaftliche ns nicht er. im Sinne der Nährstofffrage, sondern mit Bezug auf den Gesammtbestand und das gesammte Verhalten der oberflächlichen oem Bildungen, wo- durch hier gleichzeitig der Geolovie, der Pflanzengeographie und den prak- tischen Interessen des Lebens und der Landesceultur genützt wird. Durch eine einseitige und oberflächliche Beurtheilung wird hier, wie überall, wenig gewonnen. Aus einer genauen Kenntniss des Bodens und seiner geologischen Grundlagen kann aber jeder Nutzen ziehen, welcher mit diesen Fragen zu thun hat, also vor allen Dingen der Landwirth. II. Die landwirthschäftliche Cultur. Die Natur der klimatischen Verhältnisse und der Bodengrundlagen ist wesentlich entscheidend für Pflanzenvegetation, thierische Entwicklung, das Leben und die Ansiedlung des Menschen, für welchen die vegetabilische Production direct oder dieselbe nach ihrem Umsatze in thierische Form für Ernährung und Bekleidung nicht entbehrt werden kann. Die dürren Kräuter der klimatisch trockenen Steppe setzen die Ueberführung in thierische Pro- ducte (abgesehen von der Arbeitsleistung durch Steppenthiere) zur Ver- wendung für menschliche Zwecke voraus und die Kärglichkeit der natür- lichen Pflanzenproduction ist für manche Stellen derselben der entscheidende Grund für das seit Jahrtausenden übliche Nomadenleben, überall da, wo be- stimmte einzelne Stellen das Material für die Ernährung der Heerden und re N Biete 'elao" des FM eiicchen nicht zu liefern vermögen. Bei günstigeren klimatischen und Bodenverhältnissen sind manche Steppengegenden für Kal dauernde Ansiedelung und die eigentliche Cultur des Bodens wohl geeignet, während die ersteren genannten Diskdiete, wie die turkmenische Steppe an Be der Ostseite des kaspischen Meeres, wegen extremer Trockenheit und Sommer- RN mw rme wahrscheinlich stets nur dem Nomadenleben eine Stätte zu bieten iR _ vermögen, Auch die Seltenheit der Süsswasserquellen setzt hier einer aus- gedehnteren und dauernden Ansiedelung das grösste Hinderniss entgegen. Die Grösse des culturfähigen und des unculturfähigen Districts würde hier also nur durch eine sorgfältige und vorsichtige Erwägung zu ermitteln sein. Der durch häufige Niederschläge beförderte reichliche Graswuchs auf vielen Bodenarten der höheren Gebirge, welche wegen des leichten Ab- = 'schwemmens der Krume nur mit Gefahr der PA seulie unterworfen werden, ferner in vielen nassgründigen Thälern, in En feuchten Niederungen der “Flüsse und an den Meere hat die natürliche und Asschliensh hd Be- 5 nutzung der Pflanzenproduction für Viehzucht an diesen Stellen nicht selten e vorgeschrieben, ist sogar für die Entwickelungsrichtung der Viehracen daselbst, für manche anatomische Verhältnisse und besondere Eigenthümlichkeiten, namentlich reichliche Milchabsonderung, von besonderem Einflusse gewesen. Die schweizer und tyroler Alpen, die Niederungen an der unteren Weichsel, Elbe und Weser, an den deutschen und holländischen Nordseeküsten sind bekannte Beispiele hierfür. Es würde von Interesse sein, den bezüglichen geographischen Einfluss ähnlicher Gegenden an anderen Orten der Erde nach Uebereinstimmung oder Verschiedenheit zu erfahren. Sa Sowohl der üppige natürliche Pflanzenwuchs als der Wasserreichthum = begünstigt in den genannten Gegenden die an bestimmte Stellen geknüpfte Ansiedlung und die Schwierigkeit in der Ueberwindung mancher Hindernisse, wodurch nicht selten Deichbauten, Dämme u. dergl. und eine ständige sorg- Re same Aufsicht und Instandhaltung erforderlich werden, schreibt die dazu a nöthigen festen Wohnplätze sogar gebieterisch vor. In dem Angegebenen liegt es auch begründet, dass nicht die Grösse R der absoluten Fruchtbarkeit, wie von volkswirthschaftlicher Seite wohl be- R hauptet ist, sondern die Leichtigkeit und Sicherheit der Production bei viel- leicht absolut geringerer Fruchtbarkeit für die erste Ansiedlung und Boden- cultur maassgebend gewesen sind. Für das, was wir in dieser Hinsicht für ' die hochcultivirten Länder aus der geschichtlichen Entwickelung und der Natur der Bodengrundlagen zu schliessen haben, sind gewiss in den weniger eultivirten Distrieten der Erde noch die vielfachsten Analoga vorhanden und würde es sich empfehlen, wenn Naturforscher und Statistiker auch diesem Gegenstande Aufmerksamkeit zuwenden wollten. Die genaue Kenntniss der Gegenwart wird auch auf diesem Gebiete — und ähnlich auf vielen andern — das beste und sicherste Material zum Verständniss geschichtlichen Wer- dens abgeben. Die Frage nach dem Vorhandensein von absolutem Wald-, Wiesen- und En Weideboden wird durch die Neigung und das Gefälle des Terrains, durch , Grundnlsse, Veberschwemmungen ad dergl. vielfach bestimmt, wenigstens FR so . als nicht der Mensch. den natürlichen Gewalten künstlich Grenzen Namentlich die künstliche Entwässerung spielt in "dieser Hinsicht eine wichtige Rolle. Für die Geschichte der Landwirthschaft und der Menschheit überhaupt u: t die Kenntnis auch der rohesten Anfänge landwirthschaftlicher Cultur 544 Orth. von hohem Interesse und man sollte deshalb den einfachsten und ursprüng- lichsten Methoden des Ackerbaues nicht mindere Beachtung schenken als der schon mehr vervollkommneten Entwickelung desselben. Die Geschichte der Landwirthschaft beginnt schon sehr früh, schon in der Zeit, als noch keine Metalle in Gebrauch waren und die Pfahlbauten enhalten bereits die Reste verschiedener Getreidesorten, sogar von Feldunkräutern, ferner die Knochen verschiedener Hausthiere. Findet man in der Gegenwart in gewissen Erd- distrieten noch übereinstimmende Verhältnisse, resp. welches sind die vor- handenen Unterschiede? dies sind Fragen, welche den Culturhistoriker in hohem Grade interessiren, auch schon och zu verwerthen versucht sind. Eine grosse Reihe anderer Fragen reiht sich an diese an. Welches sind die Diss kmanmelen aus Grund und Boden und welche haben einen anderen Ursprung? Sind jene oder letztere mehr vorwiegend? Wie weit bezieht sich dies auf die eigentlichen und direet verbrauchten Subsistenzmittel, wie weit wird der Tauschverkehr dabei in Anspruch ge- nommen? Sind die Ansiedelungen mehr einzeln oder stehen die Wohnsitze _ in unmittelbarer Nachbarschaft? Existirt gemeinschaftlicher Besitz des Grund und Bodens, welcher periödisch vertheilt wird, oder ist privativer Besitz und selbständige Disposition des Einzelnen vorhanden? Welches ist die Art und Höhe der Abgaben, der Steuern, Naturallieferungen u. dergl., von wem werden sie auferlegt und erhoben? Welche Arten von Servituten und Be- rechtigungen existiren mit Bezug auf den Grund und Boden und den Besitz des Einzelnen? Wird beim Tauschverkehr bereits edles Metall oder welches andere Werthzeichen in Anwendung gebracht? Welches ist die Grösse der einzelnen landwirthschaftlich benutzten Parcellen, welches die Grösse des ein- zelnen Besitzes, event. des Gemeindebesitzes? Welches ist die Form der einzelnen Parcellen? Wie stellt sich das procentische Verhältniss von Acker- land, Wiese, Weide und Wald mit Bezug auf den Grund und Boden zu Gebäuden, Geräthen, Vieh u. dergl., welches ist die verhältnissmässige Zahl der darauf beschäftigten Menschen? Wie sind die verschiedenen Gebäude, wie die Geräthe beschaffen, wie zahlreich ist der Viehstapel und woraus ist er zusammengesetzt? Welche Viehracen sind überwiegend vertreten und am meisten nutzbar? Bearbeitet der einzelne Besitzer, resp. die betr. Familie ausschliesslich den eigenen Grund und Boden oder werden bereits Lohn- arbeiter, resp. Sklavenarbeiter zu Hülfe genommen? Welches ist das Ver- hältniss der Lohnarbeiter resp. Sklavenarbeiter zu den Besitzenden, wie ist es entstanden und zu erklären? Existiren bestimmte Ordnungen (z. B. Dienst- botenordnungen) hinsichtlich der arbeitenden Olassen oder welches ist die Observanz? Wie kann geschichtlich das Auftreten der Sklavenarbeit, welche man in den frühesten Culturperioden nicht selten findet, nachgewiesen wer- den? Welche Umwandlungsprocesse sind event. vorgekommen betreffend den Uebergang der Sklavenarbeit und der Frohndienste zur freien Arbeit? Welches ist die Art des Lohnaccords, welches die Ablohnungsweise, in Geld, Naturalien u. dergl., ist Zeitlohn oder auch Ablohnung nach Leistung (Aceordlohn) vorhanden? Wie weit tritt Männerarbeit, oder. Frauenarbeit mehr in den Vordergrund, in welcher Weise wird die Kinderarbeit in An- spruch genommen’? Wird neben der Menschenarbeit auch thierische Arbeit benutzt, von welchen Viehgattungen und in welcher Ausdehnung? Beruht dies mehr in der Verwendung zum Lastentragen oder zum Zuge oder Beides? Wird neben der thierischen Zugkraft auch die Menschenkraft zum Ziehen von Spanngeräthen gebraucht? Welches ist bei den Thieren die Art der An- & ang dasjenige, was sie gebraucht, selbst? N Reistirt ein gewisses Pachtverhältniss oder nicht, unter welchen nr _ oder in anderen Tauschmitteln abgegeben? Wie weit ist das sogenannte Halbpachtsystem verbreitet? Ist event. schon ein-Pachtrecht vorhanden oder 'existiren dieserhalb bestimmte Observanzen ? Wie weit besteht überhaupt ein sogenanntes Agrarrecht, wie ist es ent- standen, wie wird es weiter entwickelt? un. Was nun speciell den landwirthschaftlichen Anbau der Culturpflanzen und die Thierzucht betrifft, so werden die wesentlichsten Gesichtspunkte für die Erforschung dieser Varkelangt sich ebenfalls in einer Reihe von Fragen am einfachsten und präcisesten zusammenstellen lassen. Mit Bezug auf den \ Pflanzenbau würden folgende hervorgehoben werden müssen: K Welche verschiedenen Arten von Culturpflanzen werden angebaut, ın _ welcher Ausdehnung und in welcher Folge? Welche kommen davon direet für Handelszwecke und technische Verwendung in Betracht? Ist eine be- stimmte Feldrotation der Culturgewächse vorhanden oder werden sie im Ur- wechsel einige Jahre angebaut und das Feld nachfolgend der natürlichen Benarbung berlaren, wenn Erschöpfung oder das ee ken der 'Feldunkräuter der Pflanzeneultur eine Grenze setzt? Welches sind event. _ mittel werden zu ihrer Bekämpfung in Anwendung gebracht? $ Werden in einem Jahre eine oder mehrere Culturpflanzen gebaut, in _ welehe Jahreszeit fällt die Saat, die Hauptentwickelung und die Ernte? Welche Methoden a für die Bestellung benutzt, welche Ge- räthe und mit welcher Arbeitskraft? Ist neben dem Pflug oder Haken, dessen wirksamen Theil man im Wesentlichen als einen Keil zum Auf- reissen und Wenden des Bodens aufzufassen hat, noch die Egge, die Schleife, die Walze u. s. w. im Gebrauch oder mit welchen Instrumenten begnügt sich der Ackerbau? Ist geschichtlich in dieser Hinsicht vielleicht ein Fortschritt zu verzeichnen oder fehlt es an jeder Entwickelung? Welches ist die Form des Pflugs, wie wird das Schaar befestigt, welche Möterialh werden bei dem Instrument verwendet? Eine möglichst genaue Zeichnung nscht, in einzelnen sogar die Binsendung von Originalexemplaren von In- üirden auch mit den Ackergerüthen event. geschichtliche Schlussfolgerungen erbindung gebracht werden können. k Be in Bruchtheilen des Naturalertrags oder in eu u fixirten N Naturalien für menschliche Ernährung, welche als Futtermittel für das Vieh, welche _ die verschiedenen und die gefährlichsten Feldunkräuter und welche Hülfs- E sein. Wie bei Culturpflanzen, N ekeruhleitien Viehracen u. dergl. PS it Bezug auf nen von Wohnsitzen und örtliche Bewegungen in N Br. Weise und Folge werden die Ben Feldinstrumente le N 546 Orthe und treten letztere oder jene mehr in den Vordergrund, mit welcher Sorg- falt geschieht die Bestellung, wie wird der Samen ausgesät, mit der Hand oder mit Geräthen, breitwürfig oder in Reihen, gedrillt oder gedibbelt (in fortlaufenden Reihen oder in regelmässigen Abständen innerhalb der Reihen), wie wird der Samen bedeckt, in welcher Tiefe, mit welchen Instrumenten? Werden Düngermaterialien irgend welcher Art, namentlich die mensch- lichen und thierischen Excrete, benutzt und in welcher Weise werden sie event. dem Boden beigemengt? -Wenn nicht, werden dieselben anderweit verwerthet (zum Brennen etwa) oder überhaupt nicht genutzt? Wie kann dies im letzteren Falle begründet werden und in welcher Beziehung steht es zu den gesammten wirthschaftlichen Verhältnissen der Gegend? Ist event. ım Falle des Nichtersatzes der Pflanzennährstoffe eine erhebliche Abnahme der Fruchtbarkeit eingetreten? Wie weit entspricht etwa, wenn man spe- cieller auf die durch Liebig angeregten Fragen eingehen will, der Ersatz an Pflanzennährstoffen durch die Düngung der Entnahme durch die Ernten? Letztere Erörterung kann naturgemäss nur in cultivirten Distrieten und bei schon vorliegenden el Zahlen stattfinden. We Hülfsmittel werden ausserdem für die Förderung der Cultur in Anspruch genommen, findet namentlich haha während der Vegetation, mit Hülfe der Hand oder mit Spanngeräthen statt, wird Be- wässerung angewendet, in welcher Weise, Ausdehnung und Wiederholung, mit welchen Hebe- ne Transportvorrichtungen ? Welches sind die wichtigsten Pflanzenkrankheiten und thierischen Feinde, von welchen die emen zu leiden haben, treten dieselben mehr ver- einzelt oder regelmässig auf und unter welchen Verhältnissen werden sie am meisten nachtheilig? Kann event. ein Fortschreiten in der verheerenden Wirkung der genannten Schädlichkeiten nach einer Richtung hin wahr- genommen werden und in welchem Grade ist dies der Fall? Aus Ohio in Nordamerika wird berichtet, dass daselbst ein Käfer (Doryphora decem- lineata Say) an den Kartoffeln erheblichen Schaden thut und in allmäligem Fortschreiten nach Osten hin begriffen ist, so dass man annimmt, er werde segen das Jahr 1880 an der Küste des atlantischen Oceans angekommen sein. Bei den vielen internationalen Beziehungen der Gegenwart, wodurch eine Uebertragung in ferne Gegenden und auch nach Europa leicht möglich % wird, Sera eine solche Erscheinung die eingehendste Beachtung. Da die den Pflanzen alahhn sie echen Feinde, besonders da: ; Insecten und die zugehörigen en sich der aan Beobachtung leicht entziehen, überhaupt nicht selten verhältnissmässig klein sind, so wer- den sie oft nur durch ganz besondere Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können. Es empfiehlt sich, dabei sowohl das Aeussere der Pflanze als die innern Theile, (namentlich bei kränkelnden Gewächsen) sowohl die ober- irdischen als die unterirdischen Organe, und da sich manche Thiere bei Tage verstecken, auch die Nachtzeit in’s Auge zu fassen, auch, wenn mög- lich, eine hinreichende Anzahl von Exemplaren zu sammeln und zum Theil are zum Theil in Spiritus aufzubewahren. Die eigentlichen sogenannten Pflanzenkrankheiten beruhen grossentheils auf den Wucherungen von Pilzen, deren genauere Be bei ihrer mikroskopischen Kleinheit nur mit stark bewaffnetem Auge erkannt werden kann. Besonders die Rost- und Brandpilze treten häufig nachtheilig auf und sind auch verhältnissmässig leicht zu erkennen. Die Pilzwucherungen kommen sowohl an oberirdischen als an unterirdischen Organen, an der Ober- fläche wie im Innern der Pflanze vor, zum Theil sind sie, wie beim Stein- a d ve ee, Sr am Vbeskinäeike Stellen. in ‚ zum Theil kommen sie gleichzeitig oder nach einander an verschie. ' Ebenso wie ein Herbarium mit den eingelegten typischen Cultur- ächsen, ferner Acker-, Wiese-, Weide und Holzunkräutern für die ver- hiedenen Gegenden der Erde ein sehr werthvolles Material zur Vergleichung ‚ so ist es auch erwünscht, dass eine grössere Zahl von derartigen Herbarium eingelegt oder, wie bei manchen wasserreichen Pflanzentheilen, in Spiritus gethan werde, um zu näherer Vergleichung der pflanzenpatholo- gischen Verhältnisse a der zugehörigen Pose dienen zu können. ADAeH Es ist, wie im Pflanzen- und Thierreich nl, so namentlich auch bei ie: diesen kleinsten Organismen von grossem Interesse; zu wissen, wie weit auf der Erdoberfläche Constanz oder Variabilität vorhanden ist, resp. die gegen- wärtigen Grenzen in der Entwickelung des organischen Lebens festzustellen. Es ist von besonderem Werthe, zu erfahren, ob und wieweit äussere natur- gesetzliche Verhältnisse hierauf von Einfluss sind. Dies ist die wissenschaftliche Seite dieser Frage. Was in praxi die nachtheiligen Wirkungen der vegetabilischen und Beeaklelnen Feinde bei den en anzen Den, so ist es wünschenswerth, annähernd den Grad des Schadens festzustellen und zu constatiren, ob, mit welchen Hülfsmitteln und PR N diums dieser Verhältnisse wird auf die bezüglichen im Anhang genannten Werke hingewiesen. Me Euer Bis hliohnsn sich hieran die Fragen bezüglich der Ernte der landwirth- er schaftlichen Culturpflanzen, über den Hoitpunkt der Reife, die Erntemethode und die, dazu angewendeten Geräthe, Handarbeit oder Maschinenarbeit, Dreschmethode, Aufbewahrung u. derol. Es ist zuweilen bereits peri- "eulum in mora, wenn man dem Vorschreiten neuerer Culturmethoden gegen- über die ursprünglichen Verhältnisse feststellen will. Die Maschinenarbeit N _ concurrirt bereits in manchen Gegenden der Erde mit der Handarbeit und ; _ der rohen Arbeitsverwendung at hat die Kenntniss dieser Verhältnisse und der Erntegeräthe häufig en mit Bezug auf die Geschichte Interesse. Kann man die Stärke der Aussaat auf die Flächeneinheit und die Höhe des Ernte- ertrags ermitteln, so ist dies von besonderem Werthe und liefert eine Illu- stration zu den üblichen Verkaufs- resp. Pachtpreisen des Grund und Bodens. i ‘ Eine weitere Beachtung verdient die verschiedene Verwendung der Pro- LER ducte des Tondwirkhschäftlichen Pflanzenbaues für Ernährung oder für Be- Be kidung, für Bereitung von alkoholhaltigen Getränken, von "Zucker, Stärke und Here], sowie die dazu in Gebrauch befindlichen Methoden und a Die bez. Fragen über die Viehhaltung ' Gegend werden kürzer zusammengefasst werden können. Namentlich ürden nachstehende zu erwähnen sein: N see sind die verschiedenen zum landwirthschaftlichen Betriebe ge- en een werden sie als „Hausthier“ oder mehr in wilder 548 Orth. Gegenden eingewandert oder werden sie seit undenklichen Zeiten an Ort und Stelle fortgezüchtet und ist in dieser Hinsicht ein Fortschritt oder ein Gleich-. bleiben der Verhältnisse wahrzunehmen? Welches sind die charakteristischen Eigenthümlichkeiten der einzelnen Viehracen nach Bau, Grösse, Farbe und Leistung? Wie verhält sich der Umfang des Rumpfes zu seiner Länge, wie die Entwickelung des Rumpfes zu Kopf, Hals und Beinen? Welche Beziehungen findet man zwischen Grösse und Eigenthümlichkeit der Racen und bestimmten örtlichen Verhältnissen, Niederung, Gebirgsgegend, Boden und geologischer Formation? Welches ist etwa das durchschnittliche lebende Gewicht? Es wird dasselbe allerdings häufig nur schwierig festzustellen sein. Wie ist die Beschaffenheit und Farbe der Haut und Behaarung, wie die Leistungsfähigkeit je nach den Thier- gattungen zum Zieken und Reiten, für Fleisch-, Fett-, Milch- und Wolle- production? Dieselben Thierracen zeigen hiernach die grössten Verschieden- heiten, zum Theil mehr oder weniger durch die geographischen Verhältnisse begründet, zum Theil durch die Kunst der Züchtung entwickelt oder modi- fieirt und die Hausthiere bieten deshalb die interessantesten Beispiele für die Lehre von der Variabilität thierischer Organismen, ähnlich wıe dies auch bei den Culturpflanzen in hohem Grade wahrgenommen werden kann. Die Beobachtungen und Versuche von Darwin und Nathusius beweisen, ein wie reiches und werthvolles wissenschaftliches Material sich auf diese Weise ge- winnen lässt und die Verschiedenheit der Hausthierracen auf der Erde im Zustande der Wildheit und der Domestication verdient deshalb die grösste Aufmerksamkeit und das eingehendste Studium, ausser für den Landwirth, auch für den Zoologen, Physiologen und Geographen. Ausser den Weich- theilen ist es namentlich das Skelett und Knochengerüst, welches viele Ver- gleichungspunkte darbietet und die Beschaffung eines vollständigen Skeletts oder wenigstens eines Schädels ist deshalb in vielen Fällen sehr erwünscht. Kleinere Stücke der Haut (nebst Haaren) würden ausserdem in der Regel leicht beschafft und trocken oder in Spiritus aufbewahrt, bei Schaafen auch Wollproben (möglichst mit erhaltenem Stapel und in 3—6 Centimeter Durch- messer dicht über der Haut abgeschoren) von verschiedenen Körperstellen (Vorderrücken, Seite, Bauch, Keule, Schwanz, Hals) leicht entnommen und in Gläsern oder in dichtem Papierverschluss vor Motten geschützt ver- sendet werden können. Die Vergleichung des Skeletts bei den verschiedenen Hausthieren hat auch historisch nicht selten Werth, zumal dann, wenn in einer Gegend prähistorische derartige Ueberreste gefunden werden und dazu . in Beziehung gesetzt werden können. Eine weitere bemerkenswerthe Frage ist, wie weit die Kunst der Thier- zucht, Auswahl der Racen für bestimmte Zwecke, entsprechende Paarung, Aufzucht und Ernährung überhaupt entwickelt sind. Werden hier überhaupt schon bestimmte und bewusste Zwecke verfolgt oder kann von einer regel- mässigen .künstlichen Einwirkung überhaupt noch nicht die Rede sein? Werden die Individuen zur Paarung einander bestimmt zugetheilt, sind besondere Einrichtungen zur Verwendung vorzüglicher männlicher und weib- licher Thiere und zum Ausschliessen des schlechteren Materials vorhanden (Körordnungen, Landgestütwesen und dergl.) oder lässt man die Natur, wie in grossen Heerden und in der Nomadenwirthschaft, den natürlichen Nei- gungen und den materiellen geographischen Verhältnissen entsprechend, frei schalten und walten? Leben die Thiere das ganze Jahr im Freien oder sind besondere Ställe vorhanden und in welchen Jahreszeiten werden sie darin untergebracht? Namentlich für die jungen Thiere ist der Aufenthalt ER, wegung im Freien gegenüber dem Leben in den Ställen von be- onderer Bedeutung für die Entwickelung, nicht blos bei Arbeitsvieh. Welches sind die Futterstoffe, eranakln die verschiedenen Viehgattungen im Sommer und im Winter, auf der Weide und im Stalle, in kalter und EN warmer, trockener und nasser Jahreszeit ernährt werden? Wie lange erhält Na 8 ‚säugende junge Thier die volle Milch, nach welcher Zeit und auf welche ird auf eine kräftige eilcnalle Fütterung im ersten Lebensjahre, wovon die \ spätere Entwickelungsrichtung und Grösse in so hohem Grade bedinst rd, Werth gelegt? Werden überhaupt bei der Ernährung der Thiere di Futter- h "mittel in bestimmtem Verhältnisse und nach Beil aninnen zu Grunde liegen- den Anschauungen zugetheilt? Und in welcher Weise etwa für enkeitsl. iast-, Milch-, Woll- und Arbeitsvieh? Welches ist der Marktpreis der ein- zelnen Futtermittel (wird in grösseren Städten zu ermitteln sein) und wie gross ist die tägliche ion: Welches N die tägliche oder jährliche Leistung oder Nutzung pro Stück der einzelnen en nach Quaptität der Produ) resp. nach Geld- werth? In welcher Lebenszeit ist die Hauptnutzungsperiode, auf welches Alter fallen in der Regel das erste oder die ersten Jungen, wie viel Junge können auf die Mutter durchschnittlich in verschiedenen Malen gerechnet werden, wann und nach welchen Rücksichten werden die Thiere ausgemerzt, zur Schlachtbank gebracht und dergl.? Welches ist eventuell der Milch- und _ _Woll-, der Fleisch- und Fettertrag per Stück, wie verhält sich das Schlacht- 0 gewicht (4 Viertel inel. Nierenfett) zum lebenden Gewicht, in welchem Alter und in welchem Mastzustande werden die Thiere zur Schlacke.bdn ge- bracht? Welches ist der Preis von 1 Kilogramm Fleisch, Talg, Speck, Wolle, von 1 Liter Milch, von 1 Kilogramm Butter und Käse? Wie weit wird die Milch als solche oder nach der Verarbeitung zu Butter und Käse ver- kauft? Welche Preisbewegung ist überhaupt betr. die wichtigsten landwirth- schaftlichen Producte für Ernährungs- und Bekleidungszwecke vorhanden und Br... wie weit lässt sie sich historisch nachweisen? Werden die landwirthschaft- - liehen Erzeugnisse vom Landwirth direct verwerthet und in welcher Form event. in den Handel gebracht? Welches sind die technischen Gewerbe, welche mit dem landwirthschaftlichen Betriebe in Verbindung stehen und wie weit werden sie vom Landwirth selbst betrieben? Welches sind die Er- : träge aus derartigen technischen Gewerben und in welcher Beziehung stehen N“ sie zu den übrigen landwirthschaftlichen Einnahmequellen? Welche Producte liefern sie etwa an den: eigentlichen landwirthschaftlichen Betrieb zurück, und in wie weit stellen sie sich dazu mehr oder weniger günstig? R Betreff der Thierzucht sind noch die Krankheiten der Hausthiere zu A _ erwähnen, deren zum Theil internationale Verbreitung, unterstützt durch Ai leichtere Transportwege, durch rascheren und en Verkehr in der enaen Zeit, analog wie bei menschlichen Krankheiten, mit gutem Grund die MD nnksamkeit der Wissenschaft wie der Ne wallunsabehörden in An- ruch genommen hat. Es ist namentlich die Frage nach ‘der spontanen Pr D ich, der durch Ansteckung bewirkten Verbreitung, welche in der neueren _ vielfache Beachtung "gefunden, Krankheiten, welche, wie Rinderpest FR "bei häufigem Vorkommen das Nike earen erheblich zu schä- digen vermögen, wie das grosse russische Reich alljährlich, Deutschland 2 Kriegsjahre 1870/71 empfindlich genug erfahren hat. Wird die Rinder t, wie = Cholera, periodisch uns aus Asien zugeführt, “überwintert sie Br; S HH i H 550 Orth. EN bei uns oder kann sie sogar spontan sich bei uns entwickeln? ist für die Wissenschaft dieser rapide und ungewohnt sich verbreitenden Krankheit und die Gesetzgebung eine gleich wichtige Frage und sie mag darauf hinweisen, wie man speciell auch im praktischen Interesse Werth darauf zu legen hat, die Pathologie des animalischen Lebens, nicht bloss die verheerend und epi- demisch auftretenden Seuchen, über die ganze Erde kennen zu lernen. Ist es möglich, im naturwissenschaftlichen Sinne, analytisch oder synthetisch, mit allen nothwendigen Hülfsmitteln diesen Fragen näher zu treten, so ist dies am werthvollsten und bei den vielen internationalen Beziehungen haben die Staaten nicht selten Ursache, alle Mittel in Anwendung zu bringen, um den Heerd und eigentlichen Grund einzelner Krankheiten zu ermitteln. Beson- dere pathologische Stationen, an der richtigen Stelle angelest, würden hier- für ihre besondere Bedeutung haben. Aber auch schon die Statistik der Krankheiten nach Oertlichkeit, Ent- - stehung, Verbreitung, Sterblichkeit u. dergl. in Beziehung zu den übrigen geographischen Verhältnissen ist von sehr grossem Werthe, nur würde eg nothwendig sein, dass die Krankheiten als solche bestimmt erkannt sind, Literatur. Humboldt, Kosmos. Erster Band. Stuttgart und Tübingen 1845. Berghaus, Physikalischer Handatlas. Gotha 1849— 1851. Abth. 1. DIESEN Dove, Meteorologische Untersuchungen. Berlin 1837. Lorenz- Rothe, " Klimatologie. Wien 1874. Hagen, Wasserbaukunst. Erster Theil. Die Quellen. Erster Band. Berlin 1869. Bis chof, Lehrb. der chemischen und physikalischen Geologie. 3 Bde. Benn 1863—66. Girard, Grundlagen der Bodenkunde. Halle 1868. Fallou, Pedologie. Dresden 1862. Orth, Geognostische Durchforschung des schlesischen Schwemmlandes. Berlin 1872. Cotta, Deutschlands Boden. 2 Bände. Leipzig 1858. Grisebach, Die Vegetation der Erde. 2 Bände. Leipzig 1872. Liebig, Agrieulturchemie. 2 Bände. 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Stuttgart 1869. ee Die innern und äussern Krankheiten der landwirthschaftlichen Säugethiere. Berlin 1872, . TR a Me N re ee Linguistik. Von H. Steinthal. ine und so sehr als möglich zuverlässige Thatsachen aufzunehmen. Es 5 ‚freilich unmöglich, dem Reisenden, der ad unbekannte Gebiete entdecken der unvollkommen Bekanntes besser kennen lernen soll, zu sagen, was ihm begegnen werde; wir bieten ihm hier keinen Führer. Decsusn, die Beob- ‚achtung wird um so schneller zu zuverlässigen Ergebnissen gelangen, je mehr man die verschiedenen Möglichkeiten, deren eine als Wirklichkeit eintreten wird, sich klar gemacht hat. Die Natur seiner Aufgabe soll der Reisende kennen, und gewisse Fragen, deren Beantwortung gewünscht wird, sollen m an’s Herz gelegt werden. Auch mag er sich vor Missgriffen warnen Der Reisende glaube nur nicht, dass er sich, ohne Sprachforscher zu Bi nicht ı um Erforschung von Sprachen kinmern könne. Abgesehen 2 el weniger misstraue der Reisende seiner Fähigkeit, Wei e ‚Sprachliches zu notiren, wenn er nur das es beher- 552 Steinthal. Zur Lautlehre. Zunächst ist die Sprache ein Object für das Ohr. Bekannt ist, wie jede fremde Sprache, die wir zum ersten Male hören, derartig an dem Ohre vorüberrauscht, dass wir kaum ein Wort, ein Lautgebilde, zu erfassen ver- mögen; sie scheint uns schneller gesprochen als unsere Muttersprache. Das ist eine Täuschung, die Niemanden entmuthigen wird, die bald schwindet. Reisende, welche aus solchen Gegenden Deutschlands stammen, in denen die sogenannten harten und weichen (stummen und tönenden) Laute nicht unterschieden werden (5 und p,.d und £, g und %, j und ch in ich, summen- des s und zischendes $) haben in diesem Punkte Organe und Ohr besonders zu üben. Ein gutes Mittel, die weichen Buchstaben richtig sprechen zu lernen, ist es, vor denselben einen Nasal auszusprechen: Ende, Enge, Ense, Ambos. Es ist auch für solche Laute, die in unseren europäischen Sprachen nicht üblich sind, wichtig, sie gut aussprechen zu lernen; denn das Ohr nımmt die Laute um so leichter und sicherer in voller Richtigkeit auf, je mehr die eigenen Organe dieselben ebenfalls zu erzeugen befähigt und gewöhnt sind. Deswegen ist es rathısam, sich in der Aussprache der Wörter der frem- den Sprache zu üben und sogar die ganz eigenthümlichen Laute derselben erzeugen zu lernen. Mit unserem deutschen Alphabete lassen sich selten sämmtliche Laute einer fremden Sprache schreiben. Der Reisende wird also wohlthun, wenn er sich das allgemeine linguistische Alphabet aneignet, das wir hier folgen lassen. Er schrecke vor der Menge der diakritischen Zeichen nicht zurück; er wird nur wenige davon brauchen; wir aber müssen für alle ‚Sprachen sorgen. Die Vocale. a ın dem Deutschen hat, That. Bin, „ Bar, fett; va. 6 En, M Weh, frz. Zu n wir, mit. ER, % Mond, ohne. Dunn nl . Sonne; frz. or; engl. what, naught. 2 EA ne gut, Kuss. ns, 6 Hörner; frz. peur, heurter. Dan Eh König; frz. peu. VE RR ) Thür, dürr,; frz. sür, sur. EN Aus, Kaiser, Essen. RE TE, e Haut. My n Häute, heute. ei im Deutschen nicht vorhanden; spanisch reina. 0, 2 u; Y engl. join. 3 e keins den dumpfen Vocal ee deutschen Vor- und besonders End- silben, z. B. begraben. In manchen Sprachen können die 'Nasalen und anal ohne bestimmten Vocal Silben bilden; in diesem Falle gebe man ihnen den kleinen Kreis statt eines Vocals: n, m, r, I, welche lealkelsn. tend sind mit en, em, er, el. Letztere Schreibung mag zuweilen vorzu- ziehen sein, um etwa einen Accent darüber setzen zu sen, Be. Die a N ala ae. Fortes. dem ‚deutschen Kopf. assibilirtes k, fast deutsches %j. ken Topf. ie Zungenspitze wird aufwärts ge- bogen und mit der unteren Seite an den Gaumen gelegt. ? der Rücken der Zunge legt sich in Ky seiner ganzen Breite an den Gau- men, während die Spitze nach unten gebogen ist. ) wie in Palme. b. ee un d, d, b die vorigen Laute "weich (mit Intonation) Saspnachen, B. Fricativae. . a. Bortes, Sure h wie in dem deutschen Auf. a: wie das deutsche ch in Buch, ach. bannen ) » „ ech. wie das alıntsahe, sch, frz. ch. wie in dem nahen das, fez. si. ein sch, das sich in der Weise seiner Ausprache an £ anschliesst, wie s ein solches, das enger zu k gehört. ein s, das sich in en Weise seiner Aussprache an t anschliesst. "nn HN 9 das interdentale s, das gelispelte scharfe £h der Engländer. f wie im Deutschen. b. Lenes. y das (intonirte) weichey von ach, wie ‘ das g provinziell in Deutschland oft gesprochen wird in Wagen, sagen. wie ım Englischen, also wie deut- sches 7. das weiche s, frz. Yk % das weiche ende s,, das frz das weiche englische fh in Zhe, 2 wie im ira sehen w wie im Englischen. C. Liquidae. A der reine Zungen-Zitter-Laut, wie er besonders in Ostpreussen und über- haupt von den Deutschen. in den slavischen Ländern (Russland, .. . gesprochen wird. r das gutturale oder sogenannte enge r, welches, durch das On. a _ zäpfehen gebildet ge während die Zunge ruht. Be y dagegen liegt die Zunge am Gaumen, wie bei y und y. wie 'ım Deutschen. ' 1 analog dent, d = rn, 1:t,d. &% \ as mouillirte 2 der romanischen Sprachen, frz. mowille. D. Nasales. das deutsche ng in eng (ie junge, yüngesel = junggesell). n houillirte N, wie gn im frz. regner. ER, Be 2 554 Steinthal. Lepsius, das allgemeine linguistische Alphabet. Berlin 1855, und desselben, Standard Alphabet, second ed. London and Berlin 1863. Jedes Volk hat in der Erzeugung der Laute seine Eigenthümlichkeit, und es ist weder nöthig noch möglich, dieselbe zu bezeichnen. Der Reisende merke sich nur dieselbe, sowohl überhaupt, als für besondere Laute, und. zeichne an Ort und Stelle auf, nicht nur wie ein besonders eigenthümlicher Laut das Gehör berährt, sondern auch in welcher Weise er durch die Or- gane erzeugt wird. Zu letzterem wäre freilich die Kenntniss der Physiologie der Laute erforderlich. Die einschlägigen Arbeiten von Brücke, Merkel und Max Müller (in seinen „Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache“, zweite Reihe) sind hier zu empfehlen. Für die mehr praktischen Zwecke könnte es genügen, Folgendes zu beachten. Es kann im N namen keine Schwierigkeit machen, Vocale und Con- sonanten, harte und es Consonanten, Explosive und Fricative (also z. B. a und %, k und g, k und y) von einander zu unterscheiden. Auch ob £ oder t oder £ gesprochen wird, lässt sich leicht an der Zunge merken. Schwie- rigkeit machen nur die ganz im Hintergrunde des Mundes gesprochenen Laute, z.B. die Unterscheidung von y und 7, Modificationen des h und des %. Der Reisende sehe zu, was er mit Sidnenikeei beobachten kann. Ein anderer Punkt ist der Einfluss der Nase auf die Natur der Das Nämlich bei den harten wie bei den weichen Consonanten und auch bei den reinen Vocalen wird die Nasenhöhle von der Mundhöhle (durch das Gaum- segel) abgeschlossen. Der Athem oder die Stimme dringt folglich durch den Mund und gelangt gar nicht in die Nase; diese bleibt vielmehr ganz unberührt. Wird dagegen die Nasenhöhle von der Mundhöhle nicht abge- schlossen, so dringt die Stimme durch beide Höhlen, und beide tragen zur Gestaltung des Lautes bei. So entsteben, bei offener Mundhöhle, die nasa- lirten Vocale, die frz. en, in, on, un, bei geschlossener Mundhöhle die nasalen Consonanten m, n und n. Die linguistische Schreibung der Nasalirung der Vocale geschieht durch das Zeichen ” über dem Vocal, also 4 (frz. en), 0 (frz. on) u. s. w. Es be steht also ein wesentlicher Unterschied zwischen € und dem deutschen Worte eng, welches linguistisch e% geschrieben würde; zwischen # und dem Schlusse des deutschen bang (linguistisch bar). In den genannten deutschen Wörtern ist ein reiner Vocal, auf den ein nasaler Consonant folgt, und während letz- terer gesprochen wird, ist die Mundhöhle (am Gaumen). ebensowohl wie bei n (am oberen Zahnfleisch) geschlossen. Das frz. en, on dagegen besteht lediglich aus einem Vocal, ohne von irgend einem Consonanten begleitet zu sein, und die Mundhöhle bleibt bei der Aussprache offen. Da der Vocal a so gesprochen wird, dass dabei die Zunge in der natürlichen Lage bleibt und sich dem Gaumen gar nicht nähert, die Silbe ang aber ein Anlegen der Zunge an den Gaumen erfordert, so giebt Toussaint-Langenscheidt ein ganz richtiges Mittel an, um zu prüfen, ob man den nasalirten Vocal @ richtig spreche: „Man nehme einen leichten länglichen Gegenstand, etwa einen Feder- halter oder Bleistift, trete damit vor einen Spiegel, öffne den Mund weit, bringe den Stift so tief in den Mund hinein, als man es vertragen kann, und lasse ihn auf der Zunge ruhen. Nun spreche man 4 forttönend aus; bewegt sich der Bleistift dabei auch nur im geringsten, so ist der Nakallanı falsch; bewegt er sich nicht, so ist er richtig.“ Zu Bedenklichkeiten können a die mouillirten oder len Con- sonanten Veranlassung geben, indem sie zwar ursprünglich, und rein gesprochen, einfache Consonanten bilden, gar leicht aber einen unbestimmten Charakter ® u ER Pe Ri nn s ADaR: NE { N Sr nd n Ach sogar zu einer Consonantengruppe äuseinandergehen. nkt % hinüber zu 7’ und geht auseinander in %j oder 4, wird sogar zu ‚de wird. Dann mögen grammatische Verhältnisse u, en so De er bald Bi was den Einzelnen und was der Ge- RER sammtheit angehört. Der se kann zuweilen an der Färbung eines Lautes im Munde des ganzen Volkes viel liegen; und darum achte der Reisende darauf. Doch in es genügen, solche Medifetion eines Dautes im Allgemeinen anzugeben; es bedarf für dieselbe nicht eines besonderen Schriftzeichen. Nur wenn sich herausstellt, dass ein Laut in bestimmten Wörtern so und in bestimmten anderen Wörtern anders gefärbt ist, würde es gut sein, dies irgendwie anzugeben. Zur Erleichterung - die Be des reihen: kann es dienlich sein, für die Unterscheidung zweier einander nahe stehender Laute nur den seltneren von beiden mit einem diakritischen Zeichen zu versehen. Dadurch wird das linguistische Alphabet sehr verein- facht. Hat z. B. eine Sprache nur den Vocal e, so kann man ihn kurzweg e schreiben und ein für allemal bemerken, a e den Werth von e Salben solle; besteht dagegen e neben e und wird bald dieses, bald jenes gesprochen, so ist zwar die Unterscheidung unerlässlich, aber es genügt, den seltneren _ Laut zu bezeichnen. | Nur in einer oder in wenigen Sprachgruppen vorkommende Laute, wie etwa die Schnalzlaute im nalen Afrika, schreibe der Reisende alle so wie Andere vor ihm diesen Laut in den verwandten Sprachen g geschrieben _ haben, wenn ihm das bekannt ist, oder er erfinde für sich ein beliebiges Zei- ‚ chen, etwa 1 oder «. Die Länge der Vocale und ihre Kürze darf nicht unbeachtet bleiben. Man gebrauche die üblichen Zeichen, z. B. @,&, 3, & u. s. w. Auch hier genügt es, das Seltnere zu schreiben, also gewöhnlich nur die Länge. ‚ Die accentuirte Silbe eines Wortes muss bei den mehrsilbigen Wörtern durchweg angedeutet werden; indessen auch nur, wenn sich ein einfaches Accentuationsgesetz nicht herausstellt, was man freilich im Anfang des Stu- diums einer Sprache nicht wissen kann. Bald aber wird es sich doch zeigen, ob etwa der Accent immer auf der ersten Silbe des Wortes ruht. So lange freilich nichts beobachtet ist, wodurch die Accentuirung entweder unnöthig oder wenigstens vereinfacht wird, muss der Accent jedes Wortes bezeichnet ” N e A werden. Dies geschieht in üblicher Weise; also z. B. a, 4, &. Unter Accent verstehen wir die grössere Energie oder Intensität, mit welcher ein Vocal gesprochen wird. Dieser wird durch den Accent zugleich auch lauter und höher. Es bleibt aber fraglich, ob dies zu allen Zeiten so war und bei allen Völkern so ist. In den einsilbigen Sprachen Hinterasiens kann von einem Silbenaccent nicht die Rede sein. Wenn aber dort zwei ‚oder Er nere. einsilbige Wörter sich zu einem zusammengesetzten Wege K ‚blos in ER Energie des Tones liegen, und davon die Höhe des . abgesondert sein. Denn dort bildet die Höhe oder Tiefe eines Vocals unveränderliche Qualität. So entstehen verschiedene .Vocale, die sich durch die Höhe oder Tiefe unterscheiden, und zwar drei- oder vierfach, - oder ‚achtfach verschieden. Sie können nämlich auf einer ae) ae oder « einer ‚bestimmten Tiefe verharren, aber auch steigen oder fallen, EIN RR . i RN 896 Steinthal. endlich auch steigen und fallen. Auch mag es wohl einen Unterschied aus- machen, ob das Steigen oder Fallen allmählich oder sprungweise geschieht. Aehnliches ist auch in afrikanischen Sprachen bemerkt worden. Jeden- falls verdient die Frage, ob Accent und Höhe des Vocals ganz gesondert von einander auftreten, dem Reisenden an’s Herz gelegt zu werden. Wir sind sogar gewöhnt, den Accent mit Höhe und Länge zu verbinden; wir sprechen geben, br hominem, während man ehemals sprach hominem, 9 — Im Vai (einer mehrsilbisen Negersprache) will man beobachtet haben, dass der Accent keine feste Stelle im Worte habe, sondern je nach der Folge der Wörter im Satze bald diese, bald jene Silbe treffe, wie die rhythmische Arsis im Verse. Es gilt also jeder Satz als eine Silbenreihe, welche trochäisch und daktylisch gesprochen wird. Sollte nun dem Vai der feste Wortaccent fehlen? Schwer- lich; er wird wohl nur anders, nämlich als Höhe der Vocale neben den tiefen Vocalen gesprochen. Hiermit in Zusammenhang steht, dass im Vai auch die Quantität der Vocale nicht in jedem Worte fest ist, sondern ebenfalls rein euphonisch, rhythmisch bestimmt wird. Der Reisende versuche, was sich durch Beobachtung als sicher ge- wıinnen lässt. Nicht nur bei den eultur- und schriftlosen Völkern, sondern auch bei den halbeultivirten Völkern mit Schrift zeichne der Reisende immer das Ge- sprochene und Gehörte auf; denn es bleibt fraglich, ob die einheimische Schrift überhaupt genau ist, besonders aber, ob nicht die Aussprache seit Festsetzung der Schrift sich schon geändert hat. Dies ist z. B. bei den Barmanen der Fall. Zum Wortschatz. Der Reisende sei zunächst unbekümmert um jede theoretische Frage, wie: in welche Classe gehört eine Sprache, in die flectirende oder die agglu- tinirende? Sind die Elemente, welche der Bezeichnung grammatischer Ver- hältnisse dienen, als Affıxe oder selbständige Wörter anzusehen? u.s. w. Er setze in dieser Beziehung nichts voraus, suche nichts Bestimmtes, schreibe den Satz als eine Reihe von Silben, und lasse sich die kleinen Pausen oder Einschnitte, durch welche die Theile des Satzes gesondert werden, als Norm für die Wortabtheilung dienen. Werden also Wörter zusammengeschleift, so schreibe er sie auch als Einheiten. Kurz er verbinde und trenne, was der Mund verbindet oder trennt. Der günstigste Fall ist der, wenn der Reisende einem Eingeborenen be- gegnet, der neben seiner Muttersprache, die wir. eben kennen lernen wollen, auch noch eine andere genügend spricht, die dem Reisenden schon bekannt ist. Wir sind aber auch mit einem Dolmetscher zufrieden, der ausser seiner Muttersprache oder irgend einer, welche der Reisende ziemlich versteht, auch mehr oder weniger im Besitz derjenigen Sprache ist, die wir von ihm lernen wollen. Besonders erwünscht ist ein Dolmetscher, der schreiben kann. Ein solcher wird, da es dem Ohre bei Erlernung einer Sprache so schwer wird, das fliegende Wort zu erhaschen, bei der Niederschreibung der Wörter sehr nützlich sein. Den Reisenden in Afrika ist besonders anzurathen, sich einen der arabischen Schrift kundigen Dolmetscher zu verschaffen. Vor allem wichtig ist -es, die Sätze, die der Eingeborene gesprochen hat, sorgfältig mit der Uebersetzung niederzuschreiben. Man wird natürlich auch die Sätze, welche man zu reden praktische Veranlassung gefunden hat, in der Uebersetzung notiren, welche der Dolmetscher gemacht hat. Sicheres zufragen, ‚so ist doch die wesentliche Aufgabe, die Srdchn den Hinecbe. enen abzulauschen. Es wird sich ja lenken finden, was der Dolmetscher | sagt hat, an der Rede des Eingeborenen gewissermaassen zu controliren. 2% Hineeborene wird wohl bald an den Reisenden dieselbe Frage richten, . die dieser zuvor an jenen gerichtet hat. Um sicher zu sein, a man richtig aufgefasst habe, wiederhole man nach einiger Zeit die en Wörter am Sim: sowohl demselben Einge- n. borenen gegenüber, von dem man sie gehört hat, als auch besonders vor R einem deren, Der Wechsel der Personen Sehne davor, rein Individuelles und Zufällises für wesentlich zu nehmen. Man Koks genau die Gegend, das Dorf, wo man seine Bemerkung ‚macht, und den Stamm, zu Selen der Binseberane gehört, mit dem man spricht, auch von welchem Stamme der Dälmetscher ist, von dem man die ersten Kenntnisse einer Sprache erlangt hat. Und dann beim Weiterreisen merke man darauf, wie sich die iedlerreiiee ändert, wo sogar eine andere Sprache auftritt. ah erkundige sich der Br wie weit eine Sprache gesprochen wird. Dies ergiebt Notizen zur Sprachgeographie. Nur den chenden Völkern (und vielleicht auch diesen nicht) mag es an gewissen Den und prosaischen, aber feststehenden een (Sagen, Fabeln, Märchen) fehlen; diese finden sich vielmehr überall, und sie _ zu erhalten, bleibt immer das Wichueste, Doch ist dies nicht so Den Uneultivirte weiss nicht, dass er se kıelasn besitzt, und dass wir daran In- teresse haben, abgesehen davon, dass er nur erst, wenn er Zutrauen zu uns in gewonnen und alle Scheu abgelegt hat, sich vollkommen mittheilt. Jene Poe- ' sien, die Anfänge einer Literatur, sind nämlich meist mit bestimmten Ereig- nissen im Leben verbunden, bei denen sie zur Anwendung kommen. Man lasse sich also erzählen, wie es bei Hochzeiten, Geburten, Begräbnissen, Festen aller Art hergeht: so wird man auch Freud- und Trauerlieder kennen lernen. Oder man frage, wie die Leute die Abende im Winter, Zusammenkünfte über- haupt verbringen; gewöhnlich wird dabei erzählt, und dies sind feste Erzäh- Jungen. Es mag sein, dass auch solche Erkundigungen nichts nützen; man suche vielmehr den Festlichkeiten, Ceremonien, Zusammenkünften selbst bei- zuwohnen. Alles was man so gewinnt, schreibe man genau und mit möglich treuer Uebersetzung nieder. Auch sonst lasse man sich vom Eingeborenen erzählen, _ was er nur weiss, auch etwa seine Lebensgeschichte. Mit Hülfe des Dolmetschers mag man nach einzelnen Wörtern, oder viel- EN mehr Sachen fragen, was vielfältig belehrend werden kann. Wie die Sprache 2 in ganz im Leben erwachsen ist, so EN nicht nur die Sprache überhaupt blos - durch Sätze aus dem echr oder durch zusammenhängende Literatur er- | kannt werden, sondern sogar der Wortschatz ist nur in Zusammenhang mit Keuke nehmen. Dies gilt für jeden Wortkreis. Handelt es Sl um die Verwandtschaftsbeziehungen, so ist es das herste, wenn es sich ausführen lässt, nach der Beziehung des Befragten anderen bestimmten Personen : zu , z. B. „A ist dein Vater, B deine oder erfragt. Man muss nämlich beachten, dass unsere Bezeichnungen _ wie Grossvater, Oheim, Bruder, Neffe u. s. w. nicht so bestimmt sind, wie in den ee Bassehen die Vorwandtschaftsgrade meist bezeichnet werden; x 5 j Steinthal. sondern der ältere Bruder heisst anders als der jüngere; der Oheim heisst anders, je nachdem er Bruder des Vaters oder der Mutter ist und älter oder jünger als diese; der Neffe ist ein anderer, wenn er der Schwester Sohn, als wenn er des Bruders Sohn ist. Dies hängt mit der ganzen Organisation der Familie, namentlich auch mit dem Erbschaftsverhältniss in Zusammenhang. Bei vielen Völkern ist der Schwestersohn der erste Erbe. Bei den Gliedern des Körpers lasse man den Eingeborenen die Glieder genau zeigen. Denn die Völker theilen den Körper nicht genau in dieselben Glieder. Wir fassen z. B. unter Arm den Ober- und Unterarm zusammen und schliessen die Hand aus, unter der wir zwar die Finger mit verstehen, denen wir jedoch eine eigene Benennung geben. Ferne Völker dagegen fassen wohl den Unterarm mit der Hand durch einen Namen zusammen, wie andrerseits den Oberarm mit der Schulter. So wird überhaupt nicht selten getrennt was wir verbinden, bald umgekehrt, namentlich was die Theile des Gesichts betrifft. Und das mag gelegentlich mit Sitten zusammenhängen. Bei Völkern, welche die Nase mit Ringen durchbohren, mag das Nasenbein, bei anderen das Ohrläppchen eine einfache Benennung haben; oder die Ober- und Unterlippe mögen verschieden benannt sein. Wo das Haar in Zöpfen gebunden wird, mag der Haarzopf besonders benannt werden; wo aber das Haar in Büscheln wächst, da wird ein Haarbüschel seinen besonderen Namen haben. x So versuche man, die ganze Anatomie und Physiologie eines Volkes zu erfragen, also nicht nur die Theile und womöglich auch die inneren unsicht- baren, wie Magen, Herz, Lunge, Nieren, Ader, Gehirn u. s. w., sondern auch deren Function. Dabei aber hüte man sich, die Theile und besonders ihre Functionen selbst anzugeben; denn es ist eben fraglich, was ein Volk weiss. Augen und sehen kennt allerdings jedes Volk unfehlbar; so frage man zu-. erst: was thut man mit dem Auge? und dann, wenn das Herz genannt ist: wozu dient dieses? wozu die Lungen? das Gehirn? Auch frage man etwa: wo fühlt man Freude- über einen Gewinn oder Schmerz über einen Verlust? Dabei verräth auch der Befraste wohl, ob und welche Vorstellung er von Seele oder Geist hat. Als Hauptregel diene, dass man es so einrichte, dass der Eingeborene selbst uns das Wort und dessen Object oder Bedeutung gebe. x In diesem. Zusammenhange frage man auch nach den Wörtern für schla- fen, wachen, träumen, und zugleich nach den Vorstellungen, die man vom Traume hat. Ferner 'schliessen sich hier die Krankheiten an; und man frage nicht blos, welche Krankheiten im Lande heimisch sind, und wie sie heissen, sondern auch wie man sich ihre Entstehung, ihr Wesen und ihre Heilung denkt. Bei den Namen der Naturgegenstände frage man nach ihrem Wesen: welchen Gebrauch man von ihnen macht, und wie man sie sich vorstellt. Dies führt theils in die eigentliche Naturanschauung, theils in die Religion, den Glauben des Volkes. Auch hier nenne man nur die handgreiflichen Dinge; andere müssen vom Eingeborenen selbst erwähnt werden. Man frage nicht: wie heisst der Himmel, die Luft? Denn es ist fraglich, ob das Volk diese Dinge kennt. Dagegen wird es wiederum für Dinge, für welche wir nur einen. allgemeinen Namen haben, mehrere besondere Benennungen besitzen. In einem Lande z. B., wo ein Brunnen von so grosser Wichtigkeit ist, kann es leicht kommen, dass dieser mehrere Namen hat, je nach gewissen Eigen- schaften, etwa nach der Grösse oder nach der Weise der Anlage. Die Stellung eines Volkes zur Natur liegt in seiner Beschäftigungsweise, Peainen en erkundigt. \ x Wis die Thiere betrifft, so macht es einen Unterschied, ob a ee Ackerbau, Viehzucht in Jagd lebt. Es benennt Keen Thiere, an hi denen ihm in Folge seiner re besonders liegt, auch mit besonderen & erscheidungen, sei es nach Geschlecht, sei es aa Alter, Farbe u. s. w. wird bald die Kuh, bald das Pferd mannigfach benannt, wie bei uns Ross, ähre, Klepper, Gaul, Wallach, Füllen u. s. w. — Besonders bei den Thieren 375, ist es wichtig, ausser dem Nanicn auch die Lebensweise, den vermeintlichen ne arakter und den Nutzen, welchen man bei ihrem Leben und ihrem Tode von ihnen zieht, zu erfragen. Hieraus erklären sich dann mythische und re- ligiöse Vorstellungen, Sagen, Fabeln uud Sprichwörter, in denen Thiere so wichtige Rollen spielen. ne Man frage nicht nur, wie eine Hütte, ein Haus, ein Zelt genannt wird, sondern frage auch nach den Namen der Theile derselben und merke sich die ganze Einrichtung derselben. — Dann die Namen der Geräthe und Wat- den; ‘wozu jedes en und die Stoffe, woraus sie gemacht sind. Ebenso die Kleider und auch de Zierrath und Sohn = des ee und sonstige Ver- zierung. Vielleicht äussert sich auch der Eingeborene darüber, was an dem Schmuck eigentlich gefällt: die Grösse oder die Farbe oder die Form — kurz man sehe zu, das Ideal des Eingeborenen kennen zu lernen, die Art seines Schönheitssinnes. Welche Frauen z. B. findet er am schönsten? welche 'Thiere? Dass ein Wort für schön existirt, kann nicht vorausgesetzt werden; "man wähle daher zunächst Ausdrücke wie vorziehen, gern Haben ‚ und warte, Mob, sich der Eingeborene eines unserem „schön“ entsprechenden Ausdruckes £ bedienen wird. Wenn der Reisende nach den Farben fragt, so geschehe es immer an farbigen Dingen, die man vor Augen hat. “Man wird finden, dass viele Völker ausser weiss nur schwarz und roth benennen, und dass schwarz zu- gleich blau und grün, roth zugleich gelb bezeichnet. Nun überzeuge man sich, ob das ee des nahen in der That die Farben, die ee eich Bi, auch gar nicht a Man lege ihm also ein schwarzes, blaues und grünes Ding zuerst nach einander und dann zugleich vor. — Man wird auch bemerken können, wie die Farben auf das Gemüth wirken. Beson- Er ders aber vergesse man nicht, darauf zu achten, ob nicht verschiedene Arten Be des Bunten a la heise: werden: das Gefleckte, das Gesprenkelte, und Bi vielleicht anders an der Kuh als am Pferde. Se So ziehe man die Wörter aus u gesammten Leben der Völker, aus BE en Ga . aus ihrer Arbeit und ihrem Genuss nd ihrem Spiel. R “ Bei den religiösen Vorstellungen sei man besonders vorsichtig. Mn frage nach Festen und Ceremonieen im Laufe des Jahres und bei versche-r en Gelegenheiten des Lebens und lasse sich ihren Sinn, ihren Zweck er- RE; Man frage direct nur nach ‚dem Sichtbaren, und dieses möge Auf- ’riester, welche zugleich die Aerzte sind; in der That, sie Ei. die Zau- £ en 2 ul als ein Zaubermittel. en 560 Steinthal. stehenden Redewendungen des Gesprächs. Wie begrüsst man einander? wie dankt man? wie schmeichelt, lobt, schilt, segnet, Aucht man? Eine Erforschung der Sprache, wie sie hier gewünscht wird, kann frei- lich nur von einem Reisenden unternommen werden, welcher dieser Aufgabe einige Zeit widmen kann. Wir dürfen aber wohl auch einen Naturforscher daran erinnern, dass ihm auf Reisen Tage und Wochen bleiben werden, die er für seine naturwissenschaftlichen Zwecke nicht verwerthen kann, wie auf Fahrten zu Wasser und durch Wüsten. Für solche Zeiten versehe er sich neben seinem Dolmetscher noch mit einem Eingeborenen, und schenke die Zeit, welche er seinen eigenen Zwecken nicht widmen kann, der Sprach- wissenschaft. Um ihm das Suchen und Ueberlegen so viel wie möglich zu ersparen, lassen wir noch ein Vocabular und Winke zur Satzbildung folgen. Gestatten ihm nun die Verhältnisse ein genaues Eingehen auf eine Sprache nicht, so müssen wir uns mit einem kurzen Verzeichniss von Wörtern und einigen ganz einfachen Sätzen begnügen. Für diesen Fall wähle man aus dem fol- senden Vocabular diejenigen Worte, die wir gesperrt haben. Himmel, Wolken;' der Himmel ist klar, ist bedeckt. Luft, der Wind weht, Sturm, Wirbelwind. Die Sonne ist aufgegangen, untergegangen, brennt heiss. Mond, Neumond, es ist Mondfinsterniss, Sterne, Komet, Stern- schnuppe. Nebel, er steigt, fällt. Regen (vielleicht yerhielen en nach der Jahreszeit, er der Heftigkeit), es regnet. Gewitter, Donner es donnert; Blitz, es blitzt; es kommt ein Gewitter, der Regen hört auf. Regenbogen. Thau, Sulmen, Hagel, Reif, Eis schmilzt, thaut. Tag, bricht an, geht zu Ende; Nacht, sie kommt herein. Morgen, Mittag, Abend, Morgenroth, Abendröthe. Es ist finster, Finsterniss, dunkel, —heit, hell, Licht, Schatten. Jahr, Jahreszeit, Sommer (trockne Zeit), Winter (Regenzeit), — ist nun vorüber, Herbst (Erntezeit), Frühling (Saatzeit). Heute, gestern, vor- gestern, morgen, übermorgen. Woche, Monat, Namen der Wocheniase und der Monate. Die Weltgegenden. Es ist kalt, Kälte, Hitze. s Erde (Welt), ein Land (grosses Gebiet), Boden Feld (Acker), Wiese, Wüste, Oase, Quelle, Brunnen, Wald, Busch. Berg, ek Hügel, Gipfel, Fels, Thal, Ebene, Meer, Insel, See (Teich), Strom, Bach, Welle. Der Fluss ist im Steigen, das Wasser tritt über die Ufer, steht hoch, niedrig, fällt; der Bach ist ausgetrocknet. Das Wasser ist heiss, kalt. Feuer, Flamme, Rauch steist auf, Feuerkohle, Asche. Metall (die gewöhnlichen Metalle). Sand, Lehm, Stein (Edelsteine, Kiesel, Feuerstein), Staub, Schlamm, Salz, Seite “ Baum fällen, Strauch,. Rohr abschneiden, Gras, der Baum treibt Blü- then, das Kraut hen an Getreide (dessen übliche Arten), Arten von rnlssr ie ein am. von emassn Zweig, Blatt, Laub, Rinde, Dorn, die Frucht reift, ist noch nicht reif, faul, Same, Wurzel, Kartoffel, Holz spal- ten, Stroh, Heu. Besondere Baumarten und ihre Früchte, wie Palme, Dattel, Kaffee, Pfeffer, Cacao, Cocosnuss. Beere, Kern, Schale, schälen, Hülse, Fleisch der Früchte, Gummi, Baumwolle, Indigo, Tabak, Oel, Zucker. Stock (zum Gehen). Thier, Hund bellt, beisst, wedelt mit dem Schwanze, Katze miaut, Bulle, Kuh, Ochs käut ren. en, kalben. Stier brüllt, Rindvieh. Zi Be Ziegenbock, Schaf blökt, Mutterschaf, ae) Hammel e, ie "Hirsch, Beh. ee Eh, Pferd wicheih, ‚Esel ist träge, Mau hier, Manlescl, Zebra, Kameel, Elefant, Rhinoceros, no ee Löwe brüllt, Tiger, Leopard, Perkken Hyäne, Bar Fuchs, Wolf, Rennthier, ee, Ratte, Maus. Affe (dessen Arten). — Vogel singt, zwit- chert, fliegt, Adler fliest hoch, stürzt sich auf seine Bas Bi Bulle; Papagei, Storch, Strauss, Huhr, ee kräht, Henne gackert, Rebhuhn, Perl- huhn, Gans, uk Kiüchlein. Herne hat ein Ei Mau e. — Schild- röte, Krokodil (Alligator), Eidexe, Frosch, Kröte, Schlange, riecht (deren Arten). Fisch (Arten) schwimmt. Krebs. Skorpion. ‚ Spinne, Käfer, Ameise (Arten), Heuschrecke, Biene, Honig, Wachs, - Stachel, Wespe, Fliege sticht, Mücke, Laus, Floh, Wanze, Schmetterling, ee Wurm, Seide, "Sehnecke, a een Weibchen, Fleisch, - Fett, Milch, Baitber, Käse; Br Schwanz, Wolle, Bett, Horn, Huf aa. N; Rüssel, Elfenb ein. Flügel, he Vogelschwanz, Schnabel, Ei,’ Nest, Lager, . 