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ANNALEN

DER

PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXXX.

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ANNALBN

DER

PHYSIK

UND

CHEMIE.

HERAUSGEGEBEN ZU BERLIN

VON

J. C. POGGENDORFF.

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ACHTZIGSTER BAND.

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DER GAirZBK FOLGE HUKOERT- SECHS VHD FÜNFZIGSTER.

NEBST SECHS KÜPFERT AFKLN.

LEIPZIG, 1850.

TKBIiAfi TOH JOBAKH AHBR08I08 BABTB.

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DRITTE REIHE.

HERAUSGEGEBEN ZU BERLIN

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HEBST SECHS KUPFEHTAFELH.

LEIPZIG, 1850.

TBBLA6 TOR JOHAHN AMBSOSIÜS BABTH.

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<i> V

Inhalt

des Bandes LXXX der Anualen der Physik und Chemie.

Erstes Stfick.

Seile I. Ueber die Bewegong der Fluasigkeiten; von G. Magnat. 1 n. Ueber die Harte der MuMnilic!|£liiid'*eyi4ieao9'YeriEkiur6B^ dieselbe

za messen; von R. Frans. . a.^«. •••. . « 37

111. Ueber die Ansdebnnng des QuedksiriK(f<-di]Xi;b^e->Warme; ron

EL Militser. ^ .^t.." : «.-f \ :,* %•'...• 55

ly. Ueber die quantitative BestimmoDg der unorganiscben Bestand-

theile in den organiscben Substanzen; von H. Rose 94

V. Ueber das Vorkommen der Bemsteinsaure im menscblicben Kör- per; von W. Heints 114

VI. Ueber die Pseudomorpbosen des Glimmers nach Feldspath und die regelmSisige Verwaclisang des Feldspaths mit Älbit; von G. Rose. . 121

/

VI

Vn« UotcrtocliiiDg der spedfiscbco Eiginiacliafiai der beiden Siarcn,

tm§ deneo die TninbensSiire besteht; ron L. Pastear* . 127

VIIL Dritte Notiz aber neae, tondcrbare Anwendangcn des VerwcS-

leos der Eindrfide auf die Netxhanft; ron J. Plateaa 150

IX. UotertnchuDg ober die Fortpflanznngsgesd&wuidifkeit der Elck- tricitfit; ▼on H. Ficeau and £. Goanelle. 158

X. Ueber die Geschwindigkeit des elektrischen Stroms in einer me- lallischeo Leitung; von O. M. Mitcbel 161

XI. Ueber thermor elektrische Erscheinangen an gleichartigen Meul- len; von F. G. Henrici 167

Xn. Ueber die thermiMhen Eigenschaft« des Turmalins; Ton EL de

Senarmont 175

XIII. Kr&ftige Suhloiagaele to» W. M. Logeman. ..... I7i

(Oeichlouen am 12. Juni 1850.)

Zweites Stück«

I. Ueber die phvsikalisc^D Eigeasehaften iea Eises und det«» Zn*

«•• ,•. •••••.

samnenhajic W<*^^*v'v<*<^99JHhstdi£;bhänoniencn der Gletscher;

•••*•* ..tt*.

« b

177

von H. SchlaffkQt^eit« ^•^». .....

II. Ueber den eldtfrilab^^lladtknjj^ron m einem dauernd unter- brochencn Sc<^je*ftwig?bo^CEjrybÄ R Ricfs. ....... 214

III. Ab&nderung derVaplace^schedBirometerfonnel; vonB^binet. 224

IV. Berichtigung der von Rudberg berechneten Azenwinkel der awci- axigen KrysuUe; von £• Wilde. 225

Ueber nothwendig scheinende Ergänzungen der Beobachtungen

über die. Bcidentemperatur in Sibirien; von Baer, . . ^ . .. 242

VI. üeb<?r einige fjgeQ4i;ha£ien der Bocsliure und die quantitative Be- stimmung derselben; von H. Rose. 262

vn

Seite

VII. UmcnwiniC nmi^nSkmivkm MiBenli« (Kcanlk« Ortkk, '

«chwanes KuffermyJ); iroo C BanmeUkcr^ 284

YIIL Viert» Noiis tter mmm^ icitwri ABiiiiiiwif ^ ¥crv«|.

kos der EindrfidMMf dSeNcteknü; voo J. PUlca«. . ... 287

IX. Uebcr cSb mim PolMiAef; mi HL SeaanoBt. . . X.- BemerbuifeB fiber die Toloaie nad & "Dtthti^jktatem fliaffer

und fMiScr K6fpcr| «oa J. A. Gr«skaas. 298

XL Ueber die Extreme der Kalte, vckW ia Jake 1858 »^ dca

preoiaicbett Statianfii beafcaclitct Wttdca; «la HL W. D«Te. 3fB

XIL Ueber die Hacdhadag; i«a J. L<w«. 80»

Xm. Ueber deo TalkapMb; tob A. Breitbaapl. 818

XIV. Ueber A^iria; mi Bemselbea. ^. . 314

XV. Der FardinandibninneB an Maneabad. 317

(«^teftlMM mm6.JmB 1880.)

-

Drittes Stfick.

I. Ueber das EmdriiigeB des Elcktromagnetismas in weicbes Eiseo

imd ober den Siltifiiogspiiiikt desselben; von O. ▼. Feilitssch. 321 n. Ueber 8lAitbjl, eia acaea antiBOidttttlset ürguadRs: Badical;

▼on'C LSwif and S. Scbwaia«r.. »•• •* 338

m. Ueber die briadug der Ff«AleMieftiB!^a«nc; «OB T. Hiefs. 349 IV« Bescbrobnag des seil 1848 nr Safik'&iwt «i%estclllen Rccca-

nnd WiadaieMert; eeastnürt tob Lcgcler. 364

y. Ueber die Leitkraft der Eide für Elektricitit; tob A. BavB-

gartner« 374

VL Wckera Vanso^ über dea elebrischcn LeManfswiderstand der'

Erde; ram DeBselben. ..••.•.. 381

VIL Eaarsit, ein aeoes Mineral der Ordnnng der Gianse; wi

A. Breitbanipt oBd G. F. Plattner. . 383

vm

Seit YIII. Camunspalhy ein neiiet IGneral am der Ordmuif der An^ niate; tod F. Sandbcrger. . . ^991

IX. Uotemidniiif ctnigcr Minenlicn (Dechenit, Gdbbleicn md ar- •CDikMiires Blei tob Asulaqnct); roa C. Ber^CBaiiii. . ddi

X. Ucbcr die Anweodim^ der KieseUlaarwMMrstofiiare bei qvMMi« tatWcn Analysen; von H. Rote. , 401

XI. Uebcr die Uahalil»ailceit der bisliengcn Tlieorie der Newion'- adien FarbcBrtnge; Von E. Wilde. 401

Xu. Ueber StenüdmappcBbeobaclitnngen; tob J. F. J. ScbmidL 42S

XlII; VeHbeiMrteDantcUangswciaedcrJ'nmarsSare; Ton W.Belfft. 438

XIV. Leichte Dantdlnng des Hellenins;' Ton Demselben. . 44C

XV. Analyse Terscluedener Kohleneisensteine ans der Sfeinköhlei^b lagemng an der Rnbr; von SchnabeL ••••••Ik.« 441

XVI. Ueber das Binocnlarsehen prisaaatisdier Farben und eine nene stereoskopische Methode ron H. W. Dore «• . 446

(Gticklouen am 27. Juii 1850. X

/

Viertes Stfick.

I. Ueber die*2ilMfl3mfcn|etsnB|92^des XarlkMlinsy Tcrglicfaen mit derjö- nigen des Glinvarrs nnd^Cfldspaihs, nnd ober die Ursache der Isomorphie nngleidilrti^cVCrlmi^&mgcn; von G. RammeUber^ 441

II. Ansidiende VVirkdng*dei;jää6roiidacncle; roh J. Dnk . . 49>4 ni. Ueber die Thatigkcit der meteorologiscfaen Stationen in Gcor^iien..

Ans einem Briefe an den Forsten Wöronaow nnd ins Briefim

an HBL L. ▼• Bach nnd A. v. Hnmboldt; von H. Abich. 52C

IV. Ueber die quantitative Bestimiiinng der Oxalsäure nnd fiber die Trennung derselben von der Phosphorsaure; Ton H. Rose. . &4S

V. Ueber die Oberflfichen- nnd Körper&rben des AndorsonitSy einer

' Verbindung Ton Jod und G>dein; von W. Haidinger. . . &52

Seite VI. Ueber die Aufldsmig flussiger Cylinder in Tropfen; ron G.

Hagen 559

YII. Ueber die Gränze der Stabilität eines flüssigen Gjflinders; von

J. Platean. 566

YIII. Versuche, um zu erfahren, ob das Wasser beim Maximum

seiner Dichte oder nahe bei seinem Gefrierpunkt eine Wirkung auf

polarisirtes Licht ausübe; von Biot 570

IX. Entgegnung auf die Bemerkung des Hrn. Riefs; von K. W. Knochenhauer. 575

X. Ueber den Leuchtenbergit ; von A. Breithaupt. 577

XL Ueber Höhenbestimmuogen durch den Siedponkt des Wassers;

von V. Regnault 578

XIL Notiz über Höhenraessnngen mit dem Barometer; von Kup ff er. 579

Anzeige 580

(Getchloaen am 29. September 1850.)

Nachweis zu den Kupfertafeln.

Taf. I. Magnus, Flg. 1 und 2, S. 3; FJg 3, S. 4; Fig, 4. S. 6; Flg. 5, S. 7; Flg. 6 und 7i S. 8; Flg. 8, S. 9; Fig. 9, S. 11; Fig. 10, S. 14; Flg. II, S. 20; Flg. 12, S. 22; Fig. 13, S. 32; FJg. 14, S. 34.

Taf. IL Franz, Fig. 1, S. 38; Fig. 2, S. 39; Fig. 3 und 4, S. 54; Flg. 5, S. 55. Pasteur, FJg. 6 und 7, S. 129; Fig. 8, S. 132; Fig. 9, S. 136; Flg. 10 nnd 11, S. 143; Flg. 12 und 13, S. 144; Flg. 14 und 15, S. 146. Hcnricl, Flg. 16, S, 168; Flg. 17, S. 169; Flg. 1«, S. 170. Senarmont, Flg. 19, S. 293. ~ Plateau, Flg. 20, S. 288, Flg. 21, S. 289.

Taf. IIL H. Schlagintwelty S. 177^214. Erläuterungen auf der Tafel selbst.

Taf. IV. Wilde, Flg. 1, S. 226; Flg. 2, S. 229; Fig. 3, S. 234; Flg. 4, S. 417. Rlefs, Flg. 5, S. 351; Flg. 6 und 7 S. 357; Lfsgeler, Flg. 8 und 9, S. 364; Flg. 10, S. 368. Blot, Flg. 11, S. 572. - Duhamel, Flg. 12 16 (Zu einem im nächsten Bande erscheinenden Aufsatz). Haidlnger, Flg. 17, S. 554; Flg. 18, S. 556; Flg. 19, S. 557.

Taf. V. V. Fellltzsch Flg. 1, S.327. Dub, Fig. 2, S. 495.

Taf. VI. Ab ich, S.521.

Berichtigungen.

Zum Aufsatz von Henri ci, Heft V. S. 167 Zelle 9 v. n. »und« soll helfsen »um« S. 168 Zelle 14 v. o. »und« soll helfsen »um« S. 169 Zelle 6 v. u. »den« mufs wegfallen

S. 170 Zeile 22 v. o. »Unregelmäfslgkelt« s. h. »Ungleichmälslgkeit« S. 172 Zelle 7 v. u. »zerstört« soll helfsen »gestört«.

Zum Aufsatz von Dub, Heft VIII. S. 495 ist der Hinweis auf die Abblldang des Apparats, Fig. 5. Taf. Y. vergessen.

1850. A N N A L E N JTo. 5.

DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXXX.

I. Vebcr die Bewegung der Flüssigkeiten ;

von G. Magnus^).

1. Wietvohl das Gebiet der Physik durch die expe- rimentellen Untersuchungen, welche von den verschiedensten Seiten unternommen werden, sich tHglich erweitert, so ist doch das, was wir bis jetzt von der Bewegung der FlGs- sigkeiten wissen, noch sehr mangelhaft und es fehlt fast ganz an Untersuchungen, die dazu dienen könnten, unsere Kenntnifs von diesen Erscheinungen zu erweitem. Offen- bar hat diefs seinen Grund nicht darin, dafs es an Interesse für dieselben fehlt, denn was kann interessanter seyn, als die Gesetze der Bewegung von einer Substanz kennen zu lernen, die wie das Wasser uns täglich umgiebt, sondern die Schwierigkeiten, welche bei diesen Untersuchungen tiber- wunden werden müssen, lassen kein günstiges Resultat er- warten. Diese Schwierigkeiten liegen theils in der Gröfse der erforderlichen Apparate und der Unannehmlichkeit mit grofsen Flüssigkeitsmassen zu operiren, vorzüglich aber in dem gänzlichen Mangel der Methode um dergleichen Beob- achtungen anzustellen oder gar Messungen auszuführen. Viel- leicht dürften solche Rücksichten den folgenden Versuchen eine günstigere Beurtheilung verschaffen.

2. So viel ich weifs war Venturi der Erste, welcher behauptet hat, dafs bei der Bewegung von Flüssigkeiten eine seitliche Mittheilung dieser Bewegung stattfindet, we- nigstens ist er als derjenige zu betrachten, der sich bemühte durch Versuche diese Ansicht zu begründen, die seitdem vielfach Eingang gefunden hat. Zwei Versuche sind es, die

1 ) Aus den SchriHen der k. Acad. der Wissenschaften für 1848. PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX« JL

er gleich im Aufauge seiner Schrift ,jRecherches experimen- tales sur le principe de la communication laterale du mou- eement dans les fluides'^ als die eigentlichen Stützen seiner Ansicht anführt. Er behauptet nämlich, dafs wenn man ei- nem, aus einem Gefäfse ausfUefsenden Wasserstrahlen einen sehr beweglichen Körper nähert, dieser von der Luft, welche mit dem Strahle fortströmt, mit fortgetrieben werde. Ich habe diesen Versuch unter verschiedenen Umständen wie- derholt, bin aber zu andern Resultaten als Venturi ge- langt.

3. Bekanntlich zeigt sich ein Wasserstrahl von da, wo er die Oeffnung des Gefäfses verläfst, bis zum Maximum sei- ner Coutraction als eine feste zusammenhängende Masse, sodann bildet er mehrere auf einander folgende Anschwel- lungen, und darauf trennt er sich in einzelne Massen. Das empfindlichste Mittel, was man anwenden kann, um zu sehen, ob die Luft von einem solchen Strahle mit fortgerissen werde, ist offenbar eine Lichtflamme. Allein wie nahe ich auch die- selbe dem Strahle bringen mochte, so konnte ich bei dem Theile desselben, der noch vollkommen durchsichtig ist, keine Bewegung, selbst nicht ihrer Spitze beobachten. Erst bei der zweiten oder dritten Anschwellung begann dieselbe, und ward stärker, wenn die Flamme neben den unteren, sich schon trennenden Theil des Strahls gebracht wurde, wo sie sich heftig bewegte, aber auch gewöhnlich bald erlosch, in- dem einzelne Wassertheilchen auf den Docht geschlendert wurden. Diefs ist der Vorgang, wenn der Strahl sich ruhig bewegt. Schwankt derselbe aber, was häufig der Fall ist, dann ist die Flamme überhaupt unruhiger, und wird schon an einer früheren Stelle mit fortbewegt.

Würde die Luft in Folge der Adhäsion von dem Was- ser mit fortgerissen, so müfste diese Wirkung da, wo die Geschwindigkeit des Strahls am gröfsten ist, auch am stärk- sten sejn. Da diefs nicht der Fall ist, da andererseits die Beugung der Flamme mit der schwankenden Bewegung des Strahls zunimmt, so ist Grund zu vermuthen, dafs wenn alle Schwankungen des Strahls fortfallen (was indefs viel-

leicht gar nicht zu erreichen möglidi ist), daCs alsdann gar keine Beugung der Flamme mehr statt hat.

4. Der andere Versuch, auf welchen Ventnri seine Ansicht stützt, ist folgender: Eine cylindrische Röhre ÄC geht horizontal in einen Kasten BEFJ) Fig. 1. Tafel L, der bis DB mit Wasser angefüllt ist. Ihr gegenüber, ein we- nig von ihrem Ende C entfernt, ist ein kleiner rechtwink- liger Kanal von Blech SMBR angebracht, dessen oberer Theil SR offen ist, und dessen Boden MB auf dem Rande des Kastens B ruht, so dafs er also von M nach B steigt. Läfst man nun Wasser durch die Röhre AC in den Kasten mit einiger Geschwindigkeit einströmen, so steigt der Was- serstrom den kleinen Kanal MB hinan und ergiefst sich aus dem Kasten durch den Strahl V. Zugleich entsteht in dem Wasser des Kastens BDEF eine Bewegung, dasselbe tritt in den Kanal SR, und geht mit dem Srahle AC fort, so dafs seine Oberfläche in wenig Sekunden bis nach MH^ dem unteren Rande des Kanals, sinkt.

5. Vor einiger Zeit hat der Prof. v. Feilitzsch eine sinnreiche Abänderung dieses Versuchs veröffentlicht ' ). Er benutzt dazu ein Blechgefäfs EDFG Fig. 2. Tafel I., das in der Mitte seiner Länge eine Scheidewand HI hat. In der- selben ist möglichst nahe dem Boden eine cjlindrische Röhre ABC aus Blech von 2^ Zoll Durchmesser und 8 Zoll Länge befestigt, die an beiden Enden offen ist. Innerhalb dieser Röhre in der Nähe der einen Oeffnuug BC mündet die verticale Ausflufsöffnnng a eines horizontalen, nach vorn sich verengenden Fortsatzes ab von einem senkrechten, 6 Fufs langen Rohre {»^welches oben mit einem Wasser- behälter verbunden ist. Die beiden Abtheilungen de^ Ge- fäfses stehen nur durch die Röhre ABC mit einander in Verbindung. Wurden sie bis zu dem bei K angebrachten Abflufs mit Wasser gefüllt, so war im Zustande der Ruhe die Oberfläche des Wassers in beiden in derselben Hori- zontalebeue. Flofs jedoch durch die Oeffnung a Wasser

1 ) Pogg. Ana. Bd. LXill. &. 216.

in das Gefäfs, 80 begann das Niveau in der Ablheilong F6EI zu sinken.

6. Bei Wiederholung dieses Versuchs bemerkte ich, dafs das Wasser unter geeigneten Umständen bis zu der communicirenden Röhre ABC sank, und dafs zuweilen so- gar Luft mit dem Wasser durch dieselbe geführt wurde. Dadurch kam ich auf den Gedanken, dafs es möglich sejn müsse, das Ausfliefsen von Wasser aus einem GefäCse mit ziemlich weiter Oeffnung dadurch gänzlich zu Terhindern, daCs man einen Wasserstrahl, dessen Durchmesser viel ge- ringer als der der Oeffnung des Gefäfses ist, gegen das in dieser Oeffnung befindliche Wasser strömen läfst.

Dicfs hat sich auch vollkommen bestätigt. Ich will zu- nächst beschreiben, wie ich den Versuch angestellt habe.

7. Aus einem Gefäfse, das beständig mit Wasser voll erhalten wurde, ging eine 7 Fufs lange Röhre sclikrecht hinab; dieselbe war an ihrem unteren Ende rechtwinklich gebogen, so dafs sie einen horizontalen Wasserstrahl lie- ferte. Dieser strömte in ein Geföfs Aj Fig. 3, das etwa 8 Zoll weit und 10 Zoll hoch war, und nahe am Boden eine seitliche Oeffnung hatte, in der eine Glasröhre de ho- rizontal befestigt wurde.

Die Röhre war selten kürzer als 6 Zoll, und das Ge- fäfs A war gewöhnlich so aufgestellt, dafs die vordere Oeffnung derselben e auch etwa 6 Zoll von der Ausflufs- Öffnung f entfernt war.

Bei einem Durchmesser der Oeffnung f von 3"*, und einem Durchmesser der Röhre de von 12""", also bei ei- nem Verhältnisse der Durchmesser von 1:4, stieg das Was- ser in A bis zur Höhe von 250*"*" oder etwa 10 Zoll ohne dafs auch nur ein Tropfen Wasser bei e ausflofs. War der Durchmesser von de gröfser, so begann ein Theil des Wassers schon auszufliefsen, bevor der Stand desselben in dem Gefäfse A jene Höhe erreicht hatte, und zwar um so mehr, je weiter de war. Es versteht sich jedoch von selbst, dafs die erwähnten Zahlen sich nur auf die angeführte Druck- höhe beziehen. Sie sind erhalten, während der Strahl aus

einer Oeffnaog in einer dOnnen Wand hervorging. Ist diefs nicht der Fall, so ändern sich die Verhältnisse.

Während des Versuchs findet ein gewaltiges Schäumen in der Röhre de statt. Da die Flüssigkeit in A durch das eintretende Wasser unvermeidlich in Schwankungen geräth^ so thut man gut diese Röhre de nicht zu kurz zu wählen. Es ist dabei ziemlich gleichgültig ob dieselbe etwas mehr oder weniger von der Ausflufsöffnung f des Wasserstrahls entfernt ist.

Ich habe es mir nicht zur Aufgabe gestellt zu unter- suchen, wie das Verhältnifs der Ausflufsöffnung und der Röhre gewählt werden mufs, um das Maximum der Höhe in Ä zu erhalten, ohne dafs Wasser ausfliefst; allein es scheint mir, daCs dieses Verhältnifs nicht constant ist, und dafs bei zunehmender Weite der Ausflufsöffnung der Durch- messer der Röhre nicht in demselben, sondern in einem geringeren Verhältnisse zunehmen mufs. Wahrscheinlidi hat diefs seinen Grund in der heftigeren Bewegung, in welche die Flüssigkeit in A bei Anwendung eines stärke- ren Wasserstrahls geräht.

8. Der Versuch wurde so abgeändert, dafs ein verti« caler Wasserstrahl von unten in ein Geföfs eintrat, das in seinem Boden eine Oeffuung hatte, in der sich eine verticale Röhre befand. Wenn aber hierbei kein Wasser abflieCsen sollte, so mufste das Verhältnifs der Durchmes- ser der Ausflufsöffnung und der Röhre viel geringer, etwa das von 1 zu 2 seju; ohne Zweifel deshalb, weil die Be- wegung der Flüssigkeit hier von einem noch störenderen Einflufs ist, als bei den Versuchen mit der horizontalen Röhre.

9. Es schliefsen sich diese Erscheinungen unmittelbar an diejenigen, welche durch die vortrefflichen Untersuchun- gen von Felix Savart über das Verhalten eines Was- serstrahls, der gegen eine feste Ebene strömt '), bekannt sind. Durch dieselben kennt man auch den Vorgang, wel- cher stattfindet, wenn zwei Wasserstrahlen von entgegen-

1) j4nn. de chtm, et de pkjrs, Ser, IL Tom. Llil, p, 337.

6

gesetzter Richtung einander treffen ')• Ich habe diese sdiö- nen Versuche wiederholt. Wenn zwei Strahlen von glei- chem Durchmesser und von gleichem Drucke einander so treffen, dafs sie eine gemeinschaftliche Tangente haben, so bewegt sich das Wasser in einer Ebene, welche senkrecht gegen diese Tangente ist, und bildet eine fast kreisrunde durchsichtige Scheibe, Fig. 4. Taf. L, die von einem durch- sichtigen Rande concentrisch umgeben ist, welcher letztere offenbar dadurch entsteht, dafs das Wasser zu einzelnen- getrennten Massen sich zusammenzieht, die radial nach al- len Richtungen fortgeschleudert werden.

Sind die Axen der beiden Strahlen, oder die Tangen- ten jn dem Punkte, wo beide zusammentreffen, zwar pa- rallel, fallen sie aber nicht in dieselbe gerade Linie, in- dem z. B. der eine Strahl ein wenig höher als der andere liegt, so bewegt sich das Wasser unverändert in einer Ebene, dieselbe ist aber geneigt gegen die Tangente der Strahlen.

Bleiben die Querschnitte beider Strahlen dieselben, der eine wird aber mit einer gröfseren Kraft bewegt als der andere, so verwandelt sich die Ebene in eine gekrümmte Fläche, deren Concavität nach der Seite des mit geringe- rer Kraft bewegten Strahles liegt. Wird der Unterschied des Drucks gröfser, so schliefst sich diese gekrümmte Fläche, und je gröfser dieser Unterschied wird, um so stärker ist die Krümmung derselben an der Stelle, wo die beiden Strahlen zusammenstofsen. Wenn die Querschnitte der Strahlen verschieden sind, so bildet sich, so lange der Druck für beide gleich bleibt, auch eine gekrümmte Fläche, deren Concavität nach der Seite des Strahles von gerin* gerem Durchmesser liegt. Wenn aber aufserdem die Ge- schwindigkeiten, mit welcher diese Strahlen sich bewegen, oder die Drucke, durch welche sie hervorgebracht wer«^ den, verschieden sind, und wenn namentlich der des Strah* les von geringerem Durchmesser gröfser ist, so bildet sich zwar auch eine gekrümmte Fläche, deren Scheitel jedoch,

1) Daselbst Tom. LF. p. 257.

wie Savart angiebt '), 80 lange das VerhaltnifiB der Quer- schnitte der Strahlen nicht grOfser als das von 1 zu 4 ist, dicht an der Ausfkifsöffnong des weiteren Strahles liegt Für ein gröfseres Verhfiltnifs findet sich bei Savart keine Angabe.

Ist aber der Unterschied des Drackes hinreichend grofs, so dringt, wenn das Verhältnifs der Durchmesser 1 : 4 oder auch etwas gröfser ist, der engere Strahl ganz in das Ge- fllfs mit weiter Oeffnung ein.

' 10. In dem oben §. 7. beschriebenen Experimente findet dieser Fall statt. Es wirken hier gleichsam zwei Strahlen gegen einander, indem das Wasser in der cjliudrischen Röhre als ein weiter Strahl von geringerem Drucke be- trachtet werden kann. Offenbar würde sich in dieser Röhre ebenfalls eine gekrümmte Fläche bilden, welche in sich ge- schlossen ist, wenn nicht noch andere Umstände mitwirk- ten, durch welche statt derselben eine Menge kleiner, in sich geschlossener, Flächen entstehen. Diese bringen die Erscheinung des Schäumens hervor.

II. Um diese Erscheinung weiter zu verfolgen, habe ich den Wasserstrahl gegen eine halbkugelförmige Vertiefung von Metall strömen lassen. Auch ^ hierbei erhält man , bei einem bestimmten D/ucke des Strahls und einer gewissen GröCse des halbkugelförmigen Gefäfses, eine eiförmig in sich geschlossene Wasserfläche ^ ). Je nachdem man nun die halbkugelförmige Vertiefung dreht, fällt die Axe dieser Fläche, oder wenigstens der Punkt, in welchem die Verei- nigung des Wassers stattfindet, nach der einen oder der andern Seite des Strahls, etwa so wie es in Fig. 5. Taf. L dargestellt ist. Der ankommende Strahl geht alsdann durch die Fläche hindurch ohne die Bildung derselben zu stören..

1) a. a. O. p.281.

2) Za diesen Yersucheo bediente ich micb einer halbkogelförmigen Vei^ tiefung yon 24""" Durchmessscr , und liefs gegen dieselbe einen Strabl^ der aus einer Oeffnung von 3"*"* Durchmesser unter einem 'Druck von 2,3 M^tres hervortrat, etwa in 0,5 Mdtre Entfernung von der Ausfluls- öffnung wirken.

8

Man kann indefs die Halbkugel so drehen, dafs das Was- ser sich an einer, in der Richtung des Strahls liegenden Stelle zu vereinigen sucht, dann wird es dort von den ankommenden Strahle wieder getroffen, und hierdurch ent- steht ein eigenthQmliches Schäumen und Umherschleudem der Wassertheile, das in Fig. 6. Taf. I. abzubilden ver- sucht ist.

Dafs bei einem solchen Vorgänge, namentlich wenn er innerhalb einer Röhre stattfindet, deren Durchschnitt nicht gröfser ist als der der gekrömmten eiförmigen Fläche, alles gegen den engen Strahl zurückgeworfene Wasser von die^ sem aufgehalten, und, indem sich eine neue Fläche der Art erzeugt, mit demselben zurückgeführt werde, ist wohl be- greiflich. Dadurch kann man sich auch vorstellen wie das Ausfliefsen einer Flüssigkeit aus einem Gefäfse mit weiter Oeffnung durch einen Strahl von viel geringerem Durch^ messer aufgehalten wird; und dadurch ist auch erklärlich, dafs es zu der wirklichen Bildung einer einzigen gröCseren Fläche nicht kommen kann, sondern dafs diese, wie schon gesagt, durch das immer zurückgeführte Wasser sich in eine Menge kleiner in sich geschlossener Flächen theilt, welche den Schaum bilden.

12. Um aber eine bestimmtere Vorstellung von die- sem Vorgange zu erhalten, habe ich den Versuch noch so abgeändert, dafs das 'Rohr de Fig. 7. Taf. I. mit einem rechtwinklig nach oben gebogenen Ansatz mn in der Mitte versehen ward, so dafs das ganze Rohr die Gestalt eines umgekehrten T erhielt. Der Ansatz mn war so angebracht, dafs die Stelle h wo der eindringende dünne Strahl das Wasser in der Röhre traf, zwischen d und m, und zwar sehr nahe bei d lag. Wurde nun Wasser durch den An- satz mn gegossen, so flofs nichts bei e ab, sondern alles bei m eintretende Wasser wurde sogleich bis nach h Zu- rück gedrückt, und diefs fand selbst noch statt, wenn das Rohr de ziemlich weit war.

Die Stelle ft, bis zu welcher der ankommende Strahl das Wasser in der Röhre zurückdrängt, ändert sich zwar

je nachdem derselbe genau in der Axe der Röhre oder mehr nach unten oder oben strömt; allein abgesehen hier- von ist ihre Lage bedingt, sowohl durch das Bewegungs- moment des dünoen Strahls, als auch durch das des Was* serSy das aus dem Gefäfse Ä abzufliefseu sucht. Aendert sich daher der Druck in A^ steigt z. B. das Wasser in diesem Gefäfse, während der Druck des düuoen Strahls constant bleibt, so rfickt k mehr nach der Ausflufsöff- uung 6.

Bleibt hingegen das. Niveau der Flüssigkeit in Ä con- stant, so dafs beide Drucke ungeändert bleiben, so kann die Stelle ft, wo die Wassermassen einander treffen, sich noch dadurch ändern, dafs der Druck der Luft bei k sich ändert.

13. In das Tförroige Rohr demn Fig. 8. Taf. L, das in das Gefäfs A bei d eingesetzt ist, wurde die enge Röhre fg, aus welcher der dünne Wasserstrahl hervorging, so eingeführt, dafs der Ausflufs f nahe bei m lag. Sodann wurde die Oeffnung bei e luftdicht an den Kork g be- festigt, und bei n ein Rohr augesetzt, das mit einer ge- räumigen, aber leereu Flasche B in Verbindung stand. Aus der Flasche ging ein gebogenes Rohr op heraus, das mit seinem unteren Ende p in einen kleinen, mit Quecksilber oder einer gefärbten Flüssigkeit gefüllten Cylinder Q tauchte. Erhielt man nun den Wasserstand bei A constant, so stiegt die Flüssigkeit in der Röhre op, indem Luft mit dem Was- ser bei k fortgeführt wurde. Aber in dem Maafse, als dies Steigen stattfand, rückte auch die Stelle ft, wo der dünne Strahl das Wasser in der Röhre traf, mehr nach ffi hin, und sobald sie hier angekommen war, füllte sich das Stück mf mit Wasser, und dasselbe trat in mn hinauf. Ks ist einleuchtend, dafs dann das Schäumen aufhörte.

Es braucht wohl nicht erwähnt zu werden, dafs das Resultat dasselbe war, wenn die Flasche B weggelassen und die Röhre von n direct in das Quecksilber geführt wurde, 4iur fand der Vorgang dann so rasch statt, dafs man ihn nicht verfolgen konnte.

10

14. Läfst man auch das Gefäfs mit Quecksilber fort, so dafs auf das Wasser io der Röhre mn der Druck der Atmosphäre wirkt, und vertauscht die enge Röhre fg, durch welche das Wasser einströmt, mit «einer weiteren, so kann man diese so wählen, dafs keine Luft bei m mehr eintritt, sondern das ganze Rohr de mit Wasser erfüllt bleibt« Bei einem gewissen Verhältnisse der Durchschnitte der Röh- ren fg und ed steht alsdann das Wasser in der Röhre mn niedriger als in dem Gefäfs A. Es findet also dann bei m ein geringerer Druck statt als bei d. Wählt man die Röhre fg noch weiter, so steigt die Flüssigkeit in mn, und kann unter geeigneten Verhältnissen darin viel Köher stehen als in dem Gefäfse A.

Dasselbe kann mau erreichen wenn man, statt die Röhre fg zu ändern, die Geschwindigkeit vermindert, mit wel- cher das Wasser durch die unveränderte Röhre fg hin- durch geht. Es ergiebt sich hieraus, dafs der Druck bei fft abhängig ist, sowohl von der Geschwindigkeit als auch von dem Verhältnisse der Durchschnitte der beiden Röh- ren fg und de ' ).

Wenn die Oeffnung f der engen Röhre, durch welche das Wasser einströmt, nicht bis zu der Stelle reicht, wo bei m die rechtwinklich aufwärts führende Röhre mfi an- gebracht ist, sondern so weit von dieser Stelle entfernt ist, dafs das Wasser, wenn es bei m ankommt, sich sdion durch ein Stück der Röhre de bewegt hat, ohne seinen Querschnitt und also auch ohne seine Geschwindigkeit za ändern, so steigt das Wasser in der Röhre mn, und steht in derselben höher als in dem Geföfse A.

1) Gans ähnliche Erscheioangen erhalt man, wenn Luft aus einer enge- ren in eine weitere, mit ihr fest verbundene Röhre strömt, aus der sie am entgegengesetzten £nde wieder entweichen kann. Sind die Röhren nämlich horizontal und fährt aus der weiteren, da wo die engere ift sie einmündet, eine Röhre rechtwinklich in ein Gcfafs mit Wasser oder Quecksilber hinab, so steigt diese Flüssigkeit in die Höhe, sobald die Luft mit hinreichender Geschwindigkeit aus der engeren in die weitere Röhre geblasen wird.

15. So lange da8 Schäumen in der Röhre de noch stattfindet, sieht man auch Luftblasen in das Gefäfs Ä ein- treten. Indem nämlich die ganze Wassermasse der Röhre sich in diefs Gefäfs hineinbewegt, wird die, durch das Schäumen eingeschlossene Luft mit hineingeführt. In wel- chem Maafse diefs letztere stattfindet, kann mau deutlich beobachten, wenn man die Röhre de Fig. 9. Taf. I. Ton Glas und von ziemlicher Länge, etwa 2 Fufs lang wählt. Man sieht alsdann die Flüssigkeit in dem vorderen Theile bei k schäu- men, Ton da aber fliefst sie, oder wird sie nach d hiube^ wegt, währeord oben auf derselben kleine Luftbläschen mit fortgeführt werden. Diefs findet *sogar statt, wenn die Röhre de eine solche Neigung hat, dafs der Schaum sich abwärts bewegen mufs, indem das Ende d, mit welchem sie in dem Gefäfse A befestigt ist, tiefer als die Oeffuung bei e liegt. ,

Das Eintreten solcher Luftblasen mit dem Wasser hat schon Savart beobachtet, ohne jedoch dieser Erscheinung weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Ich glaube indefs, daCs sie nicht ganz unwichtig ist. Wer hat nicht schon bei dem Eingiefsen von Wasser in ein Glas die Luftbla- sen beobachtet, die dabei entstehen, und doch ist diese, seit Menschengedenken beobachtete Thatsache noch nicht erklärt, oder mindestens sind die vorhandenen Erklärun- gen nicht genügend.

16. Venturi ist, wie schon in §.2. erwähnt worden, der Ansicht, dafs der Wasserstrahl die Luft mit sich fort-^ reifse. Hiernach würde sie gleichsam in Folge einer Rei- bung in das Wasser mit hinabgeführt werden. Allein wenn man ein Mal diese Erscheinung mit einiger Aufmerksam- keit betrachtet hat, so kann man eine solche Erklärung unmöglich zugeben, denn es ist gar nicht denkbar, dafs die Luft mit solcher Kraft an dem Strahle hafte, dafs sie von diesem bis weit unter die Oberfläche des Wassers hinabgerissen werde.

17. Um aber diese Ansieht vollständig zu widerlegen, liefs ich aus einem Gefäfse mittelst einer Röhre einen Strahl senkrecht ausfliefsen, und brachte die Oberfläche derFlüs-

12

sigkeit, welche er treffeu sollte, ^o an, dafs sie vop die- ser Rohre fast berührt wurde. Auch hierbei entstaDden Luftblasen im Innern der Flüssigkeit. Auf dein kurzen Wege von etwa 1"^, den der Strahl in diesem Versuche durch die Luft zurücklegte, konnte der letzteren unmög- lich durch Reibung eine so starke Bewegung mitgethdlt seyn, dafs sie bis tief unter die Oberfläche des Wassers hinabzudringen vermochte.

18. Savart hat die Behauptung aufgestellt, dafs der Strahl einer Flüssigkeit zwar bis zum Maximum seiner Coutraction eine zusammenhängende Masse bilde, aber von da ab aus einzelnen getrendten Massen bestehe, welche, in« dem sie ihre Gestalt periodisch ändern, die abwechselnden Anschwellungen des Strahls hervorbringen. Man könnte glauben dafs die Luftblasen, welche beim Eandringen ei- nes Strahls in eine Flüssigkeitsmasse entstehen, von Luft herrühren, welche zwischen diesen einzelnen getrennten Massen des Strahls enthalten ist. Allein wenn man einen Wasserstrahl, der mit einigem Drucke ausfliefst, die Ober- fläche von Wasser treffen läfst, noch bevor er das Maxi- mum seiner Contraction erfahren hat, so bilden sich die Blasen gleichfalls, und hierdurch wird diese Ansicht, abge- sehen von anderen Einwendungen, vollkommen widerlegt.

19. Es scheint diefs Phänomen davon herzurühren, dafs der Flüssigkeitsstrahl da, wo er die Oberfläche der ruhenden Flüssigkeit trifft, eine Vertiefung bildet. Diese schliefst sich, sobald die Oberfläche der Flüssigkeit in die geringste Schwankung geräth, und enthält dann Luft im Innern, die von dem sich bewegenden Wasser in die Tiefe mit hinabgeführt wird.

- 20. Bewegt sich ein Strahl continuirlich gegen die Ober- fläche einer Flüssigkeit, so kann man die Vertiefung, welche rund um den Strahl sich bildet, deutlich sehen. Allein sie schliefst sich gewöhnlich so schnell, und es tritt so schnell eine neue an ihre Stelle, dafe man die Art, wie die Luft eingeschlossen wird, nicht weiter verfolgen kann.

2L Ich -habe indefs Gelegenheit gehabt zu beobacb-

13

ten^ dafs wenn ein Strahl in einiger Entfernung von sei- ner Aasflufsöffnung und bevor er das Maximum der Con- traction erreicht hat, eine Wasserfläche trifft, die vollkom- men ruhig ist, sich bisweilen eine ziemlich bedeutende Vertiefung rund um den Strahl bildet, ohne dafs Luft in das Wasser eindringt. Sobald aber alsdann die geringste Bewegung auf der Oberfläche entsteht, so wird sogleich Luft mit hinabgeführt. Setzt man z. B. die Oberfläche da- durch in Bewegung, dafs man in einiger Entfernung von dem Strahl einzelne Tropfen aus einer Höhe von weni- gen Zollen auf das Wasser fallen läfst, die für sich allein keine Luft unter die Oberfläche der Flüssigkeit führen wür- den, so tritt, sobald der Tropfen auffällt, jedesmal ein zi- schendes Geräusch da ein, wo der Strahl die Oberfläche trifft, und zugleich sieht man kleine Luftblasen mit dem Strahle in die Flüssigkeit hiuabdringen.

22. Dasselbe geschieht, wenn die Contiiiuität des Strahls unterbrochen wird, etwa indem man einen festen Körper durch denselben hindurch bewegt. Ja selbst wenn nur ein kleines Bläschen von Luft in dem Strahle enthalten ist, so stellt sich dies Geräusch ein, und zugleich wird eine grö- fsere Menge von Luft durch den Strahl hinabgerissen. Eben dasselbe findet statt, wenn die Oberfläche der Flüssigkeit in nnregelmäfsige Bewegung geräth, und dann zeigt sich bisweilen ein aufserordentlich heftiges Eindringen von Luft. Es hat dabei das Ansehen, als ob sich ein trichterförmiger Strudel um den Strahl bildet, durch welchen die Luft in drehender Bewegung hinabgeführt wird. In dieser Art beob- achtet man die Erscheinungen nämlich, wenn der Strahl mit dem Drucke einer Wassersäule von lOFufs ausströmt und die Oberfläche des Wassers in einem 2 Fufs weiten Ge- ikfse trifft. Hiernach scheint mir die in §. 19. gegebene Er- klärung von dem Eindringen der Luftblasen in eine Flüs- sigkeit keinem Zweifel zu unterliegen.

23. Bei Betrachtung der Bewegung, welche stattfindet, wenn eine Flüssigkeit in die gleichartige Substanz durch eine Oeffnung einströmt, welche sich in einiger Tiefe un-

14

t0r der Oberfläche der letzteren befindet, schien es mir zunächst wönschenswerth durch Versuche zu ermitteln, ob die Wirkung, welche das einströmende Wasser gegen ei- nen Widerstand leistenden Körper ausübt, mit der Ent- fernung von der Einströmungsöffnung sich ändere oder nicht. Ich habe diese Versuche auf die- Weise ausgeführt, dafs eine Platte unter Wasser senkrecht gegen die Richtung des auf die eben erwähnte Weise entstehenden Strahls (wenn man sich dieses Ausdrucks bedienen darf) angebracht und dfe Kraft gemessen wurde, mit welcher das Wasser dieselbe zu bewegen suchte.

Um zu ermitteln, in wie weit es nöthig ist, dafs die Platten, welche benutzt werden sollten, vollkommen eben sind, wurden zunächst Verbuche in der Luft angestellt,^ und um dabei das Resultat unabhängig von der Schwere des Wassers zu erhalten ein horizontaler Strahl benutzt. Die Einrichtung des Versuches war folgende:

24. An den Balken einer Waage FG Fig. Ip. Taf. I. war in der Mitte ein vcrlicalcr Stab ah von Metall ge- . schraubt, und an diesem die Platte cd so befestigt, dafs dieselbe gleichfalls vertical und senkrecht gegen die Rich- tung des Strahls war. Wenn alsdann der Waagebalken horizontal war und es wurde gegen die Mitte der Platte der Strahl gerichtet, so drängte dieser dieselbe zuröclL. Allein durch Auflegen von Gewichten konnte man die Waage in ihre Gleichgewichtslage zurückführen, und so die Kraft bestimmen , mit welcher die Platte der Bewegung des Strahls Widerstand leistete.

Hierauf wurden 2 vollkommen ebene Platten, die eine von 9**"" und die andere von 24*""" Durchmesser, nach ein- ander bei h befestigt, und während dieselben sich in der Luft befanden, wurde ein horizontaler Wasserstrahl senk- recht gegen ihre Mitte gerichtet. Sodann wurden diese ebenen Platten mit concaven Halbkugeln vertauscht, deren Durchmesser genau gleich war dem Durchmesser der Plat- ten, und, der jedesmal stattfindende Druck. gemessen. Der- selbe ergab sich bei einer Druckhöhe von 2 Meter in ei-

15

nem Abstände von lOO^*" von der Ausflufsöffnung /; welche in einer dünneu Wand aus Blech angebracht war und 3"" im Durchmesser hatte, fOr

die Platte die Halbkugel

von 9"^ Durchmesser zu 22 Grammes 42 Grammes. 24»'» 23 38

25. Dieser gröfsere Druck bei den Halbkugcln beruht offenbar darauf, dafs das Wasser des StrahU, der diesel- ben in der Mitte trifft, sich zur Seite bewegt, und dadurch gegen die halbkugelförmige Wand noch einen Druck aus- übt. Dafs diefs wirklich so ist, ergiebt sich schon aus der Art, wie das Wasser von den Halbkugeln von verschie- denem Durchmesser zurückgeworfen wird. Während das- selbe nämlich von der von 9'"'" fast parallel mit dem an- kommenden Strahl zurückkommt, bildet es, zurückgewor- fen von der von 24""", eine gekrümmte Oberfläche, von ähnlicher Gestalt wie die in Fig. 5. Taf. [., deren gröfster Durchmesser etwas gröfser als der der Halbkugel ist.

Hieraus erklärt sich auch, weshalb bei der gröfseren Halbkugel die bewegende Kraft geringer ist, als bei der kleinen, während doch die Fläche, gegen welche der Druck ausgeübt wird, gröfser ist. Es zerlegt sich nämlich der seitliche Druck bei dem gröfseren Krümmungshalbmesser BOy daCs ein geringerer Theil desselben in der Richtung des ursprünglichen Strahls wirkt, als bei dem kleineren Halbmesser. Nur bei ganz ebenen Platten erhält man den Antheil der Bewegung allein, welcher in der Richtung des Strahls stattfindet. Deshalb wurden zur Ermittelung der Quantität der Bewegung nur solche Platten benutzt.

26. Die übrige Einrichtung war folgende: Aus einem Gefäfse, in welchem der Wasserstand dadurch unverän- derlich erhalten wurde, dafs aus einem darüber befindli- chen Behälter mehr Wasser zu, als unten abflofs, führte ein verticales Rohr MN Fig. 10. Taf. L, das bei M recht- winklig gebogen war. Dasselbe hatte im Innern einen Durch- messer von 1 Zoll, und trug an seinem horizontalen Thcile bei O eine Hülse von Metall, in deren IVlitte sich die Aus-

16

flufsöfTnimg befand, welche bei allen diesen Verendien kreisrund war, und bei den meisten einen Darchmesser von 3"" hatte. Das Stück MO dieses Rohrs befand^ sich mit der Platte cd in einem grofsen Gefäfse AB CD, drs 4 Fafs lang, 3 Fnfs breit und 16 Zoll hoch war; das- selbe war ganz mit "Wasser gefOllt, und durch einen in einer bestimmten Höhe angebrachten Abflnfs gh wurde der Stand des Wassers unverSnderlich erhalten. Die Waage mit ihrer Platte war zwischen zwei Leisten HI so ver« schiebbar, dafs sie sich immer parallel mit sich selbst be- wegte. An diesen Leisten war eine Theiinng angebracht, um den Abstand der Platte cd von der Ausflursöffnung f messen zu können. Bevor das Gefäfs AB CD mit W^asser gefüllt wurde, überzeugte man sich, daCs der durch die Lufl gehende Strahl die Platte in ihrem Mittelpunkte traf. Für die geringen Entfernimgen, welche hier in Betracht konnnen , glaubte ich die Richtung des Strahls unter Was- Mor als unverändert ansehen zo dürfen, besonders da der- nelbe sich in dem gleichartigen Medium bewegte.

*27, Wendel man bei diesem Versuche Platten von verschiedenem Durchmesser an, so nimmt die Kraft, welche ntMhwendig Ist, um bei unveränderter Entfernung von der Ausilufsöffnung die Waage im Gleichgewicht zu erhalten, mit der («röfse der Platten zu, jedo<ch nur bis zu einer bestimmten Grttnze; über diese hinaus bleibt sie unverSn- dorl. Wurden daher ziemlich grofse Platten benutzt, so war man sicher die ganze Gröfse der Wirkung zu erhal- ten. Die' kleinste Platte, welche ich angewendet habe, hatte lOÜ'"" Durchmesser. Die folgende Tabelle enthält einige von den Bestimmungen, welche mit Platten von verschie- dener Gröfse erhalten worden sind.

Ho-

17

HorixoBtaler Strahl*).

Dorchm.

der Pbtte.

Ahstand

Gewicht in Grammes,

OcflnoDg.

Druck- höhe.

der Platte von der

nm die Platte m ihre Lage eo-

Oeffiaong.

ruckanfuhren.

. k

No.L No.IL No.in.

■■ «!<■ ■**!*■>

6'10"Rhl.

100—

20—

20,0 20,0 20,0

Au uuimcr

= 2,145

50

21,0 21,0 20,75

Mötres

100

21,5 21,5 21,5

150

21,5 21,5 21,5

V

200

21,0 20,5 20,5

No.IV. No.V. No.VL»)

WhiI.

Desgl.

150«-

20— 50 100

20,0 20,0 18,0 21,0 21,0 19,0 22,0 22,5 20,0

150 200 250

23,0 23,5 20,0 23,0 23,5 21,0 23,0 23,0 21,0

^

300

22,5 22,5 20,5

N0.VIL No.vm.

In

rirRM.

200~

20»»

16,0 16,2

MessiDg von

= 2,229

50

16.7 16,7

1— Dicke.

Meters.

100

18,0 18,0

DorchiD. 3"".

150 200 250

18,0 18,0 18,0 18,0 17,5 17,7

No. IX.

Glas-

Desgl.

150—

20»"

21

rofarcfaen von

50

21,6

10""LäDgc.

100

23,2

Durchmesser

150

23,3

nahe 3"".

200 250

23,3 23,9

Glas-

No. X.

röhrchen Ton

Desgl.

20«»

14,3

20>« Lange.

50

14,9

DorchiDCSser

100

15,2

etwas weniger

-

150

15,4

als 3"».

200

15,2

1 ) Die Temperatur des Wassers schwankte bei diesen Versuchen sehr we- nig, sie war sehr nahe 14° G.

2) Bei dieser Beobachtoogsreihe war die Richtung der Hülse etwas ver- ändert, und die Aze des Strahls nicht ganz senkrecht gegen die Platte.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 2

18

28. Es geht aus diesen Versuchen hervor, dafs die Wirkung gegen die Platte mit der Entfernung derselben Ton der Ansflufsöffnung zunimmt, und zwar bis zu einem Abstände von 150 Millimetres. Bei allen Versuchen wurde ein ähnliches Resultat erhalten. Kein einziger, und ich habe deren viele, aufser den hier mitgetheilten , angestellt, zeigte innerhalb des Abstandes von 100 Millim. eine Ab- nahme. Allein die Zunahme war nicht immer gleich, und ich überzeugte mich, dafs die Schwankungen davon her- rührten, dafs es nidit möglich war die Hülse, in der die Ansflufsöffnung sich befindet, immer so anzubringen, dafs die Richtung des Strahls, selbst innerhalb dieser geringen Entfernung genau dieselbe blieb.

29. Um diese Unsicherheit zu vermeiden, wurde der Versuch so abgeändert, dafs der Strahl vertical war und gegen eine horizontale Platte sich bewegte. Zu dem Ende wurde diese mittelst drei feinen Drähten von 3 Fufs Länge an dem einen Ende des Waagebalkens befestigt. Die Waage selbst aber befand sich an einem Gestellie, durch welches sie auf und nieder bewegt werden konnte, wobei jedoch der Mittelpunkt der Platte stets senkrecht unter der Oeff- nung blieb, durch welche das Wasser ausflofs.

Die Platte hing im Wasser in einem Gefäfse, das 3 Fufs Durchmesser und 2 Fufs Höhe hatte, und in welchem der Stand des Wassers unverändert blieb. Die Oeffnung, aus welcher der Strahl hervorging, befand sich 4 Zoll unter der Oberfläche.

Auch bei diesen Versuchen zeigten sich ähnliche Zu- nahmen der Wirkung gegen die Platte und zwar sowohl wenn der Strahl vollkommen vertical niederging, bevor das Wasser in das Gefäfs gebracht war, als auch wenn der- selbe unter einem Winkel von 10 Grad das Centrum der horizontalen Platte traf; wie diefs aus No. XIII. der fol- genden Tabelle hervorgeht.

19

OelTnang.

Verlicaler Strahl.

n»*«.k.» Abstand Gewicht m Grammes, Druck- "°J^™- der Platte um die höhe. PUiie ^^^ ^^ Platte m ihre Lage eu-

Oeflnung. ruckzufuhren.

In dunner

Wand.

Durchmesser

8'10"Rhl.

= 2,772

M^tres.

200""

50mm

100 150 200

No. XI. No. XII. 29,5 29,0 30,5 30,5 31,0 31,0 30,5 30,5

DesgL

Der Strahl

machte emen

Winkel von

10® mi't der

Verticalen.

Desgl.

Desgl.

50"" 100 150 200

No. xin.

29,0 30,7 31,0 30,5

Glas- rohr 10"""» lang, nahe 3mm Durch- messer.

Desgl.

Desgl.

20""

30

50 100 150 200

No. XIV. 26,0 26,5 27,5 28,5 29,0 28,5

Glasrohr 65,"™ lang, 6«« Durch- messer, unten susammenge- sdimolzen bis Rufnähe 3*"™.

Desgl.

Desgl.

20™™

50 100 150 200

No. XV. 23,5 25,5 26,5 26,5 26,0

Glasrohr 65™" lang, aber überall von demsel- ben Durchm. von 3,3™".

Desgl.

Desgl.

20™™

50 100 150 200

No. XVl. 28,5 29,5 30,8 31,3 30,9

30. Später §. 41 . werde ich auf die Erklärung dieser Er- scheinuDg, dafs die Wirkung des gegen eine Platte sich bewegenden Wassers mit der Entfernung zunimmt, zurück- kommen. Zunächst- schien es mir von Interesse die Art und Weise wie das einströmende Wasser sich mit dem schon Torhandenen mischt, genauer zu verfolgen.

Ich liefs deshalb das Wasser durch eine Oeffnung von 2 bis 3 Millim. im Durchmesser und unter dem Drucke

2*

20

einer Wassersäule tod 7 Fois, horizontal in ein Gefafs einströmen, Ton dem zwd Seitenwände ans Glas ond nur 0,5 Zoll Ton einander entfernt waren. Indem der Strahl anf der sdimalen Seite desselben in der Mitte der Höhe eintrat, konnte er sidi nur nadi unten ond oben ausbrei- ten, nnd es war bei der geringen Dicke der Wasserschicht zn hoffen, dais man im Stande sejn wQrde, dm Vorgang innerhalb derselben näher zn beobachten.

Das Geßlls mnCste in einiger Entfernung von der Ein- strömungs-Oeffnnng, bei Ä Fig. 11. Taf. I., beträchtlidi brei- ter gemacht werden, weil sonst der Widerstand durch die Reibung längs der Seitenwände zu grofs war. Auch hatte dasselbe an der, der Einströmungs-Oefifhung gegenOberlie- genden Seite, )[>ei B, einen Ausschnitt zum Abflufs des Was- sers, so dafs das Niveau desselben unverändert blieb. Um den Strahl besser beobachten zu können brachte idi ver- schiedene undurchsichtige Körper, Semen Lycopodii und statt dessen auch Milch in das Wasser, aber die Bewegung war stets so unruhig nnd heftig, dafs sich keine scharfe Beobachtung anstellen liefs. Indefs zeigte dieser Versudi eine andere Erscheinung die, wiewohl sie eine unmittelbare Folge aus den froher mitgetheilten Versuchen ist, doch nicht ohne Interesse seyn möchte. Die Oeffnung durch welche das Wasser in das Gefafs einströmte, lag etwa 2 Zoll un- ter der Oberfläche des darin befindlichen Wassers, nnd 3,5 Zoll tiber dem Boden des Geräfses. Sobald das Einströ- men begann, sank die Oberfläche in dem schmalen Theile des Gefäfses und zwar nahm dieselbe verschiedene Vertie- fungen an, je nachdem das Wasser mit gröfscrer oder ge- ringerer Gewalt einströmte. Oft sank sie zunächst der Ein- strömungs- Oeffnung bis unter diese hinab. Wenn diefs geschah, so entstand ein heftiges Schäumen* und dabei blieb, so lange noch Wasser mit hinreichender Gewalt einströmte, die Oberfläche an dieser Stelle niedriger als die Einströ- mungs- Oeffnung. Vermied man aber ein so bedeutendes Sinken der Oberfläche, und blieb die Oeffnung f unter der- selben, so zeigten sich mehrere Vertiefungen, wie sie in

21

Fig. 11. Taf. I. angedeutet sind. Vermehrte maD akdanu durch vollständiges Oeffnen des Hahns C die zuströmende Wassermasse, so wurde die Vertiefung bei d geringer, da- gegen blieb die bei e> die etwa iu einer Entfernung von 5 Zoll von der Oeffnung f lag, fast unverändert. In allen die- sen Fällen bewegte sich das Wasser unten und oben aus dem weiteren Theile AB des Geföfses in den engereji AD zurück, also der Richtung des durch f einströmenden entgegen. Uiefs giebt einen neuen Beweis dafür, dafs ein nicht un- bedeutender Theil des ruhenden Wassers von dem ein- strömenden beständig mit fortbewegt wird. Dadurch ent- stehen neben der einströmenden Masse wirbelnde Bewegun- gen des Wassers, die hier bei g deutlich zu sehen waren. Eine nähere Beobachtung des Vorgangs im Innern war aber bei der Unruhe, welche durch die rückgängige Bewegung des Wassers in der oberen Schicht eintrat, unmöglich. Um daher diesen Vorgang im Inneren des einströmenden Was- sers näher kennen zu lernen, habe ich eine andere, wenn auch etwas mühsamere Methode gewählt.

31, Wasser das frei von Kochsalz und Chlorwasser- sloffsäure war, strömte in ein grofses weites Gefäfs in dem sich Wasser befand, das etwa 1 Proc. Kochsalz enthielt. Um die Quantität dieses Salzes in der Auflösung genau zu bestimmen, wurde ein abgemessenes Volumen derselben, gewöhnlich 10 Cub. Cent., mittelst einer Pipette in eine Flasche gebracht, und dann so lange mit einer normalen Auflösung von salpetersaurem Silber versetzt, bis kein Nie- derschlag mehr entstand. Aus dem Volumen der normalen Auflösung von salpetersaurem Silber, das zur Fällung nö- thig gewesen war, ergab sich die Quantität des Kochsalzes. Es ist diefs die umgekehrte Methode von der, welche Ga j- Lussac'für die Bestimmung des Silbers eingeführt hat. Bei einigpr Uebung kann man den Gehalt an Chlornatrium bis auf 0,01 Proc. sicher bestimmen. Liefs man nun Was- ser das, wie schon erwähnt, frei von Kochsalz und Chlor- wasserstoffsäure sejn mufste, in diese Salzlösung einströ- men, und fing man in dem so entstehenden Strahle an ir-

22

gend einer Stelle eine Quantität der Flüssigkeit mit der Vorsicht auf, dafs sich dadurch die Bewegung in dem Strahle nicht änderte, so ging aus der Menge des Kochsalzes in dieser Flüssigkeit hervor, in welchem Verhältnifs sich das einströmende Wasser mit der im Gefäfs Yorhandenen Salz- lösung an dieser Stelle gemischt hatte.

32. Um die Flüssigkeit an irgend einer Stelle des Strahls aufzufangen, Dediente ich mich einer Glasröhre abc Fig. 12. Taf. I., die in eine feine Spitze bei a ausgezogen war. Der zugespitzte Theil war horizontal und wurde in die Rich- tung des horizontal einströmenden Wassers gebracht, hin- ter dieser Zuspitzung bog sich die Röhre nach oben und ragte über die Oberfläche des Wassers hervor. Hier war mittelst Kautschuk eine andere Röhre cd angesetzt die ab- wärts geneigt werden konnte. Die Röhre abc war an d- nem starken Brette gh gut befestigt, das auf einem ande- ren, quer über das Gefäfs AB CD fest angebrachten Brette, sicher vor und rückwärts sowie auch seitwärts bewegt wer- den konnte. Die Spitze der Glasröhre hatte eine Oeffnung von l'^ innerem und 1,5™" äufserem Durchmesser, und verjüngte sich allmälig, so dafs der Widerstand, weldien sie für die Bewegung des Wassers darbot, zu gering war um diese wesentlich zu ändern. Wurde diese Spitze in nicht zu grofser Entfernung von der Oeffnung f angebracht, durch welche das Wasser einströmte, so war die Bewegung hinreichend, um das Wasser in dieselbe hinein und in def Röhre abc so hoch hinauf zu treiben, dafs es durch cd abfliefsen, und in einem untergehaltenen Glase aufgefangen werden konnte. Die ersten Portionen die hierbei ausflös- sen enthielten noch die Salzlösung, welche in der Röhre vor dem Beginn des Versuches enthalten war, und erst die späteren hatten die Zusammensetzung, welche der Flüs- sigkeit an dem Punkte a in dem Strahle entspricht. Es wurde deshalb die ausfliefsende Flüssigkeit in 3 Portio- nen aufgefangen, deren beide letzte dieselbe Zusammen- setzung zeigen mufsten, wenn das Resultat als richtig be- trachtet werden sollte. Später hatte übrigens die Erfahrung

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sehoD gelehrt, wie viel aosfliefseD mufste, um eidier zu seja, dafs die früher im Bohre befiDdlicbe Flüssigkeit gauz ealfernt sej.

Durch das in die Salzlösung ciDstrÖmende "Wasser 8a- dert sich zvrar die CoDceotratioa derselben, allein diese Aenderung war während der kurzen Daner eines Versaches immer nur sehr unbedeutend. Vor jedem neuen Versuch wurde die QnaDlitat des Salzes in der in dem Get&lse AB befindlichen Lösung von neuem bestimmt.

33. Vorzüglich war es interessant zn erfahren ob die Salzlösung bis in die Mitte des eiDstrOmenden Wasserstrah- les gelauge. Es wurden deshalb zunäcfasl Versuche ange- stellt, bei welchen sich die Spitze stets in der Mitte die- ses Strahles, aber in verschiedenen Entfernungen von der OcfTuung ff durch welche das Wasser einströmte, befand. Um die Mitte des in der Salzlösung entstehenden Strahls sicher ermitteln zu können, wurde die Salzlösung aus dem Getä&e AB abgelassen, and die Spitze iu die Mitte des in das leere Gefäfs etuströmenden Wassers gebracht. Dana wurde die Salzlösung wieder eingefQlit and die Bestinunong iu der erwähnten Art vorgeuommen.

Die Resultate, welche so erhalten worden, sind in der folgenden Tabelle zusaminengeBtelll, in den vier ersten Co- Inmnen' siud die uumillelbar beobachteten Zahlen enthal- ten, die fünfte ergiebt sich aus der dritten und vierten.

Die SpilEC In der Mitte dea Strahls.

Wurde die Sfülze so weit genabelt, dab sie ücb dicht - Tor der 3" wdleo Oefboiig befuid, dardi wdcbe das 'Wmsw in AB einstrOmte, so drang nor reines Wasser ehat eine Spar der Salzlösung in dieselbe ein.

34. Die Versdiiedenheiten, ivelcbe skh fBr die Ver- aodie «geben, bei denen die Spitxe in derselben Enlfei^ nang angebracht war, haben ihren Grand darin, da(s die geringste Abweicbong von der Mitte des Strahls «ne grofse VersdiiedMilieit in der Misdtoog der FlOssigkeit bedingL Um za erfahren, wie bedeotend diese VersdiiedeDheit is^ wur- den einige Versncfae angestellt, bei weiden die Spitxe aas der Mitte des durch die Oednaog von 5^ einstrttanenden Strahls gerflckt war, theils bis an den Sulseren Band des in die Lnft aasstrOmendai Wassers, wobei die Mitte der Spitze um l,75~~ tos der Mitte des Strahls entfernt war, tbeils anch noch mehr seitlich, bo dals die Mitte der Spitze um 2.5 bis 3,0™ von der Mitte des Strahls abstand, wo- bei sich das Wasser, wenn es in die SalzlOeong einstrOmlc^ noch mit hinreichender Kraft in die Spitze hinein bewegte, am dnrch die Röhre cd wieder abzaflielsen.

Die Resultate dieser Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengeslellL

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No.d. Ver- suchs.

Entfer- nung d. Spitze von der Oeff. nung').

Die Spitze be- fand sich

Salzgehalt in AB vor dem Ver- suche.

Salzgelialt d. durch die Spitze er- haltenen Flüssigkeit.

Die durdi die Spitze

erhaltene Flüssigkeit

bestand ans:

Salzlo- Wasser. sung.

13.

IQoua

in der Mitte

0,89 Proc.

0,03 Proc.

3,4 Proc.

96,6 Proc

»

»

1,75«« seitl.

1,08 »

0,23 »

21,3 »

78,7

»

M

3,00«" seitl.

0,94 »

0,42 ^

44.7 »

55,3 »

6.

20«

in der Mitte

0,98 »

0,16 »

16,4 »

83,6 »

»

»

1,75«« seitl.

1,06 »

0,40 »

37,7 »

62,3 »

»

2,50«« seitl.

0,99 »

0,45 )•

45,5 »

54,5 »

11.

30««

in der Mitte

0,99 »

0,22 »

22,0 »

78,0 »

»

»

1,75«« seitl.

0,97 »

0,46 »

47,4 ).

52,6 »

»

»

2,50«« seitl.

0,96 »

0,56 »

58,3 »

41,7 p

Es geht hieraus hervor, dafs die Quantität der Salz- lösung bedeutend zunimmt, wenn man die Spitze von der Mitte entfernt, und dafs ein wirkliches Eindringen der schon vorhandenen in die einströmende Flüssigkeit stattfindet.

35. Ich wende mich nun zu der Erklärung dieser Er- sdieinnngen. Nach dem gegenwärtigen Zustande der Wis- senschaft ist eine streng mathematische Herleitung derselben leider nicht möglich, die folgende Betrachtung kann aber, wie ich glaube, dazu dienen dieselben vollständig zu er- klären.

Denkt man sich eine Flüssigkeit, welche in die gleich- artige Substanz, die in einem Gefäfse enthalten ist, das als unbegränzt betrachtet werden kann, durch eine Oeffnung einströmt, welche hinreichend tief unter der Oberfläche liegt, so breitet sich der auf diese Weise in der Flüssig- keit entstehende Strahl continuirlich aus, d. h. seine auf der Axe senkrechten Querschnitte werden continuirlich grö- fser. Zugleich nimmt die Geschwindigkeit in demselben mit der Entfernung von der Einströmungsöffnung ab, was man beides leicht beobachten kann.

Ginge hierbei durch jeden gegen die Axe des Strahls senkrechten Querschnitt dieselbe Menge von Flüssigkeit in derselben Zeit hindurch, so würde die nachkommende Masse

1 ) Der Durchmesser der Ocflnung, durch welche das Wasser in die Salz- lösung einströmte, betrog 5°>*".

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hinreichend seyu, um den Raum auszufüllen, welchen die vorhergehende inne halte.

Wir wollen nun untersuchen, unter welchen Bedingun- gen diefs möglich Ist. Betrachtet man zu dem Ende eine bestimmte Masse der einströmenden Flüssigkeit, z. B. die, welche in einer Zeiteinheit durch die Einströmungs-Oeff- nung hindurchgeht, so wird, wenn dieselbe sich ausbreitet, ihre Dicke oder Ausdehnung in der Richtung der Axe des Strahls in demselben Verhältnisse geringer, als ihr Quer- schnitt oder ihre Ausdehnung in den beiden gegen die Axe senkrechten Richtung gröfser wird. Wenn dabei ihre Ge- schwindigkeit zugleich auch in diesem Verhältnisse abnähme, so dab beide, sowohl die Geschwindigkeit als auch die Dicke, sich umgekehrt wie die Querschnitte verhielten, dann würde diese Masse durch jede Ebene, welche senk- recht gegen die Axe des Strahls ist, in derselben Zeit hin- durchgehen. Allein wenn diese Bedingungen erfüllt würden, so würde die Kraft, mit welcher diese Masse sich bewegt, in demselben Verhältnisse geringer werden wie ihre Ge- schwindigkeit.

Es läfst sich aber einsehen, dafs diefs nicht der Fall sejn kann. Denn wenn man von dem Verluste an bewe- gender Kraft absieht, welcher durch die Reibung der Flüs- sigkeitstheilchen entsteht, und wenn, wie oben schon vor- ausgesetzt worden, die Bewegung in einem Gefäfse stattfindet, welches so grofs ist, dafs seine Wände keinen Widerstand für die Bewegung darbieten, so ist, wenn die Oberfläche während der Bewegung horizontal bleibt und man zunächst davon ausgeht, dafs die Druckverhältnisse für alle Theile der Flüssigkeit während ihrer Bewegung dieselben wie im Zustande der Ruhe sind, keine Kraft, vorhanden, welche der Bewegung entgegenwirkte. Es wird deshalb kein Theil von dieser bewegenden Kraft vernichtet werden.

Zwar breitet der Strahl sich dadurch aus, dafs die an- kommende Masse einen Widerstand in der ihr vorherge- henden findet, allein da dieser Widerstand von vollkom- men beweglichen Theilen geleistet wird d. h. nur auf Trag-

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heit beruht, so bleibt doch die bewegende Kraft , welche in der Richtung der Axe stattfindet, unverändert, und des- halb ist, sobald die Bewegung permanent geworden, dieselbe bewegende Kraft während der Zeiteinheit in jeder gegen die Axe des Strahls senkrechten Ebene wirksam.

Bestände das Breiterwerden des Strahls nur darin, dafs dieselbe Masse bei ihrem Fortschreiten ihre Form ändert, und einen gröfseren Querschnitt annimmt, so könnte sich ihre Geschwindigkeit nicht ändern ; dann aber würde diese Masse in einer um so kürzeren Zeit durch die verschiede- nen Querschnitte des Strahls hindurchgehen, jemehr sie sich ausgebreitet hat. Dadurch würden die einzelnen Schichten des Strahls sich entweder von einander trennen, oder es müfste eine Verdünnung eintreten. In solchen Fällen, in denen dafür gesorgt ist, dafs keine andere Masse zutritt, wo also nur diesselbe Masse sich ausbreitet, kann man bei tropfbar flüssigen Körpern, wo eine Verdünnung nicht möglich ist, wenigstens eine Druckabnahme, und bei luftförmigen eine wirkliche Verdünnung experimentell nachweisen, wie diefs in §. 14. geschehen ist. Auch ist diese Abnahme des Drucks schon theoretisch nachgewiesen (D. BernouUi, Hydrodynamica Sectio XII. §• 9. p. 262. Poisson, TraiU de m^canique 2^'^ Edit IL pag. 730.). In dem Falle aber, wo wie hier der Strahl in der gleich- artigen Substanz sich bewegt, verursacht die Druckabnahme in ihrem Entstehen sogleich ein seitliches Zuströmen, wo- durch sich die Masse in dem Strahle vermehrt.

Mit dieser Vermehrung der Masse nimmt die Geschwin- digkeit ab. Da aber die bewegende Kraft sich nicht än- dert, so wird durch einen entfernteren Querschnitt stets mehr Flüssigkeit in derselben Zeit hindurchgehen, als durch einen der der Einströmungs-Oeffnung näher ist.

Da der Druck, den die Flüssigkeit in ihrer Bewegung ausübt, geringer ist als der der ruhenden, so könnte man glauben, dafs die Voraussetzung, von welcher die obige Betrachtung ausgegangen ist, dafs nämlich kein Theil der bewegenden Kraft in dem Strahle vernichtet werde, nicht

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richtig sej, weil eiu Theil dieser Kraft nöthig zu sejü scheint, um die Flüssigkeit, welche im Anfange unter ei- nem geringereu Drucke sich befindet, allmälig unter den gröfseren Druck zu versetzen, oder um, wenn statt der tropfbaren eine luftförmige Masse vorhanden ist, diese zu verdichten.

Allein diefs ist deshalb nicht der Fall, weil die Ver- minderung dieses Drucks gerade dadurch entstanden ist, dafs die vorangehende Flüssigkeit schneller durch einen Querschnitt des Strahls hindurchgeht als die nachfolgende. Wenn daher durch die Druckverschiedeuheit die. Geschwin- digkeit der ursprünglich sich bewegenden Masse vermindert wird, so wird auch gerade durch sie die seillich vorhan- dene, vorher ruhende Masse mit in Bewegung gesetzt, und dadurch der Verlust an bewegender Kraft wieder ausge- glichen.

Es ergiebt sich hieraus:

1) dafs in einem Strahle, welcher entsteht, webn eine Flüssigkeit in eine gleichartige Masse einströmt, durch je- den Querschnitt, welcher weiter von der Einströmungs- Oeffnung entfernt liegt, in derselben Zeit mehr Flüssigkeit hindurchgeht, als durch einen näher liegenden, und

2) dafs in Folge hiervon der Druck der Flüssigkeit wäh- rend der Bewegung in dem Strahle geringer ist als im Zu- stande der Ruhe.

36. Mit Hülfe dieser beiden Sätze erklären sich die oben beschriebenen Erscheinungen sehr einfach. Bei dem in §. 4. erwähnten Versuche von Venturi, bewegt sich durch den Querschnitt SM des Kanals SMVR Fig. 1. Taf.I. mehr Wasser, als in derselben Zeit durch die Röhre CA zufliefst, es mufs folglich von dem in dem Gefäfse enthal- tenen Wasser mit fortgeführt werden.

Ebenso bewegt sich in dem in §. 5. beschriebenen Ver- suche durch die weite Röhre ABC Fig. 2. Taf. I. in der- selben Zeit mehr Flüssigkeit, als durch die enge Röhre bei a zufliefst, und da hier kein Zuströmen von der Seite stattfinden kann, so dringt, in Folge der Verminderung des

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Drucks y darch die Oeffoung BC die Flfissigkeit aus der Ablheilang HF des Geföfses EDGF. Dadurch sinkt die Flüssigkeit in dieser Abtheilung. ^

37. Sinkt aber die Oberfläche der Flüssigkeit in der Abtheiinng HF irährend dieselbe in der Abiheilung HE unverändert bleibt, so wirkt der Druck, welcher durch den Unterschied der Niveaus entsteht, der Bewegung entge* gen, und es nimmt dadurch die bewegende Kraft ab, so dafs dieselbe in dem Querschnitte der Röhre AB bei A geringer ist als die, welche während derselben Zeit itt der engen Röhre bei a wirksam ist. Mit dieser Abnahme wird aber auch die Quantität der Flüssigkeit geringer, welche in der Zeiteinheit durch den Querschnitt hindurchgeht. Es wird daher die Oberfläche in der Abtheilung HF so lange sinken bis die Masse der Flüssigkeit, welche in der Zeit- einheit durch einen Querschnitt der weiten Röhre bei A hindurchgeht, ebenso grofs ist als die, welche in derselben Zeit durch a sich bewegt. Der Unterschied der Niveaus giebt die oben §. 35. erwähnte Verminderung des Drucks der einströmenden Flüssigkeit zu erkennen.

38. Wenn die Verhältnisse bei diesem Versuche so sindy dafs nachdem die Flüssigkeit in der Abtheilung HF bis an den untern Rand der Röhre bei C gesunken ist,

-der Unterschied in dem Stande der Flüssigkeit in beiden Abtheilungen noch nicht hinreicht, um die bewegende Kraft, welche in der Richtung des Strahls wirksam ist, so weit zu vermindern, dafs in Folge dieser Verminderung durch die weite Röhre in derselben Zeit ebenso viel hindurch- geht als durch die OeffuuDg bei a eintritt; so erfährt das Wasser während der Bewegung in dieser Röhre von A her einen geringeren Druck als von £, wiewohl der sta« tische Druck d. i. der, welcher wirksam wäre, wenn die Flüssigkeit sich nicht bewogte, von B her nur der Druck der Atmosphäre, von A aber der der Atmosphäre und noch der durch den Unterschied der Niveaus hervorgebrachte ist.' In Folge dieses stärkeren Drucks bei B tritt die Luft

30

durch diese Röhre in das Wasser hiDein, wie diefs in dem in §. 6. beschriebenen Yersnche sich gezeigt hat.

39. Aus demselben Grunde tritt auch bei dem in §. 7* erwähnten Versuche, wo durch einen dönnen Strahl das Ausflieüsen aus einer weiten Röhre gehemmt wird, die Luft durch diese Röhre in das Wasser hinein, und «zwar so lange bis die Flüssigkeit in dem Gefäfse A Fig. 3. Taf. I. eine solche Höhe erreicht hat, dafs innerhalb der Röhre der Druck von beiden Seiten derselbe geworden ist. Wird von der innern Seite des Gefäfses der Druck noch gröfser, so beginnt das Wasser abzufliefsen.

40. Nimmt während das Wasser durch die Röhre de Fig. 8. Taf. I. fliefsty auch der Druck ab, welchen die Luft ausübt, die sich in dieser Röhre befindet, wie in dem Ver- suche §. 13.; so wird nur so lange die Luft in das Was- ser eindringen und mit diesem fortbewegt werden, bis in der Röhre die Gleichheit des Drucks von beiden Seiten sich hergestellt hat.

41. Die Zunahme der Wirkung des gegen eine Platte strömenden Wassers, welche sich in den in §. 27 bis §. 29. beschriebenen Versuchen herausgestellt hat, findet, wie ich glaube, auch ihre Erklärung darin, dafs der Druck der sich bewegenden Flüssigkeit geringer ist als der der ruhenden. Es bewegt sich nämlich die Flüssigkeit, welche eine ebene Platte trifft, wenn diese grofs genug ist, längs derselben hin, und auch bei dieser Bewegung, parallel der Platte^ wird der Druck, welchen die Flüssigkeit während ihrer Bewegung ausübt geringer sejn, als er im Znstande der Ruhe wäre. Es wird deshalb der Druck, welcher gegen die Platte von der Seite, wo die Flüssigkeit sich bewegt, ausgeübt wird, geringer seyn als von der hinteren Seite, wo die ru- hende Flüssigkeit gegen die Platte drückt, und zwar wird der Unterschied des Drucks um so gröfser sejn, je gröfser die Geschwindigkeit ist, mit welcher die Flüssigkeit längs der Platte hinströmt und je gröfser das Stück der Platte ist mit dem sie sich parallel bewegt. Die Geschwindigkeit aber ist offenbar gröfser wenn die Platte der Einströ-

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mungs-Oeffnung näher ist, als wenn sie weiter von ihr absteht und ebenso ist bei dieser näher befindlichen Platte, bei weldier der Strahl sich noch weniger ausgebreitet hat, das StQck gröfser, neben welchem sich die Flüssigkeit pa- rallel bewegt. Je näher daher die Platte der Einströmnugs- OefTnnng ist, um so gröfser ist die Differenz des Dmcks den sie von beiden Seiten erfährt, und deshalb ist die Kraft, welche erfordert wird, um die Platte im Gleichgewicht zu erhalten, geringer, wenn sie der Einströmungs-Oeffnung näher ist, als wenn sie weiter von ihr absteht, bis bei zunehmender Entfernung jene Differenz des Drucks ver- schwindet.

42. Auf eine ähnliche Weise ist leicht zu erklären weshalb, wenn zwei Platten unter Wasser in geringer Ent- fernung parallel einander gegenfiberstehen, und ein Was- serstrahl durch die Mitte der einen mit einiger Gewalt eintritt, sie sich, wie Hachette gezeigt hat, zu einander bewegen, und ebenso auch weshalb solche in der Luft befindliche Platten sich zu einander bewegen, wenn durch die Mitte der einen die Luft mit einiger Geschwindigkeit gegen die andere strömt.

43. Aus dem seitlichen Zuströmen, welches stattfindet, wenn eine Flüssigkeit in die gleichartige Substanz einströmt, (§.31 bis §.34.) ergiebt sich als eine nothwendige Folge, dafs wenn diefs Einströmen mit hinreichender Geschwindigkeit geschieht, eigen thümliche wirbelnde Bewegungen entstehen müssen, wie diefs auch der in §. 30 beschriebene und auf Fig. 11. Taf. L abgebildete Versuch deutlich zeigte. Wenn die Oeffnung nicht zu klein, und namentlich in verticaler Richtung ziemlich ausgedehnt ist, so können bei hinrei- chender^ Geschwindigkeit des Wassers trichterförmige Ver- tiefungen entstehen, weil das Wasser im Innern einer sol- chen wirbelnden Bewegung dem am Rande derselben sich bewegenden fortwährend zuströmt, wodurch der Druck in der Mitte vermindert wird.

44. Ein ganz ähnlicher Vorgang findet auch bei luft- förmigen Körpern statt. Es wird genügen an die eigen-

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thilmlichen Bewegungen des aufsteigenden Raudies.za er« Innern. Aber auch die spiralförmige Fortpflanzung , die man bei heftigen Winden und Stürmen beobachtet hat, beruhen, wenn ich nicht irre, auf einem solchen Zuströmen der Luft nach der in Bewegung befindlichen. Selbst das merkwürdige Phänomen der sogenannten Wasserhosen läfst sich leicht hierdurch erklären, denn wenn ein Wind mit hinreichender Geschwindigkeit sich wirbeiförmig in einiger Höhe über dem Wasser bewegt, so wird die Luft im In- nern dieser Wirbel zu der am Rande sich bewegenden hinströmen, es wird dadurch der Luftdruck im Innern die- ser Wirbel vermindert und in Folge dessen hebt sich das Wasser und nimmt an jener wirbelnden Bewegung mit An- theil. Aehnliche Erscheinungen, die auf dem seitlichen Zu- strömen einer Flüssigkeit beruhen, liefsen sich noch manche anführen, doch mögen diese genfigen.

Zusatz über das Wassertrommel-GeblSse.

Zum Schlufs kann ich nicht unterlassen noch eine Vor- richtung anzuführen, die auf den vorher §. 15 bis §. 22 er- wähnten Erscheinungen des Eindringens von Luft in eine Flüssigkeit beruht. Es ist diefs das sogenannte Wasser- trommel-Gebläse, das nach Grignon^) etwa ums Jahr 1640 in Italien erfunden seyn soll. Ein solches ist in Fig. 13. Taf. I. nach der Beschreibung abgebildet, welche Richard in seinen „Etudes sur Part d'extraire immidia' tement le fer de ses minirais p. 169^^ giebt.

B ist ein Behälter der durch den Kanal Z stets voll Wasser gehalten wird.

A und A sind zwei Röhren oder ausgehöhlte Bäume etwa 13 Fufs hoch, von denen hier die eine im Durch- schnitt dargestellt ist.

C. C ist ein luftdicht schliefsender Kasten von Holz oder auch ein Fafs.

Die

1) Memoires de Physique p. 196.

33

I

Die Röhr^i ÄÄ werden nach oben etwas weiter. An dieser Stelle sind 2 gegen einander geneigte Bretter pp in eine jede eingesetzt, welche eine trichterförmige Veren« gong bilden und durch die Hölzer tt von einander entfernt gehalten werden.

Unter dem unteren Rande dieser Bretter sind in den Röhren mehrere Oeffnungen ee angebracht, durch welche Luft eindringen kann. Aehnliche Oeffnungen befinden sich, nach Richard's Angabe, auch etwa in der halben Höbe dieser Röhren bei e'e\ doch fliefst durch diese, wie er an- führt, zuweilen Wasser aus, weshalb es wohl zweckmäfsiger seyn würde sie fortzulassen.

Werden die konischen Verschlusse k der trichterförmi- gen Oeffnungen pp in die Höhe gezogen, so fällt das Was- ser durch die Röhren hinab, und es wird zugleich Luft durch die Oeffnungen ee eingesaugt'). Indem diese von dem Wasser in den Kasten CC hinabgeführt wird, ver- mehrt sich die Luft in demselben, und strömt durch das Rohr H und die Oeffnung bei b aus.

In dem unteren Theile des Kastens CC ist bei q eine Oeffnung angebracht, durch welche das herabfallende Was- ser abflieCsen kann. Die Gröfse derselben ist so abgegli- chen, dafs die Oberfläche des Wassers in dem Kasten CC niemals bis zu dieser Oeffnung sinkt. Um dieCs zu errei- chen ist gewöhnlich vor derselben noch ein Kasten ange« bracht, in dem das Wasser erst in die Höhe steigen mufs, um über seinen oberen Rand fortzufliefsen.

Soviel auch über diese Art der Gebläse^), die in ei-

1) Statt die Luft durch die Oeflnangcn ee einsaugen su lassen hat man anch die Einrichtung, dafs sUtt der Bretter pp in jede Rohre zwei li5lKerD6 Trichter eingesetzt werden, die so hoch sind, dafs sie über die Oberflache des Wassers hervorragen. Das Wasser flieCit dann durch den Zwischenranm zwischen diesen Trichtern in die Röhre A hinab, dadurch sinkt das Wasser in den Trichtern selbst und es tritt durch dieselben Luft in die Röhre hinein.

2) Dieselben werden hauptsächlich bei der unmittelbaren Gewinnung des Schmiedeeisens aus den Erzen {Forces catalanes) benutzt, und nach

PoggendoHTs Annal. Bd. LXXX 3

34

nigen Departements des sfldlichen Frankreichs sehr viel in Anwendung sind, geschrieben worden, und so ausführUdi und genau die Beschreibung ist, welche Richard in dem oben erwähnten, i. J. 1838 zu Paris erschienenen, "Werke davon giebt, so ist doch der eigentliche physikalische Grund, auf welchem das Hinabdringen der Luft beruht, noch ganz unbekannt.

Richard ist auf denselben gar nicht eingegangen* Von filteren Schriftstellern behauptete im vorigen Jahrhunderte Justi ^), dafs das Wasser sich bei heftiger Bewegung in Luft verwandle, und Venturi^) erklärte im Jahre 1800 die Wirkung dieser Gebläse durch die seitliche Mittheilung der Bewegung des -Wassers. Eine solche würde voraus- setzen , dafs eine so starke anziehende Kraft zwischen Luft und Wasser vorhanden -sej, dafs die Luftblasen bis tief unter die Oberfläche hinabgeführt werden, was, wie idi schon früher in §. 16. erwähnt habe, nicht gut denkbar ist Aufserdem habe ich dort einen Versuch angeführt, der, wie ich glaube, diese Ansicht vollständig widerlegt.

Um indefs den Vorgang bei dem Wassertrommel -Ge- bläse näher kennen zu lernen, habe ich dasselbe im Klei- nen aus Glas nachgebildet, in der Art wie es in Fig. 14. Taf. I. dargestellt ist.

JV bezeichnet den Wasserbehälter, an welchem die 6 Zoll lange Röhre ab mittelst eines Korks befestigt ist Das un- tere Ende derselben ragt in das obere Ende der Röhre cd. Diese ist 6,5 Fufs lang und hat einen Innern Durchmesser von 1 Zoll. Bei d geht sie durch den Kork , welcher die Flasche AB verschliefst und endet bei g, etwa zwei Zoll über dem Boden der Flasche. Durch den Kork d geben noch zwei Röhren, nämlich de, die mittelst des Hahnes e verschlossen werden kann, und hik, die als Manometer dient und von i bis k mit Quecksilber gefüllt ist.

Richa.rd's Angabe bedienten sich im Departement de l'Ari^ge im Jähre 1838 alle Schmieden, bis auf eine oder swei, nur dieses GreblSses.

1 ) Schauplatz der Künste und Handwerke Bd. IL S. 97. Anmerk.

2) Gilberts Annalen UI, 129.

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Wenn die R(riire ab an ihrem unteren Ende bei b eine Oeffuung von 0,4 Zoll im Durehmesser hatte und das Was- ser durch dieselbe hinab flofs, so wurde eine nicht unbe« deutende Menge von Luft in die Flasche AB mit hinab gerissen. Es verinehrte sich der Druck , und indem das Manometer bei k stieg, hob sich zugleich das Wasser in der Röhre cdg. Durch Oeffnen des Hahnes e wurde das Ausströmen der Luft, und durch den Hahn D das Abflie- fiseo des Wassers aus der Flasche so geregelt, dafs der SCand'des Wassers in cdg auf einer constanten Höhe blieb. Lag diese etwa 3 Fufs über der Oberfläche AB des Was- sers in der Flasche , und hatte die Oeffnung b wie schon erwähnt 0,4 Zoll im Durdunesser, so sah man eine Menge kleiner Luftblasen, die sich in der ganzen Breite des Rohrs gleichförmig mit d^n Wasser hinab bewegten. War der Durchmesser bei b gröfser^ so fand die Bewegung schneller 9tatt, und man konnte die Blasen nidit mehr gehörig ver« folgen. War die Oeffnung b hingegen enger, hatte sie z. nur 0,3 Zoll im Durchmesser, so entstanden bei. f zwar Blasen von Luft, allein dieselben gelangten nicht bis an den unteren Theil der Röhre, sondern nachdem sie bis zu einiger Tiefe hinabgekommen waren, stiegen sie in Folge ihres geringeren spedfischen Gewichts wieder in die Höhe. Nur einzelne ganz kleine Blasen wurden bis zur Tiefe von etwa 24 Zoll hinabgeführt.

Offenbar bilden die Luftblasen sich da, wo der herab« fallende Strahl die Oberflädie f des Wassers in der Röhre trifft, und hier werden sie von dem Wasser ganz umschlos« sau, und von diesem mit fortbewegt. Ist nun die Kraft mit welcher diese Bewegung stattfindet so grofs, dafs die Blasen schneller hinab bewegt werden, als sie in Folge ihres specifischen Gewichts steigen würden, so werden sie in die Flasche AB gelangen. Diefs wird aber nur eintre- ten, wenn erstens die Fallhöhe des Wassers bis zur Ober- fläche Y hinreichend ist, damit dasselbe tief genug unter diese hinabdringt, und wenn zweitens die Oeffnung b eini- nigermafsen beträchtlich ist im Yerhältnifs zu dem Durch-

3*

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messer der Röhre cdg, denn nur akdatui wird die ganze Wassermasse in dieser Röhre sich mit hinreichender Ge« schwindigkeit abwSrts bewegen. Ist hingegen die Oeffnung 6 nur klein im Verhältnifs zu dem Durchschnitt vx)n cdg, so ist die Bewegung des Wassers in dieser Röhre auch nur gering, und die Luft wird sich in Folge hiervon schnei« 1er auf als abwärts bewegen.

Ist die Oeffnung b nicht viel kleiner als der Durdi- schnitt der Röhre cdg, so verschliefst das herabfallende Wasser diese Röhre, selbst wenn dieselbe, statt bis g her- abzugehen, schon unmittelbar unter dem Korke d endet Es nimmt auch dann das Wasser, wie in dem ebenerwähn- ten Versuche, eine dem Drucke der Luft in der Flasche entsprechende Höhe in der Röhre an, und überhaupt fin* det die Erscheinung ganz auf dieselbe Weise statt, wie wenn die Röhre cd bis unter die Oberfläche AB des Wassert in der Flasche hinabgeht. Es ist deshalb auch bei dem Wassertrommel -Gebläse nicht nöthig, daCs die Röhren AA Fig. 13. Taf. I. bis unter die Oberfläche des Wassers in der Trommel CC hinabgehen. v

Diese Versuche zeigen, dafe hier derselbe Vorgang stalt- findet, den man so häufig Gelegenheit hat zu beobachten, wenn man eine Flüssigkeit in ein Glas eingieCst, wobei gleichfalls Luftblasen mit hinabgeführt werden. Ich glaube diesen Vorgang früher §. 18 bis §.20. hinreichend auseinander gesetzt zu haben, und führe die Versuche in Betreff des Wassertrommel- Gebläses hier nur an, tun zu zeigen, da(s die Art wie die Luft bei demselben fortgeführt wird, sldi vollkommen jenen früher beschriebenen Vorgängen an-> schliefst.

37

II. Ueber die Härte der Mineralien und ein neues

Verfahren dieselbe zu messen i i^on Rudolph Franz.

JLIa mir das Verfahren , das wir nach Hafij's Vorgänge bis jetzt zur Bestimmang der Httrte der Mineralien ange- wandt haben y von jeher als ein höchst ungenaues und be- sonders zur Vergleichung der Härte desselben Krystalles nach verschiedenen Richtungen völlig unbrauchbar erschie- nen ist, so richtete ich schon längt alle Aufmerksamkeit auf die Auffindung eines andern Verfahrens; und nicht um- sonst. Ehe ich jedoch darauf eingehe, dasselbe darzulegen, mufs ich zuvor noch mit einigen Worten mich darüber er- klären, welchen Sinn' ich mit dem Ausdruck „Härte eines Minerals *' verbinde. Mir scheint nämlich die Härte eines Minerals diejenige Kraft desselben zu sejn; welche seine Theilchen zusammenhaltend, dem Körper, der diese zusam- menhangenden Theilchen trennen will, Widerstand leistet. Sie ist also diejenige Kraft des Minerals, welche das Ein- dringen eines Körpers in das Mineral verhindert, und zu- gleidi der Fortbewegung einer in die Oberfläche einge- drückten Spitze sich entgegenstellt. Das MaaCs dieser Wi- derstandskraft ist nun aber offenbar der Druck, welcher angewandt werden mufs, um den Körper zum Eindringen in das Mineral zu bringen. Schon Frankenheim hat in seiner Abhandlung über die Härte der Krjstalle ' ) diese in demselben Krystall nach verschiedenen Richtungen ver- schiedene Widerstandskraft zu vergleichen versucht. Ich bin von dem Verfahren, das Frankenheim in Anwen- dung gebracht hat, der, wie er sagt, die Kraft die erfor- derlich war, um den Stein zu ritzen, allein mit der Hand gemessen hat, abgewichen, und es ist nun der Zweck die- ser Zeilen, mein Verfahren als ein geeignetes auseinander zu setzen.

1) S&eitsdirift liir Physik uod Mathematik Bd. 9. Wien 1831.

38

Zuerst beschreibe ich das Instrumenti das ich mir, nach meiner Angabe durch den Berliner Mecfaanikus Rfi he habe verfertigen lassen. Taf. II.< Fig. 1. Es besteht aus drd Haupttheilen:

1. Aus einer Tafel, auf welche die Mineralien gelegt werden. Das Mineral wird nämlich auf einen hölzemeii Würfel, der tbittelst. Schrauben auf der Tafel « festgehal- ten wird mit Wachs aufgeklebt, oder mittelst Gyps in eine eiserne Form, die nun an die Stelle des Würfels tritt, ein- gelassen, so dafs die zu untersuchende Oberfläche horizontal liegt, welche Lage hervorzubringen ich mich bei grolsen Flächen einer Libelle bediente; die kleineren stellte idi nach dem Augenmaafse ein.

2. Aus einem einen Fufs langen eisernen Balken ab, der mittelst zweier Schrauben k in der Schwebe gehalten wird. An dem Ende desselben, welches über der Tafel (1.) schwebt, ist ein Täfelchen b zum Auflegen von Gewichten befestigt; an dem andern Ende ist ein verrflckbares Ge- wicht a angebracht, durch welches vor dem Versach das Gleichgewicht des Balkens hergestellt wird. Zwei Schrau- ben m und n sind an dem Unterstützangsgestell, auf wel- diem der Balken hängt, so angebracht, daCs durch sie der Balken hoch oder niedrig geschraubt und dann in dieser Lage festgehalten werden kann, je nachdem es die Hohe des zu untersuchenden Minerals verlangt. EUne excen- irische Scheibe, durch g drehbar, dient dazu, bei Brachwe- rung des Täfeichens mit Gewichten, den Balkep festzuhal- ten. Wird die Scheibe gedreht, so berührt die unterhalb des Täfeichens angebrachte Spitze h das Mineral.

' 3. Der dritte Bestandtheil des Instruments sind nämlich zwei Spitzen, welche in den unter dem Gewichtstäfelchen b befestigten Cylinder eingelassen werden, die eine ein istäb- lewier Kegel von 54° Oeffnung, 13«'- schwer, die andere ein in Blei gefafster Diamantkrjstall, der mit der Hülse ein Gewicht hat von 2,5^\

Das Verfahren ist nun folgendes: Zuerst wird eine Glasscheibe auf die Oberfläche des Minerals gelegt und der Balken so weit hinuntergelassen,

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bis die Spitze das Glas berührt; dann wird das Glas wie- der hinweggenommeDy die excentrische Scheibe gedreht, uud nun drücken die aaf das Täfelchen gelegten Gewichte die Spitze h in das Mineral ein. Die dazwischen gelegte Glas- scheibe bewirkte, dafs die Spitze immer ganz senkrecht die Oberfläche des Minerals berührt. Darauf mufs nun das Mineral selbst langsam fortbewegt werden, was mittekt einer weiteren Schraube fc geschieht, wekhe die Platte s, auf der der hölzerne Unterlagswürfel ruht, fortbewegen kann. Endlich wird das Gewicht festgestellt, welches auf das Gewichtstäfelchen gelegt werden muCs, damit ein Strich von der Spitze auf der Oberfläche des Minerals bemerk* dar werde. Da nun bei mehreren Mineralien, der Unter- schied der Gewichte, die uöthig waren um mit dem Dia- mant zu ritzen, ein sehr geringer war, bediente ich mich zur Bestimmung der Härte dieser weichereu Mineralien der Stählspitze. Die Platte s, auf welcher der hölzerne Würfel steht, kann gedreht werden und ist mit einer Kreistheilung ▼ersdien. Ifnn ist aber selbst die Stahlspitze unzureichend, mit ihr einen sehr kleinen Unterschied im Widerstände nach verschiedenen Richtungen derselben Fläche zu messen; und so bin ich genöthigt gewesen noch ein zweites von dem^ Mechanikus Etter in Bonn verfertigtes Instrument anzuwenden, Taf. II. Fig. 2., das folgendermafsen zusam- mengesetzt ist:

An den Seiten der unter 1. beschriebenen Platte sind auf dem Gestell, welches das ganze Instrument trägt, zwei stählerne Schienen angebracht, auf denen sich zwei Rädchen e mit grofser Leichtigkeit bewegen können. Auf den Axen dieser Rädchen senkrecht stehen zwei Metall- stäbe, die oben durch einen Querbalken verbunden sind, von dessen Mitte wieder ein horizontaler Arm ^& ausgebt, der an seinem Endpunkte die Spitze hält. Dieser Arm kann, je nachdem die GröEse des Minerals es fordert, geho- ben und gesenkt werden. Ein an dem Cjlinder der Spitze & befestigter Faden ist über ein Rad tj gezogen und trägt eine Waagschale x. Die Spitze selbst kann beliebig be- schwert werden. Diefs Instrument, wird nun so mit dem

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vorigen Gestell ▼erbunden, dals das Rad ^ über wddiCB der die Waagsdiale tragende Faden geht, anf dem Gcstdl, das den onter 2. bescbridkenen' Balken trSgt, nadf dessen EulfemuDg befestigt wird: dabei bleibt die in Grade ge- fbeilte Unterlage s in Anwendung.

Das Gefricbt, weldies anf die Waagsdiale k gelegt wer- den mnCs, damit die Spitze fortbewegt werde, ist das Maab des Widerstandies der KOpertheilchen. Dieser Widerstand ist ohne Zweifel um so grOfisery je tiefer die Spitze in das Mineral eindringt. Vergleichen wir daher die Wirkung dieses und des vorigen Instruments, so entspricht dem anf der Waagschale x zur Fortbewegung der Spitze nothwen- digen gröCseren Gewidit das kleinere auf die Gewichtsta- fel b des vorigen aufzulegende.

An Stelle der Gewidite schottete ich Sand auf die Waag- schale, den ich dann später abwog.

Nachdem ich so die Instrumente, deren ich mich bei meinen Versuchen bediente, zu beschreiben versucht habe, kann ich nun zu diesen selbst fibergehen. Zuerst suche ich durch dieselben die Härte }e ein und desselben Mine- rals nach verschiedenen Richtungen festzustellen, dann aber zweitens will ich versuchen die Härte derjenigen Mineralien aus denen Mohs seine Härtescala zusammen gesetzt hat, zu vergleichen, mich jedoch beide Male auf die von ihm genannten Steine beschränkend mit Hinzufügung nur weni- ger Andern.

I. Von den Gesetzen^ welche die Härteanterscliiede is

denselben Mineralien befolgen.

1. Tallr. Am Talk habe ich keine Härteunterschiede nach ver- schiedenen Richtungen gefunden, obgleich er zum rhom- bischen System gehört. Die Ursache davon suche ich da- rin, dafs ich trotz aller angewandten Mühe kein Exempbr auftreiben konnte, welches eine regelmäfsige Spaltungsfläche dargeboten hätte. Zur Fortbewegung der völUg unbeschwer- ten Spitze waren 49,10«'' erforderlich, wobei also der Cj-

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linder (in dem die Spitze befestigt war) nebst der Tafel mit einem Gewicht von 48^* und die Stahlspitze selbst mit einelb Gewicht von 13^* drückten.

2. Gyps.

Auch am Gjps war bei Anwendung der ersten Ver- fahrungsart kein Unterschied nach den verschiedenen Rich- tungen zu bemerken; deshalb ging ich zur zweiten über. Ich klebte also den Gjps an den Würfel mit Waclfs an, so dafs die Stahlspitze in der Ebene der vollkommensten Spaltbarkeit der kürzereu Diagonale folgte, und so bei 0^ (s. die folgende Tabelle) den stumpfen Winkel des Rhom- bus theilte. Die bei den verschiedenen Richtungen zur Fortbewegung der Spitze pöthigen Gewichte sind folgende:

bei O^» sind nöthig 21,71«^- ' )

- -

-

20,90 -

- 10» -

-

18,46 -

- 15« -

-

18,00-

- 20» -

-

17,75 -

- 25» -

-

20,57 -

- 30» -

-

22,84 -

- 35» -

-

23,55 -

- 40» -

-

24,27 -

- 45» -

-

24,80-

- 50» -

-

24,30 -

- 55» -

-

25,65 -

- 60» -

-

26,42 -

Icr Gewichte sind die arithmetischen M

ie Gewichte der einzelnen acht Ezperimei

O'»

10*»

15»

17,5 18,3

22,0

20,0

16,5 18,2

21,7

23,7

16,6 17,1

18,3

20,3

18,7 18,4

20,4

19,8

19,6 21,0

24,6

25,7

17,7 17,7

20,0

23,0

20,8 20,5

21,7

22,5

16,7 16,5

18,5

19,8.

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bd es«» sind nöthig 26,85^

- 70« - - 28,22-

- 75« - - 28,92.

- 80° - - 30,12-

- 85« - - 30,00-

- 90» - 30,80-

- 95« - 34,05-

- 100« - - 35,00 -

- 105« - 37,10 -

- 110» - 40,35- -115« - - 36,85-

o. 8. w. abnehmend.

Daraus ergiebl sidi, dafs die grOfste Härte des Gjps in der Linie ist, welche Ton der kfineren Diagonale ud- gefilhr um 20« abweicht und sich der zweiten Spaltnngs- rtchluug nShert. Die Richtung in welcher sich die geringsfe Hirle zeigt stdht senkrecht aof der der gröbten, ungefähr 140 gegen die dritte Spaltangsrichtong geneigt.

Der untersuchte Gjrps war Tom Mont Martre bei Paris. Bei einem andern Gjps aus der Gegend von Gotha war d«>$ VerhSitnifs der Gewichte in den ▼erschiedenen Rich- tungen dasselbe, obgleich wegen der geringeren Härte die- ses Minerals gröfsere Gewichte angewandt werden mufsten.

Bei dem gothaischen Gjps läfst sich in der Ebene der vollkommensten Spaltbarkeit (bei Anwendung des ersten Verfahrens) schon unter dem Druck eines Gewichts von |),7'^% an dem vom Mont Martre aber in derselben Ebene erst bei einem Gewicht von 1,5«'' ein Ritz entdecken. In der zweiten Spaltungsebene des weicheren Gypses, die ich halte anschleifen lassen, nahm ich die erste Wirkung der Stahlspitze bei einem Gewichte von Ijö«'* mit dem Auge wahr. Der härtere Gyps liefs sich nicht so schleifen, dafs er eine andere als die Fläche der besten Spaltbarkeit dar- geboten hätte, weil er unter dem Schleifen immer in kleine Stücke zerbröckelte.

Da die Stahlspitze durch härtere Mineralien leicht an- gegriffen wurde, so schärfte ich sie täglich, ehe idi Ver-

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suche anstellte, an einem Schleifstein, bis sie den gothai- schen Gjps bei einem Grewichte von 0,7^* ritzte, und so glaube ich annehmen zu dürfen bei allen Versuchen stets eine gleiche Schftrfe der Spitze gehabt zu haben.

3. Kalkspatb.

Ich stellte die Versuche' mit Kalkspath auf den Bhom- boederflächen an, die ich leicht durch Spaltung erneuen konnte, sobald sie durch Versuche rauh geworden waren. In diesen Flächen war der Unterschied des Widerstandes so groCs, dafe sich das zweite Instrument zur Beobachtung untauglich zeigte. Denn ehe ich die Spitze in der Rich- tung des grOfsten Widerstandes fortbewegen konnte, schlug der ganze Apparat um, so dafs ich zu dem ersteren Ver- fahren zurückkehrte. Mittelst dieses fand ich nun die gröfste Härte in der kürzeren Diagonale, wenn ich die Stahlspitze von der stumpfen Ecke des Rhomboeders nach der spitzen bewegte (0^ ) die geringste in derselben Linie aber in ent- gegengesetzter Richtung. In der gröfseren Diagonale geben beide Bewegungen dasselbe Resultat.

Die zum Ritzen nöthigen Gewichte sind folgende: Bei sind erforderlich: 12,87»'- *)

- 15 - - 12,25.. . 30 - - 11,12-

- 45 - - 9,87-

- 60 - - 9,17-

- 75 - - 8,87-

- 90 - - 7,50- -105 . - 6,75- -120 - - 6,80- -135 - - 6,10- -150 - - 5,20- . 165 - - 3,90 -

180 - - 3,50 -

1) Das Maximum und Bliniroum der gefandeben Gewichte war:

bei 0<> Max. 14,5 Min. 9

- 15 - 14 - 9

- 30 - 13 - 8,5

- 45 - 11,5 - 7,5 u. s. w.

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Der Kalkfipatb, dessen ich mich zu diesen Versachen bediente, war aus Island. An anderen KaÜLsputhen Cand idi die geringste und gröfste Härte in denselben Richtungen, Mreil sie aber härter waren, waren auch gröfsere Gewichte sie zu ritzen erforderlich. Z. B. beim Kalkspath aus der Gegend von Brilon in Westphalen ist das Verhältnifs der Gewichte folgendes: die gröfste Härte wird überwunden durch 13,5^- (0®) die geringste - . - - . 5,5 - (180'')

in der gröfseren Diagonale sind erforderlich 8,0 - (90^)

Kalkspath aus Island von besonderer Härte gab fol- gende Gewichtszahlen:

bei 0^ mulsten aufgelegt werden 15,2^- . 90** . - - 10,5-

.180^ . - - 7,0-

Diese durchaus sichren Elrgebnisse stimmen jedoch nicht mit dem was Frankenheim in seiner Abhandlung an- führt, welcher die grOfste Härte in den der grOCseren Dia- gonale parallelen Linien gefunden haben will, die geringste in derselben wie ich ' ). DaCs Frankenheim aber darin im Irrthum ist, läfet sich am besten durch folgenden von mir ungestellten Versuch zeigen:

Ich befestigte den Kalkspath auf den Wfirfel, und drehte nun die Platte mit dem Krjstall so, dafs die Spitze auf dein Krystall einen Kreis beschrieb. Nachdem ich nun ein gehöriges Gewicht aufgelegt, fand ich die tieCste Furche in der Kreisperipherie in der Richtung der kürzeren Diago- nale nach der stumpfen Ecke zu, gar keine auf der ge- genüberliegenden Seite der Peripherie, eine ganz schwache Furche aber in den beiden der längeren Diagonale paral- lelen Richtungen. Drehte ich den Krystali in entgegen- gesetzter Hichtung, so war auch das Resultat das entge- gengesetzte.

Da dieser Versuch so deutlich und handgreiflich die grofse Verschiedenheit der Härte nach verschiedenen Rich- tungen darthut, so ist es zu bedauern, dafs die Flächen

1) Seite 337 des oben aogefuhrteo Buches. '

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an den Krjstallen, welche grofse HSrteoDterscbiede zeigen, za klein sind, ab dafs sich derselbe ao ihnen anstellen lieCse.

4. Fluftspalh.

Die geringsten Harteunterschiede scheinen in den Octa- ederflächen des Flufsspalhs zu sejn. In den Würfclflä- chen aber fand ich (nach dem zweiten Verfahren) den gröfs- fen Widerstand in den Diagonalen, den geringsten aber in den den Wfirfelkanten parallelen Richtungen. Um jedoch den Unterschied zu vergrOfsern, stellte ich die Versuche an 9 nachdem ich die Spitze mit 150^'- beschwert hatte; dann waren die Zahlen der zur Fortbewegung der Spitze nOthigen Gewichte folgende: bei (welches die Richtung der Diagonale ist) 33fi^' - 45« 24,3«'

So ergiebt sich die geringste Härte in der Richtung der Diagonalen y die grOfste aber in den den WOrfelkanten pa- rallelen Linien.

Die angewandten Krjstalle waren aus der Grafschaft Devonshire.

5. Apaiitspath (Moroxit).

Ich habe bis jetzt noch keinen Apatit erlangen können, der sich in der Tollkommensten Spaltungsebene (senkrecht zur Axe des Krystalls) hätte schleifen lassen. Die Flä- chen der sechsseitigen Säule selbst waren sehr glatt, die durch die Spaltungsrichtung hervorgebrachten Risse hinder- ten aber, dafs die Zahlen der zur Fortbewegung der Spitze auf dieser Fläche nöthigen Gewichte ganz sicher waren. Doch zeigte sich der Krystall (auf der Seitenfläche der Säole) weicher in der Richtung der Axe des Krjstalls, welche senkrecht auf der Ebene der besten Spaltungsrich- tung steht, härter dagegen in der Richtung der Spaltung selbst.

6. Feldspatk. Die Feldspathkrjstalle, deren ich mich bediente, waren so rauh and zerbrechlich, dafs ich sie weder so anwenden

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konnte, trie ich äe fand, noch dnch Srfcliiftn geeignet ■ncken, die Barte an ihnen in TcncUedcncn Ebenen and nadi Tmcbiedoien Ricfatongen hin zn Mssen. Deshalb nofite ich mich dichter Steine bedienen, an denen sich na- tiirlidi keine Unterschiede dieser Art finden lassen konnten.

!•

Ton diesem 3Iineral an mnls die Stahlspitie mit dem Diamant rerf anseht werden, mit dem aber die Versuche ▼iel schwerer anznstellen sind. Es ist namentlich nölhig, daCs die Spitze des Diamants vollkommen senkrecht auf die Kry* stallfläcbe drücke, somit die Fläche selber vollkommen ho- rizontal liege, da die geringste Abweichong einen bedeu- tenden Gewichtsunterschied bedingt Deshalb richtete ich die Krjstallfläche des Quarzes und der härteren Mineralien dadorch horizontal, dafs ich auf dieselbe eine grölsere Glas- tafel legte, und auf diese ^eine Libelle stellte. Nach solcher sorgfältigen Einstellung nahm ich nun wahr, dafs der Krj- stall die geringste Härte in der Richtung der Axe hat, denn der gröfstc Widerstand wurde überwunden (bei Anwen- dung der zweiten Yerfahruogsweise) in der Richtung der Aie des Krystalls (die Spitze selbst war mit 200^* be- schwert):

bei durch ein Gewicht von 33,5 ^'

d. geringste - 90*> - - - - 17,45-.

In der Fläche des primären Rhomboeders fand ich kei- nen Unterschied in der Härte nach verschiedenen Rich- tungen.

Die Krystalle waren aus Schlesien und von verschiede- nen Bergen der Schweiz.

Ein anderes Ergebnifs ist noch nicht hinlänglidi ge- prüft, als dafs ich es jetzt schon für ganz zuverlässig aos- gcben könnte. Die Härte schien mir nämlich eine andere zu seyn in der Richtung der Säulenfläche, die zu einer oberen Rhomboedcrfläche gehörte, von oben nach unten, als von dem unteren Ende zur Rhomboedcrfläche bin, wel- cher Unterschied in der folgenden Säulenfläche der omge-

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kdirte SU seyn sdüen. Diesen Umstand will idi jedoch in einer, andern Abhandlong noch schärfer, ins Auge fassen and tiefer zn ergründen versuchen.

8. Topas.

Da ich nur kleine Topaskrystalle erhalten konnte, war es höchst schwierig die zu prüfende Fläche horizontal zu stellen; jedoch erhellt aus den Versuchen, dafs die Ebene der Sänlenfläche weicher ist in der Richtung der Axe der Säule, als in der auf ihr senkrechten Richtung und ferner daCs die Elbene, welche die beste Spalt ungsrichtuug dar- bietet und auf der Krystallaxe senkrecht steht, weicher ist als die Seitenfläche der Säule.

Die Zahlen d^r zum Ritzen eines brasilianischen Topases nöthigen Gewichte sind folgende:

In der Hauptspaltungsfläche 42,5^*

In der Seitenfläche der Säule (mittel) 45^-

9. Sapphir.

An den ausgezeichnetsten Sapphirkrystalleu konnte ich keine Härtennterschiede entdecken, weder in verschiedenen Flächen noch nach verschiedenen Richtungen, obwohl die Form der Krjstalle dem hexagonalen System angehört.

10. DlamaDt. Den Diamant konnte ich nicht ritzen.

Disthen (Cyanit).

Es sey mir gestattet noch einen Krystall hinzuzufügen, dessen Härteunterschiede auf verschiedenen Flächen schon Haüy aufgefunden hat'), und die sich sehr leicht bemer- ken lassen; jedoch sind auch nach verschiedenen Richtuo- gen derselben Fläche grofse Unterschiede leicht bemerkbar. Diese untersuchte ich zuerst in der Ebene der vollkom- mensten Spaltbarkeft, welche zugleich die gröfsere Seiten- fläche der von mir untersuchten Krystalle war. Ich fand

1) Haaj's Mineralogie. ParU und Leipzig 1806. Bd. 3, S. 276.

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aittdst des ersten Instmmentes folgeode üntendiiede^ wenn 0^ die der Axe der SSuIe parallele Richtung ist: Mit der Diamantspitze ritzte ich

bei dorch ein Gewicht von 6,87^' ' )

- 15<> - - - - 8,16 -

- 30« - - - . 9,33.

- 45« - - - . 10,02-

- 60° - - - . 11,17 -

- 75« - - - - 12,02-

- 90* . - - - 13,10-

Das Masumnm and Minimom des Widerstandes wnrde bei dem zweiten Instrument, wenn die Spitze mit 30^* be- schwert war, überwunden:

bei durch ein Gewidbt von 42,2«*- -90^ . - - - 20,3-

Die Unterschiede nadi entgegengesetzten Riditungen sind so $eriQ^. dals sie die GrSnzen der Beobachtungsfehler nicht überschreiten. Bei den kleineren Flächen meiner Säa- leu. die HaüT LateraUUdien nennt, sind die zum Ritzen nOthi^en Gewichte folgende:

bei 0' war ein Gewicht nOthig von 12,13s'-«)

- 15* - -

- 14,33-

- 30' - -

- 16,14-

- 45^ - -

- 19,35-

ÄV - -

- 22,20-

. TJ^ - -

- 24,17-

90'

- 26,30-

Die

\ ^ tV >Uvd<wtt «*i Mm

iBMttm fo GewiditsuUen m den elbca Rkh-

,I.I<|f M.U VJ4p.1Mfc»

w; «*

Uu. 7«Ssr* Mm. 6,0B'-

. M - 7,0

. w

- 10,0 - 9,0

- 10^ - 9,0

M

- I2fi - 10,0

- 14,0 -.10,5

.

- 15,0 - 12,0.

*^ '^~' *'w«t««lkMa «i«r ZMtn anf dieter Flicbe üt nicht grSiMr ab ki

kM wir 4«r Mid«rn FlSebe.

49

Die Disthenkrystalle y deren ich mich bediente waren vom St. Gotthard.

Aus allen diesen Versachen lassen sich nun folgende Gesetze ableiten:

Die Ursachen der gröfseren oder geringeren Härte in ein und derselben Krystallfläche sind die Spaltungsrichtun- gen. Die Richtung, welche auf der Spaltungsrichtung senk- recht steht in der Fläche^ welche die Spaltungsebenen durch- schneiden, ist die weichste; die härteste Richtung im Ery stall ist diejenige, welche den Spaltungsebenen parallel ist. Wenn der Krjstall von zwei Spaltuugsrichtungen in einer Fläche durchschnitten wird, so nähert sich auf dieser Fläche die gröfsere Härte der besseren Spaltungsrichtung. Je geringer die Leichtigkeit ist, mit welcher sich ein Krystall spalten läfsty desto mehr verschwinden im Allgemeinen diese Härte- nnterschiede. Am Flufsspath und am Quarz sind sie, ob- gleich sehr gering, noch wahrnehmbar; am Topas konnte ich gewisse Unterschiede in derselben Fläche nicht ent- decken. Es leuchtet nämlich ein, dafs bei Krjstallen von grofser Härte, bei denen die Gränzen der Beobachtungs- feliler zu weit auseinandergehen, diese kleinen Unterschiede, die ja natürlich geringer sind, als die an den ersten Krj- stallen der Reihe beobachteten Unterschiede, schwerer auf- zufinden sind.

Alle oben angeführten Krjstalle folgen diesem Gesetze. Beim Gyps nähert sich die gröfstc Härte der Richtung der besseren Spaltbarkeit. Der Apatitspath folgt deipsel- ben Gesetze. Beim Quarz sind die Spaltungsrichtungen parallel den Flächen der Kernform, und deshalb habe ich die grOfste Härte in den Seitenflächen der Säule in der Richtung der Spaltbarkeit gefunden. Beim Disthen endlich ist die Ebene der besten Spaltbarkeit parallel der grofsen Säulenfläche, die Lateralfläcbe bietet also ein weiteres Bei- spiel für unser Gesetz dar. Die beiden anderen Spaltungs- richtungen des Disthen schienen mir gleich unvollkommen; nimmt man aber an, dafs die Spaltungsrichtung parallel der

Poggendor£Ps AnnaL Bd. LXXX. 4

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Lateralfläche die anvollkommenste ist, so befolgt andk die gröfsere Seitenfläche das oben angeführte Gesetz.

Von verschiedenen Flächen desselben Krystalls ist die- jenige die härteste y ioelche eon der Ebene der vollkommen- sten Spaltbarkeit durchschnitten wird. Wenn, aber die mehr- fache Spaltbarkeit von ganz gleicher Vollkommenfaeit ist und die verschiedenen Richtungen derselben dieselbe Stellung ge- gen alle Krjstailflächen haben, so kann in den Terschiedenen Flächen kein Unterschied wahrgeuommen werden, sondern die Richtung der gröfsten und geringsten Härte folgt in jeder Ebene demselben Gesetz» wie es durch die verschie- dene Stellung der Spaltungsrichtungen bedingt ist.

Beim Gyps kann die Fläehe der besten Spaltbarkeit sehr leicht gefunden werden; in dieser fand ich den Gjps weicher als in einer andern Fläche, die einer weniger voll* kommenen Spaltungsrichtung entsprach. Der Disthen giebt ein Beispiel für dasselbe Gesetz, denn er spaltet sich am besten in der der weicheren Fläche parallelen Richtung, und ist also weicher in der von Hau j so genannten Lateralfläche. Eine andere minder vollkommene Spaltungsrichtung ist die- ser Lateralfläche parallel, woraus erhält, dafs die andere Säulenfläche, welche von dieser unvoUkommneren Spaltungs- richtuug geschnitten wird, die weichere seyn mufs. Weder beim Flufsspath noch beim Kalkspath fand ich Härteunter- schiede in den verschiedenen Krjstailflächen, weil sie in allen Richtungen ihrer Spaltbarkeit gleich leicht spalt- bar sind.

Noch ein Unterschied ist zu erwähnen, der am Kalk- spath sehr leicht aufzufinden ist: der Unterschied in der ent- gegengesetzten Richtung desselben Weges. Wenn nämlich die Richtung einer vorzuglichen Spaltbarkeit nicht senkrecht auf der Uutersuchuugsfläche steht, so ist stets der Winkel, welchen die Spaltungsrichtung mit der Untersuchungsfläcbe bildet, von grofser Bedeutung. Wenn wir den Krystall aus ihm selbst ähnlichen Theilchen uns zusammengesetzt denken, so setzen sich entweder die Schichtungen des Kry- stalls der Spitze entgegen, oder die Spitze überspringt sie,

51

wenn sich ihr der spitze Winkel der SdicbtaDgen darbie- tet Von dieser Erseheinong giebt derKalkspath das treff- lichste Beispiel; denn bei ihm setzt diese Schichtung der Theilchen der Spitze den gröfsten Widerstand in der Rich- tung der kürzeren Diagonale von der spitzen Ecke aus nach der stumpfen entgegen, den geringsten in der entge- gengesetzten Richtung. In der längeren Diagonale ist kein Untersdiied der Härte nach den entgegengesetzten Rich- tungen, weil dieselbe' gegen die eine Spaltungsrichtung un- ter einem spitzen, gegen die andere unter einem stumpfen Winkel geneigt ist, woraus folgt, dafs das Resultat in ent- gegengesetzter Richtung dasselbe sejn mufs; in der kürzeren Diagonale dagegen werden beide Spaltungsrichtungen das eine Mal unter einem spitzen, das andere Mal unter einem stumpfen Winkel geschnitten. In allen anderen Linien lei- stet der Krjstall den grOfseren Widerstand in der Richtung Ton der spitzen Kante aus zur stumpfen, in welcher Rich- tung er also weicher ist (denn die Spitze ritzt ihn schon bei einem geringeren aufgelegten Gewicht), den geringsten Widerstand leistet er in entgegengesetzter Richtung.

Bei anderen Krystallen des rhombischen, klinorhombi- schen und hexagonalen Systems, die ich untersucht habe, ist die Richtung der Spaltungsebenen zwar eine ähnliche, jedoch sind bei ihnen nicht so grofse Unterschiede wie beim Kalkspath bemerkbar, wegen der gröfseren Härte der Kry- stalle. Beim Quarz habe ich die Unterschiede angedeutet, beim Talk wegen der oben angeführten Gründe nicht ge- funden.

II. Directe Yergleichung der HSrte der Mineralien.

Ich gehe jetzt zu den Versuchen über, durch die ich auf den ersten Theil dieser Abhandlung geführt wurde. Die Aufgabe, die ich mir gestellt hatte, war: die Härte der Mineralien so zu messen, dafs Zahlen das Verhältnifs der Härten der einzelnen Mineralien zu einander erkennen las- sen. Die folgende Tabelle enthält diese Verhältnisse. Sie §iebt die mittleren Zahlenwerthe, das Maximum und Mini-

4*

52

iDum ist, da es im ersten Theile genögsam behandelt ist, hier weggelassen. Eis wurden so lange Gewichte auf die Gewichtstafel gelegt, bis durch eine Lnpe ein Ritz auf der FISche des Minerals sichtbar wurde. Wenn die natfirliche Fläche des Minerals nicht glatt genug war, so liefs ich sie anschleifen. So oft diefs geschehen, ist es in beigesetzten Klammern bemerkt. Aufserdem wandte ich noch die Vor- sicht an, dafs ich die Versuche immer bei heiterem Him- mel anstellte, damit nicht der Wechsel der Helligkeit einen Irrthum veranlasse.

Mil der Stalilspitze. ^von W'emigerode Gjps <aas der Gegend von Gotha J "'"^ ^ l^hS'-

(vom Mont Martre

Mit dem Diamant.

Svon Island - von Brilon Flufsspath aus Devonsliire

(gesdiliflen) Apatitspath (von New -York)

^ ,. , (aus Schlesien r eldspath

2«'.») lO.l«'-

226S''

9.0«'-

163«'- 260^*

S.5

8

« s.

2(N^-

Quarz

lopas

34S'*

43»».

aus Labrador

(geschliffen)

ans Schlesien d3^*

aus der Schweiz dbS'*

( geschliffen )

aus Brasilien 44^')

aus Sachsen 42S'*j

(geschliffen)

Saus Thilet \

aus China V 5||T.

von Ceylon J

( geschliffen ).

Die Stahlspifze selbst wurde bei einem Gewicht Ton 23«'- von dem Diamanten geritzt.

1) Ich habe ein gröfseres Gewicht hier angegeben, als ich in der nii*er- suchlen FUche gefunden habe, denn es ist kein Grund vorbanden za der Annahme, dafs in dem Gyps 7om Mont Martre die HfiHe ra der Ebene, die ich der Zerbrechlichkeit des Minerals wegen nicht crhaltca konnte, nicht grofser scy als in einer Fläche der besten. Snaltbarkeit, da ja alle andern Härteverhaltnisse för den Gjps aus Gotha und vom Mont Maitre dieselben sind.

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leb füge einige Beispiele anderer Mineralien hinzo, aus denen sich abnehmen läfst, wie genaa diese Verfahrnngs- art ist.

Nach Moll 5.

Alaun (Ungarn)

0,9^' (Stahlspitze) 2,0

Honigstein (Artern)

7,5«'- - 2,0 2,5

Dioptas (Kirgisensteppe)

1158'- - 5,0

Diopsid

205«'- - 5,0 - 6,0

Pistazit

24«'- (Diamant) 6,0—7,0

Zirkon (Ural)

38,5«'- - 7,5

Turmälin (Brasilien)

39,5«' - 7,0 7,5

Berjll (Nertschinsk)

43«'- - 7,5 8,0.

Erst nachdem ich mit meinen Versuchen fast zu Ende gelangt, fiel mir die Dissertation von Seebeck im Pro- gramm des berlinischen Realgymnasium vom Jahre 1833 in die Hand. Ich fand hierin mein erstes Verfahren ange- wandt; allein die Einrichtung des Seebeck'schen Instruments scheint mir nicht so zweckmäfsig als die des meiuigen, was sehr .deutlich daraus erhellt, dafs am Kalkspath Seebeck die geringste Härte nicht in derselben Richtung wie ich, beobachtet hat; die Richtigkeit meiner Beobachtung mir aber durch den oben beschriebenen Versuch mit dem Kreise auf das unwidersprcchlichste dargethan 7U sejn scheint.

Seebeck's Angaben sind folgende;

In der Richtung von 0^ erscheint der erste Strich bei 39«'*'^

- - - - 20« 34 -

. . . - 39° 26 .

. . - - 51« - . - - - 23 -

- - - - 70« 22 -

. . . - 90« 14 -

- . ^ - 110« 17 -

... ^ 129« . - . . - 17 -

. - . - 141« - . - . - 23 -

- - . - 160« 28 -

- - - - 180« - - - . - 31 . entspricht bei dieser Tabelle meinem früheren

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Aach mit Frankeuheim's Angaben streitra die See- beck'schen; denn Frankenheim will die gröCste Hftrte in der Richtung der gröfseren Diagonale gefunden haben, die geringste in derselben wie ich. In der Richtung aber in der ich die gröfste Härte gefunden habe, soll, nach Frankenheim, eine Härte sejn, die fast der nach den längeren Diagonalen gleich ist. Die gröbte Härte findet sich abo nach Seebeck in derselben Richtung, in der idi sie gefunden habe; in der Richtung, in welcher Franken- heim die gröfste Härte gefunden hat, hat Seebeck die geringste, ich die mittlere gefunden; wo endlich, wie ich gezeigt habe, die geringste Härte ist, hat Seebeck die mittlere gefunden, während Frankenheim mit mir Über- einstimmt.

Seebeck hat an keinen Krjstallen als nur am Kalk- spath und Gyps Versuche angestellt. Am Gjps fand er bei seinem Verfahren keine Unterschiede^ wie auch ich nicht

So viel glaube ich dargethan zu haben, dafs durch das von mir angestellte Verfahren die Härte der Mineralien ▼iel genauer, wenn auch mehr Mühe erforderlich ist, be- stimmt werden kann, als durch das Verfahren von Mohs, das wir bis jetzt zur Messung der Härte angewandt haben.

Die auf der Kupfertafel H. vorhandenen Zeichnungen Fig. 1 und 2. zeigen die angewandten Instrumente.

Fig. 3. macht die Kreise anschaulich, die durch das Drehen des Kalkspaths nach entgegengesetzter Richtung auf dem Krystall bemerklich werden.

Fig. 4. Wenn man die Härte den Gewichten, die zum Ritzen des Minerals nöthig sind, proportional setzt, so kann man das Verhältnifs der Härte durch eine Curve darstellen, deren Radii vectores den Gewichten entspre- chen. Diese Curve ist für den Kalkspath in Fig. IV, dar- gestellt: ab, wenn S die stumpfe, S die spitze Rhomboe- derecke ist. Construirt man auf dieselbe Weise nadi Seebeck 's Zahlen die Härtecurve des Kalkspath, so ist dieselbe ac, wobei der Pol p und der Radius vedar der

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grOCBten Härte pa dieselben gdilieben sind. Fraüken- heini's Resultate lassen die Constrnction einer Curve nicht za, da sie der Zahlenwerthe entbehren.

Fig. 5. ab stellt dieselbe Curve für Disthen dar auf der weicheren Säulenfläche bei Vernachlässigung der klei- nen beim Disthen oben erwähnten Unterschiede nach ent- gegengesetzten Richtungen. Vernachläfsigt man diese Un* terschiede nicht, so entsteht cd.

III. Ueber die Ausdehnung des Quecksilbers durch die FF arme; von Hermann Militzer, Dr. phiL

in München.

In den Erfahrungswissenschaften treten uns aufser den all- gemeinen Systemen und Hypothesen, unter deren Herr- schaft wir. eine ganze Reihe von Erscheinungen zusammen- drängen, auch noch eine gewisse Anzahl constanter Gröfsen entgegen, die in Beziehung auf jene eine doppelte Bestim- mung zu erfüllen haben. Einerseits nämlich dienen sie je- nen Theorien gewissermafsen als Basen, die man überall bei ihrem Auftreten als bekannte Gröfsen behandelt, und auf die gestützt, man sich einem vorgesteckten Ziele zu nähern sucht;. andererseits sind sie selbst als Bausteine zu betrachten, die in hinreichender Menge gesammelt und nach ihrem inneren Zusammenhange geordnet, die Erschaffung einer neuen Theorie möglich machen. In letzterer Bezie- hung gehören sie in der Regel nur einem einzelnen, mehr oder weniger speciellen. Zweige der Wissenschaft an, wäh- rend ihre erstere Eigenschaft in manchen Fällen sie uns in den heterogensten Doctrinen vor die Augen bringt.

Der Coefficient der Ausdehnung des Quecksilbers durch die Wärme nimmt als solcher für sich betrachtet durchaus

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keinen hervorragenden Rang ein unter den analogen Zah- len, die man sich von den verschiedenartigsten Kdrpem der Aufsenwelt zu verschaffen vrafste, theils um ihrer selbst willen, theils in der Hoffnung durch ihre Vermittelnng ei- nen etwaigen Aufschlufs über das Wesen der Wärme und ihr Verhältnifs zur Materie zu erhalten. Bei weitem mdi- tiger wird derselbe durch die ungemein häufigen Anwen- dungen, welche das Quecksilber in allen Zweigen' der mes*- senden Physik im weitesten Sinne des Wortes fin- det, und bei denen man diese Zahl immer als bekannt vorauszusetzen genölhigt ist. Man findet deshalb audi in den Jahrbüchern der Wissenschaft eine grofse Anzahl von Bemühungen, sich die Kenntnifs dieser Zahl zu verschaf-' fen, die auf verschiedenen Wegen versucht, auch verschie- dene Annäherungen an die Wahrheit zur Folge hatten, und deren Resultate deshalb unter sich auch nicht unbeträcht« liehe Abweichungen zeigen. Wir werden weiter unten Ge- legenheit haben, auf dieselben etwas näher einzugehen.

Die Annäherung an die Wahrheit geschieht in den Er- fahrungswissenschaften sprungweise. Eine Gröfse gilt so lange für richtig, ab die übrigen Elemente, mit denen üt zu concurriren hat oder ihre Anwendungen bei anderen Un* tersuchungen eine gröfsere Genauigkeit noch nicht fordern als die ist, welche man sich von der, zur Bestimmung die^ ser Gröfse, angewendeten Methode versprechen kann. Ist diese Gräuze einmal erreicht, und beabsichtigt man den- noch, die Genauigkeit einer Bestimmung noch weiter zu treiben, so bleibt nichts Anderes übrig, als vor Beginn der eigentlich beabsichtigten Untersuchung erst eine neue Be- stimmung aller vorkommenden Hülfsgröfsen vorzunehmen.

Vorliegende Untersuchung hat zunächst den Grund ih- res Entstehens in einer solchen mathematischen Nothwen- digkeit zu suchen.

Der jetzige k. k. Ministerialrath etc. Hr. Dr. v. Stein- heil beschäftigte sich seit längerer Zeit mit der Herstel- lung eines Normal- Gewichtes und -Maafses für das Kö- nigreich Baiern. Er liefs zu dem Ende in seiner mechaoi-

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sehen WcrkstSUe namentlich eine Waage anfertigen , deren aurserordentlich vollkommene Constmction ihm erlaubt, in allen ihren Anwendangen eine ganze Ordnung in der Ge- nauigkeit weiter zu gehen, als seither möglich war. Es drängte sich deshalb die Nothwendigkeit auf, auch alle Hülfsgröfsen, unter denen sich auch die Ausdehnung des Quecksilbers durch die Wärme namentlich innerhalb der bei den Wftgungen stattfindenden Temperaturen zwi- adien 0^ und 20® des hunderttheiligen Thermometer be- findet, mit gröfserer Sorgfalt zu bestimmen. Hr. etc. Dr. T. Steinheil veraulafste mich nun zur Durchführung die- ser speciellen Untersuchung, wozu er mir mit der zuvor* kommendsten Liberalität die Benutzung eines Apparats ge- stattete, den er eigends zu diesem Zwecke construirt hatte; es möge mir deshalb erlaubt sejn. Demselben hier meinen Dank öffentlich auszusprechen.

Wir wenden uns nun zum Gegenstande dieser Uuter- sudiong selbst.

§. 1. Die zur Bestimmung des Ausdehnungscoefficienten des Quecksilbers bisher angewandten Methoden zerfallen in zwei Categorien, je nachdem sie nämlich dem Beobachter die Kenntnifs der relativen oder absoluten Ausdehnung ver- schaffen. Die Bestimmungsarten der ersten Gattung beste- hen sämmtlich darin, dafs man entweder die Aenderung des Volumens einer constanten Menge Quecksilbers bei ei- ner Aenderung der Temperatur mifst, oder dafs man das Gewicht des Volumen Quecksilbers bestimmt, welches ein Gefäfs bei einer bestimmten Temperatur zu fassen vermag. Man sieht augenblicklich, dafs diese beiden Verfahruugs- arten die Kenntnifs der Ausdehnung des Körpers voraus- setzen, aus dem die angewandten Gefäfse bestehen, und dafs die erstere auch noch eine genaue Calibrirung des Ge- fkfses fordert. Alle, mir bekannten, auf diesem Wege er- halteneu Beobachtungen sind in thermometerähnlichen Ge- fäfisen von Gla's vorgenommen worden.' Einzelne Beobach-

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ter, wie z. B. Lalande und Delisle, beriidLsiditif^eii die gleichzeitige Ausdehoang des letzteren gar nicht; ihre Re- sultate sind also nor Bestimmungen des relativen Aosdeh- nungscoeffidenten. Andere nahmen allerdings die Aosdeb* nnng des Glases in Rechnung; Regnault zeigte aber neuw- dings durch directen Versuch, da(s dieselbe nicht nur von der Glassorte abhängig ist, sondern selbst mit der Gestalt des Glasgeftfses sich ändern, so dafe die auf diesem Wege gefundenen Zahlen zu sehr den Charakter des speddlen Yo^uches an sich tragen, ab daCs man ihnen unbedingt all- gemeine GQltigkeit beilegen könnte. Auberdem stehen sie den durch die unten folgenden Methoden gefundenen sdion aus dem Grunde nach, weil sie sich auf dne grOÜBere An- zahl von HOlfsgröben stützen. Indessen hsbea sorgfilltige Experimentatoren doch auf diesem Wege sdir branchbare Resultate abgeleitet, wie dieCs z. B. der Ton Hillström gefundene Ausddinungscoeffident beweist.

Die sonst zur Bestimmung der absoluten Ausdehnung tropfbarer Flüssigkeiten häufig angewendete Methode, dab mau einen bekannten Körper bei verschiedenen Tempera- turen in der Flussigkdt selbst abwägt und seinen jedes- maligen Gewichtsverlust bestimmt, setzt ebenfalls die Kennt- niCs des specifischen Gewichtes und des Ausdehnungscoef- fidenten des eingetauchten Körpers voraus. Es ist deshalb auch ihr in Hinsidit der gröfseren Einfadiheit und Selbst- ständigkdt der erhaltenen Resultate das nun folgende Ver- fahren vorzuziehen, welches sich auf die Wahrnehmung stfitzt, daCs die Höhe der Quecksilbersäule im Barometer blos Function des Luftdruckes und der Temperatur, dage- gen -^ abgesehen von der Reibung des Quecksilbers ge- gen die Geßlfswände und der etwaigen Aenderung des Ein- flusses der Adhäsion, Capillardepression u. s. w. bd einer Variation der Temperatur durchaus unabhängig von der Form des Gefäfses und ihren Aenderungen bei wechseln- den Temperaturen ist. Man benutzte diese Bemerkung so- gleich in der Art, dafs man die Barometerhöhe zuerst in schmelzendem Schnee und dann in siedendem Wasser be-

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Stimmte, und die Differenz der beiden Höhen als Wirkung der Wärme betrachtete. Zuerst dürfte dieses Verfahren von de Luc angewendet worden sejn. Man kann aber ge- gcfn das von ihm gefundene Resultat einwenden , dafs sich während der Dauer der Beobachtung der Luftdruck geän- dert haben kann, worauf er keine Rücksicht genommen zu haben scheint, und zweitens ist dasselbe noch von der In- dividualität des gebrauchten Barometers nicht befreit. Um der ersteren Entgegnung auszuweichen nahm Roy zwei Ba- rometer, deren Höhen er gleichzeitig mafs, während das eine in schmelzenden Schnee, das andere in siedendes Was- ser getaucht war; natürlich gewinnt aber der zweite der obigen Einwürfe gegen dieses Verfahren um so mehr an Kraft.

Dulong und Petit, für welche eine genaue Kennt- nib dieses Ausdehnnngscoefficienten bei ihrer grofsen Un- tersuchung über das Erkalten der Körper von besonderer Widitigkeit war, fühlten diese Mängel und erhielten auf einem ihnen eigenthümlichen Wege eine Bestimmung, welche sich allgemeinen Eingang verschafft hat und seither als die fundamentale betrachtet wurde. Ihr Verfahren stützt sich auf den hydrostatischen Satz, dafs, wenn zwei Flüssigkeits- säulen durch eine Röhre mit einander communjciren, die Höhen dieser Säulen im umgekehrten Verhältnisse ihrer Dichtigkeiten stehen. Ist man daher im Stande, beide Säu- lenlängen genau zu messen, während die eine von beiden in schmelzendem Schnee, die andere in einer andern be- kannten Temperatur sich befindet, so kann man leicht die gesuchte absolute Ausdehnung aus dieser Beobachtung ab- leiten*. Beide oben genannte Gelehrte construirten deshalb einen Apparat, der zuerst von Bojle vorgeschlagen wurde^ und dessen Hauptbestandtheil zwei verticale, mit Queck- silber gefüllte Glasröhren bildeten, die durch eine hori- zontale von viel engerem Durchmesser verbunden waren« Der eine der beiden verticalen Schenkel wurde beständig durch schmelzendes Eis auf einer sehr niederen Tempera-« tnr erhalten , während der andere in einem Oelbade stand^

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dem man durch einen mantelförmigen Ofen jeden beliebi- gen Wärmegrad bis zur Siedhitze des Oeles ertheiieu konnte. Die Röhren waren nur so weit mit Quecksilber gefollt, dafs ihr oberes Niveau zur Ablesung eben 'noch über die umgebende Flüssigkeit hervorragte, was bei dem erwärmten Schenkel dadurch erzielt wurde, dafs man mittelst einer Pipette demselben Quecksilber entnahm oder noch zogob. Die Messung der Säulenlängen geschah mit Hülfe eines Fernrohres, das an einer verticalen Säule in azimutalem und verticalem Sinne bewegt werden konnte. Neben dan in Eis getauchten Schenkel stand ein Metallstab, der in bekannter Höhe eine Marke trug, von der an dann an der verticalen Säule abwärts der Ueberschnfs ihrer Höhe über der der beiden Quecksiiberspiegel mittelst eines Yerniers gemessen wurde. Die Bestimmung der Temperaturen ge- schah durch Quecksilber- und Luftthermometer. Im Eisbade wurden blos Quecksilberthermometer benutzt, zur Angabe der Temperatur des erwärmten Oeles aber Instrumente bei- derlei Art. Die Glasröhre nebst dem Träger der Marke waren auf einer Eisenplatte befestigt, welche durch Libel- len horizontal gestellt wurde. Der Comparator war auf einem gemauerten Pfeiler aufgestellt.

So sehr auch dieser Apparat den vorerwähnten vorzu- ziehen ist, so lassen sich doch auch gegen ihn und das mittelst desselben erhaltene Resultat mehrere Einwendun- gen erheben. Fürs Erste könnte letzteres nicht ganz frei von dem Einflüsse der Capillarität und Adhäsion des Qneck* Silbers am Glase sejn. Du long und Petit liefsen zwar die verticalen Schenkel sich oben erweitern, um diesem Fehler zu entgehen, geben aber keine Dimensionen an, so dafs man nicht mit Sicherheit behaupten kann, er sej gänz- lich vermieden. Eine gleichmäfsige Vertheilung der Tem- peraturen in jedem Schenkel dürfte nach dem angewandten Verfahren ebenfalls nicht vorhanden gewesen sejn. Jeder der beiden Schenkel hatte eine Länge von 0™,54. Der kalt erhaltene war mit geflossenem Eise umgeben und seine Temperatur wurde als Null betrachtet. Jede Thermome*

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tervergleidiaog in geflossenem Eise giebt aber zu der Wahr- Debmung Gelegenheit , dafs in dem Gemische bedeutende und unregelmäfsige WSrmeschwanknngen eintreten, ^cnn ein Theil des Eises schon zu Wasser geworden ist, was hier, wegen der grofsen Nähe des bis zu 300° erhitzten Ofens, gewjfs bald eintreten mubte. (Mit einer Abflufs- öffnung für das geschmolzene Eis war der Behälter nicht versehen. ) Bei dem erwärmten Schenkel giebt die Opera- tion des Zugiefsens von neuem Quecksilber einige Au« genblicke vor der Ablesung'' Anlafs zu einem ähnlichen Bedenken. Der Durchmesser des oberen Endes der verti- calen Röhre fibertraf bedeutend den des übrigen Theiles, so dafs das zugegossene Volumen Quecksilber im Verhält« nifis zur ganzen, den Schenkel ausfüllenden, Menge wohl nicht ganz unbedeutend war, und daher in der ihm gege- benen kurzen Zeit kaum die Temperatur des übrigen Queck- silbers angenommen haben wird. Viel wesentlicher mufs aber die Wirkung der allmäligen Mischung sejn, welche nothwendig zwischen dem kalten Quecksilber des einen und dem erhitzten des anderen Schenkels durch die hori- zontale Verbindungsröhre stattfinden mufs. Diese letztere war so weit, dafs „die Reibung des Quecksilbers gegen die Wände nicht hinderte, dafs sich das Niveau nach ge- störtem Gleichgewichte wiederherstellte''. Sie wird folg- lich auch der eben erwähnten langsamen Mischung kein Hindernifs in' den Weg gelegt haben, und daher die Tem- peratur der beiden Quecksilbersäuleu nicht uubeträdhtlich von der des umgebenden Mediums , welche allein betrach- tet wurde, verschieden gewesen sejn.

Die Messiung der Säulenlängen selbst war ebenfalls nicht mit der erforderlichen Genauigkeit möglich. Dulong und Petit geben die Höhe der beiden Quecksilberspiegel über der Axe der horizontalen Röhre an. Diese Axe darf aber offenbar nur als Nullpunkt der Zählung betrachtet werden bei zwei in hydrostatischem Gleichgewichte befindlichen Flfissigkeitssäulen , einci Bedingung, die nach dem Vorher- gehenden gewifs nicht erfüllt war, so dafs die Annahme

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des Anfangspunktes der Z&hlung etwas Willkührliches ent- hftlt, da man nicht im Stande ist anzugeben, von welchem Punkte an in )edem Augenblicke die eine Säule gemessen werden müsse ^ um mit der andern im Gleichgewicht zu sejn. Ein kleiner Fehler könnte sich auch durch die Art der Messung von der Marke abwärts bis zu jedem Niveau eingeschlichen haben, indem sowohl der Träger derselben, als auch die Eisenplatte, auf der letzterer nebst der Glas- röhre befestigt war, der Wirkung der Ofenwärme, die zum Erhitzen des Oeles diente, ausgesetzt waren.

Bei weitem der wesentlichste Einwand aber, der gegen die Gültigkfeit des Dulong'schen Ausdehnungsco^fficienten- erhoben wurde, rtihrt von Poggendorff her, und findet sich in seinen Annalen für Physik und Chemie, (Bd. XXXXL, S. 467). Die betreffende Stelle heifst:

Dulong und Petit machten ihre Bestimmung der wahren Ausdehnung des Quecksilbers abhängig von Gay- Lussac's Angabe Ober die Ausdehnung der Luft. Sie lei- teten nämlich aus den Angaben des Luftthermometers die Temperaturen mittelst des Coefficenten 0,00375 ab, von dem wir jetzt durch Rudberg's sorgfältige Versuche wis- sen, dafs er für trockene Luft (oder richtiger für Luft in einem wohl getrockneten Gefäfse) fehlerhaft ist. Ihre Tem- peraturen, und mithin auch ihre Angaben über die wahre Ausdehnung des Quecksilbers, sind folglich nicht ganz rich- tig, sobald sie, was zu vermuthen ist, ihr Luftthermometer und die Luft darin wohl getrocknet hatten. Leider giebt ihre Abhandlung über diesen letzten Punkt keine Gewib« heit, ja es ist selbst zweifelhaft, ob man unter den Tcio- peraturen wahre oder scheinbare Volume der Luft zu ver- stehen habe. Sind die Temperaturen durch die vrahren Volume einer wohl getrockneten Luftmasse gemessen, so würde ihr Grad 100 etwa dem Grade 102,7 nach rich- tiger Scale entsprechen, und die wahre Ausdehnung des

Quecksilbers für den richtigen Grad 100 würde statt r^ ungefähr seyn ".

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Da nun unglficklicherweise diese beiden Gelehrten ihre OrigiBälbeobadhtungen nirgends mitgetheilt haben, so ist es unmöglich, an ihrem Ausdehnungscoefficienten die durch die neue Bestimmung der Ausdehnung der Luft nölhig gewor« dene Aenderung vorzunehmen. Es dürfte daher die Wich« tigkeit des Gegenstandes der Mittheiiung folgender neuen Bestimmungen zur genügenden Entschuldigung dienen.

§2.

E^ bestehen diese Beobachtungen in den gleichzeitigen Ablesungen zweier,, in verschiedene Temperaturen gebrach- ten Barometer, durch deren zweckmäfsige Combination sich alle von der Individualität des gebrauchten Apparates her- rührenden Einflüsse eliminiren, und folglich der gesuchte Ausdchnungscoefficient ganz streng bestimmen läfst (Es versteht sieb, dafs unter der Elimination fremdartiger Ein- flüsse nur die Berücksichtigung derjenigen physikalischen Ursachen gemeint sejn kann, deren Wirkung die vorge- setzten Fehlergränzen an Gröfse nicht übertrifft).

Die Hauptbestandtheile des angewandten Apparates bil- deten zwei sorgfaltig ausgekochte, mit chemisch reinem Quecksilber gefüllte, Barometer und ein Längencomparator. Jeder dieser drei Theile ist von den beiden andern und dem Fu&boden unabhängig aufgestellt. Es waren nfimlich durch eiserne Klammern drei starke hölzerne TrSger au eine 2 Fufs dicke Mauer befestigt, von denen der mittlere für den Comparator gehörte; die beiden übrigen, links und rechts in gleicher Entfernung etwa 20 par. Zoll von ihm befindlichen, trugen zwei ungefähr 3 Fufs lange, 3,5 Zoll weite Röhren von Weifsblech, welche in ihren Trä< gern durch Correctionsschrauben senkrecht gestellt und in genau gleiche Entfernungen vom Comparator gebracht wer- den konnten. Sie wurden mit einer dicken Lage von Baum- wollenwatte und über dieser noch mit Wachstuch umhüllt, um das in ihnen befindliche Wasser auf möglichst constan- ter Temperatur zu erhalten. Beide Röhren waren zu dem Ende audi noch unten mit Hähnen versehen, während über

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ihnen zwei Beh&lter ffir warmes und kaltes Wasser angebracht waren, aus denen ihr Wasser beständig erneuert werden konnte. Das Reservoir für das Eiswasser war zur Erhaltung der Temperatur ebenfalls mit einer sehr dicken Lage von Baumwollenwatte und Wachstuch auf allen Sei- ten eingehüllt.

