Google

This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct

to make the world's books discoverablc online.

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the

publisher to a library and finally to you.

Usage guidelines

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. We also ask that you:

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for personal, non-commercial purposes.

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the use of public domain materials for these purposes and may be able to help.

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.

Äbout Google Book Search

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web

at|http: //books. google .com/l

Google

IJber dieses Buch

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.

Nu tzungsrichtlinien

Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen unter Umständen helfen.

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.

Über Google Buchsuche

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.

c

2

r

THE LIBRARY

OF

THE UNIVERSITY

OF CALIFORNIA

EMIL FISCHER COLLECTION

PRESENTED BY HIS SON

1

1

^

1

H

^'««■JJÜk.v^t.:

j

Pro(. Heraiann Rsohii- BbsoI

ANNALEJS

DER

CHEMIE

UND

PHARMACIE.

HERAÜSGEOEBEN UND REDIGIRT

VON

»

FRIEDRICH W6ULER, JdSTlIS LIEBIG UND HERMANN HOPP.

V. SÜPPLEMENTBAND.

(MIT EINER FIODBBNTAFEL.)

LEIPZIG UM) HEIDELBERG.

C. r. •WXSTBA'BCHX V]I!BIiA.OSHAin>IitrJlO.

18 67.

»

Chemlstry Lll)^

QD 1

Inhaltsanzeige des V. Supplementbandes.

Erstes Heft. bjochem.

LIBRARY

Seite Ueber die Absorption und dialytiscbe Scheidang der Gase durch

ooUoYdale Scheidewände; Yon Th. Graham 1

Ueber Gondensation nnd Polymerie; von AdolfBaeyer. . . 79

Neues Verfahren snr Synthese der Oxalsäure uDd homologer

S&nren; von M. Berthelot 95

lieber Melilotsäure und deren künstliche Darstellung aus Cumarin ;

▼on Gonstantin Zwenger 100

Ueber die unteijodige Säure und ihre directen Verbindungeo mit

Kohlenwasserstoffen; von £. Lippmann 124

Notix über einige Goldrerbindungen ; von Dr. L. Darmstaedtur 127

Zweites Heft

Ueber die Moleoularyolumina chemischer Verbindungen ; von L o-

thar Meyer 129

Untersuchungen Über die Dichtigkeit des Ozons; von J. L. Soret 148

Untersuchungen über die Borsäureäther; von Hugo Schiff. . 154

Ueber die Aeüier der Säuren des Arsens; you J. M. Grafts 218

Ueber die Constitution des Tannenholzes; von Dr. Julius Erd- mann 223

Ueber die bromhaltigen Derivate der Gallussäure ; von E. G r i m a u z 233

Ueber das Kohlbuoxysulfid ; von GarlThan 286

Umwandlung von Monochlorhydrin in Propylenglycol und Milch- säure, und von Dichlorhydrin in Isopropylalkohol und Aceton ; von H. L Buff 247

Ueber relative Gröfse der Moleoule; von Privatdocent Dr. Alex- ander Naumann 252

Ueber den Pseudo Ua^stoff der Hexylenreihe ; von J J. (.'hy-

denius . ^ £50iiWJIiC^«^ktf^ 255

•^

Seite

Drittes Heft.

Versilberung Ton Glas; von JnstnsYonLiebig 257

Nuues Verfahren zur Darstellang des Cymens aas Campher; von

Louguinine und Lippmann 260

Üeber Abscheidung des reinen Platins und Iridiums ; von Dr.

Woldemar Yon Schneider 261

Ueber die Basicität der Weinsäure; von W. H. Perkin . . . 274

lieber die Ausdehnung und das specifische Gewicht des Benzols

und seiner Homologen; von V. Louguinine 295

Bemerkungen zu der Yorhergehenden Abhandlung; Yon Hermann

Kopp 803

Ueber die Siedepunkte der Kohlenwasserstoffe €,^HsQ_e; von Her- mann Kopp 815

Ueber Aldehydbasen; Yon Hngo Schiff 829

Ueber die chemische Constitution des Narootins und seiner Zer-

setzungsproducte ; von A. Matthiessen und G. C. Fester 832

Ueber die relative Constitution des G&hrungs-Butyl- und Amyl- alkohols; von ßmil Erlenmeyer 837

Ueber Julin's Chlorkohlenstoff; Yon H. Bassett 840

Ueber Dissociation ; von Privatdocent Dr. Alex. Naumann 841

Ueber verschiedene Kohlenwasserstoffe in dem Steinkohlentheer ;

von M. Berthelot 867

Ueber einige Derivate der Is&thionsäure ; von J. Y. Buchanan 878

»»»>P>SMg>«}<l<<<<

ANNALEN

DEK

CHEMIE UND PHARMACIE

V. Snppldmentbandes erstes Heft.

üeber die Absorption und* dialytische Scheidung der Gase durch coUoidale Scheide- wände ;

von J%. Graham*).

I. Wirkung einer Scheidewand aus Caoutchouc. Mit einander gemischte Gase müssen bezüglich ihrer

«

Diffnsibilität und ihres specifischen Gewichtet beträchtlich von einander verschieden sein, dafs man sie in erheblicherem Hafse von einander scheiden könne auf Grund des molecu- laren Durchgangs durch eine poröse Scheidewand, wie eine Graphitplatte oder die Wandungen einer unglasirten irdenen Röhre, nach einem leeren Räume hin. Die Wirksamkeit der Atmolyse ist deshalb eine sehr beschränkte bei der Sonderung des Sauerstoffs und des Stickstoffs der atmosphärischen Luft, da für diese Gase die Differenz der specifischen Gewichte nur gering ist.

Substanzen, welche in dem flüssigen Zustand existiren, gestatten oft eine vollständigere Scheidung als Gase, wenn man für sie dialytische Scheidewände zusammen mit der

*) Ans den Philosophical Traosactions f. 1866 mitgetbeilt. Aiiaftl. d. Ch«m. u. Pbann. V. &upplem«Dtbd. 1. Heft. 1

2 Orahamj Hier die Absorption und dialy tische

Wirksamkeit der Diffusion von Flüssigkeiten in geeigneter Weise in Anwendung bringt.

Offenbar kann es nicht Etwas, was Dialyse der Gase wäre, geben; denn die Dialyse involvirt den Durchgang einer Substanz durch eine aus weichem colloidalem Material be- stehende Scheidewand, welche ganz frei von offenen Kanälen und deshalb undurchdringlich für Gas als solches sein mufs. Doch läfst sich die Dialyse von Flüssigkeiten auch für die Behandlung von Gasen in Anwendung bringen, auf Grund davon, dafs (wie allgemein angenommen ' wird) die Gase bei der Absorption durch wirkliche Flüssigkeiten oder durch weiche GoUoid - Substanzen verflüssigt werden. Lufthaltiges Wasser enthalt Sauerstoff und Stickstoff in Lösung, und die letzteren Substanzen werden dann > der Diffusion und Dialyse von Flüssigkeiten zugänglich, und durchdringen in solcher Weise thierische Membran bei dem Acte der Respiration.

Bereits vor längerer Zeit entdeckte Dr. Mitchell in Philadelphia, dafs Gase Caoutchouc in dünnen Blättern odef in * der Form der kleinen durchsichtigen Ballons, welche er zuerst aus dieser Substanz darstellte, zu durchdringen ver- mögen. Er bemerkte namentlich, dafs solche Ballons rascher zusammenfallen, wenn sie mit Wasserstoffgas aufgeblasen sind, als wenn mit atmosphärischer Luft, und noch rascher wenn sie mit Kohlensäure gefüllt sind; und er brachte die letztere Thatsache mit der Beobachtung in Zusammenhang, dafs ein massives Stück Caoutchouc fähig ist, bei genügend langem Verweilen in reinem Kohlensäuregas ein dem seinigen gleiches Volum von diesem Gase zu absorbiren. Mittelst einer geeigneten Vorrichtung fand Dr. Mitchell, dafs ver- schiedene Gase von selbst mit verschiedener Geschwindigkeit durch die Caoutchouc-Membran hindurch gingen, wenn sich Luft auf der andern Seite der Membran befand. ,)Von Ammoniak ging in 1 Minute so viel hindurch, als von Schwe-

Scheidung der Oase durch coUcndale Scheidewände. 3

felwasserstoff in 27» Minuten, von Cyan in SVi Minuten, von Kohlensaure in 57» Minuten, von Stickoxydul in 678 Minuten, von Anienwaaserstoff in 277t Minuten, von ölbildendem Gas in 28 Miauten, von Wasserstoff in 377s Minuten, von Sauer- stoff in 1 Stunde und 53 Minuten, von Kohlenoxyd in 2 Stunden und 40 Minuten/ Stickstoff erwies sich sogar als die Mem-* bran noch langsamer durchdringend, als Kohlenoxyd *).

Man wird bemerken,. dafs diejenigen Gase am Raschesten hindurchgehen, welche durch Druck leicht verflüssigt werdm und welche auch „im Allgemeinen sehr löslich in Wasser und in anderen Flässigkeiten-stnd.^ Zu Dr. Mitchell's Ab- handlung machte, bald nach dem Erscheinen derselben, Dr« Drap er in New -York gute Bemerkungen, unter Hinzu- fsgnng mehrerer neuer Beobachtungen über den Durchgang von Gasen sowohl als von Flüssigkeiten durch membranöse Scheidewände**). Diese früheren Betrachtungen büfsen indessen daran, dafs sie zutreffende seien, dadurch viel ein, dafs sie nicht die zwei Erwägungen mit in Betracht ziehen, auf welche oben bereits hingewiesen wurde : dafs nämlich die Gase bei ihrer Absorption durch Flüssigkeiten und solche Colloid-Substttizen wie Caoutchouc verflüssigt werden, und dafs sie dann durch flüssige und coUoidale Scheidewaade auf Grund der Wirksamkeit der Diffusion von Flüssigkeiten, und nicht der von Gasen, hindurchgehen. In der That kann man das nicht genug im Auge behalten, dafs bei dem Durchgang durch eine colloidale Membran das Verhalten als Gas voll- ständig suspendirt ist.

*) Od tbe Penetratiyenets. of Fluids, by J. K. Mitchell» M. D. im Philadelphia Jonmal of Medical Sciences XIII, 86 oder im Journal of tbe Royal Institution II, 101 u. 807 (London 1881).

**) A Treatise on tbe forces which produce the Organisation of Plauts, with an Appendix containing several Memoirs on Gapillary Attraction , Electricity, «nd tE^ Chemical Action of Light, by John William Draper, M. D.

4 Graham^ über die Absorption und dialytüehc

Dr. Mitchell worde, durch eine einzelne zufällige Be- obachtung, zu der Schlufsfoigerung veranlafst, dafs das Volum des Caoutchoucs bei der Absorption von Kohlensaure sich vergröfsere; dieses Resultat war zu erwarten auf Grund der Porosität des festen Körpers, welche damals angenommen wurde um das Vermögen, gasförmige Flüssigkeiten hindurch- zulassen, zu erklären. Aber als 50 Grm. plattenförmigen (0;6 HH. dicken) Caoutchoucs in Kohlensäure über Queck- silber gebracht wurden, ergab sich, dafs allmälig' 0,78 Volume Gas in 24 Stunden bei 15" absorbirt wurden, davon 0,7 Vo- lume in der ersten Stunde. Das* Volum des Caoutchoucs war vorher sorgfältig durch Ermittelung des von ihm verdrängte» Quecksilbers in einem Gläschen zur Bestimmung des speoif. Gewichtes gemessen worden, und wurde es dann wiederum nach der Beladung mit Kohlensäure; die Menge des ver- drängten Quecksilbers war bis auf Vioo Gramm dieselbe und das Volum des Caoutchoucs hatte also keine mefsbare'Ver- änderung erlitten. Es mag noch hinzugefugt werden, dafs das Absorptionsvermögen des vulkanisirten Caoutchoucs für Kohlensäure sich kleiner ergab (nur s^ 0,57 Vol. in einem Vergleichungsweise angestellten Versuche), als ias des Caout- choucs in dem natürlichen Zustande desselben.

Die Durchdringbarkeit des Caoutchoucs für Gase läfst sich ebensowohl zeigen, indem man die letzteren nach einem leeren Räume hin hindurchgehen läfst, wie bei dem Durch- gang nach einem anderen Gase hin in Dr. HitchelTs Ver- suchen. Man wendet zu solchen Versuchen zweckmäfsig ein DiiTusiometer an, welches aus einer einfachen Glasröhre von 22 MM. Durchmesser und fast 1 Meter Länge besteht, die an ihrem oberen Ende durch eine dünne Platte aus Gyps- Stuck geschlossen und unten offen ist. Ein dünnes Caoutchouc- Blättchen aus einem kleinen Ballon wird über das obere Ende der Röhre ausgespannt, wo es auf der Stuck-Platte aufliegt,

Scheidung der Oase durch colloidale Scheidewände. 5

mit Kupferdraht festgebunden und an den Rändern an das Glas mittelst Gutta- Percha, die durch Erwärmen weich ge* macht wurde, angekittet. Wird die Röhre nun mit Queck- silber gefüllt und umgekehrt, so erholt man oben ein Tori- celli'sches Vacuum, in welches die atmosphärische Luft all- mälig eindringt, indem sie durch das Caoutchouc- Blättchen hindorchgebt und die Queoksübersdule in der Röhre herab- sinken lafst. Um das Durchdringungs- Vermögen verscmedener Gase zu vergleichen, wurde eine Kappe von dickem vulkani- sirtem Caoutchouc, die mit einer engen Eingangs- und Aus- gangs-Röhre für Gas versehen war (wie sie bei Versuchen mit Gas oft gebraucht wird), ober dem oberen Ende des beschriebenen Diffusiometers befestigt und mittelst geschmol- zener Gutta -Percha angekittet. Das Gas, mit welchem ein Versuch angestellt werden sollte, konnte so aus dem Ent- wickelungs-Apparat oder dem es enthaltenden Gasometer in die Kappe oder die oberste Abtheilung des DilTusiometers geleitet werden und der Ueberschufs des zugeleifliten Gases durch die Ausgangs - Röhre der Kappe in die Atmosphäre entweichen. Die zur Unterstützung des Caoutchouc-Blätlchens dienende Stuck -Platte ist so sehr porös, dafs sie den dem Durchgang der Gase durch das Caoutchouc entgegengesetzten Widerstand nicht bemerklich vergröfsert und, da sie für sich kein Absorptions-Vermögen ausübt, ganz aufser Betracht ge- lassen werden kann.

Eine vergleichende Untersuchung wurde, an demselben Tage, ausgeführt für den Durchgang von Kohlensaure, Wasser- stofi, Sauerstoff und Stickstoff durch das Caoutchouc -Blätt- eben; der Barometerstand war 773 MM., das Thermometer zeigte 23 bis 23,5^ C. Es wurde die Zeit in Secunden notirt, während welcher die Quecksilbersaule in dem Diffusiometer von 748 auf 723 MM. und dann von 723 auf 698 MM. fiel. Alle Gase waren sorgfaltig getrocknet.

6 Graham, über die Absorption tmd dialytitehe

m

Takelle I : Durchgaog der Koblenddure.

Höhe der Quecksilberailiile Yersuoh Verinch Versuch

im Diffusiometer 12 8

748"™

723 107" 102" 102"

698 148 188 138

250 240 240.

Der Durchgang der Kohlensaure ergiebt sich beträchtlich rascher, als der des Wasserstoffs und der beiden folgenden Gase (H bedeutet die Höhe der Quecksilbersäule im Diffu- siometer).

Tabelle II : Durchgang ron Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff. H Wasserstoff Sauerstoff Stickstoff

Vers. 1 Vers. 2 Vers. 1 Vers. 2 Vers. 1 Vers. 2

748'

723 277" 270" 646" 664" 1413" 1428"

698 316 323 727 722 1832 1850

693 593 1272 1276 3245 3278.

Ein ejjizelner Versuch, welcher zu derselben Zeit mit atmosphärischer Luft angestellt wurde, gab 1318^' und 1524'^ für die zwei Senkungen der Quecksilbersaule, oder 2842^^ für die ganze Senkung. Die Zeit für den Durchgang der atmosphärischen Luft liegt somit zwischen der für den Sauer- stoff und der für den Stickstoff gefundenen.

Obgleich diese Zahlen, aus sogleich zu erörternden Gründen, nicht die genaue Uebereinstimmung unter einander zeigen, welche sich bei Diffusions- und Transpirations -Ver- suchen ergiebt, so ermöglichen sie doch eine vergleichungs- weise Schätzung des Vermögens verschiedener Gase, durch Caoutchouc zu gehen, welche für einige practische Zwecke verwendet werden kann.

Bei einer anderen Gelegenheit wurde Kohlenoxyd und Sumpfgas (CH4) mit in Vergleichung gezogen. Das Caout- chouc-Blättchen auf dem Diffusiometer war dasselbe; der Barometerstand war 768°"°, der Thermometerstand 19,5^ C.

Scheidung der Oase durch coüo^dale Scheidewände. 7

TaheiU III : Duro)igaBg von Kohlenozyd) WAsseratoff, Kohlensäure u.

Sumpfgas.

H Kohlenoxyd Wasserstoff Kohlensäure Sumpfgas

Vers 1 Vers. 2 Vers.l Vers. 2 Vers. 1 Vers. 2 Vers. 3 Vera. 1 Vers. 2

748™"

723 1620'' 1631" 435'' 434" 125" 119" 117" 803" 821" 698 1920 1924 505 511 170 169 172 1009 1045

3540 3555 940 945 295 288 289 1812 1866

Die Resultate lassen sich in der Art übersichtlich zu- sammenstellen, dafs man die Zeiten ableitet, in welchen ein und dasselbe Volom der verschiedenen Gase durch das Caout- choüc hindurchgeht, für welche Vergleichung die Durchgangs- zeit für Kohlensaure, als die kleinste, als Einheit ange- nommen ist.

Durchdringung von Gaoutohouo durch gleiche Gasvolume :

Zeit Kohlensäure 1

Wasserstoff 2,470

Sauerstoff 5,816

Sumpfgas 6,826

Atmosphäcisohe Luft 11,850

Kohlenozjd 12,208

Stickstoff 13,585

Oder wenn die Zeiten gleich genommen werden, drückt das durchgehende. Volum jeden Gases die Durchdringungs- Geschwindigkeit aus :

Durchdringung Yon Gaoutohouc in gleichen Zeiten :

Geschwindigkeit

Stickstoff

1

Kohlenozyd

1,118

Atmosphärische Luft

1,149

Sumpfgas

2,148

Sauerstoff

2,556

Wasserstoff

5,500

KohlonsAure

13,585

8 Oraham, über die Absorption und dialyiisohe

Wenn man die Umstände erwägt, unter welchen die Gase durch das Caoutchouc-BIättchen hindurch in den leeren Raum gehen, so ist nicht zu erwarten, dafs irgend eine solche Besiehung zwischen den vorhergehenden Zahlen gefunden werde, wie sie z. B. für die Diffusions - Coefficienten bei Gasen existirt. Die erste Absorption des Gases durch das Caoutchouc mufs auf einer Art von chemischer Verwandt- schaft beruhen, welche zwischen der Substanz des Gases und der Substanz des Caoutchoucs existirt und der Anziehung analog ist, welche man als zwischen einem löslichen Körper und seinem Lösungsmittel existirend und die Auflösung be- wirkend annimmt. Da die Kohlensaure in Aether und in flüchtigen Oelen löslich ist, so liegt darin Nichts Wunder- bares, dafs sie auch durch die im Caoutchouc enthaltenen Kohlenwasserstoffe gelöst wird. Wenn das Caoutchouc durch das verflüssigte Gas durchfeuchtet ist, so dunstet das letztere in den leeren Raum ab und kommt auf der anderen Seite der Membran wieder als Gas zum Vorschein. Nun ist es be- kannt, dafs ein solches Abdunsten in gleicher Weise nach dem leeren Raum und nach einem anderen Gas hin statt- findet, da es in beiden Fallen gleichmifsig Gas- Diffusion ist. Es ist deshalb nicht noth wendig, dafs, so wie in den eben beschriebenen Versuchen, auf der einen Seite der Caoutchouc- Membran ein leerer Raum sei ; ein anderes Gas kann, wie in Dr. MitchelTs Versuchen, den leeren Raum ersetzen.

Die Zahlen für die Dur<;hgangsgeschwindigkeit verschie- dener Gase in der letzten Tabelle lassen sich auch nicht entfernt als die relative Absorption und Verflüssigung der verschiedenen Gase durch die Substanz des Caoutchoucs aus- drückend betrachten.

Der Durchgang von Gasen durch Caoutchouc wird auch veranschaulicht durch das rasche Zusammenfallen des kleinen Ballons, wenn er mit Kohlensäure oder auch mit Was'serstoffgas

Scheidung der Gase durch coUoidale Scheidewände. 9

oder mit Sumpfgas gefüllt ist, im Vergleiche dazu, wenn er mit atmosphärischer Luft gefällt ist. Das Entgegengesetzte wird be<^bachtet, wenn der Ballon mit reinem Stickstoff auf- geblasen ist; dann wird er im Verlauf einiger Stunden, starker ausgedehnt, in Folge davon ^ dafs mehr Sauerstoff aus der umgebenden atmosphärischen Luft hineintritt als Stickstoff wahrend derselben Zeh aus dem Ballon entweicht, während die Zusammensetzung sich auf beiden Seiten der Membran ausgleicht und zuletzt das Gas in dem Ballon dieselbe Zu- sammensetzung hat wie die umgebende Luft. Ein mit Stick- stoff gefällter Gaoutchouc-Ballon vergröfserte, nach ange- näherter Bestimmung, in der Zeit von 24 Stunden seinen Durchmesser von 132 auf 136 MM. Bei einem mit reinem Sauerstoff gefüllten Ballon verkleinerte sich hingegen inner- halb derselben Zeit der Durchmesser von 150 auf 113 HM.

Innerhalb 48 Stunden wurde der Durchmesser eines mit Wasserstoff gefüllten Ballons von 154 auf 87 MM. verkleinert, und der Ballon enthielt dann 250 CG. Gas, von welchen 53 CC. durch Pyrogallnssäure und Kali absorbirt wurden, was die Anwesenheit von 21,2 pC. Sauerstoff nachweist oder nahezu denselben Sauerstoffgehalt, welcher der atmosphärischen Luft zukommt.

Wird das obere Ende eines Diffusiometers mit einem dünnen Blättchen Caoutchouc verschlossen und das über Quecksilber stehende Instrument mit Wasserstoffgas gefüllt, so beobachtet man, dafs eine Volumverminderung langsam eintritt, welche zuletzt mehr beträgt als der Diffusion des Wasserstoffs als Gas entspräche. Als bei Beginn *des Ver- suches 249 Volumtheile Gas in der Röhre waren, betrug das Steigen der Quecksilbersäule oder die Volumverminderung 1,5 Volumtheile in der ersten Stunde, 1,5 Volumtheile in der zweiten Stunde, 2,0 Volumtheile in der dritten Stunde, 3,0 Volumtheile in der vierten Stunde und 51 Volumtheile in den

10 Orahamj über die Absorption und dtalt/Hsehe

ersten 24 Stunden zusammengenommen. Dann war das Steigen des Quecksilbers in den folgenden Tagen von Je einem zum anderen : 42; 59; 37; 29; 13; 5; 1; 0,5; 0,5 (in zwei Tagen) und 0,0, und das ursprüngliche Volum von 249 Volumtheilen Wasserstoff schliefslich durch 53 Volum- theile atmosphärischer Luft ersetzt; bei 747 MH. Barometer- stand und 21,1^ C. Die sich, vom Anfang bis zum Ende des Versuches, ersetzenden Gasvolume verhalten sich hier wie 1 zu 4,7; bei Gas -Diffusion verhalten sie sich wie 1 zu 3,8.

Bin mit Luft gefüllter Ballon sank in 48 Stunden von 150 auf 147 HM. Durchmesser zusammen, nur in Folge des mechanischen Effectes der Elasticitat der Membran, wodurch das eingeschlossene Gas zusammengedrückt wurde. Das Ge- wicht dieser kleinen Ballons wechselt zwischen 0,75 und 1 Grm. Bei Annahme, dafs die Form eine genau sphärische sei, wurde ein Ballon von 150 MH. Durchmesser eine Ober- flache von 0,0706 Quadrat -Metern haben. Nehmen wir als das Gewicht des Ballons 1 Grm. an, so würde die Dicke

der Hembran = «Q-ggg HM. sein, wenn das specifische Ge- wicht = 1, oder = gQ MM., wenn das specif. Gewicht

= 0,93, welche Zahl als die Dichtigkeit des reinen Caout- choucs ausdrückend angenommen wird. Die letztere Dicke ist

is^öT ^"^'' Zoll; d. h. man müfste nahezu 2000 solcher Häut- eben aufeinander legen, um die Dicke von 1 Zoll engl, zu erhalten. ' Und doch scheint ein solches Caoutchouc-Hautchen nicht porös zu sein und sich Gasen gegenüber ganz so wie ein aus Flüssigkeit bestehendes Häutchen zu verhalten; ganz anders in dieser Beziehung wirkend, als ein dünnes Blatt Papier, Graphit, Irdenzeug oder selbst Gutta-Percha, wie sich nachher ergeben wird. Die letzterwähnten Körper scheinen

Scheidunff der Gase durch coUmdcUe Scheidewand. 11

alle von oiTenen Kanälen oder Poren durchzogen zu sein, die hinreichend weit sind, um Gasen zu erlauben, vennöge der ihnen eigenthümlichen molecolaren Diffusionsbeweguag durch sie hindurch geworfen au werden. Aber flüssige und colioi- dale Substanzen haben eine ununterbrochene Textur und bieten keine Möglichkeit für die Diffusion von Gasen ; sie bil- den selbst als dünnestes Hautchen für Gase ein undurchdring« liebes Hindernifs.

Auf die Durchdringbarkeit des Caoutchou^ bat die Tem- peratur einen grofsen Einflufs, und zwar wie es scheint gleichzeitig auf zweierlei Weise. Eine Erhöhung der Tem- peratur lafst unzweifelhaft alle Gase weniger leicht durch Druck verflüssigbar und somit auch durch jede flüssige oder colloidale Substanz in geringerer Menge absorbirt werden. Aber dieser Einflufs der Wärme scheint bei dem Caoutchouc dadurch ausgeglichen zu werden, dafs diese Colloid-Substanz beim Erwärmen weicher wird und mehr von den Eigen- schaften eines flussigen und weniger von denen eines festen Körpers annimmt Gewifs ist es, dafs das Caontchouc-Haut- chen bei Erhöhung der Temperatur innerhalb gewisser Grenzen mehr und mehr für Gase durchdringbar wird. Diefs wurde mit Bestimmtheit bei Versuchen beobachtet, bei welchen mit, einseitig mit Caoutchouc gefimifstem Seidenzeug, wie es als wasserdichter Stoff verkauft wird, operirt wurde. Ohne hier schon die Einzelnheiten der Versuche mittheilen zu wollen, mag im Allgemeinen angegeben werden, dafs dasselbe Stück solchen Zeuges durch folgende Mengen Luft, die durch es hindurch nach einem leeren Räume ging, für 1 Quadrat-Meter Oberfläche, durchdrungen wurde :

bei A^ C. duroh 0,56 CC. Luft in 1 Minute; » 1^ II 2,25 n 9 »

»60» 6,68 n n n n n-

Die Gasvolume sind alle auf 760 MM. Druck und 20^^ C. reducirt.

12 ^rahanty über die Absorption und dialytische

Diese Zahlen sind vermuthlich nicht ganz constante; denn es ergiebt sich, dafs die Wirkung der Temperatur stark beeinflofst wird durch die Lange der Zeit, während welcher die Temperatur unterhalten wird, da der Wechsel in dem Grad der Weichheit mit dem Wechsel der Temperatur Stunden und selbst Tage braucht, um sich ganz vollstindig herzustellen. Dafs das Starrwerden des Caoutchoucs in der Kalte uild das Weichwerden in der Wärme nur langsam und allmilig stattfindet, ist bekannt.

Mit dem Weiohwerden des Caoutchoucs durch Erwarmen wird das Zurückhaünngs^yexxabgen dieser Substanz für Gase abgeändert. Weiches Caoutchouc, welches zuerst mit Kohlen- säure bei 20^ beladen war und dann durch Kälte starr ge- macht wurde, verlor bei nachherigem Aussetzen an die freie Luft die Kohlensäure weniger rasch, als dasselbe ebenso mit Kohlensäure beladene Caoutchouc, welches sofort im weichen Zustande der Luft ausgesetzt wurde. Die Menge der in dem ersteren Falle zurückgehaltenen Kohlensäure war 10,76 pC. und die der in dem letzteren Falle zurückgehaltenen 7^08 pC. von dem Volum des Caoutchoucs, nach einem ähnlichen Aus- setzen während 48 Stunden. Ich erwähne hier dieses, noch nicht genügend untersuchten Umstandes wegen der Analogie, welche zwischen Caoutchouc und den schmiedbaren Metallen bezüglich des Vermögens zu bestehen scheint, in dem durch Wärme erweichten Zustand ein Gas zu absorbiren und; wenn nachher durch Kälte starr gemacht,, dasselbe Gas mit grofser Hartnäckigkeit zurückzuhalten.

Die Verdichtung von Sauerstoffgas durch massive Stücke Caoutchouc, welche aus einem Caoutchouc-BIock vermittelst eines Locheisens erhalten waren, wurde zum Gegenstand der Beobachtung in der Art gemacht, dafs 50 Grnl. solchen Caoutchoucs während mehrerer Tage in ein mit Sauerstoffgas gefülltes, mit Quecksilber abgesperrtes Gefäfs gebracht wurden.

Scheidung der Oase durch coll&idale Scheidewände.. 43

Von dem Caoutchoac wurden dann, mittelsl der durch 24 Stunden fortgesetzten Wirkung eines leeren Raumes, 6,21 CC. Gas abgesaugt, von welchen 3,67 CC. Sauerstoff, 0,14 Kohlen- saure und das Uebrige hauptsachlich Stickstoff war. Nimmt man das Volum des Caoutchoucs zu 53,8 CC. an, so beträgt das absorbirte Sauerstoffgas 6,82 pC. vom Volum des Caout- choucs. Das Sauerstoffgas kann somit als reichlich zweimal so löslich in Caontchouc betrachtet werden, als dieses Gas in Wasser bei gewöhnlicher Temperatur ist. Es wurde kein Versuch bei höherer Temperatur angestellt; da aber die Durch- dringbarkeit des Caoutchoucs durch Erwärmen stark ver- gröfsert wird, so ist es wahrscheinlich, dafs die Löslichkeit von Gasen in Caoutchouc in demselben Grade zunimmt

Mehr als ein Versuch wurde gemacht, die Anwesenheit von freiem Wasserstoff in der Caoutchouc-Substanz nachzuweisen, nachdem die letztere wahrend einiger Zeit in diesem Gase verweilt hatte; aber mit negativem Resultat. Ps kann sein, dafs der absorbirte Wasserstoff, wegen seiner so sehr grofsen Flüchtigkeit, allzurasch fortgeht.

Diali/tiache Scheidung des Sauerstoffs aus atmosphärischer Luß : i) mittelst anderer Oase, 2) mittelst eines leeren

Raumes.

1) Ein mit Wasserstoffgas gefüllter Caoutchouc-Bailon; welcher der Luft ausgesetzt ist, verliert allmalig das ihn ur- sprünglich erfüllende Gas, welches schiiefslich durch ein betröchtlich kleineres Volum Luft ersetzt wird; der Vorgang gleicht täuschend dem der Diffusion von Wasserstoffgas in Luft. Als das Portschreiten des Eintritts von Lufl zu ver- schiedenen Zeiten des Austausches beobachtet wurde, ergab sich, dafs nach 3 Stunden, wo sich der Durchmesser des Ballons von 150 auf 128 HM. verkleinert hatte, die Zusam- mensetzung des Inhalts desselben war :

14 . Graham^ über die Absorption und dialytische

Sauerstoff

8,98

41,6

Stickstoff

12,60

68,4

Wasserstoff

78,42

100,00 100,00.

Läfst man das noch vorhandene Wasserstoffgas aufser Betracht, so enthielt also nun der Ballon ein Gemisch von Sauerstoff und Stickstoff im Verhaltnifs von 41,6 Vol. des ersteren auf 58,4 Vol. des letzteren. Diefs war das gröfste Verhaltnifs, in welchem Sauerstoff gegenüber dem Stickstoff gefunden wurde; denn das erstere Gas hat ein Bestreben, wieder nach der äufseren atmosphärischen Luft zurückzugehen, wenn von dem^asserstoff nur noch ein kleines Volum rück- standig ist; und der Gehalt an Sauerstoff wird nicht gröfser als 21 pC. von dem ganzen in dem Ballon enthaltenen Gasge- mische, das Wasserstoffgas mitgerechnet. So war nach 6 Stunden das Verhaltnifs : 33,63 Sauerstoff zu 66,37 Stickstoff, und nach 24 Stunden : 26,48 Sauerstoff zu 73,52 Stickstoff, unter gleichzeitiger stetiger Abnahme des Wasserstoffgases.

Indem man durch Infiltration atmosphärische Luft in einen mit Kohlenaäuregas aufgeblasenen Caoutchouc-Ballon eintreten läfst, kommt man einer practisch verwerthbaren dialytischon Scheidung der Bestandtheile der atmosphärischen Luft noch näher, da man nach einiger Zeit die Kohlensäure mittelst ätzenden Alkali's ganz wegschaffen und die infiltrirte, an Sauerstoff reicher gewordene Luft für sich haben kann. Ein mit Kohlensäure gefüllter Ballon wurde, in der Luft befind- lich, in 4 Stunden so weit verkleinert, dafs sein Durchmesser von 160 auf 90 HH. herabgekommen war, und er enthielt nun 199 CG. durch Alkali nicht absorbirbares Gas. Dieses Gas konnte einen glimmenden Holzspahn sich wieder ent- flammen lassen, und es wurde befunden als bestehend aus :

Sauerstoff 87,1

Stickstoff 62,9

100,0.

Scheidung der Oase durch coUotdale Scheidewände. 15

Um diese Anreicherung des Sauerstoffgehaltes hervorzu- bringen, ist es durchaus nothwendig, die Operation frähzeitig zu unterbrechen, wie diefs bei dem eben besprochenen Ver- suche geschab; sonst nimmt wieder der Gehalt an Sauer- stoff im Verhältnifs zu dem an Stickstoff ab und fällt zuletzt auf den normalen Gehalt der äufseren Luft von 21 pC. So wurde in einem mit Kohlensdure auf 150 HH. Durchmesser aufgeblasenen Ballon nach 24 Stunden fast keine Kohlensäure mehr gefunden; er ergab nach der Behandlung mit Aetzkali 150 CG. Gas, weiches enthielt :

Sftoeratoflf 22,6

StickBtoft 77,4

100,0,

und also keine beträchtliche Vergröberung des Sauerstoflge- haltes ergab.

Aus der bekannten Thatsache» dafs die in Wasser ge- löste Luft einen so grofsen, 30 pC. betragenden Sauerstoff- gehalt besitzt, läfst sich schliefsen, dafs, wenn Kohlensäure- gas von atmosphärischer Luft durch ein TFa^^^r-Häutchen getrennt wäre^ zu dem ersteren Gas durch das Häutchen hindurch Luft mit demselben hohen, 30 pC. betragenden Sauerstoffgehalt treten wurde. Aber es ist nicht leicht, diesen Versuch auszuführen, aufser wenn man das als Scheidewand dienende Häutcfaen durch eine M[pmbran irgend einer Art unterstützt sein läfst. Die Luft, welche aus der Atmosphäre in eine frische und feucht erhaltene Ochsenblase, welche mit Kohlensäure aufgeblasen worden war, eintrat, ergab 24,65 pC, Sauerstoff und 75,35 pC. Stickstofl, war also nur um Weniges reicher an Sauerstoff geworden; aber die Membran war hier zu dick, und auch andere Umstände waren dem Resultate dieses* Versuches nicht günstig.

Ein mit Kohlensäure bis zu 150 MM. Durchmesser auf- geblasener Caoutchouc - Ballon wurde 48 Stunden lang in

i6 Oraham, über die Absorption und dialytische

Wasser von 22^ C. eingetaucht. Nor wenig Kohlensäure war in dem rückstandigen Gas enthalten, welches nach dem Waschen mit Aetzkali enthielt :

Baaerstoff 26,77

Stickstoff 74,28

100,00

2) Mittelst einer angemessen unterstützten Colloidal- Scheidewand, z. B. mittelst der mit einem Caoutchouc^Häut- chen überzogenen Stuck-Platte in dem Diffusiometer (S. 4), läfst sich eine Scheidung gemischter Gase in ansehnlichem Betrage bewerkstelligen. Die Bestandtheile der atmosphäri- schen Luft gehen durch ein Caoulchouc - Häutchen in den leeren Raum nahezu in demselben Verhältnisse über, in welchem diese Gase einzeln genommen das Caoutchouc durchdringen (S. 7). Für die Geschwindigkeiten des Stickstoffs und des Sauerstoffs, wenn diese Gase für sich hindurchgehen, wurde das Verhältnifs wie 1 : 2;556 beobachtet; daraus berech- net sich

Sauerstoff 21 X 2,566 = 63,676 40,46

Stickstoff 79 X 1 =79 69,64

100,00.

Luft, welche mittelst einer aus Caoutchouc bestehenden Scheidewand dialysirt wurde, sollte also in 100 Volumen aus 40,46 Sauerstoff und 59,54 Stickstoff zusammengesetzt sein. Nun wurde gefunden, dafs aus der Atmosphäre in den leeren Raum der 48zölligen Diffusioraeter-Röhre, durch eine Caout- chouc - Seheibe von 22 HM. Durchmesser, in 21 Stunden 3,48 CC. Luft eintraten, unter dem Druck der Atmosphäre und bei 23 bis 24^ C. Von den so erhaltenen 3,48 CC. Gas wurden 2 CC. durch Pyrogallussäure und Kali absorbirt, ent- sprechend 42^53 pC. Sauerstoff in der dialysirlen Luft. Hier wurde das Gas zum Zweck der Untersuchung aus dem Diffusiometer in der Art übergeleitet, dafs das Diffusiometer

Scheidung der Oase durch collotdale Scheidewände* 17

in Qaeeksilber herabgedrückt und ein sehr enges Caoutchouc- Rohr als Gas -Heber angewendet wurde, welches das Gas aus dem Diffusiometer in ein in der Qaeeksilber- Wanne um- gekehrtes Gefafs leitete; das Caoatchonc-Rohr wird zuerst mit Quecksilber gefüllt und, bei der beträchtlichen Länge desselben, ein Theti von ihm wiederholt durch die Finger geai^en, so dafs das Quecksilber und das hineingetretene Gas in das Sammel-Gefäfs hinübergeschafft wird. Das Ueberfüllen ▼on Gasen unter solchen Umständen läfst sich auch sehr vor- theilhaft mittelst der von Dr. H. Sprengel erfundenen Va- enum-Rohre bewerkstelligen, wie ich sogleich zeigen werde. Die Ausführung der dialytischen Scheidung mittelst einer Caoutchouc-lftheidewand läfst sich in drei Punkten abändern : 1) in der Beschaffenheit der Caoutchouc-Scheidewand; welche ebensowohl ein aus Caoutchouc-Firnifs bestehendes Häutchen sein wie aus dünn ausgezogenem Blatt-Caoutchouc bestehen kann ; 2) in der Art, wie die Caoutchouc-Scheidewand unter- stützt wird, was ebensowohl durch anliegenden Baumwolle- oder Seidenstoff (also in der Form von wasserdichtem Zeug, das mittelst Caoutcfaouc - Fimifs bereitet ist) als durch eine Platte aus Stuck; Irdenzeug oder Holz geschehen kann; und 3) in den Mitteln ; welche man anwendet um einen leeren oder mindestens sehr verdünnten Raum auf der einen Seite der dialytisch wirkenden Scheidewand herzustellen, während atmosphärische Luft oder ein anderes zu dialysi- rendes Gasgemische zu der anderen Seite derselben Scheide- wand Zutritt hat. Oder die zu dialysirende Luft kann auf der einen Seite der Scheidewand zusammengedrückt werden, während sie auf der anderen Seite unter dem gewöhnlichen Druck bleibt, da es für die Einleitung des Durchgangs nur ndthig ist, dafs auf den beiden Seiten cTer Scheidewand un- gleicher Druck vorhanden sei.

AnoAl. d. Chem. n. Pharm. V. äapplemontbd. 1. Heft. Z

18 Graham ^ über die Absorption und dialytiscke

Dr. Sprengers pneumatisches Instrument*) ist vor-

*) Journal of the Chemical Society, new series, III, 9 (Januar 1865), [Wir lassen nachstehend SprengeTs Beschreihung der einfachsten Form seines, auf dem Princip des Wassertrommelgehläses be- ruhenden Apparates folgen, welche bei den* oben beschriebenen Versuchen in Anwendung kommt; einen etwas complicirteren, noch besser wirkenden hat Sprengel a. a; 0. gleichfalls be- schrieben, „c d in Fig. 1 auf Tafel I ist eine Glasröhre, lAger als ein Barometer, an beiden Seiten offen, in welche man Queck- silber aus einem mit der Röhre bei c verbundenen Trichter A fallen läfst. Das untere Ende d der Röhre taucht in ein kleines Glasgefäfs fi, in welchem es mittelst eines Korkes befestigt ist. Dieses GlasgefftTs hat seitlich eine Ausflufsröbre, welche §ich um einige Millimeter höher befindet als die untere Mündung der Röhre c d. Die ersten Portionen Quecksilber, wel^e herabfliefsen, werden also diese Röhre abschliefsen und dav^ schützen, dafs bei einer Störung des Gleichgewichtes Luft Ton unten in sie ein- trete. An dem oberen Theile Ton cd ist bei« eine Abzweigung in eine Seitenröhre, an welche der Recipient R befestigt ist. Sobald der Quetschhahn bei e geöffnet ist und das Quecksilber herablttuft, beginnt die Luftverdünnung, und man sieht die Röhre in ihrer ganzen Länge von x bis d mit abwärtsgleitenden Cy- lindern von Quecksilber und Luft erfüllt. Luft und Quecksilber entweichen durch die seitliche Ausflufsröbre des GefUfses fi, die sich über dem Gefäfse H befindet, in welchem das Quecksilber gesammelt wird. Dieses Quecksilber giefst man von Zeit zu Zeit in den Trichter A zurück, damit es wieder und nochmals durch die Röhre gehe, bis die Luftentleerung eine Yollständige geworden ist. In dem Mafte, als dieselbe Torschreitet, bemerkt man, dafs die zwischen den Quecksilbercy lindem eingeschlossene Luft weniger und weniger wird , bis der untere Theil der Röhre c d eine ununterbrochene Quecksilbersäule von etwa 80 Zoll (engl.) Höhe zeigt Gegen das Ende der Operation macht sich ein be- trächtliches Geräusch bemerkbar, welches dem von einem ge- schüttelten Wasserhammer ähnlich und allen in einem leeren Räume geschüttelten Flüssigkeiten gemeinsam ist. Die Operation kann als vollendet angesehen werden, wenn die Quecksilbersäule keine Luft mehr einschliefst und wenn ein Quecksilbertropfen auf das obere Ende dieser Säule auffällt, ohne die geringste Luft- blase einzUBchlieisen. Die Höhe dieser Quecksilbersäule ent- spricht nun genau der Höhe der Quecksilbersäule in dem Baro- meter; oder was dasselbe ist : sie stellt ein Barometer vor, dessen Tor ice Hirsches Vacuum der Reoipient üist.'' D, A.]

Scheidung der Gase durclfcollotdale Scheidewände, 19

zogiweise zu Versachen von der Art, wie sie uns hier be- schäftigen, geeignet Ohne die Benutzung seiner Erfindung wären einige Theile der UnteFsuchung practisch unmöglich gewesen. Das Instrument wurde durch den Erfinder ur- sprunglich als ein Hölfsmittel zu der Herstellung eines leeren Raumes oder als eine Luftpumpe in Vorschlag gebracht. Aber durch Umbiegen des unteren Endes der aufrecht stehenden Fallröhre kann das Instrument auch so abgeändert werden, dafs es Gas in ein Sammelgefab leitet, und dann lafst es sich Yortheilhaft dazu anwenden, kleine Volumen Gas aus einem Gefafse in ein anderes überzufüllen»

Wahrend man (vgl. Fig. 2 auf Tafel I) das Quecksilber in dem Trichter A in der Barometer - Röhre c B (welche 2,5 MM. Durchmesser hat) durch Oeffnen des Quetschhahns an der Caoutchouc-Zuleitungs- Röhre bei C herabfliefsen lafst, wird auch eine Verbindung mit dem zu entleerenden ge- schlossenen Recipienten, jetzt einem luftdichten Sack £, durch die Zweigröbre x vermittelt. Die in E befindliche Luft hat Zutritt zu dem Tori colli 'sehen Vacuum, wird durch das niederfallende Quecksilber mitgerissen und unten in den kleinen Gas-Recipienten R abgegeben, welcher vorher mit Quecksilber gefüllt und in dem Mörser B über Quecksilber umgekehrt wurde. Die hauptsächlichste Schwierigkeit, mittelst dieses Apparates in E ein gutes Vacuum zu erhalten, beruht auf der Nothwendigkeit, die Glasröhren an mehr als Einer Stelle mittelst Caoutchouc- Röhren zusammenzufügen. Man mufs die von Dr. S p r e n g e I hierüber gegebenen Vorschriften auf das Genaueste befolgen : ,Die Verbindungen zwischen den Glasröhren werden mit gut passenden Röhren von schwarzem vulkanisirtem Caoutchouc gemacht, welche unter dw Bezeichnung : französische Röhren verkauft werden; dieses Caoutchouc ist frei von metallischen Oxyden, welche Beimengung die Röhren porös macht. Aufserdem werden

20 ' Oraham^ über die Absorption uud diafytische

m

alle diese Verbindungen mittelst umgelegten Knpferdrahts fest gemacht, was sich leicht mittelst einer Zange bewerk- stelligen lärst.^ Die Verbindungen sind auch mit Gutta-Percha, die durch Erhitzen flüssig gemacht wird, oder mit geschmol-* zenem Caoutchouc zu luberziehen. Eine Luftpumpe lafst sich oft mit Vortheii im Anfang des Auspumpens anwenden, um zunächst die gröfsere Menge Luft herauszuschaffen, wenn der Recipient E grofs ist, und die SprengeTsche Röhre dient dann zur Vervollständigung des Auspumpens. Der leere Raum iäfst sich auf diese Weise so voliständig her- stellen, als in einer mit nicht ausgekochtem Quecksilber ge- füllten Barometerröhre, und der Queoksilberstand stimmt mit dem Barometerstand bis auf 1 MM. überein.

Die folgenden Abänderungen des Versuches zeigen die dialytische Wirkung des Caoutchoucs in ihren verschiedenen Formen.

i) Vtdkantairtes Caotächouc fsunsehen doppeltem Baum" wollenzeug, Ein gewöhnliches Luftkissen von 18 Zoll Länge auf 15 Zoll Breite wurde angewendet; die Oberfläche auf beiden Seiten betrug 0,3482 Quadratmeter, Das Kissen wurde mittelst der Hände platt gedrückt und dann mittelst der SprengeTschen Röhre weiter ausgepumpt. Nachdem das Kissen ganz entleert und zusammengefallen war, saugte die Sprengel'sche Röhre langsam aber äufserst regelmäfsig immer noch Luft heraus. Eine kleine Menge Sägespäne oder Sand, welche vorher in das Kissen gebracht worden war, erwies sich dafür nutzlich, dafs sie die Wandungen verhinderte sich allzu dicht an einander zu legen, war aber nicht nothwendig. Die auf diese Art aus dem Kissen in Einer Stunde herausgesaugte Luft betrug 15,65 CG. oder nahezu 1 Cubikzoll eng].; die Temperatur war 23 bis 24^ C. Solche dialysirte Luft, erhalten in drei aufeinander folgenden Ver- suchen, von welchen jeder 1 Stunde dauerte, enthielt 38;

Scheidung der Oaae durch collotdale Scheidewände. 21

40^ ond 41,2 pC. SaaerstoiF; der geringere Sauerstoffgehalt bei den früheren Versuchen beruhte ohne Zweifel auf einem noch vorhandenen geringen Rückstand von nicht dialysirter Luft in dem Kissen. Diese dialysirte Luft liefs einen glim- menden Hoizspahn sich wieder entflammen, was sehr deutlich zeigt, wie hier der Sauerstoff direct aus der atmosphärischen Luft ausgeschieden war. Für Verbrennungsvorgange kann diese dialysirte Luft als solche betrachtet werden, aus welcher die Hälfte des unthätigen Stickstoffs weggenommen ist.

Es wird angemessen sein, die Durchdringbarkeit der coUoidalen Scheidewand gleichförmig auf 1 Quadratmeter Flache und 1 Stunde oder 1 Hinute Zeit zu beziehen. Es be- trug der Durchgang von Luft für 1 Quadratmeter des hier verwendeten mit Caoutchouc praparirten Zeuges 44,95 CC. (3 CubikzoU engl, nahezu) in der Stunde oder 0,749 CC. in der Minute.

Nach dieser Beobachtung kann man ein solches s. g.

laftdichtes Fabrikat als wirklich für Luft nicht durchdringbar

«

betrachten, wenn die Zusammensetzung und der Druck der Luft auf beiden Seiten des Zeuges gleich sind; aber es ist dorchdringbar , wenn auf der einen Seite, und nicht auch auf der anderen ; ein leerer oder luftverdünnter Raum her- gestellt wird. Zusammendrücken der in einem solchen Kissen eingeschlossenen Luft würde unzweifelhaft eine ahnliche Wirkung haben, und dann der Strom nach Aufsen gehen. Aber für solches mit Caoutchouc priparirtes Zeug lafst sich eine poröse Struetur nicht nachweisen. Wären wirklich Oeffnungen vorhanden, so würden die gasförmigen Bestand- theile der atmosphärischen Luft gemäfs dem Gesetze der Diffusion von Gasen hindurchgehen, nach welchem vorzugs- weise der Stickstoff als das leichtere Gas hindurchgehen müiste, während es der Sauerstoff ist, welcher bei diesen Versuchen in der relativ gröfseren Menge hindurchging.

22 Oraham, über die Absorption und dialektische

Die Durchtränkung der Caoutchouc-Sobstanz durch das ver- flfissigte Gas und das nachherige Abdunsten dieser Flüssigkeit in den leeren Raum auf der anderen Seite bietet eine ganz genügende Erklärung.

2) Röhren aus vulkanisirtem Gaoutchouc, Eine starke Caoutchouc-Röhre von 13 MM. (Vs Zoll) aurserem und 9 MM. innerem Durchmesser, welche 3,658 Meter lang und am einen Ende geschlossen, am anderen Ende mit demSprengePschen Apparat verbunden war, wurde ausgepumpt. Das in i3 Stunden gesammelte Gas betrug 11,25 CC. ; die Temperatur war 20 bis 23^ Dieses Gas enthielt 37,8 pC. Sauerstoff. Der Durch* gang von Gasen ist bei einer so dicken Röhre nicht betrfichtlich, und es liegt Grund vor zu befürchten, dafs hier auch die Diffusion von Gasen in geringem Betrage mitwirkt. Das Ein- treten vop Luft wurde in gleichem Grade bemerkbar sein, wenn die Röhre nicht luftleer sondern mit Steinkohlengas oder irgend einem fremden Gas gefüllt w^re. Da die innere Fläche der Röhre 0,1034 Quadratmeter und der Durchgang von Luft 0,8653 CC. in der Stunde betrug, würde der Durch- gang für 1 Quadratmeter 8,37 CC. in 1 Stunde oder 0,14 CC. in 1 Minute sein. Die Durchdringbarkeit der Röhrenwandung ergiebt sich etwa zu Vs von der für das mit Caoutchouc praparirte Baumwollenzeug.

S) Blatt-Caoutchouc von i MM, Dicke. Wenn auch darüber kein Zweifel sein konnte, dafs bei beträchtlicherer Dicke des Caoutchoucs Luft langsamer hindurchgehe, war es doch von Interesse, zu untersuchen, ob nicht auch zugleich der Sauerstoffgehalt sich ändere. Das Blatt-Caoutchouc war immerhin noch so dünn, als es der Fabrikant nur durch Abschneiden von einem massiven Cylinder von bearbeitetem Caoutchouc nach dem gewöhnlichen Verfahren erhalten konnte. Das Caoutchouc war nicht vulkanisirt. Aus dem Caoutchooc-Blatt wurde ein Sack von 0,149 Quadratmeter

Scheidung der Oase durch colloidale Scheidewände. 23

(231 QaadratzoU engl.) Oberflache gemacht und zwischen die beiden Caoutchouc- Fliehen wurde eine Filzplalte in doppelter Dicke gelegt. Eine an den Sack gekittete dünne Glasröhre vermittelte die Verbindung zwischen dem Inneren des Sacks und einer SprengeTschen Röhre. Nach dem ersten Auspumpen der L^ aus dem Sack (wozu man zweck- mafsig eine Luftpumpe anwendet) trat Luft fortwährend, aber sehr langsam; durch das Blatt-Caoutchouc ein. Von der dialysirten Luft wurden li,45 CC. in 4 Stunden aufgesammelt. Diese Luft enthielt 41,48 pG. Sauerstoff, mit einer merklichen Spur Kohlensaure. Der Durchgang betragt für 1 Quadrat* meter 19,2 CG. Luft in 1 Stunde oder 0,32 CC. in 1 Hinute.

Derselbe Sack gab, nachdem er ausgepumpt 18 Stunden lang stehen geblieben war, sofort 41,6 CC. Luft von 40,3 pC. Sauerstoff, welche sich in seinem Inneren angesammelt hatte. Die Temperatur war ungefähr 20^ C.

Bin gröfserer Sack von ahnlichem dünnem Blatt-Caout- chouc, von 640 Quadratzoll Oberfläche, welcher durch 10 oder 12 Unzen Sagespane auseinander gehalten war; gab in Einer Stunde 21,35 CCl dialysirter Luft; der Barometerstand war 761 MM., die Temperatur 19,5^ C. Diese dialysirte Luft bestand aus :

Sauerstoff

41,80

Kohlensäure

0,94

Stickstoff

67,26

100,00.

Hiernach wird durch Vergröfserung der Dicke der Caout- chouc-Scheidewand der Sauerstoflgehalt in der dialysirten Luft nicht vergröfsert, wahrend der Durchgang dadurch ver- langsamt wird. Der Sauerstoflgehalt scheint, bei 20^ C, bis zu 41,6 pC. auf 58,4 Stickstofi' zu steigen^ aber nicht hierüber hinaufzugehen.

Das dicke Caoutchouc läfst die Kohlensäure der Luft erheblich in Betracht kommen. Die kleine Menge, in welcher

24 Graham^ über, die Absorption und dialytüche

dieses Gas sich in der Luft vorfindet, wird vermuthlich bei allen Versuchen mit.Caoutchouc-Scheidewand, wie dünn diese auch sein möge, vergröfsert. Es wurde beobachtet, dafs der Kohlensäuregehalt in einem kleinen vollgestopften Baume so beträchlich wurde, da(s der Sauerstoff an dem Wieder- entflammen eines glimmenden Hol^pahns verhindert wurde. Caoutchonc scheint das Vermögen zu besitzen, sich aus der atmosphärischen Luft allmälig mit etwa Vs pG. von seinem Volum an Kohlensaure txx beladen. Diese Kohlensäure, welche in dickem Blatt-Caoutchouc angehäuft ist, scheint durch die bei einem dialytischen Versuche aufgenommenen anderen Gase mit fortgeführt zu werden.

4) Dünne Ballons aus Gaoutchouc, Diese kleinen Ballons wurden für den dialytischen Durchgang der Luft in einen leeren Baum dadurch verwendbar gemacht, dafs sie durch einen Trichter mit gesiebten Sagespahnen angefüllt wurden, welche Operation einige Geschicklichkeit erfordert. Der Ballon zog sich über die Sägespahne zusammen^ welche eine innere Kugel bildeten ; die Wandung des Ballons blieb noch etwa V5 MM. dick. Das Gaoutchouc ist nicht vulkani- sirt. Ein solcher Ballon, dessen Gaoutchouc 0,76 Grm. wog, hatte nach dem Auspumpen noch 95 JIM. Durchmesser. Er liefs ausgepumpt 19,6 CG. dialysirter Luft in 41 Minuten durch seine Wandung gehen ; der Barometerstand war 579 MM., die Temperatur 19^ C. Diese Luft enthielt 41,32 pC. Sauer- stoff. Die Oberfläche des Ballons war 0,0283 Quadratmeter und dialysirte 0,48 CG. Luft in 1 Minute. Für 1 Quadratmeter Oberfläche gehen also in 1 Minute 16,9 CC. hindurch. Der Durchgang ist hier also 50 mal so rasch, als durch ein 1 MM. dickes Caoutchouc-Blatt, während der Sauerstoffgehalt der durchgegangenen Luft nahezu eben so grofs ist. Ein solcher Ballon erwies sich länger als einen Monat in gleicher Weise

Scheidung der Oase durch coUotdale Scheidewände, 25

fvr die Dialyse der Luft wir^ksam, wenn er vor mechanischer Beschädigung geschützt war.

Drei solche Ballons, von welchen jeder 23 Unzen gesiebte Sagespähne enthielt, wurden dadurch zu gemeinsamer Wirkung gebracht, dafs sie mit drei von derselben horizontalen Glas- röhre sich abzweigenden Röhren in Verbindung gebracht wurden. Die horizontale Röhre wurde am einen Ende mit einer gewöhnlichen Luftpumpe verbunden, welche durch. 30 oder 40 Kolbenstöfse ein gutes Vacuum hervorbrachte. Das andere Ende der horizontalen Glasröhre war mit einem gnten SprengeTschen Apparat von der grofsten noch an- wendbaren Art verbunden. Es ergab sich jedoch , dafs die dialysirte Luft etwas rascher eintrat, als sie durch einen einzelnen SprengeTschen Apparat ausgesaugt werden konnte. Es traten etwa 5 GG. in i Minute ein; die Tem- peratur war etwa 20^ G. Die dialysirte Luft enthielt nahezu 40,5 pG. Sauerstoff«

Die beträchtlichste Luft -Dialyse für 1 Quadratmeter wurde mittelst eines Gaoutchouc-Ballons von gröfseren Dimen- sionen, als gewöhnlich angewendet wurden, erhalten ; er wog 1,55 Grm. Mit Sägespahnen gefüllt und ausgepumpt behielt er noch einen Durchmesser von 143 MM. und also 0,0642 Quadratmeter Oberflache. Die durchgegangene Luft betrug 17,05 GG. in 10 Minuten ; die Temperatur war ungefähr 20^ Diese Luft ergab 40,7 pG. Sauerstoff. Für 1' Quadratmeter Oberfläche beläuft sich der Durchgang auf 26^5 GG., was das Maximum ist, welches bis jetzt beobachtet wurde.

In der dünnen durchsichtigen Hülle dieser kleinen Ballons haben wir eine Golloid-Substanz in der geeignetsten unter den bis jetzt angewendeten Formen für die Dialyse gemisch- ter Gatfe. Aber es bleibt noch viel in der Richtung, wie diese dünne Scheidewand in Anwendung zu bringen ist, zu verbessern übrig. Die Ballons ziehen sich in Folge ihrer

26 Graham, über die Absorption und dialytiache

Elflsticität bei der schon besprochenen Operation des Füllens mit Sagespahnen stark zusammen; ihre Wandungen werden zugleich dicker und lassen die Luft weniger rasch hindurch- gehen. Es wäre äufserst nützlich, ein Mittel aufzufinden, wie man der möglichst ausgespannten und dünn gemachten Membran die Elasticitat nehmen könne, so dafs der Ballon aufgeschnitten und die Membran ausgebreitet werden könnte .ohne sich zusammenzuziehen. Man braucht dann sie nicht mehr innen durch Sagespahne gespannt zu erhalten, sondern könnte sie auf einer passenderen Unterlage aus dünnem porösem Holz oder unglasirtem Irdenzeug oder selbst einem Filz oder mehrfachen Lagen unplanirten Papieres, das durch ein dünnes Gerüste getragen wäre, ausbreiten, so dafs sie eine Höhlung bildete, welche sich auspumpen liefse. Die Aufmerksamkeit der Caoutchouc-Fabrikanten dürfte vortheil- h«ft auf die Darstellung und die geeignete Unterstützung möglichst dünner Scheidewände aus diesem Material gerichtet werden.

Der Gaoutchouc-Firnifs , welcher getrocknet die beste Scheidewand abgab; war eine dünne Lösung von Gaoutchouc in dem 200 fachen Gewichte Chloroform. Für die Herstellung einer luftdichten Hülle war es nöthig, eine aus Holz oder unglasirtem Irdenzeug bestehende Oberflache mit 4 oder 5 Ueberzügen mittelst dieses Firnisses zu versehen. Das Caout- chouc-Häutchen war dicker als die Wandung der Caoutchouc- Ballons und dialysirte die Luft weniger rasch. Aber ein besseres Resultat darf erwartet werden, wenn erfahrene Fabrikanten die Sache in die Hand nehmen.

Das dünne Häutchen von Caoutchouc-Ballons wurde über die Mündungen von Glasröhren gezogen, die bereits mit einer Platte von porösem Stück geschlossen weren, und auch über die Mündungen von kugelförmigen Erweiterungen an Röhren oder Osmometern, die mit einer Scheibe von porösem

Scheidung der Oase durch colhndale Scheidewände* ift

Hols oder unglasirtem Irdenzeug geschlossen waren and eine Oberfläche Ton Vioo Quadratmeter boten. Die Membran des Ballons konnte nur doppelt aufgelegt befestigt werden, aber nachdem sie fest an das Glas gebunden und an den Rindern mit geschmolzener Gutta •* Percha angekittet war, wnrde das änfsere Hiutchen weggenommen, so dafs die difllytisch wirkende Scheidewand nur die einfache Dicke des Caoutchouc*Hautchens besafs. Ein solcher Apparat, welcher mitteist der Sprengel'schen Röhre ausgepumpt wurde, gab dann in 2 Stunden 16,36 CG. dialysirter Luft, welche 41,3 pC. Sauerstofi* enthielt (die Temperatur war 23^ C.), und in den folgenden 2 Stunden 17,35 CG. Luft, welche 42,6 pG. Sauer- stoff enthielt.. Das letztere entspricht dem hohen Betrage eines Durchgangs von 14,46 GG. für 1 Quadratmeter Oberfläche in 1 Minute.

5) Seidenzeug, welches auf der einen Seite mit schwach vulkanisirtem Caoutchouc überzogen ist Diefs ist ein feiner aber dichter Seidenstoff; welcher viel für die Anfertigung wasserdichter Kleider gebraucht wird; er findet auch, in ge- eigneter Weise gefärbt, für die Herstellung küntlicher Blumen mid für andere Zwecke Anwendung. Das Seidengewebe ist von einfacher Dicke ; und der schwarze Gaoutchouc-Ueberzug bedeckt das Gewebo auf der einen Seite desselben. Dieses Material übertrifft weit die gewöhnlichen, mit Baumwollenzeug angefertigten Fabrikate, bei welchen das Gewebe doppelt, mit den beiden gefimifsten Seiten an einander geprefst ist, und man kann sich bei ihm mehr darauf verlassen, dafs der Gaoutchouc-Ueberzug ganz und frei von Poren sei, als bei dem wasserdichten Baumwollenzeug. Doch mufs man .auch den Seidenstoff immer in der Art prüfen, dafs man die mittelst desselben dialysirte Luft untersucht; wenn der Sauerstoff- gekalt unterhalb 40 pG. ist, so ist der Stoff an einer oder mehreren Stellen unganz. Diese Stellen lassen sich im All-

28 Oraham^ über die Absorption und dialy tische

gemeinen so finden, dafs man die eine Seite des Stoffes mittelst eines Schwammes befeuchtet und zusieht, wo der Durchgang von Wasser durch einen sichtbaren Flecken auf der anderen Seite angezeigt wird. Die fehlerhafte Stelle lafst sich mittelst einer kleinen Scheibe aus Blatt -Caoutchouc, welche warm aufgelegt wird, bedecken. Solches gefirnifstes Seidenzeug, wenn es auch nicht am Raschesten dialytisch wirkt, wurde zweckmäfsiger im Gebrauche befunden, als irgend eine andere bisher versuchte Scheidewand.

Das gefirnifste Seidenzeug, auf einer Scheibe von porösem Irdenzeug (zum Zweck der Unterstützung) ausgebreitet, welche die, im Querschnitt Vioo Quadratmeter messende Miin-* düng eines kleinen glockenförmigen Glasgefäfses oder' Osmo- meters schlofs, gab in einer Stunde 10 GC. diaiysirter Luft, welche 42,2 pC. Sauerstoff enthielt; der Barometerstand war 767 HM., die Temperatur 23,5^. Pur ein Quadratmeter Oberfläche ist diefs ein Durchgang von 2,77 GG. Luft in 1 Minute.

Ein kleiner, fQr Versuchszwecke geeigneter Sack wurde aus einem Theile desselben gefirnifsten Seidenzeuges ange* fertigt; derselbe hatte 0,53 Meter Länge und 0,27 Meter Breite, also eine Oberfläche von 0,143 Quadratmeter. Die gefirnifste Seite wurde nach Innen genommen. Zwischen die beiden Flächen des Seidenzeuges wurde eine doppelte Lage von gewöhnlichem Filz oder ein Stück Watte gelegt, so dafs das Innere des Sacks damit ausgefüllt war. Eine dünne Glasröhre war in den Sack einige Zoll tief eingesteckt und trat nach Aufsen um ebensoviel hervor, so dafs sie, mittelst einer dicht schliefsenden Gaoutchouc-Röhre, mit einem S p r e n- gel'schen Apparat so, wie es die Figur 2 auf Tafel I zeigt, in Verbindung gesetzt werden konnte. Die Ränder des Seiden- zeugs wurden rings herum, 10 MM. breit, mit Gaoutchouc- Firnifs zusammengekittet, so dafs der Sack ganz geschlossen

Scheidung der Oase durch colUndale Scheidewände. 29

wtr, und auch die Glasröhre wurde in den Sack sorgfältig «ngeliiUet. Wenn der Sack ausgepumpt ist, so bleibt er fast platt, und fühlt sich hart an wie ein Stück Pappendeckel. Ein solcher Luft-Dialyaator thut noch bessere Dienste, wenn man zwischen den Sack und den Auspump-Apparat noch ein starkes Glasgefafs oder eine Flasche, welche 1 bis 2 Liter fafst, einschaltet, so dafs aus beiden zugleich die Luft aus- gepumpt wird. Die Flasche mufs stark genug sein, um ohne zu zerbrechen den ganzen Druck der Atmosphäre auszuhalten. Eine hülCsweise anzuwendende Luftpumpe, um das erste Auspumpen zu bewirken, lafst sich nicht wohl entbehren, wenn der In Aleer zu machende Raum so grofs ist; die Sp r eng el'sche Rohre Ijfst man nachher wirksam sein. Der Vortheil, welchen man durch die leere Flasche und auch durch die im Innern des Sacks befindliche dicke Lage Watte ge- winnt, besteht darin, dafs man damit ein Magazin erhält, in welchem sich die dialysirte Luft während mehrerer Stunden oder eines ganzen Tages ansammeln kann, und aus welchem sie nachher mittelst der SprengeTschen Röhre rasch herausgesaugt werden kann, um zu Versuchen zu dienen. Ein enger glaserner Recipient, welcher sich mit dem Daumen verschliefsen lafst, ist zum Herausnehmen von 5 bis 6 CG. Luft anwendbar, um das Entflammen eines glimmenden Holz- spahns in der so betrachtlich sauerstoSVeicheren Luft zu zeigen. Wenn der Sauerstoffgehalt weniger als 33 pC. be- trägt, so entflammt sich der Holzspahn nicht wieder; aber bei gewöhnlicher Wirkung dieses Dialysators wird der Sauer- stoffgehalt selten unter 40 pC. befunden. Das beste Resultat wird erhalten, wenn so weit ausgepumpt ist, dafs der Druck im Innern des Apparates nur noch weniger als Va Zoll Quecksilberhöhe betragt. Wenn dieser Druck Va oder Vs Ton Einer Atmosphäre betrug, wurde der Sauerstoffgehalt um 2 cAet 3 pC. verringert.

30 Graham, über die Absorption und dialytiache

Der Einflttfs von Hitze und Kalte auf die Durchdringbar- keit des Caoutchoucs ist beträchtlich, wie bereits angegeben wurde. Bei zwei auf einander folgenden Versuchen mit dem beschriebenen Dialysator - Sack , bei welchen keine Flasche eingeschaltet war, betrug das Volum der in 20 Minuten auf- gesammelten Luft 6,35 und 6,57 GG., bei 760 MH. Barometer- stand und 20^ G. Temperatur. Für 1 Quadratmeter Ober- flache entspricht diefs dem Durchgang von 2,22 und 2,29, im Mittel 2,25 GG. in 1 Hinute. Der Sauerstoffgehalt der dialysirten Luft war bei dem erstell Versuche 42,5 und bei dem zweiten 41,66 pG.

Als derselbe Dialysator-Sack bei 60^ G. erhalten wurde, betrug das Volum der in 7 Sfinut^n aufgesammelten Luft 6,22 und 7,06 GG. Für 1 Quadratmeter Oberfläche betrag! diefs 6,21 und 7,05, im Mittel 6,65 GG. in 1 Minute. Der Durchgang der Luft durch Gaoutchouc erfolgt also bei 60^ G. nahezu dreimal so rasch als bei 20^.

Als der Dialysator-Sack durch Umgebung mit Eis und Salz bei 4^ G. erhalten wurde, betrug das Volum der in 72 Minuten durchgegangenen Luft 5,78 und 5,77 GG., oder für 1 Quadratmeter Oberfläche 0,56 GG. in 1 Minute. Der Durchgang der Luft durch Gaoutchouc würde hiernach bei 4^ G. viermal so langsam erfolgen, als bei 20^ Zugleich wächst der Sauerstoffgehalt der dialysirten Luft. In den zwei bei»4^ gesammelten Fortionen Luft betrug der Sauerstoff 46,75

4

und 47,43 pC. Dafs der Sauerstoffgehalt der dialysirten Luft bei niedrigeren Temperaturen gröfser ist, fand sich bei anderen Versuchen bestätigt; aber es ergab sich zugleich, dafs das Gaoutchouc geneigt ist, bei längerem Erkaltetsein auf etwa 0^ G. in geringem Grade eine wahre Porosität an- zunehmen. Dann liefs das Gaoutchouc Luft durch, welche nicht über 28 oder selbst nur 23 pG. Sauerstoff enthielt, und deren Volum immer noch nur wenig betrug. Das Gaoutchouc

Schmdung der Gase durch coUc^ale Scheidewwände. Sl

ist durch die niedere Temperatur starr geworden und wirlit dann schwach als ein poröser Körper, indem es etwas Gas-i- diffnsipn durch seine Substanz hindurch zulafst. Ein solcher Zustand, wie ihn das Caoutcbouc bei niedriger Temperatur annimmt, ist für Gutta-Percha, ein härteres Material, bei 20^ and selbst bei höheren Temperaturen der constante.

Bin gröfserer Sack aus gefirnifstem Seidenzeug, mit 1,672 Quadratmeter Oberfläche, wurde noch geeigneter be- fanden. Doch genügte dafür, ihn auszupumpen, kaum der gröfste SprengeTsche Apparat. Er gab, ohne dafs eine Flasche eingeschaltet gewesen wäre, in 8 Hinuten 22; 21,55 and 21,5, im Mittel 21,68 CC. dialysirte Luft; diefs entspricht 2,71 CC. in der Minute, und für 1 Quadratmeter Oberflöche 1,62 CC. in 1 Mionte. Bs wurde noch etwa um die Hälfte mehr dialysirte Luft erhalten worden sein, wäre das Ver- mögen der Pumpe, sie abzusaugen, nicht gegenüber der Menge der einströmenden Luft unzureichend gewesen. Die zuerst und zuletzt gesammelten Portionen Luft enthielten 41,89 und 41,85 pC. Sauerstofl'.

Der gewöhnliche SauerstoflFgehalt in Luft, welche der Dialyse durch Caoutcbouc unterworfen war, ergiebt sich zu angefähr 41,6 pC, und man kann solche Luft betrachten als atmosphärische Luft, welcher die Hälfte ihres gewöhnlichen Stickstoffgehaltes genommen ist. Bine einmalige Dialyse der Loft bringt uns also schon halbwegs auf der Bahn zur Br- reicbang des Zieles : schliefslich aus atmosphärischer Luft reinen Sauerstoff zu erhalten. Aber eine zweite Analyse wurde uns nicht um ebensoviel weiter vorschreiten Isssen , da dann nur die Hälfte von dem nach der ersten Operation dem Sauerstoff noch beigemischt gebliebenen Stickstoff entfernt wärde, und eine dritte Dialyse würde nur die Hälfte des nach der zweiten Operation noch zurückgebliebenen Stickstoffs entfernen, und so fort, so dafs jeder weitere Schritt in der

32 Graham, über die Absorption und dialyttsehe

Richtung , Sauerstoif zu erhalten , nur mit gröfseren Kosten, als der Torhergehende, gethan und doch im besten Falle nur eine gute Annäherung erreicht würde. Das practische Pro- blem, zu dessen Bearbeitung die Luft -Dialyse Veranlassung giebt, ist : die Mittel zu gewinnen, durch welche sich im Grofsen und zu technischen Zwecken der Stickstoffgehalt der Luft auf die Hälfte etwa verringern läfst

b) Durchseihen der Luft durch Gutta-Percha und andere Scheidewände. Dünne durchsichtige Blätter aus einem ge- wissen Material, welche als luft- und' wasserdicht bezeichnet werden, sind vielfach in Gebrauch. Man sagt oft, dieses Material sei Gaoutchouc, aber es ist Gutta-Percha, die wahr- scheinlich durch ein trocknendes Oel erweicht ist. Wegen seiner Weichheit und Dünne erschien ein solches Blatt aus Gutta-Percha zuerst viel versprechend. Aber es ergab sich, dafs es, für eine irgend beträchtlichere Fläche, nicht frei von kleinen Oeffnungen ist. Bei Versuchen mit einem kleinen, von Oeffnungen freien Stück ging die Luft nur sehr langsam durch dasselbe hindurch. In einer Diffusiometer- Röhre von 1,3 Meter Länge und 20 MM. Durchmesser, welche an ihrer Mündung mit einem solchen, durch Stuck unterstutzten Blatt geschlossen war, fiel die Queksilbersäule in iSVs Stunden von 28,7 auf 22,625 engl. Zoll Höhe. Das über das Queck- silber eingetretene Gas mafs 13,54 CG. und enthielt 20,2 Sauerstoff auf 79,8 Stickstoff ; was beweist, dafs die Luft durch Gas-Diffusion eingetreten war. Das Material ist in der That hinlänglich porös, um den molecularen Durchgang von Gasen langsam zu gestatten.

Ueberzüge aus Leim und aus trocknendem Oel sind auch als Scheidewände zum Zweck der Dialyse versucht worden, ohne dafs indessen bis jetzt bestimmte Resultate sich ergeben hätten.

Scheidung der Gase durch colhndaie Scheidewände* 33

IL Wirkung metalliBcher Scheidewände bei Roth-

gltlhhitze.

Fhtin.

H. Sainte-Ciaire Deville und Troost haben in der neueren Zeit die überraschende Thatsache entdeckt, dafs Gase dorch die homogene Substanz einer Platte aus gegossenem naiin oder aus Bisen hindurchgehen; dieser Durchgang könnte sich möglicherweise in seiner Art des Auftretens dem Durchgang von Gasen durch eine aus Caoutchouc bestehende * Scheidewand analog erweisen. Zugleich wfire einzuräumen, dafs die Hypothese von einer Verflüssigung der Gase nur in einer allgemeinen und etwas unbestimmten Weise auf Körper anwendbar wäre, welche bei erhöhter Temperatur so elastisch und flüchtig sind, als diefs für Gase im Allgemeinen und für Wasserstoff insbesondere der Fall sein mufs. Doch kann immerhin ein gewisser Grad von Absorptions* und Ver- flüasignngs- Vermögen für eine weiche oder flüssige Substanz, unter welchen Umständen sie sich auch befinden mag, kaum, gegenüber emer so offenkundigen Thatsache geläugnet werden, dafs geschmolzenes Silber bei Rothglühhitze sein 18 bis 20- faehes Volum Sauerstoff zurückhält. Es lafst sich mit Sicher- heit annehmen, dafs die Neigung der Gase zur Verflüssigung, wie sehr sie auch durch Erhöhung der Temperatur verringert werden möge, doch eine allzu wesentliche Eigenschaft der Materie ist, als dafs sie ganzlich ausgelöscht werden könnte. Eine kurze Betrachtung zeigt auch, dafs die Absorption von Gasen durch eine Flüssigkeit oder eine coUoidale Sub- stanz nicht ein rein physikalischer Vorgang ist. Die Ab- sorption erscheint als verknüpft mit gewissen Beziehungen in der Zusammensetzung, so z. B. wenn sowohl das Gas als auch die Flüssigkeit Kohlenwasserstoffe sind und die Lösungs- AfKnität oder Lösungs- Anziehung mit in's Spiel kommen

JkMual. d. Ghem. u. Pharm. V. Bupplemeotbd. 1. Heft. 3

34 Graham, über die Absorption und dialyiische

kann. Sollte eine ähnliche Analogie za erwarten sein für Wasserstoff und flüssige oder coUoidale Substanzen aus der Klasse der Metalle ?

In Beziehung auf die mechanischen Poren eines festen Körpers haben Flüssigkeiten vermuthlich ein grofseres Pene- tmtions -Vermögen als Gase. Die ersteren zeigen sich oft fähig, an festen Körpern zu adhäcirea, wahrend die Giase sich wesentlich repulsiv zu verhalten scheinen« . Es lafst sich ein Grad von Feinheit der Poren denken, welcher noch das Eintreten einer Flüssigkeit znlafst, aber ein Gas, gerade was die Molecular-Bewegiing desselben bei der Diffusion betrifft, nicht mehr hindurchlafst

Endlich hat Deviile eine kühne und originelle Ver- mutbung zur Erklärung seiner eigenen Beobachtungen auf- gestellt, Sie ist klar ausgesprochen in der folgenden Ci- tation aus Deville's letzter Veröffentlichung über diesen Gegenstand :

,,La permeabUite de la mati^re est d'nne nature toute differente dans les corps homognes, comroe le fer et le pla- tine» et^ans des päles plus, ou moins diaeontinues, resserrees par la cuisson ou la pression, oomme la terre k orenset, la plombagine, dontH. Graham s'est servi dans ses m^morables experiences. Dans les metaux, la porositö resulte de la di- latation que la chaleur fait. eprouver aux espaces intermole- cnlaires; eile est en relation avec la forme des molecules que Ton peut toujours sapposer reguliöres, et avec leur aligenement qui determine le clivage ou les plans de facile fractnre das masses cristallisöes. G'est cet Intervalle inter- motecnlaire que le phenomäna de la porositö des metaux purs et fondus accuse avec une evidence eelalante, c'est aussi par ce pbenomene qu'on peot esp^rer de calculer ia distance das malocules s^olid^s aax lemperatares ele^ees les gaz peuvent s'y uHroduirei^

Scheidung der Oase durch cotküdale Scheidewände, 96

Eine Moe Art von Porosität wird hier der Vorstelhing geboten, welcher ein höherer Grad von Feinheit zukfime ab der Porosität von Graphit und Irdefnzeugf. Es wire eine intermoleeulare Porosität, weiche ganz auf der Ausdehnwigf beruhte. Die intermoleeulare Porosität des Platins und des Biaens iet bei niedrigen Temperaturen nicht hinreichend dafdr. Gas durchzulassen, aber nach D e v il 1 e 's Yermuthung kann sie, in Folge der ausdehnenden Wirkiuig der Hitze auf die Metalle, gesteigert und bei der Glühhitze bemerkbar werden« Von einer solchen Art von Porosität existirt sie wirklich Uebe sich wohl erwarten, da& sie Licht werfe auf die Distanzen der starren Molecüle bei erhöhten Temperaturen, wo Ga^e durch dieselben Undurebgeben. Dafs einige Gase, namentlich Wasserstoff, Mcht duroh Platin hiadufehgehen und andere Gase mr schwierig, macht solche Holecakr-'Belriichlungen um so bemerkanswertber.

Der Durchgang vent Wasserstoff durch erhitztes Platin zeigt sich am Eialachsten, wenn man jenes Gas durch das Metall hindurch in einen leeren Raum treten Übt De v i 1 1 e 's Veraveh, bei welchem eine mit Stichstoff gefMlte Plalinröhre in einer mit Wasserstoff gefällten weiten PorcoUailrdhre steh befand, wurde in der Art abgeändert, dafis die am euien Bade geseklessene Platiordhre aiv dem anderen Ende mk der Sprengerseben Rohre in Verbindung gesetzt wurde, se dafs der Wasserstoff nach einem leere» Räume statt nach dem Stickstoff hin treten konnte. Man keimte diantf leicht beobachten , dafs der mnere Raum Aer Platinröbre stunden'- lang luftleer blieb, wenn das det^ rmgfdrmigen Raum zwischen der Pfaitin^ und der Poreellanröhte erfiMleadeGas almoaphä^ risebe Lull oder Wasserstoffgas bei gewöhnlicher Temperatur war. Das Rehrensystem ging quer dureb einen Ofen, und der letztere wurde nun angeheizt:; es Uefa rieh beobaditen, dafs, wenn Luft die PlatinrSbre umgab, das Vacumn innerhalb

36 Graham f über die Absorption und dialytische

derselben ungeändert blieb, selbst wenn die Temperatur der Röhren bis zum lebhaften Rothglühen gesteigert wurde. Aber wenn der ringförmige Zwischenraum, welcher die Platinröhre umgab, von trockenem Wasserstoff durchströmt wurde, so begann das, bei allen Temperaturen unterhalb des dunkelen Rothgluhens dem Gas den Durchgang nicht gestattende, Platin, sobald die äufsere Porcellanröhre zum sichtbaren Roth- gluhen erhitzt war, Wasserstoff in den inneren leeren Raum durchzulassen. In 7 Minuten saugte nun die Sprengel 'sehe Pumpe 15)47 GC. Gas ab, von welchen, nach den bei der Explosion mit Sauerstoff erhaltenen Resultaten, 15,27 GC. Wasserstoff waren.

Bei einer Wiederholung des letzten Versuches wurde wiederum Wasserstoff, der mittelst Schwefelsäure getrocknet war, im Uebersohusse aufsen um die Platinröhre herum cir- culiren gelassen. Nachdem innerhalb der Platinröhre ein Vacuum hergestellt war, betrug die von der SprengeTschen Pumpe in der Kälte, innerhalb 40 Minuten abgesaugte Gas- menge nur ein Stecknadelkopf- grofses Volum, was beweist, wie dicht die Verbindungen des ganzen Apparates schlössen. Während die SprengeTsche Pumpe fortwährend in Thatig- keit war, wurden nun die Röhren zum Rothglühen und dann aUmälig zu einer dem Wei£sglühen nahekommenden Tem- peratur erhitzt« Das nun bei steigender Temperatur inner- halb je 5 Hinuten ausgegebene Gas betrug 13; 15,5; 17,4; 16,9; 18,6 GG.; diese Volume gelten für 20<) G. und 760 MM. Quecksilberdruck. Nach der letzten Beobachtung gingen in 1 Minute 3,72 GG. Wasserstoff durch das Platin hindurch. Die angewendete Platinröhre war ohne Löthiing hergestellt, nämlich aus einer durch Schmelzen vereinigten Platinmasse ausgezogen; sie war in dieser Beziehung der von Deville angewendeten Röhre ähnlich. Die Röhre war 0,812 Meter lang, 1,1 MM. diok und von 12 MM. innerem Durchmesser.

Scheidung der Oase durch coUoidale Seheidewände. 37

Aber nnr ein etwa 300 MM. lange» Stück der Rdhre war bei dieaem Versuche zum RothglQhen erhitzt. Die innere Fliehe des erhitsten Theiles war also OfiWG Quadratmeter groTs. Hiernach läfst 1 Quadratmeter erhitztes Platin in 1 Minute 480,2 CC. Wasserstoff in der Hitze hindurch. Dieses Resultat MCst sieh mit dem Durchgang von Gasen durch eine aus Caoutchouc bestehende Scheidewand vergleichen. Unter den- günstigsten Umstinden, bei Anwendung der dännen Membran efaies Caoutchouc- Ballons, betrug die Menge der nach dem leeren Räume hin durchgegangenen Luft 26,5 CG. für 1 Quadratmeter in 1 Minute. Der Durchgang von Wasser- stoff kann 4,8 mal so rasch angenommen werden,' als der von atmosphärischer Luft, oder zu i27,2 CC. in i Minute. Aber wahrend die Dicke der Platin-Scheidewand 1,1 MM. betrug, war die des Caoutchöuc-Hdutchens nur V70 MM. Wir haben alsoalsschliefsliches Resultat der Vergleichung : Von Wasser- stoffgas gehen in 1 Minute durch eine 1 Quadratmeter grofse und 0,014 MM. dicke Scheidewand aus Caoutchouc bei 20^ C. 127,2 CC, durch eine eben so grofse und 1,1 MM. dicke Scheidewand aus Platin bei lebhafter Rothglühhitze 489,2 CC. Wenn der Durchgang von Wasserstoff durch die beiden Scheidewände auf derselben Wirksamkeit beruht, kann die so beträchtliche Ueberlegenheit der Platin -Scheidewand als mit der so beträchtlich höheren Temperatur derselben in Be- ziehung stehend betrachtet werden?

Es bot Interesse, aufser dem Wasserstoffgas noch andere Gase bezuglich ihres Vermögens, durch erhitztes Platin hin- durchzugehen, zu untersuchen. Die Versuche wurden sämmt- lieh in gleicher Weise und bei volter Rothglühhitze angestellt. Diese Temperatur liegt, wie bemerkt werden mag, nicht weü von derjenigen, bei welcher Wasser und Kohlensäure Iheilweise zerfallen.

98 Graham, iiber die Absorption und didlytische

SoM^ratoff und Stiqkstoffi Atmotfphäiische Luft, welche «te diese beiden Gase reprSsentirend genommen werden kann, Uefti man jetzt durch den ringförmigen Ranm ewischen den beiden Rohren circuliren, wahrend das Innere d^ Platinrdhre wie gewdhnHch luftleer erhalten wurde. Das während einer Stunde bei anhaltender Wirkung der SprengeTschen Pumpe gesammelte fiai betrug nur 0,3 CC. Wasserstoff wörde in derselben Zeit 211 CC. gegeben haben. Es ist zudem sehr zweifelhaft, ob diese unerhebliche, nur einen kleinen Bruch- tbeil eines Cubikcentimeters betragende Menge Gas ganz durch das Platin hindurch gegangen war; ein Theil oder das Ganze könnte durch die Verbindungen des Apparats hineingekommen sein. Das Platm kann somit, selbst bei voller RothglAhhitze, nicht als bemerkbar Sauerstoff oder Sttchstoff durchlassend betrachtet werden.

Kohlensäure. Dieses Gas wurde aus einer Flasche zugeleitet, in welcher es durch die Einwirkung von reiner Salzsäure auf Marmor entwickelt wurde; es war mit Wasser gewaschen und vor seinem Eintritt in die dufsere Porcellan- röhre mittelst Schwefelsäure getrocknet. Die innere Platin- röhre gab in ISiner Stunde nur Vio CC. Gas ans, von welchem wiederum nur ein unbestimmt kleiner Theil durch Barytwasser absorbirt wurde und sich als Kohlensäure auswies. Der Durchgang der Kohlensäure durch Platin bei voller Roth- glühhitze ist also unberechenbar gering.

Ohlor. Dieses Gas wurde aus einer, Manganhyperoxyd und Salzsäure enthaltenden Flasche entwickelt, mit Wasser gewaschen, mittelst Schwefelsäure ge^ocknet und wie bei den anderen Versuchen in die Porcellanröhre eingeleitet, so dafs es den ringförmigen Zwischenraum zwischen den beiden Röbren erfällte. Eine kleine, mit Kalkhydrat gefüllte Glas- röhre war zwischen die Platinröhre und die Sprengel 'sehe Pumpe eingeschaltet, so dafs etwa durch das Platin hindurch-

Scheidung der Oa$e durch coüoidale Seheidewände. 38

gedrungenes Chlor darin absorbkrt werden muble. . Nachdem die Plalinröbre eine Stande lan|; erhilzt gewesen war^ wurde der Kalk auf einen Chlorgehalt untersucht; aber er entUelt keine Spur Chlor. Eine kleine, 0,15 CC. betragende Menge Gas, yemutblich Luft, wurde während dieser 2eit au^eciam- melL Das Platin wird also bei RolhglübhilUe durch Chlor nicht in benMrklicher Weise durchdrungen.

Mittelst Sebwe£elsiure getrocknete QihrwaseerMoffeäure wurde eine Stunde lang durch die Porcellanrökre geleitet Etwa Qy5 CC. Gas wurden aus der Platinrdhre gesammelt, worin weder Chlorwasserstoffsaure noch freier Wasserstoff enthalten war. Das glühende Platin lifst also Chlorwasserstoffsäure nicht hindurch und scheint auch dieses Gas bei der Yer- snehsteraperatur nicht zum Zerfallen in seine Elemente zu bringen.

Waeeerdampf, Bin Strom von Wasserdampf wurde eine Stunde lang durch die Porcellanröhre geleitet Wahrend dieser Zeit, wurde Vt CC. Gas aus der Platinröhre abgesaugt, welches Gas kanen Wasserstoff enthielt Es liegt Nichts Yor, was darauf könnte sohliefsen lassen , dafs Wasserdampf durch das Platin hindurch gegangen oder dafs er zersetzt worden wäre.

Ammoniak. Es zeigte sich, ddfs von diesem Gas bei dem Durchleiten desselben durch den erhitzten ringförmigen Zwischenraum ein beträchtlich grofser Theil zersetzt wurde, während zugleich Wasserstoff durch das erhitzte Platin hin- durchging. Obgleich das Ammoniak in beträchtlichem Ueber- schusse zugeleitet wurdO; war doch keine Spur von unzer- setztem Ammoniak neben dem freien Wasserstoff in dem aus der Platinröhre ausgesaugten Gas nachzuweisen. Wenn das Ammoniak langsam entwickelt wurde, betrug die Menge des in die Platinröhre eintretenden Wasserstoffs 16,4 CC. in 5 Minuten oder nahezu ebensoviel, wie wenn reiner Wasscr-r

40 Oraham, UAer die Absorption und diafyHsche

Stoff durch den ringförmigen Zwischenraom geleitet wurde. Das Ammoniak ist hiernach nicht fähig, durch erhitztes Platin hindurchzugehen.

Steinkohlengas. Als Stebikohlengas durch die Röhre geleitet wurde, kamen in auf einander folgenden Zeitriumen von je 20 Minuten folgende Mengen Gas durch das Platin : 13,3 CC, 5,2 CC. und 8,8 CC. Die erste Portion trfibte nach dem Bxplodiren mitSau^stoff nicht Barytwasser; die 13,3 CC. enthielten 13,16 CC. Wasserstoff. Hiernach war das durch- gegangene Gas nur freier Wasserstoff, und kein in dem Stein- kohlengas enthaltenes kohlenstofliialtiges Gas war fähig, durch das Platin zu gehen. Kohlenoxids Sumpfgas und 'olbädendee Oasj welche alle durch das Steinkohlengas reprisentirt werden, sind also nicht fähig, durch das Platin hindurchzu-* gehen.

Schwefelwasserstoff. -^ Dieses Gas wurde aus Schwefel- antimon und Salzsaure dargestellt, gewaschen und mittelst Chlorcalcium getrocknet, und durch die äufsere Porcellanröhre geleitet. Fast die ganze Menge des Schwefelwasserstoffs wurde zu Schwefel und Wasserstoff zersetzt, und letzterer ging durch das Platin hindurch, im Betrage von 9 CC. in 5 Minuten. Auch eine Spur Schwefel Wasserstoff mag hindurch- gegangen sein, da das Quecksilber in der Sprengel 'sehen Pumpe etwas verunreinigt wurde ; aber kein Anzeichen dieses Gases konnte in dem aufgesammelten Wasserstoff wahrge- nommen werden. Hiernach ist der Schwefelwasserstoff zu den Gasen zu rechnen, welche durch das Platin nicht hin- durchgehen.

Die Resultate dieser Versuche sind :

Fftbig ist, doroh eine Scheidewand aus Platin von 1,1 MM. Dicke bei ToUer Rothglfihhitze hindarcbsogehen :

»

Wasserstoff (211 GG. in der Stunde).

Nicht fähig sind, durch eine Scheidewand aus Platin Ton 1,1 MM. Diche bei voller Roibglübhitee hindurchzugeben :

Seheidung der Gase durch colhndah Seheidewände. 4i

Smientoff (nooh nicht 0,2 CO. in der fitonde)

Stiekftoff

Chlorwasserstoflf ,,

Wagserdampf

Kohlensäure

Kohlenoxyd

Sumpfgas

Oelhildendes Gas «, ,,

Schwefelwasserstoff »> n n

Ammoniak „.

Es bleibt noch za entdecken, ob für diese Gase ein Darcbgang durch eine Platin -Scheidewand dadurch bewirkt werden kann, dafs man die Scheidewand viel dänner nimmt, oder dafs man bei ungeänderter Dicke der Scheidewand die Temperatur viel höher sein läfst. Ein trägerischer Anschein von Dnrchgangsfähigkeit wird manchmal dadurch veranlafst, dafs, wie sich sogleich ergeben wird, das Platin manchmal selbst eine kleine Menge Gas entweichen lafst, welches haupt- sächlich ans Kohlenoxyd und Wasserstoff besteht. Unzwei- deutige Resultate bezuglich der Durchgangsfahigkeit erhält man deshalb erst, wenn die Platin^Scheidewand schon 1 bis 2 Stunden lang erhitzt gewesen war.

Einer von den merkwürdigen Versuchen Deville's wurde wiederholt, bei welchem Wasserstoff nahezu so aus der Platinröhre zu entweichen scheint, wie dasselbe Gas aus einem Graphit - Diffusiometer entweichen würde; bei diesem Yersuche war die^ Platinröhre mit Wasserstoff angefällt, wahrend der ringförmige Zwischenraum zwischen der Platin- röbre und der aufseren Porcellanröhre mit atmosphärischer Lufk angefQllt war. Bei der höchsten Temperatur wurde der Zoflols von Wasserstoff in das eine Ende der Röhre abge- schlossen, wiUirend das andere Ende der Platinröhre in Ver- binduDg mit einer Barometerröhre gelassen wurde, welche

in 0 Minuten Zeit

n 10

ff ff

ff 20

ff ff

ff 30

ff ff

ff 40

» »

ff 50

» ff

42 Graham j über die Absorption und dialy tische

in eine QuecksilberwaTine eintauchte. Sofort beganif das Quecksilber in der Barometerröhre zu steigfen, in Folgte des Durchgangs des Wasserstoffs durch die Wandungen der Plalinröhre nach Aufsen; und die letztere wurde zuletzt in Folge des vollständigen Bntweichens des Wasserstoffs fast luftleer. Es betrug das Steigen des Quecksilbers in der Barometerröhre bei diesem Versuche :

0 MU.

115 »

245 ^

400

535

645

ff 60 710 n

während der Luftdruck zur Zeit dieser Beobachtungen 750 MM. Quecksilberhöhe entsprach. Der von dem noch rückständigen Gas ausgeübte Druck betrug also nicht mehr als 40 HM. Quecksilberhöhe. Das Verhältnifs zwischen den Gasvolumen am Anfang und am Ende der Stunde ist hier wie 18;75 zu 1, während bei einem Versuche, wo Wasserstoff in Luft diffun- dirt, diefs Verhältnifs wie 3,8 zu 1 sein würde. Ferner ent- hielt das in der Platinrohre noch rückständige Gas eine kleine Menge Wasserstoff. Mittelst der SprengeTschen Pampe abgesaugt betrug dieses rückständige Gas 3^56 CC, und es bestand aus

Stickstoff 8,23 CC. Wasserstoff 0»84

3,66

Die in Betracht kommende Gapacität der Platinrohre be- trug 113,1 CC, und das bei dem Erhitzen der Röhre durch Ausdehnung ausgetriebene Gas mafs in der Kälte 39,5 CC.^ so dafs in der heifsen Platinröhre 73,6 CC. Gas, gemessen bei 20^ und unter 760 MM. Queeksilberdrnck, zurückblieben. Es wurde bei diesen Versuchen nöthig befunden, den inner^

St^eidung der Oase durch coUotdale Scheidewände. 43

htlb des Ofens befindlichen und starkem Erhitzen ausgesetz- ten Theil der Platinrohre mit Asbest auszustopfen, um der dorch die Glähhitze erweichten Röhre eine Unterstützung SU geben und sie vor dem Zusammenfallen zu bewahren«

Es ist schwer zu sagen, woher die kleine, 3,22 CG. bei- tragende Menge Stickstoff eigentlich herkam, welche in der Platinröhre gefunden wurde. Sie ist immerhin noch zu be- trächtlich, als dais man annehmen könnte, sie wäre, als Verunreinigung in dem ursprünglich angewendeten Wasser- stoffgas enthalten gewesen, oder sie sei durch undichte Ver- bindungen des Apparats in den leeren Raum eingedrungen. Dieses Auftreten von Stickstoff veranlafst zur Unter- suchung, ob dieses Gas wenn für es anzunehmen ist, dafs es nicht für sich allein durch Platin hindurch in einen leeren Raum eindringen kann •*- nicht die Fähigkeit besitze, dann in kleiner Menge durch Platin hindurch zu gehen, wenn gleichzeitig Wasserstoff in entgegengesetzter Richtung durch das Platin geht Der in der Platin-Scheidewand im flüssigen oder gasförmigen Zustande enthaltene Wasserstoff gäbe dann das Uebertragungsmittel oder den Kanal ab, dessen Beihülfe dafür anzunehmen wäre, dafs ein anderer analoger Körper wie Stickstoff, auf Grund der Diffusion von Flüssigkeiten oder Gasen, in kleiner Menge durch das Platin hindurchgehen könne.

Vermögen des PlatinSy Wasserstoff zu abeorbiren und sstrüchzuhaUen. Dem Durchgang eines Gases durch eine coUoidale Scheidewand geht nach der in dieser Abhandlung dargelegten Auffassung die Condensation des Gases durch die Substanz der Scheidewand vorher. Ist nun eine erhitzte Platinplatte fähig. Wasserstoffgas zu condensiren und zu ver- flössigen? Dieser Gegenstand liefs kaum auf andere Art ex- perimentale Untersuchung zu, als durch Anwendung desselben nützlichen Apparates zum Aussaugen von Gas, welcher für

44 Oraham^ über die Absorption und dialytische

die Versuche mit nicht -metallischen Golloid-Sobstanzen an- gewendet worden war. Die Versuche mit Metalien wurden stets in derselben Weise ausgeführt, so dafs es für alle genügt, die Binzelnheiten Eines Versuches hier zu be- schreiben*).

Platin in Draht- oder Blattform wurde zunächst von an- hangender fettiger Substanz durch Kochen mit ätzendem Al- kali und dann mit destillirtem Wasser gereinigt. Das Platin, im Allgemeinen in Drahtform, wurde (vgl. Fig. 3 auf Tafel I) dann in eine sowohl innen als aufsen glasirte Porcellanröhre MN gebracht, deren Lange 0,55 Meter und deren innerer Durchmesser 23 HM. war. Diese Röhre konnte erhitzt werden entweder mittelst eines Verbrennungsofens, wie er für or- ganische Analysen angewendet wird, oder indem sie quer durch einen kleinen cylindrischen Ofen gelegt wurde. Die Porcellanröhre wurde an beiden Enden mit durchbohrten Korkstopfen versehen, welche mit geschmolzener Gutta-Percha gut verkittet waren und durch deren jeden eine dünne Glas- röhre hindurchging. So war der Theil des Apparates einge- richtet, welcher gleichsam als 'das Destillations-Gefäfs be- trachtet werden kann. Er war an dem Ende N mittelst einer guten Verbindung^ aus (nicht vulcanisirtem) Caoutchouc mit der S p r e n g e Tschen Pumpe AB in Communication, welche zum Auspumpen und zum Ueberfüllen des Gases benutzt wurde, und an dem anderen Ende M mit dem Apparate zum Zuleiten von trockenem Wasserstoff, atmosphärischer Luft oder irgend einem anderen Gas. Mittelst eines Quetschhahns an der Gaoutchouc-Verbindung bei M konnte die Röhre ab- geschlossen werden, und nach Wegnahme des zur Zuleitung

*) Platin absorbirt iu der Form von Platinschwarz sein 745 faches Volum Wasserstoffgas. Trait^ de ohimie g^n^rale par MM. Pe- loose et Fremy I1I| 898.

Scheidung der Oase durch coUöidale Scheidewände. 45

TOD Chis dienenden Apparates blieb die Porcellanröhre am einen Ende geschlossen. Eine Röhre aus dem für Ver- brennungsanalysen angewendeten schwer-schmelzbaren Glase kann bei mehreren derartigen Versuchen an der Stelle der Porcellanröhre genommen werden. Ein geringerer Hitzegrad genügt, als zuerst vermuthet wurde. Die Porcellanröhre wird ausgepumpt, indem man die SprengeTsche Pumpe 10 bis 15 Minuten lang wirken läfst, bis nicht mehr kleine Gasblasen durch die Röhre A B in der unteren Quecksilber- wanne ausgegeben werden. Dafs die Verbindungen genügend dichi sind, wird so zuerst festgestellt. Durch nachberiges Erhitzen der Porcellanröhre überzeugt man sich auch davon, daft sie bei Rothglühhitze kein Gas durchlafst. Das in die Porcellanröhre gebrachte Platin nahm darin etwa Vs des mittleren Theiles der Röhre ein, wo es ohne Schwierigkeit erhitzt werden konnte. Der Apparat gewahrt olTenbar die Mittel, sowohl das Platin im leeren Räume als auch in einer Atmosphäre von VITasserstoff oder von einem anderen Gas zu erhitzen, welches man in das Innere der Porcellanröhre bei M eintreten liefs.

Oeachmolzenes Platin, Aus Platin gearbeitete Geräth- schaften werden jetzt ausschliefslich aus geschmolzenem Metall angefertigt.

i) Eine Quantität reinen Platindrahts aus geschmolzenem Metall, 0,695 Meter lang, 4,1 MM. Dick und 201 Grm. wiegend, wurde zusammengebogen und in die Porcellanröhre gebracht, welche dann luftleer gemacht wurde. Das Platin wurde zu- nächst eine Stunde lang für sich erhitzt, um alle etwa von ihm auszugebenden gasförmigen Producte auszutreiben, und dann wurde trockenes VITasserstoffgas in die Porcellanröhre eingelassen, welches aus reiner Schwefelsaure mittelst reinen Zinks entwickelt war. Ein Ueberschufs von Wasserstoff wurde bei Kirschroth-Gluhbitze in die Porcellanröhre einge-

46 Oraham^ über die Absorption und dicdytische

leitet, und dann liefs man die Temperator allmilig sinken : ein Verfahren , welches als die Absorption des Gases begün-* stigend befanden wurde. Das Platin wurde aof diese Art etwa 20 Minuten lang in einer Wasserstoff-Atmosphäre er-- halten, theilweise bei einer Dunkelroth-Glähhitze übersteigen- den und theilweise bei einer unter derselben liegenden Temperatur, zuletzt bei der niedrigeren Temperatur. Nach- dem das Feuer weggenommen und die Röhre erkaltet war, wurde Luft oder Stickstoff durch sie geleitet und aller freier Wasserstoff auf diese Art aus dem Apparat ausgetrieben.

Die geschlossene Röhre wurde nun in der Kälte ausge- pumpt, aber das aus ihr austretende Gas enthielt keinen Wasserstoff. Wahrend in der Porcellanröhre noch ein gutes Vacuum erhalten blieb, wurde sie wiederum allmalig erhitzt und die SprengeTsche Pumpe wirken gelassen. Zugleich mit dem ersten sichtbaren Erglühen begann Gas ausgegeben zu werden. Wahrend die Porcellanröhre zum Rothglühen erhitzt war, wurden in einer Stunde 2,i2 CC. Gas aufge- sammelt, davon etwa ein Dritttheil in den ersten 10 Minuten. Dieses Gas ergab sich, durch Explosion mit Sauerstoff, als bestehend aus :

Wasserstoff 1,93 CG.

Stickstoff 0,19

Nehmen wir nun das specifische Gewicht des Platins zu 21,5 an, so ist das Volum der 201 Grm. Metall 9,34 CC. Hiernach hielt 1 Vol. Platin

0,207 Vol. Wasserstoff

absorbirt, das Gas in der Kälte gemessen. Das Platin war dadurch, dafs es Wasserstoff aufgenommen hatte, in seiiMm Glans oder in irgend anderer Beaiebasg nicht benerkliok verändert.

2) Dasselbe Stuck Platindraht wurde zu dam Vierfachen yon seiner urstwünglichen Länge aasgeaegen' nnd der Versoab,

Scheidung der Oase durch coüotdale Scheidewände. ^

es mil Wasserstoff zu beladen , wiederholt. Das Platin gab bei Rothglahhitze, welche man eine Stande lang andauern liers, 1,8 CG. Gas, wovon 1,6 CG. Wasserstoff waren. Hier'^ nach hatle 1 Vol. Platin

0,171 Vol. Wasseratoff

znräckgehahen. Die Absorption des Wasserstoffs war durch Vergröfsernng der Oberflache des Metalls nicht gesteigert worden.

In zwei anderen Versuchen mit demselben Platindralit war das Yolam des von 1 Vol. Platin zurückgehaltenen Wasserstoffs :

3) 0,173 GC. Wasserstoff;

^) 0,128

Offenbar zeigt sich hier, was die Menge des aufge- nommenen Wasserstoffs betrifft, eine Neigung, dafs sie kleiner werde. Für die Vergleichung dieser Versuche mit den früher bezuglieh des Durchgangs von Wasserstoffgas durch eine Platm-'Scheidewand angestellten war es vortheilhaft, dafs der hier benutzte Draht und die zu jenen Versuchen ange- wendete Röhre aus derselben Masse geschmolzenen Platins angefertigt waren. Diesem Platin war kein Iridium zugesetzt worden, wie man es manchmal zur Vergröfsernng der Ela- sÜeMI des ttetalles thut. Die Absorption von Wasserstoff ist nur gering; sie belauft sich im Mittel der 4 Beobachtungen auf 17 p€. von dem Volume des Platins. Bei der der Dunkel- rolh-GlQhhitze entsprechenden Temperatur, bei welcher die Absorption statt hatte, wfirde das Gas beträchtlich, bis auf das Dreifache des eben angegebenen Volumes ausgedehnt sein md etwa 51 pC. oder die Hälfte von dem Volum des Platins betragen. Es ist in Betracht zu ziehen, ob die Ab- sorption des halben Volums an Gas dafür hinreichend sein mdge, den beobachteten Durchgang durch eine 1,1 MM. dicke Platfai-Scfaeidewan^ erkliren zu lassen. Die Data scheinen

48 Oraharriy über die Absorption und dialytisehe

einer bejahenden Schlufsfolgerang günstig zu sein; aber ea lafst sich nicht mit Bestimmtheit angeben, welcher Werth ihnen zukommt.

Das stellt sich heraus, dafs für das Platin eine neue Eigenschaft anzuerkennen ist : ein Vermögen, bei Rothglüh- hitze Wasserstoff zu absorbiren und dieses Gas bei einer Temperatur unterhalb der Rotbglühhitze unbestimmt lange Zeit zurück zu halten. Es mag zulassig sein, dieses Vermögen als eines, Wasserstoff einzuschliefsen (occludere), zu bezeich- nen, und die Wirkung als die Occlusion des Wasserstoffs durch* Platin.

Die Versuche wurden noch ausgedehnt auf Platin in anderen Formen dieses Metalles; aber es ist zu bemerken, dafs für diese Versuche nicht geschmolzenes sondern nur zusammengeschweifstes Metall, welches auch schon vor längerer Zeit dargestellt war, angewendet wurde.

5) Von dem grauen pulverigen Platinschwamm, wie man ihn aus dem Ammoniumplatinchlorid erhalt, wurden 22,2 Grm. mittelst des Verbrennungsofens erhitzt und eine halbe Stunde lang allmalig in trockenem Wasserstoffgas erkalten gelassen, ganz so wie bei den vorhergehenden Versuchen^ Das Volum des Platins berechnet sich zu 1,032 CC. Bei einem ersten Versuche gab es erhitzt und der Einwirkung der Sprengel'schen Pumpe unterworfen 2,2 CC. eines Gases, welches wie Wasserstoff brannte. Bei einem«zweiten Versuche gab das Platin in einer Stunde (zu welcher Zeit es Nichts mehr zu enthalten schien) 1,7 CC. Gas, welches durch Explosion als aus 1,52 CC. Wasserstoff und 0,18 CC. Stickstoff bestehend befunden wurde. Hier zeigte sich also 1 Vol. schwammförmiges Platin fähig, 1,48 Vol. Wasserstoff einzuschliefsen.

6) Bearbeitetes Platin, in der Form einer Platte aus einem aufgeschnittenen alten Tiegel, wurde nach dem Waschen

Scheidung der Gase durch coüotdale Scheidewände, 49

und Glühen dreimal mit Wasserstoff beladen. Das Gewicht des Platins war 24,1 Grm. und das Volum 1,12 CC. Es gab in 75 Minuten 4,19 CC. Gas , und in weiteren 30 Minuten noch 1,5 CC, also zusammen 5,69 CC, in welchen 4,94 CC. Wasserstoff gefunden wurden ; die Temperatur war 14,2^ der Barometerstand 760 MM. Nicht eine Spur Kohlensäure wurde in dem Gas gefunden, weder vor noch nach der Explosion. Nach einer zweiten Beladung des Platins gab es in einer Stunde 5,12 CC. Gas, von welchen 4,4 CC. Wasserstoff waren;

und letztlich in einer Stunde 3,76 CC. Gas, worin 3,42 CC. Wasserstoff. Es waren also hier durch 1 Vol. Platin ein- geschlossen :

6,58 Vol. Wassentoff 4,93 « , » 8,83 » n

Das Volum des eingeschlossenen Wasserstoffs ist hier viel gröfser, als es bei dem geschmolzenen Platin und selbst bei dem schwammförmigen Platin gewesen war. Es zeigt eine Neigung, bei Wiederholung des Versuches herabzugehen. Diese Abnahme in dem Absorptionsvermögen. mag möglicher- weise mit der Verkürzung der Zeit zusammenhangen, während welcher das Metall bei dem Abkühlen der Einwirkung des Wasserstoffs ausgesetzt war.

7) Bearbeitetes Platin, welches vor vielen Jahren in die Form einer kleinen Bohre von 64,8 Grm. Gewicht, 0,322 Heter lange und 5 MM. Durchmesser gebracht worden war, wurde in drei gleich lange Stücke zerschnitten, um das Metall in die Porcellanröhre bringen, darin erhitzen und mit Wasserstoff beladen zu können. Bei einstündigem Aus- pampen gab dann das Platin 9,2 CC. GaS; worin 8,9 CC. Wasserstoff. Das Volum des Platins selbst betrug 3,9 CC; und 1 Vol. Metall hatte also 2,28 Vol. Wassserstoff; bei etwa 20^ C. gemessen, eingeschlossen. Bei allen solchen Ver-

Aanal. d. Ohem. u. Pharm. V. Sapplementbd. 1. Heft. 4

50 Orahatn^ über die Absorption* und dialy tische

suchen wurde, aofser dem dafs der freie Wasserstoff durch Luft ausgetrieben wurde, der Apparat auch mittelst der Sprengel'scben Pumpe in der Kälte vollkommen ausge- pumpt, bevor der eingeschlossene Wasserstoff herausgezogen wurde.

Der Glanz und das aufsere Ansehen des metallischen Platins Wurde durch die Aufnahme von Wasserstoff nicht abgeändert ; aber nach dem Wiederaustreten des eingeschlosse- nen Gases war die Farbe des Platins weifser geworden und seine Oberfläche mit kleinen Blasen bedeckt.

Bei Wiederholung des Versuches betrug das durch ein- stundiges Aussaugen erhaltene Gas 8,7 GG., worin 8,46 GG. Wasserstoff. Hier hatte also das Metall sein 2,8 faches Volum Wasserstoff eingeschlossen.

Dasselbe Platin wurde noch ein drittes Mal mit Wasser- stoff beladen; aber bei diesem Versuche befand sich das Platin in einer Röhre von schwer-schmelzbarem Glase, welche mit der Sp r eng el'schen Pumpe verbunden war. Die Glas- röhre wurde in einem Oelbad erhitzt und dai^ Platin eine

Stunde lang im leeren Räume bei 220^ C. erhalten. Nicht eine Gasblase wurde entwickelt. Die Glasröhre wurde nachher mittelst eines kleinen Bunsen 'sehen Brenners erhitzt, welcher so gewählt war, dafs er einen nur wenig unter sichtbarer Rothglühhitze liegenden Hitzegrad gab ; noch trat kein Wasser-- Stoff aus. Die Röhre wurde nun hinreichend stark erhitzt, um Glas zu erweichen (500^) ; Gas begann nun sich zu ent- wickeln, von welchem in 10 Minuten 1,8 CG. gesammelt wurden, worin 1,72 CG. Wasserstoff. Da das Glasrohr einen Sprung bekam, liefs man den ganzen Apparat erkalten und brachte das Platin in eine Porcellanröhre. Bei weiterem ein- stundigem Erhitzen mittelst eines Verbrennungs- Ofens gab das Platin 8,6 GG. Gas aus, von welchen 8,2 CG. Wasser-

Scheidung der Oase durch coUaidale Scheidewände, 51

Stoff waren. Hiernach hatte das Platin sein 3,79 faches Volum Wasserstoff eingeschlossen.

Nach dem vorhergehenden Versuche ist zu schliefsen, dafs der eingeschlossene Wasserstoff bei niedrigen Tempera- turen gleichsam luftdicht verwahrt ist , sofern nämlich , ob- {gleich das Platin nahezu sein 4faches Volum eingeschlossen enthielt, doch unterhalb der Rothglühhitze kein Gas austrat. Aber um den Einflufs der Zeit bei gewöhnlicher Lufttempera- tur zn untersuchen, wurde dasselbe Platin, nochmals mit Wasserstoff beladen, in eine Glasröhre luftdicht eingeschmolzen, welche es nahezu ausfüllte, und diese erst nach zwei Monaten geöffnet. Die Luft in der Röhre wurde dann übergefüllt und untersucht. Sie erlitt bei Einwirkung electrischer Funken oder eines Kögelchens aus Platinschwamm keine Volum- verminderung. Die Luft enthielt hiernach keinen Wasserstoff ; der letztere war nicht von dem Platin weggegangen, sondern, wie anzunehmen ist, noch seiner ganzen Menge nach von dem Platin zurückgehalten. Diese Versuche waren, wenn sie hier auch zuletzt beschrieben wurden, die bei dieser Untersuchung zuerst angestellten. , Der eingeschlossene Wasserstoff wurde niemals innerhalb einer Stunde vollständig ausgezogen, und seine Menge ist vermuthlich zu gering an- gegeben. Das Gas ging immer nur allmalig weg, mehr als die Hälfte des GaiTzen in den ersten 20 oder 30 Minuten. Die zuletzt besprochenen Resultate lassen sich zusammen- fassen :

1 Vol. gehämmertes Platin soblo/li ein 2,28 Vol. Wasserstoff

II 11 « » » *|OV D }|

V II » » » «»'• «

Daa beträchtliche Absorptionsvermögen des gehämmerten Platins, oder vielmehr das geringe Absorptioosvermögen des geichmobenen Metallea wurde dem Umstände zugeschrieben, dafs beide mecbantsch verschieden sind : dem ersteren nam-

52 Orahatn^ über die Absorption und dialy tische

lieh eine geöffnetere Textur zukommt, welche dem, vielleicht verflässigten Wasserstoff freieren Zutritt in das Innere des Metalies gestattet,

8) Dafür, dafs der vom Platin eingeschlossene Wasser- stoff aus demselben frei gemacht werden könne, war immer eine der Rothgiühhitze nahe kommende Temperatur nöthig gewesen, auch wenn die Herstellung eines leeren Raumes mitwirkte; und diefs bleibt gültig für Wasserstoff, welcher ursprünglich bei Rothglühhitze oder bei einer nahekommenden Temperatur absorbirt worden war. Aber die Thatsache scheint vereinbar zu sein damit, dafs Wasserstoff, unter dem gewöhnlichen Luftdruck, bei beträchtlich niedrigerer Tempe- ratur absorbirt wird. Dünne Piatinfolie wurde zuerst von etwas in ihr bereits enthaltenem Gas durch Glühen in der Porcellanröhre im leeren Räume befreit. Dann wurde diese Platinfolie in eine Glasröhre gebracht, in einem Strome von Wasserstoffgas in einem Oelbad drei Stunden lang auf eine 230^ C. nicht übersteigende Temperatur erhitzt und in einer Atmosphäre desselben Gases einige Stunden lang alimalig erkalten gelassen. Eine zweite Glasröhre, in welche die Platinfolie gebracht worden war, wurde wie gewöhnlich bei 20^ ausgepumpt, ohne dafs sich Wasserstoff in bemerklicher Menge entwickelt hatte. Ahet als alicb noch zum Rothglühen erhitzt wurde, wurden in 20 Minuten (doch fast die ganze Menge in den ersten 7 Minuten) 0,75 CG. Gas ausgegeben, wovon 0,56 CG. Wasserstoff waren. Das Volum von 8,3 Grm. Platin ist 0,385 CG. Hiernach hatte 1 Vol. Platinfolie in 3 Stunden 1,45 Vol. Wasserstoff bei 230^ aufgenommen.

9) Dieselbe Menge Platinfolie wurde abermals mit Wasser- stoff 3 Stunden lang bei noch niedrigerer Temperatur, näm- lich zwischen 97 und 100^, beladen. Bei nachherigem Aus- pumpen bei Rothglühhitze gab nun das Platin in 35 Minuten 0,5 CG. Gas aus, wovon 0,3 CG. Wasserstoff waren. Es

Scheidung der Oase durch coüo^Uiale Scheidewände. 53

hatte also 1 Vol. Platinfolie bei 100^ 0,76 Vol. Wasserstoff aufgenommen.

Hiernach verhält* sich das Platin dem Palladinm ähnlich, welches unter allen Metallen im höchsten Grade das Vermögen besitzt, Wasserstoff zu absorbfren.

Palladium,

In* den letzten Jahren ist das Palladium verhältnifsmäfsig selten geworden, und es kostete zuerst einige Mühe, mehr als 1 oder 2 Grm. von diesem Metalle in der Form dünner Folie zu erhalten. Die zuerst angewendete Palladiumfolie wog 1,58 Grm. und ihr Volum betrug 0,133 CC, wenn man das spec. Gewicht des Metalls = 11,86 annimmt; die Ober*- flache betrug 0,00902 Quadratmeter. Sie gab, wenn im leeren Räume eine Stunde lang erhitzt, 1,50 CC. bereits absorbirtes Gas aus, welches keine Kohlenstoff- Verbindung enthielt, sondern aus Wasserstoff und Luft bestand.

i) Da vorläufige Versuche darauf schliefsen liefsen, dafs die Occlusion von Wasserstoff durch Palladium ein schon bei verhältnifsmäfsig niedriger Temperatur vor sich gehendes V^änomen sei, so wurde das Metall in Wasserstoff nicht höher als bis zu 245^ C, in einem Oelbad^ erhitzt und sehr langsam erkalten gelassen, so dafs es durch noch niedrigere Temperaturen hindurchging, welche der Absorption von Wasser- stoff günstig sein mochten. Als dann das Metall in die Glas- röhre gebracht worden war, in welcher das absorbirte Gas wieder frei gemacht werden sollte, trat bei 17,8^ C. im leeren Raum kein Gas auf; aber sowie der Verbrennungs- Ofen in Brand gesetzt wurde, entwickelte sich sofort Gas. Von der ersten aufgesammeilen Portion, 11,77 CC, bestanden 11,74 CC. aus Wasserstoff. Die Gasentwickelung war nach 15 Minuten beendet; 69,92 CC. Gas wurden gesammelt, wovon der gröfsere Theil in den ersten 10 Minuten. Das Palladium

54 Graham^ über die Abearption und dialt/tische

hatte ako ein sehr betrichlliches Volum Gas aufgenommen, bei einer Temperatur, welche niemals 245^ C. überstieg : 1 Vol. Palladium schlofs 526 Vol. Wasserstoff ein.

2) Bei einem ähnlichen Versuche wurde die Absorptions- temperatur mit gutem Erfolge noch niedriger gehalten. Das Palladium wurde der Einwirkung des Wasserstoffs 3 Stunden lang bei 90 bis 97^ C. ausgesetzt und dann in dem Gase 1 V2 Stunde lang abkühlen gelassen. Als es jetzt in ein 6 Glasröhre gebracht, diese ausgepumpt und mittelst einer Gas- flamme erhitzt wurde, gab das Palladium wahrend 12 Minuten einen anhaltenden Gasstrom aus, welcher dann aufhörte. Das Gas betrug 85,56 CG. und enthielt 96,8 pC. Wasserstoff; die Temperatur war 17,5^ der Barometerstand 764 HM. 1 Vol. Palladium hatte 643,3 Vol. Wasserstoff eingeschlossen.

Der zu diesen Versuchen angewendete Wasserstoff war durch meinen Assistenten, Herrn W. C. Roberts, mit der gröfsten Sorgfalt gereinigt worden, indem er nach einander durch Alkohol, Wasser, Aetzkali und durch Röhren von je 0,7 HM. Länge geleitet wurde, welche Glasstücke enthielten, die mit salpetersaurem Blei, schwefelsaurem Silber und Vi- triolöl du: htrankt waren. Das Gas war geruchlos und branntP mit einer kaum sichtbaren Flamme.

Es zeigte sich keine Aenderung in dem metallischen Aussehen der Palladiumfolie, je nachdem sie mit Wasserstoff beladen war oder denselben wieder abgegeben hatte. Die Folie war sehr zusammengeknittert und nach wiederholter Verwendung zu Versuchen ziemlich bruchig; aber diefs konnte davon herrühren, dafs sie so oft gehandhabt worden war.

3) Das Palladium absorbirt Wasserstoff in reichlicher Menge selbst schon bei gewöhnlichen Temperaturen, voraus- gesetzt, dafs das Metall vorher im leeren Räume zum Glühen erhitzt gewesen war. Als die Folie ohne diese vorgängige Behandlung mehrere Stunden lang in einer mit reinem Wasser-

Scheidung der Oase durch coüotdede Scheidewände, 5S

stofffuft gefBIllen Flasche Terweilt hatte, gab sie bei nach* herigem Glühen in dem mittelst einer SprengeTschen Pumpe hervorgebrachten leeren Räume Nichts ans. Als aber die FoKe sofort nach dem Abkühlen in eine mit Wasserstoff- gas gefüllte Stöpselflasche gebracht worde und in derselben eine Nacht hindurch verblieb, halte Absorption stall; bei dem Lüften des Stöpsels drang Luft ein, wie in einen luftver- dünnten Ranm ; die Temperatur war 19^ Als die Palladium- folie nachher in eine Glasröhre gebracht und diese mit der Spreng ersehen Pumpe verbunden wurde, zeigte sich wahrend einiger Zeit eine Schwierigkeit, einen leeren Raum zu erhalten, deshalb weil Wasserstoff schon bei der Luft- temperatur austrat. Aber nachdem ein gutes Vacuum her- gestellt war, wurden 6,96 CC. Gas gesammelt, von welchen 6,78 CC. als Wasserstoff befunden wurden. Dann wurde erhitsi, und nun wurden in 5 Minuten 42 CC. Gas ausge- geben, so dafs im Ganzen mehr als 50 CC. oder das 376- fache Yolum an Gas von dem Palladium aufgenommen gewesen war. Die Wasserstoff- Absorption ist also bei niedriger Temperatur eine geringere, wenn nicht die Beschaffenheit des Metalls sie begünstigt. Auch die Wirkung von reinem Platinblech, die Verbrennung von Knallgas einzuleiten, ist bei niedriger Temperatur eine unsichere.

4) Eine andere Parthie Palladium-Folie, deren Gewicht 5,76 Grm. und deren Volum 0,485 CC. war, wurde wieder- holt nil Wasserstoff beladen und dann der letztere wieder eatzogen. Bei dem zweiten Versuche wurde die Folie 3 Stunden lang in Wasserstoff auf 100^ erhitzt. Bei nach- herigem Erhitzen derselben in einer PorceUanröhre zum Rothglühen und Auspumpen in gewöhnlicher Weise ergab sich, dafs das Palladium bei 100^ sein 347,7 faches Volum (gemessen bei 18,2^ und unter 756 MM. Druck) Wasserstoff absorbirl hatte.

56 Graham, über die Absorption und dialytisehe

5) Eine so beträehtlicbe Absorption von Wasserstoff mäfste, ungeachtet de^geringen specifischen Gewichtes dieses Gases, doch das Gewicht des Palladiams in merklicher Weise vergröfsern. 1 Liter oder 1000 CC. Wasserstoff, bei 0^ und unter 760 HM. Druck, wiegen 0,0896 Grm. Von neuer PalIadium*Folie, vermuthlich aus gesehmohenem Metall, nehmen 5,9516 Grm. an Gewicht auf 5,9542 oder um 0,0026 Grm. zu, als das Metall 4 Stunden lang bei 100^ mit Wasserstoff beladen wurde. Diese Gewichtszunahme entspricht nur 29,01 GC. Wasserstoff bei 0^ und unter 760 MM. Druck. Das nachher wirklich von dem Palladium weggenommene Gas betrug nicht mehr als 34,2 GC. bei 19^ und 758 HM. Druck, entsprechend 31,84 CC. bei (fi und 760 MH. Druck. Die ganze Menge des abgesaugten Gases (das 68 fache Volum von dem des

Metalls) ergab sich hier ungewöhnlich klein, aber sie ent- spricht nahe genug dem aus der Gewichtszunahme des Pal- ladiums sich berechnenden Volum. Bei dem Palladium wie bei dem Platin wird das Absorptionsvermögen für Wasser- stoff durch die Schmelzung des Metalles verringert.

6) Für eine Quantität ahnlicher PaUadium-FoIie, welche mit Wasserstoff beladen war, ergab sich die Menge des ein- geschlossenen Gases nach 42 stündigem Liegen an der Luft von 20,7 CC. auf 16,2 CC. verringert. Hiernach ist anzu- nehmen, dafs der verflüssigte Wasserstoff, mag er nun durch die Substanz des Metalls oder in den Poren desselben zurück- gehalten sein, bei gewöhnlicher Lufttemperatur langsam ab- dunstet; die Temperatur war 19®, der Barometerstand 752 MH.

7) Als schwammiges Palladium, durch Glühen der Cyan- Verbindung erhalten, in Wasserstoffgas auf 200® erhitzt worden und in demselben Gas 4 Stunden lang erkalten gelassen war, ergab sich , dafs das Metall sein 686 faches Volum Wasser- stoff aufgenommen hatte.

Scheidung der Gase durch collotdale Scheidewände. 57

Bei ähnlicher Bebandlungp mit almospharischer Luft zeigte das schwammige Palladium kein Absorptionsvermögen für SauerstolDP oder Stickstoff.

Der in Palladiam-Schwamm oder Palladium-Folie con- densirte Wasserstoff zeigt sich mit gesteigerten chamischen Verwandtschaften begabt. Als solches Palladium in verdünnten Lösangen der folgenden Substanzen 24 Stunden lang im Dunkeln bei gewöhnlicher Temperatur sich befand, war die Wirkung des eingeschlossenen Wasserstoffs zu beobachten :

Eisenoxydsalze wurden zu Eisenoxydulsalzen.

Ferridcyankalium wurde zu Ferrocyankalium.-

In Wasser absorbirtes Chlor wurde zu Chlorwasserstoff.

In Wasser gelöstes Jod wurde zu Jodwasserstoff*). Abgesehen von dem Wasserstoff zeigt das schwamm- förmige Palladium ein besonderes Auswählungs- und Absorp- tionsvermögen für Alkohol vor dem für Wasser. 30 Grm. solchen Schwammes wurden mit 9,5 CC. verdünnten Alkohols von 0,893 spec. Gew. 51 Stunden lang in einer zugeschmolzenen Glasröhre in Berührung gelassen ; die bis auf 3,9 CC. abge- gossene überstehende Flüssigkeit besafs nun das spec. Gew. 0^901, wahrend der von dem Palladium zurückgehaltene Theil nach dem Abdestilliren das spec. Gew. 0,885 ergab oder sich merklich concentrirt erwies. Diese chemische Wirkung desPalladium-Schwammes wurde wiederholt bestätigt gefunden. Platin-Schwamm anderer Seits ergab kein Anzeichen eines solchen Trennungs- Vermögens; und ebensowenig das aus dem Oxyd mittelst Wasserstoff reducirte schwammige Eisen. 8) Vielleicht mit dieser chemisch- molecularen Wirkung des Palladiums in Zusammenhang stehend ist das ungleiche

*) Das Vermögen des mit Wasserstoff beladen en Platinschwarz, den Wasserstoff anf eine organische Verbindung zu übertragen, ist Tor Enrsem von P. de Wilde beobachtet worden; vgl. diese Annalen Sappl.-Bd. IV, 878 .

58 Oraharrij über die Absorption und dialytisohe

Absorptiönsvermdgen , welches Palladiaro'- Folie gpeg>eiifiber verschiedenen Flüssigkeiten zeigt Als eine Quantität Palladiam-» Folie, welche durch 1000 Gew.-Theile ausgedruckt sein mag, in verschiedene Flüssigkeiten eine Stunde lang eingetaucht und dann durch Pressen zwischen Fliefspapier während weniger fiecunden getrocknet wurde , ergaben sich folgende Mengen Flüssigkeit als in den Poren des Hetalles zurCkdE^ gehallen < ,

Wasser 1,18 Qew.-Th.

Alkohol (0,802 spec. Gew.) 5,5 ^

Aether 1,7 »

Aceton (0,794 spec. Gew.) 0,54 ,

Gljterin 4,5 » »

r

Benzol ! 8,5

Oel' von Büfsen Mandeln 18,1

RicSnusöl 10,2 ,

Dafs* der Alkohol in betrachtlicherem Mafse eindringt, aR das Wasser, spricht sich hier deutlich aus. Auch für flüssigen "Wasserstoff wurde sich herausstellen, dafs er durch Palladium-Folie in bedeutender Menge absorbirbar ist. Er würde dann auch von anderen Gasen (oder Flüssigkeiten) durch die Palladium-Poren scheidbar sein, wie Alkohol vom

Wasser.

Legiruny aus 5 Th. Palladium und 4 Th. Silber, Auch auf diese Legirung des Palladiums erstreckt sich das Vermögen, Wasserstoff zu absorbiren. Ein etwa 180 MH. langes, 31 MM. breites und 74,3 Grm. wiegendes Blech aus dieser Legirung wurde gebogen, so dafs es in eine weite Porcellanröhre hineinging, welche nöthigenfalls ausgepumpt werden konnte. Das Volum der Palladium - Legirung war 6,21 CG. Das Metallblech wurde in die Porcellanröhre ge- bracht und Wasserstoff eine Stunde lang bei Dunkelroth- gluhhitze über es geleitet; dann liefs man es in demselben

Scheidung der Oase durch colUndaU Scheidewände.^ 59

6ts langsam erkalten. Als das Metall herausgenommen und uilersucht wurde, zeigte es sich nicht bemerklich verändert. Um das absorbirte Gas heraus zu bekommen, wurde das Metall in der Porcellanröhre mittelst Gasflammen erhitzt, und die Röhre war wie gewöhnlich mit der SprengeTschen Pumpe verbanden. In 7 Minuten nach dem Anzünden des Gasofens wurden 24 CC. Gas aufgesammelt, in weiteren \% Minuten 80,71 CC, und dann noch in weiteren 75 Minuten 36,75 CC, also zusammen 141,16 CC Von dieser Gasmenge wurden bei der Untersuchung 127,74 CC als Wasserstoff befunden; das Uebrige war Stickstoff und stammte ohne Zweifel aus der nicht vollständig ausgepumpten weiten Porcel- lanröhre. Die Pallad ium-Legirung hatte also, in Form eines dicken Blechs, ihr 20)5faches Volum, gemessen bei 18,2^ und 756 MM. Druck, eingeschlossen.

Diese Palladium-Legirung wird bei dem Erhitzen kry- staliinisch und scheint zugleich von ihrem Absorptions- vermögen beträchtlich einzubufsen.

Es lafst sich aus den hier mitgetheilten Versuchen die Schlufsfolgerung ziehen, dafs geschweifstes Palladium, in der Form von dünner Folie, Wasserstoff leicht und zwar mehr als das 600 fache Volum von dem des Metalls bei einer unterhalb des Siedepunktes des Wassers liegenden Tempe- ratur absorbirt, mehr als das 500 fache Volum bei 245^ und weniger bei höheren Temperaturen; immer wenn das Metall von Wasserstoff unter dem gewöhnlichen Druck der Atmosphäre umgeben ist. Wasserstoff wird auch in beträcht- licher Menge, wenn auch weniger constant^ bei gewöhnlicher Temperatur absorbirt. Andererseits beginnt Palladium, wel- ches bereits mit Wasserstoff bei oder unter 100^ und unter dem Druck der Atmosphäre gesättigt ist, Gas auszugeben, wenn es bei der ursprünglichen Absorptionstemperatur atmo-

60 ^ Orahamy über die Absorption und dialydsche

phärischer Luft oder dem leeren Räume ausgesetzt wird; und bei 200^ C. wird das Gas willig entlassen.

Es ist wahrscheinlich , dafs der Wasserstoff in dem physikalischen Zustand einer Flüssigkeit in das Palladium eingeht, mag nun der Vorgang sich als ein der Dnrchtrankung des colloidalen Caoutchoucs durch Aether. Chloroform und solche Lösungsmittel analoger erweisen, oder mag eine ge- wisse Porosität in der Structur des Palladiums das Bedingen<le sein. Die Porosität des Metalles wird als der Art voraus- gesetzt, dafs sie den Moleculen von Flüssigkeiten* aber nicht denen von Gasen den Eintritt gestattet. Nun haben die zahlreichen flüssigen Verbindungen, welche, aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen, alle ungefähr dieselbe Dichtigkeit : im Allgemeinen eine etwas kleinere als die des Wassers. Es ist kein Grund zu vermuthen, dafs die Dichtigkeit des flüssigen Wasserstoffs beträchtlich von der der Kohlenwasser- stoffe verschieden sei; aber das auffallend kleine specifische Gewicht des Wasserstoffgases mufs damit im Zusammenhange stehen, dafs flüssiger Wasserstoff im Vergleich zu jenen Kohlenwasserstoffen oder überhaupt zu jeder anderen Sub- stanz ein unverhältnifsmäfsig grofses Volum Dampf liefert. Die Absorption des Wasserstoffs durch Palladium wird sich also weniger alles Hafs übersteigend grofs ergeben, wenn man sie als die Absorption einer höchst flüchtigen und der Bildung eines äufserst leichten Dampfes fähigen Flüssigkeit betrachtet, als wenn man sie als die eines Gases sich denken will.

Eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Beobachtung, wie Wasserstoff durch eine compacte Platte aus Palladium von 1 MM. Dicke hindurchgeht, wurde durch eine von Hm. Hatthey verfertigte Röhre aus diesem Metalle gewährt. Diese Röhre soll aus Palladium nahe bei dem Schmelzpunkte dieses Metalles geschweifst worden sein. Die Länge der

Scheidung der Oase durch coüoidale Scheidewände. 61

Röhre betrugt 115 HM., ihr innerer Durchmesser 12 MM., die Dicke der Wandung 1 HM. und die aufsere Oberfläche 0,0053 Quadratmeter. Sie war an beiden Enden durch auf- gelothete dicke Platinplatten geschlossen; die eine der beiden Platten war durchbohrt und hier mit einer langen dünnen Platinröhre versehen, durch welche der innere Baum der Palladiumröhre luftleer gemacht werden konnte.

Die geschlossene Palladiumröhre erwies sich nun bei dem Auspumpen mittelst der SprengeTschen Röhre als luftdicht bei gewöhnlicher Temperatur, bei 260^ und bei einer der Dunkelroth-Glöhhitze nahe kommenden Temperatur, wenn die Röhre aufsen von atmosphärischer Luß umgeben war. Als an der Stelle der letzteren Wasserstoff die Palladiumröhre ▼on Aufsen umgab; blieben die Wandungen derselben auch noch bei niedrigeren Temperaturen undurchdringlich. Kein Wasserstoff drang bei 100^ innerhalb 3 Stunden in das Innere der Röhre ein. Als mittelst eines Oelbades die Temperatur allmälig auf 240^ gesteigert wurde, begann Wasserstoff durch das Metall hindurchzugehen, und in allmälig zunehmender Menge bei Steigerung der Temperatur bis 265^ Der Wasser- stoff trat dann stetig im Betrage von 8,67 CG. in 5 Minuten m die Röhre ein; diefs entspricht einem Betrage von 327 CG.

für 1 Quadratmeter Oberfläche in 1 Minute. Als die Tem-

*

peratur bis nahe zum Rothglähen gesteigert wurde, wuchs die Menge des eintretenden Wasserstoffs auf 11,2 CG. in 5 Minuten, entsprechend 423 GG. für 1 Quadratmeter in 1 Minute.

Als die Palladiumröhre mit Steinkohlengas umgeben war, begann etwa bei derselben Temperatur Gas durch das Metall hindurchzugehen, und bei 270^ betrug die Menge des hin- durchgehenden Gases 57 GG. für 1 Quadratmeter Oberfläche in 1 Minute. Das hindurchgegangene Gas hatte Nichts mehr von dem Gerüche des Steinkohlengases; es enthielt keine

62 Graham t über die Abaorption und dialytiache

Spur Kohlenstoff und erwies sich als ganz reiner Wasserstoff. Dafs man das letztere Gas mittelst einer aus Platin oder Palladium bestehenden Scheidewand so rein abscheiden kann, ist eine höchst merkwürdige Thatsache. Vermuthlich liefst sich mittelst des hohlen Palladiumcylinders der in einer gasförmigen Mischung enthaltene Wasserstoff quantitativ be- stimmen.

bt das Vermögen, die genannten Metalle zu durchdringen, ausschliefslich dem Wasserstoff zukommend? Vor Kurzem hat Dr. C. Wetherill*) die Vermuthung ausgesprochen, dafa das Aufschwellen des Ammoniumamalgams ganz und gar auf dem Zurückhalten von Wasserstoffgasblasen beruhe; hiernach würde der Wasserstoff eine eigenthümliche Anziehung zu Quecksilber besitzen. Auch daraus, wie leicht dasselbe Gas durch die Platinmetalle zu einer Flüssigkeit verdichtet wird, ist auf eine machtige gegenseitige Anziehung zu scbliefsen. Der einzige andere flüchtige Körper, für welchen beobachtet wurde, dals er ahnlich wie Wasserstoff durch ein Palladium- blech hindurchgehen könne, ist gewöhnlicher Aether, und kommt dem letzteren diefs Vermögen bei gewöhnlicher Tem- peratur zu, wo Wasserstoff noch nicht durch dieses Metall hindurchgeht. Das Palladium wurde in der Form von Folie angewendet. Wenn auch dünne Folie, welche aus Palladium geschlagen ist, meistens sichtbar porös ist und Luft wie ein Sieb hindurchgehen läfst, war diefs doch nicht mit dem Stück ausgewählter Palladium - Folie der Fall, welches zu den fol- genden Versuchen diente. In einem mittelst einer Scheibe aus dieser Folie geschlossenen Diffusiometer blieb eine 40,5 HH. lange Luftsaule über einer verticalen Quecksilber- saule von 155 MH. Höhe 24 Stunden lang, ohne dafs das Quecksilber in der Röhre sank. Die Luft wurde mittelst

*) American Journal of 8ci«nce, Vol. XLU, Nr. 124.

Scheidung der Gase durch coUoidale Seheidewände. 63

Äetzki^stücken getrocknet, drang aber doch nicht dturch das PaUadin« hindurch. Trockenes Wasserstoffgas wurde dann auf die obere Flache der Palladiumscheibe geleitet, aber auch dieses Gas drang wahrend mehrerer Stunden nicht hindurch. Aether befeachteto Baumwolle wurde jetzt auf die Scheibe gelegt, und nun begann, nach 8 Minuten, die in der Röhre enthaltene Luft sich auszudehnen; nach weiterem Verlauf Ton 1 Stuade waren die ursprünglichen 40,5 Vol. einge- schlossener Luft zu 90,4 Vol. geworden (die Temperatur war 18,5^ der Barometerstand 758 MM.), und nua hörte die Assdehjiung auf. Die Vergröfserung des Volums ergab sich als ganz auf dem Eintreten von Aetherdampf beruhend, welcher durch ein mit Schwefelsaure beladenes Kugelchen absorbirbar war. Weshalb sich Wasserstoff unfähig erwies, unter diesen Umstanden durch das Palladium zu dringen, ist schwer zu sagen. Es lafst sich nur denken, dafs die Palla- dium-Folie vorher an ihrer Oberfläche ein dünnes Hautchen

c

einer fremdartigen Substanz condensirt hatte, welches das Palladium dem Wasserstofi aber nicht dem Aetherdampf gegen- über inacUv machte.

Andererseits scheint das Durchdringungsvermögen des Wasserstoffs, welches hier auf eine Verflüssiguiig dieses Gases zurückgeführt wurde, nicht lediglich auf metallische Scheidewände beschränkt zu sein. Man hat Grund zu ver- muthen, dafs bei der Diffusion durch eine Graphitpiatte Wasserstoff in kleiner Menge als Flüssigkeit hindurchgeht, ohne entsprechende Diffusion von Luft im entgegengesetzten Sinne. Daher rührt wohl, dafs der Diffusions-CoefGcient des Wasserstoffs immer zu grofs gefunden wurde, zu 3,876; 3,993 und 4,067 *), statt der der Dichtigkeit dieses Gases in Beziehung auf die der Luft theoretisch entsprechenden Zahl 3,8. Solche

*) Vgl. dieM Annaleu CXXXl, 89.

64 Graham^ über die Absorption und dialytische

Erscheinungen der Penetration von Gasen lassen eine Ab- stufung in der Porosität vermuthen. Es ist anzunehmen, dafs es 1) Poren giebt, durch welche Gase unter Druck oder in Folge von Capillar- Transpiration hindurchgehen, wie bei trockenem Holz und mehreren Mineralien; 2) Poren, durch welche Gase nicht unter Druck hindurchgehen, wohl aber auf Grund der ihnen eigenthümlichen Diffusions-Molecular- bewegung, wie bei künstlich zubereitetem Graphit; und 3) Poren , durch welche Gase weder auf Grund von Capillar- Transpiration noch auf Grund der ihnen eigenthümlichen Diffusionsbewegung hindurchgehen, sondern nur nach vor^ gängiger Verflüssigung, wie z. B. durch die Poren von ge* hämmerten Metallen oder durch die feinsten Poren von Graphit.

Osmium ^Iridium. Eine 2,528 Grm. betragende Menge kleiner Körner von Osmium -Iridium wurde in derse}ben Weise, wie sie für die im Vorhergehenden besprochenen Metalle angewendet worden war, bei allen Temperaturen von der Rothglühhitze abwärts der Einwirkung von Wasserstoff ausgesetzt. Dann wurde das Osmium-Iridium wieder in einem mittelst der Sp r en- ge l'schen Pumpe luftleer gemachten Räume zum Rothglühen erhitzt, um den etwa absorbirten Wasserstoff auszutreiben. Aber nur 1 oder 2 Gasblasen, zu klein um gemessen zu werden, gingen bei Rothglühhitze innerhalb 15 Minuten über. Das ;Osmium- Iridium zeigt also kein Absorptionsvermögen für Wasserstoff, und dieses Resultat steht in Ueberein- stimmung mit dem krystallinischen Character der ersteren Substanz.

Kupfer, Das Vermögen, Gase einzuschliefsen; scheint nicht in der Klasse der Metalle auf Palladium und Platin beschrankt

Scheidung der Gase durch collcndale Scheideunoände, 65

zn sein. Die so genauen Versuche von Dumas, durch welche die Atomgewichte der wichtigsten Elemente festge- stellt wurden^ geben eine Andeutung dafür, dafs WasserstofF- gas durch schwammförmiges ,' aus dem Oxyde reducirtes metallisches Kupfer absorbirt werde, in solcher Menge dafs

diefs auf das Gewicht des Metalls bis zu j,q^ etwa von

Einflufs sein kann*).

«

i) Um das für das Ausziehen von absorbirtem Gas bei den vorstehend besprochenen Metallen befolgte Verfahren wiederum in Anwendung zu bringen, wurde so viel Kupferoxyd mittelst Wasserstoff reducirt, als der Rechnung nach 50 Grm. metallisches Kupfer geben mufste. Das reducirte Metall wurde wiederum in einem Strome von trockenem Wasserstoff zum Rothglühen erhitzt und langsam erkalten gelassen. Dann wurde das Metall, nachdem es einige Minuten der Luft frei ausgesetzt gewesen war, bei Rothgluhhitze mittelst der Sprengel'schen Pumpe auf etwa absorbirtes Gas unter- sucht. Es gab hierbei in einer Stunde 3,35 CG. Gas (in der Kälte gemessen) auS; welches sich als reiner Wasserstoff er- wies (die Explosion mit Sauerstoff gab 3,4 Wasserstoff an). Setzt man das spec. Gewicht der Kupfers zu 8,85, so wurde das Volum von 50 Grm. dieses Metalles 5,65 CG. betragen und das Resultat also sein, dafs 1 Vol. schwammförmiges reducirtes Kupfer 0,6 Vol. Wasserstoff einschliefst. Da Wasserstoff etwa 12000 mal so leicht ist als Kupfer (bei 15^),

^ Annales de chimie et de phjBique [3] ¥111,206. Melsens* Be- obachtungen zeigen, dafs 240 Grm. Kupfer etwa 0,007 Grm. Wasserstoff anfnehmen können, und dafs am Meisten Wasserstoff aufgenommen wird, wenn das Kupferoxyd durch Wasserstoff bei niedriger Temperatur reducirt wird. Bei nachheriger Oxydation des Kupfers tritt das absorbirt gewesene Gas nicht plötzlich, sondern nur allmälig aus.

AnoAl. d. Chem« u. Phann. V. Sapplementbd. 1. Heft. 5

66 Oraham, über die Ahsorption und diafytiache

so ist dann 1 Gew.^Theii des Gases durch 20000 Gew.-Theile des Metalls aufgenommen worden.

2) Dasselbe Gewicht und Volum von sorgfältig gereinigtem Kupferdraht wurde der Einwirkung von Wasserstoff bei Roth- gltthhitze ausgesetzt and dann eine Stunde lang ebenso auf absorbirtes Gas untersucht. Es gab 2,6 CC. Gas, von welchen 2 CC. aus Wasserstoff und die übrigen 0,6 CC. hauptsäch- lich aus Kohlenoxyd bestanden. Es schliefst hiernach 1 Vol. verarbeitetes Kupfer 0,306 Vol. Wasserstoff ein. - Enthält ein solches Hetall, wie verarbeitetes Kupfer, kleine Mengen von Kohlenstoff und Sauerstoff, so ist damit offenbar ein Grund dafür gegeben, dafs bei dem Erhitzen sich Kohlenoxyd bilden und entwickeln könne. In dieser Art entstandenes Gas war wohl bei dem letzten Versuche dem eingeschlossen gewesenen und abgesaugten Wasserstoff beigemischt.

GoU.

i) Eine gewisse Menge Gold wurde aus dem auch für die folgenden Versuche angewendeten Scheidegold in Röll- chen {^Cornetten) mittelst Oxalsäure ausgefällt. Das Gold wog 93,3 Grm., und sein Volum betrug 4,83 CC, wenn man das specif. Gewicht des Hetalles = 19,31 annimmt. Als es ohne weitere Behandlung zum Rothglühen erhitzt und abge- saugt wurde, gab das reducirte Gold 3,4 CC. Gas, welches man also als gewöhnlich in Gold, das in der angegebenen Weise reducirt wurde, enthalten betrachten kann. Diefs ent- spricht 0,704 Vol. Gas auf 1 Vol. Gold. Das in dem ge- fällten Golde eiageschlossen gewesene Gas ergab bei der Analyse :

0,05 CC. Baaentoff 1,50 ff Kohknsäare 1,85 9 KohUnoxyd u. a.

8,40.

Scheidung der Oase durch coUotdale Scheidewände. 67

2) Von den ttraprönglichen, aus feinem Scheidegold be- stehenden Cornetten, von Goldproben welche einige Monate früher ausgeführt worden waren, wurden 93,3 Grm., also Ton 4,83 CG. Volum, ohne irgend welche vorgangige Be^ handlung dem Absaugen bei Rothgluhbitze unterworfen. Das Gold gab in der ersten halben Stunde 9,45 CG. Gas aus, und in der zweiten halben Stunde 0,8 GG., also im Ganzen 10,25 CG. Es hatte hiernach 1 Vol. von dem Goldblech 2,12 Vol. Gas enthalten. Dieses Gas bestand aus

6,70 CO. Koblenoxyd 1,60 ,1 Kohlensäare 1,58 n Wasserstoff 0,44 Stickstoff 0,03 « Verlast

10,25

Die Gornelten scheinen nicht immer wiederum so viel Gas aufzunehmen, als sie zuerst in der ProbirmulTel aufge- nommen hatten. Es ergiebt sich, dafs das Gewicht einer

2

Gold-Cornette etwa um jqqqq durch das Gewicht des ein- geschlossenen Gases vergrdfsert ist« Da das Gold auöh 7 bis 8 Theile Silber in 10000 Theilen zurückhält, so ist also

die absolute Menge Gold in einer Gornette um ,^qq kleiner,

als es die Visage angiebt. Die Genauigkeit der gewöhnlichen Goldprobe wird hierdurch nicht widerlegt, denn die^e wird

4

immer vergleichungsweise zu Gold von bekannter Zusammen- setzung ausgeführt und ist deshalb relativ richtig.

3) Dasselbe Volum solcher Gold - Gornetten, im Betrage von 4,83 GG. gab, nach vorgängigem Erhitzen in Kohlen- oxydgas, nachher 1,6 CG. eingeschlossen gewesenes Gas aus, welches bestand aus :

1,4 OC. Kohlenozyd 0,2 Kohlenifture

1,6

68 Graham, über die Absorption und dialytüche

4) Als dieselbe Hasse von Gold-Cornetten in Wasser- stoffgas erhitzt worden war, gab sie dann in einer Stunde 2,7 CG. Gas aus, welches sich folgend er mafsen zusammen- gesetzt zeigte :

2,84 CC. Wasserstoff 0,36 Stickstoff u. a.

2,70

Das Vermögen dieses Metalles, Wasserstoff einzuschliefsen, macht sich hier sehr bemerklich. 1 Vol. des Metalles hatte 0,48 Vol. Wasserstoff aufgenommen. Dasselbe Gold, aufgelöst und dann gefallt, wurde auch als fähig befunden, 0,44 Vol. Wasserstoff einzuschliefsen.

5) Dieselbe Masse von Gold-Cornetten, in Kohlensäure- gas erhitzt, gab nachher in einer Stunde 1,05 CC. Gas aus, in welchem Barytwasser die Anwesenheit von 0,78 CC. Kohlen-

«

saure nachwies.

Die mit Gas beladenen Cornetten waren immer einige Zeit dem freien Zutritt der Luft ausgesetzt gewesen, bevor das in ihnen eingeschlossene Gas ausgetrieben und gemessen wurde, so dafs alles nur lose anhangende Gas entweichen konnte.

6) Dieselben Gold-Cornetten wurden in einem Strome von trockener Luft erhitzt und abkühlen gelassen, ebenso wie bei den Versuchen mit anderen Gasen verfahren worden war. Die in einer Stunde ausgegebene Luft betrug in zwei verschiedenen Versuchen 1,15 und 0,95 CC. Das bei dem zweiten Versuch erhaltene Gas ergab :

0,82 CC. StickstofF entspr. 86,8 pC. . 0,08 Kohlensäure 8,4

0,05 » Sauerstoff 5,3 .,

0,95 100,0.

Die ganze Menge der eingeschlossenen Luft betragt 0,2 von dem Volum des Goldes und das Gas besteht haupt-

Scheidung der Oase durch coUmdcde Scheidewände. 69

sachlich aus Stickstoff. Die In^iflFerenz des Goldes gegen- über dem Sauerstoff ist bemerkenswerth und steht in auffal- lendem Gegensatz zu dem Vermögen des Silbers, dasselbe Gas einzSchliefsen.

Silber.

1) Feines Silber, in der Form von Draht, welcher 2 HM. dick und dessen Oberfläche gehörig gereinigt war, wurde zuerst für sich allein in der Porcellanröhre erhitzt und dann das Gas mittelst der Sprengel 'sehen Pumpe in gewöhn- licher M^eise abgesaugt. Das von diesem Metall in solcher Weise erhaltene, bereits in ihm steckende Gas betrug nur wenig und schien fast ganz innerhalb einer Stunde ausge- geben zu werden. Der Silberdraht wog 108,8 Grm. und sein Volum betrug 10,37 CG., wenn wir das specif. Gewicht des reinen Silbers zu 10,49 annehmen. Das so erhaltene Gas betrug

2,2 CC. in 80 Minaten Ö|Ö » » » n

3,0 , in 1 Stande.

Das Gas bestand aus :

2,4 CC. Kohlensäure 0,6 Kohlenozjd

*■ 8,0.

Hiernach hielt der Silberdraht sein 0,289 faches Volum Gas eingeschlossen und bestand dieses Gas hauptsächlich aus Kohlensäure. Doch liegt Grund vor zu der Vermuthung^ dafs das eingeschlossene Gas ursprünglich Sauerstoff gewesen und dieser bei der Austreibungs- Temperatur durch Einwirkung auf eine Spur Kohlenstoff, welche in dem Silber enthalten war, zu Kohlensäure umgewandelt worden sei.

2) Dieselbe Quantität Silberdraht wurde nun mit Wasser- stoff beladen , durch Erhitzen bis zum Rothgluhen und

70 Oraham, über die Absorption und diätetische

nachheriges langsames Brkaltenlassen in diesem Gas. Das herausgezogene Gas betrug nun :

2,3 CC. in 45 Minuten

0,2 » 15 ^ «

2,5 ,1 in 1 Stande.

Das Gas bestand aus :

2,2 CC. Wasserstoff 0,3 Stickstoff Q. a.

2,5.

Das feine Silber hatte somit sein 0,211 faches Volum Wasserstoff eingeschlossen. Das Metall hatte ein^ schönes mattes Ansehen an seiner Oberflache angenommen, und durch wiederholtes Erhitzen wurde ^ es krystallinisch und spröde.

3) Dieselbe Hange Silber wurde nun mit Sauerstoff be- laden. Das eingeschlossen gewesene Gas, welches bei dem Absaugen austrat, betrug nun :

7.5 CC. in 30 Minuten 0,8 n n n n

7,8 in 1 Stande.

Das Gas bestand aus :

7.6 CC. Sauerstoff

0,2 Stickstoff u. a.

7,8.

Das Silber enthielt somit sein 0,745 faches Volum Sauer- i^toff eingeschlossen. Dieses Gas war , wie der Wasserstoff im Platin, in dem Metall bei allen Temperaturen unterhalb der beginnenden Rothglähhitze dauernd fixirt. Es nahm der Oberfläche des Silbers nicht ihren blanken Hetallglanz, noch war irgend ein anderes Anzeichen dafür bemerkbar, dafs das Metall einer Oxydation unterlegen habe.

4) Dieselbe Portion Silber wurde, nach dem Auflösen in SSure als Chlorsilber niedergeschlagen und wiederum zu Metall reducirt, atmosphärischer Luft bei Roihglühhitze aus-

Scheidung der Gase durch collmdale Seheidewände. 71

gesetzt und nachher im luftleeren Raum erhitzt. Das aus- gegebene Gas betrug :

5,56 CC. in 15 Minuten 0,30 n n r, n

5,86.

Von diesem Gas wurden 5,56 CC, oder fast die ganze Menge, als Sauerstoff nachgewiesen; d. h. das Silber hielt sein 0,545 faches Volum Sauerstoff eingeschlossen* Dieses Silber war aus dem Chlorid rein dargestellt worden und ent^ hielt keine Spur Kupfer.

Wenn Silber, wie es zu englischen Silbermün^n ver* wendet wird (d. i. 7,5 pC. Kupfer enthaltend), der Einwirliung von Luft oder Sauerstoff bei Dunicelrothglöhhitze ausgesetzt wird, so färbt es sich in Folge der Oxydation des Kupfers aii seiner Oberfläche fast schwarz. Silberdraht in diesem ge- schwärzten Zustand gab , dann im leeren Raum erhitzt, sein mehrfaches Volum an Sauerstoff aus. Zu gleicher Zeit ver- schwand ein grofser Theil des oberflächlich vorhandenen Oxydes. Es schien, als ob die Operation auf die Beduction des an der Oberfläche befindlichen Kupferoxydes hinwirke, Sauerstoff frei und das Kupfer durch das Silber aufgenommen werde.

5) Aus dem Oxyd reducirtes schwammförmiges Silber, weiches als rein betrachtet aber nicht analysirt wurde, schlofs bei aufeinander folgenden Versuchen sein 6,15-, 8,05- und 7,47 faches Volum Sauerstoff ein, ohne dafs sich das Aus- sehen der Oberfläche sichtlich änderte. Kann das Anziehungs- vermögen oder die Verwandtschaft des Silbers zu Sauerstoff, wodurch das Metall befähigt wird dieses Gas einzuschliefsen, durch die Anwesenheit einer blofsen Spur eines positiven Metalles wie Kupfer erhöht vi^rden?

6) Dieselbe Menge gefritteten Silbers wurde, in auf- einander folgenden Versuchen, als die folgenden Mengen verschiedener Gase einschliefsend befunden :

72 Graham, über die Absorption und dialytische

0,907 Vol. Wasserstoff 0,938 n

0,486 n Kohlensäure 0,545 , 0,156 ri Kohlen oxyd.

Wasserstoff und Kohlensäure ebensowohl als Sauerstoff werden also durch dieses Silber in gröfserer Menge aufge- nommen, als durch die vorher zu den Versuchen angewendeten Proben dieses Metalles.

7) Von stark ausgewalztem reinem Silber wurden 500 Blätter, .im Gewichte von 12,5 Grm., der Luft bei Rothgluh- hitze ausgesetzt und dann bei derselben Temperatur abge- saugt. 1 Vol. Silber gab 1,37 Vol. Sauerstoff, 0,20 Vol. Stick- stoff und 0,04 Vol. Kohlensäure ab.

Es scheint, dafs Silber sich gegenüber dem Sauerstoff in einer ähnlichen Weise verhält, wie Platin, Palladium und Eisen sich dem Wasserstoff gegenüber verhalten. Das Ver- mögen des Silbers und der Bleiglätte, im geschmolzenen Zu- stande Sauerstoff zu absorbiren und bei dem Erstarren dieses Gas entweichen zu lassen, steht vielleicht in Zusammenhang mit dem beobachteten Vermögen des colloldalen Metalles, durch Hitze erweicht dasselbe Gas, wenn auch in geringerer Menge, zu absorbiren.

Eisen.

Dafs Wasserstoff durch das Eisen hindurchdringt, ist durch Deville und Troost ebenso bestimmt erwiesen als die Durchdringbarkeit des Platins. Eine dünne Röhre von Gufsstahl, von 3 oder 4 HM. Dicke, welche Wasserstoffgas enthielt, war von Luft oder Stickgas umgeben, welches letz- tere Gas in einem ringförmigen Räume zwischen der er- wähnten Stahlröhre und einer weiteren äufseren Porcellan- röhre circulirte. Bei Abwesenheit irgend welcher sichtbarer

Scheidung der Gase durch coUmdale Scheidewände. 73

Poren in dem Stahl ging doch der Wasserstoff darch die Substanz dieses Metalles hindurch und trat in den ringförmigen Zwischenraum ein, sobald das Röhrensystem zum Rothglühen erhitzt wurde. Ein annähernd wenn nicht vollkommen leerer Raom stellte sich im Innern der Eisenröhre her*). Bei einer anderen Anordnung des Versuches trat Kohlenoxyd, aus nicht bestimmter nachgewiesener Quelle stammend, im Innern der Eisenröhre auf, namentlich wenn die Temperatur sehr hoch gesteigert war**).

Schmiedeeisen in der Form von dünnem, etwa 4 HM. dickem Draht (Nr. 23) 'wurde, nach vorgängigem sorgfältigem Reinigen mittelst ätzenden Alkali's und Wasser, für sich in der luftleer gemachten Porcellanröhre erhitzt, um etwa bereits in ihm enthaltenes Gas herauszuziehen.

i) Von dem eben besprochenen Eisendraht wurden 46 Grm., deren Volum 5,9 CG. betrug wenn das specifische Gewicht des Metalles zu 7^8 angenommen wird, mittelst des offenen Verbrennungsofens erhitzt. Gas trat bei der Roth- glöhhitze aus :

1) in 15 Minuten 15,6 GG., worin 3,5 GG. oder 22,4 pG. Kohlensäure;

2) in 15 Minuten 7,17 GG., worin 0,52 GG. oder 7,2 pG. Kohlensäure. Das Gas von dieser und von den fol* genden Stadien des Versuches brannte nun mit blauer Flamme und bestand hauptsächlich aus Kohlcnoxydgas;

3) in 30 Minuten 10,4 GG., in welchen 6,86 CC. Kohlen- oxyd;

4) in 30 Minuten 8,16 GG., worin 042 GG. oder 1,4 pG. Kohlensäure;

5) in 30 Minuten 5,52 GG., worin 0,03 GG. oder 0,5 pG. Kohlensäure.

•) Compt. rond. LVII, 965 (1863) (diese Annalen CXXX, 264). •*) Compt. rend. LIX, 102 (1864).

74 Graham, über die Absorption und dialytiscke

Es gfaben also 46 Grm. Eisen innerhalb 2 Stunden 46,85 CC. Gas, gemessen bei 15^ C, aus, oder 1 Vol. Eisen lieGs 7,94 YoL Gas austreten, welches etwa zu Vs aus Kohlenoxyd bestand ; und das Metall schien noch nicht alles Gas ausgegeben zu haben. Das Eisen enthalt wahrscheinlich kleine Mengen Kohlenstoff und Sauerstoff, beide in chemischer Verbindung mit dem Eisen; und das ausgegebene Gas mag theilweise von einer chemischen Einwirkung dieser Elemente auf einander bei Rothglühhitze herstammen.

2) Bei einem anderen ahnlichen Versuche mit 32 Grm. reinen Eisendrahtes (Nr. 21); dessen Volum 4,1 CC. betrug, wurde das Eisen in einer engen Glasröhre erhitzt, um jeden Gedanken an Durchdringbarkeit der aufseren Röhre, welche man etwa bei Anwendung einer Porcellanröhre vermuthen könnte, auszuschliefsen. Das Eisen gab in ziemlich gleich- mäfsiger Weise Gas aus, und zwar in einer Stunde 29,8 CO., Yon welchen 4,44 CC. Kohlensaure und der Rest hauptsäch- lich Kohlenoxyd, mit Wasserstoff und einer Spur eines Kohlen- wasserstoffes, waren. Hier hatte das Eisen sein 7,27faches Volum Gas ausgegeben.

3) Bei einem dritten Versuche mit dünnem Eisendraht (Nr. 23) wurde das Herausbringen des von diesem Eisen ohne weitere Vorbereitung bei Rothglühhitze auszugebenden Gases weiter getrieben. Das Gewicht des Eisens war 39 Grm., sein Volum 5 CC. Das in der ersten und der zweiten Stunde gesammelte Gas betrug 45 CC; in der dritten Stunde kamen 10,85 CC; in der vierten und fünften Stunde 5,65 CC, in der sechsten Stunde 0,9 CC. und in der siebenten Stunde 0,7 CC. Das Eisen schien jetzt nahezu Nichts mehr ausgeben zu können, nachdem von ihm 63,1 CC oder sein 12,55 faches Volun) Gas erhalten war.

Es ist klar, dafs bei Versuchen über die Durchdring- barkeit des Eisens für Gase oder über die Absorption von

Scheidung der Oase durch coUmdale Scheidewände. 75

Gasen durch dieses Metall sichere Resultate erst dann er- halten werden können, nachdem erst die eben besprochenen, bei dem Erhitzen des Eisens fär sich entstehenden oder in ihm prfiexistirendenGase herausgebracht sind. Das bei De- ville*s Versuchen mit eisernen Röhren beobachtete Kohlen- oxyd mag aus derselben Quelle gestammt haben.*)

4) Um die Absorption von Wasserstoff zu beobachten, wurde die nach dem letzten Versuche hinterbliebene Masse Eisen in Wasserstoff zum Rothglühen erhitzt und in dem- selben Gas erkalten gelassen. Das Metall wurde alsdann (wie gewöhnlich) der Luft frei ausgesetzt, damit es allen nur lose anhängenden Wasserstoff abgebe. Als jetzt das darin enthaltene Gas bei schwacher Rothglühhitze mittelst der Sprengel'schen Pumpe abgesaugt wurde, gab das Eisen in einer Stunde 2,5 CC* Gas aus, davon die gröfsere Menge in den ersten 10 Minuten. Diese Gasmenge bestand aus :

2,3 CG. Wasserstoff 0,2 Kohlenoxyd u. a.

2,5.

Das Eisen vermag hiernach sein 0,46 faches Volum Wasser- stoff zu enthalten. Der Eisendraht wurde weifs, wie galva- nisirtes Eisen. Diefs fand sich auch bei einer zweiten Be- obachtung bestätigt, bei welcher ein dickerer Draht sein 0,42 faches Volum Wasserstoff eingeschlossen enthielt.

5) Dieselbe Portion Eisen wurde nun in derselben Weise mit Kohlenoxydgas beladen, in welcher sie vorher mit Wasserstoff beladen worden war. Sie wurde gleichfalls der Lufl frei ausgesetzt. Der Eisendraht blieb weich, wurde

*) Die ans geschmolzenem Gufseisen entweichenden Gase sind durch L. Cailletet untersucht worden. Sie ergaben 49 bis 58 pC. Kohlenozyd, 34 bis 39 Wasserstoff, und 8 bis 12 Stickstoff. Compt. rend. LXI, 850 (1865).

76 Oraham^ über die Absorption uud dialytisShe

auch nicht hart, als er nach dem Erhitzen zum Rothgluhen rasch abgekühlt wurde, und zeigte keine Veränderung im Aussehen oder in der Löslichkeit in Sauren. Das vermittelst der SprengeTschen Pumpe aus dem Metall herausge- schaffte Gas betrug :

9,45 CC. in 13 Minuten 2,43 >} 5 » 8.05 « ;, 42 « 3,15 •„ 60

23,08 CO. in 2 Stunden.

Von diesen 23,08 CC. wurden 20,76 CC. als Kohlenoxyd nachgewiesen. Reines Eisen ist also fähig^ sein 4,15 faches Volum Kohlenoxyd bei Dunkelrothglühhitze aufzunehmen und nach dem Erkalten zurückzuhalten. Diese Thatsache fand sich bei verschiedenen Versuchen bestätigt. Sie erklart theil* weise, wenn nicht ganz, dafs Kohlenoxyd in beträchtlicher Menge in dem Gas enthalten war, welches bei den Versuchen f ), 2) und 3) aus dem keiner weiteren Behandlung unter- worfenen Eisen herausgezogen wurde. Man kann annehmen, dafs während des Verlaufes der Darstellung das Schmiede- eisen sechs- bis achtmal sein Volum Kohlenoxydgas ein- schliefst, welches nachher immer wieder weggeschafft wird. Welchen Einflufs auf die Eigenschaften des Eisens die An- wesenheit einer solchen Substanz ausübt, welche in keiner Weise einen metallischen Charakter besitzt, in so sonderbarer Weise eingeschlossen ist und die Fähigkeit hat, jederzeit wieder bei Einwirkung von Hitze mit der Spannkraft eines Gases aufzutreten das ist ein Gegenstand, welchen Me- tallurgen wohl als der Untersuchung würdig betrachten mögen.

Die Beziehungen zwischen dem Eisen und dem Kohlen- oxyd scheinen ganz eigenthümliche zu sein. Ohne Zweifel sind sie von Bedeutung für den wichtigen Procefs der<S^aA/- bereitung. Der Antheil des Kohlenoxyds bei dem gewöhn-

Scheidung der Oase durch collotdale Scheidewände. 77

liehen Verfahren der Cementation des Ei$ens mittelst Holz- kohle, welcher seit lange durch genaue Beobachter erkannt war, kann jetzt als durch die neueren schönen Untersuchungen Ton Hargueritte *) anfser allen Zweifel gesetzt be- trachtet werden. Bis dahin wurde angenommen, dafs die zersetzende Wirkung des Eisens auf Kohlenoxyd nur an der ittfseren Oberflache des Metalles ausgeübt werde. Es wurde angenommen, dafs ein an der Oberfläche beflndliches Par- ükelchen Eisen einem Aequivalent Kohlenoxyd (C^O^) die Hälfte des darin enthaltenen Kohlenstoffs entziehe, während die übrig bleibenden Elemente als Kohlensaure (CO2) weiter gehen, aus der nachstgelegenen Kohle wiederum Kohlenstoff aufnehmen und damit fähig werden, den ursprünglichen Vor- gang sich wiederholen zu lassen. Man ersieht jetzt, dafs eine solche Einwirkung keineswegs nothwendig auf die Oberfläche der Eisenmasse beschränkt zu sein braucht, sondern durch die Substanz des Metalles hindurch statthaben kann, in Folge vorausgegangener Durchdringung des Metalles durch Kohlen- oxyd. Die directe Berührung und Einwirkung zwischen Kohlenstoff (in der Form von Diamant oder von Holzkohle) und Eisen ist als Cufseisen, und nicht Stahl; hervorbringend zu betrachten. Die durch die Masse hindurch vertheilte Ein- wirkung des Kohlenoxydes erscheint als das geeignete Mittel, dem Eisen durch die ganze Masse desselben hindurch Kohlen- stoff zuzuführen. Das Blasigwerden der Metallstange scheint für die Nothwendigkeit zu zeugen, dafs sich Kohlensäure bilde und entwickele, in Folge der Zersetzung des Kohlen- oxydes in dem Innern der Stange.

Es legt sich nahe zu untersuchen, ob die Stahlbildung nicht durch oft wiederholten Wechsel der Temperatur be- fordert werde. Die niedrigste Rothglühhitze, oder eine selbst

*) Annales de chimie et de pbysiqne [4] VI (1865).

78 Oraham, über die Absorption und dialytischeu.s.to.

noch etwas niedrigere Temperatur scheint die geeignetste dafär zu sein, dafs das Eisen Kohlenoxyd absorbire oder dafs das Metall mit diesem Gas imprägnirt werde; während eine viel höhere Temperatur dafür nölhig zu sein scheint, dafs das Metall das Kohlenoxyd zersetze, sich Kohlenstoff aneigne und zu Stfthl werde. Der Einflufs einer hohen Temperatur ist durch Margueritte sehr klar nachgewiesen worden. Der Procefs der Stahlbereitung, scheint es hiernach, sollte in zwei bestimm) verschiedene, bei sehr ungleichen Temperaturen auszuführende Phasen getheilt werden : erstlich, Kohlenoxyd in das Eisen einzuführen, und dann, das so eingeführte Kohlen- oxyd zu zersetzen. Ware das Kohlenoxyd einmal in das Eisen wirklich eingeschlossen, so könnte man das Metall selbst erkalten lassen und der Luft aussetzen, und das zweite Erhitzen auf eine irgend welche spätere Zeit verschieben. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs solche Temperaturwechsel zufallig während der langen Dauer der gewöhnlichen Stahl- bereitung vorkommen; aber es wäre vortheilhaft, sie zu re- guliren, und die für die Stahlbereitung nöthige Zeit liefse sich wohl abkürzen.

Antimon, als ein in hohem Grade krystallinisches Metall, wurde sowohl über als unter der Schmelztemperatur desselben der Einwirkung von Wasserstoff ausgesetzt und dann in ge- wöhnlicher Weise auf etwa aufgenommenes Gas untersucht. Es liefs sich aber kein Wasserstoff aus ihm herausziehen.

79

Ueber Condensatiou und Polymerie;

von Adolf Baeffer.

Vorläufige Mittheilnng.

Das einzige Condensationsproduct des Aldehyds, welches bis jelzt als solches bekannt war, das Aldehydharz, entspricht seinem Verhalten nach den pecbartigen Substanzen, die sich neben Hesityloxyd und Phoron bei der Condensation des Acetons bilden, und die offenbar durch Verschmelzung sehr vieler Holecule entstanden sind. Die Aehnlichkeit in der ConstitatioD des Aldehyds und des Acetons yeranlafste mich, nach den einfacheren Condensationsproducten des Alde- hyds zu suchen, und es gelang auch, ein solches auf dem- selben Vl^ege zu erlangen, der bei dem Aceton zu diesem Zwecke von mir eingeschlagen worden ist (diese Annalen CXL, 297).

Sättigt man stark abgekühlten Aldehyd mit Salzsäuregas, so wird diefs Anfangs ohne Veränderung absorbirt; bald theilt sich die Flüssigkeit aber in zwei Schichten, in wasserige Salzsäure und Aethylidenoxychlorür. Im Aethylidenoxychlorür C4UKCI2O sind die beiden Aldehydmolecule offenbar durch den Sauerstoff mit einander verbunden, da diese Substanz mit Vl^asser wieder in Salzsäure und Aldehyd zerfällt. Bei ihrer Bildung addirt sich erst Salzsäure und giebt gechlorten Alkohol, der dann unter VTasseraustritt eine Art gechlorten Aethers liefert :

CjH^O + HCl = CjH^CKOH) . 2CÄC1(0H) = cÄci)^ + *^«^-

Dieser mit dem durch Substitution erhaltenen gechlorten Aetber itforner» Körper verwandelt sich unter dem Einflub der Salzsäure rasek weiter. Die Flüssigkeit über der Salz*

80 Baeyer^ über Condensation

säure, wie sie durch Einleiten von HCl in Aldehyd erhalten worden, bräunt sich rasch, wird immer dickflüssiger und verharzt nach etwa 14 Tagen gänzlich. Diefs ist ein Vorgang, der ganz dem Verhalten des Acetons entspricht, und da bei dem letzteren eine wahre Condensation d. h. Verbindung der Holecule durch Kohlenstoff eintritt, so wurde dieser Vor- gang auch beim Aldehyde wahrscheinlich. Um nun Ver- bindungen von Aldehydmoleculen, die wie im Aethyliden- oxychlorur durch Sauerstoff zusammengehalten werden, nicht mit Condensationsproducten zu verwechseln, wurde die aufschwimmende Flüssigkeit nach 2 Tagen mit PCI5 behandelt und in der That ein constant bei 150 bis 160^ siedendes sauerstofffreies Product erhalten. Diese nach Terpentinöl riechende Flüssigkeit hat die Zusammensetzung CeHioCI^, ent- spricht also der Sauerstoffverbindung CeHioO^, die durch Austritt von H2O aus drei Aldehyden entsteht :

3 C2H4O ogO = CgHioOg«

Der Aldehyd zeigt also auch eine wahre Condensation, wenn auch nach anderen Gesetzen wie das Aceton, da bei diesem 3 Molecule entweder zwei oder drei Wasser ver- lieren, um Phoron oder Mesitylcn zu geben. Vielleicht gelingt es aber auch, beim Aldehyd die Wasserentziehung noch weiter zu treiben, oder dem chlorhaltigen Producte HCl zu entziehen, was auf eins herauskommt.

Ein ähnlicher Körper ist offenbar auch die Substanz, welche Lieben durch Erhitzen von Aldehyd mit einer wässe- rigen Lösung von essigsaurem Kali erhalten hat. Er be-

0, aber

'2"3J

mit Unrecht, da die Eigenschaften mit dieser Zusammensetzung gar nicht übereinstimmen.* Zunächst würde ein solcher Aether wahrscheinlich sehr flüchtig sein, dann müfste er durch Reduction mit Natriumamalgam gewöhnlichen Aether

C H trachtete dieselbe als den Aether des Aldehyds q^^^

und Polymerie. 81

geben; das ist aber nicht der Fall, selbst in saarer Lösung verharzt er zum Theil und giebt aufserdem ein Oel, das täuschend nach Pumpernickel riecht. Also ein Verhalten, wie es die Condensationsproducte des Acetons zeigen. Ferner verharzt die Substanz mit Chlorphosphor und liefert mit Kali Aldehydharz. Wie man sieht spricht alles dafür, dafs im Lieben 'sehen Aether ebenfalls der Kol^enstoff die Holecule zusammenhält; auf welche Weise das geschieht, ist noch nicht zu entscheiden und auch schwer zu untersuchen, da diese Substanzen aufserordentlich veränderlich sii^d ; indessen kennt man doch eine solche Condensation des Aldehyds, deren Natur ganz unzweifelhaft ist; nämlich die Bildung der Zimmtsäure.

C h io z z a (diese Ann. XCVII, 350) leitete durch ein Gemenge von Aldehyd und Bittermandelöl Salzsfturegas und bekam den Aldehyd der Zimmtsäure :

C,HaO + CjH^O = CjHgO + H,0.

Zwei Aldehyde geben also ein Wasser ab und liefern einen neuen Aldehyd, gerade wie zwei Acetone ein Wasser abgeben, um ein neues Aceton, das Mesityloxyd, zu bilden. Dieser Vorgang kann kaum anders stattfinden, als wie ich es in der Nachschrift meiner. Notiz über die Condensations- producte des Acetons (diese Ann. CXL^ 297) für die Bildung des Mesitylens auseinandergesetzt habe; so nämlich, dals der SaaerstoflT des Bittermandelöls mit Z Wasserstoff des Methyls im Aldehyd Wasser bildet und die dadurch freigewordenen Affinitäten des Kohlenstoffs sich mit einander verbinden :

CeHft . CHO + CHa ', CHO = C^E^ . CH . CH . CHO + H,0 Bittermandelöl Aldehyd Zimmtaldebyd. '

So wird auch die Bildung der Zimmtsäure aus Bitter- mandelöl und Chloracetyl erklärlich; Chloi-acetyl ist ja nichts anderes als Aldehyd, in' dem der isolirt stehende Wasserstoff dorch Ci ersetzt ist. Demnach würde die Reaction in zwei Perioden vor sich gehen :

Anaal. 4* Chem. a. Pharm. V. Sapplementbd. 1. Heft. O

82 BaeyeTj über Condensation

C,H^O + CjHgOCl =. C^HtOCI + H,0

Chlorilr der Zimmtsftare CjHyOCl 4- H»0 = CjHgO, + HCl ;

zuerst greift der Sauerstoff in das Methyl des Chloracetyls hinein, giebt Wasser und es entsteht das Chlorur der Zimmt- sdure, und dieses zersetzt sich erst hinterher mit dem Wasser, om Zimmtsdure zu bilden.

Um ffir diese Ansicht noch einen weiteren Beweis bei- zubringen, habe ich ein Gemenge von Bittermandelöl und Aceton mit wasserentziehenden Mitteln, Salzsäure, Schwefel- säure, Kali behandelt. Die Condensation erfolgt aufserordent- Hch schnell, schon nach wenigen Minuten, und nach einiger Zeit verharzt die ganze Hasse. Das Endproduct ist ein gelbes Harz, das in Aether Idslich und durch Alkohol daraus als gelbes Pulver gefällt wird, welches schwach nach Rhabarber riecht. Die Analyse gab keine verständlichen Zahlen,' daher ist die Substanz wahrscheinlich ein Gemenge. Zuerst bildet sich aber ein öliger, unzersetzt flüchtiger Körper, der einen an Cumarin erinnernden Geruch besitzt, und der höchst wahrscheinlich das Methylaceton der Zimmtsäure ist :

C,HeO + CH, . CO . CHa = C.Ha . CH . CH . CO . CHa + H,0.

Das Verhalten des Bittermandelöls macht also das Con- densationsgesetz, wonach das Kohl'enoxyd in ein Methyl hineingreift und mit 2' Afflnitäten i Kohlenstoffatome in Ver- bindung gesetzt werden, wenigstens Tür eine Anzahl von Fällen in hohem Grade ^wahrscheinlich , und erlaubt diese Ansicht ^uch auf das Mesilyloxyd und das Phoron auszudehnen, welche, wie ich a. a. 0. schon angedeutet habe, dann als methylhaltige geöffnete Benzolketten zu betrachten sind.

* Bemerkenswerth ist die Leichtigkeit, mit der der Alde- hyd und das Aceton den Wasserstoff ihres Methyls verlieren, während diese Gruppe sowohl in den Kohlenwasserstoffen als auch in der Essigsäure eine so grofse Beständigkeit gegen die meisten Reagentien zeigt. Die Schwefelsäure lyirkt zw^v

und Polymerie, 83

ähnlich auf diese Körper ein, indem die Bildung der Solfo- essigsäure nnter Austritt von Wasser ja auch so stait6ndet, dafs das Methyl angegriffen wird, und der Schwefel der Essigsaore sich an den Kohlenstoff anlagert (wie bei der Bildung der Zimmtsäure der Kohlenstoff selber thut) ; aber doch ^ scheinen die Wasserstoffiatome im Methyl der Essigsaure weit fester gebunden« wie die im Methyl des Aldehyds oder des Acetons. Betrachtet man die Reihe : Aethylwasserstoff, Alko- kol, Aldehyd, Essigsäure, so kann man sich nicht des Ge* danken« erwehren, dafs das verschiedene Verhalten des einen Methyls in diesen Körpern nicht bloCs auf der Gegenwart des Sauerstoffs in dem andern Methyle beruhte! Wenn diets der Fall wäre, so mufste die Festigkeit, m\ d«r die Wasserstoff«- atome an den Kohlenstoff gebunden sind, von einem Gliede zum andern entweder 2u-* oder abmehmen ; in der Thai nimmt sie aber vom Kohlenwasserstoff zum Alkohol und von diesem zum Aldehyd ab , um vom Aldehyd zur Essigsäure wieder bedeutend zu wachsen. Der Grund dieser Erscheinung scheint in demE'mflusse zu liegen, welchen die verschiedene Gruppirung der Atome auf ihre gegenseitige Anziehung ausübt, ein Ein- fluJs, der sich besonder» deutlich herausstellt^ wenn man das Verkalten des Aldehyds mit dem des Acetons vergleicht. Man hat öfters dem Aldehyd eine andere Constitution wie dem Aceton zuschreiben wolteu und ersteren als Alkohol C3U3(0B) betrachtet; das scheint mir aber wegen der Aehnlich-^ kek der Reactionen ganz unzulässig,- man mufs dann auch das Aceton als Alkohol C|Bft(OH) ansehen. Indessen sprechen die Bildung des Chlorbenzoyls aus Bittermandelöl und Chlor, die Entstehung des Acetons aus Chloracetyl und Zinkmethyl und viele andere Reactionen für die Formeln:.

Mag die eine oder die andere Ansicht richtig sein, so

scheint die Aehnlichkeit im Verhalten des Methyls im Alde-

- I

84 Baeyety über Oondensation

hyd und Aceton auf der übereinstimmenden Constitution des damit verbundenen sau erstofTha lügen Theiles zu beruhen.

Was die Frage betrifft, ob der Eintritt des Sauerstoffs in dasMoleciil die Festigkeit, mit der der Wasserstoff am Kohlen- stoff sitzt, vergröfsert oder vermindert, so mufs man zwei Fälle unterscheiden, nämlich ob der Wasserstoff mit dem- selben Kohlenstoff wie der Sauerstoff, oder mit einem anderen verbunden ist. Der Wasserstoff, welcher im Alkohol mit dem mit Sauerstoff verbundenen Kohlenstoff zusammenhängt, ist offenbar durch den Eintritt des Sauerstoffs in den Kohlen- wasserstoff gelockert worden, denn er wird durch weitere Oxydation aufserordentlich leicht entfernt, und ebenso ist der im Aldehyd mit CO verbundene Wasserstoff durch Sauer- stoff sehr leicht oxydirbar. Daraus folgt, dafs die Aftziehung des Sauerstoffs auf den Wasserstoff im umgekehrten Sinne erfolgt, wie die des Kohlenstoffs; denn offenbar wird der- jenige Wasserstoff von einem hinzutretenden Atom am Leichtesten «mgegriffen, welcher im Holecul am Losesten ge- bunden ist. Dasselbe Verhalten zeigt sich bei der Einwirkung des Chlors auf das Chloräthyl: das Chlor gebt gerade an den- jenigen Kohlenstoff, der schon mit Chlor verbunden ist, um das dem Aldehyd entsprechende C2H4CI2 zu bilden. Diese Thatsachen stehen im Widerspruch mit der Ansicht; welche K e k ul e (diese Annalen CXXXVII, 174) über diese Frage aus- gesprochen hat. Derselbe sagt : ^Ist ein bestimmter Ort innerhalb eines Moleculs von Brom eingenommen, so sind dadurch alle innerhalb der Anziehungssphäre dieses Brom- atoms liegenden anderen Atome in Bezug auf ihre Anziehung zu Brom gesättigt, oder diese Anziehung ist wenigstens ge- schwächt. Ein zweites in das Monobromderivat eintretende Bromatom wird also die Nähe des schon vorhandenen Broms möglichst vermeiden; es wird einen möglichst entfernten Ort aufsuchen; weil dort diei Summe der noch wirksamen

und Polymerie. 85

Ansiebangen eine möglichst grotse ist.^ Eine solche speci- fische Bromanziehung ist schwer zo denken, und es ist wahrscheinlicher, dafs die Anziehung, welche auf ein Wasser- stoffatom ausgeübt wird, die Resultante der Anziehungen aller anderen Atome ist. Je nachdem die Wirkung des eintretenden Bromatoms in demselben Sinne vor sich geht, wie die Resul- tante der vorhandenen Anziehungskräfte, oder im entgegen- gesetzten, wird auch das Wasserstoffatoro dadurch entweder befestigt oder gelockert werden. So sehen wir z. B. im Chloröthyl, dafs der mit CGI verbundene Wasserstoff gelockert worden und leichter angegriffen wird, wie der des unver- sehrten Methyls. Es ist diefs auch leicht erklärlich, wenn wir uns ein Kohlenstoffatom vorstellen, das mit Wasserstoff verbanden ist, und nun an die Stelle eines Atomes Wasser- stoff Chlor einfuhren. Diefs Element zieht den Wasserstoff starker an, wie der Wasserstoff sich selber; es wird also der noch vorhandene Wasserstoff stärker vom Kohlenstoff fort- gezogen werden, als vorher, und wird deshalb der Ein- wirkung eines zweiten Chloratoms um so leichter unterliegen. Dafs das Entscheidende über die Art der Einwirkung nicht in der Stabilität der zu bildenden Substanz, sondern in dem Grade der Labilität der einzelnen Atome zu suchen ist, sieht man aus der Leichtigkeit, mit der aus dem Alkohol Aldehyd entsteht und nicht das viel beständigere Glycol. Wie sich

bei dem Eintritt eines Chlor- oder Sauerstoffatoms in das Molecul die Anziehung eines Wasserstoffatomes ändert, welches mit einem andern Atom Kohlenstoff verbunden ist, läfst sich noch nicht übersehen, und es ist leicht möglich, dafs in dem von Kekule besprochenen Beispiel vom Brömbenzol die dem Brom zunäcfastliegenden Wasserstoffe fester gebunden sind als im Benzol, wenn die Anziehung des Broms auf den be- nachbarten Wasserstoff eine Componente in der Richtung der auf das Wasserstoffatom* wirkenden Resultante besitzt.

86 Baeyetj über Condensatian

Von den oben besprochenen Condensationsprodacten unterscheiden sich die polymeren Modificationen der Aldehyde dadurch, dafs in ihnen nicht der Kohlenstoff, sondern der Sauerstoff oder ein anderes Element, welches diesen ver- treten hat, die einzelnen Holecule yereinigt. Der Vorgang, welcher z. B. bei der Verdoppelung des Aldehydes stattfindet, wird am Leichtesten klar, wenn man sich daran erinnert, dafs der Aldehyd als das Anhydrid des Dioxyäthylwasserstoffs

angesehen werden kann, indem das Acetal zu dieser hypo- thetischen Verbindung in derselben Beziehung steht, wie die Aethor der Kohlensaure zu den entsprechenden Hydraten. Tritt nun aus dem Hydrat CH3 . CH(HO))i Wasser aus, so bekommt man Aldehyd CHs.CHO; findet der Wasseraustritt aber so statt, dafs je ein HO mit einem HO aus einem zweiten Molecttl ein Wasser bildet, so werden dadurch 2 Molecule zweimal durch Sauerstoff mit einander verbunden und man bekommt einen Körper, der die verdoppelte Formel des

Aldehydes besitzt : q^ ' ^»| 0 0. Betrachtet man in der- selben Weise die Bildung des Ameisenaldohydes aus dem Holzgeist, so würde zuerst das Dioxygrubengas CiliiüO)^ entstehen, und diefs müfste dann ebenfalls Wasser abgeben, um den Aldehyd zu bilden. In diesem Falle scheint die Reaction aber immer in der andern Weise vor sich zu gehen, es treten 2 Molecule zusammen und geben de,n verdoppelten

CH \ I Aldehyd der Ameisensäure, das Dimethylenoxyd : r«ij^ OjO.

Die entsprechenden Schwefelverbindungen zeigen bekanntlich

dieselbe Verdoppelung, z. B. das Reductionsproduct des

CH \ \ SchwefelkohlenstofiDs : qu' SjS. Das Bittermandelöl ver*

doppelt sich bei der Behandlung mit Cyahkalium ebenfalls, und man könnte vermuthen, dafs das so erhaltene Benzofn

tmd Polymerie, 8?

aach die polymere Hodification ^^o^ * ^jj 0 j 0 wäre, wenig- stens spricht das Zerfallen des Benzoins in Bittermandelöl bei hoher Temperator für diese Ansicht.

Das Chloral ist der dreifach-gecfalorte Aldehyd ; es ver- bindet sich mit Wasser zu Chloralhydrat, welches dem oben angenommenen Aldehydhydrat entspricht : CCls . CH(H0)8. Das Chloralid ist eine gemischte dreifach -polymere Ver- bindung von zwei Holeculen Chloral ond einem Kohlenoxyd, welches letztere bei der Einwirkung von Schwefelsäure auf Chloral entsteht :

C,HC1,0 CjHClel

C^HCljO geben CuHClalO«. CO C I

Man kann sich diese Verdreifachung so vorstellen, dafs die Sauerstofiatome kettenförmig ein Molecul immer an das andere heften. Die porcellanartige Hodification des Chlorals ist wahrscheinlich eine noch complicirtere Anhäufung von Mole- culen, die ii^ derselben Woise durch Sauerstoff verbunden sind.

Am Zahlreichsten und Mannigfaltigsten sind die, Poly- merieen bei den Stickstoffverbindungen, wie es bei der mehr- werthigen Natur dieses Elementas auch nicht auffallend ist. Die Theorie der Stickstoffpolymerie lafst sich äbfigens ganz in derselben Weise entwickeln, wie die der Sauerstoffpoly- merie. Dem unbekannten Hydrat der Kohlensäure C(H0)4

entspricht das unbekannte Amid C(NR8)4. Bei der von Hof- mann untersuchten Einwirkung vof\ Ammoniak auf Chlor- pikrin bildet sich nicht dieser Körper sondern das um NHs ärmere Guanidin. Das Guanidin steht also zu dem vierfachen Amid in demselben Verhältnifs wie die Kohlensäure 'in den Salzen zu der Kohlensäure in dem B asse tischen Aether, das eine ist ein Anhydrid, das andere schlage ich vor Anamid zu

88 Baeyer, über QmdenscUian

nennen. Vernert das Guanidin noch ein Ammoniak, so mafs es Cyanamid geben, entsprechend dem gewöhnlichen Kohlen- säureanhydrid :

Tetraamid CCNH,)« ' C(H0)4 BftBset's Hydrat Onanidin C(NHs)s(NH) €(HO)aO Hydrat der Salze

Cyanamid I^jJJ^q x CO, Kohlensäure.

In derselben Weise kann man das freie Cyan mit der Oxalsäure vergleichen, wenn man diese als das zweite An- hydrid des Hydrates C2(HO)6 ansieht.

Sh^w^se^toffl^ ' C«<HO)e Hexaoxy&thylwaaBerstoff

C,(NH,)4NH C,(H0)40 . C,(NH2),(NH), C,(H0),08 OxalsÄure

C,(NH)8(NH)N Cyan C,!^

Man sieht, wie viel einfacher die Reihe der Oxalsäure ist. Die Stickstoffreihe wird noch um ein Glied reicher, wenn man die Ammoniake in anderer Reihenfolge austreten läfst, und z. B. das eine Kohl^ifistoffatom in Cyan verwandelt, während das andere noch unangegriffen bleibt, also in fol- gender Weise :

C(NHO, . C(NH,)3 0(NHa), . C(NHt)(liH)

C(NHt)i CN C(NH,)(NH) . CN

CN . CN.

Der Mechanismus bei dem Uebergange der Hydrate der' Kohlensäure in die Anhydride besteht darin, dafs eine HO- Gruppe einer andern an demselben Kohlenstoff befindlichen ein Wasserstoffatom entzieht um als Wasser auszutreten, während der so von Wasserstoff befreite Sauerstoff sich ganz an den Kohlenstoff anlagert und die Gruppe CO bildet. Bei den Amidoderivaten geht dieser Procefs wegen der drei- werthigen Natur des Stickstoffs in zwei Absätzen vor sich : zuerst entzieht ein NUs einem andern an demselben Kohlen-

und Polymerie, 89

Stoff befindlichen einen Wasserstoff um Ammoniak 2u bilden, und es entsteht die Imidogruppe NH, welche sich mit 2 Affinitäten an den Kohlenstoff anlagert ; ist dann noch eine AmidogTQppe an demselben Kohlenstoff vorhanden, wie es z. B. bei dem freien Cyan der Fall ist, so entzieht diese der Imidogruppe den letzten Wasserstoff, es entweicht Ammoniak und der zurückbleibende Stickstoff legt sich ganz an den Kohlenstoff an, um Cyan zu bilden.