70% Höhle. Gräte, Flossen, a Schale. ER Mensch (Leute). Mann, Weib, Kind, Sohn, Tochter. Diese Frau a hat sechs Kinder geboren; zeugen; wo bist du geboren? Ist dein Vater am Leben? Er ist todt. Er ist wohl. Knabe, Jüngling, kleines Mädchen, reife Jungfrau; Gatte, Gattin; Braut, Bräutigam; Junggeselle, Wittwe, Wittwer; sich verheirathen, -ein Mann A hat die Jungfrau B geheirathet, sein Sohn hat meine Tochter zur Frau. Heirath, Hochzeit, er ist unverheirathet. Vater, Mutter, schwanger, saugen, säugen, ne Bruder (älterer, jüngerer), Schwester (ältere, u) rohen (von Vaters, von Mutter Seiten), Be Grossmutter; Vaters Bruder, Mutter Bruder (Oheim), Neffe (Brudersohn, Bi: schn), Nichte; Enkel, Enkelin. Schwieger-Vater, -Mutter, - Sohn, Tochter. Schwager, Se (meiner Frau Bruder, meiner Schwester Mann; meines Bruders Frau; nennt eine Frau ihren Schwager und ihre Schwägerin ebenso? also ihres Mannes Bruder, ihrer Schwester Mann, ihres - Bruders Frau). — Greis, alte Frau, er ist alt, er altert, er bekommt graue f en; er ist gestorben, todt, alt geworden, . alt geworden, noch jung. Waise. — Familie, Stamm, Volk. . Leib*) (Körper), Leichnam, Knochen, Skelett, Mark, Fleisch, Blut, ie u Adern, Haut, Haar. Glied, Kopf, Schädel, Stirn (Vorderkopf, Hinter- k Br kopf), cher Horekch., ee Brauen, ba Wimper, Augapfel, Pupille; der Hund spitzt die Ohren: a Nase, \llmenc), Athem (ich athme), - Lippe, Kinn, Zahn, Ober- Unterkiefer, am ge, re Bart (Backen-, Sehnurr-, Kinn- Ba), den Bart rasiren, das Haar Schneiden Hals, Nacken, Mähne, Kehle (Luft-, Speise-Röhre). Rücken, Höcker (des Kameels), Schulter, Arm (Ober-, Unter-), Ellenbogen, Hand, rechte, linke - Hand, Faust, Finger, Daumen, die übrigen Finger, Nagel. Ben v' | eibliche Birne, Bauch, Nabel. Bhrze, Herz, en. Leber, Galle, NN Milz, Gedärm. ne, iche, Hüfte, Mukene Glied, Hoden, entmannen, _ weibliche Scham, Gebärmutter, Euter, Zitze. Schenkel (Ober-, Unter-), in, Knie, Schienbein, Wade, Fuss, Ferse, Knöchel, Sohle, Zeh. — ıckt, barfuss, barhaupt. — Schweiss, Thräne, Rotz, Speichel, schwitzen, nen, sich schnäuzen, speien, Milch, Koth, Urin, kacken, pissen, us Re x *) Bei den Theilen des Körpers ist es wichtig, sich zu überzeugen, ob sie bei a ni und Thieren gleich benannt werden. Auch werden zuweilen Fleisch und Knochen anders. benannt, je nachdem von denselben am lebenden Körper oder als ani- ischer Speise die Rede ist. 4 \ 562 | 7 Steinthal. Rein, reinlich, schmutzig, sich waschen, Seife, Fett einreiben, Salbe, sich mit Farbe bestreichen, tättowiren, baden, sich abtrocknen. Mager, bleich, fett, abmagern, fett werden. — Leben, Gesundheit, Geburt, Name (man lasse sich Eigennamen aller Art angeben, auch von Loecalitäten, wo möglich mit der Bedeutung). Leichenbegängniss, Klagegesang. / Speise, Trank, essen, trinken, tränken, Hunger, mich hungert, durstet, satt, kauen, schlucken, verdauen. Mehl, Brot, Fleisch, Brühe (Suppe). Brei (die üblichen Speisen). Frühstück, Hauptmahlzeit, Abendbrot. Be- rauschendes Getränk, betrunken, Tabak rauchen. Schmecken, Geschmack, süss, bitter, sauer, salzie. Fressen, nagen. Kleidungsstück (für den Kopf, Fuss, Leib; Aermel); sich anziehen, Staatskleider anlegen, ausziehen; Kleider reinigen, waschen, trocknen, schmutzig, rein, nass; Schmuck, einzelne Gegenstände zum Schmuck, wie Ohrring, Armrine u. s. w. Haus, Hütte, Zelt aufschlagen, abbrechen, Zeltpflock, Küche (Heerd), Schlafstätte, Bett, Thür, Thorwesg, Schlüssel (Riegel), Schloss, verschliessen, zumachen, öffnen; Fenster, Rauchloch, Treppe, oberes Geschoss, Dach; Wand, Balken, Thürpfosten, Zeltpflock; bauen, zimmern. — Matte flechten, Tisch, Stuhl, Bank; wer macht diese? womit? (Beil, Säge, Hobel, Hammer, Nagel), Topf, Rost, Teller, Kessel, Schüssel, Löffel, Messer, Schneide, Heft, schleifen, Gabel, sonstiges Küchengeräth, reinigen, Krug, Becher, Glas, Brunnen graben, — Hof, Stall, Garten, Früchte pflücken, Scheune; Korb, Schippe, Spaten, Hacke, Beil, Piug, Sense, Hippe (sonstiges Ackergeräth), pflügen, graben, säen, gäten, ernten, Ernte, Korn schneiden, dreschen, mahlen, Landgut. Grab, Begräbnissplatz. Dorf, Stadt, Markt, Bezirk, Haupt- stadt, Festung, Residenzstadt, Palast. Stimme, sprechen, was sagst du? pfeifen, Laut, Wort, nennen, einen Sklaven rufen, wie heisst er? fragen, antworten, schweigen, wie nennt man dieses Ding? jauchzen, weinen, lachen, niesen, husten, blasen, gähnen, schnauben, lecken, beissen; plaudern, sich besprechen mit Jemand, um Rath fragen, Geheimnis anvertrauen, bitten. — Sehen, erblicken, finden, spähen, hören, lauschen, riechen, schmecken, tasten, fühlen. Schlafen, schläfrie sein, schnarchen, träumen, sich niederlegen, aufwachen, aufstehn, wachen bei einem Kranken; ich bin wach. Wohnen, leben, wachsen, sterben, tödten; gesund, kräftio, schwach, krank, gross, klein, nackt. Schmerz, Kopf-, Leib-, Fieber, Ausschlag, Blattern, sonstige heimische Krankheiten, die Wunde schmerzt, heilt, es juckt mich, jemanden heilen, Narbe, Medicin, Gift, Brech-, Purgir-Mittel. Amulet. Er ist genesen. — Lahm, $%tumm, taub, blind, schwindlig, zittern. Greifen; hart, weich; glatt, rauh; scharf, stumpf; rund, eckig; schwer, leicht, wiegen, wägen, Last. Eisen ist fest, Wasser fliesst. Trocken, nass, heiss, kalt. Laut, leise. Farbe, hell, dunkel, weiss, schwarz, einzelne Farben, bunt. Gestalt, schön, hässlich. Geräusch (Schall), Ton, Musik. Machen, arbeiten, fertig; klug, dumm, geschickt, ungeschickt, fleissig, faul, Gewohnheit, Uebung, schnell, langsam, ermüdet, sich erholen, an- strengen. ; Jagen, Jäger, Jagd, Pfeil, Bogen, Sehne, Köcher, Falle (sonstiges Jagdgeräth), fangen, — Heerden hüten, schlachten, kochen, das Wasser kocht, braten, rösten, backen, roh, gar. Feuer anschlagen, anzünden, an- blasen, auslöschen, das Feuer lischt aus, brennt, Holz verbrennen, ich habe mich verbrannt, Rauch. Linguistik. IUSch en, ner Ambos, Zange, Haken, Koölte, Eisen rostet, Nadel; Zwirn, Schere, nähen, stechen, spinnen, Seil, weben, Webebaum, mahlen, Mühle. Loch bohren. ' Schiff, Boot, Kahn; Ruder, Steuer, Mast, Segel; Netz (Fischgeräthe). mei, ‚Trompete, Pfeife, Seren mein Tanzen, singen, spielen; trommeln, blasen; erzählen, Geschichte, "Fabel, plaudern. | 0. Kaufen, verkaufen, Handel treiben, Gewerbe, verdienen, ehrlich, be- ‘ trügen. Waare, Markt, Preis, Geld; theuer, billig; Lohn, Pfand, bezahlen; Verdienst, Verlust, schenken, borgen, miethen, leihen, tauschen; ich bin ihm schuldig, ich bekomme zum Geschenk, wiedergeben. Reich, arm, zählen. aneline, König, Königin, deren Sohn: freier Mann, berathende Ver- a. sammlung. Sklave, Sklavin. Befehlen, gehorchen, gehorsam. Priester, © Zauberer (Arzt), Arznei, Opfer, beten (Ceremonien beim Beten), fasten, schwören, Geister beschwören, fluchen, segnen, lesen, schreiben, ab- schreiben. Todtengräber, Klageweiber, Schmied, Hirt, Jäger, Fischer, Schiffer, Ackerbauer, Handwerker, Kaufmann. Wirth, Gast, Freund, Feind, Nachbar, "Landsmann (Einheimischer), Fremder, Europäer. — Richter, Dieb, stehlen, Hure, Ehebruch, Ehe, Scheidung, er scheidet sich von seiner Frau (entlässt sie). Mord, Mörder, A hat B’s Bruder gemordet; B rächt die Ermordung . seines Bruders, rächt sich an dem Mörder seines Bruders, A büsst seinen Mord. Enthaupten, hängen, sich erhängen. Krieg, Sieg, Gefangener, sie ala die Schlacht verloren. Alle haben die Flucht ergriffen (sind geflohen); zu Sklaven machen. Beute. Angreifen, sich en, kämpfen, sich verstärken, verfolgen. — Schwert ziehen, einstecken, Griff, Klinge; den Speer werfen, Schild, den Pfeil abschiessen, den Pfeil mit Gift bestreichen, schiessen, zielen, treffen, fehlen. Flinte, Pulver, Kugel. — Fahne (sonstige Werkzeuge zum Kriege, zur Vertheidi- gung wie zum Angriff, etwa bei Bene, Friede. Gefahr, Glück. Bi Tapfer, feige, sich fürchten, gut und schlecht, von Personen und Sachen; angenehm, unangenehm; nützlich, unnütz; gerecht, ungerecht; Tugend, Laster, Sünde, sündigen, Schuld, das ist nicht meine Schuld, Gewissen, Wahrheit, brhaftigkeit ae, Durerık, Irrthum; Gesetz, Sitte; Membranen. erlaubt; loben, eh en an strafen. Lieben, wählen, vorziehen, ne anti, Es era, Eopen (ich gebe dir), nehmen, suchen, finden, empfangen, halten, fest- halten, zurückhalten, zurückgeben, bringen, holen, verlieren, hergeben, ver- weigern; hinlesen, hinstellen; heben, etwas aufheben (aufnehmen), ablegen. Gehen, treten, stehen, sitzen, sich setzen, liegen, sich legen, laufen, knien, kriechen, springen, sich anlehnen, hängen, sinken, fallen, sich neigen, bücken. Kommen, weggehn, hereinkommen, hinausgehn, hinein- a ‚gehen, spazieren gehen, rückldkren, wohnen (zu an sein). — Reise, _ gehn, begegnen, sich trennen, grüssen, Ceremonien ben Grüssen (etwa: Hand RR, - geben), Abschied nehmen; sich auf der Reise irren, den Weg zeigen (über- An einem Orte verweilen. Du bist lange geblieben. — See ein Stock bricht, den Stock Setbrechen, er ist zerbrochen; etwas zer- reissen, es ist zerrissen, das Kleid ist a der Krug ae gespalten, der. Ruh BlutzE: Werfen, setzen, legen, sitzen, liegen; binden, knüpfen, en 36* dankbar, Dank; habgierig, Neid, wohlthätig, verschwenden, sparsam, geizig. _ Gepäck, Stab, Wagen, Peitsche, Zügel. Weg, Brücke. Reiten, fahren, über- “setzen, gen. hinauf-, hinabsteigen; ausruhen, zurückbleiben, entgegen- haupt etwas zeigen), en schicken, Bote. Er hat mich gut aufgenorimen. | 564 Steinthal. FR Knoten, lösen; drehen, schlagen, drücken, ziehen, wegziehen, stossen, tra- gen, reiben, mengen, Speise mit dem Löffel umrühren; Wasser schöpfen, ein-, ausgiessen; retten aus der Gefahr, aus dem Wasser, verbrennen; be- wachen, bewahren, verbergen, verschliessen, etwas in einem Behälter, be- decken, einen Topf zudecken, öffnen, einhüllen, auswickeln, offen, bloss. Anfangen, enden, aufhören zu singen, der Sommer ist vorüber, der Monat geht zu Ende. Voranschreiten, folgen, gehorchen, gehorsam, ungehorsam. Messen, theilen, wägen (besondere Maasse). Weit, eng; breit, schmal, dick, dünn; hoch, niedrig, tief, flach; gross, klein; lang, kurz; entfernt, nahe; rechts, links; gerade, krumm; einfach, doppelt; viel, wenige; oft, selten; alt, neu; ganz, halb; voll, leer; stark, schwach; früh, ‚spät. — Er übertrifft dich an Grösse (ist orösser als.du), sie übertreffen euch an Zahl (sind zahlreicher als ihr); ich bin stärker als du. Er ist ausgezeichnet an Grösse, Schönheit. Heiter, a lustig, betrübt. Er betrauert seinen Vater, ich bedaure dich, glücklich, unglücklich, Glück, Unglück; geduldig, Geduld, überdrüssig; ich bin es zufrieden, ich bin dagegen; das gefällt mir, gefällt dir das Mäd- chen? ich habe dich gern. Nach deinem Belieben. Ich ziehe dieses vor, es ist besser als jenes. Ich freue mich, es freut mich. Ich habe genug. Warum bist du so traurig? was weinst du? Kummer, Sorge, helfen, Mit- leid. Aerger, Freude, Zorn, zürnen, Scham. Wünschen, wollen, nicht wollen, hoffen, nachdenken (überlegen), ver- suchen, prüfen; gib Acht; sich erinnern, vergessen; vermuthen, glauben, zwei- feln. Lernen, verstehn, können, lehren, zeigen, wissen. Gestehn, läugnen. Die Zahlen von eins bis hundert. Mandel. Schock. Zählen, rechnen. (Es ist darauf zu sehen, ob ein Volk im Zählen und Rechnen Uebung hat, und wie weit sein Zählen durchschnittlich reicht. Hat es Wörter für ad- diren, subtrahiren, multipliciren, dividiren ?) . Hälfte, Drittel, Viertel, u. s. w. Die Ordinalia von 1—20. Der mittelste, der. letzte. — Die Cardinalıa von 1—10 mit „Mal“. Noch einmal. Wie oft? Wann? Früher, vor Alters, einst (eines Tages), neulich, zuerst, noch nicht, schon, immer, nie- mals, täglich; jetzt, heute, morgen; in diesem Jahre, im nächsten Jahre, im vorigen Jahre, vor zwei, vor drei Jahren, in zwei Jahren; in diesem Monat, im verflossenen nächsten Monat. Soeben, sogleich, künftig. x Welche Zeitrechnung hat ein Volk? Wo? wohin? woher? hier, dort; her, hin; diesseits, jenseits. hier und da, bisweilen, überall. Ich, du, er, sie (es?), wir (ich und du? ich und er?) ihr, sie (sie beide?); ich selbst u. s. w., ich wasche mich; er liebt mich; er giebt mir Brot. Sätze, in denen der Dativ und Accusativ der übrigen Fürwörter erscheint. Die Possessiva. Dieser, jener (auch die Mehrheit). Jemand, einige, jeder, niemand, alle, alles, zusammen, allein, einander, nur er, ausgenommen er, sogar er. Wer? wessen, wem, wen. Was? was immer. Nichts. Wie viel? sehr, wie sehr? mehr. Wie? so, anders. Vielleicht, gewiss. Ja, nein. Drinnen, draussen, hinein, heraus, in, aus; vorn, vor, hinten, hinter, nach; neben, rechts, links, bei, an; herum, um; auf, über (Ruhe und Be- wegung), unter, oben, unten, aufwärts, abwärts, zu, von (vom Berge herab, auf den Berg hinauf); hinweg; durch, hindurch, zwischen, entlang, vorbei; ausser; aus einander gehn; für; gegen (entgegen dem Winde, dem Strome), Rt £ ; Linguistik. ‚mit; wegen; seit, während; statt. Hinterher, woraus. Zur Grammatik. iR F Schon das vorstehende Vocabular ist mit Sätzen untermischt. Der. R eisende wird wohl thun, immer nur Sätze abzufragen, da nur in diesen ie Wörter bestimmte Be, haben. So gewinnt man Lexikalisches und 'Grammatisches zugleich. Eben darum ist die Sonderung der Wörter nach edetheilen nur unvollständig vorgenommen. Man verfahre nun so, dass man z. B. ein bekannt gewordenes Substantirum mit mehren Verben nach BR mander als Subject und als Object zu einem kleinen Satze verbindet, und Bl ' dann wieder eins der angegebenen Verben mit mehren Substantiven zu BEN Sätzen’ oder Satzverhältnissen gestaltet. Z. B. der Kopf sitzt auf dem H Halse, ich wasche den Kopf, ich wasche die Füsse, die Hände u. s. w. So ist allemal in einem Satze ein Glied schon bekannt, und ein neues tritt hinzu. Das erleichtert das Verständniss, die Analyse, ist aber auch nöthig, ah, um zu erfahren, ob nicht z. B. das Waschen des Kopfes ganz anders be- RR zeichnet wird, als das der Füsse, wie in amerikanischen Sprachen der Fall scheint. Man erfährt dabei auch, ob verschiedene Weisen der Abwandlung der Verba bestehn. Auch werde dabei die Gelegenheit benutzt, das Verbum nach Personen u. s. w. abzuwandeln. Wenigstens ein Verbum muss voll- ständig durcheonjugirt werden; besser aber ist es, die Conjugation vollständig an mehreren zu versuchen, etwa an geben, reisen und liegen. Die üblichsten Verba mögen in den meisten Sprachen Unregelmässigkeiten zeigen; darum SR _ kann ihre Conjugation allein nicht genügen. Sobald ein Wort bekannt und in mehrfacher Verbindung gegeben ist, versuche man davon abgeleitete Bildungen, um zu sehen, wie abgeleitet wird, "und ob von diesem Worte Ableitungen gebildet sind: Reiter, Bettler, Führer, Schmied, Schlächter, Färber, T rn Feschlen, Schäfer, Barbier. Er thut nur Gutes, nichts Böses, ist ein guter Mann. Die Differenz von Hunger, mich hun- _gert, ich bin hungrig wird den meisten Sprachen unbekannt sein; aber dies muss festgestellt werden. Dagegen das Kleid ist rein, das Kleid reinigen wird überall unterschieden sein. Man prüfe, ob die abgeleiteten Verba eben 80 conjugirt werden, wie die primitiven. Man frage also: er blutete; das Blut floss aus der Nase. Der Richter entscheide; du richte uns. Trocken, trocknen. Unmittelbar fast mit dem Verbum sind die Pronomina verbunden. Sätze, welche alle Formen der Pronomina als Subjecte und Objecte darstellen, sind = leicht zu bilden. In manchen Sprachen sind die Objectsformen der Pro- nomina dem Verbum als Affıx angebildet, sodass ich gebe es dir nur eine A Verbalform bildet. Dann a man ch andere Wendungen, ob eine ‚selbstständige Form des pronominalen Objects besteht, etwa durch Hervor- hebung des Gegensatzes: öch gab dir alles, du gabst mir nichts; ich abes icht ihm, ich gab es dir. Ueberhaupt mögen Gegensätze empfohlen sen amentlich auch für qualitative Prädicate: er ist nicht schlecht, er it ut; ist nicht Rn es ist rein; er ‚hat nicht gelogen, er hat wahr ee x vs ” ne 4 das Bern, trinkt, ich 566 Steinthal. saugen, süugen; fallen, füllen; hangen, hängen;. sitzen, setzen; liegen, legen; es lischt aus, es auslöschen; das Haus ıst offen; er hat die Tür geöffnet. Von dem Brote ist nichts übrig geblieben; wir haben nichts übrig gelassen. X erschrak ; sein Bruder hatte ihn erschreckt. Die eigenthümliche Form der reflexiven und unpersönlichen Verba findet sich nur in den höhern Sprachen; doch prüfe man, wie ausgedrückt wird: mich friert, mich schwitzt, mir ist heiss, ich freue mich, du grämst dich, er schämt sich, wir wunderten uns, besinnt euch, sie sehnen sich, widersetzen sich, wir wollen uns erst erholen; es geht mir gut; es regnet, es ist kalt. Die uneigentlichen Reflexiva dürfen nicht unbeachtet bleiben: er liebt sich selbst am meisten; sie drehen sich; er hat sich geschmückt. Ferner das Reciprocum: sie liebten einander, schlugen. Das Passivum ist ebenfalls selten durch eine Form ausgedrückt. Man frage also etwa in folgender Weise: öch ergriff ihn; er ward ergriffen ; ich fand auf dem Wege einen Menschen getödte. X und Y haben sich gestritten ; dabei ward X von Y verwundet; Y ging in den Wald und ward von einem Löwen zerrissen. Der Bogen ist ihm gestohlen worden. Wenn du folgst, wirst du von mir gelobt; wenn du ungehorsam bist, wirst du vom König gestraft. X ist von Räubern ermordet worden. Das ist gethan. Die Verba mit doppeltem Sinne, activem und intransitivem, lasse man sich in doppelten Sätzen geben: eine Arbeit anfangen; der Sommer füngt an. Besonders wichtig sind die abstracten Verba, namentlich das Sein. Fol- sende Sätze werden von selbst andeuten, was gemeint ist: X ist ein guter Mann. Dort kommt ein alter Bettler; dieser Mann ist gut, ist alt. Dieses Pferd ist nicht schön, vst sehr schön, ist hässlich. Sie waren schwach. Ich bin jung. Ich bin sein Vater. Er ist zu Hause. Wer bist du? wer ist jener? Woher (aus welchem Lande, welcher Stadt) bist du? Wer ist der Herr dieser Felder. Dies ist mein; dies ist dein; wo warst du gestern? Ich war drei Tage bei meinem Vater. Morgen wird, schönes Wetter sein. — Hast du Geld? Ich habe kein Brot. Wieviel Kinder hast Du? Du hast recht, unrecht. — Ich will essen. Du darfst spielen. Er kann singen; er kann nicht singen. Er soll kommen. Wir müssen abreisen. Wir wollen weiter (mit Negation). Diese abstracten Verba greifen in die Bezeichnung der temporalen und modalen Verhältnisse. Dabei vernachlässige man die Frageform nicht: ich habe es gethan,; ich werde dir das nicht schenken. Willst dw mir das geben? Er will nicht mit mir gehen. Was soll ich dir geben für dieses Pferd? Gott möge richten. Lass ihn wachen. Er soll sterben. Alle Menschen müssen sterben. Lass uns gehen. Ich lasse mir ein Beil machen. Ich lasse das Messer schärfen. Giebt es hier Rindvieh? Hier giebt es keine Schafe und Ziegen. Giebt es hier keine Ziegen? Hier ist er. Wem gehört dieses Haus? Dies ist mein Pferd, dieses Pferd gehört mir. Dies ist werth gesehen zu werden; dies bedarf der Verbesserung (es ist nothwendig dies zu verbessern). Dies ist genug (reicht aus). Das Wasser wird zu Dampf, der Schnee zu Bis; das Eisen ist rostig geworden. Es wird spät. Ich brauche ein grosses Haus. Wozu brauchst du das Eisen? Beim Substantivum ist das Geschlecht zu beachten, nicht leicht das grammatische, aber das physiologische: Löwe, Löwin; Hund, Hündin; Bulle, Kuh u. s. w. Beim Adjectivum bleibt die Congruenz meist unbezeichnet, doch nicht überall. — Auch die Comparation wird meist umschrieben: du bist grösser, als ich (du übertriffst mich an Weisheit), er ist der grösste von allen, sie ist das schönste Mädchen, welcher Berg ist der höchste im ganzen Lande X? ich B BERGE wa (x als a, weniger; er ist etwas kleiner u. ) upt die Vergleichungen: er ist schmulzig wie ein Schwein. Dort BE hlange so diek wie ein Arm. Dein Haar ist wie Schafwolle. Das nicht mehr als drei Thaler. Es ist weiter als vier Stunden, Tagereisen. Man bilde Sätze mit sämmtlichen Präpositionen, die am Schlusse unseres Pr Tocabulars- verzeichnet sind, und zwar, wo dieser Unterschied eintritt, i ‚der Bedeutung der Ruhe nd der Be also: darin, hinem und Ba Wi nd ausserhalb. Besonders aber unterscheide man auf und über, an und auf - und neben und bei; zwischen und mitten von etwas; mit in causalem und so- ciativem Sinn; vor bedeutet Ort, Zeit, Vorzug, hesdicihe. t Für die Zahlwörter ist noch eine wichtige Bemerkung zu machen: Hast | . Ziegen ? ich will zehn Stück davon en Solcher Zahl Substantiva wie hier Stück haben wir mehr: ein Kopf Kohl, ein Laib Brot, ein Gespann Ochsen. Was wir aber doch immer nur in Dee kom Maas thun, ger 2 0 schieht in manchen Sprachen durchweg, sodass immer 'zwischen Zahl nd Gezähltes ein Zahl-Substantivum tritt, deren es im Chinesischen über hun- BE dert giebt. Sie theilen alle zählbaren Dinge in Ülassen; jede Classe hat eben ihr eigenes Zahl-Substantivum. Man füge also Dinge zur Zahl. PN Der einfache nackte Satz, aus Subject und Verbum (mit Object) be- stehend, fragend, bejahend und verneinend, ist das wichtigste Element der Rede. In dieser Form sammle man die Substantiva, Pronomina und Verka und die Abwandlungsformen derselben. Dann bilde man mit Adverbien, en "Präpositionen erweiterte Sätze: Auf den Sturm folgt Regen; er fiel vom Win Pferde. Was bedürfen wir sonst zur Reise? Warum schläfst du am Tage? en 'Sehliefst du diese Nacht in deinem Hause (zu Hause)? Ist euer Dorf weit B. von hier. . Bleibe bei mir, ich fürchte mich im Walde. Das Wasser ‚fliesst ED reissend. Was giebt es Neues bei euch? Alles wohl, nur Gutes. Ichwl Zr dich allein sprechen. Der Blitz schlug ın das Haus. Es regnet alle Tage. ae Hr Gehe geradeaus. Viele Leute waren gekommen; die Leute kehrten alle zurück. Die Einwohner der Stadt arbeiten viel, schlafen wenig, schwatzen und lachen fach in einem fort. Ich hasse ihn sehr. Er wird sich sehr freuen. Jeder Mnsch muss schlafen. Er liebt alle Menschen, . alle Menschen lieben ihn. Ihhbe diese Nacht nicht gut geschlafen wegen der Fliegen. Dw bist zu weit rechts gegangen. Du hast zu viel gearbeitet. Er sagt nichts als Lügen. Er lüuft sehr schnell. Er bat mich sehr. Du hast mich oft genug um Geld gebeten; hör’ auf, es nützt nichts. Ich pflege schnell zu gehn. Hole mir Brot aus der Hütte. Gieb mir Wasser zu trinken. Gestatte mir zw bleiben. Ichb- 5 ‚fehle dir zu gehen. Er ging schweigend. Er sass weinend. Er fiel verwundei Su vom eh Vom Pfeil getroffen sank er nieder. Ich freue mich, dich zw ‚sehen. ER) a Endlich die Conjunctionen: Er ist gross und stark. Bring trockenes Holz, ‚Feuer anzumachen, und Wasser. Er kam und sagte, er kam und ging. ieder fort. Er ist nicht nur dumm, sondern auch boshaft. — Wir sahen eder Menschen noch Thiere. Ist die Stadt fern oder nahe? Willst du sser oder Milch? Giebt es Stüdte auf diesem Wege oder nur Wald ebt es viele Fische in diesem Flusse oder giebt es keine? Brechen wir te oder morgen auf? Geht die Strasse geradeaus, oder wendet sie sie ab oder links? Theils fehlte die Zeit, theils fehlte die Dust. Ich war aber are kein Glück. Er ist en aber stark. Er ist noch nicht Entweder du gehst mit mir, ga A Deibst, zu 568 Steinthal. Ich glaubte, er sei reich; nun höre ich, dass er arm ist. Er wusste nicht, dass es sein Sohn ist. Frage diesen Mann, wie er heisst; er fragte mieh, ob ich krank sei. — Als ich kam, ging er fort. Als mein Vater starb, war ich noch klein. Wir alle sind ermüdet, die Kameele sind ermüdet;, lasst uns ab- steigen und die Hitze im Schatten des Waldes verbringen; und wenn die Sonne sich abwärts neigt, lasst uns weiter reiten. Wenn du brav bist, werde ich dir eine Perle geben. Wenn ich jung wäre, würde ich mit dir gehen; wenn ich jung gewesen wäre, wäre ich mit dir gegangen. Wenn du früh aufbrichst, kommst du in einem Tage hin. Wenn ich ginge, würdest du mich begleiten ? wenn ich gegangen wäre, wärest du mit mir gegangen? Wenn du Bösewicht nicht schnell davon läufst, werfe ich dir einen Stein an den Kopf (Lauf, oder ich werfe dir einen Stein an den Kopf). Nachdem die Sonne sich abwärts ge- neigt hatte, brachen sie wieder auf. Da sich die Sonne abwärts neigt, so wollen wir aufbrechen. Während ich schlummerte, drang ein Dieb in das Haus. Seit ich verheirathet bin, wohne ich hier. Ich wohnte schon hier, ehe mein Vater starb. Es ist zu weit bis zur nächsten Stadt, als dass wir heute noch hin- kommen könnten. Er kam früher, als ich ihn erwartete. Ich blieb regungslos sitzen, als wäre ich vom Blitz g getroffen. Er lief, als wäre er von Feinden verfolgt. Je länger du bleibst, desto lieber ist es mir. Je älter er wird, um so mehr wird er arbeiten. ee: mir, damit ich sehe. Ich strafe ıhn, damit er sich bessere. Er grüssie mich, indem er sich verbeugte. Obwohl ich ihn bat, wollte er doch nicht mit mir gehn. Er stieg auf das Pferd, das ihm sein Freund schickte. Der König hörte das Wort, das einer seiner Diener sprach. Gieb mir eine Person, die den Weg kennt. Wir waren an den Ort gekommen, wo er getödtet war. Ist die Stadt, woher du kommst, gross oder klein? Ist die Stadt, wohin wir reisen wollen, nahe oder ae Leben in dem Walde, durch den wir gehen müssen, wilde Thiere? Die Münner, deren Kinder dort spielten, liefen hin. Wer kam, den tödteten sie. Darum komme ich; du weisst, weswegen ich komme. Dies ist es, weshalb ich so böse bin. Ihr sprecht nicht, wie sie sprechen. Wie viel Personen hier sind, so viel Schüsseln gieb mir. Wo ihr auch sein möget, streitet euch nicht. Wen ihr auch fraget, jeder wird dasselbe antworten. Was hier der Darstellung wegen zerlegt ist, dringt vereinigt auf den Reisenden ein. Er notire nur immer das es und was der nothwendige Verkehr ihn zu sagen zwingt. Es wäre ja unmöglich, alle grammatischen Rücksichten zugleich im Auge zu haben. Stellt er aber absichtlich sprach- liche Erkundigungen an, so mag er die Reihenfolge innehalten, die bei den vorstehenden Bemerkungen über Grammatik befolst ist. Nach der Analogie der gegebenen bilde er aus dem vorstehenden Vocabular neue Sätze. , Sobald sich dem Reisenden Zeit darbietet, analysire er die gewonnenen Sätze und ziehe daraus die Vocabeln und die grammatischen Momente. Dies wird einerseits seine Fortschritte fördern, andrerseits ihm zeigen, was zur Vollständigkeit oder zur Sicherstellung und Aufklärung gewisser Formen und Wendungen noch fehlt, auch nach lachen na das Vocabular zu vervollständigen ist. Ist in einem Satze etwas zweifelhaft oder unklar, so bilde er BR Sätze so lange, bis sich eine Regel ergiebt. Ja auch dieselben Sätze lasse man sich von demselben Eingebornen oder Dolmetscher zu andern Zeiten A de ae geben, um zu sehen, ob sich‘ ee synonym geben. . ‚sich befindlichen Sätze übersetzt zu erhalten. Auf Ueber- S ei tzungen aber etwa des Vater-unser oder eines Stückes der Pe oder einer europäischen Fabel lasse er sich nicht ein. Wir lassen endlich noch die von Darwin gestellten pathiognominche _ Fragen ‚hier folgen und empfehlen dem Beenden! die Beachtung derselben: A 1. Wird das Erstaunen dadurch ausgedrückt, dass die Augen und der " Mund weit geöffnet und die Augenbrauen in die Höhe gezogen ee ES 2. Errest die Scham ein Ba wenn die Farbe der Bank ein Sicht- ‘ barwerden derselben gestattet? und besonders, wie weit erstreckt sich das Erröthen am Körper abwärts ? 3. Wenn ein Mensch unwillig oder trotzig ist, runzelt er die Stirn, hält er seinen Körper und Kopf Sumdeht, wirft er seine Schultern zurück und ballt er die Faust? | 4. Wenn er über irgend einen Gegenstand tief nachdenkt oder ein - Räthsel zu lösen versucht, a er die en oder die Haut unterhalb der unten Augenlider ? Re, Sind im Zustande der Niedergeschlagenheit die Mundwinkel herab- a ‚gezogen und die innern Enden der Augenbrauen durch den Muskel, welchen die Franzosen den „Gram-Muskel“ nennen, emporgehoben ? 8% Augen- | brauen stehen in diesem Zustande unbedeutend schräg, ihr inneres Ende ist leicht angeschwollen, und die Stirn ist im mittleren Theile quer gefaltet, ® y aber nicht quer über die ganze Breite, wie dann, wenn die Auen - \ - beim Erstaunen in die Höhe gezogen werden. ' 6. Wenn der Mensch in guter Laune ist, glänzen dann die Augen, _ ist die Haut rund um sie und unter ihnen etwas gerunzelt, und ist der Mund an den Winkeln ein wenig nach hinten gezogen ? Bi 7. Wenn ein Mensch einen andern verhöhnt oder beissig anfährt, wird dann der Winkel der Oberlippe über dem Hunds- oder Augenzahn au der Seite erhoben, auf welcher der so angeredete Mensch sich bennaelr ee bei; 8. Ist der Ausdruck des Mivsich- oder Obstinatseins wiederzuerken- x ' nen, welcher sich hauptsächlich darin zeigt, dass der Mund fest geschlossen ist, die Augenbrauen etwas herabgezogen ud leicht gerunzelt sind ? | 9. Wird Verachtung durch ein leichtes Vorstrecken der Lippen, durch Emporheben der Nase, verbunden mit einer leichten Exspiration ausgedrückt. 10. Wird Widerwille dadurch gezeist, dass die Unterlippe nach ab- wärts gewendet, und die Oberlippe leicht erhoben wird in Verbindung mit Bpiner plötzlichen Exspiration, bald so wie ein beginnendes Erbrechen oder m etwas aus dem Munde ausgespuckt würde ? ER 11. Wird die äusserste Furcht allgemein in derselben Weise ausge- Mt, wie bei Europäern ? Rn OR "Wird das Lachen jemals so weit getrieben, dass es Thrinen in die I ae Mr Wenn ein Mensch zu zeigen wünscht, dass er irgend etwas eh ze dass er Selbst etwas nicht thun kakn ‚ zuckt er dann hu endet er seine Ellenbogen nach Saierz streckt er seine 570 Steinthal, Linguistik. Hände nach aussen und öffnet er dieselben, wobei noch die Augenbrauen erhoben werden ? a 14. Wenn Kinder mürrisch oder eigensinnig sind, lassen sie dann den Mund hängen oder strecken sie die ken vor? 15. Kann Schuld oder Schlauheit oder Eifersucht im Ausdrucke erkannt werden. 16. Wird bei der Bejahung der Kopf in senkrechter Richtung genickt und bei der Verneinung nach den Seiten geschüttelt? Allgemeine Bemerkungen über den Ausdruck sind von verhältnissmässig geringem Werthe; und das Gedächtniss ist so trügerisch, dass ich .ernst! ch bitte, ihm nicht zu trauen. Eine bestimmt abgefasste Beschreibung des Ausdrucks unter irgend einer Seelenerregung oder einem bestimmten Zu- stande des Geistes, mit einer Angabe der Umstände, unter welchen jene ein- treten, würden grossen Werth für mich haben. Soweit Darwin. Hier werde nur hinzugefüst, dass die Interjectionen, deren wir noch nicht gedacht haben, mit allen onomatopoetischen Elementen sowohl der Sprachwissenschaft sehr werthvoll werden können, als sie sich eng an Darwins Fragen anschliessen, / Anthropologie und prähistorische Forschungen. Von Rudolf Virchow. Be An Do im weiteren Sinne des Wortes umfasst die ganze Lehre an Menschen, sowohl in als im a Bezichung, Im En En des a Lebens, erellaine durch wirkliche Sei aturobjecte, wie Nahrungsmittel, Geräth, Waffen, Schmuck, Bauten aus- gedrü ckt werden, mit in die een, einbezogen ve on. Diess gilt ve namentlich für die prähistorische are hab) Anthropologie. Allein EN die. Grenzen zwischen prähistorischen und historischen Gegenständen ind überaus schwankend. Nicht nur zu derselben Zeit een an dem’einen\ 0 = Orte geschichtliche, an dem andern vorgeschichtliche Zustände, so dass z. B. Da Innere u noch der Vorgeschichte angehörte, als grosse Ab- a E ehie und nicht geschichtliche Zeiten mit einander en ! wie das Beispiel von Ostdeutschland zeigt, welches in den ersten Jahrhunderten ‘der christlichen Zeitrechnung dem ae Handel geöffnet war und sich mit der Völkerwanderung uraular auf Jahrhunderte le, Die Wanderungen der on nesier, wie die der Arier sind zum grössten Theil vorhistorisch; a die eigentliche Be Belhrtehdne Guchilhne Orcaniadit Damit ist u eine der ee der moderne ER use h hat auch diese Butvickolangeserchcht einen En vs | nden? Wie haben sich’ die” einzelnen Rassenurd Stämme au N gleichviel welcher Rasse oder welchen Stammes, DR. 572 Virchow. eine gemeinschaftliche Abstammung oder giebt es mehrere Urrassen? Ent- scheidet man sich für die Einheit des Menschengeschlechts, wo war sein Ursitz und wie gestalteten sich von da aus die auseinandergehenden Wande- rungen und Verzweigungen der Geschlechter? Und wiederum, wenn „erste Menschen“ die Ahnen der ganzen Menschheit waren, stammten sie ihrerseits von anderen Geschöpfen ab, von denen sie sich allmählich durch eine fort- schreitende Ausbildung ihrer Organisation entfernten ? Der andere Weg ist der der Culturgeschichte, deren Anfänge in die Archäologie und in die Paläontologie zurückführen. Ist die menschliche Organi- sation so eingerichtet, dass derselbe Gang der geistigen Entwickelung oder doch wenigstens ein ganz ähnlicher an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten aus einer inneren Nothwendigkeit gefunden wurde und dass, unab- hängig von einander, verschiedene Völker dieselben Erzeugnisse der Arbeit hervorbrachten, dieselben Methoden der Technik entdeckten, dieselben Er- findungen machten? oder war es nur die Ueberlieferung von Mensch zu Mensch, - von Stamm zu Stamm, welche die einmal gefundenen Kenntnisse übermittelte, und ohne welche ein grösserer Fortschritt überhaupt nicht geschehen ist? . Nirgends ist die Entscheinung folgenreicher, weil jede Einseitigkeit und Vor- eiligkeit die grössten Trugschlüsse in Bezug auf die höchsten Fragen der Menschheit nach sich zieht. 3 Warum sollte nicht, was ein Mensch erfindet, von hundert anderen in gleicher Weise erfunden werden? Und warum sollte nicht, was einmal er- funden ist, auf dem Wege der Ueberlieferung sich im Laufe langer Zeit- räume zu allen Menschen verbreiten können? Theoretisch ist das eine, wie das andere möglich; in Wirklichkeit handelt es sich aber darum, die Merk- male zu ermitteln, an welchen die spontane Erfindung.und die bloss tradi-, tionelle Mittheilung erkannt und unterschieden werden können. Die Bear- beitung der Steine gehört sicherlich zu den frühesten Erfindungen des Menschen; aber berechtigt uns die grosse Uebereinstimmung in der Methode dieser Bearbeitung, welche bis in die ältesten Zeiten der Vorgeschichte zurückreicht, zu dem Schlusse, dass diese Bearbeitung von einem Menschen oder einem Stamme erfunden ist und schon in der Zeit des Mammuth den sämmtlichen, damals lebenden Stämmen mitgetheilt war? In den verschiedensten Welttheilen haben sich gewisse Brennpunkte der Cultur gebildet, überall entzündet durch die Arbeit gewisser bevorzugter Volksstämme. So in Asien jene uralten Herde der Bildung in Indien, in China und Japan, in Assyrien und Phönicien, so in Aegypten, in Griechenland und Italien, in Mexiko und Peru. Von einigen derselben hat sich die Oultur nachweisbar in weiter Ueberlieferung zu einem grossen Kreise anderer Völker verbreitet: die westasiatischen Culturländer, Aegypten, endlich die süd- europäischen Gebiete gelten mit Recht als die Ursitze derjenigen Erkenntniss, welche. endlich unter dem Zusammenwirken romanischer und germanischer Nationen die moderne Cultur geschaffen hat. In Hinterasien und Amerika dagegen schliesst sich die besondere Cultur auch der am meisten fortge- schrittenen Völker in engere Grenzen; sie bleibt gleichsam ein Geheimgsut, welches vor jeder Berührung mit der Aussenwelt gehütet und dadurch selbst in jene starren Formen gebannt wird, welche der Auffassung des Oceidents gänzlich fremdartig entgegenstehen. Aber gleichviel, welches das spätere Geschick dieser Culturen war, anthropologisch betrachtet, bieten sie ein grösseres Interesse in ihren An- fängen, gleichsam in ihren Anlagen, als in ihrer weiteren Ausbildung. Wie entstanden sie? wo hatten sie ihre Wurzeln? Ueberall, auch in den ältesten . sie nannten sich Eingeborene ee aber ie‘. nn Forschung zeigt fast en noch frühere Eingeborene. een, dessen Elemente ganz verschiedene Herkunft haben. Diese Elemente auseinander zu lösen, ist eine der Aufgaben der Anthro- pologie. Sie lässt sich natürlich nur local lösen. Denn “% Anthropologie kann, wie die Paläontologie, die zeitliche Aufeinanderfolge der lebenden Ge- schlechter mit Sicherheit nur an bestimmten Oertlichkeiten feststellen, indem sie gleichsam Schicht um Schicht eine Einwanderung nach der anderen (falls bene mehrere stattfanden) abschält, um Endlich den Untergrund der Urbevölkerung bloss zu legen. Erst, wenn diess an einer Reihe ein- zelner Orte geschehen ist, beginnt die Combination der Localerfahrungen zu einem grösseren culturgeschichtlichen Bilde. Ohne eine genaue Vorkenntniss der Volksschichtungen ist es unmöglich zu erforschen, welche körperlichen und geistigen Eigenschaften jeder einzelne Stamm in die spätere Vereinigung oder Mischung neh hat, unmöglich zu bestimmen, welches we jedes Volk um die Ana a materiellen oder en Reichthümer der schliesslichen Gemeinschaft sich erworben hat. Welcher Stamm hat zuerst den Stein polirt? welcher hat zuerst Feuer gemacht? welcher Metalle be- en welcher Hausthiere gezogen? welcher Getreide gebaut und nutzbare Bäume gepflanzt? welcher Staaten gegründet? welcher Schriftzeichen ge- braucht? | Diese Fragen, welche sich leicht vervielfältigen lassen, sind vielleicht zu einseitig gestellt. Es mag sein, dass das Selen das Feuermachen, die ben, is en an mehreren Orten erfunden und aus- - gebildet worden sind, aber niehts berechtigt vorläufig zu der Annahme, dass diess an vielen Ovien unabhängig Een sei. Die grossen Erfindungen sind sehr schwierige Dinge, und die Stämme, welche früh isolirt wurden, wie die Australier, Baneh ein sehr geringes Maass von Culturfortschritten auf- zuweisen, obwohl die Noth, die grosse Lehrmeisterin, ihnen Jahr für Jahr sehr nahe tritt. Die an der Naturvölker, von denen jetzt eines nach dem andern durch die Einwanderer erdrückt oder aufgezehrt wird, hat der “modernen Anthropologie für die Erforschung der prähistorischen Urvölker die wichtigsten Hülfsmittel dargeboten. Gerade desshalb ist es eine der ‚ernstesten Aufgaben unserer Zeit, die Eigenthümlichkeiten der noch vorhan- denen Naturvölker so genau wie mio sh festzustellen, alle noch vorhandenen Ueberreste ihrer Oulier sorgfältigst zu sammeln, und der Nachwelt, welche bald dieses Mittels der Untersuchung beraubt sein wird, eine Literatur zu i ‚hinterlassen, welche reicher und vollständiger, als res für una die klassische Jiteratur gelöst hat, die Quellen für eine vergleichende Wissenschaft vom Wenschen zu Brillen im Stande ist. na Was hier von den Naturvölkern gesagt ist, gilt in gewissem Sinne auch von ‚den eigentlichen Culturvölkern, zunächst von denen mit höherer oder abgeschlossener Oultur. Die letzten derselben, Inder, Chinesen und Japa- nesen, werden täglich mehr den Einwirkungen der oceidentalischen Cultur eh ws und ans Sitten und Dr Erscheinung, die 574 - h Virchow. % Methoden der Kunst und des Handwerks, die Formen der Gesellschaft und des Staates verändern sich, und bald werden Bücher, Abbildungen, Knochen und Arbeitserzeugnisse auch in Bezug auf sie die alleinigen Mittel sein, die Besonderheit ihrer Entwickelung späteren Geschlechtern zu verdeutlichen. Die modernen Culturvölker befinden sich ihrerseits in beständiger Um- wälzung, wenn auch der Oharakter der Reform im Allgemeinen dem Gange ihrer Entwickelung in höherem Maasse eigen ist. Die volksthümliche Ueber- lieferung ist überall im Aussterben, die alten Sagen gerathen in Vergessen- heit und in vielen Ländern Europa’s finden sich nur noch wenige älteste Leute, welche als lebendige Zeugen einer fast verschollenen Anschauung übrig geblieben sind. Die freiere Bewegung der Massen bedingt immer neue Mischungen des Blutes und der‘ Vorstellungen. Das fortschreitende Wachsthum der grossen Städte tödtet die Erinnerung an die bis dahin lebendige Ver- gangenheit. Die Provinzen bringen ihre Besonderheiten zum Opfer in dem nationalen Aufbau der Staaten, und auch die Staaten selbst werden mehr und mehr genöthigt, sich dem Allen gemeinsamen Gange der occidentalischen Cultur zu fügen. Das internationale Wesen entfaltet sich immer gewaltiger trotz aller as der nationalen Bewegungen. So ist auch hier viel zu fixiren, was der grosse Strom der eek schnell hinweeschwemmen dürfte; ja man ran dreist behaupten, dass Vieles unrettbar a sem würde, wenn die gegenwärtige Generation nicht wesen die Erinnerung daran sicher stellt. Aus dem Mitgetheilten ergiebt sich von selbst, wohin die Nachforschungen und Sammlungen Ale Mersanlen zu richten sind. Einzelne Rathschläge nl hauptsächlich in zwei Richtungen zu ertheilen: & Er 1) Prähistorische Aufgaben. Die vorgeschichtliche Archäologie wird gegenwärtig überall in 3 grössere Perioden eingetheilt: die Steinzeit, die Bronzezeit und die Eisenzeit. Freilich fehlt an nicht wenigen Orten die Bronzezeit gänzlich, oder sie wird durch eine blosse Kupferzeit ersetzt. Man kann daher etwas allgemeiner eine vor- metallische und eine metallische Zeit unterscheiden, wobei sich für jede derselben je nach den Eigenthümlichkeiten des Ortes eine Reihe von Unter- abtheilungen aufstellen lässt. So hat man die Steinzeit in eine ältere (paläo- lithische) und eine jüngere (neolithische) geschieden, je nachdem die Stein- geräthe bloss geschlagen wurden und in dieser rohen Form zur Verwendung kamen, oder geschliffen (polirt) wurden. Aber das Beispiel mancher Poly- nesier, die noch heute kein Thongeräth besitzen, aber wohl polirtes Stein- geräth, belehrt uns, dass jene Abtheilungen nur einen beschränkten Werth für das -Verständniss des Gesammtbildungesstandes eines Volkes haben, denn es ist sicherlich ein sehr erheblicher Unterschied, ob ein Volk der älteren Steinzeit die Kunst der Topfbereitung kannte oder ob dieselbe noch einem Volke der jüngeren Steinzeit unbekannt geblieben ist. Es wird daher überall nöthig sein, sich nicht auf vereinzelte Merkmale zu beschränken. Namentlich ist überall auf das Sorgsamste zu beachten, welche Nahrung das Volk ge- noss, ob es z. B. nur wilde Thiere, Fische, Muscheln oder auch Hausthiere und welche benutzte. Alle Arten von Knochen, Geräthen, Muscheln und Schalen auf alten Wohn- und Rastplätzen sind daher sorgsam zu sammeln. Im Allgemeinen wird anzunehmen sein, dass die Bildung der Erdober- fläche auch zur Zeit der ältesten Steinzeit schon der gegenwärtigen entsprach. | neigen wissen wir, dass manche geologische le Benihen vulkanische Ausbrüche, Torf- und Moorbildunsen, Fluss- und Seeanschwem- mungen Menschen mit ihren Wohnungen oder Geräthen überdeckt haben. Auch ist die Frage noch unentschieden. ob nicht schon in der Zeit der Tertiärformation der Mensch gelebt hat na ob nicht seine Knochen und seine Geräthe, namentlich steinerne, als wirkliche Bestandtheile in ältere 'sedimentäre Bodenschichten aufgenommen worden sind. Ueberall, wo sich ein Verdacht dieser Art ergiebt, sind die einzelnen Schichten des Erdbodens in ihrer Reihenfolge genau aufzunehmen, ihre Mächtigkeit zu messen, Proben davon zu sammeln, vor Allem aber die eigentliche Fundstelle mit minutiöser Genauigkeit zu messen und zu beschreiben. Die Möglichkeit, dass durch Verschüttung oder Beerdigung erst später die gefundenen Gegenstände an eine solche Stelle gelangt sind, ist klar ins Auge zu fassen und alle darauf bezüglichen Merkmale sind niederzuschreiben. : Von entscheidender Wichtigkeit für diese ältesten Funde sind die gleich- zeitigen Thiere, namentlich die ausgestorbenen Säugethiere und Vögel. Nicht nur in Europa, sondern auch in Asien, in Amerika und in Neuseeland ist es nicht mehr zu bezweifeln, dass der Mensch noch mit solchen jetzt ausgestorbenen Thieren zusammen gelebt hat. Freilich waren nicht alle diese Thiere „vorweltliche“ oder „vorsündfluthliche“. Die grossen Vögel Neu- seelands sind wahrscheinlich zu Grunde gegangen, wie, bis auf wenige, künst- lich gehegte Exemplare, der Auerochse -und das Elenthier Europa’s, ver- nichtet durch späte Geschlechter von Menschen. Es ist ferner wohl zu unterscheiden, ob es sich um Thiere der Diluvial- oder Quaternärzeit oder um solche der Tertiärzeit handelt. In dieser Beziehung wäre es:von höchster Bedeutung, den Spuren untergegangener und in älteren Erdschichten wenigstens in ihren Knochen erhaltener Geschlechter von Affen und Halbaffen elle zuspüren, wie sie in den letzten Jahrzehnten in immer häufigerer Folge in Europa (Frankreich, Griechenland) und Asien aufgefunden sind. Ganz be- sondere Aufmerksamkeit verdienen Madagascar, Ostindien und die Sunda- Inseln, welche noch heute zahlreiche Halbaffen und einige der höchststehenden (anthropoiden) Affen beherbergen. Möglicherweise könnte auch das Fest- land von Afrika für diese Seite der Forschung Material liefern. Mag man nun die Frage von der Menschen-Entstehung im Sinne der Descendenzlehre oder in dem der Schöpfungslehre auffassen, immer wird es seinen grossen Werth haben, wenn es gelingen sollte, neue, dem Menschen nahe stehende Affen oder Halbaffen, wenn auch nur geologisch, aufzufinden. Die ältesten Wohnstätten des Menschen, welche man kennt, sind Höhlen, namentlich Höhlen der Kalkgebirge. Nirbl, aur in Europa (Westfalen, Nassau, Franken, Schwaben, Polen, Oesterreich, Belgien, England, Frankreich, Italien, Spanien), sondern auch in Brasilien, in Südafrika, auf den Philippinen u. s. f. kennt man diese Höhlenwohnungen. In der Mehrzahl derselben ist durch hin- durchströmende Bäche oder eintretende Wässer und Seen die ursprüngliche "Beschaffenheit des Bodens verändert; Sickerwasser hat nicht bloss die Wände _ mit Stalaktiten bekleidet, sondern Inch den Boden mit harten Tropfstein- DR Alakten bedeckt; von der Decke und den Wänden sind kleinere oder grössere Stücke des Felsens herabgestürzt oder es ist im Laufe von Jahrhunderten _ die verwitternde Oberfläche als ein feines Pulver herabgefallen und hat sich ' in zuweilen sehr mächtigen Schichten auf den Boden abgelagert. Diese Deckschichten müssen erst vorsichtig durchbrochen oder weggenommen werden, ehe man auf jenes Niveau gelangt, auf welchem die alten Troglodyten lebten. Hier erst, meist eingeschlossen von Sickermasse oder „Höhlenlehm“, und nur 576 Virchow. mit grösster Vorsicht unversehrt daraus zu gewinnen, finden sich die Ueber- te: der Vorzeit. Hier liegen namentlich die Knochen der verspeisten Thiere, des Wildes, des eh der Fische, meist gespalten oder wenigstens zerbrochen, auch wohl benagt, geschnitten oder gesägt. Auf die Jagdbeute, welche in den ältesten Höhlenwohnungen allein gefunden wird, folgen oft früh die Knochen von Hausthieren oder wenigstens von gezähmten und ge- wöhnlich eingeführten Thieren: der Jäger wird zum Hirten und dieser zum . Viehzüchter. Die Fischerei, zuerst mehr auf. die Schalthiere und die schwerer beweglichen Bewohner des Wassers gerichtet, erreicht bald auch die eigent- lichen Fische, selbst die grösseren, welche nur mit künstlichem Geräth ge- fangen werden können. Höchst vereinzelt finden sich Reste vegetabilischer Nah- rung. Dagegen hat man vielmals einzelne Menschenknochen aus diesen Schichten unter sehr verdächtigen Zeichen aufgehoben; wie noch bis auf unsere Tage die Fidji-Leute ihre kannibalischen Schmäuse in Berghöhlen ge- feiert haben, so mögen wohl auch an anderen Orten vorgeschichtliche Kanni- balen der Anthropophagie gefröhnt haben. Indess fehlt noch viel dazu, dieser Möglichkeit in unseren Vorstellungen von der Vorgeschichte des Menschengeschlechts eine solche Sicherheit und Ausdehnung zu gewähren, wie es Manche thun, denen die Menschenfresserei als ein nothwendiges Durchgangsstadium der menschlichen Cultur überhaupt erscheint. Nur zu oft hat man Menschenopfer, die gewiss zahlreich genug an vielen Orten vor- gekommen sind, und Menschenfresserei mit einander verwechselt. Darum wird es sehr genauer Erhebungen über die Einzelheiten der Funde bedürfen, um zu entscheiden, in welche Gruppe der einzelne Fall zu stellen ist. Dabei ist zugleich zu beachten, dass es auch in vorhistorischer, wie in historischer, Zeit Höhlen gegeben hat, welche zur Bestattung und Bei- setzung der Todten gedient haben, ja sogar solche, in welchen einzelne Theile der Höhle oder Nebenkammern zur Leichenbestattung, die Haupt- höhle als Wohn- oder Rastplatz gedient haben. In allen solchen Fällen sind nicht nur die menschlichen Knochen, namentlich die Schädel möglichst vorsichtig loszulösen und zu sammeln, sondern auch alle Zugaben zusammen- zuhalten und die Lage, die Umgebungen und Bedeckungen der Knochen protokollarisch festzustellen. Manche Höhlen haben nur wilden Thieren, manche sogar nur „vor- weltlichen“ zum Aufenthalt oder als Zufluchtsstätten gedient. In anderen ist der Mensch diesen Thieren gefolgt, und während die tieferen Schichten des Höhlenlagers oder des Tropfsteins nur Thierknochen einschliessen, fin- den sich in höheren auch die Ueberreste des Menschen selbst oder seiner Thätigkeit. Ja, es lassen sich hıer zuweilen mehrere Etagen unterscheiden, welche den verschiedenen Epochen der vorgeschichtlichen Zeit angehören, so z. B. dass tiefere Etagen mit den Spuren des Menschen die Reste des Mammuth, höhere die des Renthiers, noch höhere die der heutigen Haus- thiere vereinigt zeigen. Hat man doch in Frankreich und der Schweiz unzweifelhafte Zeichnungen und Schnitzwerke des Menschen aus jener ältesten Zeit auf Mammuth- Elfenbein und Renthierknochen aufgefunden. Die Werke der menschlichen Hand sind natürlich in allen Schichten von höchster Bedeutung, auch wenn sie die allerrohesten sind. Einzelne Stücke von Feuerstein, Obsidian, Kieselschiefer, wenn sie Merkmale willkür- licher Zuschlagung darbieten, sind wichtig, so klein und so roh sie übrigens auch sein mögen, und sie sollten stets aufbewahrt werden, um einer ee holten Nachprüfung unterworfen werden zu können. Topfscherben, zumal verzierte, und wenn sie noch so geringfügig erscheinen, sind geeignet, in für die Veralaichans zu bilden. Rndeher,, Ki tücke, welche geschnitten, gesägt oder nur geklopft sind, oder welche durch irgend einen andern Umstand die Einwirkung des Menschen ‚erkennen lassen, Muschelschalen und Thierzähne, welche durchbohrt oder zerschnitten eh müssen stets als Gegenstände besonderer Aufmerksamkeit gelten. Seiten, namentlich von oben her, die Zahl und Be Br in ihnen enthaltenen Absätze mit Originalproben aufgenommen werden müssen, darf wohl kaum erwähnt werden. Nächst den Wohn- und Grabhöhlen kommen vorzugsweise in Betracht die im Freien gelegenen Wohnplätze der vorgeschichtlichen Menschen. ‘Unter ihnen haben ganz besondere Aufmerksamkeit erregt die zuerst in Dänemark aufgefundenen Küchenabfallshaufen (Kjökken- möddinger), welche besonders häufig in Küstengegenden vorkommen und ausser spärlichen Säugethierresten hauptsächlich Muschelschalen enthalten. Manchmal bilden dieselben förmliche Berge. Solche Muschelberge sind unter dem Namen der ÜOasqueiros oder Sambaquis an der Küste von Brasi- lien, unter dem der Paraderos ın Patagonien, mehrfach beschrieben; sie finden sich an der Küste von Chile, auf den Andamanen u. a. Bis jetzt sind nur wenige Schädel von Menschen aus ihnen bekannt und deren Lage und Fundverhältnisse wenig genau ermittelt. Eine weitere Aufmerksamkeit auf dieselben ist dringend geboten, da die sonstigen Einschlüsse es wahr- scheinlich machen, dass diese Haufen und Berge aus sehr verschiedenen Zeiten stammen und sehr verschieden lange vergrössert worden sind. Ein besonderes Verhältniss ist hier vielleicht am besten anzuschliessen: das Vorkommen menschlicher Arbeitsprodukte im Guano der peruanischen Inseln. Unter ihnen sind namentlich Statuetten in Holz, deren Bedeutung bis jetzt nicht ganz klar ist, zu erwähnen. Weder chronologisch, noch geo- logisch ist die Geschichte dieser Einschlüsse bis jetzt so genau verfolgt, als die Eisenthümlichkeit der Gegenstände es erfordert. Er: An anderen Orten findet man die Reste alter Wohn- und Rastplätze und unter der Stadt Bordeaux, sind uralte Wohnplätze aufgedeckt worden, _ welche später von alluvialen oder selbst glacialen Bodenschichten überschüttet wurden. Die Wohnstätte des Urvolkes von Schussenried, welche der Ren- thierzeit angehört, hat eine um so grössere Bedeutung erlangt, weil hier sogar noch erhaltene und erkennbare Ueberreste borealer Pflanzen, namentlich Moose, als Zeugnisse des damals, am Schlusse der Eisperiode, ganz ver- schiedenen Klimas dieser Gegend entdeckt wurden. An fahlreichen anderen Orten findet man Kasfliche Erdhöhlen, Trichter oder Gruben, welche Kohlen, T'hierknochen, Körner von Pflanzen, Topfscherben, Klumpen ‚von brannten Lehm und andere Zeichen menschlicher Thätiekeit ent- Bullen. 2 stellen, Keller u. dgl. handelt, lässt sich nur durch eine umsichtige Bloss- die Abdrücke pflanzlicher Theile in dem Lehm der früheren Wände geeignet, _ Aufschluss über etwaigen Ackerbau der Bewohner zu geben. Die erste Aufmerksamkeit auf diese Stellen wird gewöhnlich durch die schwarze, kohlige Färbung des Erdreichs an zufälligen Durchstichen oder der beackerten Drache erregt. Fe giebt es Steinhäuser, wie sie Y Dass endlich die Höhlen selbst, das Gestein, in welchem sie liegen, ; Ei. Gestalt und Grösse, ihre Ela, ihre Zugänglichkeit von mehreren in der Erde. An einzelnen Orten Europa’s, wie in Schussenried (Schwaben) Ob es sich hier um wirkliche Wohnungen, oder um bloske Herd- ung und Ermittelung aller Einzelheiten feststellen. So sind namentlich 578 Virchow. noch heutigen Tages die Eskimo errichten, und andere Steinbauten, welche die längere Anwesenheit des Menschen an diesen Stellen anzeigen. Auf der Grenze zwischen eigentlichen Wohn- und blossen Zufluchts- stätten stehen die Sumpfhorste. Hier finden sich auf natürlichen festeren Stellen, Halbinseln und Inseln, oder auf künstlich, zuweilen wallartig ange- lesten Erbohunsen Reste von Nahrung und Hausgeräth, auch wohl Waffen- ee eellen. welche geeignet ni, Zeit eo Art der Benutzung zu erläutern. Sumpfburgen, =”: die ae, Terramaren sie zum Theil darstellen, und wie sie auch in Frankreich, Deutschland u. s. w. vor- kommen, verdienen eine besondere Berücksichtigung. Wir können hier vielleicht am zweckmässigsten die Pfahlbauten an- reihen. Als man sie zuerst durch die schweizer Entdeckungen würdigen lernte, legte man der Erfahrung, dass noch gegenwärtig viele Küsten- und Inselvölker des indischen und des stillen Oceans, ja selbst Binnenstämme Afrika’s, regelmässig auf Pfählen ihre Wohnungen, nicht nur über dem Wasser, sondern hier und da auch auf dem Lande errichten, wenig Werth bei. Noch jetzt verbinden Manche mit dem Namen der Per regel- mässig den Begriff urältester Wohnungen der Steinzeit, obwohl die weiter- gehende Forschung gelehrt hat, dass selbst in Europa noch bis in die histo- rische Zeit hinein in sehr verschiedenen Ländern Pfahlbauten im Gebrauche waren. Es wird also überall mit grosser Kritik zu untersuchen sein, ob man es mit vorhistorischen oder mit späteren, ja wielleicht selbst mit ganz modernen Pfahlbauten zu thun hat, wie es denn selbstverständlich ist, dass zur Annahme eines Pfahlbaues nicht bloss der Nachweis von Pfählen, sondern auch der Nachweis einer Bewohnung desselben, also namentlich das Vorkommen von Resten menschlicher Thätigkeit im Grunde des See’s oder Meeres zwischen den Pfählen nöthig ist. Meist lässt sich erst aus diesen Ueberresten ermitteln, welcher Zeit oder Culturperiode der Bau ange- hört hat. Obwohl bis jetzt aus aussereuropäischen Ländern über vorhistorische Pfahlbauten wenig Sicheres vorliegt, so lässt sich doch mit einiger Wahr- scheinlichkeit vermuthen, dass an vielen Orten Spuren davon aufzufinden sein müssen, wenn erst Meere und Sümpfe, Fluss- und Seeufer genauer darauf untersucht und vorkommende Gelegenheiten von Entwässerunes- anlagen, Hafen- und Strassenbauten, mehr benutzt werden. Wo alte Pfähle im Wasser bemerkt werden, da kann durch Dreggen mit dem Schleppnetz und Ausschaufeln des Seegrundes oder des Flussbettes der Versuch der Hebung versunkener Gegenstände gemacht werden. Zeigen sich Spuren wirklicher Pfahlbauten, so sind einzelne Pfähle auszuziehen und die Art ihrer Bearbeitung, namentlich die Zuschärfung und Behauung (ob mit bloss steinernen oder mit metallischen Werkzeugen) zu prüfen, auch die Art des weiteren Aufbaues zu ergründen. Vorgeschichtliche Befestigungen, namentlich Erd- und Steinwälle, hölzerne Umfriedisungen, sind auch ausserhalb Europa’s, namentlich in Nord-America (mounds), sehr zahlreich aufgefunden worden. Sie fehlen auch in Süd-Africa und Polynesien nicht. Indess ist unsere Gesammt- kenntniss solcher Anlagen noch sehr beschränkt. Gerade in den ausser- europäischen Culturländern sollte man sie in grösserer Zahl erwarten, Umfang, Form, Lage, etwaige Ausstattung mit Brunnen oder Cisternen, bei Steinwällen die Art des Aufbaues, die Anwendung von Mörtel, das Vor- kommen von Feuereinwirkungen, wie bei den europäischen Glasburgen und Schlackenwällen, sind genau zu verzeichnen. Auch das Vorkommen älterer em Boden dieser Anlagen ist durch Nachgrabung zu 5 Sa dann sind zu erwähnen vorgeschichtliche A'rb eitsplätze. Hierhin namentlich die alten Werkstätten des Steingeräthes, wie sie fast ın Scherben von alten Thongefässen, Kohlenheerden, Tieren u. In Belgien und England Da man sogar Schächte oder Brunnen gefunden, welche zur bergmännischen Gewinnung des Feuersteins in kreidehaltige Schichten late worden sind. Alte Mühlsteine, kleinere und grössere Schleifsteine, ie sogenannten Kerne (nuclei, noyaux), d.h. Se von welchen durch ee Absplitterung scharfe, schneidende oder stechende Bruchstücke gewonnen sind und welche daher durch zahlreiche, meist läng- _ liche Splitterungsflächen eine polygonale Gestalt angenommen haben, sind besonders charakteristisch. In Bezug auf die Metallbearbeitung sind alte 'Schlackenhaufen, Gussformen, Bruchstücke früherer Geräthe, Metallbarren, hier und da auch Spuren bergmännischer Gewinnung von Metall zu be- achten. Töpferwerkstätten, alte Ziegeleien, Glasflüsse u. s. w. werden leicht erkannt werden können, Vorgeschichtliche Opferplätze und Gerichtsstätten, namentlich solche, welche durch besondere Steinstellungen oder bearbeitete Steine, zumal Opferbecken. mit Ausflussrinnen oder sonstigen Verzierungen aus- gezeichnet sind, haben eine hervorragende Bedeutung. Ueberall ist hier ; auch der esede Boden zu cn loan ‚und nach Ueberresten zu ' forschen, welche die Zeit und die A der Benutzung genauer erkennen lassen könnten. Auch für religiöse Uebungen sind offenbar an manchen Orten schon früh abgelegene Gebirgsschluchten oder Felshöhlen benutzt _ worden und man findet in denselben Menschen- und Thierknochen, Thon-, Stein- und Metalliguren, allerlei mystische Geräthe. Plastische Nachbildun eh - Stein, Gold und Bronze gewonnen hat, bieten für die weitere Erforschung der mythologischen en die en Anhaltspunkte. UDeberaus zahlreich en in allen Oontinenten Felsenzeichnungen - aus vorgeschichtlicher Zeit. Meist an steilen Felswänden sind einfache Zeichen, wirkliche Figuren, Hieroglyphen eingeritzt. An manchen Orten, z. B. auf Haiti sind die Wände bewohnter oder sonst benutzter Felshöhlen, an anderen die inneren oder äusseren Flächen von Steinhäusern mit solchen Zeichnungen bedeckt. Hier ist eine möglichst genaue Abzeichnung oder ein ‚Gypsabdruck oder sonst eine Abnahme in Stanniol u. s. w. zu veranstalten, uch die Stelle der Zeichnung recht genau zu bestimmen. Die in Europa ce, in den meisten aussereuropäischen Ländern noch wenig ausgenutzte Quelle der vorhistorischen Kenntnisse sind die Gräber. Be entkalten nicht nur Ueberreste der alten Menschen selbst, 5 nartig, manchmal mit Erdhügeln bedeckt, andermal mit grossen isen eingefasst oder mit Se ne a flach; Di Nr li en vereinzelt, andere in. grösseren Gruppen oder Reihen ber I j . 3T8 N NV en zuweilen auch an verlorenen, weiter auebfihrten er E N wie man sie in Puerto-Rico, Haiti, Mittelamerika, Sibirien u. s. w. aus Thon, ' im ndern auch zahlreiche Beigaben der allerverschiedensten Art. Wo echt ar nirten Knochen häufig in besonderen Gefässen, namentlich thönernen Ei »n beigesetzt. In manchen Höhlen finden sich Baumstämme oder hölzerne ge mit den Ueberresten der Entseelten. Die Gräber selbst sind sehr SAL ASE 580 Virchow. einander. Nicht wenige enthalten besondere Steinkammern, auch wohl mit längeren Zugängen (Ganggräber). Wo Leichenbestattung vorgenommen ist, da sind nicht selten mit dem Todten Sklaven oder Kriegsgefangene oder Familienangehörige, auch wohl Pferde und andere Haus- oder Opferthiere, Waffen, Schmucksachen und andere Geräthe mit beigesetzt worden. Die Stellung der Leichen ist gleichfalls sehr verschieden: viele liegen horizontal, bald den Kopf nach Westen, bald nach Osten gerichtet; andere sind in hockender oder fast stehender oder sitzender Stellung beigesetzt. Alle diese Verhältnisse müssen genau angegeben und sämmtliche Gegenstände von einiger Bedeutung aus den geöffneten, Gräbern gesammelt werden. Die Er- öffnung der Gräber muss sehr vorsichtig, Schicht um Schicht, erfolgen, entweder so, dass von einer Seite her das Grab ausgeräumt wird, oder so, dass die ganze Oberfläche schichtweise abgetragen wird. Kommt man auf die Leichen oder auf Geräthe, so ist jede Uebereilung in der Herausbeför- derung zu vermeiden. Die einzelnen Theile müssen in ihrer natürlichen Lage allmählich, am besten mit’ kleinen Spaten oder Messern oder Löffeln, ‘ von der umgebenden Erde isolirt und wenigstens für einige Zeit der Luft ausgesetzt werden, damit sie wieder trocken und hart werden. Sonst läuft man Gefahr, nıchts ganz aus der Erde heraus zu befördern. Eine besondere Erwähnung verdienen endlich die Mumien, wie wir sie vorzugsweise aus Nordafrika, von den ÜOanarischen Inseln und aus Peru kennen. Hier ist es überall wünschenswerth, die ganzen Mumien mit ihrer Umhüllung nach Europa zu bringen, und nicht etwa bloss die Köpfe abzu- nehmen, sondern mindestens das ganze Skelet, am besten jedoch auch die- noch vorhandenen Weichtheile, namentlich Haut und Haare zu erhalten.