Die gebrauchten Barometer waren Heberbarometer, nur mit der veränderten Einrichtung, dafs der kürzere Schen- kel vom unteren Niveau an geradlinig fortgesetzt war, und den andern noch 6 Zoll an Länge übertraf. Diese Abän- derung war nöthig, weil die Barometer bei der Beobadi- tung ganz in die eben beschriebenen, mit Wasser gefüll- ten, Röhren eingesetzt werden mufsten. Das innere Caliber betrug in der Gegend der beiden Quecksilberkuppen 4,5 par. Lin. bei 0,25 Lin. Glasdicke. Die Verbindungsröhre war zur Verminderung der Quecksilbermenge beträchtlich enger und hatte nur einen Durchmesser von 1,6 Lin. and 0,7 Lin. starke Wände. Vom unteren Niveau an blieb bis zum Ende der Röhre das Caliber ungeändert 4,5 Lin. Der offene Schenkel war mittest seiner Verlängerung sorg- ftlltig in einer hölzerneu Zwinge befestigt, welche bei der Beobachtung diametral über einen starken, das obere Ende der Blechröhre umgebenden, Messingring gelegt wurde; et war dann in dieser Lage das Barometer ganz in das Was- ser getaucht. In derjenigen Gegend der Röhren, in der sich das obere und untere Niveau des Barometers befand, waren einander gegenüber viereckige Oeffnungen zur Able- sung angebracht, welche wasserdicht durch Platten von 4 Lio. starkem, geschliffenen Spiegelglase verschlossen waren.

Der Längencomparator bestand aus einem 3 FuCs lan- gen, 14 Lin. starken, an den Enden conisch auslaufenden Stahlcjlinder, dessen unteres Ende auf einem Messingwflr- fei ruhte, der in einer starken Eichenplatte befestigt war, während das obere in der Axe einer Schraube lag, welche durch einen starken Träger von Eichenholz ging. Die Schraube konnte in horizontalem Sinne nach alleä Sdt» etwas verschoben, dadurch die Stahlsäule genau vertiail

8«-

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gestellt^ and durch Anziehen oder Nachlassen der Schraube der Drehung der Säule um ihre Axe der rechte Grad von Leichtigkeit gegeben werden. War beides erreicht, so wurde die Schraube mittelst einer Mutter, welche eine, die Schraa-^ benspindel eng umsdiliefsende^ Platte gegen den hölzernen Träger drückte, festgestellt. In azimutalem Sinne konnte die Stahlsäule durch eine, an ihrem oberen Ende befind-» liche, Klemmschraube von gewöhnlicher Einrichtung festge- halten werden. An dieser Säule nun konnte ein hülsen- förmiges Metallstück auf und nieder bewegt werden, jedoch ohne Drehung um die Axe der Säule, welches als Träger eines Niveaus, eines astronomischen Fernrohres und eines Mikroskops diente, und dessen unteres Ende aus einer ge- nauen, etwa 30 Umgänge zählenden Mikrometerschraube von Stahl bestand. Diese letztere war, wie der Metall- schlitten, dessen untere Hälfte sie bildete, selbst centrisch durchbohrt, so dafs ihre Axe mit der des Stahlcylinders zusammenfiel, und ihre Mutter endigte nach unten auch wieder in eine schwach conische Schraubenspindel, welche, auf gleiche Weise durchbohrt, die Stahlsäule ebenfalls hül- senförmig umgab und ab Klemme für den ganzen Schlitten diente. Sie war zu dem Ende von unten nach oben bis zur Hälfte ihrer Länge viermal aufgeschnitten, so dafs ihre federnden Quadranten durch einen als Schraubenmutter dienenden Klemmring fest gegen die stählerne Säule ge- drückt, und so das ganze Metallstück an jeder beliebigen Stelle festgehalten werden konnte. Es wurden in Folge dieser Einrichtung die gröfseren Bewegungen des eben er- wähnten Schlittens durch blofse Verschiebung aus freier Hand vorgenommen, während die feineren mit Hülfe der eben beschriebenen Klemmvorrichtung und der Mikrome- terschraube vollzogen und gemessen wurden. Die Stahl- säule selbst war in ihrer ganzen Länge von oben nach unten in willkührliche, jedoch gleiche Theile getheilt. Nach einer sechs Mal wiederholten Vergleichung mit der Scale eines Barometers war der mittlere Werth eines solchen Theiles =: 0,279 par. Lin.

PoggendoHTi Annal. Bd. LXXX. 5

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Das oben erwähnte mit den gewöhnlichen Correetion»« schrauben rersehene Niveau diente in der bekannten Weise- zum Yerticaktelien der Sfiule. Einer seiner Theile ent- sprach einem Winkel Ton 3",4. Das Mikroskop und Ab- lesnngsrohr waren jedes mit einem Horizontaifaden Ter- sehen. Elrsteres gab eine neunmalige Vergröfserung und diente zum Einstellen des ganzen beweglichen Metallstiickes. auf einen Theilstrich der SSule, während das Fernrohr» das funizehnmalige Yergröfeerung besafs, in Verbindung mit der Mikrometerschraube in weiter unten näher anzugd)en« der Weise zur Messung kleinerer Stflcke der Säule, als einer ihrer Theile, diente. Die 30 Lin. im Durchmesser haltende Peripherie dieser Mikrometerschraube war in 100 Theile getheilt, welche, durch zwei diametral zu einander stehende Vemiers, noch in Zehntel gelheilt wurden; bei einiger Uebung liefsen sich auch 100 Theile noch schätzen. Diese letzte Gränze der Genauigkeit im Ablesen brachte ich jedoch nicht in Anwendung, sowie ich auch immer nur einen Nonius ablas, da ich mich durch vorläufige Versudie überzeugt hatte, dafs der aus der Elxceutricität der Schraube entspringende Fehler die Gröfse von 0,001 Theil der senk- rechten Schraube in keinem Falle überstieg, der mittlere Einstellungsfehler aber, wie eine andere Reihe von Ver- suchen zeigte, nicht ganz 0^02 solcher Theile betrug.

Man hätte die Anwendung dieser Mikrometerschraube auch ganz umgehen können, da an dem Fernrohre noch ein Octtlarmikrometer angebracht war. Es wäre allerdings durch dasselbe eine noch etwas grüfsere Schärfe zu erzielen ge- wesen; es zeigte sich indessen, dafs bei der geringen Ent- fernung des Objectes eine sehr kleine Aendernng dieser Entfernung schon von nicht mehr zu vernachlässigendaä Einflüsse auf den Werth eines Mikrometertheiles war. Da nun, wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich, das Schrau« benmikrometer der Säule eine mehr als hinreichende Ge- nauigkeit zuliefB, so wurde von dem Ocularmikrometer gar kein Gebrauch gemacht.

Es bleibt nun nur noch die Messung der Temperata-

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ren zu erwähnen. Da» in jeier Blecbrdhre befindliche Was- ser konnte, auch wenn die Barometer eingesenkt waren, nrittekt eines kreisförmigen^ in der Mitte für den Barome- ter mit einem Loche versehenen, Brettdiens dorch Auf- and Niederbewegen dieses letzteren ungerührt werden. Die beiden Thermoter waren' an diese Brettchen befestigt, and kamen also bei jedem Umrühren mit der ganzen Wasser- menge in Berührung, so dafs die von ihnen angegebene Tcfkn« peratur wohl sicher als die mittlere der ganzen Flüssigkeits* Säule 'angesehen werden konnte. In das Geflifs mit dem wärmeren Wasser war aofserdem noch ein zweites Ther- mometer eingetaucht, das ebenfalls bei jeder Beobachtung abgelesen wurde. Dieses letztere war ein anter Berück- sichtigung aller Correctionen nach der BessePscben Methode genau calibrirtes Instrument, dessen Angaben als die nor- malen angesehen wurden f die Ablesungen der beiden übri- gen wurden durch Yerg^eicbungen in Wasser, deren Re« sttltate weiter unten folgen, auf die des ersteren reducirt* Das Normalthermometer hatte eine messingene Scale, wäh- rend die Theilung der beiden andern auf der Röhre selbst befindlidi war. Alle drei hatten willkührliche, jedoch so feine Theikingen, dafs ein Hnnderttheil eines wahren Cen^ tesimalgrades mit ziemlicher Sicherheit noch geschätzt wer- den konnte.

§•3.

Die Beobachtungen wurden an diesem Apparate in (oU der Weise angestellt:

Nachdem mittelst des Niveaus die Stahlsäule vertical ge- stellt war, wurden die beiden Blechr^tfiren in gleiche Entfer- mmgen von derselben und dadurch ebenfalls in eine lothrechte Lage gebracht. In aller Schärfe war der Vollzug dieser Ope- ration nicht nothwendig, weil^ auch wenn die Comparator- sänle oder die Barometer nicht rertical gestellt gewesen wären, doch nur dann ein Fehler in der Messung der ab* soluten Barometerhöhe begangen worden wäre, wem die Gestalt der Quecksilberkuppe am oberen und unteraii Ni- ▼eau nicht krumme Oberflächen derselben Art wänm, odeir

5*

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I

bei einer geuefgten Lage der Barometer diese Kappe an beiden Niveaus nicht gleichmSfsig ihre Gestalt Sfnderte. (Durch eine Abweichung der Comparatorsäule von der Terticalen wäre aufserdem wegen der dann stattfindenden angleichen Entfernung der beiden Quecksilberspiegel der Deutlichkeit des Bildes im Femrfthre Eintrag geschehen.) Weil sich wegen etwa vorhandener ungleicher AdhSsion des Quecksilbers an verschiedenen Stellen der Glasröhre diese Voraussetzung nicht mit Bestimmtheit machen liefs» so wurde die Stellung der Comparatorsäule immer bmch- tigt,' sobald sie mehr als eine Minute von der Vertiacalen abwich; die lothrechte Lage der Barometer wurde dordi die schon berichtigte ihrer Blechhüben controlirt, da die Durchsichten der letzteren so eng waren, dafs man beide Niveaus des Barometer nicht zugleich beobachten konnte^ wenn die Barometer selbst nicht senkrecht hingen. Als zweite Controle diente das Fernrohr , indem das obere und untere Niveau in vollkommen gleicher Schorfe ersdiei- neu mufsten. Uebrigens zeigte ein Probeversuch , dafs der durch ein absichtlich sehr bedeutendes SchiefhSngen .der Barometer entstehende Fehler die Gröfse des auf S. 66 er- wähnten Einstellungsfehlers nicht fiberstieg. Dafs die op- tische Axe des Fernrohres auf der Säulenaxe des Compa- rator senkrecht stehe, ist eine Forderung, der der Mecha- niker zu genügen hat; das Vorhandensejn dieses Fehlers konnte aus dem oben beschriebenen Apparate für sich nicht nachgewiesen werden. Es ist klar, dafs derselbe mit dan aus einer nicht verticalen Stellung der Säule entspringen- den zusammenfallt, indem auch bei ihm, da die optische Axe sich selbst immer parallel bleibt, nur die Gestaltver- schiedenheit der beiden Quecksilberkuppen in Betracht kommt. Die Übrigen Fehler, welche vom Fernrohre her- rühren können, nämlich Parallaxe und Nichthorizontalitit der Brennpunktfäden wurden ebenfalls vor Beginn der Beobachtungen möglichst sorgfaltig berichtigt.

Die Messungen selbst wurden folgendermafsen ange- stellt: Aus den beiden Reservoirs wurden die Blechröhren

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mit Wasser gefüllt: das rechts befindliche mit Wasser, das durch längeres Stehen die Zimmertemperatur angenom- men hatte, während in das Reservoir, welches die Röhre links speiste, eine beträchtliche Quantität Eis gegeben wurde, von dem das darübergegossene Wasser erkältet ablief. (Das Schmelzen des Eises allein ohne Zugabe von Was- ser hätte allerdings noch etwas niedrigere Temperaturen» aber nicht eine hinreichende Menge Wasser gegeben.) In dieser letzteren Röhre wurde vor Beginn jeder Beobach- tungsreihe das Wasser erst mehrmals gewechselt, um die Temperatur der Hüllen hinreichend zu erniedrigen. War dieses geschehen , so wurden sämmtliche Hähne geöffnet, und so in beiden Blechröhren durch den ununterbrochenen, gleichmäfsigen Zu- und Abflufs das Wasser in beständiger Bewegung erhalten, um zu vermeiden, dafs sich das kältere nach unten senke. Dieser Wechsel fand so schnell statt, dafs in Zeit einer Viertelstunde etwa ein Kubikfufs Was- ser aus dem unteren Hahne abflofs. Es wurden nun beide Barometer senkrecht in das Wasser gehängt, worauf nach Verlauf von 20 Minuten die Beobachtung damit begann, dafs mittelst der obenerwähnten Holzstöckchen in beiden Röhren das Wasser ein paar Male umgeröhrt und die drei Thermometer abgelesen wurden. Hierauf wurde am Com- parator der Horizontalfaden des Mikroskopes auf den Theil- strich der Säule eingestellt, der zunächst Ober dem obe- ren Niveau eines der beiden Barometer lag, und von dem- selben an mittelst der Mikrometerschraube noch so weit herabgemessen, bis der Horizontalfaden des Fernrohres die Quecksilberkuppe berührte; es wurde dann der Compara- tor um 180^ gedreht, und ebenso am oberen l^ivieiay des zweiten Barometer verfahren. Auf dieselbe Weise wurde der Stand der beiden unteren Niveau's aufgezeichnet, und sodann nochmals der der beiden oberen. Es wurde dabei vermieden, den Comparator mit der blofsen Hand zu be- rühren, um nicht die Temperatur desselben während der Dauer einer Beobachtung zu ändern; zweitens wurden die Ablesungen in möglichst gleichen Zeitintervallen gemacht.

70

UniBillelbar nath der %rreii6n Ableiang der oberen Mtveaus wurde das Wasser beider Blechrdhren Dochmals umgerührt, und die. Thermometer abermals aufgezeichnet, womit eine Beobachtung vollendet war. Sie erforderte immer 15 Mi- nuten Zeit. Es wurden sodann die Barometer in den Biech- röhren vertauscht, wobei darauf gesehen wurde, beide Ba- rometer immer so zu h&ngen, dafs sie in jeder ihrer beiden Lagen dem Ob)ective des Fernrohres dieselbe Seite ihrer Röhrenwände darboten , und nach 20 Minuten eine neue Beobachtung genau auf dieselbe Art begonnen, nach deren Vollendung die beiden Barometer von neuem ihre Plätze wechselten u. s. w. (Die Zeit von 20 Minuten, welche dem Barometer gelassen wurde, um die Temperatur des Wassers anzunehmen, ist hierzu gewifs mehr als hinreichend. Denn die Versuche von Boeckmann (Gehler X. 474) beweisen, dafs eine mit Quecksilber gefüllte Glaskugel von 1 Zoll Durchmesser und 0,2 Lin. Wanddicke, die in ein Wasserbad von + 15^,7 R. getaucht wurde, nur 23 Sekim- den nölhig hatte, um ihre Temperatur von +60^ auf +30^ zu erniedrigen). Zugleich wurde Sorge getragen, die Beob- achtungen nur an solchen Tagen anzustellen, an denen die Aenderungeu des atmosphärischen Druckes möglichst gering und regelmäfsig waren.

§. 4. Auf diese Weise wurden folgende vier Reihen von Beob- achtungen erhalten: ,

1849, August 27, Vorm.

Barom.

Rahre rechts.

JS[. Th. No. 1.

Th. No. %

Barom.

Röhre lioks.

Th. No. 3.

I.

M,724

1017,958

68,741

350,10

349,75

H- 20,15 20,22

". .

62,712

1019,330

62,762

12,42 12,20

II.

59,680

1018,813

59,740

350,05 349,92

20,15 20,21

I.

60,754

lAl6,926

60,730

13,17 12,05

I.

58,561 1017,442

58,583

349,50 349,20

20,24 20,36

II.

63,089

1019,191

63,072

12,99

12,78

71

Barom.

Rühre rechu.

N. Th. No. 1.

Th. No. 2.

Barom.

Röhre link«.

Th. No. 3.

11.

59,844

1019,048 ')

59,964

348,75 348.50

-h20,45 20,50

1.

61,518

1017.530

61,545

-ii,»r

12,76

I.

58,487

1016,963

58,495

348,40 348.20

20.53 20,63

II.

63.164

1018.929

63,138

12,72 12,59

11.

59,726

1018,091

59,731

348.10 347.50

20,63 20,75

I.

61.SF12

1017,120

61,533

12,40 12.28

I.

II.

I.

u.

I.

II.

I.

II.

I.

1849 August 30, Vorm.

60,610

1016,353

60,565

61.230

1016.989

61,210

60,737

1016.558

60.728

61.216

1016.663

61,252

60,971

1016.460

60.929

61.147

1016.518

61.163

60,971

1016,386

60.980

61.099

1016,^7

61.115

57.421

1019.065

57,374

345.55 345.45

-h21,23 21,26

11.

345.50

21,25

I.

345.30

21,27

345.38 344,92

21,26 21,34

II.

344,80

21,43

I.

344.60

21.48

344.70 344.35

21,45 21,53

II.

344,15

21.58

I.

344.02

21,64

343.45 343,40

21.69 21.74

II.

343,28

21,79

I.

342.65

21.94

1849 September 4 , Vorm.

342.90

-h 21,91

n.

342.70

21,93

64,265

10^7,001

64,301

- 14.12 14,19

63,930

1016,625

63,952

14,20 14,58

64,371

1017,057

64,393

14,15 14,39

64,084

1016,469

64.122

14,56 14,61

64,514

1016.922

64,597

14,08 15,01

64,534

1016,732

64.502

14,01 13.64

64,634

1016,87&

64.634

14,32 14,02

64,S42

1016,638

64.522

13,86 13,46

59,722

1018.188

69,721

- 12,76 13,06

1) Hier wurde h5chn wahrscheinlich eia falscher Nonius ri>gelesen.

72

Barom.

Röhre

rechts.

N. Th. No. 1.

Th. No. 2.

Barom.

Röhre link«.

Th. l^o. 3.

13,16 14,22 14,16 14,11 13,59 13,38 13^59 13,68 13,58 13,78 13,60 13^79

-13,09 14,74 13,98 14,17 14,01 13,98 13,59 13,38 13,79 13,81 13,37 13,68 13^41 13,78

II.

I.

II.

I.

n.

I.

I.

n.

I.

n.

I.

n.

58,046

1019,788

58,066

57,236

1018,997

57,283

57,756

1019,437

57,727

57,476

1018,992

57,461

57,626

1018,959

57,667

57,735

1019,085

57,800

342,55 342,45 342,35 342,10 341,65 341,35 341,12 340,07 340,65 340,25 339,95 339,45

+21,98 22,00 22,01 22,06 22,16 22,21 22,27 22,40 22,47 22,50 22,56 22,67

I.

II.

I.

IL

I.

IL

61,220

1019,679

61,198

61,557

1020,056

61,579

61,174

1019,704

61,185

61,596

1020,015

61,632

61,500

1019,595

61,554

61,782

1019,811

61,853

I.

58,174

1017,919

58,189

57,502

1017,380

57,533

58,442

1018,282

58,430

58<695

1018,529

58,754

58,294

1018,019

58,300

58,631

1018,327

58,634

58,420

1018,264

58,476

1849 September 5, yorm.

339,55 339,25

+22,62 22,73

IL

339,08

22,76

I.

338,60

22,90

338,45 338,18

22,95 23,02

IL

337,40

23,16

I.

337,05

23,26

336,60 336,45

23,35 23,37

IL

336,15

23,50

i

335,75

23,54

I.

335,55 335,25

23,60 23,70

IL

62,135 1018,475 62,150

62,050

1018,522

62,135

62,488

1018,825

62,510

62,275

1018,778

62,327

62,689

1018,896

62,678

62,391

1018,824

62,422

62,522

1018,820

62,574

N. Tl.. No. 1.

Tl..

N<,.a.

Barom.

tUSbn linb.

N. Th.

68,191

II. 1017,821

68,210

335,06

3w,eo

+23.75

23,85

I.

d3,7&0

1018,987

62,760

13,52

13,54

§. 5. Zur Redaction dieser BeobachfuDgen dieDea die hier foIgendeD Tabellen. Durch die drei ersten werden die Ablesungen der Thennometer auf nabre Grade der hun- dertlheiligen Scale gebracht, wobei, wie schon erwähnt wurde, das mit N. Tb. No. i. bezeichnete Thermometer ein onmiltelbar durch Rechnnng corrigirtes ist, wShreud die bei- den andern durch Vergleichnngeo in Wasser aaf dasselbe redudrt wurden. Um nicht eine zu grobe Menge von Zah- len auf einander zuhSufen, folgen hier unmittelbar die Re- sultate dieser Vergleichungen.

Able- TempcraJ MU^. tar C. I

Able« Tempera- Able- Tempera-I

Norm.-TbermoDi. No. 1.

I-KM'.OÖ 23,01 23,95

ThertDom. No. a

360 |-|-19°,24| 346 20 ,18 342 I 21 ,12 1

TberoKHii. No. 2.

20,0

+ 19*,04

4-22,0

+2I',03

«1,1

22;s

21,52

21.«

20,04

23,<

22,02

21,5

20 ,U

23,l>

22,52

22,0

21,03

24,0

23,02

-15.00[-M'

14,75 1

14,50 1

14,25 2

14,00 2 13,75 13,60

im

Die nun folgende Tabelle enthält die Uotersucbung der Comparatortheiluog und Beduction derselben auf die Um- gänge des Schraubenmikrometers. Es war nSmlich die SSnIe nicht mittelst dieser Mikrometerechraube selbst, sondern auf einer geradlinigen Theilmascbine getheilt worden, wes- halb auch der Werth eines Umganges dieser Schraube und eines Tbeiles der Säule nicht identisch sind. Da für die Untersuchung der Schraube selbst an dem Apparate keine Vorrichtung angebracht war, so wurde dieselbe als richtig

74

angenommen I and die ganze Länge der Säule in Unterab- theilongen von je 20 Theilen mit derselben verglichen. Da die Mikrometerschraube 30 Umgänge zählte, so konnte Jede einzelne Vergleicbung bei einem anderen Schranbengange als die vorhergehende begonnen und dadurch wenigstens ein Theil etwa vorhandener kleiner Fehler der Schraube hinausgebracht werden. In derjenigen Gegend der Säule, in welcher die Niveaus beider Barometer lagen ^ wurde jeder einzelne Theil für sich untersucht. Da diese Theile für die Beobachtung von bei weitem gröfserer Wichtigkeit sindy so wurde hier auch die Vergleicbung mit gröCserer Sorgfalt angestellt, und für jeden Theil sechs Mal wieder- holt, während die Bestimmung der Theile der Säule, welche bei den Barometerhöhen immer gemeinschaftlich waren, auf mindestens drei Yergleichungen beruht. Es ergaben sich folgende Zahlenwerthe:

Thcil- strich.

Werth iD SchraubeD- uiDgSngen.

Theü- strich.

Werth in Schrauben- nrogangen.

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66

1 - 0,0024

0,0052

+ 0,0017

0,0010

0,0057 0,0014

0,0013

0,0043

0,0009 0,0015

1014 1015 1016 1017 1018 1019 1020 1021 1022 1023 1024

1 + 0,0144 -0,0037

0,0012 0,0006 0,0088

0,0203 0,e027 0,0077

0,0012

0,0063

66 100 200 300 400 500 600

34 +0,0559 100 0,0286

0,0584

0.0347

0,0810

0,1780

600 700 800 900 1000 1014

100 +0,1528

0,1780

0,1526

0,1223

14 0,0390

aus denen man den Werth der Säulenlänge

(66,1014) = 948,946

Schraubenumgängen findet. Der mittlere Fehler für die Mes- sung eines Stückes von 20 Theilen ist hierbei s ±0^0027,

75

also der mittlere Fehler des ganzen Stückes 66,1014= ±0,019, eine Sicherheit, die mehr als ausreichend ist.

§•6.

Die doppelte Ablesung des oberen Niveaus beider Ba- rometer geschah, um die Aenderungen des Barometerstan- des, welche während der Dauer einer Beobachtung durch Aenderung der Temperatur und des Luftdruckes eintreten konnten, und die als lineare Function der Zeit betrachtet werden, zu eliminiren. Denn bezeichnet mau die am An- fange der Beobachtung gemachte Ablesung des oberen Ni- veaus mit a+S, wo S diese Aenderung vorstellt, die zweite mit a S, so würde eine in der Mitte zwischen beiden liegende Ablesung den Werth a ergeben; statt dieser wurde aber der Stand 6 des unteren Niveaus aufgezeichnet. Man findet also hieraus uod aus der ersten Beobachtung des oberen Niveaus die ganze Barometerhöhe = a b+ö, wäh- rend die Ablesung des unteren, verbunden mit der zweiten des oberen Niveau, diese Höhe =a b S ergiebt. Das arithmetische Mittel aus beiden ist =a b und unabhängig von d; es entspricht der Barometerhöhe, welche in der Mitte der Beobachtung stattfand. Ebenso wurde aus den beiden Thermometerablesungen am Anfange und Ende je- der Beobachtung das arithmetische Mittel genommen, und auf diese Weise mit Hülfe der im vorigen §. angegebenen Täfelchen folgende vier Reihen gebildet:

76

§

I

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77

Es bedeuCeh hier in der Versuchsreihe eines jeden Tages die Zahlen der ersten Colnmne Umgänge der Mikrometer- schraube y während die zweite wahre Grade der hundert- theiligen Scale enthält In zwei zusammengeschriebenen Horizontalreihen sind die Resulate der gleichzeitigen Able- sungen beider Barometer und bilden mit einander eine Beobachtung.

§. 7, Jede solche Messung einer Barometerhöhe wird durch die Gleichung repräsentirt:

Lo=L(il+qT)+Q-E,-^D,(il + aT).

Es bezeichnet hierbei:

Lq die unmittelbar gemessene Barometerhöhe ,

L dieselbe absolute Höhe auf die Temperatur re- ducirt und befreit von allen dem Instrumente anhaftenden Fehlern, die man als unabhängig von Temperatur und Luft- druck ansehen kann, wie z. B. Adhäsion und Reibung des Quecksilbers am Glase, Gapillardepression, Refraction der Lichtstrahlen in der dem Fernrohre zugewendeten Seite der Baromeferröhre etc.,

Q die algebraische Summe der Refractionsconstanten der beiden Plangläser, welche an der dem Fernrohre zugekehrten Seite der Blechröhre die beiden Durchsichten derselben Terschliefaen,

q den Ausdehnungscoefficienten des Quecksilbers für C«, . 7 die beobachtete Temperatur in Centigraden und

Ev die bei dieser Temperatur stattfindende Eiasticität der in der Torricellischen Leere gebildeten Quecksilber- dämpfe.

Das zweite subtractive Glied auf der rechten Seite des Gleichheitszeichens rührt von dem Daseyn einer ganz klei- nen Luftblase her, die sich am oberen Ende eines je- den der beiden Barometer bei horizontaler Lage derselben bemerklich machte, und im Laufe der Beobachtungen aus dem Quecksilber frei geworden zu sejm iscliien. Es be-

78

deatet in diesem Gliede, das offenbar die Spannkraft der eingeschlossenen Laft ausdrückt.

Fq das Volamen der eingeschlossenen Luft bei 0^ Temp. und in horizontaler Lage des Barometer , oder unter dem Drucke einer Atmosphäre,

V das Volumen derselben Luft in verticaler Lage des Barometer oder den Bauminhalt der Torricelliscben Leere, D den Druck einer ganzen Atmosphäre, a den Ausdehuungscoefficienten der Luft fQr C

Durch unmittelbare Messung wurde Dun gefunden Vq =0,014, F=6790, wobei vorsätzlich die Dimensionen des Luftblächeus wohl um das Doppelte zu groEs und der Kürze wegen in beiden Barometern gleich genommen wurden. Fer- ner ist a=0,00366 und in runder Zahl Z>=1000, wobei Vq, V und D in Einheiten der Mikrometerschraube aus- gedrückt sind. Für die beiden mittleren Temperaturen der Messungen +20^ und +3^ erhält man hiernach die zu- gahöfigen Spannkräfte =0,0022 und 0,0020, Gröfsen, welche man, da bei der Bestimmung von q noch dazu nur ihre Differenz in Betracht kommen würde, ganz vernachläs- sigen darf.

Dasselbe gilt von der Spannkraft E% der Quecksilber* dämpfe. Nach einer von Avogadro aus Versuchen ab- geleiteten Formel (Poggendorff XXVIL 60) ist nämlidi

log Et = ~ 0,64637 . T+ 0,075»56 . T^ 0,18452 . JT* wo als Einheit der Elasticität der atmosphärische Druck 0'",76, als Wärmeeinheit das Temperaturintervall 100® gplt, und T für Temperaturen unter 100^ positiv zu nehmen ist. Es findet sich nach dieser Formel:

für r=20o £=0,00000 20360 Millhn. und für T= E=0,00000 00852 Millim. beides Gröfscn, deren Berücksichtigung wohl keines unse- rer Messungsmittel gestatten dürfte.

Bezeichnet man nun speciell bei einem bestimmten Luft* drucke mit

L und ^ die corrigirten und auf 0^ reducirten Län* gen der Quecksilbersäulen in den Barometern I u. II.

R und r die oben mit q bezeichnete Grobe resp. f&r die Röhre rechts mit dem wärmeren and die Röhre links mit dem kälteren Wasser, so ist also die erste Beobach- tung einer d^ oben mitgetheilten Versuchsreihen dargestellt durch die einfache Gleichung

L^=z^ (l + qt^y+r (Es liegt dieser Formel die Annahme zu Grunde^ dafs das Quecksilber innerhalb des beobachteten Temperaturinter- valles ein lineares Ausdehnungsgesetz befolge: eine Hj- pothese, die auch alle früheren Beobaditer machten und die för unsere engen Temperaturgräuzen durch Dalong's und Petit's Beobachtungen auch hinlänglich gerechtfertigt erscheint.) Vertauscht man die beiden Barometer in den BlechgefäCsen, so hat man noch

L,=(^ + A)(l + qT,) + R

wo A die auf 0^ reducirte Aenderuug der Barometerhöhe in der zwischen zwei auf einander folgenden Beobachtun- gen verflossenen Zeit bedeutet. Eine neue Vertauschung giebt unter der Annahme, dafs für kurze Zeitintervalle der Gang des Barometer eine lineare Function der Zeit sey, ebenso

i, = (L+2A)(l + ?r,) + Ä

aus welchen sechs Gleichungen nun die sechs Unbekann- ten L, Ay A9 <l9 A und r zu bestimmen sind. Versucht man diese Bestimmung auf dem gewöhnlichen Wege, so stöfst man, abgesehen von dem Umstände, dafs die End- formeln für die Zahlenrechnung zu unbequem würden, auf manche Schwierigkeiten, die in der Natur der Sache be- gründet sind und namentlich dann auftreten, wenn man versucht A und r zu bestimmen, deren Functionalwerthe als Differenz zweier sehr grofseu, nahe gleichen Gröfsen auftreten, während ihre Zahlenwerthe selbst natürlich nur sehr klein sind. Es war deshalb ein indirectes Verfahren vorzuziehen^ zu dem noch die Kenntnife der Differenz 'Bl-^t

80

wOoscbeDSwerth erschien. Man kann zu derselben leicht durch unmittelbare Versuche gelangen. Beobachtet und ver* tauscht man nSmlich die beiden Barometer in den Blech- röhren, während dieselben mit Wasser von gleidien Tempe- raturen (Zimmerwärme) gefüllt sind, so hat man in den ersten vier der vorstehenden Gleichungen nur alle T und t einander gleich zu setzen, um sie fQr diesen Fall einzu- richten. Zieht man dann die vierte von der ersten und die zweite von der dritten ab, und addirt diese Differen- zen, so erhält man

Es wurde auf diesem Wege diese Constante wirklich be- stimmt, und es fand sich aus achtzehn Beobachtungen

Ä— r=-h0,120±0,009.

Setzt man nun in den für die eigentlichen Beobachtungen geltenden Relationen

Ä=4(«.t.ti), r=i(« ti)

und redudrt die Barometerhöhen auf den während der mitt- leren Beobachtung stattfindenden Luftdruck i so gehen un- sere sechs Gleichungen über in

L,=l(l+?r,).i-i(* + w)-A(l + 5fTi)

= (^ + |)(l + gr3) + iw L4==I(l-i-gr^J+4(« u)

= Ci+l)Cl + ?^)-i«

= (L.f.4)(i+?T,).*-4w+A(i+?r,)

Le=(^l+?«s) + K«-w) + A(l + «*6)

=(^+|)(l-i-g#,)_4tt+A(H-g<e)

wo also 4 «=+0,060 zunehmen, und nun jL-|-4, -rf+|, A und q als die neuen Unbekannten anzusehen sind. Die zweite Transformation der rechten Seite dieser Gleicbun- gen ist allerdings nicht ganz strenge, indem durch dieselbe

noch

81

noch das Product ^sqt addiit wurde. Es ist dieser Feh- ler jedoch so geringe dafs man sich denselben fQglich noch gestatten kann. Denn nimmt man ^=20, q^zj-^^^j^ und macht für die geschliffenen Gläser gewifs eine höchst un- wahrscheinKche Anuabmejß-H*oder« = l, so wird isqtzzz-^^ Umgang der Mikrometerschraube, während der mittlere Ein- stellungsfehler nach S. 66 ungefähr = ^V ist«

Uebrigens hätte sich diese Willkühr durch directe Be^ Stimmung von R und r auch umgehen lassen. Man hätte nämlich z. B. den Werth einer bekannten Anzahl von Um- gängen der Mikrometerschraube an einer getheilten Scale ablesen können, die hinter den Glasplatten angebracht wor* den wäre. . Man hätte dann die letzteren weggenommen, und dieselbe Anzahl von Theilen des Schraubeumikromelers von neuem durch die getheilte Scale bestimmt, wodurch sich die - Prismacität jeder Glasplatte unmittelbar erge- ben hätte.

Da jedoch die Glasplatten nicht zum Abnehmen einge- richtet waren, nnd der so begangene Fehler so unbedeu- tend ist, so wurden, um die einfache Idee des Apparates durch das Hineinbringen fremder Elemente nicht zu com- pliciren, diese Bestimmungen ganz unterlassen.

§. 8. Aus den Gleidiungen des vorigen §. ergiebt sich nun unmittelbar:

welche Relationen zur Bestimmung der vier Unbekannten in der Art benutzt wurden, dafs man zuerst mit einem ge- näherten Werthe von q etwa dem von Dulong und

Pog^eDdor^Ts Aimal. Bd. LXXX. 6

82

Petit gelandcn diese Tier Fomdln dkirdiredin^e, mit dem so erhalteoen neuen q die Redinong wiederholte n. s. w^ bis sich für 9 keine Aendemng mekr ergab. Gewöhnlich war dieCs schon bei der dritten Wiederholong der Recfannog der FaU.

Da nur Tier Unbekannte za bestimmen sind, so sind eigentlich zwei der gebrauchten sechs Relationen Qberzihli^ Ich zog es jedoch tot, sSmmtUche sechs Gleichungen za der Bestimmung auzuwend^i, da. wie wir sogleich sdien werden, einerseils durch diese fiberzählig beigezogenen Glei- chungen keine Bestimmung Terloren geht, und andererseiti durch dieselben eine etwas schnellere Approximation und schon bei der Berechnung jedes Versuches selbst eine Art von Ausgleichung der unTeimeidlichen Beobachtungsfehler möglich wird«

Da nimlichy wie die auf S. 76 gemachte Zusammenstel- lung zeigt« sich die Temperatur des wSrmeren Wassers nor sehr lan^m und regelmSlsig andntc^ so redudrte ich, ehe ich mit der Berechnun;? der einzdnen im Laufe eines Vor- mittags angesteUtea Versuche begann, erst alle im wSrme- ren Wasser gemeä^^enen Barometerhöhen durch' ein vorlfio- figes q. dessen Werth hiebei ziemlich gleichgültig ist, anf eine und dieselbe mittlere Temperatur, und bestimmte so den Gang eines jeden der beiden Barometer und aus })ei- deo durch Interpolation die mittlere Aenderung des Luft- druckes während der ganzen Beobachtungszeit. Zeigte sich nun bei der Berechnung eines jeden eizelnen Versuches eine Abweichung in den V^'erthen tou £, uf oder A ▼on den nüttlcron, durch Interpolation gefunden, so benutzte ich die zwei Bestimmungen, weldie mir das angewandte Svi^tom von sechs Gleichungen noch gestattete, in der Art, dafs ich diejenigen der obigen drei GrOfsen, welche den grOlVlen Beobachtungsfehler vermuthen liefscn, noch einmal AUS den noch nicht benutzten Gleichungen berechnete, wozn »\v\\ den oben angegebenen analoge Relationen ergeben; dn8 nrilhmctische Mittel aus diesem neuen und dem zuerst (gefundenen Werthc galt dann für die Fortsetzung der Rech-

nang als der wahre Werth der fraglichen GrObe. Bei zwei Versachen am 4. und 5. September kam es vor, dafs wäh- rend der Dauer des Versuchs die Aenderung des Lnftdruckes eine Maximumstelle erreichte, d. h. vom Wachsen ins Ab- nehmen überging. Da unsere Formel, ihrer Construction nach, diesen Fall ausscblieCsen, so konnte die Unbekannte A aus denselben gar nicht berechnet werden, und es wurde zur Reduction dieser beiden Versuche blofs der durdi In- terpolation gefundene Werth benutzt.

"War auf diese Weise die Berechnung eines Versuches beendigt, so wurde das für den nächstfolgenden dienende Sjstem von Gleichungen dadurch gebildet, dafs von eben gebrauchten die beiden ersten Gleichungen weggelassen und statt derselben die zwei nächstfolgenden unten angereiht wurden, worauf wieder aus den beiden mittleren der Werth von q berechnet wurde. Aus dem ersten und letzten Sy« Sterne der Versudisreihe eines jeden Tages wurden immer zwei Werthe von q bestimmt, um keine Beobachtung un- benutzt verloren gehen zu lassen. Man hat dazu die beiden Formeln

und

^ (L+i-J)(T,-#a)-#,lU-l-|)-(L-l-|)] ^ (L+H-^)(T5-f.)-f6[(^-M)-(I'-f-|)]

wo die erste für den Anfang, die zweite für das Ende je- der Versuchsreihe zu benutzen ist.

Es dürfte kaum nöthig seyn, zu bemerken, dafs alle diese Formeln nur für den Fall gelten, in dem das Wech- seln der Barometer in den Blechröhren in der bei Herlei- tung der Formeln angenommenen Reihenfolge vorgenommen wurde, nämlich für den Fall,, in welchem bei der ersten Beobachtung das Barometer I. sich in der Röhre mit wär- meren Wasser befand. Für den folgenden Versuch, bei dem das Barometer II. zuerst in dem Gefilfse abgelesen wurde, werden die Formeln gültig, wenn man in dem^elböü fiberall L mit ji vertauscht.

6*

84

§.9. Nach diesen Formelo wurden nun aus den auf S. 76 mitgetheillcn Versuchsreihen folgende Werlhe von q be- rechnet:

Aug. 27.

Aug.. 30.

I.

0,00017720

17738

II.

17245

III.

IV.

16786

17483

I.

17023

16665

II.

18200

III.

17715

IV.

16763

V.

16497

VL

17350

16499

Sept. 4.

Sept. 5.

I.

0,00017832

18333

IL

17748

lU.

17335

IV.

17050

V.

17006

17729

i.

18206

17370

II.

17460

III.

18010

IV.

16756

V.

17694

VI.

17880

17248

wobei die römischen Zahlen die fortlaufende Nummer iet einzelnen Versuche an jedem Vormittage vorstellen. Der dritte Versuch am 27. August wurde wegen der auf S. 71 als zweifelhaft bezeichneten Beobachtung ganz weggelassen. Nimmt man nun die vorstehenden 28 Werthe von q zu- sammen, so ergiebt sich

q = 0,00017405 =!= 0,00000082 oder

'~574MV* "" 212)' Nach Dulong und Petit wäre

9 =

1

5550

= 0,00018028

so dafs also ihr Werth sich um mehr als das Siebenfache des mittleren Fehlers von vorstehender Bestimmung entfernt Unser neu gefundener Werth stimmt fast vollkommen mit dem überein, den Poggendorff vorläuBg (vergl. S. 62) wegen einer an Dulong's und Petit's Beobachtungen nöthigen Correction als den wahrscheinlichen angab, so dals

85

die BestimmuDg der beiden franztfsischai Physiker der ohhn- stehenden selbst als Bestätigung dient.

§. 10.

Die aus den einzelnen Versuchen berechneten Werthe von q zeigen allerdings nicht ganz unbeträchtliche Abwei^ diungen vom Mittel, jedoch in der Art, dafs sich ein con-> stanter Fehler in denselben nicht vermuthen läfsh Als Grund dieser Abweichungen lassen sich hauptsächlich drei Umstände hervorheben.

Die erste Fehlerquelle dQrfte in einer Unsicherheit über die jedesmalige Temperatur der Barometer im Gefäfse links zu suchen seyn. Die oben angegebenen Beobachtungen zeigen, dafs in demselben das Wässer, trotz aller angewand- ten Sorgfalt, beständigen Wänneänderungen ausgesetzt war, die während der Dauer einer Beobachtung in einzelnen Fällen fast die Gröfse eines Grades erreichten. Konnte nun auch mittelst des eingetauchten Thermometers die mo- mentane Temperatur der Wassersäule sehr sicher gemessen werden, so läCst sich doch nicht mit gleicher Sicherheit be- haupten, dafs dieselbe gleichzeitig auch für das Quecksil- ber im eingetauchten Barometer gelte, da letzteres immer eine gewisse, wenn auch nur sehr kleine, Zeit brauchte, um die Temperatur des umgebenden Mediums anzunehmen. Der Einflufs dieses Fehlers auf die absolute Hohe der Queck- silbersäule wird durch das Product Lq.^t dargestellt, wo L die gemessene Barometerhöhe, ^t die Differenz der wirk- lichen Temperatur des Quecksilbers und der abgelesenen Wassertemperatur bezeichnet. Macht man die gewiCs über- triebene Annahme A^=Ö%1,X = 10(M), so ist Lq.^tz=z^^,

also ungefähr dem mittleren Einstellungsfebler gleich.

(Man könnte gegen unsere zur Bestimmung von q an- gewandte Methode einwenden, dafs dieselbe doch auch von der Ausdehnung des Glases abhänge, da die Temperaturen durch Glasthermometer gemessen wurden, deren Gefaise sich gleichzeitig mit dem Quecksilber ausdehnen. Dieser

86

Einwtnd ist allerdiDga richtig, aber von durchaiis keinem Einflufse auf uuser Resultat, wie das eb» angegebene Pro- duct Lq.^i zeigt. Die Correction, welche wegen der Aus- dehnung des Glases an den Thermometern anzubringen und bei den zu den Beobachtungen gebrauchten auch sorgfilltig berflcksicht ist, betrSgt nSmlich für die höchste Torkom* raende Temperatur 4-25"* nur 0.05 Centesimalgrade. H&tte man dieselbe nun auch ganz vernarhUisirigt» so wire die ab- solute L&nge der Quecksilbersiule doch nur um 0,009 Um- gang der Mikrometerschraube zu grofs bestimmt worden: eine GrOCse, die vom mittlerca Abicsongsfehler noch weit übertroiTen wird\

Die zweite Uncenauickeit, welche in der bei der Be- rechnuug der Verbuche gemachten Annahm^ U^gt, dab der atmosphärische Druck während der Dauer eines Yersudies sich nach einem linearen Gesetz ändere, hoffe ich durch die weiter oben beschriebene Rechnnngsmethode mOglicfast uuschSdlich gemacht zu haben.

Von grö&erem Einflute könnte ein anderer umstand si^vu, der mir auch Ton etwas alLecseinerem Interesse £u sevn scheint Der gebrauchte Apparat war zuerst mit zwei audem Barometern Tersehen, derai Einriditnng von der auf S. 64 beschriebenen nur darin abwich, dab das Ca- liber der Röhren in der Gegend der beiden Qnecksilber- Spiegel etwa am eine par. Lin. geringer war, und vom un- teren NiTcau.an die Verlängerung des offoen Sdienkels sidi wieder bis auf anderthalb Linien Terengte, oben noch recht- winkelig gebogen war und aUo in einer horizontalen Röhre Ton ungefähr sechs Zoll Länge endigte. Ich hatte mit die- sen Barometern schon eine beträchtliche Anzahl sorgfältiger Versuche gemacht, als sich bei ihrer später begonnenoi Berechnung zeigte, dafs sie in gar keine Uebereinstimmnng miteinander zu bringen waren. Ein näheres Eingdien aof die Sache liefs bald den Grund dieser Widerspilldie er- kennen, der durch folgende, zu diesem Behufe angestellte, Versuchsreihe klar in die Augen fallen wird:

GefS(s recLu.

87 GefÜfs links.

1 Norm. Bar.

m d. Luft.

Bar. IL

N.Th.No.l

Bar. I.

Th. No. 4. Bar.

Th. a. B.

1008,229

62^73

1008,171

367,60 367,45 367,33

1008,229

62,633

1008,171

+5,68 5,67 5,67

316,35 316,05

R. + 13,9

13,9

Bar. If. wurde nun aus MtnetD Gcfalse genommen, horizontal gelegt und lu dasselbe Gefafs turuckgehangt. Bar. I. nicht berührU

1008,086

62,238

1008,059

367,20

1008.086

5,68

315,77

367,15

62,678

5,68

367,10

1008,059

5,69

315,73

14,0 14,1

1008,008

366,95

1008,008

5,68

315,72

62,321

367,00

63,409

5,68

1006,091

UM CM

1008,091

5,67

315,76

Nun ebenso mit Bar. L verfibren, wShrcnd Bar. IL unberührt gelassen wurde.

IJ, 14,4

Man sieht also, dafs keiner der beiden Barometer auf sei- nen vorigen Stand zurückkam, wenn man ihn einer Lagen- Veränderung unterworfen hatte. Die dadurch entstehenden Unterschiede der absoluten Höhen lyurden manchmal gröfser ^ TXT P^r. Lin. gefunden.

Ueber den Grund dieser auffallenden Erscheinung, die meines Wissens noch nicht näher bertihrt wurde, könnte man etwa die Vermuthung aufstellen, dafs bei der beträcht- lichen Verlängerung des offenen Schenkels die Reibung der Luft gegen die Wände der Röhre in einem solchen Grade zunähme, dafs durch das Spiel der Quecksilbersäule die im offenen Schenkel enthaltene Luft mit der äufseren nicht mehr im Gleichgewicht bliebe, welcher Zustand sich dann nothwendig in der Höhe des Barometerstandes äufsem mfifste« Es wäre aber auch recht leicht denkbar, dafs durch die Oxydschicht, welche sich' bei jedem Heberbarometer nach kurzer Zeit des Gebrauches an den Röhrenwänden in der Gegend des unteren Niveaus ansetzt, die Reibung und Ad- häsion des Quecksilbers hier so vermehrt werde, dafs sie kleinen Aenderungen des Luftdruckes das Gleichgewicht zu halten vermögen. Möglich auch, dafs dieser und der vOr- hererwähnte Umstand zusammen auf die Barometerhöhe ei-

88

nen Einfluts aasüben. Es scheint wenigstens aus der vor- stehenden Beobachtungsreihe klar herTorzugehen , dafs för genaue Messungen des Luftdruckes die Gefä^barometer den heberförmigen voranstehen dürften.

Die beiden, auf die hier initgetheilte Wahrnehmung hin, für unseren Beobachtungsapparat neu angefertigten Barome- ter wurden zwar vor Beginn der Messung erst mehrere Tage hindurch einer sorgfältigen Prüfung unterworfen, und liefsen in dieser Beziehung mit Bestimmtheit keinen Fehler erken- nen; es läfst sich indessen auch nicht mit Zuverlässigkeit behaupten, dafs derselbe gar nicht vorhanden gewesen wSre, und nicht wenigstens von einem Theile der Abweichungen der Einzelnwerthe unseres q die Schuld trüge«

§. 11.

Da der neue Wertb von q von dem seither als richtig angenommenen so bedeutend abweicht, so schien es nicht unzweckmäfsig, mittelst desselben eine neue Reductionsta- fei für das Barometer zu berechnen, welche hier noch im Anhange folgt. Sie gilt für ein Barometer mit der Mes- singscaie, die nach par. Linien getheilt ist, und ist nach dem bekannten Ausdraoke

|(g— m)<+|.13w .

berechnet, in welchem

h die abgelesene Barometerhöhe > t die Temperatur in Reaumur'schen Graden q =0,00017405 den Ausdehnungsco^fficienten des Queck- silbers für 1<> C. und m =0,00018785 den AusdehnnngscoSfficicnten des Mes- sings für l'^ C. bedeutet. Es wird dann die abgelesene Barometerhöhe auf die Temperatur 0'^ reducirt, wenn man vorstehenden Aus- druck mit seinem Vorzeichen nach Einsetzung der Zahleii- werlhe zu derselben addirt.

Die Tafel ist natürlich auch für metrische und nach englischem Maafse getheilte Barometer mit Centesimal- oder Fahrenheit'sche Thermometer gültig, wenn man nur vor- her die Temperaturen in Beaumur'schen Graden und die Barometerhöbeu in par. Liu. ausdrückt. Die zu dieser Um- wandlung nöthigen Tafeln finden sich in Schumacjier's astronom. Jahrb. 1844. S. 78 ff.

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iV. Veber die quanlUatice Bestimmung der unor-

gamschen Besiandiheile in den organischen Sub-

stanzen; con Heinrich Rose.

ilachdem man, besonders durch den Einflafs von Liebig's Bemühungen, die unorganischen Bestandtheile in den organi- schen Körpern mit gröfserer Sorgfalt als früher zu bestim- men suchte, überzeugte man sich Ton der Schwierigkeit die- ser Unlersndiungen. Die Zerstörung einer anberordentlich grofsen Menge von organisdier Substanz gelingt, wenn die- selbe nur sehr geringe Mengen unorganischer Bestandtheile enthält, und wenn sie durch die erste Elinwirkung der Hitze schmilzt, oft nur bei einer sehr hohen Temperatur, durch welche gewisse unorganische Bestandtheile theils TerflOch- ti£t, theils wesentlich in ihrer Zusammensetzung verändert werden. Deshalb weichen die Asdienanaljsen von densel- ben organischen Körpern, welche von verschiedenen ganz zuverlässigen Chemikern angestellt worden sind, oft ganz aufserordentlicb von einander ab, und diesi»' Mangel an Uebereinstimmung rührt weniger von einem Mangel an Ge- nauigkeit und an Umsicht her, als von der Anwendung ver- schiedener 3Ielhoden.

ich habe vor einiger Zeit eine Methode der Untersudinng der unorganischen Bestandtheile in den organischen Sub- stanzen veröffentlicht, die mir die wesentlichsten Mängel der gebräuchlichen SIethoden nicht zu haben sdiien. Sie ^rundete sich darauf, dafs die organische Substanz bei ge- ringer Hitze verkohlt, die verkohlte Masse erst mit Was- ser, und dann mit Chlorwasserstofkäure ausgekodit, und dafs endlich die durch Auflösungsmittel erschöpfte Kohle, mit Platiuchlorid befeuchtet, beim Zutritt der Luft ver- braunt wird, was in den meisten Fällen bei nicht sehr ho- her Temperatur sich ausfuhren läCst. Ich zeigte, da(s die verschiedenen organischen Subztanzen hierbei ein wesent- lich verschiedenes Verhalten zeigen, daCs nämlich aus dnigen

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die unorganischen Bestandtheile fast vollständig durch die Auflösungsmittel ausgezogen werden können, ii?ährend dafs man bei andern diefs nur in einem geringen MaaCse be- werkstelligen kann.

Die vorgeschlagene Methode erfüllt ihren Zweck bis zu einem gewissen Grade. Sorgfältig angestellte Versuche ha- ben gezeigt; dafs die Endresultate der Untersuchung nach dieser Methode, von verschiedenen Chemikern ausgeführt, sehr genau übereinstimmen können. Allein dennoch hat auch diese Methode ihre Mängel, welche im Laufe dieser Abhandlung, in welcher ich eine Modification derselben aus- führlich beschreiben werde, berührt werden sollen.

Nach dieser veränderten Methode werden die organi- schen Substanzen, wie bei der altern, auch erst bei gelin« der Hitze verkohlt. Diefs geschieht, wie es früher beschrie- ben ist, in einem Thontiegel oder, wenn sie nur ein ge- ringes Volumen einnehmen, in einem etwas grofsen Platintie- gel« Kommt es besonders darauf an, in der Kohle einen Gehalt an Kieselsäure nachzuweisen, so darf man sich zur Verkohlung nur eines Platiutiegels bedienen; denn bei An- wendung eines hessischen Tiegels oder eines andern Thon- tiegels kann leicht von der Masse des Tiegels etwas abge- rieben werden, und sich mit der verkohlten Substanz men- gen, besonders wenn man animalische Substanzen, die bei höherer Temperatur schmelzen, verkohlt.

Flüssige animalische Substanzen, wie Milch, Galle, Blut u. 8. w. müssen zuerst in einer Porcellanschale zur Trocknifs abgedampft werden. Um den Wassergehalt dieser Substan- zen zu erfahren, dampft man eine gewogene Quantität der- selben, im Wasserbade zur TrockniCs ab, und erhitzt sie so lange bei 100^ C. bis sie nichts mehr an Gewicht ver- liert. Die getrockneten Rückstände einiger Substanzen (na- mentlich der sogenannten Proteinkörper) nehmen dabei eine knorpelartige Beschaffenheit an, wie z. B. das Eiweifs und das Blutserum. Es ist bei diesen schwer alles Wasser aus- zutreiben. Man mufs daher beim Eindampfen die Masse so viel wie möglich zu zerkleinem suchen ; denn die spröde

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Masse im Mörser zu zerreiben, ist oft nicht ohne Verlust möglidi.

Bei der Verkohlung einiger thierischen Substanzen fin- det oft die grofse Unannehmlichkeit statt, dafs die Masse stark schäumt und leicht aus dem Tiegel steigt. In diesem Falle darf man nur kleine Mengen der Substanz in den Tiegel tragen und verkohlen. Bequemer ist es dann, die Substanzen, welche bei erhöhter Tmnperatur schmelzen, zuerst in einer Platinschale unter beständigen Umröhren so lange zu erhitzen, bis sie ihren flüssigen Zustand ganz verloren haben, und die organische Materie zum gröbten Theil schon zerstört ist. Der verkohlte Rückstand wird dann in einen Platintiegel oder auch jetzt ohne Nachtheil in einen Thontiegel gebracht, und mit gut aufgelegtem Deckel, im ersten Falle über der Spirituslampe mit doppeltem Luft- zuge, im letzten Falle zwischen Kohlenfeuer bis zur dun- kelsten Rothgluht erhitzt«

Bei der Verkohlung der meisten Pflanzensubstanzeo, namentlich der Saamen und der Stroharten sind diese Vor- sichtsmafsregeln nicht nöthig, da diese bei der VerkohloDg nicht schmelzen, und meistentheils ihre Structur bebalten.

Auch die Pflanzensubstanzen werden einer Temperatur von 100° C. ausgesetzt, um den Wassergehalt in ihnen zu bestimmen. Es versteht sich, dafs man eigentlich nur nO« thig hat, einen Theil dazu zu verwenden. Sie können dann ohne Nachtheil in einem Thontiegel verkohlt, und nadi der Verkohlung mit Leichtigkeit aus dem Tiegel geschüttet wer- den, ohne dafs etwas von der Substanz an den Wänden des Tiegels haften bleibt, und abgerieben werden muls.

Vor der Verkohlung von Pflanzensubstanzen , nament- lich von kleinen Saamenkömern, mub man dieselben aufs sorgfältigste von dem beigemengten Sande zu reinigen su- chen, da dieser bei der Einäscherung auf die BestandtheOe der Asche zersetzend einwirken, und zu ungenauen Resul- taten Veranlassung geben kann.

Dieses Reinigen der Saamenkörner ist bisweilen mit grofsen Schwierigkeiten verknüpft, da die äufsere Hfille oft

mit

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mit einem ganz feinen Sande, oder mit Thon so impräg- nirt ist, dafs sie nur schwer davon zu befreien sind. Es ist diefs namentlich beim Rapssaamen und anderen sehr klei-* neu Saamenkörnern der Fall. Am besten gelingt diese Rei- nigung vom Sande oder vom Thon, wenn man die Saamen- körner in einem Becherglase mit einer nicht zu grofseu Menge destillirten Wassers übergicfst, einige Augenblicke mit ei- nen Glasstab gut umrührt und dann auf ein etwas weit- löcheriges Sieb bringt, das den feinen Sand durchlaufen läfst, die Saamenkörner aber zurückbehält. Man mufs diese Operation noch einige Male wiederholen, aber nie dabei die Kömer lange Zeit mit dem Wasser in Berührung las- sen, weil sonst aus ihnen auflösliche Salze könnten ausge- zogen werden« Man bringt dann den Saamen auf ein lei- nenes Tuch und reibt ihn zwischen demselben, wodurch noch feiner an den Körnern haftender Sand fortgenommen wird. Der so gereinigte Saamen ist jetzt fast vollständig rein von fremden Beimengungen. Nach dem Trocknen wird er verkohlt.

Bei der beschriebenen Operation wird man sich tiber- zeugen, mit was für einer aufserordentlich grofseu Menge von Sand und Thoü, die sich oft als eine dicke Schicht in dem Wasser absetzt, die Saamenkörner verunreinigt sind. Unterläfst man diese Reinigung, so findet man bei der Unter3uchung der Asche oft so grofse Quantitäten von Kie- selsäure und bisweilen auch Thonerde, dafs die erhalteneu Resultate dadurch ganz werthlos werden. Die grofse Ver- schiedenheit hinsichtlich des Kieselsäuregehalts der Asche einiger organischer Substanzen, die von verschiedenen Che- mikern untersucht worden sind, mag wenigstens zum Thcil diesem Umstände zugeschrieben werden. Auch wenn von einigen Chemikern Thonerde in der Asche von Pflanzen angegeben wird, so ist wahrscheinlich eine Verunreinigung derselben mit Thon die Ursache davon.

Bei der Untersuchung der Asche eines Rapssaameus, der nicht auf die so eben angeführte Weise gewaschen, sondern auf andere Weise sorgfältig vom Sand getrennt

PoggendorCTs Annal. Bd. LXXX. «

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worden war, und der für hinreichend rein gehalten wurde, da er in einem Beutel durch Schlagen desselben abgestäubt, darauf gesiebt, und dann noch von gröfsercn Sandkömero und andern fremdartigen Beimengungen sorgfältig ausgesucht worden war, gab die erhaltene Asche bei Anwendung von 300 Grm. Saamenkörncrn 23,689 Grm. eines ganz feinen San- des. Unter den Bestandtheilen der Asche wurden 4,36 Prot. Eisenoxjrd, 4,32 Proc. Thonerde und 5,55 Proc. Kieselsäure gefunden. Nachdem aber bei einer Wiederholung der Ana- lyse der Saamen durch Waschen auf die oben angeführte Weise gereinigt worden war, gab die Asche 0,63 Proc. Elisen- oxjrd und 0,91 Proc. Kieselsäure und gar keine Thonerde.

Erhält man beim Auflösen einer Asche in Säuren einen bedeutenden Rückstand von Sand, so kann man mit Sicher- heit annehmen, dafs die erhaltenen Resultate kein grofses Vertrauen verdienen.

Zur Untersuchung der Asche von Pflanzensubstanzen, reicht in den meisten Fällen eine Menge von 100 Grm. hin, und auch diese Quantität ist bisweilen schon überflüssig grofs: Nur in manchen Fällen ist es bequem, grödBere Mengen von Asche zur Verfügung zu haben, um einzelne Bestandlheile aus verschiedenen Mengen von Asche bestim- men zu können.

Bei der Untersuchung animalischer Substanzen mufs man jedoch in fast allen Fällen eine weit gröfsere Menge der- selben anwenden, um (da ihr Wassergehalt häufig zwi- schen 60 und 90 Proc. beträgt) eine hinreichende Menge von Asche zur Untersuchung zu erhalten.

Man hat schon von verschiedenen Seiten darauf auf- merksam gemacht, welche Ungcnauigkeiten in den Resul- taten der Analyse entstehen, wenn man die verkohlte Sub- stanz beim Zutritt der Luft einäschert. Wenn diefs in ei- ner Muffel bei möglichst niedriger Temperatur gesdiieht, so ist diefs wenigstens sehr langwierig. Und wenn bei einer solchen möglichst niedrigen Temperatur die Verflüch- tigung oder Zersetzung einzelner Bestandtheile bei grofser Vorsicht vermindert werden könnte, so können doch durch

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die lange Daaer, mit irelcher die Einäscherung verknüpft ist, Veränderungen in der Asche hervorgebracht werden.

Bei meiner früheren Methode wurde, wie schon oben bemerkt, die verkohlte Masse zuerst fein gepulvert, darauf mit W^asser, dann mit Chlorwasserstoffsäure ausgezogen, und endlich die durch Auflösungsmittel erschöpfte Kohle ver- mittelst Platinchlorids verbrannt. Die bei diesen drei Ope- rationen erhaltenen Theile wurden jeder für sich untersucht, und endlich die in allen drei Theilen gefundenen Bestand- theile vereinigt, und aus ihnen die Zusammensetzung der Asche berechnet.

Diese Methode w[ar nicht blofs langwierig und umständ- lich, sondern sie war auch mit einigen Ungenauigkeiten verknüpft. Denn neuere Versuche haben gezeigt, dafs na- mentlich aus der verkohlten Masse, durch Wasser nicht die ganze Menge der alkalischen Chlormetalle ausgezogen wer- den kann. Man konnte also, wenn man auch durch die nachherige Behandlung mit Chlorwasserstoffsäure und Pla- tinchlorid die richtige Menge der Alkalien erhielt, doch ei- nen Verlust an Chlor nicht vermeiden.

Wenn man nun keinen Werth darauf legt, zu erfahren, in welchem Zustand die unorganischen Bestandtheile in den organischen Substanzen enthalten sind, und nicht zu wissen beabsichtigt, ob sie durch Auflösungsmittel ganz oder nur . zum Theil ausgezogen werden können, so kann man in der verkohlten Masse die Kohle vollständige oxjdircn, um die organischen Bestandtheile sogleich zu erhalten.

Das Verbrennen der Kohle geht vermittelst Platinchlo- rids in den meisten Fällen zwar recht gut von statten, aber die Methode hat schon den grofsen Nachtheil, dafs man auf die genaue Bestimmung des Chlors Verzicht leisten mufs. Da nun das Platinchlorid die Oxydation der Kohle bei möglichst niedriger Temperatur nicht durch das entweichende - Chlor, sondern durch das entstandene fein zertheilte Pla- tin bewirkt, so lag es nahe, statt des Platinchlorids Pla- tinschwamm anzuwenden.

Die Erfahrung hat gezeigt, dafs man bei Anwendung

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des Platinschwamms sehr gute Resultate erhahen kann. Hr. Weber hat durch Versuche, deren Resultate weiter unten mitgetheilt werden, erwiesen, dafs wenn man gewogene Quantitäten von unorganischen Salzen mit bedeutenden Men- gen von organischer Substanz (Zucker) mengt, das Ge- menge verkohlt, und die verkohlte Masse nach Mengung mit Platinschwamm verbrennt, man die ganze Menge der angewandten unorganischen- Salze, wenn sie löslich sind, schon durch Wasser ohne Verlust ausziehen kann. Es ^. ist tibrigens schon eine lauge bekannte Erfahrung, dafs wenn Kaliumplatinchlorid vorsichtig geglüht wird, man durch Aus- waschen mit Wasser die ganze Menge des in ihm enthal- tenen Chlorkaliums erhalten kann.

Die Wirkung des fein zertheilten Platins ist hierbei eine zweifache. Durch die Einmengung des unschmelzbaren Platins wird verhindert, dafs namentlich die leicht schmelz* baren Salze die Kohle umgeben, und sie gegen die Ver- brennung schützen können, was die hauptsächliche Ur- sach der schweren Oxydation der Kohle bei möglichst niedriger Temperatur ist. Dann aber besitzt bekanntlich das fein zertheilte Platin in einem hohen Grade die Ei< genschaft, Gasarten zwischen seinen Poren zu verdichten, wodurch die Verbrennung der Kohle erleichtert und be- schleunigt wird.

Was die erste Eigenschaft des Platins betrifft, so hat schon vor längerer Zeit Wackenroder darauf aufmerksam gemacht, dafs es die leicht schmelzbaren unorganischen al- kalischen Salze in manchen organischen Substanzen sind, welche die Verbrennung derselben ungemein erschweren, und er halte deshalb auch vorgeschlagen, die an Erdarten armen verkohlten organischen Körper mit kohlensaurer Ba- rjterdc zu mengen, um die Verbrennung der Kohle zu erleichtern. Diese Erleichterung wird auch dadurch bewirkt, aber obgleich man die angewandte Barjterde in manchen Fällen leicht durch Schwefelsäure fortschaffen kann, so ist das doch, besonders bei Anwesenheit von Kalkerde, mit nicht geringen Unbequemlichkeiten verknüpft.

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Das Verfahren bei AuwenduDg des Plaliuschwamins ist folgendes: Die verkohlte organische Substanz wird in ei- nem Porcelianniörser vorsichtig fein zerrieben, und mit 20 bis 30 6nn; Platinschwamm auf das innigste gemengt. Diese Menge ist mehr als hinreichend, und in Ermangelung so gro- fser Mengen von Platin i^ann man auch bedeutend weniger anwenden; doch geht die Verbrennung der verkohlten Masse weit leichter und schneller von statten, wenn sie, mit sehr vielem Platin gemengt ist. Das Gemenge bringt man hier- auf in eine kleine dünne Platinschale oder besser auf ei- nen grofsen concaven Platindeckel von 2 bis 2^ Zoll im Durchmesser und erhitzt das Ganze über der Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge. Nach kurzer Zeit, ehe noch das Gemenge ins Glühen gekommen ist, fängt jedes Kohlen- theilchen an zu verglimmen, und die Oberfläche des schwar- zen Gemenges überzieht sich mit einer grauen Schicht. Durch flcifsiges vorsichtiges Umrühren mit einem kleinen Platinspa- tel erneuert man die Oberfläche und befördert die Ver- brennung. So lange noch unverbranntc Kohle in der Masse enthalten ist, findet ein Verglimmen statt, sobald sie aber vollständig verbrannt ist, hört jedes sichtbare Erglühen auf, auch wenn man dieselbe stärker erhitzt. Da die Verbren- nung des ganzen Gemenges nicht auf einmal stattfinden kann, so bringt man neue, nicht zu grofse, Quantitäten auf den Platindeckel oder in die Schale.

Die erhaltene graue platinhaltige Masse wird in einen Platintiegel gebracht und im Luftbade bei einer Tempera- tur von 120° C. so lange erhitzt, bis sich das Gewicht der- selben nicht mehr verändert. Man kocht sie darauf mit Wasser aus und wäscht das Ungelöste mit heifsem Was- ser aus; das Auswaschen ist in kurzer Zeit beendet. In der fillrirten Flüssigkeit sind alle im Wasser löslichen Be- standtheile der Asche enthalten, nebst geringen Mengen phosphorsaurer Erden, welche vom Wasser in sehr gerin- ger Quantität mit aufgelöst werden. Der ungelöste Rück- stand enthält die phosphorsauren Erden, und auch Alkalien. Die Gegenwart letzterer rührt davon her, dafs beim Er-

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hitzen die pjro- uud metaphosphorsauren Erden aus den ent- standenen kohlensauren Alkalien Kohlensäure ausgetrieben und im Wasser unlösliche Doppelsalze von ^ phosphorsäu- ren Erden und Alkalien gebildet haben. In einigen Fällen, besonders bei der Untersuchung von Stroharten, enthält die wässrige Auflösung aufser Kalkerde und Magnesia noch eine mehr oder minder grofse Menge von Kieselsäure. Er- stere sind zum Theil im reinen Zustande bei der Auflösung enthalten, wenn sie ihre Kohlensäure durch eine zu starke Hitze verloren haben.

Die kohlensauren Alkalien in der verkohlten Masse kön- nen zum Thcil durch Einwirkung der Kohle, zum Theil auch durch die der pyro> und metaphosphorsauren Salze, einen Theil ihrer Kohlensäure verloren haben. Die Be- stimmung der Kohlensäure in der Asche hat daher keinen grofsen Werth, da eine gröfsere oder geringere Menge von gefundener Kohlensäure von manigfaltigen Umständen ab- hängen kann. Hat man in einer Asche keine Kohlensäure gefunden, findet man aber bei der Zusammenstellung der Resultate die Phosphorsäure mit den Basen als dreibasische phosphorsaure Salze verbunden, so kann man mit Sicherheit annehmen, dafs Kohlensäure wenigstens in der schwach ver- kohlten Masse enthalten war, da die dreibasischen phos- phorsauren Alkalien, und besonders auch die dreibasische phosphorsaure Magnesia eine sehr geringe Beständigkeit besitzen, und nicht gut in einer organischen Substanz exi- stiren können, da sie sich mit so grofser Leichtigkeit in wasserhaltige phosphorsaure und in kohlensaure Salze ver- wandeln.

Es wäre wtinschenswerth, gemeinschaftlich übereinzukom- men, ob man bei Aschenanaljsen die gefundene Kohlen- säure mit anführen soll oder nicht, um die Resultate der Analysen besser mit einander vergleichbar zu machen.

Der erhaltene wäfsrige Auszug wird bis zur Trocknifs abgedampft, die trockne Masse schwach geglüht, und ihr Gewicht bestimmt. Will man die Kohlensäure in ihr be- stimmen , so ist es nöthig, erst Kohlensäuregas vor dem

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Abdampfen durch die Lösung zu leiten, um die Kohlen* säure zu ersetzen , die in den kohlensauren Alkalien durch den Einflufs der Kohle in Kohlenoxjd verwandelt wor- den ist.

Beträgt das Gewicht des trocknen Bückstandes einige Gramme, so kann man zur Bestimmung einzelner Bestand- Iheile verschiedene Mengen desselben benutzen und um eine Controle ftlr die Bichtigkeit der Untersuchung zu er- halten, auch in jedem Falle die Kohlensäure bestimmen. Ist aber das Gewicht des trocknen Bückstandes gering, so bestimmt man alle Bestandtheile in einer und derselben Menge 4lesselben.

Der Gang der Untersuchung ist dann folgender: Die in Wasser gelöste Masse wird durch verdünnte Salpeter- säure übersättigt, (was, wenn die Kohlensäure quantitativ bestimmt werden soll, in einem dazu geeigneten Apparate geschehen mufs). Scheidet sich bei der Ucbersättigung Kie- selsäure aus, so wird diese abfiltrirt, und in der filtrirten Lösung durch salpetersaures Silberoxjd das Chlor abge- schieden. Man entfernt darauf das überschüssige Silberoxjd durch Chlorwasserstoffsäure und dampft in einer Porcellan- schale die Flüssigkeit bei sehr geringer Hitze bis zur Trock- nifs im Wasserbade ab. Der trockne Bückstand wird mit Chlorwasserstoffsänrc befeuchtet, Wasser hinzugefügt und die abgeschiedene Kieselsäure abBltrirt. Ihr Gewicht wird gemeinschaftlich mit der bestimmt, welche etwa bei der Sättigung der trocknen Masse durch Salpetersäure ausge- schieden worden war.

Die von der Kieselsäure abfiltrirte Flüssigkeit wird durch Ammoniak übersättigt. Es wird hierdurch in den meisten Fällen ein nicht sehr bedeutender Niederschlag von phos- phorsauren Erden entstehen, die abfiltrirt, und nicht zu lange ausgewaschen werden, da sie sich sonst zum Theil wieder im Wasser lösen. Man glüht diese Fällung, zieht, ihr Ge- wicht von dem des zur Trocknifs abgedampften wässrigen Auszugs ab, und bewahrt sie auf, um sie dem salpetcrsau-

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reu Aaszuge des in Wasser unlöslichen RQckstandes hin- zuzufügen.

Die Flüssigkeit, welche von dem durch Ammoniak ent- standenen Niederschlage abfiltrirt worden ist, wird mit et- was Oxalsäure versetzt, wodurch nur in wenigen Fällen eine geringe Trübung von oxalsaurer Kalkerde entstdit, welche von der im wässrigen Auszuge aufgelösten schwe- felsauren Kalkerde herrührte. Nur bei der Analyse der Stroharten findet sich dieselbe im wäfsrigen Auszuge; bei der Untersuchung der Saamen und der animalischen Sub- stanzen entsteht in dem wäfsrigen Auszuge keine Trfibung durch Oxalsäure.

Die von der Oxalsäuren Kalkerde abfihrirte Auflösung wird mit Chlorbar jum versetzt, wodurch schwefelsaure, phosphorsaure und auch wohl etwas Oxalsäure Baryterde gefällt wird. Der Niederschlag wird nach dem Filtriren ausgewaschen. Enthält er Oxalsäure Baryterde, so ist ein vollständiges Auswaschen nicht möglich, da dieselbe auf- löslich ist. Man behandelt die Fällung darauf mit verdünn- ter Chlorwasserstoffsäure, wobei die schwefelsaure Baryt- erde ungelöst bleibt, die ihrem Gewicht nach bestimmt wird, woraus man das der Schwefelsäure berechnet. In der fil- trirten Flüssigkeit entfernt man die Baryterde durch ver- dünnte Schwefelsäure, übersättigt dann mit Ammoniak. und fällt die Phosphorsäure als phosphorsaure Ammoniak- Magnesia.

Die Flüssigkeit, aus welcher die Schwefelsäure und die Phosphorsäure durch Chlorbaryum geschieden worden sind, wird mit kohlensaurem Ammoniak mit einem kleinen Zu- satz von freiem Ammoniak versetzt, um die Baryterde des überschüssigen Cblorbaryums abzuscheiden. Man dampft das Filtrat bis zur TrockniCs ab, und verjagt die ammoniaka- lischen Salze durch Glühen; der geglühte Bückstand ent- hält die Alkalien als Chlormetalle. Man bestimmt ihr Ge- wicht, und trennt Kali und Natron nach bekannten Methoden von einander.

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Dieser Gang der Uotersachang des wäfsrigen Aaszogs der verkohlten Masse ist im Wesentlichen ganz derselbe, wie ich ihn früher vorgeschlagen habe ' ).

Das mit Wasser aasgezogene Platin wird nun mit ver- dünnter Salpetersäure behandelt. Es wird einige Male da- mit erhitzt, abfillrirt und mit heifsem Wasser, zu welchem einige Tropfen Salpetersäure gesetzt worden sind, ausge- waschen. Die Lösung enthält Verbindungen von Phosphor- säure mit Kalkerde, Magnesia und Eisenoxjd, in dem sehr häufig Spuren von Mangan sich finden, salpetersaures Kali und Natron, (von den alkalihaltigen phosphorsauren Erd- salzen herrührend) und salpetersaure Kalkerde und Mag- nesia. Letztere finden sich besonders in der Untersuchung der Stroharten, und sind in der Asche als kohlensaure (oder bei stärkerem Glühen zum Theil als reine) Erden enthalten. Die Auflösung enthält nie Schwefelsäure und Chlor.

Sie wird bis zu einem geringen Volumen abgedampft, doch so, dafs noch ein Ueberschufs von Salpetersäure vor- handen bleibt, und dann mit metallischem Quecksilber be- handelt, um auf die von mir beschriebene Weise die Phos- phorsäure von den Basen zu trennen ^ ).

In manchen Fällen kann man auch aus der salpetersau- ' ren Lösung' die phosphorsauren Erden durch Ammoniak fällen, den Niederschlag in Salpetersäure lösen, und mit metallischem Quecksilber zerlegen. Bei den Analysen der Aschen von Stroh ist diefs sogar bequemer, da in diesen die Menge der phosphorsauren Erden nur gering, und in der Lö- sung die Basen vorzüglich als salpetersaure enthalten sind.

Wenn man das mit Wasser erschöpfte Platin statt mit Salpetersäure mit Chlorwasserstoffsäure behandelt, so hat die Anwendung dieser Säure einige Unbequemlichkeiten, da bei der Trennung der Phosphorsäure von den Basen vermittelst metallischen Quecksilbers, Salpetersäure hinzu- gefügt werden mufs, und dann die Gegenwart der Chlor- wasserstoffsäure störend einwirkt, weil eine grofse Menge

1) Pogg. Ann. Bd. 76, S. 325.

2) Pogg. Aonal. Bd. 76, S. 252.

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von QaeduilberchlorOr sich bildet, wddies das metalUsche Quecksilber bedeckt, und die Zersetzung sehr erschwert.

Das mit Wasser und Salpetersäure ersdiOpfte Platin enthält nur noch Kieselsäure. Man erhitzt es in einer Platinschale mit einer Auflösung tob Kalihjdrat,. filtrirt und wäscht mit heifsem Wasser aus. Aus der alkalischen Auf- lösung wird die Kieselsäure auf die bekannte Weise er- halten.

Das durch Wasser, Salpetersäure und Kalilösung er- schöpfte Platin wird bei 120" C. getrocknet, bis es nicht mehr an Gewicht abnimmt. Was es jetzt weniger wiegt als nach der Verbrennung der Kohle ist das Gewicht der Asche, weniger der Quantität von Kohlensäure, die sich, wie schon oben erwähnt wurde, nicht mit Genauigkeit bestimmen lä&t

Hat man die organischen Substanzen, besonders die ▼egelabilischen zuvor sorgfältig gereinigt so ist auch nach der Untersuchung das Platin rein; sonst enthält es Sand und Tbon. Die mechanische Reinigung der organis«dien Substanzen von diesen Einmengungen ist auch schon des- halb wohl zu berücksichtigen, um das Platin rein zu erhal- ten, und um nicht gezwungen zu seyn, das Platin aufzulösen, was bei so bedeutenden Mengen etwas unangenehm ist.

Dasselbe Platin ist bisjetzt zwölfmal angewandt wor- den. Es hat zwar allmälig bedeutend au Volumen abge- nommen, doch besitzt es fast noch dieselbe Fähigkeit, die Verbrennung zu beschleunigen wie zuvor. Es kann gewiCs noch oft zu demselben Zwecke angewandt werden; endlich aber wird es wohl so dicht werden, dafs es bei der fer- neren Anwendung die Verbrennung der Kohle nidit mehr begünstigt. Dann mufs es aufgelöst werden. Aus der Lö- sung wird es durch Chlorammonium gefällt, und auf die bekannte Weise wieder in Platinschwamm verwandelt.

Die Verbrennung einer verkohlten organischen Substanz mit Hülfe von Platiuschwamm dauert, wenn man ungefilhr 100 Grm. der Substanz angewandt hat, 2 bis* 3 Stunden, während die Verbrennung der Kohle nach jeder andern Methode bei weitem mehr Zeit in Anspruch nimmt, und

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mit weit gröfseren Unannehmlichkeiten yerknfipft ist. Die von mir jezt vorgeschlagene Methode erfordert zwar eine bedeatende Menge von Platin, da aber von demselben nichts verloren geht, so ist kein pecaniärer Nachtheil dabei*.

Man kann zwar bei dem Gange der Untersuchung manche Veränderung anbringen, doch mQsseu dieselben wohl er- wogen werden.

Man könnte z. B. nach der Oxydation der Kohle, wenn man die Kohlensäure nicht bestimmen will, das Platin un- mittelbar durch Salpetersäure ausziehen, wodurch die Un- tersuchung sehr vereinfacht würde. Diefs kann aber nur geschehen, wenn in der Asche keine Chlormetalle enthal- ten sind, was nur höchst selten der Fall ist. Bei Anwe- senheit der Chlormetalle wird durch die Salpetersäure et- was Platin aufgelöst, dessen Entfernung mit grofsen Unan- nehmlichkeiten verknüpft ist.

Man könnte den wäfsrigen und den salpetersauren Aus- zug des Platins mit einander vereinigen, wodurch ebenfalls die Untersuchung vereinfacht würde. Aber auch diese Ver- änderung i^t nicht zu empfehlen. In dem vereinigten Aus- zuge mufs dann zuerst, wenn sich Kieselsäure ausgeschie- den hat, diese filtrirt werden, darauf wird durch salpetersau- res Silberoxjd das Chlor, und durch Chlorwasserstoffsäure das überschüssige Silberoxyd abgeschieden. Dann mufs man durch Chlorbaryum die Schwefelsäure fällen und durch Schwefelsäure die überschüssige Baryterde entfernen. Wenn man nun die phosphorsauren Erden durch Ammoniak fällt, so enthält die filtrirte Flüssigkeit bei der Analyse der verschiedenen organischen Substanzen verschiedene Be- standtheile. Bei der Untersuchung der Stroharten ist in derselben noch Kalkerde, Magnesia, Kali, Natron, Kiesel- säure und aufserdem noch Chlorammonium, salpetersaures und schwefelsaures Ammoniak. Bei der Untersuchung an- derer organischer Substanzen findet man in jener Flüssig- keit keine Kalkerde und keine Magnesia, aber aufser jenen Substanzen noch phosphorsaure Alkalien. Man müfste nun bei Gegenwart von Kalkerde dieselbe durch Oxalsäure fäl-

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leii, dann aber müfste inaa die Flüssigkeit zur Trocknifs abdampfen und die aminoniakaliscben Salze verjagen. Diefs aber darf wegen der Anwesenbeit des Chlorammoniums und des salpetersauren Ammoniaks nur in einer Porcel- lanscbalc gesebeben, (da eine Platinscbale stark angegrif- fen wird und sebr leiden würde) und da aucb die Ver- flücbtigung des schwefelsauren Ammoniaks sebr unangenehm ist, so ist diese Modification der Methode, obgleich sie ein- facher ist, nicht zu empfehlen.

Aus diesen Gründen wäre es aucb nicht vortheilhaft, eine Asche, welche man ohne Hülfe des Platinscbwamms erhal- ten hat, sogleich mit Salpetersäure und nicht zuvor erst mit Wasser zu behandeln.

Zur Prüfung der Methode bat Hr. Weber mehrere Versuche mit Salzen angestellt, welche mit grofsen Meur gen von organischer Substanz gemengt wurden, worauf er das Gemenge verkohlte, mit Platinschwamm verbrannte, und aus der erhaltenen Masse die Salze wiederum zu er- halten suchte.

I. Es wurden angewandt:

0,869 Grm. Chlornatrium

0,466 - schwefelsaures Natron

2,060 - kohlensaures Natron

3,395. Die Salze wurden in Wasser gelöst, und mit einer Auf- lösung von Zucker, die 6 Loth Zucker enthielt, gemengt, das Ganze darauf abgedampft und verkohlt. Die erhaltene Kohle wurde mit Sorgfalt in einem Porcellanmörser fein gerieben, mit Platinschwamm gemengt und nach der oben be- schriebenen Methode verbrannt. Der Rückstand wurde mit hcifsem Wasser ausgezogen und ausgewaschen. Als der wäfsrige Auszug mit Salpetersäure übersättigt wurde, ent- stand nur eine sehr geringe Kohlensäureentwicklungy die lauge nicht der Menge des angewandten kohlensauren Na- trons entsprach. Die Kohlensäure war also bei der Yer- kohlung und bei der Einäscherung zum gröfsten Theil durch die Wirkung der Kohle als Kohlenoxjdgas ausgetrieben

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wordeOy da in den angewandten Salzen keines war, das die Vcrflfichtignng der Kohlensäure hätte veranlassen können.

In der FIfissigkeit wurde das Chlor durch salpetersau- res Silberoxyd, die Schwefelsäure nach Entfernung des Sil- beroxjds durch Chlorbarjum bestimmt, und nach Entfernung der Barjterde das Natron als schwefelsaures Natron er- halten.

Es wurden erhalten

^079 Gnn. Chlorsilber =15,11 Proc. Chlor

0,825 - schwefeis. Baryterde = 8,34 - Schwefels. 4,268 - schwefeis. Natron =55,02 - Natron

Im angewandten Salzgemenge sind enthalten

Chlor 15,46 Proc.

Schwefelsäure 7,71 Natron 55,17 -

Dieser Versuch zeigt, dafs die unorganischen Bestand- theile in einer Terkohlten Masse durch Oxydation vermittelst des Platinschwamms mit Genauigkeit wiedergefunden wer- den können. Ich lasse es unausgemacht, was die Ursache der gröfseren Menge der erhaltenen Schwefelsäure war.

II. Nicht nur uro das Verhalten der phosphorsauren Salze, sondern, besonders um die Einwirkung derselben auf alkalische Chlormetalle kennen zu lernen, wurden zu dem zweiten Versuche ein Salzgemenge von

1,875 Grm. phosphorsauren Natron (Na^P)

1,222 - Chlornatrium

3,097.

angewandt. Es wurde nach der Lösung wie das frühere Salzgemenge mit einer Auflösung von 6 Loth Zucker ge- mengt, und mit dem Ganzen wie zuvor verfahren. Der ver- brannte Rückstand wurde mit Wasser ausgezogen, darauf nach Ansäurung der Lösung mit Salpetersäure das Chlor durch Silberoxydlösuug gefällt, nach Abscheidung des Silber- oxyds wurde die filtrirte Flüssigkeit zu einem kleinen Volu- men abgedampft, und mit Salpetersäure und metallischem Qaecksilber im Wasserbade zur Trocknifs abgedampft. Nach

HO

Behandlung der trocknen Masse mit Wasser wurden in dem Ungelösten nach schon beschriebenen Methoden die Phos- phorsäure an Natron gebunden, und als phosphorsaure Am- moniak-Magnesia gefällt. In dem Aufgelösten wurde das ge- löste Quecksilber durch Ammoniak niedergeschlagen, die fil- trirte Flüssigkeit zur Trocknifs abgedampft, und die trockene Masse, um das Natron in derselben als Chlornatrium zu erhalten, mit Chlorammonium gemengt und geglQht Wenn man eine bedeutende Menge von diesem Salze anwendet, so kann das Glühen in einem Platiutiegel geschehen, ohne dafs derselbe leidet, was der Fall ist, wenn salpetersaores Ammoniak gegen Chlorammonium vorwaltend ist. Es wurden erhalten: 2,577 Grm. Chlorsilber =20,15 Proc. Chlor

1,568 - Mg'P =32,06 - Phosphorsäure

2,854 - Chlornatrium = 49,15 - Natron

Im angewandten Salzgcmenge sind enthalten:

23,79 Proc. Chlor

32,25 - Phosphorsäure

49,27 - Natron.

Man sieht hieraus, dafs die Mengen der Phosphorsäure und des Natrons sehr genau wiedererhalten wurden, nicht aber die des Chlors, von dem ein Theil durch das phos- phorsaure Natron ausgetrieben wurde.

III. Es wurde ein dritter Versuch angestellt, um za sehen, ob die Einwirkung der phosphorsauren Salze auf alkalische Chlormetalle nicht durch Einmeugung von koh- lensauren Alkalien aufgehoben werden kann. Eis wurde daher folgendes Salzgemenge angewandt:

1,086 Grm. Chlornatrium

1,410 - phosphorsaures Natron (Na^ P)

1,418 - kohlensaures Natron.

3,914.

Die Lösung des Salzgemenges wurde wiederum mit der Lösung von 6 Loth Zucker abgedampft, das Ganze verkohlt und wie zuvor mit Platinschwamm verbrannt. Bei der An-

111

sSarang des ^äEsrigeo Auszugs mit Salpetersäure ymrde Dur eine sehr schwache Entwicklung von Kohlensäure bemerkt. Es wurden erb alten:

2,553 Grm. Chlorsilber =16,09 Proc. Chlor

1,253 - Mg^P =20,08 - Phosphorsäurc

3,996 - Chlornatrium =54,24 - Natron

In dem angewandten Salzgemenge sind enthalten:

16,73 Proc. Chlor

19,21 - Phosphorsäure

52,81 - Natron.

Durch einen unbekannten Umstand ist bei diesem Ver- suche eine gröfsere Menge von Phosphorsäure und von Natron erhalten worden, aber die Menge des Chlors stimmt ziemlich gut mit der im angewandten Chlornatrium, so dafs man annehmen kann, dafs bei einer hinreichenden Menge von kohlensauren Alkalien bei der Verkohlung und bei der Einäscherung kein Chlor aus den alkalischen Chlormetallen durch phosphorsaure Alkalien ausgetrieben wird.

Bei der Einäscherung von organischen Substanzen wird man daher durch die Analyse die richtige Menge des Chlors erhalten, wenn zugleich dabei eine gehörige Menge von kohlensauren Alkalien sich bildet. Die Bestimmung wird aber ungenau, wenn neben den alkalischen Chlormetallen pyrophosphorsaure Alkalien in gröfserer Menge zugegen sind, und das Chlor kann gänzlich bei der Verkohlung ausgeschieden i^erden, wenn die organische Substanz meta- phosphorsaure Salze enthält, wie diefs namentlich bei einer von Hrn. Weber angestellten Untersuchung des Eigelbs der Fall gewesen ist ^ ). In diesen Fällen wäre es rath- sam, die organische Materie vor der Verkohluug mit der Lösung einer gewogenen Menge von kohlensaurem Natron zu behandeln, damit einzutrocknen, und von dem durch die Analyse gefundenen Natrongehalt den des augewand- ten' Salzes abzuziehen. Das Eintrocknen und das Ver- 1) Pogg. Add. Bd. 79, S. 408.

112

kohlen der organischen Substanz darf dann nur in einem Piatintiegel stattfinden.

Nachdem diese Abhandlung schon ausgearbeitet worden war, erschien eine ähnlichen luhalts von Hrn. Strecker '). Bei der Bestimmung der unorganischen Bestandtheile in den organischen Substanzen verwirft er die früher von mir vorgeschlagene Methode der Verkohlung und empfiehlt die Einäscherung in einer Muffel, aber bei einer bei Tage nicht sichtbaren Rothglühhitze. Die Resultate der Versuche, die er angestellt hat, um sich zu Überzeugen, dafs bei dieser Temperatur kein Chlornatrium sich verflüchtigt, und die Methode genau sey, sind sehr günstig ausgefalleu. Um dem Verlust an Chlor bei Gegenwart von phosphor- sauren Salzen zuvor zukommen, mengte er die organische Substanz mit Baryterdehjdrat. Er macht darauf aufmerk- sam, dafs durch die Anwendung derselben auch die ganze Menge des Schwefels und des Phosphors, wenn diese als solche in der organischen Substanz enthalten waren, als Schwefelsäure und Phosphorsäure in der Asche gefunden werden.

Der gröfste Vortheil der Methode der voUkommnen Ein- äscherung liegt unstreitig darin, dafs man die ganze Menge der Asche unmittelbar ihrem Gewichte nach bestimmen kann. Hat man ferner eine bedeutende Menge davon erbalten, so hat man nicht nöthig dieselbe Quantität der Asche zur Be- stimmung aller Bestandtheile anzuwenden, sondern kann verschiedene Mengen dazu verwenden, um nur einzelne Bestandtheile ihrer Menge nach aufzufinden, wodurch die Analyse oft vereinfacht wird, und bisweilen mit grdCserer Genauigkeit ausgeführt werden kann. Ist femer ein Fehler bei der Untersuchung vorgefallen, so hat man nicht nöthig, die Einäscherung noch einmal vorzunehmen, wenn man sidi einen Vorrath von Asche verschafft hat.

Andererseits hat aber auch die Anwendung des Platin-

schwamms

1) Ann. d. Cl»cm. u. Pharm. Bd. 73, S. 339.

113

sdiwamms sehr bedeutende yortheile. Die Einäscherung mit demselben ist in sehr kurzer Zeit voilendety während die Einäscherung ohne denselben in der Muffel sehr lange Zeit erfordert. Dasselbe findet auch- statt , ireun man die ver- kohlte organische Substanz in einer Glasröhre einäschert, während maa einen sehr langsamen Strom von Sauerstoff- gas darüber leitet, und die etwa entweichenden flüchtigen Bestandtheile in Wasser leitet. Die Temperatur ist bei der Verbrennung mit Platinschwamm auf einem Platindeckel so gering, dafs sie kaum die dunkelste Rothgluth erreicht. DaCs dabei, ungeachtet einer aufserordentlich bedeutenden Menge von Kohle kein Chlornatrium sich verflüchtigt, ha- ben Versuche dargethan.

Die Versuche, welche Hr. Strecker angestellt hat, um zu beweisen, dafs bei der Einäscherung in der Muffel kein Chlornatrium sich verflüchtigt, sind nicht ganz überzeugend, da bei diesen das Chlornatrium fnit einer zu geringen Menge von Zucker gemengt worden war. Es wurden auf 5,2 und 2,67 Grm. Cblornatrium nur 8 und 10 Grm. Zucker ange- wandt. Diese geringen Mengen geben aber bei der Verkoh- lung nur sehr geringe Quantitäten von Kohle, so dafs das Chlornatrium die gemengte Kohle bei weitem an Gewicht übertraf. 10 Grm. Zucker beim Ausschlufs der Luft verkohlt, hinterliefsen bei einem Versuche nur 1,23 Grm. Kohle. Hr. Weber wandte bei seinen Versuchen ungefähr die dreifsig- fache Menge von Zucker an gegen geringe Mengen von anorganischen Salzen. Er suchte diese mit ungefähr so vie- ler kohlehaltiger Materie zu mengen, dafs ein ähnliches Yerhältnifs dadurch erhalten wurde, wie nach der Verkoh- lung in vielen organischen Substanzen zwischen den unor- ganischen und organischen Bestandtheilen stattfindet. Es fragt sich nun, ob wirklich kein Chlornatrium sich in der Muffel verflüchtigt, wenn dasselbe mit sehr vieler organi^ scher Materie gemengt eine lange Zeit hindurch der Roth- gluth, wenn auch nur der dunkelsten, ausgesetzt wird.

Die Anwendung von Baryterdehydrat hat gewifs viele Vortheile. Aber die Wegschaffung! der schwefelsauren Ba-

PoggcndorfiPs Annal. Bd. LXXX. 8

114

ryterde bei Gegenwart von Kalkerci^salzen ist mit so be- deutenden Unannehmlichkeiten verknüpft, dafs vielleicht die Anwendung einer gewogenen Menge von kohlensaurem Na- tron vorzuziehen ist.

Die gänzliche Einäschernng sowohl in der Muffel als besonders in einer weiten Glasröhre durch einen sehr lang- samen Strom von Sauerstoffgas ist noch mit einer andern Unannehmlichkeit begleitet. Ein Theil der Asche sintert manchmal an dem Thone oder dem Glase, besonders wenn leicht schmelzbare Salze darin enthalten sind, fest an, und läfst sich auch bei Anwendung von Aufiösungsmitteln nicht gut von der Unterlage trennen. Diefs ist bei Anwendung von Platinschwamm nie der Fall, und auch zu vermei- den, wenn bei der Einäscherung in der Muffel die orga- nische Substanz in eine Platinschale gelegt wird.

V. Ueber das T^orkommen der Bernsteinsäure im menschlichen Körper fon W* Heintz.

dchon im vorigen Jahre habe ich in den Jenaischen An- nalen für Physiologie und Medicin (Bd. I. S. 180) eine Arbeit unter dem Titel: Untersuchung des flüssigen Inhalts der Echinococcenbälge (Hjdatidenbälge) einer Frau, be- kannt gemacht, in welcher ich zeigte, dafs die klare oder kaum getrübte Flüssigkeit, welche den Inhalt dieser häutigen Bälge ausmacht, die sich am häufigsten in der Leber, aber auch in allen anderen Theilen des Körpers, namentlich in der Bauchhöhle und selbst in den Muskeln nicht bloüs beim Menschen, sondern auch bei Thieren vorfinden, und welche sich dadurch auszeichnet, dafs sich aus ihr gewöhnlich schnell ein Bodensatz absetzt, welcher aus den bekannten Echino- coccen besteht, bernsteinsaures Natron enthält. Ich glaube schon damals genügend die Identität der von mir daraus

115

dargestellten Säure mit der . Bernsteinsänre nachgewiesen zu haben, obgleich die Menge derselben, welche ich ge- wonnen hatte, nicht hinreichte, um eine Eiementaranaijse anzustellen. Jetzt ist es mir durch die Güte des Hrn. Prof. Dr. Langenbeck, welcher mir vor Kurzem -| Quart ei- ner solchen Flüssigkeit zugesendet hat, möglich geworden, auch diese auszuführen. Ich kann mich aber nicht damit begnügen, das Resultat der Analyse einfach anzuführen, sondern ich werde einen kurzen Auszug meines früheren Aufsatzes vorausschicken, weil ich annehmen darf, dafs den Chemikern die Jenaischen Annalen, worin er abgedruckt ist, nicht leicht zur Hand sind, und die blofse Analyse vielleicht nicht als genügend zu dem Beweise erachtet wer- den möchte, dafs diese Säure wirklich Bernsteinsäure sey.

Die Echinococcenflüssigkeit, welche ich im vorigen Jahre untersuchte, war den Echinococcenbälgen entnommen, welche sich in der Leber einer Frau in grofser Menge und von an- sehnlicher Gröfse gebildet hatten. Sie war farblos, ziem- lich klar, beim Umschütteln nur von schnell sich zu Bo« den senkenden Flocken, die aus Echinococcen und kleine* ren Echinococcenbälgen bestanden, getrübt, reagirte schwach alkalisch, besafs ein spec. Gewicht von 1,0076 und ent- hielt nur Spuren von Eiweifs , denn in der Kochhitze, wie beim Zusatz von Salpetersäure wurde sie nur unbedeu- tend getrübt. Die alkalische Reaction derselben rührte nicht yon kohlensaurem Ammoniak, sondern von kohlen* saurem Natron her, denn ein ihr genäherter mit Salzsäure befeuchteter Glasstab erzeugte keine Nebel von ^Salmiak. Aufserdem fand ich darin weder Schwefelsäure noch wäg- bare Mengen von Phosphorsäure, dagegen Chlor in gro- fser Menge, etwas Kalk, Kali und Talkerde und viel Natron.

•Zur Ausmittelung der Natur der organischen Bestand- theile dieser Flüssigkeit dampfte ich eine bedeutende Quan- tität derselben anfangs über freiem Feuer, zuletzt im Was- serbade ein. Hierbei trübte sich die Flüssigkeit und bil- dete auf der Oberfläche eine Haut, die sich allmälig wie-

116

der erzeugte, wenn sie entfernt wurde. Ans der abge- dampften Masse krjstallisirte viel Kochsalz heraus. Sie wurde mit Alkohol vermischt, wodurch ein sehr viel Koch- salz enthaltender Sjrup gefällt wurde, aus dem wohl cha- rakterisirte organische Substanzen darzustellen mir nicht gelungen ist. In dem alkoholischen Auszuge konnte durch eine alkoholische Chlorzinklösung kein Kreatin gefällt wer- den, und auch nachdem ein Theil der Hjrdatidenflössig- keit selbst mit etwas Salzsäure zur Trockne gebradit wor- den war, brachte Chlorzinklösung in dem alkoholischen Auszuge dieses Rückstandes keinen Niederschlag hervor. Es war also auch kein Kreatin vorhanden. Ebenso wenig konnte ich Harnstoff oder Harnsäure darin entdecken.

Aus dem nach dem Verdunsten der alkoholischen Lö- sung bleibenden Extracte schieden sich neben wenigen Koch- salzkrjstallen nach langer Zeit büschelförmig gruppirte lange Nadeln ab, die durch Abpressen und theils durch Umkrj- stallisiren, theils durch Auflösen in wenig Wasser und Fäl- len mittelst starkem Alkohol, worin sie sich nur schwer lösten, gereinigt wurden. Die Auflösung der möglichst ge- reinigten Krjstalle in wenig Wasser setzte beim Znsatz von Salzsäure kleine Krjstalle einer schwer löslichen Sftore ab, welche durch Eindunsten der Flüssigkeit und Auszie- hen mit Aether von einem darin unlöslichen Salze gesdiie- den werden konnte, welches aus reinem Chlornatrium be- stand.

Durch Verdunsten der ätherischen Lösung wurde eine stark sauer reagirende, in der Wärme unter Bräunung schmelzende, bei stärkerer Hitze ein weifses krystallinisches Sublimat liefernde krjstallinische Masse erhalten , welche ich nach diesen Erscheinungen anfangs für Hippursäure oder noch etwas verunreinigte Benzoesäure hielt. Bei genauerer Untersuchung beobachtete ich jedoch so entscheidende Un- terschiede zwischen diesen Säuren und der aus der Hyda- tidenflüssigkeit gewonnenen, dafs ich von dieser Ansidit zurückkommen mufste.

Ich fand nämlich 1 ) dafs diese Säure bei der Soblima-

117

tion stets vollkommen scharf ausgebildete Krystalle lieferte, VFfthrend die Benzoesäure, mag sie als solche selbst mit der gröEsten Vorsicht sublimirt werden, oder bei der Zersetzung der Hippursäure durch Hitze entstehen, stets abgerundete Blättchen bildet, an denen keine scharfen Kanten oder Ecken beobachtet werden können;

2) dafs sie bei ISO"» C. bis 160'' C. anfängt langsam zu sublimiren, aber erst bei 180^ bis 190^ C. schmilzt imd nun etwas schneller sublimirt, während die Benzoe- säure schon bei 120^ C. schmilzt, und die Hippursäure selbst bei 180^ bis 190^ C. nur eine anfangende Schmel- zung erleidet, und noch' kaum eine Spur eines Sublimats liefert;

3) dafs das Natronsalz derselben durch Alkohol gefällt wird, während das hippursäure Natron durch Alkohol nach Schwarz') nicht fällbar ist, welche Angabe ich zu be- stätigen Gelegenheit hatte;

4) dafs sie keinen Stickstoff enthält, dessen Abwesen« heit idk sowohl nach der La ssaingne' sehen Methode mit- telst Natrium, als auch nach der älteren Methode durch Glühen mit Kalikalk nachgewiesen habe.

Dafs die Säure nicht Oxalsäure war, ging schon dar- aus hervor, dafs in einer alkalischen Flüssigkeit nicht zu- gleich Oxalsäure und Kalkerde gelöst enthalten seyn kön- nen, wie diefs in der Hydatidenflüssigkeit der Fall war.

Es blieb daher nur noch übrig, sie mit der Berstein- säure zu vergleichen; entweder mufste sie diese Säure, oder eine neue noch nicht bekannte Säure seyn. Die Unter- suchung hat ergeben, dafs sie in allen Stücken mit der Bernsteinsäure übereinkommt.

Beide Säuren sind in Aether, wenn auch nicht sehr leicht, löslich, lösen sich auch schwer im Wasser, reagiren stark sauer, enthalten keinen Stickstoff, bilden ein in Wasser lösliches Kalksalz, sublimiren schon bei 150° 160° C. sehr langsam, fangen bei 175° C. an zu schmelzen, sind aber erst etwa bei 185° C. vollständig geschmolzen, und

1) AoD. d. Chem. und Pharm. Bd. 54 ^ S. 36. *

118

blimireu mm schneller in yoUst&ndig ausgebildeten KrysUl- len. Zwar scheint es, als wenn ein Umstand gegen die Iden- tität beider Säuren spricht, nämlich der, dafs das Matronsalz der aus der Hjr da tiden- Flüssigkeit erhaltenen durch Alkohol gefällt wird, während nachDoepping ') das bernsteinsanre Natron in wäfsrigem Weingeist leicht löslich ist. Allein ein directer Versuch überzeugte mich, dafs auch das bern- steinsanre Natron durch starken Alkohol aus seiner con- centrirten wäfsrigen Lösung gefällt wird, und zwar ganz in derselben Form, wie das entsprechende Salz jener Säure. Aber alle oben angegebenen Eigenschaften genügen nidit, um die Identität der in der Echinococcenflüssigkeit gefunde- nen Säure und der Bernsteinsäure zu beweisen. Da ich wegen Maugels an Material keine Elementaranaljse anstel- len konnte, so kam ich auf den Gedanken, die Krjstalle derselben mittelst des Mikroskops zu untersuchen, welche beim Erhitzen bis 180^ C. sublimirten. Es fand sich, dafs die Säure aus der Hydatiden -Flüssigkeit schiefe rhombische Prismen bildete. Ob diese aber dem ein- und eingliedrigen oder zwei- und eingliedrigen Systeme angehören, konnte ich nicht entscheiden, obgleich es mir in einem Falle, wo es mir gelang, den Krystall auf die nur SuCserst kleine Ab- stumpf ungsÜäche einer der Kanten zu wälzen, auf welche die schiefen Endflächen aufgesetzt waren, schien, als wenn der Ton diesen Kanten und der dorcfa die beiden schiefen Endflächen gebildeten Kante erzeugte Winkel ein sdiiefer sey, wonach dann die Krystalle dem ein- ond eingliedrigen Systeme angehören mufsten. Dagegen lieCsen sich die Win- kel, welche die schiefen Endflächen ond die FlSchen des rhombisdien Prismas auf der Längsfläche des KrystaUs bil- den, sehr genau mittelst des MikrogonioBCIcrs messen. Sie betrugen im Mittel too drei nur am wenige Minoten differirenden Messungen 110^ Itf und ISG"" 45'.

Die Krystalle, welche idi anf gleiche Weise ans Bem- steinsäure erhielt, die aus Bernstein dargestellt worden war, T erhielten sich durchaus ebenso, wie jene. Die cntspre-

119

chenden Winkel an denselben wurden im Miltel von sechs an yerschiedenen Krjrstallen ausgeführten , untel* einander nur um wenige Minuten abweichenden Messungen gleich 110<'20' und 136'>40' gefunden.

Dieses- Resultat meiner Versuche war es namentlich, welches die Ueberzeugung in mir befestigte, dafs die aus der Hjrdatldcnflüssigkeit erhaltene Säure mit der Bernstein^ säure wirklich identisch sej. Dennoch war es wünschens- werth diesen Schlufs aus meinen Versudien noch durch die Elementaranalyse zu bestätigen.

Ehe ich aber zu derselben übergehe, will ich die Re- sultate der quantitativen Untersuchung der JHjdatidenflüs- sigkeit, in welcher ich die Bernsteinsäure zuerst aufgefun- den hatte, so weit sie sich nach den bei der qualitativen Untersuchung gefundenen Daten ausführen liefs, wieder- geben. Sie bestand aus

Wasser 986,76

Feste Bestandtheile 13,24

\

•1000.

Chlorcalcium

0,46

Chlormagnesiüm

0,20

Chlorkalium

0,24

Chlornatrium

3,85

Bernsteinsaures Natron

3,41

Extractive Stoffe

6,08

Albumin

Spuren

13,24.

Ich mufs jedoch bemerken, dafs die Menge des bern- steinstauren Natrons, da man noch keine genaue quantitative Bestimmungsmethode der Bernsteinsäure kennt, nur aus der gefundenen Menge des kohlensauren Natrons berechnet ist, dafs also die angegebene Quantität desselben, abgesehen von der geringen Menge schon in der Hjdatiden- Flüssig- keit präexistirenden kohlensauren Natrons, nur dann der Wahrheit nahe kommt, wenn wirklich keine andere orga- nische Säure als Bernsteinsäure darin enthalten war.

Schon in meinem früheren Aufsatze erwähnte ich, dafs

120 ^

man,, nachdem man weifs, da£s die in der Hydatiden -Flüs- sigkeit enthaltene, an Natron gebundene Säure Bernstein« säure ist, sie am vortheilhaftesten gewinnen kann, wenn man die bis zur starken Sjrupsconsistenz eingedampfte Flfis- sigkeit mit Salzsäure versetzt und mit Aether wiederholent- lieh schüttelt. Beim Verdunsten der ätherischen Lösungen erhält man die Säure, die aber noch gereinigt werden mu(s.

Dieser Methode habe ich mich später bedient, um aus einer anderen Pottion Echinococcenflüssigkeit die Bernstein- säure darzustellen und habe sie darin auch wirklich gefun- den, jedoch, da die Menge der Flüssigkeit, die mir zu Ge- bote stand nur gering war, nur in geringer Menge.

Endlich ist es mir mittelst derselben Methode der Dar- sellung gelungen, sie aus der mir neuerdings von Hrn. Prof. Dr. Langenbeck zugesendeten Hjdatiden- Flüssigkeit hin- reichend rein und in zur Elemcntaranaljse einigermafsen ge- nügender Menge zu gewinnen, und sie scheint daher nach diesen Versuchen ein constanter, nie fehlender Bestandtheil dieser Flüssigkeiten zu sejn.

Zur Reinigung der beim Verdunsten der ätherischen Lö- sung zurückbleibenden Säure löste ich sie zunächst in Was- ser, filtrirte von dem Ungelösten ab, dampfte die^ Lösung ein, wusch den Rückstand mit kaltem Alkohol, worin die Bernsteinsäure bekanntlich sehr wenig löslich ist, und kry- stallisirte sie endlich mehrmals aus der alkoholischen Lö- sung um. So erhielt ich etwas mehr als 0,130 Grm. ziem- lich reiner, nur an einzelnen Stellen noch etwas gelblich oder bräunlich gefärbter Bernsteinsäure, welche noch femer umzukrystallisiren, ich nicht wagte, da ich fürchten mu&te, eine nicht zur Analyse genügende Menge übrig zu behalten. Diese hat folgende Zahlen ergeben:

0,1298 Grm. lieferten 0,1967 Grm. Kohlensäure und 0,062 Grm. VTasser. Diefs entspricht 0,0536 Grm. Kohlen- stoff und 0,0069 Grm. Wasserstoff, oder 41,29 Proc. Koh- lenstoff und 5,32 Proc. Wasserstoff.

121

Gefunden:

Beredinet:

Kohlenstoff 41,29

40,68

4C

Wasserstoff 5,32

5,08

3H

Saaerstoff 53,39

54,24

40

100. 100.

Allerdings hat die Analyse -^j^ Proc. Kohlenstoff mehr ergeben, als die Formel verlangt. Da sie indessen mit ei« Der so geringen Menge Substanz hat ausgeführt werden mfissen, und dieselbe augenscheinlich noch nicht ganz rein war, so läfst sich diese geringe Abweichung von der nach der Rechnung in der Bernsteinsäure enthaltenen Menge Kohlenstoff eben dadurch leicht erklären , und ich halte daher das Vorkommen der ^Bernsteinsäure in der Hjdati- den- Flüssigkeit durch diese Analyse für vollkommen er- wiesen.

VL Ueber die Pseudomorphosen des Glimmers

nach Feldspaih, und die regelmäfsige Verwachsung

des Feldspaihs mit Albit; fon Gustaf? Rose.

JL seudomorphosen des Glimmers nach Feldspath sind nicht neuy sie wurden schon von Haidinger') und Blum^) beschrieben. Erstcrer beobachtete sie in dem Porphyr von St. Agnes in Cornwall, Letzterer in dem von St. Just, so- wie in dem Granit von Warmsteinach im Fichtelgebirge. Die veränderten Feldspathkrystalie waren in beiden Fäl- len eingewachsene Krystalle, die von St. Agnes und Warm- steinach waren in kleinkörnigen grünlichgrauen Lcpidolith- ähnlichen Glimmer verändert, die von St. Just in ein höchst feinkörniges Gemenge von weifsem Glimmer und Quarz

1) Abhandl. der l. bölimischen Gesellsch. der Wissenscli. von 1841.

2 ) Pseadomorphosen S. 275 und Nachtrag zu den Pseudomorphosen S. 26.

122

mit eingesprengten Zinnerz -Körnchen. Der Feldspath von Warmsteinach war aber mehr oder weniger zersetzt, er hatte im Allgemeinen nicht die gewöhnlidie Frische , und war licht 'fleischrofh, wenig glänzend, bröcklig, und fast überall mit grünlichweifsen GlimmerschOppchcn gemengt, die aber an vielen Stellen so gehäuft waren, dafs der frü- here Feldspath an solchen ganz verschwunden und nur die Form von ihm geblieben war.

Neuerdings haben sich dergleichen Pseudomorphosen nun auch bei aufgewachsenen Krjstallen in den Drusenrän- men des Granits von Hirschberg in Schlesien gefunden^). Sie wurden daselbst von Hrn. Brücke beobachtet, in gro- fser Vollständigkeit gesammelt, und von dem Besitzer mir freundlichst zur Untersuchung mitgetheilt. Die Feldspath- krjstalle sind auch hier mehr oder weniger vollständig in einen lichte grünlich -weifscn, fein- und kleinschuppigen Le- pidolith- ähnlichen Glimmer verwandelt. Sie sind der Form n^ch theils einfache, theils Zwillingskrjstalle nach Art der Bavenoer, wie sie in den Drusenräumen des Granits ge- wöhnlich vorkommen. Die Oberfläche ist bei allen rauh und zerfressen, und mit Glimmerblättchen mehr oder weni- ger dick bedeckt, und von diesen zieht sich die Glimmer- masse in das Innere hinein, bei manchen nur mehrere Li- nien tief, bei anderen tiefer und dann gewöhnlich kleinen Rissen und Sprüngen folgend, und noch andere sind ganz und gar mit Glimmer erfüllt, der nun in der Mitte fein- schuppiger als an den Rändern erscheint. Wo der Glim- mer nur an den Rändern zu sehen ist, hat der angrSnzende Feldspath Farbe und Glanz und etwas von seiner Härte verloren, er ist weifs und matt geworden, und läfst sidi mit dem Messer ritzen, während er weiter entfernt seine ursprüngliche fleischrothe Farbe und Härte hat; wo dtf Glimmer das Innere erfüllt, ist auch mit der Lupe keine Spur von Feldspath zu entdecken.

1) Der eigentliche Fundort ist der FeldspatLbracb am grünen Busch zwi- schen Hi'rsclibcrg and Lomnitz.

123

X

Diese letzteren Krjstalle mderlegen also auf tias Be« stimmteste alle andern Meinungen, die man sich sonst über die Bildqng derselben machen könnte; denn wenn man beim Anblick der ersteren auch noch die Meinung haben könnte, ab wären Glimmer und Feldspath gleichzeitige Bildungen, bei welchen nur der Glimmer ganz an die Aufsenseite ge- drängt wäre, so kann man diefs nicht annehmen bei Krj- stalieu, die keine Spur mehr von Feldspath enthalten. Doch auch selbst die Krjstalie, bei welchen sich der Glimmer nur an der Oberfläche findet, kann man nicht für gleich- zeitige Bildungen halten, da in diesem Falle die veränderte Beschaffenheit des Feldspaths in der Nähe des Glimmers nicht zu erklären wäre. Bei den Gemengen des Adulars mit feinschuppigen Cblorit vom Gotthardt, die offenbar gleichzeitige Bildungen sind, haben beide Substanzen ein ganz frisches Ansehen, und der Adular behält auch in der unmittelbaren Nähe des Chlorits seine Durchsiditigkeit und seinen Glanz.

Wenn demnach die beschriebenen Krjstalle wohl un- zweifelhaft für Pseudomorphosen zu halten sind, so möchte auch hier wohl die Bildung des Glimmers nicht anders als wie Bischof gezeigt hat, durch Zersetzung auf nassem Wege erfolgt seyn. Indessen ist bei den Pseudomorphosen von Hirschberg noch eine andere Erscheinung bemerkenswerth. Die Feldspathkrystalle, welche in den Drusenräumen des Granits vom Biesengebirge vorkommen, sind gewöhnlich mit kleinen, durchsichtigen, fast wasserhellen Krystallen von Albit besetzt, die mit ihnen auf die bekannte Weise verwachsen sind. Sie sitzen vorzugsweise auf gewissen Flä- chen, während andere davon ganz oder doch meistentheils befreit sind. Zu den ersteren gehören die Flächen des verticalen rhombischen Prisma T und /, zu den letzteren besonders die schiefen Endflächen. Bei den mehr oder we- niger in Glimmer verwandelten Feldspathkrystallen von Lomnitz finden sich aber diese Albitkrystalle ebenfalls; sie sitzen auf der ganz rauhen und zerfressenen Oberfläche in

124

derselben Webe wie bei den frischen KrystalleD, und sind ziemlich ebenso klar und durchsichtig wie bei diesen. Es fragt sich nun, sind diese Albitkrystalle nrsprfingUdie Bil- dungen, die mit dem Feldspatbe gleidizeitiger Entstehoog sind, oder sind sie ebenfalls wie der Glimmer Zersetznngs- producte. Die erste Annahme möchte auf den ersten Au- genblick die naturlichste ersdieinen; es giebt so viele regeU mäfsige Verwachsungen Ton verschiedenen Mineralien die man fQr gleichzeitige Bildungen halten mufs, wie von Stan- rolith und Cyanit, von Eisenglanz und Rutil u. s. w., und von diesen scheinen die Verwachsungen von Albit und Feldspath nicht verschieden; femer finden sich die in Gra- nit, Porphyr und Gneifs eingewachsenen Feldspathkrystalle auf gleiche VTeise nicht sowohl von Albit als von Oligo- klas bedeckt, nur daCs der letztere hier eine zusammen- hängende Hülle bildet, und diefs findet sich in dem ganz frischen Gestein, so daCs man die Hfille nicht als Zersetznngs- product ansehen kann; es könnte daher wohl wahrschein- lidi seyn, daCs auch der Albit auf den aufgewadisenen Krjstallen des Feldspaths eine ursprüngliche Bildung, und bei den zersetzten ^Krjstallen derselbe nur frisch geblieben und von der Zersetzung nicht angegriffen sey. Untersucht man indessen die Sache näher, so erheben sich dodi al- lerhand Zweifel dagegen. Die Feldspathkrystalle des Hirsch- berger Thaies sind häufig stellenweise mit ganz unregelmS- fisigen Flächen begränzt, die wie die Flächen von Sprüngen und Rissen aussehen, welche die Krystalle durchsetzt ha- ben. Auch auf diesen Flächen ist der Feldspath mit den kleinen Albitkrystallen besetzt, die ungeachtet der unebe- nen Flächen doch in regelmäfsiger Stellung zu dem Feld- spath sich befinden. Offenbar müssen die Krystalle erst gebildet, und dann geborsten seyn, ehe sich die Albitkry- stalle absetzen konnten. Ferner sind die Feldspathkrystalle sehr häufig ganz oder stellenweise mit einem dünnen Ueber- zuge von erdigem rothen Eisenoxyde bedeckt, der oft dicker wird, und in diesem Fall gewöhnlich als feinschuppiger me-

125

tallisch glänzender Eisenglanz erscheint'). Bischof^) er- wähnt auch dieses Ueberzuges der Schlesischen Feldspath- krjstalle, und hält ihn für ein Product der Zersetzung des Feldspaths, deren ersten Grad er bezeichnet; indem er in nichts anderem, als in einer höheren Oxydation des in dem Feldspath enthaltenen Eisens bestehe und die Art der Verbreitung des Eisenoxjdes auf der Oberfläche der Feld- spathkrjstalle möchte diese Art der Entstehung wohl wahr- scheinlich machen^).

Auf diesem Ueberzuge Ton Eisenoxjd kommen nun aber die Albitkrjstalle nicht selten aufgewachsen vor. Wenn derselbe. einen Feldspathkrjstall ungleichmäfsig bedeckt, so sind die Albitkrystalle allerdings weit gröfser und häufiger, wo der Ueberzug nicht ist, aber sie finden sich bestimmt auch da, wo er ist, und in derselben Lage, so dafs der Ueberzug die Anziehung des Feldspaths zu dem sich bilden- den Albit nicht aufgehoben hat. Namentlich sieht man die Albitkrystalle auf dem Eisenoxyde da, wo der Feldspath mit jenen unregelmäfsigen Kluftflächen begränzt ist, und hier ist oft der bedeutende Albit noch mit dem Eisenoxyd

1 ) Dieser Ueberzug kommt mehr oder weniger auf allen Feldspathkrystallen des Hlrschberger Thaies vor, findet sich aber ganz besonders häufig bei dem Feldspath m dem unter . den Namen des Krötenloches bekannten Steinbraclie bei Schwarzbach, eine Stunde südh'ch von Hirscbberg, der sonst noch durch die Gröfse und Vollkommenheit der hier vorkommen- den Feldspathkrystalle ausgezeichnet ist. Die Masse des bedeckenden und in die Bisse und Spalten des Feldspaths eindringenden Eisenoxyds ist^ hier so grofs, dafs dieser Feldspath für die Benutzung zum Porcellan für unbrauchbar gehalten, und der Bruch daher, ungeachtet der Menge von Feldspath, die er noch immer enthält, verlassen wurde.

2) Lehrbuch der ehem. und phjsik. Geologie Th. 2, S. 295.

3) Die Krystalle enthalten aufserdcm durch die ganze Masse Eisenoxyd ein- gemengt. Legt man frische Bruchstucke von dem Feldspath von Schwarz- bach, die von der mit Eisenoxyd bedeckten Oberfläche durchaus nichts enthalten, in Ghlorwasserstoflsäure, so wird dieselbe sehr bald gelb, und in sehr kurzer Zeit, zumal wenn man das Ganze an einen warmen Ort gestellt hat, Eisenoxyd in nicht unbeträchtlicher Menge ausgezogen. Die sehr lichte röthlichbraune Farbe des Feldspaths wird dadurch in eine schneeweifse verwandelt.

126

gemengt und dadurch roth gefärbt; legt man dergleichen Stücke in Salzsäure, so wird das Eisenoxyd unter dem Al- bit fortgenommen ^). Da aber das Eisenoxjd sich zwischen dem Feldspath und Albit befindet, so beweist dieser Um- stand, dafs beide letztere Substanzen keine Bildungen sind, die unmittelbar auf einander stattgefunden haben, und es folgt auch weiter daraus, dafs, wenn das Eisenoxyd ein Zersetzungsprodukt und eine Bildung auf nassem Wege sey ^), ein Gleiches auch von dem Albite anzunnehmen sey, so dafs man glauben möchte, der Feldspath sey ursprüng- lich ein inniges Gemenge von reinem Feldspatb mit Albit gewesen, letzterer aber allmälig von den Gewässern aasge- zogen, und auf der Oberfläche wieder abgesetzt. Dafs dieÜB noch nicht vollständig geschehen sey, beweist die Analyse des Feldspaths von Schwarzbach von Awdeeff, wonach der- selbe noch eine gröfsere Menge Natron enthielt, als der gla- sige Feldspath nämlich 5,06 Proc. ^), und dafs durch solche Ausziehung von Albit keine bedeutende Veränderung in der Spaltbarkeit einzutreten braucht, beweisen die grüneQ Di- opside von Sahla, die wie aus den Untersuchungen meines Bruders hervorgeht *), Kalkerde verloren und Talkerde und Wasser aufgenommen haben, sich mit dem Messer mit Leich- tigkeit ritzen lassen, aber doch nicht ihre Spaltbarkeit gänz- lich eingebüfst haben. Uebrigens enthält auch der Feldspath zuweilen kleine Albitkrystalle in sichtbarer Gröfse und nicht unbeträchtlicher Menge eingemengt, wie z. B. zuweilen der

1^ Bei einem solchen Versuche blieb unter den gröfseren AlbitkrystaUen in der Mitte noch etwas Eisenoxjd zurück, aber auch diefs wurde ge- wifs ausgezogen sejn, hätten die Stücke längere ZeJ^ in Ghlorwasserstoff- säure gelegen.

2) Dafs Eisenglanz eine Bildung auf nassem Wege seyn kann, beweisen auf das Bestimmteste die in Eisenglanz veränderten Muscheln von Semur im Dep. G6te d*or. Yergl. Blum 's Pseudomorphosen, Nachtrag $.202.

3) Vergl. Poggendorff's Annalen Bd. 62, S. 468. Dafs in dem ana- Ijsirten Feldspath kein Albit sichtbar eingemengt war, kann ich bezeu- gen, da ich Hrn. Awdeeff das Mineral zur Analyse selbst mitgetheilt hatte.

4) Vergl. Schweigger*s Journ. Bd. 35, S. 100 and auch Bischof dieoi. und physik. Geologie Bd. 2, S. 516.

127

grüne, Amazooeustein genannte, Feldspath vom Ilmengebirge im Ural ' ).

VII. Untersuchung der specißschen Eigenschaften

der beiden Säuren, aus denen die Traubensäure

besteht; fon Hrn. L. Pasteur.

{^Ann, de chim. et de phy%, T, XXV Ilh p, 56 frei und abgekürzt.)

JLlie gegenwärtige Arbeit bezweckt zu zeigen, was eine frühere nur unvollständig that^), dafs die Traubensäure eine Verbindung ist von zwei Säuren, welche die Polari- sationsebene des Lichtes gleich stark drehen, aber die eine rechts und die andere links, welche in ihrer, sonst gleichen Krjrstallform einen ähnlichen Unterschied darbieten, und diese Eigenschaften auch auf ihre Salze übertragen. Von diesen Säuren, die durch die Namen Rechts- und Linkstrau- bensäure {Acide dextrorac^ique et acide livoracemiqtie^ unterschieden wurden, ist die Rechtstraubensäure identisch mit der Weinsäure.

Das Material zu dieser Untersuchung lieferte Hr. K est- ner zu Thann (Elsafs), der Entdecker der Traubensäure, was um so dankenswerther ist, als diese Säure seitdem nidit wieder vorgekommen ist. Vergebens hat Hr. K est- ner manigfaltige Versuche zu deren Darstellung unternom- men und ohne Zweifel verdankt sie ihre Entstehung nur einem besondern Umstand in der Fabrikation^ oder einer Krankheit des Weinsteins in -den Trauben.

Traubensaures Natron-Ammoniak. Es war dieses Doppelsalz, durch welches zuerst die Trennung der beiden Säuren gelang.

1) Tergl. G. Rose Reise nach dem Ural etc. Bd. 2, S. 79.

2) Ann, de chim. ei de phys, T, XXIF, p, 442.

128

Sättigt man gleiche Theile 'TraubeusXure durch Natron und durch Ammoniak und mischt die beiden Flüssigkeiten mit einander, so setzt sich beim Erkalten, oder freiwilligen Abdampfen ein Doppelsalz in schönen Krjstallen ab, die nach drei oder vier Tagen eine Länge und Dicke von meh- reren Centimetern erreichen. Untersucht man diese Kry- stalle einzeln, so erkennt man, dafs sie zweierlei Art sind; die einen sind rechts, die andern links hemiedrisch, und die Gewichtsmengen beider sind zu jeder Zeit der Krjstal- lisation gleich. Die Lösung der rechts -hemiedrischen Kry- stalle dreht die Polarisationsebene des Lichts nach der Redh- ten, die der links -hemiedrischen nach der Linken, und zwar um dieselbe Gröfse; bis auf die Anordnung der. hemiedri- schen Flächen sind beide Arten von Krystallen Tollkoiii- men identisch.

Diese beiden Salze lassen sich nur dadurch trennen, dafs mau ihre Krystalle nach deren hemiedrischen Charak- ter aussucht, was natürlich bei den verwachsenen nur sdir unvollständig geschehen kann. Soviel wie möglich mub man nur isolirte gut ausgebildete Krystalle auslesen. Fügt man zu einer kalt gesättigten Lösung, z. B. zur Mutterlange einer Krystallisation, eine gewifse Menge gemischter Kry- stalle und löst sie durch Erwärmen der Flüssigkeif, so er- hält man nach drei oder vier Tagen sehr schöne, isolirte und leicht auszulesende Krystalle. Die hinzugefügte Safat- menge mufs eine solche seyn, dafs sich in den ersten 24 Stunden nur einige Krystalle aussondern. Die Lösung die- ses Salzes verliert Ammoniak beim Verdampfen und dadordi erfolgt eine Ablagerung von saurem Salz in sehr kleinen Krystallen. Um die Bildung dieses sauren Salzes zu yer- hüten, fügt man der Lösung., wenn man sie zum Krystal- lisireu hinsetzt, einige Tropfen Ammoniak hinw«

Will man sich durch eine chemische Reaction überzeu- gen, dafs die sonach getrennten Krystalle von zweierid Art sind, deren keine, einzeln genommen, TraubensSnre enthält, so braucht man sie nur aufzulösen und mit der Lösung eines Kalksalzes zu behandeln. Sind die Lösungen

etwas

129

etwas verdünnt, so sieht man keinen Niederschlag entste- hen, vielmehr setzen sich nach einiger Zeit isolirte glän- zende Krystalle ab, bestehend aus geraden Prismen mit rhombischer Basis, die an den Enden in ein Octacder über- gehen. Endlich schlägt sich das Kalksalz mit allen Kennt- zeichen des Weinsauren Kalkes nieder. Die Lösungen bei- der Arten von Krystallen verhalten sich ganz gleich für das Auge. Löst man aber beide Krjstallarten , die rechts- und die links -hemiedrischeu, gemeinschaftlich auf, so bildet das Kalksalz, selbst in einer sehr verdünnten Lösung, so- gleich oder nach einigen Sekunden einen Niederschlag in Gestalt eines amorphen Pulvers oder kleiner dünner Lamel- len, die, je nach der mehr oder weniger grofsen Langsam- keit der Fällung, isolirt oder sternförmig gruppirl sind, und alle Kennzeichen des traubensauren Kalks besitzen.

Kryatnllforni des recbts- und des links-tranbensaaren

Natron- Ammoniaks.

Die Krystallform des rechts -traubensauren Natron -Am- moniaks ist in Fig. 6, Taf. IL abgebildet, die des links - traubensauren in Fig. 7. Es ist ein gerades Prisma mit rechteckiger Basis P, M, T, abgestumpft an den Seiten- kanten durch die Flächen V. Die Kante der Flächen b' mit T ist abgestumpft durch eine Fläche A. Wäre keine Hemiedrie vorhanden, würde jedes Ende vier Flächen h haben, die durch ihre Verlängerung ein gerades Octaeder mit rhombischer Basis gäben. Allein es sind an jedem Ende nur zwei Flächen h vorhanden und diese beiden Paare stehen so über Kreuz, dafs sie durch ihre Verlängerung ein regelmäfsiges Tetraeder bilden. Hält man die Fläche P vor sich, mit der Fläche T horizontal, so hat man rechts oben am Krystall eine Fläche h. Der ganze Unterschied zwi- schen dem rechts- und dem links -traubensauren Salz besteht darin, dafs, bei dem letzteren, bei gleicher Stellung des Krystalls, die Fläche h zur Linken des Beobachters liegt. Uebrigens sind die Winkel ganz dieselben an beiden Salzen.

In Wirklichkeit ist die Krystallform dieser Salze com-

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX "

130

plicirter als es die Figuren 6 und 7 darstellen. So unter andern kommen noch auf der Kante zwischen P und T zwei Flöchcn vor, die bemerkenswerth sind, weil sie die Flüche P ohne Wiukelmessung erkennen lassen und da- durch das Auslesen der rechts- und der links -hemiedri- schen Krystalle sehr erleichtern.

Zuweilen geschieht es, dafs die Flächen h an einem und demselben Krystall sowohl zur rechten als zur linken Seile vorkommen; aber dieser Fall, der z. B. beim Brech- weinstein häufig ist, in dem das unregelmäfsige Tetraeder desselben sich zu einem Octaeder vervollständigt, stellt sich glücklicher^veise bei dem in Rede stehenden Salze nur sehr selten ein, und ist oft nur scheinbar.

Eine Frage, die sich natürlich darbietet, ist die: ob nicht die Traubensäure ein Gemenge gleicher Theile beider (rechts- und links -modiiicirten) Säuren sey, und daraus die beiden untersuchten Doppelsalze entstehen. Allein die oben er- wähnte Reaclion gegen Kalksalze spricht dagegen. Denn die Lösung eines Krystalls von Traubensäure, wie klein er auch sey, giebt mit einem Kalksalz traubensauren Kalk. Uoberdiefs wird man weiterhin sehen, dafs die Rechts- und die Links- Traubensäure nicht zusammen existiren können, ohne nicht durch ihre Verbindung sogleich Traubensäure zu geben, leicht erkennbar an der Gestalt und Löslichkeit.

Es ist also nur die Krystallisation, bei welcher das Ooppelsalz von Natron und Ammoniak, aus einer noch un- bekannten Ursache, ein Zerfallen der Traubensäure bewirkt und die beiden Salze entstehen läfst.

Diese Eigenschaft besitzt aufser dem genannten Dop- pelsalz nur noch das traubensaure Kali -Natron, welches leicht zu erhalten ist, zuwider den Angaben einiger Che- miker, die da behaupten, ein Gemeng von neutralem tran- bensaurcm Kali und neutralem tranbensaurem Natron gebe nur neutrales traubensaures Kali und nicht das Doppelsah.

Die fibrigen traubensauren Salze enthalten Traubensänre als solche. Dergleichen Krystalle sind die neutralen Salze von Kali, von Natron, von Ammoniak und das Kalkialz.

131

Ninamt man nSoiUch eioen einzelnen Krjrstall von diesen Salzen und föUt seine Lösung durch ein lösliches Kalksalz^ ao fällt traubensaurer Kalk nieder. Ueberdiefs sind die Krystalle dieser Salze, namentlich die sehr regelmäfsigeu des traubensauren Kalis und des traubensauren Natronsy nicht hemiedrisch.

DarstellUDg der Recbts- und dar Liokstraubensäure.

Um diese Säuren zu erhalten mufs man sich zuvörderst eine ziemlich grofse Menge der Krystalle verschaffen, die sich beim Versuche zur Darstellung des traubensauren Na- tron-Ammoniaks ablagern. Man nimmt gleiche Gewichts- theile Traubeusäure, sättigt den einen durch reines kohlen- saures Natron, den andern durch Ammoniak, und vermischt beide Flüssigkeiten. Man dampft sie ein, läfst krystallisi- ren und befolgt die früher gegebenen Vorschriften. Eine bei 11^ C. gesättigte Lösung dieses Doppelsalzes zeigt 23^ am Banm^'schen Aräometer an, dagegen 28°, wenn sie bei der Temperatur 21° C. gesättigt ist.

Rechtstraabensäore.

Dieselbe erhält man, wenn das rechtstraubensaure Na- tron-Ammoniak mit salpetersaui^em Bleioxyd oder einem Barytsalz behandelt wird. Das Bleisalz eignet sich dazu am besten, weil das rechtstraubensaure Bleioxyd fast un- löslich ist, und obwohl anfangs gelatinös niederfallend, bald, besonders in der Wärme, einen krystallinischen Nieder- schlag bildet, der sich leicht abfiltriren oder decantiren läfst. Eis ist jedoch möglich, dafs es etwas salpetersaures Blei enthalte, welches nicht durch Waschen zu entfernen ist.

Die Krystalle des rechtstraubensauren Bleioxyds erwei- sen sich unter der Lupe oder dem Mikroskope als gerade rhombische Prismen mit octaedrischer Abstumpfung der Enden.

Das Salz ist wasserfrei und bat die Zusammensetzung C^H^Oj.PbO, denn 1,603 desselben, in einer Porcellan- kapsel geglüht, hinterliefsen 0,972, worin durch Behandlung

i32

Ulli Essigsäure 0,479 mclallisches Blei nachgewiesen wur- den, wonach es 62,9 Proc. Bleioxyd enthält.

Dafs es fast gauz unlöslich ist, geht aus folgendem Ver- such hervor. 100 Grin. rechtstraubensaures Natron -Am- moniak wurden mit 130 6rm. salpetersaurem Bleioxjd ge- fällt, und dadurch 135 Grm. trockues rechtstraubensaures Bleioxyd erhalten. Diefs entspricht 50 Grm. trockner Säure; nach der obigen Zusammensetzung hätten es 50,5 Gnn. sejn müssen.

Das rechtstraubensaufe Blei wird darauf bei gelinder Temperatur mit Schwefelsäure behandelt, am besten mit einem kleinen Ueberschufs derselben, wenn man die Säure krjstallisirt haben will; sonst ist dieser nicht nOthig. Audi kann man (wie zur Darstellung der Linkstraubensäore) das Bleisalz durch Schwefelwasserstoff zersetzen ; doch bat diefs keinen Yortheil.

Aus concentrirten Flüssigkeiten, besonders bei Gegen- wart einer kleinen Menge Schwefelsäure, schiefst die Rechts- traubensäure an, bei langsamer Verdampfung in klaren, to- luminösen Krjslallen von grofser Schönheit.

Die Rechtstraubensäure ist, wie sogleich bewiesen wer- den soll, in allen ihren physischen und chemischen Eigen- schaften identisch mit der Säure im gewöhnlichen Wein- stein und nur um an ihren Ursprung zu erinnern, wird sie hier noch durch den Namen von derselben unterschieden.

Identität der Rechtstraubensäure mit der Weinsäure. -^ Die Krjstallform der Rechtstraubensäure ist Fig. 8. Taf. IL abgebildet; sie ist, wie die der Weinsäure, ein schiefes Prisma mit reclangulärer Basis. Parallel der Fläche M ist die Spaltbarkeit sehr glänzend. Die Winkel, die mit den von Hrn. de la Provostaye bei der Weinsäure gefun- denen sehr gut übereinstimmen, sind:

P : 6 = 145° 32' P :c=i 134*^ 30' P:M = 100^32' M : d= 128^32' M:b = 135^00' d :d = 102°54'. M:k =122° 30'

133

In der Regel ist der Krystall hemiedriscfa , denn die Flächen c finden sich entweder nur an seiner Rechten, wie es eben die Figur zeigt, oder, wenn sie auch an der Lin- ken vorkommen, so sind sie doch meistens daselbst viel weniger ausgebildet. Nur in einigen sehr seltenen Fällen haben die Flächen c zur Rechten und Linken eine gleiche Ausdehnung, ein neuer Beweis, dafs die Ursache, welche die Hemiedrie erzeugt, nicht immer eine Unsymmetrie der Gestalt herbeiführt.

PyrO'Elektriöität der Weinsäure und der Rechtstrau- b^nsäure, Beide Säuren sind pjro- elektrisch. Die grob- ^ sten Prüfm|ttel auf Elektricität reichen hin zu zeigen, dafs ein Krjstall von der einen oder andern Säure sich beim Erwärmen oder Erkalten mit beiden Elektricitäten ladet. Ist das Elektroskop sehr empfindlich, so kann man sehen, dafs schon die Handwärme Pole hervorruft. Beim Erkal- ten ladet sich die rechte Seite des Krjstalls Fig. 8. Taf. II. mit positiver Elektricität, die linke mit negativer. Beim Erwärmen verhält es sich umgekehrt.

Spedfisches Gewicht. Durch Wägungen in Terpen- thinöl, worin die Rechtstraubensäure ganz unlöslich ist, wurde ihr specifisches Gewicht = 1,750^ Das der Wein- säure Wird in den Lehrbüchern der Chemie zu 1,75 an- gegeben.

Chemische Zusammensetzung. 0,5 Grm. krjstallisirter Rechtstraubensäure gaben 0,583 Kohlensäure und 0,181 Wasser, woraus sich ergicbt die Formel C^QsOg.HO und die Zusammensetzung

RechtslraubcDsaare. Während die der WeiD.s<iure:

Kohle 31,9 32,0

Wasserstoff 4,0 4,0

Sauerstoff 61,1 64,0

100,0. 100,0.

Drehungseermögen der beiden Säuren. Folgende Ver- suche werden zeigen, dafs das Vermögen zur Drehung der Polarisationsebene des Lichts bei der Rechtstraubensäure

134

eben 80 stark ist wie bei der Weinsäure , bei wdcber es von Hm. Biot so specieli untersucht wurde ^)«

31,428 Grm. BechtstraubensSure wurden in 68,571 Gnu« Wasser gelöst. Die scheinbare Dichtigkeit der ' Lösung war 1,1560, die Temperatur 21^ C, die Länge der Beob- ächtungsröhre 500 Millimeter. Die Concentration der Lö- sung war ganz wie bei Hrn. Biot, nur betrug bei diesem die Temperatur 25^,5 C. und die Böhrenlänge 519,5 MUm.

Die Farben der ordentlichen und der aufeerordentli- chen Bilder für verschiedene Azimute giebt Hr. Biot fol- gendermafsen an:

A.

P-

£.

00,00

Beinahe weifs

Blangrun oder blaCi grönblau

20,00

do.

Sehr sichtbar blau

21,00

do.

Verschwindend blaa, kein Roth- violett.

23,00

do.

Yiolettrotk

27,00

Milchweifs

Orangeroth oder rothorange

40,33

Beinahe weifs

Orangegelb

48,50

Blafs blaugrun

Höthlichweirs

90,00

Blaugrün oder grünblau

Beinahe weifs

Dieselben Farben wurden bei denselben Azimuten an der Lösung der Bechtstraubensäure beobachtet. Nur fand sich das Uebergangsazimut statt bei 21 ^^ genau bei 20^ offenbar weil die Röhre im Yerhältnifs 50 zu 52 kürzer war und die Temperatur statt 25°,5, nur 21° betrug, denn bekanntlich wächst das Drehungsvermögen der Weinsäure mit der Temperatur. Bothes Glas, welches bei Hrn. Biot eine Drehung von 18 ",8 veranlafste, bewirkte nur eine von 17^5.

Hr. Biot hat aus zahlreichen Versuchen eine Formel abgeleitet, mittelst deren man das Drehungsvermögen einer Lösung von Weinsäure ableiten kann, wenn man nur ihren Gehalt an dieser Säure kennt. Diese Formel ist

,[a]r ist das moleculare Drehungsvermögen für den ro- then Strahl; A eine für alle Lösungen constante, nur mit der Temperatur veränderliche Gröfse; B eine Constante

1) M^m. de V Inst, 1837. (Ann. XXXVIII. 179.)

135

=7 14f ,31 und c der Wassergehalt 3er Lösung in Gewichts- theilen.

£ür 21^'C. Temperatur, ist ils— 0,17132, mithin hat man für die Lösung der Rechtstraubensäure:

[«]r = 0,17132 + 14^31. 0,68571=9S64.

Berechnet man andrerseits das Drehvermögen mittelst der Formel

- ^ « . (a=17°,5 / = 500

[«]r,-, wenn j^ ^^3^^28^=1,153, so findet man

[a]r=9^681 eine vollkommene Uebereiustimmung für dergleichen Ver- suche.

Vergleicht mau die Farben, welche eine die Polarisa- tionsebene drehende Substanz, wie Quarz, Zucker u. s. w. in ihrem ordentlichen und aufserordeutlichen Bilde dar- bietet, mit denen der vorstehenden Tafel, so sieht man deutlich einen Unterschied für gleiche Ablenkung. Ueber- diefs steht bei allen Substanzen, die dem allgemeiuen Dre- hungsgesetze einfacher Strahlen folgen, das mittlere Azimut des rothen Glases zu dem Uebergangsazimut, bei gleicher Dicke, in dem constanten Verhältjfs 4a* ^^ ^^^^ ^^^ ^^^ Ablenkung 20, die oben bei der Uebergangsfarbe beob- achtet ward, zu der Ablenkung 17^,5 .des rotheu Strahles

überzugehen, mufs mau sie multipliciren mit -~ oder nach

26 89 Hrn. Biot's vorhin angeführten Versuch, mit -«jp- Diefs

beweifst, dafs die rechtstraubeusauren Lösungen die Polari- sationsebeneu der einfachen Strahlen nicht so zerstreuen wie der Quarz.

Alles dieses hebt jeden Zweifel an der Einerleiheit der Weinsäure und Rechtstraubensänre, die weiterhin durch die Untersuchung ihrer Salze noch bestätigt werden wird.

Links traubensäure. Die Darstellung derselben geschieht genau wie die der Rechtstraubensäure. Liukstraubeusaures Natron - Ammoniak

136

wird mit salpetersaurem Bleioxyd behandelt und der Nieder- schlag durch verdünnte Schwefelsäure zersetzt

Diese Säure krjstallisirt, besonders wenn sie mit etwas Schwefelsäure vermischt ist, bei langsamer Yerdampfimg leicht, in sehr schönen klaren und grofsen Krjstallen. Nichts ist sonderbarer und zugleich aufserordentlicher beim ge- genwärtigen Zustand der Wissenschaft als der Vergleich der Weinsäure oder Rcchtsfraubensäure mit der Linkstrau- beusäure, die man auch Linksweinsäure nennen könnte. Zwischen beiden Säuren ist kein anderer Unterschied an- gebbar als der in der Hemiedrie und der im Sinne der Ab- lenkung der Polarisationsebene des Lichts. Winkel der Flächen, physikalisches Ansehen, Löslichkeit, speeißsches Gewicht, chemische Eigenschaften, Zusammensetzung, alles ist gleich bei beiden Säuren, aber die Krjstallform der einen ist das Gegenstück der anderen. Ein WeinsSare- Krjstall, vor einem Spiegel gehalten, giebt ein Bild genaa von der Form der Linkstraubensäure. Andererseits lenkt die Linkstraubeiisäure die Polarisationsebene des Lichts nach der Linken ab, während die Weinsäure sie nach der Rechten dreht und zwar um dieselbe absolute Gröfse ^ )•

Krystallform. Die Krystallform der LinkstraubensSure ist in Fig. 9, Taf. IL abgebildet; verglichen mit der Rechts- traubensäure in Fig 8 ersieht man, dafs beide Formen in allen Stücken identisch, jedoch nicht fiberdeckbare Polyeder sind. Sie decken einander nicht, weil di^ Fläche b nicht identisch mit der Fläche k ist, kurz weil das Prisma ein schiefes ist. Die Winkel sind fibrigens dieselben wie bei der Rechtstraubensäure.

Auch hier wie bei der Rechtstraubensäure verschwinden die Flächen c zuweilen vollständig an der rechten Seite, wie es die Figur angiebt; häufig sind sie sowohl rechts als links vorhanden, aber, mit Ausnahme einiger sehr sel- tenen Fälle, sind sie an der linken Seite immer entwickel-

I) "Weshalb di*nn aurli durch die Traubeiisaurc und deren Salze keine Drehung der PoUrisationsebene bewirkt wird P.

137

ter als an der recbteh. *- Eine leichte ond sehr gIXuzende Spaltbarkeit findet parallel der Fläche M statt.

Pyro^ElekiricitäL Die Linkstraubensäure ist stark pyro- elektrisch, ebenso stark ak die Rechtstraubensäure. Nur ist es, wenn der Krjstall erkaltet, die linke Seite Fig. 9, welche sich positiv ladet, während die rechte Seite negative Elektricität annimmt. Bei der Rechtstraubensäure oder Weinsäure verhält es sich umgekehrt.

Speeifisches Gewichi. Bestimmt in Terpenthinöl, worin die Säure ganz unlöslich ist, fand es sich = 1,7496, identisch mit dem der Weinsäure.

Chemiiche Zusammet^setzung. 0,5 Grm. krjstallisirter Linkssäure gab 0,583 Kohlensäure und 0,182 Wasser; dem- nach ist ihre Formel C4H3O5.HO und ihre Zusammen- setzung:

Linkstraubensaare: Weinsäure:

Kohlenstoff 31,9 32,00

Wasserstoff 4,02 4,00

Sauerstoff 64,08 64,00

100,00. 100,00.

LösKchkeiL Man füllte eine Röhre mit Krjstallen von Linkstraubensäure, eine andere mit Krjstallen von Rechtstraubensäure, gofs Wasser auf beide und liefs sie über Nacht stehen. Am anderen Morgen wog man von der rcchtslraubcusauren Lösung 1,226 Grm. und von der linkstraubensauren, 0,996 Grm. ab, und dampfte beide auf einem Ofen bei 100'* ein, bis der Rückstand sein Gewicht nicht mehr änderte. Die rechtstraubensäure Lösung hatte verloren 0,699, die linkstraubensäure 0,567, wonach also die erste 57,01 Proc. und die letztere 56,92 enthielt. Die- ser Versuch, bei welchem die Temperatur 19 oder 20° C. betrug, beweifst, dafs die Löslichkeit beider Säuren gleich ist.