Der Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung scheint mir darin zu liegen, dafs die Anamide, wie z. B. die Cyan- verbindungen, Ammoniak aufnehmen, grade wie die Anhydride Wasser binden.

Kohlensaure nimmt Kalihydrat oder Alkohol auf und giebt ein Salz oder einen Aether; so verbindet sich auch das der Kohlensäure entsprechende Cyanamid mit Anilin bei der Bildung des Heianilins. Chlorcyan giebt nämlich mit Anilin zuerst phenylbaltiges Cyanamid und dieses ver- bindet sich zugleich mit einem zweiten Anilin und giebt zweifach-phenylirtes Guanidin. Ferner vereinigen sich nach Strecker Cyanamid und Glycocoü direct zu Glycocyamin; Glycocoll ist ein Ammoniak in welchem die Essigsäure steckt, das Glycocyamin ist also ein Guanidin. Endlich nimmt das freie Cyan 2 Anilin auf und bildet Cyananilin, eine Ver* bindung, die zum Guanidin in derselben Beziehung steht wie die Oxalsäure zur Kohlensäure:

C(NH)NH,XNH,) C{NH)NHa . C(NH)(N.H,)

Gaanidin Mutteraubstanz des CyanaDilins.

Denn wie man die Oxalsäure von der Kohlensaure ab-

*

leiten kann, indem man sich aus 2CO(HO)8 2 (HO) wegdenkt und die Beste miteinander verbindet, so braucht man im Guanidin nur NH« fortzunehmen und dann zwei solche Reste miteinander zu verbinden, um Cyananilin zu erhalten. Aehn- licher Natur sind offenbar die Basen, welche man verschiedent-

90 BaeyeTy über Qmdenaation

lick dvroh Einwirkung von Blausömro auf Basen erhake« Imt, nudem die Blanaäare bis zu einem Triamidoderivat, dem Afnido- form, durck Eintritt von 2 Ammoniak »u^elöst werden kann :

CH.N

CH(Nfi)(NH,) CH(NH,),.

Aufser den beiden besprochenen Fallen, wo 4 oder 3 NHs mit einem Kohlenstoif verbunden sind, können auch nur 2 oder 1 NH« damit in Verbindung stehen. 2 NH^^ können nur einmal NH3 .veriier<Mi und lassen die zweiwertbige Imidogruppe zurück; 1 NHa kann natürlich kein Ammoniak abgeben, ohne in irgend eine andere Gruppe einzugreifen. Denken wir uns nun irgend einen Kohlenwasserstoff und darin einen, mehrere oder alle Wasserstoffatome durch NH« ersetzt, so können wir durch Austritt von NH3 aus solchen NHk-Gruppen, die an einem Kohlenstoffatome sitzen, alle Ver-^ bindungen erzeugen, die den Alkoholen, Aldehyden, Acetonen ond Säuren in der Sauerstoffreihe entsprechen. Der Carb- oxylgruppe CO. OH entspricht die Cyangruppe, dem CO im Aldehyd und Aceton die Gruppe C(NH) und dem HO die Gruppe NH|.

Wenn wir diejenigen Stickstoffderivate der Kohlenwasser^ Stoffe bei Seite lassen, in denen Stickstoffatome unter ein- ander oder mit anderweitigen Elementen, wie Sauerstoff z. B^ verbunden sind , so bleibt uns nur noch eine Klasse zu be* sprechen übrig, die nämlich, welche Stickstoffatome in Ver- bindung mit zwei oder mehr verschiedenen Kohlenstoffatomen enthalt. Die entsprechende Sauerstoff- Reihe umfafst die Aetherarten, die Anhydride und die polymeren Modificationen. Die den Aetherarten und Anhydriden entsprechenden Stick- stoffverbindungen sind die verschiedenen substituirten Ammo- niake, deren Theorie durch Hofmann 's Untersuchungen wohl als abgeschlossen betrachtet werden kann. Die poly-

und Polymerie. 9t

Bereo ModificationeD und die rieh daran sehliebenden Sub- stanzen, wie die Mellonkörper, sind aufserordentlich zahlreich, and ich mufs mich an dieser Stelle nur anf einige Andeu- tangen beschränken. Die Bildung polymerer Substanzen kann naturlich nur durch mehrwerthige Elemente oder Gruppen erfolgen, es kann daher auch nur das Atom Stickstoff und die lanidogruppe, nicht aber die Amidogruppe polymerisirend auftreten (wenn man nur drei Werthigkeiten des Stickstoffs berücksichtigt). Je nachdem die eweiwerthige NH-Grnppe oder das dreiwerthige N-Atom mit Kohlenstoff verbunden ist, wird daher auch eine Verdoppelung oder Verdreifachung wahrscheinlicher sein. Man kann das Cyanamid z. B. ent- weder als Cyanamid oder als Biimid des Kohlenstoffs be- trachten : CN(NH2) oder C(NH)8. Letzteres kann sich sehr einfach verdoppeln, indem die zweiwerthigen Imidogruppen immer zwei Kohlensloffatome verbinden :

^}(NH)4 oder c(riH)K''^)«' Das so gebildete Dicyan-

amid, die Mottersubstanz der Harnsaure, nimmt dann ein

Wasser auf und giebt das dem Allantoin entsprechende

CO 1 Dicyandiamidin von Strecker: n/Mu \ [(NH)^.

Bei höherer Temperatur verhalt sich das Cyanamid wie ein Cyanderivat : in drei Moleculen lagern sich die in Cyan- form vorhandenen drei Stickstoffatome so um, dafs jedes mit drei verschiedenen Kohleastoffatomen in Verbindung tritt :

C(NHt)lN, = Helamin. Hierdurch ist auch erklärlich, wes-

C(NHt)j

halb das Chlorcyan keine bestandige Verdoppelung, wohl aber eine sehr beständige Verdreifachung zeigt, welche dem Helamin und der Cyanursäure entspricht :

ccn c(HO))

CCl }N. Dreifach-Chlorcyan ; C(HO)yNa Cyanuraäuro. CClJ C(HO)J

92 BaeycTy über Condensation

Dafs die Cyanursäure wirklich 80 constituirt ist, scheint mit Sicherheit aus der Bildung von Tridthylguanidin zu folgern, welche Hofmann bei der Einwirkung von Natriumaikoholat auf Cyanursäureather beobachtet hat (Jahresbericht f. 1861, S. 515). Nach obiger Formel sind mit einem Kohlenstoflatom drei StickstoflTatome verbunden; werden nun die zwei andern Kohlenstoffatome fortgenommen, so bleiben diese zusammen, und erhalten den nöthigen Wasserstoff durch Bildung von Kohlensäure. Die Cyansäure kann sich wie das Cyanamid nicht allein verdreifachen, sondern auch verdoppeln , wenig** stens giebt Poensgen die Existenz einer Dicyansaure an. Diefs ist auch möglich, wenn man der Cyansäure nicht die Formel CN(^HO), sondern CO(NH) giebt. In letzterer sind zwei zweiwerthige Gruppen, der Sauerstoff und das NH, und beide könnten zu einer Verdoppelung Veranlassung geben :

Was die in letzter Zeit so viel* besprochene Constitution des Harnstoffes betrifft, so ergiebt sich aus dem Obigen Fol- gendes. Nimmt man die Formel CO(NH) ffir die Cyansfiure an, so kann die Imidogruppe Veranlassung geben zu der Aufnahme von Ammoniak, indem sie selbst so wie das ein- tretende Ammoniak in NH« verwandelt wird, und man erhalt so das Carbamid C0(NH«)8. Geht man von der Formel CN(HO) aus, so kann die Cyangruppe ebenfalls Ammoniak aufnehmen, dann wird der eine Stickstoff aber in NH und der andere in NHi verwandelt und der Harnstoff wäre dann : C(NH)(NH0(OH), worin das OH mit dem Kohlenstoff in Verbindung ist. Wenn diese letztere Ansicht richtig ist, so müfste der Harnstoff im Stande sein, noch ein Ammoniak in irgend einer Form auf- zunehmen, um ein Derivat der Verbindung : C(NHt)3(0H) zu geben. Dabei will ich daran erinnern, dafs ich durch Er- hitzen von Harnstoff mit Anilin das indifferente Phenylcarbamid

vnd Polymerie, 93

erhalten habe, was also für die Carbamidformel des Harn- stofTes spricht Aufserdem muTste der aus Cyansäureäther und Ammoniak gebildete AethylharnstofT die Zusammensetzung C(NH)(NH2)(0C:<H6) haben und bei der Zersetzung mit Kali Ammoniak und Alkohol geben, was bekanntlich nicht der Fall ist. Man *kann sich am Besten über diese Körper eine Uebersicht verschaffen, wenn man von dem Basset'schen Hydrat der Kohlensäure ausgeht und ein HO nach dem andern durch NH2 ersetzt, man erhalt dann folgende Reihe :

C(H0)4, C(HO),(NH.), C{HO),(NH,)„ C(HO)(NB,)a, C^NH,), CO(HO)to COCHOXNH,), CO(NH,)t, C(HOXNBy(NH), C(NH,),(NH) CO^ CCKNH), C(HO)N, C(NH)t.

In der ersten Reihe befinden sich die der Kohlensaure entsprechenden Normalkörper (Orthosnbstanzen), in der zweiten und dritten die primären und secundaren Anamide und An- hydride, wobei angenommen ist, dafs die HO- und NHg-^ruppen nmr antereinander zum Austritt von Wasser oder Ammoniak Veranlassung geben.

Pafst man das ober die Polymerie Gesagte zusammen, so ergiebt sich Folgendes : „Die Bildung polymerer Sub- stanzen entspricht der Aufnahme von Wasser oder Ammoniak durch die Anhydride, welche CO enthalten, oder die Anamide, welche die Gruppe C(NU) oder CN enthalten, indem gleich- artige Gruppen die Rolle des Wassers oder des Ammoniaks spielen.^ Handelt es sich z. B. um den Uebergang des Chlorcyans in das Dreifach-Chlorcyan^ so hat man :

CNCI -h 2 NHs = C(NH,)8C1 CNCl + 2 CNCI = Cb N, Ol,.

Betrachten wir noch zum Schlüsse die Stickstoffderivate der Aldehyde. Das Hydrobenzamid entspricht einem ver- dreifachten Aldehyd, in welchem der Sauerstoff durch Stick- stoff vertreten ist; man kann es also mit dem Benzoin ver- gleichen :

94 Baeyer, über Condengaiion

Das Hydrobenztniid g^ht beim Erhitzen in Amarin über, wobei wahrscheinlich die CTHe-Gruppen unter Wasserstoff- abscbeidong sich mit einander verbinden, indem der Wasser- stoff an d«n Stickstoff geht. Di^e Reaction wäre also eine Condensation ohne Austritt, entsprechend der Bildung 4e$ Benzidins aus dem Hydroazobenzol, bei welcher Reaction die Benzole ebenso Wasserstoff abgeben, um sich mii einander zu verbinden und den Stickstoff in die Amidogrnppe zu verwandeln. Beim gewöhnlichen Aldehyd kannte man diese Vorgänge noch nicht; ich habe aber durch Erhitzen von AMehydammoniak mit Harnstoff eine neue fluchtige Base er- hatten, die ich Aldehydin nennen will und die dem Amarin zu entsprechen scheint. Diese Base riecht nämlich wie Nicotin oder Coniin, und besitzt nach Versuchen, die Herr Dr. Schult ^en die fiüte gekabt hat anzustellen, äufsersi giftige Eigenschaften. Substanzen, die dem Hydrobenzamid ähnlich zusammengesetzt sind und von dem noch unbe- kannten Triätbylidenbiaroid abgeleitet werden können, sind das Tkialdin, das Carbothialdi» und das Hydrocyanaldin :

CA) C,H,^ \'i C,H, \ C,H,^ CN

CJH4) C,H4J )SH C(8U)jj C,hJ CN

Triäthylidenbiamid. Thialdln. Carbothialdin. Hydrocjanaldio.

In dem Triäthylidenbiamid sind beide Stickstoffatome mit je einer Affinität mit je einer der drei Aethyiidene verbunden gedacht, im Thialdin ist der eine Stickstoff durch den zwei- werthigen Schwefel und die einwerthige Gruppe SH ver- treten, im Carbothialdin ist ein Aethyliden durch die zwei- werthige Gruppe C(SH)^ ersetzt, und im Hydrocyanaldin ein Stickstoff durch drei Cyan. Alle drei Körper haben die Eigenschaft, in drei Theile zerfallen zu können ; wie das Hydrobenzamid in drei Bittermandelöl mit Leichtigkeit aufgeht.

und Polymeru. AB

Das Acetammoniumoxy dhydrat Ten H e i n t z und W i s 1 i c e n a s (Cbem. Centralblatt 1859, 61) halte ieh für einen Abkömnlin^ des Aldehydharzes, da es mit Kali gefällt worden und Kali alle Aethylidenderivaie in Aldehydbarz verwandelt.

Neues Verfahren zur Synthese der Oxalsäure

und homologer Säuren;

von M. Berihelot *).

i) Die Formeln des Acetylens C4H8 and der Oxalsäure C4HtO0 mA nur um 8 Aeq. Sauerstoff Terschieden. Es isl mir gelungen, diese Menge Sauerstoff direet dem Aeetytoo hinzuzufügen : C^i -{~ Og 3= C4H]i0b/ Die Synthese der Oxalsäure iifst sich also ausfuhren durch die successive Vereinigung der drei sie zusammensetizenden Elemente :

Kohleaatoflf + Waaaeratoff ^ Aoftylea; Acetylen 4~ Sauerstoff = OzalsAore.

Man braucht nur, bei gewöhnlicher Temperatur, eine wasserige Lösung von reinem übermangansaurem Kali auf Acetylengas einwirken zu lassen. Man setzt die Lösung nach and nach zu, unter stetigem UmschüUeln und so lange sich die Losung noch entfärbi. Wenn man nahe an der Grenze angekommen ist, filtrirt man zur Abscheidung des Mangan- hyperoxydes. Die Flüssigkeit enthalt alsdann, an Kali ge-* banden, eine grofse Menge Oxalsäure, welche leichl als solche nachzuweisen und nach den gewöhnlichen Verfahren zu isoliren ist. Zu gleicher Zeil entstehen Ameisensäure und

♦) Compt pcnd. LXIV, 86.

96 Berthelot, neues Verfahren zur Synthese der

Kohlensäure, welche betrachtet werden können als Uoiwand- lungsproducte eines Theiles der Oxalsäure im Entstebongs- zustand : *

1 Vol. Acetylen fixirt also direct, und durch einfache Addition, 8 Aeq. d. i. 2 Vol. Sauerstoff unter Bildung von Oxalsäure. Das ist ein neuer Beweis dafür, dafs das Acetylen eine unvollständige Verbindung ist, worauf auch beruht, dafs es, wie ich gezeigt habe, sich mit 1 und mit 2 Vol. Wasser- stoff oder Wasserstoffsäure vereinigt. Das Volum des Sauer- stoffs und das Volum des Wasserstoffs, welche im Maximum vom Acetylen aufgenommen werden können, sind genau gleich grofs. Hier ist auch, wenn ich mich nicht irre, das erste Beispiel dafür gegeben, dafs ein Kohlenwasserstoff sich direct,' und ohne dafs ein Element elinrinirt wird, mit Sauerstoff zur Bildung einer Säure vereinigen kann.

2) Es schien mir Interesse zu bieten, in dieser Beziehung das Acetylen mit dem Aethylen zu vergleichen, welches letztere durch Vereinigung des Acetylens mit Wasserstoff nach gleichen Volumen erhalten werden kann. Die Oxydation des Aethylens mittelst übermangansauren Kali's geht eben so leicht vor sich wie die des Acetylens, nur etwas langsamer. Nicht nur bilden sich dabei Ameisensäure und Kohlensäure, wie Trnchot entdeckt hat, sondern auch, und in beträcht- licherer Menge, Oxalsäure. Die letztere Säure entsteht hier auf Grund einer Elimination von Wasserstoff bei der Auf- nahme von Sauerstoff :

C4H4 + Oio = C,H,Oa + H,0,;

d. h. das Endproduct der Oxydation des Acetylens und des Aethylens ist dasselbe, da der von dem Acetylen zur Bildung von Aethylen aufgenommene Wasserstoff eliminirt wird.

3) Die Reactionen, welche ich hier bespreche, sind nicht nur auf das Acetylen und das Aethylen, sondern auch auf eine Menge anderer Kohlenwasserstoffe anwendbar.

Oxalsäure und homologer Säuren. 97

Das Aliylen CeH« z. B., welches mit dem Acetylen ho- molog ist, besitzt gieichfalis die Eigenschaft, bei Einwirkung von übermangansaurem Kali in der Kälte, einfach durch Ver- einigung mit Sauerstoff; eine entsprechende Säure, die Halon- säure, entstehen zu lassen :

Bei dieser Sauerstoffaufnahme werden zugleich Essig- säure and Kohlensaure, d. h. die Spaltungsproducte der Ma« lonsaure gebildet :

CeH^Og = C4H4O4 + C,04.

Doch sind die mit dem Aliylen auszuführenden Reactionen weniger glatt, als die Bildung der Oxalsäure aus dem Ace- tylen, da der gröfsere Theil des Allylens eine tiefer gehende Einwirkung erleidet, welche einerseits die der Halonsäure nächst niedrigere homologe Säure, nämlich Oxalsäure, und andererseits die der Essigsäure nächst niedrigere homologe Säure, nämlich Ameisensäure, entstehen läfst.

4) Das Propylen CeH« liefert dieselben Producte wie das Aliylen; nämlich Malonsäure, und zwar in reichlicherer Menge als das Aliylen :

was die Hauptreaction repräsentirt, und aufserdem bilden sich noch, in Folge secundärer Reactionen, Oxalsäure, Essig- säure, Ameisensäure und Kohlensäure.

In folgender Weise kann man die mit dem Aliylen oder mit dem Propylen hervorgebrachten Säuren, die Oxalsäure und die Malonsäure, isoliren : Nachdem man das überman- gansaure Kali auf den Kohlenwasserstoff einwirken liefs, filtrirt man und erhält eine farblose Flüssigkeit; zu dieser setzt man eine (von Schwefelsäure und Salzsäure freie) Lösung von essigsaurem Kalk , wodurch die Kohlensäure und die Oxalsäure in der Form von Kalksalzen ausgefällt werden, deren Säuren sich nach bekannten Verfahren isoliren lassen ;

*..«! A m.o.M M Ok^iHM V UnnntA«nAit«'li<l 1 flol»

98 Berthelot^ neues Verfahren zur Synthese der

die Halonsäare bleibt in der Flüssigkeit. Man versetzt nun diese mit einer Spur Essigsäure und dann mit essigsaarein Blei, wodurch malonsaures Blei (mit einem gewissen Kalk- gehalt) ausgefällt wird. Man zersetzt dieses Bleisalz mittelst Schwefelwasserstoff, dampft das Filtrat im Wasserbad zur Trockne ein, behandelt den Rückstand mit Aether und er- hält die Malonsäure krystallisirt. Ich habe die hauptsäch- lichsten Eigenschaften derselben verificirt.

Ich gehe auf die Essigsäure und die Ameisensäure hier nicht weiter ein, auf welche Truchot bereits aufmerksam gemacht hat.

5) Was die hier besprochenen Reactionen betrifit, so scheint mir als wichtigste Thatsache die Bildung der zwei- basischen, den ursprunglichen Kohlenwasserstoffen entspre- chenden Säuren dazustehen. Nicht allein ist hierin eine directe Synthese dieser Säuren gegeben, sondern, wie es mir scheint, auch eine Erklärung der bei so vielen Oxyda- tionen beobachteten gleichzeitigen Bildung der beiden Säure- reihen C8nH2n04 uud C8QH2n-208. Nehmen wir als Beispiel das Allylen. Dieser Kohlenwasserstoff liefert einerseits die flüchtigen Säuren der ersten Reihe : Essigsäure C4H4O4 und Ameisensäure G^HyO«, und andererseits die fixeren Säuren der zweiten Reihe : Malonsäure G6H4O8 und Oxalsäure C4H2O3. Nun wird unter diesen Säuren nur Eine durch normale Re- action hervorgebracht, nämlich die Malonsäure :

CeH* + 08 = CeH^Og ;

aber die anderen leiten sich von dieser in regelmäfsiger Weise ab. In der That erklärt die Spaltung dieser Säure in dem Entstehungszustand die Bildung der Essigsäure

und man begreift, weshalb die erste fette Säure, die hier auftritt, weniger Kohlenstoff in ihrer Formel enthält als der sie erzeugende Kohlenwasserstoff. Die reguläre Oxydation

Oxalsäure und homologer Säuren» 99

der Essigsäure in dem Entstehungszustand *) erklart ferner die Bildung der Oxalsäure :

C4H4O4 + = c^HjOg 4- e,o,.

Und endlich erklart die Spaltung der Oxalsäure die Bildung der Ameisensaure :

Man sieht hier klar, wie alle diese Bildungen unter einander verknüpft sind.

ß) Ich will noch einiger anderer Thatsachen erwähnen. Das Amylen CioHio giebt bei seiner Oxydation durch über- mangansaures Kali, anfser den fluchtigen Säuren, die Reihe der fixen Säuren von der Oxalsäure an. Man scheidet diese letztere niach dem oben beschriebenen Verfahren mittelst essigsauren Kalks aus, und fällt die anderen in der Form von Bleisalzen. Ich habe ihre Existenz constatirt, aber nicht mit einer hinreichend grofsen Menge operirt, um jede ein- zelne nachzuweisen. Wahrscheinlich besteht das Säurege- mische aus Pyroweinsäure GioHgOg als dem normalen Pro- dacte, und Bernsteinsäure CsHaOs und Malonsäure G6H4O8 als secundären Producten, in der Reihenfolge der Kette der oben besprochenen Reactionen.

7) Das Styrolen CieHg läfst bei der Oxydation durch übermangansaures Kali Benzoesäure und Kohlensäure ent- stehen :

CieHg + 0,0 = C,4He04 + CjO^ + H,0,.

Das ist dieselbe Reaction, nach welcher das Aethylen Ameisen- säure entstehen läfst. Aber ich habe bisher noch nicht auf diesem Wege die der Oxalsäure correspondirende Phtalsäure CißHeOs erhalten können.

^) Ist die Essigs&ure einmal vorhanden, so widersteht sie der Ein- wirkung des übermangansauren Kaii's.

100 Zwenger, über Mdilotsäure und deren

8) Aach das Terpentinöl wird durch das übermangan- saure Kali in der Käke oxydirt; aber die Reaction ist hier complicirter. Neben einer harzigen, in kaltem und leichter noch in heifsem Wasser löslichen Säure, welche durch essig- saures Blei tt. a. gefällt wird, entsteht ein neutraler flüchtiger Körper, dessen Geruch so zu sagen von dem des Camphers nicht zu unterscheiden ist. Ich werde darauf zurückkommen.

Abgesehen von ihrem theoretischen Interesse zeigen diese Thatsachen, welche Resultate man von der Anwendung des übermangansauren Kali's in der organischen Chemie erwarten darf, von diesem Reagens, mit welchem bereits P^an de Saint-Gilles vor einigen Jahren und Truchot vor Kurzem so interessante Ergebnisse erhalten haben.

üeber Melilotsäure und deren künstliche Darstellung aus Cumarin ;

von Constanün Zwenger.'

Aus dem Steinklee (Melilotus officinalis) habe ich vor einigen Jahren in Verbindung mit Herrn Bodenbender *), dessen Hitwirkung ich bei vorliegender Untersuchung leider zu entbehren hatte, eine neue Saure, die den vorläufigen Namen Melilotsäure erhalten hat, dargestellt und nachgewiesen, dafs diese Säure theils frei, theils in Verbindung mit Cumarin in jener Pflanze auftritt. Aus den damals mitgetheilten Ana- lysen ging hervor, dafs die Melilotsäure der Salicylsäurereihe angehöre und nach der Formel CigHioOe zusammengesetzt

*) Diese Annalen CXXVI, 267.

künstliche Darstellung aus Cumarin, 101

sei, sich also nur dorch zwei Atome Wasserstoff, die sie mehr enthält, von der Cumarsaare onterscheide. Eine de- taillirtere Beschreibung der Melilotsäure und deren Salze und namentlich die Feststellung ihrer Beziehung zur Cumar- saure wurde nachzuliefern versprochen, welcher Verpflichtung ich erst jetzt durch vorliegende Abhandlung nachkommen kann.

Bei den öfteren Darstellungen der Melilotsäure aus dem Steinklee habe ich im Allgemeinen dieselbe Methode, die in der erwähnten Abhandlung schon specieller mitgetheilt ward, beibehalten; nur wurde, was sehr wesentlich ist, der aus der wässerigen Lösung des ätherischen Auszugs durch Bleiessig erhaltene Niederschlag nicht direct durch Schwefelwasser- stoff zerlegt, sondern vorher so lange mit Wasser ausge- kocht, als das heifse Filtrat nach längerem Stehen einen kry- stallinischen Niederschlag von meliiotsaurem Blei ausschied. Zweckmi&ig ward hierbei die Mutterlauge der ersten Ab- kochungen immer von Neuem zum Auskochen des Rückstan- des verwendet. Diese Behandlungsweise des Bleinieder- schlages mit kochendem Wasser konnte, obgleich diese Me- thode wegen der Schwerlöslichkeit des Bleisalzes etwas um- ständlich ist, doch nicht gut umgangen werden, weil nur auf diese Weise die fremden Stoffe, die gröfstentheils ungelöst im Rückstände bleiben, sicher zu entfernen waren. Nach dem Zersetzen des so erhaltenen melilotsauren Bleies durch Schwefelwasserstoff wurde die auf dem Wasserbade concen- trirte wässerige Lösung der Melilotsäure zum Zweck der Reinigung mit neutralem essigsaurem Blei versetzt und da- durch ein schwerer, krystallinischer , vollkommen weifser Niederschlag erhalten, der nach dem Auswaschen in der Regel als reines melilotsaures Blei betrachtet werden darf. Sollte übrigens der Bieiniederschlag trotz dieser Behandlungs- weise noch freies Cumarin enthalten, was leicht am Geruch

102 Zwenf/er, über Meläotsäure und deren

zu erkennen ist, so kann derselbe durch Auskochen mit Aether, worin das Bleisalz unlöslich ist, davon befreit werden.

Das gereinigte melilotsaure Blei wurde dann abermals durch Schwefelwasserstoff zerlegt und die Melilotsaure aus der concentrirten wässerigen Lösung nach längerem Stehen in der Kalte in grofsen, wohlausgebildeten Krystalien ge* Wonnen. Auch die Mutterlauge lieferte unter der Luftpumpe verdunstet, gewöhnlich bis. auf den letzten Tropfen Krystalle, die sogar öfters die farbloseren und reineren waren.

Bei der Darstellung der Melilotsaure ist der unange- nehmste Theil das langwierige und zeitraubende Ausziehen des Steinkleeextractes mit Aether. Ich habe mich vergeblich bemuht, einen kürzeren und bequemeren Weg aufzufinden, was mir aber deswegen nicht gelingen wollte, weil in dem Steinklee neben der Melilotsaure noch andere organische Säuren, theils in freiem, theil's in gebundenem Zustande vor- kommen, die nur auf die angegebene Weise getrennt werden konnten. Auch durch Ausziehen der Pflanze mit einer ver* dünnten Sodalösung in der Warme, Fällen der filtrirten Flüs- sigkeit nach dem Neutralisiren mit Essigsäure durch Blei*- Zucker, ward durch Auskochen des sehr voluminösen Blei- niederschlages mit Wasser kein günstiges Resultat erzielt, indem unter diesen Umständen das Filtrat selbst nach sehr langer Zeit kein melilotsaures Blei ausscheiden liefs.

Uebrigens ist nach der erwähnten Methode die Ausbeute nicht unbedeutend. 100 Pfund trockenes Kraut gaben un- gefähr V/i bis 2 Unzen reiner Melilotsaure.

0,2564 Gtxd, lufttrockener Melilots&ure gaben 0,609 KohlenBäore nnd 0,144 Wasser.

berechnet

geftinden

c„

108 65,06

64,78

U.0

10 6,00

6,23

0.

48 28,94

28,99

166 100,00 100,00.

künstliche Darstellung aus Cumarin. 103

Die früher niitgetheilten Analysen der Melilotaäure zeigten immer einen kleinen Ueberschufs an Kohlenstoff, der wohl sicher durch eine geringe Beimengung von Cumarin veran- lafsl worden war.

Die Eigenschaften der Melilotsaure, die schon in der erwähnten Ahhandlung kurz angegeben worden, will ich hier noch einmal präciser wiederholen.

Sie löst sich bei 18^ C. in 20 Theilen Wasser; ihre Löslichkeit wächst aber bei zunehmender Temperatur so be- deutend, dafs sie schon bei 40^ C. nur 0,918 Theile (also nicht ganz einen Theil) Wasser zur Lösung bedarf. In Alkohol und namentlich in Aether ist ihre Löslichkeit noch viel gröfser. Aus einer heifs gesättigten wässerigen Lösung krystallisirt* sie bei längerem Stehen in der Kälte in zoll- grofsen , farblos durchsichtigen , spiefsigen , dem Arragonit ahnlichen Krystallen , die bei 82^' C. schmelzen und beim Erkalten wieder krystallinisch erstarren. Ihre Lösungen zeichnen sich durch ^ine stark saure Reaction aus; selbst die verdänntesten Lösungen färben noch blaues Lackmus- papier roth. Sie besitzt einen adstringirend sauren Geschmack and bei gewöhnlicher Temperator einen honigartigen aroma- tischen Geruch, der bei gelindem Erwärmen dem des Stein- klees ähnlich wird. Sie zersetzt die kohlensauren Salze in der Kälte mit. Leichtigkeit und löst in der Wärme Eisen und Zink unter rascher Wasserstoffentwickelung auf. Ueber- schttssige Alkalien ertheilen einer Lösung der Melilotsäure bei auffallendem Lichte einen schwachen grünlichen Schein, der um so geringer erscheint, je reiner die Säure war. Beim mehrtägigen Stehen einer concentrirten Lösung der Melilotsäure in überschüssigem Ammoniak tritt allroälig, auch beim Abschlufs der Luft, eine indigblaue Färbung ein, die erst nach sehr langer . Zeit ins Gelbliche oder Röthliche übergeht. Beim Erwärmen einer solchen ammoniakalischen

104 Zwenger, über Meläotsäure und deren

Lösung zeigt sich dagegen gleich eine röthliche oder rothe Färbung, wie überhaupt die Lösungen der Säure und die der Salze mit starker Basis eine Neigung besitzen, beim Concen- triren in der Wärme sich röthlich zu färben. Bei vorsich- tigem tropfenweisem Zusatz einer kalten wässerigen Lösung von Melilotsäure zu einer sehr verdünnten Eisenchloridlösung entsteht eine bläuliche Färbung, die unter Ausscheidung eines gelblichen oder bräunlichen Niederschlags langsam ver- schwindet. Eisenchlorur ruft weder eine Farbenveränderung, noch einen Niederschlag hervor. Durch Bleichkalklösung wird eine Lösung der Melilotsäure in der Kälte gelb, in der Wärme roth gefärbt. Mit Kali geschmolzen liefert die Melilotsäure unter Wasserstoffentwickelung Salicylsäure. Man stellt diesen Versuch am Besten so an, dafs man Melilot- säure mit concentrirter Kalilauge so lange eindampft, bis die Anfangs gelbe Farbe der geschmolzenen Masse verschwunden ist und dann noch etwas stärker erhitzt. Den Ruckstand über- giefst man mit Salzsäure oder Schwefelsäure und dann mit Aether. Aus der ätherischen Lösung scheiden sich beim Verdunsten Krystalle in ziemlicher Menge aus, die nach dem Umkrystallisiren aus Wasser durch den Schmelzpunkt, der genau bei 159^ C. lag, und durch die Reaction mit Eisen- chlorid sicher und leicht als Salicylsäure erkannt werden konnten. Bei dieser Zersetzung entsteht zugleich Essig- säure. Jener Rückstand gab mit Schwefelsäure destillirt eine saure farblose Flüssigkeit, die etwas nach Holzessig roch, Spuren von Salicylsäure enthielt und die gewöhnlichen Reac- tionen auf Essigsäure zwar schwach, aber doch deutlich und characteristisch zeigte.

Die Zersetzung der Melilotsäure durch Kali erfolgt dem- nach nach folgender Gleichung :

üiaHtoOe + 4 HO = C^H^Oe + C4H4O4 + 4 H.

künstliche Darstellung aus Cumarin* 105

Anhydrid der Melilotsäure. Erhitzt man Helilotsaure in einer Retorte ^ so destillirt ein ölartiger Körper nebst Wasser über, wahrend nur Spuren von Kohle im Ruckstand bleiben. Die ersten Partien, die übergehen, sind trübe und enthalten Wasser, das sich beim Stehen vom Oel absondert; die spateren, die besonders aufgefangen wurden, erscheinen hell und farblos. Das ganz zuletzt übergehende OeL ist mitunter röthlich oder selbst violett gefärbt. Das rectificirte farblose Oel reagirte vollkommen neutral, konnVie aber selbst in einer Kaltemischung nicht zum Kry stall isiren gebracht werden. Mit Walser längere Zeit erwärmt löste es sich langsam auf und die nun stark sauer reagirende Flüssigkeit gab beim Verdunsten Krystalle, die alle Eigenschaften der Melilotsäure besafsen. Das Oel muTste also das Anhydrid der Melilotsäure enthalten und es entstand nur die Frage, ob ein oder zwei Atome Wasser aus der Melilotsäure aus- getreten seien.

0,419 Gnn. Sobstanz gaben 1,0941 KohlenBänre und 0,2187 Walser.

berechnet nach berechnet nach

der Formel

der Formel

gefdnden

CwHjoOfl 1 HO

CisHioOe - 2 HO

c

71,12

68,79

72,99

H

5,80

6,73

6,40

0

23,08

100,00.

Aus dieser Analyse ging hervor, dafs die Melilotsäure zwar zwei Atome Wasser verloren hatte, dafs aber das er- haltene Product noch wasserhaltig sei. Das Oel wurde des- halb nochmals über Chlorcalcium rectificirt und auch hier die ersten Portionen von den folgenden gesondert. Nunmehr erstarrte die Flüssigkeit unter der Luftpumpe nach einiger Zeit beinahe total zu einer Krystallmasse, die, #ie die Ana- lyse bewies, nach der Formel GigHgOi zusammengesetzt war.

0,2446 Grm. lufttrockener Substanz gaben 0,6626 Kohlensäure und 0,1218 Wasser.

106 Zwenger, Über Mdilotsäure und deren

gefunden

72,74 5»53

berechnet

Ci8

108 72,99

H,

8 5,40

O4

32 21,61

148 100,00.

Das Anhydrid der Helilotsaure krystallisirt in farblosen, glänzenden, harten, grofsen, scheinbar rhombischen Tafeln, schmilzt schon bei 25^ C. zu einem farblosen, das Licht stark brecherfden Oel, erstarrt beim Erkalten wieder krystal* linisch, und siedet unzersetzt bei 272^ C. Bei gewöhnlicher Temperatur riecht es dem Cumarin, von 'dem es sich nur durch zwei Atome Wasserstoff unterscheidet, in hohem Grade ähnlich; bei höherer Temperatur entwickelt es einen sehr angenehmen Geruch , der an den des Zimmtöls und Nitro- benzols lebhaft erinnert. In Alkohol und Aether löst es sich zu einer vollkommen neutralen Flüssigkeit auf. In kaltem Wasser ist es unlöslich; beim raschen Kochen wird ein Theii gelöst, der si(^ beim Erkalten unter* milchiger Trübung als farbloses Oel wieder ausscheidet. Bei längerem Erwärmen löst sich dagegen das Anhydrid unter Bildung von Helilot- saure in Wasser vollständig auf. Das Anhydrid zieht selbst, wenn es in geschmolzenem Zustande in nicht hermetisch verschlossenen Gefäfsen längere Zeit aufbewahrt wird, Wasser aus der Luft an und verwandelt sich in krystallisirte Melilot- säure.

Die Helilotsaure besitzt aber auch umgekehrt eine grofse Neigung, selbst bei verhältnifsmäfsig niederer Temperatur Wasser auszuscheiden und sich in Anhydrid umzuwandeln. So tritt die Bildung von Anhydrid schon bei biofsem Schmel- zen der Hel^tsäure auf dem Wasserbade ein. Uebergiefsl man die längere Zeit geschmolzene Hasse mit Wasser, so löst sich nur die unverändert gebliebene Helilotsaure auf, während das Anhydrid als Oel ungelöst zurückbleibt.

küngüiche Darstellung aus Outnarin. 107

Salee der Mdilotsäure. ■— Die Salze der Melilotsäure and gewöhnlich leicht krystallisirbar. Die Alkali- und alka- lischen Erdsalze reagiren schwach alkalisch, das Ammoniak- salz und die Salze der schweren Hetalloxyde dagegen sauer. Die schwer löslichen wurden durch Doppelzersetzung, die leicht löslichen durch Behandeln der entsprechenden kohlen- sauren Salze oder der freien Basen mit Melilotsäure darge- stellt. Sie schmelzen meistens leicht, manche schon unter 100^ C, und entwickeln bei höherer Temperatur Anhy- drid, das als Oel in einer Vorlage aufgefangen werden kann. Bei weiterem, sehr vorsichtigem Erhitzen färbt sich mitunter die geschmolzene Masse erst rolh und dann prachtvoll violett. Das Anhydrid, das in dieser Periode der Zersetzung über- geht, ist dann roth oder violett gefärbt. Diese Erscheinung zeigt namentlich das Barytsalz. Bei stärkerem Glühen tritt totale Zersetzung des Salzes ein, es scheidet sich eine aufser- ordentlich schwer verbrennbare Kohle unter Freiwerden von Pfaenylsäure aus.

Es ist mir nicht gelungen, zweibasische Salze der Melilot- säure darzustellen; alle Salze, die ich untersucht habe, waren ohne Ausnahme einbasisch. Auch ist der auf gewöhnlichem Wege dargestellte Aether keine Aethersäure, sondern eine neutrale Aetherart. Ferner erzeugt sich bei der Einwirkung von Ammoniak auf das Anhydrid der Melilotsäure das Amid emer einbasischen Säure, ein Monamid. Die Melilotsäure ist demnach einbasisch , aber zweiatomig, und enthält , wie die meisten Säuren mit 6 Aeq. Sauerstoff, zwei ungleichwerthige typische Wasserstoffatome. Ihre Formel läfst sich nach der

typischen Schreibweise durch CigHgOsL ausdrücken , worin

H )

das zweite Atom typischen Wasserstoffs, das durch Metalle nicht vertreten werden kann, mit h bezeichnet ist. Dasselbe

108 Zwenger f über MeW^isäure und deren

wird aber unzweifelhaft, obgleich ich bis jetzt in dieser Richtung keine Versuche angestellt habe, durch Alkohol- oder Säureradieale leicht ersetzt werden können.

Melüotsaurea Kali, Eine wässerige Lösung der Melilot- säure wurde mit kohlensaurem Kali neutralisirt und der durch Eindampfen erhaltene Rückstand mit absolutem Alkohol aus* gezogen. Das melilotsaure Kali ist in Wasser und Alkohol sehr leicht löslich, krystallisirt aus einer wässerigen Lösung strahlig- blätterig, reagirt alkalisch und schmilzt unter Verlust des Krystallwassers bei 125^ C. Aus einer alkoholischen Lösung wird das Salz durch Aether, worin es unlöslich ist, als eine ölartige Schicht ausgeschieden, die in der Kälte mit Salzsäure versetzt zu einem krystallinischen Brei von Melilot- saure erstarrt. In dieser Beziehung verhält sich das melilot- saure Kali also gerade wie das phloretinsaure Kali.

I. 0,4242 Grm. geBchmolzenes Sah gaben 0|1615 aohwefelsaures Kali.

II. 0,385 Grm. Substanz gaben 0,1615 scbwefebaores Kali.

gefunden berechnet I. IL

CigHeOe

K 19,15 18,89 18,82.

Das Ammoniahsalz krystallisirt in feinen seideglänzenden Nadeln, die in Wasser und Alkohol leicht löslich sind, reagirt sauer und kann durch Neutralisiren der Melilotsaure mit Ammoniak und Verdunstenlassen der Lösung an der Luft leicht gewonnen werden.

Melüotsaurer Baryt. Das Barytsalz wurde durch Sättigen der Melilotsaure mit kohlensaurem Baryt dargestellt. Es stellt feine perlmutterartig-glasglänzende Nadeln dar, ist in Wasser und Alkohol leicht löslich, reagirt schwach alka^ lisch und enthält Krystallwasser, das bei 100^ C. entweicht. Wird es jedoch zu lange bei dieser Temperatur erhitzt, so färbt es sich oberflächlich gelb und entläfst Anhydrid. Bei

künstliche Darstellung aus Cumarin, 109

stirkerem -Erhitzen schmilzt es und zeigt spater die eben erwähnte Farbenerscheinung.

I. 0,3376 Grm. bei 100^ getrocknete Substanz gaben 0,1427 kohlensauren Baryt.

II. 0,326 Grm. gaben 0,1372 kohlensauren Baryt

gefunden berechnet I. IL

CigHjOfl

Ba 29,36 29,40 29,26.

I. 0,418 Grm. lufttrockenes Salz verloren bei 100^ 0. 0,04öö Wasser.

II. 0,4535 Grm. verloren 0,0497 Wasser.

III. 0,5373 Grm. verloren 0,0546 Wasser.

« gefunden

berechnet I. IL III.

CisHJ^aOe - -.

8 HO 10,36 10,36 10,95 10,16.

Eine concentrirte Lösung des melilotsauren Baryts giebt beim Kochen mit Barytwasser keinen Niederschlag, und es wird kein zweibasisches Salz, wie diefs unter denselben Verhaltnissen bei dem einbasischen salicylsauren und phlore- tinsauren Baryt der Fall ist, ausgeschieden. Auch liefert die alkalische Lösung, nach dem Behandeln mit Kohlensäure, wieder das gewöhnliche einbasische Barytsalz. Das unter U. analysirte Salz war auf diese Weise gewonnen.

MeUloisaurer Kalk, Versetzt man eine mit Ammoniak neotralisirte Lösung der Melilotsaure mit Chlorcalcium , so scheidet sich der melilotsaure Kalk nach längerem Stehen in weifsen, kugeligen Aggregaten von feinfaseriger radialer Structur ziemlich vollständig aus. War die Lösung sehr concentrirt, so tritt die Bildung eines Niederschlags sogleich ein. Das Kalksalz ist in Ws^er und Alkohol in der Kälte kaum und in der Wärme nur schwierig löslich. In Essig- säure löst es sich dagegen beim Erwärmen leicht auf, und kann daraus unverändert wieder krystaliisirt erhalten werden.

HO Zwenger y über Melilotsäure und deren

I. 0,2846 Grm. Kalksalz, das bei 100^ C. getrocknet war, gaben 0,0631 kohlensauren Kalk.

11. 0,2464 Grm. aus Essigsäure krystallisirter melilotsaurer Kalk gaben 0,0665 kohlensauren Kalk.

gefunden berechnet I. II.

CigHfiOe

Ca 10,81 10,76 10,79.

Der melilotsäure Kalk enthalt kein Krystallwässer.

0,2162 Grm. lufttrockenes Salz verloren bei 100° C. nur 0,0011 an Gewicht

Melilotsäure Magnesia, Beim Kochen einer wässerigen Losung von Melilotsäure mit überschüssiger kohlensaurer Magnesia wird mit der melilotsauren Magnesia zugleich eine kleine Menge kohlensaurer Magnesia aufgelöst, die nach dem Eindampfen der Lösung beim Behandeln des Rückstandes mit kaltem Wasser ungelöst zurückbleibt. Das Salz ist in Wasser leicht, etwas weniger leicht in Alkohol löslich, reagirt schwach alkalisch, und krystallisirt in schuppigen perlmutterglänzenden Krystallen, die sich fettartig anfühlen und leicht verwittern. Es enthält 4 Aeq. Krystallwässer, die bei 100^ C. entweichen.

I. 0,4706 Grm. bei 100^ G. getrocknete Substanz gaben 0,0526 Magnesia.

IL 0,8392 Grm. gaben 0,0385 Magnesia.

gefunden berecbnet I. IL

C13H9O0 .

Mg 11,80 11,17 11,35.

L 0,6157 Grm. lufttrockener Substana verloren bei 100<^C. 0,1007 Wasser.

IL 0,2811 Grm. verloren 0,0448 Wasser.

geftinden berechnet I. II.

CisHeMgOe - ^ - -

4H0 16,85 16,90 15,93.

Melilotsäure» Zinh wurde durch Kochen einer wasserigen Lösung von Melilotsäure mit überschussigem Zinkoxyd in

künstliche Darstellung aus Cumarin. 111

roseUenfönnigen Gruppirungen scheinbar quadratischer Tafeln erhalten, die theils glänzend durchsichtig und farblos, theils porcellanartig weifs erschienen. Auch die durchsichtigen Krystalle wurden mit der Zeit opak. Das Salz reagirt sauer, ist in kaltem Wasser nur wenig, in kochendem etwas leichter löslich. Es schmilzt schon unter 100^ C. zu einem farblosen OeL Beim Eindampfen einer wässerigen Lösung erhält man deswegen bei einer gewissen Concentration das melilotsaure Zink in Oellropfen ausgeschieden, die nach längerem Stehen krystallinisch erstarren. Es enthält 1 Aeq. Krystallwasser, das bei 100^ C. weggeht.

0,3889 Grm. lafttrockener SubstaQzs gaben 0,7375 Kohlensäure und

0,1692 Wasser. 0,4776 Grm. Substanz gaben 0,0941 Zinkozyd.

berechnet nach der Formel

C^^HeZnOa + HO gefunden

C|8 108 ^"**T2,27 51,72

Hjo 10 4,85 4,83

Zn 82,6 15,78 15,50

0| 56 27,10

206,6 100,0^

0,340 Grm. lufttrockener Substanz verloren bei 100*> C. 0,0186 Wasser.

berechnet gefunden

CigHgZnO^,

HO 4,84 4,00.

0,2964 Grm. geschmolzenes Zinksalz gaben 0,0606 Zinkoxyd. V

berechnet gefunden

C|gH90g

Zn 16,49 16,43.

Melüotsaures Kupfer, Wird eine mit kohlensaurem Natron fast neutralisirte wässerige Lösung der Melilotsaure in der Kälte mit schwefelsaurem Kupfer versetzt, so scheidet sich sogleich, wenn die Lösung concentrirt war, ein krystal- linischer, spangrüner Niederschlag aus, der aber bei ver- dünnter Lösung erst nach längerem Stehen sich zeigt. Auch

112 Zwenger^ über Melilotsäure und deren

bildet sich das melilotsaure Kupfer, wenn eine weingeistige Lösung der Melilotsaure mit kohlensaurem oder reinem Kupferoxyd längere Zeit unter öfterem Schütteln in Beruh- . rung gebracht wird. «Die Lösung färbt sich mit der Zeit intensiv grün und durch Verdunsten des Weingeistes lafst sich daraus das Salz in Krystallen, die aber gewöhnlich Spuren von freier Melilotsaure enthalten, gewinnen. Bei der Darstellung dieses Salzes ist jede höhere Temperatur sorg- faltig zu vermeiden, weil dasselbe in Lösungen schon bei schwachem Erwärmen leicht eine Zerlegung erfährt.

Das melilotsaure Kupfer stellt spangrüne, dem faserigen Malachit sehr ahnliche Aggregate mit radialer Anordnung oder Kugeln mit radial-faseriger Structur dar , ist in kaltem Wasser unlöslich, in Weingeist dagegen mit grüner Farbe leicht löslich. Die Lösung reagirt sauer. Beim Kochen einer weingeistigen Lösung bildet sich ein weifs-blaulicher Nieder- schlag, und die darüber stehende Flüssigkeit wird fast farblos. Derselbe Niederschlag zeigt sich auch, wenn die wasserige Lösung bei der Darstellung des melilotsauren Kupfers nach der ersten Methode erwarnft wurde. Auch wird das Salz durch Aether, wenn derselbe vollkommen säurefrei war, schon bei gewöhnlicher Temperatur in dieser Weise zerlegt Das Salz enthält 1 Aeq. Krystallwasser, das bei 100° C. aus- gjgrieben wird.

L 0,2966 Grm. bei 100*^ C. getrooknetes Salz gaben 0,5956 Kohlensäure und 0,1234 Waaaer.

II. 0,8602 Grm. gaben 0,0728 Kupferoxyd.

HI. 0,280 Grm. naoh der zweiten Methode dargestelltes Knpfer- salz gaben 0,0552 Kupferoxyd.

berechnet nach der gefunden

FormelCiaHöCuO^ % ' j j ' jjj

Ci8 W8 54,90 54,76

Hg 9 4.57 4,62

Cu 81,7 16,11 16,02 16,74

Oe 48 24,42 _

196,7.

künstliche Darstdbmg aus Cumarin. 113

0,4908 Gnn. lafttrookene Sabstanz verloren bei 100^ G. 0,0222 Wasser.

berechnet gefunden

CigHgGuOg »^—

HO 4,87 4,62.

Der durch Kochen einer weingeistigen Lösung des melilotsauren Kupfers erhaltene Niederschlag hinterliefs nach einer Bestimmung 45,4 pC. Kupferoxyd, eine Zahl, die sich auf ein einfaches Verhältnifs der Zusammensetzung nicht zurückfuhren lafst.

MdiloUaures Bleu Eine wasserige Lösung von Melilot- saure wird durch neutrales und basisch-essigsaures Blei so- gleich gefällt. Es bildet sich ein schwerer, weifser, krystal- Unischer Niederschlag, der in überschüssigem Bleiessig löslich ist. Bei Anwendung einer verdünnten Lösung von Melilotsaure wird dagegen durch neutrales essigsaures Blei erst nach längerem Stehen ein krystallinischer Niederschlag hervorgerufen, weshalb ich früher irrthümlicher Weise angab, dafs die Melilotsaure durch dieses Reagens nicht gefällt werde. Das Bleisalz ist in kaltem Wasser und Alkohol un- löslich; beim Kochen löst sich nur ein geringer Theil auf, der beim Erkalten in farblosen, flacbprismatischen Krystallen sich wieder langsam, aber vollständig ausscheidet. In Aether ist es unlöslich, aber in Essigsäure leicht löslich und kann daraus wieder unverändert krystallisirt erhalten werden. Das Salz reagirt sauer und enthält kein Krystallwasser.

In der früheren Abhandlung sind die Analysen des melilotsauren Blei's, das durch Fällen der Melilotsaure mit Bleiessig erhalten worden war und die einen geringen Ueber- schufs an Blei lieferten, mitgetheilt worden. Die hier fol- genden Analysen sind mit einem Material angestellt , das durch Fällen einer concentrirten wässerigen Lösung der Melilotsaure mit neutralem essigsaurem Blei gewonnen ward.

AniukL*d. Ghem. u. Pharm. V. Sttpplementbd. 1. Heft. g

114 Zwenger^'iiber Melilotaäure und deren

I. 0,332 Grm. gaben 0,4881 Kohlens&oxe und 0,1008 Wasser n. 0,492 Grm. gaben 0,2048 Bleiozyd. IIL 0,418 Grm. gaben 0,1716 Bleioxyd.

berechnet nach der FormelCjgHaPbOa

Gl, 108,0 40,22

H* 9,0 8,86

Pb 108,5 88,54 88,55 88,54

Oe 48,0 17,89 -^

268,5 100,00.

Melilotsaures Silber wurde durch Fällen von melilot- saurem Ammoniak mit salpetersaurem Silber als ein volumi- nöser, weifser, käsiger Niederschlag erhalten. Da das Salz im feuchten Zustand gegen das Licht aufseror deutlich em- pfindlich ist, so müssen alle Operationen im Dunkeln vorge- nommen werden. In Wasser und Alkohol ist es in der Kalte nur sehr wenig, in 4er Wärme etwas leichter löslich und kann beim Verdunsten dieser Lösungen in feinen, seide- glänzenden Nadeln krystallisirt erhalten werden. Die Krystalle erscheinen aber fast immer durch reducirtes Silber grau gefärbt.

0,8021 Grm. Silbersalz gaben 0,4348 Kohlensftare und 0,0939 Wasser.

0,8076 Grm. gaben 0,1208 Silber.

berechnet nach der*

Formel CigH^AgO« gefunden

Cis 108,0 39,52 39,25

H9 9,0 3,29 3,45

Ag 108,0 89,52 39,27

Oa 48,0 27,67

273,0 100,00.

Eine wässerige Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxydul und ebenso von salpetersaurem Quecksilberoxyd erzeugt mit Melilotsäure einen weifsen krystallinischen Niederschlag von melilotsaurem Queckaüber^Oxydvd oder Oxyd, der sich aus

lamstliche Darstellung aus Cumarin. 115

verdünnten Losungen erst nach längerem Stehen ausscheidet. Die Phloretinsäure verhält sich gegen diese Reagentien gerade so.

Der Melilot8äure''Aethyläther kann durch Einwirkung von Jodäthyl auf frisch gefälltes melilotsaures Silber erhalten werden. Die Zersetzung findet leicht, schon beim schwachen Erwärmen auf dem Wasserbade statt. Da das frisch gefällte Silbersalz sehr hydratisch ist, so scheidet sich der Aether unter einer Wasserschicht als ein ölartiger Körper aus. Auch melilotsaures Blei läfst sich zu diesem Zwecke verwenden; jedoch tritt hier die Einwirkung erst bei höherer Temperatur ein, so dafs man genöthigt ist, das Bleisalz mit Jodäthyl in zngeschmolzenen Röhren so lange auf einem Sandbade zu erhitzen, bis die gelbe Farbe des gebildeten Jodbleies die vollständige Umsetzung anzeigt.

Später fand ich, dafs die Aetherification der Helilotsäure aufserordentlich schnell und sehr vollständig herbeigeführt werden kann, wenn eine starke alkoholische Lösung dieser Säure unter Zusatz von etwas concentrirter Salzsäure einige Zeit gekocht wird. Nach dem Erkalten der Mischung setzt man Wasser zu, filtrirt den ölartig ausgeschiedenen Aether ab, wascht ihn auf dem Filter erst mit einer Lösung von kohlensaurem Natron und dann mit Wasser aus, löst ihn hierauf in Alkohol und dampft die weingeistige Lösung auf dem Wasserbade zu einer syrupdicken wasserfreien Flüssig- keit ein. Bei niederer Temperatur erstarrt dann der Aether, gewöhnlich erst nach längerer Zeit, zu einer strahlig-blät- terigen Masse ; die durch Abpressen zwischen Fliefspapier und Umkrystallisiren gereinigt ward. Der melilotsaure Aethyl- alher krystallisirt aus einer ätherischen Lösung bei langsamen Verdunsten an der Luft in farblosen grofsen klinorhombischen Prismen, besitzt bei gewöhnlicher Temperatur einen schwa- chen, aber feinen, zimmetartigen Geruch, entwickelt auf dem

116 Zwenger^ über Mdüotsäure und deren

Platinblech erhitzt einen reizenden, stechenden Dampf, reagirt neutral, schmilzt bei 34® C. und erstarrt beim Erkalten wie- der krystallinisch, siedet bei 273® G. unzersetzt, ist in Alkohol und Aetber leicht löslich, dagegen unlöslich in kaltem Wasser; durch kochendes Wasser wird er in geringer Menge gelöst, beim Erkalten der Lösung scheidet sich derselbe in ölartigen Tropfen wieder aus. Der Aether erfahrt durch Alkalien, namentlich in der Wärme, unter Entwickelung von Alkohol eine rasche Zerlegung. Seine Zusammensetzung entspricht

der Formel : CisHgO, O4.

CA \

0,2683 Grm. Substanz gaben 0,1785 Wasser nnd 0,667 Kohlen-

säure.

berechnet gefunden

Ott 132 68,04 67,80

Hu 14 7,22 7,89

O5 48 24,74

194 100,00.

Bibrommelilotsäure. Trockene, feinzerriebene Melilot- sSure wurde mit Brom in kleinen Portionen bei gewöhnlicher Temperatur so lange unter ständigem Umrühren betropft, bis keine sichtbare Einwirkung mehr stattfand. Jedenfalls mufste zuletzt ein Ueberschufs von Brom vorhanden sein. Es ent- wickelte sich hierbei, indem die anfangs weiche taigartige Masse nach und nach wieder fest wurde, eine grofse Menge Bromwasserstoff. Nach dem Entfernen des überschüssigen Broms durch Verdunstenlassen desselben an der Luft ward der fast weifse Rückstand mit kaltem Wasser ausgewaschen und darauf in kochendem sehr verdünntem Weingeist gelöst. Nach dem Erkalten schieden sich unter milchiger Trübung durchsichtige, farblose, glänzende Nadeln in grofser Menge aus, die in der Regel, wenn bei der Darstellung ein Ueber- schufs von Brom Anwendung gefunden hatte, vollkommen rein waren.

^ JainsÜiche Darstellung aus Oumarin, 117

Die Bibrommelilotsaare ist in kaltem Wasser nicht, in kochendem nur weni^ löslich und krystallisirt beim Erkalten in sehr feinen, seideglänzenden Nadeln wieder vollständig aas. In Alkohol und Aether ist sie sehr leicht löslich. Sie reagirt stark sauer, schmilzt bei 115^ C. und erstarrt beim Erkalten wieder krystallinisch. Auch lafst sie sich ohne Zer- setzung destilliren.

0,5592 Grm. unter der Luftpampe getrockneter Substanz gaben 0,1824 Wasser und 0,679 Kofalensttnre.

0,5421 Grm. Substanz gaben 0,6828 Bromsilber.

berechnet nach der

Formel CjaHgBrgOe

gefunden

Cl8

108

33,33

33,11

Hs

8

2,46

2,63

Br,

160

49,35

49,67

48

14,86

324 100,00.

Bibrommelilotsaurer Baryt wurde durch Kochen von kohlensaurem Baryt mit einer wässerigen Lösung von Bi- brommelilotsaure in stark seideglänzenden Nadeln gewonnen. Er löst sich in kaltem Wasser nur wenig, leichter in kochen- dem ; sehr leicht in warmem Alkohol. Das Salz reagirt neu- tral, enthält Krystallwasser, das bei 100^ C. weggeht.

0,261 Cfrm. bei 100^ C. getrockneter Substanz gaben 0,0776 schwefelsauren Baryt.

berechnet gefunden

Cis^ß'j^e

Ba 17,49 17,48

100,00.

0,292 Grm. lufttrockener Krystalle verloren bei 100^ G. 0,031 Wasser.

Gi8H7Br,BaOe

5 HO 10,30 10,61.

Binäramehloisäure. Uebergiefst man Helilotsäure in der Kälte mit ungefähr dem sechsfachen Volum Salpeter-

118 Zwenger, über Meltbtsäure und deren

saure von 1,2 spec. Gew., so löst sich dieselbe Anfangs mit dunkelrother Farbe auf, ohne dafs dabei eine besondere Warmeentwickelung oder Bildung von rothen Dampfen be- merkbar würde, und es scheiden sich nach längerem Stehen gelbe oder gelbrothe Krystalle aus der Flüssigkeit aus. Kocht man dagegen die Melilotsaure mit concentrirter Salpetersäure, wobei ein grofser Ueberschnfs der letzteren vermieden werden mufs, so lange, bis die heftige Entwickelung von salpetrig- sauren Dampfen nachläfst und die Anfangs dunkebrothe Farbe der Lösung in eine hellgelbe übergeht, so krystallisirt die Nitroverbindung nach dem Erkalten in blafsgelben, mitunter fast farblosen Krystallen ans. Rauchende Salpetersäure be- wirkt schon bei gewöhnlicher Temperatur unter heftiger Re- action dieselbe Umwandlung.

Nach der ersten Methode ist die Ausbeute zwar eine gröfsere, aber die Krystalle sind weniger rein; nach der zweiten Methode findet sich dagegen eine reichliche Menge Oxalsäure in der Mutterlauge, die um so grofser ist, je con- centrirter die Salpetersaure war und je länger die Einwir- kung dauerte.

Die gewonnenen Krystalle wurden nach dem Abpressen erst aus Wasser und dann aus Alkohol umkrystallisirt.

Die Binitromelilotsänre ist in kaltem Wasser nur wenig mit gelber Farbe löslich; in kochendem löst sie sich etwas leichter und scheidet sich beim Erkalten ziemlich vollständig in nadeiförmigen Krystallen wieder aus. Aus kochendem Alkohol krystallisirt sie- in stark glänzenden, scheinbar ortho- rhombischen Prismen. Die Farbe der Krystalle ist eine honiggelbe, mit einem Stich ins Hyacinthrothe, wenn zu ihrer Darstellung verdünnte Salpetersäure verwendet wurde , da- gegen eine Stroh- oder schwefelgelbe bei Anwendung von concentrirter Salpetersäure. Die Nitromelilotsäure , die ich früher für Pikrinsäure hielt, färbt organische Stoffe eben so

künstliche Darsielhtng aus Cumarin. 119

ifllensiv wie letztere. Sie schmeckt anfangs schwach adstrin- girend, zaletzt bitter, löst sich in Alkalien mit gelbrother Farbe, verpufll nicht, schmilzt bei 155^ C. und erstarrt beim Erkalten wieder krystallinisch. Auch Idfst sie sich zwischen zwei Uhrglasern gröfstentheils unzersetzt verfluchtigen. Das gelbe ölige Destillat krystailislrt nach einiger Zeit wieder vollständig. Die Salze der Nitromelilotsaure sind meistens gelb oder roth von Farbe, krystallinisch und in Wasser schwer löslich. So giebt die mit Ammoniak neutralisirte Lösung der Binitromelilotsaure mit Chlorbaryum, namentlich beim Erwärmen, einen zinnoberrothen , mit essigsaurem Blei einen gelben, mit Chlorcalcium und salpetersaurem Silber einen gelbrothen krystallinischen Niederschlag. Die Salze verpuffen beim Erhitzen.

Ich habe die Binitromelilotsaure, trotz wiederholten Um- kryatallisirens , nicht in absolut chemisch reinem Zustande erhalten können. Die Analysen zeigten immer einen kleinen Ueberschufs an Kohlenstoff. Wahrscheinlich haftete derselben eine geringe Menge Hononitromelilotsäure, die sich Anfangs gebfldet haben mochte, an und die durch blofses Umkrystal- lisiren nicht zu entfernen war. Auch die Salze, die ich untersucht habe, zeigten, dem entsprechend, einen geringeren Gehalt an Basis.

I. 0,3851 Grm. durch concentrirte Salpetersäure dargestellter Substanz, bei 100^ G. getrocknet, gaben 0,1168 Wasser und 0,6062 Kohlens&ure.

II. 0,3571 GriD. Sabstans, durch, yerdünnte SalpaterBftnre erhalten, gaben 0,0813 Wanser und 0,4055 Kohlenstture.

berechnet Formel C

nach der 'isHsXgOe

gefunden I. II.

Cts

108

42,18

42,93 43»00

He

8

3,12

8)35 3,51

N,

28

10,93

Oi4

112

43,77

256

100,00.

120 Zwengety über Meläotsäure und deren

0,30ßl Grm. binitromeltlotsaurer Baryt, bei 120^ C. ge- trocknet, gaben 0,1721 schwefelsauren Baryt = 33,50 pG. Baryum. Diese Zahl könnte der Formel CigHeXsBasOe 4~ ^ >4« entsprechen, die 33,76 pC. Barynm verlangt.

Das Silbersalz gab mir in einem Fall 42,0 pC, in einem andern Falle 43,2 pC. Silber. Nach der Formel CisHeXsAgsO« müfsten aber 45,9 pC. gefunden werden.

Amid der Meläotsäure. •— Uebergiefst man das Anhy- drid der Helilotsdure in der Kälte mit einer concentrirten Lösung von Ammoniak, so löst sich dasselbe langsam auf und beim Verdunsten an der Luft scheiden sich feine, stark seideglänzende, lange Nadeln ab. Dieselbe Verbindung wird auch durch längeres Einwirken einer concentrirten Ammoniak- flussigkeit auf den melilotsauren Aethyläther erhalten. Die Krystalle reagiren neutral, sind wenig in kaltem, leicht in warmem Wasser löslich , und werden auch von Weingeist und Aether leicht gelöst. Das Amid schmilzt bei 70^ C. und erstarrt beim Erkalten wieder krystallinisch. Beim Er- hitzen zerfällt es in Ammoniak und in Anhydrid. Die wäs- serige Lösung giebt mit Eisenchlorid eineindigUaue Färbung. Durch Säuren und Alkalien wird es in der Wärme leicht zerlegt.

0,3467 Grm. lufttrockener Sabstanz gaben 0,2164 Wasser and 0,8286 Eoblensftare.

0,2416 Grm. Substanz gaben 0,3077 Platinsalmiak.

h I

Daraus berechnet sich die Formel CisHgOsf ' die in 100

H. P

Theilen griebt :

berechnet

gefunden

c..

108^^ ~6M6

66,86

H»,

11 6,66

6,92

N

14 8,48

8,00

32 19,40

166 100,00.

künstliehe Darstellung aus Cumarin, 121

Bekanntlich existiren viele organische Substanzen, die nach der empirischen Formel CigHioO« zusammengesellt sind. Erst kürzlich hahen Ladenburg und Fitz*) nicht weniger als zwölf solcher Körper zusammengezählt, wozu aber noch die Melilotsaure und die Tropasaure **) zu rechnen sind. Die dahin gehörige Phloretinsäure, die von Hlasi- wetz***), dem Entdecker derselben, in sehr umfassender und gründlicher Weise studirt ward, zeigt mit der Melilotsaure in yieier Beziehung eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit. Diese tritt namentlich bei den Substitution^roducten sehr deutlich hervor. Sie unterscheidet sich aber wesentlich von der Melilotsaure durch ihren Schmelzpunkt, der bei 128 bis 130® G. liegt, durch ihre Geruchlosigkeit, durch die Leicht- löslichkeit ihres Kalk* und Bleisalzes, durch die Fähigkeit einzehie zweibasische Salze zu bilden, und vor allen Dingen durch die Eigenschaft, in Verbindung mit Baryt bei der trockenen Destillation in Kohlensaure und ein mit der Phenyl- säure homologes Oel zu zerfallen. Die Phloretinsäure mufs demnach als eine mit der Salicylsäure wirklich homologe Säure betrachtet werden.

Künstliche Darstellung der Melilotsaure aus Cumarin,

' Nachdem die Formel der Melilotsaure festgestellt war, drängte sich von selbst die Vermuthung auf, dafs in dem Steinklee die Melilotsaure aus dem Cumarin entstanden sein dürfte. Durch Aufnahme von 2 Aeq. Wasser konnte das Cu- marin in Cumarsaure und durch Addition von 2 Aeq. Wasser- stoff die Cumarsaure in Melilotsaure übergeführt worden sein :

Ct8H604 + 2 HO + 2 H = CijH^oO«.

*) Annalen d. Chem. n. Pharm. CXLI, 254. ••) Daselbst CXXXVm , 283. ) DaaelbBt OD, 146.

122 Ztoenger, über Melüotaäure und deren

Von dieser Idee ausgehend loste ich das Cumarin An- fAgs in Kalilauge und brachte unter schwachem Erwärmen von Zeit zu Zeit Natriumamalgam hinzu. Die Entwickelnng von Wasserstoffgas war hierbei ziemlich heftig, aber selbst nach längerem Einwirken hatte das Cumarin in der kaiischen Lösung keine Veränderung erfahren. Ich konnte dasselbe vollständig und unzersetzt wieder ausscheiden. Ich versuchte sodann in einer wasserigen Lösung diese Umwandlung her- beizufuhren, was mir auch in überraschend leichftr Weise gelang. **

Uebergiefst man nämlich Cumarin mit vielem Wasser, dem man, um die Löslichkeit des Cumarins zu erhöhen, etwas Weingeist zusetzen kann, und bringt bei einer Temperatur von 40 bis 60^ C. Natrinmamalgam (1 Th. Natrium und wenig- stens 100 Th. Quecksilber) in nicht zu grofser Menge hinzu, so wird das Cumarin nach und nach theilweise in Melilol- säure umgewandelt. Die Anfangs stark alkalische Reaction der Lösung wird in Folge dessen immer schwächer und ver- schwindet beinahe zuletzt. Erst jetzt darf mit dem weiteren Zusatz von Natriumamalgam fortgefahren werden, weil nur dann ein sicherer Erfolg zu erwarten steht, wenn der Pro- cefs recht langsam geleitet wird. Bei einem grofsen Ueber- schufs von Natriumamalgam würde gleich eine zu concen- trirte alkalische Lösung entstehen, die, wie aus dem vorher- gehenden Versuche ersichtlich ist, die beabsichtigte Um- wandlung nur hindert. Nach mehreren Tagen ist bei so fortgesetzter Behandlung das Cumarin vollständig oder bei- nahe vollständig verschwunden. Die Lösung wird dann mit Essigsäure schwach angesäuert und auf dem Wasserbade concentrirt, wo über Nacht gewöhnlich Erystalle von Cu- marin sich ausscheiden. Nach dem Entfernen derselben fällt man die Lösung mit essigsaurem Blei, filtrirt ab, kocht den Bleiniederschlag so lange mit Wasser aus, als sich noch

künstliehe Darstellung aus Oumartn. 123

etwas löst, and läfst aus dem heifsen Filtrat das melilotsaure Blei anskrystallisiren. Das erhaltene Bleisalas wurde erst mit Aether, um das anhaftende Cumarin zu entfernen, ausge- kocht und dann durch Schwefelwasserstoff zerlegt. Die aus der wasserigen Lösung gewonnenen Krystalle zeigten genau und vollständig alle Eigenschaften der Melilotsaure, deren Identität auch durch die folgenden Analysen bewiesen ward.

0,2826 Grm. kfinstlioh dargestellter Melilots&ure gaben 0,6723 Kohlensäure und 0,162 Wasser.

berechnet gefunden

Gia 65,06 64,88

Bio 6,00 6,36

Og 28,94 -

100,00. 0,252 Grm. Ealksalss gaben 0,0688 kohlensauren Kalk.

berechnet gefunden

Ca 10,81 10,92.

0,6566 Grm. Bleisalz gaben 0,271 Bleiozyd.

berechnet gefunden

Pb 38,54 88,31.

Nach dem ganzen Vorgang mufste sich aber in einer gewissen Periode des Processes hierbei Cumarsaure gebildet haben. In der That bestand der beim Auskochen mit Wasser unlöslich gebliebene geringe Bleiniederschlag zum gröfsten Theil aus cumarsaurem Blei. Auch machte ich die Beob- achtung, dafs, wenn bei der künstlichen Darstellung der Melilotsaure die Temperatur der Flüssigkeit etwas zu stark erhöht wurde, ein Körper sich ausschied; der in Wasser und Aether unlöslich war, und der später als ein Umsetzungs- prodnct der Cumarsaure von mir erkannt wurde. Eben so habe ich in dem Steinklee die Cumarsaure unzweifelhaft nachweisen können.

Der Procefs der Bildung der Melilotsaure ist also voll- kommen klar und durchsichtig. . Wo Cumarin in einw Pflanze

124 Lippmann, über die unier jodige Säure

vorkommt, kann unter Umständen auch Cnmarsaure auftreten, und die Melilotsöure selbst ist demnach, wie ich schon früher vermuthet hatte, nichts anderes als Hydrocumarsäure.

Durch dieses Auftreten der Cumarsaure wurde ich ver- anlafst, diese noch so wenig gekannte Saure einer genaueren Prüfung zu unterwerfen, deren Resultate ich in einer andern Abhandlung niederlegen werde.

Ueber die unterjodige Säure und ihre directen Verbindungen mit Kohlenwasserstoffen;

von E. Lippmann *).

Die Einwirkung der wasserfreien unterchlorigen Säure auf organische Substanzen ist durch Schützenberger untersucht worden. Bei seinen Versuchen darüber, wie diese Saure sich zu anderen wasserfreien Säuren verhält, fand er, dafs sich hierbei, durch doppelte Zersetzung, gemischte An- hydride bilden, wie z. B. das essigsaure Chlor. Ich habe vor Kurzem, gemeinsam mit ihm, gezeigt, dafs das essig- saure Chlor sich direct mit nicht gesättigten Kohlenwasser- stoffen vereinigt, wie z. B. mit dem Aethylen unter Bildung von Acetochlorwasserstoffsäure-Glycoläther.

Es schien mir Interesse zu bieten, die Einwirkung der wasserfreien unterchlorigen Säure auf die Kohlenwasserstoffe zu untersuchen, namentlich da man noch keine analogen Fälle beobachtet hat. Carius sagt in seiner Arbeit über dasUn-

t) Compt rend« LXIII, 968.

und ihre directen Verbindungen mit Kohlenwasserstoffenm 125

terchlorigsaurehydrat, dafs die Kohlenwasserstoffe durch die wasserfreie unterchlorige Säure lebhaft angegriffen und ver- kohlt werden.

Der Umstand, dafs das Arbeiten mit gröfseren Mengen wasserfreier unterchloriger Säure gefährlich ist, veranlafste mich zu Versuchen über die Bildung der unterjodigen Säure. Ich will zunächst die Bildung des Hydrates dieser Säure und die Addition desselben zu dem Amylen beschreiben. Das Jod wirkt bei Gegenwart von Wasser nicht auf das Queck- silberoxyd ein, aber wenn man Amylen zusetzt und schüttelt, so verschwindet es sofort unter Bildung von Jodquecksilber. Zugleich bildet sich unterjodige Säure, welche sich direct mit dem Amylen zu einem Jodhydrin vereinigt, das specifisch schwerer ist als Wasser und sich bei der Destillation zer- setzt Behandelt man dieses Jodhydrin mit essigsaurem Silber, so bilden sich Essigsäure, Jodsilber und Amylenoxyd, welches zwischen 95 und 100^ siedet. Bringt man Jod, Quecksilber- oxyd und Amylen in wasserfreiem Alkohol zusammen, so verschwindet das Jod unter Bildung von Jodquecksilber und einer in Lösung gehenden jodhaltigen Verbindung. Diese Verbindung ist in diesem Falle ein Gemische verschiedener Jodhydrine, welche nur im leeren Räume destillirt werden können. Ich habe in dieser Weise ein Jodhydrin erhalten,

^öHioj entsprach :

^jHß J berechnet gefunden

e 46,1 46,0 46,2

H 8,0 8,3 8,4

J 40,7 41,0

O 6,1

99,9.

. Eine zweite Portion, welche nicht destillirt worden war, gab mit essigsaurem Silber ein Gemische von Essigsäure-

126 Lippmann f über die unter jodige Säure

Verbindungen des Amylens und Amylenoxyd, welches ich durch fractionirte Destillation zerlegen konnte. Bei 150^ ging ein Product über, dessen Analyse zu der Formel

{^sHiol/i €JAor» führte :

berechnet gefunden

68,8 68,4

H 11,4 11,7.

Bei 165^ habe ich das Hauptproduct aufgesammelt, dessen

{GH \ Q G*hJ f€,Ha^ entsprechende Zahlen

ergab :

berechnet gefunden

G 62,0 61,9

H 10,3 10,4.

Als dieses Product mit Jodwasserstoffsäure auf 150^ er- hitzt wurde, bildeten sich Aethyljodür und Amyljodur, was beweist, dafs allerdings Aethyl in dieser Verbindung ent- halten ist.

Bringt man Jod mit Quecksilberoxyd und Alkohol zusam- men, so bilden sich sehr langsam Jodquecksilber und jodsaures Quecksilber. Nur wenn die unterjodige Saure augenblicklich fixirt werden kann, entsteht kein jodsaures Quecksilber.

Löst, man Jod in Gegenwart von Quecksilberoxyd und Amylen in Chloroform auf, so bildet sich ein Additionspro- duct der unterjodigen Säure mit dem letzleren Körper. Dieses Product ist ein sehr schweres Oel, welches sich schon unter- halb 100^ vollständig spaltet; mit essigsaurem Silber be- handelt giebt es eine Essigsäure- Verbindung, die bei 130^ siedet und wahrscheinlich ein Derivat des Amyl- oder des Diamylglycerins ist. Ich suche diesen Körper rein zu er- halten und werde, was er mir an Resultaten ergiebt, bald mittheilen und zugleich zu beweisen suchen, dafs dieses Ver-

und ihre directen Verbindungen mit Kohlenwasserstoffen. 127

fahren aach zur Bildung der Jodhydrine anderer nicht ge-« sattigter Kohlenwasserstoffe angewendet werden kann.

Notiz über einige Goldverbindungen ; von Dr. L. Darmstaedter.

Ich habe bei der Analyse einiger Golddoppelchloride Resultate erhalten, welche mit den von Johnston*) an- gegebenen nicht übereinstimmen.

KcUiumgoldcUorid bildet dünne sechsseitige Tafeln oder gut ausgebildete Erystalle des rhombischen Systems von der Form (X)P.ooPcx).OP.

beobachtet

OOP:ooP im brachydiagonalen Dnrcbscfanitt =s 98^ 20' ooP:OOPoo = 181« 5'

ooPoo:OP = ^0^ 0*

INe Zusammensetzung ist AuCls, KCl -f- 4 aq. :

berechnet gefanden

Ana, 302,6 73,23 72,92

KCl 74,6 18,06 18,27

4aq. 36,0 8,71 8,81

418,1 100,00.

Das Salz verliert sein Wasser schon bei gewöhnlicher Temperatur über Chlorcalcium und Schwefelsaure.

AmmoniumgoldohloTid bildet Krystalle von der Form des obigen Salzes, jedoch mit ganz verschiedenen Winkeln :

*) N. Edinb. Journ. of Science N. S. III, 181 n. 288 ff.

128 Darmstaedter , über einige Goldverbindungen,

beobachtet

OoP:ooP im bracbydiagonalen Darcfaschnltt 126^ 18' OOP:ooP(X> == 116<» 84'

OOPoo:0P = 90<» 0'

Die Zusammensetzung dieses Salzes ist AuCU, NH4CI

berechnet gefanden

AuCla

302,5

73.77

7S,69

NH4CI

58,5

13,06 -

18,59

6aq.

54,0

18,17

12,72

410,0 100,00.

Heidelberg, im März 1867.

*) In seiner schon oben citirten Abhandlung spricht Johnston Yon einer Mittbeilung Dr. Forchhammer's an ihn, wonach Ghlorgoldammonium nngeföhr 13 pC. Wasser und 48,1 pC. Gold enthielte, was also vollständig mit dem yon mir beschriebenen Salze übereinstimmen würde.

Es gelang mir nicht, das von Johnston bescbriebene Sala AuGls, NH4GI -f 2 ^' darzustellen.

•»>»»»t1<a^<<<

Ausgegeben den 27. Juni 1867.

AÄNALEN

DEK

CHEMIE UND PHARMACIE.

V. Supplementbandes zweites Heft.

üeber die Molecularvolumina chemischer

Verbindungen ; von Lothar Meyer.

Die Constanten, von welchen die physikalischen Eigen- schaften chemischer Verbindungen abhanden, sind sehr hauGg der onmittelbaFen Beobachtung nicht zuganglich. Gewöhn- lich erfordert ihre vollständige Bestimmung noch irgend eine hypothetische, also willkürliche und nicht erwiesene An- nahme. Ist dieses der Fall, so behalt die Bestimmung, wie viel auch fär ihre Richtigkeit sprechen möge, immer eine gewisse Unsicherheit. Diese wird erheblich gemindert,' wenn es gelingt, für eine und dieselbe Constante auf mehreren ganz verschiedenen Wegen denselben Werth herzuleiten. Erst durch eine solche Herleitung nach verschiedenen Methoden pflegt die allgemeine Anerkennung gewonnen zu werden; ohne sie haben die gediegensten Ansichten oft lange Zeit der ihnen spater zu Theil gewordenen Geltung entbehren Blässen. So ist z. B. die Avogadro'sche Bestimmung der Holecttlargewichte gasförmiger Körper, obschon alles für und nichts gegen sie zu sprechen schien, doch so gut wie unbeachtet geblieben, bis die Entwickelung der organischen Chemie fast ein halbes Jahrhundert spater zur Annahme

Anaal. d. Chem. n. Phann. V. Snpplementbd. 8. Heft. 9

130 Meyer, über die MolecuUvrvolumma

derselben Werthe der Moleculargewichte führte, welche auch Avogadro ermittelt hatte.

Die Bestimmung der Holecularvolume flüssiger Verbin- dungen, wie sie H. Ko p p gegeben hat, scheint mir zwar einer Bestätigung nicht zu bedürfen, zumal sie meist unmittelbar der Ausdruck der Beobachtungen ist. Indessen halte ich es doch nicht aller Beachtung unwerth, dafs diese Molecular- volume sich auch noch auf andere Weise ermitteln lassen, und ihre so ermittelten Werthe mit den von Kopp be- stimmten, so viel zu erwarten war, überein kommen.

Diese Bestimmung ist u. a. möglich durch die Beobach- tung der Reibung der Gase. Die vorhandenen Beobachtungen und theoretischen Arbeiten gestatten dieselbe bereits für neunzehn verschiedene Stoffe.

Bekanntlich ist von allen bis jetzt über das Wesen des Gaszustandes aufgestellten Ansichten gegenwärtig nur eine einzige mit allen bekannten Thatsachen vollkommen im Ein- klänge, und zwar nur die, welche man neuerdings als die ,,Theorie der molecularen Stöfse^ bezeichnet hat *). Das Wesentliche dieser alten, aber erst in neuerer Zeit vollstän- diger ausgebildeten Theorie **) besteht in der Annahme, dafs im Gaszustande die Körper durch die ihnen als Wärme mitgetheilte Bewegung in sehr kleine materielle Theilchen, sogenannte Molekeln oder Molecule, aufgelöst seien, und dafs diesen räumlich von einander isolirten kleinen Massentheilchen sehr rasche geradlinig fortschreitende Bewegungen zukommen.

*) Oskar Emil Meyer, über die innere Reibung der Gase, Pogg. Ann. 1866, CXXY, 178. Der Ausdruck ist eine freie Ueber- setsung des englischen „starting molecules* (Maxwell, PhiL Mag. [4] 1860, Vol. XIX, p. 20).

**) Ueber die Geschichte dieser Theorie siehe Gehler*s pbys. Wör- terbuch Bd. IV, Abtheil. 2, 8. 1049; Clausius, Pogg. Ann. CXV , 2.

chemischer Verbindungen. 131

*

Nach dieser Ansicht eilt jedes Theilchen mit der ihm mit- getheilten Geschwindigkeit geradlinig fort, bis es auf ein an- deres Theilchen oder sonst ein Hindernifs stöfst, von dem es in der Regel zurückprallt oder abgleitet mit mehr oder weniger veränderter Richtung und Geschwindigkeit seiner Bewegung. Der Druck des Gases ist die Summe aller Stöfse, mit welchen seine Theilchen auf den Körper (ireffen, welcher den Druck erleidet. Aus der Gröfse dieses Druckes hat man für die den Theilchen zukommenden, im Einzelnen sehr verschiedenen Geschwindigkeiten Mittelwerthe in absolutem Hafse berechnen können^). Dieselben sind proportional der Quadratwurzel aus der absoluten Temperatur, und für gleiche Temperatur bei verschiedenen Gasen umgekehrt pro- portional den Quadratwurzeln aus den Moleculargewichten. Für die meisten Gase betragt bei mittlerer Temperatur die Geschwindigkeit der geradlinig fortschreitenden Bewegung

*) Joule, Mem. of Manch. Soc [2] VoL IX, p. 118, 1851, auch abgedruckt : Phil. Mag. [4] 1867, Vol. XIV; Glausius, Pogg. Ann. 1857, G, 377. O. £. M e j e r, de gasorum theoria, Yratisl. 1866, p. 14. [Da mein Bruder mir gestattet, die vorliegende Abhand- lung vor dem Abdrucke zu lesen, so erlaube ich mir, die mir dadurch gebotene Gelegenheit zu benutzen, um ein in der citirten Dissertation gegen Herrn Glausius begangenes Unrecht zurück- zunehmen. Ich habe in derselben (S. 14) behauptet, die von ihm und Herrn Joule berechneten Mittelwerthe der molecularen Ge- schwindigkeiten seien nicht ganz genau. Diese Behauptung ist, wie ich aus einer freundlichen brieflichen Mittheilung des Herrn Glausius erfahren habe, unrichtig. Es hfttte statt dessen heifsen sollen, dafs jene Zahlen nicht arithmeUsche Mittelwerthe, sondern, wie Glausius (Pogg. Ann. G, 872) ganz richtig angiebt, ,so gewählt sind, dafs die lebendige Kraft aller Molecule bei der mittleren Geschwindigkeit dieselbe ist, wie bei den wirklich stattfindenden Geschwindigkeiten. <* Glausius* Zahlen sind also die Quadratwurzeln ans den arithmetischen Mittelwerthen der Quadrate der Geschwindigkeiten ; die von mir berechneten Zahlen

. dagegen sind die arithmetischen Mittelwerthe der Geschwindig- keiten selber. O. £. Meyeir.l

9

*

132 Meyer^ über die Molecularvolumina

einige hundert, für das WasserstoiFgas erheblich über tausend Meter in der Secunde.

Es ist aber, wie die nähere Entwickelung der Theorie und ihre Vergleichung mit der Beobachtung ergeben hat, unter den gewöhnlichen Verhaltnissen den Theilchen nicht verstattet, so grofse Strecken ungehindert zu durchlaufen. Vielmehr stören* sie sich gegenseitig, indem sie sich begeg- nen und sich stofsen, in so hohem Grade, dafs ihre Bahnen, trotz der grofsen Geschwindigkeiten, nur auf sehr kleine Entfernungen geradlinig und stetig verlaufen. Es ist zwar der Raun), welchen die Theilchen mit ihrer Masse wirklich erfüllen, sehr klein gegen den leeren zwischen ihnen befind- lichen Raum; aber aus verschiedenen Eigenschaften der Gase ergiebt sich, dafs die Anzahl der bei mäfsigem Drucke in einem endlichen * Räume enthaltenen Theilchen so über alle Vorstellung grofs sein mufs, dafs aufserst selten eines derselben irgend erhebliche Strecken durchläuft, ohne auf ein anderes Theilchen zu trefi'en und in Folge des Zusammen- stofses seine Bewegungsrichtung zu ändern.

Man hat den Mittelwerth der Wege, welche die Theilchen durchlaufen ohne mit anderen zusammenzuireiFen , die „mitt- lere Weglange^. derselben genannt *). Die Grofse derselben ist zwar noch nicht sehr genau ermittelt; aber so viel ist nachgewiesen worden , dafs sie ungefähr -von der Ordnung solcher Langen ist, welche wir mit den stärksten Vergröfse- rungsmttteln noch gerade unserem Auge wahrnehmbar machen können. Für atmosphärische Luft beim Drucke einer At- mosphäre und der Temperatur des Gefrierpunktes beträgt sie etwa den zehntausendsten Theil eines Millimeters **).

*) ClauBius, Pogg. Ann. 1858, CV, 289 ff.

•*) Maxwell, Phil. Mag. [4] 1860, Vol. XIX, p. 32; Clausius, pQgg. Ann. 1862, CXV, 58; O. E. Meyer, Pogg. Ann. 1865, CXXV, 697. .

chemischer Verbindungen. 133

Die Dimensionen der Tbeilchen selbst müssen fast ver- schwindend klein sein gegen diese mittlere Weglänge, folg- lich viel kleiner als alles, was unserer Sinnesempfindung zu- gänglich ist.

Diese Dimensionen der Theilchen lassen sich bis jetzt noch nicht wie deren Geschwindigkeiten nach absolutem Maafse ermitteln; relativ aber kann man sie bestimmen, indem man alle Gase mit irgend einem willkührlich ausgewählten vergleicht und durch die Dintensionen seiner Theilchen die aller überigen ausdruckt. * In dieser Weise läfst sich die relative Grdfse der Theilchen auf verschiedenen Wegen ermitteln.

Es ist aus dem oben Gesagten ersichtlich, dafs jede Aen- derung der Bewegungen der Theilchen, welche an irgend einer Stelle des von einem Gase erfüllten Raumes eintritt, sich durch den ganzen Raum verbreiten roufs. Wird z. B. durch Zuführung von Warme an einer Stelle die Bewegung gesteigert, so verbreitet und vertheilt sich diese gesteigerte Bewegung durch das ganze Gas, weil die lebhafter bewegten Theilchen nicht nur ihren Ort wechseln, sondern auch ihre Bewegung durch die häufigen Zusammenstöfse mit anderen auf diese übertragen. Diese Verbreitung und Uebertragung der Bewegung geschieht um so rascher und erstreckt sich in gleichen Zeiten um so weiter, je gröfser die Geschwindig- keiten der Theilchen und je bedeutender ihre Weglängen sind. Letztere hängen unmittelbar ab von den Dimensionen der Theilchen ; denn es ist ersichtlich , dafs ein Theilchen om so mehr Aussicht haben wird mit den ihm begegnenden Theilchen zusammenzustofsen, je gröfser beide sind. Theil- chen von sehr kleinen Dimensionen werden öfter an einander vorbei gleiten und daher gröfsere Weglängen ohne Zusammen- stofs zurücklegen , als solche von gröfseren Dimensionen. In Gasen mit sehr kleinen Theilchen wird sich daher irgend

134 Meyevy über die Molecularvolumina

eine Aenderung der Bewegung schneller verbreiten und aus- gleichen, als in solchen, deren Theilchen gröfser sind. Man ersieht hieraus, wie aus mancherlei Bewegungserscheinungen der Gase , z. B. aiis ihrer Warmeleitungsfdhigkeit, der Aen- derung ihrer Geschwindigkeit durch Reibung u. dergl. m., ein Schlufs auf die Gröfse ihrer Theilchen möglich ist

Die Beobachtungen sind auf allen diesen Gebieten noch sehr unvollständig. Nur über die Reibung der Gase liegt eine Anzahl von Bestimmungen vor, welche einen Schlufs auf die Gröfse der Theilchen einer Anzahl von Gasen ge- statten.

Nach der Theorie der Reibung *) ist der Reibungs- coefficient *♦)

mcL

WO m die Masse eines Theilchens, u seine Geschwindigkeit, s seinen Durchmesser (das Theilchen kugelförmig gedacht) ***) und 7t die bekannte Zahl 3,14.., das Verhaltnifs desUmfanges zum Durchmesser des Kreises bezeichnet.

Die Werthe des Reibungscoefficienten tj sind für neun- zehn verschiedene Gase aus den empirischen Bestimmungen von Th. Graham t) berechnet worden ff ). Sie sind pro- portional den Zeiten, deren unter gleichen Umstanden gleiche

•) Maxwell» Phil. Mag. [4] 1860, Vol. XIX, p.81; siehe auch Pogg. Ann. 1866, CXXV, 697.

**) Ueber die Bedentang dieser Constante siehe Hagenhach, Pogg. Ann. 1860, QYL, 400 u. 401; O.E. Meyer, daselbst 1861, CXm, 70.

***) Nimmt man an, dafs die Theilchen schon auf einander einwir- ken, ehe sie sich unmittelbar berühren, so ist s nicht der Duroh- messer des Theilchens selbst, sondern der seiner WirkungssphAce.

t) On tbe motion of gases, Lond. phiL Trans, f. 1846, p. 673; f. 1849, p. 849.

tt) Ueber die Strömung der Qase durch CapillarrÖhren ; von 0. E. Meyer, Pogg. Ann. 1866, CXXVII, 263.

chemischer Verbindungen. 435

Habe verschiedener Gase bedürfen, um eine enge lang^ Röhre zu durchströmen, den von Graham sogenannten Transpirationszei ten .

Mit alleiniger Ausnahme der Masse m eines Theilehens sind demnach alle Data in absolutem Mafse bekannt, welche ZOT Bestimmung des von einem Theilchen eingenommenen Raumes erfordert werden. Wir erhalten für das Volumen V eines Theilehens, d. h. den Raum, welchen seine Masse erfüllt, den Ausdruck

3 6

Für gleiche Temperatur ist aber die lebendige Kraft der geradlinig fortschreitenden Bewegung für alle Gase gleich *) ; es ist

mu*

= const

2

fcdglich die Geschwindigkeit u umgekehrt proportional der Quadratwurzel aus dem Mollbulargewichte. Durch Benutzung dieser Beziehung wird das Molecularvolumen

^oY-

"^ . (8)

WO C eine noch nicht bestimmbare, für alle Gase für gleiche Temperatur gleiche Constante bezeichnet. Da diese bis jetzt in absolutem Mafse noch nicht angegeben werden kann, so erlaubt die vorstehende Gleichung nicht die absolute Be- stimmung des Molecularvolumens, d. i. des Raumes, welchen ein Theilchen des Gases mit seiner Masse erfüllt, wohl aber die Yergleichung der Molecularvolume verschiedener Gase. Man hat für das Verhältnifs derselben

(4)

*) Claasiusy C^ogg. Ann. 1857, C, 876.

136 Meyetf über die Molecularvolumina

wo Vi das Molecularvolamen, mi das nach der Avoga dro- schen Regel bestimmte Moleculargewicht und i^i die Reibungs- constante des einen, Vg, mg und t^t die des anderen Gases bezeichnen.

Die Richtigkeit dieser Gleichung kann durch Yergleichung mit der Beobachtung geprüft werden. So ist z. B. nach den von meinem Bruder berechneten *) Beobachtungen von Graham

für Cyan bei 16<> C. ^ = 0,000156

fSr schweflige

Sttore bei 16^ C. ^ = 0,000200,

ausgedruckt in Centimetern und Zeitsecunden als Einheiten; also

-2?— = 1,290. 1i

Ferner haben wir

m, _ CgN, __ 52

= 0,8125,

n

mithin

Dieses Verhditnifs ist nahezu dasselbe, in welchem auch die bei Temperaturen gleicher Dampfspannung, bei den Siede- punkten, gemessenen specifischen oder Holecularvolume dieser Stoffe zu einander stehen. Nach den von H. Kopp gegebenen Regeln aus den Beobachtungen bestimmt, sind die spec. Vol. bei den Siedepunkten

V(80,) = 43,9 bei -^ S««*) VCCgN.) = 66 ~ 22<^»«^),

mithin

Es stehen also die Rdume, welche die Theilchen beider Stoffe im Gaszustande mit ihrer Hasse erfüllen, (oder ihre

*) a. a. 0. S. 879.

**) Ann. d. Chem. u. Pharm. 1866, XGVI, 806. **•) Doaelbst 1866, C, 28.

chemischer Verbindungen. 137

Wirkungssphären,) in demselben^ oder wenigstens nahezu in demselben Verhältnisse zu einander wie die, welche sie im flüssigen Zustande einnehmen. Es fragt sich, ob diefs allgemein der Fall ist.

Nur für einige wenige Stoffe aufser den angeführten beiden ist sowohl die Reibungsconstante wie auch das Mole- Gularyolumen im flüssigen Zustande bekannt. Die neunzehn Stoffe, für welche Graham's Beobachtungen die Reibungs- constante ergeben, sind meist noch nicht verdichtete oder doch nur durch sehr hohen Drück zu verdichtende Gase, für welche das spec. Volumen im flussigen Zustande entweder gar nicht, oder nur sehr ungenau durch unmittelbare Beob- achtung ermittelt wurde. Durch die Erforschung der spec. Volumina sehr vieler Stoffe wurde aber bekanntlich H. Kopp zu Verallgemeinerungen der %eobachtungsresultate gefuhrt, welche die bis jetzt unbekannten spec. Volumina der Ver- bindungen gewisser Elemente mit grofser Wahrscheinlichkeit a priori zu bestimmen erlauben. Die so bestimmten Werthe derselben stehen unter einander grofsentheils in demselben Verhältnisse, wie die aus der Reibung ermittelten.

Um dieses übersichtlich darzustellen drücken wir alle aus der Reibung zu ermittelnden Molecularvolume aus durch das der schwefligen Saure, des Körpers, dessen spec. VöI. im flüssigen Zustande sicherer als das der übrigen Stoffe, auf welche sich die Reibungsbeobachtungen erstrecken, be- stimmt zu sein scheint.

Wir setzen zu dem Zwecke in Gleichung 4 die für die schweflige Säure ermittelten Werthe ein :

Vj = 43,9 ; ms = SOj s= 64 ; 1^ = 0,000200 ;

für mi und jji je die einem der übrigen Gase zugehörigen Werthe, und berechnen danach die Werthe von Vi für alle diese Gase. Die so ermittelten Molecularvolumina sind in

138

Meyer ^ über die Molectdarvolumina

. den nachstehenden Tabellen mit den nach Kopp's Regeln*) berechneten Werthen für die Molecularvolumina flüssiger Ver- bindungen bei deren Siedepunkten zusammengestellt Die Berechnung der letzteren gebt von der Annahme ans, dafs den Atomen der Elemente, resp. gewissen Gruppen von Atomen, folgende Werthe der Raumerfüllung beizulegen seien :

V(Oa = 16)

V(Oi = 16)

V(8 = 32)

V(C1 = 85,46) V(CN = 26)

V(C = 12)

V(H = 1)

V(N = 14)

7,8 0 (i,anf86rha1b des Badicals'') 12,2 ») („im Radicale«) 22,6 2) 22,8 8) 28,0 *) 11,0 ')

5,5 ')

= 2,3 »).

1) Ann. Chem. Pharm. XGVI, 180. *) Daselbst S. 808. ') Daselbst 8. 313. *) Daselbst C, 28. ^) Daselbst S. 24.

Tabelle I. führt die Stoffe auf, für welche sich eine nahe oder doch angenäherte Uebereinstimmung der auf beiden Wegen, aus der Reibung der Gase und aus der Raumerfül* lung der Flüssigkeiten, berechneten Werthe des Molecular- volumens V ergiebt. Die Tabelle giebt aufserdem das Mole- culajfgewicht m und die Reibungsconstante fj an.

Tabelle I.

Sauerstoff

Stickoxyd

Kohlensäure

Salzsäure

Chlor . . .

Schwefligsäure

Schwefelwasserstoff

Cblormethyl

Ammoniak

Cyan . . .

Chloräthyl .

Methyläther

m

0 =

N0 =

C0,=

HC1 =

Cl8==

S0,=

8H,=

CHaCl =

NH8=:

C,N,=

CgHgCl =

C,HeO =

7

32 80

0,000306 269

44

231

86,5

70,9 64

225 210 200

34

188

50,3 17

167 156

52

155

64,5 46

153 148

a.d. Reibung

18,8 15,9 26,7 24,1 44,1 43,9 80,0 48,2 23,6 55,1 66,0 53,8

n. Kopp

16.6 •)

14,6 «)

31,0»)

28.8

46,6

42,6»)

83,6

60,8

18,8

56,0

72,8

62,8 ^)

*) als ; *) O aU Oi ; ») als Oi + Oa.

*) H. Kopp, zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen; Ann. Chem. Pharm. XCVl u. G a. ». O.

chemischer Verbindungen.

139

Keine oder nur eine sehr entfernte Uebereinstiromung zeigen dagegen die in Tabelle II. angeführten Stoffe.

Tabelle ü.

V

m

V

a. d. Reibung

n. Kopp

Luft ....

~ 28,9

0,000275

15,0

Btickstoff . . .

N, = 28

267

15,3

( 4,6) ')

Kohlenozyd . .

CO = 28

266

15,4

23,2

Stickozjdiil . .

N,0 = 44

231

26,7

(16,8)«)

Sampfgas . . .

CH4 16

174

19,4

33

Elayl ....

OsH^ 28

158

38,6

44

Wasserstoff . .

H, - 2

134

6,0

11

') y(N) = 2,3 Ton Kopp nur im Ammoniak u. s. w. angenommen. *) Darin 0 als Oi angenommen; für Oa ergiebt sich V = 12,4.

Für einen dieser Körper, für das Kohlenoxyd, läfst sich eine etwas gröfsere Uebereinstimmung erreichen, wenn man für das Sauerstoffatom in demselben das Volumen annimmt, welches Kopp dem Sauerstoffe ^^aufserhalb des Radicales^ zuschreibt, nämlich 7,8, d. i. nahezu dasselbe, welches die Reibung für das Volumen des freien Sauerstoffes ergiebt, oder 6,9. Wir erhalten so :

V(CO) == n + 7,8 = 18,8 oder = 11 + 6,9 = 17,9; ans der Reibung : = 15,4.

Macht man dieselbe Annahme nun auch für die Kohlen- säure, giebt man also beiden Sauerstoffatomen in derselben das Volumen 7,8 oder 6,9, so erhalt man auch für dieses Gas eine gröfsere Uebereinstimmung als die nur sehr ent- fernte, in Tabelle I. verzeichnete. Es ist dann nämlich :

V(COt) = 11 + 2 . 7,8 = 26,6 oder =11 + 2.6,9 = 24,8; aus der Reibung : = 26,7.

Die übrigen in der zweiten Tabelle aufgeführten Stoffe enthalten sämmtlich entweder Stickstoff oder Wasserstoff. Das spec. Vol. 2,3 des Stickstoffatomes, das wir der Rechnung zu Grunde gelegt haben, nimmt Kopp nur in dem Ammoniak

140 Meyer, über die Molecularvolumina

und einem Theile der von diesem sich ableitenden Verbin- dungen an. Dafs dasselbe nicht für alle Stickstoffverbin- dungen passe, hat er ausdrücklich hervorgehoben *). Legen wir statt desselben der Rechnung das Volumen 7,7 zu Grunde, welches sich für ein Atom des freien Stickstoffes aus der Reibung ergiebt, und machen wir ferner die eben so unge- zwungene Annahme, im Gaszustande komme dem Wasser- stoffatome nicht das Volumen 5,5 zu, welches Kopp für dasselbe in seinen flüssigen Verbindungen berechnet, sondern das Volumen 3,0, welches sich aus der Reibung des freien Wasserstoffgases ergiebt, so erhalten wir eine sehr viel bessere Uebereinstimmung.

Tabelle III. giebt für alle 19 von Graham untersuchten Stoffe in der vorletzten Columne die aus der Reibung ge- folgerten und in der letzten die aus den so veränderten Kopp*schen Annahmen berechneten Werthe der Molecular- volumina. Bei der Rerechnung der letzteren ist für alle Stickstoff oder Wasserstoff enthaltenden Verbindungen

V(N) = -i^-^ = 7,7 und V(H) = -^^- = 3,0

gesetzt worden^ mit alleiniger Ausnahme des Cyans, für welches Kopp's Annahme beibehalten wurde. Eben so ii^t für die schweflige Säure die Annahme beibehalten worden, dafs dem einen Sauerstoffatome in derselben das Volumen V(Oi) = 12,2, dem anderen V(0«) = 7,8 zukomme, und auch dem Sauerstoffatome im Stickoxydul das Volumen V(Oi) = 12,2 zugeschrieben worden. Für alle übrigen Sauerstoffver- bindungen, mit Einschlufs des Kohlenoxydes und der Kohlen- säure, wurde überall V(0) = 7,8 gesetzt.

*) Ann. Cbem. Pharm. G, 81 ff. Q. a. a. 0.

chemischer Verhindungen.

141

TabeUe UI.

V

aus der Reibung

neu berecbnet

13,8

15,6

15,0

15,0 »)

15,9

15,5

15,8

15,8

15,4

18,8

26,7

26,6

26,7

27,5*)

24,1

25,8

44,1

45,6

43,9

42,6«)

80,0

28,6

19,4

23,0

48,2

42,8

88,6

84,0

23,6

16,7

55,1

56,0

66,0

59,8

58,8

47,8

6,0

6,0

Sanentoff . Luft . . . Stickozjd . Stickstoff . Kohlenozyd Kohlens&nre Stickozydul Cblorwasserstoff . CUor .... Schwefligsfture Schwefelwasserstoff

Sumpfgas .

CUormeihyl

Elayl . .

Ammoniak

Cyan . .

CUorätbyl

Methylather

Wasserstoff

^) nach der Zusammensetzung aus den Molecularvolumen der Be- sUndtheüe berechnet; «) für V(Oi)=12,2; «) fiir V(Oa -h Oi ) = 20,0.

Hier ist die Uebereinstiminun(|[ so grofs, wie sie irgend erwartet werden konnte. Nur für das Ammoniak geben die Denen Annahmen eine gröfsere Abweichung als die älteren, von Kopp gemachten, welche indessen auch nur angenähert mit dem aus der Reibung des Ammoniakgases berechneten Werthe des Molecularvolumens übereinkommen.

Sehen wir zunächst vom Wasserstoff und einigen der Stickstoffverbindungen ab, so erscheint der Ausspruch be- rechtigt, dafs die Atomvolume vieler Elemente in ihren flus- sigen Verbindungen proportional sind den Räumen, welche im Gaszustande ihre Atome wirklich erfüllen. Diese Räume zeigen unter einander dasselbe Verhältnifs, wie die im tropf- baren Zustande den Atomen zukommenden Volumina. Ob aber diese Volumina in beiden Aggregatzuständen einander gleich sind, ob also ein in einem Gastheilchen enthaltenes Atom denselben Raum erfüllt, den es vor der Verdampfung

142 Meyer ^ über die Moleculai*volumina

in der Flüssigkeit einnahm, oder ob nur das Verhaltnifs beider Räume für verschiedene Substanzen eines und dasselbe ist, bei dem Uebergange aus dem einen in den anderen Aggre- gatzustand also verschiedene Stoffe dieselbe relative Volum- änderung zeigen, läfst sich zunächst nicht mit Sicherheit ent- scheiden, weil wir die Atomvolumina noch nicht nach abso- lutem Mafse ermitteln können.

Sollte aber die Gleichheit des Atomvolumens in beiden A?8^regatzustanden in der That für die meisten Elemente statthaben, so ergiebt sich sogleich aus den obigen Zahlen, dafs für einige Elemente, insbesondere für den Wasserstoff, aus der Beobachtung der Raumerfüllung der flüssigen Ver- bindungen sich ein gröfserer Werth für das Atomvolumen ergiebt, als ihn die Berechnung aus der Reibung der Gase liefert. Für den W^asserstoff ist ersterer fast doppelt so grofs (=5,5), als dieser (=3,0),

Die Erklärung dieses Unterschiedes scheint sehr nahe zu liegen. Für dieselbe verdient besonders der Umstand Beachtung, dafs die aus der Reibung der Gase berechneten Holecularvolumina nur dann mit den aus der Dichte der Flüssigkeiten gefolgerten übereinstimmen, wenn die letzteren, wie Kopp dieses vorschreibt, für Temperaturen ermittelt werden, bei welchen die Dampftensionen der zu vergleichenden Stoffe gleich sind, und zwar in der Regel gleich dem Drucke einer Atmosphäre.

Die für höhere Temperaturen ermittelten Werthe stimmen durchaus nicht mit den aus der Reibung der Gase in der angegebenen Weise berechneten überein, wie z. B. aus fol- gender Zusammenstellung hervorgeht. In derselben sind die Stoffe nach ihren Siedepunkten geordnet aufgeführt

chemischer Verbindungen.

143

Tabelle IV.

Chlorftthyl . .

Schwefligsjinre Cjan .... Chlor .... Ammoniak . . SchwefeiwasserBtoff Kohlensäure . . Stiokoxydiil . .

ans der Reibung beobachtet bei

66,0 43,9 ») 56,1

44,1 23,6 80,0 26,7 26,7

70«) 43,9 60») 53*) 27») 40») 446) 47»)

0«C.

80 + 170 + 15<>?

+ 16<>?

10«

8iedep.

+ 120,5C.

10^1

220')

330,6

380,5

610,8

780,2

870,9

^) dem von Pierre beobachteten Werthe gleich angenommen, t) Drionl859; ■) Faraday; *) Davy und Faraday; ») Jolly 1861; *) Andreeff 1869; ') Bansen; alle übrigen Siedepunkte nach Beg- nault 1864.

Der Unterschied des aos der Reibung der Gase und des aus der RaumerföUüng der Flüssigkeiten hergeleiteten Werthes des Hölecularvolumens ist um so gröfser, je höher die Tem- peratur, bei welcher die Dichte bestimmt wurde, über der- jenigen liegt, bei welcher die Dampfspannung dem atmo- sphärischen Drucke gleich ist. In Uebereinstimmung mit der mechanischen Wärmetheorie und insbesondere mil der Theorie der molecnlaren Stöfse läfst sich dieses Verhältnifs nur durch die Annahme erklären, dafs in Flüssigkeiten von merklicher Dampfspannung die Atome sich nicht allseitig unmittelbar berühren, sondern Zwischenräume zwischen sich lassen, welche am so gröfser sind, je höher die Temperatur und je gröfse^ in Folge dessen die Dampfspannung ist. Die Entstehung dieser nicht von Materie erfüllten Hohlräume erscheint als eine nothwendige Folge der lebhaften, als Wärme den Theilchen innewohnenden Bewegungen. Je mehr Wärme^ d. i. je mehr Bewegung zugeführt wird, desto heftiger stofsen die Theilchen znsanmien, desto mehr werden sie in Folge ihrer Zusammen- stöfse auseinander getrieben, und desto gröfser werden ihre Zwischenräume. Dadurch kann es geschehen , dafs bei sehr hoher Dampfspannung die Flüssigkeiten mit steigender Tem-

144 Meyer^ über die Molecularvolwnina

peratur sich noch starker ausdehnen als die Gase, wie solches Drion*) und Andreeff **) beobachtet haben.

Vorstehende Betrachtung gilt sowohl für die Molekeln der Stoffe wie für die Atome. Es ist aus {jerselben leicht ersichtlich, warum aus der Dichte der flüssigen Verbindungen sich ein gröfseres Volumen für manche Atome berechnet, als sich für dieselben aus der Beobachtung der Reibung der Gase ergiebt. Im ersteren Falle wird der leere Raum mit gemessen , welcher den Atomen für ihre Bewegungen offen .steht, im letzteren nur das Volumen des Gastheilchens selbst (oder seiner Wirkungssphäre), bestimmt aus der Grofse des Hindernisses, welches jedes Theilchen für das andere bildet Es wird hier gerade das Verhältnifs des von den Theilchen mit ihrer Masse erfüllten Raumes zu dem leeren Räume be- stimmt.

Dafs besonders das Wasserstoffatom in seinen flüssigen Verbindungen ein so viel gröfseres Volumen beansprucht, als es in gasförmigen Körpern mit seiner Masse erfüllt, erklärt sich aus seiner geringen Masse. Je kleiner diese ist, desto gröfser mufs die Geschwindigkeit sein, damit die lebendige Kraft der Bewegung eine bestimmte Grofse erreiche. Die lebendige Kraft der Bewegung aber ist das Mafs der Warme. Wenn auch die Beziehung derselben zur Temperatur nur in dien wenigsten Fällen genau bekannt ist, so können wir doch annehmen, dafs bei gleicher Temperatur ein Theilchen von geringer Masse im Allgemeinen eine gröfsere Geschwin- digkeit, eine lebhaftere Bewegung haben wird als ein solches von gröfserer Masse. Da nun das Wasserstoffatom von allen die kleinste Masse besitzt, so kann es nicht verwundern, wenn dasselbe in seinen flüssigen Verbindungen sehr viel gröfsere

*) Jahresber. für Chemie u. s. w. für 1859, 8. 19. •*) Daselbst S. 20.

chemiacher Verbindungen. 145

Bewegungfen macht und sich dadurch ein relativ gröfserea scheinbares Volum erzeugt, als bei derselben Temperatur irgfend ein anderes Atom.

Wir dürfen aber nicht wohl annehmen, dafs die Atome der fibrigen Elemente in ihren, wenn auch nicht ganz so ausgiebigen, doch immer sehr lebhaften Bewegungen stets mit einander in unmittelbarer Berührung verbleiben. Diefs wäre an und für sich unwahrscheinlich, ^ird es aber noch mehr, wenn wir die RaumerfuUung fester Körper mit der der Flüssigkeiten vergleichen.

Wie H. Kopp bereits vor längerer Zeit gezeigt hat*), ist es sehr wahr8cheinlich,%dafs die Atome der meisten Metalle in ihren Verbindungen in der Regel denselben Raum erfüllen, wie im isoUrten Zustande. Unter dieser Voraussetzung erhalt man bekanntlich für das Atomvolumen des Sauerstoffes in den Oxyden meistens nahezu denselben Werth, der in den üblichen Einheiten ausgedrückt, d. h. H = 1 gesetzt, zwischen 5 und 6 betragt ; z. B.

V(PbO a= 2J3) = 24,0 V(Pb = 207) = 18,2

Differeus ¥(0 = 16) = 5,8.

Dieser Werth des Atomvolumens ist kleiner als der kleinere der nach Kopp's Regeln für flüssige Verbindungen geltende; mao erhält aber aus manchen Hetalloxyden einen noch kleineren, z. B. aus dem Zinnoxyde :

V(SiiO, = 150) =21,6 V(8n = 118) = 16,2

Diflferenz ¥(0. = 82) = 5,4 V(0 = 16) = 2,7.

Danach wird es sehr wahrscheinlich, dafs allgemein die aas der Raumerfülfung der flüssigen Verbindungen erschlos-

*) H. Kopp, über das speo. Gewicht d. ohemiaohen Verbindnngen. Frankfurt a. M. 1841.

▲bii«1. 4. Oh«m. a. Pham. V. Snpplementbd. 9. H«ft. 10

146 Meyevy über die Molecularvolumina

senen AtoniToIamina sehr viel gfröfser sind als die Raumey welche die Atome mit ihrer Masse wirklich erfüllen, und dafs demnach die aus der Reibung der Gase zu berechnenden Atomvolume nicht gleich, sondern nur proportional und sehr erheblich kleiner sind als die von den Atomen in ihren flüs- sigen Verbindungen durch ihre Hasse und ihre Rewegungen eingenommenen Räume.

Es ist demnach die von uns Behufs des Vergleiches will- kürlich gewählte Einheit, nach welcher wir das Molecular- volumen der schwefligen Säure dem im flüssigen Zustande beobachteten Werthe gleich setzten, jedenfalls zu groft ge- nommen. Dieselbe würde z. B. auf etwa zwei Fünftel ihres Werthes zu reduciren sein, wenn das dem Sauerstoflatome im Zinnoxyde zukommende Volumen das wirkliche Atomvolumen wäre. Hofi'entlich wird es in nicht allzuferner Zukunft mög- lich sein , die Dimensionen der Theilchen in absolutem Mafse anzugeben.

Wenn es nach diesen und ähnlichen Betrachtungen ver- ständlich erscheint, warum die Atome in den flüssigen Körpern scheinbar einen gröfseren Raum erfüllen als in den festen und in den gasförmigen, so bleibt noch unerklärt, warum manche derselben in einigen Verbindungen, z. B. der Sauer- stofi*, „im RadicaP einen gröfseren Raum einnehmen als in anderen. Auch hierfür aber braucht man nach einer ein- leuchtenden Erklärung nicht weit zu suchen.

Was man früher ein Sauerstoffatom im Radicale einer organischen Säure nannte, ist nach den gegenwärtig herr- schenden Anschauungen ein Sauerstoffatom, dessen beide Verwandtschaftseinheiten durch ein und dasselbe Kohlenstoff- atom gesättigt werden. Sucht nun jede .der vier Verwandt- schaftseinheiten des Kohlenstoffatomes das durch dieselbe ge- bundene Atom an eine bestimmte Stelle des Raumes zu bringen, so ist klar, dafs ein durch zwei solche Verwandtschaften ge-

chemischer Verbindungen. 147

bandenes Sauerstoffatom durch jede derselben in eine be- stimmte Lage gedrängt wird. OsciUirt dasselbe in Folge dessen zwischen diesen beiden Gleichgewichtslagen^ so wird es scheinbar einen grofseren Baum erfüllen, als wenn es nur von einer Verwandtschaft gefesselt wurde.

Aehnliche Verhaltnisse scheinen in anderen Verbindungen obzuwalten, z. B. im Cyan, in welchem der Stickstoff durch drei Affinitäten des Kohlenstoffatomes gehalten wird. In der schwefligen Säure, dem Stickoxydul u. a. Verbindungen be- dingt vielleicht eine ringförmige Anordnung der Atome

ähnliche Oscillationen der Atome um zwei verschiedene Gleich- gewichtslagen und in Folge davon ein scheinbar gröfseres Volumen des Sauerstoffatonies. Es ist aber ersichtlich, dafs eine derartige Vergröfserung des Volumens nicht nothwendig in allen Fällen auftreten mufs, in welchen zwei Atome durch mehr als eine Affinität mit einander verbunden sind.

Aehnliche Hypothesen bieten sich zahlreich dar; zur Verfolgung derselben aber wird es Zeit sein, wenn mehr experimentelles Material vorliegen wird. Zunächst ist es sehr wünschenswerth , dafs den Gra hämischen Beobachtungen ahnliche an einer grofseren Anzahl von Stoffen bei Tempe- raturen, bei welchen diese gasförmig sind, und mit Capillar- röhren von genau bekannten Dimensionen angestellt werden. Zum Zwecke der Messung der Atomvolume angestellt, wurden dieselben ohne Zweifel noch manches interessante und werth- voUe Ergebnifs liefern.

Neustadt-Eberswalde, im Juni 1867.

10*

148 Boret, Untersuchungen

Untersuchungen über die Dichtigkeit des

Ozons ;

von L. L. Saret *).

»

Zweiter TheiL

Ich habe früher **) die ersten Versuche mitgedieilt, durch welche ich gefunden habe, dafs die Dichtigkeit des Ozons anderthalbmal so grofs als die des gewöhnlichen Sauer- stoffs ist. Ich habe dieses Resultat noch in der nachfolgenden Weise zu controliren gesucht, nach einem Verfahren, welches darauf gegründet ist, dafs die verschiedenen Gase je nach ihrer Dichtigkeit mit ungleicher Geschwindigkeit diffun- diren ***).

Denken wir uns zwei über einander befindliche Gefäfse, getrennt durch eine Scheidewand, in welcher ein nach Belieben zu öffnendes und zu schliefsendes Loch, und dafs zuerst das untere Gefäfs ein Gemische von Sauerstoff und Chlor f) nach einem bekannten Verhältnisse, das obere nur reinen Sauer- stoff enthalte. Offenbar wird, so bald die Communication zwischen den beiden Gefäfsen hergestellt wird, das Chlor durch die Oeffnung hindurch diffundiren, und nach einer ge- wissen Zeit wird eine bestimmbare Menge Chlor in das obere Gefäfs eingetreten sein. Wiederholt man nun den Versuch in solcher Weise, dafs das untere Gefäfs ein Gemische von Sauerstoff und Ozon in demselben Verhältnisse enthält, wie vorher das zwischen Sauerstoff und Chlor war, während alle

*) Compt rend. LXIV, 904.

**) Afinalen d. Ghem. a. Fharm. GXXXYIII, 45.

***) Ygl.GrahAm*B Unteraachaogen, Ann.. Chem. Pharm. CXXXI, 1.

t) Dm Chlor ist hier tor Yergleichnng genommen, weil seine Be- stimmung sehr genau in derselben Weise wie die des Ozons aus- geführt werden kann.

über die Dichtigkeit des Ozons. 149

anderen Umstilnde dieselben sind> so wird eine gewisse Menge Ozon in das obere GefSfs durch Diffusion eintreten. Wenn diese Menge gröfser ist, als die des diffundirten Chlors, so wird man daraus schliefsen können^ dafs die Dichtigkeit des Ozons geringer ist, als die des Chlors. Wäre die Zeit, wahrend welcBer man die Communication zwischen den beiden Gefäfsen bestehen läijst^ sehr kurz, so würden sich die Mengen des diffundirten Chlors und des diffundirten Ozons, dem 6e* setze nach, genau umgekehrt wie die Quadratwurzeln aus den Dichtigkeiten dieser Gase yerhahen. Bei der Ausführung von Versuchen mufs man die Diffusion wahrend einer er- beblichen Zeit vor sich gehen lassen; aber wenn diese Zeit nicht eine allzulange ist, wird das gefundene Verhaltnifs nicht Tiei TOD dem theoretischen abweichen , es wird sich nur etwas mehr der Einheit nähern.

Die Construction eines Apparates, mit welchem sich diese Versuche anstellen lassen, bietet einige Schwierigkeiten. Man darf das Ozon und das Chlor weder mit Quecksilber noch mit Wasser in Berührung sein lassen ; man mufs concentrirte Schwefelsaure anwenden^ welche keine merkliche Einwirkung auf diese Gase ausübt. Andererseits werden die organischen Substanzen und die Metalle durch das Ozon und das Chlor angegriffen ; alle Theile der Gefäfse, welche mit diesen Gasen in Berührung kommen, müssen deshalb aus Glas bestehen. Ich will hier nur die wesentlichsten Einrichtungen des von mir angewendeten Apparates beschreiben.

Als Diffusionsgefafse wurden zwei weite Glasröhren (von etwa 45 Millimeter innerem Durchmesser) genommen, deren Enden mittelst Glasplatten geschlossen waren. Beide Gefafse fafsten gleich viel, jedes etwa 250 Cubikcentimeter. Die zum Verschlusse dienenden Glasplatten hatten die Form linglicher Vierecke, und sie waren mit einem angemessen weiten Loche an passender Stelle versehen. Lagen die Glasplatten mit dem

150 Boret, Untersuchungen

nicht durchlöcherten Theil auf den Röhren , so waren die letzteren vollständig verschlossen, wahrend man durch Ver- schieben der Glasplatten, so dafs das Loch in der Platte über eine Röhre kam, den Yersohlufs auch zu einem nur theil- weisen machen konnte ; durch diese Löcher konnte man das Gas eintreten, austreten und diffundiren lassen?

Dafür, dafs man die Diffusionsgefäfse handhaben und verrücken könne ^ war es nöthig, dafs die Verschlufsplatten stets an den Oeffnungen fest auflagen. Dieses gelang ver« mittelst federnder Vorrichtungen, welche theilweise aus Mes- sing und theilweise aus Platin bestanden und die Verschlufs- platten fest angedrückt hielten, ohne an dem Verschieben derselben zu hindern.

Um den Verschlufs luftdicht zu machen, wurden die Ver- schlufsplatten mit einem Tropfen Schwefelsäure benetzt; es ergab sich, dafs der auf diese Art hergestellte Verschlufs luftdicht war, so lange der Druck im Inneren nicht gewisse Grenzen überschritt, welche bei den Versuchen niemals er- reicht wurden.

Wenn das eine der Geffifse mit reinem Sauerstoffgas und das andere mit Sauerstoffgas, welchem eine gewisse Menge Chlor oder Ozon beigemischt war, gefüllt war, wurde das erste Gefafs auf das zweite gestellt Sie waren dann noch durch die zwei sich berührenden Verschlufsplatten ge- schieden, zwischen welche ein Tropfen Schwefelsäure ge- bracht worden war. Dann wurde die Communication zwi- schen den beiden Gefafsen durch angemessenes Verschieben der in Berührung befindlichen Verschlufsplatten hergestellt, so dafs das Loch in der einen sich genau über dem Loch über der anderen befand. Nun begann die Diffusion; die Oeffnung, durch welche sie vor sich ging, hatte 5 MM. Durch- messer, und man liefs sie wahrend 45 Minuten dauern ; dann

iSfer die DichUgheü des Otone. 151

Terschlofs man die beiden GefkTse dorch Verschieben der TerBcUnfspIatten.

Dm nach Bunsen's Verfahren die nach Beendigung des VersQches in jedem Gefafse enthaltene Menge Chlor oder Oxon 2a bestimmen, mufste man die Gase durch Jodkalium- lösong leiten können. Zu den Ende bestand die jedes Ge- fifs an seiner oberen Mündung verschliefsende Platte aus einer 6 MM. dicken Glasplatte, in die ein conisches Loch gebohrt war, in welches man das gut eingeschliffene conische Ende einer dünnen, leichten und angemessen gekrümmten Gasleitungsröhre einstecken konnte. Wenn nach der Diffu- sion die Gefafse geschlossen worden waren, brachte man jedes über eine mit Schwefelsaure gefüllte Wanne', so dafs das, noch mit der zugehörigen Platte geschlossene, untere Ende 2 bis 3 Centimeter unterhalb der Oberfläche der Schwe- felsäure in der Wanne sich befand. Dann wurde die Ab- leitungsröhre in die obere Verschlufsplatte eingesteckt, welche letztere nun so verschoben wurde, dafs diese Ableitungsröhre mit ihrem einen Ende mit dem Inneren des Gefafses com- municirte, wahrend ihr anderes Ende in die Jodkaliumlösung tauchte. Dann wurde mittelst eines Glasstabs die untere Verschlufsplatte, unter der Schwefelsäure, so verschoben, dafs das Gefäfs unten geöffnet wurde, und nun wurde ein Loflstrom eingeleitet; welcher das Gas durch die Jodkaliumr lösung hindurchtrieb. Die Bestimmung des in dieser Lösung frei gewordenen Jods wurde dann nach Bunsen's Verfahren ausgeführt. ~ Die Summe der in den beiden Gefäfsen ge- tfmdeneu Mengen Chlor oder Ozon gab die Menge dieses Gase«; welche in dem unteren Gefäfse bei dem Beginn des Versuches enthalten gewesen war; die in dem oberen Ge- fäfse gefundene Menge ist die durch Diffusion in dasselbe eingetretene.

152 Boret, üntenuchungen

Indem ich in dieser Weise mit Gemischen von Chlor und Sauerstoff operirte, habe ich die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Resultate erhalten. V bedeutet die Menge Chlor , welche bei Beginn des Versuches dem Sauerstoff in dem unteren Gefafse beigemischt war; v die Menge Chlor, welche innerhalb 45 Hinuten durch Diffusion in das obere

Gefafs eintrat; sodann gebe ich noch das Verhaltnifs -y

und unter der Bezeichnung d die Differenz zwischen dem direct gefundenen Werth von v und dem nach dem Mittel der Versuche berechneten.

Di/fusian

de$ Chlor».

V

V

V

d

3,10oc

0,7400

0,2887

+ 0,04oc

4,27

1,01

0,2866

+ 0,04

6,64

1,48

0,2280

- 0,08

10,84

3,84

0,2268

0,01

11,18

2,51

0,2246

0,026

17,91

4,06 12,18

0,2261 im Mittel

—.0,016

58,44

0,2270.

Die Constanz des Verhältnisses -p- und namentlich die Klein- heit der in der vierten Spalte der vorhergehenden Tabelle enthaltenen Differenzen zeigen, dafs die Menge des diffun- dirten Chlors der Menge des in dem unteren Geffifse bei Beginn des Versuches dem Sauerstoff beigemischten Chlors proportional ist.

Bei Versuchen taiit Gemischen von Sauerstoff und Ozon, wie sie direct durch Electrolyse erhalten wurden, ergaben sich die folgenden Resultate *) :

*) Die Volume dei Obodb wurden bereolmet unter der Annabme, dafli das Volum des Ozons das Doppelte ist von dem Volum der

über die Diektigheü des Ozons, 153

Difiuian

d0$ Ounu.

F

V

V

V

d

4,68<^c

l,29co

0,2756

+ 0,02co

9,18

2,45

0,2683

0,02

9,49

2,68

0,2660

0,04

10,89

8,08

0,2782

+ 0,08

12,71

8,40

0,2675

-:- 0,04

46,90

12,70

im Mittel 0,2708.

Hier wie für das Chlor ist also die diffundirte Menge der bei dem Beginn des Versuchs in dem unteren Gefäfs ent- haltenen Menge Ozon proportional. Aber die Diffusion des Ozons geht rascher vor sich als die des Chlors; man mufs hieraas schliefsen, dafs die Dichtigkeit des Ozons geringer als die des Chlors ist«

För jedes Cubikcentimeter Chlor, welches ursprünglich in dem unteren Gefäfse enthalten ist, gehen 0,227 Cubik- centimeter innerhalb 45 Minuten in das obere Gefafs über;« wahrend in derselben Zeit für jedes Cubikcentimeter Ozon in dem unteren Gefäfse 0,271 Cubikcentimeter in das obere Gefäb übergehen. Das Verhältnifs zwischen diesen beiden

0 227

Mengen, ~^2n ^^ ^ß^^y kommt dem umgekehrten Verhältnifs

der Quadratwurzeln aus den Dichtigkeiten dieser Gase sehr nahe, wenn man annimmt, dafs die Dichtigkeit des Ozons das Anderthalbfache von der des gewöhnlichen Sauerstoffs

sei ; es ist nämlich ^~==^ = 0,8243, Das gefundene Ver-

Meng6 des absorbirten Sanentofib (Tgl. den ersten Theil dieser Versuche) ; d. h. unter der Annahme , dafs die Dichtigkeit des Ozons = 1,658 sei. Uebrigens bleibt, welche Annahme man

auch mache, das Verhältnifs -|^ dasselbe.

154 Sehiff, Untersuchungen

haltnirs nähert sich mehr der Einheit als das theoretische^ wie diefs sein mufs. Es ist liieraus zu schliefsen, dars die Dichtigkeit des Ozons allerdings = 1,658 ist.

Alle diese Versuche zusammengenommen, und andere Versuche, welche mit Kohlensäure angestellt wurden, be-

«

stätigen also die von mir früher aufgestellte Schlufsfolgerung : dafs die Dichtigkeit des durch Electrolyse dargestellten Ozons anderthalbmal so grofs als die des gewohnlichen Sauerstoffs ist.

Untersuchungen über die Borsäureäther;

von Hugo Schiff.

»

In den Comptes rendus (LXI, 697 und LXII, 397) haben wir, E. Bechi und ich, einige Notizen über Bildung von Borsaureathern mitgetheilt. Ich habe die aus diesen Bildungs- weisen hervorgehenden Darstellungsmethoden in ihren ver- schiedenen Phasen verfolgt, dieselben zur Darstellung von Doppeläthern angewandt, femer eine Anzahl anderer Re- actionen dieser Aether untersucht, und gebe im Folgenden eine ausführlichere Darstellung der Methoden und der mittelst derselben erlangten Resultate.

Betrachtet man das Bor als dreiwerthiges Radical (B^'' = 11), und nimmt man an, dafs bei der Condensation mehrerer Aequivalente dieses Radicals sich immer zwei Einheiten ge- genseitig binden, so werden n condensirte Elemente noch mit einem Wirkungswerth von (n 4 2) auftreten. Mit Rück- sicht hierauf erhält man die folgende Reihe von Borsanre- condensationen nebst den von diesen abgeleiteten Anhydriden:

über die Borsäureäther,

155

Monobor- Dibor- Tribor- Tetrabor- 8&ore säure säure eäure Polyborsäure

BH'O* B*H*0» B^»G' B*H«0» B»Hn-»-*0*»+*

BHO* B*H*0* B»H»0« B^H^O« •) B'H» O*»

B»— B"H0» B*H«0' B-Hn-'O«»-^

BnH»-*^»"*'

U. 8. W.

Mittelst Substitution von Hydroxyl (OH) durch Chlor, Brom n. 8. w. können hieraus noch weitere Reihen interessanter Verbindungen abgeleitet werden.

Die drei alkoholischen (normalen) Borsäureäther wurden bekanntlich zuerst im Jahre 1846 von Ebeimen und Bonquet (Ann. d. chim. et phys. [3] XVII, 55) durch Einwirkung des Chlorbors auf die betreffenden Alkohole dargestellt. Ebeimen und Bouquet's Angaben bezüglich des Triäthylborats wurden später durch Bowman (Philos. Magaz. XXIX, 546) vollkommen bestätigt. Ein leichter

*) Man bemerkt, dafs die ersten Anhydride der yerschiedenen Bor- säuren unter einander polymer sind. Auf ein ähnliches Verhält- nils bat man bereits bei einselnen mehrwerthigen Alkoholen aufmerksam gemacht, uiod man wird solches bei den Conden- sationen mehrwerthiger Verbindungen ganz allgemein beobachten, wie diefs aus der folgenden einfachen Betrachtung hervorgeht Irgend welche Condensation einer Verbindung RH» 0*" kann all- gemein ausgedrückt werden durch die Formel : (RHnO™ + xRBLnO» - xH»0). Die Formel des ersten Anhydrids wird hiemach allgemein : [(RH" O" + X RH» X H*a) - H«0] = (x + 1) X (BH» 0" -- H»0), d. h. (x -{- l)mal die Formel des normalen ersten Anhydrids. In einer ähnlichen Beziehung steht ohne Zweifel auch das s. g. unlösliche WeinsSureanhydrid zum s. g. löslichen Anhydrid, der Isotartridsäure. Die Beziehungen dieser letzteren zur Ditartryl- säure, wie wir solche in einer früheren Abhandlung dargelegt haben, lassen es nicht zweifelhaft erscheinen, dafs die Isotartrid-

säure mit der Formel H«[^^ ^^ erstes Anhydrid der Di-

tartrylfläure ^ ^'^'hIJo^

auizu&ssen ist.

156 Schiff, Untersuchungen

zum Ziele führendes Verfahren wurde im Jahre 1856 von H. Rose (Pogg. Ann. XCVIII, 245) angegeben. Es bemht dasselbe auf der trockenen Destillation eines innigen Gemenges von Kaliumatbylsulfat mit wasserfreiem Borax. Nach dieser Methode hat Frankland (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXIV, 131) gelegentlich seiner Untersuchungen über die Einwirkung des Zinkdthyls und Zinkmethyls auf Triäthylborat gearbeitet, und er fand dabei Veranlassung, dieses Verfahren wesentlich zu verbessern. Die Darstellung von Borsäureather mittelst Silber* borat und Jodäthyl wurde durch Nason (Ann. d. Chem. n. Pharm. CIV, 126) versucht, welcher hierbei nur Aethyloxyd er- hielt. Wir waren zufällig gegenwärtig, als N a s o n diesen Versuch anstellte, und wissen, dafs die Aetherbildung nur aus dem starken Aethergeruch bei dem OeiTnen der Röhre beurtheill wurde, dafs man aber den gelben trockenen Rückstand nicht weiter beachtet hatte. Wir haben deshalb diesen Versuch nochmals in etwas gröfserem Mafsstab angestellt, um zu prüfen, ob nicht in dem Rückstand neben Jodsilber irgend ein nicht gesättigter Borsäureäther vorhanden sei. Der Aetherauszug enthielt indessen nichts, was auf die Bildung einer solchen Verbindung schliefsen liefse.

Bezüglich anderer Aether der Borsäure besitzen wir eine Untersuchung von Ebelmen aus dem Jahre 1845 (Ann. de chim. et phys. [3] XVI, 218); in dieser Abhand- lung bespricht er die Einwirkung der verschiedenen Alkohole auf das Borsäureanhydrid und beschreibt eine Reihe halb- fester Borsäureäther, welche er auf das dem Borax ent- sprechende Hydrat B^H^O'' bezieht. Was die Zusammen- setzung dieser letzteren Aether betrifft, so behalte ich mir eine kritische Besprechung für später vor, sobald ich das Material für dieselbe dargelegt haben werde.

Behufs Entscheidung der Frage, ob die eben erwähnten Aether als nicht gesättigte Verbindungen durch directe

über die Borsäureäther, 157

Addition anderer Gruppen in gesättigte Verbindungen über- geführt werden könnten, beabsichtigte ich die Darstellung dieser Aether, erhielt aber hierbei Körper, welche in der Zusammensetzung sowohl bei verschiedenen Darstellungen unter sich, als auch von der von Ebelmen angegebenen Formel wesentlich abwichen, obwohl ich ziemlich genau nach Eb e Im en's Angaben arbeitete. Dieser Umstand, so wie an^ dere bisher nicht gehörig gewürdigte Erscheinungen, schienen einer eingehenderen Untersuchung nicht unwerth zu sein, und es wurde dieselbe zum Theil in Gemeinschaft mit E. Bechi ausgeführt.

Bringt man gepulvertes Borsaureanhydrid mit etwa dem gleichen Gewicht absoluten Alkohols zusammen, so tritt, wie bereits Ebelmen bemerkte, eine nicht unbedeutende Tem« peraturerhöhung ein. Ueberlifst man das Gemenge einen halben Tag lang sich selbst, so wird der Alkohol fast gänz- lich von der sich hydratisirenden Borsäure eingesaugt und man erhält eine schneeweifse schwammige Hasse. Befestigt man dann das Gefäfs an einen Rfickflufsapparat und erhitzt zum Sieden, so löst sich ein grofser Theil auf und man braucht nur noch wenig Alkohol zuzusetzen, um bei fortge- setztem Kochen alle Borsäure in Lösung zu bringen. Beim Erkalten bedeckt sich der Boden des Gefäfses mit einer aus zusammenhängenden warzenförmigen Aggregaten bestehenden Krystallisation. Dieselbe besitzt durchaus nicht das Aussehen der krystallisirten Borsäure^ wies sich aber dennoch bei der Bestimmung des Wassergehalts der mit Alkohol gewaschenen Erystalle als das normale Hydrat BH'O^ aus. Die Flüssigkeit, welche sich. von der Krystallisation leicht abgiefsen läfst, ist entweder farblos oder doch nur gelblich gefärbt. Unterwirft man sie der Destillation und zieht den Rückstand nach Ebel- men's Angabe mit wasserfreiem Aether aus, so erhält man immer nur wenig glasigen Borsäureäther. Das Destillat hin-

158 Schiff y Untersuchungjsn

gegen enthält gröfsere Mengen von Borsfiareäther und zwar nach Ebelnien's Meinung in der Form des glasigen Aethers, welcher sich mit den Alkoholdampfen verflüchtige. Diese Ansicht Ebelmen's mufste indessen sehr bald in Zweifel gezogen werden. Bei dem Versuche nämlich, den glasigen Aether zur weiteren Reinigung in absolutem Alkohol auf- zulösen, fand sich 9 dafs der Alkohol auf den Aether zersetzend wirkt Nach dieser Erfahrung war also die Annahme, dafs das Destillat eine weingeistige Lösung jenes Aethers sei, nicht mehr statthaft und der Zweifel ward zur Gewifsheit, als es gelang, aus dem zwischen 110 und 130® siedenden Antheil des Destillats eine nicht unbedeutende Menge von Triäthylborat abzuscheiden, so dafa in der directen Einwirkung Yon absolutem Alkohol auf geschmolzene Bor- säure sehr bald eine ergiebige und leicht auszuführende Me- thode zur Darstellung der drei alkoholischen Borsäureäther erkannt wurde.

Während die Entstehung eines dem Borax analog zu- sammengesetzten Aethers eine ziemlich verwickelte Bildungs- gleichung erfordern würde, haben wir dagegen für die primäre Reaction zwischen Alkohol und Borsäureanhydrid die einfache Gleichung :

g|0« +8 hP = H»p + 8€«H»p

Fär die Darstellung gröfserer Mengen von Triäthylborat arbeitet man am Besten mit einem kupfernen Digestor von etwa einem Liter Inhalt. Die Borsäure im gepulverten Zu- stande anzuwenden ist nicht allein nicht nöthig, sondern viel- mehr hinderlich, insofern als das Pulver leicht zusammenbackt und die Einwirkung des Alkohols erschwert. .Aus demselben Grunde wende man auch keine kleinen Stücke geschmolzener Borsäure an, man giefse dieselbe vielmehr derart auf eine Steinplatte aus, dafs man etwa einen Zoll breite lange Bänder erhält, welche man dann aufrecht in den Digestor stellt, so

über die Borsäureäther, 159

dafs gehörige Zwischenräume die Circulation des Alkohols möglich machen. Auf ein Liter Alkohol kann man 250 bis 300 Grm. Borsaureanhydrid anwenden. Den Digestor erhitze man im Oelbade 24 Stunden lang auf 110 bis 120^ und beachte, dafs die Temperatur 130^ nicht übersteige, da sonst leicht eine umgekehrte Reaction den Verlust eines Theils des bereits gebildeten Aethers verursacht. Zur Vermeidung von Zeitverlust setzt man am Besten den Digestor gegen Abend in das Oelbad, heizt bis zum folgenden Abend und läfst dann während der Nacht erkalten. Die Abscheidung der gelösten Borsaure erfolgt nämlich sehr langsam und erfordert bei den angegebenen Verhältnissen etwa 10 Stunden. Der Digestor enthalt dann die Borsaure zum grofsen Theil als warzig agglomerirtes Hydrat, öfters am Boden des Gefafses mit einer syrupösen Hasse gemengt. Die aufrecht stehenden Bänder enthalten zum grofsen Theil noch einen Kern von nicht an- gegriffener Substanz; sie umkleiden sich nämlich mit Bor- säurehydrat, welches die Einwirkung verlangsamt und un- vollständig macht. Die die Borsäure umgebende gelbe Flüs- sigkeit giefst man so weit ab, als sich diefs mit Leichtigkeit thon läfsl, und verschliefst das Gefäfs sogleich wieder. Man destillirt nun von der abgegossenen Flüssigkeit, welche gegen 80<^ zu sieden anfängt, die bis gegen 100^ übergehenden An- thefle ab, giefst dieselbe in den Digestor zurück, füllt mit frischem absolutem Alkohol so weit auf, dafs die Borsäure . sich gänzlich unter dem Flüssigkeitsspiegel befindet, ifnd setzt wieder 24 Stunden lang ins Oelbad. Sollte der Digestor nach dieser zweiten Operation noch eine irgend namhafte Menge von Anhydrid oder von syrupösem Bodensatz enthalten, so erhitzt man zum dritten Male 12 Stunden lang mit dem zwischen 80 und 100<^ übergehenden Destillat von der zweiten Operation, dtefsmal ohne oder mit nur geringem Alkoholzusatz. Was von der aus dieser letzten Portion herrührenden Flüs-

160 Schiff, Untersuchungen

sigkeit bis gegen 100^ übergeht, wird für eine folgende Operation aufbewahrt. Die von den zwischen 80 und 100^ destillirenden Antheiien befreiten Flüssigkeiten lafst man mehrere Stunden ruhig stehen; es krystallisirt dann noch eine ziemliche Menge von Borsaurehydrat aus. Die abge- gossene Flüssigkeit wird aufs Neue der Destillation unter- worfen, bis das sich im Dampf befindliche Thermometer 115<* anzeigt. Man lafst nun wieder langsam erkalten und dieses Mal scheidet sich fast die ganze Menge des noch in Lösung befindlichen Borsäurehydrats aus, so dafs eine Behandlung des Eiidproducts mit Aether erspart wird. Die wieder von der Krystallisation abgegossene Flüssigkeit fangt nun bei etwa 110<> zu sieden an. Was bis H8^ übergeht fügt man dem zwischen 100 und 115^ übergegangenen Antheile bei, und destillirt nun bis die Dampfe unmittelbar über dem Flüssig- keitsspiegel die Temperatur von 140 bis 150^ erreicht haben. Das zwischen 100 und 118^ gewonnene Destillat ist eine Mischung von Triathylborat und Alkohol. Frankland hat zur Trennung beider Flüssigkeiten die Anwendung von ge- schmolzenem Chlorcalcium vorgeschlagen. Es löst sich dieses Salz indessen nur sehr langsam in dem Gemische auf und es ist daher diese Methode sehr zeitraubend. Ich habe eine andere aufgefunden, welche augenblicklich zum Ziele fuhrt. Giefst man in das Gemische allmälig unter Umschütteln kleine Mengen von concentrirter Schwefelsaure, so theilt sich die Flüssigkeit alsbald in zwei Schichten; man fügt so lange Schwefelsäure zu als die untere Schicht hierdurch noch merklich an Volum zunimmt. Die untere Schicht enthalt dann die Schwefelsäure nebst dem Alkohol und sehr wenig Borsäureäther; die obere, nur Spuren von Schwefelsäure ent- haltende Schicht ist Borsäureäther, welcher nur noch wenig Alkohol enthält. Man vereinigt diese obere Schicht mit dem früher zwischen 118 und 140^ erhaltenen Destillat; bei der

über die Borsäureäther, 161

Bectification der yereinigten Flüssigkeiten geht nur wenig onlerhalb 115<^ über; diesen Antheil kann man nochmals mit Schwefelsdure behandeln. Ein betrachtlicher Theil siedet zwischen 115 und 12^^; diefs ist nahezu reiner Borsaureäther. Was oberhalb 1!25<> übergeht, siedet bei einer zweiten Rec- Üfication ebenfalls gegen 120<'. Die Ursache des Anfangs erhöhten Siedepunkts ist wohl in der in dem Siedegefäfs zorückgebliebenen sympösen, beim Erkalten erstarrenden Substanz zu suchen. Bei wiederholter Destillation siedet der gröfste Theil zwischen 119 und 122^; die bei 120» über* gehenden Antheile sind vollkommen reines Triäthylborat. Bei allen diesen Destillationen dürfen keine Caoutchoucstopfen angewandt werden, da der Borsaureäther dieselben stark angreift und der Aether aufserdem noch einer Verunreinigung dorch schwefelhaltige Substanzen ausgesetzt ist.

Das Triäthylborat ist, wie bereits die früheren Autoren angeben, eine wasserhelle, leicht bewegliche Flüssigkeit, welche sich mit dem Wasserdunst der Atmosphäre sogleich anter Abscheidung von Borsäure zersetzt und angezündet ohne Vermittelang eines Dochtes mit intensiy grüner Flamme und unter Entweichen von Borsäuredämpfen brennt. Den Siedepunkt fand ich für 760°^ Barometerdruck bei 120» (Thermometer ganz im Dampf und Platin in der Flüssigkeit). Ebelmen und Bouqu et fanden den Siedepunkt zu 119<), Bowman zu 121<^. Es ist hier indessen zu bemerken^ dab bei jedesmaliger Destillation eine geringe Zersetzung eintritt, vielleicht durch die Feuchtigkeit der Luft bewirkt. Es bleibt jedesmal ein geringer Rückstand und der Siede- punkt steigt bei den späteren Antheilen allmälig um wenige Grade. Das specifische Gewicht bestimmte ich mit zwei Präparaten von verschiedener Darstellung zu 0,861 bei 26^,5 und (ohne Rücksicht auf die Glasausdehnung) 0,887 bei 0^ (0,885 bei 0<^ Ebelmen u. Bouquet; 0,871 bei? Bowman).

AnnaL 4. Chem. a. Pharm. V. Sapplementbd. 8. Heft. W

162 Schiff, Untersuchungen

1 Votum bei 0^ dehnt sich hiernach bis su 26^5 auf 1,033 Volume aus, eine Ausdehnung, weiche derjenigen des essig- sauren, Propionsäuren und Salpetersäuren Aethyls nahezu gleichkommt. Die froheren Angabe^ über Geruch und Geschmack vonEbelmen und Bouquet u&dyonBowman (eigenthümlicher stechender gewärxhafter Geruch , scharfer bittorer Geschmack) beeiehen sich auf Präparate, die von ihrer Darstellung her noch geringe Mengen von gechlorten Substanzen aus der Aethylgruppe enthalten konnten. Das reine Trlathylborat manifestirt in seinem Geschmack nur Al- kohol und Borsaure, in seinem Geruch namentlich nur den Alkohol Es ist diefs auch a priori zu vermuthen, denn die Flüssigkeiten der betreffenden Sinnesorgane bewirken augen- blickliche Zersetzung in Borsäure und Alkohol. Liefs man durch das zwischen 110 und 130^ aufigefangene alkoholhaltige DestiUat w^ge Blasen Chlorgas steichen, so konnte, nach- dem die Flüssigkeit zwei Tage lang ruhig gestanden und sich wahrend dieser Zeit nichts DifEerentes abgeschieden hatte, bei weiterer Reinigung ein Borsiureither erhallen werden, welcher, bei einem Siedepunkt von 130^, die früher von Anderen beobachteten physiologisohen Eigenschaften hesafs. Wurde dieser Aether mit kochender Kalilauge zersetzt, die Flfissigkeil dann mit reiner Salpetersäure übersättigt und nach d^n Erkalten von der ausgeschiedenen Borsaure abfikrirt, so gab das Filtrat eine deutliche Reaction auf Chlor.

Wir gehen zu den Umsetzungen des Boimveäthers mit anderen Substanzen über und haben hier zunächst zwei Körper zu berühren, deren Einwirkung der Aether bei der beschriebenen Darstellungsweise mehr oder weniger ausge- setzt ist, nfimlich Borsaurehydrat und concentrirte Schwefel- säure. Auf die Möglichkeit einer zersetzenden Wirkung des BorsAurehydrats wurde die Aufmerksamkeit durch zwei Darstellungen gelenkt, bei welchen durch unerwnrtet stärkeren

über die Borsäureäther, 163

Gftsdnick die Temperatur des Oelbads sich während der Nacht auf gegen 160^ oder auch wohl darüber hinaus erhoben hatte. In beiden Fällen wurde weniger Triäthylborat erhalten als diefs gewöhnlich bei gleicher Beschickung des Digestors der Fall war, dagegen war der bei der Destillation bis 150^ im Destillationsgefäfs bleibende syrupöse Bückstand Yermehrt und die abgeschiedene hydratisirte Borsäure zeigte nicht die gewöhnlichen warzenförmigen Krystallaggloroera- tionen; dieselbe war vielmehr zum grofsen Theil in ein fast sendiges Pulver, zum Theil in wie geschmolzen aussehende Tropfen umgewandelt, welche mit krystallinischem Hydrat überdeckt waren. Verschiedenen Steilen entnommene und mit Alkohol gewaschene Partieen erlitten bei höherer Tem- peratur sehr verschiedene Verluste an Wasser; es schwankten dieselben zwischen einem Minimum von 14 pC. und einem Maximum von gegen 46 pC. (in der oberen Schichte). Es ist hiernach gewifs, dafs bei der höheren Temperatur Hydrate von niedrigerem Wassergehalt entstanden waren, und ohne Zweifel lag hier ein Gemenge der drei bekannten Hydrate BH^e^ BHe* und B*H«G' (dem Borax entsprechendes Hydrat) vor, von welchen das letztere 11,4 pC, das erstere 43^5 pC. Wasserverhist verlangen würde *). Ob aber die Entstehung dieser wasserarmeren Hydrate zu der Wiederausbeote an Triäthylborat in einer bestimmten Beziehung stehe, mufste erst der folgende Versuch lehren. Es wurden etwa gleiche Gewichtstheile bei 120^ siedenden Triäthylborats und Hydrat BH^O' in eine starke Glasröhre eingeschmolzen und einen Tag auf 160 bis 180^ erhitzt. Die Borsäure löste sich zum

*) Ueberall, wo in den folgenden Gleiobungen BHO* figurirt, han- delt es eich um ein solches Gemenge von Hydraten. Durch diesen einfachsten Ausdruck vermeiden wir in unnöthiger Weise oomplicirtere und doch der WkUichkeit nicht gans entsprechende Gleichnogen.

11*

164 Schiff, Untersuchungen

Theil auf und nach dem Erkalten fand sie sich in einem ahnlichen Zustand , wie bei den oben erwähnten zwei Opera- tionen. Der flüssige Inhalt der Röhre wurde in eine kleine Retorte gebracht und so weit abdestillirt, bis der Retorten- inhalt anfing dickflüssig zu werden« Aus diesem Rückstand konnte mittelst Aethers eine kleine Menge des glasigen Bor- säureäthers ausgezogen werden. Das Destillat fing bei noch- maliger Rectification bei 80^ zu sieden ^n und es konnte durch Destillation nur wenig reines Triäthylborat wiederge- wonnen werden; der gröfsle Theil bestand aus einem Ge- menge dieses Aethers mit Weingeist und auf Zusatz von Schwefelsäure erfolgte die oben erwähnte Trennung. Bei der angewandten hohen Temperatur erfolgt also eine Zer- setzung des Triäthylborats durch das Borsäurehydrat nach der Gleichung :

B(G»H»)»0» + 2BH»0» = 3BHO* + 8 €»H«0

und zum Theil wahrscheinlich nach der anderen :

Zur Vermeidung dieser Umsetzung wurde daher Yorgeschrie- ben, die Temperatur auf 110 bis 120^ zu erbalten und 130^ nicht zu überschreiten. Nicht allein das Borsäurehydraty son- dern auch das Anhydrid wirkt auf das Triäthylborat ein und auch diese Reaction ist für die Darstellungsweise nicht ohne Interesse; wir halten es indessen für passend, diese Reaction erst später ausfuhrlicher zu besprechen.

Wir dürfen indessen gelegentlich der eben besprochenen Deshydratation des Hydrats BH^9^ unter Rückbildung von Al- kohol eine umgekehrte Reaction nicht * unerwähnt lassen, welche erfolgt, wenn das Hydrat B^H'O^ mit einem gröfseren Ueberschufs an Alkohol auf 150^ erhitzt wird. Bin Theil dieses Hydrats wird dann In BH^O^ verwandelt und bei der Destillation der Flüssigkeit kann eine kleine Menge von Tri-

über die Borsäureäiher, 165

itbylborat erhalten werden ; letzteres entsteht wahrscheinlich nach der Gleichung :

Aach diese Reaction gehört zu den vielen Umsetzungen, welche gleichzeitig und aufeinanderfolgend bei der Einwir- kung von Alkohol auf Borsäureanhydrid stattfinden können. Bei der Trennung von Alkohol und Triathylborat mittelst Schwefelsaare geht, wie oben bemerkt; nur eine sehr geringe Saoremenge in die Aetherschicht ein und diese Menge äbt bei der nachherigen Rectification durchaus keinen schädlichen Einflufs aus. Die untere Schicht enthält eine kleine Menge Borsäureäther, deren Gewinnung man indessen vernachlässi- gen darf. Versucht man das Gemenge zu destilliren, so er- hält man zunächst Alkohol mit geringem Gehalt an Borsäure- ather, welchen man bei späteren Operationen statt des reinen Alkohols anwenden mag ; sehr bald beginnt indessen die Ein- wirkung der Schwefelsäure auf die nun concentrirter gewor- dene Losung des Aethers. Concentrirte Schwefelsäure löst Borsäureäther leicht und unter schwacher Erwärmung *). Die Lösung stellt nach dem Erkalten ein dickes Oel dar, welches sich bei gewöhnlicher Temperatur auch nach län- gerer Zeit nicht zu verändern scheint. Erst beim Erwärmen wird der Aether zersetzt; die Lösung färbt sich dann all- mälig braun , es entwickelt sich Wasserdampf und fast reines Aethylengas, erst später und bei höherer Temperatur tritt auch schweflige Säure auf. Setzt man^ noch ehe diese letz-

*) GoQcentrirte Schwefelsäure löst Boraftnreanhydrid beim Erwärmen kioht und reioblioh auf. Beim Erkalten setzt sich nichts ab; man erh&lt einen dicken Syrup, aus welchem sich erst bei all- m&Iigem Anziehen Ton Wasser aus der Luft krystallinische Hy- drate der Borsäure ausscheiden. Das Hydrat BH'O' giebt beim Erwärmen einen ganz ähnlichen Syrup, während das Wasser in Dampfform entweicht.

166 Schiffe Untersuchungen

tere sich entwickelt, Wasser zu, so scheidet sich Borsaure ab; sättigt man nun mit Baryumcarbonat , so enthalt das Fil- trat eine gewisse Menge von Baryumathylsulfat. Der Aus- druck ffir die Umsetzung der Schwefelsaure mit dem Aether findet sich in der Gleichung :

B(€«H»)»0» + ßH«0* = S(G«H*)HO* + 2€«H* + BHO* + H«0.

Erhitzt man die Lösung des Aethers in Schwefelsaure auf etwa 140 bis 150^ und lafst tropfenweise Wasser zufliefsen, so scheidet sich ebenfalls Borsäure ab und es entwickelt sich Aethylätherdampf. Auch in diesem Falle enthält die Flüssig- keit zuletzt Aethylschwefelsäure , gebildet nach der Glei- chung :

B(€»H*)>^« + ßH«0* + H«0 = S(€»H6)HO* + BH«0» + (G«fl*)*0.

Es war zu erwarten, dafs sich statt des Aethers ein zu- sammengesetzter Aether bilden würde, wenn man zu der Lö- sung des Triäthylborats in Schwefelsaure statt des Wassers ein Saurehydrat setzte. Diese Erwartung wurde durch das Experiment auch vollkommen bestätigt. Wurde der warmen Lösung Benzoesäure zugesetzt und die Temperatur des Ge- menges einige Zeit auf etwa 120^ erhalten, so schied sich nach Verdünnung mit Wasser Borsäure ab und an der Ober- flache sammelte sich eine Schicht Benzoöäther. Mit Annahme einer gleichzeitigen Bildung von Aethylschwefelsänre, welche aber hier nicht besonders nachgewiesen wurde, erhalten wir die Umsetzungsgleichung :

B(€»H»)»0«+SH»O<-f-2G'H8^*=BH«0«+ß(€*H»)H0*+2rr'H6(G«H»)O».

Diese Umsetzungsweise wurde noch mit anderen Sauren be- stätigt, so mit Essigsäure, Buttersäure und Valeriansäure, deren Aether an ihren characteristischen Eigenschaften leicht erkannt werden konnten. Ich habe mich übrigens hiermit nicht eingehender beschäftigt, da ich fand, dafs unter wenig veränderten Umständen der Borsäureather direct ätherificirend wirken kann. Ehe ich hierzu übergehe, erwähne ich in-

über die Borsätireäther. 167

desseD noch einer heiligen Explosion, welche eintrat, ab ich der Schwefelsaurelösung des Aethers etwas Kaliumchlorat zusetzte ; die Hasse erhitzte sich bis zur Entzündung und wurde zum grofsen Theil umhergeschleudert. Man kann diesen Versuch indessen ganz gefahrlos anstellen, wenn man der etwas erwärmten Lösung allmälig einzelne Krystalle von Ka- lionohlorat zusetzt. Es bilden sich dann kleine Bläschen, welche an die Oberfläche gerissen werden und dort schwach verpuffen oder zum Theil mit rothlichem Lichte verbrennen. Bei diesem Versuche bildet sich ohne Zweifel eine der so leicht zersetzbaren explosiven Aethylverbindungen der Säuren des Chlors.

Wir gehen zu den Reactionen über, in welchen der Borsäureather direct atherificirend wirkt. Nach den im Vor- hergehenden bezüglich der Schwefelsaure mitgetheilten Ver- suchen lag es nahe, die Einwirkung der Salpetersaure auf das Triäthylborat einer Prüfung zu unterwerfen , und diese bildete dann den Ausgangspunkt für die im Folgenden zu besprechenden Versuche. Concentrirte Salpetersäure löst den Aether unter schwacher Erwärmung; die Einwirkung beginnt alsbald, es scheidet sich Borsaurehydrat aus, nach einiger Zeit erstarrt das Ganze zu einem dicken Brei von Borsäorekrystallen, während sich unter Aufblähen der Hasse Salpeterälher entwickelt. Die Zersetzung des Triathylborats ist vollständig und geschieht nach der Gleichung :

Nach einer ginz analogen Gleichung erfolgt auch die ZerseUmig des Triathylborats durch Essigsäure. Erhitzt man den Aether mit einer entsprechenden Menge von Eisessig emige Stunden auf 150^^ so erhalt man eine gelbliche homo- gene Flüssigkeit, welche beim Erkalten hydratisirte Borsäure absetzt. Die Flüssigkeit besteht zum gröfsten Theil aus Es- sigitber. Bei der Destillation bleibt ein geringer Ruckstand

168 Schiff j Untersuchungen

»

von glasigem Borsäureäther, welcher noch auf eine andere^ vielleicht secundäre Reaction schliefsen läfst.

Bei Versuchen aber Aetherbildung von schwierig dtheri- ficirbaren Säuren läfst man häufig das Silbersalz auf Jodathyl reagiren. Dieses kostspielige Verfahren kann häufig durch die einfachere Reaction der' freien Säure auf den nach obigem Verfahren leicht und billig zu erhaltenden Borsäureäther er- setzt werden, namentlich dann, wenn der entstehende Aether durch Wasser oder verdünnte Alkalien nicht zersetzt wird. Als Beispiel von ein- und zweibasischen Säuren fähre ich Benzoesäure und Bernsteinsäure an. Beide Säuren zer- setzen das Triäthylborat etwas weniger leicht, als diefs bei der Essigsäure der Fall ist. Erhitzt man aber einige Stunden auf 180 bis 200^, so wird die ganze Menge der Säure in Aether verwandelt. Die gelbe Flüssigkeit läfst beim Erkalten Borsäure krystailisiren. Man fällt die Röhre, nachdem deren Inhalt erkaltet ist, mit verdünnter Kalilauge. Diese zersetzt den etwa noch vorhandeiftn Borsäureäther, löst die Borsäure und einen etwaigen Rest der zu ätherificirenden Säure, und der neue Aether schwimmt oben auf und wird nach dem Waschen mit Wasser und Destilliren über Chlorcaloium un- mittelbar rein erhalten. Die Umsetzung mit der Benzoesäure erfolgt analog der obigen Gleichung für die Reaction der Salpetersäure. Die Bernsteinsäure, als zweibasisehe Säure, reagirt nach der Gleichung :

In ähnlicher Weise erhielt ich auch* das Aethyloxalat; dieses bildet sich etwas leichter als das Succinat und man braucht die Temperatur von 150® nicht zu überschreiten. Bei höherer Temperatur erfolgt eine Zersetzung der Oxalsäure unter Bildung gasförmiger Producte und es erfolgt Detonation der Röhre. Hit trockener gasförmiger Salzsäure oder schwefliger Säure nahezu gesättigtes Triäthylborat konnte

über die Baraäureäther. 169

auf 120 bis 140^ erhitzt werden, ohne dafs Einwirkung stattfand.

Chlor, Brom and Jod wirken anf das Triithylborat sab- stitnirend. Der Dampf des Aethers mit trockenem Cbiorgas gemengt, entzQndet sich nnter Absatz von Kohle. Das flüs- sige Tridthyiborat absorbirt trockenes Chlorgas auch bei raschem Durchströmen vollständig, indem sich die Flüssigkeit erhitzt und Ströme von Salzsduregas entweichen. Nach 'mehr- stündigem Durchleiten wird die Masse zuletzt so dick, dafs sich die Röhren verstopfen. Die Masse erstarrt beim Er- kalten zu einer gelblichen Gallerte, welche mehr als 2 Aeq. Chlor enthält, aber nicht so viel als der Formel B(G>H«C1)80' entspricht Bei der Zersetzung mittelst Kalilauge scheidet sich zuerst ein chlorhaltiges, campherartig riechendes Oel ab, wahrscheinlich ein gechlortes Aethylen. Die Verbindung mufste zur Chlorbestimmung mit weingeistigem Kali in ge- schlossener Röhre bei höherer Temperatur zerlegt werden. Brom wiriit langsamer und weit weniger energisch. Beide Flüssigkeiten mischen sich unter geringer Erwärmung. Setzt man das Gemenge dem Sonnenlichte aus, so bilden sich an den Wänden allmälig perlähniiche Tröpfchen, welche sich am Boden zu einem braunen Oel ansammeln, bis endlich sämmtlicher Aether in die Verbindung übergeführt ist. Diese Substanz wurde nicht analysirt Jod löst sich nur in mäfsiger Menge im Triäthylborat zu einer rothen Flüssigkeit auf, welche sich im zerstreuten Licht und bei mittlerer Tem- peratur nur äufserst langsam verändert. Selbst im Sonnen- lichte des höchsten Sommers und bei einer zeitweilig bis gegen 50^ C. steigenden Temperatur konnte während einiger Monate nur eine geringe Menge eines dicken, braunen, nicht destillirbaren Oels erhalten werden. Durch Schütteln mit Quecksilber von aufgelöstem Jod befreit, zeigte dieses Oel noch einen Gehalt an chemisch gebundenem Jod.

170 Schiff, Untersuchungen

Die Aethyläquivalente des Borsdtireatbers ratMlilairen mit Leichtigkeit die basischen Wasserstoffaquivalente der Sauren, nicht aber den typischen Wasserstoff organischer Basen. Bei dem Erhitzen mit Anilin- ond RosaniUnsalzen konnte keine Einwirkung constatirt werden. Bei der Ein- wirkung des vollkommen trockenen Ammoniaks auf alkohol- freien Borsiureäther scheint eine kleine Menge von Aethyl- . amin zu entstehen ; jedenfalls bleibt die bei Weitem gröfste Menge des Aethers unverändert.

Die Einwirkung der Phenylsaure auf den Borsauredther würde eine passende Gelegenheit bieten, um zur Besprechung der Einwirkung anderer Alkohole überzugehen. Wir behalten uns indessen vor, diese Reaction weiter unten abzuhandeln, und erlauben uns vorerst einen kleinen Räckschritl.

Monoäthylborat,

Wir haben im Früheren das Rohproduct der Einwirkung des Alkohols auf das Borsäureanhydrid einer fractionirten Destillation unterworfen , bis die sich unmittelbar aus der Flüssigkeit entwickelnden Dampfe eine Temperatur von 140 bis 150(> zeigten. Hat man zwischen den einzelnen Frac- tionen jedesmal die gehörige Zeit gewartet, um die Borsäure auskrystallisiren zu lassen, so wird man nun beim Erkalten eine gelblich bis bernsteingelb gefärbte syrupöse Flüssigkeit erhalten, die nach einiger Zeit gar keine oder doch nur sehr geringe Mengen von Borsäure absetzt. Diese syrupöse Flüs- sigkeit ist der dem ersten Anhydrid der Borsäure BHO' ent- sprechende Aether :

Monoäthylborat, B(62H^)0>,

nur noch durch eine sehr geringe Menge gelöster Borsäure verunreinigt. Dieses Rohproduct genügt zu allen weiteren Versuchen mit dem Aether; die zur Analyse bestimmten

über die Bor säur eäther. 171

Präparate, welche zum Theil nach der eben angegebenen, mm Theil nach einer sogleich zu besprecheiTden synthetischen Methode bereitet waren, wurden durch Auflösen in wasser- freiem Aether von dem gröfsten Theil der aufgelösten Bor- sänre getrennt ♦) :

berechnet gefanden

B 11 15,3 16,1-16,2 ♦•)

€'H* 29 40,3

2^ 32 4M

72 100,0.

*) Waaserfreier Aether löst nar Sparen von wasserfreier oder ge- w&sserter Borsäore ; etwas mehr lösen sie sich aber in der ätheri- schen Lösung des Monoäthylborats.

**) Der Kohlenstoff des Triäthylborats kann im Verbrennungerohre ToUst&ndig in Kohlensäure übergeffihrt werden, nicht so der Kohlenstoff des Monoäthylborats und der anderen syrupösen und glasigen Aether der BorsAure. Die Tendenz der Borsäure, sich zu hydratlsiren , scheint hier zunächst Wasserstoff und Sauerstoff zur Wasserbildung zu disponiren und eine Abscheidung von Koh- lenstoff zu bewirken, welcher später, Ton geschmolzener Borsäure überdeckt, nicht mehr verbrennt. Ich habe selbst bei Zersetzung im Platintiegel unter Einleiten von Sauerstoff den Kohlenstoff nicht vollständig verbrennen können. Die Elementaranalyse giebt also bei diesen Aethern keinen sicheren Anhaltspunkt, und wir muikten um so mehr an eine genauere Bestimmung des Bors, jenen Stein des Anstofses in der analytischen Ol^mie, denken. Wir werden weiter unten zu besprechen haben, in wie fem die Bestimmung der Borsäure durch Verbrennen der Verbindung im Platintiegel keine richtigen Besultate giebt Wir versuchten zu- nächst die Borsäure als Baryumsalz abzuscheiden. Eine gewo- gene Menge geschmolzener Borsäure wurde in Wasser gelöst, mit überschüssigem gesättigtem Burytwasser versetzt, das Prä- cipitat ohne aaszuwasohen auf einem Filter gesammelt und nach dem Trocknen bis zu anfangender Schmelzung erhitzt Kohlen- säure- und Barytgehalt bestimmte man durch zwei besondere Analysen und erhielt als Differenz die Borsäure. 100 Theile Borsäure gaben auf diese Weise 99,2 bis 99,4 Theile. Es ergab sich indessen später, dafs die Qegenwart verschiedener organischer Substanzen zu fehlerhaften Resultaten Veranlassung giebt; so der Alkohol wegen geringerer LösUchkeit des Baryts,

172 Schiff, Untersuchungen

Das Monoäthylborat ist eine geruchlose syrupöse Flüssig- keit, welche etwa 120^ die Consistenz der rauchenden Schwefelsaure besitzt. Es zieht die Feuchtigkeit der Atmo* Sphäre heftig an und zersetzt sich in Alkohol und Borsäure.

das Glycerin wegen der Löslichkeit des Baryts und des Barynm- borats in demselben. Die Löslicbkeit im Glycerin ist so bedeu- tend, dafs oft gar keiii Niederschlag entsteht, auch dann nicht, wenn man die Verbindung durch Ammoniak zersetzte und dann Chlorbaryum zur Fällung anwandte. Nach anderen vergeb- lichen Versuchen wandten wir uns zu der zeitraubenden Methode der Ueberfuhrung in Fluorborkalium, Auswaschen desselben mit einer Lösung Ton Kaliumacetat und Elimination dieses letzteren durch Weingeist, wie dieA früher ron Stromeyer (Ann. Chem. Pharm.' C, 82) angegeben wurde. Diese Methode giebt bei einiger Uebuug recht gute Resultate, häufig etwas zu viel. Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, dafs der Flufsspath zur Entwickelung der Flufssäure frei von Kietehdure sein mnfs. Bei dieser Methode erhält man zwei Nebenproducte in grofser Menge , nämlich Fluorborkalium und unreine Lösung von Kalium- acetat. Letztere enthält geringe Mengen ron Kaliumsulfat und gröfsere tou Fluorkalium. Zur Reinigung fällt man mit einer concentrirten Lösung von Calciumacetat. Das abfiltrirte reine Fluoroalcium dient bei weiteren Analysen zur Entwickelung der Flufssäure. Das Filtrat wird bei Siedehitze mit kieselsäurefreiem Kaliumcarbonat versetzt, die Lösung von dem krystaUinisch ge- wordenen Calciumcarbonat abgegossen, mit Essigsäure übersättigt, und dann so weit eingedampft, dafs sie nach dem Erkalten ein specifisdies Qewicht von 1,09 (12^ B.) zeigt; diefs entspricht etwa einem Oehalt von 20 pC. Kaliumacetat, und diese Lösung dient, unaohtet des geringen Gehalts an Kaliumsulfat , von Neuem zum Auswaschen des Fluorborkaliums. Das andere Nebenproduct, das Fluorborkalinm , ist ein treffliches Material zu einer leichten und gleichförmigen Ebtwickelung von Fiuorbor^ unter Anwen- dung von Qlasgefäfsen. Ein Gemenge des Salze» mit 15 bis 20 pC. geschmolzener und gepulverter Borsäure, mit conoentrir- ter Schwefelsäure, entwickelt bei geringer Erwärmung den ganzen Fluorgehalt als Fluorbor. Die Umsetzung vollendet sich nach der Gleichung :

6BKF1* + B«0» + 6ßH»G* = 8 BFl' + 6 SKHO« + 3 H«0. Nach dem vorstehenden Verfahren sind die Analysen der nicht gesättigten Borsäureäther zum gröfsten Theil vonE. Bechi ausgeführt worden.

über die Barsäureäther. 173

Bringt man den Aether mit flüssigem Wasser zusammen, so gebt diese Zersetzung unter starker Erwärmung vor sich. Auf der Zunge bewirkt der Aether ebenfalls nur das von dieser Zersetzung herrührende sehr intensive Wärmegefühl. Auf einem Draht in die Flamme gebracht , verbrennt er mit grünem Lichte, unter Zurücklassung von kohlehaltiger geschmolzener Borsaure. Der Aether kann nicht unzersetzt destillirt werden.

Zur Darstellung eines reineren Präparats mufs, wie oben bemerkt, wasserfreier Aether angewandt werden. Versucht man die Reinigung unter Anwendung absoluten Alkohols, so beobachtet man eine sogleich eintretende Umsetzung mit demselben unter ziemlich starker Erwärmung, und die Um- setzungsproducte sind lediglich Borsäurehydrat und Triäthyl- borat, nach der Gleichung :

Ich führe diese interessante Reaction hier zuerst an, weil sie geeignet ist, einiges Licht auf die Bildungsweise des Aethers zu werfen und letztere uns eine neue Darstellungs- weise kennen lehrt.

Die Menge von Monoäthylborat, welche bei der Ein wir-

*

kung des Alkohols auf die Borsäure entsteht, ist nicht un- bedeutend^ und man könnte wohl geneigt sein, die primäre Reaction in der einfacheren Gleichung :

(€*H«)HÖ + B«0» = BHO« + B(€«H5)0«

ZU sehen, in welchem Falle das Triäthylborat erst in Folge einer secondären Reaction des Alkohols auf primär gebildetes Monoäthylborat entstehen würde. Wenn dem so wäre, so mü&te sich aber neben dem Hydrat BH^0' eine namhafte Menge eines wasserärmeren Hydrates vorfinden, und diefs ist nicht vorhanden , sobald man die Reaction bei etwa 120^ vor sich gehen läfsl. Der gleiche Grund spricht auch gegen die

174 Schiff y Untersuchungen

Annahme zweier, gleichzeitig auftretender verschiedener Reactionen. Es bleibt uns also nur die primäre Reaction :

und das Honoäthylborat mufs secundar entstanden sein, indem auf ein Holecul Triathylborat ein weiteres Molecul Borsäure- anhydrid einwirkte nach der Gleichung :

B(€«n6)»0» + B*08 = 3 B(G«H6)0«.

In der That, erhitzt man Triathylborat mit geschmolzener Borsäure y so erfolgt vollständige Umwandlung in syrupases Honoäthylborat. Ist Borsäure im Ueberschufs vorhanden, so löst sich eine kleine Menge hiervon im Aether auf; wendet man aber beide Substanzen im Verhältnifs der Mischungs- gewichte an, so ist man im Stande, das Monoätbylborat rein und fast ungefärbt darzustellen.

Ich habe aufserdem die Ueberführung des Mono** in Triathylborat noch dadurch versucht, dafs ich ersteres mil Aethyloxyd im zugeschmolzenen Rohre einer höheren Tem- peratur aussetzte; es erfolgte indessen keine Verbindung* Mit Jodäthyl hatte ich gehofft^ durch directe Addition ein

Jodhydrin -jl^t^^ zu erhalten, aber auch dieser Ver- such blieb resultatlos. Derartige Hydrine scheinen sich in- dessen durch Einwirkung der Haloidverbindungen des Bors auf die Borsäureätber darstellen zu lassen. Triathylborat nimmt das Fluorbor reichlich und unter Erwärmung auf und es bildet sich eine aromatisch riechende, an der Luft rau- chende Flüssigkeit, welche wahrscheinlich zwei verschiedene Fluorhydrine enthält Auch das Monoätbylborat nimmt reich- lich Fluor auf und wird dabei dünnflüssiger. Hier scheini sich durch directe Addition ein der Diborsäure entsprechen- des Aethyltrifluorhydrin zu bilden :

über die Borsäureäther,

175

Diborsttare

DiboTBänre- trifluorhydrin

Fi» Diborsäure- äthyltrifluorbydriD.

Der Umstand , dafs diese Substanzen sehr leicht . zer- setzbar sind und namentlich bei höherer Temperatur das Glas sehr rasch angreifen , liefs mich auf eine eingehendere Un- tersuchung derselben verzichten ; ich gedenke indessen diese Reactionen spater unter Anwendung von Chlorbor weiter zu verfolgen ♦).

*) Wir haben versnobt, tthnlicbe anorganische Verbindungen zu er- zengen nnd fanden dabei, dafs die borsauren Alkalien sieb auf nassem Wege nicht mit den Chlor- oder Jodalkalien verbinden lassen. Die borsanren Alkalien lösen allerdings gröfsere Mengen von Jod mit Leichtigkeit auf, so* dafs fast augenblicklich Ent- färbung eintritt, aber beim Eindampfen erhält man zuerst Poly- borate, sp&ter Jodalkalien, und in der Flüssigkeit läfst sich durch schweflige Säure und Stärkekleister die Cregenwart von Jodsäure darthun. Die Reaction ist also wohl :

9B*K«0' + 6 J = 12 B'HO«^ + 6KJ + JK0»

und sie findet wohl ihre Grenzen bei der Umwandlung des Borats in Hexabomt

Oesohmolsenee Fluorkalinm löst mit Leichtigkeit Borsäure im

Verhältnifs 2KF1 : B*0' auf und bildet damit eine homogene,

zum Theil porcellanartige, zum Theil strahlige Masse. Fügt man

mehr Borsäure zu, so wird die Masse glasig nnd nicht mehr

homogen. Die nach ersterem Verhältnifs entstehende Masse

schmilzt leichter als ihre beiden Componenten ; kochender Alkohol

greift sie auch nach mehreren Stunden nur wenig an, während

die Componenten sich darin leicht lösen; sie ist wenig hygro-

scopisch, vollständig und ohne Absatz von Borsäure *in Wasser

löslich, kun sie zeigt eher die Charactere einer Verbindung als

eines Gemenges und könnte wohl als ein Kaliumfluorhydrin der

B«K«0' Diborsäure ^— s^-" betrachtet werden. Mit Kaliumcarbonat

Fl«

Busammengeeohmolzen treibt sie die Kohlensäure aus einem Mo-

lecul des Salzes ans und man erhält eine strahlig-kiystalliniscbe

opake Masse, welche ebenfalls mehr die Charactere eines Borats

176 Schiffe Untersuchungen

Nach dem Vorhergehenden scheint also nur die directe Verbindung mit den Borderivaten^ nicht aber mit den Aethyl- derivaten zu gelingen. Diefs bestätigt auch das Verhalten zu Kaliumalkoholat bei höherer Temperatur. Es gelang hierbei nicht, ein Kaliumäthylborat darzustellen. Es entsteht Kaliumborat und Triäthylbörat , vielleicht nach folgender Gleichung :

2 B(G«H'^)0« + G«H»KO = BK0« + B(€«H»)»0».

Das Monoäthylborat zersetzt sich mit den Säurehydraten viel schwieriger als das Triäthylbörat. Die Zersetzung ver- langt eine Temperatur von 180 bis 200*^ und es bilden sich neben den entsprechenden Aethern wasserarme Borsäure- hydrate, so z. B. für die Essigsäure nach der Gleichung :

B(0«H»)O« + 0«H<O« = BHO« + G«fl»(€«H»)0«.

Eine weitere interessante Reaction des Monoäthylborats behandeln wir in dem folgenden Abschnitt

AethyUnborat.

Es ist weiter oben bemerkt worden ^ dafs das Mono- äthylborat sich nicht, ohne Zersetzung zu erleiden, deslilliren lasse. Läfst man bei der Destillation des Rohproducts der Einwirkung des Alkohols auf die Borsäure, nach Ebelmen's Angabe^ die Temperatur allmälig auf 200^ steigen, so be- merkt man, dafs die Destillation zwischen 130 und 140^ sich verlangsamt und gegen 150^ fast ganz aufhört. Das Ther- mometer erhebt sich nun rasch auf 180 bis 190^ und bei

BK*0« an siofa trägt. Man könnte sie alB ^ betrachten, entatan-

Fl

den nach der Gleichung :

B»K«0»F1« + €K«0« = €0» + 2 BK«0*P1.

Darob Wasser werden diese Babstanaen sersetat und es wllre deren Eigenthfimlichkeit erst noch auf andere Weite in be- stätigen.

über die Borsäureäther. 177

dieser Temperatur beginnt aufs Neue eine reichliche Menge eines farblosen Destillats äberzugehen. Wir wissen aus dem Vorhergehenden, dafs das zwischen 120 und 150^ Ueber- ^ehende fast reines Triathylborat ist; die von etwa 190^ an übergehende Flüssigkeit destiliirt bei der Rectification voll- ständig zwischen 120 und 130^ und erwies sich ebenfalls als nahezu reines Triathylborat. Wir waren hierdurch ver- anlafst, ein auf synthetischem Wege erhaltenes Honbathylborat der trockenen Destillation zu unterwerfen, und auch dieses entliefs gegen 190^ fast reines Triathylborat. Erhalt man die Temperatur längere Zeit auf etwa 200^ so vollendet sich die Reaction nicht; diefs findet erst gegen 270 bis 280^ statt, bei welcher Temperatur die Masse unter Aufschäumen die letzten Portionen von Triathylborat entläfst und dann beim Erkalten zu einer rissigen glasigen Hasse gesteht. Die obere Schicht ist gewöhnlich etwas weich , weil sie das noch im oberen Theil der Retorte befindliche und zurückgeflossene Triathylborat enthält; andererseits enthalten die Randschichten, welche stärkerer Hitze ausgesetzt waren, freie Borsäure; aofserdem schliefst die Masse kleinere Glassplitter ein , da man gewöhnlich das Gefäfs zerschlagen und in einzelnen Stucken loslösen mufs. Man behandelt daher die in kleine Stücke zerschlagene Masse mit wasserfreiem Aether, welcher sie sehr langsam auflöst, filtrirt von der ungelösten Borsäure nnd den Glassplittern ab, dampft in einem Kochfläschchen ab und erhitzt schliefslich bis gegen 200^; um Aether und Triathylborat zu entfernen. Die rückständige Masse ist

Aethyltriborat, B8(G«H5)9^

eine geringe Menge freier Borsäure enthaltend , da diese in der ätherischen Lösung des Borats sich etwas mehr löst, als in reinem Aether.

AnaaL d. Ghem. u. Pharra. V. Sapplementbd. 2. Heft. ^2

178 Schiff y Untersuchungen

Berechnet

Gefdnden

8B

83 23,25

28,5 24,1

€«Hß

29 20,40

60

80 66,85

142 100,00.

Das in Stucke zerschlagene Aethyltriborat gleicht im Aeufseren dem arabischen Gummi. An der Luft zieht es deren Wasserdampf rasch an und bedeckt sich mit einer weifsen Schicht von Borsaure, welche dann den weiteren Fortschritt der Zersetzung sehr verzögert. Mit flussigem Wasser geht die Zersetzung unter Temperaturerhöhung vor sich. In die Flamme gehalten verbrennt das Präparat mit grüner Flamme, unter Zuräcklassung von kohlehaltiger Bor- saure. Uebrigens kann dieser Aether einer Temperatur von 300® ausgesetzt werden, ohne eine bedeutende Zersetzung zu erleiden.

Das Aethyltriborat verdankt seine Entstehung einer Zer- setzung des Monoathylborats, welches geradeauf zerfällt nach der Gleichung :

4B(G*H»)0« = B(€«H'^)»0» + B»(€«H»)0».

Versuche, bei welchen ich die Zersetzung unter Be- achtung der Gewichtsverhältnisse vornahm, gaben wegen der secundären Reactionen mehr oder weniger abweichende Resultate. Wir kennen eine ganz analoge Zersetzung bei der Diäthylphosphorsäure, welche sich in ihren Salzen eben- falls gegen 200^ in Triäthylphosphat und Aethylphosphorsäure spaltet :

*) In Ann. Chem. u. Pharm. GXXXIV, 347 bat Limp rieht eine einfache DarttellnngBrnethode des Photphonftareäthers beschrie- ben, beruhend auf der Umsetzang des PhosphorylchloridB mit Natriomalkobolat. Ich hatte früher (daselbBt CI, 806) mitge- theilt, daflB auch bei directer Einwirkung dei Oxychlorids «uf absoluten Alkohol Phosphors&ureftther entstehe. Da die Eige&>

über die Borsäureäther. 179

und ähnlich ist ferner die Spaltung des Aethyldisilicats in Kieselsaure und Diatbylsilicat :

Es ist mir nicht gelungen, das Aethyltriborat durch Ver- einigung des Monoathylborats mit einem weiteren Holecul Borsöureanhydrid darzustellen; andererseits gelang es auch nicht, das Triborat direct mit Aethyloxyd oder Jodathyl zu Terbinden.

Der absolute Alkohol wirkt auf das Triborat in ahnlicher Weise zersetzend, wie auf das Honoborat, aber die Reaction ist weniger energisch und vollendet sich erst bei höherer Temperatur. Lafst man Triborat mit absolutem Alkohol in einem Röckflufsapparat einige Stunden kochen, so krystalli- sirt beim Erkalten Borsaurehydrat und bei der Destillation erhält man neben Alkohol Triäthylborat, nach der Gleichung :

Die Borsäureäther von Ebelmen,

m

Wir haben im Früheren eine kritische Besprechung der auf das Hydrat B^H^O^ zu beziehenden Borsäureather von

Schäften dieses Products Ton Limpricht's reinem Präparat abwichen, so habe iob den Versnob nocbmala wiederholt und gefanden, dafs die rasche Sänernng, welche bei meinem Präpa- rat auf Zusatz von Wasser eintrat, auf einem Gehalt an Di- äthylphospborsäure beruhte. Es entsteht dieselbe jedesmal, wenn man das Ozjchlorid in gröfseren Mengen dem Alkohol sultigt and wenn man die Operation nicht bei guter Abkühlung vor- nimmt. Der Gehalt an Diäthylphospborsäure giebt sich nicht in der concentrirten , wohl aber in der mit Wasser verdünnten Flüssigkeit, durch die Reaction auf Lackmus, ieu erkennen. Nach der Destillation erhält man eine Flüssigkeit, welche sich mit Wasser erst nach einiger Zeit säuert; der Destillationsrückstand ist meist Phosphorsäure. Oben erwähnte Umsetzungs weise der Diätbylphospborsäure scheint also nicht allein bei dep Balsen, sondern auch bei der freien Säure stattzufinden.

12»

180 Schiff y Untersuchungen

Ebelmen verschoben, um zuerst das Material für diese Kritik zu sammeln. Nun da wir das Material zusammenge- stellt haben, ist die Kritik fast unnöthig geworden. Wir brauchen nämlich nur daran zu erinnern, dafs Ebelmen zur Darstellung seines Aethers nur bis 200^ erhitzt, und daran, dafs nach dem Vorhergehenden die Zersetzung des Mono- äthylborats bei etwa 190(> beginnt und sich bei 270 bis 280<> vollendet, und man wird sogleich erkennen, dafs Ebelmen eine Substanz untersucht hatte, welche sich mitten in einer Reaction befand und demnach ein Hischproduct gewesen sein mufs. Es geht diefs auch aus E beim en*s Analysen und sonstigen Angaben deutlich hervor. Was E b e 1 m e n 's Ana- lysen betrifln, so wurde die Borsäure in der Art bestimmt, dafs er die Verbindung durch Ammoniak zersetzte, ein- dampfte und das rückständige Borsäureanhydrid wog. Nach E b e 1 m e n 's eigener Angabe bewirkt hierbei die Verflüchtigung der Borsäure beim Abdampfen einen Verlust von 2 bis 3,5 pC. Nach Versuchen, welche Bechi und ich mit ge- schmolzener Borsäure und mit reinem Triäthylborat angestellt haben, sind diese Zahlen als Minimum zu betrachten; der Verlust kann bis gegen 5 pC. betragen und ist bei dem Aether (wohl wegen des verdampfenden Alkohols) gröfser, als bei Anwendung von reiner Borsäure. Die Bestimmung des Kohlenstofis ist mit einem Verlust verbunden, da, wie be- reits oben bemerkt wurde, die geschmolzene Borsäure Kohle einschliefst und vor der Verbrennung schützt Der Wasser- stofi* könnte eher zu hoch gefunden werden, da die Substanz sehr rasch Wasser anzieht; es ist hier aber andererseits zu beachten, dafs bei der Umsetzung mit dem angezogenen Wasser ein Freiwerden von Alkohol verbunden ist, welcher sich in geringer Menge verfluchtigen und hierdurch eine Compensation veranlassen könnte. Das Uebrige ergiebt sich aus folgender Zusammenstellung, bei welcher wir das Bor

über die Borsäureä'iher, 181

als Borsaureanhydrid aufföhren , weil E b e 1 m e n 's Analysen sich direct auf dieses beziehen.

a. b.

B*Et«0^ Ebelmen BEtO« B»Et0ß V4(*+8b) VsCa+^h)

Borsäure 65,4 66,8 48,6 74,0 67,7 68,9

Kohlenstoff 22,4 19,8 88,8 16,9 21,0 20,2

Wasserstoff 4,7 4,4 7,0 3,5 4,3 4,2

Säuerst. Rest 7,5 9,0 11,1 5,6 7,0 6,7

100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0.

Dafs die von Ebelmen analysirten Präparate nicht die Verbindung B*(G*H^)*0^ gewesen sein können, ergiebt sich zunächst aus dem Gehalt an Borsäure. Ebelmen fand 1^ pC. zu viel , trotzdem die Analyse einen Verlust von 4 bis 5 pC. bedingt und seine 66,8 pC. wohl in Wirklichkeit einem Präparat mit 69 bis 70 pC. Borsäure entsprechen. Wir bemerken hierzu, dafs Ebelmen 's Präparat mittelst Aether gereinigt war und die Menge beigemengter Borsäure also nur eine sehr geringe gewesen sein kann. Der Wasser- stoff ist für seine Formel zu niedrig, besonders wenn man beachtet, dafs die Natur der Verbindung ihn eher höher be- dingen sollte und dafs aufserdem der Wasserstoff gewöhnlich etwas zu hoch gefunden wird. Das von Ebelmen analysirte Präparat bestand wohl zum gröfseren Theil aus Aethyltribo- rat , welchem aber , da die Temperatur auf 200^ erhalten wurde, noch unzersetztes Honoäthylborat beigemengt war. In obiger Zusammenstellung findet sich neben der Procent- zosammensetzung der beiden letzteren Aether noch diejenige eines Gemenges von einem Aequivalent Honoäthylborat mit drei und mit vier Aequivalenten Aethyltriborat. Diese Ge- menge scheinen am Ehesten die Zusammensetzung des von Ebelmen analysirten Präparats auszudrucken. Auf die be- deutende Differenz im Sauerstoffrest kann natürlich kein Ge- wicht gelegt werden, da auf diesen Posten sich alle Fehler

182 Schiff y Untersuchungen

der Analyse häufen. Auch die von Ebelmen seinem Prä- parat zugeschriebenen Eigenschaften deuten auf ein Misch* product hin. Das Monoäthylborat ist ein dickflüssiges Oel, das Aethyltriborat ist ein Glas, welches unter dem Hammer zerspringt*); Ebelmen 's Präparat dagegen war „un verre ^dejä un peu mou k la temperature ordinaire et qu'on peut ,,etirer en fils tres-fins vers 40 degres^. Eine derartige Substanz erhielten wir in der That, als wir in zwei Versuchen die Temperatur bei der Zersetzung des Monoathylborats auf etwa 210^ erhielten. Diese Präparate gaben 21,1 und 22 pC. Bor, entsprechend 67,1 und 70 pC. Borsäureanhydrid. Man sieht hieraus, dafs unsere Analysen diejenigen von Ebel- men nahezu bestätigen, und wenn dem von ihm analysirten Körper die Formel B\fi'^H*)^0'' nicht zugeschrieben werden kann und es auch uns nicht gelungen ist, Verbindungen, welche dieser Formel entsprechen, darzustellen : so ist damit noch keineswegs erwiesen , dafs solche Verbindungen nicht existiren und dafs sie sich nicht in ganz ähnlicher Weise bilden, wie die anderen nicht gesättigten Borsäureäther. Das hier bezuglich der Aethylverbindung Dargelegte gilt auch fär die entsprechende Methylverbindung, welche wir in dem folgenden Abschnitt kennen lernen werden**).

*) Wozu wir noch bemerken, dafs wir mit dieser Substanz bei der höchsten Sommertemperatar (1865) tob 36^5 C. im Sohatten arbeiteten, während Ebelmen 's 'Angaben sich wohl auf eine Temperatur von unter 20^ C. beziehen. **) Es ist hier noch an zwei Bildungsweisen der Borsäureäther zu erinnern, bei welchen der Autor, sich auf Ebelmen's Arbeiten stützend, die Bildung Ton Aether B^Et*0^ annimmt. Basse tt bespricht, gelegentlich seiner Mittheilungen über Triäthjlformiat (Jahresber. für Chemie u. s. w. 1863, 8. 484) und über Tetrftthyl- carbonat (daselbst 1864, 8. 476), die Umsetzung beider mit Borsäureanhydrid. Bei der Destillation bis 200*' bildet das For- miat Aethylozyd und Aethylformiat, das Carbonat nur Aethyl- oarbonati während in der Betorte ein syrupöser Borsäureäther

über die Borsäureäther. 183

Meihylderivate der Borsäure.

Zur Darstellung dieser Verbindungen sollte man nur voll- kominen reinen Methylalkohol anwenden. Wir haben Holz- ge\s\ angewandt^ welcher nur durch mehrmalige fractionirte Deslillation und einmalige Behandlung mit Chlorcalcium ge- reinigt worden war, und haben spater mit Wegschaffung fremder Beimengungen und mit Analysen unreiner Producte mehr Zeit verloren, als diefs auch bei der zeitraubendsten Reinignngsmethode des Holzgeistes der Fall gewesen wäre. Die Einwirkung des Holzgeistes auf die geschmolzene Bor- säure wurde in ganz ähnlicher Weise ausgeführt, wie wir diefs oben bei Darstellung der Aethylderivate beschrieben haben. Die Temperatur des Oelbades wurde auf etwa 100^ erhalten. Der Digestor enthielt nach der Reaction eine braune trübe Flüssigkeit und am Boden eine theerartige Hasse. Man destillirte von derselben so lange ab , bis das Thermometer 100^ zeigte. Das klare Destillat bräunte sich bei Zusatz von Schwefelsäure und es* konnte hieraus kein auch nur annähernd reiner Aether abgeschieden werden. Es wurde daher der Destillationsrückstand mit dem Bodensatz im Digestor vereinigt und zur Ueberführung des Honomethylborats in Trimethylborat einige Stunden mit frischem Methylalkohol auf 100^ erhitzt und von der Flüssigkeit dann aufs Neue ab- destillirt, bis das Destillat anfing, sich dunkelgelb zu färben.

zarfickbleibt, von welchem Bassett wahrBcheinlicfa, wie früher Ebelmen, anoimmt, er werde theilweise mit den aoderen Aber- d«0tiUirMiden FlÜBtigkeiten übergerissen. Die Beactionen gehen aber wahrfloheinlioh nach folgenden einfachen Gleichungen vor sich :

2€HEt^d« + B«0« = 2BEÄ« + Et"4> + 2€HEt0^ und 6Et«0« + B«0» = 2BEtO« + CEt«0«.