‘ Die Art der Umgürtung mit Stricken oder Tüchern u. s. w. ist für die ver-- gleichende Betrachtung von grosser Bedeutung, wie denn überhaupt auch in diesem Falle ein genauer Fundbericht und eine Sammlung aller sonstigen Beigaben empfohlen wird. Die sogenannten megalithischen Monumente, umfangreiche, aus mächtigen Steinblöcken errichtete Bauten, sind entweder als Grabdenkmäler, oder als Culturplätze errichtet worden. Ihre Verbreitung, anfangs nur in England, Frankreich, Deutschland und Skandinavien genauer verfolgt, ist in. neuerer Zeit weit über die Grenzen Europa’s hinaus bekannt geworden. Nicht nur in Nordafrika, sondern auch in Asien, namentlich in den Gebirgs- gecenden von Ostindien sind zahlreiche Monumente dieser Art aufgefunden und beschrieben worden. Indess ist es immer noch nicht gelungen, das gegenseitige Verhältniss derselben festzustellen und zu ermitteln, ob die Erbauer demselben Volksstamme angehörten oder ob aus unmittelbarer Conception an verschiedenen und weit auseinandergelegeneh Orten „dieselbe Intention mit ähnlichen Mitteln zur Ausführung gebracht ist. Nicht nur fehlen vielfach die Mittelglieder, sondern auch die Kenntniss der einzelnen Bauten ist nicht überall genau genug, um ein chronologisches und ethno- logisches Urtheil zu fällen. Zum mindesten ist es an den vorderindischen Monumenten dargethan, dass sie bis in die geschichtliche Zeit hineinreichen. Am meisten verwischen sich die Grenzen zwischen prähistorischer und historischer Forschung in dem Gebiete derjenigen alten Culturvölker, deren Sitze erst in späterer Zeit erschlossen worden sind und deren Literatur zum grössten Theile oder ganz und gar verloren gegangen ist. Dies ist namentlich in Amerika, am meisten in Mexico, Nicaragua, Peru der Fall. Hier finden sich die Ruinen grosser Städte, prachtvoller Tempel und Palläste, von denen erst durch weitgreifende naturwissenschaftliche 5 Forschungen « ein genaueres Bild der Kechickinr und Ai Bevölkerung selbst gewonnen werden kann. Indess giebt es Analogien dazu an zahlreichen andern Orten, wenngleich in weit ärmlicheren Verhältnissen, In Europa selbst stossen wir auf alte Dorf- und Stadtanlagen, von denen keine Chronik, kein Dokument zu erzählen weiss. In manchen Fällen ist die _ prähistorische Forschung hier berufen, der eigentlichen Geschichte zu ihrem Rechte zu helfen, wie es erst “oa bei Aare. Julin und Birka der Fall war. Zum mindesten benutzt auch die historische Forschung dieselben, mehr naturwissenschaftlichen Methoden, wie es mit grösstem Glücke ın Aesypten und Assyrien, in Griechenland und Etrurien der Fall gewesen ist. Indien und die Sundainseln bieten zahlreiche Beispiele für dieses Mischgebiet des Prähistorischen und Historischen dar. iR Nicht überall wird es dem Reisenden möglich sein, die Fundstätten der ‘E prähistorischen Gegenstände selbst zu besuchen. Dafür befinden sich viele derartige Gegenstände im Besitz und zum Theil im Gebrauch (auch im religiösen) der Einwohner. Uralte Steingeräthe, fast überall als Donner- oder Blitzsteine bezeichnet, sind aus Japan, den Südsee- und Sunda- inseln, aus verschiedenen Ländern des asiatischen und afrikanischen Conti- nentes, aus Westindien, Brasilien, Nordamerika, den Eskimoländern bekannt A geworden. An manchen Orten ist es möglich, selbst in Hafenstädten, alte Bi Töpfe, Götzenbilder, Waffen aus dem Innern zu erlangen, so namentlich an “ den nördlichen und westlichen Küsten Südamerikas. Wo derartige Gegen- | stände aus sicherer Hand zu erlangen sind, da ist zu ihrer Erwerbung für europäische Sammlungen dringend zu rathen, da es noch keineswegs erreicht ist, auch nur annähernd eine Uebersicht der Vertheilung solcher Gegenstände über die alten Völker herzustellen. Wo es nicht möglich ist, die Gegen- stände selbst zu erwerben, da sind Photographien, Abbildungen oder Besehreibungen derselben zu beschaffen. Auch ist es dringend wünschens- werth, die Adressen der Besitzer und Sammler, wenn irgend möglich, mit Verzeichnissen ihrer Sammlungen zu erhalten. Schliesslich ist noch darauf aufmerksam zu machen, dass bei Stein- und Metallgeräthen jedesmal die Aufmerksamkeit auf die natürlichen Fund- stätten des entsprechenden Gesteins oder Metalls zu richten ist. Wo diese Fund- oder Lagerungsstätten nur in grösserer Entfernung von der Fundstelle des bearbeiteten Materials zu entdecken sind, da bieten solche Feststellungen zugleich die Gelegenheit, die vorgeschichtlichen Wege des Handels oder der Wanderung der Völker zu erschliessen, 2) Anthropologische Aufgaben. i Die physische Anthropologie der geschichtlichen Völker, welche hier allein in das Auge gefasst wird, hat so grosse Aufgaben, dass vor der Hand _ nur einzelne Seiten specieller verfolst werden können. Die Thätigkeit des Reisenden hat sich hier nach zwei Richtungen zu entfalten, welche, wenn _ irgend möglich, gleichzeitig betreten werden müssen. Es handelt sich einer- seits um Sammeln, andrerseits um Beobachten. En In ersterer Bexichon, kommen hauptsächlich in Betracht Knochen, Haare und Haut des Menschen. Unter den Knochen steht natürlich obenan _ der Schädel, der, wenn irgend möglich, nebst dem Unterkiefer gesammelt werden sollte, nächstdem das Becken und die Knochen der Extremitäten. Wo jedoch ein ganzes Skelet erworben werden kann, da ist dies im höchsten "Maasse anzurathen. Leider ist bis jetzt eine so kleine Zahl guter Skelette y Bi 582 Virchow. fremder Völkerstämme vorhanden, dass unsere Kenntniss derselben kaum nennenswerth ist. Derartige Erwerbungen sind in europäischen Colonien und geordneten Staaten am, besten in Hospitälern und Gefangenenanstalten zu machen. Sonst sind sichere Gräberstätten aufzusuchen. Auch haben viele wilde Völkerschaften den Gebrauch, die Schädel ihrer Feinde als Trophäen zu sammeln, und manche sind nicht abgeneist, sie später zum Gegenstande des Handels oder des Tausches zu machen. In manchen christianisirten Ländern finden sich auch Beinhäuser auf den Kirchhöfen, in noch heidnischen Schlachtfelder oder Opferplätze, von wo wenigstens Schädel erworben werden können. Vor allen Dingen ist es aber nothwendig, dass die Reisenden Fundort und Herkunft der Schädel und Knochen so genau, wie möglich, feststellen. Ganz unbestimmte Gegenstände dieser Art haben einen sehr mässigen Werth. Ein einziger sicherer Schädel ist mehr werth, als ein Dutzend unsicherer, Die einzelnen Schädel und Knochen sind alsdann sofort genau zu bezeichnen, am besten durch eine direkt auf deren Oberfläche eingezeichnete Inschrift; sind mehrere Knochen von demselben Skelet vorhanden, so ist es gut, allen ausser der Inschrift dieselbe Zahl beizufügen. Indess ist ein einzelner Schädel oder ein einzelnes Skelet wenig geeignet, sichere Anhaltspunkte für die Erkenntniss der typischen Eigenthümlichkeit eines Stammes zu gewähren, da die individuellen Verhältnisse sich nicht sicher abschätzen und aus- scheiden lassen. Es ist daher dringend zu empfehlen, alle Anstrengung darauf zu richten, mehrere Schädel, Knochen oder Skelette von demselben Stamme zu erhalten. Namentlich die männlichen und weiblichen Knochen sind oft so verschieden, dass man durch die Betrachtung nur eines Schädels leicht zu falschen Schlussfolgerungen kommt. Kinderschädel sind durchaus. nicht zu verachten, wenngleich erst in zweiter Linie verwendbar. Wo die Gebeine der Todten erst aus der Erde herausgenommen werden müssen, da ist die Isolirung derselben mit grösster Vorsicht zu veranstalten. Namentlich in feuchtem oder sehr cohärentem Erdreich müssen die Knochen mit einem Messer oder Löffel umgraben, und erst nach möglichst sorgfältiger Auslösung hervorgehoben werden. Auch ist es gut, sie vor der Herausnahme erst wieder trocknen und härten zu lassen. Lose Zähne sind für sich in Papier einzuwickeln und beizulegen. Die Entfernung der Erde aus dem Innern der Schädel kann zunächst unterbleiben; jedenfalls darf sie nicht eher versucht werden, als bis das Ganze trocken geworden ist. Lassen sich trotzdem die Knochen nicht ohne Verletzungen herausbefördern, so müssen. alle, auch die kleinsten Bruchstücke sorgfältig gesammelt, bezeichnet und aufbewahrt werden. Für den Transport sind die Knochen am besten in recht trocknes Stroh oder Baumwolle oder Bast oder Baumblätter einzulegen und sowohl vor der: gegenseitigen Berührung, als vor zu naher Anlagerung an die Wände der Kiste zu schützen. Bei sehr gebrechlichen und kostbaren Stücken, ist es nöthig, im Innern der Kiste Scheidewände anzubringen, so dass jeder ein- zelne Schädel in einer besonderen Abtheilung des Innenraumes unterge- bracht wird. Zuweilen ist es möglich, ganze, frisch abgeschnittene Köpfe zu erhalten. In diesem Fall wird zugleich Haut und Haar der Leiche der späteren Unter- suchung erhalten, auch ein grosser Theil physiognomischer Eigenthümlich- keiten, so namentlich die Form der Nase und des Mundes, das Auge und Ohr, bewahrt. Wo es irgend geschehen kann, da ist es daher sehr zu em- pfehlen, solche Gelegenheiten nicht zu verabsäumen. Der Transport geschieht swerth, Be der Be vor der Verlöthung min ‚stens noch besser ein paar Mal erneuert werde. Auch können conser- RN ‚Stoffe, 2. B. Carbolsäure, Kampher, in kleineren Mengen zugefügt { Bei der Sammlung von Haaren sind natürlich die Kopfhaare vorzu- en und von diesen eine ganze Haarlocke bis auf die Ansatzstelle abzu- Männliche und wechliche Haare sind erforderlich. Jede einzelne urlocke wird mit einem Faden zusammengebunden, in ein besonderes Papier gewickelt und dieses mit den erforderlichen Notizen versehen. Bei bo) Br solehen Völkern, wo besondere Haartrachten in Gebrauch sind, gelingt es _ zuweilen, die gesammte Frisur eines Individuums zu erwerben. N Was endlich die Haut angeht, so wird es möglich sein, von Todten in ’ Hospitälern oder auf Schlachtfeldern, bei engen von Räubern ein- zelne Stücke zu erlangen, was naanhch bei gefärbten Rassen von grossem Interesse ist. Diese Stücke sind sofort in Spiritus zu thun und die Gefässe, genau signirt, hermetisch zu verschliessen. Auch können die Stücke ein- As gesalzen transportirt werden. Immer ist anzugeben, von welchem Körper- " theil sie genommen sind. . I ur den genannten Theilen würde das Gehirn das sl Inter- esse in Anspruch nehmen. Bis jetzt ist eine vergleichende Anatomie des Gehirns verschiedener Rassen nur in Bezug auf die schwarze und weisse Rasse in Angriff genommen, jedoch auch Br mit viel zu geringem Material. Allerdings dürfte die Gelegenheit zu solchen Sammlungen nur an Orten zu erreichen sein, wo gut eingerichtete, europäischen oder fremden ‚Culturvölkern ‚angehörige Krankenanstalten vorhanden sind. Indess darf dieser wichtige N eeenstand. den Reisenden ganz besonders ans Herz gelegt werden. Dabei Kr ist zu erinnern, dass das Gehirn aus dem Schädel a a nnnnen und, mit Watte umhüllt, in Spiritus gelegt werden muss. In dem ae Schädel, 7 00 ‚erhält es sich Bewöhnlich hicht, es sei denn, dass die Dun vor dem. su ‚Einlegen mit Alkohöl oder einer anderen conservirenden ale ER gespritzt worden sind. a = En Verhältnissmässig leicht zu Solallen sind abgeschnittene Hände oder Füsse, BR deren Bildung für die Geschichte der Rassen eine nicht zu unterschätzende RR, Bedeutung hat. Im Nothfalle können sie sogar getrocknet und ganz einfach 8 verpackt werden; sonst sind sie in Salz en oder gleichfalls in Spiritus zu transportiren. Die Büchsen sind äusserlich genau zu bezeichnen. m‘ Ausserdem ist ein Verzeichniss zu führen, in welchem das Nationale des _ Individuums (Name, Geschlecht, Alter, Beschäftigung, Geburtsort, Stamm), sowie der Name des Gebers ade wenigstens der Ort der De ein- etragen werden. In letzterer Barichune ist zu erwähnen, dass an chen AR sen ein Handel mit derartigen Gegenständen getrieben und gewissenlos eliebige Inschriften und Ursprungsangaben ausgetheilt werden. Der Reisende de hat daher grosse Kritik und zuweilen den äussersten Scharfsinn aufzuwenden, ® um sich und die Wissenschaft vor grossen Irrthümern sicher zu stellen. N Die ra noch viel nn und daher kaum im Voraus ge des Reisenden ist das Beobachten. Soweit, es Be innen, der Ba Farbe der Haut, der Haare und der Algen = er Extremitäten die Hauptanehd; Eine möglichst genaue Be- ännlichen, weiblichen und kindlichen Körpsuss ist die allge- | 584 / Nachon meinste F'orderung. Sind Photographien, colorirte Abbildungen oder auch nur einfache Zeichnungen, vielleicht nur lineare Profilskizzen herzustellen, so können sie die Beschreibung auf das Glücklichste ergänzen. Natürlich ist dabei am Besten der nackte Körper zu wählen. Mindestens sollte die Farbe der Haut und der Augen durch einfache Auftragung der entsprechenden Farbe auf reines weisses Papier sofort fixirt werden. Von den Haaren sind, wie es schon vorher angegeben ist, Proben zu sammeln. Sehr leicht lassen sich Oontourzeichnungen der Hände und Füsse nehmen, wenn dieselben einfach auf einen Bogen Papier gestellt und mit einem Blei umgangen werden. Wirkliche Abgüsse aus Gyps von diesen Theilen, sowie vom Gesicht oder vom ganzen Kopf sind allerdings vorzuziehen, und es wäre zu wünschen, dass jede Expedition sich von Hause aus mit grösseren Mengen guten Gypses in wohlverpackten Kisten versähe Von Zahnbau und Gaumen können Wachs- oder Schwefelabdrücke genommen werden, und bei der grossen Wichtigkeit gerade dieser Theile für den Typus der Rasse ist es wohl gerechtfertigt, den Wunsch auszudrücken, dass dies recht viel geschehe. Auch in diesen Fällen ist ein vollständiges Nationale, wo irgend mög- lich, aufzunehmen. Dabei ist die Reinheit der Rasse vorzugsweise zu be- achten. Nicht, als ob Mischrassen oder einzelne Mischlinge von der Be- trachtung auszuschliessen wären, im Gegentheil, der Einfluss der Mischung auf die physische Entwickelunge des Individuums ist ein Gegenstand von hohem Interesse. Aber an den meisten Orten ist man noch nicht so weit, die Elemente der Mischung genau zu kennen, und diese zu ermitteln, sollte daher überall die Hauptaufgabe sein. Natürlich sind die Bevölkerungen der Städte, namentlich der grossen, und der Küstenstriche die der Mischung am meisten verdächtigen. Das Gebirge, die entfernten Thäler, Wald, Busch und Haide, abgelegene Inseln sind das günstigste Terrain für die Erforschung der Eingebornen. Unter diesen sind es wieder die dunkeln Stämme, welche die grössere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, weil ihr Anspruch auf Aboriginalität der am meisten begründete ist. In Europa und Amerika sind die dunkeln Stämme überaus spärlich ver- treten: Lappland und Californien bieten fast ‚die einzigen Beispiele dar. Afrika, Australien und Melanesien sind die eigentlichen Mutterländer der Schwarzen. Indess finden sich schwarze oder doch sehr dunkle Stämme auch weiter nördlich: Mikronesien, die Philippinen und Andamanen, Malakka, die Gebirge von Vorderindien, die Insel Jesso, wahrscheinlich auch die Grenz- gebirge von China und Hinterindien bergen zahlreiche dunkelfarbige Völker- schaften, deren physische Beschaffenheit nur zum Theil und auch da nur unvollkommen bekannt ist. Gerade hier Aufklärung zu verschaffen, ist eine der dringlichsten Forderungen der Gegenwart. Die verwandtschaftlichen Be- ziehungen der verschiedenen Schwarzen unter einander, namentlich die der grösseren Gruppen (Neger, Australier, Papuas, Negritos u. s. w.), ist so wenig sicher gestellt, dass die allergrössten Widersprüche unter den besten Forschern darüber bestehen. Zur Erledigung dieser Fragen sind, ausser den schon vorher berührten Sammlungen und Beobachtungen, wobei auch namentlich den künstlichen Verunstaltungen des Körpers (vgl. am Schlusse dieses Artikels) gebührende Aufmerksamkeit zu schenken ist, Messungen der Körperverhältnisse, nothwendig. Von einer Erörterung der Messmethoden an Schädeln und Skeletten wird hier abgesehen, da es für den vorliegenden Zweck darauf weniger ankommt; für geübte Reisende, namentlich Aerzte, kann freilich darauf hingewiesen ’ Ba) Kr werde Da ssere Reihen von exacten en zu veranstalten und mitzubringen. die Mehrzahl der Reisenden wird es genügen, Angaben über die Mes- Zahl hinaus auszudehnen, welche Ei zu grosse Anstrengung des Mer i und. zugleich ohne zu grosse Anforderungen an die Geduld dee zu messenden mindeste Anforderung sind folgende Messungen zu bezeichnen: 1) Die aufrechte Höhe vom Scheitel bis zur Sohle. 2) Die grösste Länge des Schädels: vom Stirn-Nasenwulst (dicht über der N asonwurzel) bis zum äussersten Vorsprunge des Hinter- hauptes. Y R 3) Die grösste Breite des Schädels (über den Ohren). A 4) Die "Höhe des Gesichts von der Nasenwurzel bis zum unteren EN Kinnrande. 5) Die obere Breite des Gesichts von dem unteren vorderen Rande des - einen Wangenbeins bis zu demselben Punkte des andern. 6) Die untere Breite von einem Unterkieferwinkel zum andern, 7) Die Jochbreite: von der am meisten vorspringenden Stelle des einen 7.4 Jochbogens (vor dem Ohre) bis zur entgegengesetzten. 8) Die Na cnhone: von der Nasenwurzel bis zum Ansatze der Nasen- . scheidewand an der Oberlippe. Hat der Reisende mehr Zeit. und günstige Gelegenheit, so sind selgeniie Bi Maasse hinzuzufügen: 9) Höhe des Kopfes in aufrechter Stellung vom Scheitel bis zum Kinn. 10) Länge des Halses vom oberen Rande des Adamsapfels bis zum Handgriffe des Brustbeins. 11) Länge des Rumpfes vom oberen Rande des Brustbeins bis zur Be Schambeinfuse (oberer Rand). 0.12) Höhe des Nabels über der Fusssohle. L 13) Entfernung der Schambeinfuge (oberer Rand) bis zur Fusssohle. ER 14) Aufrechte Höhe des Schädels vom äusseren Gehörgange bis zum Scheitel. BR 15) Gerade Entfernung der beiden äussern Ohröffnungen von einander Ki (am oberen Umfange der Oeffnungen), \ 16) Obere Nasenbreite: von einem inneren Augenwinkel zum andern. 17) Untere Nasenbreite: vom äusseren Ansatze des einen Nasenflügels zum andern. ? 18) Länge des Nasenrückens von der Wurzel bis zur Spitze. h 19) Länge (Breite) des Mundes. FB ) In diesen Fällen sind zuweilen auch Gypsabgüsse, Photographien, Zeichnungen au erlangen, und Tauschverbindungen mit Europa einzuleiten. 586 20) 24) 31) 32) 33) 34) 35) 36) 37) 38) ee Virchow. Entfernung der Mitte der Nasenwurzel von der äusseren Ohr- öffnung. Entfernung des Ansatzes der Nasenscheidewand an der Oberlippe von demselben Punkte. Entfernung der Mitte des vorderen Randes der Oberlippe von dem- selben Punkte. Entfernung des Kinns (Mitte des untern Randes) von demselben Punkte. Horizontaler Kopfumfang, gemessen über die am meisten hervor- ragende Stelle am Hinterhaupte und den tiefer liegenden Theil der Stirn (Glabella). Kopfbogen, von einer äussern Gehöröffnung zur andern senkrecht über den Kopf gemessen, Brustumfang dicht oberhalb der Brustwarzen. Abstand der Brustwarzen von einander. Schulterbreite, über den Rücken gemessen. Bauchumfang in der Höhe des Nabels. Beckenbreite, gemessen von der am meisten hervortretenden Stelle des einen Darmbeinkammes zur entsprechenden Stelle der ent- gsegengesetzten Seite. Länge des rechten Arms, gemessen von der Schulterhöhe bis zur Spitze des Mittelfingers an dem gerade ausgestreckten Arm. Länge des Oberarms, gemessen von der ah höhe bis zum äussern Vorsprung (Oondylus externus ossis humeri) des unteren Endes des Oberarmbeines. Länge des Vorderarmes, gemessen von dem hintern Vorsprunge des le near (Oleeranon) hie zur Spitze des untern Vorsprunges des ne heuer an der Handwurzel (Kleinfingerseite). Länge der Hand, gemessen bei gestreckter Stellung derselben über den ed. ae zwar von dem Handgelenk bis zur Spitze des Mittelfingers. Länge des rechten Beines, gemessen vom oberen Umfange des grossen Rollhügels (Trochanter major) bis zur Fusssohle in aufrechter Stellung. Länge des Oberschenkels, gemessen von demselben Punkte bis zum äusseren Vorsprung des Oberschenkelbeines am Kniegelenk (Con- dylus externus ossis femoris). Länge des Unterschenkels von dem äussern Vorsprunge des rechten Schienbeines am Knie bis zum untern Umfange des äussern Knöchels (Malleolus externus). Länge des Fusses, von der Spitze der grossen Zehe bis zum hintersten Vorsprunge der Ferse. In dieser zweiten Abtheilung sind die wichtigsten Maasse, auf welche daher vorzugsweise die Aufmerksamkeit zu richten ist, die unter 11, 13, 16, 17, 20, 21, 23, 28, 31—38 aufgeführten. Als Messinstrumente dienen am besten ein mit Millimeter- und Centi- meter-Eintheilung versehenes, aufrollbares Bandmaass von Stahl (Ohesterman’s Patent, Sheffield), ferner ein Tastereirkel (Compas d’epaisseur) mit artieu- lirten Armen und scharfen Spitzen, gleichfalls aus Stahl, sodann zur Be- so Können die einzelnen Höhen (Senat, a ler la Nabel, Schambeinfuge) bei dem an eine Wand gestellten duum leicht durch Änlesen eines horizontal sestellten Lineals oder rettchens auf die Wand rt und hier mit dem Bandmaasse genen u len, PR rail, wo bestimmte Knochen die Grundlage für die Messpunei u ilden, müssen die Instrumente recht stark gegen die Knochen angedrückt erden. Geschieht diess nicht zu plötzlich, sondern unter langsam an- achsendem Drucke, so wird die an sich freilich unangenehme Empfindung eher ohne Widerstand ertragen. Ganz besonders Wiens ist ein starkes "AÄndrücken bei dem Schiebeinstrument und dem EN N Die Messung mit dem Bandmaasse ist bei folgenden Nummern anzu- wenden: 18, 24, 25, 26, 28, 29, 31—38. Die Messung mit dem Tasterzirkel passt für foleende Nummern: 4—8, 10, 15—17, 19—23, 27, 30. Mit dem Schiebeinstrument sind zu bestimmen die Nummern \ | 2a danke Endlich das Rekrutenmaass passt für folgende Nummern: 1, (9—10), 11—13, (31—38). Aus Länge (Z) und Breite (2) des Schädels (Nr. 2 und 3) berechnet Ach der sogenannte Schädelindex (Breitenindex oder Längenbreitenindex) nach der Gleichung r RE — LW0N: 2. Tu gleicher Weise, wenngleich weniger zuverlässig, berechnet sich der Höhenindex (a#°) aus as (Z) und Höhe (ZZ), A Kepe‘ OO, | EEE Diejenigen Schädel, welche einen Breitenindex von mehr als 80 haben, Lt „nennt man kurze a eepndlen), diejenigen, welche weniger als 74 ergeben, lange (Dolichocephalen). en liegen die Mittelformen (Meso- oder _ Orthocephalen). In ähnlicher Weise nen sich nach dem Höhenindex die hohen en) und die niedrigen (Chamaecephalen, auch wohl Blabyeeplialexi) f F) Durch diese Bestimmungen gewinnt der Anthropolog eine erste und gemeinste Kenntniss in Bezug auf die Gruppe, in welche ein Stamm oder ar "Individuum versetzt werden muss. Allein die individuellen Schwankungen der Ausbildung der Weichtheile, namentlich dem Fettgehalt und den a | nickelung sind so gross, dass den am Lebenden. gewonnenen sen für den Knochenbau, auf welchen es vorzüglich ankommt, stets eine yisse Unsicherheit anhaftet; nur durch die grösste Präcision des Messens Kahn dieselbe einigermaassen gemindert werden. Der Reisende darf sich Ei nicht bloss auf sein Geschick verlassen: Autodidakten sind nirgends d den Verfasser angegebene ist vorräthig bei dem Instrumentenmacher Bine 4, NW. 588 Virchow. unzuverlässiger, als in den messenden Zweigen der Wissenschaft. Jeder Reisende sollte sich bei einem Anatomen oder sonst sachver- ständigen Anthropologen einüben lassen; selbst die gewöhnlichen Kenntnisse des Arztes reichen nicht aus, um in jedem Augenblicke diese Art der Messungen richtig anzustellen oder gar zu lehren. Indess ah gute und zuverlässige Zahlen genügen noch nicht, um ein volles Bild der oseihrenllelliiiesen eines ae zu gewähren. Wollte man sie auch noch weit über das gegebene Schema vermehren, so würde doch immer noch etwas zu wünschen übrig bleiben, und es würde unmöglich sein, aus den Zahlen "das Bild des betreffenden lebenden Menschen wiederherzustellen. Die besondere Gestalt der Nase, des Mundes und des Ohres, die Grösse und Form der Brust, der Geschlechtstheile, des Gesässes, der Ernährungszustand des Körpers, die Stellung der einzelnen Körpertheile zu einander, namentlich die der unteren Extremitäten und der Füsse lässt sich durch Maasse annähernd wohl darstellen, aber nur mit dem grössten Zeitaufwande und der äussersten Vervielfältigung der Messpunkte. Ein einziges Wort sagt oft mehr und ist deutlicher, als ein Dutzend Zahlen, natürlich vorausgesetzt, dass es sich um Theile oder- Verhältnisse handelt, welche leicht geschätzt werden können. Ganz besonders gilt dies auch von dem Gesichtsprofil und der Stellung der Lippen und des Ober- kiefers, wonach die Eintheilung der Stämme in prognathe (mit vorge- schobenen Kiefern) und orthognathe (mit zurücktretenden Kiefern, beziehentlich Lippen) gewählt ist. Dieses wichtige Verhältniss lässt sich allerdings einigermaassen sicher in Zahlen ausdrücken, wenn man ausser den unter Nr. 20-23 aufgeführten Messungen noch einige Winkelmessungen ausführt. Unter dem Namen des Gesichtswinkels hat man nach und nach sehr verschiedene Winkel bezeichnet. Für die ethnischen Profilverhältnisse sind alle diejenigen Winkelmessungen verwerflich, welche sich nicht auf sichere anatomische Punkte beziehen. Als solche Punkte erscheinen am meisten geeignet die Nasenwurzel (n), die Ansatzstelle der Nasenscheidewand an 8 "Oberlippe (), und die äussere Ohröffnung (m); der zu messende Winkel wäre also nsm. Ausserdem hat es freilich ein grosses Interesse, auch noch den Winkel nlm zu kennen, in welchem / us Mitte des am meisten hervorragenden Punktes in der Mitte der Öberlippe bezeichnet. Wichtig für diese Bestimmungen wären auch Angaben über Gestalt der Zahn- reihen und des Gaumens, Grösse und Stellung der Zähne, besonders der Schneidezähne, Haltung und Grösse der Zunge. Bestimmungen des Ron gewichtes sind von geringerer Bedeutung, jedoch, wo sie ohne Sek auszuführen sind, nicht zu versäumen. Dagegen giebt es eine Reihe mehr Physiologizcher Merkmale, welche eine grössere Anıfmerk- samkeit in Anspruch nehmen, Dahin gehören Zählungen der Puls-, beziehungs- weise Herzschläge und der Athemzüge (in der Minute), Messungen der Kör- pertemperatur mittelst eines T'hermometers (in der Achsel), Bestimmungen der Körperkraft sowohl in Bezug auf Hub, als auf Druck mittelst Regnier’s Dynamometer, Bestimmungen der Schärfe der Augen*), des Gehörs, des Tast- sinnes. In Bezug auf eine Reihe physiognomischer Gesichtspunkte hat Herr Darwin ein Frageschema aufgestellt, welches in den von der Berliner an- thropologischen Gesellschaft ausgearbeiteten „Rathschlägen für anthropolo- *) Manche wilde Stämme haben nicht für jede Farbe eine Bezeichnung; hier wäre Zn Buelten, ob es ihnen nur an Uebung fehlt oder ob ein physischer Mangel vor- anden ist lungen hu en der Marine“ (auch abgedruckt in Ethnologie 1872, Bd. IV, 8. 342) wiedergegeben ist. sich daher len wenn der Reisende über jeden Einzelfall, Beleeten Die in eine besondere Babe einträgt, und dabei ausser oben aufgeführten Punkten folgende weitere hal ran veranstaltet: 1) Nationalität, einschliesslich ee, Wohnort, Beten und. Sprache. Für Mischlinge sind besdndere lan en über Vater und Mutter, beziehungsweise über Grosseltern u. s. w. 2) Geschlecht. 3) Alter. 4) En nbzustand des Körpers. 5) Sehädelform (Schätzung der Verhältnisse von Länge, Breite und Höhe: ob mehr schmal oder en breit, mehr lang oder mehr kurz, mehr hoch oder mehr niedrig sodann Beenung der allgemeinen BR! Gestalt: ob mehr eckig, nldin at mehr rund). Ri 6) Kieferstellung ea nad ' 7) Muskelstä a (Hub und Druck). = 8) Gewicht. 9) Zahl der Pulsschläge in der Minute. . 10) Zahl der mr. in der Minute. 11) Temperatur in der Achselhöhle. Re 12) Schärfe der Sinne: fr a) Auge, | % b) Ohr, \e) Haut. 13) Farbe a) der Haut, b) der Lippen, u c) der Nägel. PEN, = 14) Farbe und Beschaffenheit a) des Kopfhaares, x b) des Bartes. 15) Behaarung des übrigen Körpers. 16) Farbe a) der Regenbogenhaut des Auges, b) der Bindehaut. 17) Form und Stellung des Auges. 18) Form des Gesichts. $ 2719) Eorm: der: Nase. 20) Form des Mundes. 21) Form des Halses und Nackens. 22) Form der Brust (einschliesslich der „Brüste“). 23) Form des Bauches. 24) Form des Gesässes. N 25) Form der Geschlechtstheile. BETEN 6) Form und Grösse der Hände. N, 27) Form und Grösse der Beine, besonders der Waden. N 28) Form und Grösse der Füsse. Kt Bis ‘sind endlich in einer besonderen Rubrik die künstlichen Verun- N ngen, welche etwa gefunden werden, aufzuführen. Als solche erwähnen. Y verschiedenen Deformationen des Kopfes (Compression bei Kindern), N ippen. und Nase (Einstecken und Einhängen fremder Körper, x Nasenwurzel bei Neugeborenen), der Zähne (Feilen, Färben, 'aille (Einschnüren), der äusseren Gesch eLh (Be-. 590 Virchow: Anthropologie und prähistorische Forschungen. schneiden, Vernähen), der Füsse (Verkleinerung), der Haut (Tättowirung, Narben, Bemalen). Dabei sind die Art der angewandten Operation, die Zeit des Lebens, in welcher sie ausgeführt zu werden pflegt, die dabei gebräuch- lichen ÖOeremonien und der etwa erkennbare Sinn der Handlung zu er- mitteln. Es ist zum Schlusse zu erwähnen, dass es wünschenswerth ist, dass jeder Beobachter Notizen darüber macht, welche Körperverhältnisse seiner Meinung nach als mehr individuelle, welche als mehr typische und als Stammesmerk- male anzusehen sind. Auch die Kenntniss der bloss individuellen Verhält- nisse ist von Bedeutung, da es darauf ankommt zu wissen, wie gross das Maass der innerhalb eines Stammes möglichen individuellen Schwankungen ist, und es wird die wissenschaftliche Analyse sehr erleich- tern, wenn jeder Beobachter seine Eindrücke darüber aufzeichnet. Indess steht diese Aufgabe nicht im Vordergrunde der jetzigen anthropologischen Studien. Noch fehlt zu viel an unserer Kenntniss der generellen Formen, um schon die Untersuchung dem Einzelindividuum in hervorragendem Maasse zuzuwenden. Daher wird auch die Aufgabe der Reisenden vorzüglich dahin gerichtet sein müssen, die allgemeinen Züge in der körperlichen Erscheinung der einzelnen Stämme zu erkennen und die Merkmale festzu- stellen, an welchen sich einerseits die Zusammengehörigkeit der einzelnen Glieder eines Stammes im Gegensatze zu benachbarten Stämmen, andrer- seits aber auch die Verwandtschaft verschiedener Stämme unter einander er- kennen lässt. senden wichtigen technischen Hülfsmittel: Das Mikroskop und der BaDarapı 1 Apparat. Von Gustav Fritsch. Zu den bereits in vorhergehenden Capiteln besprochenen instrumentellen Hülfsmitteln des Reisenden kommen noch zwei Instrumente oder vielmehr zwei Gruppen von solchen, für deren Verwendung auf der Reise zu wissen- lichen Zwecken zum ‚Theil andere Gesichtspunkte gelten. als im eta- " solchen Studien thätigen a wenn er beide beherrscht. Auf der Reise kann die mikroskopische Photographie indessen keinen Platz finden wegen der localen Schwierigkeiten. Das Gebiet, welches zu bearbeiten dem Ver- fasser der ehrenvolle Auftrag ertheilt wurde, das er es als Ganzes zu studiren gewöhnt ist, zerfällt also für den Reisenden in zwei vollkommen getrennte Die Anwendung des Mikroskopes. \ Das Mikroskop, dieses unschätzbare Hülfsmittel unserer neueren. natur- _ wissenschaftlichen Forschungen, ist seinem inneren Wesen nach das Instrument des heimathlichen, friedlichen Studirzimmers, wo der Beobachter mit behag- licher Ruhe sich in die geheimnissvollen Tiefen des mikroskopischen Baucs r Organismen versenken kann. So gewiss dies richtig ist, wäre es doch unrecht, allzu streng an dem ‚ das kostbare Material, lee die Fremde bietet, und dessen uuverän e ‚Ueberführung nach Er Heimath oft Be die Unmöglichkeiten gehört r ı zu consequent forfgeführten BE Be es En aber auch der nur als Z ugvogel weiterziehende wissenschaft- de wird der ML STEtOPErunlER BEER: im weiteren Sinne nicht wohl 592 Fritsch. S entrathen können. Für ihn dürfte indessen die Lupe und das einfache Mi- kroskop durchschnittlich den grössten Nutzen schaffen; mit diesen Instru- menten wollen wir uns daher zunächst beschäftigen. Die Lupe. Die gewöhnliche Taschenlupe, bestehend aus zwei oder drei Linsen, etwa von 6-, 12- und 18facher Vergrösserung wird für den Reisenden ein treuer Besleiter sein müssen, da ein solches Instrument allein schon in vielen Fällen genügt, die Aufmerksamkeit auf Organismen zu richten, welche das unbe- waffnete Auge übersieht. Das Beisichführen eines solchen, wegen seiner ge- ringen Grösse und Kostspieligkeit ungemein bequemen Instrumentes, ist so allgemein als eine Üonditio sine qua non für den reisenden Naturforscher anerkannt, dass es nicht nöthig erscheint, weiter darauf einzugehen, dagegen ist es vielleicht nicht ungeeignet, auf eine besondere, wenig gekannte Form derselben hinzuweisen. Für den Sammler, welcher mikroskopische Pflänzehen oder Thiere sucht, ist der geringe Focalabstand der gebräuchlichen Lupen ein Haupthinderniss; es gelingt ihm schwer, mit der Linse stets nahe genug an der abzusuchenden Fläche zu bleiben und dabei das nöthige Licht und eine erträgliche Körperhaltung zu bewahren. Diesen Uebelständen wird durch gewisse Vergrösserungssysteme nach dem Princip der Brücke’schen Lupen sehr wesentlich abgeholfen, und wenn dieselben auch nicht so portativ sind wie gewöhnliche Lupen (sie gleichen äusserlich etwa dem einzelnen Tubus eines kleineren Opernglases), so sind sie dem Sammler aus den angeführten Gründen doch zu empfehlen. Zeiss in Jena construirt solche mit 6facher Linearvergrösserung bei 8 Om. Focalabstand, bei denen das Auge, die Höhe des Systemes Thiom gerechnet, also etwa 16 Om. von der zu untersuchenden Fläche abbleibt. Man kann damit z. B. am Meeresstrande in kauernder Stellung den Sand auf seinen Gehalt an Organismen controlliren, selbst wenn noch hier und da etwas Wasser darüber steht, und es mag gelingen, mit Schnelligkeit selbst grössere Strecken zu durchmustern. ‚Das Präparırmikroskop. Dieses Instrument sollte gleichfalls dem reisenden Naturforscher als ein treuer Begleiter gelten, wenn es auch seinen Platz nicht in der Tasche, son- dern im Koffer fin- den wird. Wie bei allen Reiseapparaten ist auch hier die compendiöse Form eine der wesentlich- sten Bedingungen für \ die Nutzbarkeit des En, \ "N > Ganzen. Ich glaube EU SIHIAIIITITITTITE nicht, dass darin eine ENTE ist, welche die bei- stehend abgebildete an Bequemlichkeit portirbarkeit bedeutend übertrifft, Im zusammengelegten Zustande bildet, der Apparat ein Parallelopipedum von 15 Cm. Länge, 12 Cm. Höhe und 10 Cm. Breite, in runden Zahlen und leichter Trans- ‚ und lässt sich 'in diesem Zustande umstürzen, a dass sich | "m Der Kasten klappt in zwei Hälften auseinander (a, @ der Fig.), welche nun die Basis abgegeben und der innere dreitheilig Ms. 2 earelente Apparat, dessen mittlerer Seh eigentliche Stativ trägt (o; in gestreckter Stellung durch el Ne Metallhaken festlegen, Er bildet alsdann den De für die Kastenhälften) in denen auch die Systeme, AR de achromatische Triplets in bestimmten Höhlungen eingesetzt sind, und macht das Ganze zu einem hinreichend stabilen er um sicher en: arbeiten zu können. Der Arm des Ringes, welcher die Triplets aufnehmen soll, wird . erst mittelbar in senkrechter Richtung auf- und abbewegt, indem die Einstell- schraube direct auf eine Metallhülse wirkt, in welcher der Arm des Trägers steckt. Man erhält so die Möglichkeit, wenn ein besonders grosser Abstand vom Öbjecttisch für das System erforderlich wird, einen solchen durch Herausziehen des Armes aus der Hülse zu erzielen (über 5 Cm.). Die weitere Einrichtung ist von den üblichen Formen des Apparates nicht we- sentlich less es ist nur noch daran zu erinnern, dass bei dem vor- liegenden Arrangement auch die Anwendung beliebiger anderer Systeme als der ursprünglich dazu bestimmten besonders leicht gemacht ist. Passt die ‘gewählte Linse nicht in den Ring des Trägers, so genügt ein Griff, den- selben aus seiner Hülse zu ziehen, um ihn darauf durch einen anderen x passenden in der gleichen Weise zu ersetzen. Br" Seibert*), von dem das hier besprochene Präparirmikroskop gefertigt wird, giebt demselben gewöhnlich drei achromatische Triplets bei, deren er _ neun Nummern construirt, mit Vergrösserungen von 3—40; empfehlenswerth für die Arbeit sind aber nur die schwachen und mittleren, da bei den höheren Re Nummern der Focalabstand schon viel zu gering wird, um darunter bequem - mit der Nadel etc. präpariren zu können. No. I (3X lin. V.), III (54X) und V (10X) sind für gewöhnlich ausreichend, und zwar ist anzurathen, die Systeme in der Weise fassen zu lassen, dass die convexe Fläche nach oben, die plane abwärts gerichtet ist; diese Stellung giebt nämlich das planste Bild ‚bei einigermaassen entfernt gehaltenem Aue umgekehrt gefasst geben die Linsen het etwas ne Bilder, verlangen be dass das Auge sich der obersten brechenden Fläche möglichst nähert und strengen daher erheblich mehr an. Durch Abschrauben des den Triplets aufgesetzten Diaphragma’s kann man dem entfernteren, Auge ein immer noch grosses “esichtsfeld be- lassen, Ist man stärkerer Vergrösserungen beim Präpariren benöthigt, so em- pfiehlt es sich, ein mit Recht berühmtes System in Anwendung zu bringen, welches Zeiss in Jena verfertigt und das in einem Objectiv aus drei achro- BE matischen Linsen und zwei concaven Oculargläsern besteht. Ohne Ocular 35% > geben die Objectivlinsen, einzeln benutzt, Vergrösserungen von respective 30, - 20, 15 linear, und zwar zeichnen sie Sn in daten A dns sowohl durch BR. die Schärfe der Bilder, als auch durch den bedeutenden Focalabstand aus. Verbindet man die Lingen mit dem schwächeren Ocular unter Combinirung l derselben, so erzielt man Vergrösserungen von 100, 60 und 40 lin., die Be nutzung des beigegebenen stärkeren Oculars bringt dieselbe BR bis auf y der stand noch 9 Mm. beträgt. Di schwächeren "Vergrögaet: en ‚zeigen ( eine viel beträchtlichere Zahl (bis 27 Mm.), so dass hier die Sn a ee ERS 9 Optisches, Institut von Seibert und Band Wetzlar. - u en 594 | “ 3 Fritsch, Er re Möglichkeit vorliegt, an einem 100X vergrösserten Object mit aller Behag- lichkeit zu arbeiten.*) "Das Reise-Mikroskop. Ist es schon unter heimathlichen Verhältnissen kaum von Vortheil, volu- minöse Stative bei den mikroskopischen Untersuchungen in Anwendung zu bringen, 'so gilt dies natürlich noch mehr, wenn man sich unterwegs befindet. Die Optiker haben diesem Bedürfniss auch in verschiedener Weise Rechnung getragen, am weitesten in der Beschränkung des Raumes ist aber Nachet in Paris gegangen, welcher ein Mikroskop construirt hat, dessen messingenes Behältniss nur 90 Mm. Länge, bei 50 Mm. Breite hat, und im Innern den umgelesten Tubus, Objective und Spiegel enthält. Beim aufgestellten In- a dient das Behältniss, welches einer etwas grossen Schnupfaae dose nicht unähnlich sieht, als Objeettisch und Fuss des Statives. Die Ver- grösserungen reichen so weit, wie bei einem gewöhnlichen Stativ, indem Nachet m besondere las or des Oenlar den Nachtheil der gerin- seren Tubuslänge ausgeglichen hat. So ingeniös und Zahoh indessen auch diese Construction ist**), so wird man wohl nur in dem Falle Veranlassung haben, sie in Anwendung zu ziehen, dass die beabsichtigte Untersuchung es nothwendig macht, das Instrument in der Tasche bei sich zu tragen, um es unter Benutzung starker Vererösse- rungen augenblicklich aufstellen zu können. Sind die Verhältnisse derartige, so wird sich das Nachet’sche Modell gewiss ausserordentlich empfehlen. Nach dem bereits oben Angedeuteten reicht zur blossen Orientirung, wie man sie in der That beim on sehr häufig an Ort und Stelle rose hat, schon die Zeiss’sche Lupe mit 100- bis 150facher Vergrösserung aus, an hätte man also ein Taschenmikroskop keineswegs nöthieg. Handelt es sich um regelmässige, consequent fortgesetzte Untersuchungen, so wird man gewiss lieber ein Instrument benutzen, welches nicht ganz so winzige ist und der Arbeit mehr Spielraum gewährt. Es ist alsdann nur er- forderlich, das Stativ den Anforderungen der Reise entsprechend leicht und zusammenlegbar zu machen, sowie die einzelnen Theile des Instrumentes möglichst sicher und eng neben einander angeordnet dem Kasten einzupassen, damit kein unnöthiger Raum verbraucht wird. Diese Aufgabe scheint mir Se wiederum von der Firma Seibert und Kraft am elücklichsten gelöst worden = zu sein, deren Reisemikroskop nur einen Kasten von 22 Cm. Länge, 12,5 Cm. Breite und 9 Cm. Höhe einnimmt.***) Solches Instrument leistet, nach mehr- jährigen Erfahrungen, Alles, was der Beobachter verlangen darf, es lässt sich sehr bequem auf dieselbe Tubuslänge bringen, welche die anderen Mikroskope der Firma zu haben pflegen, und ist ausserordentlich leicht und transportabel. In der gewöhnlichen Anordnung ist die Rohrlänge in der That etwa um 15 Mm. kürzer, doch kann mar sehr bequem besonders beim Ocular I einen ‘entsprechend langen Tubusabschnitt, den man im Kästchen des Mikroskopes mitführt, einschalten, um das Fehlende zu ergänzen. Der Durchmesser der Oculare ist geringer, die Objective sind genau dieselben, wie sie zu den an- deren Mikroskopen benutzt werden. Zu der vom Verfasser gewählten An- *) In besonderem Etui kostet das Linsensystem allein nur 10 Thlr. *%) Sie ist in Nachet’s älteren Katalogen als ‚„‚Mieroscope de poche“ unter Fig. 18 abgebildet und dabei genauer beschrieben. *%#) Ein anderes Modell zeigt noch geringere Dimensionen, ist von mir aber nicht so erprobt worden. gegen Staub geschützt werden kann, um die Oben rein zu er- a ‚Sollten wakeolle Systeme schon zu Haus nicht dem Staub ‚Im fach, geschieht, so ist der staubdichte Verschluss bei längerem Tenherschlep geil auf der Reise ein ganz entschiedenes Bedürfniss, wenn man klare Bilder er- N Trotz Kae Beschränkung im Raum findet im Kasten des in Rede stehen- den Mikroskopes noch ein Objectiv im Etui, sowie der kleine Zubehör in Gestalt von Objectträgern, Deckgläschen, Haarpinsel, Putzleder genügenden Platz. A | k Zubehör für mikroskopische Arbeiten. Was die sonstige Ausrüstung an Apparaten anlangt, welche die mikro- skopische Technik verlangt, so wäre es ein kühnes Unternehmen, hier im engen Raum weniger Zeilen erledigen zu wollen, worüber Andere dicke Bücher geschrieben haben. Es bleibt nur übrig, die Gesichtspunkte anzu- deuten und ein oder den anderen praktischen Fingerzeig zu geben, welcher dem Reisenden nützlich sein könnte. B: Reduction der Ausrüstung auf das Allernothwendigste wird auch hier -in die erste Linie gestellt ee müssen. Ein sogenanntes mikroskopisches _ Besteck, wie ein in compendiöser Form mir vorliegt, enthaltend eine _ feine Esrade und eine krumme Scheere, zwei kleine Pincetten, ein Doppel- messer, verschiedene Nadeln und ein Haarmesser bildet einen geeignete Ausgangspunkt. Bei den Nadeln ist es wünschenswerth, sie nicht fest fassen ee zu lassen, sondern sie nach Art der Häkelnadeln der Damen nur mittelst E27... einer einen Schraube im Heft zu befestigen, um sie bequem wechseln und Be en zu können. Einen genügenden Vorrath von scharfen und stumpfen N Nadeln, feinen Häkchen etc. Em man leicht mit sich führen. Zwei hierher He Re ‚gehörige Instrumente, von denen ich grossen Nutzen habe, wurden hergestellt Bor aus gestielten Zeichenfedern, deren Spitzen bis zu dem Eu lindriene Theil ey der Feder abgebrochen sind; bei dem einen ist zwischen dem Holz des % ‚dünnen len und dem ap eine starke Borste eingeklemmt, ei bei dem anderen die erste, nur 2 Cm. lange Schwungfeder von der Wald- schnepfe (Scolopax rusticola), welche durch ihre bedeutende Elasticität und Festigkeit nützlich wird; die entgegengesetzten Enden der Stiele tragen feine LM Miniaturpinsel. Diese unscheinharen "Instrumente sind für das Hantieren RR und Reinigen zarter Objecte von sehr grossem Vortheil. Gegenstände, wWlche . directe Berührung gar nicht vertragen wollen, nimmt man am besten aus der y Flüssigkeit mittelst einer Pipette auf die durch den luftdichten Ansatz einer etwa fingerlangen Kautschukröhre an eine entsprechend dicke, unten etwas pitz ausgezogene Glasröhre gebildet wird. Ein kleiner Löffel und dünnes Tornspatel sind ferner zum Transferiren zarter Objecte nöthig. r Ein paar Rasirmesser mit Streichriemen, ein gewöhnliches anatomisches esteck,, zwei Knochenzangen verschiedener Gestalt; einige gröbere Haar- . Pinsel, Objectträger, darunter einige mit vertieftem Auskolnik zur Beobach- S tung lebender Organismen, Deckgläder, einige leichte, ganz flache Glasschäl- ER ‚chen (den Uhrgläsern wegen der geraden Bodenfläche vorzuziehen) vollenden o ziemlich den unbedingt erforderlichen allgemeinen Theil der instrumen- Men, 38 + 596 — Fritsch. tellen Ausrüstung. Sind specielle Arbeiten in Aussicht genommen, welche besondere Instrumente erheischen, so ist darauf natürlich im concreten Falle Bedacht zu nehmen. : Es kommen nun noch hinzu die Reagentien, deren man zu mikrosko- pischen Zwecken bereits eine sehr grosse Zahl verwendet, doch wird man sich auch hierbei sehr beschränken können, zumal man einen grossen Theil auch unterwegs mit Leichtigkeit bekommen kann. Das Wichtieste dürfte _ dabei sein, dass man sich bald ein bequemes und festes Behältniss construirt, worin die erforderlichen Flaschen in einzelnen Fächern stehen und nicht gegen einander stossen können, ein genau aufpassender Deckel muss die Glasstöpsel oder Korken niederhalten, um das Herausspringen derselben zu verhindern. * Auch unter Anwendung solcher Vorsicht vermeide man es, die concentrirten Säuren gleich von Hause aus mitzuführen. Hat man keine Aus- sicht, das Erforderliche sich später zu verschaffen, packe man die Flaschen gesondert und schliesse das Behältniss dicht, da gerade diese Chemikalien sehr häufig auf der Reise zu den unangenehmsten Störungen Veranlassung geben. i : ; Die Objectträger mit Ausschnitt stellt man am besten dar durch Auf- kitten eines in der Mitte kreisförmig ausgeschnittenen Objectträgers auf einen anderen undurchbrochenen. Sehr vortheilhaft für länger andauernde Beob- achtung von Organismen, deren Veränderungen man unter dem Mikroskop: studiren will, ist die Verwendung eines kleinen Apparates, bestehend aus einem Stück mässig starken Spiegelglases, etwa von 12 Cm. Länge und 6 Cm. Breite, in der Mitte ebenfalls ausgeschnitten. Auf einer Seite wird ein 1,5 Cm. hoher Abschnitt einer Barometerröhre wasserdieht aufgekittet und oben mit einem Deckel verschlossen. Durch eine kleine eingefeilte Lücke des Randes dieses Behältnisses führt man einige -starke Baumwollenfäden, die in das Innere nach Art eines Dochtes hereinhängen, während ihr äusseres Ende im Bogen bis an den Deckglasrand des auf die Platte gelegten Prä- parates geführt wird. Die Fäden saugen aus dem mit Wasser etc. gefüllten Rohre stets Flüssigkeit, um den durch Verdunstung entstehenden Verlust unter dem Deckglas zu ergänzen. | Für den allgemeinen Gebrauch dürften folgende Reagentien die unent- behrlichsten sein: Essigsäure, kaustisches Kali und Natron in Lösungen be- stimmter Concentration, um später verschiedene Verstimmungen bewirken zu können, Jod, Jodkaliumlösung, Glycerin, Terpentinöl, Kreosot, Alkohol, Chromsäure, Carmin, Ammoniak und Argentum nitricum. Sehr wünschens- werth für bestimmte Untersuchungen ist die leider ziemlich theure Ueber- osmiumsäure und das Chlorgold. Wegen der grossen Flüchtigkeit und leichten Zersetzbarkeit der ersteren lasse man sich dieselben vom Lieferanten gleich in kleine genau abgewogene Quantitäten (vielleicht 0,1 Grm.) vertheilt ‘in zugeschmolzenen Glasröhrchen herstellen, so dass man stets nur eine mässige . Quantität der Lösung durch Leeren eines solchen Gläschens bereitet. Die Lösung muss dann in lichtdichter Flasche an einem kühlen Orte bewahrt werden, welche Aufbewahrung sich auch für die Chlorgoldlösung empfiehlt. Die zur Untersuchung frischer Gewebe nöthigen Flüssigkeiten: Jodserum, verdinntes Albumin, Humor aqueus ete. kann man sich leicht an Ort und Stelle verschaffen. Ueber die Art und Weise der Anwendung und die verschiedenen Me- thoden, deren Zahl in neuerer Zeit ungeheuer angewachsen ist, muss wegen Mangel an Raum auf die speciellen Handbücher verwiesen werden. Am geeignetsten ist zu diesem Zweck wohl wegen der Uebersichtlichkeit und N gedrängten Kürze Exner’s Leitfaden bei der mikroskopischen Untersuchung, iR nächstdem: Frey, das Mikroskop. BE Zwei Capitel sind indessen noch eingehender zu behandeln, da sie den Reisenden näher berühren, diese sind: das Sammeln des Materials, sowie die Oonservirung und Präparation desselben. i Sammeln des Materials. Wenn auch durch die Kleinheit der Formen dem unbewaffneten Auge das Erkennen unmöglich wird, so lernt der Sammler doch sehr bald nach dem makroskopischen Maschen zu unterscheiden, ob eine Localität reich an dem gesuchten Material ist oder nicht. Handelt es sich um mikroskopische Algen, um Diatomeen und verwandte Familien, so beachte man besonders schleimige Ueberzüge anderer Organismen im Wasser, sowie den leichten oberflächlichen Schlamm des Grundes, zumal wenn er durch besondere Fär- bung ausgezeichnet ist, wenigstens von der Bodenfarbe des Gewässers deut- k lieh abstieht. Die gesuchten Organismen bilden oft dichte Massen, sogenannte se Rasen, an den Be enketen Torsten und lassen sich leicht in grösseren ji Mengen sammeln. Sind viel erdige Bestandtheile dabei, so erscheint der Schlamm schwer und setzt sich schneller ab als die Diatomeen; man kann daher am Orte selbst wählerisch verfahren und von dem gesammelten = Schlamm den rapide zu Boden fallenden Theil entfernen und erst den lang- h sameren Absatz aufbewahren, ' Um schnell und sicher zu Werke gehen zu können, empfiehlt sich dabei die Benutzung eines Netzes an einem mehrere Fuss langen Stiel, welches in _ einem Doppelring von etwa zwei Decimetern Durchmesser sitzt. Die Grund- lage bildet ein gewöhnliches flaches Filetnetz, am inneren Ring befestigt, auf welchem ein entsprechend grosses Stück ans Gaze ne und de (den genau auf den Gen passenden Ring über dem Piletnetz fixirt wird. wässer heraus, lüftet den äusseren Ring und steckt die zusammengefaltete Gaze mit der gewonnenen Beute in eins der mitgeführten Gläser mit Wasser oder schwachem Spiritus erfüllt, ‘um alsbald eine neue Gaze einzuspannen und N damit in gleicher Weise zu verfahren. Die Organismen trennen sich, beson- ders wenn man grössere Gefässe zur Verfügung hat, meist sehr bald von der Gaze, was man durch leichtes Bewegen derselben befördern kann und nach einiger Zeit würde man den Stoff auch wieder zur erneuten Benutzung herausnehmen dürfen, falls eine solche wünschenswerth erscheint. Lässt sich die Masse des Materials nicht durch diesen Schöpfer gewinnen, so kann man die den organischen Ueberzug tragenden Pflanzen aus dem Wasser zusammen- raffen und unter leichtem Pressen die herablaufende trübe Flüssigkeit auf- fangen... - Von grossem Vortheil sind auch gläserne Barometerröhren von verschie- dener Lünge je nach Bedürfniss, welche man mit dem auf die eine Oeffnung gehaltenen Finger in die Tiefe senkt bis zu den erstrebten Organismen, durch pulationen erhält man ausser den mikroskopischen Pflänzchen auch Thiere hauptsächlich von‘ der günstigen Wahl der Tocalität abhängen, wofür sich an organischem Leben sind, so arm sind andere, ohne dass der Grund für B y _ Lüften des Fingers dieselben in die Röhre steigen lässt und sie nach er- neunten, Aufpressen des Fingers heraushebt. Durch die beschriebenen Mani- aus sehr verschiedenen Classen. Die Reichhaltigkeit der Ausbeute wird natürlich nur allgemeine Prineipien aufstellen lassen. So reich manche Orte. Man findet mit dem so vorbereiteten Netz die Diatomeenrasen aus dem Ge- . 598 Fritsch. den auffallenden Unterschied sich leicht beibringen liesse. Bei einer Reihe von Sandproben in sehr verschiedenen tropischen Gegenden von demselben Forscher gesammelt, bestand der organische Gehalt einer gewissen Quantität Sand vielleicht aus einem halben Dutzend Foraminiferen, während eine darunter (Golf von Siam) wohl zur Hälfte aus Schalen solcher Thiere be- stand. Man informire sich daher bald an Ort und Stelle, wenn das unbe- waffnete Auge nicht ausreicht, mit der Lupe, ob der Fang lohnt und halte sich nicht zu lange an armen Localitäten auf. Makroskopisch erkennt das Auge im Lande auch kleinere Formen von Foraminiferen und ähnlichen Organismen an der häufigen Wiederkehr bestimmter regelmässiger Con- touren zwischen den Sandkörnern bei besonderer Farbe und Transparenz der einzelnen Körperchen. Im Wasser erscheinen an herausgeschöpften Proben selbst noch Infusorien von einiger Grösse deutlich als bewegliche Pünktchen. Besonders lohnend pflegen Bi süssem Wasser kleinere Tümpel zu sein, deren Niveau gerade ungewöhnlich niedrig ist, vorausgesetzt, dass die Fäulniss der Sabekaren ne überhand genommen as hierher gehören auch die kleinen Becken an Gebirgsbächen, bei Wasserfällen und ähnlichen Orten, welche häufig durch das Vorkommen interessanter Arten ausgezeichnet sind. Ueppiges Wachsthum makroskropischer Wasserpflanzen pflegt auch die Entwickelung der mikroskopischen zu begünstigen. Zu ander sind ferner die Ausmündungen von Flüssen mit dem durch das Hin- und Herfluthen des brakischen Wacken: entstehenden eigenthüm- lichen Schlamm, Schlick genannt, welcher massenhafte sans m zu ent- halten pflegt. Man revidire sorgfältige Gegenstände, die frei ins Wasser hinausragen wie Fluthzeichen, alte Pfähle von Uferbauten, Wracks von Schiffen, die noch halb vom Wasser bedeckt sind und Aehnliches, da sie sich gern mit einem dichten Uekberzug von organischem Leben bedecken, darunter häufig Bryozoen und Hydromedusen. Am Strande- des Meeres. selbst wird man durchschnittlich am glücklichsten sein, wo niedrige Klippen riffartig vorspringen, die von der Fluth überspült, zur Ebbezeit aber bloss liegen und nur.in den Höhlungen noch Wasser enthalten. Doch verabsäume man auch nicht das Revidiren des sandigen Strandes, wo man lebende Fo- raminiferen erst im flachen Wasser zu finden pflest. Für viele Organismen, die anderenfalls sich gern der Beobachtung ent- ziehen, wie Larven von Echiniden, lebende Polyeystinen u. s. w. ist die gün- stige Gelegenheit zum Fang, wenn die Sonne recht warm auf das möglichst ruhige Meer für längere Zeit geschienen hat. Es sammeln sich alsdann die Breanismen auf der are und lassen Sich bequem mit dem oben be- un Schöpfnetz sammeln. Doch der Göthesche Mephistopheles bemerkt sehr richtig, dass er sich nur, die Flamme vorbehalten, während im Feuchten, Trocknen, Warmen, Kalten die organischen Keime lebten. In den trocknen Erden finden- wir sie im fossilen Zustande, die bewegte Luft führt sie mit sich und lagert sie Hunderte von Meilen entfernt als farbigen Staub ab; sie überziehen den Firnenschnee und leben in den heissen Quellen. Es geht daraus her- vor, dass der Reisende, welcher diese Studien cultiviren will, äusserst miss- trauisch gegen jede auffallende Erscheinung in seiner Umgebung sein muss und sich durch die Ocularinspection mit bewaffnetem Auge darüber infor- mirt, ob nicht der Gruud derselben im Vorkommen mikroskopischer Orga- nismen zu suchen sei. Aufmerksamkeit und praktischer‘ Tact wird dabei stets mehr leisten, als alle Instruetionen zu geben im Stande sind. ie ntersuchung des he hehen Materials an "Or le ‚Stelle Aye rotz der entgebenstebenden Schwieriekeit stets in erster Linie ins . gefasst werden. Dessenungeachtet wird der Reisende es sich gerade, h 'angelegen sein lassen, sowohl Proben seiner Präparate zu conserviren, um Bash ddr Rückkehr al Anderen die neuen Ergebnisse demonstriren zu können, als auch Material, zu dessen genauer ee, die Zeit 'änzlich nänkell oder nur end varhänden ist, so zu erhalten, dass die, spätere Präparation noch Erfolg verspricht. Es haddel: sich dabei also um das sogenannte Einlegen von Drapalalen sowie um die Kenntniss der _ eonservirenden Hildesiekeilen zur Aufbewahrung des Materials. i Conservirender een kennt man eine grosse Zahl, der Reisende dürfte sich indessen auf eine verhältnissmässig geringe zu Da haben. Natürlich muss die Zusammensetzung verschieden sein, je nach der Be- schaffenheit der Objecte, da es darauf ankommt, dass die verändernde EM- wirkung auf dieselben eine möglichst geringe nn Der sogenannte Liquor sn der Autoren, welcher haupt- sächlich zur Aufbewahrung von zarten thierischen Körpern allen wird, besteht aus Seesalz, A und etwas Sublimat. Man’ thut gut, die ne der Lösungen je ch der Consistenz der Objecte zu varıiren, für den all- gemeinen Gebrauch empfiehlt sich etwa die folgende Mischung: Seesalz er, : 64 Grm., Alaun 32 Grm. mit 0,12 Grm. Sublimat zu 1 Quart kochendem M ie Wasser. Braucht man eine schr adstringirende Mischung, so kann man die 4: 2a Menge des Seesalzes und des Alauns ve yore, Für Den die viel % kohlensauren Kalk besitzen, wie die Mollusken, lässt man den Alaun m _ besten ganz weg unter nochmaliger Verdoppelung der Quantität Salz. Durch diese en gelingt es, die äussere Form zarter Organismen oft sehr . schön zu Beieen. dobH verändern sie die Beschaffenheit a Gewebe ziem- lich bedeutend. Für die feinere mikroskopische Untersuchung, wo solche ‚erforderlich scheint, wähle man lieber andere Substanzen. Eine solche ist 2. B. das Ohlorziek, welches etwa in der Stärke von 1:24 Wasser eine ' Lösung giebt, deren leicht coagulirende Wirkung die thierischen Gewebe für die mikroskopische Untersuchung noch brauchbar erhält. Auch hier hat 8 man im besonderen Fall die Stärke zu variiren, je nach der Beschaffenheit Er und Consistenz der Organe. Bei längerer Aufbewahrung in Chlorzinklösung tritt indessen allmäliger Zerfall der Gewebe ein, man controllire also die Einwirkung und gehe eventuell zu anderen Conservirungstlüssigkeiten über; durch Hineinwerfen eines Stückes Kampher erhält sich die Lösung reiner. Die wichtigsten Flüssigkeiten zur Erhärtung und ‚vorläufigen Aufbewah- ung von zarten Geweben, die man mikroskopisch untersuchen will, sind der \lkohol, die Chromsäure und die Müllersche Lösung. Der erstere ngt die Theile leider zur starken Schrumpfung, wo diese Wirkung keine u störende ist, lässt er sich mit Vortheil verwenden. Bei der Erhärtung Chromsäure "sowohl wie in Müllerscher Lösung *) schwanken die ver- in) ıdbaren Stärken zwischen sehr verschiedenen Graden; je zarter ein Ge- um so vorsichtiger sei man mit der Anwendung der stärkeren Lö ö- « " Millersche Lösung mittlerer Stärke: > ' ae R 500,0 Grm. Wasser, ik De 50,0 „ Kali bichrom. WER, N 10, 7, ,3Nätr,.sülpk.