Drehungst>ermögen. Das Vermögen zur Drehung der Polaristniionscbene des Lichts ist, seiner Gröfse nach, bei der Linkstraubensäure genau gleich dem bei der Rechtstrau- bensäure. Auch die zuerst von Hrn. Biot bei der Wein-

138

sSare nachgewiesene and bisher nodi bei keiner anderen Substanz wahrgenommene ganz specieile Dispersion der Po- larisationsebenen findet sich unverändert bei der Linkstran- bensäure wieder. Ebenso ist der EinflaCs der Temperatur und der der Concentration der Lösung genau derselbe. Aber während die Drehung bei der Weinsäure nach der Rech- ten geht, erfolgt sie bei der Linkstraubensäure nadi dar Linken. Die folgenden Versuche lassen darüber keinen Zweifel und noch strenger spricht dafür die Neutralität der Traubensäure.

Eine Lösung von Linkstraubensäure, deren scheinbares spec. Gew. 1,21699 und deren wahres also 1,2147 war, wurde bei 20^ G. in einer 50 Centim. langen Röhre beob- achtet. Nach dem Mittel mehrer Beobachtungen betrug die Abhandlung für den rothen Strahl 18^90L^), für die Uebergangsfarbe war sie 21^,28jL. Berechnet man nach der von Hrn. Bio t für die Weinsäure -Lösungen den Säure- gehalt der Lösung aus dem scheinbaren specifischen Ge- wicht, so findet man, dafs sie 0,42 Proc. Säure enthielt Die Formel

[a]r=il+JBe giebt dann

[a]r = 0,27840+14,31. 0,58=8^02.

Nach der allgemeinen Formel

[a]r=^ hat man [a]r=7^4l «).

1 ) Wir bezeichnen hier und in der Folge mit den Buchstaben L und R die Ablenkung der Polarisationsebenen nach der Ldnken oder Rechttn. Das Original gebraucht dazu Pfeile. P.

2) Da die Abweichung des aus dem Versuch abgeleiteten Drehungs%'ernio- gen, 7^,41, von dem nach der Formel [a]r = il + ff« berechneten, 8*,02, gröfser :war als bei allen übrigen Versuchen, so entstanden Zwei- fel an der Richtigkeit der Beobachtung, Der Fehler entspricht 2 bis 3 Graden in der dircct gemessenen Ablenkung, was die Grän&en der mog^ liehen Fehler bedeutend übcrlriflt. Sehr wahrscheinlich war der NoU- punkt vor der Beobachtung nicht verificirt und derselbe durch eine Veränderung in der Atmosphäre oder durch eine andere zufallige Ursache verschoben worden.

139

Wie schon erwähnt, ist bei allen Substanzen , welche die Polarisationsebenen nach der Art des Quarzes disper- giren, das Yerhftltnifs der Ablenkung des rothen Strahls zu der der Uebergangsfarbe gleich ^^, Diefs VerhältniCs nähert sich bei der Weinsäure weitmehr der Einheit, ob- gleich es för jede Lösung dieser Säure ein anderes ist. Sucht man durch welches Dreifsigstel man 21,28 multipli- dren müsse, um 18,90 zu erhalten, so findet man ^[p.

Entscheidender ist folgender Versuch, weil er mit ei- nem unter wenig anderen Umständen von Hrn. Biot an- gestellten verglidien werden kann.

35,7 Grm. Linkstraubensäure wurden in 6i,3 Grm. Was- ser gelöst und die Lösung, bei 17**, in einer 50 Centm. langen Röhre beobachtet. Ihr scheinbares spec. Gewicht war 1,1806, ihr wahres 1,182.

Diese Lösung kommt der von Hrn. Biot beobachte- ten (s. Mim. von 1836 p. 142) sehr nahe, denn dieselbe enthielt 34,27 Säure und 65,73 Wasser, hatte ein schein- bares spec. Gew. =1,1725 und ein wahres 1,16919, und wurde bei 26^ G. in einer 518 MUm. langen Röhre beob- achtet. Für die Farben ihrer Bilder fand Hr. B.:

Der Verfasser übergab dieselbe Losung Hrn. Biot. Dieser beobach- tete sie gemeinschaftlich mit einer Weinsaure -Losung von gleichem spe- cifischen Gewicht bei 20^5 C. in einer Röhre von 520 Millim. Für die traubensaure Lösung fand er

ar=— 21^925; aj= 24«,8 also ar:ai =26,52:30

und berechnet nach der von Hrn. Biot aus seinen Versuchen mit der Weinsäure hergeleiteteten Formel [c»]r =5^1 + ^e

[a]r = 8^078.

Mittelst der allgemeinen Formel

r «!»•=*■; i findet man fair = 8^246.

Die Weinsäure -Lösung von gleichem specifischen Gewicht gab: ar=-i- 22^15; aj=H-24%5 also ar raj =27,12: 30 und [a]f =8^,33 berechnet nach der Formel:

r 1 **•*

140

A,

o.

£.

0,00

Beinahe weiCt

Blau blaugrun

19,00

do.

Gutes blaugrun

21,16

do.

Blaugrun, noch merlclidi, aber sehr schwach

22,50

do.

Null oder fast Null

23,00

do.

Purpur Tiolettrolh

28,00

do.

Oraogeroth

32,50

do.

Rothgelb

59,00

Weifs, kaam grünlich

Weib, kaum röthlicb

90,00

Grunweilj grün

oder

bUfs blan-

Fast weifs

Die Lösung der LiukstraubensSure gab Hrn. Pasteur Farben, die sich von denen der obigen Tafel in gleichen Azimuten nicht unterscheiden liefsen. Nur war die Ablen- kung der Uebergangsfarbe 20^,5 L statt 22^,5 Ry und die des rothen Strahls 17 ",8 L statt der von Hrn. Biot ge- fundenen 20'',1 IL

Berechnet man [cejr mittelst der Formel fQr die Wein- säure-Lösungen [a]r = ii + B6 fQr die Temperatur 17^, so findet man:

[a]r = 0,62116 + 14,31 . 0,64 = 8^53 fQr das Drehungsvermögen unserer linkstraubensauren Lö- sung.

Berechnet man dasselbe andererseits nach der allgemei- nen Formel

und den Daten des obigen Versuchs:

a=17°,8; /=50; 6=35,7; ^=1,182, so findet man

[a]r=8°,43. Die Uebereinstimmung kann nicht genQgender sejn. Hier noch eine andere Bestätigung. Das Drehungsver- mögen der Biot'schen Lösung bei 26'',6 C. ist 9<',55. Be- rechnet man nach der Formel [a]r = il+£e, was das Drehungsvermögen der linkstraubensauren Lösung bei 26^ sejn würde, so findet man

[a]r = 9",47.

141

Sndit man endlich', in Dreifsigsteln aasgedrfickt, das VerhSltnifs der Ablenkang der rothen Farbe zu der der Uebergaugsfarbe, so findet man es bei der Linkstrauben- saure = '^^^y nährend Hr. Biot es bei der WeinsSure = ^^\^ gefunden hat.

Alle diese Bestätigungen beweisen übereinstimmend, dafs zwischen dem DrehungsvermOgen der Weinsäure und dem der Liukstraubensäure kein anderer Unterschied als der seiner Richtung vorhanden ist.

Merkwürdig in mehrfacher Beziehung ist das Verhalten der Salzsäuren Lösung des Kalksalzes beider Säuren. Links-* tranbensaurer Kalk, in Chlorwasserstoffsäure gelöst, giebt eine Flüssigkeit, die ein sehr merklich recAfxgehendes Dre- hungsvermögen besitzt. Die Lösung der Weinsäure oder itecM^traubensäure in derselben Säure lenkt dagegen links ab. Nachstehendes ist das Detail eines mit linkstrauben- saurem Kalk angestellten Versuchs.

20 Grm. des krystallisirten Salzes wurden in 63 Cub. Centm. eiiier Chlorwasserstoffsäure gelöst, von denen 100 CC, bei 2P, 11,25 Grm. trocknes CIH enthielten. Das spec. Gew. dieser Säure von 1,08157 bei 21^,5. In einer 39,8 Centm. langen Röhre betrug die Drehung für die Uebergangsfarbe 6*^^1 R, Das spec. Gew. der Lösung be- trug 1,18595.

Mit vieler Sorgfalt überzeugte sich Hr. P., dafs die Lö- sung des linkstraubensauren Kalks in Chlorwasserstoffsäure keine Spur von Weinsäure, noch von Traubensäure ent- hielt. Es ist also eine ganz eigenthümliche Wirkung der Chlorwassers(offsäure auf den linkstraubensauren Kalk, wo« durch, ohne Bildung von fiechtstraubensäure, die Drehung in die rechtsgehende umgewandelt wird.

Traiibensfture.

Aus vorstehenden Thatsachcn erhellt, dafs die Trauben- säure aus zwei besonderen Säuren, der Weinsäure oder Rechtstraubensäure und der Linkstraubensäure besteht. Um den Beweis davon zu vollenden, braucht man nur concen-

142

irische Lösungen beider SSnren mit einander xa mischen; angenbliGklich gesteht das Ganze, unter fbhibarer WSrme* Entwicklung, zu einer krystaliinischen Masse, die alle phy« sischen und chemischen Eigenschaften der Traubenstture be- sitzt. Durch Wiederauflösen und Umkrystallisiren eriiält man die Tranbensäure in schönen Krystallen, die in Hirer Krystallform und Zusammensetzung ganz identisch sind mit der Säure von Thann.

0,5 Grm. dieser Säure gaben 0,519 KohlensSnre und 0,215 Wasser, entsprechend der Formel CfHsO^.HO oder

Die SSare von Thann cnthik:

Kohlenstoff 28,32 28,57

Wasserstoff 4,96 4,76.

Obwohl sich nun also die Traubensäure ans ihren Be- standtheilen zusammensetzen läfst, so ist es doch bisher weder Hrn. Kestner noch Hrn. Pasteur geglückt, die Weinsäure in dieselbe umzuwandeln. Letzterer,, geleitet durch Biot's Beobachtung, dafs das Drehungs vermögen der Weinsäure -Lösung sowohl bei Temperatur -Erniedri* gung als bei Zusatz von Schwefelsäure abnimmt, setzte eine solche Lösung, thcils für sich, theils vermischt mit Schwefelsäure, der Kälte aus, allein im ersteren Fall ge- fror sie, und im letzteren, obwohl die Temperatur 19^ C. betrug, zeigte die Flüssigkeit noch Drehungs vermögen, hatte sie sich also nicht in Traubensäure umgewandelt.

Uebrigens ist zu bemerken, dafs so wie das (Rechts)- Drehuugsvermögen der Weinsäure mit sinkender Tempe- ratur abnimmt, das nach der Linken drehende Vermögen der Linkstraubensäure sich Unter gleichen Umständen eben- falls verringert.

Recbts- und linkstraubensaure Salee.

Alle Beziehungen, die in der Gestalt, dem Drehnngs- vermögen und den chemischen Eigenschaften zwischen der Rechts- und Liukstraubensäure statt6nden, wiederholen sich genau bei den Salzen beider Säuren. Jedem weinsauren

143

Salz entspricht ein linkstraubensaures, dafs sich nur darch die Lage seiner hemiedrischen Flächen and durch sein Dre- hmigsvermögen von ihm unterscheidet.

Linkstraubensaures Ammoniak.

Sättigt man Linkstraubensäure durch Ammoniak und fiberläfst die Flüssigkeit dem freiwilligen Verdampfen (ei* Her heifsen Lösung mufs mau Ammoniak in Ueberscbufs hinzusetzen, weil sie Ammoniak verliert und beim Krystal- lisiren in neutrales und saures Salz zerfällt), so erhält man klare sehr schöne und wenig efflorescirende Krystalle von der Gestalt Fig. 10. Taf. II. Verglichen mit der in Fig. 11 abgebildeten Gestalt des weinsauren oder rechtstrauben- sauren Salzes ersieht man, dafs sie von dieser nur durch die Lage der hemiedrischen Flächen h abweicht. Die Win- kel sind gleich , nämlich^ beim

linkstraubensaurcn Salz

weioiauren Salz ' )

P '.M= 88" 2*

= 88» 9'

P :5 =127 25

= 127 40

P : (f = 124 47

= 124 55

A :Jir = 125 0

= 125 0

d :d =110 55

= 110 0

A, : ür = 126 20

= 126 20.

Beide Salze, das links- und das rechtstraubensaure, sind parallel P deutlich und leicht spaltbar.

Chemische Zusammensetzung, 0,5 Grm. des krystalli« sirten linkstraubeusauren Ammoniaks gaben 0,482 Kohlen und 0,297 Wasser, wornach es, entsprechend der Formel C4H2O5.NH4O, enthält:

wogegen d. weinsaure Sali:

Kohlenstoff 26,3 26,0

Wasserstoff 6,6 6,5

Drehungsvermögen. 8,9585 Grm. linkstraubensaures Ammoniak wurden in 64,728 Grm. Wasser gelöst. Die Lö-

1) Diese W^inkel sind von Hrn. De la Provoslaye cnllchnt, bis auf die h:M und Ai : üf , welche derselbe tu 145® 14' und 143® 50' an- giebt.

144

«

8UDg hatte bei 18^,2 C. das spec. Gew. 1,057. In einer 50 Centm.langen Röhre bei 17^ C. beobachtet, ergab sich für die Uebergangsfarbe die Ablenkung 24*^50 £. Dieselbe Lösung, im SoleiTschen Compensationsapparat beobachtet, gab 10,2 Part, entsprechend 24 '',48 L.

Hiernach . findet man mittelst der allgemeinen Formel

[a] = ^ das moleculare Drehuugsvermögen [^»3 = 38° 195

für die Uebergangsfarbe, und, wenn man dasselbe mit i% multiplicirt, für das entsprechende Vermögen der rothen Farbe [a]r = 29^,29 L, übereinstimmend mit Hrn. Biot, der das Drehungsvermögen des neutralen weinsaurea Am- moniaks [a]r=29'',004 fand.

In einem Falle bildeten sich bei Hm. P. unregelmäCsige Tetraeder, die, aus der Flüssigkeit genommen , von Innen aus opak wurden, und, obwohl sie deshalb nicht genau gemessen werden konnten, eine andere Form als die ge- wöhnliche des linkstraubensauren Ammoniaks erkennen lie- fsen. Vermuthlich war diefs ein dimorpher Zustand des- selben.

Li oksCraubeo saurer Brechweiostein.

Saures linkstraubensaures Kali wurde mit Antimonoxyd gesftttigt und zum Krjstallisiren hingestellt. Es biMeten sich klare sehr schöne Krjrstalle Fig. 13. Taf. II., ganz ihn« lieh, bis auf die Lage der Flächen 6, denen des gewöhn- lichen Kali -Brech Weinstein Fig. 12.

Bei den ersteren liegen die Flächen i, wenn man t horizontal legt und g gegen sich wendet, an der linken Hand. Zuweilen sind die Krjstallc homoedrisch, alle acht octaedrischeu Flächen h gleichmäfsig ausgebildet. Dann kann mau sie nur durch das Drehungs- Phänomen ihrer Lösung ▼on denen der Weinsäure unterscheiden.

Specißsches Gewicht Dasselbe ergab sich beim wem- saureu Brechweiustein zu 2,5569, beim linkstraubensauren zu 2,4768, beides bestimmt in Terpenthinöl, worin diese Salze unlöslich sind.

Che-

145

Chemische Zusammensetzung. Sie entspricht genau der von Dumas und Piria für den gewöhnlichen Brechwein- stein gegebenen Formel C4 H, O5 . Sb^ O3 + C^ H^ O^ .KO + HO. Denn diese Chemiker fanden im

wahrend das Iinkstraubensaore weiosaaren Salz: Salx:

Kohlenstoff 14,3 14,0 14,44 14,42 14,45 W^asserstoff 1,5 1,5 1,49 1,52 1,47

indem Hr. P. aus 2 Grm. linkstraubensauren Brechwein- stein 0,265 Wasser und 1,060 Kohlensäure erhielt, was zu den letzteren Zahlen führt:

Drehvermögen. - Eine bei 17°,5 gesättigte Lösung des linkstraubensauren Brechweinsteins gab in einer 50 Centim. langen Röhre für die Uebergangs färbe die Ablenkung 61^ L. Eine bei 17^,2 gesättigte Lösung des gewöhnlichen Brech- weinsteins dagegen 60" R.

5 Grm. linkstraubensaurer Brechweinstein in 68,509 Grm. Wasser gelöst, bei 19° in einer 50 Centim. langen Röhre beobachtet, gaben für die Uebergangsfarbe 55° 30' L, Ge- wöhnlicher Brechweinstein, unter TÖllig gleichen Umstan- den, gab 55° 30' R. Das specifische Gewicht dieser beider Lösungen war 1,0447.

Die allgemeine Formel [a] = r^ giebt für den

linkstraubensauren Brechweinstein [a]y=156°,2L weinsauren Brechweinstein [a3y=156°,2 jB.

Links traubonsaur es Antimonoxyd- Ammoniak.

Saures liukstraubensaures Ammoniak in Wasser gelöst und mit Antimonoxyd gesättigt, giebt ein Doppelsalz, das mit dem tetraedrischen linkstraubensauren Kali -Brechwein- stein vollkommen isomorph ist.

Wenn man nach Krystallisation des tetraedrischen Brech- weiusteins die Krystalle aus der Mutterlauge nimmt, so liefert dieselbe Krystalle von anderer Form und chemischer Zusammensetzung. iDasselbe findet bei der Lösung des wein- sauren Antimonoxyd -Ammoniaks statt.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX 1(P

146

Eiu Grm. dieses neuen krystallisirteo Brechweinsleios lieferte 0^314 Wasser und 0,515 Kohlensäure, entspre- chend in 100

Kohlenstoff 14,05 '

Wasserstoff 3,49.

Die Formel C^H,Os(Sb,03+NH^O) + 4HO er- fordert.

Kohlenstoff 13,82 Wasserstoff 3,45.

Die Krystallform dieses Brechweinsteins, der sehr leicht efflorescirt, ist in Fig. 14. Taf. IL abgebildet. Fig. 15 ist die desselben weinsanren Doppebalzes. Die Winkel bei- der sind gleich.

Linkstraubensaarer Kalk.

Versetzt man die Lösung eines linkstraubensauren Salzes mit einem Kalksalz, so lagern sich, bei grofser Verdönnung der Flüssigkeit, kleine glänzende harte sehr nette Krystalle ab, als gerade rhombische Prismen mit abgestumpften Enden, zuweilen mit vollständig ausgebildeten Octaedern. In Form, Löslichkeit und übrigen Eigenschaften unterscheiden sie sich durchaus nicht vom weiusauren Kalk, da die Krystalle im- mer hemiedrich sind. Dennoch ist gewifs, dafs der links- traubensaure Kalk sehr vom recfatstraubensanren verschie- den ist, denn mit diesem gemischt, bildet sich sogleich trau- bensaurer Kalk, der sich von beiden leicht und wohl unter- scheiden läfst.

Die sonderbare Eigenschaft dieser Salze, in Cblorwas- serstoffsäure gelöst, ein umgekehrtes Drehungsvermögen wie in wäfsriger Lösung zu zeigen, wurde schon vorhin 141 angeführt.

Beide Salze sind auch dimorph; denn zuweilen schieben sie anfangs in zarten, seidenartigen, divergirend verwach- senen Nadeln an, die am anderen Morgen in isolirte Oc- taeder übergegangen sind, und, nach einer Analyse, dte Zusammensetzung C4H3 0^.Ca04-4HO besitzen, aber

147

selbst unter dem Mikroskop ihre Form nicht crkcifaeD lieben.

ZusammenseUung. 1 6rm. linkstraubensaarer Kalk lieferte 0,4215 Wasser und 0,544 Kohlensaure. Hiernach enthält dieses Salz (A) und nach einer andern Analyse das in NadeUGruppen krjrstallisirende Salz (B) in 100:

A. B.

Kohlenstoff 14,8 15,7

Wasserstoff 4,69 4,7.

Dagegen fand Dumas für den weinsauren Kalk, ver- glichen mit der Formel C4H2O5 .CaO + 4HO:

Geronden: Formel*

Kohlenstoff 14,6 13,8

Wasserstoff 4,7 4,6.

Liokstraabensanres Natron- Ammoniak.

Die Krjrstallform dieses Salzes ist schon zu Anfange die- ser Abhandlung studirt worden. Dmrch Umkrjstallisation gereinigt, hat es ein Drehnngsvermögen, welches, an Gröfse, dem des entsprechenden weinsauren Salzes ganz gleich ist.

Eine Lösung von 30,135 Grm. Salz in 60,270 Grm. Was- ser, die bei 15^,5 das spec. Gew. 1,1499 besafs, gab, bei 16^ 5 in einer 50 Centim. langen Röhre beobachtet, die Ablenkung iür die Uebergangsfarbe = 49^,8 £•

Die allgemeine Formel [a]=j^, worin a = 49°,8,

{=die Röbrenlänge, s der procentische Salzgehalt und S die wahre Dichtigkeit der Lösung ist» giebt

[a]>=26^0i.

Specifisehes Gewicht. Dasselbe fand sich dem des reditstraubensauren Natron -Ammoniaks nahe gleich, nänt- lidi im Mittel gleich 1,576.

LöslichheU. Gro&eKrystalle von beiden «Salzen, dem Itnks- und dem rechlstraubensaurea Natron- Ammoniak, wur- den in zwei Röhren in Eis gestellt, und mit kaltem Was- ser übergössen und dann nach anderthalb Stunden die LO- suBgen rascb zwei tarirle Schdea gehiacbt, uncl im siedeiiw

10*

148

den Wasserbade abgedampft und eingetrocknet, bis die Bückstände nichts mehr verloren, wozu mehr als 20 Stun- den erforderlich waren und wobei viel Ammoniak entwich. Dadurch fand sich, dafs die bei 0^ gesättigte Lösung des rechtstraubensauren Doppelsalzes 15,17 Proc. und die des linkstraubensauren 15,13 Proc. enthielt, beide Rückstände getrocknet bei 100°.

4,093 des rechtstraubensauren Salzes bei 100° getrock- net, verloren 1,070, und 4,032 des linkstraubensauren 1,138, was 28,61 und 28,22 Proc. ausmacht. An krystallisirtem Salz enthielt also die bei gesättigte Lösung des rechts- traubensauren 21,25 Proc. und die des linkstraubensau- ren 21,09.

Linkstraub ensaur es Natron-Kali.

Sättigt man von gleichen Theilen Traubensäure den ei- nen mit Natron, und den andern mit Kali, und läfst die Flüssigkeit krjstallisiren, so setzen sich zu gleichen Ge- wichtstheilen beide Salzarten ab, das links- und das redits- traubensaure Doppelsalz dieser beiden Basen. Um sich da- von zu überzeugen, braucht man nur einen einzelnen Krj- stall aufzulösen und durch ein Kalksalz zu fällen. Es bil- det sich kein traubensaurer Kalk, sondern linkstraubensau- rcr oder rcchtstraubcnsaurer.

Die Krystalle sind isomorph mit dem vorhin studirteo Natron -Ammoniak -Doppelsalz (Fig. 6. und 7 Taf. II.)

Mit isolirter Linkstraubensäure wurde das Natron -Kali- Doppelsalz bereitet und es entstanden linkshemiedrische Krystalle, die identisch waren mit denen, welche sich abla- gern, wenn man, wie eben angegeben, traubensaures Na- tron-Kali zu bilden versucht. Das linkstraubensaure Dop- pelsalz ist in Gestalt, Eigenschaft und, was Gröfse betrifft, im Drehungsvermögen ganz dem S eignet tesalz gleich, nur ist es linkshemiedrisch, und linksdrehend.

Die Krjstalle des links- und des rechtstraubensauren Natron-Kalis, die man beim Versuche zur Bildung des traubensauren Doppelsalzes dieser Basen erhält, weichen

149

von denen, die man mit isolirter Linksfraubeusäure und Weinsäure bekommt, darin ab, dafs sie immer mit den hemiedrischeu Flächen versehen sind, während diese bei leztereu, z. B. beim gewöhnlichen Seignettesalz, oft fehlen. Beim Versuche, das traubensaure Natron -Kali zu bil- den, sind die erhaltenen Krjstalle oft scheinbar homoedrisch, weil die hemiedrischeu Flächen sich sowohl an der linken als an der rechten Seite entwickeln. Zuweilen ist auch die Homoedrie eine wahrhafte, denn einzelne homoedrische Krystalle geben mit Kalk traubensauren Kalk; allein im Allgemeinen ist die Homoedrie nur eine scheinbare, wie man diefs mittelst Kalksalz oder durch eine sorgfältige Un- tersuchung der Krjstallform erkennt.

Traubensaure Salse.

Ans ^Uem diesem folgt, dafs die traubensauren Salze d. b. die Salze, die man als eine Verbindung von links- und rechtstraubensauren betrachten kann, niemals hcmie- drisch vorkommen und die Polarisationsebene des Lichts ablenken können. Und so ist es auch wirklich, nament- lich beim traubensauren Kali, traubensauren Natron und traubensauren Antimonoxyd -Kali, die in dieser Beziehung genauer untersucht wurden. Die Krystalle dieser drei Salze sind vollkommen homoedrisch, und dafs ihre Homoedrie keine versteckte ist, geht daraus hervor, dafs der kleinste Krystall von ihnen, aufgelöst und mit einem Kalksalz ge- fällt, traubensauren Kalk erzeugt.

150

VIII. Dritte Notiz über neue sonderbare jintven-

ihingen des Fera^eHens der Eindrücke auf tue

Netzhaut; con J. Plateau.

(MhfCtlMält Tom Hrn. Terf. aas T. Xn Buäet, de tacad, de Br»- jtelUs. Die «weile Notk findci wli io 4. An. Bd. 79, S. M9.)

in mittelst des TamiaMkopt oder Vha/audMiUwpt deo gc-

i

gezeichneten Figoren das Ansehen Ton Leben nnd Beire- £uiu zu sehen, mnfs man bekanntlich die rotirende Sdidbe dicht vor dem einen Auge hallen, das andere schlieCseo, und, durch die Zone der Oefliiungen hin, das Bild der Scheibe in einem Spiegel betrachten. PieCs Verfahren ist aber unbequem und öberdieCs zeigt es die ganze Reihe der auf der Oberfläche der Schöbe STmmetrisch geordneten Figuren auf einmal nnd folglich unter Terscfaiedftien Nei- gungen. Ich will daher eine Abänderung des Apparats be- schreiben, mittelst deren die Er&cfaeinnng direcft, mit beir den Augen, nnd folglich Ton mehr als einer Person m- gleich beobachtet werden kann. Diese Abänderoog, die nulserdem nur die, eine angemessene Stellung finnriimeadcn Figuren sehen lalst und auch die TSosdiong sdir crhOht, beruht auf einer Combination der VeriahningsweiBcn des Auorthoskops and des Phaenakistikops.

Gehen wir zum ersten dieser Instromente zorfick (Man sehe die zweite Notiz ^ und denken ans die Geschwindig- keiten beider Scheiben als einander entgegengesetzt Be- zeichnet man dann, wie wir in jener Xote gezeigt haben, mit Vi die Geschwindigkeit der Scheibe, welche die Zerr- bÜder enthält , und mit F. die der schwarzen Scheibe^ so if : das Verhältnifs zwischen den Winkeldimensionen in der

verzerrten und der regelmilsigen Figor, glcidi •=- + L

Nun haben wir gezeigt, da(s, wenn das Verhältnis -^-

r.

ganze Zahl ist, das bei einem Umlaufe einer der Spalten erzengte Bild nicht das Bild deckt, welches bei des vor-

151

V

hergehenden Umlaufe dieser nSmlichen Spalte entstanden war. Allein diese Nichtdeckung, welche man beim Anor- thoskop nothweudig vermeiden mufs, macht dagegen eins der Principe der Täuschung aus, um die es hier sich handelt.

Nehmen wir Fii = I und = 4 oder, anders gesagt, denken wir uns, die schwarze Scheibe drehe sich vier Mal schneller als die durchscheinende^ Das Verhältnifs der Winkeldimensionen wird dann gleich ^ + 1 oder -f seyn, folglich die gesammte Winkelbreite der entstellten Figur sich zu der der regelmäfsigen verhalten wie 5 zu 4. Zeich- nen wir die regelmäfsige Figur in einem Winke], der V? des Umfangs bespannt, was, nach dem obigen Verhältnifs zwischen den Winkeldimensionen, -/^ als Maafs des von der verzerrten Figur eingenommenen Winkels giebt. Diefs gesetzt, ziehen wir nun auf Papier einen Kreis von glei- chem Durchmesser wie die durchscheinende Scheibe und theileif denselben in 20 gleiche Winkel; zeichnen wir als- dann eine regelmülsige Figur in einem dieser Winkel, eine zweite in dem folgenden, und sofort bis zur sechszehnten, und richten diese 16 Figuren nach dem Princip des Phae- nakistikops ein, h. solchergestalt, dafs man, von der ersten zur letzten, stufenweise zu allen Abänderungen in Gestalt und Stellung tibergeht, welche die Bewegung zusam- mensetzen, deren Anschein man hervorbringen will. Thei- len wir hierauf die durchscheinende Scheibe in 16 gleiche Winkel, versetzen in jeden derselben eine der obigen Fi- guren, verzerren sie winkelförmig in dem Verhältnifs 4 zu 5 und bringen diese verzerrten Figuren in dieselbe Ordnung wie die regelmäfsigen, denen sie entsprechen. Endlich schnei- den wir in der schwarzen Scheibe vier Spalten aus.

Die beiden also construirten Scheiben befestige man auf ihren Axen und stelle sie dergestalt, dafs der Radius, welche einen der mit den Zerrbildern versehenen Winkel halbiren würde, von der Mitte der Scheibe aus nach oben gekehrt sey und eine der Spalten sich vor demselben be- finde. Hierauf beleuchte man die durchscheinende Scheibe von der Rückseite stark, stelle sie, wie beim Anorthos-

152

kop, hinter der schwarzen Scheibe auf und setze den Appa- rat in Bewegung. Sobald die Spalte, von der ihr gegebenen Lage aus, ^ Umlauf zurückgelegt hat, wird die durchsdiei- nende Scheibe xV Umlauf in entgegengesetzter Richtung voll- endet haben, und folglich der Radius, welcher den Win- kel, der dicht am eben betrachteten liegt, halbiren würde, in der verticalen Stellung^ angelangt seyn. Allein alsdann wird auch die folgende Spalte in dieser verticalen Stellung befindlich seyn und man* sieht, dafs dasselbe statthaben wird bei allen Radien, die respective die Mitten der 16 mit Zerrbildern versehenen Winkel einnehmen: im Mo- ment, wo einer dieser Radien durch die vom Centrum der Scheibe nach oben gezogene Yerticale geht, trifft er mit einer der Spalten zusammen. Jeder der 16 Winkel mit seinem Zerrbilde wird also seinerseits durch eine der Spal- ten dergestalt vertrieben seyn, dafs die Mitte seines Bil- des, vom Centrum aus, nach oben gerichtet ist, und folg** lieh werden sich alle diese Bilder successive an dem näm- lichen Orte zeigen. Aber diese Bilder werden im Yerhfilt- nifs 5:4 zusammengezogen seyn, so dafs jede verzerrte Figur ein regelmäfsiges Bild in aufrechter Stellung geben wird. Die rasche Folge aller dieser Bilder an einem und demselben Ort erzeugt also, wie beim gewöhnlichen Phae- nakistikop, den unausgesetzten Anschein einer Figur, welche die beabsichtigte Bewegung ausführt.

Aufser diesem aufrechten Bilde, das aus dem Zusam- menlreffen der Zerrbilder und Spalten im oberen Theile ihrer Umläufe hervorgeht, entsteht offenbar, wie beim gewöhnlichen Phaenakistikop, auch eine Reihe anderer re- gelmäfsiger Bilder, die in Bezug auf das Centrum der Scheibe symmetrisch geordnet sind. Allein beim vorliegenden Instru-; meut läfst es sich leicht so einrichten, dafs das aufrechte Bild, d. h. dasjenige, auf welches die Aufmerksamkeit gerich- tet seyn soll, sich alleinig zeige; denn dazu braucht man nur mittelst eines Schirms das Licht der Lampe bis auf den vom aufrechten Bilde eingenommenen Raum aufzufan- gen. Man stellt diesen Schii^m hinter der durchscheinenden

153

Sdieibe au(^ ihr möglichst nahe, und parallel ihrer Ebene; endlich bringt man die Lampe so an, dafs die Flamme sich der zum Durchlafs des Lichts bestimmten Oeffuung gegen- über befinde, und von derselben 6 bis 7 Centi&eter ent- fernt sey. Die Oeffnung mufs die Form eines Trapezes haben, seitwärts durch zwei Radien der Scheibe und oben wie unten durch eine horizontale Gerade begrSnzt sejn. Leicht findet man, welche Winkelbreite und Höhe man diesem Ausschnitt zu geben habe. Der Schirm kann von geschwärzter Pappe seyn.

Die Anwendung des Schirmes setzt aber voraus, dafs das aufrechte Bild immer genau an derselben Stelle bleibe, was erfordert, dafs das Verhältnifs der beiden Geschwin- digkeiten strenge richtig und durchaus unveränderlich scj. Nun ist es aber fast unmöglich, diese Bedingung durch ein System von Bollen und Schnüren zu erfüllen ' ). Man mufs also ein System von gezahnten Bädern anwenden; ich habe das folgende angewandt.

Die horizontal und in gegenseitiger Verlängerung lie- genden Axen, auf welchen die durchscheinende und die schwarze Scheibe mittelst Mütter befestigt sind, lassen zwi- schen ihren, einander zugewandten Enden, einen gewissen Abstand. Jedes dieser beiden Enden trägt ein Bad mit Zähnen senkrecht auf seiner Ebene und dem Zwischenräume beider Bäder zugewandt; diese beiden Räder sind vertical, parallel und um eine selbe Gerade drehbar. Dasjenige, dessen Axe die durchscheinende Scheibe aufnimmt, hat ei- nen Durchmesser von 6 Centimcteru; dagegen ist bei dem andern, welches die schwarze Scheibe aufnimmt, der Durch- messer sowie die Anzahl der Zähne viermal geringer. In dem Baume zwischen den beiden Bädern steht ein um sich selbst drehbarer Stablstift, versehen mit einem Getriebe, das mit seinem oberen Theil in den oberen Theil des gro- fseu Bades und mit seinen unteren Theil in den oberen Theil des kleinen Bades eingreift. Versetzt man nun den Stahlstift in Drehung, so drehen sich begreiflich die bei-

1) Man sehe die kvrtlle Notis.

154

deu RSder und folglich auch die beiden Scheiben in ent- gegengesetzter Richtung, nur ist die Geschwindigkeit der schwarzen Scheibe die vierfache von der der darcbscfaeinen- den. Die beiden Scheiben sind 18 Millimeter von einander entfernt. Der Stahlstift geht bis zum Fufs des Instruments hinab und ist am unteren Ende mit einem zweiten Getriebe versehen, welches in ein anderes verticales Rad gr^ft, und dieses hat eine kleine Handhabe, mittelst welcher man das ganze System in Bewegung setzt.

Der Glascylinder der Lampe mnfs umgd)en sejm von einem im Durchmesser doppelt so grofsen Blechcylinder mit einem Loch von 7 bis 8 Centim. Höhe und 2,5 Centim. Breite, in der Höhe der Flamme, auf Seite des Apparats. Dieser Blechschornstein mufs oben eine Rauchkappe (fum^ rore) haben, damit die Decke des Zimmers nicht beleuch- tet werde; auch darf in diesem Zimmer keine andere Lampe oder Kerze angezündet seyn.

Bei meinem Instrumente halten die dursdieinendeo Sehei- ben 27 Centim. im Durdimesser. Die Figuren nehmen eine Zone ein, die mwischen zwei Kreisen von respective 5^ und 12 Centim. Durchmesser eingeschlossen ist, so dafs die Zone eine Breite von 5,5 Centim. besitzt Da das Papier, ud die gehörige Durchsichtigkeit zu haben, dfinn seyn muCs und andererseits die Scheiben einen ziemlich grofsen Durch« messer besitzen, so habe ich, am ihnen mehr Steifigkeit la geben, den Raum zwischen der inneren GrSnze der Zone und dem Centrum mit einer Scheibe Bristol -Papier be* klebt und auch jenseits der Sufseren GrSnze der Zone ei- nen ringförmigen Streifen desselben Papiers angebracht. Die Figuren sind in Aquarell ansgeflDhrt, allein in den dunk- len Partien wurde die Farbe auf beide Seitm des Papiers aufgetragen, um die Kraft derselben zu verstärken; ans dem- selben Grunde wurden die Stellen, die mehr Glanz haben sollten, mit Fimifs Oberzogen. Um das Detail Qber mei- nen Apparat zu vervollständigen, Rige ich noch hinzn; 1) dafs die Schlitze in der schwarzen Schabe an dem vom Centrum entferntesten Ende 2 l^Iillin. breit sind und vou

I

155

da gegen das CeDtmm schmBler werden, 2) dafs die Oeff. nung in dem Schirm 65 Millim. hoch ist, oben eine Breite ▼on 33 Millim. und nuten eine von 15 Millim. besitzt, und 3) endlich, daCs dieser Schirm etwa 7 Millim. entfernt von der durchscheinenden Scheibe aufgestellt wird.

Wenn alles beschriebener Maafsen vorgerichtet, und der Apparat in Bewegung gesetzt ist, sieht man, wie zu Anfange dieser Note gesagt, den Effect direct und mit beiden Augen, und obwohl es am zweckmäfsigsten für den Beobachter ist, sich gerade vor dem Bilde aufzustellen, so begreift man, dafs die Erscheinung sich auch noch hinläng- lich unter einer kleinen Schiefe zeigt, so dafs zwei oder drei Personen gleichzeitig beobachten können. Ueberdiefs sieht man bloCs ein einziges Bild, nämlich dasjenige, wel- ches die aufrechte Stellung einnimmt. Und da nur dieses Bild allein im ganzen Zimmer erleuchtet ist, so hat es eine bedeutende Helligkeit und man kann somit Licht-Effecte hervorbringen, die man mit dem gewöhnlichen Phaenakisti- kop uomöglich erlangen kann.

Als Beispiel will ich erwShneni was einer meiner Ap- parate leistet. Das Bild stellt einen Teufelskopf vor, wel- cher sich vorüber neigt, um ein Kohlenfeuer anzublasen, dann sich zurfickbiegt, um Athem zu holen, hierauf sich abermals zum Anblasen neigt, und so fort. Man sieht die- sen Kopf von vorne; er ist ungefähr 4 Centim. hoch, und befindet sich, wie das Feuer, auf einem dunklen Hintergrund. Wenn er bläfst, schwellen seine Baken an, seine Lippen treten hervor, und, die Stirne runzelnd, richten sich die Augen aaf das Feuer; zugleich facht dieses sich an, sprüht und verbreitet ein lebhaftes Licht, welches den Kopf von unten her stark beleuchtet und dagegen die hinteren Theile desselben, welche im Schatten bleiben, sehr verdunkelt. Wenn dann der Kopf sich aufrichtet und Athem schöpft» sinken seine Baken zusammen, er öffnet den Mund, ent- runzelt die Stirn und richtet die Augen auf den Zuschauer; allein nun läfst auch das Feuer nach, und verliert an Glanz,

156

wobei der Kopf, welcher fiberdie& weniger nahe ist, im Halbdankel erscheint.

Einer unserer grofsen Künstler, Hr. Madoa, war auf meine Bitte so gut, das Modell des Kopfes für den Moment zn zeichnen, wo er mit der gröCsten Heftigkeit bläCsL Ich übertrug hierauf diese Zeichnung in eine der Abtheilon- gen der durchscheinenden Scheibe, TergröCserte die Win- keldimensionen in allen ihren Theilen, im YerhäUnib 4 : 5 darauf veränderte ich sie gdidrig in den übrigen Ab- theilnngen, und verwandte die gröCate Sorgfalt auf die Ans- führoDg dieser Figuren. Das gewöhnliche Phaenakistikop giebt nur eine sehr unvollkommene Idee von den Effecten, welche man durch Anwendung des ihm zu Grunde liegen- den Princips hervorbringen kann, welche aber vollkommen erreichbar sind mittelst des neuen Apparats, der Gegenstand dieser Note ist. Auch hat mein kleiner KohlenbUs«' bei Allen, die ihn in Thätigkeit sahen, eine wahrhafte Bewun- derung erregt

Allein man kann noch weiter gdien, wenn man eine Idee benutzt, die mir Hr. Wheatstone mitgetheilt hat, und darin besteht, das Princip des Stereoskops mit dem des Phaenakistikops zu vereinigen. Mittelst des von jenem Physiker erfundenen Stereoskops scheinen Gegenstände, die auf ebenen Flächen mit blofsen Strichen perspeclivisch ge- zeichnet sind, bekanntlich drei Dimensionen zu haben, in solcher Täuschung, daCs man sich unmöglich derselben er- wehren kann. Gesetzt nun, es gelänge durch Combination beider Instrumente, diesen Effect dem des Phaenakistikops hinzuzufügen ; alsdann werden Figuren, die einfach auf Pa- pier gezeichnet sind, unwiderstehlich erhoben (en ronie boise) und sich bewegend erscheinen, und somit das voll- ständige Ansehen von Leben erhalten. Diefs heifst die Täuschung der Kunst auf die höchste Stufe tragen.

Nun ist die in dieser Note beschriebene Abänderung des Phaenakistikops ungemein geeignet, die besagte Com-- bination zu verwirklichen. Bekanntlich erfordert die Dar- stellung eines Gegenstandes im Stereoskop zwei Zeichnun-

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gen, die eine gewisse Relation zu einander haben und seit* wärts im Apparate aufgestellt werden. Es genügt also zwei durchscheinende Scheiben zu construiren, deren Figuren die vom Stereoskop verlangte Relation zu einander haben, dann diese Scheiben auf zwei ähnlichen Apparaten wie dem beschriebenen zu befestigen, sie an beiden Seiten des 'Wbeatstone'schen Apparats gehörig anzubringen, und end- lich dafür zu sorgen, dafs beide Systeme genau einerlei Be* wegung erhalten. Diese letztere Bedingung ist leicht zu er- füllen, wenn man die beiden gezahnten Räder, welche zum Drehen der unteren Trillinge der beiden Stahlstifte bestimmt sind, auf einer gemeinschaftlichen mit einer Handhabe ver- sehenen Axe befestigt.

Nur giebt es eine, aber bedeutende Schwierigkeit, die nämlich, die Figuren so zu zeichnen, dafs sie genau die vom Stereoskop verlaugte Relation besitzen. Indefs könnte man sie überwinden, wenn man ein, auch von Hrn. Wheat- stone erfundenes Erfahren anwendete. Um ein Paar von Zeichnungen zu erhalten, welches im Stereoskop die Vor- stellung nicht von einer blofsen Perspective in Strichen, sondern von einem Gegenstande mit gewölbten Formen, wie eine Bildsäule, zu geben vermag und zwar mit Schat- ten und Lichtem, hat Hr. Wheatstone den Gedanken gehabt, mittelst der Photographie auf Papier zwei Bilder des Objects hervorzubringen, während dabei successiv das Daguerreotjp in zwei so verschiedene Stellungen gebracht ist, dafs die beiden Bilder die erforderliche Relation zu ein- ander besitzen. Man könnte z. B. die 16 Abänderungen der regelmäfsigen Figur, deren Bild man in dem uns be- schäftigenden combinirten Apparat erzeugen will, in Gjps modelliren, dann mit dem Daguerreotjp von jedem dieser 16 Modelle ein Paar Zeichnungen aufnehmen, und endlich diese Zeichnungen unter erforderlicher Verzerrung auf zwei Scheiben übertragen. Ohne Zweifel wäre diefs eine etwas lange, und die höchste Sorgfalt erfordernde Arbeit; aber man würde durch die Bewunderungswürdigkeit der Resultate reichlich entschädigt seyn.

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IX. Untersuchung über die Fortpflanzungsgeschivm- digkeü der ElehtricHät; t^on HH. H. Fizeau und

E. Gounelle.

(Compt. rend. T, XXX, p, 437.)

Bi

^is in die neaesten Zeiten sind alle Versuche zur Erken- nung der Geschwindigkeit, mit welcher die Elektricität sich fortpflanzt, yergeblich gewesen. Im Jahre 1834 beschrieb Hr. Wheatstone eine Methode, durch welche er, mittekt eines sehr rasch rotirenden Spiegels, diese Geschwindigkeit veranschaulichen und schätzen konnte ^). Nach Hrn. W h e a t* stone pflanzt sich die Elektricität in einem Knpferdraht mit der Geschwindigkeit von 460 000 Kilometer in der Se- kunde fort, eine Geschwindigkeit anderthalb Mal so groÜB als die des Lichts. Im Jahre 1849 machte Hr. Walker in Amerika neue Versuche über diesen Gegenstand.^ Die Versuche wurden unternommen, um die elektrischen Tele- graphen zur Bestimmung geographischer Längen-Unterschiede zu benutzen; sie ergaben eine weit geringere Fortpflanzungs- geschwindigkeit als Hr. Wheatstone gefunden hatte, nim- lich nur 18700 engl. Meil. oder 30 000 Kilometer, also eine 15 Mal kleinere Zahl als die vorhergenannte. Wiewohl Hr. Walker's Methode mehrfachen Einwürfen ausgesetzt ist, so läfst sich doch nicht unschwer erkennen, daCs seine Versuche eine ganz andere Geschwindigkeit ergaben als die von Hrn. Wheatstone.

Die Untersuchungen, die den Gegenstand dieser Abhand- lung bilden, beruhen auf einer anderen Methode als die bei- den vorhergehenden. Ihr Princip besteht darin, dafs man ei- nen Strom gleichzeitig und in sehr kleinen Zwischenzeiten an zwei sehr entfernten Punkten des Leiters unterbricht und die in einem Galvanometer erzeugten Ablenkungen be(4>- achtet; letztere verändern sich mit der Zahl der Unterbre- chungen, werden für eine gewisse Zahl ein Maximum und für eine andere ein Minimum.

1) Aon. Bd. 34, S. 464.

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Diese Vereacbe wurden an deo OrShten der elektrischen Telegraphen von Paris nach Ronen , und Ton Paris nach Amiens angestellt* Die beiden DrShte jeder dieser Linien konnten zu Ronen und zu Amiens vereinigt werden, und bildeten sodann Leiter von aufserordentlicher Länge, deren Enden in einem und demselben Saale des Ministeriums des Innern ausliefen. Für die Linie nach Amiens betrug die Länge 314 Kilometer, för die nach Rouen 288. Die er- stere war aus Eisendrähten coustruirt, die zweite zu eiiiem Drittel etwa aus Eisendraht nnd zu zwei Dritteln aus Kup« ferdraht. Diefs war für unsere Untersuchungen ein sehr glücklicher Umstand, indem er uns zu erkennen erlaubte, dafs die Geschwindigkeit nicht gleich ist in verschiedenen Leitern.

Die Unterbrechungen wurden auf folgende Weise her^ vorgebracht. Ein hölzernes Rad von 50 Millimetern hatte auf seinem Umfang 36 gleiche Abtheilungen, abwechselnd 18 von Platin und 18 von Holz; es safs auf der Axe ei- ner Froment'schen Rotatiousmaschine, deren Geschwindig« keil ein Zähler zu messien erlaubte. Platinplatten, die paar- weise und isolirt von einander angebracht waren, legten sich gegen die Abtheilungen, so dafs jedes Paar einen Unter- brecher für sich bildete. Die einen und die anderen konn« teft so geregelt werden, dafs die Unterbrechungen zusam^p menstimmten oder abwechselten. Der Versuch wurde auf mehrere Weisen eingerichtet. Die beste bestand darin ein Differential- oder Bifilar- Galvanometer und drei Unterbre^ eher Ä, B, C, anzuwenden. Diese letzteren sind so ein- gerichtet, dafs A mit B abwechselt und mit C überein- stimmt.

Eis sey nun eine Batterie verbunden an dem einen Pole mit der Erde^ und an dem anderen mit A und darauf mit dem Telegraphendraht Da die Drähte an dem anderen Ende der Leitung mit einander verknüpft sind, so kommt der Strom in dem anderen Draht zurück ; letzterer steht m VeH^ittdung mit B und C, jedes von diesen mit einem der Galvanometerdrähte und endlich jeder dieser Drähte mit

160

der Erde. Der Strom kann sich also auf zwei verschiedenen Wegen, die abwechselnd offen and verschlossen sind, znr Erde begeben und, je nachdem der Durchgang durch den einen oder andern geschieht, wird die Magnetnadel in ent- gegengesetztem Sinne abgelenkt. Während der Rotation des Rades gehen nur discontinuirliche Ströme durch das Gal- vanometer; allein aus den Versuchen des Hrn. Pouillet ist bekannt, dafs wenn die Unterbrechungen rasch auf ein- ander folgen, die Nadel in derselben Weise wie durch einen stetigen Strom abgelenkt wird. Bei dieser Einrich- tung wird die Fortpflanzungsgeschwindigkeit angezeigt durch periodische, den mehr oder weniger grofsen Rotalionsge- schwindigkeiten entsprechende, Veränderungen in den Ab- lenkungen. Allein die Perioden sind nicht ganz ähnlich, die zweite ist weniger markirt als die erste, die dritte ist kaum bemerkbar. Für die Linie nach Amiens erfolgte die erste Periode bei einer Geschwindigkeit von 9 Umläufen in der Sekunde, für die Linie nach Ronen bei einer von 13,58 Umläufen.

Die nach dieser Methode gemachten Versuche führten zu folgenden Schlüssen.

1. In einem Eisendraht von 4 Millimeter Durchmesser pflanzt sich die Elektricität mit einer Geschwindigkeit von 101 710 oder rund 100 000 Kilometer pro Sekunde fort

2. In einem Kupferdraht von 2,5 Millimeter Dardi- messer beträgt diese Geschwindigkeit 177 722 Kilometer odo' rund 180 000.

3. Die beiden Elektricitäten pflanzen sich mit gleicher Geschwindigkeit fort.

4. Die Anzahl und die Natur der Elemente, aas de- nen die Batterie besteht, folglich die Spannung der Elek- tricität und die Intensität des Stroms, haben keinen Ein- flufs auf die Geschwindigkeit der Fortpflanzung.

5. In Leitern von verschiedener Natur ist die Geschwin- digkeit nicht proportional dem Leitungsvermögen.

6. Wenn discontinuirliche Ströme sich fortpflanzen in einem Leiter, so erleiden sie eine Diffusion, vermöge welcher

sie

161

sie am Orte der Ankunft einen gröCseren Raom einnehmen als an dem des Ausgangs.

7. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit scheint sich nicht mit dem Querschnitt der Leiter zu verändern ; unsere Ver- suche lassen jons diesen Satz für sehr wahrscheinlich halten.

8. Wenn dieser Satz riditig ist, so verändert sich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit nur mit der Natur der Lei- ter, und die Zahlen, welche wir gegeben haben, stellen die absoluten Geschwindigkeiten in Eisen und Kupfer dar.

X. lieber die Geschwindigkeit des elektrischen Stroms in einer metallischen Leitung; von O. M. Mitchel,

Director der Sternwarte zu Gincinnati ' ).

in Cincinnati zur Verwandlung von Zeit in Raum benutzt wird, liefert durch Aufzeichnung der kleinsten Zeittheile die Mittel zur Ausführung der feinsten Versuche. Die Stern- uhr ist so eingerichtet, dafs sie ihre Pendelschläge auf eine Metallpiatte überträgt, die unter einer aufzeichnenden Stahl- feder von fester Stellung rotirt. Die Scheibe, welche die Metallplatte trägt, rotirt mit gleichförmiger Geschwindigkeit und empfängt, ohne in ihrer Bewegung gestört zu werden, die Stöfse der aufzeichnenden Feder. Eine zweite Feder, direct der ersten gegenüber angebracht, steht unter der Controle des Beobachters am Mittagsrohr oder anderen Instrumente, und giebt ihm die Mittel, jede beobachtete Erscheinung mit all der Genauigkeit aufzuzeichnen, mit wel-

1) Aus: The astrononiical Journal^ Ab. 2, einer neuen von Hm. B. A. Gould zu Cambridge, in Massachusets, herausgegebenen ZeiUcKrift. Bis auf den aufserwesentlichen Schiurs ist dieser Aufsat» hier vollstSn- dig und möglichst sinngetreu wiedergegeben; etwaige Unversländlichkeitcn fallen Anr dem Original snr Last. P*

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 1^ ■•

162

eher das Aage den Moment des Eintretens derselben er- fassen kann.

Vor einigen Monaten, nach VoUendang dieser Maschi- nerie, richtete sich meine Aufmerksamkeit auf die Geschwin- digkeit elektrischer Ströme in Telegraphendrähten und im Erdboden, da dieselbe mit in die Bestimmung Ton Län- gen-Unterschieden durch telegraphische Signale eingeschlos- sen ist.

Am Abend des 12. NoTcmbers (1849) wurde auf der Sternwarte eine Reihe von Versuchen gemacht, um die Ge- schwindigkeit der Fortpflanzung einer elektrischen Welle in TelegraphendrShten zu bestimmen.

Die zu diesen Versuchen dienende Leitung war folgende. Von der Hauptbatterie in O'Rielly's Telegraphenstation in Cincinnati ging ein Draht zu der eine engl. Meile ent- fernten Sternwarte und von hier nach Pittsburg; von dort kehrte ein zweiter Draht in die Sternwarte zurück, ging zu einem Elektromagnet (receiving magnef) und endete im Elrdboden, mit dem auch die Hauptbatterie in Cincinnati verbunden war.

Die Anstellung der Versuche geschah folgendermaCsen. Die Sternuhr war so eingerichtet, dafs ihr Pendel eine in der Sternwarte befindliche Kette (loccU circuif) schlofs, welche auf die Zeitfeder (time pen) wirkte und somit die abwech- selnden Pendelschläge oder Sekunden auf eine Metallplatte aufzeichnete, die auf der schon beschriebenen Sdieibe lag. Diese Vorrichtung blieb im ganzen Laufe der Versuche un- verändert, weshalb jene Feder von nun an Normalfeder (^Standard pen) heifsen mag.

Ein Elektromagnet (receiving magnet) dient zum Schlie- fsen einer andern örtlichen Kette (an Kraft und Länge der ersteren gleich), die auf die Beobachtungsfeder (obserwOkm pen) wirkte, und veranlafste, dafs sie mit ihrer Spitze in die Metallplatte stiefs.

Auf diesen Elektromagnet wirkte, nach Belieben des Beobachters, entweder eine örtliche Kette, welche darcb einen metallischen Ansatz der Normalfeder geachlotseo

163

worde^ oder die grofse^nach Pittsburg führende Keüe von sechshundert und sieben engl. Meilen Drahtlänge.

Bei diesen Verbindungen wurden, wie zu ersehen, die Pendelschläge direct durch die Nonnalfeder aufgezeichnet. Sie wurden aber auch aufgezeichnet durch die veränderli- che Feder (wie ich kurz die zweite nennen will), bewegt von der Normalfeder, die entweder eine kurze örtliche Kette durch den Elektromagnet, oder die lange Pittsburg -Kette durch denselben Elektromagnet schlofs, indem dieser Elek- tromagnet, wie zuvor angegeben, die auf die veränderliche Feder wirkende örtliche Kette schlofs.

Wenn die veränderliche Feder durch die kurze örtliche Kette angetrieben wurde, so folgte dem Aufzeichnen der Nonnalfeder das der veränderlichen Feder innerhalb ei- nes Zeit -Intervalls, welches gleich war der Armatur -Zeit Qarmature time) der Normalfeder, vermehrt um die Ar- matur-Zeit des Elektromagnets und die Fortpflanzungszeit der Elektricität (trat^e time of the fluid) durch die kurze Kette und den Elektromagnet, welche Zeit natürlich un- merklich war.

Wirkte dagegen die lange Kette auf den Elektromag- net und durch diesen auf die veränderliche Feder, so folgte die letztere der Normalfeder innerhalb eines Zeitraums, der gleich war dem vorhergehenden, vergröfsert um die Zeit, welche der elektrische Strom zum Durchlaufen des sechs- hundert und sielien engl. Meilen langen Drahts gebrauchte.

Dieses ist jedoch nur richtig 1. wenn die Intensität der örtlichen und der langen Kette gleich ist, und 2. wenn die Ajustining des Elektromagnets constant, und sein Gang (jpass) auf ein Minimum reducirt ist.

Diese beiden Bedingungen sind erfüllt, sobald die bei- den Federn in ihrer Lage zu einander so ajustirt sind, dafs zwei von ihnen auf der Scheibe gemachte entsprechende Tüpfel, bei Ruhe der Scheibe, auf einem und demselben Radius liegen. Dann wird der Winkelabstand (intervall) zwischen den Tüpfeln {records) der beiden, durch eine kurze und eine lange Kette angetriebenen Federn, verrin-

11*

164

gert um den Absfand zwischen den Tfipfelnj wann die rer- anderliche Feder dnrch die karze Kette angetrieben wird, die Zeit vorstellen, welche die elektrische Welle zum Durch- laufen der sechshundert und sieben engl« Meilen Draht ge- braucht.

Ich will nun zeigen, wie wichtig die strenge ErfQlIung der drei Bedingungen sej:

1. die Intensität der langen und kurzen Kette, welche durch den Elektromagnet auf die veränderliche Feder wir- ken, gleich zu machen;

2. den Gang (pass) des Elektroroagnets auf das Mi- nimum zurückzuführen und ihn unverändert zu halten;

3. die beiden Federn so zu stellen, dafs ihre Tüpfel bei ruhender Scheibe genau auf einem Radius liegen.

Um den Einflufs der Intensität und des Ganges zu er- mitteln, wurden folgende Versuche angestellt. Nachdem die Verknüpfungen in der zuvor beschriebenen Weise voll- zogen worden, wurden von den beiden Federn vier Kreise von Sekunden -Tüpfeln (second-dots) unter folgenden Um- ständen gemacht:

1. ganze Kraft der Batterie, Gang des Elektromagnets ein Minimum;

2. ganze Kraft der Batterie, Gang des Elektromagnets ein Maximum;

3. halbe Kraft, Gang ein Maximum;

4. halbe Kraft, Gang ein Minimum.

Die Zeit zwischen dem Niederstofsen der Normalfeder und dem späteren der veränderlichen Feder betrug

im ersten Fall 0",091 ' )

- zweiten - 0 ,2628

- dritten - 0,310

- vierten - 0 ,104.

Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs die AjustirnDg des Elektromagnets Veränderungen in den Angaben erzeugt,

1) Es ist der Miitelwerth von 10 Yersuclieo, die einzeln folgende Resol- taie ergaben: 0",091; 0,092; 0,090; 0,090; 0,091 ; 0,091; 0,090; 0,092; 0,092; 0,091.

165

die weit gröfiser sind als die Fortpflauzungszät in der längst möglichen Kette. Und ebenso erhellt , dafs der Einflufs der verschiedenen Intensitäten einen Fehler von solcher Gröfse Teranlafst, dafs alle Versuche nutzlos würden, von welchen dieser Einflufs nicht strenge ausgeschlossen wäre.

Es waren nun zwei Schwierigkeiten zu überwinden. Man mufste die Batterien auf Gleichheit reduciren und einen Beweis haben, dafs diese Gleichheit erreicht sej. Um diefs zu erlangen, wurde folgendermaafsen verfahren. Die Hen- kel (handks) der Federn waren elastisch und vibrirten bei jedem Niederstofs derselben. Die Hälfte der Dauer dieser Vibration ist, wie man später sehen wird, die Armatur« Zeit. Nun fand sich die Armatur -Zeit als abhängig von der Intensität der Ströme, die auf den Elektromagnet wirk- ten. DiCs Kraft der örtlichen Batterie wurde daher ver- stärkt oder geschwächt, bis die Armatur-Zeit, wie es die beiden Ketten aufzeichneten, von gleichem Werthe war. Die Feder war so ajustirt, dafs dem ersten Tüpfel immer der zweite oder Vibrations- Tüpfel folgte, welcher bei je- der Aufzeichnung deutlich von der Feder augegeben wurde.

Nach Ueberv^indung dieser Schwierigkeit wurden die Federn so ajustirt, dafs sie, auf der ruhenden Scheibe, ra- dial liegende Tüpfel machten. Es ergab sich hiernach, dafs diese Ajustirung in dem gröfsten der aufgezeichneten Kreise bis auf 0",011 unsicher war. Der absolute Raum, auf alle übrigen Kreise übertragen und genau gemessen, gab die er- forderliche Berichtigung.

Als alle Vorrichtnngen vollendet waren, wurden die örtlichen Verknüpfungen Hrn. Henry Twitchell über- geben, während Hr. S tager, von O'Riellys Telegraphen- statiou in Cincinnati, die entfernten Verknüpfungen be- sorgte.

Der Abend war heiter und windstill, warm für die Jah- reszeit. Hr. Stager berichtete, die Linie sey in vortreffli- chem Stande. Der Gang des Elektromagnets war auf sein Minimum gebracht, und die Stärke der langen und kurzen

16&

Batterie war gleich, wie es die Gleichheit der -aufgezeicllneteD Annatar- Zeiten ergab.

Dm 9*58' stiefsen die Federn zugleidi auf die Metall- platte, wfthrend die lange Kette auf die verSnderliche Fe- der wirkte. Ich untersuchte die Platte, um zu sehen, ob die Aufzeichnungen gerathen seyen, und fand die Ttipfel in der schönsten, zartesten Weise in das Metall eingeschla- gen. Am Schlüsse des ersten Kreises von Tüpfeln, welcher genau 60 Sekunden einnahm, wurde das Zeichen zum Wechseln gegeben, und, aufs Wort, die lange Kette aus- gehoben und dafür die kurze örtliche Kette eingeschaltet. Dieser Austausch wurde Ton Hrn. S tager mit solcher Ge- schicklichkeit ausgeführt, dafs nicht eine Sekunde verloren

ging-

Auf diese Weise wurden fünf Kreise aufgezeichnet, drei

mit der langen und zwei mit der kurzen Kette. Das Ohr konnte zuweilen den Uebergang von der langen zur kurzen Kette mit Schwierigkeit erkennen, allein nach vielen Ver- suchen fand sich, dafs diefs Organ nicht zuverlässig sej. Die Verwandlung von Zeit in Raum auf der Scheibe gab uns jedoch Gelegenheit, die Ablesung der zartesten Zeichen zu einer hohen Vollkommenheit zu bringen.

Hr. Twitchell hat alle Messungen mit dem von mir zum Messen kleiner Winkelräume erfundenen Instrumente ausgeführt. Dasselbe Isfst noch 0,001 Zeitsekunde ablesen. Die Scheibe arbeitet während des ganzen Versuchs in der bewundernswürdigsten Weise; die Zeichen lagen tadial vom Centrum aus und bewiesen scAnit die Gleichförmig- keit ihrer Bewegung.

Die Messungen ergaben als Mittel der Zeitintervalle fol- gende Werthe, nebst ihren Berichtigungen (B) wegen nicht- radialer Stellung der Federn:

B: Berichtigt:

No. 1 lange Kette * )=:0",0568 0",01 10=0^,0458 No. 2 kurze - =0 ,0399 0 ,0145=0 ,0254

- 1) Für die beiden ersten Mittel giebt auch Hr. M. die Resnluie der ein- Keinen Messungen, 30 an der Zahl, deren extreme Werthe: 0^,050 und 0^61 für No. 1 und 0",041 und 0^,036 fär No. 2 betragen.

167

B: Berichligt:

No. 3 lange Keüe = 0^0633— 0^0165 =0^0468 No. 4 karze - =0 ,0444—0 ,0195=:0 ,0249 No. 5 lange - s 0 ,0682 0 ,0215 = 0 ,0467 Aus dem Vergleich dieser Werthe ergiebt sich die Fort- pflanzungszeit im sechshundert und sieben engl. Meilen lan- gen Draht:

Abweichung vom Mittel:

No. 1 No. 2 =0 ',0204 0 ",00088

No. 1 No. 4 = 0 ,0209 0 ,00038

No. 3 No. 2 =0 ,0214 0 ,00014

No. 5 No. 4 = 0 ,02 19 0 ,00064

No. 5 No. 2 = 0 ,02 13 0 ,00002

No. 5— No. 4 =0 ,0218 0,00052

Mittel 0",02128. 0",00U43.

Das Mittel giebt eine Geschwindigkeit von 28524 engl.

Meilen in der Sekunde ').

IX Ueber thermo- elektrische Erscheinungen an gleichartigen Metallen; von F. C. Henri ci.

JLyie Erfahrungen über die thermo- elektrischen Erschei- nungen an gleichartigen Metallen, welche ich im Folgenden mitzutheilen mir erlaube, sind die Frucht einer langen Be- schäftigung mit diesem Gegenstande. Gleich im Beginn der- selben habe ich die Nothwendigkeit erkannt, bei allen Ver- suchen über diese Erscheinungen sehr mäfsige Erwärmungen anzuwenden, und nicht nur chemische Veränderungen der Oberfläche, sondern auch Veränderungen im inneren Ge- füge der Metalle zu verhüten, welche beide nach meinen Erfahrungen den gröfsten Einflufs auf die zu untersuchende Erscheinung haben und schon bei Temperaturen eintreten.

1) Also auch sehr verschieden von den Angaben Wheatstone s, Fi- £eaa*s und Walker's, 'Welcher Letzterer übrigens einen Eisendraht benatite (Stein heil, Astron. Nachr. No. 679), wahrend Hr. Mit- chel das Material seines Drahts nicht angiebt. P.

168

können, die keinesviregs sehr hoch zu nennen sind« Des- halb ist es auch nothwendig, die unmittelbare Berfihrung der zu erwärmenden Metallstücke mit der Wärmequelle zu vermeiden. Durch folgende einfache Einrichtung glaube ich zu einer reinen Darstellung der Erscheinung gelangt zu sejn.

Auf einem mit Leinölfirniis überzogenen Holzstfick A Fig. 16 Taf. II. werden die Metalle, welche ich am liebsten in Form von Drähten von nicht Über 2 Millimeter Dicke oder von schmalen zugespitzten Streifen anwende, vermit- telst eines aufzuschraubenden dünnen Holzplättchens n be- festigt. Die Drähte oder Streifen, welche bei a mit dem Galvanometer in Verbindung gebracht werden, sind bei h wiuklich gebogen, und ihre Endflächen c, welche ich ge- wöhnlich auf einer matten Glasplatte abgeschliffen, auch wohl mit frischen Bruchflächen angewendet habe, unter leichter Federung mit einander in Berührung zu bringen und das Ende eines dünnen Messingstreifens o aufzulegen, durch welchen die Erwärmung einer beliebigen Stelle des einen Drahts etc. vermittelt wird, indem unter denselben, auch wieder an einer beliebigen Stelle o, ein kleines Oel- lämpchen mit kurzer wohlbegränzter Flamme (deren Spitze den Streifen nicht berührt) geschoben wird. Eine solche Flamme ist sehr einfach mit den kleinen Nürnberger Doch- ten in Holzscheibchen, welche zu Nachtlichtern gebraucht werden, darzustellen. Hat man nun den völligen Ruhe- stand der Galvanometernadel, abgewartet, so sieht man die- selbe mehr oder weniger bald nach dem Unterschieben des Lämpchens in eine bequem zu beobachtende langsame Be- wegung gerathen und zuletzt bei einer bleibenden Ablen- kung zur Ruhe kommen. Bei dieser Einrichtung bedarf man keiner besonders langen Drähte etc.; man kann die erfolgende Wirkung vom ersten Augenblicke an genau beob- achten und auch nach Belieben stärkere und schwächere Erwärmungen anwenden. Für die gehörige Reinigung der Drähte etc* ist immer gesorgt worden; es scheint jedoch wesentlich nur auf die Reinheit der Berührungsflächen an-

169

zukommen. Die Ergebnisse meiner Versuche sind in fol- gender Tafel zusammengestellt, worin ein von dem erwärm- ten Ende unmittelbar zum kalten fibergehender Strom po* siiw genannt ist.

Answeicliung d. GalvaDometer-

Metalle.

. 1. Kupfer, in Drähten

2. Messing, do.

3. Silber, in Drähten (von gewöhnl. Thalern, kupferhaltig)

Dieselben Drähte, beide geglüht

4. Silber, in Drähten (von den fein- sten hanöverschen Thalern, sehr rein)

Dieselben Drähte, beide geglüht

5. Zinn, in Drähten

6. Kadmium, do.

7. Platin, dö. Dasselbe, do. geglüht

8. Gold, do.

9. Neusilber, do.

10. Nickel, in Streifen

11. Zink, do.

12. Zink, in Drähten

13. Eisen, do.

14. Antimon, in dünnen Stangen

15. Wismulh, do.

16. Blei, in Drähten

Stromrichtung.

positiv do.

nadel.

positiv do.

3", 3^

4^

4^

3i°

negativ

do. positiv

do.

do.

do.

do.

do.

do. negativ

do.

do.

do.

do.

2°,

l^

3^^ 2"

2^ ly 5% 4^ 7S

6°,

l3^ 14^ ll^ 12°

14% 16« 15°, 16° 20°, 20° 40°, 50°

17. Quecksilber

Zu den beiden letzten Angaben bemerke ich Folgen- des. Das Blei wurde in den Drähten von verschiedener Dicke versucht und es wurden glänzende Berührungsflächen durch Abschneiden mit einem scharfen Messer dargestellt; ich konnte keine sichere Spur einer Wirkung erkennen. Das Quecksilber befand sich in einer Rinne abc Fig. 17 Taf. II. in Holz, deren halbe Länge bc 28 Centimeter be-

170

trug. WKbrend bei a und b die Galvauometerdrahtenden eingesenkt waren, wurde neben c (einer kleinen Korkschei- dewand) eine beliebig zu steigernde Erwärmung des Qaeck- Silbers durch einen mit einem Ende eintauchenden winklich gebogenen und durch eine Weingeistflamme erhitzten Strei- fen von Eisenblech bewirkt. Bei der Entfernung des Kork- stücks c habe ich nie eine Spur von Bewegung der Galva- nometernadel bemerkt. Ob in dem Versuche von Vors- selman de Heer (Ann. Bd. 49, S. 121.), welcher das Gegeuthcil ergab, alle Fehlerquellen vermieden worden sind, vermag ich nicht zu beurtheilen. Die Schwierigkeit liegt übrigens ohne Zweifel nur in der Herstellung von Be- rührungsflächen, bei welchen auch nur auf sehr kurze Zeit die Continuität der Masse wirksam unterbrochen wäre. Eine gleiche Schwierigkeit scheint auch das Blei darzubieten.

Um die etwaige Wirkung einer beträchtlichen Ungleich- mäfsigkeit in der Fortleitung der Wärme innerhalb eines Melallstücks zu untersuchen, habe ich Kupfer- und Eisen- drähte durch die Seiteuwand eines mit Schnee gefüllten Gefäfses (Fig. 18 Taf. II.) geführt und unmittelbar neben dem Austritt bei o erhitzt, aber nicht die geringste \^r- kung wahrgenommen. Eine blofse Unregelmäfsigkeit in der Fortpflanzung der Wärme innerhalb der Körper kann also nicht die Ursache der in Rede stehenden thermo- elektri- schen Erscheinungen seyn.

Für die thermo - elektrischen Erscheinungen bei ungleich- artigen Metallen scheint man die Ansicht Becquerers, dafe sie von einem ungleichen Wärmeausstrahl ungsvennö- gen derselben herrühren, allgemein angenommen zu haben. Da es nun kaum wahrscheinlich ist, dafs die Ursache der thermo - elektrischen Erregung bei gleichartigen Metallen eine andere als bei ungleichartigen sejn sollte, so fragt sich, was sich zu Gunsten dieser Ansicht im vorliegenden Falle sagen lasse? Jch bemerke zunächst Folgendes.

Melloni hat nachgewiesen *), durch welche geringen Unterschiede in der physischen Beschaffenheit der Metalle

1 ) Add. Bd. 45, S. 57; Bd. 53, S. 268.

•171

(Härte, Gef&ge etc.) AenderuDgen ihres Strahlungsvermd* gens Terursacht werden. Entsprediende Aenderungen er- folgen durch solche Unterschiede auch, in der thermo- elek- trischen Erregung, was die folgenden Erfahrungen deutlich zeigen.

Die beiden MessingsdrShte No. 2 der obigen Tafel ga- ben bei abwechselnder Erwärmung ihrer Enden positive Ströme mit Ablenkungen von 4^ und 5^ ; nachdem sie in einer Weingeistflamme stark ausgeglüht und darauf mit Bims- stein ect. sorgfältig gereinigt worden, erfolgten bei abwecb- selnder Erwärmung negative Ströme mit Ablenkungen von 14 und 3^ '). Hierauf wurden die Enden der Drähte flach gehämmert und wieder gereinigt; bei der Erwärmung des einen Endes erfolgte ein positiver Strom von 3", bei der Erwärmung des anderen Endes ein negativer Strom tou 57 °. Als hierauf beide Drahtenden aufs Neue gegltiht und gereinigt worden, erfolgten bei abwechselnder Erwärmung derselben zuerst positive Ablenkungen von ^ " und 4 ° und darauf (bei zunehmender Erwärmung) Umsetzung in negch Hve Ablenkungen von und 5^.

Von den Kupferdrähten No. 1 wurde das eine Ende (a) geglQht, das andere (b) nicht. Bei der Erwärmung von a erfolgte eine positive Ablenkung von 4^, bei der Erwär- mung von b eine negative von 1^, dann umsetzend.

Von den Silberdrähten No. 4 wurde ebenfalls das eine Drahtende (a) geglüht, das andere (6) nicht. Erwärmung von a gab eine positive Ablenkung von 3" bis 4°, Erwär- mung von b eine negative von 3^.

Ferner ist es kaum möglich zwei Drahtenden so homo- gen zu finden, dafs bei Erwärmung ihrer Berührungsstelle nicht eine thermo- elektrische Wirkung zu erkennen wäre. Sogar als die frischen Bruchflächen eines durchbrochenen Kupferdrahts mit einander in Berührung gesetzt wurden, brachte die Erwärmung der Berührungsstelle durch die äu-

1) Geglüht während fortgesetzter Berührung erFolgten, nach eingetretener Erkaltung nnd ohne Reinigung, bei abwechselnder Erwärmung negative Ströme von 20** bis 30* Ablenkung.

172

fserste Spitze des scharf zugespitzten Messingstreifeiui eiDO zwar kleine aber deutliche Ablenkung der Galvanometer- nadel (von ungefähr 4") hervor. So ist es auch leicht, durch mechanische Mittel (z. B. durch einen Schlag mit der Schärfe eines Hammers, durch einen Zangendruck, Feil- strich etc.) eine Drahtstelle so zu verändern, dafs eine Er- wärmung neben derselben elektrische Ströme hervorruft

Endlich habe ich Drähte von Kupfer, Messing, Platin, Zink, Neusilber, Eisen, Kadmium an beliebigen Stellen erwärmt und fast ohne Ausnahme Ablenkungen der Galvanometer- nadel, oft von mehren Graden, bald nach der einen, bald nach der andern Seite erhalten, so dafs ich mit der Spitze des Messingstreifens die wirksamen Stellen der Drähte^ an welchen ohne Zweifel kleine Verschiedenheiten im inneren GefOge vorhanden waren, sehr genau ausmitteln konnte. An dünnen Stangen von Antimon und Wismuth sind diese Wirkungen noch viel gröfser. Wird an einem Eisendraht eine kleine Stelle geglüht, so verhält sich diese wie ein anderes Metall.

Die grofse Bedeutung der inneren Structur der Metalle macht sich auffallend geltend in der Stärke und Richtaag der auftretenden thermo- elektrischen Ströme, alle unter- suchten Metalle von ausgebildeterer Structur gaben negatife Ströme und gröfsere Ablenkungen als die andern positive Ströme gebenden Metalle.

Melloni bestreitet zwar bekanntlich eine innere Wä^ mestrahluug der Metalle '); aber seine Erfahrungen könnee auf die in Rede stehenden Erscheinungen wohl keine An- wendung finden. Man mufs es vielmehr für äufserst wahr- scheinlich halten, dafs im Innern der Körper wenigstens da, wo die Continuität der Masse irgendwie zerstört ist (wie bei Aenderungen im Gefüge), auch eine Störung in der Bewegung der Wärme, d. h. ein Uebergang durch Strah- lung, stattfinde. Versucht man nun aber, die Erscheiniin- gen speciell aus dem fraglichen Princip zu erklären, so zeigt sich sofort die Schwierigkeit der Erklärung der negativen

1) Ann. Bd. 65, S. 112.

173

Ströme. Es dfirfte in der That kaum möglich seyn, bei dem jetzigen Zustande unserer Kenntnisse. über die Bewe* gung der Wärme im Innern der Körper diesen Gegenstand befriedigend zu erörtern und namentlich zu der Einsicht zu gelangen, wie aus einer Aenderung in der Bewegung der Wärme eineElektricitätsentwickelung entspringen könne. Ich dachte einen Augenblick, dafs die Annahme einer bei jeder Ausstrahlung zugleich stattfindenden Rückstrahlung ins Innere durch Reflexion an der Fläche, von welcher die Ausstrahlung erfolgt, verbunden mit der Annahme, dafs die Richtung der zum Vorschein kommenden elektrischen Ströme von dem Intensifätsverhältnifs beider Strahlungen abhängig und der Richtung der überwiegenden entgegengesetzt sej, zum Ziele fuhren könne; und in der That hätte man da- bei den Metallen, welche negative Ströme geben, um diese zu erklären, nur eine gegen die Rückstrahlung überwiegende Ausstrahlung zuzuschreiben. Aber aus dieser Annahme ist die positive Stromrichtung, welche z. B. alle Combinatio- nen von Wismuth mit andern negativen Metallen bei Er- wärmung der Berührungsstelle geben, nicht zu erklären.

Für das Princip im Allgemeinen scheinen übrigens auch die sonderbaren Wechsel in der Richtung der elektrischen Ströme zu sprechen, welche man nicht selten bei steigen- der E)rwärmung beobachtet und von welchen vorhin einige Beispiele angeführt wurden. Die auffallendste Erscheinung dieser Art habe ich an zwei Kadmiumdrähten beobachtet. Beide Drahtenden gaben, bei allmälig steigender Erwärmung, anfangs positive Ablenkungen von I4 ^ und 2^, dann um- setzend negative Ablenkungen von 4" und 4°, dann wieder umsetzend positive Ablenkungen von 3°, und beim Abneh- men fanden sich beide Berührungsflächen völlig glänzend und anscheinend ganz frei von Oxyd.

Schliefslich erlaube ich mir noch, auf die constante Wirkung aufmerksam zu machen, welche auf alle von mir untersuchten Metalle das Ausglühen derselben äufsert; sie besteht darin, dafs die Metalle durch Ausglühen in der all- gemeinen thermo- elektrischen Reihe dem Wismuth näher

174

gerückt werden. Dieses ergiebt sich eigeDllidi schon aas den bereits angeführten Beispielen, unzweideutiger aber noch aus anderen besonders angestellten Versuchen , bei welchen je zwei gleichartige Drähte, von denen der eine zuvor stark ausgeglüht worden, mit einander combinirt und an der Berührungsstelle erwärmt wurden. In allen Fällen war die Stromrichtung vom geglühten zum nngeglQhten Drahtende und die Ausweichungen der Galvanometernadel betrugen bei Drähten von

Kupfer S'' Neusilber 6"" Eisen 6"*

Silber 3"" Gold S*" Zink 14'' ').

Messing 4"^ Platin S""

Dieses Ergebnifs ist in sofern auffallend, als man im Sinne der besprochenen Hjpothese nach Melloni'a Aus- strahlungsversuchen das Gegentheil hätte vermuthen sollen, da man diesen zufolge von einer Dichtigkeitsvemiinderungi wie sie durch das Glühen eines durch den Drahtzug ver- dichteten Metalls bewirkt wird, eine VergröCserung seines Ausstrahlungs Vermögens zu erwarten hat, die Richtung der thermo- elektrischen Ströme bei ungleichartigen Metallen aber der Richtung der überwiegenden Wärmeausstrahlmig entgegengesetzt ist.

Sehr beachtenswerth bleibt für jede Theorie die That- Sache, dafs die Eigenschaft der Metalle, bei der Combioa* tion mit gleichartigen positive oder negative Ströme zu ge- ben, von ihrer Stelle in der allgemeinen thermo - elektri- schen Reihe völlig unabhängig ist, und dafs also aus dem thermo-elektrischeu Verhalten der Metalle für sich ihr Ver- halten in der Combiuation mit anderen Metallen nicht ge- folgert werden kann; so giebt z. B. Wismuth - Kupfer ei- nen vom Wismnth zum Kupfer gehenden Strom bei Er- wärmung der Berührungsstelle, während beide Metalle, jedes für sich, Ströme von entgegengesetzter Richtung geben.

1) Das ungegluhte Drahtende war gehämmert, um etwa seine DichtiglMk dadurch ku vergröüsern im Gegensatz zum Glühen. Die obigen Ablen- kungen wurden bei Erwärmung der Beruhrungsstelle durch den Mes- singstreifen erhalten. Unmittelbare Unterstellung des Lampchens (oAxf Berührung der Drähte mit der Flamme) gab viel gröfscre Ablenkongen.

175

XII. üeber die thermischen Eigenschaften des Turmalins; von' Hrn. H. de Senarmont.

{Ann, de Mm, et de phy%, T. XXV HL p, 279)

JLIer Turmalin befindet sich nicht anter den Krjstalleu des rhomboedrischen Systems, welche ich in meiner Ab- handlang über die Wärme -Leitungsfähigkeit krjstallisirter. Körper untersucht habe^). Ich konnte mir 'davon keine hinlänglich homogjßne Platte verschaffen. Der Querschnitt etwas grofser Krjstalle zeigt nämlich immer zum wenigsten drei Individuen, die durch dicke Nähte in Form eines drei- strahligen Sterns vereinigt sind.

Seit jener Zeit experimentirte ich mit einer schönen Tur- malinplatte von hellem, ins Grüne fallendem Meer- Algen- Blau, die, rechteckig, 32 auf 28 Millimeter hält und 1,75 Millimeter dick ist. Sie ist vollkommen durchsichtig, kaum absorbirend, und wenn man sie in polarisirtem Licht unter- sucht, indem man sie auf eine parallel der Axe geschnittene Quarzplatte (^Quariz parallele) von angemessener Dicke legt, so erweist sie sich vollkommen homogen, bis auf die äufsersten Ränder, wo man überdiefs kleine Flecke (jglaces) bemerkt.

Bei der durch Schmelzung von Wachs auf dieser Platte hervorgebrachten Ellipse ist das Verhältnifs zwischen gröfs- tem und klein3tem Durchmesser gleich 1,27 und der letztere ist parallel der krjstallographischen Axe.

Der Turmalin, ein repulsiver Krystall, kommt also durch seine thermischen Eigenschaften neben den gleich- falls repulsiven Krystallen, Idokras, Korund und Eisen- glanz zu stehen.

XIII. Kräftige Stahlmagnete; von TV. M. Logeman.

H,

.r. Mechanikus Logeman in Haarlem hat mir kürzlich, als Probe seiner Leistungen, einen von ihm nach Hrn. Elias's Angabe verfertigten Hufeisenmagnet verehrt, der sich durch

1) Ann, de chim, ei de phj-s, Ser, HL T. XXIL p, 179 (Ann. Bd. 75, S. 50).

176

etoe im Yerf^ciA mr Stahlmane fmf/auim groCsc S aiuzeichDet Dersdbe, aus einer «nzigen Laumelie I bend, wie^ nämlich nar 1,09 Pfand preols. (0,5125! gramro) und besitzt eine conatante Tragkraft Ton 31,5 1 preofs. (14,75 Kilogramm), eine Kraft, die mehr ab pdf so groEs ist, wie sie von der Haecker'scfaen F(

isl0,33j/p^ gefordert wird ').

Zogleicb meldete mir Hr. L., dals er im Stande weit grötsere Magnete von ähnlicber Starke anznferl Idi wurde dadurch TeranlaCst, Hm. L. om Eünsendonf nes Preiscoarantes za ersadien, und da er diesen Wi Tor einigen Tagen erföUte, so erlaobe idi mir den« hier .zar Kenntnib der Physiker zn bringen.

^Prdse 4er HofeteDiuigBeie, aaeh Hra. Blias's«Aa|;abe w Üg^umd tu hMbem bei W. H. Lo^eMaa ia Haarlem^

No.

Tragkraft.

Preis.

No.

Tragkraft.

Fk«

1

25

10

5

150

i

2

40

17

6

200

12

3

80

42

7

300

17

4

120

78

8

400

21

»»■

,Die Tragkräfte sind in Prenfs. Pfunden angegebea Preise in Holland. Golden, mit Verpackang*'.

„Gerade Stäbe aller Art für magnetisclie Obserratc ▼on der nämlichen relativen Stärke wie die Hufeiseq nete, werden zu sehr billigen Preisen Terfertigt''.

Wie Hr. L. bemerkt, bestehen die beiden ersten Num aus Einer Lamelle, No. 3, 4 und 5 aus drei, und die letzteQ aus fünf Lamellen. Die angegebenen Tragk sind constant, erhalten sich also nodi nach wiederhc Abreifsen der Anker. Poggendor

1 ) Ann. Bd. 57 , S. 335. Bei Ankunft in Berlin besafs der Ma^nel ganz die angegebene Tragkraft^ ▼ernoothlich aber nor, 'weil er bein packen durch einen unglücklichen Fall eine Erschütterung erlitten Ein Paar Striche mit einem kleinen Elektromagnet ersetzten den \ indefs YolUtandig.

Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grunstr. 18.

3

-»■ !

/

1850. A N N A L £ N JTo. 6.

DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXXX.

I. lieber die physikalischen Eigenschqflen des Eises und deren Zusammenhang mit den (vorzüglichsten

Phänomenen der Gletscher; fon Hermann Schlaginttveit.

(Mitgetlieilt vom Hiti. Verf. aus dem nächstens bei J. A. Barth in Leip- zig erscheinenden W^erke: Untersuchungen über die phyiikalische Geogra- phie der Alpen^ von Hermann und Adolph Schlagintweit.)

JLyic Untersuchungen von Saussure und besonders die grofsen Reiben ausgedehnter Beobachtungen, welche in neuerer Zeit angestellt wurden, haben uns an den Glet- schern mit einem unerwarteten Reichthum mannigfaltiger Erscheinungen bekannt gemacht. Wir dürfen dem Studium derselben wohl ein ganz allgemeines Interesse beilegen; es kann als ein Beitrag zur Monographie des Eises betrach- tet werden, indem es uns die Eigenschaften dieses verbrei- teten Körpers in grofsen und kleinen Massen und unter den verschiedensten äufsercn Umständen erkennen läfst ').

1 ) Ich theile hier die gröfsei*en Arbeilen in ehronologischer Ordnung mit. S im ml er, F'alesiae et Alpiuni descriptio, LugJ. Bat. 1632. Scheuchzer, Ilinera afpina. Lugd. Bat, Grüner, die Eisge- birge des Schweizerlandes. Bern 1760. 3 Bde. 8**. (Diese drei sind al- tere topographische Werke) Saussure, Voyages dans ies Alpes. Neufchdtei 1779—1796. 4 Bde. 4^ Hugi, naturhistorische Al- penreisen. 1830. 8". Agassiz, Etudes sur ies glaciers. Neuf- chdtei 1840. 8^ Uebersetzt unter dem Titel: Untersuchungen aber die Gletscher. Martins, Ohservations sur Ies glaciers du Spitz- berg compares ä ceux de la Suisse et de la Non^^ge. Bibl. unii\ de Genki^e 1840, Tome 28^ p. 139. Bullet, de la Soc. giol. de la Fr, XL p, 282. Gharpentier, Essai sur Ies glaciers et le ter- rain errat ique de la vallee du Rhdne 1841. 8®. Hugi, über das "Wesen der Gletscher und Winterreise in das Eismeer 1842. 8*. Forbes, Trapeh through the Alps of Sapoy and other parts of the pennine chain with obsercations on the phenomena of glaciers* Edinb. 1843. 8^ Uebersetzt Ton G. Leonhard. Seeond edition

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 12

178

In der vorliegCDdeii Abhandlnng werde ich von den ErscheinuDgeD an Gl«tschem vorzfiglich jene berühren, w^ohe mit den phjsikaliGchen £igenficbftft«n das £i»es in ünmitlelbarem Zusammenhange stehen.

Die Formen dei EerralleDden Elsei.

An allen der Atmosph&re aasgesetzten Theilen zerßUt das Gletschereis in einzdne KOrner. TreaneB nir ein grd- fseres Stück Eis aus dem Gletscher nahe der Oberfläche, so wird es uns leicht, dasselbe in einzelne Theile zu zer- legen, die sich sogleich an ihren abgerundeten Flächen als Individuen, sehr verschieden von Bruchstücken, erkennen

laSECD.

Die Körner hängen ohne alles Bindemittel lose zusam- men, sie sind durch kleine Zwischenräume gelrennt, die bald mit Luft, bald mit Wasser erfüllt sind, wobei ihre Unebenheiten geleukartig in einander eingreifen. Sie zei- gen daher immer eine gewisse Verschiebbarkeit. Die Spitze eines Stockes in die Oberfläche eingedrückt, läfst sich dort leicht bewegen; zugleich ist dabei ein eigenthGmIiches Knar- ren des Eises hörbar. Ihre GrilTse ist sehr wechselnd. In den oberen Gletscbertheilen , in der Nähe der Firumeere, sind sie am kleinsten ; ihr Volumen betragt dort selten mehr als einen Cubikceutimeler. Ein Beispiel dafür ist a der Fig. 1 ; die KOrner sind von jener Stelle, wo die Pasterze

GlelicberbömEr; o. Fastene; b und c. Venngt. J au. GrOfi^ \S4S und viele AbbRndlange» in Jimes, Edwb. Jouni. ••— A|aiiti, Gajot el Deior, Sjrtlimt glaciaJre ou recherchn nir iem gladert, Uur wUcanUme, leur armenac txttmion sd U r^ fu'Ot ant fout datu fhittoire de ta terre. VpartU: Noupdk* Umätt.tl tmpi-

179

al8 Gletscher zuerst Tom Firne sich unterecheiden l&fst. Je weiier wir aber dem Ende des Gletschers uns ntthern, desto grMser werden sie. Die bedeutendsten, die uns war* kamen, beobachteten wir am See der Pasterze und an yo^ nen losgerissenen EUsblöckea, welche der Ausbruch eines Gletschersees im Oetzthale mehr als eine halbe Meile Ton ihrem früheren Standorte entfernt hatte. Auf diese beiden Punkte beziehen sich die Körner b und c der Torherge« henden Figur. Der körperliche Inhalt dieser war im Ma* ximum 6 bis 8 Cubikcenttmeter ' )•

Diese Körnerstructur ist zwar nirgends deutlicher aU au Gletschern, dort wurde sie auch zuerst erkannt; allein ich glaube ganz sicher gefunden zu haben, dafs sie auch an jedem anderen Eise unter günstigen Umständen auftriti* Ich weifs wohl, daCs diese Ansicht mit jener ton anderen Beobachtern nicht übereinstimmt, welche eine absolute Ver- schiedenheit zwischen Gletscher- und Wassereis ann^h- men^)» Allein schon 1829 haben Alexander van Hum- boldt und Gustav Rose auf ihrer Reise nach Ruüsland ähnliche Formen bemerkt^). Auch Schmidt, in Jena^) beobachtete die Absonderung des Eises in stänglichen Frag^ meoten, während Alexander Petzhold ^) nach eigenen Versuchen in Gittersee bei Dresden auf die Analogie der Formen des Gletscher- und Wassereises zuerst hingewie- sen hat.

riences sur les giaciers nctuels et Uur aciion physique sur le iol pur Louis Agassiz, Paris J847. 8°. Em ausföhrlicheres Ver- zeichoifs aller eiozelnen Abhandlungen findet sich Agassis Syst. pag. XIII -^ XXXI.

1 ) Diese Gröfsen wurden dadurch bestimint, dafs die unmittelbaren Gyps- modelle derselben (siehe Seite 180) in wassergcfiHhe calibrirte Bohren gebracht worden, und so das verdrängte VVasser unmittelbar abgclescA werden konnte

2) Yergl. Agassiz, Syst S. 150 Anmerk.

3) G. Rose mineralogisch geognostische Reise nach Rufsland etc. Bd. I. Seite 13:

4.) Poggendorff's Ann. 1342, Bd. 5$, S. 472 t- 473. 5) Beitrage sur Geognosie von Tyrol. Leipzig 1343*

12*

180

Ffir OD8 war vor allem ein aasfOhrlkhes Vergleichen nothwendig. Wir benutzten zum Studium dieser Formen zwei stehende Gewässer in der Nähe von Mönchen: die Kanäle in Njmphenburg und den künstlich angelegten See des englischen Gartens. Wir mufsten sogleich die grofsen Schwierigkeiten kennen lernen, welche sich uns entgegen- stellten, wenn wir die Formen und Structurverhältnisse des Gletscher- und Wassereises vergleichen wollten. Die blofse Anschauung kann nicht genügen, besonders wenn sie ab- hängig von den einzelnen Jahreszeiten durch so lange Zwi- schenräume getrennt ist; überdiefs ist das Eis durch seine Durchsichtigkeit fOr das Erkennen feinerer Einzelheiten und durch sein stetes Schmelzen för eine andauernde Untersu- chung und ausgeführte Zeichnung sehr ungeeignet.

Es mufste daher sehr wichtig sejn, naturgetreue und bleibende Copien solcher Formen zu erhalten, was ich durch folgende Methode zu erreichen suchte. Aus Wachs und Terpenthin wurde eine sehr weiche, für die geringsten Ein- drücke empfängliche Mischung zusammengesetzt, durch welche ich mir Abdrücke vom Eise verschaffte. Um durch die etwa höhere Temperatur des Gerätes nichts von den feineren Formen zu zerstören, gebrauchte ich die Vorsicht, dasselbe vorher durch Umgeben mit Schnee und Eis auf beinahe abzukühlen. Von den so erhaltenen negativen Bildern wurde an Ort und Stelle ein Abgufs aus feinem Gjpse ge- macht (Königsgyps) ^), dessen Feinkörnigkeit für die Schärfe der Copien nichts zu wünschen Übrig läfsf.

Für Gletscherkörner und ähnliche Formen des Wasser- eises, bei denen mehr als eine Oberfläche zu erhalten war, unterstützte die Schmelzbarkeit des Originals die Genauig- keit des Abdruckes ungemein. Ich hüllte ein solches Stück rasch in das abgekühlte Wachs, welches fest ängeprefst wurde, und liefs es nun liegen bis sein Inhalt in Wasser verwan- delt war. "Durch dieselbe kleine Oeffnung, durch welche

1) Diese feine Sorte ist leider nar in gröfseren Städten %n finden; wir waren daher gezwungen, jedesmal davon in die Alpen einco kleinen Yorrtth mitzunehmen.

181

das Wasser entleert Trorde, gofs ich den Gjps ein und ▼ermied so das unangenehme Aufschneiden der Patrone,

«

was so leicht eine Verzerrung des Bildes zur Folge bat'). Ich erhielt nach und nach eine Reihe von 76 verschiedenen Eisformen, thells Gletscher-, theils Wassereis, die nun un- mittelbar neben einander gehalten, die Beurtheilung ihrer charakteristischen Einzelheiten ungemein erleichterten. Ich wählte aus denselben jene Formen, welche ich ffir die am meisten charakteristischen hielt , und habe sie auf der Ta* fei I. vereinigt. Dieselben wurden absichtlich nach diesen Gjpsen und nicht nach der Natur entworfen, weil sich so eine weit gröfsere Genauigkeit und Sorgfalt der Ausführung erreichen liefs.

Die ersten Spaltenanlagen sehen wir dort an den ver- schiedenen Gegenständen dargestellt. No. 1 ist die Ober- fläche eines Eisblockes der im Februar 1847 unter Schnee und kleiiverem Eise gelegen hatte; No. 2 der Abdruck der Wand einer Gletscherspalte, nahe dem Firnmeere und No. 3 ist wieder Wassereis. Das letztere bildete einen leicht convexen Ueberzug von l.j Centimeter Dicke über einen Stein in der Höhle des Marcellgletschers. Es war durch die öftere Bespülung des Gletscherbaches entstanden. .Ueber- all erstreckten sich feine Risse von dem Netze der Ober- fläche auch in die Tiefe; No. 3 das dünnste Stück zerfiel bei der Berühnung in einzelne prismatische Fragmente. Diese Risse sind es, welche am Gletscher als Haarspalten bekannt sind; sie finden sich jedoch am Wassereise ebenso gut, die von ihnen eingeschlossenen Theile sind aber noch nicht das, was wir am Gletschereise Körner nennen wollen; die Haarspalten unterscheiden sich durch ihre geringe Weite sehr wesentlich von den Räumen, welche gewöhnlich die Gletscherkörner trennen. Da sie jedoch , wie wir sehen werden, den letzteren vorhergehen und sie bedingen, so müssen wir schon jetzt ihre Entstehung betrachten.

1 ) Zur biesseren Erhaltung wurden die Modelle mit lieifscra Stearin über- zogen, und so lange erwärmt, bis dieser Ueberzug eingedrungen war. Sie wurden dadurch fester und erlaubten audi das Eintauchen in Wasser.

182

Beßndet sich Eis in einer Temperatur Tön 0^^ oodl folgt darauf eine bedeutende Erniedrigongy so zieht es sich zn^ sammen ^); und es ist für die folgenden Betrachtangen nicht unwichtig, dafs diese YoInmenTeränderung grOfser ist, ah sie bei irgend einem anderen festen Körper beobafchtct wurde.

Die lineare Ausdehnung beträgt ffir I^" C. =0,0000375

Bei einem langsamen Erkalten bleibt die Zusammeuzie- hung allerdings gleichmäfsig; allein ist der Temperatunii^ech- sel ein schnellerer, so wird das Eis bei einiger Dicke sich an allen Oberflächen rascher zusammenziehen als im Innerren und daher Risse erhallen, welche sich an der Oberfläche zu einem unregelmäfslgen Netze vereinen.

Als Unterstützung für die Annahme, dafs die Haarspal- ten durch Temperaturdifferenzen entstehen^ darf auch die Richtung derselben angeführt werden. Sie gehen nämlich jedesmal von jener Oberfläche, welche der Kälte aus- gesetzt ist, rechtwinklich gegen das Innere, und zwar so regelmäfsig, dafs sie, wenn die des Eises ein Cjlinder ist, radienförmig gegen die Axe desselben convergiren, und den- selben in keilförmige Stücke zerfallen machen. Um mich zu überzeugen, dafs die Richtung der Spalten von der ur-

1) C. Brunner in PoggcndorfPs Ann. 1845. Bd. 64. S. 115. An- naUs de chirnie et de physique t, XI F. S. 378 und Slruve, Butt, Acad, St. Peiersb. 1845. /. iF. S. 170. PoggcndorfPs Ann. 1845. Bd. 66, S. 298.

Struve fand die Ausdehnung des Eises noch gröfser, namli'ch 0,000052 für C.

2) Zur Yergleichnng mögen folgende Ausdehnuogscoeflicienten dienen: Zink gehämmert = 0,00003 1 1 = j^igö 8 m c a t o n. Blei = 0,0000288 = s^Jöö E " i c o t. Kalkspath (nach der Ha« jita i e) == 0,0000286 = 5 Jgg Mitscherlicli. Zinn » 0,0000248« ,9455 SmeotoD. Silber = 0,0000208 = jsJw Troughioo. Messing (gegosscu) = 0,0000188 = 55 Jgj Lavoisier. Eisen =0,0000119 = 55450 Berthollet.

G lasslab = 0,0000081 = nsW Roy.

(Nach Baumgartncrs Supplemeniband Seite 919—^22.)

183

SprQDglidtat) Lag«, in welchäf das Eis uch bildete, ganz Fig. % unabhüngig iet, brachte ich

eine Eisplatte in eine solche Stellung, dats ein Theil der- selben a der Fig. 2., frei war, irfibrend ihr zweites Ende vom anderen Eise uH>gebcn wurde. Obgleich die Kaufile im freieo

StelluDC der Kanäle id IjorlzonialcD ~, ., i .r

Plauta. Theile ganz regelmKIsig ver-

liefen, zeigten sie gegen c bedeutende VerkrfimmuDgeD, da- darch bedingt, dafs die KBltc von den Platten d und e nicht so gut zugeführt wurde als von der AtmospbHre. Auch an den Ecken, wie bei der Platte d, sehen wir nicht sel- ten UnregelmafsigVeiten, in diesem Falle von dem Ein- flüsse der Flache f herrObrend.

Bei grofscr Kälte dürfen wir nach diesen Voraussetzun- gen erwarten, dafs die Spalten bSufiger eiiid, sich nSber sieben, also an der Oberfläche ein engeres Nelz bilden. Diefs ist in der Tbat der Fall, und dehnt sich so weit ans, dafs unter solchen Umständen das Eis in kleinere Stocke zerföllt, als bei geringeren Extremen der Temperatur.

Man könnte vielleicht die Anlage des Spaltennetzes wenigstens an der Oberfläche nicht der Kalte, sondern ge- rade dem entgegengesetzten Umstände, dem Schmelzen In der Wärme zuschreiben, wenn man bedenkt, dafe das zu f'S- 3. untersuchende Eis nicht ein einziges

Kr^stallindividuum ist, sondern aus vielen einzelnen besteht, wobei die grOfeereu vielleicht langsamerschmel- zen als die kleineren. Es wBre dann diese Erscheinung jener nicht unähn- lich, dafs die Oberflächen von Mc- tallplatten von SSuren nicht gleich- mäfsig angegriffen werden, Bondern ' mannigfache Vertiefungen und Erhö- Er>i«Aoiagc i. Spaii™nei«> """»g«» erhalten. Allein dieser An- dureh 4!« Loupe gcKbeo. eicbt widerspricht die Forlscizung

184

rechtwinkliger Risse in die Tiefe, die daraus nicht erklSrt werden können, und die völlige Ordnungslosigkeit der Netze an der Oberfläche. Das letztere läfst sich am besten an den ersten Anfängen beurtheilcn ; ich theile daher^ das kleinste Spaltennetz mit, welches ich zu beobachten Gelegenheit hatte. Es ist unter achtmaliger linearer Yergröfsernng gesehen, und war an einem dicken Blocke von Wassereis entstan- den. An demselben waren vor dem Versuche alle Ober- flächen dadurch erneuert worden, dafs wir ihn in einem Zimmer von + 16^ C. bedeutend abschmelzen liefsen; er wurde dann während einer* Nacht ins Freie gebracht, bei welcher die Temperatur auf 11^ C. sank; ich glaube nicht, dafs sich in diesen Linien irgend eine Regelmäfsig- keit erkennen läfst, die auf Zusammenhang mit Krjstall- formen hindeutete. (Die runden, dunkel eingefafsten Kör- per waren eingeschlossene Luftblasen).

Bei einer Abhängigkeit von den letzteren liefse sich auch erwarten, dafs Eis unter dem Mikroskope langsam schmel- zend den Umrifs seiner Bänder ungleich veränderte, und einzelne Ecken oder Kanten sich bildeten ; allein diefs 6n- det nicht statt, sondern das Abschmelzen ist auch bei star- ker Yergröfsernng ein ganz gleichmäfsiges.

Wir betrachteten bisher das Eis als eine ganz gleich- artige Masse, welche sich unter dem Einflüsse der Kälte spaltete; allein dicfs können wir nur, so lange wir ihre Anlage nahe den Oberflächen betrachten. Bei dem weite- ren Eindringen erleiden diese Spalten dadurch wesentliche Veränderungen, dafs der Zusammenhang des Eises an vie- len Stellen durch Luftblasen unterbrochen ist. Bei dem Uebergange aus dem flüssigen in den festen Zustand wird die vom Wasser absorbirte Luft frei; die Trennung ist so vollkommen, dafs selbst Eis aus vorsichtig und lange aus- gekochtem Wasser noch immer einige Luftbläschen' zeigt. Schon im gewöhnlichen Wassereisc .sind sie daher sehr zahlreich, noch mehr in jenem des Gletschers, welches aus Firnkörnern und infiltrirtem Wasser entstanden ist.

Diese Luftblasen wirken auf die Spalten in doppelter

185

Beziefaang modificireud ein. Sie bestimmen den Ort ihrer Eutstehung und theilweise auch ihre Richtung, indem ge- rade au jenen Stellen die Zerklüftung am leichtesten ein« tritt, wo der gleichartige Zusammenhang der Massen un- terbrochen ist. Analoge Fälle finden sich aufser dem Eise an allen Körpern, z. B. an gegossenen Metallen, die Luft- blasen eingeschlossen haben, an Glas, Porcellan u. s. w. Es werden demnach bei fortgesetzter Zerklüftung vor al- lem die Blasen nach verschiedenen Richtungen unter sich verbunden, und diesem Umstände ist es vorzüglich zuzu- schreiben, dafs das Eis des Gletschers sich nicht nur in längliche, sondern auch fast cubische Stücke trennt.

Ein zweiter Einflufs der Luftblasen auf die Haarspal- len besteht in der Veränderung ihrer Form. Sobald eine Haarspalte, in eine Luftblase mündet, trifft sie au dieser Stelle eine bedeutende Erweiterung. Eindringendes Schmelz- wasser und die gegenseitige Communication mehrerer Luft- blasen durch Haarspalten machen, dafs bald kleine „Kanäle'' entstehen, die in ihrer Form von den Haarspalten abwei- chen; sie nehmen vielmehr die Gestalt von vielen Kugeln an, die durch einen hohlen Cjlinder zu einem gemeinschaft- lichen, nicht vollkommen gleichartigen Ganzen verbunden sind. Am deutlichsten sieht man diefs an !No. 4. der Taf. L Es ist das vorliegende Stück der Durchschnitt einer Reihe solcher Kanäle, wie wir sie am Wassereise an ei- ner Stelle bemerkten, wo gerade viele derselben in einer Ebene lagen. Die letztere stand senkrecht auf der hori- zontalen Oberfläche der Eisdecke. Wenn solche Kanäle durch Aussaugen des Wassers an einem ausgehaueuen Stücke mit Luft erfüllt werden, so erscheinen sie besonders bei )ener Stellung des Eises sehr deutlich, in welcher eine to- tale Reflexion des Lichtes stattfindet. Gewöhnlich ver- schwinden sie unter der Einwirkung zu grofser W^ärroe beinahe unmittelbar nach ihrem Entstehen, und machen sich nur durch ihren Einflufs auf die Bildung der Kanäle be- merkbar.

Wenn solche Kanäle in geringer Entfernung sich bc-

186

finden, so rersdundzen sie seitlich, and isoliren nach und nach ehixelne Stficke Eises. Dieses tritt rat allem am Gletscher ein, der so reich an Luftblasen ist, daher auch dort die Gletscherkörner so besonders deutlich entwickelt sind. Uebrigens liefert auch Wassereis ganz analoge For- men, wie uns die Vergleichung von No. 5 und 6 Taf. I. zeigt. Die KanSle stehen dabd in einzelnen dichteren Gruppen gesondert, anfangs bilden sie unregelmäfsig cjüd* drischc Röhren, deren trennende Wände aber immer mehr verschmelzen und zuletzt nur noch dfinne Kanten und Eckeo übrig lassen, welche den Kömern eine rauhe Oberfläche ähnlich einer Feile geben. No. 6 Taf. L ist von Wasser- ds: die feilenartige Rauheit der Oberflädie sdien wir be- sonders schön an No. 7.

Die Bildung von Rissen geht der Anlage von Kanälen stets voraus und bedingt sie; allein das schöne, feine Spal- tennelz der Oberfläche, wie wir es in den Abdrücken 1—3 Taf. I. kennen lernten, wird nicht immer so deutlich sicht- bar; die gröfste Anhäufiing der Spalten beschränkt sich zunächst auf die Oberfläche; wird diese Schicht durch Schmelzen entfernt, so bleiben zuletzt nur Kanäle fibrig, aus einzelnen in die Tiefe sich fortsetzenden Rissen ent- standen. Dieis ist die Ursache davon, daCs wir in den ein« zelnen deutlich isolirenden Gletscherkömern nur selten Haarspalten bemerken; an Eise, welches vor Schmelzen weniger geschützt ist, treten nur die Kanäle auf; ein Bei- foid dafür sehen wir au No. 6 Taf. 1 ' ).

])a gröfserc Kanäle den Eintritt der Luft und die Er- ^InDUUg des Wassers etwas über sehr erleichtern, so g^chiebt es, dafs sie jetzt selbst theilweise zerstörend ein- wirken. Daher werden die Theile, die zwischen den MQn- dungeu der Kanäle liegen, stets ein wenig convez. An manchen Stellen des Gletschers verbindet sich mit der Kälte auch der Zug der Masse thalabwärts, um die Spaltenbil-

1) Das Original wurde iin Mai-s 1847 im Freien beobachtet; die Eis- ina$6cn, die wahrend des Sommers in Kellern aufbewahrt werden, cfi- gon ganz dasselbe.

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doDg an einzeloen Theilen besonders häufig zu machen; auch diese Grappen von Spalten setzen sich mit Luftbla- sen in Verbindung und werden so zu Kanälen, die das Eis in grofsen Massen und in sehr bestimmten Riehtungen durch- ziehen. Dabei ist die ursprünglich eingeschlossene Luft durch Wasser ersetzt; das Eis erhält dadurch an diesen Stellen eine weit gröfsere Durchsichtigkeit und erscheint blau gegenüber dem blasenreieheren, weifsen ^).

Die Gröfse der Fragmente , in welche das Wassereis zerfällt, ist an diesem wie am Gletscher sehr wechselnd. An Platten, welche dick genug sind, die ganze Reihen- folge der Erscheinungen zu zeigen, bemerken wir, dafs die ersten prismatischen Körper, in die es zunächst der Ober- fläche zerfällt, kleiner sind als die später entstehenden; ein Vorgang, der )enem sehr ähnlich ist, dafs die Glet- scherkörner an den oberen Parthien kleiner sind als nahe dem Gletscherende.

Ffir den Gletscher hat man die Erklärung der wech- selnden Gröfse auf verschiedene Weise versucht. Zuerst ging man von den Formen des Firnes aus, denn auch bei diesem bemerkt man, dafs die Gröfse seiner Körner mit dem Alter zunimmt. Dort wird die Vergröfserung dadurch herbeigeführt, dafs durch die Befeuchtung des einzelnen Kornes mit dem Schmelzwasser concentriscbe Schichten um dasselbe sich ablagern. Man kann sich davon sehr deut- lich an den Schneemassen überzeugen, die auch in den Ebenen an beschatteten Stellen sehr lauge sich erhalten. Am schönsten fanden wir eine solche Bildung in einem grofsen Gefäfse voll Schnee, den wir in München im Freien, aber an der Nordseite eines Hauses vor directer Beson- nung geschützt, im Jahre 1847 vom Januar bis Mitte März aufbewahren konnten: es wurde dabei nur die Vorsicht gebraucht, den Boden des Gefäfses an mehreren Stellen

1 ) Diese blauen Bänder sind für die Sliuctur des Gletschers durch Ihre VerlheiluDg und ihre Neigunj; sehr charakteristisch; der Gegenstand dieser Abhandtang erlaubt nicht, sie in ihrem Zusammenhange mit dco allge- meineren Erscheinungen des Gletschers näher ku untersuchen.

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ZU durchlöchern; wir verschafften aof diese Weise dem zu reichlichen Schmelzwasser einen beständigen AbflaÜB. Da noch häufige Nachfröste eintraten, erlangten die Schnee- körner eine Dicke von i 1 Millimeter.

Es war sehr natürlich, dafs diese Vorgänge, welche man in der Natur vielfach beobachten kann, anfangs auch auf die Bildung der Gletscherkörner angewendet worden. Allein schon eine theoretische Betrachtung aller Nebennm- stände läfst die Unwahrscheinlichkeit dieses Vorganges er- kennen. Denn würden sich diese concentrischen Eisschich- ten bilden, so müfsten die Kanäle in jeder Nacht sich schliefseu, in welcher die Temperatur bedeutend unter 0' sinkt, was in diesen Höhen nicht selten ist. Allein gegen das Schliefseu derselben, selbst in der Nähe der Oberfläche, sprechen die lufiltrationsversuche, welche wir später aus- führlicher behandeln werden ^ ).

Ich glaube, dafs die Ursache des Gröfserwerdens der Gletscherkörner dieselbe ist, welche auch das Wassereis nach und nach in gröfsere Fragmente zerfallen macht. We- sentlich ist dabei der Grad der Kälte und ihr Eindringen in das Innere. Am Wassereise sind deshalb die kleinsten Fragmente in der Nähe der Oberfläche und bei noch nicht starker Kälte bemerkbar; ins Innere setzen sich die Risse weit weniger zahlreich fort, daher treten auch dort die Kanäle mehr vereinzelt auf, die Stücke werden gröber, wenn die erste Schicht entfernt ist. Am Gletscher ist die gröfste Kälte au den höchsten Theilen, in der Nähe der Firnmeere, daher dort auch das kleinkörnigste Zerfallen. Das Eis bewegt sich zwar nach abwärts, und ein Stück, welches wir jetzt am Gletscherende in grofse Körner zer- fallend beobachten, hat vor einer langen Periode eben- falls unter der Firnlinie sich befunden; allein der Tempe- ratur dieser Höhen war es damals nicht ausgesetzt, da es wegen des grofsen jährlichen Abschmelzens früher sich tief unter der Oberfläche befunden haben mufste. Am Ende

1) llugi schreibt die Vergröfscrung der Körner der Absorption toq Ga- sen aus der Atmosphäre zu. Wesen der Gletscher. S. 9.

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jedes Winters liefse sich demnach eine stärkere Zerklüf- tung in der Nahe der Oberfläche an jedem Theile des Gletschers erwarten; allein diese Schicht verschwindet bald; und was wir im Sommer beobachten, ist davon abhängig, wie tief die Intensität der Kälte ins Innere eingedrungen, wie dicht gedrängt die Bisse sich noch einige Meter ' ) un- ter der Oberfläche während des Winters verbreiteten. Es läfst sich erwarten, dafs diefs am Gletscher um so weni- ger der Fall war, je mehr wir uns seinen tiefer gelegenen Theilen, seinem Ende nähern; das Zerfallen in alimälig gröfsere Körner spricht ebenfalls entschieden dafür.

In günstigen Fällen haben wir sogar einen Beweis, der noch directer unsere Voraussetzung unterstützt. Es geschieht nicht selten, dafs von secundären Gletschern, die nahe ei- nem Felsenabhange sich befinden, Stücke abbrechen und auf einen tiefer gelegenen primären Gletscher hinabfallen. Es werden dabei die innersten, ganz compacten Eismassen hinabgerissen; tritt diefs noch vor dem Ende des Winters ein, in der Zeit also, in welcher dieses Stück dieselben Einwirkungen der Kälte erfährt, wie jene Stelle des Glet- sdiers, auf welche es fällt: so trennt es sich in Fragmente von derselben Gröfse wie seine Unterlage, während es in der früheren Lage in weit kleinere Stücke zerfallen wäre. Und doch haben diese Massen in wenigen Sekunden eine verticale Höhe zurücklegt, zu der sie als Theile eines re- gelmäfsigen Gletschers eben so viele Decennien gebraucht haben würden. Auch Wassereis müfste nach dieser Ansicht, auf den Gletscher gebracht, genau in dieselben Massen zer- fallen wie dieser. Es findet sich solches auf jedem Glet- scher von selbst, und bietet ungemein belehrende Formen. Wenn eine Spalte mit Wasser erfüllt ist, so setzen sich an die Wände derselben Schichten von Wassereis an und schliefsen sie alimälig mit einem soliden Pfropfe von Eis. Auch dieses zerfällt in Körner, die sich einzeln von jenen der Umgebung in nichts unterscheiden lassen; nur die ge-

1 ) Ueber die genaaen Angaben dts sommerlichen Abschmelzens des Glet- schers siehe Gap. VII.

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riogere Menge tod Luftblasen macht, dafa sidi eine solche Stelle sehr deutlich durch eine mehr lichtblaue Farbe aus- zeichnet. In Folge der schalenförmigen Ablagerung des Ei- ses bei seinem Entstehen sind auch die Körner im Groben ähnlich gelagert, ohne deswegen in ihren individuellen For- men im Mindesten beeinträchtigt zu seyn. Es wird Jeder- mann zugestehen, dafs das in diesen wassererfQllten Spalten gebildete Eis mit dem Gletschereise nicht mehr zusammen- hängt als jenes, welches gefrorenes Wasser in einem Gefäfse liefert.

Schmilzt Eis in gröfseren Massen, so bleibt seine Ober- fläche nicht glatt oder gleichförmig, sondern erleidet be- deutende Veränderungen, die sich in zwei Gruppen brin- gen lassen. Die eine derselben sind die muldenförmigen Flächen an verticalen Eiswänden und an den Decken der Höhlen, die andere die kleineren Unebenheiten des Eises.

Die ersten bemerkt mau besonder^ schön an Spalten- wänden, und an solchen Stellen in der Nähe der Ufer, wo Stöcke des Gletschers abbrachen und freie verticale Wände zuröckliefsen. Auch an Spalten im Firne, und an jähen Aufscuseiten angehäufter Schneemassen sind sie sehr deut- lich. Sie lassen sich ihrer Form nach mit nichts besser vergleichen als mit einer Fläche, die man an einem weichen Körper dadurch erhält, dafs man denselben mit einem Löf- fel durch Abtragen zu ebnen sucht, wodurch eine Reihe concaver Einschnitte entsprechend der Conveiität des Löf- fels zurückbleiben. In dem oberen Theile ist )ede solche Coneavität beinahe kreisrund; nach unten wird sie flacher und weiter, so dafs ihre seitlichen Bcgränzungen, den Aesteo einer Hyperbel ähnlich, auseinander weichen. Am schön- sten und regclmäfsigsten bemerken wir diese Formen im Innern der grofscn Höhlen, welche sich am Austritt der Gietscherbäche bisweilen finden, nur sind sie an der Dede || mehr kreisrund als an den Wänden. Da sie hier auch sehr Ij glatt und spiegelnd sind, so reflectiren sich in ihnen he- 1| leuchtende Wellen des Baches und andere helle Punkte unzählige Male; sie geben dadurch dem Eüngange aolGherll^

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Höhlen einen ungemeinen Reiz. Die Erklärung dieser son- derbaren Formen ist nicht ohne Schwierigkeit; folgende dürfte jedoch nicht ganz unwahrscheinlich seyn. Wenn an irgend einem Punkte das Schmelzen beginnt, so läuft das entstandene Wasser weg und schützt die Umgebung dadurch, daCs es eine ganz feine Schicht bildet, die verdunsten mufs, ehe auch dort das Schmelzen beginnen kann; so erhalten wir in den regelmäfsigsten Fällen Kugelsegmente, wie an den Decken der Höhlen; rücken sich durch fortgesetztes Schmelzen die begränzenden Flächen dieser Kugelsegmente immer näher, und schneiden sie sich, so bleiben spitze pj- ramidenartige Gestalten übrig, die sich besonders an den Decken von Schnee- und Firuhöhlen finden.

An verticalen Wänden, wo das entstandene Schmelz- wasser nicht nach allen Seiten gleichmäfsig abläuft, sondern vorzüglich nach unten, sind auch dort die gröfsten Vor- sprünge, was statt der regelmäfsigen Kreisformen der Dek- ken die erwähnten eliptischen Eindrücke zurückläfst. Die erste Ursache davon, dafs das Abschmelzen nicht überall gleichmäfsig eintritt, mag wohl mit der vorausgehenden Risse- und Körnerbildung zusammenhängen.

Diese löffeiförmigen Erosionsflächen sind nicht auf die Gletscher und den Schnee der Alpen allein beschränkt; sie sind auch bei Expeditionen in höhere Breiten regelmäfsig erwähnt, und machen sich an groben Anhäufungen von Scbneemassen fast überall bemerkbar.

Kann das Schmelzwasser sich sammeln, bildet es nicht eine dünne bald verdunstende Schicht, so trägt es nicht zur Erhaltung, sondern zur Zerstörung des Eises bei, in- dem es sich bei directer Besonnung etwas Über 0^ erwärmt. Es erweitert dann die Kanäle bedeutend und bildet be- sonders da, wo jene häufig sind, in den blauen Bändern, kleine Thäler von der mannigfaltigsten Verzweigung bis zu 2 Centimeter Tiefe. Ein Beispiel dafür ist No. 12 der Tafel I.

Es dürfte nicht uninteressant seyn, bei dieser Gelegen- heit noch einmal auf die Erscheinungen am Wasaereise zu-

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rückzukoinmeiiy and die UnebenheUen za betraditen, weldie auch dieses bei längerem Schmelzen anuimnikt« Wir batten bei uDsercu Beobachtungen an den KanSlen in Nymphen- burg und bei jenen am See im englischen Garten bei MQn* eben den Yortheil, zwei Gruppen zu betrachten, die anter etwas verschiedenen Umständen sich befanden; am ersteren Orte lag das Eis auf Wasser, am zweiten auf festem Bo- den. Bei beiden zeigten sich schon sehr bald bedeutende Unebenheiten, welche an vielen Stellen jene des Gletschers tibertrafen: deswegen wohl, weil hier das Schmelzwasser wegen der grofsen Horizontali (fit nicht wie am Gletscher wenigstens theilweise zu Bächen sich vereinigte und so ab- flofs, sondern nur durch die entstandenen verticalen Kanäle einen sehr beschränkten Ausweg fand. Wo das Wasser sogleich entfernt würde, dürften sich demnach keine solchen Vertiefungen bilden; diefs ist in der That der Fall an der porösen Oberfläche des Schnees, in welchem dasselbe rasch nach seiner Entstehung versinkt. Wo Wasser unter dem Eise war, blieb die Unterfläche stets glatt, und die Kanäle bildeten hier ganz deutliche Kömergränzen, sehr Shnlidh jenen No. 5. Taf. I. Ganz dasselbe zeigt die UnterAäche jeuer grofsen Eisblöcke, welche in manchen GUtscherseen umherschwimmen. Einen sehr schönen Abdruck davon ep hielten wir Ton einem Blocke des Sees im grünen Thor (Pasterzengletscher), welcher in No. 11 Taf. I. wiederge- geben ist und zugleich als besonders deutliche Entwicke- lung der Kömergränzen unsere Berücksichtigung verdienle. Die erhabensten Stellen am Eise von Njmphenburg halten noch am 2. März 15 16 Centimeter, die dünnsten 5—6 Centimetcr; es blieb demnach den ersteren eine relative Höhe von 10 Centimeter: später schmolzen die dickeren auf 4 5 Centimeter ab, während die dünneren Parthien kaum 1 Millimeter betrugen, und zuletzt waren es einzelne Fragmente, welche im Wasser lose herumschwammen').

Anf

1 ) Im Winter 1850 beobachtete ich auch an den Kanälen dct Thioipr- ten« bei Berlin die Bildung d«r Bisse sehr deutlich.

193

Aaf frockner Unterlage waren ebenfalls bedeutende Un- ebenheiten der Oberfläche bemerkbar, aber auch die untere Seite war hier nicht glatt, sondern höckerig und trug da- durch bei, dafs dieses Eis weit schneller als das erstcre in Gruppen von isolirten Fragmenten zerfiel, die bisweilen 10 bis 12 Cubikcentimeter Masse hatten.

VertheiluDg der KaDftle im loDern.

Die bisher betrachteten Erscheinungen sind am Glet- scher vorzugsweise über die Oberfläche verbreitet. Die deutliche Körnerbildung erstreckt sich zwar auch etwas in die Tiefe; jedoch dürften drei Meter in verticaler Entfer- nung von jeder der Atmosphäre ausgesetzten Oberfläche wohl als Maximum gelten; eine Gröfse, welche gegenüber der ganzen Gletschermasse doch eine unbedeutende ist.

Ich mufs hier eine Unterscheidung in der Bezeichnung des Gletschereises einführen, die ich erst später bei der Behandlung der Ogiven ausführlicher entwickeln kann ^). Man unterscheidet bekanntlich ein luftblasenreiches Eis, welches in Folge der Reflection des Lichtes an den ein- geschlossenen Blasen weifs erscheint, und ein blaues ^ in welchem die Blasen grofsen Theils durch wassererfüllte Kanäle ersetzt sind; dadurch erhält das Eis eine gleichmä- (sige lichtblaue Farbe. Diese Parthien sind schmäler und durchziehen in gewissen Lagen das weifse Eis, sie werden die „blauen Bänder'' genannt. Nur diese letzteren verbrei- ten das körnige Gefüge bis tiefer in das Innere; im weifsen Elise sind e$ aber nur einzelne unregelmäfsig zerstreute Haar- spalten und Kanäle, welche tief in die compacte Gletscher- masse eindringen, ja ich fand die letzteren selbst an der Decke von Gletscherhöhlen, wobei sie sicher von der Ober- fläche kamen, obgleich sie eine Eismasse von 60 bis 80 Meter durchsetzen raufsteu.

Der Umstand, der mich zu dieser Annahme berechtigte, war folgender. Unmittelbar über einer Höhle ^) lag die

1 ) Cap. IV. p. 83 1. c.

2) Aid Marcellgletscher.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 13

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Mittelmoräney welche aafser den schönen grOfseren Blöcken auch sehr viel Schwamm und Sand enthielt Da die Ka- näle von oben mit Schmelzwasser sich erffiUten, so mofste mit diesem auch solcher Schlamm eintreten, und es war zu erwarten, dafs er an der Decke der Höhle sich bemerk- bar machte, wenn die Kanäle wirklich von da bis an die Oberfläche reichten. Diefs war in der That hier an sehr vielen Stellen der Fall; und directe Versuche durch künst- liche Infiltrationen bestätigten, dafs diese Theilcfaen wirklich Ton der Oberfläche herabgekommen waren.

Die beste Art, von den Kanälen des Gletschers sich zu überzeugen, sind die Infiltrationsversuche mit gefärbten Flüs- sigkeiten, welche Agassiz bereits im Anfange seiner Un- tersuchungen mit so vielem Erfolge angewandt hatte. Un- ter mehreren Medien, die wir versuchten, fanden wir eine concentrirte Auflösung von saurem chromsauren Kali am vortheilhaftesten, deren sich auch Agassiz' bediente. Lack- mus, Curcuma, Campechenholz sind entweder weit weniger intensiv gefärbt, oder sie dringen nicht mit derselben Leich- tigkeit ein. Das saure chromsaure Kali behält noch bei ungemeiner Verdünnung eine deutliche Weinfarbe; setzt man etwas basisch essigsaures Bleioxyd zu, so erhält man eine noch intensivere gelbe Farbe; die suspendirten Theile des gefällten Bleisalzcs sind nicht so grofs, dafs sie die Kanäle verstopften.

Die Versuche wurden auf mehreren Gletschern theils im Oetzthale, theils auf der Pasterze in Kärnlhen angestellt Die gemeinschaftlichen Resjiiltate waren folgende: Wurde die Vertiefung zur Aufnahme der Infiltrationsflüssigkeit, zwei Maafs concentrirter Lösung enthaltend, in ein blaues brei- tes Band gemacht, so entleerte sie sich ungemein rasch, und liefs sich an den Wänden der Spalten sehr deutlich bis zu 8 und 10 Meter Tiefe verfolgen, obwohl ich die Infil- trationsgrube stets mehrere Meter vom Bande der Spalten entfernte. Suchte ich eine Stelle blauen Eises, welche et- was erhaben war, so verbreitete sich die Infiltration aud sehr rasch über die Oberfläche; und hier beinahe gleidi

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stark in weifsein und blauem Eise; ich fand bei einem be- sonders glücklichen Falle die madreporenartigen verticalen Vertiefungen des Eises, welche von eingesunkenen Stein- eben u. dgl. herrühren, bei einer horizontalen Entfernung ▼on 40 Meter deutlich von der Infiltrationsmasse geförbt and erhielt, als ich zur Controle etwas essigsaures Blei hinein brachte, augenblicklich den charakteristischen Nie- derschlag.

Im weifsen Eise ist die Infiltration anfangs eben so stark als im blauen, aber in der Tiefe nimmt sie ab, sobald sie die Region des deutlichen Körnergefüges verlassen hat.

Auch in den wassererfüllten Stellen des Gletschers (Baig noirs) findet eine Infiltration statt, obgleich ihre Wände nicht von Gletscher- sondern von neu entstandenem Was- sereise bekleidet sind. Dafs sie die enthaltenen Flüssigkei- ten nicht ganz wasserdicht von der Umgebung abschliefsen, sieht man auch daraus, dafs diese so wie die kleinen ma- dreporenartigen Löcher des Morgens oft wasserleer sind. Man könnte diefs theilweise der Verdunstung zuschreiben, allein ich sähe Fälle, in welchen diese nicht von Einflufs seyn konnte; es bildeten sich in mehreren kalten Nächten während unseres Aufenthaltes auf der Pasterze über diesen Wasserbehälter kleine Eisplatten, welche bis zum nächsten Morgen sehr wohl erhalten blieben: unter ihnen abej war keine Spur von Wasser zu finden. Hätten wir nicht die Stelle von früheren Besuchen her wohl gekannt, und ge- wufst, dafs das Wasser erst nach der Bildung der Eüsplatte durch Infiltration verschwunden war, so wäre uns das Ent- stehen dieser Decken über wasserleeren Vertiefungen sehr überraschend gewesen. Dieser Umstand machte uns auf- merksam, die Wasserstände an mehreren Orten des Abends durch eingesteckte eiserne Stifte zu bezeichnen, und wir fanden sie in der That des Morgens gewöhnlich etwas tie- fer (2 bis 3 Centimeter), während sie nach 10 Uhr von dem Schmelzwasser wieder gefüllt waren. An kalten Herbst- tagen, wenn das Schmelzwasser von Tag zu Tage spärlicher wird, bemerkt man an diesen Stellen die Infiltration be-

13»

196

sonders schön. Es bilden sich mehrere parallele Krusten von Eis, die von der Oberfläche beginnend in Abständen von 2 bis 3 Centimetern nach unten sich folgen. Es sind diefs die Reste jener Eisdecken, die sich in den vorausge- gangenen Nächten auf ^er Oberfläche bildeten, und nun eine gleichzeitige Uebersicht der früheren Wasserhöhen ge- währen.

Au den Wänden der Spalten bemerkt man noch ein anderes Phänomen, welches die allgemeine Senkung des Wassers während der Nacht anzeigt. Des Morgens ist an der Oberfläche nur selten verschiedenfarbiges Eis zu se-

Fig. 4. hen; andenSpaiteu-

wänden ist zwar die Streif ung von unten nach aufwärts so deutlich wie später am Tage ; allein

Nadilliclies Verschwinden d. blauen Bander. a b N ^eni^e Fufs UUtCr Umrifs der Gletscbcrobcrfläche ; N Niveau des - ^-^t /,.. , Wassers; w wciTses Eis; das dunkel Gezeichnete der UberUaCbe VCT- sind blaue Baader; horizontale Lange vier Meter, schwindet sie, ob*

wohl ZU anderer Zeit die Bänder so deutlich bis an den Rand der Spalten herauf reichen, und noch über die Ober- fläche des Gletschers fortlaufen.

Dieses Verschwinden rührt daher, dafs die oberen Theile des Eises, auch des blauen, wasserleer sind; die Kanäle des letzteren sind mit Luft gefüllt, daher erscheinen beide Arten gleichförmig weifs; bis zum Rande des Wassers, von unten nach aufwärts, sind Farbe und Structur so verschie- den wie gewöhnlich. Dieser Fall spricht zugleich sehr deut- lich dafür, dafs die Zwischenräume in den blauen Bändern durch Infiltration von oben gefüllt werden.

Eine gröfsere Reihe von Infiltrationsversuchen, die mir besonders erlaubte, in verticaler Richtung von der Tiefe der Infiltration mich zu überzeugen, machte ich am Ver- nagt im Oetzthale.

Die Stelle befand sich in einem der zerklüftetsten Theile

197

des Vernagt, in der NShe der Alpenweiden auf ,,PIattei'^ Dnrch ein Gewirre von Spalten und Eisnadeln war dieser

' Punkt etwas unbequem zu besuchen; dafür bot er aber den Vortheil, dafs man im Stande war, mit geringer Nach- hülfe eine sehr passende Höhle herzustellen. Man trat auf einigen ciugehauencn Stufen in die Spalte hinauf, die von Natur ziemlich enge durch Hinab werfen von Schnee und Eis in einer Tiefe von 3 Metern sich so fest schlofs, dafs man mit Vorsicht sich darauf stellen konnte; zur gröfseren Sicherheit band ich mich an ein Seil, dessen anderes Ende um einen Pfahl aufser der Höhle geschlungen war. Die Stellen der Infiltrationsflüssigkeit waren so gewählt, dafs

- eine verticale Linie von dort gerade der tiefsten Stelle der Eiswand, die nach Innen concav war, sich näherte. Ich machte drei Vertiefungen zur Aufnahme der Infiltrations- flüssigkeit. Eine in einem breiten blauen Bande, die zweite in reinem weifsen Eise und eine dritte da, wo schmale weifse und blaue Bänder mit einander wechselten. Schon 10 Minuten nach dem Einfüllen war die Flüssigkeit aus dem blauen Eise an den untersten Stellen, 3 Meter verti- cal unter dem Infiltrationspunkte, sichtbar; die Grube war dabei leer geworden. Bald begann auch an der dritten Stelle die Färbung sich zu zeigen ; aber vorzugsweise nach dem Verlaufe der blauen dünnen Bänder. Auch am wei- fsen Eise wurde die Flüssigkeit bemerkbar, aber erst eine Viertelstunde später; sie war hier nicht gleichmäfsig ver- theilt, sondern blieb in mehreren gröfseren Gängen ver- eint. Nach einiger Zeit wurden die Infiltrationslöcher sorg- faltig gereinigt und ausgetrocknet, dann liefs ich an die- ser Stelle einen bedeutenden Theil des Eises abtragen. Hier zeigte sich der Einflufs der Eismassen von verschie- dener Structnr auf die Infiltration besonders deutlich. Im blauen Eise war dieselbe, so weit ich eutblöfsen konnte, überall ganz gleichmäfsig verbreitet. Im weifsen aber hörte sie in dieser Form bei 2 Meter Tiefe fast in einer hori- zontalen Ebene auf; von hier abwärts waren nur feine

198

and sdir sdiwadie KOrnergrinzcB za cntdedLcn ' ). Die Infiltration erstreckte sidi nodi etwas tiefer, allein unglödi ▼ertheilty und hielt sich an einzelne grOGsere Gänge, wie wir es schon vor dem Abhauen da* Decke ans den Er- scheinungen an den Wänden der Höhle Termatheten. Ich machte hier, um mir ein noch deutlicheres Bild dieser Yerhiltnisse zu geben, im reinen weiCsen Eise neae Lö- dier, die ich mit chromsaurem Kali f&llte, wählte aber die Lage derselben so, dafs mandie ein oder zwei Kanäle einsdilossen, andere im ganz compacten Eise blieben. Ich gofis die Flüssigkeit des Abends ein, des anderen Mor- gens waren drei Behälter, ¥on denen ich es bereits erwar- tete, und ein anderer leer geworden; im letzteren ent- deckte idi jetzt, durch die Farbe des Kalisalzes unter- stQtzt, leicht die Ausflufsstellen, die idi Tags vorher nicht bemerkte. Die beiden anderen Gruben, die im ganz com- pacten weiCsen Eise gemacht waren, hatten aber ihr Ni- veau vom vorigen Abend kaum um 2 Centimeter geändert.

An den Stellen, wo weiCs und blau abweciiselt«i, war der Effect der lofiltration ein ungleichartiger. Im blauen Eise war auch hier ihr Ende durch Abtragen nicht zu ent- decken ; im weifsen dagegen hatte sie eine bestimmte Gränzei nur um einige Decimeter tiefer als in der Grube No. % Elinzelne Gänge und Kanäle f&hrten auch von hier in die Tiefe fort

An der Pasterze hatte ich Gelegenheit Infiltrationsver- suche 1) nahe der Fimlinie, 2) in der Mitte des Gletschers und 3) unmittelbar an seinem Ende zu machen. Blaue Bän- der waren überall gleich stark infiltrirt; allein im gewöhn- lichen Elise bot die Vergleichung der einzelnen Punkte das interessante Resultat, dafs 1 und 2 in Beziehung auf die Tiefe der Infiltration nur wenig abwichen; 3 hingegen zeigte nur sehr geringe Infiltration.

Die Schlüsse, welche wir daraus auf die Vertheiluog der Risse und Kanäle machen dürfen, sind folgende. Die

1) Ucbcr die feinen Spallen in gröfseren Tiefen und ilu« EaUtdinng siebe S. 212.

199

blauen BSnder fQhren die Flüssigkeiten tiberall in Tiefen, die wir nicht mehr verfolgen können; im gewöhnlichen wei* fsen Eise aber erstreckt sich die gleichmäfsige Dnrchträn- kung der Massen nur 2 bis 3 Meter nach abwärts, dann hören die zahlreichen Gruppen der Spalten fast in einer Ebene auf; nur einsclue Kanäle, auch kleinere Risse setzen sich in bedeutende Tiefen fort. Charakteristisch ist, dafs. jene Ebene, in welcher die reichliche Infiltration aufhört, am Anfange des Gletschers tiefer liegt als am Ausgange. Ich glaube darin eine Unterstützung meiner Ansicht über die Entstehung der Risse zu sehen, iodem gerade dort die- selben am tiefsten sich erstreckten, wo wegen der höheren Lage die gröfste nächtliche Kälte auf Tagestemperaturen über t)^ zu folgen vermag. Die Gröfse der Differenz zwi- schen dem Maximum und Minimum mag allerdings für den Anfang und das Ende des Gletschers sich nur wenig un- terscheiden; allein sie wird im ersteren Falle durch ein geringes Plus und ein grofses Minus, im zweiten durch ein grofses Plus und ein geringes Minus hervorgebracht; die Wirkungen müssen dabei nothwendig verschieden sejn, da alle Temperatur über 0^ das Eis nicht zu erwärmen, nur zu schmelzen vermag, während die Temperaturerniedrigung unter 0^ sehr bedeutend auf die Gröfse der Zerklüftung einwirkt.

Ich weifs wohl, das die absolute Vergleichbarkeit hö- herer und tieferer Punkte in Beziehung auf die verticale Ausbreitung dieser Risse nicht zu beanspruchen ist; auch das ungleiche Abschmelzen ist darauf von Einflufs, indem es an den unteren Parthien von dem körnigen mit Ka- nälen durchzogenem Eise mehr zerstört, als an den höher gelegenen; allein diese Differenz ist ') nicht grofs genug, die Unterschiede vollkommen zu erklären. Jedenfalls ist aber am Ende des Winters die zerspaltene Schicht au der- selben Stelle tiefer, als aoi Ende des Sommers.

1) Nach unseren Versuchen über die Abtragung des Eises.

200

LaftbUsea.

Die Menge der Laftblasen, weldie im Gletadier einge- schlossen ist, wird für denselben nicbt nur dmdi ihre Be- theiligong an der Bildung der KOmergrinzen und der Ka- näle im Inneren des Eises wichtig; sie hat auch auf den Umrib seiner Oberfläche im Kleinen «nen bedeutenden EinfloCs. Am besten können wir dieis ans dem Vergleich Ton No. 12 und 13 Taf. I. entnehmen. In dem ersten Stöcke^ welches die Oberfläche des blauen Elises wiedergiebt, sind die Vertiefungen durch ungleiche Schmelzung so grob, dafs die Figur dem Relief einer Gebirgsgegend nicht unähnlich wird. Die tiefsten Stellen bezeidinen uns immer die Um- risse der Körner. Punkte, an welchen kurz TOiber Luft- blasen waren, bemerken wir auch hier als kreisrunde Ver- tiefungen; allein sie sind TerhältniCsmäCsig sparsam vertheilt.

Ganz entgegengesetzt verhalten sich die Formen des wei- fsen Eises in Ko. 13 Taf. L Die Körnergränzen lassen sich durch tiefere aber enge Spalten auch hier erkennen, jedoch die grofsen Verschiedenheiten im Relief sind hier nicht zu bemerken; die Spuren der Luftblasen hingegen sehen wir ausserordentlich deutlich und zahlreich. Wir zählen auf einem Quadratcentimeter weiCsen Elises nicht selten 17 bis 18 solcher Vertiefungen. Durch theilweise Reflexion der Wärmestrahlen an der Oberfläche der Luftblasen, und durch die Erwärmung der Luft im Eise wird auch das schnellere Schmelzen des weifsen Eises gegenüber dem blauen hervorgebracht; ja die Luftblasen tragen nicht sel- ten noch unmittelbar dazu bei. Sie bewirken durch die Ausdehnung der Luft, dafs das Eis, noch ehe es bis an die Blase herabgeschmolzen, berstet, und nun in ganz klei- neu Fragmenten über die Oberfläche zerstreut wird. Das dadurch hervorgebrachte leise Knistern ist an schönen war- men Tagen ungemein deutlich; bei einiger Aufmerksamkeit hält es nicht schwer, sich unmittelbar von dem Vorgänge zu überzeugen und die Fragmente der gesprengten dünnen Eishüllen zu entdecken.

201

Das ErVrSmieD der Laft innerhalb des Eises zeigt eidi

noch in einer anderen Fonn. An den hervorragenden Thei-

len des Gletschers bemerkt man oft Bläschen, die wie

jenes in Fig. 6. nach nntea von einem Hofe von Wasser

F'ig- &• umgeben sind, von dessen Fltls-

sigkett man sich durch OefCnen

der Hohle leicht überzeugen

kann. Mandtmal ist eine solche

Luftblase nach allen Seiten von

Wasser umgeben, gewöhnlich

,,, nur nach unten '),

Luflblascn im Eiie von SüssiEem ^v tat i j j l

■WajKr umgeben ; die pirallcten *^^^ W^aSSer ISt dadurch ent-

ScHche =Eiji die gelreuitcn= standen, dafs die Luft WSrme-

Luriblasea; das hell Gclaaieiie= ,1.1 l l- > 1 l J

Waiser. Strahlen absorbirte, welcite das

Eis als dialbermaner Körper durchlicfs; an ein Eindringen des Wassers durch Spalten, etwa Haarspalten, war in al- len Fällen, welche ich sah, nie zu denken; auch wäre )a bei einer solchen Oeffuung immer die Luft ausgetreten, ehe das Wasser Platz finden konnte. Die schöne Ent- wickelung dieser Formen ist um so überraschender, wenn wir bedenken, dafs das Eis zu jenen Körpern gehört, welche nur sehr wenig diatherman sind. Melloni hat ge- funden, dafs Eis bei 2,6 Millimeter Dicke von 100 Sirah- len der Locatellischen Lampe. nur 6 durchläfst, während Steinsalz 92, Spiegelglas 39, krjstallisirter Gyps 14 Strah- len durchliefficn ' ).

Die Masse der Luft zu bestimmen, welche in einem gegebenen Volumen Eis enthalten ist, macht einige Schwie- rigkeit, da sie beim Schmelzen zum grofsen Theile von Wasser absorbirt wird. Ich mufste mich daher begnügen durch Eindrücken in eine etwas erwärmte Metallform dem Stücke ein bestimmtes Volumen zu geben und dann sein absolutes Gewicht, zu bestimmen; ich suchte dabei ein Slfick, welches möglichst frei von Haarspalten war. Die WSgung wurde auf einem Aräometer ans Glas vorgcuoui-

1) Dieselben Fonacn: \gassii Sjstime p. 168.

2) Müller-Pouiliei Pfajiib 11. 424.

202

meDy welches 1 Milligramm mit Sidcriieit anzeigte , ond 24 bis 30 Grammen tragen konnte; eine groCse Bequem- lichkeit war esy da(s sein Hals in Längentbeile getheilt war, welche genau die Veränderungen der Belastungen um + oder 1 Milligramm durch ihr Einsinken oder Steigen angaben.

Berechnen wir daraus das Gewicht eines Cubikmeicrs ▼on dem blasigsten Eise, so finden wir:

Wägung o. 867,1 Kilogramm 6. 829,1 c 891,2 Mittel 862,4 Kilogramm. Die Diditigkeit des reinem Eises ist, nach den schöneo Untersuchungen von Brunner dem Sohne, folgende:

Tcmp. C

Diclite.

Tcmp. C

Dickte.

Tcmp. C.

Didüe.

0

0,91800

7

0,91879

14

0,91957

1

0.91812

8

0,91890

15

0,91968

2

0,91823

9

0,91901

-16

0,91980

3

0.9ia34

-10

0,91912

17

0^1991

4

0,91845

11

0,91924

-18

0,92002

5

0,91856

12

0,91935

-19

0,92013

6

0,91868

13

0,91946

20

0,92125

Wir erhalten demnadi für die Masse des Eises in den ge- wogenen 27 Cubikcentimet^m, dem Inhalte jener Metall- form, da in 100 Tbeilen Volumen: Eis 939, Luft 61, ein spec. Gew. =0,862.

Bei blauem Eise konnte idi durdi Wägung zweierlei erfahren: 1) den Raum, den die Haarspalten, Kömergrän- zen und Kanäle einnahmen, 2) das spec Gew. des mög- lichst blasenfreien Gletschereises. FQr den ersten Versuch wurde ein Stück von 27 Cubikcentimeteru, an dem alle Kanäle mit Wasser gefällt waren, gewogen, dann durch Aussaugen schnell entleert und wieder gewogen. Der Ver« lust im Mittel mehrerer Versuche ergab ihren Baum in 1000 Theilen Eis zu 70 bis 90. Wenn auch bei dem Aos- saugen und während der kleinen Pause zwischen der er- sten und zweiten Wägung einiger Verlust durch Schmel-

203

zen des Eises herbei geföhrt wurde, so wird, dieser Fehler hier um so weniger zu berücksichtigen sejn, da die Räume der Kanäle ohnehin keine consfante Gröfse sind und in zwei dicht neben einander liegenden Stficken sehr merklich differiren können.

Wollte ich Stücke von blauem Eise wägen, welche frei von Kanälen waren, und möglichst wenig Luftblasen ent- hielten, so war ich gezwungen die Stücke weit kleiner zu machen. Ich wog 4 Cubikcentimeter und fand ihr Gewicht.

1 Versuch 3,69

2 - 3,63

3 - 3,66

Mittel 3,66 Grm. Für 1 Cubikcentimeter erhält man daraus

0,915 Grm. und ein specifisches Gewicht von

0,915 Grm.

was von jenem des reinen Eises nur wenig abweicht.

Läfst man weifses blasenfreies Eis langsam thauen, so wird nicht alle darin enthaltene Luft absorbirt; diese Er- scheinung gewinnt dadurch an Interesse, dafs die absorbirte Luft auch eine andere Zusammensetzung zeigt, als die aus- tretende.

Um die absorbirte Luft vom Wasser zu trennen, wurde das letztere unter den bekannten nöthigen Vorsichtsmafs- regcln ausgekocht, und die austretenden Gasarten unter einer warmen Salzlösung aufgefangen. Die calibrirte Röhre, in welche die Luft eintrat, tauchte ich am Schlüsse der Operation so lange unter die Sperrflüssigkeit, bis ich die Temperatur der letzteren jener der eingeschlossenen Luft gleichsetzen durfte. Der Barometerstand, der jedesmal ab- gelesen wurde, betrug zwischen 600 und 570 Millimeter, da alle folgenden Versuche theils am Gletscher selbst, theils in Vent (5800 P. F.) angestellt wurden. Das gefundene Gasvolumen wurde auf 0^ C. und 760 M. M. Baiometersland reducirt.

204

Die so erhaltenen Mengen waren:

BezeicImuDg des Wassers.

No.

Ort.

1

Pasterze

2

Pasterze

3

Alte Lawine b. d.

Johannishütte.

4

Vernagt

5

Vernagt

6

Dorf Vent ^

7

Dorf Vent

8

Dorf Vent

9

Johannishütte

Aus weifsem Gletschereise Aus blauem Gletschereise Aus dem Firne

Luft iu

lOOOTheil.

Wasser.

47,10

ao,48

23,60 45,68 28,56 34,24 25,68 13,12 13,79

Aus 'wcifsera Gletschereise

Aus blauem Eise

Aus frisch gefallenem Schnee

Kleiner Badi von Stablein kommend

Oetzwasser

Wasser der Quelle

Anmcrk. No. 1^3 und 9 waren 1848 in Kamthen, wahrend meines Aufenthaltes auf <der Pasterze, angestellt. No. 4—8 wurden 1847 im Octzthale ausgeführt.

Das Wasser aus weifsem Eise ist nach diesen Yersu- chen vollkomnien gesättigt, da im Mittel 46 Theile Luft auf 1000 Wasser als Maximum angenommen werden '); aber selbst das blaue Eis lieferte noch luftreicheres Was- ser als die gewöhnlichen Quellen und Bäche.