Da die Erhitzung bis 200^ getrieben wurde, so ist evident, dafs der etwa im Destillat befindliche BorsftureAther von ser- setitem Monottthjlborat herrührt.

184 Schiffe Untersuchungen

Dieses Destillat wurde zasaromen mit dem euerst erhaltenen mit Vio Gewicht an geschmolzener Borsanre 6 Stunden lang auf 100^ erhitzt. Die aufs Neue rothbraun gefärbte Flüssig- keit gab nach Destillation und Behandlung einer Probe mit Schwefelsaure immer noch keinen reinen Borsaureäther. Es wurde daher die Behandlung mit geschmolzener Borsaure noch zweimal vorgenommen, um möglichst alles Trimethyl- borat in Monom ethylborat umzuwandeln, und das so erhaltene gefärbte Präparat wurde endlich durch nochmals gereinigten Methylalkohol wieder in Trimethylborat übergeführt und dieses durch Schwefelsäure und wiederholte Destillation weiter ge- reinigt. Diese Reinigung wird durch den Umstand erschwert, dafs das Trimethylborat gegen 65^ siedet (72^ Ebelmen und Bouquet) und also nahezu denselben Siedepunkt hat, wie der Methylalkohol und einige seiner gewöhnlichen Verunrei- nigungen. In der That gab der Aether mit concentrirtör Schwefelsäure eine röthliche Lösung und bei der Analyse nur 10,2 pC. Bor, während die Formel B((:H«)8e» 10,6 pC. verlangen würde. Das specifische Gewicht wurde zu 0,915 bei 20^ und 0,940 bei 0^ bestimmt ; Ebelmen und Bouquet fanden dasselbe zu 0,955 bei 0^. Die chemischen Reactionen dieses Aethers sind ganz dieselben wie beim Triäthylborat Die Flamme des brennenden Trimethylborats unterscheidet sich von derjenigen der entsprechenden Aethylverbindung dadurch, dafs bei letzterer die Flamme noch einen unge- färbten Kern zeigt, Während erstere eine intensiver gefärbte, vollkommen grüne Flamme bildet. Ebelmen hatte diefs be- reits beobachtet und daraufhin vorgeschlagen, bei der Prüfung auf geringe Mengen von Borsäure Holzgeist statt des Wein- geistes anzuwenden, einen Vol^chlag, welchen wir auch un- sererseits den Mineralanalytikern angelegentlichst empfehlen können. Ebelmen glaubt, dafs die gröfsere Intensität der Färbung dadurch zu erklären sei, dafs der Holzgeisl schon

über die Bar säur eäiher. 185

an and f ür sich eine farblosere Flamme bilde, als der Wein- geist. Ohne Zweifel ist auch dieser Factor zu beröcksich- tigen, aber die Ursache des Phänomens liegt doch wohl eher darin, dafs die Methylverbindung weit flüchtiger und weit borsinrereicher ist, als die Aethylverbindung, so dafs in der- selben Zeiteinheit von ersterer relativ und absolut mehr Bor- siure zur Verbrennung gelangt^ als von letzterer.

Die oben erwähnten, vielfach wiederholten Operationen fallen weg, wenn man zur Darstellung des Aethers voll- kommen reinen Methylalkohol anwendet, und in diesem Falle würd man auch direct aus dem Destillationsrückstand ein nahezu reines Monomethylborat gewinnen können. Es ist diefs in unserem Falle natürlich nicht gelangen; die ftück- stande zeigten (das gefundene Bor als Monomethylborat be- rechnet) bis zu Vs fremdartiger Beimengungen. Wir haben daher alle bei den verschiedenen Behandlungen gesammelten Röckstfinde durch Erhitzen mit Holzgeist in Trimethylborat verwandelt^ und aus diesem durch Addition von Borsaure, Reinigung durch wasserfreien Aether und schliersliches Er- hitzen bis auf 80^ ein reineres Monomethylborat dargestellt. Da die Beimengungen zum grofsen Theil unterhalb 8(F flüch- tig sind, so erhält man auf diese Weise auch aus nicht ganz reinem Trimethylborat ein Präparat, dessen Borgehalt der Formel B(6H')0^ sehr nahe entspricht.

Berechnet

Gefunden

B

11 18,9

17,8 18,1

eH'

16 26,0

.-.

20

32 55,1

58 100,0.

Man sieht, dafs immer noch kleine Beimengungen zu- gegen waren, und die Präparate waren in der That mehr gefärbt, als die des Monoäthylborats. Von letzterem Aether - unterscheidet sich die Methylverbindung aufserdem durch

J

186 Schiffy Untersuchungen

gröfsere Dickflussigkeit; das chemische Verhalten ist dagegen bei beiden ganz dasselbe. Einer höheren Temperatur auft* gesetzt beginnt die Zersetzung gegen 160^, es destillirt Tri- methylborat, welches einen grofsen Theil der Verunrei- nigungen des Monomethylborats enthalt, und bei etwa 250^ bleibt eine zähe Hasse , welche beim Erkalten zu einem harten gefärbten Glase erstarrt. Mittelst Aether gereinigt stellt dieselbe

Methyüriboraty B8(€H«)9*

reinem Zui

Stande dar.

Berechnet

Gefunden

8B 88

25,8

26,4

€H» 15

11,7

5^ 80

62,5

«MM

128 100,0.

Das chemische und physikalische Verhalten dieser Ver^ bindung ist wieder ganz dasjenige des Aethylderivats. Wie dieses färbt es, in die Flamme gehalten, letztere grün, bildet Trimethylborat, wenn man es mit Methylalkohol erhitzt, und zersetzt sich mit Wasser augenblicklich unter Räokbildung der Componenten.

Was die früher von E b e 1 m e n analysirte und auf einen Aether B^(GH')^0^ bezogene Substanz betrifft, so kann auf dieselbe die gleiche Argumentation angewandt werden, wie auf das Aethylderivat. Bbelmen bestimmte in zwei Präpa- raten den Borsauregehalt und fand etwa 70 pC; es entspricht diefs nahezu einem Gemenge von gleichen Aequivalenten Ho- nomethylborat und Hethyltriborat; dieses würde 71 pC. Bor- saure verlangen. Auf methylhaltige DoppeUther der Bor- säure kommen wir zuräck, nachdem wir im Folgenden zu- erst die Amylborate besprochen haben werden.

über die Borsäureäther. 187

Amylderwate der Borsäure. Zur Darstellung der Amylather diente der nach öfterer firactionirter Destillation zwischen 130 und 134^ siedende An- theil des rohen Fuselöls; der gereinigte Alkohol hatte bei 180 eine Dichte von 0,819. Auf vier Theile Amylalkohol nimmt man einen Theil Borsaureanhydrid und erhält die Temperatur des Oelbades zwölf Stunden . lang auf 160 bis 180^. Von der nur schwach gelb gefärbten Flüssigkeit destillirt man bis zu 200^ ab, benutzt das bis dahin Ueberge- gangene zu einer zweiten Operation, und setzt, nachdem die gelöste Borsäure auskrystallisirt ist, die Destillation fort, bis die Flüssigkeit eine Temperatur von TSO^ besitzt. Was bei der Rectification unter 245^ übergeht, wird zur Trennung ▼on Amylalkohol und Triamylborat mit wenig concentrirter Schwefelsäure versetzt und die obere Schicht zusammen mit dem über 245® siedenden Rest der ursprünglichen Flüssig- keit so lange fractionirt destillirt , bis man daraus eine zwi- schen 250® und 258® siedende Flüssigkeit abgesondert hat. Nur wenn man über einige hundert Gramme des Aethers gebietet, beobachtet man, dafs der Siedepunkt sich längere Zeit zwischen 253 und 255® erhält, und es geht dann bei dieser Temperatur eine gröfsere Menge über. Bei kleineren Mengen erhält sich der Siedepunkt nicht constant, weil sich der Aether während des Siedens etwas zersetzt. In der That bleibt bei jedesmaliger Destillation ein sich bräunender Rfickstand. Man kann das Triamylborat auch durch Zer- Setzung des Triäthylborats mittelst Amylalkohol bei 160 bis 180^ erhalten, aber die Reinigung ist in diesem Falle viel schwieriger, da die Flüssigkeit noch andere Aether enthält, deren Trennung nur mittelst sehr häufiger fractionirter Destil- lation einigermafsen gelingt. Wir setzen den Siedepunkt des Triamylborats zu 254® bei 760°"°" (uncorrigirt) ; Bb e 1 m e n und Bouquet setzen denselben allerdings viel höher, näm-

188 Schiff, Untersuchungen

lieh za 270 bis 275^, aber sie geben selbst an, dafs sie nur eine geringe Menge des Aethers besafsen, welcher ohne Zweifel fremdartige Beimengungen enthielt.

Die . nachfolgenden Analysen beziehen sich auf das Destillat 253 bis 255^ (a.), auf das zwischen 255 und 262^ Uebergegangene (b,\ und auf ein aus Triöthylborat und Amyl* alkohol dargestelltes Präparat (c).

Berechnet a.

B 11 4,1 4,10

SG'^H" 218 78,8 78,10

30 48 17.6

272 100,0.

6.

c.

4,26

4,15

77,80

78,50*)

*) Bei den Amylderiyaten der Borsäare wurde der bei der Zer- setzung sich ahscheidende Amylalkohol direct bestimmt. In einer getheilten Röhre, an welcher noch 0,02 CC. genau abgelesen werden konnten, wurden etwa 5 Grm. Aether genau abgewogen und dann das doppelte bis dreifache Volum einer Kalilauge au- gefügt, welche 8 pC. käuflichen Hydrats enthielt. Die Ablesung des ausgeschiedenen Amylalkohols wurde bei etwa 20^ vorge- nommen , für welche Temperatur die Dichte des angewandten Alkohols bestimmt wordep war. Von dem direct abgelesenen Yolufli müssen, nach besonders in dieser Hinsicht vorgenom* menen Bestimmungen, 3 pC. in Abzug gebracht werden. Der gemessene und auf Gewicht reducirte Amylalkohol wurde dann auf Amyl (€^H^^) umgerechnet Wir bemerken bei dieser Ge- legenheit, dafs die 8 pC. durchaus nicht die Löslichkeit des Wassers in Amylalkohol ausdrücken , da andererseits auch die verdünnte Kalilauge eine sehr geringe Menge Amylalkohol auf- löst. Schüttelt man eine gemessene Menge Amylalkohola mit destillirtem Wasser, so wird das Volum des ersteren um etwa 6 pC. vermehrt. Andererseits löst aber auch reines Wasser mehr Alkohol, als kalihaltiges ; auf Zusats von geringen Mengen von Kali scheidet sich in der That etwas Alkohol aus. Bei mehr als 10 pG. Kaligehalt nimmt das Lösungsvermögen des Amyl- alkohols für die Kalilauge rasch und bedeutend eu, und die Tren- nung der zwei Schichten erfolgt mit zunehmendem Kaligehalt immer schwieriger. Der oben erwähnte Kaligehalt von 8 bis 10 pC. erlaubt eine ziemlich rasche Schichtentrennung und be- wirkt nahezu das Minimum der Volumzunahme des Amylalkohols.

über die Barsäureäther, 189

Die specifischen Gewichte wurden bestimmt

für Präparat a. 0,840 bei 28<>; 0,872 bei 0^

für Pr&parat fr. 0,855 bei 28^

für Präparat c. 0,852 bei 24°; 0,872 bei 0^

Die Ausdehnung des Triamylborats zwischen 0^ und 30^ ist also nahezu die gleiche, wie bei den Amylathern der Ben- zoesäure und Valeriansäure nnd bei dem Amylalkohol selbst. Die chemischen Reactionen des Triamylborats sind ganz die- jenigen der cfrei-alkoholischen Borate des Aethyls und Me- thyls. Bezüglich der Brennbarkeit unterscheidet es sich aber Ton letzteren beiden Aethern dadurch, dafs es nur vermittelst eines Dochtes brennt und eine leuchtende Flamme giebt, welche nur im unteren Theil in der Nahe des Dochtes grün gefärbt ist

Nachdem mit dem Product der Einwirkung des Amyl- alkohols auf das Borsfiureanhydrid nach den vorstehenden Angaben verfahren worden, kann man den Rückstand zur Entfernung der letzten Antheile von Triamylborat noch bis anf 290^ erhitzen. Er färbt sich dabei dunkelgelb und nach dem Erkalten erhält man ein dickes Oel, etwa von der Con- sistenz der concentrirten Schwefelsäure. Diefs ist nahezu reines

MonoamylboraU B(r.ftH»Oö^

Berechnet

Gefunden

B

11 9,6

9,5

€*H"

71 62,8

63,3

20

82 28,1

114 100,0.

Specifisches Gewicht : 0,949 bei 20^ und 0,971 bei 0^ Obwohl dieser Aether viel flüssiger ist, als die betrefi^ende Aethyl- und Methylverbindung, so ist er doch unter gewöhn- lichem Luttdruck nicht unzersetzt flüchtig; wahrscheinlich destillirt er aber im stark luflverdunnten Raum. Er destillirt

190 Schiff, Untersuchungen

ferner mit den Dfimpfen des Triamylborats, und die zwischen 260 und 280^ uberg^ehenden Portionen enthalten eine nicht unbedeutende Heng^e von Monoamylborat , so dafs sich das specifische Gewicht dieses Antheils bei 25^ bis auf 0,86 er- hebt. — Das Monoamylborat ist, selbst bei Anwendung eines Dochtes, nur wenig verbrennlich; die Flamme zeigt nur an der Basis eine schwache grüne Zone.

Der Aether kann auch direct durch Erwärmen von Tri* amylborat mit Borsdureanhydrid erhalten werden, sowie an«- dererseits die Einwirkung des Amylalkohols unter Erwärmung und nach der Gleichung :

3B(€»H")0» + 8G*H«0 = 2B(€*H")»0* + BH'O»

die Ruckbildung von Triamylborat veranlafst. Im Allgemeinen sind die Reactionen dieser Verbindung denjenigen der an- deren monoalkoholischen Borate ganz analog. Monoamylborat kann bis 300<) erhitzt werden, ohne sich wesentlich zu ver- ändern. Oberhalb dieser Temperatur erfolgt Zersetzung, welche bei dem Siedepunkt des Quecksilbers noch nicht be- endet ist. Es destillirt Triamylborat mit ziemlichen Mengen von Monoamylborat, und es bleibt zuletzt eine glasige Masse, welche Borsaure, Kohle und andere Verunreinigungen ent^ hält. Ohne Zweifel ist in dieser Masse Amyltriboral B^(€'^H'^)0'^ enthalten; wir haben uns indessen mit seiner Reindarstellung nicht weiter beschäftigt.

Die Analyse, welche Ebelmen von seiner Amylver- bindung mittheilt, stimmt zwar besser mit seiner Formel B^Am^O^ überein, als diefs bei den entsprechenden Aethyl- und Methylderivaten der Fall ist; hingegen weichen seine übrigen Angaben derart von unseren Beobachtungen ab, dafs wir darauf verzichten müssen, beide durch eine genugende Erklärung in Uebereinstimmung zu bringen. Er erhitzt zwei Theile Amylalkohol mit einem Theil Anhydrid, destillirt dann bis 1800, extrahirt mit Aether und destillirt den Ruckstand

über die Bor säur eäther. 191

des Aetherauszugs bis 250 bis 270o. Hierbei wird allerdings der gröfste Theii des Triamylborats entfernt, aber der Rück- stand hat nach unseren Beobachtungen nie die glasige Be- schaffenheit, von welcher Ebelmen spricht. Wir erhielten in diesem Falle immer ein flüssiges Gemenge von Mono- und Triamylborat , welches bei 300<> eine Veränderung erleidet, während nach Ebelmen der durch Erhitzen bis 270<> er- haltene Rückstand sich bei 300<> nicht weiter verandern soll. Es liegt hier also ein offenbarer Widerspruch vor.

Doppeläther der Borsäure.

Wenige Linien weiter oben haben wir nochmals die Gleichung gegeben, nach welcher die monoalkoholischen Bo- rale unter dem Einflars der entsprechenden Alkohole sich in drei-alkoholische Borate umwandeln. Unterwirft man das monoalkoholische Borat der Einwirkung eines Alkohols, ver- schieden von demjenigen, welcher zur Darstellung des Borats gedient hatte, so müssen mittelst einer analogen Umsetzung entweder zwei drei-alkoholische Aether, jeder mit drei gleichen Alkoholradicalen, entstehen*) :

SBEtO* + SAmHO = BEtaO» + BAm'O« + BH»0«,

oder es müssen sich Doppelather bilden :

8BEtO> + SAmHO = ÄEtAm'O» + BAmEt«0» + BH»0>.

Es zeigte sich , dafs die Reaclion vorzugsweise nach letzterer Gleichung erfolgt, dafs aber ersiere dabei nicht aosgeschlossen ist.

200 Gramme Monoäthylborat wurden in einem Kolben mit, 300 Grammi^n Amylalkohol übergössen. Es 4ritt sogleich starke Erwärmung ein und die Reaction beginnt unter Ab- scbeidung von Borsäure. Zur Vervollständigung iiefs man

•) Der Kurse halber seUen wir Me = ©H», Et = €«H* und

Am e-r em^K

192 Schiff y Untersuchungen

das Gemeng[e zehn Stunden lang an einem Röckflufsapparat sieden, gofs nach 12 stündiger Ruhe von der auskrystallisirten Borsäure ab und unterwarf die gelbe Flüssigkeit der fractio- nirten Destillation. Bei der ersten Destillation ging nur wenig unterhalb 200^ über, mehr als ein Drittel der Flüssigkeit zwischen 200» und 240% der Rest bis 280o. Neben etwas Borsaure fand sich dann noch etwas Monoamylborat in der Retorte; das Honoathylborat war vollständig zersetzt. Ob* wohl wir über nahezu ein Pfund Flüssigkeit geboten, so führte doch nur eine sehr hauGg wiederholte fractionirte Destillation zu Producten von constantem Siedepunkt; der gröfste Theil verlor sich dabei in Mischproducten. Aus den ersten Portionen erhielt man Aethylalkohol und Triäthylborat, die letzten Portionen gaben reichliche Mengen von Triamylborat. Die im Rückstand befindliche kleine Menge von Mono* amylborat könnte, zusammen mit der geringen Menge von Aethylalkohol, einer Reaction

BEtO* -f AmH^ =: BAmO> -f BtHO

zugeschrieben werden, wenn man nicht vorzieht, die Bildung beider aus secundären Umsetzungen herzuleiten*).

*) Veranlassung, dieses letztere vorzuzieben, wäre etwa die Ansicht, dafs die Prodacte der Umsetziing sogleich wieder unter gegen- seitiger Zersetzung auf einander jreagiren niüfst^n; aber voll- ständig findet letztere Reaction nur dann statt, wenn keine an- deren Körper zugegen sind. In der That findet sich in dem Produot der Einwirkung der Alkohole auf die Borsäure noch freier Alkohol neben monoalkobolischen Boraten, und wir haben uns durch den Versuch überzeugt, dafs diese Borate so weit mit drei-alkoholiscfaen Boraten vermischt werden können, dafe die Alkohole^ nicht mehr weiter einwirken. Andererseits gelingt es nur sehr allmälig, mit drei-alkoholischem Borat gemengte Alko- hole mit Borsäure zu verbinden, selbst dann, wenn letztere im Ueberschufs vorhanden ist; einen Beweis hiervon hatten wir bereits bei der Darstellung des Trimethylborats. Unter allen diesen Verhältnissen stellt sich also gewissermafsen ein Gleichgewicht her, und es kann dieses in der That gestört werden, wenn mau Alkohol oder monoalkobolischen Aether im Ueberschufs zufügt.

über die Borsäureäther. 193

Aas der angegebenen Menge Flüssigkeit konnten nur etwa 50 Gramm mit dem constanten Siedepunkt 210 bis 21 5^ abgesondert werden. Es ist diefs das

Aethyldiamylborat, B(G2H»)(G^H")^0*.

Berechnet Gefanden

B 11 4,8 4,9

G«H* 29 12,6 --

2€«H" 142 61,7 61,8

SO 48 20,9

230 100,0.

Specifisches Gewicht 0,852 bei 28«; 0,876 bei 0».

Dieser Aether ist wie das Triamylborat nur mittelst Docht entzündlich; die grüne Färbung der Flamme tritt etwas mehr herror, als bei letzterem Aether.

Der andere Doppelalher liefs sich noch weniger leicht abscheiden, als der vorhergehende, so dafs wir uns zuletzt bei etwa 30 Gramm mit einem zwischen 170 und 180^ con- stanten Siedepunkt begnügen mufsten. Diese Flüssigkeit ent- hält, neben einer geringen Verunreinigung mit dem eben be- schriebenen Aether, das

Amyldiäthylborat, B(€5H")(6W)*98,

dessen Siedepunkt bei etwa 173 bis 175^ zu liegen scheint.

Berechnet

Gefanden

B

11

5,9

6,05

2^H»

58

80,8

€»H"

71

1

87,8

40,5

SO

48

25,5

188 100,0.

Specifisches Gewicht 0,858 bei 26^.

Der Aether ist ohne Docht entzündlich, aber nicht so leicht wie das Triathylborat , und brennt mit grungesäumter Flamme. In den übrigen Reactionen verhallen sich diese beiden Doppelather wie die übrigen drei-alkoholischen Borate,

Aiiaal. d. Chem. a. Pharm. Y. Suppleiuentbd. 2. Heft. ^3

194 Schiffe Untersuchungen

Erhitzt man sie mit überschussigem Amylalkohol auf 160 bis 180^, so werden sie unter Ausscheidung von A^thylalkohol gröfstentheils in Triamyiborat verwandelt. Diese Reaction erklart auch die vorhältnifsmäfsig gröfsere Menge von Tri- amyiborat im Product der Einwirkung des Amylalkohols auf das Monoäthylborat. Will man sämmtliche bei dieser Um- setzung auftretenden Producte unter einer einzigen Gleichung zusammenfassen, so kann diefs mittelst der folgenden ge- schehen :

7BEtO« + 7AmHO = EtHO + BEt»^^ + BAmEfO» + BAm'EtO« ^ + BAm'O» rf- BAraa« + 2BH«03.

Bei der Einwirkung des Amylalkohols auf Amyldiäthyl- borat entsteht neben Triamyiborat ohne Zweifel auch Aethyl-. diamylborat. Da wir nicht genügend Material besafsen, um diefs direct nachweisen zu können, so haben wir vorgezogen, Amylalkohol bei höherer Temperatur auf Triäthylborat wirken zu lassen. Es dienten zu diesem Versuche 250 CG. Triäthyl- borat iy;^d eben so viel Amylalkohol. Die Temperatur wurde 80 bis 90 Stunden auf 160 bis ISO^ erhalten und hatte sich zweimal auf nur kurze Zeit bis 230^ erhoben. Es war k^ne Borsaure auskrystallisirt und auch in dem Rückstande der Destillation war dieselbe nicht vorhanden. Die Flüssigkeit Gng bei etwa 80^ zu sieden an^ aber bei der ersten Destil- lation ging bis gegen 180^ nur ein Gemenge von Alkohol, Triäthylborat und Amylalkohol über; letzterer war nur in geringer Menge vorhanden. Aus dem bis 250<) übergehen- den Antheil konnten durch weitere, sehr oft wiederholte fractionirte Destillationen die beiden Doppelather erhalten werden. Das Amyldiathylborat wieder nur in geringer Menge und nicht ganz rein. Das über 250^ übergehende enthielt noch Aethyldiamylborat und namentlich Triamyiborat. Es blieb bei 290<) nur ein geringer Rückstand, welcher ein

über die Boraäureäther, 195

Gemenge von Monoathyl- und Honoamylborat zu sein schien. Wir geben für diese Umsetzung die schematische Gleichung :

3BEt»0» 4- 6 AmH^ == BAmEt'O« + BAm*EtO* + BAm'O' + 6EtHO.

Wir suchen mit dieser Gleichung hier, sowie auch in anderen bereits erwähnten und noch zu erwähnenden Fällen, nur einen idealen Ausdruck zu geben. In der Wirklichkeit hängen die Mengenverhältnisse der sich bildenden Producte von der Temperatur und namentlich von der relativen Menge von Amylalkohol ab. Es geht diefs aus einem Versuch hervor, vrelchen wir probeweise nur im Kleinen anstellten und bei welchem wir 100 CC. Amylalkohol auf nur 30 CC. Triäthyl- borat zwei Tage lang bei etwa 220^ einwirken liefsen und wobei als Hauptproduct Triamylborat erhalten wurde. Von einer Trennung der übrigen Producte konnte nicht die Rede sem.

Auch Triäthyiborat und Triamylborat tauschen bei höherer Temperatur ihre Alkoholradikale theilweise aus, und es stellt sich wahrscheinlich auch in diesem Falle allmälig ein Gleich- gewichtszustand zwischen den einzelnen Bestandtheilen des Gemenges her, so dafs die Gleichung :

BEt'O» + BAm«0» = BEtAm«^» + BEt«AmO«

wiederum nur ein idealer Ausdruck ist. Es. wurden bei dem Versuche 200 Grm. von jedem Aether 100 Stunden lang auf etwa 200^ erhitzt. Bei der mehrmals wiederholten fractio- flirten Destillation haben wir nur Triamylborat und Aethyl- diamylborat ziemlich rein erhalten. Wir setzten die Destil- lation nicht weiter fort, weil es uns nur darum zu thun war, eine ungefähre Einsicht in den Umsetzungsprocefs zu er- langen. Wir erhielten die folgenden Destillationsantheile :

Bis 155^. Triäthyiborat neben etwas Aetbyl- und Amylalkohol. 160 bis 1900. Unreines Amyldiäthylborat ; D = 0,857 bei 29^ 215 bis 230^. Ziemlich reines Aethyldiamjlborat ; D = 0,855 bei 29^. 240 bis 260^ Unreines Triamylborat.

Ueber 850^ Fast reines Triamylborat; D = 0,853 bei %%^. Ueber 280^ 8yrupöser Rückstand.

13*

196 «Sc h iffi Untersuchungen

Wir bemerken ausdrücklich, dafs die Angaben über die annähernde Reinheit sich weniger auf die angegebenen spe- cifischen Gewichte, als vielmehr auf die jedesmal vorgenom- mene quantitative Bestimmung des bei der Zersetzung auf- tretenden Amylalkohols stützt.

Endlich haben wir noch nachgewiesen , dafs auch die monoalkoholischen Triborate Doppelöther bilden können, wenn man sie mit anderen Alkoholen erhitzt. Bei Anwendung von 50 Gramm. Aethyltriborat und eben so viel Amylalkohol, welche zwei Tage auf etwa* 200^ erhitzt wurden , erhielten wir, neben einem reichlichen Gemenge verschiedener Bor- säurehydrate, Triäthylborat, Aethyldiamylborat und namentlich Triamylborat annähernd rein; die Hauptreaction scheint also zu sein :

4B«Et95 + SAraHa = BEt^a» -f- BEtAm^O» + aBAm»a« + 8BHO«.

Es tritt aber auch Alkohol auf, der Rückstand enthält Honoamylborat und wahrscheinlich bildet sich auch Amyldi- äthylborat, so dafs die Gleichung :

TB^EtO* + UAmHO = EtHO + BEt«G» + BEt'AmO« + BEtAm«0'

+ SBAmSa« + 2BAmO« + 13BH0*

wenigstens qualitativ der Wirklichkeit sich mehr annähert.

Bei den vielen fractionirten Destillationen , welche mit den eben dargelegten Untersuchungen verbunden waren^ er- hielten wir grofse Mengen von Mischproducten, welche zu zerlegen es uns zuletzt an Geduld mangelte. Dieselben wurden deshalb vereinigt und in mehreren Operationen unter Zusatz von überschüssigem Amylalkohol auf 180^ bis 200^ erhitzt. Wir erhielten in dieser Weise noch eine ziemliche Menge Triamylborat und noch etwas Aethyldiamylborat, Diese machten indessen nur etwa ein Zehntel des Gemisches aus; der Rest wurde zuletzt zur Wiedergewinnung der Borsäure und des Amylalkohols mittelst heifsen Wassers zersetzt

über die Bor säur eäther. 197

Die Torstehenden Versuche hätten genügt, um die Existenz TOn Doppelathern der Borsaure darzuthun, und um die, auch auf andere Aether und Alkohole anwendbaren Darstellungs- metfaoden kennen zu lehren ; da wir indessen bei der oben beschriebenen Darstellung der Methylborate eine ziemliche Menge sehr unreinen Monomethylborats sammelten, so haben wir einen Theil davon bei 100^ durch absoluten Alkohol zer- setzt und schieden aus dem Product der Einwirkung das

Meihyldiäthylborat, ^[m%Qm^yQ^ Bor berechnet 8,34. Gefunden 8,87 pC.

Man sammelt zu diesem Zwecke zunächst die zwischen %0 und 110^ übergehenden Theile und fractionirt diese mehr- mals, wo man dann eine zwischen 100 und 105^ siedende, ziemliche fluchtige Substanz erhalt. Das specifische Gewicht ist bei 200 = o,883, bei 0<> = 0,904. Der Aether ist sehr leicht entzündlich und brennt mit intensiv grüner Flamme. Ohne Zweifel hatte sich auch Aethyldimethylborat gebildet, aber in zu geringer Menge, als dafs man es im Zustande der Reinheit hätte abscheiden können.

Ceiyläther der Borsäure.

Wir hielten es der Mühe werth , zu untersuchen , wie der in der Reihe der Alkohole €"H^+*0 so viel höher ste- hende Cetylalkohol sich gegen Borsäure verhalte, und fan- den in der Art der Einwirkung eine bedeutende Differenz insofern , als aus den in der Reihe niedriger stehenden Al- koholen Wasser nur in der Form von Borsäurehydrat eliminirt wird , während sich aus dem Cetylalkohol direct flüssiges Wasser abscheidet. Es hängt dieses ohne Zweifel von der Temperatur ab , bei welcher die Einwirkung erfolgt. Die Borsäure wirkt nämlich auf die bis jetzt behandelten Alkohole bei einer 100<> entweder nicht erreichenden, oder nicht weit

198 Schifft Untersuchungen

überschreitenden Temperatur ein, wahrend der Cetylalkohol bei 100^ durchaas nicht angegriffen wird. Die Reaction er« folgt sehr allmalig erst bei der Temperatur, bei welcher ein kleiner Theil des Cetylalkohols unverändert destillirt Man wendet die geschmolzene Borsäure in erbsengroßen Stück- chen an und erhitzt einen Ueberschufs davon mit dem Cetyl- alkohol in einer kurzhalsigen Kochflasche unter häufigem Um- schuttein so lange, als man noch Wasserausscheidung beob* achtet. Der Alkohol ist dann vollkommen in Cetylborat um- gewandelt. Man giefst von der überschüssigen Borsaure ab, löst nach dem Erkalten in wasserfreiem Aether, giefst die Lösung von der kleinen Menge ausgeschiedener Borsäure ab und destillirt den Aether im Wasserbade ab. Es scheidet sich hierbei gewöhnlich eine weitere kleine Menge Borsäure aus; man giefst die geschmolzene Masse ab und läfst lang- sam erkalten. Auf diese Weise erhält man das

Monocetylöorat, B(G"H83)0«,

in Form einer weifsen oder schwach gelblichen, dem Cetyl- alkohol ähnlichen, aber weniger krystallinischen Masse. Zur Ermittelung der Zusammensetzung wurden 15 Gramm durch verdünnte Kalilauge bei 50 bis 60^ zersetzt, die oben sich abscheidende Schicht von Cetylalkohol nach dem Er- starren abgewaschen, getrocknet und gewogen, und in der alkalischen Flüssigkeit das Bor wie üblich als Fluorborkalium bestimmt.

Berechnet

Gefunden

B

11

4,1

4,1

€"H"

225

84,0

83,4

20

82

11,9

■^^

268

100,0.

Das Cetylborat scheidet sich bei allmäligem Verdunsten seiner ätherischen Lösung in gehäuften baumförmigen Vege-

über die Borsäureäther. 199

tationen aus; die geschmolzene Substanz kann in trockener Luft unverändert aufbewahrt werden, in feuchter Luft über- zieht sie sich allmälig mit einer weifsen Schicht, die dann den Rest Yor Zersetzung schätzt; auch kaltes Wasser wirkt nur sehr langsam zersetzend ; warmes Wasser bewirkt schnelle Scheidung in Borsaure und CetylalkohoL Der Aether schmilzt constant bei 58^; der Schmelzpunkt des Cetylalkohols wird also durch den Eintritt der Borsäure nur um etwa 10^ er<- höht. Obwohl die Verbindung ganz das Ausseben eines Fettes hat, so unterscheidet sie sich in den Eigenschaften von den eigentlichen Fetten; sie ist zum Beispiel auch mit- telst eines Dochtes nur wenig entzündlich, wohl wegen der sich in den Docht absetzenden Borsäure; auch ist der Aether nur sehr wenig in Benzin löslich.

Das Resultat der Umsetzung zwischen Borsäure und Cetylalkohol ist ausgedrückt in der Gleichung :

aber es scheint diefs nicht der Ausdruck für den Bildungs- procefs zu sein. Es scheiden sich nämlich im Anfang der Reaction Flocken von hydratisirter Borsäure aus, welche zum Theil später und bei etwas erhöhter Temperatur wieder ver- schwunden, zum Theil beim Ausziehen mit Aether zurück- bleiben. Hier ist es wahrscheinlicher, dafs die Bildung des Cetylborals in zwei Phasen erfolgt, und zwar

I. B«0« + €"H3*^ = B(G"H«3)0» + BHO« IL BHO» + €^«H»*0 = B(€^«H3S)0« + H«0.

Andere Cetylderivate der Borsäure konnten nicht erhal- ten werden. Wallrath wird bei höherer Temperatur durch Borsäureanhydrid nicht zersetzt.

Olycerinderivat der Borsäure,

Die Bildung eines fettähnlichen Borsäureäthers mittelst des Cetylalkohols mufste dazu fuhren, das Verhalten der Bor-

200 Schiff f Untersuchungen

säure gegen die eigentliche Fettbasis, das Glycerin, zu unter- suchen. Auch in diesem Falle beobachtet man eine directe Elimination flössigen Wassers, mit dem Unterschiede, dafs hier Nichts darauf hindeutet, eine primäre Bildung eines Borsäure- hydrats anzunehmen. Bringt man wasserfreies, auf etwa 200^ erhitztes Glycerin mit grob gepulvertem Borsaureanhydrid zusammen, so entweichen sogleich Ströme von Wasserdampf, die Borsäure löst sich allmälig auf, ohne dafs, wie bei dem Cetylalkohol, Trübung oder Ausscheidung von Flocken er- folgte. Setzt man die Erhitzung bei steigender Temperatur fort, bis keine weitere Wasserausscheidung mehr stattfindet, so haben dann zwei Molecule Glycerin nur sehr wenig mehr als ein Molecul Anhydrid aufgenommen und damit

In nr

Glycerylborat, B(€»H*)e», gebildet, wie diefs aus der gefundenen Bormenge hervorgeht

Berechnet

Gefnnden

B

11 11,0

10,9-11,2

€»H«

41 41,0

30

48 48,0

100 100,0.

Diese Verbindung ist das Resultat der Umsetzung :

in ift m m

2(e»H«)H«0» + B«0« = 2B{G»H»)0» + 3H*0.

Die von der überschussigen, nicht angegrifi'enen Bor- säure abgegossene Hasse erstarrt beim Erkalten zu einer gelben oder bräunlichen, hornartigen, durchscheinenden Sub- stanz, welche sehr hygroscopisch ist und sich in Aether, Benzin und Chloroform nicht auflöst; sie löst sich dagegen unverändert in wasserfreiem Weingeist und i^t hierdurch als gesättigter Borsäureäther characterisirt, da, wie wir wissen, die nicht gesättigten Aether der Borsäure sich mit den Al- koholen umsetzen. Dunstet man den Alkohol bei SO bis 60^ ab, so bleibt die unveränderte Substanz; es konnte die Lös-

über die Boraäureäther. 201

lichkeit in Alkohol nicht daza benutzt werden, um die kleine Menge uberschössig aufgelöster Borsäure wegzuschaffen; er- hitzte man mit absolutem Alkohol in geschlossener Röhre auf 100 bis 120<), so zersetzte sich eine kleine Menge des Gly- cerylborats nach der Gleichung :

Die Gegenwart der geringen Menge frei gewordenen Glycerins scheint indessen der weiteren zersetzenden Ein- wirkung des Alkohols das Gleichgewicht zu halten. Das Glycerylborat kann *9ich in einer geringen Menge kalten Wassers zu einem sehr dickflüssigen, säuerlich schmeckenden Syrup auflösen, ohne dafs Ausscheidung von Borsaure erfolgt ; erwärmt man diesen Syrup, so erstarrt er durch abgeschie- denes Borsaurehydrat und der sufse Geschmack des Glyce- rins tritt nunmehr deutlich hervor. Die Verbindung zeigt keinen festen Schmelzpunkt; als ein wirkliches Glas erweicht sie allmalig und ist selbst bei 170<> noch sehr dickflüssig. In eine Flamme gebracht verbrennt sie mit grünem Lichte, unter Zurücklassung von viel Kohle enthaltender Borsäure. Trockenes Ammoniakgas wirkt auf die alkoholische Lösung selbst beim Erwärmen nicht ein, wenn die Substanzen vollkommen wasser- frei sind ; ist diefs nicht der Fall, so bildet sich eine gallertige Masse, welche Ammoniumborat enthält. Concentrirte Schwe- felsäure zersetzt das Glycerylborat bereits bei 100^ unter Schwärzung. Der Aether konnte durch Einwirkung von Borsäureanhydrid auf Stearin nicht erhalten werden ; es findet keine Reaction statt.

Nach Schützenberger (Compt. rend. LIII, p. 538) ¥erbinden sich die Anhydride von Borsäure und Essigsäure im vVerhältnifs B'0':r>H^O' zu einer glasartigen Masse, welche sich mit Wasser in die Hydrate beider Säuren zer- setzt und wohl als Acetylborat, B(€'H^0)9^ zu betrachten ist Verhielte sich, wie diefs wahrscheinliclb ist, das Anhydrid

202 Schiff, Untersuchungen

der Propionsäure wie das der Essigsäure ^ so würde man hierbei eine dem Glycerylborat metamere Verbindung er- halten*) :

Typus H*0». - Propionylborat B(G8H«a)0«. Typus H«03. - Glycerylborat B(G%s)OS.

Wir können die Notiz beifügen, dafs Eisessig selbst bei 150^ nicht durch Borsäureanhydrid zersetzt wird.

Phenyläiher der Borsäure,

Bei den vorhergehenden zwei Alkoholen wurde die Bil- dung von nur je einer Borsäureverbindung beobachtet; von dem Phenol, welches ebenfalls unter der Einwirkung der Borsäure direct Wasser abgiebt, lernen wir wiederum meh- rere Borsäureäther kennen. Erhitzt man geschmolzene Bor- säure in kleinen Stucken mit wasserfreiem Phenol bis zum Siedepunkte des letzteren, so lost sich ersteres allmälig auf, es entweicht Wasserdampf, die Flüssigkeit wird immer zäher und der Siedepunkt steigt beständig. Wendet man auf zwei Theile Borsäure drei Theile Phenol an und läfst nach halb- stündigem Sieden erkalten, so erhält man eine zähe Flüssig- keit, Borsäurehydrate und noch unverändertes Phenol ent- haltend. Aus dieser Hasse kann man durch Ausziehen mit Aether und Abdestilliren dieses letzteren sowohl, als auch des noch unangegriffenen Phenols unreines

*) Arsenige Säure verhält sich in dieser Beziehung der Borsäure ganz analog. Wir haben vor mehreren Jahren (Annalen d. Chem. u. Pharm. CXVIII, S. 86) mitgetheilt, dafis arsenige Säure das wasserfreie Qlycerin unter Wasserabscheidung zersetzt und ein Glycerylarsenit A8(€^H'')0' bildet Nach Sohützenherger verbindet sich arsenige Säure mit Essigsäureanhydrid zuAcetyl- arsenit As(G'H^O)0'. Mit Propionsäureanhydrid wäre also die Bildung eines mit dem Glycerylarsenit metameren Propionylar- senits As(G'H*OJO' zu erwarten.

über die Borsäureäther. . 203

Monophmylborat, B(G«HS)9«,

als dicke Flüssigkeit abscheiden; dasselbe entsteht nach der Gleichung :

I. B«08 + €«H«0 = B(€«H»)0« + BHO«.

Erhält man indessen das Phenol mit der Borsäure mehrere Stunden im Sieden (bei aufgesetztem Kühlrohr), so wird eine weitere Menge Anhydrid gelöst; auch das Borsäurehydrat wird unter Wasserausscheidung von dem Phenol aufgenommen, und es entsteht zuletzt eine auch bei hoher Temperatur ziem- lich dickflüssige Masse. Man giefst dieselbe in eine andere Kochflasche ab^ erhitzt zur Entfernung des noch vorhandenen Phenols, bis die Flüssigkeit anfängt sich aufzublähen, und läfst dann langsam erkalten. Man erhält auf diese Weise

Phenyltnborat, B3(G«H^)G*,

verunreinigt durch noch etwa 6 pC. Borsäure. Das Phenyl- triborat entsteht aus dem Anfangs gebildeten Honophenylborat in einer zweiten Phase der Einwirkung :

n. 2B(€«H«)0« + 2BHO« + B«0« = 2B'(G»H*)0* + H«d

und ersehen wir hieraus einen Unterschied zwischen dem Mono- phenylborat und den früher beschriebenen entsprechenden Boraten der Alkohole 6°H*°+*0 ; die Borate dieser letzteren können nämlich nicht direct mit Borsäure zu den betrefl'enden Triboraten verbunden werden.

Das mittelst wasserfreien Aethers von der beigemengten Borsäure befreite Phenyltriborat stellt eine fast geruchlose, orangefarbene, glasige Hasse dar, welche ganz das Aussehen des Bernsteins besitzt.

Berechnet

Gefunden.

dB

88 17,4

17,1 17,7

€«H»

77 40,5

50

80 42,1

190 100,0.

204 Schiff, Untersuchungen

Die Verbindung bedeckt sieb an der Luft sehr bald mit einer weifsen Haut, welche die darunter liegenden Theile vor Zersetzung schützt. Diese erfolgt selbst unter kaltem Wasser nur langsam, rasch aber in heifsem Wasser oder verdännten Alkalien. Aufiallender Weise wird die Verbindung durch concentrirte weingeistige Kalilösung fast nicht ange- griffen. Fast unlöslich in Chloroform, Benzin und Schwefel- kohlenstoff. Bei höherer Temperatur erfolgt gegen 80^ ein Anfang von Erweichung und dann allmäliger Uebergang in den flussigen Zustand.

Die Lösung in absolutem Alkohol giebt mit Eisenchlorid nicht die violette Reaction der Phenylverbindungen ; die Farbe erscheint erst nach Zusatz von viel Wasser*). Das Triborat löst sich in warmer concentrirter Schwefelsaure mit schmutzig- rother Farbe zu einer syrupösen Flüssigkeit auf; Zusatz von Wasser bewirkt Ausscheidung von Borsäurehydrat, und die nach dem Erkalten abfiltrirte Lösung mit Kalk gesättigt liefert Calciumphenylsulfat. Diese Umsetzung erfolgt nach der Gleichung :

Hit Salpetersäure erfolgt beim Erwärmen Bildung von Pikrinsäure und von Borsäure nach der Gleichung :

B8(G«H»)06 + 3NH08 + 2H«0 = ©«»»(NO^O + 8BH»0».

.

Monophenylborat, B{G^^)QK

Wir haben bereits weiter oben angegeben^ dafs dieser Aether in erster Reaction bei der Einwirkung des Phenols auf das Borsäureanhydrid entsteht; da jedoch ein Theil des gebildeten Honoborats sich durch Aufnahme von Borsäure

*) Uebrigens giebt aach das Phenol in weingeiitiger Lösung keine violette Färbung mit Eisenchlorid.

über die Borsäureäther, 205

in Triborat umwandelt und auch dieses letztere sich in Aether löst, so gelingl es nicht, auf diesem directen Weg ein reines Präparat zu erzielen. Zur Uinwandlung des Triborats in Monoborat versuchte man zunächst die Einwirkung einer con- centrirten weingeistigen Lösung von Natriumalkoholat; es wirkte dieses jedoch bei 100^ kaum ein. Bei 160 bis 180^ erfolgt nur sehr schwierig eine theilweise Zersetzung , es entsteht Triäthylborat und eine kleine Menge einer aromatisch riechenden Flüssigkeit, wahrscheinlich Aethylphenat , aber nach dem Ausziehen mit Aether und Verdampfen der äthe- rischen Lösung war der gröfste Theil des Triborats noch anverändert. Ein günstigeres Resultat lieferte die Einwirkung des Alkohols allein , welche ebenfalls erst bei etwa 150^ Blatt hat. Die gelbe Flüssigkeit setzt beim Erkalten Borsäure ab. Bei der Destillation geht Triäthylborat über; zur völligen Entfernung desselben läfst man die Temperatur der Masse bis auf 180^ steigen und extrahirt dann mit Aether. Dieser hinterläfst eine bei 20^ terpentinartige Substanz von schwachem Phenolgeruch, welche wahrscheinlich noch eine sehr kleine Menge eines phenylreicheren Borats enthält.

Berechnet

a.

b.

B

11 9,2

8,9-9,1

10,2-10,9

G'H'^

77 64,1

20

32 26,7 120 100,0.

Die Präparate a waren auf die eben angegebene Weise dargestellt, die Präparate b waren Producte der directen Ein- wirkung des Phenols auf die Borsäure. Die Zersetzung des Triborat& durch den Alkohol erfolgt nach der Gleichung :

B"(6«H»)06 + SG«H«0 = B(€«H*)0« + B(G«H')308 + BH^O».

Zu den folgenden Versuchen diente direct mittelst Phenol erhaltenes Monophenylborat.

206 Schiffy Untersuchungen

Tetraphenyldiborat.

Man kann das Monophenylborat bis auf 250° erhitzen, ohne dafs es Zersetzung erleidet; dieselbe beginnt erst gegen 350^ und ist der Umsetzungsweise der früher behandelten monoalkoholischen Borale gewissermafsen analog. Wie bei diesen^ so entsteht auch hier ein Triborat, aber das andere Product ist kein triaikoholisches Borat, sondern ein dialkoho- lisches^ ein gesättigter Aether der Diborsäure,(2BH^G'— H*0), und zwar

Tetraphenyldihorat, h\G^W>yQ^, entstehend nach der Gleichung

Die Destillation ist erst weit oberhalb des Siedepunkts des Quecksilbers beendigt; das rückständige Triborat ist durch secundäre Zersetzungsproducte verunreinigt und meist von brauner Farbe. Die in der Vorlage befindliche schmutzig- gelbe ölige Flüssigkeit wird einer zweiten Destillation unter- worfen und alles oberhalb 300^ Uebergehende für sich auf- gefangen»).

*) Das bis 300^ Uebergehende enthält durch secundftre Zersetzung entstandenes Phenol, übergerissenes Phenylborat und noch eine andere Substanz. Zersetzt man das Borat durch Schtlttelo mit Wasser, trocknet die abgeschiedene Oelschicht durch Chlorcalcium und unterwirft sie der Destillation, so erhält man oberhalb 200^ eine sehr angenehm nach Geranium riechende Flüssigkeit. Die- selbe tritt ferner auf, wenn man das Phenyltriborat durch kalte verdünnte Kalilauge zersetzt. In beiden Fällen entsteht diese Substanz nur in sehr geringer Menge, so dais ich sie nicht toU- ständig Tom Phenol trennen konnte. Aus den Analysen toh zwei unreinen Producten ergiebt sich indessen, dafs diese Sub- stanz jedenfalls reicher an Kohlenstoif ist, als das Phenol. Be- denkt man ferner, dafs Gannizzaro durch Einwirkung der Bor- säure auf Benzylalkobol den Benzyläther erhielt, so ist es mehr, als wahrscheinlich, dafs diese Bubstanz Phenyläther (€^H^)'^ ist^ welcher seine Entstehung einer secundären Reaction

über die Borsäureäther. 207

Wir haben im Früheren gesehen, dafs das Triäthylborat dnrch Säuren zersetzt wird, indem sich die Aethyläther dieser Sauren bilden ; andererseits haben wir gefunden, dafs weniger flüchtige Alkohole mit dem Triäthylborat einen Austausch der Alkoholradicale eingehen , so dafs zuerst Doppelather und schliefslich normale Aether der weniger flüchtigen Alkohole entstehen. Das Phenol, welches zum Theil die Natur eines Alkohols, zum Theil diejenige einer Säure besitzt, zeigt bei seiner Einwirkung auf das Triäthylborat in der That die beiden Arten von Reactionen. Erhitzt man eine Mischung beider Substanzen in geschlossener Röhre bis zum Siedepunkt des Phenols und erhält eine Temperatur von 160 bis 180^ etwa 12 Stunden lang , so entsteht eine gelbe Flüssigkeit, welche beim Erkalten keine Borsäure ausscheidet. Bei der Destillation geht zunächst ein Gemenge von Alkohol und Tri- äthylborat, später ein Gemenge von Aethylphenylälher*) und

verdankt. Es ist mir bis jetzt nicht gelangen, die Bedingungen anfznfinden, unter welchen das Monophenylborat sich Vorzugs* weise nach dieser Gleichung zersetzt. Bei der Einwirkung der Bors&ure auf den Benzylalkohol hat Cannizzaro die sich in erster Reaction bildenden Verbindungen nicht weiter beachtet. Es wftre nützlich, diese Reactionen einer eingehenden Prüfung EU unterwerfen; die b^trefienden Resultate könnten dann ohne Zweifel auf das Phenol übertragen werden. *) Ans den bei verschiedenen Operationen gesammelten Destillaten wurde der zwischen 150 und 180^ Übergehende Antheil abge- schieden, eine geringe Menge Triäthylborat durch Wasser zer- stört, durch Chlorcalcium getrocknet und nach mehrmaliger fractionirter Destillation alles zwischen 160 und 175^Uebergeheude besonders aufgefangen. Man erhftlt in dieser Weise eine aro-

matiscb, zimmtähnlich riechende Flüssigkeit, welche völlig was- serfrei bei 0^ nicht krystallisirt , aber keinen constanten Siede- punkt zeigu Die Analysen lassen vermuthen, dafs immer noch etwas Phenol beigemengt war; die Siedepunkte der beiden Sub- stanzen liegen übrigens so nahe (Phenftthol 172 bis 175^, Phe- nol 188^), dafs bei kleinen Mengen eine vollkommene Trennung durch fractionirte Destillation schwierig oder gar nicht zu er-

208 Schiffj Untersuchungen

von Phenol über, letzteres selbst dann, wenn man auch einen ziemlichen Ueberschufs von Triathylborat anwendet. Erhitzt man zur Austreibung aller Nebenproducte bis gegen 300^, so bleibt Tetraphenyldiborat in der Retorte zuräck. Die Ein- wirkung findet nach folgender Gleichung statt :

Bezüglich der Eigenschaften und der Zusammensetzung ist der nach beiden Weisen erhaltene Aether vollkommen identisch.

Berechnet a. b.

2B 22 5,86 5,36 5,38

4G0H» 308 75,12

5 0 80 19,62 ■—

410 100,00.

a. Substanz aus Honophenylborat.

b. Substanz aus Phenol und Triathylborat.

Das frisch destillirte Präparat ist eine gelbgrüne di- chroitische Flüssigkeit, von schwachem Phenolgeruch; bei längerem Aufbewahren nimmt sie Orangefarbe an. Das spe- cifische Gewicht wurde bei 20^ = 1,106, beiO» = 1,124 ge- funden; die Consistenz bei diesen Temperaturen ist etwa die- jenige des alten Ricinusöles. Der Siedepunkt für gewöhn- lichen Luftdruck konnte mittelst des Quecksilberthermometers nicht bestimmt werden. Bei jeder neuen Destillation wird eine kleine Menge zersetzt und es bleibt ein Ruckstand von

reichen sein dürfte. Wie ans Folgendem hervorgeht , mag der Phenolgehalt noch etwa 11 pC. betragen haben,

a. Phenol G«H»0 b.PhenÄtholGöH»«^ gefunden V»(a+8h)

G 76,6 78,7 78,32 78,4

H 6,4 8,2' 8,06 8,0

O 17,0 18,1 13,6

100,0 100,0 100,0.

Diese Analyse bezieht sich anf das Destillat 160 bis 170^.

Der Siedepunkt des Phenftthols scheint niedriger zu. Uegen, ala diefs die bisherigen Angaben besagen.

über die Borsäureäther. 209

Phenyltriborat. Der Aetber wird durch Wasser sogleich zer- setzt. In concentrirter Schwefelsaure löst er sich unter ge- ringer Erwärmung mit braunrother Farbe; erwärmt man ge- linde und setzt dann Wasser zu, so scheidet sich krystaili- sirte Borsäure aus und die Flüssigkeit enthält Phenylschwe- feisäure, gebildet nach der Gleichung :

Phenylhaltige Doppeläther der Borsäure konnten nicht erhalten werden.

Anilid der Borsäure,

Das Anilin kann mit Borsäurehydrat nicht verbunden werden und auch von dem Anhydrid kann das Anilin ab- destiUirt werden, ohne dafs irgend welche Einwirkung statt- findet Triäthylborat wird durch Anilin auch bei hoher Tem- peratur nicht zersetzt, aber mit den monoalkoholischen Boraten findet zum Theil schon bei mittlerer Temperatur eine Um- setzung statt. Vermischt man Honoäthylborat oder Mono- methylborat mit wasserfreiem Anilin, so bildet sich sogleich unter schwacher Erwärmung eine harzige Substanz , welche bei Zusatz von wasserfreiem Aether weifs und pulverig wird. Wendet man verdünnte ätherische Lösungen der Borate und des Anilins an, so entsteht bei deren Vermischung* eine weifse, flockige, krystallinische Substanz der Art, dafs oft das Gfeinze zu einem Brei gesteht. Man läfst denselben auf einem Filter abtropfen, wascht mit Aether aus, bis die Wasch- flässigkeit weder Anilin noch Borsäureäther mehr enthält, prefst zwischen Löschpapier aus und trocknet im Vacuum. Es bildet sich in dieser Weise eine weifse Substanz, fast ge- ruchlos, leichV wie Magnesia ; mit Wasser zersetzt sie sich sogleich in Borsäure und Anilin. Der abfiltrirte Aether ent- halt das entsprechende drei-alkoholische Borat und die er- haltene Substanz ist identisch, mag man Monoathylborat oder

AnQsL d Ghenn u. Pharm. V. Siipplementbd. 2. lieft. \^

210 Schiff, Untersuchungen

die entsprechende Methyl Verbindung anwenden; sie enthält gleiche Molecule Borsaureanhydrid und Anilin und wir be- zeichnen sie vorläufig als :

Baranüid, B^O», G^H^N.

Berechnet aus Aetbylborat aus Methylborat

B'O» 70 43,0 42,6-43,7 42,3

G^H^N 93 67,0 -

163 100,0.

Die Verbindung zersetzt sich beim Erhitzen im Platin- tiegel in Anilin und kohlehaltige Borsäure. Man bestimmte auf diese Weise den Borsäuregehalt direct, nachdem man sich überzeugt hatte, dafs Borsaureanhydrid, mit Anilin befeuchtet und ausgeglüht, keinen wesentlichen Gewichtsverlust erleidet. Bei den obigen Zahlen ist der Kohlegehalt der Borsäure be- reits in Abzug gebracht. Man kann diese Verbindung, ent- sprechend den Formeln :

BO' ^^ Ih*)

entweder als „Boranilhydrat% oder als „Borahilsäure^ be- trachten, wobei indessen zu bemerken ist, dafs das Boranilid weder mit Säuren, noch mit Basen verbunden werden konnte. Die Verbindung bildet sich sehr wahrscheinlich nach der Gleichung :

3B(G«H»)G« -f G«H^N = B«0», G«H'N + B(G«H»)80«.

Die Substanz wird bei längerem Aufbewahren in trocken^ Luft nicht verändert^ wenn sie vollkommen ausgewaschen war. Ist diefs nicht der Fall, so bildet sich oft eine leicht zu pulvernde amorphe Masse, ähnlich dem arabischen Gummi. Das Bor- anilid ist sehr leicht in Alkohol löslich: bei allmäligem Ver-

*) Die Gruppe (B«0«.OH) ist von der Diborsäure B'H^O«^ absu- leiteo, deren Anhydrid B^O'j^^ durch Verlust von Hydrozjl OH zur monovalenten Qmppe (B'O'.OH) umgewandelt wird.

über die Borsäureäther. 211

donsten dieser Lösung bleibt eine gummiartige feste Masse. Erhitzt man die alkoholische Lösung im zugeschmolzenen Rohr auf 120^, so scheidet sich etwas Borsaure aus und die Flüssigkeit enthalt dann Triathylborat. Diese Umsetzung er- folgt nach der Gleichung :

Concentrirte Schwefelsäure giebt eine braunrothe syru- pöse Lösung, welche sich bei geringer Temperaturerhöhung schwärzt, aber keine brennbaren Gase entwickelt. Die syru- pöse Hasse, welche man erhält, wenn man Honoäthylborat und Anilin ohne Zusatz von Aether mischt, scheint eine Lösung des Anilids in dem bei der Umsetzung entstehenden Triäthylborat zu sein; man kann ganz die gleiche Masse er- hallen, wenn man Boranilid mit einigen Tropfen Triäthylborat befeuchtet und das Gemenge schwach erwärmt. Uebrigens kann die gummiartige Masse auch durq^ einen geringen Ueberschufs von Anilin entstehen. Die alkoholische Lösung des Boranilids mit einer weingeistigen Lösung von Oxalsäure vermischt, giebt nach kurzer Zeit Krystalle von Anilinoxalat, frei von Borsäure. Auch in den durch Platinchlorid hervor- gebrachten krystallinischen Niederschlag geht die Borsäure nicht ein; es ist reines Anilinchloroplatinat.

Monoamytborat reagirt auf das Anilin erst bei etwas er- höhter Temperatur, und die' Ausbeute ist, entsprechend dem kleineren Borsäuregehalt, weit geringer. -- Monophenylborat und. Anilin zersetzen sich nicht, ohne Zweifel, weil sich hier die mehralkoholischen Aether nur sehr schwierig bilden. Die Tendenz zur Bildung der drei-alkoholischen Borate ist ohne Zweifel ein wichtiger Factor bei der Bildung des Bor- anilids aus den ein-alkoholischen Boraten.

Erhitzt man das Boranilid mit Aldehyden, so setzen sich letztere mit dem Anilin unter Bildung von Diamiden ganz in derselben Weise um, wie wir diefs in einer früheren Ab-

14»

212 Schiff, Untersuchungen

handlang für die freie Base dargethan haben (Ann. Cbero. Pharm. Sappl. m, S. 343 und CXL, S. 92). Das bei dieser Reactioh frei werdende Wasser hydratisirt die Borsaure. Die Reaction ist beispielsweise für das Oenanthol :

Wird das Boranilid im Luftbade auf 110^ erhitzt, so ent- weicht Wasser und es entsteht eine dem arabischen Gummi

ahnliche gelbliche Hasse, welche vielleicht ein Anilid NIbO

/Be

enthält; es ist mir indessen nicht gelungen ^ eine solche Ver- bindung rein zu erhalten. Ein Theil des «entweichenden Wassers zersetzt nämlich einen Theil des Anilids in sich verflüchtigendes Anilin und in Borsäure, welche zurückbleibt. Aus diesem Grunde gab das Product der Reaction weit mehr Borsäure, als der ^ormel des obigen Anilids entspricht.

Die Einwirkung des Honoäthylborats auf Ammoniak (in wasserfreiem Aether gelöst) ist der Reaction mit Anilin nicht analog. Das Product enthält auf ein Aequivalent NH' min- destens 2B*0' oder auch mehr. Die weifse flockig-krystal- linische Masse entläfst das Ammoniak schon unter dem Schmelzpunkt der Borsäure. Erhitzt man jedoch rasch in einer auf der einen Seite geschlossenen und andererseits in eine lange Spitze ausgezogenen Röhre, so entweicht nebst Ammoniak etwas Wasser und bei der Behandlung des Röhren- inhalts mit kochendem Wasser bleibt eine kleine Menge einer grauweifsen Substanz^ welche sich als Borstickstoff auswies, wohl entstanden nach der Gleichung :

B»0» + 2 NH» = 8 H«0 + 2 NB.

Wir haben übrigens in einem gemeinschaftlich mit E. Bechi angestellten Versuch gefunden, dafs beim Glühen von Borsäureanhydrid in trockenem Ammoniakgas ebenfalls etwas Borstickstoff entsteht. Die Ausbeute ist eine geringe, weil

über die Borsäureäiher. 213

die Einwirkang nor an der Oberfläche der geschmolzenen Masse stattfindet.

Die vermeintliche Verbindung von Chlorbor mit ÄeÜier.

Vor einigen Jahren hat J.Nicki es, gelegentlich seiner Untersuchungen , über Verbindungen von Chlormetallen mit Aether, die Beobachtung mitgetheilt, dafs eine Lösung von Borsaureanhydrid in wasserfreiem Alkohol reichlich Salz- säuregas absorbire und damit eine ölige, rauchende, durch Wasser in Borsäure, Salzsäure und Alkohol zerfallende Flössig- keit bilde, welche er mit der Zusammensetzung 3B*0^ 6 HCl, 10 6^H^0 als eine eigenthümliche chemische Verbin- dung betrachtet. Bei der Destillation derselben gehe bei 85^ eine wasserhaltige Verbindung von Chlorbor mit Aether über, welche die Zusammensetzung 2BCP, 5 G^H^<^9 + 9 H>9 habe und auch durch Erhitzen von Borsaureanhydrid^ Aether und Salzsäuregas erhalten werden könne. Aus der Flüssig- keit, welche bei Einwirkung von Bromwasserstoff auf eine alkoholische Lösung von Borsaureanhydrid entstehe, könne ferner eine bei 115^ siedende Verbindung von Brombor mit Aether und Wasser von der Formel 2BBr*, 13€^H^<^e + 16H'0 erhalten werden. Alle diese Flüssigkeiten hauchen Borsäure absetzende Dämpfe aus (Compt. rend. t. LX, p. 800).

Ich habe bereits weiter oben mitgetheilt, dafs Salzsäure- gas selbst bei höherer Temperatur ohne erhebliche Einwir- kung auf Triäthylborat ist. Da nun eine alkoholische .Lö- sung von Borsaureanhydrid nach dem früher Dargelegten als eine Borsäurehydrat enthaltende alkoholische Lösung von Borsäureäthern zu betrachten ist, so glaubte ich nach Ni ekles' Mittheilungen annehmen zu dürfen, dafs das bei Einleitung von Salzsäuregas entstehende Aethylchlorür in alkoholischer Lösung auf einen von diesen Borsäureäthern einwirke und etwa ein Aethylchlorhydrin der Borsäure ent-

I

214 Schiff f Untersuchungen

stehen lasse. Das Verhältnifs von Bor. Chlor und Aeihyl in der ersten der Nick les'schen Verbindungen entspricht näm- lich nahezu demjenigen im Diäthylchlorhydrin der Borsäure,

und die zweite hätte dann wohl ein noch Chloräthyl und

>

Weingeist enthaltendes Aethyldichlorhydrin sein können. Die Aussicht, diese Verbindungen zu erhalten, yeranlafste mich, die Versuche von Nicki es zu wiederholen, und diese Wiederholung führte zu Resultaten, welche von den von Nicki es erhaltenen wesentlich abweichen.

Ich habe Salzsäuregas in eine frisch bereitete Lösung von Borsäureanhydrid in absolutem Alkohol eingeleitet und habe andererseits den Versuch auch in der Weise angestellt, dafs ich das Gas durchstreichen liefs, während das Anhydrid sich unter Erwärmung im Alkohol auflöste. Hatte man ver- hältnifsmäfsig wenig Borsäure angewandt, so erhielt man in beiden Fällen eine gelbliche rauchende Flüssigkeit^ welche sich beim Erkalten nicht weiter veränderte. Bei Anwendung gröfserer Mengen von Borsäure und namentlich wenn man davon so viel anwandte, dafs noch ein Theil ungelöst blieb, erhielt man eine beim Erkalten sich in zwei Schichten spal- tende Flüssigkeit. Die obere wasserhelle dünnfifissige Schicht enthält nur sehr wenig Salzsäure, so dafs sie an der Luft nicht raucht. Sie erwies sich als eine alkoholische Lösung von Tri- und Mono-Aethylborat. Alkohol und Triäthylborat wurden abdestillirt und die oben beschriebene Trennung mit- telst concentrirter Schwefelsäure vorgenommen; durch noch- malige Destillation wurde daraus das Triäthylborat im Zu- stande der Reinheit dargestellt. Die untere gelbliche ölige, an der Luft rauchende Schicht wurde mit Salzsäuregas ge- sättigt, worauf sich beim Erkalten eine weitere Schicht von Borsäureäther abschied. Bei nunmehriger Destillation der unteren Schicht entweicht zunächst eine grofse Menge Chlor- äthyl, sodann folgt Salzsäure und Weingeist, welchem

über die Borsäureäther. 215

letzterem sich spater Triathylborat beimengt, welches sich bei ▼ollstandigem Erkalten des Destillats theilweise abscheidet. Bei Gegenwart einer grdfseren Menge von Chloräthyl löst sich nämlich der Borsäureäther in gröfserer Menge, und es mufs sich daher ein weiterer Antheil abscheiden, sobald das Chloräthyl entweicht. Der Rückstand der Destillation ist Borsäure und ein wenig Honoäthylborat. Bei der Destillation der unteren Schicht geht der gröfste Theil zwischen 85 und 95^ über; derselbe ist aber keine Verbindung von Chlorbor mit Aeiher, wie Nicki ds glaubt, sondern ein Gemenge von Weingeist, Borsäureäthern, Chlor äthyl j Salzsäure und etwas ^Vasser; letzteres rührt von der Einwirkung der Salzsäure auf den Alkohol her. Die von Nicki es beobachteten, Bor- säure absetzenden Dämpfe rühren lediglich von dem leicht verdunstenden Borsäureäther her. Derlrrthum von Nicki es ist zu entschuldigen, wenn man bedenkt, dafs zugleich mit diesen Dämpfen Salzsäure entweicht und dafs man von einer Bildung von Triathylborat bei einfacher Einwirkung von Bor- sänreanhydrid auf Alkohol bis jetzt keine Ahnung hatte.

Nach dem Vorhergehenden hätte man also anzunehmen, dafs das Salzsäuregas, ebenso wie die concentrirte Schwefel- säure, die Trennung von Alkohol und Borsäureäther be- wirken könne. Dafs dem so sei, wurde durch den directen Versuch bestätigt. Alkohol und Triathylborat mischen sich in jedem Verhältnifs und es Gndet auch bei Abkühlung keine Trennung statt. VV^urde in eiq| Mischung von absolutem Al- kohol mit dem gleichen Volum reinen Triäthylborats Salz- sänregas geleitet, so erfolgte alsbald Ausscheidung des Aethers. . Beim Erkalten der mit Gas nahezu gesättigten Flüssigkeit erhält man zwei Schichten, welche sich vollkom- men eben so verhalten, wie die bei dem früheren Experiment erhaltenen. Bei gewöhnlicher Temperatur gesättigte wäs- serige Salzsäure kann ebenfalls so weit mit absolutem Alkohol

216 Schiff y Untersuchungen

verdünnt werden, dafs $ich dann Triäthylborat ohne Zer- setzung ztt erleiden auflöst. Das . so entstehende Gemenge hat ganz die Eigenschaften der nach dem Verfahren von Ni ekles erhaltenen Flüssigkeit.

Ein Umstand, welcher Nicki es in seiner Ansicht von der Natur jenes Gemenges bestätigen mufste, war derjenige, dafs er glaubte, bei gegenseitiger Einwirkung von Aethyloxyd, Salzsäuregas und Borsaureanhydrid die gleiche Flüssigkeit erhalten zu haben. Nie kies giebt allerdings an, dafs sein Aether wasserfrei gewesen sei, aber ich glaube sehr be- zweifeln zu dürfen , dafs er auch frei von Alkohol war. Nach meinen Versuchen wirken vollkommen getrocknete Salzsäure, alkoholfreier Aether und Borsäureanhydrid nicht erheblich aufeinander ein, und das gegentheilige Resultat von Nicki es scheint mir auf einem Alkoholgehalt des Aethers zu beruhen. Gegen Nie kl es' Ansicht spricht endlich noch die Thatsache^ dafs das Chlorbor sich mit Alkohol sogleich in Salzsäure und Borsäureäther zersetzt.

An die vorstehenden Versuche, welche Behufs Darstellung von Aethylchlorhydrinen der Borsäure angestellt wurden, reihe ich einige andere, welche denselben Zweck verfolgten , aber eben so wenig zum gewünschten Resultate führten. Bringt man Phosphorchlorid mit Triäthylborat oder Triamylborat zusammen, so findet bereits bei gewöhnlicher Temperatur Einwirkung statt, ohne dafs Salzsäure entweicht. Sucht man die Producte dieser Reaction durch Destillation zu trennen , so findet eine weitere Einwirkung statt, und nach dem Abdestilliren des flüssigen Productes erhält man einen weifsen Rückstand von Borsäureanhydrid, öfters mit monoalkoholischem Borsäure- äther gemengt. Bei Anwendung von Triäthylborat besteht das Destillat aus Phosphoroxychlorid ^ bei Anwendung von Triamylborat ist dem Oxychlorid noch Amylchlorür beige- mengt Das Endresultat der Einwirkung des Phosphorchlorids

über die Boreäureäther. 217

auf die drei-alkoholischen Borsäureäther ist ganz derjenigen auf das Borsaurehydrat analog :

2 BEt'O» -f- S PCI» = 8 POCl» + 6 EtCl + B»0«. 2BH80» + 8 PCI» = 8POC1» + 6HC1 + B'O».

Letztere Reaction ist bekanntlich von Gerhardt zur Darstellung des Phosphoroxychlorids vorgeschlagen worden. Wendet man bei der Zersetzung des Aethers eine unzureichende -Menge von Phosphorchlorid an, ao erhält man im Ruckstand der nachherigen Destillation eine ziemliche Menge von Mono- athylborat. Ich habe mich aufserdem überzeugt, dafs letzte- res das Phosphorchlorid in der Kalte auflöst, ohne dadurch zersetzt zu werden; erst beim Erwärmen findet Einwirkung statt

Die zwei Phasen, in welchen die vollständige Zer- setzung der drei-alkoholischen Aether erfolgt, können hier- nach in folgender Weise aufgefafst werden :

Erste Phase, bei mittlerer Temperatur :

2 BEfO* + 2 PCI» = 2 POCl» -f- 4 EtCl -|- 2 BEtO«.

Zweite Phase, beim Erwärmen :

2BEtO« + PCI» = POCl« + 2 EtCl -|- B«0».

Auch das minder energisch wirkende Antimontrichlorur liefert kein Aethylchlorhydrin , da die Einwirkung erst bei einer Temperatur erfolgt, bei welcher eine derartige Ver-

bindung nicht mehr bestehen kann. KrystalJisirtes Antimon- chlorur nimmt unter Triathylborat etwas von letzterem auf und bildet damit ein schweres gelbes Oel, welches sich unter dem übrigen Aether als besondere Schicht ablagert. Beim Erwärmen auf. etwa 100^ findet Mischung beider Schichten statt und beim Erkalten erfolgt aufs Neue vollständige Tren- nung. Erhitzt man aber die Lösung einen Tag lang im ge- schlossenen Rohr auf 150 bis 160", so gesteht das Ganze beim Erkalten zu einem Brei von Antimonoxychiorür, und bei der Destillation des Filtrats erhalt man zunächst Chlor-

218 OraftSy über die Aether

ithyi und Aethyloxyd; über 100^ destillirt ni^wngegriBeiieg Triathylborat über und es bleibt ein RücksUind von Hono- athylborat, gemengt mit dem nicht zersetzten Antimonchlorür. Diese Reaction findet ihren Ausdruck in der Gleichung :

2 BEt»a» + ßbCl» = SbaCl + 2 EtCl + Et«^ + 2 BEtO«.

Diese Reaction ist analog derjenigen des Antimonchlor urs auf den Alkohol. Ersteres lost sich in letzterem leicht aof, die Lösung wird bei 100^ nicht verändert, aber bei 150^ erfolgt Zersetzung in Oxychlorür, Chlorathyl und Aethyloxyd, wohl nach der Gleichung :

4 EtHO + SbCl< = 8bOGl + Et^O + 2 EtCl + 2 H<0.

Acetylchlorür und Benzoylchlorür reagiren allmalig schon bei gewöhnlicher Temperatur auf Triathylborat ein. Bezüg- lich der Darstellung von Aethylchlorhydrinen der Borsaure verbleibt mir also noch das eingehendere Studium dieser Reaction, so wie der bereits früher erwähnten Einwirkung des Chlorbors auf das Triathylborat.

Schliefslich noch die Notiz, dafs das Aceton selbst bei 150^ nicht durch Borsäureanhydrid zersetzt wird.

Florenz, im Mai 1867.

Ueber die Aether der Säuren des Arsens;

von J. M. Crafls*).

Alles, was man von den Verbindungen der Säuren des Arsens mit den Alkoholradicalen weifs, beschränkt sich auf eine sehr kurze Angabe von d'Arcet**) bezüglich einer

•) Compt rend. LXIV, 700.

**) Journal de cbimie m^dicale, Janvier 1836 (Ann. Cham. u. Pbarm. XIX, 202). Es scheint, dafs nur das Barytsalz dieser Stturo analysirt wurde, und aus dieser Analyse hat man die Formel BaO, CisHmO,, AssOft abgeleitet (0 = 100, Ba = 866,9, 0 = 38,25, As = 470,85, H = 6,25), was dem Barytsalz einer Di- ftthylstture entspricht (Vgl. L. Qmelln^s Handb. d. Ghem., 4. Aufl., lY, 770. D. Red.

der Säuren des Arsens. 219

Sinre, welche er Arsenfktoeinsäure nannte und welche sich bei Behandlunf|[ des Alkohols mit Arsensaare bilde; es ist auffallend, dafs man niemals diese Lücke in unserer Kennt- nifs von den Eigenschaften zwei so wichtiger und so gut untersuchter Säuren^ wie es die Arsensaare und die arsenige Säure sind, auszufällen suchte.

Ich bin dazu, die Darstellung dieser Verbindungen zu Tersuchen, im Verfolge einer durch Friede! und mich*) gemachten Beobachtung gekommen, welche uns ein Mittel abzugeben schien, nicht nur die Aether der Arsensäure und der arsenigen Saure, sondern auch die jeder anderen Säure darzustellen, welche die Kieselsaure aus ihren Verbindungen zu yerdrangen vermag. Wir hatten nämlich beobachtet, dafs die wasserfreie Borsaure bei dem Erhitzen derselben mit Kieselsäureäther die Kieselsäure verdrängt und die Stelle der- selben einnimmt, so dafs man die theoretisch sich berech- nende Menge ganz reinen Borsäureäthers erhält; und wir glaubten, dafs dasselbe Verfahren dazu dienen könne, andere Aether zu erhalten.

Die Säure, welche am Meisten für die Erzielung eines guten Resultates versprach, war die Arsensäure, und der erste Versuch wurde mit derselben angestellt, indem nicht das normale kieselsaure Aethyl, sondern die Rückstände von der Bereitung desselben angewendet wurden, nämlich Aether, welche oberhalb 170® siedeten und einen gröfseren Gehalt an Kieselsaure besafsen, als der normale Aether. Dieselbe Reaction wurde mit anderen Säuren und namentlich mit der arsenigen Säure versucht, aber nur mit der letzteren verlief äe so, wie wir es als voraussichtlich stattfindend betrachteten.

Wird gut getrocknete Arsensäure mit Kieselsäureäther in einer zugeschmolzenen Röhre erhitzt, so erfolgt unterhalb

*) Annales de cbim. et de phys. [4] IX, 5 (1866).

^■»

220 Grafts, über die Aether

220^ keine Einwirknng. Steigert man die Temperatur viel höher, so bilden sich Gase, welche die Röhre explodiren lassen. Läfst man die Temperatur sich zwischen 220 und 230^ haken, so vollendet sich die Reaction innerhalb 6 Stun* den und die Röhre ist mit gallertartiger Kieselsäure erföUt. Bei Eröffnung der Röhre bemerkt man die Entwickelung einer betrachtlichen Menge eines Gases, welches die Eigen- schaften des Aethylens besitzt. Wenn man den Inhalt der Röhre in einem Kolben erhitzt, so geht zuerst, viel gewöhn- licher Aelher über» und dann bei 150 bis 200^ eine Flässigkeit, deren Ueberdestilliren von der Entwickelung eines Gases be- gleitet ist. I>er Destrllationsrückstand besteht aus arseniger Säure nebst etwas Arsensäure und beigemischter Kieselsäure. Das flussige Destillationsproduct enthält auch nur sehr wenig Arsensäure, aber es giebt mit Wasser eine reichliche Aus- scheidung von arseniger Säure. Obgleich die Flüssigkeit hauptsächlich aus Arsenigsäureäther zu bestehen scheint, ist es doch nicht leicht, irgend ein reines Product aus ihr za isoliren, und ich habe mich darauf beschränkt, zu constatiren, dafs fast die ganze Menge der Arsensäure unter diesen Um- ständen reducirt wird.

Da sich nach der eben besprochenen Reaction Arsen- säureäther nicht erhalten liefs, habe ich versucht; denselben durch gegenseitige Einwnrkung von arsensaurem Silber und Aethyljodur darzustellen, und ich habe gefunden, dafs diese letztere Reaction ganz glatt vor sich geht, und dafs man jenen Aether leicht ganz rein und fast in der sich theoretisch berechnenden Menge erhält, wenn man die Vorsicht beachtet, keinen Ueberschufs von Aethyljodur anzuwenden und die Temperatur nicht über 120^ zu steigern. Wenn ein Ueber- schufs von Aethyljodur vorhanden ist, so tritt bei einer Tem- peratur, welche nur wenig oberhalb der zur Bildung des

der Säuren des Arsens^ 221

Arsensaureäthers nöthigen liegt, Zersetzung ein; Jod wird frei und Arsenjodur bildet sich.

Zar Darstellung des Arsensaureathers erhitzt man einen kleinen Ueberschufs von arsensaurem Silber mit Aethyljodür, welches mit seinem zweifachen Volum rectificirten gewöhn- lichen Aethers gemischt ist, 20 Stunden lang auf 110^ Man scheidet den entstandenen Arsensaurefither von dem Jod- silber durch Ausziehen mittelst Aether, und nachdem man den Aether vollständig, durch Erhitzen auf lOO^ in einem Strome von Kohlensaure, verjagt hat, destillirt man unter einem schwächeren Drucke als der der Atmosphäre ist. Unter einem Drucke von 6(f^ Quecksilberhöhe destillirt die ganze Menge des Productes bei 148 bis 153^ ohne Zersetzung. Dieselbe Flüssigkeit geht bei der Destillation unter gewöhnlichem Luftdruck bei 235 bis 238^ fiber, aber gegen das Ende der Destillation findet immer Zersetzung eines kleinen Theiles des Productes statt und in dem Kolben bleibt ein Rückstand von Arsensaare.

Nach den Analysen kommt dem Arsensaureather die Formel As(€sH5)304 zu. Sein specifisches Gewicht ist 1,3264 bei und 1,3161 bei 8,8^. Er mischt sich mit Wasser nach allen Yerhällnissen zu einer klaren Flüssigkeit, welche sich gegen Reagentien wie eine Lösung von Arsensäure verhalt.

Ich weifs noch nicht, ob sich unter diesen Umstanden eine Arsenweinsäure bildet.

Äraenigiäureäüier. Die arsenige Säure wirkt auf den Kieselsäureäther bei 220^ ein, indem sie Kieselsäure aus- scheidet und an die Stelle derselben tritt; man erhält fast die sich theoretisch berechnende Menge Arsenigsäureäther, welchen man von der Kieselsäure durch Destillation scheiden kann. Dieser Aether ist das normale arsenigsaure Aethyl As(G8H5)s9s. Er siedet ohne Zersetzung bei 166 bis 168^

222 GraftSy über die Aether der Säuren des Arsens,

Seine Dampfdichte wurde bestimmt bei 209,5^ zu 7,615, bei 213« zu 7,608, bei 233<> zu 7,197, bei 267« zu 7,389. Die Theorie verlangt, für eine Condensation auf 2 Volume, 7,267. Das specifische Gewicht der Flüssigkeit ist bei = 1,224* Mit Wasser zersetzt sich dieser Aether augenblicklich unter Ausscheidung von arseniger Saure.

Der Arsenigsaureather bildet sich auch bei der Ein- wirkung von arsenigsaurem Silber auf Aethyljodür, und es ist bemerkenswerth , dafs man durch die Einwirkung des Aethyljodürs auf das gelbe arsenigsaure Silber, welches 2 At. Basis enthält, den normalen Aether mit 3 At. Aethyl erhalt.

Die Verbindung des Arsenchlorürs mit Alkohol giebt bei Behandlung mit Natriumalkoholat nicht den Arsenigsaureather; und man erhält diesen Aetifbr auch weder durch Erhitzen der arsenigen Saure mit Alkohol noch durch Erhitzen der- selben mit einem Gemische von gewöhnlichem Aether und Essigather.

.Unter den anderen Säuren, deren Aether noch unbekannt sind, versprachen die Wolframsäure und die antimonige Säure am Leichtesten auf den Kieselsäureäther einzuwirken; aber beide ergaben ein negatives Resultat. Die Wolframsäure wirkt bei 15 stündigem Erhitzen mit Kieselsäureäther auf 200^ nur theilweise ein. Die Wolframsäure wird unter Bildung von blauem Oxyd reducirt, und es bilden sich zugleich Al- dehyd und ein gasförmiger Körper. Das Destillat enthält keine Spur Wolframsäureäther. Die antimonige Säure wirkt auf den Kieselsäureäther nicht ein, wenn man sie 20 Stunden lang mit demselben auf 300<) erhitzt. Bei .340^ entwickeln sich gasförmige Producte, welche die Röhre explodiren lassen.

Ich beabsichtige, noch andere Aether der Arsensäure und der arsenigen Säure darzustellen, und die Untersuchung der bereits erhaltenen weiter fortzusetzen.

223

üeber die Constitution des Tannenholzes;

von Dr. JuUus Erdmann.

In meiner Arbeit über die Concretionen in den Birnen (Ann. Chem. Pharm. CXXXVIII, 1), welche ich im Auszuge der NaturforscherTersammlung zu Hannover im Jahre 1865 mit- getheilt, habe ich dargethan, dafs die sogenannte inkrustirende Materie Payen's^ welche bis dahin als ein Körper von un- bestimmter Zusammensetzung, eigentlich als Unreinigkeit der Zellen betrachtet wurde, als eine öestimmte chemische Ver- bindung anzusehen sei, indem sie, mit Salzsaure behandelt, Traubenzucker und einen Spaltungsruckstand liefert. Ich habe schon damals darauf hingewiesen, dafs es die nächste Aufgabe der Chemie sei, die sogenannte inkrustirende Materie in einer Reihe Pflanzen zu untersuchen und ihre Verbindungs- und Spaltungsverhaltnisse zu studiren.

Es schien mir zweckmafsig, zunächst, als Gegensatz zu den steinharten Zellen der Concretionen, ein weiches Holz der Untersuchung zu unterwerfen, weil ich hier mit Sicherr heit darauf rechnen konnte, auf andere Spaltungsverhaltnisse zu stofsen, und ich wählte dazu das Holz von „Pinus abies^.

Das zur Untersuchung verwandte Tannenholz wurde zu- nächst fein geraspelt, dann anhaltend mit sehr verdünnter Essigsäure gekocht, mit heifsem Wasser, Alkohol und Aether nach einander ausgezogen und bei 100^ C. getrocknet.

Das so zubereitete Holz wurde der Elementaranalyse unterworfen, und zwar im Luft- und Sauerstoffstrom verbrannt, und die im Platinschiff zurückbleibende geringe Menge Asche in Abrechnung ^ebrac&t.

Nach dem Resultate mehrerer Analysen berechnet sich die Formel GsoHmOsi* deren Begründung ich mir im weiteren Verlauf der Arbeit vorbehalte, und bezeichne ich diese Ver- bindung als „Glycolignose^.

224 Erdmami, über die Constitution

9

I. 0,1900 6i-m. Substanz gaben 0,8345 Koblensänre q. 0,1107 Waaser. II. 0,1885 Grm. gaben 0,8862 Koblensäure u. 0,1065 Wasser. Theorie Gefunden

I.

IT.

€.0

860

48,52

48,01

48,64

H4«

46

6,20

6,47

6,27

^»t

836 742

. 45,28 100,00

45,52 100,00

45,09 100,00

Das gereinigte Tannenholz besitzt eine gelbweifse Farbe. Es ist unlöslich in allen gewöhnlichen Lösungsmitteln. Durch Kupferoxydammoniak werden nur Spuren von Cellulose gelöst. Die Unlöslichkeit in Kupferoxydammoniak ist als ein Argu- ment zu betrachten, dafs die primitive Cellulose ebenfalls im Tannenholz wie in den Concretionen mit einem anderen Körper chemisch verbunden ist^ da freie und reine Zellen- substanz durch Kupferoxydammoniak gelöst wird.

Kocht man das Tannenholz mit Salzsäure, so tritt eine Spaltung ein, indem einerseits Traubenzucker entsteht und andererseits ein unlöslicher Spaltungsrückstand zurückbleibt Die quantitativen Spaltungen wurden genau so ausgeführt, wie es in der Arbeit über die Birnenconcretionen angegeben, und wurde sehr fein geraspeltes, staubfreies Tannenholz zum Versuch verwandt. Es hinterblieben bei der Behandlung mit Salzsäure 60 bis 65 pC. Rückstand.

Das mit Salzsäure behandelte Tannenholz besitzt eine röthlich-gelbe Farbe, welche offenbar von den bei der Spal* tung auftretenden Nebenproducten herrührt. Es ist unlöslich in den gewöhnlichen Lösungsmitteln. Durch Kupferoxyd- ammoniak werden geringe Mengen Cellulose gelöst; die Haupt- menge ist darin unlösUch. Die Lösung der Sellulose erfolgt wahrscheinlich unter partieller Zersetzung der Verbindung; denn das bei der Behandlung mit Kupferoxydammoniak und nachher mit Wasser, verdünnter Salzsäure und Ammoniak- wasser gereinigte Holz ist bedeutend dunkler gefärbt

des Tannenholzes. 225

Ans dem Mittel mehrerer Analysen berechnet sich für den Spaltungsrückstand der Glycolignose (von verschiedenen Spal- tungen) die Formel ^igH^eOu, und gebe ich dieser Verbin- dang den Namen '^„Lignose^. Gefunden wurden im Mittel : 51,77 pC. Kohlenstoff und 6,53 pC. Wasserstoff, während die Rechnung 51,67 pC. Kohlenstoff und 6,22 pC. Wasserstoff verlangt.

Nach der Berechnung müssen 100 Theile Glycolignose 56,3 pC. Lignose hinterlassen, während, wie schon oben er- wähnt, die Mengen der Lignose von 60 bis 65 pC. schwankten ; defshalh wurde zu den Analysen Substanz von solchen Spal- tungen genommen, die mir als die gelungensten erschienen. Die bei der Behandlung mit Salzsaure entstandene Lignose hinterläfst beim Kochen mit verdünnter Salpetersaure Cellulose.

Zar Bestätigung der Molecularformel : . <^^8oH4692i war es erforderlich,, die Cellulose in der Glycolignose quantitativ za bestimmen.

Nach der Methode, welche ich zur Bestimmung der Cel- lulose in der Glycodrupose befolgte, wo mit einer verdünnten Salpetersäure eine viertelstundige Oxydation vorgenommen und eben bei der Schnelligkeit der Operation die zurück-* bleibende Cellulose nur unerheblich angegriffen wurde, er- hielt ich bei der Glycolignose keine besonders genauen Re- soitate; es mufs dieses in der lockeren Structur des Holzes liegen , indem die bei der Oxydation entstehenden Producte stärker tingiren, als bei den steinharten Concretionen, und defshalb war die bei der Behandlung mit Salpetersäure zu- rückbleibende und nachher gereinigte Holzfaser noch inten- siv gelb gefärbt.

iOO Theile G-lycolignose lieferten mit Balpetersäare bebandelt 46,6 bis 48,4 pC. Cellulose, während nach der Rechnang 43,67 pC. Cellulose restiren mufsten. *

Obgleich das vorstehende Resultat, wie schon erörtert, keinen Anspruch auf Genauigkeit machen kann, so ist es doch

Annal. d. Chom. u. Pharm. V. Snpplementbd. 8. Heft. 15

226 Erdmann, über die Constitution

als annähernd richtig zu bezeichnen und lafst mit Wahr- scheinlichkeit auf die Richtigkeit der Formel f^'8oH46^8i schliefsen.

Da die mit der Gellulose verbunden*bn Substanzen von der Salpetersaare bedeutend leichter angegriffen werden, als die Holzfaser selbst, habe ich den Versuch gemacht, mit einer äufserst verdünnten Säure zu operiren, in der Voraussetzung, dafs die sehr verdünnte Saure nur die mit d^r Holzfaser verbundenen Stoffe entfernen möchte und die Gellulose mög- lichst unverletzt liefse. ^

Ein Volumen Salpetersaure von 1,2 spec. Gewicht wurde mit 16 Volumen Wasser verdünnt und die bei 100^ getrock- nete, staubfreie^ feingeraspelte Glycolignose genau eine halbe Stund lang mit einer genügenden Menge der so verdünnten Söure gekocht.. Das beim Kochen verdunstende Wasser mufs von Zeit zu Zeit ersetzt werden, um die Salpetersäure in derselben Goncentration zu erhalten. Der Oxydations- rückstand wurde zuerst mit heifsem Wasser, dann mit sehr verdünnter kochender Ammoniakflüssigkeit, abermals mit Wasser und schliefslich mit Alkohol ausgewaschen, bei 100^ getrocknet und gewogen. Diese Operation mufs so lange wiederholt werden, bis der Rückstand durch die Oxydation mit der verdünnten Salpetersäure nur noch äufaerst toenig abnimmt.

100 Theile Glycolignose hinterliefsen

nach der ersten Oxydation 93,86 pC. Rückstand

9

9

zweiten

67,49

II

n

n

dritten

9

60,96

n

»

«

9

B

vierten

II

58,02

n

II

n

n

fünften

11

52,02

n

II

n

sechsten

n

49,21

n

II

fi

siebenten

II

47,12

9

II

»

achten

»

45,49

»

n

II

neunten

II

48,60

»

V

II

sehnten

Be

11

42,60

II

Holsfaser.

rechnet

48,67

pC.

des Tannenholzes. 227

Es ist aus den vorstehenden Daten zu ersehen, dafs nach einer sehnmaligen Oxydation das Gewicht der räckständigen Cellolose noch sehr annähernd mit der Berechnung stimmt. Indessen ist zu bemerken, dafs der Rückstand bei nochmaliger Wiederholung des Oxydationsversuches sich noch um etwa Tier bis sechs Milligramme verringert, und geht daraus her-

*

vor, dafs jetzt die Cellulose nach Entfernung der mit ihr verbundenen Substanz etwas angegriffen wird, was bei An- wesenheit derselben nur sehr unbedeutend sein konnte. Wäre die Cellulose stärker angegriffen^ so würde das Gewicht des Rückstandes nach fünfstündigem Kochen mit Salpetersäure entschieden weit geringer sein, als die^ Rechnung verlangt.

Vielleicht wird es in der Folge gelingen, noch eine Me- thode ausfindig zu machen, nach welcher die mit der Cellu- lose SU Glycolignose verbundenen Körper vollständig ent- fernt werden^ ohne die Cellulose zu verletzen. Vorläufig müssen die Resultate dieser Versuche genügen^ namentlich in Anbetracht der grofsen Schwierigkeit der zu lösenden Aufgabe. *

Um über den Atomcomplex näheren Aufschlufs zu er- ballen, welcher nach dem Austreten der zuckerbildenden Gruppe noch -mit der Cellulose in Verbindung bleibt ^ hielt ich es für zweckmäfsig, die Glycolignose mit schmelzendem Kali zu behandeln, in der Hoffnung, ein Zersetzungsproduct 2Q erbalten, welches als Stützpunkt für die Theorie der Con- stitution des Tannenholzes dienen konnte.

Zwei Theile Kali wurden in wenig Wasser gelöst und ein Theil Glycolignose zugefügt, dann eingedampft und bis fast zum Aufhören der Gasentwickelung geschmolzen. Ein längeres Erhitzen und eine zu hohe Temperatur ist zu ver- meiden. Nach dem Erkalten löst man die Schmelze in Wasser, übersättigt mit Salzsäure und filtrirt. Das Filtrat mufs so lange mit Aether ausgeschüttelt werden, bis eine

" 15»

228 ErdmanUy über die Constitution

neue Portion Aether nur noch wenig Substanz löst. Der ätherische Auszug hinterl|irst nach dem Abdestilliren des Aethers einen gelbbraunen Syrup, der stark nach Essigsäure riecht.

Zunächst verjagt man einen grofsen Theil der Essigsäure auf dem Dampfbade und läfst erkalten. Nach einiger Zeit scheiden ' sich Krystalle aus, die man Ton der Mutterlauge trennt und mit etwas Wasser auswascht.

Der sich ausscheidende Körper, mit dessen Untersuchung ich noch beschäftigt bin, zeigt in seinen Reactionen grofse Uebereinstimmung mit dem Brenzcatechin und der Protoca- techusäure, und steht jedenfalls in naher Beziehung zum Brenzcatechin.

Die von den Krystallen abgegossene Mutterlauge wurde bei etwa 60 bis 70*^ C. concentrirt und aus einer Retorte im Oelbade unter fortwährendem Durchleiten eines Kohlensäure- stromes destillirt. Bevor die Substanz in der Retorte trocken wurde, gingen mit den Wasserdampfen Brenzcatechin und Essigsäure über.

Sobald der Retorteninhalt wasserfrei erschien, erhitzte ich das Oelbad von 150 bis 200^ C. Im Halse der Retorte setzten sich bald schön ausgebildete Krystalle von Bernstein- säure an und' es ging ein ölförmiges Destillat über, worin neben Bernsteinsäure wieder Brenzcatechin vorhanden war.

Es scheint, als ob das Brenzcatechin, welches mit der Bernsteinsäure überging, zum Theil aus Brenzcatechin nahe- stehenden Körpern unter Kohlensäureentwickelung entstanden ist; denn die geschmolzene Masse in der Retorte blähete sich unter Gasentwickelung stark auf. Demnach hätten wir pra* formirtes Brenzcatechin in Lösung gehabt, welches mit den Wasserdämpfen überging, und aufserdem Substanzen, welche in höherer Temperatur Brenzcatechin lieferten.

des Tannenholzes, 229

Das Brenzcatechin kann man von der Bernsteinsäore durch Destillation trennen, indem das erstere mit den Wasser- dampfen übergeht, wenn die Lösung nicht zu vendünnt ist. Die Bernsteinsaure wurde durch mehrfaches Umkrystallisiren gereinigt und war in der Mutterlauge derselben immer noch Brenzcatechin zu finden. Die letzten Spuren Brenzcatechin lassen sich von der Bernsteinsaure durch Auswaschen der Krystalle mit Aether entfernen. Der Schmelzpunkt der so gereinigten Säure wurde bei 180^ C. gefunden, in Ueberein- Stimmung mit den Angaben der Lehrbücher.

Das Auftreten der Bernsteinsaure bei der Behandlung der Glycolignose mit schmelzendem Kali ist in der Weise zu erklären, dafs^ die Bernsteinsaure aus s der zuckerbildenden Gruppe des Holzes entsteht; denn es ist von Hlasiwetz schon früher beobachtet, dafs Zucker mit schmelzendem Kali behandelt Bernsteihsäure liefert.

Im Yerhaltnifs zu der in Arbeit genommenen Glycolig- nose resultiren nur sehr geringe Mengen Brenzcatechin, was bei der tief eingreifenden Zersetzung des schmelzenden Kali's und bei der Neigung des Brenzcatechins, sich mit Alkalien zu verändern, nicht zu verwundern ist.

Die Lignose mit Kali geschmolzen lieferte ebenfalls Brenzcatechin-Körper. Femer behandalte ich die Glycodru- pose mit schmelzendem Kali und «erhielt dasselbe Resultat, indem wiederum Brenzcatechin-Körper entstanden.

Bei der Behandlung vöUig reiner Cellulose mit schmel- ffendem Kali, wie man s^ durch wiederholte|; Auskochen des Tannenholzes mit Salpetersäure erhält, entstehen keine Brenzcatechin-Körper. In Beziehung auf die Reinigung der Cellulose ist zu erwähnen^ dafs nach dem jedesmaligen Kochen mit Salpetersäure der Rückstand mit verdünntem Ammoniak und heifsem Wasser ausgewaschen werden mufs. Die Cel- lulose prüft man am Besten auf ihre Reinheit, indem man sie

230 Erdmann, über die Constitution

anhaltend mit Salpetersäure kocht, wobei die Saure vollstän- dig ungefärbt bleiben mufs.

Aus «den Resultaten der vorliegenden Arbeit ist über die Constitution des Tannenholzes, der Concretionen und mit gröfster Wahrscheinlichkeit aller in Kupferoxydammoniak unlöslicher Holzfaserverbindungen folgender Schlufs zu ziehen.

Wir haben in den Celluloseverbindungen zunächst eine zuckerhildende Gruppe^ welche durch die Spaltung mit Salz- säure austritt; ferner eine aromatische Gruppe ^ welche mit der Cellttlose nach der Behandlung mit Salzsäure noch ver- bunden ist, und schliefslich die Gruppe der primitiven Cellu-- lose.

Bei der Annahme dieser drei Gruppen* im Holzkörper können wir uns die Entstehung der Destillationsproducte des Holzes hinreichend erklären; ich will nur auf die Entstehung der Verbindungen hinweisen, die der aromatischen Gruppe angehören, wie Benzol und seine Homologe und Phenylal- kohol.

^ ^Die Constitution des Tannenholzes ist aus folgender Zu- sammenstellung ersichtlich :

Brenzcateohin == ^^ 2 Moleoale Cellolose = GisH^Oio

CiaH^O,, O = „Lignoao*

Lignose.

Lignose = G,eHMOit , 2 Molecule Qlycose = Gj^H^Ois *

2 H,^ = H4 O,

^aoHie^si = »Glycolignoae'*.

€aoH46Öti + 2 H,0 = 2 €flH„Oe + disEje^n. Qljcolignose. Lignose.

Die Zusammensetzung der Glycodrupose gestaltet sich demnach wie folgt :

des Tannenholzes. 231

BrenBoateohin = G^

1 Molecul Cellulose = €« H«„o'

0ijHi^O^7

2 H,0 = H4O,

^i«H«o^» ^ = »Drupese*. €i«H,oOe + O = «eHioOfi + 2 H,0 + GeHeOfe. Drapose.

Orupose = Gi^B^Q^ 2 Molecule Glycose = Gi,Hs40|s

4 H,^ = He O4

6s4H,aOie = «GlycodrapoBe**.

^u^u^iB + 4 H,0 = 2 GeH„Oe + G^H^O,. Glycodrupose. Dmpose.

Durch die Kenntnifs von der ?usaininensetzungr der Gly- colignose und Glycodrupose gelangen wir zur Lösung einer höchirt wichtigen Frage, welche vor etwa einem Decennium von der medicinischen Facultät zu Göttingen gestellt wurde : jf Woraus entsteht die Bippursäure ^ welche im Harn der Herbrvoren enthalten ütf^

Diese Frage wurde von Weis mann dahin beantwortet, dafs der Ursprung der Hippursaure in der sogenannten in- krustirenden Substanz der Pflanzennahrung zu suchen sei. hl neuerer Zeit ist diese Untersuchung durch Heifsner und Shepard wiederaufgenommen, und haben sie das un- zweifelhafte Resultat erhalten, dafs der Ursprung der Hippur- saure in der Cuticularsubstanz der Pflanzen zu finden, also in einer Substanz, welche wie die Glycolignose die Cellulose in Verbinduig enthält.

Da nun die Constitution der Cuticularsubstanz nicht be- kannt war, so war es auch nicht möglich, das gewonnene Resultat weiter zu benutzen.

E0 scheint mir jatzt ungweifelhaß, dafs die Hippursaure ihren Ursprung aus der aromcUischen Gruppe der Cuticular-

232 Erdmann, über die Constitution des Tannenhohes.

Substanz nimmt und sich diese Gruppe im Organismus zu- nächst in Benzoesäure verwandelt, welche sich dann weiter mit dem stickstoffhaltigen Paarling zu Hippursäure vereinigt.

Zum Nachweis der aromatischen Gruppe in den Halmen

*

der Gramineen wurde die Rohfaser von Heu und Stroh, nach- dem sie vorher mit verdünnter Essigsäure, Wasser, Alkohol und Aether anhaltend ausgezogen, mit schmelzendem Kali behandelt, und würde das Entstehen der Brenzcatechin-Körper sowohl beim Heu als auch beim Stroh nachgewiesen.

Während ich dieses schreibe, erhalte ich von Dr. F. A. Flückiger aus Bern eine Abhandlung über die Chinarinden. F lückiger hat die Baströhren der Chinarinde mit Salzsäure gekocht und als Spaltun^product Traubenzucker erhalten; ferner bestimmte er den Cellulosegehalt in den Baströhren zu 52,5 pC. durch einmalige Oxydation mit Salpetersäure. Ich mufs es vorläufig noch unentschieden lassen, ob die Bast- röhren aus „Glycolignose" oder aus einer Verbindung : „Gly- colignose -f- Cellulose** bestehen. Obgleich die Glycolignose nur 43,67 pC. Cellulose enthält, also nahezu 9 pC. weniger als Flückiger gefunden, so glaube ich dennoch, dafs die Baströhren aus Glycolignose bestehen und die Entfernung der zu oxydirenden Substanzen keine vollständige war. Bei der Bestimmung der Holzfaser in der Glycolignose wurde nach einmaliger Oxydation ebenfalls keine völlig reine Cel- lulose erhalten.

Es ist jedenfalls rathsam, die zurückbleibende Cellulose mit Salpetersäure, wie oben angegeben, auf ihr^ Reinheit zu prüfen.

Hannover, im April 1867.

233

üeber die bromhaltigen Derivate der Gallus-

säure ;

von E. Gritnaux*).

Setzt man Brom in kleinen Portionen zu Gallussäure^ unter Zerreiben der Masse nach jedem Zusatz um die Mischung zu begünstigen, so beobachtet man lebhafte Einwirkung; das Gemische entfärbt sich rasch, wahrend zugleich reichliche Dampfß von Bromwasserstoffsaure sich entwickeln. Je nach der angewendeten Menge Brom erhalt man die einfach- oder* die zweifach-gebromte Gallussäure.

Zur Darstellung der einfach-gebromten Gallussäure nimmt man 1 Mol. Brom auf 1 Mol. Gallussäure (ungefähr gleiche Gewichte). Das Einwirkungsproduct -wird in seinem 5- bis 6 fachen Gewichte siedenden Wassers gelöst und die filtrirte Lösung der freiwilligen Verdampfung in trockener Luft, über Schwefelsäure, überlassen. Nach 1 bis 2 Tagen scheiden sich kleine hexagonale Tafeln von einfach-gebromter Gallus- säure aus; später krystallisiren aus der Lösung farblose glän- zende Blätter von zweifach-gebromter Gallussäure.

Die einfach-gebromte Gallussäure,

krystallisirt bei dem freiwilligen Verdunsten der wässerigen Lösung in kleinen, glänzenden, durchsichtigen, gelben hexa- gonalen Tafeln, welche bei lOO^ weifs und undurchsichtig werden. Aus der siedenden concentrirten Lösung scheidet sie sich in feinen farblosen Nadeln aus. Sie ist leicht löslich in siedendem, wenig löslich in kaltem Wasser, löslich in Al- kohol und inAether. Sie verändert sich erst oberhalb 200^;

•) Compt. rend. LXIV, 976. »«) C =r 12j O = 16; H = 1.

234 Orimauxj über die bromhaltigen Derivate

sie schmilzt, färbt sich, und zersetzt sich dann anter Aos- stofsnng Yon Bromwasserstoffsäuredämpfen und unter Hinter- lassung eines Ruckstandes yon Kohle. Sie oxydirt sich leicht an der Luft bei Gegenwart von Alkalien. Mit Kalkwasser und mit Barytwasser giebt sie eine rosenrothe, dann grün- liche, dann orangegelbe Färbung; mit Ammoniak und mit Kali wird sie orangegelb ; mit Eisenchlorid wird sie schwarz. Durch zweimaliges Umkrystallisiren aus Wasser gereinigt und bei 100<^ getrocknet ergab sie bei der Analyse die fol- genden Zahlen :

GeftiDd^n

Berechnet

Kohlenstoff .

88,47

38,74

Wasserstoff

2,86

2,00

Brom

82,18

Sauerstoff

82,18

100,00.

Die zweifach-gebromte Gallussäure,

erhält man zugleich mit der yorstehend besprochenen Säure ; aber man stellt sie leichter in der Art dar, dafs man die Gallussäure mit einem Ueberschuss yon Brom zusammenreibt. Nach der Constitutionsformel der Gallussäure kann es kein dreifach -gebromtes Deriyat derselben geben; auch erhält man nur die zweifach-gebromte Säure, in welchem Ueber- schusse man auch das Brom anwenden möge. Man reibt die Gallussäure mit ihrem 2- bis 3 fachen Gewicht an Brom zusammen, und behandelt das Einwirkungsproduct mit seinem 3 fachen Gewicht an kochendem Wasser; die Lösung giebt bei dem Erkalten die zweifach-gebromte Gallussäure in reinem Zustande. Dieser Körper krystallisirt in langen Nadeln oder in prismatischen Blättern, welche zerbrechlich, glänzend, farblos, manchmal etwas gelblich gefärbt sind. Bei 100<> ge- trocknet färbt er sich etwas; er hält 1 Mol. Wasser zuröck.

der OalltMsäure, 235

»

welches er auch bei 120^ noch nicht verliert Er wird dann undurchsichtig und gefärbt. Bei 140® beginnt er zu schmelzen und sich zu zersetzen. Auch giebt das zwischen 135 und 140® getrocknete Product den Kohlenstoffgehalt bei der Ana- lyse etwas üligrofs^ in Folge beginnender Zersetzung. Ober^ halb 200®. entwickelt sich eine grofse Menge Bromwasser- sloffsiure und es bleibt ein Bäckstand von Kohle. Die Analysen ergaben I u. 11 für ein bei 100®, IH für ein bei 120® getrocknetes Präparat eine der Formel C7H4Br205,H20 entsprechende Zusammensetzung :

Geftuiden

Berechnet

I

II

m

Kohlenstoff

23,86

28,77

28,90

24,27

Wasserstoff

1,»9

1,80

i,82

1,73

Brom

46.24

Sauerstoff

27,76

100,00.

Die Zusammensetzung des bei 135® getrockneten Prä- parates entsprach der Formel C7H4Brg06 :

Gefunden Berechnet Kohlenstoff 26,19 26,61

Wasserstoff 1,84 1,22

Brom 48,79

Sauerstoff 24,38

100,00.

Die zweifach-gebromte Gallussäure ist löslich in sieden- dem Wasser, wenig löslich in kaltem Wasser; sie löst sich in Aether und in Alkohol. Sie Yarbt sich bei Anwesenheit Yon Alkalien an der Luft sehr rasch. Einige Tropfen Kalk- oder Barytwasser färben sie lebhaft rosenroth; dann wird auf Zusatz einer neuen Menge des Beagens die Lösung hell- grün. Diese Lösung färbt sich an der Luft rasch dunkeler und nimmt eine sehr reiche rothe Farbe an. Setzt man die ätherische Lösung der Säure zu Barytwasser, so wi*^

236 Than^ über das Kohlenoxysulfid.

das Gemische schön indigoblau; die Färbung geht auf Zusatz von Wasser in Roth über. Ammoniak, Kali und Natron färben die Säure orangegelb; die Färbung wird in verdünnten Lösungen rosenroth. Auf Zusatz von Eisenchlorid zeigt sich schwarzblaue Färbung.

Ueber das Kohlenoxysulfid; von Carl Than *).

Diese neue gasartige Verbindung, von deren Eigenschaften ich hier, eine vorläufige Anzeige mache, besteht aus einem Atom Kohlenstoff, aus einem Atom Sauerstoff und aus einem Atom Schwefel. Die Zusammensetzung wird daher durch die Formel COS ausgedruckt. Dem chemischen Character nach kann sie als das Sulfid des zweiwerthigen Radicals Kohlen- oxyd betrachtet werden, daher nannte ich dieselbe Kohlen- oxysulfid. Auf Grund der vierwerthigen Natur des Kohlen- stoffatomes vermuthete ich schon vor langer Zeit die Existenz dieser Verbindung, um so mehr, da das fragliche Gas der chemischen Zusammensetzung nach das Mittel zwischen Koh- lensäure und Schwefelkohlenstoff darstellt, die schon lange bekannt sind. Sie kann als Kohlensäure angesehen werden, in welcher ein Atom Sauerstoff durch Schwefel ersetzt ist.

Die erste Methode, nach welcher ich das Gas nach vie- len vergeblichen Versuchen darstellen konnte, bestand darin, dafs ich Kohlenoxyd mit überschüssigem Schwefeldampf durch eine schwach glühende Porcellanröhre leitete. Bei diesem Verfahren bildet sich zwar durch directe Vereinigung der beiden Körper nach der Gleichung CO -f- S = COS eine nicht

*) Vorgetragen in der ditzung der math.-naturw. Classe der ungari- schen Academie zu Pest am 8. Juli 1867.

Than^ über das Kohlenoxysulfid. 237

anerhebliche Menge der neuen Verbindung, allein immer mit viel Kohlenoxyd gemengt, von welchem sie nicht getrennt werden konnte. In dem Verlaufe dieser Untersuchung stellte es sich heraus, dafs die neue Verbindung beim anhaltenden Glühen umgekehrt in Kohlenoxyd und Schwefel zerlegt wird. Aus dieser Eigenschaft ist es erklärlich, wefshalb das Gas nach diesem Verfahren in reinem Zustande nicht erhalten werden kann. Die Methode, nach welcher mir endlich gelang das Gas in reinem Zustande darzustellen, beruht auf folgenden theoretischen Betrachtungen. Es ist bekannt, dafs Cyansaure* bydrat durch die Aufnahme der Elemente des Wassers bei Gegenwart verdünnter Sauren in Kohlensäure und Ammoniak verwandelt wird. Diese Metamorphose kann am einfachsten aufgefafst werden, wenn man das Cyansäurehydrat als Imid der Kohlensäure (CO)^'HN betrachtet. In diesem Falle kann man sich denken, dafs bei der Zersetzung in der Cyansäure Kohlenoxyd durch 2 Atome Wasserstoff ersetzt wird und umgekehrt, wodurch Ammoniak und Kohlensäure gebildet werden, nach der Gleichung

(CO)"HN + H,0 = H,N + CO,.

Ist diese Auffassung richtig, so müfste in analoger Weise aus Sulfocyanwasserstoff bei der Einwirkung verdünnter Säu- ren Ammoniak und Kohlenoxysulfid gebildet werden :

(CSy'HN + H,0 = HaN + CSO.

Der Versuch hat diese Voraussetzung glänzend bestätigt, indem bei der Einwirkung von nicht zu sehr verdünnter Schwefelsäure auf Schwefelcyankalium wirklich die fragliche Verbindung entsteht. Bei diesem Vorgang wird aber nament- lich beim Erwärmen, wie bereits bekannt, ein bedeutender Theil des Schwefelcyanwasserstoffs in Ueberschwefelcyan- wasserstoff zerlegt. Ob man diese Zersetzung durch geeignete Bedingungen verhindern, oder ob man aus Ueberschwefelcyan- Wasserstoff das fragliche Gas ebenfalls abscheiden könne, werde ich durch spätere Versuche zu entscheiden suchen.

238 Tharij über das Kohlenoxysulßä.

Zur Darstellung «des Gases trägt man in ein erkaltetes Gemisch aus 5 Vol. concentr. Schwefelsäure und 4 Vol. Wasser so viel gepulvertes Schwefelcyankalium ein, dafs die Masse flüssig bleibt. Die Entwickelung des Gases stellt sich von selbst ein; sollte diese zu stärmisch sein, so kohlt man den Kolben mit kaltem VFasser ab ; sollte dagegen später die Ent* Wickelung nachhissen, so braucht man nur den Kolben mit einer Gaslampe auf einige Augenblicke zu berühren und zeit- weise tüchtig zu schütteln. Auf diese Art läfst sich ein con- stanter und ruhiger Gasstrom erhalten. Da das Gas aufser- dem eine Spur von Blausäure (wahrscheinlich auch Ameisen- säure), Wasserdampf und Schwefelkohlenstoff enthält, mufs man es durch drei U förmige Röhren leiten, von welchen die erste mit feuchtem Quecksilberoxyd eingeriebene Baumwolle, die zweite in möglichst kleine Splitter zerschnittenes Caout- chouk, die dritte Chlorcalcium enthält. Das Ouecksilberoxyd absorbirt die Säuren, das nicht vulkanisirte Caoutchouk den Schwefelkohlenstoff so vollständige dafs ich letzteres zu diesem Zwecke in allen ähnlichen Fällen bestens empfehlen kann. Das so gereinigte Gas wird über Quecksilber gesammelt, bt das Gas und das Quecksilber trocken, so üben sie auch nach mehreren Tagen keinen Einflufs auf einander aus. Das. feuchte Gas bewirkt aber, dafs nach einigen Stunden die Oberfläche des Quecksilbers mit einer dünnen Schichte von Schwefelquecksilber bedeckt wird.

Das so dargestellte .Gas hat einen der Kohlensäure nicht unähnlichen Geruch, der zugleich aromatisch an Harze and gewissermafsen an Schwefelwasserstoff erinnert, aber nicht unangenehm ist. Am Meisten erinnert dieser Geruch an den der kohlensäurereichen Schwefelwasser^ welchen man z. B. an der neuentdeckten Harkänyer und der Paräder Quelle wahr- nimmt Dieser aromatische Geruch ist aber nur an der Quelle unmittelbar nach der Schöpfung des Wassers bemerkbar, und

I

Than^ über das Kohlenoxysulfid, 239

ist mit dem Oblen Geruch, welchen die genannten Wasser einige Standen nach dem Schöpfen entwickeln, nicht zu ver- wechseln. Dieser letztere Geruch ist nämlich entschieden der des Schwefelwasserstoffs. Wasser absorbirt vom Gase etwa das gleiche Volumen und nimmt dadurch den eigen- thümlichen Geruch an. Der Geschmack der gesittigten Löspng ist entschieden süfs; unmittelbar darauf stellt sich aber ein prickelnder eigenthümlicher Schwefelgeschmack ein, der zu- gleich an Schwefelwasserstoff und schweflige Säure erinftert. Nach einigen Stunden nimmt die wässerige Lösung in Folge der Einwirkung des Wassers starken Schwefelwasserstoffge- mch an, gerade so wie das Harkänyer und Paräder Wasser.

Die Dichte des Gases ist doppelt so grofs (2,1046) als die der Luft, und es kann deshalb aus einem Gefäfse in ein anderes wie eine Flüssigkeit übergeschüttet werden. Neutraler Lackmusauszug wird von dem Gas sehr schwach, so zu sagen nur veilchenroth gefärbt. Es hat eine schwächere saure Reaclion als Kohlensäure.

Angezündet verbrennt das Gas mit schön blauer, nicht stark leuchtender Flamme zu Kohlensäure und schwefliger Säure. Die Entzündlichkeit ist ungemein grofs, indem es nicht blofs durch Flammen, sondern auch durch einen noch kaum glimmenden Hoizspahn augenblicklich entzündet wird. Neigt man das Gefäfs nach der Anzündung mit der Oeffnung ab- wärts, so fliefst das Gas aus und verbrennt vollständig. Ist die Oeffnung des Gefäfses nach Oben gerichtet und taucht man. dann eine brennende Wachskerze in das Gas, so ent- zündet sich dasselbe, während die Kerze ausgelöscht wird; diese wird beim Herausziehen durch die brennende Gas- schichte abermals angezündet, wie bei dem analogen Versuch mit Wasserstoff. D^ unvollständigen Verbrennung wegen scheidet sich bei diesem Versuch ein Theil des Schwefels als gelber Anflug an die Gefä&wände ab. Läfst man das

240 Tharij iUer das Kohlenoxymlfid.

getrocknete Gas aus einer Röhre ausströmen und zündet an, so brennt es continuirlich fort. Hält man über die so er- zeugte Flamme ein trockenes Becberglas, so bildet sich nicht die geringste Spur eines Wasserbeschlages.

Hit IV2 Vol. Sauerstoff gemischt entsteht ein Knallgas, das angezündet mit scharfem Knall und blaulich-weifser blen- dender Flamme explodirt. Hit sieben Volumen Luft brennt das Gas ruhig ohne Explosion ab.

* Kaliumhydrat, sowie alkalische Uetallhydrate überhaupt absorbiren das Gas etwas langsamer, aber elien so vollständig, wie die Kohlensäure. Die Lösung ist ganz geruchlos und entwickelt mit verdünnten Säuren viel Schwefelwasserstoff und Kohlensäure, wonach es wahrscheinlich erscheint, dafs das Gajs bei jener Absorption nach folgender Gleichung zer- legt wird :

cos + 4 KHO = K^COs .+ K,S + 2 HjO.

Die Kalilösung giebt mit ammoniakalischer Siiberlösung

einen reichlichen schwarzen Niederschlag. Die hiervon ab- filtrirte Flüssigkeit enthält keine Spur von Chlor oder Cyan. Dasselbe Resultat stellte sich bei der Prüfung der alkalischen Lösung auf Cyan mit Eisenoxyduloxydlösung heraus. Con- centrirte Sodalösung absorbirt das Gas ebenfalls^ aber viel langsamer. In Baryt- und Kalkwasser erzeugt das Gas so- gleich einen Niederschlag von Kohlensäuresalzen, während in der Flüssigkeit alkalische Schwefelmetalle gelöst bleiben« Basisch- essigsaures Blei giebt Anfangs einen weifsen Nieder- schlag, der sehr bald graubraun wird. Neutrale oder sgure Lösungen . der Blei-, Silber- und Kupfersalze werden von dem Gas gar nicht verändert.

Chlorgas, sowie rauchende Salpetersäure üben bei ge- wöhnlicher Temperatur auf das Gas keine Einwirkung aus. Mit 2 bis 3 Volumen Stickoxyd gemischt giebt das Gas kein explosives Gemenge. Leitet man das trockene Gas durch

Than^ über das Kohlenoxysülfid, 241

eine Kugelröhre, in welcher man Quecksilber erhitzt, so be- merkt man, dafs bis zum Siedepunkte des Quecksilbers keine Veränderung vor sich geht. Wenn man aber das Queck- silber längere Zeit im Gase kocht, so bildet sich ein sehr unbedeutender Anflug von Schwefelquecksilber. Bei gleicher Behandlung von Natrium bildet sich an der Oberflache schon bei gewöhnlicher Temperatur eine weifse Kruste, die beim Erhitzen leicht schmilzt und dunkel wird. Zum schwachen Rothglühen erhitzt, entzündet sich das Natrium und brennt dann explosionsartig mit blendendem Lichte zu einer schwarzen, leicht schmelzbaren Masse. Diese Masse besteht aus Kohle, Scbwefelnatrium und kohlensaurem Natrium. Sie enthalt aber keine Spur von Cyannatrium, woraus folgt, dafs das Gas nicht stickstofliialtig ist. Fein zertheiltes Kupfer, Silber und Eisen zerlegen beim Erhitzen das Gas ebenfalls in der Weise, dafs kein freier Schwefel abgeschieden wird.

Merkwürdig ist die Einwirkung des Gases auf Diäthyl- Quecksilber Hg^^(C^H5)2, wenn man letzteres in einem Kolben schwach erhitzt und zugleich das Gas hindurchleitet. Bei gewöhnlicher Temperatur zeigt sich gar keine Veränderung. In der Nähe des Siedepunktes stellt sich dagegen eine ex- plosionsartige Wirkung ein, in Folge deren merkwürdiger- weise sich rein metallisches Quecksilber ausscheidet, ohne dars sich auch nur Spuren von Schwefelquecksilber bildeten. Gleichzeitig entsteht eine gelblich gefärbte Flüssigkeit, die stark zwiebelartig, riecht Diese Flüssigkeit ist wahrschein- lich thiopropionsanres Aethyl, was aber noch durch spätere Versuche zu beweisen ist.

Das Gas zerlegt sich theilweise schon beim schwachen Rothglühen in Schwefel und Kohlenoxyd. Diese Zerlegung beobachtet man sehr gut beim Einschmelzen des Gases in Glasröhren, wobei sich an der Löthstelle Schwefel in Gestalt eines reichlichen gelben Rauches ausscheidet, und sich als

AumI. d. Ohem. o. Pharm. V. Bopplementbd. S. Heft. \^

242 ThaUf über das Kohknoxysulfid.

ein Anflug von Schwefelblairien an die kälteren Stellen der Röhre anlegt. Sehr auffallend ist diese Zerlegung bei dem folgenden Versuch, der zugleich eine quantitative Bedeutung hat, und ein sehr hubscher Yorlesungsversuch ist. In einer U förmigen Glasröhre, von Vs" Durchmesser, deren oben ge- schlossener Schenkel mit einem feinen, in die Glaswände ein- geschmolzenen Platindraht versehen ist, wird das Gas über Quecksilber aufgefangen, und mit Caoutchoucringen der Stand des Quecksilbers in den beiden Schenkeln bezeichnet*). Dann wird der eingeschmolzene Platindraht mit Hülfe von zwei B u n s e n 'sehen Elementen in lebhaftes Glühen versetzt. Damit die Glasröhre durch die starke Erhitzung nicht springe, ist es rathsam, das Glühen oft zu unterbrechen und auf ein- mal nicht lange anhalten zu lassen. Um den glühenden Draht wird das Gas zerlegt. Schwere und dichte Wolken von gelbem Schwefelrauch fallen in die Röhre nieder, so lange bis das Gas zerlegt worden ist. Die vollständige Zerlegung erfordert oft wiederholtes Glühen. Nach dem Erkalten be- sitzt das rückständige Gas das ursprüngliche Volumen. Dieses Gas ist geruchlos, trübt Barytwasser nicht, verbrennt mit blauer Flamme und trübt nach der Verbrennung Baryt- wasser sehr stark. Diese Eigenschaften zeigen, dafs das rückständige Gas Kohlenoxyd ist. Aus diesen Daten ergiebt sich die Zusammensetzung des Gases wie folgt :

Mllllffrm.

1 Yolam (22,33 CC.) Kohlenozysnlfid wiegt 60

1 Volum (22,38 CC.) Kohlenoxyd wiegt ..'..... 28

Die Gewichtdiff. ergiebt das Gew. des im Gase enth. Schwefels . 82

Da 28 Koblenoxyd 12 Kohlenstoff und 16 Sauerstoff enthalten, so ist im Kohlenoxysulfid enthalten:

*) A. W. Hof mann, Einl. in die moderne Chemie, 2. Aafl. S. 44.

Tkany über das Kohlenoxyaulfid, 243

0 12

0 16

S 82

Summa 60.

Diese Zahlen sind aber gerade die Atomgewichte der be- treffenden Bestandtheile, die Formel der Verbindung ist daher COS.

Die Dichte des Gases ist nach der Methode Ton B u n s e n *) zweimal bestimmt worden. Das Gas I war noch nicht ganz rein, da es nach einem Verfahren dargestellt worden ist, bei welchem die mit Caoutchouc gefüllte U förmige Röhre noch nicht angewendet wurde, daher das Gas schwefeikohlen- stoffhaltig und die Dichtigkeit desselben gröfser erschien^ als die Tom reinen Gase U. Die Dichte des Schwefelkohlen* Stoffdampfes (2,6) ist nämlich beträchtlich gröfser, als die des Kohlenoxysulfids (2,08). Die bei den beiden Gasen

beobachteten Versuchsdaten waren die folgenden :

I II

Du beobacht. Volam desi^aseB V^ = 232,82 CC. 282,82 CC.

Batometeratand sn derselb. Zeit P = 0,7611 M. 0,7533 M.

Möbe der QuecksilberBAule im

Kolben ....... p = 0,0281 M. 0,0441 M.

Temperatur de« Gases . . . t = 22^7 C. 22^9 C.

Das Gewicht des mit dem Gas

gefällten Kolbens . . . . G » 45,8390 Grm. 47,1000 Grm.

Das Gewicht des mit Luft ge*

fOllten Kolbens . . . . G^ = 45,0495 Grm. 46,8305 Grm.

Barometerstand za derselben Zeit P| = 0,7612 M. 0,7564 M.

Temperatur der Luft eu der- selben Zeit ti = 24^5 C. 28^6 C.

Ans diesen Daten berechnet sich

die Dichte 8 = 2,1152 2,1046

Diese Dichten mit 28,88 multipli- cirt geben die Molecnlarge- wichte M = 60,92 60,61

*) Qasometr. Methoden, 8. 124.

16*

244 Than, über die Koklenoxymlfid.

Nach diesen und den analytischen Resultaten unterlieget es keinem Zweifel, dafs das wirkliche Holeculargewicht des Gases = 60 ist. Hieraus lafst sich die theoretische Dichte berechnen, welche mit der gefundenen verglichen folgende Ergebnisse darstellt :

60 : 28,88 gefundene Dicbte theoretische Dichte Differenz Gas I 2,1162 2,0638 + 0,0819

Gm II 2,1046 20,888 + 0,0218

Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, dafs die gefundene Dichte mit der theoretischen namentlich bei dem reineren Gas 11^ innerhalb der Grenzen der bei ahnlichen Beobach- tungen stattfindenen Abweichungen, sehr gut übereinstimmt. Hiernach ist die Molecularformel des Kohlenoxysulfids COS = 60.

Zur Bestätigung dieser chemischen Zusammensetzung des Gases wurden zwei gasometrische Analysen nach der Bunsen'schen Methode ausgeführt. Die Gase rühren von zwei verschiedenen Darstellungen her und wurden wie oben erwähnt gereinigt Die Resultate sind folgende :

1. Analyse. (Ohne Knallgas.)

V P Vo Angewandtes Gas (getrocknet) .... 85,1 2I<^,8 0,2878 18,82

Nach Zusatz Ton Sauerstoff (getrocknet) 866,1 2l<^,8 0,5068 167,00

Nach der Explosion 842,2 22^,0 0,4924 157,00

Gefunden Berechnet Angewandtes Gas 18,82 19,21

Contraction . . 10,00 9,66

2. Analyse. (Mit Knallgas.)

V To P Angewandtes Gas (getrocknet) .... 93,5 23<>,3 0,2576 22,21

Nach Zusatz Ton Bauerstoff (getrocknet) 479,8 28^4 0,6366 281,1

Nach der Explosion mit Knallg. (getrockn.) 469,9 24<^,8 0,627 1 270,7

Than, über das Kohlenoxysulfid. 245

GeftindeB Berechset Angewandtes Gas 22,21 21,74

Contraotion . . 10,40 10,87

Die Bestimmung der verbrauchten SauerstoflTmenge war für die Berechnung der Analysen nicht brauchbar, da bei der Explosion sich immer sichtbare Mengen von Schwefel aus- geschieden haben, wodurch die verbrauchte Sauerstoffmenge noth wendigerweise kleiner sein mufste, als die berechnete. Dieser Umstand hatte dagegen keinen Einfiufs auf die Con- traction, da der nicht verbrannte Sauerstoff* dasselbe Vo- lomen besitzt, wie die schweflige Saure, die daraus ent- stehen sollte.

Was das Vorkommen des Gases betrifft, so scheint es mir, dafs es in der Natur ziemlich verbreitet ist. Da aber das Gas durch Wasser so leicht zu Kohlensaure und Schwefel- wasserstoff umgewandelt wird, ist es wahrscheinlich, dafs das Gas mit diesen Zersetzungsproducten verwechselt worden ist. Nach meinen bisherigen Erfahrungen kann ich es bei- nahe bestimmt behaupten, dafs das Gas in der neuen Thermal- quelle zu Harkäny im Baranyaer Comitate *) enthalten ist. Es scheint, dafs es auch in der kalten Schwefelquelle zu Parad vorkommt, und dafs diese Quelle, wie die vorige, ihren Schwefelgeruch dem durch die Zersetzung des frag-

*) Diese in wiasensobaftlioher Beziehung höobst interessante ar- tesische Quelle ist durch eine glänzend gelungene Bohrung des Herrn Bergingenienr W. Zsigmondy im Jahre 1866 entdeckt worden. Die Quelle liefert täglich etwa 70,000 £imer Wasser, welches die auffallend hohe Temperatur von 62^|6 (^ besitzt. Es strömt mit dem Wasser so viel entzündliches Gas aus, dafs es an der Oberflftche des Wassers unmittelbar angezündet werden kann, wo es dann einige Zeit Ton selbst fortbrennt. Das Wasser, mit dessen Analyse ich gegenwärtig beschäftigt bin, scheint aufser dem neuen Gase keine andere Bchwefelverbindung zu enthalten und ist an Kieselsäure auOierordentlioh reich.

246 Tharij über das Kohlenoxymlfid.

liehen Gases entstehenden Schwefelwasserstofie verdankt, wo- durch es erklärlich wäre, warum diese Wasser an der Quelle den entschiedenen Schwefelwasserstoff(|[eruch nicht zeigen, den sie in einigen Stunden nach dem Schöpfen so bestimmt annehmen. Ich halte es nicht unwahrscheinlich, auf Grund des Verhaltens mancher Schwefelkohlensauerlinge, dafs dieses Gas in zahlreichen anderen Schwefelquellen vorkommt. Ferner ist es kaum zu bezweifeln, dafs es in den schwefel- haltig^en Gasen der Vulkane , vielleicht auch in den Gasen der* faulenden organischen Substanzen enthalten ist

In analytischer Beziehung lafst sich das neue Gas, aufser durch seine physikalischen Eigenschaften und Verbrennungs- erscheinungen, durch folgende Reactionen characterisiren. Kaliumhydrat benimmt dem Gase oder der wässerigen Lo- sung augenblicklich den eigenthfimlichen Geruch. Die Kali- lösung braust mit verdünnter Schwefelsäure auf und ent^ wickelt einen starken Geruch nach Schwefelwasserstoff. (Unterschied von Schwefelkohlenstoffdampf.) In sauren Lö- sungen der Silber^ und Cadmiutns9ilze erzeugt das Kohlen- oxysulfid keinen Niederschlag; sobald man aber die Lösungen mit äberschüssigem Ammoniak versetzt, entstehen die be- kannten schwarzen resp. gelben Niederschläge. (Unterschied von Schwefelwasserstoff.) Nitraprusaidnatrium bewirkt in neutraler oder saurer Lösung keine Veränderung; nach Zu- satz von uberschässigem Kali oder Ammoniak entsteht aber augenblicklich die bekannte intensiv blau-violette Färbung. Jodstärke wird durch das Gas in kurzer Zeit entfärbt«

Ich bin mit der genaueren Bestimmung der physikalischen und chemischen Eigenschaften des neuen Gases beschäftigt, und behalte mir vor, die Resultate nächstens zu veröffent- lichen.

Schliefslich erlaube ich mir, meinen beiden Schulern, Herrn Baron LorandEötvös und HerrnBeiaLengyel, meinen

Buff^ ümuandlungi vonM(mochlorhydrinu.$,w. 247

Dank für die Hülfe auszodräcken , welche sie mir bei der Aosfübrung dieser Versuche geleistet haben.

Pest, am 20. Juli 1867.

Umwandlung von Monochlorhydrin in Pro-

pylenglycol und Milchsäure, und von Dichlor-

hydrin in Isopropylalkohol und Aceton;

von H. L. Bvff.

Das Entstehen der Glycerinsdure aus Glycerin lehrt, dafs letzteres einen Rest GHs-OH enthalt, indem sich diese Gruppe bei der Oxydation in den Kohlensaurerest, €()-0H, der Glycerinsaure verwandelt :

/€H«-OH /GO-OH

t€.H,-(OH), te,H,.(OH),

Gljcerin. Glycerinsttnre.

Wie Erlenmeyer*) schon hervorgehoben hat, fuhrt die Bildung des Isopropyljodärs, bei der Einwirkung von Jod- phosphor auf Glycerin, zu der Kenntnifs, dafs dieses wenigstens einen Wasserrest an dem mittleren Kohlenstoff- atom gebunden enthält, und hiernach können nur noch die beiden folgenden aufgelösten Formeln für Glycerin als mög- lich angenommen werden :

/GHs-OH /6H,-OH

{eH-OH und }G(0H),

t€Hj-OH (GH,

•) Ann. Chem. u. Fbarm. CXXXIX, 211.

248 Buff^ Umwandlung von Monochlorhydrin

Diese Formeln führen za :

GH-OH und |e(OH)s

für Glycerinsäure.

Eine Saure der letzteren Formel würde, wenn die alkoholischen Wasserreste durch ein Atom Wasserstoff und ein Atom Chlor substituirt würden, Chlorprop ionsäure von der Constitution GH3-€HCl-€0aH liefern. Dieses ist die Chlorpropionsaure , welche der gewöhnlichen Milchsäure, GH3-€H(GH)-G02H, entspricht. Wie W i c h e 1 h a u s ♦) kürz- lich gezeigt hat, entsteht aber bei der Einwirkung von Phos- phorchlorid auf Glycerinsäure nicht die Chlorpropionsaure der gewöhnlichen Milchsäure, sondern es bildet sich hierbei eine isomere Chlorpropionsaure. Diese kann, wenn die vier Affinitäten des Kohlenstoffs gleichwerthig sind, nur die der Fleischmilchsäure, HG-GH2-GH2-G92H, entsprechende Chlor- propionsaure sein; ihre Structur würde durch die Formel C1GH8-GH2-608H ausgedrückt werden. Chlorpropionsaure dieser Formel führt zu GH2(0H)-GH(0H)-GH(eH) für Glycerinsäure und zu GH2(GH).GH(9H)-GH2(OH) für Gly- cerin. Bei der Einwirkung von Phosphorchlorid auf Gly- cerinsäure findet hiernach Substitution von Chlor fpr Wasser- rest bei dem Kohlenstoffatom statt, welches nicht direct mit dem Kohlensäurerest der Säure verbunden ist; es tritt also das Entgegengesetzte von demjenigen ein, welches bei der Einwirkung von Brom auf Propionsäure von mir**) constatiri worden ist. Hierbei substituirt nämlich Brom ein Atom Wasserstoff bei dem mittleren Kohlenstoffatom, so dafs Brom- propionsäure der Formel GHs-GHBr-GOsH entsteht

*) Ann. Chem. n. Pharm. OXLIII» 1. **) DaaelbBt CXL, 156.

th Propylenglycol und Mächsäure u. s. w. 249

Glycerin der Structor €Ht(eH)-GH(eH)-€H,(OH) läfst für Monochlorhydrin zwei Formeln als möglich erscheinen :

ieH,Gi /eH,^H

}€H-0H nnd jeHCl

teH,-^H |€Hs-OH.

Die Ueberfuhrung des Monochlorhydrins in Propylenglycol versprach zu entscheiden, ob das Chloratom jener Ver- bindung durch ein aufseres oder durch das mittlere Kohien- stoffatom gebunden sei.

Monochlorhydrin, gemischt mit unzersetztem Glycerin und höher siedenden Producten der Einwirkung von Salzsäuregas aaf eine Lösung von Glycerin in Essigsäure, wurde in Al- kohol gelöst, die Lösung mit Quecksilberamalgam behandelt, filtrirt und der Destillation unterworfen. Aus dem Destillate wurde durch wiederholte fractionirte Destillation eine zwischen 185 und 190^ siedende dickliche Flüssigkeit isolirt; sie war nach der Rectification über Kalihydrat farblos, wasserhell und geruchlos.

0,17975 Qrm. derselben gaben bei der Verbrennung : 0,8125 €0, = 0,0861S e = 47,86 pC. Kohlenstoff nnd 0,166 H,0 = 0,01844 H = 10,26 pC. Wasserstoff.

Siedepunkt und Zusammensetzung führen zu dem bekannten Propylglycol , der nach Wurtz bei 188 bis 189^ siedet und der 47,33 pC. Kohlenstoff und 10,52 pC. Wasserstoff enthält.

Die Constitution des Propylenglycols ergiebt sich aus derjenigen der gewöhnlichen Milchsäure, welche daraus bei der Oxydation entsteht. Milchsäure der Structur GH8-€H(OH>-eO-OH führt zu Propylenglycol der Formel €Hs-GH(0H)-eH8-0H. Um noch bestimmter festzustellen, dafs der erhaltene Glycol identisch mit dem schon bekannten sei, habe ich eine wässerige Lösung desselben mit Platin-

250 Buffy Umwandlung von Monochlorhydrin

schwarz längere Zeit an der Luft stehen lassen, dann filtrirt, gekocht, die saure Flüssigkeit mit Zinkoxyd gesättigt und das Filtrat zur Kryslallisation eingedampft. Hierbei blieb ein Salz zurück, welches die Eigenschaften des Zinksalzes der gewöhnlichen Milchsäure besafs.

0,1352 Grm. desselben wogen nach dem Trocknen bei 100® 0,1106; Verlust = 0,0246 Grm. = 18,19 pC. Wasser.

Das Zinksalz der gewöhnlichen Milchsäure enthält 18,18 pC. Wasser.

Hierdurch ist festgestellt, dafs bei der Einwirkung von Salzsäure auf Glycerin zuerst Substitution von Wasserrest bei einem der äufseren Kohlenstoßatome stattfindet.

Man hat :

|GH,-OH

|€H-on |gh,-gh

GH,C1 GH- GH GHs-GH

GH, GH-OH [GHrOH

GH,

GH-OH

60-0H

Glycerin Monoclilorbydrin Propylengljcol Milcbsäare.

Dichlorhydrin würde, je nachdem das zweite Chloratoro den Wasserrest des mittleren oder des anderen äufseren KohlenstoiTatoms des Glycerins substituirte, gewöhnlichen Propylalkohol oder Isopropylalkohol liefern :

iGHjCl iGHg iGHaCl

JGHCl = }GH, }GH-OH =

{GHj-OH \GHj-OH ^GH.Cl

Propjlalkobol Isopropylalkohol.

Eine Lösung von reinem Dichlorhydrin in alkoholfreiem nicht entwässertem Aether wurde mit Natriumamalgam be- handelt; filtrirt und dann der fractionirten Destillation unter- worfen. Hierbei wurde eine leichte dünnflüssige wasserhelle, bei 82 bis 85^ siedende Flüssigkeit isolirt Durch Rectifica- tion über gebranntem Kalk und zuletzt über etwas Natrium, welches sich darin löste, wurde sie wasserfrei erhalten.

in Ptopylenglyeol und Milchsäure t/. s. w. 251

0,152 Orm. derselben gaben bei der Verbrennung : 0,3343 GO^ == 0,09117 r= 69,89 pC. Koblenstoff, und 0,1827 H,0 = 0,203 H = 18,35 pC. Wasserstoff.

Siedepunkt und Zusammensetzung entsprechen dem Iso- propylalkohol , wekher bei 82 bis 84» siedet und 60 pC. G und 13,33 pC. H enthalt. Der Alkohol gab bei der Behand- lung mit einer verdünnten Lösung von Schwefelsäure und Kaliumbichromat eine leicht fluchtige, nach Aceton riechende FIdssigkeit, welche sich auch beim Erwärmen mit Natron- lauge ganz wie Aceton verhielt.

Hiernach substituirt Chlor bei der Einwirkung von Salz- saure auf Glycerin die Wasserreste der beiden Kohlenstofl*- atome.

Man hat :

iGH,-9H i€H,Cl /GHjCl i€Ha /GH,

}€H-OH )CH.OH jGH-OH JGHOH \QQ

{eH,.OH {CH,-OH {GH,C1 {GHj {gEj

QlyciTin Monochlorhydrin Dichlorhjdrin laopropylalkohol Aceton.

Aufser Isopropylalkohol entstehen bei der Einwirkung von Wasserstofi* im Entstehungszustande auf Dichlorhydrin noch einige andere Producte von höheren Siedepunkten, deren Untersuchung noch nicht beendigt ist.

Bpichlorhydrin scheint bei der Behandlung mit Natrium- amalgam in ätherischer Lösung zuerst Wasserstoff zu addiren und in einfach-gechlorten Isopropylalkohol überzugehen :

fG,H ;GHa

IGU-OH + H, = }GH-^H [GH,C1 \ GH.C1

Epicblorbydrin Einfach-gechlorter Isopropylalkohol.

Zuletzt entstehen Isopropylalkohol und Condensations- producte.

Göttingen, den 28. Juli 1867.

252 Naumann^ über relative Orö/se

üeber relative Gröfse der Molecule; von Privatdocent Dr. Alexander Naumann.

Bedeutet fj den Reibungscoefficienten, m das Holecular- gewicht, u die Holeculargeschwindigkeit eines Gases, r den Halbmesser des kugelförmig vorgestellten MoleculS) so ist nach 0. E. Meyer*)

mu

Nun hat 0. E. Meyer**) aus den von Graham durch Versuche ermittelten Transpirationscocfficienten die absoluten Werthe der Reibungscoefficienten verschiedener Gase be- stimmt. Da aber die Moleculargewichte nur relative Geltung haben, so lafst vorstehende Gleichung sich zur Ableitung ebenfalls nur relativer Werthe der Molecularquerschnitte r% benutzen, welche in Folgendem für diejenigen Gase, deren Reibungscoefficienten bekannt sind, gegeben werden soll.

Es seien für verschiedene Gase fj und t/ die bezüglichen Reibungscoefficienten, m und m' die Moleculargewichte, u und u' die Moleculargeschwindigkeiten , r und r^ die Mole- cularhalbmesser; so ist nach obiger Gleichung

ma

m'xk* m'u'i^

r'*#r

woraus sich als Gröfsenverhältnifs der Molecularquerschnitte ableitet

r'* m'u'

7

(1)

♦) Pogg. Ann. CXXV, 697, 1865. **) Daselbst CXXVII, 878, 1866.

der Molecule. 253

Bezeichnen nun r und t' die absoluten Temperaturen der Gase, so hat nfian, da die lebendigen Kräfte der Hole- cularbewegungen den absoluten Temperaturen proportional sind,

mn* r , n y m'r

= - und r =-

m'u'«

mr*

Die Einsetzung dieses Werths in Gleichung (1) ergiebt

(2)

Vergleicht man die Gase bei gleichen Temperaturen t = t*, etwa beim Eispunkt, so geht Gleichung (2) aber in

^ = . ?'t^. (3)

^ ,!/«■

Setzt man für Wasserstoff, für welchen ohnehin der Molecularhalbmesser am Kleinsten ausfallt, r' = 1 und be- rücksichtigt man, dafs m' = 2 und fj' = 0,000134 ist, so erhalt Gleichung (8) die Gestalt

r* = 0,0000948 J-™-. (4)

-]/.,

)/.

0000948 ^ " - (5)

9

r3 = 0,0000948 J^. |/ 0,0000948-*^

(6)

Nach vorstehenden drei Gleichungen siAd die in den drei letzten Columnen nachfolgender Tabelle aufgeführten Wertbe berechnet.

254 Naumann^ über relative Orofse der Molecule.

/. .

VerhUteiBse der

ZoBammen*

1

5|

B-ß

Reibungs»

ä (D

k,u

Namen der Oase.

aetaang.

«4

1

Holeo gewio

coeffl- clenten.

olecnl

qner-

chnitt

1^1

0

1 a -

a

a>-

Wasserstoff

H,

2

2

0,000134

1

1

1

Sauerstoff

o.

2

32

306

1,76

1,32

2,32

Stickstoff

N,

2

28

267

138

1,37

2,67

Chlor

Cl,

2

71

210

8,80

1,95

7,41

Kohlenoxyd

eo

2

28

266

1,88

1,37

2,59

Stiokoxyd

NO

2

30

269

1,93

1,39

2,68

Chlorwasserstoff

HCl

2

36,5

225

2,54

1,59

4,06

Kohlensäure

eo.

3

44

231

2,72

1,65

4,49

Stickozydul

N,0

8

44

231

2.72

1,65

4,49

Schwefelwasserstoff

H,S

3

34

188

2,94

1,71

5,04

Schweflige Säure

so.

3

64

200

8,79

1,95

7,38

Ammoniak

NU,

4

17

156

2,50

1,58

8,96

Cyan

€,N,

4

52

155

4,41

2,10

9,26

Sumpfgas

€H^

5

16

174

2,18

1,48

3,22

Methylchlorid

€HaCl

5

60,5

167

4,03

2,01

8,10

Aethylen

e,H,

6

28

158

8,17

1,78

5,66

Aethylchlorid

GjHa . Gl

8 ,

64,5

158

4,97

2,23

11.09

Methyläther

€,He,0

9

46

148

4,84

2,08

9,05

Es versteht sich nach Gleichung (4) von selbst, dafs Körpern, welche bei gleichem Moleculargewicht auch gleiche Reibungscoefficienten zeigen wie Stickstoff und Kohlen- oxyd, wie Stickoxydul und Kohlensäure , ebenfalls gleiche relative Zahlen für Moleculargröfse zukominen. Aethylen hat zwar dasselbe Moleculargewicht, wie Stickstoff und Kohlen- oxyd, aber einen anderen Reibungscoefficienten und in Folge dessen auch eine andere relative Moleculargröfse. Für schweflige Säure und Chlor stimmen bei allen sonstigen Verschiedenheiten die Moleculargröfsen nahezu überein, ebenso für Chlorwasserstoff und Ammoniak. Einfache gesetzmfifsige Beziehungen lassen sich also nicht erkennen.

Giefsen, September 1867.

*) Unter Molecularvolam iBt hier der von einem Molecul erfUlte Raum EU verstehen, in welchen andere Massen nicht «indringen können, ohne das Molecul in seinem bisherigen Bestand la rer- nichten.

255

üeber den Pseudo-Harnstoff der Hexylenreihe ;

von J. J. Chydenius*).

Dieser Pseudo-Harnstoff gehört der neuen Classe von zosammengesetzten Harnstoffen an, welche Wurtz in der neuesten Zeit entdeckt hat. Um ihn darzustellen, mischt man zunächst cyansaures Silber und jodwasserstoffsaures Hexylen, welchesnachWankiyn und Erlenmeyer 's Verfahren durch Destillation von Mannit mit concentrirter Jodwasserstoffsaure dargestellt ist. Erhitzt man das Gemisch auf 50 bis 60", so tritt eine lebhafte Einwirkung ein, und bei der Destillation geht eine Flüssigkeit über^ welche sehr unangenehm riecht and deren Dämpfe die Augen stark angreifen» Mit über- schüssigem wässerigem Ammoniak geschüttelt erstarrt sie so- fort zu einer festen Hasse, dem neuen Harnstoff. Nachdem maa diesen von der ammoniakalischen Flüssigkeit getrennt hat, löst man ihn in siedendem Wasserstaus welcher Lösung er sich bei dem Erkalten derselben in Nadeln ausscheidet. Aber um ihn ganz rein zu erhalten, mufs man ihn noch ein- oder zweimal umkrystallisiren.

Der Pseudo-Harnstoff der Hexylenreihe bildet feine weifse Nadeln; er löst sich leicht in siedendem Wasser, und sehr leicht in Alkohol und in Aether bei gewöhnlicher Tempera- tur. Bei dem Erhitzen schmilzt er bei 127<) und beginnt bei etwa 220'^ zu sieden, unter theilweiser Zersetzung und Bntwickelung ammoniakalischer Dämpfe. Die bei der Analyse

gefundenen Zahlen entsprechen der Formel (^6Hi2H)hIn, :

H, j

•) Compt. rend. LXIV, 976.

256 Chydenius, Pseudo- Barnstoff d. Hexylenreihe.

Gefunden

Berechnet

Kohlenstoff

68.27

58,40

WaMerstoff

11,16

11,84

Stickstoff

19,69

19,44

Erhitzt man diesen Pseudo-Harnstoff in zugeschmolzenen Röhren mit einer sehr concentrirten Lösung von Aetzkali, so tritt unterhalb 230 bis 250^ keine Einwirkung ein. Bei dieser Temperatur wird Ammoniak frei und es bildet sich eine ölige Flössigkeit, welche wahrscheinlich das Isohexyl- amin ist. Ich habe sie nicht in hinlänglicher Menge für eine eingehendere Untersuchung erhalten, weil die Röhren bei dem starken Drucke der bei so hoher Temperatui^ ge- bildeten Gase zersprangen.

Wie man sieht, unterscheidet sich dieser Pseudo-Ham- Stoff wesentlich von dein mit ihm isomeren Hexyl- oder Caproylharnstoff, welchen P e 1 o u z e und Cahours*) dar- gestellt haben, sofern der letztere weifse Blättchen bildet und sich schon bei dem Kochen mit mäfsig concentrirter Aetzlauge zersetzt.

•) Ann. chim. phy». [4] I, 87 (vgl. Ann. Chem. n. Phaxm. CXSTII, 191).

Ansgegeben den 29. October 1867.

1

ANNALEN

DER

CHEMIE UND PHARMACIE.

V. Supplementbandes drittes Heft

Versilberung von Glas; von Ju8tu8 eon lAebig.

Ich theile in dem Folgenden die Hischongsverhaltnisse mit, welche ich nach einer längeren Reihe von Versuchen für die Darstellung von Silberspiegeln als die besten ' bei- behalten habe.

Bilberl'ösung : Man löst 1 Theil geschmolzenes salpeier- saures Silber in 10 Theilen destillirtem Wasser.

Ammoniaklösung : a) Käufliche, chlorfreie, Salpeter- säure wird mit Ammoniak-Sesquicarbonat neutralisirt und die Lösung bis zum specifischen Gewicht 1,115 verdünnt. Zu 37 Theilen Salpetersäure von 1,290 hat man 14 Theile Ses- quicarbonat nöthig; doch ist dieses Verhältnifs wegen des nicht immer gleichen Ammoniakgehalts des Sesquicarbonats nicht bestimmt

Das salpetersaure Ammoniak läfst sich vortheilhafl durch schwefelsaures Ammoniak ersetzen.

b) Man löst 242 6rm. schwefelsaures Ammoniak in Wasser und verdünnt bis zum Volumen von 1200 CC; das specifische Gewicht der letzteren Lösung ist 1,105 bis 1,106.

Natronlauge : Die Natronlauge mufs aus chlorfreiem koh- lensaurem Natron bereitet werden und ein specifisches Ge- richt von 1,050 haben; 3 Volume einer Lauge von 1,035

Ano«l. d. Chem. a. Pharm. V. Sopplementbd. S. Beft. J7

258 Liebig, Versilberung van Olaa.

spec. Gewicht , so wie man sie bei ihrer Darstellung ge- winnt, geben abgedampft auf 2 Volume eine Lauge von 1,050.

A. Versilberungsmischung :

100 Vol. Ammoniaklösung (der Lösung a oder b)

140 ,, Silberlösung 750 ,, Natronlauge

990 Volume.

Wendet man schwefelsaures Ammoniak an, so mufs in die Silberlösung die Lösung des schwefelsauren Ammoniaks eingegossen und sodann erst die Natronlauge in kleinen Por- tionen zugefügt werden ; die Flüssigkeit ist nach der Mischung trübe und mufs zur Klärung mindestens drei Tage lang ruhig stehen bleiben, ehe sie verwendet werden kann. Die klare Lösung wird mit einem Heber abgezogen.

Reductionsfiüssigkeit : a) 50 Grm. weifser Candiszucker werden in W^asser zu einem dünnen Syrup aufgelöst, sodann 3,1 Grm. VITeinsäure zugesetzt und eine Stunde im Sieden ge- halten; die Flüssigkeit wird sodann mit Wasser bis zum Volumen von 500 CG. verdünnt.

b) Man ubergiefst 2,857 Grm. trockenes weinsaures Ka- pferoxyd mit Wasser und setzt sodann tropfenweise so viel Natronlauge zu, bis das blaue Pulver sich gelöst hat. Man verdünnt die Lösung bis zum Volumen von 500 CG.

B. Beductiansmischung : 1 Vol. der Zuckerlösung (a)

mischt man mit 1 der Kupferlösung (b)

und setzt 8 Wasser zu.

C. Versilberung s/lüssigkeU :

50 Vol. Versilberungsmischung (A),

10 Reductionsmischung (B), 250 bis 300 Vol. Wasser. Bei der Versilberung werden die Gläser in die Kästen reihenweise zwei zusammen vertical eingesetzt^ die Ver-

Lieb ig, Versilberung von Olas. 259

silberangsflössigkeit (A) mit dem Wasser in einem beson- , deren Gefärse verdännt, sodann die Reductionsflüssigkeit ZQgemischt und die Kästen damit gefüllt; im Winter ist es zweckmafsig, warmes Wasser zu nehmen, so dafs die Tem- peratur 20 bis 2S^ C. erreicht.

Gläser zu optischen Zwecken müssen in horizontaler Lage versilbert werden , so dafs sie die Oberfläche der Flüs- sigkeit berühren; die Siiberfläche mufs durchsichtig mit blauer Farbe und glänzend sein und so fest haften, dafs sie beim Poliren nicht abgerieben wird.

Diese Versilberung ist für die Fabrikation von Spiegeln berechnet, deren Herstellungskosten die der gemeinsten Spiegelsorten (Nürnberger Judenmafs-Spiegel) nicht überstei- gen. Besondere Bestimmungen ergeben , dafs man mit diesen Mischungen vollkommene Spiegel herstellen kann mit einer Silbermenge, die auf einem Quadratmeter nicht mehr wie 3 bis 3V2 Grm. Silber beträgt.

Ohne den Kupferzusatz läfst sich diefs nicht bewerkstelli- gen ; ich bin nicht im Stande eine Erklärung hiervon zu geben. Die Wirkung des Kupfers giebt sich leicht zu erkennen, wenn man eine sehr verdünnte kupferfreie Lösung in einer Glas- röhre mit der Zuckerlösung versetzt und ruhig stehen läfst; der Silberabsatz ist alsdann weifs gefleckt und löcherig ; ist eine Spur Kupfer dabei, so ist der Absatz spiegelglänzend and fehlerfrei; bei mehr Kupfer setzt sich gar kein Silber ab. Es sind hier Adhäsionswirkungen im Spiel, die sich theoretischen Betrachtungen entziehen; es kommt darauf an, der Flüssigkeit eine solche Beschafl'enheit zu geben, dafs die Flfissigkeitstheilchen weniger Adhäsion zum Silber als die Glastheilchen haben, deren Oberfläche von der Flüssigkeit benetzt wird; ist die Adhäsion der Flüssigkeitstheilchen gröfser, so belegt sich das Glas nicht.

17

260 Louguinine u. Lippmann^ Darstellung

Hit der oben beschriebenen Methode der Versilberung hat eine Fabrik in der Nahe Nürnbergs über ein Jahr lang gearbeitet und sehr schöne Spiegel geliefert, sie fanden jedoch keinen Absatz. Es ist aber zu erwarten^ dafs mit der Zeit die Vorurtheile gegen die Silberspiegel schwinden werden *).

Neues Verfahren zur Darstellung des Cymens

aus Campher ;

von Louguinine und Lippmcum^.

Gleiche Aequivalentgewichte Campher und Phosphor- superchlorid werden zusammengerieben, wobei sich viel Chlorwasserstoffsäure bildet und die Masse halbflüssig wird. Sie wird dann einer ganz langsamen Destillation im Sandbade unterworfen, wobei sich fortwährend Chlorwasserstoflsäure entwickelt. Das Destillat wird zur Befreiung \'on Chlorwas- serstoflsäure und Phosphoroxychlorid mit Wasser gewaschen, mittelst Chlorcalcium entwässert und zur Beseitigung der letzten Spuren unangegrifl'en gebliebenen Camphers über Natrium rectificirt. Das so erhaltene Präparat ging zwischen 175 und 178^ über und ergab 89,7 pC. C und 10,6 pC. H (berechnet 89,6 und 10^4). Dieses Verfahren giebt minde- stens eben so viel Cymen , als das gewöhnlich angewendete,

*) Gewisse Erfahrungen , die ich bei der Veröffentlichung anderer Recepte machte , veranlassen luich snr Erklärung, dafs ich mich auf die Beantwortung von Anfragen um nähere Auskunft nicht einlassen werde.

**) Im Auszug aus dem BuUetin de la soci^t^ chimiqne de Paris Vn, 874.

des Oymens aus Campher. 261

and ein ziemlich reines Präparat. Es berulit auf folgenden Reactionen :

€i(>H,eO + PCU = OioH.jCl + HCl + POCl, ;

^10^16^ = ^10^14 + HCl.

Die zweite Spaltung .geht bei der langsam geleiteten Destillation vor sich. Die Rückbildung der Verbindung 610H15CI durch längeres Einleiten von trocknem Chlorwasser- stoffgas in Cymen in der Kälte gelang nicht.

üeber Abscheidung des reinen Platins und

Iridiums ;

von Dr. Woldemar eon Schneider.

Die Bichloridlösungen der Platinmetalle gehen, wie be- reits Claus in Beziehung auf das Iridium angegeben hat, mehr oder weniger leicht bei dem Erwärmen mit Natron- hydratlösung in niedere Chlorstufen Ober, unter Bildung von Chlornatrium Und unterchlorigsaurem Natron. Das Platin- chlorid erleidet diese Umwandlung erst durch sehr langes Kochen und selbst dann nur spurenweise, während die hö- heren Chlorverbindungen der übrigen Platinmetalle unter denselben Umständen vollständig und in kurzer Zeit zu nie- deren Chlorstufen reducirt werden. Da nur die Bichloride durch Chlorkalium gefällt werden, so läfst sich das Platin leicht auf diesem Wege von den mit ihm gemeinschaftlich vorkommenden Metallen trennen.

Wird die möglichst salpetersäurefreie Lösung, welche sich bei der Behandlung der Platinerze mit Königswasser

262 Schneider^ über Abscheidung

ergiebig mit kalifreier Natronhydratlösung bis zur stark alka* lischen Reaction versetzt^ so entsteht ein hydratischer Nie- derschlag, welcher alles Kupfer, Eisen und einen Theil der Platinmetalle enthält. Kocht man die Lösung mit dem darin befindlichen Niederschlage eine Zeit lang, so verschwindet die alkalische Reaction in dem Mafse^ als die Bildung des unterchlorigsauren Natrons erfolgt. Hat man das letztere durch Kochen mit einigen Tropfen Alkohol zerstört, die Flüs- sigkeit bis zur Wiederauflösung des Niederschlags mit Salz- säure versetzt und erforderlichen Falls filtrirt, so erhält man eine Lösung, aus der auf Zusatz einer heifs gesättigten Lö- sung von Chlorammonium nur das Platin gefällt wird. Der niederfallende Platinsajmiak ist hellgelb und hinterläfst beim Glühen einen Platinschwamm , der sich leicht ohne allen Bückstand schon in schwachem Königswasser mit hellgelber Farbe löst. Hat man zu wenig Natron angewandt, so zeigt das abgeschiedene Platin eine kleine Verunreinigung, die sich J)eim Auflösen desselben als Ruckstand zu erkennen giebt; bei zu grofsem Natronzusatz und zu anhaltendem Kochen dagegen bildet sich etwas Platinchlorür, das sich der Fällung durch Salmiak oder Chlorkalium entzieht.

Damit jede Verunreinigung vermieden wird, ist es am Zweckmäfsigsten , einen nicht zu geringen Natronüberschufs anzuwenden und das Kochen so lange fortzusetzen, dafs bei der Fällung durch Chlorammonium ein kleiner Antheil Platin in Lösung bleibt. Um diesen, so wie die in der Flüssigkeit enthaltenen Platinmetalle, nicht zu verlieren^ stellt man in die mit Salzsäure angesäuerte, bis zum Kochen erhitzte Lösung ein Kupferblech. Das an diesem ausgeschiedene Metallpulver wird, um zunächst das Palladium zu gewinnen, mit Salpeter- säure behandelt, und der übrig bleibende noch etwas platin- haltige Rückstand der nächsten, mit Königswasser zu behan- debiden Portion Platinerz hinzugefügt. Bei einem Versuch

des reinen Platins und Iridiums. 263

wurde auf diese Weise aus einer Lösung^, die 2,5410 Gnn. uralischem Platinerz entsprach, 2,0188 Platin als 79,45 pC. des angewandten Erzes erhalten. Das Metall löste sich ohne allen Rdckstand mit hellgelber Farbe in Terdunntem Königs- wasser -schon bei roäfsigem Erwärmen auf. Die Lösung, aus der das Platin gefallt war, gab mit einem Kupferblech dige- rirt einen Metallniederschlag, aus dem bei Behandlung mit Königswasser kein Fiatin mehr ausgezogen werden konnte. Der Versuch mit einer gleichen Menge derselben Lösung wiederholt gab 79^21 pC. Platin von gleicher Reinheit. Bei diesem letzteren Versuche enthielt die mit Salmiak gefällte Lösung noch eine geringe, quantitativ aber nicht mehr be- stimmbare Menge Platin. Bei beiden Versuchen wurde der Chlorplatinkaliumniederschlag auf einem Verdrangungsfilter Biit gesättigter Salmiaklösung, in welcher derselbe unlöslich ist, ausgewaschen. Die beschriebene Methode kann nicht nur zur Gewinnung des Platins , sondern auch zur quantitativen Scheidung desselben von den übrigen Platinmetallen mitVortheil benutzt werden. Für diesen Fall ist es besonders nöthig , das Kochen mit Natronlauge und Alkohol so lange fortzusetzen, dafs sich ein kleiner Theil des Platins der Fallung durch Salmiak ent- zieht. Ich gebe als Beispiel die nach dieser Methode in Prof. Bunsen's Laboratorium ausgeführte Analyse einer russi- schen Platinmünze. Dieselbe wird in Königswasser gelöst^ der noch etwas Palladium und Rhodium enthaltende Iridium- rfickstand von der Lösung durch Filtration getrennt. Aus dieser letzteren whrd nach dem Kochen mit Natron und Al- kohol und nach der Wiederauflösung des entstandenen Nie- derschlags in Salzsaure das Platin als Chlorplatinkalium ge- fallt, der mit einer gesättigten Lösung von Chlorkalium aus- gewaschene Niederschlag nach dem Trocknen noch unter der Glühhitze in einem Wasserstoffstrom reducirt und das vom Chlorkalium befreite Platin gewogen. Die von Platin

264 Schneider, über Abeekeidung

fast vollsltodig befreite, mit noch etwas mehr SalzsSore Ter- setzte Flüssigkeit gab durch Behandeln mit chemisch-reinem Zink ein schweres, leicht aussEuwaschendes Metallpulver, das mit dem bei der Auflösung der Münze hinterbleibenden nn* reinen Iridium vereinigt den weiter zu behandelnden, im Folgenden mit B bezeichneten Rückstand bildete. In der mit Zink behandelten farblosen Flüssigkeit ist das Eisen als Chlorur enthalten und daher sogleich durch Uebermangan- saure volumetrisch zu bestimmen. Aus dem Rückstand B zieht Salpetersäure das Kupfer und Palladium aus, die man am Genauesten in emer verschliefsbaren Flasche durch Schütteln mit Quecksilber trennt, durch das nur Palladium, nicht aber das Kupfer gefällt wird.

Die kleine Menge Platin, welche der Rückstand B jetzt noch enthält, wird, wie Anfangs bestimmt, der früher ge- fundenen Platinmenge hinzugefügt. Die auf diesem Wege analysirte Münze enthielt :

I.

Platin 9%M

Palladinm 0,42

Rhodiumhaltiges Iridium 4,21

Eisen 1,26

Kupfer 0,46

100,18.

Eine Probe des in der Petersburger Münze dargestellten iridiumhaltigen Platinschwamms zeigte, auf dieselbe Weise analysirt, folgende Zusammenstellung :

n.

Platin 81,01

Khodiumbaltiges Iridium . . 17,85

Eisen 0,44

Sand und Tiegelmaase . . . 0,47

99,77.

des reinen Platins und Iridiums. 265

Die svlelzt anfgefdhrte Veninreinigtifigr Ton Sand mid Tiegetanasae blieb bei dem Aafldsen einer gewogenen Menge Plalinschwamnis in metallischem, chemisch -reinem Zink zu- rock und enthielt keine Spar von Platinmetallen beigemischt.

Complieirter ist die folgende, nach derselben Methode Yon Herrn B. Scheitz unter Prof. Bunsen's Leitung aus* gefährte Analyse des Niederschlags, der in der Petersburger Mfinze bei der Bereitung des iridiumhattigen Platins dadurch erhalten wird, dafs man die Lösung des Platinerzes mit Kalk- waaser füllt.

Der zur Trennung der Platinmelalle von den übrigen Gemengtheilen des Niederschlags eingeschlagene Weg war folgender :

Man schmilzt etwa 10 6rm. bei 100^ getrockneter Sub- stanz mit 15 Grm. kohlensaurem Natron und 1 6rm. Salpeter i- bis IVs Stunden lang in einem geräumigen offenen Platintiegel vor der Glasbläserlampe und digerirt dann die Schmelze so lange mit Wasser, bis alles Lösliche extrahirt ist Der gelöste Theil A und der unlösliche Rückstand B werden jeder für sich untersucht. Die Lösung A enthält Kieselsäure^ Schwefelsäure, Chlorwasserstofisäure und Chrom- sdure. Man wiegt die Flüssigkeit in einer Gewichtsburette und theilt sie in drei Gewichtsportionen. In der ersten wird Kieselerde und Chromoxyd, in der zweiten Schwefelsäure und in der dritten Chlorwasserstoffsäure auf gewöhnliche Weise bestimmt. Der Rückstand B enthält Kupferoxyd, Eisenoxyd, Thonerde, Kalkerde, Magnesia und die Platin- metalle. Man digerirt dieselben wiederholt und lange mit Salzsäure, wobei ein Ruckstand C, der aus kupferhaltigem Pbtin mit etwas Palladium besteht, zurückbleibt und die übrigen Gemengtheile nebst etwas Palladium gelöst werden. Von der so erhaltenen, gleichmäfsig gemischten und gewo- genen Lösung wird ein Theil abgewogen und das Palladium,

266 Schneider, über Abscheidvng

wie oben angegeben, durch Quecksilber gerillt, die ab- filtrirte Flüssigkeit mit Salzsäure etwas eingedampft, Kupfer nebst Quecksilber aus der mit Wasser verdünnten Lösung durch Schwefelwasserstoff gefällt und das Kupfer in dem Niederschlage auf gewöhnliche »Weise bestimmt. Die Flüs- sigkeit enthält jetzt nur noch Eisenoxyd, Thonerde, Kalkerde und Magnesia, die leicht nach bekannten Methoden zu tren- nen sind. Die Metalle im Rückstände C werden in der- selben Weise geschieden, wie es oben bei der Analyse der Platinmünze angegeben ist. Wasser und Kohlensäure, welche die untersuchte Substanz aufserdem noch enthält, wurden nicht besonders bestimmt, sondern als Verlust in Rechnung gebracht. Von Iridium finden sich nur unwägbare Spuren.

m.

Schwefelsaurer Kalk 48,09

Kalkerde 8,24

Magnesia 0,89

Eiseoozyd 21,42

Eisenchlorid 7,14

Chromoxyd 1,41

Thonerde 0,79

Kieselerde 0,59

Knpferoxyd 9,58

Platinozyd 3,86

Palladiumozyd 1,95

Verlust (Wasser und Kohlensilare) . . 6,04

100,00.

Man wird annehmen dürfen, dafs das Eisen als Ozy- chlorid, das Platin und Palladium als Platinoxydkalk und Palladiumoxydkalk, ein Theil des Kalks als kohlensaures Sab und die übrigen Oxyde als Hydrate in dem Gemenge enU halten sind. Nach einer analogen Methode habe ich die fol- gende Analyse eines in der Petersburger Munse im Grofsen

des reinen Fiatins und Iridiums. 267

darg^estellten onreinen Iridiums ausgeführt, aus welcher durch Königswasser kein Platin mehr ausgezogen werden konnte :

Rhodium u. Rutheninm enthaltendes Iridinm 71,01

Palladium . 0,81

Kupfer 8,55

Eisen 8,04

Kieselerde 0,55

Thonerde 0,87

Kalkerde 4,70

Chlornatrium 14,12

Beigemengter Sand l,lo

■» ■■■■ ■■■!

99,28.

Zur Darstellung des chemisch -reinen Iridiums wird am Zweckmäbigsten der bei der Behandlung des Platinerzes mit Königswasser hinterbleibende Ruckstand angewandt Man schlierst denselben nach Wöhler's Methode mit Kochsalz in einem Strome Chlorgas auf. Um sogleich ein Pfund und mehr des Materials in Arbeit nehmen zu können, Ififst man den Kopf einer thönemen Tabakspfeife mit der Oeffnung nach unten auf den Boden eines grofsen hessischen Tiegels münden und füllt denselben bis zu Va seiner Höhe mit der aufzuschliefsen- den Mischung an. In dem Rande des mit Gyps aufgekitteten Tiegeldeckels befindet sich ein kleiner eingefeilter Ausschnitt, durch welchen der mif dem Chlorapparat verbundene Stiel der Thonpfeife hervorragt; ein anderer, in ähnlicher Weise eingekitteter, in den oberen leeren Raum des Tiegels mün- dender Pfeifenstiel fuhrt das mit dem Chlorstrom entwei- diende Chlorosmium durch ein mit demselben verbundenes Gtesrohr in einen Ballon, der bis zur Hälfte mit Alkohol ge- fällt ist. Man lafst das Chlor etwa einen halben Zoll hoch über der Alkoholschicht ausströmen, damit kein Druck im Apparate entsteht. Während der Behandlung mit Chlor darf der Tiegel, welcher mit seinem oberen Rande aus einer, die

268 Schneider^ über Abscheidung

Ofenmündung verschliefsenden Blechplatte hervorragt, nur die eben beginnende Glühhitze erreichen, da nur bei dieser Tem- peratur innerhalb einer sehr engen Grenze das Aufschliefsen möglichst YollstSndig erfolgt. Bei richtig geleiteten Opera- tionen schmilzt die Kochsalzmischung nicht, sondern sintert nur zu einer bröckeligen braunen Masse zusammen. Diese wird mit möglichst wenig heifsem Wasser zerrieben auf einem Extractionsfilter ausgezogen, die erhaltene Lösung mit einem Strome Chlorgas behandelt und nach Zusatz von etwas Salz- säure bis zur Sättigung mit fein pulverisirtem Chlorkalium geschüttelt. Der dabei gebildete, zuerst mit Wasser, dann mit gesättigter Chlorkaliumlosung auf einem Extractionsfilter ausgewaschene Niederschlag besteht aus den nur noch un- bedeutend verunreinigten Kaliumdoppelchloriden des Iridiums, Platins und Rutheniums. Die Lösung enthält fast alles Rho- dium, etwas Iridium nebst Eisen, Kupfer, Blei, sowie andere, aus dem Rohmaterial stammende Verunreinigungen, und dient zur Darstellung des Rhodiums. Die Gewinnung des chemisch- reinen Iridiums aus dem Niederschlage B geschieht durch Behandlung der wässerigen Lösung desselben mit Wasser- stoffgas. Sämmtliche Platinmetalle werden durch dieses Gas aus den wässerigen Lösungen ihrer Bichloride regulinisch gefällt, das Iridium aber, wie Professor Bunsen beobachtet hat, so schwierig, dafs die AbscheiÜung kleiner in Lösung befindlichen Mengen Platin, Palladium, Rhodium, .Ruthenium und Osmium zuerst erfolgt, indefs der gröfste Theil des Iridiumbichlorids nur in Sesquichlorid übergeht. Finden sich namhaftere Mengen der zu beseitigenden Platinmetalle vor, so ist es voriheilhaft, die Einwirkung des Wasserstoffes so lange fortzusetzen, dafs schon eine theilweise Reduction des Iridiums zu Metall erfolgt.

Man fuhrt die Scheidung am Besten auf folgende Weise aus: Der Niederschlag B wird in so viel kochendem Wasser

des reinen Ptatina und Iridiums» 269

gelöst, dars sich keine Chlordoppelsalze beim Erkalten mehr aussondern, und die Lösung in einen Glaskolben gebracht, der so geräumig ist, dafs die Flüssigkeit nur ungefähr die Hälfte desselben ausfüllt Man versieht darauf den Kolben mit einem dreimal durchbohrten Caoutchoucpfiropf und er- wärmt im Wasserbade auf 40^ bis 60^ C, oder setzt die Lö- sung besser noch der heifsen Sonne aus, nachdem man den Luftinhalt durch Wasserstoff verdrangt hat. Diefs geschieht einfach dadurch, dafs man das aus einem grofsen D ö b e r- einer'schenEntwickelungsapparat ausströmende Wasserstoff- gas durch eine unter dem Caoutchoucpfropf mündende Glas- röhre einleitet und die im Gefafse enthaltene specifisch acbvfrerere Luft aus einer durch den Pfropf geführten über der Flüssigkeitsschichte endenden Röhre entweichen lafst. In der mittleren Durchbohrung befindet sich eine etwas wei- tere, auf beiden Seiten offene Glasröhre, die unter der Flüs- sigkeitsschicht im Kolben mündet und die den Zweck hat, jederzeit mittelst einer engen, als Stechheber dienenden Glasröhre Fiüssigkeitsproben dem Kolben entnehmen zu können. Die Röhrenmündung, aus welcher der Gasinhalt des Kolbens in die Luft entweicht, wird durch eine Wasser- schicht abgesperrt, die Communication des Döbereine r*- schen Apparates mit dem Kolben dagegen offen erhalten, damit das absorbirte Wasserstoffgas stets durch neu hinzu- tretendes ersetzt wird.

War die Flüssigkeit zuvor durch Kochen von Luft be- freit, so pflegt nach zwei- bis fünfstündiger Erwärmung die Metallreduction an der Oberflache der Flüssigkeit sichtbar zu werden. Das Platin und die übrigen eben aufgeführten Metalle scheiden sich theils in matten, theils in metallglan- zenden Dendriten und Blattern auf der Flüssigkeit ab, oder bilden hie und da am Glase fest anhaftende Spiegelbele- gungen. Die Abscheidung der zu beseitigenden Metalle

270 Sehneider, über Abscheidung

fiiiDint je nach der Menge des angewandten Materials zwei bis acht Tage in Anspruch und kann als beendet betrachtet werden, wenn eine Probe der von Zeit zu Zeit durch gelinde Bewegung durchgemischten FIQssigkeit eine otivengrüne Farbe angenommen hat, auf Zusatz von Kalihydratlösung entfärbt und dann erst nach langer Zeit gebläut oder gefällt wird. Ent- hält die Flüssigkeit noch Spuren ton Eisen, was gewöhnlich der Fall ist, so entsteht zwar sogleich eine geringe Fällung auf Zusatz von Kalihydrat, in derselben kann aber durch Flammenreaction kein Platinmetall mehr nachgewiesen wer* den. Aus der auf diese Weise gereinigten, in einem andern Kolben filtrirten Lösung des Iridiumsesqnichlorids wird das Iridium durch abermalige Behandlung mit Wasserstoffgas chemisch rein, in oft Quadratzoll grofsen,auf der oberen Flache metallglänzenden spröden Blättern oder dendritischen Massen abgeschieden. Haben sich an den Wänden der Gefäfse, wor- in die Reduction vorgenommen wurde, wie es fast immer der Fall ist, oberhalb der Flüssigkeit kleine Mengen Metall an den Glaswänden reducirt, so entstehen beim Entfernen des Caoutchoucpfiropfs die heftigsten Explosionen, weil das mit Luft sich mischende Wasserstoffgas in Berührung mit den ausgeschiedenen Platinmetallen entzündet wird. Es ist daher unumgänglich nothwendig, bei der Füllung und Ent- leerung des Ballons die atmosphärische Luft oder das Was- serstoffgas zuvor durch Kohlensäure zu verdrängen.

Das Osmium wird aus dem theilweise in Chlorsubsti- tutionsproducte verwandelten Alkohol auf folgende Art leicht gewonnen. Man dampft denselben mit einem Ammoniaküber- schufs ein, löst wieder in Wasser, filtrirt die Lösung und dampft dieselbe bis zur völligen Trockenheit ein. Sublimirt man den so erhaltenen Salmiak in einem Strome Wasserstoff- gas in einem weiten Glasrohr, so bleibt das metallische Os- mium in traubig aufgeblähten metallglänzenden Massen zurück«

des reinen flcUins und Iridiums. 271

Aus dem Mitgetheilten ergeben sieb einige Folgerungen^ welche für die Metallurgie des Platins nicbt ohne Werth sind.

Die Analyse III zeigt, dafs die bei der Darstellung des reinen Platins im Grofsen noch gegenwartig benutzte He* thode von Döbereiner höchst nnzweckmärsig ist und durch ein bei weitem einfacheres und vortheilhafteres Verfahren ersetzt werden kann. Otto 'bemerkt in seinem Lehrbuch der Chemie S. 932: ^Franz Döbereiner machte die ittterressante Beobachtung, dafs das Platin aus den Lösungen, in denen es als Chlorid sich findet, bei Ausschlufs von Licht durch Kalk nicht als Oxyd gefallt wird, während die es begleitenden Platinmetalle dadurch mehr oder weniger leicht gefällt werden.^

Die fast völlige Abwesenheit von Iridium, Rhodium und Ruthenium in der Analyse III, welche mit einem nach dieser Döbereiner'schen Methode im Grofsen in der Petersburger Mänze erhaltenen Niederschlage angestellt wurde, beweist aber, dafs nur das Palladium und theilweise gerade das Platin und keineswegs die übrigen Platinmetalle durch Kalk- wasser gefällt werden. Die Rolle, welche das Kalkwasser bei dieser Scheidung spielt, ist eine ganz andere: sie be- ruht darauf, dafs die dem Platin beigemengten Bichloride der übrigen Platinmetalle in der durch Kalkmilch alkalisch gemachten Lösung in niedere Chlorstufen übergehen, die durch Chlorkalium oder Salmiak nicht mehr fällbar sind. Diese Reduction durch Kalkwasser ist überdiefs so unvoll- ständig, dafs das Platin, welches man aus den mit Kalkwasser behandelten Lösungen durch Salmiak gewinnt, noch mit einer verh«Itnif.mäf«g sehr grofsen Menge der beseitigenden Platinmetalle verunreinigt ist, wie die Analyse der Platinmünze I zeigt, deren Metall aus einer solchen Lösung durch Fällen mit Salmiak gewonnen worden. Noch deutlicher zeigt es sich in der Analyse II, dafs die zu beseitigenden Platinme-

S272 Bchneiderf über Abscheidung

lalle in der mit Kalkwasser behandelten Lösung zurück- bleiben. Der aus der Petersburger Münze in den Handel kommende iridiumbaltige Platinschwamm, welcher zu dieser Analyse 11 diente, wird auf die Weise bereitet, dafs man die mit Kalkwasser gefällte Lösung abdampft und den Rückstand einfach der Glühhitze aussetzt. Das so erhaltene Platin ist palladiumfrei, und enthalt, wie man sieht, nicht weniger als 17,8 Procent fremde Platinmetalle, welche aus der Lösung stammen. Die Verunreinigung des nach der Döbereiner'schen Methode bereiteten vermünzten Platins beweist in Ueberein- Stimmung mit Versuchen in Kleinen , die ich angestellt habe, dafs diese Methode, wo es sich um Darstellung des reinen Flatins handelt; nicht anwendbar ist. Aber ich glaube, dafs selbst da , wo es Nichts verschlagt, ein unreines Metall mit veränderlich wechselndem Platingehalt zu erhalten, diese Methode aufgegeben werden mufs. Der als Nebenproduct fallende Kalkniederschlag III enthält noch nahe an 4 pC. Platin, welches in einer Mischung darin enthalten ist, ^wie sie zur Extraction des Platins kaum ungunstiger gedacht werden kann. Die Beimischung von 40 pC. Gyps macht die Ex- traction des Metalls noch mehr zu einer im hohen Grade unbequemen und kostspieligen Operation , welche nicht viel weniger Aufwand und Arbeit in Anspruch nimmt, als die ursprüngliche Bearbeitung des Erzes selbst Jede Methode, welche gestattet, die bei der Scheidung des Metalls in den Materialien unvermeidlich zurückbleibenden Mengen von Pla- tin zu vereinigen und in einer concentrirteren Form auf ein- fache und ökonomische Weise auszuscheiden, wird daher diesem alten Verfahren vorzuziehen sein. Alle diese Vor- theile finden sich bei der oben beschriebenen Methode ver- einigt. Ohne auf die Einzelnheiten der Ausführung derselben im Grofsen einzugehen, wozu noch vielfaltige Versuche im Kleinen und im GruCsen unerläfslich sein würden, will ich

des reinen Piatina und Iridiums. 273

mich hier nur daraof beschränken^ ganz im Allgemeinen den Gang der fabrikmarsigen Scheidung anzudeuten, welcher mir der einfachste zu sein scheint. Man fällt die mit Salz- saareüberschufs eingedampfte und dann mit Wasser ver- dünnte Königswasserlösung des Erzes mit möglichst kali- freier Natronhydratlösung , kocht -die Flüssigkeit mit dem Niederschlage mit überschüssiger Natronlauge unter allmä- ligem Zutropfen von etwas Alkohol, versetzt die heifs6 Flüs- sigkeit bis zum Wiederauflösen des Niederschlages mit Salz- säure, filtrirt, wenn nöthig, und sättigt das Filtrat mit Chlor- ammonium, wobei der Platinsalmiak chemisch rein niederfällt. Der Niederschlag läfst sich auf einem Extractionsfilter von Filz durch Luftdruck mit gesättigter Salmiaklösung, und zwar^ wie ich mich überzeugt habe, mit weniger Wasser, als dem vier- fachen Volumen des Niederschlags entspricht, vollständig aus- waschen und dadurch sogleich in einem halb trockenen Zu- stande erhalten. Das aus einer concentrirten Lösung von Salmiak bestehende Waschwasser kann sogleich zur Fällung neuer Portionen der ursprünglichen Erzlösung benutzt werden. Aus der Mutterlauge lassen sich sämmtliche noch darin ent- haltene Platinmetalle auf die einfachste Weise fast frei von allen Verunreinigungen dadurch wiedergewinnen, dafs man die Mutterlauge bei Salzsäureüberschufs mit Kupferblech unter Vermeidung eines freien Luftzutritts in der Wärme digerirt. Es werden dadurch sämmtliche Platinmetalle in zertheiltem Zustande gefällt, und können, um die darin noch enthaltenen Spuren von Platin nicht zu verlieren, den fol- genden, mit Königswasser zu behandelnden Platinerzen ein- fach wieder hinzugefügt werden. Das bei der Fällung der Mutterlauge mittelst Kupferplatten gelöste Kupfer wird sich leicht durch altes Eisen als Cämentkupfer wiedergewinnen lassen. Die bei der Cämentation noch übrig bleibenden Mut- terlaugen geben mit Kalkmilch versetzt eine Flüssigkeit, die

Annal. d. Cham. a. Ph&rm. V. BuDolementbd. 3. Heft. 18

274 Perkin, über die Baeicität

zur Wiedergewinnung^ des Salmiaks benutzt oder wohl zweck- mdfsiger an die Salmiakfabriken abgesetzt werden kann.

Die vorstehende Untersuchung wurde unter Prof. Bnn- sen's Leitung in dessen Laboratorium ausgeführt.

üeber die Basicität der Weinsäure; von W. H. Perkin^y

Der vieratomige Character der Weinsäure ist durch die künstliche Bildung derselben aus Bernsteinsäure vollständig erwiesen worden. Von dieser Thatsache ausgehend wurden verschiedene Chemiker dahin geführt, diese Säure auch als vierbasisch zu betrachten, und in Bestätigung ihrer Hypo* these erhielten sie mehrere metallhaltige Verbindungen, welche die Formeln vierbasischer weinsaurer Salze besafeen. So fand H. S c h i f f , dafs bei dem Erhitzen des basischen wein- sauren Blei's auf 130^ dasselbe 1 Aeq. Wasser verlor, unter Bildung eines Körpers, welchen er ab das vierbasische Blei- salz betrachtet**), nämlich :

C4H4PbOe . PbO = HjO + C^HjPbjOe.

Auch Frisch hat eine bemerkenswerthe Zinkverbikidung erhalten durch Kochen von metallischem Zink mit Kali und Weinsäure und nachheriges sorgfältiges Neutralisiren der Lösung mit verdünnter Salpetersäure. Das Product hat die Zusammensetzung C4H8Zn206 -f~ VsHgO. ~ Aber wenn wir die sonderbaren Methoden betrachten, nach welchen diese Substanzen hervorgebracht wurden, und die hohen Tempe- raturen, bei welchen einige derselben getrocknet wurden,

*) Ans d. Jonro. of the Chemioal Sooiety (new series) Y, isa. •«) Ann. Ch0m. Pharm. CXXV, 146.

der Weinsäure. 275

wie auch die Thalsacbe, dafs die Weinsäure leicht 1 Aeq. Wasser abgeben und wieder aufnehmen kann, so wird es sehr schwierig, die wahre Constitution dieser Körper zu beurtheilen, namentlich da sie unlöslich und nicht kryslalli- sirbar sind. Ich habe es deshalb als Interesse bietend be- trachtet, den ersetzbaren Wasserstoff in einer anderen Weise zu untersuchen, und deshalb hauptsächlich neue Derivate untersucht, welche durch die Einwirkung der Chlorverbin- dungen von Säureradicalen auf den Weinsäureäther er- balten waren.

Einwirkung des Benzoylchlorürs auf Weinsäure- und

Traubensäureäther,

Mit Weinsäureäther gemischtes Benzoylchlorür wirkt auf den ersteren in der Kalte nicht ein, aber bei dem Erwärmen entwickelt sich viel Ghlorwasserstoffsäure. Ein Gemische der beiden Substanzen ungefähr nach gleichen Aequivalenten, doch den Weinsäureäther in geringem Ueberschufs enthal- tend, wurde im Wasserbade 2 bis 3 Stunden lang erhitzt. Das Product wurde wiederholt mit einer Lösung von kohlen- saurem Natrium gut geschüttelt, um, was etwa vom Benzoyl- chlorür oder vom Weinsäureäther noch unangegriffen geblieben sein mochte, zu zersetzen und zu beseitigen. Die alkalische Losung wurde dann von der neuen Verbindung getrennt, welche in der Form eines sehr dickflüssigen Oeles erhalten wurde. Dieses Oel wurde dann mit Wasser gewaschen, in Aether gelöst und zur Beseitigung von etwa noch zurück- gebliebenem. Wasser mit trockenem kohlensaurem Natrium geschüttelt. Die ätherische Lösung wurde dann filtrirt und im Wasserbade abgedampft. Auf diese Art blieb der neue Körper als ein sehr dickflüssiges aber durchsichtiges Oel rückständig. Seine Zusammensetzung entsprach der des Wein-

276 Per hin, über die Basicttät

Säureäthers, in welchem 1 Aeq. Wasserstoff durch 1 Aeq. Benzoyl ersetzt ist :

Berechnet Gefunden

Ci5

180

58,06

57.64 57.86

18

5.80

5,90 5,83

0,

112

36,14

810 100.00

Dieses Product verwandelt sich bei 2- bis Swöchent- lichem Stehen, namentlich unter Wasser, fast gänzlich zu einer Hasse farbloser prismatischer Krystalle, welche nach starkem Auspressen zwischen Fliefspapier unter einer kräf- tigen Schraubenpresse^ bis sie ganz frei von Oel ist, einem Kuchen weifsen Wachses ähnlich aussieht. Diese Hasse schmilzt bei dem Erwärmen leicht und erstarrt bei dem Er- kalten allmälig zu einer schön strahlig krystallinischen Hasse. Ein Theil dieser Substanz gab in Sauerstoff verbrannt

Gefunden Berechnet

Kohlenstoff 58,08 58,06

Wasserstoff 5.98 5,80

also dieselbe Zusammensetzung, wie sie för die nicht kry- stallinische Substanz gefunden worden war. Als ich zuerst diesen festen Körper erhielt, war ich geneigt zu glauben, dafs er mit dem öligen Producte nur isomer sei; aber wei- tere Betrachtung läfst mich ihn einfach als eine reinere Sub- stanz betrachten, und diefs möchte auch daraus hervorgehen, dafs die Analyse des festen Körpers die mit der Berechnung am Besten übereinstimmenden Zahlen ergab. Ich habe ein öliges Product drei Honate lang vollkommen klar stehen ge- habt, aber nach dem Reiben der Wandung des Gefäfses mit einem Glasstab begann es allmälig zu krystallisiren.

Ich schlage vor, diese Verbindung als Benzowefnsäure^ äiher zu bezeichnen.

Im reinen Zustande ist derselbe ein weifser, geruchloser,

der Weinsäure. 277

leicht ZQ pulyernder Körper. Er schmilzt bei 64^ C. und kohlt zu einem zähflüssigen Oel ab, welches erst nach län- gerem Stehen erstarrt; aber das Hineinwerfen eines kleinen St&ckchens des festen Körpers leitet sofort den Beginn der Krystallisation ein, welche unter beträchtlicher Temperatur- erhöhung vor sich geht. Er krystallisirt in durchsichtigen Prismen. Stark erhitzt destillirt er unter Zersetzung. Er ist nach allen Verhaltnissen in Alkohol und in Aether löslich; er ist etwas löslich in siedendem Wasser, welche Lösung bei dem Erkalten milchig wird und ölige Tropfen ausscheidet, wäh- rend spater schöne aber kleine prismatische Krystalle sich absetzen. Seine wässerige Lösung schmeckt schwach bitter. Seine Lösungen verändern nicht die Farbe von Lackmus- papier. Wasserige Kalilösung scheint auf ihn nicht einzu- wirken. Bei der Einwirkung von Natrium wird Wasserstoff entwickelt und wie es scheint eine Natriumverbindung ge- bildet. Er ist specifisch schwerer als Wasser.

Wird Benzoweinsäureäthcr in einer zugeschmolzenen Röhre mit alkoholischer Ammoniakflussigkeit auf 100^ erhitzt, so wird er langsam zersetzt unter Annahme einer blafs- brdunlichgelben Farbe. Wird das Product zur Trockne ver- dampft und dann Wasser zugesetzt, so scheiden sich einige ölige Tropfen von unzersetzt gebliebenem Aether aus, welche mittelst Filtriren durch ein benetztes Filter beseitigt werden können. Das Filtrat erföllt sich bei Zusatz von Salzsaure mit Krystallen von Benzoesäure , und wenn die von diesen getrennte Flüssigkeit zur Trockne eingedampft wird, so bleibt ein gummiartig aussehender und in Wasser sehr lösli- eber Rftckstand. Nach dem Kochen desselben mit starker Kalilö- sung (wobei beträchtlich viel Ammoniak sich entwickelt) wiM auf Zusatz von Salzsäure wiederum viel Benzoesäure ausgeschieden, was anzeigt, dafs bei dieser} Reaction ein, Benzoyl enthaltendes lAmid gebildet wurde; doch entsteht

278 Per hin, über die Basicüät

dabei kein Benzamid. Die Producte dieser Reaction sind wahrscheinlich Benzoesäure, Tartramid, Benzotartramid und Alkohol.

Ich habe verschiedene Versuche gemacht, ein zweites Aequivalent Wasserstoff in dem WeinsSureather durch Ben- zoyl zu ersetzen , aber es ist mir bis jetzt nicht gelungen. Wenn man Weinsäureäther mit 2 Aeq. Benzoylchlorur, oder Benzoweinsäureäther mit 1 Aeq. Benzoylchlorör erhitzt, so erhält man ein Oel; dessen ätherisehe Lösung bei dem Ein- dampfen gelatinös wird. Ich habe mehrere Verbrennungen verschiedener Präparate dieses Productes ausgeführt, welche in mehrfacher Weise gereinigt waren und deren letztes durch Erhitzen mit Benzoylchlorör bis zu ISO'^ C. dargestellt wor- den war. Ich habe indessen keine irgend brauchbaren Re- sultate erhalten. Die Kohlenstoffbestimmungen gaben zwischen 60,24 und 61 pC. schwankende Resultate, die Wasserstoff- bestimmungen etwa 5,4 pC. Diesen Zuwachs im Kohlenstoff- gehalt betrachte ich nicht als auf der Einführung von Benzoyl beruhend, da selbst bei 240<> C. ein Gemische von Benzo- Weinsäure und Benzoylchlorür kaum eine bemerkliche Menge von Chlorwasserstoffsäure frei werden läfst.

Benzoylchlorör wirkt auf Traubensäureäther genau in derselben Weise wie auf Weinsäureäther ein, unter Ersetzung von 1 Aeq. Wasserstoff* För das Product der Einwirkung schlage ich die Bezeichnung Benzotrauheiuäureäther vor, da es mit dem vorhergehenden Körper isomer und nicht iden- tisch ist. Es schmilzt bei einer beträchtlich niedrigeren Tem- peratur, nämlich 57^, und krystallisirt nicht so leicht wie dieser Körper.

Einwirkung alkoholischer RaliVösung auf Benzoweinsäureäthir.