- Kal 600 Fritsch, sungen, da die Präparate sich sonst mit einer brüchigen Rinde umgeben, im Innern aber verderben. Die Erhärtung gelingt am besten mit einer Lösung, die nur gerade stark genug ist, die Maceration zu verhindern (z. B. 4 °/, für Nervengewebe), nur muss man grosse Quantitäten Flüssigkeit im Verhältniss zur Masse des Organes verwenden, und sie, besonders zu Anfang, recht häufig erneuern (nach 12 Stunden, 24 Stdn., 48 Stdn. u. s. w.). Müllersche Flüssigkeit wirkt milder als Ohromsäure und dringt leichter in die Tiefe, indessen imbibiren sich die Präparate nachher schwerer mit car- minsaurem Ammoniak. Essigsaures Ammoniak giebt für solche bessere Resultate. Zur wei- teren Aufbewahrung hinreichend erhärteter Organe kann man mit Vortheil chromsaures Ammoniak verwenden, da sich in demselben nicht wie bei der Chromsäure so leicht Pilze bilden. Auch Kreosotwasser (ein Theil gesättigte Kreosotlösung in Spiritus auf 20 Theile Wasser und dann filtrirt), arsenigsaures Kalı (1:200 bis 500 destillirtes Wasser), Sublimatlösung (1:200 bis 500 destillirtes Wasser kommen als conservirende Flüssiekeiten nebst vielen anderen zur Verwen- dung, über die speciellen Vorschriften vergleiche man indessen die oben angeführten Handbücher. Unter die Erhärtungsmittel ist auch die Ueberosmiumsäure zu rechnn \ welche, mit nssnschen Substanzen in Verbindung gebracht, dieselben schnell verändert, indem sie sich zersetzt (dabei wird das Nervenmark be- sonders intensiv dunkelbraun gefärbt). Diese Energie der Einwirkung ge- währt die Möglichkeit einer eigenthümlichen Verwendung: Gewisse zarte Thiere, wie Pölypen, Bryozoen, Hydromedusen, welche die Neigung haben, sich stark zusammen zu ziehen, lassen sich daran verhindern, wenn man, nachdem in einem flachen Glasschälchen ihre Ausbreitung erfolst ist, por lich eine Quantität Ueberosmiumsäure in Lösung (4%) über sie ausleert. Nach stattgefundener Einwirkung bringst man sie dann in eine andere con- servirende Flüssigkeit (Lösung von essigsaurem Kali wird für Osmiumprä- parate nahen) Botanische: Objecte sind im Me viel resistenter als die thie- rischen und lassen sich leichter conserviren. Ein grosser Theil bleibt der Untersuchung zueängelich, wenn die Gegenstände in schwachem Spiritus (1 Sp. rectif. zu 5 Wasser) aufbewahrt werden. Auch schwache Lösungen von Salz und Alaun (und 1:500) sowie Zusatz von kreosothaltigem Spiritus zu destillirtem Wasser (1:16) kommen ‚mit Vortheil zur Anwendung. Der praktische Tact und aufmerksam angestellte Versuche müssen im besonderen Falle die Wahl der Mittel und der Methode leiten. - Die Präparation der Diatomaceen, seien sie frisch oder fossil, geschieht durch andauerndes Kochen mit rauchender Salpetersäure, durch welche die organischen Substanzen allmälig zerstört werden. Während des Kochens wirft man kleine Stückchen chlorsaures Kali in die Flüssigkeit, wodurch allmälig unter 'heftigem Aufbrausen eine Klärung der Masse erfolgt. Die Herstellung der Präparate geschieht bekanntlich hauptsächlich auf folgende Weisen: bei zarten Objecten zunächst ohne weitere Präparation, am häufigsten aber durch das Studium sehr feiner, in verschiedener Richtung geführter Schnitte, oder endlich durch Zerzupfen der Objecte, eventuell nach vorausgegangener Maceration. Hierbei möchte ich auf eine Methode auf- merksam machen, die sehr bequem ist, in ihren Einzelheiten aber nicht vollständig gekannt zu sein scheint. Um nämlich Objecte, deren Dicke die directe Untersuchung unter dem Mikroskop nicht gestattet, derselben zu- ER gänglich zu machen, hat man schon früh daran gedacht, dieselben zu tl quetschen und dazu besondere complicirte Compressorien construirt. Br > Ich verwende nun anstatt solcher die gewöhnlichen messignen Klemm- R schrauben, wie sie die Chemiker zu chen von rohen benutzen. Die Breite der queren Bügel ist hinreichend um viereckige Glasstücke von Re ‘der Breite der enelischen Objectträger zwischen sich ehr, Man _ bringt das Object nun zwischen zwei solche ungefähr quadratische Glasstücke und zieht die Schraube an, bis genügende One ekine erreicht ist, um dann das Ganze in eine Schale mit Alkohol zu tauchen und in der Klemme erhärten zu lassen, indem man die Schraube allmälig noch weiter anzieht. Der Alkohol ist alsdann nicht im Stande, die Breitendurch- messer stark zu reduciren und man erhält nach genügender Erhärtung (etwa in 24 Stunden) beim Lüften der Glasplatten das Object als eine dünne La- melle, welche sich zur Aufhellung als mikroskopisches Präparat eignet. So lassen sich besonders von Entozoen sehr instructive Bilder gewinnen. Was die Anfertigung von mikroskopischen Schnitten anlangt, so ist dafür ein gutes Rasirmesser und eine sichere Hand für den Reisenden wohl eine genügende Ausrüstung; der mehr oder weniger complieirten: Mikrotome, Br wird er, da es ihm weniger auf Eleganz der Präparate als auf genaues Stu- Be dium des mikroskopischen Baues ankommen muss, wohl entrathen können. Um so mehr wird er aber, auf die Hand angewiesen, die Einbettungs- x methoden in’s Auge fassen müssen, wobei folgende Mittel in Anwendung zu kommen pflegen: Einklemmen zwischen Kork oder Hollundermark, Ein- schmelzen in Stearin, Paraffıin, Wallrath oder Mischungen dieser, endlich - Transparentseife und Gummischleim in Alkohol niedergeschlagen. Das Ein- klemmen zwischen Kork ist eine ziemlich rohe Methode, da ein nicht unbe- trächtlicher Druck auf das Präparat ausgeübt wird, besser ist schon .das Einschmelzen in Stearin oder Paraffin, welche Körper man je nach der Jah- reszeit mit einander mischen kann, da Paraffın allein an heissen Sommer- ‘“ tagen etwas zu weich wird. Die besten Dienste hat mir bei Präparaten, die Alkohol und Terpentin vertragen, das Wallrath geleistet, sowohl wegen des niedrigen Schmelzpunktes, der angenehmen Schnittfähigkeit und der leichten "nachträglichen Entfernung des Einbettungsmaterials. Gut in Alkohol ent- wässerte Präparate lassen sich, oberflächlich abgetrocknet, in einem ungefähr kegelförmigen Stück Wallrath sehr leicht einbetten, indem man mittelst eines erhitzten Metallstäbchens eine dem Object entsprechende Höhlung von der abgestumpften Spitze des Kegels aus einschmilzt, das Object in de ge- wünschten Stellung hineinsenkt und durch weitere Behandlung mittelst des - - wiederholentlich erwärmten Stäbchens von den Seiten her soviel abgeschmol- = zenes Wallrath zuführt, bis das Object zum obersten Rande eng von dem- selben eingebettet wird. Es erstarrt fast sofort und die Schnitte lassen sich unmittelbar nachher unter Benetzung der Klinge und des Objectes mit ver- dünntem Glycerin ausführen. In Alkohol gebracht bröckeln die Wallrath- ‚reste leicht ab. Fester umschliesst dies Materi al das Object, wenn es vor- Eher in Terpentin gelegen hat; eine zu starke Erhitzung des Präparates, welche stets sorgfältig zu Tonaprieh ist, darf man hier nicht so leicht be- fürchten, wie heim Stearin, Die Transparentseife gewährt den Vortheil, dass die Lage des Objectes stets genau übersichtlich bleibt, ihr Nachtheil ne dass sie Shake wasserent- - ziehend auf die Gewebe wirkt. Mai wendet sie in der Weise an, dass fein geschnittene Stückchen mit etwas Alkohol im Wasserbade zum Schmelzen _ gebracht werden, und das Object wird alsdann in einem Papierkästchen mit we ER (0 Ri 2 Vo RN ET RE EN 602 Fritsch. R der geschmolzenen Masse umgossen, während man durch einen angebundenen f Faden die Stellung regulirt. Die Seife erstarrt bei der Abkühlung sehr bald und giebt ein sehr schnittfähiges Material, besonders unter Benetzung mit verdünntem Glycerin. Der zur Einbettung benutzte Gummischleim muss dickflüssiger sein als Honig, man giesst ihn unter sorgfältiger Vermeidung der Luftblasen in ein kleines Papierdütchen, versenkt das Object (alkoholfrei!), nachdem es bereits in dünnem Gummischleim gelegen hat, hinein, und hängt das Ganze in Al- kohol. Nach 1 bis 2 Tagen ist der Gummi durch den Alkchol in eine schnittfähige Masse verwandelt worden. Gummi oder Leim mit Zusatz von sehr wenig Glycerin erhärtet auch zu einer solchen Masse und lässt sich bei sehr kleinen Objeeten mit Vortheil verwenden, indem man ihn auf Glas- täfelchen aufträgt und die Objecte hineinbringt. Was die Zerzupfungsapparate anlangt, so kann man vieles ohne weitere Präparation in geeigneten Flüssigkeiten (J odserum, Humor aqueus, verdünntem Eiweiss) zerzupfen; bei Objecten, wo die en, der Elemente auf diese Weise nicht genügend erfolet, erleichtert die vorgängige Maceration derartige Arbeit. Als macerirende Flüssiekeiten lassen sich mit Vortheil mehrere der- selben Lösungen benutzen, die dh zum Erhärten dienen. So wirken Chrom- ee von sehr geringem Gehalt (!,%) bei geringer Flüssigkeitsmenge und beim Telssn des Wechselns le ebenso sehr Schwache Mil- lersche Lösung oder Ueberosmiumsäure. Die Organe behalten äusserlich etwa dieselbe Uonsistenz, wie im normalen Zustande, die einzelnen Elemente sind aber leicht erhärtet, während der Zusammenhang gelockert ist. Die Wirkung pflegt nach 1 bis 3 Tagen ihren Höhepunkt erreicht zu haben, doch bleiben die Präparate noch für 8 bis 14 Tage brauchbar. Einlegen von ÖObjecten. Es bleibt nun noch übrig, einige Bemerkungen über das Einlegen von Objecten zu machen, was für den Reisenden wegen der Kostbarkeit seiner Zeit, welche nicht gestattet an Ort und Stelle die Untersuchung und Skiz- zirung der Präparate zu beendigen, besonders wichtig erscheint. Von allen Methoden, Präparate zu conserviren, ist keine so einfach und handlich, wie das Einlesen in Oanadabalsam, sie giebt sehr saubere und vor- züglıch haltbare Bilder, die Nachtheile sind indessen auch keineswegs “gering. Man benutze möglichst hellen, reinen Balsam, dessen Consistenz derartig ist, dass er beim Herausnehmen eines eingetauchten Glasstäbchens nicht Faden zieht, aber auch nicht willig tropft. Zu dicker Balsam lässt sich durch Chloroform oder Terpentinöl verdünnen; letzteres giebt einen schr langsam trocknenden Balsam, während das flüchtigere Chloroform ihn schnell trocknend macht. Bedingung für das Präparat ist, dass es durch Einlegen in abso- luten Alkohol durchaus wasserfrei gemacht sei, ist dies aber der Fall, so erscheint das meist beliebte Durchsichtigmachen des Präparates in Terpentin vor der Transferirung in den Canadabalsam nicht nur überflüssig, sondern sogar zweckwidrig. Der Terpentin vermehrt den Fehler des Balsams, die Präparate allzu durchsichtig zu machen und schneidet das Stadium des Durchscheinens für den Beobachter gänzlich ab, während dem er im Stande‘ ist, manchen zweifelhaften Punkt der Organisation festzustellen. Wasserfreier Alkohol wird von dem Balsam vollständig verdrängt, welcher Process aller- dings zuweilen Tage in Anspruch nimmt, es bleibt aber schliesslich ein sau- beres Präparat zurück. Ausgenommen sind davon nur gewisse sehr undurch- dringliche Gewebe (z. B. die Leibeswand der Nematoden), die aber auch g von a ern iin ellekcdigd Gaben gegen. undurch- re | len bieten. Hat der Balsam die richtige Oonsistenz, so ist ein irmen des Objectträgers unnöthig, man nimmt een kleinen Spatel elsam aus dem Behältniss, breitet ihn auf dem Objectträger aus, das yäparat wird im Alkohol auf dem untergetauchten Deckglas arrangirt, mit “ demselben herausgehoben, und nachdem dr anhaftende Alkohol schnell RT 30 beseitigt ist, auf den Balsam gebreitet. Zögert man zu lange mit der Be- deekung, so zieht das Präparat Wasser aus der Luft an id durchtränkt en nachher schwer mit dem Balsam. Bleiben die Unebenheiten des Ob- : Bes noch genügend mit Alkohol erfüllt, so können sich darin keine Luft- blasen fangen, alle anderen derartigen Blasen sind völlig gleichgültig, da sie von selbst unter dem Deokelas hervor wandern und sogar - dann durch Diffusion verschwinden, wenn sie sich in weiteren Zwischen- räumen gefangen haben. Trägt man den Balsam an den Rändern des Deckglases etwas reichlich auf, so ist unter gewöhnlichen Verhältnissen ein Werkihfen überflüssig; sollte ‚nach Einlegen lan dicker Präparate der Balsam schliesslich etwas schwin- den, so geniet es, ein wenig von diesem Material in die Lücke laufen zu lassen, bis der Rand des Deckgläschens sicher mit dem Objectträger ver- bunden ist. Den Hauptfehler des Balsam, die allzugrosse Transparenz der ‘ Präparate, mildert man sehr erheblich, indem man sie vorher mit Carmin und ähnlichen Mitteln färbt. Aus trocknen Objeeten, die man in Balsam legen will, muss man die Luft durch längeres Einlegen in Terpentin ver- treiben und sie alsdann in Balsam Be Die Resistenz der mit Al- 5 kohol behandelten Objecte ist meist genügend, um ein Unterlegen von soge- ' nannten Zellen zur Verhütung des ee unnöthig zu machen; nur bei sehr zarten Präparaten ist es unerlässlich. Ueberflüssigen Balsam entfernt man zunächst mit dem Messer, das Reinigen des Deckglases voll- zieht sich an nicht ganz frischen Präparaten sehr leicht durch ein mit Am- moniak befeuchtetes Läppchen. Vertragen die Objecte den Alkohol oder Balsam nicht wegen ihrer so muss man andere Einschlussmittel nehmen. Unter diesen ist verdünntes Glycerin mit sehr wenig Essigsäure ein noch immer beliebtes Mittel, statt desselben dürfte es sich aber viel mehr empfehlen, die Glyceringallerte in Anwendung zu bringen, wie sie vom Präparator Möller in Wedel (Holstein) in den Handel gebracht wird. Dieser Körper bildet bei gewöhnkicher Tem- peratur eine solide Gallerte, geringe Erwärmung reicht nn aus, um eine auf den leicht erwärmten Objectträger gebracht wird. Man placirt das Ob- jeet aus wässriger Flüssigkeit auf das Deckglas, haucht es an und deckt es uftblasen beim Balsam sind, so gefährlich sind sie hier, da, einmal einge- holhaltige Präparate tauche man erst in schwachen Spiritus, sonst scheiden sie sehr kleine Luftbläschen in ihrer ganzen Umgebung aus. Wenn die lerte nach einigen Minuten geronnen ist, so entfernt man das über- n- den Rand des wohl getrockneten Deckglässchens. usserordentliche Vortheil der Gallerte vor "den sonstigen iylh iogt in dem Umstand, dass das Erstarren der Masse ein Rei- zarten Beschaffenheit, oder hat man die grosse Durchsichtigkeit zu fürchten, Quantität dem Behältniss Iitelet der Pipette entuehraen zu können, die sehr langsam und behutsam über die flüssige Gallerte. So irrelevant die h ‚schlossen, sie aus der bald erstarrenden Gallerte nicht ehe weichen. Al- y e bequem mit dem Messer oder einem angefeuähteten Pinsel und ‚ver- r sehr Eeleichien, ad kein Nachfliessen aus dem- 604 Fritsch. selben Grunde tritt der angewendete Kitt nicht unter das Deckgläschen, endlich ist die Einwirkung des Einschlussmittels auf das Präparat eine mildere als beim Glycerin und findet ziemlich bald ihr Ende. Vertragen Präparate selbst nicht die Glyceringallerte, so kann man den ebenfalls vor Möller käuflich gelieferten sehr indifferenten Gummischleim benutzen, für dessen Anwendung keine besonderen Vorschriften nothwendig sind. Endlich wäre noch auf ein englisches Einschlussmittel aufmerksam zu machen (Deane’s Compound), dessen Zusammensetzung so rationell erscheint, dass es sich wohl zu weiterer Anwendung empfiehlt und in der Präservirung vielleicht vor der Glyceringallerte den Vorrang hat. Es be- steht aus 32 Grm. Gelatine, welehe in 160 Grm. Wasser erweicht wird; darauf setzt man ebenfalls 160 Grm. Honig zu, der vorher zur Siedehitze gebracht wurde, kocht die Mischung auf und setzt ihr, wenn sie etwas ver- kühlt ist, 16 Grm. Spiritus zu mit 6 Tropfen Kreosot. Das Ganze wird. schliesslich durch feinen Flanell filtrirt, und bildet eine Gallerte, die unter geringer Erwärmung flüssig wird; auch hier-ist eine Verkittung des Deck- glasrandes erforderlich, die Anwendung im Allgemeinen wie bei der vorigen Masse. Die Cemente, deren man sich zur Verkittung des Deckglasrandes be- dient, sind sehr manniefaltig, ein Asphaltlack von der richtigen Oonsistenz leistet indessen ziemlich Alles, was man verlangen kann. Die Grundfrage ist hierbei, hat man eine sogenannte Zelle in Anwendung gebracht, oder nicht. Abgesehen von gewissen, künstlichen Präparaten, die im Handel sind, sowie einer geringeren Anzahl sehr zarter Objecte oder mikroskopischer Thiere, die Druck durchaus nicht ‘vertragen, wird man meist ohne eine solche Zelle auskommen. Andernfalls kann man Zellen, oder eigentlich die Umwallung der zu bildenden Zelle, aus allerhand Material darstellen. Man bekommt im Handel solche Ringe und kreisförmig ausgeschnittene Plättchen aus Glas, Messing u. s. w., die dann auf den Objectträger mit einem festen Kitt aufgesetzt werden. Oder man bildet auf dem Objectträger Ringe aus einem bald erhärtenden Lack, deren Oberfläche nach vollständiger Erhärtung ebengeschliffen wird. Bei der Benutzung bringst man die Conservirungs- flüssigkeit und das Object in die Umwallung und schiebt das Deckgläschen vorsichtig von der Seite her über, um keine Luftblasen zu fangen. Der geringe Ueberschuss wird vorsichtig abgetrocknet und das am besten etwas kleinere Deckgläschen mit der darunter liegenden Zelle durch Kitt ver- einigt. Bei einiger Vorsicht wird von diesem nicht leicht etwas unter das Deckglas in das Präparat laufen, wie es allerdings ohne Anwendung von Zellen leicht passiren kann. Auch ohne Zelle lässt sich aber dieser Uebelstand vermeiden, wenn mam in folgender Weise verführt. Man nimmt einen ziemlich schnell trock- nenden Lack, z. B. chloroformhaltigen Asphaltlack, und umzieht das Deck- glas, nachdem die Ränder sorgfältig gereinigt sind, in der Entfernung von etwa einem Millimeter. Nachdem diese Einfassung zu trocknen begonnen hat, führt man allseitig brückenartig von der Asphaltmasse kleinere Mengen gegen den Deckgläschenrand und fixirt es so horizontal gegen den Objectträger. Erst wenn diese Brücken etwas übertrocknet sind, füllt man auch die Zwischenräume aus. Etwa überschüssiger Lack ist bei dieser Methode nieht im Stande, das Deckgläschen anzuziehen und sich durch die Capillarität auszubreiten, Bei gelatinirenden Einschlussmitteln ist diese Ge- fahr überhaupt nicht vorhanden. Asphaltlack von der geeigneten Consistenz (er lässt sich durch Chloro- ther od er ne wovon letzteres ihn Se rocknend macht) gewöhnlichen Verhältnissen ein ganz ausreichender Kitt für Deck- ei an für den Liebhaber folgen hier zum Schluss noch einige der von den nen Autoren erwähnten Kitte, auf welche. besonders von den Photographische Aufnahmen. De Es giebt heutigen Tages wohl Wenige, die nicht die grosse Bedeutung der photographischen Technik erkannt hätten, und gerade für den Reisen- den wird dieselbe von der höchsten Wichtigkeit. Will er nicht lediglich für sich selbst sehen, sondern hofit er aus dem Gesehenen für weitere Kreise A einen bleibenden Nutzen, einen Fortschritt in der Erkenntniss zu schaffen, so ist es nothwendig, dass er, wo Beschreibung nicht ausreicht, Belege bei- bringt, welche als materieller Anhalt dem Unkundigen die directe Anschau- _ ung zu ersetzen vermögen und gleichzeitig als Oorreetiv für die subjective - Auffassung des Reisenden dienen können. Solehen Anforderungen ent- sprechen aber photographischen Aufnahmen am allerbesten. Es ist nicht zu verlangen, dass jeder Reisende auch zugleich ein grosser Künstler sein soll, und selbst verhältnissmässig gewandte Zeichner sehen wir _ Schiffbruch leiden, wo die Massenhaftigkeit neuer, fremdartiger Anschauungen beim Reisen in andern Ländern überwältigend auf sie einwirkt. Dazu kommt, dass die häufig spärlich zugemessene Musse dem Zeichner nicht gestattet, ’ sein Werk alsbald zu beendigen, sondern er sich nicht selten mit flüchtigen _ — Umrissen und Andeutungen begnügen muss, die Vollendung einer gelegeneren Zeit nach seiner Erinnerung vorbehaltend. So erscheint es nicht wunderbar, - dass die Hand fast unwillkürlich wieder in die gewöhnten heimathlichen Formen zurückfällt, dass zahllose interessante Details verloren gehen, und andere durch das trügerische Gedächtniss vorgespiegelt, falsch vermerkt wer- den. Dem Allen hilft die Photographie in ausreichender Weise ab: sie voll- > endet das Bild an Ort und Stelle in kürzester Zeit, trägt alle dem Blick er erkennbaren Details mit bewunderungswürdiger Schärfe ein, giebt einen genau controllirbaren Ausdruck der Verhältnisse und wenigstens gewisse Andeutun- N ‚gen über die Localtöne. x Immerhin wird der Mangel der Farbe überhaupt, sowie die verschieden- artige Einwirkung derselben nach ihrer aktinischen Wirkung ohne Beziehung zur relativen Helligkeit als der grösste, ich möchte sagen als der einzige w Br. gegen die Photographie zu erhebende Vorwurf betrachtet werden müssen. Ba % ‚Es sei daher gleich hier bemerkt, dass es sich stets dringend empfehlen wird, dv ng x *) Goldsize: 25 Theile Leinsamenöl für drei Stunden mit einem Theil Bleioxyd RER oth. Bl., und 4 Theil Umber gekocht. Zum abgegossenen Oel werden alsdann allmälig DEN eiche Theile von fein gepulvertem weissen Blei und selbem Ocker zugesetzt, bis eine Mich Flüssigkeit entsteht. Das Ganze wird alsdann nochmals aufgekocht. Electrica cement: 5 Theile Colophonium mit einem Theil Wachs und einem > Mei rothem Ocker. Durch Zusatz von 2 Theilen Canadabalsam haftet es noch fester am ase. Marine glue besteht aus Kautschuck und Schellack in Naphta gelöst unter An- endung v von ‚höherer Temperatur. Es dient zum Aufkitten der Zellen und ähnlichen vet ' . . u IR ah a ERBE Zr Da a Re TR FRE a Ne Fe rn 5 hm a USER RATE 606 Fritsch. alle wichtigen Localtöne, Hautfärbungen etc. durch direete Vergleichung an Ort und Stelle g raphisch festzustellen und den Photographien als Ersän- zung beizugeben. Ein "lamer Vorwurf gegen die Photographie richtet sich auf die Um- ständlichkeit der Technik und Schwierigkeit der Anwendung auf Reisen; dieser Vorwurf ist kaum von grosser Bedeutung und es wird ein Haupt- zweck der vorliegenden Arbeit sein, zu zeigen, dass die ausserordentliche Biegsamkeit, welche die Photographie zeigt, es möglich macht, das Verfahren sich sehr wesentlich zu erleichtern, umständliche und mühsame Präparationen aber auf gelegene Zeiten zu verschieben. Nachdem sich jetzt diese Kunst über den ganzen Erdball verbreitet hat, steht der Reisende auch nicht mehr so verlassen da, wie noch vor weni- gen Jahren und wird immer in grösserer oder geringerer Entfernung Sta- tionen erreichen können, wo ihm Hülfe geleistet werden kann. Freilich die grössten Verdienste wird der reisende Photograph sich erwerben, wenn es ihm gelingt, bis tief hinein in das Innere noch uncivilisirter Continente seine Kunst im Flor zu erhalten, und man darf dreist behaupten, dass auch dies selbst unter den schwierigsten Verhältnissen möglich ist. Endlich sollen die hier aufzustellenden Principien den der Photographie unkundigen Reisenden auch davon in Kenntniss setzen, was für Anforderun- gen von wissenschaftlicher Seite an Photographien gestellt werden, um ihn zu befähigen, beim Erwerben von käuflichen Aufnahmen eine geeignete Aus- wahl zu treffen. Anthropologische Aufnahmen. Die Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit der andern darstellenden Methoden ist wohl in keinem Gebiet so ‘klar zu Tage getreten als in dem der Anthropologie, und man ist vollständig berechtigt die grösste Menge der Typen fremder Nationen bis auf einen kleinen, von gewandten Portraitzeich- nern gelieferten Bruchtheil entweder als incorrect vollständig zu verwerfen, oder wenigstens mit dem grössten Misstrauen zu betrachten. Ist es mitunter schon schwer genug ein widerwilliges, scheues Indivi- duum für den kurzen Moment einer Augenblicksaufnahme zum Stillsitzen zu bewegen, so gilt dies natürlich noch ai mehr, wenn durch die Hand des Zeichners ein Portrait entworfen werden soll, wo geschickte Maler stunden- lange Sitzungen verlangen. Für die Herstellung zuverlässiger Ab- bildungen fremder Völkerstämme zu allgemeiner Vergleichung ist die Anwendung der Photographie daher als unumgänglich nöthig zu bezeichnen. Betrachten wir nun die Gesichtspunkte, welche bei solchen Zwecken leitend sein müssen, um Resultate zu liefern, die den wissenschaftlichen An- forderungen entsprechen und eine möglichst eingehende Vergleichung er- lauben. Die Methode wird eine andere sein, wenn man die Gesichtsbildung und die Körperformen speciell in’s Auge fasst (physiognomische Aufnahmen) oder wenn man den allgemeinen Eindruck der Personen fixiren, sie in ihrer Lebensweise und Beschäftigung darstellen, ihre Kleidung Waffen und Ge- räthe abbilden will (ethnographische Aufnahmen). Die erstere Kategorie von Bilder werden keinesfalls so malerisch und unterhaltend sein können als die der zweiten, aber für die Wissenschaft sind sie vom grössten Nutzen und müssen gerade hier in die erste Linie gestellt werden, weil nur die Photographie dieselben in genügender Weise zu be- )ie En enetiisehen zerfallen in Aufnahmen von ganzen a ıren und solchen, wo der Kopf die Hauptsache darstellt. Beide Gruppen von Abbildungen haben ihre Berechtigung, da es nicht wohl ausführbar ist e ganzen Be in solchem Maassstabe ne dass auch die feine- D ren Breihatten in den Gesichtszügen genügend zur Geltung kämen. » R Die Bildung des Kopfes, die lie der eileelnen Theile des Ge- Be ‚sichtes sind für die vergleichende Anthropologie von dem höchsten Interesse und zwar sollten solche Portraits nach folgenden.Prineipien aufgenommen sein: 1. Man wähle bei der Aufnahme stets gerade Projeetioneus, ne d. h. man nehme jeden Kopf in möglichst genau gestellter Vorder- und‘ 3, Seitenansicht auf, bei natürlicher Haltung a, gleichzeitig auch die Camera er ontal gestellt und in solche a de Braboden gebracht wird, dass die ln der optischen Axe des Objectivs ungefähr durch die Mitte des Kopfes geht. Das Neigen der Visirscheibe, wie es sonst zur Erreichung grösserer Schärfe in vorspringenden Parthieen el Bildes u. s. w. PN häufig Anwendung findet, ist für den vorliegenden Zweck unzulässig, da es oe die räumlichen Ver- _ hältnisse verändert. Die geraden Pro- jectionen sind zu wählen, weil man dadurch am-meisten von uncontrollir- baren perspectivi- schen Verkürzungen "befreit wird und a ee 2. Die aufzu- nehmenden Kör- „pertheile seien möglichst ent- össt. Da es bei E% solchen Aufnahmen auf die Körperfor- _ durchaus zu verwerfen, da sie die Klarheit und Messbarkeit | ss beeinträchtigen, a AN Be Run 608 Fritsch. 3. Die Beleuchtung sei einfach und bestimmt, um die Um- risse recht deutlich hervortreten zu lassen. Zu diesem Zwecke wird -es sich empfehlen, nicht, wie es gewöhnlich des malerischen Effectes wegen geschieht, den Hintergrund in einem Mittelton zu halten, welcher sich hell von den Schatten, dunkel von den Lichtern des Portraits absetzt, sondern einen weissen oder wenigstens recht hellen Hintergrund. Die Schatten- töne werden alsdann so abgestimmt, dass die ausgebreiteten Lichtparthieen sich doch noch dunkel davon absetzen und nur die kleinen Glanzlichter weiss bleiben. Man erhält so ein Bild, dem zwar nicht die sanfte, angenehme Lichtwirkung eigen ist, wie man sie sonst von einer Photographie verlangt, das aber leicht messbare Umrisse zeigt und sich bequem durch irgend eine andere graphische Methode vervielfältigen lässt. 4. Die Aufnahmen müssen in bestimmter Grösse ausgeführt werden. Der zu wählende Maassstab sollte nicht geringer als 4 der natür- lichen Grösse sein, da sonst die einzelnen Theile des Gesichtes schwer messbar erscheinen: 4 der natürlichen Grösse würde für den Reisephotograpken wohl nach der andern Seite hin als die äusserste Grenze zu bezeichnen sein, über die hinauszugehen aus technischen Gründen nicht räthlich erscheint. Der einmal angenommene Maassstab ist natürlich möglichst consequent in Anwendung zu bringen, um die Vergleichung zu erleichtern. 5. Es empfiehlt sich bei der Aufnahme zugleich eine Maass- eintheilung mit zu photographiren, die im gleichen Verhältniss erscheintwiedasModell. Dies Principkommtbei der Aufnahme von ganzen Ficuren in noch höherem Maasse zur Geltung, als wenn die Köpfe allein abgebildet werden, doch ist auch hierbei die Möglich- keit einer Verificirung des vorlie- genden Massstabes dringend wün- schenswerth. Trotz aller Vorsicht ereignet es sich wegen der erzwungenen Eile der Aufuahme, dass selbst ein gewandter Photograph den be- absichtigten Maassstab häufig nicht 00, al aus den Abbildungen absolute Grössenverhältnisse nicht entneh- men können, wenn nicht durch Vergleichung der mit photogra- pbirten Eintheilung oder einer direct gemessenen Distanz in jedem einzelnen Falle die etwaige Ab- weichung festgestellt wird. Am zweckmässigsten ist es in der Entfernung der mittleren fron- | talen Ebene, die man sich durch Propelateh den Beusipildert den Kopf gelest denkt, (für welche auch der Focus des Objectivs her- gerichtet wird) neben der Person ein Bandmaass’ oder einen einge- theilten Stab lothrecht aufzuhängen, so dass die Theilstriche dieselbe | AI) EEE ER IR EA AESTEREN al, genau trifft und man würde daher Poren der Kopfes und ihrer Will oder kann man ein solches Bandmaass nicht anbringen, 0 muss man statt dessen mit dem Tasterzirkel (Baudeloque’s Comp. d’&paiss.) ein oder zwei im Bilde leicht kennbare Distanzen am Kopfe selbst messen, EN die der Hauptebene nahe liegen. Für das Enface wähle man z. B. die Ent- N fernung der Jochbrücken, für das Profil diejenige vom Beginn des Bass, wuchsen bis zum Kinn oder von der Nasenwurzel bis zum Kinn. KRUNOUK EN Bei der Aufnahme von ganzen Figuren gelten ähnliche Prineipien Sa wie bei den Portraitaufnahmen. | ts Auch hier ist es wünschenswerth, mehrere Ansichten des- RR selben Körpers zu haben. Vorder- und Seitenansicht werden den meisten ‚Anforderungen genügen, diejenige von hinten ist weniger unumgänglich nöthig. Erlauben es die Verhältnisse nicht, mehrere Aufnahmen von derselben Person - zu machen, so ist die Vorderansicht zu bevorzugen. Als Probe einer physiognomischen Aufnahme germanischer Race im Maassstabe von 1/}; nat. Gr. (ganze Figur). NE Der Körper sei möglichst entblösst, die Haltung gerade. und aufrecht. Unsymmetrische Stellung der Gliedmaassen ist im lea } Anleitung 2 zu wissenschaftl, Beobachtungen auf Reisen. > 39 Ti 610: RL Fritsch. | zu verwerfen, da solche ausgedehnte Verschiebungen in den einzelnen Re- gionen des Körpers mit sich bringt. Als Ausnahme wäre das Auflegen einer Hand auf die Brust bei rechtwinklig gebeugtem Vorderarm, um die Verhältnisse der Finger klar darzustellen zu zeitweiser Anwendung zu em- pfehlen. Doch ist alsdann darauf zu achten, dass der Arm nicht angeklemmt wird, die Brustwarzen sichtbar bleiben, und die Stellung der Schulter nicht alterirt wird. Ein Arm woız muss in natürlich herunterhängender Haltung verbleiben. c. Bestimmte Grösse ist hierbei noch wichtiger als bei Por- traits, 5 Maassstab darf aber viel geringer sein; erforderlichen Falls kann man Ss 31; der natürlichen Grösse heruntergehen. Die Schwierigkeit durch directes Messen am Lebenden correcte Daten über die Verhältnisse der ein- zelnen Theile zu gewinnen, macht es ausserordentlich wünschenswerth, genau messbare Photographien der ganzen Körper zu haben, wo man im Stande ist, sich über die als Ausgangspunkte der Messungen zu benutzenden Stellen mit anderen Forschern zu verständigen. Das Anbringen einer Maasseintheilung sollte hier keinesfalls unterbleiben und zwar wird sich auch hier das lothrechte Aufhängen eines beschwerten Bandmaasses oder eines eingetheilten Stabes in der Focalebene als das Zweck- dienlichste herausstellen. Der lothrecht hängende Stab dürfte beim Arbeiten im Freien, wo der Luftzug das Bandmaass leicht bewegen könnte, vorzu- ziehen sein. Ist der Wind so stark, dass auch der Stab schwankt, so nähere man denselben dem Boden so weit, dass er ihn fast berührt und fixire das untere Ende durch seitlich ve sen lanke schwere Körper. Weniger empfiehlt es sich, den Personen einen nn. Stab in die Hand zu geben, da er so ol genau in die Dacnllehens zu stehen kommt, bei etwas geneigter Stellung die keine unrichtig zeigt und durch HH. haltende Hand leicht in Schwankungen versetzt wird. Auch das Aufnehmen der Figuren von einem in Quadratnetze bestimmter Grösse eingetheilten Hintergrund ist kaum zu empfehlen, weil es selbstverständlich unmöglich ist, den Hintergrund in dieselbe Focalebene mit der Figur zu bringen und man also durch die perspectivische Verkürzung. Abweichungen erhält, welche je nach der Entfernung des Körpers von der Hand eine ganz verschiedene Grösse zeigen. Will man einen eingetheilten Hintergrund als Masstab be- nutzen, so ist dafür zu sorgen, dass die Hauptfocalebene (etwa vom Scheitel- punkt der Figur zu messen) von der Wand stets genau dieselbe Entfernung zeige, und die Quadrate entweder im Verhältniss zur Verkürzung grösser entworfen werden, oder die gefundenen Dimensionen des Körpers mit Rück- sicht darauf nachträglich reducirt werden. Es bleibt alsdann immer noch der Uebelstand bestehen, dass die Theilstriche wegen ihrer nicht unbeträcht- _ lichen Entfernung vom Focus nicht vollkommen scharf erscheinen, was bei schnell bernd Objectiven nicht gänzlich zu beseitigen ist. Wir kommen so zu der wichtigsten Frage bei allen photographischen Aufnahmen überhaupt nämlich: Welches Opern ist für/ die eine oder andere Arbeit zu benützen? Eine richtige Würdigung der mit der Construction unvermeidlich zu- sammenhängenden Eigenthümlichkeiten der Objective führt mit Nothwendig- keit zu der Ueberzeugung, dass es unter der grossen Zahl von solchen Systemen keins giebt oder auch nur geben kann, welches allen Anforderungen in annähernd gleicher Weise gerecht würde, da die Anforderungen zum Theil im innern Widerspruch mit einander stehen. Will man ‘daher befriedigende - Die wegen der geringeren Expositions- \: . winkelobjective für physiognomische Auf- en die Doubleobjective weit über- Ki er Tiefe des Focus ad ds bedeu- i: ach die sogenannten Unlverbjeiti welche durch Veränderung det Linsencombination bald diesem bald jenem Zweck entsprechen sollen, haben bisher nur sehr annähernd die gehegten Erwartungen a Da D heilhaftesten sein müssen, so kann ‚eine Veränderung des ilnar Momentes ohne gleichzeitige cakton des andern kaum Ohne Nachtheil auf die &e- sammtwirkung bleiben. Bei physiognomischen Aufnahmen (Portraits sowohl wie ganze Figuren), wo es sich darum handelt häufig wenig intelligente, zuweilen sogar wider- willige Individuen aufzunehmen, ist Kürze der Expositionszeit eine der wichtigsten Anforderungen an das Objeetiv. Da die Expositionszeit abhängt von der Lichtstärke Di daher im Verhältniss des Quadrates der Or und im umgekehrten Verhältniss des Quadrates der hintern Te wächst, so leuchtet ein, dass für die in Rede stehenden Aufnahmen nur ‚Objective von grosser Oeffnung bei relativ kurzem Focus verwendet werden sollten. Gleichzeitig muss man aber möglichste Schärfe der Zeichnung verlangen. Diesen Anforderungen genügen am besten die schnell arbeitenden Double- objective der mittleren Nummern von etwa 80m. Linsendurchmesser. Niedrigere Num- mern müsste man schon übermässig an- strengen, wenn man den angeführten Maass- stab der Aufnahmen erreichen wollte. ur R Nr f) AN I h : I), WS \ N N If v0 oe zeit erwünschte Kürze des Focus hat einen Bu Uebelstand im Gefolge, welchen man nicht NE "übersehen darf: je kürzer nämlich der Focus \ relativ ist, um so stärker macht sich im Bilde die perspectivische Verkürzung bemerk- lich, um so mehr entfernt es sich also von der geometrischen Zeichnung. |. EN { > 09 OL. f I = 08 Dies ist bei dem vorliegenden Zweck je 1) unstreitig ein Uebelstand und es sind da- |; N) her die Öbjective mit besonders kurzem E v.\ Focus, die Kugelobjective, Pantoscope, Weit- ol nahmen nicht zu empfehlen. Im Nothfalle wäre das Steinheilsche Aplanat zu ver- - wenden, welches hinsichtlich der correcten ifft, aber erheblich langsamer arbeitet. Der Mangel der Doubleobjective, wel- tenden Wölbung der Bildfläche. Beides "kommt aber ‚bei Be Aufnahme von einzelnen sonen nicht so ee zur Geltung, sobald man auf die Schärfe 612 Fritsch. dung solcher Objective grosse Tiefen des Bildes oder breit neben einander gestellte Gegenstände aufzunehmen. Für alle Aufnahmen ist es erwünscht, das zur Verwendung gekommene Objectiv, die Brennweite desselben, die Erhebung der optischen Axe über den Fusspunkt des Stativs, sowie die Entfernung der ersten brechenden Fläche vom Gegenstande wenigstens annähernd zu kennen. Man versehe das Negativ (wie überhaupt alle) mit einer fest damit verbundenen Nummer z. B. durch Einkratzen in einer Ecke desselben mit dem Schreibdiamanten, und notire im Negativverzeichniss zu demselben die wichtigsten Daten über die Person. Z. B.: Nr. 46 a (Enface) b (Profil). Name. Stamm. Geschlecht. Ungefähres Alter. Farbe der Haut. Beschaffenheit und Farbe der Haare. Farbe der Regenbogenhaut. Körpergrösse; sonstige gemessene Distanzen. *) Besondere Bemerkungen. N ar b. Ethnologische Aufnahmen. Während die strieten Normen, die erzwungene Einförmigkeit in der Darstellungsweise den besprochenen Arbeiten wenig anregende Momente ver- leihen, bleibt bei den ethnographischen Aufnahmen der künstlerischen Nei- gung des Photographen ein grösseres Feld. Gerade desshalb darf man darauf rechnen leichter Hundert solcher Aufnahmen zu erhalten als eine der anderen Art; man darf aber nicht vergessen, dass an wissenschaftlichem. Werth die eine vielleicht alle Hundert aufwiest. Bei Reisen zu wissenschaftlichen Zwecken muss daher die physiog- nomische Darstellung in erster Linie geübt werden und der kleinere Theil der Musse wird, den ethnographischen Aufnahmen zu widmen sein. An sehr vielen Orten der Erde wird der Reisende im Stande sein, ethnographische Bilder in grosser Menge zu kaufen und solche Ankäufe in ausgedehn- tem Maasse sind dringend zu empehlen. Man sei alsdann nicht zu rigorös hinsichtlich der Ausführung der Photographien, sondern nehme auch Copien von fehlerhaften Platten, sobald sie interessante De- tails in genügender Deutlichkeit zeigen. Häufig werden die unter schwieri- gen Verhältnissen hergestellten und desshalb nicht ganz fehlerfreien Platten die seltensten und bedeutendsten sein. | Ethnographische Aufnahmen müssen ihrem Charakter nach sehr ver- schieden sein und es lässt sich daher wenig Allgemeines darüber sagen. Es gehört in diese Kategorie jedes Bild, welches sich auf den Menschen selbst und seine Umgebung bezieht, soweit er sich dieselbe durch seine Thätigkeit gestaltet hat. Bei diesem so ausserordentlich reichen Gebiet werden wir uns bemühen müssen möglichst viele Einzelheiten in ein Bild zu vereinigen, so lange die Deutlichkeit nicht darunter leidet. *) Es handelt sich hier nur um Distanzen, die zur Verification des Maassstabes ge- messen wurden; hat man Musse, vollständig zu messen, so wird dafür auf das unter dem betreffenden Kapitel gegebene Schema verwiesen. Bar \ Das Melon und der pt A Ihrer Wichtigkeit nach dürften etwa folgende Punkte als leitende Prin- ‚cipien in’s Auge gefasst werden: Man suche unaalbaren zu erzielen, welche als Ergänzung für die physiognomischen dienen Bone Da bei den letztern die Stellung ‚eine vorgeschriebene ist, der Körper entblösst werden soll, so haben die ersteren die beliebte Haltung des Körpers sowie die Tracht der Personen darzustellen, wobei darauf zu achten ist, wie dieselbe etwa bei be- sonderen Gelegenheiten wechselt als festlicher Schmuck, bei religiösen Feier- lichkeiten, als Kriegsrüstung (kriegerische Bemalung) u. s. w. Nächstdem sind die Waffen und Geräthe von grossem Interesse ent- weder für sich in Gruppen aufgenommen oder in den Händen der Personen ‚selbt, wobei dann womöglich zugleich die Art und Weise der Anwen- dung veranschaulicht werden kann. Der leichteren Verständlichkeit wegen dürften kurze dem Negativverzeichniss beigefügte Notizen sehr erwünscht sein. Ferner sind Dsanskel lan en das Wohnungen wichtig, und zwar sowohl ‚der einzelnen, wobei man a die’innere ones olainn thunlichst zu berück- sichtisen hat, als auch die Gruppirung der oe zu Dörfern und Städten. on besonderer Bedeutung sind in diesem Gebiet die Opfer- stellen, Tempel, Grabmäler, Kirchhöfe und ähnliche mit‘ dem Cultus zusammenhängende Oertlichkeiten. Häufig wird es schon gleichzeitig mit diesen Aufnahmen möglich sein Bilder zu erhalten, welche Scenen des privaten und Öffentlichen Lebens darstellen und die begreiflicher Weise ebenfalls von hohem Interesse sind. Im Allgemeinen wird man freilich sich als Regel hinstellen müssen, dass solche Scenen nur als Augenblicksbilder oder wenigstens mit sehr kur- zer Exposition aufgenommen werden können. Da man bei abgekürzter Ex- position mit verhältnissmässig grosser Oeffnung des Objectivs arbeiten muss, erhält man gleichzeitig wenig Tiefenzeichnung und es wäre daher sicher ein verfehltes Unternehmen z. B. eine lange Strasse mit einem wichtigen ‚öffentlichen Gebäude im Hintergrund unter Berücksichtigung der näheren Menschengruppen als Augenblicksbild aufnehmen zu wollen. Häufig schliesst sich die Cultur zum wesentlichsten Theile an die Wasser- ‚strassen an und es sind in solchen Fällen also auch die Landungsplätze, Häfen, Schiffe, Boote und temporäre Wohnstätten des Menschen auf dem Wasser eingehend zu berücksichtigen. Schliesslich betrachte man als Gegenstände ethnographischer Aufnahmen auch die übrigen Erzeugnisse der menschlichen Thätigkeit: die ‘Culturen der Felder, die Producte der Industrie, und Objecte der Kunst, soweit sich dieselbe nicht schon mit den Geräthen verbunden zeigt. Als modificirt durch die Thätigkeit des Menschen und in so fern auch für das Studium seiner Natur von Wichtigkeit sind die Hausthiere zu "bezeichnen, welche er züchtet, und wir kommen so zu den zoologischen Auf- nahmen überhaupt. Zoologische Aufnahmen, Unter allen Gebieten, welche sich die Photographie unterworfen hat, er- weisst sich wohl keines spröder und undankbarer als das Aufnehmen zoolal gischer Objecte, was um so mehr zu bedauern ist, als hier das Bedürfniss der correeten und genauen Zeichnung ein ebenso dringendes ist als bei den menschlichen Portraits. Unsere zoologischen Sammlungen würden den Namen von Leichenkammern nicht in dem hohen Grade verdienen, wenn photo- graphische Vorbilder die häufig dem Zooplasten unerreichbare Naturan- z N en L E nt ER 614 Fritsch. schauung suppeditirten. Man vernachlässige daher das Gebiet trotz seiner relativen Undankbarkeit nicht ganz. - Grundbedingungen eines leidlichen Erfolges sind hierbei, da fast aus- schliesslich Augenblicksbilder in Frage kommen: Möglichst lichtstarke, schnellarbeitende Objective, sehr empfindliche Präparate, und grosse Geduld von Seiten des Photographen. Auf das Einhalten eines bestimmten Maassstabes wird man meist ver- zichten müssen, ebenso auf eine allgemeine Schärfe des Bildes, da mit voller Oeffnung des Objectivs gearbeitet wird. Am günstigsten stellen sich die Verhältnisse für die Aufnahmen von Hausthbieren, von denen man bei einiger Mühe wohl mit Sicherheit brauch- bare Bilder zu erhalten vermag. Um den Erfolg möglichst zu begünstigen, photographire man das Thier so weit thunlich in der ihm vertrauten Um- gebung; man schüchtere es weder ein, noch reize man es; nachdem Alles zur sofortigen Aufnahme vorbereitet und auch die Camera bereits auf den gewählten Punkt eingestellt ist, führe man das Thier vorsichtig in die durch eine ‚herab- hängende Schnur oder etwas Aehnliches markirte Ebene des vorderen Focus,, fessele seine Aufmerksamkeit alsdann momentan durch einen angeschlagenen musikalischen Ton (z. B. eine Mundharmonika) oder einen vorgehaltenen Gegenstand und exponire. Je schneller diese Operationen auf einander fol- gen, je weriger also das Thier ermüdet oder irritirt wird, um so grössere Aussicht auf Erfolg wird man haben. Kann man, ohne dasselbe zu stören, zur Markirung des Focus ein hän- sendes Bandmaass benutzen, so erhält man gleichzeitig die erwünschte Veri- fication des gewählten Maassstabes; in anderen Fällen wird man den Thieren ein Bandmaass umhängen können. Bei der Wahl des Platzes und der Stellung achte man darauf, dass der Boden horizontal sei und das Thier mit dem. vorderen Theil des Körpers eher etwas höher stehe wie hinten, da das umgekehrte Verhältniss die Figur sehr zu entstellen pflegt. Bei vierfüssigen Thieren dürfte die Seitenansicht stets zu bevorzugen sein, da die Ansicht von vorn wegen der starken perspectivischen Verschie- bung leicht einen unnatürlichen Eindruck macht. Handelt es sich um die Gestalt von einzelnen Körpertheilen, so wird man sie auf Kosten des Ge- sammteindrucks in den Vordergrund stellen müssen. Aufnahmen von wilden Thieren unterliegen natürlich noch grösse- ren Schwierigkeiten; auch in der Gefangenschaft sind sie als Regel zu in- tractabel und scheu, um Gelegenheit zu guten Aufnahmen zu bieten, wie die. in zoologischen Gärten gewonnenen Bilder wohl unzweifelhaft darthun. Man muss sich hier also mit unvollkommenen Resultaten begnügen lernen; wie viel man erreicht, hängt in erster Linie von der Ausdauer des Photographen und der Zeit ab, die er darauf verwendet, einen günstigen Augenblick zu erspähen. Von Thieren inder Wildniss aufgenommen, liegen kaum nennens- werthe Proben vor, und doch sollte auch diese Aufgabe nicht ganz bei Seite gesetzt werden. Die geringste Aussicht auf Erfolg bietet der Versuch solche Thiere in - einiger Grösse zu photographiren, da die entsprechende Annäherung meistens unmöglich, unter allen Umständen schwierig ist; trotzdem kann man dies Ziel nicht als durchaus unerreichbar hinstellen, und es ist bereits mehrfach ver- sucht worden*), auf solche Weise zu photographiren. Tiefer im Innern ..*) Der kühne Afrikareisende und ausgezeichnete Jäger Chapman hat z. B. in dieser Richtung gearbeitet, freilich ohne nennenswerthe Erfolge, da er die photographische Technik nur unvollkommen beherrschte. En "menschen: nkknents pflest das Wild a: se Ver zu sein, so dass man die nöthige Annäherung erreicht, oder man hat zufällig genü- gende Deckung, um selbst an scheues Wild Hersnzuko innen 0 Bs handelt sich alsdann darum, schnell und unter möglichst geringer Be- \ wegung ‚die Aufnahme zu vollenden; die günstigsten Bedinsurgen dafür wür- f ‚den sich ergeben unter Benutzung der sogenannten Ze Öbteek (Ver ix weiter unten) eines Apparates, der, wie der Name sagt, das photographische | * Dunkelzelt mit dem optischen Theil zum Entwerfen a Bildes in ein Stück R vereinigt enthält. Als optischen Theil würde es sich empfehlen eine ähn- Bo). liche Einrichtung dabei zu benutzen wie die von Bertsch angegebene Chambre ‚automatique*), um für den Fall, dass die weitere Annäherung mit der Zelt- camera nicht gelingen könnte, die mit der Platte montirte Camera aus ihrer Stelle zu nehmen und mit ihr allein den Thieren nachzuschleichen. Freilich wird der Photograph auch so sehr häufig die anfangs ruhig weidenden Thiere im entscheidenden Augenblick verschwinden sehen, doch dürfte genügende Ausdauer solche fehlgeschlagene Hoffnungen überwinden. Br. Für eine andere keineswegs unwichtige Kategorie zoologischer Auf- nahmen stellen sich die Aussichten auf Erfolg viel günstiger: nämlich alle diejenigen, wo man auf die Deutlichkeit der Details von vornherein ver- zichtet. In Localitäten, wo der Blick ungehindert grössere Flächen durch- streift, überschaut man zuweilen Hunderte von grösseren Thieren auf einmal _ und es wäre interessant Photographien solchen! Jagdgründe als Documente des Reichthums der Fauna zu erhalten, auch wenn das Bild nicht mehr er- kennen lässt als die Stückzahl und Be Gattung des Wildes. B- Von gleicher Bedeutung wären Aufnahmen von Küstenparthien und ettinpen "mit ihrem häufig massenhaft auftretenden thierischen Leben, Colonien von Vögeln ın Ba Ansammlungen solcher an Sümpfen und E ähnliche besondere Zusammenhäufungen von Thieren, welche photographisch abzubilden keineswegs unmöglich ist. Als ein sicherer Erfolg bleibt im Gebiete der Zoologie. die Aufnahme von getödteten Thieren übrig, freilich ein trauriger Nothbehelf im Ver- . TR gleich mit denjenigen lebender, in doch von grossem Nutzen. Ri Bei geschossenem Wild, besonders wo es sich um grössere Thiere han- - + delt, ist die Art und eisen wie ein Stück en Beh und verendet oft recht charakteristisch und wegen des gleichzeitig sich abbildenden Terrains von besonderem Interesse. Man Wird in len Fällen also gut thun, die Ver- hältnisse nicht zu verändern, sondern Alles in natürlicher Lage zu belassen. Sind derartige Erwägungen nicht vorhanden, so kann man m Thier ent- weder einzeln in die geeignete Lage bringen oder mehrere zur Gruppe # arrangiren. Handelt es sich um Kelten, wenig bekannte Thiere, deren R Habitus und Figur man fixiren will, um vielleicht später den Taxidermen n “ als Anhalt zu dienen, wird man Hadey Stück einzeln aufnehmen müssen. Die BR Hauptschwierigkeit dabei ist, dass die Glieder bald todtenstarr sind, bald “ Ihrer Schwerkraft folgend schlaf am Boden liegen, so dass die Photographie BEN ıstatt den Umriss der a zu zeigen ein wirres, wegen starker perspec- 616 Fritsch. gesenkter Camera arbeitet, um so wenigstens die perspectivische Verkürzung zu verringern. Auch bei dem Arrangiren von Gruppen wird man die gleichen Aus- künfte verwerthen müssen, wenn das Ganze sich nicht als ein wildes Chaos von Beinen, Flügeln und Köpfen zeigen soll. Gleichzeitig kann man ander- weitige eigenthümliche Erzeugnisse des Landes mit zur Darstellung bringen, und so das Bild zu einem geschmackvollen Stillleben abrunden; am besten pflegen Gegenstände dem Pflanzenreich zugehörig, wie sonderbare Stämme, pittoreske Blätter, Früchte und Aehnliches dazu zu passen, welche auch für sich allein eine Würdigung des reisenden Photographen beanspruchen dürfen. Für die letztbesprochene Kategorie zoologischer Aufnahmen sowie bei- den gleich zu behandelnden botanischen ist es überall, wo die Verhältnisse dem Arbeiten mit nassen Platten grössere Schwierigkeiten entgegenstellen, gerathen, trockene Processe in Anwendung zu bringen, weil diese keine langen Vorbereitungen brauchen und schnell zur Stelle geschafft werden können. Phytognostische Aufnahmen. Es gab eine Zeit, wo man meinte, die Photographie eigne sich nicht für die Darstellung des Pflanzenreiches, da die vorherrschenden grünen Fär- bungen desselben auf die dafür ungeeignet jodirte Collodiumschicht keinen genügenden Eindruck hervorbrachten. Ganze Scenerieen mit üppigem Pflan- zenwuchs, wie sie heutzutage bereits vorliegen, lassen erkennen, dass der Photograph bei richtiger Kenntniss der Technick. mit Sicherheit bedeutende Erfolge darin erwarten darf. Für Aufnahmen solcher Gegenstände ist die Hauptbedingung, dass man ein Collodium benützt, auf welches die grünen Farben noch _ eine möglichst starke aktinische Wirkung ausüben. Dies gilt be- kanntlich von Bromhaltigen Collodien, und man wähle daher mit solchen Salzen gemischte Jodirungen, worüber im technischen Abschnitt das Nähere einzusehen ist. Lichtstarke, schnellarbeitende Objeetive sind hier weniger nöthig, da- gegen ist eine allgemeine Schärfe des Bildes eine berechtigte Anforderung. Es werden sich zu phytognostischen Aufnahmen gerade die Systeme am meisten eignen, die bei geeigneter Reduction der Oeffnung durch Blenden eine grosse Tiefe des Focus zeigen, wie die Triplets, das Steinheilsche Ap- lanat, die Weitwinkellinse und das Pantoskop von Busch. Die Schönheit einer pflanzlichen Scenerie und ihre wissenschaftliche Verwerthbarkeit beruht zum grossen Theil mit auf dem Umstande, dass auch der. nahe Vordergrund, wo a einzelnen Objecte in kennbarer Grösse er-. scheinen, mit in SR Bild hineingezogen wird; es wird sich daher empfehlen ein Objectiv zu benutzen, welches einen grossen Bildwinkel zeigt, bei correcter Zeichnung, wenn auch die Bananen: gleichzeitig etwas übertrieben erscheint. Unter den genannten Objectiven erfüllt keines diese Anforderungen so vollständig als das Pantoskop von Busch, nächstdem dürften die Dallmeyersche und Steinheilsche Weitwinkellinse rangiren. Geeignete Wahl der Beleuchtung und richtige Exposition sind hier noch mehr Grundbedingung eines befriedigenden Erfolges wie in den übrigen Gebieten der Photographie. Bei klarem Himmel wähle man die frühe Morgenstunde, wenn die Sonne noch tief steht, da die grellen Glanzlichter bei scharfer Beleuchtung auf den Pflanzen sehr leicht beschneit erscheinen, Vermindert wird dieser Uebelstand ausserdem durch reich- \ are (Ei N Re Das Mikibäkon und der Eee Ranaeat en 617 Be liche a ettion und volle Entwickelung der Platte bei äusserst vorsichtiger Verstärkung. Man wird gut thun, bei nassen Platten Ma die energisch wirkende Pyrogallussäure ganz zu vermeiden und nur mit Eisen und Silber etwas zu verstärken. Die mässige Verstärkung hat sich beson- ‚ders der weniger erfahrene Photograph stets aufs Neue einzuprägen, da man sich leicht durch die bei reichlicher Verstärkung entstehende Brillanz der Negative bestechen lässt. Der Hauptfeind des photographirenden Botanikers ist der Wind, da er EG alle leicht beweglichen Pflanzentheile auf ‘der Platte zu verwischen droht, Wollte der Reisende zu solchen Aufnahmen nur vollkommen windstille Tage = benutzen, so würde natürlich ein ausserordentlicher Zeitverlust eintreten, man muss daher mässig bewegte Luft mit in den Kauf nehmen. Der üble Einfluss, der dabei noch vorhanden ist, lässt sich besonders da- Br: ‘durch vermindern, dass man nur die geeignetsten Momente zur Auf- nahme verwendet und bei eintretender Bewegung der Objecte sofort die Exposition unterbricht. Man darf als Regel annehmen, dass pflanzliche “ Örganismen, von leichtem Winde bewegt, nach Aufhören desselben sehr schnell in die Gleichgewichtslage zurückkehren; es schadet daher Nichts, wenn man unter vorsichtiger Schliessung des Objectivs die Schwankungen vorübergehen lässt, sollte man dadurch auch zu einer zehnmaligen Exposition kommen. Natürlich setzt dies voraus, dass die sensibilitirte Platte so lange aus- hält als die Gesammtsumme der Expositionszeiten und Pausen beträgt; dafür geben aber die Trockenprocesse die grösste Aussicht auf Erfolg. Die Er- fahrung lehrt, dass bei Trockenplatten selbst ohne Unterbrechung der Ex- position feine Pflanzentheile durch stossweise wirkende Winde bewegt, wäh- rend der Schwankungen nur einen unmerklichen Eindruck auf die Collodium- schicht machen und erst nach Rückkehr in die Gleichgewichtslage wieder zu wirken anfangen. Bei nassen Platten und kurzer Expositionszeit werden selbst geringe Bewegungen in den pflanzlichen Objecten wegen der sofortigen Einwirkung auf die Schicht relativ viel störender. Im Uebrigen gelten bei botanischen Aufnahmen mitttelst der Photo- = graphie die allgemeinen Grundsätze der Landschaftaufnahmen und das Weitere muss dem speciellen Ermessen des Botanikers anheim gestellt werden. Geognostische und geographische Aufnahmen. Geognostische Photographieen sind wegen der schnellen und getreuen Wiedergabe von Bergeonturen, Schichtungen, besonders Felsformationen ganz _ gewiss von hervorragender Bedeutung. - Diese Kategorie schliesst sich indessen sehon sehr eng an die wirklichen Terrainaufnahmen mittelst der Photographie an und braucht daher nicht wohl besonders behandelt zu werden, während das letzt erwähnte Gebiet in der That von so hoher Wichtigkeit ist, dass man es zu einer eigenen leider noch immer nicht genug gewürdigten Wissen- schaft, der Photogrammetrie erhoben hat. | Die grössten Verdienste um die Ausbildung und Einführung dieses Ver- fahrens hat sich Meydenbauer erworben, welcher es bereits wiederholent- lich mit bestem Erfolge in der Praxis angewendet hat. Dasselbe wird sich überall da, wo der Reisende sich schnell in den Besitz des Materials für eine Specialkarte setzen will, dringend empfehlen, und verdient daher ale ge- kannt zu sein. 618 Fritsch. f Die Photogrammetrie beruht auf dem Princip, dass eine von verschie- denen Standpunkten aus aufgenommene Gegend die einzelnen Punkte wegen der parallaktischen Verschiebung auf den einzelnen Aufnahmen an verschie- dener Stelle zeigt, und man so durch die Uebertragung der Standpunkte in die Horizontalebene Richtungslinien entwerfen kann, deren Durchsehnitts- punkte die Lage des gesuchten Punktes wie auf dem Messtisch festlegen. Alle von einem Standpunkt aus sichtbaren Gegenstände müssen sich abbilden auf einer Reihe von Aufnahmen, die den ganzen Horizont umfassen. Es genügt zu diesem Zwecke 6 Abschnitte zu photographiren, die sich um den Standpunkt als ein regelmässiges Sechseck anordnen und also ein Ge- sichtsfeld von 60° repräsentiren. Das empfehlenswertheste Objectiv wegen des grossen Bildwinkels (von 100°, dessen mittlerer Theil allein zur Verwendung kommt), der sehr‘ correc- ten Zeichnung und der grossen Bildtiefe ist auch hier das Pantoskop von, Busch. Der letzterwähnte Vorzug erlaubt es, vom Einstellen des Bildes ganz abzusehen, nachdem das Objectiv einmal in entsprechendem Abstand an der Camera fixirt ist; es zeichnet alsdann alle Gegenstände von der hundert- fachen Brennweite bis zum Horizont in gleich genügender Schärfe.”) Bringt. man nun die Platte ebenfalls stets genau in dieselbe Entfernung vom Öbjectiv, so ist der Abstand des optischen Mittelpunktes in der Verlängerung der Axe bis zur Mitte der Platte stets der gleiche. Der absolute Werth für diese Grösse lässt sich auf verschiedene Weise bestimmen. Richtet man die Camera auf einen senkrechten Gegenstand von messbarer Grösse und misst die directe Entfernung desselben auf dem Boden bis zu einem lothrecht unter der vorderen Fläche der Platte liegenden Punkte, so hat man in diesen beiden Grössen und der Bildgrösse des gemessenen Objectes die Momente, aus denen man den Abstand des optischen Mittel- punktes (in welchem sich die Strahlen schneiden) von der Platte berech- nen kann. i Dieser Abstand bildet die Grundlage für ‘alle weiteren Operationen und muss mit möglichster Genauigkeit durch wiederholte Messungen festgestellt werden. Um ihn constant zu erhalten, bedient man sich zu den photogram- metrischen Aufnahmen einer stabilen Camera in Gestalt eines Trichters oder einer vierseitigen Pyramide von Messingblech, die an der sich ver- jüngenden Seite das Objectiv trägt, während an der andern die Platte (der Apparat ist für Trockenplatten bestimmt) eingesetzt wird, welcher durch sehr genau gearbeitete scharfkantige Auflage eine zur optischen Axe senk- rechte Stellung angewiesen wird. Der Punkt, wo diese Axe die Platte trifft, wird markirt durch ein dicht davor angebrachtes Fadenkreuz, das sich auf jeder Aufnahme mit abbildet. Durch das Aufsetzen der Camera auf ein Stativ, dessen oberer Theil einen mittelst Stellschrauben absolut horizontal zu ajustirenden Messingring als Träger einer drehbaren Messingscheibe besitzt, ‚fällt der eine Faden genau mit in dem Horizont des Bildes zusammen, während der andere durch das Zenith geht. Die Messingscheibe, auf welche sich die Camera leicht be- festigen lässt, wird durch federnde Rasten nach einer Drehung von je 60° von selbst arretirt. *) Selbst in der zwanzigfachen Brennweite erhalten die Gegenstände beim Pan- toskop schon ziemlich präcise Umrisse, doch wird es selten nothwendig sein das Objectiv so weit auszunutzen. mit dem so dnnlrten Apparat ak in je Weise we on, it einer Platte versehene Camera aufgesetzt und die Audkme sgefül rt wird. Man wechselt alsdann die Platte, nach Abnehmen. der Ca- era, in einem lichtdichten Sack und nimmt mit der um 60° gedrehten amera die zweite Ansicht auf und so fort, bis der Horizont umkreist ist. an hat alsdann sechs Platten, deren Banks sich in ihrer Lage zu ein- ander feststellen und graphisch eintragen lassen. Construirt man sich näm- lieh zunächst ein regelmässiges Sechseck, in welchem die Entfernung des optischen Mittelpunktes von dem Dubchsehnittspunkt des Fadenkreuzes auf der Platte als Perpendikel auf die Sechseckseite er- scheint (% der Figur), so entsprechen die Seiten den Horizont-Abschnitten, welche auf den Platten aufge- nommen wurden. Die Richtungslinie für irgend einen in den Photographien erkennbaren Punkt wird er- halten, wenn man den Abstand desselben von der Verticalen auf der entsprechenden Sechseckseite vom Fusspunkt des Perpendikels aus abträgt und mit dem Sechseckmittelpunkt verbindet. Es sei z.B. in I der nebenstehenden Figur der erste Standpunkt, die Seiten _ des um denselben entworfenen Sechsecks, 1, 2, 3, 4, 5, 6 die an demselben gewonnenen Aufnahmen und es erscheine das Bild von II auf Platte 5 in a, so muss der Punkt II auf der Linie liegen, die von a aus durch I gezogen wird. Misst man die Entfer- _ nung von I und II als Standlinie und trägt die Grösse, auf den gewählten Maassstab der Karte re- _ dueirt, an der Linie ab, so erhält man die Lage des Standpunktes II. Erlauben die Umstände es nicht gerade diese Linie zu _ messen, so genügt es irgend eine Linie zu messen, deren Lage sich nach den beiden Endpunkten in den Aufnahmen feststellen lässt, um beim Ent- werfen der Karte die Dimensionen auf einen bestimmten Maassstab reduciren zu können. Bei den von II aus gewonnenen Aufnahmen erscheint das Bild von I ebenfalls auf einer der Platten, nehmen wir an, im Punkte a’ auf 7. Da die Grösse von a’b’ als Abstand vom Verticalfaden, und die vom Perpendikel A die constante Focuslänge, bekannt sind, so ist damit auch die Lage des zweiten Sechseckes gegeben. Die Festlegung der einzelnen, in den Aufnahmen siehtbaren Punkte erfolst nun dadurch, dass man in derselben Weise die _ Richtungslinien durch Standpunkt I a II zieht und den Durchschnittspunkt bezeichnet; so liegt ein Ort B, welcher auf Platte 1 den Abstand cd, ri Platte 12 den von ed zeigt, in 1 Karte, wie es die Figur andeutet. Man braucht nicht einmal die Richtungslinien wirklich zu ziehen, sondern da die Punkte stets auf den gegenüberliegenden Platten dieselbe Lage haben, so nügt es, auf diesen die Abstände einzutragen und mittelst zweier in den andpunkten an Nadeln fixirter menschlicher Haare, die man anspannt, die urchschnittspunkte der Richtungslinien aufzusuchen und zu markiren. Auf solche Weise lassen sich in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit eine osse Reihe von Punkten mit vollkommener Genauigkeit festlegen, man kann se Arbeit im Studirzimmer mit aller Musse anführen und je nach Be- _ dürfniss beliebig ausdehnen; es ist endlich nicht einmal nothwendig, dass der aufnehmende Photograph und der Zeichner der Karte dieselbe Person sei. Zu diesen ‘enormen Vortheilen der Ehiotograitmetie kommt noch ein : 620 Fritsch. sehr wichtiger hinzu, man kann aus den Aufnahmen auch die Elevation eines Punktes bestimmen. Errichtet man nämlich, nachdem der Abstand vom Verticalfaden, es sei bc auf Platte 1, markirt ist, in c einen Perpendikel, an welchem man den Abstand vom Horizontalfaden anträgt, zieht durch Standpunkt I die Linie fg, so bezeichnet die Länge eines in B, dem wahren Ort des Bild- punktes c errichteten Perpendikels, Bg, die Elevation oder Depression des Punktes B unter die Ebene des Horizontes. Im Hinblick auf diese wichtigen Vorzüge der Photogrammetrie ist es in der That schwer zu verstehen, warum sie bisher von Geographen, In- genieuren und Geologen fast durchgängig so auffallend vernachlässigt worden ist. Man kann .nur annehmen, dass ein gewisser Eigensinn im Festhalten am Althergebrachten der ausgedehnteren Benutzung entgegen steht, und dass die Zeit nicht fern ist, wo diese Technik die volle Würdigung findet, welche sie verdient.