Zur chemischen Analyse der Gase bedienten wir uns des Eudiometers von Gaj-Lussac ^), dem Fresenius eine so bequeme Form gegeben hat ^ ). Ein Cylinder von 1 Fufs Höhe und 3 4 Zoll Weite, der nämliche in dem auch das Aräometer aufgestellt werden konnte, wurde mit verdünnter Salzsäure gefüllt; in demselben befand sich die graduirte engere Röhre, welche die zu analysirende Luft und einen Kupferstreifen einschliefst, um den zur Vermeh- rung der Oberfläche und zum besseren Hinaufleiten der Salzsäure mit einem Bindfaden Kupferdrehspäne gebunden sind. Die drei Spitzen, an seinem unteren Ende sind fe- dernde Streifen, welche den graduirten Cylinder in der weiteren Röhre festhalten^).

1 ) Nach D al t o n s Versuchen. Manchester Memoirs 2 Ser, 1 , 284 ; 5, 1 1. AnnaU of Phil. 7,215.

2) Ann. de Chim. et de Phjs. 62, 219.

3) Anleitung zur quantilaüvcn Analyse S. 435.

4) Ueber die Zuverlässigkeit so wie die weitere Behandlung siehe die aus- fuhrliche Darstellung bei Fresenius a. a. O.

205

Die Absorption des Sauerstoffs ist nach drei Standen sicher vollendet. Die Correction wegen des Luftdruckes ist hier selten nöthig, da sich innerhalb der kurzen Zeit der Barometerstand nur wenig ändert. Die Temperatur der Sperrflüssigkeit wurde stets berücksichtigt und nach ihr das wahre Volumen der enthaltenen Gase berechnet.

Ich machte mit diesem Apparate die Analyse von zwei verschiedenen Luftarten ; die erste war vom Wasser absor- birt und wurde durch Kochen ausgetrieben, die zweite war jene Luft, die bei langsamem Thauen des Eises nicht ab- sorbirt wird^ sondern in Bläschen aus dem Schmelzwasser aufsteigt.

Analysirte Luft.

Volumen. Sauerstolf. Stickstoff.

Gewicht, SauerstofT. StickstofT.

Im Wasser absorb. Lnft ISidit absorbirte Luft

29,0 Proc. 16,4 -

71,0 Proc. 83,6 -

31,7 Proc. 18,3 -

68,3 Proc. 81,7 -

696,04 Cb -Ct. Sauerstoff= 792,23 Cb- Ct. Stickstoff = 1 Grm. (Mar- chand Chem. Taf. S. 10.)

Das Wasser auch des Gletschers absorbirte demnach weit mehr Sauerstoff als Stickstoff. Alexander von Humboldt und Gay-Lussac erhielten aus destillirtem Wasser, welches mit Luft gesättigt war, 32,8 Proc. Sauer- stoff, aus Schneewasser 28,7 *■ ).

Die nicht absorbirte Luft konnte ich mir am Gletscher selbst leicht verschaffen. Es entwickeln sich an vielen was- sererfüllten Theilen kleine Luftblasen, eben jene, die beim Schmelzen nicht mehr absorbirt werden. Diese sind es, die unter einer Glasglocke aufgefangen den Gegenstand der zweiten Analyse bildeten. Bischof, der unter ganz ähn- lichen Umständen die Luft analysirte, die sich aus den „Eislöchern des Gletschers" (Baignoirs) entwickelte, fand ebenfalls sehr wenig Sauerstoff (10,22 Proc.) O-

Es fragt sich nun, welche Zusammensetzung die im Eise

1) Journal de Phys, 60, 129 Gilbert 20, 147.

2) Schwcigg. 37, 266. Sehnliche Resultate aus Schnecluft erhielt Bous- slngault in Gay-Lussac*s Ann, de Chim» 76, 354.

206

eingesdilossene Laft selbst hatte. Nelmen wir aus den beideo Analysen das Mittel, so erhalten wir

31,7+18^ _25 proc. Gewicht

Saaerstoff, wahrend doch die Atmosphäre nur 23,07 ent- hält; schon die eingeschlossene Laft scheint demnach etwas an Sauerstoff reicher gewesen seyn. Dieses Resoltati ge- winnt eine Bestätigung, wenn wir die Umstände betraditeo, unter welchen sich die Luftblasen im Eise bildeten. Sie entstanden zum Theile aus jener Luft, welche die Zwi- schenräume der Fimkörner ausfüllte; diese war gewils Ton atmosphärischer Luft nicht verschieden. Ein zweitem aller- dings kleinerer Theil derselben trat aber bei dem Gefrieren jenes Wassers aus, welches den Firn durchtränkt und bei dem Uebergange in den festen Zustand die einzelnen Kör- ner zu einem compacten Ganzen, zum eigentlichen Glet- schereise vereint. Die letztere Luft, ursprünglich vom Was- ser absorbirt, war etwas sauerstoffreicher; so dafs audi auf diese Weise der kleine Ueberschufs von Sauerstoff (von 2 Proc.) erklärt ist. Allein diese Betrachtung nOthigt uns zugleich anzunehmen, dafs nicht in jedem einzelnen Bläschen solche Luft eingeschlossen ist, die mehr Sauerstoff enthält als die Atmosphäre, sondern daCs einzelne nur mit Atmosphäre, andere dafür mit einem um eo gröfsereu Ge- halt von Sauerstoff gefüllt sind. Da beim Schmelzen des Eises einige Bläschen wegen bereits erfolgter Sättigung des Wassers oder wegen zu schneller Bewegung fast gar nichts durch Absorption verlieren, so läfst sich erwarten , was auch durch die Experimente sich bestätigte, dafs die aus- tretende Luft weit weniger eine constaute Zusammensetzung zeigt als die absorbirte.

Farbe des Eises.

Unter den physikalischen Eigenschaften des Eises ver- dient auch die Bestimmung seiner Farbe unsere . Au&nerk- samkeit. Wenn auch die Luftblasen in gröfserer Menge

207

dasselbe weifs erscheinen lassen^), so bleibt doch der ei- genthümlichen lichtblauen Farbe desselben noch Einflufs genug, im Grofsen sich bemerkbar zu machen. Ganz be- sonders deutlich sind solche Farben in den Spalten des Eises sowohl als des Firnes zu beobachten. Unabhängig ▼on dem Zustande der Bewölkung, frei also von dem Ein- flüsse reflectirten blauen Lichtes, zeigen« solche Vertiefun- gen eine blaue oder blaugrüne Farbe von solchem Glänze und so grofser Schönheit, wie wir sie nur an besonders günstigen Tagen am Firmamente oder an der Oberfläche grofser Wassermassen wiederfinden.

Ich bestimmte dieselben dadurch, dafs ich sie mit einem rotirenden Kreisel verglich, auf welchen Papiere von verschieden Farben gebracht werden konnten. Eine ausführliche Beschreibung dieses Cjanometers wird später bei den Untersuchungen über die Farbe des Firmamentes mitgetheilt werden. Die Werthe der folgenden Tabelle sind die procentischen Antheile jeder einzelnen Farbe. ( TF= Kremserweifs , C=Kobaltblau, 6r=gebrannter Ocker). 5. 8. 9. sind Farben der Oberfläche, die andern beziehen sich alle auf Spalten und Vertiefungen.

No.

Ort d. Beobachtung.

Gegenstand.

Procente.

J.

Lelterglelsch«r

Schneelöcher von 5 Gent. Weile u. 1 Meter Tiefe

W. 21 C. 0,6 G.

2.

Similaan

Schmale Spalten im Firn-

76 W. 23 C. 0,8 G.

3.

Niederjoch

meere. Schneelöcher im Firnmeere

72W.27C.1,0G.

4.

Fimroeer d. Pasterze

Blaues Licht d. Firnhöhlen

77 W. 22 C. 1,0 G.

5.

Küppeler Berg io

Blauer Schlagschatten auf

61 W. 39 C.

Gurgl.

den Firnen der Kleinlei- ten an der Oberfläche.

6.

Pasterae

Muhle von 10 Meter Tiefe

73 W. 26 C. 1.0 G.

7.

Thor des Marcellglet-

Blaue Bänder im Innern

ö)81W. 19C.0,6G.

schers

b) 78W.21C.0,6G.

c) 76W.24C.0,6G.

1 ) An einigen ganz dünnen Luftschichten , welche kleine Spalten ausfüll- ten, bemerkten wir mehrere Male ein ganz ausgezeichnetes Farbenspiel, die bekannten Farbenerscheinungen an dilnnen Blättchen (Newton's Ringe). Sehr häufig waren sie besonders an dem (Wasser) Eise der Kolowrats- höhle bei Salzburg.

208

No.

Ort d. BeobachtoDg.

Gregenstand.

Procente.

8.

Pasterzc (Joliannis-

Farbe d. beschatteten Glet-

69 W. 27 C. 4.0 G.

hüttc) nächst d. Hütte

schers 5 Uhr Nachmittags Oberfläche.

9.

Ebendaselbst bei den

Farbe desselben in grofser

73 W. 23 C. 4,0 G.

Burgställen

Enifemang. Oberfläche

10.

München

Löcher in zusarnmengehäuf- tem frischgefall. Schnee von 1^ Meter Tiefe.

73 W. 27 C. 0,2 G.

Da gleichzeitig Versuche Ober die Farbe der Atmo- sphäre gemacht Tvurden, so dürfte es nicht anwichtig seyn, auch diese hier zu erwähnen. Das Blau der Atmosphäre enthält im Zenith schon bei 20Wf absoluter Höhe 40 Proc. C. und steigert sich bei 1200(y bis zu 92 Proc. C. Die meisten Beobachtungspunkte der obigen Tabelle befinden sich z^vischen 6000 und 9000* und die cjanometrischc Fär- bung des Himmels beträgt

bei 6000' 53 W., 47 C. bei 9000' 74 W., 74 C.

Die beobachteten Farben an Schnee und Eis sind demnach nicht nur heller als die Farbe der Atmosphäre in der be- treffenden Höhe, sondern erreichen nicht einmal das Blau über den Hochebenen am nördlichen Fufse der Alpen. Es war mir diefs anfangs sehr überraschend, da die Firnhöb- Icn nur spärlich beleuchtet sind, was dunkle Farben erwar- ten liefs. Allein die Differenz zwischen der Helligkeit der Himmels- und Glctscherfarben ist so grofs, dafs ich, ein- mal durch das Instrument aufmerksam gemacht, auch mit blofsem Auge aufs deutlic^ihste mich davon überzeugen konnte. Die Farben der Oberfläche sind nach der herrschenden Beleuchtung sehr wechselnd; einmal (No. 5) erreichten sie beinahe das Blau eines mäfsig dunklen Firmamentes. Desto schöner ist es zu sehen, wie übereinstimmend die Hellig- keit aller Vertiefungen ist; selbst an frisch gefallenem Schnee der Ebenen finden wir dieselbe schöne Farbe, wenn er nur hinlänglich tief ist. Die Höhendifferenz der Beobach- tungspunkte (München 1500', Similaun llOOO*) ist so grofs, und die Helligkeit so ähnlich und von ihr unabhängig (Nie- derjoch

209

derjoch 8000' 72 W. MQnchen 72 W.), dafs die Höhe von keiuem Einflüsse seyn kann.

Wir- erhalten vielmehr als mittleres Resultat aus den sechs Beobachtungen an Vertiefungen

74,9 W. 24,3 C. 0,8 G., was wir als die eigenthümliche Farbe des Wassers im fe- sten Zustande betrachten dürfen, welche aber, wie an vie- len anderen Körpern, erst bei hinlänglicher Dicke sicht- bar wird * ).

Gohäsion des Eises.

Nachdem wir die Formen und Eigenschaften des Eises in kleineren Massen und am Gletscher betrachteten, so weit sie uns durch Beobachtung und Experiment zugänglich sind, müssen wir noch eine andere Eigenschaft des Eises untersuchen, die sich vorzüglich an der Masse im Grofsen bemerkbar macht,- und mit der Erklärung der wichtigsten Erscheinungen am Gletscher innig zusammenhängt, nämlich den Grad der Verschiebbarkeit seiner Theile.

Es ist diefs eine Eigenschaft, die in verschiedener Gröfse jedem festen Körper zukommt; wir erinnern, dafs man Glas zu pressen vermag, dafs es doppelt brechend wird, dafs das specifische Gewicht der Metalle durch Pressen oder Hämmern verändert wird u. s. w. Allein am Gletscher macht sich eine Verschiebbarkeit so entschieden bemerkbar, dafs man das Eis desselben beinahe als halbflüssig (For- bes) oder doch als plastisch (Agassiz) annahm. Die Er- scheinungen, welche dazu veranlafst haben sind folgende:

I

1) Ueber die Farbe des Wassers vergl. Prof. Bunsen: Colon r of the water, Jameson new philos, Journ. 1849 p, 95 und Martins, Ja- mesons ph. Journ. 43. 1847 S. 87. Zur Vervollständigung der phy- sikalischen Eigenschaften des Eises mufs ich ermahnen, dafs das Eis nach

' den Untersuchungen von A. Ermail (Gilb. Ana. Bd. XI, S. 165). die Elektricitat nicht leitet, und dafs dasselbe nach den schönen Versu- chen von Brunner (Po gg. Ann. Bd. 80, S. 173) ebenso 'wie der Wasserdampf stark diamagnetisch ist. Die Kurse dieser Mittheilung möge damit entschuldigt seyn, dafs diese Erscheinungen zu den Phänomenen am Gletscher in keinem näheren Zusammenhange stehen. Poggendorff's Annal. Bd. LXXX. 14

210

Der Gletscher geht auch darch VerengeruDgen des Thaies in seiner ganzen Masse hindurch, if&hrend er als YoUkom- men starrer Körper, etwa durch Gleiten auf der Unterlage sich bewegend, durch solche Hindemisse anbeweglich fest- gehalten werden mfifste.

Erreidit er dagegen eine Thalweitung, so nimmt er an Breite zu. Die einzelnen hierher gehörigen Beobachtun- gen werden uns bei den Fragen der Bewegung und der Structur beschäftigen ' ).

Die abwechselnden Lagen von blauem und weifsem Eise sind in der Nähe der Ufer vielfach gekrümmt und gebo- gnen in ihrer Form, ganz analog den gewundenen Schichten des Schiefers. Diese treten überall auf, wo die Reibung und locale Hindernisse der Bewegung entgegenstehen.

Auch die Vertheilung der Bewegung ist hier zu berück- sichtigen, denn der Gletscher zeigt an verschiedenen Punkten ungleiche Schnelligkeiten; er geht au der Oberfläche schnel- ler als in der Tiefe (was sich aus der veränderten Stellung der blauen Bänder ableiten lädst), femer in der Mitte schnel- ler als am Rande«

Allein die Verschiebbarkeit der Gktschermaise, welche aus diesen Beobachtungen folgt, kann kaum als eine Ei- genschaft des Eises an sich betrachtet werden. Es besitzt dieses ja wie Quarz, Glas und andere spröde Körper, ei- nen scharfkantigen, entschieden muschligen Bruch. Wir kennen Blei, Gold u. s. w. durch härtere Metalle ritzen oder spitze Instrumente einführen ohne Bruchstücke zu erhalten, während das Eis dabei jedes Mal splittert, wenn wir die Vorsicht gebrauchen die Instrumente auf abzu- kühlen; sonst wird die Beobachtung unmöglich, indem das Eis schmilzt. Auch die Risse, welche die blauen Bänder bedingen, die Spalten u. s. w. sprechen am Gletscher selbst für die Sprödigkeit des Eises. Vergleichen wir demnach Eis bei den uns gewöhnlichen Dimensionen mit anderen

1) Die Kömcrauflockerang entreckt sich, wie wir aakcD, von der Ober- fläche nur bis ftu 3 Meter Tiefe. Der Gletscher kann demnach keines- wegs als ein von W^asser dnrchtranktes A^regat betrachtet werden.

211

Körpern, so köODen wir seine Zusaminendrückbarkeit, die Verschiebbarkeit seiner Theile, nicht als Tielmal bedeuten- der annehmen; ja es zeigt sich vielmehr als sehr spröder und zerbrechlicher Körper. Diefs scheinen auch einige di- recte Versuche zu bestätigen, welche ich fiber den Einflufs des Druckes auf die Zerspaltuug des Eises im Laboratorium des Hrn. Prof. Magnus anstellte. Es sei mir erlaubt Dem* selben für seine gütige Tbeiluahme an diesen Versuchen meinen verbindlichsten Dank auszuprechen. Als der auge- wandte Druck der hydraulischen Presse 150 Pfund auf den Quadratzoll betrug, begann die Zerspaltung rechtwinklich auf den beiden Platten der hydraulischen Presse , also in der Richtung des Druckes einzutreten; die Zerspaltung setzte sich bei Vermehrung des Druckes auch in anderen Richtungen rasch fort; es war unvermeidlich, dafs das be- nutzte Eis einige Luftblasen enthielt, welche natürlich eben- falls dazu beitrugen, die Zcrdrückbarkeit etwas zu vermeh- ren; ich mufs jedoch bemerken, dafs gerade das Gletscher- eis -an letzteren sehr reich ist. Zur Beurtheilung der Sprö- digkeit des Eises möge dienen, dafs selbst schlecht ge- brannte Ziegel 300 bis 400 Pfund Druck auf den Qua- dratzoll (preufsisch) erlauben, während Porphjr 36200, Syenit 15200, Quarz 6100 Pfund Druck ertragen, ehe sie zerdrückt werden * ).

Eine Verdichtung der Masse, ein Zusammendrücken der- selben schien am Eise der Zersplitterung nicht oder nur in sehr geringem Grade vorauszugehen. Sie hätte sich an der Formveränderung einiger eingeschlossener, runder Luft- blasen durch Abplattung erkennen lassen.

Im Gletschereise selbst kommen zwar flache Luftblasen oft in grofser Masse vor; sie scheinen gröfstentheils eine ursprünglich unregelmäfsige Fonn derselben zwischen den Firnkörnern zu seyn; gegen ihre Entstehung durch Com- pression spricht nicht selten der Umstand, dafs sie gewöhn-

1) Nach den Versochen von Brix, Ganthey, Rondelet u. A. Ich verdanke den lithographirlen Bericht über diese Versuche der gütigen Mittheilnng des Hrn. geheimen Oberbaiirathes Slüler in Berlin.

14»

212

lieh nur in kleinen Gruppen parallel sind, dagegen sehr oft in grofser Nähe ganz verschiedene Richtungen zeigen.

Eine ähnliche feine Zersplitterung des Eises wird auch am Gletscher in grofsen angehäuften Massen durch die Menge der Luftblasen, welche die Zerbrechlichkeit wesent- lich unterstützen, eintreten; sie scheint vorztSglich die Be- wegung des Gletschers auf schroffen Ebenen möglich za machen; sie erlaubt dabei durch den Einflufs der Reibung die gröfsere Schnelligkeit an den dickeren Stellen, d. h. iu der Nähe der Mitte, zu erklären. Die Bewegung selbst wird ebenfalls dazu beitragen die Zersplitterung zu ver- mehren durch die Hindernisse, welche ihm eine nicht glatte sondern stets rauhe und höckerige Unterlage entgegenstellt.

Der Infiltration scheinen diese Rifschen nicht zugäng- lich, sondern nur die (gröfseren) Haarspalten und Kanäle, welche gemeinschaftlich an Wassereis und Gletschereis durch die Einwirkung der äufscrcn Temperatur entstehen, und durch eintretende Luft, durch das circulirende Was- ser und die Betheiligung der so zahlreich im Eise enthal- tenen Luftblasen nach und nach erweitert werden. Diese Rifschen aber, welche durch den Druck und die Reibung hervorgebracht werden, sind demnach von der Körnerbil- düng unabhängig; ich bitte, sie nur als eine Voraussetzung zu betrachten, welche jedoch durch die Bewegung und Structur des Gletschers^ andererseits durch die Sprödigkeit des Eises an sich, nicht unwahrscheinlich seyn dörfte. Da- durch scheint es zu geschehen, dafs der Gletscher im Gro- fsen so sehr die Formen einer plastischen Masse nachahmt '), worauf zuerst die zahlreichen und vortrefflichen Beobach- tungen von Forbes, Agassiz, Martins etc. aufmerk- sam gemacht haben. Ich bedaure, in dieser Abhandlung diese letzteren Erscheinungen nur in Kürze berühren zu können; bei der Untersuchung der speciellen Phänomene

I) Die ungleiche Sclinclligkeit einzelner Theile, die veränderte Stellang der blauen Bander und das Durchgehen der Gletscher durch Thalver- engerungen macht eine Erklärung der Bewegung durcK ein einfaches Rat- schen oder Gleiten unmöglich.

213

des Gletschers werde ich Gelegenheit haben, ausführlicher darauf zurückzukommen ' ).

Resultate.

1) Gletscher- und Wassereis zerfallen unter dem wech- selnden Einflüsse von Wärme und Kälte in ganz identische Formen.

2) die Luftblasen betheiligeu sich sehr wesentlich bei der Bildung der Körner und wirken auf die Gestalt aller freien Oberflächen ein.

3) Die deutliche Körnerbildung erreicht mit Ausnahme der blauen Bänder eine Tiefe von 3 Metern im Maximum. Die Infiltration aber dringt in unregelmäfsig vertheilten Ka- nälen und einzelnen Haarspalten noch weit tiefer ein.

4) Die im weifsen Eise eingeschlossene Luft beträgt im Durchschnitte 6 Proc. Volumen.

5) Das Schmelzwasser absorbirt Luft bis zur Sättigung.

6) Die vom Wasser absorbirte Luft ist sauerstoffrei- cher, die beim Schmelzen des Eises austretende (der nicht absorbirte Rest) sauerstoffärmer als die Atmosphäre.

«7) Die blaue Farbe der Vertiefungen in Schnee, Firn und Eis rührt nicht von reflectirtem Lichte des Firmamen- tes her, sondern ist die eigenthümliche Farbe des Wassers, im festen Zustande. Sie ist im Mittel identisch mit einem Gemenge von 74,9 Proc. Kremserweifs, 24,3 Proc. Kobalt und 0,8 Proc. gebranntem Ocker, daher stets heller als das Blau der Atmosphäre im Zenith für mittlere Breiten.

8) Das Eis zeigt überall, wo wir demselben begegnen, alle Eigenschaften eines festen ja sogar spröden Körpers. Jene Verschiebbarkeit der Masse, welche wir am Gletscher aus der Structur und Bewegung erkennen, scheint durch die feine Zersplitterung des Eises bedingt zu sejn, welche durch den Druck der bedeutenden Massen und ihre Rei- bung gegen die Unterlage entsteht.

1) Uulersudiuogcn über die physik. Geographie der Alpen Cap. I. VII.

214

II. Ueber den elektrischen Enlladungsstrorn in ei- nem dauernd unterbrochenen Schlief sungsbogen;

von Peter Riefs.

(knsLu^. Berichte d. Akad. d. Wiss. 18. April 1850).

iJei den bisherigen Untersuchungen der elektrischen Ent- ladung war der Schliefsungsbogen der Batterie entweder t>olly das halfst: durchweg aus guten Leitern zusammenge- setzt, oder er war an einer Stelle durch Luft oder einen anderen schlechten Leiter unterbrochen. Im zweiten Falle wurde die Entladung von solcher Stärke genommen, dafis sie den ganzen Bogen durchlief, indem sie die Lficke des unterbrochenen Bogens unter Funkenerscheinung durchbrach. Die Wirkungen der Entladung waren bei der einen und der anderen Beschaffenheit des Bogens sehr verschieden; . man konnte aber auch, durch Steigerung der Dichtigkeit der entladenen Elektricitätsmenge, alle Erscheinungen des unterbrochenen Bogens im vollen hervorbringen.^ Darnach habe ich zwei Entladungsarten unterschieden, die im vollen Bogen vorkommen, die continuirliche Entladung, welche von einem Querschnitte des Bogens zum nächstfolgenden stetig fortgeht, und die discontinuirliche y bei welcher die Elektricität in einem Querschnitte stockt, auf einen entfern- ter liegenden Querschnitt durch Influenz wirkt und später die dazwischen liegende Masse des Bogens plötzlich durch- bricht. Bei aller Verschiedenheit der Wirkung beider Ent- ladungsarten treten aber einige unverkennbare Aefanlich- keiten ihrer Gesetze hervor; so die unveränderte Stärke des Entladungsstromes bei dem Glühen von Drähten ver- schiedener Länge und die Proportionalität des Stromes zum Quadrate des Querschnittes des glühenden Drahtes, welche beide Beziehungen sich den einfachen Wärmeformeln an- schliefsen. Es war hiernach geboten, die beiden Momente der discoutinuirlichcn Entladung experimentell von einan- der zu trennen, die Wirkungen der Entladung in einem

215

dauen^ unterbrochenen Schliefsangsbogen zu untersucben, in einem Bogen also, in dem die Entladung an einem be- stimmten Querschnitte stockt, ohne später die Lücke durch- brechen zu können.

Es war ein Condensator gebildet worden aus zwei ver- tical stehenden ebenen Messingscheiben, 81 Lin. Durchmes- ser, die parallel einander gegenüber standen und durch eine Guttapercha -Platte getrennt waren. Die eine Scheibe wurde durch* einen Draht mit der äufseren, die andere mit der inneren Belegung einer geladenen Batterie verbunden. Man unterscheidet hiernach an den Schliefsungsbogen einen äafs^en Draht und eine äufsere Scheibe, eine innere Scheibe und einen inneren Draht ; der Uebergang von Elektricität aus der Batterie in die beiden Seheiben soll, der Kürze wegen, mit Entladung der Batterie bezeichnet werden. Als in den inneren oder äufseren Draht Platiospitzen einge- sdialtet wurden, die durch einen mit Jodkaliumlösung ge- näfsten Papierstreifen verbunden waren, zeigte die durch die Entladung hervorgebrachte Zersetzung im zweiten Theile des Schliefsungsbogens einen Strom an von derselben Rich- tung, wie wenn die Unterbrechung durch den Condensator nicht vorhanden gewesen wäre. Die Diditigkeit der Elek- tricität in diesem Strome hatte ein constaiites Verhältnifs zu der elektrischen Dichtigkeit der Batterie, denn die Beob- achtung der Schlagweite im äufseren Drahte zeigte diese proportional dem Quadrate der Dichtigkeit in der Batterie. Um eine thermische Wirkung des Stromes, und damit ein Maafs seiner Stärke zu erhalten, mufste der Conden- sator bedeutend vergröfsert werden; diefs geschah, indem an seine Stelle mehrere zu einer Batterie vereinigte Fla- schen gesetzt wurden, die im Folgenden als Condensator- flächen bezeichnet werden. Diese Einschaltung einer un- geladenen Batterie in den Schliefsungsbogen einer geladenen ist bereits von Hrn. Do ve ausgeführt worden '), der da- mit die Wirksamkeit des hier betrachteten Stromes und die merkwürdige Thalsache aufgefunden hat, dafs ein nas- 1) Berichte d. Akad. 18 14. 354-1846. 366.

216

8er Faden, ia den inneren Draht eingesdialtet, die im äu- Cseren Drahte beobachtete Wirkung des Stromes wesentlich verändert.

Stromstärke nach der Oberfläche des emgeschalteten dm- densators. Die Formel, welche diese Abhängigkeit ausdrfickt, ergiebt sich folgendermaCsen. Die an einer Stelle eines Constanten Schliefsuogsbogens durch die BatterieentladuDg erregte Wärme hat den allgemeinen Ausdruck B:=zaq^y, wo y die Dichtigkeit, 9, die Menge der Elektricität be- zeichnet, die aus der Batterie in den SchlieCsongsbogen eingetreten ist. Bei cioer vollen Schliefsung ist diese ein- tretende Menge, wie frQher gezeigt worden ist, stets pro- portional der Menge f , die sich in der Batterie befindet; es konnte daher, da a eine willkührliche Constante be- zeichnet, überall bisher 9^ mit q vertauscht worden. Diefs ist nicht erlaubt, bei der Einschaltung eines Condensators in den SchlieCsungsbogen, weil die von einem Condensator aufgenommene Elektricitätsmenge eine Function seiner Gröfse ist. Diese Function ist, wie ich bei der Untersuchung des Condeusators gezeigt habe, im Allgemeinen nicht anzuge- ben. In dem vorliegenden Falle, wo Batterie und Con- densator aus unter sich gleichen Flaschen bestehen, deren Anzahl allein geändert wird, hat die Prüfung gezeigt, daCs die Vertheilung der Elektricität sehr nahe im Verhältnisse der Oberflächen von Batterie und Condensator geschieht. Es bezeichne 1 die Gröfse der inneren Belegung einer Bat- terieflasche, s die Anzahl dieser Flaschen, f die Belegung einer Condeusatorflasche, c die Anzahl, so geht von einer in der Batterie befindlichen Elektricitätsmenge 9, auf den

Condensator die Men£;e \ ^ über. Diefs ist offenbar die

iu^ inneren Drahte bewegte Elektricitätsmenge, deren Dich- tigkeit der elektrischen Dichtigkeit gleich ist. Setzt mau daher iu d^i^aq^y für g^ den gefundenen Werth, für y

den bekannten Werth -^, so erhält man, da a eine will-

kührliche Constante bezeichnet.

217

für die Erwärmung in einem unterbrochenen Schliefsungs- bogen durch die Entladung einer Batterie von s Flaschen, die mit der Elektricitätsmenge q geladen ist, wenn der ein- geschaltete Condensator aus c Flaschen besteht. Die Be- legung der von mir angewandten Batterieflasche betrug nahe 2,6y die der Condensatorflasche 1,5 O ^iifs so dafs bei der Anwendung der Formel überall /*= 0,577 gesetzt worden ist. Die Formel hat sich allen beobachteten Erwärmungen an einer constanten Stelle sowohl des inneren als des äu- fseren Schliefsungsbogens vollkommen angeschlossen.

Stromstärke nach der Beschaffenheit des Schliefsungs- bogens. Wenn die Erwärmung an einer Stelle des Schlie- fsungsbogens untersucht, und dann zu dem Bogen ein Draht hinzugesetzt wird, dessen Länge I, Radius r, und dessen, von seinem Metalle abhängige, Yerzögerungskraft x ist, so wird die Erwärmung durch die Formel ausgedrückt

d= ^

(n-*o(y-i-/)*,

worin F= -^ und die Constante b empirisch bestimmt wer- den mufs. Bei der Bestätigung dieser Formel durch die angestellten Beobachtungen wurde der Werth von b etwas gröfser gefunden bei Einschaltung der Drähte in den äufse- ren, als bei Einschaltung in den inneren Schliefsungsbogen, 80 dafs also ein und derselbe Draht den Entladungsstrom weniger schwächt, wenn er zu dem inneren, als wenn er zu dem äufseren Bogen hinzugesetzt wird. Muthmafslich ist dieser geringe Unterschied bei der Aenderung des Stro- mes kein wesentlicher, sondern rührt davon her, dafs in allen augestellten Versuchen der äufsere Schliefsungsbogen zur Erde voUkouAnen abgeleitet, der innere hingegen iso- lirt war.

218

Stromstärke im inneren und äufseren 8ehlief$ungshogen, Von zwei gleichen Drähten wurde der eine in den inne- ren, der andere in den äufseren Schliefsungsbogen befe- stigt; die aus einer Beobachtungsreihe berechnete Erwär- mung des ersteren Drahtes verhielt sich zu der des zwei- ten wie 559 zu 509. Diefs VerhältniCB ist von dem Glase und der Oberfläche der Batterie- und Condensator- Flasche abhängig; aber wesentlich ist, daCs^die Stromstärke im in- neren Drahte gröfser sej, als im äuüseren. Es bezeichne ffi das Verhältnifs der Influenzelektricität zu der erregen- den Elektridtät auf den Belegungen der Batterieflasche, eine gleiche Bedeutung habe fi in Bezug auf die Conden- satorflasche. Durch die Entladung sey von der inneren Belegung der Batterie die Elektricitätsmenge + 1 fortge- gangen , so verliert die äufsere Belegung die Menge m. Erhält die innere Belegung des Condensators die Menge + 1 9 80 geht von seiner äufseren + /tt fort, und ebenso mufs, da seine äufsere Belegung die Menge =- m aufnimmt, von seiner inneren mfi fortgehen. Es sind daher auf dem inneren Schliefsungsbogen in Bewegung die Mengen + 1 und mfiy auf dem äufseren die Mengen +^ und 1». Da nun (l-|-f»^) (m+ii) = (l m) (1 /tX die Gröfsen m und ii aber stets kleiner als 1 sejn müs- sen, so ist 1-l-m/i stets gröfser als m-l-^, das heifst, es ist auf dem innerü Bogen eine gröfsere Elektricitätsmenge in Bewegung, als auf dem äufseren. Es ist dabei noch zu berücksichtigen, dafs, wie sich sogleich zeigen wird, die Elektricitätsmenge auf dem äufseren Bogen zu grofs ange- setzt worden ist.

Die Seitenentladung an dem unterbrochenen ScUiefsrnngi- bpgen. Bei der Seitenentladuug im vollen Schliefsungsbo- gen ') ist die Länge des Funkens im Seitendrahte dem Qoa- drate der Dichtigkeit der Elektridtät in der Batterie pro- portional und desto kleiner gefunden worden, je weiter entfernt von deip Ende des Schliefsungsbogens, das die innere Belegung der Batterie berührt, die Seitenentladong

1) AbhaDdlungen d. Akad. 1849. Berichte S. 46.

•\

219

beobachtet wurde. Zugleich blieb der isolirte Seitendrahi stets mit der Elektricitätsart geladen zurück, die sich im Inneren der Batterie befand. Die Untersuchung der Er- scheinung am unterbrochenen Bogen gab dieselben Bestim- mungen mit alleiniger Ausnahme, dafs, wenn die Seiten- entladung am üufseren Bogen hervorgebracht war, der Sei- tendraht die der Elektricität der Batterie entgegengesetzte Art zeigte. Es mügen m und jm die im vorigen Abschnitte angegebene Bedeutung haben. Geht die Elektricitätsmenge , +p aus der innern Belegung der Batterie fort und nimmt die innere Belegung des Condensators die Menge +Pi auf, so sieht man leicht, dafs auf dem äufseren Schliefsungs- bogcu die Mengen fip^ mp vorhanden waren. Da nun diese Summe, wie sich aus der Seitenentladung entnehmen liefs, selbst in dem Falle negativ blieb, wo, durch Anwen- dung von zwei Flaschen der Batterie als Condensator, m=fi war, so folgt, dafs p^ kleiner als p sejn mufste, also nur ein Theil der aus der Batterie entladenen Elektricitätsmenge in den Condensator tibergegangen war. Der tibrige Theil war auf dem inneren Schliefsungsbogen zurückgeblieben; von der im vorigen Abschnitte auf dem äufseren Bogen in Bewegung angenommenen Elektricitätsmenge mufs daher

^""^'/i, eine in allen Fällen positive Gröfse, abgezogen

werden.

Stromstärke bei Einschaltung rßon zwei CoiidensatiMren in die Schliefsung. Die Einschaltung eines Drahtes in ei- nen Theil des unterbrochenen Schliefsungsbogens verlän- gert, wie die oben angeführte Formel lehrt, die Dauer des Entladungstromes; es war die Frage, ob die Einschaltung eines zweiten Condensators denselben Erfolg haben werde. Hierzu wurde luerst die Erwärmung an einer constanten Stelle des inneren wie des äufseren Schliefsungsbogens beob- achtet, wenn nur ein Condensator, und wenn hinter die- sem ein zweiter Condensator im Schliefsungsbogen vorhan- den war. Alsdann wurde, durch Bestimmung der Schlag- weite des dem Innern der Batterie nächsten Condensators,

220

die iu beiden Fällen aus der Batterie entladene Elektrici- tätswenge gemessen. Diese Messung bestätigte nebenbei die zu Anfange gemachte Annahme der Yertheilung der Elektricität nach der Oberfläche der Batterie und des Con- deusators. Das Verhältnifs der im Scbliefsungsbogen be- wegten Elektricitätsmengen erklärte die bedeutende Ver- ringerung der Erwärmung, die der zweite Condensator durch seine Einschaltung hervorgebracht hatte. In dem Aus- drucke -^^ , der für die Stärke des Entladungstromes

in einem durch einen constanten Condensator unterbro- chenen Bogen gilt, hängt im Allgemeinen der Zähler von der Ladung der Batterie, der Nenner von der Beschaffen- heit des Schliefsungsbogens ab. Die Einschaltung eines zweiten Condensators hat das Eigen thtimliche, dafs durch sie nur q^ (die aus der Batterie entladene Elektricitäts- menge) geändert wird, und diese Einschaltung daher einer Aenderung der Ladung der Batterie gleichzusetzen ist.

Die beobachteten Wirkungen der Entladung im dauernd unterbrochenen Scbliefsungsbogen schliefsen sich, unter Be- rücksichtigung der verschiedenen Bedingungen, so genau den Wirkungen im vollen Bogen und ihren Gesetzen an, dafs sich in beiden Fällen derselbe Mechanismus der Ent- ladung *) voraussetzen läfst. Es mufs auch hier die 6e- sammtentladung aus einer grofsen Menge von Partialentla* düngen zusammengesetzt sejn, von welchen jede so lange dauert, bis der elektrische Zustand des Schliefsungsbogens an jedem seiner Enden, welche die Belegungen der Batterie berühren, das andere Ende erreicht hat. Eine Verzögeruog der Fortschreitung dieses Zustandes an einer Stelle des Bo- gens mufs die Dauer jeder Partialentladung und damit die der Gesammtentladung verlängern. Hierdurch ist die Ab- hängigkeit der Wirkung der Entladung in dem einen Theile des Schliefsungsbogens von der Beschaffenheit des anderen Theiles um Nichts auffallender, als die Abhängigkeit des

1) Pogg. Aonal. Bd. 78, S. 433.

221

Entladungsstromes von jedem Tbeile eines vollen Bogens. Unabhängig von dem Fortschreiten der beiden Elektricitä- ten in der Masse des Bogens ist die Anordnung des Ueber- Schusses an Eltktricität auf seiner Oberfläche; diefs tritt hier noch evidenter als bei dem vollen Bogen hervor, in- dem trotz des Überall gleichen Stromes die angehäufte Elek- tricität im inneren Bogen positiver, im äufseren negativer Art ist. Der Unterschied des Stromes im vollen und im unterbrocheneu Bogen ist daher nur der, dafs im letzteren die Menge der bewegten Elektricität nicht nur durch die Batterie, sondern auch durch die Untersuchungsstelle be- stimmt wird, und das diese Menge während ihrer Bewe- gung an der Unterbrechungsstelle selbst eine Verringerung erleidet. Werden mehrere Condensatoreu hinter einander in den Schliefsungsbogen eingeschaltet, so durchläuft der Entladungsstrom alle einzelne Drähte, die entweder - eine Belegung der Batterie mit einem Condensator, oder zwei Condensatoren mit einander verbinden. Nach der einen Richtung wird in den aufeinander folgenden Drähten die positive Elektricität, nach der anderen die negative abneh- men, so dafs an den beiden Drähten, welche die Belegun- gen der Batterie berühren, der eine die gröfstc Menge po- sitiver und die kleinste negative Elektricität erhält, in dem anderen das entgegengesetzte Verhalten stattfindet. Diese Abnahme ist jedoch keine, der Vorstellung dieser Entla- dongsweise wesentliche Bedingung; sie hängt von der Ent- fernung je zweier Condensatorscheiben ab und fällt fort, wenn wir uns diese einander unendlich nahe gerückt den- ken. In diesem Falle giebt der beschriebene Vorgang eine' anschauliche Vorstellung der continuirlichen Entladung. Läfst man andererseits zwei Condensatorscheiben in endlicher Ent- fernung von einander, steigert aber die Dichtigkeit der Elek- tricität in der Batterie, so dafs der Zwischenraum zwischen den Scheiben durchbrochen wird, so erhält man die diS" continuirliche Entladung. Es folgt hieraus, dafs jeder dis- continnirlichen Entladung eine Entladung mit unterbroche- nem Bogen vorangeht, die, nach der vorliegenden Unter-

222

suchuog, äholiche Wirkungen wie die continnirliche ElndadilDg hervorbringt. Dieser Umstand erklärt die zu Anfange auf- geführten Gesetze, welche die discontinuirliche Entladung mit der contiuuirlichen gemein hat.

Der getrennte Entladungsstrom. In der vorliegenden Untersuchung waren die Scheiben oder Belegungen des Condensators, der den Schliefsungsbogeu unterbrach, ein- ander sehr nahe gestellt gewesen; entfernt man sie immer mehr von einander, so wird die Wirkung der einen Scheibe auf die andere immer kleiner und zuletzt unmerklich. Auch in diesem Falle ist in beiden Drähten ein elektrischer Strom vorhanden, von dem man sich leicht durch Einschaltung eines Zersetzungsapparates überzeugt. Dieser Strom, der als getrennter Strom bezeichnet werden kann, entsteht durch die allen Entladungsströmep wesentliche Bedingung, durch den Ladungszustand der Batterie und die, durch die bei- den Drähte abwechselnd bewirkte, Aufhebung und Wie- derherstellung dieses Zustandes. Die Zerfällung der Ge- sammtentladung in ihre Partialentladungen erklärt auch hier den beobachteten Einflufs, den die Beschaffenheit jedes der beiden Drähte auf den Strom äufsert. Die erste Partial- cutladung besieht darin, dafs der innere Draht durch Fort- führung eines Elektricitätsquantum aus dem Inneren der Batterie den Ladungszustand aufhebt und der äufsere Draht durch Fortschaffung eines entsprechenden Quantum von der änfseren Belegung der Batterie diesen Zustand wiederher- stellt. Erst wenn beide Drähte wieder unelektrisdb ge- worden, kann die zweite Partialentladung folgen; es mofs daher die Dauer der Gesammtentladung von der Beschaf- fenheit jedes der beiden Drähte abhängen. Die beiden Leiter (früheren Condensatorscheiben) an den Enden der Drähte haben auf die Dauer des Stromes keinen Einflufs» bestimmen aber die Elektricitätsmenge, die während der ganzen Entladung aus der Batterie fortgeführt wird. Sind die beiden Leiter in Bezug zur Batterie sehr grofs, so wird die Batterie vollständig entladen und man erhält dann io jedem der beiden Drähte alle Wirkungen, die sich an ei-

223

oeHi Toiien Scbliefeungsbogen zeigen. Die äofsere Bie- gung einer Batterie wurde mit den Gasröhren des Hauses verbunden, die innere mit einem Drahte berührt, der iso- lirt bis zum Erdboden geführt und mit seinem Ende darin versenkt war. Hier konnten die Erwärmungen im Drahte und ihre gesetzraäfsige Abhängigkeit von der Stärke der Ladung der Batterie aufgezeigt werden. Gegen eine Deu- tung dieses Versuches, als ob die zwischen den Enden der beiden Drähte liegende Erdschicht eine vollkommene Schlie- fsung der Batterie bewirke, da zwar die Erdmasse specifiscb schlecht leite, hier aber mit einem aufserordentlich grofsen Querschnitte eintrete, sprechen nicht nur frühere Erfahrna- gen über die Entladung der Batterie, sondern auch bei dem Versuche selbst auftretende Erscheinungen, die sich mit jener Annahme nicht vereinigen lassen.

In Bezug auf den voltaischen Strom sind, bei Gelegen- heit der elektrischen Telegraphen, zwei verschiedene An- nahmen gemacht worden. Man hat die Erdmasse zwischen den Enden eines gerade ausgespannten, viele Meilen langen, Drahtes, in den eine voltaische Batterie eingeschaltet ist, theils als eine die Batterie schliefsende Verbindung abge- sehen, theils als eine Ableitung für die Elektricität beider Pole, was man durch die Bezeichnung des Erdkörpers als reservoir cotnmun auszudrücken scheint. Wurde die Erde als verbindender Leiter angesehen, so mufste ihr Wider- stand bestimmt, das heifst die Länge eines bekannten Drah- tes angegeben werden, dessen Einschaltung den Strom ebensq verringert, wie die Einschaltung des Erdkörpers. Dieser Widerstand ist verschieden angegeben und zuletzt auf eine Gröfse formulirt worden, die nur von der Gröfse der Be- rührung zwischen Metallleiter und Erdreich abhängt und von der Entfernung der Enden der Metallleiter unabhängig ist. Daneben hat man durch telegraphische Versuche die Zeit der Fortpflanzung der Entladung in der Erde zu bestim- men gesucht und von der Entfernung der Drahtenden abhän- gig zu finden geglaubt, und den Versuch ausgeführt, von der Erde einen Zwei$:strom in Drähten zu erhalten. Dieser

224

letzte Versucli, dessen Thatslchlichkeit nicht za bezweifeln isty widerspricht aber nach den Gesetzen der ZweigstrOme der Annahme, dafs die Erde ein die Batterie Bchliebender Leiter sej, während er die entgegengesetzte Annahme zwar nicht unterstützt, ihr aber nicht widerstreitet. Diese mehr- fachen Widersprüche dürften schon für sich der Meinung den Vorzug geben lassen, dafs auch bei dem voltaiachen Strome keine Leitung von einem Drahtende zu dem an- dern durch die Erde stattfindet, und die hier angestellte Untersuchung der Erscheinungen der ReibnngselektridtSt die richtige Erklärung an die Hand geben. Hiernach ist der voltaische Strom im elektrischen Telegraphendraht ab ein getrennter Strom, und die Erdschichten an den Enden des Drahtes sind als zwei für sich wirkende Ableitungen anzusehen, bei welchen es gleichgültig ist, dafs sie Theile des zusammenhängenden Erdkörpers sind.

II L Abänderung der Laplace' sehen

BarometerforrneL

Um des Gebrauchs von Logarithmen- und anderen Ta« fein überhoben zu seyn, schlägt Hr. Babinet vor, statt der Laplace'schen Barometerformel

«=18393»(Iogff-IogÄ) [l + ^^^^J die folgende anzuwenden:

Sie ist indefs nur für Höhen unter 1000 Meter gültig; für gröfsere Höhen, und wenn man sich mit keiner Ap- proximation begnügen kann, hat man eine intermediäre Sta- tion zu Hülfe zu nehmen. (Compt. rend. T. XXX. p. 309).

IV.

225

IV. Berichtigung der von Rudberg berechneten Axenwirütel der zweiaxigen Krysttdle;

von E. Wilde.

H

aaptsächlich in der Absicht, die FresneTsche Theorie der doppelten Brechung zu prüfen, hat Rudberg bekannt- lich fOr einige zvreiaxige Krjstalle die Winkel, die von den beiden optischen Axen gebildet werden, nach dieser Theorie berechnet, und die Resultate der Rechnung mit seinen Messungen verglichen ')• Bei dem Arragonit findet er aber zwischen der Rechnung und Beobachtung eine Dif- ferenz von 2^^, und bei dem farblosen Topas sogar eine Differenz von mehr als 8^. Rudberg sucht zwar diese so bedeutenden Differenzen, beim Arragonit wenigstens, dar- aus zu erklären, dafs bei den Messungen die Stellen der beiden Axenpole sich nicht genau erkennen lassen; man würde indefs, wenn die Fresnel'sche Theorie durchgän- gig und bei allen Krystallen Fehler von solcher Gröfse xoliefse, nicht jeden Zweifel an ihrer Wahrheit unterdrücken können. So verhält es sich aber nicht, sondern Rudberg hat hier vielmehr die FresneTsche Theorie nicht in ihrem wahren Sinne angewandt.

Werden mit n und ^ die Fortpflanzungsgeschwindigkei- ten der beiden, senkrecht auf einander polarisirten Strah- len von beliebiger Richtung bezeichnet, in welche sich ein einfallender bei seinem Eintritte in die zweiaxigen Krystalle spaltet, und sind « und d die Winkel zwischen diesen Strahlen und den optischen Axen, so hat man, sagt Rud- berg, «I» Svmt der Emanationstheorie für die Geschwin- digkeit des einen Sixahles die Gleichung:

(l) u«=il+5sin'4(«— «'),

in welcher Ä und B Constante sind, und für die des an- deren die Gleichung:

1) Diese Aonalen Bd. 17, S. 1. PoggendorfiPs Annal. Bd. LXXX. 15

226

(2) c'«=il+J?MnH («+«'), io Folge der Fresnerschen Theorie za nelimen. WoHe man aber die Geschwindigkeiten tu Smme der ümdubMiianS'

theorie berechnen, so müsse man in diesen Formeln

f

ond -7 statt r ond c' setzen. Weil sie jedoch , im Sinne

der Emanationstheorie angewandt, einfacher sind, ond weil dann zugleich die Geschwindigkeiten der Strahlen in deo Krystallen dorch die Brechongsexponenten selbst angege- ben werden, sobald ihre Geschwindigkeit in der Luft zor Einheit genommen ist: %o wolle er seine Rechnongen lie- ber für die Emanationstheorie dnrchföhren.

Rndberg hatte, um die zur Berechnung des Azenwin- kels erforderiidien Brechungsexponenten zu bestimmen, drei Arten Ton Prismen aus dem Arragonit schleifen lassen. In der einen Art, welche ich das Prisma P nennen will, war die Kaute des brechenden Winkels parallel mit der MU- tellinie (Fig. I. Taf. IV.) ddt, welche den spitzen Winkel xc!f^=a der beidm optischen Axen xw und ys halbirt. In der anderen Art, die das Prisma Q heilsen soll, war die brechende Kante parallel mit der Linie ff\ die senk- recht steht auf der Mittellinie <f d*. In der dritten Art end- lich, welche ich das Prisma Jl nennen i^ill, war die bre- chende Kante parallel mit einer Linie, die man senkrecht auf der Ebene der Axen (der Ebene der Zeichnung) in c zu denken hat.

Ffir das Prisma P, dessen brechende Kante parallel mit der Mittellinie ddt ist, stellt ff den DcArchschnitt der anf der Ebene der Zeichnung senkrechten Durchgangsebene der beiden gebrochenen Strahlen vor, und es ist in diesem Falle jedesmal die Summe der Winkel e+e'slSO«». Denn ist $ c die Richtung des einen oder anderen Strahles in der durch ff gehenden und auf der Zeichnung senkrechten Ebene, sind also die Bogen sx und sy die MaaCse der Winkel e' und e, so ist, wenn man den Bogen s om den Bogen si zu 180^ ergänzt, der Bogen sx so grofs^ als #s. In den beiden sphärischen Dreiecken cfsx «nd cfs» ist

227

niSmlich der Winkel $ef derselbe, femer der Winkel fcx ssf'cy=fc», und der Neigungswinkel der Ebene cfs gegen die Ebene der Axen in beiden Dreiecken ein rech- ter. Man hat also €+«« = 180^=€+«xs=64-e'y folg*» lieb « e'=180<>— 2«', and aus (1) und (2):

(3) f?»=il + Bc08«€'

(4) f>''^Ä+B,

so dafs VI in diesem Falle constant ist.

Für das Prisma Qy in welchem die brechende Kante parallel mit ff ist, und die Durchgangsebene der gebro- chenen Strahlen durch die Mittellinie dif geht, sind offen- bar die beiden Winkel und e' jedesmal gleich. Es ist daher für diefs Prisma:

(5) f)^ = A

(6) c'»=A+JBsin'€',

in diesem Falle also die Geschwindigkeit e constant.

Ffir das Prisma R endlich, in welchem die brechende Kante senkrecht auf der Ebene der Axen steht, die auf dieser Kante senkrechte Durchgangsebene der gebrochenen Strahlen also in die Ebene der Axen föUt, ist jedesmal €=€'+«9 folgliche £' = a, und e*4-€'=2€'-f«cr, mithin

(7) f)'=il+Bsin':^

(8) v''z=zA+Bsin'[6'+^y

und in diesem Falle, wie im zweiten, die Geschwindig- keit f> constant, weil der Axenwinkel a einen constanten Werth hat.

In einem der beiden Spectra haben also für jedes der drei Prismen die Strahlen eine constante Geschwindigkeit, und zwar sind in Folge der FresneTschen Theorie diese Strahlen von copstanter Geschwindigkeit jedesmal diejeni- gen, in denen die Aethervibrationen parallel mit der jedes- maligen brechenden Kante erfolgen. Rudberg konnte daher diefs Spectrum von dem anderen mit veränderli- cher Geschwindigkeit der Strahlen durch «ine Turmalin-

15*

228

platte, die vor das Ocular des Fernrohres gebradit war, durch welches die Farben der Spectra betrachtet wurden, leicht unterscheiden, da eine solche Platte bekanntlich nur die mit ihrer Axe parallelen Aethervibratiooen durch- läfst. Das Spectrum, welches sichtbar blieb, wenn die Axe des Turmalins parallel mit der brechenden Kante ge- halten wurde, entstand nSmlich jedesmal durch Strahlen von constanter Geschwindigkeit.

Mit seiner unübertroffenen Sorgfalt bestimmte nun Rud- berg die Brechungsexponenten für die Strahlen von con- stanter Geschwindigkeit in jedem der drei Arragonitprismen P, Q, R nach derselben Methode, nach welcher er auch die Brechungsexponenten des Kalkspaths und Bergkrjstalls ge- funden hatte, fQr jede der sieben Fraun ho fer'schen Linien besonders, und erhielt z. B. ffir die Linien JJ, £, D, B die Werthe so, wie sie in folgender Tabelle angegeben sind:

Arragonit BrechungsexpoDenten der Strahlen von constanter

Geschwindigkeit

Strahl.

iiD Prisma IK

H E D B

1,54226 1,53264 1,59013 1,52749

im Prisma Q.

1,71011 1,69084 1,68589 1,68061

im Prisma tL

1,70509 1,68634 1,68157 1,67631

Bezeichnet man mit Budberg den Brechungsexponen- ten für das erste Prisma und für die gelben Strahlen, die zur Linie D gehören^ mit n', för das zweite mit fi" ^ and für das dritte mit n", so hat man also im Sinne der Erna- nationstheorie aus (5):

» '' =1,68589 '^ =2,84222=il,

ferner aus (4):

n'' = 1,53013^=: 2,34129== ii+£, woraus

B=n'« n'"« = 0,50093,

endlich aus (7):

»'* =1,68157« =2,82768=il+i?ain' -^.

229 SO dab

und der ganze Axeowinkel a:=19^36'. Werden die Axen- winke! auch für die anderen Fraunhofer 'scheu Linien in derselben Weise berechnet, so bekommt mau Mgeude Tabelle:

Strahl.

H K D B

Berechnete wahre Axenwinkel des Arragonits.

20« 25' J9 53 19 36 19 44

An einer Arragonitplatte, deren parallele Oberflächen (Fig. 2. Taf. IV.) AB und ab senkrecht gegen die Ebene der optischen Axen PQ und pq geschliffen waren, fand nun Radberg durch wiederholte Messungen den schein- baren Winkel phPzs/S der optischen Axen (den Winkel, den die in der Richtung der Axen durch den Krjstall ge- henden Strahlen nach ihrer Brechung in die Luft mit ein- ander bilden) ungefähr 32^. Es mufs sich also, wenn die Messungen mit der Theorie übereinstimmen, aus den vor- stehenden wahren Axenwinkeln pcP=za (die von den Axen im Krjstall wirklich gebildet werden) eben dieser schein- bare Winkel ergeben.

Die Geschwindigkeiten der beiden jStrahlen, die in der Richtung einer jeden der beiden Axen den Krjstall durch- dringen, sind nicht blofs coustant, sondern auch gleich, indem dann aus (1) und (2) für <'=0 und 6=a:

o*=f)'^=il+Bsin»y.

Diese beiden Strahlen,* die längs jeder Axe eben deshalb ungetrennt fortgehn, weil ihre Geschwindigkeit eine gleiche ist, spalten sich jedoch bei ihrem Austritte in die Luft in P und p, und es befolgt nur der eine von ihnen, dessen Vibrationen der brechenden Kante parallel sind, das Ge- setz desSnelliua. Da die Dnrchgangsebexie beider Strah-

230

len hier in der Ebene der optischen Axen Hegt, so maCs man für a=19"36' den zu D gehörigen Brechnngsexpo- nenten n''= 1,68157 des Prisma R nehmen, und hat daher für diesen in gewöhnlicher Art gebrochenen Strahl:

sindp A=sin -|- srrn" sin qpe^^fi' sin ■—

= 1,68157 sin9« 48'=sinl6° 38',

so dafs /?=33° 16'. Berechnet man in dieser Weise noch die scheinbaren Winkel für IT, E und B, so erhält mao folgende Tabelle:

Strahl.

Berechnete scheinbare Axeo winket des Arragonits.

H E D B

35'' lO* 33 51 33 16 33 24

SO dafs der Mittelwerlh ungefiihr 34^ beträgt, und die Beob- achtung von der Rechnung um etwa 2^ abweicht.

Rudberg, der ak den Grund dieser Differeoz die Un- sicherheit ansieht, die von der Messung der scheinbaren Axenwinkel untrennbar ist, sucht die Ursache dieser Un- sicherheit besonders darin, dafs die beiden Strahlen, die in den Kryslallen längs jeder Axe sich uDgespalten fortbewe- gen, bei dem Austritte in die Luft sich trennen« So be- rechnet er für die Stelle H des Spectrams den Winkel, um den sie beim Arragonit getrennt werden, auf 2^ 7' 20". Bei den Messungen werden aber die Axenpole in der Mitte der weifsen, von farbigen Bingen umgebenen Curven ge- nommen, und hier würde man die Axenpole auch wirklich sehn, wenn die beiden Strahlen, die ungetrennt längs je- der Axe durch den Krjstall gingen, in Bichtungen, die de- nen der einfallenden parallel sind, austreten würden. Da aber die austretenden Strahlen divergiren, so entstehe eben hierdurch die grofse Ungenauigkeit in der Bestimmung der scheinbaren Axenwinkel.

In derselben Weise, wie bei dem Arragonit, bestimmU Rudberg mittelst der Prismen P, Q, R auch die Brediungi-

231

eaipoafiDteu ffir den farbloaeii Topas , und fand f&r diesel ben folgende Wertbe:

Topas. BrechuBgaexpoBentea der Strahlen von constanter

Geschwindigkeit

Strahl.

im Priama P.

H E D B

1,63506 1,62408

1,62109 1,61791

im Prisma Q.

1,62539 1,61452 1,61161 1,60840

im Prifi^a i?«

1,62745 1,61668 1,61375 1,61049

woraus sieb die Axenwinkel ffir eben diese Strahlen erge- ben, wie folgt:

Strahl.

Berechnete wahre Axenwipkel des Topas.

H E D B

54*» 54' 56 40 56 37 55 52

Ais Miltelwerth erhsU man also 56°. Brewster aber bat den wahren Winkel der optischen Axen im Topas = 65°, und Biot ihn =64° 14' gefunden, so dafs die Differenz hier 8 bis 9 Grade beträgt.

Da es mir nicht wahrscheinlich schien, dafs der von Radberg angegebene Grund so grofse Differenzen in den berechneten und beobachteten Axenwinkeln zur Folge ha- ben könne, so unterwarf ich die vorstehenden Rechnungen •iner genaueren Prfifuqg, und überzeugte mich durch die- selbe, dafs Rudberg die Fresnel'schen Gleichungen nicht in ihrer wahren Bedeutung genommen habe, dafs aber, wenn diefs geschieht, die Theorie im Einklänge mit den Beobachtungen ist, wie aus dem hier Folgenden hervor- gehn wird.

Fresnel, der seine Theorie der doppelten Brechutig nicht im Sinne der Emanaiions-, sondern vielmehr in dem der Undulationalheorie durchgeführt hat, giebt, wenn die Buchstaben v, v\ e, b' die vorige Bedeutung behalten, für

232

die Fortpflanznngsgeschwindigkeiteii der beiden entgegen- gesetzt polarisirteii Strahlen, in welche sich ein einfallender in den zweiaxigen Krjstallen spaltet, die Ausdrücke an '):

(9) c' = 6'+(a' 6')8«ö'i(« O (10) c'^=6^+(a« 6«)sin*4(6-h€'),

die zugleich die Geschwindigkeiten der beiden entgegenge- setzt polarisirteu Strahlen in den einaxigen Krystallen um- fassen.

Für die einaxigen Krjstalle fallen nSmlich die beiden Axen, auf welche sich diese Gleichungen beziehen, in eioe einzige, folglich auch die beiden Winkel a und s' in einen gleichen Werth (p zusammen, und so geben die Gleichun- gen in diesem Falle in die Formen über:

(11) =

(12) o"=6«+(a* 6'»)sin>,

so dafs t? = & die in allen Durchgangsrichtungen durch die Krystalle stets gleich bleibende Geschwindigkeit der soge- nannten gewöhnlichen (ordinären), und f>' die in Terschie- denen Richtungen veränderliche Geschwindigkeit der tM- gewöhnlichen (^extraordinären) Strahlen ist. Die Geschwin- digkeit dieser letzteren hat in den negativen einaxigen Krj- stallen, für welche im Sinne der Undulationstheorie a^6, ihr Maximum a f(ir (p = 90^f wenn also die Strahlen in einer gegen die Axe senkrechten Richtung durch den Krjr- stall gehen, ihr Minimum b aber für 9> = 0^, wenn die Richtung der Strahlen mit der Axe zusammenfällt. In den positiven einaxigen Krjstallen dagegen, für welche in der Bedeutung der Undulationstheorie a^ft, wird aus dem Maximum das Minimum und umgekehrt.

Bekanntlich stehen im Sinne der Emanationstheorie die Geschwindigkeiten der Lichtstrahlen in der Luft und ip ei- nem anderen brechenden Mittel im umgekehrten Verhftltnib

J ) M^m. de tacad, des sciences de tinsi, de France^ 1827. iom. FIL pag. 45 in dem Mim, sur ia doubie rifraction. Ferner jtiiments de phys. erpSrimentaU par Pouillei^ trois, idii.t^m,lL pag.9iU Diese Annalen Bd. 23, S. 372.

233

ihrer Brechung in diesen beiden Mitteln« im Sinne der Un^ dolationstheorie aber im geraden Verhältnifs der Brechung, wenn in beiden Fällen ihre Geschwindigkeit in der Luft zur Einheit genommen wird. So verhält sich die Geschwin- digkeit des Lichtes in der Luft zu der im Wasser für die Emanationslheorie wie 3:4, so dafs ^ (der gerade Bre- chungsexpouent) seine Geschwindigkeit im Wasser ist; fOr die UndulatioDstheorie aber ist diese letztere =f (der um- gekehrte Brechungsexponent).

Um diefs auf den Kalkspath anzuwenden, so fand Ma- lus *) mittelst eines Prisma aus diesem Krjstalle, in wel- chem die brechende Kante der Axe parallel war, den fOr alle Durchgangsrichtungen constanten Brechungsexponenten der gewöhnlichen Strahlen = 1,6543, und den kleinsten Bre- chungsexponenten der ungewöhnlichen, wenn sie im Krjstalle eine gegen die Axe senkrechte Richtung hatten, =1,4833'). FQr die Emanationstheorie ist also auch die constante Ge- schwindigkeit der gewöhnlichen Strahlen im Kalkspath b'=i 1,6543, und die kleinste der ungewöhnlichen, wenn sie eine gegen die Axe senkrechte Richtung haben, a= 1,4833; ffir die Undulationstheorie dagegen ist die constante Ge- schwindigkeit der gewöhnlichen Strahlen 6= -r^= 0,604485, und die gröfste Geschwindigkeit der ungewöhnlichen, wenn sie eine gegen die Axe senkrechte Richtung haben, a=-7

=0,674172, welche Werthe auch unit ihrem schon von Huygens ^) bestimmten Verhältnisse 0,93410: 1,05032 ziem- lich genau Qbereinstimmen.

Um aus diesen Constanten fOr jede andere Richtung

1 ) Theorie de ia double, rifraction de ia lumihre, Paris , 1810 paff. 199.

2) Nach Rndberg*s genaueren Bestimmungen entspreclien diese Bre- chungsexponenten einer zwischen B und C liegenden Stelle des Spec- trums. Für die Linien D und £, welche dem gelben Lichte angehö- ren, fand er die Brechuogsexponenten der gewöhnlichen Strahlen 1,6583 und 1,6636. und die der ungewöhnlichen 1,4863 und 1,4887. Diese Annalen Bd. 14, S. 54.

3) Tractatui de iumine^ cap, V.

234

der Lichtstrahlen ihre Geschwindigkeit ableiten zu kOnnen, dürfe man zwar fQr die Emanationstheorie, sagt Radberg, die Gleichungen (9) bis (12) ungeändert beibehalten ^ für

die Undulationstheorie aber müsse man und —f statt v

W V

und t>' nehmen, und er wolle daher die Rechnungen ia ihrer einfacheren Form für die Emanationstheorie durch- führen.

Rudberg scheint also vorausgesetzt zu haben, dafs beide Theorieen zu denselben Resultaten führen j tote sich diefs doch keinesweges so verhält, wozu noch kommt ^, dafs auch die gröfsere Einfachheit der Formeln in der Emana- tionstheorie nur für einen einzelnen Lichtstrahl behauptet werden kann. Denn versteht man unter der Gesdiwindig- keit des Lichtes nicht sowohl die eines einzelnen wirkungs- losen Elementarstrahles, sondern mit gröfserem Rechte die Geschwindigkeit der Lichtu>elle, die sich aus diesem StraUe und den in seiner unmittelbaren Nähe befindlichen JStMom- mensetzt: so darf man für die Undulationstheorie nicht die ganzen rechten Seiten jener Gleichungen umkehren, sondern nur die umgekehrten Brechungsexponenten statt der ConstOH' ten in denselben nehmen, wodurch sie für die eine Theorie durchaus nicht einfacher, als für die andere werden.

Nimmt mau nämlich im Sinne der Undulationstheorie die Geschwindigkeit 6=0,604485 des längs der optischen Axe des Kalkspaths sich fortbewegenden Strahles zu der einen Halbaxe (Fig. 3 Taf. IV,) cg, die Geschwindigkeit a = 0,674 172 des in senkrechter Richtung gegen die Axe sich bewegenden Strahles aber zur anderen Halbaxe cd einer Ellipse, und denkt man dieselbe um die kleine Axe gh=2.cg gedreht, um das sogenannte Sphäroid der dop- pelten Brechung für den Kalkspath zu erhalten: so ist, wenn der Winkel feg, den der Radius cfz=zr mit der Halbaxe cg bildet, mit (p bezeichnet, und aus f die Ordinate fm=zy senkrecht auf die grofse Axe gefällt wird, nach der Glei- chung der Ellipse:

235

f m' =r' cos' qp= ^ (a* cw') = ~5(a' r'sin'^qp), woraus

Es stimmt also dieser Ausdruck mit dem von o'^ in (12) Qbereio, und es ist daher im Sinne der Emanationstbeorie, für welche d und 6' die geraden Werthe der Brechungs- exponenten bedeuten, die Geschwindigkeit eines gegen die optische Axe des Kalkspaths unter dem Winkel ^ geneig- ten Lichtstrahles nichts anderes, als der umgekehrte Wertb des zugehörigen Radius cf in dem Sphäroid der doppelten Brechung. Für die Undulationstheorie ist folglich die Ge- schwindigkeit eben dieses Strahles der Radius selbst, weil die Strahlgeschwindigkeiten in der einen Theorie die um- gekehrten Werthe von denen in der anderen sind.

Man hat aber auch, wenn die Tangente kf an den Punkt f gezogen wird, für cmz=ix die Subtangente i?ii=

fl»

a?, folglich

X

und, da die Tangente die mittlere Proportionale zwischen

der Subtangente und der Summe der Subnormale -^ und Subtangente ist:

^^ 1^^ '

folglich, wenn aus c das Loth cn auf die Tangente gefällt, und der Winkel ncg = ckn, den diefs Loth mit der opti- schen Axe cg oder die Tangente mit der Axe der x bildet, mit tp bezeichnet wird:

/•w' 5=^(a' a?^)=*/^^ .sin' i/i __v» ±_n^ ^ a /^ j y woraus fl^ein* i/;=:a?' [6' +(a« fc^siu^ tff} ,

236

80 dafs

Es stimmt also auch dieser Ausdruck, in welchem a und fr die umgekehrten Brechuugsexponenten sind, mit dem io (12) fiberein, mit dem Unterschiede jedoch , dafs hier das Zeichen tp nicht die Neigung der optischen Axe gegen deo Lichtstrahl cf, sondern vielmehr den Winkel der optischen Axe mit der Richtung cn bedeutet, die senkrecht ist ge- gen die Frontebene kn der Lichtwelle, die sich ans den zu cf und zu den nahe gelegenen Strahlen gehörigen Ele- meutarwellen zusammensetzt. So darf man also statt der Coustanten in der Gleichung (12) nur die umgekehrten Brechungsexponenten nehmen, damit sie in diesem Sinne - fGr die Undulationstheorie die Quadrate der Geschwindig- keiten der ungewöhnlichen Strahlen angebe.

Um diefs durch ein Beispiel noch mehr zu erläutern, so hat man für die Emanationstheorie fr' ' =2,7367118 und a'' =2,200178, folglich für 9^=30'', wenn die Geschwin- digkeit in der Luft zur Einheit genommen wird:

ü'' = &'' +(a'» fr")sin' 30<>=2,60257 , und aus (13) für 6' =0,365402 und a'' =0,454508:

er =r' =0,38423=^-^,

so dafs hier die Geschwindigkeit das Umgekehrte des Ra- dius ist. Für diesen Werth von q) hat man aber auch cm=a;=rsin30'>=0,30993 und o;'' =0,09606, folglich

.tangt/;='g = Ai^= 0,464 1583= tang 24 «53',

mithin

cn' =6' +(a'—6')sin'24»53'=0,38118,

und es ist dieser Werth im Sinne der Undulationstheorie zwar nicht genau das Quadrat der Geschwindigkeit (0,38423), mit welcher sich der Strahl cf im Krjstalle bewegt, wohl aber der genaue Ausdruck für das Quadrat der Geschwin- digkeit, mit welcher die ^u diesem Strahle gehörige Licht-

237

u>eHe io einer gegen ihre eigene Frontebene in senkrecli- ten Richtung cn im Krjstalle sich fortpflanzt.

Unter der optischen Axe, die in den einaxigen Krj- stallen jedesmal auch die krystallographische ist, hat man daher nicht sowohl die Richtung zu verstehn, in welcher ein gewöhnlicher und ungewöhnlicher Elementarstrahl eine gleiche Geschwindigkeit haben, sondern vielmehr die Rich- tung, in der sich die Frontebenen der zu diesen Strah- len gehörigen Lichtwellen mit gleicher Geschwindigkeit be- wegen.

Werden in eben dieser Bedeutung für die Undulations- theorie die Gleichungen (9) und (10) auch für die atoei- axigen Krjstalle augewandt, bei denen man der vorigen Entwicklung gemäfs unter den beiden optischen Axen die Richtungen zu verstehen hat, in denen die Frontebenen der zu beiderlei Strahlen gehörigen Lichtwellen eine gleiche Geschwindigkeit haben und die Prismen P, Q, R in dem vorigen Sinne genommen: so ist für das Prisma P, in wel- chem die Kante des brechenden Winkels parallel ist mit der Mittellinie (Fig. 1. Taf. IV.) dd, und die Summe der Winkel 6+6'=180^ folglich «' = 180^^26':

(14) f?'=&'+(a'— 6«)co8'€'

(15) v^'ziza^

a also die für alle Durchgaugsrichtungen constante Ge- schwindigkeit des einen Strahlenbündels in dem auf der Mittellinie senkrechten Schnitte ff. Die veränderliche Ge- schwindigkeit des anderen Bündels dagegen kann, wenn a wieder den Winkel der optischen Axen bedeutet, von

€'=90" bis 6'=90" -^ variiren, so dafs mau 0=6 als

das Minimum, und ©= r6«-|-(a^ 6')sin' yl^als dasMa-

ximum der Geschwindigkeit dieses Bündels in dem Schnitte ff erhält, wenn a>6. Ist aber a<;6, so wird aus dem Maximum das Minimum und umgekehrt.

Für das Prisma Q^ in welchem die brechende Kaute pa- rallel mit ff ist, und die auf ff senkrechte Durchgangs-

238

ebene der gebrochenen Strahlen durch die Mittellinie dd geht, sind die beiden Winkel und 6' gleich. Es ist da- her für dieCs Prisma:

(16) ©'=6'

(17) t?''=6' +(a' 6«)sin« 6 = (a* 6')cos' e,

und b die für alle Durchgangsrichtuügen constante Ge- schwindigkeit in dem durch die Mittellinie gehenden, und auf ff senkrechten Schnitte. Die veränderliche Geschwindig- keit dagegen kann von 6 = 90^ bis €=-|- variiren, so dals

man t?'=a als das Maximum, und r'rsja*— (a*— 6')cos'y|^

als das Minimum erhält, wenn a^&. Ist aber a<Cb, so wird auch hier aus dem Maximum ein Minimum und um- gekehrt.

Die Maxima und Minima der veränderlichen Geschwin- digkeiten V und v' treten also in diesem Falle und dem vorigen entweder dann ein, wenn die zugehörigen Strah- lenbündel durch die Ebene der Axen gehen, oder wenn sie eine gegen diese Ebene senkrechte Richtung haben.

Für das dritte Prisma R, in welchem die auf der bre- chenden Kante senkrechte Durchgangsebene der Strahlen in die Ebene der Axen fällt, so dafs 6 = €' + «, folglich 6'=a und + =2€'H-a, wird

(18) f?'=6'+(a'— 6')sin^-|

(19) f?'' = 6'-h(a'— 6«)sin'(6'+-|),

und in diesem Falle die Geschwindigkeit f) constant. Die veränderliche Geschwindigkeit v* kann dagegen von 6'= -l*

bis €' = 90^ - variiren, so dafs man f)'=zb als das Mi-

nimum und v' = a als das Maximum erhält, wenn a^i. Für a<lb wird. auch hier aus dem Maximum das Minimom

und umgekehrt.

Werden nun diese im Sinne <]er Undulationstheorie ge- nommenen Gleichungen zur Berechnung des Axenwinkek

239

im Afragonit angewandt, so hat man in Folge der Tabelle ' Seite 228 ffir den Strahl J9 aus (15):

ferner aus (16):

folglich aus (18):

»' =i-;6^ =0,35364 = +(«'- 6')8in» f, woraus

und a=17°50\ Berechnet man eben so noch die Axen- winke! für die Strahlen Hy E und B, so erhält man, fol- gende Tabelle:

Strahl.

H E D B

Berechnete "wahre Axenwiokel des ArragoDits.

IS*» 26' 18 2 17 50 17 58

aus der sich der Axenwinkel in seinem Mittelwerthe für die txi E und D gehörigen gelben Strahlen =17^56' er- giebt. Es hat aber Brewster') mittelst des von ihm selbst bestimmten Brechungsexponenten 1,693 den Axen- Winkel im Arragonit =18^18', mittelst des Rudberg'- schen Exponenten aber diesen Winkel = 17^ 33' gefun- den. Da nun der hier berechnete Werth von 17^ 56' ge- nau in der Mitte zwischen diesen beiden , von Brewster bestimmten liegt, so kann man sagen, dafs beim Arragonit die Theorie mit den Beobachtungen übereinstimmt.

In der vorstehenden Tabelle ist es zugleich uuverkenn-

I bar, dafs die Axenwinkel von dem violetten Ende H des Spectruntis nach dem rothen B hin kleiner werden, indem

p die Abweichung von dieson Gesetze bei B ohne Zweifel

9 1) Diese Annaleo Bd. 27, 604.

240

nur in einer weniger genauen Bestimmung der xa diesem Strahle gehörigen Exponenten ihren Grund hat

Sprächen nicht tausend andere Gründe gegen die Ema- nationstheorie, 80 würden schon Rechnungen , wie diese, fOr die alleinige Wahrheit der Undulationstheorie zeugen können. Werden die Fresnel'schen Gleichungen in dem Sinne der ersteren verstanden, so geben sie Resultate, de- nen die Natur widerstrebt; dieselben Gleichungen aber, für die Undulationstheorie genommen, sind in vollkomme- nem Einklänge mit der Natur.

Werden die Gleichungen (9) und (10) für die Undu- lationstheorie auch auf den Topas angewandt, so findet man folgende Axcuwinkel:

StraM.

H E D B

Berechnete wahre Axenwinkel des Topas.

55« 10' 56 58 56 58 56 6

so dafs man als Axenwinkel für die gelben Strahlen etwa 57 "* bekommt. Es weicht dieser Winkel von Biot's Mes- sungen also immer noch um ab, die Differenz ist aber Aoth um 1^ geringer, als sie sich nach Rudberg's Rech- nungen herausstellt.

Rudberg selbst macht darauf aufmerksam, daCs der Grund, aus welchem er die fehlende Uebereinstimmung zwi- schen der Theorie und den Beobachtungen beim Arragonit erklären zu können glaubte, bei einer so grofsen Differenz» wie sie hier beim Topas gefunden ist, nicht ausreichend sey. Es geht diefs ja auch schon daraus hervor, weil sonst beim Arragonit, wo der Trennungswinkel der beiden aus- tretenden Strahlenbündel nach Rudberg's Rechnungen mehr als 2^ beträgt, diese Differenz gröfser sejn müfste, als beim Topas, für welchen der Trenn ungswinkel nach Rudberg's Angabe nur 21' hat, während doch gerade umgekehrt beim Arragonit die Theorie mit den Messungen

über-

241

fibereio8timmt^ Auch der Umstand, dafs die Axen^inkel der Terschiedenen Farbeu Terschiedeu siud, kann zur Er- klärung einer so grofsen Differenz nicht ausreichen, weil sonst dasselbe auch beim Arragonit stattfinden müfste. Es bleibt vielmehr nur der schon von Rudberg behauptete, und von Brewster durch seine Beobachtungen an dem brasilianischen Topas bestätigte Grund übrig, dafs die Axen- Winkel in verschiedenen Individuen des Topas eine ver- schiedene Gröfse haben, wie diefs ja auch bei anderen Krjstallen, z. B. dem Glimmer, der Fall ist, dessen Axen- winkel von 6" bis zu 45^ variirend gefunden wird.

Dafs die Axenwinkel sich im Topas gerade umgekehrt, wie im Arragonit verhalten, dafs sie von dem violetten nach dem rotheu Ende hin zunehmen, ist aus der vorste- henden Tabelle offenbar, indem auch hier die Abweichung von diesem Gesetze bei B gewifs nur durch die nicht ge- naue Bestimmung der zugehörigen Exponenten entstan^ den ist.

Da Rudberg's Abhandlung, die auch ins Französische und Englische übersetzt ist, bei ihrer allgemeinen Verbrei« tung in den optischen Schriften oft angeführt wird, so habe ich die Veröffentlichung der vorstehenden Berichtigung der Rudberg' sehen Rechnungen für eine der Wahrheit schul- dige Pflicht um so mehr halten müssen, da der Unterschied der für die Geschwindigkeit des Lichtes in beiden Theo- rieen gültigen Formeln, wie ihn Rudberg feststellt, auch in anderen Gebieten der Optik, namentlich in der Theorie der chromatischen Polarisation zu uunöthigen Weitläufig- keiten leicht verleiten könnte.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX> 1^

242

V. Veber ftoihcvendig scheinende Ergäftzühg^n der Beobachtungen über die Boden - Temperatur in

Sibirien; von ßaer.

(Aas dem Builetin de la Classe physico-mathemalique der Petersbai^ger

Akademie T. VIU.)

r\ls dnsere Akademie sich die Aufgabe gestellt hatte, den Schergin -Schacht in Jakutsk zur Untersuchung der Boden- Temperatur in Sibirien, sowie zur Bestimmung der Wärme- Leitungs-F^higkeit und der Mächtigkeit des Eisbodens ins- besondere zu benutzen, konnte die zum Entwürfe eines Planes für die Sibirische Reise ernannte Commission nicht umhin, die Frage sich zu stellen: Ob nicht die Wfinde des genannten Schachtes durch die von aufsen eindringende Luft merklich gegen den umgebenden allgemeinen Boden abgekühlt seyen? Um eine Entscheidung über diesen Zwei- fel zu erhalten, wurde in der Instruction verlangt, daCs in verschiedenen Tiefen immer je zwei Thermometer ifn die Wand des -Schachtes, das eine nur auf einen, das andere bis 7 Fufs von seiner Höhlung entfernt eingelassen wer- den sollten.

Bekanntlich ist diese Aufgabe, trotz der localen Schffie- rigkeiten, die man hier nicht so grofs voraussehen konnte, mit Vieler Beharrlichkeit durchgeführt, so wie auch meh- rere neue Gruben und Bohrlöcher, theils in der unmittel- baren Nähe von Jakutsk , theils in gröfseren Entfernungen angelegt und Messungen der Boden - Temperatur in ihnen angestellt sind. Die Nothwendigkeit solcher Vergleicbungs- punkte war im Verlaufe der Beobachtungen immer mehr hervorgetreten.

Die Beobachtungen selbst konnten' von unserm geehr- ten Collegen, Hrn. V. Middendorff, nur begonnen wer- den ^), sie sind theils von anderen Mitgliedern der Reise- gesellschaft, theils von fremden, dazu tüchtig befundenen und zu diesem Zwecke unterwiesenen Personen fortgesetzt worden.

1) S. Annal. Bd. 62, $.404.

243

Wir haben auch schon seit längerer Zeit die wissen- schaftliche Bearbeitung aller auf dieser Reise gesammelten geothermischen Messungen von Hrn. von Middendorff iw ersten Bande seines Reisewerkes erhalten. Unser geehr- ter Herr College kommt im Allgemeinen zu dem Resultate, dafs die Wände des S che rg in -Schachtes sich zwar in den oberen Thcfilen wahrscheinlich ein wenig abgekühlt haben, nämlich in der Tiefe von 50 Fufs unter dem Eingange, vom Jahre 1839 bis zu den Jahren 1S44 1846 um 0%6 R. etwa; dafs aber in gröfseren Tiefen die Temperatur ziem- lich beständig geblieben sej. (Middendorff 's Reise, Bd. I., S. 157.) Daraus wird gefolgert, dafs die Beobach- tungen in der Wand des Seh ergin -Schachtes uns ein an- nähernd richtiges Maafs für die Boden -Temperatur jener Oegend, für die Leitungs- Fähigkeit des gefrornen Bodens, und, was nolhwendig damit zusammenhängt, für die Mäch- tigkeit desselben geben.

Nachdem ich sämmtliche Beobachtungen und die aus- führlichen Deductioneu aufmerksam durchgegangen bin, um Ober das Ergebnifs derselben in den „Beiträgen zur Kennt- nifs des R. Reiches*' ') zu berichten, kann ich nicht um- hin, eine ziemlich abweichende Ueberzeugung zu gewin- nen, eine Ueberzeugung, nach welcher der auffallende Wi- dersprach zwischen den Temperaturen in den neuen Gru- ben und dem Schergin-Sqbachte ^ich ganz anders lösen würde.

Ich glaube nämlich mit überwiegender Wahrscheinlich- keit nachweisen zu können, dafs die Wand des Schergin,- Schachtes sich sehr bedeutend abgekühlt hat, wohl mehr als irgend ^in Mitglied der Commission früher geglaubt haben würde.

Uqs zu der Annahme einer bedeutenden Abkühlung des :Sch ergin-Schachtes um mehrere Grade der Reaumur'schen ßc^le geneigt a^u ipachen , sollen wir zuvöicdert ^\e neuen

1 ) Die zweite Hälfie des 9. Bandes dieser Beitrage, welche die Geschichte der naturhistorischen Reisea, die inDerhalb des Rassischen Reiches von 1840 lfiM5 angestdU mi^, «9tha|t, wird 39 eben jiedruclft.

16*

244

Gruben und Bohrlöcher mit dem Schergiu-Sdiachte tct- gl eichen.

In der unmittelbaren Nähe von Jakutsk, d. b. nur we- nige Werst Ton der Stadt entfernt , wurden auf dem lin- ken Lena -Ufer drei Gruben angelegt. Der Eingang In die- selben'lag durchschnittlich 350 Fufs höher als der Eingang in den Seh ergin -Schacht, welcher nur 36 Fufs höher als das Eis der Lena gefunden wurde. Man hätte also in ihneD, so sehr auch die Linien gleicher Boden - Temperaturen den Unebenheiten der Oberfläche des Bodens zu folgen streben, eher eine niedere Temperatur als im Schergin-Schachte, bei gleicher Tiefe vom Eingange, erwarten sollen, da die weit unter 0^ stehende mittlere Jahres -Temperatur der Luft hiesiger Gegend auf die hohen Ufer auch von der Seite wirken mufs, auf die Sohle des Lena -Thaies aber nur von oben. Allein die Beobachtungen zeigten umge- kehrt in den neuen Gruben den Boden in gleicher Tiefe um mehrere Grade wärmer als im Schergin- Schachte. Die neuen Gruben hatten 6 Fufs im Quadrat und meistens ward, vom Boden der Grube ausgehend, tiefer gebohrt. ^ Eine dieser Gruben, die Leontjew Grube genannt, wurde nur bis 20 Fufs tief getrieben, füllte sich aber dann mit Wasser aus den obersten Erdschichten und konnte nicht weiter benutzt werden. Bis zu einer Schicht bleibender Temperatur gelangte man also hier gar nicht. Wir bemer- ken nur, dafs in der Tiefe von 20 Fufs, vor dem Ein- dringen des Wassers (am 19. Juni), 4** R. beobachtet wurden, wogegen im Seh ergin -Schachte in der Tiefe vou 20 Fufs in keiner Jahreszeit weniger als 6" R. abgele- sen sind. Bine zweite, die Mangan- Grube, wurde im Win- ter 28 Fufs tief gegraben. Dann wurde vom Boden der- selben noch 28 Fufs weiter gebohrt. In der Tiefe voo 20 Fufs, 1 Fufs weit von der Wand des Schachtes fand man zuerst im März 6^,3 R. als Wirkung des ganzen vorhergegangenen Winters; bis zum Schlüsse des Mais stieg hier die Temperatur auf 4*^,6 R., so dafs man am 19. Juni auch wohl gegen 4** R. gefunden haben wfirde,

245

wenn man um diese Zeit noch beobachtet hätte. In 50 Fufs Tiefe, wo für die initgeuoinmenen Thermonieler gar kein Wechsel nach den Jahreszeiten erkennbar seyn konnte, las man im Mai —3^2 bis 3'S3 ab. Eine dritte, die ScbiloW' Grube, wurde im Sommer 1844 nur 19 Fufs tief getrieben und dann 52 Fufs weiter gebohrt, im Februar 1845 ward aber die Grube bis auf 35 Fufs vertieft und dann noch 25 Fufs gebohrt. Am 7. April begannen die Beobachtungen in der Tiefe von 50 Fufs, und sie wurden bis zum 14. Mai desselben Jahres fortgesetzt. Sie gaben zuerst 2",5 und zuletzt 3'*,0. Im folgenden Jahre wurden die Beobachtungen in derselben Tiefe im April, Mai und Juni wiederholt. Sie schwankten nun zwischen 3",1 und 3^,2. Nehme ich diese Temperatur als dio bleibende an, wovon ich den Grund später anzeigen werde '), so stimmen die Mangan- und die Schilow-Gruhe darin überein, dafs sie in 50 Fufs Tiefe die Temperalui von 3*^,2, mit der Schwankung von 0°,l geben. Die LeonifeW'Grvhe widerspricht nicht, da sie 50 Fufs Tiefe gar nicht erreichte. Im Seh ergin -Schachte aber las man in 50 Fufs Tiefe an dem nähern, d. h. nur um einen Fufs eingesenkten Thermometer nach den verschiedeneu Zeiten zwischen 6°,9R. und 9",1 R. ab, und an dem wei- tern (7 Fufs eingesenkten) Thermometer zwischen 6°,5 und R. Aber die Ucbereinstimmung der neuen Gru- ben und ihrer Bohrlöcher wird noch auffallender, wenn wir in die obern, nach den Jahreszeiten ihre Temperatur wechselnden Schichten übergehen. Am 18. Juni las man in der Schilow- Grube in 20 Fufs Tiefe R. ab, und genau dieselbe Zahl am 19. Juni in der Leontjew- Grube. Wir haben schon oben gesagt, dafs man in der Mangan- Grube ^icht bis in den Juni beobachtete, dafs aber aus den Beobachtungen des Mais sich schliefsen lasse, die Tempera- tur werde in derselben Zeit und Tiefe ausgeführt 4 R.

1) Ich -werde weiter unten zu zeigen versuchen, dafs auch die Wände dieser Gruben oder kleinen Schachte während der Arbeit sich merklich < abkuhhen, was nicht ohne Wirkung auf die Bohrh>cher blieb.

246

gewesen seyn. Der Schergin- Schacht aber hat io 20 Fufs Tiefe am 21. Juni 1845 9",4 am nfihem und 9^3 am weitern Thermometer.

Sollen wir nun die Angaben des Schergin-Schachtes oder die der drei neuen Gruben mit ihren Bohrlöchern für die richtigeren in Bezug auf den allgemeinen nnanfge- schlossenen Boden ansehen? Allerdings lagen di6 neuen Jakutsker Gruben nicht weit von einander, and irgend ein weit wirkender Grund för locale Erwärmung hätte auf alle drei gleichen Einflufs ausüben können. Aber auch alle weiter abstehenden neu angelegten Gruben stimmen offen- bar mehr mit den neuen Jakutsker Gruben als mit dem S ch e r g i n - Schachte.

Leider kann man bei diesen entfernten nicht anmittel- bar die Boden -Temperatur mit der Luft -Temperatur ver- gleichen. Indessen folgert Hr. ▼. Middendorff selbst aus einer ganz kurzen Reihe von Mai- Beobachtungen in der Luft von Amginsk (200 Werst nach Südosten von Jakutsk), dafs in dieser Zeit die Temperatur in Amgiusk I ^,44 R. höher war als in Jakutsk. Nehmen wir hiernach an, dafs die gesammte Jahres -Temperatur in Amginsk etwas über einen Grad wärmer ist als in der letztem Stadt, so stimmen die Grube (28 Fufs tief) und das Bohrloch (32 Fufs tiefer) wieder ganz gut mit den ähnlichen neuen Anla- gen bei Jakutsk, und gar nicht mit dem Schergin-Schacbte. Man fand in Amginsk auf 50 Fufs Tiefe bleibende Tem- peratur — 1*^,9, und in 20 Fufs Tiefe zuerst im Mai 2^2 2^,5, im April des zweiten Jahres (eigentlich bei 21FuGs Tiefe) etwas mehr * ).

Noch 200 Werst weiter in derselben Richtung nach SO wurde bei der Mündung der Mc^a in den Äldan eine Grube 21 Fufs tief getrieben, das Bohrloch konnte Jedoch wegen vorkommender Felsen nur 14 Fufs gefördert werden. Die Temperatur in 20 Fufs Tiefe, von Ende März bis zum 3. April, 1»,15 bis 2«,15 R., und in 35 Fufs von Vfi

1) Voo dieser Zunahme spSter. Jetfct kam es aur darauf an, die groCw AbwetckoDg rom Schergin>Schacbie zu seigen.

247

bis l",9i5 scheint wieder mehr mit allen neueti BroDueu zu stiiutneü.

Nach Süd- Westen von Jakutsk nimmt die Boden- Tem- peratur, wie sich erwarten liefs, noch rascher zu als nach SQ. In OlekmtHsk hatte man allerdings im Juli in 2Q Fufs Tiefe 0^,3 unä in Witimsk (freilich im September) über + 3^ R. Hat nun auch bei der letzten Ablesung ein gro- fser Theil der Sommer -Temperatur schon eingewirkt, so scheint doch der völlige Mangel bleibenden Boden -Eises mehr mit den neuen Gruben und Bohrlöchern als mit der Temperatur im Schergiu-Schachte zu stimmen. Dasselbe scheiut mir ron dem Boden bei Turuchansk zu gelten, der ungefähr 0" mittlere Temperatur in seinen veränderlichen und etwas mehr in den nächsten unveränderlichen Schieb- ten hat. Doch will ich auf diesen entfernten Punkt, dessen mittlere Luft -Temperatur ganz uubekannt ist, kein Gewicht legen, um die Beweiskraft der anderen nicht zu schwächen.

Wenn nun aber die Temperaturen in den neuen Bohr- löchern bei Jakutsk unter sich gut übereinstimmen, die Tem- peraturen im Seh ergin -Schacht dagegen vißl tiefer sind, wenn die Gruben und Bohrlöcher in Amginfk, lJ$t-Maisk, Olekminskf Witimsk ^ auch wohl die iu Turuchansk augen- scheinlich besser mit den neuen Jakutsker Gruben stimmep als mit dem Seh ergin- Schachte^ mufs man da nicht .diesen für die Ausniabme und jene für mehr regelrecht halten, welche die Temperatur des Bodens, bevor er aufgeschlossen ist, viel näher angeben?

Wprin 9ber kann der Grund liegen, daCs die Wandung des Schergin-Scbachtes um mehrere Grad kälter ist als der allgemeine Bpdeu dieser Gegend?

Ich weifs mir nur eine dreifache Möglichkeit zu denken. Entweder ist ein bleib^eudier und gleichmäfsig fortwirkender Grund vorhanden, der den Punkt, auf welchen gerade der Schergin-Schacht traf, in Isedeutepd niederer Temperatur als die Umgegend erhält; oder ZYyeiteus, es wirkte früher eine abkühUude Ursache, deren Wirkung noqb nicht auf- gehört hat; Qder drittens, es i$t später, nach dem Bau des

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Schachtes uud vielleicht durch diesen Bau selbst, eine Ab- kühlung eingetreten, deren Wirkung, wenn auch nicht im Wachsen begriffen, doch noch fortbesteht.

Für die erste Möglichkeit, eine bleibende locale gröfsere Bodenkälte, wüfste ich nur solche Gründe zu finden, welche mit dem hier weit verbreiteten und mächtigen Alluvial -Bon den unvereinbar sind.

Die zweite Möglichkeit einer vorhergegangenen Abküh-; Inug in der Tiefe, die noch nicht ganz gehoben wäre, bat der Commission allerdings vorgeschwebt. Die Beobachtung der Local- Verhältnisse uud die Reihenfolge der Temperaturen nach der Tiefe sprechen einer solchen Vermuthnng aber nicht das Wort. Nehmen wir z. B. an, dafis vor einigen Jahrhunderten beim Eisgange der Lena, zu welcher Zeit die obern Erdschichten der benachbarten Ufer auf 13^ bis 15^ R. unter 0^ 'erkaltet seyn konnten, gefrorne Schollen derselben mit Eisschollen gemischt an 60 Fufs hoch aufge- häuft wurden, so könnten vielleicht Jahrhunderte vergehen, bevor solche Schichten die Temperatur annehmen worden, welche der erlangten Lage hier zukommt, besonders wenn später neue Ueberschüttungen eintraten. Es sollen sich allerdings auch in den Wänden des Schachtes, bis 72 Fufs Tiefe, Holzstämme und Wurzeln, dann in viel ansehnliche- ren Tiefen, zfvischen 104 und 384 Fufs, auch Spuren von Pllanzenresten finden, die einmal von der Oberfläche ge- kommen seyn müssen. Ihre Lagerung wird in dem älteren und dem neueren Berichte nicht näher beschrieben. Da- gegen beobachtete Hr. v. Middendorff zahlreiche wel- lenförmige Abgränzungen dünner Schichten, welche häufige uud oft wiederholte Ueberfluthungen anzudeuten scheinen uud zwar von fliefsendem Wasser, das doch nur unbe- deutend unter 0^ erkaltet gewesen seyn könnte. Ferner lassen sich bedeutende Ueberstürzungen gefrorner Erdschol- len ohne Eisschollen, welche die Treiber abgeben würden, hier bei der Tiefe bis zu welcher der Boden gefroren ist kaum denken, und selbst bei Unterwaschungen eines über- hängenden gefrorenen Ufers würden die Einstürze, wenn

249

sie zur Zeit des Einganges erfolgten, wahrscheinlich Eis- schollen mit verschütten. Zusammenhängende Eismassen hat man aber in der Wand des Seh er gtn- Schachtes nicht be- merkt, wie eine solche in der Grube zu Amginsk sich selir bemerklich machte (Reisewerk, Bd. I. S. 116). Verschüttete Erdschollen würden nach verschiedener Richtung geneigte Schichten erzeugen. Aelterc Berichte {Bull, de VAcad., Bd. III. p. 195) sprechen aber nur von einer deutlich ge- neigten Schichtungs- Fläche, und auch diese wird zweifel- haft, da Hr. v. Middendorff ihrer nicht erwähnt. End< lieh fand sich die Temperatur in der Wand des Schachtes nach der Tiefe hin zwar nicht ganz gleichmäfsig, aber doch so coutinuirlich wachsend, dafs nirgends eine Schicht ge- funden wurde, welche eine geringere Temperatur als eine höher liegende bewahrt hätte.

Es fehlt also wenigstens jeder Beweis einer plötzlichen hohen Ueberschüttung, deren Temperatur noch nicht aus- geglichen wäre.

Gehen wir dagegen zu der dritten Möglichkeit, zu einer später eingetretenen und noch anhaltenden Abkühlung über, so glaube ich diese, wo nicht bis zur vollen Evidenz er- weisen, doch in sehr hohem Grade wahrscheinlich macheu zu können.

Wenn man die seit Middendorff's Ankunft in Ja- kutsk, im April 1844, in der Wand des Schachtes angestell- ten Temperatur- Beobachtungen in ihrer chronologischen Reihenfolge läfst, sie aber in Gruppen theilt, um Mittel- zahlen zu finden, und die Ablesungen an den weitern Ther- mometern als den weniger dem wechselnden Einflüsse des Zutrittes der Luft unterworfuen wählt, so findet man die Mittel- Temperaturen, welche die folgende Tabelle mit Aun gäbe der Zahl von Beobachtungen, aus welchen sie abge- leitet sind, enthält.

250

Mittel der I^emperatar-Ablesangen (ft^) an den 7 nüb In die Wand dea Sobachtea von Jakatak eiDgelaaieoen ThemoBiaterDi aoa ehreao-

logiach geordneten Grappea abgeleUet

(s SB Zahl der Beobachtan^aa.)

Tiefe.

1844 Apr. Nov. Dec

1845 Jan. Mai.

2545

JuDl Nov.

R*.

X.

K\

R».

X,

1846

l<*ebr. Juni.

R».

50 Fufs

100 -

150 -

200 -

250 -

300 -

350 -

382 -

Ml

5,13

4,515

3,85

3,34

2,972

2,615

2,395

10 10 10 10

9») 9«)

10

10

6,64 5,24 4,62 3,90 3,33 3,02 2.73 2,411

10 10 10

9») 10

7 10

9

6,67

5,195

4,66

4.38')

3,33

3,195

2,778

2,40

20 19 19 13«)

5 19 19

3

6,63 5,30 4,60 4,50

3,25 2.80

2 2 2 2

2 2

Die vom April 1844 bis zum Jani 1846 forfgeheode Abkühlung scheint mir nach dieser Tabelle nicht nur evident, sie ist sogar fast so gleichmäfsig als man von einer Reihe von Beobachtungen, die in unregelmäfsigen Intervallen and von verschiedenen Beobachtern angestellt sind, nur immer erwarten kann. Nur die Station von 250 Fufs Tiefe will nicht mit einstimmen; allein in dieser hört die Reihe der mitgetheilfon Ablesungen mit dem Juli 1845 auf, weil es sich erwies, dafs das Thermometer verdorben war.

Wenn man aus vorstehender Tabelle die von 1844 bis 1846 noch fortgehende Abkfihlung erkannt hat, so löst sich ein sonst schwer zu lösendes RSthsel auf die einfachste Weise von der Welt. Hr. v. Middendorff hat nimlicb, um den Einflufs der Jahreszeiten auf die Boden -Tempera-

1) Eme zweifelhaft gewordene Ablesung, die in dem Reisewerke mit ei- nem Fragezeichen notirt wird, ist hier nicht in die Bereclinuof geftogep«

2) Zwei Ablesungen sind nicht in die Berechnung gezogen.

3) Diese Mittelzahl ist aus Ablesungen abgeleitet, die Hr. ▼. Middco- dorff (ur irrig hielt, da der Quecksilberfaden sich gellieik' haben aolL Allein sie stimmen ganz gut mit den anderen. Der leere Raum in der Theilung raufs ganz unbedeutend gewesen sejn (wenn überhaupt die eingegangenen Berichte nicht irrig waren ) , da sonst die Ablesungen hö- here Temperatur- Grade gegeben hätten. Bd. 1, S. 109 des Reiic- werkes.

251

tur zu erkennen, alle früheren und späteren Beobachtatt- geü vereint und nach den Jahres- Cyclus gruppirt. Er kommt dabei auf das auffallende Resultat, dafs auch in Tiefen, die dem Einflufs der Jahreszeiten nicht mehr un- terworfen seyn sollten, an den weiteren Thermometern, also 7 Fnfs von der Höhle des Schachtes ' ), im November eine Erwärmung beginnt, die im December in den meisten Sta- tionen ganz bestimmt mefsbar und so auffallend ist, dafs sie nicht mehr auf Ablesungs -Fehler beruhen kann. Was aber kann im Inneren der Erde vorgehen, das mit dem Verlaufe der Jahreszeiten isochronisch wäre? Wie also wäre eine solche Erwärmung erklärbar? Ganz einfach durch Sonderuüg der Jahre. December- Beobachtungen haben wir nur vom Jahre 1844. Auch haben wir von diesem Jahre drei November- Beobachtungen, von dem Jahre 1845 nur zwei, und von 1846 gar keine. Wenn nun die Abkühlung in den Jahren 1844 bis 1846 noch fortging, so ist die noth- wendige Folge, dafs, wenn man nach den Monaten sum- mirt, der November etwas und der December bedeutend, wärmere Temperaturen zeigt, als die anderen Monate, die entweder iin Jahre 1844 fehlen, oder im Jahre 1846 noch vorkommen.

War aber die Abkühlung vom April 1844 bis zum Juni * 1846 noch mefsbar, so kann man wohl nicht zweifeln, dafs sie früher,* so lange die Arbeit noch fortging, noch viel be- deutender war. Das wird auch durch frühere vereinzelte Beobachtungen bestätigt. Hr. Prof. Er man beobachtete im April 1829, in der Tiefe von 50Fufs, bis zu welcher die Grube damals getrieben war, 6'* R. ; Hr. v. Mid- dendorff hat diesen Vergleichungs- Punkt nicht übersehen, allein da ihm das weitere Thermometer in dieser Tiefe durchschnittlich 6",6 R. zeigte, so folgert er eine ge- ringe Abkühlung. Da jedoch Hr. Er man sein Thermome- ter nicht so tief einlassen konnte, und schon damals ohne

1) Ich nenne inimer diejenigen Thermometer, welche 7 Fufs von der Höhlung des Schachtes abstanden, die weitern, und die 1 Fufs ab- stehenden die nähern..

252

m

Zweifel, wie die neuen Gruben nachweisen, der Zutritt dei* Luft abkühlend gewirkt hatte> auch diese Einwirkung zuvörderst die nächsten Schichten erfaCßte, so werden wir wohl eine richtigere Vergleichung haben, wenn wir unser näheres Thermometer von derselben Tiefe verglerchen. Für dieses geben die neueren Beobachtungen im Jahre 1844 6",9 bis 9",1 und im Jahre 1845 7^8 bis 9",1. Die Station von 50 Fufs Tiefe hat sich also , 1 Fufs von der Höhlung des Schachtes, von 1829 bis 1845 beinahe um abgekühlt.

Auch die früheren Beobachtungen des älteren Schergin scheinen mir die seitdem bedeutend vorgeschrittene Abküh- lung zu erweisen. Ich bin weit davon entfernt, sie für sehr genau zu halten, da es in die Augen springt, dafs Seh ergin nur auf Ablesung von ganzen Graden ausging, und dafs er, wenn die Quecksilber -Säule nicht bei einem vollen Grade endete, einen halben notirte. Dafs sie aber nicht völlig ohne Werth sind, glaube ich an folgender Zu- sammenstellung erweisen zu können, welche in der linken Hälfte Schergins Temperatur-Notizen enthält, in der rech- ten Hälfte aber diejenigen Temperaturen, welche dieselben Tiefen nach den Beobachtungen unserer Expedition von 1844 bis 1846 zeigten. Da unsere Expedition Beobach- tungs- Stationen von 50 zu 50 Fufs hatte, so brauche ich kaum zu bemerken, dafs die Temperatur für 77 Fufs ans den Mittel -Temperaturen, die Hr. v. Middendorff für 50 Fufs und für 100 Fufs gefunden hat, berechnet ist, eben so für 119 Fufs aus den Mittel -Temperaturen für 100 und 150 u. s. w. Ausdrücklich aber hebe ich hervor, dafs ich die Ablesungen an den weiteren Thermometern gewählt habe, um so nahe als möglich die Temperaturen zu erhal- ten, welche die entsprechenden Erdschichten haben müfs- ten, wenn keine Erkältung stattgefunden hätte, im Falle die Temperaturen der Wände des Seh ergin- Schachtes uns wirklich die Temperatur der allg(5meinen Erdschichten anzeigten.

253

Temperaturen

derselben

Schergiii*s Temperatur -Beobacl

itangen im

Tiefe nach den

Diffe-

Boden des Schachtes.

Beobachtun-

renzen.

gen der Sibir.

Expedition.

Zeit der Beobach-

Tiefe.

Tempera-

1844—1846.

tungen.

turen.

?

77 Fufs

5^5 R.

- 5»,97

0,47

?

119 -

-4,0

-4,99

0,99

?

217 .

-2,0

-3,70

1,70

1. April 1836

301 -

-1,0

\

15. Octüber 1836

——

-1,5

- 3 ,10

-2,22

27. November 1S36

^ _

0,5

28. Januar 1837

.

0,5

I

31. IVIäri 1837

373 -

-0,5

2,51

2,01

Die letzte Columne zeigt ans die Differenzen zwischen den Seh ergin 'sehen Beobachtungen und der Temperatur der entsprechenden Erdschichten, wie die neuern Beobach- tungen sie nach den weiteren Thermometern anzudeuten scheinen.

Wie soll es nun zugehen, dafs Schergin die tiefsten Stationen 2 Grad zu warm fand? Er setzt sein Thermo- meter in den Boden des Schachtes ein, und unterschied dessen Temperatur von der Temperatur der Luft im Schachte. Er hätte also, wenn wir zugeben, dafs keine spätere Ab- kühlung eintrat, die bleibende Temperatur der verschiede- nen Boden -Tiefen ablesen sollen. Solleu wir annehmen, da(s seine Thermometer völlig falsch waren? Dagegen spricht der Umstand, dafs in den höheren Stationen die Differen- zen viel geringer sind. Ja, diese Differenzen sind ziemlich regelmäfsig wachsend , wodurch auch die Vermuthung wi- derlegt wird, dafs etwa die Arbeit in der Grube Luft und Bodeo erwärmt habe, da sich nicht absehen läfst, warum die Gruben -Arbeit in der Tiefe von 77 Fufs den Boden nur um 0^,4 und dann immer mehr bis über 2 Grad er- wärmte. Die fast regelmäfsige Zunahme der Differenzen spricht auch gegen eine völlig unaufmerksame Ablesung, welche um einige Grade falsch gewesen wäre. Eine grofse Genauigkeit soll damit nicht behauptet werden, da über-

254

haupt nur halbe Grade verzeichnet sind, und die vierfa- chen Angaben fQr den Boden als er 43 Faden (301 Fufs) tief war, schlechte Ablesungen oder Schreibfehler vermu- then lassen. Solche Liederlichkeiten können aber keine Progression geben. Wir erkennen dagegen in einer sol- chen Progression eine Abkühlung, die allmälig weiter dringt, und um so auffallender wird, je wSmer ursprOaglich die Erdschichten vor der Eröffnung waren ^ ).

Das Maafs der Abkühlung haben wir nicht vollständig in den Differenzen zwischen den Beobachtungen Scher- gin's und denen der Expedition, denn sie wufste schon während der Arbeit wirken, hatte also schon gewirkt als Schergin in der Tiefe von 77 Fufs sein Thermometer in den Boden einsetzte und olme Zweifel schon als Hr. Prof. Erman nach Verlauf des ersten Winters in 50 Fufs Tiefe beobachtete.

Ja, ich kann nicht umhin eine allmälige, wenn auch geringe Abkühlung aus allen Beobachtungen heraus zu le- Rcn, welche Hr. ▼. Middendorf f .aus den neuen Grüben uns mittheilt, mit Ausnahme der Witim»k -Gruhis^ -wo Aher- nll der Boden mehrere firade über dem NuHpuukie er- wärmt war.

I) Mao könnte mir einwerfen, daCi ich, wie bei der Yergleichoi^ der Krm aussehen Bcobaclitungen mit den neuem, die nahem Tbcnnoroe- ler der leitlern in der obigen Tabelle hätte vergleichen sollen. Allein es kam vorxtiglich darauf an, aDschaolich ku machen, dafs die Scber- gin 'sehen Beobachtungen fast gar nicht mil der Ueberaeqgung ga rtr- cluen sind, dafs die jeuigen Temperaturen ira Schergin -Schachte die wahren Boden -Temperatuien auch nur annähernd angeben. Für die- sen Zweck waren die mehr schwankenden Angaben der nalkcm Ther- mometer weniger brauchbar, da die weitem Thermometer dorcfa die Progi*ession der Diflerenzen beweisen, dafs SehergiD*« BeobaditnngCB, wenn auch gewift nicht sehr genau, doch nicht .gattt su verwerfen sind. Indessen habe ich auch die nähern Thermometer- Angaben unserer Expedition mit den Schergin*schen verglichen und folgende DilTeren- *en gefunden: lur 77 F. Abkühlung um 1*,68; lur 119 F. um P,46; Hir 217 F. um l*,5; für 301 F. um 1%66 und ITir 371 F. am 2*,05. Diese Differenzen sind einander gleicher, mit sdiwankenden Wcehsel; doch ist auch hier die tiefste em grö&ten.

255

Aödi die Oklminsk-Gfiahe kannte fOr unsere Ansicht geltend gemacht werden, bat j^edoch wenig Beweiskraft, da siib nar die Tiefe von 21 Fnfs erfeicAite, und in ihr nur im Sotanliet beobachtet wurd^. In der Grube von Afnginsk las man, in der Seitengrube in 20 Fufs Tiefe ^), am 27. März l^,2& und danft tSglich Tt^eniger WSrn^e, so dafs am 3. April dasselbe Thermometer 2**, 15 hatte. War etwa die Welle der Winterkälte im Absteigen? Allein im Bohrloche fiel in 35 Fufs, wo der Wechsel der Jahreszei- ten kaum merklich sejn sollte, und zwar im Verlaufe ei- ner Woche, die Temperatur von 1",0 auf 1®,55. Auf allen bdhem Stationen (7' und 15') war die Zunahme der Kälte noch auffallender. „Das ist )a offenbare Folge vom Eindringen der äufseren Luft, welche am Ende des Märzes und in den ersten Tagen des Aprils noch sehr kalt seyn mufs", wendet man vielleicht ein. Wir zweifeln nicht daran, sondern glauben an solchen Gruben und Bohrlöchern, in denen in zweien Jahren beobachtet wurde, den augen- fälligen Beweis von der anhaltend abkühlenden Wirkung der eindringenden^ kalten Luft nachweisen zu können. In der Amffinsk'Gvuhe wurde im Bohrlöche in 50 Fufs Tiefe im Jahre 1845 zuerst 1®,55, dann steigend bis 1*',8, in folgendem Jahre nur einmal l'',75, meistens aber (neunmal) 1®,9 abgelesen. Das Mittel war für 1845 1^65 R., für 1846 aber 1*^,88 R. In der Schilow- Grnbe bei Jakutsk fand man in derselben Tiefe am 7. April *- 2",5 R., im Mai desselben Jahres 3",(l und 3°,1, im April des folgenden Jahres 3",2. Beide Reihen von Beobachtungen, welche allerdings nur eine Abkühlung von einigen Zehntheilen von Graden anzeigten, wurden in Bohr- löchern angestellt, welche aus dem Boden von nicht sehr tiefen Gruben getrieben waren. In den Seitenwänden der Gruben ging die Abkühlung sehr Tiel rascher vor sich, worüber wir das Reisewerk selbst zu vergleichen bitten.

Wir haben damit auch schon die Ursache angedeutet,

1 ) In den neuen Grüben oder Schachten wurden die Thermomeler in Seitenhahlen 4 Puh weit in die ^^and «ingesetxt.

256

der wir die bedeutende Abkuhlaog im Schergin-Schadte zuschreiben. Die kalte Luft des Jakutsker Winters , die häufig und anhaltend unter 30^ R. erkaltet ist, mufBfe nothwendig während der Arbeit und so lange der Schacht nach seiner Vollendung offen stand, in ihn einsinken. Hätte sie in ihm in Ruhe bleiben können, so wOrde die Wir- kung dieser Luftsäule auf die Wand des Schachtes nicht sehr bedeutend geworden sejn, allein in den tiefen Re- gionen des Schachtes durch die Wand desselben erwärmt, mufste sie immer wieder sich erheben, während andere Luft einströmte. So mufste ein fortgehender Courant as- cendant und descendant im Innern des Schachtes in den kälteren Jahreszeiten bestehen, dessen Wirkung nur Ab- kühlung sejn konnte, denn kältere Luft drang ein und was die aufsteigende Luft an Wärme gewonnen hatte, war ja der nächsten Umgebung des Schachtes entzogen. So war es denn natürlich, dafs mit dem Weitertreiben des Schachtes, man Wände und Boden gefroren fand, auch nachdem man den Nullpunkt der gewöhnlichen Boden- Tem- peratur schon überschritten hatte. Hätte man rasch bohren können, so hätte man vielleicht den aufgethauten Boden er- reicht, aber, ohne Bohrer, langsam mit Keilhaaen einen Schacht von 3^^ Arschin oder 98 Zoll E. im Quadrat fort- führend, arbeitet man, wie wir glauben, in den letzten Jahren innerhalb einer Scheide von Boden-Eis, welche sich mit der Förderung der Schachten von selbst verlängerte. Dafs während der wärmeren Jahreszeit die atmosphärische Luft nicht eindrang, ist ebenso wahrscheinlich. Da sie viel zu leicht war, konnte sie nur durch Wärme -Mittheilung, ohne Luftströmung von oben sehr langsam und wenig wir- ken. Dennoch wird es im Sommer in dem gröfiseren Theile des Schachtes an Bewegung der Luft nicht gefehlt haben, da die Luft auf dem Boden des Schachtes, so bald sie des- sen Temperatur angenommen hatte, nothwendig mit der schweren I^uft in den höhern Regionen einen aufsteigenden und absteigenden Strom erhalten mufste. Diese Bewegung innerhalb des Schachtes konnte, wie es scheint^ auch nicht

fehlen,

257

fehlen, wenn er ganz hermetisch jahrelang geschlossen ge- wesen wäre. Ja, die Erkältung während des Winters wirkte doch gewifs durch die schtitzende Decke hindurch, und mufste, wenn sie auch gar keine Luft von aufsen eindrin- gen liefs, doch die Luft in der obersten Kegion des Schach- tes abkühlen und den Gewichts-Unterschied zwischen ihr and den untersten Schichten noch vermehren.

Wir unterscheiden also eine Strömung, welche durch das Eindringen der sehr kalten äufsern Luft bedingt, we- sentlich zur Abkühlung des ganzen Schachtes beitragen mnfste, da sie erst wieder aufsteigen konnte, wenn sie dem Schachte und besonders den tiefsten Theilen desselben viele Wärme entzogen hatte, ^ und im Sommer nicht umgekehrt warme Luft eindrang ^), und «ine andere, welche nicht kalte Luft von auf&en einführte, sondern mehr die Wirkung hatte, die Temperaturen verschiedener Tiefen mit einander auszugleichen, also die tiefern Stationen abzukühlen und die hohem zu erwärmen.

Die Art dieser Strömungen stelle ich nur als Vermu- thangen hin, da wirkliche Beobachtungen fehlen. Ich glaubte ihre Wandelbarkeit nur erwähnen zu müssen, weil man- ches auffallende Ergebnifs der neueren Beobachtungen, das auf den ersten Blick gegen eine allmälige Erkaltung zu sprechen scheint, durch die Veränderlichkeit der Strömun- gen verständlich gemacht werden kann. So ist es z. B. sehr auffallend, dafs in allen Stationen unterhalb 200 Fufs Tiefe die näheren Thermometer eine höhere Temperatur anzeigten als die entfernteren und zwar während der gan- zen Zeit der Beobachtungen von 1844 bis 1846, dagegen in den Stationen über 200 Fufs, bis zu den wechselnden Temperaturen hinauf, die näheren Thermometer kälter ge- funden wurden als die weiteren. Woher dieses Phänomen und zwar in allen Jahreszeiten? Vor der neuen Eröffnung war der Schacht während sechs Jahre durch eine starke

1) Ein Beweis von der Wirksamkeit dieser Strömung liegt darin, dafs die Kohlensäure, welche im Sommer im Boden sich ansammelte, mit dem Beginne des Winters verschwand.

PoggendorlTs Annal. Bd. LXXX. 17

258

UeberschüttuDg gut geschlossen gewesen, die eingeschlos- sene Luft hatte also Zeit genug gehabt, ihre Wirkung nicht nur auf die nächste Wandung, sondern auch nach der Leitungs-Fähigkeit des Bodens zur Seite weithin auszudeh- nen. Immer aber sollte die nächste Schicht der Wand die kälteste sejn, wenn, wie wir glauben, die allmälige Ab- kühlung vom Inneren des Schachtes ausging. Wir zwei- feln auch nicht, dafs das Yerhältuifs so war, so lange der Schacht verschlossen blieb, dafs aber später eine Verän- derung eintrat. Diese mufste, abgesehen von der Wärme, welche die Beobachter und ihre Lichter mitbrachten, schon dadurch eintreten, dafs die abgeschlossene Strömung in eine offene sich verwandelte. Die abgeschlossene Strömung war aber, wie es uns scheint, eine mehr ausgleichende^ welche die oberen Tiefen auf Kosten der unteren erwärmte, und die unteren abkühlte. Die neu eintretende Abkühlung in der oberen Hälfte der unmittelbaren Wandfläche war also nothwendigc Folge der Eröffnung. Genfigt sie aber auch um die eingetretene Erwärmung in der unteren Hälfte ver- ständlich zu machen? Vielleicht. Indessen mögen noch andere Verhältnisse hinzugekommen sejn. Wenn etwa der aufsteigende Strom, der ja erwärmend wirken mufs, eioe andere Richtung erhalten hatte, als ihm früher zukam, so wird er auf die Ecke, welcher er jetzt näher ist, erwär- mend wirken. Nun erfahren wir, dafs vor dem Eingehen in den Schacht eine massive Eisbrücke, die drei Vieriheil von der Höhlung des Schachtes einnahm, weggebrochen werden mufste. Verändert wurde die Richtung der Luft- strömungen dadurch nothwendig. Alle Thermometer lagen übereinander in derselben Ecke des Schachtes. Ob nicht der aufsteigende Strom dieser Ecke in ihrer unteren Hälfte näher war als früher? Für künftige Beobachtungen wäre zu rathen, dafs man auch in die gegenüberstehende Ecke Thermometer einsetzte.

Doch möge die Bewegung der Luft im Innern des Schach- tes scjn wie sie wolle es scheint unläugbar, dafs die

259

Wände des S cfa er g in «Schachtes bedeutend kälter sind als der umgebende Boden bei Jakutsk.

Ist diese Vermuthung richtig, so folgt daraus:

1) Das wir aus den Temperaturen in der Wand des Seh ergin -Schachtes nicht einmal annähernd auf die Bo* den -Temperaturen in verschiedenen Tiefen unter Jakutsk schliefsen können.

2) Dafs wir ferner die Wärme- Leitnngsfähigkeit des gefrornen Bodens aus dem genannten Schacht nicht ablei- ten dürfen, und sie mithin noch gar nicht kennen. Ich halte sie, nach den alltäglichen Erfahrungen tiber das Vor- dringen der Kälte durch das Eis und den gefrornen Boden, für viel geringer als sie nach den Jakutsker Beobachtungen scheint.

3) Dafs wir also auch die Mächtigkeit des Eis -Bodens nicht schätzen können, selbst wenn wir die Temperatur- Beobachtungen in den neuen Gruben als mafsgebend be- trachten, wie ich sie allerdings für annähernd richtig halte.

Wenn wir die Temperatur-Beobachtungen in den neuern Gruben als mafsgebend betrachten, so folgt aber auch, dafs in diesen Gegenden, wo die mittlere Temperatur der Luft )ief unter dem Nullpunkt steht, der Boden einer viel hohem Temperatur geniefst. Die mittlere Luft -Temperatur ist in Jakutsk nach den neuem Beobachtungen etwa 8°,7 R., die Boden -Temperatur in50Fufs Tiefe, nach der SchiloW' und der Mangan -Gruhe zwischen 2°,5 und R. Dieser Unterschied ist allerdings sehr grofs. Allein Wah- lenberg fand schon in Lappland die Temperatur der Quel- len um mehrere Grade höher als die mittlere der Luft. Die Schneedecke, welche im Winter von der Kälte nur sehr langsam durchdrungen wird, vor dem Sommerr aber schwin- det, wird diesen Unterschied vorzüglich bedingen. Dazu kommt, dafs im Sommer der Regen die wärmere Tempe- ratur der Luft mehr oder weniger in die Tiefe führt, im Winter aber der Schnee die ihm mifgetheilte Temperatur nur zum Theil der tiefer liegenden Schnee -Schicht mittheilt,

17*

260

zum Theil wieder der Luft. Der Schnee , der meistens bei mäfsiger Kälte fällt , ist, wenn das Wetter hell und kalt wird, ein Erwärmer der untersten Luftschicht. Um diese Wirkung nicht zu gering anzuschlagen, mufs man sich nur erinnern, dafs die gesammte Schneedecke in kältern Klimaten gleichsam die Summe der wärmsten Wintertage ist. Die jedesmalige oberste Schicht des Schnees wird ihre Wärme gröfstentheils nach oben an die meistens kältere und bewegte Luft abgeben, in sehr geringem Maafse durch die schlecht leitende untere Schneeschicht an den ebenfalls schlecht leitenden gefrornen Boden. In wie weit das abwechselnde Frieren und Aufthauen in den obersten Erd- schichten auf die Differenz zwischen der Luft und Boden- Wärme Einflufs ausübt, möge künftigen Unternehmungen als Aufgabe hingestellt werden. Bis dahin denke ich mir, dafs dieser Wechsel, nach der Abhängigkeit des Bodens, den Unterschied zwischen Luft- und Boden -Temperatur verändern mufs. Mit dem Flüssigwerden des Wassers wird Wärme gebunden. Ist der Boden so beschaffen, dafs von diesem Wasser viel abfliefst, so verliert er viel von der ihm gehörenden Wärme; läfst er wenig abfliefsen, so be- hält er sie bei sich. Dagegen wird freilich der trockne Boden von der Sonne viel mehr durchwärmt als der was- serhaltige.

Hr. V. Middendorff scheint in der grofsen Differenz, welche bei Jakutsk zwisjchen der Luft- und der Boden- Temperatur sich ergiebt, wenn man die Temperaturen in den neuen Gruben für die normalen hält, einen wichtig, sten Bestimmungsgrund, wenn nicht den wichtigsten gefun- den zu haben, die Temperaturen des Schergin -Schachtes für die normalern zu halten.

Ich wünsche sehnlichst eine Entscheidung dieser Frage« und in diesem Wunsche liegt der Grund zu meinem heu- tigen Vortrage. Es scheint mir eine Ehrensache für die Akademie, diese Entscheidung so bald als möglich herbei- zuführen.

Neue und auf ein Paar hundert Fufs tiefgehende Bohr-

261

löcher scheinen erforderlich, so wie jetzt, nach dem Ver- laufe einiger Jahre eine neue Reihe von Bepbachtungen im Schergin-Schachte, theils in den alten Stationen, theils in denselben Tiefen in der diagonal gegenüberstehenden Ecke. Am entscheidendsten würde wohl die Frage gelöst, wenn man im Seh er giu- Schachte sehr weit, 60 100 Fufs etwa, nach der Seite bohren könnte, um zu erfahren, ob der Schacht mit seiner tiefern Hälfte blofs eine erkältete Scheide um sich hat oder nicht. Hr. v. Middendorff hat am Schlüsse der ersten Lieferung vom ersten Bande seines Reisewerks einen Horizontalböhrer vorgeschlagen, mit dem man in ungefrornem Boden bis 30 Fufs in Einem Tage soll vordringen können. Mit diesem Instrumente läfst sich bestimmter Erfolg erwarten. Der Unterschied in den Ent- fernungen der angewendeten Thermometer von 1 Fufs und 7 Fufs war bei dem Wechsel, dem die näheren Thermo- meter ausgesetzt sind, zu gering, um die Leitungsfähigkeijt des Bodens bestimmen zu können.

Bis es zu einer neuen Expedition mit neuen Apparaten kommt, kann ich nicht umhin zu glauben, dafs eine vor* läufige Untersuchung der neuen Schachte durch eine Per- son, deren Ablesungen bis auf einen halben Grad zuver- läfsig sind, die Frage entscheiden mufs, ob der Scher- gin-Schacht um mehrere Grade erkaltet sey.. Wenn nämlich meine Vermuthung begründet ist, dafs in eine so durch- sunkene Stelle die Kälte bedeutend eindringt, so müssen auch die Wände der neuen kürzeren Schachte jetzt wohl bedeutend kälter sejn als zur Zeit der früheren Beobach«* tungenf

Für die Leitungsfähigkeit des gefrornen Bodens wird man auf diese Weise freilich noch kein erträgliches Resul- tat finden.

262

V. lieber einige Eigenschaften der Borsäure, und über die quantitative Bestimmung derselben;

Qon Heinr. Rose.

B

ekanutlich ist die quantitative Bestimmung der Borsäure mit solchen Schwierigkeiten verbunden, dats wir bis jetzt keine andere Methode kennen, die Menge der Borsäure mit Sicherheit in >ierbiudungen zu finden, als die, die Quantitäten der Basen, die mit der Borsäure verbunden sind, zu bestimmen, und die Menge der Borsäure aus dem Verluste zu berechnen.

Man bestimmt die Basen in ihren Verbindungen mit Borsäure, entweder auf die Weise, dafs man sie aus den Auflösungen durch Schwefelwasserstoff oder andere Rea- geutien abscheidet, oder dafs man die Borsäure aus ihren Verbindungen als Fluorborgas verjagt. Diese Methode^ deren sich zuerst Arfvedson bediente, giebt die genau- sten Resultate.

lieber die Verflüchtigung der Borsäure aus ihrer wäft- rigen Lösung ^ und über die quantitative Besiimmung der- selben in ihrer Auflösung in Wasser. Die Borsäure ver- flüchtigt sich in ihrer Auflösung in Wasser mit den Däm- pfen derselben mehr als irgend eine andere der sogenannten feuerbeständigen Säuren, und selbst als solche, weldie aus ihren Verbindungen durch Borsäure ausgetrieben ond bei erhöhter Temperatur verjagt werden können. Die FlQch- tigkeit der Borsäure in ihrer Auflösung in Wasser -ist be- deutender, als man sie gewöhnlich annimmt. Durch län- geres Erhitzen der Auflösung, besonders, wenn sie con- centrirt ist, und man das abgedampfte Wasser von Zeit zu Zeit erneut, würde man gewifs im Stande sejn, eine gewisse Menge gänzlich zu verflüchtigen. Es wurden 0,565 Grm. wasserfreier Borsäure in 12 Unzen Wasser gelöst und diese Lösung abgedampft; dieselbe Quantität Wasser wurde noch zweimal angewandt, endlich der Rückstand mit sehr

263

kleinen Mengen Wasser, die nur zu seiner Auflösung hin- reichten, Übergossen und das Ganze an einem mäfsig war- men Ort dem Verdampfen tiberlassen. Nach zwei Tagen wog der geschmolzene Rückstand nur 0,100 Grm. Es hat- ten sich also 82,30 Proc. Borsäure verflüchtigt.

Erhitzt mau BorsSure bis zum Schmelzen im Platintie- gel, so nimmt das Gewicht derselben beständig ab, wenn der Zutritt der Luft nicht sorgfältig vermieden wird; die Abnahme ist aber weit bedeutender, wenn das Erhitzen bis zum starken Glühen gesteigert wird. Immer aber be- trägt diese Abnahme nur einige Milligramme. Befeuchtet man aber die erkaltete Borsäure mit einem Tropfen Was- ser, und erhitzt von Neuem bis zum Glühen, so beträgt die Gewichtsabnahme einige Centigramme, und sie wird noch um etwas bedeutender, wenn man statt des Wassers einen Tropfen Alkohol anwendet. Am besten vermeidet man die Gewichtabnahme beim Schmelzen der Borsäure, wenn man eine kleine Menge von kohlensaurem Ammoniak auf die Oberfläche der Säure bringt.

Man weifs noch nicht mit Sicherheit, 0b die geschmol- zene Borsäure wasserfrei ist. Man kann «ich aber leicht davoä überzeugen. Bringt man in geschmolzene Borsäure Stücke von geschmolzenem Chlornatrium, so kann nicht die mindeste Entwickelung von Chlorwasserstoff bemerkt werden, auch wenn das Ganze längere Zeit glüht. Es ver- flüchtigt sich dann nur Borsäure. Befeuchtet man aber die erkaltete Masse mit einem Tropfen Wasser, und glüht bei zugemachtem Deckel, so bemerkt man beim Oeffnen des Deckels einen deutlichen Geruch von Chlorwasserstoff, und ein mit Ammoniak benetzter Glasstab, der über die Masse gehalten wird, bringt die bekannten Nebel des Chlor- ammoniums hervor. Durch diesen Versuch, den man mit demselben Erfolge sehr oft wiederholen kann, überzeugt man sich leichter von der Abwesenheit des Wassers in der geschmolzenen Borsäure, als durch das Schmelzen dersel- ben mit frisch geglühtem Bleioxjd.

Wegen der Flüchtigkeit der Borsäure beim Abdampfen

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der Tväfsrigen Auflösung ist es mit sehr grofsen Schwierig- keiten verknüpft, die Menge derselben darin zu bestimmen.

Man bat vorgeschlagen, die Verflüchtigung der Bor- säure beim Abdampfen auf die Weise zu vermeiden , dats man die Auflösung vor dem Abdampfen mit Ammoniak übersättigt. Aber die Verwandtschaft der Borsäure zum Ammoniak ist eine so geringe, dafs sich dasselbe mit den Wasserdämpfen zugleich verflüchtigt. Uebersättigt man eine concentrirte wäfsrige Auflösung der Borsäure mit Ammo- niak, fügt dann Alkohol hinzu und zündet diesen an, so brennt er nur anfangs nicht mit grüner Farbe, wohl aber später. Nur das Zusetzen der feuerbeständigen Alkalien verhindert die Verflüchtigung der Borsäure vollständig, wes- halb alsdann hinzugefügter Alkohol nach dem Anzünden keine grüne Flamme zeigt.

Es wurden 0,700 Grm. wasserfreier Borsäure in wäfs- rigem Ammoniak aufgelöst und unter beständigem Zusetzen von neuen Mengen concentrirter Ammoniakflüssigkeit bis zur Trocknifs abgedampft; die abgedampfte Säure wurde in einer Atmosphäre von kohlensaurem Ammoniak geglüht. Sie wog dann nur 0,620 Grm.; es hatte also ein Verlust von IM3 Proc. Borsäure stattgefunden.

Dieser Verlust ist sogar etwas bedeutender, als wenn die concentrirte wäfsrige Auflösung der Borsäure für' sich, ohne Zusatz von Ammoniak, abgedampft wird. Denn jene 0,620 Grm. in Wasser gelöst, gaben nach dem Abdampfen 0,551 Grm. der geschmolzenen Säure. Der Verlust war in diesem Falle also nur 10,66 Proc. Jedenfalls ergiebt sich aus diesen Versuchen, dafs das Ammoniak in nichts die Flüchtigkeit der Borsäure vermindert.

Bei einer Untersuchung des Datoliths von Rammeis- berg ^) hatte derselbe die Borsäure auf die Weise quan- titativ bestimmt, dafs er, nach Aufschliefsung des Minerals in Chlorwasserstoffsäure, die Auflösung nach Abscheidung der Kieselsäure mit Ammoniak übersättigte, die Kalkerde durch Oxalsäure fällte, die filtrirte Flüssigkeit vorsichtig zur 1) Pogg. Aon. Bd. 47, S. 169.

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Trocknifs sibdainpfte und den trockDen Rückstand im be- deckten Platintiegel schmelzte. Er hatte hierbei ein Resul- tat erhalten, das sich der Wahrheit näherte.

In der verdampften Flüssigkeit konnte aufser freiem Am- moniak nur Chlorammonium und oxalsaures Ammoniak ent- halten sejn. Es schien mir daher wahrscheinlich, dafs die Gegenwart des Chlorammoniums die Verflüchtigung der Bor- säure beim Verdampfen ihrer wäfsrigen Auflösung yerhin- dern könne.

Als Hr. Weber 1,650 Grm. Borsäure, in Wasser ge- löst, mit Chlorammonium versetzte, das Ganze in einer Platinschale zur Trocknifs abdampfte, und den trocknen Rückstand in einem Plalintiegel so lange glühte, bis sich keine Dampfe von Chlorammonium mehr entwickelten, er- hielt er einen Rückstand, welcher bei der Temperatur, bei welcher reine Borsäure sehr leicht schmilzt, nicht zum Schmelzen zu bringen war. Das Gewicht des Rückstands betrug 1,404 Grm., also nur 85,10 Proc. der angewandten Borsäure. Er wurde der stärksten Hitze ausgesetzt, welche durch eine Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge hervor- zubringen war, ohne ihn schmelzen zu können. Das Ge- wicht nahm merkwürdiger Weise dabei noch zu, und ver- mehrte sich bis zu 1,430 Grm. Wurde ein^ gewogene Menge von Bleioxjd hinzugefügt, so schmelzte dasselbe »it dem Rückstande zusammen, das Bleioxjd wurde da- bei reducirt, das Gewicht des Ganzen aber nur unbedeu- tend verändert.

Durch Einwirkung des Chlorammoniums auf Borsäure hatte sich der von B almain zuerst dargestellte und spä- ter von Wühler ') näher untersuchte Borstickstoff gebil- det. Er bleibt ungelöst, wenn man, nachdem man eine Auflösung von Borsäure, mit Chlorammonium versetzt, zur Trocknifs abdampft, die trockne Masse glüht und nach dem Erkalten mit Wasser behandelt. Er bildet ein weifsgraues Pulver, das sich ganz auswaschen läfst. Nach dem Trock- nen nimmt er eine dunklere Farbe an. Mit Kalihjdrat ge- 1) Pogg. Ano. Bd. 79, S..467.

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schmolzen entwickelt das Pulver einen starken Gerach nadi Ammoniak; nach dem Auflösen der geschmolzenen Masse konnte in der Auflösung kein Chlorgehalt nachgewiesen werden.

Die angegebene Darstellungsart dieses merkwürdigen Körpers ist vielleicht die leichteste und zweckmäfsigste. Mengt man gepulverte Borsäure mit Chlorammonium innig zusammen, und glüht das Gemenge, so wirken beide nicht so leicht aufeinander, als wenn sie vorher aufgelöst wor- den sind. Das Gemenge schmilzt, und man erh&lt nicht eine so bedeutende Menge. Man erhSlt gar keinen Bor- stickstoff, wenn man die Auflösung der Borsäure mit Chlor- ammonium versetzt, in einer Platinschale abdampft, und die abgedampfte Masse, in der Schale selbst, beim Zutritt der Luft glüht. Ein Zusatz von freiem Ammoniak zum Chlorammonium verhindert die Entstehung des Borstick- stoffs übrigens nicht.

Wird Borsäure im aufgelösten Zustand mit salpeter- saurem Ammoniak abgedampft und die abgedampfte Masse geglüht, so erhält man nach dem Auflösen keinen Bor- stickstoff. Die Masse schmilzt wie reine Borsäure und löst sich nachher vollständig im Wasser auf. Als aber versucht wurde, eine gewogene Menge von Borsäure ge- meinschaftlich mit salpetersaurem Ammoniak abzudampfen, schäumte beim Erhitzten der abgedampften Masse dieselbe durch das sich entwickelnde Stickstoffoxydulgas so stark, dafs ein Uebersteigen nicht zu verhindern war. Man konnte sich indessen überzeugen, dafs auch durch salpetersaures Ammoniak die theilweise Verflüchtigung der Borsäure nicht vermieden werden konnte.

Da man die Menge von Phosphorsäure und von Arse- niksäure, wenn diese Säuren im Wasser aufgelöst -sind, auf keine Weise besser quantitativ bestimmen kann, als auf die, dafs zu den Auflösungen eine gewogene Menge von frisch geglühtem Bleioxjd gesetzt, das Ganze abge- dampft, und die trockene Masse erhitzt oder geglüht vnrd, so wurden ähnliche Versuche auch mit der Borsäure an^e-

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stellt, in der gewissen Uebcrzeugung, auf diese Welse die Verflüchtigung der Borsäure beim Abdampfen zu verhindern.

Aber aiich diese Methode gab kein, auch nur entfernt sich der Wahrheit näherndes Resultat. Hr. Weber dampfte die Auflösung von 1,143 Grm. geschmolzener Borsäure mit 5,616 Grm. Bleioxjd ab, und glühte das Abgedampfte in einem Porcellantiegel. Es schmolz und gab ein nach dem Erkalten gelb aussehendes durchsichtiges Glas, das aber nur 6,588 Grm. wog. Es hatte also ungeachtet der Ge- genwart eines so stark basisch wirkenden Oxyds wie das Bleioxjd, ein Verlust von 14,96 Proc. Borsäure, die sich ' beim Abdampfen verflüchtigt hatte, stattgefunden.

Es wurde dieser Versuch modificirt wiederholt. 7,246 Grm. Bleioxjd wurden in Salpetersäure gelöst, die Lösung mit 0,704 Grm. Borsäure abgedampft und die trockne Masse in einem Porcellantiegel geglüht und geschmolzen. Die ge- schmolzene Masse wog aber nur 7,793 Grm. Der Verlust an Borsäure betrug in diesem Versuche daher 22,30 Proc. und war also beträchtlicher als beim Vorhergehenden.

Da die feuerbeständigen Alkalien die einzigen Basen zu seyn scheinen, welche im Uebermaafs zu einer Auflösung von Borsäure gesetzt, die Verflüchtigung derselben beim Abdampfen ihrer wäfsrigen Lösung verhindern, so suchte

ich das dreibasische phosphorsaure Natron (Na^P) zu die- sem Zwecke anzuwenden, da in diesem das dritte Atom des Natrons nur mit schwacher Verwandtschaft gebunden ist, und bekanntlich in der Auflösung ^chon durch Koh- lensäure j^on der Phosphorsäure getrennt werden kann. Das phosphorsaure Salz wurde von grofser Reinheit ange- wandt. Hr. Weber löste 1,220 geschmolzener Borsäure und 6,508 Grm. des dreibasischen Salzes, im wasserfreien Zustand, in Wasser auf und verdampfte die Auflösung bis zur Trocknifs. Das Abdampfen mufste mit Vorsicht im Wasserbade geschehen, da die Masse über freiem Feuer abgedampft eine grofse Neigung zum Spritzen zeigte. Sie ^ blieb lange in einem syrupartigen Zustand und überzog sich mit einer Haut, welche das fernere Verdampfen des

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Wassers sehr erschwerte. Endlich stärker erhitzt / bl8hte sie sich zwar stark auf, spritzte aber nicht. Nach mehre- ren Wägungeu wog sie 7,585 Grm. Es hatte also ein Ver- lust von Borsäure und zwar von 11,72 Proc. stattgefanden.

Es wurden nun die feuerbeständigen Alkalien in ihrem kohlensauren Zustande angewandt. Selbst durch eine con- centrirtc Auflösung der Borsäure wird die Kohlensäure in der Kälte aus den kohlensauren Alkalien nicht ausgetrie- ben, und beim Erhitzen nur in einem sehr geringen Grade; erst wenn die Auflösungen der Borsäure und der kohlen- sauren Alkalien bis zur Trocknifs abgedampft worden sind, und man die trockene Masse zu erhitzen und zu glühen anfängt, findet die Entwickelung der Kohlensäure statt, ohne ein starkes Schäumen zu bewirken.

Wenn man die Menge der Borsäure in ihrer wäfsrigen Auflösung quantitativ bestimmen will, so kann keine an- dere Methode angewandt werden, als die, zu der Auflö- sung ein Ucbermaafs einer gewogenen Menge von wasser- freiem kohlensauren Natron hinzuzufügen, das Gahze bis zur Trocknifs abzudampfen, die trockene Masse zu glQ- hen, ihr Gewicht, und darauf die Menge der nicht aasge- triebenen Kohlensäure zu bestimmen, woraus sich dann das der Borsäure ergiebt.

Diese Methode ist freilich zeitraubend, giebt aber ein genaues Resultat, doch nur, wenn mit gewisser Vorsicht bei der Untersuchung verfahren wird.

Hr. Weber löste 1,804 Grm. geschmolzene Borsäare gemeinschaftlich mit 3,988 Grm. geschmolzenem kohlensaa- rem Natron in Wasser auf. Die Lösung wurde zur Trock- nifs abgedampft, die saure Masse vorsichtig geglQht, und zum Schmelzen gebracht. Bei starker Hitze war die Masse dünnflüssig, bei schwächerer aber zähe.

Wurde die Masse bei der stärksten Hitze geschmol- zen, welche ein kleiner Platintiegel durch die Hitze einer Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge mit aufgesetztem Schornsteine erhalten kann, so war das Gewicht nach dem Erkalten ein constantes, und veränderte sich auch nicht

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.durch längeres Stehen. Wurde der Tiegel aber darauf ohne Schornstein bei mäfsiger Hitze geglüht , so nahm das Gewicht etwas zu; es war aber nicht möglich ^ dadurch ein constantes Gewicht zu erhalten.

Beim schwächeren GlQhen nimmt also die Masse wie- der etwas Kohlensäure auf, die sie beim stärkeren Glühen verloren hatte.

Die bei starker Hitze erhaltene Masse wog 4,345 Grm.

Durch schwächeres Glühen konnte das Gewicht nach und

nach bis zu 4,375 Grm. vermehrt werden, das sich aber

wieder bis zu 4,345 Grm. durch erneutes starkes Glühen

. verminderte.

Diese Versuche sind öfters mit demselben Erfolge wie- derholt worden.

Durch schwächeres Erhitzen hatte sich die Masse wie- der bis zum Gewicht von 4,360 Grm. vermehrt. In diesem Zustande wurde sie in einem Apparate, wie man sich des- sen zur Kohlensäure -Bestimmung bedient, durch Schwefel- säure zersetzt. Es wurden 0,215 Grm. Kohlensäure ent- bunden.

Zieht man von dem Gewichte der geschmolzenen Masse 2,338 Grm. oder die Menge des Natrons in dem angewand- ten kohlensauren Natron, so wie die 0,215 Grm. der in der geschmolzenen Masse enthalten gewesenen Kohlensäure ab, so erhält man 1,807 Grm. für die Menge der Borsäure. Diefs ist aber sehr nahe das Gewicht der angewandten Säure.

Man sieht also, dafs diese Untersuchung, die freilich etwas umständlich ist, ein sehr genaues Resultat gegeben hat. Es ist übrigens, wie leicht einzusehen, für das Resul- tat ganz gleichgültig, ob man das Schmelzen der Masse längere oder küizere Zeit fortsetzt, und ob dabei eine sehr starke oder schwächere Hitze angewandt wird.

Die Menge der durch die Borsäure ausgetriebenen Koh- lensäure steht zu jener in keinem sehr einfachen Verhält- nisse, und diese ist kein einfaches Aequivalcnt für jene. Es waren durch 1,804 Grm. Borsäure aus dem kohlensau- ren Natron 1,435 Grm. Kohlensäure ausgetrieben worden.

270

Der Sauerstoff der angeiYandten BorsSure ist 1,2407 Grm., der der ausgetriebenen Kohlensäure aber 1,042. Jener verhält sich zu diesem wie 1:0,839. Es hatte sich also hierbei ein borsaurcs Natron gebildet, das gegen 2 Atome Borsäure 2^ Atome Natron enthielt, also noch basischer war, als der sogenannte neutrale Borax.

Es darf diefs keine auffallende Erscheinung sejn. Bei noch weit stärkerer Hitze als angewandt wurde, wäre noch mehr Kohlensäure als bei den erwähnten Versuchen vor- flGchtigt worden. Säuren, wie Borsäure, die in den man- nigfaltigsten Verhältnissen sich mit Basen verbinden, trei- ben beim Schmelzen sehr ungleiche Mengen von Kohlen- säure aus kohlensauren Alkalien aus. Ich hatte in der längst vergangenen Zeit, früher eheBerzelius die Versuche be- kannt gemacht hatte, welche Arfvedson über die Sätti- gungscapacität der Borsäure angestellt'), eine Reibe von Versuchen über denselben Gegenstand ausgeführt, aber die Resultate derselben nicht veröffentlicht, weil sie mir keine genügende Resultate gaben, und mit denen von Arfved- son nicht übereinstimmten. Bei diesen schon vor 28 Jah- ren angestellten Versuchen schmelzte ich gewogene Quan- titäten von Borsäure mit gewogenen Mengen von kohlen- saurem Natron zusammen, und fand dafs 100 Tb. Borsäure sich mit 165,4; 162,6 und 168,8 Th. Natron verbinden. Arfvedson fand durch ähnliche Versuche, dafs 100Tb. Borsäure sich nur mit 135,5 Th. Natron vereinigten. Of- fenbar waren von uns beiden verschiedene Hitzgrade beim Schmelzen angewandt worden. Aber bei meinen früheren Versuchen wurde durch Borsäure noch mehr Kohlensäure ausgetrieben, als bei den jetzt beschriebenen und ein bor- saures Natron erzeugt, dafs gegen 2 Atome Borsäure mehr als 3 Atome (3,6) Natron enthielt. Der Sauerstoff der ange- wandten Borsäure verhielt sich zu dem der vertriebenen Koh- lensäure in den drei angeführten Versuchen wie 1 : 1,203: 1:1,212 und 1:1,258. In AVfvedson's Versuchen i^ar der Sauerstoffgchalt der angewandten Borsäure dem der

1) Pogg Ann. Bd. 2, S. 131.

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alisgefriebenen Koblensäure gleich , also ein borsaures Na- tron erzeugt worden, dats gegen 2 Atome Borsäure 3 Atome Natron enthielt.

Es findet zwischen den verschiedenen Oxyden und Säu- ren, welche mit kohlensauren Alkalien zusammengeschmol- zen, Kohlensäure aus diesen austreiben, ein bemerkens- werther Unterschied statt. Einige von ihnen verjagen eine bestimmte Menge von Kohlensäure, die in einem sehr ein- fachen Verhältnisse zu dem angewandten Oxyd steht, und gewöhnlich ein Aequivalent von ihm ist, und die verschie- denen Temperaturen, die man während des Schmelzens an- wendet, so wie die Dauer des Schmelzens sind auf das Resultat von keinem wesentlichen Einflufs. Andere aber verhalten sich wie die Borsäure; sie verbinden sich in vie- len Verhältnissen mit den Alkalien, und die Menge der ausgetriebenen Kohlensäure richtet sich nach verschiede- nen Umständen, besonders nach den verschiedenen Tem- peraturen während des Schmelzens und nach der Dauer des Versuchs.

Zu diesen Oxyden gehören namentlich aufser der Bor- säure, die Titansäure, die Tantalsäure und die Pelopsäure, während die Niobsäure zu den Oxyden gerechnet werden mufs, die sich nur in sehr einfachen Verhältnissen mit den Alkalien zu verbinden scheinen.

Diese Eigenschaft der Borsäure, verschiedene Mengen von Kohlensäure aus den kohlensauren Alkalien zu ver- jagen, ist aber ganz ohne Einflufs auf die qantitative Be- stimmung dieser Säure in ihrer wäfsrigen Auflösung nach der oben angeführten Methode.

Es wurde ein ähnlicher Versuch zur Bestimmung der Borsäure in ihrer wäfsrigen Lösung vermittelst des kohlen- sauren Kalis angestellt. Hr. W^eber löste 1,418 Gnn. Bor- säure und 4,644 Grm. kohlensaures Kali in Wasser auf, und dampfte d^ Ganze bis zur Trockuifs ab. Auch in diesem Falle fand eine Kohlensäureentwickelung nicht früher statt, als bis die Masse beinahe trocken war, besonders aber erst beim Glühen.