Der Benzoweinsäureäther wird durch alkoholische Kaii- iösung sehr leicht zersetzt, weiche, wenn im Ueberschusse

der WeiMäure. 279

einwirkend 9 Benzoesäure und Weinsäure entstehen lafst; aber die Einwirkung kann auch gemäfsigt und intermediäre Producte können erhalten werden, wenn man eine verdünnte alkoholische Lösung des Aethers und eine schwache alkoho- lische Kalilösung in solcher Menge, dafs das vorhandene Kali unsureichend zur vollständigen Zersetzung des Aethers ist^ anwendet Nach der Behandlung des Benzoweinsfiureathers in der letzteren Weise wurde mafsig erhitzt, bis der über* schfissige Alkohol verdampft war; dann wurde Wasser zur Ausscheidung etwaiger öliger Producte zugesetzt; die durch ein benetztes Filier filtrirle Flüssigkeit wurde mit Salzsäure angesäuert, wo sich ein Oel ausschied, welches wiederum beseitigt wurde, und die klare Flüssigkeit wurde über Schwe- felsäure unter die Glocke einer Luftpumpe gestellt. Nach einigen Tagen bildeten sich in ihr schöne Krystallbüschel, welche nach dem Waschen mit Wasser rein befunden wur- den. Bei 100<> getrocknet ergaben sie bei der Verbrennung in Sauerstoffgas die Zusammensetzung:

0 H lcA(C,H,0)Oe = C„H,A.

Ol

Berechnet Oefhnden

i\^ 156 55,32 54,84

Hu 14 4,96 5,08

O, 112 89,72

282 100,00

Sie sind also Aethylöenzoweinaäure oder die Aethyl- und Wasserstoffverbindung der Benzoweinsaure. Diese Säure ist ein hübsches Product, in Büscheln harter Nadeln krystalli- sirend, schwierig löslich in Wasser, aber äufserst löslich in Alkohol und in Aether. Bei dem Verdunsten ihrer alkoho- lischen oder ätherischen Lösung scheidet sie sich in fächer- förmigen Krystallgruppen ab. Ihre wasserige Lösung röthet Lackmospapier. Sie wird durch Kali leicht zersetzt und ihre Salze scheinen ziemlich unbeständig zu sein. Ich er-

280 Perkiny über die Basicität

hielt diese Säure nur in einer für eine vollständigere Unlm*- suohung ungenügenden Menge.

Die Mutterlaugen von der Aethylbenzoweinsäure ent- halten beträchtliche Mengen von Dessaignes' Benzowein- säure*). Die bevor erwähnte, bei dem Ansäuren des Rob- productes sich ausscheidende ölige Flüssigkeit besteht aus einem Gemische von Benzoesäure und Aethylbenzoweinsäure, mit etwas neutralem, wie Benzoesäureäther riechendem Oel*

Bei Behandlung des Benzoweinsäureäthers mit alkoho- lischer Kalilösung finden also die folgenden Reactionen statt :

BenzoweinBäareäther Alkohol Aethylbenzoweins&nre ;

II) c|H^]c,Ha(C,H50)Oe + 2H,0 = 2C,HeO-h J|} C,Hs(C,H50)0e

Benzoweiosftare ;

III) c*H*}c4H,rC,H,0)Oe+3H,0=2C,HflO+^|c4H40e + C^HeO,

Weinsäare Benzotoäare.

Einwirkung des Succinylchlorürs auf W einsäur eäthre.

Wenn Succinylchlorur und Weinsäureäther zusammen erhitzt werden, so entwickelt sich Chlorwasserstoffsäure in beträchtlicher Menge und ein neutraler öliger Körper bildet sich. Für die Darstellung dieser Substanz habe ich im Allge- meinen den Weinsäureäther und das Succinylchlorur in dem Verhältnisse von 2 Aeq. des ersteren mit 1 Aeq. des letz- teren angewendet. Diese Körper wurden zusammen in einer weiten Reagensröhre im Wasserbade erhitzt, bis sich keine Chlorwasserstoffsäure mehr entwickelte. Das Prodnct wurde während einiger Stunden häufig wiederholt mit Wasser ge- schfiUelt^ um noch vorhandenes freies Succinylchlorur zu

*) J. pharm. [3] XXXII, 47 (Jahresber. f. Chemie u. s. w. mr 1867, ß07).

der Weinsäure. 281

zersetzen und unangegriffenen Weinsäuredther zu e#fernen, und dann in derselben Weise wie der Benzoweinsäureather gereinigt. Die Analysen, durch Verbrennung der Substanz in Sauerstoffgas, gaben för^sie die Zusammensetzung :

d. h. zwei Aeq. Weinsdureather vereinigt durch die Ersetzung von 2 Aeq. Wasserstoff durch zweiatomiges Succinyi.

berechnet gefunden

c«>

2i0

48,68

47,72

47,79

H«»

80

6,07

6,81

5,81

0,4

224

46,35

494 100,00.

Der Kohlenstoff- und der Wasserstoffgehalt sind bei diesen Analysen etwas zu niedrig erhalten worden. Es be- ruht diefs, wie ich glaube, auf der Anwesenheit von einer geringen Menge eines neutralen chlorhaltigen Oeles, welches gewöhnlich in dem Succinylchlorur gefunden wird; und bei der Natur des neuen Productes konnte ich dasselbe nicht weiter reinigen. Eine Verbindung, welche 1 Aeq. Weinsäure- Äther mit 1 Aeq. Succinyi an der Stelle von 2 Aeq. Wasser- stoff wäre, wurde einen viel höheren Kohlenstoffgehall, nant- licb 53,7 pC, verlangen.

Ich schlage vor, dieses Product als Succinoweinsäure- äther zu bezeichnen. Es ist ein sehr dickflüssiges Oel von blafsgelber Farbe, aber ich glaube, dafs es im vollkommen reinen Zustande farblos ist. Es ist nach allen Verhältnissen in Alkohol und i^ Aether löslich, und diese Lö^mgen ver- halten sich neutral gegen Lackmuspapier. Bei dem Erhitzen mit alkoholischer Kalilösung wird es zersetzt. Es kann nicht destillirt werden ohne Zersetzung zu erleiden.

282 PerJctfif über du Basicäät

Eimov^kung des Äcetylchlorürs auf Benzowemsäureäther.

Da es mir nicht gelungen war, ein zweites Aeq. Was- serstoff in dem Weinsäureather d^Tch Behandlung desselben mit Benzoylchlorür zu ersetzen , so erschien mir die Anwen- dung einer kräftiger wirkenden Chlorverbindung angezeigt, und ich wählte das Acetylchlorur.

Ein Gemisch von Benzoweinsäureäther und Acetylchlorur nach etwa gleichen Aequivalenten, doch das Chlorur in schwachem Ueberschusse enthaltend^ wurde in einer zuge- schmolzenen Röhre 3 bis 4 Stunden lang auf 140 bis 150^ C. erhitzt. Be'i dem Oeffnen der Röhre entwichen grofse Men- gen Chlorwasserstoffsäure. Das ölige Product wurde mit Wasser gut geschüttelt und in Aether gelöst. Die ätherische Lösung wurde dann mit trocknem kohlensaurem Natrium ge- schüttelt, filtrirt und im Wasserbade zur Trockne eingedampft. Die Zusammensetzung dieses Productes entsprach nahezu der Formel :

(C,H5),.C4H,(C,H^O)(C,H,0)0« = C„H^Oa.

d. h. der des Benzoweinsäureäthers, in welchem 1 Aeq« Wasserstoff durch Acetyl ersetzt ist.

Berechnet Gefimden

CtT

204

57»96

68,09

H,o

20

5,68

5,80

Oa

128

36»37

852 100,00.

Dieses Product, für welches ich die Bezeichnung ^oe^o- benzoweinsäureäther vorschlage ^ ist ein fittfserst dickflössiges farbloses Og), specifisch schwerer als Wasse^ Es zeigt keine Neigung, den festen Zustand anzunehmen, sofern monatelangr aufbewahrte Präparate vollkommen klar blieben. Bs ist sehr leicht löslich in Alkohol und in Aether, und vollkommen neu- tral gegen Reagenspapier. Bei dem Erhitzen mit alkoholischer

d$r Weinsäure, 283

Kalilosong wird es vollständig za Alkohol, Essigsäure, Benzoe- säure und Weinsaure zersetzt, gemafs der Gleichung :

(CjH^), . C4Hi(C,H50)(C,H.O)Oe + 4 H,0 =

2C,HeO + C^40» + CyHeO, + 04HeOe Alkohol Essigsäure Benzo^säare Weinsäure.

Einwirkung des Acetylchlorürs auf Weinsäure-' und Trau-

bensäureäther,

Weinsaureätber wird durch Acetylchlorür selbst bei ge- wöhnlicher Temperatur lebhaft angegriffen; grofse Mengen Chlorwasserstoffsäure werden entwickelt und das Gemische wird ganz heifs. Werden gleiche Aequivalente beider Sub- stanzen angewendet, so bildet sich ein öliger Körper. Dieser lafst sich in derselben Weise reinigen, wie der Acetobenzo- weinsaureather. Die bei der Verbrennung desselbe^ in Sauer- stoffgas erhaltenen Zahlen entsprechen der Formel :

(CA),. C4H,(C,H,0)Oo = C,oH,eO„

welche die des Weinsaureathers ist, in dem 1 Aeq. Wasser- stoff durch Acetyl ersetzt ist.

berechnet gefunden

C,o

ISO

48^8

48,17

Ht.

le

6,45

6,62

0,

112

46,17

248 100,00.

Diese Solotanz, fär welche ich die Bezeichnung Aceto- weinsäureäther vorschlage, ist ein farbloses Oel, nicht ganz so zähflüssig als die vorher beschriebenen Verbindungen, etwa von der CoDsistenz des Olivenöls. Erhitzt man es in einer in ein Oelbad gesetzten Retorte, so beginnt es sich bei ziemlich hoch gesteigerter Temperatur zu zersetzen, wo- bd sieh Essigsaure in dem Hals der Retorte verdichtet, und bei etwa 287^ C. destillirt ein Oel über, wahrend ein Rück- stand von Kohle bleibt.

284 Per lein, über die Basicität

Acetoweinsänreäther ist schwerer als Wasser, und etwas löslich in dieser Flüssigkeit. Er kann aas semer wasserigen Lösang durch Zusatz von Lösungen ver>chiedener Salze, z. B. von Ghlornatrinm , abgeschieden werden. Er verhält sich gegen Reagenspapiere vollkommen neutral und besitzt einen ziemlich bittf^ren Geschmack.

Bei dem Kochen mit wasseriger Ammoniakfifissigkeit wird der Acetoweinsäureather zersetzt, und durch Abdampfen der Lösung wird ein gelbliches syrupartiges Product erhalten, welches bitter und etwas brennend schmeckt.

Bei dem Erhitzen des Acetoweinsfiureöthers mit Benzoyl- chlorfir würd Chlorwasserstoffsäure entwickelt und ein dickes farbloses Oel, wahrscheinlich Benzoacetoweinsäureäther, ge- bildet. 9

Natrium wirkt rasch auf diesen Aether ein, unter Ent- Wickelung von Wasserstoffgas. Die Einwirkung wird beför* dert durch den Zusatz von Benzol, welches den Aether dünnflüssiger sein läfst. Das resultirende Product ist eine durchsichtige gummiartige Substanz. Es ist wahrscheinlich Nairacetoweinsäureäther,

Behandelt man Weinsäureäther mit 2 Aeq. Acetylchlorfir und erhitzt, wenn die Einwirkung nachgelassen hat, das Product in einer zugeschmoizenen Röhre kurze Zeit auf 100^, so wird ein zweites Derivat erhalten^ welches, so wie das vorhergehende gereinigt, bei dem Stehen zu feiner schönen krystallinischen Hasse erstarrt, welche von einer kleinen Menge öligen Acetoweinsäureäthers durch Auspressen zwi- schen Pliefspapier unter einer kräftig wirkenden Presse be- freit werden und dann aus Wasser umkrystallisirt werden kann. Die durch Schmelzen getrocknete Substanz gab bei der Verbrennung in Sauerstoffgas Zahlen , welche der Formel :

144

49,66

49,84

49,88

18

6,20

6,39

6,43

128

44,15

der Weinsäure. . 285

gttl entsprechen, d. i. der Formel des Weinsaureathers , in weichem 2 Aeq. Wasserstoff durch Acetyl ersetzt sind.

berechnet gefanden

290 100,00.

Diese Substanz ist also Diacetoweinsäureätker. Sie ist nach allen Verhaltnissen in Alkohol und in Aether lösiicb, krystallisirt aber aus ihrer alkoholischen Lösung bei dem Verdünnen derselben mit Wasser. Bei dem Kochen mit Wasser löst sich eine betrachtliche Menge, und die Lösung scheidet bei dem Erkalten glAnzende prismatische Krystalle aus, deren Länge IV2 Zoll übersteigt. Sie ist etwas löslich in kaltem Wasser , aber auf Zusatz einer concentrirten Chlor- natriumlösung wird diese Lösung trübe und der Diacetowein- Säurefither krystallisirt bei dem Stehen aus.

Der Diacetoweinsaurefither schmilzt bei 67^ C. zu einem farblosen Oel, und er erkaltet dann ohne wieder zu erstarren ; aber sobald ihm ein kleines Stuckchen der festen Substanz zugesetzt wird^ so beginnt er in Büscheln von Nadeln zu krystallisiren und erstarrt er innerhalb weniger Augenblicke vollständig. Während des Krystallisirens entwickelt er so viel Wärme, dafs er für die Hand ganz heifs erscheint.

Bei starkem Erhitzen destillirt dieser Aether, indem er nur geringe Zersetzung erleidet. Sein Siedepunkt liegt zwi- schen 294 und 298^ Die oben unter „gefunden^ zuletzt stehenden Zahlen wurden bei der Analyse eines Präparates prhalten, welches destillirt worden war. Ich glaube, dafs dieses das einzige Derivat der Weinsäure ist, welches ohne vollständig oder doch gröfstentheils zersetzt zu werden destil- lirt werden kann.

286 . Perkin^ über die Basicüät

Der Diacetoweinsäurefitber wird durch wässerige Kali-» lösung nicht rasch zersetzt; und wenn man ihn in kalter alltoholischer Ammoniakflässigkeit auflöst und die Lösung mehrere Tage lang stehen lafst, so enthält sie noch eine sehr beträchtliche Menge der unveränderten Verbindung.

Geschmolzener Diacetoweinsäureäther entwickelt bei dem Zusammenbringen mit Natrium nur eine sehr geringe Menge WasserstofTgas, viel weniger als der Monoacetoweinsäureäther; die Lösung des ersteren Aethers in Benzol entwickelt in der That mit Natrium nur eine Spur Wasserstoffgas , und die Lö- sung hinterläfst dann bei dem Verdampfen des Benzols die unveränderte Verbindung. Diefs möchte dafür sprechen, dalGs in dieser Verbindung die ganze Menge des typischen Wasser- stoffs substituirt ist.

Traubensäureäther giebt bei der Behandlung mit Acetyl* chlorür zwei neue Körper, nämlich Acetatraubensäureäther und Diacetotraubenaäureäther. Sie werden genau in der- selben Weise dargestellt, wie die beiden vorhergehenden Körper. Den Monacetotraubensäureäther habe ich noch nicht näher untersucht. Er ist ein farbloses Oel. Der Diaceto- traubensäureäther ist ein fester, bei 50^5^ C. schmelzender Körper. Er siedet bei etwa 298^ C. und destillurt unter schwacher Zersetzung. Er löst sich nach allen Verhältnissen in Alkohol und in Aether. Er wird aus seiner Lösung in siedendem Wasser bei dem Erkalten derselben in kleinen Buschein von Nadeln ausgeschieden und bildet bei langena Stehen manchmal kurze aber stark glänzende Prismen an den Wandungen des Gefäfses. Er unterscheidet sich von dem Weinsäurederivat durch seinen um 16,5^ niedrigeren Schmelzpunkt und auch dadurch, dafs er aus seinen wässe* rigen Lösungen anders krystallisirt. Er scheint in Wasser etwas löslicher zu sein, aber er krystallisirt nicht so leicht

der Weinsäure, 287

ab die ihm isomere Verbindung, and nach dem Schmelzen bleibt er viel lönger flüssig und giebt dann nicht eine so gut krystallisirte Masse. Er ergab 49,82 pC. C und 6,29 pC. H, und besitzt also genau dieselbe Zusammensetzung wie Diacetoweinsäureather (berechnet 49,65 pC. C und 6,20 pC. H).

Ich hatte gerne die Dampfdichten dieser beiden Diaceto- Aether bestimmt, weil die Formel der aus rechts- und links- drehender Weinsäure bestehendeh Traubensaure das Doppelte Ton der der Weinsöure sein mufste und diese Differenz durch die Dampfdichten direct nachgewiesen wurde; aber wenn aach jene Aether flüchtig sind , wurden sie doch bei der für solche. Versuche nöthigen Temperatur zu stark zersetzt wer- den, als dafs vertrauenswürdige Resultate erbalten werden konnten. Aber der Umstand^ dafs ihre Siedepunkte nahezu gleich sind, spricht stark dafür, dafs beiden Verbindungen dieselbe Formel zukommt, da gewifs, wenn der einen Ver- bindung die verdoppelte Formel zukäme, ihr Siedepunkt im Vergleich zu dem der anderen beträchtlich viel höher liegen würde. Ich will hier noch erwähnen ; dafs für den Diaceto- traubensäureäther durch die Destillation die vorherigen Ei- genschaften und der Schmelzpunkt nicht abgeändert werden.

Es ist ein sehr auffallendes Resultat, dafs die Trauben- saore, welche rechtsdrehende und linksdrehende ViTeinsäure giebt und wiederum bei Mischung der Lösungen dieser bei- den Säuren selbst unter Wärmeent Wickelung gebildet wird^ nicht eine Formel besitzt, welche der von 2 Aeq. Weinsäure gleich kommt. Es würde hieraus folgen , dafs die Trauben- saore nicht aus diesen beiden Säuren besteht, sondern sich bei der Umwandlung in gewisse Salze in sie verwandelt.

Einwirkung des Acetylchlorürs auf Weinsäure und Trauben'^

säure.

Wenn gepulverte trockene Weinsäure mit etwa dem

288 Perkiuf über die Baaicüäi

dreifachen Gewichte Acetylchlorür digerirt wird, so scheint zuerst nur sehr wenig Einwirkung stattzufinden, aber wenn man das Erwärmen während mehrerer Stunden fortsetzt, so verschwindet sie alimäiig unter Hinterlassung einer syrup- artigen Flüssigkeit, welche gewöhnlich bei dem Erkalten zu einer krystallinischen Masse erstarrt; sollte diefs nicht ein- treten, so mufs man mehr Acetylchlorür zusetzen. Das kry-^ stallinische Product läfst sich nach starkem Auspressen zwi- schen trockenem dickem Fliefspapier durch Schmelzen in einer offenen Schale, so dafs noch anhaftendes Acetylchlorür u. a. verdampft, vollkommen rein erhalten. Bei dem Er- kalten erstarrt es zu einem glänzenden weifsen krystallioischen Körper. Die bei Verbrennung dieses Productes in Sauerstoff- gas erhaltenen Zahlen entsprechen der Formel

d. h. der Formel des üiacetoweinsäure- Anhydrids,

berechnet gefunden

Ca

96

44,44

44,27

44,45

8

3,70

3,96

3,98

Ot

112 216

61,86 100,00.

"^

-^~

Das Diacetoweinsänre-Anhydrid ist ein zäher krystaliini- scher Körper, welcher bei 126 bis 127^ C. schmilzt. Bei der Destillation zersetzt es sich grofsentbeils, namentlich wenn man dieselbe langsam vor sich gehen läfst. Es siedet ober- halb 250^ C, aber keine constante Siedetemperatur kann erbalten werden ; Essigsäureanhydrid geht während der De- stillation zusammen mit anderen Producten über, von wel- chen einzelne die Augen ähnlich wie Acrolein angreifen ; ein Rückstand, von Kohle bleibt in der Retorte. Bei mäfsigero Erhitzen sublimirt es zu schönen aber kleinen Prismen. Es ist etwas löslich in Benzol und krystallisirt aus diesem Lö-

der Weinsäure. 28§

sungsmittel in därmen weifsen Nadeln. Es krystalUsirt auch aas Egsigsfiure- Anhydrid.

Wird getrocknete Traubensäure der Einwirkung von Acetylcblorör unterworfen, so unterliegt sie genau derselben Veränderung wie gewöhnliche Weinsäure^ aber die Reaction geht etwas langsamer vor sich. Das Diacelotraubensäure- Anhydrid ist ein schöner krystallinischer Körper, welcher in seinen Eigenschaften der ihm isomeren Verbindung ähnlich ist. Auch sein Schmelzpunkt ist derselbe, nämlich 126^ C. Aus Traubensäure dargestelltes Diacetoweinsäure-Anhydrid ergab 44,12 pC. C und 3,89 pC. H ; es berechnen sich 44,44 pC. C und 3,70 pC. H.

Emwirkunff des Wassers auf Diacetaweinsäure- Anhydrid.

Der Luft ausgesetzt absorbirt dieses Anhydrid rasch Feuchtigkeit; mit warmem Wasser zusammengebracht löst es sich allmälig auf, unter Bildung einer stark sauren Flüssig- keit. Diese enthält eine Säure, für welche ich die Bezeich- nung Diacetoweinsäure vorschlage. Die Bildung derselben erklärt sich durch die Gleichung :

C4H,(CH,0),05 + H,0 = CA(C,H,0),Oe

Diacetoweinsftiire- Diacetoweinsftare.

anhydrid

Die durch Eindampfen ihrer wässerigen Lösung unter der Glocke der Luftpumpe erhaltene Diacetoweinsäure bildet gewöhnlich eine durchsichtige gummiartige Masse. Sie ist sehr zerfliefslieh und schmeckt stark sauer. Stark erhitzt zersetzt sie sich ohne Bildung ihres Anhydrida. Bei dem Erhitzen mit einer Lösung von Kali oder Natron wird sie zersetzt gemäfs der Gleichung ;

C4H4(C,H,0),06 + 2H,0 = C4HeOe + 2 C,H40, DiMetoweinsäure Weiosäiize Essigsaure.

Diacetoweinsäure, welche aus gewöhnlicher Weinsäure dargestellt war, wurde mittelst Kali zersetzt und nach dem

Aniwl. d. Chem u. Pharm. V. Supplementbd. 8. Heft. 1«/

290 Perkiriy über die Basicität

Neutralisiren mit einer Saure wurde die Weinsäure als Cal* ciumsalz ausgefallt, welches dann gut ausgewaschen mittelst verdünnter Schwefelsaure zersetzt wurde. Aus dem con* centrirten Filtrat schieden sich grofse Kry stalle von Wein* säure aus, weiche abgewaschen und umkrystallisirt wurden. Die so erhaltene Säure enthält kein Krystallwa^ser und fallt nicht Lösungen von Chlorcaicium oder salpetersaurem Cal- cium; man möchte sie hiernach für gewöhnliche Weinsäure halten, aber sie scheint etwas anders zu krystallisiren. Da ich sie in quadratischen Tafeln von etwa Vi Zoll Durchmesser erhalten habe^ hoffe ich dieses Product noch genauer unter- suchen zu können. Ein Theil von dieser Saure wurde zu dem sauren Kaliumsalz umgewandelt; dieses ergab 20,47 pC. Kalium, wahrend sich 20,74 pC. berechnen.

Diacetoweinsaure Salze. Die Diacetoweinsäure bildet mit Basen Salze, welche 1 und 2 Aeq. Metall enthalten; sie ist also zweibasisch. Diese Verbindungen sind ziemlich schwierig rein zu erhalten, und aufserst leicht löslich.

Das Natriumsalz wird erhalten durch sorgfältiges Neu- tralisiren einer Lösung der Saure mit kohlensaurem Natrium, (Joncentriren bei sehr gelinder Warme und schliefsliches Ein- dampfen im leeren Raum. So erhalten ist es ein krystallini- scher, in Wasser aufserst löslicher und sehr zerfliefslicher Körper.

Das Kaliumsalz wird in entsprechender Weise wie das vorhergehende Salz erhalten; es ist krystallinisch, sehr lös- lich in Wasser und zerfliefslich^

Das saure Kaliumsalz giCsHgOs wird in der Art dar- gestellt, dafs man von den zwei Hälften einer wässerigen Lösung der Säure die eine mit kohlensaurem Kalium neutra- lisirt und dann die andere zusetzt; nach dem Concentriren

der Weinsäure. 291

der Pldssigkeit in gelinder Wärme oder im leeren Räume krystallisirt das neue Salz aus ; man befreit es durch -starkes Pressen zwischen Pliefspapier von der Mutterlauge und reinigt es durch eine zweite Krystaliisation^ So erhalten bildet es ein krystaUinisches Pulver, welches in Wasser leicht löslich aber nicht zerfliefslich ist. Es röthet stark Lackmus, und schmeckt sauer. Bei 100^ getrocknet ergab es 14,17 pC. Kalium; es berechnen sich 14,34 pC.

Das Gaiciumacdz CaCsHsOg wird durch Neutralisiren einer Lösung der Säure mit kohlensaurem Calcium, Filtriren und Concentriren des Piltrats erst in gelinder Warme und dann im leeren Räume dargestellt. Ich konnte es nicht krystallisirt erhalten. Seine Lösung wird bei dem Con» centriren zu einem Syrup und dann zu einer undurch- sichtigen zerreiblichen Masse. Es ist zerfliefslich. . Bei 100^ getrocknet gab es 14,94 pC. Calcium; es berechnen sich 14,70 pC.

Das Baryumsalz BaCgHsOg wird in derselben Weise wie das Caiciumsalz dargestellt. Seine bis zur Syrupconsistenz concentrirte Lösung scheidet bei 1- bis 2tagigem Stehen Nadeln des neu6n Salzes ab, welche bis zu Vx Zoll lang sind. Es ist aufserst löslich in Wasser und zerfliefslich. Bei 100^ geirocknet ergab es die durch obige Formel ausge- druckte Zusammensetzung :

berechnet.

gefiinden

c.

96

26,01

25,88

H,

8

2,17

2,84

187

87,12

86,98

0,

128

84,70

869 100,00.

Das Kupfersalz CuCaHgOg wird durch Sattigen einer Lösung der Säure mit kohlensaurem Kupfer und Concentriren

19»

292 Perkin, über die Baaicität

der Pldssigkeit bei niedriger Temperatur erhalten. Bs ist ein blaues krystallinisches Salz, sehr leicht löslich in Wasser. Bei 100® getrocknet ergab es 21,40 u. 21,22 pC. Kopfer; es berechnen sich 21,48 pC.

Sübersah AggGgHgOs. Die Diacetoweinsflnre ist schwierig mit kohlensaurem Silber zu sattigen. Um dieses Salz zu erhalten, schüttelt man am Besten eine Lösung der Säure mit frisch gefälltem kohlensaurem Silber, filtrirt und concentrirt das Piltrat. Nach einiger Zeit scheidet sich das Silbersalz in Form eines albuminösen Magma's sehr kleiner seideartiger Nadeln aus ; es wird vpn der Flüssigkeit durch Auspressen zwischen Fliefspapier getrennt und umkrystallisiri. So erhalten bildet das Salz eine weisse krystallinische Hasse, welche in Wasser äufserst löslich ist und auf welche das Licht sehr langsam einwirkt.

Quecksilberaalz. Bei Zusatz einer Lösung von salpe- tersaurem Qnecksilberoxydul zu der Lösung eines Salzes der Diacetoweinsäure entsteht ein gelatinöser^ in Essigsäure lös- licher Niederschlag *).

*) Nach der Anstellung dieser Versnohe habe ich erfahren, daft bereits Bochleder das Verhalten der WeinsAure in Acetyl- chlorflr untersucht und offenbar einige ron den oben beschrie- benen Körpern erhalten hat Doch hat er keines seiner Pro- ducte analysirt Er giebt an , da{s er die von mir als Uiaceto- weinstture beschriebene Sanre krystallisirt erhalten hat Vgl. Ghem. Gasette, 1859, 51. [Rochleder's MiUheilung TgL Jahresber. f. Chem. u. s. w. fOr 1858, 247; aber auch die daran sieh anschUefsende weitere üntersuebung der zweifach -acetylirten Weinsfture von Pils Jahresber. fOr 1861, 868, und ans Wisli- cenus' Untersuchungen über die durch negatire Badicale ersets- baren Wasaerstoffatome mebräquiralentiger organischer Sauren namentlich die über die Einwirkung des Acetylohlorürs aufWein- sanreather Ann. Chem. Pharm. CXXIX, 184 ff. D. A.]

der Weinsäure. 293

Wird das Diacetotraubensäure* Anhydrid mit Wasser zu- sammengebracht, so entsteht Diacetotraubenaäure. So weit ich die letztere untersucht habe, erscheint «ie der Diaceto- weinsaure ähnlich , aber bei dem Zersetzen durch Kali giebt sie Essigsaure und Traubensaure. Es beweist diefs, dafs sie und ihr Anhydrid mit den Derivaten der gewöhnKchen Wein- säure nur isomer sind, welche Thatsache festzustellen des- halb von Wichtigkeit war^ weil das Diaceto weinsaure- und das Diacetotraubensaure- Anhydrid denselben Schmelzpunkt haben. Das Caicimnsalz der Diacetolraubensaure gab^ bei iOO^ getrocknet, 14,33 pC. Calcium (der berechnete Procent- gehalt ist 14,70); dieses Salz war unkrystallisirbar.

Einwirkung des Natriums auf Weinsäureäther,

Wird Weinsaureäther mit Natrium zusammengebracht, so findet eine Entwickelung von Wasserstoff statt; aber wegen der Zahflössigkeit des Aethers geht die Einwirkung nur sehr langsam Tor sich« Wird jedoch der Aether durch Zumischung seines b-* bis 6 fachen Volumes wasserfreien Benzols dünnflüssiger gemacht^ so geht die Einwirkung sehr rasch vor sich, und die Flüssigkeit erwärmt sich und nimmt eine blafsgelbe Färbung an. Trennt man die Flüssigkeit von dem überschüssigen Natrium und verdampft die erstere zur Trockne , so wird ein blafs-gelblichbrauner unkrystallinischer aber zerreiblicher Rückstand erhalten , welcher in Folge der Absorption von Feuchtigkeit rasch kleberig wird ; mit Wasser gemischt giebt er eine stark alkalische Flüssigkeit.

Eine abgewogene Menge Weinsäureäther wurde auf diese Art in einem Apparate behandelt, welcher eine Auf- sammlung des Wasserstoffs möglich machte. Es wurde ge- funden^ dafs die Einwirkung etwa eine halbe Stunde lang lebhaft vor sich ging, bis nahezu 1 Aeq. Wasserstoff ent-

294 PerktTif über die Basicität der Weinsäure.

wickelt war; dann liefs sie nach, die Lösung war noch klar und das Natrium ganz blank. Die Einwirkung verlang- samte sich dann noch mehr, und ein gelatinöses Product bildete sich aUmalig auf dem Natrium, so dafs dadurch jede weitere Einwirkung aufgehoben wurde.

Hiernach ist das erste und hauptsächliche Product dieser Einwirkung Weinsaureäther , in welchem 1 Aeq. Wasserstoff durch Natrium ersetzt ist, und das gelatinöse Product Wein- säureäther, in welchem 2 Aeq. Wasserstoff durch Natrium ersetzt sind.

Bei dem Erhitzen des ersteren natriumhaltigen Productes mit Jodäthyl wird ein Oel gebildet, welches wahrscheinlich Aethylweinsäureäther ist.

Perkin knüpft an die Miltheilung dieser seiner Ex- perimentaluntersuchungen noch eine Besprechung der Eigen- schaften und des Verhaltens der von ihm erhaltenen Ver- bindungen und theoretische Betrachtungen; auch er kommt zu dem Resultat, dafs die vieratomige Weinsäure sich einer- seits als eine zweibasische Säure, andererseits wie ein zwei- atomiger Alkohol verhält y und dafs der von ihm in dem Weinsäureäther durch Säureradieale ersetzte WasserstoflF nicht basischer Wasserstoff, sondern alkoholischer Wasser- stoff ist.

295

üeber die Ausdehnung und das specifische Gewicht des Benzols und seiner

Homologen ;

von Y. Lougmnine^).

Daran erinnernd, welches Licht die schönen Synthesen von Fittig und Tollens auf die Constitution der Kohlen- wasserstoffe der aromatischen Reihe geworfen haben und dafs nun eine grofse Zahl isomerer Kohlenwasserstoffe be- kannt ist und vorausgesehen werden kann, bemerkt Lou- guinine, dafs der Untersuchung der diese isomeren Körper unterscheidenden chemischen Eigenschaften die Feststellung einiger physikalischer Eigenschaften sehr nützlich zur Seite stehen kann ; namentlich die der Spannkraft der Dämpfe, der Ausdehnung, und der Wärmecapacitat. Er hat die in dieser Richtung von ihm auszuführenden Untersuchungen, im College de France unter Regnault's Leitung, mit der Bestimmung des specifischen Gewichtes und der Ausdehnung des Benzols und seiner Homologen begonnen.

Das für die Ermittelung der Ausdehnung in Anwendung gebrachte Verfahren bestand in der Bestimmung des spec. Gewichtes der zu untersuchenden Flüssigkeit bei verschie- denen Temperaturen. Ein Glasgefäfs, dessen Capacitat, bis zu verschiedenen Strichen am dünnen Halse, bekannt und dessen Ausdehnung durch die Warme ermittelt war, wurde mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt und diese bei einer längere Zeit constant erhaltenen Versuchs-Temperatur auf einen der Striche eingestellt, das Gewicht der Flüssig- keit dann bestimmt, hieraus das spec. Gewicht derselben

^) Im AUBzag aa« Ann. chim. phj«. [4] XI, 463.

296 Lougutnine^ speo. Gewicht u. Auadeiinung

für die Versucbstemperatur, bezogen auf das des Wassers von 0^ als Einheit, abgeleitet. Die bei diesen Versuchen zur Ermittelung der Ausdehnung angewendeten Glasgefifse waren betrachtlich grofs, das kleinste fast 19, das gröfste fast 58 CG. fassend (ein kleineres Gefafs, immer noch 12 CG. fassend, diente einmal zur Ermittelung eines spec. Gewichtes bei 0^).

Beträchtliche Sorgfalt wurde für die Reindarstellung der untersuchten Kohlenwasserstoffe beabsichtigt. Das Toluol und das Xylol wurden in der Art zum Zweck der Reinigung be* handelt, dafs sie zu gepaarten Schwefelsauren umgewandelt wurden , welche dann wieder durch Destillation zersetaU wur- den. — Bei Versuchen, ob ein Gemische der homologen Koh- lenwasserstoffe durch Erstarrenlassen desselben, partielles Schmelzen und Absondern des Flussigen von dem noch Er- starrten zerlegt werden könne, ergab es sich, dafs weder das Toluol noch das Xylol, noch einer der beiden Kohlen- wasserstoffe von der Formel des Cymols bei 79 bis 80^ (in einer von starrer Kohlensäure umgebenen Glasröhre) er- starrt; und auch ein Gemische aus gleichen Theilen kry- stallisirbarem Benzol und Toluol blieb bei dieser Temperatur vollständig flüssig.

Benzol^ GeHe. Benzol aus Steinkohlentheer, bei 82 bis 83^ siedend , wurde wiederholt durch Ersterrenlassen und Beseitigen des noch Flüssigen mittelst Auspressen zwischen Fliefspapier gereinigt, das so gereinigte Benzol auch noch partiell erstarren gelassen und die einzelnen nach einander krystallinisch ausgeschiedenen Portionen und das zuletzt flüssig Gebliebene besonders untersucht. Aus Benzoesäure durch Destillation mit dem dreifachen Gewicht Kalk^ Schütteln mit wässerigem Kali , Entwässern mittelst Ghlorcalcinm und Rec- tificiren dargestelltes Benzol wurde untersucht^ und eben so das bei partieller Erstarrung sich Ausscheidende und das da

des Bensob und seiner Bomologen. 297

noch flflssig Gebliebene. Der Siedepunkt wurde fflr die ein- Keinen Präparate nicht bestimmt, aber das spec. Gewicht bei verschiedenen Temperaturen, uhd daraus das bei 0^ und die Aasdehnung abgeleitet. Im Mittel aus den Resultaten ffir die als reinste betrachteten Präparate setzt Louguininedas spec. Gew. des Benzols bei 0^ ss 0,8995, und er betrachtet ein solches Benzol als rein, welches dieses spec. Gewicht besitzt und bei 0^ erstarrt (das Erstarren ist von beträcht- lieber Contraction begleitet). Die bezuglich der Ausdehnung mit diesen Präparaten erhaltenen Resultate stimmten auch ziemlich nahe überein; für das aus Benzoesäure dargestellte und krystallisirt gewesene Benzol, als das reinste, giebt Louguinine die Ausdehnung / berechnet nach der (aus 3 Versuchen abgeleiteten) Formel

9 sx 1,0000 + 0,00116( + 0,000002226 f*,

U abgeleitet aus der nach den Versuchsresultaten graphisch construirten Ausdehnungscurve :

tu I II in

C/^ 1,0000 1,0000 SO^ 1,0868 1,0871 60^ 1,0776 1,0774 10 1,0118 1,0122 40 1,0600 1,0500 70 1,0921 1,0919 20 1,0241 1,0245 60 1,0636 1,0622 80 1,1070 1,1066

«

Tobiol, 67H8 = €flH5(GH9). - Toluol aus Steinkohlen- theer dargestellt^ welches bei der Destillation ohne gröfsere Schwankung des Siedepunktes, als von 110,7.<> auf 111,3^ überging, ergab das spec. Gew. 0,8753 bei 0^. Es wurde mit einer zur vollständigen Umwandlung desselben in eine gepaarte Schwefelsäure unzureichenden Menge rauchender Schwefelsäure behandelt, der unangegriffene Kohlenwasser- stoff beseitigt, die nach einigen Stunden auskrystalllsirte Sulfotoluolsäure auf einem Filter abtropfen gelassen, dann dieselbe in Wasser gelöst und die Lösung der Destil- lation unterworfen. Das hier wieder auftretende Toluol wurde aufgesammelt, durch Schütteln mit wässerigem Kali

298 Louguinine, spec. Oewicht und Ausdehnung

von schwefliger Saure gereinigt , mittelst Chlorcalcium ge- trocknet und rectificirt. Der Siedepunkt hatte sich nur wenig geändert; das Meiste ging bei 111 bis Wi^b^ über, und das zwischen diesen Temperaturen Uebergegangene. besafs das spec. Gew. 0,8841 bei 0^. Nach den Versuchen über das spec. Gewicht des in angegebener Art gereinigten Toluols bei verschiedenen Temperaturen giebt Louguinine das Vo- lum desselben, das bei 0^ = 1 gesetzt *), / berechnet nach der Interpolationsformel :

t, = 1 + 0,001028 f + 0,000001779 /•, .

II abgeleitet aus der nach den Versuchen construirten Ausdehnungscurve :

1

//

/

!I

/ /l

00 1,0000

1,0000

400

1,0439

1,0488

800 1,0987 1,0987

10 1,0104

1,0104

60

1,0558

1,0554

90 1,1069 1,1069

20 1,0212

1,0214

60

1,0681

1,0678

100 1,1206 1,1206

80 1,0824

1,0824

70

1,0807

1,0804

Xylol^ GsHio = GgH4(€H3)2, aus Steinkohlentheer dar- gestellt, welches zwischen 138 und 139^ destiilirte, ergab das spec. Gew. 0,8697 bei 0^. Ein anderes, weniger rei- nes, zwischen 137 und 140<' siedendes Xylol wurde in der eben angeführten Art, durch Ueberfuhren in Sulfoxylolsaure und Wiederabscheiden aus dieser Verbindung, gereinigt. Dieses gereinigte Xylol destillirte vollständig zwischen 138 und 138,5^; es besafs das spec. Gew. 0,8770 bei 0^ Das Volum desselben, das bei 0^=1 gesetzt**), ist nach Lou- guinine, / berechnet nach der Interpolationsformel:

0=14. 0,0009506 t + 0,000001682 <*,

*) Wir geben hier Formel und Tabelle doftlr umgereohnet , dafo das Volum bei 0^ = 1 gesetzt sei. Louguinine setst das Volum des Beosols (spec. Qew. 0,8995) bei 0^ =s I \ind das des Toluols (speo. Gew. 0,8841) bei 0^ = 1,0174.

*) Auch hier geben wir Formel und Tabelle dafür umgerechnet. Louguinine setzt das Volum des Xylols bei 0^ wiederum das des Benzols als Einheit annehmend, =s 1,0257.

/

//

(H>

1,0000

1,0000

10

1,0096

1,0094

20

1,0197

1,0195

30

1,0800

1,0297

1/

1 1/

1,0408

80» 1,0866 1,0869

1,0618

90 1,0987 1,0986

1,0626

100 1,1118 1,1118

1,0789

des BemoU und seiner Homologen. 299

II abg^eleitel aas der nach den Versuchen constrnirten Aus- dehnungscurve : '^

l

40« 1,0407 60 1,0616 60 1,0629 70 1,0746

Cymol GioHu aus Römisch- Kümmelöl. Aus dem unter- halb 200^ übergehenden Antheil von kauflichem Kümmelöl wurde das darin enthaltene Cuminol mittelst einer Lösung von zweifach- seh wefligsaurem Natron ausgeschieden, das Cymol wiederholt über Aetzkali und schliefslich zweimal über Natrium rectificirt. Das Präparat destillirte grörsten- theils zwischen 175 und 176^ über; das da Uebergegangene (a) besafs das spec. Gew. 0,8705 bei 0^; das noch zweimal über Natrium destillirte Präparat ergab das spec. Gew. fast genau eben so grofs, 0,8703 bei 0^ Auch die Ausdeh- nung beider Präparate wurde nahezu übereinstimmend ge- fanden ; auf Grund der für das Präparat a gefundenen Re- aoltate giebt Louguinine das Volum des Cymols, das bei = 1 gesetzt *), / berechnet nach der Interpolations- formel :

= 1 4- 0,00089621 + 0,000001277 <*,

II abgeleitet aus der nach den Versuchen construirten Aus- dehnungscurve :

/

n

/ 1/

/ //

1.0000

1,0000

40« 1,0878 1,0879

80« 1,0798 1,0800

10

1,0090

1,0098

60 1,0480* 1,0478

90 1,0910 1,0912

20

1,0184

1,0190

60 1,0688 1,0688

100 1,1028 1,1026

ao

1,0280

1,0286

70 1,0692 1,0690

Cymol

aus Campher, Es wurde

auf zweierlei A

*) Anoh bler rieben wir Formel und Tabelle dafür amgerechDet (a. a. O. p. 478 rnnfs stehen 0,00000182 sUtt 0,000000182). LougaiDine setzt das Volam dieses Cymols bei 0«= 1,0388.

300 Louguintne, spec. Gewicht und Ausdehnung

darfjrestellt : durch die Einwirkung von geschmolzenem Chlor- zink auf Campher und , da eine Verunreinigung dieses Prä- parates mit gleichzeitig gebildetem Benzol, Toluol und Xylol zu befürchten^ b durch die Einwirkung von Phosphorsuper- chlorid auf Campher und Destillation des hierbei resultirenden Productes*). Das erstere Präparat, welches bei 177 bis 179® destillirte, ergab bei 0^ das spec. Gewicht 0^768 (auch die Aenderungen des spec. Gewichtes dieses Präparates mit der Temperatur wurden untersucht)^ und nach nochmaliger Rec- tification über Natrium 0,8772. Das Präparat &, welches durch einmalige Rectification über Natrium gereinigt war und bei 174 bis 175^ destillirte, ergab das spec. Gewicht bei = 0,8732. Für das letztere^ von Louguinine als das rei- nere betrachtete Präparat b giebt Derselbe das Volum dieser Flüssigkeit; das bei 0<> = 1 gesetzt**), i berechnet nach der Interpolationsformel:

o =: 1 + 0,000898 f + 0,000001811 <*,

*) Vgl. S. 260 dieses Bandes.

**) Auch hier Tersuohen wir, Formel and Tabelle dafür omin- rechnen. Aber Unsicherheit bleibt, sofern in der Ton Lou- guinine gegebenen Tabelle offenbare Irrthümer sind. Er setzt das Volum bei 0^ = 1,0301 und giebt die Interpola- tionsformel ÜQx das Volum bei 19 :

V = 1,0301 + 0,000926« + 0,00000186 «•,

welche bis 90^ Resultate giebt, die mit den yon ihm als be- rechnete Volume angegebenen Zahlen stimmen. Aber nach dieser Formel berechnet sich ffir 100<^ das Volum 1,1861, während in der yon Louguinine gegebenen Tabelle als berechnetes Volum 1,1391 steht, und die letztere Zahl wird unterstützt durch die Angabe, das Volum leite sich (auch auf 1,0301 bei 0^ bezogen) aus der nach den Versuchen constru- irten Ausdehnungscurre zu 1,1389 ab; und nur in neue Ver- wickelungen kommt man, wenn man aus den für rerschiedene Temperaturen angegebenen spec. Gewichten sieh besflglioh des Verhältnisses der Volume für diese Temperaturen orien- tiren will.

des Benzols und seiner Bomologen, 301

II abgeleitet aus der nach den Versuchen construirten Aus-

debnungscurve :

I II I II

400 1^0380 1,0378 80« 1,0802 1,0799

50 1,0481 1,0478 90 1,0914 1,0918

60 1,0586 1,0584 100 1,1029*) 1,1056?

70 1,0698 1,0689

„Die Vergleichung der beiden Cymole, aus Gampher und aus Kümmelöl, zeigt, dafs dem ersteren ein gröfseres spec. (iewicht zukommt als dem letzteren. Die Differenz zwischen den spec. Gewichten bei 0^ ist 0,0027, viel gröfser als die möglichen Versuchsfebler.^

1

//

0<»

1,0000

1,0000

10

1,0090

1,0092

20

1,0184

1,0186

80

1,0282

1,0282

Als Schlufsfolgerungen aus diesen Versuchen giobllAOM" guinine Folgendes an:

„/) Die Dichtigkeiten bei 0^ nehmen für die homologen Kohlenwasserstoffe der aromatischen Reihe in dem Mafse ab, als man in dieser Reihe, von dem Benzol bis zu dem Cy- raol aufsteigt.

2) Es scheint, dafs man bei Betrachtung der Dichtig- keiten dieser Körper bei Oft fflr diese Abnahme eine gewisse Regelmafsigkeit finden kann. Die Differenz zwischen den Dichtigkeiten des Benzols und des Toluols bei 0^ ist

0,8995 0,8841 ^ 0,0154;

die zwischen den Dichtigkeiten des Toluols und des Xy- lols bei 0^ ist :

0,8841 0,8770 = 0,0071,

fast gleich der Hälfte der ersteren Differenz.

Wenn diese ss a gesetzt wird, so wäre die Differenz zwischen dem Toluol und dem Xylol = -|-, und durch Ver-

*) Naob der S. 800 gegebeneu Interpolationsformel. Vgl. die Tor- hergeiiende Anmerkung.

302 Louguinine, spec. Gewicht und Ausdehnung

allgemeinerung würde man dazu kommen, dafs die Differenz zwischen dem Xylol und dem Cumol -^ und die zwischen dem Cumol und seinem oberen Homologen^ dem Gymol,

a

Man mufste also, um ausgehend von der Dichtigkeit des Benzols die des Cymols zu berechnen , von der ersteren abziehen :

« + "2 + ~r + 8''

d. h. 0,0164 + 0,0077 + 0,0089 + 0,0019 = 0,0289,

und man wurde für die Dichtigkeit des Cymols erhalten:

d = 0.8996 0,0289 = 0,8706.

Der Versuch hat für die Dichtigkeit des Cymols aus Kümmelöl bei 0^ 0,8705 ergeben, welche Zahl fast identisch ist mit der durch die regelmafsige Abnahme, welche ich beobachtet zu haben glaube, geforderten. Ohne dieser That- sache eine allzugrofse Wichtigkeit beizulegen, halte ich es für gut, auf sie aufmerksam zu machen, sofern sie die Dich- tigkeit noch unbekannter oberer Homologe vorauszusehen erlaubt.

3) Die Ausdehnung ist um so kleiner, um je mehr man in der homologen Reihe, von dem Benzol an, aufwärts steigt Die Ausdehnungs-Coefilcienten *) sind :

^) Diese Aiudebiiungs-Co^^cienten, angebend welche Ansdelmiuig den Flüssigkeiten bei der Erwärmung ron f^ an um dieselbe sehr kleine TemperaturdifTerenE zukomme , sind erhalten durch Differentiation der ron Louguinine fSr das Volum der untersuchten Flüssigkeiten bei yerschiedenen Tempera- turen aufgestellten Interpolationsformeln:

für Benzol : v = 1,0000 + 0,001161 + 0,000002S26f*;

, Toluol : V = 1,0174 + 0,001046 f + 0,00000181^;

« Xylol : B = 1,0257 + 0,0009761 + 0,0000016741*;

Cymol a : o = 1,0883 -f 0,000926 ( + 0,000001821*;

Cymol i : V =s 1,0801 + 0,000926 < + 0,00000186^. Es wurde bereits in dem Vorhergehenden bemerkt, dafsLou-

deM Benzoh und seiner ßotnologen. 303

f. d. Benzol ^ = + 0,00116 + 0,000002226.2«;

f. d. Toluol: -~ = + 0,001046 + 0,00000181 . 2 i;

f. d. Xylol: -^— = + 0,000975 + 0,000001674 . 2 <;•

f.d.Cyinola: -j* = + 0,000925 + 0,0000018» . 2 < ; dl

du

f. d. Cymol b ; = -}- 0,000925 + 0,00000135.2«.

Cymol a aus Kfimmelöl, Cymol b aus Gampher.

Es sind dieses die Resultate, zu welchen mich die jetzi- gen Untersuchungen geführt haben, welche ich übrigens auf die Isomeren des Toluols, Xylols, Cumols und Cymols aus- zudehnen gedenke, die man durch Synthese darstellen kann.^

Bemerkungen zu der vorhergehenden Ab- handlung ;

von Hermann Kopp.

Ich habe so lange und so viel über die Beziehungen des specifischen Gewichtes zur chemischen Zusammensetzung bei Flüssigkeiten, und im Zusammenhange damit über die Ausdehnung der letzteren durch die Wärme; gearbeitet, dafs ich einen Beitrag zur weiteren Erkenntnifs dieses Gegen- standes, wie ihn die^ vorhergehende Untersuchung beab- sichtigt, begrürsen darf. Aber ich darf mir auch einige

guinine fQr die Aufitella^g dieser Formeln dieVolnme der von ihm anterBnchten Flüssigkeiten bei 0<^ verschieden grofs setzt; D&mlioh diejenigen Volume fQr diese Temperaturen» welohe gleich viel wiegen, das Volum des Benzols = 1 gesetzt.

304 Kopp^ Bemerkungen

Bemerkungen erlauben, welche vielleicht zur Aufklärung dar- über beitragen, ob die Versuchsresultate nicht mit ungleich gröfserer Leichtigkeit , als nach dem hier eingeschlagenen Verfahren, gewonnen und ihnen gröfse're Zuverlässigkeit und Brauchbarkeit gesichert werden könnten.

Louguinine bat zur Ermittelung der Ausdehnung das mühsamste und zeitraubendste Verfahren angewendet. Die Bestimmung des specifischen Gewichtes bei verschie- denen Temperaturen erheischt, dafs man nach jeder Fällung des Gefäfses bei einer gewissen Temperatur es wieder die Temperatur der Luft annehmen lassen mufs, um es zu wägen. Das Gefäfs mit der Flüssigkeit mufs dann wieder auf eine andere^ genügend lange constant erhaltenen Temperatur erhitzt werden, um es wieder bis an die Marke gefüllt sein zu lassen, und dann mufs es wieder die Temperatur der Luft annehmen, u. s. w. Die Ausdauer ist anzuerkennen, mit welcher Lou- guinine nur für das Benzol (9 verschiedene Präparate des- selben) im Ganzen 74 Versuche in dieser Art angestellt hat. Aber da wohl jedenfalls eine geringere Zahl von Versuchen zur Einübung dieses Verfahrens hinreicht, so fragt es sich doch, ob dieser Aufwand von Zeit und Mühe sich etwa da- durch lohne, dafs man damit genauere Resultate erhalte, als nach einer anderen, rascher und leichter auszuführenden Methode, Und diefs mufs ich gegenüber dem Verfahren, die Ausdehnung vermitlelst thermometerförmiger Apparate (s. g. Dilatometer) zu untersuchen, entschieden verneinen, wenn nämlich dieses Verfahren so, wie icb es beschrieben*) und zur Untersuchung einer sehr grofsen Zahl von Flüssigkeiten benutzt habe, in Anwendung gebracht wird. Dieses Ver- fahren würde auch Louguinine leicht die Ausdehnung

*) P^fiTg* ^i^ii* LXXn, 1 (1847) und namoDtlich Ann. Chem. Pharm. XCIV, 257 (18Ö6).

zu der vorhergehenden Abhandlung. 305

hober siedender Flüssigkeiten noch oberhalb 100^ haben be- stimmen lassen, über welche Temperatur er seine Versuche nicht erstreckt hat.

Weshalb die Anstellung der Versuche mittelst der Di- latometer so viel weniger Zeit und Mühe beansprucht, hat man sich einmal genaue derartige Apparate construirt, be- darf hier wohl nicht besonderer Besprechung. Nur das will ich hervorheben, dafs bei Anwendung dieses Verfahrens die zu untersuchende Flüssigkeit viel rascher die constant erhaltene Temperatur des Bades annimmt, als bei dem von Lougui- nine befolgten Verfahren, weil man mit viel kleineren Men- gen arbeitet. Louguinine hat seine Versuche mit Ge- fäfsen ausgeführt, welche etwa 18,8 bis 57,6 CG. fafsten, die meisten mit den gröfseren; die Kugeln der zu meinen ADsdehnungsbestimmungen angewendeten Dilatometer fassen etwa 1 bis 1,5 GG.

Sind die mittelst der letzteren Apparate erhaltenen Aus- debnungsbestimmungen weniger genau, als die nach der von Louguinine befolgten Methode gewonnenen? Zweierlei ist bezüglich der Genauigkeit bei Untersuchungen über die Ausdehnung flüssiger Verbindungen zu unterscheiden : in wiefern die untersuchten Flüssigkeiten wirklich reine Ver- bindungen von der Zusammensetzung waren, welche die ihnen beigelegten Formeln angeben, und wie grofs oder klein die zufalligen Fehler bei den einzelnen Beobachtungen sind. Letzteres kommt uns zunächst in Betracht. Darüber gewahrt ein Urtheil die Uebereinstimmung der aus Inter- polationsformeln sich berechnenden Volume mit den durch die einzelnen Versuche ergebenen. Louguinine hat für die Angabe des Volums bei verschiedenen Temperaturen Inter- polationsformeln von der Form v^ = Vq -{- at -\- bfi be- rechnet; besser hätte er, bei dem ziemlich grofsen Tempe- raturintervall, über welches sich seine Versuche erstrecken,

Aimal. Chem. u. Phuin. V. Supplementbd. 8. Heft. 20

306 Kopp, Bemerhmgen

noch ein Glied cfi kinzugenommen. Zur Ableitung der Inter^ polationsformeln hat ef bei jeder Flüssigkeit nur drei seiner experimentalen Bestimmungen benutzt und die Genauigkeit dieser Formeln dadurch, dafs er alle anderen Versuche für die Ableitung derselben unberücksichtigt liefs> erheblich ge- schmälert. Ich habe schon vor langer Zeit und wiederholt*) ein Verfahren in Anwendung gebracht und empfohlen, welches, ohne die Langwierigkeit einer Berechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate zu theilen, sämmtliche Beobachtungen in einer sehr einlachen und die Ausgleichung der Beobach- tungsfehler befördernden Weise in Rechnung zu nehmen gestattet. Louguinine hat die nach den Interpolations- formeln berechneten Resultate nicht direct mit denen seiner Versuche verglichen, sondern für Temperaturen, die von 5 zu 5^ steigen mit den Ergebnissen, wie er sie aus Curven ableitete, welche er auf Grund dar experimentalen Resultate construirt hat. Die nach beiden Arten erhaltenen Zahlen differiren unter einander im Allgemeinen bestimmt nichf weniger, in vielen Fallen entschieden mehr, als für die von mir untersuchten Verbindungen (für vielfach inner- halb betrachtlich weiterer Grenzen auseinander liegende Temperaturen) die nach den Interpolationsformeln berech- neten und die direct beobachteten Volume. Einen Vorzug gröfserer Genauigkeit hat das viel umständlichere und zeit- raubendere Dntersuchungsverfahren , dessen sich Lougui- nine bedient hat, verglichen mit dem von mir angewendeten einfacheren, sicher nicht.

Unter den von Louguinine untersuchten Substanzen sind zwei, mit welchen auch ich mich beschäftigt hatte: das aus Benzoesäure dargestellte Benzol und das aus Römisch- Kümmelöl dargestellte Cymol. Für das Benzol hat er die

*) An den 8. 804 angeführten Orten.

zu der vorhergehenden Abhandlung. 307

spec. Gewichte bei verschiedenen Temperaturen und damit die Ausdehnung unter Anwendung eines fast 58 CG. fassenden Glasgefafses untersucht und das spec. Gewicht bei 0^= 0^8995 abgeleitet. Ich*) habe das spec. Gewicht mittelst zweier^ wenig über 3,5 CG. fassender Glasgefafse, die Ausdehnung in zwei Versuchsreihen mit zwei verschiedenen Dilatometern, deren Kugeln nahezu 1 und 1^1 GG. fafsten, bestimmt und das spec. Gewicht bei = 0,89914 und 0,89908 erhalten. Das Volum des Benzols, das bei 0<> = 1 gesetzt, fand Lon- gu i n i n e Jaus der von ihm berechneten Interpolationsformel, Jl aus der nach den Versuchsresultaten construirten Gurve, ich aus den Interpolationsformeln i und 2 y welche ich aus den zwei Versuchsreihen abgeleitet hatte:

L

mr 20«

400

60»

80»

1,0241 1,0245

1,0500 1,0500

1,0776 1,0774

1,1070 1,1065

1,0240 1,0242

1,0495 1,0497

1,0768 1,0770

1,1064 1,1065

Das Gymol untersuchte Louguinine mit Anwendung eines etwa 34,6 GG. fassenden Glasgefafses; ich**) das spec. Gewicht mit Anwendung eines nicht ganz 3,1 GG. fassenden und die Ausdehnung mittelst eines Dilatometers, dessen Kugel etwa 1,4 GG. fafste. Das spec. Gewicht für 0^ fand er 0,8705, ich 0,8778; das Volum (das bei = 1 gesetzt):

bei 200 40« 60^ 80« 100«

,//: 1,0184 1,0378 1,0583 1,0798 1,1028 ^'\U : 1,0190 1,0379 1,0588 1,0800 1,1026

Kp. : 1,0190 1,0385 1,0589 1,0801 1,1028

Toluol und Xylol habe ich liicht untersucht. Ich zweifle nicht daran, dafs die von Louguinine erhaltenen Zahlen das spec. Gewicht und die Ausdehnung der von ihm unter- suchten Flüssigkeiten auch recht genau geben; aber dafür, dafs diese durch fractionirte Destillation aus Steinkohlen-

•) Pogg. Ann. LXXn, 289 (1847). *•) Ann. Chem. Pharm. XGIV, 319 (1855). -

20»

308 Kopp ^ Bemerhmgen

theeröl dargestellten und durch partielle Umwandlung in eine gepaarte Schwefelsaure und Wiederabscheidung ge~ reinigten Flüssigkeiten reines Toluol und reines Xylol ge- wesen seien, fehlt der Beweis, welcher durch nochmalige Anwendung dieser Reinigungsmethode und Ermittelung, ob die physikalischen Eigenschaften sich nieht ändern, hätte erbracht werden können.

Was Louguinine über Beziehungen der von ihm untersuchten physikalischen Eigenschaften der Kohlenwasser- stoffe GqÜ^q^g zu der Zusammensetzung oder den Formeln derselben angiebt, veranlafst mich zu folgenden Bemerkungen.

Ich halte e*s noch für einen Fortschritt in der Erkennt- nifs solcher Beziehungen, dafs man das spec. Gewicht in seinem Verhältnisse zum Molecularge wicht, d. h. das speci- fische Volum als das eigentlich zu Betrachtende nimmt , und zwar für die Siedetemperaturen der betreffenden Substanzen. Was für die Richtigkeit dieser Betrachtungsweise spricht, ist das Statthaben der Gesetzmäfsigkeiten , welche ich nachge- wiesen habe : dafs sehr viele isomere Verbindungen bei ihren Siedepunkten gleiches spec. Volum besitzen; dafs für, die Siedetemperaturen in sehr vielen Fällen, bei den ver- schiedenartigsten Klassen von Verbindungen, sich für die- selbe Differenz in den Formeln dieselbe Differenz der spec. Volume ergiebt und die Differenzen der spec. Volume den Differenzen der Formeln proportional sind, u. s. w. Ich habe festgestellt, innerhalb wie grofser Gruppen von Verbindungen diese Regelmäfsigkeiten statthaben: bei der Vergleichung der Substanzen nämlich , die unter sich die Art von Ueber- einstimmung der chemischen Structur besitzen, welche man als Zugehörigkeit zu demselben Typus bezeichnet hatte. Ich habe jetzt noch keinen Zweifel darüber, dafs die Betrach- tung der spec. Volume für die Vorstellung, wie die in dem

eu der vorhergehenden Abhandlung. 309

Molecal einer Verbindung enthaltenen Atome unter einander gebunden seien ; eine wesentliche und sichere Unterstützung abgeben wird*).

Die Betrachtung der spec. Gewichte bei derselben Tem- peratur, 0^ z. B., zu welcher Louguinine zuräokgeht, aeheint mir für die Erkenntnifs der Beziehungen des spec« Gewichtes zur Zusammensetzung eine weniger richtige zu sein, weil sie im Allgemeinen für dieselbe Zusammensetzung, nfimlich bei isomeren Körpern (wenn diese nicht gerade gleiche Siedetemperatur besitzen), ungleiche spec. Gewichte ergiebt, bei der Yergleichung verschiedener Flüssigkeiten für dieselbe Differenz der Formeln ungleiche Differenzen der spec. Gewichte und die Differenzen der spec, Gewichte den Differenzen der Formeln nicht proportionirt, u. s. w.

Ein Schatten der Regelmafsigkeiten, welche ich für die spec. Volume (K) bei den Siedepunkten flüssiger Verbin- dungen nachgewiesen habe, kann immerhin auch noch für die spec. Gewichte bei 0^ (do) bemerkbar sein. Zwischen beiderlei Zahlen bestehen Beziehungen, durch die Interven- tion des Holeculargewichtes (M), der Siedetemperatur (t), der Ausdehnung von 0^ an bis zur Siedetemperatur (sie sei

durch das Verhaltnifs Vq : v^ gegeben). Da do = =j und

y vq

die Contraction analoger Flüssigkeiten, welche in ihrer Zu- sammensetzung nicht viel von einander verschieden sind, von den Siedepunkten an um gleichviel Temperaturgrade eine annähernd gleich grofse ist, so wird in Reihen, für deren Glieder M und V regelmafsig wachsen und auch die Siedepunkte mit einer gewissen Regelmafsigkeit steigen, noch Etwas an eine Regelmafsigkeit Erinnerndes für do bemerkbar sein. Für den Hehrgehalt um GH« in den Formeln der

*) VgL Ann. Chem. Phann. CXXVIII, 198.

310 Koppf Bemerkungen

Kohlenwasserstoffe €nH2Q-6 wächst i/ um 14, V auch hier um etwa 22, also um mehf, und die Siedepunkte steigen auch mit einer gewissen Regelmäfsigiseit. Darauf beruht das von Louguinine gefolgerte allgemeinere Resultat Nr. i: ,,Die Dichtigkeiten bei 0^ nehmen für die homologen Kohlen- wasserstoffe der aromatischen Reihe in dem Mafse ab, als man in dieser Reihe von dem Benzol bis zu dem Cymol aufsteigt.^ Diese Abnahme wird mit dem Aufwärtssteigen in der Reihe immer kleiner, da die Veränderungen von M und V im Verhältnisse zu der Gröfse derselben immer klei- ner werden und der Abstand der Temperatur 0^ von der Siedetemperatur immer gröfser wird; Louguinine hat für dieses Kleinerwerden der Differenzen zwischen den spec. Ge- wichten einen empirischen Ausdruck gegeben (seine allge- meinere Schlufsfolgerung Nr. 2), bezüglich dessen ich mit ihm darüber ganz einverstanden bin , dafs demselben keine allzugrofse Wichtigkeit beizulegen sei; ich glaube, dafs der Satz : ,,für die Glieder einer Reihe homologer Verbindungen bilden die Formeln eine arithmetische Reihe, die Differenzen der spec. Gewichte bei 0^ bilden aber eine geometrische Reihe ^ so dafs jede folgende Differenz die Hälfte der vor- hergehenden ist,^ wirklich schwer zu deuten wäre. Was ich bezüglich der Contraction solcher Flüssigkeiten von den Siedepunkten an bereits bemerkt habe, zusammen mit der Eigenschaft solcher Flüssigkeiten, sich mit zunehmender Tem- peratur stärker, also bei gröfserem Abstände vom Siedepunkt weniger stark auszudehnen, und dem Steigen der Siedepunkte bei dem Aufwärtsgehen in der Reihe, läfst endlich auch die von Louguinine als Nr. d hingestellte allgemeinere Schlufs- folgerung voraussehen, welche selbst bestehen bleibt, wenn die Ausdehnungs-Coefficienten richtig angegeben werden*).

*) £■ warde S. 802 f. darauf aufmerksam gemacht, wie Loagai-

zu der vorhergehenden Abhandlunp. 311

Einige allgemeinere Schlofsfolgerungen , zu welchen LoQguinine bei seinen Untersuchungen über isomere Kohlenwasserstoffe GnHgQ^e kommen wird, lassen sich ebenso mit Sicherheit voraussehen : Für isomere Kohlenwasserstoffe ▼on verschiedenen Siedepunkten wird er die spec. Gewichte bei und die Ausdehnungs-Coefficienten etwas verschieden finden , für den Kohlenwasserstoff mit dem höheren Siedepunkt nämlich das spec. Gewicht bei 0^ etwas gröfser und den Ausdehnungs-Coefficient etwas kleiner; und für isomere Koh- lenwasserstoffe von demselben Siedepunkt wird er das spec. Gewicht bei 0^ (auch den Ausdehnungs-Coefficient) gleich finden, und er wird diese Gleichheit selbst anzunehmen ha- ben, wenn die an den verschiedenen Präparaten gefundenen spec. Gewichte um 2 bis 3 in der dritten Decimalstelle differiren*).

nine die Aofldebntings-CoSffioieiiteii abgeleitet bat. Es maobt nun praktiBcb nicbt viel aoB, dafa er, statt sie fVa gUiche Ausgangs- Volume (bei 0^) eu berecbneDi diefs für ungleiche getban, z. B. die Ausdebnung von 1 Vol. Benzol (bei 0^) mit der TOD 1,0838 Vol. Cymol (aacb bei 0^) Terglioben bat. Aber diese Art der Ableitong der s. g. Ausdebimxigs-GoSffi- cienten ist an sieb um Niobts ricbtiger, als wenn man, zur Bemessung der Ausdebnung, die Volumttnderungen Ton 1,4 Vol. des Koblenwasserstoffii Oi^H^ Qüd 1 Vol. des Koblen- wasserstoffs G^Bif^ mit einander vergleioben wollte (die speo. Qewicbte dieser beiden Kohlenwasserstoffe sind ungefiLbr 0,84 und 0,6).

*) Wenn man zwei Stftbe beafigliob ibrer L&nge Tergleioben will, so giebt für die Genauigkeit der Vergleicbung nicbt nur die Empfindlichkeit des Vergleiobungs-Apparates des Fühl- hebels oder der Mikrometerschraube einen Mafsstab ab, son- dern auch, wie die Stftbe selbst an den Enden begrenzt sind ; eine noch so groAe Empfindlichkeit des Apparates kann da- für keinen Ersatz bieten, dalb etwa die Stabe raub, uneben oder mit schiefer Abgrenzung enden. Die meisten chemischen Verbindungen, um deren Untersuchung es sich hier handelt, sind bis jetzt nicht im absolut reinen Zustande darstellbar.

312 Kopp, Bemerkungen

Aber weshalb die Schatten von Regelmafsigkeiten zu bestimmen suchen, wenn diese selbst untersucht werden können und Interesse darbieten? Louguinine hat sich um die Erkenntnifs von Regelmafsigkeiten in den spec. Vo- lumen bei den Siedepunkten nicht gekümmert; seine Ver- suche erstrecken sich auch nur bei dem Benzol , annähernd etwa noch bei dem Toluol so weit, dafs man auf die spec. Volume bei den Siedepunkten dieser Körper schliefsen möchte. Für das Xylol, welches bei 138^ etwa, für das Cymol, welches bei 175^ etwa siedet, gehen, wie für das bei 111^ siedende Toluol, Louguinine's Bestimmungen der Aus- dehnung nur bis 100^ Seine Formeln zur Extrapolation so

Auch die Ton Longtiiiiiiie nntersnchten FlÜBsigkeiten waren diefs nicht, wenn auch namentlich sein aus Benzoesäure darge- stelltes Benzol einen hohen Grad yon Reinheit hesafs. Für alle anderen Ton ihm untersuchten Flüssigkeiten l&fst sich aus seinen Angaben ersehen, dafs sie keinen Constanten Siedepunkt besafsen ; und selbst wenn man so oft, als diefs Ton Louguinine ge- schehen ist, wiederholt, dalJB ein constanter Siedepunkt keine Garantie für die Reinheit einer Flüssigkeit abgiebt, bleibt das doch wahr, dafs ein nicht constanter dafür Garantie abgiebt, dafs die Flüssigkeit nicht eine unzersetzt siedende reine chemi- sche Verbindung ist. Es geht über das Zulässige hinaus, dafs Louguinine, welcher das spec. Gewicht (bei 0^) des aus Rö- misch-Eümmelöl dargestellten Cymols = 0,8705 und das des aus Gampher dargestellten 0,8782 fand, diese beiden Cymole als nach ihrem spec. Gewichte wesentlich verschieden betrachtet (vgl. S. 801). Diese Behauptung hat als Unterlage die Beachtung der Angabe, das Cymol aus dem Kümmelöl und das aus dem Campher seien nur isomer (Fittig und F«rber, Zeitschr. £, Chemie, 1865, S. 289), und die Nichtbeachtung der berichtigen- den Angabe (Fittig, Köbrig und Jilke, Zeitschr. f. Chemie, 1867, S. 106), nach welcher diese beiden Cymole wahrscheinlich identisch sind.. Dieselben Zahlen ftir die spec. Gewichte, welche nach Louguinine die Verschiedenheit dieser beiden Cymole beweisen, wird man wohl bald als daf^r sprechend angeführt finden, dafs beide identisch seien.

SU der vorhergehenden Abhandlung. 313

weit über das Intervall der Versachs-Temperaturen hinaus anzuwenden, kann bei der weniger sorgfältigen Art, wie diese Formeln aus den Versuchen abgeleitet wurden (vgl. S. 305), bedenklich erscheinen. Da ich aber ein wahres Interesse daran nahm, dafs Louguinine's mühsame Arbeit doch in Etwas zur Erkenntnirs oder Controle jener Regel- mäfsigkeiten beitrage, und das Verfahren der Extrapolation in anderen Fällen mit der Beobachtung gut stimmende Resultate ergeben hat *) , so habe ich zugesehen, welche spec. Volume

*) Wo Formeln aus einer gröfseren Anzahl ron Beobachtungen unter Ausgleichung der zufälligen Fehler der letzteren abgeleitet sind, können dieselben allerdings zur Extrapolation auf ziemlich be- trächtliche Temperatur - Distanzen hin benutzt werden. Einen bemerkenswerthen Beweis dafür geben Mendelejefrs Unter- suchungen über die Ausdehnung der Flüssigkeiten beim Erwär- men über ihren Siedepunkt (Ann. Chem. Pharm. GXIX, 1) ab, bei welchen bis auf beträchtlich weit oberhalb der Siedepunkte liegende Temperaturen Volume beobachtet wurden, die mit den- jenigen sehr wohl übereinstimmen, welche sich nach den auf Grund meiner Beobachtungen fär Temperaturen zwischen 0^ und dem Siedepunkt (bei Wasser zwischen 75 und 100^ von mir ab- geleiteten Formeln berechnen. Es ist das Volum, das bei 0^ = 1 gesetzt

von Wasser von Alkohol

bei 181,00 156,8<» bei 99,87^ 130,9<> beob. V. Mend. 1,0722 1,1016 1,1294 1,1895

her. n. Kp. 1,0716 1,1014 1,1294 1,1893

von Aether von Benzol

bei 78,21<» 99,82« 181,20 157,00 bei 99,6<> beob. y. Mend. 1,1508 1,2091 1,3150 1,4235 1,1380

her. -n. Kp. 1,1501 1,2095 1,3155 1,4233 1,1376

Nach der von Louguinine gegebenen Interpolationsformel (S. 297) wäre das Volum des Benzols bei 99,6«, wie nach der meinigen, = 1,1376. Nach den von Pierre (Ann. chim. phys. [3] XV, 854 u. 862) aus seinen Ausdehnungsversuchen abgeleite- ten Formeln berechnet sich das Volum des- Alkohols bei 130,9« zu 1,1703, das des Aethers bei 157,0« zu 1,4507, stark abweichend

314 Kopp, Bemerkungen

für die von Louguinine beobachteten Siedepunkte (für das Benzol, dessen Siedepunkt er nicht angegeben hat, setze ich 81^) sich aus den von ihm für 0^ gefundenen spec. Gewichten nach den Interpolationsformeln , welche ich in dem vorher- gehenden Aufsatz aus den von ihm gegebenen durch Re*- duction auf das Volum bei 0^ = 1 abgeleitet habe, be- rechnen. Es haben sich folgende Zahlen ergeben, welchen ich dte von mir für Benzol und Cymol gefundenen zur Ver- gleichung beisetze :

Spec. YoL nach Speo. Vol. nach

Lougainine^B meinen Bestimmungen

Diff. Dlff.

GeHe f. 81« 96,1 \ ^ ^ Ö.He f. 81« 96,1 ^

GfEg „111 118,2 { ' /

g^Bjo ,138 140,5 I ^*^ '4X2i,9

ansKfimmelOl.nö 184

,1*)J a.Kümmelölf.l75<' 188,5)

Ich gestehe, dafs mich eine geringere Bestätigung der von mir **) gefundenen Regelmafsigkeit : dafs bei flüssigen Ver- bindungen , welche demselben Typus angehören, einer Diffe- renz um nGHs in den Formeln eine Differenz der spec. Volume bei den Siedepunkten von n . 22 etwa entspricht, nicht überrascht haben würde. Um so mehr bedauere ich, dafs Louguinine's so mühsam ausgeführte Arbeit nicht, durch Bestimmung der Ausdehnung der untersuchten Flüssigkeiten für höhere Temperaturen und Beachtung dessen, was jetzt als Gegenstand der Forschung angezeigt ist, directer unser

Ton Men dal e Jeffs Beobachtungen sowohl als den nach meinen Formeln sich berechnenden Zahlen«

*) Die 8. 800 gegebene Interpolationsformel f5r das Cymol ans

Oampher g&be, aasammen mit dem fOr dieses Prftparat Ton

Longninine 'gefundenen spec. Gewichte 0,8782 bei 0^, das

spea Yolom bei 176® =s 188,7, von dem für das Cymol aas Kümmel51 erhaltenen nur wenig abweiohend.

•*) Ann. Chem. Pharm. XCTI» 170 (18&6).

SU der vorhergehenden Abhandlung. 3iS

WüueB Torwirts bringt. Die Nichtbeachtung dessen, was Andere gearbeitet, giebt zwar eine gewisse Unbefangenheit, wie ich gern anerlienne, wenn ich es anch nie für recht hieh, diesen Yortheil mir zu Gute kommen zu lassen. Aber es kann auch zur Folge haben, dafs ein grofeer Aufwand von Zeit und Mähe viel weniger Nutzen bringt, als es sonst der Fall wöre. Die Beziehung des spec. Gewichtes zum Holeculargewicht, die Beachtung des spec. Volums läfst sich, vorerst wenigstens, noch nicht dadurch äberflössig machen, dafs man die Volume gleicher Gewichte solcher Kohlen- wasserstoffe auf das des Benzols als Einheit bezieht^ wie diefs Louguinine that. Möge die versprochene Fortsetzung seiner Arbeit Materialien zur Entscheidung der Frage geben, ob wirklich, wie diefs aus meinen Untersuchungen zu folgern ist, die spec. Volume der isomeren Kohlenwasserstoffe bei den Siedepunkten derselben gleich grofs sind.

üeber die Siedepunkte der Kohlenwasserstoffe

von Hermann Kopp.

Ich habe in dem Vorhergehenden wiederholt einer gewissen Regelmäfsigkeit in dem Steigen des Siedepunktes bei dem Aufwärtsgehen in der Reihe GnH^n^e erwähnt; ich will bezuglich dieser Regelmäfsigkeit noch einige erläuternde and frühere Auffassungen dieses Gegenstandes berichtigende Bemerkungen beifugen.

Die schönen Arbeiten über die Kohlenwasserstoffe GJÜin^B, mit welchen uns die letzten Jahre bekannt werden liefsen,

316 Kopp, über tue Siedepunkte

haben die ExistenE isomerer Verbindungen der ein/achsten Art, nur aus zwei Elementen bestehender, aufser Zweifel gesetzt. Sie haben gezeigt, dafs für Verbindungen, welche früher als in der Beziehung wahrer Homologie zu einander stehend betrachtet wurden, diese Beziehung streng genom- men so nicht existire; aber sie haben dafür auch Reihen wirklich homologer Verbindungen kennen gelehrt, der^n Glieder gröfstentheils früher unbekannt, mindestens bezüglich ihrer Constitution unerkannt waren.

In welchem Zusammenhange die Siedepunkte dieser Koh- lenwasserstoffe mit den Formeln derselben stehen, ist mehr- fach der Gegenstand von Betrachtungen gewesen. Dem frühe- ren Stand unserer Kenntnisse über die Natur dieser Kohlen- wasserstoffe entsprechend hatte ich vor löngerer Zeit *) für die Betrachtung der Siedepunkte Benzol, Toluol, Xylo], Cumol und Cymol in Eine Reihe zusammengestellt^ in welcher der Formeldifferenz n Gü^ eine Siedepunktsdifferenz von n . 22,5^ etwa zu entsprechen schien; namentlich schienen Angaben von Church**), welche sich spiter als ungenau erwiesen, diese Siedepunktsdifferenz für jene Zusammensetzungsdifferenz zu ergeben. Die neueren Untersuchungen haben sie unter gleichzeitigem Nachweis, in welcher Beziehung. der Consti- «tution diese Kohlenwasserstoffe unter einander stehen gröfser ergeben. Beilstein *^'^) fand sie zwischen Benzol u. Toluol und Toluol u. Xylol 29 bis 28^. Fittig und Glinzerf) haben, nach genauer Erkenntnifs der Beziehun- gen der Constitution der Kohlenwasserstoffe, die Reihe

•) Ann. Chem. Phann. XCVI, 29 (1866).

^) Phil. Mag. [4] IX, 266; Jahresber. f. Chemie a. s. w. fflr 1856, 8. 634.

•••) Ann. Chem. Phann. CXXXIII, 87 (1865).

t) DasulbBt CXXXVI, 817 (1866).

der Kohlenmaster Stoffe Gnftn— »•

317

Siedepunkt

82° 111 189 166

Die Be-

Benzol GeH«

Methylbenzol (Tolaol) GeHg(GH8)

Dimethylbenzol (Xylol) GeH4(GH8),

Trimethylbenaol (Cumol) QJI^J^(^^^^

hingestellt, welche grofse Regelmäfsigkeit zeigt, trachtung, wie der Siedepunkt bei Zunahme der Formel um nGHs steigt, wurde dadurch etwas complicirter, dafs isomere Kohlenwasserstoffe von verschiedenen Siedepunkten bekannt worden; der Erkenntnifs der verschiedenen Constitution der- selben trug Kekule Rechnung*) : „Die Siedepunkte der Kohlenwasserstoffe GQH2n-6 zeigen, obgleich unsere Kenntnisse über diese Körper noch sehr mangelhaft sind, schon jetzt bemerkenswerthe Regelmafsigkeiten ^ die leicht aus folgender Tabelle ersichtlich sind :

lAt H ersetzt

2At. H ersetzt

8At. H ersetzt

4At. H ersetzt

82«

€Ä(GHa) 111»

GeH,(GH,), 189<>

GeHg(GH3)8 166°

GeU8(GH3)4 198»?

^eHftCGjHj) 138«

'GeH,(GH8)(G,H,) I59<»

G.H3(GH3),(G,H5)

1840

GeH5(G,H,) 168<>

GeH4{GH3)(G,H,) 1770

196«

\

„Man sieht leicht, dafs in der oberen Horizontalreihe einer Zusammensetzungsdifferenz von GH2 eine Siedepunkts- differenz von 25 bis 29^ entspricht. Jedes eintretende Methyl erhöht also den Siedepunkt um etwa 27^^

*) Lehrbuch d. organ. Chem. II, 524 (1866).

318 Kopp, über die Siedepunkte

^Man bemerkt ferner, dafs in den Verticalreihen die Siedepunkte weniger rasch steigen; die Siedepanktsdifferenz ist hier annähernd gleich 19 bis 20^. Sie ist also etwa eben so grofs wie in der Reihe der einatomigen Alkohole oder der fetten Säuren, deren Homologie auf derselben Ursache beruht.*

„Aus beiden Betrachtungen ergiebt sich dann direct, dafs isomere Kohlenwasserstoffe €QH2n~» verschiedene Siede- punkte besitzen. So siedet das Dimethylbenzol (Xylol) um 6^ höher als das isomere Aethylbenzol ; ebenso ist der Siede- punkt des Methylathylbenzols 6^ höher als der des isomeren Propylbenzols (Cumols)."

Die Zahl der hierhergehörigen Kohlenwasserstoffe hat sich jetzt vergröEsert. Bezüglich des bei ihrer Vergleichung in Betracht zu Ziehenden scheint mir Etwas Wesentliches mehr Berücksichtigung zu verdienen, als ihm bisher zuge- wendet wurde. Die folgenden Zeilen sollen das über die Regelmäfsigkeiten in den Siedepunkten der Kohlenwasserstoffe €nH2n-6 bcroits Ausgesprochene nach beiden Richtungen etwas ergänzen.

Derselben Formeldifferenz entspricht bekanntlich nicht immer dieselbe Siedepunktsdifferenz , sondern nur bei ähnlich constituirten Körpern. Wenn Wasser durch Eintreten von GgHs an die Stelle von H in Alkohol und wenn dieser durch gleiche Veränderung der Formel in Aether umgewandelt wird, sind die derselben Aenderung der Formeln entsprechenden Siedepunktsdifferenzen ganz ungleich. Eben so wenig er- warten wir Regelmäfsigkeiten in den Siedepunktsdifferenzen für eine bestimmte Formeldifferenz nGHg, wie sich solche Regelmäfsigkeiten bei wirklich homologen Körpern zeigen, zu finden bei der Vergleichung eines Alkohols und eines Aethers, beide GnHsn+sO, oder eines Aldehyds und eines Acetons, beide GnHsnO, oder einer Säure und eines Aethers,

der Kohtentöassersioffe 6nHan~6- 319

beide GnHsnOs, u. s. w. Aber wenn in diesen Fällen der ganz verschiedene chemische Character der ungleich con- stituirten Verbindungen sofort davon abhielt, bei ihrer Ver- gleichung Siedepunktsregelmäfsigkeiten in solcher Weise zu erwarten, wie sie sich bei der Yergleichung chemisch ähn- lich constituirter Substanzen vielfach zeigen, so giebt es andere Falle, in welchen ein Irrthum bezüglich dessen, was man bei solchen Yergleichungen erwarten dürfe, naher lag : solche Falle nämlich, wo der chemische Character ungleich constituirter Verbindungen weniger auffallend verschieden ist. Ich erinnere daran, wie häufig früher flüchtige Basen ganz im Allgemeinen nach ihren Formeln, ohne Rücksicht auf ihre Constitution, bezüglich ihrer Siedepunkte verglichen wurden, und welche Widersprüche sich da ergaben ; während bei der Vergleichung der einfach -substituirten Ammoniake unter sich, dann der zweifach-!, endlich der dreifach -substituirten unter sich solche Widersprüche zurücktraten uiid Regel- mäfsigkeiten sich da erkennen liefsen, von welchen bei der Vergleichung von Basen, die verschiedenen Klassen ange- hören, sich Nichts zeigte *).

Wie der gemeinsame basische Character so verschieden constituirter chemischer Verbindungen, wie es die einfach-, die zweifach- und die dreifach-substituirten Ammoniake sind, sie früher mit Unrecht unter einander bezüglich der Bezie- hung der Siedepunktsdifferenzen zu den Formeldifferenzen vergleicheA liefs, so hat auch die gro&e Aehnlichkeit des chemischen Characters des Benzols und der Verbindungen, welche sich von ihm durch Ersetzung von 1 , 2, 3 . . . At. Wasserstoff durch 1, 2, 3 . . . At. Alkoholradical GnHgQ^i ableiten, zur Vergleichung dieser Verbindungen unter ein-

*) TgL Ann. Chom. Pharm. XCVI, 24 (1865); Handwörterbuoh der Chemie VII, 877 (1859).

ä2Ö Kopp, über die Siedepunkte

ander Anlafs gegeben. Aber der chemische Character dieser verschiedenen Verbindungen ist, wenn auch ein ähnlicher, nicht derselbe; und es gehört zu den schönsten Resultaten der neueren Untersuchungen auf dem Gebiete der organi- schen Chemie, wie die Verschiedenheit des chemischen Characters dieser Verbindungen^ d. i. die Ungleichartigkeit ihres Verhaltens bei gewissen chemischen Veränderungen nachgewiesen worden ist.

Die Erkenntnifs, dafs bei chemisch ähnlich constituurten Körpern aus derselben Reihe gleicher Formeldifferenz gleiche Siedepunktsdifferenz entspricht, fordert also nicht, dafs für dieselbe Formeldifferenz, GH^, die Differenz der Siede- punkte von Benzol und Toluol^ Toluol und Xylol, Xylol und Cumol gleich seien; und wenn diese Differenzen auch unter sich nahezu gleich gefunden worden sind , so berechtigt diefs nicht zu der Erwartung, diefs müsse sich för das Cumol €6Hs(€Hs)3 und die noch nicht dargestellte Verbindung €6Hs(tHs)4 auch noch zeigen; der Siedepunkt der letzteren Verbindung kann von dem nach dieser Erwartung (vgl. S. 317) vorausgesehenen (193^) ganz verschieden sein, ohne dafs diefs die Richtigkeit jener Erkenntnifs beeinträchtigt Die annähernde Gleichheit der Differenzen zwischen den Siede- punkten von GßHe , GeHjCGHs) , €«H4(GH3)2 , e6Hs(GH3)3 erscheint jetzt für die Kenntnifs der Abhängigkeit der Siede- punktsdifferenzen von den Fonneldifferenzen als Etwas von ihr nicht Vorauszusehendes und insofern als btwas Zu- fälliges ; sie findet sich auch nicht wieder für die Differenzen der Siedepunkte von GeHe , G6H5(G2H5) , G6H4(GsH6)9 und wird sich auch nicht wiederfinden für die Differenzen der Siedepunkte von GeHe, G6H5(G3H7), GeHACGsH?)) ... Sie ist Etwas Zufälliges in demselben Sinne, wie die Gleichheit der Siedepunktsdifferenzen für Wasser, Essigsäure und Essig- säureanhydrid (H2O 100^ HCGjHsO)^ 119«; (GjHsG)äie

der Kohlenwastserstoffe GqHsq.«- 321

138°). welche Gleichheit sich auch nicht wiederfindet für die Differenzen der Siedepunkte von H^O^ {((GsH^G)^, (€sH60),G oder H^G, H(G4H7G)G, (G4H7G)2G u.s.w. Es ist von Wichtigkeit, solche bis jetzt noch als zufällige erscheinende gleiche Siedepunktsdifferenzen nicht mit denen zu vermengen, welche als gleiche durch die Gleichheit der Formeldifferenzen bei gleichem chemischem Character der Verbindungen wesentlich bedingt sind.

Für das Vorhergehende wie für einige noch folgende Bemerkungen ist es zweckmäfsig, die Uebersicht der Siede- punkte der Kohlenwasserstoffe ^aHsn.e von genauer be- kannter Constitution, so wie sie K e k u 1 e gab , etwas abzu- ändern und zu vervollständigen. Die mir für das Benzol und die von ihm durch Substitution normaler Alkoholradicale GBHsn4.i an die Stelle von 1, 2 und 3 At. Wasserstoff sich ableitenden Kohlenwasserstoffe bekannten Siedepunkte sind 10 der S. 323 befindlichen Tabelle enthalten.

Autoiit&ten für die in der nachstehenden Tabelle als beobachtet Angegebenen Siedepunkte sind (es ist nicht nöthig, noch mehr Beobaoh- tangen ancnfOhren) :

ßeühol QJEL^, Frennd (Ann. Chem. Pharm. CXX, 77 nnd 81) 82^ für Benzol aus Benzoftsäare und für das aus Benzol- schwefelsfture abgeschiedene. Beilstein (Ann. Chem. Pharm. CXXXIII, 87) 82^^ für Benzol aus Steinkohlentheer. M aus- fiel d (Ann. Chem. Pharm. LXIX, 174) : zwischen 80 und 81^ für Benzol aus Steinkohlentheer und solches aus Benzoft- sfture. Kopp (Pogg. Ann. LXXII, 240) 80,4^ ganz constant für Benzol aus BensoSsäure.

ToUmI €sH5(eHa). Wilbrand und Beilstein (Ann. Chem. Pharm. CXXVIII, 259), H. Müller (Zeitschr. f. Chem. 1864, 162), Tollen 8 und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXI, 820) 111 bis 112* für Toluol aus Steinkohlentheer. Tollens und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXI, 806) 111<^ für syn- thetisch dargestelltes einfach-methylirtes Benzol.

Aeikylbtniol QJ^tü^^n;), Tollens und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXI, 810) 138^ Fittig (Göttinger Nachrichten 1866,204) 185* als richtiger für synthetisch dargestelltes Aethylbenzol.

Cmiwi aui CwHinsdure G^Bi{GiHj). Gerhardt (Ann. chim. phys. [8] XIY, 111) 158*, Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXVI,

AnD»l. d. Chem. u. Pharni. V. Supptemeutbd. 3. H«ft. 21

323 Kopp, über die Siedepunkte

818) 151 bis 162^. Darüber , daf» dieses Cumol wahrscheinlioii die angegebene Constitution babe, vgl. Fittig inAnn. Cbem. Pharm. CXXXVI, 819 u. Kekal^*8 Lehrb. d. org. Ghem. II, 528.

Amylbeniol GJägüG^Hn). ToUens und Fittig (Ann. Cbem. Pbarm. CXXXI, 818; Tgl. daselbst CXLI, 160) 198<> für synthetisoh dargestelltes.

Xylol GeH^CeHg),. H. Müller (Zeitsohr. f. Chem. 1864, 161) 140<^ für Xylol aus Steinkohlentheer ; Beilstein (Ann. Chem. Pbarm. CXXXni, 86) 189<> für aus Xylolscbwefelsäure abge- schiedenes. Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXIII, 47) 189^ Fittig u. Glinzer (CXXXVI, 308) 139 bis 140^ für ein- fach-methylirtes Toluol o. zweifach-metfaylirtes Benzol. Uebex gewisse Verschiedenheiten der in beiderlei Art erhaltenen Kohlenwasserstoffe vgl. Fittig (Nachrichten y. d. K. Gesellsoh. d. Wissensch. u. s. w. zu Oöttingen 1867, 865, 869).

Aeihyltolml 60^4(6 H,)(€8H5). Glinzer und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXVI, 312) 159 bis 160<> für synthetisch dargestelltes.

Cymol OeH4(CH,Xe8H7). Für Cymol ans Bömisch-KümmelSl Ger- hardt und Cahours (Ann. Chem. Pharm. XXXVIII, 846) 175<^, Kopp (daselbst XCIV, 819) 176,5<', Louguinine (YgL S. 299 dieses Bandes) 175 bis 176<^; Kekul^ (Lehrb. d. organ. Chem. U, 541) giebt 175 bis 178^ an. Für Cymol aus Campher Delalande (Ann. Chem. Pharm. XXX Vm, 848)175^Lougoinine u. Lipp mann (8. 260 dieses Bandes) 175 bis 178<', Louguinine (S. 300 dieses Bandes) 174 bis 1750 ; KekuU giebt (a. a. O.) 177 bis 179^ an. Ueber die Con- stitution des Cymols aus Bömisch - KÜmmelöl ygl. Fittig in Ann. Chem. Pharm. CXXXVI, 319 und KekuU's Lehrb. d. org. Chem. II, 528 f. ; über die Identität beider Cymole Fittig in Zeitschr. f. Chem. 1867, 106,

DitUhfiben*ol GJ^i^iGfi^)^, Fittig (GSttinger Nachrichten 1866, 205) 178 bis 179<> für synthetisch dargestelltes.

Amyltoluol GJ^{GHt)(Giüu)- Bigot und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXLI, 168) 2130 für synthetisch dargestelltes.

Cumol aus Stemkohieniheer G^HtiGUt)^. Beilstein (Zeitschr. f. Chem. 1865,277) 166^ Beilstein und Kögler (Ann. Chem. Pharm. CXXXVII, 822) I660. Ernst u. Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXIX, 186 f.) 165 bis I660 für synthetisch dar- gestelltes Methylzylol.

Aethylofylol GsB^iGHMßfii)' Ernst und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXXXIX, 193) 188 bis 1840 für synthetisch dar- gestelltes.

Amyhyhl G^U^Güt)t(9fiii)' Bigot und Fittig (Ann. Chem. Pharm. CXLI, 169) 282 bis 238o für synthetisch dargestelltes.

der Kotdenwaaaeratoffe fioHjn-e«

323

« ja

c 60 ■§

0

o

N

0

O N

8 .

« g

o «

o

I M

n

e M

OO I

OO

PC

CP

9

«0

^

$

I

e

I

CO

««SM

A A SQ CPCP^

s

CD

«5

o

m

CP

CO

e 00

e 09

CO

00

OCPCP

V 99

%

K

a

o

eo

lO

»1

«

CP

CP

ob

xa

CPCP

ta

CP

N.

o CM

o CM 03 CM

o

CO

CO

CO

CPCPCP

8d

09

CO

CP

CV3 09

^

O)

o Ol

Ol

X

CP CP

IM

CP

y

e

CO

o>

^

^

M

a

n

«

«

Q_

CP

lO

lO

^

CP

CP

OD

^4

•<

a

a

CP

C

-5

a

CP

a

CP

CP

9A *

324 Kopp^ über die Siedepunkte

Innerhalb jeder einzelnen Verticalreihe sind die beob« achteten Siedepunkte damit in Ueb^reinstimmung, dafs gleichen Formeldifferenzen gleiche Siedepunktsdifferenzen entsprechen. Die als berechnete gegebenen Siedepunkte sind aUs jedem ersten und dem letzten Glied einer solchen Reihe, für wel- ches eine Siedepunhtsbeobachtung noch vorliegt, unter dieser Voraussetzung abgeleitet. Der Formeldifferenz nGHs ent- spricht in der Columne B eine Siedepunktsdiflferenz von n X 20,50, in C von n X 18,5o, in D von n x 16,5<*. Ich sehe diese Differenzen noch nicht als genau festgestellte an; Fit t ig, welchem man fast alle hier in Betracht kom- mende Beobachtungen verdankt, sagt in einer seiner neueren Abhandlungen *), dafs alle in der da mitgetheilten und in den früheren Untersuchungen angegebenen Siedepunkte nicht corrigirt sind, indessen alle mit* demselben Thermometer be- stimmt wurden, welches sich bei wiederholter Prüfung als sehr genau erwies. Spatere Berücksichtigungen der Correc- tion, welche für den aus dem Siedegefafs herausragenden Theil des Quecksilberfadens des Thermometers nöthig ist, werden die höheren Siedepunkte zunehmend noch etwas hö- her, die Siedepunktsdifferenzen etwas gröfser sich ergeben lassen. Aber die Vergleichbarkeit dieser Siedepunktsbe- obachtungen für die jetzt uns beschäftigende Frage leidet darunter nicht, und die Regelmäfsigkeit der Aenderung des Siedepunktes m jeder VerücaUGolumne scheint mir aufser Zweifel zu stehen.

Ich habe schon bemerkt, dafs eine Vergleichung der Siedepunkte in schiefer Richtung (für Aa, Bb, Cc, Dd, oder für Aa, Bc, Ce u. s. w.) jetzt a priori als unstatthaft er- scheint, und sie giebt auch in der That im Allgemeinen für

*) Ann. Chem. Pharm CXLI, 160 (1867).

der KoMenwas^er Stoffe GnHgn.^. 325

dieselbe Formeldifferenz GH» nicht gleiche Siedepnnktsdiffe- ranzen; diefs mufs der Fall sein, schon deshalb^ weil in den verschiedenen Vertical-Columnen die dieser Formeldifferenz entsprechenden Siedepunktsdifferenzen verschieden grofs sind. Auch die Ansicht, dafs isomere Kohlenwasserstoffe GnH2n~6 allgemein verschiedene Siedepunkte besitzen , ist nicht richtig. Zunächst werden analog constituirte (derselben Vertical-Coiumne zugehörige) Kohlenwasserstoffe, für welche die Summen der Formeln der, der Zahl nach gleichen sub- stituirenden Alkoholradicale gleich sind, denselben Siede« punkt haben. Ebenso , wie für Methylpropyläther und für Aethyl- (richtiger Diäthyl-) ather oder für Methylpropyl- amin und Didthylamin derselbe Siedepunkt zu erwarten ist. Die Beobachtungen habto auch denselben Siedepunkt er*

geben für solche isomere Kohlenwasserstoffe : für GtfHil^'Jl

und€6H4{^^„^. Ganz nahe derselbe Siedepunkt kann aber

auch, nicht als ein wesentlich sondern mehr als ein zufällig gleicher, isomeren Kohlenwasserstoffen von ungleicher Con- stitution zukommen : wenn nämlich ihrer Molecularformel nahezu die Stelle entspricht, wo sich wenn man für die Formeln oder Atomgewichte als Abscissen die Siedepunkte als Ordinalen auftragt und die für Verbindungen von der- selben Constitution geltenden Siedepunkte durch (gerade) Linien verbindet ungleich gegen die Abscissen- Axe ge- neigte Siedepunktslinien schneiden; Beispiele hierfür giebt die Betrachtung der für Bg und Cg oder der für Ch und Dh angegebenen Siedepunkte ab.

Aber in anderen Horizontal-Reihen der Tabelle S. 323 zeigen die Siedepunkte der isomeren Kohlenwasserstoffe grö- fsere Verschiedenheit, und gewifs ist, dafs Diefs zur Unter- scheidung solcher Kohlenwasserstoffe von ungleicher Con- stitution dienen kann. Der Lösung der Aufgabe : aus der

326 Kopp^ über die Siedepunkte

Molecularformel ond dem Siedepunkt eines soleben Kohlen- wasserstoffs auf seine Constitution zu schliefsen '— ob er ein 1 fach- oder ein 2 fach- oder ein 3 fach-substituirtes Ben- zol sei —, stehen jedoch noch Hindernisse entgegen , deren hier zu erwähnen ist.

Eine geringere Schwierigkeit erwächst wohl daraus, dafs vielleicht bei Ersetzung von Wasserstoff im Benzol durch dieselben Alkoholradicale , je nach der Stelle wo diese Er- setzung erfolgt, auch bezüglich des Siedepunktes etwas ver- schiedene Derivate entstehen können. Eine merkliche Ver- schiedenheit der Siedepunkte ist för den Fall von Isomerie, welcher als hierauf beruhend betrachtet worden ist*), nicht wahrgenommen worden.

Eine ernstlichere Schwierigkeit erwächst aber daraus, dafs wir jetzt aufser mit den, bisher ausschliefslich betrach- teten , s. g. normalen Alkoholradicalen auch mit isomeren, den s. g. Pseudo- oder Iso- Alkoholradicalen bekannt sind. Je nachdem die letzteren oder die ersteren Radicale mit anderen Körpern vereinigt sind, entstehen isomere, d§m chemischen Verhalten, aber namentlich auch dem Siedepunkt nach verschiedene Verbindungen. Dafs die Pseudopropyl- oder Isopropyl*Verbindungen niedriger sieden als die iso- meren Verbindungen des normalen Propyls, dafs die Pseudo* amyl- oder Isoamyl-Verbindungen niedriger sieden als die isomeren Verbindungen des normalen Amyls, ist bekannt. Wenn für die einfach-substituirten Ammoniake das Amyl- amin (Siedep. 94^) sich mit den anderen, 'ihm homologen Basen in eine auch den Siedepunkten nach Regelmifsigkeit

*) VgL Ernst und Fittig in Ann. Chem. Pharm. CXXXIX, 189 f. bezüglich der Ursache der geringen Verschiedenheiten, welche das synthetisch dargestellte Methyltolnol im Vergleich vom Xylol des Steinkohlentheers zeigt.

der Kohlenwasserstoffe GaHen-e« 327

zeigende Reihe stellt, dürfen wir diefs, bei Einschaltung in dieselbe Reihe, nicht mehr erwarten für das Isoamylamin, dessen Siedepunkt (78,5^) dem des normalen Butylamins (69^) Riher liegt als dem des normalen Amylamins. Auch im Benzol werden Wasserstoffatome durch Iso- oder Pseudo- Alkoholradicale ersetzbar sein, und für die Erkenntnifs der Constitution solcher Verbindungen geben die in der Tabelle S. 323 als berechnete angegebenen Siedetemperaturen keine directen Anhaltspunkte; die Siedetemperaturen dieser Ver- bindungen werden niedriger liegen, als die der in der Tabelle aufgeführten Verbindungen von gleicher Holecularformel und gleicher Constitution.

Es lafst sich hiernach erwarten, dafs Kohlenwasserstoffe eiistiren, deren Siedepunkte so von den in der obigen Ta- belle angegebenen abweichen, dafs die Betrachtung, ob sie überhaupt oder nur normale Alkoholradicale enthalten, damit näher gerückt wird. In der That haben Louguinine und

Lip p m a n n *) durch Einwirkung von Chlorobenzol €eH5{€Cl8H auf Zinkathyl einen bei i75 bis 180^ siedenden Kohlenwas- serstoff GnHie = 66H5{€(G8H5)8H erhalten, welchen sie als diathylirtes Toluol bezeichnen; sie heben selbst die Differenz der Siedepunkte dieser Verbindung und des isomeren Amyl-

benzols G6H5{G5Hn (193^) hervor und schliefsen^ dafs die Constitution des in ihrem Kohlenwasserstoff enthaltenen Ra- dicals von der des gewöhnlichen Amyls verschieden sei. Ich kann gerade^ jetzt noch ein anderes Beispiel zufügen. Nach einer Mittheilung Fittig's**) ist unter den Producten der Zersetzung des Camphers durch schmelzendes Chlorzink

•) Compt. rend. LXV, 349.

"*) Zeitflchr. f. Chemie 1867, 106.

328 Kopp, über die Siedep, d. Kohienwasseretoffe GoHsn—«.

aoch ein Kohlenwasserstoff GnHie, welcher bei 186 bis 187® siedet; nach der ausfuhrlicheren Abhandlung von Pitt ig, Köbrich und Jilke über die Zersetzung des Camphers durch schmelzendes Chlorzink*) siedet dieser, als Laurol benannte Kohlenwasserstoff nahezu conslant bei 188® und kommt ihm, nach der Untersuchung seiner Umwandlungs-

producte, die Constitution OeHsjOH, zu. Für einen solchen

Kohlenwasserstoff wäre, wenn er normales Propyl enthielte, der Siedepunkt 199® zu erwarten ; ein dreifach-substituirtes Benzol von dieser Formel, welches bei 188® siedet, kann hiernach wohl nicht normales Propyl enthalten.

Recht complicirt wird also die Betrachtung, wie die Siedepunkte der Kohlenwasserstoffe GoH^n-e von der Zu- sammensetzung derselben abhängen ; namentlich im Vergleich zu der Einfuchheit der Betrachtung, wie sie früher als zu- lässig erschien. Aber es ist zu beachten, dafs diefs auf der weiter vorgeschrittenen Erkenntnifs der Complication des bedingenden Umstandes, auf der Erkenntnifs so zahlreicher Isomerieen beruht, und dafs mit dieser Erkenntnifs das Statt- haben der Siedepunktsregeimäfsigkeiten nur bestätigt wird und Fälle, welche früher als diese Regelmäfsigkeiten störend oder Ausnahmen von ihnen abgebend zu betrachten gewesen wären, jetzt ihre genügende Erklärung finden.

*) Ann. Ühem. Pharm. CXLV, 129.

329

üeber Aldehydbasen ; von Hugo Schiff.

Vorläufige Mittheilnng.

In dem Ende Juni ausgegebenen ersten Hefte dieses V. Sup« plementbandes der Annalen hat Baeyer einige Betrachtun- gen über von dem Acetaldehyd abzuleitende Basen veröffent- licht, welche mich zu den folgenden Vorläufigen Mitlheilungen veranlassen.

Vor nahezu drei Jahren habe ich bereits (III. Supple- mentbd. S. 367) das Hydrönanthylamid N^(C^Hi^)' und einen ähnlichen Amylkörper beschrieben und auf eine Verbindung N^(C'H^)' hingewiesen. Seit dieser Zeit habe ich mich mehrfach mit der Zersetzung des Aldehyds durch Ammoniak beschäftigt. Aldehyd und eity Ueberschufs weingeistigen Ammoniaks, mehrere Monate bei mittlerer Temperatur sich selbst überlassen, geben eine gelbbraune Flüssigkeit. Diese bei 60 bis 70^ destillirt giebt neben Ammoniak eine flüchtige Base vom Geruch des zersetzten Coniins, löslich in Wasser und von der Zusammensetzung C^H^ oder C^H^N (Picolin ?). Der Rückstand der Destillation ist harzig , giebt aber nach der Reinigung ein gelbes Pulver, welches sich in Wasser löst, lösliche Salze und ein krystallinisches Chloroplatinat bildet und der Zusammensetzung N'(C^H^)' entspricht. In warmem Wasser und besonders bei Gegenwart von Sauren zersetzt dieser Körper sich leicht :

C«H«N*, 2 HCl + H«0 = NH*C1 + C«H"NO, HCl.

Die Base C^H"NO ist zimmtfarbig, amorph und löslich in Wasser. Die Reactionen und die Zusammensetzung der Salze deuten an, dafs die Base kein Ammoniumhydrat sei, sondern ein tertiäres Monamin. Man kann sie erzeugen.

330 Schiffe über Aldehydbasen,

wenn man Aldehyd aAf Aldehydammoniak bei 50 bis 60^ in weingeistiger Lösung auf einander einwirken lafst.

jC'H^OH jC*H*.OH

N^ H + 2C«H40 = 2H«0 + N{C'^H» l H (C*H«

Bei Zersetzung des Aldehyds durch weingeistiges Am- moniak bei 100^ entstehen noch zwei ähnliche Basen C'^H^^NO und C^H^^NO, von denen die letztere bereits, von Heintz und Wislicenus beobachtet wurde.

Von dem Hydrönanthylamid ausgehend gelangt man zur Verbindung Nicm^» , welche keine basischen Eigenschaft

ten mehr besitzt.

Hierher gehören auch das Valeralammoniak und Tri- oxyamyliden von Er d mann :

C^H^ö OH

C»HW.OH

U

N.

.C*H^o.OH.

H

C*H*o.OH

Das Acrolein fuhrt zu einem Diamin :

jC8H*.0H |2(C«H*.0H)'

2N^ H +2C»H*0 = 2H»0 + N«^C»H*"

l H lc»H*"

Diese Base ist den Basen aus Acetaldehyd sehr ähnlich, weniger gefärbt, bildet schwieriger Salze, mit Leichtigkeit aber ein Chloroplalinat, welches obiger Formel entspricht.

Das Studium der Zersetzung der Aldehydammoniake mittelst Schwefelwasserstoff statt des Wassers fährte zunächst auf das Thialdin.

Gesättigtes wässeriges farbloses Schwefelammonium giebt mit den Aldehyden direct die entsprechenden Thialdine, und ich darf wohl sagen, dafs die Thialdinbildung ebensovrohl zu dem allgemeinen Character der Aldehyde gehört^ wie die Verbindungsfähigkeit mit alkalischen Sulfiten^ oder wie die von mir beschriebene Bildung von Diamidcn bei Einwirkung der primären und secundären organischen Basen.

Schiff, über Aldehydbasen. 331

Acrothialdtn C®H^*NS ist weifs , krystallinisch , weniger fluchtig als Acetothialdin, der basische Character tritt weni- ger hervor und es eignet sich diese Verbindung weniger noch als Acetothialdin zum Studium der Zersetzungserschei- nungen dieser Körperklasse.

Oenanthothialdin C"fl"NS« hingegen ist (lässig (0,986 bei 24^) , zwar nicht ohne Zersetzung destiilirbar, aber doch von ausgesprochen basischem Character. Sulfat und Chlor- hydrat bilden farblose Krystalle. An dieser Base nun habe ich das Verhalten des Wassers bei höherer Temperatur, der schwefligen Saure, des Jodwasserstoffs, des Jods, des Jod- ithyls^ der Aldehyde, des Chlorphosphors und der Metall- oxyde studirt.

Diese Beactionen deuten darauf hin. dafs die Thialdine tertiäre Monamine sind (Acetothialdin, A. W. Hof mann, 1857), in welchen der Wasserstoff nicht durch ein einziges trivalentes Radical ersetzt ist, sondern durch drei Radicale, welche den Schwefel als Sulfhydryl SH enthalten, wie obige Äldehydbasen den Sauerstoff als Oxhydryl OH. Die allge- meine Thialdinformel ist hiemach :

(C»H«.8H (C'H^.SH

N^ OH"» . SH , z. B. N^ C^H " . SH

|C»H»-> ICH»

Oenanthothialdin .

Nicht alle Thialdine haben basische Eigenschaften, Benzo- thialdin z. B. ist indifferent. Alle diese Verbindungen sind Aldehydderivate, welche in gewissem Sinne den Oxyathylen- basen von Wurtz analog sind. Hierher gehören vielleicht auch Carbotbialdin und Carbothiacetonin mit den analogen Formeln :

iC"" (CS

C»H*.8H N«^C»H«

C*HV8H (2(C»H«.SH)'

Destillirt man die Thialdine und die sauerstofllialtigen Aldehydbasen mit Natronkalk, so bilden sich flässige, fluch-

332 Maithiessen u. Foster, über die ehem. Gonstitution

tige Basen , welche sich in Wasser lösen , alkalische Reaction besitzen and zu den Anders on'schen Basen aus dem Kno- chenöl jedenfalls in naher Beziehung stehen.

Die Existenz aldehydischer Harnstoffe habe ich bereits Bd. CXL, li4 der Annalen der Cbem. u. Pharm, angezeigt. Mit weit gröfserer Leichtigkeit als in den Harnstoff lassen sich die Aldehydresidua in die substituirten Harnstoffe ein- rühren, namentlich in die phenylsubstituirten Carbamide und Sulfocarbamide. Alle diese Verbindungen sind krystallinisch.

Auch das Oxamid erlaubt den Eintritt von Aldehydresidua, weniger leicht andere Saureamide. Auch in diesen Fallen wird die Einführung der Aldehydresidua durch den vorheri- gen Eintritt eines Alkoholradicals wesentlich erleichtert. Bit- termandelöl z. B. wirkt aus leicht zu begreifenden Gründen nicht auf Benzamid ein , wohl aber auf Benzanilid , leichter noch auf Succinanilid.

Ich hoffe, einen Theil der hierher gehörigen Unter- suchungen noch im Laufe dieses Jahres ausführlicher mit- theilen zu können.

Florenz, 12. August 1867.

Ueber die chemische Constitution des Nar-

cotins und seiner Zersetzungsproducte ;

von A. Matthiessen und G. C. Fester^).

In der hier auszugsweise zu besprechenden Fortsetzung unserer Arbeit**) sind die folgenden Reactionen untersucht worden :

*) Proceedings of the London Royal dociety XVI, 89.

**) Frühere Mittheilungen Tgl. Ann. Chem. Pharm. 6appl.-Bd. I, 330 and Sappl.-Bd. U, 377. D. R,

des Narcottns und setner Zei'setzungsproducte, 333

1) Einwirkung der Ghlorwasserstoff'^ und der Jodwasser^^

Stoff säure auf Opiansäure.

Wenn concentrirte Chlorwasserstoff- oder Jodwasser* stoffsaure eine Zeit lang bei iOO^ auf Opiansäure einwirkt, so wird Methylchlorür oder Methyljodur entwickelt und eine neue Säure gebildet :

* ?ioHio^6 + HCl = e^HaOft + eHjCl.

Wir schlagen für diese neue Säure die Bezeichnung Metloflnaropiansäure vor, da sie zwischen der Opiansäure and der normalen Opiansäure intermediär ist :

Normale Opiansäure OgH^^«

MetbylDoropianBäare GgH^^^

Opiansäare oder Dimethylnoropiansäare €lioHio^s

Die neue Säure ist löslich in kaltem Wasser, aber noch viel löslicher in heifsem, aus welcher Lösung sie bei dem Abkühlen derselben mit 27^ Mol. Wasser krystallisirt. Wie Hypogallussäure giebt sie mit Eisenchlorid eine dunkelblaue Färbung, aber auf Zusatz von überschüssigem Ammoniak entsteht eine hellrothe Lösung, wonach die blaue Färbung in diesem Falle sich von der durch Hypogallussäure hervor- gebrachten unterscheidet, sofern die letztere Färbung durch Ammoniak zu Blutroth umgewandelt wird. Nach der Analyse des Silbersalzes ist die Methylnoropiansäure als einbasisch zu betrachten.

0) Einwirkung der Chlorwasserstoff' und der Jodwasser-^

stoffsäure auf Meconin,

Wird Heconin mit concentrirter Chlorwasserstoff- oder Jodwasserstoffsäure einige Zeit auf 100^ erhitzt, so spaltet es sich zu Methylchlorür oder Methyljodur und einer Säure von der Zusammensetzung 69H8O4. Die Reaction ist :

GioHjo^4 + HCl = €^04 + GEfil.

334 Matthiessen u. Foster, über die ehern, Omstttuitott

Die neue Saure können wir Meihylnormeconsäure nennen, da sie zwischen dem Meconin und dem normalen Meconin steht :

Meconin Gio^io^4

Methylnormeconin oder Methylnonneoonsllare G^Hg^« Normales Meconin €gHe^4.

Die Hethylnormeconsäure ist löslich in kaltem, aber« viel löslicher in heifsem Wasser; sie löst sich auch leicht in AI* kohol und etwas in Aether. Sie reducirt Lösungen von Silbersalzen in der Kalte und verhält sich zu Bisenchlorid genau so wie die Methylnoropiansaure. Nach der Analyse des Baryumsalzes ist die Methylnormeconsiure einbasisch.

III) Einwirkung der Ühlorwasaerstoff' %md der JodwasaeT'

Stoff säure auf Hemipinsäure.

Die Einwirkung der Jodwasserstoffsaure auf Hemipin- säure wurde bereits in einer froheren Mitheilung von uns beschrieben. Die Reaction, welche statt hat, geht nach un- serer Untersuchung vor sich gemäfs der Gleichung :

^loHio^e + 2HJ = €^9 + 2€H^ + e^B^G^,

Den Körper G7H6O4 hatten wir als Hypogallussäure bezeichnet. Es war auch erwähnt worden, dafs bei der Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure auf Hemipinsäure die folgende Reaction vor sich geht :

Die Formel GsHsO« ist durch weitere Analysen bestätigt worden, und die Analyse des Silbersalzes dieser Säure hat ergeben, dafs dieselbe einbasisch ist. Diese Säure kann als MethyUiypogallussäure bezeichnet werden, da sie 1 At Methyl mehr enthält, als die Hypogallussäure, und in diese letztere Säure durch lange andauernde Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure umgewandelt werden kann.

des Narcotins und seiner Zersetzungspro Jude, 335

Bei unseren Yersuehen mit Hemipinsäure fanden wir, dafs diese Siare in verschiedenen Formen krystallisiren kann. Die verschiedenen Krystalle enthalten angleiche Mengen Wasser. So enthält die ans verdünnter Lösung bei dem frei- willigen Verdunsten derselben krystallisy*te Saure Vs Mol. Wasser; die aus einer übersattigten Lösung krystallisirte i HoL Wasser; und endlich die in gewöhnlicher Weise, durch Abkühlen einer heifs bereiteten Lösung, krystallisirte Saure 2V« Mol. Wasser.

Aus den hier und den in unseren früheren Mittheilungen angegebenen Versuchen ergiebt sich, dafs folgende von der Opiansaure sich ableitende Verbindungen existiren.

^10^10^4 ^10^10^» ^toHio^e

Dimethylnormeconin DimethylnoropiansHure DimethylnorhemipinBänre (gewöhnl. Meconin) (gewöhnl. Opiansänre) (gewöhnl. Hemipinsäure)

Methylnormeconin

69Hg05 Methylnoropianaftore

Methylnorhemipinsäure

«sHaO, Nonueconin

GeHeO, Noropiansftnre

Norhemipinsäare

GgHaOt

GsHaOa

MetbjlhypogallTiBsäare

e,H,d.

^THeOa

€,He04 Hypogallass&nre.

Von diesen Körpern sind die folgenden dargestellt worden :

i) GioHioOi, GioHioOe durch die Einwirkung von Kali auf Opiansaure :

2€|oH|o05 = €|oH|oG4 + €|oH|oGe*

2) GsHb^« durch die Einwirkung von Chlorwasserstoff- und Jodwasserstoffsäure auf Meconin :

0,oH,oG4 + HJ = GBHa04 + €HaJ.

336 Matth%e9sen ci. Fester, über die ehern, Gonstäutian

3) GaHgOö durch die Einwirkung von Chlorwasserstoff-

oder Jodwasserstoffsäure auf Opiansaure :

CtÄoOj + HJ = G^HgO^ + OH,J.

4) GsHsOi durch die Einwirkung von Chlorwasserstoff-

säure auf Hemipinsäure :

^loHioOe *+ HCl = G8H8O4 + Öö, + GH,C1.

5) GiUß&^ durch die Einwirkung von Jodwasserstoff-

säure auf Hemipinsäure :

€>toHto^« + 2HJ = GtH«^* + GOj + SGHrJ.

Ein zweiter Theil der Untersuchungen, über welche wir hier in Kurze Mittheilung machen , betriflit die Darstellung und die Eigenschaften einer neuen aus dem Narcotin zu er- haltenden Base. Wird Narcotin 6 bis 8 Tage lang mit starker Chlorwasserstoffsäure auf iOO^ erhitzt, so werden 2 Mol. Methylchlorür ausgegeben und die Chlorverbindung der neuen Base gebildet. Die Reaction, welche hierbei statt hat, ist :

G^HjaNO, + 2 HCl = G^jH^^NO^ + 2GH,C1.

Diese Base haben wir als Methylnomarcotin benannt ; sie bildet ein fast weifses amorphes Pulver, welches in Wasser und in Aether unlöslich, in Alkohol etwas löslich ist; es ist leicht löslich in kohlensaurem Natrium, und auf diese Art kann die neue Base vom Narcotin getrennt werden. Keines ihrer Salze ist krystallisirbar (die Chlorverbindung, das schwefelsaure und das salpetersaure Salz wurden dargestellt). In unserer ausführlicheren Abhandlung erwähnen wir auch zwei anderer neuer Basen, welche sich von dem Narcotin ableiten ; diese sind bis jetzt noch nicht beschrieben worden. Sie sind das Dimethylnornarcotin und das Nornarcotin ; das erstere bildet sich bei kürzerer Einwirkung von Chlorwasser- stoffsäure auf Narcotin, und das letztere bei der Einwirkung von concentrirter Jodwasserstoffsäure auf Narcotin. Diese Reactionen können formulirt werden :

des Narcotina und seiner Zerseizunggproducte. 33?

enH^NOf + HCl = G«H„NOt + €H,C1 ; G«H„N^, + SHJ== €i9H„NO, + 8€H,J.

Es existiren also vier Narcotine :

/) Gtewöhnl. Narcotin o. Triinethylnornarcotin ^n^ts^^i

2) Dimetbylnornarcotin €s|H,iN07

3) Methylnomarcotin GsoHieNOf

4) Nornarcotin €i9HjfNOf.

Die Beschreibungen und Eigenschaften der erst -er- wähnten neuen Basen werden den Gegenstand einer spateren Mittheilung abgeben.

lieber die relative Constitution des Gährungs- Butyl- und Amylalkohols;

von Emil Erlenmeyer.

Vor einiger Zeit habe ich in der Zeitschrift f. Chemie 1867; S. Ii7 mitgetheilt, dafs nach meinen Untersuchungen der Gährungsbutylalkohol und der Gahrungsamylalkohol nicht, wie man bis dahin angenommen hatte, Normalatkohole sind, sondern zu dem Methyl- resp. Aethylalkohol in folgender constitutionellen Relation stehen :

CHj CH,

CHj CH,

H

CH

^c^

1 CH,

CH,

HO— CH,

HO-CH,

Ho-in,

Butjl-

Aetbyl-

AmylalkohoL

H

HO-CH,

Metbjl*

Ich versprach in jener Mittheilung, die experimentellen Belege in einer ausführlichen Abhandlung zu geben.

Da ich aber die Absicht habe, auch alle Zwischenpro- ducte, welche ich bei meiner Untersuchung erhalten habe,

Aanal. d. Ohem. u. Pliarm. V. 8upplem0ntbd. 3. Heft. 22

338 Erlenmeyer ^ über die relative Constitution

in Bezug auf ihre physikalischen Eigenschaften mit den aaf anderem Wege erhaltenen genau zu vergleichen, sowie die übrigen Gährungsalkohole, zumal den Propyi- und Hexyl- alkohoi, erst noch zu studiren, so halte ich es für zweck- mafsig, vorläufig nur den Weg anzugeben, auf welchem ich zu den oben angeführten Resultaten gelangt bin.

Der Gährungsbutylalkohol wurde oxydirt, und er lieferte (neben Essigsäure und anderen, noch zu untersuchenden, nicht sauren Producten) nicht Nor malöiUt er säure, sondern hohuttersäure^ ein Beweis, dafs der Gährungsbutylalkohol nicht Normal- sondern Isobutylalkohoi ist.

In Betreff des Gährungsamylalkohols hatte ich zwar schon durch die Untersuchung des Amylens *), welches mit Chlorzink daraus dargestellt war, die Ueberzeugung ge- wonnen, dafs der Gährungsamylalkohol selbst das Radical Pseudopropyl enthält; weil man aber sagen könnte, durch die heftige Wirkung des Chlörzinks bei hoher Temperatur sei neben der, welche zur Bildung des Amylens erfolgen mufs, noch eine andere Umsetzung der Bestandtheile des Amylalkohols vor sich gegangen, habe ich noch durch einen weniger energischen Procefs Amylen dargestellt.

Wenn man Amyljodür, das auf gewöhnliche Weise aus Gährungsamylalkohol gewonnen ist, mit weingeistigem Kali auf dem Wasserbade behandelt, so bildet sich neben Amyl- äthyläther auch Amylen. Es wird wohl Niemand daran zweifeln , dafs dieses Amylen auf die einfachste Weise ent- steht, indem durch das Kalihydrat Jod und Wasserstoff aus dem Amyljodür herausgenommen werden.

Auch dieses Amylen lieferte bei der Oxydation Aceton.

Trotzdem, dafs es nach diesen Erfahrungen kaum mehr in Frage gestellt werden konnte, dafs der Gährungsamyl-

*) Verhandl. d. oaturhist-med. Yereins zu Heidelberg III, 197.

des Oährungs'Butyl' und Amylalkohols, 339

alkohol in der That nach der obengegfebenen Formel constituirt sei, hielt ich es doch für rathsam, noch einen^ weiteren Be- weis dafür aufzusuchen.

Nachdem ich gefunden halte, dafs der Gährungsbutyl- alkohol die oben angegebene Constitution besitzt, benutzte ich hierzu die Synthese der Vaieriansaure aus dem Butyl- cyanür. Das aus dem Butyljodur mit Cyankalium dargestellte Valeronitrii, welches mit dem aus Leucin durch Oxydation erhaltenen identisch zu sein scheint, wurde mit Kalihydrat in valeriansaures Kali übergeführt. Die daraus abgeschiedene Säure fand ich mit der aus dem Gährungsamylalkohol direct erhaltenen in allen wesentlichen Eigenschaften und in ihren Salzen yollkommen übereinstimmend.

Nur das Eine mufs ich gestehen, ich habe bisher das optische Verhalten meiner künstlichen Vaieriansaure zu er- mitteln unterlassen; einestheils, weil mir die dazu nöthigen Instrumente nicht zu Gebote standen, anderentheils aber auch, weil ich darauf für die Entscheidung der Frage , ob zwei Substanzen chemisch identisch oder isomer sind, keinen Werth lege und der Meinung bin, dafs die Resultate der bisher an- gestellten chemischen Experimente vollkommen ausreichend sind, um zu beweisen, dafs der Gährungsamylalkohol nichts anderes ist, als isobutyürter Methyl- oder pseudopropylirter Aethylalkohol.

Ich zweifle deshalb auch keinen Augenblick daran, dafs die von Frankland und Duppa (Zeitschr. f. Chem. 1867; 120) beschriebene Isoprop essigsaure mit der Vaieriansaure aus Gährungsamylalkohol chemisch identisch ist.

Der Vollständigkeit wegen will ich auch aus dem Butyl- cyanür den Amylalkohol selbst darstellen, sowie die optischen Eigenschaften dieses und aller anderen bisher erhaltenen Producte ermitteln.

22»

340

üeber Julin's Chlorkohlenstoflf; von H. Bassett*).

Im Anfang des Jahres 1864**) beschrieb Dr. Hugo Malier eine durch Einwirkung von Antimonpentachlorid auf Benzol erhaltene Substanz von der Formel GeCle« d. i. Benzol, in welchem aller Wasserstoff durch Chlor ersetzt ist. Er wies weiter auf die Wahrscheinlichkeit hin, dafs Julin's Chlor- kohlenstoff dieselbe rationelle Formel habe, während Ber- thelot demselben die weniger wahrscheinliche Formel GioCIjo zugeschrieben hatte, wohl weil er durch Einwirkung von Wasserstoff bei Rothgluhhitze aus demselben Naphtalin er- halten hatte; aber da Naphtalin sich bekanntlich aus niedri- geren Kohlenwasserstoffen bei hohen Temperaturen bildet, konnte diese Thatsache nicht als die von Berthelot gege- bene Formel beweisend betrachtet werden.

Ich habe einige Versuche mit Julin's Chlorkohlenstoff angestellt, welche zeigen, dafs derselbe wirklich GeCle ist.

Diese Substanz wurde in der Art dargestellt, dafs Chloroformdampf durch eine lange, mit Porcellanstucken ge- füllte und bei Hellroth - Glühhitze erhaltene Röhre geleitet wurde. Das resultirende halbfeste Product wurde in dem Wasserbade zur Trockne gebracht, dann mit etwas ziemlich verdünntem Alkohol gekocht, und der Rückstand einmal aus einer Mischung von Benzol und Alkohol umkrystallisirt. Das Product war bräunlich gefärbt, was sich durch wiederholtes Umkrystallisiren nicht beseitigen liefs; aber durch Sublimation wurde es vollkommen weifs und durch nochmaliges Umkry- stallisiren ganz rein erhalten. Es ergab 75,26 pC. Chlor, wahrend sich 74,74 berechnen. Die so erhaltene Substanz

*) Journal of the chemical society, new series, V, 448. •*) Zeitscbr. f. Chem. 1864, 8. 40.

Bassett, über Julin*8 Chlorkohlenstoff, 341

ist nur wenig löslich in Alkohol, sehr leicht löslich in Benzol and Chloroforni. Man krystallisirt sie am Besten aus einer heifsen Mischung von Benzol und Alkohol, aus welcher Lö- sung sie sich bei dem Abkühlen derselben in farblosen feinen langen Nadeln ausscheidet, welche geschmack* und geruchlos sind. Sie verflüchtigt sich wenig bei 100^, und hat dann einen, sehr schwachen eigenthümlichen Geruch. Durch sie- dende Säuren oder Alkalien, übermangansaures Kali n. s. w. wird sie nicht angegrifl'en. Hit dieser Substanz konnte ich eine Probe des von Dr. Müller dargestellten Benzol -Deri- vates vergleichen, und ich fand zwischen beiden Körpern schlechterdings keinen Unterschied ; beide schmelzen bei 231^ (corrigirt) und erstarren wieder bei 226^— Eine Dampfdichte- Bestimmung der aus Chloroform dargestellten Substanz (die Bestimmung wurde wegen des oberhalb 300^ liegenden Siede- punktes im Quecksilberdampf ausgeführt) ergab 10,06, wäh- rend die für GeCle sich berechnende Dampfdichte 9,87 ist; beide Zahlen stimmen hinlänglich nahe überein , um zu zeigen, dafs dem als Julin's Chlorkohlenstofl* bezeichneten Körper diese Formel wirklich zukommt.

üeber Dissociation ; von Privatdocent Dr. Alex, Naumann,

1) Berechnung der Gr'öfae der Dissociation aus dm, beob-'

achteten Dampf dichten. Für die, verschiedenen Temperaturen zugehörige, Gröfse der Dissociation gasförmiger Körper sind die specifischen Gewichte der entstehenden Gasmischungen keine unmittelbar vergleichbaren Ausdrücke. Dagegen ist als solches Gröfsen- mafs das, zweckmafsig in Procenten anzugebende, Verhaltnifs

342 Naumann, über Dissociatum,

der dissociirten Molecule der ursprünglichen Terbindong zor Anzahl der ursprünglich vorhandenen zu betrachten. Diese zu suchenden Zahlenwerthe leiten sich aus dem (theoretischen) spec. Gewicht der unzersetzten Verbindung und der beobach- teten Dampfdichte der Gasmischung ab.

Ich halte es nicht für überflussig, Einsicht in die Ent- Wickelung der zu den betreffenden Berechnungen ienptzten Formel zu geben, zumal da bezüglich der Dissociationstension vorliegende Zahlen *) geradezu falsch und bezüglich der relativen Menge des Zersetzten aufgeführte Werthe **), wenn sich denselben auch ein Sinn beilegen lafst, doch Das nicht sind, was sie der gewöhnlich üblichen und Oeviile's eige- ner Auffassung nach sein sollten. H. Deville ***) be- zeichnete nämlich früher mit dem Worte Dissociattonstension „die relative, mit der ganzen der Einwirkung der Hitze untere worfenen Masse verglichene Menge eines Körpers, welcher sich in seinem eigenen Dampfe zersetzt.^ Spater sagt Devillef) : „Wenn man das Sieden der vollständigen Zer- setzung vergleicht, so würde die Dampfspannung unterhalb des Siedepunkts der Dissociationstension (der theilweisen Zer- setzung) entsprechen.^ Deville ff) drückt dem Letzteren gemäfs die Dissociationstension in Millimetern Quecksiiber- höhe aus. Hat z. B. der Wasserdampf sich theilvv^ise zer- legt, befindet sich also in einem Gefäfse Wasserdampf und Knallgas und ist der Gesammtdruck = 760°^°", so berech- net Deville den Partialdruck des gebildeten Knallgases und nennt diesen die Dissociationstension des Wasserdampfs bei

•j Deville, Compt. rend. LXIV, 71. **) Deville, daselbst nndWarts, Ann. Cbem. Pharm. CXXXY, 818. •«•) Ann. Chem. Phann. CXXVn, 109. t) BaU. soo. ohim. F4tt. 1866, p. 116. tt) Siehe aach Ann. Chem. Pharm. CXLI , 46.

Naumann^ über Diasociation. 343

der herrschenden Temperatur. Deville *) hat nun in neu- ester Zeit falsche Zahlen für die, verschiedenen Temperaturen entsprechende , Dissociationstension des Bromiwasserstoff- Amylens berechnet. Deville sagt nämlich : „Es sei D die Dampfdichte des Bromwasserstoff- Amylens zwischen 113 und 153^ ; d das Mittel zwischen der Dampfdichte des Brom- wasserstoffs und derjenigen des Amylens ; J die von 153 bis 360^ regelmäfsig abnehmenden Dampfdichten des Bromwasser- stoff-Amylens , wie solche von Wurtz bestimmt worden sind ; so hat man für q die dissociirte Gasmenge in diesen verschiedenen Mischungen (on a pour q ia masse gazeuse dissociee dan3 ces melanges divers) ;

P""A 5,23~zi __ 6,23— ^J

^ "" D— d" "" 5123^762 "" 2,61

Es sei 0 die Dissociationstension des Gases, so hat man för ihren Werth, da hier D = 2 d ist :

Q = 760. ^^— = 760. - v*^;**

q -f 1

Hierauf stellt Deville die nach beiden Formeln aus den Beobachtungsresultaten von Wurtz berechneten Zahlen- werthe von q und Q in einer Tabelle zusammen. Wie eine einfache Ueberlegung lehrt, hat die Deville'sche Ableitung von Q aus q nur dann einen Sinn, wenn q das Gewichts- verhältnifs des zersetzten Bromwasserstoff-Amylens (des ge- bildeten Bromwasserstoffs und Amylens) zu dem gesammten, der Einwirkung der Hitze unterworfenen oder ursprünglich vorhandenen Brdmwasserstoff-Amylen, oder, was dasselbe sagt, zu der gesammten Gasmischung vorstellt. Dieses Ge- wichtsverhältnifs wird aber keineswegs durch die Devil- le'sehe Formel q = ^^j' sondern, wie aus der nachher

q

d

q

d

^ D

•) Compt rend. ^XIV, 71.

344 Naumann, über Dissoctaiion.

folgenden Entwickelung hervorgehl, durch die Formel q= "^

ausgedrückt. Es sind somit Deviiie's Zahlen für die Disso- ciationstension des Bromwasserstoff-Amylens unrichtig. Der Umstand, dafs die Deville'sche Formel für q auf die Grenz- werthe 0 und 1 pafst, scheint hinreichende Veranlassung ge- wesen zu sein, dieselbe überhaupt aufzustellen. Will man der- selben einen anderweitigen Sinn beilegen, so bezeichnet sie das Verhältnifs des entstandenen Volums von BromwasserstoiT und Amylen zu dem gesammten entstandenen Gasvolum. Deville würde also die richtigen Werthe für die Disso- ciatioQstension des Bromwasserstoff-Amylens erhalten haben, wenn er einfach seine Werthe von q mit 7^ multiplicirt hatte. In gleicher Weise kann die von Wurtz*) aus der für 314^ stattfindenden Dampfdichte 2,98 des Bronwasserstoff- Amylens berechnete Procentzahl 86,2 nur Volumprocente der Zersetzungsproducte Amylen und Bromwasserstoff bezogen auf das Gesammtvolum der entstandenen Gasmischung be- zeichnen, und nicht, wie man glauben könnte, Gewichtspro- cente. Für letztere würde sich aus der beobachteten Dampf- dichte 2,98 unter gleichzeitiger Zugrundelegung der von Wurtz benutzten theoretischen Dampfdichte 5,24 die Zahl 75,83 ergeben, wie die jetzt zu entwickelnde Formel lehrt

Das theoretische spec. Gewicht eines dissociationsfihigen

Körpers sei d = ^^^^ wo m das Moleculargewicht vorstellt

Bei der Dissociation zerfalle ein Holecul in a Holecule, so

ist die Dampfdichte der Mischung der Zersetzungsproducte

Es seien nun x 4* Y Holecule der ursprünglichen Verbin- dung einer gewissen Temperatur ausgesetzt worden, x seien

*) Ann. Ghem. Pharm. CXXXV, BIS.

NaumanUf über Dissociation, 345

ansersetzt, y zersetzt in a y Holecole der Zersetzungspro- dacte ; 80 ist das spec. Gewicht der gesammten Gasmischung :

D = (^ + 7) d

woraos

X (d-D) = y (ap-d) und -^ = ^JS--

Polgiicb ist das Verhältnirs der dissociirten Molecule zur Anzahl der nrsprfinglich vorhandenen :

Hieraus erhält man die Zahl der dissociirten Molecule der ursprünglichen Verbindung in Procenten der ursprünglich Torhandenen, wenn man die Zahl der letzteren x -{- y = 100 setzt , alsdann wird y = p und Gleichung (1) geht über in :

p _ d—D 100 "" (a— 1)D'

wonach

100 (d-D) ^ (a— 1) D ^"

Ffir a s= 2 erhält diese Formel die Gestalt :

_ 100 (d-D) ,

D ist dnrch den Versach festzustellen.

Nach dieser Formel sind für die folgenden Tabellen die den beigefugten Temperaturen und Dampfdichten ent- sprechenden Procenttheile der zersetzten Verbindung berech- net. Um die Uebersicht über den Verlauf der Dissociation zu erleichtem, ist in einer ferneren Columne der bei steigen- der Temperatur erfolgende Zuwachs der Zersetzung auf eine Temperaturerhöhung von 10^ bezogen.

Die mir bekannten dissociationsfahigen Körper, für welche die Zusammensetzung des Moleculs unzweifelhaft ist und zugleich Dampfdichtebestimmungen für verschiedene,

346 Naumann^ über DissoctcUion^

innerhalb der Grenzen der Dissociation liegende Temperaturen vorliegen, sind :

1) ßromwasserstoff^Amylen, GsHjo.HBr. Wurlz *) hat nachgewiesen, ^^dafs dieser Körper bei 40, 50, 60^ ober- halb seines Siedepunkts die normale Dampfdichte zeigt, wah- rend bei noch höherer Temperatur die Dampfdichte kleiner wird, bis sie nur noch die Hälfte der normalen betragt."^ Bei der beim Erkalten eintretenden Wiedervereinigung der Bestandtheile bleibt etwas Bromwasserstoff unverbunden, „als Zeuge für die Zersetzung.** Spater hat Wurtz ♦♦) gezeigt, dafs beim Zusammenbringen von Amylen und Brom- wasserstoff in einem geeigneten Apparat zwischen 1120 und 130^ wo Bromwasserstoff-Amylen noch normale Dampfdichte zeigt, eine betrachtlich gröfsere Temperaturerhöhung des Gasgemenges eintritt, als zwischen 215 und 225^, wo die Dampfdichte des Bromwasserstoff- Amylens auf theilweise Zersetzung hindeutet. Dieses Ergebnifs weist darauf hin, dafs zwischen den letzteren Temperaturen eine weniger voll- standige Verbindung der gemischten Gase stattgefunden hat, als zwischen den ersteren niederen. Es zerfallt sonach das Bromwasserstoff-Amylen unzweifelhaft bei steigender Tem- peratur allmalig in Amylen und Bromwasserstoff. Es folgen nachstehend die Wurtz*schen Beobachtungswerthe sammt den daraus abgeleiteten Zahlen. Das Bromwasserstoff-Amylen siedet bei 113^ Die theoretische Dampfdichte ist 5,22. Diejenige des Gemenges seiner Zersetzungsproducte, Amylen

6 22

und Bromwasserstoff, - '- = 2,61.

♦) Ann. Chem. Pharm. CXXXV, 316, 1865. **) Compt. rend. LXII, 1182 and Ann. Cbem. Pharm. CXL, 171.

Naumann, über Diiaociation.

347

Temperatur (corrig.)

/*■ 1520 155,8 160^ 165 171,2 178,1 188,8 185,5 .193,2 195,5 205,2 215

225

236,5

248

262,5

272

295

305,8

814

319,2

360

Dampfdichte

Procenttheile der Zersetzung

Zuwachs an Procent- th eilen d. Zersetzung für lO«» Temperatur- erhöhung

^,37 5,18 5,32 5,14 5,16 5,18 5,15 5,12 4,84 4,66 4,39 4,12 4,69 i 8,68/*' 8,88 8,30 8,09 8,11 3,19 3,19 2,98 2,88 2,61

18

1,6

1.4 2

7.9 12 18,9 26,7

36,3 58,2 68,9

75,1 81,2 100

7,7

9,2 8

4,5

19

1,2

11,7 4,6

2) Jodtoasserstoff-'Amyhn^ fi^Hio . HJ. Dieser Körper zeigt nach den Untersiichungen von Wurtz ahnliches Ver- halten wie der vorhergehende. Nur kann derselbe oberhalb seines Siedepunkts gar nicht Gasform annehmen, ohne theil- weise Zersetzung zu erleiden. Es liegen von Wurtz zwei- mal je drei Dampfdichtebestimmungen vor. Die zuerst aufge- führten sind die spater *), die drei letzten die früher **) veröffentlichten. Das Jodwasserstoff-Amylen siedet bei 130". Die theoretische Dampfdichte ist 6,84. Diejenige des Ge- menges seiner Zersetzungsproducte, Amylen und Jodwasser- stoff, -^ = 3,42.

*) Compt. rend. LXII, 1182, 1866 n. Chem. Centralbl. 1866, 588. **) Abd. Chem. Pharm. CXXXV, 814, Anmerkang.

348

Naumann, über Disgociation.

Temperatar

Dampfdichte

Procenttheile der Zersetzung

Zuwachs an Procent- theilen d. Zersetzung für 10° Temperatur- erhöhung

143«

153,5

168

160

210

262

6,05 5,97 5,88 5,73 4,66 4,38

13,1 14,6 16,8 19,4 46,8 56,2

1,4

5,5 1,8

3) Phosphorchlorid, PCI5, unterliegt der Dissociation, in- dem es in Phosphorchlorör und Chlor zerfällt. Nach Ver- suchen von Wanklyn und Robinson *) geht bei der Diffusion des von Phosphorchlorid gelieferten Dampfs in Kohlensäuregas freies Chlor in dieses über und das in dem Kolben Rückständige ginthält Phosphorchlorür. Neuerdings erkannte H. Deville **), dafs der von Phosphorchlorid ge- lieferte Dampf gelbgrün ist, also freies Chlor enthält, wäh- rend nach allen Analogieen der Dampf des Phosphorchlorids farblos sein sollte. Dabei sah man die Farbe des Chlors sich allmälig mit steigender Temperatur mehr und mehr ent- wickeln. Die folgenden, von Cahours ***) ausgeführten Dampfdichtebestimmungen zeigen, dafs auch dieser Körper oberhalb seines Siedepunkts nicht Gasform annehmen kann, ohne dissociirt zu werden. Neuere Bestimmungen, welche Cahours f) bei 170 und 172^ ausgeführt hat^ ergaben Zahlen, die^ wenn auch beträchtlich gröfser als die früher bei 182 und 185^ erhaltenen, doch noch weit entfernt von den der

*) Ann. Chem. Pharm. CXXVII, HO u. 111, Anmerk. u. Jahresber. f. Chem. u. s. w. f. 1863, 39.

**) Compt. rend. LXn, 1157, 1866; Chem. Centralbl. 1866, 686; Ann. Chem. Pharm. CXLI, 47.

***) Jahresber. f. Chem. u. b. w. f. 1847 a. 1848, 864.

' t) Ann. Chem. Pharm. CXLI , 42.

Naumann^ über ßissoctaiton.

349

normalen Dampfdichte entsprechenden sind. Dieselben sind bis jetzt noch nicht veröffentlicht worden. Das Phosphor- chiorid siedet bei 160 bis 165^ Die theoretische Dampf- dichte ist 7,2. Diejenige des Gemenges seiner Zersetzungs-

72

producte, Phosphorchlorür und Chior^ -j' = ^9^-

Zuwachs an Procent-

Temperatar

Dampfdichte

Procenttheile der Zersetzung

theilen d. Zersetzung für 10<> Temperatur-

erhöhung

182«

6,08

41,7

8,25 4,2 6,8 ß 3

190

4,99

44,3

200

4,85

48,5 <

230

4,30

67,4

250

4

80

D,0

D 1

274

3,84

87,5

3,1 6»2

0,9

288

3.67

96,2

289

8,69

800

3,65

97,3

4) Schtoefelsäurehydrat, SH2O4. Nach Wanklyn and Robinson *) geht bei der Diffusion des von Schwe- felsänrehydrat gelieferten Dampfs in atmosphärische Luft vor- zugsweise leichterer Wasserdampf weg und das in dem Kol- ben Rückständige besteht dann aus Schwefelsäurehydrat und wasserfreier Schwefelsäure. Auch hier ist die untere Tem- peraturgrenze der Dissociation nicht bekannt, weil, wie die nachfolgenden, von Eine au **) ausgeführten Dampfdichte- bestfmmungen zeigen, oberhalb des Siedepunkts der Dampf schon theilweise zersetzt ist. Die theoretische Dampfdichte des Schwefelsäurehydrats ist 3,386. Diejenige des Gemenges seiner Zersetzungsproducte, wasserfreie Schwefelsäure und

Wasser, ^ = 1,693.

*) Ann. Chem. Pharm. CXXVIIf, 110 u. 111, Anmerk. u. Jahresber. t Ghem. u. s. w. £ 1863, 38.

**) Ann. Che in. Pharm. LX, 161.

350

Naumann, über JDissociation,

Temperatar , Dampfdichte

j Zuwachs an Procent-

Procenttheile der theilen d. Zersetzung

Zersetzang für 10^ Temperatar-

erhöhang

3320

345

365

416

498

2,50 2,24 2,12 1,69 1,68

35,4

51,2

69,7

100,3

12«2 4.3 5

Aus einer vergleichenden Betrachtung der, Temperatur- erhöhungen von je 10^ entsprechenden, Zuwachse der Zer- setzung läfst sich der Schlufs ziehen, dafs der Temperatur- umfang der Dissociation, d. i. der Temperaturabstand des Beginns und der Vollendung derselben für verschiedene Körper verschieden grofs ist. lieber den Verlauf der Disso- ciation aber, wie die Zersetzung für denselben Körper mit der Temperatur vorschreite, darüber läfst sich bei den ver- hältnifsmafsig wenigen vorliegenden Beobachtungswerthen und bei der nicht grofsen Zuverlässigkeit der einzelnen Dampfdichtebestimmungen *) noch kein sicheres Urtheil ab- geben. Die Ergebnisse nachfolgender Betrachtungen weisen zwar darauf hin, dafs die Zersetzung nicht genau proportional den Temperaturunterschieden zunehmen kann, aber die bis jetzt noch unvollkommenen Versuchswerthe reichen nicht aus, um diefs mit Sicherheit erkennen zu lassen. Anderweitige Beziehungen und mehrfache Anwendung in obigen Tabellen verzeichneter Werthe werden sich in der Folge ergeben, wo ich gemäfs der auf Grund* der mechanischen Wdrmetheorie erwachsenen Holecularlheorie der Gase die Beziehungen, welche zwischen den bei der Dissociation in Betracht kom-

*) Wnrte : Ann. Chem. Pharm. CXXXY, 317; man vergleiche auch in obiger Tabelle für JodwasserstofiP-Amylen die TonWurts bei verschiedenen Versnchs reihen fUr 160° und 168° gefundenen Werthe.

Naumann, über Dissociatian, 351

inenden Gröfsen zwischen den Temperaturen des Beginns und der Vollendung der Dissociation und der eigentlichen Zersetzungstemperatur statthaben, entwickelt, ferner das Ver* bältnifs der Temperaturumfange der Dissociation verschiedener Körper abgeleitet und über den Verlauf der Dissociation Andeutungen gegeben habe.

2) Eigentliche Zersetzungstemperatur disaociationafähtger

Körper,

Für gasförmige Körper wenigstens ist die lebendige Kraft der Atombewegungen, unabhängig *) von der Natur der Atome, der absoluten Temperatur proportional. An den Hinweis auf die Nothwendigkeit, die Bewegungen der Atome innerhalb des Moleculs als in Schwingungen bestehend auf- zufassen, knüpfte ich früher**) die Folgerung : „dafs jede Verbin^lung durch Hitze zersetzbar sein mufs, indem bei fort- währender Vermehrung der lebendigen Kraft der Aton^n- bewegung und damit verbundener Vergröfserung. der Schwingungsweite die .anziehenden Kräfte von einer gewissen Grenze ab nicht mehr im Stande sein werden, die betref- fenden Atome innerhalb der Sphäre des Moleculs zurückzu- halten."

Di^se Grenze ist durch die Zersetzungstemperatur be- zeichnet, und es bietet uns die mit der letzteren gegebene lebendige Kraft der Atombewegungen einen Anhalt zur Be- urtheilung des Widerstands^ welchen verschiedene Körper zersetzenden Einflüssen entgegenstellen, zur Beurtheilung der Stärke, mit welcher die Bestandtheiie verschiedener Verbin- dungen sich anziehen, da bei alleiniger Einwirkung der Wärme der störende Einfiufs anderer Körper ausgeschlossen ist.

*) Ann. Chem. Pharm. CXLII, 271 n. 284, 1867. **) Daaelbflt CXLII, 286.

352 Naumann, über Dissoeiatian,

Bis jetst sind Temperaturen, bei welchen Holecnle in einzelne elementare Atome zerfallen, nicht ermittelt. För Quecksilber und Cadminm liegen dieselben unterhalb der Temperataren, bei welchen man ihre Dampfdichten anter- sucht hat, da aus letzteren hervorgeht, dafs für beide Kör- per das Atom zugleich auch das Molecul bildet.

Bei den gewöhnlich unter dem Namen der Dissociations- erscheinungen zusammengefafsten Vorgangen findet ein Zer- fallen des Moleculs in zwei oder mehrere Atomgruppen statt, die ihrerseits die Fähigkeit besitzen, als Molecule su bestehen. Und zwar nimmt dieses Zerfallen mit steigender Temperatur zu, so dafs es den Anschein hat, als ob von einer ganz bestimmten Zersetzungstemperatur nicht die Rede sein könne. L. Pfaundler hat jedoch jüngst auf Grund der von Clausius in seiner Abhandlung *) : ,,Ueber die Art der Bewegung, welche wir Warme nennen^ entwickelten Lebten, die durch die seitherige Ausbildung der mechanischen Warmetheorie fortwahrende Bestätigung gefunden haben, ~ der von Clausius **) gegebenen Erklärung des Vorgangs der Verdampfung eine Theorie der Dissociationserscheinungen nachgebildet, welche von letzteren in folgender Weise Rechenschaft giebt ♦♦♦).

„So lange die Verbindung noch gar nicht zersetzt ist, haben alle Molecule die Zusammensetzung A B. Sie bewegen sich geradlinig fort. Aufserdem bewegen sich die Bestand- theile dieser Molecule gegeneinander. Diese Bewegung der Bestandtheile ist aber (so wenig wie die geradlinige) nicht bei allen Moleculen gleich grofs; denn wfire sie es auch in einem gegebenen Momente, so könnte sie es in Folge der

*) Pogg. Ann. G, 868 ff. **) Daselbst C, 861. •**) Daselbst CXXXI, 60, 1867.

Naumann^ über DhsockUum, 353

Zasammenstöfse und der Stöfse an die Wände nicht bleiben. Nur die mittlere lebendige Kraft dieser Bewegung bleibt bei » ungeanderter Temperatur gleich grofs und in bestimmtem Yerhihnifs uar lebendigen Kraft der geradlinigen Bewegung der Molecule. In den einzelnen Moleculen muft sie aber bald gröfser bald kleiner sein. Wird nun die Temperatur erhöht, so steigt die lebendige Kraft beider Bewegungen. Es kann daher kommen, dafs die Steigerung der Inneren Bewegung bei jenen Moleculen, bei denen sie im Momente schon sehr grofs ist, so grofs wird, dafs sie zu einer yoU- ständigen Trennung der Bestandtheile A und B führt. Diese Trennung kann unmöglich alle Molecule zugleich ergreifen, sondern mufs bei jenen zuerst eintreten, bei denen die innere Bewegung gröCser ist als bei den übrigen. Diese getrennten Bestandtheile, welche nun selbst freie Molecule geworden sind, folgen von nun an ebenfalls der geradlinigen Bewegung. Inzwischen hat eine neue Anzahl bisher unzersetzter Mole- cule jenes Maximum innerer Bewegung erreicht, in Folge deren sie zerfallen. Diefs wird in gleichen Zeiten eine gleiche Anzahl treffen und die Menge der gespaltenen Molecule fort- während vermehren. Diese werden sich aber zum Theil wieder begegnen. Nicht alle sich begegnenden gespaltenen Molecule können sich wieder vereinigen, sondern nur solche, deren Bewegungszustande derartig sind, dafs aus diesen bei der Vereinigung zur ursprünglichen Verbindung keine gröfsere Bewegung der Bestandtheile resultirt, als jene ist, bei der sie sich trennen mulsten. Bei einer bestimmten con- stanten Temperatur mufs folglich die Vermehrung der freien Theilroolecule so lange fortschreiten, tis die Zahl der sich binnen eines Zeitraums wieder vereinigenden Molecule so grofs geworden ist, als die Zahl der in derselben Zelt durch Spaltung entstandenen. Von diesem Zeitpunkt an herrscht dann Gleichgewicht zwischen den Zersetzungen und Verbin-

AoMl. d. Ob«m. u. Pharm. V. Supplementbd. S. Haft. 23

354 Naumann, über Dissodaiian.

düngen, so lange die Temperatur sich nicht ändert. Sleigt diese aber, so mufs die Anzahl der sich spaltenden Molecule gröfser, zugleich die der sich wieder vereinigenden Molecule zunächst kleiner werden. Das Gleichgewicht kann erst dann wieder hergestellt sein , wenn die Anzahl der im freien Zu- stand befindlichen Molecule A und B so grofs geworden ist, dafs sich wiederum eben so viele verbinden, als sieh zer- setzen. Steigt die Temperatur immer höher , so mufs end- lich ein Zeitpunkt kommen, wo alle Molecule sich zersetzen, ohne sich wieder verbinden zu können. In diesem Momente endet die Periode der Dissociation mit dem Eintritt der voll- standigen Zersetzung.^

Es druckt Dasjenige, was wir Temperatur nennen, die dem Bewegungszustand der Molecule entsprechende mittlere lebendige Kraft aus und bezeichnet zugleich den mittleren Bewegungszustand der Atome, da die lebendige Kraft der Atombewegungen zu derjenigen der Molecularbewegungen, wie schon Clausius*) gezeigt hat, in einem constanten Verhiltnifs steht , als welches ich **) das Verhaltnifs von n : 3 erkannt habe, wo n die Anzahl der das Molecul zu- sammensetzenden Atome bezeichnet. Zum Unterschied von dieser Mitteltemperatur möge die der lebendigen Kraft der augenblicklichen Bewegung eines einzelnen Holeculs entsprechende Temperatur Moleeulart&mperaiur heifsen, die der lebendigen Kraft der Bewegungen der ein- zelnen Bestandtheile des Moleculs innerhalb der Sphftre des letzteren entsprechende Temperatur sei durch Atomtempe- ratur bezeichnet. Befänden sich einerseits alle Molecule untereinander und 'andererseits die Atome aller Molecule in gleichen, d. h* gleiche lebendige &aft darstellenden Be- wegungszuständen^ so wären sowohl alle Moleculartempera-

•) Pogg. Ann. C, 865, 1867. •*) Ann. Chem. Pharm. CXLII, 271.

Naumann^ über Dissoctation. 355

turen, ak auch alle Atomtemperaturen gleich der Hittel- temperatar. In Wirklichkeit sind aber in Folge des An- slofsens der Molecole die Temperaturen der einzelnen IMole- cule unter sich und diejenigen der Atome verschiedener Molecule unter einander verschieden; beide schwanken^ je nach der Zahl und Stärke der Molecalarstöfse, bis zu merk- lich weiteren oder engeren Grenzen um die Mitteltemperatur, so dafs diese einerseits das Mittel der Moleculartemperaturen und andererseits dasjenige der Atomtemperaturen ausdrückt.

Es ist nun die eigentliche Zersetzungstemperatur die- jenige ^tomtemperatur, welche gerade den Bewegungszustand der Bestandtheile eines Moleculs ausdrückt, bei welchem das in Folge der lebendigen Kraft der Atomschwingungen herr- schende Streben zu zerfallen und der in der gegenseitigen Anziehung der Atome liegende Widerstand gegen Zersetzung gerade im Gleichgewicht stehen. Beim Ueberschreiten der- selben tritt ein Zerfallen des Moleculs in solche Bestandtheile eui, welchen bei den geänderten Verhältnissen die Fähigkeit als Molecule zu bestehen zukommt. Es ist somit ncrath der angeführten Pfaun dl erwachen Theorie der Dissoctation die 2^8etzungstemper€Ufir auch für dtssociations fähige Körper ein ganz bestimmter Temperaturpunkt.

Wie weiter unten gezeigt wird, ergeben sich annähernd folgende Zersetzungstemperaturen *) :

t T

fOr Phosphorchlorid 200<> 478

für BromwasserBtoff-Amylen 244^ 517

mr SohwefelBänrehydrat 846<^ 618.

Da nach den absoluten Zersetzungstemperaturen sich die Widerstände gegen Zersetzung bemessen lassen, so sind die Anziehungen zwischen Phosphorchlorur und Chlor kleiner

*) Darcb t sind hier und Id der Folge Temperaturgrade nach Cel- sius, durch T absolute, d. h. von 27d^C. an gezählte Tem- peraturen beseiohnet

M

356 Na umann, üher Dtssoctaäon.

als diejenigen zwischen Amylen und Bromwassersloff und diese wiederum kleiner als diejenigen zwischen Scbwefel- saureanhydrid und Wasser.

3) Beziehungen zwischen den Temperaturen des Beginns und der Vollendung der Dissociation und der Zersetzungs- temperatur.

Würden nur die Atome eines Körpers sich innerhalb des Moleculs bewegen, die Holecule selbst aber sich in Ruhe befinden, d. h. die Holeculartemperaturen gleich Null sein; so wurden die Atomtemperaturen aller Holecule mit einander übereinstimmen, und es mufsten bei der, den Atomen alier Holecule dann gleichzeitig zukommenden, Zersetsungstenipe* ratnr Beginn und Vollendung der Zersetzung zusammenfallen, der Temperaturumfang der Dissociation wäre gleich Null. Die den Holecalen zukommende fortschreitende Bewegung führt aber ein häufiges Zusammenstofsen *) derselben und dadurch in der Ton Pfaundler ausgeführten Weise Aen- derungen der Atomtemperaturen mit sich , in Folge deren schon unterhalb der eigentlichen Zersetzungstemperatur letz- tere von einem Theil der Atome erreicht wird, also theil- weise Zersetzung eintritt^ und andererseits oberhalb derselben theilweises Herabdrücken der Atomtemperaturen der Bestand- theile unter die Zersetzungstemperatur, also theilweise Wie- dervereinigung statthat. Höglicherweise ist für einzelne Holecule die Schwankung in der Atomtemperatur eine sehr grofse. Hier sdll jedoch immer nur von dem merkbaren Temperaturumfang der Dissociation die Rede sein , welcher sich von dem durch Dampfdichtebestimuiangen nach-

*) O. £. Meyer berechnet s. B., dafs Jedes der die Laft ftUBammen- Betzenden Molecnle bei in einer Secunde etwa 3000 millioDen- mal mit anderen zasammenstofse (Pogg. Ann. CXXV, 597, 1866).

1

Naumann, über Düsociation, 357

wei£Fbaren Beginn der Zersetzung bis zu der gleicherweise nachweisbaren Vollendung derselben erstreckt.

Als Ursache der Dissociationserscheinungen wurde das Zusammenstofsen der Molecule erkannt. Die Veranlassung zur Dissociation wird deshalb für verschiedene Körper um so gröfser sein , d. h. die Dissociation wird um so weiter unterhalb der Zersetzungstemperatur beginnen, je stärker und je häufiger die Molecularstöfse sind ; /und eben so wird, wenn die Hitteltemperatur die Zersetzungstemperatur überschreitet, um so mehr Veranlassung zur Wiedervereinigung der Zer- setzungsproducte gegeben sein, d. h. die obere Temperatur- grenze der Dissociation wird um so weiter von der Zer- setzungstemperatur abstehen, je stärker und häufiger die Molecularstöfse sind. Der Temperaturumfang der Dissociation wird also für verschiedene Körper mit der Stärke und Zahl der Molecularstöfse im Verhältnifs stehen, welche unter sonst vergleichbaren Umständen erfolgen. Betrachten wir nun ein und dasselbe Gas, aber bei verschiedenen absoluten Tempe- rataren T' und T^', so wird der Umfang w der gröfsten merklichen Schwankung der einzelnen Atomtemperaturen um die Hitteltemperatur gleichfalls um so gröfser sein, je stärker und häufiger die Molecularstöfse sind. Bedeutet s die durch die lebendige Kraft der Molecule ausgedruckte Stärke und z die Zahl der in der. Zeiteinheit erfolgenden Molecularstöfse, so ist

w" s" z"

Die Zahl der in der Zeiteinheit erfolgenden Zusammen- stöfse hängt ihrerseits wiederum ab sowohl von der mittleren Geschwindigkeit u der Molecule, als von der Anzahl N der in der Volumeinheit enthaltenen Molecule. (Der Querschnitt der Molecule desselben Körpers darf als für verschiedene

358 Naumann^ über Dissociation.

Temperaturen gleich i^rofs angenommen werden und deshalb unberücksichtigt bleiben.) Man hat daher

Die Einsetzung dieses Werthes von -77- in vorige Glei- chung ergiebt

w" ■" %" ' u" ' N"*

Da die mittleren lebendigen Kräfte der Molecularbe- wegungen sich wie die absoluten Temperaturen verhalten, d. h. da

mu«

T'

mu"«

rpi« '

so ist zunächst

T' >ji/i

und ferner

/

Die Anzahl N der in der Volumeinheit enthaltenen Molecule wird durch Temperatur und Druck p folgender- mafsen bestimmt

Setzt man alle diese Werthe in Gleichung (4) ein, 90 erhält man

(5)

w"

T" J/57, p"T' p,,|/^,

Die grö/sten Atomtemperatur Schwankungen desselben Oasea um verschiedene Mitteltemperaturen verhaken sich also wie die Quadratwurzeln aus diesen (absoluten) JUüteltemp^' raturen und wie die Drucke, Um nun die Beziehung der Zersetzungstemperatur zu den Temperaturen des Beginns und

Naumann, über Disaociation, 359

der Vollendung der Dissociation zu ermitteln, wollen wir anter T die (absolute) Zersetzungstemperatur, unter T^ die Temperatur des Beginns, unter T^^ diejenige der Vollendung der Dissociation verstehen. Fallt die Mitteltemperatur mit der unteren Temperaturgrenze der Dissociation zusammen, so werden Atomtemperaturen nach oben gerade bis zur Zer- setzungstemperatur hinaufreichen, d..h.

T T' = --' 2

Hat die Mitteltemperatur die obere Temperaturgrenze der Dissociation erreicht, so werden Atomtemperaturen nach unten gerade bis zur Zersetzungstemperatur zurückgehen, d. h.

w''

Daraus folgt unter Berücksichtigung von Gleichung (6)

T— T' _ ^' ^ P'^^ "T"-T - w'~' - ~j7^'

woraus

Für die nach dem Verfahren von Dumas ausgeführten Dampfdichtebestimmungen ist es zulfissig, p' = p'^ zu setzen, man hat dann

T-'— T "^ ]^"

and statt Gleichung (6)

Es ist somit durch die Oleickung (6) beziehungsweise (7) der Zusammenhang der Zer setzungstemperatur mit den Tem- peraturen des Beginns und der Vollendung der Dissociation gegeben. Die Gleichung (7) ist den ausgeführten Berech-

360 Naumann, über DissociaHon»

nungen zu Grande gelegt worden, einmal weil meistens die Angabe des Drucks, unter welchem ein Gas bei dem Ver- suche stand, fehlt und nur die auf 0^ reducirten Werlhe der Dampfdichten aufgeführt sind, und zum andern weil die den Dampfdichtebestimmungen besonders der dissociations- fähigen Körper ohnehin anhaftenden Ungenauigkeiten die Vernachlässigung der jedenfalls geringen Druckverschieden- heiten rechtfertigt.

Es läfst sich aber die Zersetzungstemperatur noch ander- weitig bestimmen. Unter der einfachsten und wahrschein- liebsten Voraussetzung^ dafs bei jeder Hitteltemperatur gleiche Abweichungen in den Atomtemperaturen einerseits nach oben andererseits nach unten für eine gleiche Anzahl von Holeculen statthaben, werden auch bei der Zersetzungstem- peratur gleich viel Molecule in ihren Atomtemperaturen nach oben wie nach unten ausweichen; die ersteren sind zerfallen, die letzteren unzersetzt oder wieder vereinigt. Die Anzahl der dissociirten Molecule wird also bei der Zersetzungstem- peratur die Hälfte der ursprünglich vorhandenen sein. Es ist mühin die Zersetzungstemperatur zugleich auch diefenige Temperatur, welche 50 Procenüheile der Zersetsung zeigt, Ist diese Temperatur nicht unmittelbar beobachtet, so läfst sie sich durch Interpolation aus den zunächst liegenden ableiten, wofür man bei geringen in Betracht kommenden Temperaturunterschieden die Zersetzung als dem Tempe- raturzuwachs proportional annehmen darf.

Von den vier oben aufgeführten Körpern ist Bromwas- serstoff' Amylen der einzige, für welchen die drei Tempe- raturen, die Temperatur des Beginns, die Temperatur der Vollendung der Zersetzung und die Zersetzungstemperatur durch den Versuch bestimmbar sind. Doch reichen die von Wurtz gegebenen Zahlen nicht aus, um dieselben genau festzustellen. Was den Beginn anlangt , so findet sich in

Naumann y über Dissociatton, 361

obiger Tabelle schon for 155,8^ dieselbe Dampfdichte, die sich für 173^ wiederholt, zum Beweis, dafs die Versuchs- fehler es nicht gestatten , den Beginn der Dissociation un- zweifelhaft festzustellen. Aus den für 236,5 und 248^ statt- findenden Dissociationsgröfsen berechnet sich die Temperatur, bei welcher dieselbe 50 pC. beträgt, d. h. die Zersetzungs- temperatur, zu etwa 244^ Die Dissociation ist bei 360^ voll- endet, ob aber nicht schon früher, ist fraglich, da zwischen 319 und 360^, also für einen Temperaturumfang von 40^ keine Bestimmung vorliegt. Die Versuchsresultate sind also leider zu unvollständig, um mit den vorbinigen Ergebnissen tbeoreiischer Betrachtungen entscheidend verglichen werden zu können. Unter der Annahme, dafs der Beginn der Disso- ciation auf 170^, die Zersetzungstemperatur auf 244^ falle, alsoT' ^ 443, T = 517 sei, berechnet sich nach Gleichung (7; T'^ s= 603 ; es wäre demnach die Dissociation bei 330^ voll- endet. Der Temperaturnmfang der Dissociation betröge dann 330 - 170 = 160^ und es läge die Temperatur des Be- ginns der Dissociation um 74^ tiefer, diejenige der Vollendung derseften um 86^ höher als die Temperatur der halbvoll- endeten Spaltung, d. h. als die Zersetzungstemperatur. Es geht hieraus hervor, dafs oberhalb der Zersetzungstempe- ratur die Zuwachse der Zersetzung kleiner sind als für gleiche und entsprechende Temperaturunterschiede unterhalb derselben, worauf auch die Versuchsresultate im Ganzen hin- weisen.

•Für Jodwaaserstoff^Amylen reichen die Versuchsresul- tate weder zur Bestimmung der Anfangstemperatur noch der Endtemperatur der Dissociation aus; auch die Zersetzungs- temperatur ist nicht genau genug angezeigt.

Dagegen setzen für Phosphorohlorid die Versuchsresul- tate die Zersetzungstemperatur auf nahezu 200^, die Tempe- ratur der vollendeten Dissociation auf etwa 300^. Es wäre

362 Naumann^ über Dissociatum,

also T = 473 und T^^ = 573. Hieraas berechnet sich nach Gleichung (7) T' = 390. Es beginnt mithin die Dissociation bei 117^ bei einer Temperatur, die noch um 45^ unter dem Siedepunkt des Phosphorchlorids liegt. Der Temperatur- umfang der Dissociation beträgt 183^ Die Anfangstemperatur liegt um 83^ tiefer , die Endtemperatur um 100^ höher als die Zersetzungstemperatur.

Für Schwefelsäurehydrat liegt nach den Versuchen die Zersetzungstemperatur bei etwa 345^ Die Zersetzung ist bei 416^ schon vollendet; es fehlt jedoch an Versuchen, um darüber zu entscheiden, ob die Vollendung nicht schon früher eingetreten ist. Jedenfalls ist aber der Temperatummfang der Dissociation für Schwefelsaurehydrat geringer als für Bromwasser^off-Amylen und Phosphorchlorid.

Endlich möchte ich für künftig anzustellende Dampf- dichtebestimmungen dissociationsfähiger Körper noch beson- ders darauf hinweisen, dafs nach Gleichung (6) die gröfsten Schwankungen der Atomtemperaturen um die Mitteltempe- raturen und ferner auch nach Gleichung (6) die Anfangs- temperatur und Bndtemperatur der Dissociation vom Dmck abhangen. Bei wachsendem Druck rücken die Diseociatunu- grenzen weiter attseinander und umgekehrt^ während. die 2!er- Setzung stempercUur eine constante ist und vom Druck Dicht merklich beeinflofst wird.

4) Tetnperaturumfang der Dissociation für verschiedene

Körper, ^

Verschiedene dissooiationsfahige Körper befinden sich bei den bezüglichen Zersetzungstemperaturen in unzweifelhaft gleichen Verhältnissen. Nehmen wir vorläufig solche verschie- dene Körper an, deren Molecule aus einer gleichen Anzahl von Atomen bestehen, so wird, wie im vorigen Abschnitt schon ausgeführt wurde, die Dissociation um so weiter uo-

Na umann^ über Dissociation. 363

terhalb der Zersetzungstemperatur beginnen und um so weiter oberhalb derselben aufhören, d. h. der Temperatur- omfang der Dissociation wird um so gröEser sein, je stärker und je häufiger bei der Zersetzungstemperatur die Molecu- larstöfse sind. Es ist dabei nur vorausgesetzt, dafs innerhalb des Temperaturumfangs der Dissociation in entsprechenden Abständen von den Zerselzungstemperaturen das Verbältnifs von Stfirke und Zahl der Molecularstöfse für dieselben ver- glichenen Körper dasselbe bleibe, wie bei der Zersetzungs- temperatur. Ist nun auch die Anzahl der die Molecule ver- schiedener Körper zusammensetzenden Atome verschieden, so ist, da bei gleicher Temperatur allen einzelnen Atomen gleiche lebendige Kraft zukommt und mithin bei Erhöhung der Atom- temperatur alle einzelnen Atome gleichviel lebendige Kraft in Anspruch nehmen, die unter sonst gleichen Umstanden erfolgende Aenderung der Atomtemperatur und somit auch der dadurch bedingte Temperaturumfang der Dissociation der Anzahl der das Molecul zusammensetzenden Atome um- gekehrt proportional. Es stelle h den Temperaturumfang der Dissociation, d. h. den Temperaturabstand vom Beginn der Dissociation bis zur Vollendung derselben vor, s die Stfirke, z die Anzahl der in der Zeiteinheit erfolgenden Mole- cularstöfse, n die Anzahl der das Molecul zusammensetzenden Atome ; so ist also

h" *~ b" ' z" " n'

Die Zahl der Stöfse ist ihrerseits von drei Factoren ab- hängig : von der Geschwindigkeit u der Molecule, von der Anzahl N der in der Volumeinheit enthaltenen Molecule und endlich, wie eine einfache Erwägung leicht darthut, vom Qua- drate des Querschnittes der kugelförmig vorgestellten Mole- cnle, welches ; da hier nur Verhaltnisse und nicht die abso-

364 Naumann^ über DüsocicUion,

luten Werthe in Betracht kommen, durch die vierte Potenz des Molecularhalbmessers r bezeichnet sei; d. h. also

z' u;^ N'_ r^*_

Durch Einsetzung dieses Werthes von —«7 in die vori^j^e Gleichung ergiebt sich

Die lebendige Kraft der Holecularbewegungen ist aber für alle Gase bei derselben Temperatur gleich grofs und sonst der absoluten Temperatur proportional, oder

WO m das Moleculargewicht und T^ und T'^ absolute Zer- setzungstemperaturen bezeichnen. Es ist daher zunächst

8'

g" ■"" T"

und ferner

■' ^T'm*/

n' V i'm'

u"

Auch ist, wenn p den Druck bezeichnet.

Setzt man diese Werthe in Gleichung (8) ein, so er- hält man

° n P r yrjusj^s

Es ist also der Temperaturumfang der DissocüUhn proportional dem Druck , der vierten Potenz des Moleoular^ halbmeaeersy der Quadratwuriel aus der absoltiten Zersetzungs- temperatur und umgekehrt proportional der Quadratwurzel aus dem Moleoulargewichty der Anzahl der das Molecul zu-^ sammensetzenden Atome, Für dissociationsfähige Körper ist mit der atomistisohen Zusammensetzung auch das Gewichts- verhältnifs der Holecule bekannt, der Druek leicht zu

Naumann, über Di^sociatton.

365

ermitteln, die Zersetzungstemperaturen sind diejenigen, welche 50 Procenttheile zersetzt zeigen^ und lassen sich anch nach Gleichung (6) oder (7) aus den Temperaturen des Beginnes und der Vollendung der Dissociation ableiten. Dagegen haben wir über die Querschnittsverhältnisse der Molecule noch keine Kenntnib. Ich habe zwar in einer früheren*) Notiz die Molecularquerschnittsverhältnisse einer gröfseren Zahl ▼on Körpern bestimmt, aber unter ihnen befinden sich nicht die betrachteten dissociationsfähigen , weil deren Reibungs- oocfficienlen nicht bekannt sind, welche der zur Bestimmung der Querschnittsverhältnisse eingeschlagenen Berechnung zu Grunde liegen. Es ist deshalb ein entscheidender Vergleich der oben abgeleiteten Temperaturumfange der Dissociation mit Gleichung (9) vorläuOg nicht möglich. Doch seien die bis jetzt bekannten einschlagenden Gröfsen übersichtlich zu- sammengestellt :

Zersetzungs'-" Temperatur

BcbwefelBftorebyrftt . . Bromwassentoff-Amylen Phosphorchlorid . . .

Ato- men- sahl

Mole- calar-

temperatur absol.

7

17

6

98 151 208

8450 244

200

I

618<>

517

473

umfang der Dissociation

Man könnte Ton diesen Zahlenwerthen gemäfs der Glei- chung (0) Gebrauch machen, um rückwärts die Querschnitte der betreffenden Körper mit einander zu vergleichen.

5) Vertauf der Dissociation.

Bezuglich des Verlaufes der Dissociation verzichte ich vorläufig darauf, für die betreffenden Beziehungen den ma- thematischen Ausdruck zu suchen. Doch will ich das Ergebnifs einer ganz allgemein gehaltenen Betrachtung

*) Ann. Chem. Pharm. V. Snpplbd. 8 252.

366 Naumann f über Dtssociation.

nicht unerwähnt lassen. Setzt man gleichbleibenden Druck voraus, so sind, wie ohnehin die Zersetzungstemperatar, auch die Temperaturen des Beginnes und der Vollendung der Dissociation ganz bestimmte. Bezüglich der Schwankungen der Atomtemperaturen um die Mitteltemperatur bietet sich als naheliegende, auch mit anderweitigen Erscheinungen in Einklang stehende und von weiteren besonderen Voraus- setzungen sich fernhaltende Annahme die, dafs geringere Abweichungen in den Atomtemperaturen voii einer Mittel- temperatur einer grofseren Anzahl von Moleculen, und grö- fsere Abweichungen einer geringeren Anzahl von Moleculen zukommen. Es ergiebt sich hiernach wie sich schon durch eine einfache graphische Darstellung nachweisen liefsC; deren schriftliche Beschreibung und Auslegung aber immerhin etwas umständlich sein würde , daß die gleichen TempertUur- unterschi'eden entsprechenden Zuwachse der Zersetzung von der Temperatur des Beginnes der Dissociation an bis zur Zersetzungstemperatur, d, i. bis zur halbvollendeten Zersetzung fortwährend zunehmen und von der 2Sersetzungstemperatur an bis zur Temperatur der Vollendung der DiasocicUum in ähn- licher Weise abnehmen. Es findet diese Abnahme nur in ahnlicher und nicht in gleicher Weise wie die Zunahme statt, weil, wie oben gezeigt wurde, der Abstand der Zersetxungs- temperatur von der Endtemperatur der Dissociation gröfser ist, als derjenige von der Anfangstemperatur derselben.

Die in den obigen Tabellen aus den Versuchsresultaten ab- geleiteten Werthe stehen mit diesenl Ergebnifs theoretischer Betrachtung im Ganzen nicht in Widerspruch. Besonders ' zeigen die Zahlen der Körper, für welche die umfassendsten Dampfdichtebestimmungen vorliegen, nämlich diejenigen für Phosphorchlorid und die ersten Zweidrittel derjenigen für Bromwasserstoff-Amylen genügende Uebereinstimmung. Ein- zelnen abweichenden Zahlen ist bei der nicht grofsen Zu-

Naumann^ über Diasodatton. 367

verlässigkeit der einschlagenden Dampfdichtebestinimungen; auf welche Ende des ersten Abschnittes naher hingewiesen wurde, kein besonderes Gewicht beizalegen.

Giefsen, September 1867.

üeber verschiedene Kohlenwasserstoffe in

dem Steinkohlentheer ;

von M. BeriheloL Erster Theil»).

Im Verlauf meiner Untersuchungen über die gegensei- tigen Einwirkungen der Kohlenwasserstoffe bin ich dazu ge- führt worden, zahlreiche Versuche mit den in dem Stein- kohlentheer enthaltenen Producten anzustellen. Ich habe mich namentlich bemuht, unter diesen Producten die Kohlenwasser* Stoffe aufzusuchen, welche aus den gegenseitigen Einwir- kungen des Benzins, des Aethyliens, des Formens resultiren, so wie die in hoher Temperatur sich bildenden Condensa- tionsderivate dieser Verbindungen ; ich wollte dadurch meine ersten Arbeiten controliren und die Thatsachen und die daraus abgeleiteten Theorieen einer unabhängigen Prüfung unterwerfen. Diese Untersuchungen hatten mich nämlich einerseits dazu geführt; gewisse durch die Theorie voraus- gesehene aber bis jetzt in dem Steinkohlentheer noch nicht beobachtet gewesene Kohlenwasserstoffe zu erkennen ^ wie das Styrolen und das Naphtalinhydrür ; andererseits mufste ich aufs Neue die Darstellung gewisser bestrittener Kohlen- wasserstoffe untersuchen, wie des Cymens, oder ungenügend

*) Compt. reod. LXV, 466.

368 Berihelot^ über verschiedene Rohlenwasaerstoffe

bekannter, wie des Anthracens. Endlich haben dieselben Untersuchung^en mich dahin gebracht, bis jetzt unbekannte Kohlenwasserstoffe zu entdecken, wie das Fluoren und na- mentlich das Acenaphten, welches von dem Gesichtspunkte der allgemeinen Theorie aus betrachtet grofse Wichtigkeit besitzt, wie auch auf Grund davon, dafs es auch synthetisch, durch die Vereinigung des Naphtalins und des Aethylens, darstellbar ist Ich will hier ein Resume meiner Versuche geben ♦).

I) Slf^rolen^ CieH«. Das Styrolen, das Naphtalinhydrür und das Benzin sind Kohlenwasserstoffe, welche mit dem Acetylen isomer sind, und sie können direct durch Umwand- lung desselben erhalten werden ; da nun der Steinkoblentheer bekanntlich Benzin enthalt, so vermuthete ich, dafs er auch Styrolen enthalte. Diese Vermuthung ist durch den Versuch bestätigt worden. Um das Styrolen zu gewinnen, mufs man die Steinkohlentheer-Oele bearbeiten, bevor sie der in der Industrie gebräuchlichen Behandlung mit concentrirter Schwe- felsaure unterworfen sind. Man wandelt das Styrolen zu Metastyrolen um und stellt es dann aus diesem durch die Einwirkung der Warme wieder her, unter Befolgung eines in meiner ausführlicheren Abhandlung beschriebenen Ver- fahrens. Ich habe auf diese Art das Styrolen rein erhalten, mit den characteristischen chemischen und physikalischen Eigenschaften, welche diesem bemerkenswertben Kohlen- wasserstoff eigenthümlich sind.

II) GymeUf C^oHu. Die Bildung des Styrolens beruht auf der polymeren Condensation des Acetylens, oder ein- facher auf der gegenseitigen Einwirkung von freiem Benzin und freiem Acetylen, wodurch zuerst Styrolen und dann durch

*) Ausfahrlicheres über diese Untersuc Lungen findet sich im Sep- tember- und Octoberlieft der Annales de Chimie et de Physique

m dem SteinJcohlenfheer. 369

eine Aufeinanderfolge unregelmafsiger Verbindungen^ welche ich bereits dargelegt habe, Naphtalin und Anthracen entste- hen. An eine analoge Theorie : die der Einwirkung des Formens im Bntstehungszustand auf das Benzin im Entste- hungszustand wahrend der trockenen Destillation, und im Einklang mit meinen Versuchen, knüpft sich die Bildung der Homologen des Benzins in dem Steinkohlentheer : des Toluens, des Xylens und des Cumolens. Dieselbe Theorie zeigt noch das Cymen oder Tetramethylbenzin an.

Bis auf die neueste Zeit erschien das Vorhandensein des Cymens in dem Steinkohlentheer nicht als zweifelhaft, und man hatte selbst dem unter diesem Namen bezeichneten Körper einen Siedepunkt, welcher nahe bei 170^ liege, bei- gelegt. Doch sind die Ansichten der Chemiker über diese Frage ganz kürzlich durch die mit bemerkenswerther Ge- nauigkeit ausgeführten Arbeiten von Beilstein und Kög- ler abgeändert worden. Diese Arbeiten haben nämlich festgestellt, dafs der gegen 166^ Süchtige, in dem Stein- kohlentheer enthaltene Kohlenwasserstoff mit dem Cumolen CigHis identisch ist. Den genannten Chemikern gelang es »nicht, einen anderen Kohlenwasserstoff aus dieser Reihe mit höherem Aequivalentgewicht zu isoliren.

Indessen ist das Cymen doch in dem Steinkohlentheer vorhanden. Es ist mir gelungen, es zu isoliren, in der Art, dafs ich aufser fractionirten Destillationen noch die Fallung des Naphtalins^ mit welchem es gemischt ist, in Anwendung brachte. Es ist eine gegen 180^ siedende Flüssigkeit, welche zu Schwefelsäure, Salpetersaure, Brom u. s. w. das den Kohlenwasserstoffen der Benzinreihe gewöhnliche Verhalten zeigt. Zur Feststellung seiner Constitution habe ich das von mir entdeckte allgemeine Reductionsverfahren mittelst Jod- wasserstoffsaure benutzt. Ich habe das Cymen mit 80 Theilen gesättigter Lösung von Jodwasserstoffsäure auf 280^ erhitzt;

AniiAl. A. nhAin. n. Pharm. V. HQDDlementbd. 3. Heft. 24

370 Berthelot, über verschiedene Kohlenwasserstoffe

es wandelte sich fast vollständig zu, zwischen 155 und 160^ siedendem Decylenhydrür C20H22 um :

Diese vollständige Umwandlung unterscheidet das Tetra- methylbenzin von den metameren Kohlenwasserstoffen, wie dem Aethylxylen, dem Propyltoluen u. s. w., welche nur theilweise zu Decylenhydrür umgewandelt werden wfirden, während ein anderer Theil sich unter Bildung der zwei ge* 'sättigten Hydrüre spalten wurde, die den zwei erzeugenden Kohlenwasserstoffen entsprechen.

III) Naphtalinhydrür CsoHio. Noch andere Körper werden durch die Theorie der gegenseitigen Einwirkungen der Kohlenwasserstoffe, unter einander und mit dem Wasser- stoff, vorausgesehen, und dieselben finden sich in der That in dem Steinkohlentheer ; ich meine die von den unvollstän- digen Kohlenwasserstoffen dem Naphtalin, dem Ace- naphten, dem Anthracen z. B. sich ableitenden Hydrüre. Ich will hier specieller die Hydrüre des Naphtalins besprechen.

Wird das Naphtalin der gemäfsigten Einwirkung wasser- stoffzuführender Agentien, und speciell der der Jodwasser- stoffsäure, unterworfen, oder auch den aufeinander folgenden' Einwirkungen von Kalium und von Wasser, so wandelt es sich zu dem Hydrür C20H10 um :

CsoHg + H, = G90H10.

Das Vorhandensein dieses Hydrürs in dem Steinkohlen- theer kann also vorausgesehen werden. Es läfst sich auch insofern voraussehen , als dieser Kohlenwasserstoff ein Po- lymeres des Acetylens vorstellt.

Es ist mir in der That gelungen, dasselbe Naphtalin- hydrür aus dem Steinkohlentheer zu gewinnen, unter Be- folgung desselben Verfahrens, wie es für das Cymen ange- wendet worden war, aber indem ich die schweren Oele bearbeitete. Dieser Kohlenwasserstoff siedet gegen SK>5^

in dem ßteinkohUniheer. 371

er ist eine stark ond onangenehm riechende Flüssigkeit, löslich in rauchender Salpetersäure, in rauchender und selbst in gewöhnlicher Schwefelsäure; er wird durch Brom ange- griffen, durch eine alkoholische Lösung von Pikrinsäure nicht gefällt. Seine ausgezeichnetste Eigenschaft ist die folgende : in einem zugeschmolzenen Glasrohr zum Roth- gluben erhitzt regenerirt er Naphtalin.

Nach den von mir gemachten Erfahrungen habe ich Grund zu der Annahme, dafs die schweren Steinkohlentheer- öle noch ein anderes flussiges Naphtalinhydrür CsoHn ent- halten, welches dem Naphtalinperchlorur entspricht; ferner ein flüssiges und gegen 260^ siedendes Acenaphtenhydrür C24H1S) ein flüssiges und gegen 285^ siedendes Anthracen- hydrür CggHu, u. a.

IV. Fluoren. Das Fluoren ist ein neuer krystallisirter Kohlenwasserstoff, welcher sich bei den Rectificationen der schweren Oele ausscheidet. Ich beschreibe in meiner aus- führlicheren Abhandlung die Darstellung dieser Verbindung. Das Fluoren ist ein schöner weifser, blatteriger krystalli- nischer Körper, welcher prachtig violett fluorescirt und süfs- lich und reizend riecht. Es schmilzt bei 113^ und siedet bei 305^, welche Zahlen eine ganz bestimmte Verschieden- heit zwischen dem Fluoren und allen bekannten Kohlen- wasserstoffen feststellen. Es ist ziemlich löslich in siedendem Alkohol, aber nur wenig löslich in kaltem. Die Analysen ergaben 93,5 bis 94 pC. Kohlenstoff und 6,5 bis 6,2 pC. Wasserstoff, d. h. nahezu dieselben Zahlen, wie für die meisten der bei hoher Temperatur gebildeten Kohlenwasser- stoffe; auch wage ich es noch nicht, dem Fluoren eine Formel beizulegen. Schwefelsaure, Salpetersaure, Brom, Jod, Kalium wirken auf es in derselben Weise ein, wie auf die anderen festen derartigen Kohlenwasserstoffe. Die schwe- felsaure Lösung ist fast farblos, wenn die Saure rein ist;

372 Berthelot, Über verschiedene Kohlenwasserstoffe

aber die geringste Spur einer salpetrigen Verbindung färbt sie grün, und eine etwas merklichere Menge violett. Ich habe mich davon überzeugt, dafs die grünen, blauen oder violetten Färbungen, welche die schwefelsauren Lösungen verschiedener bei hoher Temperatur entstandener Kohlen- wasserstoffe zeigen , auf der Anwesenheit einer Spur salpe^ triger Verbindungen beruhen.

Das Fluoren bildet mit der Pikrinsäure eine in schönen rothen Nadeln krystallisirende^ in Steinkohlentheeröl leicht lösliche, durch Alhohol sehr leicht zersetzbare Verbindung. Hit Fritzsche's neuem Reagens, welches nitrirtes An- thracen enthalt, bildet das Fluoren characteristische rhombische Täfelchen, deren Farbe gelb mit einer braunlichen Nuanci- rung ist, die sich aber kastanienbraun gefärbt zeigen, wenn man sie durch den Rand hindurch unter dem Mikroscop be- trachtet. — Das Fluoren scheint mir ein Kohlenwasserstoff von einiger Wichtigkeit zu sein ; es bildet sich bei der Zer- setzung des Retens durch die Hitze, zugleich mit Anthracen, und bei einigen anderen bei hoher Temperatur vor sich gehenden Reactionen.

Zweiter Theil*).

V) Acenaphten (Acetylonaphtalin), C24H10. Das Ace- naphten ist ein schöner krystallisirter Kohlenwasserstoff, wel- chen ich in dem Steinkohlentheer entdeckt habe und den ich auch synthetisch durch die Einwirkung des freien Naph- talins auf das Aethylen bei Rothgluhhitze gebildet habe :

^«oHg + C4H4 = C84H10 + Hj.

Das Acenaphten entsteht auch, aber in Folge secundarer Reactionen welche sich von der vorhergehenden ableiten,

*} Compt rend. LXV, 507.

m dem SieinkohkntAeer. 873

bei , der Einwirkung* des Benzins auf das Aetbylen und auf das Acetylen.

Ich werde in meiner ausführlicheren Abhandlung den Gang beschreiben, welchen ich für die Darstellung des Aeenaphtens aus dem Steinkohlentheer befolgt habe. Die Formel des Acenaphtens wurde festgei>lellt auf Grund der Analyse desselben und der seiner Pikrinsäure* Verbindung CsiHio, CjsHs(N04)508. Es bildet schöne farblose glanzende, nadelforroige und abgeplattete Prismen^ welche an beiden Enden durch eine doppelte Zuscharfung begrenzt sind ; ihre Länge erreicht manchmal 8 bis 10 Centimeter. Der Geruch dieses Körpers ist dem des Naphtalins ähnlich, aber schwächer und weniger aromatisch. Sein spec. Gewicht ist für den festen sowohl als auch für den geschmolzenen Zustand gröfser als dad des Wassers bei derselben Temperatur. Sein Schmelzpunkt liegt bei 93^, und sein Siedepunkt zwi- schen 284 und 285^ Es ist sehr löslich in siedendem Al- kohol; aber die erkaltete Lösung enthalt nur noch Bin Hundertstel ihres Gewichtes an Acenaphten gelöst.

Es verbindet sich mit Pikrinsäure unter Bildung schöner orangefarbener Nadeln, welche der Verbindung der Chrom- säiire mit Chlorkalium ähnlich aussehen und deren Formel oben angegeben ist.

Rauchende und selbst gewöhnliche Schwefelsäure lösen das Acenaphten unter Bildung einer gepaarten Säure, deren Salze äufserst löslich in Wasser sind. Mit rauchender Salpetersäure habe ich das zweifach -nitrirte Acenaphten C24H8(N04)s erhalten, welches in feinen gelben Nadeln kry- stallisirt und fast unlöslich in Alkohol ist.

Natrium ist ohne Einwirkung auf das geschmolzene Ace- naphten. Kalium hingegen wirkt auf das letztere ein , unter Entwicklung von Wasserstoff und Bildung der Verbindung

374 Berthelot, über verschiedene Kohlenwasserstoffe

Brom greift das Acenaphten mit Heftigkeit an. Bei Be- folgung gewisser Vorsichtsmafsregeln , welche ich in meiner ausführlicheren Abhandlung beschreibe, erhalt man ein Bro- mür G84HioBr6«

Die Einwirkung des Jods ist sehr merkwürdig. Wird dieser Körper mit dem Acenaphten aber freiem Feuer oder selbst im Wasserbade erhitet, so wandelt er es zu einem braunen und zähen Polymeren um. Das Jod wirkt also auf das Acenaphten wie auf das Styrolen und auf verschiedene andere Kohlenwasserstoffe, in einer Weise, welche man der Einwirkung desselben Körpers auf den Schwefel und den Phosphor vergleichen kann.

Jodwasserstoffsaure wirkt auf das Acenaphten schon bei 100^ ein, unter Freiwerden von Jod und Bildung eines flüssigen, gegen 270^ flüchtigen Kohlenwasseristoffs (C24H19?)*). Wird das Acenaphten mit 20 Theilen derselben Wasserstoff- saure auf 280^ erhitzt, so bilden sich als Hauptproducte Naphtalinhydrür und Aethylenhydrür :

Sind 80 Theile Jodwasserstoffsaure vorhanden, so wird die Zuführung von Wasserstoff vollständig und man erhalt als Hauptproduct Decylenhydrür :

CS4H10 -\- 9 H| =^ C20 Hjj -|- C4H0.

Nach diesen analytischen und synthetischen Resultaten mufs das Acenaphten durch die Formel C4H^(C2oH8) ausge- drückt werden« Es ist eine Verbindung von Naphtalin und Acetylen , so wie das Styrolen als eine Verbindung von Benzin und Acetylen, C4H8(CisH6), betrachtet werden kann.

*) Ich habe auch beobachtet, dafs die JodwaBserstoffsftnre ihre Wirkang, Wasserstoff sazuAhren, anf eine grofse Zahl bei hoher Temperatür gebildeter Kohlenwasserstoffe schon bei 100^ aus- übt; aber die Resaltato sind hier weniger glatt als bei stArkerem Erhitzen.

in dem Steinkohlentheer, 375

Diese Formel zeiget klar, welche Verschiedenheit zwischen dem Acenaphten und dem isomeren Phenyl besteht, welches letztere sich von 2 Molecnlen Benzin durch Substitution des Wasserstoffs ableitet und als Formel hat : Gi8H4(CiaH6), ab* geleitet von Ci«H4(H8). Die oben für das Acenaphten gege- bene Formel entspricht auch den Reactionen und der Sdtti- gongscapacität desselben, wie ich diefs in meiner ausführliche- ren Abhandlung unter Zugrundelegung einer neuen Theorie der aromatischen Verbindungen nachweise, welche zugleich das Benzin, seine Homologe und Derivate, das Styrolen, das Naphtalin u. a. umfafst.

VI) Anthracen^ CsgHio* Als Anthracen bezeichne ich einen in folgender Weise erhaltenen Kohlenwasserstoff. Man nimmt die festen Kohlenwasserstoffe des Steinkoblentheers in Arbeit, welche weniger jQüchtig sind als das Naphtalin, und unterwirft sie der Destillation; man sammelt das von 340^ bis zum Siedepunkt des Quecksilbers und etwas darüber Uebergehende besonders auf. Dieses Product unterwirft man abermals der Destillation, bis das Thermometer 350^ zeigt; der Rückstand in der Retorte besteht dann grofsentheils aus Anthracen. Diese Masse lafst man 4- bis 5 mal aus leichtem Steinkohlentheer-Oel krystallisiren ; dann wechselt man das Lösungsmittel und krystallisirt ein einzigesmal aus Alkohol um. Dann sublimirt maii den Kohlenwasserstoff in einer Retorte bei einer Temperatur, welche kaum den Schmelz- punkt desselben übersteigt.