*) Reproductionen. Unter Reproductionen im photographischen Sinne versteht man die Wiedergabe von irgend welchen bildlichen Darstellungen, sei es dass es sich dabei um wirkliche Bilder oder um Inschriften, figurliche Darstellungen auf Stein und Holz oder Aehnliches handelte. Bei solchen Arbeiten ist die Wahl eines geeigneten Objectivs und die richtige Beleuchtung die Hauptsache. Statt des Pantoskops, welches nur ein verhältnissmässig kleines Bild giebt, empfiehlt sich hier die Verwendung des Steinheil’schen Aplanates oder die Tripletlinsen (Dallmeyer), da diese ein grosses, scharfes Bild geben bei hinreichend correcter Zeichnung. Hinsichtlich der Beleuchtung gilt als Hauptregel die Vermeidung von störenden Reflexen und gleichmässige Vertheilung des Lichtes. Man erreicht dies durch Absperren alles sehr seitlichen Lichtes und die Be- nutzung von Reflectoren; die letzteren sind auf der Reise schwer in einiger Grösse zu verschaffen, doch darf man deshalb dies Hülfsmittel nicht aus den Augen verlieren, ein weisser Oarton, ein aufgehängtes weisses Tuch oder ein Spiegel von einiger Grösse leisten in dieser Beziehung oft gute Dienste. Ist z. B. an einer beschatteten Inschrift ein Theil besonders dunkel, und man befürchtet, er möchte bei dem Entwickeln sehr gegen das Uebrige zurückbleiben, und sind die Verhältnisse derartig, dass man mittelst des Spie- gels Sonnenlicht auf denselben reflectiren kann, so gelingt es durch geschicktes Hin- und Herführen des Spiegelreflexes auf den dunklen Partien diese gegen das Uebrige hinreichend herauszuheben.**) Sind die Oertlichkeiten ganz dunkel und auch durch Reflex kein Licht hineinzubekommen, so ist man gezwungen, künstliches Licht zu verwenden. Dazu wurde vielfach die Magnesiumlampe empfohlen, doch hat dieselbe den grossen Uebelstand, dass die beim Verbrennen gebildete Magnesia als dichter *) Der Mechanikus Fliege in Bonn liefert unter Meidenbauers Leitung zusammen- gestellte Apparate, auf welchen die Constante bereits durch genaue Beobachtungen fest- gestellt und die optische Axe sorgfältig auf den Durchschnittspunkt des Fadenkreuzes centrirt ist. Der Preis des Apparates mit Busch’s Pantoskop No. 5 stellt sich auf un- gefähr 200 Thlr. ’ **) So liess sich z. B. in den unterirdischen ägyptischen Kammern, wo das Licht nur durch ein Loch in der Decke einfiel, mit dem Spiegel manche Inschrift der Wände „herausleuchten “, 7 a A a Ta re SIT x * N si "Das Mikroskop und der photographische Apparat. 621 weisser Rauch die Luft erfüllt und in engen Räumen bald als dichter Nebel erscheint, der die weitere Exposition stört. Bei Untersuchungen, die Aufnahmen dunkler Localitäten in erste Linie stellen, wird es nothwendig sein Einrichtungen zu treffen, um ein anderes künstliches Licht, Drummont’sches Kalklicht oder elektrisches Kohlenlicht zur Anwendung bringen zu können. h Photographische Technik und Schwierigkeiten derselben auf Reisen. Ausserordentlich häufig ereignet es sich, dass Personen, welche daheim in ihren vier Pfählen die photographische Technik recht gut beherrschen, vollkommen rathlos sind, sobald sie sich veranlasst sehen, ausserhalb unter wechselnden Verhältnissen dieselbe in Anwendung zu bringen. Sehr oft werden die schönsten, vollständigsten Einrichtungen dem Photographen mit- gegeben und doch erscheint kein Negativ als Errungenschaft: er hat an der ersten besten Klippe, die ihm auf der Reise aufstiess, Schiffbruch gelitten. Es wird daher wohl nicht überflüssig sein, die Hauptschwieriskeiten der „outaoor’s Photography“, wie sie der Engländer nennt, und die Mittel zur Ueberwindung in’s Auge zu fassen. Die wichtigsten Punkte liegen hierbei in den Vorbereitungen, d. h. in der Auswahl und geeigneten Verpackung der Apparate und Che- mikalien. Es würde den Raum der vorliegenden Arbeit übersteigen, im Einzelnen alle die einschlagenden Verhältnisse zu besprechen, vielmehr muss dafür auf ein geeignetes photographisches Handbuch verwiesen werden. Das praktischste dürfte in dieser Beziehung für diejenigen, welche der engli- schen Sprache mächtig sind, Hardwich, a Manual of Photographie Chemistry sein, für deutsche Leser das Photographicum, herausgegeben von Heinlein. Der Umstand, dass die Engländer schon seit einer langen Reihe von Jahren eine grosse Zahl von reisenden Amateuren der Photographie besitzen, die leicht Gelegenheit fanden auch in anderen Klimaten zu arbeiten, hat dieser Nation hinsichtlich der Reiseerfahrungen und Reiseeinrichtungen einen unleugbaren Vortheil vor den anderen gewährt. Wir werden uns daher hauptsächlich in ihren Werkstätten für solche Dinge Raths erholen müssen. _Selbstverständlich ist stets darauf zu sehen, dass die Apparate in mög- lichst compendiöser Form zur Verwendung kommen und die einzelnen Theile sich so eng zusammenpacken lassen, als noch irgend zulässig erscheint. Alle leere Räume zwischen den Apparaten oder Ausfüllung solcher mit Holz- stücken und ähnlichem werthlosen Material sind, wenn sie beträchtlichen Umfang haben, als Fehler des Arrangements zu bezeichnen. So unbestreit- bar dieser Grundsatz ist, so schwer hält es, den deutschen Arbeiter zum strengen Festhalten daran zu bewegen. Man baue sich also die Stücke des Apparates unter Benutzung von leichten Zwischenwänden und Einsätzen von Holz in einem soliden, verschliessbaren, mit Haken versehenen Holzkasten so zusammen, dass auch beim Umstürzen des Kastens kein Theil locker werden oder hin- und hergleiten kann. Ueberall, wo man ein Bescheuern zarterer Partien fürchtet, werden Filzstreifen an der anstossenden Kasten- wand festgeleimt. Jeden Holzkasten setze man bei weiteren Reisen in einen anderen von Weissblech von solcher Grösse, dass er gerade hineingleitet. Der Deckel des Blechkastens, von gleicher Höhe wie der des Holzkastens, bewegt sich. 622 Fritsch. in Charnieren und wird vorn durch zwei in Hülsen horizontal verschiebbare Riegel von starkem Draht fixirt. Zwei an den Seitenwänden befindliche blecherne Oehre zum Durchziehen von Riemen und ein einfacher, sich um- legender Griff am Deckel erleichtern das Tragen.*) Blech allein hält allen Angriffen des Klimas der Abnutzung der Reise genügend Stand und hält Unreinigkeiten, räuberische Insecten und Feuchtigkeit am besten von den Apparaten fern. Diese Blechkapseln über andere Kästen sind nicht zu ver- wechseln mit den Zinkeinsätzen, wie sie beim überseeischen Transport all- gemein in Anwendung kommen. Sie gewähren auch den Vortheil, dass man in Fällen, wo die Apparate mit der Zeit ganz oder relativ werthlos geworden sind, z. B. auf der Rückreise, durch Herausnehmen der inneren Behälter Räume schafft, um naturwissenschaftlich&e Sammlungen und Aehnliches zu verpacken. | ; Man vertheile die Gegenstände, welche in ihrer Gesammtheit leicht be- weglich bleiben sollen, wenn es angeht, so, dass kein Gepäckstück mehr als ungefähr 50 Pfd. wiegt, damit ein Träger es unter schwierigen Verhältnissen noch befördern kann. ; Die Wahl der Objective muss sich nach den Zwecken, welche der Pho- tograph verfolgt, sowie nach der Ausdehnung, die der photographischen Ar- beit gegeben werden kann, richten und ergiebt sich im Wesentlichen scho aus dem oben Gesagten. Ein schnell arbeitendes Doubleobjectiv von etwa 70 Mm. Durchmesser (z. B. Dallmeyer’s**) Quick-acting Patent Portraiteur, No. B, Preis 12 Pfd. St.) wird für anthropologische Aufnahmen unentbehrlich sein, ebenso wie das Pantoskop von Busch ***), No. 4 oder 5, welches auch sehr schöne Interieurs und Landschaften liefert, es für photogrammetrische Arbeiten ist. Kom- men solche nicht in Frage, so sind das Steinheil’scher) Aplanat und die neue Weitwinkellinse von demselben oder auch das ähnliche von Dallmeyer sehr handliche, leitungsfähige Objective. Was die zu wählende Plattengrösse anlangt, so verlasse man sich lieber nicht darauf, sehr kleine Aufnahmen später vergrössern zu wollen, da man dabei selbstverständlich die kaum zu vermeidenden, den Reiseeinwir- kungen zuzuschreibenden Unvollkommenheiten der Original-Negative mit ver- grössert. Ausserdem verlieren die Bilder dabei stets einen erheblichen Theil der Halbtöne, worin gerade die Schönheit beruht. Unter gewöhnlichen Ver- hältnissen dürfte eine Plattengrösse von 20 Cm. bei 13 Cm. recht empfeh- lenswerth sein, da eine solche, wie die obigen Proben (pag. 609, 610) zeigen, bequem Vorder- und Seitenansicht derselben Person in 4 nat. Gr. oder drei Ansichten einer ganzen Figur in „!; nat. Gr. fasst, ausserdem aber auch für Gruppen und Landschaften ein geeignetes Format bietet. ; Es ist nicht nur wegen der grossen Zeitersparniss, sondern auch um das Zusammengehörige auf derselben Platte zu haben, zunächst zu versuchen, beide Aufnahmen auf die beiden Hälften zu exponiren; gelingt eine der Auf- f *) Ein so verpackter photographischer Apparat, dem Verfasser angehörig, wurde in Südafrika auf felsigem Gebirgswege vom Packpferd abgeworfen, und da der Riemen sich nicht vollständig löste, für etwa 100 Schritt über die Felsen im Galopp geschleift, ohne dass dem Inhalt der geringste Schaden zugefügt wurde. **) Die Adresse ist: J. H. Dallmeyer, 19 Bloomsbury Street London WC. ***) Die Adresse ist: Rathenower optische Industrie-Anstalt (vorm. Emil Busch) Bathenow, Preussen. t) Die Adresse ist: C. A. Steinheil Söhne, Landwehrstrasse No. 15a München. IK In N ;ht, wird man alien von dem Princip ausnahmsweise abgehen Be nen A Verschiebung des ee bei getheilter Camera a Ver- schiebung der Cassette vor einem entsprechenden Ausschnitt der Camera. Beides hat seine Vortheile und Nachtheile; bei verschiebbarem Objectiv kann Ka man dem hinteren Theil der Camera eine compendiösere Form geben, aber _ die Theilung macht Unbequemlichkeiten, zumal wenn dieselbe doppelt sein Be soll; Merschiebung der Cassette ergiebt die Möglichkeit, ohne Veränderung der Camera jede Balebıse De der Platte lud zu können, aber die Führung der Cassette verlangt links und rechts mehr Raum. Trotzdem wird der letztere Plan sich im Ganzen mehr empfehlen. R‘ Was die Wahl der Camera selbst anlangt, so wähle man jedenfalls eine compendiöse Form, auch wenn man dadurch genöthigt wird, kleine Un- bequemlichkeiten beim Arbeiten mit in den Kauf zu nehmen. Solche Reise- camera’s werden besonders von den Engländern sehr handlich und dabei doch | solide gearbeitet; die deutschen Arbeiten kommen in diesem Gebiet ihnen ei eh nieht gleich. \ Man unterscheidet wesentlich zwei Arten von derartigen Camera’s: mit festem aus Holz gefertistem Auszug und andere mit einem sogenannten Balge von verschiedenem Material ersehen. Die letzteren | die bei CHR Weitem leichteren, transportableren, dagegen vertragen sie sehr schlecht die Einflüsse der Witterung und die Angriffe von verschiedenen Thieren, unter welchen die Schaben und Termiten der Tropen die gefürchtetsten sind. Balgcameras von Pappe, mit Papier- oder Zeugüberzug sollte man für Reisen in den Tropen nicht verwenden, dagegen dürfte ein sauber gearbeiteter Balg mit Ueberzug von Juchtenleder bei schonender Behandlung lange ausdauern, da die Termiten wenigstens sich nicht leicht an Juchtenleder vergreifen. Unter den Holzarten ist Tekholz weniger den Angriffen dieser Thiere aus- gesetzt als Mahagoni, doch dürfte der Verschluss in den besprochenen Blech- _ kästen das geeignetste Mittel zur Sicherung dagegen sein. ? 000% Gegen das Reissen und sich Werfen des Holzes helfen am besten Mes- ; singbänder an den Ecken und Kanten, wie sie von den Engländern sehr sauber angebracht werden *). Für die beabsichtigte Verwendung des Pantoskops muss man wegen der sehr kurzen Brennweite darauf achten, dass die Camera auch hinreichend in der Länge redueirt werden kann. Die Localdistanz der aequivalenten Linse von No. 4 ist nur etwa 12 Om., während No. 5 allerdings noch gegen 24 Om. besitzt. Dallmeyers oben erwähntes Double-Objectiv von 70 Mm. hat auch nur _ wenig über 15 Cm. Brennweite, von der letzten brechenden Fläche ge- ‚rechnet 214 nat. Grösse 20 Cm., und besitzt zur Einstellung Zahnrad und 5% Trieb von ausgiebi er Länge, die Camera für die beiden letztgenannten Ob- is ‚ jeetive braucht daher gar keinen Auszug, sondern kann ganz fest gearbeitet ‚sein, bei einer Tiefe des Innenraumes von ungefähr 15 Cm. Eine solche amera wird sich vor allen andern durch Dauerhaftigkeit auszeichnen müssen, KR sh *) Vergl. Vogel: Die Photographie auf der don Weltausstellung p. "4a\ Eine auf diese Weise ausgestattete Stereoskopeamera von Dallmeyer mit Mahagoni- auszug, an welcher auch der Portraitkopf und ein kleines Triplet angesetzt werden . konnte, ‚diente dem Verfasser während dreijähriger Reise in Südafrika, ohne dass trotz ehrere ver Unglü joksfälle sich Mängel herausstellten. A > - Je = R 624 Fritsch. ohne dabei, sobald das Frontstück umgekehrt eingesetzt wird, einen viel grösseren Raum einzunehmen, als die üblichen Formen zum Zusammenlegen für grösseren Focalabstand. Trägt das zu der Camera bestimmte Frontstück einen kegelförmigen Ansatz von etwa 5 Cm. Höhe, auf dem das Portraitobjeetiv oder das Pan- toskop sich abwechselnd befestigen lässt, so erhält man einen für sehr viele Zwecke ausreichenden Apparat. Da Pantoskop No. 5 ein erheblich grösseres Bild giebt, als 20 bei 14 Cm. (als Durchmesser des runden Feldes werden 62 Cm. gerechnet), so kann man, ausser solchen Platten, für Landschaften und Architecturen auch eine zweite Grösse, etwa 28 bei 22 Cm. benutzen, ohne dass deshalb die Camera für den Transport sehr viel unbequemer würde. ; Zu den unerlässlichen Apparaten des reisenden Photographen gehört auch ein geeignetes Dunkelzelt. Je bequemer und praktischer ein solches eingerichtet ist, um so schneller und sicherer wird der Photograph einen günstigen, vielleicht nie wiederkehrenden Moment zur Arbeit benützen kön- nen, während ein umständlich aufzustellendes, unhandliches Zelt selbst bei grosser Energie des Reisenden unter gleichen Bedingungen häufig unaus- gepackt bleiben wird. Von den mancherlei üblichen Formen empfiehlt sich kaum eines mehr als das von Rouch*) in England construirte, welches sich mit grosser Schnelligkeit in einen Kasten verpacken lässt, dessen beide Theile bei dem aufgestellten Boden und Rückwand bilden. In dem Kasten ist. hinreichender Raum, um auch den während der Arbeit ausserhalb stehenden Wasser- behälter und die für einmaliges Arbeiten nöthigen Chemikalien, den Platten- kasten u. s. w. aufzunehmen. Getragen wird das aufgerichtete Zelt durch ein ebenfalls eng zusammen zu legendes leichtes aber sehr stabiles Stativ. Fügt man in die Rückwand einer ähnlichen Construction eine Camera ein, so dass man ohne Verlassen des Zeltes die sensibilisirte Platte expo- niren kann, so erhält man die Anordnung, welche gewöhnlich Zelteamera genannt wird. Eine solche ‚Einrichtung ist in sehr compendiöser Form von Davis in England angegeben und von Dallmeyer ausgeführt worden. , Ein derartiger Apparat, dessen Anwendung bei aller Einfachheit doch wiederum auch viele Nachtheile mit sich bringt, ist nur, wie oben bereits angedeutet (pag. 616) für Aufnahmen zu empfehlen, wo der für die Exposition günstige Moment flüchtig und unberechenbar ist, z. B. Aufnahmen von Thieren in der Wildniss. Jedenfalls sollte die Camera leicht aus ihrer Stellung zu nehmen und für sich allein zu benutzen: sein, damit man nicht an das Mit- schleppen des ganzen Apparates gebunden ist. Im Nothfalle könnte man jedes Dunkelzelt, welches, wie das oben citirte, eine feste Rückwand hat, mit einer entsprechenden Camera combiniren. N Es wäre nun für den photographirenden Anthropologen auf der Reise noch auf einen unentbehrlichen Apparat speciell hinzuweisen, welcher häufig übersehen wird, nämlich ein zerlegbarer Kopfhalter, der sich an jedem Stuhl mit durchbrochener Lehne befestigen lässt. Hat ein solcher auch nicht die Solidität der in den Ateliers gebräuchlichen eisernen, so ist er doch bei der Aufnahme von Rassenportraits von ausserordentlichem Nutzen. Auf die anderen einzelnen Stücke einer photographischen "Ausrüstung kann hier nicht näher eingegangen werden, dagegen dürfte es geeignet *) Es ist abgebildet und beschrieben in Vogel: Die Photographie auf der Lon- doner Weltausstellung. A erscheinen, N die Wahl nd en der Chemikalien noch Einiges Sau Ban. Aid Abgesehen von den überall in ähnlicher Weise wirkenden Einflüssen des Transportes selbst, muss die richtige Würdigung der klimatischen Ver- hi ältnisse, also Besonders der Temperatur und der Dunstsättioung der Luft in Betracht gezogen werden. Die wichtigsten Regeln für die Verpackung der Chemikalien dürften Muß ! folgende sein: Man trenne trockene und flüssige Droguen nach Möglichkeit. - El, Die Flüssiekeiten bringe man in vierkantisen Flaschen unter, die etwa RN 1 Pfund halten, da das bedeutende Gewicht der grossen Gefässe das Zer- - brechen beim Transport sehr befördert. Die Flaschen werden in hölzerne ; Einsätze zu je 12—24 gepasst, wo jede ihr besonderes Fach hat und durch ai schmale Filzstreifen vom directen Berühren der Wand abgehalten wird. Der | Verschluss der einzelnen kann auf verschiedene Weise erfolgen, entweder man hat Flaschen mit engen Mündungen in die sehr sorgfältig ausgesuchte, sauber eingepasste Korken eingefügt, mit Blase zugebunden und dann ge- - firnisst werden; oder man benutzt solche mit eingeschliffenem Glasstöpsel (für eoncentrirte Säuren und caustische Alkalien nicht zu umgehen). Diese kann man sehr dicht -und zweckmässig verschliessen, wenn man den Hals und Stöpsel mit einem Gemisch von Schwefel und sehr feinem Ziegelmehl, etwa 1 Theil zu 3 Theilen Schwefel, in geschmolzenem Zustande gemischt h überzieht. Bei solchen Flüssigkeiten, welche Metall nicht angreifen, empfiehlt Y es sich, ein dünnes Staniolblättchen vorher auf dem Stöpsel festzudrücken, | um das Entfernen des Kittes (was durch Klopfen auf den Stöpsel: geschieht) zu erleichtern; man verhindert so, dass Partikelchen des Kittes ins Innere der Flasche beim Lüften des Stöpsels eindringen. Diese Methode dürfte sich durchschnittlich am meisten empfehlen. Beim Verschliessen mit thie- rischer Blase achte man darauf, die glatte (Schleimhautseite) der erweichten Membran auf das Glas zu bringen, da diese allein fest anschliesst. Durch a Abschneiden und Wegschaben der äusseren Schichten um den Flaschenhals bleibt die Schleimhaut allein stehen und klebt so fest, dass bei der ge- 3 trockneten Blase der zuschnürende Bindfaden ohne Schaden wieder entfernt e werden kann. Bei Alkohol und Aether hat man die Vorsicht zu ge- brauchen, die Flaschen nicht ganz voll zu füllen, da durch Ausdehnung des Inhaltes sonst leicht ein Springen des Glases stattfindet. Die im selben Einsatz befindlichen Flaschen müssen alle von gleicher Höhe sein und werden gemeinsam mit einer Filzlage überdeckt und so meh- rere Einsätze übereinander (vielleicht 3) in eine Kiste eingepasst. ; Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. 40 f Hydrographie und Oceanographie, einschliesslich Winke über Höhenmessungen und magnetische Beobachtungen zur See. Von G. Neumayer. I. Einleitung. Die Wissenschaft der Hydrographie hat in den letzten 20 Jahren mit Rücksicht auf den gewonnenen Umfang eine solche Umwandlung erlitten, dass es heute noch schwer ist die Grenzen derselben nach anderen, ver- wandten Wissenschaften hin genau zu bestimmen. Es hat dies aber in einem Werke, wie das gegenwärtige eine grosse Bedeutung, weil nur durch ein Abgrenzen Einheit in demselben und strenge Gliederung der Materie durch- geführt werden kann. Wenn man in früheren Jahren darunter vorzugsweise die Aufnahme und Mappirung einer Küste, einer. Inselgruppe, die Feststellung und Beschreibung ihrer Eigenthümlichkeit hinsichtlich der Gezeiten und Ge- zeitenströmungen, der, Wassertiefen und Bodenbeschaffenheit oder der charak- teristischen Gestaltung der Höhenprofile verstand, so ist jetzt in den Rahmen der Hydrographie Alles hereinzuziehen, was sich auf die den Verkehr zur See beeinflussenden physikalischen Verhältnisse bezieht, für deren erfolgreiche Behandlung wieder eine Anzahl anderer Zweige des Wissens, die als Hülfs- wissenschaften zu gelten haben, in einem Werke wie die „Anleitung zu wissen- schaftlichen Beobachtungen“ aufzunehmen sind. Dass ein solches Hereinziehen anderer Disciplinen mit der nöthigen Umsicht und mit einem Verständniss der Zwecke des Reisenden geschehe, wird die Brauchbarkeit dieser Arbeit über Hydrographie bedingen und hierin liegt die Schwierigkeit der Aus- führung der gestellten Aufgabe. Da die „Anleitung“ mit besonderer Rück- sicht auf die Bedürfnisse der kaiserlichen Marine herausgegeben wird, so ist einerseits erforderlich, dass gerade die Hydrographie eine umfassendere Be- handlung erfahre, während andererseits die Spärlichkeit der deutschen Lite- ratur auf diesem Gebiete es nothwendig erscheinen lässt, darnach zu streben, manche fühlbare Lücken auszufüllen. Was überdies die Bearbeitung des Ge- genstandes erschwert, ist der Umstand, dass einige der zu den Hülfswissen- schaften gehörigen Branchen besonderer, hier nicht näher zu erörternder Verhältnisse wegen in den Plan der Arbeit einzuschliessen waren, wodurch die Gleichartigkeit und Gleichmässigkeit der Behandlung des Stoffes vielfach gestört werden mussten, Ir x ” } sine SL Oceanographie N SE "anderer punkt: welcher bei Bearbeitung des netandes 2 berücksichtigt werden musste, ergiebt sich aus der Stellung, weiche -hydro- graphische Studien für die Zwecke des Reisens einnehmen: die Navigation in ihren wichtigsten Zweigen beruht fast ausschliesslich auf dersälhen, das heisst, während wir in den meisten anderen, in diesem Werke behandelten Zweige die Zwecke der Reise zu beleuchten hatten, haben wir es hier mit einem wesentlichen Mittel für das Reisen zu thun, dessen Feststellung und Ausbildung allerdings auch wieder Zweck ist. Br Diese Erklärungen sind nothwendig zum Verständnisse des Standpunkieh von welchem aus der Verfasser den ihm zugetheilten Gegenstand zu bearbei- ten sich bestrebte. Es wollte ihm nicht einleuchten, dass es hierfür genügen würde, eine Reihe von Regeln zur Aufnahme und Skizzirung, eine Anzahl von technischen Ausdrücken und Bezeichnungen zu geben, die in einer jeden einfachen Instruction für Vermessungsarbeiten aufgenommen werden, wie sie Er x fast alle seefahrenden Nationen besitzen; vielmehr glaubte er den Gesichts- BL; kreis etwas weiter nehmen zu sollen, so dass jeder gebildete Reisende daraus k Nutzen zu ziehen vermöchte, während auch der Hydrograph von Fach in E einer kurz gedrängten Darstellung auf Manches aufmerksam gemacht werden A dürfte, was in den betreffenden Fachwerken, wo eine Detailbehandlung von Wesenheit ist, vielleicht weniger hervorzutreten vermag und desshalb leicht unbeachtet bleibt. Der vorliegende Abschnitt ist der Natur der Sache ge- mäss besonders für Reisen zur See berechnet und hier ist es, wo fast nach allen Richtungen der physikalischen Forschung hin, die in diesem Werke vertreten sind, Ergänzungen oder Erläuterungen für die Zwecke der Beobach- tung zur See oegeben werden müssen, damit auch der Nichtseemann im Stande sei werthvolles Material zu sammeln, was in diesem Falle mit um so mehr Eifer betrieben werden dürfte, da die schon hervorgehobene Wechsel- wirkung zwischen Bereicherung der. Wissenschaft und Verwerthung des Ge- wonnenen zum Besten der Navigation sofort einem jeden einleuchtet. Dass bei einem solchen Umfang des zu besprechenden Materials an eine gründ- - liche, in das Detail nn Behandlung des Gegenstandes nicht gedacht werden darf, versteht sich wohl von Alan Es handelt sich hier vielmehr darum, in allgemeinen Zügen die Aufgaben zu bezeichnen, die der Pflege des Reisenden empfohlen werden sollen, gewisse Fragen zu stellen und deren ein- gehendere Bearbeitung anzuregen und in gewissem Sinne einzuleiten. Wenn es dem Verfasser gelingen sollte diesen ausgesprochenen Zwecken gerecht zu werden, so wird er auch seiner Wissenschaft dadurch einen wesentlichen 'Vortheil geleistet haben, indem gerade im gegenwärtigen Augenblicke die _ Umbildung derselben, die Normirung des Arbeitsplanes für hydrographische Forschung, nach dem weiteren Begriffe, vor sich geht. Es beziehen sich diese Bemerkungen vorzugsweise auf jenen Theil dieser Forschungen, welcher die Statistik der Meteorologie den Zwecken des Seeverkehrs dienstbar zu machen den Beruf hat. Die maritime Meteorologie und die Ausführung von _ Reisen unter Benutzung der von der Natur gebotenen und frei zur Ver- fügung gestellten Kräfte können auch von dem. Reisenden, der nicht in Ver- ‚bindung mit einem grösseren Beobachtungssysteme steht, gefördert werden. > Wie dies am äweckmässigsten zu geschehen habe, werden wir an der geeig- Pu 2 neten Stelle im Verlaufe dieser Ausöitiandersetiiungen des Näheren erörtern; einstweilen genügt es auf die Bedeutung der Sache und den Standpunkt, - welchen ich einzunehmen mich bestreben werde, hingewiesen zu haben. N 40* 2 Ba Br" 628 Neumayer. II. Hydrographisch -meteorologische Verhältnisse; Ve des Windes auf den Ocean. Die gründliche Kenntniss der meteorologischen und klimatischen Fac- toren ist zum Verständniss der Hydrographie eines Meeres, einer Küste oder eines Litorale eine Nothwendigkeit. Daher ist der Reisende vorzugsweise darauf hinzuweisen, sich diese Kenntniss zu erwerben, und sind die hydrographischen Aufgaben, die verschiedenen Fragen, welche sich dem Beobachter darstellen, auch von diesem Standpunkte aus zu bearbeiten. Dies gilt sowohl von den Beobachtungen zum Vortheile der Navigation und auf offener See, sowie von den Erhebungen an einer Küste, in Buchten und in Strassen. Unter einer Beleuchtung dieser Art ergiebt sich die Erklärung hydrographischer Verhältnisse von selbst, während der Reisende, wollte er ohne dieses Hülfs- mittel an die Untersuchungen schreiten, unfehlbar vielfach irregeleitet würde. Zunächst hat man darüber klar zu werden, in welchem Windsysteme das der Beobachtung und hydrographischen Bearbeitung zu unterwerfende Oceanische Areal liegt: 1. Liegt dasselbe im Systeme der alternirenden, vorzugsweise von Westen einsetzenden Winde? 2. Gehört dasselbe zum Gebiete der Monsune, d.h. der in der Jahres- periode April- October und November-März wehenden Winde? 3. Liegt es in dem Gebiete beständig wehender östlicher Winde, inner- halb der Passatregionen, 4. Im Gebiete des beständig wehenden Polarstromes, 5. Im Gebiete der Calmen und zwar welcher: jener zwischen den bei- den Passatregionen oder jener an der Polargrenze der Passate in beiden Herukphärene 6. Welcher Natur sind die auftretenden Stürme, zeigen este ı inner- halb des Jahres eine Periode, eine drehende em (einen rota- es torischen Charakter) oder haben sie mehr den Charakter der „Gales“ ? Obaleich in das Gebiet der Meteorologie gehörend, muss der Hydrograph den a diesen Fragen verknüpften Untersuchungen gründliche Beachtung zuwenden und namentlich in einem jeden einzelnen Falle die ÖOrientirung der Küste, die Lage derselben mit Rücksicht auf diese Phänomene in Erwä- gung ziehen. Eine andere Frage ist: Verschieben sich die Grenzen eines bestimmten Gebietes und welchen Einfluss übt eine solche Verschiebung, wenn sie statt- findet, auf die allgemeinen Erscheinungen aus? Findet in einem Gebiete rasches, plötzliches Umspringen des Windes statt und, wenn so, von welcher und nach welcher Richtung? Knüpft sich dieselbe an eine bestimmte Periode im Jahre, an eine bestimmte Tageszeit und welcher Art ist ihr Einfluss auf den Zustand des Meeres? Man beachte besonders auch locale Stürme und ihren Charakter, ihre Richtung und ihren nothwendigen Einfluss auf hydrographische Verhältnisse. Solehe Betrachtungen sind von besonderem Werthe für Küstengebiete; man erwäge dabei die Erstreckung der Küste und ihre Höhenprofile mit Bezug auf die aufgeführten Windsysteme. Die Ermittelung der vorherrschen- den Windrichtung ist zum richtigen Beurtheilen der hydrographischen Verhältnisse von grosser Wichtigkeit. Einer der folgenden Abschnitte wird von der Wirkung des Windes auf den Ocean zu handein haben, sofern » % r vi dadurch eine ee hicbune der Wassermassen nach Lee bedingt wird, hier soll zuerst Einiges über die Wirkungen des Windes in ls, Be d. h. von jenen Wirkungen gesagt werden, welche in der Wellenbewegung erkennbar sind. Birascn Dr a8 Tiefe, bis zu welcher diese Wirkung im Ocean wahrzunehmen ist, sind für die Ausbildung einer allgemeinen Mheonie der Strömungen weönklich. =r Seegang, Dünung (Swell) Richtung derselben und Höhe, namentlich wenn en wie in ninchen Enden (Westküste von Afrika) einen eigenthümlichen Charakter annehmen, verdienen eine ganz besondere Beach- tung. Die Woge, die Welle, ihre Gestaltung und Höhe, ihre Richtung, Schnelliekeit der Fortpflanzung, die Dauer ihrer einzelnen Oscillationen müssen beobachtet werden; wie dies zu geschehen hat, lehren Specialwerke über Oceanographie. Welche Veränderungen bringen die bezeichneten Ele- mente in einzelnen Gegenden auf den Charakter der Wellenbewegung über- haupt hervor? Folgen die Wosen rasch aufeinander; wie weit sind die Wellenköpfe (Rücken) von einander entfernt und sind die aufeinanderfolgenden von gleicher Höhe, oder zeigen sie Ungleichheiten und wie liegen ds in der allee- meinen Reihe vertheilt? Ist jede ‘dritte, vierte u. s. w. höher oder niedriger? Während diese Wogenerscheinungen und deren Elemente mehr den regelmässigen Verlauf bezeichnen, haben wir es auch mit anderen zu thun, die in gewissem Sinne als Störungen, als unregelmässig wirkende Momente zu bezeichnen sind. Kreuzsee, kurze See, verworrene See. Scheinbar regellos über einander fallend, bilden sich, wo diese Art der Wellenbewegung sich zeigt, weisse Köpfe. Man beobachte, ob es sich hier in Wirklichkeit um eine regellose Erscheinung oder nicht etwa um eine Interferenz der Wellen han- delt, wie sie durch einen, mit Wirbelstürmen verknüpften, raschen Wechsel der Windrichtung erklärbar wäre. Kabbelung (ripples) wird durch die widerstreitende Wirkung zweier Ströme — etwa den durch den Wind erzeugten Oberflächenstrom und ent- segenwirkende Gezeitenströmungen — erzeugt; es kann diese Bewegung stellenweise sehr heftig und der Aufwallung des kochenden Wassers sehr ähnlich werden. Ist damit jedesmal ein Geräusch verbunden und kann man, je nach den Entstehungsursachen, verschiedene Arten von Kabbelung unter- scheiden? Hierfür sind besonders lehrreich Beobachtungen, die in Strassen und da ausgeführt sind, wo sich zwei Strassen (Meerengen) treffen Während im offenen Oceane die Erscheinungen, welche im Vorhergehen- den geschildert wurden, sich zeigen, erkennt man in der Wellenbewegung an Küsten die Folge von Hindernissen, die sich derselben entgegenstellen: die Brandung. Dieselbe ist an Flachküsten verschieden von jener an Steil- küsten. In ersteren Falle verursacht die Reibung des bewegten Wassers am Boden des Meeres eine Verzögerung in der Bewegung und ein Ueberstürzen der Wellenköpfe und daher die eigenthümliche Erscheinung der lang ausge- P2 dehnten, übereinanderstürzenden und ein stetes Geräusch (Hansches) verur- \ - ‚sachenden Wogenreihen. An Steilküsten prallt die ungebrochene Woge gegen das Felsengestade an und erhebt sich zur grössten Höhe (das Brechen der Wogen). die nach der Art der Brandung bietet die See ein eigenes Aus sehen, und es ist namentlich auch nach dem Boden des Meeres, ob Sand- bänke, Korallengebilde u. s. w. denselben decken, die Farbe desselben ver- ‚schieden. Wichtiger als diese äusserliche Erscheinung ist für den Hydrographen 630 Neumayer. die Wirkung der Brandung auf die Küste, welche er aufzunehmen und zu beschreiben hat. Die zerstörende, verändernde Wirkung ist am stärksten über der mittleren Wasserlinie, und man erkennt aus derselben, ob durch das Hinwegführen (Hinwegspülen) von Erdreich Plateaus sebildet werden, wie dies zumeist an Leeküsten der Fall ist, während an Wetterküsten Erdreich angetrieben (angeschwemmt) wird. Zur Beurtheilung der Eigen- schaften einer Küste mit Rücksicht auf die Anforderungen der Schifffahrt ist die genaue Beobachtung der bezeichneten Erscheinungen von Bedeutung. | Die Bildung von Terrassen (Plateaus) auf Steilküsten und von Neh- rungen auf Flachküsten muss vom Hydrographen beobachtet werden, weil davon häufig die Tauglichkeit derselben für Ankergründe, Häfen u. s. w. ab- hängig ist. An Küsten spielen überdies die Niederschlags- und Regenverhält- nisse eine Rolle, und zwar mit Beziehung auf die Gestaltung des Gestades; dies gilt vorzugsweise von Flussmündungen. Hier fragt es sich: ist der niederfallende Regen gleichmässig über das Jahr vertheilt, oder fällt er in - Perioden oder plötzlich und heftig, so dass dadurch Ueberschwemmungen ver- ursacht werden. Im letzteren Falle ermittele man die Jahreszeit, in welcher: solche eintreten. ; Auch die Temperaturverhältnisse haben auf Küstenbildung einen bestimmenden Einfluss. Welcher Art sind dieselben? Namentlich bedarf das Eis, sowohl das Treibeis, wie solches, welches sich in Buchten, in Fluss- mündungen an einer Küste bildet, einer gründlichen Beachtung. Hierbei ist die Gestaltung der Küste in Erwägung zu ziehen, so wie die oro- graphischen Verhältnisse im Allgemeinen. Welche Wirkung äussern die Ge- birge im Litorale und zwar mit Rücksicht auf die allgemeine Küsten- erstreckung und die herrschenden Winde? Wie weit sind die höchsten Höhen von dem Ufer entfernt; steigt das Land in Vorgebirgen plötzlich auf, oder erhebt es sich terrassenförmig nach Innen zu? Zeigt das Profil tiefe, schroffe oder flache und abgerundete Einschnitte? Oder bilden die Höhenzüge allent- halben einen Rücken (Grat) von’ gleicher oder nahezu gleicher Höhe? Ver- tonungen (siehe unten) sind ‚von grossem Werthe, mit Rücksicht auf die Schilderung dieser Verhältnisse. Man beachte die Gesteinsart und besonders, ob die Küste vielfach Gebilde vulkanischer Natur zeist. Eine Gattung der Wellenbewegung muss hier noch erwähnt werden, ob- gleich dieselbe nicht im strengsten Sinne zu den hier darzulegenden klima- tologisch-hydrographischen Verhältnissen gehört; es ist dies die auf offener See, in Buchten und an Küsten häufig sich der Beobachtung darbietende Erdbeben- welle, die für manche Gegenden (Süd-Amerika) eine grosse Bedeutung hat. Auf offener See kann sie sich entweder durch einen plötzlichen Stoss in der Nähe des Schiffsortes oder durch eine ausserordentlich hohe, durch sonst ein anderes Agens nicht motivirte und schnell verlaufende Welle zu erkennen geben; an Küsten ist es oft nur eine einzige, rasch sich nähernde und wieder ver- schwindende Welle, welche das Wasser zu einer grossen Höhe erheht und das Gestade zeitweise überschwemmt. Treten diese Erscheinungen auf, so notire man sofort Zeit, Ort, Maass und Charakter der Bewegung. Besonders werthvoll werden solche Aufzeichnungen, wenn mehrere Schiffe sich zur Zeit in kurzen Entfernungen von einander befinden; werden in solchen Fällen. die Erscheinungen genau nach Zeitmaass und Richtung beschrieben, so können daraus über Fortpflanzung solcher Wellen, ihre Höhe und Schnelligkeit der Oscillation, und daraus wieder über die mittlere Tiefe des erschütterten Wassers Schlüsse gezogen werden. (Siehe Seebach p. 327.) den mellverkebr zur See. INDIE Bedeutung meteorologischer Beobachtungen zur richtigen Be X abe oceanographischer Wesfiaese, vorztiglich mit Ben auf ihre x praktische Verwerthung, ist durch die Erfolge der Navigation der Neuzeit zu wohl erwiesen, als es nothwendig nike könnte, hier dieselbe des Weiteren zu erörtern. Da überdies die Meteorologie schon in einem besonderen Abschnitte (Hann, Meteorologie) behandelt de so genügt es für unsere Ziwecke einige Gesichtspunkte besonders hervorzuheben. Die vorzüglichsten hierher gehörigen Fragen lassen sich in folgende zwei Punkte zuisanomenlassen: Ä 1. Welches sind im gegenwärtigen Stadium der Entwickelung die wesent- lichsten maritim- on Fragen, welche zum Nutzen der praktischen Navigation ae werden sollten, und 2. Wie kann die meteorologische Wissenschaft für hydrographische Zwecke weiter entwickelt werden? 1. Die genaue Erforschung der verschiedenen Gebiete der Winde (Siehe pag. 628) und der Strömungen des Oceans (Siehe folgenden Abschnitt) zu Zwecken der Förderung der Seeschifffahrt muss allen jenen, welche in - Verbindung mit einem wohlorganisirten Systeme maritimer Meteorologie ' wirken wollen, in erster Linie besonders anempfohlen werden. Allein auch der einzelne Reisende kann auf diesem Gebiete Werthvolles leisten, sei es durch selbstständige Beobachtung, sei es durch Sammeln von Material oder durch Anregung anderer. Man lenke seine Aufmerksamkeit zunächst auf die Veränderungen der Windrichtung innerhalb eines Gebietes und prüfe die Beziehungen dieser Aenderungen zu den Aenderungen der meteorologischen Elemente, zum Verhalten des Luftdruckes, der Temperatur und der Feuch- tigkeit der Luft. Bestätigen sich in allen Fällen die darüber bereits auf- gestellten Gesetze und, wenn nicht, wie sind die Ausnahmen zu charakterisiren? Für den Seefahrer diese Bon von besonderem Werthe, weil er, im Falle er einen, für seine Reise günstigen Wind verloren hat, denselben a) wieder auffinden — weil er das für ihn wünschenswerthe Gebiet der N Winde oder besonderer Luftströmungen an der Hand der meteorologischen Instrumente aufsuchen kann. Mit Rücksicht auf diesen Punkt ist es besonders EN: wichtig, die Relationen zwischen Windrichtung und Luftdruck (Dove’s Drehungs- gesetz, Buys Ballot’s Gesetz u. s. w.) zum Gegenstand der Untersuchungen, Beobachtung und beziehungsweise Prüfung zu machen. Wenn der regelmässige Verlauf der Windphänomene so in erster Linie zu beobachten ist, so ist Andrer- seits die Natur der in einem Gebiete herrschenden Stürme oder der Böen — % namentlich auch des plötzlichen Umspringens des Windes von einer Richtung in eine andere (oft die entgegengesetzte) für den Seemann von grosser B- deutung und sollte desshalb keine Gelegenheit versäumt werden, darüber Beobachtungen zu machen oder auch nur zu sammeln. Wie ist in solchen Fällen das Verh halten des Barometers, in welchem Stadium der Windveränderung tritt ein Steigen oder ein Fallen des Barometers ein; haben Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse dazu eine Beziehung und welche? Vermag man Fr wo es sich um die Beobachtung von Omen handelt, die Winde geschwindigkeiten in den einzelnen Stadien der Drehung der Windrichtung. zu messen (mit Anemometern), so ist dies zur Entwickelung einer Theorie ah me ‚dieser Art von grossem Werthe. Man beobachte auch in solchen in 632 Neumapyer. Fällen, wo orkanartige Stürme auftreten, die Bewegung der oberen Luft- ı schichten, den Wolkenzug, und den Charakter der Wolken, und verfehle nicht auch von anderen Beobachtern, anderen Schiffen, Material über das Phänomen zu sammeln, wobei man übrigens mit Kritik verfahren und Alles angeben sollte, was sich auf die genaue Feststellung der meteoro- logischen Elemente bezieht, damit die gemachten Beobachtungen unter einander vergleichbar werden. Eine besondere Beachtung verdienen die Anzeichen ' eines herannahenden Sturmes und vernachlässige man hierbei die Feuchtig- keitsverhältnisse nicht. Sehr zu empfehlen ist zu diesem Zwecke das Studium der Werke von Piddington, Reid, Dove, Mohn und Reye; man richte womöglich sowohl Beobachtungen als darauf gegründete Untersuchungen nach den, in denselben niedergelegten Grundsätzen ein. Ein anderer Zweig der praktischen Navigation hat in der jüngsten Zeit einen Aufschwung genommen und verdient daher eine besondere ıBe- achtung; es ist dies die Sturmwarnung an den Küsten. Der Seefahrer hat vielfach Gelegenheit in anderen Welttheilen Erhebungen zu machen über die Organisation von Sturmwarnungssystemen, welche daselbst in Thätig- keit sind. Es handelt sich hierbei, wenn das System innerhalb der Regionen periodisch auftretender Orkane liegt — also eine Sturmwarnung einfacher und sicherer sein kann, vorzugsweise um die Mittel, welcher man sich zur Mit- theilurg an die Seeleute bedient; es ist dies wichtig für die Sicherheit der Navigation an einer Küste. An Küsten, welche in ektropischen Gebieten liegen, wo Sturmerscheinungen viel verwickelterer Natur sind, sollte der Reisende darauf Bedacht nehmen, Alles zu sammeln, was auf die Grund- sätze, nach welchen Sturmwarnungen ausgeführt werden, einen Bezug hat. Werden nur einfache Mittheilungen über den Stand der meteorologischen Elemente gegeben oder auch wirkliche Warnungen hinzugefügt? Sind es nur Wahrscheinlichkeiten, welche mitgetheilt werden oder Vorhersagungen? Wie lange ist das System n Betrieb — nach welchen Grundsätzen ist es organisirt und, besteht eine Statistik über den Erfolg und welches sind die Resultate derselben ? 2. Zur Weiterentwiekelung der meteorologischen Wissenschaft mit hydrographischen Zielen ist eine Organisation der Arbeit unerlässlich. Der Einzelne kann bei dem heutigen Stande der Kenntniss nur wenig zur Förderung derselben beitragen, wenn er nicht nach einem festen Plane und in Verbindung mit einem meteorologischen Systeme arbeitet. Daher ist es dem Reisenden, der allein reist und den Wunsch hat meteorologische Beobachtungen auf See anstellen zu können, sehr anzurathen, dass er sich vor Antritt der Reise mit einem Institute für Maritime Meteorologie in Verbindung setze, nach seinen Instructionen arbeite und die Instrumente daselbst mit den normalen vergleiche. (Siehe Hann, Meteorologie). Es empfiehlt sich, dass er sich specielle Aufgaben zur Bearbeitung stellen lasse, die solche Gegenstände berühren, welche nur selten eine Berücksichtigung finden können; dahin gehören beispielsweise die Beobachtungen über Feuch- tigkeit der Luft mittelst Hygrometer (ohne psychrometrische Beobachtungen auszuschliessen) — über Windstärke, über Ozongehalt und Elektrieität u. s. w. Meteorologische Beobachtungen, auf See und in Verbindung mit einem Systeme und nach gegebenen Instructionen ausgeführt, bedürfen hier keiner weiteren Erörterung, indem alles Nähere aus diesen Instructionen zu entnehmen ist und theilweise im Abschnitte über Meteorologie schon behandelt wurde. Das auf diese Weise Gegebene als bekannt voraussetzend, wird nur Gewicht darauf gelest, dass die Beobachtungen an Bord an Instrumenten gemacht En Hpdrographie ana ea ran müssen, ei an ein und derselben Stelle erhalten ee dies gilt - sowohl mit Rücksicht auf Barometer als auf Thermometer und Psychrometer. Bei der Wahl der Aufstellungsorte hat man sich vielfach, unter Festhaltung _ der für dieselben geltenden reinen Normen, nach gegebenen Verdale nissen zu richten an lassen u dafür nur schwer Regeln aufstellen, die in allen Fällen Anwendung finden können. Die Thermometer sind in einem Jalousiekästchen und an einem Stative "befestigt so aufzustellen, dass sie ‚gegen Sonnenschein, Wind und Wetter Merur werden können und wird für diesen Zweck EN in der kais. hie sarine gebräuchliche Stativ beson- ders empfohlen (CO. Bamberg, Mechaniker in Berlin). Indem die Aufstellung des Thermometers an einer festen Stelle an Bord eines bestimmten Schiffes als wesentlich zur Erlangung guter und ver- gleichbarer Resultate bezeichnet wird, wird Reisenden, die sich an Bord solcher Schiffe befinden, anempfohlen Versuche anzustellen, die darauf ab- \ zielen, den für die Thermometeraufstellung gewählten Ort mit anderen durch gleichzeitige Beobachtungen zu vergleichen. Hierbei kann man so verfahren, a dass man der Reihe nach andere, je nach Segelstellung, Sonnenschein u. s. w. gewählten Punkte, die für die Zeit einer Beobachtung — Ver- gleichung — den Anforderungen einer guten Beobachtungsstelle entsprechen, mit der Normalstelle in Beziehung brinst; man bedient sich |hierbei eines . einfachen transportablen Jalousiekästchens. Auch über Regenfall kann der einzelne Reisende auf See wichtige Be- obachtungen anstellen und wesentliche Lücken in unserer Kenntniss dieses Elementes ausfüllen. Bei der Aufstellung der Regenmesser muss aber mit besonderer Sorgfalt verfahren werden, damit einestheils nicht von Raaen und Tauwerk Wasser in das Auffanggefäss fällt, andrerseits nicht durch Segel u. s.w., durch einen zu starken Luftzug oder gar durch Ueber- deekung der Niederschlag davon abgehalten wird. In dem V. Abschnitt werden wir über die Anwendung der meteoro- logischen Forschungen für die Zwecke der praktischen Navigation einige Anhaltspunkte geben. IV. Strömungen und Temperaturvertheilung im Ocean. Sowohl für die Zwecke der Seeschifffahrt, als auch für die verschiedenen Fragen der Oceanographie ist es von Bedeutung, von der Bewegung der Wassermassen im Ocean eine klare Vorstellung zu haben. Es ist bis heute schon Manches geschehen, was dazu dienen kann, einigermaassen bestimmte ° Ansichten in diesen Zweig des Wissens hineinzubringen; zum Mindesten muss das Errungene der Forschung Fingerzeige geben und es erschien aus diesem Grunde rathsam, diesem Werke eine Karte über die Strömungen im Öceane beizufügen, weil durch sie in anschaulicher Weise auf die für die Forschung wesentlichsten Punkte aufmerksam gemacht werden kann. TE Es handelt sich zunächst darum, dass der Beobachter die Erscheinung der Bewegung der Wassermassen dem Wesen nach zu unterscheiden lerne ie Bewegung der Gewässer geht entweder in Strömen mit mehr oder ‚weniger scharf ausgeprägten, oder in Trifteomplexen mit unbestimmten 'Gränzen vor sich. Ströme und Trift ziehen im Allgemeinen entweder in der " Richtung der Breitenparallele oder in der Richtung der 1 Meridiane, indem sie ix mit diesen Linien grössere oder kleinere Winkel bilden. Während die Ströme tief in die Wassermassen hineinreichen, nach neuen Untersuchungen jedoch‘ ° nicht so tief, als man früher vermuthete, sind die Trifteomplexe meist nur am ‚der Oberfläche bis zu einer gewissen, mässigen Tiefe bemerkbar. RN or 634 Neumayer. Der Beobachter muss diese beiden Erscheinungen zu unterscheiden lernen, wenn er Material zusammenbringen will, das für die Construction der Strömungskarten von Werth sein soll, was in vielen Fällen nicht so einfacher Natur ist, daher denn die zum Theil unverständlichen Systeme von Strömungen, welche heute noch auf den Karten erscheinen. Häufig wird das, was nur Öberflächen-Trift ist, als Fortsetzung von Strömen grösserer Tiefe dargestellt, eine Täuschung, die in sofern zu. entschuldigen ist, als sich beide als Bewegung des Wassers in demselben Sinne an der Oberfläche zu erkennen geben und eine Scheidung beider Phänomene nach der Tiefe, noch nicht möglich ist. Ein Hauptziel der Forschung muss daher auf diesen letzten Punkt gerichtet sein. In vielen Fällen kann man über den Charakter der Beneruneh des Wassers im horizontalen Sinne nieht im Unklaren sein. Wenn z. B. in dem Gebiete der Monsune im Indischen Ocean, oder der Chinasee die Stromrichtung sich mit dem Wechsel des Monsuns gleichfalls ändert, mit seiner Richtung übereinstimmend sich erhält, so kann man nicht in Zweifel sein, dass es sich hier nur um eine Oberflächenströmung und nicht um eine Circulations-Bewegung des Wassers handeln kann. Ein Gleiches gilt, wenn längs einer Küste, und bis auf eine beschränkte Entfernung von ihr, die Strömung an der Oberfläche durch Inland-Flüsse, die gemäss den Jahreszeiten eine grössere oder geringere Menge Wasser dem Oceane zuführen, bestimmt wird; in solchen Fällen handelt es sich meistens nur um ein Ueberdecken oder Verwischen der eigentlichen Strömung durch abfliessende Wassermassen des Binnenlandes. Man prüfe daher strengstens, und hierbei unterstützt die Fest- stellung der Tiefe, bis zu welcher die Winde eine Wirkung äusseren, in erster Linie die Forschung. Wenn immer sich dazu Gelegenheit darbietet, stelle man mit geeigneten Instrumenten die Tiefe der Trift fest. Hierfür sind besonders geeignet die Gebiete der westlichen Winde, welche beständig die Erde umkreisen und die Wassermassen nach Osten treiben. Andere Elemente der Unterscheidung der wirklichen Strömungen im Ocean sind Temperatur und Salzgehalt. Von besonderer Bedeutung ist die erstere, des- halb gebrauche man fleissig .das Thermometer. Die Strömungskarte dieses Werkes wird dabei von Vortheil sein können, da sie mindestens in allge- meinen Zügen die factischen Verhältnisse darstellt und warme und kalte Strömungen unterscheidet. Allein grade mit Rücksicht auf diese Unter- scheidung muss man sehr vorsichtig sein, indem der Begriff der hohen und niederen Temperatur in den meisten Fällen nur relativ zu verstehen ist. Ein Strom wird warm oder kalt genannt, wenn er wärmer oder kälter ist, als die ihn umgebenden Wassergebiete. Es kann z. B. die Bewegung der tropischen Gewässer von Osten nach Westen hin nicht als warmer Strom bezeichnet werden, weil das Wasser eine Temperatur von 25° bis 30° hat, dagegen erscheint der Guineastrom mit Recht als ein Strom warmen Wassers, da er stellenweise 8° oder 12° höhere Temperatur zeigt, als der Aequatorialstrom. Die Winde vermögen die Eigenschaften des Wassers mit Rücksicht auf Temperatur und Salzgehalt von einem Gebiete durch ihre verwischende Wirkung auf ein anderes ganz oder theilweise zu übertragen. 'Z. B. wird sich 1 Oberflächentheil des Kurosiwo, der sich als Strom warmen Wassers charakte- visirt, sobald er in das Gebiet der westlichen Winde eintritt, nach Osten hin ausbreiten, während der eigentliche Strom seinen nordöstlichen oder seinen nördlichen Curs fortsetzt, weshalb es nicht streng richtig sein würde, anzugeben, dass seine Gewässer vorzugsweise eine östliche Richtung annehmen. Aehnlich ver- erhbala genauer gestalten. 2 Soweit die Erfahrung bis jetzt einen allgemeinen Grundsatz festzustel- en gestattet, lässt sich Hlerseibe in Folgendem zusammenfassen: Es ziehen Bi ee den Polargegenden zu, während die kälteren Wassermassen von dn Polargegenden an den Westgestaden der Continente nach den Tropen fliessen. 4 Ob: Sch dieser Satz auch auf grössere Inseln anwenden lässt, wird von der 5 Gestaltung des Bodens, worauf sie ruhen, abhängen. Wenn, wie dies mit a Beziehung auf Tasmanien der Fall ist, eine flache Strasse (die Bassstrasse) eine Insel von dem Festlande trennt, und selbst die Wassertiefen in der Nähe des letzteren, wie im Süden von Victoria, nur gering sind, so wird die Ä Westküste dieser Insel mit Rücksicht auf die Temperatur des Meeres als KR ein Theil der Westküste des Festlandes erscheinen. Im Interesse des Ver- ständnisses der Stromerscheinungen längs den Küsten der Continente ist daher eine Untersuchung der Tiefenverhältnisse, der Bodengestaltung geboten; erst durch die Resultate einer solchen wird man über die oft scheinbar widersprechenden Erscheinungen Klarheit erhalten können. Deshalb suche der Reisende, sollte er selbst die Beobachtungen nicht zu machen ver- mögen, Information zu sammeln, wo immer er sie bekommen kann. Er verfehle aus diesem Grunde nie, wenn er Eıhebungen über Ströme und deren Temperatur an Küsten gemacht hat, auch en über die er- " wähnten Punkte einzuziehen, wenn es A wie dies meist der Fall sein wird, nicht möglich war, die Tiefenbeobachtungen selbst anzustellen. In den ‚einzelnen Oceanen werden sich die im Wesentlichen hierauf Bezug habenden Een, wie folet, gestalten. u Im Atlantischen Ocean. Der Golfstrom. Man beobachte Ausdehnung, Stärke, Tiefe, Schnel- ligkeit, Temperatur, Salzgehalt und Farbe des Wassers, und zwar an ver- schiedenen Stellen von seinem Ursprung im Golf von Mexico bis in den hohen Norden, wo er triftartig wirkend, die Temperatur der kalten Region erhöht. Wie sind die nun und Temperaturverhältnisse in der Strasse van _ Florida und zwar vorzugsweise auch nach der Tiefe zu? Nach welchem Ge- : setze vertheilen sich die Streifen kalten Wassers im Golfstrome und welche R Bewegung ist denselben eigen und wie weit gehen dieselben nach der Tiefe? Reichen sie etwa nur bis zur Tiefe, bis zu welcher die Oberflächenwirkung - zu erkennen ist? Wie ändern sich die Gränzen dieser bewegten Wasser- _ massen mit den Jahreszeiten? Sind diese Gränzen zu allen Zeiten gleich | scharf zu erkennen und bis zu welchen Breiten? a Der Labrador- und Polarstrom. Aendert sich die Lage dieses Stromes gegenüber dem Golfstrome? Da, wo beide zusammentreffen ; ist es von Wichtigkeit zu erfahren, wie sich due Massen beider lagern, in welcher Weise der kalte Strom unter dem warmen hindurchgeht und wie tief er sich forterstreckt? : AN Der Aequatorialstrom, oder, die Bewegung der Wassermassen \_ innerhalb der Wendekreise von Osten nach Westen. Es sich hier: 636 Neumaygeı. - Erde als der einzigen Ursache hingeleitet, im letzteren handelt es sich nur um eine Trift, welche durch die nordöstlichen und südöstlichen Passate verursacht wird. Untersuchungen zur Entscheidung dieser Fragen gehören zu den wichtig- sten, weil sie die Grundursachen der Bewegungen des Wassers des Öceans betreffen. Ferner fragt es sich, wie ist im Süden der Linie der Curs dieses Stromes — theilt er sich bei dem nordöstlichen Ende des südamerikanischen Continentes seiner Tiefe nach und welche Beziehung hat derselbe zu den Strömungen im Golf von Mexico? Alle diese Fragen können nur beantwortet werden durch Nachforschungen der Stromesrichtung und Stärke, auch in der Tiefe und unterhalb des Gebietes der Wirkung der Winde. Das Wasser der Aequatorialströmung muss im Osten von niederer Temperatur sein, da es aus höheren Breiten längs des Afrikanischen Continentes herabfliesst. Ist diese Bewegung von Norden nach Süden, von Oben nach Unten durchgehend oder wird durch einen Unterstrom der Ausgleich hergestellt? Der Aequatorial-Gegenstrom. Den Aequator unter einem kleinen Winkel schneidend, erstreckt sich der Gegenstrom von den Antillen bis zum Guineastrom im Gebiete des Aequatorialstromes. Das Wesen dieses Stromes ist noch wenig gekannt: hat derselbe Tiefe oder ist er nur an der Oberfläche wahrzunehmen ? Ist er der bewegenden Ursache nach dasselbe, wie der Guinea- strom, der nur noch durch Wasser, welches längs der afrikanischen Küste _ hinzieht, verstärkt wird? Seine Temperatur ist mit jener der Umgebung, die er durchzieht, verglichen, höher — auch der Guineastrom ist von höherer Temperatur, als die ihn einschliessenden Gewässer des südlichen Aequa- torialstromes. Handelt es sich in dem Falle, wo der Guineastrom in der Bucht von Benin oder bei Fernando Po an der Oberfläche verschwindet um einen Strom, der unter den von Süden kommenden, der afrikanischen Westküste folgenden kalten Strom herabsteigt, oder wohin nimmt er seinen Lauf? Sollte nicht etwa in diesem Zusammentreffen zweier bewegter Wasser- massen der erste Grund der noch immer nicht erklärten hohen Küsten- dünung jener Gegenden (Oalema) liegen? Der Brasil-Strom, der nk ziehende Arm des Aequatorial- stromes. In enger Trkadere mit der Verfolgung des Zuges dieses Stromes ist die Frage über den sogenannten Verbindungsstrom zwischen Südamerika und Afrika. Welches ist die Richtung des Brasilstromes von der La Plata Mündung aus? Tritt er nicht vielmehr unter die Oberfläche vielfach vorher schon durch Triftströmungen im SO Passate verwischt? Theilt er sich bei den Malwinen oder hält er sich als alleiniger Canal warmen Wassers, wie er bis jetzt auf den Karten gezeichnet, zwischen jenen Inseln und dem Fest- lande? Ist es nicht unwahrscheinlich, dass derselbe sich nur von so geringer Wassertiefe erweisen sollte? Wohin wendet sich das wärmere Wasser, indem es höheren Breiten zuzieht und von dem kräftigeren Strome bei Cap Horn nach unten verschoben wird? Der Cap Horn-strom und die Antarktische Trift. Da, wo dieser Strom östlich von den Malwinen (Falklands Inseln) mitten in den südatlantischen Ocean hinaustritt, durch Temperaturverminderung und durch Treibeis sich zu erkennen giebt, ist eine wichtige Stelle für die Forschung nach dem Wesen der Meeresströmungen. Ist dort wirklich, wie man ver- muthen sollte, eine Uebereinanderlagerung wärmeren und kälteren "Wassers zu finden? Wie verhält es sich mit der sogenannten Gegenströmung? : Ist sie eine Wirkung der westlichen Winde, die nur die allgemeine Strömung verwischen, oder ist es ein Rücklauf nach Osten, der sich hier zu erkennen giebt? Welche Beziehung hat derselbe zu der so auffallenden, noch immer der vollen ı harrenden umbiegenden Sirämung bei dem Cap ‚der Guten Hoffnung ? e u Der Indische Ocean. En Die Warme Strömung durch die Mozambique- Strasse nach der y Agulhas Bank und der an der Ostseite von Madagaskar nach Süden und sodann nach Südosten ziehende Strom einerseits, und ie kalte Strömung an der Westküste Australiens andererseits, sind in Uebereinstimmung mit den herr- schenden Ansichten erwiesen. Wo ist in diesem Meere die Strömung zu suchen, welche den Austausch der warmen und kalten Gewässer vermittelt — _ erkennen lässt? Wie verhält es sich mit der Umkehr des Capstromes nach Osten oder Südosten? Worin sind die Gründe für ein solches ausserordent- liches Phänomen zu finden? Ist diese Umkehr nur eine oberflächliche oder erstreckt sie sich zu einer grösseren Tiefe? Geht eine warme Strömung in einzelnen Jahreszeiten an der Oberfläche an der Westküste Siüdafrika’s zwischen ihr und dem kälteren Südstrome hinauf? Ueberall sind Temperatur- und Bodenverhältnisse hierfür entscheidend. Maury nimmt einen grossen Strom warmen Wassers an, der, aus ‘der Mitte des Indischen Oceans herauskommend, sich an Kerguelen vorüber nach Süden wendet. Sind für die Existenz eines solchen Anhalte- punkte vorhanden? Spricht nicht vielmehr Alles dafür, dass die von der Ostküste Afrika’s abgelenkten warmen Gewässer in einem südöstlichen Laufe sich westlich jener Insel und bei M’Donald’s Gruppe nach Süden ziehen? Tiefentemperaturen sind hier entscheidend, ebenso, wie die Richtung a des Stromes, deren Feststellung vielfach durch die verwischende Wirkung der westlichen Winde gestört wird. Auch in diesem Meere ist in der süd- lichen Hemisphäre der Aequatorialstrom zu erkennen, ebenso auch der Aequatorial-Gegenstrom, und es sind die Fragen über Tiefe der Wasser- bewegung und die Ermittelung der Temperatur von grosser Tragweite zur - vollständigen Erklärung der Erscheinungen. Namentlich ist der Uebergang der kalten Strömung "Westaustraliens in die Bewegung des Aequatorial- stromes von HRberene ! Der nördliche Theil des Indischen Oceans, nach Norden hin von Ländern umschlossen, bietet für die Erforschung der Meeresströme ein grosses erfolg- verheissendes Gebiet. An der Oberfläche sind es die in der Jahreszeit herrschenden Winde (Monsune), welche den Strom bestimmen. Die Malaba- - — — Strömung und die Strömungen in der Arabischen See, in der Bai von Bengalen und weiter nach 0 zu im Chinesischen Meere geben dafür die Br, besten Belege. Allein, wie verhält es sich mit den Miefonitramanden daselbst, denn jene Windeinwirkung kann für die eigentlichen Strömungsverhältnisse nicht maassgebend sein. Die Arbeiten der Hydra erweisen, dass sich in den N, - tropischen Gewässern des Indischen Ocean’s am Meeresboden Wasser von so AU, ‚niedriger Temperatur findet, dass man annehmen muss, es sei dasselbe aus m dem antarktischen Gebiete gekommen. Wie lagern sich die Hauptströmungen | im Indischen Oceane? Ein Durchforschen desselben von Westen nach Osten in 30° südlicher Breite wird entscheidende Resultate für die Erklärung der ; Erscheinungen bringen. Bf m Der Stille Ocean. | r Di a Der Stille Ocean ist für die Erforschung der Bewegungsgesetze der er Wassermassen gemäss seiner Ausdehnung wohl das günstigste Gebiet. N A Der Kurosiwo oder der Japanische RN der, wie der Golfstrom um SHoR die men Florida’s herum sich nach dem Ktlantischen Oceane wendet, 638 Neumayer. um Formosa durch den nördlich Stillen Ocean zieht, ist in erster Linie zu beachten. Welche Beziehungen finden wir mit dem Aequatorialstrome auf der Nördlichen Hemisphäre? Die bei Gelegenheit des Atlantischen Oceans angeführten Fragen finden auch hier eine Anwendung und bedürfen keiner Aufzählung mehr. Der Kurosiwo geht der Behringstrasse zu, ein anderer Arm wendet sich mehr nach Osten, den Aleuten ein wärmeres Klima bereitend. Es sind auch hier die zwischen 35° und 50° herrschenden westlichen Winde, welche an der Oberfläche den Charakter der westlichen der östlichen Hälfte des Stillen Ocean’s zuführen. Wie aber mag es in der Tiefe aussehen? Wo drinst der kalte Strom, der durch die Behringstrasse herabkommt, in das Aequatorialgebiet ein? Geht er auch in der Tiefe längs der amerika- nischen Küste, wie es die Oberflächen Beobachtungen vermuthen lässen, nach Süden? Welcher Art ist der auf allen Stromkarten mit Bestimmtheit heryde® tretende Wirbel Fleuriens des nördlich Stillen Ocean’s? Ist er nur durch den Widerstreit ephemärer Winde in den Calmengebieten erzeugt? Solche Erscheinungen müssen, wenn nicht gründlich erforscht, bei einer vorschnellen Beurtheilung, verwirrend wirken. Der Aequatorial-Gegenstrowm ist ein warmer Strom, namentlich im Osten, da er dort mit den relativ kälteren Gewässern zusammentrifft, die 5 in beiden Hemisphären einen Polarursprung bekunden; denn auch an der Westküste des südamerikanischen Continentes zieht ein kalter Strom herauf — anscheinend von mächtiger Tiefe; nach und nach nehmen seine Gewässer, indem sie erwärmt werden, eine westliche Bewegung im Aequatorial-Strome an und zwar in einer Entfernung von der Amerikanischen Küste, wie sie durch die Ueberwindung des: Trägheitsmomentes der Wassermassen bedingt wird. Wie ist der Einfluss der Aequatorialströmung südlich und nördlich des Aequators, auf die Bewegung des Wassers bei den Carolinen, der Ost- küste der Philippinen entlang, und den Strom der Australischen Küste? Der Monsun-Üharakter der Winde zeigt sich auch in diesem Theile des Oceans vielfach als ein, die allgemeinen Erscheinungen modifieirendes, Element; die Ströme in der Tiefe sind hier noch nirgends eingehend erforscht. Im südlich Stillen Ocean sind vielfach Zeichen der Bewegung der Wassermassen von den antarktischen Regionen nach Norden hin zu finden. Ist der von der Ostküste Australiens zurückgeworfene Strom, der in südöstlichem Zuge dem Süden zugeht, mächtig genug, eine Ausgleichung für die Bewegung der antarktischen kalten Gewässer zu bewirken und ist in ihm die einzige Ader des Austausches zu erblicken? Auch in diesen Gewässern ist es der beständig wehende westliche Luftstrom, der störend auf das klare Brkennen der Erscheinungen einwirkt. \ Interessant ist das Gebiet zwischen Neuseeland und dem australischen Oontinente. Ist der nördliche Strom an der Westküste Neuseeland’s eine Fortsetzung des sich nach den Karten‘ im Wirbel bewegenden Küstenstromes Australien’s, oder haben wir in ihm den an die Oberfläche herauftretenden kälteren vom Süden kommenden Strom zu erkennen? Temperaturbeobach- tungen, consequent und gewissenhaft ausgeführt, können dies allein entscheiden. Die Bodengestalt muss Vieles, was uns jetzt räthselhaft erscheint, erklären. Dies sind in grossen Zügen und in einigen Beispielen die Fragen, welche den Forscher auf dem oceanischen Gebiete beschäftigen müssen, wenn er durch seine Beobachtungen die Einsicht in das Wesen der Meeres- strömungen fördern will. Die Untersuchung der Strömungsverhältnisse in Strassen und Meerengen bilden € ein reiches Capitel für sich. Sind in den Strassen an der Ober- Wechseln ‚dieselben mit der Jahreszeit in der Richtung oder nur in ihrer Mächtigkeit? Wie ist die Vertheilung der Temperatur? Beispielsweise sei nur daran erinnert, welches Interesse sich an die Strömungen und Tempe- raturverhältnisse in der Behringsstrasse oder in der Baffınns Bai zum "Smithsund hinauf knüpft. Wie wichtig ist nicht das Studium der Strömungen in einem Inselgebiete, wie in Dane oder in den Antillen! Allein nur eingehende Lothung und Temperaturmessung hat hier nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft einen Werth. Ein Gleiches lässt sich von den Strömungen in mehr oder minder geschlossenen Meerestheilen anführen. Die Untersuchungen von Schrenck in dem Ochotskischen und Japanischen Meere zeigen, wie eine gründliche Untersuchung in beschränkten Gebieten w...die lzemeine Alramansstheorie zu fördern vermag. Man wird wohl daran AR thun bei der Deraellung von Meeresströmungen in Karten allen beeinflussen- den Umständen mit ändere Rechnung zu tragen, namentlich sollte man die Strömungen an der Oberfläche und die tiefer gehenden unterscheiden, Be, die Winde nicht als maassgebend bei der Circulation der Wassermassen, 3 sondern als dieselbe nur beeinflussend, modificirend erscheinen lassen. ei In gewissem Sinne unabhängig von den in Systemen zu behandelnden a2 Strömungen des Oceans sind in einzelnen Gebieten die, wenn die Bezeich- nungsweise gestattet ist, sporadischen Ströme, die noch nicht, oder überhaupt che, auf ein System zurückgeführt werden können, Die Son zeigen davon eine grosse Anzahl und zwar in allen Gegenden des Weltmeeres; existiren dieselben wirklich oder sind sie vereinzelte, vielleicht nur momen- tane Erscheinungen, oder etwa Beobachtungsfehlern zuzuschreiben? Man denke an die Gebiete im subtropischen Stillen Ocean, oder auch im gleichen Gebiete des Indischen Oceans. r Der einzelne Reisende kann in diesen Fragen, wenn er nicht einer besonders für solche Zwecke ausgesandten Expedition angehört, weniger durch direete Beobachtungen wirken, als vielmehr durch Sammlung von Material die Entwickelung fördern. Zu Die Treibproducte; das Eis und die Trift; die Seetange. In beiden Hemisphären ist das Treibeis ein interessantes Object der Forschung; die Bewegungen desselben sind noch nicht genügend erklärt, und werden es auch erst werden können, wenn man über die unteren Meeres- Strömmnern unter- richteter ist, als gegenwärtig. Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Treib- eisgränze der südlichen Hemisphäre (siehe Karte) höchst lehrreich, weil sie Unregelmässigkeiten zeigt, die bei der grossen Ausdehnung des oceanischen Gebietes, wo also die Gestaltung der Coutinente keinen Einfluss üben kann, - nur tiefer liegenden Strömungen zugeschrieben werden können. Welches ist der Grund, dass die Treibeis-Gränze bei Kerguelen, ‘bei den Auckland’s Inseln um, inehr als 10 Breitengrade weiter nach Süden hin verschoben ist, als in N, anderen Gegenden des Circumpolar-Gebietes? Was ist der Grund der Bewegung der Diimassen in der jährlichen Periode? Spielt hierbei die wechselnde Mäch- tigkeit der Strömungen eine Rolle (nicht die Stärke, sondern die Tiefe)? ' Plätzen vorzugsweise den Strömungen. Es ist eine wichtige und lohnende Aufgabe für den Beobachter, die Gattungen und Arten derselben: in jedem Falle festzustellen, indem daraus auf die Strömungsverhältnisse Schlüsse ge- . werden sie nicht in allen Fällen von der Oberflächenströmung beeinflusst. ' Hläche und unten verschiedene Strömungen wie es. sich vermuthen lässt? ‘ eis. ‚Die treibenden Tange (siehe Acherson) folgen i in den Ansammlungs- zogen werden können; denn, weil die Tange tief in das Meer hinabhängen, 640 Neumayer. So soll beispielsweise der Meridian St. Paul-Amsterdam nach den Holländischen Untersuchungen die Tange des westlichen und östlichen Indischen Oceans scheiden. Verhält sich dies so und findet man auch anderwärts Analogien hierzu? Kann man in Wirklichkeit auch in anderen Meeren der Sargasso See des nordatlantischen Oceans ähnliche Erscheinungen feststellen? Wenn dies so ist, dann handelt es sich um die Gränzen solcher Gebiete und um die Feststellung der Tiefe, bis zu welcher die Tange in den Ocean hinein- reichen. Quallen und die Wale. Man beobachte im Interesse der Meeres- strömungen die treibenden Quallen, notire das Vorkommen der Wale, wenn- möglich die einzelnen Gattungen scheidend. (Siehe Zoologie von Hartmann.) Das Meeresleuchten ist einem Studium vom Standpunkte der Meeres- strömungen, mit welchem es in einem noch zu vermittelnden Zusammenhange steht, zu empfehlen. Hierbei ist es wichtig die verschiedenen Arten des Leuchtens der See zu unterscheiden. Die Classification von Peak, welche in Nachfolgendem gegeben wird, sollte für diesen Zweck angewendet werden, nicht als ob dieselbe erschöpfend wäre für die Bezeichnung des hundertfältie modifieirten Schauspiels, sie ist vielmehr nur als ein Versuch, dasselbe ein- heitlich zu beobachten und zu classificiren, anzusehen. Nach Peak unterscheidet man folgende Arten: 1) Leuchtend, oder sehr leuchtend (luminous, very luminous) 2) Wie Wetterschein (sheet-like) 3) In grossen Flecken (in large-spots) 4) Glänzendes Aufblitzen (bright flashes). 5) Herrliches Schauspiel (glorious display). Es sind besonders alle begleitenden Umstände mit den Beobachtungen über Meeresleuchten nahren: Wind und Feuchtigkeit, Wellenschlag und Strömung. Ferner ist zu beobachten, wenn immer dies schöne Phänomen wahrgenommen wird, ob es an bestimmte Localitäten gebunden ist. Hat der Reisende ein Mikroskop und einige Debung im Beobachten solcher Dinge, so kann er sofort wichtige Untersuchungen an den lebenden Thiergestalten anstellen; sonst sammle er Proben leuchtenden Wassers für die spätere Unter- suchung. (Siehe Fritsch über Mikroskopische Untersuchungen auf Reisen.) Beobachtung über Durchsichtigkeit und Farbe des Wassers sind dem Reisenden gleichfalls zu empfehlen, und wird er auf die Noth- wendigkeit des Studiums solcher Werke, die sich besonders mit dieser Frage beschäftigen, aufmerksam gemacht. (Siehe Lorenz, Golf von Quarnero, p. 84—93). Die Tiefe, bei welcher weisse, im Meere versinkende Gegenstände dem Auge unsichtbar werden, ist anzugeben. Ueber das Aussehen, die Farbe der See mache er seine Bemerkungen. Welche Umstände wirken auf dies Aussehen ein? Entscheidet hier nur der Reflex des Himmels oder wirken auch noch andere Umstände auf die Farbe des Wassers bedingend ein? Es handelt sich natürlich hier nur um Beobachtungen in tiefem Wasser; das Durch- leuchten des Bodens, sein Einfluss auf die Erscheinung des Wassers sind Dinge so vielfältiger Natur, dass sie hier nicht besprochen werden können, und ein Hinweis na: genügen muss, um den Beobachter auch in dieser Richtung zur Thätigkeit anzuspornen. V. Passagen und Routen zur See. Aus den drei vorhergehenden Abschnitten (II—IV) lassen sich die Regeln für die Verwerthung der Lehren der wissenschaftlichen Hydrographie an Wr IN hit A TTRRN A EE EDER ER Asae oY a EIKE ern 20 ER ER RRSRLDRU RNIT, Na Aal REN) Hydrographie und Oceanographie. x zur Förderung des Weltverkehres ableiten. Es erscheint in diesem Falle der Seefahrer, welchem die Navigirung eines Schiffes anvertraut ist, einer- seits als diese Lehren zu seinem Vortheile ausbeutend, während er anderseits, gleich anderen wissenschaftlichen Reisenden, die Aufgabe hat,. die Wissen- schaft zu bereichern. Diese Aufgabe besteht vorzugsweise in der Prüfung, Vervollständigung und Schaffung von Segelhandbüchern (sailing directories), von Wind und Stromkarten. Reisen zur See sind in den meisten Fällen durch die zu verfolgenden Ziele und Zwecke hinsichtlich der einzuschlagen- den Route gegeben; nur bei wissenschaftlichen Reisen (Expeditionen) sind hierfür die denselben gestellten Aufgaben allein'maassgebend. Bei Reisen des Weltverkehrs, welche zumeist zwischen gegebenen Punkten der Erde .(Ab- gangs- und Bestimmungsort) eingeschlossen sind, handelt es sich zunächst darum, den nach Gestaltung der Länder und Meere möglichen, geometrisch kürzesten Weg durch den Ocean niederzulegen, sodann aber um die weitere Frage, in welchem Maasse und in welcher Weise die physikalischen Ver- hältnisse der zu durchreisenden Gegenden ein Verlassen desselben noth- wendig oder rathsam erscheinen lassen. Hierbei kommt in Betracht, ob es sich um die Reise eines Dampfers, eines Segelschiffes mit Auxiliär-Dampf- kraft oder eines Schiffes handelt, das nur auf seine Segelkraft allein an- gewiesen ist. Ein gründliches Studium der bereits vorhandenen Segelhand- bücher, Wind- und Stromkarten, wie sie von den verschiedenen Nationen, welche sich auf diesem Gebiete bereits ausgezeichnet haben, herausgegeben wurden, ist zur erfolgreichen Lösung dieses Theiles der Aufgabe unerlässlich. Hat sich der Seefahrer über die Wahl seiner Route im allgemeinen schlüssig gemacht, so handelt es sich in zweiter Linie um das Studium der Einzeln- heiten mit Rücksicht auf Phänomene längs dieser Route; durch ein solches allein vermag er auf Alles das aufmerksam zu werden, was zum Nutzen oder Nachtheil der Reise gereichen kann, während er anderseits eine Einsicht in das erhält, was mit Beziehung auf Wind und Wetter, auf Barometer- stand, auf Strömungen, auf Fauna, auf Treibprodukte u. s. w. zu beobachten ist. Der wahrhaft gebildete Seefahrer darf gemäss der angeführten Gesichts- punkte das Specialstudium einer Route nicht vernachlässigen; allein auch der Nichtseefahrer, der einzelne Reisende, vermag bei einer gründlichen Vor- bereitung rücksichtlich der zu befolgenden Route zur See zur Hebung der oceanischen Wissenschaft Erhebliches zu leisten und sollte daher eine solche Vorbereitung, wenn ihm. auch nicht die Pflege der praktischen Navigation obliegt, niemals vernachlässigen. Im Interesse der praktischen Navigation ist es anzurathen, dass der Schiffsführer sich eine Einsicht in die Beziehungen zwischen Barometerstand und Windrichtung in den zu durchreisenden Gebieten des Oceans verschaffte, damit er eventuell im Stande sei, im Falle sich die klimatisch-meteorologischen Verhältnisse gegen Erwarten ungünstig erweisen sollten, andere und für seine Reise günstigere Gebiete aufzusuchen. Es wird mit Rücksicht gerade auf diesen Punkt auf das Studium der Arbeiten Maury’s, Buys-Ballot’s und Toynbee’s aufmerksam gemacht und die Prüfung der in denselben nieder- gelegten Resultate empfohlen. Man sei ferner bei dem Studium einer Route darauf bedacht, dass man nicht ältere Werke dazu benutze, sondern stets die neuesten; dies eilt mit Beziehung auf Segelhandbücher und besonders auch auf Karten und Karten- werke, welch letztere die statistischen Ergebnisse der maritimen Meteorologie darstellen. Es ist die Beachtung dieses Umstandes schon um desswillen. wichtige, weil die neueren Werke der bezeichneten Art nicht nur, wie dies 41 Anleitung zu wissenschaft], Beobachtungen auf Reisen. 642 ° Neumayer. in den ersten Zeiten der Pflege unserer Wissenschaft unvermeidlich war, die Resultate der Arbeiten eines Instituts (Centralstelle für maritime Meteorologie) wiedergeben, sondern vielmehr in vielen Fällen die Ergebnisse der Forschungen mehrerer solcher Institute zusammenfassen, was begreiflicher Weise den Werth derselben beträchtlich erhöhen muss. Auch der fernere Umstand, dass in neuerer Zeit das zur Verwerthung kommende, reichlichere Material für kleinere Areale gegeben wird, wodurch die Zuverlässigkeit der gebotenen statistischen Resultate noch mehr erhöht werden muss, verdient eine Beachtung. Es wird hier noch auf die, von verschiedenen Autoritäten heraus- gegebenen Routen- und Passage-Tabellen, in welchen die mittlere Dauer von Reisen über die ganze Erde niedergelegt sind, aufmerksam gemacht (In den Were des Board of de Sriloiss pocket book von Capt. Bedford, Tabellen über Schnittpunkte von Maury und anderen); jedoch wird nur solchen Werken dieser Art eine Bedeutung beigelegt, bei deren Herstellung nachgewiesener Maassen nur Reisen zur Verwendung gelangten, welche bereits nach den neueren Grundsätzen der Navigation ausgeführt worden waren. In diesem Abschnitt über Routen und Passagen und den auszufüh- renden Beobachtungen gehört auch noch die weitere Aufgnbe der beständigen EN ER A Ta \ A $ A & l 109 ni u m Controle der De, veröffentlichten und im Gebrauche befindlichen Tnsien ® und Karten von angeblichen Untiefen und Gefahren (Vigia). Oft existiren solche Untiefen nur in der Einbildung und es ist Pflicht eines jeden See- fahrers, namentlich aber solcher, welchen die Führung von Vermessungs- fahrzeugen anvertraut ist, zur Aufklärung nach dieser Richtung und nach Kräften beizutragen. Eine Entfernung angezeister Untiefen von den Karten kann aber nur auf Grund der eingehendsten und gründlichsten Untersuchungen als gerechtfertigt erscheinen. Genaue astronomische Bestimmungen sind für die Entscheidung hierüber in erster Linie erforderlich, dann aber hat man sich auch durch das Werfen des Lothes, beispielsweise bis zur Tiefe von 2000 Meter, von dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer ange- gebenen Klippe, Bank u. s. w. zu überzeugen. Man merke vorzugsweise auch auf die Farbe des Wassers,” auf die Veränderungen, die in derselben vorgehen und versäume nie durch eine gewissenhafte Wache alle hierauf Bezug habenden Umstände notiren zu Ian Aus den wenigen im Vorhergehenden gegebenen Andeutungen ergeben sich die Regeln a; Torben welche Den Entwerfen von Segelhand. büchern zu beachten sind, von Zelbel auch erhellt aus dem Gesten zur Genüge, in welcher Weise der Reisende zur See für die Erhöhung des Werthes des Materials für die Auslegung der Routen zu wirken vermag, Der Schiffsführer, besonders der Commandant eines Kriegsfahrzeuges, sollte es sich stets beim Antritt einer Reise zur Pflicht machen nach Kräften zur Förderung der angeführten Ziele zu wirken und sich vergegenwärtigen, dass diese Förderung zur Kürzung der Seewege und zur Erhöhung der Sicherheit derselben führen muss. Für den Hydrographen von Fach, welchem die Abfassung von Segel- handbüchern anvertraut ist, handelt es sich bei Besprechung bestimmter Routen vorzugsweise darum, die physikalischen Verhältnisse längs derselben, die Veränderungen derselben nach Jahreszeit und Ort in klarer und allee- mein verständlicher Sprache darzulegen, so dass seine Auseinandersetzungen . dem Seefahrer bei der Wahl seiner Route, die sich ja stets auch in ' Etwas nach den Qualitäten des Schiffes, nach Gattung der Ladung u. s. w. ‚sich auf a Fälle sind bei der Ausführeng dieser wichtigen Aufgabe zu vermeiden. ar Alle Verbesserungen und Erweiterungen von solchen Werken, die die en 8icherung und Kürzung der Seewege zum Gegenstande haben, müssen an AR ; E „der and gründlicher meteorologischer und hydrographischer Forschung aus- | ; geführt werden und muss bei der Motivirung solcher besonders eine präcise a 2 und unzweideutige Ausdrucksweise zur Pflicht semacht werden. j BO: VI. Ansegeln von Land. Nach einer längeren Reise, während welcher vielleicht wenig Gelegen- en heit gegeben war, Chronometer zu controliren, ist Vorsicht beim Ansegeln BUN, 4 des Landes vor Allem geboten. Diese Vorsicht muss sich namentlich darin . zeigen, dass alle Einzelnheiten, welche die Küste, die angesegelt werden | soll, betreffen, studirt, eingeprägt und beachtet werden. Man merke auf die Leitmarken, ihre gegenseitige Lage und die Peilungen. Besonders sei ” man unterrichtet, ob Leuchtthürme an der Küste sich befinden und wenn or dies der Fall, welcher Gattung das Licht, welches auf demselben gezeigt i “ wird, und namentlich wie gross der Leuchtkreis derselben ist. In der neueren Zeit wurden vielfach Nebelsignale eingeführt; die Nebeltrompeten, . die Sirenen sind beim Ansegeln einer Küste während Nebel von grosser Bedeu- tung — desshalb sei man über die Einrichtung derselben unterrichtet, ebenso wie über die Weite der Verbreitung und Stärke des Schalles unter verschie denen atmosphärischen Vochälhiagen. Die Erhebungen einer Küste über dem Ocean, die Gestaltung und die Beschaffenheit des Bodens unter dem Wasser — die Wassertiefen — sind zu beachten, nach Vertonungen die erstern, nach "beständigen Lothungen und Grundproben die letztern. Beim Herannahen an die Küste ist es ferner rathsam, dass man sich über die Strömungen klar wird, d. h. dass man weiss, wo und wie man dieselben zu erwarten hat. Besonders achte man auf die Gezeiten, so dass man stets im Stande ist, wenn an der Küste die _ nöthigen Constanten bereits gegeben sind, die Zeit des Hoch- oder Niedrig- wassers anzugeben — es ist dies wichtig, einmal, für die genaue Angabe der N Wassertiefen, wenn das Wasser flacher wird, während es andererseits unter h Umständen, wenn das Fahrzeug auf Grund gerathen sollte, zur Lebensfrage nn werden kann. RR | Temperatur des Wassers und Farbe desselben geben beim Herannahen G am eine Küste oft durch Aenderung eine Warnung — und ist dies besonders EN. - wichtig, wenn es sich um eine unbekannte Küste handelt. Sobald man dieselbe ansichtig wird, so beginne man mit der Beobachtung derselben; _ man suche die besonders charakteristisehen Punkte auf und messe mit dem ' Sextanten von einem bestimmten Anfangspunkte aus, den man genau zu kennzeichnen hat, die horizontalen Winkel und ebenso die Höhen, nehme Peilungen und stelle Deckpeilungen fest, während man Vertonungen auf- nimmt, in welchen ' man unter anderm auch Färbung des Ländes, z. B. weisse Kreidestellen u. s. w., die in nebeligem Wetter hindurchschimmern und Marken abgeben können, angeben kann. — Ist man innerhalb der Sicht- _ weite von Baken, Bojen, Leuchtschiffen und Thürmen, die sich -auf der Küste etwa befinden, so achte man auf deren Erscheinen, auf die Peilungen _ und ihre gegenseitige Lage und mache sich darüber Notizen. Mit der b ostalt der Erhebungen gebe man auch, wenigstens im Allgemeinen den AL e IR y al ye he) LER . ER N \ hr 4 u le N id a LE. 2 Rs BR BT ze a NEE 644 | Neumayer. Charakter der Vegetation an: sind die Ufer bewaldet oder kahl, hat man in ‘den Niederungen bei der Annäherung an das Gestade Haideland oder Marschen in Sicht? Die atmosphärischen Verhältnisse sind beim Ansegeln von maassgebender Bedeutung; besonders gilt dies von dem Grade der Durchsichtigkeit der Luft. Oft sieht die Küste aus, als läge sie noch in weiter Ferne, während man schon nahe dabei ist. Man denke nur an die Westküste von Afrika, die während der trockenen Jahreszeit stets in einen Schleier gehüllt ist. Auch auf die Thierwelt achte man: der Zug vieler Vögel, z. B. der Pelikane an der Südküste Australiens, zeigt die Nähe des Landes an, während im Meere treibende Quallen und andere Thiere sich häufen. Man behalte immer im Auge, dass es sich für den Hydrographen ent- weder darum handelt, neue Anweisungen für das Ansegeln einer Küste zu entwerfen oder die bestehenden zu prüfen und zu verbessern, dann werden die Beschreibungen klar und von Nutzen sein können, während andererseits auch die Naturkunde bereichert werden wird. Allein nicht nur der Hydro- graph von Fach, sondern auch der wissenschaftliche Reisende vermag werth- volles Material für das Verständniss und die Navigation einer Küste zu sammeln. Den von der Küste abliegenden Untiefen, Sandbänken, Riffen und der Kennzeichnung ihrer Lage, sowie ihrer Erscheinung, wende man besondere Aufmerksamkeit zu. Hier handelt es sich besonders darum, die Peilungen, womöglich Leitpeilungen (Deckpeilungen) anzugeben, hırrda welche man solche Gefahren vermeidet. Man sei in deren Angabe ganz besonders präcise und so klar, dass ein Irrthum nicht wohl and kann. Sind solche schon in Segelanweisungen niedergelegt, /so ist gerade in diesem Falle eine Prüfung sehr erwünscht, weil oft Veränderungen in Gestalt und Umfang solcher Untiefen vor sich gehen, deren Feststellung dem Seemann von Bedeutung ist. Auch wenn es sich nicht um eine Vermessung handelt, 'ist es erforderlich, dass man Peilungen mit .aller Sorgfalt nehme und dabei den Curs des Schiffes angebe, damit man die nach dem Compass gegebenen Richtungen später genauestens zu reduciren vermag. (Siehe den Abschnitt über Aufnahme am Bord, p. 667). Es wurde schon hervorgehoben, dass man sich alle Information über Gezeiten und Gezeitenströmung zu verschaffen ‚beziehungsweise festzustellen habe, wenn man eine Küste besucht. Dies gilt in gleichem Maasse von jeder physikalischen Eigenthümlichkeit, wie der Variation des Compasses, dem Verhalten des letztern in der Nähe der Küste, wenn sie aus vulcanischem, in den meisten Fällen die Magnetnadel beeinflussendem Gesteine besteht — dann auch von dem Stande des Barometers und seinen Oscillationen. Die meteorologischen Elemente und besonders auch die Temperatur und der Feuchtigkeitsgrad sind für Strahlenbrechung und Durchsichtigkeit der Atmo- sphäre von Wichtigkeit und sollen desshalb bei der Aufzeichnung der auf- genommenen Erscheinung einer Küste nicht vergessen werden. Oft kann eins oder das andere der genannten Momente zur Erkennung oder zur Kennzeichnung einer Küste von Belang sein. Die Eigenthümlichkeit der Brandung, der Bewegung des Wassers beim Herannahen oder dem Anschlagen an die Küste sollten beschrieben werden, weil sie, wie aus dem Früheren erhellt, Schlüsse auf die Gestaltung des Bodens gestatten. Je nach den Eigenthümlichkeiten der Wasserbewegung wird Koh auch die geologische plastische Erscheinung des Gestades gestalten. Es ist wichtig, dass man in der Beschreibung desselben mit Rücksicht ’ r ER ei 7 ARE ii el h r 4 % Au * } ER LRT RZ SERIE STRASS ERPE TRENNEN RS STARTEN SS MRRST Va RR a a a FRE 5 RA N Hydrographie und Oceanographie. 645 darauf präcise und wissenschaftlicher wie bisher verfahree Die Wirkung des Wellenschlages auf die Ufer erzeugt oft höchst charakteristische Formen. So werden sich bei Steilküsten durch das Wasser Küstenplattformen und Küstenterrassen bilden, wie diese z. B. an der Ostküste Australiens wahrzunehmen sind, während auf Flachküsten häufig Aestuarien oder Fluthbecken Salstehen deren Scheidewände gegen das ilan Meer an der Ostseeküste Nehrungen genannt werden. In der Verzeichnung und Be- schreibung solcher Diaeen unterstütze man sich durch Skizzen und wenn irgend möglich auch uch Pläne. Erhebt sich hinter der Küste ein hohes Land, das oft viel früher in Sicht kommt als das wirkliche Gestade, so erwähne man dies — gebe auch den Charakter der Formen der Höhenzüge an: sind dieselben scharf oder abgerundet, tragen sie mehr das Gepräge eines Plateaus, indem , ihre Conturen horizontal sich gegen den Himmel abheben? Beim Herannahen an die Küste sehe man zu, dass man über die Bildung des Landes zwischen ihr und dem dahinter liegenden Hochlande sich Aufschluss verschaffe und achte namentlich darauf, wann dies Gestade zuerst sichtbar wird. In diesem Falle sind Deckpeilungen als leitende Merkmale für die Ansegelung von grossem Werthe. Längs solcher Leitmarken vergesse man die Lothungen und die Grundproben nicht! — Mit diesen zugleich sind Temperatur- beobachtungen des Wassers — an der Oberfläche und in der Tiefe — wichtig, zumal wenn man Untiefen vermuthet. Mündet ein Fluss an der Küste von einiger Bedeutung, so wird sich dies schon auf Meilen Entfernung durch Aenderung (Trübung) der Farben des Wassers zumeist auch durch Aenderung der Temperatur zu erkennen geben. Die Beobachtung des Stromes ist in solchem Falle festzustellen — aber immer mit genauer Angabe der Zeit, damit man -die Phase der Gezeiten dabei in Betracht ziehen kann. Fjorde und Buchten geben sich schon dem einigermaassen geübten Auge des Seemannes durch die Gestaltung des umliegenden Terrains zu erkennen, wenigstens wenn dasselbe von einiger Erhebung über dem Wasser ist; ihre Aufnahme, eventuell ihre Beschreibung ist, da es sich hierin um Häfen und Ankerplätze handeln kann, für die Schifffahrt von Interesse und sollte nicht versäumt werden, wenn die Gelegenheit dazu gegeben. Wie dies in genauer Weise geschehen kann, wird später in Kürze erörtert werden. Handelt es sich um die Ansegelung eines unbekannten Landes, so wird man sich mit Vorsicht der Küste zu nähern haben — vielleicht ist das Herannahen unmöglich — alsdann suche man sich mittelst Ferngläser zu versichern, ob an der Küste Wohnungen von Menschen Kork anden und welcher Art dieselben sind — ob sie einigermassen höhere Bildungsstufe verrathen oder ob sie so primitiv sind, dass man mit einiger Gewissheit den Urzustand der Bevölkerung annehmen kann, Aus der Lage der Hütten — Wohnungsplätze — aus der Richtung der Bäume kann man sich, geleitet von einer allgemeinen Kenntniss des Windsystems, in welchem eine Küste, eine Inselgruppe liegt — eine Vor- stellung von der vorherrschenden Windrichtung bilden, die bei einiger Uebung nicht weit von der Wirklichkeit sein wird. Sollen Segelanweisungen für eine Bucht, eine Flussmündung geschrieben werden, so führe man solche Wahrnehmungen an und wenn es die genaue Kenntniss der Beschaffenheit ‚ des Fahrwassers gestattet, so kann man durch Anführen des Buges, auf 646 Neumayer. welchem man Ein- und Aussegeln soll, die Schifffahrt nach solchen Gegenden wesentlich unterstützen. Ist die fragliche Küste von einem Culturvolke bewohnt, bei welchem man die Möglichkeit genauerer hydrographischer Erhebungen voraussetzen kann, so sammle man an betreffiendem Material, was immer zu erlangen ist. Wie ae Kritik geübt werden soll, werden wir in einem spätern Abschnitte auseinandersetzen. VII Aufnahmen und Beobachtungen an Bord. Die Aufnahmen an Bord tragen im Vergleiche zu jenen am Lande, von welchen wir im nächsten Abschnitte zu sprechen haben werden, einen flüch- tigeren und weniger strengen Charakter, wie dies in der Natur der Sache, in dem ewig bewegten Elemente, auf dem sie ausgeführt werden, begründet liegt. Allein auch die an Bord eines Schiffes ausgeführten Beobachtungen und Messungen sind einer beträchtlichen Genauigkeit fähig, wenn dabei nur die erforderliche Umsicht und eine zweckentsprechende Anordnung der Beob- achtungen in Anwendung kommen. Beide lassen sich nur durch Uebung und Erfahrung erwerben und können in einer Abhandlung von dem beschränkten Umfange der unseren nur in den Grundzügen gekennzeichnet werden. Nachdem bereits in einem früheren Abschnitte von den Strömungs- verhältnissen, von den Bezeichnungen, wie sie bei Strömen und den mit ihnen: verwandten Bewegungen des Wassers vorkommen, die Rede war, folgen nun zunächst in weiterer Ausführung einige hydrographische Erklärungen und Bezeichnungen. Um das Verständniss derselben zu erleichtern und gleich- zeitig die Darstellungsweise hydrographischer Aufnahmen in Karten zu erläutern,. sind zwei Blätter hier beigegeben, wovon das eine, von Herrn L. Friederichsen in Hamburg ausgeführte als Vorlegeblatt für hydrographische Darstellung dienen kann (siehe Karte zur- Illustration Hydrographischen Zeichnens), während das andere einige, bei Vermessungen an Bord anzu- wendende Bezeichnungen von Linien, Punkten, Winkeln u. s. w. enthält. Ueberdies wird auf das von der kaiserl. Admiralität herausgegebene Blatt hydrographbischer Bezeichnungen, wie ähnliche von den hydrographischen Aemtern der meisten Nationen veröffentlicht wurden, zu welchem die vorigen, auf dem letztgenannten Blatte dieses Werkes gegebenen als Ergänzungen und Vervollständigungen dienen mögen, hingewiesen. Unter den hydrographischen Bezeichnungen, welche bei Aufnahmen vielfach in Anwendung kommen, nehmen jene, die sich auf die Wasserstände beziehen, eine hervorragende Stelle ein und sollen dieselben desshalb hier des Näheren definirt erde indem dabei auf den Artikel „Peters über Ebbe- und Fluth- beobachtungen“ verwiesen wird. Die auf S. 647 stehende Figur stellt eine Pegel- vorrichtung vor, von welcher sogleich gesprochen werden wird; für jetzt. interessiren uns zum Zwecke der genannten Erklärungen die in derselben angedeuteten Linien für den Wasserstand, welche in folgender Weise bezeichnet werden: @ bezeichnet den mittleren Wasserstand bei Hochwasser gewöhnlicher Springzeit, b den mittleren Wasserstand bei Hochwasser gewöhnlicher Nippzeit, c die halbe Gezeit oder den mittleren Wasserstand des Meeres bei Spring- und Nippzeit, d den mittleren Wasserstand bei niedrigem Wasser gewöhnlicher Nippzeit, A e den mittleren Wasserstand bei niedrigem Wasser gewöhnlicher Springzeit. - 1 ZUNG I. N trocken bei N.W. ir . Bi R N \RorallenR 7777) an UV a BEE N Ei Q es N Kb y A Wiese: wahr: EZ Zi gi rien. Meerds ’ | I spiegel 7 \z) Nat & an i $ ET T 3 ka, -_ BE ge "a "> Er: | © y Be 2" DE r Wiese KARTE zur Ulustration + HYDROGRAPHISCHEN e Zeichen, Gezeichnet v.L.Friederichsen. \ x = _— N a EI + DR, EN NN 2 ar RR SL RR A > N ZEICHNEN'S, . = Unter Anwendung der von der kaiserlichen s.pf Admiralität eingeführten Abkürzungen und Lith.Anst.v.Leopold Kraatz in Berlin. Te Ik IS Lehr = \, HIT y str ve Sn e/ fi B\ = DR a San dhügel- N SRSBI N: \ Weinblesige RT \\ ing Aunnage. TE 5 | a R er BRL. Mm \ 7 Ya 7 N Aegrne ei Stumpf innen \ Zr Feuersch[fft I: i Bereit \ 4 e7 IR Arenip \ J of: Din Is 3 MA” Ba ae 5 20 Es YN >. 10 Mete, en 2 SL Reupkschiff Leuchufuury” N ten IN 1 N I} I 1 ir N { ON "= Retningsstetich | een j 1 Alweigs! ji N a Ira! A Spitze Tonnen (Dreh - Fruer)- Kris l \ RänSc.mk er a © elsen bei NM, en / N zur Ulustration | = HYDROGRAPHISCHEN ZEICHNENS: “== Unter Anwendung der von der kaiserlichen | Sumpf Admiralität eingelührten Abkürzungen und || 2/ Zeichen. ! Gezeichnet v.L.Friederichsen. N- MH WiedrigWassen EIP? Existenz u.Position WN. Wahre Norden. Hraglich. Fiefen u Höhen. MN. Magnetischer-Vordens in Meter 35 z — Se LithAnstv. Leopold Kraate in Berlin ıchtungen von Bela p- 82) verwiesen. Für Vermessungen > Niedrigwasserhöhe oder der mittlere niedrige A "Wasserstand bei gewöhn- E; licher Springzeit insofern von Bedeutung, als die _ Lothungen auf diesen Wasserstand reducirt _ werden, wenn das be- treffende Gewässer den Gezeiten unterworfen ist. Erhebungen über dem Meere werden in solchem Falle auf Hochwasser bezogen, während Erhe- _ bungen, wie Lothungen _ auf den mittleren Wasser- stand reduzirt werden, ei wenn Gezeiten nicht vor- handen sind. | Zu Zwecken der Durchführung einer sol- chen Reduction bedarf es der Ablesung des Wasserstandes an einem Pegel, welcher so er- richtet sein sollte, dass eine locale Beeinflussung der Wasserstände nicht stattfinden kann, d.h. es muss derselbe möglichst unter demselben Verhält- nisse mit Rücksicht auf % Gezeitenphänomen sich "befinden, wie das #: ulothende Areal. Um liese Bedingung erfüllen ı können wird es in ällen nothwendig sein, den Pegel so weit vom Lande ab zu erric nur ein Ablesen mittelst eines Fernrohres oder auf einem Bo ist. NN IN IN SSs SISS eine vorlä iufige Heabacktune hat man die ungefähre n Er | hne en ne am Pegel : zu ermitteln und den u 648 Neumayger. bei der definitiven Feststellung so zu legen, dass er noch unterhalb des niedrigsten Wassers der Aequinoctial-Springzeit zu liegen kommt. Wenn es irgend möglich ist, so sollte man da, wo es sich um Vermessungen im Meere handelt, die mit Bas auf das Gezeitenphänomen noch wenig untersucht ua: zwei Pegel en einander errichten; nach dem einen werden nur die höchsten und niedrigsten Wasserstände slisen und notirt, während der andere regelmässig und in kleineren Ver (von 10 zu 10 oder von 30zu 30 Minuten) Tag und Nacht abgelesen wird. Die Resultate der Beobachtungen werden alsdann in besonderen Journalen mit allen beglei- tenden Umständen eingetragen (siehe Anhang Nr. 8). In dem Artikel es Werkes über Ebbe- und Finthbeobachur I (p. 92 u. folge.) findet sich eine Anzahl verschiedener Fluthmesser ne und beschrieben. Dieselben sind aber sämmtlich für genauere Beobachtungen an festen Beobachtungsorten berechnet, und es wird daher im Nachfolgenden ein Pegel beschrieben, welcher sich für die Zwecke von Vermessungen (Reisezwecke) sehr wohl eignet. Derselbe hat die Construction, le in den Vereinigten Staaten Amerika’s bei Vermessungen mare wird, und bietet den Vortheil, dass der zur Ablesung bestimmte Index stets le, hoch über dem Wasser sich befindet, was in Fällen, in welchen vom Boote aus abgelesen werden muss, von Wichtiekeit ist. Die vorstehende Skizze genügt um ein Bild der Einrichtung zu geben. A B ist das Standrohr, welches bei m, m’, n und n’ mit dem Meere in Verbindung steht; P ist ein durchbohrter Schwimmer, an welchem mittelst eines Hakens 2 das Tau oder die Kette befestigt ist. Die Kette geht über die Rolle f durch den Schwimmer (ohne denselben zu berühren) hindurch über die Rollen f’ und r zu dem Index bei J, welcher an der Theilung op auf und ab sich bewegt und von der jeweiligen Wasserlinie gleich weit entfernt bleibt. Man kann den Pegel entweder aus Holz in einfachster oder auch aus Zinkblech in einer vollkommneren Weise herstellen. Ueber Aufstellung ist es kaum nöthig zu dem, was über Pegelaufstellung bereits im Allgemeinen gesagt wurde, Weiteres hinzuzufügen, da sich dieselbe nach - örtlichen Umständen richten muss. Wie schon erwähnt, werden Lothungen in einem von Gezeiten beein- Hussten Gebiete auf mittleren Niedrigwasserstand zur Springzeit reducirt. Man kann sich dieses Niveau’s schon versichern, indem man das Mittel aus drei oder vier auf einander folgenden Niedrigwasser zur Springzeit nimmt. Ermittelt man den mittleren Wasserstand (halbe Gezeit), so ist die Differenz zwischen diesem und dem bezeichneten Reductions-Niveau festzustellen und damit die Niedrigwasser-Marke des Hafens, der Bucht u. s. w. unter die mittlere Wassermarke in einer klaren und haltbaren Weise auf einen unver- änderlichen, Beschädigungen nicht ausgesetzten Felsen oder einer Mauer u.s. w. einzutragen. Mit dieser Grösse und der bekannten täglichen Höhe der Fluth können die zu irgend einer Tageszeit ausgeführten Lothungen reducirt und unter sich vergleichbar gemacht werden. Es ist hierfür nothwendig, dass die Uhrzeiten nach mittlerer Zeit und so genau als möglich bekannt sind (innerhalb 10 oder 15 Secunden). Im „Manual of scientific enquiry“ wird in der 4. Ausg. p. 53 folgende Formel für die Reduction der Lothungen gegeben: R-+r.cos 3% 180 ) worin R die Niedrigwasser-Marke für die Karte, r die Fluthhöhe über dem mittleren Wasserstande an dem Beobachtungstage, Een REN a wa NER TEEN RAT NET NR Hydrographie und Oceanographie. \ E 649 Ddie Dauer der betreffenden Gezeit, 4 die mittlere Zeit, verflossen seit des "letzten Hochwassers, ist. Diese und eine andere Reductionsmethode, welche mittelst der gewöhn- lichen Ourstafeln ausgeführt wird, geben immer nur Annäherungswerthe "und sind Correetionen, welche aus gleichzeitigen Ablesungen an einem Pegel " abgeleitet werden, denselben vorzuziehen. Uebereinstimmung der Uhren, die zu den Lothungen und zu den Pegelablesungen gebraucht werden, und normale Aufstellung des Pegels sind hierfür unerlässliche Bedingungen. Es ist bei Ausführung von Gezeitenbeobachtungen rathsam die Zeiten des Hoch- und Niedrigwasser mit der Declination des Mondes zusammen zu notiren, damit man etwaige Unregelmässigkeiten im Verlaufe der Phänomene beachten kann, um darnach seine Methoden der Untersuchungen einzurichten. Ausser diesen am Lande und mit fester Aufstellung ausgeführten Beob- achtungen über Höhe und Zeit der Gezeiten sind auch die Beobachtungen über Strom, Stromrichtung und Stärke von einem verankerten Boote oder von Bord eines vor Anker liegenden Schiffes auszuführen. Von Interesse sind hierbei Ströme an der Oberfläche, sodann namentlich auch die Richtung } des Stromes in der Tiefe, die Zeit des todten Wassers und das Umschlagen des Stromes. In diesem Falle ist es auch wünschenswerth von Bord aus das Sinken und Steigen des Wassers durch Festlegen einer Leine mittelst eines Senkbleies auf dem Grunde zu messen. Man hat darauf zu achten, dass die Leine immer senkrecht auf und nieder gehalten wird. Vergleichungen von so angestellten Messungen mit Pegelablesungen am Lande sind instructiv für die Beurtheilung der Zuverlässigkeit der Reduction auf einen Normalstand. In allen Fällen, wo Gezeitenbeobachtungen an Bord eines Schiffes gemacht werden, hat man besonders darauf zu achten, dass man in der That vom Boden aus die Messungen macht und dieselbe von der Auf- und Abbewegung des Schiffes nicht influirt wird. Dies ist unter anderem von Wichtigkeit, wenn die Beobachtungen im Eise angestellt werden. Stromrichtungen werden für diese Zwecke am Vortheilhaftesten mittelst des Irminger’schen Stromindicators bestimmt. Die besten Arbeiten dieser Art sind von Beechey im Irischen und Englischen Kanal und in der Nordsee ausgeführt worden. (Siehe Literatur über Gezeiten, p. 105.) Innerhalb des Gebietes der Gezeiten hat man es vorzugsweise zu thun mit: Bi Sandbänken, deren Umfang, Annäherung, Notizen über eventuelle Veränderlichkeit, über Lage zu den einzelnen Wasserständen nach den Ge- zeiten genauestens gegeben sein müssen. Fallen dieselben zeitweise trocken _ oder sind sie stets bedeckt? Hängen sie zungenförmig mit dem Festlande _ zusammen oder sind sie vollkommen getrennt, vielleicht parallel zur Küste | laufend? Die Barre der Flüsse gehört hierher, ihre Ausdehnung und der "Wasserstand nach den verschiedenen Phasen der Gezeiten. Ist die Barre überall gleich tief oder bietet sie Rinnen und Durchfahrten; verschiebt sie ihre Lage? Ist ein Flussdelta gebildet und wie sind dessen Verhältnisse - - zum Wasserstande und den ‘Gezeiten? 5 Ist das Ufer steil abfallend, so wird man möglicherweise mit Felsen und Riffen zu thun haben. Es fragt sich in diesem Falle gleichfalls, ob solche, wenn sie vorhanden sind, im Wasserspiegel liegen und bei welchem Wasserstande, ob sie stets bedeckt ‘sind, auch bei der niedrigsten Wassertiefe, oder ob sie zeitweise trocken fallen. $ind dieselben mit dem Festlande und in Reihen zusammenhängend oder vollkommen detachirt und vielleicht gruppenweise herumliegend? f 650 i Neumayer. Wenn die Küste vulcanischer Natur ist, so ist es möglich, dass in den Riffen durch Hebungen und Senkungen, — durch vulcanische Ausbrüche, Veränderungen vorgehen. Man erkundige sich bei der Bevölkerung, wenn solche vorhanden, — ob man derartige Veränderungen ee as ob darüber Ben bestehen. Beim Ablothen der Riffe verfahre man mit Genauigkeit und Umsicht, damit die anzufertigende Karte dem Seemann wirklich von Vortheil sein kann. Ganz besondere Beachtung verdienen die Korallenriffe. Da dieselben zumeist steil vom Boden, auf dem sie ruhen, aufsteigen, so zeigt das Loth selten das Herannahen an dieselben an. Es ist daher in sofern grosse Vorsicht nothwendig, während andererseits die Korallenbänke oder Riffe nicht über die Oberfläche des Wassers hervorragen, sondern meistentheils nur bis zu dieser hinan. Hier ist es vorzugsweise die Prüfung ihrer Stellung, die uns beschäftigen sollte. Sind es Küsten- oder Fransenriffe, welche - sich unmittelbar an das Festland oder die Inseln anschliessen? Bei diesen Riffen ist zu prüfen, welchen Einfluss die Mündung von Flüssen auf deren Wachsthum ausübt. (Siehe Richthofen p. 299.) Die Damm- oder Wallriffe sind meistentheils durch breite Canäle ©; vom Festland oder der Insel, mit deren Küste sie parallel ziehen, getrennt. Es sind zwischen diesen hindurch Durchfahrten, Passagen, die der mit der Aufnahme Beschäftigte aufzunehmen und in der Karte niederzulegen hat. Innerhalb derselben sind meistentheils gute Ankerplätze und wegen des stillen Wassers gute Häfen. Als Typus der ganzen Classe von Wallriffen kann das Great .: Barrier reef um das and sches Australien angesehen werden; die Lagunen oder Atolls sind die in sich selbst schliessenden Riffe, dis meistentheils nur ganz niedere Inseln bilden und deren Aufnahme und genaue Niederlage in den Karten mit manchen Schwierigkeiten. verknüpft ist. Auch hier sind Passagen durch die Riffe zu suchen und niederzulegen. | Bei allen Koralleninseln ist es von Werth Proben des Gesteins, worauf Re: dieselben sitzen und ebenso von den Korallen selbst zu erhalten. Ferner sollten genauestens ihre Beziehungen zu den Gezeiten bestimmt werden; hierbei tritt der früher erwähnte Fall ein, dass man den für die Reduction bestimmten Pegel in einiger Entfernung vom Ufer (ausserhalb der durch die Riffe gebildeten Dämme) errichten muss, um von localen Einflüssen frei zu werden. Man hat sich durch Sondirungen bei den verschiedenen Formen von Korallenbildung, von der Art und Weise ihrer Entstehung ein möglichst klares Bild zu machen, wodurch auch die Frage, ob mit deren Entstehung vuleanische Thätigkeit verknüpft ist, beleuchtet wird. Die Wirkung der Brandung auf die Küste, welcher Art sie auch sein möge, muss Gegenstand der Beobachtung sein und ist es namentlich wesentlich, dass in der Beurtheilung der Erscheinungen die geologische Forschung mit eingreift und den hydrographischen Reisenden wird daher auch das Studium des Abschnittes über Geologie p. 290— 307 d. Werkes anempfohlen. Welcher Natur auch die Küstenbildung sei, stets muss die Aufnahme so ausgeführt werden, dass sich daraus die Conturen, die Gestaltung der Vor- gebirge, der Einbuchtungen, das Zurücktreten der Küste, Küstenplateaus u. s. w. darstellen lassen. Die Aufnahme und Klarlesung der Verhältnisse unter dem Wasser- spiegel — die Darstellung des Bodens nach Höhen und Tiefen, sowie die Untersuchungen über seine Bestandtheile, seine Beschaffenheit bilden einen Az % i . a ER LT TER a ih an FUETEN SE TE RENNEN a ee ab ne Ed m dl 5 a Sc a neh it ee a, de zn: BA u RE ae BGN; See Pe Theil der Aufgabe des mit Vermessungen beauftragten Seeofiziers. Man stelle sich im Allgemeinen die Frage hierbei ähnlich, wie mit Be- ziehung auf die Erhebungen über dem Hochwasser, d. h. man bestrebe sich, die Bodengestaltung im Schichtencurven darzustellen. Auf diese Weise erhält 5 en von derselben das klarste Bild. In der diesem Buche beigegebenen r3 : Zu tr I De te BT Karte hydrographischen Zeichnens finden wir die Tiefencurven in Ma eingetragen und es wären nur die einzelnen Schichten zu coloriren mit hel- lerem und dunklerem Tone, um auf den ersten Blick ein Bild über die Bodenverhältnisse zu geben. Um ein genügendes Material für das Ent- werfen einer Karte nach diesem Prineipe zu erhalten, müssen die Lothungen ziemlich dicht auf einander folgend vorgenommen werden; es schliesst dies nicht aus, dass das Eintragen der Lothungen in die Karte beschränkt werde. Auch über die Anordnung der Lothungen, über die Weise, wie die aufein- anderfolgenden zu einander gelagert sein sollen, lässt sich allgemein nur wenig sagen, es richtet sich dies nach der Gestaltung des Bodens und den örtlichen Verhältnissen mit Beziehung auf Peilungsobjecte. Hat man beispiels- weise eine Kuppe auf dem Meeresgrunde zu sondiren, so werden die ein- zelnen Lothungen am vortheilhaftesten sternförmig — yon der Mitte der- selben ausgehend — angeordnet. Hat man schon im Voraus über die allge- meine Gestaltung des Bodens eines Hafens, einer Bucht u. s. w. einige Anhalte, so thut man daher wohl daran, sich vorher einen Lothungsplan zu entwerfen, der, wenn er unter Berücksichtigung aller die Arbeit beeinflus- ‚senden Verhältnisse entworfen wurde, wesentlich die correete Aufnahme erleichtert. Bei Neuaufnahmen ist es nicht möglich, in so systematischer Weise zu verfahren, man hilft sich alsdann dadurch, dass man, wenn die ' hauptsächlichsten Lothungen ausgeführt sind, je nach Bedürfniss Nach- lothungen, Ausfüllungen im Detail vornimmt. Die letztern tragen mehr den Charakter von Revisionslothungen bei schon aus&eführten Vermessungen, indem man sich durch das besondere-Interesse, welches sich an ein Gebiet knüpft, leiten lässt. Findet man z. B., dass sich Tiefe und Charakter der Bodengestaltung rasch ändern, so muss man die Lothungen vermehren; wäh- rend man im entgegengesetzten Falle mit einer geringen Anzahl ausreicht.’ Lothung in Flach- Wasser müssen für eine jede Vermessung Gegenstand ee Instructionen sein und kann um desswillen Be ‘darauf nicht näher eingegangen werden. Wir verweisen mit Bezug darauf beispielsweise auf die „Instructions for nautical surveyors“ U. S. p. 47—50. Sowohl hinsichtlich der Sicherheit der Navigation, als auch mit Rück- sicht auf Haltbarkeit des Ankergrundes u. s. w. ist die Beschaffenheit des Meeresbodens an einer Küste, in Strassen, Buchten und Häfen ein wichtiger Leitstern für den Seemann. Es ist daher bei dem Anfertigen von Karten erforderlich, dass die Resultate der Untersuchungen in dieselben in klarer und leicht verständlicher Weise eingetragen werden. Die verschiedenen, jetzt noch gebräuchlichen Gattungen von Bodenarten und deren Bezeichnung sind zu bekannt, als dass sie hier des Näheren charakterisirt zu werden brauchten. Es lässt sich über diese Eintheilung nur soviel sagen, dass sie er strengen Grundlage entbehrt und dass, würde eine solche geschaffen, ‚der Navigation und such der Wissenschaft ein wesentlicher Dienst geleistet werden würde. | Die Durchsichtigkeit (Diaphanität) des Meeres, das Durchscheinen des Meeresbodens unterstützt oft wesentlich die Ausführung dieses Theiles einer Aufnahme. Allein abgesehen davon, ist dieselbe zu notiren, da sie oft # schon auf beträchtliche Entfernung dem anfmerksamen Seemann Klippen und 652 Neumayer. Untiefen, die unter Wasser liegen, erkennen lässt. In Fällen, wo die Durch- sichtigkeit des Meerwassers die Erkennung der Vegetation auf dem Meeres- boden gestattet, kann man über dieselbe, sowie selbst über die Fauna in der Tiefe, Aufschlüsse erlangen, die ohne dieselben nicht zu erhalten wären. Die Aufnahme der physischen Gestaltung einer Küste wäre nicht voll- ständig, wenn nicht in derselben auch den sich in das Meer ergiessenden Flüssen, soweit sie der Ebbe und Fluth unterworfen, salzig sind, eine Be- achtung zugewendet würde. Es wurde bereits von der Barre gesprochen und auf deren genaue Untersuchung und Aufnahme Gewicht gelegt — aber auch Breite und Tiefe der Flüsse, ihre Uferbildungen — das Inundations- gebiet, Geschwindigkeit des Wassers, Gefälle sind für den mit Vermessungen beauftragten Seeofficier Gegenstände von Interesse und sollten deshalb beachtet werden. In der richtigen Beleuchtung einer oder der andern der genannten hydrographischen Elemente liegt häufig der Schlüssel zur Erklärung von Ge- sundheitsverhältnissen in einem Litorale. Hier ist auch die Stelle um auf die Beobachtung jener merkwürdigen Wasseranschwellung in manchen Flussmün- dungen aufmerksam zu machen, welche unter dem Namen „Stürmer“ (Bore) Dana ist. Wie ist da, wo diese Erscheinung, besonders zur Springzeit, auftritt, die Gestaltung ie Mündung; sind Felsen, Bänke oder eine Barre de Man notire Zeit, Höhe, Schnelligkeit u. s. w., wenn man Ge- legenheit hat, dieselbe zu beobachten und adlsite namentlich auch auf die a und as Verhalten der Untiefen während der Erscheinung. Oft staut sich durch heftige Regengüsse (namentlich in Gebieten, welche eine Regenzeit haben) das ininehe Wasscı in Flüssen an und erhöht selbst die Tiefe des Wassers über einer Barre, wenn eine solche vorhanden ist. Auch hier hat man die Localitäten genauer zu beschreiben, die Veränderungen in der Wassertiefe und die Zeiten des Vorkommens anzugeben. Ueber das Vorkommen des „Stürmer‘ sowohl, wie über jenes der Was- serstauung sammele man Notizen von den Bewohnern der beenden Fluss- en, wenn immer dies möglich ist. Geometrische Aufnahme. Es wurde schon bei de Besprechung der Regeln für das Ansegeln von Land darauf aufmerksam gemacht, wie eine jede Eigenthümlichkeit desselben zu notiren ist. Alles das dort Ge- sagte gilt auch für die Vermessung, das Aufnehmen eines Küstenstriches oder einer Inselgruppe: jede Felskuppe, jede eigenthümliche Zerklüftung des Terrains, jedes Vorgebirge und die gegenseitige Lagerung solcher Objecte müssen verzeichnet werden, damit man sie bei den Vermessungen gebrauchen könne. Je mehr Punkte man. zu unterscheiden vermag, so dass man sie stets wieder erkennt, desto günstiger ist dies für die Operation, da es nicht immer, ja wohl nur in seltenen Fällen, bei der Aufnahme unvermessener Küsten möglich sein wird, die einzelnen Punkte derselben durch Signale zu kennzeichnen. ’ Bei der Durchführung einer Vermessung von Bord aus achte man stets auf die während der Fahrt erfolgende Veränderung der Gestaltung der Ob- jecte, damit man im Stande ist, die einzelnen Punkte in verschiedenen Stellen der Basis, die man sich zur geometrischen Aufnahme zu wählen hat, zu iden- tifieiren. Mit Rücksicht auf diesen Punkt wird auf den Artikel Kiepert’s über flüchtige Aufnahme verwiesen und die in demselben gegebenen Winke mutatis mutandis der Beachtung empfohlen. Wir fügen hier hinzu, indem auf die flüchtige Kartenskizze sowohl als wie auch auf die Skizze einer Aufnahme unter Land Seite 654 aufmerksam gemacht wird, dass man die einzelnen Linien, ob zu trigonometrischen Bestimmungen dienend, ob eine Ourslinie darstellend, A in De in ieh letzten angedeuteten Weise unterscheiden sollte. Eine systematische Bezeichnung der Linien, Punkte u.s. w. ist bei Arbeiten dieser Art unerlässlich. Man markire besonders auch die astronomisch bestimmten N Punkte und versäume nicht, sich jeden Abend über das Ausgeführte durch umfassende Notizen klar zu werden und Irrthümern vorzubeugen. Dem i Gedächtnisse darf man durchaus nicht trauen. Messen einer Basis. Diese Operation, ohne welche eine Aufnahme überhaupt nicht gedacht werden kann, ist in dem vorliegenden Falle mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Längs einer Küste, die aufgenommen werden soll, segelnd, wird es nur selten möglich sein, von Einer Ben oder Standlinie aus die Aufnahme auszuführen; es wird vielmehr in den meisten Fällen erforderlich werden, eine Anzahl längerer gemessener Distanzen auf eine Hauptbasis zu reduciren und die Messungen als von diesen Curs ausgehend zu behandeln, sie darauf zu beziehen. Bei solchen flüchtigen Aufnahmen ist man zur Erlangung einer Basis auf den gesegelten Curs und die zurück- gelegte Distanz hingewiesen und es ist daher bei der Bestimmung beider die grösste Sorgfalt anzuwenden. Man achte genau, auf das Steuern und das Log und controlire die daraus abgeleiteten Positionen so häufig als möglich. Wenn die Ourslinie (Basis) nahe in der Richtung des Meridians liegt, so übe man diese Controle durch sorgfältige Breitenbestimmungen; liegt sie in der Richtung eines Breitenparallels, so kann man durch genaues und mehr- maliges Messen von Meridiandistanzen, namentlich wenn eine grössere An- zahl von Chronometern dazu verwendet werden kann, die aus Steuern und Logge abgeleiteten Positionen controliren und eventuell corrigiren. Die zu solehen Zwecken verwendeten Apparate müssen häufig auf ihre Genauigkeit geprüft werden — vorzugsweise hat man aber darauf zu achten, dass der Compass, nach welchem der Curs und die Peilungen beobachtet werden, in seinen magnetischen Eigenschaften gekannt is. Hat man auf der Curs- linie, welche zur Basis für die Vermessungen dient, eine Stelle erreicht, die durch Deckpeilungen bestimmt werden kann, vielleicht auch durch gute astronomische Bestimmungen, so nehme man den Cyclus von Peilungen in der Weise vor, dass gut identificirte Objecte, welche die Configeration des Landes, seine Conturen bestimmen, anvisirt werden. Man schreibe Peilungen x und mit dem Sextanten gemessene Winkel ein, markire die Deckpeilung, nehme eine Vertonung auf und messe Höhenwinkel. Wünschenswerth ist = es auch, dass man an solchen Punkten die Distanz gut zu identificirender Objecte von einem Sonnenrande messe, um daraus das Azimut ableiten zu können (siehe Skizze und die Bezeichnungen der Linien, Punkte u. s. w.). Handelt es sich um die Aufnahme einer längeren Küstenlinie, so reihen sich die einzelnen Curslinien und gemessenen Distanzen aneinander und man trage in dem Journale Sorge dafür, dass man dieselben in der Folge fr ohne Schwierigkeiten unter einander verbinden und aus den Aufnahmen, _ Peilungen, Vertonungen eine zusammenhängende Darstellung der Küsten- linie ableiten kann. Es lassen sich für die Wahl der Anhaltspunkte, für die Längen einzelner Strecken keine allgemeinen Regeln geben, indem dieselben von der Gestaltung und den Höhenverhältnissen der Küste und von der Möglichkeit, dem Lande nahe zu kommen, allzusehr abhängig sind. Wichtig ist aber stets in erster Linie, dass man die zur Aufnahme ge- wählten Punkte auch in den verschiedenen Positionen zu identificiren vermag. Bei den Vermessungen an Bord kommen vorzugsweise Reflexions- instrumente und Compasse zur Anwendung. Zum Peilen und Steuern be- diene man sich des Regelcompasses, dessen Deviation und sonstigen ; EN bee und eo N 653. } Ü Zwei Gegenstände in einander . Zwei Gegenstände mittelst Pris- menkreuz in einander . . Trigonometrische Linie u. Schiffs- CS EN ee he Basis ER RE rs ee Schall gemessen. . . . .,. - Anfang der Winkelmessung . Eingeschlossener Winkel . . . Leitmarke in Sicht und in Deckung Nummer des gemessenen Winkels Schifisposition astronomisch be- SLIIGTOUN ee . Position durch trigonometrische Operationen ee Fluth oder ein- laufend . . . Ebbe oder. aus- Stromrichtung | laufend . . . ) N } ZZIMN N N N \ lol null! U Sn Linker Sonnenrand . . BE u 7 _#Felsien. u j2 Are N AB - Zualis -26 Meilen Trigonometrische Station Re Leuchtthurm °. . » . Semaphore Ban dere Baker nn ner Sr Felskuppe. . .. .. Heraldate Kuppe. - . Fluss mit Barre AREA Hafenzeit . -. ....