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Nach dem GlQben der geschmolzenen Masse zeigte sich dieselbe sonderbare Erscheinung, die beim Schmelzen mit kohlensaurem Natron bemerkt worden war« Das Gewicht der, bei schwächerer Hitze geschmolzenen Masse nahm ab, als die stärkste Hitze angewandt wurde, die eine Spiritus- lampe mit doppeltem Luftzuge mit aufgesetztem Schornsteine zu geben vermag, vermehrte sich aber wiederum, als das Schmelzen bei geringer Hitze fortgesetzt wurde. Ohne auf- gesetzten Schornstein geschmolzen wog die Masse 5,155 Grm. durch aufgesetzten Schornstein verminderte sie sich endlich bis zu 5,111 Grm.; nahm aber durch kurzes GlQhen bei niedriger Temperatur bis zu 5,119 Grm. zu. Aus dieser Menge, durch Schwefelsäure zersetzt, entwichen 0,518 Grm« Kohlensäure.

Zieht man nun von dem Gewichte der geschmolzenen Masse die ]\Ienge des Kalis im angewandten kohlensauren Kali oder 3,162 Grm. Kali ab, so wie noch 0,518 Grm. Kohlensäure, so erhält man für die Borsäure 1,431 Grm.; was auch ziemlich gut mit der angewandten Menge fiber- einstimmt. Da das kohlensaure Kali nicht mit solcher Si- cherheit im wasserfreien Zustand, wie das kohlensaure Na- tron gewogen werden kann, so ist das erhaltene Resultat nicht so genau, wie im ersten Versuche.

Es sind durch 1,418 Grm. Borsäure 0,959 Grm. Kohlen- säure aus dem kohlensauren Kali durchs Schmelzen ausge- trieben worden. Der Sauerstoff der angewandten Borsäure ist 0,9756 Grm., der der ausgetriebenen Kohlensäure 0,686. Jene verhalten sich zu diesen wie 1 : 0,700.

Die Menge der Kohlensäure, welche durch Borsäure aus kohlensaurem Natron und aus kohlensaurem Kali aus- getrieben wurden, stehen in keinem einfachen Verhältnisse. Schon Arfvedson bat bemerkt, dafs 100 Th. Borsäure sich beim Schmelzen mit kohlensaurem Kali mit 139 Th« Kali verbinden; der Sauerstoff der Borsäure verhält sich zu dem der ausgetriebenen Kohlensäure hiernach wie 68,8:47,2 also nahe wie 1 : 0,68. Es hatte sich hier also neutrales

bor-

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borsaures Kali (KB) gebildet. Ich hatte bei meinen frü- heren Versuchen gefunden, dafs 100 Th. Borsäure sich beim Schmelzen mit 146,5 und 142,6 Th. Kali vereinigten, hier- nach verhält sich der Sauerstoff der angewandten Borsäure zu dem der ausgetriebenen Kohlensäure wie 1 : 0,722, was mit dem oben beschriebenen Versuche übereinstimmt. Bei diesen Versuchen bildete sich also ein borsaures Kali, das etwas basischer als das neutrale Salz ist.

Trennung der Borsäure rem Basen, Es ist bekannt, dafs man auf keine Weise die Borsäure in Verbindungen, wenigstens in denen in welchen sie einen wesentlichen Be- standtheil ausmacht, ihrer Menge nach sicherer und genauer bestimmen kann, als wenn man dieselben mit Fluorwasser- stoffsäure, darauf mit concentrirter Schwefelsäure behandelt, und die Borsäure als Fluorbor verjagt. Durch die Menge der erhaltenen schwefelsauren Salze läfst sich am sicher- sten die Menge der in der Verbindung enthaltenen Basen, und dann die der Borsäure aus dem Verluste finden.

Man kann indessen die Borsäure aus den borsauren Verbindungen noch auf eine andere Weise verjagen, näm- lich als Borsäureäther, wenn man sie mit concentrirter ' Schwefelsäure und Alkohol behandelt. Doch steht diese Methode der vermittelst Fluorwasserstoffsäure die Zeszetzung zu bewirken, bei weitem nach, und kann nur dann ange- wandt werden, wenn man in Ermangelung einer Platinre- torte sich nicht concentrirte Fluorwasserstoffsäure verschaf- fen kann.

Das Verfahren, das man bei dieser Methode zu beob- achten hat, ist folgendes: Nachdem man das Gewicht der borsäorehaltigen Verbindung bestimmt hat, wird dieselbe, am besten in ein^r grofsen Platinschale (in Ermange- lung derselben in einer grofsen Porcellanschale) mit con- centrirter Schwefelsäure übergössen und erwärmt, bis sie ganz zersetzt, und, wenn die Base mit der Schwefelsäure keine unlösliche Verbindung bildet, aufgelöst ist. Man läfst darauf das Ganze erkalten, und setzt dann 6 bis 8

PoggeDdorfTs Annal. Bd. LXXX. 18

274

Loth starken Alkohol hinzu , wenn man einige Gnmme der borsauren Verbindung angewandt hat. Es sdieiden sich dadurch die Basen als schwefelsaure Salze ab. Man rührt Alles mit einem Platinspatel gut durcheinander und erwärmt unter beständigem Umrühren bis zum Kochen. Das Umrühren ist noth wendig, weil die Flüssigkeit vor dem Kochen stark auIstOst und spritzt. Ist das Kochen einge- treten, so haben sich die ausgeschiedenen Salze zu einer klaren Flüssigkeit wieder aufgelöst, und das Umrühren ist nicht mehr nöthig. Man dampft hierauf die Flüssigkeit bei starkem Kochen bis zu einem geringen Volumen ein, und bis sie anfängt sich stark zu schwärzen, labt sie dann er- kalten, und übergiefst sie aufs Neue mit 4 bis 6 Loth Alkohol. Dieser mufs mit dem sjrupartigen Rückstand gut untereinander gerührt werden. Das Erwärmen mub darauf unter beständigem Umrühren mit grober Vorsicht geschehen, damit durch Anfstofsen kein Verlust entstehe^ was übrigens sehr leicht vorkommen kann. Ist indessen das Kochen wieder eingetreten, so geht das Abdampfen ruhig von statten, und das Umrühren ist dann nicht mehr nöthig. Man dampft wiederum bis zu einem geringen Vo- lumen ein, und wiederholt die Behandlung mit Alkohol, aber nur mit geringereu Mengen desselben und das Ab- dampfen unter den augegebenen Vorsichtsmafsregeln noch ein- oder zweimal. Zuletzt wird gänzlich bis zur Trock- nifs abgedampft, wobei der Rückstand sehr stark schäumt, und Kohle sich abscheidet, ohne )edoch zu spritzen. Man erhitzt so lange bis alle freie Schwefelsäure sich verflüch- tigt hat, bringt den Rückstand in einen kleinen Platintiegel bis zum Glühen, wobei die Kohle sehr leicht verbrennt, und er vollkommen weifs erscheint. Man behandelt iha dann, namentlich bei Gegenwart von Alkali, auf die be- kannte Weise mit kohlensaurem Ammoniak, und bestimmt sein Gewicht. Die Borsäure ist gänzlich verjagt worden. Hr. Weber erhielt auf diese Weise ans 1,925 Gnu. geschmolzenem Borax 1,352 Gim. schwefelsaures Natron, in denen 0,592 Grm. Natron enthalten sind. Der Be-

275

I

rechnuDg nach eothftit der angewandte Borax 0,594 Gnn. Natron.

Es ist bei dieser Operation nothwendig dafs das Ganze l&ngere Zeit stark kocbt. Würde man bei geringerer Hitze den Alkohol abdampfen, so würde sich minder leicht Bor- sAureäther bilden, und die Borsäure würde weit schwerer nnd nicht vollständig verflüchtigt werden können.

Wendet man statt der Schwefelsäure Chlorwasserstoff- säure an, wie C. G. Gmelin schon vor längerer Zeit vor- geschlagen hat, so erzeugt sich lange nicht so leicht, wie durch Schwefelsäure, Borsäureäther, und die Verflüchtigung der Borsäure geht sehr langsam und nicht vollständig von statten.

Versuche, die Borsäure aus ihren Verbindungen quanti- iatie durch Fällung abiuscheiden. Die oben beschriebenen Versuche zeigen, dafs es zwar möglich ist, die Menge der Borsäure in ihrer Auflösung in Wasser zu bestimmen, dafs aber die Methode mit Schwierigkeiten verknüpft und zeit- raubend ist. Aber sie läfst sich nur anwenden, wenn die wäfsrijge Auflösung aufser Borsäure keine anderen Stoffe enthält, ausgenommen vielleicht Ammoniak, welches durch die Einwirkung des kohlensauren Natrons gänzlich verflüch- tigt wird.

Der Fall aber, dafs Borsäure ohne andere Bcstandtheile in einer wäfsrigen Auflösung enthalten ist, kommt gewirs selten vor. Es ist daher wünschenswerth, eine Methode anzuwenden, die Borsäure aus ihrer Auflösung durch Rea- gentien als eine unlösliche Verbindung abscheiden zu kön- nen, um aus dem Gewichte des erhaltenen Niederschlags das der Borsäure zu finden.

Aber die Borsäure bildet mit vielen Basen zwar schwer lösliche, aber gar keine vollkommen unlösliche Salze. Fällt man die Auflösung von einem borsauren Salze z. B. von Borax durch Salze von Erden- und Metalloxjden, so ist oft das erzeugte schwer lösliche borsaure Salz in einem UeberschuEs von Borax unauflöslich, aber auflöslich in

18*

276

einem Uebersdiusse der Erd- oder Metalloxydsalze, Yfie z. B. das borsaure Bleioxyd.

Die einzige Verbindung, durch welche die Borsäure aus ihrer Auflösung vollständig ausgeschieden werden könnte ist das von Berzelius zuerst dargestellte Borfluorkalium. Dasselbe ist iin Wasser sehr schwer löslich und dem Kie- selfluorkalium sehr ähnlich. Berzelius giebt an, dafs es auch in geringer Menge in Alkohol auflöslich sey, was ich indessen nicht bestätigt fand. In einer Auflösung von Chlor- ammonium ist es aber auflöslicher als im blofsen Wasser.

Berzelius^) hat vorgeschlagen, die Erzeugung die- ser Verbindung zu benutzen, um die Borsäure quantitativ abzuscheiden. Zu dem Ende soll man die borsaure Ver- bindung mit Fluorwasserstoffsäure übergiefsen, damit di- gerireu, und dann den Ueberschufs der Säure im Wasser- bade abdampfen. Der Rückstand besteht dann aus einer Fluorbor- und einer Fluorverbindung. Die erstere ist im Wasser löslich, besonders wenn dieses mit ein wenig Chlor- wasserstoffsäure schwach sauer gemacht worden ist; die letztere ist darin unlöslich. Die Lösung und das Wasch- Wasser werden concentrirt, und mit einer Lösung von es- sigsaurem Kali im Ueberschufs vermischt. Die Masse ver- dickt sich dadurch zu einem Magma, indem sich Borfluor- kalium bildet. Sie wird nun mit starkem Alkohol umgerührt, worin sich die essigsauren Salze auflösen. Das Borfluor- kalium wird auf ein gewogenes Filtrum gebracht, mit kal- tem Alkohol gewaschen, bei 100^ C. getrocknet, gewogen und aus dem Gewichte die Menge der dem Borfluorkaliom entsprechenden Borsäure berechnet. Die alkoholische Auf- lösung wird bis zur Verflüchtigung des Alkohols verdampft, und die in dem Rückstände enthaltenen Basen nach be- kannten Regeln bestimmt. Das ungelöste Fluorür wird vermittelst Schwefelsäure zersetzt und aus dem erhaltenen schwefelsauren Salze die Base bestimmt.

Eine grofsc Menge von quantitativen Analysen, welche Hr. Weber angestellt hat, um die Borsäure als Borfluor-

1) Berzelius Lehrbuch 3. Auflage S. 81.

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kalium zu bestimmen, haben indessen kein günstiges Re- sultat gegeben.

Wenn man eine borsaure Verbindung mit einem Ueber- scbufs von Fluorwasserstoffsäure behandelt, so ist wohl unstreitig Kalkerde die passendste Base, um den Ueber- schufs der Fluorwasserstoffsäure zu entfernen, da Fluor- calcium die unauflöslichste der Fluorverbindungen zu sejn scheint.

Hr. Weber versetzte die Lösung von 1,218 Grm. was- serfreiem Borax mit Fluorwasserstoffsäure, behandelte das Ganze mit einem Ueberschufs von reiner kohlensaurer Kalk- erde im Ueberschufs, bis kein Brausen mehr bemerkt wurde, und kochte, weil das Fluorcalcium sich nur durchs Kochen auf diese Weise gut abscheidet. Die filtrirte Lösung wurde mit essigsaurem Kali versetzt, wodurch kein Niederschlag entstand, der sich erst beim Abdampfen zeigte. Es wurde dann so viel Alkohol hinzugefügt, dafs das Volumen der- selben dem der Flüssigkeit gleich war und nach 24 Stun- den filtrirt. Der mit Alkohol gewaschene und bei 100^ C. getrocknete Niederschlag wog nur 1,542 Grm. Diefs ist aber gerade die Hälfte von dem, was man hätte erhalten müssen, denn diese Menge entspricht nur 0,423 Grm. Bor- säure, während im angewandten Borax 0,841 Grm. Borsäure enthalten 'sind.

Der Versuch wurde oft, auch modificirt wiederholt.

1,117 Grm. Borax mit Fluorwasserstoffsäure, darauf mit kohlensaurer Kalkerde und endlich mit essigsaurem Kali und Alkohol, wie zuvor behandelt, gab 2,208 Grm. BoriQuor- kalium, die 0,614 Grm. Borsäure entsprechen. Der auge- wandte Borax aber enthält 0,772 Grm. Borsäure.

0,993 Grm. Borax in Wasser aufgelöst wurden zuerst mit Salpetersäure, dann mit Fluorwasserstoffsäure und end- lich mit kohlensaurer Kalkerde behandelt, worauf zu der filtrirten Lösung essigsaures Kali und Alkohol hinzugefügt wurden. Es wurden 2,733 Grm. Borfluorkalium erhalten, die 0,760 Grm. Borsäure entsprechen. Da diefs weit mehr ist, als man hätte erhalten müssen, indem die angewandte

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QoaDtHit Borax nur 0,686 Gnn. BorsSore «thSlt, so wurde das Borfluorkaliani Ton Neaem mit Weingeist, welcher ans 3 Vol. starkem Alkohol and 1 YoL Wasser bestand, lange ond anhaltend aus^esö(st. Die abfillrirte FlQssigkeit enthielt keine Salpetersäure, aber kleine Mengen von Kalk- erde, und als das Salz davon ausgewaschen war, wog es nur l.SOT Grm.. welche nur 0.502 Gnn. BorsSure entspre- chen. >Iit Sciiwefelsäure zersetzt, zeigte sich im Rückstände eine bedeutende Men^e von Kalkerde.

1,100 Grm. des sogenannten neutralen Borax im was-

serfreien Zustande NaB^ wurden nach Auflösung im Was- ser mit FIuorwjLsserstoffsSure versetzt, und dann mit koh- lensaurer Kalkerde behandelt. Durch das nachherige Zu- setzen von essiiisaurem Kali und von Alkohol wurden nur O.S<>6 Grui. Borduorkalium erhalten, die nur 0,241 Grin. Borsaure entsprechen, während in dem angewandten Salze 0.51^ Grm. davon enthalten sind. Aber auch die geringe Mon^e des erhaltenen Boriluorkaliums enthielt viel Kalkerde.

Es tolzX aus dieseu Versuchen, dafs man auf keine \Vei<e die Borsäure als Borfluorkalium bestimmen kann, weuu sie au Natron oder au andere Basen gebunden ist. Bei der Behandlung uiit Fluorwasserstoffsäure bildet sich djua Bortluornatriuic. das durch essigsaures Kali nicht voll- stdudi^ ia Borfluorkalium und durcb kohlensaure 'Kalkerde beim Kochen etwas zersetzt wird, wodurch eine gewisse Meu^e von Borduo rcaicium entsteht, das dann immer io dem erhaltenen Borfluorkalium enthalten ist

Selbst Borsäure, im Wasser aufgelüst, kann nicht voll- ständig in Borfluorkalium umgewandelt werden. Hr. We- ber erhielt durch 1,-394 Grm. Borsäure nach der Behand- lung mit Fluorwasserslofrsäure, Scheidung des Ueberschus- $es derselben durchs Kochen mit kohlensaurer Kalkerde, und Behandlung der fiUrirten Flüssigkeit mit essigsaures Kali und Alkohol 4,9S1 Grm. Borfluorkalium, die 1,386 Grm. Borsäure entsprechen, was zwar sehr nahe der an- gewandten Menge gleichkommt, aber das erhaltene Bor- fluorkalium enthielt sehr viel Borfluorcaldum. Das Fluor-

279

kaliom wird also dütcbs Kochen mit kohlensaurer Kalk- erde theilweise zersetzt, obgleich Berzelius die Unzer- setzbarkeit dieses Salzes durch die Hydrate und Carbonate der Alkalien uod Erden beim Kochen hervorgehoben hat.

Da das Fluorkalium ein zerfliefsiiches Salz ist, so wurde versucht, es durch Alkohol vom Borfluorkalium zu tren- nen, was aber gänzlich mifslang. Hr. Weber behandelte 0,881 Grm. Borsäure mit essigsaurem Kali, darauf mit Fluor- wasserstoffsäure und endlich mit Alkohol. Es wurden aber 3,851 Grm. Borfluorkalium erhalten, während der ange- wandten Menge von Borsäure nur 3,164 Grm. entsprechen. Mit dem Borfluorkalium war also auch Fluorkalium gefällt worden.

Trennung der Borsäure eon Fluort)erbindungen. In manchen in der Natur vorkommenden Silicaten kommt Fluor neben Bor vor. Ob beide darin zu einem Borfluormetalle vereinigt sind, ist nicht genau untersucht; es scheint jedoch noch ÜberschOssige Borsäure neben einer solchen Verbin- dung vorhanden zu sejn.

Die quantitative Bestimmung des Fluors bei Gegenwart von Borsäure ist mit solchen Schwierigkeiten verknüpft, dafs sie noch nicht tiberwunden worden sind. Hr. Weber löste 0,680 Grm. Fluornatriuui und 0,803 (wasserfreien) Borax in Wasser auf, und versetzte die Auflösung mit Salpeter- säure. Es wurde darauf kohlensaure Kalkerde hinzugefügt, das Ganze erhitzt und filtrirt. Aus dem Ungelösten wurde die Menge des Fluorcalciums nach einer früher beschriebe- nen Methode bestimmt ^ ). Es wurden aber nur 0,363 Grm. Fluorcalcium erhalten, die 0,175 Grm. Fluor entsprechen, während in dem angewandten Fluornatrium 0,305 Grm. Fluor enthalten sind. Es halte sich also Fluorbornatrium gebildet, das durch die Behandlung mit kohlensaurer Kalk- erde nur theilweise zersetzt worden war.

Trennung der Borsäure von der Phosphorsäure. v. Ko- beli hat vorgeschlagen, diese Trennung auf die Weise zu bewirken, dafs man zu der Auflösung beider eine Eisen-

1) Pogg. Ann. Bd. 79, S. 115.

280

chloridaQflöfiiiDg hinzufügt, und das Ganze darauf durch einen Ueberschufs von kohlensaurer Kalkerde fällt ^ ); eine Trennung, wie er sie auch bei der des Fluors von der Phosphorsäure empfiehlt.

Der Zusatz der Eisenchloridauflösung ist hierbei nicht nothwendig. Ich habe schon vor einiger Zeit gezeigt, dafs ^ Phosphorsäure, sowohl im freien Zustand, als auch an , Basen gebunden, durch kohlensaure Barjterde vollständig in der Kälte gefällt werden könne, wenn man zu der Auf- lösung etwas Salpetersäure oder Chlorwasserstoffsäure hin- zufügt ^ ). Wird eine Auflösung von Borax durch Chlor- wasserstoffsäure sauer gemacht, und dann mit einem Ueber- schusse von kohlensaurer Barjterde in der Kälte behan- delt, so ist in dem Ungelösten keine Borsäure enthalten; es besteht nur aus kohlensaurer Barjterde.

Durch kohlensaure Barjterde kann daher die Trennung der Borsäure von der Phosphorsäure bewirkt werden. Die höchste Genauigkeit erreicht man aber dadurch nicht, da phosphorsaure Barjterde in einer Boraxauflösung nicht ganz vollständig unlöslich ist. Digerirt man in der Kälte trockne phosphorsaure Barjterde mit einer concentrirten Lösung von Borax, so enthält nach einiger Z^it die filtrirte I^suug Spuren sowohl von Barjterde als auch von Phosphorsäure^ welche letztere leicht durch moljbdänsaures Ammoniak darin zu entdecken ist.

Hr. Weber behandelte 2,186 Grm. '^ phosphorsaures Natron, und ungefähr 3 Grm. Borax in Wasser gelöst, in der Kälte unter öfterem Umrühren mit einem Uebermaafs von kohlensaurer Barjterde, nachdem vorher Chlorwasser- stoffsäure zu der Auflösung hinzugefügt worden war. Nach 24 Stunden wurde filtrirt und ausgesüfst; aber selbst nach langem Auswaschen gab das Waschwasser nach dem Ver- dampfen einen Rückstand, und reagirte vermittelst des mo- Ijbdänsauren Ammoniaks auf Phosphorsäure. Das Un- gelöste wurde in Chlorwasserstoffsäure gelöst, die Barjt-

1) Journ. für praku Chem. Bd. 36, S. 305.

2) Pogg. Ann. Bd. 78, S. 221.

281

erde durch Schwefelsäure entfernt, und darauf die Phos« phorsäure als phospborsaure Ammoniak -Magnesia gefällt.

Es wurden 0,870 Grm. geglühte Mg"" P erhalten, die 0,551 Grm. Phosphorsäure entsprechen.

Da das '^ phosphorsaure Natron in mehreren Verhält- nissen sich mit Krystallwasser verbindet und dabei stark verwittert, so wurde von demselben Salze, das zu dein Versuche augewandt worden war, ein Theil vorsichtig ge- glüht, um seinen Wassergehalt zu bestimmen. Es entspre- chen, da das angewandte Salz stark verwittert war, nach dem angestellten Versuche jene 2,186 Grm. 0,576 Grm. Phosphorsäure. Es wurden also nur 25,20 Proc. Phos- phorsäure vom krjstallisirten Salze statt 26,35 Proc. er- halten.

Wird phosphorsaure Ammoniak -Talkerde mit einer con- centrirten Boraxauflösung längere Zeit in der Kälte dige- rirt, so kann in der filtrirten Lösung keine Phosphorsäure wahrgenommen werden. Es wurden deshalb 2,647 Grm.

des phosphorsauren Natrons (welche 1,307 Na^F oder 0,697 Grm. Phosphorsäure entsprechen) nach der Auflö- sung in Wasser mit einer bedeutenden Menge einer Bo- raxauflösung versetzt, und aus der Auflösung die Phos- phorsäure als phospborsaure Ammoniak -Magnesia gefällt.

Man erhielt 1,137 Grm. geglühter Mg'P (mit 0,720 Grm. Phosphorsäure), in welcher also noch eine geringe Menge von Borsäure enthalten war. Das geglühte Salz, mit Schwe- felsäure und Alkohol behandelt, färbte die Flamme des letztern nicht grün, aber in Chlorwasserstoffsäure gelöst^ wurde Curmunpapier durch die Lösung nach dem Trock- nen sehr schwach gebräunt.

Der Ueberschufs an Phosphorsäure, welchen man nach dieser Methode erhält, ist also ebenso grofs wie der Ver- lust, der durch die Methode vermittelst kohlensaurer Ba- rylerdc entsteht.

Trennung der Borsäure von Basen in unlöslichen Ver- bindungen, — Sie können durchs Schmelzen mit kohlen-

282

sauren Alkalien vollständig zersetzt werden, so, daft wenn die geschmolzene Masse mit Wasser behandelt wird, die ganze Menge der Borsäure sich mit dem fiberschfissigea kohlensauren Alkali auflöst, während die Base nngelOst zurClckbleibt, wenn sie nicht in einer Auflösung von koh- lensaurem Alkali mehr oder weniger löslich ist. ' Hr. Weber hat auf diese Weise borsaure Baryterde und borsaure Magnesia zersetzt.

Die borsaure Barjterde schmilzt mit der vierfachen Menge von kohlensaurem Natron leicht zu einer klaren Flüssigkeit. Die geschmolzene Masse hinterläfst, mit Was- ser behandelt, kohlensaure Barjterde ungelöst, deren Ba- rjrterdegehalt genau dem entsprach, welcher in der schwefel- sauren Barjterde enthalten war, die aus derselben borsau- ren Baryterde nach Auflösung derselben in verdünnter Chlorwasserstoffsäure durch Fällung mit verdünnter Schwe- felsäure erhalten wurde.

Als borsaure Magnesia wurde Boracit von Lfineborg angewandt, aber absichtlich nicht klare und durchsichtige Krystalle, sondern kleine, undurchsichtige, offenbar schon in einem anfangenden Zustande der Zersetzung begriffene. 1,002 Grm. davon wurden mit der vierfachen Menge voo kohlensaurem Kali geschmolzen. Die geschmolzene Masse bildete nicht während des Schmelzens eine vollkommön klare durchsichtige Flüssigkeit, sondern es schwammen nicht aufgelöste Flocken darin herum. Nach der Behandlung der geschmolzenen Masse mit heifsem Wasser blieben 0,310 Grm. Magnesia ungelöst, aus welcher nach der Auflösung in Chlorwasserstoffsäure noch 0,008 Grm. ^Eisenoxyd abge- schieden wurden. Durch Oxalsäure konnte keine Spur von Kalkerde wahrgenommen werden, aber die durch phosphor- saures Natron abgeschiedene phosphorsaure Ammoniak-Mag-

nesia gab nach dem Glühen 0,825 Grm. Mg^ P, welche 0,302 Grm. Magnesia, also gerade so viel enthalten, als die frfi- her erhaltene Magnesia, nach Abzug des Eisenozyds, be- trägt.

Da die reine Magnesia etwas auflöslich im Wasser ist,

283

80 enthält die wftfsrige Auflösung der geschmolzenen Masse etwas davon. Sie wurde deshalb idurch Chlorwasserstoff- säure übersättigt, dann mit Ammoniak neutralisirt und mit phosphorsaurem Natron versetzt, wodurch noch 0,057 Grm,

gegifihte Mg^F erhalten wurden. Die Analyse ergab also

.Magnesia 32,23

Eiseuoxyd 0,79

Borsäure (als Verlust) 66,98

100,00. Schon Rammeisberg hat undurchsichtige Krjstalle des Boracits untersucht '), und in ihnen einen etwas grÖ- fseren Talkerdegehalt als in den durchsichtigen Krystallen gefunden. Bei den von Hrn. Weber analysirten Krysfal- len war aber, da sie noch etwas mehr Magnesia enthalten, als die von Rammeisberg untersuchten, die Zersetzung noch weiter vorgeschritten, durch welche der Gehalt von Borsäure sich in dem Maafse vermindert, als der der Mag- nesia sich vermehrt.

Die Magnesia im Boracit kann auch noch von der Bor- säure nach der AufU>sung in Chlorwassersloffsäure als phos- phorsaure Ammoniak -Magnesia abgeschieden werden. Hr. Weber erhielt aus 1,753 Grm. der undurchsichtigen Bo-

racitkrystalle 1,572 Grm. Mg'P und 0,008 Grm. Eisenoxyd. Hiernach waren die Krystalle zusammengesetzt aus:

Magnesia 32,86

Eisenoxyd 0,45

Borsäure (als Verlust) 66,69

100,00. Es ist noch zu bemerken, dafs dieser Boracit beim Glü- hen einen Verlust von 3,52 Proc. zeigt, die wohl aus Was- ser bestanden. Es ist möglich, dafs statt der ausgeschie- denen Borsäure Wasser in die Zusammensetzung eingetre^ ten ist.

Aus den Verbindungen der Borsäure mit den metalt»- sehen Basen kann man letztere aus der Auflösung in Säu-

1 ) Pogg. Ann. Bd. 49, S. 449.

284

ren, theils darch Schwefelwasserstoff, thäls durch Schwe- felammonium scheiden. Ist die Borsäare mit alkalischen Erden verbunden, so können diese entweder durchs Schmel- zen mit kohlensauren Alkalien, oder aus der Auflösung In Säuren durch Schwefelsäure ohne oder mit Zusatz von Al- kohol getrennt werden. Die Magnesia wird von der Bor- säure theils durchs Schmelzen mit kohlensaurem Kali ge- schieden, theils aus der Auflösung in Säuren als phosphor- saure Ammoniak- Magnesia gefällt. Nur die Alkalien kön- nen auf keine andere Weise von der Borsäure geschieden werden, als dafs man letztere entweder als Fluorbor oder als Borsäureäther verjagt, Methoden, die auch bei den Verbindungen der Borsäure mit andern Basen angewandt werden können ^).

VII. Untersuchung nordamerikanischer Mineralien

(^Nemalit, Orthit, schwarzes Kupferoxyd);

von C. Rammeisberg.

I. Nemalit.

V or einiger Zeit erhielt ich einige Stöcke dieses Minerals aus dem Serpentin von Hoboken in New Jersey. Es bil- det parallelfaserige hellgrüne Massen; die Fasern sind sei- denglänzend, elastisch, lassen sich nicht zu Pulver zerreiben. Nuttal erklärte diese Substanz für ein wasserhaltiges Talkerdecarbonat; Thomson aualysirte als Nemalit ein Silikat, und Connel hat zuletzt die erste Angabe bestä* tigt. Die Analysen der beiden Letzteren hatten gegeben:

1 ) Nachdem der Druck dieser Abhaodluog schon aDgefangcn hatte, ersähe ich aus dem pharraac. Gcntralblalt No. 24, S. 390, dafs Hr. Schweit- zer sich ebenfalls mit der quantitativen Bestimmung der BorsSare be- schäftigt hat.

285^

Thomson.

GoDoel.

Kieselsäure

12,568

0,80

Talkerde

51,721

57,86

Eisenoxjd

5,874

Oxjdul 2,84

Wasser

29,666

27,96

99,829

Kohlensäure 10,00

Talkerde

64,86

25,49

Eisenoxjdul

4,05

0,90

Wasser

29,48

Kieselsäure

0,27

99,46

Aber die mir als Nemalit zugekommeue Substanz, ob- wohl sie alle Eigenschaften zeigt, welche die amerikanischen Mineralogen demselben zuschreiben, ist weder ein Garbo- nat noch ein Silikat. Beim GlQhen giebt sie Wasser und wird bräuulichgelb. Sie löst sich ohne die geringste Spur von Kohlensäure in Chlorwasserstoffsäure auf, (die ge- glühte erhitzt sich mit der Säure) und besteht aus:

Sauerstoff.

26,39 26,20

98,65.

Sie ist folglich Talkerdehydrat, MgH, d. h. mit dem Brudt identisch, welcher an demselben Orte vorkommt, aber, den Beschreibungen zufolge, eine ganz andere Be- schaffenheit hat,' da er weifse, blätterige Massen bildet. Ich mufs es dahin gestellt sejn lassen, ob die von mir un- tersuchte Substanz wirklich der ächte Nemalit Nuttals ist.

II. O r t h i t

Hr. Prof. Dana in Newhaven, Connecticut, schickte mir eine Probe eines schwarzen Minerals von EastBrad- ford, ehester Countj in Pennsjrlvanien, von dem mau vermuthet hatte, dafs es Tscheffkiuit oder Gadolinit sej. Ich habe es als Orthit erkannt.

Es ist derb, fettglänzend, von flachmuschligem Bruch, spröde, hat ein spec. Gewicht = 3,535. Vor dem Löth- rohr schwillt es stark auf, sich wurmförmig krümmend und

286

schmilzt dana zu einer schwarzbraooen KugeL Beim Glü- hen zeigt es keine Feuererscheinong, wird braon and ver- liert nur 1 Proc. am Gewicht.

Von Chlorwasserstotfsäure wird es leicht anter Gallert- bildung zersetzt. Die Auflösung enthält bdde Oxyde des Eisens.

Die Analyse gab:

SaDcnloir.

Kieselsäure

31,86

16,55

Thouerde

16,87

7,88

j 8^

Eiseuoxjd

3,58

1,07

EiscDOxjdal

12,26

2,72

]

Ceroxjdul

21,27

3,15

1

Lantbanoxjd

2,40

0,35

> 9,75

Kalkerde

10,15

2,88

l

Talk erde

1,67

0,65

J

GlGhverlost

1,11

101,17.

Diefs Resultat stimmt ganz mit dem von mir früher an anderen Orthiten erhaltenen Qberein '), wonach ÄUanit und Orihit identisch und von der Zusammensetzung des Gra- nats sind. Eis beweist aber zugleich, dafs der 'Wasserge- balt mancher Orthite unwesentlich, and erst spSter aafge- uommen ist.

Das Vorkommen des Allanits in den verrinigten Staa- ten wird von Dana *) zu Haddam in Connecticut, Bol- ton in Massachusets, South Roy aiston, Athol nod Monroe in New -York angegeben.

III. Schwarzes Knpferbzji.

Auf der Sudseite des Oberen Sees (Xoie Smperior) im Staate Michigan hat man bekaontlich in neuester Zeit an- sehnliche Massen von gediegenem Kupfer (theilweise too Silber begleitet) und von anderen Kupfererzen gefondeo. In einem Conglomeratgestein in der Nihe von Capper-

1) S. diese Ann. Bd. 76, S. 96. 2 ) Syst, of ja in. ii. Edii, p. 430.

287

Harbour kommen abgerundete schwere Massen von schwar- zem Knpferoxyd, zum Theil von bedeutender Gröfse vor.

Es ist braunschwarz, theils krystallinisch blättrig, theils didit, schwer zersprengbar, bat ein spec. Gew. =5,952, und ist nur hie und da von ein wenig Kieselkupfer be- gleitet.

Gegen Reagentien verhält es sich wie reines Kupfer- oxyd.

Hr. Joy aus Boston analysirte es in meinem Labora- torium und fand in einem sehr reinen Stück 99,45 Proc. Kupferoxyd; in einer anderen Probe 1,19 Eisenoxyd, 0,23 Kalkerde und 3,38 Kieselsäure.

Das Kupferoxyd hat man bisher nur als einen dünnen weichen Ueberzug auf anderen Kupfererzen gefunden, und Kupferschwärze genannt. Es scheint dieselbe aber niemals sehr rein zu seyn. Nach Semmola soll Knpferoxyd in dünnen Blättchen im Krater des Vesuvs vorkommen; es ist Tenorit genannt worden.

VIII. Vierte Notiz über neue, sonderbare Anwen- dungen des Verweilens der Eindrücke auf die Netzhaut; von Hrn. J. Plateau.

(Mitgetlieilt vom Hrn. Verf. aus dem Bullet, de Vacad, roy, de Beigique

T, XV !• No. 10. Die drei ersten Notizen finden sich in diesen Ann.

Bd. 78, S. 563, Bd. 79, S. 269 and Bd. 80, S. 150.

liimmt man eine zum gewöhnlichen Phänakistikop gehö- rende l^cheibe und betrachtet, statt durch die Zone der Oeffnungen nach dessen Bilde im Spiegel zu schauen, diese Scheibe direct, während man sie rasch rotiren läfst, so verwischen sich die darauf abgebildeten Figuren, und statt dieselben ihre Bewegungen ausführe^n zu sehen, unterschei-

288

det mau nur noch eine Reihe kreisrunder concentrischer Streifen ^on verschiedener Farbe. Diefs ist ein DOthi>ven- diges und bekanntes Resultat des Verweilens der Eindrücke. Indefs giebt es einen Fall, in welchem diese Verwirrung nidit stattfindet, oder, mit anderen Worten, es giebt eine ge- wisse, freilich sehr einfache Art von Bewegung, bei wel- cher die rotireude Scheibe, ohne irgend ein HülCsmittel beobachtet, die Erscheinung hervorbringt.

Auf eine weifse Pappscheibc von 25 Centim. Durch- messer zeichne man eine archimedische Spirale , so, dab deren Mittelpunkt mit dem der Scheibe .zusammenfällt und die Windungen derselben etwa 12 Millim. auseinanderste- hen. Darauf zeichne man eine zweite Spirale, parallel mit der ersteren, und von dieser um 4 Millim. entfernt. Diese beiden Linien zusammen bilden sonach auf der Scbeibe ei- nen spiralförmig gewundenen Streifen von 4 Millim. Breite. Nun beschreibe man, vom Mittelpunkt der Scheibe aus, drei Kreise, die respective Ij, 5 und 8^ Centim. im Durch- messer halten, unterbreche aber die beiden letzteren da, ^vo sie den spiralförmigen Streifen treffen, so dafs sie nur in den Zwischenräumen der Windungen dieses Streifens ausgezogen sind. Alsdann schwärze man den kleinen cen- tralen Kreis, streiche den Raum zwischen diesem und dem zweiten blau an, den Raum zwischen dem zweiten nnd dem dritten gelb, und das Uebrige roth, lasse aber die Windungen des spiralförmigen Streifens weifs. Die Far- ben blau, gelb und roth müssen intensiv sejn. Fig. 20 Taf. II. stellt die so vollendete Scheibe dar (Im Original ist die Figur farbig ausgeführt; hier sind die Farben durch die Buchstaben r (dunkles Rosenroth) g (gelb) und h (intensives Hellblau) angedeutet).

Läfst man nun diese Scheibe rotiren, in dem vom Pfeile «ingegebenen Sinne und mit der Geschwindigkeit, die man ihr durch einen raschen Impuls mit der Hand ertheilcn kann, so bewahren der schwarze Kreis und die farbigen Zonen noch dasselbe Ansehen, wie es offenbar seyn muCs; allein der spiralförmige Streifen erscheint als eine Reihe wetÜBer

scharf

289

atbarf gezeichneter Ringe, die, einer nach dem anderen, am Rande des schwarzen Kreises entstehen, allmälig an Gröfse zunehmen, folgweise dnrch die blaae, gelbe und rothe Zone wandern, und sich am Umfang der Scheibe Terlieren* Läfst man die Scheibe in entgegengesetzter Richtung roti- reu, so entspringen die Ringe dagegen am äufseren Um* fang, und ziehen sich zusammen, um, einer nach dem an» deren, im schwarzen Kreise zu verschwinden.

Die eben beschriebene Täuschung erklärt sich zu leicht, als dafs ich deshalb irgend ins Einzelne zu gehen brauchte; sie ist überdiefs von gleicher Art und von gleicher Her- kunft wie die, welche sich zeigt, wenn man eine Schraube mit nicht zu grofser Geschwindigkeit um ihre Axe dreht. Man weifs, dafs dabei die Schraubengänge noch direct ge- sehen werden, und, statt sich um die Axe zu drehen, mit einer im Sinne dieser Axe fortlaufenden Bewegung begabt zu seyn scheinen.

Wenn man aber unsere Scheibe zweckmäfsig modificirt, g^eÜngt es, eine sonderbare Täuschung anderer Art herror- znbiriogen. Zu dem Ende müssen die Spiralgänge des wei-* fsett ^Streifens weiter auseinander stehen und nur etwa 2 Mlllim^ breit seyn, sich auch auf einem Tollständig schwarr ^^eft Grunde befinden (Fjg. 21 Taf. IL). Um diese Scheibe mit gehöriger Regelmäfsigkeit und Schnelligkeit rotiren zu lassen, mufs man sie auf einer Rolle befestigen, die durch cSne gröfsere bewegt werden kann. Man kann sie z. B. auf einer der Kupferrollen des in meiner ersten Note be<r schriebenen Instruments (Ann. Bd. 78, S. 563) befestigen, und mufs dann dem Handgriffe eine solche Geschwindig- keit geben, dafs die Scheibe 6 bis 7 Umläufe in der. Se- kunde macht. Da die Spiralgänge des weifsen Streifens auf dieser Scheibe viel schiefer gegen die Radien liegen als auf der vorhergehenden, so begreift man, dafs die Ringe nicht mehr scharf gezeichnet erscheinen und ihre scheinbare Bewegung nach dem Umfang oder Mittelpunkt viel rascher seyn wird. Wenn man nun die Scheibe, während man sie ' im Sinne des Pfeiles dreht, mit auf das Centrum gerichteten

PoggendorfiTs Annal. Bd. LXXX. I^

290

Aagen betrachtet, hinlänglich lange , aber doch nicht bis Kum ErmQden der Augen, und man wendet nun diese so- gleich auf einen anderen Gegenstand, z. B'. auf das Ge* sieht einer Person, so sieht man eine sonderbare Erschein nung: es scheint nämlich der Kopf der Person eine Zeit lang kleiner zu werden. Dreht man dagegen die Scheibe im umgekehrten Sinn, so ist der Effect ein umgekehrter; der Kopf scheint sich zu Tergrörsern.

Diese Täuschung zeigt sich bei verschiedenen Individuen in sehr ungleichem Grade. Von acht Personen, mit de^ nen ich einzeln den Versuch austeilte, sahen zwei gar nichts; eine dritte dagegen, für welche ich das Instrument so dre- hen liefs, dafs sich die Ringe verkleinern mufsten, und die^ nachdem sie die drehende Scheibe betrachtet halte, die Au- gen auf mein Gesicht richtete, rief mit Erstaunen aas, dafs sie meinen Kopf sich ungeheuer vergröfsern sehe. Die fdlif anderen endlich sahen die Erscheinung zwar voHkommeDi aber mit geringerer Intensität. Uebrigens würde Mch das Phänomen wahrscheinlich auch bei den beiden ersten Per- sonen entwickelt haben, wenn ich den Versuch weiter fort^ gesetzt hätte; denn begreiflich ist der Anblick einer sölcken rotirenden Scheibe ermüdend für das Auge, man tnufe also bei diesem Versuch mit vieler Schonung zu Werke gebes,' und wenn man ihn mit derselben Person wiederholen will, darf es nur in langen Zwischenräumen geschehen» Ebed um diese Ermattung des Auges zu verringern, habe ich dein weifsen Streifen nur eine Breite von 2 Miliimeteni gegeben.

Die wunderliche Täuschung, welche ich eben beschrie« ben, ist von gleicher Ordnung mit der, welche sich dar- bietet, wenn die Augen von Gegenständen, die wahrhaft oder scheinbar in rascher Fortbewegung begriffen sind, einen verlängerten Eindruck erhalten haben. So z. B. schei- nen die Gegenstände am Wege, welche, während man fährt, sich neben dem Wagen zu bewegen schienen, im Augen- geublick, wo man anhält, eine entgegengesetzte Bewegung anzunehmen. Bei der Scheibe ^ wenn diese im Sinne des

291

Pfeiles rotirt, hat das Auge deo unausgesetzt erneuten An;- schein einer Yergröfserung der weifsen Ringe gehabt, ttnd es gewahrt darauf den entgegengesetzten Anschein d. h. den einer Verkleinerung. Umgekehrt, wenn die Scheibe im anderen Sinne rotirt, und das Auge deti steten An* schein einer Verkleinerung der weifsen Ringe gehabt hat^ ist es der Anschein einer Vergröfserung, den es wahrnhnmt. Diese Tendenz des Organs, uns die Empfindung einer Be^ wegung zu ^eben, die der, von welcher es einen längeren Eindruck erhalten hat, entgegengesetzt ist, kann als eine- allgemeioe Thatsache betrachtet werden, und sie wird ein neues Argument zu Gunsten des Princips der Oscillationen der Eindrücke, eines Princips, welches meiner Theorie det zubilligen Farben, die ich am Schlufse meiner Abhandlung über diese Farben zu Terallgemeinem suchte, zum <3rrundf

liegt*).

Dieses Prindp, das mir hier zu wiederholen erlaubt

sejn mag, ist folgendes:

. SobaU^in Organ einer längeren Ertegungvntencorfen

vArd^ seM es einen Widerstand enigegisny der mit 4er Dauer

dieser- JErregung wächst Wird es darauf plöttlich der ep^

regenden .ütsache entzogen ^ so sucht es seinen ntnihälen

Zustand wieder zu gewinnen y durch einen analogen Gang

wie den einer Spring feder^ die, abgelenkt aus ihrer Oleiöh^

gewichtsform und darauf- losgelassen, durch abnehmende Os"^

dlldtionen/ vermöge derer sie wechselsweise nach' der einen

und der andern Seite ausschlägt, in diese Form z^rückkehri^

Das will sagen: Im Moment, wo das OrgÜn aufhört, uw-

ter dem Einflufs der erregenden. Ursache -»w stehen, geht es

anfangs rasch m seinem normalen Zustand zurück; aber

vermöge einer Art erlangter Geschwindigkeit überschreitet

es diesen normalen Zustand, um sich momentan in einen

entgegengesetzten zu versetzen; darauf kehrt es wieder zum

1 ) Esiai d*une thiorie gin^rale comprengnt tensemhle des apparen* Cßs visuelles qui succedent ä la contemplaiion des ohjets CQloris^ etc. ( Mem, de l*acad* de Brux. T, FIIL AuszugS'weiie iUitn Annalen Bd. 32» S. 543.)

19*

" 292

normalen Zustand zurück und strebt aufs Neue ihn zu über- schreiten^ indem eSy jedoch mit geringerer Intensität^ den der Erregung entsprechenden Zustand wieder annimmt ^ um zum zweiten Male, jedoch noch schwächer wie zuvor, in den entgegengesetzten Zustand zurückzugehen, und sofort, bis endlich der normale Zustand definitiv erreicht ist.

Aus diesen successiven Zuständen des Organs entspringt eine Reihe abwechselnd entgegengesetzter und an Stärke ab- nehmender Empßndungs- Phasen, von denen die einen von gleicher Natur mit der ursprünglichen Empfindung sind und positive Phasen genannt werden können, während die ande- ren entgegengesetzter Natur sind und negative Phasen zu JM- fsen verdienen.

Die EmpfinduDgen, welrhe auf eine längere und dann plötzlich abgebrochene Erregung folgen, sind bei weitem nicht immer so regelmäCsig und vollständig in ihrem Gang; allein ich habe in Betreff der- zufälligen Farben Beispiele gegeben, die das Princip in seiner ganzen Vollständigkeit bewahrheiten. Unter anderen habe ich einen Versuch be- schrieben, durch welchen man bis fQnf negative Phasen, abwechselnd mit positven, betrachten kann. Zuweilen unterscheidet man nur eine Reihe negativer Phasen ^ sej es, dafs die dazwischenfallenden positiven wirklich nicht vorhanden sind, oder, was wahrscheinlicher isC, dafs sie zu wenig Intensität besitzen, um scharf wahrgenommen werden zu können. Dieser Gang ist bei den zufälligen Far* ben häufig. In vielen Fällen endlich gewahrt man nur die erste negative Phase; diefs geschieht z. B. bei dem Versuch mit unserer Spiral -Sdieibe.

Am Schlufs der oben erwähnten Abhandlung. habe ich zu zeigen gesucht, dafs das Princip der OsciUationcn auch auf andere als die Gesichts -Empfindungen, ja sogar auf mo* rausche JEmpfinduugcn anwendbar sey; ich bin überzeugt, dafs diefs Princip einst dazu dienen wird, mehrere dunkle Punkte der Physiologie, der Mediciu und Philosophie auf- zuklären.

293

IX, Veber ein neues Polarishop; i^on Hrn. H. de Senarmont.

(Ann. de chim. et de phys, T. XXFllL p. 279).

E

line kleine Zahl von Polariskopen hat die doppelte Ei^ genschaft, die geringsten Spuren von Polarisation aufzn-' decken und den Sinn derselben mit einiger Genauigkeit zu bestimmen.

Die besten Apparate dieser Art sind ohne Widerrede die doppelt drehenden Platten, welche man Hrn. Soleit verdankt; und man kann sie sogar, wie ich gezeigt habe ^), zum Studium der Beschaffenheit eines elliptisch polarisir-* ten Liditbündels mit Nutzen anwenden«

Sie verlieren indefs bei dieser Anwendung einen Theii ihrer Vorzüge, weil ihre Farbe sich nach dem Ellipticitäts- grade der Polarisation verändert, vom Weifs, welches der Circularpolarisation entspricht, bis zu der merklichen Farbe, die der geradlinigen Polarisation entspricht.

Ueberdiefs versagen diese Platten ihren Dienst, sobald es sich um einfaches Licht handelt, weil die Farbenunter* schiede dann zu blofsen Intensitätsunterschieden werden, deren Schätzung schwierig ist.

Ich habe ein von diesem letzteren Mangel freies Pola- riskop aufgesucht und glaube es durch die folgende Vor- richtung gefunden zu haben.

Aus vier gleichen Quarzprismen, deren Hypothenusen aneinander gelegt werden, setze ich eine solche parallel- flächige Platte zusammen, dafs die Ein- und Austrittsflä- chen lothrecht auf der optischen Axe sind. Siehe Taf. IL Fig. 19.

Die beiden Prismen, welche die untere Hälfte der Platte bilden, haben ihre brechenden Kanten auf einei* selben Seite liegen, aber das vordere Prisma, z. B. 6, ist links- drehend (levogyre) und das hintere D rechtsdrehend (dex-

1 ) Ann. de Mm. et de phys. T. XX, p. 397. (Ann. Ergbd. IL 6. 513.)

294

irogyre'). Die obere Hälfte der Platte ist ebenso zasam- mcngesetzt, aber das vordere Prisma Ü ist rechtsdrehend, und das hintere G* linksdrehend.

Stellt man diese Platte rechtwinklig gegen die Bahn eines parallelen und folglich im Sinne der Axe gerichteteo, polarisirten Lichtbündels, so sieht man sie bedeckt mit ge- radlinigen Fransen, die den brechenden Kanten der Pris- men parallel sind. Fällt der Hauptschnitt des Zerlegers zusamoien mit der Ebene der ursprünglichen Polarisation, so entspricht die centrale schwarze Franse des aufseror- deutlichen Bildes der Mitte der Platte oder dem Punkt, wo die Dijcke der verkehrt liegenden Prismen gleich ist Sie ist also eine gerade Linie in beiden Hälften, der vor« deren und der hinteren, der halbirten Platte.

Dreht man hierauf den Hauptschnitt des Zerlegers, so terschiebt sich die centrale Franse parallel mit sich selbst; sie entfernt sich von der brechenden Kanta des Quarz- prisma, dessen Drehungsvermögen gleichen Sinn hat. Da nun in der vorderen und hinteren Hälfte der Platte die Kanten dieser Prismen bei dem einen rechts, bei dem an- dern links liegen, so wird die Yorderhälfte der Fransen parallel mit sich selbst in dem einen Sinn vorrücken, und die Hinterhälfte in dem andern. Diese Fransen werden also an der Mittelnaht der halbirten Platte gebrochen.

Sehr genau erkennt man den Moment, wo der Haopt- sdinitt des Zerlegers mit der Ebene der ursprünglichen Po- larisation zusammenfällt, weil man leicht zu beurtheilen vermag, wann die beiden Fransenstücke in gerader Linie liegen oder parallel verschoben sind. Es ist diefs eine einfache und empfindliche Schätzung, die, von Farbe und Licht unabhängig, sowohl für homogenes als für weifses Licht gültig ist, ja, bis auf die zunehmende Blässe^ der Fransen, sowohl für elliptische als geradlinige Polarisation.

Jemehr die Hjpolhenuse gegen die optische Axe ge- neigt ist, desto mehr werden die Fransen auseinander ge- rückt, verbreitert und verschlechtert; |e weniger sie es ist, desto dichter, schmäler und schärfer werden, sie. Hat man

295

aber den Zcrleger am. 90^ giedreht^ so werden die Fran- sen nur um einen halben Zwischenraum verschoben. Es ist also klar, dafs man mit einer starken. Keignng der Hj- pothenuse eine bedeutende Versehiebung erhält, die aber schlecht begränzt ist, weil die Ränder der Fransen zu ver- waschen sind; dagegen bekommt man mit einer schwachen Neigung eine zwar geringe, aber wohl begrän^te Yer- schiebung, weil die Ränder der Fransen scharf sind.

Es scheint also hier ein Maximum von Empfindlichkeit zn geben, welches man zu erreichen suchen mufs. Ich habe Prismen versucht, deren Hypothenusen Winkel von 42, 22 und 12 Grad mit der optischen Axe machen. Die Empfind^ lichkeit nahm fortwährend zu, sobald man die Fransen mit einem kleinen Fernrohr vergröfserte.

Ich habe die Empfindlichkeit des neuen Polariskops mit der der doppeltdrehenden Platten verglichen, indem Ich sie, statt dieser Platten , an einen Soleil'schen Saccharime- ter anbrachte.

Mit dem Winkel von 12^ erhielt ich eine Empfindlich- keit, die wenigstens der der Platten gleich war; beim Win- kel von 22^ war sie nur die Hälfte von dieser, und beim Winkel von 42^ nur ein Viertel derselben.

Die eben beschriebenen zusammengesetzten iPlatten mit halbirten Fransen können mit Yortheil die doppelldrehen^^ den Platten in dem Apparat ersetzen, den ich zum Stu- dium der Eigenschaften desjenigen Lichts angewandt habe, welches von den mit Metall -Opacität begabten Krjstallen reflectirt wird ^). Allemal, wo bei den doppeltdreheuden platten eine Gleichförmigkeit der Farben eintritt, beobach- tet man bei dem neuen Polariskop eine Einstellung der Fransen in gerade Linien. Dieses Kennzeichen macht die Elrscheinungen noch hervortretender und die Messungen werden dadurch weit genauer.

1 ) Ann. de chim, et de pkys, T. XX, p. 397. (Ann. Ergbd. II. 8. 518).

>..

296

X* Bemerkungen über die Volume und die Dich

tigkeiten flüssiger und gasiger Körper;

i?on Hrn. J. A. Groshans.

L

diesen Annalen Bd. 78, S. 112 und Bd. 79, S. 290 habe ich bemerkt:

1 ) dafs die Dichtigkeiten der Dämpfe aller Körper bei 0",76 nnd den Siedpunkteo mit einander vergleichbar sind;

2) dafs das Verhältnifs dieser Dichtigkeiten -bei allen entsprechenden Temperaturen beständig dasselbe bleibt;

3) daCs man dadurch diese Temperaturen berechnen kann;

4) dafs, wenn man ein Drittel der Dichtigkeit des Was- serdampfs bei 0?',76 und 100^ C. zur Einheit annimmt, die Dichtigkeiten der Dämpfe aller übrigen Körper im Allge- meinen durch ganze Zahlen ausdrückbar sind;

5) dafs diese Zahlen bei einigen Körpern von der Zu- sammensetzung pC-hfiTi+rO übereinstimmen mit der Anzahl p, g, r der in denselben enthaltenen Atomen;

6) dafs im Allgemeinen eine Beziehung vorhanden ist zwischen den Zahlen, welche die Dichtigkeit ausdrücken und der Anzahl von Atomen oder Volumen, aus denen die Körper zusammengesetzt sind.

Der gegenwärtige Aufsatz enthält die Resultate der von mir gemachten Vergleiche der Dichtigkeiten der Dämpfe mit den Dichtigkeiten der sie hervorbringenden Flüssigkeiten, beide genommen bei den Siedpunkten und der Spannung von 0* 76.

Sind die Atomgewichte zweier Körper P und p respec- tive A und a, die Siedpunkte derselben in Centigraden £ und e, die Dichtigkeiten der Dämpfe bei 0^,76 und d«i Punkten JS und e, unter Annahme der erwähnten Einheit, V und r, so hat man die Gleichung:

297

Der Körper P wird das grötsere Atomgewicht haben. Die Atomgewichte werden aaf ITs = 1 bezogen.

Wenn die Dichtigkeiten gleich sind, stehen die Atom- gewichte im Yerhältnifs der Volume, denn

Wenn die Siedpunkte und folglich die Volume gleich sind, verhalten sich die Atomgewichte wie die Volume; es wird seyn

" = und immer ist v; =5 X -^

Nimmt man für das Quecksilber E = 384^,72 und c = 0,00366, so wird F=20. Für das Wasser hat man 6 = 100^ C. und i? = 3. Für beide Körper existirt also die. Relation:

100 100.3 20 , 100 5 V??

9 9.20 ^ 3 ^ 9 3^9*

Die Volume der Dämpfe beider verhalten sich genau wie 5:3.

Angenommen, als flüssige Volume, für das Quecksilber 98,0 (Regnault) und für das Wasser 117,3 (Kopp) verhalten sich diese Volume zu einander wie 5 : 5,98 d. h. wie 5:6.

Aber 4'4==2*1- ^^^^ kann also annehmen, dafs, beim Uebergang aus dem gasigen Zustand in den flüssigen, das Quecksilber sich genau im doppelten Verhältnifs zu- sammenziehe wie das Wasser.

" Der Genauigkeitsgrad dieser Zahlen läfst sogleich ver- muthen, dafs alle übrigen Körper, oder wenigstens die meisten, dasselbe Phänomen darbieten, und dafs im Allge- men die Zusammenziehuugen der Körper unter sich ver- gleichbar sind.

So ist es auch in der That; nur erfordert der Beweis eine Auswahl der Kiirper, deren Zusammenziehungen man vergleichen will. Man erreichte es nicht so leicht, wenn man die Zusammenziehungen aller Körper blofs mit der eines einzigen von ihnen, z. B. mit der de^ Wassers, vergleichen

298

wollte. Das Wasser ist vielleicht der Körper, der sich zu diesem Vergleiche am wenigstens eignet

Ich bin dahin geführt, einige Körper, die eine Eigen- genschaft in gleichem Grade darbieten, in zwei Klassen zu bringen.

1. Es giebt Körper, deren Siedpunkte gleich oder fast gleich sind. Ich nenne sie isopeptische Körper.

2. Es giebt Körper, die in Dampfform bei 0",76 tmd ihren Siedpunkten gleiche Dichtigkeit haben. Ich nenpe sie isobarische Körper.

Die i£fopeptischen Körper zeigen, im flüssigen Zustande, im Allgemeinen (vielleicht mit einigen Ausnahmen) folgende Erscheinungen:

1. Bei allen gleichen Temperaturen stehen die Dichtig- keiten in einem einfachen Verhältnifs: -=>, ~, «^ n. s. w.

2. Das VerhSltnifs der Flüssigkeits-Dichten steht in einfachem Verhältnifs zum Verhältnifs der Dampfdichten.

E

beobacbt.

B e i 8 p E

berecbn.

li e I e' F.

).

Dichtigkeit bei 0' G. bei £.

Brom llolzgeist

63" P. 58 A. 66 P. 60 K.

58,5

58,5

30 6

3,1872 P. .0,8193 M.

2,9795 P.

0,7619 H

CblorsiUcium

59 P.

58,0

48

1,5237 P.

1,394

Bromalher Aether

40,6 P. 35,5

35,0 33,65

44 15

1,4733 P. 0,7361 M.

1,3970 0,6969 Kp.

Glilorphosphor Alkohol

78,3 P.

78,5

78,2

49

1,6162 P. 0,8123 M.

1,466 P. 0,7393 Kp.

Brom - Aelayl Cblorarsen

132,6 P. 133,8

2,1629 *)P. 2,2050 P.

1,923 1,914

Hieraus folgt:

1. Dafs die Zusammenziehungen der Körper, bei ihrem Uebergange aus dem dampfförmigen Zustand in den flüssi- gen, im Allgemeinen ein einfaches Verhältnifs zeigen.

1) Bei den bcobaclitcten Daten bezeichnet: P. Pierre, A. Andrewi, K. Kane, Kp. Kopp und M. MiUcl zwischen Pierre a. Kopp.

2) Bei 20',8.

299

2. Dafs die ZuiBammenziehangen zweier isöpepüsibhcr Körper im flüssigen Zustand gleich sitid^). >

Bei den isopeptisclien Körpern sind alle gleichen TeuN perataren nothwendig entsprechende. Bei vielen, vielleicht bei den meisten, flössigen Körpern sind die Contractio^ nen gleich für ein gleiches Intervall zwischen E und der Temperatur, bei welcher die Spannung (760— p) Milli« meter ist. Diese Zusammenziehungen sind fast die doppel- ten von der des Wassers. Diefs erklärt das so kleine Vo- lum dieses Körpers, unter welch einem Gesichtspunkt man es auch mit dem anderer Körper verglichen habe.

Da V im Allgemeinen eine ganze Zahl ist und kaum 30 oder 40 übersteigt, so giebt es unter der unendlichen Anzahl von Körpern nothwendig viele isobare.

Dergleichen sind z. B.

Qaecksüber . . j jeren r=.20 Schwefelalher . . C4H,o03S

Kohlensäure CO^

Ameisens. Aethjloxjd OgHgOa [ deren F=14

Essigsaur. Methjl . CaH^Oa >

Stickstoffoxyd ....NO)

Schwefelkohlenstoff . CS, ( , ., .-

. , ^ AI deren K=15.

Aelher C^HiqO l

Schweflige Säure . . . SOj Die Volume der drei letzten Körper zeigen ein son* derbares Phänomen:

Das Volum von S^C bei 42° (E berechnet)

ist (nach Pierre) .' = 386

Das Voliftn von SO^ bei —8« (Pierre) . = 277 Das Volum von C4H,üO ist (nach Kopp)

genau die Summe dieser beiden VoIun|e , = 663 Bei dem ameiseusauren Aethjloxjd, CaH^ O,,

wo F=14 und JS== 55^,5 (berechnet) ist

das Volumen (nach Kopp) . . . .'. == 1059 Beim Jodälher, C^H, qJ, wo F:;=56, u. das be-

rechnete £=73Sa Ut das Volum (Pierre) . = 1075

1 ) Vielleicht wSre es zwecfanSfsig 4m beiden Arten von ZasamrocnMcliun- gen durch verschiedene Worte zu unterscheiden.

300

Diese beiden Yolame können als gleich angesehen wer- den. Ich kenne, nicht die Dichtigkeit der Dämpfe bei 0^,76 und E^); wenn aber die beiden Körper nicht isobar sind, ist es wenigstens unmöglich, daCs V:v ein einfaches Verhältnifs sej.

Angenommen fQr C4H,oS03, £=156 und K = 20, fQr Aether, C^H^qO, « = 33^,65 und t?=:15, dann ist:

Z ?2_±

V 15 ~ 3* '

Die Dichten der Flüssigkeiten bei E und e sind 0,9274 (Pierre) und 0,6969 (Kopp)

0,9274 _ _4_

0,6969 3,005 3 '

Nehmen wir an für Jodälher (C^H^oJ) £ = 73^6 und F=:56, sowie für Chloräther 6 = 13,6 und 0 = 2^ so haben wir

T 28 ^-

Die Dichtigkeiten der Flüssigkeiten bei E und e sind, nach Pierre, 1,815 und 0,9058; aber

l^öbS ^'**°^-

Angenommen für Zinnchloryd (SnCI,) £=111^,9 und

r=42, sowie für Aether (C^H.oO) e = 33^65 und

0 = 15, ist

F_42

V ~15*

1) Ick habe nicht immer Gelegenheit gehabt, die Yertache, welche die Dichte der Dampfe bei 0™,76 und 0^ G. gegeben, au&osachai. So kann ich Korper als isobar aufgeführt haben, die es nicht sind, und andere ab nicht isobar, die es wirklich sind. Meine Absicht war nur so Bei- gen, dafs im Allgemeinen die Zusammenxiehungen flSssiger und gasiger Korper in einfachem Yerhältnils stehen. Wenn dieser Sals festgestellt ist, wird es leicht sejn, die wahren Verhältnisse zu bestimmen. Denkt man sich die Dichtigkeiten bei 0^ und E als proportional den Atomge- wichten oder deren Multiplis, so bleiben die Verhältnisse immer einfach, obgleich in einigen Fällen das wahre VerhaltniCi die Einheit aeyn kann.

301

Die Dichtigkeiten der Flfis^igkeiten bei E und e Isind

1,965 (Pierre) und 0,6969 (Kopp), aber

1,965. jl2^

0,6969 14,89*

Es scheint demnach als sej in diesen drei Beispielen das Verhältnifs strenge der Einheit gleich.

Beim Bromholzäther, C, Hg Br, zeigt die Rechnung, dafs .F=r38 sejn mufs. Denn beim Brom ist F = 30; es wäre also £ = 37^4. Pierre hat etwa la«' C. gefunden. Den- noch bleibt kein Zweifel, dafs 37^4 wirklich die der Span- nung 0",76 entsprechende Temperatur sey.

Ferner wollen wir für das Bromsilicium annehmen e =: 153^ und 17 = 76. Dann haben wir

Z— .?§ J-

V 76 2

Die Dichtigkeiten der Flüssigkeiten bei E und e sind^

nach Pierre, 1,6218 und 2,4334^ aber

1,6218 _ 2

2,4334 3^0009'

Ich schliefse hiemit diese Betrachtungen ; sie scheinen mir hinllinglich, um den Satz von den Zusammenziehungeki in einfachem Verhältnisse festzustellen. '

t

'Bei den obigen isopeptischeh Körpern findet sich das Chlörsilicium als isopeptisch neben Brom und Hölzgeist gesetzt. Es kann zweifelhaft seyn, ob dem strenge so ser, weil das Verhältnifs der Dichtigkeitäa nicht so einfach ist als es seyn müfste. Es scheint nämlich, dafs bei mehren Körpern der direct beobachtete Siedpunkt nicht zusam- menfalle mit der der Spannung 0'",76 entsprechenden Tem- peratur.

Der Siedpunkt des Holzgeistes z. B. scheint nach meh- ren Beobachtungen 66^ C. zu seyn. Für F=6 und £=58,3 ist indefs, nach Berzelius, seine Spannung bei 14^=83 Millimeter, und diefs entspricht der des Wassers bei 48^,8. Dadurch hat man

E = - 273,22 + ^'^'f^^^^J"^* = 590 fi während Kaue gefunden £ = 60.

302

Dieselbe BemerLong lä&t sich beim SditrefelkohleiistoII machen. Seiu Sicdpankt scheint 46 bis 48° za seyn, in- defs giebr Mitscherlich 42^ Für F=15 ist £=41,9, und nach The na rd sind die Temperataren 22*^,5 fGrS^C und TT^'jSö fär Wasser entsprechende; diefs giebl£=41®,4.

Ich weifs nicht, bis wie weit sich die Abweichungen erstrecken können; aber es steht zu glauben, dafs sie so bedeutend sind, um zuweilen die Bestimmung Ton V uo- möglich zu machen. Es ist also in mehren Fällen schwie- rig zu unterscheiden, ob Körper isopept oder isobar seyen oder nicht, Tor allem weil die Dichtigkeiten der Flüssige» keiteu bei E mit diesen Abweichungen behaftet sind.

Ich komme auf eine Torhin erwähnte Folgerung zorfick. Bei mehren, aus Kohlenstoff, Wasserstroff und Sauerstoff zusammengesetzten Körpern ist V gleich der in ihnen enl- haltenen Anzahl von Atomen (oder Volumen) C, H^ undO. Ich habe deren bis jetzt 10 bis 12 aufgezählt. In vier Com- binationen hat der Stickstoff das Gewicht 14. Das Brom hat für sich und in zwei Combinatiouen das Gewicht 30. Das Gewicht des Quecksilbers ist 20. Ohne Zweifei wäre CS voreilig, ans diesen Thatsachen auf die Zosammen- setzbarkeit der Elemente zu schliefsen. Indefs scheioen sie mir die durch das Duiong- Petit'sche Gesetz fiber die specifische Wärme erregte Idee vom Charakter der FJn- hest abzuändern streben. Bottcrdam, den 30. Nov. 1819.

d03

XL lieber die Eoctreme der Kälte, welche im Jahre

1850 auf den preufsischen Stationen beobachtet

wurden; pon H. fV. DoQe.

(Aus cL Monatsberichten d. Akad. April 1830).

jißie Witferuugserscheinungeu des vergangenen Winters zeigen so bedeutende Abweichungen besonders in den ba- rometrischen Schwankungen von den mittleren Wertheu, dafis eine Untersuchung, wo diese Störungen begonnen und wie sie sich fortgepflanzt haben, interessante Ergebnisse verspricht. Solche Untersuchungen können aber erst nm- fassend angestellt werden, wenn aus sehr verschiedenen Gegenden die Beobachtungen veröffentlicht werden. Die hier der Akademie vorgelegte Notiz bezieht sich zunächst nur auf die Extreme der Kälte, wie sie vom 20 22. Ja- nuar auf den preufsischen Beobachtungsstationen, welche unter der Leitung des statistischen Bureaus stehen, an ver- glichenen nach Reaumur gelheilten Instrumenten erhalten wurden.

Die Kfilte trat überall nach mehrere Wochen anhalten- den tiberwiegend östlicheb Winden ein, welche anfangs mehr aus NO, später mehr aus SO- wehten. In der Nacht, in welcher die höchte Kälte beobachtet wqrde, 21 22, erreichte das Baroä^ieter eine ungewöhnliche Höhe. Das Maximum der Kälte fiel nach Posen; Bromberg und Posen gaben fibereinstimmend eine 29 Grad fibersteigende Kälte. Nach der Kfiste der Ostsee hin ist diese Kälte weniger in- tensiv, und nimmt bedeutend nach dem Rhein hin ab. An der Stelle der gröfsten Kälte häuft sich die Luft am stärk- sten an (in Königsberg wurde das absolute Maximum beob- achtet, an den anderen Stationen zu den gewöhnlichen Stunden 6, 2, 10). Um die Vertheilung der Temperatur ttnd des Druckes anschaulich zu machen, sind in der fol- genden Tafel die numerischen Data zusammengestellt. Die erste Columne enthält die absoluten Kältegrade, an einem

304

Rcgisterthermoineter erhallen, wo X steht; neben dem bft- romelrischen Maximum und dem Tage, an welchen es beob- achtet ward, steht das Monatsmittel. Die letzte Colomne enthsU den Ueberschub des Maximum Ober dieses Mittel.

Die so faSnfig gemachte Bemerkung, dah bei hoben Kältegraden, welche in der Ebene beobachtet werden, die Temperatur nach der Höhe zunimmt, bestätigt sich hier sehr schön durch die Brockenbeobachtungen. Am 22. war die Kälte daselbst nur —9,0, —10,5, am 21.; das abso- lute Minimum des Monats 15,3 f&IU daher *uf «nen

ganz

305

ganz anderen Tag, den 27. Januar. Aefanliche VerhSltnisse. zeigten sich im Riesengebirge, denn in einem an den Ver- fasser gerichteten Briefe schreibt Graf Pilati: „In Schle* gel, bei Glatz, 1181' Über dem Meere, stieg die Kälte am 22. bei Sonnenaufgang auf 27, in Pischkewitz, nicht im hochgelegenen Schlosse, sondern in der Beamtenwohnung am Wasser, soll sie 30 gezeigt haben. Dagegen haben 'Wünscbelburger den bei ihnen sehr angenehmen Winter^ morgen ohne besondere winterliche Vorsichtsmafsregeln zu einer Fahrt nach Glatz benutzt und haben die Kälte in Glatz nicht begreifen können. Am 7. April fand ich in diesem Städtchen unmittelbar am Fufs des Heuscheuer schon mehrere Blumen, während bei uns noch keine Spur davon zu sehen ist'^

XII. Veher die Hagelbildung; von Dr. Julius LiJwe.

v/bschon die Meteorologie in neuster Zeit so grofse Schritte gethan und Manches, was uns dunkel, in ihren erweiterten Lichtkreis gezogen hat, wodurch uns das Entfernte näher gerückt, ist, so müssen wir doch eingestehen, dafs die Hagelbildung immer noch etwas Räthselhaftes an sich trägt. Die Theorie von Volta, welche, fast über alle andere Ansichten herrschend, sich lange ausschliefslich zu behaup- ten wufste, sucht man jetzt in vielen wissenschaftlichen Kreisen, und wohl nicht mit Unrecht, doch nach und nach zu verlassen. Sie erklärt den Hergang dieses Phänomens, ohne durch ihre Erklärungsweise andere neue Fragen und Zweifel verschwinden zu lassen. Eine geistreiche Färbung können wir ihr deshalb sicher nicht absprechen und ihre Autorität kräftigt diese Ansicht. So grofsartige Spiele der Natur lassen sich allein aus unseren physikalischen Kabi«

PoggendorflP» Annal. Bd. LXXX. 20

306

neten nicht beantworten, sie verlangen eine lauge Reihe sorgfältiger Beobachtungen, durch welche wir endlich aa{ den Weg folgerechter Schlüsse geführt werden müsseo. Ich bin weit davon entfernt dieses Problem hier lösen zu wollen; meine Zeilen haben nur den Zweck, den Meteo- rologen eine Thatsache zu berichtigen, bei welcher ich selbst Zuschauer war und die bei Vergleichungen und Zusam- menstellungen ähnlicher Art denselben kein unwillkomme- ner Beitrag scjn möchte. Ich beschreibe daher ein Ha- gelwetter, wie ich es im Jahre 1845 den 2. August in Cron- berg am Taunus erlebt habe und werde mir am Schlüsse erlauben eine Ansicht über dessen Bildung auszusprechen, von welcher ich mich seit dem Tage des Ereignisses bis heute nicht lossagen konnte. Meine Angaben über das Wetter selbst habe ich durch die Freundlichkeit des Hrn. J. Becker, Lehrer, welcher mir die seinigen zur Verfü- gung stellte, vervollständigen können. Um einige örtliche Bemerkungen nicht zu übergehen, schicke ich voraus, dafs Cronberg am Fufse des Taunus liegt. In Westen von dem sogenannten 1268,10 Fufs hohen Hartberg, in Norden von dem 2468,60 Fufs hohen Altkönig eingeschlossen ( JahrhG- cher des Vereins für Naturkunde im Herzogth. Nassau). Seine nördliche Breite beträgt öO"» T 48" und seine Mee- reshöhe etwas mehr als 700 Fufs mit einem mittleren Ba- rometerstand von 327,28 par. L. und einem mittleren Ther- mometerstand von + 7,53" R.

Am Abend des 1. August fiel ein nicht unbedeutender Regen, wobei die Temperatur -f- 13,1" R. war. Wah- rend des Tages selbst spielte ein schwacher Wind aus WS und SSW und der Himmel blieb dabei stets bewölkt. Erst in der Nacht von dem 1. auf den 2. hörte man in der Entfernung oft ein schwaches Donnern. Gegen Mor- gen ertönte das Rollen desselben schon immer nShcr und stärker und erreichte um 5 Uhr eine solche Heftigkeit, dafs er alle Schlafenden aus den Betten trieb. Dabei schwSrzte sich der westliche Horizont immer mehr und mehr und in- tensive Blitze erleuchteten und durchkreuzten ihn nach al-

307

lea BichtangeD. Uugeflibr 20 Minuten nach 6 Uhr zeigte aich plötzlich in WSW eine Tveifsgraue Wolke, aus de- ren Mitte, nach Becker's Angaben, öfters weifsgraue, fft« dierförmige Strahlen schössen. Gegen 6 Uhr 30 Minuten hörte man das charakteristische, prasselnde Geräusch, wel- ches immer den Hagelwettern vorausgeht und die ziemlich tiefgehende Wolke, von welcher dasselbe herzukommen schien, bewegte sich sichtbar schnell von WSW nach NO ' in directem Laufe nach Cronberg zu. Das Leuchten der Blitze, sowie das Krachen des Donners wurde dabei stets gewaltiger. In wenigen Augenblicken stürzte eine unge- heure Hagelmasse mit furchtbarer Heftigkeit unter einem hohlen Windesheulen in toirbelnden Bewegungen auf die mir gegenüberliegenden Dächer; Fensterflügel wurden ausgeho- ben und die Scheiben derselben fast bei allen Wohnungen zertrümmert. Die Entladungswolke war so dicht, dafs wäh- rend ihres Niederfalls es ganz dunkel wurde. Nach der Aussage mehrerer Beobachter, die in der Ferne mit zusa- hen, soll Cronberg in diesem Moment ihren Blicken völ- lig entschwunden sejn. Das ganze Schauspiel dauerte etwa 5 7 Minuten, und doch war die in so kurzer Zeit gefal- lene Hagelmasse so grofs, dafs sie die Strafsen und Wege fast bis zu einem Fufs hoch überschüttete. Die einzelnen Körner zeigten eine Gröfse, etwas beträchtlicher als die ei- ner Flintenkugel; nach Becker's Messungen erreichten viele den Durchmesser von ll 12'". Ihre Gestalt war fast durch- gehend die kugelförmige; doch wichen einige. von dieser Regelmäfsigkeit ab und waren an den Rändern etwas ein- gerissen; )a, es sollen an manchen Orten sogar Eismassen von der Ausdehnung einer Mannshand herabgeschleudert worden sejrn. Besonders geschah diefs in einem ungefähr •|r Stunde von Cronberg entfernten Walde, am Hartberg, wroselbst also die Entladung der Wolke mit ihrer gröfsten Intensität dürfte begonnen haben. Einige dieser Kömer sollen bei ihrem Aufschlagen wie Glas zersprungen 'seyn und ein schweflicher Geruch nach dem Fallen der Hagel- massen sich bemerkbar gemacht haben* Etwa l\ Stunden

20»

308

westlich von Cronberg fielen zuerst vereinzelt einige KAr- ner. Das Welter nahm seinen Zug nach NO and entlad sich, jedoch in sehr geschwächtem Maafse, auch in den nord- östlich von Cronberg gelegenen ' Fluren. Der Stand des Barometers vor dem Wetter betrug 324,6"', nach demselben 325,0'" bei 0^ R. Das Thermometer zeigte im Anfange 13,1^ und gegen 7 Uhr 11,4^ R. Auch hier geschah es, wie in so vielen Fällen, dafs vor dem Hagel kein Regen fiel; erst gegen das Ende stellte sich derselbe ein nnd ward heftiger, als das Hageln ganz aufgehört hatte. Der Regen- messer erlangte dadurch einen Stand von 66 par. L. Ich vermag es nicht zu schildern, welche entsetzliche Zerstö- rung ein Wetter von so kurzer Zeitdauer anrichtete. Die schönen und herrlichen Aussichten auf eine reidie Ernte waren vernichtet; wie ausgedroschen lagen die Aebren der Halmfrüchte an dem Boden, das Kraut der Knollengewächse fast gänzlich abgeschlagen; die Obstbäume der FrQchte nnd Blätter beraubt, standen abgestreift da, wie nach einem Herbstfroste, leeres Gezweig hinaus in die feuchte Lfifte breitend. Ein dichter Nebel, welcher von den Fluren auf- stieg, bildete zu diesem traurigen, herbstlichen Gemälde die Umrahmung. Eine Menge getödteter Singvögel schwam- men in den mit Hagelkörnern und unreifem Obste gemisch- ten Wasserströmen, welche von den Anhöhen herabraosch- ten. Ein Knabe allein sammelte solcher armen Thiere über 46, ja sogar junge Hasen waren den Schlägen dieses Wet- ters nicht entgangen. Die kräftigsten, dickstämmigsten Bäume waren entwurzelt und auf die Krone gestellt^ über- all erblickte man die Spuren dieser schrecklichen Verwü- stung der Natur; eine sonst so milde Schafferin zeigte sich hier in der Lust unersättlicher Zerstörung.

Das ganze Auftreten dieses hier beschriebenen Natur- ereignisses zwang mir die Ansicht auf, dafs die Hagelbil- dung auf einer Mitwirkung von Wirbelwinden beruhen müsse; einmal das hohle Brausen, womit die anftingliche Entladung begleitet war; ferner die wirbelnden Bewegun- gen, welche ich beim Niederfallen der Hagelkörner beob-

309

aditete; alsdann die seltsame Stellung der entwurzelten Bäume, Alles dieses scheint sich mit dieser Meinung zu ▼ereinigen. Sej es mir nun erlaubt ein Bild Über die Ent- stehung solcher Wirbeln und der daraus folgenden Hagel- bildung zu entwerfen. Es ist eine bekannte Thatsache, dafs die in den Aequatorialgegenden stark verdünnte, senk- recht aufsteigende Luft in einer gewissen Höhe zu beiden Seiten des Aequators nach den Polen hin abfliefst (Aequa- torialstrom). Dieser Verlust wird ersetzt durch eine Strö- mung in entgegengesetztem Sinne, welche eine Richtung von den Polen zu dem Aequator hat (Polarstrom). Solche Windbewegungen finden auf gleiche Weise auf der nörd- lichen, wie südlichen Halbkugel statt; doch betrachten wir deren Lauf nur auf der nördlichen Hemisphäre» Diese bei- den Passate, wie man sie auch zu bezeichnen pflegt, wer- den in geringen Entfernungen vom Aequator in entgegen- gesetzten Bewegungen horizontal über einander noch hin- fliefsen. Der Polarstrom, als der kältere und schwerere, wird der untere (untere Passat), der Aeqnatorialstrom, als der leichtere, wird der obere Strom sejn (obere Passat). Doch diese Differenz in der Lagerung der beider Luftströ- mungen wird mehr und mehr schwinden müssen, je mehr der obere Passat sich abkühlt, welches geschieht, indem er fiber Breiten streicht, die eine geringe Temperatur be- sitzen, als die seinige ist. So wird nun bekanntlich bald ein Zeitpunkt kommen, wo diese beiden Ströme nicht mehr horizontal über einander abfliefsen, sondern eine kurze Weile sich neben einander herbewegen werden.

Ist dieser Augenblick erfolgt, so wird sogleich ein leb- hafter Austausch an den Berührungsstellen beider Passate eintreten; Theile des Polarstroms werden hinüber zum Ae- qnatorialstrom gerissen, da letzterer ein gröfseres Bewe- gungsmoment besitzt, als ersterer, indem er von Breiten kommt, denen eine gröfsere Rotationsgeschwindigkeit eigen ist Allein diese Theilchen des unteren Passats werden dem schnellen Laufe ihrer neuen Stromrichlung nicht fol- gen können, ihre gröfsere Schwere wird sie daran hindern.

310

and somit werden sie liach einem sehr kurzen Zeitraame gezwungen za ihrer ursprünglichen Richtung fiberzasprin- gen. Durch diesen wechselseitigen Verkehr beider Winde wird eine wirbelnde Bewegung entstehen müssen, die um so heftiger, }e beträchtlicher der Bruchtheil ist, um wel- chen die Schnelligkeit des Aequatorialstroms die des Polar- stroms übertrifft; natürlich innerhalb gewisser Gränzen. Durch eine solche andauernde Rotation an den Berührungs- flächen beider Luftströmungen wird aber eine bedeutende Abkühlung hervorgerufen; die vorher in der Atmosphäre aufgelösten Wasserdämpfe müssen coudensirt werden, ja, ihre Temperatur wird bei anhaltender Bewegung bis zum Gefrierpunkt herabsinken, und von diesem Augenblick an sind alle Bedingungen zur Eisbildung gegeben. Die sich immer aufs Neue niederschlagenden Dämpfe werden sich um den bereits gebildeten Krjstallkern ablagern, und somit ein Wachsen desselben bedingen. Diese so zu sagen ent- standene Hageltrombe wird von dem schneller eilenden Aequatorialstrom mit fortgerissen uud für dieses dürfte die Beobachtung sprechen, dafs nämlich die meisten Hagelwet- ter ein Streifen von SW nach NO zeigen. Schon Dove nimmt bei seiner Erklärung über das Entstehen der Stürme solche Wirbel zu Hülfe, nur wird nach seiner Ansicht eine wirbelnde Bewegung aus dem Anstofse, den einer der Ströme auf den anderen ausübt, nicht recht deutlich. Auch viele Andere haben schon den Wirbeln einen grofsen An- theil bei der Hagelbildung zugestanden, nur sollen es theils nach ihren Meinungen elektrische Wirbel seyn, und ich er- innere mich sogar gelesen zu haben, dafs solche elektrische Wirbel aus dem Anstofsen gleichnamiger elektrischer Fluida hervorgerufen würden, so z. B., dafs die Erde und die Wolken beide + E. oder beide mit -r- E. geladen wä- ren. Ich glaube diese Hypothese ist zu sehr auf die Un- kenntnifs von der Lehre der elektrischen Vertbeilung ge- baut, als dafs sia in den Kreis der Wahrscheinlichkeit dürfte gezogen werden. Noch vielfältige Beobachtungen werden bestätigen, dafs die Wirkung von Wirbeln überhaupt bei

31i

der HagelbitduDg ein Factum ist, welches sich nicht weg- I&ugnen läfst.

Wenigstens scheint die stets sich der Kugelform so nä- hernde Gestalt der Hagelkörner auf eine rotirende Bewe- gung hinzuzeigen. Merkwürdig ist auf jeden Fall die That- Sache, dafs zwischen den Wendekreisen gar keipe Hagelwetter vorkommen sollen (Humboldt's Reise III. S. 465). Ebenso auch nicht jenseits des 60*^ der Breite, und somit wSre ihr Erscheinen mehr auf die mittleren Breiten beschränkt, eine Annahme, welche die Erfahrung zu bekräftigen scheint. Nach der Weise, wie ich mir erlaube die Entstehung der Hagelwolken zu denken, liefse sich darüber vielleicAt ein Aufscblufs erlbcilen. So lange die beiden Ströme hori- zontal über einander abfliefseu, ist eine gegenseitige Reac- tion nicht denkbar, und dieses ereignet sich ja stets in unbeträchtlichen Entfernungen vom AeqiAator, woselbst der obere Passat von seiner anfänglichen Intensität noch we- nig verloren bat; dagegen mufs er in sehr hohen Brei- ten schon so bedeutend abgekühlt seyn, dafs seine Wir« kung auf den Polarstrom verschwindet Sollte nun wirk- lich dieses ganze Phänomen nur auf einer Gegenwirkung dieser beiden Luftströmungen beruhen, so müfste man vielleicht ein Wehen des Windes nach verschiedenen Sei- ten bei einem Hagelwetter beobachten können, welche Wahrnehmung in der That schon soll gemacht worden seyn, besonders sehr bemerklich an dem unregelmäfsigen Zuge der Wolken. Im Kleinen kann man ein solches Spiel zweier Luftströmungen und die dadurch entstehenden Wirbeln se* hen, wenn man die Fenster eines Zimmers öffnet, in wel- cfaem viel Rauch ist, und dessen Temperatur gegen die der äfufseren Luft nicht um sehr viel Wärmegrade differirt.

Es bliebe nur noch die Frage zur Beantwortung übrig, welche Rolle die Elektricität bei dieser Naturerscheinung spiele und in wiefern eine Entladung der Hagelwolke ver- anlafst werden könne. Die neueren Beobachtungen in der Physik haben das Resultat geliefert, dafs die Elektricität meist durch den Verdampfungsprocefs der Luft . zugeführt

312

wird, and zwar wfirde der Wasserdampf dabei -t- die Erde

dabei elektrisch. Es ist nicht wohl anzunehmen, dafs die Elektricität in der Atmosphäre blofs auf das Verkom- men der + E. beschränkt sej, und in der That haben an- gestellte Versuche auch E. in derselben nachgewiesen. Wie dem nui) sej, immer müssen wir den Verbrennungs- und Verdampfuogsproccfs als die Hauptquelle der Luftelek- tricität betrachten. Werden nun diese Dämpfe verdichtet, 80 wird sich die E., mit welcher sie geschwängert war.eii, auf ihrer Oberfläche abscheiden und mit ihrem Gegensatze auf der Erde oder mit dem einer ihr näherstehenden Wolke in Spannung treten. Ein Gleiches findet wohl bei Hagel- wolken statt, nur mit dem Unterschiede, dafs die Hagel- wolken gewöhnlich sehr tief gehen und ihre Elektridt mehr das Bestreben zeigt sich mit der E. der Erde ins Gleich- gewicht zu setzen; ferner mufs in diesem Falle die Span- nung um vieles beträchtlicher seyn, als dieses bei Gewit- terwolken zu sejn pflegt, indem die dort verdichteten Dämpfe immer noch eine gröfsere Leitungsfähigkeit besitzen, als die hier angehäuften Eismassen. Durch diese wechselseitige Neigung der ungleichuamigen Fluida zur Neutralisation mufs endlich eine Entladung der Hagelwolke erfolgen. Nach Volta's Ansicht wäre es eine rasche Verdunstung, hervorgerufen durch die Absorption der Sonnenstrahlen, welche die Hagelbildung begünstigen. In unserem Falle waren die vorhergehenden 15 Tage fast meist regnerisch und zwar verhielt sich die Heiterkeit der Atmosphäre m deren Bewölbung wie 1:2,1, unter denen sich 10 Regen- tage befanden.

Diese feuchte Witterung dürfte für den groCsen Beidi« thum von Elektricität sprechen, mit welcher die Luft an die- sem Tage angefüllt war, und der am Abend des 1. August gefallene Regen mufs die unteren Luftschichten um so bes- ser leitend gemacht haben; auch bewirkte vielleicht dar stark mit Nadelholz bepflanzte Hartberg, über dem die Wolke zuerst zog, und woselbst die Entladung sicher zuerst be- gonnen, eine starke Vertheilung, wenigstens spricht sich

313

die Erfabning fOr einen derartigen Einflafs von Waldun- gen aus.

Die unausgesetzten Forschungen der neuren Zeit werden uns auch noch hierüber aufklären, diese Naturerscheinung wird das für uns jetzt Wunderliche verlieren , wenn es uns vergönnt, seyu wird, mehr auf ihren Anfang zurückzu- gehen, und vielleicht finden sich auch in diesem Phäno« men die schönen Worte Humboldt's bestätigt: „Dafs die Meteorologie ihr Heil und ihre Wurzel in der heifsen Zone suchen müsse !*'

XIII. Ueber den Taihspaih; von August Breithaupt.

A\s ich den Tälkspalh oder Carbonites hysiaticus in mei- nem vollst. Handb. d. Mineralogie Bd. 2. S. 240 bestimmt hatte, vermochte ich von der chemischen Beschaffenheit nur im Allgemeinen anzugeben, dafs der Körper die reinste kohlensaure Magnesia sey, welche man von krystallisirten Mineralien habe. Man kennt ihn sehr ausgezeichnet aus Norwegen, wo er beim Hofe Lofthuus unweit Suarum in Begleitung von Serpentin, sogen. Titaneisen, Hydrotalkit und einem Phengit- Glimmer, in einer lagerartigen Zone im Urgneise vorkommt. Hier wird er meist von grobkörniger marmorähnlicher Beschaffenheit, seltener in gröfseren ho- mogen krystallischen Partien angetroffen.

Diesen Talkspath habe ich in drei Spaltungsgestalten gemessen und, bei schöner Spiegelung, den stumpfen Bhom- boeder- Winkel, wie früher an anderen Varietäten = 107^ 28i' gefunden, nämlich 107^28', 107<' 28^', 107^29'. Das specifische Gewicht =3,017.

Hr, Prof. Th. Scheerer, dem ich auch die obige geo- gnostische Notiz verdanke, fand die chemische Zusammen-

314

setzoDg im Darchscboitte von vier sehr nahe miteinander übereinstimmenden Analysen so, wie unter a folgt ; 6 giebt

die Bestandtheile naeb der Formel MgC:

a. b.

Koblensäure 51,447 52,768

Magnesia 47,296 47,232

Eisenoxydul 0,786 Wasser 0,470.

Hierbei ist das Atomgewicht der Magnesia zu 251,6 an* genommen.

Von den Säuren wird aucb dieser Talkspath bedeu- tend schwieriger angegriffen als die amorphe kohlensaure Magnesia, der Magnesit. Den Magnesit von Frankenstein in Schlesien fand der nur genannte Qiemiker als eine ganz vorzüglich reine Magnesia.

XIV. Ueber den jiigirin; von j4ugust Breiihaupt.

u.

nter dem Namen Aigirin oder Äegyrin hat man bisher zweierlei von Hrn. Es mark entdeckte und benannte Mi- neralien, einen Pyroxen und einen Amphibol begriffen. Hr. Plantamour hat von dem einen Aigirin folgende Mischung bekannt gemacht:

Kieselsäure 56,57

Titansäure 2,01

Thonerde 3,41

Kali 7,79

Natron 2,06

Kalkerde 5,91

Magnesia 5,87

Eisenoxydul 24,38 Der andere Aigirin soll sich hingegen chemisch wie ein Amphibol verhalten haben.

315

Uolfitigst erhielt ich Dan den 'achten Äigirin durch Hrn. A. Krantz, verwachsen mit dem Jüngern Leueophany wel- cher Begleiter für jenen bezeichnend seyn .soll, und mit einem graulichweifsen frischen orthoklastischen FelsU mit deutlicher hemiprismatischer Spaltbarkeit und vom specific sehen Gewicht 2,490 bis 2,507, den ich nicht geradezu für Pegmatolith erklären möchte. Ferner gehören zu den Begleitern diejenige Abänderung des meist dichten Nairo- liths, welche auch Bergtnatmit genannt worden und ein Phengit. Der Fundort ist die Insel Skaadön, die Nachbar- insel von Lamskjaerj wo den genannten Mineralien auch noch Mosandrit, angeblich selbst Bodalit beibrechen. Beide Inseln liegen im Meerbusen von Brevig in Norwegen. Die . Mineralien sollen als Ausscheidungen im Zirkon- Syenit vorkommen.

Der Aigirin von Skaadön besitzt folgende Eigenschaften:

Glasglanz.

An den Kanten grün durchscheinend bis undurchsichtig.

Farbe, grünlichschwart, schwärzlich- und in den dünn- sten Krystallen bis lauchgrün. Strich, lichte grünlichgrau.

Die eingewachsenen Krystalle erscheinen zwar in schilf- artigen Säulen mit starker Längenkerbung, wie man der- gleichen oft an Amphibolen zu sehen gewohnt ist, allein das Mineral ist dennoch ein Pyroxen. Die 'Neiguilg des Prisma gegen die Brachydiagonale liefs sich befriedigend messen und dieser Winkel betrug 133^26', woraus man den primär-prismatischen Winkel od P = 86^ 52' erhält, den stärkst geschobenen, der noch mit Genauigkeit an einem Pyroxen beobachtet worden. Die Spaltbarkeit ist bra* chydiagonal, vollkommen; makrodiagonal deutlich; primär- prismatisch nur in Spuren; somit gleichen Verhaltens wie bei einigen anderen Pyroxenen, z. B. bei Bronzit (Pyro^ xenus magnesius) und Kieselmanganspath {Pyroxenus man- ganosus). Derartiges Verhalten der Spaltbarkeit kennt man hingegen von keinem Amphibol.

Härte = 7 bis 7i.

Specifisches Gewicht = 3,432 bis 3,504 nach drei Be-

316

stimmongeDy der dunkel lanchgrüne war der leidifesfe^ der schwarze der schwerste.

Hrn. Prof. Plattner bat ich um chemische Untersu- chung des Minerals, wozu er die schwarze Abänderung, welche auch die von mir gemessene ist, verwendete. Ich erhielt von ihm darüber folgende Mittheilung:

y,Der leicht schmelzbare Aigirin weicht in seiner Zu- sammensetzung wesentlich von derjenigen ab, welche Hr. Plantamour angegeben, und nähert sich mehr der des Arfvedsonit's. Ich habe darin folgende Bestandtbeile ge- funden :

Kieselsäure 52,00 Thonerde 2,20 Eisenoxydul 29,25 und Natron einen bedeutenden Gehalt, welcher wohl das meiste des am Gewicht fehlenden betragen dürfte. Dage- gen habe ich weder Kali, noch Kalkerde, noch Talkerde aufgefunden.'^

Von dem Arfvedsonit unterscheidet sich der Aigirin da- durch, dafs das Eisen in jenem als Oxyd, in diesem als Oxjdul enthalten ist.

Aus den vorstehenden Untersuchungen geht hervor, daCs dieser Aigirin ein Pyroxen und zwar eine eigenthimlid^ Specie desselben ist, und es möge der Name Aigtrin für dieses Mineral beibehalten werden.

Der andere Aigirin ist ein Amphibol von grünlichschwar- zer Farbe, welcher einen grünlichgrauen, schon ins Grüne fallenden Strich giebt, nach dem primären Prisma schön spaltet und das specifische Gewicht 3,297 hat. Den pris- matischen Winkel habe ich noch nicht gemessen«

317 XV. Der Ferdinandsbrunnen zu Marienbad.

(Aus einer 1849 su Eger veroflentlichten Notiz).

Di

'ie Ferdinandsquelle Dimmt seit dem Jahre 1820 einen ehrenvollen Platz unter den Gesundbrunnen Deutschlands ein.. Prof. Steinmann hatte sie damals, kurz nach ihrer Fassung, chemisch untersucht, und in '16 Unzen Wasser 45,9650 Grane fester Bestandtheile gefunden.

Im Jahre 1825 wiederholte Berzelius diese Analyse zu Stockholm am versendeten Wasser von der Herbstfül- lung 1824, und erhielt ein gleiches Resultat, nur entdeckte er darin, nebst Spuren von Jod, Flufs- und Phosphorsäure, noch Lithion und Strontian. Darnach enthielten 16 Unzen des Wassers der Ferdinandsquelle:

Schwefelsaures Natron 22,5362 Grane

Chlornatrium 8,9963 -

Kohlensaures Natron 6,1302

Kohlensaures Lithion 0,0676

Kohlensaure Kalkerde 4,0112

Kohlensauren Strontian 0,0054

Kohlensaure Talkerde 3,0489 -

Kohlensaures Eiseuoxjdul .... 0,3993 Kohlensaures Manganoxydul . 0,0921 Basisch phosphorsaure Thonerde 0,0054

Kieselsäure 0,6697 -

Flufssaure und phosphorsaure Kalkerde

und Joduatrium ....... Spuren

Summe der festen Bestandtheile . 45,9623 Grane Freie und au die Bicarbonate gebun- dene Kohlensäure ..... . 20,1580 -

Summe aller Bestandtheile . . . 66,1203 Grane Specißsches Gewicht = 1,00462.

Im nämlichen Jahre fand Struve in einer gleichen Menge Wassers einen Salzrückstand von 45,2795 Granen.

Die grofse Uebereinstimmung dieser zu verschiedenen Zeiten unternommenen Analysen dreier der ausgezeichnet- sten Chemiker setzt es aufser Zweifel, dafg der Ferdinands- brunnen in den Jahren 1820, 1824 und 1825 eine überein- stimmende chemische Znsammensetzung gehabt hat, und zwar tion nicht ganz 46 Granen feuerfester Bestandtheile m 16 Un- zen Walsers.

318

Seit einigen Jahren bat sich durch wiederholte Abdam- pfuDgsversuche im Kurorte die interessaDte Thatsache her- ausgestellt, dafs das quantitative Mischungsverhältuifs -der genannten Quelle ein ganz anderes y und zwar ein toeU günstigeres geworden ist. Es waren sowohl im Sommer 1843 nach einem siebenwöchentiichen Regen, als auch im Herbste desselben Jahres nach einer fast ebenso lange anhaltenden trockenen Witterung, jedesmal 12 Civilpfunde (zu 16 Unzen) Ferdinandsbrunnen abgedampft worden und hatten, im Widerspruche mit den bisherigen Analysen, für 1 Civilpfund (zu 16 Unzen) die höchst bedeutende Summe von 73 7 Granen fester Bestandtheile gegeben.

K. M. Kersten, Professor der analytischen Chemie zu Freiberg, dadurch veranlafst, hat eine ebenso unpar- teiische als grundliche Analyse vorgenommen und die Rich- tigkeit der vorangegangenen Abdampfungen bestätigt. M. vgl. die meisterhafte Abhandlung des genannten Analyti- kers: „Der Kreuz- und Ferdinandsbrunnen in Marienbad, von neuem chemisch untersucht. 12. Leipzig, 1845." Die- ser zufolge enthalten 16 Unzen des Wassers der Perdi- naudsquelle:

Schwefelsaures Natron 38,7663 Grane

Schwefelsaures Kali 0,3256

Chlornatrium 15,3968 -

Kohlensaures Natron 9,8995

Kohlensaures Lithion 0,0691

Kohlensaure Kalkerde 4,1832

Kohlensauren Stroutian 0,0061

Kohlensaure Talkerde 3,4944

Kohlensaures Eisenoxydul . . . . ' 0,4707 Kohlensaures Manganoxydul . . 0,1205 Basisch phosphorsaure Thonerde . 0,0137 Neutrale phosphorsaure Kalkerde . 0,0145

Kieselsäure 0,7411

Brom-, Fluor-, Quellsäure- und Quell- satzsäureverbinduugen und organi- sche Materie Spuren

Summe der festen Bestandtheile 73,5015 Grane. Freie und an die Bicarbonate gebun- dene Kohlensäure 22,8372 >

Summe aller Bestandtheile 96,3387 Grane. Specifisches Gewicht = 1,01030.

319

Man kann die bis auf das Jahr 1832 verfolgte, durch Kersten's Analyse ermittelte chemische Zusammensetzung des Wassers der Ferdinandsquelle unmöglich für ein zufäl- liges, vorübergehendes Ereiguifs halten. Wir finden viel- mehr den vermehrten Salzgehalt der Quelle in der seit 1828 geänderten physikalischen Beschaffenheit der nächsten Umgebung des Brunnens nächst -ursächlich und nothtoendig bedingt.

Damals war behufs der Aufführung der gegenwärtigen grofsartigen Colonnade am Ferdipandsbrunnen die Trocken- legung des versumpften Erdreichs in einer ziemlich weiten Ausbreitung nöthig geworden. Man mufste zu diesem Zwecke ringsherum ein förmliches Netz von gemauerten Abzugskanälen anlegen, die zum Theil zu 5 7 Fufs Tiefe^ meist auf Rostunterlagen aufgeführt wurden und, nach dem im hiesigen Archive befindlichen Bauplane (vom genann- ten Jahre), auf einem Flächenraume von beiläufig 1500(1] Klaftern, zusammengenommen eine Längenausdehnung von 2016 Fufs betragen« Ueberdiefs mufstre westwärts von der Quelle das Bett des vorbeifiiefsenden Auschabaches weiter hinausgerückt, und östlich eine 20 25 Fufs hoch aufstei- gende Berglehne ganz abgetragen werden. Bei den letzt- genannten Erdabgrabungen kam man auf ein vorher unge- kanntes Stollenwasser. Den Abflufs dieses Wassers leitete man in einen Hauptkanal, und liefs die übrigen Abzugs- kanäle und' Gräben in diesen einmünden. Dafs hierbei nebst einigen schwächeren Säuerlingen eine bedeutende Menge sogenannter wilder oder Tagewässer abgeleitet wor- den war, zeigt schon der Augenschein, wornach der mit dem abfliefsenden Mineralwasser der Ferdinandsquelle ver- einte Wassersfrom an seiner Einmündung in den Auscho- witzer Bach wenigstens das Dreifache der zuströmenden Wassermasse der Ferdinandsquelle allein beträgt.

Es erscheint nach den hier auseinandergesetzten Ver- hältnissen im höchsten Grade wahrscheinlich, dafs die obige Zunahme der Ferdinandsquelle an Salzgehalt mit der ge- wonnenen Ableitung und Fernhaltung der sogenannten wil- den (zum Theil mit mineralischen Bestandtheilen gemeng- ten) Wässer im nothwendigen Zusammenhange steht. Um diese Behauptung zur Gewifsheit zu erheben, war eine neuerliche unmittelbare Messung der Wassermenge der Quelle an ihrer Abflufsröhre das einzige Mittel.

Prof. Steinmann hatte dieselbe im J. 1820 bei di-

320

recter Messung =3471 Kubikzolle (fast 45 österr. Maafs) binnen einer Minute gefunden. Sie wurden aber nach Tie- len, zu jeder Jahreszeit und bei den abweichendsten Wit- teruugsverhältnissen wiederholten, stets übereinstimmenden Versuchen, deren einer vor vielen glaubwürdigen Zeugen vorgenommen wurde, als = 1728 Kubikzolle (nicht ganz 22^ Österreich. Maafs) binnen einer Minute thatsächlich nachgewiesen. Dafs diese Verminderung der Wassermenge der Ferdinandsquelle seit dem Jahre 1828 wirklich einge- treten ist und so fort bestanden hat, dafür spricht die vom hiesigen Apotheker K. Bremsen, schon früher mitgetheilte Beobachung, dafs die Menge des abfliefsenden Wassers seit der genannten Zeit mindestens um ein Drittel abge- nommen hat.

Der Schlufs liegt nicht fern, dafs mit der also herbei- geführten Verminderung der Wassermenge der Quelle (1828) die erst in neuester Zeit physikalisch -chemisch ermittelte und aufser allen Zweifel gesetzte Vermehrung ihres Salz- gehaltes eingetreten ist, und seither mit jener gleichmäCsig fortbestanden hat. Daraus folgt, dafs die neue chemische Zusammensetzung des Wassers der Ferdinandsquelle als eine von nun an bleibende betrachtet und allen weiteren medicinischen Schlufsfolgerungen zu Grunde gelegt werden müsse.

Dabei wird nicht geläugnet, dafs das Wasser des Fer« dinandsbrunnens dann und wann kleinen Schwankungen un- terworfen sejn könne f wie sie allen Mineralquellen mehr oder weniger eigen sind; aber diese haben sich bisher in der Erfahrung, wie gesagt, nur als höchst geringfügige her- ausgestellt.

Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin , Grunstr. 18.

1850. A N N A L E N JTo. 7.

DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXXX.

I. lieber das Eindringen des Elektromagnetismus in weiches Eisen und über den Sättigungspunkt desselben; von Prof. Dr. v. Feilitzsch in

Greifswald.

JL/ie umfassenden Untersuchungen der HH. Lenz und Ja - cobi „über die Gesetze des ElektrouTagnetismus" ') schei- nen kaum noch eine Frage in diesem Gebiete unbeantwor- tet zu lassen. Dennoch aber ist gerade durch jene sorg- fältige Berücksichtigung aller Umstände Raum zu neuen Untersuchungen geschaffen. Bei Gelegenheit der Erörte- rungen über den Einflufs der Dimensionen des Eisenker- ne& auf ^en in ihm erregten Magnetismus heifst es u. a. (Ann. Bd. LXI. 262.):

,y Wir können für die meisten praktischen Bedürfnisse den Satz annehmen: dafs bei massiven Eisen cjlindern von gleicher Länge und von mehr als ^" Durchmesser die durch galvanische Ströme von gleicher Stärke und durch Spiralen von einer gleichen Anzahl Windungen . ertheil- ten Magnetismen, den Durchmessern dieser Cjlinder pro- portional sind*^ Ferner heifst es (Ann. Bd. XL VII, 244):

„Der im weichen Eisen durch galvanische Ströme hervor- gerufene Magnetismus ist diesen Strömen genau propor- tional *^ Vindicirten wir dem ersten Satz seine volle Gültigkeit (denn Versuche mit hohlen Eisencylindern sind nicht an- gestellt worden), so würde eine einfache Proportionalität zwischen den Lineardimensionen des Eisenkernes and den

1) Pogg. Ann. Bd. XLVH, 225; Bd. LXI, 254 und 448. . PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 21

322

gewonoenen Magnetismen zo dem ScUoCb berechtigen: dafs die magnetische Spannong des Easens blob an der Ober- fläche stattfände und nicht in das Innere der Eisenmasse eindränge. Der andere Satz in allen Conseqnenzen ver- folgt, wQrde das ausschliefsen , was man gemeinhin unter Sättigungspunkt versteht. Und beide Sätze wGrden uns lehren, dafs etwa ein cjlindrisch gebogenes Eisenblech, von immer stärkeren galvanischen Strömen umflossen, in dem Maafsc mehr Magnetismus liefern würde, als die Ströme sich verstärkten, oder der Umfang des cjlindrischen Ble- ches zunähme.

Diese und ähnliche Bedenken drängten mich, die Frage zu ventiliren, ob der Magnetismus des galvanischen Stro- mes überhaupt in das Innere eines Kernes von weichem Eisen merklich eindringe und, wenn ein solches Eindringen vorhanden ist, nach welchen Gesetzen es geschehe. Die folgende Abhandlung mag zeigen, wie weit die aufgewor- fenen Fragen beantwortet werden konnten.

Bei den Untersuchungen schlug ich folgenden Weg ein. Zuerst prüfte ich für weitere Umfilnge der Stromstärke, als es von den HH. Lenz und Jacobi geschah, ob auch dann noch der Elektromagnetismus in denselben Eisenkernen pro- portional den Stromstärken sej; und ob er sich bei ver- schieden dicken aber gleich langen Eisenkernen und bei gleicher Stromstärke verhalte wie die Umfange der Eisen- cjlinder. Hierauf untersuchte ich, ob hohle und massive Eli- sencjlinder von übrigens gleichen Dimensionen eine gleiche Quantität von Magnetismus bei denselben Stromstärken geben. Da ich fand, dafs letzteres für geringe Stromstär- ken der Fall war, dafs aber immer gröfbere Differenzen eintraten, je mehr die Stromstärke zunahm^ versuchte ioh, ob eine gleiche Abnahme vorhanden wäre, weün mehre hohle Eisencjrlinder von gleicher Länge in einander ge- schachtelt wurden. Da ich nun durch di^cs Verfahren wie- der eine Vermehrung des Magnetismus wahrnahm, sdilofs ich, daCs derselbe in Wahrheit merklich in das Innere des Eisens eindringt, und fragte endlich, welche Gesetze das Ein-

323

dringen des Magnetismus in das Innere des weichen Eisens befolgen möchte.

Zur Messung der Stromstärken und des Elektromagne- tismus im weichen Eisen bediente ich mich einer früher beschriebenen Vorrichtung *)• Auf der Mitte einer senk- recht auf dem magnetischen Meridian stdienden Scale be- fand sich eine kleine Declinationsnadel genau fiber dem Nullpunkt der Scale. Eine Kupferdrahtspirale von der Länge 2 a konnte auf der einen Seite, ein nach absolutem Maafse gemessener Magnetstab von der Länge 2 a auf der anderen Seite der Declinationsnadel, längs der Scale, ver- schoben werden. Die Verschiebung geschah so lange, bis die Declinationsnadel sich wieder genau im magnetischen Meridian befand, und dann wurden die Entfernungen r der Mitte der Spirale und g der Mitte des Maguetstabes von dem Nullpunkt der Scale gemessen, und nach der un- ter V., in der citirten Abhandlung befindlichen Formel

die Quantität J' des durch die Spirale und einen etwa ein- gelegten Eisenkern gewonnenen Magnetismus berechnet. In der Formel ist J= 10 588 000 =s der nach absolutem Maafse gemessenen Quantität des Magnetismus im Stabmagneten. Der Einfachheit wegen mag wie früher J= I gesetzt werden. Die elektromagnetische Spirale war im Uebrigen so be- schaffen, wie die früher beschriebene, nur dafs sie aus vier Abtheilungen zu je zwei Lagen (14 Millimeter im Durch- messer haltenden) Kupferdrahts bestand, von denen jede Abtheilung gesondert, und alle vier zugleich zur Schlie- fsung der Grove'schen Kette benutzt werden konnten. «Die Anzahl der Windungen dieser acht Lagen Kupferdraht betrug

(46+44) + (43+41) + C43 + 43)+(43+43)=346.

Der Durchmesser der Oeffnung in der Spirale betrug 40 Millimeter. Da nun die cjlindrischen Eisenkerne, der

1) Pogg. Ann. LXXVIU^ 21

21»

324

rcn ich mich bediente, nur eiiieD Durcbmesser tod 31,....

Millimeter uud weniger hielteu, mufste ich mich Tersichem, ob es nothwendig sej, die Cyliuder während der Versache in der Axe der Spirale zu halten, oder ob es genüge, sie auf die untere Fläche der hohlen Holzrolle zulegen, um welche die Spirale gewunden war. Zu dem Ende fafste ich einen möglichst dünnen Eisencjlinder so in eine Papp- rolle, dafs er mittelst derselben genau in die Axe der Spi- rale tu liegen kam. Wenn alsdann der Strom in der Spi- rale kreisle und durch Verrückung des Slabmagneten die Declinatiousnadel auf ihren Nullpunkt gebracht worden war, fand keine Bewegung derselben statt, wenn der um- hüllende Pappcjlinder forlgenommen , uud der dünne Ei* Senkern dadurch in die excentrische Lage versetzt wurde. Es ist also für die angewandten Dimensionen gleichgültig, ob der in der Spirale befindliche Eisenkern in der Axe derselben liegt, oder etwas aus derselben verschoben ist.

Dafs die Weite der Windungen der Spirale ohne Ein- fluCs auf den in einem Eisenkern zu erzeugenden Magne- tismus ist, haben die HH. Lenz und Jacob i in den ci- t'irten Abhandlungen erörtert.

In der folgenden Tabelle sind die Resultate der Ver- suche zusammengestellt, welche mit massiven Eüsenkemen unternommen wurden, um das Verhältnifs der QaantitSt des in denselben gewonnenen Magnetismus zur Stromstärke und zu den Umfangen der Eisencylinder zu ergründen. Von einer Anzahl von Eisency lindern, welche alle gleiche Länge hatten und von derselben Eisensorte angefertigt wa- ren, wählte ich, um die Versuche nicht zu sehr zu ver- vielfältigen, diejenigen heraus, welche mit den in der er- sten Columne verzeichneten Nummern versehen waren. Die Umfange wurden an drei Stellen durch directe Mes- sung bestimmt und das Mittel aus den Messungen genom- men. Die verschiedenen Messungen differirten jedoch nur um Zehntel von Millimetern. Die Umfange sind in der zweiten Columne verzeichnet. Die Länge aller Eisenkerne betrug 110 Millimeter. Die Beobachtungen selbst wurden

325

so angestellt, dafs ich zuerst die Stromstärke uach dem früher angegebenen und oben citirteu Verfahren ermittelte. Hierauf schob ich die Eisenkerne in die Spirale, näherte den Stabmagneten der Declinationsnadel so lange, bis die- selbe wieder im magnetischen Meridian einspielte und no- tirte seine Entfernung q vom Nullpunkte der Scale. Als- dann wurde dasselbe Verfahren für die umgekehrte Lage des Eisenkernes in der Spirale wiederholt, um etwa vor- handenen festen Magnetismus auf diese Weise möglichst zu eliminiren. Um eine Aenderung dieses festen Magnetismus möglichst zu vermeiden, wurde bei einer jeden Verschie- bung der Eisenkerne in der Spirale der Strom unterbro- chen. Am Ende jeder Versuchsreihe wurde die Stromstärke abermals bestimmt und hierauf die Versuchsreihe für alle Eisenkerne wiederholt. So erhielt ich drei Beobachtungen für die Stromstärke und vier BeobaclUupgon für jeden Ei- senkern, aus welchen das arithmetische Mittel zur Berech- nung genommen wurde. Dieses Mittel wurde = q gesetzt. Die Gröfse r ist die Entfernung der Mitte der Spirale von dem Nullpunkt der Scale. Die Gröfsen a und a in der For- mel sind resp. =51"" und =45,5"'". Die dritte Abthei- lang der Tabelle enthält die Gröfsen r und (>, die dar- aus gefundenen Maafse J' für den elektrischen Strom und darunter die, diesen Stromstärken zugehörigen Quantitäten des im weichen Eisen entwickelten Magnetismus. Noch verdient bemerkt zu werden, dafs bei der Berechnung sich die Summe der Magnetismen ergiebt, welche in Folge des Stromes in der Spirale allein, und welche in Folge des ein- gelegten Eisenkernes auf die Declinationsnadel wirkten. In der Tabelle ist die durch die Spirale allein erhaltene Zahl von der durch Spirale und eingelegten Eisenkern erhalte- nen absozofien.

326

Um&og m Millimetcm.

6Z ii

327

Die iD jodor Horizootalreihe der.drüteu Columne ste- henden Zahlen zeigen,

da{$ für die angewandteH gaha$Usehen Ströme die Mag- netismen in den weichen Eisenkernen den Stromstärken proportional sind.

Kleine regellose Differenzen von dem ausgesprochenen Ge- setz finden namentlich für geringe StromstSrken statt. Es zeigen aber die gröfseren Stromstärken stets eine Neigung zum Sättigungspunkt, also einen ffir die Proportionalität zur Stromstärke etwas zu geringen Magnetismus, welcher Unterschied um so mehr hervortritt, je dtinner die Eisen- cylinder sind. Um allen Ballast zu vermeiden habe ich, statt weitläufige Rechnungen hier aufzuführen, (in der Figurentafel V.) die für jede Horizontalreihe sich erge- benden Curven aufgezeichnet, und zwar ist die Curve OII^ für den zum Eisenkern 11*^ gehörige Horizontalreibe

gültig, und die Curven 0^lll 0|XI. entsprechen den

übrigen Eisenkernen. 0 und 0^ sind die respectiven Coor- dinaten-Anfangspunkte, die Abscissen sind den Stromstärken und die Ordinaten den im Eisen fretwerdenden Magnetis- men proportional aufgezeichnet.

Vergleicht man die Zahlen der Tabelle, welche in je- der Horizontalreihe der dritten Columne unter einander stehen, mit den Zahlen der zweiten Columne, so ergiebt sich,

dafs für die angewandten galvanischen Ströme die Mag- netismen den Umfangen der cylindrischen Eisenkerne pro- portional sind.

Die Werthe dieser Zahlen sind (in der Figuren tafel V.) fOr den Coordinaten- Anfangspunkt O, graphisch darge- stellt. Die Abscissen sind den Umfangen, der Cylinder, die Ordinaten den gewonnenen Magnetismen proportional aufgezeichnet, so dai^ aa, bb .... ff die Curven für sechs verschiedene Stromstärken darstellen. Da diese Curven der geraden Linie sehr nahe kommen, so rechtfertigen sie das ausgesprochene Gesetz. Dafür, dafs die gemessenen Magnetismen für den Eisenkern Mo. 11" sich augenscheinlich

328

nicht dem Gesetze dieser Proportionalität fOgen wollen, weifs ich keinen Grund anzugeben.

Die Wiederholung dieses Theiles der Untersachiingen der HH. Jacobi und Lenz auf einem gänzlich verschiede- nen Wege dürfte für den Umfang der Beobachtungen zur Genüge die Richtigkeit der ausgesprochenen Gesetze dar- thuu, noch dazu, wenn wir für gröfsere Stromstärken eine Neigung zur magnetischen Sättigung statuireu wollen , die immer mehr hervortritt, je dünner die angewandten Eisen- kerne sind.

Der weitere Verlauf meiner Untersuchungen erhebt jedoch diese Annäherung zum Sättigungspunkt zur Ge- wifsheit.

Bei der Prüfung der Magnetismen, welche hohle und massive Eisenkerne von übrigens gleichen Dimensionen ge- ben, suchte ich zuerst zu beantworten, ob eine gewisse Form der Polflächen von Einflufs sej. Ich liefs zu dem Ende drei eiserne Cjlinder von gleichen Dimensionen an- fertigen, von denen der eine massiv und die andern hohl waren. Von den letzteren war jedoch der eine mit eisernen Deckplatten versehen, während der andere blofs aus einem cjlindrisch zusammengebogenen und verlötheten Blech be- stand. Diese drei Cjlinder legte ich nach einander in die elektrische Spirale, welche stets von demselben, aber schwa- chen Strome umflossen war. Eine Prüfung der in den Cj- lindern freigewordenen Magnetismen ergab zwar einen Un- terschied derselben, doch waren die Unterschiede so geringi dafs sie nicht auf den bedeutenden Unterschied in der Masse oder auf eine Verschiedenheit in der Gröfse der Polflächen geschoben werden konnten; vielmehr mufsten sie ans der Verschiedenheit der Eisensorten, der Art der Löthung, der gröfseren oder geringereu Quantität des stabilen und on- regelmäfsig vertheilten Magnetismus, namentlich in den boh- len Kernen, erklärt werden.

Genug, ich glaubte mich durch diesen Vorversuch be- rechtigt, hohle Eisenrjlinder mit Deckplatten, und solche ohne Deckplatten, für gieichwerthig erachten zu dürfen und

329

«ntitzte daher zu den folgeoden Versuchen nur -die ein- acheren Cjlinder der letzten Art. Ich liefs nun eine An- zahl solcher Cjlinder von 110 Millimeter Länge aus Eisen- blech anfertigen. Sie waren mit Messing an den Längsfugen zusammengelöthet und pafsten mit geringen Zwischenräumen in einander. In der' nächstfolgenden Tabelle enthält die erste Yerticalreihe die Nummer dieser Cjlinder, die zweite die gemessenen Umfange und die dritte die Blechdicke, welche letztere aus den Dimensionen, dem absoluten und dem specifischen Gewichte berechnet wurde.

No.

UmfaDg in

Blechdicke in

MillimeterD.

Millimetern.

2

97,0

0,52

3.

91,4

0,53

4.

85,9

0,54

5.

79,5

0,54

6.

73,9

0,52

7.

67,8

0,53

8.

61,2

0,53

Diese Cjlinder benutzte ich folgendermafsen. Zuerst bestimmte ich für eine, in der nächsten Tabelle angegebene Entfernung r der Mitte der Spirale von dem Nullpunkte der Scale, die ebenfalls daselbst in der zweiten Columne verzeichnete Stromstärke, indem ich die. gleichfalls in der ersten Columne iLerzeichnete Entfernung q der Mitte des compensirenden Stabmagneten in die Formel L einsetzte. Hierauf legte ich den bohlen Eisencjlinder No. 2 in die Spirale und maafs die in der vierten Columne verzeichne- ten Gröfsen q. Da in allen diesen Eisencjlindern eine grofse Quantität von stabilem Magnetismus zurückblieb, konnte ich denselben nicht besser aus den Beobachtungen eliminircn, als dadurch, dafs ich nach jeder Beobachtung den EismicjÜn- der in der Spirale umdrehte und abermals den Werth von g maafs. War der Unterschied von q in der ersten und der zweiten Lage des Eisencjliudcrs in der Spirale sehr bedeutend, so berechnete ich für beide Messungen den Magnetismus besonders und nahm aus diesen Rechnungen

330

6m UBitd, wie « in der f&nften Cokmuie venciobiiet hI. War bImt der Unterschied dieses so gemeaseDCO ^ snr. ge- ring, so bcredmele ich den MagnetiEimiB Bor ans dem SÜt- lel diBMr beiden p. Aas diesen Gmnde ist nameatlidi bd geringeren Stromstirken ein doppelter W«-tb von f in der Tieften Colnmne augegeben. Nach Messung der Werlbe von p fflr den Cjlinder No. 2 schob ich in da- sdben den Cjlinder No. 3 and bestimmle von neoem f, ebenso Terfnbr ich mit dem Cjlinder No. 4 n. b. w., io lange als noch eine Zunabme an Magnetiamns bei gleichtr Stromstarke sich bemerklich machte. Die in der fKoftoi Colamne veixeichDeten Werlhe sind die Werthe für die Magnelisinen der Eisenkerne allein, nach Abzog des Wer- tbes iGr die magoriisdie Wirkung der Spirale. Dadarch, dafs man den Werth des Magnetismus fSr den zweiten Eisenkern von dem ffir den zweiten und dritten, und die- sen letzteren von dem für den zweiten, dritten und vierteo u. s. f. abzieht, erhalt man die in der siebenten Columue verzeichueten Werlhe der Magnetismen, welche gleichzei- tig in den einzelnen Eisenhallen allein frei werden. In der sechsten Colamne sind die Nummera dieser Eieenhfll- len einzeln verzeicbneL Jede Versuchsreihe wurde (Qr dieselbe Stromstarke drei Mal wiederholt, bo dafs q Ar die SlromsUrke das Mittel ans vier Messungea (zu An- fang and za Eode jeder Wiederholung) und q filr die Mag- netismen der Eisenkerne das Mittel ans 3 oder 6 Messon- gen ist.

1.

rvndg in Millimetern.

2.

Strom- stärke.

3.

Nummern d.

gleichseitig

gebrauchten

Eisencjlin-

der.

4. ^ in Milli- metern.

6.

Gesaromt-

magne- tismus der Gjlinder.

6. Num- mer der einzel- nen Cy- linder.

7. Magnetis- mus in densel- ben.

r— 300 ^=»602,62

0,187

2.

2.3. 2. 3. 4.

(344,23) |370,37

348,77 345,26

0,313

0,348 0,365

r— 400 ^=587,25

0,270

2.

2.3. 2. 3. 4.

(404,13)

{419,47

404,42

401,86

0,618

0,563 0.577

r=400 ^—496,12

0,449

2.

2.3. 2. 3. 4.

339,16 335,40 331,31

0,968 1,016 1,044

r— 600

0,790

2.

2.3. 2. 3. 4.

350,31 344,75 343,13

1,748 1,874 1,913

r»500 ^ss 447,35

1,212

2.

2.3. 2. 3. 4.

305,42

298,67 297.26

2,639 2,911 2,971

2. 3.

4.

2,639 0,272 0,060

r»:650 «=608,52

1,826

2.

2.3. 2. 3. 4. 2. 3. 4. 6.

354,65 342,48 340,05 339^3

3,592 4,198 4,329

4,358

2. 3. 4. 5.

3,592 0,605 0,132 0,029

r=650 «»432,47

2,975

2.

2.3. 2.3. 4. 2.3.4.6.

315,68 294,08 289,98

288,33

4,742 6,604 7,024 7,199

2. 3. 4. 5.

4,742 1,961 0,420 0,175

r=800 ««443,83

6,150

2.

2.3. 2. 3. 4. 2. 3. 4. 6. 2.a4.5.6.

347,25 313,45 299,70 296,99 294,79 .

5,690

9,613

11,823

12,432

12,751

2.

a

4. 5.

a

5,690 A923 2,210 0,609 0,319

r— 900 «=r 455,72

6,783

2. 2.3.

2. 3. 4. 2. 3. 4. 5. 2.3.4.6.a

2 7.

2 8.

368,90 333,15 314,16 305,70 302,95 301,58 300,90

6,059 10,710 14,129 15,942 16,577 16,860 17,011

2. 3.

4. 5. 6.

7. 8.

6,059 4,661 3,419 1,813 0,a35 0,283 0,151

332

Eine andere VerGucbsreihe , ganz ia äliulicher Wdse wie die der vorigen Tabelle, iedoch nur mit vier Lagen Kupferdrabt auf der magnelisirendeo Spirale, aiigeetellt, od- lerdrticke ich. Sie führte, freilich in unTollkomiDCDer Weise, zu deiiBelben Resultaten als die vorige.

Die Resollalc der vorigen Tabelle habe idb Don eben- falls graphisch (auf der Figurenlafel V.) dargestellt, und zwar sind die in Columne 2 und 5 Terzeicbuelen Zah- len für den CoordinateD- AnfaugspunLl O projicirl. Die Abscissen entsprechea den Zahlen der Columue 2, also deu SlromslSrken, und die Ordinaten den Zahlen der Co- lumne 5, d. h. den in den respecüven Eisencylindern ef- zenglen Magnetismen. Die Currc Om bewegt sich wie der mit der Stromstärke zunehmende Magnetismus in dem aufsersten Eiseneylinder No. 2, die Cuire Ott ni^ der in den beiden in einandergescfaobenen Cylindern No. 2 und 3 a. E. f., so dafs enditdi die Carve Oa fQr die Gesammt- heit der Cjlinder No. 2 bis 8 gelten würde.

Wir erkennen sogleich, dafs der Magnetismus in den äu&crsten C^lioder sehr bald einem Sätligangspunkte zaeilli indem die Gurre «idi asymptotisch einer Horizonta- len annähert, deren ungefähre Lage unechwer zu eira- theo ist.

Femer sehen wir, dafs, je mehr Eisencytinder in einan- der liegen, dcGio weniger eine Neigung des MaguclisniDi vorhanden ist, sich dem Sättigungspunkt aozuDähero, denn

333

die Curveo On, Oo . . . Os Dähern sich mehr und mehr einer Graden OII*. Der geneigte Leser wird sich aber er- inuern, dafs diese Grade Oll^ der Zunahme des Magnetis- mus in dem oben beschriebenen massiven Eisencylinders II* entsprach. Dieser massive Cylinder II* hatte einen Umfang von 94""^,9; unser hohler Eisencylinder No. 2 hat aber einen Umfang von 97°''',0, also nahezu denselben, wie jener. Sehen wir von diesem kleinen Unterschiede ab, bedenken wir ferner, dafs bekanntlich verschiedene Eisensorten eine verschiedene Fähigkeit haben, Magnetismus aufzunehmen, und dafs wir hier Cylinder von Stabeisen und gewalztem und zusammengelöthetem Eisenblech voiIie> gen haben; bedenken wir endlich, dafs diese letzteren Cy- linder nur mit Zwischenräumen in einander liegen : so be- rechtigt eine Anschauung der verzeichneten Linien unzwei- felhaft zu den Schlüssen:

1) Der Elektromagnetismus dringt in das Innere des tDei- chen Eisens ein.

2) Derselbe dringt um so mehr ein, je stärker der indu- drende galvanische Strom ist.

3) Eine jede Schicht des toeichen Eisens hat einen Sätti- gungspunkt.

4) Der Magnetismus in hohlen und massiven Cylindem von gleicher Eisensorte ist bei gleicher Stromstärke gleich starky wenn überhaupt genug Eisenmasse ^ur Enttoicke- hmg desselben vorhanden ist.

Es entstehen aber die weiteren Fragen: wie verhält sich der Magnetismus zur Dicke derjenigen Eisenscbicht, bis zu welcher er eindringt? und welche ist die Dichtigkeit des Magnetismus an der Oberfläche des Eisenkernes? Auch diese Fragen lassen sich durch die gefundenen Zahlen beant- worten.

Ziehen wir nämlich die in der fünften Columne der letz- ten Tabelle verzeichneten, zu dem Eisencylinder No. 2 ge- hörigen Zahlen von denen ab, die zu den Cylindern No. 2 und 3 gehören, verfahren ebenso mit deii letzteren Zahlen indem wir sie von den zu No. 2, 3 und 4 gehörigen ab-

334

ziehen, so eilialten wir die Qaantitltcn too Magndismin^ welche gleichzeitig in den einzelnen Cjlindem frei werden. Diesdben sind in der siebenten and die tngdillrigen Cy- linder in der sechsten Columne Tefzeicfanet. Um za beant- worten, wie sich der Magnetismus bei gleicfaer Stromstärke in den Tcrschiedenen Schichten des Eisens ▼erhält, bran- chen wir nur die Zahlen ^er siebenten Coliuniie in der letzten Tabelle mit den Zahlen der dritten Columne in der vorletzten Tabelle zo vergleichen. Eine graphische Dar- stellnng befindet sich auf der Fignrentafel V. Von des Coordinaten- Anfangspunkte 0^ ans gerechnet, sind die Ah- scissen den Blechdicken der angewandten Cylinder propor- tional, so dafs jeder Theilstrich ffir 0,1 Blillimeter genom- men worden ist. Die Ordinaten entsprechen den Zahlen der siebenten Columne und zwar gehören die Conren

gg zur Stromstarke 8,510 hh - - 6,783

ft - - 5,150

4* . - 2,973.

Mit Vernachlässigung derjenigen Punkte^ weldie einem Mag- netismus geringer als 0,4 zugehören, liegen die verzeichne- ten Punkte so merklich in geraden Linien, dab wir uns nicht entschlagen können, die Curven als gerade Lanien zu betrachten. In Wahrheit dürfen wir aber diese gerin- gen Magnetismen aufser Acht lassen, da sie die Anziehung welche das weiche Eisen auf die Magnetnadel ausfibt, fer- ner den uoregelmäfsig im Eisen vertheilten stabilen Magne- tismus nicht verdecken, und da bei so geringen Grölsen Beobachtungsfehler am leichtesten hervortreten. Allerdings verschaffen sie den Curven das Ansehen, als wQrden sie sich asymptotisch der Abscissenaxe zu bewegen; doch rafifsten wohl alsdann die Curven schon früher eine dieser Bewe- gung bezügliche Gestalt angenommen haben. Aas diesen Gründen scheue ich mich nicht, die hier verzeichneteo Curven für gerade Linien zu erklären und sonadi auszu- sprechen: t

335

Der EtekiroMMguetismus dringt in das weiche Eisen bis »if einer näher !&u erörternden , von der Stromstärke a6- hängigen Tiefe ein, fco er =0 ist. Proportional dem Abstände von der in dieser Tiefe liegenden Schicht nach aufsen wird er in jeder Schicht intensiver und erlangt an der Oberfläche des Eisens das Maximum der Intensität. Betrachten wir uun diese Corven mit Ausnahme der genannten verdächtigen Punkte als gerade Linien, so können vrir ihre wahrscheinlichste Lage nach der Formel y=/9—aa; berechnen, wo fi und a Constante, x die Abscissen und y die Ordinaten bedeuten. Nach dieser Berechnung wür- den sich die wahrscheinlichsten Lagen dieser vier Linien folgend ermafsen ergeben:

[»»] ,=7,355- W44« j -"; »=^^

[«3,=w^-a,,57,j-J;j:J|^

[AÄ] y=6,640-4.050a. jy^^: l^^'^^^

Setzen wir in diesen Formeln a;==0, so erhalten wir die Werthe, welche y (d. i. die Dichtigkeit des Magnetismus), an der äufsern Oberfläche des Eisens erlangt hat. Diese W^the (ür y fiiild für die hier angewandten vier Strom- stSrken so merkwürdig nahe dieselben, dafs ich nicht um- hin kann auszusprechen: -

Die Dichtigkeit des Elektromagnetismus an der Oberfläche des weichen Eisens ist für alle Stromstärken dieselbe Gröfse. Hie ÖrOfse von y variirt zwischen Zahlen 7,272; 7,355; 7^ä22 und 6,640. Der wahrscheinlichste Mittelwerth aus diesen viei^ Gröfsen ist 7,200, so dafs wir obige Behauptung dahin erweitern können:

die Dichtigkeit des Elektromagnetismus an der Oberfläche des weichen Eisens ist für alle Stromstärken dieselbe und läfst sich durch die Gröfse 7^200 ausdrücken.

336

Diese Gröfse 7,200 wäre nun auch der SättiguDgppunkt, bis zu welchem eine mefsbar dicke Schicht eiaes EiBen- cylinders gedeihen könnte. Einer Abscisse 7,200 entspräche sonach die horizontale Asymptote, gegen welche die Curve Om sich nähert.

Setzen wir in den zuletzt aufgeführten Gleichungen y=0, so erhalten wir die Werthe von a;, bis zu welchen der Magnetismus überhaupt unter die Oberfläche des wei- chen Eisens bei einer gewissen Stromstärke eindringt. Die Linien gelten für die Stromstärke

8,510; 6,783; 5,150; 2,957, die so gefundenen Tiefen, bis zu welchen die magnetischen Spannungen in das Eisen eindringen, sind:

3,541; 2,895; 2,319; 1,640. Die letzteren Gröfsen sind den ersteren so proportional, dafs, wenn wir die ersteren als Abscissen, die letzteren als Ordinalen zum Coordinatenanfangspunkt O^ verzeichnen, die entstehende Linie zz merklich genug als Gerade gelten kann. (Figurentafel V.) Es ginge hieraus hervor: dafs die Tiefe, bis zu welcher der Elektromagnetismus in das weiche Eisen eindringt, der Stromstärke propor- tional ist.

Da wir, wie gezeigt wurde , die ganze Quantität des Magnetismus im massiven Eisenkern 11* in den hohlen Ei- senkernen wiederfinden, nur mit dem Unterschiede, daÜB wir ihn im letzten Falle in seine Factoren zerlegen können, so habe ich keinen Anstand genommen, die Vertheilung des- selben im massiven Eisen mir ebenso zu denken wie in den hohlen Cjlindern, und deshalb habe ich mich in den allge- meinen Sätzen einer Zweideutigkeit bedient, welche sowohl für massive als für zerlegbare Cjlinder ihre Gültigkeit hat Eine Wiedcrliohlung und Erweiterung dieser Versuche dürfte erspriefslich sejn. Genauere Messungen, namentlich an gebohrten, nicht gelöthelen, hohlen Eisencjlindern, wür- den genauere Resultate herbeiführen, als die mit unvoll- kommenen Apparaten hier vorgelegten. Eine Untersuchung der verschiedenen Eisensorten in. Bezug auf die im Voran-

337

gehenden erörterten Fragen möchte vielleicht zu neuen Aufschlüssen über dieses geheimnifsvolle Metall führen. Es vväre wohl möglich, ähnliche Betrachtungen auch auf den stabilen Magnetismus des Stahles in geeigneter Weise zu fibertragen. Doch schliefse ich diese^ Untersuchungen einst. Tveileu ab, da zu denjenigen Zwecken , zu denen sie ange- stellt wurden, die gewonnenen Resultate mir für jetzt ge- nügen.

Zusatz.

Um die mit der hier angewandten elektrischen Spirale gewonnenen Stromstärken mit Stromstärken vergleichen zu können, die mit anderen Spiralen gemessen werden, er- laube ich mir noch zusätzlich zu bemerken, dafs die Halb- messer der auf derselben befindlichen acht Lagen von Win- dungen, bis zur Mitte des Kupferdraht^s in jeder dieser Lagen gemessen,

22; 24,7; 27,4; 30,1; 32,8; 35,5; 38,2; 40,9 MiUimeter betrugen. Bezeichnet man diese acht Halbmesser mit A,, h^, ....As und eine der oben in Zahlen angegebenen Strom- stärken mit J', so würde eine andere Spirale (von gleicher Länge) deren Windungen die Werthe k^, &2...ftj» zu Halb- messern hätten, von einem gleichen Strome durchflössen

sevn, wenn

J' J"

2 3 a "~" 2 9

wäre, in welcher Formel J" den durch die zweite Spirale gemessenen Werth der Stromstärke bedeutet. Diese For- mel ergiebt sich aus den Betrachtungen, welche zu der For- mel III meiner Abhandlung „Ueber den Magnetismus elek- trischer Spiralen von verschiedenem Durchmesser '* führten. Greifswald, den 4. April 1850.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX.

22

338

II. Veber Stibaeihyl, ein neues anümonhaltiges

organisches Radical; €on C. LöQPig und K. Schweizer.

(Uebersandt von dem HH. Ycrf. aus den Mittheilangen No. 4S der

Zurcli. Natorf. Gesdlschaft).

JLlie vortrefflichen Untersuchungen Bunsen's Ober das Kakodjl machten es im hohen Grade wahrscheinlich, dafs sich Antimon mit Kohlen* und Wasserstoff ku einen or- ganischen Radicale vereinigen kOnne. Von dieser Idee aus- gehend, versuchte der eine von uns schon vor mehreren Jahren eine Verbindung dieser Art durch Einwirkung von Chlor- oder BromSthyl auf Antimonkalium dareustellen ' ). Es wurde in der That auf diese Weise, besonders bei An- wendung von Bromäthyl, eine farblose Flüssigkeit erhalten, welche schwerer war als Wasser, an der Luft einen star- ken weifsen Rauch entwickelte-, sich leicht in Weingeist und Aether löste, und durch Sanerstoffabsorption in einen weifsen in Wasser löslichen Körper fiberging, welcher deut- lich sauer reagirte. In der wäfsrigen Lösung bewirkte Schwe- felwasserstoff einen hellgelben Niederschlag, welcher einen starken, mercaptanähnlichen Geruch besafs und im getrock- neten Zustande von rauchender Salpetersäure unter Fener- erscheinung zersetzt wurde. Eine Analyse des im luftleeren Baume fiber Schwefelsäure getrockneten Präcipitats lieferte Kohlen- und Wasserstoff wie im Aethyl, weshalb sich ver- muthen liefs, dafs die urspröngliche flüssige Verbindung selbst eine Verbindung von Aethyl mit Antimon seyn könne. Obgleich es schon längst unsere Absicht war, diesen Ge- genstand weiter zu verfolgen, so worden wir doch jetzt die folgende Untersuchung nicht vorgenommen haben, wenn uns nicht die wichtige Arbeit Frankland's*) fibo* die Isolirung des Aethyls von Neuem dazu veranlafst hätte.

1) Chemie der organischen VerbinduDgeo, Bd. 2, S. 433.

2) Annaleo der Pharmacie, Bd. 72, S. 171-216.

339

T^ir bitten jedoch daa Folgende nur als eine vorläufige Motiz zu betrachte, und wir werden im VerbSltnifs ab die mit manchen Schwierigkeiten verbundene Untersuchung ▼orschrcitet, die Resultate bekannt machen. Das Wich- tigste, zu welchem wir bis jetzt gelangt» ist: daCs auf die angegebene Weise in der That ein organisches Radical gebildet wird, welches Kohlen- und Wasserstoff im Ver- bältnils wie im Aethjl, verbunden mit Antimon, enthält, und welchem wir vorläufig den Namen SHbäthyl gegeben haben.

Das Antimonkalium, welches wir zur Darstellung des Stibätbyls benutzen, erhalten wir durch Glühen eines in- nigen Gemenges von 5 Theilen rohen Weinsteines mit 4 Theilen Antimon. Das Gemenge wird in einem bedeckten Tiegel erst laugsam bis zur Verkohlung des Weingeistes erhitzt, dann eine Stunde lang einer Weifsglühhitze ausge- setzt, hierauf wird der Ofen luftdicht verschlossen und der Tiegel langsam erkalten gelassen, wozu wenigstens 24 Stun- den erforderlich sind. Man erhält auf diese Weise einen vollkommen krjstallisirten Regulus, von ausgezeichnetem Metallglanz, welcher das Wasser unter heftiger Entwick- ^ng von Wasserstoffgas zersetzt, sich wegen seiner Dich- tigkeit au der Luft nur langsam oxydirt und in ^iner trocke- nen Reibschale schnell zu einem feinen Pulver zerrieben werden kann, sich dabei aber erwärmt und an der Luft sich sehr bald entzündet. Diese Entzündjang kann jedoch ▼erhindert werden, wenn man sogleich beim Reiben 2 3 Tbeile feinen Quarzsand hinzufügt. Nach einer Analyse ▼on Hrn. Hilgard aus Illinois, welcher uns bei unserer Untersuchung thätig unterstützte, enthält die Legirung 12 I Proc. Kalium.

Um das Stibäthyl zu erhalten, kann man sowohl Chlor- als Brom- und Jodäthyl anwenden; das letztere eignet sich jedoch am besten dazu, weil es noch leichter als Brom- äthyl zersetzt wird. So wird salpetersaures Silberoxyd durch eine weingeistige Lösung von Jodäthyl sogleich ge- fällt, während Bromäthyl erst nach einiger Zeit auf das-

22*

340

selbe einwirkl. Das JodStbyl erhalten wir nach der ge- fTöhnlichen Methode durch gemeinschaftliche Einwirkang ▼on Jod und Phosphor auf Weingeist. Es ist jedoch nö- thig, dasselbe, um es vollkommen phosphor- wasserfrei zu erbalten, mehrmals mit Jod und Chlorcalcium zu be- handeln.

Bringt man fein geriebenes Antimonkalium mit JodSthjl zusammen, so beginnt nach einigen Minuten eine SnCserst heftige Einwirkung, welche, wenn die Quantität der rcagi- rendeu Stoffe grofs ist, bis zur Entztindung gehen kann. Mit grofsen Massen zu operiren, ist unmöglich, auch ist es nothwendig, um die Heftigkeit der Einwirkung zu m8- fsigen, das Antimonkalium mit 2 3 Theilen feinem Quarz- sand zu zerreiben. Das Antimonkalium mufs im Verhält- nifs zum Jodäthvl in grofeem UeberschuCs angewandt wer- den, weil, wie sich aus den Analysen ergeben wird, 3 At. Jod gegen 1 At. Antimon austauschen, und die Legirnng nur 12 Proc. Kalium enthält. Wir bringen nicht mehr Jodäthjl auf das .\ntimonkalium, als nölhig ist dasselbe schwach damit zu befeuchten.

Wir finden es am vortheilhafteslen, zur Darstellung des

StibSthTls kleine Kolben mit kurzem Halse von 3 bis 4

Unzen Inhalt anzuwenden. Diese werden zu zwei Dritteln

mit der frich geriebenen Mischung von Antimonkalium und

Sand gefüllt und sogleich Jodäthjl im genannten Verhält-

nifs zugesetzt. Der Kolben wird mit einer gewöhnlichen

gläsernen Destillationsröhre, welche in eine kleine VorInge

mfindet, verschlossen. Nach einigen Minuten tritt die Re-

action ein; durch die stattfindende Wärmeentwicklung wird

das im Ueberschnfs zugesetzte Jodäthjl verflfichtigt und

der Kolben selbst mit Jodäthjigas angefüllt. Sobald kein

Jodäthjl mehr Qbergeht, wird die Destillationsröhre entfernt

und der Kolben, noch warm, so schnell als möglich mit

dem eigentlichen Apparat in Verbindung gesetzt. Derselbe

besitzt folgende Einrichtung: Ein hohes weites Cjlinder-

glas ist mit einem Kork, welcher dreimal durchbohrt ist,

verschlossen; durch die eine Oeffnung geht eine bis auf

341

den Boden reichende Glasröhre, welche, anfserhalb in ei- uem rechten Winkel gebogen, mit einem Apparate in Ver- bindung steht, in welchem während der' Operation fortwäh- rend Kohlensäure entwickelt und durch eine lange Chor- calciumröhre geleitet wird. Durch die zweite Oeffnung wird eine gleich unterhalb des Korkes mündende, weite, 1 2 Fufs lange Glasröhre gebracht, aus welcher die Kohlensäure entweicht. Durch die dritte sehr enge Oeffnung endlich geht die eigentliche Destillationsröhre fast bis auf den Bo- den des Gefäfses, in welches schon vorher ein mit Anti^ monkalium zum Theil gefüllter kleiner Kolben gebracht wird, der zur Auffanguug des Products, und später wieder als Destillationsgefäfs dient. Durch den Apparat läfst man, bevor die Operation beginnt, wenigstens i Stunde lang einen raschen Strom von Kohlensäure gehen, damit sich zuvor alle Theile mit Kohlensäure anfüllen. Der Kolben wird nun auf der Spirituslampe im Anfang schwach und nach und nach stärker so lauge erhitzt, bis keine Tropfen mehr übergehen. Der Kolben wird alsdann entfernt, die Destillationsröhre, ohne sie aus dem Apparate herausztinch men, mit Wachs verschlossen, und die Operation, die höch- stens 20 Minuten dauert, mit einem zweiten Kolben u. s. w., vorgenommen. Arbeiten sich zwei in die Hände, und hat man 20 24 Kolben in Bereitschaft, so kann man sich leicht in einem Tage 4 5 Unzen rohes Product verschaf- fen. Der Kolben in welchem das Destillat aufgefangen wurde, wird nun in der Atmosphäre von Kohlensäure ver- schlossen und nach einigen Stunden die Rectification im gleichen Apparate vorgenommen. Um zu entscheiden, ob bei der Einwirkung des Jodäthjls auf Antimonkalium ver- schiedene Producte gebildet werden, brachten wir in den Apparat mehrere kleine Fläschcheu und fingen das Ueber- gehende in 4 Portionen auf, was leicht und ohne Verlust durch Drehen des Cyliudergefäfses geschehen kann. Ob- gleich das Stibälhyl keinen angenehmen Geruch besitzt, so ist derselbe doch so wenig belästigend, dafs man selbst in einem Zimmer die Operation vornehmen kann.