Man erhalt auf diese Art einen blendend weifsen, blat- terigen, in rhombischen, oft an den beiden Spitzen abge- stumpften und deshalb sechseckig aussehenden Tafeln kry- stallisirten Kohlenwasserstoff. Wenn er vollkommen rein ist, besitzt er violette Fluorescenz. Sein Erstarrungspunkt liegt

376 Berthelot, über verschiedene Kohlenwasserstoffe

geg^en 210^ (corrigirt), ond sein Siedepunkt sehr nahe dem des Quecksilbers *).

Die Zusammensetzung dieses Körpers entspricht der Farmei CagHio; seine Reactionen und seine allgemeinen Ei* genschaflen sind die des Anthracens von Anderson, und er scheint mir ganz identisch zu sein mit einem kürzlich von Fritzsche untersuchten Kohlenwasserstoff, welcher mit dem neuen Reagens des letzteren Chemikers violett -rosenrothe rhombische Tafeln bildet. Dieselben Tafeln können mit dem von mir aus dem Steinkohlentheer dargestellten Kohlenwasser* Stoff erhalten werden, aber nur, wenn man die Reinigung desselben bis zum Ende durchführt **). Es ist mir auch in der letzten Zeit gelungen^ dieselben Tafeln mit ihrer charac- teristischen Farbe sowohl mit dem durch die Zersetzung des Toluens bei hoher Temperatur erhaltenen Anthracen darzu- stellen, als auch mit dem durch die Einwirkung des Styrolens auf das Benzin gebildeten Kohlenwasserstoff*^*). Man gelangt dazu , indem man diese Körper durch eine methodische Auf-

*) Meine YeTsucbe machen mich geneigt zu glauben, dafs das An- thracen bei Einwirkung der Hitee eine ähnliche Yerändernng erleidet, wie sie der Schwefel, der Phosphor, das Styrolen zeigen.

**) Bei den ersten Versuchen, welche ich mit Fritzich e*s Reagens und zwar mit einer mir Ton diesem Chemiker gegebenen Probe desselben angestellt habe, habe ich wiederholt beobacbtet, dafs Proben von Anthracen, welches bei 210^ scbmolz und mit den gewöhnlichen Eigenschaften begabt war, blaue Tafeln gaben, was mir einige Zweifel bezüglich der Identität des Anthracens mit Fritzsche*s Kohlenwasserstoff einflöfste. Aber ich habe seitdem erkannt, dafs ein einmaliges Umkrystallisiren meiner Proben ans Alkohol genügt, um einen Kohlenwasserstoff zu er- halten, welcher violctt-rosenrothe Tafeln ohne irgend welche Bei- mischung giebt

***) Ich habe auch noch diese Reaotion bestätigt gefänden für An- thracen, welches nach L i m p r i c h t's Verfahren, durch Zersetsung des gechlorten Toluens mittelst Wasser, dargesteUt war.

in dem Steinkohlentheer, 377

einanderfolge von Behandlungen reinigt, entsprechend den so eben beschriebenen.

Ich habe geglaubt, mit vollkommen reinem Anthracen die Reactionen und Zuführungen von Wasserstoff mittelst Jodwasserstoffsäure wiederholen zu müssen, welche ich vor einigen Monaten *) mit einem weniger vollständig gereinigten Product ausgeführt hatte. Ich habe genau dieselben Resultate erhalten , nämlich die Bildung der Hydröre C^bH^o und C14H16. Ich beschreibe in meiner ausführlicheren Abhandlung diese Versuche, wie auch verschiedene andere, welche die Formel und die Constitution des Anlhracens zu C4Hx(CiyH4[Ci2H4]) vollends feststellen.

Die Anwesenheit des Acenaphtens und des Anthracens in dem Steinkohlentheer, wie auch die synthetische Bildung des Acenaphtens mittelst freien Naphtalins und freien Aethy- lens und die synthetische Bildung des Anthracens sowohl aus freiem Styrolen und freiem Benzin als aus Toluen allein, geben zahlreiche neue Beweise zur Unterstützung der Gesetze ab, welche ich, als die gegenseitigen und directen Einwirkungen der Kohlenwasserstoffe beherrschend , ausge- sprochen habe. Es ist klar, dafs die Reactionen, welche ich als zwischen dem Benzin und dem Aethylen stattfindend be- obachtet habe, die Typen einer Menge ihnUcher Reactionen sind, welche zuerst zwischen diesen nämlichen erzeugenden Kohlenwasserstoffen und den ersten Umwandlungsproducten derselben, wie dem Styrolen, dem Naphlalin, dem Phenyl, dem Anthracen, dem Chrysen u. s. w. statthaben, und dann zwischen diesen neuen Kohlenwasserstoffen selbst, welche zwei zu zwei, drei zu drei u. s. w. einwirken. Eine un- begrenzte Zahl bestimmter Kohlenwasserstoffe entsteht suc- cessive durch diese methodische Verkettung der nothwendi- gen Reactionen.

*) Compt. rend. LXIV. 788.

378 Buchanan, über einige Derivate

Ueber einige Derivate der Tsäthionsänre ;

von J. Y. Buchanan *).

Die nachstehenden Versuche sind in der Absicht unter- nommen worden , von der Isathionsäure Derivate zu erhalten, welche den schon seit mehreren Jahren bekannten, durch Wurtz entdeckten Derivaten der Milchsaure analog seien. Wurtz hat gefunden, dafs bei Behandlung eines Hilchsäure-

(u Ql . CO . Cl

erhalten wird , welches seinerseits bei Behandlung mit absolutem Alkohol den Aether der Chlorpropionsäure

CAq^ . CO . OC2H5 und bei der Behandlung mit Natrium-

dthylat den Aether derAethylmilchsdurecJ^^lj q.CO.OC^Hs giebt. Durch Behandlung eines Salzes der Isathionsäure Cslll^ . SOg . OH mit Phosphorsuperchlorid hat Kolbe**)

das Chlorür C2IQ1 . SO2 . Cl erhalten, und bei Behandlung

dieses Körpers mit Wasser die Chloröthylschwefelsöare

Csj^^ . SO9 . OH. Als Kolbe an der Stelle des Wassers

Alkohol einwirken liefs, liefs sich^ selbst nach Erhitzen in einer zugeschmolzenen Röhre auf 100^, kein Aether ab- scheiden.

In der Absicht, Natriumathylat auf das Chlorär der Chloräthylschwefelsäure einwirken zu lassen, setzte ich zu dem letzteren vollkommen wasserfreien Alkohol, und ich war

*) Compt. rend. LXY, 417. **; Ann. Chem. Pharm. CXXU, 87.

der häthionaäure. 379

erstaunt, eine sehr deutliche Temperaturerhöhung wahrzu- nehmen. Bei dem Erhitzen dieses Gemisches entwici&elte sich viel Chloräthyl, und nach Entfernung des Alkohols durch Destillation und im leeren Raum blieb eine wenig ge- färbte, zugleich atherartig und sauer riechende Flüssigkeit. Es liefs sich diese Flüssigkeit , selbst im leeren Räume, nicht destilliren und die Analysen der von verschiedenen Darstel- lungen herrührenden Substanz ergaben nur sehr wenig unter einander übereinstimmende Zahlen. Die Resultate stellten diese Flüssigkeit zwischen den Aether und die Chlorathyl- schwefelsaure. Ich glaube, dafs die Reaction in der fol- genden Art vor sich gegangen ist Es bilden sich zuerst dieser Aether und Chlorwasserstoffsöure ; dann wirkt die Chlorwasserstoffsaure auf den überschüssigen Alkohol ein und es bilden sich Wasser und sich entwickelndes Chlor- äthyl ; und dann zersetzt das Wasser den Aether unter theil- weiser Wiederbildung von Alkohol und Chloräthylschwefel- saure.

Mischt man diese Flüssigkeit mit Wasser, so erwärmt sich die Mischung und wird stark sauer. Ich habe damit das Kupfersalz und das Kalksalz dargestellt, aber es war mir unmöglich, sie rein zu erhalten; sie scheinen die Eigen- schaft zu besitzen, sich selbst im Wasserbade zu zersetzen.

Einwirkung des Natriumäthylata auf das Chkrur der ChbräthyUchwefelsäure, Ich habe das Natriumäthylat stark mit wasserfreiem Alkohol verdünnt auf das Chlorür der Chlor- äthylschwefelsäure einwirken lassen, bis die Flüssigkeit eine alkalische Reaction angenommen hatte. Es scheidet sich Chlor- natrium in grofser Menge aus; man beseitigt es, indem man die heifse Flüssigkeit durch ein trockenes Filter filtrirt. In dem Filtrat scheiden sich bei dem Erkalten desselben weifse zerfliefsliche, iu kaltem absolutem Alkohol wenig lösliche Kry- stalle aus. Sie sind das Natriumsalz der Aethylisäthionsäure.

380 Buchanarit über einige Derivate der Isäihionsäure.

Ich habe bei den Analysen zweier Präparate von verschie- denen Darstellungen folgende Zahlen erhalten :

Gefanden

Berechnet

I.

II.

Mcko-SO'^Na

c

26,36

26,21

27,27

H

5,14

6,25

5,11

8

18,88

18,18

Na

12,88

13,07

0

36,26

100,00.

Bei der Darstellung des Chlorurs bilden sich immer, wie diefs Kolbe bemerkt hat, kleine Mengen des Chlorürs der Isäthionsäure, welche natürlich auf das Natriumathylat einwir- ken, indem sie isäthionsaures Natrium entstehen lassen. Die Anwesenheit des letzteren Körpers ist wahrscheinlich die Ur- sache davon, dafs der gefundene und der berechnete Kohlen- stofTgehalt um 1 pC. dUTeriren.

Durch Erhitzen dieses Salzes mit einem grofsen lieber- Schusse sehr concentrirter Jodwasserstoflsaure in zngescbmol- zenen Röhren auf 150^ erhielt ich Aethyljodur und eine Säure, von letzterer jedoch eine zu geringe Menge als dafs ich mit Bestimmtheit hatte ermitteln können, ob es Isäthion- säure oder Aethylschwefelsäure war.— Gestützt auf diese That- Sachen glaube ich mich berechtigt^ diesem Körper die Formel

beizulegen. Ich beschäftige mich jetzt mit der weiteren Un- tersuchung dieser Säure und hoffe nächstens die Resultate derselben mittheilen zu können.

Diese Versuche wurden in dem Laboratorium von Kolbe begonnen, und in dem von Wurtz fortgesetzt.

Ausgegeben den 21. December 1867.

0niek TOD Wilhelm Keiler in Glefoen.

ANNALEN

DER

CHEMIE

UND

PHARMACIE.

HERAUSGEGEBEN UND REDIGIRT

VON

FRIEDRIGH WÖHIER, JUSTCS LIEBIG UND HERMANN HOPP.

VI. SÜPPLEMENTBAND.

(MIT DBEI FIGÜBENTAFELN.)

LEIPZIG UND HEIDELBERG.

186 8.

Inhaltsanzeige des VL Supplementbandes.

Erstes Heft.

Seite

Ueber Ozyaldine und Thkldine; ron HngeBekiff . . . . 1

Ueber die Beüehangeii Ewisohen Moleenlargewicht und apec. Ge- wicht elaatiBch-flüBsigex Körper; Ton Dr. Ang. Horstmann 61

Ueber die Dampfdicbte des Sdhwef elamnKmifiiDB ; Ton Demselben 74

UntersQcbnngen über Tanadin; Ton H, E.Bo8coe 77

Ueber die' Byntheie diBsNbiirfii«; ton A. Wurts . . : . . 116

Bjntbese der CapronsSnre; ron J. A^Wanklyn und R. Schenk 120

Ueber die Art der Einwirknng der £!rdrotation anf die Kicbtnng

des Windes; von H. Bn ff .121

Ueber die Identität des Körpers in der Atmosphftre, welcher Jod-

kaliomzersetxt,' mit Oson;Ton Tb. Andrews 125

Zweites Heft.

Untersachongen Über die Dampf tensionen homologer Verbindungen ;

Yon H. Landolt 129

Ueber die Oxydation der orgsnischen Sftnren; yon M. Berthelot 181

Berechnung gemischter Feldspathe^ von B-Bansen 188

Ueber die Identität des künstlichen und des natflrlichen Nenrins;

von A. Wurtz . . •. 197

Ueber Dissodation der Untersalpetersftnre; Ton Priratdocent Dr.

Alex. Naumann 203

Ueber Chloranil; von J. Stenhonse 208

Ueber die Einwirkung von Zinn und Salzsfture auf Balpetersäure«

Aethjläther; ron W. Lossen 220

Seite

Ueber die bei bober Temperatar entetebenden Koblenwasserstoffe ;

Ton M. Berthelot 247

Ueber pTrogallossaures Ammoniak; ron V. de Lnynes imd

G. Esperandien 252

Ueber die direete Umwandlnzi^ des Aethylencbloroiodida za GItoqI; * Ton Maxwell Simpson 253

Notas über das Hydraoetamid von Schiff; von A. Strecker 255

. . *

Drittes Heft

Ueber die Yerbindimgea des Phosphors; von H. Wichelhaas , 357

Ufejber die. Isompiie äfis Bicarbonsitaren- des A^thylens nnd Aethy-

lidens; von Demselben . . « .. ^ 281

Ueber die EinschJiefenng des Wasaer^toffgases durch Metalle; Ton

Tb. Graham 284

Die Wärmeentwickelimg bei chemischen Umsetztingen in ihrer Ab- hfingigkeit yon der Aendenmg der Molecnhsahl; von Privat- docent Dr. Alex. Naumann 295

Ueber die Yerbrennmig von Wasserstoff und Kohlenoxyd in Sauer- stoff unter hohem Druck; von E. Frankland 808

Ueber die Dampfspannung des ameisensauren Aethyls und des

essigsauren Methyls; von C. W. Dittmar 813

Ueber die künstliche Bildung des Pyridins;, von £. Th. Ghapman

und M. H. Smith 329

Beziehungen zwischen chemischer Zusammensetzung und Ertrags-

fUiigkeit des Bodens; von W. Schütze 332

Ueber das Ammonium- Amalgam; von H. Landolt 346

Ueber isomere Altyl« and Propylenderivate ; von Alphons Oppen- heim,,, •.« 353

Ueber eine neue Bildungsweise des ResoroiDs; von Alphons

Oppenheim, und Geor^ Yo^t. ^ ,.. ^ ,.••.. * 376

» » »

ANNALEIS

DEB

CHEMIE UND PHARMACIE.

VI. Snpplementbandei erstes Heft.

üeber Oxyaldine und Thialdine; von Hugo Sch^.

Im ersten Theile meiner Abhandlang aber die Producte der Einwirkung der Aldehyde auf organische B^sen (Ann, Chem. Pharm, Supplementbd. III, 343) wiirdQ auch üuf das Verhatten der Fettsäure -Aldehyde zu Ainmoniak hinge- wiesen. Es wur^e die Existenz des Hydrönanthiimids N^(C^H'^)^ dargethan und auf ein ähnliches Derivat des Vale- rals aufmerksam gemacht. Als Argument Xür die Existenz dieses Valeralderivates und eines ähnlichen Derivates des

{3 CH Qri5^io und

Q P2II4 ^nSfofui^r^ 9 welche aus Aldehyd, Blausäure und

Ammoniak entstehen und deren Bildung in der Weise auf- zufassen wäre, dafs zwischen die Aldehydresidua der Hydra-

mide im Momente der Bildung je dreimal die Gruppe N<CH

eingeschaltet würde.

Hydracetamid.

{C»H* G*H^ kann in

der That erzeugt werden, wenn man Acetaldehyd bei mitt-

Annal. d. Chem. a. Pharm. VI. Supplemenibd. 1. Heft. \

2 Schiff, über Oxyaldine

lerer Temperatur allmälig durch Ammoniak zersetzt; aber die Verbindung verändert sich bei der Abscheidung so leicht, dafs ich sie bis jetzt nicht vollkommen rein erhalten konnte. Ueberiafst man Aldehyd in überschüssigem, nicht zu concen- trirtem weingeistigem Ammoniak gelöst 5 bis 6 Monate in verschlossenen Flaschen bei mittlerer Temperatur sich selbst, so nimmt der Inhalt Orangefarbe und einen eigenthümlichen Geruch nach festem Chlorcyan an. Man destillirt bei 60 bis 70^ Weingeist, Acetal, Ammoniak und flüchtige Basen ab, und lafst das letzte Sechstel in flachen Gefafsen bei mittlerer Temperatur verdunsten. Es scheidet sich eine zimmtbranne Masse ab, welche den schon erwähnten Geruch in hohem Mafse besitzt. Man wascht mit kleinen Mengen Aether^ und erwfirmt die nach etwa 24 Stunden hart und pulvertsir- bar gewordene Masse mit einer sehr verdünnten Lösung

1

von Kali ^ in absolutem Weingeist^ wodurch anhängendes Am- moniak gänzlich entfernt wird. Man scheidet das Kali durch einen Kohlensiurestrom ab; verdunstet im Wasserbade zur Syrupconsistenz und trocknet dann im Vacuo über Schwefel- saure. — ^ine Operation wurde auch mit einem Gemenge von Weingeist, Aldehyd, Salpeterather und Salpetrigather ausi^eführt, wie es bei der Darstellung von Glyoxal als Nebennrodact erhalten wird. Durch einen besonderen Ver- sqch hatte ich mich überzeugt, dafs die beiden Salpeterather unter den gegebenen Verhältnissen wohl Aethylbasen, aber kein dem Hydracetamid ähnliches Product liefern.

Die im Vacuo getrocknete schwammig aufgeblähte Sub- stanz zerfällt leicht zu einem graugelben hygroscopischen amorphen Pulver, welches sich leicht in Wasser und Wein- geist löst; die Lösung schmeckt intensiv bitter. Das Pulver ist bei gewöhnlicher Temperatur nahezu geruchlos, nimmt aber beim Erwärmen einen eigenthümlichen Geruch nach flüchtigen Basen an. Die Analysen lieferten Kohlen- und

und Thioldine, 3

Wasserstoflbestimmungen, die sehr wohl mit der Formel C^H^^^ fltimmten, aber bei den Stickstoffbestiromungren zeigten alle Präparate einen mehr oder minder bedeutenden Ausfall, welcher sich aus dem weiter unten Anzuführenden erklären wird.

Das Hydracetamid hat ausgesprochen basische Eigen- schaften; die wasserige Lösung ist swar gegen Lachmus in- different, aber sie grönt schwach das Malvenpapier. Die ebenfalls amorphen Salze sind in Wasser reichlich, in Wein- geist wenig löslich. Das stickstoffreichste Präparat gab ein Sulfat, welches sehr nahe C^H^>NS SH^O« enthielt Die Base verbindet sich mit 2 HCL

1,708 Grm. des stickstoffreichsten Präparats in Salzsäure gelöst und über Kalistücke verdunstet hielten 1,060 Grm. Säure zurück, während 2 HCl 1,113 Grm. verlangen. Diese Verbindung gab dann im Vacuo über Kalistücke allniMig noch ein Holecul Säure ab. Das Gewicht blieb bei 0,550 bis 0^545 Grm. nahezu constant, aber ein Molecul HCl ver- langt für obige Menge der Base 0,556 Grm. Beim Erwärmen im Luftbad erfolgt bei 110^ keine weitere Veränderung.

Das Ckloroplatinat ist ein körniges oder sandiges Kry-* Stallpulver und entspricht der Formel PtCH,2C%^^N^ 2HC1. Dieses Salz ist nicht in Wasser, wohl aber etwas in Wein- geist löslich und verliert schon unter 120^ einen Theil der Salzsäure, In verschiedenen Platinsalzen wurde 30,9 bis 32 pC. Platin gefunden, während die Formel 31,1 pC. ver- langt. Die Base verbindet sich auch mit den Chloriden von Gold und von Quecksilber« Die Goldverbindung wird in kochendem Wasser theilweise metallisch reducirt. ^ Das Oxalat ist ein in Wasser lösliches kömiges Pulver. Mit Pikrinsäure entsteht ein flockiger gelber Niederschlag.

In einem Falle hatte man das gefällte Chloroplatinat nebst der noch überschussiges Plaünchlurid enthaltenden

4 Schiffe über Oxyaldine

Flüssigkeit mehrere Tage bedeckt stehen lassen, am in die- ser Weise vielleicht ein deutlich krystallisirtes Chloroplatinat zu erhalten. Es setzten sich in der That kleine glanzende Krystalle ab, welche sich aber als Platinsalmiak auswiesen. In der Meinung, das Chloroplatinat enthalte noch Platinsalmiak, wurde es nun mit der platinhaltigen Lösung ausgekocht und diese letztere setzte jedesmal beim Erkalten krystallisirten Platinsalmiak ab. Auffallend war es hierbei, dars der aus- gekochte Rückstand keinen kleineren, ja in einigen Fallen einen gröfseren Platingehalt ergab.

Der letztere Umstand führte auf die Frage, ob das Am- moniak nicht als Zersetzungsproduct der Base auftrete, und diese Frage mufs nach weiteren Versuchen bejahend beant- wortet werden. Ein sorgfaltig mittelst Aether - Alkohol ge- reinigtes Präparat, welches mit schwach erwärmter Kalilauge kein Ammoniak entwickelt , wird theils in Salzsäure, theils in Schwefelsäure gelöst und die Lösungen werden einige Zeit siedend erhalten. Nach einiger Concentration entwickelt sich auf Zusatz von Kali reichlich Ammoniak und zugleich entsteht ein brauner, in der Wärme harzartiger Niederschlag. Aus der schwefelsauren Lösung wurde das Ammoniumsulfat aufserdem krystallisirt erhalten. Es zeigte sich ferner, dab auch die wässerige Lösung der Base sich beim Kochen unter Ammoniakentwickelung zersetzt. Diese Zersetzung findet ihren Ausdruck in der Gleichung :

C«H"N«, 2 HCl -f H«0 = NH*C1 + C«H"NO, HCl.

Diese Zersetzung scheint in geringer Menge schon bei wenig erhöhter Temperatur stattzufinden, und die Base C^H^^NO war es ohne Zweifel, welche alle Präparate des Hydracetamids verunreinigte. Hierauf deutet der jedesmalige Ausfall an Stickstoff und der Mangel an Salzsäure in dem zweisäurigen Chlorhydrat.

und ThüJdine, 6

Oxytrialdtn.

Die Base C^H^^NO , welche wir Oxytrialdin nennen wollen , entsteht sehr leicht aus dem Hydracetamid. Dampft man die bei Einwirkung des alkoholischen Ammoniaks auf Aldehyd entstehende Lösung beim Siedepunkte derselben ein, so findet fast vollständige Umwandlung in die Oxybase statt

Die Darstellung des Oxytrialdins gelingt sehr leicht, da hierbei keine weitere Vorsicht nöthig ist; man destillirt das Rohproduct der Einwirkung des weingeistigen Ammoniaks auf Aldehyd über freiem Feuer und versetzt die stark con- centrirte Flüssigkeit nach dem Erkalten mit Kalilauge. Da das Oxytrialdin sich in letzterer nicht löst, so wird eine braune harzige Masse abgeschieden, welche man in ver- dünnter Salzsaure auflöst; diese Lösung wird einige Zeit auf dem Wasserbade erwärmt und dabei zugleich concentrirt. Man fallt dann aufs Neue durch Kalilauge, löst in Weingeist, fällt das Alkali durch Kohlensaure, concentrirt die wein- geistige Lösung und trocknet schliefslich im Yacuo über Schwefelsaure. Die in dieser Weise dargestellte Substanz enthält noch eine geringe Menge Chlorkalium, Die zur Analyse und zur Darstellung des Chloroplatinats dienenden Präparate werden daher nochmals aus Aether -Alkohol ge- reinigt. Die so behandelte freie Base führte dann zu den folgenden analytischen Resultaten :

berechnet gefdnden

6 C 72 68,7 68,7 bis 64,1

11 H 11 9,7 9,2 biB 9,6

N 14 12,4 12,9

O 16 14,2

118 100,0.

Im Aeufseren ist das Oxytrialdin der vorher beschrie- benen Base sehr ähnlich ^ nur ist sie von mehr braungelber

6 Schiffe über Oxyaldine

Farbe, etwas weniger hygroscopisoh , weniger aber immer noch leicht löslich in Wasser, sehr löslich in Weingeist, kaum lösMch in Aether and Schwefelkohlenstoff, sehr wenig in Benzin, mehr in Chloroform. Wässerige Salzsaure ent- zieht dem Chloroform die darin gelöste Base. Die Salze sind ebenfalls meist in Wasser, wenig in Weingeist, nicht in Aether löslich.

Das aus der Lösung der Base in absolutem Alkohol durch verdünnte Schwefelsäure gefällte Sulfat entspricht der Formel SH«OS 2 C«Hi^NO.

Die Base mit Salzsäure über Kali verdunstet nimmt 32,1 pC. Säure auf. Die Bildung von C^^H^^NO, HCl ver- langt 32,3 pC.

Das braunrothe amorphe, in Wasser lösliche Oxalat, dargestellt wie das Sulfat und bei 140^ getrocknet, enthält C«H^»NO, C«H^O*.

berechnet geftmden

Kohlenstoff 47,8 47,2

Wasserstoff 6,4 6,6.

In dem bei 110^ getrockneten Chloroplatinat wurden zwischen 30,4 und 31,2 pC. Platin gefunden, während die Formel PtClS 2 (C«H"NO, HCl) 31 pC. verlangt. Es ist ein flockiger rothbrauner Niederschlag, welcher sich weder in Wasser noch in Weingeist löst.

Die Zusammensetzung der Salze des Oxytrialdins deutet bereits an, dafs der Sauerstoff in demselben nicht in der Form enthalten ist, wie in den Ammoniumhydraten. Die organischen Animoniumhydrate zersetzen sich bei höherer Temperatur leicht in Wasser, Kohlenwasserstoff und ein tertiäres Amin, während das Oxytrialdin sich auch bei 150® nicht wesentlich verändert und sich bei noch höherer Tem- peratur vollständig zersetzt Phosphorchlorid wirkt sehr leicht auf die Hydrate ein, während es auf unsere Base beim

und Thialdine. 7

ErhiUen nur sehr langsam reagirt. Ein Theil wird verkohlt; unter den wenigen flüssigen Producten findet sich etwas Pbosphoroxychlorid und eine kleine Menge einer in kaltem Wasser nicht löslichen chlorhaltigen Substanz (C^H^Cl^ öden CHHül). Jodwasserstoff löst die Base in der Kalte ohne Veränderung auf. Erhitzt man aber die mafsig concentrirte und noch etwas öberschussigen Jodwasserstoff enthaltende Lösung, so scheidet sich zuerst Jod und eine flockige Sub- stanz ab, welche sich aber beide alsbald wieder auflösen. Auf Zusatz Yon Kali fallt dann eine viel Jod enthaltende harzige Substanz, deren Analyse nicht zu übereinstimmenden Resultaten führte.

Um zu einer Ansicht über die Function des Sauerstoffs im Oxytrialdin zu gelangen, mufs man zunächst auf das Hydracetamid zurückgehen, aus welchem das Oxytrialdin dadurch entsteht, dafs die einwerthige Gruppe NH^ durch Oxhydryl ersetzt wird :

Man kann auch zu einer ähnlichen Formel gelangen, wenn man die Base von dem Aldehydammoniak ableitet. Die Aldehydammoniake sind Körper von schwach basischen Eigenschaften, wie diefs namentlich bei den höheren Gliedern hervortritt; so in dem Valerammoniak (H. Strecker, Ann. Chem. Pharm. CXXX, 217) und dem Trioxyamyliden von J. Erdmann (Ann. Chem. Pharm. CXXX, 211), welche beide Verbindungen sich entsprechend den Formehi :

|C»H".OH |C»H»o.OH

N{H Ni0»H".OH

(H lC»Hw.OH

auffassen lassen. Das Acelaldehydammoniak mit der Formel

l(:«H*.OH

wäre hiernach das dem Oxyäthylenamin von

Wurtz entsprechende Aethylidenderivat.

8 Schiffe über Oxyaldme

Das Oxytrialdin wurde sich dann von dem Aldehyd- ammoniak ableiten nach der Gleichung :

{C«H* . OH rC«H* . OH

H + 2C«H*0 = N{C«H» + 2H«0*).

H lC«H8

Das Oxytrialdin kann in der That erhalten werden, wenn man eine mit Aldehyd gemengte weingeistige Lösung von Aldehydammoniak in einer verschlossenen Flasche einige Zeit einer Temperatur von etwa 50 bis 60^ aussetzt. Bei kleinen Mengen ist die Reaction nach wenigen Stunden be- endigt und man kann die Base nach den oben gemachten Angabenabscheiden. Es wurde die auf diese' Weise dar- gestellte freie Base und auch das Chloroplatinat analysirt.

Zersetzung des wemgeistigen Äldehydammoniaks,

Die eben beschriebene Bildungsweise des Oxytrialdins führte auf die Untersuchung der Producte, welche wein-

*) Nach dieser Betrachtnogsweise w&re die Base als DtdihenyloxydihtfK^ didenamin aufzufassen. loh habe zwar früher (Ann. Chem. Pharm« CXL, 116) die BezeichnuDg Fmy/ sowohl für das rom Aethyl als auch für das vom Aldehyd abgeleitete Radioal C'H^ gebraucht. Es ist aber wohl passender, dem ein- nnd dreiwerthigen Radical CH' . CH die Bezeichnung Vinyl zn lassen und für das ein- und dreiwerthi'ge rom Aldehyd abgeleitete CH^.C. die Hofmann^sche Bezeich- nung Aeihenyl anzunehmen. Es Terhalten sich dann diese lUdioale zu einander wie AHyl, Glyceryl und Propenylf letzteres sowohl ein- als dreiwerthig. Hof mann scheint allerdings seine Namen für die ron den Alkoholradicalen abgeleiteten nor- malen Radicale vorgeschlagen zu haben; aber in der Praxis bezeichnet er als Aethenyl den Rückstand des S&ureradicals CH'.CO, also das Radical (CH»C/". Wie Vinyl zu Aethenyl verhält sich anchFusyl (Qathrie) znm Quintenyl Hofmann^s. Die Yon Gerhardt gegebene Bildnngsweise des Benzyldiphenyl- diamins zeigt bereits, dafs die in diesen Basen enthaltenen drei- werthigen Radicale noch dieselbe Constitution besitzen, wie in den entsprechenden Nitrilen, also wie die Derivate der Säure- radicale und nicht wie diejenigen der Alkoholradioale.

und Thtaldine. 9

geistiges Aldehydamrooniak bei höherer Temperatur liefert. Basen aus Aldehydammoniak sind bereits im Jahre 1857 von Babo und von Heintz und Wislicenus beschrieben worden *). Babo erhitzt die Substanz im geschlossenen Rohre auf 120" und erhält zwei Basen, deren Platinsalze zu den Formeln :

C»«H«N«0, 2 HCl, PtCi* und C*>H*»N«0, 2 HCl. PtCl*

führten. Mit Rücksicht auf diese Chloroplatinate und wohl in der Meinung, die freien Basen seien als Ammoniumhydrate zu betrachten 9 schlagt Babo für die Basen die Formeln Cm^^m und C^oH^^NO vor. Babo fällt das Chloroplatinat der C^-Base aus der salzsauren (wohl wässerigen) Lösung, während das Chloroplatinat der C^^-Base aus weingeistiger mit Salzsäure versetzter Lösung abgeschieden wurde. Hier- aus scheint hervorzugehen, dafs die C'^-Base als in Wasser nicht oder wenig löslich befunden wurde.

Heintz und Wislicenus zersetzen das Aldehyd- ammoniak in offenen Gefäfsen und bei der Temperatur des Wasserbades (90 bis 100^), und obwohl sie unter anderen Bedingungen arbeiteten, obwohl sie bei ihrem Product kleine Verschiedenheiten in den Löslichkeitsverhältnissen wahr- nehmen, obwohl sie den Kohlenstoff stets um ein Geringes zu hoch finden; so glauben sie dennoch berechtigt zu sein, die Existenz der C^^-Base von Babo leugnen und nur die- jenige der C^-Base annehmen zu können. Dennoch scheint es mir sehr wahrscheinlich, dafs die Base von Heintz und Wislicenus eine geringe Menge der C^^-Base enthielt. Dafs

*) Ueber Babo ^8 UnterBaChungen sind mir nur die Angaben im Jahresbericht 1857, S.#887 nnd über die Arbeit von Heintz und V^islicenus der Bericht im Supplementband zu Grmelin 8. 448 sugftoglich.

10 Schifff über Oxyaldme

ihr Product fast ausschliefslich aus der C^-Base bestand, liegt daran, dafs sie ohne Druck und bei mafsiger Temperatur arbeiteten.

Bei 50 bis 60^ und bei Gegenwart von Aldehyd und Weingeist entsteht das oben beschriebene Oxytriaidin C^H^^NO, bei 90 bis 100<) hauptsächlich die Base C^H^^NO, und ober- halb 100^ in verschlossenem Gefarse erhält man die letztere Base zusammen mit der Base C^^H^^NO. Wenn ich nach meinen Versuchen die Angaben von Babo aufrecht erhalte, so bestätige ich damit zugleich diejenigen von Heintz und Wislicenus, so weit dieselben aus ihren Versuchen her- vorgehen. So weit diefs nicht der Fall zu sein scheint, wider- spreche ich nicht, glaube aber, dafs sie, als unter anderen Bedingungen experimentirend, durchaus nicht im Falle waren, sich ein Urtheil über die nach einer anderen Methode zu erhaltenden Resultate zu bilden. Ich bezeichne die Base C^H^'NO, als von vier Moleculen Aldehyd abstammend, als Oxytetraldin , und aus ähnlichem Grunde die Base C^^^^NO als Oxypentaldin*

Oxytetraldin,

Ein verzinnter Bronzedigestor von etwa V4 Liter Inhalt wurde zur Hälfte mit einem Gemenge von reinem Aldehyd- ammoniak mit dem gleichen Gewicht Weingeist gefüllt und das Gefäfs im Oelbad 24 Stunden lang auf 110 bis 120'' erhitzt. Beim Oeffnen entwich eine reichliche Menge Ammoniak, mit welchem auch die braune Flüssigkeit gesättigt war. Der Wein- geist wurde im Wasserbade abdestillirt und der syrupöse Rückstand mit verdünnter Kalilauge im Destillirapparat be- handelt , so lange noch erhebliche Mengen von Ammoniak übergingen. Auch in diesem Falle enthält das Destillat die schon früher erwähnte stark riechende flüchtige Base. Der braune weiche Rückstand wird mit einer Losung von Kalium-

und Thtaldine, li

carbonat (jrewaachen und in Weingeist gelöst. Diese Lösung wird mit Kohlensäure behandelt, um alles noch in Lösung befindliche Freie Alkali abzuscheiden. Man destillirt den Weingeist ab und behandelt den Ruckstand nochmals in gleicher Weise mit Aetheralkohol. Das zum dicken Syrup verdunstete Fihrai bringt man noch warm unter die Luft- pumpe über Schwefelsaure. Beim Auspumpen schwillt die Masse schwammig an und Utst sich dann mit dem Glasstab sehr leicht zu einem glänzenden gelbbraunen Pulver zer- drücken. Man behandelt nun wiederholt mit kaltem Wasser, welches nur langsam den gelbbraunen löslichen Antheil aus- zieht und einen braunen Räckstand lafst.

Die in Wasser lösliche Base ist Oxytetraldin C^H'^NO.

berechnet Schiff H. u. W.

8C

96

69,1

69,8

69,11

ISH

18

9,3

9,2

9,86

N

14

10,1

10,8

10,10

0

16

11,6

139 100,0.

Der von Heintz und Wislicenus gegebenen Be- schreibung der Base habe ich nur wenig zuzufügen. Man kann nicht sagen, dafs sie in kaltem Wasser nur wenig lös- lich sei; sie ist allerdings weniger löslich als Oxytrialdin, löst sich aber doch noch in ziemlicher Menge. Die Lösung gränt Malvenpapier schwach und ist auf Lackmus ohne Wirkung. Die Verbindbarkeit mit Kohlensaure kann eben- falls nicht geradezu verneint werden. Die Base löst sich reichlich in Wasser, durch welches man Kohlensaure strei- chen läfst, und die Kohlensaure scheint bei gewöhnlicher Temperatur durch die Base gebunden zu werden. Bei sehwachem Erwärmen entwickelt sich Gas und ein Theil der Base scheidet sich in Hauten ab, welche sich in der abgekühlten Flüssigkeit nicht wieder auflösen. Die Abschei-

12 Schiff j über Oxyaldme

düng war also nicht nur durch . die Temperatnrerhöhang bewirkt worden.

Das Oxytetraldin verbindet sich direct mit Salzsäaregas ohne Wasserabscheidung. Gegen Jodwasserstoff und gegen Phosphorchlorid verhalt es sich ähnlich wie das Oxytrialdin. Das Phosphorchlorid wirkt aber noch schwieriger ein.

Bei der Fällung der weingeistigen Lösung der Base mit weingeistiger Oxalsäure erhielten Heintz und Wislicenus ein Oxalat von der Formel C^ßH^N^O, C^O» (also dem Chloro- platinat von Babo entsprechend), wahrend sie für ihr Chloroplalinat .die Zusammensetzung PtCH, 2 C^H^^NCl fanden.

Für das Oxalat, welches ich ebenfalls mit weingeisliger entwässerter Oxalsäure fällte, fand ich eine Zusammen- setzung, welche sehr nahe mit der Formel C^H^^O, C^*0* übereinstimmt.

berechnet

gefanden

IOC

120

52,4

51.8

15 H

15

6,6

6.4

N

14

6,2

50

80

34,8

229 100,0.

Die Präparate waren bei 140^ getrocknet. Das Oxalat ist amorph, hygroscopisch und leicht in Wasser löslich. Die Lösung ist sehr bitter.

Das bei etwa 130* getrocknete Chloroplatinat entspricht der Formel PtCl*, 2 CSH^^NOCl.

berechnet gefunden

Kohlenstoff 27,9 27,6

WasBerstoff 4,1 4,0

Platin 28,7 28,8.

Heintz und Wislicenus analysirten ein bei 150^ ge- trocknetes Salz. Bei dieser Temperatur aber färbt sich das zimmtbraune Salz fast schwarzbraun und verliert Salzsäure. Einem Verlust von einem halben Molecul Salzsäure enl-

und Thialdine^ 13

spricht im Rückstand 30^ pC. Platin; gefunden wurden 30,6 pC.

Hit Pikrinsäure bildet die Base eine schön gelbe flockige Verbindung, welche beim Erhitzen langsam abbrennt. Die Base verbindet sich auch mit Quecksilberchlorid, nicht aber mit den Chloriden von Eisen , Kupfer , Zinn oder mit Ferro- cyankalium.

Heintz und Wislicenus nehmen an, die Base werde nach längerem Erhitzen auf 140 bis 160^ oder durch Be- handlung mit Kali weniger löslich. Ich habe nicht gefunden, dafs die Base beim Erwarmen oder durch Kali ihre Löslich- keit einböfst, so weit nämlich die Base unverändert bleibt. Thatsache ist es aber, dafs die Base nach der erwähnten Behandlung ein weniger lösliches Product liefert. Wenn Heintz und Wislicenus noch von der Base als solcher reden und sie also sonst nicht verändert glauben, so liegt diefs daran, dafs die Veränderung eine quantitativ unbedeu- tende ist. Es entwickelt sich nämlich langsam etwas Wasser urfd Ammoniak, indem ein Theil des Oxytetraldins sich in weniger lösliches Oxypentaldin verwandelt.

6C«H«N0 = 4CWH»*N0 + NH» + H«0.

Würde die Umwandlung sich über die ganze Masse erstrecken, so würde der Verlust nur etwa 5 pC. betragen. Aber die bei 140 bis 150^ häutig aufgetriebene Masse wird nur zum kleineren Theil umgewandelt und die Umwandlung findet vorzugsweise an der Oberfläche der Häute statt. Hier ist also unlöslich Gewordenes mit Löslichem innig gemengt. Behandelt man die Masse nun mit Alkohol oder mit Wasser, so braucht es einige Zeit, bis die halbgeschmolzene Masse sich imbibirt uhd der lösliche Antheil ausgezogen wird. Für diese AuSassungsweise spricht der Umstand, dafs die Losung viel rascher eintritt, wenn man die Masse in ein feines Pulver verwandelt. Eben so ist wohl die Erscheinung

14 Schiff, über Oxyaldine

bei der Einwirkung von Kali zu erklären. Ich habe übrigens gefunden, dafs nur durch Erhitzen mit mafsig concentrirtem Kali der Versuch {gelingt. Die Losung erfolgt übrigens hier leichter als nach dem Erhitzen auf 140 bis 150". Man darf aber dabei den Umstand nicht anfser Augen lassen, dafs diese Basen in Kalilauge überhaupt nur sehr wenig löslich sind, und dafs die in der heifsen Lauge erweichte Masse Kali einschliefst. Man mufs also mehrmals mit Wasser waschen, ehe man zur Beuriheilung der Löslichkeit in reinem Wasser schreitet.

Ich habe bei dieser Gelegenheit gefunden, dafs auch Oxytrialdin sich bei höherer Temperatur (160") theilweise umwandelt. Ich erhielt auf diese Weise Mischproducte mit 67 bis 68 pC. Kohlenstoff, welche aufser der C^* und der C^-Base auch noch einen in Wasser nicht löslichen Theil, also wohl C^^-Base enthielten :

4 C«H"NO = 8 C8H»«N0 + NH» + HH). 5C«H"N0 = 8C"H'*N0 -f 2 NH« -h 2 H*0.

Der Verlust sollte nach diesen Gleichungen 8 bis 9 pC. betragen; da ich aber rasch 4 bis 6 Stunden auf 150 bis 160^ erhitzte, so betrug derselbe immer bedeutend mehr.

Oxypentaldin.

Verschiedene Präparate der nach dem oben angegebenen Verfahren dargestellten Base gaben ziemlich nahe überein- stimmenden Gehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff. Der Stickstoff, als Gas bestimmt, fällt im Allgemeinen bei der angewandten Methode etwas zu hoch aus.

berechnet gefunden

)0C 120 72,7 72,6 bis 72,7

15 H 15 9,1 8,9 bU 9,1

N 14 8,5 9,02

O 16 9,7

165 100,0.

und Thialdine. 16

Die Base isl eine glänzende dunkelbraune amorphe Sub- stanz, nicht hygroscopisch und kaum löslich in Wasser^ lös- lich jedoch in Alkohol, in kohlensaurehalligem Wasser und in den wasserigen Säuren. Geruchlos und von schwach bitterem Geschmack. Chlorwasserstoff verbindet sich direct ohne Wasserabscheidung. Phosphorchlorid wirkt selbst in der Wärme nur wenig ein und es bildet sich dabei das Chlorhydrat der Base^ während ein anderer Theil zerstört wird.

Die Salze können durch Zusatz der Säuren zur wein- geistigen Lösung der Base als braune amorphe, in Wasser lösliche Substanzen gefällt werden. Ueberschüssiges Wasser entzieht Säure.

Das Pikrat wird aus der wässerigen Lösung des Chlor- hydrats durch Natriumpikrat in gelben Flocken gefällt, welche der Zusammensetzung C*<^H**NO, C«H8(N02)«0 entsprechen.

berechnet gefunden

KohlenstofiP 48,7 48,7

Wasserstoff 4,6 5,1.

Das Chloroplatinat ist ein brauner amorpher, in Wasser and in Weingeist nicht löslicher flockiger Niederschlag, wel- cher bei 140^ getrocknet die Formel PtCl*, 2 C^onieuoci hat und bei höherer Temperatur Salzsäure verliert.

berecLnet gefunden

Kohlenstoff

32,4

'31,9

Wasserstoff

4,8

4,2

Platin

26,7

26,5 bis 27,03.

Es war wohl noch etwas Chloroplatinat von Oxytetraldin beigemengt.

Das Oxypentaldin kann mit ziemlich concentrirter Kali- lauge längere Zeit erhitzt werden, ohne dafs eine wesent- liche Veränderung eintritt. Ein so behandeltes Präparat ergab :

Kohlenstoff 78,8

Wasserstoff 9,1.

16 Schiff, über Oxydldine

Es hatte also der Kohlenstoff nur um 0^ pC. zage* nommen. Vielleicht geht anch die Aldebydcondensation noch weiter und es sind höhere Condensationen zu erlangen, wenn man das Aldehy^ammoniak bei 150 bis 160^ zersetzt. Auf höhere Condensationen deutet auch der etwas zu niedrig gefundene Wasserstoff der Base , und diefs um so mehr, als der Wasserstoff im Allgemeinen etwas zu hoch ausfallt und aufserdem noch eine kleine Beimengung von Oxytetraldin (mit 9,35 pC. Wasserstoff) nicht unwahrscheinlich ist Ich habe in dieser Richtung keine Versuche angestellt. Sollte aber etwa ein Oxyhexaldin darstellbar sein, so ist dasselbe ohne Zweifel ebenfalls unlöslich im Wasser. Man müfste also, um eine schwierige Trennung zu vermeiden, unter Verhaltnissen arbeiten, welche einer vollständigen Umwandlung des Alde- hydammoniaks in ein einziges höheres Condensationsproduct günstig sind.

Icn will hier noch bemerken , dafs ein Gemenge der beschriebenen Basen auch durch Zersetzung des Acetals durch weingeistiges Ammoniak bei höherer Temperatur ge- wonnen werden kann. Es dienten zu diesen Versuchen die nicht weiter gereinigten Nebenproducte von der Darstellung des Aldehyds.

Wir haben weiter oben für das Oxytrialdin die Formel

NJo^H^ gegeben und diese Base, wie üblich, auf den

Ammoniaktypus bezogen. Wollten wir ahnliche Formeln auch für die beiden anderen Oxybasen aufstellen, so bliebe uns nur für das Oxytetraldin die frühere Formel von Heints und Wislicenus N(C^H')^.HO und demnach für das Oxy- pentaldin die Formel N(Cm»)^ G^H^ 0. Letzteres wire hiernach eine Art substituirten Aldehydammoniaks. Es ent-

und Thialdine,

17

sprechen jedoch diese Formeln dem ganzen Verhalten der Basen durchaus nicht und sie geben aufserdem nur über einen Theil der darin enthaltenen Affinivalente Rechenschaft. Beachten wir die Resistenz dieser Basen gegen die Einwir- kung von sonst energisch wirkenden Reagentien und ihre feste Form bei yerhältnifsmäfsig niedrigem Moleculargewicbt, so hat die Annahme mehr Wahrscheinlichkeit, es werden die bei der Condensation der Aldehydmolecule durch den Austritt von Sauerstoff und Wasserstoff frei gewordenen Affinivalente nur zum Theil durch Stickstoff und den zurück- gebliebenen Sauerstoff gesättigt, wahrend ein anderer Theil dazu verwendet werde, die Alkoholresidua unter sich zu einem stabileren Complex zusammenzuschweifsen. Diese Auffassung wurde etwa auf die folgenden Formeln führen :

Oxytrialdin

'"C*H»

II

Oxjrpentaldiii.

Ox^traldin

Gehen wir mit dieser Formulirungsweise rückwärts, so gelangen wir zu den beiden vorhergehenden Gliedern : "C*H* NH

Oxydialdin (fehlendes Glied)

\0H

Aldehydammoniak.

Mit diesen Formeln erscheinen sämmtliche darin figu- rirende Affinivalente als gesättigt, und wir ersehen, dafs der Sauerstoff darin nicht die Function hat, wie in den Ammo- nimnhydraten. Der Sauerstoff wird auch durch Phosphor- chlorid nur sehr schwierig eliminirt, weil er in der Verbin- dung durch zwei Gruppen festgehalten wird, wovon die eine (der Stickstoff) nur sehr wenig Neigung hat, sich mit dem Chlor des Phosphorchlorids zu verbinden.

A«k«*ai <i. rrki

OkavtM VT RnnnlAmAtithH. 1. Haft.

18 Schiffe über Oxyaldine

Was nun die thatsächlichen Beziehungen dieser Basen zum Aldehyd einerseits und zum Aidehydammoniak anderer- seits betrifft^ so übersehen wir dieselben mittelst der folgen-* den Fonnelgleicbungen :

C«H*0 + NH» = C«H^NO

Aldehydammoniak.

2 C*H^O + NH« H«0 = C*HöNO = 2 (C«H^O, NH») - NH* . OH

Oxydialdin (?).

8 C«H*0 + NH» - 2 H»0 = C^H^NO = 3 (C«H*0, NH») - 2 NH* . OH

Oxytiialdiii.

4 C«fl*0 + NH» 3 H«0 = C^H^NÖ = 4 (C«H*0, NH») 8 NE* . OH

Oxytetraldin.

5 C«H*0 -[- NH' 4 H«0 = C^ogiöNO = 5 (C«H*0, NH») - 4 NH* . OH

Ozypentaldin.

Die allgemeine Formel für das aus der Condensation von n Aldehydmoleculen hervorgehende Oxyaldin wäre hier- nach C2"H»°+^N0.

In einer vergleichenden Betrachtung der für die Alde- hyde aufgestellten Formeln (Ann. Chem. Pharm. CXL, 117) habe ich die früher von Heintz und Wislicenus für das Oxytetraldin angenommene Formel, für den Fall dieselbe als zulässig befunden würde , als die einzige zu Gunsten einer etwaigen Alkoholfunction des Aldehyds sprechende Verbindung zugelassen. Wir können uns nun Betreffs dieses Gegenstands in bestimmterer Weise dahin aussprechen, dafis, wenn auch für die Formulirung der Oxyaldine dreiwerthige Radicale C^H' angenommen werden können, diese Annahme doch für den fraglichen Gegenstand keine Argumente abgiebt. Welches nun auch die Constitution der Oxyaldine sein möge, so ist so viel gewifs, dafs sie zum Aldehyd nicht in einer Beziehung stehen, wie etwa die alkoholischen Amüibasen su den Alkoholen.

Die Annahme der Aethenylgruppe in den Oxyaldinbasen läfst wohl zu^ dafs eine derartige Gruppe gelegentlich auch

und Thialdine. 19

für die Formulation des Aldehyds benutzt werden kann, aber sie enthölt Nichts, was etwa zu Gunsten einer angeblichen Alkoholfunction des Aldehyds zu schliefsen berechtigte.

Die flüchtigen Nebenproducte,

Sowohl Babo als auch Heintz und Wislicenus haben bereits die bei der Darstellung obiger Basen als Nebenproduct auftretende flüchtige, penetrant riechende Sub- stanz beobachtet, und Babo hebt noch bestimmter hervor^ dafs bei der Zersetzung des trockenen Aidehydammoniaks in geschlossener Röhre auch noch ein klares dünnflüssiges, sehr fluchtiges und stark ammoniakalisch riechendes Liquidum auf- trete, und dafs bei der Destillation des Röhreninhalts bis auf 200^ neben Ammoniak auch noch geringe Mengen flüchtiger, dem DippeTschen Oele ahnlich riechender Basen über- gingen. Bei meiner Methode der Zersetzung in weingeisti- ger Lösung konnte ich natürlich das dünnflüssige Liquidum nicht beobachten. Aber ich habe bereits erwähnt^ dafs bei der Destillation des Alkohols neben Ammoniak noch Basen übergehen, welche den Geruch des DippeTschen Oeles^ des Chinolins und des etwas verharzten Coniins in hohem Grade besitzen. Weitere geringe Mengen können noch durch Destillation des Rückstands mit Kali gewonnen werden. Alle diese Destillate wurden vereinigt und zur spateren Untersuchung aufbewahrt.

Inzwischen hatte ich beobachtet, dafs das Oxytrialdin und das Oxytetraldin beim Sieden mit ziemlich concentrirter Kalilauge dieselben Basen in kleiner Menge auftreten lassen. Destillation der Basen mit unter geringem Wasserzusatz ge- schmolzenem Kali gab keine günstigen Resultate; bessere wurden mit Natronkalk erzielt, aber auch hier ist die Aus- beute immer nur eine kleine. Alles was ich an Hischpro- dttcten besafs, sowie auch die weniger reinen, mit acetal-

20 Schiffy über Oxyaldine

hal%er Flüssigkeit bereiteten Basen, im Ganzen etwa 120 Grm., wurden in kleinen Portionen mit Natronkalk destil- lirt. Hierbei scheidet sich Kohle ab, es entweicht viel Am- moniak und, wie sich spater zeigte, geht ein Theil in theer- artige und ölige nicht basische Producte über. Alles Flüch- tige wurde in Liebi gesehen Kugelapparaten in Weingeist condensirt und die weingeistigen Lösungen mit den obigen weingeistigen Destillaten vereinigt.

Die weingeistige Flüssigkeit wurde zunächst mit Salz- säure übersättigt, wobei sie zu einem Brei von Salmiakkry- stallen gestand. Der Erystallbrei wurde ausgeprefst, der Rückstand noch zweimal mit Alkohol angerührt und die abgeprefsten Flüssigkeiten mit der ersten vereinigt Die braungelbe weingeistige Lösung der löslichen Chlorverbin- dungen wurde zur Wiedergewinnung des Alkohols destillirt und zuletzt auf dem Wasserbade eingedunstet. Hier zeigten sich nun zunächst die bei der Destillation mit Natronkalk gebildeten theerartigen und öligen Substanzen, welche man mittelst eines Gemenges von Benzin und Aether entfernte. Der gelbe Salzrückstand wurde noch zweimal mit nahezu absolutem Alkohol behandelt und eingedampft, um allen Salmiak wegzuschaffen. Es blieben auf diese Weise etwa 8 bis 10 Grm. eines gelblichen, schwach riechenden, etwas hygroscopischen Gemisches von Chlorverbindungen, welche man in einer kleinen Retorte mit concentrirter Kalilauge zersetzte. Man erwärmte zunächst gelinde im Wasserbade; hier ging schon unterhalb 70 bis 80^ ein stark nach festem Chlorcyan und nach Trimethylamin riechender, brennbarer Dampf über, welchen man in Salzsäure auffing. Der Rest ging zwischen 80 und 180® über, nebst etwas Wffsserdampf. Die mittlere Portion zeigte vorzugsweise den Geruch nach zersetztem Coniin, und die zuletzt übergehende hatte inten- siven Chinolingeruch, zugleich etwas an gewisse Chocoiade-

und Thialdine. - 21

Sorten erinnernd. Die ganze Menge des Destillates zwischen 80 und 180^ betrog kaum drei Cubikcentimeter. Man schied dieselben durch Wasser in den darin leicht löslichen Antheil und löste den Rest besonders in verdünnter Salzsäure. Die Lösung des flüchtigsten Productes war kaum gefärbt, die zweite wässerige hatte eine gelbe, die dritte salzsaure eine orangegelbe Farbe. Aus jeder der drei Lösungen wurden fractionirt zwei Platinsalze ausgefällt, welche von der flüch- tigsten zur weniger flüchtigen Portion in krystallinischer Beschafl'enheit und Löslichkeit und Platingehalt abnahmen. Es wurden nämlich folgende Platingehalte gefunden :

1. 2. 3. 4. 5. 6.

38,4 86,5 35,7 34,8 88,4 30,9.

Die Base von Nr. 1 , in Anbetracht ihrer Flüchtigkeit, der Brennbarkeit, des characteristischen Geruches, der kry- stallinischen Beschaffenheit und der Löslichkeit des Platin- salzes, kann mit gröfster Wahrscheinlichkeit für TrimethyU amin gehalten werden. Es verlangt dessen Chloroplatinat 37,4 pC. Platin, und der ersten Fällung war vielleicht noch etwas Chloroplatinat einer primären oder secundären Methyl- base oder von Ammoniak beigemengt und dadurch ein er- höhter Platingehalt bedingt. Das Salz Nr. 2 enthielt wohl im Wesentlichen dieselbe Base, und diese ist es wohl auch, welche Babo als klares, sehr fluchtiges ammoniakalisch rie- chendes Liquidum beobachtete. Die Salze Nr. 3 und 4 waren ohne Zweifel sehr gemengte Producte, in welchen neben einem Theil der Basen 1 und 2, sowie 3 und 4, vielleicht als eigenthümlichen Bestandtheil an Pyridin C^H^N gedacht werden kann , dessen Chloroplatinat 34,74 pC. Platin ver- langt. Die Base ist in Wasser löslich und in unserem Falle hätte sie wohl nach der Gleichung :

C«H"NO = C»H*N + CH* + H«0

aus dem Oxytrialdin entstehen können. Dem dabei auf-

22 Schiff, über Oxyaldine

tretenden Methylhydrur wäre dann ein Antheil bei der Bil- dung der flüchtigsten Basen zuzuschreiben, sofern dieselbe aus Trimethylamin besteht.

Wenn aus dem Oxytrialdin und dem Oxytetraldin der Sauerstoff als Wasser austritt, so könnten dabei zwei Basen C^H^N und C^H^^N entstehen, deren Chloroplatinate 32^9 und 30,3 pC. Platin verlangen würden. Solche Basen und viel- leicht auch etwas Chinolin (mit 30 pC. Platin) konnten in den Salzen Nr. 5 und 6 enthalten gewesen sein. Von dem Platinsalz Nr. 5 blieb mir eine geringe Menge (0,317 Grm.) für eine Kohlen- und Wasserstoffbestimmung, und diese ergab Zahlen, welche der Formel des Pikolins C^H^N ziemlich nahe , kommen :

berechnet gefuDdexi

Kohlenstoff 24,1 24,0

Wasserstoff 2,8 2,9

Platin 88,1 33,4.

Ich habe diese unvollständigen Resultate hier mitgetheilt, weil bezüglich der Constitution der Basen der Chinolin-, Leukolin- und Pyridin -Reihe bis jetzt noch nichts erkannt ist und Versuche zu deren Synthese nicht vorliegen. Es wäre wohl möglich, dafs die mitgetheilten Notizen hierzu einen Weg eröffnen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dafs auch die von Baeyer (Ann. Chem. Pharm. Suppl. V, d4) beobachtete flüchtige Base in eine dieser Reihen gehört.

Was die bei der Destillation mit Natronkalk entstehenden theerigen und öligen nicht basischen Producte betrifll, so waren dieselben zu einer eingehenderen Untersuchung nicht einladend. Ich erinnere hier an eine Notiz von Berthelot (Ann. Chem. Pharm. CXXVIII, 256), welcher durch Zer- setzung des Aldehyds bei 160^ theerartige polymere Kohlen- wasserstoffe n C^U' erhielt. Solche Kohlenwasserstoffe bilden

und Thialdine, 23

sich wohl auch aus den Oxyaldinen unter Austritt von Was- ser uni Ammoniak, z. B. :

H"NO (NH«, H«0) = H"NO - (NH», H*0) = C8 C"H"NO (NH», H«0) = C*oH»o,

welche Kohlenwasserstoffe sich dann noch zu höheren Poly* merieen vereinigen.

Ich habe den Versuch angestellt, ob etwa die Schwefel- saureverbindung des Hydracetamids bei der trockenen Destil- lation gerade auf nach der Gleichung :

fC«H*

N«{C^H\ SH«0* = N«H*, SH*Ü* + 8 C«H«

in Ammmoniumsulfat und Acetylen zerfalle. Ich erhielt aber dabei kein Gas, welches die characteristische rothe Kupfer- verbindung lieferte. Aus der stark aufgeblähten und theil- weise unter Kohleabscheidung zersetzten Hasse konnten durch angesäuertes Wasser ölige basische Körper von intensivem Chinolingeruch ausgezogen werden. Alkohol entzog dann noch halbflüssige theerartige Substanzen *).

*) Der Unterschied in der Constitution zwischen dem Alkohol- und dem Aldehydderivat scheint sich auch bei den letzten Producten der Zersetzang noch zu erhalten. Das dem Acetylen entspre- chende Aldehydderivat C=:CH* scheint sich wohl zu bilden, aber es kann wohl bei seiner nicht Aquilibrirten Zasammen- setzungsweise ebensowenig frei 'auftreten , als das Aethyliden CH CH'. Die zwei freien Affinivalente des einen Atoms Kohlenstoff sftttigen sich sogleich durch Verbindung mit anderen Gruppen und es bilden sich Polymerieen und Additionsproducte :

C = CH« C = CH« H C = CH»

II 1>C = CH» I

C = CH* C = CH« H C = CH«

und durch Vereinigung rieler Elemente in obiger Weise ent- stehen die theerigen Massen C*»H«» und C«»H«"-I-«.

Das Acetylen dagegen als Aquilibrirte Verbindung HC CH tritt frei auf und liefert, wie Berthelot gezeigt hat, durch Polymerisirung bei hoher Temperatur wohl oharaoterisirte aro- matische Verbindungen. Wie in anderen Fällen, so auch bei

24 Schiff, über Oxyaldine

Derivate des Oenanthols.

Bei der Beschreibung des Hydrönanthylamids N^^CH^*)* im IIL Supplementbd., S. 367 der Ann. Chem. Pharm, habe ich nur die gut stimmende Kohlen- und Wasserstoffbestimmung mitgetheilt, die StickstoflFbestimmung aber unterdrückt. Ich hatte etwa 1 pC. zu wenig erhalten, und wenn Aiir auch jene Bestimmung, in Anbetracht des Stimmens des Kohlenstoffs und Wasserstoffs, genügenden Aufschlufs über die Natur der Verbindung zu geben schien, so hielt ich sie doch für wei- tere Mittheilung nicht geeignet. Ich habe bereits damals

diesen Polymerieen , zeigen die Alkoholderirate bestimmter aas- gebildete physikalische Charaktere , als die theerigen Aldehyd- deriyate. Ich brauche hier nur an die Hofmann^schen Aethy- l^nderivate nnd an meine Aethylidenderivate des AniUns zn er- innern. Berthelot hat mittelst der Polymerisirang des Acety- lens faotisch dargethan, da(s dieser Kohlenwasserstoff als die Basis der aromatischen Yerbindungen zu betrachten ist. Der Kohlenwasserstoff C^H^ und die Sfture C^H^O' von Carins treten dann der Hypothese nicht mehr hindernd in den Weg, und ich will hier den drei von Erlenmeyer (Ann. Chem. Pharm, CXXXVII, 345) vorgeschlagenen Ableitungsweisen noch die fol- gende ansohllefsen :

HC = CH HC = C HC = C

I I I 1>CH« I |>CH CO.OH,

HC=CH HC==C HC = C^

über welche Tielleicht durch das Stadium der Oxydati onsproducte

entschieden werden kann. Diesen Verbindongen sohliefsen sich

dann noch an :

HC = C CO.H HC = C- CO.OH

L ' II

HC = C-OH HC = C OH

Farfnrol Pyroschleimsäare,

welche letztere gleichsam die SaUcylsfture des Diacetylens bildet Es ist bekannt, dalj» das Forfurol sich in seinem Verhalten ganz den aromatischen Aldehyden anschliefst. Hieran reihen sich noch die Amide : Carbopyrrolsäure , Oarbopyrrolamid und Pyrrol mit

den Pormehl C*H«l^^i^°, C*H«|^2«* ^^^ und C^HMSTH«.

und Thialdine. 25

angegeben, dafs bei der Destillation des Hydronanthamids chinolinahnlich riechende Substanzen entstehen, und ich glaubte den Ausfall an Stickstoff in einer geringen Beimen- gung eines solchen stickstoifärmeren Products begründet. Durch die bei dem Acetaldehyd erlangten Resultate wurde ich von Neuem auf den Stickstoffausfall bei dem Oenanthol- derivat aufmerksam , und , wie spatere Versuche lehrten^ scheint es in der That, entweder dafs die bei der Einwirkung des Ammoniaks auf das Oenanthol freiwerdende Warme^ oder dafs die dem Chlorcalcium entgangene geringe Wasser- menge bei der nachherigen Destillation einen kleinen Antheil des Hydrönanthamids in, den Oxyaldinen analoge Oenanthol- derivate umgewandelt habe.

Dasselbe Präparat, welches mir vor drei Jahren zur Analyse gedient und welches sich in der Zwischenzeit röth- lieh gefärbt hatte, sonst aber nicht verändert war, wurde zum Theil mit Wasser an einem Condensationsapparat meh- rere Stunden zum Kochen erhitzt, zum Theil mit Wasser in geschlossener Röhre einen Tag lang auf 120 bis 130^ er- halten. In beiden Fallen war Ammoniakentwickelung nach- weisbar, ohne dafs die öligen Substanzen im Aeufseren ver- ändert schienen. Die mittelst Chlorcalcium getrockneten Oele destillirten bei sehr hoher Temperatur und nahmen dabei einen eigenthümlichen Geruch an.

Das nur mit Wasser gekochte Präparat war fast voll- ständig in TriönarUhoxaldin C^^H^^NO umgewandelt, wäh- rend der mit Wasser von 120 bis 130® behandelte Antheil wohl ein Gemenge von diesem Körper mit Tetrönanthoxaldin C^H^^NO darstellt, wie diefs die folgenden analytischen Re- sultate darthun :

26 Schiffe über Oxyaldme

C"H"NO

C«HWNO

bei 100«*)

bei 120-1300

c

78.0

80,2

77,9

79,8

H

12,7

1-2,6

12,6

12,5

N

4,8

3,4

4,9

0

5,0 100,0

3,8 100,0.

~—

Wurde die nur mit Wasser gekochte Verbindunf^ dann in geschlossener Röhre mit Wasser einer höheren Tempe- ratur ausgesetzt, so trat weitere Veränderung ein.

Die Oenanthaidine sind gelbe ölige Flüssigkeiten, welche sich allmälig röthlich färben, sich in Wasser nicht lösen und keine basischen Eigenschaften mehr besitzen. Die mit Salz- säure versetzte weingeistige Lösung giebt auch mit Platin- chlorid kein Chloroplatinat. In dieser Beziehung verhält sich also das Oenanthotrialdin zum Oxytrialdin wie das Hydrö- nanthaniid zum Hydracetamid oder wie Diönanthylidendifen- amin zu Diäthylidendifenamin.

Die Destillation der Oenantholderivate mit Kalk liefert ebenfalls dem Chinolin sehr ähnlich riechende Substanzen in geringer Menge, der gröfste Theil verwandelt sich in Koh- lenwasserstoffe. — Bei der Oxydation mit Salpetersäure bilden sich Fettsäuren.

Derivate des Acrolems,

Die Einwirkung des weingeistigen Ammoniaks auf Acre- lein ist bereits von Hübner und Geuther (Ann. Chem. Pharm. CXIV, 43) untersucht worden. Was Darstellung und Eigenschaften der Verbindung betrifft, kann ich vollständig auf die vorliegenden Angaben dieser Chemiker verweisen. Hübner und Geuther betrachten die Verbindung als ein Ammoniumhydrat und geben ihr die Formel C^H'^NO' (C = 12,

*) Hatte das specifiscbe Qewiobt 0,878 bei 26^

und Thtaldine, 27

0 = 8). Sie glauben, ein halbes Holecul Wasser gehöre der Verbindung Constitutionen an, sofern dasselbe erst bei 100^ unter partieller Zersetzung der Base eliminirt werden kann. Die Tbatsache ist richtig, sofern bei Zutritt der Luft erhitzt wurde. Ich habe die nach der Angabe von Hüb- ner und Geuther bereitete und über Schwefelsäure ge- trocknete Verbindung in einer U-Röhre in einem langsamen Strom trockener Kohlensäure auf etwa 60^ erhitzt, und in diesem Falle entweicht nahezu der ganze Wassergehalt; ohne dafs bedeutende Zersetzung eintritt. Der Verlust betrug 7,1 pC, während die Rechnung für ein halbes Molecul Was- ser 7,5 pC. Verlust verlangt.

Die so getrocknete Substanz ist eine tiefgelbe hornige Hasse, welche sich nicht mehr in Wasser und Säuren löst. Die Analyse stimmt sehr nahe mit einer von Hübner und Geuther einer zersetzten Substanz zugeschriebenen Zu* sammensetzung.

berechnet 6C 72 64,9

Hübn. u. Gen (bei 100«)

63,7

th.

Schiff (80«)

64,50

9H 9

8,1

8,6

8,85

N 14

12,6

0 16

14,4

111

100,0.

Mit Zugrundelegung

der

Formel

von

H

übner

Geuther wäre also die Base als C^H^NO zu betrachten; man könnte sie dann als ein dem in der Acetylgruppe feh-

C«H* - NH

lenden Oxydialdin analoges Diacryloxaldin i i an»

sprechen und die Base müfste noch ein Atom ersetzbaren Wasserstoffs enthalten. Gegen diese Annahme spricht aber, dafs ich weder mit Jodäthyl noch mit Aldehyden Substi- tutionsproducte erhalten konnte. Die Base erscheint hiernach als tertiäres Amin.

28 Schiffe über Oxyaldine

Wir werden später sehen, dafs auch andere vom Acro« lein abgeleitete Basen Wasser chemisch binden; es steht diefs vielleicht damit in Zusammenhangs dafs das Acroiein noch über nicht gesättigte Affinivalente verfugt.

Die mit H'O verbundene Menge der Base ist ausge- dräckt durch C^^H^^^O^ und dieselbe Menge verbindet sich auch mit zwei Moleculen Salzsäure. Nach Hühner und Geuther beträgt die Gewichtszunahme bei Behandlung mit Salzsäuregas 23,4 pC. Nach der Gleichung :

C«H»8N80«, H«0 + 2HC1 = H«0 + C»*H*«N«0«, 2 HCl

sollte, die Gewichtszunahme 23,9 pC. betragen. Dieselbe Menge verbindet sich ferner mit einem Molecul Platinchlorid zum Chloroplatinat PtClS C^^H^^N^O^, 2 HCl.

Die Acroleinbase entsteht nach Hühner und Geuther auch. bei Einwirkung von Ammoniak auf die Verbindung von Acroiein mit Salzsäure, hier aber erst beim Erhitzen und nur allmälig. Wäre die Verbindung C^H^O, HCl nur eine lose Vereinigung der Componenten, so ist nicht einzusehen, warum das Ammoniak nicht sogleich die Salzsäure eliminiren und sich spontan mit dem Acroiein umsetzen sollte. Die Salzsäure mufs also in anderer Weise fester gebunden sein. Ihr Verhalten gegen Phosphorchlorid characterisirt die Ver-

" rOH bindung als Allylidenchlorhydrin C^H^j^i . Die erste Ein- wirkung des Ammoniaks ist ohne Zweifel die Elimination des Chlors :

C»H*|^j^ + 2NH8 = NH*C1 + C»H*|^]^

und auf dieses primäre Monamin wirkt dann das Acroiein sogleich ein, wie ich diefs im Früheren für andere primäre Basen dargethan habe :

i

C«H» |2C«H»'

H + 2C»H*0 = 2H*0 + N*|C8H*"

H Ich*"

Diallylid^i^eoAmin.

und Thialdine, 29

rC'H*.OH f2(C»H*.0H)'

1//

2 N^ H +2 C8H*0 = 2 H«0 + NV C»H*'

[H l(^H*'

Dialljlid^ndioxyallylamin

Ich habe auch hier versucht, durch Erhitzen mit Jod- wasserstoff das Oxhydryl durch Jod zu ersetzen; es scheint indessen, dafs die von den Aldehyden abgeleiteten Oxybasen sich zu einer derartigen Substitution nicht eignen. Wie in früheren Fällen erhielt ich auch hier nur harzige, mit Jod gemengte Hassen, welche keine Resultate versprachen.

A. Claus (Ann. Chem. Pharm. Suppl. II, 117) bat bei Behandlung von Acrolein mit einer vor längerer Zeit be- reiteten und veränderten Lösung von Ammoniumsulfit einer gelben amorphen Körper C^^H^^N^SO^ erhalten; es könnte diefs recht wohl das Sulfit der Acröleinbase C'>H'»N^O^ SH^O» gewesen sein. Ich habe gefunden, dafs die frisch bereitete noch feuchte Base schweflige Säure absorbirt und sich in|^ ein amorphes orangegelbes Sulfit verwandelt.

Ein der Acröleinbase analoges Benzoylderivat ist wohl das von Robson (Ann. Chem. Pharm. LXXXI, 122) durch Einwirkung von Ammoniak auf weingeistiges Bittermandelöl dargestellte

(2 (C^H« . OH) Dibenzoylimid N'^Cm«

Basische Eigenschaften fehlen , wie diefs bei allen di* recten Ammoniakderivaten der aromatischen Aldehyde der Fall ist

Acrothialdin.

Es ist bereits fräher angeführt worden, dafs das Oxy- trialdin und die ihm analog zusammengesetzten Basen als Producte der Einwirkung des Wassers auf die Hydramide betrachtet werden können. Diese Betrachtungsweise führt auf die Untersuchung der Einwirkung des Schwefelwasser-

30 Schiffe über Oxyaldine

Stoffs auf die Aldehydammoniake. Wir gelangen auf diese Weise von den Oxyaldinen zu den Tkialdinen^ und an die Oxybase aus Acrolein reihe ich sogleich das von diesem Aldehyd abgeleitete Acrothialdin.

Ein Kolben mit mäfsig concentrirtem , mit Schwefel- wasserstoff übersättigtem farblosem wasserigem Schwefel- ammonium wird mittelst eines Verbindungsstuckes aus schwar- zem Caoutchouc beweglich mit einem Räckflufsapparat ver- bunden. Man setzt den Kolben in Eiswasser und läfst durch das Schlangenrohr des Condensators kleine Mengen möglichst frischen Acroleins zufliefsen, während man zugleich den In- halt des Kolbens in drehende Bewegung setzt. Jeder Acro- leinzusatz bewirkt die Bildung einer weifsen Masse. Kühlt man nicht ab, so findet bedeutende Temperaturerhöhung statt. Man giebt so viel Acrolein zu, dafs jedenfalls am Ende der ^Operation noch überschüssiges Schwefelammonium vorhanden ist. Die weifse Masse wird ^erstofsen und mit neuem Schwefelammonium mehrere Tage lang digerirt, um etwas mechanisch beigemengten Schwefel auszuziehen. Man wascht dann mit ammoniakalischem Wasser, dann mit Weingeist und endlich mit etwas Aether.

Man erhält auf diese Weise rein weifse campherartige, undeutlich krystailinische Stücke, welche zwischen den Zäh- nen knirschen und fast keinen Geschmack haben. Der Ge- ruch ist schwach knobiauchartig, lange nicht so stark wie der des Thialdins; auch ertheilt die Substanz den Fingern keinen so unangenehmen Geruch, wie diefs beim Thialdin der Fall ist« Das specifische Gewicht ist etwa dasjenige des Wassers. Es ist diese Substanz eben so indifferent, wie das Acrobmmoniak und wie die Disacrylkörper (wohl condensirte Acroleine). Wie diese Körper, so ist auch das getrocknete Acrothialdin unlöslich in Wasser; es wird von Alkohol, Aether, Benzin und Chloroform kaum angegriffen. Am Lös»

und Thialdine. 31

lichsten ist es noch in Schwefelkohlenstoff; aber auch hierin löst sich nur wenig und die Lösung giebt beim Verdunsten glasartige farblose Stücke, welche auch bei längerem Stehen nicht krystallinisch wurden.

Zur Analyse wurde ein mehrmals mit Schwefelammonium, Weingeist und Aether behandeltes Pulver benutzt. Die er- haltenen Zahlen entsprechen der Formel C^H^^NS^ + 5 H^O für die bei mittlerer Temperatur. getrocknete Substanz.

bereofanet gefandeu

9C

108

87,4

37,6 bis 88,1

23 H

28

7,9

7,8 bis 7,9

N

14

4,9

5,2

2S

64

22,1

21,1 bis 22,4

50

80

27,7

289 100,0.

Trocknet man das Acrothialdin unter der Luftpumpe über Schwefelsäure, so verliert es 2H'0, ohne sich sonst merklich zu verändern (Analyse I). Eine einen Monat lang mit Wasser behandelte Substanz, über Schwefelsaure ge- trocknet, hatte sich nicht wesentlich verändert (Analyse II). Dieselbe Zusammensetzung zeigt die glasige Substanz aus Schwefelkohlenstoff (Analyse III).

Berechnet

I.

Tl.

III.

9C

108

42,7

41,6 'bis 42,7

41,8

43,4

19 H

19

7.6

7,8

7,0

7,1

N

14

6i&

28

64

26,8

24,8 bis 25,8

80

48

19,0

2^3 100,0.

Die Verbindung C^H'^NS» + 3 H^O erleidet auch bei 100^ keinen Wasser Verlust. Erhitzt man auf 120 bis 140^ im Kohlensaurestrom , so entweicht Wasser und Schwefel* Wasserstoff. Der amorphe gelbe Rückstand gab keine über- einstimmenden analytischen Resultate. So viel nur scheint

32 Schiffe über Oxyaldme

#

mir festzustehen, dafs allmälig die Hälfte des Schwefels als Schwefelwasserstoff entweicht

Die getrocknete Substanz ist auch in Säuren nur sehr wenig löslich. Verdünnte Salzsäure löst von dem frisch be- reiteten Acrothialdin kaum 1 pC. Die Lösung fällt mit Platinchlorid und Quecksilberchlorid. Der Quecksilbemieder- schlag ist weifs, färbt sich aber bald gelb. Auch der Platin- niederschlag ist sehr veränderlich. Erwärmt man das Acro- thialdin mit concentrirter Salzsäure, so zersetzt es sich wie das Acrolammoniak. Die Lösung enthält dann Salmiak. Auch bei längerem Kochen mit Wasser erfolgt Zersetzung. Freies Acrolein konnte dabei nicht bemerkt werden; aber es ent- wickelt sich ein unangenehm riechender Dampf, welcher, abgesehen von einer geringen Beimengung eines schwefel- haltigen Körpers, im Geruch dem Dampf des sich mit ver- dünnten Säuren zersetzenden Acrolammoniaks sehr ähnlich ist. Mit einer alkalischen Lösung von Bleioxyd bildet sich beim Erhitzen Schwefelblei. Rauchende Salpetersäure zersetzt das Acrothialdin mit explosionsartiger Einwirkung. Auch gewöhnliche concentrirte Säure wirkt sehr energisch und verwandelt den Schwefel vollständig in Schwefelsäure, ohne dafs man nöthig hätte, die Zersl^tzung in geschlossener Röhre vorzunehmen.

Das Acrothialdin entsteht aus dem Acrylaldehyd, ähnlich wie das (Aceto)thialdin von Lieb ig und Wo hl er aus dem Acetaldehyd :

8 C«H*0 + NH* + 2Bre = C«H»»N8« + 8H«0

Acelothlaldin

8 C»H*0 + NH« + 2 H«S = C»H«N8" + 3 H«0

Acrothialdin

nur mit dem Unterschiede, dafs das Acroleinderivat , als nicht gesättigte Verbindung, das bei der Reaction entstehende Wasser zurückhält, wie diefs auch bei der Oxybase aus Acrolein der Fall ist

-

I

und Thialdine. 33

Bei dem indifferenten Verhalten des Acrothialdins und bei der leichten Zersetzbarkeit des Acroleins gaben Ver- suche bezüglich der Einwirkung von Jodwasserstoff, von Hetalloxyden, von schwefliger Saure u. s. w. keine bemer- kenswerthen Resultate. Auch das Acetothialdin zeigte sich für solche Versuche nicht geeignet. Es mufste deshalb eine leichter zu behandelnde Thialdinbase aufgesucht werden.

Oenanthoihialdin.

Die Bereitung dieses Körpers ist sehr einfach. Reines, bei 151^ siedendes und frisch in einer Kohlensaureatmosphare rectificirtes Oenanthol wird mittelst einer Pipette über etwa 10 bis 15 Volume ziemlich concentrirten farblosen Schwefel- ammoniums geschichtet. An der Berührungsfläche wird so- gleich Wasserausscheidung beobachtet. Man verschliefst nun das dickwandige Gefäfs mittelst eines guten Korkstopfens und schüttelt die Flüssigkeiten durcheinander. Es tritt starke Warmeentwickelung ein und das Oenanthol ist fast ganz ganzlich umgewandelt. Nach dem Abkühlen fugt man wenig concentrirten Ammoniaks zu, sättigt von Neuem mit Schwefel- wasserstoff und lafst die Flüssigkeiten unter öfterem Um* schütteln noch einige Tage in Berührung. Die Umwandlung ist danü vollständig. Die abgehobene ölige Schicht wird mit Wasser gewaschen , dann mehrere Tage an einem warmen Orte mit Chlorcalcium ausgetrocknet und schliefslich von anhangendem Schwefelwasserstoff durch einen Kohlensäure* Strom befreit. Man erkennt die Reinheit der Verbindung daran, dafs sie sich mit verdünnter Salzsäure geschüttelt im Verlauf von etwa 12 Stunden vollständig in eine weifse Krystallmasse verwandelt War das Oenanthol nicht rein oder die Umwandlung nicht vollständig, so entsteht bei der Behandlung mit Salzsäure eine mehr oder weniger weiche Masse.

•H

1 « j rtt .. rku XTX a...^_.f <kx#.^AV J « «-«_.

34 Schifft über Oxyaldine

Das Oenanthothialdin ist ein farbloses Oel von 0^896 bei 2A\ riecht eigenthümlich fade und zugleich lauchartig, ist unlöslich in Wasser, löslich in Weingeist, nicht ohne Zer- setzung destillirbar, ohne Reaction auf Lackmuspapier. An der Luft scheint es sich nicht wesentlich zu verändern. Die Analyse giebt Zahlen , welche der Formel C"H«NS« ent- sprechen :

Berechnet Gefunden

21 C 252 67,56 67,85

43 H 48 11,53 11,68

2 8 64 17,15 . 17,00

N 14 8,76

873 100,00.

Dem mit der öligen Base befeuchteten Chlorcalcium scheint eine kleine Menge Wasser entgangen zu sein.

Das Oenanthothialdin hat ausgesprochen basische Eigen- schaften, aber es verbindet sich öder bildet wenigstens keine Constanten Verbindungen mit den schwächeren Sauren; mit einzelnen Sauren bildet es nur flüssige oder halbfeste Ver- bindungen, z. 6. mit Salpetersaure und Phosphorsäure.

Das Chlorhydrat bildet sich, wenn man die Base mit nicht zu verdünnter Salzsaure schüttelt und damit in Be- rührung läfst, bis Alles in eine weifse Krystallmasse verwan- delt ist. Man wascht dieselbe mit Wasser, worin sie sich nicht löst, und läfst dann die weingeistige Lösung langsam verdunsten. Das Ghlorhydrat krystallisirt dann in langen farblosen Nadeln, welche leicht schmelzen und krystallinisch erstarren. Das Salz in geschlossener Röhre mit Salpeter- säure zersetzt gab eine 8,6 pC. Chlor entsprechende Menge Chlorsilber. Die Formel C»H^NSS HCl verlangt 8,67 pC. Chlor.

Das Sulfat, ebenso dargestellt wie das Chlorhydrat, bildet gleichfalls eine weifse Krystallmasse, welche sich mit einer

j

und Thialdine. 35

warmeo Chlorbaryumlösung in Baryumsulfat und Oenantho- thialdin-Chlorhydrat umsetzt. Die Analyse ergab 9,6 pC. Anhydrid, während die Formel SH«OS 2C"H*»NS» 9,5 pC. SO» verlangt ♦).

*) Ich beabsichtigte, die Thialdine durch Einwirkung von Ammo- niak auf die geschwefelten Aldehyde darzustellen, fand aber, dafs die aus Valeral, Benzaldehyd and Oenanthol mittelst Schwefel- wasserstoff erhaltenen Snbstitationsprodacte Töllig indifferent sind, Yon Ammoniak nicht yerändert werden, sich nicht mit den alkalischen Bisnlfiten verbinden und überhaupt nicht mehr die Eigenschaften der Aldehyde besitzen. Hiermit steht es auch wohl im Zusammenhang, dals man aus den Mercaptanen bis jetzt keine entsprechenden Aldehyde darstellen konnte.

Das mittelst Oenanthol und trockenem Schwefelwasserstoff unter schwacher Erwärmung und Wasserabscheidung entstehende geschwefelte Derivat habe ich näher untersucht Die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf das Oenanthol geht sehr langsam Tor sich; etwas schneller, wenn man durch Auflösen von etwa 1 Procent Phosphorchlorid etwas C^H^^Cl' erzeugt. Da sich bei nachheriger Einwirkung des Schwefelwasserstoffs keine Salzsäure entbindet, so ist zu vermuthen, da& das Chlorür C'H^^Cl' sich beständig zersetzt und die Salzsäure im Entstehungszustande neues Oenanthol in Chlorür verwandelt u. s. f. Bei der Destil- lation geht zuerst etwas unverändertes Oenanthol und etwas Chlorür über, dann folgt gegen 200^ eine gelbe Flüssigkeit; ihre Farbe wird bis gegen 800^ immer mehr orangegelb. Der Siede- punkt ist nie längere Zeit oonstant und es entwickelt sich be- standig etwas Schwefelwasserstoff. Bei nachheriger Bectification bemerkt man wiederum Schwefelwasserstoffentwickelung , ein grofser Theil geht zwischen 200^ und 250^ über, wiegt 0,875 bei 23<> und hat nahezu die Zusammensetzung C^H'^0, C^H^^S (Ana- lyse I). Mehrtägige Digestion mit concentrirtem Schwefelammo- nium bewirkt kaum eine Veränderung (Analyse 11). Eine nicht sehr abweichende Zusammensetzung zeigt das Destillat zwischen 250° und 270<^ (Analyse III), während der zwischen 270<' und SOO^^ übergehende Antheil eine gröfsere Abweichung zeigt (Analyse lY).

I. II. III. IV.

200-250<> 250-270° 270-300°

69,0 69,2 69,6 70,7

11,9 11,8 11,8 11,7

Berechnet

14 C

168 69,0

28 H

28 11,5

OS

48 19,5

244 100,0.

36 Schiff, über Oxyaldine

Platinchlorid bewirkt in der äther-alkoholischen Lösang des Chlorhydrats im ersten Moment einen gelben Nieder- schlag, der sieh aber rasch dunkler und endlich braun färbt. Verschiedene Proben gaben bis gegen 30 pC. Platin , wäh* rend das Chloroplatinat der Base 16,1 pC. erfordert.

Mit Natron entwickelt der getrocknete Niederschlag Ammoniak, beim Trocknen im Wasserbade entwickelt sich Oenantholdampf; es ist also offenbar, dafs der Niederschlag ein Gemenge von Platinsalmiak, Schwefelplatin und unver- ändertem Tbialdinchloroplatinat ist, und dafs das Platinchlorid verändernd auf die Base einwirkt, in der Tbat, dunstet man die äther-alkoholische Flüssigkeit, aus welcher die Fallung erfolgte, ein, so kann man daraus mit Natriumbisulfit Krystalle der betreffenden Oenantholverbindung erhalten. Versetzt man die stark concenlrirte Flüssigkeit mit etwas Anilin, so bemerkt man sogleich den eigenthümlichen Geruch, welcher beim Zusammenbringen von Oenanthol mit Anilin entsteht. Nach dem Waschen mit Essigsäure bleibt Diseptendifenamin zuräck *). Es geht hieraus hervor, dafs die in dem Oenan- tholthialdin enthaltenen Oenantholresidua sich mit Leichtigkeit wieder in Oenanthol überführen lassen.

Q7g^i4[0 kann die Verbindung als eine

gesättigte betrachtet werden. Es wftre dann ein aldehydiBcbea Bolfinoxyd und es gäbe diese Betrachtungsweise einen Ausdmck für die Thatsaohe, dafs die Verbindung nicht mehr den Character eines Aldehyds besitzt. *) Limpricht hat früher als Oenanthylen den Kohlenwasserstoff C^H^* aus Oenanthol bezeichnet, welchem heute die Bezeichnung Oenanthyliden angehört. Aber neuerdings ist Bubien der philo- logische Lapsus calami widerfahreUi als Oenanthyliden den Koh- lenwasserstoff C^H^' zu bezeichnen, ganz vergessend, dals die Endigung iden sich auf tlSw; oder löo^ bezieht Um dieser Confnsion zu entgehen und um die langen Oenanthylidennamen zu vermeiden, bezeichne ich nach Hof mannte Vorschlag C^H^^ als Sepien, C^H" als Seplenyl und C'H" als Septin. Das Product aus Oenanthol und Anilin wird daher zu Diseptendifenamin.

und Thialdine. 37

LSfst man einige Tropfen des Thialdins auf gepulvertes Silbernitrat fallen^ so erfolgt Deflagration, welche sich bis zum Erglühen der Masse steigern kann. Es entwickeln sich dabei Oenantholdampfe und der Bückstand besteht aus Schwefelsilber. Mehr oder weniger erhitzt sich das Thiaidin auch mit dem Nitrat, dem Chlorid und dem gelben Oxyd des Quecksilbers und mit Bleisuperoxyd. Energische Beaction mit diesen letzteren erfolgt übrigens erst bei schwachem Er- wärmen. — Die Beduction mittelst Platinchlorid findet ihren Ausdruck in der Gleichung :

C5«H^«NS« + 2 PtCl« + 8 H'O = 2 PtS + NH*C1 + 3 C^H"0 4 3 HCl.

Die Bückbildung des Oenanthols gelingt sehr leicht auch mit wässeriger schwefliger Säure und selbst mit schwach amrooniakalischem Wasser. Erhitzt man die Base mit einer concentrirten Lösung von Natriumbisulfit, so sclieidet sich Schwefel ab, welcher dann wieder von dem überschüssigen Sulfit aufgenommen wird. Beim Erkalten erhält man eine reichliche Krystallisation von Natriumönantholbisulfit. Erhitzt man mit concentrirter wässeriger schwefliger Säure in ge- schlossener Bohre auf etwa 110^, so scheidet sich ebenfalls Schwefel ab, die untere wässerige Schicht enthält schweflig- saures und schwefelsaures Ammoniak ,. und wenn man die obere orangefarbene ölige Schicht mit Natriumbisulfit schüt- telt, so entsteht eine Krystallisation der Oenantholverbindung. Neben dem Oenanthol findet sich aber, sowohl bei Behand- lung mit schwefliger Säure, als auch bei derjenigen mit Bi- sulfiten, noch eine andere Flüssigkeit, welche mittelst Aether von den Krystallen getrennt werden kann. Nach dem Ab- dunsten des Aethers zeigt sich die Flüssigkeit destillirbar, geht oberhalb 200^ unter schwacher Schwefelwasserstofi^ent- ^ickelung über und zeigt sich schwefelhaltig. Sie hat alle Eigenschaften des oben (in der Note) erwähnten Products

38 Schiff y über Oxyaldine

der Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf Oenanthol, und dannit stimmt auch die Analyse ziemlich nahe überein.

Gefunden C^H'^OS

Kohlenstoff 69,6 69,0

Wasserstoff 11,4 11,5

Das Endresultat der Umsetzung mit schwefliger Säure kann also ausgedrückt werden durch die Gleichung :

C««H«NS« + 2 S0« + 2 H«0 = C'H"0 + C"H««OS + S(NH*)HO^ + 2 S.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs sich zuerst nur Oenanthol und Schwefelwasserstoff bilden und sich letzterer sogleich einerseits mit einem Tbeil des Oenanthols, anderer- seits mit schwefliger Saure umsetzt.

Bei dem Erhitzen mit überschössigem schwach ammo- niakalischem Wasser in zugeschmolzener Röhre giebt das Oenanthothialdin den Stickstoff ebenfalls als Ammoniak, den Schwefel aber als Schwefelwasserstoff ab, und beide finden sich in der unteren wässerigen Schicht als Schwefelammo- hium. Die obere röthlicbe ölige Schicht enthält Oenanthol und Diseptenoxysulfür, welche, wie oben angegeben, getrennt werden. Das bei dieser Umsetzung erhaltene Oxysulfur gab bei der Analyse 70,9 Kohlenstoff und 12 pC. Wasserstoff. Der Ueberschufs an beiden Bestandtheilen ist in einer Bei- mengung eines Oxyaldins zu suchen, welches bei der Ein- wirkung des Ammoniaks auf einen Theil de^ Oenanthols ent- steht. Das ammoniakalische Wasser zersetzt das Oenantho- thialdin in primärer Umsetzung wohl nach der Gleichung :

C«iH"NS« + 3 H«0 + NH' = 3 C'H"0 + 2 NH«, H«S.

Man bemerkt, dafs diese Umsetzung gerade die Umkehr der Bildungsgleichung der Verbindung ist, denn letztere ent- steht bei der Einwirkung des Schwefelwasserstoffs und des Ammoniaks auf Oenanthol nach der Gleichung :

3 C^H"0 + NH» + 2 H«S = C*>H**NS« + 8 H*0.

Die Einwirkung von Jod und von Jodwasserstoff führte nicht zu bestimmten Resultaten. Die Base verbindet sich in

und Thialdine, 39

der Kälte mit dem Jodwasserstoff zu einem krystallinischen Jodhydrat. Beim Erwarmen mit ziemlich concentrirtem was- serigem Jodwasserstoff erfolgt zuerst Abscheidung von Jod, welches aber alsbald wieder aufgenommen wird, wahrend Schwefel sich abscheidet. Eine Lösung von Jod in Jod- wasserstoff bewirkt sogleich Erwärmung und Abscheidung von Schwefel. Das dickflüssige Product wurde zuerst mit Jodkaliumlösung, dann mit verdünnter Salzsäure und endlich mit etwas Kali gewaschen und letzteres durch Wasser ent- fernt. Es blieb ein braunes Oel, welches bei Zusatz von concentrirter Salpetersäure reichlich Jod abschied, Stickstoff enthielt, aber keine basischen Eigenschaften hatte. Die Ana- lysen zweier Präparate führten nicht zu'übereinstimmenden

Resultaten. Es wurde erhalten :

I. II.

Kohlenstoff 66,6 pC. 69,0 pC.

Wasserstoff 10,2 9,7

Die Analyse II könnte auf eine Verbindung C^^H^^JN bezogen werden , welche 58,2 Kohlen- und 9,3 Wasserstoff verlangt und welche nach den Gleichungen :

C«iH*8NS« + J* = C««H*<>JN + 3 HJ + 2 S, C««H*«NS« + HJ = C*»H"JN + 2 H«S,

entstehen konnte. Es zeigt diese letztere Beobachtung nur, mit welcher Leichtigkeit der Schwefel aus dem Oenantho- thialdin abgeschieden werden kann. Die geschwefelten Alde- hyde werden durch Jod oder durch Jodwasserstoff kaum verändert. Es ist noch zu bemerken, dafs beide der Analyse unterworfenen Präparate noch Schwefelreaction gaben, also wohl Hischproducte waren.

Aldehyde wirken bei 100^ nicht auf das Oenanthothialdin ein. Mit«Oenanthol in geschlossenem Rohr auf 160^ erhitzt erfolgt gänzliche Zersetzung unter Bildung von Oenanlhoxal- dinen und von Diseptenoxysulfür :

C«*H«NS» + 4 C^H"0 = 2 C"H«H)S + C"H*»NO + H«0.

40 Schiffe über Oxyaldine

Jodätby) vereinipfi sich in gelinder Warme direct mit dem Thialdin zu einer nicht krystallisirenden Jodverbindang. Erhitzt man mit Jodäthyl auf 100^, so erfolgt Abscheidung von Jod und tiefer gehende Zersetzung. Hof mann hat bereits früher (Ann. Chem. Pharm*. CHI, 93) dargethan, dafs sich das Acetothialdin direct mit Jodmethyl verbinden kann. Auch er beobachtete weitergehende Zersetzung bei zu star- ker Erhitzung. Nach längerem Erhitzen von Jodmethyl mit Oenanthothialdin auf etwa. 110^ bemerkt man beim Oeffnen der Röhre starken Mercaptangeruch ; es ist mir indessen nicht gelungen, Mercaptan oder Schwefeläthyl aus der braunen Hasse darzustellen. Auch in diesem Falle scheint das Jod die Abscheidung des Schwefels mit Leichtigkeit zu bewirken.

Oenanthothialdin und Anilin mischen sich in jedem Ver- hältnifs, ohne dafs Erwärmung zu bemerken wäre. Das Ge- mische entwickelt bei mittlerer Temperatur sehr langsam Ammoniak und Schwefelwasserstoff. Rasch erfolgt die Reac- tion bei 100" und es tritt dabei sämmtlicher Schwefel als Schwefelwasserstoff aus. Erhitzt man ein Molecul Oenantho- thialdins mit zwei Holeculen gewöhnlichen rectificirten Anilins (noch wasserhaltig), so sind die Producte der Reaction Di- septendifenamin und etwas Diseptenoxysulfur, welches letztere auf Kosten des Wassergehaltes des Anilins entsteht :

Dafs in diesem Falle das Oxysulfur nur ein secundäres Product ist, geht zwar schon aus der Zusammensetzung der einwirkenden (sauerstofffreien) Stoffe selbst hervor, aber es erhellt diefs noch deutlicher aus Versuchen, bei welchen Anilin angewandt wurde, welches durch zweimalige RecU- fication über entwässerfes Kalihydrat von Wasser ganzlich befreit worden war. Bei Anwendung überschüssigen Anilins ist dann Diseptendifenamin das einzige flüssige Product der Reactioui nach der Gleichung :

und Thialdine. ^ 41

Wendet man dagegen das Oenanthothialdin im Ueber- schufs an und erwärmt das Gemische in einem mit Bück* flufsapparat verbundenen Gefafs, so entweicht ebenfalls Ammoniak und Schwefelwasserstoff, zugleich aber bildet sich neben dem Diseptendifenamin noch ein bei etwa 100^ sie« dender, wie die Base selbst riechender Kohlenwasserstoff. 20 Grm. Oenanthothialdin gaben nur etwa 3 GC. desselben, und da dieselben zur Befreiung von Ammoniak^ Schwefel- wasserstoff und etwaiger Spuren von Oenanthol mit Salzsaure, Quecksilberchlorid und Natriumbisulfit behandelt, mehrmals gewaschen und endlich über Chlorcalcium getrocknet wer- den mufsten, so blieb nach Anstellung qualitativer Proben zam Nachweis der Abwesenheit von Stickstoff und von Schwefel nur das Material für zwei Analysen , welche 83,2 pC. Kohlenstoff und 11,2 pC. Wasserstoff, also einen Verlust von 5,6 pC. ergaben. Diese Zahlen stimmen für keinen Kohlenwasserstoff der Oenanthgruppe. Dem Siede- punkt, der Leichtfluchtigkeit und dem Geruch nach halte ich den Kohlenwasserstoff für den von Bubien beschriebenen Kohlenwasserstoff C^H^^ *) (Septin). Die Umsetzung erfolgte dann nach der einfachen Gleichung :

Phosphorchlorid wirkt auf Oenanthothialdin eben so schwierig ein, wie auf die Oxyaldine. Es tritt schwache Erwärmung ein; vermeidet man dieselbe, so löst sich allmälig etwa ein gleiches Gewicht Phosphorchlorid , ohne dafs sich

*) Die im AufbewahningBgefäfse zurückgebliebenen wenigen Tropfen gaben Oilorreaction. Es war also möglicber Weise Snlzsilure im KohlenwasscrstofT aufgelöst, oder es hatte sich vielleicht ein kleiner Tbeil desselben bei der Behandlung mit Salzsäure und den Chloriden in eine BalzsUureverbindung yerwaudelt.

42 Schiffe über Oxyaldine

Salzsaure entwickelte. Die Flüssigkeit wird ölig, gelb bis rothgelb, verändert sich aber auch nach mehreren Tagen nicht weiter. Versetzt man dann allmalig mit kleinen Wasser- mengen, so tritt Erhitzung und Entwickelung von Salzsaure ein und die am Boden sich sammelnde dicke Flüssigkeit, mehrmals mit Wasser gewaschen, durch Aether ausgezogen und nach dem Verdunsten desselben im Vacuo über Schwefel- saure getrocknet, besteht zum gröfsten Theil aus phosphor- saurem Oenanthothialdin , welchem allerdings eine kleine Menge eines kohlenstoffreicheren und schwefelarmeren Pro- ducts beigemengt war. Vermeidet man jegliche Temperatur- erhöhung, so löst sich wohl das Phosphorchlorid im Oenan- thothialdin auf, ohne dasselbe zu zersetzen. Bei der Zer- setzung mit Wasser war Schwefelwasserstoff durch die Reaction auf Bleipapier , nicht abör durch den Geruch zu erkennen; es konnte sich also nur eine sehr geringe Menge Phosphorsulfochlprid gebildet haben.

Wird nun das unreine phosphorsaure Oenanthothialdin in der Warme mit Phosphorchlorid bebandelt, so ist die Reaction ebenfalls eine sehr trage. Es entwickelt sich reich- lich Salzsäure, etwas Phosphorsulfochlorid und, dem Geruch nach zu urtheilen, auch eine Spur Chlorschwefel. Bei der Zersetzung mit Wasser nimmt letzteres aufser Salzsäure und Phosphorsäure auch phosphorige Säure auf. Aber das mehr- mals gewaschene und dünnflüssiger gewordene Oel giebt immer noch eine ziemlich starke Reaction auf Schwefel; es enthält noch Phosphorsäure, wohl in der Form eines nicht zersetzten Thialdinsalzes , und Chlor in der Form von Sep- tendichlorür C^H^^Cl^. Letzteres konnte durch Destillation getrennt werden und zeigte nach der Reinigung die ihm von Limpricht zugeschriebenen Eigenschaften. Es geht aus diesem Versuche hervor, dafs das Phosphorchlorid nicht in einfacher Weise auf das Oenanthothialdin einwirkt. Diese

und Thialdme. 43

Reaction kann also höchstens zu negativen Schlüssen bezüg- lich der Constitution dieser Base benutzt werden.

Valerothialdin.

Diese jBase ist im Jahre 1854 fast gleichzeitig von Parkinson (Ann. Chem. Pharm. XC, 114) und von Beifsen- hirtz (daselbst XC, 109) nach demselben Verfahren darge- stellt worden^ nach welchem Lieb ig und Wähler das Acetothialdin erhielten , nämlich durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf krystalljsirtes Valeralammoniak. Beifsenhirtz hat aus der Analyse des Salzsäuresajzes für die Base die Formel G^^H^^NS^ erschlossen. Ich habe gefunden, dafs die Base, eben so leicht wie das Oenantho- thialdin, durch directe Einwirkung von überschüssigem ge- sättigtem farblosem Schwefelammonium auf Valeraldehyd erhalten werden kann, und ich habe zugleich die so darge- stellte und bis jetzt noch nicht analysirte freie Base der Analyse unterworfen.

berechnet gefhnden

15 C 180 62,3 62,1

31 H 31 10,7 10,8

2S 64 22,1 ' 21,9

N 14 4,9

289 100,0.

Die Base ist dickflüssiger als Oenanthothialdin und wird, Beifsenhirtz's Angabe entgegen, bei der Destillation theil- weise zersetzt.

Bei den characteristischen Eigenschaften des Valeralde- hyds hatte ich bei der Darstellung des Valerothialdins nur die Absicht zu prüfen^ ob auch hier die Rückbildung des Aldehyds mit Leichtigkeit erfolgt. Ich fand, dafs auch hier dnrch Platinchlorid sehr leicht Valeral zurückgebildet wird. Bei der Einwirkung von gepulvertem Silbernitrat erfolgt ebenfalls energische Reaction , welche das Valeral zu Vale-

44 Schiffe über Oxyäldine

ransäure oxydirt. Bei dem Erhitzen mit verdünnter wässe- riger schwefliger Säure oder mit wässerigem Ammoniak bildet sich Valeral neben geschwefelten Derivaten desselben und neben Oxy valeraldinen , welche ich bis jetzt noch nicht eingehender untersucht habe. Auch mit Anilin ist die Reac- tion ganz analog dem Verhalten des Oenanthothialdins und

(2 C^H*^ or^eus 1 wel- ches ich früher durch directe Einwirkung des Anilins auf Valeraldehyd erhalten und als Diamylidcndifenamin beschrie- ben habe (Ann. Chem. Pharm. Suppl. III, 350).

Valerothialdin verbindet sich mit Jodäthyl zu einer nicht krystallisirten Jodverbindung. Bei 100^ erfolgt Abscheidung von Jod. Oenanthol ist auf Valerothialdin ohne Einwirkung.

Auch das Thiacetonin kann direct durch Einwirkung von gesättigtem concentrirtem Schwefelammonium auf Aceton er- halten werden. Es scheidet sich in den meisten Fällen in öliger Form ab und mufs nach Städeler's Vorschrift ge- reinigt werden. Einige Haie schied sich zuerst ein Oel ab, welchem nach etwa 14 Tagen eine ziemlich reichliche Ery- stallisation nachfolgte.

Constitution der Thialdine.

In einer Mittheilung von A. W. Hofmann (Ann. Chem. Pharm. CHI, 93), worin er die Angabe von Göfsmann widerlegt, dafs Acetothialdin durch Entschwefelung in Leucin verwandelt werden könne, beschreibt er zugleich eine Ver- bindung des Thialdins mit Jodmethyl C^H'»NS',CH'J, welche ihn zu dem Schlüsse berechtigte, das Thialdin sei als tertiäres Amin N(C^H>»S^) zu betrachten *). Dafs die Thialdine keinen

*) Die Allgaben von Hof mann bezüglich der Redaction der Sil- bersalze unter Bildung von Silberspiegel und besüglloh des Auf- tretens von Aldehjdgeruch , deuten auch hier auf leichte Bück-

und Thialdme. 45

typischen Wasserstoff mehr enthalten, geht aufserdem aus dem Verhalten des Jodathyls und der Aldehyde zu den oben beschriebenen Thialdinen hervor. Ohne Zweifel hat Hof- mann mit obiger Formel auch nur die negative Bedeutung derselben hervorheben wollen, nämlich dafs das Acetothialdin keinen typischen Wasserstoff mehr enthalte.

Wollten wir auf die positive Bedeutung näher eingehen, nämlich dafs die drei Wasserstoffatome des Ammoniaks durch eine aus der Condensation mehrerer Molecule eines geschwefelten Aldehyds hervorgegangene Gruppe ersetzt seien, so könnte das Thialdin aufgefafst werden entweder als Ammoniakverbindung eines dreifach condensirten Thialdehyds :

d C«H*S H*3 = C«H»oß»

oder als Amidderivat eines sechsfach condensirten Thialdehyds :

6 C«H*ß H«S = C"H«S»

C«H«S» + 2 NHS = C»«H"(NH«)«S* + H«S.

Gegen die erste Ableitung ist anzuführen^ dafs die sulfo- substituirten Aldehyde, wie bereits oben angegeben^ durch- aas nicht mehr die Eigenschaften der Aldehyde besitzen, sich ganz indifferent verhalten und es speciell auch gegen das Ammoniak und die ammoniakalischen Basen sind. Die condensirten Producte sind aber gewöhnlich noch bei Weitem indifferenter als die Stammsubstanz.

Die zweite Ableitung wird schon durch die verdoppelte Formel unwahrscheinlich, und sie mufs schon deshalb ver- worfen werden, weil sie das Vorhandensein von typischem Wasserstoff erfordert. Beide Ableitungen verlangen übri- gens, dafs der Schwefel darin in einer Form enthalten sei,

bildang des Aldehyds. Das Auftreten von Tetramethylammo- niumhydrat bei Zersetzung des Methylthialdins erinnert an das Auftreten yon Trimetfaylamin bei der Zersetzung der Ozyaldine.

46 Schiffe über Oxyaldine

welche, wie wir bald sehen werden, nicht wohl zu den Beactionen der Thialdine stimmt.

Wenn es aber nicht annehmbar erscheint^ die Thialdine als Derivate condensirter Aldehyde za betrachten, so ist es andererseits sehr wahrscheinlich, dafs die drei Aldehydmole«- cule, welche zur Bildung eines jeden Thialdins dienen, die Bestandtheile zu drei verschiedenen Badicalen liefern, welche nicht unter sich durch freie Affinivalente zusammengekettet sind, wie ich diefs für die Oxyaldine angenommen habe, sondern welche in dem dreiwerthigen Stickstoff nur ihren gemeinschaftlichen Stützpunkt finden. Für die relative Selbst- ständigkeit der einzelnen Aldehydresidua ist das hauptsach- lichste Argument eben die Leichtigkeit der Bfickbildung der Aldehyde, wie dieselbe oben in verschiedener Weise erläu- tert wurde. Die Leichtigkeit, mit welcher diese Bfickbildung erfolgt, kann eben als Ausdruck dafür gelten, dafs hier nur der gemeinschaftliche Stützpunkt zu eliminiren , nicht aber aufserdem noch die Arbeit der Spaltung eines Condensations- productes zu verrichten ist In allen Fallen; in welchen der Stickstoff eliminirt wird, zerfallen die Thialdine in der That unter Bückbildung der betreffenden Aldehyde oder deren Derivate.

Hit der Annahme von drei verschiedenen, nicht unter sich zusammengeketteten Badicalen in den Thialdinen bleiben für die Discussion der Function des Schwefels nur die fol- genden Falle :

1) Die ältere Annahme, der Schwefel sei in der Form von Sulfür oder Sulfhydrat vorhanden.

2) Die unter sich freien Badicale sind zwar durch den Stickstoff zusammengehalten , aber zum Theil erst mittelbar durch den Schwefel, in welchem Falle die Aldehydresidua

{8 C»H» 8 C«H».

und Thialdine. 47

3) Die Thialdine enthalten zam Theil die zweiwerthigen Aldehydresidua^ die Radicale sind auch direct durch den Stickstoff vereinigt, aber «s findet andererseits auch Bindung

IC*H* . S

4) Die drei Radicale sind von gleicher Function und zweiwerthig, aber zwei werden durch Schwefel zusammenge-

{C«H* . 8H c?H% (Baeyer,

Ann. Chem. Pharm. Suppl. V, 94).

5) Beide Schwefelatome haben die gleiche chemische

C«H* . SH

Die erste Hypothese bleibt von vornherein ausgeschlossen, sofern das ganze Verhalten der Thialdine und die Zusammen- setzung der Salze dagegen spricht. Die zweite Hypothese entspricht weder der Rückbildung der Aldehyde, noch der Reaction des Anilins, noch derjenigen des Jods und des Jodwasserstoffs, da sich dabei auch nicht eine Spur eines Joddthers bildet. -~ Derselbe Umstand spricht auch zum Theil gegen die dritte Hypothese ; ein wichtigeres Argument gegen die Formel 3 ist aber die Form, wie darin der Schwefel angenommen wird, und die durch diese Form be- dingte gegenseitige Bindung der zwei Schwefelatome. Es ist bereits oben erwähnt worden ^ dafs die geschwefelten Aldehyde den Einwirkungen der Reagentien wenig zugäng- lich sind und sich daraus der Schwefel nicht so leicht ab- scheiden läfst, wie diefs bei den Thialdinen der Fall ist. Nur ein einziger Körper bewirkt die Schwefelabscheidung ziemlich leicht, nämlich Phosphorchlorid. Ich habe mich fiberzeugt 9 dafs es sich mit sulfosubstituirtem Acetaldehyd obne Schwierigkeit nach der Gleichung :

48 Schiff, über Oxyaldine

C«H*S + PCI» == C«H*C1« + PSCl»

umsetzt. Nun haben wir aber gefunden, dafs gerade Phos- phorchlorid nur sehr schwierig auf die Thialdine einwirkt und in der Kalte fast gar nicht. Die Formeln 4 und 5 nehmen beide die Aldehydresidua mit dem Stickstoff direct verbunden an; in beiden befinden sich die Residua in einer Form, welche die Rückbildung der Aldehyde ohne Schwie- rigkeit gestattet. Aber Formel 4 nimmt den Schwefel in zwei verschiedenen Functionen an, und zwar zum Theil in der schwierig abscheidbaren Form. Nun ist aber bis jetzt durchaus kein Grund vorhanden, den beiden Schwefelatomen ' verschiedene Functionen zuzuschreiben. Es empfiehlt sich also zumeist die Formel 5, welche beitie Schwefelatome in der leicht abscheidbaren Sulfhydrylform annimmt; auch das Auftreten des Kohlenwasserstoffs C^H^^ bei der Zer- setzung des Oenanthothialdins mit Anilin ist nur nach dieser Formel leicht erklärbar.

Das Aethylenchlorür kann nach den Untersuchungen von Hof mann mit einem Holecul Ammoniak eine Base liefern, in welcher eine Affinivalenz des zweiwerthigen Glycolradi- cals durch Chlor gesattigt bleibt :

(C«H*.C1 C«H*C1« + NH3 == N{ H , HCl.

IH

Die entsprechenden zweiwerthigen Aldehydresidua schei- nen keine solche Basen bilden zu können, und diefs ist wohi auch der Grund, weshalb das Sulfhydryl, welches sonst die Einwirkung des Phosphorchlorids leicht zuläfst, in den Thi- aldinen diesem Reagenz widersteht. Die Umsetzung nach der Gleichung :

C'H**.SH + 2 PCI* = 2PSC18 + 2HC1 + Nicm»*!ci CT!" (C'H"

kann nicht stattfinden, oder sie könnte es nur, wenn zugleich die letztere Verbindung sich in N(C^H^^)^ und 2 HCl spaltete,

und Thialdine. 49

aber diese Spaltung scheint nur sehr schwer vor sieh zu gehen. In der That ist es mir sehr wahrscheinlich, dafs der dem phosphorsauren Oenanthothialdin beigemengte koh- lenstoffreichere Körper ein wenig von der Verbindung N(C^H^^)' gewesen ist. Auch der bei der Reduction mittelst Jodwasserstoff erhaltene Körper kann in analoger Weise als N(Cm")3, HJ aufgefafsl werden.

Die wahrscheinlichste Formel für die von den Aldehyden

C°irO abgeleiteten Thialdine ist also :

rc»H™ . SH

Die Bildung derselben erfolgt nach der allgemeinen Gleichung :

3 C-H-^O + NH» + 2 H«S = C»"H»°»+*NS« + 3 H«0.

Wir kennen aus der Reihe der Thialdine bis jetzt das Aceto-, Valero-, Oenantho-, Acro- und Benzothialdin und das Selen- aldin. Das Acrothialdin ist das einzige, welches aufserdem noch Wasser enthält und dessen basische Eigenschaften dagegen sehr zurücktreten. Dem Benzothialdin fehlen die basischen Eigenschaften. Die Bildung der Thialdine scheint eine allge- meine Reaction der Aldehyde zu sein, aber sie ist nicht unbedingt characteristisch für dieselben^ da das Thiacetonin

fC»H«.SH

mit der Formel N{C»h^8H ein von dem Aceton abgeleitetes

Thialdin reprasentirt. Die Isomerie des Thiacetonins mit dem Propiothialdin findet ihren Ausdruck in den Formeln :

tcH . o lc(CH»)0 Ich . o

Aldehyd Aceton Propylaldehyd

{CH . CH« . SH rC . CH8 . CH» . 8H rCH(CH« . CH8)SH

CH . CH» . SH N ^ C . CH3 . CH» . SH N ^ CH(CH« . CH»)SH

C . CH» (C . CH» . CH« ICCCH« . CH»)

Thialdin Thiacetonin Propiothialdin.

Man hat früher das Thiacetonin wohl auch als trimethy" lirtes Thialdin auffassen wollen; aber man sieht wohl ein,

Anoal. d. Cham. u. PliArm. VI. Sapplementbd. 1. Heft. 4

50 Schiff j über Oxyaldine

dafs es nicht in demselben Sinne als Methylsubstitot be- trachtet werden kann^ wie etwa das Dimethylanilin in seiner Baziehung eum Anilin.

Die allgemeine Thialdinformel deutet an, dafs die Er- setzung des Schwefels durch Sauerstoff nur zu Oxyaldinen fuhren kann , dafs also die Umwandlung des Acetothialdins zu Leucfai auf diesem Wege unmöglich ist. Auch die von Wagner aus Amylamin und Schwefelkohlenstoff dargestellte Amylsulfocarbaminsaure steht zum Acetothialdin in keiner Beziehung. Die Verschiedenheit in der relativen Constitution dieser drei Körper ergiebt sich aus folgenden Formeln :

f C«H* . ßH f CS . ßH ,^„,

N^C»H» N^C^H" C*H»o|f|° __

IC«H*.SH [ H (I.U.UH

Thialdin Amylsulfocarb- Leucin

aminsäure (Amidovalcri^nsAure).

An die Thialdine schliefsen sich zwei Körper, welche aus Aldehyd und Aceton unter gleichzeitiger Einwirkung von Ammoniak und Schwefelkohlenstoff entstehen :

2C«H*0 + CS« + 2 NH» = C»H»W8« + 2 H«0

Carbo thialdin.

8C8H«Ü + 2C8« + 4NH» = C"H«>N«S» + H«0 -f- CS(NH*)*0*

Carbothiacetonin Aramoniamoxystüfa-

carbonat.

Auch das Oenanthol bildet mit Ammoniak und Schwefel- kohlenstoff farblose Prismen eines ähnlichen Körpers , wel- chem der Schwefel mit Leichtigkeit, unter Rückbildung von Oenanthol, entzogen werden kann. Sollten diese Körper* den Schwefel ebenfalls als Sulfhydryl enthalten, so hatten die Formeln :

, _ /C'H« . SH

r«M^N C«H*.ßH "/NC «

a CSC ^C^H«

\C»H« . SH

einige Wahrscheinlichkeit. Vorerst fehlen mir eingehendere Versuche hierüber.

und Thialdine. 51

Die Thialdine geben bei der trockenen Destillation mit Kalk ein Gemenge von KohlenwasserstoiTen , etwas Aldehyd und von verschiedenen flüchtigen Basen. Für das Acetothial- din ist diefs bereits von Wohl er und Lieb ig beobachtet, welche die Base, dem damaligen Standpunkte gemäfs, ge- radezu als Chinolin ansprachen. Im Allgemeinen sind die bei der Zerstörung der Thialdine auftretenden flüchtigen Basen dieselben, welche auch bei der Zersetzung der ent- sprechenden Oxyaldine erhalten werden.

Florenz, Istituto superiore, December 1867.

Ucber die Beziehungen zwischen Molecular- gewicht und spec. Gewicht elastisch - flüs- siger Körper;

von Dr. Aug. Horstmann.

(Hienu Tafel I).

Der einfachste Ausdruck für die Beziehung zwischen der Zusammensetzung gasförmiger Körper nach Gewicht und nach Volum ist die Avogadro'sche Hypothese :

Gleiche Volume aller gasförmigen Körper enthalten bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gleichviel Molecule, oder :

Die Moleculargewichte aller Körper verhalten sich wie ihre Dichtigkeiten im Gaszustand.

Bezeichnet man mit M das Holeculargewicht und mit D die Dichte, so ist :

M

= CoXlBt.

4<^

52 Horstmann, Beziehungen zwischen Molectdargewicht

Der Werth der Constanten ist bei den üblichen Einheiten 28^4. Wollte man allgemein bei der Bestimmung der Werthe von M und D denselben Körper, z. B. Wasserstoff, zur Ver- gleichung nehmen, so wäre viel einfacher M = D.

Die Beobachtung ergiebt Abweichungen von diesem Ge- setze nach verschiedenen Richtungen. Für eine Reihe von Ver-

bindungen ist der Quotient -=r- zu klein gefunden worden.

Nach den Versuchen von Pebal*), Than **), Robinson und Wanklyn***), Wurtzf), Erlenmeyer ff) u. A. kann es wohl kaum mehr bezweifelt werden, dafs die Er- klärung für diese sogenannten abnormen Drmpfdichten , die fast gleichzeitig von H. Kopp, Cannizzaro und Kekule, veranlafst durch eine Beobachtung von H. Sainte-Claire Deville, gegeben wurde^ richtig ist. Die betreffenden Kör- per können nicht unzersetzt in Dampf verwandelt werden. Ihr Dampf besteht aus einem Gemenge der Zersetzungspro- ducte. Sie können als Beispiele dienen für den allgemeinen Satz, dafs die Verbindungsgesetze, die eine Atomgruppe (Molecule) zusammenhalten, sich andern mit dem Aggregat- zustand und überhaupt mit den physikalischen und chemischen Bedingungen.

Für einige Elemente findet sich der Quotient zu grots; die Dichte bleibt aber innerhalb gröfserer Temperaturinter- valle constant (Phosphor und Arsen), und der Relation, welche die Avogadro'sche Hypothese ausspricht, wird genügt durch die Annahme, dafs die Molecule dieser Körper in Gasge-

*) Ann. Chem. Pharm. CXXIII, 199. ♦*) Daselbst CXXXI, 129. •*•) Daselbst CXXVII, 110.

t) Daselbst CXXXIV, 314 und GXL, 161. tt) Daselbst CXXXI, 124.

und apec. Gewicht elastisch'-^ flüssig er Körper, 53

8lalt statt aus 2, aus 4 Atomen besteben. Das Molecul des Schwefeldampfes besteht unter 500^ sogar aus 6 Atomen, es zerfällt aber in höheren Temperaturen, die Dichte nimmt ab, bis sie der normalen Condensation entspricht.

Man hat weiter bei einer Anzahl organischer Körper die Erscheinung beobachtet, dafs sich die Dampfdichte bei niederen Temperaturen zu grofs ergiebt, so dafs man auf eine unrichtige Condensation schliel^en könnte, und dann mit steigender Temperatur abnimmt, bis sie der normalen Condensation entspricht. So fand z. B. Dumas die Öichte des Essigsauredampfes = 2,7, was einer Condensation auf 3 Volume ungefähr entspräche. Cahours wies aber nach, dafs man gegen 230^ die richtige Dichte erhält. Von dieser Temperatur abwärts wächst die Dichtigkeit, ohne aber den doppelten Werih zu erreichen» Die Versuche von Cahours sind nach Dumas* Methode ausgeführt, also bei constantem Druck. Bineau *) stellte ähnliche Beobachtungen nach einer Methode an, die im Wesentlichen mit der Gay-Lus- sac'schen übereinkommt, und konnte dabei auch Verände- rungen der Dichte mit dem Drucke constatiren. Ich habe aas später anzuführenden Gründen für die Essigsäure einige weitere Versuche nach der ausgezeichneten Methode von Bansen gemacht. Die beifolgenden Tabellen geben aus allen vorhandenen Daten ein Bild der Veränderungen der Dampfdichte bei diesem Körper.

Dichte des Essigsäuredampfes. B ine au.

Dichte 8,88

3,76

8,72

*) Ann. chim. pbys. [8] XVIU.

Temp.

SpaoDkraft

11,6«

3,7=™

19,0

4,0

21,0

*A

54 Borstmann, Beziehungen zioischen MoUculargetoicht

Temp. 12,00

Spannkraft

Dichte 8,92

20,0

5,6

3,77

24,0

5,7

3,70

80,0

6,0

8,60

20,0

8,6

8,88

22.0

8,6

8,86

20,5

10,0

8,96

28,0

10,0

3,76

86,0

11,2

8,64

86,6

11,3

8,62.

r

Femp. 160

Ddaz. cL Spannkraft

22

14,6

82

28,0.

Gabours

Horstmann

Temp 1260

).

Dichte 8,20

Temp. 128,60

Dichte 3,079

180

8,12

181,8

8,070

140

2,90

184,3

8,108

160

2,76

160,3

2,649

160

2,48

165,0

2,647

171

2,42

181,7

2,419

190

2,80

288,6

2,195

200

2,22

264,6

2,185

219

2,17

280

2,09

250

2,08

280

2,08

800

2,0B

821

2,08

827

2,08

888

2,08.

.Den Angaben von Bineau ist für einige Versochs- temperaturen das Maximum der Spannung beigefugt, damit man sehen kann, wie weit der Dampf von demselben entfernt war. Die Beobachtungen Cahours' sind auf Taf. I, Fig. 2

und apec, Oewicht elastisch^ flüssig er Körper. 55

noch graphisch dargestellt and die von mir gefundenen Sohlen in dasselbe Coordinatennetz eingetragen worden.

Ein ahnliches -Verhalten wie bei der Essigsäure wurde auch bei anderen Gliedern der Fettsäurereihe s ferner bei einigen ätherischen Oelen u. s. w. nachgewiesen. Ca- hours*) hat zu zeigen versucht, dafs auch bei den Deri- vaten solcher Korper jene Eigenschaft einer veränderlichen Dichte noch zu finden ist, wenn eine Substitution in dem Badical stattgefunden hat; sie soll jedoch verschwinden, wenn der extraradicale Wasserstoff vertreten ist.

Es ist für einige dieser Körper auch die Ansicht aus- gesprochen worden, dafs wie bei dem Schwefel der Dampf derselben zuerst gröfsere Molecule enthalte. Für die Essig- säure stützten Play fair und Wanklyn **) z. B. diese Hypothese auf Dichtebestimmungen bei Temperaturen unter deta Siedepunkt, wobei der Dampf mit einem permanenten Gase gemischt war. Die erhaltenen Zahlen liegen dem dop- pelten Holeculargewicht noch näher als die oben angeführ- ten, erreichen es jedoch ebenfalls nicht vollständig. Man kann für jene Ansicht ferner die Eigenschaft dieser Säure anführen, doppelt-saure Salze zu bilden, indem dadurch be- wiesen wird, dafs die Molecule derselben auch im nicht gas- förmigen Zustand leicht sich zu Gruppen vereinigen.

Die Dichte dieser Körper wäre nach dieser Hypothese, wie bei dem bromwasserstoffsauren Amylen^ veränderlich in dem Temperaturintervall , in welchem sich die gröfseren Molecule zerlegen.

Indessen kann man andererseits die veränderliche Dampf- dichte einfach aus der Annahme ableiten, dafs der Dampf dem G a y- Lu SS ac-Hariotte 'sehen Gesetze nicht folgt.

•) Ann. Chem. Pharm. CXXYU, 68. *») Daselbst CXXII, 247.

■.h.'^-«<P"

56 Horstmann, Beziehungen zwischen Molecular gewicht

Denn die Dichte kann nur constant sein, so lange der Dampf jenem Gesetze gehorcht, wie schon hervorgehoben worden ist.

Um zu entscheiden, welche von beiden Ansichten rich- tiger, ist es nothig zu untersuchen, ob sich der Essigsaure- dampf wesentlich von anderen Dämpfen verschieden verhält

Schon der Entdecker des Ausdehnungsgesetzes der Gase, Gay-Lussac, hat beobachtet*), dafs sich das Volum des Aetherdampfes in der Nähe des Siedepunktes rascher ändert, als das Volum eines .anderen Gases. Nach ihm machte Cagniard de la Tour einige hierher gehörige Versuche, auf die ich unten zurückkommen werde. Sie zeigten namentlich auch den Einflufs des Drucks auf die Dampfdichte. Später wurde es, besonders nach den schon angeführten Untersuchungen von Cahours und Bineau, zur empirischen Regel, die Dampfdichte bei Temperaturen mindestens 30 bis 40^ über dem Siedepunkt zu bestimmen, weil sich bei allen Dämpfen die Dichtebestimmung in der Nahe jener Temperatur unsicher zeigte.

Genauere Untersuchungen dieser Erscheinung liegen jedoch nur von Regnault**) für den Wasserdampf vqr, deren Resultat in der folgenden Tabelle enthalten ist :

Wasser,

Temp.

Spannung

Dichte

30,8<>

32,1™°»

0,647

81,2

32,6

0,638

31,5

33,2

0,628

32,4

38,5

0,625

37;o

34,2

0,621

41,5

84,6

0,622

41,8

34,6

0,623

45,8

35,2

0,620

48,4

35,5

0,620

65,4

36,2

0,621.

*) Ann. chim. XHII, 173. **) M^m. de TAcad. XXVI, 700.

und spee. Gewicht elastisch^flüssiger Körper, 57

Ich hatte mir zur Aufgabe gemacht, die Aenderungen der Dichte einiger Dämpfe genauer zu untersuchen, und führte zu diesem Zweck auf Veranlassung des Herrn Prof. Landolt in Bonn in dessen Laboratorium einige Versuchs- reihen aus, nach einer Methode, die im Princip der 6a y- Lussac'schen gleichkommt. Der Apparat bestand im Wesentlichen aus einer U förmigen Röhre, die an der Bie- gung auseinander genommen und nach dem Füllen mit Queckstiber und Einbringen des Substanzkugelchens zusam- mengesetzt werden konnte. Bei einigen Versuchen waren die beiden Röhrenstucke auf einander geschoben und einge- schliffen, bei anderen war die Verbindung durch Caoutchouc hergestellt. Der Druck konnte in dem offenen Schenkel durch eine Hebervorrichtung oder durch eine Luftpumpe geändert werden; im letzteren Falle diente zur Messung desselben ein besonderes Manometer. Gewöhnlich wurde Druck und Volum direct an den auf den Röhren angebrachten Skalen abgelesen. Die Erwärmung geschah in einem grofsen Wasserbade oder bei einigen Versuchen in einem grofsen Luftbade. Die Temperatur wurde durch ein Luflthermometer gemessen, das ganz dieselbe Einrichtung hatte wie die Sub- stanzröhre und symmetrisch mit derselben aufgestellt war. Mehrere Quecksilberlhermometer controlirten seine Angaben. Ich unterlasse an dieser Stelle eine genauere Beschreibung der Versuche, und gebe in folgenden Tabellen nur einige der erhaltenen Resultate.

L Schwefelkohlenstoff,

Temp.

Druck

Dichte

46,0<>

721,4°^

2,711

49,9

789,5

2,695

49»8

781,7

2,685

55,7

798,7

2,687

54,8

729,1

2,681

58 HoTstmanny Beziehungen zwischen Moleculargewickt

Temp.

Druck

Dichte

60,2»

801,0«^

2,684

60,1

781,0

2,672

65,2

805,4

2,677

65,6

788,8

2,704

70,6

814,0

2,676

72,3

764,0

2,672.

IL Schwefelkohlenstoff.

Temp.

Druck

Dichte

47,90

759,8™

2,710

48,6

767,1

2,704

52,0

765,6

2,707

54,7

755,8

2,706

58,7

754,7

2,708

62,7

755,8

2,699

66,8

758,1

2,699

72,0

758,9

2,696

76,5

754,6

2,689

85,7

765,1

2,686.

in. Schwefelkohlenstoff.

Temp.

Druck

Dichte

60,70

756,1"™

2,691

71,8

768,6

2,686

86,8

754,4

2,678

93,1

761,8

2,662

95,1

822,2

2,682

103,6

761,5

2,655

115,8

752,0

2,665

127,6

765,1

2,660

186,0

772,7

2,661.

IV. Schwefelkohlenstoff.

Temp.

Druck

Dichte

46,1»

748,8«»

2,788

718,9

2,697

und spec. Gewicht elastiach^flüssiger Körper. 59

Temp. ^ 46,1»

Druck 698,6™»

Dichte 2,709

678,0

2,702

663,1

2,697

621,8

2,696.

V. Schwefelkohlenstoff.

Temp.

Druck

Dichte

650

871,0™»

2,713

844,2

2,711

827,0

2,672

784,6

2,704

745,0

2,698

«

711,1

2,692

1

678,0

2,692

1

638,5

2,691.

VI. Schwefelkohlenstoff,

Temp.

Druck

Dichte

116,20

665,9»^»

2.632

118,9

695,9

2,658

119,6

891,7

2,665

119,2

1040,8

2,668

119,2

1110,4

2,676

118,9

1194,6

2,649

117,5

1443,3

Vn. Aether.

2,703.

Temp.

Druck

Dichte

37,40

748,8=^"»

2,690

87,2

646,7

2,661

41,5

747,4

2,672

41,0

650,6

2,657

45,5

741,6

2,660

45,2

642.7

2,645

50,0

742,9

2,657

60 Horsimannf Beziehungen zwischen Molecular gewicht

Temp. 50,00

Druck ^ 646,9™"»

^ Dichte 2,637

55,5

652,6

2,634

60,1

658,6

2,626

66,6

664,2

VIII. Aether.

2,623.

Temp. 36,40

Druck 747,2"»"»

Dichte

2,682

42,2

746,7

2,670

45,2

747,2

2,658

50,1

747,9

2,656

54,6

748,0

2,647

58,6

746,3

2,646

60,0

746,7

2,646

65,1

747,4

2,638

70,1

746,7

2,634

74,8

746,3

2,630.

Man .sieht besonders in den Versuchsreihen II, III (Schwefelkohlenstoff) und VIII (Aether) die Veränderungen bei constantem Druck mit der Temperatur, und bei IV, V und VI bei constanter Temperatur mit dem Druck. Es er* giebt sich jedoch sofort aus der Unregelmäfsigkeit der Diffe- renzen, dafs eine Gesetzmäfsigkeit aus diesen Zahlen nicht abgeleitet werden darf. Mit allen anderen bisher üblichen Methoden der Dampfdichtebestimmung theilt die angewendete den Mangel, dafs die Temperatur nur äufserst schwierig einige Zeit constant erhalten werden kann. Es wäre aber sehr wohl denkbar , dafs ein Dampf erst bei längerer Ein- wirkung der Warme das der Temperatur ent3prechende Maximum der Spannung erreichte.

Bei den angestellten Versuchen waren überdiefs die Grenzen zu enge. Das W^asserbad konnte nicht über 85^ erhitzt werden, ohne ein Zerspringen seiner Glaswände

und spec. Gewicht elastisch^ flussig er Körper, 61

befürchten zu müssen^ und bei dem Luftbad war die Regu- lirung der Temperatur zu schwierige um genaue Resultate erhalten zu können.

Die inzwischen von Bunsen*) beschriebene Methode gestattet solche Fehlerquellen mit Leichtigkeit zu vermeiden. Sie bot mir daher ein werthvolles Mittel zur Fortsetzung meiner Versuche. Herr Geheime-Rath Bunsen hatte die Gute, mich persönlich in die Handhabung seiner Methode einzufuhren und mich auch während der Ausführung der Versuche durch seinen freundlichen Rath zu unterstützen, wofür ich ihm hiermit meinen besten Dank sage.

Das von Bunsen beschriebene Verfahren wurde im Wesentlichen vollständig eingehalten. Kleine Abänderungen werden im Folgenden erwähnt.

Die zu den VeriSuchen angewendeten Substanzen waren Aether, Wasser und Essigsäure.

Der Aether war durch SOmaliges Waschen mit Wasser gereinigt^ durch 2monatliches Stehen über Kalk getrocknet und destillirte bei 34^6 bis 35«,0 unter 743,7™'" Druck.

Das Wasser war frei aufgefangenes Regen wasser, aus einer Glasretorte destillirt, das mittlere Drittel des Destillats wurde verwendet.

Die Essigsäure war von Merck in Darmstadt bezogen and von mir durch Umkrystallisiren noch weiter gereinigt worden. Sie zeigte einen Schmelzpunkt von 14^,0.

Ich wendete zwei Sätze von Gefäfsen an. Die bei dem Aether und der Essigsäure verwendeten fafsten 198,45 CC, die bei dem Wasser 335,26 CC. Es wurden jedesmal circa 30 CG. Substanz zum Verdampfen gebracht.

Meine Versuche sollen zunächst zeigen, dafs auch bei

*) Ann. Chem. Pharm. CXLl, 273.

62 Horstmanrif Beziehungen zwischen Molecidargewicht

längerem Erhitzen der Dampf in der Nähe des Condensations- punktes eine mit der Temperatur veränderliche Dichte zeigt. Zu diesem Zweck wurde jedesmal auf eine Temperatur er- hitzt weit über diejenige, bei der der Dampf gewogen wer- den sollte , und dann gewartet , bis sich nach vollständigem Verdampfen der Hals des Gefäfses durch einen Flüssigkeits- faden verschlossen hatte *). Dann liefs man langsam die Temperatur sinken. Der Flüssigkeitsfaden wurde dadurch zurückgesaugt und bei dem erhitzten Drahte d in dem Mafse in Dampf verwandelt, als es nöthig war, um das Dampfvolum in dem Gefäfs constant zu erhalten. Um den verschliefsen- den Flössigkeitsfaden zu ergänzen (er verdampft bei leicht- flüchtigen Körpern auch nach der andern Seite; selbst wenn man die Wärmestrahlung von dem Apparat durch Schirme möglichst verhindert), war an dem, zur Ableitung der Dämpfe nach dem Condensationsgefäfs dienenden Rohre c b (Taf. I, Fig.*3) in der Gegend f nach oben ein seitliches kurzes Röhrchen angesetzt, durch welches von der Flüssigkeit mit einem Tropfglase nachgefüllt werden konnte. Durch ein Glashütchen war die OefTnung gewöhnlich verschlossen.

Die Temperatur, für welche die Bestimmung ausgeführt werden sollte, wurde dann 40 bis 50 Minuten so constant gehalten, wie es allein durch den Bunsen'schen Thermo- staten möglich ist. Um bei diesem Apparate mit weniger Lampen höhere Temperaturen zu erreichen , ist es zweck- mäfsigi denselben noch mit einer dritten Hülle von Eisenblech zu umgeben, die von dem äufseren Kupfercylinder etwa 6 bis 8 MH. absteht. Sie besteht aus zwei Hälften, die von beiden Seiten über den Apparat geschoben und vom und hinten durch übergreifende Deckel zusammengehalten werden.

*) Vgl. Ann. Chem. Pharm. CXLI, Taf. II.

und spec. Gewicht elastisch^ flüssig er Körper, 63

I. Aeiker,

Temp. Druck Dichte

89,7 762,9 2,649

46.1 764,5 2,662

52.2 740,5 2,639 58,7 745,0 2,651 66,1 754,8 2,649 81,1 762,6 2,610 93,1 762,4 2,603

102,8 756,2 2,597

115,3 755,8 2,578

130,6 756,7 2,588

132,6 742,5 2,566

204,5 757,1 2,565.

Die Zahlen der Tabelle I sind auf Taf. I, Fig. 1 zur graphischen Darstellung der Veränderlichkeit der Dichte be- nutzt. Der wahrscheinlichste Gang der Veränderung ist durch die Curve angezeigt.

Der Curve entspricht die Formel

D = 2,528 + '-ij^ - ^^

deren Constanten nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet sind. Die Tabelle II enthält die durch diese For- mel gegebenen Dichten für gleiche Temperaturintervalle.

II.

Aether,

Temp.

Dichte

40

2,660

50

2,644

60

2,630

70

2,618

80

2,610

90

2,602

100

2,595

110

2,590

120

2,585

130

2,581

64 Horstmanriy Beziehungen zmschen Moleculargewicht

Temp.

Dichte

140

2,578

150

2,576

160

2,672

170

2,670

180

2,§68

190

2,666

200

2,565.

theor.

2,567

111.

Wasser.

Temp.

Druck

Dichte

108,8

752,7

0,653

129,1

740,3

0,633

175,4

764,1

0,625

200,2

766,9

0,626.

Die Abweichnngfen erstrecken sieb weniger weit als bei dem Aelher und habe ich sie deshalb vorlaufig nicht weiter verfolgl.

Es ergeben sich, nach einer ähnlichen Formel wie bei dem Aether , für gleiche Temperaturintervalle die Zahlen, welche die Tabelle IV enthält.

IV.

Wasser.

Temp.

Dichte

100

0,667

HO

0,648

120

0,640

180

0,633

140

0,628

150

0,625

160

0,625

170

0,625

180

0,625

190

0,625

200

0,625.

theor.

0,622

und spec. Oewicht elastisch^ flüssig er Körper. 65

Es ist zu beachten 9 dafs der Dampf bei 129^,1 noch keine constante Dichte zeigt, während seine Tension zu dem der Temperatur entsprechenden Maximum der Spannung sich verhält wie 740,3 : 2010.5 = 0,368 : 1. R egnault folgerte aus der weiter oben angeführten Tabelle, dafs der Wasser- dampf sich wie ein permanentes Gas verhält, wenn seine Spannung 0,8 von dem der Temperatur entsprechenden Maximum ist. Er beschrankte jedoch diese Behauptung auf das Verhalten bei dem niederen Druck und den niederen Temperaturen, die er bei seinen Versuchen angewendet, und mit Recht, wie meine Versuche für den Druck einer Atmo- sphäre beweisen. Es wird die Beschrankung in den Lehr- buchern der Physik hier und da übersehen.

V. Essiijüäure.

Texnp.

Druck.

Dichte.

128,6°

752,9

8,079

131,3

754,1

3,070

134,3

748,8

3,108

160,3

751,6

2,649

165,0

754,1

2,647

181,7

749,7

2,419

233,5

762,8

2,195

254,6

747,2

2,135.

Die Curve auf Taf. I, Fig. 2 ist, in einem kleineren Mafsstabe als bei dem Aether, nach den Beobachtungen von Cahours conslruirt. Die von mir erhaltenen Zahlen sind in demselben Coordinatennetz durch Sternchen angedeutet. Sie liegen offenbar in einer ähnlichen Curve , die etwas höher läuft, ein Unterschied, der wahrscheinlich durch das Material bedingt ist.

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung lieferte daraus die Con> stanten folgender Interpoiationsformel, die zur Berechnung der Tabelle VI diente :

66 Horstmann, Beziehungen zwischen Motecular gewicht

T. \ Ao, X 124,7 , 12000

A|-X«/*

i rp 1 rpl

VI.

Essigsättre,

Temp.

Dichte.

1200

3,308

130

8,100

140

2,984

150

2,795

160

2,679

170

2,680

180

2,494

190

2,419

200

2,854

210

2,297

220

2,246

280

2,200

240

2,159

250

2,122.

theor.

2,078

Die Dichtebestimmung bei 160",3 ist mit einem Gefäfse angestellt, dessen innere Oberfläche durch hineingebrachte dünne Glasröhren etwa 5mal vergröfsert war. Die gefundene Zahl ist nur innerhalb der Fehlergrenzen von dem der Tem- peratur entsprechenden Werthe verschieden. Man sieht daraus, dafs eine Condensation des Dampfes auf den Wanden bei der- artigen Versuchen nur einen unmerklichen Einflufs hat *).

Wenn man die Möglichkeit der Annahme zugiebt, dafs der Dampf der Essigsaure in der Nähe des Condensations- punktes complicirtere Molecule enthält als bei höheren Tem- peraturen, so schien es mir um so wahrscheinlicher, dafs längere Einwirkung der Wärme die Dichte kleiner machen könne. Ich erhitzte daher bei allen Versuchen mit Essigsäure

•) Vgl. Cahours, Ann. Chem. Pharm. CXXVIII, 68.

und spec. Gewicht elastiach-^fläsaiger Körper. 67

auf 230^, bei welcher Temperatur die Dichte fast normal ist, und fing erst an auf die Versuchstemperatur abzukühlen, nachdem Alles verdampft war. Die Versuchstemperatur wurde dann eine volle Stunde constant erhalten. Dennoch liegen die beobachteten Dichten auf einer Curve wie die von Cahours.

Durch das Experiment läfst sich also zwischen dem Verhalten verschiedener Dampfe^ die unzersetzt flüchtig sind, in Bezug auf die Veränderlichkeit der Dichte nur ein quan- titativer Unterschied erkennen.

Weiter folgt aus den Beobachtungen von Cagniard de la Tour*), dafs die Gröfse der Veränderungen der Dampfdichte bei einem bestimmten Körper von Druck und Temperatur abhangig ist.

Cagniard de la Tour erhitzte die zu verdampfende Flüssigkeit in einem verschlossenen Gefafs, in welchem der Druck gemessen werden konnte. Eine gewisse Menge Aelher verwandelte sich z. B. unter solchen Umständen bei 187^ vollständig in Dampf, der einen Druck von 37,5 Atmosphären

20

ausübte. Der Dampf nahm ein ymal gröfseres Volum ein^ als der flussige Aether. Die Dichtigkeit des Aetliers ist nun 0,72, daher war die des Dampfes 0,25 bezogen auf Wasser oder 8,15 bezogen auf Luft von gleicher Temperatur und gleichem Druck. Die Dampfdichte war also in diesem Bei- spiel über 3mal gröfser als die theoretische 2,56. Die Ab- weichung ist gröfser als man sie bei dem Schwefel annehmen müfste, wenn man dessen abnorme Dampfdichte auf ähnliche Weise erklären wollte, und viel gröfser als man sie bei irgend einem andern Dampf bei gewöhnlichem Druck beob- achtet hat. Wenn man für den Aether die Dampfdichte für verschiedene Temperaturen unter einem Drucke von 37,5

*) Ann. cbim. phys. XXI u. XXII.

5*

68 HorstmanUy Beziehungen zvnschen Moleculargewicht

Atmosphären bestimmen könnte, so fände man sie jedenfalls veränderlich in einem gröfseren Temperaturintervall, als bei der Essigsäure unter gewöhnlichem Druck.

Wenn die Gröfse der Abweichung aber bei demselben Körper von den physikalischen Bedingungen abhängig ist, so wird die Gröfse der Abweichung bei verschiedenen Dämpfen unter dem gleichen Druck durch die Natur der Körper bestimmt. Es verändert sich die Dichte aller Gase mit Druck und Temperatur, wenn auch nur wenig; die mei- sten Gase können zu Flüssigkeiten verdichtet werden, und die Dämpfe aller untersuchten Flüssigkeiten zeigen in der Nähe des Siedepunktes eine veränderliche Dichte. Die Ab- weichung ist bei den meisten Dämpfen schon 30^ bis .40^ über dem Siedepunkt verschwindend klein ; bei einigen andern, darunter der Essigsäuredampf, ist sie noch 100^ über jener Temperatur bemerkbar.

Nun kennen wir aber in dem bromwasserstofTsauren Amylen einen Körper , der eine veränderliche Dichte zeigt, die sicher ihren Grund in einer mit der Temperatur fort- schreitenden Zersetzung hat. Auf Taf. I, Fig. 2 ist die Ver- änderlichkeit der Dichte für diesen Körper nach den Angaben von Wurtz graphisch dargestellt Die Vergleichung der Curve mit derjenigen für Essigsäure zeigt einen bestimmten . Unterschied. Die erstere ist am Anfang und Ende mit der Abscissenaxe parallel, eine gerade Linie^ und ändert in ihrem Verlaufe den Sinn ihrer Krümmung, eine Eigonthumlichkeit. die sich wohl überall da angedeutet finden mufs, wo eine Zersetzung die Ursache der veränderlichen Dampfdichte ist*).

*) Die Angaben von Deville und Troost (Compt. rend. LXIV, 237) über den Dampf der Untorsalpeters&ure lassen deutlich den in Rede stehenden Verlauf der Curve der Veränderlichkeit erkennen. Die UntersalpetersAure zersetzt sieb mit steigender Temperatur und zwar geht, wie bei dem bromwasserstoff^auren Amylen, in

und apec. Gewicht elastisch flüssiger Körper. 69

Die Curven für Essigsäure und Aether sind im ganzen Ver- lauf convex 'gegen die Abscissenaxe.

einem bestimmten Temperaturinteryall die Zersetzung am Schnell- sten vor sich. Daher das Maximum des AusdehnungscoSfficienten, über das sich Deville und Troost so sehr wundem.

In ihrer Tabelle für die Ausdehnungsooefficienten der Unter- salpetersAure geben Deville und Troost zwischen den drei letzten Beobachtungen 100^ = 100 a = 0,367. Dieser Werth ist offenbar nicht mehr berechnet. Denn die angewendete For-

V V 1 1

mel ß = Y" - -^ (der Factor ist in den Compt. rend. weg-

gelassen) mit den Werth en Yon Y aus der Tabelle ergiebt für ß zwischen jenen Beobachtungen Zahlen, die kleiner sind als wie man in der beigefögten vervollständigten Tabelle sieht

Uniersalpetersdure nach Deville und Troost. Temp. Dichte. V.

26,7

2,65

820,36

35,4

2,53

345,12

39,8

2,46

360,42

49,6

2,27

403,33

60,2

2,08

454,95

70,0

1,92

505,85

60,6

1,80

556,37

90,0

1,72

597,22

100,1

1,68

629,23

111,8

1,65

660,29

121,6

1,62

688,74

135,0

1,60

723,84

154,0

1,58

664,40

163,2

1,57

824,77

*\/v a *■

--^^/'-l+at

0,888

0,384

1,008

0,325

1,215

0,320

1,207

0,310

1,137

0,300

0,946

0,291

0,781

0.283

0,531

0,275

0,441

0,268

0,422

0,260

0,378

0,253

0|295

0,245

0,270

0,234

So lange aber die Dichte des Dampfes noch abnimmt, könnte ß nicht kleiner als a werden, wenn die Definition von ß in obiger Formel die gleiche wäre, wie sie das Gay-Lussac'sche Gesetz für a giebt. Der AusdehnungscoSfficient a bedeutet die Yolumzunahme f(ir 1^ Temperaturerhöhung in Bruchtheilen des Volums bei 0^, dieses gleich / geselUf während in obiger Formel das Volum bei t^ (bei der niederen Temperatur) gleich 1 gesetzt und ß in Bruchtheilen dieser Einheit ausgedrückt wird. Man sieht den Unterschied zwischen beiden Definitionen sofort, wenn man für V in die von Deville und Troost angewendete For- mel die nach dem Gay-Lussa ersehen Gesetz berechneten Vo-

70 Horstmann, Beziehungen zwischen Molecuiargewicht

FQr die Dampfe der meisten Körper scheint es mir nach dem Vorhergehenden wahrscheinlicher, dafs die gröfsere

lame V und Y^ einBotzt, iRrelche von derjenigen Menge eines permanenten Gases bei t und t' erfüllt werden, die bei 0^ die Yolameinbeit einnimmt. Es ist, gleicben Druck vorausgesetzt,

V = 1 + at, = 1 + a t*

__ V'~- V £ _ (l + gt*) (l + gt) _1

^ ■" t* f V"" t i + af

^ " 1+ af

Man erbftlt einen von t abhängigen Ausdruck , der nur für t = 0^ y^ = « giebt, für t = 1540 aber nicht ^ = a geben kann. Die letzte Columne der beigefügten Tabelle enth&lt die danach bereohneten Werthe von ß für ein permanentes Gas bei den betreffenden Temperaturen , und mit diesen Werthen kann man allenfalls die Zahlen von Deville und Troost verglei- chen, nicht aber mit a. Es findet sich dann, wie es sein mufs, ß für den Dampf, so lange dessen Dichte abnimmt, grOlker als iilr das permanente Gas.

Die Werthe von ß sind auch unter einander nicht vergleich- bar, da sie sich auf verschiedene Einheiten beziehen. Man kann die mittlereren Ausdehnungsco&fficienten, die sich aus der Formel

_ V^-V 1 P ti t ' V berechnen, nur mit einander vergleichen, so lange man für V und folglich auch für t denselben Werth beibehRlt, d. h. nur für Temperaturintervalle, die von derselben Anfangstemperatur ge- rechnet sind. Einen Ausdehnungscoöfficiente n , der mit a ver- gleichbar ist und in irgend welche andere Rechnungen einge- führt werden kann, erhält man für einen Dampf, dessen Volum- änderung nicht als lineare Function der Temperatur dargestellt

dV

werden kann , offenbar nur aus dem Differentialquotienten j— .

Eine Berechnung desselben scheint mir aber hier überflüssig, da die unregolmAfsige Voluro&nderung eben so g^t durch die Ver- änderlichkeit der Dichte veranschaulicht wird.

Man berechnet die Dichtigkeit eines Gases bei einer bestimm- ten Temperatur durchaus nicht, wie Deville und Troost angeben, unter der Annahme, dafs der Dampf den normalen Aus- dehnungscoSfficienten a besitzt und dafs er dem Mariotte^schen Gesetze folgt. Das spec. Gewicht eines Gases wird überall de6- nirt als das Verhältnifs der Gewichte gleicher Volume des Gases

und spee. Gewicht elaatisch^flüssiger Körper, 71

Dichte in der Nähe der Siedetemperatur nicht durch die Bildung von complicirteren Holeculen oder von Molecul- gruppen veranlafst wird. Die veränderliche Dichte roufs daraus erklärt werden, dafs der Dampf nicht dem Gay- Lussac-Mariotte'schen Gesetze folgt, oder, wenn man sich eine Vorstellung mit Hülfe der Moleculartheorie bilden will, dadurch, dafs die mittlere Entfernung der Molecule in Folge von gegenseitigen Anziehungen kleiner wird, als bei gleichem Druck und gleicher Temperatur in anderen Gasen, die dem Gay-Lussac-Mariotte'schen Gesetze gehorchen.

Aus den vorstehenden Betrachtungen ergeben sich die Bedingungen, unter welchen eine Dampfdichtebestimmung zur Berechnung des Moleculargewichtes vermittelst der A v o- gadro'schen Hypothese verwendet werden darf.

Die Dichtigkeit mufs vor allem während eines gröfseren Temperaturintervalles constanl bleiben. Findet man bei einem Dampf aber eine veränderliche Dichte, so ist zu untersuchen, ob die Veränderlichkeit auf einer Zersetzung beruht. Kann eine Zersetzung nachgewiesen werden, so mufs die Dampf- dichte, wenn möglich, unter der Temperatur, bei der die Zersetzung beginnt, genommen werden.

and der atmosphärischen Luft bei gleicher Temperatur und glei- chem Druck. Ist demnach G das Gewicht des Gases von dem Yolum y bei dem Druck P und der Temperatur t, so hat man :

G

D =

0,001293

1 + o t 760

G und Y werden durch das Experiment bestimmt und der AusdehnungscoSfficient des Gases kommt in der Formel nicht Tor, ebensowenig wird eine Annahme Über dessen Verhalten gegen den Druck gemacht. Wenn sich aber das Volum des Gases nach einem andern Gesetze ändert, als nach dem Gay- Lussac-Mariotte'sohen, so seigt sich diefs in einer Veränder- lichkeit der Dichte mit Druck und Temperatur.

72 Borstmann, Beziehungen zwischen Molecular gewicht

Ist die Dichte aber veränderlich, weil der Dampf wie meistens in der Nähe des Siedepunktes nicht dem Gay- Lussae-Mariotte'schen Gesetze folgt, was man schon aus der Gestalt der Curve der Veränderlichkeit, wie oben bemerkt, erkennen kann, so mufs die Temperatur so lange erhöht werden, bis die Dichligkeit constant wird.

Der Werth einer Dampfdichte zur Bestimmung des Moleculargewichtos richtet sich danach, wie weit man sich versichern kann, ob jene Bedingungen erfüllt sind. Selten darf man sich auf die Dampfdichte allein verlassen. Nur die Uebereinstimmung zwischen dem auf physikalischem und dem auf chemischem Wege gefundenen Moleculargewicht gewährt Sicherheit.

Ich glaube schliefslich noch eine Folgerung anderer Art, die sich aus meinen Versuchen ergiebt, nicht unerwähnt lassen zu sollen. Die Formeln der mechanischen Wärme- theorie gestatten bekanntlich aus der Verdampfungswärme r

und der Spannung p resp. dem Differentialquotienten -r^, die

Dichtigkeit eines gesättigten Dampfes zu berechnen. Man hat nämlich :

worin s das Volum der Gewichtseinheit des gesättigten Dam- pfes, a das Volum der Gewichtseinheit Flüssigkeit, A das Wärmeäquivalent der Arbeit und T die absolute Temperatur bedeuten. Es ergiebt sich daraus D für Aether 2,567 und für Wasser = 0,640, für den Druck einer Atmosphäre ♦).

Wenn man die Curve, welche ich für die Veränderung der Dichte mit der Temperatur bei dem Druck einer Atmo-

*) Zenner, Grundzüge der mech. Wärtnetheorie. 1866. S. 290.

und spec. Gewicht elastisch^ ftiissig er Körper, 73

Sphäre fand, verlängert bis zur Siedetemperatur, so erhält man auch einen Werth für die Dichtigkeit des gesättigten Dampfes. Ich finde für Aetlier 2,67, für Wasser 0,66 etwa, welche Zahlen wohl eher kleiner, denn gröfser als die wahren Werthe sein werden. Für beide Körper sind aber die Werthe gröfser, bei dem Aether ziemlich beträchtlich^ als obige Formel verlangt. Da die geringen Fehler, mit welchen A

und -.^ etwa behaftet sind, bei weitem nicht ausreichen diese

Differenzen zu erklären^ so mufs der Grund derselben wohl

in r liegen, r wird bestimmt aus der Gleichung :

t

r = A /cdt o

X bedeutet die Gesammtwärme , die nöthig ist, um die

Gewichtseinheit Flüssigkeit von 0^ in Dampf von \^ zu ver-

t wandeln und wird durch den Versuch bestimmt. CcAx stellt

o

die s. g. Flüssigkeitswärme dar, die zur Erwärmung der Flüssigkeit von 0^ auf t^ verbraucht wird, ehe die Verdam- pfung beginnt. Die Differenz zwischen beiden Wärmemengen wird als Verdampfungswärme betrachtet. Der Sinn der Nicht- übereinstimmung zwischen den Werthen von D deutet darauf hin, dafs r zu grofs angenommen wird. Es scheint, dafs ein gröfserer Theil der Gesammtwärme A zu innerer Arbeit ver- wendet wird, als in den Formeln angenommen wird *).

Es sind zur Begründung dieser Annahme noch weitere Versuche nöthig. Ich werde deshalb bei einer späteren Ge- legenheit auf diesen Gegenstand zurückkommen.

*) Vgl. ZeuDer, ö. 263.

74 Horstmann^ über die Dampfdtchte

lieber die Dampfdichte des Schwefel- ammoniums ;

von Demselben.

Ueber die Dampfdichten der Verbindungfen des Ammo- niaks mit Schwefelwasserstoff liegen folgende Angaben vor :

NH4SH 0,884 »x

NH^SH 0,89 bei 56^6 ••),

(NH4),S 1,26 » 99^6**).

Es würde nach diesen Zahlen ein Gemisch von gleichen Volumen NH3 und HgS keine Contraction zeigen, vollständig unverbunden bleiben; ein Gemisch dagegen von 2 Vol. NH3 und 1 Vol. H2S sollte sich auf 2 Vol. verdichten , es fände theilweise Verbindung statt. Ein solches Verhalten würde in mehrfacher Beziehung Interesse bieten, und ich führte deshalb im Anschlufs an die vorhergehenden Untersuchungen über die Veränderlichkeit der Dampfdichten einige Versuche aus, deren Resultat ich hier mittheile. Es stimmt dasselbe nicht mit der Angabe von Deville und Troost überein. Aus welchem Grunde, kann ich nicht entscheiden, da eine detaillirte Beschreibung der betreffenden Versuche nicht vorliegt.

Ich bediente mich der Bunsen'schen Methode zur Dampfdichtebestimmung ***). Das Dampfgefafs wurde zu- erst mit Ammoniak gefüllt und dann Schwefelwasserstoff in beliebiger Menge mit geeigneter Geschwindigkeit zutreten gelassen.

Das Ammoniak wurde während des Versuchs aus Am-

•) Bineau, Ann. ahim. phy». [2] LXVm, 418. •*) DeTille und Troost, Compt. rend. LVI, 895. *••) Ann. Chem. Pharm. CXLI, 278.

des Schwefelammomumt. 75

moniakflüssigkeit entwickelt. Es strich zuerst durch einen Liebig'schen Kühler, durch ein Gelärs mit gebrannlem Kalk und schlierslich durch Kaliröhren, aus welchen us voll- ständig trocken aastrat.

Der Scbwerelwasserstoff war ans Schwefelantimon dar- gestellt und in einem Glasgasometer mit gesätligteni Sclm-e- Telwasserstoffwasser als Sperrflüssigkeit aufgerangcn ; liurch Cblorcaicium getrocknet gelangte es in das DampFg>'f»rs.

Um die während des Versuchs austretenden Gjse un- schädlich zu machen und um den Sauerstoff der Luft, u t-kbur das Schwefelammonium bei den angewendeten Teiniiirühtr- momenten zersetzt, möglichst auszuschliefsen, traf icli >\ui Ein- richtung, welche Fig. 4 auf Taf. I deutlich machen sull. Auf dem Hals a des Dampfgefäfses , der aus dem Thrrnioslnlin hervorragt, sitzt mittelst eines kleinen Korkes die Ghishiilso b; das andere Ende dieser Hülse ist durch einen Kork ver- schlossen, durch welchen die beiden capillaren Ziiliitunijs- rfihren in das Innere des Apparates gehen. Die G^isi' mi- weichen durch das seitliche Rohr c, welches unter WüsstT mündete.

Die Gase konnten auf diese Weise vollstSndii^ rein in den Apparat gebracht werden. Die gebildete Vcrliiniluni» setzte sich nach dem Erkalten in völlig farbloseo Krysl<illen an die Wände des Gefäfses, und es füllte sieb die.^e.s lieiin Oeffaen onter Wasser, ohne dafs eine Luftblase zurückbliib.

Die erhaltenen Dampfdichten kann ich bis auf 4 bis 5 Einheiten der dritten Decimale verbürgen. Um dii; Zusam- mensetzung des Gemisches mit entsprechender Gi'TiauiL'kiit zu ermitteln, genügte es, in das Dampfgefäfs Chlurw^i'^^i'r- Btoffsäure eintreten zu lassen, und nach dem Vcnliiinpfen and Trocknen auf dem Wasserbade den entstandenen S^ilitiiak ZD wiegen. Die Uebereinstimmung der Resullele beweist. dafs die Genauigkeit dieser Methode ausreichend ist.

76 Borstmann^ Dampfdichie des Schwefelammoniums,

Die folgende Tabelle giebt die gewonnenen Zahlen« Die beiden ersten Columnen enthalten die beobachteten Dich- ten mit den zugehörigen Versuchstemperaturen; die beiden folgenden die procentische Zusammensetzung nach dem Vo- lum; die fünfte die daraus berechnete Dichte unter der Voraussetzung, dafs die beiden Gase unverbunden in dem Gemisch enthalten sind und mit Zugrundelegung der theore- tischen Dichten der Bestandtheile (1,175 für H^S, 0,587 für NHs); die sechste die Dichte berechnet für die Annahme, dafs in dem Gemisch eine Verbindung von 2 Vol. NHs und 1 Vol. H^S mit der Dichte 1,26, wie sie Deville u. Troost angeben, enthalten sei. Für Gemische, wie sie den Verbin- dungen NH4SH und (NH4)2S genau entsprächen, habe ich die berechneten Dichten zur Vergleichung beigefügt.

1.

2,

8.

4.

6.

6.

Temp.

Beobacbt

Volumprocente

Berechnete Dichte.

Dichte.

NHs

H,8

I.

IL

85^,9

0,622

93,67

6,48

0,625

0,68

800,0

0,653

89,28

10,72

0,660

0,76

85^6

0,750

72,24

27,76

0,750

1,10

560,4

0,768

71,66

28,35

0,754

1,12

66,66

33,33

0,783

1,26

84M

0,832

69,90

40,10

0,828

1,25

50,00

50,00

0,881

1,22

56^,9 1

0,947

89,93

60,07

0,940

1,22

Die Uebereinstimmung zwischen der zweiten und fünften Columne beweist, dafs bei den Temperaturen und sonstigen Umständen der beschriebenen Versuche Ammoniak und Schwefelwasserstoff sich nicht verbinden, in welchem Ver- hältnifs sie auch gemischt sein mögen.

Heidelberg, den 7. April 1868.

7pr;^^\:^r^. .

Roscoe, Untersuchungen iiher Vanadin. 77

Untersuchungen über Vanadin; von H. E. Roscoe.

L Einleitung,

Unter den physikalischen Eig^enschaften; welche man zu Bathe zieht, um die verwandtschaftlichen Beziehungen der einfachen Körper und die Constitution chemischer Verbindun- gen festzustellen, besitzt wohl keine in so hohem Grade das Vertrauen des Chemikers, als die des Isomorphismus. Um so merkwürdiger ist daher die Ausnahme, welche die Vanadin- verbindungen bisher in dieser Beziehung gemacht haben.

Es wurde von Rammeisberg und spater ausführlicher von Schab US nachgewiesen, dafs das Mineral Vanadinit (eine Verbindung von Bleivanadat mit Bleichlorid) iso- morph ist mit Apatit i 3 (CasIp^O + CaCl«) , Pyromorphit

(3(Pb3(jQ* ) + PbClO und Mimetesit (3(Pb8{JgoO+^'^^''^- Die Krystallform dieser Mineralien ist ein hexagonales Prisma mit der hexagonalen Pyramide combinirt. Die End- winkel P : P sind :

1) Vanadinit 142080' S) Pyromorphit 1420l5'

2) Apatit 142<>20' 4) Mimetesit 142» V

und die Axenverhaltnisse :

1) 1 : 0,727 8) 1 : 0,736

2) 1 : 0,782 4) 1 : 0,739.

Der Isomorphismus dieser Verbindungen wird ferner dadurch bewiesen, dafs dieselben in verschiedenen Exem- plaren in allen Verhältnissen zusammenkrystallisirt aufge- funden worden sind ; H e d d 1 e *) beschreibt einen Krystall

*) Greg and Lettsom*8 Britsb Mineraloge 1858, p. 409 u. 410.

78 Boscoe, Untersuchungen über Vanadin,

in seinem Besitze, dessen eine Hälfte aus Vanadinit und die andere aus Apatit besteht.

Fast Alles, was wir über Vanadin und seine Verbindun- gen wissen, verdanken wir der klassischen Untersuchung, welche Berzelius 1831 ausführte*). Aus diesen Ver- suchen, welche später von Schafarik**) und von Czud- nowicz***) bestätigt wurden, ergab sich, dafs der Yana- dinsäure die Formel VOs zukomme. Es liegt also hier ent- weder der Fall vor, dafs chemische Verbindungen, welche verschieden constituirt sind , Isomorphismus zeigen und zu- sammenkrystallisiren, oder die Schlösse, welche Berzelius aus seinen Resultaten zog, sind falsch und die Vanadinsäure hat die Formel VgO^, entsprechend den Pentoxiden des Phos- phors und des Arsens.

Die meisten Chemiker haben sich bis jetzt für die erste Annahme erklärt, als einzige Lösung dieser Schwierigkeit, indem die genauen experimentellen Daten, welche Berze- lius gegeben hat, keine andere Formel als VO3 für wahr- scheinlich erscheinen lassen.

Die Versuche, aus welchen Berzelius seine Schlüsse zog, sind :

1) Der constante Gewichtsverlust, welchen Vanadinsäure erleidet, wenn sie bei Rothglöhhitze durch WasserstofT redu- cirt wird.

2) Wenn Chlor auf dieses reducirte Oxyd einwirkt, bilden sich ein flüchtiges Chlorid und ein Rückstand von Vanadinsäure, deren Gewicht genau ein Drittel der Menge beträgt, welche ursprünglich zum Versuche genommen wurde.

*) Pogg, Ann. XXII, 1 (1831). **) Ann. Chem. Pharm. CIX, 84. ***) Pogg- Ann. CXX, 38.

Boscoe, Untersuchungen über Vanadin, 79

Berzelius zog hieraas den Schlufs, dafs die Zahl der Sanerstoffatome im Oxyd sich za der in der Saure wie 1 zu 3 verhalt, und nimmt im niedersten Oxyde ein Atom Sauer- stoff an ; so mufs die Saure 3 Atome Sauerstoff enthalten. Eine Bestätigung dieser Annahme fand er in der Sattigungs- capacitat der Saure. Die Frage, ob in derselben ein oder oder zwei Atome Metall enthalten seien, entschied Berze- lius zu Gunsten der ersteren Ansicht, indem er fand, dafs keine den Alaunen entsprechende Verbindung entsteht, wenn man Vanadinsäure mit Schwefelsäure und Kali zusammenbringt«

Eine weitere Bestätigung für diese Annahme ergab sich aus der Zusammensetzung des flüchtigen Chlorids, welches von Berzelius und Schafarik analysirt wurde, und wo- nach kein Zweifel mehr sein konnte, dafs, wenn das Atom- gewicht des Vanadins zu 68,5 und das des Sauerstoffs zu 8 angenommen wird, der Vanadinsäure die Formel VOs zu- kommen mufs, das reducirte Oxyd VO und das Chlorid VCU ist.

In der vorliegenden Mittheilung werde ich zeigen, dafs, obgleich ich Berzelihs' Resultate in allen Einzelnheiten vollständig bestätige, ich dennoch zu ganz verschiedenen Schlufsfolgerungen gelange, indem ich beweisen werde, dafs die richtige Formel für Vanadinsäure V2O5 ist (0 = 16) und das wahre Atomgewicht des Vanadins durch die Zahl 51,3 ausgedrückt wird; dafs die Substanz^ welche Berze- lius als Metall betrachtete, ein Oxyd von der Formel VO = 67,3 ist, und dafs das sogenannte Vanadinchlorid ein Oxychlorid VOCI3 ist.

Die Gründe, auf welche ich diese Schlüsse basire, sind im Folgenden zusammengestellt; die experimentellen Beweise werden weiter unten folgen :

1) Es existirt ein Oxyd des Vanadins, welches das Ver- bindungsgewicht 67,3 hat (Berzelius' Metall); die Vanadin-

80 RoscoSy Untersuchungen über Vanadin,

säure mars demnach mehr als 3 Atome Sauerstoff ent- halten.

2) Die folgenden Oxyde sind sowohl auf trockenem als auf nassem Wege erhalten und ihre Zusammensetzung fest- gestellt worden :

Verbindungsgewicbt

1) y,0, Vanadindioxyd oder Vanady] 184,6.

2) V,0, Vanadin trioxyd (Baboxyd von BerzeliuB) 150,6.

3) VsO« Yanadintetroxyd 166,6.

4) YgOs Vanadinpen toxyd (Vanadinsäare) 182,6.

3) Das sogenannte Vanadinchlorid enthalt Sauerstoff; es ist ein Oxychlorid mit der Formel VOCls. Man kann dasselbe Vanadyltrichlorid oder Vanadinoxytrichlortd benennen; diese Verbindung entspricht dem Phosphoroxychlorid POCls.

4) Es existiren noch drei feste Oxychloride :

VOClf Vanadyldicfalorid oder Vanadinoxydichlorid. VOCl Vanadylmonocblorid oder Vanadinoxymonochlorid. VgOjiCl Divanadylmonochlorid.

5) Alle naturlich vorkömmenden Vanadate sind drei- basisch :

a) Vanadinit von Zimapan, von Berzelius analysirt (Pogg. Ann.

XXII, 68), enthält nahezu 8 Aeqoivalente fileioxyd auf 1 Aeq. Vanadins&ure.

b) Ensynchit, von Czndnowics analysirt (Pogg. Ann. CXX, 27),

enthält 8 Aeq. eines Gemisches von Bleioxyd und Zink- oxyd auf 1 Aeq. Vanadins&ure.

c) Arftoxen hat nach v. Kobell's Analyse (Joom. f. pract. Cbem.

L, 496) eine ähnliche Zusammensetzung wie Eusynchit.

d) Amerikanischer Vanadinit, von 8mith analysirt (Journ. f. pract

Chem. LXVI, 483), ist eine dreibasische Verbindung.

e) Dechenit aus der Pfalz, ist nach Brush (Bill. Am. Jouni.

[2] XXXIV, 116) identisch mit Aräoxen und daher eben- falls eine dreibasische Verbindung.

f) Volborthit enthält nach Credner^s Analyse (Pogg. Auo.

LXXIV, 646) auf 1 Aeq. Vanadinsäure 8 Aeq. basischer Oxyde.

Boscoe, Untersuchungen über Vanadin. 81

6) Schmilzt man Vanadinsäare mit Natriumcarbonat zu- sammen^ so entweichen 3 Molecule Kohlensaure für je 1 Molecul Vanadinsäure; das normale Natriumvanadat hat daher die Formel NasVO^.

7) Die einbasischen Vanadate entsprechen den einbasi- schen oder Metaphosphaten ; man kann dieselben mit dem Namen Metavanadate bezeichnen; wie NaVOa, NH4yOs, Ba2V08.

8) Die zweibasischen Vanadate haben eine ähnliche Con- stitution wie die sogenannten sauren Chromate und Borate.

9) Ein Vanadinnitrid wurde dargestellt, dessen Analyse ergab, dafs es auf 51,3 Gewichtstheile Vanadin 14 Gewichts- theile Stickstoff enthalt.

Alle Reactionen der Vanadinsäure lassen sich mit der- selben Leichtigkeit erklären^ wenn man die Formel Vs05 (V = 51,3) annimmt, als wenn man die alte Berzeiius'- sche Ansicht, dafs in derselben 3 Aeq. Sauerstoff enthalten seien und V das Atomgewicht 67,3 hat, beibehält.

Alte Formeln Neae Formeln

{W = 68,6; O = 8) (V = 51,8; O = 16)

1) VO, + Hg = VO + H,Og. V,05+ 2 H, = V^O, + 2 H,0.

2) 8 VO + Cle= VOa + 2 VClj. 8 VjO, + 6 Cl, = V.Og + 4 VOCi,.

n. Vorkommen und Darstellung der Vanadinverbindungen.

Vanadin hat bis jetzt zu den chemischen Seltenheiten gehört; vanadinhaltige Mineralien sind zwar ziemlich ver- breitet, aber keines derselben enthalt dieses Element in irgend beträchtlicher Menge. Eine ausführliche Untersuchung der Verbindungen dieses Körpers war daher bis jetzt nicht ausführbar, und selbst in den letzten Untersuchungen ver- schiedener Chemiker, welche diesen Gegenstand bearbeitet haben, finden sich widersprechende Angaben über Punda- roentalpunkte.

AnoaL d. Cham. a. Pharm. VI. Supplementbd. 1. Heft. 6

82 Boscoey Untersuchungen über Vanadirim

Vor einiger Zeit wurde meine Aufmerksamkeit gelenkt auf das Vorkommen von Vanadin in den kupferhalügen Schichten des unteren Keupersandsteins der Trias, welche in Alderley und in Mottram St. Andrews in Cheshire berg- männisch bearbeitet werden, und ich war so glücklich^ mir eine reichliche Quelle des seltenen Metalles zu verschaffen. Es war diefs ein kalkhaltiger Niederschlag , welcher als Rückstand erhalten wurde bei der Gewinnung von Kobalt aus den kobaltfährenden Schichten des obigen Sandsteins.

Die geologischen Verhältnisse dieser merkwürdigen metall- reichen Sandsteinformation sind von Hüll genau beschrieben worden *). Die horizontalen Sandsteinschichten enthalten Malachit, Kupferlasur, Weifsbleierz, Bleiglanz, Kobalt und Nickel als schwarze Oxyde, eine kleine Menge von Silber, aufserdem Brauneisenstein, Pyrolusit und Schwerspath. Der Sandstein ist weich und hat eine gleichförmige Textur; die Farbe desselben wechselt von Grün und Braun zu Schwarz, je nachdem das eine oder andere der obigen Mine* ralien vorherrscht. Hüll unterscheidet die folgenden Schichten :

Dicke der Schichte

1) Gelblicher SAndBteiD 4 Fafo 0 ZoU

2) Schieferiger Thon, unten durch ein Band

▼on kupferführendem Sandstein begrenst 2 6

8) Eisen 8cb Aasiger Sandstein mit grofsen Nie- ren Ton Weiftbleierz 6 n 0

4) KobaltfQhrende Schichte. Gestreifter Sand-

stein mit Erdkobalt 4 6 n

5) Weifser dichter Sandstein mit Weifsbleierz . & n ^ »

6) Sandstein, durch Eisenozyd, Braunstein und

Erdkobalt gefiirbt 12 , 0

Um das Kupfer abzuscheiden, welches im Sandstein in wechselnder Menge enthalten ist und von 0,5 bis 2,5 pC.

»

*) Geological Magazine vol. I, pag. 65 (1864).

Boscoey Untersuchungen über Vanadin. 83

betragt, wird der durch Pochen zerkleinerte Stein mit Salz- säure ausgezogen und aus dieser Lösung das Kupfer durch Eisen gefällt.

Der Sandstein, in welchem das Vanadin enthalten ist, hat eine helle Farbe und enthäll 0^1 bis 0,3 pC. der Oxyde des Kobalts, Nickels und Kupfers, welche in der Felsmasse als kleine schwarze, grüne und rothe Flecke auftreten. Die- selben wurden aus dem gepochten Sandstein durch Salzsäure ausgezogen und zu dieser Lösung wurde Chlorkalk gesetzt, und durch Kalkmilch dann alles Blei, Eisen, Arsen (aus der rohen Salzsäure) Vanadin, und ein kleiner Theil des Kupfers gefallt ^ während Nickel, Kobalt und der gröfsere Theil des Kupfers in Lösung blieben.

Das Bergwerk in Mottram wird nicht mehr bebaut, und es war mir daher unmöglich, eine Probe dieses Sandsteines zu verschaffen, uro denselben näher zu untersuchen. Ich kann daher nicht mit Sicherheit behaupten, dafs derselbe Vanadinit enthält, was ,mir aus gewissen Gründen höchst wahrscheinlich erscheint^

Der Werkführer des Bergwerkes glaubte, dafs der Kalk- niederschlag gegen 10 pC. Kupfer enthalte. Als ein Theil desselben in Salzsäure gelöst und das Kupfer mit Zink ge- fällt worden, behielt die Flüssigkeit immer noch eine blaue Farbe; deren Ursache ich bald als von Vanadin herrührend erkannte.

Der Kalkniederschlag enthält gegen 2 pC. Vanadin, aufserdem Blei, Arsen, Eisen, Kalk, Schwefelsäure und Phos- phorsäure.

Um aus diesem Rohmaterial das Vanadin abzuscheiden, mnfste im Grofsen gearbeitet werden. Dafs ich dieses aus- führen konnte, verdanke ich der Freundlichkeit der Herren Roberts, Dale k Comp., welche mir bereitwillig ihre Fabrik zur Verfügung stellten. Drei Centner des getrock-

6*

84 JRoscoe, Untersuchungen über Vanadin.

neten Niederschlages wurden mit dem vierfachen Gewichte Steinkohle fein zermahlen und das Gemisch wurde in einem verschlossenen Ofen mehrere Tage geglüht, um die gröCste Menge des Arsens zu verflüchtigen. Die Hasse wurde so- dann mit einem Viertel ihres Gewichtes calcinirter Soda innig gemischt und zwei Tage lang in einem Röstofen unter Luft* zutritt erhitzt, um das Vanadin in lösliches Natriumvanadat zu verwandeln, welches durch Auslaugen in Lösung ge- bracht wurde. Diese Lösung wurde sodann mit Salzsäure angesäuert und schweflige Säure eingeleitet, om die Arsen- säure zu reduciren. Das Arsen wurde durch Schwefelwas- serstoff gefällt, und die davon abfiltrirte blaue Lösung sorg- fältig mit Ainmoniak neutralisirt, wodurch das Vanadin gefällt wird. (Ein Ammoniaküberschufs mufs vermieden werden, weil sich sonst ein Theil des Vanadinoxyds wieder löst) Das ausgeschiedene Vanadinoxyd wurde auf grofsen Lein- wandfiltern gut mit Wasser ausgewaschen, dann mit Salpeter- säure oxydirt und zur Trockne verdampft. Die so erhaltene rohe Vanadinsäure wurde mit einer concentrirten Ammonium-

carbonatlösung gekocht^ wobei Eisenoxyd, Calciumsulfat und Alaunerde zurückblieben, und die Lösung eingedampft, bis sich Ammoniumvanadat ausschied. Dieses Rohproduct wurde mit gesättigter Salmiaklösung gewaschen und mehrmals um- krystallisirt. Um aus diesem Salz reine Vanadinsäure dar- zustellen, wurde es unter Luftzutritt geröstet und das rück- ständige Pulver in Wasser vertheilt, in welches Ammoniakgas geleitet wurde, wobei die Vanadinsäure sich löste und ein Rückstand von Kieselerde, Phosphaten u. s. w. blieb. Durch Eindampfen der Lösung in Platingefäfsen wurde reines phos- phorfreies Ammoniumvanadat erhalten.

Eine andere Methode, um vollkommen reine Vanadinsäure zu erhalten, bestand darin, das reine Oxychlorid mit Wasser zu zersetzen und das ausgeschiedene hell orangefarbene

Roscoe^ Untersuchungen über Vanadin. 85

Puker Ton Yanadinsaure zu trocknen und dann mit Schwe- felsäure befeuchtet der Einwirkung von Fluorwasserstoff auszusetzen, um die geringe Menge hartnäckig anhaftender Kieselerde zu entfernen. Der Rückstand wurde erhitzt, um die Schwefelsäure zu verflüchtigen, und geschmolzen; beim Erkalten erstarrte die Hasse zu prachtigen durchsichtigen Krystallen von reiner Yanadinsaure.

Es scheint, dafs alle Yanadinmineralien mehr oder weni- ger Phosphor enthalten, und schon hieraus scheint eine nahe Yerwandtschaft zwischen diesen beiden Elementen hervorzu- gehen. — Die vollständige Trennung des Yanadins von Phosphor ist ziemlich schwierig; ist viel vom letzteren Elemente vor- handen , so gelingt die Trennung am Besten dadurch , dafs man die unreine Säure mit ihrem gleichen Gewichte Natrium in einem eisernen Tiegel verpufil und den Rückstand mit VTasser wascht, bis dasselbe nicht mehr alkalisch reagirt. In einigen Fällen mufste diese Operation dreimal wiederholt werden, ehe die Molybdänsäurereaction keinen Phosphor mehr anzeigte. Enthält die Säure nur Spuren von Phosphor, so reicht wiederholtes Umkrystaliisiren des Ammoniumsalzes hin, um ein Präparat zu erhalten, in welchem man durch Molybdänsäure keinen Phosphor mehr nachweisen kann.

Enthält Yanadinsaure mehr als ein Procent Phosphor- säure, so nimmt dieselbe nach dem Schmelzen keine kry- stallinische Beschaffenheit an, sondern erstarrt zu einer dun- kelglänzenden Masse mit muscheligem Bruch. Höchst eigen- thümlich ist der beschützende Einflufs, welchen die Phos- phorsäure auf Yanadinsaure bei der Reduction mit Wasserstoff ausübt. Ein Gemisch von Yanadinsaure mit 1 pC. Phosphor- söure, welches 1,5888 Grm. wog, wurde im Wasserstoffstrome geglüht und verlor nur 0,0007 an Gewicht, während reine Yanadinsaure einen Verlust von 0,2784 erlitten haben würde.

86 Roscoe, ünierBuchungen Ober Vanadin.

in. Ermittdung des Atomgewichtes des Vanadins durch Beduction des Vanadinpentoxyds Wasserstoff.

Um das Atomgewicht des Vanadins zu ermitteln, erhitzte Berzelius die VanadinsSure zu Rothglühhitze in einem Wasserstoffstrome. Diese Methode ist sehr zuverlässig und giebt sehr genaue Resultate , indem das reducirte - Trioxyd (Suboxyd nach Berzelius) keine weitere Veränderung er- leidet, wenn man die Temperatur bis zur hellen Rothglühhitze steigert, und die Reduction des Pentoxyds zu Trioxyd schon bei einer viel niedrigeren Temperatur vollständig stattfindet Berzelius fand mittelst dieses Verfahrens als Atomgewicht die Zahl 68^5; der richtige Werth ist, wenn man die nach- stehenden Versuche nach Berzelius* Hypothese berechnet, etwas kleiner, nämlich 67»3.

Zu einem jeden Versuche wurden immer mehr als 5 Grm. Pentoxyd genommen *) ; die Reduction wurde entweder in einer gebogenen Röhre von schwer schmelzbarem Glase vor- genommen , welche in einem Hagnesiabade erhitzt wurde, und welche nach wiederholtem Erhitzen nur 0,0001 Grm. an Gewicht verlor, oder das Pentoxyd wurde in ein Platinschiffchen gebracht und dasselbe in eine Verbrennungsröhre einge- schoben. Vor der Reduction wurde das fein gepulverte Vana- dinpentoxyd erst in einem trockenen Luflstrome so lange gelinde erwärmt, bis das Gewicht vollkommen constant ge- worden war. Das reducirte Oxyd wurde in dem Wasser-

*) Um übereinBtiinmende Zahlen bu erhalten, ist es durchaus noth- wendig, gröfsere Mengen anzuwenden, ale Berzelius zu seinen Versuchen nahm. Die gröfste Menge Vanadinsäure , welche er anwendete, war 2,2666 Grm. und die kleinste 0,6409. Ein Irrthom ▼on 1 Milligrm. hei dem ersten Gewicht yerursacht eine Varia- tion Ton +, 0,2 im Atomgewicht, und bei dem zweiten eine Ton ^ 0,7; während bei Anwendung Ton 6 Qrammen derselbe Irr- thum nur +, 0,086 yerursacht.

■¥:.; ^

BoscoBj Untersuchungen über Vanadin. 87

stoffstrome vollkommen erkalten lassen^ und dieses Gas so- dann darch trockene Luft verdränget. So lange das reducirte Oxyd noch nicht vollständig erkaltet ist, absorbirt es, der Luft ausgesetzt; rasch Sauerstoff, fangt an zu glühen und verwandelt sich oberflächlich in das blaue Oxyd; das voll- kommen erkaltete Oxyd erleidet keine Veränderung in trocke- ner Luft während einiger Zeit. In einem Versuche wurde der Wasserstoff statt durch Luft durch Stickstoff verdrängt und hierbei genau dieselbe Zahl erhalten, wie in den Ver- suchen, wo Luft angewendet wurde.

Die gebogene Glasröhre, welche das reducirte Oxyd enthielt, wurde wohl verstopft, in den Kasten der Wage gebracht und daselbst vor dem Wägen eine halbe Stunde gelassen. Das Platinschiffchen wurde nach dem Erkalten rasch in ein Probirröhr chen gebracht und dasselbe gut ver- stopft. Diese Vorsichtsmafsregeln sind durchaus nothwendig, um genaue Resultate zu erhalten, indem das Trioxyd sehr bygroscopisch ist

Der Wasserstoff, welcher zur Reduction diente, wurde auf das Sorgfältigste gereinigt und getrocknet; alle Caout- cfaoucverbindungen und Korke des Apparates wurden mit Kupferdraht fest verbunden und mit geschmolzenem Paraffin überstrichen. Das Gas wurde durch Lösungen von Silber- nitrat und Natriumpyrogallat, Natronlauge und Schwefelsäure geleitet, ging dann durch eine rothgluhende 'Röhre, welche Kupferdrehspäne enthielt, und zuletzt nochmals durch einen Trockenapparat. Um sich zu vergewissern, dafs kein atmo- sphärischer Sauerstoff in den Apparat diffundire , wurde das andere Ende der Verbrennungsröhre mit einer Röhre, welche Phosphorpentoxyd enthielt, verbunden^ die Verbrennungs- röhre erhitzt und sodann 4 Stunden lang Wasserstoff durch den Apparat geleitet. Die Röhre, welche das Phosphor- pentoxyd enthielt, hatte während dieser Zeit nur 0,0002 Grm.

88 Ro 8 coe, Untersuchungen über Vanadin.

an Gewicht zugenommen. Um den Wasserstoff zu trocknen, kann man nur durch Kochen concentrirte Schwefelsäure an- wenden. Bei den ersten Versuchen wurden die Trocken- röhren mit Phosphorpentoxyd gefüllt ; in keinem dieser Falle konnte eine vollständige Reduction erzielt werden ; das Atom- gewicht wurde stets zu hoch gefunden. Nach vieler Ifuhe und Arbeit ergab sich die Ursache davon darin, dafs kleine Mengen des leichten Phosphorpentoxyds , trotz der Baum- wollestopfen, durch den Gasstrom zu dem Vanadinpentoxyd übergerissen wurden. Die kleinste Menge Phosphorpentoxyd verhindert aber eine vollständige Reduction des Vanadinpent- oxyds.

So gaben in einem Versuche 2,9232 Grm. Vanadinpentoxyd 2,4840 Vanadintrioxyd oder V = 65,4.

I

Bei einem iweiten Yersache erhielt man aus 4,2826 Grm. des Pentoxyds 8,6649 Trioxyd oder Y = 55,4.

Das reducirte Oxyd wurde auf Phosphor untersucht, wobei sich ergab, dafs die oberen Schichten Phosphorpent- oxyd enthielten, während die unteren frei davon waren. Um ferner zu zeigen, wie unvollständig die Reduction des phos- phorhaltigen Oxyds ist, wurden 3,4886 Grm. eines solchen in einem trockenen Chlorstrome erhitzt; es blieben 2,165 Grm. Vanadinpentoxyd zurück, wahrend bei vollständiger Reduction nur 1,407 hdtten erhalten werden sollen.

Es wurden nicht weniger als 9 Atomgewichtsbestimmun- gen mit aller möglichen Sorgfalt ausgeführt, in welchen das Resultat zwischen 52,2 und 65,4 schwankte, welches nur davon herrührte, dafs die Trockenröhre Phosphorpentoxyd enthielt. Sobald diese Fehlerquelle aufgefunden und Schwe- felsaure als Trockenmittel substituirt wurde, fand vollständige Reduction statt und die Resultate wurden constant Nimmt man als Formel der Säure V^Os und als die des reducirten

Eos CO e, Untersuchungen über Vanadin, 89

Oxyds VyOs, so erhalt man das Atomgewicht nach folgender Gleichung :

_ 8J6 b 3 a) * "~ a~b '

worin a das Gewicht der angewandten Saure und b das des reducirten Oxyds bedeutet. 1. Bestimmung. Die Säure, welche für diesen, sowie für die folgenden Versuche benutzt wurde, war durch Rösten von Ammonium- yanadat erhalten worden. Dieselbe enthielt Spuren von Phosphor und Kieselerde. Um sie davon zu befreien, wurde sie fein gepulvert mit dem gleichen Gewichte Natrium in einem eisernen Tiegel verpuflTl, das reducirte Oxyd sorg- fältig mit Wasser gewaschen und dann mit Salzsäure be- handelt, um Eisen zu entfernen. Durch Oxydation mit Sal- petersäure wurde das Oxyd wieder in Vanadinsäure ver- wandelt, dieselbe im Wasserstoffstrome reducirt. Durch Ueberleiten von Chlor wurde hieraus das Oxychlorur darge- stellt, dasselbe mehreremale rectificirt und dann durch Was- ser zersetzt. Die so erhaltene Säure wurde getrocknet und mit concentrirter reiner Schwefelsäure befeuchtet in einem Platingefäfse 10 Tage lang Fluorwasserstoffdämpfen ausgesetzt. Die so gereinigte Säure wurde geschmolzen ; sie gab beim Erkalten dunkelrothe durchsichtige Krystalle von 5 bis 6 Centimeter Länge.

Gewicht des Platinscbiffchens nach dem ersten Er- hitzen in der Luft + Röhre*) = 19,6287

*) Diese Glasröhre nebst Stopfen wurden häufig wieder gewogen. Dieselben hatten nach Beendigung der Versuchsreihe nur 0,0004 Grm. abgenommen. Dieses Gewicht, welche die Wage noch ganz gnt anzeigte, ist ohne Einflufs auf das Endresultat. Eine ähnliche Abnahme im Gewichte einer rerstopften Röhre ist von Stas beobachtet worden; dieselbe rührt ron der Reibung des Stopfens her.

nt ■•••:=' "»^-^

90 RoacoCf Untersuchungen über Vanadin.

Gewicht des Platinscfaiffobons nach dem sweiten Er- hitzen in der Lnft -|- Rohre = 19,6287

Schiffchen , Röhre und Vanadinsäare nach einstün- digem Erhitzen in trockener Luft = 27,368

Schiffchen, B5hre und Vanadinsäure' nach zweistün- digem Erhitzen in trockener Luft .....= 27,3684

Schiffchen, Röhre und Vanadinstture nach dreistün- digem Erhitzen in trockener Luft = 27,3684

Gewicht des angewandten Pentoxyds sc 7,7397.

Nach stattgehabter Reduclion wurde nicht eher ge- wogen, bis jede Spur Wasser aus der Röhre verschwunden war. Zwei Wägungen reichen daher hin, uro zu zeigen, ob das Gewicht constant geworden ist.

Schiffchen, Röhre und reducirtes Oxyd nach fünf- stündigem Erhitzen = 26,0120

Schiffchen, Röhre und reducirtes Oxyd 3Vs Stunden

länger erhitzt = 26,0114.

Nach obiger Formel berechnet sich hieraus das Atom- gewicht 51,267.

2. Bestimmung.

Röhre -f- Schiffchen nach dem ersten Erhitzen in

Luft = 19,6268

Röhre -|- Schiffchen nach dem zweiten Erhitsen in

Luft =r 19,6269

Röhre -f Schiffchen -|- Sftnre nach 2V4 stündigem

Erhitzen =: 26,2074

Röhre -^ Schiffchen -f Sfture nach 2Vtitündigem

Erhitzen = 26,2077

Gewicht der angewandten S&ure ....... = 6,5819

Röhre -f- Schiffchen -f reducirtes Oxyd SVs Stun- den im Wasserstoff erhitzt = 26,058

Röhre -^ Schiffchen -|~ reducirtes Oxyd 8 weitere

Stunden erhitzt , = 25,0569

Röhre -\- Schiffchen -^ reducirtes Oxyd 8 weitere

Stunden erhitzt := 25,0560

Röhre -\- Schiffchen -}- reducirtes Oxyd 8 weitere

Stunden erhitzt = 25,0556.

Aus diesen Zahlen ergiebt sich das Atomgewicht zu 51^91.

Roscoe, Untersuchungen über Vanadin. 91

Um dieses Resultat zu bestätigen , wurde das reducirte Oxyd durch Erhitzen in einem trockenen Luflstrome wie- der oxydirt; die pulverförmige Saure, welche dadurch er- halten wurde, hatte eine glänzend orangerotha Farbe; ihr Gewicht kam dem der ursprünglich genommeaen innerhalb Q»0004 nahe :

Platinscbiffchen, Röhre uod Yanadinsftare nach 14 stün-

digem gelindem Erhitzen 26,2075

Platinschiffchen, Röhre und YanadinBAure nach 8 stftn-

digem weiterem Erhitssen 26,2073.

3, Bestimmung, Das Pentoxyd, welches zu diesem Versuche diente, war durch Zersetzen von Oxychlorid von einer anderen Dar- stellung mit Wasser erhalten worden. Es war frei von Phosphor, war aber nicht mit Fluorwasserstoff behandelt worden. Die Reduction wurde in einer U förmigen Röhre von hartem Glase, welche in einem Magnesiabade erhitzt wurde, vorgenommen.