« Brandung und Schnellen Wirbel Re Verteren ee Rechter Sonnenrand . . ler, omalon der Bo genauestens Der sein müs- ichzeitig mit der Peilung notire man den Curs, damit die Reduction sp: ter stre urchgeführt ae kann. Es ist darauf zu achten, dass die Deviation des Regelcompasses, wenn er zu Vermessungszwecken benutzt l, einige Grade nicht übersteige. Sollte man Zu einem eisernen ffe, oder auf einem hölzernen Schiffe Fuer Deckbalken genauere E zu nehmen wünschen, so hat man mit den Peilungen auch den ‚Deviationsbestimmungen sind so oft a möglich auszuführen, um ie Reductionsformeln daraus et zu können (siehe magnetische Beobaiil tungen p. 667). Stromwirkung und Abtrift beobachte man gewissenhaft und bringe sie bei der Reduction einer Basis in Anwendung. Allen Anforderungen an die tüchtige Navigirung eines Schiffes müssen da, wo es sich um Vermessungs- zwecke handelt, noch in erhöhtem Maasse gestellt werden. a Dampfer, bei welchen man die Fahrt genauer reguliren kann, eignen sich unter strenger Beobachtung der dargelegten Grundzüge besonders zu Aufnahmen und Vermessungen. , - Oft vermag man eine Ballere Basis, etwa zwischen einem Schiffe und einem Boote oder einem Punkte am Lande durch den Schall’ zu messen. Messungen dieser Art sind übrigens nur unter günstigen atmosphärischen "Verhältnissen auszuführen und 2 die Luft Sean annheh sehr ruhig sein. "Die Berü eksichtigung von Windstärke und Richtung bei den Reductionen er Basis, wie dies in Vorschlag gebracht wird (siehe Ta ahlon naut. surveying p- 48 u. 49) bietet keine en Vortheile, wegen der Ungenauigkeit der Messungen der Windstärke und Richtung. Diet Ben bei günstigem Winde und bei Gegenwind auszuführen, um daraus den Einfluss x des Windes auf die Schallgeschwindigkeit ableiten beziehungsweise eliminiren FR zu können, dürfte sich in der Praxis selten ausführen a Die Fortpflanzung des Schalles hängt von der Temperatur, der Feuch- N Haßkeit und der Schwere der Luft ab a hat man daher diese Elemente bei der Messung einer Basis durch Schall zu berücksichtigen. Bei trockner Luft im Normalzustande hat man für die Schnelliokeit des Schalles in einer Secunde 332.25 Meter angenommen. Nennt man diese Grösse 7,, während die gesuchte Geschwindigkeit mit 7 bezeichnet wird, so hat man: 760 (1-+y%) b— ee _ und Temperatur sind. £ und e sind die mit dem Thermometer und Psy- ‚chrometer ermittelten Temperaturen in Celsiusgraden und Dampfspannung in '» limeter; b ist der Barometerstand in Millimeter, Die constanten Üoeffhi- enten Kind: e = 0.3779 und y = 0.003665. er . Hat man 7 ermittelt, so wird diese Grösse nur mit dem Intervall m unden zwischen der Wahrnekmung gleichzeitiger abgegebener Licht- und allsignale multiplieirt, um die Entfernung der Stationen von einander, die islänge, zu em MM, ‚ wo e und y Öoeflicienten für Dampfspannung 656 Neumayger. Hat man sich auf eine oder die andere Weise eine zuverlässige Basis für die Aufnahme abgeleitet, hat man in den einzelnen Punkten eine genü- sende Anzahl Winkel zwischen Objecten gemessen und Deckpeilungen ver- zeichnet, so vermag man eine Skizze der Aufnahme, Conturen und Ver- tonungen der Küste auszuführen, wobei man dafür Sorge zu tragen hat, dass das Vermessungsjournal über alle Punkte klaren und bestimmten Aufschluss enthält. Die Resultate der Vermessungsarbeiten eines Tages sollten am Abend im Allgemeinen nur und ohne Eingehen auf eine strengere Reduction geprüft und in’s Klare gebracht werden, so dass man sich in der Folge und zu irgend einer Zeit Rechenschaft darüber zu geben vermag. Höhenmessungen werden im Allgemeinen nach den Methoden und unter Benutzung derselben Formeln abgeleitet, die in dem nachfolgenden Abschnitte p- 676 dargelegt werden. In den meisten Fällen handelt es sich in zweiter Linie um die Aus- führung genauer Tiefenbestimmungen (Lothungen); hierbei sind entweder Deckpeilungen (auch mit dem Prismenkreuz in Buchten z. B.) und darauf gemessene Distanzintervalle oder das gleichzeitige Messen von Winkeln zwi- schen drei gut bestimmten oder bestimmbaren Objeeten am Lande in Anwen- dung zu bringen. Bei der ersteren Methode ist das strenge Innehalten des Curses, das genaue Bestimmen des Azimutes desselben und ‘das Messen der Fahrt: von Bedeutung. Wendet man die letzte Weise an, so hat man die zu bestimmenden Oh- jecte vortheilhaft zu wählen, die gemessenen Winkel deutlich im Journale zu verzeichnen und namentlich darauf zu achten, dass diese Objecte nicht allzu beträchtlich von der horizontalen Ebene liegen, im entgegengesetzten Falle muss man eine Reduction auf den Horizont vornehmen und hierfür die er- forderlichen Elemente ermitteln. (Siehe Abschnitt über Aufnahmen am Lande pag. 669.) Für das Steuern nach Compassen in Booten oder für Peilungen muss man sich eines guten Fluideompasses bedienen, der auch wohl mit einer Peil- vorrichtung versehen sein kann. Gewöhnliche Compasse sind bei der hef- tigen Bewegung eines kleinen Fahrzeuges nicht zuverlässig. Es wird dies auch hier besonders hervorgehoben für Reisen auf Flüssen, welche, auch wenn kein Seegang wirkt, durch die Bewegung mittelst der Ruder, Unsicherheit beim Gebrauche gewöhnlicher Compasse unvermeidlich machen. Aufnahmen während solcher Flussfahrten sind ohnedies der häufigen Windungen des Curses und der Unsicherheit der Bestimmung der Schnelligkeit wegen mit Schwierigkeiten verknüpft, vornehmlich da, wo niedere bewaldete Ufer, Pei- lungen in die Ferne nicht zulassen. Genaues Achten auf den Compass und Bestimmen der Stromgeschwindigkeit durch directe Messungen können allein in solchen Verhältnissen einen Anhalt für den zurückgelegten Weg bieten, was auch für den Reisenden im Innern von Continenten für die Verzeich- nung seiner Route von grosser Bedeutung ist; hat man dagegen Gelegenheit, Peilungen während der Fahrt nach bestimmten oder bestimmbaren Objecten zu nehmen, so versuche man, vom Boote aus, einen Flusslauf niederzulegen. Von den Beobachtungen, die vom Boote aus ausgeführt werden können, müssen noch die Bestimmungen des Stromes, nach Richtung und Stärke ge- nannt werden. Dies gilt sowohl mit Bezug auf die Ströme auf offener See, als auch für die Gezeitenströmungen längs einer Küste in Flussmündungen, Buchten u. s. w. In solchen Arbeiten können gute Resultate nur erhalten werden bei (etwa vor dem Lothe) verankerten Booten. Vermessungsfahrzeuge müssen mit irgend einem guten und auf seine Coefficienten geprüften Appa- degree: und nah ate Hür Be en koketbemensung ausgestattet sein (Patent Log). Diet "Bestimmung des Stromes auf längeren Reisen aus den Unterschieden der Ks astronomischen Beobachtung und der gegissten Schiffsrechnung ist nur dann Da m von wirklichem Werthe, wenn diese Beobachtungen sich auf kürzere Zeit- a - räume während eines Tages beziehen, wenn auf Steuern und vornehmlich auf 2 Deviation des Compasses und auf Fahrt strengstens geachtet wird. Für a 0 Messungen des Stromes in Tiefen bedient man sich mit Vortheil weit in 3 den Ocean herabhängender Körper (Zinkblech-Quadrate, Bojen), deren Be- wegungen an der Oberfläche beobachtet werden können, indem sie mit an- _ deren schwimmenden Körpern oder mit dem beobachtenden Boote in Ver- 4 bindung erhalten und beobachtet werden. (Zwei in Gestalt und Grösse gleiche Tönnchen, welche durch eine Trosse verbunden sind und wovon das _ eine beschwert ist und in die Tiefe sinkt.) In allen Fällen ist genaue Zeit- messung unerlässliche Bedingung. (Siehe über Gezeitenströmung und die Methoden der Messung von Beechey, Phil. Trans, Irminger’s Strom- P messungen in der Nordsee u. s. w.) Sowohl bei Lothungen, wie bei Strombeobachtungen ist es von Wich- tigkeit, dass die Zeiten der Uhren der verschieden mitwirkenden Beobachter untereinander öfter und gewissenhaft verglichen werden. Nur dadurch lässt sich Gleichzeitigkeit der Beobachtungen feststellen, und es empfiehlt sich zu diesem Zwecke der Gebrauch verabredeter Zeitsignale, entweder mittelst eines Zeitballes an den Masten eines Schiffes, oder für grössere Entfernungen mit- telst eines Taschenheliotropes u. s. w. Das Eintragen in die Karte. In den meisten Fällen von Auf- nahmen auf Reisen genügt es, eine möglichst genaue Skizze einer Route mit den umliegenden Objecten in klarer und verständlicher Form und unter An- wendung der üblichen Bezeichnungen zu geben. Das Entwerfen eines Karten- netzes ist selten geboten; es ist dies Sache der späteren Mappirung, die nicht mehr in den Umfang einer Reisethätigkeit gehört. Da es aber in nautischen Vermessungen vorkommen kann, dass es wünschenswerth ist, eine grössere aufgenommene Strecke, wenn auch nur provisorisch, in ein Kartennetz (in eine Arbeitskarte) einzutragen, so ist es hier zweckmässig, einige Tafeln in dem Anhange zu geben, welche sich auf die Dimensionen des Erdsphäroids beziehen. Tafel 7 enthält die Längen der Meridiangrade für die verschie- denen Breiten und die Längen der Grade der verschiedenen Breitenparallele, so wie auch das Verhältniss der Bogengrade der verschiedenen Breiten zu Aequatorgraden in Minuten des letzteren ausgedrückt. Die hierbei zu Grunde gelegten Dimensionen des Erdsphäroides sind folgende: 7 a = halbe grosse Axe 6377397.156 in Metern ER b= „kleine Axe 6356078.963 „ ne En deren Log. beziehungsweise 6.8046435 und 6.8031893 sind. 4. ; Aus den Tafeln vermag man sich den Werth der Meridionalminute für die Breite (y), die als Grundlage der Projeetion in der Karte zu nehmen ist, her- — zuleiten, was auch mittelst der folgenden einfachen Formel geschehen kann: Länge des Breitengrades y = — NEN x 2 180 (1 — e? sin 29)° z an Die Länge des Breitenparalleles (A) ergiebt sich aus folgender Gleichung 5 ; ar cos h= En - 1801 - — sin 2 5 Anleitung 2 zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. - 42 . Ä Ua RESET PRE N E N 5 FAR TE, ER Er 658 Neumayer. *) Danach kann man sich in der gnomonischen (Central-)Projection ein Karten- netz nach einem bestimmten anzunehmenden Maassstabe entwerfen. Handelt es sich um die Zusammensetzung der Karten nach Mercators Projection, so hat man in jedem Handbuche der ‚Navigation Tafeln vergrösserter Breite (Meridionaltheile) angegeben und kann sonach ohne weitere Anleitung hierzu nach den Erklärungen der zwei Tafeln die Karte in einer bestimmten Aus- dehnung und in einem bestimmten Maassstabe entworfen werden.**) Der Reisende thut übrigens wohl daran, sich vorher im Kartenentwerfen, im Zeichnen und unter Leitung eines erfahrenen Kartographen zu üben, ehe er überhaupt seine Reise antritt. $ Magnetische Beobachtungen. Unter den Beobachtungen, welche an Bord und auf See ausgeführt werden, nehmen magnetische Bestimmungen einen hervorragenden Platz ein. Es kann hier nicht auf die Bestimmung der Deviation für die verschiedenen Gattungen von Schiffen eingegangen werden; solches gehört in die praktische Navigation. Es wird vielmehr an dieser Stelle nur beabsichtigt, die in dem Abschnitte über Bestimmung der magnetischen Elemente am Lande gegebenen Winke durch Erweiterung der- selben für die Zwecke an Bord zu vervollständigen. Es ist hierbei ganz besonders auf den Unterschied zu achten zwischen den Beobachtungen an Land und an Bord, der darin besteht, dass man sich in ersterem Falle stets eine Position wählt, welche frei ist von localen Störungen und dass Beobach- tungen, welche, nachträglich als durch eine solche beeinflusst erkannt, einfach verworfen werden, während im letzten Falle an die durch die Beobachtungen erhaltenen Resultate eine Correction angebracht werden muss, da ein voll- kommenes Befreien von den Einflüssen störender Eisenmassen an Bord nicht möglich ist. Daher tritt zu der allgemeinen Feststellung der Methode der Beobachtung in unserem Falle noch eine zweite Aufgabe: Bestimmungen der an die Beobachtungen wegen störender Einflüsse anzubringenden Correctionen erforderlichen Ooefficienten und Constanten, und wir haben sonach: ; 1. Instrumente und Methoden der Beobachtung an Bord. 2. Bestimmung der Coefficienten für die Correction der Beobachtungen.. | Für Beobachtungen an Bord ist es in erster Linie von Bedeutung, den richtigen Ort für die Aufstellung der Instrumente zu wählen. Hierbei muss ganz - besonders beachtet werden, dass der Aufstellunssort nicht während der Dauer einer Reise gewechselt werden muss, sondern dass viel- mehr alle Beobachtungen auf diesen Ort bezogen werden sollten, weshalb auch zu erwägen ist, ob der Ort frei von Veränderungen gelassen werden kann. Die Aufstellung soll ferner so gewählt werden, dass die störenden Einflüsse ein Minimum werden, namentlich aber muss darauf geachtet werden Bl : i i Ä )EWose?— — p die geogr. Breite und x die Ludolphische Zahl ist. (Der Krümmungsradius g für die Breite ist:) N | 3 3 (1 — 8? sin’)? Littrow’s Chorogr. pag. 90. e = (0.08169683 lg & = 8.9922052 — 10 le 2 = 17.8244104 — 20 &= 0.00667435 **) Siehe die Werke von Steinhauser, Laushton, Gretschel u. a. Hydrographie und Oceanographie. : dass Eisenmassen, welche im Dienste oder sonst bewegt werden müssen, so . weit entfernt gehalten werden, dass sie die Beobachtungen nicht beeinflussen können. Sollte dies auch erreicht worden sein, ist es on gut, dass man während der Ausführung aller Reihen von magnetischen Beobachtungen stets solche beweglichen Eisenmassen, wie Kanonen, Reserveschrauben, Davits u. s. w. an ein und derselben Stelle, die man sich durch Marken zu bezeichnen hat, erhält. Die Höhe der Instrumente über Deck sei so gewählt, dass man von dem Punkte der Beobachtung frei über die Regeling und etwaige Deckhäuser -hinwegsehen kann. Man sieht, dass in diesem Falle die Aufstellung der "Instrumente eine Sache ist, die mit grosser Sorgfalt ausgeführt werden muss. Adi. Zu den magnetischen Beobachtungen an Bord werden ausser den Oompassen zu Bestimmungen der magnetischen Declination (Variation) auch noch Declinatorien benutzt, während Inelination und Intensität am vortheil- haftesten mit dem Apparate von Fox bestimmt werden. Das Deviations- Magnetometer dient gleichfalls zu Bestimmungen der Intensität und Incli- nation, ist aber speciell für die Bestimmungen der Coefficienten in eisernen Schiffen berechnet und wird hier daher nicht näher besprochen werden. Der zu Bestimmungen - der Declination verwendete Compass soll ein Normalinstrument sein, d. h. es müssen sich bei demselben alle Fehler ge- nauestens bestimmen, in Rechnung bringen oder eliminiren lassen. Auf Eisenfreiheit des Gusses muss besondere Sorgfalt verwendet werden, während die Rose, deren Nummer stets den Beobachtungen hinzuzufügen ist, so be- schaffen sein muss, dass man sie umlegen kann, um die Oollimation der Nadel zu entfernen oder, wie es in den meisten Fällen zu geschehen pflegt, zu be- ‘ stimmen und bei den einzelnen Lagen der Rose in Rechnung zu bringen. Der Prismenfehler des Peilapparates und Excentrieität müssen gut bestimmt und womöglich corrigirt werden, auch prüfe man genauestens, ob das Deckel- glas des Compasses nah, durch prismatische Gestalt die Ablesungen beein- fusst. Durch den äusseren Theilkreis ist man jeden Augenblick in der Lage, eine genaue Untersuchung des Instrumentes, die übrigens vor der Reise ‚, auszuführen ist, vorzunehmen. Das Declinatorium ist gleichfalls für Schiffsgebrauch eingerichtet, indem es in einer cardanischen Aufhängung schwingt. Die Aufhängung der Nadel ist auch in diesem Falle auf Spitzen, die Einstellung mittelst Spiegel, und es kann die Nadel in beiden Lagen beobachtet werden. Beide Istru- mente, Declinatorium und Normalcompass, werden genau mit Beziehung auf. ; die Kiellinie orientirt, so dass man auch bei jeder Beobachtung mit densalae den Schiffscurs abzulesen vermag. Von Zeit zu Zeit sind die beiden In- strumente an Land und wenn irgend möglich auf einem Observatorium, in er welchem die magnetische Declination bekannt ist, zu prüfen; der Beob- achter sollte sich stets gegenwärtig halten, dass ohne einen solchen Vergleich © a N die gewonnenen Resultate nur einen sehr bedingten Werth haben können, —— Im Uebrigen gelten auch hier für die Beobachtungen an Bord dieselben Re- , geln, wie sie für Landbeobachtungen aufgestellt wurden (Wild, Beobachtung a" der magnet. Elemente). Es wird nebst der Angabe der Zeit, auch noch der \ —Schiffseurs und eine Schilderung der Umstände, unter welchen die Beobach- - tungen gemacht wurden, hinzugefügt. Mit Beziehung auf die Bestimmung eines astronomischen Azimutes muss bei Beobachtungen, auf See ausgeführt, stets erwogen werden, dass sich die Collimation des Kreises wegen der Schiffsbewegung stets ändert, denn wie genau auch auf das Steuern geachtet werden mag, und es ist dies eine der ' wesentlichsten Bedingungen für eine gute Beobachtung, so ist es doch un- 660 Neumayer. möglich, die Richtung des Kieles und damit die Lage des Kreises innerhalb der zu erstrebenden Genauigkeit der Beobachtung, an nur für eine sehr kurze Zeit, inne zu halten. Bei dan Gebrauche des Compasses, wo die Peilungen der Sonne oder- eines Gestirns stets gleichzeitig mit der Ablesung der Rose geschieht, hat diese Aenderung weniger zu bedeuten, bei dem Do wie es in der kaiserlichen Marine für die Küstenvermessung im Gebrauche ist, dagegen wird die Aenderung der Lage des Kreises stets vor und nach einer magne- tischen Einstellung controllirt, da ein gleichzeitiges Ablesen vom Gestirn oder von einem terrestrischen Objecte von bestimmtem Azımut nicht möglich ist. Zur Bestimmung des astronomischen Azimutes bedient man sich auf See am zweckmässigsten der Morgen- und Abendpeilungen der Sonne, oder auch Peilungen irgend eines hellen Gestirnes, dessen Höhe über den Horizont 10 Grade nicht übersteigt. Die Ermittelung der Zeit und die genaue Ab- leitung der geographischen Position sind hierbei wesentliche Erfordernisse, da ja magnetische Beobachtungen überhaupt ohne die letzteren nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft kaum einen Werth haben. Mit Rück- sicht auf die Ausführung der einzelnen hierzu nöthigen Operationen wird auf die betreffenden Paragraphen der Aufsätze von Wild und Tietjen verwiesen, während andererseits jedes Handbuch der Navigation über dieselben Auf- schluss giebt. Oft kann es sich ereignen, dass ein Schiff Tage und Wochen an einem Orte vor Anker liest und die Ermittelung des Azimutes eines terrestrischen Objectes (Mire) sehr erwünscht erscheint, während der Zustand des Wetters solches auf astronomische Weise durchzuführen nicht gestattet. Wenn nun in einem solchen Falle die geographischen Ooordinaten dreier Objecte gegeben sind, so kann man sich durch Peilungen nach denselben nach dem Pothenotischen Probleme die Position des Schiffes und daraus die Azimute der Objecte ableiten. Wird darauf eine einfache Ausgleichungs- methode angewendet, so kann man mit der grössten Schärfe und auch ohne‘ zu grossen einen! die magnetische Di aus allen drei Miren er- mitteln. Der Fox’sche Apparat. Es besteht derselbe aus einem cylindrischen Messinggehäuse, welches durch eine Stütze in verticaler Lage gehalten wird, und mit einer Alhidade, die sich auf einem horizontalen Kreise dreht, in Verbindung steht. Derselbe stellt sonach ein Inclinatorium dar, welches nur für die Zwecke an Bord eine besondere Construction erhalten hat, indem die Aufhängung der Nadel so eingerichtet ist, dass ein Herabgleiten und Verschieben der Axe derselben von den Lagern nicht stattfinden kann. Zu diesem Zwecke dient ein mit Rücksicht auf seine Entfernung von der verticalen Ebene des Instrumentes verschiebbarer Arm, welcher an seinen Vorderenden das Lager für die inneren Zapfen der der Nadel trägt, während der andere in einem genau centrisch zum ersten, in der Mitte ds Verticalkreises befindlichen ein aee: ruht. Diese here, welche gestattet, dass die Nadel ohne jede Schwierigkeit in die Lager gelegt und sodann genau ad- Justirt wird; für die Ablesung ihrer Enden ist es nothwendig, de der Arm auf einer um dre Mitte des festen Steinlagers drehbaren Scheibe angebracht wird, weil sonst in gewissen Lagen der Tea des Armes die freie Bewe- gung der Nadel hindern würde. Durch die Drehbarkeit derselben kann man dies für jede mögliche Lage verhindern, während andererseits dieselbe dazu dient, die Nadel mittelst des Trägers des Armes nach der einen oder der anderen Seite zu bringen. Es befindet sich an derselben Scheibe noch ein kleiner Bügel von einer solchen Grösse, dass er die Nadel aufzunehmen und = Hydrographie und Oceanographie. "fesiiuhalten vermag. An der Rückseite des Apparates befinden sich in _Verbin- dung mit der Scheibe zwei Knöpfe, vermittelst welcher dieselbe leicht sedreht Radon kann. Dieselben sind gleichzeitig die Schraubenköpfe, mittelst welcher Bi ® sowohl der Arm als auch der erwähnte Bügel zu der Verticalebene heran- - gebracht oder von ihr entfernt werden kann. ER “Das Inclinationsgehäuse hat zwei getheilte Kreise, die genau centrisch mit der Axe der Nadel und deren Ebene senkrecht auf be stehen, wenn die Zapfen in den betreffenden Lagern, genau adjustirt, sich befinden RR Der eine dieser beiden getheilten Kreise liegt etwas weiter zurück als - der andere, und es hat derselbe den Zweck, bei der Ablesung die Parallaxe zu vermeiden, indem er die der betreffenden Ablesung zunächst liegenden Theilstriche des vorderen und hinteren Kreises zur Coincidenz bringt. Eine geringe Uebung wird genügen, hierin alle erwünschte Sicherheit zu gewähren. An der Rückseite des verticalen Gehäuses befindet sich ein dritter getheilter Kreis, welcher mit den beiden übrigen genau centrisch (nicht in derselben Ebene) liest und dessen Theilstriche mit jenen der ersten genau überein- stimmen. Darauf und um die Axe der Inclinationsnadel dreht sich eine Alhidade mit 2 Nonien und zwar unabhängig von der vorher erwähnten Scheibe, welche den Arm des Zapfenlagers trägt. Dieser letzte Kreis hat den Zweck, stets an der Rückseite die Ablesung der Nadel fixiren, um gemäss - derselben die fest mit der Alhidade verbundene Ablenkungsvorrichtung ein- stellen zu können, als wenn dies mittelst der Theilstriche an der Vorderseite geschehen wäre. Die Ablenkungsvorrichtung enthält Schraubengewinde, in - welche die Ablenkungsmagnete (Deflectoren) eingeschraubt werden können. Es ist einleuchtend, dass man mittelst dieser Vorrichtung auf irgend einen Winkel mit der Inclinationsnadel oder auf diese selbst, zu Zwecken der Ab- lenkung derselben, einstellen kann. &, Der Apparat hat an seinen Kreisen keine feine Bewegung (Mikrometer- getriebe), wohl aber in dem Dreifuss des Horizontalkreises Stellschrauben, Bi zum Horizontalstellen mittelst zweier senkrecht aufeinander auf dem Limbus sdes Horizontalkreises befindlichen Libellen. Der Limbus ist bei den älteren Instrumenten dieser Art so eingetheilt, dass an den Enden eines 4 Durchmessers O0 steht, während der darauf senkrechte an seinen Enden 90° & angeschrieben hat, so dass also in jedem der Quadrate von O bis 90° gezählt wird. Die neuen Instrumente haben eine etwas andere Bezeichnung; radael ist dies unerheblich und genügt nur ein wenig Nachdenken, um Sich sofort mit irgend einer der angewendeten Weisen vertraut zu machen. Im Innern des Gehäuses ist ein Thermometer angebracht. ° Noch muss erwähnt werden, dass an der Rückseite des Gehäuses und an der Alhidade festsitzend, sich ein kleines Fernrohr befindet, mit welchem B ‚sowohl horizontale, als auch verticale Winkel gemessen werden können, und welches, da es umlegbar ist, eine genaue Beobachtung unter Berücksichtigung aller beeinflussenden Umstände (siehe Tietjen Universalinst.) zulässt. Sr Ueber dem inneren festen Zapfenlager und an der Rückseite des Ge- . häuses befindet sich ein etwa 2 Centim. langer Dorn, der dazu dient, auf das Zapfenlager und dadurch auf die Nadel eine Erschütterung hervorzu. enben, indem an demselben während der Beobachtung (Ablesung) der Nadel _ mit einem gerippten Elfenbeinstücke rasch und leicht gerieben wird. Da- _ durch überwindet die Nadel leicht jede Reibung und stellt sich sicherer ein. Die Nadeln, welche mit ganz besonderer Vorsicht zu behandeln, nament- ao vor Rost und Stössen zu bewahren sind, haben im Ganzen ee Form SE iA E 662 Neumayer. Rad haben, über welches ein Seidenfaden mit Gewichten gehängt werden “kann. Besondere Sorgfalt ist auf die Zapfen, welche sehr fein sind, zu ver- wenden; beim Einlegen und Festschrauben der Lager muss man sehr vor- sichtig sein. Man fasse die Nadel bei dem beschriebenen Rädchen und lege zuerst die Zapfen in das äussere, bewegliche Lager ein und leite den andern, indem man den Arm zurückschraubt, in das andere Zapfenlager hinein. Die Deflectoren sind in Messinghülsen eingelegte Magnetstäbe, welche keine weitere Beschreibung erfordern. Auf die an der äusseren Hülse ange- brachten N.- und S.-Bezeichnungen muss bei dem Verpacken geachtet werden. Der Tisch mit cardanischer Aufhängung, auf welche der Fox’- sche Apparat gestellt wird, muss von besonders guter und tüchtieer Arbeit. sein. Wenn das Instrument darauf gestellt und adjustirt ist, so hat man die Orientirung nach der Kiellinie des Schiffes vorzunehmen. Man wählt die- selbe am .zweckmässigsten so, dass man sofort die Curse abzulesen vermag, ohne erst einer Rechnung zu bedürfen. Auf einer längeren Reise lässt man das Instrument auf dem Stative, weil Adjustirung und Orientirung zu zeitraubend sein würden; um dies ohne Gefahr für das Instrument thun zu können, ist der Tisch mit einer Glas- ‚glocke und einem Messinggeflechte versehen, über welche man noch eine Presenningdecke legen kann, wenn das Instrument nicht gebraucht wird. Aufstellung und Anordnung der Instrumente an Bord. Es wurde schon über die Wahl des Aufstellungsortes und die an denselben zu stellenden Anforderungen gesprochen, und es ist daher hier nur nöthig zu erklären, wie der Fox’sche Apparat und der Normalcompass (Regelcompass des Schiffes) aufgestellt werden sollten. Wenn wir von den zu bestimmenden Correctionen sprechen, werden wir auch über diesen Punkt, namentlich auch über den Positionscompass des Apparates zu sprechen haben. Es ist wün- schenswerth, dass der Fox’sche Apparat in der Nähe des Regeleompasses auf- gestellt werde, und zwar, für den Fall nur einer an Bord ist, Mitschiffs 1 oder 14 Meter von demselben entfernt und nahezu in derselben Höhe über Deck, so dass zur Noth die zu bestimmenden Üorrectionen für beide Instru- mente gelten können, was nicht schwierig ist, wenn der Ort der Aufstellung günstig gewählt wurde. ? Beobachtungen mit dem Fox’schen Apparate 1. Um den magnetischen Meridian zu bestimmen, dreht man das Instrument so lange und zwar allmälig, bis endlich die Nadel vollkommen vertical zu stehen kommt, nachdem sie bei Anwendung von einiger Erschütterung an der Rück- seite einige Schwankungen gemacht hat. Für diese Stellung der Nadel ist die Ebene der Theilung des Verticalkreises rechtwinklig zur Ebene des magnetischen Meridians. Allein es ist nothwendig, dass der Verticalkreis jedes Mal auch um 180° gedreht wird, in welcher Lage die Nadel alsdann abermals sich vertical stellt. Auf diese Weise wird die erste Beobachtung controllirt und, wenn nöthig, verbessert. Hat man den Punkt des Horizon- talkreises, der in beiden Lagen der verticalen Stellung der Nadel entspricht, abgelesen, daraus den um 90° davon liegenden Meridian gefunden, und kennt man ferner den Punkt, wo der astronomische Meridian den Horizontalkreis durchschneidet, so kann man sofort die magnetische Declination (Variation) ableiten. 2. Um die magnetische Inclination zu beobachten, kann man sich der gewöhnlichen Methode bedienen, die auch in Wild’s Aufsatz pag. 114 u. f. beschrieben ist; nur ist zu bemerken, dass die zur Beobachtung verwendeten She x Hydrographie und Oceanographie. | 663 - Nadeln nicht ummagnetisirt werden dürfen, weil sie auch zu Intensitätsbe- _ stimmungen verwendet werden. Man muss für diesen Fall mit derselben Ik "Nadel am Lande und an einem Orte Beobachtungen machen, an dem die Inclination auf das Genaueste bekannt ist und dekler durch den Vergleich der Resultate, der Indexfehler der Nadel bestimmt werden kann. Anstatt dieser Benöknlichen einfachen Methode der Beobachtung wendet man meisten- theils auf See die Methode der Ablenkung an, d. h. es wird zuerst der Punkt des Verticalkreises bestimmt, welchen die ungestörte Nadel einnimmt, sonach ist dieser Punkt auch auf dem Kreise an En Rückseite bekannt. Aıden stellt man die Alhidade des Verticalkreises so ein, dass der darauf einge- schraubte Deflector um 30°, 40° oder 50° von der Richtung der Tnclinatione® nadel absteht, und zwar geschieht dies zuerst auf. der einen Seite jener Rich- tung, und sodann auch anf der anderen. Die beiden Lagen des Deflectors werden unterschieden, indem man gemäss der bei der Nadel bewirkten Ab- lenkung von einer Ablenkung „nach oder durch die Verticale“ und von einer solchen „ab oder von den Verticalen“ spricht. Diese Beobachtungen werden in der Kreislage gegen West und jene gegen Ost ausgeführt und zwar für beide Reihen mit denselben Winkeln. Hat man 30° angewendet, da der Kreis gegen West war, so hat man auch 30°, da er gegen Ost ist, anzn- wenden u. s. w. \ Die entsprechenden Ablenkungen der Nadel zu Mittelwerthen vereinigt, ergeben jedes Mal die Mittellage oder die verbesserte Inclination der Nadel. Da man eine beliebige Anzahl verschiedener Ablenkungswinkel anwenden kann, so kann man auch eine grosse Anzahl von Bestimmungen der Incli- nation erhalten, welche alle den Vortheil haben, dass sie in verschiedenen Lagen der Zapfen in den Lagern ausgeführt wurden. Es wird hier ein für alle Male darauf aufmerksam gemacht, dass man beim Beobachten (Ablesen) der Nadel jedes Mal die Erschütterung durch Reiben anwendet und ferner, dass für ein und dieselbe Ablesung stets die Scheibe, welche den Arm des Zapfenlagers trägt, dreht und zwar in 4 ver- schiedenen Positionen, für welche die Ablesungen gemacht werden. Die verschiedenen Reihen werden zu Mittelwerthen combinirt und an das Ge- ‘ sammtmittel die in einem Observatorium ermittelte Indexcorrection angebracht, um endlich die Inclination zu erhalten, an welche alsdann die für locale Einflüsse berechnete Oorrection anzubringen ist. Auf See kann man häufig nur in einer Lage des Kreises die Inclination beobachten, hat man dies ge- than, so darf man auf das Endresultat auch nur die für diese Kreislage an Bord ermittelte Indexcorrection anwenden, um den wirklichen Werth der Inelination zu erhalten. Einer näheren Ausführung bedarf die an und für { sich höchst einfache Sache nicht. NE 8. Bestimmung der relativen Intensität des Erdmagnetis- mus. Mit Anwendung von constanten Gewichten. In dem von | Dover in London verfertigten Apparate befindet sich ein Etui mit einer An- zahl von gut adjustirten kleinen Gewichtehen von 0,25 bis 2,0 Grains. Diese werden an einem feinen Seidenfaden, welcher mit kleinen Häkchen an beiden Enden versehen ist, so über das an der Nadel befindliche Rädchen gelegt, dass sie frei schweben. Man thut wohl daran, sich die einzelnen Gewichte, - welche bei einer Beobachtung benutzt wurden, zu merken und immer wieder - anzuwenden, so lange dies angeht. 2 Wenn das Instrument genau adjustirt ist, stellt man den verticalen Kreis E: Y in die Ebene des magnetischen Meridians id hängt zuerst das Gewicht Eh (oder die rue) welche man benutzen will, an das eine Ende des Fa- 664 Neumayer. dens, so wird die Nadel aus ihrer Gleichgewichtslage verdrängt werden. In- dem man die angeführten Vorsichtsmassregeln (Reiben und Aendern der Lager) beim Ablesen beachtet, erhält man auf diese Weise eine Ablesung x, und wenn man das Gewicht einhängt an das andere Einde, eine Ablesung »/, Man unterscheidet beide Ablenkungen gerade so, wie im Falle der Inclination, nämlich: „Nach oder durch die Verticale“ und „von der Verticalen wee“. = nn und der Ablenkungs- - Die Mittellage der Nadel wird nun wieder i u—u > 5 : ec; —, Man muss hierbei beachten, ob die Nadel in einem winkel 9 = Falle nicht die Horizontale, in dem anderen nicht die Verticale passirt hatte, damit man der Ablesung das richtige algebraische Zeichen geben kann. Gestatten es die Umstände und Zeit, so kann man die Beobachtung mit derselben Nadel in der anderen Kreislage wiederholen; wenn der Kreis zuerst ‚West war, so wird er nun Ost und umgekehrt. Ebenso kann man noch eine zweite Nadel für denselben Zweck benutzen. Hat man am Lande, in einem Observatorium, welches nun als Basis für die Beobachtungen zur See dienen soll, den Ablenkungswinkel für ein be- . ‘ stimmtes Gewicht gemessen und es sei derselbe g, gewesen und die dazu gehörige Intensität J,, so ist, wenn @ und J die entsprechenden Werthe für J, -eine Station an Bord waren: J= an (1+9(-14,)); I, sing, ist eine sing Constante, die so oft, als sich Gelegenheit dazu findet, bestimmt werden sollte; q ist ein Coefficient für Temperatur, welcher ergiebt, um wie viel sich das. magnetische Moment der Nadel für jeden Grad der Temperatur mehr ver- ändert und muss in einem Observatorium bestimmt werden, Z£ ist die Tem- peratur zur Zeit der Beobachtung, 4, ist die Temperatur der Station, auf welche mittelst des Coefficienten Be durch die Beobachtung erhaltene Werth reducirt wurde. Mit Anwendung von Deflectoren. Anstatt der Gerichte, welche auf See schwerer und seltener anzuwenden sind, gebraucht man in den ; : meisten Fällen die Deflectoren. Dieselben werden in die an den Arm der Alhidade des hinteren Kreises befindlichen Gewinde eingeschraubt und zwar je nachdem, einer derselben, oder beide zugleich, in der Anordnung, wie sie sich aus einer Beachtung der auf den Deflectoren befindlichen Buchstaben (N und $) sofort ergiebt. Es wird nämlich zuerst die Neigung der Nadel beobachtet, sodann werden mittelst der Nonien des Kreises an der Rückseite die Arme so eingestellt, dass dieselben mit der Richtung der Neigungsnadel® coincidiren, und hat dies möglichst genau zu geschehen. Werden sodann die Deflectoren richtig aufgeschraubt, d. h., dass z. B. das mit N bezeichnete Ende derselben bei nördlicher Inclination am unteren Arme an der Kreis- ebene, am oberen Arme aber entfernt von dieser Ebene zu stehen kommt, so wird die. Nadel aus ihrer Gleichgewichtslage gebracht, abgelenkt und zwar wieder entweder nach der Verticalen zu oder von derselben ab. Hat man zuerst eine Lage der Nadel im abgelenkten Zustande unter Berücksichtigung der Vorsichtsmaassregel (starke Erschütterung durch Reibung am Zapfen und indem man in 4 verschiedenen Lagen des Armes, in welchem das äussere Zapfenlager liegt, beobachtet) ermittelt, so bewegt man die Nadel alsdann mittelst des Armes und Drehens der Scheibe so weit, bis sie nach der anderen Seite abgelenkt wird — die Deflectoren bleiben aber unverrückt an ihrer Stelle — so erhält man aus den vier zu nehmenden Beobachtungen MEN. a, RR RRLERINE ale es - IR TR a 0 dr) Hydrographie und Oceanographie. - ee ale Kr: eine Miktelbeabachtung für die abgelenkte Nadel auf der anderen Seite und wenn v und w’ wieder die Ablesungen in den beiden Lagen sind, so ist der , Ablenkungswinkel yp in diesem Falle: 9 = — wobei man aber wieder a Ex Ey die 2 eiraischen Zeichen achten muss, die darnach bestimmt werden, ob in IN on einem Falle die Ablenkung bis über die Horizontale, oder im ne bis jenseits der Verticalen geht. Eine Beachtung der Theilung des Instrumentes wird hier vor jeglichem Irrthume bewahren. Man lese auch an dem im Gehäuse befindlichen Thermometer die Tem- : . peratur am Anfange und am Ende einer Reihe ab. damit man die nöthige R* Correction für Veränderung des magnetischen Momentes durch die Temperatur bestimmen kann. Wenn der mit genau demselben Deflector (oder Deflectoren) an der Normalstation erhaltene Ablenkungswinkel 9, und die erhaltene Inten- sität J,, die Temperatur Z, und der ermittelte Temperatur-Ooefficient q ist, dann hat man für J, die Intensität an der zu beobachtenden Station an Bord: __ Jo Sinn 1 sing ala) Man sieht alsbald, dass auf See die Methode mit Deflectoren schon um deswillen in den meisten Fällen den Vorzug verdient, weil man beim Be- obachten mit denselben, das Gehäuse nicht zu öffnen nöthig hat, während beim Beobachten mit Eichlen ein Manipuliren mit dem Berdentaden an Deck, und wenn nur etwas Wind weht, seine Schwierigkeiten haben dürfte. U, Es verhalten sich die an zwei verschiedenen Stationen ermittelten # Intensitäten umgekehrt, wie die Sinusse der resp. Ablenkungswinkel mit ar denselben Deflectoren und direct, wie die, der in. jedem Falle ausgeübten > ablenkenden Kraft gleichen Gewichte (gleichwerthige Gewichte). Hiernach | kann der Werth der Sinusse. der Ablenkungswinkel erhalten mittelst De- — — fectoren, durch kleine Gewichte bestimmt werden, indem man die Deflectoren * IE so stellt, dass sie mit der Inclinationsrichtung die Ablenkungswinkel, deren Werthe bestimmt werden sollen, bilden und nun mittelst der Gewichte die Nadel in die Inelinationsriehtung zurückzwingt (deshalb das Englische 2 eoereing weight). Die Gewichte, welehe nothwendig sind, die Nadel gegen die n ablenkende Kraft der Deflectoren zur Inclinationsrichtung zurückzubringen, Me stellen die Wirkung des Erdmagnetismus für die zu ermittelnden Winkel dar. In den Special-Instructionen für magnetische Beobachtungen, ausge- - arbeitet vom Capt. Evans für die britische Marine, wird folgendes Verfahren E für die Beobachtungen mit Deflectoren und gleichwerthigen (equivalent, Er: coereing) Gewichten und für die Berechnung einer Tabelle der letzteren aus eingehenden Beobachtungen an Normalstationen mit beiden benützten Nadeln ER - und für die verschiedenen Ablenkungswinkel empfohlen. Die Deflectoren Er: werden der Reihe nach unter solchen Winkeln zur Neigungsrichtung gestellt, dass jeder darauf folgende Winkel ein Grad von dem worhek gehenden ‚abweiche Für jede dieser Lagen werden die gleichwerthigen Gewichte bestimmt. Die Beobachtungen sollten so angestellt werden, dass die Deflectoren nach einander, ‚sowohl auf die eine, als auf die andere Seite der Nadel zu stehen kommen. | Es kann dies bei irgend einer Lage der Nadel geschehen, allein die verticale u Lage, wenn also ds Ebene der Nadel senkrecht auf den magnetischen Meridian steht, ist für den vorliegenden Zweck am Geeignetsten, Aus dem oben angeführten Satze ergiebt sich folgende Relation: 666°: ° Neumayer. w Sing, = wo g, und w, die Ablenkungswinkel und gleichwerthigen Gewichte w, Sin an der Normalstation und w, und J dieselben Werthe und Intensitäten an irgend einer anderen Station sind. Versteht man unter u, und u die sehe Werthe der Kraft an der Normalstation und einer anderen auf 1 Sing See, so hat man ferner: u = Ho ® Po , W eosec. Q. W. _ Wenn ein Kraftverlust des Magnetismus der Nadel oder der Deflectoren eintritt, so ist einleuchtend, dass der Ablenkungswinkel kleiner wird, wenn die Defleectoren und grösser wenn die Gewichte allein gebraucht wurden; ferner, dass, wenn die erdmagnetische Kraft durch Ortsveränderung geringer wird, die Ablenkungswinkel nach beiden Beobachtungsweisen (Deflec. u. Gew.) grösser werden. Es ist nicht immer möglich, an einem Observatorium eine Tabelle gleichwerthiger Gewichte, nach der beschriebenen Weise herzustellen. Für solche Fälle ist in den vorerwähnten Instructionen “ein anderes Verfahren vorgeschlagen. : Man beobachtet an der Normalstation mit einem constanten Gewichte (W,) den Ablenkungswinkel ®, und den Ablenkungswinkel g, für eine, nach einen nach der Neicungsrichtung der Nadel adjustirten Deflector. Man hat alsdann die foleende Relation, wenn W, das gleichwerthige Gewicht für die ablenkende Kraft der Deflectoren, beim Winkel g, ist: w, = W, sin. @, cosec. - D,. Man wird nun öfter auf See Gelegenheit haben, Ablenkungen mit con- stanten Gewichten und Deflectoren zu beobachten, so dass man die Werthe w und © auch für eine Reihe anderer Stationen erhalten kann. Ist die Intensität an der Normalstation J, und J jene durch die Methode mit con- stanten Gewichten bestimmten einer anderen Station, so hat man: J 5 w—= TR, (w, cosecg, - Sinp) woraus sich für jede der in dieser Weise beobachteten Stationen ein Werth von «© berechnen lässt. Alle so erhaltenen Werthe von » kann man sodann mit den correspon- direnden Werthen von p zusammen graphisch darstellen, und zwar so, dass jene (die «) die Ordinaten und diese (die g) die Abscissen sind. at man die Endpunkte der Ordinaten durch eine Ourve, so stellt diese eine Interpolations-Curve dar, mittelst welcher für irgend einen Werth von g das dazu gehörige w erhalten werden kann. Hat die Curve keinen regelmässigen Verlauf, so deutet dies auf einen Kraftverlust der Deflectoren hin Meer Instructions by Capt. Evans). Es sind die Schraubengäünge, der für die Defleectoren bestimmten Arme so eingerichtet, dass auch die eine oder die andere der in dem Fwutterale, in deln sie nr ist, angeschraubt und als Deflector benutzt wer- den kann. Es wäre noch eine andere Methode der Beobachtung hier zu erwähnen, bei welcher die eine der Nadeln zu Ablenkungen benutzt wird, und zwar in der Weise, dass die ablenkende Nadel parallel (und nicht wie bisher ange- nommen senkrecht) zur Ebene der Inclinationsnadel liegt, allein in jüngster Zeit werden die Instrumente nieht mehr mit den hierzu nöthigen Einrichtungen versehen, so dass wir diese Methode hier übergehen können, indem wir uns Pac 20 avdn RR Pa ERBE N y Panel a R Lan ER ER DEE u 1 } m Sy ” EN RN: 4 = Y 5 Hydrographie und Oceanographie. 667 begnügen anf die betreffenden Stellen im Manual of ‚seientifie m hinzu- weisen (p. 112, Nr. 5). Da man Beh die verschiedenen Defiectoren und Gewichte eine grosse Anzahl von Combinationen hervorbringen kann, so erhält man mittelst des Fox’schen Apparates auch eine beträchtliche Anzahl von relativen Werthen der Intensität, woraus ein Mittelwerth abzuleiten ist. Mit Rücksicht auf die Lage des Verticalkreises, ob Kreis Ost oder Kreis West, ist zu bemerken, dass man in vielen Füllen auf See nur im Stande sein wird, entweder in der einen oder in der anderen zu beobachten. Man combinirt alsdann in den Rechnungen solche Beobachtungen nur mit. den in der gleichen Lage ge- machten der Normalstation; hieraus ergiebt sich aber die Nothwendigkeit an der Normalstation beide Lagen erschöpfend zu beobachten, um die betreffenden Beobachtungen vorkommenden Falles zur Verfügung zu haben. Ueber die Bestimmungsmethoden für die Temperatur-Coefficienten der Nadeln, wird hier nichts weiter erwähnt, weil in dem Aufsatze von Wild das Wesentlichste darüber enthalten und dann aber auch, weil solche Bestim- mungen im Observatorium ausgeführt werden müssen, und den Reisenden daher nur die daraus gewonnenen Resultate interessiren können. Es bleibt nun nur noch übrig, Einiges über die Bestimmung der Cor- rectionen zu sagen, welche, wegen des Liocaleinflusses an Bord an die gewon- nenen Resultate angebracht werden müssen. Hierbei muss eine gründliche Kenntniss der über die Deviationsbestimmung veröffentlichten Arbeiten vor- ausgesetzt werden. Wir verweisen daher im Wesentlichen hier auf die Werke von Evans, Schaub u. s. w., indem wir die Correctionen, die bei den einzelnen Elementen anzuwenden sind, aufzählen. Es ist zu diesem Zwecke das Schiff so zu schwaien, dass man dasselbe für einige Zeit auf einen bestimmten Strich des Compasses erhalten kann, für die Dauer einer Beobachtungsreihe.e Man wählt hierzu entweder nur die 8 Hauptstriche des Compasses, oder beobachte, wenn Umstände es gestatten, auf 16 Strichen N. NNW.NWu.s.w. Auf den Tisch mit cardanischer Aufhängung, welcher den Fox’schen Apparat aufzunehmen bestimmt ist, stellt man zunächst einen Compass, den Positionscompass. Es werden sodann während des Schwaiens des Schiffes die Deviationen für den in der Nähe stehenden Regelcompass und den Positionscompass bestimmt. Darauf wird der Fox’sche Apparat an seinen Platz gestellt und genau adjustirt und nach der Kiellinie orientirt. Aus dem Vergleiche der Deviation der beiden Compasse leitet man eine Tabelle ab, die den Beobachter in die Lage setzt, das Schiff auf den Strich mittelst des Regelcompasses zu bringen, welcher nach dem Positionscompass anliegen sollte, und es werden nun danach die Striche für den Positionscompass — den Fox’schen Apparat — angelegt und auf denselben die Beobachtungen ausgeführt, indem man das Schiff ein zweites Mal auf die gewünschte Anzahl Striche bringt. Die Reductionen der Beobachtungen werden nun nach folgenden Formeln ausgeführt: Für die Correetion der Declination müssen die Öoefficienten A, B,C, DE Y bestimmt werden. Die Reductionsformel ist, wenn tg@ = —-: B sindö=A+Y B?+0?sin(”+«) + Dsin2” + E cos2{ (Siehe Admir. Man. p. 114. 3rd Edition.) Für die Correction der Bestimmungen der Inclination und totalen Kraft mit Fox’s Instrument müssen die Coefficienten B, D, ec‘, d und 4’ ermittelt 668 Neumayer. werden. Die Bedeutung dieser Coefficienten ist aus den vorher angegebenen Arbeiten zur Genüge bekannt und nur die Coefficienten.c, d und A’ bedürfen einer Erklärung, die in folgenden Gleichungen gegeben wird: g 1+% — . 1 = —! 4’ == = 1 D . ri I 1+e=ı(1+D) 2 Zur Correetion der Inclination, auf See beobachtet, können die variablen Coefficienten e und d aus den Abweichungen der Inclination von der normalen Richtung der Inclination mit Fox’s Instrument für die verschiedenen Com- passstriche berechnet werden. Die Formel hierfür ist: ce cosö+dtg D= (1—2sinD) X sint cosecl’ te 9°. Dieselbe gilt für alle Striche mit Ausnahme jener von Nord und Süd; für diese hat man die folgende Formel anzuwenden: \ ce cosö + dted = (cos{ + sin B) X secl’ tg9” © bedeutet, wie bekannt, das corrigirte magnetische Azimut des Schiffsvorder- theiles vom magnetischen Nordpunkte aus gezählt, 9 die Inclination mit Fox’s Instrument am Lande beobachtet, mal 9 herelhen Grössen = Fox’s Instrument und Positionscompass an Bord beobachtet. Man hat mit den auf diese Weise erhaltenen Werthen von e und d die Correetionstafeln für die Inclination und die verschiedenen Curse zu bereuen die Formel hierfür ist: tg9’ = (eosc+ © + — ten) X sinl’ cosecL. e dern) Diese Formel gilt für die Curse zwischen NO und SO oder zwischen NW und SW, oder, wenn sich das Schiff in der Nähe der Ost- und Westcurse befindet. Ferner ist: 5 cost + tst berg _C — —— 608[’ x 3 cosö + sinB ö wenn das Schiff nahezu Nord oder Süd anliegt. A’ welches zur Reduction der en ah open nothwendig ist, wie sie an Bord gemacht werden, wird aus Intensitätsbestimmungen an Bo mit Fox’s ass, und solchen mit demselben Instrumente am Lande gemacht, abgeleitet. Es werden dieselben mit dem aus anderen Beobachtungen bekannten absoluten Werthe der Totalkraft am Lande (u,) eombinirt; uw ist dieselbe Grösse an Bord. = sind’ = ce cos® cosC + d sind. A’ u, Diese Reductionsformel gilt für grosse Werthe der Intensität; für kleine wendet man an: A’ m A’ ist dieselbe Grösse wie: (1 + D) oder auch (1+ a). (Siehe oben.) Diese Auseinandersetzungen sind den magnetischen Instructionen des Capt. Evans p. 11 und 12 entlehnt. cos9’ sin” = (1L— 2 sinD) cos# sin Hydrographie und Oceanographie. Zur Erlangung guter Resultate ist, wie dies bei allen Fällen, in welchen Instrumente zur Anwendung kommen, gesagt werden kann, ein zartes Behandeln der Instrumente von grosser Wichtigkeit. Ausserdem hat man die magnetischen Instrumente Koreäliet vor Rost und vor Berührung - mit Eisen zu bewahren, weil durch beide die magnetischen Momente dr Nadeln und der Deflectoren geändert werden. Man bewahre daher diese, sowie in der That alle an Bord gebrauchten Instrumente an einem trocknen Orte auf, an welchem sie auch überdies nicht unmässig durch die Bewegung des Schiffes hin und her bewegt werden können; vor Allem aber sehe man zu, dass sie, wo immer sie Sch befinden, fest sind und nicht gegen die Wände oder andere Gegenstände gestossen werden können. Das Bestreichen 3 Nadeln und Deflectoren mit Petroleum oder mit einer dünnen Schichte von Talg oder Oel, ist denselben zuträglich, allein es muss dies stets so geschehen, dass kein Uebermaass dieser Substanzen daran klebt; besonders aber hat ee wenn eine Beobachtung gemacht werden soll, die Fettschichte mittelst eines Lappens oder mittelst der Finger sorg- fältig zu entfernen, damit das Gewicht derselben die Ablesung nicht beeinflusse. Den Aufbewahrungsräumen für die Instrumente an Bord, der Behand- lung, Conservirung deeseiben muss daher eine ganz besondere Nufmerksankei gewidmet werden, wenn man gute Resultate erhalten will. VII. Aufnahmen und Beobachtungen am Lande. Wenn, was wir in den folgenden Auseinandersetzungen durchweg anneh- men, Aufnahmen in einem Lande, einem Küstengebiete gemacht werden sollen, wo noch wenig oder Nichts für eine Vermessung geschehen ist, so hat man in erster Re Sorge dafür zu tragen, dass ein hervorragender Punkt dieser Küste nach seiner geographischen Position aus der Schi Perecinnng annähernd - abgeleitet und gleichsam als Normalpunkt für etwaige Aufnahmen angenommen werde. Gestatten es Zeit und Umstände, so bestimme man durch genaue Beobachtung am Lande die Lage dieses Punktes nach den im Abschnitte über geographische Ortsbestimmung dargelegten Methoden, deren Wahl durch die vorhandenen Mittel der Beobachtung bestimmt wird (siehe Tietjen). Handelt es sich um ein grösseres Küstengebiet, so kann der auf diese Weise bestimmte Punkt mit Rücksicht auf seine Länge als secundärer Meridian angesehen und die Bestimmungen aller andern Punkte des Gebietes auf ihn bezogen werden, so dass später sobald eine Reihe absoluter Längenbestim- - mungen für diesen secundären Meridian vorliegen, die Resultate der ganzen Aufnahme ohne Schwierigkeiten in das allgemeine System der geographischen Coordinaten irgend eines Ersten Meridians (Greenwich, z. B.) eingetragen - werden kann. Sowohl zum Zwecke der ersten Längenbestimmung eines Punktes, als auch zur Ermittelung der Längendifferenzen zwischen ihm und andern Punkten, bieten die Zeitübertragung vermittelst Chronometer noch immer das einfachste Mittel. Daraus folgt aber, dass diese Methode ‚der Längenbestimmung sowohl mit Rücksicht auf Aufnahmen neuaufgefun- _ dener oder doch nicht vermessener Gebiete, als auch mit Beziehung auf die + Bestimmung und Corrigirung der Lage von Punkten einer schon bekannten und theilweise vermessenen Küste für den Hydrographen, der keine Gelegen- heit namentlich in letzterer Richtung für das Interesse der Schifffahrt zu wirken unbenutzt vorübergehen jödsen sollte, eine grosse Bedeutung hat und daher hier etwas näher besprochen werden muss, 670 Neumayer. In dem Abschnitt „Geographische Ortsbestimmung“* wurde pag. 20 u. £f. das Wesentlichste über Uhren und deren Behandlung gesagt. Es wird nur noch hinzugefügt, dass es für die Zwecke der Hydrographie unerlässlich ist, dass die zu den Vermessungen benutzten Uhronometer vor ihrer Verwendung einer gründlichen Untersuchung in einem Observatorium unterworfen werden müssen, um die Gänge und die Temperatureinflüsse zu ermitteln, dass sie während einer Seereise eine wissenschaftliche Behandlung mit Rücksicht auf ihre Gänge erfahren und dass die Aufbewahrung an Bord eine zweck- entsprechende, gegen allzu heftige Erschütterungen und raschen Tremperatur- wechsel geschützte sei. Jede einzelne dieser Bedingungen würde eine grössere Auseinandersetzung erfordern, als sie hier gegeben werden kann und es wird daher der Beobachter mit Rücksicht auf diese Punkte auf die darüber veröffentlichten speciellen Arbeiten verwiesen.”) Wenn immer Gelegenheit gegeben ist, muss man an Land den Stand der Ohronometer gegen Ortszeit feststellen und zwar, wo möglich, für mehrere Tage, so dass man einen Gang für die betreffende Periode zu erhalten im Stande ist. Hat man ein temporäres Observatorium für diese Zwecke errichtet, so beobachte man mit einem Chronometer und kann dann ver- mittelst Zeitsignale (siehe vorherigen Abschnitt, pag. 657) die Zeit vom Lande nach Bord mittheilen. Oder man bringt in einer zuverlässigen Weise die Zeit frei von dem eventuellen Gange der zur Uebertragung benutzten Uhr durch vor- und nachherige Vergleichung an Bord. Es muss hier aus- drücklich hervorgehoben werden, dass unter keiner Bedingung die Chrono- meter, wenn sie einmal an Bord eines Schiffes sind, welches zu Vermessungs- zwecken (oder überhaupt) ausgeht, an Land oder an Deck gebracht werden dürfen. Nur ım Falle der Errichtung eines Observatoriums kann man ein bestimmtes Chronometer für die Zwecke der Beobachtung an Land bringen. Für solche Zwecke wähle man ein kleines Taschen-Ohronometer ohne Auf- hängung in Ringen, das aber niemals in der Tasche getragen, sondern mit derselben Vorsicht als andere Chronometer behandelt werden sollte. Ein jedes Schiff, welches Verinessungszwecke zu verfolgen hat, muss mindestens 3 gut für Temperatur compensirte, geprüfte Chronometer haben, die auch unter sich stets verglichen werden. Man thut wohl daran ein Normal-Chronometer darunter zu wählen und die Vergleichungen mit Rücksicht auf dieses auszuführen, dessen Schlag klar und bestimmt und dessen Zifferblatt gut getheilt und ohne Excentricität ist. Man richte hiefür seine Aufmerksamkeit besonders auf solche Instrumente, die von tüchtigen Künstlern angefertist, gut geprüft und richtig befunden wurden. Die Bestimmung der „Meridian-Distanzen“, Längen-Differenzen, für grosse Reisen aus Chronometern, bietet mancherlei Schwierigkeiten dar, da sich die Gänge der einzelnen Instrumente ändern und nicht in allen Fällen klar hervortritt, wie und wovon sich diese Gänge als eine Function darstellen lassen. Die Temperatur ist jedenfalls ein maassgebendes Element hierbei und eine strenge Untersuchung mit Rücksicht darauf ist auch während der Reise sehr zu empfehlen, wesshalb die Ablesungen eines Thermographen, in der Nähe der CUhronometer, stets gegeben werden sollen, um die Gänge mit Rücksicht darauf ableiten zu können. Es ist von ganz besonderem Gewicht, dass ununterbrochen, wenn immer sich eine Gelegenheit dazu bietet, die Chronometerlänge an Bord durch I M Shadwell, on the Management of Chronometers u. Börgen, Hydr. Mitth. Nr. 14, 5, 16. 1874. Hydrographie und Oceanographie. Monddistanzen ı u. s. w. bestimmt und daraus die Ohronemelen übeloikel werden, sowie auch aus Beobachtungen in der Nähe gut beskimnter Punkte an Land. Aus einer solchen Reihe vermag der Navigateur die Gänge unter strenger mathematischer Behandlung abzuleiten. > An einer aufzunehmenden Küste hat man übrigens, wie schon bemerkt, "nicht die Meridian-Differenzen stets vom ersten Meridian abzuleiten — man thut im Gegentheil klug daran nur die Meridian-Differenzen auf kurze Ent- fernungen im Verlaufe einer Vermessung zu geben und einen auf diese ‚Weise bestimmten Punkt sodann an eine bereits absolut bestimmte Länge von dem ersten Meridian anzuknüpfen. Die Bestimmung der Längen-Differenz (Meridian-Distanz) für eine Küste durch Chronometer (Chronometertransporte) führt man am vortheilhaftesten so aus, dass man sie für 2 Punkte hin und zurück bestimmt; wenn sowohl vor- als nachher gute Gangbestimmungen gemacht werden, so lässt sich dadurch — wenn der Zeitintervall nicht allzu gross ist — ein grosser Grad von Genauigkeit erreichen, Wenn M die Meridiandifferenz von A nach B ist, a der Gang eines Chronometers vor der Abreise von A, ß nach der Ankunft in B, 6 vor der Abreise von B und «’ nach der Fe in A, so ist ferner, wenn n die Anzahl Tage von der ersten Beobachtung in A und der in B, während m die Anzahl Tage zwischen der zweiten Beobachtung in B und der zweiten in A ist, für die Ausreise: ER) > N m + n wenn m und n ganze Zahlen sind; hat man aber die Tage und Bruchtheile gegeben, so. ist es ne der Gleichung die Form zu geben: M = an eh mn Wenn in der Station B nur eine Beobachtung gemacht werden konnte, dann - ist = p’ und wir haben für die Ausreise: M=«“—-Bß- a — u P m e n an ) 3 Für die Heimreise von B nach A hat man bei denselben Beobachtungen N m —a) -n( — | m rd tee) eo mt n und für eine Beobachtung in B: }- m N Mi. .:Bi—3> :(@ — a). MN mn Man sieht sofort, dass man es bei der Ableitung der Meridiandifferenz nur EN mit‘ dem Gange während der Reise zu thun hat, während die Gänge an ve den tionen’ A und .B nicht zur Ableitung en gebraucht va = Hat man kurze Reisen auszuführen, so kann man die Intervalle m und n BR leicht gleich machen und es wird alsdann: SER % M= 5 [(B—-e) + (Pf — w)). OS Nicht nur dass diese Methode der Bestimmungen von Meridiandifferenzen an ein und derselben Küste oder zwischen Küstenpunkten verschiedener 672 Neumayer. Ländercomplexe sehr zweckmässig ist, vielmehr ist dieselbe sehr wichtig gerade wenn es gilt, einen Punkt im Innern eines Landes oder zwei Punkte im Innern unter einander hinsichtlich ihrer Längendifferenz zu verbinden. Es wird hier gerade mit Rücksicht auf den Gebrauch von Taschenchronometern oder Uhren darauf aufmerksam gemacht, dass es wichtig ist, die Gangbeob- achtung so kurz als möglich vor der Abfahrt und nach der Ankunft auszu- führen. Je kürzer die Dauer der Hin- und Zurückreise, desto grösser ist die Sicherheit. Die Chronometerconstruction ist für eine horizontale Lage be der Taschenchronometer sollte daher stets, auch am Lande reisend, horizontal getragen werden; da dies mit mehrfachen Schwierigkeiten verknüpft ist, so ist die Frage berechtigt, ob es nicht zweckmässig ist, gute Ankeruhren für Landreisen, namentlich wenn dieselben nicht zu Base ausgeführt werden können, zu verwenden. Um zur Aufnahme eines kleinen Gebietes längs einer Küste zurückzukehren, - etwa einer Bucht eines Hafens, muss noch lan werden, dass es wünschens- werth ist, geographisch gut bestimmte Punkte auch zu Ausgangspunkten weiterer Aufnahmen zu machen. Da es nur in wenigen Fällen möglich sein wird, solehe Punkte unmittelbar zu einem Endpunkte einer zur Aufnahme dienen- den Basis zu machen, so versäume man nicht, sie durch Messungen auf diese zu beziehen. Bei der Wahl einer Basis, Standlinie hat man besonders darauf zu achten, dass dieselbe durch möglichst ebenes Terrain geht, so dass ein Messen mit Stäben oder Messbändern keine zu grosse Schwierigkeiten be- . reitet; überdies muss man darauf Bedacht nehmen, dass man von den End- punkten der Basis eine grosse Anzahl von wichtigen Punkten des zu ver- messenden Terrains, deren Lage niederzulegen ist, überblicken kann. Die Länge der Basis richtet sich innerhalb gewisser Grenzen nach der zu erzie- lenden Genauigkeit und der für die Winkelmessungen verfügbaren Instru- mente. Bei Vermessungen von Häfen, Buchten u. s. w. kommt es zunächst darauf an, dass die Winkel verhältnissmässig genau beobachtet werden, damit die relative Entfernung wiedergegeben - werden könne; strebt man grössere Genauigkeit an, so muss. die Messung der Basis mit aller Sorgfalt ausgeführt werden, und es wird sich in diesem Falle empfehlen, Holzstäbe (Bauern- feind’scher Construction) anzuwenden, die ein genaues Aneinanderlegen und ein Nivelliren gestatten; für minder genaue Messungen bedient man sich mit Vortheil der Stahlbandmaasse, der Lothleinen, eines oder des anderen der vielen Distanzmesser oder des Rochow’schen Mikrometers oder endlich auch des Schalles (siehe vorhergehenden Abschnitt). Hat man sich die hervor- ragenden Punkte markirt, sie der Reihe nach in einer oberflächlichen Skizze niedergelegt und mit Be bezeichnet, so beginnt man mit den Winkel- messungen von den Enndpunkten der Basis, Azımut gleichfalls durch sonen oder in irgend einer entsprechenden Weise bestimmt ' werden muss. Da es sich hier nicht darum handelt, eine Darlegung der Methoden der genauen Aufnahmen zu geben, sondern vielmehr nur um das Geben von Winken für Fälle, in welchen eine für die Aufnahmen gebotene Gelegenheit benutzt werden soll und eine grosse Genauigkeit nicht angestrebt werden kann, so können wir uns über diesen Gegenstand kurz fassen. Hat man zum Messen der Winkel einen Theodoliten, so ist wegen der Anwen- dung des Fernrohrs ein schärferes Einschneiden der Objecte und ein grösserer Umfang des zu vermessenden Gebietes möglich. In den meisten dem See- offieier vorkommenden Fällen wird zur Ausführung der Winkelmessungen Miehra! J '‘ormalcompass, wie er nun in der kaiserlichen Marine eingeführt ist, so kann man damit sehr gute Resultate erzielen. Dieses ment ist mit einem _ Theilkreise und mit Nonien versehen, zum Messen von Winkeln auf eine Minute genau. Die Rose wird nur angewendet, um die magnetische Richtung der Basis zu ermitteln, sodann aber festgestellt. Vor dam Gebrauche muss das Instrument auf seine Fehler urtersäicht werden (siehe magnetische Beob- g _ achtungen pag. 120). Hat man die Winkelmessungen beendch, für welche _ man sich im Voraus nach trigonometrischen Aendtven einen Plan ent- worfen haben sollte, so kann man die Endpunkte der Basis durch Steine oder Blöcke, die nicht leicht zerstört werden können, markiren. Einer der beiden Endpunkte kann mit Vortheil, wenn er durch einen Stein bezeichnet würde, dazu dienen, die Ebbe- und Fluthbeobachtungen darauf zu beziehen. Zu diesem Zweck hat man den Nullpunkt des Pegels (siehe vorhergehenden — Absehnitt) durch ein Nivellement auf den Fixstein zu beziehen. Bei der Wahl der Basis nehme man auch auf diesen Gesichtspunkt Rücksicht, was in den meisten Fällen keine Schwierigkeiten bereiten wird. Ist man bei den Winkelmessungen auf den Sextanten oder den Spiegel- mentes über dem Standpunkte zu achten und die gemessenen Winkel auf den { Horizont zu reduciren, wenn die Objecte nicht in einer horizontalen Ebene liegen. Man muss zu diesem Zweck auch die Höhenwinkel entweder mit dem künstlichen Horizonte oder mittelst eines Mikrometerniveaus nehmen. Sind diese Höhen, % und A’, nur wenige Grade gross, und ist y der zu redueirende Winkel, so ist die Reduction auf den Horizont (r) bekanntlich: i h-+h h—h sine 4) tg 4y — sin 5) cotg 4y 2 cosh cosh’ sin1” In solchen Fällen, wo man eine grössere Anzahl von Winkeln zu reduciren hat, kann man Sch Tabellen Ahlen in welchen einmal (k + A’) und dann 47 die Argumente sind. Es wird die erste Tabelle die (Grösse h { h 1 10.000 sin? Eh und die zweite die Grössen Be tel» und 2 sin1’’ 2 ( 0.0001 sin1” cirens sehr vereinfacht wird. Die Allgemeine Formel ist bereits in Tietjen’s — Aufsatz p. 27 gegeben. Ei. Sind ausserdem die Gegenstände, zwischen welchen die Winkel gemessen werden sollen, nahe bei dem Standpunkte, so hat man, ehe man die Reduction auf den Horizont ausführt, noch die Correction für Schiefenparallaxe an die Ablesungen anzubringen (siehe geogr. Ortsbestimmung pag. 24). Wenn bei dem gebrauchten Sextanten die Entfernung des Drehungs- punktes der Alhidade von der Fernrohraxe 0.075 Meter ist, so sind für fol- ) cotg 4, geben, wodurch die sonst umständliche Arbeit des Redu- für 188.5 Meter = 68” Mur #0) Js 34” „. 