342

Wir theilen non die Resultate der Analysen der ver- schiedenen bei der Rectification erhaltenen Portionen mit Zam Abwägen der Substanz bedienen wir ans kleiner, en- ger Cjlinderröhren, welche zu einer langen Spitze ausge- zogen sind. Dieselben sind an der Stelle, an welcher die Haarröhre beginnt, zu einem spitzen Winkel gebogen; die Capillarröhre ist so lang, dafs sie fast auf den Boden des oben angegebenen, mit Kohlens&ure gefQllten Cylindergla- ses reicht, in welche sie durch die enge Oellnung gebracht wird, durch welche bei der Destillation die Destillations- rOhre geht; die Cjlinderröhrchen selbst befinden sich an- (serhalb des Apparates. Dieselben werden nun mit der Spirituslampe so stark erhitzt, als das Glas ohne weich zu werden, ertragen kann. Nach dem Erkalten erhitzt man sie abermals und nach 9 10 maliger Wiederholung sind dieselben vollständig mit Kohlensäure angeföllt. Man taucht nun die Spitze in die Substanz, die natQrlich sich schon vorher im Apparate befinden mufs, und f&llt sie so weil an, dafs ungefähr der sechste Theil leer bleibt und sich in der Haarröhre keine Flüssigkeit mehr befindet Ehe man die Spitze aus dem Apparate herausnimmt, labt man sie noch 80 lange in der Atmosphäre mit Kohlensäure, bis die kleine Menge Substanz, welche an derselben haftet , abge- dunstet ist; die Spitze wird dann zugeschmolzen. Um nun die Cjlinder in die Verbrennungsröhre zu bringen, macht man an die Biegung einen Feilstrich und bricht die Spitze im Momente, in dem mau den Cjlinder in die Verbren- nungsröhre bringt, ab; dabei findet, weil sich Kohlensäure im Cjlinder befindet, kein Rauchen statt Die HaarrOhre wird hierauf 2 3 Mal zerbrochen und ebenlalk in die Verbrennungsröhre gebracht

Die Verbrennung geht mit Kupferoxjd ohne Schwie- rigkeiten von statten, aber die Oxydation ist unvollständig. Wir erhielten von derselben Substanz 25, 28, 30 bis 33 Proc. Kohlenstoff. Die Ursache liegt in der Zeraettbar- keit der Verbindung durch die Wärme; es scheidet sich nämlich ein inniges Gemenge, vielleicht eine Verbindung

I

343

vou Aulimoti uud Kohle, aus, auf wcicbc dos Kupferoxyd nicht mehr einzuwirken vermag. Dagegen gelingt die Ver« brennung* vollständig, wenn man dem' Kupferoxjd 4 5 Proc. chlorsaures Kali zusetzt. Das chlorsaure Kali wird geschmolzen, dann zerrieben, mit dem noch warmen Kup- feroxyd gemengt und das Gemenge einige Tage unter der Glocke über Schwefelsäure stehen gelassen. Ein solches Genienge entwickelt ganz gleichförmig Sauerstoffgas, uud mau hat die Kegulirung der Operation ganz in der Hand. In die Verbrennungsröhre wird zuerst etwas reines Kupr feroxjd, dann eine Schicht des Gemenges, hierauf die Sub- stanz, dann bis zur Hälfte der Röhre von der Mischung und zuletzt wieder reines Kupferoxyd gebracht.

Weder Salpetersäure noch Königswasser bewirken eine vollständige Oxydation des Antimons. Wir versuchten das* selbe zu bestimmen, indem wir in die Verbrenuungsröhre Ziokoxyd brachten, dem etwas chlorsaures Kali zugesetzt wurde; wir erhielten jedoch Differenzen von 6 Proc, je nach der Hitze, welche bei der Verbrennung einwirkte. In sehr höher Temperatur scheint sich eine Verbindung Ton Antimonoxyd mit Zinkoxyd zu bilden, welche weder ' von Salzsäure noch Königswasser angegriffen wird. Bes* sere und übereinstimmendere Resultate erhält man, wenn dem Zinköxyd kein chlorsaues Kali zugesetzt wird. Das Antimon scheidet sich dann metallisch aus, und ist leicht durch Königswasser zu lösen. Die besten Resultate er- hielten wir jedoch, indem wir die Verbindung durch glü^ henden Quarzsand leiteten. Wir wenden eine lange Ver- brennungsröhre an, bringen in den unteren Theil etwas Sand, auf denselben die Substanz, füllen den übrigen Theil zu 1 mit Quarzsand an und lassen den leeren Theil der Röhre aus dem Verbrennungsofen herausreichen, damit er kalt bleibe und sich in demselben das Antimon, welches sich möglicherweise verflüchtigen könnte, condensiren könne. Der Quarzsand wird nun, wie bei organischen Elementarana- lysen, nach und nach bis zum Glühen erhitzt, und dann über denselben der Dampf der Verbindung geleitet. So-

344

iivie derselbe mit dem glQheuden Sand in BerGbrung kommt, scheidet sich Aulimou krystalliiiisch ans, and man findet dasselbe gewöhnlich in einem sehr kleinen Baume beisam- men. Nach dem Erkalten wird der Inhalt der Röhre iq ein Becherglas gebracht, die Bohre mit Königswasser aas- gewaschen und der Sand mehrere Stunden lang mit rau- chendem Königswasser digerirt. Man verdünnt nun mit einer Lösung von Weinsäure, fällt das Antimon durch Schwefelwasserstoff und findet die Menge des Antimons durch Bestimmung des Schwefelgehaltes des erhaltenen voll- ständig getrockneten Schwefelautimons.

In der ersten Portion bildeten sich nach einiger Zeit farblose, spiefsige Krystalle, welche Jod enthielten; schon beim Uebergiefsen derselben mit verdünnter Salpetersäure wird Jod frei, was bei dem Jodäthjl nicht der Fall ist. Wir haben aber bisjetzt diese Krjstalle nur ia so geringer Menge erhallen, dafs es uns nicht möglich war, eine nä- here Untersuchung derselben vorzunehmen. Auch der flüs« sige Theil enthält noch Jod, welches sogleich ausgeschieden wird, wenn mau denselben mit concentrirter Salpetersäure zusammenbringt. Bei der Analyse des flüssigen Theiles mit Kupferoxjrd und chlorsaurem Kali setzte sich zuletzt iu der Röhre des Chlorcalciumapparates plötzlich Jod ab. Ohne Zweifel bildete sich zuerst Jodkupfer, welches zuletzt, nach- dem Alles oxydirt war, durch den noch freigewordeueu Sauerstoff in Jod und Kupferoxyd zerlegt wurde. Die ^weiten, dritten und vierten Portionen waren jedoch ganz frei von Jod.

Es folgen nun die Resultate einiger Analysen der zwei- ten, dritten und vierten Portion des Destillates.

1. 0,393 Substanz der zweiten Portion gaben: 0,472 Kohlensäure = 32,74 Proc. Kohlenstoff, 0,266 Wasser = 7,18 Proc. Wasserstoff.

2. 0,468 Substanz der zweiten Portion gaben: 0,280 Antimon = 59,82 Proc. Antimon.

3. 0,513 Substanz der zweiten Portion gaben:

345

0,619 Kohlensäure = 32,88 Proc. Kobleustoff, 0,323 Wasser = 6,99 Proc. Wasserstoff.

0,396 Substanz der zweiten Portion gaben: 0,235 Antimon = 59,42 Proc. Antimon.

5. 0,496 Substanz der zweiten Portion ohne chlorsau- res Kali verbrannt gaben:

0,560 Kohlensäure = 30,78 Proc. Kohlenstoff, 0,322 Wasser = 7,24 Proc. Wasserstoff.

6. 0,421 Substanz der dritten Portion gaben: 0,529 Kohlensäure = 34,27 Proc. Kohlenstoff.

7. 0,388 Substanz der dritten Portion gaben bei der Verbrennung ohne chlorsaures Kali:

0,254 Wasser = 7,26 Proc. Wasserstoff.

8. 0,528 Substanz der dritten Portion gaben: 0,318 Antimon = 60,22 Proc. Antimon.

9. 0,446 Substanz der vierten Portion ohne chlorsau- res Kali gaben:

0,548 Kohlensäure = 33,52 Proc. Kohlenstoff, 0,291 Wasser = 7,24 Proc. Wasserstoff.

10. 0, 413 Substanz der vierten Portion gaben: 0,522 Kohlensäure = 34,47 Proc. Kohlenstoff, 0,275 Wasser = 7,28 Proc. Wasserstoff.

11. 0,399 Substanz gaben:

0,234 Antimon = 58,70 Proc. Antimon. Aus diesen Analysen ergiebt sich, dafs die dritte und vierte Portion nicht ganz 1 Proc. Kohlenstoff mehr als die zweite enthalten. Wenn man jedoch bedenkt, dafs die Verbindung in hoher Temperatur Antimon verliert, so läfst sich begreifen, dafs die letzten Quantitäten, welche über- gehen, etwas mehr Kohlenstoff geben als die zweite Por- tion, welche jedenfalls als das reinste Product zu betrach- ten ist. Alle sonstige Verhältnisse sind aber so überein- stimmend, dafs aufser den obengenannten jodhaltigen Krj- stallen, bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Antimonka- lium die Bildung eines gleichartigen Productes ohne Anstand angenommen werden kann.

346

Die erhaltenen Resultate stimmen am besten mit der Formel C^^H^sSt übereiu.

2. Port. 3. Porti 4. Port.

C,,= 72,0 33,32 32,74 32,88 34,27 33i52"3M7

H,5= 15,0 6,94 7,18 6,99 7,26 7,24 7,28 7,19

St =129,25 9,74 59,82 59,42 60,22 58,79 216,2 100,00.

Es kommen demnach auf 3 At. Aethjl 1 Antimon =: Ae3 St. Das Stibäthjl ist also in sofern mit dem Antimon- wasserstoff aequivalent, als in dem erstem 3 At. ^Wasser- Stoff durch 3 At. Acthyl vertreten sind; die Zusammen- setzung bietet demnach nichts Ueberraschendes dar.

Das Stibäthyl erscheint als ein wasserklares , äulserst dünnflüssiges, das Licht ziemlich stark brechendes Liqui- dum Ton unangenehmem, zwiebelartigem Geruch , welcher jedoch bald wieder verschwindet; bei 29" geht es noch nicht in den festen Zustand über. Bringt man au einem Stäbchen einen Tropfen an die Luft, so entsteht ein dicker, weifser Rauch, nach einigen Augenblicken entzündet sich derselbe und verbrennt mit blendend weifser, stark leuch- tender Flamme. Es ist schwerer als Wasser, in demselben unlöslich, löst sich aber leicht in Weingeist und Aether. In unserer nächsten Abhandlung werden wir über die spe- cifischen Gewichte des flüssigen und gasförmigen Stibäth^ls, sowie über dessen Siedpunkt nähere Mittheilungen machen. Läfst man das Stibäthyl durch dne feine Spitze in reines Sauerstoffgas treten, so verbrennt es mit der glänzendsten Lichtentwicklung. Rauchende Salpetersäure bewirkt eben- falls eine prachtvolle Verbrennung. Mit Brom vereinigt es sich unter Verpuffung. Läfst man das Stibäthjl mit der Vorsicht in einen Ballon treten, dafs keine Entzündung eintritt, so bildet sich ein weifser Rauch, welcher sich pul- verförmig an die Wandungen des Gefäfses anlegt; gleich- zeitig entsteht jedoch, und besonders wenn mau eine grö- fsere Menge auf die genannte Weise oxydiren läfst, eine zähe, farblose, durchsichtige Masse, welche in Aether lös-

347,

lieb ist, während der pul verförmige Körper sich oicbt ia demselben löst; Aetber kann daher sehr gut zur Trennung beider Stoffe angewendet werden. Läfst man eine wein- geistige Lösung des Stibäthjls in einem lose bedeckten Ge- föCse langsam verdunsten, so bleibt eine zähe Masse zu* rück, welche durch Aether leicht in die genannten zwei Körper zerlegt werden kann* Der in Aether lösliche Theil bleibt nach dem Verdunsten in Gestalt eines zähen, farb- losen Syrups zurück, der auf dem Wasserbade nach und nach zu einer durchsichtigen Masse eintrocknet. Die pul- verförmige, in Aether unlösliche Substanz löst sich leicht in Wasser und Weingeist. Die Lösungen reagiren deut- lich sauer und scheiden die Kohlensäure aus ihren Verbin- dungen. Dieser Körper besitzt einen stark bittern Ge« schmack, sehr ähnlich dem des schwefelsauren Chinins. Sowohl die wäfsrige als weingeistige Lösung, welche beide leicht filtrirbar und dünnflüssig sind, besitzen die merk- würdige Eigenschaft, beim Erwärmen dick, wie Stärkeklei* 8ter zu werden, und zuletzt zu einer porcellanartigen, leicht zerreiblichen Masse einzutrocknen. Der trockne Rückstand ist in kaltem Wasser und Weingeist wieder leicht löslich und die Lösungen zeigen beim Erwärmen die gleiche Er- scheinung. Die wäfsrige Lösung dieser Substanz, welche wir vorläufig Stibäthjbäure nennen wollen, giebt mit Schwe- felwasserstoff vermischt, einen hellgelben Niederschlag, wel- cher einen höchst unangenehmen, mercaptanähnlicheu, lange anhaftenden Geruch besitzt und sich sehr leicht sowohl in Kali als Schwefelkalium löst. Sättigt man die wäfsrige Lö- sung der Stibätbylsäure genau mit Kali und dann mit Schwe- felwasserstoff, so erhält man ein äufserst leicht lösliches Sulfosalz, welches eine grofse Neigung zu kryslallisiren besitzt. Wird der Schwefelniederschlag unter der Glocke über Schwefelsäure getrocknet, so erscheint er als ein sehr schönes, hellgelbes Pulver; im Wasserbade verändert er seine Farbe und wird braun wie Kermes. Raudiende Sal- petersäure zersetzt die Substanz unter Feuererscheiuung; beim Erhitzen derselben über der Spirituslampe erhält man

348

ein flüssiges Destillationsproduct, welches alle Eigenschat ten des Schwefeläthyls besitzt, und als RQcksland bleibt SchwefelantimoD.

Verniischt man die wäfsrige LOsaug der Stibäthjlsäare mit concentrirter Salzsäure, so scheidet sich augenblicklich eine gelbliche, ölige, schwere Flüssigkeit aus. Dieselbe ist in reinem Wasser löslich; setzt man aber zu der Ldsong wieder concentrirte Salzsäure, so erhält man sogleich wie- der die ölige Substanz.

Die sjrupartige Masse, welche nach dem Verdunsten der ätherischen Lösung zurückbleibt, und welche gleichzei- tig mit der Stibäthjlsäure bei der freiwilligen Oxjdation gebildet wird, ist im Wasser kaum löslich; sie löst sich aber, wie schon angegeben, leicht in Aether und ebenso auch in Weingeist, auch wird sie von einer wäfsrigen Ka- lilösung leicht aufgenommen. Wird die alkalische Lösung einige Zeit digerirt und hierauf mit verdünnter Schwefel- säure schwach übersättigt, so entsteht ein weifser Nieder- schlag, welcher mit concentrirter Salzsäure sogleich eine flüssige, in Wasser untersinkende Chlorverbindung bildet.

Kalte, verdünnte Salpetersäure zeigt auf das Slibätbjl keine Wirkung. Beim Erwärmen aber erfolgt unter schwa- cher Entwicklung von salpetriger Säure vollständige Lö- sung. Wird dieselbe gelinde verdunstet, so erhält man sehr schöne, farblose, durchsichtige Krystalle, welche in salpctersäurehaltigem Wasser schwer löslich sind, sich aber sehr leicht in reinem Wasser lösen. Aus der wäfsrigen Lösung krystallisirt die Verbindung in ausgezeichnet sdiö- nen, grofsen, rhomboidalen Krystallen; dieselben besitzen einen bittern Geschmack, reagiren schwach sauer auf Lack- mus und schmelzen schon bei 40 50° zu einer schweren, {arblosen Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer durch- sichtigen, krjstallinischen Masse erstarrt. Wird dieselbe mit wenig Wasser übergössen, so wird sie weifs und nach einiger Zeit erhält man wieder die ursprünglichen Krystalle. Diese Verbindung ist ein salpelersaures Salz; Schwefelsäure scheidet aus derselben Salpetersäure aus, und setzt man

349

ZU einem Krystall etwas grünen Vitriol, dann Wasser und Schwefelsäure, so erhält man die bekannte Beaction auf Salpetersäure.

ViTir fibergehen ' weitere Reactionsversuche, deren wir noch mehrere mittheilen könnten. Das Gesagte mag vor der Hand gentigen zum Beweise, dafs das Stibäthyl alle Eigenschaften eines selbstständigen Badicales, gleich dem Kakodjl, besitzt, und wir hoffen bald nähere Mittheilun- gen tiber die verschiedenen Verbindungen machen za kön- nen. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs auch Methyl und Amyl auf gleiche Weise mit dem Antimon verbunden wer- den können; auch lassen sich wahrscheinlich andere Me- talle nach derselben Methode in organische Verbindungen überführen.

III. Ueber die Entladung der Franklin' sehen

Batterie; i?on P, Riejs.

JLlie nach Franklin's Vorschlag aufgestellte elektrische Batterie besteht aus einzelnen isolirten leydener Flaschen (oder Batterien), die in eine Beihe gestellt und so mit einander verbunden sind, dafs der Knopf der ersten Flasche mit dem Conductor der Elektrisirmaschine, der Knopf je- der folgenden Flasche mit der äufsern Belegung der ihr in der Reihe vorangehenden, die äufsere Belegung der letz- ten Flasche mit der Erde in leitender Verbindung steht. Wird von dem Conductor positive Elektricität dem Inne- ren der ersten Flasche zugeführt, so geht von ihrer äufse- reu Belegung positive Elektricität fort xmi häuft sich im Inneren der zweiten Fasche an, von deren äufseren Bele- gung positive Elektricität in die dritte Flasche geht und so fort. Nachdem in dieser Weise alle Flaschen geladen wurden, kann man die Verbindungen derselben aufheben und, wie in der gewöhnlichen Batterie, alle innere Bele-

350

gungen der Flaschen mit einander, nnd ebenso alle SoCsere Belegungen verbinden, um sie sodann gemeinscbaftlidi za entladen. Diese Batterie, auch Cascadenbatterie und Fla- schensäule genannt, hat nicht den practischen Werth, den man ihr beigelegt hat. Obgleich nur die erste Flasche di- rect vom Conductor geladen wird, so erfordert diefs, weno es auf stärkere Ladungen ankommt, mehr Zeit und eine viel gröfsere Wirksamkeit der Elektrisirmaschine, als wenn alle Flaschen direct zu demselben Grade geladen wOrdeo. Franklin, dem nicht leicht Etwas entging , das im Kreise seiner Beobachtungen lag, hatte diefs wohl bemerkt und seine Batterie verworfen, weil die Flaschen einiges Widerstreben (some reluctance) Sufserten, sich laden za lassen'). Diefs ist von den Physikern nicht beachtet wor- den, die sich nach ihm mit der Batterie beschHftigt haben. Neuerdings hat die Batterie ein theoretisches Interesse er- halten, indem Dove ihre Entladung versuchte bei dersel- ben Anordnung, die zu ihrer Ladung dient, und in Bezug auf Schlagweite und Erwärmung sehr einfache Gesetze anf- stellte^). Ich habe, in Folge dieser Angaben, Versuche angestellt, die ich ausführlich miltheilen will, ehe ich die Gründe angebe» die mich abhielten, aus ihnen ein Gesetx abzuleiten ^ ).

1 ) £arper/m, and observat. 5'^ ed. 25. 29.

2) Poggend. Annalen 72. 406.

3) Hr. Knochenhauer hat vor Kurzem eine Menge kiehergchdnger Beobachtungen initgetheilt und durch complicirte Formeln dartattclci Tersucht. (Annalen 79. 354). Ich mnfs diese Akhandluag auf äeb be- ruhen lassen, wie ich es bereits mit der groiseD Zabl vcurhei^gclinidcr Arbeiten desselben Verfassers su thun Jur nothig fand« Diese Abband^ lungen enthalten nämlich sehr verwickelte Versuche, die «if die wül- kGrlichste W^eise, häufig unter Vernachlässigung bekannter nnd bewSbrter Satze der Elektricitatslehre , zu Angriflen auf neoerdiogs gewonnene Er- fahrungen benutzt werden. Ab Vertheidiger dieser SSize und Er&bro»- gen aufzutreten, wurde ich nur dann für gerechtfertigt halten, wenn mir die Angriffe an sich gefährlich erschienen, oder wenn sie irgendwo An- klang fanden. .Dafs Letzteres bisher nicht der Fall gewesen, ist ans do Iftepertorien der Physik, am klarsten aus Muller's Bericht Cber die neusten Fortschritte der Physik ( Braoaschwcig 1849) so erteken, ■■

351

VersuGhe im Schliefflangabogen«

Vier leydener Flaschen, jede von 14- D F«fs Belegung, wurden auf 444 "^o^I breite, anf GlasfÖfsen isolirte, Metall- teller gestellt und darch drei KnpferdrShte (von 21 Zoll Länge x7 Liin* Dicke) zu einer Franklin'schen Batterie ver- bunden wie Fig. 5, Taf. IV. zeigt. Mit dem Knopfe t^ war der Conductor der Maschine während der Ladung in Ver- bindung gesetzt, von der äufseren Belegung a^ ging ein Draht zur Maafsflasche, deren Kugeln 4 Linie von einander stau- den. Es wurden Ladungen der Batterie angewandt, die 1 bis 3 Entladungen der Maafsflasche verursachten. Bei Versuchen, die mit einander verglichen wurden, blieb die Ladung constant. Nach der Ladung wurde der Schliefsungs- bogen angelegt, der, wo es nicht anders gesagt idt, voll- kommen zur Erde abgeleitet war. Das eine Ende des Bo- gens wurde durch den Entladungsapparat mit dem Knopfe t ^ der ersten Flasche verbunden, nachdem das andere Ende an die äufsere Belegung des ersten, zweiten u. s. f. Flasche angelegt worden war, was durch die Angabe bezeichnet wird, dafs eine, zwei u. s. f. Flaschen benutzt werden. Vor der Entladung der benutzten Flaschen wurden die übri- gen von ihnen getrennt, oder, was merklich denselben Er- folg hatte, ohne Lösung der Verbindung entladen.

Erwärmung, Versuch l. Ein empfindliches elektrisches Thermometer wurde in den Schliefsungsbogen eingeschaltet Die Batterie wurde geladen bis zwei Funken an der Maafs- flasche fibergegangen waren.

Erwarmuog im Schlie-

utzte Flaschen.

fsungsbogen.

VerbSltoIfs d. Mitlel

1

7,5 7,4 7,7

1

2

12,8 11,9 12,8

1,7

3

15,4 15,3 15,8

2.0

4

21,6 22,3 21,4

2,9

welchem letztem Werke aach der W^erth der, einem fluchtigen Leser Tielleicht auflallenden, Uebereinstimmung von Knochenhauer's Formeln mit seinen Beobachtungen in das rechte Licht gestellt worden ist.

352

Während also 1 bis 4 Flaschen benatzt wurden, nahm die Erwärmung von 1 bis nahe 3 zu.

Versuch IL Die absolute Grobe der Erwärmung hängt von der Beschaffenheit des SchlieÜBungsbogens ab. Als der Bogen durch einen Platindraht von 116 Lin. Länge, 0,0185 Halbmesser verlängert war, wurden bei derselben Ladung, wie früher, die folgenden geringeren Erwärmungen be- trachtet.

Erwärmung im Schlie*

Bcnolzte Flasclira.

Isangsbogen.

Terbältnil* i. MiKel.

1

4,6 5,0 5,0

I

2

8^2 8,0 8.0

1,7

3

11,8 11,4 11,2

2,3

4

14,6 15,3 15,1

3,0

Versuch III. Ebenso hängt aber die Erwärmung im Schliefsungsbogen von der Beschaffenheit der Zwischen- drähte ab, welche die einzelnen Flaschen mit einander ver- binden. Der Platindraht wurde aus dem Schliefsungsbo- gen entfernt und zum ersten Zwischendrahte (a^ t , der Fi- gur 5 hinzugesetzt.

Erwärmung im Schlie-

utzte Flaschen.

fsungsbogen.

VerbSlmiT« d. Mittel.

1

7,5 7,3 7,5

2

7,8 7,3 7,9

1.7

3

11,0 11,0 11,0

2,4

4

13,2 14,0 13,6

3,0

I^ie erste Horizontalreihe gehört begreiflich nicht hier- her, da bei Benutzung Einer Flasche kein Zwischendraht vorhanden ist.

Versuch IV. Es wurden drei Batterien, von denen jede nahe 3 GEufs innerer Belegung enthielt, einzeln isolirt und zu einer Franklin 'sehen Batterie mit einander verbun- den. Man hat also in Fig. 5 die vierte Flasche entfernt und a^ mit der Maafsflasche verbunden zu denken. Bei der Ladung gingep 3 Funken in die Maafsflasche Ober.^

fie.

353

ErwSrmuDg im Scblie-

Benutzte Batterien.

fsuDgsbogen.

VerhSl(iii& d. Mittel.

1

7,3 7,3

1

2

13,3 13,0

1,8

3

17,7 18,5

2,5

Aus den Versuchen I bis IV. folgt, dafs die ErwärmaDg im SchliefsuDgsbogen der hier aDgewandten Batterie in ge- ringerem Verhältnisse irächst, als die Zahl der benutzten Elemente.

Schlagtoeite, Es wurde die Batterie aus 4 Flaschen (Vers. I.) angewendet, im Schliefsungsbogen aber an der Stelle des Thermometers ein Funkenmikrometer angebracht. Die Verbindung des Bogens mit den Flaschen wurde auf yerschiedene Weise bewerkstelligt.

Versuch V. Die eine Kugel des Mikrometers wurde mit dem Knopf i^ der ersten Flasche verbunden, die an- dere Kugel mit einer der äufseren Belegungen. Die Ku- geln wurden in solcher Entfernung von einander gestellt, dafs zwischen ihnen ein Funke überging zugleich mit dem Funken der Maafsflasche , der die bestimmte Ladung der Batterie anzeigte. Die Drähte, welche das Mikrometer mit den Flaschen verbanden, waren in der ersten Versuchs- reihe so lang, dafs das Mikrometer bei allen Versuchen an derselben Stelle stehen bleiben konnte, in der zweiten wurde der eine Draht bis 3 Zoll verkürzt, so dafs das Mikrometer stets sehr nahe der äufsern Belegung der letz- ten benutzten Flasche stand. Die Schlagweiten sind nur bis 0,1 Linie gesucht, so dafs also die in der folgenden Tabelle angegebenen Weiten, um 0,1 vermehrt, keine Ent- ladung im Mikrometer zuliefsen.

Benutzte Flaschen. Schlagweite in par. Lin. Verhältnifs d. Mittel.

1 0,4 0,4 1

2 1,0 1,0 2,5

3 1,7 1,7 4,2

4 2,5 2,6 6,4 Diese Untersuchungsart giebt zu grofse Schlagweiten, weil dabei der Schliefsungsbogen nothwendig isolirt ist, und

PoggendorfFs Annal. Bd. LXXX. 23

354

kurz vor dem Ueberspriogen des Fankens in der Maafs- flasche im Innern der ersten Batterieflasche eine gröfsere Dichtigkeit herrscht, als der daselbst befindlichen Elektri- citätsmenge zukommt. Es wurde daher die folgende bes- sere Methode zur Bestimmung der Schlagweite angewandt. Versuch VI. Die eine Kngel des Mikrometers wnrde mit dem Entladungsapparat, die andere mit einem zur Erde abgeleiteten Drahte Tcrbunden. Nachdem die Batterie die ihr bestimmte Ladung erhalten hatte, wurde der abgelei- tete Draht an eine der äufseren Belegungen der Batterie angelegt und, nach Entladung der ausgeschlossenen Fla- schen, durch den Entladungsapparat die Verbindung der isolirten Mikrometerkugel mit dem Knopfe t^ der ersten Flasche hergestellt. Es wurde die gröfste Entfernung der Kugeln gesucht (bis 0,1 Lin.) bei welcher eine Entladung durch das Mikrometer stattfand.

Benulzte Flaschen. Sclilagweite in Linien. VerhältDifs.

1 0,3 1

2 0,9 3

3 1,4 4,7

4 2,3 7,7

Versuch VII. Am leichtesten wurde die Schlagweite ge- funden, wenn die eine Mikrometerkugel mit einem isolir- ten drehbaren Drahte, die andere mit einem zur Erde ab- geleiteten Drahte verbunden war. Nach der Ladung der Batterie wurde der erste Draht mit dem Knopfe der er- sten Flasche, der zweite mit einer äufseren Belegung in Berührung gesetzt, und durch behutsames Nähern der Ku- geln des Mikrometers eine Entladung der Batterie herbei- geführt.

Benutzte Flaschen

Schlagweite

in Linien.

Verhäh

Inifs d. Miltel

1

0,3

0,3

1

2

0,85

0,95

3

3

1,4

1,4

4,7

4

2,2

2,3

7,5

Versuch VIII. An der in Versuch IV gebrauchten, aus

355

3 Elementen bestehenden, Batterie wurden folgende Schlag- weiten gefunden.

BenuUte Elemente.

Scillag weile.

Verhällnifs.

1

0,4

1

2

1,2

3

3

1,8

4,5

In den Versuchen V bis VIII ist bei Benutzung Ton 1 bis 3 Elementen die Schlagweite noch nicht bis zum fünffa- chen, bei Benutzung von 1 bis 4 Elementen nicht bis zum achtfachen gestiegen.

Versuche im Zwischendrahte.

Versuch IX. In der aus 4 Flaschen bestehenden Bat- terie (Fig. 5.) wurde das Therinometer in den Zwischeu- draht a^tj, zwischen der ersten und zweiten Flasche, ein- geschaltet und die Erwärmung bei der Entladung der Bat- terie durch den Schliefsungsbogcn beobachtet. Es konnte hier nur die Ladung gebraucht werden, die 1 Funken in der Maafsflasche erzeugte, weil bei stärkerer Ladung Elek- tricität am Thermometer ausströmte. Bei Anwendung Einer . Flasche wurde der Schliefsungsbogcn hinter dem Thermo- meter angelegt, so dafs sich letzteres im Schliefsungsbogcn befand.

Benutzte Flaschen 12 3 4

Erwärmung 3 4 5,5 7,5.

Versuch X. An die Stelle des Thermometers wurde das Funkenmikrometer gesetzt, so dafs also der Zwischen- draht unterbrochen war; während der Ladung wurde die Lücke durch ein Drahtstück ausgefüllt, das darnach isolirt entfernt wurde. Es wurde die gröfste Entfernung der Kun- geln des Mikrometers gesucht, iei welcher die Entladung der Batterie durch den Schliefsungsbogcn einen Funken im Mikrometer erzeugte. Diese Entfernung giebt die Schlag- weite im Zwischendrahte.

23*

356

Bcoolsle FlMchen.

Schlafwidte in Linien.

Yetliilaiirs

1

0,3

1

2

0,9

3

3

1,4

4.7

4

2,2

7,3

Versuch XL Um genanere Werthe der Erwärmung zu erhalten wurde die Batterie aus 3 Elementen (Versuch IV) gebraucht, der eine- Ladung gegeben wurde , bei welcher in der Maafsflasche 3 Funken übergingen.

BenntKte Elemente. Erwärmang. Yerhältnifs d. Mittel.

1 8 8 1

2 13,5 13,8 1,7

3 19 20 2,4 Versuch XII. Im ersten Zwischendrahte dieser Batterie

wurden- die folgenden Schlagweiten gefunden. Die Ladung war in der zweiten Reihe gröfser als in der ersten.

Benutzte Elemente. Schlagweite in Linien. Yerhältnifs d. Mittel.

1 0,25 0,4 1

2 0,80 1,2 3,1

3 1,10 1,7 4,3. Diese Versuche im Zwischendrahte entsprechen genau den im Schliefsungsbogen angestellten. Auch hier nimmt die Erwärmung in geringerem Verhältnisse zu, als die Zahl der benutzten Elemente, und die Schlagweite erreicht bei 3 Elementen nicht das fünffache, bei 4 Elementen nicht das achtfache der Schlagweite, die bei Benuu^.ng eines Elementes gefunden wurde.

Versuche an einer Batterie mit ungleichen Elementen.

Bisher war die Batterie aus gleichen Elementen zusam- mengesetzt; jedes Element bestand aus einer Flasche, oder aus mehreren gleichartig mit einander verbundenen Fla- schen. Nun wurde eine Batterie aus 2 Elementen gebil- det und die Gröfse des einen Elementes verändert.

Versuch XIII. Zum ersten (an dem Conductur der Ma- schine anliegenden) Elemente wurde eine Flasche von 1^ OFufs Belegung genommen und das zweite Element aus

357

1 bis 4 gleichen Flaschen zasammengesetzt (Fig. 6.) Der Zwischendraht aii^ war hier, wie früher, 21 Zoll lang, .yV ^^^' ^ic^* ^s wurden folgende Erwärmungen an einem im Schliefsungsbogen eingeschalteten Thermometer bei glei« eher Ladung der Batterie beobachtet.

Zahl der Flaschen des

Erwärm

ung

sweiten Elementes «a

fl.

öKt;.

1

- 23,8

24

23,9

2

19,0

18,3

26,3

3

17,3

17,0

29,6

4

16,2

16,5

33,6.

Versuch XIV. Das zweite Element wurde constant ge- nommen, das erste hingegen aus 1 bis 4 Flaschen gebildet. (Fig. 7.) Am Schliefsungsbogen wurden folgende Erwär- mungen beobachtet.

^ahl der Flaschen

des

Erwärmung

ersten ElemeDtes

»,.

e.

öVf..

1

24

24

2

18,5

18,2

25,9

3

16,4

16,6

28,6

4

15,8

15,7

31,4.

In beiden Versuchen nimmt die Erwärmung mit vermehr- ter Flaschenzahl des veränderlichen Elementes ab, so aber, dafs das Product der Erwärmung in die Quadratwurzel der Zahl der Flaschen merklich zunimmt.

Die Resultate der mitgetheilten Versuche weichen be- deutend von den Gesetzen ab, die Dove in der oben an- geführten Abhandlung als allgemeingültig für die Franklin'- sehe Batterie aufgestellt hat.

Die Erwärmung sowohl im Schliefsungsbogen als im Zwischendrahte soll proportional der Zahl der gleichen Ele- mente zunehmen, die zur Entladung benutzt werden; hier ist die Erwärmung in geringerem Verhältnisse wachsend beobachtet worden. Bei 1 bis 4 Elementen stieg die Er- wärmung nur von 1 bis 3. (Vers. I bis IV, IX, XL)

358

Die Scbiagweiten im Scbüefsungsbogen und Zwischeor draht sollen im Verhältnisse der Quadrate der benutzten Elemente stehen, hier ist diefs Verbältnifs viel kleiner ge- funden worden. Bei l bis 4 Elementen nahm die Schlag- weite von 1 bis höchstens 7,7 zu (Vers. V. bis VIII, X, XII.)

Bei veränderter Gröfse eines Elements einer aus zwei Elementen bestehenden Batterie soll das Product der Er- wärmung im Schliefsungsbogen in die Quadratwurzel der Flächengröfse des Elementes constant sejn ; hier ist das Pro- duct mit steigender Flächengröfse zunehmend gefunden wor- den (Vers. XIII, XIV.) Diese Abweichungen werden nicht auffallen, wie die folgende Auseinandersetzung gezeigt ha- ben wird, dafs eine unbestimmte Aufgabe vorgelegen hat, für die also keine allgemeine Lösung zu erwarten ist.

Ursache der EDtladungserscheinungen der Franklin 'sehen

Batterie.

Eine leydener Flasche nimmt in ihrem Inneren so lange Elektricität auf, bis ihr Knopf eine bestimmte elektrische Dichtigkeit erreicht hat. Die aufgenommene Elektricitäts- menge ist sehr gering, wenn die äufsere Belegung der Flasche isolirt ist, wird um desto gröfser, ein je längerer Draht an die äufsere Belegung angelegt worden, und erreicht ihr Ma- ximum, wenn der Draht mit der Erde in Verbindung ge* setzt worden ist. Es folgt hieraus, was sich auch leicht direct nachweisen liefse, dafs bei einer bestimmten Elek- tricitätsmenge im Inneren der Flasche die Dichtigkeit an ihrem Knopfe desto gröfser ist, eine je geringere Ableitung ihre äufsere Belegung erhalten hat. In der That ist nun die. Franklin'sche Batterie, in der Art benutzt, wie es die aufgeführten Versuche zeigen, nichts anderes als eine solche einzelne Flasche mit veränderliches Ableitung ihrer äofse- ren Belegung. Aus je mehr Elementen eine solche Batterie besteht, desto geringer ist die Ableitung, desto mehr Wi- derstreben, nach Frank lin's Ausdruck, hat ihr erstes Ele- ment gegen die Ladung, und desto gröfser ist bei constanter Ladung die elektrische Dichtigkeit am Knopfe dieses Ele-

359

ineDts. Hat man daher eine Batterie aus 4 Elementen (Fig. 5.) geladen, und benutzt nur 3 Elemente bei der Entladung, indem man den Schliefsungsbogen an a^ anlegt, so sinkt augenblicklich die Dichtigkeit am Knopfe $, und man mufs daher eine kleinere Schlagweite finden, als wenn der Bo< gen an a^ angelegt worden wäre. Aus gleichem Grunde mufs die Schlagweite noch kleiner sejn, wenn der Bogen au a^ und endlich an a^ angelegt wird. Man könnte glau- ben, dafs ein allgemein gültiges Gesetz für diese Abnahme der Schlagweite zu finden wäre, wenn die Bedingung ge- stellt ist, dafs alle Elemente der Batterie gleichartig und gleichgrofs, alle Isolirteller und Zwischendrähte gleich ge- nommen werden. Diefs ist nicht der Fall. Ich habe in einer früheren Untersuchung ^ ) einen ähnlichen aber viel einfachereren Fall behandelt. Einer elektrisirten Metall- scheibe war eine gleiche, vollkommen abgeleitete Scheibe parallel gegenübergestellt, und ich suchte die Schlagweite oder die ihr proportionale elektrische Dichtigkeit an einem Punkte der elektrisirten Scheibe bei verschiedener Entfer- nung der Scheibe von einander. Die Abnahme der Dich- tigkeit mit zunehmender Entfernung zeigte sich verschieden nach der absoluten Gröfse der Scheiben, nach der Lage des Punktes, an dem die Dichtigkeit untersucht wurde, und endlich nach der Lage des Ableitungsdrahtes der zweiten Scheibe, so dafs ein Gesetz für diese Abnahme nicht auf- gestellt werden konute. Es ist daraus zu schliefsen, dafs bei der Franklin'scben Battere die Abnahme der Schlag- weite des ersten Elementes nach der Zahl der benutzte^ Elemente abhängig sejn wird von der Gestalt und abso- luten Gröfse der Elemente und Isolirteller und von der Form und Länge der Zwischendrähte, so dafs ein Gesetz dieser Abnahme nur für den angewandten Apparat Geltung bat« Dasselbe, was für die Dichtigkeit am Knopfe des er- sten Elementes, also für die Schlagweite im Schliefsungs- bogen, gilt auch für die Dichtigkeit am Knopfe eines fol-

1) Pogg. Ann. Bd. 73, S. 379-398.

>

will !■ '^ daCi Aesdbe Baut

J9

cntljdcB, eine kleiiiere Scfcbfweife Wt als wenn dcrEri- bduDgrCoDke zwiscfceD Scfccibcn fibcrgckt, atnd liafe &fr wSnBOBg iai SMlefamphaten hn zweiten Falle grS&cr H ab in ertten. Dali nit der Dichtigkeit in der ßattmi der Se Scblagweite proportional ist, die Entladonssdaaff der Batterie iai omgekeiirten Yeriiältnils steke, fcabe kk laenit war dretzekn Jahren angenommen ' } and scifda durch eine grolse Menge ron Versuchen bestätigt gefondm Diese Versodie, ans welchen ich die Gesetze der dcbn- sehen Erwärmung ableitete, bin ich auf das Sorgfähigrie bemObt gewesen Ton einer Aenderung der partikulira Scblagweite frei zu halten. Deshalb wurden Gberall die Fli- ehen, zwischen welchen die Entladung eintritt, nngeändcrt gelassen 9 und die Näherung dieser Flächen wurde nieads mit der Hand, sondern durch einen fallenden Körper am- gefnhrt. Ganz im Gegensatze hierzu ist es nun bei der Frnnkliu'schen Batterie die partikuläre Scblagweite allein, die geändert wird, da man die mittlere Dichtigkeit der di- rect om Conductor geladenen Flasche bei zu Tergleichoi- den Versuchen constant erhält. Die Schlagweite dieser Flantiio wird nach der obigen Betrachtung geändert durch Aenderung der Ableitung ihrer äufseren Belegung, und ist nnxwcifelhofl die Ursache der Verschiedenheit der beob- nehlelen Erwärmungen. Es folgt hieraus, dafs ebenso we-

I) Piiffg. Ami. 43. 79. tt) PuN«. Ami. 40. 351.

361

Dig wie fdr die Schlagweite, ein allgemeines Gesetz der Erwärmung nach der Zahl der benutzten Elemente der Bat- terie gefunden werden kann. Doch war es denkbar, dafs unter gegebenen Bedingungen zwischen Schlagweite und Erwärmung eine bestimmte Beziehung stattfände, und so habe ich früher beiläufig^) diese Beziehung angedeutet für den Fall, wo beide Erscheinungen in dem Zwischendrahte einer Franklin'schen Batterie beobachtet wurden. Auch diese Beziehung findet nach den hier vorgelegten Versuchen nicht allgemein statt und es ist darnach zu schliefsen, dafs Vor- aussetzungen, die in Bezug auf die mittlere elektrische Dich- tigkeit einer geladenen Flasche gelten, nicht auf die Dich- tigkeit einzelner Theile ihrer Belegung übertragen werden dürfen.

Für die Erwärmung und Scblagweite im Schliefsungs- bogen und Zwischendrahte einer aus gleichen Elementen bestehenden Franklin'schen Batterie lassen sich also keine Gesetze aufstellen, die nur die Zahl der benutzten Elemente in sich begreifen. Ein Gleiches gilt für eine aus zwei Ele- menten bestehende Batterie, in welcher die Gröfse eines Elementes verändert wird, wie ein Blick auf Fig. 6 und 7 lehrt. In Fig. 6 ist es eine constante Flasche, deren äufsere Belegung eine Ableitung von 1 bis 4 Flaschen erhält, an deren Knopfe daher eine veränderliche partikuläre Schlag- weite eintritt, welche die Ursache der im Schliefsungsbo- gen beobachteten Erwärmungen ist. Zusammengesetzter ist der Fall der Fig. 7, der nur zum Theil hierher gehört. Es wird ein Element, das aus 1 bis 4 Flaschen besteht, am Conductor mit conslanter Elektricitätsmenge geladen; die mittlere elektrische Dichtigkeit des Elementes nimmt ab im Verhältnifs der zunehmenden Flaschenzahl und es müfste daher nach dem aligemeinen Gesetze die Schiagweite und Erwärmung im gleichen Verhältnisse abnehmen. Nun aber bildet eine constante Flasche die Ableitung der äufseren Belegung dieses Elementes. Die Ableitung ist veränderlich im entgegengesetzten Sinn mit der Flaschenzahl des Ele-

1) Pogg. Ann. 76. 484.

362

mentes denn offenbar ist Eine Flasche für Eine Flasche eine gröfsere Ableitung, als für 2, 3 oder 4 gleiche Flaschen. Da nun nach dem Obigen die partikuläre Schlagweite ei- nes Elementes zunimmt mit Verminderung seiner Ableitung» so mufs Scblagweite und Erwärmung hier in einem kleine- ren Verhältnisse abnehmen, als dem der zunehmenden Fla- scheuzahl des Elementes. Ein allgemeines Gesetz dieser Abnahme kann hier, wie überall, wo partikuläre Schlag- weiten im Spiele sind, nicht erwartet werden.

Die Betrachtung der Entladung der Franklin'schen Bat- terie hat bisher den Einflufs der partikulären Schlagweite auf die Erwärmung gezeigt, einen Einflufs, der schon frü- her bekannt war und der sich einfacher und schlagender, als an der Franklin'schen, an der gewöhnlichen Batterie nachweisen läfst, indem man die Flächen ändert zwischen welchen der Entladungsfunke erscheint, oder die Wirkun- gen von zwei gleichen Flaschen vergleicht, die eine ver- schiedene Glasdicke besitzen. Aber ein Versuch ist noch nicht besprochen, der, wie die frühereu, von Dove her- rührt, und eine merkwürdige Bestätigung eines für die Ent- ladung der Batterie überhaupt sehr wichtigen Satzes liefert. Wir haben gesehen (Versuch 111.), dafs ein dem ersten Zwischendraht hinzugefügter Platindraht die Erwärmung im Schliefsungsbogen sehr bedeutend verminderte. Da weder die Menge noch Dichtigkeit der Elektricität im Bogen ver- ändert werden kann durch die Zeit, in welcher die Elek- tricitäteu sich im Zwischendrahtc ausgleichen, so beweist die beobachtete Verminderung der Erwärmung die Abhän- gigkeit, in welcher die auf einander folgenden Partialent- ladungen, welche die Gesammtentladung bilden, von ein- ander stehen. Jede Partialentladung einer Batterie kann erst dann eintreten, wenn die ihr vorangehende Partialent- ladung vollendet, also die Elektricität im Schliefsungsbo- gen zur Ruhe gekommen und der anfängliche Ladungszu- sland der Batterie wiederhergestellt ist. Diefs ist der Satz, den ich aufgestellt^) und durch neuere Versuche über die

1) Pogg. Ann. 78. 433.

363

Entladung in einem dauernd unterbrochenen Schliefsungs- bogen bestätigt habe. Die Wirkung der Entladung der Franklin'schen Batterie ist demnach folgendermafsen abzu- leiten:

Die Wirkung im Schliefsungsbogen wird allein durch die Entladung des Elementes der Batterie hervorgebracht, an dessen innere Belegung der Schliefsungsbogen angelegt ist. Elektricitätsmenge, mittlere Dichtigkeit, partikuläre Schlagweitc dieses Elementes haben denselben Einflufs auf die Entladung, wie in der gewöhnlichen Batterie. Jede Partialentladung führt eine bestimmte Menge von Elektri- cität aus dem Inneren des Elementes in den Schliefsungs- bogen; die Partialentladung ist vollendet und eine neue erfolgt, wenn jene Elektricitätsmenge den Schliefsungsbo- gen durchlaufen hat, und der Ladungszustand des Elements wiederhergestellt ist. Das Letztere geschieht durch Fortfüh- rung einer dem Ladungszustand entsprechenden Elektrici- tätsmenge aus der äufseren Belegung des Elements, und wird im ersten Zwischendrahte zugleich mit der Ausgleichung der Elektricitäteu in den übrigen Zwischendrähten, ausge- führt. Die Dauer jeder Partialentladung und damit die ih- rer Summe, welche die Wirkung der Gesammtentladung bestimmt, ist daher abhängig von der Beschaffenheit sowohl des Schliefsungsbogcns als der Zwischendrähte. Dasselbe gilt für eine Wirkung im Zwischendrahte, so dafs auch hier die Zeit, in welcher die einzelnen Partialentladungeu einander folgen, von der Zeit abhängt, in der die Ausglei- chung der Elekricitäten in allen Zwischeudrähten stattge- funden, und die Entladung den ganzen Schliefsungsbogen durchlaufen hat.

364

IV. Beschreibung des seit 1845 zu Sans - Souci

aufgestellten Regen- und TVindmessers ;

construirt von Legeier,

Königl. HofgarlDer und Lehrer ao der Köolgl. Gärtner -Lehr -Anstalt.

JLlie Einrichtung dieses Instruments (Taf. IV. Fig. 8.) ist folgende. Das cjlinderfönnige AufFangegeföfs A von star- kem Zinkblech, 1,129 par. Fufs im lichten Durchmesser, 9 par. Zoll hoch, enthält eine Grundfläche von etwa 1 QFufs und hat einen Boden, dessen Durchmesser um 4 Zoll grö- fser ist, als der Durchmesser im Lichten. Aufserhalb am Gefkfse befindet sich an einem platten Eisenstabe eine Windfahne AT, deren unterer Rand 10 Zoll vom Boden entfernt ist. Die Fahne selbst ist 15 Zoll breit und 8 Zoll hoch; der Fahne gegenüber, ebenfalls aufserhalb, ist eine unten verschlossene Röhre B angebracht, 2 Zoll im Durch- messer, welchey um der Schwere der Windfahne das Gleich- gewicht xa halten, mit Stückchen Eisen oder Blei gefüllt ist. Im Boden ist innerhalb des Gefäfses, dem Rande sehr nahe, *r Windfahne genau gegenüber, ein Loch angebradit, worM ein Ausgufsröhrchen a gelöthet ist, von f Zoll Länge gi^ \ Zoll Breite, weiches das in A gefallene Wasser geknell ausfliefsen macht, was man durch einen in A^ nach n sa schrägliegendeu zweiten Boden J erreicht. An dem Bodenraude nach unten zu ist ein Rand r senkrecht ange- löthet, 2^ Zoll breit, der die Oeffnung des Vertheilungs- gefäfses C deckt, und dadurch verhindert, dafs Schnee oder Regen in letzteres geweht wird. Das Vertheilungsgefäfs C, ebenfalls von Zinkblech, ist auf eine der Lokalität ange- messene Weise, unmittelbar auf dem Dache horizontal, und zwar so befestigt, dafs die (man sehe den Grundrifs R Fig. 9 Taf. IV.) in seinem Boden befindlichen 8 Löcher, mit Be- rücksichtigung der westlichen Abweichung, nach den 8 Him- melsgegenden zu stehen kommen. Die Seitenwände dieses Gefäfses 6 sind 2^ Zoll hoch und der Raum auf der con-

365

centrischen Kreisfläche von 2^ Zoll Breite, ist durch 1^ Zoll hohe Querwände q, in 8 Abtheilungen getheilt, worin sich in der Mitte das Ausflufsröhrchen x, von 4 Zoll Durch- messer befindet. Der Anheftungspunkt für das Röhrchen ist der niedrigste in )eder Abtheilung, damit das durch a hineingelaufene Wasser sich schnell dahin begeben könne um abzufliefsen, und wird diefs leicht durch muldenförmi- ges Aushämmern der Bodenfläche jeder Abtheilung erreicht.

Sobald der Wind voll aus einer Himmelsgegend weht, und Hegen mit sich führt, wird das Wasser durch a in die- jenige Abtheilung gelangen, welche dieser Windrichtung entspricht; weht aber der Wind nicht voll aus einer Him- melsgegend, und schwankt er zwischen zwei oder mehre- ren Windrichtungen, so wird in diejenige Abtheilung das mehrste Wasser gelangen, welche mit der vorherrschend- sten Windrichtung übereinstimmt. Zu dem Ende ist A, im Mittelpunkte seines Bodens an eine gehärtete Eisenstange D, welche 4 Zoll im Durchmesser hat, durch die daran befindlichen eisernen Lappen y befestigt, und bewegt sich D in einer ebenfalls gehärteten Pfanne £, welche letztere durch einen eisernen Arm oder Träger T au einem Dach- sparren durch eine eiserne Platte H angeschraubt ist. Diese Pfanne überragt den kegelförmigen Theil von D um so viel, als nöthig ist, um zur leichten Bewegung in den dadurch gebildeten Raum d Oel giefsen zu können.

Die Ausflufsröhren x sind etwa 3 Zoll laug, und es befinden sich unter ihnen entweder unmittelbar dre 8 glä- sernen Mefscjlinder F, auf dem runden hölzernen Boden Cr aufgestellt, oder ihre Enden sind mit so langen und 7 Zoll weiten Glasröhren durch kurze Gummiröhren t ver- bunden, als die Entfernung von ihnen bis nach G hin er- fordert. Die Mefscjlinder sind 12 Zoll hoch, oben ohne umgebogenen Rand, 1 Zoll im Lichten weit und werden folgendermafsen getheilt.

Ist nämlich in A eine Linie hoch Wasser gefallen, so beträgt diefs für die Grundfläche von 1 D Fufs 12 Kubik- zoll; wiegt man hiervon den zehnten Theil, 1| Kubikzoll,

366

wdche bei 15* IL 23.7676 Gf«. wicsciL ab. imd f&üt die- ses ^Wasser in einen der an^e^rbcnen Crlinder, so nimmt CS etwa 1| Zoll Höhe ilarin ein. för welcben Stand dann aofserbalb am Crlinder. mit Bcrnckfklitisans der Canilla- litü, ein Stricb einse?cUiffen wird, und enthält der Cjlin- der onzefahr sechs Mal diese Höhe, wdche durch einge- schliffene Zahlen Ton 1 6 bezeichnet werden. Dem sechs- ten Theilnngsstri^ eesenöber ist ein mndes Loch einge- schlifFen. etwa -^ Zoll weit, woran ein 2^ Zoll langes und I- Zoll starkes Ansatzrohr e. ein wenig nach unten gerich- tet, mit Sieeellack angekittet wird, zu weichem Ende der obere Theil des Röhrcheos eine runde, muldenförmig ver- tiefte Platte erhält. Der ouiere Theil Ton e ist abgesdirSgt, damit der letzte Tropfen Wasser um so leichter abfallen könne. Die Länge zwi^hen )e zwei Theibtrichen wird mit einem MaaEsstabe balbirt und hier ein kürzerer Strich oder Pookt einseschliffen.

Eine Zehntel Linie ist gleich Hnnderttausendtel Linien, und kann dnrch diese Eintheilung ein am Abschätzen ge- Gbtes Auge die Länge der im Crlinder Torhandenen Was- sermenge, in Tansendtel - Linien ausgedruckt, bestimmen. Das fiber ^%y Linien in den CTÜnder gefallene Wasser flieEst durch e io den Behälter A\ welcher tou Zinkblech, inner- halb eine so weite Röhre s hat. dafs diese die Windstange D dnrchzosteckeu erlaubt. In K flieCst das Wasser dnrch die am oberen Rande befindliche concentrische Oeffnong w^ welche darch den Deckel v gebildet wird, der auf den Endpunkt Ton 2 aufsteckt. Durch den Hahn f wird das "Wasser abgelassen, mit einem der Cylinder gemessen, und die erhaltene Wasserhöhe dem)enigen Crlinder zugezählt, welcher übergelaufen ist. Sind 2 Cvlinder zugleich über- gelaufen, so mufs die stattgehabte vorherrschende Wind- richtung entscheiden. Munden die Röhrchen x unmittelbar in den Cylinder, so erhallen sie am Ende eine I7 ZU. hohe und 1^ ZU. weile Kappe g, in welche der obere Theil des Cjlinders gesteckt wird: das Ende des Röhrchens ragt ein wenig und zwar abgeschrägt hinein, damit andi hier

367

der letzte Wassertropfen abfallen könne. Mündet die Röhre nicht unmittelbar in den Cylinder, und ist sie mit Glas- röhren Yerb(;inden, so trägt das Ende der Glasröhren mit Siegellack angekittet eine dergl. Kappe, irelche den Zweck hat, dafs das in dem Cjlinder befindliche Wasser nicht so leicht verdunste, da in der Regel nur alle 24 Stunden die gefallenen Wassermengen eingetragen werden. Die Menge des, bei einer etwas langen Leitung dadurch ver- loren gehenden Wassers, da ein Theil desselben zur Be- feuchtung der Röhrenwände erfordert wird, bevor es in die Cjlinder fliefsen kann, wird durch einen Versuch fest- gestellt, und dieser Verlust entweder bei der Messung je- dem Cjlinder als ein beständiges Minus zugezählt, oder der erste Theilstrich bei allen um so viel niedriger ange* bracht.

Der durch A aufgefangene Schnee wird herausgenom- men, geschmolzen, und das Wasser mit einem getheilten Cjlinder gemessen; um hierbei zu A gelangen zu können, mofs sich im Dache eine verschliefsbare Luke befinden.

Auf Erfahrung begründet ist es vorzuziehen von irgend riner angemessen gelegenen horizontalen Fläche die darauf für 1 D Efs. gefallene Menge Schnee zu entnehmen und zu schmelzen, weil, wenn derselbe nicht sogleich in A schmilzt, viel davon, selbst während des Schneefalls, durch den Wind wieder herausgeweht wird, oder man kann für die Schuee- monate die Oeffnung von A, mit einem übergreifenden et- was gewölbten Deckel verschliefsen, der in der Mitte eine Oeffnung von einem halben Quadratfufs hat, wonach dann die gefallenen Schneemengen doppelt zu notiren sind.

Jede Kappe trägt aufserhalb am Rande eine der Him- melsgegend entsprechende Bezeichnung, und sind alle Kap- pen, der festeren Haltung wegen, durch den kreisförmigen Zinkstreifen m mit einander verbunden.

Der Boden G ist U ZU. stark, in der Mitte durchbohrt, um D durchzulassen, welche mit ihrer kegelförmigen me- tallenen Spitze auf der Unterlage h in einer kleinen Verr tiefang ruht. Das über k hinaus befindliche Ende derselben

Höh 4 ZO. starL and endet in enca geraden Zap- ien, der in das gabell&nnge Ende der Eisenstange D paust, ■nd daduidb beCestigt wird, daCs durch die Gabd and den bdbcmca Zapfen ein Loch Undnrchgckt, dnrdi welches nach der Vereinigang beider ein entsprechend starker Draht t gesteckt wird. Diese Torrichtnng unteribricht bei bedeu- tender Länge Ton D £e ■ggiiche Leitung Ton Elektridtät in das Innere des GebSndcSy und bewirkt zngleidi, dafs sich die Spitze von D nnr in k dreht, ohne zugleich mit dem Gewichte Ton Ä darauf zu iahen, indem der eigentUdie Stutzpunkt für ^ in C liegL

Am untersten Ende tou D ist eine Hfilse k angebracht, wdche mit einem Drahte daran befestigt wird. Hieran be- findet sich ein gekrümmter Draht J^ der mit seinem unte- ren Ende in die auf dem hölzernen Boden L befiodliche 4 ZIL breite. 1 ZIL hiihe« oben ausgeschweifte mit Sacd ausgefüllte Rinne n reicht, und hier, wenn er sich dreht, eine kleine Furche im Sande henrorbringt Die Richtung, in welcher Jf gegen D befestigt werden mufs, ist eine der Ebene der Windlahne entsesensesetzte, so daCs die Spitze Ton M dem Beobachter die Himmelsgegend anzeigt, aus welcher der Wind weht.

Die Himmeisgegenden sind auf L nach Grundrifs Z, (Fig. 10. Tat VI.) mit den oberen entsprechend bezeich- net, wodurch der Beobachter im Stande ist genau und leicht die statthabende Windrichtung aufzuzeichnen. Der Sand in der Rione n hat den Zweck, dafs man an den durch M darin hervorgebrachten kleinen Furchen, welche nach auf- gezeichneter Beobachtung wegen des ausgeschweiften Ran- des leicht mit dem Finger wieder zugestrichen werden kaun, auch die stattgehabten Schwankungen des Windes wahr- nimmt.

Um beim Durchlaufen des Windes durch die ganze Windrose festzustellen, ob dabei eine Drehaug nach Rechts oder Links stattgefunden habe, sind an den vier, 1 Fufs ho- hen und angemessen starken Säulen 0, bewegliche Drähte o angebracht, welche in einer Unterlage p so befestigt sind,

dafs

369

dafs'sie, aufgerichteti vou dem diesen Punkt in der Wind- rose durchlaufenden oberen Theil des Drahtes M erfafst und auf die Seile gelegt werden können. Stand also der Wind im Norden, und ist die ganze Windrose durchlaufen, so werden diese vier Drähte, wenn die Richtung durch W^esten ging, nach Rechts umgelegt sejn, und Links um- liegen, wenn die Richtung durch Osten stattfand, der Beob- achter nämlich in Norden aufgestellt gedacht, mit dem Ge- sicht nach Süden gewendet.

Der Boden L befindet sich auf eine angemessene Weise, doch unverrückbar, befestigt.

Dieser so construirte Regenmesser läfst demnach, ohne die stete Gegenwart des Beobachters zu erfordern, folgende Beobachtungen zu:

1) Das gefallene Regen wassor, oder sonstige Niederschläge werden, in Tausendtel-Linien ausgedrückt, von demje- nigen Cj'linder aufgenommen, welcher der dabei statt- gehabten Haupt Windrichtung entspricht.

2) Die Richtung des Windes wird genau nach der Him- melsgegend angegeben, und eine stattgehabte Wind- stille dadurch bemerbar gemacht, dafs der Zeiger keine Furche in dem Sande hervorbrachte.

§

3) Bei eingetretenem Durchlaufen des Windes durch die ganze Windrose wird festgestellt, ob diefs nach Rechts oder Links stattfand.

Nachstehende Tafeln enthalten die monatlichen Mittel der bisher mit diesem Wind- und Regenmesser gemachten Beobachtungen :

PogseodorfiTs AnnaL Bd. LXXX.

24

ii

S2

II

1 i I

374

V. Ueber die Ldtkraft der Erde für Elehtricüät;

fon A. Baumgartner.

(Aas den SiUangsbcrichleD der K. Akademie der Wisseosdiafieo

so Wien, Mai 1849).

i^eit der Zeit, als man durch Gray die ersten Begriffe über elektrische Leitung der Körper erlangt hatte, ward die Erde immer für einen Leiter der Elektricität gehalten; man hat es aber nicht versucht, ihr den Rang unter den Leitern nachzuweisen, oder gar ihre Leitungsfähigkeit in einem Zah- lenwerthe auszudrücken, ohne Zweifel, weil man, bis vor ein Paar Decennien, die Mittel und Apparate, welche zu solchen Bestimmungen nöthig sind, nicht kannte, und )ctzt, wo man sie kennt, dieselben nur verhältniCämäfsig wenigen Personen zu Gebote stehen.

Der Umstand, dafs mir bei der Einrichtung unserer aus- gedehnten Telegraphenlinie die Oberleitung dieser Angele- genheit anvertraut ward, setzte mich in die Lage, einiges zur Lösung der vorgenannten wichtigen Aufgabe unterneh- men zu können, und ich glaube, im Interesse der Wissen- schaft, diese Gelegenheif benutzen zu müssen.

Erlauben Sie nun, dafs ich Ihnen das, was ich hierin unternommen habe, und zu welchen Resultaten es geführt, in Kürze mittheile.

Bekanntlich genügt es zum Behufe einer telegraphischen Correspondenz zwischen zwei Orten nur eine einzige Draht- leituDg einzurichten und in jeder der beiden Endstationen das Drahtende in die Erde zu versenken; denn der in ei- ner Station erregte elektrische Strom gebt im t)rahte hin und in der Erde wieder zurück, oder umgekehrt, und der- selbe hat den Leitungswiderstand im Elektromotor, im Drahte und in der Erde zu überwinden.

Sind aber zwischen zwei Stationen zwei Leitungsdrähte gezogen, die an jeder Endstation mit ihren Enden leitend verbunden sind, so dafs sie eine in sich selbst zurückkeh-

375

rende leitende Kette bilden, so kann der an irgend einer Stelle dieser Kette erregte elektrische Strom in einem Drahte hin, im anderen zurücklaufen, und er hat auf seinem Wege aufser dem Widerstände des Elektromotors nur den des Drahtes selbst zu ge^rältigen. Stehen einem aber beide Einrichtungen zugleich zwischen denselben Stationen zu Ge- bote, so kann man den in der Drahtleitung hinlaufenden Strom eines coustanten Elektromotors einmal im Drahte, ein anderes Mal in der Erde zurückkehren lassen. Wird nan durch ein in die Drahtleitung eingeschaltetes geeigne- tes Mefsinstrument in beiden Fällen die Stromstärke ge- messen, so kann man, nach den bekannten Gesetzen der Bewegung elektrischer Ströme, das Verhältnifs der Leitungs- widerstände in einer Längeneinheit des Drahtes und des zwischen beiden telegraphischen Stationen gelegenen Thei- les des Erdkörpers numerisch bestimmen, und somit die Aufgabe lösen, welche ich vorher angedeutet habe.

Ich habe mich, um dieses durchzuführen, eines Theiles unserer nördlichen Telegraphenlinie bedient. Es geht näm- lich vom Bahnhofe der Kaiser Ferdinands -Mordbahn eine aus Kupferdraht von einer Wiener Linie Dicke bestehende Leitung über Gänserndorf nach Brunn, Olmütz und Prag, und eine zweite ebenfalls über Gänserndorf nach Prefsburg, so, dafs demnach zwischen Wien und Gänserndorf zwei Drahtleitungen gezogen sind. Ich schaltete in die Draht- leitung, welche mit einem Ende in Wien, mit dem anderen in Gänserndorf in die Erde versenkt ist, ein kleines Zink- Platin -Element mit amalgamirter Zinkplatte und angesäuer- tem Wasser und eine sehr empfindliche Sinusboussole ein, und beobachtete unter den bekannten Vorsichten, nachdem die Nadel der Boussole in Ruhe gekommen war, die Gröfse des Ableitungswinkels.

Hierauf liefs ich sowohl in Wien als in Gänserndorf die Drahtenden von ihrer Verbindung mit der Erde lösen und dagegen mit dem von Wien nach Prefsburg führenden Drahte leitend verbinden, jede andere Verbindung aber aufbeben , und mafs abermals den Ableitungswinkel der

376

MagnetnadeL Bef drei hinter rinander angesteUten Yer- Bachen erhielt ich nachstehende Ablenkungen:

I. Ver- sach.

2. Ver- such.

3. Ver- I Dorch- sach. I schnitt

1. Als der Strom im Drahte hiD

and her ging. n. Als der Strom im Drahte hin,

in der Erde sarüdi ging.

20* 33«

I

22* 32;»

! 31»

20» 30' 32» 10'

Bezeichnet man in I. die Gröfse des Ableitungswin- kels mit Af den specifischen Leitungswiderstand in der ganzen Kette mit R, die elektromotorische Kraft mit £, ferner die gleichnamigen GrOfsen in IL mit a, r, e, so hat man:

sina= , 8iUil=-=^

r R

und weil £=e ist

sin.a &in.^

R

Der Leitungswiderstand hängt bekanntlich bei gleicher Temperatur ab von der Natur des Widerstand leisten- den Stoffes, Ton der Länge des Weges, den der Strom in demselben durchläuft, und von dem auf der Stromhch- tung senkrechten Querschnitte des Leiters. Ist die Kette sehr lang und der Widerstand im Elektromotor sehr gering, wie dieses in den hier besprochenen Versuchen der Fall war, so kann man vom Leitungswiderstand im Elektromo- tor ganz absehen und den gesammten Widerstand als von der Drahtleitung und respective von der Erde abhängig be- trachten. Nennt man nun die Drahtlänge, welche der elek- trische Strom zu durchlaufen hat, wenn er im Drahte hin- und zurückgeht L, )eue welche er durchströmt, wenn er blofs im Drahte hinfliefst, aber in der Erde zurückkehrt I, ferner die Entfernung der zwei Stationen, welche zum Ver« suche ausgewählt werden, in gerader Linie A, bezeichnet endlich M eine vom specifischen Leitongszustand des Drah- tes und von seinem Querschnitte bei der Länge = 1 ab-

577

bSngige GrOfse, m hingegen eine Sbniicbe für den vom elek- trischen Strome durchflossenen Tbeil des ErdkOrpers, so hat man:

R=ML, r=sMl+mi.; daher

*'"« ^^ und endlich ^ = ^"'"^

staA Ml-i-mX fit LiinA /sina*

Die von Wien nach Gänserndorf gezogene Drahtleitung ist 16100 Kl. lang, ferner ist eine Spirale von einem 0,19 L. dicken, 130 F. langen Kupferdraht eingeschaltet, die dem- nach denselben Widerstand leistete wie 1 Linie dicker Kup- ferdraht von 600 Kl. Länge. Es mufs demnach die ganze Drahtleitung bezüglich ihres Leitungswiderstandes mit 16700® L&nge angenommen werden. Man hat demnach

Z=16700; L= 167004- 16100=32800 Kl.

Die gerade Entfernung der Station im Nordbahnbofe von der in Gänserndorf beträgt 14800 Kl. = ^. Wird daher in der letztgenannten Formel

A=20^3& a=32«lÖ'

gesetzt, so erhält man

M 14800siii(32M0')

3,14.

m 32800 sin ( 20*' 30' ) 1 6700 sin ( 32<> 10' ) '

Es ist demnach der Leitungswiderstand eines Kupfer- drahtes von der Länge =1 und 1 Linie Dicke 3,14 mal gröfser, als der eines gleich langen vom elektrischen Strome durchflossenen Theiles des Erdkörpers von unbekanntem Querschnitte.

Man wird mir einwenden; dafs der gefundene Zahlen- werth wenigstens in seinen Bruchtheilen nicht genau sej, weil die Ergebnisse der drei Versuche, deren Durchschnitts- werth in Rechnung genommen wurde, um 1^^ von diesem Durchschnitt abweichen, und ich erkenne diefs willig an; zu meinem Zwecke würde aber selbst ein Resultat genü- gend sejn, das noch weniger scharf wäre als das hier er- haltene, weil ich nur darauf ausging, zu ersehen, ob denn wirklich der Widerstand in der Erde 6o klein sejr, dafs er

378

gegen den im Metallleiter vernachlärsigt werden kann, wie man hie und da behaupten hört; sodann wünschte ich, ei- nen Widerspruch aufzuklären, der zwischen der elektrischen Leitfähigkeit des Erdkörpers und jener seiner uns bekann- ten Bestaudtheile besteht, und endlich wollte ich über den Gang eines elektrischen Stromes im Innern der Erde einige nähere Aufklärung gewinnen.

Das erhaltene numerische Resultat zeigt genfigend, dafs der Leitungswiderstand in der Erde nicht gar so unbedeu- tend sej, als man zu meinen scheint, und wiewohl ich Grund zu haben glaube, annehmen zu dürfen, es werde sich dieser Widerstand bei gröfserer Entfernung der Ver- suchsstationen verhältnifsmäfsig kleiner darstellen, als er hier gefunden worden, so bleibt er doch immerhin von ei- ner Gröfse, die, dem Widerstände im Drahtleiter gegenüber, nicht zu vernachlässigen ist.

Der Erdkörper, wenigstens der hier ins Spiel gekom- mene Theil desselben, erscheint als ein Lefter, der, wenn man nicht auf den Querschnitt des Stromkanals sieht, so- gar einem gut leitenden Metall, dem Kupfer vorgeht.

Andererseits ist aber bekannt, dafs die Stoffe, aus wel- chem die uns bekannte Erdrinde besteht, sehr unvollkom- mene Leiter seyen und an Leitkraft von den Metallen weit übertroffen werden; wir finden uns sogar bestimmt, anzu- nehmen, dafs das Wasser der bestleitende Theil der Erd- rinde sej (einzelne Metalladern können hier nicht in Rech- nung kommen, da sie kein Continuum bilden) und wissen doch, dafs destillirtes Wasser ein mehrere Millionenmal schlechterer sey als Kupfer.

Es mufs also die Erde ihre elektrische Leitfähigkeit nicht sowohl ier Beschaffenheit, als der Quantität ihrer Masse und eigentlich der Gröfse des Querschnittes, den sie einem Strom darbietet, verdanken.

Dieser Scblufs führt aber wieder zu einer anderen, wie cft auf den ersten Blick scheint, mit dem bekannten Gesetz der Bewegung der Elektricität nicht vereinbarlicben Unzu- kömmlichkeit. Es ist nämlich der Querschnitt, den die Erde

379

einem in sie eindringenden Strome darbietet, so ungeheuer grofs, dafs selbst, wenn ihre specifische Leitkraft sogar kleiner als die des Wassers wäre, ihr Leitungswiderstand gegen den der Metalldrähte völlig verschwinden müfste, was aber der Entfernung entgegen ist.

Man kann daher nicht umhin anzunehmen, dafs sich ein elektrischer Strom, der in die Erde eindringt, in derselben nicht so ausbreite, wie dieses die Gröfse des Erdkörpers nach dem gewöhnlichen Leitungsgesetze gestatten zu müs- sen scheint, sondern dafs er sich auf einen, wenn auch bedeutenden doch nur im Verhältnifs zur Gröfse des Erd- körpers unbedeutenden Querschnitt beschränke.

Dieser Ansicht stehen auch die bekannten Leitungsge- setze nicht entgegen. So wie nämlich ein elektrischer Strom an irgend einer Stelle in den Erdkörper iibergeht, löset er sich gleichsam in eine unendliche Anzahl divergirender Strom- fäden auf, die sich bei der Annäherung an die Stelle, wo die Elektricität die Erde verläfst, wieder in convergirendeu Linien sammeln. Nun hat aber nur die Axe dieses Strom- kegels, nicht aber der ganze Strom, den kürzesten Weg zwischen der Ein- und Austrittsstelle eingeschlagen und es fiberwieget die Weglänge der einzelnen Elementarströme die Axe des Stromkegels um so mehr, in einem je gröfse- ren Querschnitte sich der Strom ergossen hat. Diese Ver- längerung des Weges hat aber eine Vergröfseruug des Lei- tuugswiderstandes zur Folge und kann demnach nur so weit gehen, bis sie der Erleichterung der elektrischen Strömung, welche sich aus der Yergröfserung des Querschnittes ergiebt, das Gleichgewicht hält.

Man könnte sogar die Gröfse des Querschnittes, dessen Gränzen der Strom nicht überschreitet, berechnen, wenn die specifische Leitkraft der Erde bekannt wäre. Nimmt

man diese Leitkraft gleich jener des mit Salpetersäure

versetzten Wasser an, so ergiebt sich das Verhältnifs der Leilkraft der Erde zu jener eines Kupferdrahtes bei glei- chen Querschnitten und gleicher Weglänge, wie folgt: Nach Pouillet's Versuchen hat man:

380

Die specifiscbe Leitkraft des mit ^

Salpetersäure Tersetzten Wassers verhält sich zu jener einer gesättig- ten Kupfervitriollösung . . .wie 150: 10,000 die einer gesättigten Kupfervitriollö- sung zu jener des Platins . . . ,, 1 : 2,546680 die des Platins zu jener des Kupfers 22 : 100

daher die specifiscbe Leitkraft des an- gesäuerten Wassers zu jener des

Kupfers wie 1:771,721212.

Da nun den hier besprochenen Versucbsrcsultaten zu Folge die elektrische Leitkraft der Erde nicht nur kleiner, als jene des Kupferdrahtes, sondern sogar 3,l4mal gröfser ist, so mufs der mittlere Querschnitt des Stromkanals in

der Erde [ mal gröfser seyn, als im kupfernen Lei- ter, mithin 65111 Q. F., d. h. ein Quadrat von 255 F. Seite, oder einen Kreis von 144 F. Radius ausmachen. Die wirkliche Verbreitung des. Stromes wird, da er innerhalb der Fläche eines Kegels liegt und nicht in einem prismatisch- cjlindrischen Kanal fortgeht, bedeutend gröfser sejrn ').

Allen diesen Betrachtungen liegt die Annahme zu Grunde, dafs es gestattet sej, sich einen elektrischen Strom wie den einer körperlichen Flüssigkeit vorzustellen, er mag in einer fortschreitenden Bewegung, oder in einer solchen fort- bestehen, wo die bewegten Theile die Lage ihres Gleich- gewichts nur wenig verlassen, und ich habe geglaubt, hier- zu darum berechtigt zu sejn, weil die Aufgabe der Natur- forschung nach meiner Ansicht überhaupt darin besteht, Unbekanntes auf den Typus des Bekannten zurückzuführen.

I) Die Sclilufsroigerungen des geehrten Hrn. Verf. durften indefs wesent- lich dadurch beeinträchtigt werden, dafs die Platten, mittelst welcher der Strom durch die Erde geleitet wird, erfahrungsroärsig eine Polari- sation erleiden. Diese Polarisation möchte wohl den Haupt- Antheil haben an der Schwächung des Stroms beim Durchgang durch die Erde.

P.

381

VI. JVeitere Versuche Über den elektrischen

Leitungswiderstand der Erde;

con A. Baumgartner.

{Abs Jen. Sitcuogsberichten der K. Akademie der Wissenfchafien

SQ Wien, Jani 1849).

1.

iJie weitere Ausdehnung der Doppelleitung an unserer Telegraphen -Linie hat mir Gelegenheit gegeben, die Ver- suche tiber den elektrischen Leitungswiderstand des Erd- körpers im VerhIlUnisse zu dem eines i W. L. dicken Kup- ferdrahtes weiter auszudehnen und ich gebe mir hiermit die Ehre, der Klasse vorzulegen, was ich hierin erfahren habe, and zu welchen Schlüssen ich mich für berechtigt halte.

Bei meinen ersten Versuchen dieser Art stand mir nur die vier Meilen lauge Doppelleitung zwischen Wien und Gänserndorf zu Gebote; vor Kurzem ward aber diese Lei- tong (Iber Gratz hinaus verlängert und mir dadurch, und durch die freundliche Bereitwilligkeit des Hrn. Telegraphen- directors Dr. GintI die Möglichkeit gegeben, den Leitungs- widerstand der Erde auf der nahe 11 Meilen langen Linie zwischen Wien und Gloggnitz und auf der in der Verlän- gerung derselben liegenden 28 Meilen langen Strecke zwi- schen Wien und Gratz zu untersuchen.

Ueber die Art und Weise, wie ich diese Versuche an- stellte, brauche ich nichts mehr zu erwähnen, da ich mich genau an die Versuchsmethode gehalten habe, welche icli auf der Wien- Gänserndorfer Strecke angewendet und wor- über ich der Klasse bereits Bericht erstattet habe; auch der Messapparat für den elektrischen Strom war derselbe, den ich bei den früheren Versuchen gebraucht habe. Der Elek- tromotor, dessen ich bedurfte, mufste aber kräftiger seyn» als bei meiner früheren Arbeit, weil es sich um viel gröfsere Entfernungen handelte« Ich brauchte daher dieselbe Batterie, welche für kürzere Strecken zum Behufe des Telegraphi- rens in Anwendung steht.

1

382

Wie ich schon erwihnt habe, beziehen sich die Ver- suche, von denen ich hier Bericht erstatte, auf die Wien- Gloggnitzer and auf die Wien -Gratzer- Strecke. Die Länge des Leitongsdrahtes auf der ersten Strecke ist 10,93 Meilen oder 43720 Klafter, auf der zweiten 27,93 Meilen oder 111,720 K. Kl. Mit Einrechnnng des MedBapparates und der Indicatoren mit ihren 0,19 Linien dicken Drähten* er- hält mau:

FQr die Wien-Gloggnitzer Linie die Drahtlänge, in wel- cher der Strom hingeht 46536 Kl., jene, in welcher er hin- und wieder zurückgeht 96,904 Kl.

Ffir die Wien -Gratzer Linie hingeged ist die Draht- länge, in welcher der Strom hinfliefst 11786 Kl., jene, in welcher er hin- und wieder zurückgeht 242876 Kl.

Die gerade Linie zwischen Wien und Gloggnitz, mithin der Weg, welchen die Axe des elektrischen Stroms in der Erde durchfliefsen mufs, beträgt 35,120 Kl., jene zwischen Wien und Gratz hingegen 74640 Kl.

Die Ablenkung der Magnetnadel, als der Strom im Kup- ferdrahte von Wien nach Gloggnitz ging und in demselben wieder zurückkehrte, war 20^, als aber der Strom im Drahte hinflofs und in der Erde zurückkehrte, betrug sie 40^. Die- selben Gröfsen waren bei dem Versuche auf der längeren Strecke zwischen Wien und Gratz 9" und 16^^«

Mittelst dieser Werthe erhält mau nach der in meinoB früheren Berichte (Maiheft) entwickelten Formel:

1) für die Wien-Gloggnitzer Strecke 6,98

2) für die Wien -Gratzer Strecke . 4,70. Diese Gröfsen fibertreffen jene, welche ich für die Lei- tungsfähigkeit einer Strecke ron der Länge =1 und einem unbestimmten Querschnitte gegen die in einem gleich lan- gen Kupferdrahte vom Durchmesser einer Wiener Linie auf der Wien-Gänserndorfer Strecke gefunden habe, um ein Bedeutendes, doch führen auch diese zu den Schlüssen, die ich aus den früheren Versuchen über den innem Ver- lauf der Fortpflanzung der Elektricität im ErdkOrper ziehen zu können glaubte; ja die Verschiedenheit der nninerisdieD

383 ^

Werthe in verscbiedeneb Stationen, die viel gröfser ist als dafs sie von Beobachtungsfehlern herrühren könnte, da der Ablenkungswinkel bei wiederholten Beobachtungen immer genau von derselben Gröfse erschien, deuten noch bestimm- ter darauf hin, dafs sich ein elektrischer Strom nicht in der ganzen Erdmasse vertheile, sondern auf einen verhältnifs- mäfsig kleinen Theil derselben beschränkt bleibe.

VII. Enargit, ein neues Mineral aus der Ordnung

der Glänze.

I. Mineralogische Bestiinmung nebst Bemerkungen;

von August Breithaupt

Jtlr. Conrad, ein theoretisch und practisch gründlich ausgebildeter Hüttenmann, ist zu Anfang dieses Jahres aus Peru, wo er 'über 2 Jahre lang thätig war, mit reichen Er- fahrungen und Beobachtungen mannigfacher Art nach Frei- berg zurückgekehrt. Unter den von ihm mitgebrachten Mi- neralien fand sich eins, welches ich sogleich für neu und eigenthümlich erkannte. Hrn. Conrad zolle ich für die erhaltenen Proben davon, welche die folgenden Beobach- tungen gestatteten, hiermit meinen aufrichtigen Dank.

Dieses Mineral zeigt metallischen Glanz, zwar sehr leb- haft, aber nicht ganz vollkommen, nur etwa so, wie der frische Manganit auf den Spaltungsflächen.

Farbe, eisenschwarz, auf den basischen Flächen nicht ganz so dunkel, als auf den prismatischen. Strich, schwarz.

Primärform: Brachjaxes rhombisches Pjramidoeder, nach Dimensionen unvollständig bekannt. Primäres Prisma, odP:=98" ir, noch genauer nach äem Mittel meiner Beob- achtungen 98" 10|'. Da die Messungen an Spaltungsgestal- ten so scharf waren, dafs für einen Fehler von weniger

384

als einer Minute eingestanden werden kann^ so verglich ich den Winkel nach der Progressions -»Theorie , man sehe Bd. I. S. 289 meines vollst Handb. d. Mineralogie , wor- nach die Substanz hexagonomerisch genommen werden mubf und siehe da, es ergab sich ein ungemein einfacher Ablei- tungswerth. Es ist nämlich ein nach |> Makrodiagonale des schematischen Prisma von 120° abgeleitetes Prisma ss

98« 10' 48", also xP des Enargits =^?^. Die wo- nigen Krjstallc, welche bis jetzt bekannt sind, zeigen OP; ooPob; xP; ooPöb, und noch Spuren eines secundären

Prisma, vielleicht X) P2. Die Basis OP ist eben, od P vor- herrschend, und aus der Coexistenz der verticalen Gestal- ten erklärt sich die Längenkerbung der Krystalle. In den derben Massen grofs- bis grobkörnig zusammengesetzt^ mit Neigung zum stäuglichen. SpaÜbarkeity primär-pris- matisch y vollkommen; brachy diagonal und makrodiagoual, ziemlich deutlich; basisch, undeutlich; primär -pjramido* edrisch, in Spuren. Bruch, uneben.

Spröde, läfst sich deshalb leicht pulverisiren, leichter als die meisten Glänze.

Härte =4, genau die des Kalkspaths.

Specifisches Gewicht =4,430 bis 4,445, nach drei Be- stimmungen.

Die ungemein deutliche prismatische Spaltbarkeit ist der- artig von keinem andern Gliede der Ordnung der Glänze bekannt, und da sich die Spaltungs- Prismen mit dem Be- flexions- Goniometer ebenso leicht als genau messen lassen, so liegt hierin und in dem eigenthümlichen Winkel eine so grofse Auszeichnung, dafs ich deshalb das Mineral mit dem obigen Namen bdegte, nach iva^yi^g d. h. in die Au« gen fallend y deutlich. Auch das niedrige specifische Ge- wicht dient, im Vergleiche mit den ähnlichen Glänzen des rhombischen Krjstallisations- Systems, mit zur bequemen Erkennung.

Es kommt der Enargit in grofsen derben Massen vor,

worin

385

worin selten kleine Kryslall-Dmaen erscheinen, und er bricht auf einem Gange in krjstalliniscbem Kalkstein. Der Gang hat keine gleichmäfsige MSchtigkeit, besteht vielmehr aus grofsen linsenförmigen Körpern, welche aber bis drei Lachter mächtig werden. Solche sehr bedeutende Anbrüche enthalten allermeist nur jenes Mineral und die beibrechen- den anderen metallischen Mineralien sind Tennantit, Kup- ferkies und Eisenkies. Von diesen dürfte der Tennantit, welcher das specifische Gewicht 4,369 gab, noch am fre- quentesten seyn, so, dafs er zum Kupferausbringen mit beiträgt; er ist ferner noch dadurch merkwürdig, dafs er in seinen Combinationeu ein neues skalenisches Ikositessa- roeder zeigt, welches die Combinations- Kanten zwischen

D und ^ mit Parallelismus der neuen Combinations Kau-

ten abstumpft, welches ich au einem anderen Orte beschrei- ben werde. Der Eisenkies, meist nur porphjrartig im Enar- git inne liegend, ist im frischen Bruche von der schönsten gelben Farbe, welche man von diesem Mineral kennt, rea- girt aber auch im Glaskölbchen über der Spiritus -Flamme sehr stark auf Arsen; sein specifisches Gewicht beträgt 4,988* Aufser grünem und blauem Beschläge auf den Klüften des ganzen Gemenges ist au den erhaltenen Stücken keine an- dere Gangart zu sehen; jedoch giebt Hr. Conrad an, dafs auf dem Gange ein graues bis schwarzes Mineral von musch- ligem Bruche in Menge einbreche, welches Aehnlichkeit mit Perlstein habe.

Man kann sich übrigens eine Vorstellung von der Fre- quenz des Enargits machen, wenn man erwägt, dafs in ei- nem einzigen Jahre aus den Ausbrüchen für ungefähr 90000 Thaler Schwarzkupfer mittels Flammöfen ausgeschmolzen worden sind. Deshalb und weil ich günstige Gelegenheit dazu habe, hoffe ich von dem neuen Minerale, so wie von seinen Begleitern noch eine beträchtliche Menge zu bekom- men. Der Euargit liefert übrigens den Beweis, dafs wir noch lange nicht alle massenhaft vorkommenden metallisch nutz- baren Mineralien kennen dürften. Der Gang, auf dem er

PoggeodorfTs Aooal. Bd. LXXX. 25

386

blickt, beifst 8. Frandseo, der Fundort ist Maroeoctm m Bergwerks Distrikt JauKy fiber 14000 Fo(s hoch, anf dee Cordilleren too Peru. In der Nähe werden noch andere Gänge too ganz abweichender Mineralien -Zosammeosetxnng getroffen.

Schon seit Jahren kenne ich ein Mineral von der Gmhe Junge hohe Birke bei Freiberg in prismatisch spaltbaren nadelförmigen Krjstallen, dem Elnargit täuschend ähnlich, aber die hiesige bergakademische Sammlang besitzt davon zu wenig» am antersncht werden zo können. Es begleitet die Kapferblende and den Kupferkies, )ene steht aber be- kanntlich dem Tenuantit sehr nahe, and diefs erhöht die Wahrscheinlichkeit, dals jene Krjrställchen Enargit sejen. Aach kommt auf derselben Grube Teunantit vor.

Hr. Conrad hatte fOr technische Zwecke den Ejnargit chemisch ontersucht ond als Hauptbestandtheile Kupfer, Ar- sen and Sdiwefel erkannt. Der Silbergehalt aber beschränkte sich auf ein Paar Pfundtheile.

II. Chemische Cntersachnog des Enargit's voa Morococfca

in Peru; voo C. F. Plattaer.

OnalitatiTe Untersachoiig.

In einer an einem Ende zugeschmolzenen Glasröhre er- hitzt, decrepitirt das Mineral ziemlich heftig und giebt schon bei ganz schwacher Hitze ein Sublimat von Schwefel; bei stärkerer Hitze schmilzt es, noch ehe es zum GlQhen kommt, zur Kugel, and das Sublimat vermehrt sich durch Sdiwe- felarsen, welches anter der Abkühlung eine blaCs gelbrotbe Farbe annimmt.

In einer an beiden Enden offenen Glasröhre schwach erhitzt, giebt das Pulver des Minerals schweflige Säuren, welche letztere mit Antimonoxjd und antimonsaurem Ao- timonoxyd gemengt ist.

Auf Kohle schmilzt das gepulverte Mineral unter Ab- gabe von Schwefelarsen sehr laicht zur Kugel, wobei sich schwache Beschläge von arseniger Säure, Antimonoxjd uod

387

Ziukoxyd bilden. Wird die . zarückbleibende Kugel gepul- vert und das Palver auf Kohle abgerostet, so erhält man ein schwarzes glanzloses Oxjd, welches mit Borax auf Platindraht geprüft nur auf Kupfer reagirt; wird aber die Glasperle fast übersättigt und hierauf auf Kohle so lange im Reductiousfeuer behandelt, bis das Kupfer metallisch ausgefällt ist, so bleibt ein geringer Gehalt an Eisen zu- rück, der sich durch die grünliche Farbe des mit der Re* dactionsflamme behandelten Boraxglases sowohl, als auch dadurch zu erkennen giebt, dafs die Glasperle, wenn sie auf Platindraht im Oxydationsfeuer umgeschmolzen wird, eine gelbe Farbe annimmt.

Aetzkali zieht aus dem fein gepulverten Minerale Schwe« felarsen und Schwefelantimon aus, welche durch Zusatz einer Säure mit citrongelber, ins Orange geneigter Farbe ausgefällt werden.

Das Mineral besteht demnach hauptsächlich aus Schwe- felkupfer und Schwefelarsen mit geringen Mengen von Schwe- feleiscn, Schwefelziuk und Schwefelantimon.

Quantitative Bestimmung der einzelnen Bestendtbeile.

2,108 Grm. des feingepülverten , völlig trocknen Mine- rals wurden durch Chlorgas zerlegt.

Nach Entfernung des freien Chlors aus der, die flüch- tigen Chloride enthaltenden, Flüssigkeit wurde zunächst die geringe Menge freien Schwefels auf einem gewogenen Fil- tmm gesammelt und aus der Flüssigkeit die Schwefelsäure durch eine Auflösung von Chlorbaryum ausgeschieden; auch wurde der erhaltene schwefelsaure Baryt nach dem Trock- nen und Glühen nochmals mit Chlorwasserstoffsänre be- handelt und abermals geglüht. Aus dem Gewicht des schwefelsauren Baryts und des freien Schwefels ergab sich für das Mineral ein Gehalt von 32,180 Proc Schwefel. Da dieser Schwefelgehalt ungewöhnlich hoch erschien, so wurde ' noch eine andere Mengq des Minerals zur Controle auf ihren Gehalt an Schwefel untersucht und zwar durch Be- handlung mit Salpetersäure und cblorsaurem Kali in der

25*

388

Wärme, und Aasfidlang der gebildeten Scbwefelsäore und Chlorbaijum etc. Dabei stellte sich ein Gebält von 32,265 Procent Schwefel heraus, so dafs also in dem Minerale durchsdinittlich 32,222 Procent Schwefel angenonmien wer- den können.

Nachdem der znr Auflösung der flüchtigen Chloride im geringen UeberschuEs zugesetzte Barjt durch verdönnte Schwefelsäure entfernt worden war, wurden Arsen und Antimon durch Schwefelwasserstoffgas ausgeschieden. Die geßUtcn Schwefelmetalle wurden, nach Ausscheidung der noch aufgelösten Theile in der Wärme, auf einem gewo- genen Filtrum gesammelt, vollständig ausgewaschen und anfangs bei niedriger, später aber bei einer Temperatur von 120'^ C. getrocknet. Nach erfolgter Gewichtsbestim- mung wurde ein Theil dieser Schwefelmetalle auf ihren Gehalt an Schwefel wie gewöhnlich, und ein anderer auf den Gehalt an Antimon durch Behandlung mit W^asser- stoffgas in einer Kugelröhre untersucht, wobei sich ergab, dafs das Mineral 17,599 Proc Arsen und 1,633 Proc An- timon hält.

Die von den Schwefelmetallen des Arsens und Anti- mons abfiltrirte Flüssigkeit wurde durch langsames Abdam- pfen bedeutend vermindert und einstweilen bei Seite ge- stellt.

Die bei der Behandlung des Minerals mit Chlorgas in der Kugelröhre zurückgebliebenen, nicht flüchtigen Chlor- metalle wurden in Wasser gelöst, dem ein wenig Chlor- wasserstoffiBäure zugesetzt worden war. Aus dieser Auf- lösung, welche sich, bis anf Spuren von Chlorsilber, frei von unauflöslichen Theilen zeigte, wurde das Kupfer durch Schwefelwasserstoffgas als Schwefelkupfer ausgefällt. Zur Ueberzeugung, ob dasselbe vollkommen frei von Blei 3ej wurde seine Auflösung, nach Zusatz von Schwefelsäure, zur Trocknifs abgedampft. Da sich hierauf die trockne Salz- masse aber vollständig in Wasser auflöste, woraus hervor- ging, dafs ein . Gehalt an Blei nicht vorhanden war, so wurde das in Auflösung befindliche Kupfer durch eine Anf-

389

lOsuDg TOD Aetzkali ansgeföllt. Aas dem Gewicht dep ge- glühten Oxjdes wurde der Betrag an metallischen Kupfer berechnet und derselbe zu 47,205 Proc. gefunden.

Die vom Schwefelkupfer abfiltrirte Flüssigkeit wurde 80 lange erwärmt, bis der Geruch nach Schwefelwasser- stoffgas verschwunden war; hierauf wurde sie, nachdem auch die sich ausgeschiedenen Schwefeltheilchen durch Fil- tration entfernt waren, mit der zur Seite gestellten Flüs- sigkeit, aus welcher die flüchtigen Chloride geschieden wor- den waren, vereinigt und ziemlich weit abgedampft. Die saure Flüssigkeit, welche auch Wcinsteins&ure enthielt, wurde mit Ammoniak im geringen Ueberschufs, und hier- auf mit Ammoniumsulfhydrat versetzt; es entstand ein Nie- derschlag von Schwefeleisen mit Schwefelzink, welcher auf bekannte Weise zerlegt, 0,565 Proc. Eisen und 0,228 Proc. Zink lieferte.

Eine besondere Probe auf Silber vor dem Löthrohre wies auch noch einen Gehalt von 0,017 Proc. Silber nach. Das Mineral besteht demnach in 100 Gewichtsthei- len aus:

Schwefel 32,222 Theilen

Arsen 17,599

Antimon 1,613

Kupfer 47,205

Eisen 0,565

Zink 0,228

Silber 0,017

99,449. Diese Bestandtheile beweisen, dafs der Enargit hauptsäch- lich aus einer Verbindung von Schwefelkupfer und Schwe- felarsen besteht, dafs aber ein Theil des Kupfers durch Eisen, Zink und Silber, und ein Theil des Arsens durch Antimon ersetzt ist.

Sucht man durch Berechnung auf, wie sich die Anzahl der Atome von den aufgefundenen Bestandtheilen, mit Ausschlufs der höchst geringen Menge Von Silber, tn ein- ander verhalten, so findet man folgendes VerhSltnifs:

390

S As Sb Ca Fe Zn

* 1605 : 185 : 10 1193 : 16 : 5, oder

1605 : 197 : ' liXlToder sehr nahe 8: 1 : 6.

Ninmit man an, daCs das Kupfer als Schwefelkapfer mit Dreifach- Seh wefelarsen verbunden sey, wie diefs z.B. beim Tennantit der Fall ist, welchem Mineral der Enar* git in Bezug auf seine Bestandtheile am nächsten steht, so stellt sich f wenn man die geringen Mengen von Antimon, Eisen und Zink als substituirende Bestandtheile betrach-

tety die Formel Cu^As+Cu^As heraus, welche voraus- setzt, dafs 8 Atome Einfach -Schwefelkupfer mit 1 Atome Dreifach -Schwefelarsen, und 2 Atome Halbschwefelkupfer mit 1 Atome Dreifach- Sdiwefelarsen verbunden seyen; al- lein eine solche Zusammensetzung ist wohl schwerlich an- zunehmen.

Ganz anders gestaltet sich die Formel, wenn man an- nimmt, dafs das Kupfer als Halbschwefelkupfer mit Fönf* fach -Schwefelarsen verbunden sey. Berücksichtigt man, mit Ausnahme der sehr geringen Menge von Silber, alle übrigen Bestandtheile des Minerals, so ergiebt sich die

Formel (€u, Fe, Zn)^ (As, Sb); und betrachtet man die

ttt

geringen Mengen' von Fe, Zn und Sb als Stellvertreter der au den Hauptbestandtheilen fehlenden Mengen, so stellt

sich die sehr einfache Formel Cu^As (in früherer Formu-

lirung €u^As) heraus, welche andeutet, dafs das Mineral als drittelsaures Fünffachschwefelarscn-Halbschwefelknpfer zu betrachten sej und folgende Zusammensetzung voraus- setze :

Schwefel 8 Atome = 1606,00 = 32,641 Arsen 1 = 940,08=19,106 Kupfer 6 =2374,14 = 48,253

4920,22 100. Da nun bisjetzt, aufser dem Xanthokon, weiter kein Mi- neral bekannt gewesen ist, in welchem eine Verbindung eines basischen Schwefelmetalles mit Fünffach-Schwefelarsen

391

Ulfe atig^omiDfeD werden ktonen , indeiu die andern we- nigen natörlicb vorkommenden Scbwefelarsenmetalle aus Verbindungen von basischen Schwefelmetallen und Drei- fM^- Schwefelarsen bestehen ^ auch da, wo Schwefelkupfer als basisches Sthwefelmetall auftritt, sich dasselbe ebenfalls nur als Halb-Scbwefelkupfer in der Verbindung befindet, so dürfte der Enargit einen Beweis liefern; dafs in der Natur nicht nur Fünffach -Schwefelarsenmetalle überhaupt vorkommen können, sondern dafs auch das Halb-Scbwe- felkupfer geneigt sey, sich mit Fünffach -Schwefelarsen zu einem Schitefclsalz zu verbinden, worüber bis jetzt noch zu wenig Erfahrungen gemacht worden sind.

VIIl. Carminspath, ein neues Mineral aus der Ordnung der Arseniate; von F. Sandberger.

i^eit längerer Zeit war mir an Stücken des Würfelerz- (Beudantit-) Vorkommens von Horhausen im Sayn'schen ein rothes Mineral aufgefallen, ohne dafs ich aber wegen der aufserordentlich geringen Mengen, die mir davon zu Gebote standen, genauere Untersuchungen damit hätte vor- nehmen können. Endlich fand ich es in dem meiner Lei- tung anvertrauten naturhistorischen Museum zu Wiesbaden an zwei, früher von Hrn. Erbreich erkauften Stufen in hinreichender Quantität, um dessen Hauptcharakter festzu* stellen, welche ich hier mittheile.

Krystallform nicht deutlich erkennbar, wahrscheinlich rhombisch. Feine Nadeln zu Büscheln vereinigt, traubige und kugelige Aggregate von strahliger Textur.

Blätterdurchgang anscheinend parallel den Flächen einer rhombischen Säule.

Glasglam auf den Spaltungsflächen in Perlmütterglanz übergehend. Stark durchscheiul^nd.

392

Fatbe canniiirotli ins Ziegelroflie, Ptalver rOtblidigelb. Spröde« HSrte zwischen Steinsalz and Kalkspath, %b.

Vor dem LOthrohre auf Kohle f&r sich nnter starker Eotwickelang von Arseuikdämpfen sehr leidit za einer staht graoeu Schlacke sdimelzend. Mit Soda erhält mao Blei- kdrner, die fioraxperle zeigt starke FSrbung durch Eisen. Im Kölbchen Hber der Spiritoslampe geglQht, veränderte sich die Substanz selbst im stärksten Feuer nicht.

In concentrirter Salzsäure beim Erwärmen sehr leicht löslich zu einer goldgelben FlQssigkeit, in welcher Gold- chlorid keine Abscheidong von metallischem Golde bewirkt; in Salpetersäure löslich. Durch Aetzkalilösung wird Arse- niksäure ausgezogen.

Da sich andere Bestandtheile weder vor dem Löthrohre, noch auf nassem Wege ermitteln liefsen, so besteht das Mineral aus wasserfreiem arseniksauren Bleioxjd- Elisen- öxjd, über deren quantitatives Verhältnifs eine Analyse entscheiden wird, wenn sich dazu hinreichendes Material findet.

Das Mineral sitzt auf Quarz, Brauneisenstein oder WQr- felerz auf und wird begleitet von nadel- und haarförmigem Pyrolusit, wasserhellem arseniksaurem Bleioxjd und einer gelben erdigen Substanz, welche noch näherer Dntersochung bedarf.

Von dem arseniksauren Bleioxyd, welches ich zuerst in der Combination od D. D. auffand, habe ich an einem an- deren Orte^} bereits Mittheilung gemacht. Seitdem ist mir auch die Form oc Z>. D. 0Z> an demselben vorgekommen, und hinsichtlich seiner Entstehung sehr wahrscheinlich geworden, dafs der metallglänzeude Kern, welche die erwähnte gelbe Substanz zuweilen umhüllt, ein Geokronit-ähnliches Schwe- felmetall seyn möge, welches den Blei- und Arsenikgehalt zur Bildung der hier vorkommenden Mineralien hergegeben haben würde.

1 ) VerhaDdlungen des naturhistorischen Vereins ftir die preufsischen Rhein- laode 1849. S. 60.

393

IX. Untersuchung einiger Mineralien; con Dr. C. Bergemann.

h Ueber den Dechenit (vanadinsaures Bleiozjd).

H

r. Dr. Krantz fand bei Nieder-Schlettenbach ein Mi* neral auf, welches in seinem Aeufseren schon sich wesent- lich von allen bekannten unterscheidet. Es besitzt an ei- nem vorliegengen ausgezeichneten Exemplare von krystal- linischer Beschaffenheit, die meiste Aehnlichkeit mit dem sibirischen Bothbleierze. Bei den vorgenommenen LOth- rohrversuchen gab sich die Gegenwart des Bleis auch zu erkennen, jedoch bei der späteren Untersuchung fand ich dieses mit Yanadinsäure allein verbunden. Für dieses neue Mineral erlaube ich mir den Namen Dechenit, nach dem um die Wissenschaft hochverdienten Berghauptmann von Dechen, in Vorschlag zu bringen. Ueber das Vor- kommen des Erzes theilt Dr. Krantz folgende Anga- ben mit:

„Im Lauterthale in Bheinbaiern, 2 Stunden oberhalb der französischen GrSnze (Weifsenburg), bei Nieder-Schlet- tenbach, werden seit längerer Zeit schon Gruben betrieben, welche Lager, in hier sehr verbreitetem buntem Sandstein, von Braun- und Thoneisenstein für den Hüttenbetrieb in Sfdiönau abbauen. In der Nähe davon und zwar auf der Höhe des etwa 500 Fufs ansteigenden rechten Ufers, ent- deckte man im vorigen Jahren schmale Trümmer von Blei- glanz zu Tage ausgehend, die einen im Mittel 3 Fufs brei- ten Gang sparsam durchsetzten; der Gang selbst bestand zum gröfsten Theile aus einer Breccie von Nebengestein, (buntem Sandstein), der Letten und Thon von röthlicher und weifslicher Farbe zum Bindemittel diente. Einzelne Theile des Sandsteins bekunden durch ihre specifische Schwere, dafs sie mehr oder weniger mit metallischen Theilen erfüll^ sind ; sie haben meist eine weifse Farbe und enthalten koh-

394

iensaiires und phoephorsaures Blei. Auf dem Gang wurde bereits ein 3 Lachter tiefer Schacht abgeteuft und auf der halbeu Höhe des Thalgehänges ein gegenwärtig 30 Lachter herumgehender Stollen aufgefahren, der aber noch 250 Lach- ter fortgeführt werden mufs, wenn er den Schacht erreichen soll. Das Erz selbst ist keineswegs in der Menge vorhan- den, dafs die Kosten des Abbaues herauskommen möch- ten, wenngleich das Gestein so mürbe ist, dafs 29 von ded 30 Laditer mit der Hand gelöst werden konnten und Zim* merei und Mauerei noch nirgends 'nöthig wurde. Das Strei- chen des Ganges ist Stunde 6, sein Einfallen fast seigen Auf dem gegenüber liegenden Ufer der Höhe des Erleba- cher Berges ist derselbe Gang bis zu 2 Lachter aufgeschürft worden und hier fanden sich im röthlichen Letten, welcher die Bleierde haltenden Sandsteinparthien einschlofs^ die schmalen Trümmer der Dechenits, welche sich zuweilen zu kleinen Drusen erweitern, die aber selten einen Durchmes- ser von 1 bis ^' erreichen. Das Auftreten ist aber auch hier gleich dem. ihm am nächsten stehenden Vorkommnissen bei Wanlockhead,. Beresowsk und Zimapan so äufserst spar- sam, dafs ich im Juni 1850 den Fundort nur mit sehr ge- ringer Ausbeute verliefs".

Das Mineral bildet meistentheils kleine traubenförmige Anhäufungen von krystaliinischer Beschaffenheit, die zu grofsen und dichten Massen innig vereinigt sind, und be- sitzt in diesem Falle eine meist reine, dunkelrothe Farbe. Es findet sich ferner in dünnen und oft gebogenen Lagen, gleichsam Schalen, oder auch förmliche Höhlungen und den Ueberzug verwitterter Massen bildend. In diesem Falle stellen die einzelnen Lagen eine innige Vereinigung kleiner, warzenförmiger Körper dar, die den Charakter einer Um- setzung schon an sich tragen. Einzelne Körnchen in die- sem Vorkommen erinnern an das Vanadinblei von Zimapan, oder au die kleinen Kügelchen, in welchen ein ähnliches Mineral zu Wanlokhead als eine Seltenheit früher gefunden wurde. Einschlüsse von Grünbleierz oder andereii Erzen habe ich an. den grölseren krystallinischeu Stücken nirgends

395

bemerken kOnneoj aD den dfionen Lagen dagegen and in den Höhlungen zeigen sich durch die Lupe zuweilen gelb- lichgrüne Punkte, welche Tielieicht auf ein Zersetzungspro- duct deuten dürften. Bei einem schönen gröfseren Exem- plar von durchweg homogener Beschaffenheit waren die traubenlörmigen Gestalten so länglich, fast pyramidenför- mig gezogen, dafs sie bei oberflächlicher Betrachtung aus- gebildeten Krystallen glichen, jedoch bei genauerer Un- tersuchung verschwanden diese und bildeten eine Anhäufung ▼on krjstallinischen Theilen, deren Oberfläche gleichsam wie angefressen erschien. Ein bestimmter Blätterdurchgang, der einem Rhomboeder zu entsprechen scheint, ist an grö- fseren Stücken unverkennbar , jedoch eine nähere Bestim- mung wage ich nicht auszusprechen, zweifle übrigens nicht, dafs durch die Bemühungen des Hrn. Dr. Krantz mefsbare Krystalle werden aufgefunden werden.

Die Farbe des Minerals ist bei den krjstallinischen Stücken ein dunkles Roth, an den durch warzenförmige Kör- perchen gebildeten Lagen und in deren Höblungen dagegen mehr gelblich; im Strich erscheint es immer gelblich. Die Gegenwart von Eisen hat auf die rothe Farbe des Mine- rals keinen Einflufs, denn dieselbe zeigt sich auch vollkom- men gleichförmig im frischen Bruche; auch in den Auflö- sungen des reinen Dechenits war kein Eisen zu entdecken. Uebrigens ist das Mineral von einem sehr eisenschüssigen, dunkelrotheu Thon ganz umgeben, der sich jedoch durch Behandlung mit Wasser vollständig entfernen läfst. Bei der rothen Farbe besitzt der Dechenit D'urchscheinenheit und im frischen Bruche Fettgianz; das specifische Gewicht beträgt 5,81, die Härte ist die des Grünbleierzes oder kaum =4.

Für sich in der Pincette erhitzt, schmilzt esjeicht zu einem gelblichen Glase; ebenso verhält es sich beim Er- hitzen in einer Glasröhre, ohne dabei Wasser oder einen Beschlag zu erkennen zu geben.

Vor dem Lölhrohre auf der Kohle decrepitirt es nicht wie die bekannten Vanadinerze; es schmilzt leicht zur gelb-

396

lichgrfiQen Perle, indem sich Bleikörnchen und ein Beschlag unter den gewöhnlichen Erscheinungen absetzen. An meh- ren Proben nahm ich dabei zuweilen einen nicht anbe- deutenden Arsenikgeruch wahr; bei anderen dagegen fehlte er 9 90 namentlich bei den reineren, durchscheinenderen Bruchstücken. Arsenikverbindungen sind daher wohl nicht als wesentliche Bestandstheile des Minerals zu betrachten, wenn dasselbe auch häufig von diesen begleitet wird. Pbos- phorsäure war weder durch das Löthrohr, noch in den Auf- lösungen, selbst bei Anwendung des moljbdänsauren Am- moniaks, zu entdecken. Phosphorsalz und Borax zeigten bei dem Zusammenschmelzen nur die Ersdieinungen, welche die Gegenwart der Vanadinsäure charakterisiren, die durdi den reducirenden Theil der Flamme hervorgebrachten grfi- nen Gläser werden durch den äufseren Theil gelb und bei der Benutzung von wenig Masse fast farblos. Soda liefert einen weifsen Email, in dem sich Bleikörnchen zeigen.

In den mit Sorgfalt ausgewählten BruchsfOcken sowohl der rothen, wie der gelblichrothen Modificationen des Mi* nerals ergab die qualitative Analyse nur Bleioxyd und Ya* nadinsäure. Phosphorsäure fand ich durch molybdänsaures Ammoniak nur in einem kleinen Brfichstflcke von gelber Farbe, worin zugleich viel Eisen- und Thonerde enthalten war; in den reineren Exemplaren war sie nicht vorhanden. Chlor zeigte sich nirgends in der geringsten Menge. Dtirck diese Zusammensetzung ist das Mineral ganz von der des Vanadinbleies von Zimapan, welches nach Berzelias')

PbVPbCi+Pb darstellt, verschieden und ebenso dfirf- ten die Massen, welche Damour^) und Thomson') untersucht haben, nur Gemenge dieser Verbindung von Chlorblei und vanadiusaurem Bleioxyd mit den anderen vod

1) S. dessen ADwendang des Löthrohrs S. 225. Hier beschreibt Ber- /.elius das Verhallen eines vanadinsauren Bleioxjds von Metlork, über welches ich andere Mittheilungen nicht finden konnte, dessen Verhalten aber ganz von dem oben angegebenen abweicht.

2) y4nn. des Mines 3^»« Ser, XL 161.

3) OutUne* o/min. L 574; Schweigger's Joum. LXIU. 119.

397

ihnen aufgeftindenen Stoffen, Kapferoxyd, Zinkoxyd a. s. w. seyn. Vielleicht stimmt dasselbe aber mit dem fiberein, wel- ches 6. Rose ') bei .Gelegenheit der Beschreibung eines Yanadinerzes von Beresowsk erwähnt, in welchem Berze- lias ein zweifach TanadiDsaures Bleioxjd vermuthet. Wenn an dem sibirischen Erze Grünbleierz eine Umsetzung er- litten hat, so dürfte hier vielleicht Arsenikbleispath an der Bildung grofsen Antheil gehabt haben ' ).

Der Dechenit wird von verdQnnter Salpetersäure leicht gelöst; Chlorwasserstoffsäure zersetzt ihn uuter Abscheidung von Chlorblei, indem die dartiber stehende FlQssigkeit sich grISn und bei Verdünnung mit Wasser sich bräunlich färbt. Schwefelsäure zerlegt ihn ebenfalls, indem sich schwefelsau- res Bleioxjd abscheidet. Durch Kochen mit Kali wird er fast gar nicht angegriffen. Durch die quantitative Bestim- mung des Bleis würde die Zusammensetzung des Minerals gegeben sej^n, da es aber mein Wunsch war, in diesem neaen Erze die Menge der Säure nicht allein durch Rech- nung zu finden, sondern dieselbe wirklich abzuscheiden, so versuchte ich das Blei aus der verdünnten salpetersauren Auflösung durch Schwefelammonium zu fällen und durch längeres Digeriren mit einem Ueberschufs von diesem die Vanadinsäure wieder aufzulösen. Ich fand jedoch, dafs eine vollständige Trennung dadurch nicht möglich war, selbst wenn das Aussüfswasser stets mit einer gröfseren Menge des vollkommen gesättigten Schwefelammoniums versetzt wurde. Ans diesem Grunde zog ich es vor, aus einer salpetersau- ren Auflösung das Blei durch Schwefelsäure zu fällen, das Ganze längere Zeit zu digeriren, darauf Weingeist dem* selben beizugeben und nun zu filtriren. Das so erhaltene

1) Poggend. Ann. Bd. 29, S. 455.

2) Mit dem eisenschüssigen Thon, welcher das Mineral umgiebt, stellte ich ebenfalls einige Versache an und fand darin die Hauplbeslandlheile desselben gemengt mit ein wenig einer Arsenik Verbindung, Blcioiyd und Vanadinsaure, offenbar Zersetzungsproducte dieses und anderer im Gange ▼orkommender Erze. Phosphorsäure enthielt der Thon ebenso wenig wie Chlorverbindungen.

398

schwefelsaure Bkioxyd war selbst nach starkem Elrhitxen ▼OD blendendweifser Farbe und alle Versuche, welche mit ihm vorgeuommen wurden , zeigten, dafs es frei von Va- nadinsänre war. Wird jedoch der Niederschlag nicht mit der, freie Schwefelsäure enthaltenden, Flüssigkeit anhaltend digerirt, so kann dadurch, wie Berzelius schon angiebt, die Vanadiusäure nicht vollständig von Blei und nicht ein- mal vom Baryt getrennt werden ' ). Da nach der Angabe von Berzelius^) die Schwefelsäure vollständig von der Vanadiusäure durch Verflüchtigung zu trennen seyn soll, so glaubte ich durch Eindampfen sämmtlicher nach der Tren- nung des schwefelsauren Bleioxydes erhaltenen Flüssigkei- ten einen Rückstand zu bekommen, der, nach stärkerem Erhitzen, nur aus Vanadiusäure bestehen müsse , welche sich bei dem Eindampfen aus den durch die Einwirkung des Weingeistes entstandenen niederen Oxjdationsstufen, nach Zusatz einiger Tropfen Salpetersäure, wieder gebildet hatte. Der so erhaltene Rückstand hatte auch bei zwei Versuchen ganz das Ansehen der reinen Säure, jedoch erhielt ich bei der Berechnung der Resultate der Ana- lyse einen Ueberschufs. Bei der näheren Untersuchung der abgeschiedenen Vanadinsäure fand sich aber, dafs die- selbe noch Schwefelsäure enthielt, welche also aus der von Berzelius beschriebenen Verbindung der beiden Säuren selbst durch Glühhitze nicht vollständig zu entfernen ist Sie mufste daher durch ein wenig Salpetersäuren Barjt geschieden werden. Die Gewichtsmenge der Schwefelsäure in dem schwefelsauren Baryt wurde von der zuerst erhai- tenen Vanadinsäure abgezogen, wodurch also die Menge der reinen Säure gegeben war. Um den überschüssig Inn- zugesetzlen Baryt wieder zu trennen, wurde die concen- trirte Flüssigkeit mit ein wenig Ammoniak und kohlensau- rem Ammoniak versetzt und die sich abscheidenden weni- gen Flocken von kohlensaurem Baryt abfiltrirt. Die Flüs- sigkeit wurde zur Trockne verdampft und die nach starkem

1) S. d. Ann. Bd. 22, S. 61.

2 ) Ebend. S. 18.

399

ErUtzeD hhiterbleibende Vanadinsäure durch das Gewicht bestiDiiiity wobei sich eine Uebereinstimmung mit dem durch Berechnung erhaltenen Resultat, nach Abzug der Gewichts« menge' der Schwefelsäure, fand.

Bei einer Analyse trennte ich die zurückgehaltenen Theile ▼on Schwefelsäure in Verbindung von Vanadinsäure und jener dadurch, dafs ich die Masse mit einigen Tropfen Am- moniak digerirte, wiederum eindampfte und stark erhitzte, worauf nur Vanadinsäure hinterblieb ' )

I.

Das dunkelrothe, durchscheinende und krystallinische Mineral zeigte folgende Zusammensetzung :

1.

a. 1,005 Grm. Mineral lieferten 0,723 Grm. schwefel- saures Bleioxyd oder 0,538 Grm. Bleioxyd;

b. an Vanadinsänre 0,474 Grm.

2.

a. 1,772 Grm. Mineral lieferten 1,294 Grm. schwefel- saures Bleioxyd, enthaltend 0,9518 Grm, Bleioxyd;

b. an Vanadinsäure 0,816 Grm; oder

1. 2.

Bleioxyd 52,915 Proc. 53,717 Proc.

Vanadinsänre 47,164 - 46,101 -

100,079 Proc. 99^818 Proc.

1 ) Die Bestimmung d«r Yanadinsanre als solche schien mir, wenn die Er- . lutzung derselben mit Vorsicht vorgenommen wurde, ein genügenderes Resultat zu geben, als wenn die Menge der Säure, welche so leicht zu reduciren ist, aus der des Oxydhjdrates bestimmt wurde. Bei einem Versuche, beim Glühen der Säure mit ein wenig Salmiak, erhielt ich einen ans Oxjd und Saboxjd bestehenden RficktAud. Derselbe bildet aich zuweilen auch wenn Vanadinaänre durch viel Oxalsäure, Zucker u. dgl. reduclrt und die Auflösung mit einem Ueberschufs von reinen oder kohlensauren Alkalien behandelt wird. Beim Sieden färbt sich die braune Flüssigkeit zuweilen plötzlich durch Bildung eines Niederschlages schwarz, welcher ebenfalls ein solches Gemenge darstelk, und, abliltrirt, ausgesufst und getrocknet, einen halbmetallischen Glanz zeigt.

400

Nach diesen Resolfaten wörde das Saaentoffrerbdlails in Basis und Sinre bst seyn wie 1 zS, und der Berecfcnnng nach ist die ZosammenseCzung des Blinerals:

1 M. Bleioxyd 1394,50 = 54,67

1 - Vanadinsaare 1155,84 = 45,33

2550,34 = 100,00,

wonach es also ein neutrales vanadinsanres Bleioxyd PbV bilden würde.

U. Die Untersuchnng der in kleinen warzenförmigen, zer- fressenen Körnchen yorfcommenden Abänderung des Mine- rals von mehr ins Gelbliche gehender Farbe gab folgai- des Resultat:

a. 1,104 Grm. lieferten 0,757 Grm. schwefekaures Blei- oxyd oder 0,5583 Bleioxyd;

b. an Vanadinsäure 0,546 Grm. oder

Bleioxyd 50,57 Proc.

Vanadinsäure 49,27 -

99,84.

II. Gelbbleierz ans der Grabe Aznlaqaes bei la Bianca

(Zacatecas).

Ueber das Vorkommen dieses Bleierzes, so wie der Blei- Terbindung, welche Gegenstand der folgenden Untersuchung ist, finden sich vollständige Mittheilungen in Burkart's Reisen in Mexiko Bd. II. S. 167.

Das Material zur Analyse, welches ich der Güte des Hrn. Verfassers verdanke, bildet die dort beschriebenen, tafelförmigen, fast durchsichtigen Krystaile von lichtgelber Farbe mit so ausgezeichnetem Glänze.

Dieselben decrepitiren bei dem Erhitzen in einem Glal^ röhre stark, ohne zu schmelzen; vor dem Löfhrohre auf der Kohle geben sie Bleikörner und Bleibeschlag; beim Zusammenschmelzen derselben mit Soda wurde kein frOnes Glas gebildet, sondern nur Blei metallisch abgeschieden; auch Borax und Phosphorsalz zeigten das gewöhnliche Ver« halten.

Die

401

Die qualitative Analyse zeigte in diesem Gelbbleierz nur die Gegenwart der Molybdänsfiure und des Bleioxjds.

Das tein gepulverte Mineral wurde mit Salpetersäure und Wasser behandelt, wobei unter Auflösung des Bleioxyds neue Ausscheidung der Molybdfinsfiure mit Salpetersaure erfolgte. Das Ganze wurde darauf mit Ammoniak und Schwefelammonium im Ueberschufs versetzt und längere Zeit in einer woblverschlossenen Flasche digerirt Das ent- standene Schwefelblei wurde abfiltrirt und weiter bestimmt und das Oxyd aus der Menge des erhaltenen schwefel- sauren Salzes beredinet. Der Gehalt an Molybdänsäure wurde nicht direct ermittelt, sondern nur durch Rechnung gefunden. 2,0 Grm. Gelbbleierz gaben 1,696 Grm. schwe- felsaures Bleioxyd oder 1,247 Grm. Oxyd. Die Menge der Molybdänsäure beträgt darnach 0,753 Grm. Die Zusam- mensetzung ist daher:

Bleioxyd 62,35 Proc

Molybdänsäure 37,65 -

100,00. Die Resultate dieser Analyse lieferten also eine Bestätigung fQr die Ansicht, dafs das Gelbbleierz aus gleichen Atomen Basis und Säure besteht, indem diese Zahlen den durch Berechnung erhaltenen, bei dieser Annahme, nahe kommen.

III. Arseniksaures Blei von demselben Fundorte.

Das untersuchte molybdänsaure Bleioxyd ist gleichsam ▼on einem Netzwerk kleiner Krystallnadeln umschlossen, die ebenfalls eine reingelbe, fast mit der des Gelbbleierzes übereinkommende Farbe besitzen; nur fehlt ihnen Durch-

asheinenheit und der eigenthtimliche Glanz. Durch die Lupe etrachtet geben sich diese Nadeln als eine Anhäufung klei- ner Säulen mit verschiedenen Endflächen bekleidet zu er- kennen, durch welche dasselbe sich als ein Grtinbleierz charakterisirt.

Vor dem Löthrohr auf der Kohle für sich oder mit Flufsmitteln behandelt, zeigten die Krystalle die bekannten Erscheinungen derjenigen Varietäten des Grünbleierzes,

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 26

402

welche neben der Phosphorsäure noch ArseniksSore enthal- ten. Nur erschien mir der Arsenikgeruch dabei von unge- wöhnlicher Stärke.

Bei einer qualitativen Analyse zeigte sich aber, dats ■diese Masse aufser dem Blei nur noch Arseniksäure und Chlor enthielt; sie stellte also den Arsenikbleispath im rein- sten Zustande dar. Von Phosphorsäure, oft der Hauplbe- standtheil des Minerals, und selbst in dem schönen Arsenik- bleispath von Johann -G^orgenstadt nicht fehlend, fand sich .in den kleinen Krjstallen der meisten Exemplare, welche ich zu prüfen Gelegenheit hatte, auch nicht eine Spur, wäh- rend eine geringe Beimischung an anderen nur durch mo- lybdänsaures Ammoniak nachzuweisen war.

Da hier eine so vollständige Vertretung der Phosphor- ^äure durch Arseniksäure stattfindet, so führte ich eine quantitative Analyse des Minerals mit den ausgewählten kleinen Krystallen aus. Das Mineral wurde durch verdünnte Salpetersäure gelöst und das Blei durch Schwefelsäure ge- fällt, mit Weingeist und Wasser ausgesüfst und als schwe- felsaures Bleioxyd bestimmt. Das Chlor wurde aus der Auflösung eines anderen Theils des Minerals durch salpe- tersaures Silber als Chlorsilber gefällt.

Die Ermittelung der Arseniksäure geschah dadurch, dab anhaltend Schwefelwasserstoffgas in die vom Blei befreite Auflösung geleitet wurde. Von dem getrockneten und ge- wogenen Niederschlage wurde ein abgewogener Theil mit Salpetersäure digerirt, um die Menge des Schwefels in dem Niederschlage kennen zu lernen und die entstandene Schwe- felsäure durch Barytsolution geföllt.

Die Menge an, Arseniksäure konnte nun', nachdem der Gehalt an Schwefel im Niederschlage bekannt war, nach diesen Resultaten und nach der Gewichtsmenge des zuerst erhaltenen Niederschlags berechnet werden. 0,736 Grm. Mineral gaben an Chlorsilber 0,0181 Grm. 1,318 - - - Bleioxyd 0,978

ferner Arseniksäure 0,303 oder

403

Bleioxjd 74,961 Proc.

ArseDiksäure 23,065 Chlor 2,445

100,471

oder, da dieses Grünbleierz Pb .Cl-|-3Pb^ As bildet, so würden die vorstehenden Resultate sich in folgender Weise ▼ertheilen :

Bleioxjd 66,948 onnil Arseaikgaure 23.065 j '^'"*-

99,598.

X. Ueher die Aneeendung der Kieselfluorwasser- stoffsäure hei qucmtitativen Analysen; von Heinr. Rose.

N.

achdem Berzelius zuerst das Kieselfluorkalium darge* stellt und auf seine merkwürdige Eigenschaften aufmerksam gemacht hatte ^), haben die Chemiker die schwere Auflös- lichkeit dieses Salzes benutzt, um durch Kieselfluorwasser- stoffsäure das Kali von manchen Säuren zu scheiden, und am diese im freien Zustand darzustellen. Man hat auf diese Weise die Chlorsäure, die Ueberchlorsäure, die Chrom- säure -und andere Säuren in den Auflösungen ihrer Kali- salze vom Kali getrennt. Bei quantitativen Analysen aber, um Kali vollständig abzuscheiden, hat man die Kieselflnor- wasserstoffsäure noch nicht angewandt, weil das Kiesel- fluorkalium nur sehr schwer löslich aber nicht vollkommen unlöslich im Wasser ist. Berzelius selbst meint auch, dafs es nie zur quantitativen Bestimmung des Kalis ange- wandt werden könne.

1) Pogg. Ann. Bd. 1, S. 188.

26*

404

Das Kieselfluorkaltum ist aber jd einer Flüssigkeit ganz unlöslich, die mit Alkohol versetzt worden ist. Wenn man daher die Auflösung eines Kalisalzes mit einem UeberschuCs von Kieselfluorwasserstoffsäure versetzt , und ein der gan- zen FlOssigkeit gleiches Volumen von starkem Alkohol hin- znfQgt, so wird alles Kali vollständig als Kieselfluorka- lium gefällt, das mit starkem Alkohol ausgewaschen wer* den mufs, der mit einem gleichen Volumen von Wasser verdOnnt worden ist.

Hr. Weber erhielt auf diese Weise aus 1,548 Grm. geschmolzenen Chlorkaliums 2,307 Grm. Kieselfluorkalium, die auf einem gewogenen Filtrum bei 100^ C. getrocknet worden waren. Die angewandte Menge des Chlorkaliums entspricht aber 2,293 Grm. Kieselfluorkalium. Die Kiesel- fluorwasserstoffsäure kann daher wohl mit gutem Erfolge zur quantitativen Bestimmung des Kalis angewandt werden. Aber auch das Natron kann auf dieselbe Weise wie das Kali seiner Menge nach sehr gut bestinunt werden. Hr. Weber erhielt als er 2,038 Grm. Chloruatrium, io Wasser gelöst, mit Kieselfluorwasserstoffsäure versetzte, ei- nen Niederschlag, der sich aber durch Hinzufügung von starkem Alkohol sehr vermehrte. Er wurde mit verdünn- tem Alkohol ausgewaschen, und auf einem gewogenen Fil- trum bei 100° C. getrocknet. Er wog 3,2977 Grm. Das erbaltane Kieselfluornatrium enthält 0,809 Grm. Natrium; das angewandte Chlornatrium aber 0,808 Grm.

Berzelius hat die Unlöslichkeit des Kieselfluorbar jums benutzt, um die Barjterde von der Strontianerde durch Kieselfluorwasserstoffsäure qualitativ und quantitativ zu trennen ' ). Diese Trennungsmethode ist allerdings wohl die beste von denen, welche wir kennen. Wenn man aber die Barjterde aus einer wäfsrigen Auflösung durch Kiesel- fluorwasserstoffsäure fällt, so erhält man einen Verlust, da auch das Kieselfluorbarjum nicht vollkommen unlöslich im Wasser ist. Schlägt man es aber aus einer weingeistigen Auflösung nieder, so ist das Resultat ein recht genaues*

1) Pogg. Annal. Bd. 1, S. 195.

405

Aus 1,820 Grm. Chlorbar jum , id Wasser gelöst , mit rein- ster Kieselfluorwasserstoffsäure gefällt, wurden von Hrn. Weber durch Hinzufügung von etwas verdünntem Alko- hol 2,458 Grm. Kieselfluorbar jum erhalten, die bei 100® C. auf einem gewogenen Filtrum getrocknet worden waren. Diese entsprechen 1,344 Grm. Baryterde, die angewandte Menge des Chlorbar jums hingegen 1,340 Grm.

Während man bei der Fällung des Kieselfluorkaliums und des Kieselfluoruätriums die wäfsrige Flüssigkeit mit einem gleichen Volumen von starkem Alkohol verdünnen mnfs, um diese Salze gänzlich zu fällen, braucht man zur Fällung des Kieselfluorbaryums eine geringere Menge von Alkohol.

Bei der Anwendung der Kieselfluorwasserstoffsäure zu quantitativen Untersuchungen ist ein Umstand zu erwäh- nen, der die gröfste Beachtung verdient. Man giebt in den Lehrbüchern der Chemie an, dafs verdünnte Kiesel- fluorwasserstoffsäure das Glas in der Kälte nicht im min- desten angreife und dafs diefs erst durch Verdampfung der- selben in Glasgefäfsen geschähe ^). Diefs ist indessen nicht riditig. Wenn eine sehr verdünnte Kieselfluorwasserstoff- siure lange Zeit in gläsernen Gefäfsen aufbewahrt wor- den ist, so ist sie nicht rein, und obgleich die innere Fläche des Glases nicht angegriffen zu sejn scheint, so hat die Säure aus dem Glase etwas Alkali, Kalkerde und Ei<- senoxjd, wenn letzteres im Glase enthalten war, aufge- nommen. Man findet in dieser Säure dann auch oft einen Absatz von alkalischen Kieselfluormetallen. Wendet man nun aber- eine solche Säure zur Fällung der Alkalien und der Baryterde an, so werden durch den Weingeist zugleich auch die noch aufgelösten alkalischen Kieselfluormetalle gefällt, und man bekommt daher einen Ueberschufs im Resultate. Eine solche lange in Glasgefäfsen aufbewahrte Kieselfluorwasserstoffsäurc ist wohl noch zu manchen qua- litativen Untersuchungen, namentlich zur leichten Unter- scheidung der Strontianerde von der Barjterde anzuwen-

1) Bers. Lehrb. d. Chem. 5. Aufl. Bd. 1, S. 811.

406

den, aber nicht za quantitatiren BedtimmuDgeDy zu wel- chen man freilich sich zu jeder Analyse die Kieselfluor- wasserstoffsäure frisch bereiten mufs, wenn man nicht Ge- legenheit hat, sie wenigstens einige Zeit hindurch iu me- tallenen Gefäfsen, namentlich in Gefäfsen von Platin oder von Silber, aufzubewahren.

Als 1,157 Grm. Chlorbarjum in der wäfsrigen Auflö- sung durch eine Kieselfluorwasserstoffsäure gefällt wurden, die längere Zeit, vielleicht einige Jahre hindurch, in Glas- gefäfsen aufbewahrt worden war, wurden, bei Anwendung ▼on Alkohol, 1,636 Grm. Kieselfluorbaryum erhalten. Die- sen entsprechen 0,894 Grm. Baryterde, während das ange- wandte Chlorbaryum nur 0,851 Grm. Baryterde entspricht. Das erhaltene Kieselfluorbaryum enthielt aber noch die al- kalischen Kieselfluormetalle, welche in der angewandten Kieselfluorwasserstoffsäure aufgelöst waren, und durch den angewandten Weingeist gefällt wurden.

Auch das Kieselfluorgas greift, wenn auch nur äufserst schwach, das Glas an. Wenn man daher Silicate, die Fluor enthalten, oder Gebirgsarten, in denen fluorhaltige phosphor- saure Salze, namentlich Apatit, neben Silicaten vorkommen, im gepulverten Zustand mit concentrirter Schwefelsäure zer- setzt, so kann man, ungeachtet des grofsen Ueberschusses von Kieselsäure in der zersetzten Masse, durch die entwei- chenden Dämpfe eine geringe Aetzung auf Glas hervorbrin- gen. Die Aetzung ist jedenfalls aber so schwach, dafs Uner- fahrene sie oft gar nicht bemerken, und sie auch nur beim Anhauchen des Glases sichtbar ist. Der Fluorkiesel wird schon durch eine geringe Menge von Feuchtigkeit zersetzt; beim gelinden Erhitzen entweicht daher aus der zersetzten Masse Fluorkiesel und später etwas Fluorwasserstoffgas, welches letztere die Aetzung bewirkt.

/^

407

XL Ueber die Unhaltbarkeh der bisherigen Theorie der Newton' sehen Farbenringe; pon E. TVilde.

u,

m besonders die Farben der gemischten Lamellen sorg- föltiger beobachten zu können, habe ich mir ein Instrument anfertigen lassen, mit welchem ich die Durchmesser der Farbenringe bis auf Zehntausendtel eines Englischen Zolles genau zu messen, und bis auf Hunderttausendtet zu schätzen, die Annäherung der Gläser aber, zwischen denen die Ringe* entstehn, bis auf Milliontel -Zoll zu bestimmen im Stande bin. Ich will diefs Instrument, welches demnach eine grö* fsere Genauigkeit in den Messungen gestattet, als sie selbst mit dem von Biot erfundenen und zu anderen Zwecken bestimmten Spbaerometer sich erreichen l&fst, ein Oyrei- dameter nennen.

Schon vor einigen Jahren wurde von Jerichan') in Schweden die erste zweckmäfsigere, von ihm selbst Gyrei- doscop genannte Vorrichtung zur Erzeugung der Neioton*- schen Farbenringe angegeben. Es lassen sich jedoch mit diesem Instrumente keine Messungen anstellen, und es hat daher das meinige eine andere Einrichtung erhalten müssen.

Bei der Beschreibung seines Gjreidoscops macht Je- ricbau die Bemerkung, dafs er die bisherige Theorie der Newton'schen Ringe für unwahr halten müsse, weil seine eigenen Beobachtungen ihn belehrt hätten, dafs bei sehr starkem Zusammenpressen der beiden Gläser der durch reflectirtes Licht entstehende Centralfleck nicht, wie New* ton behaupte, dunkel, sondern dafs er hell sej. Er ver- sucht es auch, das Farbeubild, wie es sich wirklich zei- gen soll, zu erklären, indem er es auf eine mehrmalige Ausbreitung der Farben innerhalb eines Kreises zurück- führt; ich mufs jedoch gestehn, dafs ich mit seiner Erklä- rung keinen klaren Sinn verbinden kann.

Jene Bemerkung Jerichau's veranlafste mich indcfs

1) Diese AoD. Bd. 54, S. 139.

408

zur eigenen sorgßiltigeren Beobachtang der Newton' sehen Ringe mit dem Gjreidometer, sobald ich diefs Instrument erhalten hatte; ich kann aber seine Behauptung, dafs bei einem sehr starken Zusammenpressen der Gläser der Cen-> tralfleck hell werde, nicht als eine wahre bestätigen. Wenn ich im reflectirten homogenen Lichte die Gläser immer mehr und mehr einander näherte, so entstand zuerst ein dunk- ler Centralfleck am Gipfel der Convexlinse, der sich bei gröfserer Annäherung der Gläser in einen dunklen Kreis ausbreitete, dessen Inneres hell war, und aus dessen Mitte, wenn ich mit der Annäherung der Gläser fortfuhr, sich wieder ein dunkler Centralfleck entwickelte u. s. f., je nachdem nämlich der Gangunterschied der an der oberen und unteren Gränze der Luftlamelle reflectirten Strahlen eine ungerade oder gerade Anzahl von halben Wellenlän- gen betrug, bis endlich bei einem stärkeren Zusammen- pressen der Gläser der Ceutralfleck dunkel wurde, ohne dafs ich, sobald die Gläser gewaltsam noch mehr und bis zum Biegen des oberen planparallelen ^ Zoll dicken Gla- ses an einander gedrückt wurden, einen hellen Gipfel aus diesem letzten dunklen Centralfleck, den ich deshalb den Constanten nennen will, erhalten konnte. Er wurde nur um so gröfser, während die ihm zunächst sich zeigenden Ringe um so mehr von der kreisrunden Gestalt abwichen, je mehr ich mit dem Zusammenpressen der Gläser fort- fuhr. Im Tageslichte wurde jedoch, wie sich von selbst versteht, der Wechsel zwischen Dunkel und Hell, der sich bei der Annäherung der Gläser im homogenen Lichte in der Mitte des Bildes zeigte, nicht wahrgenommen, sondern sie ging vielmehr, nachdem sie bei der Annäherung der Gläser die verschiedensten Farben entwickelt hatte, erst dann in den constanten dunklen Fleck über, wenn die Gläser mit stärkerem. Drucke zusammengeprefst wurden. Während dabei im Tageslichte nur eine geringe Zahl von Ringen deutlich erkennbar war, zeigte sich im homogenen. Lichte das Gesichtsfeld im Mikroskope mit mehreren hun- dert dunklen und hellen Curven erfüllt.

409

Ungeachtet ich also die Behauptung Jericbau's nicht als eine wahre bestätigen kann, so bin ich dennoch, seit- dem ich sorgfältigere Beobachtungen dieser Gattung von Farben mit dem Gjreidometer angestellt habe, aus ande- ren Gründen überzeugt, dafs die bisherigen Theorieen der- selben, wie sie zuerst von Newton behauptet, und von Yonng, Fresnel, Poisson, J. Herschel, Airy und Anderen aus der Undulationstheorie abgeleitet sind, nicht überall wahr sejn können. Diese Gründe sind:

1. Ist es theoretisch unmöglich, dafs eine Umkehrung der Aetherschwingungen bei ihrer Reflexion an der unte- ren Gräuze des einen Glases im Vergleiche mit der Rich- tung, die sie nach ihrer Reflexion an der oberen Gränze des anderen haben, eintreten kann, wenn nicht noch eine Luftschicht zwischen den Gläsern vorhanden ist.

2. Wollte man auch, um die bisherigen Theorieen fest- halten zu können, eine selbst gegen eine Wellenlänge sehr kleine Tiefe der Lamelle da annehmen, wo der constante dunkle Fleck im reflectirten Tages- oder homogenen Lichte sich zu zeigen anfängt, so bleibt doch derselbe Fleck und wird immer gröfser, wenn man mit dem Zusammenpressen der Gläser fortfährt, so dafs dann unmöglich noch Luft zwischen denselben vorhanden seyn kann. Da also die Voraussetzung einer unbestimmbar kleinen Tiefe der La- melle an der Stelle des constanten Fleckes eine ganz gleich- gültige ist, so kann auch des ersten Grundes wegen der Ursprung dieses Fleckes nicht in einer Interferenz der von den Gränzen der beiden Gläser reflectirten Strahlen ge- sucht werden, wie man diefs nichtsdestoweniger bisher ge- than hat.

3. Im reflectirten Tageslichte erscheint der Central- fleck tief schwarz. Der Gruntl seines Entstehens k^nn also, wenn man auch da, wo er beobachtet wird, eine sehr dünne Luftschicht zwischen den Gläsern zugeben wollte, keinesweges iq dem Principe der Interferenz gefunden wer- den, indem bekanntlich aus der Interferenz aller farbigen Strahlen, nachdem sie alle denselben Weg durchlaufen ha-

410

beOy ihrer versdiiedenen Wellenläogen wegen nur eine mehr oder weniger helle Färbung resaltirt. Da also der oonstante Fleck weder durch eine sehr dünne Loftschichf, nodi in Folge des ersten Gmndes für die Entfernung Null der Glaser durch Interferenz entstehen kann, so muis sein Ursprung in anderer Weise, als es bisher gesdiehen ist, erklärt werden.

4. Weil auch im homogenen lAckiey wenn die Entfer- nung der Gläser Null ist, und deshalb keine UmkehroDg in den Aetherschwingungen eintreten kann, der Phasenzu- stand der von den beiden Gläsern an der Berfihrungsstelle reflectirten Strahlen übereinstimmend sejn muCs, der Cen- tralfleck also nicht dunkel erscheinen kann.

5. Weil es den bisherigen Theorieen der New toni- schen Riuge an aller Analogie mit denen verwandter Far- benerscheinungen, wohin namentlich die Bengongsfiguren zu rechnen sind, mangelt.

Aus allen diesen Gründen folgt also, dafs die JftUe des RingsffSiems^ wenn die Entfernung der Gläser NmU ist, im reßectirten Lichte nicht dunkel seyn kann, sondern dafs sie rielmehr im Widerspruche mit den bisherigen Behaup- tungen hell seyn wmfs.

Den kürzesten Beweis für das sogenannte Toung*stke Gesetz finde ich nämlich in den FresneTschen Ausdrücken für die Oscillationsgeschwindigkeit eines reflectirten und nach der Einfallsebeue polarisirten Strahles, und eines re- flectirten und senkrecht gegen die Einfalkebene polarisir- ten, von denen die erstere (für den Strahl, in welchem die Aetherschwingungen senkrecht gegen die Einfallsebene und gegen die Richtung desselben sind) den Werth hat:

stD(i-#-r)

und die andere (fiir den Strahl, in welchem die Aether- schwingungen parallel mit der Einfallsebene und senkrecht gegen die Riditung desselben geschehen) den Werth '):

I) Diese Au. Bd. 22, S. 90.

411

(2) i?5lfe4-

"^ ' taDg(t+r)

Im Glase aD der oberen Gränze der Luftlamelle ist der Einfallswinkel t kleiner, als der Brechungswinkel r in der Luft, der Ausdruck (1) also positiv; an der unteren Gränze der Lamelle dagegen, wo das Licht am der Luft in das untere Glas tibergeht, und i gröfser ist, als r, wird der- selbe Ausdruck negativ. Eben so hat der Ausdruck (2) an beiden Gränzen der Luftschicht ein entgegengesetztes Zeichen, indem er an der oberen Gränze negativ und an der unteren positiv wird. Mit einem veränderten Zeichen in der Oscillationsgeschwindigkeit ist aber jedesmal eine Umkehrung in den Schwingungsrichtungen des Aethers ver- bunden. Bei einem natürlichen (nicht polarisirten) Strähle, der im Betreff der Intensität als zusammengesetzt aus jenen beiden polarisirten angesehen werden kann, tritt daher bei der Reflexion an der unteren Gränze der Lamelle eine Umkehrung der Aetherschwingungen im Vergleiche mit ih- rer Richtung nach der Reflexion ah der oberen Gränze ein, welche Umkehrung für die Intensität des reflectirten Lichtes denselben Erfolg hat, als wäre der Ganguuterschied der interferirenden Strahlen um eine halbe Wellenlänge (oder überhaupt um eine ungerade Anzahl von halben Wel- lenlängen) gröfser oder kleiner, als er wirklich ist, diefs jedoch nur unter der einzigen Bedingung, dafs sich noch eine Luftschicht zwischen den Gläsern befindet. Wenn man also bisher auch da, wo die Entfernung der Gläser Null and keine Luft mehr zwischen denselben vorhanden sejn soll, dem Gangunterschiede eine halbe Wellenlänge zuge- legt hat, so ist diefs in offenbarem Widerspruche mit der Undulationstheorie geschehen.

Als den einfachsten Ausdruck für die Intensität des re- flectirten Lichtes, wenn ich der Umkehrung der Schwin- gungen wegen den Gangunterschied der interferirenden ho- mogenen Strahlen um eine halbe Wellenlänge X (oder um eine ungerade Anzahl von halben Wellenlängen) gröfser oder kleiner nehme, als er wirklich ist^ finde ich

412

(3) /=4a8ia'2i^^^,

sobald a die an der oberen oder unteren Gränze der La- melle reflectirte Lichtmenge, d die Tiefe der Lamelle, und r den Brechungswinkel aus dem Glase in die Luft bedeu- tet. Für das durchgelassene Licht dagegen, fOr welches keine Umkehruug in den Schwingungen eintritt, ist dann die Intensität

(4) J'=l 4a8in'2;r^^,

so dafs beide Lichtstärken complementär sind, da ihre Summe die Intensität I des einfallenden Lichtes giebt.

Für das reflectirte Licht ergeben sich aus (3) die Maxima der Lichtstärke für

j_ k 3A bk jj^

4cosr 4cosr 4cosr 4cosr

und die Minima der Lichtstärke für

.__.. 2X AI 6X

4cosr 4cosr 4cosr

weil für die erste Reihe J= 4 a, und für die zweite /=0 wird. Für das durchgelassene Licht dagegen hat man aus (4):

die Maxima für d=0, =r ,=i .=7

4cosr 4cosr 4

cosr

und die Minima für d= , , = : , = - , =

4co.sr' 4cosr' 4cosr' 4cosr"*'

weil für die erste Reihe /=!, und für die zweite •fsl 4a wird. Da sich nun die Durchmesser oder Halbmesser der Farbenringe wie die Quadratwurzeln aus den Tiefen der Lamelle verhalten, so haben im reflectirten Lichte die Durchmesser oder Halbmesser der Maxima das Verhältnifs VT:y^:V5..., und die der Minima das Verhältnifs V"Ö: ]/~i:V~i,.., im durchgelassenen dagegen die Durchmesser oder Halbmesser der Maxima das Verhältnifs Kö:V'2: V~4«».» und die der Minima das Verhältnifs yT:K3:V5...

In dieser Weise gab Newton die Gesetze an, und in eben dieser Weise sind sie bisher aus der UndulatioQs-

413

theorie abgeleitet worden. Sie stimmen aber/ wie gesagt, mit eben dieser Theorie so wenig tiberein, dafs dieselbe vielmehr eine Umkehrung dieser Gesetze für die Mitte des Ringsyslems fordert.

Da die dem Centrum nächsten Ringe im reflectirten und homogenen Lichte schon unmittelbar vor dem Entstehen des Constanten dunklen Fleckes, während die Mitte des Farbenbildes noch hell ist, ihre kreisrunde Gestalt zu ver- lieren und eine mehr elliptische anzunehmen anfangen, so kann es nicht bezweifelt werden, dafs die Berührung der Gläser schon dann eingetreten und ihre Entfernung Null ist, wenn man sie bis zum Beginne einer Aenderung in der kreisförmigen Gestalt der dem Centrum nächsten Ringe genähert hat, weil diese Aenderung offenbar schon auf eine Pressung der Gläser hindeutet. Es mufs dann aber auch der erste helle Ring sich ohne dunkle Unterbrechung an die helle Mitte des Bildes unmittelbar anschliefsen , weil der erste dunkle Ring erst da sich bilden kann, wo ftir

cosr=cosO°=l die Tiefe d der Lamelle = -j- ist, damit

der Gauguntcrschied der interferirenden Strahlen (wegen des Hin- und Herganges des einen Strahles innerhalb der Lamelle und wegen der Umkehrung seiner Schwingungen)

2A X 3A

= 2 -j^ + y = Y werden, und eine Vernichtung des Lieh-

tes in sich selbst eintreten könne. Man hat daher, wenn diefs sich so verhält, im reflectirten Lichte

dieMaxima für d=0 und ^ ^^ ^^ ^^

und die Minima für d =

4cosr' 4c(Mr' 4cosr' 4cosr 2A 4A %X %X

4cosr' 4cosr' 4cosr* 4cosr

im durchgelassenen dagegen

die Maxima für a=-: ,=-: ,= : ,=

4cosr' 4cosr' 4co$r' 4cosr

u, d. Minima für d=0 u. r , = : ,=t ,=:

cosr 4cosr 4cosr 4cosr

woraus folgt, dafs im reflectirten Lichte die Halbmesser

414

I

der hellen Ringe das Verhältnifs Ki:V3:l^..., und die der dunklen das Verhältuifs VizVliVe ...y im durchge- lassenen aber die Halbmesser der hellen Ringe das Verhält* nifs K2:]^:K6..., und die der dunklen das Verhältnifs KI:V3:K5«*« haben müssen, während die Mitte des Bil-

des bis zur Tiefe d=-7~ cl^r Lamelle im Maximum des re-

flectirten und im Minimum des durchgelassenen Lichtes er- scheint.

Dafs ich mich in diesen Behauptungen nicht täusche, dafür bürgen mir die Messungen, die ich mit dem Gyrei^ dometer, in welches ein planparalleles und ein convexes Glas mit einem Halbmesser tou 360 Zoll Engl, eingelegt waren, angestellt habe. Wenn ich im reflectirten Lichte bei heller Mitte des Farbenbildes die Gläser bis zum Be- ginne einer Aenderuug in der kreisförmigen Gestalt der Ringe einander genähert hatte, so habe ich für ihre Halb- messer in dem homogenen Lichte '), das man durch Al- kohol und Chloruatrium erhält, für den Einfallswinkel (den Brechungswinkel r aus dem Glase in die Luft) =39^41' als Mittel aus wiederholten Messungen, weil die Gränzen der Ringe nicht scharf sind, sondern die dunklen allmälig in die hellen übergehen, folgende Werthe erhalten:

Reflectirtes Licht.

Halbmesser des ersten zweiten dritten vierten hellen Ringes.

0,1244" Engl. 0,1602" 0,1900"

des ersten zweiten dritten vierten dunklen RingnL

0,1021" Engl. 0,1439" 0,1765" 0,2040".