Röhre nach dem ersten Erhitzen 88,4666

Röhre nach dem zweiten Erhitzen 88,4667

Röhre und Vanadinsäure nach einstündigem Erhitzen

in trockener Luft 48,6562

Gewicht der angewandten Sftnre 5,1895

Röhre und redncirtes Oxyd nach 8 stündigem Erhitzen

im Wasserstoff Aber 8 Bunsen'schen Brennern 42,7689

Röhre nnd redncirtes Oxyd im Yerbrennangsofen er- hitzt 42,7678

Röhre nnd redncirtes Oxyd nach zweitem Erhitzen 42,7511

Röhre und redncirtes Oxyd nach drittem Erhitzen . 42,7486.

Hieraus ergiebt sich das Atomgewicht zu 51,485.

Bestimmung. Für diesen Versuch wurde Oxychlorid durch Wasser zersetzt, die erhaltene Saure in Ammoniumvanadat verwan- delt , dieses Salz viermal umkrystallisirt, sodann geröstet und

92 Roscoe^ Untersuchungen über Vanadin,

der Rückstand mit Salpetersaure vollstfindig oxydirt. Die Säure war frei von Phosphor; durch Behandeln mit Fluor- wasserstoff wurde jede Spur von Kieselerde entfernt. Durch einen besonderen Versuch wurde ermittelt, dafs die Schwe- felsäure, womit die Yanadinsäure befeuchtet wurde, ehe man sie den Flufssäuredämpfen aussetzte, beim nochmaligen Glühen vollständig entweicht.

Constantes Gewicht der Röhre und des SchiffohenB . 25,2680

Dieselben mit Pentozyd nach dem ersten Erhitzen in

Luft 30,3109

Dieselben mit Pentozyd nach dem zweiten Erhitzen in

Luft 30,8074

Dieselben mit Pentozyd nach dem dritten Erhitzen in

Luft 30,3088

Dieselben mit Pentoxyd nach dem Yierten Erhitzen in

Luft 30,3080

Gewicht des Vanadinpentozyds 5,0450

Rdbre und Schiffchen mit reducirtem Oxyd nach dem

ersten Erhitzen 29,4290

Röhre und Schiffchen mit reducirtem Oxyd nach dem

zweiten Erhitzen 29,4252

Röhre und Schiffchen mit reducirtem Oxyd nach dem

dritten Erhitzen 29,4244

Röhre und Schiffchen mit reducirtem Oxyd nach dem

vierten Erhitzen 29,4244.

Hieraus ergiebt sich das Atomgewicht zu 51,353.

Das reducirte Oxyd wurde in einem trockenen Luft- strome durch gelindes Erhitzen wieder oxydirt; der Apparat erlangte das constante Gewicht 30,3074, welches innerhalb 0,0006 6rm. das ursprüngliche ist.

Das Mittel aus diesen vier Versuchen ist 51,371. Das Atomgewicht des Vanadins aus der Reduction des Pentoxy des zu Trioxyd kann man daher gleich 51,4 setzen , mit dem wahrscheinlichen Fehler ± 0,07.

Roscoe, Ünl er stichungen über Vanadin. 93

1. Bestimmung 51,257 Abweichoog vom Mittel 0,114

2. , 51,391 n n + 0,020

3. 51,486 , , +0,114

4. 51,358 ^' ^ ^ 0,018 Mittel 51,371 Mittlerer Fehler ±_ 0,066.

Das Mittel aus den Versuchszahlen von B e r z e I i u s ist für VgOö berechnet 52,55, mit dem wahrscheinlichen Fehler von 0^2; wahrend die spateren Bestimmungen von Czudno- wicz die höhere Zahl 55,35 mit einem wahrscheinlichen Fehler von 2,33 ergeben.

Die Thatsache, dafs diese alteren Versuche eine höhere Zahl als die von mir gefundene ergeben, deutet entweder darauf hin, dafs die angewandte Saure noch niedere Oxyde enthielt, oder, was wahrscheinlicher ist, dafs dieselbe nicht vollständig reducirt wurde. Es wurde schon oben darauf hingewiesen, dafs die geringste Spur Phosphor die vollstän- dige Reduction des Pentoxyds zu Trioxyd verhindert. Alle in der Natur vorkommenden Vanadinerze enthalten aber Phosphor, welcher, wenn nur in kleiner Menge vorhanden, nur durch Molybdänsäure nachgewiesen werden kann, eine Reaction, welche zu Berzelius' Zeit nicht bekannt war. Da nun eine vollständige Trennung von Vanadin und Phosphor mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist, so darf man wohl mit Recht annehmen, dafs die höhere Zahl, welche der berühmte schwedische Chemiker fand, davon herrührt, dafs seine Vanadinsäure Phosphor enthielt*).

*) Seitdem ich das Obige niedergeschrieben, habe ich eine kleine Menge von Ammoniummetayanadat erhalten, welches 1831 Ber- selins au Faraday geschickt hat. Dieses Präparat ist jetzt im Besitze meines Freundes Frankland. Derselbe war so gfitig , mir Etwas davon abzugeben , um es auf Pbosphorsäure zu untersuchen. Die klare Lösung des Salzes gab mit Molyb- dänsftureldsung bei gelindem Erw&rmen den charaoteristischen gelben Niederschlag; derselbe wurde gewaschen, in Ammoniak

94 Boscoe, Untersuchungen über Vanadin.

IV. Die Oxyde des Vanadins.

Berzelius bestimmte die Zusammensetzung von drei Oxyden des Vanadins.

1) Das Suboxyd, welches durch Reduction der Saure in Wasserstoff entsteht. Berzelius nahm in dieser Ver- bindung ein Atom Sauerstoff und ein Atom Vanadin an und gab ihm daher die Formel VO = 76.5.

2) Ein Oxyd von der Formel VO2 = 84,5. Diese For- mel leitete er aus der Analyse eines wasserhaltigen Sulfates ab, sowie aus der des präcipitirten Oxyds, welches im luft- leeren Räume getrocknet worden war.

3) Vanadinsfiure VOs =: 92,5, welche dreimal so viel Sauerstoff als das Suboxyd enthält.

Aufserdem erwähnt Berzelius noch einige dazwischen liegende Oxyde, welche er aber weder isolirte, noch ana- lysirte. Die drei erwähnten Oxyde existiren und besitzen im Allgemeinen die von Berzelius angegebenen Eigen- schaften; aber sie alle enthalten in jedem Atom von Ber- zelius' Vanadin (68,5) noch ein Atom Sauerstoff (0 = 16)^ dessen Gegenwart Berzelius nicht vermuthete. Aufser diesen Oxyden giebt es noch ein sauerstoffärmeres, welches das Atomgewicht des metallischen Vanadins von Berze- lius hat und welches die Rolle eines zusammengesetzten Radicales spielt. Man kann dasselbe mit dem Namen Vana- dyl bezeichnen*

Wir haben demnach folgende Oxyde (V = 51,3) :

gelöst und die Lösang mit Magnesiumsolfat u. s. w. Tersetst, wodurch ein nicht unbeträchtlicher Niederschlag von Ammonium- Maguesiumphosphat erhalten wurde. Das obige Vanadat ist demnach stark mit Phosphorsilure verunreinigt Es versteht sich von selbst, dafs das Präparat auf Arsen geprüft wurde und keine Spur desselben nachgewiesen werden konnte.

Roscoe, Untersuchungen über Vanadin. 95

1) Yiuiadindioxyd oder Vanadyl Yfi^,

2) Yanadintrioxyd (Subozyd von B er« e Hub) VjOb oder VjOj + 0. 8) Vanadintetroxyd V,04 oder V,0, + O,.

4) Vanadin pentoxyd (Yanadins&ure) YgOs oder YjOs -|- Og.

1) Vanadin dioxyd oder Vanadyl \%0i. In seinem Bestreben, sich mit Sauerstoff zu verbinden, übertrifft das Vanadin sogar das Uran. Wie dieses letztere Metall (siehe Peligot, Ann. chim. phys. [3], Tomes V et XII), so lafst sich auch das Vanadin nur mit der gröfsten Schwierigkeit von dem letzten Sauerstoffatome losreifsen^ und das niederste Oxyd hat ein so grofses Bestreben, als Radical in viele Ver- bindungen einzutreten, dafs man dasselbe mit Recht als das Radical Vanadyl bezeichnen kann. Vanadindioxyd wird im trockenen Zustande als ein graues metallglanzendes Pulver erhalten, wenn man den Dampf des Vanadyltrichlorids (VOCU) mit einem Ueberschusse von Wasserstoff gemischt durch eine mit Kohle gefüllte rothgluhende Verbrennungs- röhre leitet. Chlorarmere feste Oxychloride setzen sich bei dieser Reaction im dufseren Ende der Röhre ab^ während das Monoxyd als ein glänzend metallisch graues Pulver^ mit dem Ueberschufs von Kohle gemischt, zurückbleibt. Erhitzt man dieses Gemisch heftig in einem Wasserstoffstrome, so wird jede Spur von Chlor ausgetrieben und ein reines Ge- misch von Dioxyd und Kohle bleibt zurück. Das Vanadin- dioxyd löst sich unter Entwickelung von Wasserstoff in ver- dünnten Säuren und bildet dne lavendelblaue Lösung, welche organische Farbstoffe durch Reduction bleicht. In Wasser ist es unlöslich.

Anabfte i. 0,8660 Grm. eines Gemisches von Eoble und Vanadindioxyd wurden mit Salzsäure behandelt, die Kohle auf einem gewoge- nen Filter ausgewaschen und bei 120° getrocknet; dieselbe wog 0,6126. Das Filtrat wurde, mit Salpetersaure yersetzt, zur Trockne Terdampft. Der Rückstand wog nach dem Schmelzen 0,8605.

.'vi*..»-.«5> .

96 Roacoe^ Untersuchungen über Vanadin.

Analyse 2. 0,0996 Grm. desselben Gemische« wurden in einem Sanentoffistrome erhitzt, die Kohlensäure in einem Kaliapparate aufgefangen and die Kuruokbleibende Vanadinsäure gewogen. Es wurden erhalten :

Kohlensäure 0,2482

Vanadinsäure 0,0416.

Der Procentgehalt an Vanadindioxyd ist daher im grauen

Pulver :

I. IL

106,8 96,1.

Vanadindioxyd in Lösung. Vanadinpentoxyd wird von kochender concentrirter Schwefelsaure mit dunkelrother Farbe gelöst. Verdünnt man diese Lösung mit der fünfzig- fachen Menge Wasser und erwärmt dieselbe gelinde mit Zink, so ändert sich die Farbe der Flüssigkeit rasch und geht durch alle Schattirungen von Blau und Grün, bis sie endlich eine bleibende violette oder Lavendelfarbe annimmt. Die Lösung enthalt sodann Dioxyd als schwefelsaures Salz. Diese Verbindung absorbirt Sauerstoff mit solcher Gierigkeit, dafs sie Indigo und andere Pflanzenfarben so rasch wie Chlor bleicht, und ihre Wirkung scheint kräftiger wie die irgend eines anderen reducirenden Mittels zu sein. Um die Oxydationsstufe des gelösten Vanadins festzustellen, wurde titrirte Kaliumpermanganatlösung so lange hinzugesetzt, bis eine bleibende röthliche Färbung eintrat.

Versuche, welche mit Vanadintrioxyd, dessen Zusammen- setzung auf anderem Wege ermittelt worden war, gemacht wurden , haben gezeigt , dafs sich hierbei Vanadinpentoxyd bildet, und dafs wenn Schwefelsaure im Ueberschufs vor- handen ist, man sehr genaue Resultate erhält *).

*) Diese Methode der Analyse wurde von Czudnowics Yorge- schlagen (Pogg. Ann. CXX, 87). Die Resultate, welche er er- hielt, stimmt indessen durchaus nicht mit den meinigen. Der- selbe erhielt keine violette Lösung bei der Einwirkung Ton Zink, indem er die Reductiou nicht lange genug andauern liefs.

Roseoe, Untersuchungen über Vanadin, 97

Der Titer der Kaliumpermanganallösiing , welche ans reinen Krystallen bereitet worden war, wurde sowohl mittelst Eisen , als auch mittelst Oxalsäure festgestellt. 1 CG. ent- sprach 0,001413 Grm. Sauerstoff im Mittel von drei gut stim* menden Versuchen :

1. 2. 8.

Gewicht des angewandten Yanadinpentoxyds 0,1088 0,0968 0,1672

CO. der Permanganatlösnng 19,4 18,2 81,6

Sanerstoffrerliut auf 100 Theile des Pentozyds 26,4 26,6 26,6.

100 Theile Pentoxyden geben, zu Dioxyd reducirt, 26,3 Th. Sauerstoff ab ; die Hittelzahl aus obigen Versuchen ist 26,53. Um diese Analysen zu controliren, wurde eine frische Permanganatlösang dargestellt. 1 CC. derselben ent- sprach 0,001301 Grm. Sauerstoff.

0,1897 Grm. Yanadinpentoxyd in Schwefelsäure gelöst nnd doroh Zink reducirt erforderten zur Oxydation 27,7 CC. obiger Lösong, entsprechend 25,8 Th. Sanerstoflf aaf 100 Th. der angewandten Substanz.

Um über die Zuverlafslichkeit dieser Methode keinen Zweifel zu lassen , wurde 0,1 Grm. Yanadinpentoxyd in Schwefelsäure gelöst und zu der mit Wasser verdünnten Lösung Permanganatlösung zugesetzt, bis deutliche Rothfarbung eintrat; es waren dazu 0^3 CC. erforderlich. 5 Grm. des zur Reduction dienenden Zinks wurden in Schwefelsaure gelöst; diese Lösung wurde durch einen Tropfen der Per- manganatlösung deutlich geröthet.

Die schwefelsaure Lösung des Vanadinpentoxyds wird durch Cadmium und durch Natriumamalgam auf dieselbe Weise wie durch Zink in die violette des Dioxyds verwandelt. Bei der Reduction mit Cadmium wurden, um die Wasserstoff- entbindung zu erleichtern, Platinschnitzel zugesetzt.

Reduction darch Cadmium durch Natriumamalgam Gewicht Ton VjO» 0,0897 0,0681

CC. ▼onKMnO^ (1 CC. = 0,001413 0) 16,4 12,8

SauerstofipTerlast auf 100 yfi^ 25,8 26,6.

Die Mittelsahl aus den 6 Analysen iat 26,8.

Annal. d. Chem. a. Pb«nn. VI. Sapplementbd. 1. Hell. 7

98 Roacoe, Untersuchungen über Vanadin,

Die violette Lösung enthfilt sehr wahrscheinlich Vana- dinsalfat oder Schwefelsäure, in welcher 1 oder mehrere Atome Wasserstoff durch das Mtftall ersetzt sind. Die For- mel für diese Salze ist durch weitere Versuche noch fest-

«

zustellen.

Setzt man zu der Flüssigkeit Ammoniak oder Ealilauge, so erhält man einen braunen Niederschlag von Vanadin- hydroxyd, welches augenblicklich Sauerstoff absorbirt

Setzt man die möglichst neutralisirte Lösung des Hon- oxyds einige Secunden der Luft aus, so ffirbt sie sich rasch dunkelchocoladebraun. Diese Parbenveranderung findet so schnell statt, wenn die freie Säure durch Zink nahezu neu- tralisirt ist, dafs dieselbe ein vortreffliches Reagens auf freien Sauerstoff abgiebt, welches in Nichts einer alkalischen Pyrogallussäurelösung nachsteht.

Leitet man einen Luflstrom durch die saure Lösung des Dioxyds, so verändert die Flüssigkeit ihre Farbe alkndiig zu einem reinen Blau und enthält alsdann Vanadintetroxyd. Die braune Lösung, welche sich bildet, wenn die neutrale Lösung der Luft ausgesetzt wird, enthält Vanadintrioxyd ; auf Zusatz einer Säure wird dieselbe gVun.

Den Punkt, wenn die Flüssigkeit anfängt organische Farbstoffe zu bleichen, kann man leicht feststellen, indem man dieselbe von Zeit zu Zeit mit Lackmuspapier prüft

Bei der Farben Veränderung, welche die Lösung des Pentoxyds unter Elnflufs von Zink erleidet, kann man 8 Phasen unterscheiden :

Farbe

Reaction

Oxydationsstnfe

1) grün

saaer

Pentozyd und Tetroxyd

2) blaugrün

ff

ff ff ff

8) blaa

11

Tetroxyd

4) grflnlich-blau

9

Tetrozyd und Trioxyd

5) grün

bleicht schwach

Triozyd mit wenig Dioxyd

6) grünlich-Tiolett

bleicht stark

Trioxyd and Dioxyd

7) bmolich-riolett

*

ff ff «

8) Yiolett

9

Dioxyd.

Roacoe, Untersuchungen über Vanadin. 99

Die Flüssigkeit wirkt demnach bleichend, sobald die Bildung des Dioxyds anfangt. Ein quantitativer Versuch zeigte^ dafs die bleichende Wirkung der Lösung aufhört, wenn 100 Theile Dioxyd 9,5 Tbeile Sauerstoff aufgenommen haben; zur vollständigen Ueberführung in Trioxyd sind 11,9 Theile Sauerstoff erforderlich. Die leichte Reduction des Vanadinpentoxyds durch Zink in Dioxyd, dessen Menge durch Permanganat genau festgestellt werden kann, giebt eine ein- fache Methode zur quantitativen Bestimmung von Vanadin bei Gegenwart anderer Metalle.

2) Vanadintrioxyd (Suboxyd von Berzelius), VjOs. Das wasserfreie Trioxyd wird bekanntlich dadurch erhalten^ dafs man Vanadinpentoxyd durch Wasserstoff bei Rothglüh- hitze reducirt. Man kann dasselbe im Wasserstoffstrome zu Weifsgluth erhitzen, ohne dafs ein Gewichtsverlust stattfindet.

0,411 Grm. Vanadinpentoxyd worden durch Wasserstoff reducirt nnd dabei zwei Stunden lang in einem Windofen zur Weifs- gluth erhitzt; es worden 0,366 Trioxyd erhalten, anstatt der berechneten Menge 0,868.

Berzelius hat die Eigenschaften dieses Oxyds genau und vollständig beschrieben; ich habe seinen Angaben nur noch hinzuzufügen, dafs dasselbe sich nicht nur unter Glühen oxydirt^ wenn man es noch warm der Luft aussetzt, sondern dafs es auch bei gewöhnlicher Temperatur langsam Sauer- stoff aufnimmt. Nach mehreren Monaten verwandelt sich das schwarze amorphe Trioxyd unter Aufnahme eines Atoms Sauerstoffs in kleine indigoblaue Krystalle von Tetroxyd.

Vanadintrioxyd in Lösung, Das Trioxyd ist unlöslich in Säuren; es lafst sich aber auf folgende Weise in Lösung bringen. Man setzt zu der verdünnten schwefelsauren Lösung des Pentoxyds einen Ueberschufs von Magnesium. Die Far* benveranderung, welche eintritt, ist dieselbe, wie bei der Reduction mit Zink, Cadmium und Natriumamalgam, geht aber

7*

100 Roscoe, Untersuchungen über Vanadin.

nicht bis Violett, sondern bleibt bei Grün stehen, und die Lösung enthalt alsdann Vanadintrioxyd. Um sich zu Yer- gewissern, dafs die oben beschriebene Methode der Analyse durch Oxydation mit Permanganat zuverlässig ist, wurden 0,4043 Grm. Vanadinpentoxyd durch Wasserstoff reducirt und das reducirte Trioxyd in eine Kochfiasche gebracht, welche verdünnte Schwefelsäure enthielt und mit Kohlen- saure gefüllt war. Auf Zusatz der titrirten Permanganat- lösung trat rasche Oxydation ein, und das gebildete Pent* oxyd löste sich in der Schwefelsaure. Es wurden zur voll- ständigen Oxydation 50,4 CG. Permanganatlösung (1 CG. = 0,001413 Grm. 0) verbraucht, was 21,35 pG. Sauerstoff entspricht, vvahrend die Theorie 21,24 pG. verlangt.

Das durch Reduction mit Magnesium in Lösung erhaltene Trioxyd wurde mit derselben Permanganatlösung oxydirt mit den nachfolgenden Resultaten :

1. 2. 8. 4.

Gewicht des Vanadinpentoxyds 0,0759 0,1598 0,1025 0,1187

CG. der PermanganaÜösuDg 9,4 19,6 18,0 15,0

SauerstoffVerlust auf 100 Th. des

Pentozyds 17,5 17,88 17,9 17,9

SauerstoffYerlust aaf 100 Th. des

Pentoxyds berechnet 17,5

Eine Lösung des Trioxyds kann ferner dadurch erhalten werden, dafs man die violette Lösung des Dioxyds durch einen Ueberschufs von Zink neutraiisirt , und nachdem man das Qberschässige Zink entfernt hat, einen Luflstrom durch die Lösung leitet, bis dieselbe eine dunkelbraune Farbe ange- nommen, welche auf Zusatz einiger Tropfen Sdure in Gräo übergeht, und, wie folgende Analysen zeigen, Trioxyd enthält

1) Durch die yiolette Lösung, welche durch Reduction Ton

0,1672 Grm. ^%0^ erhalten worden, wurde eine Stunde lang Luft geleitet Zur Oxydation wurden 21,9 CC. der obigen Permanganatlösung verbraucht.

2) Eine Lösung, welche aus 0,1652 Grm. VgOe bereitet worden

war, wurde ozjdirt, indem man Luft 4 Stunden lang durch-

Roacoßj Untersuchungen über Vanadin. 101

leitete. Zur Oxydation waren 21,0 CG. der Permanganat- lösong (1 CG. = 0,001320 Qtxm. O) erforderlich.

Hiernach nahmen 100 Theile des Dioxyds im ersten Falle 13,05 pC. und im zweiten 12,96 pC. Sauerstoff auf; die be- rechnete Menge ist 11,9 pC.

Wie schon erwähnt ist die neutrale Lösung des Trioxyds braun und wird durch Sauren grün; beide Lösungen ent- halten dasselbe Oxyd. Eine braune Lösung wurde in zwei gleiche Theile getheilt, der eine mit Säuren versetzt und beide durch Permanganat oxydirt. Die braune nahm 12,13 pC. und die grüne 10,82 pC. Sauerstoff auf.

Wirkung von Chlor auf Vanadmtrioxyd, Berze- lios gab diesem Oxyd die Formel VO (V == 68,5), welche er aus der Veränderung, die es bei Einwirkung von Chlor erleidet, ableitete. Es wurde schon oben erwähnt, dafs das bei dieser Reaction sich bildende Chlorid ein Oxychlorid ist und die stattfindende, Zersetzung durch folgende Gleichung ausgedruckt wird :

8 v,o, + 6 Gl, = VjOg + 4 voa».

Um die Reinheit des durch Reduction erhaltenen Trioxyds zu prüfen, wurde eine gewogene Menge desselben in einem trockenen Chlorstrome erwärmt und das zurückbleibende Pentoxyd gewogen :

1) 4,6004 Grm. V^Og gaben 1,8807 YgO» anstatt 1,8597. '

2) 2,686 Grm. V^Os gaben 0,992 Yfi^ anitatt 1,0858.

Die . in der grünen Lösung enthaltene salzartige Ver- bindung ist bis jetzt nicht isolirt worden ; ihre Formel konnte daher noch nicht festgestellt werden.

3) Vanadintetroosyd ^ VgOi. Die wasserfreie Verbin- dung erhielt Rerzelius, indem er die schwefelsaure Lösung mit Natriumcarbonat fällte und den Niederschlag im luftver- dännten Räume trocknete. Er 'fand , dafs 100 Theile der- selben in Wasserstoff rjeducirt 90,67 seines Suboxyds hinter-

102 Rosöoe, Untersuchunpen über Vanadin.

liefsen, und schlofs hieraus, dafs das „Vanadinoxyd^ doppelt so viel Sauerstoff enthalte^ als das Suboxyd, und g^ab ihm die Formel VO«.

Wie oben schon erwähnt, läfsi sich das wasserfreie Tetroxyd auch dadurch erhalten, dafs man das Trioxyd meh- rere Monate lang[ der Einwirkung des atmosphärischen Sauer- stoffs aussetzt.

1,1686 Grm. der so erhaltenen blauen Krystalle,- welche unter der Glocke der Luftpumpe Yollkommen getrocknet waren, gaben beim Erhitzen an der Luft 1|2688 Vanadinpentoxyd oder nahmen 8,57 pC. Sauerstoff auf, statt der berechneten 9,69 pC.

Am 13. November 1866 wurden 0,7507 Grm. des schwarzen Vanadintrioxyds der Luft augg^esetzt und von Zeit zu Zeit g^etrocknet und wieder gewogen.

Am 4. Februar 1867 hatte es seine Farbe in Schwarz- blau verändert und wog nun 0,8112 Grm.

Am 25. März 1867 wog es 0,8267 Grm. und hatte nun 10,13 pC. Sauerstoff aufgenommen, oder nahezu 1 Atom, für welches sich 11,87 pC. Sauerstoff berechnen. Seine Farbe, welche jetzt dunkelblau war, änderte sich bei weiterer Ein- wirkung in dunkles Olivengrön, was auf Aufnahme von Wasser und Bildung eines Hydrats beruht.

Vanadintetroxyd in Lösung. Die Lösungen dieses Oxyds in Säuren sind rein blau gefärbt. Man erhält dieselben durch Reduction der Lösung des Pentoxyds in Schwefelsäure vermittelst schwefliger Säure, Schwefelwasserstoff und wahr- scheinlich auch Oxalsäure, Alkohol und Zucker, oder indem man die saure Lösung der niederen Oxyde durch einen Luftstrom oxydirt.

Um die durch Reduction durch Schwefelwasserstoff und durch schweflige Säure erhaltene Oxydationsstufe zu bestim- men, wurde die Lösung in einer Atmosphäre von Kohlensäure

Rosooej Untersuchungen über Vanadin^ 103

Cfekocht, um den Uebersobufs des redvcirenden Mittels zu entfernen , und nach dem Erkalten mit Permanganat oxydirt.

Darch schweflige Bäure reducirt 1. 2. 3.

Gewicht ron V,05 0,1062 0,1106 0,1060

CC. Permanguiat (1 CC.=: 0,001418 Gnn.) 6,7 7,0 6,8

Baaerstoffyerlast auf 100 Theile V,05 8,91 8,94 8,97

Durch Schwefelwasserstoff redacirt 4. 6. 6.

Gewicht Ton V^Ob 0,1248 0,1489 0,1289

CC. Permanganat (1CC. = 0,001413 Orrn.) 8,8 9,6 7,9

Sanerstoffyerlast auf 100 Theile ¥,0, 9,39 9,01 9,00.

Das Mittel aus diesen Zahlen ist 9,03; die Rechnung verlangt 8,75 pG.

0,1149 Gnn. Vanadinpentozyd wurden dnreh Zink redacirt und durch die saure Lösung ein Luftstrom wfthrend 15 Stunden geleitet. Es wurden 9,6 00. Permanganatldsung rerhraucht (1 00. = 0,00182 Grm.).

0,0919 Grm. des Pentoxyds eben so behandelt verlangten 6,8 CO. 2ur ToUstftndigen Wiederoxydation.

Hiemach nahmen 100 Theile des Dioxyds im ersten Fi^Ue 20,9 und im sweiten 23,4 Theile Bauerstoff auf, während sich 28,78 berechnen.

Das Sulfat, welches man durch Verdampfen der blauen Lösung erhält, wurde von Berzelius analysirt. Man kann dasselbe als Vanadylsulfat betrachten, oder Schwefelsäure, in welcher Wasserstoff durch das Radical VO ersetzt ist :

4) Vanadinpentozyd ( Vanadinaäure) j VgOs. •— Die Eigenschaften dieses Oxyds hat Berzelius ausführlich be- schrieben. Nordenskiöld hat später noch die Krystallform (rhombisches Prisma) bestimmt *), In der vorliegenden Hit- theilung beabsichtige ich, die Eigenschaften und die Zusam-

*) Pogg. Annr CXU, leO.

104 Boseoe, Untersuchungen über Vanadin,

mensetzung dieses Oxyds und der Vanadate nur in so fern zu besprechen, als es noth wendig ist, um das wahre Atom- gewicht des Metalls zu bestimmen.

Constitution der sogenannten Monovanadate, Die Ana- lysen des Ammonium- und Baryumvanadats , welche Ber- zelius ausgeführt hat, genügen, um die Constitution dieser Salze festzustellen. Aus den Formeln^ welche er giebt, das Atomgewicht des Metalls zu 68,5 angenommen^ geht hervor, dafs dieselben als Metavanadate betrachtet werden müssen, wenn man das richtige Atomgewicht 51,3 gebraucht.

Berzelius' Formeln (V = 68,5 ; O = 8) Monoammonium-VaDadat NHsVOs -f- HO.

Monobaryum-Vanadat BaOVOa.

Neue Formeln (V = 61,3; 0 == 16) NH4VO8 Ammonium-Metavanadat

Ba(V08)8 Barjrnm-Metavanadat.

Um Berzelitts' Analysen des Ammoniumsalzes zu be- stätigen, wurden folgende Analysen des weifsen wasserfreien Salzes gemacht, welches man erhalt, wenn man Vanadin- pentoxyd in Wasser suspendirt; Ammoniak einleitet und das Salz wiederholt umkrystallisirt. Erhitzt man das Salz in einem Sauerstoffstrome, so bildet sich Vanadinpentoxyd, wel- ches geschmolzen und gewogen wurde.

Angewandtes Vanadinpentoxyd Procentgehalt

Salz gefanden an Vanadinpentoxyd

1. 6,8581 5«8263 77,72

3. 3,0446 1,6903 77,78

8. 2,6129 3,0814 77,75.

Der berechnete Procentgehalt ist 77,82; Berzelius fand 77,59.

Constittäion der sogenannten Bivanadate, Die Bi- vanadate, welche man aus den Monovanadaten nach Ber- zelius' Angabe dadurch erhalt, dafs man die Monovana-

Roacoey Untersuchungen über Vanadin, 105

date vorsichtig mit Essigsäure behandelt, sind durch v. Hauer analysirt worden *). Das Ammonium- und das Natriumsalz entsprechen den Formeln NH4O, 2VO3 und NaO, 2VO3, wenn V = 68,5 und 0 = 8. Unter Zugrundelegung der neuen Atomgewichte werden dieselben :

(NH^,V40a und Na,V40u ,

d. h. Verbindungen der Metavanadate mit Pentoxyd :

2 (NH4VO,) + V.Og und 2 (NaVO,) + VgOg. Gonstitution der normalen Vanadate. Dafs die nor- noiale Vanadinsaure dreibasisch ist, geht aus der zuerst von Czudnowicz **) beobachteten Thatsache hervor, dafs wenn man Vanadinpentoxyd mit Natriumcarbonat zusammen- schmilzt, für jedes V^Os 3 CO2 entweichen.

0,4323 Grm. Yanadinpentoxyd worden mit wasaerfreiem Sodium- carbonat so lange erhitzt, bis kein Gewichtsverlust mehr stattfand; das Gewicht der entwichenen Kohlensäure betrug 0,3078, oder 1 Mol. Pentoxyd verdrängte 2,957 oder nahezu 3 Mol. Kohlensäure. Das normale Sodinmvanadat ist daher NaaVO*.

V. Die Oxychlaride des Vanadins.

1) Vanadinoxychhrrid oder VanadyUrichlorid^ VOCI3. Dafs das hellgelbe Chlorid , welches bei Einwirkung von Chlor auf Vanadintrioxyd entsteht, Sauerstoff enthält, wurde auf verschiedene Weise ermittelt.

1) Einige Gramme des Chlorids wurden in eine Kugel- röhre gefüllt und dieselbe mit einer langen Verbrennungs- röhre verbunden, welche zur Hälfte mit reiner Zuckerkohle and zur anderen Hälfte mit Kupferdrehspänen gefüllt war. Das andere Ende der Kugelröhre wurde dann mit einem Apparate verbunden^ welcher vollkommen reinen und trocke- nen Wasserstoff lieferte. Der Wasserstoff wurde auf die

•) Journ. f. pract. Chem. LXIX, 888. ♦•) Pogg. Ann. CXX, 38.

106 Roscoej Untersuchungen über Vanadin.

oben beschriebene Weise vollständig von Sauerstoff befreü und in der Kalte so lange durch den Apparat geleitet^ bis jede Spur Luft daraus verdrängt war. Kohle und Kupfer wurden sodann zum Glühen erhitzt und das entweichende Gas in Barytwasser geleitet Sobald in demselben auch nach 15 minutigem Durchleiten keine Trübung mehr eintrat, wurde ein Liebig 'scher Kugelapparat^ welcher klares Barytwasser enthielt, mit dem Apparate in Verbindung gebracht. Die Kugel, welche das Oxychlorid enthielt und bis dahin kalt gehalten worden war, wurde nun erwärmt, um das Chlorid in die Röhre überzudestilliren. Die Dämpfe kamen mit der glühen- den Kohle in Berührung und bald darauf entstand im Baryt- wasser ein dicker Niederschlag von Baryumcarbonat , wo- durch bewiesen ist, dafs das Chlorid sauerstoflfhallig ist und in Berührung mit Wasserstoff und glühender Kohle theil- weise Zersetzung erleidet.

Dieser Versuch wurde zweimal genau mit denselben Resultaten wiederholt. Es ist indessen anmöglich, den Sauerstoff quantitativ zu bestimmen, da nur ein kleiner Bruch- theil sich mit Kohlenstoff verbindet und die bei Weitem gröfsere Menge mit dem Metall verbunden bleibt und Vana- dindioxyd sowie die weiter unten beschriebenen festen Oxy- chloride entstehen.

2) Leitet man die Dämpfe des gelben Chlorids über Magnesium, welches in einer Atmosphäre von reinem Wasser- stoff erhitzt wird, so tritt eine heftige Reaction ein und das Metall verbrennt. Nach dem Erkalten wurde das überschüs- sige Metall sorgfältig entfernt Das zurückbleibende dunkle Pulver wurde wiederholt mit kochendem Wasser ausgezogen, um Magnesiumchlorid zu entfernen und das Ungelöstblei- bende mit Salzsäure behandelt, welche eine grofse Menge Magnesia aufnahm, deren Sauerstoff nur aus dem Oxychlorid stammen konnte.

Roscoe, Untersuchungen über Vanadin. 107

3) Ein ähnlicher Versuch wurde mit Natriom ausgeführt. Es bildete sich dabei nahe bei dem Platinschiffchen, in wel- chem das Metall enthalten war, eine dicke Kruste von Natron«

4) Die Dampfe des Oxychlorids wurden mit Wasserstoff gemengt durch eine rothglühende Röhre geleitet. Das Chlorid wurde zersetzt; im vorderen Theile der Röhre bil- deten sich schwarze glänzende Krystalle von Vanadintrioxyd, weiter hinten setzten sich fesle Oxychloride ab und aufser- dem bildete sich eine kleine Menge einer dunkelrothen Flüs- sigkeit; die schwarzen Krystalle enthielten kein Chlor.

0,0860 Grm. derselben gaben bei der Oxydation 0,1051 Yanadin- pentoxyd, entsprechend 99,2 pC. Trioxyd.

5) Destillirt man das Oxychlorid rasch über rothglühende Kohle, oder stellt man dasselbe dar, indem man ein Gemisch von Trioxyd und Kohle mit Chlor behandelt^ so erhält man eine dunkel - braunrothe Flüssigkeit, welche ein Gemisch von Oxychlorid mit anderen Chloriden ist. Bestimmt man in demselben Chlor und Vanadyl (VO = 67,3), so er- hält man Zahlen , welche addirt 103 bis 105 pC. geben. Diese Flüssigkeit mufs neben dem Oxychlorid noch ein sauerstoflTfreies Chlorid enthalten.

Darstellung des Vanadj/ltrichlorids.

1) Man mischt feingepulvertes Vanadinpentoxyd mit reiner, aus Zucker bereiteter Kohle und erhitzt das Gemenge in einem Wasserstoffslrome zum Glühen. Man läfst im Wasser- stofTstrome erkalten und bringt dann die Substanz in eine Retorte aus schwer schmelzbarem Glase, welche durch einen grofsen Bunsen 'sehen Brenner erhitzt wird, und leidet sodann durch den Tubulus trockenes Chlor ein. Auf diese Weise wurden in einer Operation 180 Grm. von rohem röthlich gefärbtem Oxychloride erhalten.

Um daraus die reine Verbindung abzuscheiden , erhitzt man dieselbe zum Sieden in einem Kolben, welcher mit einer aufwärts gerichteten Kühlröhre verbunden ist, und leitet durch

108 Roscoe, Untersuchungen Über Vanadin*

Dann rectificirt man wiederholt über Natrium in einem Strome von Kohlensanre ; kleine Hengen anderer Chloride, welche beigemischt sind, werden dabei zersetzt und das Natrium bedeckt sich mit einer dunkeln Kruste. Die Flüs- sigkeit nimmt nach und nach eine bernsteingelbe Farbe an und bildet zuletzt eine citronengelbe Flüssigkeit mit con- stantem Siedepunkte.

2) Als hellgelbe Flüssigkeit erhält man das Oxychlorid in der ersten Operation , wenn man trockenes Chlor über gelinde erhitztes Sesquioxyd leitet. Um einen Ueberschufs von Chlor daraus zu entfernen, erhitzt man es, wie oben ange- geben , unter Durchleiten von trockener Kohlensäure und erhält es dann durch einmalige Rectification über Natrium rein.

Der Siedepunkt des reinen Chlorids wurde bei einem Barometerstand von 767 MM. zu 126^,7 gefunden; zu dieser Bestimmung wurden 100 Grm. der Flüssigkeit verwandt Das specifische Gewicht ergab sich :

bei 140,5 1,841

bei 170,5 1,836

bei 240,0 1,828.

Das Vanadinoxychlorid bleibt bei 15^ noch flüssig. Da der Ausdehnungscoefficient dieser Flüssigkeit noch

nicht bei einer Temperatur oberhalb 24^ bestimmt worden ist, so konnte das Atomvolum nicht festgestellt und mit dem des Phosphoroxychlorids verglichen werden. Die Dampfdichte wurde nach Dumas' Methode bestimmt und dabei die folgen- den Zahlen erhalten :

Gewicht des Ballons mit Luft bei lio ....=: 6,5178

Barometerstand =: 776,5 MM.

Gewicht des Ballons mit Dampf bei I860 . . . = 7,0003

Barometerstand = 780 MM.

Rauminhalt des Ballons =r 185,18 CG.

Gefunden Berechnet

H = 1 88,20 86,80

Luft = 1 6,108 6,000.

Boacoe, Untersuchungen über Vanadin* 109

Analyae des Vanadyltrichlorids. Zweite Methode der Atomgewichtsbesümmung. Die BestimmuTig des Atomge- wichts der Metalle durch Analyse der flüchtigen Chloride hat den Uebelstand, auf welchen schon Pierre aufmerksam gemacht hat *), dafs diese hygroscopischen Körper mit grofser Begierde den Wasserdampf der Luft an sich ziehen. Diese Fehlerquelle kann indessen dadurch vermieden wer- den, dafs man eine grofsere Menge des Chlorids darstellt und dasselbe schnell in mehrere gewogene kleine Glaskugeln einschmilzt.

Die nachstehenden AI Bestimmungen wurden mit der gröfsten Sorgfalt ausgeführt; die erhaltenen Zahlen stimmen gut mit denen, welche die Reductionsmethode ergab, und dienen daher als wichtige Controle für die Zuverlässigkeit der ur- sprünglich angewandten Methode.

Volttmetrische Bestimmung des Chlors. Durch beson- dere Versuche wurde ermittelt, dafs wenn man das Oxy- chlorid durch Wasser bei Gegenwart von Silbernitrat und Salpetersäure zersetzt, das ausgeschiedene Silberchlorid keine Spur Vanadinpentoxyd mit niederreifst.

Bei der Darstellung von reinem Silber, sowie bei der Analyse selbst, wurde genau nach Stas* Vorschrift ver- fahren **), Die Salpetersäure wurde so dargestellt, dafs man vpn einer grofsen Menge reiner Säure V5 abdestillirte und das darauf folgende Destillat getrennt auffing. Dasselbe war ganz frei von Chlor; eben so das destillirte Wasser, welches durch zweimalige Destillation erhalten worden war. Das Gewicht des anzuwendenden Silbers wurde aus einer vorausgehenden Gewichtsanalyse berechnet und es wurden jedesmal mehrere Titrirungen auf einmal ausgeführt. Die

•) Ann. chim. phys. [8] XX, 257.

*) KechercheB sur les rapports eto. 1860, p. 26.

110 Roscoej Untersuchungen über Vanadin.

abgewogfene Menge reinen Silbers wurde mit der zehnfachen Menge reiner Salpetersäure vom specifischen Gewichte 1,2 in eine gut verstopfte Glasflasche von 300 CG. Inhalt ge- bracht und das Ganze so lange auf ungefähr 40° erhitzt, bis das Silber gelöst war. Nach dem Erkalten wurde die Glas- kugel^ welche die abgewogene Menge von Vanadyltrichlorid enthielt, in die Flasche gebracht, dieselbe verstopft ond die Kugel durch Schütteln zerbrochen. Sodann wurde so viel destillirtes Wasser zugesetzt, dafs das Gewicht der gesamm- ten Flüssigkeit das 40- bis 50 fache des Silbers betrug. Die niederen Oxyde des Stickstoffs, welche in der Flüssigkeit vorhanden sind, reduciren das Vanadinpentoxyd, und es bil- det sich eine rein blaue Flüssigkeit, in welcher sich leicht die geringste Trübung von Silberchlorid erkennen liefs.

Gay-Lussac und Stas haben beobachtet, dafs, wenn bei volumetriscfeen Chlorbestimmungen die Flüssigkeit noch 1 bis 2 Milligramme Silber im Liter in Lösung enthalt, so- wohl eine Silberlösung, wie eine Chloridlösung darin eine Trübung erzeugt. Dasselbe wurde bei den volumetrischen Analysen des Vanadyltrichlorids beobachtet, und um die Re- sultate vergleichbar zu machen, wurde, genau nach der An- gabe von Stas, die Decimalkochsalzlösung so lange hinzu- gefügt, bis keine weitere Trübung sich zeigte. Der Fehler, welcher hierdurch entsteht, ist so gering, dafs er noch nicht 0,0005 beträgt, und wird aufserdem zum Theil dadurch aufgehoben, dafs das Silber noch eine Spur Ver- unreinigung enthalt. Das im Filtrat enthaltene Vanadin wurde bei mehreren Versuchen dadurch bestimmt, dafs man den Ueberschufs des Silbers durch Salzsäure ausfällte, ein- dampfte, um den gröfsten Theil der Säure zu entfernen^ so- dann vom Silberchlorid abfiltrirte und das Filtrat in einer Porcellanschale zur Trockne verdampfte^ den Rückstand in

RoscoBy Untersuchungen über Vanadin.

m

einer Platinschale mit Satpetersäure oxydirte und die ge- schmolzene Saure wog.

Es wurden im Ganzen 9 volumetrische Bestimmungen gemacht; die Resultate sind im Folgenden zusammengestellt. Zu den Analysen 1 bis 4 wurde dasselbe Chlorid- genom- men , zu 5 und 6 das von einer zweiten Darstellung und zu 7 und 8 das ?on einer dritten Darstellung.

Gewicht des

Gewicht des zur Fftllang

Procente*)

Trieb lorids

erforderten Silbers

Chlor

1.

2,4322

4,5525

61,49

2.

4,6840

8,7505

61,37

3.

4,2188

7,8807

61,37

4.

8,9490

7,8792

61,39

5.

0,9248

1,7267

61,37

6.

1,4330

2,6769

61,87

7.

2,8580

5,2853

60,86

8.

2,1252

2,9535

61,11

9.

1,4248

2,6642

61,43

Im Mittel 61,306.

Gewkhtsbeatimmung des Chlors. Um die volumetri- sehen Chlorbestimmungen zu controliren , wurden einige Gewichtsanalysen auf gewöhnliche Weise ausgeführt. Wie besondere Versuche ergaben, ist das gefällte Silberchlorid frei von Vanadin.

Gewicht des ange-

Gewicht d. gebildeten

Procentgehalt

wandten Trichlorids

Silberchlorids

an Chlor

1.

1,8521

4,5932

61,33

2.

0,7013

1,7803

61,01

3.

0,7486

1,8467

61,00

4.

1,4408

3,5719

61,30

5.

0,9453

2,3399

61,21

6.

1,6188

4,0282

61,55

7.

2,1936

5,4809

61,22

8.

2,5054

6,2118

Im i

61,31

iittel 61,241.

*) Bei dar Berechnung wurden die Zahlen von Stas angewendet, nimlioh O = 16; Ag =: 107,93; Cl = 35,457.

112 Roscoe, Untersuchungen über Vanadin,

Die obigen 17 Bestimmangen ergeben im Mittel 61,276 pC. Chlor; hieraus berechnet sich das Atomgewicht des Vana- dins :

(106,371 X 100) - (122,371 X 61,276) ^. _.

61,276 ^^'^^•

Die Reduction des Pentoxyds in Wasserstoff gab 51,37. Im Mittel aller Bestimmungen ergiebt sich daher die Zahl 5i,33 als Atomgewicht des Vanadins.

Bestimmung des Vanadins. In einigen Fällen wurde das Vanadin im Vanadyltrichlorid direct bestimmt (Analysen 1 und 4)^ während in anderen (2 und 3) die vom Silber- chlorid abfiltrirte Flüssigkeit dazu verwendet wurde.

Gewicht des Procentgehalt

Pentoxyds an Vanadin

0,7868 29,20

0,3679 29,47

0,8959 29,71

0,6252 29,94

Gewicht des

Trichlorids

1.

1,4188

2.

0,7013

8.

0,7486

4.

1,1731

Mittel 29,58.

Hieraus ergiebt sich die Zusammensetzung des Vanadyl- trichlorids :

Berechnet Gefunden

y 51,3 29,54 29,58

Clj 106,37 61,25 61,27

O 16,00 9,21

173,67 100,00.

2) Vanadyldichlorid oder Vanadinoxydichlorid, VOCIj. Diese Verbindung entsteht neben anderen festen Oxychlori* den, wenn der Dampf des Vanadyltrichlorids mit Wasserstoff gemischt durch eine glühende Glasröhre geleitet wird. Leichter und ganz rein erhält man diesen Körper, wenn das flussige Oxychlorid mit Zink in zugeschmolzenen Glasröhren auf 400^ erhitzt wird. Hierbei entstehen Zink- chlorid, ein schwarzes Oxyd des Vanadins und ein Sublimat

Roscoey Untersuchungen über Vanadin. 113

von glänzend grasgrünen, tafelförmigen Krystallen, welche aus dem Dichlorid bestehen. Um dasselbe rein zu erhalten, wurde der Theil der Röhre , welcher die Verbindung ent- hielt, abgeschnitten, und schnell in eine weitere Röhre ge- bracht, durch welche, während dieselbe im ParafQnbade auf 130^ erhitzt wurde, man einen Ström von trockener Kohlen- säure leitete, wodurch das anhängende flüssige Oxychlorid vollständig entfernt wurde. Das schwarze Oxyd besteht aus YyO^; mit verdünnter Salzsäure behandelt erhält man eine Lösung, welche organische Farbstofi'e bleicht. Vanadinoxy- dichlorid wird von Wasser langsam zersetzt; es zerfliefst wenn der Luft ausgesetzt; von verdünnter Salpetersäure wird es leicht gelöst. Das specifische Gewicht ist 2,88 bei 15^ Die Analyse gab folgende Resultate :

Grewicbt des Diohlorids AgCl y,Oe

1. 0,3765 0,7688 0,2498

2. 0,3207 0,6631 0,2160

Berechnet V 61,8 87,12

Clfl 70,91 61,89

O 16,0 11,59

188,21 100,00.

3) Vanadinoxymonochlorid oder Vanadylmanochloridj VOCl. Diese Verbindung ist ein braunes, leichtes Pulver, welches sich bei der Einwirkung von Wasserstoff auf das Oxytrichlorid in der Röhre da absetzt, wo das Gasgemisch eintritt. Es ist in Wasser unlöslich, aber leicht löslich in Salpetersäure. Es bildet eine leichte flockige Masse, wo- durch es sich von dem vorhergehenden, so wie den anderen festen Oxychloriden unterscheidet und leicht getrennt werden kann.

Die zur Analyse verwandte Substanz wurde bei 130^ im Kohlensäurestrome getrocknet.

Prooentgehalt Cl V

60,40

87,80

51,07

87,87.

Gefunden

87,68

60,78

414 Roscoe, Untersuchungen über Vanadin.

Angewar

idte Snbstans

Oefnnden AgCl V,05

Procentgehalt Cl V

1.

0,1393

0,1823

0,1240

32,85

50,03

2.

0,2631

0,3912

0,2285

86,71

48,82

Berechnet

Grefunden

V

51,3

49,92

50,21

Cl

35,46

84,51

84,53

0

16.0 102,76

15,57 100,00.

-

■*~

4) Divanadylmonockloridy VaOgCl. Diese Verbindang, welche sich immer am äufsersten Ende der erhitzten Röhre absetzt und fest am Glase haftet, hat eine Bronzefarbe und grofse Aehnlichkeit mit dem sogenannten Musivgold. Unter dem Hikroscop erscheint es in metallglanzenden gelben Kry stallen. Schafarik hielt es für metallisches Vanadin. Unlöslich in Wasser, löst es sich leicht in Salpetersaure. Die zur Analyse verwandte Substanz wurde bei 140^ in einem Strome von Kohlensaure erhitzt, bis das Gewicht constant blieb.

Angewandte Bubstans

AgCl V,0«

Procentgehalt Cl V

0,2130

0,1777 0,2443

19,72 64,48^

0,6098

0,4767 0,6390

18,15 58,91.

Berechnet

Gefanden

V,

102,6 60,88

61,69

Cl

85,46 20,84

18,98

0,

82,0 18,83

170,06 100,00.

VI. Vanadinnitride,

1) Vanadinmononürid^ VN. Das Verfahren, welches Berzelius beschreibt, um das metallische Vanadin zu er- halten , giebt nicht das Metall , sondern Stickstoffvanadin. Man erhalt dasselbe auf die Art, dafs man Ammoniakgas über Vanadyltrichlorid leitet, welches in einer Kugelröbre

Boscoe, Untersuchungen über Vanadin^ 115

enthalten ist, nnd das so gebildete Ammoniumoxychlorid er- hitzt, bis sich aller Salmiak yerfldchtigt hat. Das zurück- bleibende schwarze Pulver (Vanadindinitrid ?) wird in ein PlatinschifTchen gebracht und dieses in einer Porcellanröhre im Windofen mehrere Standen zur ToUen Weifsgluth erhitzt, wahrend Ammoniakgas (oder vielmehr ein Gemisch von Wasserstoff und Stickstofl) darüber geleitet wird. Man er- halt so ein graubraunes Pulver, welches metallglänzende Theilchen enthält. An der Luft ist es unveränderlich bei gewöhnlicher Temperatur; beim Erhitzen wird es unter Er- glühen in das blaue Oxyd verwandelt, welches bei weiterem Erhitzen schmilzt und zu Pentoxyd oxydirt wird. Nit Natron- kalk erhitzt entwickelt es Ammoniak. Das zur Analyse die- nende Nitrid war wiederholt im Ammoniakstrome zur Weifs- gluth erhitzt worden, bis das Gewicht constant blieb.

1) BcBtlmniung des Vanadins :

Angewandte Substanz Vanadinpentoxyd erhalten

0,3126 0,4859.

2) Bestimmung des Stickstoffs nach Simpson ^s Methode :

a) Angewandte Substanz 0,2688.

Volumina Stickstoff Druck Tempe- Volum bei 0^ (trocken gemessen) in MM. ratur und 760 MM.

142,1 718,0 90,2 48.2 CO.

1 Vol. = 0,881 CC.

b) Angewandte Substanz 0,2000.

(feucht gemessen)

112,0 Vol. 682,1 180,0 81,8 CC.

Berechnet Gefunden

V 61,8 78,56 77,8

N 14,0 21,44 20,8 20,0

65,8 100,00.

Vanadindinitrid^ YNg. Diese Verbindung wurde 1858 von Uhrlaub*) erhalten, indem er das durch Einwirkung

*) Pogg. Ann. cm, 184.

8*

116 IVurtZf über die Synthese

von Ammoniak auf Vanadyltrichlorid erhaltene Pulver erhitzte, bis sich aller Salmiak verflöchtigt hatte, dann mit wasserigem Ammoniak wusch und über Schwefelsaure im luftleeren Räume trocknete. Derselbe konnte ans seinen Analysen keine einfache Formel ableiten , da er das Atomgewicht su 68,5 annahm.

Berechnet man aber dieselben mit dem richtigen Atom- gewichte 51,3, so ergiebt sich der Procentgehalt an Vanadin zu 64,1 ; die Formel VN^ erfordert 64,6 pC, V.

Die Existenz des Mononitrids bestätigt nicht nur mit der gröfsten Sicherheit das wahre Atomgewicht des Metalls, son- dern dasselbe bildet auch den Ausgangspunkt für die Unter- suchung des Metalls selbst, und einer neuen sauerstofiFfreien Reihe von Vanadinverbindungen.

üeber die Synthese des Neurins;

von A. Wurtz*).

Bekanntlich hat 0. Liebreich aus dem Gehirn eine krystallisirbare, bestimmte Verbindung dargestellt, unter deren Elementen sich auch Phosphor und Stickstoff befinden, tind welche er als Protagon benannt hat **). Bei der Einwirkung von concentrirtem Barytwasser spaltet sich dieser Körper zu Glycerinphosphorsdure und einer starken Base, welcher Lieb- reich die Benennung Neurin gegeben hat. A. B e e y er***) hat kürzlich gezeigt, dafs das Neurin eine Oxithylenbase ist,

•) Compt. rend. LXV, 1016. ••) Ann. Chem. Pharm. CXXXIV, 29.(1866). ••*) DaBolbst CXL, 806; CXLII, 822.

des Neuritis. H7

and dafs es als Oxäthylammonium' Hydrat betrachtet werden kann, in welchem 3 At. Wasserstoff durch 3 At. Methyl er- setzt sind :

H H H

CÄ(OH)

CH3 ^NOH ^^» [NOH

C,H4(()H).

OxäthylammoniTim- Oxfttbyltrimetliyl-

Hydrat ammoniam-Hydrat

Darauf hin hat Baeyer vermuthet, dafs man die Syn- these des Neorins in der Art realisiren könne, dafs man Methyljodür auf Oxäthylammonium-Hydrat einwirken läfst, welches letztere, wie ich gezeigt habe, zugleich mit anderen Oxäthylenbasen sich bei der Einwirkung ?on Aethylenoxyd auf Ammoniak bildet. Aber bis jetzt habe ich diese Base oder ihre Chlorverbindung nur in kleinen Mengen erhalten, welche letztere von der Chlorverbindung des Dioxathyl- aromoniums zu scheiden schwierig ist. Ich habe für die Darstellung der Oxäthylenbasen noch ein anderes Verfahren angegeben, welches auf der Behandlung des einfach-chlor- wasserstoffsauren Glycoläthers mit Ammoniak beruht. Dieses Verfahren hat mich zu einer sehr eleganten Synthese des Nenrins geführt Das chlorwasserstoffsaure Salz dieser Base^ d. h. die Chlorverbindung des Oxäthyltrimetbylammoniums, entsteht durch directe Addition der Elemente des Glycol- Chlorhydrins (des einfach-chlorwasserstoffsauren Glycoläthers) und des Trimethylamins :

^ ^* CH.

r 1 CHg

In - ^^> »f - CH,

mci

i(OH))

einfaoh-ohlorwasser^ Chlorverbindnog d. Trimethyl- Btoffs. Glycolftther ox&thylammoniams.

5 Grm. Trimethylamin wurden mit 10 Grm. Glycol-

Chlorhydrin in einer geschlossenen Röhre im Wasserbad

erhitzt. Als nach 24 Stunden die Röhre erkalten gelassen

wurde, erfüllte sie sich mit schönen prismatischen, voUkom-

118 Wurtsiy über die Synthese

men farblosen Krystallen. Diese Krystalle lösen sich reich- lich in siedendem wasserfreiem Alkohol und scheiden sich bei dem Erkalten der Lösung, wenn diese sehr concentrirt ist, theilweise wieder aus. Durch Aether wird diese Lösung gefällt ; aber wenn die Flüssigkeit auch nur eine Spur Was- ser enthalt, sammelt sich das Ausgeschiedene am Boden des Gefäfses in Form einer dicken Flüssigkeit. Die Krystalle, um die es sich handelt und welche die Chlorverbindung des Oxäthyltrimethylammoniums sind, sind nämlich sehr zer- fliefslich.

Setzt man der wässerigen Lösung dieser Chlor?erbindung eine Lösung von Goldchlorid von mittlerer Concentration za, so bildet sich sofort ein krystallinischer Niederschlag von rein gelber Farbe. Dieser Niederschlag, welcher, wie A. Baeyer gezeigt hat, characteristisch ist, löst sich in sie- dendem Wasser, und scheidet sich bei dem Erkalten dieser Lösung in Form kleiner gelber Nadeln aus. Er ist eine Chlor -Doppelverbindung von Gold und Oxätbyltrimethyl- ammonium :

(CH,),(C,H40H)'NC1 + AnOg •).

Ich habe diese Chlor-Doppelverbindung mit einem Prä- parat verglichen, welches mir Liebreich mitgetheiit hatte und das mit Neurin aus Gehirn dargestellt worden war. Diese

*) Ich lasse die Zahlen folgen, welche mir dieses Säle bei der Ana- lyse ergeben hat :

berechnet

^

gefunden

C5

60 ^^*

13,64

18,72 13,27

Ht4

14

8,16

8,22 8,28

0

16

8,61

N

14

8,16

8,84

CI4

142

32,08

^ .

Au

197

44,45

44,90

448 100,00. *

des Neurins. 119

beiden Salze krystallisirten auf dem ObjecUrager des Mikro- scops in rhombischen Blattern, welche, bis auf die Dimen- sionen der Krystalle, als identisch erschienen.-

Setzt man zu einer concentrirten Lösung der Chlorverbin- dung des Oxäthyltrimethylammoniums eine Platinchloridlösung, so entsteht kein Niederschlag, und die Flüssigkeit läfst erst Krystalle ausscheiden, wenn sie bis zu Syrupconsistenz con* centrirt ist; aber auf Zusatz von Alkohol entsteht ein Nieder- schlag, welcher bei der Analyse 31,8 pC. Platin ergab. Nach der Formel :

(CH8)8(CsH40H)N, Cl + PtCl,

berechnen sich 31,8 pC. Platin.

Zersetzt man die Chlorverbindung des Oxathyltrimethyl- ammoniums mittelst feuchten Silberoxyds, so läfst man das Oxäthyltrimethylammonium-Hydrat frei werden, welches nach dem Eindampfen in Form einer syrupdicken Flüssigkeit bleibt.

«

Slärker erhitzt zersetzt sich dieselbe unter Ausstofsung eines starken ammoniakalischen Geruches.

Die von mir mitgetheilten Analysen eben so wie die Bildungsweise der Oxäthylenbase , welche den Gegenstand der vorliegenden Hittheilung abgiebt, scheinen mir jeden Zweifel bezüglich der Zusammensetzung derselben zu heben, welche allerdings die des Neurins ist. Es bleibt jetzt noch übrig, eine sehr genaue Vergleichung der beiden Körper vorzunehmen , um die .Frage zu entscheiden , ob nicht hier ein Fall von Isomerie doch vorliege.

Ich beabsichtige, die Untersuchung des Oxäthyltrimethyl- ammonium - Hydrats weiter zu führen, wie auch die der analogen Basen, welche sich durch Ersetzung des Trimethyl- amins und des Glycol-Chlorhydrins durch die Homologen dieser Substanzen erhalten lassen werden.

120 Wanhlyn u. Schenk, Synthese

Synthese der Capronsäure; von J. A. Wanklyn und R. Schenk*).

Kohlensäure wirkt auf Natriumäthyl und Natriummethyl ein, und bildet im ersteren Falle propionsaures , im zweiten Falle essigsaures Natrium. Es schien uns wflnschenswerth zu sein, eine parallele Reaction höher in der Reibe zu er- halten. Wir haben hierfür die Amylgruppe gewählt.

Quecksilberamyl wurde nach Frankland und Duppa's Verfahren dargestellt^ aus Jodamyl und verdünntem Natrium- amalgam, unter Zusatz von etwas Essigdther um die Reaction einzuleiten. Die Reinheit des Quecksilberamyls wurde durch eine Quecksilberbestimmung festgestellt; es ergab 58,09 pG. Hg, wahrend sich 58,50 pC. berechnen. Aus diesem Queck- silberamyl wurde nach dem von Frankland und Duppa empfohlenen Verfahren, durch Digeriren desselben mit Zink, Zinkamyl dargestellt. Das letztere wurde zusammen mit Natrium in eine Glasröhre eingeschmolzen und im Wasserbad erhitzt; es bildete sich Natriumamyl und Zink wurde ausgeschieden. Bei dem Zuleiten von Kohlensaure fand Wärmeentwicke- lung statt, gerade so wie bei Anwendung von Natriumäthyl oder Natriummethyl. Nach beendeter Einwirkung wurde Wasser zugesetzt, und die resultironde Lösung des Natrium- salzes im Wasserbade zur Trockne eingedampft. Der Rück- stand gab bei der Destillation mit verdünnter Schwefelsäure eine ölige, nach Capronsäure riechende Flüssigkeit. Letztere wurde in Barytwasser gelöst; etwa 3 Grm. eines Baryumsalzes wurden erhalten. Das getrocknete Baryumsalz ergab 37,56 pC. Ba, während sich für capronsaures Baryum 37,33 pC. berechnen.

*) Journal of the Chemical Society [new serieB] Vol. VI, p. 31.

der Capronsäure. 121

Auch ein Silbersalz wurde dargestellt ; es ergab 48,53 pC. Ag, während sich für capronsaures Silber 48,43 pC. berechnen. Die Einwirkung der Kohlensäure auf das Natriumamyl erfolgt gemäfs der Gleichung :

NaCftH,, + COg = CflHjtNaOj.

üeber die Art der Einwirkung der Erdrota- tion auf die Richtung des Windes;

von H. Bftff.

Jeder Erdkörper, der sich in gerader Linie, wagerecht^ gleichgültig übrigens nach welcher Himmelsgegend zu be- wegen strebt, erfährt bekanntlich in Folge der Axenumdrehung der Erde eine Ablenkung, zur rechten Seite auf der nörd- lichen Erdhälfte, zur linken Seite auf der südlichen, welche ganz allgemein durch die Formel :

u = o I « sin y^

bestimmt ist *). In derselben bedeutet w = —^^-rwr- den

oolo4

Drehungsbogen für die Zeit einer Secunde des Sternentags^ oder der Periode einer vollständigen Umwälzung der Erde um ihre Axe; t die Dauer der Bewegung, a den Weg, wel- chen der bewegte Körper während der Zeit t zurückgelegt hat, endlich ß die geographische Breite des Ortes.

Als Hadley gelegentlich seiner Erklärung der Fassat- winde den Einflufs der Erdumwälzung auf irdische Bewegun- gen zum erstenmal zur Geltung brachte, versuchte er die westliche Ablenkung des Polarstroms, oder dessen Umwand- lung in einen Nordostwind davon abhängig zu machen , dafs

*) Zu Tergleiohen Ann. Chem. Pharm., Supplementband IV, 8. 207.

122

Buff^ über (He Art der Einwirkung

die von Nord nach Süd bewegte Lufl ans Breiten geringerer Rolationsgeschwindigkeit in Breiten gröfserer Rotationsge- schwindigkeit gelangt.

Es entsteht nun die Frage, ob diese Ablenkung eines bewegten Körpers in Folge seines Uebergangs aus einer Breite in die andere durch den Ausdruck obiger , Formel bereits genügend berücksichtigt, oder ob sie etwas Anderes, in jenem Ausdruck nicht Mitbegriffenes ist. Letzteres könnte man aus dem Grunde vermuthen, weil die Bewegungsbabn eines Körpers, auch ohne dafs derselbe aus seiner Breite merklich heraustritt (wie z. B. die Schwingungsebene des Pendels), durch die Erdrotation eine Drehung erfahren kann.

Da die Beantwortung dieser Frage ein allgemeines Interesse bietet, so dürfte sie den Lesern dieser BUtter will- kommen sein.

Es mag der Kreis abq einen Erdmeridian vorstellen, ao = r einen Radius des Aequators, ferner be = rcosß den Radius eines Breite- grades in der Breite ab=^(fi. Ein Körper bewege sich entlang des Meridians durch die Wegesstrecke c b = 8, d. h. aus der Breite ac zur Breite ab Es isi cd = o g -^ be und cg = «sin/?; daher :

cd =^ stan fi + r cos jS.

Die Rotationsgeschwindigkeit des Punktes a ist s= oi r, des Punktes b = cj r cos ß^ des Punktes c = oi sin /? + r cos ß). Der Unterschied der Rotatiorisgeschwindigkeiten der Punkte c und b ist folglich :

Angenommen, der Körper bewege sich in der Richtung des Meridians gleichförmig von c nach b. Im Augenblicke

der Erdrotation auf die Richtung des Windes, 123

seines Abgangs von c besitzt er gerade die erforderliche

Rotationsgeschwindigkeit, um die geographische Lange seines

Ausgangsortes behaupten zu können. Nachdem er aber

bei X {ex ^=: x) angekommen, x

c » ~t

wurde er dazu nur noch der

Rotationsgeschwindigkeit w sin ß (x b) ^= w sin ß (s x) bedürfen, und wird folglich mit dem Geschwindigkeitsuber- Schüsse (0 sinß X von seiner geradiinigten Bahn östlich ab- getrieben. Es bedeutet o; sin /3 or den Weg , der von dem Punkte X aus winkelrecht auf c ^ in einer Secunde beschrie- ben werden könnte. Die Beschleunigung an dieser Stel!0 ist daher = 2(a8\nßx; sie ist, wie man leicht sieht, die Summe aller von c bis x gewonnenen Beschleunigungen^ also die Geschwindigkeit, womit die Ablenkung nach Rechts in diesem Augenblicke vor sich geht.

Man darf daher setzen, indem man mit u die Gröfse der Ablenkung bezeichnet :

du = 2 o Bin fix dt;

oder auch , da die Bewegung nach Annahme gleichförmig, also X = V t ist,

du = 2oB'infividi,

Der Integralwerth dieses Ausdrucks zwischen den Grenzen X = 0 bis X = 8 ist :

u = Gf ainiSv^,

und indem vi =^ s gesetzt wird,

u := a ts fiin 3.

Dieser Ausdruck ist identisch mit dem am Eingange dieses Aufsatzes hervorgehobenen. Man erkennt daraus, dafs die Ablenkung u eines horizontal bewegten Körpers nur von derjenigen Breite abhängig ist, in welcher derselbe im Augenblicke des Schlusses der Beobachtung anlangt.

Die nach der Formel u berechnete Abweichung eines Körpers aus der ursprünglichen Richtung seiner Bewegung kann naturlich nur dann eintreten, wenn derselbe rechts zu

124 Buff^ über die Art der Einwirhung

seiner Bahn freie Beweglichkeit besitzt. Für die Luft findet eine freie Beweglichkeit in diesem Sinne keineswegs statt. Ein Luftstrom kann nicht aus seiner Richtung ablenken, ohne auf die zur Seite liegenden Lufllheile zu drücken, und diese folglich wie sich selbst zu verdichten. Jede durch die Umdrehung der Erde um ihre Axe bewirkte Veränderung in der Richtung des Windes wird ako durch Druck und Verdichtung eingeleitet; wahrend die durch Temperaturver- schiedenheit erzeugte Kraft eine saugende ist und vor dem Winde liegt. Es ist einleuchtend, dafs in jenem Drucke alle («ufttheile durch die ganze Breite {b) des Stroms sich be- theiligen müssen ; dafs folglich die verdichtende Kraft in ihrem Grenzwerthe {P) von der Mächtigkeit des Stroms ab- hängig ist.

Der Werth von P auf die Flächeneinheit bezogen, er- giebt sich aus der Erwägung, dafs die demselben ent- sprechende Beschleunigung :

p

Gleichung, in welcher t; den Weg in der Zeiteinheit, also die Geschwindigkeit des Luftstroms, d das Gewicht von 1 Cubikfufs Luft, db somit die der beschleunigenden Kraft ausgesetzte LuflmassC; soweit sie in einem Cylinder von der Länge b uud einem Querschnitte = der Flächeneinheit ent- halten ist, vorstellt. Man findet hieraus :

S ' 9

^bezeichnet die Höhe einer Luftsäule, deren Druck sich mit dem von der Erdrotation abhängigen von dem Luftstrom winkelrecht zur Richtung seiner Bewegung ausgeübten Drucke ins Gleichgewicht setzen würde.

Man denke sich z. B. einen Wind^ der aus Süd- West mit einer Geschwindigkeit von 30 Pariser Fufs gegen den

der Erdrotation auf die Richtung des Windes. 125

50. Breitegrad binblasl, so zeigt die Rechnung, dafs derselbe unter Annahme einer Breite von 30 geographischen Meilen seines Bettes^ an seiner Ostgrenze eine Anstauung bewirken kann, deren Kraft dem Drucke einer Luftsäule von 76,5 FufS; oder dem einer Quecksilbersäule von 1 Pariser Linie gleich kommt.

Es ist selbstverständlich, dafs die Wirksamkeit derartiger Kräfte bei einem Luftstrome von immerwährender Dauer, wie dem Passate, durch eine mittlere Richtung der Bewegung längst ihre Ausgleichung gefunden hat. Anders aber mufs es sich bei einem Wechsel der Windesrichtung zeigen, oder bei entgegengesetzt gerichteten Winden, deren Bette nicht aber, sondern nebeneinander liegen. Sollte nicht bei wech- selnder Witterung in den europaischen Ebenen' der soge- nannte Kampf des Sud- West- mit dem Nord -Ost -Strome, und die denselben so häufig begleitenden Wirbelwinde vor- zugsweise von dem bezeichneten Einflüsse abstammen?

üeber die Identität des Körpers in der Atmo- sphäre, welcher Jodkalium zersetzt, mit

Ozon ;

von Th. Andrews *).

Es ist eine Reihe von Jahren, namentlich auf die Auto- rität von Schönbein hin, angenommen worden, dafs der in der Atmosphäre enthaltene Körper, welcher Jodkaliutn-

*) ProoeedingB of the Eoyal Society, Vol. XVI, p. 68.

126 AndretoSy über die Anwesenheit

Papier färbt, mit Ozon identisch ist; aber diese Identität ist neuerlich in Zweifel gezogen worden, und da der Gegenstand erhebliche Wichtigkeit hat, so unterwarf ich ihn einer sorg- fältigen Untersuchung. Die einzige Eigenschaft des Ozons, welche bis jetzt auch für den in der Atmosphäre enthaltenen Körper nachgewiesen worden ist, ist die, Jod aus Jodkalium frei zu machen ; da aber auch andere Substanzen, wie z. B. Salpetersäure und Chlor, dieselbe Eigenschaft besitzen, liefs sich aus dieser Thatsache allein kein sicherer Schlafs ziehen.

Eine der auffallendsten Eigenschaften des Ozons ist sein Vermögen, Quecksilber zu oxydiren, und wenige Experi- mente sind auffallender, als das, einige Blasen electrolytisch entwickelten Sauerstoffgases auf die Oberfläche von 1 bis 2 Pfund Quecksilber einwirken zu lassen. Das Metall ver- liert sofort seinen Glanz ^ seine Beweglichkeit und die Con- vexität der Oberfläche , und bewegt haftet es in dünnen spiegelartigen Häutchen an der Wandung des es enthalten- den Glasgefäfses. Der in der Atmosphäre enthaltene Kör- per wirkt in derselben Weise auf reines Quecksilber ein ; aber bei der äufserst geringen Menge, welche überhaupt in der Luft anwesend ist, erfordert der Versuch einige Sorg- falt dafür, dafs diese Wirkung zur Wahrnehmung gebracht werde. Bei mehrstündigem Ueberleiten eines Stromes von atmosphärischer Luft, welche mit Jodkalium-Papier die ge- wöhnliche Reaction gab, über die Oberfläche von Queck- silber in einer U-Röhre, wurde das Metall deutlich an dem Ende oxydirt, an welchem die Luft zuerst in Berührung mit ihm kam.

Dieser Versuch kann jedoch nicht als ein streng be- weisender betrachtet werden , da das Quecksilber auch in Folge der Einwirkung mehrerer anderer Körper, aufser Ozon, anlaufen und seine Beweglichkeit verlieren kann.

von Ozon in der Atmosphäre^ 127

Bekanntlich verschwinden alle Reactionen des Ozons, wenn das letztere durch eine Röhre geleitet wird, welche Stückchen trockenen Manganhyperoxyds oder eines anderen Körpers aus derselben Klasse enthalt. Dasselbe hat statt für die in der Atmosphäre enthaltene, als Ozon betrachtete Sub- stanz. Etwa 80 Liter atmosphärischer Luft wurden in gleich- förmigem Strome durch eine, Hanganhyperoxyd enthaltende Röhre gesaugt und dann auf sehr empfindliches Reagens- papier einwirken gelassen. Nicht die leiseste Färbung des letzteren trat ein, obgleich dasselbe Papier deutlich gefärbt wurde, als 10 Liter derselben Luft, ohne Einschaltung der mit Manganhyperoxyd gefällten Röhre, über es geleitet wurden.

Aber die Einwirkung der Hitze giebt den unzweideu-? tigsten Beweis ab für die Identität des in der Atmosphäre enthaltenen Körpers mit Ozon. In einer früheren Hitthei- lung *) habe ich gezeigt, dafs das Ozon , mag es durch Electrolyse oder durch die Einwirkung electrischer Funken auf Sauerstoff erhalten sein, bei 237^ C. rasch zu gewöhn- lichem Sauerstoff umgewandelt wird. Ein Apparat wurde zusammengestellt, mittelst dessen ein Strom atmosphärischer Luft in einem kugelförmigen Gefäfse von 5 Liter Inhalt auf 260<^ C. erhitzt werden konnte. Nach dem Austreten aus diesem Gefäfse strich die Luft durch eine U-förmige Röhre, deren Wandung innen mit Wasser benetzt war, während die Röhre selbst durch Eintauchen in ein Gefäfs mit kaltem Wasser abgekühlt wurde. Als atmosphärische Luft von günstiger Beschaffenheit durch diesen Apparat geleitet wurde, mit einer Geschwindigkeit von 3 Liter in der Minute, wurde das Reagenspapier innerhalb 2 bis 3 Minuten deutlich gefärbt,

*) Pfailosophical Transactions for 1856, p. 12 (vgl. Ann. Chem. rharm. XCVII, 873).

128 Andrews, Anwesenheit von Ozon in der Atmosphäre.

vorausgesetzt dafs das kugelförmige Gefafs nicht erhitzt war. Aber wenn die Temperatur der Luft bei dem Durchgehen durch dieses Gefäfs auf 260^ gebracht war, zeigte sich nicht die leiseste Einwirkung auf das Reagenspapier, wie lange auch das Durchströmen von Luft andauerte. Aehnliche Ver- suche mit künstlich ozonhaltig gemachter Luft nämlich mit der Luft eines grofsen Zimmers, welche eine kleine Menge electroly tisch dargestellten Ozons erhielt gaben ge- nau dieselben Resultate. Andererseits wurde das Reagens- papier gefärbt, die Glaskugel mochte erhitzt sein oder nicht, als kleine Mengen Chlorgas oder Salpetersauredampf, mit sehr viel Luft verdfinnt, durch denselben Apparat gesaugt wurden.

Auf Grund dieser Versuche betrachte ich die Schlufs- folgerung als gerechtfertigt, dafs der in der Atmosphäre enthaltene Körper, welcher Jodkalium zersetzt, mit Ozon identisch ist.

Ausgegeben den 28. Mai 1868.

ANNALE»

D£B

CHEMIE UND PHARMACIE.

VI. Supplementbandes sweites Heft

Untersuchungen über die Dampftensionen

homologer Verbindungen ;

von H. LandoU.

(HierKu'Taf. ü).

Dalton *) hatte im Jahre 1801 aus seinen Versuchen über die Spannkräfte der Dampfe einer Anzahl von Flüssig- keiten das Gesetz ableiten zu können geglaubt, dafs allen Substanzen bei Temperaturen, welche eine gleiche Anzahl von Graden über oder unter dem Siedepunkte bei gewöhn- lichem Atmosphärendnick liegen, eine übereinstimmende DampftcQsion zukomme.

Diesem Gesetze Dalton's wurde jedoch bald von einer Hange von Forschern widersprochen; es hatten sich nament- lich Ure, Despretz, Avogadro, Faraday u. A. gegen die Gültigkeit desselben erklärt, und schliefslich fand die Frage ihre Tollständige Erledigung durch die zahlreichen Spannkraftmessungen Regnault's **). Es wies Dieser be- stimmt nach, dafs verschiedene Flüssigkeiten bei gleichen Temperaturabständen vom Siedepunkt Differenzen in den Pampftensionen zeigen, welche die Beobachtungsfehler weit

*) Mem. of the literary and philos. Society of Manchester V, 550. ••) M&n. de FAcad. T. XXI u. XXVL

130 Landoltf Unterauchtmgen über die DampfteMionen

überragen, ond dafs dieselben um so beträchtlicher werden, je mehr man sich vom Siedepunkte entfernt*).' Zu dem- selben Resultate kam auch Clausius **), welcher bei einer Anzahl der von Regnaul t untersuchten Substanzen die Differenzen zwischen den Siedetemperaturen bei den Span- nungen von 1 und von 5 Atmosphären bildete, und keine Uebereinstimmung unter denselben fand, wie es nach D al- ten hatte der Fall sein müssen.

Dafs das Gesetz keine allgemeine Gültigkeit besitzt, ist somit erwiesen. Wenn man aber die Körper betrachtet, deren Dampflensionen zur Prüfung desselben dienten, so finden sich unter denselben die gröfsten Verschiedenartig- keiten in Bezug auf alle ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften. Für Körper von ahnlicher Natur und gleich- artiger chemischer Constitution ist das Dalton'sche Gesetz nicht erprobt. Es lag immer noch die Möglichkeit offen, dafs dasselbe bei solchen Substanzen, und zwar bei den Gliedern homologer Reihen, welche bekanntlich schon mehr- fach Beziehungen zwischen ihrer Zusammensetzung und den physikalischen Eigenschaften zu erkennen gegeben haben, sich bewahrheiten würde. Diese Frage ist bis jetzt nicht erledigt, es sind noch keine Spannkraflmessungen der Dampfe solcher Körper bekannt.

Der Gegenstand ist ferner in einer anderen Beziehung von Interesse. Bekanntlich hat Kopp in den Siedepunkten der Glieder homologer Reihen bestimmte Regelmafsigkeiten nachgewiesen, die zwar bisweilen nicht unerhebliche Ab- weichungen zeigen, aber doch im Grofsen und Ganzen nicht zu verkennen sind. So hat er gezeigt, dafs bei den Gliedern der Ameisensäure - Reihe einer Zusammensetzungsdifferenz

*) M^m. de TAcad. XXVl, 662. **) AbhandluDg ftber die mechaniache Wftrmetheorie I, 131.

homologer Verbindungen. 131

▼on CH2 ein constanter Unterschied im Siedepunkt entspricht, weicher im Mittel 19^ beträgt, und dafs dieselbe Differenz auch bei den Alicoholen auftritt. Es liegen nun noch keine Erfahrungen darüber vor, ob diese Beziehungen sich nur auf die Siedepunkte beschränken, welche dem zufälligen Atmo- sphärendrucke von 760 MM. entsprechen, und dieselben dem- nach blofs einen empirischen Werth be^en, oder ob sie auch bei Temperaturen sich zeigen, die anderen Spannungen zugehören. Das letztere wird der Fall sein, wenn, wie es das Dalton'sche Gesetz fordert, die Siedepunkte verschie- dener Körper für die- nämliche Druckveränderung sich um eine gleiche Anzahl von Graden verschieben. Es ist also die Frage an die Existenz dieses Gesetzes gebunden.

Die obigen Grunde bestimmten mich, für eine Anzahl von Körpern, und zwar zunächst für die Anfangsglieder der Ameisensäure-Reihe,' die Spannkräfte ihrer Dämpfe bei ver- schiedenen Temperaturen zu ermitteln. Ich lege in Folgen- dem . die mit Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Butter- saure und Valeriansäure angestellten Beobachtungen vor.

Apparate und Methoden.

%• Zu den Tensionsbestimmungen sind zwei verschiedene Apparate gebraucht worden, welche beide so eingerichtet werden mufsteu; dafs sie mit kleinen Mengen Flüssigkeit zu arbeiten erlaubten. Der eine war für Versuche bei niedrigen Temperaturen, der andeire für solche bei höheren bestimmt. Zu dem ersten Zwecke wurde eine Vorrichtung benutzt, welche aus zwei in einem Wasserbad befindlichen Baro- metern bestand, von denen das eine die zu untersuchende Flüssigkeit enthielt; die Differenz der Quecksilberstände gab die Tension. Der angewandte Apparat ist Fig. 1 dargestellt. In dem kupfernen Wasserbade A , welches auf der Vorder-

132 Landolt, Untersuchungen über die Dampftensionen

and Rückseite mit abnehmbaren Spiegelglasscheiben ge- schlossen ist , befinden sich zwei Röhren a b von 850 HM. Länge und 18 HM. innerem Durchmesser. Dieselben gehen durch Gaouichoucpfropfen am Boden des Wasserbades durch, und tauchen mit ihren ofi'enen Enden gemeinschaftlich in die Quecksilberwanne c. Das Rohr a wurde bleibend zum Baro- meter hergestellt. Zu diesem Zwecke war an das obere Ende desselben ein enges Capillarrohr f angebracht, wel- ches mit Hülfe eines angeschmolzenen Glasröhrenstücks mit der zum Theil aus Blei bestehenden Leitung d e , und durch diese weiter mit einer Geifsler'schen Quecksilberluftpumpe B in Verbindung gesetzt werden konnte. Um zunächst die Innenwände des Rohrs von aller Feuchtigkeit zu befreien, wurde ungefähr 20 mal leer gepumpt, und durch die Trocken- apparate mm, welche mit Schwefelsäure befeuchtete Glas- perlen enthielten, Luft einströmen gelassen. Die untere Oeff- nung der Röhre a war hierbei durch eine luftdicht anliegende Platte geschlossen. Nachdem dieselbe entfernt worden war, hob man durch abermaliges Pumpen das Quecksilber in dem Rohre, stellte das Vacuum so vollständig wie möglich her und schmolz schliefslich mittelst eines Gaslöthrohrs die Capil- larröhre bei f ab. Ob das so entstandene Barometer luftfrei war oder nichts blieb sich, wie aus dem ferneren Bericht ersichtlich , gleichgültig ; an dem Manometer der Luftpumpe liefs sich vor dem Abschmelzen durchaus keine Differenz der beiden Quecksilberstände erkennen.

Die Röhre b, welche ob.en ebenfalls ein Capillarrohr besafs und durch Anschmelzen mit der Lösung d e und der Pumpe in Verbindung gesetzt werden konnte, wurde dann ganz auf die nämliche Weise behandelt. Nachdem sie ge- trocknet worden war, pumpte man das Quecksilber in der- selben so weit empor, dafs es genau auf gleiche Höhe wie im Barometerrohr a zu stehen kam. Zur Beobachtung der

homologer Verbindungen. 133

Ouecksilberstände diente ein vor beiden Rödren aufgestelltes Kathetometer. War keine Niveaudifferenz mehr mefsbar, so wurde die Capillarröhre bei g entzwei geschmolzen.

Um die zu untersuchende Flüssigkeit luflfrei in die Röhre b zu bringen, wurde folgendes Verfahren angewandt : Man verfertigte vor der Lampe Röhren von der Form Fig. 2 und füllte sie auf die gewöhnliche Weise durch abwechseln- des Erhitzen und Erkaltenlassen gröfstentheils aus der Flüs- sigkeit an. Dieselbe wurde dann längere Zeit zum Sieden erwärmt und nach dem vollständigen Austreiben der Luft die Spitze zugeschmolzen. Die erkaltete Röhre tauchte man mit dem umgebogenen Ende in die Quecksilberwanne c, Fig. 1 und brach die Spitze ab, wobei das eindringende Quecksilber die Flüssigkeit, wenn das Auskochen gut vor- genommen worden war^ bis an das obere Ende hob. Die Spitze wurde jetzt unter die Oeffnung des Rohres b ge- schoben, und der obere Theil des Gefäfses Fig. 2 so lange erwärmt, bis durch die sich entwickelnden Dämpfe das Queck- silber und ein Theil der Flüssigkeit ausgetreten waren. Die letztere stieg durch das Quecksilber in das Rohr b empor und sammelte sich im Vacuum an.

Nachdem man die beiden Barometerröhren auf diese Weise vorgerichtet hatte, \|urde die vordere Glasplatte des Wasserbades, welche bis dahin abgenommen worden war, an ihre Stelle gebracht. Hit Hülfe untergelegter Caoutchouc- ringe und eines eisernen, mit Schrauben versehenen Rah- mens liefs sich dieselbe wasserdicht befestigen. Behufs Er- wärmung des Wasserbades besafs der kupferne Kasten auf beiden schmalen Seiten längs der ganzen Höhe Hohlräume von halbkreisförmigem Querschnitt, welche durch aufge- nietetes Kupferblech hergestellt, und an dem oberen Ende geschlossen, am unteren offen waren. Indem man zwei Bunsen'sche Gaslampen ii unter den Oeffnungen brennen

134 L an doli, Untersuchungen über die Dampßenafonen

liefS) heizte di$ sta^irende heifse Luft das Wasserbad Ton beiden Seiten der ganzen Höhe nach. Es gelang auf diese Weise, die Temperatur des Wassers bis zu 80^ zu steigern. Durch den mit 6 Schaufeln versehenen Rubrer k, welcher an dem Seil 1 1 auf und nieder gezogen werden konnte^ liefs sich das Wasser rasch bewegen und durcheinander mischen. Drei Thermometer , die zwischen beiden Röhren in verschiedenen Höhen befestigt waren, gaben die Tempe- ratur an.

Bei Ausführung der Versuchsreihen wurde das Wasser allmalig erwärmt, wobei wegen der grofsen Hasse desselben die Temperatur nur äufserst langsam stieg. War die Er- wärmung bis auf 1 oder 2 Grade unter den Temperatnrpunkt vorgerückt, für welchen eine Spannkraftmessung vorgenom- men werden sollte, so schwächte man die Flammen der Gas- lampen und setzte den Rührer in raschere Bewegung. Die Temperatur des Wassers erreichte nach und nach ein Maxi- mum, welches sich einige Hinuten constant erhielt, so dafs hinlänglich Zeit blieb, die Ablesungen mehrmals vorzunehmen. Dieselben sind von zwei Beobachtern in der Weise ausge- führt worden, dafs der eine die Thermometer, der andere gleichzeitig den Stand des Quecksilbers im Flüssigkeitsrohr b und nachher das Barometer a#iblas. Die beiden letzteren Beobachtungen geschahen mittelst eines von Univ.-Mechanicus Epkens in Bonn verfertigten Kathetometers, welches V«o MM. angab und mit den nöthigen Correctionsvorrichtungen zur genauen Einstellung versehen war. Die Unterschiede in den Beobachtungen betrugen im Uaximum 0,1 HM.

Waren die Beobachtungen für eine Substanz beendigt, so entleerte man das Wasserbad, nahm die Glasscheibe ab, und liefs in die Flüssigkeitsröhre b von unten Luft einsteigen, worauf man sie aus dem Apparate entfernte.. Um dieselbe für neue Versuche zuzurichten, wurde die obere Spitze ab-

homologer Verbindungen* 135

gebrochen and ein neues Capillarrohr an^elothet, welches nian, nachdem die Röhre wieder in den Apparat eingesetzt worden war, abermals mit der Leitung d e durch Anschmel- zen in Verbindung brachte. Es erforderte diese Operation immer einige Sorgfalt. Die Röhre wurde dann aufs Neue mit Hülfe der Luftpumpe eben so hoch mit Quecksilber an- gefüllt ^ wie das Barometer a. Dieses letztere blieb bei sämmtlichen Versuchen unverändert.

Bei den Versuchen mit dem obigen sowie auch mit dem für höhere Temperaturen bestimmten Apparate waren zwei Beobachter nöthig. Herr Dr. Bettender ff hatte die Güte, mir behülflich zu sein und bei sammtlichen Spannkraft- messungen die Ablesung der Thermometer zu übernehmen.

3. Zur Berechnung der Spannkräfte waren an den Be- obachtungen folgende Correctionen anzubringen :

1) Reduction der Höhe der Flüssigkeitssdule im Rohre b auf Quecksilber.

2) Reduction der Quecksilbersäulen auf 0^.

3) Correction der Kathetometerbeobachtungen der Queck- silberkuppen in Folge der Lichtbrechung durch die Wasser- und Glasschicht. Um diese Correction zu bestimmen, wurde nachstehendes Verfahren*) benutzt. An dem Barometer a war etwas oberhalb der Quecksilberkuppe mittelst eines Diamanten ein feiner Strich gezogen, und ferner an der Flüssigkeitsröhre b von derselben Höhe an nach unten eine Centimetertheilung angebracht. Man ermittelte nun mittelst des Kathetometers die Abstände der Centimetertheilstriche von der Marke am* Barometer erstens bei abgenommener Glasplatte, und zweitens bei vorgelegter Glasplatte und ge- fülltem Wasserbade. Diese Beobachtungsreihen mufsten selbstverständlich jedesmal dann wiederholt werden, wenn

*) Vgl. Regnaalt, M^m. de FAcad. ZXI, 482.

B1M>

MM

466,00

0,05

462,45

0,10

452,40

0,15

442,35

0,15

432,85

0,20.

136 Landolty Untersuchungen über die Dampftensionen

die Flüssigkeitsröhre und die Glasplatte Yon Neuem in den Apparat eingesetzt worden waren. Beispielsweise wurden folgende Zahlen erhalten :

Kathetometerablesang Yeracbie-

durch durch bang des

Luft Wasser u. Glas Tbeilstrichs MM.

Marke am Barometer 465*05

Theilstricb 1 am Flüssigkeiterobr 462,55

TheiUtricb 2 am Flfissigkeitsrohr 452,55

Theilstricb 8 am Flüssigkeiterobr 442,50

Theilstricb 4 am FlfissigkeiUrobr 432,55

Die bei den Versuchen erhaltenen Ablesungen am Baro-

meter mufsten also um 0,05 HH. und diejenigen am Flussig- keitsrohr, wenn z. B. das Quecksilber ungefähr beim Theil- striche 3 stand, um 0,15 HM. erhöht werden. 'Oder es war die Differenz der Quecksilberstande um 0,10 MM. zu yer- mindern.

Diese Correction war namentlich bei den späteren Ver- suchen, bei welchen wegen des häufigen Springens der Glasplatten solche von dünnerem Glase eingesetzt wurden, nicht unbeträchtlich, indem diese durch den Druck der Was- sersäule offenbar eine Krümmung erlitten. Es konnte hier die absolute Verschiebung auf 0,7 MM. , die relative bis zu 0,4 MM. steigen.

4) Correction betreffend die Hebung der Quecksilber- säule im Rohre b durch die Capillarität der Flüssigkeit Hierfür konnte ohne erheblichen Fehler der Werth 0,1 MM. in Rechnung genommen werden, welcher aus den von Reg - nault*) mit Wasser ausgeführten Versuchen hervorgeht.

In Betreff der angewandten drei Thermometer führe ich schliefslich an, dafs dieselben wiederholt auf die Verände- rung ihrer Fundamentalpunkte geprüft und zu jedem Cor-

*) M^m. de FAcacL XXI, 486.

homologer Verbindung en. 137

rectionstabellen angeferti^ waren. Nr. I stammte von Mecha- nicQS Geifsler in Berlin, Nr. II und III von Hechanicus Geifsler in Bonn. Sie besafsen Theilung in 5tel Grade. Die Calibrirung des Rohrs war bei allen schon bei der Con- struction der Scala in Betracht gezogen worden.

Zar Bestimmung der Spannkräfte bei Temperaturen die über 80^ lagen, wurde ein anderer Apparat benutzt, dessen Einrichtung zürn Theil durch den anfanglichen Mangel eines Kathetometers bedingt worden war, und der später verändert wurde. Derselbe ist Fig. 3 dargestellt. Die zu erhitzende Flüssigkeit befindet sich über Quecksilber in dem cylindrischen Glasgefäfse a, welches durch die enge Röhre b und die etwas weitere c mit dem Manometer d communicirt. An das Gefäfs a ist oben eine gebogene und mit Glashähn- chen e versehene Röhre angebracht, und ferner das unten geschlossene dünnwandige Rohr f eingeschmolzen, welches mit Quecksilber angefüllt wird und zur Aufnahme des Ther- mometers bestimmt ist. An der mit Millimetertheilung ver- sehenen Steigröhre d befinden sich die Hähne k und 1. Zur Erhitzung von a dient ein Luftbad g, welches aus zwei in einander gesetzten Kasten von Eisenblech besteht, die auf dei^ Vorder- und Rückseite mit Glasscheiben versehen sind, und von denen der äufsere bei h und i einen unten ofi'enen, oben geschlossenen Hohlraum besitzt. Die Luft in diesen letzteren wird wie bei Apparat Fig. 1 durch untergestellte Gaslampen erhitzt , und so von beiden Seiten die Wärme gleichförmig dem Inneren mitgetheilt. Der Apparat zeigte im Allgemeinen Aehnlichkeit mit demjenigen , welchen Plücker zur Bestimmung der Spannkraft des Alkoholdampfs benutzt hatte*). Er war wie dieser von Herrn Geifsler mit grofser Geschicklichkeit ganz aus Glas hergestellt worden.

*) Pogg. Ann. XCU, 198.

138 Landolt^ Untersuchungen über die Dampf tenatonen

Das Hanipuliren mit diesem Apparate geschah in folgen- der Weise : In das Manometer d wurde so lange Queck- silber gegossen^ bis dasselbe durch c und b in das Gefäfs « eingetreten und bis über das Hähnchen e gestiegen war. Da das Röhrenstuck b blofs etwas über 1 MM. innere Weite besafs, so flofs das Quecksilber, ohne dafs sich Luft ab- sperrte, hindurch und bildete in dem ganzen Apparate eine zusammenhängende Säule. Die zu untersuchende Flüssigkeit wurde in den oberhalb des Hähnchens e befindlichen kleinen Trichter gegossen, und durch Oefi'nen des Hahnes k am Manometer, während 1 geschlossen blieb, in das Erhitzungs- gefäCs a eingesogen. Durch Erwärmen des letzteren brachte man die Flüssigkeit längere Zeit zum Kochen, um alle ab- sorbirte Luft auszutreiben , und schlofs hierauf das Hähn- chen e , nachdem man etwas Quecksilber in die unterhalb desselben befindliche enge Röhre hatte einfliefsen lassen. Wenn nach dem Abkühlen das Gefäfs a durch eintretendes Quecksilber vollständig angefüllt war, konnten die Spann- kraftmessungen beginnen. Zu diesem Zwecke wurde das Quecksilber in der Steigröhre d bis nahe an den Nullpunkt der Theilung sinken gelassen, die Erwärmung des Gefäfses a bis zu der gewünschten Temperatur langsam vorgenommen, und wenn diese erreicht war, der Abstand zwischen den Quecksilberkuppen in a und d gemessen. Hierzu waren an dem Gefäfs a zwei Marken angebracht ^ auf deren eine man das Quecksilber durch Oefi'nen des Hahnes k genau einstellte, wobei die Kuppe mittelst eines Femrohrs beobachtet wurde. Darauf folgte die Ablesung des Quecksilberstandes in d^ Steigröhre. Gleichzeitig wurde von einem zweiten Beob- achter die Temperatur an dem in die Röhre f eintauchenden Thermometer notirt.

Um die dem Stand des Quecksilbers in a entsprechende Höhe in der Steigröhre d bei den verschiedenen Tempera-

homologer Verbindungen» 139

tnren zn erbalten, war eine Reihe vorläufiger Versuche nöthig. Man füllte den Apparat soweit mit Quecksilber, bis dasselbe an einer der Marken in dem Gefäfs a stand, und erhitzte das letztere nach und nach bis zu 200^, während das Hähnchen e fortwährend geöffnet blieb. Bei einer An- zahl von Temperaturen wurde nun der Stand des Queck- silbers in d, welcher Anfangs im Niveau mit dem in a sich befand, beobachtet, wobei man die Kuppe in a durch Regu- liren mittelst des Hahnes k fortwährend an der Harke tan- giren liefs. Dieselben Beobachtungen wurden an der zweiten Marke wiederholt, und aus den erhaltenen Zahlen eine von 5 zu 5^ steigende Tabelle über den Nullpunkt des Queck- silbers in der Hanometerröhre d berechnet. Auf diese Weise war der Einflufs der ungleichen Erwärmung des Quecksilbers in den verschiedenen Theilen des Apparats eliminirt. Wie leicht ersichtlich schlössen die Zahlen auch noch den Einflufs der Capillarität der ungleich weiten Röh- ren a und d ein.

Der Apparat wurde später in der Weise verändert, dafs man als Erhitzungsgefäfs ein an beiden Schenkeln gleich- weites U-förmiges Rohr anwandte, welches durch eine lufl- haltende Röhre mit dem Manometer communicirte. Das Zwischenstück konnte durch einen seitlichen Ansatz mit einer Luftpumpe in Verbindung gesetzt werden. Diese Form stimmt überein mit derjenigen der Apparate von Magnus*) und WüUner**).

Bei der Berechnung der Tensionen, welche sich aus dem Unterschied der Quecksilberstände in a und d, und dem Barometerstand ergaben, waren noch folgende Correctionen zu berücksichtigen :

*) Pogg. Ann. LXI, 226. ••) DaMlbflt CHI, 529.

140 L an doli, Untersuchungen über die Dampftenaionen

1) Die Tension des Quecksilberdampfes. Diese wurde aus der von Regnault (Hem. de TAcad. XXVI , 250) ge- gebenen Tabelle entnommen.

2) Reduction der Höhe der Flüssigkeitssäule auf Queck- silber.

3) Reduction der Quecksilbersaulen auf 0^

6. Eine weitere, viel wichtigere Correction betraf die Thermometerablesung. Wie schon oben bemerkt, tauchte das Thermometer mit seinem Reservoir in die dünnwandige Röhre f, in welche man etwas Quecksilber gegossen hatte, ladem dieselbe überall vom Dampfe umspült war, konnte man sicher sein, dafs das Thermometer an seinem unteren

Ende die richtige Temperatur erhielt. Da aber ein bedeu- tender Theil des Stieles aus dem Erhitzungsgefdfs heraus- ragte, mufste durch die geringere Temperatur desselben der Thermometerstand sich zu niedrig ergeben. Zur Berechnung dieser immer etwas mifslichen Correction sind verschiedene Formeln in Vorschlag gebracht worden, von welchen ich drei einer näheren Prüfung unterzogen habe. Kopp*) be- stimmt die gesuchte corrigirte Temperatur T durch die Gleichung :

T = t + 0,000164 . n (t t,),

in welcher

t der abgelesene Thermometerstand,

t, die Temperatur des herausragenden Quecksilberfadens, bestimmt durch ein an die Mitte desselben angelegtes zweites Thermo- meter,

n die Anzahl herausragender Grade,

0,000154 den AusdehnungscoSfficient des Quecksilbers im Glase für 10

bedeutet.

H 0 1 1 z m a n n **) findet in Folge einer Reihe von Be-

») Kopp, Pogg. Ann. LXXII, 27 und Ann. Chem. Pharm. XCIV, 862. **) Handwörterbuch der Chemie VII, 868.

homologer Verbindungen. 141

obachtungen des Siedepunktes des Wassers mit yerschieden tief eingesenktem Thermometer, dafs man der richtigen Temperatur näher kommt, wenn man setzt :

T = t + 0,000185 n (t - t^). ^

Eine dritte Formel ist von Prof. Wüllner berechnet worden. Sie stützt sich auf Versuche über die Wärmeleitung des Quecksilbers in einer Glasröhre, welche ich mit dem- selben gemeinschaftlich angestellt habe. In Betreff deren Ableitung mufs auf die ausfuhrliche Abhandlung verwiesen werden. Nach derselben ist :

T =t+ 0,000164. ii(t—to){l—-- (l

. 4,185 \

.4,185> e *'

worin t und n, sowie die Zahl 0,000154 dieselbe Bedeutung wie oben haben, und ferner :

to die Temperatur des Endes des heransragenden Qaeoksilberfadens, oder bei gröfseren Längen desselben die Temperatur der um- gebenden Luft,

V die Anzahl auf 1 Deoimeter Scalenlftnge gehender Thermometer-- grade,

e die Grundzahl des natürlichen Logarithmensystems (log e = 0,48429),

4,185 eine aus dem Umfang (0,8 MM.) und Querschnitt (V48 MM.) der Quecksilbersäule in den von mir benutzten Geifsler*- schen Thermometern sich ergebende Constante

bezeichnet.

Zur Prüfung dieser verschiedenen Correctionsformeln sind folgende Versuche angestellt worden.

In einem Rudberg 'sehen Apparat zum Bestimmen des Siedepunkts des Wassers wurde ein Geifsler'sches Ther- mometer^ welches unmittelbar 0^,1 angab und 0^,01 schätzen liefs, zuerst ganz in den Wasserdampf eingetaucht, so dafs der Punkt 100^ eben noch abzulesen war. Hierauf zog man das Thermometer successiv um 20^ empor und beobachtete den Stand t desselben, so wie die Temperatur der den

142 Landolty Untersuchungen über die Dampftensionen

Quecksilberfaden umgebenden Luft. Diese letztere Beob- achtung geschah mit Hälfe von zwei kleinen Thermometern, von welchen das eine mit seiner Kugel an die Mitte des herausragenden Fadens, das andere an das Ende desselben sich anlegte. Die Temperatur des ersten ist nachstehend mit ti bezeichnet^ des zweiten, welches immer niedriger stand, mit to* Um Luftströmungen von dem Erhitzungsappa- rate aus abzuhalten, war der Stiel des Hauptthermometers sammt den beiden kleinen Thermometern in eine weite Glas- röhre eingeschlossen. Vor jedem Versuch wurden die In- strumente auf die gewöhnliche Lufttemperatur erkalten ge- lassen. Der Barometerstand betrug während den Beob- achtungen 762,5 BfJU.

Zu einer zweiten Versuchsreihe, die sich auf höhere Temperaturen erstri^ckte^ diente ein Paraffinbad, welches in einem kupfernen Knssel von 0,45 Meter Höhe und 0,1 Meter Durchmesser enthalten war und sich durch einen Gasofen heizen liefs. Zwei in ganze Grade getheilte Thermometer wurden so eingetaucht, dafs der herausragende Faden bei dem einen nur sehr kurz, bei dem anderen lang war. Den Stiel des letzteren liefs man wieder durch einen Kork in einen Glascylinder eintreten, in welchem die Temperatur der* Luft einmal in der Mitte des Fadens (ti) und femer am Ende (to) bestimmt wurde. Während der Erhitzung erhielt man das Paraffin durch einen Bührer fortwährend in Be- wegung. Nach Beendigung der Versuchsreihe wurden die beiden Thermometer bei denjenigen Temperaturen, für welche Beobachtungen ausgeführt worden waren, mit ein- ander verglichen, indem man sie gleich tief in das Paraffin eintauchte und die kleinen; Abweichungen, welche sie zeigten, bestimmte.

In der folgenden Ta belle sind die erhaltenen Resultate zur Prüfung der verschiedenen Correctionsformeln benatst

homologer Verbindungen.

143

För die Formeln von Kopp and Holtzmann war bei der Rechnung dje Temperatur ti zu benutzen, bei derjenigen ▼on Wällner dagegen to. n ist wie früher die Länge des berausragenden Fadens. Bei dem för niedrige Temperaturen gebrauchten Thermometer war v =: 29^^ bei dem für höhere » «: 120^.

WirkUcbe

Correctionsformel Ton

n

t.

to

t

Tempe-

ratur

Wüll- ner

Holtz- mann

Kopp

0

0

0

0

. 0

0

0

100,09

100,09

20

27,6

27

99,92

100,09

100,11

100,12

100,14

40

24,5

24

99,70

100,09

100,09

100,11

100,16

60

21.9

20

99,42

100,09

100,07

100,05

100,14

80

21,8

30

99,20

100,09

100,09

100,04

100,16

0

0

0

100,09

100,09

*

^__

■^

20

25,5

25

99,86

100.09

100,06

100,06

100,09

40

25,6

24

99,68

100,09

100,07

100,08 136.2

100,14

134

88

27

138,5

135,4

135,3

135,5

161

85

25

161,0

163,9

163,8

163.7

164,1

196

42

84

196,2

200,4

200,4

200,3

200,9

318

51

40

218,0

223,1

223,2

222,9

223,6

166

58

45

246,0

250,4

250,3

250,3

250,9

Es folgt aus dieser Tabelle, dafs die Wöllner'sche Formel sich immer am Nächsten den wirklichen Tempera- turen anschliefst. Die Formel von Kopp giebt durchgängig etwas zu hohe Werthe, diejenige von Holtzmann bei län- geren Quecksilberfäden dagegen zu niedrige.

Bei den Thermometerbeobachtungen an dem Dampften- aionsapparat II habe ich für kurze herausragende Fäden die Holtzmann'sche Formel, für längere die Wüllner*sche benutzt

Die Temperatarbestimmungen bei dem Apparate II flind mit Hilfe zweier Geifsler'scher Thermometer ausge- ffihrt worden, welche eine Theilung in 0,2^ besafsen. Das

144 Landolt^ Untersuchungen über die Dampftensionen

erste (Nr. 4) zeigte von bis 100^ das zweite (Nr. 5) von 100^ bis 200^ Die Prüfung des letzteren wurde in der Weise vorgenommen, dafs man dasselbe erst den Dämpfen kochenden Wassers aussetzte, wobei es bei dem Druck 759,9 MM. den Stand 100,3^ zeigte, und hierauf gleichzeitig mit einem Quecksilberausflufsthermometer in einem Paraffin- bade auf eine höhere Temperatur erhitzte. Der Versuch gab als Angabe des Ausflufsthermometers 178,89^ und des Thermometers. Nr. 5 179,20^. Aus diesen Bestimmungen folgte ein constanter Fehler von 0,3^, welcher von allen Angaben des Thermometers abzuziehen war. Ein späterer Versuch, welcher nach sehr häufigem Gebrauch des Ther- mometers angestellt wurde, führte zu der nämlichen Cor- rection.

S. Da es für mehrere Zwecke wünschenswerth war, die den Spannkräften entsprechenden Temperaturen in Graden des Luftthermometers ausdrücken zu können, so habe ich das Thermometer Nr. 5 mit einem solchen verglichen. Für eine erste Reihe von Versuchen wurde das Regnault- sehe Verfahren benutzt Als Luflthermometer dienten cylin- drische Glasgefäfse von 200 MM. Länge und 25 HM. innerem Durchmesser, an welche ein Capillarrohr geschmolzen war. Nach dem Anfüllen mit trockener Luft wurden dieselben in dem früher erwähnten Paraffinbade gleichzeitig mit dem

Quecksilberthermometer erhitzt und das letztere so tief ein-

*

getaucht; dafs keine Correction wegen des herausragenden Fadens nöthig war. Ein rasch auf und nieder gehender Rubrer sorgte für gleichförmige Temperatur. Es folgte nach bekannten Verfahrungsweisen : 1) Das Zuschmelzen der Spitze des Capillarrohrs , unter gleichzeitiger Ablesung des Quecksilberthermometers und des Barometers. Die Höhe des letzteren sei H. 2) Abbrechen der Spitze unter Quecksilber und Umgeben des Luftthermometers mit Eis. 3) Messung

homologer Verbindungen. 145

der Höhe (h) der ein^i^edrungenen Quecksilbersäule mittelst des Kathetometers und Ablesung des Barometers (H'). 4) Wagung des eingedrungenen Quecksilbers. Das Gewicht desselben sei p. 5) Füllen des ganzen Thermometers mit Quecksilber bei 0^, und Bestimmung des Gewichtes P des eingedrungenen Metalls *).

Hieraus ergiebt sich, wenn endlich a den Ausdehnungs- Goefficienten der Luft und ß den cubischen Ausdehnungscoef- ficienten des Glases für 1^ bedeutet; die Temperatur nach der Formel :

T =

_ PH (P~p)(H^~-h)

a(P p)(H'-h) /?P.H

Zur Ermittelung des cubischen Ausdehnungscoefflcienten des Glases wurden drei der obigen Luflthermometer, nachdem sie bei 0^ mit Quecksilber angefüllt worden waren, der Siedehitze des Wassers ausgesetzt und die ausgeflossene Qnecksilbermenge bestimmt. Man erhielt im Mittel für ß die Zahl 0,0000257.

Nach dem Regnaul tischen Verfahren sind vier Tempe- raturbestimmungen ausgeführt worden. Man tauchte dabei gleichzeitig mit dem Thermometer Nr. 5, für welches die Vergleichung vorzunehmen war, noch zwei andere Thermo- meter (Nr. a und b) in das Paraffinbad ein, um die Abwei- chungen, welche verschiedene Instrumente bei höheren Tem- peraturen geben können, kennen zu lernen.

Die vier Versuche gaben folgende Zahlen :

*) Alle WttgQDgen worden selbstverständlich anf den luftleeren Kaum reducirt.

Annal. d. Ohom. a. Pharm. VI. Snpplemflntbd. 2. Haft. lU

146 Landoltj Untersuchungen über die Dampftensionen

Luftthermo-

A.

B.

C.

D.

meter Nr.

P. Gramm

.959,7789

962,1974

961,8958

*

982,5707

p. Gramm

151,0753

186,6194

211,3095

259,1604

H. MM. bei 0^

765,6

758,4

757,4

764,3

H'. MM. bei 0^

751,0

749,3

748,9

750,5

fa. MM. bei 0<>

123,8

144,9

169,2

151,6

T.

123,68

153,58

178,31

302,45

Qaecksilber-

Thermo- meter

fNr. 5

123,95

154,25

179,26

203,60

Nr. a

123,90

164,50

179,40

203,80

[Nr. b

123,76

163,96

178,95

' 203,50

Eine zweite Reibe von Versuchen ist mit einem Mag- nus'schen Luftthermometer *) ausgeführt worden.' Das an- gewandte Instrument besafs ein cylindriscbes Luftreservoir von 260 MM. Lange und 25 MM. Durchmesser , und eine in Millimeter getheilte Steigrohre von 1 Meter Höhe. Die capil- lare Depression (e) des Quecksilbers in der zum Luflbehälter führenden Röhre betrug an der Stelle der Marke 0,6 MM. Man bestimmte erst durch Umgeben des Thermometergefafses mit Eis die Spannkraft der Luft bei 0^; sie ergab sich aus dem Barometerstand H und der Manometerablesung h ein für allemal zu H + h e = 752,05 MM. = A. Es wurde hierauf das Luftreservoir in ein Paraffinbad gebracht, darin gleichzeitig mit dem Quecksilberthermometer erhitzt, und bei einer Anzahl Temperaturen wieder die Höhe h' des Queck- silbers in der Steigröhre, sowie der Barometerstand H^ be- obachtet. Es sei H' 4* **' "" e = B. Man erhält dann, wenn wie gewöhnlich a den Ausdehnungscoefficient der Luft

*) Magnus, über die Ansdehnung der Luft in böheren Tempera- turen, Pogg. Ann. LVII, 177. Die Besorgung des benutsten Instrumentes verdanke ich der Gefälligkeit des Herrn Qeb.-Bath Magnus.

homologer Verbindungen,

147

und ß den des Glases (im vorliegenden Falle = 0,0000257)

bezeichnet, die Temperatur aus der Gleichung :

B A

T ==

ak ßh

Die Correction, betreffend die niedrigere Temperatur der Luft, welche in der zum Thermometergefäfs führenden Capillarröhre sowie in dem kleinen Raum über der Marke enthalten ist, ergab sich in Folge der bedeutenden Gröfse des Luftreservoirs so gering, dafs sie wegfallen konnte. Man erhielt :

B.

Luftthermo-

Quecksilber-

A.

(auf re-

meter

thermometer

ducirt)

T.

Nr. 5

MM.

0

0

1066,39

115,10

115,3

1067,19

115,39

115,6

o

1111,02

131,49

182,0

C4

1216,19

170,18

171,1

r*

1256,48

184,66

185,6

Aus den in den beiden Versuchsreihen erhaltenen Zahlen wurde endlich folgende Interpolationsformel zur Uebertragung der Grade (Q) des Quecksilberthermometers Nr. 5 in die des Luftthermometers (L) berechnet, wobei wie erlaubt an- genommen wurde, dafs bis zu der Temperatur 100^ beide Instrumente miteinander übereinstimmen :

L = 100 + 0,98288 ^Q 100) + 0,000078357 (Q 100/.

Diese Formel giebt, wie die nachstehende Yergleichung zeigt, Werthe, welche mit den beobachteten gut überein- stimmen :

10

148 Landolty Untersuchungen über die Dampftensionen

Qaecksil-

1 Lufttherm-

bertherm.

berechnet

Lafttherm.

1 Differenz.

Nr. 5

Q.

L.

beobachtet

Beob.-Bech.

1

llö^S

115^05

! 0 115,10

+ 0,05

115,6

115,35

115,39

+ 0,04

123,95

123,58

123,66

+ 0,10

132,0

131,53

131,49

0,04

154,25

153,53

153,58

+ 0,05

171,1

170,25

170,18

0,07

179,25

178,85

178,31

0,04

185,6

184,67

184,66

- 0,01

203,5

202,50

202,45

0,05

Zur Interpolation der Spannkraftbestimmungen hatte ich Anfangs die Absicht, lediglich die graphische Methode zu benutzen, bin aber spater zur Anwendung von Formeln übergegangen. Wie Regnault *) gezeigt hat, schliefst sich die von Biot**) für den Wasserdampf gegebene Inter- polationsformel mit 5 Constanten (a b c or /!?) :

log E = a + ha* + c^i

bei den verschiedensten Substanzen den Beobachtungen in befriedigender Weise an, und es kann sogar, wenn die Ver- suche sich innerhalb kleiner Druckgrenzen bewegen, das letzte Glied vernachlässigt und die einfachere Formel :

log E = a -f- ba*

angewandt werden, deren Werthe von denen der ersteren um Gröfsen abweichen, welche meist ganz innerhalb der Beobachtungsfehler liegen ***). Für die nachstehenden Tensionsbeslimmungen der Sauren , die sich blofs auf zwei Atmosphären erstrecken, genügte die einfachere Formel voll- ständig.

Die Beobachtungen wurden zunächst in ein Coordinaten- netz eingetragen, bei welchem jeder Theilstrich der Abscissen

•) M^m. de TAcad. XXVI, 861. **) Connaissaace des temps pour 1844. ***) M^m. de TAcad. XXVI, 368.

homologer Verbindungen, 149

0,2^ Temperatur , jeder Theilstrich der Ordinalen 2 MM. Spannkraft repräsentirte. Die Versuche bei niedrigen Tem- peraturen wurden aufserdem noch in dem zehnfachen Mafs- stabe ausgedruckt. Man zog durch die Beobachtungspunkte eine stetig gekrümmte Curve, so dafs sie möglichst viele derselben berührte, und entnahm aus dieser die Spannkräfte für drei gleich weit von einander abstehende Temperaturen, die dann zur Berechnung der Constanten a b a der Inter- polationsformel dienten. Die der letzteren entsprechende Curve wurde nun neben die Beobachtungscurve gezeichnet, und wenn erhebliche Abweichungen sich ergaben, durch Wahl anderer Rechnungselemente eine neue Interpolations- formel abgeleitet, bis genügender Anschlufs erzielt war*). In Bezug auf die Berechnungsart der drei Conslanten ver- weise ich auf Regnault, Mem. de l'Acad. XXI, 593. Herr Dr. Bettendorff hatte die Gefälligkeit, einen Theil der Rechnungen zu übernehmen.

In den nachfolgenden Versuchstabellen sind durchgängig die berechneten Spannkräfte mit den beobachteten zusammen- gestellt. Man wird in den meisten Fällen eine befriedigende Uebereinstimmung finden; nur in höheren Temperaturen treten bisweilen, wie es in der Natur der Sache liegt ^ gröfsere Differenzen auf. Die Abweichungen, welche hier die Beob- achtungen untereinander sowie von der Rechnung zeigen, rühren theils von der Schwierigkeit einer genauen Tempe- raturbestimmung her, zum Theil sind sie durch den Umstand hervorgerufen, dafs es bei Apparat II in Folge des engen Röhrenstücks bc Fig. 3 immer einige Zeit dauerte, bis völ- liger Gleichgewichtszustand der Quecksilbersäulen eintrat, und mitunter Ablesungen vorgenommen wurden, bei welchen dieser noch nicht erreicht war. Indefs verschwinden alle

*) Vgl. Regnault, Mto. de TAcad. XXVI, 358.

150 Landolt, Untersuchungen über die Dampftensionen

diese Beobachtungsfehler vor denjenigen, welche dnrch die Ungleichheit der Substanz bedingt werden. Regnault*) hat schon hervorgehoben, wie bedeutend der Einflufs selbst der kleinsten Verunreinigungen auf die Spannkraflbestim- mungen ist : dafj^ , selbst Mengen von Viooo einer fluchtigen Substanz, welche z. B. Alkohol oder Schwefelkohlenstoff zugefügt werden, eine Aenderung der Tension bewirken. Von einer so scharfen Uebereinstimmung, wie sie die Spann- kraftmessungen des Wasserdampfs von Magnus und Reg- nault zeigen, kann bei eigentlichen chemischen Präparaten keine Rede sein; man erhält hier bei verschiedenen Proben derselben Substanz oft beträchtliche Differenzen, ohne dafs es möglich wäre, durch Analyse bestimmt eine Verunreini- gung nachzuweisen. In welchem Grade die Verschiedenheit der Präparate von Einflufs sein kann, geht aus mehreren der später angeführten Beobachtungstabellen hervor.

lO« Zur Prüfung der beiden Apparate wurden zunächst einige Bestimmungen der Spannkraft des Wasserdampfs aus- geführt und die erhaltenen Resultate mit denjenigen von Magnus**) und Regnault***) verglichen. Es ergaben sich folgende Zahlen :

Apparat L

Thermometer

Spannkraft

Temp.

Spann-

Nr. 1

1

Nr. 2

Mittel

kraft

nach Magnus

nach Regnault

0

0

0

MM.

MM.

MM.

17,97

17,91

17,94

15,25

15,29

15,30

24,84

24,83

24,84

23,44

23,86

23,83

30,90

31,00

30,96

32,97

33,37

33,81

36,85

86,89

86,87

45,72

46,43

46,37

45,00

44,96

44,98

71,81

71,86

71,32

45,13

45,03

45,08

71,66

71,72

71,69

•) M^m. de l'Acad. XXVI, 648. •*) Pogg. Ann. LXI, 225. •*♦) M^m. de l'Acad. XXI, 624 bia 688.

homologer Verbindungen^

151

Apparat IL

Thermo-

Tempe-

Spann-

Spannkraft

meter

ratur

kraft

nach

nach

Magnus

Begnanlt

«

0

MM.

MM.

MM.

78,1

826,4

327,5

828,2

80,8

865,2

365,6

866,4

83,4

404,9

405,8

406,6

Nr 4

85,2

436,9

485,8

436,5

X^l T

90,6

538,0

537,0

537,6

94,1

615,8

612,5

613,0

97,0

680.5

681,7

682,0

100,8 102,7

768,8 838,0

768,4 837,1

768,3

836,5

105,2

' 915,3

913,9

912,8

Nr. 5

109,9

1069,2

1078,7

1071,8

111,8

1130,7

1128,1

1123,4

114,0

1224,6

1233,7

1228,5

Die von Mafirnas und Regnault für die obigen Tem- peraturen gefundenen Spannkräfte des Wasserdampfs wurden aus den von den Beobachtern gegebenen Tabellen unter der zulässigen Annahme berechnet, dafs innerhalb eines Grades die Spannkraft proportional der Temperaturzunahme steige.

Diese Versuche zeigen, dafs der Apparat I Resultate lieferte, welche sehr befriedigend mit den Zahlen von Mag- nus und Regnault zusammenfallen. Weniger grofs ist dagegen die Uebereinstimmung bei Apparat II; hier treten ofk Differenzen von mehreren Millimetern auf. Dieselben erscheinen jedoch nicht sehr bedeutend, wenn man bedenkt, dafs ein Unterschied in der Temperatur von 0,1^ z. B. bei 80^ einer Spannkrafldifferenz von 1,5 MM., bei 100^ von 2,7 MM. und bei 115^ von über 4 MM. entspricht. Bei einem Thermometer, dessen Scale stark aus dem Erhitzungsgefäfs herausragt, ist man aber, wie schon früher hervorgehoben wurde, kaum auf diese Gröfse sicher. Da die Abweichungen von den Magnus*- und Regnault'schen Beobachtungen, welche übrigens einigemale eben so grofse Differenzen untereinander zeigen, bald positiv, bald negativ sind, so geht

i. r- .; s*>

:*«;;:■.,

162 Landoltj Unter stichungen über die Dampftensionen

daraus hervor, dafs die liesultate, die der Apparat 11 lieferte, nicht etwa mit einem constanten Fehler behaftet waren.

11. Um ferner zu prüfen, ob die beiden Apparate in ihrem Gange übereinstimmten und anschliefsende Resultate lieferten, wurde eine besondere Versuchsreihe angestellt. Es mufste zu derselben ein Körper gewählt werden, dessen Dampflensionen so lagen, dafs sie für eine gröfsere Reihe von Temperaturen mit beiden Apparaten gemessen werden konnten, was bei den Sauren nicht der Fall war. Der Apparat I erlaubte Tensionen von 0 bis ungefähr 340 HM. zu messen , während der Apparat 11 von 200 bis 1400 MM. arbeiten liefs; es blieb also eine Strecke von 140 MM. ge- meinsam. Ich wandte zu den Versuchen reinen Metht/l- aJkohol an, einen Körper, welcher auch bereits von Regnault untersucht worden ist und somit noch eine Vergleichung der verschiedenen Beslimmungen zutiefs. Das benutzte Prä- parat war aus oxalsaurem Methyl durch Zersetzung mit Kali- lauge dargestellt und mit Hülfe von Aetzkalk sorgfältig ent- wässert worden. Bei der Destillation zeigte die Flüssigkeit den constanten Siedepunkt 66,0^ während des Barometer- standes 753 MM.

Man führte zunächst eine Anzahl Beobachtungen mit Apparat I aus, welche folgende Zahlen ergaben :

Thermometer

Nr. 1

Nr. 2

0

11,92

12,02

16,33

16,38

19,83

19,89

24,34

24,35

29,80

29,81

84,86

85,02

39,47

89,43

44,83

44,74

Tempe-

Spannkraft

Spannkraft

T\\«

ratur

beobachtet

berechnet

«^««>.

T.

£b

Er

Eb'^-Er

0

MM.

MM.

MM.

11,97

63,96

64,28

0,82

16,36

80,82

81,22

0,40

19,86

96,70

97,43

0,78

24,35

121,59

122,40

0,81

29,81

160,06

160,26

- 0,20

84,94

206,07

204,88

- 1,19

39,45

252,85

252,76

- 0,09

44,79

322,15

821,81

- 0,34

homologer Verbindungen,

153

Diese Beobachtungfen wurden in eine Curve übertragen und ans derselben folgende drei Elemente entnommen, welche zu der Berechnung der Constanten der Interpolationsformel log E s= a 4~ ba* dienten :

T

E

15«

75,60 MM.

80

161,76

45

824,88

Hieraus findet man :

a =

6,8472828

b=

3,9687610;

log b = 0,5986549

log a =

0,9974888-

1

t = T

15.

Die mit Hülfe dieser Zahlen berechneten Spannkräfte sind in der obigen Tabelle mit den Beobachtungen zusam- mengestellt.

Es wurde nun eine Versuchsreihe mit Apparat II aus- geführt und geprüft, ob die erhaltenen Zahlen an die frühere Curve sich anschlössen und demgemäfs die Interpolations- formel noch zu denselben stimmte. Man erhielt :

Temp.

Spannkraft

Spannkraft ,

Diffflrens

Therm.

beobachtet

berechnet

Nr. 5

£b

Er I

1

Eb Er

0

MM.

MM.

MM.

35,92

214,05

214,56

0,55

87,40

280,00

229,91

-- 0,09 -- 1,08

39,64

256,06

254,98

41,66

279,42

279,61

0,19

43,61

306,85

308,07

2,22

46,03

341,00

340,07

+ 0,93

Die Zahlen genügen, wie man sieht, der angegebenen Prüfung; die beiden Apparate lieferten übereinstimmende Resultate.

Mit Hülfe der Interpolationsformel habe ich schliefslich die Spannkräfte des Hethylalkoholdampfs von 5 zu 5 Graden

154 Land alt, Untersuchungen Hier die Dampftensionen

berechnet Sie sind in der folgenden Tabelle mit den von Regnault*) erhaltenen Resultaten zusammengestellt :

Temp.

SpanDkraft

Spannkraft nach

Differeni

To

E

Regnault

MM.

MM.

MM.

0<»

82,90

26,82

6,08

5

48,77

86,89

6,88

10

57,76

50,18

7,63

15

75,60

67,11

8,49

20

98,14

88,67

9,47

25

126,45

115,99

10,46

30

161,75

149,99

11,76

85

205,46

192,01

13,45

40

259,20

248,51

15,69

45

824,84

306,13

18,71

50

404,56

881,68

22,88

Aus der starken Differenz der obigen Zahlen geht her- vor, wie bedeutend die Spannkraflbestimmungen verschie- dener Beobachter von einander abweichen können. Die auf die gegebenen Temperaturen bezüglichen Messungen R^g- nault*s sind ebenfalls nach der statischen Methode ausge- führt worden, bei welcher nicht etwa Unregelmafsigkeiten in Folge Stofsens der Flüssigkeit vorkamen. Die Ursache der Differenzen kann also nur in der Verschiedenheit der Präparate liegen.

Dampftensionen der Säuren CnH2n02.

Ameisensäure.

IS. Das zu den Versuchen benutzte Präparat war durch Zersetzung von sorgfältig getrocknetem ameisensaurem Blei mit Schwefelwasserstoffgas dargestellt und durch Destillation über eine neue Quantität des Bleisalzes von Schwefelwasser-

*) U4m. de TAcad. XXVI, 460.

homologer Verbindungen^

155

Stoff befreit worden. Dasselbe raacbte an der Luft. Beim Destiliiren ging der gröfste Theil der Säure bei dem con- stanten Thermometerstand 99,4® ober, Barometerstand 746,8 MM. Diese Portion gab in Apparat I folgende Dampflensionen :

1. Beobachtungsreihe.

Thermometer

T

E

E

Nr. 1

Nr. 2

Nr. 3

beobachtet

berechnet

0

MM.

MM.

14,83

14,93

14,95

14,90

25,1

24,0

24,04

24,05

24,05

24,05-

41,4

40,3

24,94

24,95

25,00

24,96

89,0

38,5

30,85

30,36

30,30

30,34

54,4

52,5

35,26

36,37

35,30

35,31

67,7

66,4

40,87

40,36

40,30

40,35

84,6

83,6

45,08

45,09

45,00

45,06

103,5

103,0

60,29

50,30

50,25

50,26

128,6

128,7

60,09

50,00

1 50,10

50,06

127,5

127,5

2. Beobachtungsreihe.

13,02

29,85 40,57 49,89 49,49 56,15 61,91 66,22 69,63 76,24 78,72 79,64

13,18 14,93 29,86 40,58 49,80 49,40 56,07 61,83 66.24 69,64 76,16 78,86 79,67

13,15

29,75 40,52 49,71 49,33 56,04 61,87 66,27 69,68 76,10 78,80 79,76

Siedepunkt

13,12 14,93 29,82 40,56 49,80 49,41 56,09 61,87 66,24 69,26 76,17 78,79 79,69

99,40

20,9

23,4

52,6

85,4

126,7

124,8

162,3

202,8

238,6

270,5

847,4

383,7

894,4

746,8

21,8

24,0

51,2

84,4

126,2

124,1

168,6

201,1

243,3

276,4

349,8

383,6

395,6

748,4

Als die Saure in Apparat II einer von 75^ bis 105^ gehenden Versuchsreihe unterworfen wurde, zeigte sich, dafs nach dem Erkalten über der Flüssigkeit in dem Ge- fafse a Fig. 3 eine betrachtliche Gasblase blieb und demnach die Tensionen zu hoch ausgefallen sein mufsten. Das Gas liefs sich entzünden , als man es aus dem Hähnchen e aus-

156 L an doli ^'^■^ Untersuchungen über die Dampftensionen

strömen liefs , und verbrannte mit blauer Flamme ; es war offenbar Zersetzung der Ameisensäure in Kohlensäure und Wasser eingetreten. Berthelot*) hat bereits eine solche Zerlegung eintreten sehen , als er Ameisensäure in einem zugeschmolzenen Rohr mehrere Stunden auf 260^ erhitzte ; die obige Wahrnehmung zeigt aber, dafs das Zerfallen schon bei viel niedrigeren Temperaturen und zwar wenige Grade über dem Siedepunkte vor sich gehen kann.

Aus den obigen Beobachtungen wurden mit Hinzunahme der Siedepunktsbestimmung durch graphische Interpolation folgende Werthe ermittelt, welche zur Berechnung der Con- slanten der Formel :

log E = a -|- bat

dienten : .

T

E

10«

18,4 MM.

65°

156,5 MM.

100<»

762,0 MM.

Hieraus ergiebt sich :

a = 4,832728

6

b= 3,5679108; log b = 0,5524140 log a = 0,9970865-»

t = T 10.

Mit Hülfe dieser Zahlen ist folgende, von 5 zu 5 Graden des Quecksilberthermometers gehende Tabelle berechnet worden :

T

E

t

T

E

1

T

E

MM.

MM.

MM.

10^

18,4

45<>

102,7

800

899,8

15

24,1

50

127,2

85

473,7

20

31,4

55

156,5

90

558,0

25

40,4

60

191,2

95

653.8

30

51,6

65

232,1

100

762,0

85

65,4

70

280,0

40

1

82,3

76

335,6

*) Compt. rend. LIX, 861.

homologer Verbindungen,

157

Essigsäure.

13« Die Säure warde nach dem M eis ens'schen Ver- fahren durch Erhitzen von zweifach- essigsaurem Kali auf ungefähr 200^ dargestellt. Bildung von Aceton ist dabei, wenn man die Temperatur nicht höher als wie angegeben treibt, nicht zu befurchten; es wurde übrigens das Präparat auf die Gegenwart dieses Körpers geprüft^ indem man einen Theil desselben in einer Retorte mit Kali neutralisirte und erwärmte, wobei keine Spur von Aceton überging. Bei der Rectification begann die Flüssigkeit bei 117^ an zu sieden, die Hauptmenge (VO derselben destillirte zwischen 118,5" und 119^0^ Man spaltete diesen Theil in zwei neue, indem man die Flüssigkeit durch Abkühlung erstarren, hierauf wie- der theilweise schmelzen liefs und mittelst Abgiefsen trennte. Diese beiden Fractionen zeigten während der Destillation einen übereinstimmenden Siedepunkt von 118,7^ bis 119,0^ bei 752,5 MM. Barometerstand. Sie dienten zu folgenden Versuchen :

Apparat L

Thermometer

£

Nr. 1

Nr. 2

Nr. 3

T

beobachtet

0

0

0

MM.

2,00

■'

2,38

2,19

9,4

2,20

2,48

2,34

9.9

6,01

6,23

6,12

10,9

10,72

10,87

10,79

12.4

16,48

15,52

15,50

14,8

20,33

20.34

20,27

20,31

18,5

25,55

25,55

25,41

25,50

21,8

81,30

31,36

31,14

81,26

29,0

40,17

40,13

39,98

40,09

39,1

60,79

50,70

50,60

50,69

64,9

60,11

60,03

60,00

60,04

92,5

66,92

66,04

66,08

65,99

119,5

71,98

71,95

71,87

71,75

151,2

77,94

77,96

78,08

77,99

190,9

£

berechnet

MM.

8,5 12,5 19,1 30,7 67,8 122,3 190,2

158 Landolty Untersuchungen über die Dampftensionen

Die im Barometerrohr befindliche Säure blieb flüssig, als man die Temperatur des Wasserbades durch eingeworfe- nes Eis bis nahe an 0^ abkühlte, und es war auch durch Erschüttern des Apparates nicht möglich, dieselbe zum Er- starren zu bringen.

Apparat IL

1

Beobachtongsreihe

2

. Beobacbtangsreifae

T

E

beobachtet

E berecbnet

T

B

beobachtet

berechnet

0

MM.

MM.

0

MM.

law*

99,0

393,6

395,2

94,6

839,2

340,5

lOM

420,6

99,9

407,9

108,9

464,1

465,8

102,9

454,6

450,1

104,9

482,6

105,0

485,5

106,0

504,0

498,7

108,0

534,9

582,4

110,0

567,0

118,1

623,1

^^

115,1

670,9

669,1

115,5

683,6

677,6

119,1

762,8

119,1

765,4

121,1

811,9

808,5

122,0

841,7

831,4

123,2

869,6

122,6

854,0

126,2

919,4

917,9

129,3

1038,0

1040,S

127.2

980,7

130,2

1089,0

180,1

1078,8

1066,1

134,8

1200,2

1209,5

132,3

1144,4

137,8

1330,1

136,3

1290,0

1283,5

138,4

1374,2

1865,5

187,4

1842,4

Zur Berechnung der Constanten der Interpolationsformel

sind aus der Beobachtungscurve folgende Werthe entnommen

worden :

T E

W 12,1 MM.

74 165,45

188 1857,0,

welche ergeben :

a =: 6.9378154

b = 5,8550300; log b » 0,7675291 log a = 0,9985402-^

t = T - 10.

homologer V erhindungen.

159

Die Formel lieferte mit Hülfe dieser Zahlen nachstehende Tensionen für Grade des Quecksilberthermometers :

T

E

T

1

E

T

£

MM.

MM»

MM.

QO

7,6

600

66,0

1000

408,5

6

9,6

55

80,8

105

482,5

10

12,1

60 1

97,4

HO

667,8

16

15,1

65

117,8

115

667,0

20

18,9

70

142,0

120

781,1

25

23,5

75

170,6

125

912,3

80

29,1

80

204,8

130

1062,8

85

85,9

85

244,1

135

1234,9

40

44,1

90 ;

290,6

140

1431,8

45

54,0

95 ,

845,2

14» Bestimmungen der Spannkraft der Essigsauredämpfe sind bereits von Regnault und von Wüllner ausgeführt worden, und es ist daher bei dieser Substanz eine Verglei- chung der Resultate verschiedener Beobachter möglich.

Regnault*) hat mehrere Präparate untersucht. Das erste war aus festem Eisessig durch theilweises Schmelzen und Entfernen der flüssigen Masse gewonnen (Präparat I). Dasselbe wurde dann, um Spuren von Wasser zu entfernen, zuerst einmal (Präparat II) und hierauf ein zweites Mal (Prä- parat III) über wasserfreie Phosphorsäure destillirt. Aus den mitgetheilten Beobachtungsreihen für die Spannkraft der flüssigen Säure (Serie 1, 3 und 4) habe ich die in der nach- stehenden Tabelle enthaltenen Zahlen durch graphische Inter- polation abgeleitet.

Die Versuche von Prof. Wüllner, welche noch nicht veröffentlicht sind, wurden mit dem Apparate ausgeführt, welchen dieser Physiker zur Bestimmung der Spannkraft des Wasserdampfs aus Salzlösungen **) benutzt hatte. Aus den mir bereitwilligst zur Verfügung gestellten Beobachtungs-

*) M^m. de TAcad. XXVI, 755. •♦) Pogg. Ann. cm, 529.

"'^

160 Landoltj Untersuchungen über die Dampftensionen

daten sind durch graphische Interpolation für folgende Tem- peraturen die Tensionen bestimmt worden, welche ich mit

den meinigen in

Parallele

setze :

1

Tension i

Tension nach Begnaolt

T

1 1

Differenz

1 i 1

Landolt

WüIIner

1

Präp. I

Pr&p. II

Prftp. III

"~liM. '

MM.

MM.

MM. ,

MM.

MM.

11,1

6,9 i

6,4

5.9

10

12,1

7,8

7,1

6,5

12

18,2

8,8

7,9

7,3

14

14,5

15,7

1,2

9,8

8,8

8,2

16

15,8

16.9

1,1

11.0

9,8

9,2

18

17,8

17,7

0,4

12,2

10,9

10,3

20

18,9

19.0

0,1

13,6

12,8

11,6

30

29,1

80,6

1,4

40

44,1

45,5

1,4

50

66,0 72,0

6,0

60

97,4

107,8

9,9

70

142,0

155,2 !

18,2

80

204,8

232,9

28,9

90

290,6

346,7

56,1

•—

100

480,5

473,0

64,5

110

567,8 1 638,0

65,2

tmm^

115

667,0

735,0

i

68,0

^■^"

!

i

~^

Die obigen Zahlen zeigen, dafs bei niedrigen Tempe- raturen eine nahe Uebereinstimmung zwischen den Wüll- ner'schen Beobachtungen und den meinigen stattGndel. Von ungefähr 40^ an beginnen jedoch die beiden Curven auseinander zu gehen, und entnimmt man aus denselben die dem Druck 760 HM. entsprechenden Siedepunkte, so ergiebt sich für die von Wüllner benutzte Essigsäure die Zahl 116,2^, für die meinige 119,1^ Dieser niedrige Siedepunkt des Wüllner 'sehen Präparates und das raschere Steigen der Curve lassen vermuthen, dafs in demselben noch eine kleine Menge Wasser enthalten war. Die Regnault*schen Beobachtungen haben, wie die Tabelle zeigte nicht unbe- trächtlich kleinere Spannkräfte ergeben.

homologer Verbindungen.

161

Propionsäure. 15. Zur Darstellung des Präparats wurde Cyanäthyl, welches durch Einwirkung von Jodäthyl auf reines Cyan- kalium gewonnen worden war, mit Kalilauge zersetzt, die erhaltene Lösung von propionsaurem Kali zur Trockne ab- gedampft, und der Rückstand mit der äquivalenten Menge zweifach - schwefelsaurem Kali erhitzt. Aus 400 Grm. er- haltenen rohen Products liefsen sich durch fractionirte Destil- lation 300 Grm. Flüssigkeit abscheiden, welche zwischen 1390 und 140^ bei 758,1 HM. Barometerstand übergingen. Bei einer nochmaligen Bectification wurde der bei 139,5^ destillirende Antheil, dessen Gewicht 200 Grm. betrug, be- sonders aufgefangen. Derselbe gab folgende Dampfspan- nungen :

Apparat L

1. Beobachtungsreihe.

Thermometer

£

£

Nr. 1

Nr. 2

T

beob- achtet

berechnet

0

0

0

MM.

11,87

12,02

11,94

6,2

5,9

16,98

16,08

16,00

7,7

7.0

20,18

20,24

20,21

8,8

8,4

25,04

25,05

25,04

10,2

10,3

29,95

29,96

29,95

11,9

12,7

85,86

85,82

85,84

15,5

16,2

40,67

40,63

40,65

18,8

19,7

45,08

44,99

45,08

20,4

28,5

11,27 20,28 81,80 40,87 49,49 59,36 69,12 78,28

2. Beobachtungsreihe.

11,87

11,82

5,9

20,29

20,26

9,1

81,81

81,80

12,8

40,88

40,87

17,7

49,85

49,42

26,9

59,22

59,29

40,8

69,04

69,08

58,8

78,25

78,24

69,6

6.7

8,4 18,8 19,5 28,1 41,5 60,7 71,2

3. Beobachtungsreihe. Sinkende Temperatur.

40,87 81,86

26,70

40,88

40,85

18,6

81,36

80,35

12,4

25,56

25,62

10,2

Alt««.!, d. (IhATn. li. Pfi»mi. VT. Knnn1«iman*h4 9 Naf*

19,8 18,4 10,5

44

I

162 Landoit, Untersuchungen über die Dampftensumen

Apparat 11.

1. Beobachtangsreihe

2. Beobachtungareihe

T

E

beobaohtet

E berechnet

T

E

beobachtet

E berechnet

0

MM.

MM.

0

MM.

MM.

92,4

146,2

146,8

120,1

892,9

890,7

98,1

^60,8

148,6

121,1

406,8

99,6

190,8

188,8

123,2

480,6

484,4

104,8

231,4

228,8

128,2

502,0

116,1

826,1

828,2

184,8

682.5

632,9

118,1

869,8

364,4

135,8

657,0

122.1

416,6

417,9

189,4

770,9

780,9

130,8

640,8

662,7

148,4

880,0

186,8

676,8

676,6

146,6

958,4

946,9

140,4

788,7

776,1

147,6

982,3

'

146,6

960,1

946,9

149,6

1045,5

1044.8

148,6

1011,6

1010,8

150,5

1076,9

162,6

1147,4

1156,8

151,6

1108,8

1118,6

156,7

1287,6

1818,5

166,6

1247,4

168,7

1872,8

1405,0

157,7

1836,1

1860,4

Diese Beobachtungen boten Schwierigkeiten in Bezug auf eine gehörig sich anpassende Interpolationsformel. Es wurden deren mehrere berechnet und schliefslich die aus folgenden der Curve entnommenen Werthen hergeleitete ausgewählt :

T E

W 5,4 MM.

80 92,0

160 1062,0

Diese geben :

a = 9,7017878

b = 8,9698440; log b = 0,9527607 log a = 0,9990888->

t = T 10.

Mit Hülfe dieser Zahlen ist folgende Tabelle berechnet worden, welche die Dampftensionen der Propionsäure für Grade des Quecksilberthermometers angiebt :

homologer Verbindungen.

163

T

E

T

E

T

E

Ja All»

MM.

MM«

10»

6,4

60<>

42,7

110°

274,4

15

6,7

65

. 51,9

115

327,1

20

8,8

70

62,9

120

389,0

25

10,8

75

76,2

125

462,0

30

12,7

80

92,0

130

547,5

35

15,6

85

110,8

135

650,2

40

19,2

90

133,5

140

765,2

45

23,5

95

160,3

145

902,8

50

28,7

100

192,1

150

1062,0

55

85,0

105

229,7

155

1248,6

Butter&äure. 16. Zur Darstellung eines reinen Präparats wurde käufliebe Buttersäure destillirt und das zwischen 161 und 163^ lieber- gehende besonders aufgefangen. Diese Portion vermischte man mit Wasser, neutralisirte mit kohlensaurem Kali und zersetzte das zur Trockne abgedampfte Salz durch Destillation mit concentrirter Schwefelsäure. Die erhaltene Flüssigkeit ging bei der Rectification vollständig zwischen 162,5 und 163^ über. Sie wurde in folgenden zwei Portionen aufgefangen :

Portion A 162,5 bis 168<>. Barometerstand 765,8 9 B 163,0 constant.

Präparat B.

Apparat L 1. Beobachtungsreihe.

Thermometer

m

E

£

Nr. 1

Nr. 2

T

beobachtet

berechnet

0

0

0

MM.

AsM.

15,23

15,33

15,28

6,5

6,2

19,88

19,88

6,9

24,33

24,85

24,34

7,9

8,5

24,69

24,95

24,82

8,4

29,65

29,66

29,65

9,6

10,2

84,26

84,22

34,24

11,1

39,52

39,48

39,50

12,5

14,8

44,13

44,09

44,11

15,6

50,09

50,00

50,05

19,9

20,5

54,50

54,41

54,45

20,2

59,11

59,02

59,06

25,8

27,7

66,62

66,54

66,58

88,8

35,7

i\ *

164 Landolt, Untersuchungen über die Dampftensionen

2. Beobachtungsreibe.

Thermometer

T

E

E

Nr. 1

Nr. 2

beobachtet

berechnet

0

f,

0

MM.

MM.

2,06

2,20

2,12

4,4

4,0

10,22

10,87

10,30

6,2

18,SS

18,44

18,38

6,4

6,9

19,83

19,94

19,88

6,9

29.80

29,26

29,28

9,5

10,1

39,87

39,78

39,82

12,6

46,38

46,80

46,84

16,9

18,1

52,39

52,26

52,32

19,6

59,26

59,22

59,24

25,9

27,9

65,92

65,84

65,88

32,8

34,8

71,93

71,85

71,89

40,6

42,5

80,19

80,22

80,20

53,4

66,0

Apparat 11.

1. BeobachtuDgBreibe

2. Beobaohtungtreihe

T

E

beobachtet

E

berechnet

T

E beobachtet

E

berechnet

0

MM.

MM.

0

MM.

MM.

96,8

95,0

96,5

184,4

324,4

322.7

97,2

96,2

97,7

144,6

440,6

446,9

102,6

112,5

149,7

502,9

108,4

188,9

140,6

154,3

697,8

606,0

117,6

192,6

156,8

676,7

126,0

256,1

247,7

166,1

866,1

846,4

127,8

270,8

^mmm

177,0

1212,0

1219,9

133,9

827,3

818,2

138,6

368,5

367,8

151,3

645,1

560,9

^^^^

170,7

1014,8

1004,5

181,7

1388,9

1414,0

Die mit Präparat B erbaltenen Resultate wurden sur

Aufstellung der Interpolationsformel benutzt. Man wandle

folgende drei der Beobachtungscurve entnommene Werihe an :

T E

100 6,2 MM.

96 91,0

180 1842,0 «

homologer Verbindungen.

165

woraus sich ergiebt :

a = 21,5043266

b = 20,7883233; log b = 1,8178195 log a = 0,9996850-*

t = T 10^.

Wie eine Vergleichung der berechneten Tensionen mit den beobachteten ergiebt, liefert die Formel wenigstens bei niedrigen Temperaturen durchgehend etwas zu grofse Werthe. Bei den mit Apparat II ausgeführten Bestimmungen sind da- gegen die Differenzen zwischen Beobachtung und Rechnung bald positiv, bald negativ.

Aus der obigen Interpolationsformei ist nachstehende, auf Grade des Quecksilberthermometers sich beziehende Tabelle berechnet worden :

T

B " MM."

T

E

"" mm: "

T

£

MM.

I0<>

6,2

70^

89,9

130<^

281,2

15

6,2-

75

47,1

135

329,8

20

7,8

80

55,6

140

886,1

25

8,7

85

65,5

145

450,8

80

10.8

90

77,3

150

529,1

85

12,2

95

91,0

155

617,9

40

14,5

100

107,1

160

723,1

45

17,2

105

125,9

165

844,4

50

20,4

110

148,1

170

986,2

55

24,2

115

173,0

175

1151,4

60

28,6

120

204,1

180

1342,0

65

83,7

125

240,0

17« Durchgehend höhere Dampfspannungen und 7.war meist ziemlich betrachtliche zeigte das Präparat A, mit wel- chem die folgenden Versuche angestellt worden sind :

Apparat I.

Apparat IL

Tbennometer

T

E

E

T

E

E

Nr. 1 Nr. 2

beobachtet

berechnet

beobachtet berechnet

0 0

0

MM.

MM.

0

MM.

MM.

13,82; 13,93

18,88

6,8

6,0

154,0

610,6

601,4

14,83' 14,93

14,88

6,4

6,2

156,8

655,0

644,4

22,24 : 22,35

22,80

8,6

7,9

157,7

686,6

672,8

80,05

80,16

30,10

11,8

10,4

161,8

791,3

762,4

89,77

RA 00

39,78 Knon

89,77

15,6 QUO

14,5

91 1

162,1

IAA A

800,8

QAQ A

770,5

ftfift Q

»7

166 Landolif Untersuchungen über die Dampf tensimien

Valerianeäure.

19. Aus Amylalkohol durch Einwirkung von chrom- saurem Kali und Schwefelsäure dargestellte Valeriansäure wurde in das Kalisalz übergeführt, und dieses in gut getrock- netem Zustande durch Destillation mit concentrirter Schwefel- saure zersetzt. Das Präparat ging beim Rectificiren zum gröfsten Theil zwischen 175,6^ und 176,1 bei 766,2 HM. Barometerstand über. Diese Portion gab folgende Zahlen :

Apparat I. 1. Beobachtungsreihe.

Thermometer

T

E

E

Nr. 1

Nr. 2

beobachtet

berechnet

0

0

0

MM

n^U*

15,78

15,78

15,75

5.7

6,6

20,38

20,84

20,88

6,5

M

25,55

25,55

25,55

9,9

80,95

80,96

80,95

10,9

86,26

86,28

36,27

11,8

10,6

41,17

41,19

41,18

18,8

12,4

44,98

44,89

44,91

14,5

14,0

50,99

50,90

50,95

16,7

16,9

59,91

59,82

59,86

21,8

22,5

69,72

69,44

69,58

29,7

30,6

78,94

79,17

79,05

89,2

41,1

2. Beobachtungsreihe.

6,41 10,12 15,78 20,54

1 6,56

6,48

10,27

10,20

15,88

15,78

20,59

20,56

5,0 5,8 6,1 6,6

4,1

5,5

6.4

homologer Verbindungen.

167

Apparat n.

1. Beobachtangsreihe

2. BeobaohtungBreihe

T

E E

beobachtet berechnet

T

E beobachtet

£

berechnet

0

MM.

MM.

0

MM.

MM.

110,8

108,3

110,4

148,4

349,6

»47,5

114,8

121,2

122,7

150,7

373,2

371,7

120,1

148,8

166,6

427,6

444,5

120,8

154,6

147,8

171,1

677,5

685,8

132,4

232,6

178,7

845,3

861,7

136,7

248,7

243,8

189,0

1156,5

1170,0

148,6

346,9

_

158,0

452,9

464,1

166,8

684,2

r

181,8

966,1

948,8

188,5

1176,2

^"~

190,5

1239,4

1227,4

Die durch diese Beobachtungen laufende mittlere Curve lieferte folgende Elemente zur Berechnung der Interpolations- formel *) :

T E

200 6^3 if^

105 92,0 .

190 1208,0 n

Hieraus resultirt :

a = 29,0659805

b= 28,266640; log b := 1,4512742 log a = 0,9997851-*

t = T

Diese Zahlen lieferten folgende Tabelle

*) Die Berechnung einer annehmbaren Interpolationsformel bot in- sofern Schwierigkeiten , als in den Beobachtungen die den Tem- peraturen zwischen 80^ und 110^ entsprechenden Tensionen fehlen. Die Spannung fOr die Temperatur 105^ muDrte aus diesem freien Currenstück genommen werden, über dessen Verlauf indefs keine erhebliche Unsicherheit obwalten konnte.

168 Landoltj Untersuchungen über die Dampftenaionen

T

E

T

£

T

£

MM.

MM>

MM.

10°

4,6

70°

30,9

1300

198,1

15

5.4

75

86,2

135

231.5

20

6,3

80

42,3

140

268,5

25

7.4

85

49,4

145

313,5

30

8,7

90

57,8

160 ,

368,4

35

10,2

95

67,4

155

421,9

40

12,0

100

78,8

160

491,2

45

14,0

105

92,0

165

571,4

50

16,4

110

107,3

170

662,9

55

19,3

115

125,6

175

810,1

60

22,«

120

145,9

180

893,3

65

27,6

125

170,6

186 190

1048,7 1203,0

19. Ein zweites Präparat, welches bei der Destillation den Constanten Siedepunkt 175,1^ bei 752,8 HM. Barometer- stand gezeigt hatte, gab beträchtlich höhere Tensionen. Wahrscheinlich enthielt dasselbe noch eine Spur Wasser. Es wurden nachstehende Beobachtungen erhalten , welche ich mit den für Präparat 1 mittelst der Interpolationsrormel bestimmten Spannkräften für die nämlichen Temperaturen zusammenstelle :

Apparat I.

Thennometer

£ beobachtet

£

Nr. 1

Nr. 2

T

berechnet för PrÄp. 1

DifferooB

0

0

0

AlM.

MM.

MM.

11,32

11,43

11,37

6,9

4,8

2,1

20,08

20,04

20,08

9.7

6,8

3.4

31,40

81,41

81,40

14,4

9,1

5,3

39,97

89,98

89,97

18,9

12,0

6,9

Apparat H.

.

159,1

471,2

482,4

11,2

167,1

627,1

609,2

17,9

168,2

648,9

629,4

19,5

178,9

919,4

869,9

49,5

""■

"■"

180,4

969,0

905,9

68,1

homologer Verbindungen, 169

Resultate.

SO. Die vorstehenden Bestimmungen sind hinreichend, um nun die Eingangs erwähnten Fragen, und zwar zunächst diejenige, ob das Dal ton'sche Gesetz bei homologen Reihen Gültigkeit besitze oder nicht, zu erörtern.

Die Prüfung des Dal ton 'sehen Gesetzes lafst sich auf zwei Arten vornehmen. Man kann erstens die Tensionen der verschiedenen Substanzen für Temperaturen, welche um eine gleiche Anzahl Grade von ihren Siedepunkten entfernt sind, berechnen; es sollen diese Spannungen übereinstimmen. Oder zweitens man berechnet die einer Anzahl gleicher Spannungen zugehörigen Siedepunkte (die sogenannten enU sprechenden Temperaturen) \ ist das D alt on 'sehe Gesetz richtig, so müssen die Differenzen zwischen zwei ent- sprechenden Temperaturen bei allen Flüssigkeiten gleich grofs sein.

Ich habe die letztere Form gewählt, da die erhaltenen Zahlen noch zu einer weiteren Betrachtung anwendbar waren. Die folgende Tabelle enthalt die mittelst der Interpolations- formeln berechneten Siedepunkte für den Normaldruck 760 MM. und einige 200 MM. von demselben abstehenden Spannungen. Alle diejenigen Temperaturen , welche über 100^ lagen, wurden, um eine sichere Vergleichung zu er- möglichen, mittelst der $. 8 angegebenen Formel in Grade des Luftthermometers umgerechnet :

170 Landolt, Unlersuchtnigen über die Damjiftension

. .2

i

1"

1

19°1

ao,7

51,1 61,4 18,9

- 1

•i i ? t i

+1

1

•ä s S- S i-

£

' 1

°a 3 s g s

+1

"^ 1 ä s- i-

5- J +1

1

=^- i- 1 t 1

^ i

"2' 2" 2" S- ^

+1

i

s

"s- 1 1 t 1

" 1

=S- 5 S" S- o-

s s-

+1

1

99°9

ns.B

139,2

160,8 178,7

^1

,". -. •. -. 1 r- r- t- -

;- s- +1

1

1 t 1 1 1

^1

1 -5 ;- :- i

+1

1

, t 1 t g-

S ■• 1 1

'S 1 g. rS f

'3

8

homologer Verbindungen, 171

Vergleicht man bei den fünf Säuren die Differenzen J zwischen zwei entsprechenden Temperaturen, so ergiebt sich Folgendes :

Bei niedrigen Spannungen bis zu 560 HM. zeigen die Zahlen durchaus keine Uebereinslimmung , es wei^den die- selben vielmehr um so gröfser, je weiter man von der Ameisensaure an in der Reihe emporsteigt, je schwerer fluchtig also die Substanz wird. Das stetige Zunehmen der Differenzen tritt um so bestimmter hervor, je niedriger die Spannungen sind, welchen die entsprechenden Temperaturen angehören.

Von der Gegend der Siedepunkte bei 760 MM. an wer- den bei zunehmendem Druck die Differenzen übereinstim- mender, und es scheint hier das Dalton'sche Gesetz sich zu bewahren. Man hat bei den fünf Säuren :

swischen 560 MM. und 760 MM. im Mittel die Differenz 9,6^ +. 0,b^

, 760 960 « , 7.50 + 0,3«

960 , 1160 n n fi n n 6,1° + 0,8«

Es fragt sich, ob die Abweichungen von ± 0,3^ bis 0,5^ als Versuchsfehler angesehen werden dürfen, die namentlich bei Anwendung anderer Präparate vielleicht geringer aus- gefallen wären. Vergleicht man die früher angegebenen Tensionsbestimmungen verschiedener Präparate von Essig- säure, Buttersäure und Valeriansäure , so ergiebt sich, dafs bei der Temperatur der Siedepunkte und höher die Dampf- spannungen um 30 bis sogar 50 MM. von einander abweichen können. Nimmt man als höchste erlaubte Verschiedenheit in der Tension ± 15 MM. an^ so würde diese im Mittel fol- genden Differenzen in den Temperaturen entsprechen :

zwischen 560 MM. und 760 MM. Druok : +, 0,72<^

' , 760 ^ , 960 n » : + 0,56«

960 , , 1160 « n : ± 0,46«.

172 LandoU, ünteriuchungen über die Dampflemtonen

Diese Differenzen sind höher als die ob«i gefundenen, und es können daher die letzteren in der That von Ver- suchsrehlern herrühren.

Um einen weiteren Anhaltspunkt zur Beurtheilung der DilTtTeiizon zwischen entsprechenden Temperaturen zu er- halten, Imbe ich für einige der von Regnault untersuchten Subsl)iriz{;ii, welche keine chemische Gleichartigkeit unler- etnnrider zeigen, die verschiedenen Drucken zugehörigen Siedepunkte berechnet. Die Werthe wurden für diejenigen SpaiinuDiren, welche sich nahe an eine in den Regnault'- schen von 5 zu gehenden Tabellen enthaltenen Zahl an- schlössen, unter der zulässigen Annahme abgeleitet, dafs innerliiilb kleiner Grenzen die Temperatur proportional der SpBiinunn; sich ändere; für die weiter entfernten Werthe sind da^regen die Interpolationsformeln zu Hülfe genommen worden. Die Rechnung wurde für folgende Kdrper, welch« nach steigendem Siedepunkte geordnet sind, ausgeführt :

homologer Verbindungen.

173

o

CO

WH

CO^

oflT

CO

ö ^

•%

s

1

1

®ao

eo

O

v^

o

1

»M

«H

04

"^

00

1

B

«w

o>

«0

*i^

00

^

lO

o •»

•»

0^

«w

^ %

1

1

«

PM

M

P4

CO

fM

CO

PN

M

+1

04

«

00

04

o

■^

o •»

«K

*k

•«

^

«^

s

^e«

»O

"^

tO

iM

00

o>

o

C4

1-4

04

"^

tO

t*

to

1

1

1

6

c®.

(O

m^

«^

o>

PN

*

«

o

••

PN

s

s

00

Pi4

a

CO

«t

a o

+1

a a

©«

o

00

lO

CO

»i*

OD

O •*

^

•%

•%

««

^

s

o

oo

lO

>o

eo

fM

oo

lO

CO

1

fM

"^

CO

OD

o

So

»^

1

»M

fl

0

a

§

ex.

"^ S

00

06

Ii4

IM

OD 00

§"

o

8

+1

OD

i

^

CO

"t

CO

o

43

O -^

•%

«h

«^

m^

•«

«K

a

o

lO

"^

lO

o

o

CO

»M

tJ

^

«H

00

CO

OD

o

oo

00

vH

fM

fi

^

«l

«^

5|l

pm

•o

«^

aturen

"^ %

''im

m4

et

p4

o

p4

P4

P4

CO

fM

ei

8

+1

1

fO

iM

CO

00

t-

o

IM

»4

o »^

•%

•k

M

M

«^

S

o

<o

o

«H

^4

Ol

(O

M

CO

•^

t-

04

^

a

lO*

fM

»M

g

^ •«

«1

•o

«

«0

«^

cn

en

o

'^ 1

''oo

r«i

OD

o

o>

«

a

+

'S

1

©

00

eo

O

CO

C4

1 o

B

O '^

•»

M

•%

•»

o

»O

^

CO

00

o

»M

o>

Q

s

00

"^

lO

t-

o

IM

eo

1M

g

CO

^

r^

o

1«.

»^

M

i>»

o

»

'^ 1

*•

OD

^

K

«0

CO

OD

o

M

+1

a

(O

CD

»o

00

t-

00

00

CD

e "

•S

«te

•%

m*

0%

S

3

$

CO

o

^

CO

fM

1-4

»i*

a

_K

CO

o

«0

•o

!>.

to

OD

e •«

•%

«^

^

0%

■«3 1

lO

«o

1

m

•ft

K

OD

CO

1

00

a>

00

CO

00

O

o

CO

•»t."

•>•

I

C9

•>

t*

00

•*

«o

1

00

*H

<*

t-

*H

iM

1M

8t3

o

4->

OB

a

a

9

na

o

a

c

1

'S

*4

i

S

o

Kl

3

1

a

,a

o

O

M

9*

<*»

fd

*M

M

•«^

u

■♦*

^

'S

S

<

^

o

<

^

M

174 Landolty Untersuchungen über die Dampflenaionen

Vergleicht man hier die Differenzen zwischen den ent- sprechenden Temperaturen, so zeigt sich, dafs dieselben auch in der Nähe des gewöhnlichen Siedepunktes sehr von ein- ander abweichen; es beträgt die Verschiedenheit vom Mittel ± 2^, also eine Zahl, welche die Beobachtungsfehler weit überragt. Hier hat also das Dalton'sche Gesetz entschieden keine Gültigkeit.

Die vorstehenden Betrachtungen führen demnach zu folgenden Resultaten :

Bei den Gliedern der Ameisensäure-Reihe sind bei nie- drigen Spannungen die Difl^erenzen zwischen entsprechenden Temperaturen ungleich; sie wachsen mit der Schwerflüchtig- keit der Substanz. Bei Spannungen zwischen 560 und 1160 HH. werden dieselben dagegen übereinstimmend; es ist also das Dalton*sche Gesetz bei dieser homologen Reihe in der Nähe des gewöhnlichen Siedepunktes zulässig. Ob diese Regelmäfsigkeiten sich nun auch oberhalb 1160 MM. weiter fortsetzen, lassen die Versuche unentschieden. Wenn man indefs die Spannkraftcurven der 5 Säuren, welche in Fig. 4 dargestellt sind , betrachtet , so läfst sich aus dem Parallelismus ^ den dieselben in ihren höheren Theilen an- nehmen, schliefsen, dafs das Gesetz auch in Bezug auf die darüber liegenden Tensionen seine Gültigkeit bewahren werde.

91« Die mitgetheilten Beobachtungen gestatten noch die weitere Frage zu erörtern, ob die gleichen Difl*erenzen, welche die für den Druck 760 HM. geltenden Siedepunkte der Glieder homologer Reihen untereinander zeigen, auch bei Temperaturen auftreten, die anderen Spannungen zuge- hören?

Berechnet man zunächst für die untersuchten Säuren mit Hülfe der Interpolationsformeln die Siedepunkte bei 760 MM. Druck, so ergeben sich nachstehende Zahlen :

i .^

homologer Verbindungen.

175

"

Quecksilber- thermometer

Luft- thermometer

Ameisensäure .

. 99,9>

99,91

EBsigB&are . .

. 119»12

118,82

Propionsttore

. 139,79

139,22

Buttersäure . .

. 161,61

160,83

Valerianaätire

. 174,58

173,71.

Ferner findet man für die Veränderungen, welche die Siedepunkte erleiden , wenn der Luftdruck von 760 MM. um je 1 HM. abweicht, .die Werthe :

Ameisens. Essigs. Propions. Batters. Valerians. Mittel 0,046<> 0,044<> 0,043° 0,0410 0,044° 0,043°.

Hit Hülfe dieser Zahlen lassen sich Siedepunktsbestim- mungen der Säuren, welche bei verschiedenem Barometer- stand ausgeführt worden sind, auf den Normaldruck 760 MM. reduciren, indem man, was bei Abweichungen bis zu 10 MM. zulässig ist, die Aenderung der Temperatur derjenigen des Drucks proportional setzt. Auf diese Weise sind die nach- stehenden, von verschiedenen Beobachtern mitgetheilten Siede- punktsbestimmungen der Säuren berechnet, welche ich zur Vergieichung mit den Obigen beifuge *). Die Temperaturen beziehen sich sämmtlich auf das Quecksilberthermometer :

Liebig . . . Kopp .... Rosooe . . . Landolt, Prttp. 1

n 2 n 8

n 4

n

Ameisensäure,

redao. aiif760MM.

98,6° bei 753 MM.

Bar.

98,8°

106,4 764

n

106,2

101,1 768

n

101,2

101,1 764,3

n

100,3

104,9 ^ 766,7

n

106,0

101,8 762

n

101,7

99,4 n 746,8

n

100,0

*) Dieselben sind grofstentheils der Zusammensetaung, welobe Kopp (Ann. Chem. Pharm. XCVI, 9) gegeben bat, entnommen und durch die neueren Beobachtungen ergänzt. Die meinigen siebe Pogg. Ann. CXYII, 363.

I

176 Landolt, Untersuchungen über die Dampftensumen

Bineau 100°

Favre a. 8ilbermann 100 Wurtz 100

bei

n n

? ? ?

redao.auf760MM.

Essigsäure,

Delfffl .... Kopp ..... Oudemans . . Landolt, Fräp. 1

jt »2

. 8 Sybille Aoger .

Favre u. Silbermann

Dumas

116«

116,9

118,2

118,7

117,8

118,8

119

120

120

bei 754 MM.

750

768

762

766,7

752,5

?

?

?

9

n n

n ff

ff

9

Bar.

ff ff ff ff

ff

116,8«

117,8

118,1

118,6

117,9

119,2

Propionsäure (aus Cyanathyl).

Kopp 141,6«

Landolt, Präp. 1 . . 140,8

2 . . 140,1

3 . . 189,5

Limpriobt a. Uslar . 142

bei 754,6 MM. Bar.

141,8«

. 755,7

141,0

ff 754,7

140,8

ff 758,1

189,6

Buttersäure (Gahrangs-).

Kopp 156« bei 788 MM.

Delffs 156 n 759

Piorre 168 »751

Landolt, Präp. 1 . . 161,75 754,7

n 2 . . 162 758,7

n 8 . . 168 n 765,8

Favre u. Silbermann 164 ?

Bar.

ff

u ff ff

ff

167,1«

166,0

168,4

162,0

162,1

162,8

Vakriansäure (aus Amylalkohol).

Kopp ....

Delffs ....

Landolt, Prttp. 1

ff ff 2

ff 8 Dumas a. Stas .

Favre u. Silbermann

175,8« bei 746,5 MM. Bar.

174,5

175,1

174

175,85

175

175

ff

ff

9 ff

ff ff

762 752,8 751,9 766,2

1

?

ff

ff

176,3«

174,4

175,4

174,8

175,6

homologer Verbindungen» 177

Capronsäure (auB Cyanamyl).

Rossi 195« bei 746 MM. Bar.

Landolt 198,9 761

Wurt« . . 198 ?

Brasier u. Gosleth . 198 ,, ?

OenanthyUäure (aus Ricinusöl mit Salpetersaure).

8t&deler 218« bei 725 MM. Bar.

Landolt 218,5 bis 220 756,5

In der folgenden Tabelle sind diejenigen Siedepunkte der Sfiuren, welche nach den obigen Beobachtungen als feststehend angenommen werden müssen, zusammengestellt und die Differenzen für das Increment CHs aus denselben' gezogen. Die Tabelle enthalt zugleich die sogenannten theo- retischen Siedepunkte von Kopp, berechnet unter der An- nahme der Constanten Differenzen von 19^ und 19,5^ für CHg und ausgehend von dem Siedepunkt der Ameisensäure = 100^

Beob-

Berechnete Siedepunkte

Diff.

achtete

fOr

Diflf.

Ab-

Diff.

Ab-

Siede- pnnkte

CH,

ffir

GH,

= 19«

wei- ohung

▼. d. Beob.

für

GH,

= 19,5

wei- chnng

▼. d. Beob.

Ameisens&nre (/H,0,

100^

19«

100«

100«

EsaigaAure CtH40t

119

21

119

0

119,5

+0.5

Propiona&ure Cfifi^

140

188

—2

189

—1

22

Batters&ore C4H0O,

162

18

157

—6

158,5

-8,5

Valerianaftore Cfiiffl%

175

28

176

+1

178

+8

Caprons&nre CJäxfi^

198

21

195

—8

197,5

—0,5

OenantbylsAiure CrH^Ot

219

V

214

—5

217

—2

Vergleicht man die Differenzen der beobachteten Siede- punkte, so ergeben sich dieselben meist ziemlich überein-

Anmal A <1)tam n Pha.in« VI fiimnlAiMAm*!« J o n-«b

40

i. 3 f ■.

!'• ■*

178 Landoltj Unter suchungen über die Dampfteneionen

stimmend , nur zwischen Buttersäure und Valeriansaure ist der Unterschied betrachtlich geringer. Das Mittel derselben beträgt 19 bis 20^ und den nämlichen Werth findet man, wie Kopp bekanntlich nachgewiesen hat, noch bei sehr vielen anderen homologen Verbindungen , welche sich am CH^ unterscheiden, wie bei den Alkoholen, Aetherarten u. s. w. Wenn auch manchmal erhebliche Abweichungen auftreten, so mufs doch im Allgemeinen das Stattfinden dieser Regel- mäfsigkeit anerkannt werden.

Es fragt sich nun aber, ob auch bei anderen Tempera- turen gleichen Druckes diese annähernd übereinstimmenden Dififerenzen für das Increment CH^ hervortreten. Da nach dem Dal ton 'sehen Gesetze für die nämliche Druckänderung die Siedepunkte verschiedener Substanzen sich um eine gleiche Anzahl von Graden verschieben sollen, dieses Gesetz aber bei homologen Reihen innerhalb gewisser Spannungen als zulässig sich erwiesen hat, so ist damit die Frage eigent- lich schon entschieden. Zur näheren Beurlheilung der Gren- zen, zwischen welchen die Regelmäfsigkeiten noch erscheinen, führe ich nachstehende Tabelle an, welche die auf das Luft- thermometer bezogenen Siedepunkte bei verschiedenem Drucke in runden Zahlen, sowie die Differenzen für CHf enthält :

homologer Verbindungen.

179

a o

'S

1

a

a>

1 g

OD

^ i

o

C4 O O OD

>-i C4 «t

+

VH ^H VH O)

«H CO lO <0 CO

^ S"

»O »*< CO 0> f-t 09 ^

+

o

CO 00 0> 1-t CO •« <o 00

^ g"

e* »1

•H 0«« »H r-<

o

« CO lO CO

%0 *^ C4

0> »^ O CQ

»^ C4 -^

+

o

CO CO

o

CO c* c* o>

C* OS »-< CO "^

«M •-* ^H

^ i

o

a> ^ <-i CO,

i-t 04 04 1-4

+ s

o o ^ <^

0> O CO lO CO

r-« 1^ »i^ »M

M

o

9 O 04 00

•H 04 04 -^

+ S

O O) 0> 1-4 O «^ CO CO

1 ^

1 O 04 CO ' 04 04 *^

+

o

CO

o>

126« 146 168 181

^ g"

1 o

O CO CO

' 04 iH

+ s

1 % 09 ^ 00 1 CO O 00

^H ^H «^ ^4

*

•i h % 1 1

Ä "as ^

c ^ 2

© c S

s s e

OB « ^

O ÖD B

O OB 0)

0 'S ^

B

bD

fl

lO

bo

9 N

s s

CO

N

fl

Od

S

' I

B 9

B

•s

s

o

OQ

«OB CO

B 0)

OB TS

2

Q S

*o

«

fl

u

CO OB

CO

9

.TS

AC

Od

3

1i ^

SS -55 2? 3

s

OB

OB

9

B ^

OB SS

B

B n

s -'S

ö © S

eS B ÖD

?a g 2

^ II

g «

9

N

fl

fl OB

O 08

* S i,^

I £

S O

I -^

B

<0B

CO

%m

o

B 9

9

<0B

CO

o

9 108

'S

OQ

B

5

CO

B O

Im

9

tOB

«

O

B 9

9

«OB CA

bc

•*■«

OB CO

H

'b

f^ "*'

180 LandolU Untersuchungen über die Dampf tensionen

I

mm

■es

s

u o

,03

08

- g

4)

bo

c

Od

>

%m S Cd

es C3

Um

0

s

fe *= «=

CO tio ca

c c o

o s i:

'^ ^ "cd

OS O ^

ffM^ Bff^ ^^^

5 - "?

*^ i **

e *^ **

A CB oa

(n TS Cd

9 ® h5

.2 « c

bf>

>ao

t9

" pO

C 08 B

d) C ^

«S "* CO

fc« OS

OB Q)

N

O

s s ^

« El ®

.5 » >*

S

§ § CO

> U 0)

cd

Cd

o

CQ

s =

o ®

OB ^

'S I

S -SS

»- e

OB O)

» S

_ 08

s i I +

e

bc

B S

s ^

08 CO

° 1

ja S

S ö

B N

JS B

Cd Qi

Q « «

,2 'Q N

H

m

fl

o

»o

'^

o

o

u

"*

HO

CO

«iH

T^H

o

o

o

o

o

o

o

s

o

o

o

o

•k •»

•«

n

o

o

o

o

V4

1

1

1

1

1

*o

00

o

1^

Q

<o

o

eo

kO

lO

OD

'"^

00

00

00

bO

o

»o

o

CO

t*

o

t*

00

a>

o>

a

a>

a>

o>

o>

Od

a>

Od

o>

<3>

•«

««

««

o

O

o

o

o

H

P

o

C4

w^

OD

'^

*4

•> •«

•«

•i

k

Q

CO

1^

C*

00

o

o

eo

O

o

O

-*

CO

o

»-^

CO

"'l»

ca

-*

a>

o

eo

OO

CO

c*

»O

o>

00

«o

ja

CO

tO

CO

QO

CO

^■*

lO

OD

o>

t*

C9

•^

•«

*%

•«.

*••

CO

lO

«0

o

CM

CO 04

1

1

1

1

1

H

*

ß

O

«

Ca

tH

00

<*>

lO

•73

m

««

m

m

Q

C4

1-1

e*

CO

-^

00

CO

tO

OD

lO

t*

CO

o

O*

T^H

00

64

00

^

00

CO

o>

C8

G4

B*

1^

-*

tO

'wp

CO

CO

o

O

CO

OO

t*

»o

o

«%

•k

•k

-*

CO

05

i-T

oT

C4

«

9

9

M

h

H

0

1

o

9

S

i

s

0

afi ca

a

5

«e

a

9

'S

«0

C8

00

«

t*

•!*

9

•■4

u

0

ä

a

Ott

z

Ü

<

»

Ol

m

>

s

.B 3

3

TS

bo

OB

«

s

o

o

3

QO

"O

N

^^

o

OS

ff4

CO

•ö

u

B

u

^

i

S

B

.s

08

OB

V

00

3

S

s

N

kl

s

OD

0)

o

O

•o

«

B

o

»•

o

S

08 B 3

3 OB

B 0)

B

B O

M

N

CO

B

B

■■■

»

H

»

cb

B

O

«

^

«

Cd

"C

s

OB

B

o

j3

3

S

O

,fi

s

a>

Cd

QQ

B

B 0)

3

«

^5

08

»•

dd

a>

3

^

t3

«

o

OB

00

••

B

B

••

tt

®

08

bfi

JB

O

«8

s

ä

bc

a

Vi

OB

9

B

•3

s

O

B

PI«

Q>

q>

s

•■1«

w"^

«8

o

£

B

e

08

qd

e

•k

Cd

pfi

OB

,Cd

'S3

^

tf

^j

pS

e

.Sf

Cd

« te

4> N

CA

S

o

M

toe

OB

J3

««

S

u

homologer Verbindungen, 181

ganzen Spannkraftcurven der übrigen berechnen zu können. Dagegen ist es, wie aus den oben erhaltenen Resultaten über das Dalton'sche Gesetz hervorgeht, mit Hülfe desselben möglich, von der Spannung 560 HH. an wenigstens an- nähernd die Tensionen der Sauren gegenseitig abzuleiten, und ohne Zweifel wird diefs auch bei den Gliedern anderer homologer Reihen sich erreichen lassen.

Eine Anzahl weiterer Beobachtungen über die Spann- kräfte der Alkohole der Methylreihe lege ich noch zurück, da die Untersuchung wegen der Schwierigkeit, genügend reinen Propyl- und Butylalkohol zu erhalten, bis jetzt un- vollständig geblieben ist.

üeber die Oxydation der organischen Säuren ;

von M. Berthelot*).

Ich habe constatirt, dafs bei der Oxydation des Acety- lens, des Aethylens und der homologen Kohlenwasserstoffe Oxalsdnre und im Allgemeinen zweibasische Säuren sich bilden, welche dieselbe Menge Kohlenstoff, wie der an- gewendete Kohlenwasserstoff, enthalten **). Indessen ist die Bildung der jedem Kohlenwasserstoff entsprechenden zweibasischen Saure immer begleitet von der homologer, zweibasischer und einbasischer Säuren, welche eine gerin- gere Menge Kohlenstoff enthalten. Es findet diefs übrigens bekanntlich meistens bei der Oxydation organischer Sub-

*) Bulletin.de la societ^ chimique, nohvelle s^rie, T. VUI, p. 390. **) Ann. Chem. Pharm. 8iippl.-Bd. V, 95.

182 Berthelot^ über die Oxydation

stanzen statt. Die Erklärung der Thatsache schien mir in einer zweifachen Reihe von Phänomenen gesucht werden za müssen. Einerseits spaltet sich die normale zweibasische Säure, theilweise, im Entstehungszustande, zu einer niederen einbasischen Saure und Kohlensaure :

CÄOg == C4H4O4 + C,04. Malonsäure fissigs&ure Kohlensäure

Andererseits oxydirt sich die so hervorgebrachte ein- basische Säure wiederum, im Entstehungszustand, um sich in die entsprechende zweibasische Säure umzuwandeln :

C4H4O4 + 3 0t = C4HJO8 + HgO,. Essigsäure Oxalsätire

Dieselbe Kette von Reactionen wiederholt sich dann für die neue zweibasische Säure.

Diese Auffassung ist der treue Ausdruck der beobach- teten Thatsachen. Doch schien es mir, dafs sie einen an- schaulicheren Character gewinnen würde, wenn es gelänge, die einbasischen Säuren direct, auch durch die Einwirkung des übermangansauren Kali's , zu entsprechenden zweibasi- schen Säuren umzuwandeln.

Ich habe constatirt, dafs diefs der Fall ist.

Keine organische Säure, und selbst keine organische Substanz, widersteht in definitiver Weise der Einwirkung des übermangansauren Kali's, weder in saurer, noch in al- kalischer Lösung; aber die Dauer der Reactionen ist sehr wechselnd , je nach der Natur der zum Versuche angewen- deten Körper , und dieser Umstand gestattet , die nach ein- ander sich bildenden Producte zu isoliren.

Die Einzelnheiten der Versuche sind folgende :

Ameisensäure C2H8O4. Man nimmt im Allgemeinen an, dafs die Ameisensäure durch das übermangansaure Kali in alkalischer Lösung oxydirt wird, während sie einer sauren Lösung widerstehe. Ich habe nun einerseits beobachtet.

der organischen Säuren. 183

dafs die Oxydation in einer alkalischen Lösung nicht sofort erfolgt, so dafs man gewisse Bildungen der Ameisensäure constatiren kann , wenn man in der Költe und mit schwach alkalischen Lösungen operirt. Andererseits entfärbt die Ameisensäure, wenn mit mittelst Schwefelsaure stark ange- säuertem übermangansaurem Kali zum Kochen erhitzt, das- selbe ziemlich rasch. Die Anwendung dieses Reagens zur Bestimmung der Ameisensaure macht also Behutsamkeit nöthig.

Essigsäure C4H4O4. Die Essigsaure scheint zunächst auf das übermangansaure Kali; in saurer oder alkalischer Lösung, ohne Einwirkung zu sein. Erhitzt man jedoch einen langhalsigen Kolben, welcher Essigsaure und eine ver- dünnte Lösung von übermangansaurem Kali enthalt, im Wasserbade auf 100^, so macht sich bald Reduction bemerk- lich. Nach 15 bis 20 Stunden ist dieselbe bereits beträcht- lich; es bildet sich dabei nur Wasser und Kohlensäure.

Essigsaures Natron, in einer neutralen Lösung von über- mangansaurem Kali gelöst, übt in der Kälte während der ersten Tage keine bemerkliche Wirkung aus. Aber nach dreimonatlichem Stehen hat man ersichtliche Reduction, mit Bildung von etwas kohlensaurem Salz. Bei dem Kochen ist die Reduction schon nach einigen Stunden erheblich; sie wird es namentlich, wenn man bei Gegenwart einer beträcht- lichen Menge Kali operirt. Nach 10 stündigem Erhitzen auf 100^ beobachtet man die Bildung einer sehr beträchtlichen Menge Oxalsäure. ' Also wird die Essigsäure durch das übermangansaure Kali, in alkalischer Lösung, bei 100^ lang- sam zu Oxalsäure umgewandelt :

C4H4O4 + 3 0j = C4HSO8 + HjOg. Edsigsäure Oxalsäure

Das ist gerade die Reaction^ deren Existenz ich für den Entstehungszustand angenommen hatte; man sieht, dafs sie

184 Berthelot, über die Oxydation

auch für die bereits gebildete Essigsaure, wenn auch lang- samer, statthat.

Oxalsäure CiHgOs« Man weifs, wie rasch die Oxal- säure durch das übermangansaure Kali in saurer Lösung oxydirt wird. Ich habe erkannt, dafs sie auch in stark al- kalischer Lösung bei 100^ oxydirt werden kann. Aber die Reaction geht ungemein langsam vor sich und erfordert viele Stunden, um erheblich zu werden; sie kann für die Mehr- zahl der Umstände vernachlässigt werden. Aber die Thal- sache an sich verdient nicht weniger Interesse.

Die Homologen der Essigsaure und der Oxalsäure wer- den durch das übermangansaure Kali leichter oxydirt, wenn gleich auch sie noch diesem Reagens einen gewissen Wider- stand entgegensetzen.

Ohne auf die Malonsäure einzugehen, deren langsame Einwirkung auf das übermangansaure Kali in saurer Lösung sowohl als in alkalischer bei 100^ ich constatirt habe, vrill ich hier das Verhalten der Buttersaure und der Bernstein- saure besprechen.

ßuttersäure CgHsOi. Die Buttersäure wird durch neu- trales übermangansaures Kali langsam oxydirt. Aber ich habe namentlich die Oxydation in einer alkalischen Flüssig- keit untersucht, um möglichst die Zerstörung der zweibasi- schen Säuren zu vermeiden. Zu diesem Zwecke habe ich 10 Th. Buttersäure in 1200 Th. Wasser gelöst, bei Anwesen- heit von 60 Th. Kali. Diese Lösung entfärbt allmälig das übermangansaure Kali, sowohl in der Kalte, als auch (und besser) bei 100^ Ich habe den Versuch bei 100^ mehrere Tage lang andauern lassen, bis die B.uttersaure etwas mehr als ein dem ihrigen gleiches Gewicht übermangansaures Kali zerstört hatte. Die Flüssigkeit enthielt dann eine be- trächtliche Menge kohlensaures und oxalsaures und eine

4

kleine Menge bernsteinsaures Salz, abgesehen von dem essig- sauren und Propionsäuren Salze.

der organischen Säuren* 185

In folgender Weise habe ich diese verschiedenen Säuren isoUrt. Ich habe zunächst die Flüssigkeit mit Salzsäure an- gesäuert; ich habe einen Augenblick sieden lassen, dann einen Tropfen Ammoniak zugesetzt und mittelst Chlorcaicium gefällt; der so erhaUene Niederschlag bestand aus oxal- saurem Kalk, welchem eine kleine Menge eines ähnlichen aber kohlenstoSreicheren, wahrscheinlich malonsauren Salzes beigemengt war. Ich habe aus diesem Salze die Oxalsäure im freien Znstande dargestellt. Andererseits habe ich die Tom Oxalsäuren Salze getrennte und filtrirte Flüssigkeit im Wasserbad eingedampft, wobei ich das Chlorkalium successive durch Krystallisation ausschied. Was zuletzt auf ein kleines Volum gebracht rückständig blieb und zur Trockne gebracht war, wurde mittelst einigen Tropfen Salzsäure stark ange- säuert und wiederholt mit einem beträchtlichen Volum ge- reinigten Aethers geschüUelt. Der letztere hinterliefs bei dem Verdampfen eine krystallinische Säure, welche die Eigenschaften (Krystallisation, Sublimation) und die Reac- tionen der Bernsteinsäure besafs. Ich habe aufserdem die Löslichkeit des Kalksalzes in Wasser und seine Fallung durch Alkohol festgestellt, dieselben Eigenschaften für das Magnesiasalz, die Fällung des neutralen Eisenchlorids durch die bernsteinsaure Magnesia, u. s. w.

Die Menge der auf diese Weise aus der Buttersaure gebildeten Bernsteinsäure ist sehr wenig beträchtlich; die Erklärung dafür werde ich sogleich geben. Dafs sie sich überhaupt bildet, ist das wesentliche Resultat, auf welches ich aufmerksam mache.

CgHeO* + 3O2 = CgHeOa + H,Oj. Battergfture BeniBteinsäure

Ihre Bildung unter diesen Umständen steht im Einklang mit der von Dessaignes beobachteten Bildung der Bern- sleinsäure bei Einwirkung der Salpetersäure auf Buttersäure,

186 Berthelotj über die Oxydation

und andererseits mit der oben besprochenen Bildung der Oxalsäure aus Essigsäure.

Zugleich mit der Bernsteinsäure entstehen auch die flüchtigen Säuren, welche niedere Homologe zur Buttersäure sind, wie ich mich in einem speciellen Versuche und durch die Analyse der mittelst dieser flüchtigen Säuren dargestellten Barytsalze überzeugt habe, weiche durch fractionirte Sätti- gung gewonnen waren. Diese Scheidung wird nach einem allgemein bekannten Verfahren ausgeführt. Aber die Menge der auf diese Art gebildeten Propionsäure und Essigsäure überstieg nicht den fünften Theil des Gewichtes der ur- sprünglichen Säure. Zur Erklärung dafür, dafs sich nur so wenig von diesen Säuren bildete, braucht man nur zu be- achten, dafs die Homologen der Buttersäure durch das über- mangansaure Kali stufenweise oxydirt und zu oxalsaurem, dann zu kohlensaurem Salz umgewandelt werden, unter den Bedingungen, wie sie bei diesem Versuche statthaben. Die schliefslich vorhandene Menge ist also nur die Differenz dieser beiden Reactionen.

Ich will nun darthun , dafs dieselbe Bemerkung erklärt, weshalb die Bernsteinsäure nur in wenig beträchtlicher Menge auftritt.

Bernsteinsäure CgHeOg. Die Bemsteinsäure reducirt nämlich bei dem Kochen mit einer neutralen Lösung von übermangansaurem Kali dasselbe langsam. Die Reduction geht bei 100^ auch bei Anwesenheit von Schwefelsäure vor sich. Operirt man bei Anwesenheit einer grofsen Menge Kali, so läfst sich schon nach 2 Stunden bei 100^ die Bildung einer sehr beträchtlichen Menge Oxalsäure beobachten.

Ich brauche mich bei diesen Resultaten nicht länger aufzuhalten; sie rechtfertigen die Auffassungen, welche ich im Eingange dieser Mittheilung dargelegt habe. ,

Man sieht also, und ich wiederhole diefs^ dafs die Eio-

der organiachen Säuren, 187

Wirkung des äbermangansanren Kali's auf die organischen Substanzen unbegrenzt ist. Man kann in der That mittelst des genannten Reagens diese Substanzen ganz oder fast ganz zu Wasser und Kohlensäure umwandeln. Als ein Beispiel f3r solche bis zum Ende getriebenen Reactionen nenne ich das Terpentinöl. Indem ich die Einwirkung in der Kalte and in sehr saurer Flüssigkeit ein Jahr lang andauern liefs, habe ich diesen Kohlenwasserstoff fast seiner ganzen Menge nach zu Wasser und Kohlensäure umgewandelt. Ich habe Aehnliches für das Aceton beobachtet, mit welchem ich in der Kälte und in stark alkalischer Flüssigkeit operirte.

Die so energisch oxydirende Wirkung^ welche das übermangansaure Kali zeigt, scheint mir durch thermo- chemische Betrachtungen erklart werden zu müssen. Sie liefs sich voraussehen. Die freie Uebermangansaure ent- wickelt nämlich bei ihrer Zersetzung zu Sauerstoff und Manganoxyd eine grofse Menge Wärme ; ihr Dampf detonirt sogar freiwillig. Die bei der Oxydation irgend eines Körpers durch Uebermangansaure frei werdende Wärmemenge ist also beträchtlicher, als die, welche durch freien Sauerstoff entwickelt würde. Es gebt aus der oben angeführten That- sache hervor, dafs die Menge der bei einer Oxydation mit- telst übermangansauren Kali's frei gemachten Warme auch beträchtlicher ist, als diejenige, welche unter denselben Um- ständen durch Manganhyperoxyd entwickelt würde; mit Un- recht hat man also manchmal die Wirkung des Hangan- hyperoxyds als der der Uebermangansaure ähnlich betrachtet; die letztere ist ein energischeres Oxydationsmittel als das Manganhyperoxyd.

Die Verschiedenheiten zwischen den Wirkungen des übermangansauren Kali's in saurer und in alkalischer Flüs- sigkeit erklären sich eben so. Wird ein Körper unter Bil- dung derselben Producte oxydirt, so läfst sich durch Rech-

188 Bunserij Berechnung gemisckter Feldspathe.

tiungr darthun, dafs die durch ein gegebenes Gewicht ober«* mangansaures Kali in stark saurer Flässigkeil entwickelte Wärmemenge gröfser ist, als die in stark alkalischer Flüssig- keit entwickelte Wärmemenge *).

Es würde sich vermuthlich eben so darthun lassen, dab für die Uebermangansäure die Menge der entwickelten Wärme gröfser ist, als für die Chromsäure^ wenn man für die letz- tere Säure die nöthigen thermochomischen Data besäfse. Ich sage, dafs diefs für die Uebermangansäure zu vermuthen ist, weil die Cbromsäure ihre oxydirenden Wirkungen in alkalischen Flüssigkeiten nicht mehr ausübt. Selbst in sauren Flüssigkeiten ist ihre Wirkung begrenzter, wie aus einer Vergleichung der Versuche von Chapmau mit den hier von mir dargelegten hervorgeht.

Berechnung gemischter Feldspathe;

von R. Bansen.

Tschermak hat in seiner wichtigen Arbeit über die Feldspathgruppe eine Reihe von Thatsachen hervorgehoben, welche dafür sprechen, dafs die Kalk-Natron-Feldspathe als isomorphe Mischungen von Anorthit und Albit zu betrachten sind. Er hat insbesondere darauf aufmerksam gemacht, dafs die Aequivalentformeln :

CaO, Al^Os, 2 SiO, NaO, AljO,, 6 SiOg

*) Aber diejenige Menge Wärme , welche durch die Fixining des- selben Gewichtes Sauerstoff auf die oxydirbare Substanz ent- wickelt wird, ist wahrscheinlich in alkalischer Flüssigkeit gröfser, als in saurer.

BunseUy Berechnung gemischter Feldspathe. 189

dieser beiden , gleiche KrystaUform zeigenden Verbindungen den Holecularformeln :

entsprechen^ in welchen die für eine isomorphe Vertretung erforderlichen Bedingungen erfüllt sind.

Wenn diese besonders für die Kenntnifs der plutonischen Gesteine höchst wichtige Frage trotz des überreichen Mate* rials an vorhandenen Analysen noch keine erschöpfende Behandlung gefunden hat, so dürfte der Grund davon wohl yomehmlich in der Scheu vor den sich dabei ergebenden höchst weitläufigen numerischen Rechnungen liegen. Diese Bechnungen auf eine einfachere und exactere Form zurück- zuführen, um die Tschermak'sche Theorie nach einer strengeren Methode, als der bisherigen, mit der Erfahrung vergleichen zu können, ist der Zweck dieser Notiz.

Nennt man die Gewichte der einzebien Bestandtheile in der Gewichtseinheit :

des AnorthitB % -h ^ 4~ ^ 4~

des Albits W + m-^s +

des ans beiden gemischten Feldspaths C| -[- ^2 -[~ ^ 4~ ^4>

80 dafs :

ai + + a8 + »4 = b, + b, + b, + b, = 1,

Ci + + Ca + C4 = 1,

SO ergeben sich die Gleichungen :

Cj =2 a aj + (1 a) bi, Ct = aa, + (1— a) b^

oder :

Ci = ö (ai— bi) + bi, C = ö (a, b,) + b,,

WO er die Gewichtsmenge des Anorthits und (1 a) die Gewichtsmenge des Albits bedeutet, welche die Einheit des gemischten Feldspaths zusammensetzen. Da im Anorthit und

190 Bunserty Berechnung gemischter Feldspaihe^

Albit nach Substitution der für Thonerde, Kalkerde and Natron vicariirenden Basen vier dem Gewichte nach ver- schiedene Bestandtheile vorhanden sind, so erhfilt man zur Bestimmung von a die vier Gleichungen :

a

a =■

bt c,

a =

% bj c»— bg «8 bs C4 b4

f^ \

Setzt man für] Anorthit gemafs der aus der stöchio-

metrischen Formel berechneten Zusammensetzung :

i.

Kieselerde 0,4301 = %

Thonerde 0,3692 = a,

Kalkerde 0,2007 = a,

Natron 0,0000 =

und eben so für Albit :

Ihit

1,0000

LiUli

n.

Kieselerde

0,6857 = b.

Thonerde

0,1962 = b.

Kalkerde

0,0000 = b.

Natron

0,1181 = b4

1,0000,

so ergiebt sich aus der folgenden nach den gegebenen For- meln berechneten Tabelle die theoretische Zusammen- setzung derjenigen gemischten Feldspathe, welche den von 0 bis 1 nach Intervallen von Ja = 0,05 wachsenden Werthen von a entsprechen *) :

*) Bei diesen nnd den folgenden Bereohnungen sind die Bfisohnngs- gewichte Si = 14, AI = 13,75, Ca = 20, Ba s= 68,6, Ka s 89, Na = 23, Fe s= 28, Mg s= 12, Mn = 27,6 zu Grunde gelegt

Bansen, Berechnung gemischter Feldspathe. 191

1

eo

o

'«t«

oo

o

o

o

t*

o

o

CO

o

04

^

o

1

(;o

lO

CO

tH

o

o

m-

9%

O

o

o

o

o

rH

»H

CO

•^

Ol

s

lO

1^

o

eo

kO

"*

rH

kO

©

o

lO

<M

»H

o

©

«>

•^

««

«k

^>

o

o

o

o

o

1^

a>

l>

'»J«

o

©

C<9

o

O)

©

o

o

CO

o

lO

©

lO

lO

C4

w^

o

©

o"

o

o

o

c-

*^

CO

o>

©

o

'*

o

"*

©

kO

t«-

t*

CO

©

-*

kO

04

o

o

©

.>

•^

•h

#h

•k

o

o

o

o

o

fH

lO

"*

CO

00

©

00

lO

o

o

©

o

5

2

CO

00

o

o

© ©

1

o

o

o

o

1-4

p.