1885.0 ee I | rectionen noch zu berücksichtigen sind oder vernachlässigt Serden dürfen. sein“ guter ep gebraucht werden können. Hat man einen kreis hingewiesen, so hat man auf die genaue centrische Lage des Instru- gende Entfernungen der Ohjecte die entsprechenden Üorzectionen für Schiefen- m Füsst sich daraus ein Urtheil ableiten, für welche Entfernungen die Cor- 674 2 Neumnayer. der früher (pag. 36 und 119) auseinandergesetzten Methode zu verfahren, zu welchen wir hier nur die Bestimmung eines Azimuts mittelst des Sex- tanten hinzufügen möchten. Man misst nämlich die Distanz des nahen oder entfernten Sonnenrandes (oder eines anderen Himmelskörpers) mit dem Objecte, dessen Azimut be- stimmt werden soll. Kennt man die wahre Ortszeit der Beobachtung, die Höhe des terrestrischen Objectes über dem Horizonte, so leitet man das Azimut des Sonnenmittelpunktes, die Differenz im Azimut zwischen demselben und dem terrestrischen Gegenstande (Mire) und daraus das Azımut des letz- teren ab. Soll bei der Aufnahme eines Gebietes genauer verfahren werden, so hat man die Basis mit grösserer Schärfe zu messen und die gemessenen Winkel einer Ausgleichung zu unterwerfen. Wie dies zu seen habe, lehren die verschiedenen Werke über praktische Ge: (Jordan’s Taschenbuch). In solchen Fällen und wenn es sich um Aufnahmen einer grösseren Bucht und um Ausführung von Lothungen handelt, ist es von Vor- theil, sich die betreffenden Gebiete durch ein Coordinatensystem darzustellen, in welchem die Hauptpunkte, welche wir durch Triangulation erhalten, ein- getragen werden. Man kann sodann nach der im vorhergehenden Abschnitt angeführten Methode (pag. 660), eine beliebige Anzahl untergeordneter Punkte durch Rückwärtseinschneiden bestimmen und eintragen. Es ist dies für die Zwecke der Lothungen von Wichtigkeit, wo es Sich darum handelt, in jedem Augenblick die Stelle der re nad gleich- zeitiges Messen der beiden aneinanderliesenden Winkel zwischen sn gut bestimmten Objecten oder durch Messen der Distanzen auf der Linie der Deckpeilung zweier Objecte bestimmen zu können (siehe pag. 656). Man versäume niemals während des Aufnehmens in das Vermessungs- journal alle erforderlichen Notizen über Lage der Punkte, über Verfahrunes- weise u. 8. w. zu- machen und verlasse sich niemals auf das Gedächtniss, da sonst leicht mühevolle Arbeit durch Mangel richtiger oder durch das Anfügen unrichtiger Angaben nutzlos gemacht asien kann. Een nans chiede. Wenn der Plan, die horizontale Projection eines Gebietes festgestellt und entworfen ist, so handelt es sich in zweiter Linie um die topographische Aufnahme, um die Erhebungen. Es zerfällt dieser Theil in folgende einzelne Unterabtheilungen: 1. Nivellements und Conturenaufnahme an der Küste. 2. Trigonometrische Höhenmessungen. ä 3. Barometrische Höhenmessungen im Litorale und im Innern eines - Continents reisend. Für die Aufnahme nach Höhenverhältniss im Interesse der Hydrographie ist es nicht erforderlich, dieselbe weit von der Küste’ab nach dem Innern auszuführen, es richtet sich die Entfernung jedoch nach dem Grade der Er- hebungen. ‚Je höher sich die Bergspitzen erheben, wie z. B. in dem äqua- torialen Theil der Westküste Südamerikas, desto beträchtlicher sollte die Aus-' dehnung der Aufnahme nach innen sein. Das unmittelbare zur Küste ge- hörige Terrain’ ist topographisch aufzunehmen und zwar nach einem Nivelle- ment, welches sich auch auf den Pegelstand, so wie er sich aus den Messungen ergiebt, redueiren lässt. Zur Ausführung eines solchen bedarf es mindestens einer Ausrüstung mit Nivellirdiopter und einer Setzlibelle,*) die jedem Schiffe, *) In Karl’sRepertorium wird ein kleines Nivellirinstrument von Geppert, p. 294, Jahrg. 1874 beschrieben, welches hierfür zu empfehlen wäre. PR EN ENTE Te N FURL) Ze BEN EN Er RAN ER MEIN TRIIEEH, Wake Oi b N = x RE { 3“ MA ‚ Hydrographie und Oceanographie. welches Vermessungszwecke zu verfolgen hat, mitgegeben werden sollten. Die Höhenverhältnisse sollen ferner, wenn sie nur einigermassen beträchtlich sind, in Horizontalcurven gegeben werden. Die Höhenschichten sind bei steil Rn abfallenden Gestaden in Entfernungen von 20 zu 20 Meter und bei sanft an- steigendem Terrain von 10 zu 10 Meter und selbst in kürzeren Abständen S aufzunehmen. In welcher Weise solche Aufnahmen gemacht werden, kann man in Bauernfeind’s Elemente der Vermessungskunde, II. Auflage, pag. 628 u. f. oder in Jordan’s Taschenbuch der praktischen Geometrie pag. 240 nachlesen. Der Beohachter sollte sofort an Ort und Stelle sich den ungefähren Verlauf der Horizontaleurven nach dem Auge zeichnen, damit er später durch ° eine solche Skizze in der Ausarbeitung a ini werden kann. Es sollte zugleich mit einer Sala an Höhenaufnahme auch eine Charak- teristik des Bodens gegeben und angedeutet werden, ob es sich um ein Sand- ufer, um Gestein, um Marschland u. s. w. handelt; ob das Gestade nackt oder buschig, abgebrochen oder zusammenhängend, trocken oder sumpfig ist, und es sind etwaige zur Landung von Truppen u. s. w. geeignete Plätze zu be- zeichnen. Trigonometrische Höhenmessungen. Von den unmittelbar an der Küste gelegenen Distrieten ist die Art der Erhebung des Terrains nach dem Innern zu und, wenn thunlich, auf trigonometrische Messung basirend, sind die Höhenverhältnisse festzustellen. Hier hängt der Grad der Schärfe der Messung zunächst noch wieder von den zur Verfügung stehenden Instrumenten ab. Mit Reflexionsinstrumenten und den durch deren Anwendung bedingten Methoden kann man eine Genauigkeit wie mit Universalinstrumenten nicht erwarten; allein mit Anwendung von Vorsicht und bei der richtigen Wahl der Basis, wofür möglicher Weise die für die übrigen trigonometrischen Aufnahmen benutzte, dienen kann, ist man immerhin in der Lage Resultate zu erzielen, die von den durch schärfere Methoden erlangten, nicht wesentlich abweichen, da ja doch die Refracetion auf Messungen der Höhen auf trigonometrischem Wege, wenn ‚nicht reeiproke Beobachtungen, d. h. solche, die von der Station am Gestade- ö hinauf zur Bergeshöhe und gleichzeitig von dieser herab zur Station gemacht E“ werden, namentlich ihres stets sich mit den atmosphärischen Verhältnissen ändernden Charakters wegen, einen höchst störenden, die Genauigkeit sehr beeinträchtigenden Einfluss ausübt. R Es wird in vielen Fällen nicht möglich sein von der Uferbasis aus eine trigonometrische Höhenmessung auszuführen, oft sind die ersten Uferkämme der Gebirge und Plateaus zu gewinnen, um von dort aus die zu einer Höhenmessung nöthige Gelegenheit erlangen zu können. In solchen Fällen hat man die beiden Standlinien, sei es durch ein Nivellement oder durch trigonometrische Messung oder was in den meisten Fällen das günstigste und einfachste sein dürfte, durch barometrische Messungen hypsometrisch zu f verbinden, Die terrestrische Refraction. Schon an zwei verschiedenen Stellen dieses Werkes wurde der Refraction gedacht, aber der astronomischen zum Fe - Unterschiede von der, mit welcher wir es hier zu thun haben. (Siehe — Tietjen pag. 23 und Weiss pag. 73.) Der einzelne Reisende wird durch wirkliche Messungen nur wenig zur Erweiterung unserer Kenntniss über diesen, noch immer sehr der Begründung bedürftigen Punkt leisten können, = - Gelegentliche Wahrnehmungen der Aenderungen in der Refraction bei a feststehenden Instrumenten in V erbindung mit Feuchtigkeitsgehält, Temperatur AS 43* £ 676 Neumayer. und Schwere der Luft sind immerhin von Interesse, namentlich auch die Beobachtung der seitlichen Refraction unter verschiedenen Umständen. Eine Notirung solcher physikalischen Erscheinungen in den Tagebüchern sollten nicht versäumt werden. S Das Verhältniss des Refractionswinkels zu de Winkel, welchen die Radien, die zu den beiden Punkten, deren Höhendifferenz peskunme werden soll, gehören, am Mittelpunkt der Erde bilden, wird der Refraetions-Coefhicient genannt und es wird diese Grösse gewöhnlich mit % bezeichnet. Oft wird auch nur die halbe genannte Grösse mit % bezeichnet und Refractions- Coefficient genannt. Es ist wichtig, dass man auf diese oft Verwirrung be- reitende Differenz achtet; wir geben % die obige Bedeutung. Diese Grösse ergiebt sich aus der Triangulation grösserer Gebiete und die bis jetzt mit aller Sorgfalt ausgeführten Systeme haben Werthe ergeben, die für wenig über dem Meere gelegenen Gebiete zwischen. % = 0.12374 und % = 0.1760 schwanken. Den Reisenden interessirt hierbei zunächst, dass sich auch ergeben zu haben scheint, dass der Üoefficient mit der Höhe abnimmt; so fand man aus der Kaukasischen Triangulation für 100 Meter % = 0.170 und für 4000 Meter %k = 0.116, Werthe, die mit den von Bauernfeind theoretisch abgeleiteten, 0.170 und 0.122,. ee Lie stimmen. Der Reisende kann in den wenigsten Fällen in dem Maasse über seine Zeit verfügen, dass er seine Beobachtungen so einzutheilen vermöchte, wie sie ihm die günstigsten Resultate versprechen: er kann weder die Tageszeit, noch die brauchbarsten Feuchtigkeits- und andere Verhältnisse abpassen, und schon aus diesem Grunde ist es anzurathen, für den Refractions-Coefficient einen constanten Werth (k& = 0.1306) anzunehmen, ein Verfahren, welches bei der grossen Unsicherheit des Elementes auch sonst mit Erfolg angewendet wird. & Wir werden hier nur auf die Höhenmessungen mit constantem Coefh- cienten Rücksicht nehmen, indem wir übrigens, wenn sich die Gelegenheit dafür bieten sollte, das Beobachten von gleichzeitigen und gegenseitigen Zenithdistanzen anempfehlen möchten. (Siehe onen 2. Aufl. p. 603.) = Wenn d die Distanz zwischen 2 Orten der Erde, deren Höhenunter- schiede hypsometrisch bestimmt werden soll, « die Höhe über dem Horizont in der einen Station (zumeist der niedrigeren), 4 und ZH’ die Meereshöhe der beiden Stationen und o der Krümmungshalbmesser des Bogens des Schnittes, der durch die Station gehenden verticalen Ebene mit der Erdober- fläche, bedeutet, und = H—.H, so haben wir das deck er pi”. ; ER Bed, Bu, 20 >77 35 (Jordan, Taschenbuch der prakt. an pag. 169), worin die Dee letzten Glieder stets sehr klein sind und- für geringe Höhen über dem Meere vernachlässigt werden können *). Die Dakune d wird durch Triangulation abeeleitet, erfordert aber, da « stets nur klein sein wird, keine sehr grosse Genauigkeit. Wird «@ negativ, so liest die einerseits zu bestimmende Station unterhalb der Beob- achtungsstation; für Höhe des Instrumentes und Signale sind Correctionen , De: eh d2, welcher Werth als Function von d in eine Tafel ge- < 20 20 20 bracht werden kann. Ba _ Wenn a mit Reflexions-Instrumenten allein die Höhen zu messen hat, 0 hat man in den Endpunkten der Basis die schiefen Winkel zwischen Sn 2 zu bestimmenden Höhenpunkte und der Basis zu messen und in einem der = Be dpunkte den Höhenwinkel « mittelst künstlichem Horizonte und Sextanten - oder einer Mikrometerlibelle. Man erhält daraus d durch einfache Rechnung. RN Bei Reisen nach dem Innern von Continenten wird es sich bei Eigen nometrischen Bestimmungen der Höhen darum handeln zuerst die Höhe der “ Beobachtungsstation (Z) über dem Meere zu ermitteln und dafür sind die ' barometrischen Höhenmessungen von besonderer Bedeutung. | Barometrische Höhenmessungen. Wir haben hier, je nach den £ Reisenden vorkommenden Fälle zu unterscheiden: entweder handelt es sich darum - a) Von der Küste aufsteigend die Höhe eines Berges oder Bergrückens | über dem Meere zu ermitteln oder : b) Ein barometrisches Nivellement über ein Land, ein Gebiet auszudehnen, welches in Höhenschiehten dargestellt werden soll. Oder endlich c) Im Innern eines Continentes reisend im Alleemeinen die Höhen- verhältnisse über dem Meere festzustellen. Jede dieser Aufgaben findet auf Reisen Anwendung, während in hydro- - graphischen Arbeiten die unter a) genannte am häufigsten vorkommt, wesshalb sie denn auch zuerst behandelt werden soll; vorher jedoch einige allgemeine Gesichtspunkte. Die zu barometrischen Höhenmessungen verwendeten Instrumente sind entweder Quecksilberbarometer, Aneroide oder Kochpunktinstrumente (Hypso- .! meter). Ueber den Werth der einzelnen für die zu leistende Arbeit kann man nur so viel sagen, dass das Quecksilberinstrument, wenn in gutem Zustande erhalten, dasjenige ist, welches der genauesten Behandlung fähig ist und die zuverlässiesten Resultate zu erzielen vermag. Seiner Zerbrechlichkeit halber ist es in letzter Zeit durch das Aneroidbarometer etwas in den Hintergrund gedrängt worden; das letztere ist da, wo es auf, in kurzen Zeiträumen ‚gemessene Höhendifferenzen ankommt, sehr gut zu gebrauchen. Seinem ganzen Wesen nach ist das Aneroid ein Interpolations Instrument und kann als solches und in steter Verbindung mit Quecksilberinstrumenten vortrefi- liehe Dienste leisten. Ein Verlassen auf die Beständigkeit der Indexcorrection. ein und desselben Instrumentes ist durchaus nicht zulässig. Diese Index- — _ eorreetion muss für verschiedene Temperaturen und für den Umfang des — LDuftdruckes, der bei den Messungen vorkommt, genau bestimmt werden. & _ Ein Prüfen der Indexcorrecetion für einen bestimmten Luftdruck während der = Reise, wo eine eingehende Untersuchung in deu meisten Fällen nicht möglich ist, genügt, um sich aus der ursprünglichen Correction die für die Zeit “: geltende abzuleiten, da bei ein und demselben Instrumente, wenn die Ver- = _ änderungen nicht allzu bedeutender Natur waren, dieselbe als Constante an x 8: die früher ermittelte Correction hinzugefügt werden kann. Die auf Correction Ba der Aneroide abzielenden Untersuchungen sind nur für ein bestimmtes Instru- , ‚ment anwendbar; alle Versuche die Correction für diese Instrumente unter RN‘. ‚einem allgemeinen Gesichtspunkte zu betrachten, haben zwar dazu beigetragen, S - „das Wesen derselben in mancher Beziehung aufzuklären, allein sie haben BT. keineswegs die eingehende individuelle Untersuchung überflüssig oder auch a nur entbehrlich gemacht. BR, AR x Der Reisende benutze nur gut geprüfte und verglichene Instrumente, 678 Neumayer. > ZS Die Prüfung erstrecke sich auch bei Quecksilberbarometern auf verschiedene Luftdrucke. Das Hypsometer ist weniger dazu geeignet, feine Höhenunter- schiede zu bestimmen, als vielmehr im Innern der Continente reisend, den Luftdruck durch längere Reihen von Beobachtungen zu constatiren, um danach zu ersehen, ob sich erhebliche Veränderungen in den anderen, den Luftdruck unmittelbar messenden Instrumenten ergeben haben. Dies findet hier ganz besonders Anwendung auf Aneroide, welche niemals, wenn kein Quecksilberinstrument mitgenommen wurde, ohne Hypsometer auf längeren Reisen gebraucht werden sollte Man kann leicht zwei oder drei Siede- punktthermometer mitführen und kann daher stets den Siedepunkt des reinen Wassers bestimmen und daraus den Luftdruck ableiten. Wenn man z. B. aus einer längeren Reihe von Bestimmungen des Siedepunktes, denselben zu 83040 Celsius gefunden hat, so wird der entsprechende Luftdruck 406.48 mm. *) sein und wurden gleichzeitige Ablesungen des Aneroid’s gemacht, so hat man aus einem Mittelwerthe die Oorrection des Instrumentes festzu- stellen und kann sich so vor gröberen Irrthümern in der Indexcorrection schützen. Wie häufig geschieht es auf längeren Reisen, dass man ein Aneroidbarometer vor Anfang und am Ende derselben mit einem Queck- silberinstrumente vergleicht und glaubt damit allen Anforderungen genügt zu haben, bedenkt dabei aber nicht, dass sich im Verlaufe der Reise die Correction unzählige Male geändert haben kann! Es ist also jedem Reisenden, der ein Quecksilberinstrument nicht hat, zu empfehlen, mit dem Aneroid stets bei längeren Reisen ein Hypsometer anzuwenden. Um Veränderungen bei Quecksilberbarometern möglichst während der Reise zu vermeiden, schütze man sie vor Stössen und Erschütterungen. Trägt der Reisende das Barometer auf dem Rücken, so ist es sehr praktisch, dasselbe auch mit einem Riemen um den Leib festzuschnallen, damit es am Körper fest- gehalten ist; die Erfahrung hat gelehrt, dass man unter solchen Verhält- nissen, selbst in raschen Gangarten, ein Quecksilberinstrument zu Pferde transportiren kann. Sind Barometer im Wagen zu transportiren, so stelle man sie vertical, wenn möglich, und zwar mit dem unteren Ende auf eine mit Tuch überzogene Sofafeder, oder auf ein Gummipolster. Es ist wesent- lich, dass, wo man sie auch aufhebt, man sie fest anschnallt, damit kein Bin und Herschlagen stattfinden ann. Bei der De und der Aufstellung der Barometer und Thermo- meter gebrauche man Te nöthige Vorsicht. Es wird namentlich Nachdruck darauf ee, dass das Baromeier sowohl, wie das Thermometer, welches zur Bestimmung der Temperatur der Luft abgelesen werden muss, im Schatten aufgehängt werden, und dass man bei Ersteren der verticalen Lage sich versichert halten muss. Ist nur eine beschränkte Anzahl von Ablesungen möglich, so thut man wohl daran, das Barometer erst, nachdem es einige Zeit in seinem Stative aufgehängt war, abzulesen. Mit den Ablesungen des Barometers und Thermometers für Lufttempe- ratur notire man die genaue Zeit der Ablesung, beschreibe die Localität so: genau als möglich, nt mit Beziehung auf die Erhebung des Instrumentes. br dem Boden, gebe die men und Stärke, Bewölkung, Zug der Wolken, und, wenn möglich, den Feuchtigkeitsgrad der Luft an. I den neuen Harnlefn (Bauernfeind = Jordan) wird die Spannkraft der Wasser- dämpfe mit in Rechnung gebracht, ein Element, welches zu beobachten der Reisende nur ausnahmsweise sich in der Lage befinden dürfte Konnte das *) Siehe Tabelle Nr. 3. im Anhange, Hydrographie und ÖOceanographie. NEE 679 . Psychrometer beobachtet werden, so schreibe man die Resultate, zum Zwecke späterer Berechnung, in das Journal für Höhenbestimmungen ein; auch bemerke man, was aus einer grösseren Reihe, auch schon aus den Beobach- tungen klar wird, ob das Barometer im Fallen oder im Steigen begriffen war. Begreiflicher Weise ist es am Zweckmässigsten die Ablesungen zu solchen Stunden zu machen, an welchen der Luftdruck einen gewissen stationären Charakter hat, also um 9 Uhr des Morgens und Abends und um 3 Uhr in der Nacht und des Nachmittags. Allein auch hierin ist der Reisende.zumeist durch andere Rücksichten gebunden und vermag auf Ein- haltung dieser Regeln nur selten zu achten. Bei Stationen, an welchen die horizontale Entfernung nicht sehr gross ist und die barometrischen Ablesungen daher wohl mit demselben Barometer, das der Reihe nach erst in der unteren Station, dann in der oberen und nachher wieder in der unteren beobachtet wurde, muss man die obere und untere Beobachtung für eine und dieselbe Zeit interpoliren. Sollten strenge Anhaltspunkte für die Aus- führung der Interpolation fehlen, so wird man möglicher Weise zu anderen Hülfsmitteln für die Vergleichbarkeit der Beobachtungen, als Anbringung einer Correction für täglichen Gang des Luftdruckes und der Temperatur, Veränderung des Luftdruckes an anderen, nicht allzuweit entfernten Orten u.s. w., greifen müssen. Fehlerquellen können bei Höhenmessungen mit Barometern vorzugsweise darin liegen, dass man an der zu bestimmenden Station den Luftdruck nicht genau erhält, dann aber auch, dass der Luftdruck über dem Areal, auf wel- chem die Stationen liegen, nicht gleichmässig vertheilt ist, d. h. durch auf- steigende Luftströme durch ungleiche Erwärmung und bei grossen Strecken dadurch, dass die Stationen in verschiedenen Luftströmen zur Zeit der Be- obachtung liegen, kann der Fall-eintreten, dass in den beiden Stationen der Luftdruck mit Beziehung auf die betreffenden Normalen, dass die barometrische Abweichung, in beiden Stationen verschieden ist. Was das Erste, die exacte Ermittelung des gerade herrschenden Luft- druckes, anbelangt, so hat man durch Bestimmung der Üorrection der zu verwendenden Instrumente durch Vergleichung derselben an beiden Stationen _ dafür Sorge zu tragen, dass man denselben oder die barometrische Differenz beider Stationen genau bestimmen kann. Nach Bauerrfeind ist der Dunstdruck bei den barometrischen Höhen- messungen in Betracht zu ziehen, und Rühlmann hat nach diesen Grund- sätzen der Bauernfeind’schen Formel folgende Gestalt gegeben: inet. 6 6 T+t h = 18400.2 (1.00157 + 0.003675 x (' + 0.378 B 2: x Er 2n+h B 002623 cos24 637) (1 + 0.002623 cos2g) X (1 r Ei) BR Wo T und # 6 und 0”, B und b die Temperaturen, Dampfspannungen und auf 0° reducirten Barometerstände an der unteren und oberen Station, % die Höhendifferenz in Meter, p das Mittel der geographischen Breite und n die Höhe der unteren Station über. dem Meere bedeutet. Hat man die Dampf- spannungen beobachtet, so kann man nach folgender Gleichung, 0’ und 0”, rechnen: ; o= e -— 0.0008 (f — E")b und für Temperaturen unter Null: so =.e — 0.000691 (" — t”)D, 680 u wo e das Maximum der Spannkraft bei {”) bedeutet, ? und 7” beziehungs- weise die Temperaturen der trockenen und der nassen Kugel. Ye Rühlmann hat nach diesen Formeln Tafeln berechnet und in seinem Werke „Barometrische Höhenmessungen und ihre Bedeutung für die Physik der Atmosphäre“ abgedruckt. Es befinden sich diese in dem Anhange zu diesem Werke theilweise wiedergegeben, und wird hier auf dieselben (Tabelle 4, 5 und 6) hingewiesen, indem hervorgehoben wird, dass dabei zu- nächst nur den Bedürfnissen des Reisenden Rechnung getragen werden soll. Werden dagegen die Dunstdrucke an den beiden Stationen nicht wirklich beobachtet, so es vorzuziehen, anstatt einen Mittelwerth zu setzen, Be selben aus der Formel ganz wegzulassen. Ausser obiger strengen Formel zur Ableitung der Höhen aus den Bas rometerständen cn man für Höhen unter 1000 Meter, und wenn es sich nur um einen Ueberschlag handelt, auch nach Pe die folgende für Reisende bequeme Formel meiden. met. „TH vo h = h 16000, a SEE wo die einzelnen Buchstaben die gleiche Bedeutung wie oben haben. Hat man die Beobachtung ganz oder zum Theil mit Aneroidbarometern gemacht, so hat man diese nur auf die Ablesungen des Quecksilberbarometers, auf 0° ©. reducirt, zu beziehen und die Rechnung wie gewöhnlich auszuführen. Die Formel der Reduction der Ablesung eines Aneroidbarometers auf den auf 0° reducirten Barometerstand giebt Jordan in seinem Taschenbuch der praktischen Geometrie, pag. 209, wie folgt: % = F+A-+ B(760 —.F) + 6t, wo A, B, C Coefficienten sind, die sich aus einer genauen, in einem Ob- en vor und, wenn oe nach der Reise auszuführenden Unter- suchung des eraids ergeben. oo ist der auf 0° enetkie Stand des Quecksilberbarometers, F die unreducirte Ablesung des Aneroid, # die Temperatur desselben. Die gründ- liche Prüfung des Aneroids vor en Gebrauche auf seine Demperaturcuei cienten und bei verschiedenem atmosphärischen Drucke muss zur Bedingung der Zulässigkeit eines Aneroids zu Höhenbestimmungen gemacht werden, nd sollten Reisende mangelhafte oder gar nicht untersuchte Instrumente zu ihren Beobachtungen nicht verwenden. Aber auch während der Reise sollte stets- E und in kurzen .Zeitintervallen das Aneroid gewissenhaft mit dem Quecksilber- barometer unter voller Aufzeichnung aller Daten verglichen werden, da man alsdann später im Stande ist, eine Reductionstabelle für- das Aneroid auch aus diesen Beobachtungen abzuleiten. Es wurden im Beginne des Abschnittes der Höhenmessungen mittelst des Barometers drei verschiedene Fälle angenommen, die sich dem Reisenden zur Lösung darstellen können. Den ersten, wo man vom Meere aufsteigend eine Küstenstrecke in ihren Höhenverhältnissen feststellt und entweder eine feste Station an der Küste hat, welche gleichzeitige Aufzeichnungen der erfor- derlichen Daten liefert, oder, wenn man in kurzen Zeiträumen beobachtet, die Möglichkeit bietet, durch Interpolation die Beobachtungen auf ein und denselben Zeitmoment zu reduciren, haben wir soeben in der allgemeinen Auseinander- setzung der Höhenmessungen behandelt. Der zweite Fall, die Aufnahme eines barometrischen Nivellements über ein Areal und längs.gegebener Linien, er-. fordert eine systematische Anordnung der Beobachtungen. Die Ungleichheit der Br WE: % V ee drucken tritt hier vor Allem störend auf, und um die davon herrührenden schädlichen Einwirkungen zu eliminiren, muss man darauf 'emacht werden, mit Rücksicht auf das zu bearbeitende Gebiet möglichst ichmässig zu vertheilen. Solche Stationen, die wir Fixpunkte nennen können entweder ‚aurch trigonometrische Nivellements bestimmt, % ‚ährend Jahren ee Barometeraufzeichnungen abgeleitet werden. Meteorologische kon eignen sich daher zu Felchen Zwecken sehr gut und es sollte der Reisende, welcher ein Nivellement in einem Gebiete aufzusuchen hat, sich sofort versichern, ob er solche Fixpunkte in genügender Zahl und so vertheilt findet, dass sie in verschiedenen Azimuten von der zu — bestimmenden Station gelegen sind, weil unter solchen Verhältnissen eine ne grössere Wahrscheinlichkeit besteht, die ‚Ungleichheit des Luftdruckes elimi- miren zu können. = Die Ableitung der Höhe, selbst aus einer längeren Reihe von ı Beobach- iR, E di tungen, lässt sich nur selten mit vollkommener Schärfe ausführen, weil eben 2 _ gewisse Eigenthümlichkeiten der Lage (die mittlere Windrichtung) einen Einfluss auf den mittleren Luftdruck äussern, der sich nicht vollständig ent- fernen lässt. Allein man nehme nur jede Gelegenheit wahr, die en: Er; x der Stationen mit jenen, welche im Felde gebraucht cn sollen, zu ver- ER gleichen, damit man unter allen en Instrumentenfehler Tach glich & zu machen vermag. Ehe man die Arbeit beginnt, ordnet man die Beobachtungen so an, dass 3 » man stets für die im Felde auszuführenden Ablesungen correspondirende auf den Stationen zu erlangen vermag. Werden die horizontalen Entfernungen sehr beträchtlich von solchen Fixpunkten, so thut man wohl daran, dazwischen hinein secundäre Punkte einzuschieben und an denselben registriren zu lassen. 2% Uebrigens hat die Erfahrung gezeigt, dass bei einer correcten Anordnung = der Stationen und unter günstigen atmosphärischen Verhältnissen selbst bei L beträchtlichen Entfernungen (100—150 engl. Meilen) durch eine vergleichs- : weise kurze Beobachtungsreihe gute Resultate erzielt werden können. n \ Wenn man es bei der Feststellung der Reihe der Beobachtungen an den R zu bestimmenden Punkten in seiner Macht hat frei zu wählen, so thut man 7 wohl daran, hierbei so zu verfahren, dass man von Zeit zu Zeit eine Con- trolbeobachtung an einer schon bestimmten Stelle zu machen vermag*), oder dass man trigonometrisch oder durch Nivellement bestimmte Punkte (Strassen-, Eisenbahn-, Canalübergänge) auch barometrisch bestimmt. Ueber die An- ordnung und Reihenfolge lässt sich im Allgemeinen sonst nichts feststellen, weil solehe zu sehr von besonderen Umständen bedingt werden. Auf wellenförmigem Gebiete werden zu Zwecken hypsometrischer Be- Punkte besonders zu beachten, wo die in ihrer allgemeinen Richtung ziehende Jurslinie des Reisenden einen Fluss, eine Strasse, einen Gebirgspasg! eine Vegetationsgrenze, die Grenze einer geologischen Formation u. s. w. über- schreitet, Genaue F eststellung der Localität ist Zassk lich durchweg noth- gemessenen Linien in derselben nieder in bank genau die Localität echtune (siehe Kiepert und Richthofen). Bedacht ‚nehmen, die Stationen, an. welchen die Beobachtungen zur Reduction stimmungen sich die Stationen häufen müssen, und namentlich sind solche ' Be bleibt uns nun noch übrig, über den dritten allgemeinen Fall, wenn 682 | Neumayer. im Innern eines Continentes Höhen barometrisch gemessen wurden, ohne dass man auf barometrische Angaben von Stationen rechnen durfte, zu behandeln und anzugeben, wie hierbei zu verfahren ist. Man hat häufig zur Berech- nung der Höhen in diesem Falle, für die unteren Stationen, einen mitt- leren Luftdruck und eine mittlere Temperatur angenommen und daraus in Ver- bindnng mit den auf der Reise gemachten Beobachtungen die Höhen über dem Meere abgeleitet. Nicht allein wird in solchen Fällen die Annahme gar häufig gemacht, dass der Luftdruck am Meere überall auf der Erde gleich ist, sondern es wird auch angenommen, dass die Schwankungen desselben während des Jahres und Tages vernachlässigt werden dürfen. Beide An- nahmen sind, wie ein Jeder weiss, der sich mit dem Gegenstande beschäftigt hat, unrichtig. Die vorzüglichen Tafeln des Luftdruckes über die Erde von Alex. Buchan erweisen, wie gross die Unterschiede des mittleren Luftdruckes am Meere sind und zeigen, wie sich die Areale hohen und niedrigen Luft- % druckes im Laufe des Jahres verschieben, so dass also ohne Rücksichtnahme darauf die Resultate der Rechnung unmöglich richtig werden können. Aber was das Schlimmste ist, es werden vielleicht ganz gute Beobachtungen durch diese Art der Rechnung nutzlos gemacht werden. Buchan zeigt in einer kleinen Arbeit: Determination of heichts, chiefly in the interior of continents from observations of atmospheric pressure*) die Irrthümer, welche beeangen werden; und spricht seine Meinung über die Art und Weise der Reduction barometrischer Höhenmessungen aus. Wir möchten Jene, welche mit Reduction solcher Beobachtungen zu thun haben, darauf aufmerksam gemacht haben, dass man nicht allein auf die Verschiedenheit des Luftdruckes an verschiedenen Gestaden Rücksicht zu nehmen hat, dass vielmehr auch eine Correction für Schwankung des Luft- druckes während des Jahres und für den Tag anzubringen ist. Andererseits geht aus jener Schrift aber auch hervor, dass man aus gewissenhaften Beob- achtungen über Wind und Wetter oft schon auf die Nutzlosigkeit einer Be- stimmung schliessen kann und daher besser dieselbe ganz verwirft, als dass man ein notorisch unrichtiges Resultat aufnimmt. Doch“das sind Dinge, die den Rechner vorzugsweise interessiren, der Reisende muss nur instruirt werden, wie er seine Beobachtungen zu machen hat, damit sie werthvoll werden, und hierfür ertheilt Buchan in seiner Arbeit Regeln, die wir zum Schlusse der Beherzigung sehr empfehlen: Barometrische Beobachtungen zu Zwecken von Höhenbestimmungen müssen folgende Einzelnheiten enthalten: 1. Breite und Länge des Platzes. 2. Das Datum der Beobachtungen, worin das Jahr, der Monat, der Tag des Monates und die Stunden ganz genau angegeben sind. 3. Die Beobachtung selbst, wie sie gemacht wurde, ob mit einem Queck- silber- oder einem Aneroidbarometer. Wenn die Beobachtung mit einem Kochpunktapparate gemacht wurde, so muss der Temperatur- grad angegeben werden und nicht etwa das Aequivalent in Druck. 4. Die Temperatur der Luft im Schatten. 5. Den Zustand des Wetters zwei Tage vor und zwei Tage nach der Beobachtung; die Temperatur der Luft, den wahrscheinlichen Feuch- tigkeitsgehalt, wie sich derselbe durch das Gefühl oder seine Ein- wirkung auf die umliegenden Gegenstände zu erkennen giebt, -die Bewölkung, der Regenfall, die Richtung, das Umlaufen und Ver- *) Proceedings of R. Sc. Met. Society January 1869. 5 Hydrographie und Oceanographie. 683 ändern und die Stärke des Windes, nebst irgend welchen auffallen- den gleichzeitigen Erscheinungen. Kann das Psychrometer Mesuickler werden, so ist das von grossem Vor- ‚theile. Zu diesen wichtigen Winken möchten wir noch hinzufügen, dass der Reisende im Innern eines Continentes wohl daran thut, von Zeit zu Zeit einen ‚längeren Aufenthalt an einer zum Lebensunterhalt geeigneten Stelle zu nehmen, um durch längere Reihen von Beobachtungen zuverlässige Resultate erhalten zu können. Er kann dann von einer solchen neuen Be ausgehend mit grösserer Zuversicht seine mühevolle Arbeit fortführen, es können die Be trumente nachgegehen und gereinigt werden, wodurch die geringe Verzö- gerung reichlich aufgewogen wird. Magnetische Beobachtungen. Ein eigenes Capitel über magnetische Beobachtungen von H. Wild enthält Alles, was mit Rücksicht auf Beobach- tungen am Lande zu sagen ist; wir verweisen daher den Reisenden darauf, und heben nur hervor, dass bei der Wahl der magnetischen Station am Lande grosse Sorgfalt und namentlich Beachtung der geologischen For- mation stattfinden muss. Wenn es irgend angänglich ist, so vermeide man vulcanische Gesteine auf das Sorgfältigste, sie vermögen die aus den Beob- achtungen erhaltenen Werthe der magnetischen Elemente so zu beeinflussen, dass dieselben nutzlos werden. Es empfiehlt sich, vor einer jeden Beobach- tung die Ermittelung des Einflusses des an der Station vorherrschenden Ge- steines auf die Magnetnadel durch Annähern eines Fragmentes zu prüfen und in das Tagebuch eine Notiz über das Resultat dieser Untersuchung einzutragen. Der Reisende versäume das ja nicht, indem er einmal seine magnetischen Beobachtungen werthvoller machen kann und andererseits die Untersuchung über die Einwirkung geologischer Formationen an und für sich ein Interesse hat. Er wird die Erfahrung machen, dass bei Weitem eine grössere Anzahl-Gesteine auf seine aufgehängten Magnete einen Einfluss üben, als man im Allgemeinen anzunehmen geneigt ist. Bodenverhältnisse, Vegetation und Fauna. Es ist dem Hydro- graphen sehr häufig eine Gelegenheit gegeben, im Interesse der Flora, Fauna und der Bodenverhältnisse, ja der Oulturfähigkeit des Landes Beob- achtungen zu machen, oder doch solche zu veranlassen. Man bedenke namentlich, dass von der richtigen Beurtheilung eines Landes, eines Küsten- striches dem Navigateur eine Gelegenheit geboten wird, zur Wohlfahrt seiner Nation beizutragen, wie dies die Geschichte der Colonien, besonders jene der Holländer und Engländer, zur Genüge erweist. Den Berichten eines Cook, Flinders, King und anderer verdankt die Ausbreitung englischer Handels- beziehungen und Colonisirung ausserordentlich viel. Solche Berichte ver- langen eine beträchtliche Vielseitigkeit, namentlich auch nach der Richtung von Gebieten, die der hydrographische Beobachter allein nicht beherrschen kann, weshalb es denn geboten erscheint, ihm namentlich Aerzte und Ge- lehrte zur Seite zu geben, welche auch andere Gebiete der Naturforschung bearbeiten können. Schiffe, die zu Vermessungszwecken in ferne Gegenden ausgesandt werden, sollten stets in der Auswahl des Personals die Möglich- keit geben, auch Geologie, Zoologie und Botanik zu bereichern. IX. Schlussbemerkungen. “ In den vorhergehenden Abschnitten sind die vorzüglichsten Gesichts- punkte, welche bei hydrographischen Beobachtungen und Aufnahmen zu berücksichtigen sind, in allgemeinen Zügen hervorgehoben worden; dem A 654 | Neumayer. ERTSE ? Studium von Specialwerken muss es überlassen bleiben, den Reisenden, der wissenschaftliche Ziele verfolgt, nach den einzelnen Richtungen hin weiter auszubilden. Dies gilt vorzugsweise auch von manchen Zweigen .der Forschung, die mit dem hier behandelten verwandt sind und zur erfole- reichen Pflege besonderer, umfassender Ausbildung und Erfahrung bedürfen, Der ‚Vollständigkeit der in diesem Werke behandelten wissenschaftlichen Gegenstände wegen, mögen zum Schlusse noch einzelne Aufgaben namhaft gemacht werden, deren Bearbeitung von Seiten tüchtiger Reisenden der Wissenschaft zum Vortheil gereichen kann. ; Unter Beobachtungen dieser Art nehmen die Bestimmungen der Länge des einfachen Secundenpendels einen hervorragenden Platz ein; während dieselben im vorigen Jahrhundert und zu Anfang dieses Jahrhunderts mn den Instructionen einer jeden grösseren wissenschaftlichen Expedition nicht fehlen durften, waren sie in der Neuzeit, bis vor etwa 10 Jahren, fast gänzlich in Vergessenheit gerathen. Die Unsicherheit in den Bestimmungen der Figur der Erde und die Uebereinstimmung der aus Pendelbeobachtungen abge- leiteten Resultate haben zur Wiederaufnahme dieser wichtigen Forschungen Vieles beigetragen. Es können Beobachtungen mit einem leicht transportabeln Reversionspendel mit Messapparat solchen Reisenden, die sich einige Zeit an ein und demselben Orte zu wissenschaftlichen Zwecken aufhalten, nur auf das Dringendste anempfohlen werden; während in Fällen, in welchen zur Durch- führung vollständiger Beobachtungsreihen (absoluten Bestimmungen) Zeit oder Localität nicht geboten sind, invarıiable Pendel einfacher Construction zur Anwendung kommen können. Damit die Resultate zuverlässig werden, ist es erforderlich, dass die verwendeten Pendel an einem Orte, der genau mit Rücksicht auf die Länge des Secundenpendels bestimmt ist, geprüft und deren Coöfficienten festgestellt werden, und überdies, dass der Beobachter sich in einem Observatorium für Arbeiten dieser Art vorbereitet und eine Uebung erworben hat. Das Studium der Abhandlungen von Kater, Sabine, Bessel und Peters über Pendelbeobachtungen muss ihm besonders zur Pflicht gemacht werden. Eine Gattung von Erscheinungen, für deren Beobachtung sich dem Reisen- den in allen Klimaten der Erde vielfach Gelegenheit darbietet, sind die optischen Erscheinungen in der Atmosphäre. Indem wir an die Bemerkungen von Weiss über Dämmerung (p. 69 d.W.) auknüpfen, heben wir die Wichtigkeit der Beobachtungen anderer Phänomene, die zu dem Auf- und Untergange der Sonne und des Mondes eine Beziehung haben, hervor und empfehlen Reisenden sorgfältige Aufzeichnungen über Nachdämmerung oder Gegendämmerung, die sich als blaues Segment an dem von der Sonne abliegenden Theile des Horizonts zeigt, über das Glühen der Berge (Alpenglühen) und über Dämmerungsstrahlen. Eine Erscheinung, welche hierher gehört und von Listing auf dem Aetna beobachtet wurde, ist das Darstellen des Schattens eines Berges, hinter welchem die Sonne auf- oder untergeht, über dem von ihr abliegenden Theile des Horizonts. Aufzeichnungen über Luft- spiegelung (Mirage) und Kimmung und die diese Erscheinungen beglei- tenden atmosphärischen Verhältnisse, sowie über Wolkenbildung (siehe Hann, p. 142 d. W.), Färbung und spectroskopisches Verhalten des Himmels u. 8. w. sind nur von besonderem Werthe, wenn sie mit einem vollen Ver- ständnisse der Sache gemacht werden. Ein Gleiches gilt von Beobachtungen und Messungen von Höfen um Mond und Sonne, von Lichtkränzen (indem man beide Gattungen der Erscheinungen genau zu unterscheiden hat), von Nebensonnen (Parhelien) und von Sonnen- und Mond-, Regen- oder tung. 0 udn fördern will, wird wohl ae aa sich dusch e Studi um der einschlägigen Abkandhingen von Frauenhofer, Fresnel, en 1 tz, Galle und Anderer dafür vorzubereiten. ji i Tiefseeforschungen und Tieflothungen nehmen in unseren Wagen eine so hervorragende Stellung unter jenen Forschungszweigen ein, die Jesonders der Entwickelung der Wissenschaft dienen, dass sie in einem - ey Terke, wie das vorliegende, mindestens eine Erwähnung finden müsen. n einzelnen der vorhergehenden Artikel wurde schon der hierher gehörenden ° H Forschungen gedacht; so wurde in der Arbeit von Möbius vom Schleppen, a in diesem As von Thermometer-, Aräometer- und Tiefenmessungen Be, Si ‚gesprochen. Da die zur erfolgreichen Pflege dieser Forschungszweige ee derlichen Apparate, die ganze Methode er Arbeit, mit Dampfkraft ausge- Ba rüstete Schiffe (sowohl zum Reguliren der Bares als zum Bedienen der a. Apparate) voraussetzen, welche einem Reisenden, wie wir uns denselben in diesem Werke gedacht haben, nicht zu Gebote hen. so muss die einfache _ Erwähnung genügen. Pesondere Instructionen und das en von Special- _ werken, wie die Berichte über die Reise der Poreupine, der Hydra und die Breiten der Commission zur Erforschung der deutschen Meere Ä & _ müssen die Grundlage von Untersuchungen sein, welche unsere Erkenntniss Fee Be nach dieser Richtung fördern sollen. 2 Zum Schlusse sei noch die Bedeutung hervorgehoben — und es gilt * dies in gewissem Sinne auch für die in den nase Artikeln dieses Werkes c5 2: ‘behandelten Gegenstände — welche ein es ler und von Verständniss. ER geleitetes Sammeln wissenschaftlichen Materials für die Entwickelung der _ einzelnen Forschungszweige haben muss. ‚Begreiflicher Weise Dee sich diese Bemerkung besonders auf Reisen in ade in welchen bereits N: wissenschaftlich ee wird und sich dem Forscher auf den verschiedenen “ Gebieten ne darbietet, was seine eignen Arbeiten zu vervollständigen “und deren Werth zu En, geeignet = Allein es muss hierbei ein derer Nachdruck darauf gelegt werden, dass das Sammeln wissenschaft- lichen Materials nur einen wo haben wenn dabei eine gewissen- hafte Kritik geübt wird, wenn die Autorität und die Mittel, wodurch die in Frage enden Bade erzielt wurden, in einem jeden Falle fest- s gestellt Borden. Mangel an hierbei anzuwendender Umsicht kann die Werth- losigkeit gemachter Sammlungen und selbst, statt Förderung wissenschaftlicher Erkenntniss, Verwirrung zur Folge haben. Anhang. Literatur zur allgemeinen Ethnologie. Prichard, Researches into the physical history of man. London 1813 u. folge. en übersetzt von Wagner (Naturgeschichte des Menschengeschlechts). Bory, de, St. Vincent, L’homme. Sec. ed. Paris 1827. Kant, Anthropologie. "Königsberg 1798. Girtanner, Ueber das Kant’sche Princip der Naturgeschichte. Roon, v., Darstellung der allgemeinen Verhältnisse und Erscheinungen der Volker kunde. Berlin 1840. n Peschel, Völkerkunde. Leipzig. 1874. Müller, F., Allgemeine Ethnographie. Wien 1871. Rougemont, Preis d’ethnographie. Neufchätel 1835 — 1837. ’ Diefenbach, Vorschule der Völkerkunde. Frankfurt a. M. 1864. Brace, The races of the old world. London 1863. Nott & Glidden, Indigenous Races of the Earth. Philadelphia 1857. Le Hon, L’ homme fossile. Paris 1857. Eubbock. die Vorgeschichte des Menschen, übersetzt von Passow, Jena 1874, (mit einer Einleitung Virchow’s). Perty, Grundzüge der Ethnographie. Leipzig und Heidelberg 1859. Kriegk, die Völkerstämme und ihre Zweige. Frankfurt a. M. 1858, Lüken, Einheit des Menschengeschlechts. Hannover 1845. Latham, Desceriptive Ethnology. Vol. 1 u. 2. London 1859. z Blumenbach, Decas collectionis suae eraniorum diversarum gentium illustrata. Göt- tingen 1790. — Ueber die natürliche Verschiedenheit des Menschengeschlechts. Leipzig 1798. Davis, Thesaurus-craniorum, Klemm, Allgemeine Culturgeschichte der Menschheit. 10 Bände. Leipzig 1843—1852. Tylor, Primitive Culture. London 1973. Uebersetzt von Spengel & Proske. Leipzig u. Heidelberg 1874. ze Waitz, Anthropologie der Naturvölker. Bd. 1—5. Leipzig 1859—74. (Fortgesetzt von Gerland), B. Anhang. Tab. 1. Maximal-Spannung des Wasserdampfes (e,) in der Atmosphäre in Millimeter für Celsiusgrade der Temperatur. Temperatur. 0.0 0.2 | 0.4 0.6 | 0.8 ER Re ul 0 RE NE) RN RR ) m. m m.'m.._ |. ım.:m. m, m. m. — 14.0 1.51 IR LIER| 1.47 Age 1.42 — 13.0 1.64 1.62 1.99 MT 1.54 — 12.0 1.78 lo 1) 1.70 1.67 — 11.0 1.93 1.90 ° | 1.87 1.54 1.81 — 10.0 2.09 2.06 | 2.03 2.00 1,97 22:00 397 | 72.24 2,20 2.16 2.13 — 8.0 2.46 2.42 2.38 238 2.31 — 7.0 2.67 2.63 2.58 2.54 2.50 — 6.0 2.89 9.34 2.80 Euro) DAN 5 312 3.08 3.03 2.98 2.93 raid 3.37 Be 3.27 BERN 3.17 ol) 3.64 3.59 3.53 DAB | 3.43 EN) 3.93 3.87 3.81 a 3.70 EN 4.24 ARTE 4.11 4.05 3.99 o.0\ 4.56 450 | 448 4.36 4.30 | 4.56 AN 4.70 4,76 4,83 1.0 4.90 4.97 5.05 DZ 5.19 2.0 5.27 | 5.34 5.42 5.50 5.57 3.0 DIbaE 5.73 5.81 | 5.90 5.98 4.0 6.06 6.15 6.24 6.32 6.41 5.0 6.50 6.59 | 6.65 6.78 | 6.37 6.0 6.97 7.07 7.16 LEBE TO 7.0 7.46 RR 1.67 MR 7.88 8.0 1.99 S-1015:) 8.21 8.32 | 8.43 9,0 8.55 Soda) Sr. 8.90. | 9.02 10.0 915 | gaTh | 9.39 | 9.52% 9.64 11.0 9.77 9.90 10.03 | 10,17 10.30 12.0 10.44 10,58 -| 10.72 10,36 11.00 13.0 115 1b a | 11.44 SR) 11.74 14.0 11.90 12.05 12201 12.37 1299 15.0 12.69 12.85 13.02 13.19 13.76 16.0 13.53 3.70 13.88 14.05 14.23 17.0 14.42 14,60 14,78 14,97 15.16 18.0 15.35 15.55 15.74 15.94 16.14 19.0 16.35 16.55 16.76 16,97 17.18 20.0 17.39 17.61 17.83 18.05 18.27 21.0 18.50 18.73 18.96 19.19 19.43 22.0 19.66 19.91 20,15 20,70 20,65 23.0 20,90 21.19 21.41 21.67 21.93 24.0 22.20 22.46 22.74 23.01 23.29 25.0 23.57 23.85 24.13 24.42 24.11 26.0 25,01 25.30 25,60 235.91 26.22 27.0 26.53 26.84 24 .NO 27.47 27.80 28.0 28.12 283.46 28.78 29.13 29.47 29.0 29,81 29.15 30,50 30,86 31.21 30,0 31,58 31.94 32.68 33.05 32.31 687 0 688 Anhang. Tab. 2. - Abgekürzte Tabelle zur Reduction der in Millimeter ausgedrückten Barometerstände auf 0°. Celsius. — 40 | DAAD DO m ID 02 ya oT Howe oo ++4++4++ ++ ++ m O8 @ ID OL Beispiel: Ablesung = fd = — 0.00260 x 745.78 = — 1.94 mm, auf 0% reducirter Barometerstand = Barometerstände für verschiedene Temperaturen des siedenden Wassers Er, f@ "+ 0.00162 ' +0.00146 + 0.00129 + 0.00113 | + 0.00097 ' + 0.00081 + 0.000653 + 0.00049 + 0.000532 + 0.00016 0.00000 ' 0.0016 \ — 0.00032 —0.00048 — 0.00065 — 0.00081 — 0.00097 — 0.00113 ' —0.00129 1 —0.00145 — 0.00161 145.18 22 7 =16.20 Celsius. m @ ++4+4+ HHHtHH +++ oODDDByy DyDyyRDyRD DH SO@O AD VRR O0 745.78 — 1, 94: In —iTd9.sa nn: Tab. 3. ® — 0.00177 — 0.00193 — 0.00209 — 0.00225 — 0.00241 — 0.002537 — 0.00274 — 0.002390 — 0.00306 — 0.00322 — 0.00338 — 0.00354 — 0.008370 — 0.003886 — 0.00402 — 0.00418 — 0.00434 — 0,90450 — 0.00466 — 0.004382 (Regnault’s Tafel, verbessert von Moritz.) Celsius | 30 81 82 83 34 35 86 87 88 89 90 91 92 93 34 35 96 97 98 99 100 || || Beet = 8 Millimeter. 1354.62 | 356.06 | 357.50 | 358.96 | 360.41 | 361.87 | 363.34 | 364.81 | 366.29 | 369.26 | 370.75 | 372.25 373.75 375.25 | 376.77 | 378.28 | 379.80 | 381.33 "384.40 | 385.95 | 387.49 | 389.05 390.61 | 392.17 | 393.74 | 395.31 | 396.89 "400.07 | 401.66 , 403.26 | 404.87 | 406.48 | 408.10 | 409.72 411.35 | 412.98 1416.26 417.91 | 419.57 | 421.23 42289 | 424.56 | 426.24 | 427.92 | 429.61 433.00 | 434.71 436.421 438.13 439.85 | 441.58 | 443.31 445.05 | 446.80 | | | 450.30 | 452.06 453.83 | 455.60 457.38 | 459.17 | 460.96 | 462.75 | 464.55 |468.17 | 469.99 \471.82 | 473.65 | 475.49 | 477.33 | 479.18 | 481.04 | 482.90 '486.64 | 488.52 | 490.40 | 492.29 494.19 | 496.09 | 498.00 | 499.92 | 501.84 505.70 507.65 509.59 511.54 513.50 | 515.47 | 517.44 |519.42 | 521.40 1525.39 | 527.40 529.41 531.42 533.44 | 535.47 | 537.51 | 539.55 | 541.60 1545.71 | 547.78 | 549.86 | 551.94 554.03 | 556.12 | 558.22 | 560.33 | 562.44 566.69 568.82 | 570.96 | 573.11 | 575.27 | 577.43 | 579.59 | 581.77 | 583.95 1588.33 | 590.53 |592.74| 594.96 597.18 | 599.41 | 601.65 | 603.89 | 606.14 610.66 | 612.93 | 615.21 | 617.50 619.79 | 622.09 | 624.39 | 626.71 | 629.03 633.69 | 636.03 | 638.38 | 640.74 643.10 | 645.48 647.86 | 650.23 | 652.63 657.44 659.86 | 662.28 | 664.71 667.15 | 669.59 | 672.05 | 674.51 | 676.97 | 681.93 684.42 | 686.92 | 689.42 691.94 | 694.46 696.98 | 699.52 | 702.06 707.17. 709.74 | 712.31 | 714.90 717.49 | 720.08 722.69 725.30 727.92 133.19 735.84 738.49 | 741.15 743.82 | 746.50 749.18| 751.87 754.57 760.00 | 762.73 | 765.46 | 768.20. 770.95 | 773.71 | 776.47| 779.25 | 782.03 Tabelle zur perechnung der Spannkraft des Wasserdampfes in der Atmo- ; R sphäre aus ee -Beobachtungen. ER Be — 0.0008 !—')b = 3.000691 ee NR Wenn das feuchte Kar a Thermometer mit ni . .b. Eis bedeckt ist A | e—t" \ BEN ER EEN 3. | dere aal.6, E81 9210) Pr or ” " 400 || 0.32 | 0.64 | 0.96 | 1.28 | 1.60 | 1.92 | 2.24 | 2.56 | 2.88 | 3.20 | 0.28 | 0.55 | 0.83 : 420 | 0.34 | 0.69 | 1.02 | 1.34 | 1.68 | 2.02 2.35 2.69 | 3.02 | 3.36 | 0.29 | 0.58 | 0,87 440 | 0.35 | 0.70 | 1.06 | 1.41 | 1.76 2.11 | 2.46 | 2.82 | 3.17 | 3.52 | 0.30 | 0.60 | 0.91 460 || 0.37 | 0.74 | 1.10 | 1.47 | 1.84 | 2.21 | 2.57 | 2.94 | 3.31 | 3.68 | 0.32 | 0.63 | 0,95 480. | 0.38 | 0.77 | 1.15 | 1.53 | 1.92 | 2.30 2.69 | 3.07 | 3.46 | 3.84 | 0.33 | 0.66 | 0.99 { 500 | 0.40 | 0.80 | 1.20 | 1.60 | 2.00 | 2.40 | 2.80 | 3.20.| 3.60 | 4.00 | 0.35 | 0.69 | 1.04 590 | 0.42 | 0.84 | 1.25 | 1.66 | 2.08 | 2.50 | 2.93 | 3.33 | 3.74 | 4.16 | 0.36 | 0.72 | 1.08 540 | 0.43 | 0.87 | 1.30 | 1.73 | 2.16 | 2.59 | 3.05 | 3.46 | 3.89 | 4.32 | 0.37 | 0.75 | 1.12 560 0.45 | 0.90 | 1.34 | 1.79 | 2.23 | 2.69 | 3.14 | 3.58 | 4.03 | 4.48 | 0,39 | 0.77 | 1.16 580 | 0.46 | 0.93 | 139 | 1.86 | 2.32 | 2.78 | 3.25 | 3.71 | 4.18 | 4.64 | 0.40 | 0.80 | 1.20 600 | 0.48 | 0.96 | 1.44 | 1.92 | 2.40 | 2.88 | 3.36 | 3,84 | 4.32 | 4.80 | 0.41 | 0.83 | 1.24 620 | 0.50 | 0.99 | 1.49 | 1.98 | 2.48 | 2.98 | 3.47 | 3.97 | 4.46 | 4.96 | 0.43 | 0.86 | 1.28 640 | 0.51 | 1.02 | 1.54 | 2.05 | 2.56 | 3.07 | 3.58 | 4.10 | 4.61 | 5.12 | 0.44 | 0.88 | 1.33 660. | 0.53 | 1.06 | 1.58 | 211 | 2.64 3.17 | 3.70 | 4.22| 4.75.| 5.28] 0.46 | 0.91 | 1.37 680 || 0.54 | 1.09 | 1.63 | 2.18 | 2.72 | 3.26 | 3.81 | 4.35. | 4.90 | 5.44 | 0.47 | 0.94 | 1.41 700 || 0.56 | 1.12 | 1.68 | 2.24 | 2.80 | 3.36 |, 3.92 | 4.48 | 5.04 | 5.60.| 0.48 | 0.97 | 1.45 720. | 0.58 | 1.15 | 1.73 | 2.30 | 2.88 | 3.46 | 4.08 | 4.61 | 5.18 | 5.76 | 0.50 | 1.00 | 1.49 740 || 0.59 | 1.18 | 1.78 | 2.37 | 2.96 |:3.55 | 4.14 | 4.74 | 5.33 | 5.92 | 0.51. 1.02 | 1.53 160 |" 0.61 | 1.21 | 1.83 | 2.44 | 3.04 | 3.65 | 4.26 | 4.87 | 5.48 | 6.08 | 0.53 | 1.05 | 1.57 180 || 0.63 | 1.24 | 1.89 |.2.51 | 3.12 | 3.75) 4.37 | 5.00 | 5.63 | 6.24 | 0.54 | 1.08 | 1.62 RE © = e — &, wobei e; aus Tabelle 1 genommen wird. ‘ p Tab. De log (i + 0.378 7) und log (i + 0.378 ; ns) Ban om. 51. 2. Sr AR 5. 6. % RUE N ‚400. | 41 82 128 164 | 206 | 247 \, 289 | 3390 | 31 | aiı > 420 || 39 78 117 156 196 | 235 | 25 314 |- 353° | 391 440 || 37 15.9112 150 137 225 | 262. |. 299 | 837 374 | 460 | 36 72 107 143 179 a3 951 286 | 328.) 358 & £ 480 || 34 | 69 | 103 137 172 | 206 240 | 274 | 309 | 343 u 500 33 66 99 132 165 198 230 263 296...) 329 “ 520 || 32 | 63 95 127 158 190 | 221 253 284 | 316 540 || 380 | 81 91 122 152 183 2138 | 244.) 274 |. 305 HS 560 || 29 59 88. | 118 147 177 206 235° | 265 |.294 ES, 2 580 || 28 58 | 86 114 143 171 200 |.:228 .| 257 | 284 Be 600. | 28” | 55 83 | 110 139 166 194 221 2487. aan a 620 || 27 | 58 8274107 „I. 184 160. 1,..187° 12214 |) 220.12 260 j 640 | 26 | 52. |° 78.-| 104 130 156 181 207 | 283 | 258 20 sale ee 10. N 125°) 101 176. 1.200. 225 1 don | 24 gs NA 7.98 122 147 171 194 | 218* | 242 | DA SAT naar 3r95 119 | 142 165 189 | 212 | 1235 N B4..1:46%. 10.09: 1,» 92,118 138 | 160 183 , |: 206: .|. 20a esse > 2 1,45 67 | .89 111 134 | 155 178 .| 200.) 222 BR 22 | 44 6611%: 87. 1,108. 180°] SL ©} 178% 1900 neu Er 21 | 42 63 | 84 105 126 | 147 169 | 190.| 211 Hierbei kann man auch mit dem Mittel von De und 2 5 6 die Werthe E x. ‚Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen. w 4 f Be "7 EN 44 N Anhang.. 690 | Tab. 6. : N | Pen) Tabelle für A=log 18200.2 (1.00157 + 0.003675 Sn er Argument: T + 4. Diff. | Diff, Diff. MD | 4.267 ‚2895 le = n m oh & 33 . 2 nz: 2 ad T 5 . « 7 7 a : I = ; onen = 34° 1 4rogı ; © zur 22 DATDS 83 , | en 79 . nn 2 75 u a | 22 a si a 2 289 ‚2492 3 4.27 1.29332 ae ; a ne ar on = 9 ‚27262 | a = 10 nn E 38 Ex . —18 | 4.250890 5, 271340 294822 _, ars) ROHR 11 4.927418 39.) ogsse 82 79 2 715° 6 4.259254 12 | 4.297497 40 | 4.29631 “ 82 79 TA 15 |: 4.925336 13 4.291576 41 | 4,29705 | 82 78 74 BEIN! 4osaıs 14. |, 427654 42 | 4,2977 | \ 82 77 ea 13: 4.25500 15 | 497731 43. | 4.29853 | es N 78 | 74 40 | Aos58l 16 4.27809 44 | 4.29997 - ah = en £ 74 > 4.25663 172. 4.27886 45. | -4,30001 ss Ey SE Ta _10 | 4.257144 18 4.27964 46 | 4.380075 | aa 19 4.28041 = 47 | 430148 ° 2 4.25906 ı 320 |, 428118 48 4.30221 es s1 m en Sr 4.25987 21 4.28195 49 | 4.30295 si 76 : 713 —_ 6 |..4.26068 | 99 | 228971 50 ! .4.30368 81 | 77 Sn 73 5 06140 23 | Ana 51 4.30441 a 94 | 4.28495 S Ba: |» As en kon 25 | 22801. 53 | A057 © a es 26 42T 5A oe a ren 27 4.28653 55 so © Den 76 ° 712 0) 4.26550 28 | 428720 56 | 4.30804 1 1.266289 99 4.28805 57 Aspsın © 2 | 426709 20 so | Amsssı 16 58 | 430949 12 3 | 200788 9 31 4.28956 1? 59 13100 2 | co, As A I Beispiel: 3 = 755.581Wm (18.60) 5 = 587.203 (9.30) RIEF Auf 00% red. Baromet. 733.31%% ]og für 23.1 ist H = 2610.6 Meter. 536.39 19.1 + 2.0 = 23.1 9.13319 4.283559 log u A Ill log H = 3.41674 log 7 log u Hierbei werden, da es sich nur um eine Annäherung handelt, die feinern Correctionen vernachlässigt. dr? re: 4 U le = FE sr A Nr Ep BT EG Be I RE NA RE DE 1 ws : | E F6FSOLL Br 0.0 00000 | 06 EOPIIE | Tresıec | 520008 Ih 09 I.SEBOLT Er, S’629TLT R 5 YO6STLL : E Ss 9IS0LL 3: 5 = T6F76I | 0801 68 [8 689716 21608 64 . e -F6L9TLL 5 S S’SLELET 5 : | 1008011 RE ee. gHsE | 10TS 88 : g’GsL6T OLS’TE 84 3 Bee HOLTT ; | - SS . r FSLOLL a, srr8G | 0978 L8 . ı 2979109 FELieE | 28 3 Er L’GLITIL £ 5 GILSSTLT | : 6 69L0I1 = = S06L2 661 F 98 ö \ 148889 LeyiEs | 98 h 6629111 ; > L6IELIE . . | STGLOLL : 88816 gI9r5G G8 o 598689 00FF8 GG : G'699TTL b = vr IOSTLL . . | 6°68L0TT : S’SLITT 666 9 78 . 119969 gsrEtE | Fi Ben ; G’EI9TTL E . S’SSslll ER 5 | 0’9SL0TL z 1'60981 9881 58 6 0'66119 GsTgE | 86 5 S’O99TLI ; . 7 O'FIGLIL 5 : | 9312011 e S’TrGEL LL88 68 . 969989 ETONLE I 68 5 S’GE9TLI € - TGFSTEl 0 5 I9’6690L1 = T69FLT 9176 18 . 168101 FE8’LE TG ; G6F9LTI ee 5 0'966 LlL & . | L'L890T I 016861 | ZeroL | 08 O'LB9TL ZPIBE 0g L G'SFr9Trl : . S’IOSELL . Re 6 GL90LL : 6'908Ts GsrLl 6L 5 6C918EL | LE768 67 : T GEIL LE ER 5 G’LSTLLL 6 E 6°8990L1L E 691655 rieol SL . SITIFL 086 07 sr 5 TLS9TLL = = . IT S9TILL R : T’8C90LL : 6 SIItZ 68487 LL 5 8’97092 66607 LF : = I'STITLL : 5 2’SPTLEL e A S’zr90LL 2 - S G's1l0L8 09T FL 9L : 68CFLL 0GLTF 97 : 1635 F609TLLL : . G6GLLILl ; : T’EE90TT Er tT: , 786885 LLS’ST GL ö 818881 Gbr'cr Gr en ; : G'66GTLLL 5 6 L’60TILT ä 6 TFs90LL S S’GLLOE ssg’gT 23 e) G'96108 6668 | MM ; T6SGTTL e= : . 8 060TLLT : & 9’ETIOLTL : 1'795 G6eLl $L e IT 184918 8Hr6'5r & ; 6 8SLGITL 3 > S’OLOTLL ; 5 2LO9OLL 5 6'66FF8 96651 GL : s’0r878| re9 Hr ta 5 I’IIGTTL i EN GTSOTLL 3 : . GOO9OTLL : G'I97898 6646L 192 2 1 Ge198 IrECH Ir : ei - IPFEGELL 3 ; . 8 6&0L IL . . 686G0LL 2 S’IST8$ 184'06 0L 3 g'88848 160’97 07 : er EHE O’SFrSIıl en ; TSIOELL 5 5 6 18G0L1 Eh ; °C000F IT Is 69, nt 097998 38997 68 = 6°SS6TL I : > 0’F660L1L : ; 9’SSGoLL : SIISIF 079'%6 89 : - 616818 68817 38 : e SIEH | 5 6 GL60L1 5 : 6LLC0L1 : EFIIEF 60% | 19 5 0’T0068 GlL6 17 18 ; TTIOSTIL 5 . G’IG6OTTL ö 5 6°5LG0L1 : 166867 11778 99 : 6°°4106 |, 96G'8F 98 : 9’ISFIIL 5 : 0’8E60TL : : GOLSOTL x € 1’69117 927 °G er) : 8'LL316 608'6F GE > SEE YSPLELIT 3 . 8’6T6OTL © . S’LIGOTL ; L'G268F 61896 79 : 8'818%6 861'67 123 : - 8’96FTTL : : S’TO6GOTI : ; S’GIEOTT G’I99908 0OTE'LG EI 3 LT err&6 0L8°08 8 ; SOFKELLE 22% . O'FSSOTL Rn: ® GTICOLL - - T#ZHI 816864 075'86 69 9’998OLL 618776. 08606 68 S’E9COTI 2 S’00TFE T9T'68 0L9 636746 ELF TS ol& , | "SOpE.1310J "sape.1310} em ur ogom ur -enboy sop ‘pras | “ıogom ur | “ıogopr ur -enboy sop "pers | aogar ur PEN orarg pexsuzipziop N) ‚ -apoag | peadurıprıoom, peräfopfeieg peasjojfereg | ae 2 | SHLr06 | Bo0zE FLEFLG BTe'zE z’0gE86 | STo'eG 387266 IGP’gG 6'C0T00T | ZI6’EG 2’SE6001 OTF'FE 8’6EL1I0T arg'rc GOTCZOL Teragete 0’04E280L LEI’GG 5 8C6E0L 88094 SFEIFOL E0F'9G L’6LZCOL TEL’g9€ 9'T6BCOL 180'L€ FELFIOL FOE'LG 6'T0L01 069°LE 6LECLOL s96 LG FIZ0SOL 633'84: L’zLFSOL ZLF'Sc 0’068S0T 1L69’SGC 8"FL360T COB'SE 9°959601 F60'6€ 2 S’CH660L 998'6€ 6 ES G'08s0LI 61F’6€C Ss } F8FolI gee'GE L 6°00LO1T ELI'GE 9 S’CSSOLT ELL’6G GC GLEOTIT FES’GE Y O’EEILIL S16'64G & 3’683I1T 796°6G R L’68ZLTT 166°6€ er. 9°90ETIL 000°09 | 00 3 15104 BER "99977 um Ber sop "prı8 ® = : np: sudpaal sop 006 STQ „O0 UOA erg Re ya" Zap O8S01X) op any a un Fa veraEr ayıo u | \ ' 692 \ - Anhang. Tab. 8. 5 } z Ort. en tens: 13 3 : Breite, D's Passage SEUSBHNME ” 3 Passa hm AM, Länge. & Ds ee J Var. des Comp \ Richtung |chne | Winde 8] 3] = Mittlere Zeit.| Höhe. | des Stromes ligkeitd.| Richtung 3 © | = ı ® Bemerkungen. magnetisch. | Stroms. | magnetisch. Stärke. = | 2,25 Obere Passage. h. m. Meter Knoten. IR 130 A.M. | | il 0 ” N | 3.3 ? € 2 0 „ - 30:5, | Weitere Beobachtungen, u m. EEG : i | - h. m. Meter ’ 30 | HELDEN u | j sn ' Von 40 ” RR ES TE | 20 ö yR Stunde] SORT | 30 vor bis = ı 5 4 /, Stunde en Be 22 Ser = nach H.W. 60 2 307 In KO E 7 h a Meter 30 2 3 y A | 10 Von °0 „ | | 20 Yh Stunde Ber | 30 vor bis 0 HERNE ARE £ | 40 1/, Stunde RR | SD nach N.W. S0NEN% Er, 5 2 & 0 TO KOT, | er | | HOSE I ) 30, Toy Untere Passage. Alter des Mondes. 030 P.M l a3 re „ S | | 30 il | 20 „ a N | BONN, | er = | = 3Er0 | Weitere Beobachtungen. 2 5032, = h. m. Meter ON, ER 10 Von 30 5 on) Yh Stunde 50 rl 30 vor bis 2 40 Y/, Stunde Sn: h 50 nach H.W. BROT | 0 i h. m. Meter H2 m) Ham: Meter | BON Ber um A.M. P. M.| Erhebung A. M. Be ) iedrig-Wasser um Senkung Resultate | Fluthstrom hört auf um % 2 Erhebung P.M. Ebbstrom ” Senkung n "Manual of seientifie enquiry p. 51.) l Erklärung zur Kartenskizze. Längere Abwesenheit und Krankheit hat mich zu meinem Bedauern gehindert, noch rechtzeitig vor dem Druck ein Missverständniss des Lithographen zu berichtigen, welcher das beiliegende Kärtchen in eine elegant abgemessene Form übersetzt hat, an- statt, wie es beabsichtigt wurde, nur ein Facsimile der flüchtig hingeworfenen Skizze zu geben, wie sie jeder auch ohne grössere Fertigkeit im Zeichnen leicht zu Papier bringen kann. Zur Vermeidung einer dritten Druckplatte sind in der Lithographie (was hinzuzufügen ebenfalls vergessen worden ist) die nach dem Text zweckmässiger Weise mit roth auszuziehenden Linien nur durch Punktirung bezeichnet. H.: Kiepert. Es sind in diesem Verzeichnisse nur solche Druckfehler aufgenommen, welche sinn- störend wirken, während in Fällen, wo’ dies nicht der Fall, eine Aufzählung der Fehler Be ertumig gehalten wurde, da der Leser sofort dieselben entdecken und verbessern wird. Razer \ 34 in der 18. Zeile von oben soll es heissen: e= ocosp anstatt e= o cosp. 34 20. \ : e und s anstatt e und s. u=esin(9 —o) anstatt > = esn(0 — d). 34 Zeile von unten „_ 3 ug, v9, Wo, v'g anstatt wo, v9, Wo» v0. 38%, EHER N : der in D multiplieirt anstatt der in ; C multiplieirt. IB, & cos 02... ) anstatt > 2 >> E) ” ER LER Bar BU RN ? Ghlea Neweroff anstatt Newcroft. unten „, : 60, oder Kärthnerth. anstatt 60, Kärthnerth. oben ,. : Perin anstatt Pexin. unten ,. Krankheit, das Mal anstatt Krank- ; heit da: Mal. ! Abhängigkeit anst. Unabhängigkeit. infieirt anstatt infestirt. RR biliös anstatt bilbös. Analoga anstatt Analogie. Framboesie anstatt Fromboesie. befallend anstatt behaltend. sind, werden dazu anst. sind, dazu. trophie anstatt traphie. j Schuppenexanthem anst. Schuppen- epanthem. \ oben „, (auch die senile), die anstatt auch die senile). Die, N unten ‚, aa anstatt ca. N arab. werden gemischt anstatt arab. gemischt. Ban oben _,. (Gast, Geestland). Dieselbe anstatt (Gast), Geestland. Daselbe. . unten, . und als lybische anst. und Iybisch ‚oben „ Gesetze zu ändern scheint anstatt Gesetze ändert. N gewöhnlich anstatt stets. worden anstatt werden. (8.274 und 285) anst. (8. an a ee 2 Be n oben ,, unten ‚, oben ,. Er) 2. unten „, E22 ” ..1 00 00 ae ” ’ oben „, unten „, u. 000 0. „ ” - 696 | Druckfehlerverzeichniss und Verbesserungen. A Seite 361 in der 20. Zeile von unten soll es heissen: Schohoslande anst. Schschöslande. SOB ER IN R:oben ar Te „ : Laubblätter anstatt Laubblüthen. ebene unten ter „ : ausgerandet anstatt ausgerundet. IE Krobensarn » » resten anstatt ruthen. RIO EEE Schu Saunten sr. - » Pratas anstatt Pratus. ODE er Le, > R, N » + Philippinen (Negros) der Lieu-kieu anstatt Philippinen (Negros) der Ler-Choo. ee Ss Eoben „ .: Limo anstatt Lino. EEE > * ; ».. : Potamogeton anstatt Potamoeton. He) unten „ „ » .: Phyllospadix anstatt Phyllospalix. BAB2rEL : jene Thiere nicht unwesentlich anstatt jene Thiere unsere Kennt- niss nicht unwesentlich. - AS en rs 5 = Be » . : Tehaelches antatt Tehnelches. ABS "oben „ » Buckelrinde anstatt Budelrinde. „unten „ . : Hellet...Gule anstatt Helles... Gale. I = I a » » Vaqueiros... Formigueros anstatt “ Baqueiros‘... Formigneiros. AB EOS sh = a „ : vermöchten anstatt vermöchte. Asse la + e DR » : Dauntelah anstatt Quantelah. Ep) 490 PEESCH 17. „ > ” 9» » D Triels anstatt Kiels. > 490 >». » 16. ” PR) ee) >09 DR 3 traetabeler anstatt mactabeler. EA Ne 25 = x Vs, » . : Zwickauer anstatt Chemnitzer. Sl N = ” Be » .: aber anstatt oder. > eo. 165, u 5 SE, „ .: Höhlenlehms anstatt Höhlenlagers. ae LS > = es: „ » Hinter (7) ist hinzuzusetzen: des Schädels (No. 2 u. 14). DIENT N „ oben muss „es“ wegfallen. EN » soll es heissen: 1 statt 5. ODE IHREN er , BEN „ : leistungsfähige anstatt leitungs- z - fähige. BER ae suntense. » ..: benachbarte Aequatorialstrom an- statt Aequatorialstrom. 638 ui ns obenez » + den Charakter der westlichen Hälfte ; des stillen Oceans der östlichen zuführen. Eee 5 5 ER » : Baffin’s anstatt Baffinns. BEA el & = NS „ : ermittelnden anstatt vermittelnden. > £ D 55.109 „‘..: denselben anstatt demselben. „ 64 „ „ 2% ,„ „ unten fällt geologisch weg. EAN 220, & „ . soll es heissen: Richtung anstatt Beobachtung. DB las: „oben? 0, „ .: von diesem Curse anstatt vom. diesen Curs. En ee ss REN „ : Alle anstatt Allen. ads a En, > “ a „ ..: der Tafeln anstatt der zwei Tafeln. 2REHE => 658 CE} Er) % 33 E>} unten 22 > >> ; &? Zu a Pr ausm x a2 — b2 &e = a9 A & Wr „» : diese Anordnung gestattet anstatt diese Anordnung, welche gestattet. » 666 „ „ 6. 5. , oben muss in der Formel wp u. anstatt Wo u. W gesetzt werden. h 3 COLE eu 18eS, „ soll es heissen: für einen, nach der Neigungsrich- tung anstatt für eine, nach einen nach der Neigungsrichtung. : vorzugsweise anstatt verhältniss- mässig. ’ > En . „ : aufzunehmen anstatt aufzusuchen. le. wandten 7,22, m anstehtyon, Wen, 0 Ösl Länge vGreemdi ss Sur Istnenm DE Ei nt se je: ‚LithAnstv. Leopold Kraatz in Beriit % [ RER DA RB Na RANHICHUN, N ge ’ j \ h j ee