Diese Werthe bedürfen aber noch beträchtlicher Cor- rectionen, die deshalb nöthig werden, weil die Halbmesser der Ringe wegen der Brechung in dem oberen \ Zoll dicken

1) Es ist diefs Licht zwar nicht vollkommen homogen, sondern eine Mi- schung von Gelb und Violett, wie ich durch seine Zerlegung mit einem Prisma gefunden habe, so dafs man es eher orangefarben als gelb ntnuea raufs; es ist aber doch homogen genug, um nur dunkle und gleichfarbige Hinge erscheinen zii lassen.

415

Oläse kleioer erscheinen, als sie an der oberen GrSiize dei* Luftlamelle wirklich sind. Den zur Berechnung dieser Cor- rectionen erforderlichen mittleren Brechungsexponenteu des oberen Glases habe ich nach der von Prechti^) angege- benen Methode aus zehnmaligen Messungen bestimmt, und denselben = 1,516908 gefunden. Da überdiefs die mikro- skopische Linse von der Mitte des Farbenbildes jedesmal 2,91 Englische Zoll entfernt war, so ergeben sich die Cor- rectionen wie folgt:

lor den ersten lur den erslen

0,0056"

Beflectirtes Licht.

Gnrrectioncn zweiten dritten

0,0070" 0,0091"

zweiten dritten

vierten hellen Ring.

0,0106"

vierten dunklen Ring.

0,0113".

0,0081" 0,0099""

Werden diese Correctionen den obigen Halbmessern zugelegt, und wird der Halbmesser des ersten hellen Ringes aus dem des zweiten nach dem Verhältnisse 1 : V3 berech- nety so hat mau endlich:

Reflectirtes Licht Halbmesser

des ersten

0,0758'"

des ersten

0,J077"'

zw^citen

0,1314"

zweiten

0,1520'

dritten

0,1693"

dritten

0,1864"'

vierten hellen Ringes,

0,2006"'

vierten dunklen Ringes.

0,2153",

welche Werthe so genau sind, dafs sie, mit den obigen Quadratwurzeln in Proportion gestellt, für die Producte der inneren und äufsereu Glieder Decimalbrüche geben, die auf mindestens vier Stellen übereinstimmen. So soll sich z. B. für den ersten und dritten dunklen Ring 0,1077'': 0,1864'' ss:0,01159:0,03474=2:6=l:3 verhalten, wie diefs auch der Fall ist, da sowohl das Product der äufsereu, als auch das der inneren Glieder bis auf vier Stellen =0,0347.

Die von der Undulationstheorie für das reflectirte Licht geforderten Gesetze werden also auch durch die Beobachtung

1) „Practische Dioptrik«. W^icn, 1828, S. 127.

416

beitäiigt, ohne dafs man nöthig hätte, die Gläser über ihre Berührungsstelle hinaus, bis der dunkle Ceniralßeck sich ausgebildet hat, zusammenzupressen, und eben diefs ist es, u>as ich beweisen wollte.

Ein anderer -Gruody der ffir die Wahrheit meiner Be- haaptangen borgen kann, ist der, daCs bei allen verwand- ten Farbenerscheinungen, in denen im homogenen Lichte ein Wechsel von Hell and Donkel sich zeigt, and die Mitte hell ist, das erste Minimum dann erst eintritt, wenn der Gangunterschied der interferirenden Strahlen mindestens eine ganze Wellenlänge beträgt. So ist z. B. in dem Beugungs- bilde einer schmalen Oeffnung in einem undurchsichtigen Schirme fQr den Gangunterschied Null die Mitte hell, und ihre Intensität = 1. Sie bleibt aber auch ohne dunkle Un- terbrechung noch hell für den Gangunterschied einer hal- ben Wellenlänge, indem dann ihre Intensität = 0,4053 is^ und erst für den Ganguuterschied einer ganzen Wellenlänge tritt das erste Minimum Null der Intensität ein ')• Den New ton' sehen Ringen noch ähnlicher ist die Beugungs- figur einer kreisförmigen Oeffnung, für welche die Mitte gleichfalls hell ist, und der erste dunkle Ring sogar dann erst entstehen kann, wenn der Gangunterschied schon die Gröfse 1,220 A erreicht hat^). Deshalb kann hier überall der Gangunterschied für das erste auf die helle Mitte des Bildes folgende Maximum nicht durch Messung gefunden, sondern er mufs vielmehr aus den Intensitätsausdrücken be- rechnet werden, und eben deshalb habe auch ich den Halb- messer für das erste Maximum nicht durch Messung finden, X sondern ihn nur aus dem Intensitätsansdrucke (3) be- rechnen können. Ungeachtet also in allen diesen verwand- ten Farbenerscheinungen bei heller Mitte das erste Minimna nicht für den Gangunterschied einer halben Wellenlänge eintritt, so hat man bisher doch angenommen, dafs im durdh gelassenen Lichte die Mitte des ganzen Farbenbildes hell,

und

1) Di'ese Add. Bd. 79, S. 206.

2) Ebendaselbst S. 224.

417

und nicbtsdestoweniger der erste dunkle Ring schon da entstehen soll, wo die Tiefe der Lamelle eine Yiertelwel- lenlänge, der Gangunterschied also eine halbe Wellenlänge beträgt, indem fQr das durchgelassene Licht keine Umkeh- rung in den Aetherschwingungen eintritt. Es fehlt also den bis jetzt behaupteten Theorieen der Newton'schen Ringe an aller Analogie mit denen verwandter Farbenerschei- nungen.

Der Grund des bisherigen Irrthums liegt offenbar darin, dafs man im Vertrauen auf die Genauigkeit der Beobach- tungen Newton's den lediglich für die Annahme einer Umkehrung der Aetherschwipgungen gültigen Intensitätsaus- druck (3) auch für den Fall angewandt hat, wenn die Glä- ser die Entfernung Null haben, und eine Umkehrung der Schwingungen nicht mehr möglich ist. Hierzu kommt noch, dafs man die Tiefe Null der Lamelle niemals in die Pro- portionen gebracht hat, und bringen konnte, weil sonst das vierte Glied derselben unendlich grofs werden würde, so dafs es wohl erklärlich ist, wie ohne eine erneuerte Prü- fung der Beobachtungen Newton's dieselben Fehler Jahr- hunderte hindurch haben wiederholt werden können.

"Was schliefslich den Ursprung des Centralfleckes be- trifft, der nur im Tageslichte schwarz, im homogenen Lichte aber des matteren Hintergrundes wegen nicht dunkler er- scheint, als CS die durch Interferenz erzeugten Ringe sind: so stimme ich der Ansicht Jerichau's bei, dafs dieser Fleck durch durchgelassenes Licht in ähnlicher Weise ent- stehe^ wie die Stelle, an der man die Folie eines Spiegels abgenommen hat, im rcflectirten Lichte gegen den hellen Spiegelhintergruud dunkel erscheint; ich stimme aber dieser Ansicht nicht als einer wahrscheinlichen Vermuthung bei, sondern als einer unläugbaren Wahrheit. Meine Gründe sind diese:

1. Es sey (Fig. 4. Taf. IV.) DEC ein gläsernes Prisma, die Stelle des Auges in 0, und GH eine mit d^n Grund- flächen parallele Linie, so wird eine Brechung oder Durch- lassung der rothen Strahlen in t erst dann möglich, wenn

PoggcndorfTs Annal. Bd. LXXX. 27

418

der Winkel 0(6=49'' 2', der Einfallswinkel bei f also = 40® 58', und eine Durchlassung der violetten in q erst dann, wenn der Winkel Og6r = 50°7', der Einfallswinkel in q also =39^ 53'. Bedeutet nochp die Stelle, von wel- cher an eine Durchlassung der mittleren Strahlen eintre- ten kann, so wird also zwischen t und BE keine Farbe an der Basis DB gebrochen, und es findet in diesem Theile derselben eine totale Reflexion des Lichtes Statt. Zwischen i und p werden rothe, orangefarbene und gelbe Strahlen durchgelassen. Im reflectirten Lichte sind diese Strahlen also in geringerer Menge, als bei der totalen Reflexion vorhanden, und deshalb ist das reflecfirte Licht hier auch weniger intensiv. Zwischen p und q werden auch die übri- gen Strahlen mit Ausnahme des Blau und Violett durchge- lassen, und es ist hier eben deshalb die Intensität des re- flectirten Lichtes noch geringer, während in der Gegend von q da, wo die blauen und violetten Strahlen noch nicht durchgelassen werden, )euer bläuliche Bogen MN entsteht, auf den Newton zuerst aufmerksam gemacht, und den er zuerst erklärt hat ' ). In dem Theile der Basis zwischen MN und AD, wo alle Farben gebrochen werden können, ist eben deshalb das reflectirte Licht ein sehr nrattes.

Nachdem ich die Basis DB des Prisma auf den Gipfel einer sehr flachen Convexlinse gelegt hatte, prefste ich beide Gläser mit starkem Drucke an einander, und neigte das Auge so gegen die Basis, dafs ich die Beröhrungsstelle der Gläser zwischen q und AD erblickte. Es zeigte sich dann eine ziemlich bedeutende Menge von Ringen, wie man sie in gleicher Zahl im Tageslichte nur durch zwei sehr flache Convexlinsen erhält, und der Centralfleck in tiefer Schwärze vollkommen ausgebildet. Ich neigte hier- auf das Auge noch mehr, während beide Gläser in unver- änderter Lage znsammengeprefst blieben, so dafs ich ihfc Berührungsstelle zwischen q und p erblickte, und es erschien der Centralfleck nun nicht mehr in jener tiefen Schwärze, sondern im lebhaftesten Grün. Er zeigte sich hierauf, wenn

1 ) Opt, Hb. /. pars 2. earper. 16.

419

ich das Auge immer tiefer neigte, m lebhaftesten Gelb, Orange und siuletst röthlich, bis endlich, wenn das Auge noch mehr gesenkt wurde, so dafs die Berührungsstelie in die Gegend der totalen Reflexion fiel, jene tiefe Schwärze ▼ollkommen wieder hergestellt wurde.

Der Versuch ist also entscheidend für die Behauptung, dafs die Färbung des Centralfleckes vom durchgelassenen Lichte abhängt, und er beseitigt für immer die Möglichkeil der Annahme, dafs sein Ursprung irgendwie in einer I»- terferenss gesucht werden könne. Die Farben, die durchge- lassen werden, sind vollkommen homogene, und es müfste daher, wenn hier auch im entferntesten nur an eine Inter- ferenz gedacht werden könnte, der Centralfleck in ung^än- derter Schwärze erscheinen. So aber ist es nicht. Die Farben Grün, Gelb, Orange, in denen der Centralfleck sich zeigt, sind vielmehr so lebhaft und rein, wie man sie nur durch die besten Flintglasprismen erhalten kann, be- sonders wenn die Gläser auf ein schwarzes Papier gelegt werden, und ein Einfallen der Strahlen auf die Linse selbst ▼ermieden ist, wie ich mich hiervon dadurch überzeugt habe, dafs ich auf den von der Basis des Prisma nicht bedeckten und dem Lichte zugekehrten Theil der Linse, um alle Strah- len abzuhalten, die von unten her auf die Basis einfallen könnten, einen undurchsichtigen Schirm legte. Hat die Linse eine stärkere Convexität, so sind begreiflicherweise die Farben des Centralfleckes nicht gesondert genug.

Ungeachtet dieser Versuch jeden anderen Grund für die Wahrheit meiner Behauptungen überflüssig macht, so will ich nichtsdestoweniger noch einige andere Versuche anführen, die mir dieselben Resultate gegeben haben.

2. Auf die dem einfallenden Lichte zugekehrte Seite des Prisma legte ich ein schwarzes Papier, so dafs die Be- leuchtung nur durch die Linse von unten her möglich wurde. Prefste ich dann das Prisma und die Linse stärker an ein- ander, so erschien die Berührungsstelle wie eine durch beide Gläser ununterbrochen durchgehende sehr helle Oeffnung, wenn ich durch die dem Zimmer zugekehrte Seitenfläche des

27»

420

Prisma die sonst nur schwach erleuchtete Basis desselben betrachtete. Der Versuch berechtigt daher auch zu der Annahme eines ungehemmten Durchganges der Strahlen an der Berührnngsstelle, wenn das Licht von oben her durch die unbedeckte Seitenfläche des Prisma einfällt.

3. Legte ich zwei zusammengeprefste Linsen auf wei- fses Papier, so erschien die Schwärze des Ceutralfleckes weniger intensiv, als es geschah, wenn die Unterlage durch schwarzes oder auch nur dunkles Papier gebildet wurde, und es zeigte sich in jenem Falle der Centralfleck tiber- haupt nur in schräge reflectirtem Lichte. Bei kleineren Einfallswinkeln verschwand er völlig, und erschien, wenn ich das Auge vertical über der Berührungsstelle beider Glä- ser hielt, als ein weifser Kreis, während das Ringsystem auch dann noch sichtbar blieb. Entstände aber, wie maq bisher angenommen hat, die Schwärze des Centralfleckes durch Interferenz, durch eine Vernichtung des Lichtes in sich selbst, so müfste der Fleck auch bei weifser Unter- lage unter allen Incidenzeu der Strahlen dunkel bleiben, und es könnte dann die Berührungsstelle durch das von dem Papiere ausgehende und durchgelassene Licht nicht weifs erscheinen, wie es in der That geschieht.

4. Nachdem ich die Gipfel zweier Convexlinsen durch eine sehr dünne Schicht von Kanada -Balsam mit einander vereinigt hatte, legte ich die Linsen auf eine schwarze oder auch nur dunkle Fläche, und erblickte dann die Stelle, an der sich der Balsam befand, bei allen Incideuzen der Strah- len in derselben tiefen Schwärze, in der sich der Central- fleck bei der Zusammenpressung der Gläser im Tageslichte zeigt. Legte ich aber die Linsen auf ein weifses Papier, so war auch hier, wie bei zusammengedrückten Gläsern, die Schwärze weniger intensiv, so wie denn auch hier der Fleck bei kleineren Einfallswinkeln verschwand. Obgleich die wirkliche Continuität der Gläser doch nur zum Theil durch den Balsam ersetzt wird, so entschieden nichtsdesto- weniger auch alle sonstigen Versuche, die mit diesen Lin- sen angestellt wurden, aufs bestimmteste dafür, dafs man

421

den Urspruug der Dunkelheit des Centralfleckes lediglich in dem ao der Berührungsstelle der Gläser durchgelasseueu Lichte zu suchen habe.

5. Bei dem ersten Versuche sieht man in der Gegend der totalen Reflexion an der Basis des Prisma den schwar- zen Centralfleck nicht von Ringen umgeben. Ringe kön- nen nicht entstehen, weil da, wo man sie sehen müfste, keine Strahlen durchgelassen werden, die nach ihrer Re- flexion von der Linse mit den von der Basis reflectirten interferiren könnten. Schwarz aber erscheint der Central- flecky weil zwischen den Gläsern an ihrer Berührungsstelle keine Luft vorhanden ist, also auch keine totale Reflexion stattfinden kann, sondern das Licht hier durchgelassen wird. Denn wollte man auch an der Berührungsstellc eine Luft- schicht annehmen, so müfste auch hier das Licht eine totale Reflexion erleiden, und der Centralfleck eben so silberhell wie der übrige Hintergrund erscheinen. Da also die An- wesenheit einer Luftlamelle an der Stelle des Centralfleckes nicht vorausgesetzt werden darf, so kann auch seine Schwärze -^ selbst abgesehen davon, dafs aus der Interferenz hete- rogener Strahlen niemals Schwärze resultiren kann nicht durch Interferenz entstehen, weil diese ohne eine Luftla- melle nicht möglich ist. »

Wenn ich die vorstehenden, von den bisherigen ab- weichenden Behauptungen, die ich in einer längeren Ab- handlung ausführlicher aus einander zu setzen gedenke, dem Urtheile der Sachverständigen hiermit Übergebe, so habe ich dabei nur die Absicht, alle Lichtwirkungen, von wel- cher Art sie auch immer sejn mögen, in vollkommene Ueber- einstimmung mit der Undulationstheorie gebracht zu sehen, damit die Harmonie unserer Gedanken mit der göttlichen Ordnung in der Natur wenigstens in der Optik nirgends ▼ermifst werde.

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Xn. Ueber Sternschnuppenbeobachtungen; von J. F. J. Schmidt,

GehulfcB an der Kooigl. Sternwarte za Bonn.

JLyas Interesse, welches io neuerer Zeit die Stemschnop- pen mehrfach erregt haben, veranlafst mich zu einigen Be- merkungen, welche theils die aus correspondirenden Beob- achtungen gefolgerten Resultate betreffen, theils sich auf verschiedene, weniger häufig untersuchte Eigenthfimlichkei- ten dieser Meteore beziehen. Wenn gleich ich weifs, dab die folgenden Mittheilungen schon Bekanntes wieder berüh- ren, oder auf Verhältnisse aufmerksam machen, die ander- weitig yielleicht schon angedeutet worden sind, so scheint es mir doch nicht unpassend, jetzt, da ich zu einem vor- läufigen Abschlufs in der Untersuchung über fast neunjäh- rige eigene Beobachtungen gelangt bin, wenigstens einige der Resultate bekannt zu machen, welche aus der Anwen- dung der Bessel'schen Methode ^) auf die Ermittelung der Entfernungen und senkrechten Höhen der Meteore hervor- gegangen sind.

Die erste Veranlassung zur Theilnahme an correspon- direnden Beobachtungen verdanke ich dem Hrn. Oberlehrer E. Heis in Aachen, der bereits im Herbste 1847 mich auf- forderte, an bestimmten Abenden in Bonn nach Meteoren auszusehen, und in bekannter Weise die Zeiten des Erlö- schens, so wie die Positionen des scheinbaren Anfangs- und Endpunktes zu notiren. Hr. Heis beobachtete zum Theil mit seinen Schülern in einem besonders für diesen Zweck eingerichteten Observatorium auf dem Aachener Schul- gebäude. So lange die Einrichtungen in Aachen noch keine scharfen Zeitbestimmungen gestatteten, begnügte ich mich damit, hier in Bonn stets nur Bruchtheile der Minute, oder runde Sekunden für das Moment des Verschwiudens anzu- geben. Späterhin, als wir auch Längenunterschiede bestim-

1) Astronom. Nachrichten No. 380 und 381.

423

meo wollten, verfuhr ich mit der Genauigkeit , welche in den meisten Fällen bei diesen Erscheinungen zulässig er* scheint. Bei der Verzeichnung der Meteorbahnen in die Sterncharte, welche stets gleich nach der Beobachtung ge- schah, bediente ich mich der neuen Uranometrie von Ar- gelander. In Aachen wurden die Bahnen in der Regel gleich auf eine grofse Himmelskugel von 30 Zoll Durch- messer aufgetragen ' ). Im Jahre 1848 hat die ungünstige Witterung im August und November die meisten Beobach- tungen vereitelt; 1849 waren wir glücklicher; indessen ist zumal in Folge einer bedeutenden Erweiterung des Beob- achtungsplanes das Material so angewachsen, dafs sich die Berechnung bis jetzt nur auf einen Theil desselben hat er- strecken können. Theils auf mein Ersuchen, theils auf Veranlassung des Hrn. Heis wurden seit dem August. 1849 in Hamburg, Bremen, Bilk, Eschweiler, Düren, Neukirchen bei Saarbrücken, Frankfurt a. M. und Bern zahlreiche Beobr. achtungen angestellt. Was ich hier über Entfernungen und Höhen der Meteore mittheilen werde, ist allein aus den correspondireuden Beobachtungen in Bonn und Aachen be- rechnet worden. Alles Uebrige wird in der Folge erledigt werden.

Die Berechnung nach BesseTs Methode nimmt, wenn man sich mit der Anwendung derselben nicht sehr viel be- schäftigt , immer eine ansehnliche Zeit in Anspruch. Aber sie hat, was nicht für gering zu achten ist, den Vortheil, dafs sie Kriterien enthält, welche ein Urtheil über die Si- cherheit der an entfernten Orten gemachten Beobachtungen gestatten. Sie lehrt aufserdem mögliche äufserste Gränzen . finden, zwischen welchen das jedesmal erlangte Resultat unsicher seyn kann, wenn man den Einflufs eines Beob- achtungsfehlers € auf das eine oder andere Bestimmungs- stück der Meteorbahn untersucht. Wenn man nicht übersieht, wie sehr die Factoren von s von der Lage der Meteorbahn gegen die Standlinie abhängen, so wird man aus der oft enormen Gröfse derselben nicht auf grofse JBeobachtungs-

1) £. Heis, Die periodiscliea Sternschauppen u. s. w. Colin 1849.

424

fehler scblieCsen wollen. Diese verratben sich in den Quan- titäten, welche B es sei mit f bezeichnet , and welche an die beobachteten Oerter anzubringen sind, damit den Be- dingungen der Gleichzeitigkeit und somit der Identität Ge- nfige geleistet werde. Es kann im ungünstigsten Falle die Bechnung den Einflufs von €==i=cz) angeben, während sich die Beobachtungen ans der Kleinheit von f als sehr genau herausstellen, und es leuchtet ein, wie wichtig es zumal für solche Fälle sej, ein und dasselbe Meteor von drei Punkten der Erde aus zu beobachten, die genügend weit von einander entfernt liegen.

In dem folgenden Verzeichnisse werde ich die einzel- nen Bestimmungsstücke so weit mittheilen, als sie zur nä- heren Beurtheilung des Resultats erforderlich zu sejn schei- nen. Die vorangehende Untersuchung über die Identität je zweier Beobachtungen, die in Rücksicht auf die zutref- fende Zeitdifferenz so sehr oft nur eine scheinbare ist, hat Hr. Heis sehr sorgfältig nach seiner Methode über die ge- meinschaftlichen Durchschnittspunkte, geführt. Ich selbst habe nur die Beobachtungen der Rechnung unterworfen, welche Heis ab entschieden identisch nachweisen konnte. Indem ich überall die von B e s s e 1 eingeführte Bezeichnungen beibehalte, bemerke ich zunächst, dafs für die gegenseitige Lage der Bonner Sternwarte und des Observatoriums in Aachen Folgendes angenommen wurde:

Polhöhe von Bonn . . . (O) = 50° 43' 46" . Aachen . . ( O') = 50 46 34 Meridian-Differenz . . O 0'= 1 1 28

9?= 50« 32' 29" y' = 50^35' 17" il iw = 266° 18,4 JD = + 35,7

log Ä = 0,98947 Ä = 9,76 Meilen.

H und E! sind die senkrechten Anfangs- und Endhöhen der Meteore.

Bei den Beobachtungen in Bonn werde ich jedesmal die No. meines Verzeichnisses beifügen.

425

I

I

1. 1448. Jali29. No. 2873.

BoDD 11^ O'O" Anf. 273«30'— Ende = 245" SO" +3» Aach. 10 56 „283 4 273 5

^=198''59',9 /•=— 0»13' f i= 2«36' s = 74° 40',6 p = 93» 49',6 r = 45,70 Meil. «'=46 51,8 p'=89 41,4 r'= 10,00 ff =84 12,0 n=9i 17,3 p = 44,14 ff'=74 18,7 n'=95 55,9 (.'= 7,86 H = 25"',88 ± 38,88 e. B= 4", 1 9 ± 2,56 e.

Ein sehr grofses prachtvolles Meteor, welches mit strah- lendem grünem Lichte den Himmel erhellte und lautlos zer- platzte. Schweiffigur kaum kenntlich. Zeitdauer zwischen 2" und 3".

2. 1849. Juli 28. No. 3291.

Bonn ll' 12' 19" A.=267''30'+28n2' E.=255'>+16«30 Aach. A.=296 +18 E.=284 +14

4=200" 51',4 /'= 5»22' f= 2«4' «=68» 16,0 p=60'>35',0 r= 9,67 Meil. «'=54» 59,0 p'=71 37',0 r'= 15,26 ff =54» 5,0 ;r = 71 44,4 (> =10,90 o'=82 43,5 :;i'=76 12,6 p' = 12,54 jff=9"',20db2,61 8. ir=10"',00± 1,24 «.

Meteor der ersten Gröfse, geschweift, gelb. Dauer = 0",5.

3. 1849. Juli 28. No. 3293.

Bonn ll''23'45' A.=237»30'+22° E.=211»+24»30' Aach. A. = 254 +28 E.=222 +30

il=203»43',6 /■=— 0»4' f=— 2»59' «=38» 6',0 p=56»38',2 r=28-,97 Meil. »'=23 0,0 p'=17 7,9 r'=53 ,29 ff=54 11,5 ;r=56 51,1 p=22 ,15 ff'=32 24,9 ?r'=30 25,4 ()'=44, 50 JI=17»,28± 3,43 6. ff'=24",60=i=12,62 6.

Grünes und geschweiftes Meteor der ersten Gröfse. Dauer =2".

426

4. 1849. Aag. 11. No. 3343.

Bonn 9U0'47" A.=r310»+17' E.=300» Aachen A.=318 +16 E.=317 —3

4=191' 42',9 /^=+2»44' f = 0<'43' « = 116° 58,3 p = 75 » 7',6 r = 60,04 Meil. »'=108 18,7 p'=90 11,7 1^=27,10 0=123 46,4 ;i=68 45,7 (> = 65,05 a'=125 21,1 ;i'=91 50,3 (»'=31,56 ir=44-,5l ±12,98 «. ff'= 16-,56±2,30 s.

Meteor der zweiten Gröfse , weifs. Dauer :s 0",6.

5. 1819. Aug. 11. No. 3362.

Bonn II' 3' 49" A. 321<' + 70"' E. 302" +64° Aachen A. 358 + 57 E. 312 + 42

4=212° 31',6 /'=— 0°23' /'' = 6»29' s= 93» 46',0 p = 18" 58',3 r =25,65 Meil. *'= 87 25,5 p'=26 1,6 »^=18,99 <r = 114 13,0 ;i=19 47,3 ^=28,04 ff'=116 12,5 fl!'=39 45,0 p'=20,96 ff=24-,08db2,98 s. H'= I8-,48=*=1,22 «.

Meteor der zweiten Gröfse, geschweift, gelb. Dauer = tf ',75.

6. 1819. Aug. 20. No. 3421.

Bonn 9>'25'0'' A.=2I5°+52»30' E.226°+40° Aachen A.=245 +80 E.280 +62

4 = 196°37',6 /■=+2°51' /"=+l»31' «=52»11',3 p=14° 3,1 r= 19,50 Meil. »'=45 53,5 p'=31 32,8 r'= 15,31 <r=80 48,0 n= 1 33,3 (. = 15,56 ff'=84 35,0 i»r'=27 55,9 (»' = 11,86 H=z 13",99±0,93 6. 5*= 10-,90±0,60 «.

Dritte Gröfse, weifs und geschweift, mit gekrümmter Bahn.

7. 1849. Sept. 27. No. 3445.

Bonn 8''48'0" A.=251»+31°30' E. =236° +30« 30* Aachen A.=270 +44 E.=239 +44

4=224° 48',4 f=+0°9' /"=— 3°31'

427

»=38» 0',5 p=37»41',l r=8,32 Meil.

»'=29 51,0 p'=19 38,9 r'=6,42

(T=57 27,7 ;i=37 15,6 (>=6,01

c'=51 15,5 Ji'=31 13,4 e— MO

J?=5-,12±0,14 «. £r'=3»,96dbO,31 «.

Rotbgelbes geschweiftes Meteor der zweiten Gröfse.

8. 1849. October 22. No. 3463.

Bonn IOMO'24". A.=235° + 72» E.=230»30'+64»

Aachen A.=175 +74 E.=187 +65 ii=285°6',l /■=+0°26' f=+l°22'

«=76° 3',0 p =345« 51,7 r = 51,76 Meil.

*'=72 52,7 p'=338 2,6 r'= 36,46

<T=92 55,8 ;i=344 58,7 (»=50,31

<T,=91 3,4 «'=335 15,7 e'=34,86

H= 30»,94 ± 6,43 «. H'=l 7-36 ± 2,28 e.

Meteor der dritten Gröfse, weifs. Dauer ^1".

9. 1849. Nov. 11. No. 3555.

Bonn 7'" 9' A. 345° + 49" E. =310° +30°

Aachen A. 29+34 E.= 0+28

4=246° l',6 /'=+0°5' f= 0"21'

»= 93°54',0 p =40» 30,4 r =13,02 Meil.

s'= 66 16,6 p'=58 12,7 r' = 13,03

ff = 129 28,4 n=iO 18,9 (»=16,80

ff'=109 41,3 n'=58 58,3 (»' = 12,76

H= 12-,99 ± 1,33 e. if' = 1 1-,27 + 0,83 «.

Schönes grünes Meteor der ersten Gröfse, schweiflos, wellenförmig geschlängelt.

10. 1849. Nov. 11. No. 3558.

Bonn 7'' 44' 28" A. = 73°+57» E.=101»+62°30'

Aachen A.=71 +31 E.= 86 +44

il=253°13',9 /^=-l°7' f= 0°25'

» = 120° 24,4 p= 8,8 r= 12,25 Meil.

»' = 111 35,6 p'=346 37,4 1^=54,12

428

<y=146 20,3 !T= 3 27,3 (>=19,13 Meil. ff' =132 1,1 ;r'=347 38,7 (»'=58,29 W=8'",86db 1,49 6. fl'=28'",64dbl9™,38«. Zweiter Gröfse , gelb und geschweift. Dauer := 1".

11. 1849. Nov. 11. No. 3556.

Bonn 7'' 23' 36" A. 274" + 32° E. 263» +26" Aachen A, 344 +61 E.274 +35

.1=248'' 0,1 [=^+3" 5' /•'=— 0"54' s =38° 14',3 p =36« 54',9 r = 26,48 Meil. s'=27 29,1 p'=:30 16,1 r'= 7,64 ff =99 37,9 ;i=28 49,7 p =19,76 ff'=40 24,3 ;r'=33 38,3 ()'= 4,52 ff=l9'",44±26,60 s. JI'=3°',01d=0,30 6. Meteor der vierten Gröfse, weifs. Dauer =rl".

12. 1849. Nov. 12. No. 3596.

Bonn 6'' 52' 24" A. 175° + 49° £.=183° + 45° Aachen A. 146 +53 E. = 161 +43

A=241°9',9 /•=— 1°3' /^'=+3°44' « = 72°35',7 p=321» 1,8 r =184,5 Meil. s'=66 8,0 p'=318 56,0 r'= 44,1 ff = 91 1,8 ;i=323 10,1 (>= 181,8 ff' = 72 30,0 ?i'=310 55,3 q'= 41,1 ir=53'",69±96"',00 s. ff'=7°',84±3,15 «. Meteor der zweiten Gröfse, gelb.

13. 1849. Nov. 12. No^3600.

Bonn 7"' 24' 44" A.=200° + 50° E.=212°30'+36» Aachen A. = 183° + 55° E.=210 +32°

4=249° 16,4 /^= 0"3' /"=+2°14' «=63° l',l gf =326° 52,1 r = 13,82 Meil. a'=47 37,3 p'^319 2,3 r'= 8,46 ff =74 28,2 «=326 58,7 = 12,80 ff'=47 9,9 «'=312 56,9 (»'= 7,45 H= 3-,80±0,46 6. ff = l-,06 ±0,05 e.

Rothgelb, geschweift. Dauer =1",5. Dasselbe Meteor wurde auch in Eschweiler beobachtet.

429

Verbindet man die dort erhaltenen Positionen mit der Bonner Beobachtung, so erhält man:

/•=_0Mr. f=+ri'.

H= 2",57 ± 0,26 «. H' = 0-,83 ± 0,03 «.

14. 1849. Nov. 12. No. 3610.

Bonn 9'' 3' 20" A.= 266« 30' -4- 37 »30' £.=270» 4-30° Aachen A.=245 +67 E.=267 +47

4=273° 59,5 ^=+0»34' /"= 0°7' s =35° 34',6 p =349» 45',5 r =25,61 Meli. »'=27 39,9 p'=352 32,4 r' = 18,68 «y=67 28,6 ;i=348 10,1 ß = 18,57 ff'=42 27,7 jt'=352 56,2 p'=ll,01 ff = 9",90 ± 3,86 6. H' = 6",06 =b 1 ,38 «.

Meteor der fünften Gröfse; nebelartig.

15. 1849. Nov. 12. No. 3629.

Bonn ll''43'4" A. = 283» + 51°30' E.=267» + 48» 18' Aachen A.=258 +70 E.=247» + 47

A=314»l',9 /"= 2°40' /"=+3»20' s=55»21',8 iJ=337» 2',6 r = 12,44 Meil. s'=60 53,1 p'=326 8,0 r'= 13,09 «r = 76 30,0 JT=.343 2,2 (»=1058 ff'=72 36,1 n'=3lS 51,0 (»'=11,93 ir=4"',82±0,18€. £r'=3-,39d=0,l5«.

Zweiler Gröfse, rotbgelb, geschweift. Dauer = 1"5.

16. 1849. Nov. 12. No. 3635.

Bonn ll*59'57" A. = 314°+28» E.=316» + 19" Aachen Ä. = 309 +33 E.=306 +20

il=318°10',9 f=+r 29' /•'=+4°7'~ «=25» 43,0 p =351» 27,8 r =5,13 Meil. »'=16 32,7 p'=352 43,9 r'=6,ll 0=31 35,9 jr = 345 12,0 (. = 5,60 o'=21 2,4 5i'=326 28,2 (»'=4,27 fl=l",49±0,64 6. JEr=l'",l9±0,45«.

Meteor der vierten Gröfse, gelb und geschweift.

430

17. 1849. Nov. 12. No. 3636.

Bonn 12''7'39" A. =290° +53» E. = 297» 30'+46»

Aachen A.=232 +73 E. = 296 +53

^=320° il'.O fz=—l''5& f=— 1"22'.

* =56° 13,8 p=338°39',3 r=2,38 Meil.

«'=47 42,7 p'=338 46,2 r'=2,60

ff = 86 41,0 n=342 59,5 (>=8,67

^=54 13,0 Ji'=342 18,6 (»'=8,24

ir=0-,97±3,14e. JI'=0"',94db3,13 s.

Meteor der dritten Gröfse, vreifs, geschweift.

18. 1849. Nov. 13. No. 3665.

Bonn 9''23'19" A.=257°+64» E.=250°+61° Aachen A.=179 +78 E.=182 +69

il=279°59',2 /■=+0»22' /"=+2°20' s =63° 38',8 p =348" 59',3 r =22,37 Meil. »'=62 40,3 p' = 344 10,4 r'=22,16 a—9n 35,8 !T=348 13,3 p =20,04 ff'=91 56,2 51=339 12,7 (»'=19,69

jff= 12-,97± 1,03 «. £r'=ll'»,45db0,82 e.

Vierter Gröfse, weifs.

19. 1849. Nov. 19. No. 3684.

Bonn 7'' 29' 44" A.=215"+61°42' E.=224°42'+59° Aachen A.= 112 +61 E. = 130 +63

A=257°25',4 /■=— 1°28' /"= + l°33' »5= 67° 4,6 p=339°41',0 r =78,19 Meil. «'= 61 51,2 p'=341 35,8 r'= 58,70 ff=lll 3,0 51=342 51,0 ß=74,94 <t'=103 36,7 ;r'=338 13,4 (»'=54,77

ff=39'»,02 ±29,15 «. ff '=29'»,09± 15,82 e.

Ich gewahrte diese aufserordentlich glanzvolle Erschei- nung erst, als ich nach einer fast entgegengesetzten Stelle des Himmels blickend, durch die magisch grüne Erleuch- tung des Himmels, und des im Süden von der Sternwarte hinziehenden Gebirgszuges, aufmerksam gemacht wurde. Als ich das Meteor erblickte, war es gerade am Erlöschen, und

431

liefs dunkelrotbe Fragmente fahren. Aber die leuchtende, weifse, völlig gerade Schweiflinie , welche erst nach 13" erlosch, gab genaa den durchlaufenen Weg an. Dieser Schweif, dessen Glanz anfangs dem der Sterne zweiter Gröfse glich, hatte an seinem Ende mindestens 5' im schein- baren Durchmesser, was auf einen wahren von 1950 par. Fufs führt. Mit mir beobachtete das Meteor Hr. Stud. Thor- mann aus Bern, der, indem er seine eigene Beobachtung mit der von H eis in Aachen angestellten verband, folgende Resultate berechnete.

Beobachtungen von Thormann Nov. 19.

Bonn 1^29' U" A. 216" + 61M2' E. 222"30'+58" Beobachtungen von Heis Nov. 19.

Aachen A. 112° +61° E. 130° +63"

il=257°25',4 f=z-lU& /" = 1°44' «=66° 44,0 p=340° 2*,! r = 130,4 Meil. s'= 61 48,4 p'=339 26,4 r'= 50,5 (T = lll 2,9 7t = 3i2 51,2 e =126,1 <y'=103 36,4 ;r'=335 42,0 q= 46,7 JI=68'",17± 180,5 e. jy' = 23"',75±22,6 6.

Die Dauer der Erscheinung wurde von uns beiden auf 1",5 höchstens auf 2" geschätzt. Man sieht aus beiden Rechnungen, wie ungünstig für die Ermittlung der Entfer- nungen, die Bewegung des Meteors gegen unsere Standlinie gerichtet war.

Eine nähere Betrachtung der Quantitäten f und f so wie der Positionswiukel wird darthun, in wie weit Beob- achtungen, die an zwei, nahe 10 Meilen von einander ent- fernten Orten angestellt wurden, die Bedingung der Gleich- zeitigkeit erfüllen.

Es zeigt sich, dafs f vorkommt *): zwisch. u. .... 14 Mal

12 9'

99 » 99

li 99 ^ .... \J

«j 4 .... 4

99 ^ » "^ •••• ^ «'

t> 7 .... 1

1 ) Vergleiche die ZusaimnenstelluDg der f nach den Rechnungen von Feldt in der Abhnndhmg von Bessel, Astr. Nachr. ^o. 380.

432

Da man die Höhen jedesmal aas 2 Dreieckoi bestiiii- men kann, so mfissen die H nnd ff^ H^ and H^' am so besser zusammen stimmen, je kleiner f ist. Eis kommen Beobachtansen ror, die durch solche Deber»nstimmaiig hinlSnglicfa beweisen, welcher Genauigkeit diese Bestini- mangen fiihig sind, wenn sie mit gehöriger Umsicht und s^r genauer Bekanntschaft mit den X>estimen angestellt werden. Ich werde darüber die folgenden Beispiele an- führen ' }.

H^ und f / aus Qjq\ Sifs/.

25-.S8 4-,19 17 /28

4S ,02 16 ,00

24 ,17 IS ,80

13 ,13 11 ,59 30 ^

13 ,07 11 ,^1 12 J8

41 .21 27 ,25

Es ist aiiOallend. sowohl nach diesen Rechnungen ak nadh denen itoq Brandes. da£$ gerade oft die glänzend- sten and ^ro&arti^ten Erscheinungen in Höhen stattfinden, wo man die Atmo;>phäre der Erde ab fast Terschwindenl ansehen mufs^ während Meteore tqq mattem Glänze, Steraeii der vierten bis seefasten Grötse ähnlich, sich auf ein bis zwei Meilen der Erdoberflache nähern. DieCs werden spätere und zahlreichere Beobachtungen noch besser her- ausstellen, und dann eriunem kOonen, daC? mözlicherwcise die Atmosphäre es nicht ser. welche das Leuchten (Globen) der Meteore bedingt, wie man Torwiegend oft nnd lang^ an^enonuuen hat. Es wäre zewiCs ^oa Interesse, frühere

^Iju die Emxbuhc ^OLwr als «ile \jifan^>^io2i«: f^t. £3 gicnü^l aber, B«r<>iKfecii.cun^«fiiL«r vua 1* und wea.'^r oa^unciiown . not ila» Sluiftf «fcer Eaba ia eia ^akea su ««rwanticLn» (Tci^L iie AhlnmilMH «•■

E and B ans r.

r, 5. 3'.

No. -2573 26-^25

4-.65

3293. IT /24

3343. 44 ^1

16 .56

3362. 24 .OS

IS ,4S

3421. 13

10 SO

34d3. 30 jn

3555. 12 M

U .27

36Ö5. 12 Sl

3tiS4. .39 .02

■29 ,09

433

bedentende Erscheinungen, zumal solche, welche mit De- tonationen begleitet waren, und Stein- oder Eisenmassen fallen liefsen, jetzt noch einer scharfen Prüfung nach B es- se i's Methode zu unterwerfen, so weit das etwaige De- tail solcher Beobachtungen es zulassen sollte. Die Angaben über Höhen, Geschwindigkeiten und Gröfsen der Meteore sind bekanntlich sehr oft höchst schwankend, und es ist wichtig, die ungefähren Gränzen kennen, zu lernen, inner- halb welcher das Resultat unsicher sejn kann. So habe ich beiläufig das grofse Meteor von 27. Aug. 1847 berech- net, welches in Paris und Dieppe beobachtet wurde, und wor- über Hr. Petit mehrfache Untersuchungen angestellt hat, bis er zuletzt eine Hjperbel fand. Er berechnete die Stö- rungen der Erde, und glaubte nun gefunden zu haben, dafs das Meteor aus der Region der Fixsterne in unser System gekommen sey. Wenn aber das in dem Comp, Rend. und in den Astr. Nachr. No. 701 mitgetheilte Detail der Beob- achtungen wirklich richtig, und nicht Tielleicht zufällig durch Schreib- und Druckfehler entstellt ist, so zeigt sich, dafs die /'und f die enorme Gröfse von 18^ und 19^ erreichen. Man sieht darnach leicht, welcher Spielraum für die weite- ren Schlüsse übrig bleiben mufs.

Fast bei jeder Beobachtung habe ich mich bemüht, so genau wie möglich die Zeitdauer der Erscheinung (gewöhn- lich nach Drittel -Sekunden) zu bestimmen. Jeder, der hiermit sich beschäftigt hat, wird die ungemeine Schwierig- keit solcher Schätzungen kennen. Wenn mau den Einflufs der Aenderungen von r und r', welche durch einen Beob- achtungsfehler e entstehen können, d. h. den Einflufs von dr und dr' auf die Bahnlänge untersucht, so wird man in den meisten Fällen sich überzeugen, wie unsicher, ganz, abgesehen von dem Fehler in der Schätzung der Zeitdauer, die allerdings oft mehr als planetarischen Geschwindigkei- ten sich herausstellen.

Es hat mir stets geschienen, dafs aufser den gemein- schaftlichen Untersuchungen, welche in Bücksicht auf die Entfernungen der Meteore an verschiedenen Orten ange-

Poggendorffs Annal. Bd. LXXX. 28

434

stellt werden mfissen, dem Einzelnen, der sieb aus Lieb- haberei mit astronomischen Arbeiten beschäftigt, noch Vie- les zu beobachten übrig bleibe. Ich meine die besonderen Eigenthfimlichkeiten der Meteore, die sich in der Farbe, in dem Glänze und dessen Modificationen, in der Schweif- bildung, so wie in der oft anomalen Bewegung kund ge- ben. Zerstreute Beobachtungen der Art sind hier und da vorhanden. Wenn man aber dahin strebt, ein grofses Phä- nomen der Natur, so weit es erreichbar ist, in seinem gan- zen Umfange zu erkennen, so kann es nicht genügend er- scheinen, eine gelegentliche Notiz über Farben und Schweif- erscheinuugen als Stütze zu bedeutenden Schlufsfolgernn- gen zu benutzen. Will man die Ursachen und nähere Bedingungen kennen, unter denen das Leuchten oder Ver- brennen der Meteore vor sich geht, so scheint es nöthig, nicht ganz allein bei der Betrachtung heruntergefallener Stein- oder Eisenmassen stehen zu bleiben, oder nur die, in der Regel wenig sicheren Höhenangaben mit der gegenwärtig bekannten Ausdehnung der Atmosphäre zu vergleichen. Die Farben und Lichterscheinungen (Intensitäten), zusammenge- stellt mit den Entfernungen, die Schweifphänomene vergli- chen mit dem Glänze und der Farbe der Meteore, kurz, die möglichst vielseitige Combination so mannigfaltiger Ei- genthümlichkeiten, wird in der Folge gewifs noch mehr Mittel darbieten können, das Problem von den Meteoren in seiner ganzen kosmischen Bedeutsamkeit aufzufassen.

Was ich selbst im Laufe von fast 9 Jahren in ähnlicher Rücksicht beobachtete, habe ich im Laufe des letzten Win- ters zusammengestellt, um eine Einsicht in die etwaigen Er- gebnisse zu erlangen, welche 37CH) sorgfältig angestellte Beobachtungen zu versprechen schienen. Die Aussicht, in der Folge weniger Zeit und Gelegenheit für derartige Un- tersuchungen zu finden, machte es mir wünschenswerth, Einiges jetzt schon mitzutheilen. Was aufserdem sich über die Farben und Schweifphänomene, über Convergenzpunkte, Höhen und Geschwindigkeiten, über Verwendung der Me- teorbeobachtungen zur Ermittelung von Meridiandifferenzen,

435

Ober iekskopische Sternschnuppen, die ich in grofser Ati- sahl bei anderen Beobachtungen gesehen habe, ect. heraus- gestellt hat, hoffe ich bekannt machen zu können, wenn sich mir für die völlige Durchführung meiner Arbeit Ton gröfserem Umfange eine günstige Veranlassung darbieten sollte.

XIII. Per besserte Darstellungsweise der Fumarsäure ;

pon W. Delffs.

JLIas Verfahren, welches von den meisten chemischen Hand- büchern vorgeschrieben wird, um die Fumarsäure aus dem Kraut der Fumaria offidnalis darzustellen, rührt von De- marcay ') her, und stimmt bis auf einige Vereinfachun- gen mit dem ursprünglichen Verfahren von Win ekler'), der bekanntlich diese Säure zuerst aus der Fumaria gewon- nen hat, überein. Beide Chemiker fällen nämlich den aus- geprefsten und geklärten Saft des Krautes (Win ekler, nachdem er unnöthigerweise den mit der Fumarsäure ver- bundenen Kalk durch oxalsaures Kali entfernt bat), mit essigsaurem Bleioxjd, zerlegen den ausgewaschenen Nieder- schlag durch Schwefelwasserstoff, und beschaffen die Reini- gung der abgeschiedenen Säure durch Thierkohle u. s. w.

Man sieht, dafs diefs Verfahren das gewöhnliche ist, dessen man sich zur Aufsuchung neuer Säuren zu J)edie- nen pflegt. Die leichte Ausführbarkeit desselben beruht indessen auf den beiden Voraussetzungen, dafs das Bleisalz der darzustellenden Säure unlöslich, und dafs die Säure selbst löslich in Wasser sey. Vom practischen Gesichts- punkt aus betrachtet, erfüllt nun die Furmarsäure nur die erste dieser Bedingungen, denn da dieselbe reichlich 200

1) Ann, de chim. et de phys. LVL 429.

2) Bachner's ReperU XXXIX. 374.

28»

4?^

hJü^m ^^Ji! t^j t XH Am- IjfcvK >iHliif. ^«€rdc maö rate Uwm F«mr»«r^ ia BlcHalz «nfefihr 13 Pfand ^Vasscr 9(aranr<>Bd«Q kalK«. Die fee^fis dnos erwachsen- 4cB UefccIsliBde: Besratnar $<kr ^ofswoöser Gefalse und tm hiwieii£€g Abd^rpfacs^e^^lAft . kaben sewifs man- ckea CbesEÜer <S^ Dij?!^!!^:^^ £e?«T dunA ihre dicmisciien TerliältDir^e aa5^*x«cLse**si Sinre ^rHesdef. Andi lassen ädi <fie<e Uebel^ticd? AjA Aü^n^donf ^on betfsem "Was- ser nidit be^ti£e!:!. kA^* s^ene Unbetpemlidikeiten her- bciznfcliren. Z^^tr ist dif FuBzrsaiire in Äderndem Wsts- ser zienlich l^icLt l^tflkk. md fieue «ich dardi Anwen- dan£ de<5elbefi die obice Waesefvense bedeatend Teringern; allein abfesdies da^on. dau »!^lanw S^ Zerlesuns des Blei- sähe« darch Schwefelwasserstoff, w^lci^c man sonst unter freien HiBinel äcb seihet obeiiassen kann, die Anfimcrk- samkeit de« Laboranten wahrend der eanzen Daaer des Tcrsochs in Anspmcb nimat. lafst «ich diese Operation wesen des starken Aa&to(5eiis der Flnssiskeit nur dann ausfuhren, wenn man die letztere fortwährend umrührt UeberdieCs habe ich mich nberzeo£t. daf? es sehr schwer hält, das fnmarsaure Bleioxjd durch Schwefelwasserstoff so ToUständii: zu zersetzen, dafs man keinen erbeblichen Verlust erleidet

Es ist daher ^iel zweckmafsiser, die Anwendung des Schwefelwasserstofis zor Zersetzung des fnmarsaoren Blei- oxjdes ^nz zu umgehen, und anstatt dessen die nachfol- gende 3Ietliode zu benutzen, wobei nicht allein die ange- fahrten Schwierigkeiten wegfallen, sondern auch der Vorthefl erreicht wird, daCs die Säure gleich bei der ersten Abschei- düng reiner, als nach anderen Darstellungsweisen , ausfallt Es beruht diese Methode auf dem Umstand, dafe die Fn- marsaure Ton concentrirter Salpetersäure, selbst in der Hitze^ nicht angegriffen wird.

Ulan verfahrt im Anfang, wie Winkler und Demar- f nj Torschreiben. Das frische Kraut wird unter Zusatz ▼on etwas Wasser zerstolsen und ausgeprefst. Die tröbc, grfingef^bte FlQssigkeit wird bis zum Sieden erhitzt, wo-

437

bei sich ein Gerinnsel von Eiweifs und Chlorophyll abschei- det. Nach Entfernung desselben zeigt die Flüssigkeit eine hellere, mehr in's Gelbliche spielende Färbung, welche nicht weiter durch Thierkohle, wie Demar^aj vorschreibt, beseitigt zu werden braucht. Dagegen ist es nicht uuzweck- mäfsig, die Flüssigkeit ein paar Stunden der Ruhe zu über- lassen, wobei sich ein gelblicher Bodensatz abscheidet; von welchem der gröfste Theil der Flüssigkeit durch Abgiefsen, der Rest durch das Filtrum getrennt werden kann. Mau schreitet alsdann zur Fällung mit essigsaurem Bleioxyd. (Um diese Operation in kürzester Zeit vollständig und zu- gleich unter Vermeidung eines allzu grofsen Ueberschufses des Fällungsmittels auszuführen, ist es hier, wie in ähn- lichen Fällen, zweckmäfsig, die zu fällende Flüssigkeit in zwei oder mehrere Cylinder zu vertheilen und die Lösung des essigsauren Bleioxyds (oder sonstigen Fällungsmittels) aus einem mit Filter versehenen und an einem Stativ be- festigten Trichter nahe am Rande des Cylinders in die Flüs- sigkeit tropfen zu lassen. Man wird dadurch in den Stand gesetzt, die Bildung des Niederschlags weit länger mit dem Auge zu verfolgen, als wenn das Fällungsmittel mit einem- mal in gröfserer Menge hinzugesetzt wird, wobei sich in der Regel die ganze Flüssigkeit trübt, und alsdann so lange mit dem neuen Zusatz gewartet werden mufs, bis sich die Flüssigkeit wieder geklärt hat. Haben die sich bildenden Niederschläge keine allzu voluminöse Beschaffenheit, so läfst sich die Fällung gewöhnlich ohne Unterbrechung beendigen; im entgegengesetzten Fall hat der erste Cylinder Zeit sich zu klären, während man den zweiten in Arbeit nimmt u. s. w.) Das entstandene fumarsaure Bleioxyd ist gelblichgrün gefärbt und anfangs ziemlich voluminös, sinkt aber später etwas zusammen. Man thut daher gut, diesen Zeitpunkt abzuwar- .ten, ehe man sich au's Auswaschen macht. Letzteres kann abgebrochen werden, wenn die ablaufende Flüssigkeit nur noch wenig gefärbt ist. Nachdem das auf Fliefspapier aus- gebreitete fumarsaure Bleioxyd lufttrocken geworden ist, wird es zerrieben und in einer geräumigen Schale in klei-

438

nen Antheilen mit concentrirter Salpetersäure ^) fibergossen, bis das mit dem Spatel durchgearbeitete Gemenge in einem dicken bellstrohgelben Brei verwandelt ist. Eis findet hier- bei eine ziemlich starke Erhitzung statt, und das Volumen des Gemenges schwillt ungefähr auf den doppelten Raum, welchen es nach dem Erkalten einnimmt, an; gleichwohl entbinden sich wenig salpetersaure Dämpfe. Nach Verlauf von 24 Stunden rührt man das Gemenge von salpetersau- rem Bleioxjd und freier Fumarsäure mit so viel Wasser an, als erforderlich ist, um die fiberschüssige Salpetersäure abfiltriren zu können, wäscht einigemal mit Wasser aus^ läfst gut abtropfen, und zieht die Fumarsäure mit kochen- dem Weingeist von gewöhnlicher Stärke, worin sie sich am besten löst, aus. Der Rückstand von der weingeistigen Lösung, welchem etwas salpetersaures Bleioxjd beigemengt ist, wird in Ammoniak gelöst. Letzteres nimmt neben der Fumarsäure immer Spuren von Bleioxjd, und, wenn man sich des gewöhnlichen, im Handel vorkommenden Bleizuckers zur Fällung bedient hatte, auch immer etwas Kupferoxyd auf, welche, nachdem das überschüssige Ammoniak durch Erhitzen verjagt ist, durch Schwefelwasserstoff entfernt wer- den. Die gefällten Schwefelmetalle tragen auffallend zur Entflirbung der Flüssigkeit bei, so dafs das Filtrat beim freiwilligen Verdunsten gewönlich schon ziemlich farblose Krystalle von doppeltfumarsaurem Ammoniak absetzt. Nur in dem Fall, dafs die Krystalle stärker gefärbt erscheinen, ist es erforderlich, dieselben durch Auspressen zwischen Fliefspapier und Umkrystallisiren zu reinigen; gewöhnlich reicht es hin, die wenig gefärbten Krystalle in heifsem Wasser zu lösen, und einen geringen Uebersdiufs von Salpetersäure hinzuzufügen, um den Rest der färbenden Materie zu zerstören, und beim Ekalten der Flüssigkeit farblose Krystalle von Fumarsäure zu erhalten. Die voll-, ständige Abscheidung der Fumarsäure erfordert indessen

1) Ich bediente mich anfangs einer Saure von 1,45 spec. Gew., fand aber spSier, dafs man mit einer Säure von gewohnlicher Stärke ebenso gut •einen Zweck erreicht.

439

längere Zeit, als man bei der Schweriöslichkeit derselben erwarten sollte, und erfordert einen Zeitraum von mehreren Tagen.

Ungeachtet die mittgetheilte Darstellungsweise der Fu* marsäure in der Beschreibung weitläufiger, als die im Ein- gang berührte, aussieht, indem sie eine gröfsere Anzahl von Operationen einschliefst: so führt dieselbe doch weit rascher und bequemer zum Ziele, und gewährt, was be- sonders hervorzuheben ist, eine reichliche Ausbeute. In dieser letzteren Beziehung läfst sie auch eine später von Winckler bekannt gemachte Methode ^ ) weit hinter sich zurück. Wink 1er erhielt nämlich aus 100 Pfund frischem Kraut gegen 2^ Unzen reiner Fumarsäure. Ich habe da- gegen höchstens 20 Pfund Kraut in Arbeit genommen, un- gefähr die Hälfte des gewonnenen fumarsauren Bleioxjds bei vorläufigen Versuchen verloren, und gleichwohl über 5 Drachmen reiner Fumarsäure gewonnen. Die Ausbeute nach meinem Verfahren ist also ungefähr 2^ mal gröfser. Ohne Zweifel erklärt sich die geringere Ausbeute Win ek- ler's zum Theil aus dem Umstand, dafs derselbe Thier- kohle zur Entfärbung der Säure anwandte, ein Verfahren, das man, wegen der dabei statttfindenden Verluste, in neue- rer Zeit so viel wie möglich zu umgehen sucht.

Schliefslich mögen hier noch ein paar Bemerkungen über die Krystallform des doppeltfumarsauren Ammoniaks Raum finden. Ich hegte anfangs die Hoffnung, die geringe Anzahl genauer Angaben über die Krjstallform organischer Verbindungen um eine vermehren zu können, weil ich bei der ersten Darstellung des noch unreinen Ammoniaksalzes sehr deutlich ausgebildete Krystalle erhielt. Leider zeigte sich beim Messen mit dem Keflexions- Goniometer, dafs die Flächen trotz ihres Glanzes nicht eben genug waren, um eine genaue Bestimmung der Winkel zuzulassen. Beim Umkrystallisiren trat der auch schon in anderen Fällen beobachtete Umstand ein, dafs die Deutlichkeit der Form mit dem Grad der Reinheit der Substanz abnahm. Gleich-

1) Buchner 's ßepert. LX^III, 39.

440

wohl geht Folgendes mit Sicherheit aas meinen Beobach- tungen hervor. Die Krjstalle des doppeltfumarsauren Am- moniaks gehören zum zwei- und eingliedrigen oder kliuo- rhombischen System; sie bestehen aus vierseitigen Prismen mit Winkeln von ungefähr 70 und 110®, und schief aaf- gesetzten Endflächen, welche mit den scharfen Seitenkan- ten Winkel von ungefähr 60 und 120° bilden. Die Krj- stalle sind sehr deutlich diesen Endflächen parallel spalt- bar. Bei einigen Krystallen waren die Endflächen durch zwei, auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzte und in der Macrodiagonale zusammenstofsende, Flächen verdrängt. In trockner Luft werden die Krvstalle matt; in verschlösse- nen Gefilfsen lassen sie sich unverändert aufbewahren.

XIV. Leichte Darstellung des Helenin s;

con FT. Del/fs.

Wenn man die frische, in Scheiben zerschnittene Wur- zel von Inula Helenium mit Weingeist von 80 Proc. aas- kocht und die heifsfiltrirte Lösung mit ihrem drei bis vier- fachen Volumen kalten W^assers vermischt, so eotstcht eine schwache Trübung, und nach 21 Stunden finden sich in der Flüssigkeit blendend weifse, mehrere Zoll lange Na- deln von reinem Helenin. Die ]\Iotterlauge hält so we- nig Helenin zurück, dafs es kaum der MQhe werth ist, dieselbe abzudampfen. Der Versuch gelang auch mit der getrockneten Wurzel, welche ein halbes Jahr lang aufbe- wahrt worden war; jedoch schien mir die Ausbeute etwas geringer. Die zu diesen Versuchen benutzte Wurzel war gegen Ende Octobers gesammelt worden.

441

XV. Analyse €>erschiedener Kohleneisensteine aus

der Steinkohlenablagerung an der Ruhr;

von Dr. C. Schnabel,

Director der Realschule in Siegen.

V or etwa 18 Jahren wurde auf der Steinkohleugrube „Friederika" in der Nähe der Stadt Bochum ein bisher dort unbekanntes Fossil , angeblich von schwarzer, an ein- ' zelnen Stellen brauner, ins Rothe fibergehender Farbe ent- deckt. Die Lagerstätte desselben befand sich zwischen Kohlensandstein und Schieferthon ; sie bildete ein beiläufig 2 Fufs mächtiges Flötz, ebenso regelmäfsig als die Stein- kohlenflötze und diesen völlig parallel. Als dieselbe später noch mehrmals durchfahren wurde, veranlafste die Berg- behörde eine vorläufige Untersuchung des Minerals, welche einen nicht unerheblichen Eisengehalt nachwies.

Obgleich nicht sehr weit von dieser Steinkohleuzeche auf einer Nachbargrube derselbe Eisenstein nochmals und in nicht unbedeutender Ausdehnung bekannt geworden war, so stand doch das Vorkommen desselben im Steinkohlen- gebirge an der Ruhr seither immer noch isolirt und erregte wenig Aufmerksamkeit, bis im Anfang d. J. auf der Koh- lenzeche „Schürbank und Charlottenburg", 6 Stunden von Bochum entfernt, ein Flötz von 24" Mächtigkeit aufgefun- den wurde, welches dem äufseren Ansehen nach dasselbe Mineral enthielt. Auf den Wunsch des Hrn. Bergmeisters Herold in Bochum unternahm ich nun von vier der als Eisenstein angesprochenen Fossilien eine vollständige che- mische Analyse, deren Resultate ich nachstehend mit dem Bemerken zu veröffentlichen mir erlaube, dafs ausführliche Mittheilungen darüber in der „Zeitschrift des naturhistor. Vereins für Rheinland und Westphalen" vorkommen sollen. Die in diesen Annalen Jahrg. 1849 Bd. 76, S. 113 119

442

mitfetbdlte Analjse ') wan L. Ch. Hcf« bctrifll okoe Zwei- fei ein ähnlidic» Vorfconrnnji«.

Bei der qmmMaiirem UntersudMios zctgtca die Tcrschie- denen Kohlenetsensteinc folgendes Verhalten:

Sie bilden eine scbwacbe, dicksdiieferigeL ziendidi schwer polTeriftirbare 3Iasse: einijce Stficfce zeigen ScfawefeUJcs in Krystallen oder in dQnnen Schichten aoftgesondcrt. Bmch ooeben. Glanz fehlt oder matt. Der Strich ist glänzend, das Strichpolrer donkelbraan oder fast schwarz. Die Härte steht bei den eisenreicheren Varietäten zwischen 3 and 4, bei den ärmeren zwischen 1 and 2. Das specifische Gewicht ▼ariirt zwischen 2fi und 2,2.

Das Palirer entwickelt beim Erhitzen in der an einer Seite geschlossenen Röhre einen schwachen, an das Oelgas erinnernden, Geroch and setzt Wassertropfen ab, ohne dafs sich die Farbe desselben Terändert; es geräth dabei, wie (ijrps während des Brennens, in eine wallende Bewe- gung. Beim GIfihen unter Luftzutritt wird dasselbe roth- braun oder, bei den Manganreicheren Varietäten, violett, and löst sich dann durch Behandlung mit Chlorwasserstoff- säure bis auf einen weilsen Kieselruckstand. Wird das angeglfihte Pulrer mit kaller Chlorwasserstoffsäore ober* gössen, so tritt eine langsame Entwicklung von Kohlensäure ein, welche erst nach einigen Tagen aufhört, durch Wärme aber sehr beschlennigt wird; der ungelöste schwarze Ruck- stand hinterläfst, beim Erhitzen auf Platinblech, nach dem Wegbrennen der Kohle eiuen weifsen erdigen Röckstand, der aus einem Silikat von Thonerde, Kalk, Magnesia and Eisenoxyd besteht. In der dunkelgelben salzsauren Auf-

1) Dieselbe ist mit folgendeni Fehler behaftet: Auf Seite 116 wird der GhlhrerlaU bei ofTenem Tiegel als Kohle berechnet, aber der zur Ver- wandlung des Eisenoxyduls in Oxyd nöthige Sauerstoff ist nicht in Rech- nung genommen. Die von Uefs gefundenen 43,39 Proc. FeO ▼erlangen noch 4,82 Proc. O um in Fe^Oa überzugehen; daher mufs die Kohle um dieses Gewicht vermehrt werden und beträgt demnach 21,27-^-4,82 = 26,09. Hierdurch wachst aber der Procentgehalt des Minerals auf 104,03 mit einem Ueberschufs von 4^03 Proc , über den es an Auskunft fehlt.

S.

443

löSQDg befinden sich: Elisen ab Oxydal und Oxyd, sowie geringe Mengen von Mangan» Thonerde, Kalk, Magnesia und Scbwefekäure. Wasser zieht aus dem Erze Spuren von Schwefelsäure (und Chlor), an Kalk gebunden, aus. Phosphorsäure und Alkalien liefsen sich nicht nachweisen. Die quantitative Untersuchung lieferte folgende Resul- tate:

A. Koh]enei8eo8teine von der Grnbe ^^Friederika^S Mu~

thUDg Schrötter.

Erste Sorte. Spec. Gew. 2,81 ; Härte zwischen 3 und 4.

Eisenoxydul 48,24

Eisenoxyd 1,30

Manganoxydul 0,13

Kalk 0,59

Magnesia 1,20

Thonerde 0,77

Wasser . . 0,92

Kohlensäure 31,32

Schwefelsäure 0,03

Kohle 14,61

Kieselriickstand 0,93

TÖO,047

Oder: die Basen an die Säuren vertheilt:

Kohlensaures Eisenoxydul 77,72

.Eisenoxyd 1,30

Kohlensaures Manganoxydul 0,21

Kalk 1,02

Magnesia 2,51

Schwefelsaurer Kalk 0,05

Thonerde 0,77

Wasser 0,92

Kohle . 14,61

Kieselrückstand 0,93

Tööjöi.

444

Zweite Sorte, Spec Gew. 2,197. Härte zwisdien 1 oDd 2. Stricbpulver scbwarzbraan, nach dem Yerbrennen der Kohle von eioer dem Pariserroth ähniidien Farbe.

Eisenoxjdal . . . . i 29,32

Eisenoxyd 7,46

Magnesia 2,10

Kohlensäure 20,22

Wasser 4,14

Kohle 35,34

KieselrQckstand 0,81

Thonerde, Manganoxydul, Kalk u. Schwe- felsäure Spuren

99,39. Oder:

Kohlensaures Eisenoxydul 47,24

Eisenoxyd r . . . . 7,46

Kohlensaures Magnesia 4,40

Wasser 4,14

Kohle 35,34

Kieselrückstand 0,81

AI2O3, MnO, CoO und SO3 .... Spuren

99,39.

B. Eohleneisensieine vod der Grube ^^Schurbank and

Charlottenbnrg^^

Erste Sorte. Spec. Gew. 2,94. Härte zwischen 3 und 4. Das schwarze Pulver brennt sich an der Luft schwärzlich violett und wird dann theilweise dem Magnete folgsam.

Eisenoxvdul 43,41

Eisenoxyd 7,77

Manganoxydul 0,68

Magnesia 1,75

Kohlensäure 28,80

Wasser 3,01

Kohle 11,71

Kieselrückstand 2,71

Thonerde, Kalk und Schwefelsäure . . Spuren

"99;69r"

445

•der:

Kohlensaures Eisenoxjdal . . . 69^

Eisenosyd 7,77

KobleDsatirCE MaDganoijdnl . . 0,7S

Kohleusaure Magnesia .... 3,67

Wasser 3,01

Kohle 11,76

Kieselerde 1,92

k- G:rt l Tbonerde + Eisenoivd . . . 0,52

SlnnS Magücsia 0,13

AI'O,, CaO, SO, Spuren

»»,69.

Ztceite Sorte. Specifisches Gewicht 2,33. Härte zwi- Jien 1 und 2.

/ Eisenoxjdul 21,91

•»sf \^'^°"'- '■ ■■:::;:

48,94.

1 Wasser 5,0

f KohlensSure 14,3!

\ Schnefelsäure 0,3l

Mangan uod Tbonerde .... Spuren

In Salz- [ Ei^«»o*J»' ".»6

läure un- löslicher

Theil = 50,96.

\Kalk 0,18

] Magnesia 0,34

] Tbonerde ........ 8,67

/ Kieselerde 20,23

l Koble _?0,07

99,897 »der:

Kohlensaures Eiseuosydul . . . 35,30

Eisenoxid 5,93

Kohlensaurer Kalk 0,41

Magnesia .... 1,57

Kalk 0,64

Wasser 6,09

Kohle 2<^07

Kieselerde 20,23

(Eisenoxyd 1,16

Kalk 0,68

;ebundea. ) Tbonerde 8,67

{ Magnesia 0.35

446

Nachschrift. Später hatte ich Gelegenheit, noch einige dieser mit Kohle aufs Innigste gemengten Eisensteine auf ihren Ei- sengehalt zu prüfen; in je zwei Sorten von der Grube „Isabelle" bei Bochum fand sich ein Gehalt von 29,52 und 27,68 Proc. Eisen bei einem Kieselrückstand von resp. 7,53 und 7,64. Dagegen sank der Eisengehalt der Kohleneisen- steine von der Grube „General" bei Dahlhauseu an der Ruhr auf 9,56 und 10,54 Pi oc, unter gleichzeitiger Zunahme der erdigen Theile auf resp. 37,96 und 64,14 Proc. Siegen, den I.Juli 1850.

XVI. Lieber das JBinocularsehen prismatischer Far- ben und eine neue stereoskopische Methode;

von H, VF. Dove.

(Aus d. Monatsberichten d. Akad. Mai 1850).

Im Jahrgang 1841 der Berichte Seite 251 sind von mir Versuche veröffentlicht worden, aus, denen hervorgeht, dafs, wenn im Stereoskop Farben betrachtet werden, welche bei gleicher Intensität genau complementar sind, diese Farben- eindrücke einander ebenso zu weifs neutralisiren, als wenn beide auf der Netzhaut eines und desselben Auges erregt werden. Diese Versuche sind neuerdings von Hrn. Reg- uault mit gleichem Erfolge wiederholt worden. Wendet man hingegen statt der Polarisationsfarben Pigmente oder die Absorptionsfarben durchsichtiger Gläser an, so wird man sich leicht nur des Farbeneindruckes des einen Auges bewufst, besonders wenn die Intensität der gleichzeitig mit dem rechten und der mit dem linken Auge gesehenen Farbe verschieden ist. Nun ist aber bekannt, dafs, wenn einem Auge zwei Farben gleichzeitig dargeboten werden, ihre Mi-

447

schungsfarbe gesehen wird, wie verschieden auch die Inten* sit&t der Componenten seyn mag. Es würde daraus folgen, dafs, wenn zwei Wellensysteme gleichzeitig Eine Netzhaut erschüttern, wir uns des daraus resultirenden Systems stets bewufst werden ; afficiren hingegen zwei Systeme gesondert beide Netzhäute, diefs nur stattfindet, wenn die Elongation der Schwingungen beider nahe gleich oder nicht zu eerschie- den ist. Im ersten Falle kann man daher nicht das resul- tirende System in seine Componenten zerlegen, indem man eine der Componenten absichtlich übersieht. Im letzteren Falle ist diefs möglich, weil beide Systeme sich factisch nicht zu einem resultirenden combiniren.

Es giebt einfache stereoskopische Zeichnungen, z. B. eine gerade abgekürzte oder vollständige Pyramide, ein gerader abgekürzter oder vollständiger Kegel, von denen die für das linke Auge eine blofse einfache Umkehrung der für das rechte Auge ist, d. h. solche, welche, wenn sie für rechts und links sich unterscheiden, für oben und unten identisch bleiben oder umgekehrt. Diefs führte darauf, dafs man auch ein stereoskopisches Relief mit einer einzigen dieser Zeichnungen erhalten könne, wenn man diese näm- lich so betrachtet, dafs man vor das eine Auge ein Fern- rohr hält, welches wie das galiläische oder terrestrische sie aufrecht zeigt, vor das andere eins, welches, wie das astro- nomische, sie umkehrt, vorausgesetzt, dafs die Vergröfserung beider Fernröhre dieselbe ist. Der Versuch bestätigt diefs, woraus hervorgeht, dafs zwei Bilder gleicher Intensität sich anf diese Weise ebenso combiniren, wie im Wheatstone'- sehen Stereoskop. Diese Methode läfst sich daher auch auf Farben anwenden.

Wirft man die durch Doppelbrechung entstandenen Spectra eines gleichseitigen Bergkrystallprisma, dessen Kan- ten der Axe parallel sind, auf eine weifse Wand, so sieht man da wo das violette Ende des einen Spectrums über das rothc des andern greift, eine sehr schöne Pupurfarbe entstehen, welche sich in ihre Componenten zerlegen läfst, wenn man die unmittelbar mit dem Auge aufgefangenen Spec-

446

ji|ar> ^^^ ^^^ dessen Bre-

^ . /totb als senkrecht auf

^Virtt mau hiugegeu das

^/«/asprisma auf die Waud,

. jarch die beiden Fernröhre,

..> '^^z* Weise einander decken, so

.:^'/a der Weise gegen das Roth,

.r 'jracks des letztern allein bewufst

'< '^den Augen gleich scharf sieht. Der

Später hatte ich Kohle aufs lonigste sengehalt zu prüfe* „Isabelle'' bei Bor 27,68 Proc. Eisen und 7,64. Dage' ^. steine von der ^ Ruhr auf 9,56

der erdigen ' ^l '^J^^^ durch Purpur in Violett erscheint

Siegen, «* ".'/<? Sehkraft des einen Auges absichtlich

•• "v- \oo den einander deckenden Bildern das

.. jC rersch\Tindet. Auf diese Weise scheineo

:.^,^:*jiedenen Ergebnisse zu erläutern, >y eiche in

"^ ' der Versuche verschiedener Beobachter sich

XVI >5

r^c ihren Augen gesonderte Farbeneindrücke

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J^chi man die vor das rechte und linke Auge ge-

ll^fernröhre mit einander, so erhält man dieselbe

/'CaDi d^^ Erscheinung, als im Wheatstone'schen Ste-

K^ durch Vertauschung der beiden Zeichnungen unter

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Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grunstr. 18.

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448

tra durch ein NicoFsches Prisma analysirt, bei dessen Dre« hung einmal das Violett, dann das Roth als senkrecht auf einander polarisirt verschwinden. Wirft man hingegen das Spectrum eines gleichseitigen Flintglasprisma auf die Wand, und betrachtet dasselbe so durch die beiden Fernrohr^ dafs die Bilder in umgekehrter Weise einander decken, so verschwindet das Violett in der Weise gegen das Roth, dafs man sich des Eindrucks des letztern allein bewufst wird, wenn man mit beiden Augen gleich scharf sieht Der Uebergang des Feuerroth durch Purpur in Violett erscheint erst, wenn man die Sehkraft des einen Auges absichtlich schärft, so dafs von den einander deckenden Bildern das eine zuletzt ganz verschwindet. Auf diese Weise scheinen sich die verschiedenen Ergebnisse zu erläutern, welche in den Angaben der Versuche verschiedener Beobachter sich finden, welche ihren Augen gesonderte Farbeneindrücke darboten.

Vertauscht man die vor das rechte und linke Auge ge- haltenen Fernröhre mit einander, so erhält man dieselbe Umkehrung der Erscheinung, als im Wheatstone'schen Ste- reoskop durch Vertauschuug der beiden Zeichnungen unter einander. Der vorher erhaben gesehene Gegenstand erscheint nun vertieft.

Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grunstr. 18.

7afn'.

Arm,, d. Th^. u.CAenL. Bd. <fa<J't.3.

- I

1850. A N N A L E N JTo. 8.

DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXXX.

I. Ueber die Zusammensetzung des Turmalins, verglichen mit derjenigen des Glimmers und Fdd- Späths, und über die Ursache der Isomorphie un- gleichartiger Verbindungen; i^on Carl Rammeisberg.

Historische Einleitang.

JltfS ist eine ausgemachte Thatsache, dafs ungeachtet der werthToUsteu Arbeiten in der Mineralogie und Chemie das Band noch fehlt, welches Form und Zusammensetzung mit einander verknüpft. Die Erfahrungen haben immermehr gezeigt, dafs das innere Wesen der Isomorphie nicht noth« wendig und nicht in allen Fällen auf einer analogen Grup- piruug der Elemente beruhen kann, neue Vorstellungen wie die Atomvolume und die Heteromeiie sind des« halb zur Hülfe genommen worden, ohne indessen bis zu diesem Augenblick eine allgemeine Ueberzeugung hervor- zurufen.

Unter den Mineralien sind es offenbar die Silicate, und unter diesen die zusammengesetzteren, welche in jeuer Be- ziehung grofse Schwierigkeiten darbieten. Wir besitzen zahlreiche und gewifs genaue Analysen von Feldspatharten, von Glimmern, von Augiten und Hornblenden, und müs- sen uns dennoch aufrichtig gestehen, dafs wir weder für Feldspath, noch für Glimmer, Augit oder Hornblende ei- nen sicher verbürgten, allgemein passenden Ausdruck der chemischen Zusammensetzung angeben können. So grofs die Aehnlichkeit in den physikalischen Merkmalen bei den einzelnen Gliedern dieser Gattungen ist, und so leidit es fällt, in dieser Hinsicht das Zusammengehörige zu vereini-

PoggendorfPs Annal. Bd. LXXX. 29

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gen, 80 grob sind die Abweichungen in der Zusammen- setzung bei Gliedern der nämliche,n GaUnng. Und diese Gattungen gehören durch ihre grofse Verbreitung, durch den Antheil, den sie an der Bildung der Gesteine neh- men, zu den wichtigsten unter allen Mineralien. Denn ein und derselbe Tjpus der geometrischen Form, kaum mehr differirend, als es bei isomorphen Körpern gewöhn- lich ist, groEse Aehnlichkeit in ihrem ganzen physikalischen Verhalten vereinigt alle die Substanzen, welche wir im Allgemeinen Feldspath nennen, und es war fast nur der Chemiker, der eine Trennung derselben für nothwendig erachtete, als er fand, dafs die einzelnen Glieder: Ortho- klas und Albit, Oligoklas, Labrador und Anorthit, nicht etwa durch Vertretung einzelner Bestandtheile als isomorphe betrachtet werden dürften, sondern eine stödiiometrisch ver- schiedene Zusammensetzung haben, insofern zwar die Aeqoi- valente der stärkeren Basen (der Alkalien und der Kalk- erde) und der schwächeren (der Thonerde) bei allen un- veränderlich =s l : 1 sind, die der Kieselsäure aber in dem Verhältnifs von 4 : 6 : 9 : 12 sich ändern. Noch übler steht es beim Glimmer^ dessen Varietäten scheinbar regellos zu- sammengesetzt sind, ja wo optische und chemische Eigen- schaften sich selbst widersprechen« Können auch viele Augite und Hornblenden auf einfache Ausdrücke zurückge- führt werden, so legen die thonerdehaltigen grofse Hinder- nisse in den Weg, und die zur Beseitigung derselben und zur Lösung der F«rage, ob beide Mineralien zusammeo&d:* lea, aufgestellten Ansichten erfreuen sich keinesweges der allgemeinen Anerkennung.

Es ist ein grofser Iirthum, wenn man glaubt, die che- mische Keuntnifs der Mineralien sey ein abgeschlossenes, nur hie und da zu erweiterndes Gebiet, sie zeigt im Ge- gentheil in nicht geringerem Grade jene Lückenhaftigkeit, welche allen Theilen der Chemie eigen ist, und die zu anausgesetzten Forschungen antreibt, um durch Feststellung der Thatsachen, so wie durch glückliche Combinationen die vielfachen Rätfasei zu lösen.

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Von der Absicht geleitet, in diesem Gebiete, wenn auch vorerst nur in seinem empirischen Theile, brauchbares Ma- terial zu liefern, habe ich mich einige Jahre unausgesetzt mit der chemischen Untersuchung eines einzelnen Minerals beschäftigt, dessen Verhältnisse noch mehr als die der ge- nannten, unklar waren. Ich wählte den Turmalin, bei welchem das Mangelhafte in dem bisherigen Stande der Kenntnifs von seiner Zusammensetzung nicht blofs in den Variationen derselben , sondern auch in den Schwierigkei- ten zu suchen ist, welche seine Anaijse darbietet, und die sich auf die theoretische Deutung der Resultate überträgt. Denn es giebt Turmaline, welche 13 bis 14 verschiedene Bestandtheile enthalten, und 10 bis 11 ist die herrschende und gewöhnliche Zahl. Unter diesen Bestandtbeilen sind einige, deren Abscheidung und Bestimmung mit den gröfs- ten Schwierigkeiten verknüpft ist, wie z. B. Fluor, Bor- säure, die beiden Oxyde des Eisens und Mangans, die gleichzeitig vorhandenen drei Alkalien. Hier muCs das Be- wufstseyn genügen, die besten Methoden gewissenhaft be* nutzt zu haben. Aber schon deshalb schien es gleich An- fangs erforderlich, nicht blofs einige Repräsentanten zu untersuchen, die im Aeufseren verschieden sind, sondern selbst ähnliche Varietäten in gröfserer Anzahl zu analysi- ren, damit durch Vergrdfserung der Data die Unsicherhei- ten, welche die analytische Methode mit sich führt, mög- Jichst beseitigt würden. Ich würde indessen der vorliegen- den Arbeit doch nicht die ungewöhnliche Ausdehnung ge- geben, und eine so lange Zeit sehr mühsamen und ermü- denden Versuchen zugewandt haben, wenn sich nicht sehr bald ergeben hätte, dafs die Verschiedenheit in der Zu- sammensetzung der Turmaline sich nicht aus isomorphen Substitutionen erklären läfst^ sondern dafs hier ähnliche Verhältnisse wie bei den Feldspäthen, unter einer noch viel gleichartigeren äufseren Hülle verborgen sind.

Es war mein Plan, alle möglicherweise zu erlangenden Turmalinabänderungen, deren Beschaffenheit nicht eine be- gonnene Umwandlung verrietbe, gleichförmig und möglichst

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geoan zu analjsireDy micl die Resolfate mit den physika- lischen Eigenschaften za vergleichen. So ist die Zahl der Varietäten anf dreifsig gestiegen, die Zahl der Analysen auf mehr als hundert, so daCs auf jede Varietät drei bis ▼ier sich gegenseitig ergänzende Versuchsreihen kommen. Diese bisjetzt niemals durchgeführte Vervielfältigung irird sidi, wie ich hoffe, bei der Prüfung des Resultats durch- aus nidit als unnütz ergeben.

Nur durch die bereitwilligste Mittheilnng des zahlrei- chen und zum Theil sehr seltenen Materials war es mög- lich, der Arbeit jenen Umfang zu geben. Ich mub hier vor Allem erwähnen, dafs das K. Mineralienkabinet der Berliner Universität aus seinen reichhaltigen Sammlungen mir Vieles darbot. Hr. Prof. B. Sil lim an inn. in New- haven, Connecticut, sandte mir eine Reihe nordamerikani- scher Vorkommnisse; Hr. Bergrath und Prof. Haidinger in Wien erfreute mich durch zahlreiche Exemplare des K. K. montanistischen Museums. Hrn. Dr. Tamnau in Berlin, Hrn. Dr. Bader in Wien und Hrn. Mineralien- faändler Kranz verdanke ich zum Theil sehr seltene Ab- änderungen.

Die ersten Analysen des Turmalins rühren von Vau- quelin und von Klaproth her. ^ Etwas später beschäf- tigte sich Bucholz mit demselben Gegenstande. Aber erst im J. 1818 fanden Lampadius und Vogel die Borsäure im Tnrmalin auf, Arfvedson und Grtiner (1820) das Litbion, und den gröfsten Fleifs verwandte C. Gmelin auf dieses Mineral, so dafs seine Analysen (in den Jahren 1815 bis 1827 angestellt) bisjetzt die wichtigsten geblieben sind. Von Du Menil und Le Play rühren einzelne An- gaben her.

Alle diese Arbeiten (etwa 17 an der Zahl) waren aber im höchsten Grade unbefriedigend. In Folge des unvoll- kommueren Zustandes der analytischen Chemie zeigen selbst die zuverlässigsten grofse Differenzen und Verluste. So fehlen inGruner's und Arfvedson 's Analysen 4 Proc; C. Gmelin verlor beim Turmalin von Bovey Tracy und

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von Grönland S?, ja bei dem Tom St. Gotthardt selbst mehr als 9 Proc, ohne diesen Verlust erklären zu können, so daÜB es hiernach durchaus nicht möglich war, auch nur im entferntesten eine den chemischen Proportionen gemttfse Deutung zu versuchen * ).

Erst vor fünf Jahren' publicirte Hermann in Moskau eine Arbeit über die Zusammensetzung der Turmaline ^ ), welche den Zustand unserer Kenntnisse von diesem Mine- ral sehr zu verändern schien. Denn sie lehrte nicht blofs, dafs beide Oxjde des Eisens in den Turmalinen vorkom- men, und gab eine Methode an, deren relative Menge zu bestimmen, sondern ihr Verfasser behauptete zugleich die Gegenwart von Kohlensäure in fast allen Turmalinen (gleich- wie im Epidot und Vesuvian), während er die des Fluors entschieden läugnet. Auf Grund der Analyse von fünf Varietäten von verschiedener Färbung, (des schwarzen von Gornoschit bei Katharinenburg, des braunen von Mursinsk, des grünen von der Totschiina ja Gora, des rothen von Sarapulsk und des farblosen von Elba) hat Hermann geglaubt, alle Turmaline in drei durch optische und che- mische Eigenschaften unterschiedene Gruppen bringen zu können, die er Schörl, Achroit und Rubellit nannte, und da die stöchiometriscben Verhältnisse sehr abweichend wa- ren, so stellte er den Satz auf, dafs Verbindungen von ungleicher Constitution dieselbe Form haben, durch gegen- seitige Verbindung zahlreiche Varietäten bei einem Mine- ral liefern können, und nannte solche Verbindungen hete- ramere. Gleichzeitig suchte er die Ansicht zu verthcidigen, dafs Kieselsäure und Borsäure nur 2 At. Sauerstoff enthal- ten, und dafs die Kohlensäure sie vertreten könne.

So durchaus neue und unerwartete Ansichten müssen nothwendig zu einer schärferen Prüfung auffordern, und wenn wir auch alles Theoretische erst bei Zusamm^stellung unserer Resultate beleuchten wollen, können wir doch nicht umhin, schon hier darauf aufmerksam zu machen, wie selr

1 ) Vgl. mein Handwörterbuch des chetn. Tli. der Min. II. S. 243.

2) Journ. f. pract. Ghem. Bd. 35, S. 232.

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gefragt es ist, aus der Untenodiinig von nur fbiff Varie- täten, von denen Tier in einem engen Bezirk ▼orkonmen, drei verschiedene Formdn fflr ein Mineral abcoleften, md eine Eintheilong Ar alle Variet&ten desselben darauf m gründen. AnÜBerdem sey hier im Voraos bemerkt, dab ich unter meinen dreifsig Tnrmalinen keinen einzigen kohlen- sfinrefaaltigen gefnnden habe, daCs ich dagegen das FImor, welches Hermann längnet, direct nachgewiesen, und Fiat* pharsäure in vielen Fällen aufgefunden habe.

Anch gegen Hermann' s analytische Methoden dfirften sich Einwände erheben lassen. Die Methode, flQr die Al- kalibestimmungen das Mineral mittelst Flufsspath und Schwe- felsäure zu zersetzen, wGrde er gewiCs nicht gewählt habeo, wenn ihm die leichte Zerlegbarkeit des geglühten Turma- lins durch reine Fluorwasserstoffsäure bekannt gewesen wäre. Er fand stets nur Spuren von Kali, ich habe Ton diesem Alkali immer sehr wohl bestimmbare Mengen erhal- ten. Endlich bestimmte er das Lithion als phosphorsaures Natron -Doppelsalz, eine Methode, die nach meinen Erfah- rungen ' ) ganz unrichtige Resultate geben kann, die wieder auf die durch Differenz gefundene Menge der Borsäure tod Einflufs sind.

Mediode der Analyse.

Immer ist es zur Beurtheilung von analytischen Resul- taten nothwendig, die Art und Weise der Bestimmung der Bestandtheile zu kennen, besonders wenn diese zahlreich und schwer zu trennen sind. Freilich wird das Ergebnifs bei aller Gleichförmigkeit der äufseren Arbeit nicht in glei- chem Grade richtig ausfallen, da es zum Theil von Zufill- ligkeiten abhängt, und man bei steter Wiederholung immer mehr Uebung erlangt, das Spätere mithin das Frühere an Zuverlässigkeit übertrifft.

Auf die Beschaffenheit des Materials wurde immer die gröfste Aufmerksamkeit verwendet, und ist sie im Nach- folgenden für jede Varietät speciell angegeben. Eine sorg-

1) Poggend. Ann. Bd. 66, S.86.

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ftkige Trennung von der Masse beibreehender Miüeralien oder des Gesteins ist oft sehr schwierig und mühsam, den-« noeh unerlsfslidi, wenn die Analyse Werth haben soll, am 80 mehr, als Niemand aufser dem Analytiker selbst darüber artheilen kann. Hat man schon auf Rechnung unvollkom- mener Reinheit manche Differenzen bei Miueralanalysen zu setzen y so ist diefs vielleicht noch öfter wegen des ver- änderten theilweise umgewandelten Zustandes vieler Mine- ralien zu tbuUy wie in neuester Zeit von 6. Bischof mit ▼ollem Recht behauptet wurde, und da ist es freilich oft 'sehr schwer, zu unterscheiden, ob der ursprüngliche Zu- -stand des Minerals noch vorhanden sey. Denn die äufsere Form, selbst Glanz und Spaltbarkeit können, wie die Er- fahrung gezeigt hat, bleiben oder doch nur unmerklich sich Sndern, und es bedarf grofser Aufmerksamkeit auf Härte» Beschaffenheit der inneren Masse, Wassergehalt u. s. w., um bisweilen ein in partieller Umwandlung begriffenes Mi- neral als solches zu erkennen.

Ich habe mich bemüht, nur solche Turmaline zu nn-^ tovuchen, die frisch und unverändert erscheinen, will aber natürlich nicht behaupten, dafs sie alle es in gleichem Grade gewesen seyen. Die jeder Abänderung beigegebene Cha- rakteristik dürfte zu einem Urthcil hierüber Anlafs' geben können. Deshalb mufste ich aber auch einige sehr schön krystallisirte Abänderungen, wie z. B. die von Käringbricka in Schweden, und vom Hörlberg in Baiern ausschliefsen, de- ren Masse sichtlich eine Veränderung erlitten hat. Nur der rothe von Lepidolith begleitete Turmalin von Rozena, der gleichfalls unzweifelhaft verändert ist, macht den Beschlufs in der Reihe der aufzuführenden Analysen.

Die Bestimmung des spedßschen Gewichts hatte für die vorliegende Arbeit grofse Wichtigkeit. Sie geschah, indem eine unbestimmte Menge des groben Pulvers, von dem das feine sorgfältig abgesiebt worden, in einem Platiuschälchen mit Wasser gekocht wurde, worauf alle staubigen Parti- keln durch mehrfaches Eintauchen des Schälcheus in Was- ser sich leicht fortschlämmen lassen. An Platindrähten auf-

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geh&Dgt, wurde bieraof das Ganze in Wasser genogcy, und zuletzt das absolute Gewicht der Probe dnrdi Ver- dampfen des Wassers im Schälcfaen und Trodnen des Pul- vers in gelinder Wärme bestimmt.

Das Lötkrohrverkatten , welches gleidifalls in gewis- ser Hinsidit f&r die einzelnen Varietäten bezeidinend ist, wurde durch Erhitzen dfinner Splitter in. der Plantinzangc ermittelt.

Da sämmtliche Bestandtheile der Tnrmaline nicht in ei- ner und derselben Probe sich bestimmen lassen; so ist die ▼ollständige Analyse nothwendig das Resultat der Combi- nation mehrerer Proben, die ich im Folgenden näher ange- ben will.

1. Bat Glühen mit kohlensaurem Alkali. Das feinge- puWerte und durch Erhitzen fast bis zum GIfihen getrod- nete Pulver wurde mit der dreifachen bis vierfadien Menge ▼on kohlensaurem Natron allein oder von einem Gemenge desselben mit kohlensaurem Kali (beide durch Erhitzen tod Bicarbonat bereitet) innig gemisdit, und fiber einer grO- (seren Weingeistlampe mit HQlfe des tou Plattner ein- geführten Gebläses eine halbe Stunde lebhaft geglüht. Die Masse war zuweilen geschmolzen, zuweilen stark gesintert, stets aber vollständig zersetzt. Sehr häufig löste sie sich in verdfinnter Chlorwasserstoffsäure ohne alle Abscheidung von Kieselsäure auf. Nach dem Abdampfen in einer Pla- tinschale, Befeuchten mit etwas Säure, und Zusatz tod Wasser wurde die Kieselsäure abfiltrirt, geglöht und ge- wogen, die Flüssigkeit aber mit zweifach kohlensaurem Kali gefällt, und ans dem Filtrat Kalkerde, (Mangan) und Talk- erde auf gewöhnliche Art abgeschieden. Den Niederschlag kochte man zweimal mit reiner Kaliauflösung, föllte die Thpnerde durch Chlorwasserstoffsäure und kohlensaures Ammoniak, wusch sie mit heifsem Wasser, und bestimmte nach dem Trocknen und Glühen ihr Gewicht. Bei dem Reichlhura der Turraaline an dieser Erde ist es kaum mög- lich, den voluminösen Niederschlag vollständig auszuwaschen. Deshalb wurde er nach dem Glühen nochmals mit Wasser

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gewaschen. Diefs reagirte dann oft alkalisch, enthielt koh- lensaures Kali, und noch etwas Thonerde, die man dadurch gewann, dafs man es rait Säure sättigte, abdampfte, und nach dem WiederauflOsen mit Ammoniak fällte. Die Thon- erde wurde von neuem gewogen, und dann mit gleichen Theilen Wasser und concentrirter Schwefelsäure in einem geräumigen Platintiegel erhitzt. Durch Wasser löste sich dann Aljes bis auf etwas Kieselsäure auf, deren Gewicht bestimmt wurde ' )

Das in Kali Unlösliche löste man in Chlorwasserstoff- säure auf, neutralisirte die Auflösung mit Ammoniak, bis sie gelbroth erschien, setzte essigsaures Natron bis zur dunk- len Färbung, und dann bernsteinsaures Ammoniak hinzu, worauf das Ganze im Sandbade erhitzt wurde, bis sich das^ bernsteinsanre Eisenoxyd vollständig abgeschieden hatte, welches man nach dem Erkalten auf ein Filtrum brachte, zuerst mit kaltem Wasser, dann mit Ammoniak und hei- fsem Wasser auswusch. Zuweilen geschah die Neutralisation durch kohlensaures Natron, und die Fällung des Eisens durch bernsteinsaures Natron. Zu dem Filtrat wurde dann Ammoniak gesetzt, hierauf Oxalsäure, um die Kalkerde zu fällen, die zuweilen Mangan enthielt, weshalb der schwach geglühte Niederschlag mit kalter sehr verdünnter Salpeter- säure digerirt wurde. Bei gröfserem Mangaugehalt wurde zur Abscheidung des letzteren Ammoniumsulfhjdrat und starke Digerirwärme benutzt. Die Talkerde endlich be> stimmte man mittelst phosphorsanren Natrons.

Bei den eisenfreien Turmalinen wurde das in Kali Un- lösliche in CMorwasserstoffsäure gelöst, mit Ammoniak und Ammoniumsulfhjdrat ausgefällt, und dann auf beide Erden untersucht.

Zur Bestimmung der Alkalien wendet man sonst mit grofsem Vortheil reine Fluorwasserstoffsäure an. Aber schon Hermann bemerkt, dafs dieselbe den Turmalin nur schwie-

1 ) Die Anwendung der Schwefelsäure ist viel bequemer als die der Chlor- wasserstonsäurc, in der die geglühte Thooerde sehr laogsani auflds- llch ist.

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lig angreife* Idi Übe geimJep, ibb tob /imi In» TormaliopalTer bot 40 Proc zcnefzt wuriau Ab mhi Bidil wMsen kann, ob das Unzenctzte die Natar cks Mi- oeralf hat, so kaSB diese Meliiode oitfie 'Weilcrcs bcM TonndiD Biebt beDotzt werden. Ich wählte daher io der ersten 2Mt seiner hierher geiiörigett UntemichaDgeB, che ich wobte, da(s der Tormalin nach starkem GlfiheB sich wie andere Silicate iarA FhiorwasserstoSisaore zeilegen bbty kohlensauren Barjt zom Aofschlielsen, nnd Floor- wasserstofbSore zor nachherigen Entfcmnng der Borsiore.

2. Zerseimmg durch kohlensaurem Ban/l umd FbunwoM- $er$toff$äure* Das feingeschlammte Pulver wnrde mit der 4 6 fachen Menge kohlensauren Barjts stark geglüht, die Masse wie gewöhnlich behandelt, nnd die Kieselsaare abge- sdiieden* Da kein Sdunelzen eintritt, so ist man von ihrer Beinbeit niemals fiberzengt. In der That Idst sie sich in einer kochenden concentrirten Solution von kofalensaureai Natron niemals ganz aui, nnd es ist auch nicht richtig, das Unlösliche, welches oft etwas schwefelsauren Baryt enthSit, ffir nnzersetztes Mineral zu erklären, da es reicher aa Kieselsäure ist. Nach Absdheidnng des Baryts durch Schwe- felsäure wurden Thonerde, Eisen etc. durch Ammoniak ge- filUt, das Filtrat abgedampft, der Best zu YerflQchtlgung der Ammoniaksalze erhitzt, und dann mit Fluorwasserstoff- und Schwefelsäure behandelt, um die Borsäure zu entfer- nen, worauf die Talkerde von den Alkalien getrennt wurde. Wie schon bemerkt, wurde diese umständliche Methode nur im Anfange meiner Untersuchungen benutzt.

3. Zersetsiung des geglühten TurmaUns durch Fbior- wasserstoffsäure. Nur wenn man das Mineral einer star- ken Glühhitze (im Ofen bei Coaksfeuer) ausgesetzt hat, wobei die weiterhin zu beschreibende Entwicklung too Fluorverbindungen erfolgt, und der Turmalin entweder zu einer Art Bimsstein schmilzt, oder (wie die eisenfreien d. h. die rothen Abänderungen) porcellanartig wird, läfst sich das feine Pulver durch Fluorwasserstoffsäure zersetzen. Es wurde in einer Platinschale mit Wasser übergössen, und

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in das Gemenge die gasförmige Säure 5 6 Stunden hin- eingeleitet; nach 12 stQndigem Stehen dampfte 'man im "Wasserbade fast bis zur Trockne ab, setzte Schwefelsäure hinzu, und erhitzte später Ober der Lampe bis zum schwa- chen Glühen der Schale. Durch Erhitzen mit Chlorwas- serstoffsäure und Wasser löste sich die Masse dann ge- wöhnlich bis auf einen kleinen Rückstand, der aber niemab unzersetzter Turmalin war. Beim Glühen verbreitete er den Geruch von Fluorwasserstoffsäure, und mufste mit saurem schwefelsaurem Kali geschmolzen werden. In Was- ser löste sich die Masse nun fast immer klar auf, und Ammoniak schlug dann Thonerde nieder. Es ist vielleidit ein basisches Fluoraluminium, welches von Säuren schwer angegriffen wird.

Aus der Auflösung der Basen des Turmalins fällte man zuerst durch Ammoniak Thonerde, Eisenoxjd etc. aus, und setzte zum Filtrat eine abgewogene Menge einer Oxal- säureauflösung, deren Gehalt bestimmt war. Die Oxalsäure selbst enthielt etwas Kali, und zwar in Folge besonderer Versuche so viel, dafs 1 Grm. der Auflösung, welcher 0,0625 der krjstallisirten Säure entsprach, 0,0002375 Kali enthielt, welches bei der Kalibestimmung abgezogen werden mufste, Das Filtrat vom Oxalsäuren Kalk dampfte man zur Trockne ein, erhitzte den Rest zur Verflüchtigung der Ammoniak- salze, und kochte ihn eine Zeit mit Barytwasser, wodurch Talk erde (und Mangan) abgeschieden wurde. Nach Ent- fernung des Barjts durch reines und kohlensaures Ammo- niak wurde die Auflösung der Alkalien abgedampft, mit Chlorwasserstoffsäure erhitzt, und die Chloride gewogen. Dann wurde das Kali durch Platinchlorid bestimmt, das platinhaltige alkoholische Filtrat mit Salmiak gefällt, filtrirt, abgedampft und geglüht. Blieb reines Chlornatrium übrig, so konnte diefs durch Auflösen und Verdampfen der Lö- sung, Umwandlung in schwefelsaures Salz, Färbung der Alkoholflamme etc. direct erkannt werden. War es aber mit Chlorlithium gemengt, in welchem Fall es schnell feucht wurde, so übergofs man die trocknen Chloride mit einem

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GemeDge von 1 Yol. absolatem Alkohol und 2 Vd. Aether, liefs das Ganz« einige Tage unter häofigem Sdifitleln ste- hen, und filtrirte auf ein gewogenes Filtnun das ungeldst bleibende ChlornatTium, dessen Gewicht sich ergab, wenn das Filtram nach den Trocknen und Wägen mit saurem Wasser gewaschen wurde, wobei etwas Platin darauf blieb. Die Natronlösung wurde stets auf Thonerde, Kalk- und Talkerde geglüht, und besonders letztere darin gefunden, alle aber ihrer Menge nach bestimmt.

4. Besikmmmg der rekUieen Menge van Eisenoxyd und Oxydul. Ohne den Oxjdations- Zustand des Elisens zu ken- nen, läfst sich beim Turmalin, wie in so vielen anderen Fällen, an die Berechnung einer Formel gar nidit denken, und doch ist eine solche Bestimmung sehr schwer, )a in aller Strenge fOr )etzt nicht möglich. Die von Forchham- mer vorgeschlagene Methode, solche durch Säuren unzer- setzbare Silicate in einer Platinretorte mit einer Mischung von Fluor- und Chlorwasserstoff- und Schwefelsäure za kochen, und die Masse in eine Auflösung von Goldchlo- rid zu schütten, giebt, wie ich mich überzeugt habe, ganz unrichtige Resultate, da sich bei Einwirkung der Schwe- felsäure auf Eisenoxjdulsalze in der Hitze immer Eisenoxyd bildet; auch hätte sie auf den Turmalin keine Anwendung deshalb finden können, weil derselbe erst nach dem Glo- ben von Fluorwasserstoffsäure zersetzt wird, dann aber der Oxjdationszustand des Eisens wohl nicht mehr der ur- sprüngliche ist.

Chenevix wandte zuerst Boroa; zum Aufschliefsen von Silicaten an, und Graf Schaffgotsch hat ihn in neuerer Zeit zur Analyse von kohlensauren, Oxalsäuren und salpe- tersauren Salzen empfohlen. Auch Hermann bediente sich seiner bei Untersuchung des Boraxglases, um Eisenoxyd und Oxydul zu bestimmen, und es ist diefs wirklich noch die beste Methode. Man mengt das Mineralpulver mit der- 4 6 fachen Menge des gepulverten Boraxglases, indem man einen Theil davon als Decke anwendet, setzt den Platintiegcl bedeckt in eine Plalinretorle auf eine Unterlage

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von kohlensaurer Talkerde (Magnesit), fügt ein Gasen t- wicklangsrohr an, welches ein wenig in Wasser taudit, und erhitzt über der Lampe mit Gebläse langsam bis zum starken Glühen, welches man eine halbe Stunde unterhält. Nach dem Erkalten wird der Tiegel gewogen, ein Theil des gut geflossenen Glases grob gepulvert, mit ausgekoch- tem Wasser und Chlorwasserstoffsäure in einem mit Koh- lensäure gefüllten Kolben aufgelöst, und, mit Goldchlorid versetzt, einige Tage verschlossen hii>gestellt. Das mit Kieselsäure gemengte Gold digerirt man nach dem Wägen mit Königswasser, und bestimmt das Ungelöste. Ein an- derer Theil des Glases wird auf ähnliche Art aufgelöst, und nach der Methode von Fuchs mit Kupferblechstreifen ge- kocht, um das Eisenoxyd zu bestimmen.

Da die Oxydulbestimmung mir genauer zu sejn scheint, 80 wurde diese vorzugsweise in Anwendung gebracht. Die Kupferprobe giebt oft bei Wiederholungen ziemlich ab- weichende Resultate, deren Grund man nicht einsieht.

Um die Methode zu prüfen, habe ich ein Silicat ge- wählt, welches beide Oxyde des Eisens enthält, und das durch Chlorwasserstoffsäure zersetzbar ist. Der lAevHt von Elba enthält nach v. Kobell's und meinen Versuchen 31 bis 34 Proc. Eisenoxydul, nach der Formel 33 Proo. 1,098 Grm., auf die erwähnte Art behandelt, gaben 0,2685 Gold, entsprechend 0,29535 Eisenoxydul oder 27 Proc. wurde also weniger erhalten, und diefs macht auf die ganze Eisenoxydulmenge ^V oder 18 Proc. aus. Wenn man nun in anderen Fällen der Wahrheit näher kommt, so glaube ich doch, dafs man auf diese Art immer einen zu kleinen Gehalt an Eisenoxydul finden wird. Da die Turmaline aber viel weniger Eisen überhaupt enthalten, oft nur 4 bis 6, oder 12, seltener 18 Proc. in der Form von Oxyd, so hat der Fehler keinen sehr grofsen Einflufs,

wenn er auch den Sauerstoff der Basen R vermindert Der oben mitgetheilte Versuch würde z. B. bei 5 Proc. Eisen- oxydul ein Minus von ungefähr 1 Proc. =0,22 Sauerstoff herbeiführen.

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BeMtkmmmg der Pkofphar^ure, Seit STasberg und Strave im moljbdänsaiiren AannonidL ein ▼ortrcOli- ches Mittel, kleine Mengen Phosphoisänre za finden , ken- nen gelehrt haben, ist es nidit schwer, diese SSnre in sehr ▼ielen Mineralien nachzuweisen. Dieb gelingt aodi beia Turmalin, wenn man die bei der Analjse erhaltene Thon- erde darauf untersudit. In der Regel sind es tniüA mir Spuren, zuweilen aber wSgbare Mengen. Idi habe dami die Auflösung der-Thonerde mit Weinsteinsiure, Ammo- niak und einem Talkerdesalz versetzt, nnd die QoantitSt der phosphorsauren Talkerde nach ^em GlQhen bestinunt

6. Prüfung auf einen GehaU an KoUenMämre. Wie schon bemerkt, will Hermann in den meisten Turmalinea Kohlensäure gefunden haben, und zwar 1^ bis 24* Proc Nur mancher rothe Turmalin enthielt sie nicht. Offenbar könnte die Kohlensäure, da sie sich durch stärkere Säu- ren nicht austreiben läfst, kein Resultat späterer Umwand- lung der Tnrmalinmasse seyn. Hermann ffilurt an, dab Splitter des Minerals in einer Boraxperle beim Erhitzen eine Gasentwicklung zeigen, die weder von Wasser noch von Fluorkiesel herrühre. Als er ausgesuchte Krystalle eines in Granit vorkommenden braunen Turmalins in ei- nem Porcellanrobr sehr stark glühte, entstand bei der Tem- peratur, bei welcher das Mineral aufschwillt und schmilzt; plötzlich eine lebhafte, doch bald vorübergehende. Gas- entwickluDg; das Gas trübte Kalkwasser; der Niederschlag löste sich in Säuren mit Brausen auf, und Anunoniak er- zeugte ihn nicht wieder. Er betrachtet demzufolge Koh- lensäure als den Grund, weshalb die meisten Turmaliae in starker Hitze sich so bedeutend aufblähen, und bestimmte ihre Menge einfach durch den dabei stattfindenden Ge- wichtsverlust, der demjenigen gleich ist, welcher beim Zu- sammenschmelzen mit Boraxglas sich zeigt.

Hiernach hat es in der Tbat den Anschein, als sej die Kohlensäure in den Turmalinen durch entscheidende Ver- suche nachgewiesen, obwohl schon früher C. Gmelin durch

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Glüheo von TanDalinpaWer mit Kopferoxjd keine Spür KohfeDsäure bemerken konnte.

Ich habe mir viele Mühe gegeben» diese Angaben Her. mann's zu prüfen, kann sie aber durchaas nicht bestäti- gen. Kein eitviiger der von mir untersuchten Turmaline ent^ hält eine Spur Kohlensäure. Zwar ist es richtig , dads beim Schmelzen des Turmalins mit Borax, so wie bei heftigen» Glühen des Minerals für sich ein Verlust durch das Ent- weichen flüchtiger Stoffe stattfindet, der von 1,8 bis fast 4 Proc variirt. Allein er besteht nicht in Kohlensäure. Eis wurde grobes Turmalinpulver in einem Porcellßnrohr bei Coaksfeuer bis zum Schmelzen erhitzt, und weder in einem angefügten graduirten Rohr über Quecksilber ein merkliches Gasvolum erhalten, noch in Kalk- oder Baryt- wasser eine Trübung bemerkt; nur die in dem Apparat enthaltene Luft trat bei jenem Zeitpunkte lebhafter heraus.

Dagegen habe ich in allen darauf geprüften Turmalineu Fbior gefunden, welches die früheren Untersucher, gleich wie Hermann, übersehen haben, wiewohl es nicht schwer ist, sich von seiner Gegenwart zu überzeugen.

Glüht man nämlich ein Gemenge von Turmalinpulver ond geschmolzenem Phosphorsalz auf einem in eine offene Glasröhre halb eingeschobenen Streifen Platinblech vor dem LiHhrohr auf die bekannte Art, so wird das Glas merklich trübe und ein feuchtes Fernambukpapier gelb.

Wenn man Turmalin mit kohlensaurem Alkali schmilzt, die Masse auslaugt, die Flüssigkeit mit kohlensaurem Am- moniak digerirt, und dann, nach Uebersättigen mit Chlor- wasserstoffsäure, mit Ammoniak und Chlorcalcium vermischt, so erhält man allerdings oft keinen Niederschlag. Allein diefs hat seinen natürlichen Grund theils in der Löslich- keit des Fluorcalciums in Ammoniaksalzen, theils in dem Gehalt der Turmaline an Fluorborverbinduugen, welche, wie es scheint, durch das Schmelzen nicht oder nicht voll- ständig zerlegt werden. Denn ich habe mehrfach gesehen, dafs der mit Wasser ausgelaugte Rückstand, nachdem er

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io gelinder Wärme durch Chlorwasserstoffsäure zerlegt, und die Kieselsäure abgeschieden war, mit Ammoniak* eine Thonerdefällung gab, die mit concentrirter Schwefelsäure deutliche Glasätzung hervorbringt. In manchen Turmali- nen, z. B. dem rothen von Rozena, ist fibrigens die Menge des Fluors so bedeutend, dak man durch Fällung mit Chlor- calcium, wenn man sich der Methode von H.Rose') be- dient, und Ammoniak ausschliefst , ziemlich viel Fluorcat *cium erhalten kann.

6. Bestimmung des Fluors durch Glühen des Turmalins. Wenn die Turmaline Fluor enthalten, so ist es klar, dafs bei starkem GlQhen Fluorkiesel oder Fluorbor oder beide entweichen. In der That, wenn man eine gröfsere Menge (ich wandte den rothen Turmalin von Paris in Maine aa) in einem Porcellanrohr stark glüht, so verändert er, wenn man die Hitze nicht auf einen gewissen Punkt steigert, sein Gewicht fast gar nicht. Dann aber erfolgt jene Abnahme, und man findet nach dem Erkalten des verschlossenen Rohrs an beiden Enden etwas von einer durch die Feuchtigkeit entstandenen stark sauren Flüssigkeit; spült man sie mit- telst Wasser heraus, so schwimmen schillernde Blättcheo von Kieselsäure darin. Mit kohlensaurem Natron schwach übersättigt und mit Chlorcalcium vermischt, giebt sie einen Niederschlag, der mit Schwefelsäure glasätzmde Dämpfe liefert; Borsäure läfst sich nicht wahrnehmen. Es ist mit- bin erwiesen, dafs beim Glühen des Turmtalins Fluorkiesel entweicht und dafs die Veränderung, welche der Turmalin dabei erleidet, das Aufschwellen insbesondere bierin sei- nen Grund hat. Wird aber alles Fluor auf diese Weise abgeschieden, und besteht der Gewichtsverlust nur aus Fluor- kiesel? diese Fragen lassen sich nicht beantworten. Jenes möchte ich glauben, da Forchhammer auf gleiche Weise in der Hitze, wobei Roheisen schmilzt, das Fluor im To« pas und Pykuit quantitativ bestimmt hat ^). Schon Klap-

rotb

1) Pogg. Ann. Bd. 79, S. 1J2.

2) Journ. f. pract. Chero. Bd. 30, S. 400.

465

roth fand, dafs der Topas beim Glühen 20Proc. Terliert. Forchhamnier fand 23 23,5 24,8 Proc, and wenn man diesen Verlast als Floorkiesel ansieht, so stimmt der 80 berechnete Gehalt von Fluor mit dem direct bestimmten fiberein. Der Pyknit verliert nach Klaproth 25 Proc. (=s 17,91 Flnor), während er nach Berzelias 16,^4, nach Forchhammer 18,48 Proc. Fluor enthält. Dafs aber die Temperatur hinreichend hoch sejn müsse, um alles Fluor aaszatreiben, ergiebt sich aus einem Versuche, wonach Grm. Pyknit, die ich in doppelten Platintiegeln im Wind- ofen zwischen Coaks glühte, nur 15 Proc, entsprechend 10,75 Proc. Fluor, verloren hatten.

Da der Turmalin nur ein wenig hygroskopische Feuch- tigkeit enthält, und die zum Glühen bestimmten Proben vorher über der Lampe schwach geglüht, und dann erst gewogen wurden, so dürfte wenigstens Wasser nicht mit in jenem Gewichtsverlust enthalten seyn. Ich habe deshalb die Annahme gewagt, dafs derselbe die Quantität des im Tarmalin enthaltenen Fluors liefere, indem 100 Theile, als Flaorkiesel betrachtet, =71,66 Fluor sind.

Dieser Fluorgebalt ist natürlich die Ursache, dafs man bei der Analyse des Turmalins etwas zu wenig Kieselsäure arbält, weil beim Abdampfen der sauren Flüssigkeit Fluor- kiesel fortgeht. Deshalb tritt auch bei der Bestimmung der Kieselsäure im geglühten Turmalin der Unterschied in dem Gehalt wenig oder gar nicht hervor, wie viele der später mitzutheilenden Analysen darthun, obwohl er, wenn darchs Glühen eine gewisse Menge Kiesel verflüchtigt ist, am eine entsprechende Gröfse sich vermindert zeigen sollte.

7. Bestimmung der Borsäure. Es ' wäre von grofsem Interesse gewesen, für die Analyse der Turmaline eine ge- naue Bestimmung der Borsäure vornehmet zu können. Ich habe mehrfache Versuche gemacht, sie durch Basen abzu- scheiden, obwohl ganz vergeblich, da kein borsaures Salz anauflüslicb oder anzersetzbar durch Wasser ist. Bei der Anwesenheit von Fluor v^ird die Abscheidung jder Säure nooh schwieriger.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 30

Berxeliss Bdim ^^w.

fcUagp obtrilt, m

ridrtigct Rcwlfat «rfcilt. ssicfccs «ifccul der raihe

ToTBalin Too Elba (s^ wcücr tm) gcgebca la haiicn.

Bei de« rvlhcB Tsnudn tob PSwis kabe kb cioca an- dercB Weg venacbt, wliürb <be dorcb Aaslangeo des mit Alkali cccjtebtcn lÜMrab mit Waner erbaltcoe FÜsfligkcit nach wiederhoiter PigciikMi ait koUeasaiveii 0 ■— imiifc mr Troduie einfmdaiaptcn, and de» Rest ait starker Schwe- felsäiire zn zeraetzen. Heiber Alkohol löste daui die Bar- saure auf, die aüt Awoniik gesattigl wmi ab^nhaipft wurde. Aber obgkicb ihre QuaDlität sehr gpii der bereck- aeteo Bfenge eotsprickty so dfirfte diefs Dock nickt iBmer der Fall seyii, besonders weon Fluor zugegen ist.

Die Bortöure nnfste daher fast in allen Fallen aas den Verlast berecbnet werden.

In dem Folgendoi sind nun die Resultate der Aoalj- «en nitgetbeilty nachdem die auÜBere Besckaffenheit jeder Abänderung, ihr specifisdies Gewicht, Verhalten vor dea Ldthrohr and im Windofen aogefQhrt ist. Was das leta- lere betrifft, so wurden die Tormalioe in Focm ganz klei- ner SlGckchen oder groben Palvers in eioeD Platintiegel gebracht, dieser in einen gröberen, ond dieser wiederam auf einer Unterlage ¥on Talkerde in einen bedeckten hes« fftscheo Tiegel gestellt, den man im WindoCeu eine Stunde lang zwischen Coaks einer starken Glühhitze aUsseiate«

i>ie apaljfiischen Angaben sind mit Wegldssung der De- tails sogleich in Procenten berechnet. Um aber bei etsrai-

467

gen spSteren AtomgewichfsSnderaDgen die nötbigeu Cor- rectiooen anbringeu zu können, stelle ich hier die von mir gebrauchten Werthe zusainiiien:

Kieselsaure, Si, = 577,31; = 51,96 Proc. Sauerstoff.

Borsäure, B, = 436,2; = 68,78 Proc Sauerstoff.

Fluor, FI, = 233,8.

100 Fluorkiesel = 71,66 Fluor.

Thonerde, AI = 642,33; = 46,7 Proc Sauerstoff.

Eisenoxjd, Fe, =s 1001,05; = 29,97 Proc. Sauerstoff.

Eisenoxjdul, Fe, ss 450,53; aez 22,2 Proc. Sauerstoff. 100 Kupfer s 126,5 Eisenoxyd. 100 Gold s 109,94 Eisenoxjdul.

Manganoxyd, Hn, = 991,77; r=f 30,25 Proc. Sauerstoff.

Manganoxydai , Mn, 445,89; = 22,43 Proc. Sauerstoff.

100 MnMo = 93,044 Mn

=: 103^48 iin.

Talkerde, Mg s 254,5; =s 39,3 Proc; Sauerstoff.

100 Mg» P = 36,32 Mg.

Kalkerde, Ca, =s 351,5; = 28,45 Proc. Sauerstoff.

100 Ca C = 56,07 Ca.

Natron, Na, = 390,9; == 25,58 Proc Sauerstoff.

100 Na Cl = 53,24 Na.

Kali, k, = 588,85; =r 16,98 Proc. Sauerstoff.

100 KCl+PtCP =s 19,29 k

= 30,54 K CI.

Lithion, Li, = 182,03; =: 54,93 Proc. Sauerstoff.

100 LiCI = 34,65 Li.

30*

468

Resultate der Analysen. No. 1.

Braiiner Turoialin von Gouverneur, St. Lawrence Coantj; New-York, in den vereinigten Staaten.

Nach Dana') kömmt dieser Turmalin am genannten Orte, von Apatit und Skapoiith begleitet , im körnigen Kalk Tor. Nach Demselben sind die Krjstalle oft sehr flächenreich, und bilden neunseitige Prismen, begränzt am einen Ende von dem Hauptrhbmboeder und dem ersten schärferen, am anderen vom IJauptrhomboeder und dem er- sten stumpferen. 6. Rose, welcher die KrjstaUform und das elektrische Verhalten dieser Varietät genauer untersacht hat ^), fand au ihr fast alle Flächen, die überhaupt beim Tur- malin vorkommen, nebeu mehreren neuen. Denn aufser- dem, dafs die Seitenflächen vorherrschend ein dreiseitiges Prisma, sodann das zweite sechsseitige Prisma, das andere dreiseitige, das zwölfseitige und den Hälftflächner eines an- deren livölfseitigen Prismas zeigen, treten von Endflächen das Hauptrhomboeder, das erste und zweite schärfere und das erste stumpfere, ein Rhomboeder -^a* :^a^ : anaiCf so wie vier Skalenoeder auf, von denen ^a: ia:2a:c tind -^ai^aiaic neu sind.

Die von mir untersuchten Exemplare verdanke ich dem Hrn. Dr. Tamnau. Der Turmalin bildet an ihnen un- deutliche Krystalle und kristallinische Massen von einer rothbraunen Farbe, wie siq mancher Granat zeigt. Er liegt in grofsblätterigem Straklstein, und von diesem durchwach- sen, der hier und da von Spuren . gelbgrünen Epidots be« gleitet ist, und dessen Analyse weiter unten folgt.

Das spedfische Gewicht fand sich =3,049.

Vor dem Löthrohr schmilzt er leicht unter Aufschwellen zu einem weifsen blasigen Email und färbt die Flamme gelb.

Im Ofen geglüht ^ schmilzt er zu einer theils vollkom-

1 ) Sxsi. of Min. IL EdiL p. 390.

^) Abhandl. der K. Acad. d. Wlss. za Berli'n vom Jahre 1843. lieber die P)-roelckt#kkät der Mineralien , von P. Riefs und G. Rose. S. 68.

469

men geflossenen, theils blasigen weifsen Masse, tvelche ein yiel gröfseres Volum einnimmt. Der Gewichtsverlust betrug 3,19 p. C, entsprechend 2,28 Fluor. 100 Th. des gegiGhten Minerals sind hiernach =103,3 des ungeglQhten.

a. Analjse mit kohlensaurem Natron und Kali.

' 6. Desgl. des geglühten Minerals * ).

c. Wiederholung von b mit Anwendung von kohlen- saurem Natron allein.

d. Anaijrse des geglühten Minerals mit Fluorwasser- stoffsHure.

6', c\ (t, sind die Berechnungen von b, c und d auf das ungeglöhte Mineral.

h, ' c. d, b, c. d!, Phosphorsäure Spur

Kieselsäure 38^9 40,34 40,18 39,05 38,90

Thonerde 33,41 31,47 31,08 30,47 30,09

Eisenoxyd 1,13 1,28 1,43 1,28 1,39

Talkerde 14,86 15,2115,58 14,72 15,09

Kalkerde 1,65 1,72 1,51 1,67 1,46

Natron 1,32 1,28

Kali 0,27 0,26

Sauerstoff.

26,85 15,00

Zusammenstellung:

Fluor 2,28

Phosphorsänre Spur

a. V. c\ Kieselsäure 38,85 20,18

Borsäure 8,25 5,67

a, c\ a. Thonerde 31,32 14,62

Eisenoxjd 1,27 0,38

Talkerde 14,89 5,85

Kalkerde 1,60 0,45

Natron 1,28 0,33

Kali 0,26 0,04

100. Der diesen Turmaliu begleitende weifse SirdhUtein hat ein spec. Gew. =:3,00, und enthält:

1 ) Nor die Kieselsäure bekimnit.

6,67

470

Saaentoir.

Kieselstare 57,40

29,82 1

30,46

Thonerde 1,38

0,64 i

Talkerde 24^9

9,71 j

Kalkerde 13,89 Eisenoxjdul 1,36

3fi5 ( 0,30 l

13,96

Wasser 0,40

1

99,12.

Das für die Hornblende geltende SauerstoffTerhaltnib 4 : 9 würde 13,54 : 30,46 sejn.

No. 2. Braoner Turmalin von WindUch-Kappel in Käratb«!.

Das VorkomineD dieser schönen Abänderung scheint nicht genaa bekannt zu seyn. Die kurzen und dicken Kry- stalle werden von dem neunseitigen Prisma, dem Haopt- und dem ersten schärferen Rhomboeder gebildet. Ich erhielt Exemplare theils von Hrn. Bergrath Haidinger, theils voa Hrn. Dr. Tamnau. Es sind Bruchstficke ohne Endflächen, gelbbraun geförbt, durchsichtig; zuweilen schliefst ein scharf abschneidender dunklerer Mantel einen helleren Kern ein, oder Parthieen beider Art durchdringen sich gegenseitig. In Höhlungen der Oberfläche so wie im Inneren findet man einzelne silberweifse Glimmerblättchen.

DojT spec. Gew. ist sc 3,035.

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser Tqfpälio ziemlich leicht zu einem weifsen blasigen Glase.

Im Ofen geglüht, schmilzt er unter stark jem Aufschwel- len zu einer weifsen bimssteinartigen Masse, und verliert dabei 2,93 Proc. , entsprechend 2,1 Fluor. 100 gegltihter sind hiernach =: 103«02 ungeglühten Turmaljnß.

a. Mit kohlensaiirem Natron. Die Masse war ge- sintert.

b. Desgleichen.

c. Geglühter T. mit Fluorwasserstoffsäure.^

c'. Berechnung von c auf ungi^gltthtes Mineral.

471

e.

c'.

Phospborsäure 0,12

Kieselsäure 38,48

37,67

Thoaerde 37,37

34,05

35,40

34,37

Eisenoxyd 1,31 Manganoxyd 0,10

1,81

1,09

1,06

Taikerde 10,34 ' )

11,30

11,47

11,14

Kalkerde 0,71

0,51

0,60

0,60

Natron

2,44

2,37

Kali

0,48

0,47

Zusammenstelli

ing:

1

1

Sauerttoff.

Fluor

2,10

Phosphorsäure

0,12

a. 6. Kieselsäure

38,08

19,78 )

26,23

Borsäure

9,39

6,45 j

6. d. Thonerde

34,21

15,97 j

«. b. c. ^'^^^^J^ ^ \ Manganoxyd )

1,43

0,43 1

16,40

b. c\ Talk erde

11,22

4,41 )

a. h, cf. Kalkerde

0,61

0,17 (

5,26

, Natron

2,37

0,60 (

Kali

0,47

0,08 )

100.

No. 3.

Turmalin vod Klbenstock In Sachsen.

Ganze Massen, aus vielen kleinen conceutrischstrahlig gruppirten Prismen eusammengesetzt, die im Ganzen dun- kelgrün erscheinen, aber theils farblos, theiis mit rölhlicher oder grüner Farbe durchsichtig sind. Sehr zerbrechlich. Spuren anhängenden verwitterten Feldspaths deuten auf ein Vorkommen in Granit. Ich erhielt das Mineral durch Hrn. Bergrath Haidinger.

1 ) £lne kleine Menge ging verloren.

472

$pe(ifsAt Gtmida ist =3,l»l.

¥ar dem UfOm^kr biskt »ch dkscr Twilin «if, mid sckaiizt Icicbt m cnicr wcibcii blasigen Pcrk^

£■ flf^oi fciaiiit er m einer gelblicfcweilsen ao^escbwot leneo Mafse, ond Terlicrt dabei 3^ Proc:, eatsprecbend 2^51 Proc Fluor. 100 TL des g^hteii Minerals sind =rI03^ des mgeglfibtcB.

Mit koUensanreai Natron -KalL

h. Geglöhter mit kohlensaarem Natron.

e. Desgl. mit Floorwasserstofüsaore.

V ond ^ sind h und e^ aof oogeglöhtes Mino-al be- redioet

Eine Probe aof Eisenoxydol mittelst Golddilorid in der Aoflösoog des mit Borax geschmolzenen Pulvers gab rin negatives Resultat.

m.

h.

»'. e. t\

Kieselsäure 37,83

30,04

37,67

Thonerde

30,78

32,32

31,19 31,72 30,61

Eisenoxjd

4,85

5,03

4,85 nicht bestimmt

TalLerde

12,28

11,88

11,47 11^1 11,11

Ralkerde

0,71

0,77

0,74 1,22 1,18

Natron

2,35 2,27

Kali

0,31 0,30.

Zosammenstelluiig:

SanerstofT.

Fluor

2,51

a.

Kieselsaare 37,83

'S I '-•■'^

Borsäare

8,88

a. &'• c.

Thonerde

30,86

r«!".««

Eisenoxjd

4,85

Talkerde

1 1,62

4,56 )

Kalkerde

0,88

0,58 ^^^

c'.

Natron

2,27

Kali

0,30

0,05 ]

lUO.

473

Der von Klaproth und später Ton C. Ginelin un- tersuchte Tunnalin von Eibenstock ist eine andere schwarze VarietHt, die mit Quarz zusammen vorkommt, und bei einem hohen Eisengehalt nur eine ganz geringe Menge Talkerde enthält.

No. 4.

Brauner Tarmalin von Orford, New-Hampsbire in den

vereinigten Staaten«

Von Hrn. Prof. Sil lim an jun. erhielt ich Krystalle von dieser Localität, sechs- und neunseitige Prismen, von ansehnlicher Gröfse, zum Theil mehre Zoll im Durchmes- ser haltend, an den Enden verbrochen. Ihre Farbe ist braunschwarz; dünne Splitter sind mit braungelber Farbe durchsichtig. Auch sie haben zuweilen einen dunkleren Kern, dessen Gränze den Prismenflächen parallel geht. Sie liegen in einem griinlichgrauen Talkschiefer, und es sind ihre Flä- chen da, wo der letztere sie bedeckt, obwohl glänzend, doch uneben und mit regelmäfsigen dachziegelarügen Ein- drücken versehen. Blättchen von Talk oder Glimmer sind einzeln in der Turmalinmasse zerstreut.

Das spec. Gewicht ist nach zwei Verisuchen =^,051 und 3,085; (Mittel = 3,068).

Vor dem Löthrohr schmilzt er unter Aufschwellen zu einer weifsen feinblasigen Schlacke.

Im Ofen liefert er eine graue geschmolzene Masse, wo- bei er 3,49 Proc. verliert, entsprechend 2,5 Fluor. 100 Th. des geglühten sind =: 103,63 des ungeglühten Minerals.

a. Mit kohlensaurem Natron.

b. Desgleichen.

c. Mit kohlensaurem Baryt und Fluorwasserstoffsäure.

d. Geglühtes Mineral mit Fluorwasserstoffsäure, cf. Berechnung von d auf ungeglühtes Mineral.

e. Eisenoxydulbestimmung mittelst Goldchlorid.

/; Bestimmung von Kieselsäure, Phosphorsäure und Borsäure, letztere als Borfluorkalium.

474

«. &. e; rf. if. & /.

Pbofipborsäore 0»24

Borsäure 9,86

Kieselsäure 38,45 38^00 nicht best. 38^ Thonerde 34,16 30,60 32,75 33,72 32,54

Eisenoxyd 3,29 3,63 2,62 3,37 3,25 Fe 0,12

Natron | Kali \

Ml 1,69 1,63

Zasammenst eilung:

Fluor 2,50

Phosphorsäure 0,24

Smerstoft

a. b. e. f. Kieselsäure

38^3

19,91

Borsäure

9,86

6,78

o. 6. c. (f. Thonerde

33^15

15,48

Eisenoxyd

3,07

0,92

e. f. Eiseooxydul

0,12

0,02

a. b. c. d. Talkerde

10.89

4,28

a. c. Kalkerde

0,77

0.22

j, Natron ) *'• ^' Kali i

1,52

0.39

26,69 16,40

4,91

100,45.

No.5.

■rauaer Tarmalio v^m Mooroe io Coaneeticot in ^en

vereinigten Staaten.

Einzelne und mit einander verwachsene Krystalle von ansehnlicher Gröfse, das neunseitige Prisma mit dem Haupt- rhomboeder am einen, dem ersten stumpferen am ande- ren Ende ^ )• Sie kommen im Glimmer- und Talkschiefer vor. Ihre Flächen sind glatt und glänzend, nur die des ersten stumpferen RhomboSders erschienen rauh, und von den Eindrücken des Schiefers wie zerfressen. Dünne Split-

1) S. Dana System. S. 389.

475

ter sind mit rothbrauner Farbe darcbscbeinend. Auf den Ablösungsflächen bemerkt man einzelne GlimmerblSttchen. Die untersuchten Exemplare verdanke ich Hrn. Sil lim an.

Das 9pec, Getoickt ist =3,066.

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser Tarmalin ziemlich leicht zu einer weifsen blasigen Schlacke.

Im Ofen yerwandelt er sidi in eine aufgeschwollene grauweibe Masse, wobei er 3,32 Proc. verliert, =2,38 Fluor, so dafs 100 Tb. des geglQhten = 103,43 des unge- glfihten sind.

a. Mit kohlensaurem Kali -Natron. Geschmolzene hell- grfingelbe Masse, die mit Wasser und Chlorwasserstoffsäure eine klare Auflösung gab.

a. Geglühter T. mit Fluorwasserstoffsäure.

b\ Berechnung von b auf ungeglQhte Substanz.

c. Eisenoxjdulbestimmung mittelst Goldchlorid.

a, b. b, ' c .

Kieselsäure 39,01

Thonerde 31,71 31,70 30,65

Eisenoxyd 5,13 6,36 6,15 Fe 0,98

Talkerde 9,92 10,22 9,88

Kalkerde 1,81 2,73 2,64

Natron 1,88 1,82

Kali 0,45 0,44.

Zusammenstellung:

Fluor 2^38

Kieselsäure 39,01 20,27

Borsäure 9,04 6,21

a. b\ Thonerde 31,18 14,56

SauerstoflT.

28,48 15,59

Eisenoxjd 3,44 1,03

Eisenoxjdal 0,98. 0,22

Talkerde 9,90 3,89

Kalkerde 1,81 0,51 ) 5,15

Natron 1,82 0,46

KaU 0.44 0,07 100.

476

No. 6.

Schwarzer Tarmalin vom Zilleithal in TyroL

Schwarze neunseitige Prismen, an denen das dreiseitige vorherrscht, mit verbrochenen Enden, in weifsem hartem körnigem Talk liegend, hie und da von grfinem Strahlstein begleitet. Die Flächen sind theiis glatt und glänzend, theils rauh und drusig. Dünne Bruchstücke sind vollkommen durchsichtig, und zwar in senkrechter Richtung auf die Hauptaxe mit nelkenbrauner, ins violette fallender Farbe, parallel derselben mit grüner Farbe. Ihr Pulver ist grau. Die untersuchten Exemplare erhielt ich von Hrn. Hai- dinger.

Ihr spec. Gewicht ist = 3,054.

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser Turmalin mit starkem Glanz und unter Aufblähen ziemlieh leicht zu einem wei- fsen schaumigen Glase.

Im Ofen gab er eine sehr aufgeschwollene bimssteinar- tige grauweifse Masse, und hatte 3,54 Proc. verlören, ent- sprechend 2,5 Fluor, so dafs 100 Th. des geglühten Mine- rals = 103,67 des ungegifihten sind.

a. Mit kohlensaurem Natron.

b. Geglühter desgl.

b\ Berechnung von b auf das ungeglühte Mineral.

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure.

c\ Berechnung von c auf das ungeglühte Mineral.

d. Bestimmung des Eisenoxjds mit Kupfer, und des Oxyduls mit Goldcblorid.

a. h. b'. c. ' <^, d.

Phosphorsäjjre 0,24 Kieselsäure 37,94 38,90 37,52

Tbonerde

32.98

37,19

35,87

35,56

34,30

Eisenoxyd

2.91

3,57

3,44

3,36

3,24

2,00

Talkerde

10,44

11,10

10,71

10,61

10,23

Fe 0,37

Kalkerde

1,13

1,06

1,02

0,80

0,79

Natron

2,21

2,13

Kali

1

0,38

0,37

477 Zasaminenstellung:

SaaenlolT.

Fluor

2,50

Phospborsäure

0,24

a. Kieselsäure

37,94

19,71

1 25,61

Borsäure

8.58

5,90

a. d. Thouerde

33,64

15,71

j 16,55

a. b'. d. Eiseooxyd

2,79

0,84

d. Eisenoxjdul

0,37

0,08

\

a. b'. d. Talkerde

10,46

4.11

1

Kalkerde

0,98

0,28

} 5,07

Natron

2,13

0,54

l

Kali

0,37

0,06

/

100.

No. 7. Schwarzer Tarmalin von Godhaab in Grönland.

Bruchstück eines gröfseren Krystalls, welcher haupt- sächlich von dem sechsseitigen Prisma gebildet wurde, zu dem untergeordnet das dreiseitige hinzutrat; die Bhomboe- derflächen der Enden undeutlich, die Seitenflächen glatt und glänzend. In Höhlungen gelbliche Glimmerblätlchen. Im Innern der scheinbar ganz frischen sehr harten. Masse ein- zelne schwärze Glimmerlamellen und kleine Parthieen eines weifsen blättrigen Minerals.. Dünne Splitter sind an den Räudern theils mit grünblauer, theils mit bräunlich violet- ter Farbe durchscheinend. Das Pulver ist bläulich grau. Das untersuchte E)xemplar erhielt ich aus dem K. Minera- lienkabinet zu Berlin.

Spec. Gewicht = 3,072.

Vor dem Löthrohr schmilzt er unter starkem Leuchten und Aufblähen zu einer weifsen feiublasigcn Schlacke.

Im Ofen gab jer eine goscbmolzeuH: a4i(geblähte poröse gelbliche Masse, und verlor dabei 3,168 Proc, entsprechend 2,23. Fluor, so dafs 100 Th. des geglühten = 103,21 des ungeglühtea TuntialinsBiod.

478

a. Mit kohlensattrem Natron -Kali.

6. Desf^leidieo später.

c. Mit kohlensaurem Baryt and FlaorwasserstofEsäore.

d. Geglühter mit kohlensaurem Natron.

<f . Berechnung Ton d auf ungeglQhtes Mineral.

e. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure.

e\ Berechnung Ton e auf ungeglQhtes Mineral. * f, Eisenozydulbestimmung mit Goldchlorid.

tf. €• d, €. €• f. Phosphorsäure 0,11 KieseUfture 36,88 38,24 37,97 38,92 37,71

ThoDerde 37,18 ^,92 34,26 ) 35,51 34,40

Eisenoxjrd mit et- > 38,75 37,55 5,21 5,05

WM Masgaa 4,73 4,60 5,25 7 FeO,25

Talkerde 10,05 9,55 9,42 9,74 9,44 9,37 9,08

Kalkerde 1,04 1,43 1,61 1,56 1,02 1,00

Nairoo 1,69 2^7 2,30

KaU 0,48 0,39 0,38.

SanerstofT.

24,65

Zusammenstellung:

Fluor 2,23

Phosphorsäure 0, 1 1

a. fr. c. Kieselsäure 37,70

Borsäure 7,36

6. c. e\ Thonerde 34,53 .w,.« . 17 p;i

n. fr. c. e'. Eisenoxyd 4,63 1,39 \ '

Eisenoxydul 0,25^

a. fr. c. cf. e\ Talkerde 9,51

fr. c. dl. e\ Kalkerde 1,25 0,35 \ 4,72

, Natron 2,00

^•^* Kali 0,43

100.

No. 8.

8ehwaraer Tu^flialR voD Tezas^ Lane^aster Ceaatj is

PeBosylTanieB.

Sehr dfinne «ochsseitige Prismen ohne deutliche End- flächen, in einem grauweifsen iiafftoi talkartigen Gestein

479

ahlreich eiugewachsen. Ihre Flächen sind sehr glatt und länzend. Sie sind mit dunkelgrfiner Farbe durchscheinend, ^on Hrn. Dr. Tamnau mitgetheilt.

Spec. Gewicht = 3,043.

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser Turmalin' ziemlich eicht mit starkem Leuchten zu einem blasigen grünlich« ^eifsen Email.

Im Ofen gab er eine geschmolzene sehr aufgeblähte hell livengrfine Masse. Verlust = 3,3 Proc. = 2,36" Fluor. 00 Th. des geglühten = 103,4 des ungeglühten Minerals.

a. Mit kohlensaurem Kali -Natron.

fr. Desgleichen.

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure.

c\ Berechnung von o auf ungeglühte Substanz. Von Easenoxydul fanden sich nur Spuren.

«.

h.

e.

e.

Phospborsäure

0,21

0,20

Kieselsäure 37,66

39,24

Thonerde 35,13

34,44

35,26

34,10

Eisenoxjd 3,48

3,14

3,42

3,31

Mangauoxyd 0,09 |

9,62

Talkerde 9,30 j

8,70

8,41

Kalkerde 0,66

0,88

0,60

0.59

Natron

2,06

2,00

Kali

0,76

0,73.

Zusammenstellung:

Fluor

2,36

Saaerstofr.

Phosphorsäure

0,20

a. b. Kieselsäure

38,45

19,98 1

25,81

Borsäure

8,48

5,83 j

a. b. d. Thonerde

34,56

16,14 \

Eisenoxyd

3,31

0,99 (

17.16

a. Manganoxjd

0,09

0,03 \

a. b. d. Talkerde

9,11

3,58 .

Kalkerde

0,71

0,20 \

4,41

1

e'. Natron

2,00

0,51 (

Kali

0,73

0,12 )

100.

480

No. 9.

BrauDSGhwarzer Turmalin vom St. Gotthardt.

Isolirt.e Krjstalle in Form dGnner neunseitiger Prismen mit fehlenden oder unkenntlichen Endflächen. Sehr glän- zend, anf dem Bruch flachmuschlig, mit haarbrauncr Farbe durchsichtig.

Das Material verdanke ich theils Hrn. Bergrath Hai- dinger, theils Hrn. Dr. Tamnau.

Das spec. Gewicht ist =3,055.

Vor dem Löthrohr schmilzt diese Abänderung unter starkem Aufblähen zu einem blasigen bräunlichgelbeo Email.

Im Ofen verwandelt sie sich in eine poröse gelbbraune Masse, ivelche etwa das dreifache Volum des ursprünglichen zeigt. Verlust in zwei Versuchen =3,19 und 3,31 Proc, im Mittel also 3,25, entsprechend 2,33 Fluor, so dafs 100 Th. des geglühten Turmalins = 103,36 ungeglühten sind.

a. Mit kohlensaurem Natron.

b. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. b\ Berechnung von b.

c. Wiederholung von 6. c'. Berechnung von c.

d. Bestimmung des Eisenoxjduls mit Goldchlorid.

a, bi b'. c. e'. d.

Phosphorsäure 0,24

Kieselsäure 38,00

Thonerde 34,02 31,45 30,44 33,47 3^,38

Eisenoxyd .8,10 8,33 8,06 8,23 7,96 Fe 1,51

Talkerde 7,76 6J»Ö 6,^8 7,61 7,37

Kalkerde 1,18 l,qO, 1,45 1,34 1,30

Natron 1^27 1,23 1,68 J;63

Kali ilidbt best. 0,2» 0,28

Zu

:n)i

481 ZusaiDineDstelluog:

Saaerstoff.

FIpor

2,33

Phoäphorsäure

0,24

a, Kieselsäare

38,00

Borsäure

8,99

a. b'. d. Tbonerde

32,28

Eisenoxjd

6,36

i. Eisenoxydul

1,51

a. V. d. Talkerdc

7,27

., , Kalkerde Natron

1,31

1,43

c'. Kali

0,28

25,93 16,98

19,74 )

6,19 i 15,07

1,91

0,33

2,86

0,37 ) 3,96

0,35

0,05

100.

No. 10.

Scbwareer Turmalin von Havredal bei Krageroe im

südlichen Norwegen.

Gröfsere und kleinere Krystalle, in Einern Gemenge von Quarz, Feldspalh (Albit) und Titaneisen; zum Theil sehr reich an Flächen, unter denen besonders die beiden sechs- seitigen Prismen (das erste mit abwechselnd gröfsern Flä- chen), das zwölfseitige Prisma, das Hauptrhombocder, das erste stumpfere und das erste schärfere. Die Flächen glatt und glänzend; einzelne Krjstalle etwas mürbe und bräun- lich; Glimmerblättchen hie und da an der Oberfläche und auf Ablösungsflächen. DDnne Splitter sind mit röthlich- brauner Farbe durchscheinend.

Das Material stammt aus dem K. Mineraliencabinet zu Berlin.

Das spec. Gewicht ist =3,107.

Vor dem Löthrohr leuchtet dieser Turmalin stark, und schmilzt ziemlich leicht unter Kochen zu einer hellgrauen blasigen Schlacke.

Im Ofen schmolz er zu einer graugelben porösen Masse wobei 2,93 Proc. Verlust, = 2,1 Fluor. 100 geglühter Tonnalin = 103,02 des ungeglfihten.

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 31

482

a. Mit koblensaureni Natron.

b. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. . b\ Berechnung von fr.

c. Bestimmung des Eisenoxyds durch Kupfer, des Ei- senoxyduls durch Goldchlorid.

Phosphorsäure

Kieselsäure

Thonerde

Eisenoxyd

Talkerde Kalkerde Natron Kali

m.

0,08 37,11 31,39

8,49

9,77

h.

»'.

c.

31,96

8,65

9,36 0,82

1,82 0,33

31,02

8,40

9,09 0,80

1,77 0,32

Zusammenstellung:

Flnor 2,10

PbosphorsSare 0,08

a. Kiesels&nre 37,11 19,28

Borsädre 8,78 6,04

a. y. Thonerde 31,26 14,60

a. b'. c Eisenoxyd 7,57 2,27

c. Eisenoxjdul 0,77 0,17

a. b'. Talkerde 9,43 3,70

V. Kalkerde 0,60 0,23

Natron 1,78 0,45

Kali 0,32 0,05

100.

Fe 7,34 Fe 0,77

SaaerstofE

25,32 16,87

4,6

No. Li.

Scbwarzei^ TurmaliD von Ramfossen bei Soaram, Kirchspiel Modum in Norwegen.

Bruchstöcke gröfserer Krystalle, an denen theils das sechsseitige, theils das dreiseitige Prisma vorherrscht Von Endflächen lassen sich das erste schärfere Khomboeder, und untergeordnet das Hauptrhomboeder erkennen. Die Kry-

483

stalle &iud fast immer glatt und glänzend, sehr zu Abson- derungen geneigt, und in dünnen Splittern mit brauner Farbe durchscheinend. Sie liefern ein grünlichgraues Pulver. Im Innern bemerkt man hie und da ein weiCses blättriges Mi- neral Die untersuchten Exemplare rühren aus dem K. Mineraliencabinet zu Berlin her.

D€ts spec. Gewicht ist =3,145.

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser T. mit Leuchten und Aufblähen ziemlich rasch zu einer graubraunen Schlacke.

Im Ofen liefert er eine geschmolzene poröse schwärz- liche Masse. Verlust =2,39 Proc, =1,71 Fluor, so dafs 100 Th. geglühtes Mineral = 102,5 ungeglühtes sind.

a. Mit kohlensaurem Natron.

6. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure.

b'. Berechnung von b.

c. Bestimmung des Eisenoxyds durch Kupfer und des

Oxyduls durch Goldchlorid.

a. b. b'. c,

Phosphorsäure 0,11

Kieselsäure. 37,22

Thonerde 29,40 30,72 30,00 FpQ97

Eisenoxyd 11,63 13,53 13,20 *'' '''^^

Talkerde 8,21 7,84 7,66 Fe 0,86

Kalkerde 1,15 0,17 0,16

Natron 1,16 1,13

Kali 0,54 0,53.

Zusammenstellung:

Fluor 1,71

Phosphorsäure 0,11

a. Kieselsäure 37,22 19,34

Borsäure 8,70 5,98

a, b'. Thonerde 29,70 13,87

a, b\ c. Eisenoxyd 11,45 3,43

c. Eisenoxydul 0,86 0,19

o. 6'. Talkerde 7,94 3,12

Sauarstoff.

25,32 17,30

Kalkcrde 0,65 0,18 ; 3,87

., Natron 1,13 0,29

o.

Kali 0,53 0,09

KM).

31*

484 No. 12.

Schwareer TarnaliB ia Qaars von Had4a« is C»BBec- ticat ia dea Tereinigten Staatea.

An dem durch seinen Mineralreidithum ausgezeichneten Fundorte kommt der Tormalin unter mehrfachen Verhältnis- sen Tor. Auf der Ostseite des Connecticut -Rhrer finden sich Tollständig ausgebildete glatte Krystalle von nvehr als Zolllänge und Dicke, gebildet aus den beiden sechsseitigen Prismen, das erste mit abwechselnd gröberen Flächen; be- gränzt am einen Ende von dem Hauptrhomboeder, am an- deren von diesem und dem ersten schärferen. An anderen Punkten findet man ähnliche, an denen jedoch das dreisei- tige Prisma vorwaltet, und deren Flächen, mit Quarz und Feldspath bekleidet, rauh und drusig erscheinen. Endlich kommen gröfsere und kleinere Krystalle daselbst in Quarz vor und diese letzteren wurden zur Analyse benutzt. Ich verdanke Hrn. Silliman Proben der verschiedenen Vor- kommen.

Das spec. Gewicht ist = 3,136.

Vor dem Löthrohr bläht sich dieser Turmalin auf und schmilzt unter Schäumen zu einer grauen blasigen Schlacke.

Im Ofen liefert er eine aufgeschwollene braune Masse, und verliert dabei nach 2 Versuchen 2,47 und 2,51 Proc, im Mittel also 2,49, entsprechend 1,78 Fluor. 100 Th. des geglühten würden hiernach =102,56 des ungeglühten seyn.

a. Mit kohlensaurem Kali -Natron.

b. Desgl. Geschmolzene gelbe Masse.

c. Mit kohlensaurem Baryt und Fluorwasserstoffsäure.

d. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. d'. Berechnung von d.

e. Eisenoxydulbesjtimmung mit Goldchlorid.

a, h, c. d, if. t,

«Kieselsäure 37,34 37,66 39,84

Thonerde 31,88 30,07 31,67 30,61 29,85

Eisenoxyd 9,74 10.13 11,20 11,18 10,90 Fe 1,06

Talkerde 8,87 8,67 8,38 8,67 8,45

Kalkerde 1,64 1,58 2,37 1,36 1,33

Natron I ^ in J.«"* 1.60

Kali '*'»0 0,74 0,.73

485 Zusammenstellaog: Fkior 1,78

Sauerstoff.

Phosphorsäure Spuren

a. b. Kieselsäure 37,50 -„,.^ .