CO

00

04

c*

©

St

<o

CO

o

CO

©

'C

iO

lO

t*

c*

©

?

CO

o

04

o

o

©

^>

^

5

o

o

o

o

o

1^

o

fH

04

t*

©

05

s?

o

c*

©

'S

o

o

CO

00

©

CO

CO

04

o

o

©

_c

•«

M

#k

ä'

o

o

o

o

o

iH

•oo

tO

04

o

©

T-4

o>

o

00

©

lO

CS»

CO

o

00

©

04

CO

o

o

©

o

o

o

o

o

«k

CO

00

1-«

lO

©

o

CO

o

eo

5

© ©

04

CO

04

o

o

©

_»♦

*s

««

^

#s

*•

o

o

o

o

o

iH

"«l«

th

^-i

Tt<

©

l>

04

o

o

o

kO

-^

04

eo

o

©

1-4

CO

04

o

1-t

©

••»

Vik

m^

^

«k

o

o

o

o

©

iH

1^

o

»H

00

©

o

00

o

CO

©

o

CO

r^

04

o

©

1^

CO

04

o

1^

©

•k

#h

«h

^

•%

*h

o

o

o

o

o

1^

O)

00

1-«

©

<M

s

o

©

iO

l>

1-«

»H

©

o

CO

04

o

tH

©

9>*

•^

««

»«

o

o

o

o

o

^-^

l>

04

o

»H

©

.13

»o

$

o

00

©

Jq

o

00

o

*-•

©

31

o

CO

»!-•

o

»-•

©

•h

«k

•k

•«

#h

«k

o

o

o

o

o

tH

«

cT

J

«r

oT

'S

o

o

1 i

1

g

i

s

^

^

E

1^

M

;g

1

CO

^ © ^

' 00

»o

t' ©

th

o^

*-i Ol

»M

»• •»

vs

©

© ©

©

a

+ +

1

t 1

d

^

CS

<v

« c?

0

c?

Q

■§

^

■^

^

'^^

'^

'^

-^

1

1

i

CO

t* ©

kO

©

-* ©

t'

o>

c* ©

■^

&

t

00

lO kO

QtT

+ +

ö

cT

Q

c? ö

<?

^i*^

^

'^

'^

'^ '^

^

-^

-^

»^

o< l>

©

©

L ^

©

o> ©

©

©

o'ä ©

00

CO ©

©

©

5^ ö.

'»J«

CO o*

©

©

©^

© ©

©-

1-H

Ci

»O l>

OS

©

04

© ©

©

5

«O 05

CO »-«

g

© ©

«>

»« «N

vs

»\ <

©

©

© c

>

©

i-H

t*

Oa Ci

©

o

T-1 ©

th

©

©

lO

kO 00

1^

©

o>

"*

CO »-<

©

©

^

•s

©

©

© ©

©

I-H

CO

CO CO

lO

©

00

00 ©

t*

©

&I 00

CO

Tt< t^

T-l

©

'"^

CO »^

©

©

©

c5-

© ©

©

•pH

o

04

CO CO

CO

o

^ o

»M

•^ ©

00

©

00

00 CO

Ol

©

1 s-

'^

CO »H

©

©

•%

F* •»

•s

©

© ©

©

»-t

m

©

© »o

kO

©

.s

-«^

CO ©

05

©

p ^

oa

04 kO

OJ

©

5 o

'"^

CO *-<

©

©

©

©" c:

>

5'

©

1-t

00

CO \c

©

CO

l> ©

lA

©

©

©

T-< "*

00

©

t*

lO

CO ^

©

©

Pk BS

**

©

©

c

> ©

©

CO

1-^

CO

©

00 ©

T-l

©

lO

r^

© CO

"«l«

©

CO

tO

eo r-l

©

©

•^

•h

#>>

»•

#s

©

©

© ©

©

iH

0

cT

cT <r

c?

o

.2 «

1

1 'S

g ^

^ 1

1

1

192 B unselig Bereclinung gemischter FeldapaÜie,

Wie man mit Hülfe dieser Tabelle findet, ob ein Kalk-

Natron-Feldspath als durch gemeinschaftliche Ausacheidungf

von Anorthit und Albit entstanden betrachtet werden kann, und in welchem Verhältnifs für diesen Fall die Aasscbeidung- beider erfolgte, zeigt folgendes Beispiel.

Die Zusammensetzung eines Oligoklases von Elba ist nach Damour :

m.

Kieselerde

62,30

Thonerde

22,00

Eisenoxyd

0,44

Kalkerde

4,86

Natron

8,20

Kali

0,94

98,74.

Substituirt man dem Eisenoxyd die demselben äquivalente Menge Thonerde und dem Kali die diesem äquivalente Menge Natron, so erhält man :

IV.

Kieselerde

0,6340 = Ci

Thonerde

0,2267 = c,

Kalkerde

0,0495 = c.

Natron

0,0898 = C4

1,0000.

Aus jedem dieser vier Bestandtbeile Mfst sich a auf folgende Weise berechnen : Die Zahl 0,6340 konunt dem für a sss 0,2 in der Tabelle berechneten Kieselerdegehalt 0,6346 am Nächsten und weicht von demselben nur am 0,0006 ab. Der in der Tabelle nach Differenzen von Jc^ = 0,0128 abnehmende Kieselerdegehalt entspricht einer Zunahme des a nach Differenzen von Ja = 0,05. Man findet daher den 0,6340 genau entsprechenden Werth von a durch Interpolation, indem man die Differenz ^ 0,0006 mit

dem Werthe der Tabelle ^ = p;^??^- = - 3,906

Jci 0^0128 '

Bun Serif Berechnung gemischter Feldspathe^ t93

muUipIicirt und das erhaltene Product 0,023 dem obigfen Werthe von a = 0,2 hinzuaddirt. Auf diese Weise ergeben sich die nachstehenden, den einzelnen Bestandtheilen Ci, c^, Cs, C4 entsprechenden Werthe für a :

ai = 0,2023 = 0,1764 «8 = 0,2465 a^ = 0,2390

und aus jedem dieser a die nachstehenden Zusammensetzun- gen, die alle hätten gleich gefunden werden müssen, wenn der gemischte Feldspath frei von jeder Verunreinigung und die Analyse desselben frei von allen Beobachtungsfehlern gewesen wäre :

Berechnet Bereclinet Berechnet Berechnet aus Kieselerde aus Thonerde aus Kalkerde aus Natron

17,64 24,65 23,90

82,36 75,35 76,10

100,00 100,00 100,00.

1,00 1,00 * 1,00

4,96 3,25 3,38.

Nimmt man an, dafs bei der Bestimmung der einzelnen Bestandtheile des analysirten Fossils gleich grofse Fehler gleich wahrscheinlich sind, und berechnet man die Gewichte gl, g2 . . ., welche dieser Annahme zufolge den Werthen von ai, % . . . beizulegen sind, so erhalt man :

Auorthit

20,23

Albit

79,77

100,00

Anorthitmolecule

1,00

Albitmolecule

4,19

, («1

S

«, - ^'"

s

wo S = (ai - bi)«+ (a2 - b^Y + (as - bs)^ + (a4 - b^)^. Bei der als Beispiel gewählten Analyse giebt die nume- rische Rechnung :

Aunal. d. Chetn. u. Pharm. VI. 8upplementbd. 2. Heft. lu

194 Bünden, Berechnung gemischter Feldspaihe.

gj = 0,4368 g, = 0,2001 g, = 0,2694 g4 = 0,0933.

Mit Hülfe dieser g findet man als wahrscheinlichsten Werth von a :

also für den vorliegenden Fall :

a^ =r 0,2124,

and daravs die wahrscheinlichste Zusammensetziing :

Anorthit 21,24 1,00 Moleoule

Albit 78,76 3,94 Molecule

100,00.

Um beurtheilen zu können, in wie weit diese wahr- scheinlichste Mischung mit den durch die Analyse gefunde- nen Zahlen übereinstimmt, hat man, und zwar wieder mit Hülfe der Tabelle, die dem Werthe «o = 0,2124 entspre- chenden Gewichtsmengen der einzelnen Bestaudiheile fol- gendermafsen durch Interpolation zu berechnen.

Die Zahl tm 0,3124 kommt dem Werthe a tm 0,2 in der Tabelle am Nächsten und ist um 0,0124 gröfser als dieser. Multiplicirl man daher 0,0124 der Reihe nach mit

den für —p-, ~~- . . . gegebenen Zahlen und addirt man

die erhaltenen Producte zu den entsprechenden Zahlen der unter a = 0,2 in der Tabelle stehenden Analyse, so erhalt man diejenige berechnete Zusammensetzung, welche mit gröfster Wahrscheinlichkeit der durch den Versuch gefun- denen am Nächsten kommt, nämlich :

V.

Kieselerde 0,6314

Thonerde 0,2330

Külkerde 0,0426

Natron 0,0930

1,0000.~

Bunsen^ Berechnung gemischter Feldspathe» 195

Um dieselbe mit dem Resultate des Versachs III ver- gleichen za können; mufs noch der Bisenoxyd- und Kalige- halt in dem Verhältnifs, wie ihn die Analyse III ergeben hat, in der Zusammensetzung V wieder hergestellt werden. In dem aus Analyse III berechneten Thonerdegehalt der Zu- sammensetzung IV sind 0,00316 Thonerde als für Eisenoxyd yicariirender Bestandtheil vorhanden. Daraus ergiebt sich die proportional in V dem Eisenoxyd substituirt anzunehmende Thonerde zu 0^00324 und die diesen 0,00324 zu substituirende äquivalente Menge Eisenoxyd zu 0,00505. Man hat daher von der Thonerde der Zusammensetzung V 0,00324 abzu- ziehen und dafür 0,00505 Eisenoxyd aufzuführen. In der- selben Weise restituirt man den Kaligehalt, für welchen die Rechnung 0,0102 giebt. Reducirt man die durch den Ver- such (III) gefundene und die berechnete wahrscheinlichste Zusammensetzung beide auf 100, so erhält man :

Berechnet V.

Versuch VI.

Abweichung des Versuchs

Kieselerde

62,38

63,10

+ 0,72

Thonerde

22,70

22,28

0,42

Elisenoxyd

0,49

0,45

0,04

Kalkerde

4,89

4,92

+ 0,03

Natron

8,53

8,30

0,17

KaU

1,01

0,95

0,06

100,00 100,00.

Zur Berechnung der in den Feldspathen auftretenden vicariirenden Bestandtheile kann man folgende mit nur vier- stelligen Logarithmen berechnete Tabelle benutzen, deren Einrichtung einer Erläuterung nicht bedarf.

43

196 Bunsen^ Berechnung gemiscIUer FeldapcUhe.

CO

0

1-^

t-

oo

O)

iH

a

0

eo

QO

(N

t*

"*

t*

CD

c^

0

Oi

Oa

•^

CO

lO

CO

o^

«<*k

«>»

»^

»^

•^

«>•

^

m>

»V

»*

0

C^l

CO

l>

iO

CO

CO

-^

»-H

00

1-4

»-H

(M

1-1

^H

0

0

CO

00

-*

0

»-H

<N

©4

t*

c^

1-1

00

00

00

»-H

04

OS

(M

-^

l>

QO

©»

TH

oo

•^

•^

#0^

9».

#»•

9^

#>k

rs

tO

f~*

C<

CO

»0

(M

kO

VH

0

»-H

1-1

OJ

«^

^H

CO

t*

OS

>o

QO

o>

0

0

0

lO

•*

»-H

t*

Od

lA

Od

^*

0

QO

lO

'^

CO

00

Od

rH

Od

CO

^•^

cT

^•^

0"

'^"

Od-^

ocT

0

1

—-K

<r-*

f-1

*

C4

CO

"^

t^

00

QO

tO

0

CO

<;&

0

Oi

CO

»0

T-l

CO

TH

*-<

Od

cx>

-*

r^

CO

o>

CO

©4

"^

!>.

0

<P

*k

^

.•»

•*

»k

#>k

«iw

«%

ctf

00

(N

<*

00

o>

•«t

CO

t*

Od

TH

a>

lO

CO

0

tO

r-l

kO

0

1^

0

OJ

Od

o>

CO

l>

00

c<

QO

04

0

QO

QO

C4

t^

lO

CO

'^

kO

«%

•^

•^

#^

•s

•^

«•k

m^

«*l

*>

CO

t-

TH

CO

CO

l>

00

CO

CO

TH

tO

^

C4

o>

0

l>

0

't

0

CO

f-i

CO

1-^

0

"^

"^

CO

^'

lO

CO

-^

f~*

CO

C4

QO

Od

VH

0

#%

•S

«N

«%

r*

^

»b

_f»

«i>

••

94

>o

r-l

00

<M

CO

C4

0

kO

CO

»H

iH

CO

l>

'^

o>

Od

00

0

ko

00

CO

0

Od

CO

t*

kO

'^

0

kO

t

CO

o>

C4

0

CO

O)

CO

iH

(M

QO

kO

^

C4

^''

Ol

oT

00

^

^

Ol

t*

04

»-<

CO

o>

0

OD

0

0

C4

QO

0

CO

0

iH

f~*

04

t^

t>-

00

CQ

C4

QO

t^

»0

00

v-^

^

'^

kO

0

f^

«^

#k

#«.

«^

m*

r^

^

9».

tH

C«»

0

»H

f-t

CO

»H

lO

c^

00

t*

CO

t^

<N

CO"

*-<

0

t*

Od

00

"*

»0

kO

CO

"^

0

CO

l>

lO

tO

w^

00

00

w^

iH

fO-

'^

CO

l>

CO

0

t*

l>

C4

kO

«^

•>k

«te

■%

#«t

^

•*

•i»

^k

#«.

©

r-l

©

0

0

TH

0

©4

f-l

rl

2 na

•H O

'S ^

g 'S

m

1 1

<2

?

?

9

0

%

s

9

0

9

£

<

ü

ü

ü

»

Cm

m

fo

M

•3 "

g s

a "*

1

t

et

%

0

0

0

0

0^

0

0

0

0

&

v

<

0

ot

^

es

08

ee

«•

Em

S

n

^

M

<

0

U

w>

pe;

1

197

üeber die Identität des künstlichen und des

natürlichen Neurins;

von A. Wurtz*).

Ich habe vor einiger Zeit **) die ersten Resultate meiner Versuche über das^Neurin roitgetheilt, welches ich, nach einem synthetischen Verfahren erhalten habe, indem ich Tri- methylamin auf einfach - chlorwassersto&saures Glycol ein- wirken liefs. Das chlorwasserstoffsaure Salz des Trimethyl- oxäthylammoniums, welches auf diese Weise erhalten wird ***), schien mir mit dem chlorwasserstoffsauren Salze des Neurins identisch zu sein, welches mit dem aus Gehirn dargestellten Neurin bereitet war. Ich habe das eine Salz wie das andere in langen zerfliefslichen Nadeln erhalten , indem ich das trockene Salz in wasserfreiem Alkohol löste und vorsichtig eine Schiphte wasserfreien Aethers auf die mafsig concen- trirte alkoholische Lösung gofs. Das chlorwasserstoffsaure Salz des naturlichen Neurins war aus dem Goldchlorid-Dop- pelsalze mittelst Schwefelwasserstoffs abgeschieden; die vom Schwefelgold befreite Flüssigkeit war erst im Wasserbade, dann im leeren Räume eingedampft werden.

Das Platinchlorid-Doppelsalz des Trimethyloxathylammo- niums ist sehr leicht löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol. Löst man den mittelst Alkohol hervorgebrachten Niederschlag

*) Compt. rend. LXVI, 772.

**) Ann. Chem. Pharm. Suppl. VI, 116.

*•*) Ich gebe hier eine Analyse dieses Salzes^ welches eine Temperatur von 180° ohne merkliche Zersetzung verträgt :

Gefanden Berechnet

Kohlenstoff 42,67 42,70

Wasserstoff 10,28 10,67.

198 WuTtz, über die Identität

wieder in Wasser auf und überlftfsl die Lösung dem frei- willigen Verdunsten , so scheiden sich prächtige orangerothe klinorhombische Prismen aus, welche man sehr gut ausge-* bildet und von beträchtlicher Gröfse erhalten kann.

Ich habe das aus dem reinen Goldchlorid -Doppelsalz dargestellte chlorwasserstoffsaure Salz des natürlichen Neu- rins zu Platinchlorid -Doppelsalz umgewandelt und Krystalle erhalten, welche mit den eben besprochenen nach der Form, der Löslichkeit in Wasser und der Unlöslichkeit in Alkohol vollkommen identisch waren. Die Identität der Form wurde durch genaue Messungen constatirt, welche Friedel näch- stens veröffentlichen wird *).

Unter den von Baeyer für das chlorwasserstoffsaure Salz des Neurins angegebenen Eigenschaften ist eine der characteristischsten die Reduction desselben durch Jodwasser- stoffsäure. Die Oxäthylbase **) wandelt sich hierbei zu einer Jodäthylbase um :

(C.SJ**OH)'}n « + 2HJ = (®'y}N. J + H.0 + HCl.

Trimethyloxäthyl- Trimethyljodäthyl-

ammoniamohlorilr ammoniainjodür

Das auf diese Art gebildete Trimethyljodäthylammonium- jodür ist wenig löslich in kaltem Wasser und scheidet sich aus seiner Lösung in siedendem Wasser in prächtigen Kry- stallen aus. Ich habe es in reichlicher Menge aus dem

*) Ich habe bereits eine Bestimmung des Platingehaltes des Platin- chlorid-Doppelsalzes des Trimethyloxäthylammoniums veröffentlicht, loh lasse hier eine vollständige Analyse dieses schönen Salzes folgen :

Geftinden Berechnet

Kohlenstoff 19,04 19,41

Wasserstoff 4,62 4,53

Platin 31,88 31,87.

^*) Die Hydroxätiiylengruppe C ^ . OH ist hier abgekürzt als OzAthyl bezeichnet.

des künstlichen und des natürlichen Neurins. 199

cUorwagflarstoffsauren Salie des kunstlichen Nearins *) erhalten, durch Reduction desselben mittelst Jodwasserstoffe saure bei Anwesenheit von Phosphor und bei 140^.

Durch Kochen mit Wasser und Silberoxyd wird das Jodflr der jodathylirten Base bekanntlich zu dem Hydrate der entsprechenden Yinylbase umgewandelt :

Trimetliyljodäthyl- Trimethylvinyl-

ammomuinjodfir ammoniiuiihjdrat.

Ich habe das Zutreffen dieser Reaction, welche Baeyer für das natürliche Neurin angegeben hat, bei Anstellung des Versuches mit der von dem künstlichen Neurin aus dargestellten Jodverbindung bestätigt gefunden. Neutrallsirt man das aus der Einwirkung des Silberoxydes auf diese Jodverbindung resultirende Hydrat mit Ghlorwasserstoffsäure und setzt dann Goldchlorid zu, so bildet sich ein gelber Miederschlag, welcher in siedendem Wasser löslich ist und bei dem Erkalten dieser Lösung sich in kleinen Krystallen ausscheidet, die die Zusammensetzung des Goldchlorid-Dop- pelsalzes des trimethylvinylammoniums ergaben **) , näm- lich die der Formel :

Si'}N Cl + AuCl,

entsprechende.

*) Ich gebe hier eine Analyse dieser Verbindung :

Gefnnden Berechnet

Kohlenstoff 17,78 17,59

Wasserstoff 4,13 3,81.

**) Die ZusammensctBung ergab sich :

Gefunden Berechnet

Kohlenstoff 13,81 14,18

Wasserstoff 8,02 2,8

Oold 46,61 46»3.

200 Wurtz, über die Identität

Die verdünnte Lösung des Trimethyloxäthylammoniam- hydrates (des freien Neurins) kann zum Kochen erhitzt werden, ohne sich beinerklich zu zersetzen. Anders aber verhalt sich die concentrirte Lösung ; sie entwickelt bei dem Sieden Trimethylamin , wie diefs für das natürliche Neurin angegeben worden ist. Dieses ist jedoch nicht das einzige Product dieser Zersetzung. Läfst man den Kolben erkalten, in welchem die Lösung vollständig eingedampft worden war und in welchem sich kein Neurin mehr befindet, so condensirt sich eine kleine Menge einer dicken, schwach braun ge- färbten Flüssigkeit. Dieser Körper kocht erst bei hoher Temperatur. Ich habe aus ihm eine kleine Menge einer oberhalb 190^ siedenden Flüssigkeit isolirt, welche die Eigenschaften des Glycols zeigte. Mit festem Kalihydrat er- hitzt entwickelte dieser Körper nämlich reines WasserstofT- gas; durch Salpetersäure wurde er mit Lebhaftigkeit oxydirt Die Bildung dieses Körpers erklärt sich leicht. Das Tri- methyloxäthylammoniumhydrat kann durch Hitze zu Trimethyl- amin und Glycol gespalten werden :

TrimethyloxSthyl- Trimethylamin Glycol

am moniumliy drat

Diese Reaction glebt das erste Beispiel ab für eine Bil- dung des Glycols aus einem natürlich vorkommenden Producte.

Ich glaube jedoch nicht, dafs sie so einfach vor sich geht, wie diefs die vorhergehende Gleichung ausdrückt. Sie kann zu gleicher Zeit eine gewisse Menge Aethylenoxyd entstehen lassen. Ich habe in der That constatirt, dafs die dicke Flüssigkeit, deren ich oben erwähnte, bei der Siede- temperatur des Glycols nicht vollständig übergeht, sondern dafs die letzten Portionen erst oberhalb 200^ überdestilliren, wie wenn dem Glycol eine geringe Menge von Polyäthylen- alkoholen beigemengt wäre« Bekanntlich wandelt sich das

des künstlichen und des natürlichen Neurins. 201

Glycol durch Fixining von Aethyienoxyd zu Polyäthylen- alkoholen um.

Andererseits ist das Trimethylaroin nicht das einzige Product, welches sich in dem während des Siedens der Neurinlösung condensirenden Wasser gelöst findet. Lärst man die destillirte Flüssigkeit sieden, so dafs der gröfste Theil derselben verdampft^ so kann man leicht das Trimethyl- amin austreiben und dasselbe in verdünnter Chlorwasser- stoffsäure condensiren. Es bleibt dann eine Flüssigkeit rück- ständig , welche mit Chlorwasserstoffsäure neutralisirt und mit Goldchlorid versetzt den fär das Neurin characteristischen gelben Niederschlag giebt.

Es schien mir, als ob das Neurin hier durch die Ein- wirkung des Aethylenoxyds auf das Trimethylamin wieder gebildet würde^ denn man kann unmöglich annehmen, dafs eine solche Ammoniumbase, wie das Neurin, unverändert uberdestilliren könne.

Dieses führte mich dazu, eine neue Synthese des Neu- rins zu versuchen. Ich schlofs in einen Kolben eine con- centrirte Lösung von Trimethylamin mit Aethyienoxyd ein und liefs das Ganze bei gewöhnlicher Temperatur stehen. Bis zu dem anderen Tage war die Flüssigkeit dicklich ge- worden und der Geruch des Trimethylamins gänzlich ver- schwunden. Nach dem Neutralisiren der stark alkalischen Flüssigkeil schied sich auf Zusatz von Goldchlorid der characterislische gelbe, aus dem Goldchlorid-Doppelsalz des Neurins bestehende Niederschlag aus *).

Bei dieser Reaction bildet sich das Neurin direct durch das Zusammenfügen der Elemente des Trimethylamins , des Aethylenoxyds und des Wassers :

*) Er gab bei der Analyse 44,28 pC. Gold, während sich 44,45 be- rechnen.

202 Wurtz, Identität d. künaüichen u, MatürBehen Neurias.

(CH,).N + cäo + h,o = ci^on}'***^

Trimethyl- Aethjlen- NemiiL

amin oxyd

Die in dieser Mittheilung beschriebenen Versuche schei- nen mir alle Zweifel bezuglich der Identität des künstlichen und des natürlichen Neurins zu beseitigen. Die in meiner vorhergehenden Mittheilung offen gehaltene Frage ^ ob hier Isomerie vorliege, ist also jetzt beantwortet Ich füge hinzu, dafs das Offenhalten dieser Frage nothwendig war, da sich theoretisch die Existenz einer grofsen Zahl von Basen vor- aussehen lafst, welche mit dem Neorin isomer sind* Die folgenden Formeln geben die Constitution einiger dieser Basen an :

CHgl

H CjjH, . OHJ

N.OH

C,H4 . oh; CjH« . OHJ

MethyläthyloxÄthyl- Propyloxftthyl- Aeihyloxypropyl-

ammoniumhydrat ammoniumhydrat ammonlnmhydnit

CHaj H

^^»[n.oh ^

N.OH

CA . OH; C5H10 . OHJ

Dimethyloxypropyl> Oxamylammoniiim-

ammoniumhydrat hydrat

Von diesen Basen habe ich die letzte darzustellen ge- sucht, indem ich einfach - chlorwasserstoffsaures Amylglycol auf Ammoniak einwirken liefs. Ich habe ein krystallisiries Platinchlorid -Doppelsalz erhalten, welches vollständig von dem Platinchlorid - Doppelsalze des Neurins verschieden ist und die Zusammensetzung der entsprechenden Vinylbase zu besitzen scheint.

Ich habe auch eine dem Neurin homologe Verbindung erhalten, indem ich Triäthylamin auf Glycol-Chlorhydrin einwirken liefs. Ich werde diese Körper bald in einer wei- teren Mittheilung beschreiben.

ao3

Üeber Dissociation der Untersalpetersäure ; - von Privatdocent Dr. Alex. Naumann.

Machfolgende Bemerkungen, welche sich vorzugsweise auf die Ergebnisse der neuerdings von H. Sainte-CIaire Deville und L. Troost*) ausgeführten Bestimmungen der Dampfdichte der Untersalpetersöure stützen , bezwecken den Nachweis, dafs das Molecul der Untersalpetersäurb in Gas- form bei niederer Temperatur als NtO« aufzufassen ist und der Untersalpeteraiuredampf bei steigender Temperatur eine bei etwa 140 bis 150*^ vollendete Dissociation in zwei Atom- .gruppen von der Zusammensetzung NOt erleidet.

A. Playfair und J. A. Wanklyu **) fanden die Dichten des Untersalpetersäuredampfs, indem bei Ausführung der Bestimmungen demselben unter Anwendung des von ihnen ***) beschriebenen Verfahrens Stickgas beigemengt war, bei 4,2» zu 2,588; bei 11,3<> zu 2,645; bei 24,5» zu 2,520; bei 97,5» zu 1,783. Sie schlössen aus diesen Ergeb- nissen^ dafs sowohl die durch die FcMrmel Ji&% (welcher die Dampfdichte 1,589 entspricht), als auch die durch die Formel Ji^&i (welcher die Dampfdichte 3,179 entspricht) ausgedrückte Substanz existire, und dafs beide bei Tempe- raturwechsel in einander übergehen; dafs bei 100» der so- genannte Untersalpetersfiuredampf hauptsachlich aus NO^^ bei gewöhnlicher Temperatur hauptsichlich aus NaO^ bestehe.

B. Müller t) fand die Dichten des Untersalpetersaure-

*) Compt rend. LXIV, 237; Instit. 1867, 49; im Ausz. N. Arch. pb. nat XXVUI, 269; Zeitschr. Chem. 1867, 149.

**) Ann. Chem. Pharm. CXXU, 249.

**•) Daselhst CXXI, 102.

t) Daselbst CX&U, 15.

204 Naumann^ über Dissociation

dampfs bei 28» zu 2,70; bei 32» zu 2,65; bei 52» zu 2,26;

bei 70» zu 1,95; bei 79» zu 1,84*). In Rucksicht auf diese

Ergebnisse, sowie auf die von ihm untersuchten Reactionen

der flussigen Untersalpetersaure, bei welchen allen die beiden

Atorogruppen NO und NOa auftraten oder stets die durch

N2O4 ausgedrückte Untersalpetersauremenge einwirkte, hat

Muller für die flussige Untersalpetersaure die rationelle

NO 1 Formel |jj(0 aufgestellt, mithin das Molecul der flüssigen

Untersalpetersaure durch die Formel N^O« ausgedrückt.

Nach Delafontaine **) zeigen die Versuche von H. Deville und Troost, dafs die Untersalpetersaure zwei Dampfdichten besitzt, von weichen die eine die Hälfte der anderen ist. Delafontaine weist noch besonders auf die Beobachtung beider hin , dafs der bei 10» kaum gelbe Untersalpetersäuredampf bei steigender Temperatur allmilig dunkler wird, bei 183» mehr schwarz als roth ist und selbst in dünnen Schichten das Licht kaum durchläfst.

Ich habe unter der Voraussetzung, dafs die bei hin- reichend niedriger Temperatur als N2O4 aufzufassende Unter- petersäure bei höherer Temperatur eine theilweise mit stei- gender Temperatur zunehmende Zersetzung erleidet,' wobei ein Holecul sich in deren zwei spaltet, aus der in nachfolgender Tabelle enthaltenen Versuchsreihe von H. Deville und Troost die den einzelnen Beobachtungstemperaturen und zugehörigen Dampfdichten entsprechenden Procente der zer- setzten Untersalpetersäuremolecule berechnet nach der von

*) Es zeigen dieBO Zahlen grofse Uebereinstimmung mit denjenigen der unten verzeichneten, von H. Deville und Troost ausge- führten umfassenderen Versuchsreihe.

**) N. Arch. ph. nat. XXVIII, 271; Instit 1867, 136.

der Unfersalpetersäure.

205

mir *) früher entwickelten Formel p =

lOO(d-D) D

worin

für d das der Untersalpetersaure == N294 entsprechende theoretische spec. Gew. 3^179 und fär D der Reihe nach die beobachteten Dampfdichten g;esetzt' wurden. Zugleich habe ich behufs Beurtheilung des Ganges der Zersetzung den je zwei aufeinander folgenden Temperaturen entsprechenden Zuwachs der Zersetzung auf eine Temperaturerhöhung von 10^ bezogen unter der Annahme, dafs zwischen diesen Teroperaturgrenzen der Zuwachs der Zersetzung der Tempe- raturzunahme proportional sei.

Tempe- ratur

Dampfdichte der Unter-

I

salpeterBäure

j Zuwachs an Procente der IProcenten der Zersetzung für

Zersetzung

10« Tempera- turerhöhung

26,7^

35,4

39,8

49,6

60,2

70,0

80,6

90,0

100,1

111,3

121,5

135,0

154,0

188,2

2,65"

2,53

2,46

2,27

2,08

1,92

1,80

1,72

1,68

1,66

1,62

1,60

1,58

1,67

19,96 25,65 29,23 40,04 62,84 65,57 76,61 84,83 89,23 92,67 96,23 98,69

6,6

8,1

11,0

12,1

13,0

10,4

8,8

4,4

3,1

3,5

1,8

Eine Betrachtung des in der letzten Verticalreihe vor- stehender Tabelle sich darstellenden Ganges der Zersetzung der Untersalpetersäure NgO« ergiebt unter Berücksich- tigung» dafs bei dem nicht unbedeutenden Einflufs, welchen innerhalb der Fehlergrenzen liegende Schwankungen einer einzelnen Dampfdichte auf die Bestimmung des Betrags der Zersetzung ausüben , nur der Verlauf der Zersetzung im

^) Ann. Chcm. Pharm. Suppl. V, 344.

206 Naumann^ über Düsociatum

Ganzen als roabgebend zu betrachten ist eine befriedi- gende Uebereinstimmang mit dem, unter Zugrundelegung der auf dem Boden der mechanischen Wfirmetbeorie erwachse- nen Moleculartheorie der Gase ^ früher Ton mir*) bezüglich des allgemeinen Yerlaufs der Dissociation gasförmiger Kdrper abgeleiteten Ergebnifs : „dafs die gleichen Temperaturunter- schieden entsprechenden Zuwachse der Zersetzung Ton der Temperatur des Beginnes der Dissociation an bis zur Zer- setzungstemperatur, d. i. bis zur halbTollendeten Zersetzung fortwährend zunehmen und von der Zersetzungstemperatur an bis zur Temperatur der Vollendung der Dissociation in ahnlicher Weise abnehmen.^ Diese Uebereinstimmung glaube ich für die Richtigkeit der der Berechnung der Tabelle zu Grunde liegenden Voraussetzung in Anspruch nehmen su dürfen , dafs nämlich die Untersalpetersaure bei niederer Temperatur als N^O« aufzufassen sei und in höherer Tem- peratur eine theilweise bei steigender Temperatur zunehmende Zersetzung in zwei Molecule erleide. Nach dem ganzen Verhalten der Untersalpetersäure mufs man ferner schlieben, dafs bei der Spaltung des Moleculs NaO« durch Hitze NO« -j- NOs gebildet wird. Die Untersalpetersäure wäre somit bei Temperaturen über 150^ dem Quecksilber und Cadmium zu vergleichen y für welche im Dampfzustand das Atom zu- gleich das Molecul bildet. Für die Untersalpetersäure ist Tollständige Spaltung erst oberhalb 150* eingetreten; theil- weise'Spaltung findet zwischen etwa 11^ und ISO* statt, wie sich aus den von mir ^ früher abgeleiteten Beziehungen der Temperaturen des Beginnes und der Vollendung der Dissociation zu der eigentlichen Zersetzongstemperatur er-

*) Ann. Chem. Pharm. Suppl. V, 366. **) DagelUt Suppl. V, 356.

der üntersalpetersäure. 207

giebt; unterhalb 11^ ist der Untersalpeterafiuredampf als NfO« aa betrachten.

H. Deville und Troost geben der Untersalpetersäure die Formel NO^ mit der Dampfdichte 1,589 und schreiben dia Yer&nderliohkeit des AasdehnangscoSfficienten unterhalb 150^ der NälM des Condensationspunktes au. Unerklärt bleibt aber dann» warum der AusdehnungsooefGcient anfänglich mit steigender Temperatar sanimmt, ein Maximum erreicht und dann für gleiche Temperatarerhebnngen um immer weniger abnimmt, bis er den weiterhin constanten Werth 0,00367 erhält Bei der Annahme einer Dissociation dagegen ist ein aolches Verhalten des AusdehnungscodfBcienten eine noth- wendige Folge des über den allgemeinen Verlauf der Dis- sociation oben Mitgetheilten, wonach die fär gleiche Tempe- raturerhebungen zunehmenden Zuwachse der Zersetzung, und mit ihnen die Ausdehnung, bei der eigentlichen Zer- setzungstemperatur, als welche früher *) die 50 Procente der Zersetzung zeigende Temperatur erkannt wurde und die für die Untersalpetersäare nach obiger Tabelle gegen 60^**) fällt, ein Maximum erreichen und von da ab bis

*) Ann. Ghem. Phann. Bnppl. V, 360.

**) Wenn Deville und Troost das Maxirnnm der AoBdehnung gegen 50^ finden, während nach obiger Tabelle das Maximum des Zersetzungszuwaohses später eintritt, so hat diefs seinen Grund darin, dafs Deville tmd Troost die Ausdehnung auf das jedes- maHge unmittelbar vorbeigehende Volum beziehen, während der von mir berechnete Betrag der Zersetzung sich in Procenten der urspiüngliehen UnterBalpetersäuremenge ausdrückt. AuTserdem ist aa bemerken, dafii die von Deville und Troost in ihrer Ab- handhmg angegebenen AusdehnungBcoSffidenten für zwei auf ein- tttder folgende Beobachtungstemperaturen theHweise nicht ganz genau den aufgeführten Volumen ent^rechen, wenn auch die Abweichvoigen die dort gezogenen BohUisse nicht beeinflussen. Fer- ner mag bei dieser (Gelegenheit auch darauf aufmerksam gemacht

208 Stenkouse^ über Chlor aniL

zur vollendeten Zersetzung allmalig wieder abnehmen, und wonach also allgemein das vorbeschriebene Verhalten des Ausdehnungscoefficienten als ein Merkmal stattfindender Dis- sociation zu betrachten ist.

Nach Vorstehendem finden die Eigenschaften der Unter* salpetersaure und insbesondere das Verhalten des Untersal- petersäuredampfs hinsichtlich seiner verschiedenen Tempe- raturen zugehörigen Dichten ihre einfache Erklärung in der Annahme, dafs die Untersalpetersaure bei gewöhnlichem Druck zwischen den ungefähren Temperaturgrenzen 11 und 150^ eine Dissociation erleidet, wobei das Holecul von der Zusammensetzung Ns04 sich in zwei Atomgruppen von der Zusammensetzung N0s spaltet.

üeber Chloranil; von J. Slenhouae*).

I.

Darstellung des Chloranils, Das beste bis jetzt ver- öflentlichte Verfahren fär die Darstellung von Chloranil ist

werden, dafs in den von Deville und Troost zmn Zweck der Berechnung der zrwei auf einander folgenden Temperaturen ent- sprechenden Ausdehnungscoefficienten aus rorliegenden Dampf- dichten aufgestellten allgemeinen Formebi in dem Ausdruck fiir das Volum der Gewichtseinheit des Dampfes der auf die Ans- dehnung des Glases sich beziehende Factor zu streichen und dem Ausdruck für den Ausdehnungscoefficienten das anfängliche Volum als Divisor beizufügen ist.

*) Aus dem Journal of the ChemicAl Society, new series, VI, 141 mit- getheilt

Stenhouse, über Chbrantl. 209

das von Hofmann*), welches darin besteht, eine siedend gesattigte wässerige Lösung von Phenol mit einem Gemische von chlorsaurem Kalium und Chlorwasserstoffsäure zu dige- riren.

Wenn zu einer Lösung von chlorsaurem Kalium und Phenol in heifsem Wasser eine hinreichende Menge von Chlorwasserstoffsaure gesetzt wird, so wird die Lösung dun- kelfarbig und trübe, und nach wenigen Minuten tritt eine lebhafte Reaction ein, unter Entwickelung stechender Dampfe und Ausscheidung gelber krystallinischer Blattchen, welche jedoch durch eine betrachtliche Menge eines dunkelrothen Oeles verunreinigt sind. Diese Masse wird, wenn erkaltet, möglichst von Wasser befreit und zur Beseitigung des rolhen Oeles mit heifsem Weingeist ausgezogen. Die so erhaltenen blafsgelben krystallinischen Blattchen bestehen aus dreifach- gechlortem Chinon, welchem 20 bis 25 pC. Chloranil beige- mengt sind. Durch wiederholte Behandlung mit kochendem Weingeist lafst sich das in dieser Flüssigkeit ziemlich lösliche dreifach-gechlorte Chinon entfernen und das Chloranil ziem- lich rein erhalten. Das auf diese Art ausgezogene dreifach- gechlorte Chinon enthält Chloranil, und obwohl ich mit sehr grofsen Mengen arbeitete, habe ich es doch nie von anhän- genden Spuren der letzteren Substanz frei erhalten können, weder durch Sublimation noch durch Umkrystallisiren aus Weingeist oder Benzol; aber nach dem sogleich Mitzutheilen- den ist es mir doch gelungen, es auf einem Umwege rein zu erhalten.

Nach zahlreichen Versuchen, um die vortheilhaflesten Verhältnisse für die Darstellung des Chloranils nach dem eben besprochenen Verfahren zu bestimmen, wurde folgen- der Procefs als der beste befunden : 3 Theile chlorsauren

*) Ann. Chem. Pharm. LH, 55.

210 Stenhousey über ChloraniL

Kaliums wurden in 70 Theilen siedenden Wassers gelöst, und 1 Theil Phenol zugesetzt. Dieses Gemische hatte in ein, etwa das zweifache Volum der Flüssigkeit fassendes irdenes Gefafs gegossen, die Temperatur von 90^ C. ; 14 Theiie Chlor- wasserstoffsäure von 1,16 spec. Gew. wurden dann auf ein- mal hinzugesetzt und das Ganze gut umgerührt. Innerhalb weniger Hinuten war die klare, braun lichrothe Flüssigkeit trübe und sehr heifs, Chlor und ein stechender Dampf von sehr unangenehmem und beständigem Geruch wurden unter heftigem Aufbrausen entwickelt, und Chloranil wurde in gelben Blättchen, verunreinigt mit dem oben erwähnten rothen Oele, ausgeschieden. Wird dieses mittelst einer grofsen Menge siedenden Weingeistes ausgezogen, so bleibt das Chloranil ungelöst; aber selbst bei Anwendung eines grofsen Ueberschusses von chlorsaurem Kalium und Chlorwasserstofl'- säure gelang es mir nie , mehr als 40 Theiie Chloranil aus 100 Theilen Phenol zu erhalten. Doch schien es mir, als ob das dreifach - gechlorte Chinon und das chlorhaltige Oel, welche zwischen dem Phenol und dem Chloranil stehen, durch angemessene Behandlung in das letztere umgewandelt werden könnten;^ und da ich durch einen vorläufigen Ver- such fand , dafs Chlorjod beide Körper rasch zu Chloranil umwandelt, beschlofs ich, diese Reaction zur Darstellung der letzteren Substanz zu benutzen.

Das oben erwähnte Gemische von rohem Chloranil, drei- fach-gechlortem Chinon und rothem Oel, welches aus Phenol mittelst chlorsauren Kaliums und Chlorwasserstoffsäure er- halten war, wurde nach 12- bis 24 stundigem Stehen auf einem Filtrirtuche gesammelt, durch Auspressen mögliebst von Wasser befreit, und mit einem gleichen Gewichte Was- ser und etwa dem halben Gewichte Jod in einen Kolben gebracht. Auf diesen Kolben wurde ein Stopfen mit zwei Röhren gesetzt, deren eine als Condensationsröhre diente

Stenhouse, über Chloranil. 211

und die andere zum Einleiten eines Stromes von Chlorgas in das Gemische, wahrend das letztere in einem Paraffinbade erhitzt wurde. Der Chlorstrom, welcher zuerst sehr rasch absorbirt wurde, wurde so regulirt, dafs immer ein geringer Ueberschufs von Jod vorhanden war. Diefs liefs sich leicht an der violetten Farbe des Dampfes in dem Kolben erkennen. Nach 10 bis 12 Stunden, wo die Absorption des Chlors nur noch sehr langsam vor sich ging, wurde die Digestion unterbrochen, an die Stelle der Condensattonsröhre eine um- gebogene Kühlröhre aufgesetzt, und die Chlorjodlösung mög- lichst abdestillirt, wobei wahrend des letzten Theiles dieser Operation ein mafsiger Chlorstrom durch den Apparat geleitet wurde. Der Rückstand wurde nach dem Erkalten mit Was- ser aufgekocht, und die, von öliger Substanz nun fast freien gelben Blättchen mit kaltem Wasser gut ausgewaschen, aus- gepreist und wiederholt mit kleinen Mengen Weingeist aus- gezogen. Das Product zeigte sich nun in der Form bräun- lichgelber Blättchen und war leidlich reines Chloranil ; sein Gewicht betrug beträchtlich viel mehr (das 1,25 fache), als das des angewendeten Phenols gewesen war.

Versuche wurden auch gemacht, das rothe Oel und das dreifach-gechlorte Chinon durch Behandlung mit chlorsaurem Kalium und Chlorwasserstoffsäure, oder durch Digeriren mit Fünffach - Chlorantimon und Eisenchlorid in einem Strome von Chlorgas zu Chloranil umzuwandeln; aber diese Versuche gaben sehr wenig genügende Resultate, und kein besserer Erfolg wurde erzielt bei dem Durchleilen von Chlor durch die Lpsung jener Körper in Vierfach- ChlorkohlenstoS, mit oder ohne Zusatz von Wasser.

Um das nach dem beschriebenen Verfahren erhaltene Chloranil zu reinigen, wurde 1 Theil desselben in 20 Theilen heifsen Benzols gelöst, die Lösung filtrirt und das über- schüssige Benzol abdestillirt, bis in der heifsen Lösung Blätt-

212 Stenhousef über Chloranü.

chen sich abzuscheiden begannen; die Destillation wurde dann unterbrochen, und nach dem Erkalten das Chloranil auf einem Tuche gesammelt und stark ausgeprefst. Durch eine oder zwei Krystallisationen wurde es so vollkommen rein erhalten. Es ist nöthig, dafs das Benzol mittelst Schwefel- säure gereinigt sei *) , da sonst das Chloranil mit einer grofsen Menge schwarzer harziger Substanz verunreinigt wird. Diefs ist ein besseres Verfahren zum Reinigen des Chloranils, als das Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol, da dasselbe in dieser Flüssigkeit nur wenig löslich ist.

Die Analysen von Chloranil : I erhalten durch die Ein- wirkung von Chlorjod auf das dunkelrothe Oel, II dargestellt aus dreifach -gechlortem Chinon mit Spuren von Chloranil nach demselben Verfahren, ergaben :

berechnet gofUnden

Ce 72 29,26

CU 142 57,73 57,65 57,73

O, 32 13,01

246 100,00.

Als Phenol, welches vorher mit Schwefelsaure (nach gleichen Volumen) verbunden worden, in einer grofsen Menge heifsen Wassers gelöst und der Einwirkung von chlorsaurem Kalium und Chlorwasserstoffsäure unterworfen wurde, bildete sich kein rothes Oel, aber die Ausbeute an Chloranil und dreifach-gechlortem Chinon war geringer, als bei gleicher Behandlung einer Lösung von reinem Phenol in Wasser.

Darstellung von Chloranil aus Pikrinsäure, Als gleiche Theile Pikrinsäure und cMorsaures Kalium in 30 Thei- len siedenden Wassers gelöst wurden, bildete sich eine be- trächtliche Menge des schwerlöslichen pikrinsauren Kaliums,

") Ann. Chem. Pharm. CXL, 284.

Sienhouse, über Chlaranä. 213

und der Zusatz von Chlorwasserstoffsäure (7 Theilen) ver- ursachte eine heftige Reaction; Chlorpikrin destillirte über und Chloranil blieb in der Retorte rückständig, dessen Ge- wicht etwa Vis von dem der ursprunglich angewendeten Pikrinsäure betrug, also nur 12 pC. von der theoretisch sich berechnenden Menge. Es ist dieses Verfahren somit in keiner Weise ein vorth eilhaftes.

Chloranil ist nur wenig löslich in Schwefelkohlenstoff, Yierfach-Chlorkohlenstoff, Aether, Chloroform und Erdöl.

ChlorhydraniL Stadeler stellte 1849*) das Chlor- hydranil in der Art dar, dafs er Chloranil mit wässeriger schwefliger JSaure kochen liefs, bis die Farbe desselben sich nicht weiter veränderte. Er war der Ansicht, dafs Chlor- hydranil das einzige Product dieser Reaction sei. Diefs war jedoch ein Irrthum, da ich bei sorgfältiger Wiederholung seines Verfahrens gefunden habe, dafs 100 Theile Chloranil nur 70 Theile Chlorhydranil, statt 101 Theilen desselben, gaben, und dafs das so erhaltene rohe Chlorhydranil eine braune Farbe besitzt, welche nur sehr schwierig zu beseiti- gen ist. Als ein viel besseres Verfahren, welches die theo- retisch sich berechnende Menge farblosen Chlorhydranils in Einer Operation ergabt wurde das befunden, fein gepulvertes reines Chloranil mit mäfsig concentrirter Jodwasserstoffsäure und etwa Vio seines Gewichtes gewöhnlichem Phosphor 30 bis 40 Minuten lang zu digeriren, das Product mit kaltem Wasser gut auszuwaschen und aus siedendem Alkohol (5 Theilen) umzukrystallisiren. Das so erhaltene Präparat war ganz farblos und stark glänzend. Es war jedoch noch mit Spuren von Phosphor verunreinigt, welche bei dem Aussetzen an die Luft bald oxydirt wurden, und die resultirende phos- phorige Säure wurde durch Waschen mit kaltem Wasser

«

) Ann. Ghem. Pharm. LXIX, 327.

214 Stenhouse, über ChloraniL

entfernt. Diese Verunreinigung kann auch durch Kochen mit wasserigem schwefelsaurem Kupfer und Umkrystallisiren beseitigt werden. Es ist nicht rathsam, an der Steile von gewöhnlichem Phosphor bei diesem Verfahren amorphen an- zuwenden, da dann die Krystalle etwas gefärbt sind.

Das Ghlorhydranil , CeCUOsHs, ist fast unlöslich in Schwefelkohlenstoff, Vierfach - Ghlorkohlenstoff und Benzol, aber leicht löslich in Aether. Es löst sich in einer Lösung von kohlensaurem Natrium mit schöner grüner Farbe, welche sich rasch zu Braun umändert, und zu derselben Zeit werden einige grüne Nadeln ausgeschieden. Durch Erhitzen mit concentrirter Salpetersäure^ oder besser mit einem Gemische von Salpetersaure und Schwefelsaure, wird es leicht wieder zu Ghloranil umgewandelt. Dieses Verfahren lafst sich zur Reinigung von rohem Ghloranil anwenden, an Stelle des Krystallisirens aus Benzol.

Einwirkung der schwefligen Säure auf ChloraniL Drei- fach'gechlortes Hydrochinon. Wenn auch Chlorhydranil das hauptsächlichste Product war, als ein Strom von schwefliger Saure durch siedendes, Ghloranil suspendirt enthaltendes Wasser geleitet wurde, so wurden doch, wie bereits oben erwähnt, etwa 30 pG. des Chloranils zu anderen Verbindun- gen umgewandelt, welche > verunreinigt mit Schwefelsäure und Ghlorwasserstoffsöure, in der wässerigen Lösung blieben.

Diese Lösung wurde mit kohlensaurem Blei (das vorher mit Wasser zu einem Rahm angerührt war) neutralisirt und filtrirt. Die Schwefelsäure wurde auf diese Art als schwefel- saures Blei entfernt, wahrend das Bleichlorid zusammen mit einem organischen Bleisalz in Lösung blieb. Das Blei wurde aus dieser Lösung mittelst Schwefelwasserstoff ausgefällt, das Filtrat im Wasserbad zur Trockne eingedampft, und der aus einer organischen Saure bestehende Rückstand der Sublimation unterworfen, was sich am Besten in der Art

Stenhouse^ über Chloranil 215

ausfahren liefs, dafs die Substanz in einem bedeckten Becher- glase mittelst eines Paraffinbades auf 120 bis 130^ C. erhitzt wurde, wobei glanzende Krystalle erhalten wurden. Diese wurden von anhängender ChlorwasserstofTsaure durch ein- oder zweimaliges Umsublimiren, oder durch Umkrystallisiren aus Schwefelkohlenstoff und nachheriges Subliroiren gereinigt. Der Rückstand in dem Sublimationsgefafs enthielt freie Schwefelsaure. Die Krystalle sind mafsig löslich in heifsem Wasser, Alkohol, Schwefelkohlenstoff* und Vierfach -Chlor- kohlenstoff, und sehr löslich in Aether. Die Analyse ergab Resultate, welche der Formel CeClsHsOj entsprechen :

berechnet gefunden

49,76

<^'6

72

33,72

33,59

33,70

Gl,

106,5

49,89

u.

3

Ml

1,45

1,45

0,

32

14,98

213,5 100,00.

Man ersieht aus diesen Resultaten, dafs das krystallini- sehe Sublimat die Zusammensetzung des dreifach-gechlorten Hydrochinons, CtiClsHsOi, besitzt. Auch die Eigenschaften stimmten mit den für diese Substanz von Städeler*) an- gegebenen überein.

Bei Zusatz von salpetersaurem Silber zu einer warmen Lösung dieser Krystalle wurde ein weifser Niederschlag ge- bildet, welcher 50 pC. Silber enthielt. Derselbe scheint jedoch ein Gemenge einer Silberverbindung mit dreifach- gechlortem Chinon zu sein.

Salpetersäure wirkte auf dreifach -gechlortes Hydro- chinon energisch ein, wobei rothe Dämpfe sich entwickelten, Chlorpikrin überdestillirte und die Lösung bei dem Erkalten gelbe Krystalle absetzte, von welchen noch eine weitere

*) Ann. Chem. Phann. LXIX, 322.

216 Stenhouae, über OhloraniL

Menge auf Zusatz von Wasser erbalten wurde. Dieselben wurden mit Wasser gut abgewaschen und aus Alkohol um- hrystallisirt. Wie sich erwarten liefs, ergab die Analyse für dieses Product die Zusammensetzung des dreifach-geohlorten Ghinons, GeCIsHO, :

__

berechnet

geftinden

c.

72 34,04

33,88

Cl,

106,5 50,36

u

1 0,47

0,55

0,

32 15,13 211,6 100,00.

^^~

Die Entfernung des Chlors aus dem Chloranil mittelst schwefliger Säure und die Bildung von dreifach -gechlortem Chinon aus den resultirenden Producten bietet viel Interesse, da sich hierauf wahrscheinlich ein Verfahren gründen läfst, zweifach- und einfach -gechlortes Chinon im Zustand abso- luter Reinheit zu erhalten, was Städeler durch die von ihm angewendeten Mittel, nämlich fractionirte^Krystallisation, nicht erreichen konnte.

Die Substanz, aus welcher das dreifach-gechlorte Hydro- chinon durch Sublimation erhalten wurde, scheint eine ge- paarte Saure zu sein, aber es ist mir bisher nicht gelungen, sie oder eines ihrer Salze in einem für die Analyse genägend reinen Zustande zu erhalten. Sie ist aufserordentlich löslich in Wasser, Alkohol und Aether, und krystallisirt aus dem letzteren in grofsen Prismen.

Dreifach-gechloTtea Chinon. Wenn es mir auch, wie bereits angegeben, nicht gelang, durch Krystallisation oder durch Sublimation das dreifach-gechlorte Chinon frei -von Chloranil zu erhalten, so bot doch die Erkenntnifs, wie die Wasserstoff- Verbindungen dieser Korper leicht von einander geschieden werden können, eine Methode, grofse Quantitfitan dreifach-gechlorten Chinons im reinen Zustande zu erhalten.

Stenhouse, über ChloraniL 217

Diefs ist um so wichtiger, als Stade 1er, welcher diesen Körper entdeckte^ ihn nicht in einer zar Analyse genügenden Menge erhielt.

Die bei der Darsteilnng des Chloranils nach dem jn dem ersten Theile der vorliegenden Abhandlung beschriel;^enen Verfahren erhaltene rohe Masse wurde 3- bis 4 mal mit kleinen Mengen siedenden Alkohols behandelt, um das rothe Oel zu beseitigen, und dann mit einer beträchtlichen Menge (dem 6 fachen Gewicht) desselben Lösungsmittels ausgezogen. Die Flüssigkeit wurde heifs filtrirt; das bei dem Erkalten derselben auskrystallisirende unreine dreifach - gechlorte Chinon gesammelt, und die von den Krystallen getrennte Flüssigkeit noch einmal mit dem auf dem Filter gebliebenen ungelösten Theile aufgekocht. Auf diese Art wurde das ursprüngliche Gemische in drei Theile zerlegt : I. das rothe Oel, welches durch Behandeln mit einer Lösung von Chlor- jod zu Chloranil umgewandelt werden konnte; IL den in Weingeist fast unlöslichen Theil, welcher aus beinahe reinem Chloranil bestand; und HL das rohe dreifach - gechlorte Chinon, welches jedoch noch eine beträchtliche Menge Chloranil zurückhielt. Um die letzteren beiden Substanzen von einander zu trennen, wurde dieser Theil III in kleinen Portionen nach und nach siedender mäfsig concentrirter Jod- wasserstoffsaure zugesetzt, welche einige Stücke Phosphor enthielt. Das Chloranil und das dreifach-gechlorte Chinon wurden auf diese Art zu Chlorhydranil und dreifach -ge- chlortem Hydrochinon umgewandelt, welches letztere als ein Oel zu Boden sank^ und bei dem Erkalten krystallisirte noch eine beträchtliche weitere Menge von dreifach -ge- chlortem Hydrochinon aus. Dieses wurde dann gesammelt, etwas mit kaltem Wasser gewaschen, mit Weingeist gekocht und von dem ungelösten Phosphor abfiltrirt. Die Lösung wurde bei geluider Hitze zur Trockne abgedampft, und der

218 Stenhouse, über GhloraniL

Rückstand der Luft ausgesetzt, bis der darin enthaltene Phos- phor oxydirt war. Die weifse krystallinische Hasse wurde dann gepulvert und in einem, in einem Paraffinbad auf 120 bis 130^ erhitzten Glasgefafse der Sublimation unterworfen. Das dreifach-gechlorte Hydrochinon sublimirte in gliazenden Tafeln^ während das Chlorhydranil rückstandig blieb, welches bei dieser Temperatur nicht flüchtig ist Nach 1- bis 2 mali- gem Umkrystallisiren aus heifsem Wasser (10 Theilen) wurde es vollkommen rein befunden, wie auch aus den Resultaten der nachstehenden Analyse hervorgeht :

berechnet

gefunden

C6

72

83,72

33,81

ci.

106,5

49,89

Hb

a

1,41

1,70

0,

32

14,89

213,5 100,00.

Manchmal schied die wässerige Lösung selbst bei tage- langcm Stehen keine Krystalle aus, aber der Zusatz einiger Krystalle oder das Eintauchen des Gefäfses in eine Kalte- mischung liefs die Lösung zu einer Masse von Krystallnadeln erstarren. Das dreifach -gechlorte Hydrochinon braucht bei 15^ C. 160 Theile Wasser zur Lösung.

Da das dreifach -gechlorte Chinon bei dem Digeriren mit starker Salpetersäure unter Bildung von Chlorpikrin und Entwickelung von Kohlensäure und salpetrigen Dämpfen langsam zersetzt wird, fand ich es rathsam, die Umwandlung des dreifach-gechlorten Hydrochinons zu dreifach-geohlortem Chinon in der Art zu bewirken, dafs das erstere in heifsem, mit Schwefelsäure stark angesäuertem Wasser gelöst und dann eine Lösung von saurem chromsaurem Kalium zuge- setzt wurde, wo das dreifach-gechlorte Chinon sich im kry- stallinischen Zustande ausschied.

Stenhousej über Ghloranil. 219

Dreifach^ gechlortes und emfaeh^gebromtes Ghinan, Werden dreifach-gecblortes Chinon und Brom einige Stunden lang in einer zugeschmolzenen Glasröhre auf 120 bis 130^ C. erhitzt, so entweicht bei dem nachherigen Oeffnen der Röhre betrachtlich viel Bromwasserstoffsaure, und das Rückständige ist nach dem Waschen mit Wasser sehr wenig löslich in heifsem Alkohol, aus welchem es in gelben Tafeln, ahnlich wie Chloranil auskrystallisirt. Das Product enthält Brom; bei 100^ C. getrocknet ergab es bei der Analyse Zahlen, welche zeigen, dafs es dreifacb-gechlortes und einfach-ge- bromtes Chinon, CeClsBrOs, ist. Es ergab 24,71 pC. Kohlen- stoff und nur 0,13 pG. Wasserstoff; nach der eben ange- gebenen Formel berechnen sich 24,78 pC. Kohlenstoff.

Dreifach-gechlortes und emfach^gehromtes Hydrochinony CeClsBrOsHs. Bei dem Digeriren der vorstehend beschrie- benen Verbindung mit Jodwasserstoffsäure und Phosphor, wie bei der Darstellung des Chlorhydranils aus Chloranil, wurde die eben genannte Verbindung CeCUBrO^H^ gebildet. Sie war sehr löslich in Alkohol, aus welcher Lösung sie in langen Prismen krystallisirte, und sie wurde durch Kochen mit Salpetersäure leicht wieder zu der Verbindung CgCIsBrO^t umgewandelt.

Die in dieser Abhandlung mitgetheilten Analysen wurden für mich durch meinen Assistenten, Herrn C. E. Groves, ausgeführt.

220 Lassen^ über die EHnwirkung von Zinn

Ueber die Einwirkung von Zinn und Salz- säure auf Salpetersäure- Aethyläther;

von W. Lassen.

Bei der Beduction des Salpetersäure-^Aethyläthers durch Zinn und Salzsäure entsteht, wie ich bereits früher*) vor- laufig mitgetheilt habe, neben Salmiak ein Körper von der Zusammensetzung NH3OHCI, das salzsaure Salz einer Base NHsO, welche ich Hydroxylamin genannt habe. Bei Wieder- holung meiner Versuche habe ich beobachtet, dafs aufserdem auch noch kohlenstoffhaltige Producte gebildet werden; freilich ist deren Quantität wenigstens bei der bisher eingeschlagenen Darstellungsmethode eine sehr geringe im Verhältnifs zur Quantität des gebildeten Ammoniak- und Hydroxylaminsalzes. Genauer untersucht habe ich bis jetzt nur eines dieser kohlenstoffhaltigen Producte; dasselbe ist eine Base NC4H11O, hat also die Zusammensetzung eines zweifach-äthylirten Hydroxylamins. Ich will im Nachstehen- den zuerst die Darstellung der genannten Körper, dann letztere selbst beschreiben.

Darstellung von Salpetersäureäther ♦♦).

Nur reine Salpetersäure von 1,4 spec. Gew., welche vorher mit salpetersaurem Harnstoff (15 Grm. auf 1 Liter) bis zum lebhaften Kochen erhitzt und dann wieder abge- kühlt wurde ; kommt zur Verwendung. 400 Grm. dieser Säure werden mit 300 Grm. käuflichem absolutem Alkohol gemischt, der Mischung 100 Grm. salpetersaurer Harnstoff zugesetzt und aus einer tubulirten Retorte destillirt; sobald

*) Zeitschr. f. Chemie, neue Folge, I, 551. **) Vgl. Heintz, Ann. Chem. Pharm. CXXVIl, 43.

tmd Sahsäure auf Salpetersäure - Aethyläther. 221

etwa die Hälfle bis zwei Drittel abdestillirtsind, setzt man in die Tobuiatur einen mit Hahn versehenen Trichter, der wiederum eine frisch bereitete Mischung von 400 6rm. Salpetersaure mit 300 Grm. Alkohol enthält, und lafst dieses Gemisch in dem Mafse in die Retorte tropfen, als deren Inhalt abdestillirl. Der Trichter wird jedesmal, wenn er leer geworden ist, mit neuer, frisch bereiteter Mischung aufgefüllt. So erhalt man leicht in einem Tage mehrere Pfunde Salpetersaureather. Der Retorteninhalt kann auch über Nacht erkalten und am folgenden Tage frisch angeheizt werden. Die ursprunglich zugesetzten 100 Grm. salpetersaurer Harnstoff reichen für 10 bis 15 Pfd. Aether aus; allmdlig wird er indessen doch verbraucht, und wenn man nicht nach einigen Tagen neue Mengen zusetzt, so tritt es ein, dafs der Inhalt der Retorte unter lebhafter Bildung von rothen Dampfen und völliger Zerstörung des etwa noch vorhandenen Harnstoffs zersetzt wird. Der Salpetersaureather wird nach dem Waschen mit Wasser direct verwendet.

ReducHon des Salpetersäureäthers,

Bisher habe ich stets die nämliche Methode der Reduc- tion des Salpetersaureäthers und der Gewinnung der dabei entstehenden Basen angewendet, und dabei hauptsächlich eine möglichst günstige Ausbeute an Hydroxylaminsalz zu erzielen gesucht; die kohlenstoffhaltigen Körper wurden nur als Nebenproducte gewonnen. Mehrere grofse Kolben wer- den mit je 120 Grm. Salpetersaureather , 400 Grm. granu- lirtem Zinn; 800 bis 1000 CG. Salzsäure von 1,19 spec. Gew. und deren dreifachem Volum Wasser beschickt. Bald tritt von selbst Reaction ein, die man durch Umschütteln be- fördert und ohne äufsere Erwärmung sich vollenden läfst. Der Inhalt sämmtlicher Kolben wird dann zusamniengegossen, mit mindestens dem gleichen Volum Wasser verdünnt, das

222 Lassen^ über die Einwirkung von Zinn

Zinn durch Schwefelwasserstoff gefallt, und das Filtrat vom Schwefelzinn Anfangs über freiem Feuer, dann auf dem Wasserbad eingedampft. Zuerst krystallisirt Salmiak, häufig auch eine Verbindung von Salmiak mit Chlorzinn, da das Zinn nur sehr schwierig vollständig durch Schwefelwasser* Stoff gefallt wird; bei gröfseren Quantitäten entfernt man am Besten die ersten Krystallisationen. Bei weiterem Ein- dampfen erhält man ein Gemisch von Salmiak und salzsaurem Hydroxylamin ; die letzten Mutterhingen enthalten die kohlen- stoffhaltigen Producte, daneben Eisenchlorid und Chloride anderer, durch Schwefelwasserstoff nicht fällbarer Metalle, die aus der Salzsaure, dem Zinn oder dem Wasser stammen. Wendet man rohe Salzsaure an, so häufen sich aus den sehr grofsen Quantitäten derselben in der letzten Mutterhiuge die Verunreinigungen sehr reichlich an; ich wende daher kaufliche reine Salzsäure an ; es finden sich in den letzten Mutterlaugen trotzdem ziemliche Quantitäten von Metall- Chloriden, namentlich von Eisenchlorid. Am Besten rdhrt man die nach möglichst weitem Eindampfen erhaltene Sals- masse von Salmiak und salzsaurem Hydroxylamin vor der weiteren Verarbeitung mit möglichst wenig kaltem absolutem Alkohol an, lafst die Mutterlauge abtropfen und verdrängt die letzten Reste derselben durch absoluten Alkohol. Das Gemisch von Salmiak und salzsaurem Hydroxylamin wird dann mit käuflichem absolutem Alkohol bis zur völligen Lösung des Hydroxylaminsalzes ausgekocht, und die flltrirte Lösung noch heifs mit Platinchlorid bis zur völligen Ab- scheidung des Salmiaks versetzt; das salzsaure Hydroxyl- amin wird nicht durch Platinchlorid gefällt, krystallisirt daher aus dem Filtrat vom Platinsalmiak entweder direct beim Er- kalten oder nach einigem Eindampfen. Die erste Krystalli- sation ist meist fast ganz rein; die späteren, durch Abdampfen

und Salzsäure auf Salpetersäure- Aethyläther. 223

der Mutterlauge gewonnenen Krystallisationen müssen durch Umkrystallisiren gereinigt werden.

Bei einigen Versachen cur Ermittelung der Verhaltnisse, unter welchen die Ausbeute an salzsaurem Hydroxylamin am Grofsten iat, wurden stets 400 Grm. Zinn und 120 Grm. Sal- petersauredther angewendet; die Quantitäten der Salzsaure und des Wassers wechselten. Das am Ende der Reaction nicht aufgelöste Zinn und das entstandene Hydroxylaminsalz wurden gewogen. Folgende Zusammenstellung enthält die Resultate der bemerkenswerthesten Versuche :

Angewandt :

Salpeter- i sänretttlier!

120 Grm.

Zinn

Salzsäure

von 1,19

spec. Gew.

Wasser

Nicht aufge- löstes Zinn

Gebildetes Hydroxyl- aminsalz

120 120 120 120

» n

400 Grm. 400 400 400 I 400

n ff 0

1000 CG.

3750 CG.

1000 ,

3000

1000 ,

2000 ,,

750 n

2250

666

2000

135 Grm.

123

120

156

166

ff

w »

43 Grm. 47 ,, 32,5 44

41

Daraus ergiebt sich, dafs die Salzsäure von 1,19 spec. Gew. etwa mit dem dreifachen Volum Wasser verdünnt werden mufs, und dafs auf 120 Grm. Salpetersäureäther 800 bis 1000 CG. anzuwenden sind. Das gebildete Hydroxyl- aminsalz wurde bei diesen Versuchen nicht vollständig ge* reinigt, da es nur auf eine Vergleichung der Versuche unter- einander ankam und deshalb das Salz nur bei den verschie- denen Versuchen annähernd gleich rein sein mufste. Ich be- merke indessen, dafs in der Regel die erste Krystalilisation, welche die Hälfte bis Zweidrittel des Ganzen betrugt fast gau rein war« Die letzten Reste sind auch aus den Mutter- laugen nicht zu gewinnen^ und so werden die gefundenen Zahlen doch sehr aanähernd richtige sein; ich werde später auf dieselben zuräckkommen.

Die bei der Reduction des Salpetersäureäthers ent- stehenden kohlenstoffhaltigen Körper finden sich in der

224 Lassen, über die Einwirkung von Zinn

Mutterlauge vom salzsauren Hydroxylamin und Salmiak. Hat man letztere vor ihrer Trennung von einander mit kaitem absolutem Alkohol ausgelaugt, so enthalt diese Lauge neben den kohlenstoffhaltigen Körpern und Metallchloriden noch etwas salzsaures Hydroxylamin und etwas Salmiak; hat man dagegen Salmiak und salzsaures Hydroxylamin sammt der letzten Mutterlauge in absolutem Alkohol gelöst und diese Lösung mit Platinchlorid behandelt, so finden sich die kohlen- stoffhaltigen Körper in den letzten Mutterlaugen des Filtrats vom Platinsalmiak, auch hier begleitet von HetällchlorideD, etwas salzsaurem Hydroxylamin und vielleicht einem lieber- schufs von Platinchlorid. Zur Auffindung und Gewinnung der kohlenstofihaltigen Körper wurde eine wie die andere Mutterlauge auf die nämliche Weise behandelt. Sie wurde mit Wasser stark verdünnt, mäfsig erwärmt und dann durch kohlensaures Natrium die schweren Metalle ausgefällt. Das Filtrat von dem Niederschlag wurde mit Salzsaure schwach angesäuert, wieder eingeengt, das mit harzartigen Verun- reinigungen auskrystallisirende Kochsalz so viel als möglich entfernt, die schliefslich auf dem Wasserbad ganz einge- dampfte Flüssigkeit mit absolutem Alkohol ausgezogen, noch- mals auf dem Wasserbad eingedampft und nochmals mit ab- solutem Alkohol ausgezogen. Beim Verdampfen der letzteren Lösung hinterblieb ein- Syrup, aus welchem sich auch bei monatelangem Stehen über Schwefelsaure nur wenige Kry- stalle abschieden, die sich als salzsaures Hydroxylamin er- wiesen. Die Hauptmenge des Syrups löste sich mit der gröfsten Leichtigkeit wieder in vollkommen absolutem Alko- hol, Aether schied aus dieser Lösung wieder nur einen halbflüssigen Syrup und höchstens noch einige Krystilichen von Hydroxylaminsalz aus. Der Syrup wurde daher in Wasser gelöst, in einem kleinen Bruchtheil der Flüssigkeit

und Salzsäure auf Salpetersäure- Aethyläther. 225

der Salzsauregehalt bestimmt und dann die ganze Flüssigkeit mit einer der darin enthaltenen Salzsäure äquivalenten Menge Schwefelsäure auf dem Wasserbad eingedampft. Auch das so erhaltene Sulfat war syrupartig und löste sich zum gröfs- ten Theil in absolutem Alkohol; der ungelöste Theil war wenigstens theilweise anorganischer Natur. Letzteres erklärt sich leicht daraus, dafs bei der Fällung mit kohlensaurem Natrium manche kohlensaure Salze, wie z. B. das kohlen- saure Calcium, nicht vollständig niederfallen^ wenn maU; wie in unserem Fall^ das Kochen der Lösung vermeiden mufs. Der in Alkohol gelöste Theil des Sulfats wurde mit einer der darin enthaltenen Schwefelsäure äquivalenten Menge Oxalsäure versetzt und dann die Schwefelsäure durch Baryum- bydrat ausgefällt. Das Filtrat wurde im Wasserbad abge- dampft und dann mit etwas absolutem Alkohol vermischt. Beim Erkalten und ruhigem Stehen setzten sich Krystall- massen ab, oft noch -stark verunreinigt durch dunkle amorphe Substanzen. Sie wurden nach einigen Tagen herausgenom- men, mit absolutem Alkohol gewaschen, zwischen Papier ausgeprefst, in wenig Wasser gelöst, die erkaltete, von den Verunreinigungen abfiltrirte Lösung auf dem Wasserbad zur Trockne gebracht, und die rückständige Krystallmasse aus kochendem, beinahe absolutem Alkohol umkrystallisirt. Sie löst sich darin zwar schwierig, aber fast vollständig, und beim Erkalten krystallisirt ein Gemisch mehrerer Oxalate, auf deren Trennung ich weiter unten zurückkomme. Die erste Mutterlauge von den unreinen Oxalaten setzte meist nach einiger Zeit oder nach erneutem Abdampfen, wobei es vortheilhaft erschien, noch etwas Oxalsäure zuzusetzen, neue Krystallrinden ab; schliefslich blieb aber immer noch ein unkrystallisirter Syrup, den ich noch nicht näher unter- sucht habe.

Annal. d. Ohem. u. Pharm. VI. Supplementbd. X. Heft. 15

226 Lassen, über die Einwirkung von Zinn

Bydroonflaminsalze und Hydroxylamin.

Ich habe weder Hydroxylamin noch Hydroxylammoniam- hydrat dargestellt, kann auch noch nicht sagen , ob sich ein Weg auffinden läfst, sie darzustellen. Lösungen des Hydro- xylamins dagegen lassen sich leicht erhalten. Ehe ich auf deren Reaction eingehe, will ich einige Hydroxylaminsalze beschreiben. Alle Salze zersetzen sich in höherer Tempe- ratur unter sturmischer Gasentwickelung. Alle bisher unter- suchten Salze sind krystallwasserfrei.

Balzsaures Hydroxylamin^ NH^OHCi. Krystallisirt aus heifs gesättigter alkoholischer Lösung in langen Spiefsen oder Prismen, bisweilen auch in dünnen facherartigen Blättern, aus wasseriger Lösung dagegen in tafelförmigen Krystallen ; kleine , aber nach den verschiedenen Dimensionen gleich- mafsig ausgebildete Krystalle bilden sich beim langsamen Verdunsten seiner Lösung in absolutem Alkohol. Der Güte des Herrn Prof. V. v. Lang verdanke ich die nähere kry- stallographische Bestimmung dieses Salzes, sowie des Sulfats und Oxalats, und spreche ich demselben meinen verbind- lichsten Dank für seine Bemühung aus. Krystallsystem : monoklinisch.

a : b : c = 1,0058 : 1 : 0,6626. a c = 102044',

Beobachtete Formen : 100, 001, 110,011,121,321,121.

berechnet beobachtet

100 .

001 = 87«16'

87*16'

110 .

100 = 4508'

40*8'

110 .

001 = 88*^4'

011 .

100 88<>30'

011 .

001 33030'

33»30'

110 .

01*1 = 68*43'

69*10'

110 .

121" == 4101Ö'

40*

121 .

011 = 27«28'

28V,*

321 .

110 = 2604'

26*40'

und Salzsäure auf Salpetersäure- Aethyläiher. 227

berechnet beobachtet

ri21 . 100 = 66''59'

121 . 100 = 66^65' 66°50'

821 . 100 = 89<>9'

.121 . 121 = 46«>6' Uyj^

121 . 121 = 84044' 8400'

821 . 321 == 119^42'

121 . 121 = 9702'

Die durch langsames' Verdunsten alkoholischer Lösung erhaltenen kleinen Krystalle zeigen sämmtliche angegebenen Formen bis auf { 121 } und zwar in ziemlich gleichförmiger Entwickelung. Die aus wässeriger Lösung dargestellten Krystalle sind tafelförmig durch das Vorherrschen der Flachen {100}; aufserdem wurden an ihnen die Formen {001},

{110}, {121} und {121} beobachtet. Die aus heifs ge- sättigter alkoholischer Lösung dargestellten Krystalle sind dagegen prismatisch, indem die Flächen {100} und {001} nach der Symmetrieaxe verlängert sind; sonst wurden nur noch die Flächen {110} und {011} an letzteren Krystallen beobachtet.

Das Salz ist in Wasser sehr leicht und unter starker Temperaturerniedrigung löslich, und bildet, wie auch manche andere Hydroxylaminsalze, sehr leicht übersättigte Lösungen. Ganz trocken wird es von absolutem Alkohol ziemlich schwer gelöst, durch Aether aus dieser Lösung ausgefällt. Das über Schwefelsäure getrocknete Salz erfährt bei HO bis 120^ keine Gewichtsabnahme; es schmilzt bei circa 15P und zer- setzt sich dann plötzlich sehr lebhaft unter Bildung von Wasser, Salzsäure, Salmiak und Stickstoff; vielleicht ent- halten die Gase auch etwas Stickoxydul. Bei der Analyse dieses, wie der folgenden Salze hat man besonders auf die plötzliche lebhafte Zersetzung bei verhältnifsmäfsig niedriger Temperatur Röcksicht zu nehmen. Die Stickstoffbestimmungen

15*

228 Lassen^ über die Einwirkung von Zinn

können nur nach der Dumas'schen Methode ausgeführt werden ; dabei darf das salzsaure Hydroxylamin nicht mit Kupferoxyd gemischt werden, weil ein inniges Gemisch von salzsaurem Hydroxylamin und trockenem Kupferoxyd schon in der Kalte Stickoxyd enthaltendes Gas entwickelt. Am Einfachsten mischt man das Salz mit etwas trockenem, reinem Sand. Die WasserstoflTbestimmungen sind wie bei den ge- wöhnlichen Elementaranalysen ausgeführt :

1. 0,2266 Grm. gaben 0,1237 H,0.

2. 0,2076 Grm. gaben 0,0909 H,0.

8. 0,3238 Grm. gaben 0,6700 AgCl.

4. 0,6025 Grm. gaben 1,2414 AgCi.

6. 0,3082 Grm. gaben öö,ö CC. feucbt gemessenes Stickgas bei 748 MM. und 23^

Berechnet fOr NH,0HC1 Gefanden

1. u. 3. 2. u. 4. ö.

IN 14 20,14 20,33

4H 4 6,76 6,07 5,73

ICl 35,6 51,08 61,19 50,97

10 16 23,02 . _ ^

69,5 100,00.

4

Schwefelsaures Hydroocylamin^ {^lAfi)S^%^i* Wird leicht aus dem salzsauren Salz erhalten durch Abdampfen mit der äquivalenten Menge Schwefelsaure auf dem Wasser- bad, Fällen und Auskochen des Rückstandes mit Alkohol. Es wird durch Alkohol aus concentrirter wasseriger Lösung in Nadeln gefallt, löst sich leicht in Wasser, krystallisirt beim Erkalten heifser wasseriger Lösungen in Prismen, bei lang- samem Verdunsten kalt gesättigter Lösungen werden grofse, wohlausgebildete Krystalle erhalten. Prof. v. Lang theilte mir über die Form Folgendes mit :

Krystallsystem : monoklinisch.

a : b : c = 1,0883 : 1 : 0,7321. ac = 108n4'.

Beobachteto Formen : 100 , 001 , 101 , iOl , 201 , 021, HO, 221.

und Sahsäure Muf Salpetersäure' Aethyläther. 229

bereohnet

beobachtet

100 .

001 = 71046'

7103'

101 .

100 = 43056'

440

101 .

100 = 69*15'

69015'

201 .

100 = 42036'

43020'

,110 .

100 = 45057'

45057'

021 .

100 =s 79060'

221 .

100 = 58029'

58018'

221 .

021 = 41041'

110 .

001 = 77026'

221 .

001 = 7304'

720

110 .

221 = 2903O'

3002'

021 .

001 = 55040'

110 .

101 = 75013'

IIb .

101 = 75044'

75037'

221 .

201 = 44046'

4403O'

021 .

101 = 6400'

63«.

Die beim Erkalten heifs gesättigter wasseriger Lösungen erhaltenen grofsen Krystalle sind verlängert in der Riebtang der Axe c und sind bisweilen tafelförmig durch Vorherrschen der Flachen {100}. Die Winkel konnten nicht mit grofser Genauigkeit gemessen werden.

Das über Schwefelsöure getrocknete Salz verliert bei 110^ nicht an Gewicht; es schmilzt und zersetzt sich bei circa 170^

1. 0,2221 Grm. gaben 0,1067 H,0.

2. 0,2016 Grm. gaben 0,0909 H,0.

3. 0,2984 Grm. gaben 0,4222 BaSO«.

4. 0,5352 Grm. gaben 0,7549 BaSO^.

Berechnet für (NH80),SH,04 GeAmden

I.IL8.

2. u. 4.

2N

28

17,07

8H

8

4,88

5,84

5,01

IS

32

19,51

19,46

19,37

60

96

58,54

164

100»00.

230 Los 8 efij über die Einmrkung van Zinn

Aus dem Sulfat wurden die meisten anderen Salze durch doppelte Umsetzung nach den gebräuchlichen Methoden dar- gestellt.

Salpeter saures Bydroxylamin , NHsO NHO3. Die Lösung des Salzes hinterlärst beim Verdunsten über Schwe- felsäure eine Flüssigkeit von ölartiger Consistenz, welche nach mehrmonatlichem Stehen über Schwefelsaure nicht er- starrt. In einer Kaltemischung von 10^ erstarrt sie zu einer weifsen Krystallmasse , welche schon bei der Tempe- ratur eines geheizten Zimmers wieder flüssig wird. Sie ist sehr leicht löslich in Wasser und absolutem Alkohol, zer- setzt sich*schon auf dem Wasserbald allmälig, bei höherer Temperatur unter plötzlicher sehr stürmischer Entwickelung von rothen Dämpfen. Das Salz war wahrscheinlich noch etwas wasserhaltig, gab daher nur ein annähernd stimmendes Resultat bei der Analyse. Bei der stürmischen Zersetzung, die bei mäfsig erhöhter Temperatur eintritt, konnte eine WasserstoiT- oder Stickstoffbestimmung nicht nach den ge- wöhnlichen Methoden ausgeführt werden. Ich habe daher aus der Lösung des Salzes in absolutem Alkohol die Sal- petersäure durch eine Lösung von essigsaurem Kalium in absolutem Alkohol als Salpeter ausgefällt, den Salpeter nach dem Auswaschen in schwefelsaures Kalium verwandelt und dieses gewogen.

0,920 Grm. gaben 0,7599 SOA, entsprechend 13,26 pC. N (als Salpetersäure). Die Formel verlangt li,58 pC.

Phosphorsaures Bydroxylamin, (NH80)3 PO4H8. Ist in kaltem Wasser schwer löslich, wird daher auch erhalten beim Vermischen der Lösungen von neutralem Natriumphos- phat und salzsaurem oder schwefelsaurem Hydroxylamin. Scheidet es sich rasch aus seinen Lösungen ab, so krystalli- sirt es oft in federähnlichen Krystallaggregaten, die manchen Krystallisationen des Salmiaks gleichen. Auch bei langsamer

und Salzsäure auf Salpetersäure» Aethyläther. 231

Krystallbildung sind die Krystalle meist klein and trüb ; an mikroscopisohen Krystallen habe ich würfelahnliche Formen beobachtet. Beim Abdampfen der Lösungen, selbst beim Verdunsten bei gewöhnlicher Temperatur, scheint sich ein Theil des Hydroxylamins zu verfluchtigen und man erhält einen unkrystallinischen syrupartigen Rückstand. Bei der Analyse wurde das über Schwefelsaure getrocknete Salz mit einer gewogenen Menge reinem Aetzkalk abgedampft; die Gewichtszunahme ergab den Phosphorsauregehalt direct.

0,3262 Grm. gaben 0,1183 PgOg, entsprechend 15,83 pC. P; die FoiTOel verlangt 15,74 pC.

Essigsaures Bydroxylamin, NH3O CgHiOg. Beim Ver- dunsten über Schwefelsaure blieb ein Syrup, der, nachdem er mit absolutem Alkohol angerührt war^ nach einigen Tagen zu einer krystallinischen Masse erstarrte, die von einer roth- gefärbten Mutterlauge durchtränkt war. Letztere wurde durch Pressen mit Fliefspapier entfernt, das Salz in absolutem Alkohol gelöst und die Lösung über Schwefelsaure ver- dunstet; es blieb ein Syrup, der bei Zumischung von wenig absolutem Alkohol und Durchrühren mit einem Glasstab plötzlich zu einem Krystallbrei erstarrte. Das Salz kann indessen leicht in gut ausgebildeten Prismen aus seiner Lösung in heifsem absolutem Alkohol erhalten werden, wenn man durch einen ungelösten oder in die Lösung hineingelegten Krystall die Krystallbildung einleitet. Es schmilzt bei 87 bis 88^. und zerfliefst nicht an der Luft.

»

0,2739 Grm. gaben 0,2622 COj und 0,1948 HgO.

Berechnet filr NH3O C,H40, Gefunden

IN

14

15,05

7H

7

7,53

7,91

2C

24

25,81

26,11

30

48

51,61

93 100,00.

232 Losserfj über die Einwirkung von Zinn

Oxahattres Bydroxylamin , (NHsO)« C2H2O1. Ist in kaltem Wasser schwerlöslich, krystallisirt aus heifs gesfiUig^ter Lösung in meist trüben flachen Prismen; klare Krystalle er- hält man bei langsamem Verdunsten kalter Lösungen bei g-e- wohnlicher Temperatur.

Krystallsystem triklinisch.

Beobachtete Formen : 100, 010, 001, HO, 110, 011.

berechnet beobachtet

100 .

110 45030'

45010

110 .

010 23^16'

230I6

100 .

010 = 68<>46'

68046'

010 .

110 = 32037'

82087

110 .

ilO = 78^43'

78010

100 .

001 = 86<'45'

86045

101 .

001 = 63^15'

63015

101 .

100 30*0'

010 .

001 = 84«8'

110 .

001 84022'

110 .

001 = 85048'

85043

Die beim langsamen Verdunsten wasseriger Lösungen erhaltenen Krystalle sind tafelförmig durch Vorherrschen der Flachen {010}, welche letztere jedoch besonders bei dicke- ren Krystallen. stark abgerundet sind. Die Krystalle sind sehr vollkommen spaltbar nach der Fläche {lOO}, weniger gut nach {001}.

Das Salz ist in Alkohol unlöslich.

1. 0,2107 arm, gaben 0,1221 CO, und 0,1012 H,0.

2. 0,3094 Grm. gaben 47,9 CC. Stickstoff bei 16,40 nnd 749,8 MM.

Berechnet füi- (NH^O), C8HJO4 Geftinden

2N 28 17,95 17,76

8H 8 5,18 5,34

2C 24 15,38 15,80

6 0 96 61,54

156 100,00.

ttnd Salzsäure auf Salpetersäure-Aethyläther. 233

Weinsaures Eydroxylamm ^ (NH30)2 C4H6O«. Die Lösung erstarrt beim Verdunsten über Schwefelsaure zu einer faserigen Krystallmasse , welche von einer rotben Mutterlauge durch Abpressen zwischen Fliefspapier befreit wurde. Die Krystalle lösen sich schwierig in 95 procent. Wein- geist, indem sie zuerst unter demselben schmelzen. Beim Erkalten schied sich ein Theil in Oeltropfen ab, die allmalig erstarrten; ein anderer Theil krystallisirte in sehr dünnen perlmuttergUnzenden Blattern. Die letzteren wurden ana- lysirt.

1. 0,3443 Grm. gaben 0,2868 COg und 0,1812 H,0.

2. 0,3832 Grm. gaben 44 CG. Stickfitoff bei 12<> und 759 MM.

Berechnet für (NEgO), C4HeOa Gefunden

2N

28

12,96

13,60

12 H

12

5,66

5,85

4C

48

22,22

22,68

80

128

59,26

216 100,00.

Pikrinsaures Bydroxylamin ^ NH3O C6H8(NO«)30. Ist in Wasser und in Alkohol mit tief gelbrother Färbung leicht löslich 9 und krystallisirt aus diesen Lösungen nicht in wohl- ausgebildeten Krystallen; beim langsamen Verdunsten schei- den sich goldgelbe kugelige Aggregate von faseriger Struc- tur ab; dampft man die Lösung auf dem Wasserbad ein, so schmilzt das Salz, beginnt beim Erkalten auch zuweilen besser ausgebildete Prismen abzusetzen , verwandet sich aber dann plötzlich wieder in eine kugelige aufgeblähte ferystallinische Masse; zuweilen erstarrt das geschmolzene Salz auch zu einem braunrothen Kuchen von krystallinischem Gefüge. Es ist auch in Aether und Benzol etwas löslich und krystalli- sirt beim Verdunsten dieser Lösungen in Nadeln.

0,5832 Gnn. gaben 0,5560 CO, und 0,0132 H,0.

Kotaen, über die Emxoirlcung von Zinn

BerwJmBt für MH,0 C,H,(NO,),0 4N m 21,37

362 100,00.

CyaiiwasserstoSsäure vereinig! sich mit Hydroxylamin zu einem gut krystallisirten Körper von der Zusammensetzung det; cyanwassersloffsauren Hydroxylamins , der indefs weder die Reaolionen des Hydroxylamins, noch diejenigen der Cyan- wasseislüirsäure zeigt. Er ist eine dem Harnstoff isomere Base (— Hydrocyanhydroxylamin? ), und verbindet sich iiiil Süiiren zu gut krystallisirenden Salzen. Ich hoffe, über A'wsna Körper und seine ümsetzungsproducte in einer beson- deren Arlieit bald zn berichten.

Cyünsnares Kalium setzt sich mit Hydroxyiaminsalzen unter leblisfter ErwäriDong um. Herr Stud. Dresler hat unter den Umsetzungsproducleii Hydroxylharnstoff NiH^COt gefunden, der indessen schwierig zu erhalten ist.

Lösungen des Hydroxylamins können leicht dargestellt werden; eine wässerige Lösung erhält man durch Zerlegung des Sulfais mit der erforderlichen Menge Baryumhydrat, eine alkoliolischü durch Zerlegung des in möglichst wenig Wasser gelösten Sulfats oder des in Alkohol gelösten Nitrats durch alkohulisclie Kalilauge. Aach kohlensaure Alkalien scheiden direcl Hydroxylamin untn Kohlensäureentwickelung ab. Die Lösunt>en des Hydroxylamins hinterlassen beim Verdunsten keinen HückMand. Setzt man zu einem Hydroxylaminsdi einen Ueberschufs von mäfsig ooncentrirter Kali- oder Natronlauge, so wird das freiwerdende Hydroxylamin zer- setzt. Ich habe einen Versuch gemacht, die ganz conceu- trirte Lösung des Balzsauren Salzes durch Magnesia za zer- legen, um durch das entstehende Chlormagnesium das Wasser zu bindet! und so die Base vielleicht in wasserfreiem Zustand

und Salzsäure auf Salpetersäure-Aethyläther. 235

zu erhahen; bei gewöhnlicher Temperatur fand keine Ein- wirkung statt, beim Erwärmen dagegen sturmische Gas- und Ammoniakentwickelung. Die Lösung des Hydroxylamins ist geruchlos, reagirt alkalisch; bei alkoholischen Lösungen wurde die Beobachtung gemacht, dafs sie die Haut schmerz- haft reizen und röthen. Bei der Destillation der wasserigen Lösung geht ein Theil der Base unzersetzt mit den Wasser- dampfen über, ein anderer Theil wird unter Bildung von Ammoniak zersetzt. Die Lösung des Hydroxylamins föllt nicht die Lösungen der Baryum-, Strontium-, Calcium- und Hagnesiumsalze; sie erzeugt in den Lösungen von Zinksulfat, Nickelsulfat, Bleiacetat, Eisenchlorid, Alaun und Chromalaun Niederschläge, die im Ueberschufs des Hydroxylamins unlös- lich sind ; der in Kobaltlösungen entstehende schmutzig pfirsichfarbene Niederschlag löst sich dagegen im Ueber- schufs 'wenigstens theilweise wieder auf. Allen diesen Salzen gegenüber verhält das Hydroxylamin sich demnach einfach als stärkere Base. Anders und sehr characteristisch dagegen ist das Verhalten gegenüber den Lösungen einiger leicht reducirbaren Metalle. Setzt man Hydroxylaminlösung zu einer wässerigen Lösung von Kupfervitriol, so entsteht ein schön grasgrüner Niederschlag, der bei weiterem Zusatz leicht schmutzig kupferfarben wird. Ein Ueberschufs von Hydroxylaminlösung dagegen löst den Niederschlag ohne merk- liche Gasentwickelung zu einer vollkommen farblosen Flüssigkeit. Tritt die Luft zu dieser Lösung, so scheidet sich an der Oberfläche wieder ein schmutzig braungrüner Niederschlag ab, der sich bei Umschütteln oder ganz gelindem Erwärmen wieder auflöst, so lange überschüssiges Hydroxylamin vor- handen isU Wird die Lösung erhitzt , so tritt Gasentwicke- luDg ein. Setzt man zu der farblosen Lösung einen Tropfen Kalilauge oder Barytwasser, so fällt ein orangegelber Nieder-^ schlag, wohl Kupferoxydulhydrat. Ammoniakalische Kupfer-

236 Zossen^ über die Etnwtrkunff von Zinn

lösung wird durch Hydroxylamin entfärbt; aach ans der so erhaltenen Lösung scheidet Kalilauge den gelben Nieder-* schlag ab, jedoch augenscheinlich schwieriger als aus der ammoniakfreien Lösung. Eine weingeistige Hydroxylamin-' lösung fallt ans der Lösung von Kupfervitriol ebenfalls zuerst den grasgrünen Niederschlag; in derselben ist er 'etwas weniger veränderlich, wird leicht pulverig, ist aber meisl verunreinigt durch mitgefällten Kupfervitriol. Ein grofser Ueberschufs von weingeistiger Hydroxylaminlösung fuhrt den grünen Niederschlag in einen dunkel lasurblauen über, der aber beim Trocknen über Schwefelsäure wieder grün wird. Kocht man diese Niederschläge mit Wasser, so wird unter Gasentwickelung Kupferoxydul gebildet. Setzt man Hydroxyl- aminlösung zu einer Lösung von Quecksilberchlorid, so ent» steht ein Niederschlag, der einen Moment lang gelblich ist, sich aber sofort in weifses Quecksilberchlorür verwandelt. Ein Ueberschufs führt letzteres in metallisches Quecksilber über, indem zugleich Gas entwickelt wird. In der Lösung von Silbernitrat entsteht durch Hydroxylaminlösung zuerst ein schwarzer Niederschlags der sodann unter heftiger Gas- entwickelung zu metallischem Silber wird. Neutrales chrom- saures Kalium wird in der Kälte nicht verändert; beim Er- wärmen färbt die Lösung sich dunkel; Zusatz von wenig Schwefelsäure bewirkt lebhafte Gasentwickelung und Ab- scheidung eines braunen Niederschlags, der sich in mehr Schwefelsäure mit der dunkelen Färbung theilweise redn- cirter Chromsäurelösungen wieder auflöst. Ich habe noch keine dieser Reactionen so weit verfolgt, dafs ich über die stattGndenden Vorgänge genauere Mittheilung machen könnte. Bei manchen, namentlich bei denen, die von lebhafter Gas- entwickelung begleitet sind, scheint das Hydroxylamin voll- ständig zerstört zu werden, unter Bildung von Stickstofl' oder

und Balzsäure auf Salpetersäure- Aeiht/läther, 237

Stickoxydul. Bei anderen lassen sich dagegen gut charac- terisirte Umsetzungsproducte erhallen.

Wird die Lösung eines Hydroxylaminsalzes mit concen- irirter Kali- oder Natronlauge übersättigt, so entwickelt sich reichlich Stickstoff und gleichzeitig Ammoniak. Ich habe in meiner früheren Mittheilung die Ansicht ausgesprochen, diese Zersetzung finde wesentlich nach der Gleichung :

3NH,0 = N, + NH, + 8H,0

Statt. Es mufsten nach dieser Gleichung Vs des Stickstoffs als Stickstoff, Vs ttls Ammoniak entwickelt werden. Eine genaue Bestimmung des entwickelten Ammoniaks zeigt in- dessen, dafs die obige Gleichung nicht in aller Strenge richtig ist; es wird nämlich stets etwas mehr als Vs vom ganzen Stickstoffgehalt als Ammoniak entwickelt. Die Bestimmungen wurden in der Art ausgeführt, dafs das durch Kochen der alkalischen Lösung entwickelte Ammoniak in Salzsäure auf- gefangen, diese sodann auf dem Wasserbad vollständig zur Trockne verdampft und das Chlor im ruckständigen Salmiak als Chlorsilber bestimmt wurde.

1,4318 Grm. ealzsaures Hydroxjlamin gaben 1,1329 AgCl, ent- sprechend 7,72 pC. N oder 38,33 pC. vom ganzen Stickstoflf- gebalt

1,3444 Grm. schwefelsaures Hydroxylamin gaben 0,9226 AgCl, ent- sprechend 6,69 pC. N oder 39,19 pC. vom ganzen Stickstoff- gehalt.

1,533 Grm. phosphorsaures Hydroxylamin gaben 1,1974 AgCl, ent- sprechend 7,62 pC. N oder 35,74 pC. vom ganzen Stickstoff- gehalt

Unzersetztes Hydroxylamin destiUirt aus einer mit überschüs- sigem Kaliumhydrat versetzten Lösung nicht ab. Das Gas, welches sich entwickelt, hat im Allgemeinen die Eigenschaften des Stickgases; liest man dasselbe über Wasser ab, so be- merkt man nach einiger Zeit eine sehr merkliche Verminde- rung des Volums, weit bedeutender als sie bei reinem Stick- stoff stattfindet. So nahmen z. B. 285 CG. des vorher durch

238 Losserij über die Einwirkung von Zinn

Schwefelsäure geleiteten Gases in einem Ta(fe um etwa 80 CC. ) ab; ohne dafs Temperatur und Druck sich wesentlich ander- } ten. Diers deutet auf Beimischung eines anderen, von Wasser ) leichter absorbirbaren Gases , vermuthlich Stickoxydul, denn Stickoxyd lafst sich nicht nachweisen. Wenn die Haupl- menge des Hydroxylamins nach der obigen Gleichung, ein kleinerer Theil nach der Gleichung :

4NH,0 = NgO + 2 NHa + 3 H,0

zersetzt wird, so mufs etwas mehr als Vs des Stickstoffge- halts in Form von Ammoniak entwickelt werden, wie die Versuche es ergeben haben.

Ein sehr scharfes Reagens zur Nachweisung des Hydro- xylamins ist Kali- oder Natronlauge, die mit ein wenig Kupferiösung versetzt ist; in starker käuflicher Lauge lost sich stets ein wenig des gefällten Kupferoxyds auf. Setzt man zu dieser Lösung nur eine Spur eines Hydroxylamin- Salzes, so entsteht sofort der gelbe Kupferoxydulniederschlag. Mit 1 bis 2 CC. einer Lösung von 1 Theil salzsaurem Hydro- xylamin in 10000 Theilen Wasser läfst sich diese Reaction noch deutlich wahrnehmbar hervorbringen.

Base NC4H11O.

Oben wurde die Gewinnung der organischen Verbindun- gen, die durch Reduction des Salpetersäureäthers entstehen, und zwar bis zur Abscheidung derselben in Form von Oxa- laten beschrieben. Die weitere Trennung der letzteren geschah durch Umkrystallisiren aus Wasser und mechanisches Auslesen der verschiedenen Krystalle. Beim Verdunsten der wässerigen Lösung krystallisirten zuerst sternförmig vereinigte Prismen, gemischt mit gröfseren rhombischen Tafeln. Ist die Lösung nicht ganz farblos, so sind die erstgenannten Krystalle etwas gelblich gefärbt, während die rhombischen Tafeln vollkommen farblos sind; letztere enthalten Krystallwasser, erstere nicht.

und Salzsäure auf Salpetersäure- Aethi/läther» 239

Bei weiterem Verdunsten der Lösung bilden sich neue Quan- titäten der sternförmig vereinigten Prismen; die letzten Mutter- laugen enthalten noch ein in dünnen Blättchen ahschiefsendes, in Wasser sehr leicht lösliches Salz. Dieses letztere und die krystallwasserhaltigen rhombischen Tafeln habe ich nicht untersucht, da deren Quantität zu einer eingehenderen Untersuchung nicht ausreichte. Die sternförmig vereinigten Prismen, welche durch Umkrystallisiren leicht rein zu er- halten sind, haben die Zusammensetzung NC4H11O, C2H2O4, sind also das saure Oxalat der Base NC4H11O. In käuf- lichem absolutem Alkohol löst sich das Salz beim Kochen schwierig, und krystallisirt daraus beim Erkalten in kleinen Nadeln. Im Wasser löst das Salz sich leicht und krystallisirt gereinigt in schönen, glänzenden, linealförmigen Prismen, die aber stets zu sternförmigen Häufchen vereinigt sind. Bei 100 bis 110^ erfährt dasselbe keinen Gewichtsverlust; auch keines der im Folgenden beschriebenen Salze nimmt bei 100 bis 110^ an Gewicht ab. In höherer Temperatur schmilzt das Salz und zersetzt sich ohne Schwärzung unter Entwickelung ammoniakalisch rietheoder Dämpfe.

1. 0,2191 Grm. gaben 0,3273 CO, und 0,1432 HgO.

2. 0,1935 GiTQ. gaben 0,2867 COg und 0,1302 H,0.

3. 0,2464 Grm. gaben 17,4 CC. Stickstoff, feucht gemessen, bei

12,7« und 766,5<>.

Berechnet für NC4H11O 0,11,04 Gefunden

l.u. 3.

2.

IN

14

7,82

8,43

6C

72

40,22

40,74

40,41

13 H

13

7,26

7,26

7,48

50

80

44,70

179 100,00.

Ein Drittel des Kohlenstoffs oder 13^41 pC. sind als Oxalsäure vorhanden , wie folgende Bestimmungen zeigen.

0,2064 Grm. gaben durch Fällen mit Chlorcalcium und heftiges Glühen des Niederschlags 0,0640 CaO, entsprechend 13,29 pC. C.

0,2942 Grm. gaben 0,0914 CaO, entsprechend 13,32 pG. C.

2N

28

10,46

IOC

120

44,78

24 H

24

8,95

60

96

35,82

240 Lossen, über die Einwirkung von Zinn

Neutrales Oxalat (NCaHuO)« dtiiO^. Leicht zu er- hallen aus dem sauren Salz durch Ausfällen der Hälfte der Saure mit Kalkmilch. Krystallisirt aus Wasser in gröfseren, anscheinend schief rhombischen Prismen.

0,2392 Grm. gaben 0,3870 CO, und 0,196 H,0. ^

Berechnet für (NC^HuO), CjHjO* Gefunden

44,12 9,10

. 268 100,00.

Sulfat (NC4H„0)2 SH2O4. Wurde durch Zerlegung des neutralen Oxalats mit Zinksulfat, Abdampfen der Lösung, Auflösen des syrupartigen Rückstandes in absolutem Alkohol und Fällen dieser Lösung durch Aether in sehr zarten dün- nen Krystallblattchen erhalten. Einmal krystallisirt löst das Salz sich in kaltem absolutem Alkohol schwierig, beim Er- wärmen dagegen sehr leicht und krystallisirt beim Erkalten wieder in dünnen Blattchen.

0,2794 Qrm. gaben 0,2362 SBaO«, entsprechend 11,61 pC. Schwefel ; die Formel verlangt 11,59 pC.

Ein Phosphat von der Zusammensetzung (NC4HiiO)s PHs04 wurde erhalten durch Zerlegung des Oxalats mit Kalkmilch und Zusatz der entsprechenden Menge Phosphorsaure. Es waren zwar auf 1 Mol. Phosphorsaure 3 Mol. der Base an- gewendet, 1 Mol. verflüchtigte sich beim Abdampfen der Lösung. Die abgedampfte Lösung erstarrte über Schwefel- säure zu einer Krystallmasse, in welcher einzelne Prismen erkennbar waren. In nahezu absolutem Alkohol löste das Salz sich beim Kochen nur sehr schwierig, krystallisirte beim Erkalten der Lösung in sehr voluminösen zarten Nadeln. Die Analyse geschah wie beim phosphorsauren Hydroxylamin.

0,2013 Grm. gaben 0,0521 PgO«, entsprechend 11,30 pC. P; die Formel verlangt 11,23 pC.

und Salzsäure auf Salpetersäure- Aetkyläther. 241

Chloroplatinat, (NC4HiiOHCl)2 PICI4. - Durch Zerlegrung des Sulfats mit der erforderlichen Menge von Chlorbaryum wurde das Chlorhydrat als Syrup erhalten^ der nicht zum Krystallisiren gebracht werden konnte. Er löste sich voll- kommen in absolutem Alkohol und wurde aus dieser Lösung durch Aether wieder syrupartig gefällt. .Setzt man zu einer alkoholischen Lösung alkoholisch-ätherische Platinlösung, so entstehen nur in concentrirter Lösung allmälig Krystalle ; ver- dänntero Lösungen setzen beim Verdunsten kreuzweise durch- einander gewachsene orangegelbe Blättchen ab, die sich leicht in warmem absolutem Alkohol lösen, eben so in Wasser, und beim freiwilligen Verdunsten der wässerigen Lösung in stumpf zugeschärflen Prismen krystallisiren.

1. 0,2478 Gnn. gaben 0,0823 Pt

2. 0,1787 Orm. gaben 0,0696 Pt.

8. 0,5424 Grm. gaben 22 CG. Stickstoff, feuoht gemessen bei 11<* und l^^im.

Berecbnet für (NCtHiiO . HCl), PtCl« Gefunden

2N

28

4,78

80

96

16,26

24 H

24

4,07

20

82

6,42

IPt

197,4

86,08

6 01

218

83,44

1. u. 8. 2.

4,88

83,21 83,29

Versetzt man die Lösung eines Salzes der Base NC4H11O mit Kalilauge^ so scheidet sich die frei gewordene Base nicht aus der Lösung ab. Schuttelt man die übersättigte Lösung mit Aether, so nimmt dieser die Base auf und hinterläfst die- selbe beim Verdunsten über Schwefelsäure als zähflüssigen, stark alkalisch reagirenden, mild schmeckenden Syrop, der sich leicht in Wasser und Alkohol löst. Mit Wasserdämpfen ist die Base flüchtig , aber nur schwierig; eine Lösung von etwa 0,3 Grm. der Base in 100 bis 150 CG. Wasser wurde

AaaaL d. ObMo. u. PhArm. VI. SnDDlemttntbd. fi. HafL 46

242 Losserij über die Einwirkung van Zinn

bis fast zur Trockne destillirt, dann nochmals mit der gleichen Quantität Wasser verdünnt und wieder fast zur Trockne verdunstet. Die nicht destillirte Flüssigkeit enthielt noch etwa die Hälfte der 0,3 Grm. Base, aus dem Destillat wurde nach Uebersättigen mit Salzsaure und Abdampfen der Lösung durch Platinchlorid das Chloroplatinat erhalten; die oben mit- getheiite zweite Platinbestimmung bezieht sich auf ein Platin- salz, welches aus der mit Wasser uberdestillirten Base dar- gestellt war. Die wasserige Lösung der Base fallt aus den Lösungen von Eisenchiorid, Bieiacetat, Chromalaun und Kobaltnitrat Niederschläge, die im Ueberschufs unlöslich sind. In der Lösung von Kupfervitriol entsteht ein blauweifser Niederschlag, der im Ueberschufs mit blauvioletter Farbe löslich ist; die blaue Lösung ändert sich nicht beim Erhitzen, auch nicht, wenn etwas Kalilauge zugesetzt wurde. In einer Lösung von Quecksilberchlorid entsteht zunächst ein nicht sehr bedeutender Niederschlag, der sich in einem Ueber- schufs der Base sehr leicht auflöst; kocht man die klare Lösung , so fällt ein sehr dicker flockiger Niederschlag, kocht man die Lösung mit Kalilauge, so findet Reduction des Quecksilbers statt. In einer Lösung von salpetersaurem Silber erzeugt eine Lösung der Base einen weifsen Nieder- schlag, der im Ueberschufs löslich ist; die Lösung ändert sich beim Kochen für sich nicht; beim Kochen mit Kalilauge tritt dagegen Reduction des Silbersalzes ein.

Wenn man die mitgetheilten Eigenschaften der Base NC4H11O berücksichtigt, so ist leicht ersichtlich, dafs der oben mitgetheilte Weg , welcher zu ihrer Auffindung führte, durch eine weit einfachere Darstellungsmethode zu ersetzen sein wird.

Zur Beantwortung der Frage, welche rationelle Formel der Base NC4H11O zukomme, stehen einstweilen nur die Er-

und Salzsäure auf Salpetersäure" Aetht/lätker. 243

fahrungen über die Bildung derselben zu Gebote, und aus diesen läfst sich nur eine Vermuthnng über die chemische* Structur der Base ableiten. Man darf wohl als gewifs an- nehmen, dafs dieselbe ein zweifach-äthylirtes Hydroxylamin ist; allein es bleibt dann noch zweifelhaft, ob sie Aethoxyl^

OC,H^ ^ OH

äthylamin NCgH^ , oder aber Diäthylhydroxylamin NCjHj

H ^tHs

ist. Di€^ Bildung der letzteren Base erscheint unter den Ver- hältnissen, unter welchen die Base gebildet wird, wenig wahrscheinlich. Die Bildung eines Aethoxylathylamins da- gegen wäre leicht erklärlich dui'ch die Annahme, dafs die durch die folgenden Gleichungen ausgedruckten Processe nach einander stattfinden ;

NOCÄ +3H. = nHj^^ +2H,0 Salpetersanreäther Aethoxylamin

2N^^„ = N^a + NCÄ

OCjHs "^ OH

OC,H5

Aethoxylamin Hydroxylamin AethoxyUtthylamin.

Diese Gleichungen enthalten zugleich eine Erklärung der Hydroxylaminbildung, welche abweicht von derjenigen, die 'ich in meiner früheren Mittheilung gegeben habe, und welche durch folgende Gleichungen ausgedrückt wifd :

n8c.h, + H»^ = Not + «AO

Ng|j + 3H, = N^ + 2H,0.

Findet der Vorgang nach diesen letzteren Gleichungen statt, so mufs 1 Mol. Salpetersaureäther 1 Mol. Hydroxyl- amin liefern, während nach den obigen Gleichungen 2 Mol. Salpetersäureäther 1 Mol. Hydroxylamin liefern müssen. Ich habe eine Zeit lang geglaubt, der erst erwähnten Erklärungs- wejise den Vorzug geben zu müssen , und zwar einmal des- halb, weil in der That bei den am Besten gelungenen Ope- rationen nur die Hälfte vom Stickstoff des Salpetersäureathers

16»

244 Loasen, über die Einwirkung von Zinn

in Form von Hydroxylamin erhalten wurde. Ich verweise in dieser Beziehung auf die oben mitgclheilten Bestimmungen der Quantität des salzsauren Hydroxylamins ; der Theorie nach müssen 120 Grm. Salpetersäureälher circa 92 Grm. salzsaures Hydroxylamin Hefern, wenn der ganze StickstoiF- gehalt des Saipetersäureäthers in Hydroxylamin übergeht; der Versuch hat unter bezuglich der Quantität der Salzsäure und des Wassers ziemlich wechselnden Bedingungen er- geben, dafs etwa die Hälfte, circa 46 Grm., oder aber aus 2 Mol. Salpetersaurcäther 1 Mol. Hydroxylamin gebildet wird. Auf der anderen Seite haße ich mehrmals vergeblich ver* sucht, Hydroxylamin aus Salpetersaure zu erhalten; während bei Anwendung von 400 Grm. Zinn, 120 Grm. Salpetersäure- ätber, 1 Liter Salzsäure von 1,19 und 3 Liter Wasser die Reaction unter bedeutender Wärmeentwickelung verläuft, ist die Reaction träge und nicht von einer merklichen Tempe- raturerhöhung begleitet, wenn alle anderen Verhältnisse dieselben bleiben und nur die 120 Grm. Salpetersäureäther durch eine äquivalente Menge Salpetersäure ersetzt werden. Bei der Einwirkung von Zinn und Salzsäure auf Salpeter- Säureäther wird vorzugsweise Zinnchlorid gebildet; der durch Schwefelwasserstoff entstehende Niederschlag ist gelbes Schwefelzinn, mag man auch einen Ueberschufs von Zinn anwenden. Zur Reduction von 120 Grm. Salpetersäureäther zu Hydroxylamin würden 467 Grm. Sn nöthig sein , wenn je 1 At. Zinn (= 119) 2 At. Wasserstoff entwickelte, sich also zu Zinnchlorür löste; es wurden dagegen nur 233 Grm. Zinn erforderlich sein, wenn 1 At. Zinn 4 At. Wasserstoff entwickelte, sich also zu Zinnchlorid löste. Bei den oben mitgetheilten Versuchen wurden höchstens 280 Grm. Zinn gelöst, und doch war dabei die Zersetzung des Salpetersäure- äthers beinahe vollständig erreicht. Ersetzt man dagegen ceteris paribus den Saipetersäureäther durch Salpetersäure,

und Salzsäure auf Salpeter säur e^Aethyläiher. 245

SO wird wesentlich Zinnchlorür gebildet; das niederfallende Schwefelzinn ist braunes Schwefelzinn, selbstverständlich, wenn die Concentration der Salpetersäure und Salzsäure enthaltenden Beductionsmischung nicht zu grofs ist. Es verläuft demnach die Beaction von Zinn, Salzsäure und Salpctcrsäureälher etwas an- ders, als die Beaction von Zinn, Salzsäure und Salpetersäure. Ver- fährt man ferner bei der letzteren so, dafs die vom Schwefelzinn abfiltrirte Flüssigkeit eingedampft wird, so erhält man gar kein Hydroxylamin. Aus allen diesen Beobachtungen glaubte ich schliefsen zu können, dafs aus Salpetersäure durch Zinn und Salzsäure überhaupt kein Hydroxylamin entstehen könne, dafs bei Einwirkung von Zinn und Salzsäure auf Salpetersäure- äther zuerst Aethoxylamin N u^ * gebildet werde , und dann 2 Mol. des letzteren sich umsetzen nach der Gleichung :

Das Hydroxylamin war in einer dieser Gleichung ent- sprechenden Quantität nachzuweisen, vom Aethoxyläthylamin waren freilich nur Spuren zu finden, und es blieb zu unter- suchen, ob ursprünglich gröfsere Quantitäten vorhanden , ob und wie diese weiter zersetzt würden. Allein ein Ver- such, den ich während des Niederschreibens dieser Mitthei- lung noch anstellte, macht es mindestens sehr wahr- scheinlich, dafs dennoch Hydroxylamin aus Salpßtersänre gebildet werden kann. Ich habe mich dabei der oben erwähnten scharfen Beaction einer alkalischen Kupferlösung auf Hydroxylamin bedient , um den Verlauf des Processes genauer zu controliren. Salzsäure , Salpetersäure und Zinn wurden in solchen Quantitäten zusammengebracht, dafs eine mäfsig lebhafte Einwirkung erfolgte. Das unmittelbare Pro- duct der Einwirkung zeigte starke Beduction der alkalischen Kupferlösung. Da übrigens auch Zinnchlorür wenigstens in

246 Lo3sen, über die Einwirkung von Zinn

concentrirteren Lösungen alkalische Kupferlösung redocirt^ so wurde das Zinn durch kohlensaures Natrium ausgefällt; das Filtrat reducirte stark. Eben so reducirt die durch Schwefelwasserstoff vom Zinn befreite Lösung direct stark die alkalische Kupferlösung; dampft man aber diese Lösung- ein, so wird die Hydroxylaminreaction immer schwacher und verschwindet schliefslich ganz, indem sich fortwahrend Gas entwickelt. Es röhrt diefs offenbar daher, dafs bei der Ein- wirkung von Zinn auf verdünnte Salzsaure und Salpetersäure die Salpetersäure nur theilweise reducirt wird; der nichl reducirte Theil bildet beim Abdampfen mit der Salzsäure Königswasser und zerstört das Hydroxylamin. Sättigt man die freie Säure vor dem Abdampfen, so bleibt das Hydroxyl- amin unzersetzt. Eine allzu concentrirte Lösung zu voll- ständiger Reduction der Salpetersäure darf auch nicht ange- wendet werden, weil Zinn und Salzsäure im Ueberschufs das Hydroxylamin zu Ammoniak reduciren. Sehr leicht findet diese Reduction nicht statt; ich habe 1,376 Grm. salzsaures Hydroxylamin mit concentrirter Salzsäure und 7 Grm. Zinn, also mit dreimal so viel als zur vollständigen Reduction nöthig ist, in der Siedehitze behandelt, bis alles Zinn gelöst war, das Zinn durch Schwefelwasserstoff ausgefällt und die Lösung eingedampft. Der Abdampfruckstand enthielt viel Salmiak, aber auch noch unzersetztes Hydroxylamin. Nachdem es aber gelungen ist, aus Salpetersäure Hydroxylamin zu er- halten, ist wenigstens die Annahme nicht mehr zu verwerfen, dafs bei der Reduction des Salpetersäureäthers zuerst Sal- petersäure und Alkohol entstehen. Allein die Quantitäten der Säure, welche dabei frei werden, scheinen auch sofort Reduction 9U erleiden, so dafs man nach Ausfällen des Zinns keine öberschüssige . Königswasser bildende Salpetersäure in Lösung hat. Die Base NC4H11O entsteht natürlich nur aus dem Salpetersäureäther, und die Bildung des Hydroxylamins

r I

und Salzsäure auf Salpetersäure- Aethyläiher, 247

aus Salpetersaure schliefst die Annahme nicht aus, dieselbe sei Aetboxylathylamin und nach der oben gepfebenen Glei- chung entstanden. Ob aber zur Darstellung von Hydroxylamin Salpetersaure vortheilhafter zu verwenden ist als Salpeter- saureäther, darüber müssen weitere Versuche entscheiden, da die Beobachtung, dafs aus Salpetersäure Hydroxylamin gebildet werde, wie bereits bemerkt, erst wahrend des Nie- derschreibens dieser Mittheilung gemacht wurde.

In der Base NC4HnO haben wir eine kohlenstoffhaltige Base aus einer Klasse von Nitroproducten. aus welchen bis- her keine kohlenstoffhaltigen Basen erhalten wurden ; aus einem derjenigen Nitroproducte , die man als Aether der Salpetersäure auffafst, zu welchen beispielsweise Nitroglycerin, Nitroerythrit und Nitromannit gerechnet werden. Es kann sich demnach wohl der Muhe lohnen, die Producte, die bei der Reduction dieser Körper entstehen, nochmals einer ge- nauen Prüfung zu unterwerfen.

Heidelberg, 18. März 1868.

Lieber die bei hoher Temperatur entstehen- den Kohlenwasserstoffe;

von M, Bertkelot*).

Die bei hoher Temperatur entstehenden Kohlenwasser- stoffe bilden sich in Folge der gegenseitigen und directen Einwirkung einfacherer Kohlenwasserstoffe , wie z. B. des ölbildenden Gases, des Acetylens, des Benzins u. g. w. Ich

0 Compt rend. LXVl, 624.

248 Berthelot, über die bei hoher Temperatur

habe dieses allgemeine Resultat daroh sehr deatlich be- weisende Versuche mit den freien Kohlenwasserstoffen fest* gestellt, welche ich je zwei und zwei auf einander einwirken liefs. Ich habe z. B. erkannt, dafs das bis zum Dunkelroth* glühen erhitzte Acetylen sich allmalig zu Benzin umwandelt^ durch das Zusammentreten von 3 Moleculen :

Das Benzin wiederum wirkt sowohl auf das Acetylen als auf das ölbildende Gas ein, um Styrolen zu geben :

Das Styrolen vereinigt sich mit dem Acetylen, um zu- erst Naphtalinhydrur zu bilden, dessen Existenz nur vor* übergehend ist :

und dann das viel stabilere Naphtalin selbst :

Das Naphtalin wirkt auch noch auf freies Acetylen und auf freies Aethylen ein, um Acenaphten zu bilden, den schönsten vielleicht der in dem Steinkohlentheer enthaltenen Kohlenwasserstoffe :

C4H, 4" ^^'«Ä = Ct4H|0.

Und so ins Unbestimmte weiter. Jede dieser Reactionen ist für sich festgestellt worden. Alle gehen, wie ich es wieder- hole, direct und für die Kohlenwasserstoffe im freien Zu- stande vor sich.

Aber wenn dem so ist, wenn die gegenseitigen und directen Einwirkungen der bei hoher Temperatur entstehen^ den Kohlenwasserstoffe mit eben solcher Nothwendigkeit statt- finden, wie die gewöhnlichen Beactionen der Mineralchemie, so geht daraus auch hervor, dafs überall da, wo daa Ace- tylen bei Rothglühhitze entsteht, man dieselbe Reihenfolge von Reactionen erhalten und die methodische Bildung von der Reihe von Kohlenwasserstoffen beobachten mufs, an welche ich eben erinnerte.

entstehenden Kohlentoaaserstoffe. 249

Ich hielt es fär nützlich, diese Schlursfolgerung durch directe Versuche zu bestätigen , angestellt mit den Kohlen- wasserstoffen , welche das Acetylen auf Grund der regel- mflfsigsten Reactionen liefern; ich meine das olbildende Gas oder Aelhylen, welches durch eine einfache Abgabe von Wasserstoff Acetylen giebt :

C4H4 = G4H« -f- Hf,

und das Formen oder Sumpfgas^ welche das Acetylen durch eine regelmäfsige Condensation giebt :

2 C1H4 = C^Hg -p 8 Mg.

I. Ich liefs also reines und trockenes Ölbildendes Gas durch eine rothglahende Porcellanröhre streichen, unter Ver- meidung allzuhoher Steigerung der Temperatur. Leitet man dann das Gas in rauchende Salpetersaure, um den Benzin- dampf absorbiren zu lassen, so braucht man nur einige Liter ölbildendes Gas zu zersetzen, um das Benzin mit aller Be- stimmtheit nachweisen zu können. Zu dem Ende scheidet man das Nitrobenzin mittelst Wasser aus, sammelt es durch Schötteln der Flüssigkeit mit etwas Aether, destillirt in einer kleinen Retorte den Aether ab und setzt dann Eisenfeile und Essigsäure zu. Man destillirt mit Vorsicht , neulralisirt dus Destillat mit etwas Kalk, und kann dann mittelst Chlorkalk die prflchtige blaue Färbung hervorbringen, welche das Anilin characterisirt. Sie tritt mit solcher Intensität auf, wenn man die bei hoher Temperatur entstehenden Producte des ölbildenden Gases diesem Verfahren unterwirft, dafs es hinreichen würde, etwa 100 Cubikcentimeter dieses Gases in der angegebenen Weise zu behandeln, und vielleicht noch weniger, um die Reactionen des Benzins zu erhallen.

Doch glaubte ich den Versuch in einem gröfseren Hafs- stab wiederholen zu sollen ^ um das Benzin selbst zu isoliren und wo möglich auch die anderen Kohlenwasserstoffe, welche die Theorie voraussehen Ufst. Ich liefs die bei der Reaction

250 Berthelot, über die bei hoher Temperatur

resultirenden Gase durch ein U förmiges Rohr streichen, welches erkaltet gehalten wurde und mit einem Recipienten durch eine verticale Tubulatur in Verbindung stand , die an dem mittleren and unteren Theile des U förmigen Rohres angebracht war. Ich habe auf diese Art eine gewisse Menge einer theerartigen Flüssigkeit gesammelt, welche ich dann fractionirten Rectificationen unterworfen habe. Ich habe daraus folgende Körper isolirt :

1) Reines Benzin CisH,}, dessen characteristische Eigen- schaften leicht festzustellen sind.

2) Reines Styrolen CieHs. Ich habe diesen Kohlenwas- serstoff identificirt nach seinem Aggregatzustand, seinem Ge- ruch, seinem Siedepunkt (etwa 145^), der raschen Umwand- lung zu Polymeren, welche er bei Berührung mit Jod und mit Schwefelsaure erleidet , endlich und hauptsächlich durch die Bildung der krystallisirten Jodverbindung, welche das Styrolen giebt, wenn man es mit einer concentrirten wasse- rigen Lösung von Jod und Jodkalium schüttelt und fast so- fort die Flüssigkeit verdünnt. Die, unter dem Mikroscope zu beobachtende, Krystallform dieser Jodverbindung und ihre freiwillige Umwandlung zu Jod und Polystyrolen, innerhalb einiger Stunden , sind aufserst characteristisch ; denn alle diese Eigenschaften zeigt nur das Styrolen und selbst nur das sehr reine Styrolen. Ich habe auf diese Art die Bildung des Styrolens aus ölbildendem Gase constatirt. Bei der an- gegebenen Zersetzung des letzteren ist die Menge des Styro- lens geringer als die des Benzins.

Das Benzin und das Styrolen sind, die einzigen unter- halb 200^ flüchtigen Kohlenwasserstoffe, welche in bemerk- licher Menge entstehen; was eine Bestätigung abgiebt für die Regelmafsigkeit der Beziehungen, welche zwischen dem zersetzten Körper und den Producten der Umwandlung des- selben existiren.

entstehenden Rohlenwasser Stoffe. 251

3) Bei etwa 200^ und höherer Temperatur gehen ver- schiedene Flüssigkeiten über, welche bald zu einer krystal- linischen Masse erstarren. Ich glaube, dafs der fluchtigere Theü dieser Flüssigkeiten aus Naphtalinhydrür besteht, dessen Geruch und Flüssigkeitsgrad er besitzt. Aber ich kenne bis jetzt keine Reaction, welche geeignet wäre, kleine Mengen dieses Kohlenwasserstofl*s nachweisen zu lassen ; die Bildung desselben ist also noch nicht bewiesen. Hingegen lafst sieb leicht feststellen, dafs die in dem flüchtigeren Theile con- densirten Krystalle aus Naphtalin bestehen. Dieser Kohlen- wasserstoff tritt übrigens auch mit seinem gewöhnlichen Aussehen und in seinen gewöhnlichen Formen in dem Vor- stofse auf, durch welchen der Strom des zersetzten Gases hindurchgeht. Ich verweile hierbei- um so weniger, als Magnus bereits vor langer Zeit die Bildung des Naphtalins bei der Zersetzung des ölbildenden Gases beobachtet hat.

IL Ich will jetzt noch die Zersetzung besprechen, welche das Formen oder Sumpfgas bei Rothgluhhitze erleidet. Diese Zersetzung liefert, wie ich bereits vor sieben Jahren constatirt habe, zunächst Acetylen, aber in geringerer Menge als die des ölbildenden Gases. Auch Benzin entsteht, wie man leicht feststellen kann, indem man einige Liter Sumpf- gas durch eine rothglühende Röhre und dann in rau- chende Salpetersaure leitet; ich habe auf diese Art nach einander Nitrobenzin, Anilin und die das letztere characteri- sirende schöne blaue Färbung erhalten. Endlich verdichtet sich auch Naphtalin in dem Vorstofs, mit den diesem Kohlen- wasserstoff gewöhnlich zukommenden Eigenschaften; was in Uebereinstimmung steht mit dem von mir vor mehreren Jahren bezüglich der Zersetzung des Sumpfgases Veröffent- lichten.

Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich : Die Bildung des Acetylens C!4Hj , welches das Endproduct der bei hoher

.. . _ y

252 Luynes tf. EsperandieUj über

Temperatur vor sich gehenden. Zersetzangen ist, hat sar nothwendigen Folge, dafs sich eine gewisse Menge Benzin CisHo durch polymere Condensalion bildet. Aber wenn Benzin und Acetylen bei Rothglühhitze zusammen sind, ist die Bildung von Styrolen CieHg wiederum eine nothwendige Folge ihrer gegenseitigen Einwirkung. Die Bildung des Naphtalins resultirt ihrerseits aus der gegenseitigen Einwir- kung des Acetylens und des Slyrolens oder, in entfernterer Weisc^ des Benzins und des Acetylens.

Diese fast allgemein sich zeigende Bildung des Naphta- lins, welche von so vielen Beobachtern bemerkt wurde , ist von Anfang an wahrgenommen worden, weil dieser Kohlen- wasserstoff krystallisirt und mit sehr characteristischen Eigen- schaften begabt ist; aber sie blieb bisher unerklärt, weil man das nicht weniger allgemeine Auftreten des Benzins und namentlich die Anwesenheit und die directen Einwirkungen des Acetylens nicht erkannt hätte, welches letzlere der fun- damentale Erzeuger der bei hoher Temperatur entstehenden Kohlenwasserstoffe ist

üeber pyrogallussaures Ammoniak; von V. de Luynes und G. Esperandieu*).

Pyrogallussaures Ammoniak lafst sich im krystallisirten Zustand in der Art erhalten , dafs man Pyrogallussiure in Aether löst und die Flüssigkeit mit Ammoniakgas sättigt. Es scheidet sich ein weifses, sehr deutlich krystallisirtes Salz

*) Ann. ohim. phyB. [4] XU, 120.

pyrogallussaurea Ammoniak, 253

aus, welches eine bestimmte Verbindung von Pyrogallnssäure and Ammoniak ist. Es ergab in drei Bestimmungen 11;80; 11,80 und 12,00 pC. Ammoniak; nach der Formel CxkHoOuNHs berechnen sich 11,88 pC.

üeber die directe Umwandlung des Aethylen-

chlorojodids zu Glycol;

von Maxwell Simpson*).

Vor einigen Jahren **) entdeckte ich eine Verbindung yon

{CI j , welche ich als Aethylen-

chlorojodid bezeichnete. Ich habe mit diesem Körper sehr viele Versuche angestellt, in der Hoffnung, dafs es mir ge- lingen möge, unter Beibehaltung des einen der halogenen Elemente in der Verbindung das andere gegen ein mono- valentes Radical, wie Hydroxyl, Cyan o. a., auszuwechseln. Alle diese Versuche haben nicht zu dem gewünschten Re- sultate gefuhrt. Ich habe gefunden, dafs die beiden halo- genen Elemente in jener Verbindung stets in Gemeinschafk wirken, so dafs es unmöglich ist, das eine von ihnen durch ein Radical zu ersetzen, ohne dafs die Ersetzung sich auch auf das andere erstreckt. Einen dieser Versuche will ich hier beschreiben, da er ein bestimmtes Resultat ergab.

In der Hoffnung, einen gechlorten Alkohol entstehen zu lassen, erhitzte ich i Mol. Aethylenchlorojodid mit 1 Hol.

*) Philosophical Magazine [4] XXXV, 282. **) VgL Ann. Ghem. Phamu GXXVn, 872.

r '

r

354 StinpsoTif üher die directe Umwandlung

feuchtem Silberoxyd, wobei ich erwartete, dafs die Einwir- kung gemäfs der Gleichung : ^

0,H/']^^. + ^^|o = GÄCl. OH + AgJ

vor sich gehen werde. Meine Erwartung bestätigte sich jedoch nicht. Anstatt eines gechlorten Alkohols erhielt ich Aethylglycol als das Product der Einwirkung, indem beide halogene Elemente durch Hydroxyl ersetzt wurden :

Glycol.

Der Versuch wurde in folgender Art angestellt. In einen starken Glaskolben mit langem Halse brachte ich 1 Mol. Aethylenchlorojodid und 1 Mol. feuchtes Silberoxyd. Der Kolben wurde dann zugeschmolzen und 24 Stunden lang einer zwischen 160 und 200^ wechselnden Temperatur aus- gesetzt. Machher wurde der Kolben geöffnet und der Inhalt desselben filtrirt. Das Filtrat, welches vollkommen klar und farblos war , wurde der Destillation unterworfen. Sobald das Wasser übergegangen war, stieg das Thermometer rasch auf 180^ und zwischen dieser Temperatur und 220" C. ging eine beträchtliche Menge einer syrupdicken Flüssigkeit über, welche ich an folgenden Eigenschaften als Glycol erkannte : Sie besafs einen süfsen Geschmack ^ war löslich in Wasser, siedete zwischen 195 und 200^, und gab bei Behandlung mit Jodwasserstofl*säure Aethylenjodid. Dieselben Resul- tate wurden erhalten , als 1 Mol. Aethylenchlorojodid der Einwirkung von 2 Mol. Silberoxydhydrat unterworfen wurde.

Bei der Destillation des Productes der eben besproche- nen Reaction bemerkte ich , dafs nach dem Wasser eine kleine Menge ChlorwasserstofTsäure überging. Das Auftreten dieser Säure konnte ich mir nur durch die Annahme er- klären, dafs das Aethylenchlorojodid das anwesende Wasser eben so wohl als das Silberoxyd (von welchen nur 1 Mol.

des Aethylenchlorojodida zu OlycoL 255

zugegen war) zersetze, und dafs bei beiden Einwirkungen dasselbe Product entstehe. Folgende Gleichungen machen diefs verständlich :

G,H/'{^' + 2]^jO = €,H/'{^]^ + HCl + HJ.

Um hierüber ins Reine zu kommen, erhitzte ich 1 Ge- wichtstheil Aethylenchlorojodid mit 5 Theilen Wasser in einer zugeschmolzenen Röhre auf eine zwischen 160. und 220^0. wechselnde Temperatur, bis die ganze Menge der ersteren Verbindung verschwunden war. Die Röhre wurde dann geöffnet und das Product (welches Chlorwasserstoff- und Jodwasserstoffsäure enthielt und durch etwas freies Jod gefärbt war) mittelst verdünnter Kalilösung neutralisirt. Bei der Destillation erhielt ich , wie vorher , eine syrupartige Flüssigkeit, welche zwischen 180 und 220^* C. überging und alle Eigenschaften des Glycols besafs. Die erhaltene Menge war gering, da ein Theil des Glycols durch die bei der Reaction entstandene Jodwasserstoffsäure zu Aethylenjodid umgewandelt worden war.

Notiz über das Hydracetamid von Schiff;

von A. Strecker,

Die kürzlich von Schiff*) als Hydracetamid beschrie- bene Base G6H18N2 habe ich schon vor 12 Jahren in der scandinavischen Naturforscherversammlung in Christiania

'') Ann. Chem. Pharm. SuppL VI, 1.

1

256 Strecker, Notiz über das Bydracetamid von Schiff.

(1856) als Aldehydin characterisirt. Aus dem ofBciellen Bericht *) S. 272 entnehme ich folgenden Auszug meines Vortrags :

Wenn Aldehydammoniak in Berührung mit wenig Was- ser, Alkohol oder Aether stehen bleibt, zerfliefst es zn einer braunen syrupartigen Flüssigkeit. Dieses ist eine neue Base von der Zusammensetzung CisHisN^, welche man Alde- hydin nennen kann und deren Bildung durch die Gleichung :

3 {C4H4O, . NH,) =: C„Hi^, + 6 HO + NH.

sich erklärt.

Aldehydin ist in Wasser und Alkohol leicht löslich, in Aether unlöslich, von alkalischer Reaction. Es vereinig! sich mit Sauren zu neutralen, unkrystallinischen Salzen. Mit Plalinchlorid giebt es einen amorphen Niederschlag von der Formel C^HuN, . HCl + PtCl«.

Tübingen, 24. Juni 1868.

*) Forhandl. Ted de skaadinavske Natarfotskeres sjnrende Mode i Christiama.

▲oBgeg^ben am 8. Angaat 1868.

ANNALEN

DER

CHEMIE UND PHARMACIE.

VI. Supplementbandes drittes Heft

üeber die Verbindungen des Phosphors;

von H. Wichelhaus.

Die nachfolgende Untersuchung hat den Zweck, die Un- nöthigkeit der Annahme, dafs die Atome des Phosphors in manchen ihrer Verbindungen anders, als dreiwerthig, seien, darzuthun; sie berührt somit die allgemeine Frage, ob man die Valenzgröfse der Atome constant oder wechselnd anzu- nehmen habe.

Es sei mir gestattet, vorher mit wenig Worten zu er- örtern, in wie weit diese Frage eine offene zu nennen ist.

Gebraucht man ^Valenz^ als kürzeres Wort an Stelle des von A. W.Hof mann*) eingeführten „Quantivalenz^ in demselben Sinne, so ist es zunächst klar, dafs zur Bestim- mung der relativen Gröfse dieser ^atomfesselnden Kraft^ nur diejenigen Verbindungen dienen können, welche ein Molecul reprasentiren.

Weiter wird wohl aligemein zugegeben werden, dafs, wenn nicht die einzig mafsgebenden, so doch die sichersten Schlüsse auf die Molecularconstitution der chemischenVerbindungen unter Annahme der Avogadro'schen Hypothese**) aus ihrer

*) Modem chemistry (London 1865), S. 169. **) Siehe L. Meyer, moderne Theorieen der Chemie, S. 20 ff.

AnnAl. a. Gham. n. Pharm. VI. annolflmAntbd. 3. Hflft. 17

258 Wichelkaus, über die Verhindungen

relativen Raumerföllang im Gas«- oder Dampfzustände gezogen werden, und dafs es daher einer ganz besonderen Begrün- dung bedarf, wenn man solche Körper zur Ableitung der Valenzgröfse eines ihrer conslituirenden Atome benutzt, die sich im Dampfzustande als je zwei oder mehr verschiedene Holecule darstellen.

Erkennt man daher zunächst nur diejenigen Verbindan- gen als mafsgebend an , welche unzweifelhaft auf Grand der Dampfdichte einheitliche Molecule reprasentiren, so fehlt zur Entscheidung der Frage, welches die Valenz der Atome sei, nicht viel.

Die Atome des N z. B. sind von diesem Standpunkte in allen ihren Verbindungen dreiwerlhig *) ; mit derselben Folge- richtigkeit im Stickoxyd und im Salmiak, wie im Ammoniak selbst.

In Betreff des Stickoxyds mag es. dann wohl ials abge- kürzte Ausdrucksweise gelten , wenn man sagt : „Der Stick- stoff ist in dieser Verbindung zweiwerthig^ anstatt : „die Atome des Stickstoffs geben nur zwei ihrer Valenzen zu er- kennen^ ; dafs dieselben aber in der That noch eine dritte besitzen, geht mit Sicherheit daraus hervor, dafs das Stick- oxyd ohne Austausch und ohne sein Volumen- im Gaszustände zu verändern ein einzelnes, einwertbiges Atom (Gl) aufnimmt ein Fall, der einzig **) dasteht .und als dio unzweideu- tigste Hanifestirung einer freien Valenz hervorgehoben zu werden verdient.

*) Die Valenz der H -Atome als Einheit genommen.

^'^) Audi Eohlenozyd nimmt ein einzelnes Atoin (0) ohne Verftnderang in den Bestand seines Molcculs auf; da aber dieses Atom zwei- werthig ist, so ist der Fall, wie man leicht sieht, nicht so bewei- send, wie dor des Stickoxyds.

des Phasphgre. 25&

Beim Salmiak ist es schon in keinem Sinne mehr ein blofser Wortstreit, der sich darum dreht, ob die Sticks.loiiatome in demselben drei- oder funfwerthig za nennen seien.

Denn die letztere Bezeichnnng schliefst die Annahme in sich, dafs bei der Vereinigung von NHs und HCl das Stick- stoffatom des ersteren Molecub Anziebungskräfle auf die Atome des andern aufsere, die hinreichen, dessen Zusammen- hall zu zerreifsen , so dafs die einzelnen Atome H und Cl an Stickstoff gebunden werden, wie die bereits vorher da^u gehörigen 3 H.

Da nun die durch die empirische Formel NH4CI bezeichnete Gewichtsmenge Salmiak durch ihre Raumerfüllung im Dampf- zustände andeutet, dafs sie eine doppelt so grofse Anzahl von Moleculen umfafst, wie oder NHs 9 so ist die erwähnte Annahme und Bezeichnung für das Sticksloffatom in gas- oder dampfförmigen Verbindungen unhaltbar; so lange man also seine Schlüsse vorzugsweise aus den Beobachtungen ableitet, die der Dampfzustand gestattet, bleibt als atomisti- sehe Molecularformiel des Salmiaks NHs, HCl als die einzig richtige und damit die Dreiwerthigkeit der darin enthaltenen N-Atome bestehen.

Nur unter den Phosphorverbindungen giebt es solche, die nachgewiesenermafsen nur ein Molecul darstellen und dennoch Veranlassung zur Annahme euier anderen Valenz geben könnten, als die aus den einfachsten Verbindungen (PClt und PH«) abgeleitete ist, weil sie neben dem Phosphor mehr als drei andere Atome oder Gruppen enthalten.

Solche Verbindungen sind Phosphoroxychlorid und Tri- äthylphosphinoxyd, sowie deren Analoge; sie enthalten aufser dem Phosphor noch andere mehrwerthige Elemente (0 oder S), lassen in Folge dessen verschiedene Auffassungen zu und haben zum Theil bereits rationelle Formeln erhalten, welche

17»

260 W%chelhau$f über die Verbindungen

die darin enthaltenen Phosphoratome als dreiwerthig fest- halten *).

Die Frage, welche Annahme hier die richtige sei, wird also zu einer Frage nach der Constitution dieser Körper : sie hat sich experimentell entscheiden lassen, und zwar zu Gunsten der Trivalenz des Phosphors.

Eben so wird es wohl gelingen ^ etwaige Zweifel in Betreff der Constitution ähnlicher Verbindungen anderer Ele- mente zu heben, und es dürfte dann der Satz allgemeine An- nahme finden, dafs in den auf Qrund ihrer Dampfdichte unzweifelhaft aus einheitlichen Moleculen besiehenden Kör'^ pem die Valenz der Atome eine constante Oröfse ist.

Wenn man nun weiter , diesen Boden verlassend, solche Verbindungen in die Betrachtung einfuhrt, deren Molecnlar- gröfse zum Mindesten zweifelhaft ist, so erhält diese Gesetz- mäfsigkeit allerdings zunächst den Anschein der Zufälligkeit.

Aber selbst in dem Falle, dafs z. B. der Salmiak und der s. g. Fünffach - Chlorphosphor im festen Zustande anders constituirt sind, als sie sich im dampfförmigen darstellen, selbst wenn diese Körper in dem ersteren Zustande dennoch einheitliche Molecule reprasentiren , obwohl ihre Dampfdichte dagegen spricht, enthalt der obige Satz eine Wahrheit, die sich in folgender Form aussprechen läfst :

Als unabhängig von den Aggregatzuständen ergiebt sich nur eine einzige constante Valenz der Atome,

Hält man dann die Valenz der H- Atome als Einheit fest, so sind in diesem Sinne diejenigen des 0, S u. s. w. unabänderlich tweiwerthig^ des N, P, As u. s. w. dreiwerthig und die des C, Si vierwerthig.

^) Keknld, Lehrbuch der org. Chemie I, 444.

des Phosphors^ 261

Diefs zugegeben^ wäre es doch wohl richtiger, die ad- ditioneilen Kräfte , die in keiner gasförmigen Verbindung sich kund thun, die aber nach der Ansicht vieler bedeutender Chemiker den Atomen des N z. B. beim Uebergange ihrer Verbindungen in den festen Zustand erwachsen und bei der Verwandlung in Dampf wieder verloren gehen , mit einem besonderen Namen zu belegen, denn sie sind jedenfalls ver- schieden von der Valenz, die im Gas- oder Dampfzustände ungemindert bestehen kann.

Wenn man sich ferner fragt, welcher Art diese Kräfte, deren Wirkung im gas- oder dampfförmigen Zustande auf- gehoben ist, seien, so dürfte wohl die Vorstellung, die man sich von dem Wesen des Unterschiedes der Aggregatzustände machen darf, unmittelbar darauf hinführen, dieselben für moleculare zu erklaren.

Dazu kommt, dafs die entgegengesetzte Annahme, nach welcher die dem Salmiak und Phosphorsuperchlorid entspre- chenden Körper im festen Zustande atomistisch anders con- stituirt sind, als im dampfförmigen, bis heute jeder stich- haltigen Begründung entbehrt Denn die Ansicht von Wurtz*), dafs die Dämpfe dieser Körper in demselben Sinne abnorm zu nennen seien , wie die des Bromwasser- stoffamylens bei Temperaturen über 360^, läfst sich, wie C a h 0 u r s durch neue Versuche gezeigt hat *^) , nicht halten, weil für die erwähnten Verbindungen die ent- sprechende normale Dampfdichte fehlt, welche das Bromamyl bei 40 bis 60^ oberhalb seines Siedepunktes zeigt.

Während daher die dem ^Bromwasserstoflamylen^ ana- logen Körper nur eine Bestätigung für den wahrscheinlich allgemein gültigen Satz liefern, dafs es für zusammengesetzte

*) Ann. Chem. Pliarm. CXXXV, 818. **) Daselbst CXLI, 44.

262 Wichelhaus, über die Verbindungen

Gase oder Dditipfe irgend eine Temperatur der Spaltongr in mehrere Molecule gicbt, müfste fQr Salmiak and Phosphor* superchlorid ersi bewiesen werden ^ dafs ihre Dampfdichten etwas anderes als die normale Raumerfflllung bimolecularer Körper bedeuten.

Die Anziehtingskrdfle zwischen Moleculen bestehen im Gaszustände nicht und werden bei der Ueberführung fester oder flussiger Körper in Dampf aufgehoben : der nach der Ansicht von Cannizzaro, Kopp und Kekule aus PCI3 und Clj bestehende Dampf des Phosphorsuperchlorids ist also normal) wenn man annimmt, dafs dieser Körper auch im festen Zustande ein bimolecularer ist.

Doch ist diese Anschauung ebenfalls unbewiesen und wird des directen Beweises entbehren , so lange es nicht ein eben so sicheres Mittel zur Feststellung der Moleculargröfse fester oder flüssiger Körper giebt, wie die Dampfdichte für den dritten Aggregatzustand ist.

Lassen sich nun aber auch ans dem Verhalten und den Roactionen der fraglichen Körper Bestätigungen ihrer bi- molecularen Natur ableiten, so durfte die Wahrscheinlichkeit der Annahme , dafs die Valenz wechseln oder bei manchen Elementen immer über das Hafs der im Dampfzustände er- kennbaren hinausgehe*), sehr reducirt werden.

Da es gelungen ist, das Pbosphorsuperchlorid in diesem Sinne aufzuklaren , so darf ich bofl'en , die Frage nach der Valenz der Atome zunächst für den Phosphor durch die foU gendcn Darlegungen zu entscheiden.

1) Darstellung der 4^thoxylderivate des Phosphors; Ker- suche mit Mercaptan und Chlorj)ho8phor,

Die Chlorverbindungen des Phosphors zersetzen sich bekanntlich mit Alkohol eben so, wie mit Wasser, unter

*) Siehe Erlonmcyor, Lehrb. d. org. Chemie, S. 41 ff.

dea Phosphors, 263

Ausgabe von Salzsaarc ; die Reste von Wasser und Alkohol, die dabei mit dem Phosphor direct oder indirect in Verbin- dung treten, sind Hydroxyl (OH) und' Aethoxyl (OCslis). Man kann daher die Producte der Einwirkung von Alkohol unter dem Namen Aethoxylderivate zusammenfassen.

Um dieselben in gröfseren Mengen zu erhalten, verfährt majfi am Besten in folgender Weise.

Je nach den anzuwendenden Mengenverhältnissen läfst man Alkohol^ der absolut wasserfrei sein mofs, zu PCIs^ be- ziehungsweise POCI3 , oder die letzteren Körper zu Alkohol tropfenweise zufliefsen, während mit Eis stark abgekühlt und 60 das Entweichen von Salzsäure während der Reaction bei- nahe vollständig vermieden wird.

Aus dem so erhaltenen Gemische wird dann die Salz- säure durch einen anhaltenden Strom trockener Kohlensäure verdrängt, und während die letztere noch durchstreicht, auf dem Wasserbade gelinde erwärmt, wenn in der Kälte kein Entweichen mehr stattfindet.

Die rückständigen Producte werden, so weit diefs mög- lich ist, im WasserstoiTstrom destillirt und durch Rcctification gereinigt.

Bei genauer Beobachtung dieser Vorsichtsmafsregeln, deren Zweck wesentlich darin besteht, die zersetzende Ein- wirkung der Salzsäure auf die Aethoxylgruppcn der ent- stehenden Körper und die Oxydation in der Hitze zu ver- meiden, erhält man die chlorfreien Producte in nahezu theoretischen Mengen, und die noch chlorhaltigen^ sofern sie sich ohne vollständige Zersetzung destilliren lassen, ziemlich leicht und annähernd rein.

Die entstehenden Körper sind folgende :

1) aus PClj durch Einwirkung von 1 C^Ufi : HCl + PCl,(0C,n5) I. n n n n n 2 C,HeO : 2 HCl + rCl(OC,II,), H.

, n n . n 3 C^H^O : 3 HCl + P(0C,H5)s lU.

264 Wichelhaus, über die Verbindungen

2) aus POCls durchEinwirkung von 1 C,HeO : HCl + POCl«(OC,Hft) IV. n . n n 2 C^O : 2 HCl + POCl(OCÄ)g V.

n !> » . !> n 3CäO:8HC1 + PO(OC,H*), VL

Phosphorsuperchlorid PCI5 bildet keine, ihm zugehörigen Derivate, sondern gebt bei der ersten Einwirkung von Al- kohol in Phospboroxychlorid üben

I und III Aethylphosphorigsiurechlorfir und Phosphorig- saure - AethylSther sind von Menschutkin*) und von Railton^*) beschrieben.

II und Y. Die durch Einwirkung von 2 Hol. Alkohol entstehenden Körper PCl(OC2H5)s und POC](OC2H5)2 lassen sich nicht unzersetzt destilliren und daher als solche nicht wohl reinigen.

Die Existenz des ersteren wurde durch ein Umwand- lungsproduct und dessen Ueberführung in Aethylphosphor- saure festgestellt (siehe weiter unten).

Eben so geht die des zweiten aus der Bildung dialhyl- phosphorsaurer Salze hervor. Man braucht nur das noch unreine Product der Einwirkung von 2 Hol. Alkohol auf 1 Hol. Phosphoroxychlorid vorsichtig in Wasser einzutragen und mit kohlensaurem Blei zu neutralisiren , um alsbald be- trächtliche Hengen eines in Wasser und Alkohol löslichen Bleisalzes zu erhalten , dafs im Aussehen demjenigen der Diöthylphosphorsaure völlig gleicht.

0,1546 Grm. dieseB Salzes gaben 0,0911 PbS04; daraus borocbnon sich 40,23 pC. Pb ; die Formel P04(CsH5},Pbv, verlangt 40,35 pC. Pb.

Han hat also ?Oi{CS^)tll, entstanden durch Zusatz von Wasser aus POCl(OC2H5)8 nach der Gleichung :

Pp,Cl(CA)« + H,0 = HCl + P04(CA),H.

*) Ann. Chem. Pharm. CXXXIX, 843. **) Daselbst XCH, 348.

des Phosphors. 265

IV. P0CIs(0CsH5) , Aelhylphosphorsiurechlorid^ ist ein dünnflüssiges, in Wasser unlösliches , aber damit leicht zer- setzliches Oel, das im Wasserstoffstrom deslillirt werden kann und ziemlich constant bei 167^ siedet. Dabei findet immer eine geringe Zersetzung statt ; doch bezeugt die Chlor- bestimmung eine sehr annähernde Reinheit des Körpers«

0,2764 Grm. Chlorid gaben 0,4700 AgCl tmd 0,0062 Ag.

Daraas berechnen sich 42,9 pC. Gl ; die Formel FOjfilffifi^ verlangt 43,5 pC. C.

Das Chlorid zerflierst an feuchter Luft unter Ausgabe von Salzsaure zu einer syrupartigen Säure und liefert Salze, die gleiche Löslichkeit und sonstige Eigenschaften zeigen, wie die der bekannten Aethylphosphorsäure.

Auch die Zusammensetzung ist die gleiche.

0,1992 Grm. des bei 100^ getrockneten Ba- Salzes gaben 0,1768 BaSO«.

Daraus berechnen sich 52,16 pC. Ba; die Formel POfCsHgBa ver- langt 52,49 pC. Ba.

Bei der Zersetzung des Chlorids mit Wasser, ja sogar beim Zerfliefsen an der Luft, bildet sich immer neben Aethyl- phosphorsäure eine krystallinische Substanz in geringer Menge, die an ihren Eigenschaften als Oxalsäure erkannt wurde.

Die Analyse eines Salzes hat diefs bestätigt.

0,2055 Grm. Ba-Salz dieser krjstallinischen Bäure ^ gaben 0,2015 BaSO«; daraus berechnen sich 56,38 pC. Ba; die Formel C,04Ba, H,0 verlangt 56,37 pC. Ba.

VL PO(OC8H5)3, Phosphorsäureäthyläther, der schon ▼on Schiff in dieser Weise erhalten wurde, siedet im Wasserstoffstrom constant bei 203^

Wenn es noch besonderer Darlegung bedarf, dafs diese Körper Aelhoxylgruppen enthalten, so ist für die Hehrzahl derselben characteristisch, dafs sie äthylirte Säuren des Phos- phors sind oder bei der Zersetzung mit Wasser liefern.

1

266 WichelhauSf über die Verbindungen

Aelhylphosphorige Säure ist nicht bekannt ond hat sich auch, nach Menschutkin's Angabe, nicht aus dem Aetfaylphos- phorigsfiurechlorur erhalten lassen ; dafs dieser letztere Kör* per aber nichtsdestoweniger ein Aethoxylderivat ist^ kann wohl nicht bezweifelt werden ; wenn man die Analogie seiner Bildungsweise mit derjenigen der anderen , so wie die Ge- setzmarsigkeit der SiedepunktsdiiTerenzen in Betracht zieht, die ich schon *) hervorhob : Der Eintritt von 1 OC2H5 an die Stelle. von Cl im Phosphorchlorid PCI3 erhöht den Siede- punkt um 390 und der von 3 OC2H5 um 114^ also 3 x 38^ Man erhalt :

OCjHj OCjHft

PCI (Siedep. 117<>) ond POCjHj (Siedep. 192«).

Cl OCjH,

Wendet man an Stelle des Alkohols Hercaptan an, so verlaufen diese Reactionen in ahnlicher Weise und bilden sich ohne Zweifel analoge schwefelhaltige Producte.

Doch zersetzen sich diese letzteren nicht nur bei noch so vorsichtiger Destillation unter Ausscheidung von Phosphor und Schwefel : sie zeigen diese leichte Zersetzbarkeit auch noch in den Umwandlungsproducten^ deren Darstellung nach Analogie der Aethoxylderivate versucht wurde und die jetzt naher beschrieben werden solle».

2) Umwandlung sproducte der Aethoxylderivate durch Chlor und Brom'; Constitution des Phosphoroxychlorids,

Aus dem ersten Product der Einwirkung von Alkohol auf PCI3, dem Aethylphosphorigsaurecblorür, wird die Aethyl* gruppe durch Chlor und Brom mit Leichtigkeit eliminirt; es entstehen Phosphoroxychlorbromür und Phosphoroxychlorid**).

*) Berichte d. d. ehem. Gesellsch. 1868, S. 77.

**) Siehe d. vorlaufige Notiz über diesen Gegenstand in der Zeitschrift für Chemie, Juni 1867.

des Phosphors. 267

Diese Umwandlungen verlaufen sehr glatt und beinahe quantitativ ; man kann daher die Constitution des Phosphor- oxycblorids mit ziemlicher Sicherheit daraus ableiten :

OCjHß OCl

PCI + eil = CICÄ + PCI

Cl Cl

(Aothylphosphorig- (Phoaphoroxy-

BäurechlorÜr) chlorld).

Doch sind die Reactionon ungewöhnlich und es erschien daher wünschenswertb, die in dieser Gleichung angenommene Art ihres Verlaufs durch weitere Belege zu stützen.

In der That hat sich dieselbe an den beiden anderen Derivaten des Phosphorchlorids verfolgen lassen.

Leitet man Chlor in das Product der Einwirkung von 2 C^H^O auf PCI3, so entweicht unter Erwärmung der Flüs- sigkeit ein Gas, welches an seiner grün gesäumten Flamme leicikt als Chlorathyl erkannt wird. Nach beendigter Gas- entwickelung lafst sich die nunmehr schwach grün gefärbte Flüssigkeit destilliren und geht zum gröfsten Thoile zwischen 140 und 160^' über. Bei der Rectification steigt der Siede- punkt und wird bei 167^ (im WasserslofTstrom) constant.

Obwohl immerhin eine geringe Zersetzung stattfindet, lallst sich leicht ein ziemlich reines Product in gröfscrer Menge erhalten.

Die Analyse dieses an der Lufl rauchenden und zu einer syruparligen Saure zcrfliefsenden Körpers hat folgende Re- sultate gegeben :

1) 0,2484 Grm. gaben 0,1644 PAMg,.

2) 0,3331 Grm. gaben 0,1193 U,0 und 0,1748 CO,.

3) 0,2366 Qnn. gaben 0,0647 H^O und 0,1297 COs.

Die daraus berechneten Zahlen führen zu der Formel FO2CI2C2H5.

1

berechnet

p

31 19,02

0,

32 19,63

CI,

71 43,56

c.

24 14,73

H,

5 8,06

268 WiohelhauSf über die Verbindungen

gefunden

1. 2. 3. 4.»)

18,5

44,0

14,29 14,37

3,9 3,04

100,00.

Der so erhaltene Körper ist also nach Zusammensetzang und Siedepunkt identisch mit dem oben beschriebenen Pro- duct der Einwirkung von 1 CaHuO auf PÜCI3 ; er zersetzt sich ganz in derselben Weise mit Wasser, unter Bildung einer geringen Menge Oxalsäure, zu einer syrupförmigen Säure, deren Salze keine Verschiedenheit von denen der be- kannten Aethylphosphorsäure zeigen.

Die Salzbildung geschieht am Besten, indem man das Chlorid in Wasser eintragt, welches kohlensaures Silber suspendirt enthalt.

Zwei Ag- Bestimmungen des bei 100^ getrockneten lös- liehen Salzes ergaben 63,1 und 63,5 pG. Ag; die Formel P04(C2H5)Aga verlangt 63,5 pC. Ag.

Demnach führen die besprochenen Verwandlungen des

ff

Phosphoroxychlorids und des Phosphorchlorids PCls zu den- selben Producten und ist die Verbindung PO2CI2C2H5 das Chlorid der Aethylphosphorsäure.

Dasselbe unterscheidet sich, wie aus der ersteren Bil- dungsweise hervorgeht, von dem Phosphoroxychlorid dadurch, dafs es ein Cl-Atom des letzteren durch Aethoxyl ersetzt

*) Die Clüorbestimmtuigen fallen stets zu hoch aus, wenn man nach Garius im Kugeschmolzencn Rohr oxjdirt; anch beim FftUen in ganz verdünnter Lösung erhält man das Chlorsilber nicht absolut rein; daher etwas zu viel Chlor gefunden wurde.

des Phosphor». 269

enthalt; andererseits bildet es sich durch Binwirkong von Chlor auf ein Bialhoxylderivat des Phosphors neben Chlor- atfayl, so dars der Vorgang seinen einfachsten Ausdruck in einer Gleichung erhalt, die der oben bei der Bildung des Phosphoroxychlorids aus Aethylphosphorigsaurechlorür auf- gestellten völlig analog ist :

OCjHj OCl

POCA + Cla = CICÄ + POCÄ

Cl Cl

(Diftfhylpliospliorig- (Aethylphoaphor-

silureohlorär) säuredilorid).

Danach wird die Constitution der Aelhylphosphorsaure

O.OH

angedeutet durch die Formel POCaH« and die Bildung ihres Chlorids aus dem Phosphoroxychlorid durch die Gleichung :

OCl OCl

PCI + CjHeO = HCl + POCgH« Cl Cl

Das einfachste Triathoxylderivat des Phosphors, der Phos- phorigsdnre-Aethyldther, wird durch Chlor und Brom in ahnlicher Weise verändert.

25 Grm. P(OC8H5)3 (Siedepunkt 192^) nahmen 24 Grm. Brom unter Entfärbung auf und gaben bei der Destillation auf dem Wasserbade 15 Grm. Bromäthyl.

Diese Mengen entsprechen den nach der Gleichung

P(OCjae)s + Br, = BrCA + P(0C,H5),0Br

berechneten.

Das auf dem Wasserbade rückständige Product läfst sich nicht ohne Zersetzung destilliren; eben so wenig das durch Einleiten von Chlor bis zur leichten Grflnfärbung der Flüs- sigkeit erhaltene.

Beide rauchen an der Luft und geben, mit Wasser und kohlensaurem Silber zersetzt, diäthylphosphorsaure Salze. Der Schmelzpunkt des so dargestellten Bleisalzes wurde bei

270 Wtchelhaua, über die Verbindungen

180^ beobachtet; stimmte also mit dem des bekannten SaUes überein.

0)5216 Giin. desselben, mit Schwefelsäure zersetzt, gaben 0,8022 PbS04; daraus berechuen sich 39,61 pC. Fb, während die Formel P04(C,H5)2Pbt/3 40,25 pC. Pb verlangt.

Es geht hieraus hervor, dafs der durch Einwirkung von Chlor unter Austritt von Chlorathyl aus dem Phosphorigsäure- Aethylather erhaltene Körper wiederum identisch ist mit dem Producte der Einwirkung von 2 Hol. Alkohol auf Phosphor- oxychlorid; man wird von Neuem auf die den oben ange- nommenen Verlauf bestätigenden Gleichungen geführt :

OCjHj OCl

POGjHg + pi, = ClCgH« + POCjHg OCgHj OCjHb

(Phosphorigsäure' (Diäthylphosphors&ure-

Aethyiather) chlorür).

und

OCl

'

OCl

PCI

+

2 CÄO

s=

2 HCl

+

POCjHj.

Cl

OCA

Die daraus abgeleitete Constitution der Diathylphosphor-

O.OH

säure wird durch die Formel POCgHs angedeutet.

OCjHß ^

So läfst sich also die Reaction von Chlor und Brom auf alle drei Aethoxylderivate des Phosphorchlorids PCls anwen- den ; sie fuhrt zu Verbindungen , die sich andererseits von dem Phosphoroxychlorid ableiten und die man als Aethyl- und Diäthylphosphorsäurechlorür bezeichnen kann.

Auf diese letzteren Körper findet dieselbe Reaction dann keine Anwendung mehr ; Chlor ist ohne Einwirkung und Brom hat Zersetzung zur Folge. Hit Hülfe des letzteren laftt sich zwar, durch Erhitzen auf 100^ in zugeschmolzenen Röhren, noch weiter Aelhyl in Form von Bromäthyl abspalten; aber es bilden sich dabei schon in den Röhren klebrige Hassen und die an der Luft stark rauchenden Producte geben mit

des Phosphors, 27t

Wasser Phosphorsäure, als Beweis einer eingreifenderen Um- wandlung.

Dabei tritt der Geruch und die bleichende Reaction der unterchlorigen Säure auf.

Dasselbe Verhalten gegen Brom zeigt das vom Phosphor- oxychlorid abgeleitete Triäthoxylderivat, der Phosphorsäure- Aethylather.

Auch diese Zersetzungen erklären sich näturgemäfs, wenn man die Formel PGl8(0CI) für das Phosphoroxychlorid an- nimmt und die Einwirkung von ChloV und Brom auf die zu- erst besprochenen Derivate als Verwandlungen je einer Aethoxylgruppe dieser Körper in Chloroxyl (OCl) oder Brom- oxyl (OBr) aufTafst.

Es ist a priori unwahrscheinlich, dafs zwei solcher (der letztgenannten) Gruppen neben einander an demselben P-Atom

OCl

bestehen können, und es zersetzt sich daher der aus poc,H0

ci

durch Einwirkung von Brom etwa entstehende Körper

OCl

poBr mit Wasser unter Ausgabe von unterchlorigcr Saure

HOCI.

Aus dem Phosphorsaure -Aethylather wird vermuthlich

OOBr

POCsHj gebildet, also eine Atomgruppe -OOBr, die der- OC5H5

fenigen der chlorigen Saure -OOCI entspricht und leicht zur Zersetzung Veranlassung giebt.

Die Annahme von Chloroxyl im Phosphoroxychlorid kann ferner die oxydirende Wirkung erklären , die sich beim Zer- fliefsen des äthylhaltigen Derivats durch die Bildung einer kleinen Menge Oxalsäure zu erkennen giebt.

Dazu kommt nun noch die Beziehung des Phosphoroxy- chlorids zur Phosphorsaure.

272 Wickelhaus'f über die Verbindungen

Es warde oben gezeigt, dafs sich darch eine quantitativ verlaufende klare Reaction eine Aethylgruppe im Phosphörig- säure-Aethylather durch Brom ersetzen läfst, und dafs dann ein Derivat der Phosphorsaure entsteh!, indem Hydroxyl an die Stelle des Broms tritt.

Danach kann man die Oxydation der phosphorigen Saure zu Phosphorsäure nicht anders auffassen, als dafs ein H-Atom der ersteren durch Hydroxyl ersetzt wird ; die Folge davon ist die Ungleichwerthigkeit der Wasserstoffatome in dem Oxydationsproduct.

Man hat :

OH O.OH

2P0H + Ot = 2P0H OH OH

(phosphorige (Phosphor-

Säure) säure).

Diese Constitutionsformel der Phosphorsaure, die ahnliche Isomerieen unter ihren Derivaten voraussehen Ififst, vrie sie Kolbe an denjenigen der schwefligen Saure nachgewiesen hat^), steht mit dem ganzen Verhalten bei der Salzbildung im besten Einklänge und erklärt namentlich ihre Neigung zu polymerisiren , wodurch sie sich von der phosphorigen Säure unterscheidet :

O.OH O.OH 0-0-0

POH + POH = HjO + POH OHP OH OH OH OH

(Pyrophosphor- sfture).

Da nun das Phosphoroxychlorid das Trichlorid von

O.OH

POH ist, SO wird man auch durch diese Beziehung darauf

OH ^

OCl

geführt, dasselbe durch die Formel ^oi zu bezeichnen.

^) Ann. Chem. Pharm. CXLHI, 72.

des Phosphors. 273

3) Einwirkung von Zinkäthyl auf Äeihylphosphorigsäure^ chlorür; Constitution des Triäthylphosphinoxyds.

Nachdem der eigenihümliche Cbaracter und das normale Dampfvolamen des Triäthylphosphinoxyds durch Hof mann hervorgehoben war, hat Pebal die Constitution desselben als eine ketonartige angenommen *).

Der Versuch , diese Annahme durch eine künstliche Bil- dung aus Phosphoroxychlorid und Zinkithyl zu bestätigen, nahm jedoch einen unerwarteten Verlauf.

Diefs erklart sich unter Annahme der eben begründeten Constitution des Phosphoroxychlorids durch folgende Glei- chungen :

I. 2 PCa,(OCl) + 3 ZnCCjHj), = 2 PCCÄ)« + 2 ZnCl, + Zn(OCl),.

IL Zii(OCl), + ZnCCA), = 2 ClCjHs + 2 ZnO. (nnterchlorigs. Zink)

In der That erhielt Pebal eine Verbindung von Tri- Sthylphosphin mit Chlordthyl und Chlorzink neben basischem Chlorzink :

[P(CjB[e)a ClCjHskZnCl, + (ZnCl),0,

also genau die diesem Verlaufe der Reaction entsprechenden Producte.

Nichtsdestoweniger sind Phosphoroxychlorid und Triathyl- phosphinoxyd analog constituirte Verbindungen, wie die fol- gende Bildung des letzteren aus Aethylphosphorigsäurechlorär and Zinkathyl^ zeigt.

Die Mischung dieser beiden Körper wurde, um jede Oxydation während des Versuches zu vermeiden, in einem mit Leuchtgas gefällten Apparate vorgenommen : Anfangs ruft jeder Tropfen des Chlorürs. lebhaftes. Zischen in dem

*) Ann. Chem. Pharm. CXX, 194. **) Konce Angabe über dessen^Darstellung siehe Ber. d. d. chem. Qes. 1868, S. 140.

4fi

a M 4^1.^_ _ «*!..__. TIT a»~^1>>_A~AU J O ITj^M

f

274 Wichelhaus^ über die Verbindungen

Zinkäthyl hervor und mufs die Masse aufserlich abgekühlt werden; gegen Ende unterstützt man die Einwirkung durch gelindes Erwärmen.

Das Product aus je 1 Hol. PCIsCOCsHs) und Zn(CsH5)i ist eine klare dicke Flüssigkeit ; es löst sich in Wasser ohne Reaction und ohne Ausscheidung auf, enthält also weder Triäthylpbosphin, noch Zinkoxyd.

Dagegen liers sich leicht Chlorzink nachweisen und schied sich auf Zusatz von festem Kali Triäthylphosphinoxyd als dickes Oel auf der Oberfläche aus, indem zugleich der widrige Geruch der Phosphorbasen deutlich auftrat. Das Tri- äthylphosphinoxyd destillirte zwischen 240 und 245^ gab die characteristische Fällung mit Jodzink und besafs alle Eigen- schaften des von Hof mann beschriebenen Körpers.

Da nun nach dem ganzen Verlaufe der Reaction nicht, wie bei dem Versuche von Pebal, eine secundäre Bildung desselben angenommen werden kann, so hat man fQr die Entstehung die einfache Gleichung :

OCgHj OCÄ

Pa + Zn(Q|H5)g = ZnCl, + PC^

Cl C,Hj

(ActhylpLosphorig- (TriAthylpho^liin-

stturechlorür) ozyd).

Das Triäthylphosphinoxyd ist also Diäthyläthoxylphosphin, ein Mittelglied zwischen Triäthylpbosphin und Phosphorigsänre- Aethylälher ; seine Consitution ist derjenigen des Phosphor- oxychlorids analog und beide entstehen aus dem intermediären Aethylphosphorigsäurechlorür 9 je nachdem C^Vk durch Cl, oder umgekehrt 2 Gl durch 2 C2H5 ersetzt werden.

Beide Körper bilden sich bekanntlich auch durch directe Einwirkung des Sauerstofl*s auf Phosphorchlorid PCls und Triäthylpbosphin V{C^U^)s; man hat dabei eine Einschiebung des Sauerstoffs zwischen zwei vorher direct verbundene Atome oder Gruppen anzunehmen, wie sie bei der Bildung

I

dea Phosphors* 275

Ton unterchloriger Saure HOCl aus HCl und von Zinkalkoholat Zn(OC8H5)9 aus Zinkäthyl Zn(GiH5)t stattfindet.

Auch die Bildung der dem Triäthylphospfiinoxyd ent- sprechenden Schwefelverbindung durch directe Einwirkung dieses Elements auf TriSthyiphosphin (Hof mann) hat ihre Analogie in der Umwandlung von Zinkathyl zu Zinkmercaptid Zn(SQ,H6)s (Frankland).

4) Bimoleculare Natur des Phosphorsuperchlorids,

Die Verbindung des Phosphorchlorids mit Chlor, das sogenannte Phosphorsuperchlorid PCI5, zeigt dreierlei wichtige Reactionen :

1) Substitution von H durch Cl, unter Entwickelung von Salzsaure und Hinterlassung von Phosphorchlorid ; z. B. :

CeH« . SO,H + PCI5 = CA . flOtCl + HCl + PCI«

(benzolschwefllge (Sulfobenzol-

8äare) chlorür).

2) Einführung von Chlor an die Stelle von Sauerstofi* in Verbindungen, wie Aceton oder Chinon unter Bildung von Phosphoroxy Chlorid ; z. B. :

CO(CH,), + PCI5 = POCl, + CCl^CCHs), Aceton Methylchloracetol.

3) Ersetzung von Sauerstoff und Wasserstoff (Hydroxyl) in Sauren oder Alkoholen durch Chlor, wobei Phosphoroxy- chlorid und Salzsaure entstehen; z. B. :

CjHaO . OH + PCI5 = Cj^jO . Cl + POCl« + HCl (Essigsäure) (Chloracetyl).

Die erste und einfachste dieser Reactionen wird, wie R. Otto gezeigt hat*), in derselben Weise durch freies Chlor zu Stande gebracht, wenn sich Phenyl an der Stelle des zu ersetzenden H-Atoms befindet :

CeHg.SOj.CA + Cl, = aCeHj + CÄ-SO^Cl (Sulfobenzid) (Solfobenzolofalorür).

^) Ann. Chem. Phann. CXLI, 97.

276 Wichelhaus, über die Verbindungen

In dieser Abhandlung sind ferner drei Fälle besprochen, in denen die Ersetzung des Aethyls, welches den Platz eines HydroxylwasserstoiFs einnimmt, durch Chlor geschieht.

Sofern also die Substitution des Wasserstoffs oder einer dessen Stelle einnehmenden Gruppe mittelst Phosphorsuper- chlorid bewirkt wird, kann man das Phosphorchlorid, welches dabei zurückbleibt, als Träger von Chlor ansehen, der dessen Wirkung verstärkt, ähnlich wie das Chlorjod JCl durch vor- übergehende Bildung von JCI.CI2 die Verwandlung der Essigsäure in Chloressigsäure durch Chlor erldchtert (H. Hüller).

Die zweite Reaction des Phosphorsuperchlorids besteht offenbar in einer Verdrängung des Sauerstoffs durch Chlor und schliefst die Veränderung des rückstandigen Phosphor- chlorids, nämlich die Oxydation desselben zu Phosphoroxy- chlorid in sich.

Danach kann man die dritte Art der Einwirkung in ver- schiedener Weise auffassen.

Gewöhnlich wird angenommen , dafs bei der Verwand- lung von Essigsäure in Chloracetyl das Sauerstoffatom des Uydroxyls der Säure durch Cl« ersetzt wird, so dafs C^HsO . CI u. CIH resultiren, während gleichzeitig der freiwerdende Sauer- stoff zur Bildung von Phosphoroxychlorid Veranlassung giebt

Man kann aber eben sowohl sich denken, dafs zunächst die mit 1) bezeichnete Reaction, nämlich Substitution des H- Atoms im Hydroxyl durch Cl, eintritt und dafs die so ent- standenen Körper :

CÄO.OCl + PCI,

sich umsetzen zu

cAo.ci + pci,(oa).

Der letztere Verlauf ist wahrscheinlicher, wenn man an- nimmt, dafs in den Wirkungen des Phosphorsaperchlorids in erster Linie eine durch die Anwesenheit von PCI3 versttrkte

des Phosphors. 277

und bestimmte Wirkung den Chlors hervortritt ; er mufs sich erkennen lassen, wenn man das Phosphorchlorid zum Trager Ton B. Brom, statt von Chlor macht.

Das ist nun leicht möglich : Phosphorchlorid geht mit Brom wie mit Chlor unter Erwärmung eine in starken Kalte- mischungen krystallinisch erstarrende Verbindung ein und dieser Körper ist bereits von Friedel und Ladenburg*) mit Erfolg zur Ersetzung des Aceton-Sauerstoirs durch Brom benutzt worden.

Dieses bei gewöhnlicher Temperatur aus zwei flussigen Schichten bestehende Gemenge wirkt, wie sich bald ergab, eben so auf hydroxylhaltige Körper ein, wie Phosphorsuper- chlorid.

Man sieht nun leicht, wie der Verlauf einer solchen Reaction die obige Frage beantworten mufs.

Erfolgt in dem hydroxylhaltigen Körper die Ersetzung des Sauerstoffs durch Chlor oder Brom, wie im Aceton, so entsteht z. B. aus Essigsäure C2HSO . OH durch PClaBr« :

C ^0 . Br Q. BrH neben POCl«.

Im anderen Falle dagegen, wenn zuerst die Substitution des Wasserstoffs im Hydroxyl erfolgt, sind die Mittelglieder :

CtH,0 . OBr und PG]„

die schliefslich resultirenden Producte :

CjiHjO . Cl nnd PCl,(OBr).

Essigsäure war zu dem Versuche weniger geeignet, weil Phosphorchlorid PCls an und für sich darauf einwirkt; Benzoesäure aber wird durch letzteres nicht verändert und hat daher bald zur Entscheidung geführt.

Lafst man Brom zu einem Gemenge von je 1 Mol. C7H6O2 und PCls tropfenweise zufliefsen, so beginnt gleich eine heftige Reaction : es entweichen rauchende Dampfe, die Chlbrwasser

*) BoU. SOG. ofaim. Vm» 146.

278 WichelhauSf Über die Verbindungen

braun färben, also jSromwasserstoff sind, und es tritt all- mälig Verflussigong ein. Die nach Zusatz von 1 Mol. Brom schwach gefärbte Masse lafst sich ohne Rückstand destUlireii, enthält also nicht etwa Brombenzoesäure. Man erhält neben Bemoylchlorid einen höher als Phosphoroxychlorid siedenden Körper, der bei der Rectifiatlon den von Menschotkin für Phosphoroxychlorbromfir angegebenen Siedepunkt (135 bis 137^) zeigt und die entsprechende Zusammensetzung hat, wie aus der folgenden Analyse hervorgeht

1) 0,8119 Grm. des Körpers gaben 1,9646 AgCl + AgBr.

2) 1,6291 Gnn. dieses Qemenges verloren beim Glühen im Cblor>

Strom 0,1497 an Gewicht

Danach berechnen sich 40,64 pC. Br xmd 36,66 pC. Cl.

Die Formel POCI^Br verlangt 40,40 pC. Br und ,35,85 pC. CL

So erhält man also aus

PCyBr, + CH*0 . OH : C^H^O . Cl und PCl,(QBi)

und ist der Verlauf der Reaction so anzunehmen y dafs als Zwischenproducte entstehen :

C^HgO.OBr und PCI,.

Was nun hier erkennbar ist, wird natürlich verdeckt, wenn kein Brom, sondern nur Chlor an dem Processe Theil nimmt; es erscheint aber um so mehr gerechtfertigt, ent- sprechende, OCl an der Stelle von OH enthaltende Mittel- glieder als Producte der ersten Phase der Reaction von Phosphorsuperchlorid aufHydroxylverbindungen anzunehmen, weil derartige Körper nicht nur überhaupt darstellbar sind C2H3O.OCI Essigsäure-Chlor von Schützenberger sondern, insofern sie neben PCls beständig sind, aus dem in Rede stehenden Processe selbst hervorgehen | die mit 1) be- zeichnete Reaction].

Man hat daher allen Grund , die Einwirkung von Phos- phorsuperchlorid auf Hydroxylverbindungen als eine SabsU- tution des Hydroxylwasserstoffs durch Chlor aufzufassen, der

des Phosphors» ' 279

dann in vielen nicht in allen Fallen eine weitere Um- setzung der entstandenen Producte folgt« In allen Fällen hat man :

X.OH + PCU.Cl, = PCls + X,0C1 + HCl,

dann weiter in den meisten :

X , OCl + PCI, == X . Cl + PC1,(0C1).

Die Wirkung des gewöhnlich gasförmigen Chlors, die in manchen Fallen eine gleiche ist, wird natürlich durch die Existenz desselben in einer festen Verbindung verstärkt und durch die Gegenwart von PCU bestimmt.

Der Vergleich des Fhosphorsuperchlorids mit Chlor- phosphor-Brom FCI9 . Br^ hat noch eine andere Bedeutung. Die letztere Verbindung ist bereits als Flüssigkeit unverkenn- bar in demselben Zustande, wie die erstere als Dampf. Die Holecule FCls und Br^ , die zusammen krystallisiren, verlieren ihren Zusammenhalt schon bei der Verflüssigung , so wie die Holecule PCls und Cls bei der Verwandlung in Dampf.

Nichtsdestoweniger reagirt das blofse Gemenge Chlor- phosphor-Brom eben so wie Cblorphosphor-Chlor, dessen empirische Formel PCI5 ist und das man daher gewöhnlich FuniFach-Chlorphosphor nennt.

So wird also die vonCannizzaro, Kekule und Kopp auf Grund der Dampf dichte ausgesprochene Ansicht, dafs der letztere Körper eine moleculare Verbindung sei, bestätigt durch die Art und Weise seiner Reactionen, so wie durch die Analogie mit einer Verbindung, deren Zusammenhalt be- reits im flüssigen Zustande aufgehoben ist und die dennoch auf den ersten Blick einheitlich zu wirken scheint.

Danach ist die atomistische Molecularformel des Phos- phorsuperchlorids PCls . eis und das Phosphoratom in dem- selben nicht anders, als dreiwerthig anzunehmen.

280 WiohelhauSf über die Verbindungen des Phosphors.

Die im Vorhergebenden besprochenen Körper sind die Prototypen derjenigen Phosphorverbindungen, welche zur Annahme einer Valenzgröfse dieses Elements geführt haben, die von der durch die Dampfdichte angezeigten abweicht.

Da sich diese Annahme nun bei näherer Betrachtung dieser Körper als unnöthig erweist, so erscheint die Trivalenz der Phosphoralome in allen ihren Verbindungen nunmehr hinlänglich begründet.

Da aber ferner Phosphoroxychlorid und Triäthylphosphin- oxyd streng genommen die einzigen Körper sind, welche sich gegen den in der Einleitung aufgestellten allgemeinen Satz anführen liefsen , so gewinnt derselbe einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit :

Als unabhängig von den Aggregatssusiänden ergiebt sich nur eine einzige constante Valenz der Atome.

Zieht man dann weiter die Bestätigung in Betracht, welche die bimoleculare Natur des s. g. Fünffach - Chlorphosphors durch dessen Reactionen erfährt, so sieht man eine Hebung der Schwierigkeiten voraus, welche bis jetzt noch der An- nahme je zweier oder mehrerer unter einander verbundener Holecule in solchen Körpern entgegenstehen, die scheinbar einheitlich sich verhalten.

Wenn aber diese Schwierigkeiten sich heben lassen, so darf man wohl annehmen, dafs die von den Aggregatzustän- den der Körper abhängigen Kräfte überhaupt den Moleculen als in sich geschlossenen Systemen, nicht aber einzelnen in denselben enthaltenen Atomen individuell angehören.

Berlin, am 1. Juli 1868.

281

üeber die Isomerie der Bicarbonsäuren des Aethylens und Aethylidens;

von Demselben.

Vor einiger Zeit habe ich gezeigt*), dafs die von IL Hüll er aus Cyanpropionsiure dorch Kochen mit Kalilauge erhaltene Saure nicht die Eigenschaften der Bernsteinsäure hat und daher nicht mit derselben identificirt werden darf; dafs dagegen Bernsteinsäure erhalten wird, wenn man als Ausgangspunkt /9 Jodpropionsäure statt der aus Milchsäure entstehenden a Ghlorpropionsäure wählt.

Die Säure von H. Muller hat nichtsdestoweniger die Zusammensetzung der Bernsteinsäure, wie eine von Hrn. A. Ell er in meuiem Laboratorium gemachte Analyse ^zeigt**) und ist die derselben isomere Biearbäthylidensäure :

CH, . CO . OH , CHa

und CH, . CO . OH CH(CO . OH),

(Bemsteinsäure) (Biearbäthylidensäure).

Sie löst sich in etwa 5 Theilen Wasser, schmilzt schon bei 129 bis 130^ und giebt keine Fällung mit Eisenchlorid.

Die Isomerie der beiden Säuren ist eine natürliche Con- scquenz derjenigen der Ghlorpropionsäure, so wie der Koh- lenwasserstoffe Aethylen und Aethyliden.

Doch hat sich der Parallelismus der Reactionen mit den letzteren nicht in gleicher Weise zu dem gewünschten Ende führen lassen, wie mit den ersteren.

Erlenmeyer und Simpson haben mit gleich ungün- stigem Erfolge versucht, Aethylidenchlorür in das entspre- chende Cyanür und die zugehörige Bicarbonsäure zu ver- wandeln.

*) Z«itBchr. f. Chemie, neue Folge, HI, 347. **) Ber. d. d. ehem. GesellBchaffc 1868, S. 98.

98l£ Wichelhaus j über die Isomerie

Daran knüpft der Erslere *) eine Zusammenstellung der möglichen Gründe, weshalb in diesem Falle gewöhnliche Bernsteinsaure anstatt der zu erwartenden Bicarbathyliden- saure erhalten wird, und entscheidet sich für die Annahme, dafs das Aethylidenchlorür bei der zur Einleitung der Reac- tion nöthigen Temperatur eine Zersetzung in Chlorwasserstoff und Yinylchlorfir erfahre, aus welchem dann Aethylencyanür durch einen complicirteren Procefs entstehe«

Ich will die Wahrscheinlichkeit dieser Erklärung nicht bestreiten, obwohl es immerhin auffallend ist, dafs Simpson die Umwandlung in Cyanür bei einer Temperatur (160 bis 180^) zu Stande gebracht hat, welche gerade noch unterhalb derjenigen liegt, welche Erlenmeyer als für die von ihm angenommene Bildung des Vinylchlorfirs erforderlich an- giebt (180<>).

Nur scheint mir die einfachste Annahme, welche Er- lenmeyer nur kurz erwähnt, mindestens eben so berech- tigt, nämlich, dafs Aethylidencyanür zwar gebildet wird, aber eine Umsetzung zu Aethylencyanür erfahrt.

Es ist eine bemerkenswerthe Thatsache, dafs es bisher nicht gelungen ist, Körper darzustellen, in welchen zwei oder mehr Cyangruppen an dasselbe OAtom gebunden an- zunehmen wären.

Ich habe selbst viele vergebliche Versuche in dieser Richtung angestellt, dabei auch die früheren Angaben über derartige Verbindungen, z. B. Cyanoform, zu bestätigen mich umsonst bemüht.

Das Mifslingen der Versuche von Erlenmeyer und Simpson liefert einen neuen Beleg dafür ^ dafs die Darstel- lung solcher Körper aus den entsprechenden Chlorverbin- dungen mittelst Cyankalium nicht geräth.

*) Ann. Chom. Pharm. GXLY, 865.

der Bicarbansäuren des Aeihylens und Aethyltdens. 283

Wenn nun aber, wie ich auch häufig beobachtet habe, die Bildung von Chlorkalium bei diesen Versuchen vor sich geht, ohne dafs man die gewünschten Cyänüre erhielte, so geht daraus hervor, dafs die letzteren als solche unbeständig sind und sich weiter umwandeln. Diese Umwandlung, d. h. die Veränderung in dem Verhaltnisse der näheren Bestandtheile der Körper, führt dann entweder zu einer ganzlichen Spal- tung, oder zu einer anderen Gruppimng derselben Atom- gruppen, d. h. zur Bildung von isomeren Körpern.

Nun erhalt man statt des Aethylidencyanürs dessen Iso- meres. Soll man da nicht annehmen, dafs die Umwandlung des ersteren auf das andere hingeführt hat ?

Erlenmeyer erwähnt selbst die Aehnlichkeit, die in der Umwandlang von Aetbylidenbromur zu Aethylenbromür liegt; tragt aber Bedenken, die Anschauung auf das Cyanür zu übertragen, wahrscheinlich, weil es sich da um Kohlcn- stoffgruppen handelt und deren Zusammenhalt immer für be- sonders fest gehalten wird.

Nun hat Baeyer vor Kurzem einen neuen Fall dieser Art beobachtet , in dem die Umlagerung von untereinander verbundenen Kohlenstoffgruppen vorliegt ^).

Es scheint mir daher, dafs man die Bildung von Bern- steinsäure aus Aethylidenchlorür so auffassen darf, wie es am Einfachsten ist : das Aethylidencyanür wird zwar gebildet, verwandelt sich aber in das isomere Aethylencyanur.

^) Ber. d. d. ehem. GeeellBchoft 1868, 6. 120.

284 Graham^ über die Einachliefsung

Ueber die Einschliefsung des Wasserstoff-

gases durch Metalle ;

von Th. Graham *).

Bei meinen früher veröffentlichten Versuchen**) über die Einschliefsung des Wasserstoffgases durch die Metalle Palladium, Platin und Eisen wurde die Gasabsorption als etwas bei niedrigeren Temperaturen nur in ungewisser Weise sich Zeigfendes beobachtet, aber als etwas sicher Eintretendes, wenn das Metall , in der Form von Schwamm oder gehäm- mert, erhitzt und dann in einer Atmosphäre von Wasserstoff langsam und vollständig abkühlen gelassen wurde. Diese Thatsache wurde als darauf beruhend betrachtet, dafs abso* lute Reinheit der Oberflache des Metalls für die erste absor- birende Wirkung wesentliche Bedingung sei, wie nach Fara- day's Beobachtung für die Wirkung von Platinfolie oder Platindrahl, das Gasgemische von Sauerstoff und Wasserstoff sich entzünden zu lassen. Ein neues Verfahren, die Metalle bei niedrigen Temperaturen mit Wasserstoff zu beladen, mit welchem ich in letzterer Zeit bekannt geworden bin, ist nicht ohne Interesse.

Wenn eine Zinkplatte in verdünnte Schwefelsäure ge- bracht wird, so wird Wasserstoff von der Oberfliche des Metalls aus entwickelt, aber kein Wasserstoff wird zu der- selben Zeit eingeschlossen und zurückgehalten. Ein negatives Resultat war in der That wegen der krystallinischen Structur des Zinks zu erwarten. Bringt man aber eine dünne Palla- diumplatte in dieselbe Saure und mit dem Zink in metallische

*) Aus den Proceedings of the Rojol Society XVI, 422 mitgetheOt •*) Vgl. Ann. Chem. Pharm. Bapplementbd. V, 1. D. IL

des JVasaerstoffgasea durch Metalle. 285

Berührung, so wird dieselbe bald stark mit dem Wasserstoff beladen, welcher dann an ihrer Oberflache auftritt. Die in einer Stunde von einer ziemlich dicken Palladiumplatte bei 12^ aufgenommene Ladung betrug das 173 fache Volum der- selben.

Die Absorption von Wasserstoff zeigte sich noch stärker, wenn die Palladiumplatte die negative Eiectrode in ange- säuertem Wasser für eine Batterie von sechs Bunse naschen Elementen abgab. Wahrend die Entwickeiung von Sauer- sloffgas an der positiven Eiectrode fortwährend reichlich vor sich ging, blieb die Gasentwickelung an der negativen Eiec- trode während der ersten zwanzig Secunden gänzlich aus, in Folge der Einschliefsung des Wasserstoffs durch das Palla- dium. Die Absorption betrug schliefslich das 200,4 fache Volum, und betrug also mehr als das Wasserstoffvolum, wel- ches durch dieselbe Plätte eingeschlossen wurde, als dieselbe nach dem Erhitzen in einer Atmosphäre dieses Gases er- kaltete ; im letzteren Falle wurde nicht mehr als das 90 fache Volum eingeschlossen.

Es ist bemerkenswerth, dafs, obgleich der Wasserstoff unter diesen Umständen in das Metall tritt und ohne Zweifel sich durch die ganze Masse desselben verbreitet, das Gas doch keine Neigung zeigte bei der Absorptionstemperatur von dem Metalle weg zu gehen und in einen leeren Raum zu entweichen. So wurde eine dünne, in der eben angege- benen Weise mit Wasserstoff beladene Palladiumplatte ge- waschen, mit einem Tuch abgetrocknet, und dann in eine ausgepumpte Glasröhre eingeschmolzen. Als die Spitze der Glasröhre nach zwei Monaten unter Quecksilber abgebrochen wurde, fand sich das Vacuum noch vollkommen erhalten. Kein Wasserstoff war in der Kälte (bei ungefähr 12^) ver- dampft; aber bei nachherigem Erhitzen auf 100^ und darüber wurde aus dem Metall das 333 fache Volum an Gas entmckelt.

286 Oraham, über die EinscUiefsung

Ein ähnliches Resultat wurde erhalten, als ein hohler Palladiumcylinder von 115 Millimeter Lange, 12 MM. Durch- messer und 1 HM. Wanddicke als negative Electrode in eine saure Flüssigkeit gebracht wurde, während die abgeschlossene Höhlung des Cylinders mittelst eines SprengeTschen Aspira- tors ausgepumpt erhalten wurde. Kein Wasserstoff drang im Verlaufe mehrerer Stunden in die luftleere Höhlung ein, wäh- rend das Gas ohne Zweifel durch die äufsere Oberfläche des Cylinders reichlich absorbirt wurde und sich in die ganze Masse des Metalls verbreitete.

Es ergiebt sich hieraus, dafs bei der Absorption des Wasserstofi's durch Palladium die Flüchtigkeit des ersteren Körpers gänzlich unterdrückt werde; und Wasserstoff kann in beträchtlicher Menge in Metallen anwesend sein, ohne eine irgend bemerkliche Tension bei niedrigen Temperatoren zu äufsern. Eingeschlossener Wasserstoff ist gewifs nicht mehr ein Gas, was man auch bezüglich seines physikalischen Zustandes denken möge. Dieselbe Schlufsfolgerung wurde angezeigt durch eine andere Reihe von Versuchen, in wel- chen gefunden wurde, dafs für die Einschliefsung des Was- serstoffs durch Palladium und selbst durch Eisen es nidit nöthig ist, das Gas unter stärkerem Druck einwirken zu las- sen, sondern dafs dasselbe selbst noch in stark verdünntem Zustande durch diese Metalle leicht absorbirt wird.

Der eingeschlossene Wasserstoff wird leicht in der Art aus dem Palladium wieder entfernt, dafs man die Stellung des letzteren in der Zersetzungszelle der Batterie umkehrt, so dafs man nun Sauerstoff an der Oberfläche des Metalies sich entwickeln läfst. Der Wasserstoff wird dann aus dem Palla- dium eben so rasch entfernt, als er vorher in dasselbe ein- getreten war, und das Metall wird durch diese Behandlung vollkommen wasserstofffreL Wenn mit Wasserstoff, belade&es Palladium der Atmosphäre ausgesetzt bleibt, so ist das Metall

des Wasserstoffgases durch Metalle. 287

fähige plötzlich heifs zu werden und das in ihm enthaltene Gas gänzlich durch freiwillige Oxydation zu verlieren.

Das Platin kann durch die Wirkung der Vol tauschen Batterie eben so wie das Palladium, nur mit dem wie ge- wöhnlich geringeren Betrage an Gas, mit Wasserstoff bela- den werden. Die von altem Platin, welches in Form einer Röhre von der Dicke eines kleinen Tiegels angewendet wurde, in einer Zersetzungzelle aufgenommene Beladung betrug 2,19 Volume. Das absorbirte Gas wurde auch wiederum rasch ans dem Platin entfernt und oxydirt, als die Stelle des Me- talles in der Zersetzungszelle umgekehrt wurde. Das Platin erhielt in Folge der Einschliefsung von Wasserstoff das be- kannte Polarisationsvermögen. Dieses Vermögen wurde auch durch das Metall noch zuräckgehalten , nachdem das letztere mit reinem Wasser abgewaschen und mit einem Tuch abge- wischt war, und kam bei dem Eintauchen des Metalle» in verdünnte Säure zu Wirksamkeit. Die zum Austreiben des Wasserstoffs, welcher in solcher Weise durch Platin absorbirt war, nöthige Temperatur wurde als nur wenig unterhalb der Rothglühhitze liegend befunden, obgleich das Gas in das Metall bei niedriger Temperatur eingetreten war.

Weiches Eisen, welches während einiger Zeit in ver- dünnter Säure gelassen war, schlofs 0,57 Vol. Wasserstoff ein. Diese Beladung mit Gas wurde auch bei niedrigen Tem- peraturen zurückgehalten, und entwich in ein Vacuum erst, als die Temperatur bis nahezu zum Rothglühen gesteigert wurde. Es beweist diefs, dafs das Eisen wie das Platin durch Wasserstoff in der Kälte nicht durchdrungen wird, da die Temperatur, bei weTcher Abgabe des Gases erfolgt^ beträcht- lich hoch liegt *).

*) In Cailletet^B Yersuch, bei welchem ein dünnes Eisenblech der Einwirkung einer Säure ausgesetzt wird, wird das Metall ohne

288 Oraham, über die Einschliefsunff

Während Wasserstoff darch Palladium und Platin, wenn diese Metalle als negative Polplatten angewendet werden, reichlich absorbirt wird, wird gar kein Sauerstoff absorbirt, wenn Platten ans denselben Metallen als positive Blectroden angewendet werden. Sauerstoffgas wurde an der Oberfläche der letzteren reichlich entwickelt, ohne condensirt zu werden. Eine Platinplatte, welche während mehrerer Stunden als posi- tive Electrode gewirkt hatte, gab nachher, dem Erhitzen unter Auspumpen unterworfen, nur eine geringe Spur von Kohlensäure aber keinen Sauerstoff aus.

Das bekannte Bntzändungsvermdgen , welches Platin- schwamm (oder reines Platinblech) für einen Strom Y(m Was- serstoffgas in der Luft besitzt, scheint lediglich auf der Ein- wirkung des Metalles auf den in ihm eingeschloss^en Was- serstoff zu beruhen. Der Wasserstoff scheint polarisirt und seine Anziehung zum Sauerstoff beträchtlich vergröfsert zu sein. Ich erlaube mir folgende Vorstellung bezflglich dieses Phänomens hier darzulegen, mit einer Entschuldigung dafür, dafs die Erklärung einen rein speculativen Character hat. Wird angenommen , dafs das Molecul des gasförmigen Was- serstoffs eine Verbindung von zwei Atomen dieses Elementes, ein Wasserstoff hydrur ist, so wäre zu folgern, dafs die An- ziehung des Platins zu dem negativen Atom des Wasserstoff- moleculs das letztere mit dem Metalle sich vereinigen läfsl. Das nur unvollkommen befriedigte Bestreben geht auf die Bildung eines Platinhydrürs. Das Wasserstoffmolecul ist dem- gemäfs polarisirt oder orientirt, mit seiner positiven Seite einwärts gekehrt und im Besitz einer Verwandtschaft zu

Zweifel vom Wasserstoff in der Kälte durchdrangen, aber wie es scheint in Folge der durchdringenden Wirkung der Sltoro, welche gleichzeitig ihren Weg in das Metall findet. Comptes rendus, 4. Mai 1868.

des Wasserstoff gasea durch Metalle. 289

Saaerstoff, welche beträchtlich gesteigert ist. Allerdings werden die beiden Atome eines Wasserstoffmolecnls als un- zertrennbar betrachtet, aber diefs ist doch wohl nicht unver- triglich mit der Annahme, dafs solche Wasserstoffatome, welche durch Verbindung mit Sauerstoff entzogen werden^ durch andere Wasserstoffatome ans den [benachbarten Mole- culen ersetzt werden. Es ist nur die Voraussetzung nöthig, dab zwei neben einander befindliche Wasserstoffmolecule zusammen auf ein einzelnes aufseres Sauerstoffmolecul [ein- wirken. Sie würden Wasser bilden und noch zwei Wasser- stoffatome oder ein Wassersti^molecnl an das Platin ange- lagert zurücklassen.

Die Oxydation des Alkohols, des Aethers und ähnlicher Substanzen unter Mitwirkung des Platins scheint gleichfalls eine unmittelbare Folge einer ähnlichen Polarisation des Was- serstoffs dieser Verbindungen oder eines anderen oxydir- baren Bestandtheiles derselben zu sein.

Wie bereits bemerkt wurde , folgt daraus ^ dafs ein Gas durch ein Metall unter dem Druck einer Atmosphäre bei einer niedrigen Temperatur eingeschlossen wird, noch nicht, dafs das Gas bei derselben Temperatur aus dem Metall in ein Vacuum austreten wird , sofern oft eine viel höhere Tem- peratur für die Austreibung eines Gases als für die erste Absorption desselben erforderlich ist. Diefs gilt namentlich für die Einschliefsung des Kohlenoxydes durch Eisen. Gufs- eisen ist viel zu porös für solche Versuche und läfst Kohlen- oxyd eben so wie andere Gase auf Grund der Diffusion von Gasen reichlich hindurchgehen. Selbst Schmiedeeisen bietet Schwierigkeiten für die Beobachtung, wegen der Lange der Zeit, während welcher dieses Metall fortfährt, Kohlenoxyd aus seinem eigenen Vorrath an diesem Gase zu entwickeln. Aber für eine Röhre aus Schmiedeeisen, welche zuerst von dem bereits in ihr enthaltenen Gase vollständig befreit war,

290 Graham^ über die Etnschliefsung

ergab es sich, däfs sie Kohlenoxyd nach eir a Vacunm lut. nur sehr langsam im Vergleich zu Wassei^foflf hindurchgehen liers, obgleich das Volum des Kohlenoxydgases^ welches das Metall zu absorbiren im Stande ist, ein recht erhebliches ist, sofern es 4 Volume betragt und gröfser ist, ab das Volum des Wasserstoffgases, welches dasselbe Metall einsohliefsen kann. Kohlenoxyd ging nicht in merklicher Menge durch Eisen von 1,7 MM. Dicke, bis die Temperatur betrachtlich erhöht war, und dann betrug, bei voller Rothglühhitze, der Durehgang des Gases für eine Minute und ein Quadratmeter Flache :

für Kohlenozyd : 0,284 GC. ;

für Wasserstoff : 76,5 .

Der Zustand des durch ein colloidales Metall eingeschlos- senen Wasserstoffs Mfst sich wohl amVortheilhaftesten in der Vereinigung des letzjeren mit Palladium untersuchen, wo die Menge des eingeschlossenen Gases eine beträchtliche ist In dem pulverig -schwammigen Zustand nahm Palladium 655 Volume Wasserstoff auf, und so beladen gab es kein Gas nach dem Vacuum hin bei gewöhnlicher Temperator ab, sondern erst, als die Temperatur bis nahezu auf 100^ erhöht wurde. Für gehämmerte Palladiumfolie ist beobachtet wor- den, dars sie ganz eben so viel Gas aufnimmt. Aber den Zustand, in welchem das Palladium mit dem gröGsten Ab- sorptionsvermögen ausgestattet zu sein scheint, nimmt es an, wenn es aus einer etwa 1,6 procentigen Lösung des Chlorids durch die Einwirkung einer Volta' sehen Batterie in der Form eines compacten Metalles ausgefällt wird. Das Palla- dium gehört nicht zu den Metallen, welche in solcher Weise leicht ausgefallt werden; aber es läfst sich durch die Wir- kung einer einzelnen grofsen Zelle auf einem dünnen Platin- draht in glänzenden Blättchen ausscheiden. Das Palladium löst sich nach einiger Zeit von dem Draht ab, und zeigt da, wo es mit dem Platin in Berührung gewesen war, eine glän-

des Wasserstoff gases durch Metalle. 291

zende weifse metallische Oberfläche, während es auf der Seite, wo es der Säare ausgesetzt war, eine matte, an metal- lisches Arsen erinnernde Oberfläche zeigt. So dargestellt enthalt es keinen eingeschlossenen Wasserstofi*. Aber als die metallischen Blattchen in Wasserstoff auf 100^ erhitzt und in demselben Gas eine Stunde lang langsam erkalten gelassen wurden, so ergab sich, dafs sie nun 982,14 Volume Gas, gemessen bei 11^ und 756 MM. Barometerstand, eingeschlos- sen hatten. Diefs ist die beträchtlichste Wasserstoffabsorption, welche beobachtet worden ist. So stark beladenes Palladium gab ein geringes Anzeichen dafür, dafs es Wasserstoff nach einem Yacuum hin mit fiufserster Langsamkeit in der Kälte entweichen läfst. Die Beladung dieses Palladiums ist, nach Gewichten ausgedrückt :

Palladium 1,0020 Gnn 99)277

Wasserstoff 0,0073 0,728

100,000.

Das Yerhältnifs ist das von 1 Aeq. Palladium zu 0,772 Aeq. Wasserstoff*), oder es entspricht einer Annäherung zu einer Verbindung nach gleichen Aequivalenten^ PdH. Aber der Auffassung, es handle sich hier um eine bestimmte che- mische Verbindung, stehen mehrere Betrachtungen entgegen. Das metallische Palladium erleidet keine sichtbare Verände- rung durch die Vereinigung mit Wasserstoff. Hydrure eini- ger Metalle sind bekannt : so das des Kupfers (Wurtz) und das des Eisens (Wanklyn); aber diese Verbindungen sind braune puWerige Substanzen ohne metallischen Character. In der That kann auch ein Palladiumhydrür gebildet aber seiner grofsen Unbeständigkeit wegen nicht aufbewahrt wer- den. In Befolgung des von Wurtz für die Darstellung des Kupferhydrürs angegebenen Verfahrens wurde salpeler- saures Palladium mit Schwefelsäure gekocht und das schwefel-

•) H = 1 ; Pd = 106,5.

19»

292 Oraham, über die Einschließung

saure Palladium (ein rothes krystallinisches Salz) dargestellt. Eine Lösung dieses Salzes mit einem Ueberschusse von Schwefelsaure wurde mittelst unterphosphorigsauren Natrons gefallt; ein schwarzes Pulver wurde ausgeschieden , welches bei 0^ rasch, unter reichlicher Entwickelung von Wasserstoff- gas, sich zersetzte. Was schliefslich zurückblieb ergab sich als reines Palladium; mit dem gewöhnlichen schwarzen amcNr- phen Aussehen desselben und mit keiner Spur von KrystalU- sation. Es ist sonderbar , dafs dieser Palladiumniederschlag keinen Wasserstoff eingeschlossen enthielt, und selbst, als das so dargestellte Palladiumschwarz getrocknet einer Atmo- sphäre von Wasserstoffgas in gewöhnlicher Weise ausgesetzt wurde, condensirte es keine merkliche Menge dieses Gases. Es erlangte jedoch diese Eigenschaft durch Erhitzen bis zum Rolhgluhen und Umwandlung in graues Palladium.

Ich bin zu der Schlufsfolge^ung geneigt, dafs dem Durch- gang von Wasserstoff durch eine Metallplatte immer eine Con- densatioiL oder Einschliefsung des Gases vorhergeht Aber es mufs auch zugegeben werden, dafs die Schnelligkeit des Durchgangs nicht dem Volum des eingeschlossenen Gases proportional ist ; sonst würde der Durchgang durch Palladium bei niedriger Temperatur ein viel beträchtlicherer sein, ab bei hoher. Eine aus diesem Metalle bestehende Platte war bei 267^ nahezu von eingeschlossenem Wasserstoffgas frei gemacht > aber sie gestattete diesem Gas noch den Durch- gang und zwar bei noch höheren Temperaturen in erheblich erhöhtem Grade, und ohne dafs sie gleichzeitig anderen Gasen den Durchgang gestattet hätte. In einem auffallenden Versuche wurde ein Gemische von gleichen Volumen Wasser- stoff und Kohlensäure durch eine kleine Palladiumröhre ge- leitet, deren innerer Durchmesser 3 MM. und deren Wand- dicke 0,3 MM. betrug. Von der äufsei-en Oberfläche dieser Röhre entwich bei Rothgluhhitze Gas in ein Vacuum mit der

des Wasserstoff gasea durch Metalle, 293

ungemein grofsen Geschwindigkeit von 1017,54 CG. in der Minute für 1 Quadratmeter Oberfläche. Dieses Gas trübte nicht Barytwasser; es war reines Wasserstoffgas.

Ein noch rascherer Durchgang von Wasserstoffgas durch Palladium wurde beobachtet für einen hohlen Cylinder aus diesem Metall von 1 MM. Dicke bei höherer^ dem Schmelz- punkte des Goldes nahe kommender Temperatur. Der Palla- dinmcylinder war in eine, reines Wasserstoffgas enthaltende Porcellanröhre eingeschlossen; er wurde wie gewöhnlich ausgepumpt und gab innerhalb , fünf Minuten 105,8 CG. Gas, gemessen bei 10^ und 753 MM. Barometerstand. Da die äufsere Oberflache der Palladiumröhre 0,0053 Quadratmeter betrug, so berechnet sich der Durchgang von Gas in der Minute für 1 Quadratmeter Oberflache auf 3992,22 GG. (nahezu 4 Liter). Vorher war für dieselbe Palladiumröhre beobachtet worden, dafs der Durchgang von Wasserstoff bei der nie- drigeren Temperatur 26b^ C. 327 GG. in der Minute für 1 Quadratmeter Oberfläche beträgt. Die Geschwindijgkeit des Durchgangs wächst hiernach rasch mit der Temperatur.

Als Kohlensäure an der Stelle von Wasserstoff ange- wendet wurde, war bei derselben hohen Temperatur nur ein sehr geringer Durchgang wahrzunehmen, welcher 1,86 GG. in der Minute für 1 Quadratmeter Oberfläche betrug. Diefs ergiebt für Kohlensäure nur V20000 von dem für Wasserstoff gefundenen Betrag. Ob der Durchgang der Kohlensäure eine, nur in viel geringerem Mafsstab stattfindende Erschei- nung derselben Art ist oder aber auf einer merklichen Poro- sität des Palladiums beruht (für welche sie ein Mafs abgeben würde), bleibt ungewifs.

Die Menge Wasserstoff, welche durch das Metall bei diesen hohen Temperaturen zurückgehalten wird, mag zu klein geworden sein, als dafs sie noch bestimmt werden könnte; aber ich vermuthe, dafs eine solche Menge noch

294 Graham^ über die Einschliefeung

vorhanden ist und durch eine Art rascher Camentation durch das Metall hindurch wandert. Diese äufserste Leichlbeweg- keit ist eine sonderbare Eigenschaft des Wasserstoffs, welche mit enthalten war in der durch H. Sainte-ClaireDeville und Troost gemachten fundamentalen Entdeckung des Durchgangs dieses Gases durch Platten von Eisen und Platin bei hohen Temperaturen.

Die beträchtliche Geschwindigkeit, mit welcher dasselbe Gas durch ein dünnes Caoutchoucblatt hindurchgeht, scheint einer Erklärung von bekannter Grundlage aus fähiger zu sein. Caoutchouc von weniger als 0,1 HH. Dicke verliert» wenn vorher mit Wasserstoff beladen, dieses Gas gfinzlicb, wenn es auch nur augenblicklich der Luft ausgesetzt wird. Eine Röhre von 2 MM. Dicke, durch welche Wasserstoff und Kohlensäure, jedes Gas für sich und zwar eine Stunde lang, hindurchgeleitet wurden, ergab als Menge des zurftck- gehaltenen Gases :

Tom Wasserstoff 0,0118 Volome;

Ton der Kohlensttore 0,2200

Die Absorption findet also im Verhältnisse von 1 Wasser- stoff zu 20 Kohlensäure statt ; aber der relative Betrag des Durchgangs der beiden Gase durch ein Caoutchoucblatt ist wie 1 Wasserstoff zu 2Vs Kohlensäure ; oder der Wasserstoff bewegt sich 8 mal so rasch als nach der Dichtigkeit der Lö- sung zu schliefsen wäre. Aber die Diffusibilitit dieser Gase ist verschieden im Verhältnisse von 1 für Kohlensäure zu 4,7 für Wasserstoff. Der rasche Durchgang des Wasserstoffs durch Caoutchouc erklärt sich so theil weise daraus, wie rasch dieses Gas durch Gasdiffusion an eine Oberfläche des Caoutchoucblatts gebracht und von der anderen weggeführt wird. Andererseits wandern beide Körper durch die Sub- stanz des Caoutchoucs auf Grund der Diffusibilität, welche ihnen als Flüssigkeiten zukommt. Nehmen wir an, dafs für

des Waaserstoffgasea durch Metalle. 295

diesen Zosland die Diffusibilitat des Wasserstoffs ungefähr in demselben Verhältnisse gröfser sei, als die des anderen Korpers, wie diefs für beide Körper in dem gasförmigen Zustande derselben der Fall ist^ so wurde die durch die Beobachtung ergebene Raschheit des Durchgangs des Was- serstoffs durch Caoutchouc vollständig erklärt sein.

Die Diffusion im flössigen Zustand ist auch von Bedeu- tung für die rasche Verbreitung des Wasserstoffs durch ein weiches colloidales Metall, wie Palladium oder Platin, bei hoher Temperatur. Bekanntlich ist die Diffusion von Salzen in Wasser bei 100^ 6 mal so grofs, als bei 0^. Wenn die Diffusion des flussigen Wasserstoffs in gleichem Verhältnisse bei steigender Temperatur wächst; so mufs sie bei Rothglöh- hitze eine sehr rasche Bewegung werden. Wenn auch die absorbirte Menge verringert (oder der Canal verengert) sein mag, kann doch die Strömung der Flüssigkeit so der Ge- schwindigkeit nach verstärkt sein. Die ganze Erscheinung scheint in Einklang zu stehen mit der Lösung von flussigem Wasserstoff in dem coUoidalen Metall. Die „Lösungsaffinität^ der Metalle scheint nahezu auf Wasserstoff und Kohlenoxyd beschränkt zu sein, so dafs die Metalle von anderen Gasen, als den eben genannten, nicht merklich durchdrungen werden.

Die Wärmeentwickelung bei chemischen Um- setzungen in ihrer Abhängigkeit von der Aen-

derung der Moleculzahl;

von Privatdocent Dr. Alex. Naumann.

Die mit chemischen Vorgängen verbundenen Wärme- erscheinungen hängen im Allgemeinen von vielerlei Umstän- den ab. Um aus den Beobachtungsergebnissen Zahlen zu

296 Naumann, Wärmeentwickelung bei ehem. Umsetzungen

gewinnen , welche nur aaf die bei Trennung und VereinigUDg von Moleculbestandlheilen absorbirten und entbundenen Wärmemengen Bezug haben, sind die Einflösse der gewöhn- lich begleitenden Nebenumstande so weit möglich auszu- schliefsen oder der Gröfse nach zu bestimmen.

Bertheiot*) hat den Einflufs verschiedener Bedin- düngen j unter welchen chemische Umsetzungen statthaben, auf die gesammte Wärmeentwickelung in Betracht gezogen. Insbesondere hat Berthelot den Zuslandsfinderungen und den Warroecapacitäten der vor der chemischen Umsetzung vorhandenen Körper zwischen der Anfangstemperatur und der Umsetzungstemperatur sowie den Zustandsänderungen und denWärmecapacit&ten der Umsetzungsproducte zwischen der Umsetzungstemperatur und der Endtemperatur Rechnung getragen. Die nach der betreiTenden Correction der Yer- suchswerthe sich ergebende WSrmeentwickelung bezeichnet B e r t h e 1 0 1 als die Verbindungsw&rme bei der betrefl'enden Umsetzungstemperatur. Wenn bei der Umsetzungstemperatur den sich umsetzenden Körpern und den Umsetzungsproducten der vollkommene Gaszustand zukommt, so ist nach Ber- thelot die auf diese Temperatur zurückgeführte Verbin- dungswärme die eigentliche, der alleinigen Wirkung der AfGnitälen entstammende Yerbindungswärme.

Wie aus den folgenden Betrachtungen hervorgeht ist dieser Berthelot 'sehe Satz nur für den besonderen Fall gültig, dafs bei der chemischen Umsetzung sich die Zahl der Molecule nicht ändert« Auch die weitere Ansicht Berthclot's, dafs für dieselben Körper die Verbindungs- wärme bei allen Umsetzungstemperaturen gleich grofs sei, wenn nur den sich umsetzenden Körpern und den Umsetzungs-

*) Ann. chim. phys. [4] VI, 290 ff.; im Außz. Jahresber. f. Chemie f. 1865, S. 47 ff.

m ihrer Ähhängtgkeit von d. Aendenmg d. Molectdzahl SI97

prodncten der vollkommene Gaszustand zukomme, ist nur für den erwähnten besonderen Fall und selbst dann nur unter der nach den seitherigen Erfahrungen noch berech- tigten Voraussetzung richtig, dafs bei Temperaturerhöhung die Holeculbestandtheile nur an lebendiger Kraft ihrer Be- wegungen gewinnen , ohne dafs dabei allmaiig schon ein merklicher Theil ihrer chemischen Anziehung überwunden wird.

Die einfachsten Verhältnisse würde eine Umsetzung voll- k'^mmener Gase bieten, aus weicher wiederum nur vollkom- mene Gase hervorgehen. Unter den in dieser Hinsicht möglichen Fällen würden diejenigen die einfachsten sein, bei welchen vor und nach der Umsetzung eine gleiche Anzahl von Moleculen sich vorfindet. Wenn sich unter der Vor- aussetzung des vollkommenen Gaszustands z. B. ein Holecul AA mit einem Molecul BB zu zwei Moleculen AB umsetzt, so würde indem man eine absorbirte Wärmemenge als negative entwickelte in Rechnung bringt die dadurch entwickelte Wärmemenge gleich sein dem Doppelten der bei der Vereinigung eines Atoms A mit einem Atom B ent- wickelten Wärmemenge,, welche durch ab bezeichnet sei^ vermindert um die Summe der bei der Vereinigung eines Atoms A mit einem Atom A und eines Atoms B mit einem Atom B entwickelten Wärmemengen, welche durch aa und bb bezeichnet seien. Es wäre die ganze entwickelte Wärme- menge W = 2a b aa b1). Dieselbe hängt also nur ab von den durch Trennung und Vereinigung von elementaren Atomen oder in anderen Fällen von Gruppen elementarer Atome bedingten Wärmeentwickelungen.

Anders jedoch gestaltet sich , unter fortwährender Vor- aussetzung des vollkommenen Gaszustands, der Ausdruck für die Abhängigkeit der bei chemischen Umsetzungen entwickel- ten Wärmemenge, wenn die Zahl der M olecule eine Aende-

^

^

298 Naumann, fFärmeenhvickelung bei ehem. Umsetzungen

rung erleidet; sei es eine Verminderung oder eine Vermeh-^ rung, welch letztere in der Folge als negative Verminderung in Rechnung kommen soll, so dafs die abzuleilenden Aus- drucke für beide Fälle Gültigkeit haben. Nach den Anschau- ungen der mechanischen Warmetheorie befinden sich die Molecole aller Gase in gradlinig fortschreitender Bewegung, und zwar ist die mittlere lebendige Kraft dieser Bewegung, oder, was dasselbe ist, die iii der fortschreitenden Bewe- gung eines Holeculs im Mittel sich darstellende Wärmemenge der s. g. absoluten (von 274^6 C, wofür in ganzer Zahl künftig 275^ gesetzt werden soll, an gezahlten) Tempera- tur T proportional. Diese Wärmemenge ist unabhängig von der Zusammensetzung des Moleculs, also auch für verschiedene Gase bei gleicher Temperatur gleich grofis und sonst der absoluten Temperatur proportional. Es lifst sich nun der absolute Werth der in der fortschreitenden Bewegung eines Holeculs von einer beliebigen absoluten Temperatur T^ sich darstellenden Wärmemenge bestimmen.

Vor einiger Zeit habe ich *) aus einem von Clausius entwickelten Ausdruck für das Verhaltnifs der lebendigen Kraft der fortschreitenden Molecularbewegung zur gesammten in einem Gase vorhandenen lebendigen Kraft direct abgeleitet, dafs die Ausdehnungswärme für vollkommene Gase, d. L die Wärmemenge, welche bei der Ausdehnung des Gases unter constantem Druck in fiufsere Arbeit umgesetzt wird, zur Molecularbewegungswärme, d. i. zu der die lebendige Kraft der fortschreitenden Bewegung der Molecule vermehrenden Wärmemenge, in dem constanten Verhaltnifs von 2 : 3 steht Nun ist aber für gleiche Temperaturerhöhung die Ausdeh- nungswärme, wie Du long**) durch den Versuch dargethan.

*) Ann. Chem. Pharm. CXLII, 267. **) Pogg. Ann. 1829, XVI, 476.

in ihrer Abhängigkeit von d. Äenderung d, MoleculzahL 299

aber Clausius*) zuerst erklärt hat, für gleiche Volume aller Gase bei gleichem Druck gleich grofs und beträgt für eine Temperaturerhöhung von i^ G. bei einem Druck von 76(r° Quecksilberhöhe 0,0691 *♦) Wärmeeinheiten, wenn man als Volumeinheit den von der Gewichtseinheit Luft bei (fi und 760°^ Druck erföllten Raum nimmt. Mithin beträgt die in dem constanten Verhältnifs von 3 : 2 su ihr stehende Holecularbewegungswärme vorbezeichneter Volumeinheit für

eine Temperaturerhöhung von 1^ C. = ^-~ = 0,10365

Wärmeeinheiten. Da es nun im Begriff des absoluten Null- punkts liegt, dafs bei ihm die Molecularbewegung gleich Null ist, und da die Festsetzung desselben auf 275^ G. die Voraussetzung in sich schliefst, dafs die lebendige Kraft der Molecularbewegung von da ab der absoluten Temperatur proportional wachse, so müssen bei der Erwärmung des be- zeichneten Volums eines Gases vom absoluten Nullpunkt bis zu der absoluten Temperatur T^ (= 275 4~ 0 ^^^ ^^^ ^^^^~ schreitende Molecularbewegung aufgewandt werden 0,10365 T Wärmeeinheiten. Polglich ist die in der lebendigen Kraft der fortschreitenden Molecularbewegung der obigen Volum- einheit eines Gases bei 760°^ Druck und der absoluten Tem- peratur T^ sich darstellende Wärmemenge ebenfalls = 0;i0365 T Wärmeeinheiten.

*) PoSfii- ^ii^* l^^O, LXXIK, 397; siehe auch Ann. Chem. Pharm. CXVm, 115.

•*) Ann. Chem. Pharm. CXVm, 116. Dieser Werth für die Aus- dehnnngswarme geht herror ans dem Mttelwerfh 0,23773 der nahezu gleich gefnndenen, auf die angegebene Yolmneinheit be- zogenen spec. Wärmen der drei permanenten Gase (Wasserstoff, Sanerstoff nnd Stickstoff) nnd dem ans der Fortpflanznngsgeschwin- dlgkeit des Schalls (vgL Pogg. Ann. CXIX, 393) und anderen (vgL Ann. Chem. Pharm. CVm, 113) Beobachtungen zu 1,41 be- stimmten VerhAltnifs der spec. Wärme bei constantcm Druck zu derjenigen l>ei constantem Volum.

300 Naumann^ Wärmeentwickelung bei chem* Umsetzungen

Für chemische Zwecke ist es passender, den Inhalt an Molecularbewegungswärme auf die durch die Molecularge- Wichte bezeichneten Gasmengen zu beziehen^ Die vorste- hende Zahl für den Inhalt an Molecularbewegungswärme irgend eines Gases bezieht sich auf das von der Gewichts- einheit Luft bei 0^ und 760°'°' Druck erfüllte Volum , welches also, da die spec. Gewichte der Gase auf dasjenige der Luft als Einheit bezogen sind^ für jedes Gas die durch die be- treffende, das spec. Gewicht angebende Zahl ausgedrückte Gewichtsmenge bezeichnet. Da nun für jedes Gas nach den für die spec. Gewichte und die Moleculargewichte üblichen Einheiten das Holeculargewicbt das 28,94 fache des spec. Gewichts beträgt, so ist auch der auf die Moleculargewichte sich beziehende Inhalt an Molecularbewegungswärme für alle Gase gleich dem 28,94 fachen des obigen Zahlen werths. Mit- hin ist indem in der Folge die durch das Molecularge- wicht gegebene relative Menge eines Gases kurzweg als ein Gasmolecul bezeichnet werden soll bei dem durch die absolute Temperatur T^ bezeichneten Bewegungszustand der Inhalt irgend eines Gasmoleculs an Molecularbewegungswärme J„ = 28,94.0,10365 T = 2,999631 T, also ist

J„ = 3 T Wanneeinheiten. (1)

Hat man nun m^ gleichartige *oder ungleichartige Gas- molecule von der absoluten Temperatur T% so ist deren Ge- sammtinhalt an Molecularbewegungswärme = m'. 3 T^ Ent- stehen aus diesen m^ Gasmoleculen von der absoluten Tem- peratur T' bei chemischer Umsetzung m^' Gasmolecule von der absoluten Temperatur T^% so ist ferner der jetzige Ge- sammtinhalt an Molecularbewegungswärme = m". 3 T^^ Folg^ lieh ist die durch Aenderung der Zahl und der Temperatur der Molecule entwickelte Wärmemenge

A„t = m' . 3 T' m" . 3 T" = 3 (mT' m"T") VTarmeeinheiten. (2)

Unter der vereinfachenden Voraussetzung, dafs die An- fangs- und die Endtemperatur, d. h. die Temperatur der vor

in ihrer Abhängigkeit von d. Äendevtmg d, MolectdzahL SOI

und der nach der Umsetzung yorbandenen Körper die Zer- setonngstemperatur T„ selbst, also T'' = T' = T„ sei, ist die durch Aenderung der Moleculzahl entwiciLelte Wärme«- menge

A„ = m' . 3 T„ m" . 3 Tu = (m' m") - 8 Wänneeinheiten. (3)

Ist m' = m'', so ist Am = 0, wie diefs auch schon in der Einleitung hervorgehoben wurde. Ist m' !>m'% so ist Am positiv ; es findet dann durch Verringerung der Molecul- zahl eine Wärmeentbindung, also ein Zuwachs zu der durch Trennung und Vereinigung von Moleculbestandtheilen sich ergebenden Warmeentwickelung statt, Ist m'<Cm^', so ist Am negativ ; es findet dann durch die Vermehrung der Mo- lecule eine Wärmeabsorption, als6 eine Verringerung der durch Trennung und Vereinigung von Moleculbestandtheilen ohnehin sich ergebenden Wärmeentwickelung statt.

Vorstehende Ergebnisse für den Einflnfs der Aenderung der Moleculzahl auf die Wärmeentwickelung bei chemischen Vorgängen finden gleichfalls auf die Umsetzung unvollkom- mener Gftse Anwendung, da die mittlere lebendige Kraft der fortschreitenden Molecularbewegung für alle Gase, seien die- selben vollkommene oder unvollkommene, durch die absolute Temperatur bezeichnet wird.

Wasserstoff und Sauerstoff setzen sich oberhalb der Roth- glühe *) des Eisens zu Wassergas um. Schätzt man diesen Wärmegrad zu 500^ G., d. h. setzt man T = 775, so ist bei der Umsetzung 2 H2 -h O2 = 2 H^O die allein auf Rech- nung der Aenderung der Moleculzahl kommende Wärme- entwickelung nach Gleichung (8) = 3 . 775 = 2325 Wärme- einheiten.

Für dissocia^ionsfähige Körper leitet sich aus hin- reichend vorliegenden Dampfdichtebestimmungen die Zer-

*) £. Frankland, Ann. Chem. Pharm. CXXIY, 103.

302 Naumann^ Wärmeentwichdung bei chem.Umsetzungen

setznngstemperatur *) T^ als die Temperatur der halbvollen- deten Zersetzung ab, und ist sonach der Zahlenwerth Am des Einflusses der Aenderung der Moleculzahl auf die Wirme- ent Wickelung bei der Umsetzungstemperatur bestimmbar. Der- selbe hat wegen der Vermehrung der Molecule stets einen negativen Werth, h. es findet durch die Aenderung der Moleculzahl allein eine Warmeabsorption statt, wie auch folgende Zusammenstellung zeigt :

Zusammen-

UmsetKongs-

Namen der Gflse

setzung

prodnete

m' m"

T„

A.

Bromwasflerstoffamy-

len**) ....

65H10 . HBr

GÄo+HBr

1

619«

1567

Jodwasserstoffamv-

len***) ....

€Ao+HJ

1

600

1600

Phosphorchlorid f )

PCI5

PCI, + Cl,

1

476

1425

Sohwefelsäurehy-

dratft) .

8H,04

NO,-j-N0,

1

620

1860

UnteiBalpeierBänre *)

N.O4

1

336

1006

Das Ozonmolecul ist nach Versuchen von Sorot**) ans drei Sauerstoffatomen zusammengesetzt. Bei der Bildung von gewöhnlichem Sauerstoff aus Ozon entstünden demnach ge- mafs der Umsetzungsgieichung 2 Os = 3 O9 aus zwei Mole- culen drei Molecule und durch diese Aenderung der Molecul- zahl würden mithin bei der unbekannten Umsetzungstem-

*) A. Naumann, Ann. Chem. Pharm. Supplementbd. V, 860.

**) Daselbst ßuppl. V, 347 u. 361.

***) Daselbst. Für diesen Körper ist die 25ahl für weniger genau als für die übrigen.

t) Daselbst Suppl. V, 348 u. 861.

tt) Daselbst Suppl. V, 349 u. 362.

*) Daselbst Suppl. VI, 203 u. 206.

**) Ann. Chem. Pharm. CXXXVUI, 46, und Ann. Chem. Pharm. SuppL V, 148.

in ihrer Äbhängigheit von d, Aenderung d, MolecuhahL 303

peralar T nach Gleichung (3) = 3 (2 3) T = 3 T Wärmeeinheiten entwickelt , d. h. 3 T Wärmeeinheiten ab- sorbirt, abgesehen von den aus sonstigen Gründen etwa stattfindenden Warmevorgangen.

Für die Anwendung der Gleichung (8) ist die Kenntnifs der Umsetzungstemperatur erforderlich, die nun meistens mangelt. Es ist aber die Bestimmung des Einflusses der Aenderung der Holeculzahl auf die Wdrmeentwickelung unter gegebenen Verhältnissen auch möglich, wenn die Umsetzungs- temperatur nicht bekannt ist. Es werde, wie bei den von Favre und Silbermann und von Anderen vorliegenden Versuchen, als Anfangstemperatur, d. h. als Temperatur der vor der Umsetzung vorhandenen Körper, und zugleich als Endtemperatur, d. h. als Temperatur der nach der Umsetzung vorhandenen Körper , die gleiche unterhalb der Umsetzungs- temperatur liegende Temperatur vorausgesetzt. Nach dem die Aequivalenz zwischen Wärme und zwischen chemischer und physikalischer Arbeit ausdrückenden Satze *) : „wenn ein System einfacher oder zusammengesetzter Körper unter bestimmten Verhältnissen gegeben ist und dasselbe physika- lische oder chemische Aenderungen erfährt, welche das System in einen neuen Zustand überfuhren , ohne dafs dabei äufsere mechanische Wirkungen vollbracht werden, so hängt die bei diesen Aenderungen erzeugte oder absorbirte Wärme- menge einzig und allein von dem Anfangszustande und dem Endzustande des Systems ab, ist aber dieselbe, welches auch die Art und die Folge der Zwischenzustände sein raag^ , ist es alsdann für die gesammte Wärmeentwickelung, für die ganze Energiedifferenz zwischen den vor und den nach der Umsetzung vorhandenen Körpern, vollkommen gleichgültig,

*) Berthelot, Ann. chim. phys. [4] VI, 294; Jahresber. f. Chem. f. 1865, S. 47.

304 Na umanrif Wärmeentwichelung hei ehem. ümaeUsu ngen

bei welcher Temperatur die Umsetzung stattgefunden liaf. Um nun die für die Wärmeentwickelung gefundene Zahl des Einflusses der Aenderung der Moleculzahl bei der vorlie- genden Anfangs- und Endtemperalur zu entkleiden, bat man in Gleichung (3) für T eben diese Temperatur einzusetzen.

So entspringen bei der durch die Gleichung 2 H2 + ^a = 2HsO ausgedruckten Umsetzung, wenn man als Anfangs- und als Endtemperatur die gewöhnliche Temperatur von 15® G. annimmt, von der gesammten Wärmeentwickelung der Aenderung der Moleculzahl (3 2) . 3 . (275 + 15) = 870 Wärmeeinheiten. Oder mit anderen Worten : von der ge- sammten EnergiedifTerenz zwischen 4 Gewichtseinheiten Was- serstoff und 32 Gewichtseinheiten Sauerstoff von 15® einer- seits und 36 Gewichtseinheiten Wassergas von derselben Temperatur andererseits kommen 870 Wärmeeinheiten auf Rechnung der Aenderung der Moleculzahl.

Für die Aenderung der Moleculzahl bei vollständiger Verbrennung durch Sauerstoff lassen sich für sämr^üiche Glieder derselben homologen Reihe gültige Formeln aufstellen und hiernach auch entsprechende Ausdrucke för die durch alleinige Aenderung der Moleculzahl bedingte Wärmeent- wickelung gewinnen, wenn diese bei einer beliebigen abso- luten Temperatur T als Anfangs- nnd Bndtemperatur, wofür selbstverständlich auch jede Verbrennungstemperatur gesetzt werden darf, betrachtet wird. In der folgenden Tabelle ist die Verbrennung von je einem Molecul, d. h. von der durch das Holecnlargewicht ausgedruckten Menge in Betracht ge- zogen. Es wird hierdurch die vergleichende Uebersicht er- leichtert, wenn auch in den Umsetzungsgleichungen und für die Aenderung der Moleculzahl (vielleicht die Vorstellung etwas störende, aber die Richtigkeit der Ergebnisse nicht beeinträchtigende) Bruchtheile von Moleculen vorkommen.

in ihrer Abhängigkeit von d. Aenderung d, MoUcuhahl 305

!

m*

m

n

m'— m"

Kohlenwawerstoffs Kohlenwassentoffe Koh lenwassers toffe

Alkohole )/j cl

Aldehyde QJä^Q

Ä}«-«-^'

3 ^n^

2" + 2

2" "~ *2

3X1 1 + -2-

1 , 3n 2'' + T

8n 2

2ii+l

2ii

2n--3

2n+l

2n

2n

2

2 5 n

n 2

2 n

J n 2" ~

2 n 2

6 n

.ST

.3T

.3T

--2^.8T

1 n

.8T

-.— .8T

Wie die Tabelle lehrt, findet för Alkohole 1 Säuren und Aether schon bei der Verbrennong des Anfangsgflieds eine Vermehruug der Holecule und hierdurch eine Verringerung der sonstigen Wdrmeentwickelung statt. Dasselbe tritt auch für die höheren Glieder der übrigen Reihen ein. Fdr sammt- liehe Reiben entspricht einem Zuwachs von n GH» ein Zu- wachs der durch alleinige Aenderung der Moleculxahl be-

dingten Warmeentwickelung von -^ T- Diefs Ergebnifs

lärst sich auch dircct aus der Yerbrennungsgicichung

(n€H,) + nO, + -g- ^t = n€0, + nHtO

ableiten, nach welcher

n

m'-m- = ii+- -(n + ii) = ~

2

Aus dem Umstände, daFs bei bestimmter Anfangs- und Endtemperalur die gesammte Warmeentwickelung d. h. die EnergiedifTerenz der vor und der nach der Umsetzung vor- handenen Körper dieselbe ist, bei welcher Temperatur die

Aanal. i. Cham. o. Phann. VI. 8nppl«in«Dfcbd. t. Haft. 20

30i^ Naumann^ Wärmeentwkkelu^g bei ckemMm^eimmgem

Umsetzung auch stattfinde, darf man jedoch nicht scKliefseii, dafs die gcsammte Wärmeentwickelung bei verschiedenea Umsetzttngstemperaturcn gleich grofs sei. indem in dieser Hinsicht B e r t h e I o t *) die Abhängigkeit der Umset^ungs- wärme von der Umsetzungstemperatur durch die folgende Gleichung (4) ausdrückt, behauptet derselbe dagegen ande- rerseits die Unabhängigkeit der Wärmeentwickelung von der Uinsetzungstemperatur für den Fall , dafs sowohl den vor als den nach der Umsetzung vorhandenen Körpern der voll- kommene Gaszustand zukomme. Es kann dieb schon des* halb nicht allgemein richtig sein, da nach Gleichung (3) aach für vollkommene Gase der Eiaflufs der Aenderung der Ho- leculzahl mit der Temperatur zunimoit. Ist Qt die Wärme- entwickßlung b«i der Umsctzungstemperatur t^, Q«- diejenige bei der Umsetzungstemperatur v^, so ist

Qr Q, + ü - V, (i)

worin U die Summe der Wärmeeapacitäten der vor der Um- setauiig und V diejenige der nach der Umsetzung vorhan- denen Gase zwischen den Temperatnrgrenien 1^ imd %^ bezetchnen. Die Differenz U— V schliefst den mit der Ten- peratur steigenden Zuwachs des Einflusses der Aenderung der Molecttlzahl in sich, da die Zunahme der Moleoolar- bewegungs wärme für 1^ Temperaturerhöhung in der spec. Wärme einbegriffen ist. Berthelot**) ist der Meinung, dafs für vollkommene Gase die Summe der Wärmeeapacitäten der vor der Umsetzung vorhandenen Körper gleich sei der Summe der Wärmeeapacitäten der Umsetzungsproducte ***),

*) Ann. eh. phys. [4] VI, 803; Jahresber. f. Cbem. u. 8. w. f. 1865fe & 49.

**) Ann. eh. phys. [4] VI, 816; Jahnsber. f. Cbem. h. 8. w. L 1965» S. 62.

***) In Anwendung dieses Satzes aof die UmsetEong Ton Wasserstoff und Sauerstoff m Wasserdampf nimmt Berthelot aa, dmüi die swi-

m ikrer AhhämpgkeU v<m> d. AentUrunig d. MolecuUald. 307

daft also föf den voUkommenen Gaszqstand U -- V = 0, folg- lieh Qr =*= Ot sei« Da aber die Wännccapacililt auch von <lef Zahl der Malscide abhängt , so trifft die Annahme von BeKlbei^ot jedenihlls nichi zo, wenn die Maleculzahl bei A&r UrasMziflig' eine Aenderiuig erlcMet , und es \¥ird dana die Warmeentwickelong fär verschiedene Umsetzungstem- peraluren ebenfalls verschieden grofs sein.

Es Idfst sich die Gleichung Q«. = Q^ 4. U Y auch anwenden^ wenn t und % nicht Umsetzungstemperaturen, son- dern t eine gewisse Anfangs- und Endtemperatur, r eine andere Anfangs- und Endtemperatur bezeichnen, und man dia fikiergiedifferenz der vor und nach der Umsetzung vor- handenen Körper bei der Temperatur t^ auf diejenige bei der Temperatur t^ beziehen will. In dem ganz allgemeinen Fall, dafs zwischen t^ und %^ auch Zustandsanderungen so- wohl der vor der ITmaetzMg als der naich der Umsetzung vorhandenen Körper stattfinden können, bedeutet dann U den (durch Zttslandsanderungen und Wdrmecapacitaten) sich er- gebenden, in Wirmeeinhciten ausgedruckten Bnergiezuwacha der vor der Umsetzung vorhandenen Körper bei einer Tem- f eraturerhöbong von i^ auf t^ ; und V bedeutet den (durch 2ustand5änderungen und Warniecapacitäten) sich ergebenden Energiezuwachs der nach der Umsetzung vorhandenen Körper ibei einer Temperaturerhöhung von i^ auf t^ Bs ist dann in

sehen 120 imd 220^ 0,48 betragende spco. Wftrme des Wasser- dampfs für den Tonkommenen Gaaznatand anf 0»67 steige (vgi Ann. ohim. phys. [4] VI, 301, 819). Es ist aber in Hinsicht anf die darch die mechanische Wärmeiheorie über das Wesen der Gase ausgebildeten Vorstellongen durchaus nnzulftssig, anzunehmen, daft die spec. WErme desselben Körpers im ToUkomraenen Gas- zustand, wo keine Molecularanaehnngen mehr sa überwinden sind, f:rGiser sei ak im nnroUkommenen Gasiustaaid, in welchem Ar Ueberwindung der wechselseitigen Axuiehnsg der llole<nde noch Wftrme yerbraucht wird.

30»

308 Franklandj über du Verlrennnng vcn WasBergtoff

der Differenz U V der Unterschied des bei den verschie- denen Temperaturen t^ und x^ auch verschieden gr<rfsen Ein- flos^ses der Aendemng der Moleculzahl auf die gesaminte Warmeentwickelung mit berCk$ksichtigrt, da die betreffenden Wfirmecapacitaten die Aenderungen derMolecularbewegungs-* wflrmen in sich schliefsen.

Gicfsen, Juli 1868.

Ueber die Verbrennung von Wasserstoff und Kohlenoxyd in Sauerstoff unter hohem

Druck ;

von E. Franktand*).

- In eirier früheren Miltheilung **) beschrieb ich Unter-* fachungen über den Einflufs der Verminderung des Drucks auf einige Verbrennungserscheinungen, und leitete aus den* telben das Gesetz ab, da/a die Verringenmg der Leuchtkraft der Verminderung dea atmosphärischen Drucks direct pro^ portional ist.

Weitere Versuche , welche vor linger als einem Jahre über die Natur des das Leuchten Bedingenden in einer Stein- kohlengas-FIamme ***) angestellt wurden, liefsen mich die Richtigkeit des von Humphry Davyf) zuerst aufgestellten und seitdem allgemein angenommenen Satzes bezweifeln^

*) Frooeedings of the £07«! Society XVX, 419.

••) Phil. Trans. CLI, 629 (1861).

***) Vorlesungen Aber Bteinkohlengas, gehalten in der Bojal Institu- tion im MArs 1867. Journal of gas-lighting.

t) PhiL Trans, for 1817, 75.

0

und Kohlenoxyd in Sauersk^ unter hohem Druck. 909

^rs 4u Liohl einer Gasfli^iiiüe und von leuchtenden Flammaa im Allgemeinen auf dem Vorhnndensein fesler Tbeilchen bemhe. Was Gas- und Keraenflammen betrifit^ so ist ea jetzt wohlbekannt, dafs die bei dem Niederdrücken eines iStttckea Drahtgewebe auf solche Flammen sich ausscheidende rnfsige Substanz und die ruTsigo Ausscheidung , welche ein in dhnUcher Weise in eine solche Flamme gebrachtes Slfick weifiies Porcellan bekleidet/ nicht rdner Kohlenstoff sind, sondern Wasserstoff enthalten , der nur bei Mngerem Ver- weilen in einer Chlorgas-Atmosphäre bei Weifsglühhitze ganz weggeschafft werden kann. Bei weiterer Verfolgung dieses Gegenstandes fand ich, dafs es mehrere Flammen giebt, welche in hohem Grade leuchtende sind und doch unmöglicher Weise feste Tbeilchen enthalten können. So strahlt die Flamme des in Sauerstoffgas verbrennenden metallischen Arsens ein bemerkenswerth intensives weifses Licht aus; und. da metallisches Arsen sich bei 180^ G. verflüchtigt und sein Verbrennungsproduct(Arsenigsättre- Anhydrid) bei 218^0«, wfihrend die Ergiuhungstemperatur fester Körper mindestens 500^ C. ist, so ergiebt sich die Unmöglichkeit, hier die An- wesenheit gluhetfder fester Tbeilchen in der Flamme anzu- nehmen. Wiederum : wenn man Schwefelkohlenstoffdampf in Sauerstoff verbrennen lafst, oder Sauerstoff in Schwefelkoh- lenstoffdampf, so wird ein fast unerträglich glänzendes Lichl entwickelt; nun ist niemals in dieser Flamme, in keinem Theile derselben, rufsige Substanz vorhanden^ und der Siede- punkt des Schwefels (440^ C.) ist unterhalb der Glöhtem- peratur, so dafs die Annahme der Gegenwart fester Tbeil- -cihen in der Flamme auch hier unzulässig ist. Aendert man den letzten Versuch in der Art ab, dafs man Stickoxyd aa 4er Stelle von Sauerstoff anwendet, so ist das Resultat noch dasselbe; und das blendende Licht, welches bei der Ver- brennung dieser Verbindungen hervorgebracht wird^ ist auch

810 Frankland^ über du Verbrennung wm Wet^etratoff

m reich «n «Mrker breebbar«n ^Slralileii , Ms >es clava be- nnlzl worden ist, in efnem Atfenblicke pholografrfiiselie Bilder erhallen za lassen und die Erscheking der Phi»- reaoenz herverziriMrinifen.

Hehrere andere ilmtiche FSlfe der Henrorl^ringiiiig gMn- senden Lichtes durch ^Ohende fas- oder dampISmige Kee- per kdnnlen hier anfeführl werden ; dock will ieh wir noch Eines erwtbnen. Unter den ebenrisehen Reaettenen, welche heflfiglich der Hervorbringfing blendenden Li^es kerihmU sind^ übertreffen nur wenige die rasche Verbrennung dos Phoq[>hers in Sauerstoff. Nun ist das Phosphorsfiure-Anhydrid, das Preduct dieser Verbrennung, bei Rothgli^hitce fiöehlfg; und es ist also offenbar unmöglich, dafs diese Suhstanz bei der TemperaAnr der Phospherflanraie , welche den Schineh- ponkt des Platins weit übersteigt, in fester Perm exisKre. Aus diesen Gründen , und anderen in den oben erwihnlen Vorlesungen engeführten, bin ich der Ansicht, dafs nicM glühende Kehlethcilcfaen in Gas- und Kersenfianmien die ihielle des Lichtes sind, sondern dafs das Leuchten dieser Ftemmen auf Ausstrahlungen von dichten aber durchsichtigen Dämpfen von KohlenwasserstolTen beruht. *AIs eine weitere Verallgemeinerung aus dem oben erwähnten Versuche ergab, sich mir die Schlursfolgerung, dafs dichte Gase und Dfimpfe bei viel niedrigeren Temperaturen leuchtend werden, ab elastisch - flüssige Körper von verhfiltnifsmtfsig niedrigem specißschem Gewicht, und dafs dieses Resuhat grefseMhefls, wenn nicht ganz, unabhängig ist von der Natur des Gases oder Dampfes, sofern ich fand, dafs Gase von niedrigem speciüschem Gewicht, welche bei ctner gewissen Temperatur nicht leuchtend sind, wenn sie unter dem gewöhnlichen Druck* der Atmosphäre verbrannt werden, leuchtend werden^ wenn sie zugleich slfirker zusammengedrückt sind. So geben die Gemischo von Wasserstoff und Koblenoxyd mit Sauerstoff nur

un4 fiokknostpd fft Sauerstoff unter hohem Drutk. 81i

WMiif Uclftl, i^Mh iito In frerer Ltf ft vctl^nimtt odvt cxpItMJirt werden, über sie zeigen intensives LeucMen, wenn mM Sril» itt f evchtüSMWMfi CMa^gfelftrsen ^xpUAik-en liFs! , so dtifi^ ihre AwdehMmfr im Aagenbllek« der Verbterm«n^ Vcfhindert iirt. leb Mibe In neuerer Zeil dte^ Versnehe Busged^nt attf *e Vei1!)renn<ii»g' toh Wftssers^otf- und ton Kohlenoxydga*, w«iGhos in SoU0r»to(F{^as mvter einom «nmMttJif b\6 tti 20 AI* niDBphirMi wadisenden Draelc strömt diesen Tersuchetl ^ente ein iffftrkes GeflFs ans Bfsen, welches mit einer dichen filtspiatto VOM gcnigimder Gräfte rcf sehen war, um die vplisobd Untersvehung der t^Iammo tn efmögliehen. Die Resultfite aind so bemei*kenswef ih , itafs ieh sie , wenn sto gieiek noeh nidbt gana voilständige sind, hier mittheile)i will. Wie ebi in Saaersteffgaa imler <h9m geivAhftitthtm Druck 4cir Atmos^ro brcmiendar Strom von Wasserstoffgas BussteM, iai M bekannt, als dafs es einer Beschreibung bedQrfte» Lftfai man den Druck auf iKwei Atmosphären steigen^ so wird das ?orber schwache Leocblen sichtbar verstärkt ^ wahrend^ «titer dem Druck von 10 Atmosphären das von einem Was« aerstoffatrom von etwa 1 Zoll Linge ausgegebene Licht reiche Koii genügt, den Beobachter in einer Bnlfefnüng von 2 FiA von der Flamme «4na Zeitung les^n tu lassen , und zwaf Ohne dafe sich eine reÜeetfa-endc Fliehe hinter der Fiamma feefindet. Durch das Speßtrosoop beobachtet erscheint dM SpectruiH dietef Flamme Kell und vollkorftmfn tontlnuitUek vom Soifi bis «um Violetf.

m

Bei stärkarem anfiingliehem Leuchten wird die Flamma des Kohlenoxyds in Sauerstoff unter einem Druck von zehn Atmosphären viel leuchtender, als eine Flamme des Wasser- Mffs von gleicher Grdrse unter demselben Druck ist. Von dem Spectrum des in Luft brennenden Kohlenoxyds ist ea bekannt, dafs es ein continuirliches ist; brennt das Kohlen« oxyd in Sauerstoff unter einem Druck von vierzehn Aimo-

312 Frankland, über du Vtrbrennunff van Wasserstoff

q>h§ren , so ist das Spectnim der FlamiAe sehr gUnzend und voUkoinmen conlinuirlich. ,

Wenn es richtig ist, dafs dichte Gase mehr Licht aus- strahlen als weniger dichte» wenn sie zum Glühen erhilsK sind, so murste der Durchgang des electrischen Fankens durch verschiedene Gase einen Betrag an Licht hervorbrin- gen^ welcher n^it der Dichtigkeit des Gases variirt; und diefs ist in der That der Fall, denn wenn man unter mög- lichst gleichen Umständen electrische Funken durch Wasser- stoff, Sauerstoff, Chlor und Schwefligsaure-Anhydrid schlagen Urst, so wird im Wasserstoff Licht von nur sehr geringer Intensität hervorgebracht, während die des Lichtes im Sauerstoff betrachtlich und die des Lichtes im Chlor und im Schwefligsaure -Anhydrid sehr grors ist. Wird zur Flds- sigkeit condensirtes Schwefligsfiuro - Anhydrid - in eine mit jPlatindrähten versehene starke Glasröhre eingeschmolzen, und lafst man dann die Temperatur steigen bis der innere Druck drei bis vier Atmosphären beträgt, so ist der Durch- gang von Inductionsfunken durch das eingeschlossene Gas von stark glänzenden Licbtblitzen begleitet. Wenn man fer- ner einen Strom von Inductionsfunken durch Luft gehen lafsli welche in einer, mit einer Verdichtungspumpe in Verbindung stehenden Glasröhre eingeschlossen ist; und den Druck der Luft allmälig auf zwei bis drei Atmosphären steigert, so be- obachtet man eine sehr deutliche Zunahme in dem Leuchten der Funken, während, wenn man die verdichtete Luft ent- weichen läfst, die Erscheinung in umgekehrter Richtung be- obachtet wird.

Der durch 50 Zellen der Grove 'sehen Batterie her- vorgebrachte Lichtbogen ist unvergleichlich starker leuchtend^ wenn sich Quecksilberdampf an der Stelle von atmosphäri- scher Luft zwischen den Kohlespitzen befindet.— Die im Vor-

und Kohlenaxyd in Sauerstoff unter hohem Druck, 313

hergehenden erwähnten Gase and Dampfe haben folgende relaliYe Dichtigkeiten :

Wusentoff 1,0

Luft 14,6

BftQontofl 16^

ScbwefligsäUEfi- Anhydrid 32,0

Chlor 36,5

Quecksilber 100,0.

Efl ist klar, dafs die hier mitgetheiUen Resnllate in sehr naher Beziehung stehen zu dei^ jetzt allgemein angenommenen Ansichten bezuglich der Constitution der Sonne, der Sterne nnd der Nebelflecken ; aber ich enthalte mich eines näheren Eingehens bis zu der vollständigeren Vorlage dieser Versuche.

Ueber die Dampfspannuug des ameisensauren Aethyls und des essigsauren Methyls;

von C. W. DiUmar.

H.'Kopp hat au« seinen umfassenden Untersuchungen dber die Beziehungen zwischen Siedepunkt und Zusammen- setzung der KohlenstofTverbindungen eine Anzahl von Er-* fahrungssatzen abgeleitet, welche es erlauben , je innerhalb einer gewissen Reihe chemisch^-ahnlicher Substanzen, Siede* jmnktsdiOerenzen aus Zusammensetzungsdifferenzen zu be^ rechnen. Kopp giebt seine Siedepunktsregeln nur als eine annähernd richtige Formulirung des thalsächlich Gefundenen, und hat die sich hie und da zeigenden Ausnahmen beson- ders hervorgehoben. Wenn man indessen die im Allgemeinen befriedigende Uebereinstimmung der Regeln mit der Erfah-

SM JXttmtLTy aber die Bwnfftepnnftmg

dafs dieselben mindestens die richtigen f^^MehsFpilAkte hh*- reits treffen., und mit .wirklieb bestehenden Nmllirgcsetzen in directem logischem Zusammenhange -stehen.

Es wird woiil noch lange dauern, bis diese, die wahren Beziehungen 2wiScheil ^hemischeir Constitution, Temperator und Dampfspannung ausdrüc^kenden' Formeln gefanden sein werden, oder bis auch nur das nothige ungeheuere Hateriai an experimentellen Daten sich wird angehänft haben. Bs schien mir indessen , dal^ bei einigen der aus den Siede- punklsregeln sich ableitcTiden specielleren Polgerungen eine Erweiterung zu noch allgemeinereti , die Dampfspannung betreffenden Sätzen schon jetzt, mit vcrh&ltnifismärsig gerin- gem Aufwende an experimenteller Arbeit versucht werden könnte. So z. B. bei dem, in einer bekannten Siedepunkts* regel enthaltenen Satze, dafs motamere , mit dem ameisen- sauren Methyl homologe Ester gleiche Siedepunkte besitzen. Wenn die thatsdcblich beobachtete annähernde GfoicMiiHi der Siedepunkte nur ein zufälliges ZusaimnenCraffon ist, so Iirst es sich erwarten, dafs unter höherem oder geringerem Druck, als dem der Atmosphäre, die Siedepunkte erheblich ausein- ander rucken werden. Ist es dagegen eine naturgesetzliche Tbaisiiche, dafs 4ie chemischen Verschiedenh^ilen metafncrer Ssier keine Differenz im Siedepunkte bedingen , so ialt es lehwer einzusehen, warum das, wenn auch nnbehannte, Ma*» Iwrgeselz, bei nllen hieriicrgehörigen Oroppen ton MelftmerMi, die Gleichheit der Siedepunkte nvr fftr den zvffiilig gewählt ten Druck ton 760^" terlangen sollle. Bs ist «fsdamt ticl« mehr mit gmfser Wahrscheinlichkeit anzunehtntfi, dafit solche inetamcre Ester bei alten Temperaturen gleiche DampCspan-^ nmg besitzen. Die Hypothese sdiren mir plausibel genug, am eine experimentelle Prüfung zu terdienen. Ich habe ^ deshalb unternommen, die Dampfspannung des ameisensaiiren

des ameisens. Aethyls und des esriyv, Methyls. 31^

Aefhyls mit der de« essigsauren IRetbyls bei einer Heike von Temperaturen direct tu vergfeidiem. Das Volg^^e ist ein Bericirt Aber zwei txl diesem Zwecite aasgefOhrte Versuchs« reihen.

;•. Erai€ Meihe.

In der ersten Versuchsreihe worden die Dampftensionen der beiden Ester bei «iner Reihe identischer Tempcraturan (zwischen 16 und 56^ gleichzeitig bestimmt und so mit ein^- ander rerglichcn. Das Verfahren war im Priacrp dasaelbA, wie das von Magnus zur Messung -der Spanrnkrirte der Wasserdftmpfo angewandte.

Zur Aufnahme einer jeden der beiden FlasMgfkefrten diente ein Ciasapparat, wie er in Fig. t auf TaTel III dargestelk Ut Eine U«^ Röhre von circa 1 Centimeter innerem Durchmesser wttrde nah« an dem einen End^ stark terengl und in die Verengung ein Glasstoprcn etngeschliiTen. Auf jeden der bet^ den Zweige war eine Millimeterscale eingeatzt. Der Ap*- parat wurde in genau senkrechte Stellung eingespannt m4 dann bis nahe an die Verengung in b in der Art mit Queok«- sHber gefüllt, dafs man this Metall aus einem in emeCapillar- spttte auslaufenden Trichterrohr in a einffiefsen liefs. (Bei Gelegenheit des Eiirfüllens wurden wiederholt die berden Quecksilberkuppen abgelesen und so die «inander in betdun Scalen entsprechenden Nivcaupunfcte gefunden.) Es wurden nun einige CC. der betreffenden Substanz auf die Queck^ silberoberflache in ö gegossen, einige Zeit im Sieden erhalten und dann durch Emsetzen des Stopfens zum Theil innerhalb des Apparats abgeschlossen, wahrend der Rest in dem Trichter b blieb. Man gofs jetzt etwas Quecksilber in diesen Trichter, schob eine cyKndrische Spiralfeder aus Stahldralit ein und schlors endlich das Ende der Rohre mittelst eines Korkes ift der Art, dafs derselbe zugleich die Spiralfeder gegen den

3i6 Ditimar, über die Dampfspannung

Stopfen anprefste. Endlich wurde der gröfsle Theil des in a entballenen Quecksilbers mittelst einer Pipette heraus-- genommen. Zwei solcher Apparate, der eine mit Aelhyl- forroiat, der andere mit Hethylacetat beschickt, wurden inner- Ailb desselben Wasserbades in der Art befestigt, dafs die Röhren genau senkrecht standen und die zwei Ester sich dicht neben einander befanden, und die beiden offenes En- den der U- Röhren mit demselben Ueberbarometer in Yer- i>indung gesetzt. Ein von einer der Verbindungsröhren ab- gehender Ansatz führte zu einer Luftpumpe. Das Barometer war aus einem Frankland'schen Gasapparate hergestellt, der zu diesem Zwecke selbstverständlich mit voUkonunen trockenem Quecksilber gefüllt war. Die Manometerröhre dieses Apparats war über 1"" lang, so dafs also selbst bei einem inneren Druck von einer Atmosphäre noch ein erheb- liches Vacuum übrig blieb. Zur Ausführung einer Bestim* mung wurde zunächst die verlangte Temperatur im Wasser- bade hergestellt und der Druck im Inneren des Apparats so adjustirt, dafs sich von jeder der beiden Substanzen ein ge- eignetes Volum Dampf bildete. Ein continuirlicher Strom von Kohlensaure hielt den Inhalt des Bades in beständiger Be- wegung. Nachdem das Thermometer hinlänglich lang con- stant geblieben war, um anzunehmen, dafs Temperaturgleich- gewicht hergestellt sei, wurden zuerst die vier Niveau in den U- Röhren und dann die beiden im Manometer abgelesen und so alle zur Berechnung der Tensionen der beiden Dämpfe Aöthigen Elemente erhalten.

Ehe ich die Resultate mittbeile, will ich über die zur Reindarstellung der beiden Ester angewandten Methoden berichten.

Das Formiat wurde, nach Löwig's Verfahren, durch Destillation von oxalsaurem Aethyl (1 Mol.) mit entwässerter Oxalsäure (1 Mol.) dargestellt. Der hierbei vor sich gebende

des ametsens* Adhyh und des essigs, Meihyh, 317

Procefs besteht bekanntlich darin, daft die erst gebildete Aethyloxalsiure in CO« und ameisensaures Aethy! zerfillt. Der Apparat war so construirt, dafs die Dampfe, ehe sie den KQUapparat erreichten, erst innerhalb eines aufsteigenden, in einem offenen Wasserbade liegenden Rohres bei 56^ partiell condensirt wurden. Das rohe Formiat wurde wie- derholt mit Wasser gewaschen, mit Chlorcaicium getrocknet und nochmals (mit fractionirler Condensation der Dämpfe bei 56^) destillirt. Das Destillat wurde in mehreren Fractionen aufgefangen und jede derselben mittelst titrirten Barytwassers analysirt, wobei es sich herausstellte, dafs die beste Fraction nur circa 99 pC. der reinen Verbindung enthielt* Jfachdem ich vergebens versuch! hatte > das Residuum von Verunrei- nigungen durch abermaliges Waschen mit Wasser, Trocknen mit CaCli und Destillation zu entfernen, gelang diefs zuletzt durch längere Digestion des Esters mit wasserfreiem Kupfer- vitriol uQd Rectification des Decanlates. Das so erhaltene Froduct titrirte 100,3 pC.

Für die Darstellung des essigsauren Methyls diente als Rohmaterial eine Art von gereinigtem Holzgeist, die damals in England unter dem Namen „Eschwege's purifiedWood« Spirit^ im Handel vorkam. Der Holzgeist wurde durch De- stillation über Kalk entwässert und aus dem Producte, durch rasche Destillation mit dem gleichen Gewichte entwässerter 0.xalsaure, oxalsaures Methyl dargestellt. Daa krystallisirte Oxalat wurde durch scharfes Auspressen von der Mutter- lauge befreit und zu weiterer Reinigung geschmolzen und bei einer dem Siedepunkte nahen Temperatur eine Zeit lang im WasserstoOgasstrome erhitzt, wobei indefs kein flössiges Destillat erhalten wurde. Ich beabsichtigte Anfangs, aus dem Oxalat zunächst Methylalkohol darzustellen, fand aber bald, dafs dasselbe durch Destillation mit Eisessig und (einer kleinen

Sjß Diitmar, über die Dampf ftpannunß

Menge) rauchender Salzsäure direct in Acetat umgewandelt werden kann»

Man eriiält ftast die berechnete Menge Acetat Die Salz- säure wird, wie es scheint, nicht permanent irerandert, ist aber wesentlich, da C2H40i und Gfi^Ai^^Cji , wenn für sieh «rhitzt, kaum auf einander einwirken. Nach einigen Tast- versuchen wurde das folgende Verfahren als praktisch adop- tirt. lOOCIrm. Oxalat, 100 Grni. Eisessig^ ond 8 CC. fast gesättigte Salzsäure wurden in einem , auf fmctionirte Ceit^ densation der DämpfV^ eingerichteten DesttlKrapparraie^ erhitzt. Der YorVühler wird erst eine Zeit lang kalt gehalten , daim aber auf 50 bis 58^ erhitzt, so Aafs das essigsaure Methyl^ in dem Hafse als es sich bildet, QberdesttIHrt. I>as I>eslHfart wird mit einer Lösung ton esstgsaurenr Natron gewaschen (die weniger Ton dem Ester auflöst als reines Wasser) , mit Chlorcalcium getrocknet und destillirt. Eine »gröfsere Quantität in dieser Weise dargestellten essigsauren Hethyb wurde, mit partieller Condensation der Dämpfe bei 56^, de- «lillirt und das Destillat in mehreren FVactionen aufgefangen. Eine der Fractionen stellte sich bei der Titrirung als fast chemisch - rein heraus und wurde deshalb für die Tensions- bestimmungen verwandt.

Die folgende Tabelle giebt die Resultate der in der oben beschriebenen Weise ausgeführten Tensionsbestimmungen :

des ameisen^, Aeiluft^ und de^ e^^igiS* M$lhyU. 3tft

Tabelle I.

Dampfspannung *)

»

Nr.

des

Temp.

(red. auf lö"

C.) iu MM.

f— a MM.**)

f~Ä entspr.

Tbv^

Gmdep

Formiat Acctat

Celsius

f a

l

16,70

174,1

16Ö,a

8,8.

0,9

la

16,76

174,5 165,2

9,3

8

K^O

257,T

248,9

18,8

h^

3

8a

28,65 28,6

300,8

282,3

17,7 18,2

1,5

4

38,3^

435,8

421»7

144

0^7

5

60,1

670,9

663,8

7,1

0,3

6a.

a»,6

680,7

672^5

8,2

0,8

6 6a

56,3 66,2

1

828^3

1>6

0,7

0,06 ; 0,03

1

Aus. den obig^en Zalilen- scheint rieh tölgenäes zu er- geben : Dia Dampfspannung des ameisensaiiren Aethyls ist schon bei i6^ erheblich gröfscr als die des essigsauren Methyls bei derselben Temperatur. Bei steigender Temperatur wächst die Differenz der Tensionen , erreicht zwischen 38 und 38^4 ein Maximum und nimmt dann wieder ab, so dafs sie bei 56^,2 gleich Null oder wenigstens (durch die angewandte Methode) unbestimmbar wird.

Bin Versuch, die Tensionen der beiden Ester bei einer dber S6^ liegenden Temperatur zu bestimmen, vorunglOekte md konnte nicht wiederholt werden, da ich gerade damals genöthigt war, diese Cntersuchong^ fir längere Zeil zu smpendircn.

*) Die für f und a gegebenen Zahlen können nur ab annähernd richtig betrachtet werden, da die zu den Versuchen rerwandten Thermometer nwAl eorngiri waten»

^ (f— -*) ist nnabhftngig Ton den f&r f imd a gefundenen Wertfaeo.

320 Dittmar, über die Dampfspannung

Zweite Reihe,

Da wir durch die Erfahrungen von Regnault wissen, wie sehr die Dampfspannung einer Substanz durch selbst geringe Spuren von Verunreinigungen modificirt werden kann, so wäre es voreilig, die oben aufgeführten Resultate ohne Weiteres auf die idealen Substanzen auszudehnen; zumal es sich hier um zwei Präparate handelt, deren beiderseitige Verunreinigungen auf die Tensionen in entgegengesetztem Sinne einwirken konnten. Als ich meine Arbeit wieder aufnahm, hielt ich es deshalb für nöthig, vor Allem neue Präparate nach verbesserten Methoden darzustellen und die- selben noch strenger, als diefs vorher geschehen war, auf ihre Reinheit zu prüfen. Zur Analyse der Ester adoptirle ich wieder die acidimetrische Titrirmethode ; ich bemühte mich aber, die derselben anhaftenden Fehler möglichst za eliminiren. Die Hauptfehlerquelle dieser Methode liegt darin, dafs, bei der Titrirung schwacher Sauren, der Sättigungs- punkt nie vollkommen scharf definirt ist. Die hierdurch ver- aniafste Unsicherheit wird bei dem gewöhnlichen Verfahren der Aethertitrirung noch dadurch vermehrt, dab, selbst bei kurzer Digestion caustischer Alkalien in Glasgefäfsen bei 100^, sich immer etwas Kieselsäure auflöst, die bei beginnender Neutralität gefällt wird, den Lackmus mit niederreifst und denselben seiner Empfindlichkeit als Indicaior beraubt. Bei den hier in Betracht kommenden Estern läfst sich dieser Fehler dadurch auf ein Minimum reduciren, dafs man die Alkalien in der Kälte einwirken läfst. Die Zersetzung ist, wie ich mich durch directe Versuche überzeugt habe, schon nach wenigen Stunden vollkommen beendigt. Dafs es hierbei nötbig ist, reine Lösungen zu verwendea (die nicht durch sehr lange Aufbewahrung in Glasgefäfsen SiO< oder Al<Os aufgenommen haben), versteht sich von selbst. Barytwasser

des ameisens^ Aetkyls und dee esnge. Methyls. 331

bietet (KHO und NaHO gegenüber) den Vortheil, dafs es keine Kohlensäure enthalten kann; Aetznatron auf der än- deret! Seite den, dafs es rascher auf die Ester einwirkt und bei der Titrirnng vielleicht etwas nettere Resultate giebt. Eine Lösung von chemisch - reinem (aus Natrium bereitetem) Natronhydrat, durch Erhitzen mit einem geringen Ueberschufa von Baryt (in einer silbernen Schale) von Carbonat befreiti

und so weit verdünnt, dafs sie circa ^— Grm. per Liter

enthalt, vereinigt die Vorzüge beider.

Bei dem hier angedeuteten Verfahren bietet die Titri- rnng des Formiats keine Schwierigkeit; die Endreaction ist fast so scharf markirt, wie bei einer Mineralsaure; bei der Analyse des Acetats indessen bleibt immer noch eine geringe Unsicherheit. Ich habe dieselbe dadurch möglichst zu elimi- niren gesucht, dafs ich erst durch Uebungsversuche an Lö- sungen, die neutralen essigsauren Baryt und gemessene kleine Mengen Normalsalzsäure enthielten, den richtigen Sättigungs- punkt finden lernte^ und denselben dann bei jeder Analyse, durch abwechselndes Zufügen von tilrirter Säure und tilrirtem Alkali, mehrmals bestimmte. Aus den reducirten Resultaten wurde das Mittel genommen und der Berechnung zu Grunde gelegt *).

Wenn ein Ester freie Säure enthält, so wird die Titri- rung den Reingebalt zu hoch bestimmen. Da ich es nun sehr schwer fand, aus den Estern, besonders aus dem Formiat,

*) Ich hatte gehofft, hei der Analyse des Acetats die Unsicherheit in der Titrirung der Essigsaure dadurch vermeiden zu können, dafs ich den Ester mit einem Ueherscfaufs von titrtrtem Baryt- wasser zersetzte, den Baiytüberschnfs durch CO^ in der Hitze füllte und den geHlUten BnCOg bestimmte, fand aber bald, dafs selbst eine neutrale Lösung von Barytacetat (aus saurer Lösung durch Alkohol geflült) unter diesen UmstSudon etwas BaCOt liefert

▲nnal. d. Chem. a. Pharm. 71. Bupplemcntbd. 8. lieft. 21

2^22 Diitüfiar^ über die Dampfspannung

jede Spur freier SSare fernzuhallen, so sucjite rch nach einer Methode ^u deren quantitaüTer Beslimmong. Durch f itriren mft Buryt oder Natron kattn der Zweck nicht er«*- reicht werden , da diese Alkalien auf Ester und Säure gleich- zeitig einwirken ; die Bestimmung gelingt indessen Ternntlelst einer sehr verdünnten AmmoniakflussigkeH. Eine circa

—j^ Grm. per Liter enthaltende Lösung wirkt auf die Ester

so langsam ein, da{s es beim Zutropfen der ersteren zu der mit etwas Lackmus gefärbten Substanz leicht ist, den Punkt 2tt treffen, wenn d!e freie Säure gerade gesättigt ist.

In der Darstellung des Formiats wurde die frfihere Me- thode zunächst nur insofern abgeändert, als das erste De- stillat, vor dem Waschen mit Wasser, mit Ammoniak ge- schulten wurde, wobei sich etwas Oxamld abschied. Das, wie frfiher, durch successive Behandlung mit Chlorcalcium und caicinirtem Kupfervitriol entwässerte Präparat wurde (mit partieller Condensation der Dämpfe bei 56®) destillirt und das Destillat in vier Fractionen gesammelt. Fraction I und III wurden titrirt; die Resultate berechneten sich auf beziehungsweise :

i. m.

98,5 99,9 pC. Aetbylformiat

Bei Prüfung mit tilrirtem Ammoniak wurde in I nur eine Spur, in III aber eine 1,4 pC. zersetzten Esters entsprechende Menge freier Säure gefunden. Die Proben waren also beide gleich unrein. Nachdem ich mich so überzeugt hatte, dafs auf diesem Wege kein vollkommen reines Formiat zu er- langen sei, versuchte ich das noch vorhandene Residuum von H^O, CsHeO und CH2O« durch Behandlung mit concen- trirter Schwefelsäure zu entfernen, was auch über alle Er- wartung gut gelang. Die vier Fractionen von DestUlat wur- den zusammengegossen, mit Vs Vol. destillirter Schwefel«

des umBÜens* AMyls tmd dt$ enig^* Methyls.

«ilare irorsiehlif gemiscliti dlie Mischung aas einem Paraffin«* *iaF4e (4etsen Teraferatur unter 100°,, meist bei 70 bis 80^ gehalten wurde) destillirt, und das Destillat, da es stark ^uef reagirte, über frisch geschmolzenes Kalinmformiat ree** Ufidn. In Widen Desiilltftionen wurde die Methode der fraetionidon Condensatlon (bei 55 bis W) in Anv^endung Ifebra^ht «nd die Destillation nicht ganz zu Ende gefuhrt. Das M erhaltene Product war absolut neotral und gab bei 4ei* Titrirung genau richtige Zahlen* (Gefundeii 922,3 Mi(L (n 922,0 Substanz.) Als dieses Präparat unmittelbar vor der YcffweVidiing Mcbmals mit Ammoniak geprüft wnrde, stellt» M ^ich heraas, dafs es V400 seines Gewichts zersetzten Ester «nttielt* Idi 4iielt es nicht für gerathen , eine Entfernung dieser get^ingen Verunreinigung zu versuchen.

Bei der Darsteihing des essigsauren Methyls mu&te ich ^iefsmai, da ^Eschwege's Spirit^ nicht mehr zu haben "war, von rohem Holzgeist ausgehen* Derselbe wnrde aus «einer in einem ParafRnbade stehenden kupfernen Blase erst sweimal über geschmolzenes Nalronhydrat, nnd dann einmal ^ber gebrannten Kalk dostilKrt, und hierdurch nicht nur ent« Wassert, sondern auch von einem Theile der anderen Ver- unreinigungen befreit. VTdhrend das Rohmaterial beim Ver-> <Iünnen mit Wasser eine erhebliche Menge von Oel abschied^ lieferte der absolute Holzgeist nur eine schwach opalescirende Sfischung.

Das wie früher dargestellte Oxalat wurde nach dem Pressen gepulvert und durch mehrtägiges Stehen im Vacuum über Schwefelsaure getrocknet. Bei der Umwandlung des Oxalats in Acetat wurde die Mischung des ersteren mit Es- sigsfiure und Salzsäure in einem Paraffinbade erhitzt, um Ueberhilzung zu vermeiden, die möglicher Weise die Bil- dung von Methylformiat hätte veranlassen können. Das rohe essigsaure Methyl wurde sofort auf eine grofse Menge von

21

324 Diitmar, Hier die Dampfspannung

frisch geschmolzenem essigsaurem Kali gegossen, und di» nach mehrslündigem Slphen gebildete feste Masse aus einem Parafßnbade (dessen Temperatur nie auf 100^ stieg) destillirL Das Destillat war neutral und vollkommen frei von Oxalat und Chlormethyl ; die Titrirprobe bewies aber die Gegenwart Ton 2,6 pC. anderer Verunreinigungen. Diese hätten wohl durch successives Behandeln mit Wasser, Chlorcalciooi and Kupfervitriol beseitigt werden können; nach den mit dem Formiat gemachten Erfährungen aber zog ic)i es vor, die Reinigung des Präparats durch Destillation mit Schwefelsäure und Reclifrcation über essigsaures Kali zu versuchen, was auch vollständig gelang. Das Verfahren war in allen Ein- aelheiten dem beim Formiat angewandten analog. Der ge- reinigte Ester zeigte bei der Titrirprobe einen Reingehalt von 99,8 pC. ; er war und blieb bis zur Vollendung absolut neutral.

In dem physikalischen Theile der Arbeit beschränkte ich mich diefsmal auf blofse Vergleichungen der Tensionen der beiden Dämpfe. Der Apparat war so constrnirt, dafa die TensionsdifTerenz der Dämpfe sich mit der Niveaudiffe- renz zweier Quecksilberkuppen idenliGcirt, und diese wurde vermiltelst eines vorzüglichen^ von Meyerstein construirten Cathetometers gemessen.

Zur Aufnahme der Flüssigkeiten und Erzeugung der Dämpfe diente ein aus einer Glasröhre von circa 12°^ inne* rem Durchmesser angefertigter Apparat von der Geslalt einer dreizinkigen Gabel (Fig. 2 auf Taf. 111). Der Apparat wurde etwa zur Hälfte mit Quecksilber gefüllt, evacuirt und das Quecksilber dann im Vacuum ausgekocht. Nach dem Er* kalten wurden die beiden seitlichen Röhren (a und b) nahe an den Enden stark verengt, und es wurde dann mittelst eines langen, in eine capillare Spitze endigenden Trichter- rohrs, durch C; mehr Quecksilber eingegossen, bis die

des ameisens. Aethyh und des essigs. MMyls. 329!

Seilenrohren bis nahe an die Yerengfnngen toll waren* a «nd h wurden dann nach einander mit besiehungsweise For- miat and Acetat beschickt, in der Art, dafi man je IVs CGI der betreffenden FIfissigkeit einfahrte und, nach dem Weg-» fcocheil der Luft, einschmolz. Endlmh wurde der gröfste' Theil des in c enthaltenen QaeoksHbers mittelst einer Pipette beransgenommen. Die so vorgeHohtete W- Röhre wurde innerhalb eines an «wei einander gegenüber liegendeaSeitea mit ebenen Glasplatten versehenen Wasserbads so befestigt^ dafs die Axen der drei Rdhren senkrecht und su der Tor-^ d^en Glaswand parallel standen, und vermittelst einer +ßr«, migen Glasröhre mit einem Manometer, einer Hahnluftpuinpe Qhil einer circa 5 Liter haltenden kupfernen Hohlkugel in Verbindung gesetzt. Zwischen dieW- und die-] Röhre war tin stählerner Hahn mit >^- Bohrung eingesetzt , welcher es gestattete, den Inhalt der W- Röhre nach Belieben mit der Atmosphäre oder den ah die ^''^i^f^W® Röhre angehängten Apparaten in Verbindung zu setzen oder gans abzuschliefsen« Das Manometer diente nur zur Pröfung des Apparats auf lofk« dichten Schlufs aller Verbindungen und zur. annähernden Benrtheilung des Drucks; der Zweck der Hohlkugel war, kleme Undicfatkeiten im Apparat und etwaige plötzliche Tem« peraturschwankuttgen in der Atmosphäre unschädlich sii «lachen. Die Verbindungen wurden, abgesehen von einen in c eingefügten Korke, theiis mittelst der bekannten Reg- naul t'schen Kuppelungen, theiis durx^h Röhren aus unvul«' kanisirtem Caoutchouc hergestellt. Bei Versuchen änter höherem Druck, als denl der Atmosphäre, wurden die Iota«*' leren durch eng anliegende und mit Eisendraht befestigte Bandagen aus Banmwollenzeug druckfest gemacht

Die Ausführung der Versuche bedarf kaum einer Be^ sdbreibung. Nachdem die gewQnschte Temperatur im Was^ •erbade hergestellt und der Druck im Innern des' Apparats»

396^ Dittmar, über die Dampfspannmnff^

vichtigr adjuslirt war, wurde die TeMperaHir Mf Uttg^re 20it eoDStaiil and gleichförmig erfceUe» , und , «raliraid bini ei» Beobachter das Waflier beständig in Bewegiui|( erhielA miffc die Thermometer ablas, nahm ein anderer die QueekaiibQi^ kdppen in den die Ester enthaltenden Röhren auf; erst in a^ dam^ in b, und antelzt noch einmal in o.

Die Temperaturen unterhalb fiO^ wurden mittelst einMi feinen, in V^ Grade fetheütan Geisler*achm Tharmometiaff« beobachtet und für eine kleine Veraohiebung iaa OrPimht doa Instruments (4^ 0^^2) oorrigirt; zur Bestimmung der perateren tiber SO^ diante ein anderes, in gamse Grade th^tef. Thermometer. Dieses tweite Thermometer war Clr eine Beihe von Temperaturen unter 50® mit dati GeialerV nahen verglichen worden; und da hierbei seine Angabe» eonstant um zu hoch gefunden worden waren (gegen din um QP,2 verminderten des Geister 'sehen Inabrnments)^ a% wurde dieser Betrag auch von den Ableatuigen ober 50^ ab- gezogen. Hiernach brauche ich nidit noch besonders n bemerken, dais die Temperalurbestimmungen keinen Anspruek auT Priciaien machen. Da indessen , wie die unten folgend Tabelle zeigt, die DiiTerena der Tensionen der beifien Mnpfe sidi mit der Temperatur nur sehr langsam tedert, so darf man wohl annehmen, dab die Scale der Temperaturen iurdk die in derselben vorhandenen Fehler aus Ihrer richtigem Stellung gegen die Scale der Tensionsdifferenzen nicht sentlich verschoben ist.

Die folgende Tabelle giebt die BesnUate Ten 30 in beechriekeneit Weise ausgefilhrten Bestimmungen, f und bedeuten die Oueckmlbemtveau in beziehungsweise der PoraMi^ und der Acetat- Bohre, von dem ^benn Endpunkte der KatbetosMCeracale gerechnet ; t das Mülel der wfthrend eines Versuchs beobachteten Temperaturen; Ji diegröfste beel^ aohtete Abweichung von diesem Mittel. Demanck giebl die

Jt^ a^ f iMtrs^liriffieiie Colii(nit^ dw Ve^inrii^Ii der T^^

mit Quecksilberfaul^ von t^; dif C^lgf«^^ Coh)inna gi«))! dieselbe Driickdifi^rßn?) in Queq^sUber von 15^

Tabelle ü.

Nr. des

n.

Ul

IV.

V.

%

f— Ä MM.

f— «

15« C.

18,0

0

15,85

15,35

ia,e

0

15,82

15,22

28,3

0,3

8,02(7)

18,0«l(?)

24,4

0

18,40

18,40

«M

0

16,77

1^,77

24,3

0,03

17,15

17,15

S9,ö

0,M

81,67

31,61

29,6

0,03

21,75

?1,69

29,75

0,05

91,85

21,79

S9,8

Q

21,70

21,64

84,4

0

t 24,90

24,81

34,4

0

25,10

26,01

39,3

0,07

28,47

28,34

88,9

0,1

28,00

27,87

43,5

0,1

81,75

31,59

48,4

80,75

30,59

42,95

0,05

81,01

80,85

48,0

0t03

30,80

30,64

48,55

0,05

85,52

85,29

48»6

0

36,37

36,14

55,0

0

40,87

40,58

55,15

0,05

41,75

41,4^

55,85

0,05

41,25

40,96

54,05

0,16

38,89

38^

53,7

0,03

39,40

39,11

55,2

0,3

40,56

40,26

54,4

0,03

89,95

89,06

63,7

0

48,85

47,91

63,7

0,03

48,20

47,76

69,0

0

58)27

52,74

78,95

0,05

59,90

59,18

78,75

0,15

60,80

60,09

1

8

8

4

6 6 7 8 9

10

11

18

18

14

15

15»

16

17

18

19

90

21

21a

22

28

^4 25 86 27 28 29 80

Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dafs die Resallate von denen der ersten Reihe bedeutend differiren« Die Abwei-» cbungen sind zu grofs, um anders als durch die Annahme

S28 DittmaTj über die Dampfspannung u, e. w.

chemischer Verschiedenheiten zwischen den beiderseits an- gewandten gleichnamigen Substanzen erlilirt werden xa können. Da ich nun dberzeugt bin, dafs die Ester, welche fQr die neueren Versuche dienten, dem Zustande * absololer Reinheit mindestens sehr nahe liommen , so nehme ich keinen Anstand, die Resultate derselben auch auf die idealen Sub- stanzen auszudehnen und zu schliefsen : dafs bei Tempera- turen zwischen* 18 und 80^ die Tension des ameisensaaren Aethyls gröfser 4st, als die des essigsauren Methyls, und daGi die Differenz bei steigender Temperatur wichst

Mit Bttlfe der in der ersten Reibe ausgeführten abso- luten Tensionsbestimmungen lassen sich die für Temperaluren unter 56^ gefundenen Werlhe fflr ,,f a^ auf Temperatur- differenzen reduciren. Einige, auf die fär das Acetat ge- fundenen Tensionen basirte Rechnungen haben folgende Re- sultate gegeben, die ich indessen nur als nahe Annäherungen betrachte.

Temperataren gleicher Dampfspannung.

Fonniat

Nach H. Kopp 20« 26« 88« 43« 68« 64,9

Aoetet

21,7 27,8 S4»7 44,5 M,4 56,8.

Ich kann nicht schliefsen, ohne den Herren Cranslon und Dewar fQr die mir im Verlauf dieser Arbeit geleistete Hülfe meinen Dank auszusprechen.

Universitfils- Laboratorium Edinburg, August 1868.

Üeber die künstliche Bildung des Pyridins; von E. Th. Chapman und M. H. Smith.

Das Pyridin Int Perkin *) ans Axedinapktyldiamin (CfoHuNt) durch ü» Binwirkimg Ton Wasaersloff im Eni» atebungszofltande dargesleUl. Di6M R^ction bal auf dia Stmotnr der in Rede stehenden Base nicht viel Lieht ge* werfen. Sonst wird noch dieser Körper durch trockene Deslilintion verschiedener slicksloffhait^er Sobslanzen er- balten. Er tndet sich im Tbieröl nnd in den Destillalions- prodQcten von Torf, bituminösem Schiefer u. Aber für keinen dieser Falle ist die Bilduogsweise genauer erkannt.

In einem Aufsatse, welcher vor der Chemical Society in London gelesen und in dem Journal derselben (für Au- gust 1866) veroiTentlicbt wurde (von Chapman : ^Ueber die Bildung der Essigsiure und der Propionsäure aus AmyU nlkohol^), kommt folgende Stelle vor : ^Phosphorsiure wirkt auf Salpetersflnre- Verbindungen eben so wohl wie auf Salpetrigsfiure- Verbindungen ein, obscbon nicht so leichli nnd darauf lafst sieh wohl ein Verfahren grfinden, Verbin- dungen aus derselben Klasse, in welche das Picolin gehört, xn erhalten :

(yiiiNOs könnte geben GAN + 8 H,0.« Salpeteis. Amyl Pyridin.

Diese vermulhungsweise aufgestellte Gleichung ist genau in der angegebenen Weise realisirt worden.

Wird ein Ueberschufs von vollkommen entwässertem salpetersaurem Amyl auf wasserfreie Phosphorsaure gegossen, so ist zuerst keine Einwirkung bemerkbar, aber bei längerem Stehen oder bei gelindem Erwarmen sieht man, dafs die Phos»

*) PieM AfiBAlen CXXXVH, ass.

SSO Chapman u. Smithy über die künstliche

fkof$iuie e(wM ftusammdnrilft odet Ihr JLossehen veriodfir^ Gewöhnlich beginnt diese Veränderung an der einen Seite des GefSfses, und verbreitet sich alimällg durch die ganze Masse. Kein Gas irgend welcher Art wird entwickelt, ob- gieicb betröefatttdi viel Hitse ft'ei wird. Behandelt ma» dann das G<»misohe mit Wasser, so wird lieine Wärme iBebr frei, sondern die feste Masse in dem GeMse IM aioh iümilig auf, der Ueibersohulli des angewendeten salpeleraamren Amjkf scheidet sich ab und kann abgegossen werden, ud die let»^ ten Spuren desselben können veüstindi^ in der Art enlilBfiit werden, dafs man während einiger Minuten kecken UfaL Setzt man jetzt einen Ueborsekufs ven Kali zu der FiaaigfT keit, so tritt sofort der Geruch nack Pyridin auf. Aber ohn gleich wir mit mehreren Unnen wasserfreier PhespfaorsAure operirten , konnten wir doch auf dieiie Weise nyr gani ge« ringe Spuren von dieser Base erhatten. Als HauptprodmA der Einwirkung entstand ziemlich viel von einer dunkel«* braunen peebartigen Substanz, welche sobwieb basische B^ genschaften an besitzen scheint. Diese Substanz s4fht ver«* mutklich in Beziehung auf ihre ZSosammensetzong iwisobnn dem Pyridin und dem salpetersanron Amyi Dieser Ansehan« ungsweise entsprechend beschlossen wir einen Uebersoiinfb von wasserfreier Phospborsäure anzuwenden. Wir sind jedock einer anderen Sehwierigkeit begegnet, sofern die Einwirkung^ zwischen der wasserfreien Phosphorsäure und dem salpeter- sauren Amyl unter diesen Umständen eine äufserst heftige und nicht zu mafsigende ist, obgleich sie erst einige Zeit nach dem Zusammenbringen der beiden Substanzen eintritt, oder wenn dieselben mafsig erwärmt worden sind. Wir fanden, dafs nur in der Art sich zweckmafsig operiren lasse, dafs man einen Kolben mit sehr langem Halse nimmt und in ihn 2 bis 3 Grm. wasserfreie Phospborsäure mit IVs bis 2 Grm. salpetersaurem Amyl bringt. Das Gemiscke wurde

Bü4tm§. d^s Pyridin^, ^9A

sorgfältig * zu einer dfinnen Schichte in dem Kolben aosge* bmilBl. Vakreikd dessen oiub maik dien Kolben , durch Uwt gehen d^Melben mit JOunrettier, hall halten* Ein in Ei$wa39iQ^ getauchtes Tuch wird nun um den Hals des Kolbens ge* wickelt und der Bauch desselben während einiger Minuten in das Wasserbad eingetaucht, bis die ersten Anseigen der Blnviriuuig heaMrkbnr aind« Der Kolben wird imn am dem Wasserhtd hcraosgenomnien undi in dier Luft hin unA bet kevegtL fibbahl die BimiviriHiBg^ auok gtöTaeren Tfceiki vocn iber ist» wivd dnrt Kolben wieder Or eJnigQ Mineltwi in. diu Wasserbad getaucht. Dieses Verfahren wivd mit neuen Uwrt gen Materinls in reinen Kolben wiederholt» Der Inbntl der Kolbce wir< nnn in Wasser gelesi und die ao echaltene idn sang wük einem üehenichusfe ven Kali dealiMirt. Diese LSr sung ist sehr stark dunkel gefürbt. Das alkaliaehe Dealäla^ wekhes atairk nach Pyridin riecht^ wird mütelat Schwefel- siore aagesiaeri wiA aum Anstaeiben ven S|Hiren nenlraltr Uiger Sidrstansen gekocht Es wird dann durch Bbidampte nof dem Wasserbade betrflcMich concesdrirt., und snletat werden Slucke von Kali fugeselat Die an die Oberfliehe der FHasigkeil skb erhebende ölige Sohiohle hrt Pyridin. Daasebe wurde al« soichea erkannt dorch seine grofse Sb^ htlMt, durch seinen Gemch und dnrch eine Analyse eeibee ehferwasseratofiiMiiren Salaee, wekhe folgende Besnlietei ergab :

0,4024 Gm. C^HftN.HGl gal^tte 0,4982 ChlotnUrar» f»IIVfltA«nd

30,Q9 pC. Chlor. Nach der Fonnel berechnen sich 30,74 pC. Chlor.

Nach dem hier besprochenen Verflihren erhAlt man auch nicht annähernd die theoretisch sich berechnende Menge Pyridin. Dunkel gefftrbte neutrale oder schwach alkalische Substanz bildet sich in grofser Menge.

Laboratorium der London Institution.

$32 Schüine, Beziehungen zwischen chemischer

Besiehungen zwisehen chemischer Zasam- mensetzung und Ertragsföhigkeit des Bodens ;

von W* Schütze.

Eine jede Pflance bedarf zo ihrer voUslindigen Bot- Wickelung gewisser mineralisolier Stoffe. Ein Boden ist nor dann fmclitbar, wenn er diese in geiiögender Ooentilil mul In Verbindungen y welche von der Pflanze anfgenomneB werden iLÖnnen, enlhSlt.

Es ist L i e b i g*s grofses. Verdienst , eine Folge seines rasUosen Strebens und Kdmpfens, dass diese Sitze ia der Wissenschaft wie in der Praxis aUgemeane Anerkcnnong gefunden haben.

Der Umstand , daiSi ein Boden ; wenn er fruchtbar sein soll, gewisse Stoffe in bestimmler Menge und Fern enthalten nittls, eröffnet der Anwendung der Cbewie anf Forst* und Landwirthschaft ein weites Feld. Man sollte meinen, ea mfisse leicht gelingen, ans den Resultaten der chemischen Analyse des Bodens sichere Schlösse auf das Ertragsver- mögen desselben zu ziehen. Die Aufgabe der chemiscken Bodenanalyse ist es, zu bestimmen, wieviel von einem jeden mineralischen Nährstoff und in welcher Verbindung ein jeder sich im Boden vorfinden mufs, damit dieser zur Cultur ein^r bestimmten Pflanze geeignet sei.

Die grofse Zahl der ausgeführten Analysen hat aber diese Aufgaben nicht zu lösen vermocht. Ja, weil die Boden* analyse bis jetzt nicht die erwarteten Resultate erzielt bat, so findet sie auch unter vielen Chemikern nicht die Beachtung, welche sie verdient. Namentlich aber die Land- wirthe unterschätzen gegenwartig die Bedeutung der Boden- analyse, und Peters findet sich daher (Jahresbericht der

Zusammensetzung und Ertragsfähigkeit des Badens. 833

Agricullurcbemie VIII, 43) zu der Erklärung veranlarsl : ^!n Deutochland ist in neuerer Zeil die Bodenanalyse mit Unrecht in Mifscredit gekommen , nachdem man früher die Erwar- tungen gar zu hoch gespannt halle/

Für die Wissenschaft hat es allerdings zur Zeit wenig Interesse, zu bestimmen , wieviel von einem jeden Bestand- theil in einem beliebigen Boden enthalten ist. Allein dafs Bodenanalysen, die zur Beantwortung einer bestimmten Frage ausgeföhrt werden« doch wichtige Resultate erzielen können, beweisen mehrfache Untersuchungen der letzten Jahre.

So fand z. B. von Schorlemmer (Jahresbericht der Agriculturchemie VIII, 44) für mehrere Reihen von Böden, dafs der Phosphorsiuregehalt sich fast genau parallel den einzelnen Bodenklassen stellt, wie diese durch die Bonitimng bei Veranlagung der Grundsteuer angenommen sind. Jeden- falls ein ganz beachtenswerthes Resultat.

Wollte man jedoch auch zugeben, dafs es zur Zeit nicht möglich sei, aus der chemischen Analyse des Bodens auf dessen gröfsere oder geringere Fruchtbarkeit zu schliefsen, so dürfte diefs doch nur ein Antrieb zu weiteren Versuchen sein, diesem Mangel unseres Wissens abzuhelfen. Die Lösung jener oben erwähnten Aufgabe der Bodenanalyse wird sich jedenfaUs finden lassen.

Soli die Bodenanalyse diesen Erfolg erzielen, so mufs man deren Resultate mit den auf demselben Boden erzielten Ernten vergleichen. Dafs sich aus einer solchen richtig durchgeführten Vergleichung ein Zusammenhang zwischen chemischer Zusammensetzung und Ertragsfahigkeit des Bodens ergiebt, zeigen die oben angeführten, ihrer Zahl nach aller- dings noch unzureichenden Untersuchungen von v. Schor- lemmer. Ein solcher Zusammenhang kann sich nur bei den StoiTen ergeben, die im Boden nicht im Ueberflufs, son- dern nur in so geringer Menge vorkommen, dafs die Pflanze

ää4 ßchiitz^^ Bniehm^ isufüü^n ^hrnniifiskur

hicfaft so viel voto ihnen vorfindet, wie sie fltihiinebmeh T«r- tnag , sondern mehr oder weniger Mangel an iliiiM leidet Da 2. B. fast jeder Boden 60 tiel Biscin enthllll, dafe jete Pflanze leicht ihren Bedatf an dieseni Stoff deokeü kann, io wifd der Eisfengeha^lt verschiedener Böden tiie al» llafs* 8tab ihrer Fruchlharkeit dienen können. Seine SchwankmH geti fiben in dfer Regel kefnen Einfloni auf die Vegetation.

Phosphate hingegen finden sich im Boden meist nur In dnfterst geringen Mengen vor, nnJ idaher wird schon oft Mangel «n Fhosphors&are eintreten , wdhrend alle fihrigen Nihrsloffe noch in relativ grolher Menge vorbanden sind ; im letzteren Falle aber wird det Boden <ier fhichtbarsl^ seiB) Welcher die grollte Mehge von Phosphaten enlhSl : to* Gehalt an Phosphorsatire wh-d dann als Maßstab seiner Br- fragsrfihigkcit dienen können.

Ich habe eine ganze Reihe den Porsten der hiesigen Academie entnommener Waldböden, die ein sehr verschie- denes Ertragsvermögen zeigen, auf Ihren Phosphorsauregebalt «intersucht. Der Waldboden schien mir vorzugsweise zn diesen Untersachungen geeignet, 2onSchst weil die Staats- Torsten nach ihren Erträgen in verschiedene Bodenklassen getheilt sind, ein Vergleich zwischen chemischer Zusammen- setzung und Ertragsfahigkeit des Bodens also leicht aasza- föhren ist; ferner, weil gerade in den Wäldern sich grofse FMchen darbieten , die seit langer Zeit eine gleichartige Be- liandlong erfahren haben; und endlich, weil der Waldboden (wenigstens in hiesiger Gegend) auf gröfsere Strecken eine gleiche Znsammensetzung zu haben scheint.

Andererseits war es zwar wieder fraglich, ob der Wald- boden ein seinem Phosphorsauregehalte proportionales Ertrags- vermögen zeigen wüfde. Die Entnahme der Phosphate durch den forstlichen Betrieb betragt nur etwa den achten Theil von dem; was ekier gleich gfofsen FMche in derselben Zeil

Zusammeiue^sunff und Ertrug^fakifluiL dtä Badtna. 888

durch h\M Rog'gfeiicrrnto entcogeii wird. Bringen wir in An- rechnan^, dafs der Forstmann deh Boden bis so einer Tiefe Yon etwii 5 Fofa (s* B. bei der Kiefer), der Landwirth aber Yorzugsweise nur eine Schicht von ungefihr einem Pufs be- tiolEl, so sehen wir, dafs durch eine Roggenernte einem gleichen Ranmtheile des Badens m derselben Zeit eine dOmal grOftere Quantität Phoiphorsiore als durch die Holzproduction Mtzogem Wird. Der Bamn, namenllich die Kiefer, stellt hin«* sichtltoh des Phosphorsduregehaltes weit geringere Anfor-* demngen an den Boden als andere Cnllorgewfichse , und es wäre möglich, dhlb Auch im trmsten Sande sich noch eine solche Quantität PhosphorsSure vorfinde, dafs kein fühlbarer Mangel an diesem Stoff eintreten könnte.

Wollte man aber diesen Bedenken Raum geben, dann mOfste man sie auch auf alle übrigen Nährstoffe anwenden, weil diese sämmtüch durch die Forstwirthschaft dem Boden in viel geringerer Menge als durch die landwirthschafiliche Praxis entzogen werden. Man müfste dann jener Ansicht, der man zuweilen in forstlichen Kreisen begegnet, beipflich- ten, dafs es für den forstlichen Betrieb nicht oder doch nur wenig auf die chemische Zusammensetzung, vielmehr aber auf die physikalischen Eigenschaften des Bodens ankomme.

Bei der Ausführung von Bodenanalysen pflegen die Agriculturchemiker in der Regel die Phosphorsäure nur in dem kalt bereiteten salzsauren Auszuge zu bestimmen. Bei- nahe sämmtliche Angaben über den Phosphorsäuregehalt des Bodens beziehen sich nur auf die in kalter Salzsäure lös- liche Phosphorsäure. Knop schlägt vor, die Phosphorsäure, wie die übrigen Bestandtheile, in einem Auszuge zu bestim- men, der durch mehrstündiges Kochen des Bodens mit ver- dünnter Salpetersäure hergestellt ist (Landwirthscbaftliche Yersuchstationen VIU , 38). Mohr empfiehlt (Titrirmethode,

336 Schütze, Begiekungen ewüehen ckemiseher

2. Aufl., S. 487), ,,den Boden mit Salpetersfiure eu koeheB, bis alle phosphorsavren Salze sicherlieh gelöst sind/

Bei näherer Prufong ergab sich aber, dafs die Tollstan- dige Lösung der Phosphate nur aufserst schwierig zu er- zielen ist. Eine Probe eines Sandbodens wurde zwei Tage mit concentrirter Salpetersäure gekocht, dann wurde abfiitrhrl und der Rfickstand ausgewaschen. Letzterer wurde noch dreimal mit concentrirter Salpetersäure ausgekocht Die vier Filtrate wurden dann zur Abscheidung der gelösten Kiesel-* säure getrennt zur Trockne verdampft, mit Terdönnter Sal- petersäure aufgenommen und das Filtrat mit Holybdänlösung auf Phosphorsäure geprüft.

In allen vier Auszügen entstand ein Niederschlag, alle enthielten also Phosphorsäure. Die Menge des Niederschlags war, wie zu erwarten stand, im ersten Auszuge am Erheb- lichsten. Der zweite und dritte Auszug enthielt etwa gleiche, nicht unbeträchtliche Mengen Phosphorsäure; erst im vierten Auszuge zeigte sich der Pbosphorsäuregehalt geringer; er gab aber immer noch eine bestimmbare Menge Phosphor- säure.

Eine zweite Bodenprobe, die gleichfalb viermal hinter- einander mit starker Salpetersäure ausgekocht wurde, gab genau dieselben Resultate; alle vier Auszuge enthielten Phosphorsäure.

Es ist also aufserst schwierig, die im Boden vorhandenen Phosphate vollständig in Lösung zu bringen. Beim Kochen eines Bodens mit Salpetersäure zeigt sich aufscrdem noch der Uebelstand, dafs nach Zerstörung der organischen Sub- stanzen ein heftiges Stofsen eintritt. Ich versuchte daher die Phosphate des Bodens durch ein anderes Verfahren in Lösung zu bringen, nämlich durch längeres Erhitzen des Bodens mit concentrirter Salpetersäure unter starkem Druck.

Zusammensetzunff und Ertrag sfähigTceit des Bodens. SST

Das Erhitzen fand in Kolben von schwer schmelzbarem Glase statt, die etwa IVs Liter und 3 bis 4 MM. Wandstärke zeigten. In diesen Kolben wurden 200 Grm. der zu untersuchenden' Erde mit ungefähr ^4 Liter Salpetersäure Übergossen und der Hals, den man etwa 25 Centimeter lang anfertigen läfst,' ausgezogen und zugeschmolzen. Enthält ein Boden erheb«^ fiche Mengen humoser Substanzen, so ist es zweckmäfsig, um Explosionen zu vermeiden, den Kolben so lange offen zu erhitzen, bis alle organischen Substanzen zerstört sind, und dann erst die Spitze zuzuschmelzen. Die zugeschmolzenen Ballons erhitzte ich 72 Stunden auf 160^; zu empfehlen ist es, den Ballon einigemale zu öffnen, umzuschüttein und wie- der zuzuschmelzen. Hat man den Kolben so lange offen. er- hitzt, bis alle organischen Substanzen oxydirt sind, so zeigt sich übrigens beim Oeffnen des erkalteten Ballons nicht der geringste Druck. Zum Erhitzen der zugeschmolzenen Kolben bediente ich mich des von Stas in seinen klassischen „Un- tersuchungen über die Gesetze der chemischen Proportionen^ (deutsche Ausgabe S. 126 u. 210) beschriebenen Luftbades*)« Mittelst desselben kann man, so lange der Gasdruck sich nicht merklich ändert, auf unbegrenzte Zeit eine constante Temperatur erzielen.

Nach vollendeter Einwirkung der Säure «uf den Boden öffnet man den erkalteten Ballon, giefst die Säure möglichst klar ab und wascht mit kochendem Wasser aus, bis "der Boden keine saure Reaction mehr zeigt. Da sich die Filter durch die abgeschlämmten Bodentheile sehr schnell ver- stopfen, so ist es zweckmäfsiger, nur durch Decantiren aus- ziüvaschen. Man läfst die erhaltene Lösung einige Zeit lang absetzen ; vollständige Klärung tritt indefs meist auch nach

*) A. Dnbbick tind Sohn in Neustadt -Ebenwailde liefern diese Lnftb&der su sehr mäfiugeih Preise.

Aniua. d. Cham. a. Phurm. VI. Sapplementbd. 8. Heft. 22

338 Schütze, Beziehungen mviechen chemischer

längerer Zeil nicht ein und ist dann auch durch Filtration nicht zu erreichen. Dampft man aber die Flüssigkeit auf ein kleines Volum ein, so läfst sie sich leicht klar fillriren.

Das klare Filtrat wird dann zur Trockne verdampft, um die gelöste Kieselsäure abzuscheiden; der bei circa 110^ getrocknete Röckstand man wendet mit Vorlheil zum Trocknen das Sias 'sehe Luftbad an wird dann mit ver- dünnter Salpetersäure aufgenommen und das Filtrat mit Molybdänflüssigkeit gefällt. Da in den Bodenauszugen sehr viel Eisen und Thonerde enthalten ist, so mufs man bedeu- tende Mengen der Molybdänlösung anwenden.

Der Molybdänniederschlag wurde dann in bekannter Weise behandelt, nämlich in Ammoniak gelöst und dann die Phosphorsäure durch Magnesivmsulfat unter Zusatz von Sal- miak gefällt und schliefslich als Magnesiumpyrophosphat ge- wogen.

Auf diese Weise wurden aus 200 Grm. Boden 0,164 Grm. Mg^P^O? erhalten. Dieselbe Quantität desselben Bodens mit Salpetersäure im offenen Kolben sechs Tage erhitzt, gab 0,156 Grm. Mg2P807.

Eine zweite Probe gab im offenen Kolben sechs Tago erhitzt 0,0143 Grm., im zugeschmolzenen Kolben erhitzt 0,154 Grm.

Eine dritte Probe gab bei sechstägigem Kochen im offe- nen Kolben 0,095 Grm., im zugeschmolzenen Kolben erUtzl 0,095 Grm. MggPsOT.

Eine vierte Probe, Lehmboden , wurde 48 Stundfen im zugeschmolzenen Kolben erhitzt und gab 0,193 Grm. MgaP^O^. Dieselbe Menge wurde dann im offenen Kolben drei Tijge mit Salpetersäure gekocht, dann einige Wochen digcrirl and noch sechs Tage gekocht; es wurden erhalten 0,207 Grm. Mg,P,07.

Zusammensetzung und ErtragsfähigJceU des Badens. 989

Wie aus der folgenden Tabelle leicht ersichllteli tat, gab «Iso nur die vierte Bodenprobe beim Kochen im offenen Kolben an Salpetersäare mehr Phosphorsiure ab, als im zu- l^escbmolzenen Ballon :

200 Gnn. Boden gaben Grm. Mg^P^Of

im offenen Kolben mit HNO, gekocht

im zugeschmokenen BalloB mit HNO, ttuf 100<^ eihitrt

1. 0,156

0,164

2. 0,143

0,154

3. 0,095

0,095

4

4. 0,207

0,193.

Bei der letzten Bestimmung aber war die Einwirkung der Salpetersäare auf den Boden im offenen Kolben eine «urserordentlich lange; hingegen wurde der Boden im xu- geschmolzenen Ballon 24 Stunden weniger erhitzt, als es bei den drei ersten Bestimmungen geschah. Ungeachtet die Proben 1 und 2 sechs Tage im offenen Kolben mit Salpeter- säure gekocht waren, fand sich doch weniger Fhosphorsäure in der Lösung als in den unter Druck bereiteten Auszügen, Es ist also selbst bei sechs- bis achttägigem Kochen im offenen Kolben nicht alle vorhandene Phosphorsäure gelöst worden. Bei einer Reihe von Phosphorsäurebestimmungen wäre es kaum auszuführen^ einen Boden so lange im offenen Kolben zu kochen, wie diefs bei den eben angeführten Be- stimmungen geschehen ist. Das Erhitzen des zugeschmol- zcnen Ballons im Stas' sehen Ofen kann hingegen ohne grofse Mühe beliebig lange fortgesetzt werden; sorgt man nur für einen gleichmäfsigen Gasdruck, so ist gar keine Aufsicht nöthig.

Ich führte noch einige Versuche aus, um festzustellen, ob durch dreitägiges Erhitzen im zugcschmolzenen Kolben wirklich die ganze Menge der im Boden vorhandenen Fhos- phorsäure gelöst wird.

22*

^M6 ' ' Sthutse, Bfztehungen twiidhen chemischer

' ' iOO Gim. eines Sandbodens drei Tage im zngescbmol- %enen Ballon erhitzt, gaben 0,0963 Grm. Mg^PsO?. Der Bftckstand von Nenem 60 Standen im zageschmolzenen Kol- ben erhitzt gab nicht mehr quantitativ nachweisbare Mengen von Phosphorsfiure.

. 100 Grm. eines etwas lebmigen Sandbodens gaben nach dreitägiger Einwirkung der Salpetersäure unter Druck 0,077 Grm. MgsP207. Der Rückstand auf gleiche Weise behandelt gab 0,002 Grm. HgsP^O?.

200 Grm. eines sehr lehmigen Bodens gaben nach drei- ISgigem Erhitzen im zugeschmolzenen Ballon 0,146 Grm.; der Hockstand eben so behandelt gab 0,015 Grm. NgsP^O?.

Bei thonigen Boden wird es daher zweckmarsig sein, die Salpetersaure Ifingere Zeit einwirken zu lassen ; nament- lich ist bei diesen mehrfaches OeflTnen und Umschütteln zu empfehlen.

Die unten angegebenen Phosphorsäurebestimmungen sind afimmtlich' nach dem eben beschriebenen Verfahren ausge- führt Die Bodenproben sind aus einer solchen Tiefe ent- nommen, dafs die obere humusreiche Bodenschicht ausge- schlossen wurde, weil diese nicht die Zusammensetzung des Bodens reprfisentirt, sondern durch den Abfall von Nadeln u. s. w. wesentlich modificirt ist. Heine Bestimmungen er- strecken sich nur auf Kiefernboden zweiter bis fünfler Klasse. Sine Anzahl Bodenproben erster Klasse stand mir bis zum Abschlufs dieser Untersuchung nicht zur Verfugung. Zar Analyse wurden immer 200 Grm. lufttrockener Boden ver- wendet und in einer besonderen Probe durch Trocknen bei i25^ C. der Wassergehalt bestimmt. Sämmtliche Angaben sind auf 100 Grm. wasserfreien Boden umgerechnet.

Kiefemhoden zweiter Klasse.

1. 100 Onn. Boden gaben 0,0946 Mg^PtOy. - Durch Hnmoa nur wenig geftrbter Bandboden.

Zusammenaeizwiff und ErtragsifShigMit des Bodens. %^\

2. 100 Grm. Boden gaben 0»0903 Mg,PgOy. Durch Honraa Aor schwach gefärbter Sand; enthält Spuren yon Kalkcarbonat

8. 100 Grm. wenig Lehm enthaltender, durch Hnmos ziemlich donkel gefSr)>ter, an Kalkcarbonat sehr reicher Sandboden gaben 0,0809 Mg,PtOr.

4^ lOO Gm. Boden ^aj^ea. (]|»096f| V-Zt^J^^ *XieAii»ger Band, ^doreh Humus nur wenig gefärbt; Probe von einer Streufläche ent; nommeiL

6. 100 Grm. Boden gaben 0,0782 MgiP^Of. Lehmiger Sand. Ha> musOrbung achwach. Gehalt an CaCOf äufaerst gezing.

Kiefernboden dritter Klasse.

6. 100 Grm. Boden gaben 0,1050 Mg^P^Of«. Humusarmer Sand.

7. 100 Grm. Boden gaben 0,1019 Mg^P^Ov. Durch humoae Bei-

mengtmgen graubrauä gefBSrbter Sand.

8. 100 Grm. Boden gaben 0,0919 Mg^gOf. Humusanner Sand.

9. 100 Grm. lehmiger humusarmer Sandboden gaben 0,0508

Mg,PA.

10. 100 Grm. Boden gaben 0,0401. Lehmiger Sand ; von einer Sti»a-

fläche entnommen.

11. 100 Grm. Boden gaben -0,0465 Hg^PfOf. Humusarmer lehmiger

Sand, Ton einer Streufläche entnommen.

Kiefemhoden vierter Klasse.

12. 100 Grm. Boden gaben 0t0473 MggPgOy. Sehr lehmiger, fein-

körniger, humusarmer Sand.

18. 100 Grm. Boden gaben 0,0660 Mg,P,C^. Gelber, ziemlich fein» körniger, durch Humus etwas dunkel gefärbter Sand.

14. lOÖ Grm. Boden gaben 0,0707 Mg,PgOr. Grobkttmigear hnmna*

armer -Sand.

15. 100 Grm. Boden gftben 0,0736 Mg^PgOi. Durch Humus etwa»

gefärbter gelber Sand.

16. 100 Grm. Boden gaben 0,0682 MggPgO,. Gelber, grobkCmiger»

humusarmer Sand.

Kiefetnhoden fünfter Klasse.

17. 100 Grm. Boden gaben 0,0658 Mg^P^Of. Humusarmer Sand«

18. 100 Grm. Boden gaben 0,0401 Mg,P|OT. Durch Humus ziem-

lich idvnkel giBftrbter grobkörniger Saad.

1% 1Q<^ <jkBi. 3odei| gab^n 0,0789 Mg,P,0|. Dardf Hoaus «•&%

gefärbter Sand.

942 SehütBey Beafehungen ewüehen ehemücher

90. 100 (hm. Boden gaben 0,0477 Mg,P,07. Durcli Hnmiu nem- lieh dunkel gefKrbter Sand.

I

21. 100 Gnn. Boden gaben 0|0486 Mg^^Oy. Qelber hnmnsanner Sand.

Die folgende Tabelle wird eilten Vergleich des Fboe-» pborsinregebaits der verschiedenen Bodenklassen leicht stalten.

100 Gnn. Boden bei 125^ getrocknet gaben Gnn. HgiPfOf :

Zweite Klasse

Dritte Klasse

Vierte Klasse

FünOe Klasse

1

0,0946

6

0,1050

12

0,0473

17

0,0658

2

0,0908

7

0,1019

18

0,0660

18

0,0401

3

0,0809

8

0,0919

14

0,0707

19

0,07j»

4

0,0660 t

9

0,0508

15

0,0736

20

0,0477

5

0,0732t

10

0,0401 1

16

0,0682

21

0,0486

-

11

0,0436t

[ 0,0886

Im Dnrdisolinitt

0,0874

0,0651 II j 0,0550

Das Zeichen t bedeutet, dafs die analjsirten Proben Ton Stieii- flllchen entnommen sind. Diese Bostimmmigen sind bei der Berechnung der Dnrchtduuttsuhlen nicht berfickaichtigl

Aus der vorstehenden Tabelle ergiebt sich, dafs der Phosphorsaaregehalt innerhalb der einseinen Bodenklassen zwar nicht unerheblich schwankt ; der aus mehreren Analysen sich ergebende Durchschnittsgehalt stellt sich aber paraHel den Ertragsklassen, so dafs die bessere Bodenklasse auch den höheren PhosphorsSuregehalt zeigt. Bme grftfsere Re- gelmäfsigkeit , als sie die angefflhrten Zahlen ergeben^ war durchaus nicht zu erwarten. Einmal beruht die Eintheilung des Bodens nach seinem Erlragsvermögen in verschiedene Bodenklassen doch mehr oder weniger auf subjectiver Schitzutog ; dann aber mu&ten bei dieser Dntersschung viele andere Factoren, von denen die Fruchtbarkeit einlas Bodens

Zusammensetzung und ErtragsfähigJceii des Bodens, 343

abhängt, Ternacbldssigt werden. Es kann ja immerhin vor- kommen, dafs ein Boden genfigende Mengen von Phosphor- siure enthält, aber durch Mangel an einem anderen Nähr- stoffe, oder auch durch seine ungünstige Lage nur dürftige Erträge liefert. Immerhin wfa*d man aber aus den obigen Zahlen schKefsen können, dafs im Allgemeinen ein Wald« boden einen um so höheren Ertrag liefern wird, je mehr Phosphate er enthält. Unmittelbar ergiebt sich hieraus die Unhaltbarkeit jener oben besprochenen Ansicht, dafs ffir den forstlichen Betrieb vorzugsweise die physikalischen Verhält- nisse, nicht aber die chemische Zusamniensetzung des Bodens in Betracht komme.

Man ersieht femer aus jenen Zahlet, dafs die Waldböden aufserordentllch arm an Phosphorsäure sind. Berechnen wir die oben gefundenen Durchschnittszahlen auf Phosphorsäure- anhydrid, so ergiebt sich för die einzelnen Bodenklassen ela Procentgehalt von durchschnittlich

n. rn. iv. v.

0^567 .. 0^00^69 0^1« ;0,085b.

Man kann annehmen, dafs in kalter Salzsäure sich hur etwa die Hälfte der Phosphorsäure atiAöst.

Bei der Bestimmung Nr. 1 gaben nämlich fOO 6rm. Boden unter Druck mit Salpetersaure ausgezogen 0,0946 Grraf. MgsP^O?. Mit kalter concentrirter Salzsäure 48 StundeA digerirt gab dieselbe Menge dieses Bodens 0,0471 Orm. Mg,P,0.

' Nach der Analyse Nr. 10 gaben 100 Grm. Boden mft Salpetersäure im zugeschmolzenen Kolben erhitzt 0,0401 Grm. MgsPgO?; 100 Grm. desselben Bodens, mit kaller Salzsäure behandelt, gaboi 0,019 Grm. MgaPsO?.— Nach diesen beiden Bestimmungen löst sieh also nur ungefähr die Hälfte der vorhandenen Phosphorsäure in kalter Säure. Bin Kiefem- boden zweiter Klasse wArde m kalte Sabsäure nur 0,0283 pC*

^44 8chütz€f Bm$kung€n twüchen chemüeher

P4O5 abgeben. Nach tbeoreUsohen Berechnangen Liebig's (Anwendung der Cbevie auf Agricaltur u. 8. w. 8. Aufl^ S, 134) muTs im Waisenboden wenigstens 0,0S5 pC. Phos- phorsfiure enthalten sein^ und Zoeller fand in zwei Waisen- ^öden 0;219 und 0,129 pC« in kalter Salsstere löaliehe Pboa- pborsAure (Lieb ig, a. a. 0. 8. 123). In der That könnes ,wohl simmlliche analysirlen Kiefernböden zum Getreidebav picht mehr dienea;< sie würden keine lohnenden Ernten lie- fern .komiiea.

Bemerkenswertb ist auch, dafs die Streuflfichen Ter- juchsflficben, welchen die abgefallenen Nadeln n. s. w., ^die Waldstreu^, in bestimmten Zeitrfinmen genommen werden ^— einen bedeutend niedrigeren Phospborsaurgehalt zeigen. Bei SOjahrigem Umtriebe wArde nach annähernder Berech- nung durch die Entnahme der Waldstreu einem Morgen Kie- ^ernboden dritter Klasse allerdings 1 Ctr. Phosphorsftnre ent- zogen werden. Der nachth.eilige SinfluCs, den die Waldstren- entnahme auf den Bodqn und dadurch auch auf den Zuwachs des Holzes ausfibt, ist dadurch leiehl erklärliche Wie schon 4ie Erfahrung gelehrt, wird ein Waldboden in verhfiltnifsaiftrsig kurzer Zeit durch die Entziehung der Waldslren erschöpft.

Der gerffige Gehalt der Waldböiden an Phesphorsiore dringt uns die Frage auf, ob nicht der Waldboden auch «chon durch die Wegnahme lier im Holze enthaltenen Asche»- jbestandthetle in absehbarer Zeit erschöpft werden kann. Diene Frage lafst sich zur Zeit nicht mit Sicherheit beantworten. f&T unsere hiesigen Sandböden dürfle dieselbe höchst wahr- .s^einlich zu bejahen sein« Die bis jetzt vorliegenden Er- fahrungen können uns darüber nicht belehren, weil die ben- age intensive ForslwirtbsohafI noch zu jung ist, um über fragen zu entscheiden , . welche , wenn sie auf rein empiri- schem Wege gelöst werden sollen, vielleicht Jahrhunderte ^u ihrer Lösung in Anspruch nehmM dürfien.

ZmammeMeUnmg, und Ertrag^ähifkpü den Bodena, jM5

Durch das Holz der Kiefer wird bei lOu jäliriger Um- Iriebfxeit dem* Morgen etw« ein Centoer PhospbGfrsHtre ent^ sogen.' Nehmen wir an, die Wurzel der Kiefer komme mit dem hundertsten Theil des Bodens, wichen sie dorchdringl, kl Berührung, eine Annahme, welche Lieb ig für die flaUngewiehse SMiehf -^ so nnili. dbr Boden, in wi^Ichem uriir üe II4brst#ffe als untieweglifh annehmen mdiisen^ vcenig^ ^ens hundertmal so viel Nihiisiatra enthaHeir, ris ihm die Kiefer enlsieht. Denmaeh mOfsle der Ifergen Klefcmboden 400 Cemner Mosj^horsfiure embaken. 'Vku Morgen Kiefern^ tredeft dritter Ktsese eiflhill aber bis m einer Tiefe fM 4Fttfo, so irell wird die Wurzel der Kiefer etwa eindringen, nw eirca SO Cenlner' Phosphorsdure ;- in der Thai finden sich Meitittde, bei denen der Ferstnumn Tom „Verhrnfem^ der fiiefer q^richt.

Das Lieb ig 'sehe Postulat i dem Boden die entzogefaen MineralstoiTe zu ersetzen , wird gegehwIiHg, allerdbige liaeh kertem Kampfe , von den gebildeten Landwirthen als voll- ettadtjK* h^reehligt Aneilraniil« Es ist erwiesen, dnfli die Ep- fillung durch ihr eigenes peeuniires Interesse gefordert wird. (^ sieh nicht einst herausstellen wird, dab aneh «fuhren' sandigen WnMböden in der Bbene diä entzogenen ^ftsdienbestandtheile wieder ersetzt werden mQisen, wenn dem Boden sein sehen jetzt gerkiges BrtragsvermAgen er* iMAen bleiben soll, ist eine Frage, deren Lösung erst ferf*» Ifesetzte Untersnähungen ergeben klimen.

Neustädt-Eberswalde, Juli 1:868.

346 Lan doli, über das

4

üeber das Ammoiiium - Amalgam ;

* * *

., von H. Landolt.

Du merkwfirdige yerdkken «nd Aofsdiwelleii, wdehet das Onocksilber.Beigt, went» man dtiaeibe alt negaliTai P«l cor Bieclrolyse d^r Lösmg eines Ammoniakaabsaa anwendet» eder ea anf eine Boich» in Form tm Nairilini-»Amalgam ein- wirken lifet, ist udrsivenBeffzeliaa deai BntaieheB ehea AnmoDiam-Aafttlgama angesebrieben worden» Er nabai be- kannlli^b an^ dafa dal Radioai NH« ein ansimiieiigeaeUtei MetaU darstelle, weickes aiob beider Abacbeidang ans aeiaea Verbindungen, mit .dem Qneckailber legine. Diese Aaaiahl bat allgemeine Verbreitung gefunden, und es ist das Aitf*» treten des Amalgta» immer tils eine der weaenUichsten SUUaen der Ammeninmtb^gorje betraeklet werden*

In neuerer Zeit apraeh Wetherill *) die Meinang aiia» iialb das Amalgam kein Ammunium aAübaltei sondern nor ein durch Absorption iton Gaablasea (MHs und H) schwammfdrmig an%etriebenes QoeeksUber aei« Er schliefst diefs aus eimgen qnalitattTen Beobachtungen, welche ergaben i dafs wenn mm %. B. das Anschwellen des Quecksilbers duriih Pressen ver- hindert oder dem Hetall Platinsckwamm auaelit « sich kais Aaunoniumr-Amaligam bildet Dieselbe Ansicht theilen aueh Pfeil und Lipp mann **),. indem sie fanden t. dab die chlorwasserstoffsauren Salze organischer Basen, wie AniUa, Coniin, Morphin und Chinin kein Amalgam geben ***), eine

*) Sfllim. Amer. Jonni. [2] XL, 160 ; Zeitiöhr. t Ghun. ISSfi» S. 650.

**) BUlim. Amer. Jonm. [2] XLII, 72; Jaliresber. f. Caiemie n. il w. f. 1866, 8. 144.

*^ Blofii du Balssanre Trimethylamm soll noh nach Pfeil a. Lipp- mann ge^^ Natrium-Amalgam wie Ralmiak Terhaltea. loii liab»

Afnmonium-'Amalgam. 347

Beobachtung, die flbrig^ens schon im Jahre 1831 von Brande*) gemacht worden ist, und zudem in der betreffenden Frage nichts beweist.

Die bisherigen Versuche geben ober die Natur des Am- monium-Amalgams noch durchaus keinen entscheidenden Aufschiurs: Seitdem Graham^ das betrdchtliche Ab- sorptionsvermogen verschiedener Metalle für Gase und na-- inentlich Wasserstoff kennen gelehrt hat, liegt allerdings die Möglichkeit nicht fern, dafs auch bei Ooeck^ilber ähnliche Erscheinungen auftreten können. Da indefs wedef Ammoniak noch Wasserstoff, wenn sie einzeln entweder im fireienr Zu- stande oder auch im Entslehungsmomcnte auf QuecksHbef einwirken, von diesem absorbirt werden, vielmehr eine Auf-^ nähme nur dann stattfindet, wenn man sie gemeinschaftlich aus Ammoniaksalzen abscheidet, so scheint es, dafs die Ver- bindung NHi als Ganzes die Amalgam bildende Substahs darstellt. Ist diefs der Fäll, so werden bei der Zersetzung des Ammonium-Amalgams Wasserstoff und Ammoniak steUr

in dem '^olumverhältnifs von 1 : 2 sich ausscheiden mfissen^

i

Während; wenn eine getrennte Absorption der beiden Gase stattfindet^ ganz andere Mengen derselben auftreten können; lieber diesen Punkt sind schon von Davy •♦♦) Ver-* suche angestellt worden, welche ergaben , dafs in der Thal auf 1 Vol. H 2 Vol. NHs frei werden. Gay-Lussac und Thenardf), die ebenfalls das Verhältnifs zu bestimmen suchten, fähren dagegen verschiedene Zahlen an. Bei dem

den Verauch wiederholt, indefB gefunden, das ein Aufschwellen des Quecksilbers nur dann stattfindet, wenn das PMparat noch Chlorawunonlim eotlüUi JHe reiiie Yerbindiiiig giehi kein Amalgam,

*) P<^gi Ann. XXTT^ 30a

**) Ann. Chem. Phann. Snpplementbd. Y, 46.

*^ Fhilos. Trsnsact 1808, 858; 1810, 55; Gmelin*s Handh. m; 526-

t) Bacherches phjsioo-chinuqaes I, 68-78.

948 Landolt. über da$

auf elecirolytiscbeiii Wege darffestellten Amalgam ergab em Yerauch auf 23 VoL H 28 VoL NH», während bei dem miiietel Kalium-Amalgam bereiteten auf 1 VoK H 2,5 VoL NH« frei jirm^den. In Betreff der Menge von Ammoniom, welchedas ilaeckailber aiffzunehmen vermag, fahrt Davy an, dafa das AnMilgam bei der Zersetzang aaf 1 VqI Metall 6 VoL Müg 7f H gebe, wonach 100 Gewicbtstbeile Quecksilber 0^0239 Crewichtfitheile MH4 binden würden. Gay-Laaaac und Thenard fanden in veracbiedenen Amalgamen auf 100 TL Hg 0,Q55> bi3 0,07 Tb. NU».

lu Folge dieser abweichenden Resnltata war es BÖlbig« einige neue Beatimmuogen voraunehmen und ich habe die^ |i.eU>en auf feigende Weise ausgeführt :

Das au verwendende Ammonium- Amalgam mubte mit Bftife der galvanischen Säule dargestellt werden, da das mit llatrium erzeugte stets noch kleine Mengen dieses Metalls enIbfUeu kamt Det angewandte Apparat bestand aus zwei in einander gesetzten und duroh einen niedrigen Dreifub getrennten Schaalen, von weloben die iufsero aus Glas, die innere aus porAsem Thon (der Boden mit Vs Zoll hohem Rande einer Balteriezelle) bestand. In beide wurde eine Schicht OoecksUber und darüber Ldsung von Salmiak oder schwefelsaurem Ammoniak gegossen. Indem man die in Platindrähte endigefiden Pole einer aus 6 bis 10 Grove*- sehen Elementen bestehenden Sfiule in der Weise eintauchloi dafs das Quecksilber in der Thonzelle die negative Electrode bildete, fand hier die Bildung des Ammonium -Amalgams statt, wfihrend der andere Pol sich mit einer Schicht von Calomel überzog. Das Aufschwellen des Quecksilbers ging dabei langsam mid ganz ohne Entwiekelmig vott Gasblasen vor sich ; eine solche trat erst ein , wenn der Ponkl der Sättigung erreicht war.

Ammonium - Amalgam. 349

Vm sutiächst das Verhfiltnifs zwischen Ammoniak und Wasserstoff bei der Zersetzung des Amalgams zu bestimmen, worde dasselbe in verdünnte Salzsaore von bekanntem Gehalt eingeworfen, das frei werdende Wasserstoffgas in einem gradiiirten Cylinder aufgefangen nnd schllefslich der nicht neulralisirte Tbeil der Säure durch titrirung bestimmt. Dabet war es nöthig, das Amalgam möglichst rasch von der an- bftngenden Salmiaklösung, weiche freies Ammoniak enthielt, wa trennen, was durch Wasdien desselben unter eia^em Strahl Wasser geschah. So schnell man iadefs diese Operation luafflhren mag, so kann , da das Aouilgam sich fortwährend zersetzt, dock nicht verhindert werden, dafs das anhängenda Wasser etwas neues Ammoniak aufnimmt, wahrend der Was* s^stoff ^tweicht. Man wird daher nothwendig den fiehalt an ersterem Zersetzungsproduct etwas zu hoch finden müssen.

Bei einem ersten Versuch wurden 850 CC. verdännta Salzsäure; welche 1,8233 Grm. Chlorwasserstoff enthielten^ angewandt und damit eine Glasschale sammt einer darin stehenden graduirten Röhre gefällt. Die letztere lief unten in einen Trichter aus, welcher über des eingeworfene und sich zersetzende Ammonium-^Anuilgam geschoben wurde. Die erhaltene Menge von Wasserstoffgas, reducirt auf 0^ und 760 MM. Druck, betrug 13,85 CG. Die Menge der über- schüssig gebliebenen Säure wurde durch Titriren zu 1)7745 Grm. gefunden. Hiernach waren von der Flüssigkeit 0,0227 Grm. Ammoniak aufgenommen worden, welche 29^76 CC. Gas von 0^ und 760 MM. entsprechen. Der Versuch ergab somit, dafs auf 1 Vol. H 2,15 VoL NH3 aus dem Amalgam frei ge- worden waren.

Eine zweite Bestimmung, bei welcher das Ammonium- Amalgam weniger rasch in den Zersetzungsapparat gebracht werden konnte, ergab auf 1 Vol. H 2,4 Vol. NHs.

350 Landolt^ über das

Nach diesen Resullaten, welche die früher von Dtvy erhaltenen Tollkommen betätigen, ist es nBZweifelhaft , dab 4las Amalgam NHs und H genau in dem ammoniambildendea Verhältnisse enthält. Diefs spricht entschieden dafür, dab 4lie Verbindung NH4 als Ganzes direct von dem Quecksilber aufgenommen wird, und nicht etwa eine getrennte Absorption von Ammoniak und Wasserstoff die Amalgambildung ver- ursacht.

Durch einige weitere Versuche habe ich die Menge des Ammoniums in dem Amalgam zu bestimmen gesucht Das» selbe wurde wieder auf electrolytisohem Wege mit Hülfe ^es oben angegebenen Apparats dargestellt Wenn die SiU tigung des Quecksilbers vollständig eingetreten war, wusch man die Masse durch euffliefsendes Wasser^ und brachte sie rasch in verdünnte Salzsäure von bekanntem Gehalt. Nach beendigter Zersetzung wurde der Ueberschufs an Säure durch Titriren bestimmt und das abgeschiedene Quecksilber ge* iiammelt und gewogen.

Bekanntlich nimmt das Quecksilber bei der Darstellung des Ammonium-Amalgams zuerst eine bulterartige Consistenz an, und wird, wenn die Sättigung erreicht ist und sich Ammoniak und Wasserstoif zu entwickeln beginnen , durch die Gasblasen schwammförmig aufgetrieben, während zugleich das Metall eine dunkelgraue Färbung annimmt. Die mit Gas erfüllten Hohlräume sinken rasch zusammen, sowie man den electrischen Strom unterbricht, und die Hasse wird wieder metallglänzend und butterartig. In diesem letzteren Zustande wurde sie zu den Versuchen benutzt

Man erhielt folgende Zahlen :

Ammonium Amalgam»

351

Versuch

Erhaltene Mengen

Ton

QueduUbor Ammonium

100 Gewichtstheile Qaeck- BÜber nehmen auf :

L

II.

IIL

IV.

V. VI.

Gramm

20,397 24,931 68,070 66,916 63,984 87,972

Gramm

0,0118 0,0200 0,0626 0,0660 0,0384 0,0478

0,068 Th. Ammonium 0,080 ^ 0»090 a n 0,083 ^ 0,071 ^ 0,064 ^ ,

Die Schwankungen, welche die Zahlen zeigen, rühren von der mehr oder minder raschen Zersetzung des Amalgams her, und es wird diejenige Bestimmung als die richtigste zu betrachten sein , welche den gröfsten Ammoniumgehalt ergab. Nimmt man hiernach an, dars 100 Gewichtsthcile Hg 0,09 Gewichtstheile NH4 aufnehmen, so wurde das Amalgam bei seiner Zersetzung auf 1 Vol. Hg 15,2 Vol. NH3 und 7,6 Vol. H geben. Diese Zahlen gellen für die bei gewöhnlicher Temperatur dargestellte Substanz; in der Kälte treten wahr- scheinlich grörsere Mengen von Ammonium mit dem Queck- silber in Verbindung.

Wenn das Amalgam wirklich Ammonium enthält, so entsteht weiter die Frage, ob diesem letzteren nun auch die metallartige Natur ^ wie sie von Berzelius, Davy u. A. vermuthet wurde, zukommt *). Hierüber habe ich auf fol- gendem Wege Aufschlufs zu erhalten gesucht :

Wie schon vor langer Zeit Klauer**) und Bött-

^ Weyl (Pogg. Ann. CXXIII, 368) giebt an, durch Einwirkung Yon Natrium - Ammonium auf Natronhydrat die Verbindung NH4 gemengt mit condonsirtem Ammoniak als blaue Flüssigkeit erhal- ten zu haben, welche mit Quecksilber in Berührung gebracht, sich entfUrbte» allein dabei keine dem gew(^hnfichen Ammonium-Amal» gam ähnliche Blasse lieferte.

**) Ann. Chom. Pharm. X, 90.

3512 Landolij über das

ger*) nachgewiesen haben, werden beim Zusammenbringeii von Kalium- oder Natriumamalgam mit der Lösung ¥«r» schiedener Salze die in diesen enthaltenen Metalle reducirl und in Verbindung mit Quecksilber übergeführt Auf diesem Wege lassen sich bekanntlich Amalgame der meisten Metalle darstellen. Es ist nun offenbar zu erwarten, dafs, wenn das Ammonjum in seiner Legirung mit Quecksilber wirklich metallische Eigenschanen besitzt, es sich ganz analog ver- halten murs und ihm die Eigenschaft zukommen wird, z. Silber, Kupfer, Eisen u. s. w. aus ihren Salzen leicht abzu- scheiden. Diese Prüfung, obschon sie sehr nahe liegt, ist bis jetzt noch nicht angestellt worden.

Zur Ausführung der Versuche mufste wieder das auf eleclrolytischem Wege erzeugte Amalgam benutzt werdeiu Die frisch dargestellte Substanz wurde in die Lösung des Salzes eingeworfen ; das abgeschiedene Quecksilber mit Wasser gewaschen und hierauf vollständig in Salpetersäure aufgelöst. Die Flüssigkeit prüfte man dann auf das Vorhan- densein des betreffenden Metalls. Die Menge des Ammonium- Amalgams betrug stets mindestens 100 Grm.

Diese Proben sind zunächst unter Anwendung von Kupfer- sulfatlösungen, und zwar sowohl sauren wie ammoniakalischen ausgeführt worden. Dabei konnte nie Abscheidung von Kupfer resp. Bildung von Kupferamalgam nachgewiesen wer- den.' Eben so wenig liefsen sich aus Silbernitrat- und Eisenchloridlösungen durch das Ammonium -Amalgam die Metalle reduciren; es zersetzte sich dieses vielmehr stets in derselben Weise wie unter gewöhnlichen Verhiltniasen, nfimlich in Ammoniak und Wasserstoffgas.

Diese Versuche sprechen gegen die Ansicht, dafs das Ammonium ein zusammengesetztes Metall darstelle, welches

•) Ann. Chcm. Pharm. XU, 240 ; Jouxn. f. prakt Chem. I, 802.

Ammonium - Amalgam. 353

fibnlioh dem Kalium oder Natriam sich verhalte. Dessen «igfeacbtet vereinigt sich, wie wir oben gesehen haben, die Verbindung NH4 als solche mit dem Quecksilber. Die Natur dieses Körpers und die Bildung des Amalgams wird dadurch noch rfithselbaner , und es mufs ferneren Untersuchungen vorbehalten bleiben, die Frage weiter aufeukMren.

Ueber isomere AUyl- und Propylen-

derivate ; von Alphorn Oppenheim^

Piiviado«ftnft d«r Chtml« In Berlin.

Allylverbindungen und damit gleich zusammengesetzte Propylenderivate sind lange Zeit für identisch gehalten worden, weil die in beiden Reihen bekannten Verbindungen einander nicht entsprachen. Aus der Allylreihe nämlich war vor Allem das Jodid bekannt; das gejodete Propylen C3H5J aber hat auch bis heute nicht erhalten werden können, weil die Einwirkung von alkoholischer Ealilösung auf Propylenjodid diese Verbin- dung unter gleichzeitiger Bildung von Jodisopropyl verkohlt *)• Andererseils sind das gechlorte und das gebromte Propylen seit längerer Zeit freilich wohl bekannt. Aber das entsprechende Allylchlorid und Allylbromid sind nur auf schwierigen Wegen aus Allylalkohol in so kleinen Mengen erhalten worden, dafs die Entdecker nur ihre Entstehungsweise, nicht aber ihre Ei- genschaften beschrieben haben **).

*) Mündliche Mittheilimg nnveroffentlichter Versuche von Herrn Wnrtz.

**) Hofmann u. Gahonrs, Ann. Chem. Phann. CH, 285 iF. AaiuL 4. Cham. v. Phtfin. VI. 8npp]«m«ntbd. H«ft. 23

854 Oppenheim^ über isomere Aüyl^

Ich habe in vorläufigen Minheiloogen über diesen Ge- genstand deshalb ziuifiehst mehrere Wege milgetheiU, uoi das dem gechlorten Propylen entsprechende Allylchlorid in gröfseren Mengen darzustellen, und ich theile im Eingänge dieser ausführlicheren Darlegung meiner Arbeit die Methode mit , welche zu seiner Darstellung am Geeignetsten erseheinL

Den Ausgangspunkt bildet das Allyljodid, von dem ich mehrere Kilogramme nach verschiedenen Methoden bereitet habe. Um dasselbe möglichst frei von Jodisopropyl zn er- halteu; habe ich die von Claus*) angegebene Methode am Vorth eilhaftesten gefunden, und dieselbe nur dahin abgeändert, dafs ich statt der Retorten Kochfiaschen mit weiten Destilla- tionsröhren (Verbrennungsröhren) anwendete, welche in die tnbulirte Vorlage luftdicht einpafsten» Aus dem Tubulus der Vorlage führte ein Gasableitungsrohr in ein System von drei Gefäfsen. Das erste derselben war leer^ um übergerissenes Jodallyl aufzunehmen. Die beiden anderen enthielten Brom, um das als Nebenproduct auftretende Propylengas zu ge- winnen. Man sättigt so für jedes angewandte Kilogramm Jod etwa 100 Grm. Brom mit Propylengas. Die angewandten Kochflaschen von 3 bis 4 Liter Inhalt wurden jede mit nur 100 Grm. Jod und der entsprechenden Menge Glycerin (150 Grm.) und Phosphor (60 Grm.) beschickt, um das Ueber- steigen der stark schäumenden Hasse möglichst zu verhin- dern. Es ist sehr rathsam, die Destillation nicht bis zur letzten Grenze der Möglichkeit fortzusetzen, weil dabei nidit nur die Flaschen springen, sondern auch ein unreineres Pro- duct erhalten wird. Das braunrothe Destillat, durch Schütteln mit verdünnter Kalilauge farblos erhalten, wird zuerst mit Wasserdampfen destillirt, um Ueberschäumen der letzten An- theile zu vermeiden , und dann mehrmals fractionirt Ein

*) Ann. Chem. Pharm. CXTCXI, 68.

und Prapylenderivalte, 955

KSogramm Jod liefert so darcbscbnittKch 750 Grm. Jodallyl Tom Siedepunkt 98 bis iOS^, und 200 Grm. eines Gemenges Ton Jodisopropyl mit Jodallyl , das bei 90 bis 98^ übergebt« Andere Metboden, bei welcben verbaltnifsmftfsig weniger Pbosphor verwandt wird , liefern verbiltnibmafsig mehr Jod^ isopropyL Oasselbe Resultat ergiebt sich , wenn man das rohe Jodallyl aur Reinigung über Zink destillirt, 4>der wenn statt Glasgefafse eiserne Gefifse angewendet werden , wie es Behufs der Bereitung grölserer Mengen die Herren Hen- ner und Hobenhausen in Wyl versucht haben.

D9S so erhaltene Jodallyl kann unmittelbar in Chlorür lungewandelt werden, nach denselben Grundsätzen, welche BerthoUet über die Umsetzung von Metallsalzen ansge- sprochen, und welche Wurtz zuerst in der organischen Chemie durch Umwandlung der Jodüre in Acetate zur An- wendung gebracht hat. Man' kann allgemein sagen, dafs zusammengesetzte Aether und Salze einander zersetzen, wenn die Sdure des Aethers mit dem Metalle des Salzes ein unlösliches oder wenig lösliches Salz liefert Nicht immer freilich geht die Sfture des Salzes mit dem Alkoholrad icale eine Verbindung ein. Zuweilen trennt sie sich unter Aether-- bildung, wie es früher Nason bei seinen Versuchen zur Darstellung zusammengesetzter Aether widerfahren ist (Ann. Chem. Pharm. CIV, 126). So giebt Cyanquecksilber mit Jod- älhyl und Alkohol Jodquecksilber, Aether und Blausäure« Aber in vielen Fällen bleiben die freiwerdenden Reste ver- einigt.

Oxalsaures Allyl und Chlorcaicium in alkoholischer Lö- sung bilden Oxalsäuren Kalk und ChlorallyL Einfacher und ergiebiger ist die directe Umsetzung von Jodallyl mit Qaeck- siUrerchlorid. Als Lösungsmittel kann Alkohol, Glycerin und Aether dienen. Um die Einwirkung einzuleiten ist bei der Anwendung von Alkohol Schütteln hinreichend. Man mischt

23»

S56 Oppenheim^ über isomere AUyl-

in einer Eochflascho Jodallyl mit seinem Tolom Alkohol ond etwas mehr als der theoretischen Menge feingepulverten Onecksilberchlorids. Die Hasse erwSrmt sich lebhaft; man Terbindet deshalb die Flasche mit einem gnt gekdhiten Schlangenrohr, um die Dampfe za condensiren. Wenn das Qnecksilbersalz in rothes Jodür verwandelt ist, destilllrt man ab. Zusatz von Wasser zum Destillat trennt eine Flüssige keitsschicht , die zwischen 40 und 75* übergeht Der grofste Theil, der zwischen 43 und 50* destillirt, ist fast reines CUor- allyl. Die erste Portion und die letzten Portionen dieses Destillats geben jedoch bei der Analyse zu viel Kohlenstoff, weil die erstere Aelher, die letzteren Allyläthyläther bei- gemengt enthalten, wie die folgenden Analysen ergeben :

Crefunden

Berechn. f. Clilorallyl 43^4« 44-46<> 40-46<> 45-47« 46-47* C, 47,06 46,91 47,41 48,13 48,30 49,80

H5 6,54 7,16 6,64 6,86 7,82 7,80

Cl 46,40 46,42

Bereclinet für Allyl&thyläther Gefunden

(Siddeptmkt 62<>,5) 59-65«

69,77 .63,28

H|9 11,63 9,86

O 18,60

Mau sieht also, dafs bei der beschriebenen Operation die folgenden Reactionen neben einander Plali haben :

2C8H5J + HgCI, = HgJ, + gCgHjCl

C,H,C1 + CäO = (CaH.)(CtH.)0 + HCl

HCl + CAO =s H,0 + C,H,C1

CACl + CAO = (CgH5),0 + HCl.

Von dem beigemischten Aether iSftt sich das Chlorallyl durch Schfittebi mit der zwanzigfachen Menge Wasser be- freien, welches letztere freilich auch (%Iorallyl in gerbigem Mafiie auflöst.

und Prapjflenderivaie» 3$T

Die Sraieiigttng von AUyliUiyläiber dageg^en fahrt einen unabwendbaren Verlust herbei« Ich habe deshalb statt AI-* kohol Aether ak Lösungsmittel immer dann angewandt, wenn für die weitere Verwendung des Chlorallyls die Gegenwart von Aetber gleichgültig mrschieii.

Um die Eigenschaften dieses Körpers mit denen des ge-r chlorten^ Pr^ylens zu vergleichen, habe ich darauf gröfsere Mengen des letxteren nach der von Frie.de 1 und Ladent bürg fOr Methylcfaloraeetol besebriebenen Methode . darge« «teilt (Ann. Chem. Pharm. CXLII, 315). Beide Körper bilden ^ch bekanntlich gleicfazeitq; bei der Einwirkung von. Aceton auf Phosphorpentachlorld in wechselnden jlengen, ohne daft es bisher möglich gewesen wäre, wilikarlicb mehr von die* sem oder jenem zu bereiten. Aus 3500 GrsL Chlorphesphor und 1000 Grm. Aceton wurden erhalten 740 Grm, gemischte Chlorüre und durch Fractipnirung daraus :.

196 Grm. C,HsCl siedend awiBohen 23 und 88*

875 n C«HeC]t » » 60 » 80<^

90 f, Zwiflchenproduct » . 88 « 60*

wahrend 79 Grm. beim Fractioniren , Umgiefsen u. s. w. bei hoher Sommertemperatur verloren gingen. 4000 Grm. PCU und 1200 Grm. Aceton lieferten 225 Grm. CnH^Cl (23-36^), 375 Grm. CaHeCla (60-78<^) und 100 Grm. Zwisohenproduct.

Das reine gechlorte Propylen C^HfiCl siedet bei. 23® und hat bei die Dichti^eit 0,931. Es liefert mit Natrium- ithylat in zugeschmolzenen Röhren auf 120® erhitzt Allylengaa.

Das reine Chtorallyl CsU&Cl siedet bei 44-45® und ha,t bei die Dichtigkeit 0,934. Es wirkt nicht nur auf Matriumdthylat, sondern auch auf alkoholische Kalilauge schon unterhalb 100® ein und biUet dabei nicht Allylen , sondern Allylathylather.

Durch diese Versuche ist genügend dargethan, dafs diese beiden Chlorflre nicht identisch, sondern isomer sind.

35ä Oppenheim, über isomere ÄllyU

Es erschien mir aber wicbtig^, diese Untersuchung noch weiter fortzuführen, um dadurch mto möglich Aufklarung über die Existenz einer noch unbekannten KörperUasse : der gechlorten Alkohole der gewöhnlichen Reihe tu erhalten» Die Entdeckung solcher Körper wfirde auch beute noch Yon hohem Interesse sein. Man wfirde dadurch auf einfachereai Wege eu Synthesen von secundfiren Alkoholen und AnEObol-« derivaten gelangen, wie sie neuerdings auf verschiedene Weise von Btttlerow, Prankland u. Duppa und Li e-^ ben entdeckt worden sind.

Der einsige gechlorte Alkohol, welcher bisher beschrie- ben ist, gehört der aromatischen Reihe an. Ich meine Neu- hof's Mereaplan aus Chlorbenzyl (Zeitschr. f. Chemie 1866, S. 655). Vergebliche, obgleich sehr sorgfaltig ausgeführte Versnobe zur Bildung ähnlicher Körper iti der fetten Reihe liegen von Pfaundler vor (Bull. soc. chim. 1865, p. 242). Derselbe hat aus gebromtem Aelhylen und Jodwasserstoff- säure eine Verbindung erhalten, welche durch essigsaures

s

Kali auf compifcirte Welse zersetzt wird, indem sowohl Jod wie Brom darin ausgetauscht wird. Es frug sich nun, ob Chlorfire hierin von Bromuren, ob koblenstoffreichere Ver-* bindungen darin von Aethylenderivaten abweichen, und welche Unterschiede in dieser Hinsicht unsere beiden * isomeren Chlorfire unter einander zeigen.

Ferner erschien es nützlich, nicht nur dievon Pfaund-^ ler angewandte Reaction, sondern alle diejenigen anzuwen- den, durch welche man bisher ungesättigte Kohlenwasser- stoffe in Alkohole übergeführt hat. Nachdem ich festgestellt, dafi^ Wasserstoffsuperoxyd bei dreiwöchentlichem Contacte auf beide Chlorfire nicht einwirkt, beschränkte ich mich zu- nächst darauf, die Einwirkung von Jodwasserstoffsäure, von Schwefelsäure und von Brom auf beide Körper zu studiren.

tmd Propylenderioate. 359

I. £Snwirkung van JodwasBersioffsäure,

Eine in Eis gesättigte, nur schwach gefärbte, rauchende, sehr concenlrirte Lösung von Jodwasserstoff, wie sie durch- gehends angewendet wurde, ward mit Chlorallyl zusammen- geschüttelt. Es trat sofort starke Erwärmung und Jodaus- scheidung ein. Man entfärbte und neutralisirte die Flfissig- keit mittelst einer verdünnten Lösung von kohlensaurem Natron, und erhielt so eine schwere Flüssigkeit, welche gröfstentheils zwischen 88 und 92^ kochte und sich durch •die Analyse ab Jodisopropyl (Siedepunkt 89^) erwies.

0,322 Grm. Sabstanz gaben 0,117 H,0 und 0,261 CO,.

Berecbnet Gefunden

c.

36

22,50

22,14

H,

7

4,37

4,04

J

127

73,13

160 100,00.

Jodwasserstoffsäure und Chlorallyl setzen sich also zu Chlorwnsserstoffsäure und Jodallyl um, und von dem letzteren ist es bekannt, dafs es durch überschüssige Jodwasserstoff- säure hydrogenirt wird (Simpson, Erlenmeyer) :

C.HftCl -f 3 HJ = C^Hy J + HCl + Jj.

Diese Reaction ist also derjenigen , welcher das Chlor- ally) seine Entstehung verdankt, gerade entgegengesetzt.

Mit dem gechlorten Fropylen verbindet sich die Jod- WRSserstoffsäure direct. Ein Ueberschufs derselben wurde mit dem Chlorfir in einen starken birnförmigen Kolben („Matras^) eingeschlossen und mehrere Stunden lang im Wasserbflde erhitzt. Dabei färbte sich die Jodwasserstoff-^ säure kaum und am Boden des Gefäfses fand sich eine ölige Flüssigkeit, welche beim Desiaiiren auch im leeren Ravm zersetzt wird. Sie geht unter 1 CM. Druck zwischen HO «nd 150^ über. Der zwischen liO und iSO^ aüfgeftingene

360 Oppenheim^ über isomere Allyl'-

Theil zeigt die der Formel CaHsCl.HJ entfiprediende Zu- sammensetzung :

0,488 Gnn. Substanz gaben 0,140 VLfi und 0,317 CDs. ^Berechnet Gefunden

C, 36 17,64 17,71

H^ 6 2,44 2,89

Cl 36,6

J 127

Die Verbindung hat bei 0^ das spec. Gewicht 1^24.

Da nun das gechlorte Propylen sich auch bei anhalten* dem starkem Erhitzea mit Kali- oder Silbersalzen «lichi ver* änderte, hofiPle ich durch Einwirkung seiner Jodwasserstoff- verbindung auf ein Aequivalent dieser Salze das Jod auszu- tauschen, ohne das Chlor der Verbindung anzugreifen. So- wohl bei der Anwendung von trockenem Silberacetat als auch von einer alkoholischen Lösung von Kaliumacetat im angegebenen Verhältnifs erhalt man jedoch ein jodhaltiges Product und im ersteren Falle einen Rückstand, der aus Chlorsilber und Jodsilber besteht, zum Beweis, dafs gegen die gehegte Erwartung das Jod und das Chlor der Verbin- dung gleichzeitig angegriffen werden. Der Zweck, ein ge- chlortes Acetat zu erhalten, war also auf diesem Wege un- durchführbar. Es erschien aber wunschenswerth, zu erfor- schen, ob durch gleichzeitige Vertretung von Chlor und Jod Derivate des Propylglycols entstehen , d. h. ob das Jod- hydrat des gechlorten Propylens identisch ist mit Chlorjod- propylen.

Aus der bekannten Constitution des gechlorten Propylens

CHt

cci würde dann auch die Lagerung der Hydroxyle im Propyl-

CH|

glycol erkannt werden kAnneu.

Hau liefs deshalb auf das Chlorojodür awei Aequivulrate SQberteetai einwirken , und ab auf diese Weise eine reine

und IVopylenderivate* 361

Yerbiodungf nicht erhalten werden konnte, wurde .statt des Acetatft Silberbenzoat angewendet! indem man hebufa einer gleicbmifsigen Einwirkung völlig was$erfreien Adher hinxa«* Mtzte. Die Reaotion findet unter lebhafter ErwiroMing au* IfenblicUiob statt Um sie xu.Ende su führen erhitzt man jcinige Stunden kng im Wasserbade mit aufsteigendem Kühler. Der Aether wird darauf abfiltrirt und der Ruckstand wieder- holt mit Aether ausgezogen. Beim Verdampfen des Lösungs- mittels bleiben nun ungewöhnlich schöne farblose, durchs «iohtige, glänzende KrystaUe zurück, die leicht mehr als 1 Centimeter lang werden.

Dieselben sind bei sehr hober Temperatur nnzersetzt flüchtig. Im luflverdünnten Raum, bei 1 CH. Quecksilberdruck, destilliren sie zwischen 230 und 240^. Ihr Sehmelzpunkt liegt zwischen 69 und 71^; ihr Erstarrungspunkt zwischen 50 und 58^ Sie sind aufserordentlich schwer verbrennlich, selbst bei Anwendung von chromsaurem Blei.

1. 0,2075 Grm. Substans gaben 0|107 H,0 und 0,5485 €0«.

2. 0,236 n n 0,127 0,6176 .

Hieraus berechnet sich die dem zweifach -benzoesauren Propylen entsprechende Zusammensetzung :

Berechnet Gefunden

c„

204

71,83

71,69

71,37

Hl.

16

5^63

5,72

5,96

O4

64

22,54

284 100,00.

Diese Uebereinstimmung mit dem.benzoesauren Propylen aber ist nur eine ganz fiufserliche.

Mit dem von A.. Kay er (Compt. rend. LIX, 244) aus Brompropylen dargestellten benzocsauren Propylen hat die neue Verbindung freilich annähernd den Schmelzpunkt (72^ Mayer) und vielleicht den Siedepunkt gemeinsam; aber in krystallographiseher und chemischer Hinsicht weicht sie yon

362 OppeHheim, über iiomgrt AllyU

demselben ab. Sohon der infiere Habitos der KrysUUe iit ein ganz verschiedener. Die Kryitallform des benxo<Sniir«B Propyiens iat wie die der AelhylenTerbindangr orlhorb«aibiich mit Torwaltendem Frisma. Herr Friedet, welcher die Form dieser Verbindungen besclirieben hat *), unteriog nA aneh der Messung meinw KrystaUe und gelangte dabei zh folgenden Resnllaten :

„Das ans dem Jodhydrat des gechlorten Propyleni ge« wonnene Benzoat bildet Uinorhombifohd Octaeder, deren Flächen a', o' und e' stark ausgebildet sind, während die Flächen />, b'l* und g' zurücktreten. Die FUchen lind glin- send aber wellenförmig gebogen , so dals die Strenge der Hessnngen dadurch leUel."

„Die Winkel sind :

f' =

126°15'

fa' =

129» i'

0.' =

109"2B'

«'e' =

106'i4'

«'«' über p =

63"54'

oVlfcer f =t

10<»68'

lOi'Bl')

„Die Octaeder sind fast orthorhombisch. Aber ihre optische Untersuchung Ififst keinen Zweifel darüber, dafs sie klinorhombisch sind. Eine der Fläche p' parallele Platte zeigt ein einziges System von Bingen, die so gestellt sind, dafs sie beweisen, dafs die optischen Axen der Symmetrie- ebene parallel sind."

Dazu kommt, dafs bei der Versclfnng mit Kali unser Benzoat nicht Propylglycol liefert, wie es der Natur des

*) Siehe die oben uigefQhrtc Arbeit Majrer'a und Wai buidlnng aber (Hycole, Ann. cbim. pbT*. [S] LT.

und Propylenderivaie, 869

benzo^aoren Propylens entspricht , sondern dne Fldsrigkeit, welche SHbersalse beim Erhitzen redacirl und den Geruch des Acetons besitzt.

Eine gröfsere Menge dieser Flössigkeil, welche sieh dann durch ihren Siedepunkt und durch ihre Verbindung mit doppell - schwefligsaurem Natron unzweifelhaft als Aceton characterisirte, erhielt ich direct durch ErwSrmen von feuch* fem Sflberoxyd mit dem Jodhydrat des gechlorten Propylens, AbdestHliren und Trocknen Aber Ealthydrat. Ziehen wir nun noch in Betracht, daTs Simpson kQrzßch durch Einwirkung Yon Chlorjodithylen CsH^GlJ auf feuchtes Silberoxyd Glycol erhalten hat (Ann. Ghem. Pharm. Suppl.*Bd. VI, 358), so beweisen

diese Versuche strenge, dafs unser Jodbydrat nicht Propylen« chlorojodflr, sondern eine damit isomere Verbindung ist.

Das wahre Propylenchlorojodör, das Simpson flrAher durch Einwirkung von Chlorjod auf Propylen erhalten hat, besitzt das specifische Gewicht 1,932 ; für die damit isomere Verbindung fand ich die Dichtigkeit 1,824.

Das Jod und Chlor der letzteren nehmen , wie ihre Unw^ Wandlung zeigt, die Stelle des SauerstofTs hn Aceton ein. Sie entspricht also völlig dem Fried ersehen Methylchloracelal und mnfs demnach die Bezeichnung Methylchlorjodacetol erhalten. Ihre Bildung und Umsetzung Ififst sich durch folgende For* mein anschaulich machen :

CH^ CH,

CCl + HJ = CCU

CHg CHy

gechlorteB Propylen MethylchloijodacetoL

CH3 CH|

CCU + AgjO = ho -\' AgJ + Aga

in, in, *

Aceton. - '

864 Oppenheim^ über isomere AUyl-

YxL der Benzoesflureverbindang siod Cblor und Jod durch BenzoesSurereste CtH^Os vertreten. Es kommt ilir also der Name Methylbenzacetol, die Formel

CH^ CH»

I ^ I

C(G9H50,)t nicht CH.CtH»Ob n

OHg GHg Cf H^Of

MethylbeDzacetol (bensote. Propylon)

und sie steht in derselben Besiehung zum Aoeloip , in wel- cher Geuther's essigsaures Aldehyden zum Aldehyd steht

Eine Bestätigung dieser Auflieissung liegt in der Um<» Wandlung des Jodhydrats des gebromten Aethylens in Aldehyd durob Pfaundler und in der neuen DarsteHung der von mir beschriebenen Verbindung, welche bald nachher Fried el und Ladenburg aiis Metfaylbromacetol gelang (Ann. Chem. Pharm. CXLV, 195). Der von diesen Chemikern angewandte Name benzoesaures Propyliden hat den NachtheU, zu der Yer- muihung zu führen, dafs dieser Körper zu dem noch unbe* kannten Propylaldehyd in näherer Beziehung steht, da Aethyliden und Aldehyden synonyme Bezeichnungen des zweiatomigen Aldehydradicals sind, entsprechende Namen für Acetonradicale aber nicht vorhanden sind.

Durch directe Einwirkung von Saureanhydriden auf Aceton Verbindungen zu erzeugen^ ist mir bisher noch nich gelungen. Auch die weiter folgenden Versuche stützen jedoch die eben besprochene Anschauung.

IL Einwirkung von Schwefelsäure auf Chlarallyl und

gechlortes Propylen,

Die Einwirkung von Schwefelsäure auf zweiatomige Carbüre ist bekanntlich in Berthelot's Händen das erste Mittel gewesen, um Kohlenwasserstoffe in Aethylalkohol and höhere Pseudoalkohole zu verwandeln (1855). Dafs sich

und Propylenderivate, 865

ftberbanpl da« Aetliylen und die Homologen mit Schwefel- siore verbfnden, ist schon seit 1825 durch Faraday*s Un** tersuchungen bekannt. Daher ist es anffallend/ dafsdie gechlorten Carbflre der Fettreihe bisher auf ihr Verhalte» gegen Schwefelsäure noch nicht geprüft worden sind. Hier teg ein völlig unberührtes und ein viel versprechendes Cre* biet zur Untersuchung 'offen, und schon die ersten Schritte über seine Grenzen sollten* zu bemerkenswerthen und uner'^ warteten Ergebnissen fuhren.

Dafs das gechlorte Propylen eben so wie das Propyleo mit Schwefelsfiure eine directe Verbindung eingehen werde^ erschien um so wahrscheinlicher, als die eben beschriebenen Versuche die leichte Verbindbarkeit dieses Chlorör» mit Jod« wasserstöfTsäure kennen gelehrt hatten.

Ich liefs deshalb durch einen Scheid etriehter einen lang- # sam fliefsenden Strom frisch destillirter Sohwefelsüure HsSO« in eine gut abgekühlte Flasche fliefsen, welche gechlortes Propylen enthielt. Ein Gasleitungsrohr führte aus dem doppelt durchbohrten Kork die entsprechenden Gase durch ein von Eis umgebenes Schlangenrohr ab.

Diese Gase entwickelten sich in Hasse und bestanden aus nichts Anderem als aus Chlorwasserstoffsfiure. Im Ganzen wurde etwa das Doppelte der theoretischen Menge Schwefel- säure zugesetzt. Die Einwirkung geschieht sofort und in der Kilte. Nach 24 Stunden erwärmte man im Wasserbade, um die Einwirkung zu vollenden. Dann wurde das Gemisch unter guter Abkühlung in Wasser gegossen und ein Theil mit Baryumcarbonat neutralisirt , um die etwa entstehende SCure von der Schwefelsaure zu trennen. In der That be- kam man so ein lösliches Barytsalz, das nicht gut genug krystallisirt erhalten worden ist, um es zu analysiren. Es ist stark hygroscopisch , bitter und vöIUg chlorfrei. Eine directe Verbindung von gechlortem Propylen und Schwefel-

966 Oppenheim^ vJber isomere AüyU

säure findet also aulTaUender Weise nicht atftit. Die Schwefel- siure treibt vielmehr das Chlor in der Form tod Salzsäure aus, in einer Weise, die gleich näher besprochen werden soll Der gfröfsere Tfaeil des Gemisches ward mit der 8- bis lOfachen Wassermenge destillirt. Kohlensaures Kali schied aus dem Destillat eine leichte Flüssigkeit ab, die voll- ständig zwischen 56 und 58^ überging, den Geruch, die Zusammensetzung, den Siedepunkt, die chemischen Eigen- schaften des Acetons zeigte. Dieselbe wurde behufs völliger Reinigung zur Analyse mit doppelt- seh wefiigsaurem Natron verbunden, mit Aether gewaschen und mit kohlensaurem Kali wieder zersetzt. Diefs Verfahren wurde dreimal wiederholt. Endlich wurde das reine Aceton, iwelches die letzten Reste Wasser sehr hartnäckig zurückhielt, über Stücken von koh<» lensaurem Kalium getrocknet. Die folgenden Analysen sind mit Substanz von verschiedener Trockne ausgeführt worden«

1) 0,2815 Grm. Subetanz gaben 0,211 H,0 und 0,525 CO«.

2) 0,282 , 0,227 , , 0,520 , 8) 0,2465 , » n 0,237 , , 0,650 ,

Berechnet (xefünden

c.

86

62,07

1) 61,85

2) 61,10

60,95

H.

6

10,34

10,38

10,68

10,40

0

16

27,69

58 100,00.

Um keinen Zweifel darüber zu lassen, dafs die Substanz wirklich Aceton und nicht etwa das noch unbekannte damit isomere Propylaldehyd sei, wurde sie durch Kochen mit Silberoxyd in einem geschlossenen Gefäfs oxydirt. Dabei sollte Propylaldehyd Propionsäure, Aceton dagegen^ein Ge- menge von Ameisensäure und Essigsäure liefern. DasGefifis (Matras) fand sich nach dem Erhitzen von einem Silberspiegel ausgekleidet. Das entstandene Salzgemenge schied beim Ein*

und Prapylenderivaie* 367

dampfen and Stehenlassen an der Luft fortwihrend Silber ab, Beweis, dafs es zum grofsen Theil aus ameisensaurem Silber bestand, wihrend endlich nach wiederholtem Filtriren und Stehenlassen eine kleine Menge eines beständigen Silber-* Salzes (Acetat) übrig blieb *).

Die Besprechung der in dieser Reaction entstehenden Sulfosinre soll einer weiteren Mittheilung vorbehalten blei- ben. Nehmen wir an, dab zwei Molecnle Schwefelsäure auf ein Moleeul des Chlorids einwirken, so können wir die eben besprochene Reaction durch die Formeln

CH. CHaH

I I

Cd +2 HtS04 = C(H804), + HCl

I I

CHg OH,

und

CH, CH,

C(HS04)j + H,0 s= CO + 2 H,S04 CH, CH,

ausdrücken.

Wenn man reines oder ätherhaltiges Chlorallyl in ganz derselben Weise mit Schwefelsäure behandelt, wie sie oben für das isomere Cblorür beschrieben worden, so zeigt schon das äufsere Verhalten einen nennbaren Unterschied an. Wih- rend in der oben beschriebenen Reaction die Flüssigkeit kaum gefärbt wird, wird sie hier dunkel und undurchsichtig. Wahrend dort Ströme von Salzsaure entweichen, findet hier keine Gasentwickelung statt. Um die Reaction zu vollenden liefs man auch hier das Gemisch von Saure und Chlorallyl einen Tag lang stehen und erwärmte dann im Wasserbade mit vorgelegtem Kühler, um etwa entweichende Producte auf- zufangen.

*) Die Silberbestimmung dieses Bückstandes wurde leider durch einen Unfall Terdorben.

366 Oppenheim^ Mber immtrt Ali^

Dabei tdhrinia sich die Hasse maä mut img einige GranuD dner klaren farblosen Flnssifkeit anf, die Dach mehreren Fradionimigen iwisehen 93 and 96^ kochte, wwh- rend ein kleiner Thdl zwischen 40 nnd 93, nnd einige Tropfen zwischen 130 nnd 140^ nbergingen *). Nach P r i e del liegt der Siedepunkt des wahrem Pn^jlenchlorvrs zwi- schen 93 und 98^. Mit diesem Körper stimmt nach die Zo- sammensetznng des betreffenden Destillats ▼ollig' iberein.

0,180 Gm. ßolisteas gaben 0,099 HfO imd 0,210 CtV

c.

36

31,86

31,82

6

5,31

5»S2

ci.

71

62,83

113 100,00.

Offenbar hatte sich ein Theil des Chlorallyls mit Chlor- wasserstoSisänre verbunden, welche durch Zerstörung eines anderen Theiles frei geworden war.

CH, CH,

CH + Ha == cHa I I

CH,a cH,a.

Auch hier liegt also wiederum ein Unterschied des Güor- allyls Ton seinem Isomeren vor, das sich mit Jodwasserstoff- saure nicht zu wahrem Propylenchlorojodur , sondern sa Methylchlorjodacetol verbindet.

Dieser Unterschied findet sich auch bei den Homologen. Das gebromte Aethylen verbindet sich mit Bromwassostoff- säure nach Reboul nicht zu Bromathylen, sondern n denn isomeren gebromten Bromäthyl (Compt rend. 1867).

Die ChlorallylschwefelsBure wurde mit der 8- bis 10- fachen Menge Wasser destillirt Hierbei erhielt man ohne

*) Der niedrig siedende Theil ist ein Gemisch ans Aetfaer, CUor- allyl (?) nnd Pfopylenchlorür ; der hoch siedende wird weiter besprochen werden.

und Ptopyknd^ioaU. 309^

i!; 3 Eniwi^heluiig von soh welliger Sasre ein DestiUat^ das darch

0

i". ] Auflösen darin von koUensmireai Kalium in Wasser und eine r^. I leichlere Flflssigkeit getrennt wurde. ' Die letztere ging :.« awischen )20 und 180^, ihr bei weitem grö&ter Tbeil zwi- ,::'• sehen 126 und 128^ 4ber. Dieselbe ist chlorhaltig und ent- min ? spricht ihrer Zusammensetzung tt^ch dem gesuchten ge- chlorten Alkohol.

1. 0,245 Grm. Substenz gaben 0,148 H,0 und 0,341 COf

2. 0,244 , , , 0,162

•* 't

0,244 ,

w

^

Beieciinet

c,

86

88,09

Hr

7

7,40

Cl

35,5

37,56

0

16

16,96

n 11

0,388 n

Gefanden *)

1.

2.

67,91

37,78

6,79

7,37

3.

4. . 6.

■35,64

85,29 35,59

Cl 94,5 100,00.

Alle Eigenschaften zeigen jedoch, dafs diese Verbindung das mit dem gesuchten Alkohol isomere Chlorhydrin des Propylglycols ist In der That hat Herr Oeser den Siede- punkt des letzteren == 127^ angegeben. Das spec. Gewicht ist nach Herrn Oeser = 1,1302. Ich fand die Dichtigkeit meiner Substanz = 1,247. Mit Kalihydrat scheidet sie sofort Chlorkalium ab und giebt eine leicht flöchtige chlorfreie Flüssigkeit, deren Eigenschaften Tollkommen mit Propylen- oxyd fibereinstimmen. Es siedet wie dieses genau bei 35^ und scheidet beim Kochen m verschlossenen Gefäfsen aus Chlorma^nesiumlögung Magnesia ah.

Die eben besprochene Synthese Idfst Aber die beiden möglichen Formeln des Propylenchlorhydrins wenig Zweifel mehr. Das Chlor eines primären Alkoholradicalchlorürs hängt nach den heute geltenden Anschauungen an einem Kohlen- stofiatom des Endes , nicht der Mitte. Der Allylalkohol mufs

*) lieber den Grund der zu geringen Chlormenge siehe weiter unten. Anoal. d.Chem. a. PhArm. VI. Bapplemsntbd. 8. Heft. 24

370 Oppenheim, über isomere AllyU

ftber ein primärer Alkabol, sein CUorfir ein primires Chlorür sein ; denn der erstere geht dnrcli Oxydation in die entspre-» chende Säure üben Es kann daher, wenn man nicht Umla- gerang während der Reaction annimmt) waza hier keine Yeranlasaong ist, die relative Stellung des Hydroxyls und des Chlors im Propylchlorhydrin nar die folgende sein :

CH« CH.HO

I

CHjCI.

Es ist Jedenfalls sehr bemerkenswerth, daCs wir aof die beschriebene Weise durch Addition Yon CUorwasserstoffisäare oder ron Wasser an Chlorallyl in die Reäe der Propyl?er^ bindungen hinäbergehen, indem wir im ersteren Falle Pro- pylenchlorfir, im zweiten Falle ein GlyoolderiTat erhalten, das mit dem aus Propylenbromür dargestellten ide&tisoh ist, während umgekehrt das gechlorte Propylen Additionsproducte liefert 9 welche den Propylenverbindungen nicht zugezahlt werden können. Da die Homologen des Chlorallyls nichl bekannt sind, läfst sich nicht entscheiden^ ob diefs Verhatten ein generelles ist.

Das so Terschiedene Verhalten der beiden isomeren Chlorüre gegen Schwefelsäure ladet jedoch vuTs Neue dazu ein, das Verhalten Terwandtec Substanzen zu untersuchen. Hierzu nahm ich zunächst die einfachsten Monochlorüre^ welche zur Hand waren. Nur wenige derselben scheinen ohne Einwirkung auf Schwefelsäure zu sein ; diejenigen näm- lich, welche zu dem Terpentinöl in näherer oder fernerer Beziehung stehen, wie das Monochlorhydrat desselben und das Chlormenthyl *).

*) Die beobachtete Erw&rmmig dieser Snbstuos mit Schwefebftiira rührte ron der iCnwesenheit toh Menthen her, ron der das un- destillirbare Chlorür nicht völlig frei war.

und I^BpylenderwaU. 371

Die übrigen serfellen ia drei KburaeD :

i. . In solche, welcbe nnter Wa9seraiistritt gepblorte Sulfo$äuren liefern^ die sich daher nicht mehr Yon der Schwe- felsaure» sondern Ton der schwefligen Sänre ableiten* In diese Klasse gehören die Monochlorfire der aromatischen Reihe, welche das Chlor in der Hanptlcette enthalten. Diese Klasse ist die einzige, welche in ihrem Verhalten gegen SchwefebSnre bereits frftber (1857) dnrcb Hntchings uat^rsncht worden ist.

2. In solche, welche sich mit Schwefebinre dlreet Ter* bhiden. Hierf&r ist das Chlorallyl bisher das einsige Beispiel.

3. In solche; welche sich mit SchwefelsSure unter Chlorwasserstoffanstritt verbinden. Hierhm gehören, so weit es bisher möglich ist zu urtheilen, alle sauerstofifireien Mono- chloräre der fetten Reihe, einerlei ob dieselben gesättigt oder ungesittigt sind. Chloramyl verhält sich nämlich, wie ich gefunden, gegen Schwefelsaure ganz ähnlich wie das ge- chlorte Propylen. Es entsteht eine chlorfreie conjngirte Schwefelsäure (Amylschwefelsäure) , die mit Wasser zersetzt den characteristii^chen Geruch nach Amylalkohol entwickelt Das Chlor dieser Chloräre verhält sich also völlig wie das Hydroxyl der Alkohole, das mit einem Wasserstoff der Schwefelsäure zusammentritt, während der organische Rest mit dem Schwefelsäurerest HSO4 eine conjngirte Säure liefert. Die Allgemeinheit dieser Reaction verspricht von Wichtigkeit zu werden, und, um nur eine Anwendung hier anzudeuten, hoffe ich aus der Umwandlung gechlorter Kohlenwasserstoffe in Ketone Schlüsse auf ihre Constitution ziehen zu können.

Was endlich die sauerstoffhaltigen Monochlorfire angeht, 80 kann ich aus ihrem Verhalten noch keine allgemeinen Schlflsse ziehen.

Monochloressigsäure wirkt auf Schwefelsäure selbst beim Kochen nicht merklich ein. Das Monochlorhydrin des Glycols

24»

ZTit Oppenheim f über ieomere AHyl-^

aber entwickelt damit schon in der Kille Ströme von Chlor— wasserstoffsanre und geht dabei sehr wahrscheinlich in die iron Simpson untersachte Salfoglycolsänre ober. Durch Zersetsnng einer ahnlichen Säure mit Wasser erlüftrl siok die Terunreinigong , welche in dem oben beschriebenen Chlorhydrin des Propylglycols die Chlormenge zd gering tusfallen liefe. ^

Weitere Untersuchungen der Einwirkung von Schwefel- saure auf andere noch chlorreichere (Alor^e hoffe ich biM veröffentlichen 2ti können.

Evmirkung vcn Brom auf GhloraUyl und gechlortes

Pfopylen.

Die Einwirkung von Brom auf gechlortes Propylen ist durch FriedeTs Untersuchungen bekannt. Es entsteht dabei das Additionsproduct CsHsClBr», welches bei 170^ kocht.

Ich liefjß auf diesen Körper zuerst wenig, dann einen Ueberschufs von essigsaurem Kalium in alkoholischer Lösung einwirken. Die Einwirkung ist schwierig. Die entstehende Flüssigkeit wurde durch Zusatz von Wasser vom Alkohol getrennt. Sie siedet zwischen 70 und 170^. Die ersten Portionen ergaben durch den Geruch eine starke Beimen- gung von Essigathei;. Die durch Fractionirung getrennten Portionen, siedend von 103 bis 112^, von 120 bis 130% von 130 bis 150% von 150 bis 160^ wurden untersucht. Sie enthielten sammtlich Chlor und Brom. Die erste ergab sich als fast reines CsHiClBr, dessen Siedepunkt nach Friedet bei 105^ liegt :

Berechnet Gefunden

C 23,15 22,64

. H 2,67 2,64,

und Pfopylenderwai0. 373

die leiste als wenig Terindertes BibromQr C8H5ClBr2 :

Btrecfanet Qeftmden

C lbß% ie,89

H 2,11 2,78,

die dazwischen liegenden Producle als Gemenge ans beiden* Ein Acetat hatte sich bei dieser Reaction nicht gebildet. Dieselbe bestand vielmehr in der Abtrennung von einem Molecnl Bromwasserstoffsäure nach der Gleichung :

CAClBr, + CÄKO, = KBr + CÄO, + CgH^ClBr.

Bei länger andauerndem Erhitzen (12 Stunden auf 130^) mit einem grofsen Ueberschufs von Kaliumacetat in alkoho- lischer Lösung wird auch das zweite Molecul BrH abge- spalten und gleichzeitig das Chlor durch Oxftthyl ersetzt. Es entsteht also Propargyläther, leicht erkennbar an seinen Reactionen mit ammoniakalischer Silberlösung und mit Silber- nitrat. Mit einer Lösung des letzteren Salzes entsteht ein krystallinischer glänzender weifser Niederschlag, den ich erwähne, weil er in den bisherigen Angaben über diesen merkwürdigen Aether noch nicht beschrieben ist. Er ent- steht bei der obigen Reaction in ansehnlicher Menge, so dafs man diese verhältnifsmäfsig einfache Methode zu seiner Dar- stellung empfehlen kann. Wir können sie uns in folgender Weise versinnlichen :

CÄClBrg + 2 C,H,KOg + 2 0^0 = CJH,(CÄ)0 + 2 CÄO, + 2 KBr + CAd + H«0.

Die saure wässerig - alkoholische Flüssigkeit enthält den Propargyläther in Lösung. Bei Wasserzusalz hllen Tropfen davon heraus, die nahezu dasselbe spec. Gewicht wie die umgebende Flüssigkeit haben. Sie enthalten brom- oder chlorhaltige Beimengungen , von denen sie durch Destillation nicht zu trennen sind.

Eben sowie das gechlorte Propylen verbindet sich^äucfi das Chlorallyl mit Brom unter lebhafter Erwärmung, lii das gut abgekühlte Chlorfir, das mittelst alkoholiseher Sublimat-

874 Oppenheim, über isomere Allyl-

löflung dargestellt, dureh DestiUation geremigt war und zwl<- sehen 42 and 46^ siedete, wurden zwei Aeqpiiyalente Brom langsam eingetropft. Die entstehende kaum geßrbte Flfis- sigkeit wird durch verdünnte Kalilauge ganz farblos erhalten. Sie geht vollständig zwischen 194 und 197^ die Hauptmenge constänt bei 195^ Ober. Bs ist diefs auffallender Weise der- selbe Siedepunkt, den Horkownikoff für das Bromür des Allyläthyläthers gefunden hat. Die Analysen stimmen mit der l^ormel C^HsQBrs sehr nahe überein, obgleich der etwas zu hohe Kohlenstoffgehalt auf eine geringe Verunrei- nigiing mit dem Morkownikoff'schen Körper hinweist, wie sie bei der oben beschriebenen Darstellungsweise des Chlorailyls leicht erklärlich ist

1. 0,444 Grm. Substans gaben 0,099 H^Ound 0,257 00$.

2. 0,624 , 0,132 ^ 0,3608

3. 0,698 ri n Ö,150Ö , , 0,408 ,

Gefunden

Berechnet

1.

2.

3.

c

15,22

15,77

15,68

15,92

u

2,11

2,48

2,35

2,39.

Das Allyiäthylätherbromür enthalt 24,39 pC. Kohlenstoff Und 4,05 pC. I/Tasserstoff. Das speeifische Gewicht des Bibromchlorallyls wurde = 2,088 gefunden. Sein Siedepunkt 195^ unterscheidet es von dem Chlordibromhydrin RebouFs und Berthelot's, das bei 202 bis 203^ kocht. Nach Wurtz' Versuchen mit Tribromallyl ist mit Wahrsehein* iichkeit voraoszlisetzen , dafs auch diese Verbiadung durch Kaljumacetal in Glycerinither übergeführt wird. Ich habe mich deshalb auf die Untersuchung seines Verhaltens gegen Kalihydrat beschränkt. Alkoholische Kalilosung führt e^ sofort in Propargylather über. Mit festem KaUhydrat erhitzt es sich, indem Brpmwasserstoffsaure abgespalten wird. Die über festes Kalihydrat destillnrte Flüssigkeit siedete swischea

und PropyUni^rivate.

m

120 ond 130^ und der zwischen 120 und 12S<> übergehende Theil enthielt 26^6 pC. Kohlenstoff imd 3,14 pC. Wasserstoff, während der Formel CsH^ClBr 23,15 pC. Kohlenstoff und 2y57 pC. WffSserstoff entsprechen. Die Analyse der höheren Producta ergab eben so weflfig eine rebi4 - Verbindung. Die Abspaltung von Bromwassersloffsaure war also weiter gegangen, ond alinlioh; wie ick isa früher bei dem Tridilor- eUyl beobaehtet halte, war es nieht leicht, die Beadion: in der beabsiobUgten Weise su besehrtoken. Offenbar siedet das Brottiür des gecblotten Allyls CsH4ClBr über ISS^ und stimmt dar!» mit der gleich zuiammengesetzleii GlyeidverhiMhing überehi,' welehe Reboul aus dem Bromehlorhydrin des Glycerins erhalten hat

Bs zeigt alch somit dorchgehends, wie die folgende Tabelle ergiebt, dafs das ChloraUyl und seine Derivate um 21 bis 25^ höher sieden als das geehlorto Propylen und die daraus erhaltenen Verbindungen :

Fozmd

Derivate des ChlozaUyla siedend bei

Derivate des ge-

ohloYten Ftopyleaa

siedend bei

DiSbrens

OjK^aBr, CAClBr

ChloraDyl 440,5

Chlorpro-

pylen Sß*

195°

1260 (?)

gechlortes Propy« kn . . 23^6

Meihylchlor- acetol . 78<»

170»

105°

210

28«

25<» 210

376 Oppenheim u, Voyt^ über eine neue

Ueber eine neue Bildungs weise des

Resorcins;

von .^fhüM Oppeuhmm und Geotg Vogt

Iii dem vorhergebeaden Aabatze sind die einfach* gechlorten Kohlenwasserstoffe je nach ihrem Verhalten sn Schnrefelsänre in drei Gruppen gebracht and die Binwirhnngr Ton Wasser aof die Mitglieder dieser Gruppen beschrieben worden. Die Aufgabe, welche wir ans in der vorliegenden Versachsreihe gestellt haben 5 betrifft die Ergftnzang der angedeuteten Untersuchung : ihre Ausdehnung auf die in ihrem Verhalten gegen Schwefelsaure am Längsten behannte Gruppe von Chlorflren, nämlich die der aromatischen Reihe, welche das Chlor in der Hauptkette enthalten.

Der sich darbietenden Fragen waren swei :

1. bt es möglich, den Schwefligsäurerest der Mono- chlorbenzolsulfosäure durch Hydroxyl zu ersetzen, um so zu einem, und zwar zu was fQr einem Chlorphenol zu ge- langen? und

2. Ist es möglich, sowohl Chlor wie SchwefligsXurerest durch Hydroxyl zu ersetzen, und welche der drei Bihydr- oxylTerbinduogeo bildet sich auf diese Weise ?

Durch Erhitzen mit Wasser wird die Monochlorbenzol- sulfosfiure nicht angegriffen. Wir bedienten uns deshalb der von Dusardy Wurtz und Kekulö auf Sulfosiuren ange- wandten Reaction : Schmelzen mit Kali.

Wir bereiteten Monochlorbenzol auf dem von Kekulö angegebenen Wege : Auflösen von Jod in Benzol und mehr- stündiges Einleiten von Chlor. Das Product wurde fr«ctiomrt und der von 130 bis 140^ übergehende Theil als genügend rein angesehen und in Sulfosfiure verwandelt. Wir erhitzten

Büdung9v>ei9ß des Besorcins* ST?

zu diesem Zweck mit etwas ine)ir ils. einem Aequivalent Schwefelsäare in einem Geffifs mit aufsteigendem KflUrohr. Die Hasse erstarrte beim Erkalten. Sie wurde darauf in Wasser gelöst und durch Mischen mit festem kohlensaurem Baryum von Schwefelsäure befreit. Das Filtrat wurde dann mit kohlensaurem ffa|ium yerselzt, bis kein Baryumcarbonat mehr gefällt wurde, und die so entstandene filtrirte Lösung von monochlorbenzelsulfosaurem Kalium eingedampft. Dieses Sals wurde nun mit Kali in verschiedenen Verhältnissen ge- schmolzen. Wir bedienten uns dazu einer silbernen oder eben so vortheilhaft einer eisernen Schale md rflhrten die aohmelzende Hasse mit einem Olasstabe um. Hierbei nimmt dieselbe eine schön kirschiiothe Pirbuiig an. Niaiwit man von vorn berein nur wenig Kali und unterbricht man die Operation in dieseni Zeitpunkte, indem man die Schmelze in Wasser löst, mit Salzsäure neutralisirt und die Lösung ^nit Aether scböttelt, so erhält man in diesem gelöst ein chlor- haltiges Product. Dieses konnte nicht rein erbalten werden. Dafs es kein HonöcUorpbenol sei, ergab sich mit grofser Wahrscheinlichkeit erstens aus der besprochenen rothen Färbung» die es an der Luft annimmt, und ferner durch sein Verhalten gegen Kali.

Wenn man nämlich das Sdimelzen mit Kaii weiter fort^ setzt, oder von vorn herein unter Anwendung gröfserer .Mengen Kali's schmilzt, so verschwindet die rolhe Färbung wieder und man erhält dann aus der Lösung^ der Sobmelie, wenn man sie wie oben mit Salissäure neutralisirt und mit Aether schfltielt , ein« chtorfreie Lösung. . Diese «eist beim langsamen Verdunsten sänlenförmige oder plittenförmige farblose Krystalle ab. iJm dieselben rein zu erhalten mutb man sie mit Benzol waschen, abfvessen, deetilliren und um^ krystallisiren. Sie liefern dann bei der Analyse Zahlen,

9T8 Oppenheim Vogt^ Ober eine neue

die mit einer BibydroxylTertimdoiiff des Phesyls Abereüt* stimaien»

1. 0>209 Grm. Sulisteiut gaben 0,130 B^O und 0^508 CO,:

2. 0,3806 a >*i » 0,184 » ^ 0,566 »

CtcftniniMi

Boroohiiet

1.

2.

c

66,46

66,64

66,29

H,

6,46

6,82

6,37

0*

29,08

100,00.

Bei wenqier volbtindiger Reinigniig gaben die farbloiea Kryatalle mehrfach 2 pC. Kohleoitoff zu viel. Sie hallen Phenol mil grober Harlnicki^eit BirQcL

Sie behallen den Genieh dee Phenols tueh im reinen Znstande, sind von sflfsem Geschmack, in Wasser, Alkohol nnd Aether Idslich. Ihr Schmelapairicl, 104^ ist «m S^ hoher als der von HlasiweCz und Barth angegebene SchmeLB- psnkt des Resoorcins.

Ihr Siedepankl» 270 bis 276^ stimmt mit dem des Re- soreins uberein, während Hydroehinon nicht nnsersetst, Brenzeatecbin bei 243^ siedet. Die violette Färbung, welche seine Lösung mit Eisenchlorid annimmt, vervollständigt den Beweis für die Identität unseres Körpers.

Um ihn in möglichst grofsen Mengen zu erhalten schmol- zen wir das sulfosamre Salz mit dem doppelten Gewicht KaU, ohne das völlige Verschwinden der rothen Färbung aban«- warten. Zuweilen bleibt die erhaltene Lösung Monate lang lyrupartig. In einem solchen FaUe hiMeten sich die Ery- stalle um so vollkommener aus und erreiehten eine Länge von oirca 2 MM. Hrn. Prof. Rammeisberg verdanken wir die feigende Bestimmnng. derselben :

Bildungsweüe des Besarcins.

S?9

^Die Krystelle sind rBom- bisehe Prismen p - mit einer taf die scharfen Kanten auf» geseta^n Znschfirfung q. Ibr mnagelliafler GittAz gestattete nur annfthemde Messnngen t

p : p = 118 bis 1190 9:9= 83 bis 840 p : 9 = 112 bis liao.

^Kante ist anscheinend rechtwinkelig gegen ,

das System wahrscheinlicL. sweigUedrig/ (Nach H I a s i w e t z und Barth ist dasselbe eingliedrig.) Bisher ist das Resorcin synthetisch nnr von Körner ans Parajodphenol erhalten worden. Seine neue Bildungsweise führt dazu, die relative Stellung von Chlor und HSOs in der Monochlorbenzolsulfo- säure entsprechend, also die letztere als Paraverbindung an- zunehmen.

Aufserdem ladet diese Darstellung zu folgender Reflexion ein. Chlorphenyl erleidet Kbine Einwirkung durch schmel- zendes KaU, sobald aber Hydroxyl oder Schwefligsäurerest eintritt, lafst sich durch schmelzendes Kali Hydroxyl leicht für Chlor und in dem letzteren Falle zugleich für HSO3 substituuren. Diese Facta stehen aber nicht allein da. In ganz ähnlicher Weise kann das Chlor des gechlorten Pro- pylens durch Hydroxyl oder Sfiurereste nicht vertreten werden. Sobald aber Jodwasserstofibiure hinzutritt, werden sowohl Chlor wie Jod in der Verbindung leicht substituirt. Hier liegt also eine allgemeine Erscheinung vor, die klar in ein Gesetz zu fassen noch weitere Erfahrungen nöthig sein werden.

380. Oppenheim Vcffi, neue Büdung d. Reearcins»

Die Homologen der HeoMklorbeiisoIsulfDfiiure werden höchst wahrscheinlich in ihnlicheir Weise. Heiliöioge des RewH'cins liefern. Von gröCserem- lata^tese dürfte die Bin«» whrknng der Schwefeisinre «ef solche aroinfttifiche (UdorOra sein ; die das Chlor in einer Seilenkette entiidlea « und auf diese werden wir znnfichst unsere AufmerksandLeit ridilen.

Ausgegeben den 14. December 1868.

Druck TOD Wilhelm Keller in Qiefsen.

MI.

r

^>$

•14

l