Borsäure 7,94 5,46 i ^^'^^

a. b. c. rf. Thonerde 30,87 .-,.> .

Eisenoxyd 8,31 ^ ^" ^ '^

6. Eisenoxydul 1,06

a. b. c. d. Talk erde 8,60

a. b. d'. Kalkerde 1,61 0,46 / 4,60

,, Natron 1,60

Kall 0,73

100.

No. 13. Schwarzer Turmalin von Haddam ia Connecticot.

Die im Folgenden untersuchte Varietät kommt zu Had- dam als Begleiter des Chrysoberylls vor, der sich dort in einem den Gneis durchsetzenden Granitgange findet. Er ist von körnigem gelbem Quarz begleitet, der, je näher dem Turmalin, um so dunkler gefärbt ist. Zwischen bei> den liegt Talk oder Chlorit. Der Turmalin, welcher grofse Krystalle bildet, erscheint etwas zersetzt, zwar sind seine Flächen grofsentheils noch glatt und glänzend, allein von Höhlungen unterbrochen, welche von gelbem Eisenocker, vorzüglich aber von Glimmerblättc}ien ausgefüllt sind. Letz- tere finden sich auch im Innern zahlreich, und die Ablö- sungsflächen sind von Eisenoxyd roth gefärbt.

Das Material wurde gleichfalls von Hrn. Silliman ge- liefert.

Das spec. Gewicht ist =3,132.

Vor dem Löthrohr verhält er sich wie der vorige.

Im Ofen gab er eine theilweise gechmolzene, theilweise gesinterte braune Masse, und hatte 2,72 Proc. verloren, entsprechend 1,95 Fluor. 100 Th. des geglühten sind hier- nach = 102,79 des ungeglühten.

486

a. Mit kohlensaurem Natron.

b. Desgleichen.

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure.

d. Berechnung von c.

d. Eisenoxydulbestimmung.

a. b. c* c. d,

Kieselsäure 35,06 38,03

Thonerde 31,79 33,14 35^9 34,43

Eisenoxyd 12,12 9,42 11,46 11,15 Fe 0,5

Talkerde 8,32 8,45 9,00 8,75

Kalkerde 1,84 1,76 0,49 0,48

Natron- Kali

2,33 2,28

Zusammenstellung:

Fluor 1,95

a. b. Kieselsäure 36,55 19,00

Borsäure 4,87 3,35

a. b. Thonerde 32,46 15,16

a. c. Eiseuoxyd 11,08 3,32

d. Eisenoxydul 0,50 0,11

a. b. c. Talkerde 8,51 3,34

SaaerstofiP.

22,35

18,48

a. b. Kalkerde 1,80 0,51 ) 4,54

Natr Kali

c'. ^l'r \ 2.28 0,58

100. No. 14.

Schwarzer Turmalin von Unity ia New-Hamsphiro in den vereinigten Staaten.

Diese Varietät zeichnet sich durch ihre Reinheit uud ihren frischen Zustand aus. Lange dünne glänzend schwarze Krystalle, von gebogen dreiseitigem Querschnitt, liegen io einem fast durchsichtigen weifsen Quarz, von dem sie sich leicht trennen. Manche sind gekrümmt, aber nicht zer- brochen.

487

Hrn. Sil lim an verdanke ich auch diesen Turmalin.

Das spec. Gewicht ist =3,192.

Vor dem Löthrohr verhSlt er sich wie die beiden vorigen.

Im Ofen gab er eine theiis blangrane, theils braune, stark gesinterte oder etwas aufgeschwollene Masse. Der Verlust betrug in zwei Versuchen 2,20 und 2,25 Proc, im Mittel 2,225 Proc, entsprechend 1,59 Fluor. 100 Th. des geglüh> ten sind =102,27 des ungeglühten.

a. Mit kohlensaurem Natron.

6. Mit kohlensaurem Kali -Natron. Die Masse gelb- braun, geschmolzen.

c. Desgleichen; nicht alle Bestandtheile bestimmt.

d. Mit kohlensaurem Baryt und Fluorwasserstoffsäure.

e. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. e'. Berechnung von e,

f. Bestimmung des Eisenoxyduls mit Goldchlorid.

a, b. €, d, «. e*. /.

Kieselsäure 36,86 35,94 36,07 40,64 Thonerde 27,73 30,10 ) .. ^ ,. .^ 31,47 30,78 Eisenoxyd 17,34 14,70 \ ^^'^^ *^'^^ 17,13 16,75 Fe 2,38 Talkerde 4,75 6,23 ) ^, 6,25 6,12

Kalkerde 1,11 1,00 ) ' 0,98 0,96

K3I,'''" j 4,50 1,98 1,94

Zusammenstellung:

Fluor 1,59

a. b. c. Kieselsäure 36,29 18,85

Borsäure 6,94 4,77

b. e\ Thonerde 30,44 14,21

Sauerstoff.

23,62

6. e'. Eisenoxjd 13,08 3,92 j '

f. Ei8«noxydul 2,38 0,53

a. b. d. e'. Talkerde 6,32 2,57

a. 6. e'. Kalkerde 1,02 0,29 ) 3,95

e'. IT"" \ 1,94 0,56'

Kali

100.

488 No. 15.

Scbwarxer Turmaliii tob Bovey Tmcy in Devoiishire in

England.

Kurze dicke Krystalle in Granit vorkommend^ gebildet aas beiden sechsseitigen Prismen, Yon denen die abwech- selnden Flächen des ersten gröfser sind, dem Haupt- und ersten schärferen Bhomboeder am einen, jenem und dem ersten stumpferen am anderen Ende. Fast alle, besonders die Seitenflächen sind glatt und glänzend; gelbbrauner ver- witterter Feldspath hängt ihnen an, und zieht sich auf Ab- sonderungsklüften in das Innere der sonst ^ehr homogenen und frischen Masse. Nur ganz dQnne Splitter sind mit röthlichbrauner Farbe durchscheinend.

Das Material der Untersuchung verdanke ich dem K. Mineraliencabinet zu Berlin.

Das spec. Gewichi ist = 3,205.

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser Turmalin etwas schwer zu einer schwarzen Schlacke.

Im Ofen gab er eine gesinterte schwarze Masse, uod hatte 2,09 Proc. verloren, entsprechend 1,49 Fluor. 100 Tb. des geglöhten Minerals sind = 102,15 des uiigeglühten.

a. Mit kohlensaurem Natron.

b. Geglühter desgl,

b'. Berechnung von b.

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. c\ Berechnung von c.

d. Bestimmung des Eiseuoxjds durch Kupfer, und des Oxyduls durch Goldchlorid.

a. 6. h' C- c , d.

Pbosphorsäure 0,12

Kieselsäure 37,00 36,91 36,13

Thonerde 33,58 34,75 34,02 32,34 31,66

Eiseuoxjd 16,46 16,09 15,75 17,79 17,41 Fe 8^90

Talkerde 2,60 2,46 2,41 2,74 '2,68 Fe 6,19

Kalkerde 0,60 1,64 1,60 0,40 0,39

Natron 1,42 1,39

Kali 0,66 0,65

489 ZasamineDstellaDg: Fluor 1,49

Sauerstoff.

Phosphorsäure 0,12

a. Kieselsäure 37,00 19,22 )

Borsäure 7,66 5,27 j '

a. 6'. d. Thonerde 33,09 15,45 j i^«.

Eisenoxyd 9,33 2,80 \ '^

d. Eisenoxjdul 6,19 1,37

a. V. c. Talkerde 2,58 1,01

a. c\ Kalkerde 0,50 0,14 ) 2,98

, Natron 1,39 0,35

^* Kali 0,65 0,11

100.

No. 16.

Schwarzer Turmalin von Alabaschka bei Murslnsk

am Ural.

Bruchstück eines gröfseren Krjstalls, gebildet aus dem Torwaltenden dreiseitigen und dem zweiten sechsseitigen Prisma, und an dem einen auskrystallisirten Ende von dem Hauptrhoniboeder und dem ersten schärferen. Die Pri- smeuflächen sind gestreift, alle aber glatt und glänzend. Vorkommen wie das von Bovey Tracy auf Klüften im Granit. Eine gelbliche erdige Substanz (verwitterter Feld- spath) bekleidet die Vertiefungen der Oberfläche, und im Innern bemerkt man einzelne weifse Glimmerblättchen. Ganz dünne Splitter sind mit röthlichbrauner oder bläulicher Farbe durchscheinend.

Ich erhielt das Material aus dem K. Mineraliencabinet zu Berlin.

Das spec. Gewicht ist nach zwei Versuchen = 3,226 und 3,229.

Vor dem- Löthrohr leuchtet er, und schmilzt an den Rändern zu einer brauneu Schlacke.

Im Ofen war das grobe Pulver schwach gesintert, roth- braun wie goglühles Eisenoxyd, und hatte 2,15 Proc. ver-

490

loreuy entsprechend 1,54 Fluor. 100 Th. des geglfihte sind = 102,2 des angeglübten Tarmalins.

a. Mit kohlensaarem Natron.

b. Geglühter desgl. V.. Berechnung von 6.

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure, c'. Berechnung von o.

d. Bestimmung des Eisenoxyds durch Kupfer und de Oxyduls durch Goldchlorid.

a.

h.

V.

c.

e.

d.

Kieselsiure 35,74

35,75

34,98

Thonerde 33,88

36,38

35,60

34,47

33,73

Eisenoxyd 16,64

18,12

17,73

17,48

17,10

i e 6,02

Talkerde 1,90

1,66

1,62

0,84

0,82

Fe 8,60

Kalkerde

1,19

1,16

0,58

0,57

Natron

1,04

1,02

Kali

0,48

0,47

Zusammenstellung:

Fluor 1,54

a. Kieselsäure 35,74 18,57

Sauerstoff:

24,07

Borsäure 8,00 5,50

a. 6'. </. Thonerde 34,40 16,06 ) |«^.

a. V. d. Eisenoxyd 7,61 2,28 j '^^

d. Eisenoxydul 8,60 1,01

a. 6'. Talkerde 1,76 0,69

V. c[. Kalkerde 0,86 0,24 ) 3,18

Natron 1,02 0,26

c.

Kali 0,47 0,08

100.

4»1

No. 17.

Schwarzer Tarmalin vom Sonnenberg bei Andreasberg

am Hare.

Diese sehr bekannte Varietät kommt in kleinen scharf aasgebildeten Krjstallen in einem drusenreichen Granit vor, dessen Feldspath schon sehr zersetzt ist. Sie werden yon dem sechsseitigen und untergeordnet dem dreiseitigen Prisma, von dem ersten schärferen Rhomboeder, als vorherrschen- dem, dem zweiten schärferen und dem Hauptrhomboeder am einen Ende, und dem letzteren allein am anderen ge- bildet. Seltener sind die drei anderen Flächen des ersten Prismas, ein Drei- und Dreikantner Hai-^ai^aic) am einen, und das erste stumpfere Rhomboeder am anderen * Ende ' ). Die Masse dieses Turmalins ist sehr hart und frisch , und frei von sichtbaren Einmengungen. Selbst sehr dünne Splitter dieses eisenreichsten aller Turmaline sind undurchsichtig. Das Pulver ist grau.

Das Material verdanke ich dem K. Mineraliencabinet in Berlin.

Das spec. Gewicht ist =3,243, das gröfste von allen, wohl eine Folge des höchsten Eisengehalts.

Vor dem Löthrohr schmilzt er zu einer schwarzen Schlacke.

Im Ofen sinterte er stark, war oben braun, in der Mitte und unten schwarz, und hatte in einem Versuch 1,87, in einem andern 2,31 Proc. verloren. Letztere Zahl ent- spricht 1,64 Fluor, und 100 Th. des geglühten Turmalins sind darnach = 102,37 des ungeglühten, nach dem ersten Versuche aber = 101,9 desselben.

a. Mit kohlensaurem Katron.

b. Geglühter desgl. b\ Berechnung von b,

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. c\ Berechnung von c.

d. Wie c, ohne Bestimmung der Alkalien, (f. Berechnung von d,

e. Eisenprobe.

1) S. G. Rose lo diesen Anoalen, Bd. 42, S. 580.

492

Kieselsiare

Tboserde

Kiseaozyd

TUfcerie Kalkerde NatrvB Kidi

1M3

0,10 0,80 0,96

30,90

34J90

19;»

0,11

0,6»

1,06

34,25 18,86 0,11) 0^64( 1,04

^.

€,

30,92 18,96

30^ 3i,04 34,23 16.60 ) 2 j^ ^^^

1,00 0,98' ^^^ ^^ ' *^ 0,70 0,69

0,21 0,20 0,70 0,69

1,39 1,36

0,59 0,58

F^9J51

Zasammenstellaog.

a.

a* h\ c'. (f.

HL b, tf»

e.

ü, b. J, a. b', c\ d.

6.

Flaor 1,64

Phospboniure 0,12

fVlCSCloaUrC dO,9J

BonSnre

Thonerde

Eisenoxyd

Eisenoxjdol

Maoganoxjdol

Talkerde

SauerxtoE

Kalkerde

Natron

Kali

7,62 32,92 8,13 9,51 0.11 0,78 0,72 1,36 058

18,97 5,24

15,37 2,44 2,11 0,02 0,30 0,20 0,35 0,10

24,21 17,81

3,08

100.

No. 18. Schwarser Tar«alin ron der Herrschaft Saar in Mihrea.

Einzelne ziemlich dicke and korze Krystalle oder viel- mebr Aggregate von Krjstallen von vorherrschend dreisei- tigem Querschnitt; die Seitenflachen stark gestreift, glatt und glänzend; die Endflächen undeutlich, nur Spuren des Hauptrhomboeders sichtbar. In den Vertiefungen liegt eine röthlicbe thonige Masse und etwas Glimmer. Dfinne Split- ter sind senkrecht auf die Hanptaxe röthlichbraän durch- scheinend.

Das Material wurde mir von Hrn. Haidinger mitge- theilt.

Da» spee. Gewicht ist =3,181.

493

Vor dem Löthrohr schmilzt dieser Turmalin schwer und mit Aufblähen zu einer braunrothen Schlacke.

Im Ofen geglüht, verwandelte er sich in eine stark ge- sinterte braunrothe Masse, und verlor 1,82 Proc, entspre- chend 1,3 Fluor. 100 Th. des geglühten Minerals sind =: 101,85 des ungeglQhten.

a. Mit kohlensaurem Natron.

b. Geglühter desgl. b\ Berechnung von 6.

c. Geglühter mit Fluorwasserstoffsäure. c\ Berechnung von c.

d. Bestimmung des Eisenoxjduls durch Kupfer und des Eisenoxyduls durch Goldchlorid.

a, b . c. c. <f.

Phosphorsäure Spur

Kieselsäure

36,82 36,44 35,78

Thonerde

36,02 36,35 35,70 35,40 34,67 Fe 5,56

Eisenoxyd

14,79

15,91 15,62

15,25 14,90 Fe 6,51

Talkerde

j 1,55

1,58 1,55

1,55 1,52

Kalkerde

0,87 0,86

0,77 0,76

Natron

0,98 0^

Kali

0,09 0,09

Zusammenstellung:

SaaerstoflF.

Fluor

1,30

Phosphorsäure Spur

a.

Kieselsäure

^6,82

'f^ ^'••«

Borsäure

. 8,70

ü. b, c\

Thonerde Eisenoxyd

35,50 6,57

'\% \ ^^

Eisenoxydul

7,68

1.70 X

a, 6. c.

Talkerde

1,55

0,61 f

Kalkerde

0,81

0,23 l 2,80

rf

Natron

0,98

0,25 (

c.

Kali

0,09 100.

0,01 ]

(Schluff im nSchsten 1

teft.)

494

II. Anziehende FFirkung der Elehtromagnete ;

von Julius Dub.

Di

4e CoDsfruction elektromagDetischer Maschinen benibt in vielen Fällen auf d\er Wirkung der Elektromagnete in Entfernung. Es ist aber eine für die Kraftäufaerung solcher Maschinen nicht günstige Thatsache, dafs die Elektromag- nete so sehr wenig in Entfernung ivirken, im Verhältnifs zu den Stahlmagoete sowohl, als im VerhältniCs zu ihrer grofsen Wirkung in Berührung, Es schien mir daher von nicht geringem Interesse, Aufschlufs zu erhalten über die Gröfse der Wirkung auf Entfernung bei Magneten von ver- schiedenen Verhältnissen.

Andererseits veranlaCsten mich meine früheren Beobach- tungen, dafs der Einflufs der Berührungsfläche so bedeu- tend sey, zu diesen Untersuchungen, da ich im Voraus versichert vrar, dafs diese Wirkung der Berührungsfläche in Entfernung vrenigstens sich verringern, wo nicht gar verschwinden möchte. Ich wurde zu dieser Meinung be- sonders dadurch geführt, dafs ich früher auf mehrere Sätze stiefs, welche mit den von den HH. Lentz und Jacobj aufgestellten nicht übereinstimmten. Ich glaubte ich würde durch die Beobachtung der Wirkung der Elektromagnete in Entfernung vielleicht zu denselben Resultaten, wie sie dort ausgesprochen sind, gelangen ; da nämlich die Versuche jener Gelehrten so angestellt sind, dafs die Wirkung beob- achtet wird, wenn Magnet und Anker, oder zwei Magnete sich nicht unmittelbar berühren.

Andere von Lentz und Jacoby aufgestellte Sätze über die Anziehung sind nicht das Resultat unmittelbarer Messungen, sondern aus andern Erscheinungen, näm- lich der Inductionswirkung beim Unterbrechen des Stro- mes oder Abreifsen des Ankers erschlossen. Es schien mir daher von nicht geringem Interesse zu untersuchen, ob die wirkliche Anziehung dieselben Resultate zeige?

495

Wie die früheren Untersttchangen, habe ich aui^ diese durch directes Abreifsen des Ankers mittelst angehängter Ge^idite angestellt, und habe dazu denselben Apparat benutzt wie tr in meiner früheren Abhandlung über die Anker beschrieben ist ' ).

Mit der grovischen Säule waren wie früher die Kupfer- Spirale des Magneten, die Tagentenbussole und der Wider- standsmesser zu einem Kreise verbunden. Die Anziehung wurde durch den Abreifsapparat gemessen.

Um nun die Wirkung der Elektromagnete auf Entfer- nungen kennen zu lernen, bedurfte es eines Apparates, welcher möglich machte, den Anker in beliebiger, 'genau gemefsner Entfernung vom Magneten zu halten.

Diesen Apparat, wie auch die angewandte Tangenten- bussole, verfertigte der Mechaniker Hr. Zinke mit em- pfehlenswerther Grenauigkeit und Sorgfalt. Er besteht in einer Hübe (a), 3"' stark, von Rothgufs, 5'" hoch und Y innerem Durchmesser, welche den Anker (ii) umfafst. An dieser befinden sich 3 hervorstehende Lappen (6), welche 3 senkrechte starke Schrauben (c) von 2" Länge und 2^'" Dicke tragen. Diese sind unten zugespitzt und haben auf den Köpfen eine Theilung. Mittelst dieser und dreier em- porstehender Messingstäbe (d) ist es möglich, genau zu bestimmen, wie weit die Schrauben gedreht sind. Durch die Hülse selbst gehen 3 Schrauben (e), welche dieselbe an dem jedesmal angewandten Anker (il) befestigen.

Die senkrecht herabgehenden Schrauben (c) mit der Theilung haben den Zweck, durch ihre Drehung den An- ker, wenn er von dem Magneten angezogen wird, in be- liebiger Entfernung von demselben zu halten. Diese 3 Schrauben stehen in einem Kreise, dessen Durchmesser circa 2^' ist, so dafs sie also keinen der von mir benutz- ten Magneten selbst berühren. Die uutef dem Anker be- findlichen Magneten tragen daher eine Messinghtiise mit vorstehendem Rande (/*), dessen äufserer Umfang 3" Durch- messer hat, und auf dem eine Scheibe von Spiegelglas ge- 1 ) Pofg. Aoo. Bd. 74, S. 3«d - 369.

AuLcr

dca «I JÜeHäke errtrAtm Aakcr

So Wlestigte idi mm £e Hfibe aättcb der an idbfli. XacUcai dieli gescfccbc», w«de der SfroB riiHBil nilcrbrDdbca and non der Anker mit der Hfike m dem Wagebalkea hängend aeqjoilibrirt. Ich vols Iner nodi bcBcrien, daCi idi zn des Messen eigene Gewichte hatten die alle mm so viel leichter waren als der Haken wo^ welcher aof dem Hebdann mit dem angehängten Gewichte ▼erscfaoben worde, damit sein Gewidit, das ^ Loth betrag ond nicht mit aeqnilibrirt werden konnte, nicht etwa die Messongeo nogenaa mache

Nachdem aeqailibrirt war, setzte ich den Strom wieder ein ond nun begannen die Messangen. Zonichst wurde die Anziehoog in Berfibmng bestimmt, welche ich meisC schon in ftfibereo Versachsreihen hatte ond die idi also hierbei prfifte. Einige fand ich fehlerhaft, die meisten Je- doch stimmten ganz genao« Nach diesen Messangen komist das schwierigste Geschäft. Ich mafste nämlich nnn die bif- her etwas zurackgestellten 3 Schraaben (c) so einstelles, da(s sie, während der Anker vom Magneten angezogen

warde^

497 _

warde, genau gerade die Glasunterlage (9) berührten. Schraubte ich etwas zu weit, so gab diefs sogleich eine merkliche Aenderung in dem Resultat. Ich habe daher die- sen Versuch bei jedem neuen Anker öfter gemacht, wobei sich dann zeigte, welches das richtige Resultat sej. Des- senungeachtet ist es immer noch möglich, dafs in einigen Fällen aus diesem Grunde Fehler in die Resultate gekom- men sind.

War dieser erste Versuch festgestellt, so drehte ich die Schrauben einen Quadranten herum und erhielt dadurch die Entfernung von ^-g-^" der Anker vom Magneten. Darauf wurde wieder gedreht, ich erhielt die doppelte Entfernung.

Die in den Resultaten vorkommenden Fehler sieht man leicht bei genauer Beobachtung der Reihen und besonders bei einem Vergleich derselben unter einander. Man erkennt aber auch sogleich, dafs sie die Zuverlässigkeit der aufge-> stellten Sätze bei einer so grofsen Menge von Beobachtun- gen nicht im Geringsten beeinträchtigen.

Wengleich ich es mir zur Aufgabe gemacht habe, die Anziehung der Elektromagnete selbst zu messen, so sah ich mich dessenungeachtet genöthigt, zuvor Messungen mit verschiedenen Ankern bei demselben Magneten anzustellen, um beurtheilen zu können, was Einflufs des Ankers oder des Magneten sey.

Ich untersuchte also zunächst :

Die IVirkun^ der Anker de» Klektromagneteit a,ut

fintfernuni^.

Die Dicke der Anker. Die ersten Messungen, welche ich anstellte, waren mit einem Magneten von 1'' Durchmesser und 12'' Länge mit 336 Windungen auf der ganzen Länge des Eisenkernes vertheilt, wie ich ihn auch bei den früheren Untersuchun- gen benutzt und beschrieben habe. Diesen Magneten liefs ich zunächst die 6" langen Anker von den Durchmessern ^"9 i"f 7' und ^*' anziehen. Die Resultate waren folgende:

PoggeodorfiTs Annal. Bd. LXXX. 32

498

1* V

< » 1 > t

Aadehng icr 6^ laagea 1*,

r dickea Magaetea M eiMC StiMHtiiks

3^27 Pfd. 1.1

IV

M*

3n

*

BerfihniDj

iUmdr.

1

a <

1

2 3

4 5 6 7 8 9

0,9

0^71

0,6

0,38

0,27

0,19

0,15

0,11

0,095

0,08

0,07

4.1

1,25

0,9

0,77

0,65

0^

0^

0^16

0^13

0,08

0,063

0,055

Pfd.

4,76

1.4

0^2

0^65

0,48

0,23

0,15

0^11

0,084

0,07

0,062

0,05

0,04

Pfd.

M 1,6

04»

0,65

0;45

0,194

0^11

0,08

0^062

0,05

0,014

0,032

Pfd.

Wenogleidi ich sdioo aas früheren Beobachtungen die schnelle Abnahme der Wirkung des Elektronugneten in Entfernungen kannte, so hatte ich in so geringem Abstände sie dodi nicht so bedeatend erwartet. In einer Elntfemong Ton -f Umdrdiong der Schranben, d. h. ttt*. beträgt die Aozidiong bei dem 1" starken Anker nur -y ^on der in Be- rfihning nnd bei den schwächeren noch weniger. Bei zn- ndimender Eatfernang wird non die Differenz zwischen zweien aufeinander folgenden Beobachtungen immer gerin- ger, wie das natGrIich ist; jedoch ist die Abnahme des- senungeachtet so bedeutend, dafs sie bei dem 1" starken Anker bei 2 Umdrehungen fast nur j\f und bei den ande- ren noch viel weniger beträgt

Vergleichen wir nun die Reihen unter einander, so fin- den wir, dafs während in BerObrung die Anziehung mit der Abnahme der Durchmesser der Anker bis zu einer bestimmten Gränze zunimmt, in einiger Entfernung Tom Magneten sich gerade die umgekehrten Verhältnisse zeigen. Die Anziehung der dünneren Anker nimmt in viel sdinel- lerem Maafse ab, 'als die starken, so dafs in einiger Ent- fernung sich ein bestimmtes Verhältnifs herausstellt, nacb-

499

dem dann die Abnahme fortgeht In diesen Versachsreihen ist ziemlich genau das VerhSltnifs der Durchmesser der An- ker und wenngleich, wie ich später zeigen werde, die Ab- weichungen nicht den Versuchsfehlem zugerechnet werden können, so wäre doch möglich, dafs gerade ein Eisenstab anders beschaffen sejn könnte als der andere, so dafs diese Abweichungen dadurch herbei jgeführt würden. Um zu se- hen, ob sich dieser Satz auch bei anderen Versuchsrei- hen wirklich herausstelle, untersuchte ich zunächst längere Anker.

II. AoziehoDg des 12'' langen 1" dicken Magneten anf Anker von 9" und 12'' Länge and 1" und i" Dicke bei der Stromstärke von 20^

Anker 9" lang Anker 12" lang,

rdick 4" dick. fdick J^dick.

Berührung 4,43 Pfd. 6,8 Pfd. 5,69 Pfd. 6,82 Pfd. » ümdr. 1,6 >> 2,3 >* 2,1 » 2,4

»

1,3 « 1,3 « 1,55 « 1,4

» 1,1 » 0,92 » 1,15 » 0,9 »

»

T I

8

1 » 0,9 » 0,72 » 0,92 » 0,75

2 » 0,52 » 0,34 » 0,54 » 0,33

3 » 0,36 » 0,18 » 0,35 » 0,19

4 » 0,26 » 0,135 » 0,25 » 0,14

5 » 0,2 » 0,1 » 0,19 » 0,11

6 » 0,155 » 0,08 » 0,15 » 0,09

7 » 0,135 « 0,07 » 0,13 « 0,07

8 » 0,11 » 0,062 » 0,103 » 0,056

9 » 0,096 » 0,05 » 0,09 » 0,04

n n » n n »

n

III. Anziehung des 12" langen 1" dicken Magneten auf 6" lange An- ker von verschiedenem Durchmesser bei einer Stromstärke von 35^

Anker 1" dick

S" dick

J" dick

r dick.

Berfihrung 9 Pfd.

10,5 Pfd.

16,2 Pfd.

14,9 Pfd.

\ Umdr. 4,6 »

4,6 »

6,4 »

6,2 »

1 3

» 3,5 » 3,10 » 3,8 » 3,4 » » 2,9 « 2,6 » 2,85 « 2,4 «

1 « 2,6 » 2,15 » 2 « 1,7

2 « 1,65 « 1,3 « 0,95 « 0,78

3 » 1,05 « 0,92 « 0,65 » 0,5 5 » 0,60 0,52 « 0,46 0,28 9 « 0,27 » 0,26 » 0,174 0,136 15 » 0,13 » 0,125 » 0,085 » 0,073

32»

»

n

» » »

500

Wir sehen, dafs alle diese Reihen dieselbe Erschdonng zeigen, wie die ersten. Es findet bei den dünneren Ankern eine schnellere Abnahme der Anziehung statt und dadurch erreichen sie bald das Yerhältnils der Anziehung wie ihre Durdimesser.

Ich habe nun noch zwei Reihen mit 9" langen Ankern angestellt.

IV. Aaziehug des 12" laagea V dicken MagneeeB anf 9" lange An-

kor bei der Stromstirke 35*

Anker 1* <

lick. Anker |" dick.

Berfihmiig

13,8 Pfd. 19,1 Pfd.

i Umdr.

6.4 .

7,6 .

1 -

6,2 .

4,8 .

*

4,3 .

3,4 .

1 »

3,7 .

2,5 .

2 »

2,35 >

1,17 .

3 »

1.47 .

0,71 .

5 >

0,85 >

0,38 '

9 »

0.4 .

0,18

15 »

0,21 >

0,09 >

Alle diese Venachsreihcn waren angestellt mit dem 1* starken Magneten. Es fragte sich non, ob auch in dem Falle, wo der Magnet schwSdier ist ab der Anker, sich derselbe Unterschied in der Anziehang der Terschieden starken Anker herausstellen wfirde. Ich wShlte daher ei- nen i' starken 12" langen Magneten ond liefe ihn ebenfalls

obige Ankor anziehen.

Das Resultat war folgendes:

V. Aaiiekng 4er Aaker TM 6* Uage don* des 12" Uagea 4" A

■bgKtea M der StroasOrke tm 20* Abkalang.

Anker V dick.

r'difk

r di^ r ^A.

Berflhnmg 5,4 Pfd.

4,9 Pfd.

4,4 Pfd. 4,7 Pf

i Umdr. 1,6 >

1,4 .

1,3 - 13 -

i » O^Ni >

0,7 .

0,9 - 0,75 -

i - 0,67 >

0,6 -

0,67 > 0.51 -

1 - 0,54 -

0,44 >

0.48 - 0,4 -

2 0,26 -

0,26 .

0,23 » 0,225 >

501

Anker 1" dick. f dick. i'' dick. f dick.

3 Uindr. 0,16 Pfd. 0,16 Pfd. .0,14 Pfd. 0,13 Pfd.

4 » 0,116 '> 0,103 » 0,097 » 0,089 »

5 » 0,088 » 0,081 » 0,072 « 0,062 »

6 ^ » 0,075 » 0,065 » 0,056 » 0,05 »

7 » 0,062 » 0,055 » 0,044 » 0,042 »

8 « » 0,053 » 0,044 » 0,034 » 0,031 »

Diese Reihen liefern uns ganz andere Verhältnisse als die mit dem 1" dicken Magneten. Hier ist durchaus nicht ▼on Proportionalität mit dem Durchmesser der Anker mehr die Rede. Alle sind wenig von einander unterschieden. Es ergiebt sich hieraus, dafs bei solchen Magneten, welche dünner sind als die Anker, sich andere Verhältnisse heraus- stellen.

Es fragte sich nun, wie sich die Sache verhalte bei noch stärkern Magneten als dem von einem Zoll Durchmesser. Ich nahm daher einen 1|" starken Magneten und erhielt:

VI. Anziehung der 6^ langen Anker durch^ einen If starken 12'' lan- gen Magneten bei einer Stromstärke von 15*^ Ablenkung.

Anker 1" dick

|"d!

ck

i" dick

r dick.

erührung

1,15 Pfd.

1,65 Pfd.

1,85 Pfd.

2,15 Pfd.

4 ümdr.

0,36 »

0,39

»

0,44 »

0,46 »

4 "

0,3 »

0,27

»

0,25 »

0,24 »

4 »

0,26 »

0,22

u

0,187 »

0,17 »

1 »

0,215 »

0,16

»

0,14 »

0,126 »

2 »

0,14 «

0,09

»

0,064 »

0,056 »

3 »

0,1

0,06

»

0,044 »

0,034 «

4 »

0,08 »

0,05

n

5 »

0,07 ..

0,04

»

6 »

0,056 »

Es zeigt sich bei diesen Versuchsreihen eine langsamere Abnahme der Anziehung, daher zeigt sich erst bei mehre- ren Umdrehungen eine Aunährung an das Verhältnifs zu den Durchmessern« Ich konnte wegen der geringen Anzie- hung in Berührung die Versuche aicht weit genug fortsetzen

5Q2

und wdibe daher ftr diesdben Anker und Magoet nen sttflLereB Stroin und eriiidt folgende Resulfaie:

vn.

4cr V tauig« Aaker imck den If M der StroMlirke 25*.

Aokcr 1"

aick

AaW f aick

Anker j". aVL

BerObmog

2,7 Pfd.

3,9 Md.

4,1 Pfd.

iUmdr.

04»

»

1,2 >

1,3 .

\

0,72

»

0.72 »

0,7 .

1

0,62

»

0,57 »

0,51 >

1 -

0^

»

0,46 »

0^ '

2 »

0,3

»

0,24 >

0,16 '

3 »

0,22

0,15 »

0,11 >

4 »

0,17

n

0,11 >

0,072 >

5 -

0,13

n

0,086 »

0,056 >

6 >'

0,11

»

0,078 »

0,044 >

7 »

0,09

M

0,056 »

0,037 »

8 «

0,072

»

0,048 «

9 »

0,065

»

0,041 »

Auch diese Reihen zeigen dasselbe Verhältnifs wie die ▼origen. In einiger Entfernung stellt sich annähroogsweise das Verbältnifs wie die Durchmesser heraus.

Alle diese Versuche zeigen uns, da(i unter bestimmteH Bedingungen in einiger Entfernung r>om Magneten, toenn die- ser stärker ist als die Anker, <tcA die Aiuieluing (mnäke- rungsweise wie die Durchmesser derselben verhält.

Von Interesse war es mir endlich noch zu sehen, wie die Anziehung eines conisch zugespitzten Ankers in Entfer« nung sich zu dem gleich starken cjlindrischen verhalten wQrde. Ich nahm daher den 6" langen 1* dicken Anker, welcher durch die conische Zuspitzung eine Berührungsfläche von nur 4" Durchmesser hat.

503

Vlll. AoBiehaog des 6'' langen 1'' dicken coiiif chea oad c^IindrischeB Ankers durch den 12" langen 1" dicken Magneten bei der StromstArke 20*.

coDischer Anker. cjld. Ank. 1" dick. cyld. Ank. l" dick.

Berfihrnng

7 1

Pfd.

3,27 Pfd.

4,76 Pfd.

i Umdr.

2

M

1.1

»

1,4 »

i »

1,35

0,9

»

0,92

3

0,93

»

0,71

U

0,65 »

1 »

0,7

»

0,6

»

0^8 »

2 »

0,3

n

0,38

0,23 »

3 »

0,2

»

0,27

M

0,15 »

4 »

0,13

»

0,19

n

0,11 »

5 »

0,1

»

0,15

M

0,084 »

6 »

0,08

»

0,12

»

0,072 »

7 ».

0,063

u

0,096

»

0,06 »

8 »

0,055

0,08

»

0,05 »

Wir bemerken in diesen Reiben dieselben Erscbeinnn« gen, wie bei andern Ankern von geringerem Durchmesser. Er zieht in Berührung mehr als der starke, allein in ge^^ ringer Entfernung schon weniger. Der Unterschied ist so bedeutend, dafs die Wirkung sich mehr dem halb so star- ken Anker, welcher mit ihm dieselbe Berührungsfläche hat, nähert, als dem von derselben Schwere. Ich habe wegen des Vergleichs auch die Reihe mit dem i" starken Anker mit hinzugefügt.

Das Resultat ist deshalb wichtig, weil hier so deutlich die grofse Wirkung der Berührungsfläche hervortritt, da* gegen die Schwere (Masse) fast ganz verschwindet.

Ich habe denselben Anker noch von dem i" starken Magneten anziehen lassen, und erhielt folgendes Resultat:

IX. Anziehung des 6" langen l" dicken conischen Ankers durch den 12'' langen i" dicken Magneten bei der Stromstärke von 20^

conischer Anker. cyld. Ank. 1" dick. cyld. Ank. \" dick.

5,4 Pfd. 4,4 Pfd.

1,4 » 1,3 »

0,96 '• 0,9 ' »

0,67 » 0,67 »

Berührung

5,6 Pfd.

4 Umdr.

1,45 »

i "

0,9 »

1 »

0,65 »

504

conischer Anker. cyld. Ank. 1" dick, cjicl. Ank. J'' dick.

1 Umdr. 0,48 Pfd. 0,54 Pfd. 0,48 Pfd.

2 » 0,22 » 0,26 » 0,23 »

3 » 0,12 ^ 0,16 » 0,14 »

4 » 0,1 « 0,116 » 0,097 » 9 « 0,08 « 0,088 » 0,o72 «

6 » 0,06 » 0,075 » 0,056 »

7 >' 0,04 « 0,062 « 0,044 »

In dieser Reihe finden wir wieder eine Analogie zwi- schen diesem Anker und den cjlindrischen. So wie bei den cjlindrischen Ankern nur geringer Unterschied zwi- schen dem 1" starken und dem von i" Durchmesser statt- findet, ist es auch mit dem conischen. Allein wir sehen auch aus dieser Reihe, dafs es für Entfernung nicht vor- theiihaft ist, die Anker zuzuspitzen, damit man das Maxi- mum der Anziehung erhalte.

Aus diesen Resultaten ergiebt sich also:

1 ) Die Anziehung verhält sich - in einigen Hallen annä- herungsweise wie die Durchmesser der Anker.

2) Zugespitzte Anker zeigen in Entfernung geringere Anziehung als cylindrische von demselben Durchmesser.

Ich kann nicht unterlassen in diesem Kapitel noch Ei- niges über beobachtete Einzelheiten zu bemerken.

1) In allen Versuchsreihen, wo die Berührungsfläche 4 Durchmesser hat, ist immer die Anziehung, welche sich bei einer Umdrehung der Schrauben, d. h. bei V/ Entfer- nung zeigt, das Doppelte von der bei 2 Umdrehungen.^

2) Der 12" lange 1" starke Magnet hält den 6'' langen V' starken Anker mit derselben Kraft in Entfernung, als der y' starke 12" lange Magnet den 1" starken 6" langen Anker,

Die Länge der Anker.

In welcher Weise sich die Länge der Anker bei glei- chem Durchmesser äufsere, ergiebt sich leicht bei einem Blick auf die früheren Versuchsreihen. Vergleichen wir z. B. die Reihen I und II. mit einander, und in diesen die

505

Zahlen, welche ans die 6 zölligen and 9 zölligen Anker au- ter sonst ganz gleichen Umständen liefern, so finden wir, dafs im Allgemeinen dasselbe Verhältnifs stattfindet für die Wirkungen in Entfernung als in Berührung. Die Anker^ welche in der Nähe mehr ziehen, ziehen auch in jedeir Entfernung mehr. Freilich ist das Verhältnifs nicht immer dasselbe. Der 1" dicke 9" lange Anker übertrifft den 6" langen in weit höherem Maafse als der 4" dicke den von demselben Durchmesser übertrifft. Aehnliches zeigt sich, wenn man die Anker bei der Stromstärke von 35® Ablen- kung vergleicht.

„Die Anziehung der Anker von gleichem Durchmesser wächst mit der Länge derselben.'^

Es versteht sich auch hier von selbst, dafs eine Gränze eintritt, wie sich diefs hier bei den 4-" starken 9- und 12zöllfgen Ankern zeigt. Ich mache darauf aufmerksam, dafs diese hier beide in Berührung dasselbe ziehen und auch in jeder beliebigen Entfernung. Diefs beruht auf einem ganz allgemeinen Satz, auf den ich später zurückkomme. Eis ist diefs eine Probe, dafs die Versuche fehlerfrei sind; denn wäre in Berührung eine der Beobachtungen falsch, so wür- den sie nicht durchweg in Entfernung gleich viel ziehen.

Ich stellte mir drittens nun die Frage, wie es sich mit

Ankern von gleichem Gewicht

verhalte. Ich bediente mich zu diesem Zwecke der Anlier, welche ich schon früher angewandt habe ^), um die Wir- kung in Berührung zu prüfen. Sie steigen von V Länge bis 16'' und nehmen dabei verhältnifsmäfsig an Dicke ab von V bis auf \" Durchmesser, in der Weise, dafs sie alle gleich viel wiegen.

Ich benutzte 8 Anker, deren Länge war: 1", 2", 4", 5V', 74.", 8V', 12^ und 16".

Ich mufs im Voraus erwähnen, dafs es einige Schwie- rigkeit hatte auch die Anker zu prüfen, welche gröfseren Durchmesser als einen Zoll haben. Einmal ist es über-

1) Po gg. Ann. Bd. 74, S. 471.

506

haupt fidwierig» to kune Anker geoaa abzoreifsen wie längere, and zweitens pafst die Hülse, welche den Ankar in Elntfemang halten muCs, nur auf einen 1" starken Ei« aenstab, so da(s ich sie in diesem Falle am Magneten be- festigen moCite. Dazu kommt noch, dafe die beiden kfir- zesten Anker von geschmiedetem Eisen sind, während die längeren aus gewöhnlichem schlesischen Rundeiseu be8t^ ben, welches, wie idi glaube, viel gleichmäfsigere Coosi- stenz hat.

Ich habe folgende Resultate erhalten:

X. AosiehnDg der Anker von gleicher Masse durch einen 12" langea 1" diclcen Magneten bei einer Stromstariie von 20®.

Lance der

Anker 1". 2". 3". öj". 7i". 84". 1^'. 16".

Berühr. 0,83 PR 1,15 Pfd. 2,5 Pfd. 3 Pfd. 4 Pfd. 5 Pfd. 6,6 Pfd. 7,8PfiL

|UiDdr.0,6l 0,52 0,82 0,9 1,4 1,7 2,1 2,7

l » 0,5 0,47 0,66 0,75 1 1,3 1,15 1,7

f » 0,4 0,4 0,56 0,6 0,7 0,97 1 1,3

1 » 0,36 0,38 0,48 0,51 0,6 0,73 0,7 0,66

2 » 0,22 0,24 0,3 0,32 0,4 0,4 0,38 0,41

3 » 0,17 0,15 0,19 0,23 0,26 0,26 0,24 0,26

4 » 0,12 0,12 0,16 0,17 0,18 0,18 0,16 0,17

5 » 0,095 0,105 0,12 0,14 0,14 0,14 0,13 0,13

6 » 0,078 0,079 0,09 0,1 0,106 0,106 0,106 0,1

7 » 0,065 0,07 0,06 0,093 0,094 0,087 0,09 0,09

8 n 0,058 0,06 0,07 0,08 0,08 0,07 0,077 0,075

9 » 0,05 0,056 0,063 0,07 0,07 0,06 0,066 0,06

Während in Berührung der erste Anker mit einer Kraft gehalten wird, die fast nur ^V ^on der ist, mit welcher der letzte angezogen wird, ist in einer Entfernung von 4 Umdrehungen die Anziehung fast bei allen dieselbe. Die Anziehung nimnU um so langsamer ab, je kürzer und dicker der Anker ist.

Es ergiebt sich also aus diesen Versuchen der so wich- tige Satz: „Anker von gleicher Masse ziehen eou geringerer Ent- fernung ab gleich viel". Um die Wahrheit dieses Satzes zu bestätigen, habe ich die Anker von 4" Länge ab von demselben Magneten bei

507

einein Strom von 35°, so wie von dem 12" langen \" dicken Magneten bei der Stromstärke 20° anziehen lassen.

XI. Anziehang der Anker von gleicher Schwere durch den 12'^ lan- gen V* dicken Magneten bei einer Stromstärke von 35®.

Länge der Anker 4". 6i". 71". 8{". 12|". 16".

BerObr. 8 Pfd. 10 Pfd. 13,5 PfA. 16,5 Pfd. 27,5 Pfd. 21,5 Pfd. ^Uindr. 3 3,3 5,5 7 10,5 11,5

\ » 2,65 2,95 4,7 5,7 6,8 6,4

3

T

.. 2,3 2,6 3,7 4,05 4,8 4,2

1 » 1,97 2 3 3,2 3,5 3,4

2 » 1,25 1,3 1,7 1,7 1,65 1,55

3 » 0,89 0,98 1,15 1,15 1 0,95 5 » 0,52 0,6 0,65 0,63 0,54 0,51 9 » 0,21 0,27 0,3 0,31 0,27 0,26 15 » 0,106 0,12 0,14 0,15 0,14 0,14

Ich habe ^egen der mangelhaften Genauigkeit, so wie wegen der Schwierigkeit, mit der die Versuche mit den kurzen Ankern anzustellen sind, diese weggelassen. Und gewifs liefern Anker von 4" bis 16" Länge schon hinrei- chende Bürgschaft für die Wahrheit des Satzes, wenn man nur einmal auch die Wirkung der kürzesten gesehen und beobachtet hat, wie langsam deren Abnahme im Verhält- nifs zu den längeren Ankern ist.

XII. Anziehnog der Anker von gleicher Schwere durch einen 12" langen 4" dicken Magneten bei einer Stromstärke von 20*.

Länge der

Anker 4". Öj". 7J". 8.J". 12f. 16".

Berühr. 4,4 Pfd. 4,6 Pfd. 4,7 Pfd. 5,4 Pfd. 6,4 Pfd. 6,6 Pfd. ^ümdr. 1,5 1,35 1,45 1,6 1,8 1,8

4 » 0,98 0,88 0,82 1,05 1,15 1

I '. 0,72 0,7 0,7 0,8 0,88 0,78

1 » 0,57 0,52 0,5 0,6 0,68 0,58

2 » 0,28 0,26 0,24 0,3 0,33 0,34

3 » 0,17 0,16 0,16 0,18 0,2 0,19

4 » 0,12 0,12 0,12 0,13 0,13 0,125

5 .. 0,094 0,093 0,094 0,09 0,098 0,094

6 >. 0,075 0,075 0,075 0,07 0,078 0,075

7 » 0,062 0,U54 0,056 0,053 0,058 0,056

8 » 0,05 0,046 0,047 0,044 0,047 0,047

508

Auch diese Reiben liefern dieselben Resultate und zwar mit nocb gröfserer Genauigkeit als die früheren. Idi schreibe diefs dem Umstände zu, dafs der Magnet nur 1" Durchmesser hat und aus dem Grunde die Berührung so ist, dafs ich mit gröfserer Leichtigkeit die Schrauben rich- tig einstellen konnte.

Werfen wir nun einen Blick auf die sämmtlicheu Ver- suchsreihen und deren Resultate zurück,, so ergiebt sich klar, dafs die Beobachtung der Anziehung in Entfernung mehr Aufschlufs über die bei Magneten waltenden Gesetze giebt, als die Anziehung in Berührung; abgesehen von den Fällen, wo in Berührung sich entgegengesetzte Erscheinun- gen zeigen. Das Resultat der Anziehung in Berührung ist zum Theil deshalb kein reines, weil fast nie der Anker Tom Magneten mit der ganzen Fläche zugleich abreifst, son- dern immer die eine Seite um ein Weniges sich eher hebt. Man mufs jedoch erst genau beobachten, um es selbst zu bemerken, denn wenn es sehr merkbar ist, wird freilich das Resultat noch anders. Ich habe mich stets bemüht solche Fehler möglichst zu vermeiden, es gelingt jedoch am wenigsten, je gröfser die Berührungsfläche ist. Daher geben denn die Versuche mit dünnem Ankern oder Mag« neten immer bessere Reihen als die mit starken. Am mei- sten fallen die Fehler auf bei der Vergleichuug der qua- dratischen Verhältnisse, auf die ich hier noch besonders aufmerksam machen will:

Die Stromstärke.

Ich habe mehrere Versuchsreihen bei der Stromstärke 35^ angestellt. Diese ist nahezu die doppelte von der bei 20^, mithin müssen die Anziehungen, welche sich in die- sem Falle zeigen, das Vierfache von denen sejn, welche bei 20"^ Stromstärke auftreten. Die Reihen I und III, II und IV, X und XI liefern uns die Beispiele.

Wir bemerken, dafs in Berührung durchaus zu wenig sich findet, nur der Anker in No. XI., welcher 12^" lang ist, zeigt eine specielle Ausnahme, indem er 27,5 Pfd. An-

509

ziehaug hat, w&brend der ihm entsprechende nur 6,C Pfd. zieht. Jener zieht also sogar 1,1 Pfd. zu viel, was wahr^ scheinlich auf einem Versuchsfehler beruht. Dafs diese Er- scheinungen der zu geringen Anziehung nicht ganz zufäUig sind, nicht ganz abhängig von der schlechten Berührung, glaube ich schon aus den vielen Versuchen in der frühe- ren Abhandlung genügend nachgewiesen zu haben *). Ebenso wenig glaube ich aber, dafs bei vollkommener Berührung sich nicht günstigere Resultate für das Gesetz herausstellen sollten. Ganz anders ist es nun mit den Resultaten, welche sich in Entfernung zeigen. Hier stellt sich fast bei allen schon bei -4 Umdrehung das richtige Quadrat der Anziehung ein, ja es ist sogar noch etwas zu grofs, da 35^ nicht gerade die doppelte Tangente von 20" giebt. Es müfste 36" sejn. Allein ich stehe nicht an, diese Ab- weichungen auf die Versuchsfehler zu rechnen, und mithin in diesen Reihen den Beweis zu finden für jenen, von Lentz und Jacobj ebenfalls durch directe Messungen gefundenen Satz: „Die Anziehung verhält sich (wenigstens in Entfernung genau) wie die Quadrate der magnetisirenden Ströme^'.

Anziehung^ der Klektromaipnete in Kntfermini^,

Magnete von verschiedenem Durchmesser.

Die Beantwortung der Frage über die Wirkung des Durchmessers der Magnete liefern zum Theil Versuchsrei- hen, welche ich schon früher hehufs der Wirkung der An- ker angestellt habe, so wie einige hinzugefügte neue.

Ich halte es nicht für unnütz die vorn schon aufgeführ- ten Reihen hier zu wiederholen, da sie doch mit den an- dern zusammengestellt werden müssen.

Ich wandte zunächst 12'' lange Magnete von 1'' und ^" Durchmesser an und mufs erwähnen, dafs diese mit einer Spirale umwunden, sind, welche auf 6 Hülsen, je 1^'' lang, sich befindet. Jede Hülse hat 56 Umwindungen in 2 La- gen über einander. Die Länge aller 6 Hülsen, d. h. die

1) Pogg. Ann. Bcl.71, S. 484 n. f.

510

LäDge sämmtlidier Spiralwindoogen, ist also 10 V, mithi steht der Magnet auf jeder Seite 1* aus der Spirale hervor

XIII. Aaziehmig des CT Imges 1" dickes Anken durch Ma^^seCe vo ITT Uoge DBd 1" osd l' Dicke bei der Stromstirke 20* asd 38*.

Stromstärke 20*.

Stromstärke 35*.

Magnet r

dick.

r dick.

1 " dick.

j" dick.

Berfihniog 3,27 Pfd.

5,4 Pfd.

9 Pfd.

13 Pfd.

i Umdr.

1.1

»

1,4 .

4,6 »

.6 >

i '

0,9

m

0J96 -

3,5 »

3,7 »

1 -

0,71

m

0,67 -

2,9 »

2,7 .

1 »

0.6

»

0,54 >

2.6 .

2,1 »

2 <•

0,38

»

0,26 »

1,65 »

0,92»

3 »

0,27

0,16 »

1,05»

0,57»

4 »

0,19

»

0,116 »

0,8 »

0,4 »

5 »

0,15

»

0,088»

0,6 »

0,3 »

6 >

0,11

»

0,075»

0,46»

0,24»

7 »

0,09

»

0,062»

0,38 .

0*19»

8 »

0,08

n

0,053»

0,33»

0,15»

9 »

0,07

»

0,045 »

0,27»

0,13»

15 »

0,13»

0,06»

Ich habe darauf Versuche mit kürzeren Magneten, näm- lich von ff' Länge angestellt.

XIV. AnziehoDg des 6" laogen 1'' dicken Ankers dorch 9^ lange Magnete bei einer Stromstärke von 28*38'.

Mag. 1" dick.

Mag. f dick.

Mag. 4" dick.

Berflbraog

2,6 Pfd.

3,2 Pfd.

4,4 Pfd.

i Umdr.

0,82 »

i

1,35 »

i

0,67 »

0,77 »

0,85 »

4 »

0,55 »

0,62 »

0,58 »

1 »

0,49 »

0,51 »

0,48 »

2 »

0,3 ..

0,29 »

0,22 »

3 »

0,21 »

0,2 »

0,14 »

4 »

0,15 »

0,14 »

0,098»

5 »

0,12 »

0,11 »

0,072 »

6 »

0,097 »

0,084 »

0,056 »

7 »

0,08 »

0,07 »

0,045»

8 »

0,064 »

0,06 »

9 »

0,054 »

0,047 »

511

Wir sehen hier erst nach fielen Umdrehungen Annäh- rang an das Yerhälnifs des Durchmessers der Magnete von 1" und 7' Dicke. Bei dem ^" starken tritt es gar nicht ein. Es scheint also nicht allein der Durchmesser, des An- kers, sondern auch die Länge der Magnete schon das Yer- hältnifs zu ändern, welches hier bei den 12" langen Mag- neten gerade stattfindet. Ist hier eine Analogie mit den An- kern, so mufs das Verhältnifs ganz verschwinden, wenn ich den Magneten durch einen dünneren Anker, als der stärkste Magnet ist, anziehen lasse.

Ich wählte einen 6" langen 1'' starken und ebenso einen i" starken Magneten und liefs diese den 12'' langen i" dicken Anker, bei einer Stromstärke 47^ 27', welche durch 112 Windungen ging, anziehen.

XV. Anziehung der 6'' langen 1" und i" starken Magneten auf den 12" langen V' starken Anker. Strom 47® 27'.

Mag. 1" dick.

Mag. \" dick.

Berfihraog

5,1 Pfd.

4,3 Pfd.

\ Umdr.

1,5 »

1,4 »

i »

0,95 »

0,9 »

3

0,68 »

0,67 »

1 »

0,54 »

0,5 »

2 »

0,26 »

0,24 »

3 »

0,155 »

0,145 »

4 »

0,115

0,093 »

5 »

0,085 »

0,07 »

6 »

0,07 »

0,05 »

7 »

0,056 »

0,04 »

8 »

0,044 -

Diese beiden Reihen beweisen uns klar, dafs ein Ver- hiiltnifs zwischen den Durchmessern der verschiedenen Mag- nete, wie es die HH. Lentz und Jacobjr angegeben haben, nicht angenommen werden kann.

Später von mir gefundene Sätze begründen auch die Annahme ganz anderer Yerhältnifsmäfsigkeit zwischen den Magneten von verschfedener Dicke, deren experimentelle

512

Untersucbung ich jedoch bisjetzt noch nicht nnternommen habe, \¥eil die nöthige gleichzeitige Berücksichtigung der Durchmesser der Anker, ja vielleicht auch die h^nge der- selben, die Untersuchung sehr complicirt macht. Diefs halte ich wenigstens für gewifs, dafs man bei der Untersuchung der Wirkung des Elisenkerns nicht diesen allein, sondern immer das System von Magnet und Anker ins Auge fas« sen mufs.

Was nun die Wirkung auf Entfernung Überhaupt an- betrifft, so beweisen uns diese Reihen, dafs durchweg der Satz gilt: Die Ansbiehung der Eisenstäbe (Magnete oder Anker) nimmt bei Entfernung in um so gröfserem Verhältnisse aby als diese dünner werden.

Länge der Magnete.

Der Elektromagnet besteht aus der Spirale und dem Eisenkerne. Ist nun von der veränderten Anziehung durch Modification der Längenausdehuuug die Bede, so dürfte man folgerecht nur eine Verlängerung oder Verkürzung des Eisenkerns mit der Spirale darunter verstehen. Allein da- bei drängen sich zugleich die Fragen auf, wie es sich ver- halte, wenn einer dieser beiden Theile geändert wird.

Bei der Veränderung der Längenausdehnung der Spi- rale sind wieder die beiden Fälle möglich, dafs entweder dieselbe Anzahl der Windungen nur auf eine gröfsere Länge ausgedehnt wird, oder dafs die gröfsere Länge durch eine hinzugefügte Anzahl neuer Windungen hervorgebracht wird. Ich beginne mit dem letzten Falle und werde der Reihe nach folgende Fragen beantworten:

1. Welchen Einflufs hat eine gröfsere Anzahl von Win- dungen ?

2. Welchen Einflufs hat eine Verlängerung der Spirale ohne dafs die Anzahl der Windungen vergröfsert wird?

3. Welchen Einflufs hat die Verlängerung des Eisen- kerns?

4. Welchen Einflufs hat die Verlängerung des ganzen Magneten, d. h. des Eisenkerns mit der Spirale?

1.

513

1.

Welchen Einflufs hat eine gröfsere Anzahl von Win- dungen ?

Wenn von der gröfseren Anzahl der Windungen die Rede ist, so können diese in zweifacher Weise den Eisen- kern umgeben, entweder die Spirale wird dadurch nicht länger oder sie wird länger.

Wenn die Spirale durch die gröfsere Anzahl der Win- dungen nicht länger wird, so müssen mehr Windungen sich über einander befinden und wir erhalten dann den Fall, welchen die HH. Lentz und Jacobj in ihrer Abhand- lung"^) behandelt haben. Das Resultat ist:

„Die Totalwirkung sämmtlicher , einen Eisenkern umge- bender, Windungen ist gleich der Summe der Wirkung der einzelnen Windungen.^'

Dieser Satz ist durch die Inductionswirkung des Mag- netismus, welcher durch Unterbrechen des Stromes hervor- gerufen wird, gefunden. Dafs sich nun aber die Anziehung nicht immer in derselben Weise zeigt wie der Inductions- Strom, haben wir schon früher gesehen, es fragt sich also, wie sie sich in diesem Falle zeige?

Um diefs zu untersuchen nahm ich eine Spirale von 4" Länge mit 304 Windungen ungefähr ^'" starken Kupfer- drahtes, der so gewickelt war, dafs zwei Drähte neben ein- ander liefen, so dafs ich den Strom durch die halbe und ganze Anzahl der Windungen gehen lassen konnte und immer gleiche Entfernung der Windungen, sowohl vom Eisenkern überhaupt, als auch besonders von der Berüh- rungsfläche desselben hatte.

Diese Spirale steckte ich über den 12*' langen 1" dicken Magneten, so dafs dieser gerade 2" aus ihr hervorragte; dann leitete ich einen Strom, welcher die Nadel auf 14° 34' ablenkte hindurch. Ich liefs erst den Strom durch den ei- nen, dann, durch beide Drähte nach einander gehen, so dafs erst 152, dann 304 Windungen von derselben Stromstärke durchlaufen wurden. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung,

1) Pogg. Ann. Bd. 47, S. 252. u. f. PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 33

514

dafs ich den Strom immer mittelst des Widerstandmessers regulirte, und also bei diesem den Widerstand Terringero oder eine stärkere Säule nehmen mufste, wenn sich der Widerstand in der Spirale vergröfserte: Das Resultat war diefs:

XYI. Anziehung des 12'' langen l" dicken Magneten anf den 6" lan- gen l" dicken Aoker bei verschiedener Anzahl von Drahtwindnngen

und der Stromstärke 14<^34'.

152 Windungen.

Berührung 0,77 Pfd. i ümdr. 0,21 « 0,18 " 0,14 »

1

7

a

T

1 »> 0,125 »

2 H 0,08 >>

3 >> 0,055 «

4 >> 0,04 «

5 «

6 »

7 V

8 »»

9 »

Wir sehen hier bei der Anziehung in Berührung genau 4 mal so grofse Anziehung bei der doppelten Windungs- zahl als bei der einfachen. Die . folgenden Anziehungen sind gröfser als das 4 fache bis bei 2, 3 und 4 Umdrehun- gen wieder nur die 4 fache Anziehung eintritt;

Hiernach fände ein Verhältuifs statt, wie die Quadrate der Windungszähl.

Ich wählte darauf einen 12" langen ^" starken Magneten, welcher dieselben Verhältnisse wie der vorige gab:

304 Wio 3,1 1

dangen.

Pfd.

0,98

M

0,83 0,68

M 1)

0,57 0,34

»

»

0,23 0,16

» »

0,13 0,11

M M

0,083

M

0,07

»

0.062

1>

515

XVII. Anziehung des 12'' langen |" starken Magneten anf den 6" langen l'' dicken Anker bei verscliiedener Windungszahl und gleichem

Strom = 14' 34'.

152 Windungen.

304 W^lndungcn.

Berührung 0,78 Pld.

3,2 Pfd.

\ Umdr. 0,2 »

1

4 »> 0,16 «

0,8 «

i » 0,13 >'

0,65

1 « 0,1 »

0,52 «

2 « 0,06 »

0,3 »

3 » 0,037 n

0,18 »

4

0,13 >

Wir sehen bei diesen Versuchen ebenfalls wieder in Berührung genau die 4 mal so grofse Anziehung, in den Entfernungen wieder mehr. Ich konnte wegen der gerin- gen Anziehung die Reihen nicht weit fortsetzen und wählte daher noch eine andere Reihe, wo derselbe Magnet durch zwei solcher Spiralen (also durch 60Ö Windungen und durch die Hälfte), welche sich unter einander befanden, magnetisirt wird durch den Strom der die Nadel auf 14" 34' ablenkte.

XVIII. Anziehung des 6" langen l'' dicken Ankers durch den 12'' lan- gen I" starken Magneten bei 304 und 608 Windungen bei dem

Strom WSi'.

304 Windungen. 608 Wmdungifn.

Berührung 1,3 Pfd. 6 Pfd.

-^Umdr. 0,65 » 4 h

' 4 » 0,48 « 2,5 «

^ >> . 0,38 » 1,8 »

1 » 0,3 « 1,45 -

2 » 0,177» 0,7 «

3 » 0,11 » 0,42 »

4 » 0,08 >' 0,31 »

5 0,06 « 0,23

6 » 0,048» 0,18 »

7 » 0,029» 0,14 »

8 » 0,12 »

33»

516

Wir findeD aadi hier dieselben Erscheioangen wie bei den vorigen Versuchen. Vergleichen wir diese quadrati- schen Verhältnisse 9 besonders die Abweichungen von dem Quadrat y mit denen bei der Anziehung in Bezug auf die Quadrate der Ströme y wie sich zeigt in den Reihen I und III, II und IV, X und XI, so finden wir, dak hier in Berührung die quadratische Anziehung gröfser ist als dort. Dort ist die Anziehung in Berührung immer kleiner als das richtige Quadrat der Ströme, in jeder Entfernung aber zeigte sich durchschnittlich die Anziehung dem Quadrat der Ströme genau proportional.

Wenn nun in jenen früheren Fällen das nicht genaue Quadrat in Berührung seinen Grund in äufsern Uebelstän- den hat, so müfste hier sich dieselbe Ungenauigkeit zei- gen wie dort, wenn wirklich ebenfalls quadratische Ver- hältnisse stattfinden. Zeigen sich hier nicht dieselben Feh- ler, so ist entweder nicht dasselbe Verhältnifs, oder die umstände, unter denen hier die Anziehung stattfindet, siod nicht dieselben wie dort. Es ist aber hier Alles dasselbe wie dort, aufser der Spirale. Diese Spirale ist nun frei- lich eine ganz andere. Während die früher immer ange- wandten Spiralen nur aus 2 Lagen viel dünneren Kupfer- drahtes, der mit Seide besponnen ist, bestehen, so dafs sie im Ganzen nur 1^" Durchmesser haben, hat die jetzt angewandte Spirale 8 Lagen mit Wolle besponuenen Kup- ferdraht und erreicht dadurch einen Durchmesser von 3|^^. Hierdurch wird nun die Seitenwirkung gröfser, und diels könnte wohl auf den nur 2" entfernten Anker so influi- ren, dafs sich obige Abweichung zeigte. Ist diefs der Fall, so mufste wieder die Erscheinung wie früher eintreten, wenn ich die Spirale mehr von der Berührungsfläche entfernte. Ich that diefs. Ich schob die Spirale fast an das andere Ende des Magneten, so dafs dieser um T aus derselben hervorstand. Jetzt war keine bedeutende Einwirkung auf den Anker mehr wahrscheinlich, ich hatte jetzt ungefähr das- selbe Verhältnifs der weiten Spirale zum Magneten in Be-

517

zug auf die Seitenwirkuug als unter deu früheren Verbält- nissen die enge Spirale.

Ich Uefs nun wieder den 12" langen -|" dicken Magne- ten den 6" langen 1" dicken Anker bei einer Stromstärke 25^, bei einfacher und doppelter Windungszahl, anziehen und erhielt folgende Resultate:

XIX. ADziehUDg des 12" langen |" dicken Magneten auf den 6'' lan- gen 1" dicken Anker durch 152 und 304 Windungen bei der Strom- stärke von 25^

152 Windungen. 304 Windungen.

Berührung 0,35 Pfd. 1,8 Pfd. i Umdr. 0,15 0,6 »>

0,43 n 0,32 »* 0,28 » 0,15 « 0,1 « 0,07 « 0,055 >' 0,04 »

Aufserdem stellte ich noch 2 Versuche in demselben Sinne an. Ich nahm den 12'' langen 1" dicken Magneten und liefs ihn den 6" langen ^'* dicken Anker anziehen bei den Stromstärken 19^ und 30^ Ablenkung. Ich habe also hier aufser der Spirale Alles geändert um zu sehen, ob auch unter jeder beliebigen Bedingung dasselbe Resultat sich zeigen werde. Ich erhielt diese Reihen;

XX. Anziehung des 12" langen 1'' dicken Magneten auf den 6" lan- gen i" dicken Anker durch 152 und 304 Windungen bei den Strom- stärken 19^" und 30^

1

n

0,11

3

»

0,084

1

}>

0,073

2

M

0,042

3

»

4

M

5

H

6

»

19*»,

t

30».

152 Wind.

304 Wind.

152 Wind. 304 "Wind.

Berührung 0,44 Pfd.

1,5 Pfd.

1,15 Pfd. 3,8 Pfd.

1 Umdr. 0,1 «

0,4 »

0,25 » 1 »

i » 0,06 «

0,25 »

0,17 » 0,7 »

518

152 Wind. 304 Wind. 162 Wind. 304 Wind.

4 Umdr. 0,04 Pfd. 0,18 Pfd. 0,12 Pfd. 0,5 Pfd.

1 »> 0,14 « 0,09 » 0,39 «

2 » 0,051 « 0,044 « 0,16 »»

3 » 0,038» 0,11 »

4 « 0,08 »

5 » 0,058 »

6 » 0,037»

Alle diese Reihen liefern uns meder dieselbe Erschei- nung vfie die früheren bei den Quadraten der Stromstärke, und so ist durch diese Versuche aufser Zweifel:

,,Die Anziehung verhält sich wie die Quadrate der An- zahl der Windungen/^ Wenigstens mufs diefs bestimmt von der Wirkung in nicht unmittelbarer Berührung behauptet werden. Allein ich glaube auch hier, dafs vorzugsweise die mangelhafte Berührung der Grund zu der Abnormität in Berührung ist.

Wenn nun von HH. L'entz und Jacobj gesagt wird, dafs die Totalwirkung aller Windungen gleich der Summe der einzelnen ist, so mufs wenigstens hinzugesetzt werden f,auf die Inductionsspirale^* , denn unter Totalwir- kung kann auch die Anziehung verstanden werden, was vielleicht Hr. Jacobj nicht gewollt hat, was aber doch auch von Physikern dabei gedacht wird. So sagt z. B. das Lehrbuch von Pouillet u. Müller Bd. 2. S. 209: Um beliebig starke Magnete zu machen, braucht man nur dickere Eisensläbe anzuwenden, man braucht nur bei doppeltem, dreifachem etc. Querschnitt des Drahtes doppelt, dreimal etc. so viel Drahtwindungen um das Eisen herumzuführen, um eine doppelte, dreifache etc. Wirkung zu haben. Hier ist unter „starke Magnete^^ und Wirkung ^^ die Anziehung der- selben verstanden.

Der andere Fall, in welchem eine vermehrte Windnngs- anzahl auftreten kann, ist, dafs die Windungen neben ein- ander geordnet werden, und also die Spirale dadurch län- ger wird, einen längeren Theil des Eisenkerns bedeckt. Um diefs zu prüfen, hatte ich schon ein Beispiel in die-

519

sen Versuchsreihen XVII und XVIII, wo bei. den letzlern die doppelte Winduugszahl neben einander liegt. Ist das Gesetz von den Quadraten richtig, so mufste es hier auch hervortreten, aber die Quadratzahlen mufsten etwas zu klein seyn, da die Windungen weiter vom Berührungs- punkte entfernt sind. Wir sehen, dafs es sich wirklich so verhält. Die vierte Colonnc ist nahezu das 16 fache von der ersten.

Ich nahm nun noch meine früheren Spiralen und um- gab den 12" langen |" dicken Magneten zuerst mit einer, dann mit zweien etc. bis auf 6 Spiralen (d. h. 336 Win- dungen) immer so, dafs der Abstand der nächsten Spirale f von der Endfläche war.

XXI. Anzieliiing des 12" langen ^ starken Magneten durch verscbie* dene Spiralen magnetisirt bei dem Strom 20°.

1 Spir. 2 Spir. 3 Spir. 4 Spir. 6 Spir.

Berührung 0,25 Pfd. 1,1 Pfd. 1,85 Pfd. 3 Pfd. 3,4 Pfd.

i ümdr. 0,1 0,32 0,67 1 1,3

4 « 0,07 0,22 0,46 0,72 0,97

^ >> 0,05 0,17 0,38 0,58 0,75

1 » 0,044 0,14 0,32 0,45 0,62

2 » 0,08 - 0,17 0,26 0,34

3 » 0,05 0,11 0,17 0,22

4 " 0,08 0,12 0,16

5 " 0,061 0,0.9 0,12

6 " 0,045 0,07 0,093

Wir finden auch hier dasselbe Resultat. Die Zahlen sind etwas kleiner als der Quadrat der Anzahl der Win- dungen. Wir bemerken aber ferner, dafs das Verhältuifs der Anziehung immer enger wird, je mehr die Windungs- anzahl sich vergröfsert. Abgesehen von der Anziehung in Berührung ist die Anziehung einer Spirale zu der von 2

etwas gröfser als 1:3,

ebenso ist die von 2 : 4 Spiralen noch gröfser als 1 : 3,

die von 3 : 6 Spiralen isl genau =1:2,

die von 1 : 3 Spiralen =1:7,

dagegen die von 2 : 6 Spiralen etwas gröfser als =1 : 4, und endlich die von 4:6 Spiralen =3:4.

520

Was die Anziehang in BerühruDg anbetrifft , 80 sind auch hier wie bei den früheren Fällen die Resultate fGr die passenden Verhältnisse zu klein.

Wir finden mithin aus diesen Versuchen:

1) „Wenn die Windungsanzabl vergröfsert wird, doch so, dafs die Windungen neben einander geordnet wer- den, so findet nicht das vollkommene Verhältnifs der Quadrate der Anzahl der Windungen statt/'

Die Zahlen sind etwas kleiner, liegen jedoch den Quadra- ten nach näher als dem einfachen Verhältnifs, bis diefs erst bei gröfserer Längenausdehnuug der Spirale eintritt; d.h.

2) „Die yerhältnifsmäfsige Zunahme der Anziehung ist bei verhältnifsmärsig vermehrter Windungsanzahl um so geringer, je mehr Windungen schon vorhanden sind."

(Schlufs im nächsten Heft.)

III. Jüeber die Thätigheh der meteorologischen Sta- tionen in Georgien. j4us einem Berichte an den Fürsten VForonzocv und aus Briefen an die HH. L. p. Bucfy und A. q. Humboldt; ipon Hermann Ahich.

I. Ans dem Bericht an den Fürsten Woronsow.

deit Ende des Jahres 1847 ist an sieben Orten in Geor- gien ein System regelmäfsiger Beobachtungen des Baro-, Thermo- und Hygrometers, der Windesrichtuug und der Menge des gefallenen Regens und Schnees in unausgesetz- ter Thätigkeit.

Die vergleichende Tafel, welche diesem Berichte ange- hängt ist, enthält die Mittelwerthe eines jeden Beobacb- tungs- Elements (mit Ausnahme des Barometerstands) für

521

die 12 Monate des Jahres 1848 zu Baku, Lenkoran; Sehe- maka, Redut-Kaleh und KtUais ^). Diese Zahlenwerthe, welche die mittleren Resultate von mehr als 8000 mit sorg- fältig unter sich verglichenen Instrumenten und zu cor- respondirenden Stunden angestellten Beobachtungen sind, setzen uns in den Stand, den aufserordentlichen Einflufs, toeU chen das asiatische Continent auf die Temperaturcertheilung in Transkaukasien ausübt, viel positiver als es bisher er- laubt war zu beurtheilen, indem sie uns zugleich die son- derbare und neue Thatsache kennen lehren, dafs das Kas- pische und Schwarze Meer ihre Etesien oder Moussons ha- ben wie das Mittelländische Meer und der Indische Ocean. Der continentale Einflufs von Asien, dessen ich eben er- wähnte, äufsert sich noch deutlicher, wenn man den Gang der Isothermen in unserem Lande verfolgt. Die Skizze der klimatologischen Karte auf Taf. VI. wird die Untersuchung darüber erleichtern. Jedoch ist zu bemerken, dafs die Iso- thermen-Linien, welche die Punkte gleicher Mittelwärme vereinen, in Bezug auf das Niveau des Meeres gezogen sind. Es folgt daraus, dafs die Mitteltemperatur jedes Orts, welcher über dem Meeresspiegel liegt, reducirt werden mufs auf die, welche ihr correspoudirt, wenn es sich darum han- delt, die Verhältnisse des Orts zu irgend einer Isotherme zu untersuchen. So ist die Mitteltemperatur von Tiflis 9^,81 R. und die absolute Höhe des Observatoriums fast 1300 par. Fufs. Nimmt man eine Wärme -Abnahme von einem Grade für 500 par. Fufs an, so mufs Tiflis, reducirt auf den Mee- resspiegel, eine mittlere Jahrestemperatur von 9,81 + 2,60 = 12^,41 R. haben. Reducirt man in eben der Weise die mittlere Temperatur von Kutais auf den Meeresspiegel, so erhalten wir , da die Höhe dieser Stadt 446 par. Fufs b.e- trägt, 11,60 -4- 0,98 = 12 V9- ^i» Blick auf die Karte zeigt uns, dafs die Isotherme von 12^ R. Tiflis und Kutais

1) Darch den Brief von Hm. v. Ifumboldt, den ich, als Obiges dem Druck übergeben werden sollte, von Hrn. Prof. Dotc mitgetheilt be- kam, konnte diese Tafel auf das Jahr 1849 und noch auf einige an- dere ab die genannten Orte ausgedehnt werden. P.

522

in seht genauem YerhSltnifs mit Nizza 12^,5, Florenz 12'',2, Rom 12'' ,3 und Trebisonde 12^,2 verbindet. Von Rom bis Tiflis, welche fast unter derselben geographischen Breite liegen, verläfst die Curve der Isotherme 12° nicht eine Zone, welche sich zwischen 40 und 42^- Breite hinzieht. 'Westlich von Rom sehen wir die Isotherme 12° sogar bis zur Breite 45° aufsteigen. Oestlich von Tiflis findet offen- bar das Gegentheil statt. Statt durch das Kaspische Meer hin und jenseits desselben ihren Gang in der Zone zwi- schen 40 und 424° zu verfolgen, biegt die Isotherme von 12° plötzlich herab und nähert sich dem Aequator; sie scheint das sfidliche Küstenland des Kaspischen Meeres za treffen oder blofs daran vorbei zu streifen, und entzieht sich dann, wegen mangelnder Beobachtungen, der weiteren Untersuchung.

Diese interessante und unerwartete Entdeckung verdankt man den vergleichenden Beobachtungen von Redut-Kaleh, KutaiSy Baku und Lenkoran, Orten, die trotz eines Brei- tenunterschiedes von 4°, fast eine gleiche Jahrestemperatur geniefsen. Zerfällt man die vier Orte in zwei Gruppen, so hat man für die westliche, dem schwarzen Meere an- gränzende, d. h. für Redut und Kutais, eine Mitteltempe- ratur von 11°,52 R. und für die östliche, dem Kaspischen Meer benachbarte, d. h. für Baku und Lenkoran, eine Mitteltemperatur von 11°,27R.

Die allgemeinen Gesetze der Temperatur-Yertheilung auf unserem Erdkörper beweisen,^ dafs zwischen den ParaL lelen von 38° und 45° ein Breitengrad einem Unterschied in der mittleren Jahrestemperatur von fast einem Reaumur*- schen Grad entspricht. Nimmt man nach diesen theoreti- schen Betrachtungen, den Breiten -Unterschied von Tiflis, Baku und Lenkoran in Rechnung, so erhält man für Baku eine berechnete Mitteltemperatur von 13,09 und für Len- koran eine von I3°,86. Indefs zeigt die directe Beobach- tung, dafs die wirklichen Temperaturen 1°,5Q und 2°,€2 geringer sind als sie sejn müfsten. Vermöge dieser Depres- sion der mittleren Jahrestemperatur zeigen uns die Zahlen

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Ton Baku und Lenkoran dafs daselbst die Winter zwei bis drei Mal strenger sind als zu Kutais und Redut.

Der Anblick der kleinen Tafel (am Schlüsse dieses Be- richts), welche die an einigen Wintertagen in der Zone zwischen 38 und 44^ Br. und westlich von Tiflis beobach- teten Temperatur -Minima vergleicht mit den in derselben Zone östlich von Tiflis beobachteten Minimis, zeigt uns für Lenkoran —9^1, Baku —4^2, Derbent 11°,8 und Bokhara 18°,6 R.

Die ungleiche Vertheilung einer selben Menge jährlicher Wärme zwischen den verschiedenen Jahreszeiten äufsert sich also in «der bestimmtesten Weise in dem Maafse als man von Tiflis aus gegen Osten vorrückt. Die Unterschiede zwischen den Winter- und Sommertemperaturen folgen dem- selben Gesetze. Die aus diesen Thatsachen hervorgehende Wahrheit ist nicht neu. Allein zu der Zeit, da man sich über die Anpflanzung des Zuckerrohrs zu Lenkoran stritt, ahnte man sicherlich nicht, dafs dieser, unter der Breite von Smyrna und Palermo liegende. Ort nicht die Jahres- und Sommertemperatur von Montpellier besitzt, sondern die Wintertemperatur von Trier und Maestricht, und es war gleichfalls unbekannt, dafs die klimatischen Bedingun- gen von Imiretien und Mingrelien für dctn Versuch einer Kultur dieser Art weit günstiger sind. Wie grofs auch die petrographische und phjsiognomische Aehnlichkeit ist zwi- schen den Bergen von Lenkoran und denen von Guriel und Imiretien, so verliert doch der Gesammt - Charakter der Vegetation, welche die Berge von Talysch und die sumpfigen Ebenen an deren Fufse bedeckt, das Gepräge einer weniger günstigen klimatischen Disposition. Die immergrünen Sträuche, welche z. B. den Wäldern von Colchis so vielen Reiz verleihen, wie der Lorbeer (Laurus nobilis), der selbst in den geschützten Thälern der Umge- gend von Kutais reichlich vorkommt, und der Kirschlorbeer QL(mru9 cerasus^ meiden gänzlich die nebligen und kalten Winter der Küsten von Talysch und Lenkoran. Der Buchs- baum (Buxus sempereirens) gelangt niemals zu jeuer bäum-

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artigen und fippigen EntwicklaDg wie za Imiretien und Miu- grelien z. B. im Thale von Ingur. Selbst die Stechpalme (Hex aquifolium^ zeigt sich nur spärlich and verkrüppelt in wenig erhobenen, aber den Nordwinden ausgesetzten Orten. Die Rhododendren und Azalien sind gleidifalis unbekannt zu Talvsch und Lenkoran. Das Ansehen und der Charakter der Wälder auf den Bergen von Lenkoran erinnert, so wie man sich ein Paar hundert Toisen fiber das Niveau der Ebene erhebt, häufig weit mehr an die bewaldeten Berge des Nordens, und so wie man sich der Gränze der Waldregion nähert, bedecken sich die Bäume mit einer Art von grünlich grauem Moose, welches in lan- gen und zarten Bündeln von allen Zweigen herabhängt. Zu Lenkoran hat man keine guten Früchte mehr; sie sind weder schmackhaft noch süfs, sondern steinig und halb wild; erst durch eine künstliche Kultur gewinnt man aus den wilden Reben einen leidlich trinkbaren Wein.

Vermuthlich giebt es in ganz Georgien keinen feuch- teren Ort als Lenkoran. Wie aus den Beobachtungen hervorgeht, ist die Atmosphäre daselbst fast beständig mit Wasserdampf gesättigt. Die aufserordentliche Menge Was- ser, die daselbst in Gestalt von Schnee und Regen fällt, trägt offenbar bei zur Erniederung der Jahrestemperatur. Der Verlust an Wärme, die latent wird durch Verdam- pfung der Wassermassen, welche während der regnigten drei Viertel des Jahres auf das sumpfige und bewaldete Lit- toral herabfallen, mufs eine kältende Ursache seyn, deren Wirkung nicht aufgewogen wird durch die der Wärme- Entwicklung bei Bildung der Regen, weil die atmosphäri- schen Ströme, welche die letzteren erzeugen, zugleich Luft herbeiführen, deren Temperatur geringer als die des Bo- dens ist. Die Dämpfe, die sich aus dem Kaspischen Meere erheben, werden durch die Nordost- und Nord -Nordost- winde gegen die Region der Südwestküste dieses Meeres getrieben, um dort, durch die Berge von Taljsch aufgehal- ten, sich in Wolken anzuhäufen, aus denen das Wasser gleichsam mechanisch ausgedrückt wird. Aehnliche Yor-

525

gSngd sehen wir zu Kutais, aber alles ist dort umgekehrt. Die Dünste des schwarzen Meeres werden durch die lauen Südwest- und Westwinde in diesen entlegenen Winkel von Colchis getrieben und es fällt daselbst jährlich min- destens dieselbe Menge Wasser wie zu Lenkoran. Allein die Temperatur der Luft und des Windes, welche die Re- gen herbeiführen, ist höher, und aus diesem Grunde ist die kältende Wirkung der Verdampfung weniger merkbar. Die mäfsige Regenmenge, welche zu Baku fällt, und sich zu der zu Lenkoran und Kutais wie 1 : 4,59 und 1 : 5,20 verhält, scheint eine Wirkung der Ursachen zu sejn, welche die Temperaturen von Baku höher stellen als die von Len- koran. Diese Erscheinung entspringt offenbar aus der freien und fast unausgesetzten Bestrahlung der grofsen Ebenen, welche der Kura durchläuft. Die aufserordentliche Zunahme der absoluten Luftfeuchtigkeit zu Baku während der hei- fseren und regen -ärmeren Monate des Jahres scheint auch darin ihre Erklärung zu finden.

Etesische Winde.

Ein anderes, bisher unbekanntes meteorologisches Phä- nomen, das uns die Beobachtungen des Jahres 1848 ent- decken liefsen, betrifft den regelmäfsigen Wechsel von Winden nach den entgegengesetzten Jahreszeiten, Winter und Sommer; Winden, welche man im Indischen Oceane Moussons, und im Mittelländischen Meere Etesien nennt.

Erwägt man die ungleiche Erwärmung des Meeres und des Bodens, so wie die Verhältnisse der Gestaltung und relativen Lage der die Meeresküste bildenden Ebenen und der dieselben umsäumenden Berge, so ist der Grund nicht schwer zu finden, weshalb zu Lenkoran und Redut ein Wechsel in der Windesrichtung stattfindet, so dafs im Winter zu Lenkoran ein Nordwest-Mousson herrscht, wäh- rend zu Redut der Südost- Mousson weht. Im Sommer sind die Rollen vertauscht; zu Redut herrscht der NW. und zu Lenkoran der SO. In Folge dieser regelmäfsigen Veränderung geniefst Redut den grofsen Vorzug, wenig-

52fr ^

stens im Winter eine trockne und gesunde Luft zu haben. In dem Maafse aber als die Sommerwärme zurückkehrt, und die Ebene von Colchis sich stärker erhitzt als das Meer» beginnen die westlichen Winde wiederum die Land- winde zu verdrängen und die Luft gelangt bald auf das Maximum ihrer Feuchtigkeit. * Die Zunahme und die Stärke der verderblichen Fieber fällt in diese Zeit.

Der Winter -Moussou zu Lenkoran ist ein Landwind, aber defsungeachtet ist er viel feuchter als der Ost- und Südostwind, welcher während dieser Jahreszeit zu Redut webt 9 wie wir eben gesehen.

In diesen etesischen Winden des Schwarzen und Kas- pischen Meeres erkennen wir ein sehr auffallendes Bei- spiel der innigen Beziehung, die zwischen dem hjgrome- trischen Zusland der Atmosphäre und den die Jahreszeiten bedingenden Epochen vorhanden ist. Diefs ist der Aus- gangspunkt einer Gattung von Untersuchungen und An- wendungen klimatologischer Beobachtungen, welche für die Lösung pathologischer Probleme und landwirthschaftlicher Fragen, besonders in Betreff des Weinbaues, ohne Zwei- fel sehr fruchtbar werden müssen. Der Vergleich ist der Lebensnerv für diese Aufgaben und in demselben Maafse als die Zahl der meteorologischen Stationen systematisch vermehrt wird, wächst auch der absolute Werth der Un- tersuchungen.

II. Aus einem Briefe an Hrn. L. ▼. Bach').

TIBis, d. 24. Jan! 1849 alt St

Die Methode för die Berechnung der Temperaturwerthe war die folgende. Von Anfang an bemüht für die Beob- achtungen die Stunden festzustellen, deren Combioation für Tiflis arithmetische Mittel liefert, die sich möglichst we- nig von dem wahren Mittel der Tage entfernen, erhielt ich überall gute Beobachtungsreihen, aus denen Werthe abzu- leiten waren, die nur einer kleinen Correctur bedurften.

1) Wir heben aas diesem Briefe nar hervor, was den befolgtem Beob- acfatangsverfahren xar Erlüatemng dient

527

Diese Correctur wurde auf Grundlage der Tifliser Beob- achtuDgen uud der aus deuselben abgeleiteten Tabellen über den stündlichen Gang der Wärme daselbst wie ge- wöhnlich in Anwendung gebracht, mit Hinzufügung jenes veränderlichen Coefficienten, der auf die Verschiedenheit der Wärmeverthcilung von einer Beobachtungsstunde zur andern zwischen Tiflis und dem jedesmaligen Beobachtungs- orte Bücksicht nimmt. Häufig konnte auch von der For- mel 7+2+2x9 Gebrauch gemacht werden, die überall ein scharfes Besultat giebt, welches, wie bekannt, gar keiner Correctur bedarf. Die Listen der Beobachtungen sind an mehreren Stationen reichhaltig genug, um den Werth noch anderer theoretisch zu suchender Formeln für die Stunden- gruppen an den beobachteten Werthen selbst prüfen zu können. Nach meinen Erfahrungen und vielfachen Prüfun- gen der verschiedenen für die Orte Grusiens tauglichen Stundengruppen darf ich annehmen, dafs die in der Ta- belle aufgenommenen Werthe so nahe um die Wahrheit oscilliren müssen, dafs sie mit derselben als zusammenfal- lend zu betrachten sind. ludefs bleibt eine Revision die- ses Gegenstandes aus den Originalheften, so wie der von mir geführten genau aufgezeichneten Rechnungen einer spä- teren Zeit vorbehalten.

Ich bemerke hier noch anmerkungsweise Folgendes. Wenn man die Tabelle der stündlichen Wärmeverthcilung des vollen Jahres für Tiflis mit den Tabellen von Leith, Padua und Apenrade vergleicht, so findet sich, dafs die Mo- mente, an welchen Vor- und Nachmittags die der mittleren Jahrestemperatur entsprechenden Temperaturen auftreten, für Tiflis 9^ 32" Morgens und 8^ 19" Abends erfolgen, mithin IQb ^^m auseinanderliegen. Wenn diese interessanten Mo- mente nun in Padua ll** 14', in Leith 11^12', in Apen- rade 11^ 11', in Madras aber nur 10** auseinanderliegen, so ist es wohl der Beachtung werth, dafs Tiflis beinahe auf der Mitte der von NO SO gerichteten Linie liegt, welche die gerade Entfernung zwischen Leith und Madras darstellt, auch in Betreff der Entfernung jener beiden Mo-

528

mente von einander ziemlidi annähernd eine mittlere Stel-* long einnimmt.

Das Princip, wornach aus den Angaben des Psychro- meters die Dunstspaunung der Luft ffir die 24 stündige Pe- riode in den gebräuchlichsten Ausdrucksweiseu abgeleitet worden ist, möchte yielleicht weniger tadelfrei seyn. Zuerst versuchte ich das 24st(indige Mittel aus den Maximis und Minimis der angegebenen Bepbachtungen abzuleiten, allein ich gewann die Ueberzeugung» dafs dieser Weg ein sehr un- sicherer sey und keineswegs befriedigende Resultate liefere. Aus Gründen^ die allerdings weniger mit der Schärfe des ma- thematischen Beweises der Theorie entnommen wurden, sich vielmehr auf empirische Untersuchungen stützen, für welche mir die Tifliser Tabellen für die Dunstverhältnisse einen vergleichenden Anhaltspunkt gewährten, brauchte ich zur Bestimmung der täglichen und monatlichen Mittel für ab- solute und relative Feuchtigkeit in den meisten Fällen die- selben Stundengruppen, nach welchen die Temperaturver- hältnisse bestimmt wurden, mit Anwendung einer Correctur, die, nach den Tifliser Tabellen berechnet, sich immer nur sehr klein zeigte. Während somit die gewonnenen relativen Dunstspannungen gewifs in richtigen Zahlen ausgedrückt sind, könnte ihr absoluter Werth vielleicht noch eine kleine Veränderung erfahren, sobald eine mit noch vermehrten Reihen vorzunehmende Revision die Anwendung einer an- deren Methode gestatten wird, bis dahin darf den jetzigen Werthen ein sehr annähernder Werth von Genauigkeit, mei- nes Erachtens nach, zugeschrieben werden.

Die Pluviometer -Angaben können als zuverlässig be- trachtet werden; auch in Bezug auf die Niederschläge in Form von Schnee. Die von mir gegebenen Instructionen sind genau befolgt worden, auch waren die auf jeder Sta- tion befindlichen doppelten Maafsflaschen für jedes Pluvio- meter von mir selbst besonders für jeden -i-^,^ Zoll caK- brirt. Ein Fehler von Seiten des Instrumentes ist also nicht zu fürchten. Das Maafs ist hier der engl. Zoll.

Die Windverhältnisse habe ich, gedrängt von der Zeit,

vor

529

vor der Hand auf die alleinige Angabe ihrer relativen Häu- figkeit, die Summe alier = 1000 genommen , beschränkt. Die interessanten Erscheinungen des Windwechsels nach den Jahreszeiten zeigen sich in dieser Darstellungsweise schon ganz deutlich. Die Uebersicht des meteorologischen Verlaufs des Januarmonats 1849 für 12 Orte in Grusien bedarf wohl kaum eines Commentars; es liegen Thatsachen darin, welche wohl die ganze Wichtigkeit zeigen^ die noch fernere vollständig durchgeführte Jahreslisten für die Wis- senschaft haben werden.

Fünf monatliche vollständige Beobachtungsjournale von 1849 befinden sich bereits in der besten Ordnung ausge- führt in meinen Händen. So steht die diefsjährige Januar- temperatur in Lenkoran und Baku in einem unverkennba- ren Zusammenhange mit der geringeren Quantität der Nie- derschläge und der ganz entgegengesetzten Richtung des herrschenden Windes im Vergleich mit dem Januar 1848. Für Bedut und Kutais blieben, uuerachtet der aufserge- iTöhnlichen Massen der Schneeniederschläge, die Tempe- raturverhältnisse nahe constant mit denen von Januar 1848. Die frappanten Contraste in den Temperaturverhältnissen des Januar zwischen Schuscha und Alexandropol, Orten, die nur um 1000 Fufs in absoluter Erhebung differiren, begründen gleichfalls eine interessante Wahrnehmung. Von allen 12 Beobachtungspuukteü hatte Schuscha im Januar jedenfalls die mildeste, und Alexandropol die kälteste Tem- peratur. Es scheint die hohe Januartemperatur in Schuscha einer anhaltenden oberen Luftströmung zugeschrieben wer-' den zu müssen, die vom NW, der am ganzen Kaukasus herunter herrschte, zur Seite gedrängt worden zu sejn scheint, weshalb auch das gegenüberliegende Schemaka, un- geachtet einer um 1400 Fufs geringeren absoluten Erhebung, bedeutend kälter blieb. Der wahre Herd der excessiven Kälte von Alexandropol schien, wie immer, in den Schnee^ einöden des vulkanischen Hochgebirgs mit seinen ausge- dehnten Plateauverhältnissen zu liegen ^ wo sich die Quel- lengebiete des Kura (Hochland von Ardahan), des Araxes

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 34

530

und des Mnrad befinden. Im Winter 1814» ^o unsere Beobachtungen in Erivan vom 6. Jan. (alt. Styls) bis zum 15. durch den Greiner'schen Thermoraetrographen fol- gende Minima anzeigten : 22; 17 ; 22 ; 24 ; 25; 25,2 ; 25 ; 22 20^ R., geben die Listen von Alo- xandropol, durch den Oberst Wittrowsky geleitet , bis zu 31^ R. Kälte ganz in Uebereinstimmung an.

In diesem Jahre scheint eine aufsergewöhnliche Kilte am oberen Euphrat- und TigrisfluCBgeliiet geherrscht zu haben; ja es soll sogar der Tigris in der Breite von Mo- sul gefroren gewesen sejrn. Wir werden fiber diese Yer- hAltnisse genaue Nachrichten durch die Beobachtungen der Missionare erhalten. In genauer wissenschaftlidier Ver- bindung mit dem Dr. Smith^ einem ihrer Hauptpersonen, den ich in Erzerum kennen lernte , war es klänge mein Wunsch, diese Verbindung mit jenen thätigen und vrissen- schaftlich unermüdet arbeitenden Leuten, durch einen Be- such in Urmia und Mosul noch enger und nutzbringen- der zu geßtalten. Es wäre das Alles leicht auszuführen; es wäre möglich ein geregeltes Sjstefai gleichzeitiger Beob- achtungen von Astrabad an über Teheran, Mosul , Bei- rut, Jerusalem, Smjrna, Brussa, Constantinopel und zu- rück über Trebisonde bis nach Grusien zu erhalten, indem die Missionare sehr bereitwillig einem gemeinsamen Plane sich anschliefsen würden. Ich wollte die Ausführung eines solchen Planes ohne grofse Schwierigkeit und Kosten. ga- rantiren.

III. Aus einem nrlefe an Hrn. A. ▼. Hamboldft.

Tiflis, den 28. Febr. 1860 alL St

Die Beobachtungen von 1848 hatten das unerwartete und interessante Resultat gegeben, dars der Isothermengfirtd zwischen 11 und 12^ B., nachdem er den Isthmus zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meere im Süden des Kau- kasus quer durchsetzt hat, vom Ufer des Kaspi-See au eine plötzliche Einbiegung gegen Süden und zwar dergestalt er- leidet, dafs die mittlere Jahrestemperatur von Rednt mit

531

11,24 <*, in LcDkoran, und die von Kutais, mit 11,57 in Baku wiedergefunden wird. Das Auffallende dieser Tbatsache erschien noch dadurch vermehrt, dafs die mittlere Jahres^ temperatur am westlichen Eingänge zum breiten Verbin- dungsthal zwischen dem Euxinischen- Seebecken und der Aralokaspischen Depression um 0,25 wärmer gefunden wurde als die des östlichen Ausganges (durch Baku und Lenkoran repräsentirt), wo die südlichste, unter dem Pa- rallel von Palermo gelegene Station Lenkoran unter den vorgenannten Orten die niedrigste Temperatur besafs.

Die Beobachtungen von 1849 bestätigen nun dieses Re- sultat nicht allein vollkommen , sondern sie zeigen auch, dafiB das absolute Wärmequantum des vergangenen Jahres für die in Rede stehende Region dasjenige des Jahres 1848 um ein Geringes übertroffen hat. Die Gröfse dieses Ue- berschusses zeigt sich an sämmtlichen Beobachtungspunkten mit Ausnahme von Kutais auf eine überraschende Weise nahe constant. Für Tiflis ist sie 0,29, für Redut 0,20, für Baku 0,34, für Lenkoran 0,36. Die gröfseren Differenzen ▼on 0,34 und 0,36^' bezichen sich im Gegensatze zu den Verhältnissen des Jahres 1848 auf eine um 0,16° R. grö- üsere Wärme für den kaspischen Küstenstrich. Dieser Con- stanz in dem Yerhältnifs der absoluten Temperaturverthei- lung steht nun eine nicht minder bedeutsame Divergenz in der relativen Yertheilung der Jahreswärme in den verschie- denen Jahreszeiten an jenen Orten zur Seite, die mit den Abänderungen in der Richtung der Winde und der Yer- theilung der Niederschläge auf das Engste verbunden er- scheint.

Diese Yerhältnisse sind es, welche die bedeutende kli- matische Differenz zwischen den beiden Jahren 1848 und 1849 für Transkaukasien bestimmt haben; ein temperirter sehr regenreicher Sommer auf der Westhälfte und ein trock- ner Sommer auf der Osthälfte des transkaukasischen Isth- mus sind ihre Grundzüge. Ohne eine vollständige Bearbei- tung des barometrischen Beobachtungsmaterials möchte das Zurückführen dieser Erscheinungen auf ihre wahren Gründe

34*

532

wohl mehrfach ia den Fall führen, die Ursache mit der Wirkung zu verwechseln. Die nahe Uebereinstimmung der Differenzen zwischen den absoluten Temperaturen der Jahre 1848 und 1849 läfst erwarten, dafs fortgesetzte Beobach- tungen den Parallelismus der Curven für diese auf- nai niederschwaukende Gröfse auch in Grusien überall als Ge- setz erkennen lassen werden. Demgemäfs stimmt auch die mittlere Jahrestemperatur von 1849 in Derbent ebenso nahe mit derjenigen von 1847 überein, wie die mittleren Tempe- raturen der entsprechenden Jahre unter sich in Tiflis.

Die Wichtigkeit der eigenthümlichen geographischen Stel- lung von Georgien bestätigt sich, durch Tiflis repräsentirti auf unzweideutige Weise auch in meteorologischer Bezie« hung. Man hat den Kaukasus oft die geographische Gränze zwischen Asien und Europa genannt, aber mit noch grö- fserem Rechte wird man die klimatologische Gränze zwi- schen beiden Welttheilen über jene ellipsoidische Urge- birgsauschwellung führen, welche unter dem Namen des Mestrischen Zuges in einer Richtung, die mit den Strei- chungsliuien des Productenkalks auf Armeniens Hochgebieteu parallel läuft, die Tiefländer* des Isthmus in zwei ungleiche Hälften sondert. Die westliche Hälfte, das Colchierland, steht unter dem überwiegenden Einflüsse des maritimen sfid* europäischen Klimas, die östliche Hälfte mit den Plateau- stufen des grofseu Kurathals ' ) dagegen unter dem des continentalen asiatischen Klimas. Karthalinien erhält somit eine mittlere Stellung und darf unter allen Gebieten von Transkaukasien als dasjenige bezeichnet werden, wo die so eben bezeichneten entgegengesetzten Einflüsse sich am Mei- sten einer gegenseitigen Neutralisirung nähern, die aber nichts destoweniger, insbesondere für das, von der Höhe von Suram (3013 engl. F. über dem Pontus) schon be-

1 ) Die oberste Plaleaustufe des Kurathalcs wurde einestheiU die grolse Thalebene, von Bardjom (2080 engl. F.) an bU Gori (1700 engl. F.), und anderentbeils die ausgedehnte Ebene der Liachven, zwischen Gori und Zchinval, umfassen. Den Einflufs dieser bedeutenden Hochebene unter- sucht die meteorologische Station in Gori.

533

deatend nach Ost vorgerückte Tiflis, darch das Ueberge- tfvicht des coiitinenlaleii Elements beherrscht und gere- gelt wird.

Vei^mochten die Einflüsse des vorjährigen nassen und wohl deshalb kühlereu Sommers der pontischen Seite sich auch für Tiflis und, wie es scheint, auch für das Südwest« lieh liegende armenische Hochland geltend zu machen, so bleibt doth die Differenz zwischen der Winter- und Som- niertemperatur 1849 in Tiflis in gleichem Verhältnifs Über- wiegend zu derselben Differenz an den westlichen und öst- lichen Küstenorten in dem früheren Jahre 1848.

Tiflis Rcdut Kutais Lenkoran Baku Schuscha.

Differenz für 1848 19,57 16,41 15,32 18,91 19,27 Differem für 1849 17,90 12,26 13,29 14,22 15,94 13,63 Von Seiten dieser Differenz findet dagegen für Tiflis eine entschiedene Annäherung an die continentalen klima- tischen Verhältnisse des armenischen Hochlandes statt. Ti- flis 17,90^ Alexandropol 20,30°. Alarich 20,25« R. Mit unverkennbarer Deutlichkeit tritt überall der wichtige Ein- flufs hervor, welcher von der nordwestlichen Grundrichtung des Kaukasus und der parallelen des sogenannten arme- nischen Gebirges sowie von den lalitudinalen Zügen der trialetischen und der achalzik-imirethinischen Ketten auf In- tensität, Yertheilung und Ausgleichung jener entgegenge- setzten Einflüsse zweier Welttheile, und somit auf die In-^ dividualisirung der partiellen Klimate in Transkaukasien ausgeübt wird.

Auf eine ähnliche aber entgegengesetzte Weise wie im Nordwest der grofsen ossetinischen Kesselthäler, vom Con- gutichoch an, der Urgebirgsthcil des Kaukasus im Norden von Suanien zu den gröfsten Höhen anschwillt, welche das mächtige System des Elburuz dominirt, nehmen im Südost vom Kasbeck die abwechselnden Diorit- und Schieferhöhen der kaukasischen Kämme allmälig an absoluter Erhebung ab. In dem Schutze jener hohen suanetischen Gebirgswälle wird das colchische Tiefland den östlichen Einwirkungen zwar nicht völlig, aber doch so weit entzogen, dafs hoch-

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stämmige Apfelsinen- und Citronenbäame, wenige Standen von Poti entfernt, durch niedrige Hugel vor den nördlichen Winden, die man dort die suanischen nennt, gesichert, all- jäbrig reichliche Früchte tragen ' ) und die umfangreichen Lorbeerwaldgebfische (laurus nobilis) nahe bei Kntais nie- mals der winterlichen Kälte erliegen. Die siidöstliche Kan- kasushälfte vermag dagegen dem Herandrängen des cooti- nentalen central -asiatischen Elements nur einen bei Weitem weniger wirksamen Damm entgegenzustellen, dessen Ein« flufs im Osten des Meridians vom Schagdag immer rascher abnimmt. Die Wirkungsphäre des kaspischen Meer-Klimas compensirt nun jenen Mangel entschieden wieder und bringt, im Zusammentreffen mit lokalen Bedingungen für eine po- tenzirte continentale Sommerwärme, auffallende klimatische Erscheinungen innerhalb der Osthälfte des transkaukasi- schen Isthmus hervor. Hierdurch wird die kaspische Re- gion in einen aufserordentlichen Coutrast mit dem poutischen Küstengebiet geführt, und der ersteren eine ganz andere ethnographische und Kulturalentwicklung vorgeschrieben als dem letzteren.

lu keinem anderen Theile von Transkaukasien erreichen mittlere Jahres- und Sommertemperaturen, absolute und re- lative Feuchtigkeit der Atmosphäre eine gleichzeitige grö- fsere Höhe als innerhalb des grofsen Deltas der Knra- thal- Mündung, welche bereits so vollständig der kaspischen Depression angehört, dafs ich schon vok* zwei Jahren am Yereinigungspunkt des Araxes mit dem Kur das Flufsni- veau nur 18 pariser Fufs über dem Spiegel des kaspischen Meeres fand. Aber nirgends ist auch die Quantität der Niederschläge durchgängig für alle Monate der warmen Jah- reszeit geringer als in Baku und dem angränzenden süd- westlichen Flaehlande. Kein Ort in Transkaukasien scheint dagegen an Fülle und Intensität der Niederschläge von Kutais übertroffen zu werden, dessen mittlere Jahrestem- peratur sich zwei Jahre hintereinander sehr derjenigen von

1 ) Die Region dieser Kulturen beginnt zwei Stunden vor dem Gränsort Tschurucksu auf dem "SVe^ nach Batnm; ich war im Winter 1849 dort

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Baku genähert hat. Im Jähre 1849 war das Verhältnifs der Niederschläge das folgeude: Baku = l; Alexandropol 2,28; Derbeut =2,55; Lenkoran 5,11; Redutkaleh =7,36; Kutais =9,16. Dafs diese eigenthümlicheii physikalischen Zustände für den menschlichen Organismus keinerlei her- vortretende Nachtheile bedingen, demselben vielmehr zu^ fraglich scheinen, dafür spricht der vorzugsweise gute Ruf, den Baku bei Einheimischen und Fremden unter den in saditätlicher Beziehung mehrfach angefochtenen Städten Transkaukasiens geniefst.

Die noch nicht vorgenommene Entwicklung der baro- metrischen Windrosen für Lenkoran Baku und Derbent wird die eigeuthümlichen Windverhältnisse von Baku wahr- scheinlich als den frappantesten Ausdruck eines schönen Drehungsgesetzes herausstellen, welches mit örtlichen Mo- dificationen seine Anwendung für das ganze Becken des Caspi-See findet. Alle bisherigen directen Wahrnehmun- gen an den genannten Küsteuorten treten in einen harmo- nischen Zusammenhang, wenn man sie unter den Gesichts- punkt der Existenz einer nördlichen und einer südlichen Strömung stellt, deren constante Wechselwirkung inner- halb der Längenaxe des kaspischen Meeres eine bewiesene Thatsache ist. Welcher Ansicht über den veranlassenden Grund zu der Bewegung der Luftmassen im entgegenge- setzten Sinne innerhalb jener Richtung man auch sejn will, sehe, man Aequatorial- und Polarströme in denselben oder suche und finde man ihre, der Deklination der Sonne fol- gende ambulante Wiege in der physikalischen Beschaffen- heit und der Configuration der die aralokaspische Depres- sion umringenden Läudermassen überhaupt: das vorhandene Bestreben der beiden Strömungen, sich gegenseitig zu ver- drängen, wird ein bestimmtes Drehungsgesetz zur Folge haben müssen.

Baku, inselartig, aber genau in der verlängerten Axe des kaukasischen Gebirges gelegen, erhält die nördliche Strö- mung, die in Derbent z. B. rein als solche erkennbar ist, durch das Gebirge und die steil abfallenden nordwestlich

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gelegenen Küsten in eine ivestlicbe abgelenkt, mehr oder minder gegen den Meridian geneigt. Das Barometer hält sich hoch, die Temperatur niedrig. Der Zug der Wolken in der Höhe verkündet die südliche Strömung, die in Len- koran die gleichzeitige Richtung der Fahne bestimmt. Lei- ses Fallen des Barometers und Steigen des Thermometers deuten auf herannahendes Herabsinken des oberen Luft- stroms. Eine absolute Stagnation der Atmosphäre tritt ein; das flutharlig in den Baku'schen Golf geprefste Meeresni- veau sinkt auf den Nullpunkt und bald beginnt der Süd- ost mit steigender Lebhaftigkeit zu wehen. So der in häufigen Fällen ganz normale Verlauf des Kampfes in Baku. Die Zwischenwinde sind selten von einiger Dauer und er- reichen überhaupt in der wärmeren Jahreshälfte ihr Mini- mum. Ihr relatives Verhalten, so sehr es auch durch com- plicirte Verhältnisse in den verschiedeneu Jahreszeiten roas- kirt erscheint, scheint dennoch auf eine Drehung des Win- des im Sinne der Windrose durch SWNO nach S zu deu- ten. Durch die in der täglichen Periode für Redutkaleh mit Schärfe hervortretenden Wechsel zwischen Land- und Seewind schimmert in der jährlichen Reihe sehr deutlich der Wechsel eines südwestlichen Stromes mit einem nord- östlichen und östlichen. Wie der Sommer- Musson in Re- dut die aus der physikalischen Natur der Umgebung re- sultirenden ungesunden Einflüsse bis zum Maximum steigert, so stellt sich der Winter -Musson mit seiner trockenen continentalen Luft dem ersteren als eine Wohlthat ge- geniiber.

Doch es ist befriedigender sich aus dem Gebiete der bis jetzt noch mehr oder weniger problematischen Wind- verhältnisse der transkaukasischen Tiefländer noch einen Augenblick zu den positiveren Resultaten von Beobach- tungen zu wenden, in deren mit Sicherheit zu verbürgen- den numerischen Werthen die wichtige klimatologische Be- deutung der Platcauverhältnisse des armenischen Hochlandes in bestimmten Zügen hervorzutreten beginnt. Der Zufall hatte es gewollt, dafs ich den ersten Eindruck der reichen Naturverhältnisse von Armenien und insbesondere der Pro-

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▼inz Ararat anter dem Einflüsse eines Jahres empfing, in dem der continentale Charakter des Klimas sich auf eine lange noch nicht dagewesene überaus excessive Weise aus- sprach. Die Lösung der Fragen im Auge, welche die ab- normen Temperatur- und hjgrometrischeu Verhältnisse der Atmosphäre in der Araratumgebung angehen, hatte ich .da- für gesorgt, dafs alle meine ambulanten Beobachtungen sich auf die sichere Correspondenz einer in Erivan eingerichte- ten meteorologischen Station beziehen konnten, durch de- ren mehr als einjährige Thätigkeit es mir auch möglich wurde, mit Zuziehung des isochronischen einjährigen Baro- metermittels von Tiflis die mittlere Erhebung der Araxes- Ebene über das Meer auf einen richtigeren Werth zurück- zuführen als derjenige ist, der ihr durch das Parrot'sche barometrische Stationsnivellemcut war beigelegt worden ' )• Die Resultate, welche ich am Schlüsse der einjährigen Rei- hen (Juni' 1844 bis Juni 1845) für die mittleren Tempe- raturen der Jahreszeiten in Erivan erhielt, erschienen mir dergestalt extrem, dafs ich an ihrer Richtigkeit zweifelte, obschon die Ableitung aus den Maximis und Minimis zu denselben Werthen führte, wie die Berechnung geeigneter Stundengruppen der monatlichen Tage.

Juni 17,5, Juli 19,75, Aug. 20,40, Sept. 18,70, Oct. 11,0, Nov. 4,94, Dec. 2,82, Jan. 11,97, Febr. ^ 2,22. ^Som- mer =19,20) (Maxim, am 4. 6 u. 13. Aug. 30« R.) (^Herbst 11,53), (Minim. am 12. Jan. —25,3'»). (Winter 4,25), März = 3,78, April 10,36, Mai 14,95. ^Frühling 9,69).

Nach diesen Daten, welche auf neuen Styl berech- net sind, ergiebt sich für die 12 Monate vom Juni 1844 bis 1845 eine mittlere Temperatur von 9,00^ R. Für die isochronischen Monate war die mittlere Temperatur in Ti- flis 9,62" R. gefunden worden! Der geringe Temperaturun- terschied von 0,62" zwischen Orten, welche wie Erivan und Tiflis um 1600 Fufs in verticaler Richtung von einan- der abstehen, schien mir unmöglich und die durch locale Umstände unvermeidlich gewesene Placirung der Instrumente,

1) Meine Mcssiuagcn geben die miulere Erhebung im Meridian des gro- fsen Ararat zu 2400 par. Fufs.

538.

zwar im ▼oUkommeneD Schatten, aber doph in der Fenster- Öffnung eines nach Mittag (SW) gerichteten Zimmers be- stimmte mich, die Beobachtnngsreihe Ton Erivan mit dem Fehler einer zu hohen Sommertemperatnr behaftet zu hal- ten und dieselben höchstens nur ffir spätere Vergleidie aufzubewahren. Die vollsfSlndigen Beobachtnngslisten des Jahres 1849 aus Aralich und Alexandropol, so wie eine, leider unvollständig gebliebene Reihe desselben Jahres aus Erivan gestalten nun die Ansichten über die Brauchbarkeit fener Beobachtungen 18||- entschieden günstiger; der merk- würdige klimatische Charakter der Plateaulandschaften, die dem Ararat im Norden und Nordosten yorliegen, kann jetzt zum ersten Male aus dem Gebiete der unsicheren Schätzung in das der yergleichenden sicheren numerischen Werthe geführt werden.

Wenti es überraschend war, nahe dem Parallel von Smyrna und Palermo, an den Ufern des kaspischen Meeres, die Isotherme von Barcelona und die Isodiimene von Trier und Maestricht anzutreffen, so wird man kaum mit geringe- rem Befremden in der Temperaturvertheilung von Alexan- dropol, St. Lawrence in Nord -Amerika repräsentirt sehen. Aber noch bedeutsamer und folgenreicher scheint es mir, am Fufse des Ararats die Isotherme von Messina, Seringapat- Dam und Baku sich vereinigen zu sehen, und ebendaselbst die Isochimene vom St. Bernhard anzutreffen, wo die einst blühenden uralten Weingärten des unglücklichen Argnri') nur den Folgen des furchtbaren .Naturereignisses von 1840, nicht aber winterlichen Extremen zu erliegen vermoditen, von deren Umfang die Beobachtungen aus dem excessiven Jahre 1&|4 '^ Erivan eine annähernde Schätzung zu geben vermögen. Die nirgends unter 10^ R., wohl aber über 11^ gefundenen Temperaturen der vielen Quellen coustanter Temperatur auf der Araxes- Ebene, die Intensität und Ra- pidität der vegetiven Entwicklung im ersten Frfihliugsmo- nat ebendaselbst, der rasche Fortgang jener Entwicklung und die daran geknfipfte Möglichkeit einer doppelten Fructi-

I) Das verschüttete Arguri hat eine absolute ErheboDg voo 5146, die Wcmgärten 4013 par. Fufs.

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ficäticmsperiode für die Cerealien auf den grofsen Cnltor- deltas der Zuflösse des Araxes, das geringe Maafs der ab-- soluten Feuchtigkeit der Atmosphäre und die Geringfügigkeit der Niederschläge, deren Mangel durch die Nähe des grofsen Seebeckens des Goktschai nicht wenig ausgeglichen wird: alle diese und noch andere für die Oeconomie der arme- nischen Naturereignisse so überhaupt wichtigen Momente werden nun als Folge der intensiven Insolation völlig ver- ständlich, welche jene Hochebene erhält, deren Absorptions- and Emissionsvermögen nicht wenig von ihrer eigenthüm- liehen geognostischen Beschaffenheit abzuhängen scheint.

Die aufserordentliche Winterkälte von Alexandropol ist ein Phänomen, dessen alljährliche, dem Anschein nach durch- aus constante Wiederkehr auf Ursachen zurückgeführt wer- den zu müssen scheint, die unabhängig von den etwaigen Migrationen sogenannter Kältepole in unmittelbarer Nähe wirken. Ich kann diese Ursachen nur vermuthen in der eigenthümlichen geographischen Stellung von Alexandropol, in dem Mittelpunkte einer Hochebene von 4500 Fufs ab- soluter Erhebung, welche von den mächtigsten vulkanischen Systemen umringt ist, in denen der Theil des alt -armeni- schen Hochlandes das Maximum seiner Dimensionen gewinnt, auf dem die Quellengebiete des Kur und des Arkurean oder Arpatschai liegen. Die gegen NW von Alexandropol sanft ansteigende Hochfläche von Schuragel endet auf den Höhen des Ringswalles, welcher das 116 Quadratwerst einneh-* mende Wasserbecken des Tchyldir einschliefst, dessen ab-, solutes Niveau dasjenige des Goktschai übertrifft; in SO schwillt auf einer Basis von 170 Werst Umfang die flacbo. Wölbung des Alagcz an; in SW entwickelt die noch fla- chere Wölbung des Alidja-Sjtems mit einer Basis von 20Q Werst im Umfang seine systematisch vertheilten Kegelgrup- pen, eine Wölbung an deren Peripherie die altarmenischen Königsitze Kars 5200 und Ani 4380 (Fufs absol. Erheb.) liegen ; in NO endlich beginnt die majestätische Reihe voa langgedehnleu domartigen Wölbungen des Alagez, Agrikar und Tschischtäppa , die in den Abulkegeln, ein. weite& Gebiet von Kraterseen begreifend, an den latitudinalen ZU-

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gen der trialetbiBchen Ketten absetzt und ihre gewaltigen Doleritströme über pyroxenföhrende Labrador- und Mandel- steine und deren sedimentären Trümmerbildungen in die Tiefe des Thalspaltes von Bardjom hinabsendet. Die mit preiswürdiger Genauigkeit seit December 1848 ' ) ausge- führten meteorologischen Beobachtungen in Alexandropol, deren Resultate die relative Brauchbarkeit mehrjähriger frü- her daselbst gemachter Beobachtungen beweisen, messen nun meiner Ansicht gemäfs ganz vorzüglich den in Bezug auf seine Anfangs- und Endperioden alljährlich oscilliren- den Einflufs der absoluten Schneebedeckung jenes aufser- ordentlichen Hochgebiets auf das Klima von Alexandropol. Die Station von Schuscha, in reichbewaldeter Umge- bung auf stark gegen NO geneigtem und königsteinartig isolirt, in die Atmosphäre aufragendem Kalkspathplateaa, 3600 par. Fufs über dem Meere gelegen , bestimmt dage- gen im schroffen Gegensatze mit Alexandropol den Effect der Wärmequelle, die von der Oberfläche des Kaspi-Sees nach näher zu erforschenden Gesetzen in den oberen Re- gionen der Atmosphäre in der winterlichen Jahreszeit auf die karabagischen Parallelketlen im Süden des Kaukasus ausgeht und einen so augenscheinlichen Mitantheil an dem Reichthum der Naturereignisse jener schönen Gegenden

nimmt.

Die solchergestalt von den maritimen Gebieten des trans- kaukasischen Isthmus in terassenförmigen Abstufungen bis zu den armenischen Plateauhöhen hinanführenden Beobach- tungsstationen scheinen wohl geeignet, zu der baldigen Lösung solcher Fragen zu führen, die nicht allein „Erwei- terung der Wissenschaft", das höchste Ziel jeder ächten Forschung, sondern auch mancherlei Aufklärung verheifsen, die einer wohlthätigen Nutzanwendung für die Interessen der Bewohner dieser Länder fähig erscheinen.

1) Unter umsichtiger Leitang des trefflichen Ingenieur -Obersten Gern et, die m Aralich unter der des ritterlichen Obersten Ghreschatynskj. (Die subalternen gut unterwiesenen Beobachter bekomnieo, -wie überall, eine fixe Gage dafür.)

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IV. Veber die quantitative Bestimmung der Oa^al- . säure und über die IVennung derselben von der Phosphorsäure; von Heinrich Rose.

JLIle Oj^alsäure vi^ird aus den Auflösuugeu ihrer löslichen Salze ineistentheils als Oxalsäure Kalkerde gefällt. Da in dieser jedoch der Wassergehalt bei verschiedenen Tempe- raturen verschieden ist, so pflegt man sie durchs Glühen in kohlensaure Kalkerde zu verwandeln, aus deren Gewicht man das der Oxalsäure bestimmen kann.

Unlösliche Verbindungen der Oxalsäure, wie z. B. die Oxalsäure Kalkerde, können durch Kochen mit einer Auf- lösung von kohlensaurem Kali oder Natron zersetzt wer- den, worauf man aus der von der kohlensauren Kalkerde getrennten Flüssigkeit die Oxalsäure, nach Sättigung der- selben mit einer Säure, wiederum als Oxalsäure Kalkerde fällen kann.

Im Allgemeinen indessen läfst sich die Kalkerde genauer durch Oxalsäure, als umgekehrt die Oxalsäure durch die Auflösung eines Kalkerdesalzes niederschlagen und be- stimmen.

Schon der Umstand, dafs man bei der Fällung der Oxalsäure vermittelst eines Kalkerdesalzes einen Ueber- schufs derselben anwendet, und die Flüssigkeit gewöhnlich mit Ammoniak zu übersättigen pflegt, macht Vorsicht noth- wendig, damit die gefällte Oxalsäure Kalkerde nicht mit kohlensaurer Kalkerde verunreinigt werde.

Die Oxalsäure Kalk erde hat aber ferner die Neigung, sich mit kleinen Mengen des fällenden Kalkerdesalzes zu verbinden. Schon vor längerer Zeit hat Fritsche ein Doppelsalz von oxalsaurer Kalkerde und von Chlorcaicium beschrieben. Es wird zwar durch Wasser zersetzt, aber eine sehr geringe Menge von Chlorcaicium bleibt nach dem vollständigen Auswachen noch in der Oxalsäuren Kalkerde, und löst man dieselbe in verdünnter Salpetersäure auf, so

550

wird die Auflösung durch salpetersaures Silberoxjd, wie- wohl nur unbedeutend, getrübt.

Wenn man daher oxalsaure Kalkerde durch Kochen mit einer Auflösung von kohlensaurem Alkali zerlegt, die von der kohlensauren Kalkerde getrennte Flüssigkeit mit Chlorwasserstoffsäure übersättigt und nach Vertreibung der Kohlensäure, Ammoniak im Uebermaafs und Chlorcaicium hinzufügt, so erhält mau zwar die richtige Menge der koh- lensauren Kalkerde, die man erhalten sollte, aber einen kleinen Ueberschufs an oxalsaurer Kalk erde.

Ein weit besseres Resultat erhält man, wenn man die Auflösung, welche das oxalsaure und überschüssige koh- lensaure Alkali enthält, durch Essigsäure schwach sauer macht, und nach Vertreibung der Kohlensäure, sie, ohne sie mit Ammoniak zu übersättigen, durch Cblorcaicium fällt.

Als Hr. Weber 1,237 Grm. oxalsaurer Kalkerde auf diese Weise behandelte, erhielt er 0,850 Grm. kohlensaure Kalkerde, und eine Quantität von oxalsaurer Kalkerde, die nach dem Glühen und nach Behandlung des Geglühten mit kohlensaurem Ammoniak 0,820 Grm. kohlensaurer Kalk- erde gab. Diese beiden Mengen sind zwar nicht vollkom- men gleich, aber die oxalsaure Kalkerde ist nicht ganz vollkommen unlöslich in Essigsäure und in der, freilich sehr geringen Menge von Chlorwasserstoffsäure des hinzu- gefügten Chlorcalciums. Als daher die von der Oxalsäu- ren Kalkerde getrennte Flüssigkeit vermittelst Ammoniak übersättigt wurde, entstand zwar sogleich keine Trübung, aber doch nach mehrstündigem Stehen eine sehr geringe, welche etwas oxalsaure, und sehr viel kohlensaure Kalk- erde enthielt.

Von der zum Versuch angewandten Oxalsäuren Kalk- crde gaben 1,386 Grm. nach dem Glühen und der Behand- lung mit kohlensaurem Ammoniak 0,938 Grm. kohlensaure Kalkerde. Sie enthielt also 13,42 Proc. Wasser, was et- was mehr als einem Atom entspricht. Durch die Zersetzung der Oxalsäuren Kalkerde durch kohlensaures Alkali war

551

ct^as mehr kohlensaure Kalkerde erhalten worden, als die- ser letzten Bestimmung entspricht.

Sicherer kann man die Oxalsäure in ihren iii Wasser löslichen und unlöslichen Verbindungen bestimmen, wenn man durch sie Gold aus einer Goldchloridauflösung reda- cirt. Zugleich kann sie auf diese Weise ihrer Menge nadi sehr genau gefunden werden, wenn sie mit ai\.deru Säu- ren, namentlich mit Phosphorsäure in Verbindungen ent- halten ist, von der man sie sonst schwer trennen kann. Beide Säuren kommen aber zusammen im Guano vor.

Die Reduction des Goldes aus seiner Chloridauflösung geht leicht und schnell von statten, wenn die Auflösung ,der Oxalsäuren Verbindungen keine oder nur wenig freie •Chlorwasserstoffsäure enthält. Ist aber viel freie Chlor- wasserstoffsäure vorhanden, so kann in concentrirten Auf- lösungen selbst durch langes und anhaltendes Kochen gar kein Gold aus der Auflösung reducirt werden; es gelingt diefs erst, wenn das Ganze mit einer grofseu Menge von Wasser verdünnt worden ist, aber auch dann geschieht die Reduction des Goldes vollständig erst nach langem Kochen* Weder Schwefelsäure noch Phosphorsäure äufsern eine ähn- liche Wirkung wie Chlorwasscrstoffsäure , denn auch bei Anwesenheit ziemlich bedeutender Mengen jener Säuren erfolgt eine Reduction des Goldes durch Oxalsäure auch in concentrirten Lösungen, besonders wenn das Ganze bis xum Kochen erhitzt wird.

Schon Berzelius hat sich der Goldauflösung bedient, um die Zusammensetzung der Oxalsäure zu controliren ^), nachdem zuerst Pelletier auf die Zersetzung der Oxal-* säure durch eine Gpldauflösung aufmerksam gemacht hatte. Später hat man sich häufig del* Oxalsäure bedient, um das Gold quantitativ in Auflösungen zu bestimmen, besonders wenn dieselben noch andere Metalle enthielten, gegen welche Oxalsäure keine reducireude Wirkung äufsert. Aber mit demselben Vortheil kann andrerseits die Goldauflösung angewandt werden, um die Oxalsäure bei Gegenwart tob

1) Schweigger's Jahrbuch Bd. 3, S. 422.

552

vielen aodem Sänrea mit Genauigkeit ihrer Menge nadi za bestimmen.

Hr. Weber behandelte eine Aaflösang von 1,830 Grm. neutralem oxalsanrem Kali und 2,170 krjstallisirtem ^ phos- phorsaurem Natron (Na^+H+P) mit einer Natrinmgold- diloridauflösnng im Uebermaafs. Das angewandte neutrale Oxalsäure .Kali gab durchs Glühen 73,98 Proc. kohlensau- res Kali; es enthielt also 11,06 Proc. Wasser, was mehr als einem 'Atom entspricht; das phosphorsaore Salz, das nicht die gewöhnliche Menge von Wasser enthielt, hinter- liefs nach dem Glühen 49,40 Proc pjrophosphorsaures Natron.

Die Reduction des Goldes fing schon nach wenigen Augenblicken an; das Reducirte wurde aber erst nach 24 Stunden filtrirt. Es betrug 1,320 Grm. Diese entsprechen 0,725 Grm. Oxalsäure; in dem angewandten Salze waren 0,706 Grm. Oxalsäure enthalten. Dieser Unterschied rfihrt unstreitig daher, dafs in dem Oxalsäuren Kali wohl etwas mehr Oxalsäure enthalten war, als aus der Menge des dar- aus erhaltenen kohlensauren Kalis geschlossen wurde.

In der vom reducirten Golde getrennten Flüssigkeit wurde das noch aufgelöste Gold durch Oxalsäure abge- schieden, und darauf die Phosphorsaore als phosphorsaure Ammoniak- Magnesia gefallt. Nach dem GIfihen wurden

0,904 Grm. Mg'' P erhalten, die 0,573 Grm. Phosphorsäure entsprechen. Das angewandte phosphorsaure Salz enthielt aber 0,572 Grm. Phosphorsäure.

Bei einem andern Versuche wandte Hr. Weber 1,015 Grm. Oxalsäure Kalkerde und 0,729 Grm. geglQhte phos-

phorsaure Kalkerde (Ca^ P) an, welche beide in Chlor- wasserstoffsäure gelöst wurden. Die oxalsauce Kalkerde enthielt 0,494 Grm. Oxalsäure, was durchs GIfihen einer andern Menge derselben ermittelt wurde.

Die Auflösung der Salze in Chlorwasserstoffsäore wurde mit einem Uebermaafs einer Natriumgoldaudösung lange Zeit gekocht, ohne die mindeste Reduction von Gold be-

553

wirken zu können. Nachdem das Ganze mit ungefähr dem 5 fachen Volumen von Wasser verdünnt worden war, wurde das Kochen in einem Kolben fortgesetzt, und 0,897 Grm. reducirtes Gold erhalten. Diese entsprechen aber 0,492 Grm. Oxalsäure, also sehr nahe der berechneten Menge.

Aus der filtrirten Flüssigkeit wurde das Gold durch Schwefelwasserstoffgas entfernt, worauf sie concentrirt, und die Kalkerde durch Schwefelsäure und Alkohol gefällt wurde. Von der von der schwefelsauren Kalkerde getrenn- ten Auflösung wurde durch Abdampfen der Alkohol ent- fernt, und die Phosphorsäure als phosphorsaure Ammoniak- Magnesia gefällt. Nach dem Glühen wurden 0,660 Grm.

Mg^P erhalten, welche 0,418 Grm. Phosphorsäure entspre- chen. In der angewandten phosphorsauren Kalkerde wa- ren 0,408 Grm. Phosphorsäure. Die erhaltene phosphor- saure Magnesia enthielt eine geringe Menge Kalkerde.

V. Die Oberflächen- und Körperfarben des ^n^ dersonits, einer Verbindung von Jod und Codein;

pon TV. Haidinger.

(Aus dem November -Hefte 1849 der Sitzungsberichte d. K. Acad. d. W'iss. zu Wien vom Hrn. Verf. mitgetheilt. )

JL^ie Krjstalle, welche ich heute der freundlichen Auf- merksamkeit der hochverehrten mathematisch -naturwissen- schaftlichen Classe vorlege, gehören in die Abtheilung der- jenigen, welche den einfallenden Lichtstrahl von ihrer Ober- fläche mit farbiger Polarisation zurückwerfen, während der durch ihre Masse hindurchdringende Antheil einen von der Farbe des zurückgeworfenen Strahles verschiedenen, und zwar derselben complementaren Farbenton zeigt. Sie ge- hören einem einzelnen Beispiele aus einer Reihe von Kör-

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pem an, die sSmmtliche Vorkommen des Farbenspectrums in Durchsiclitigkeits- und Zurückstrahlangs - , Körper- und OberÜächenfarbeu vorstellen, mit welchen ich mich seit ei- niger Zeit beschäftigte, und die ich sehr bald der hochver- ehrten Classe im Zusammenhange vorzulegen hoffe. Diese Kry stalle schienen mir jedoch schon vorher die Vorlage zu verdienen, da sie selbst Ergebnisse von ganz neuen, selbst noch nicht abgeschlossenen, chemischen Arbeiten sind, die mir von dem Unternehmer derselben, Hrn. Dr. An- derson in Edinburg, durch die freundliche Vennittelung unseres verehrten Collegen Hm. Professors Schrötter unmittelbar übersandt wurden.

Die Krystalle sind tafelartig, scheinbar gleichwinklig- dreieckige Blattchcn, und man wird daher versucht, eine rhomboedrischc Symmetrie in der Austheilung der schma- len, an den Rändern vertheilten Begränzungsflächeu zu su- chen. Bei genauer Betrachtung stellt sich jedoch die Form, ähnlich der abgebildeten, Taf. IV. Fig. 17, als dem auortbi- schen Krjstallsjsteme angehörig heraus. Nimmt man die breite Fläche o als Endfläche oder Basis der Krjstallreihe an, so lassen sich m und m' als die linke und rechte Fläche eines rhomboidischen Prismas, der Gränze der Reihe der Anorthoide, oder als l:xiA\2 und r(X)A\2 betrachten. Von /x-4\2 erscheint blofs die diefsseitige +, das jenseitige fehlt gänzlich. Die Flächen d und d lassen sich als Längs- hemidome betrachten, und zwar als +rir\2 und IH\2; die Gegendächen +IH\2, und rJBr\2 fehlen ebenfalls in der polarisch unsymmetrischen Entwicklung. An der Stelle der scharfen Kaute zunächst dem Winkel g sind die Krjstallblättchen häufig an einander gewachsen, so dafs dieselbe oft fehlt; die Blättchen divergiren dann fächer- förmig. Die Gröfse derjenigen, welche ich vor mir hatte, beträgt etwa drei Linien an der längsten Kante, die Dicke etwa ein Sechstel von einer Linie.

Ich verdanke dem k. k. Bergpractikanten, Hrn. Franz Foetterle, die durch das Reflexions -Goniometer unter- suchten Winkelmaafsc.

555 Neigung von o gegen m = 131° 6'

n »

M }>

M »

»

d »» d = 77M2' o « d = 141« 9' o' »> rf = l4l« 9' m » m'=147« 0' d » w'=128« 0' woraus er noch folgende ebene Winkel berechnete:

o = 143«58' f= Sö^bS'

b = 125« 57' g= 36« 2'

c = 74« 39' h= 105« 26'

d = 118«51' i= 125« 57'

e = 135« 35' Ä== 61« 9'.

Die Combinationskante od schliefst mit der rechts von derselben liegenden Combinationskante om! den Winkel k von €1«9', mit der links von derselben liegenden Combi- nationskante om einen Winkel von 82« 49' ein; die Basis o hat also eine rhomboidische Gestalt, wenn eine Linie, die jenen Combinationskanten parallel ist, die beiden stum- pfen Winkel verbindet.

Die stumpfen Winkel des Bhomboides sind =143« 58', die scharfen also =36« 2'; die Diagonalen schneiden sich unter 104« 24' und 75« 36', sie theilen die stumpfen Win- kel in zwei von 83« 10' und 61« 3' wie oben, und die scharfen in zwei Winkel von 21« 35' und 14« -27'.

Die Neigung der zwei Flächen d und dT gegen die an- liegenden obern und untern Basenflächen erscheinen ganz gleich.

Sämmtliche Messungen gelangen ziemlich gut, da die Flächen, wenn auch schmal, doch glatt und glänzend sind, mit Ausnahme der mit m bezeichneten (+/aDil\2), die nur gekrümmt vorkommen.

Die dreiseitigen Krystallblättchcn haben eine braune Farbe, ganz dünn sind sie vollkommen durchsichtig. Sie besitzen einen schönen Diamantglanz. Die braune Farbe verändert sich in ein schönes dunkles Orange, wenn man die Krjstalle zu feinem Pulver zerreibt. Um sie auf den

556

Plcochroismus durch die dichroskopische Lupe zu antersii- chen, klebt man sie am vortheilhaftesten mit der scharfen Kante bei g auf Wachs, und hält sie so vor das Auge, dafs die Kante dd! horizontal wird. Man beobachtet so- dann Fig. 17. Taf. IV. das ordinäre Bild 0 oben, das ex- traordinäre Bild E unten. Bei senkrechtem Einfall des Lichtes erscheint das erstere 0 weit heller, als das letz- tere E, und zwar wechselt jenes je nach der Dicke der Blättchen, von einem blassen Gelblichbraun, durch tiefes Honiggelb bis in Blutroth, während jenes gleichzeitig mit Blutroth beginnt und bald undurchsichtig wird, also ein schwarzes Bild giebt. Bringt man den Krjstall, die Kante dd' immer noch horizontal, durch eine Drehung nach rechts oder links aus der ursprünglichen Lage heraus, so steigt oder fällt der Grad der Durchsichtigkeit, und zwar ist der Krjstall in dem oberen Bilde 0 am durchsichtigsten, wenn man in der Richtung AA I^ig. 18. Taf. IV., also ziemlich senkrecht auf die Kante zwischen m und m', oder senk- recht auf die Axe dieses Prismas hinsieht. Er ist am we- nigsten durchsichtig in der Richtung dieser Linie BB. Von deu Elasticitätsaxen für die doppelte Strahlenbrechung liegt daher nur eine in der Ebene der dreiseitigen Tafeln, and zwar senkrecht oder nahe so auf die Kante dd!\ die an- dern beiden senkrecht auf einander schliefsen in der Pro- jcction Fig. 18, Taf. IV. Winkel mit dem Durchschnitt der Base ein, und zwar so, dafs der Winkel CMA ungefähr 30°, der CMB 60° beträgt.

Der in der Richtung AA und senkrecht auf BB pola- risirte Farbenton ist der hellste, der in der Richtung von BB senkrecht auf il^i polarisirte der mittlere, endlich der- jenige, welcher senkrecht auf den Durchschnitt der zwei Ebenen AA und BB polarisirt ist, der dunkelste. AUe aber haben den nämlichen Grundtou von Dunkel -Orange, und unterscheiden sich unr durch die Intensität.

Der Diamantglanz der Oberfläche zerlegt sich bei der Untersuchung der Reflexion vermittelst der dichroskopischen Lupe dergestalt, dafs ein Theil des zurückgeworfenen Lieh-

557

tes schön lasurblau in der Richtung der Kante dct, oder wie das E in der Fig. 17. Taf. IV. fest polarisirt wird. In der Stellung Fig. 19. Taf. IV. geht alles ordinär polarisirte Licht in das obere Bild, alles extraordinär polarisirte Bild in das untere Bild, und der Gegensatz ist dann möglichst vollständig. In der senkrecht auf dieser stehenden Stellung geht die fest polarisirte blaue Farbe nebst dem weifsen Oberflächenlichte ganz in das obere Bild. Es erscheint übrigens nicht unter allen Einfallswinkeln in der Stellung Fig. 19. Taf. IV. ein gleicher blauer Ton. Sind die Win- kel gröfser, so geht er in violett über; und bei sehr gro- fsen Einfallswinkeln erscheint sogar ein unvollkommenes Speisgelb im untern Bilde als Gegensatz zu dem hellen Weifs des obern.

Die hier beschriebenen Krystalle bilden eine neue Be- stätigung des in dem II. Hefte der Sitzungsberichte der k. Academie der Wissenschaften nachgewiesenen Gesetzes^ dafs der orißntirte Flächenschiller, oder die fest polarisirte Oberflächenfarbe in der Polarisationsrichtung mit der Po-- larisationsriehtung des mehr absorbirten Strahles doppelt' brechender Kry stalle übereinstimmt *).

Nach Hrn. Dr. Anderson ist der chemische Bestand der Krjstalle eine noch nicht vollständig ausgemittelte Ver- bindung von Jod und Codei'n {Jodine Compound of Co- deine', Constitution non yet fully determined), das Codei'n von Robiquet 1832 in Opium entdeckt selbst ein sehr zusammengesetzter Körper C3 5 H^ ^ N^ O5 H- 2 Aq. In Ermangelung einer systematischen Benennung schlage ich vor, die in optischer Beziehung so höchst interessanten Krj- stalle durch den Namen Andersonit zu bezeichnen. Wäre der Gegenstand ein in der Natur vorkommendes Mineral, N so wäre diefs nur ein Vorgang, zu dem man hunderte von Beispielen hat. Hier scheint das Verfahren eine Neuerung zu seyn, und zwar auf einem Felde, das dem Mineralogen nach der bisherigen Gepflogenheit ganz entrückt ist. Aber in der Kenntnifs der unorganischen Individuen müssen wir

1) Ann. Bd. 76. $.99. P.

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es wohl gestehen, haben wir fiberhaopt noch so vieles zu leisten vor uns, dafs auch hier das Bedurfiaifs selbststäo- diger specifischer Namen sich immer mehr als unabweis- lich herausstellt. Bei der Welt von neuen Körpern wären gewifs jumfassende Arbeiten in dieser Beziehung eben so undankbar für den, der sie unternehmen würde, als müh- selig und im Erfolge wahrscheinlich verunglückt, denn es läfst sich nur erst vorhersehen, dafs es in späterer Zeit gar nicht mehr zurückgewiesen werden kann. Einstweilen sorgt man billig für das Einzelne. Längst habe ich gewünscht, eben so lange als ich die Studien der Eigenschaften di/e- ser Körper vornahm, an die wundervollen Erscheipongen der Krjstalle mit den metallischen OberQächenfarben, durch specifische Namen die Erinnerung an die Gegenwart ^n knüpfen, das gelbe Barium- Platin -Cyanür Redtenbacherit zu nennen, das karmiurothe Magnesium -Platin -Cyanür mit grüner Oberfläche Quadratit, zugleich jatn die pyramidalen Formen erinnernd, während das prismatische Magnesium- Platin - Cyanür von morgenrother Farbe mit blauer Ober- fläche Aurorit genannt würde. Knop's Kialiuro- Platin - Cjauür-Cjanid sollte Knopit heifsen, Schqnck's chry- samminsaures Kali Schunckitf Gregorj's oxalsaures Chrom- oxjdkali Gregorin, (Der Name Gregorit für das cornische Titaueisen ist zwar längst nicht mehr im Gebrauche, dürfte aber doch nicht als ganz frei zu betrachten seju) und hier würde Andersonit die in chemischer Beziehung noch nicht vollständig erkannte Verbindung von Jod und Codein be- zeichnen. Wohl haben diese Männer in der Wissenschaft viel mehr geleistet, als nur in den einzelnen Fällen, die ich mit ihren Namen zu bezeichnen wünschte, Namen, welche die Wissenschaft bewahren wird, so lange sie besteht, aber es gilt ein Princip für die Befriedigung eines Bedürfnisses zu befolgen, das je länger, )e fühlbarer werden wird.

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VI. üeber die Auflösung flüssiger Cylinder in

Tropfen; von G. Hagen,

(Aus d. Monatsbericht d. Acnd. November 1849.)

Xo einer neueren Untersuchung über das Verhalten flüssi- ger Massen, welche der Einwirkuug der Schwere entzogen sind (im 23. Bande der Schriften der Brüsseler Academie),. hat Hr. Plateau die Ursache der Auflösung eines Strahles in Tropfen nachgewiesen. Verschiedene, in eigenthüwlicher Art angestellte Beobachtungen zeigten nämlich, dafs flüssige Cjlinder, die mehr oder weniger der Einwirkung ihrer Um- gebung entzogen waren, nur in dem Falle dauernd ihre Form behielten, wenn die Länge des Cylinders ein bestimm« tes Verhältnifs zum Durchmesser nicht überstieg. Die nä- here Untersuchung der Kräfte, welche die Formverände- rung veranlassen, führte mich zu einem Resultate, welches sich an diejenigen Beobachtungen des Hrn. Plateau be- friedigend anschliefst, die Vorzugspreise entscheidend sind.

Die Kraft, welche abgesehen von den zufälligen äufsern ^ Einwirkungen die Form der freien Flüssigkeit bestimmt, ist d^r Druck, den die gespannte Oberfläche in normaler Richtung ausübt. Sobald in einem Cjliuder an einer Stelle eine Anschwellung und daneben eine Zusammenziehung ein^ tritt, so werden beide zunehmen, und der Cjliuder wird sich in einzelne Theile, oder Tropfen auflösen, wenn der Druck auf die verengte Stelle gröfser ist, als auf die an- geschwollene. Im umgekehrten Falle wird sich dagegen die gleichmäfsige cjlindrische Form von selbst wieder her- stellen. Dabei ist es gleichgültig, ob solche Anschwellun- gen und Verengungen sich mehrfach wiederholen, wie dieses bei einem Strahle geschieht, oder ob sie nur einmal vor- kommen. Die Anschwellung an einer Steile erfolgt allein dadurch, dafs die Theilchen im Innern des Cylinders von einer, oder von beiden Seiten her, sich im Knoten -Punkte ansammeln, und man darf sonach die Untersuchung auf ei^

560

neo Theil des Cjlinders beschränken, der von einem gröfs- ten und einem nächst liegenden kleinsten Querschnitt be- gränzt wird.

Die erste Formveränderung des Cjlinders ist von äufsern Einwirkungeil abhängig, daher ganz zufällig. Indem jedoch gewaltsame Störungen hier nicht berücksichtigt werden, so ist anzunehmen, dafs die Spannung der Oberfläche das Ent- stehen von besonders scharfen Krümmungen und vollends von wirklichen Kanten nicht gestattet, und sonach die Linie, welche durch Drehung um die Axe des Cylinders dessen veränderte Form darstellt, eine sanft gekrümmte Linie ist, die theils aufserhalb, theils ' innerhalb des Cjlinders liegt, und bei ihrer Drehung einen Raum umschliefst, der dem Inhalte des Cjlinders gleich ist. t)ie an beide End- oder Scheitelpunkte dieser Linien gezogenen Tangenten wer- den auch zur Axe des Cjlinders parallel sejn. Insofern hier aber nur die erste, noch sehr kleine Formveräuderung betrachtet wird, wobei die Wellenlinie vergleichungsweise zum Radius des Cjlinders sich sehr wenig von der ur- sprünglichen Oberfläche entfernt, so müssen auf einer durch die Axe des Cjlinders gelegten Ebene die beiden Flächen, die von der Wellenlinie, von der Seite des ursprünglichen Cjlinders und von den Radien des gröfsten und kleinsten Querschnittes eingeschlossen sind, einander gleich sejn. Indem ferner kein Grund vorhanden ist, anzunehmen, dafs die entstandene kleine Anschwellung höher oder in ihrer Länge ausgedehnter sejn sollte, als die daneben befindliche Vertiefung, oder umgekehrt, so darf man voraussetzen, dafs der Theil der Wellenlinie, der aufserhalb des Cjlinders liegt, congruent ist mit dem innerhalb liegenden Theile. Jeder derselben bildet aber eine sehr wenig gekrümmte Linie, und ist sonach als ein sehr kleiner Bogen anzusehen, dessen Krümmuugs- Halbmesser dem Radius des Kreises gleich ist, der seinen Scheitel und seine beiden Endpunkte trifft.

Hiernach läfst sich der Normaldruck bestimmen, den die gespannte Oberfläche am Umfange eines gröfsten und

eines

561

eines kleinsten Qaerschnittes ausübt. Der allgemeine Aus- druck dafür ist bekanntlich

(1+^)

m

m bedeutet die Spannung, ausgedrückt durch das Ge- ifvicht der Baumeinheit der Flüssigkeit ^

Q den Krümmungshalbmesser der erwähnten Wellen« linie,

q' den Abstand eines Scheitelpunktes derselben von der Axe des Cjliuders.

Der untersuchte gröfste Querschnitt liege in A^ der kleinste in B.

l sej der Abstand dieser beiden Querschnitte,

r der Radius des ursprünglichen Cjlinders und

X die Höhe der sehr kleinen Anschwellung oder Ver- tiefung.

Alsdann ist

1) für die Stelle Ä

J Sx

1 _ 1

Q* r+o:

folglich der Normaldruck, wenn beide vorstehende Werthe in Reihen aufgelöst worden

2) für die Stelle B

l^ Sx

Q ~ r-t-4x» j^_ 1

g'—r^x

daher der Normaldruck

-;r-(7r-;:i)^ + 7r + (ir + 7r)^'+;T~...J.

Der Ueberschufs des Druckes auf die angeschwollene Stelle A über den Druck auf die verengte Stelle B ist sonach

PoggendorfTs Annal. Bd. LXXX. 36

562

Man bemerkt sogleich aus der ZusamibeQsetzoDg dieser Reihe, dafs alle Glieder, welche die geraden PoteDfcen TOti X enthalteu, verschwinden, die übrigen aber abwechselnd entweder aus positiven und negativen, oder nur aus ne- gdtived GrAfsen zuddintnengeset^t sind. Die ersteren, näm- lich die Glieder in den ungeraden Stellen, sind Hur iu dem Falle positiv, wenn l ein gewisses Vielfaches von r nicht tiberschreitet. Das erste dieser Glieder ist positiv

wenn l<2tr

das zweite, wenn Z<;2«r

das dritte, wenn Ki2^r und so fort. Die Sufserste Gräuze, welche den positiven Werth eines Gliedes M ungerader Stelle bedingt, ist sonach

l<2 1. Dl6 zwlsehen liegenden Glieder sind aber viel gröfser, da- her ist die Summe der ganzen Reihe im Allgemeinen nega- tiv, und ein positiver Werth derselben, der die Wieder- herstellung der cjlindrischen Form bedingen wGrde, kann nur stattfinden, wenn x so klein ist, dafs alle höhereu Potenzen dieser Gröfse vernachläfsigt werden dürfen , und zugleich

/<2ir oder /<2,8284r ist. Dieser Zahlen-Cöefficient bezeichnet zugleich das Gränz verhältnifs zwischen der ganzen Entfernung zweier Knoten und dem Durchmesser des Cjlind^lrs, wobei dafi stabile Gleichgewicht aufhört.

Die zwischen Gläswfinde eingesdilossenen Quecksilber- Fäden, deren Auflösung in Tropfen Hr. Plateau beob- achtete, indem er die Wände behutsam entfernte, ergaben weit gröfsere Abtheilungen. Die Länge derselben mafs das Sechsfache und zum Theil sogar das Zehnfache der Dicke der Fäden. Dieses Resultat darf nicht befremdeui da wäh- rend der Beseitigung der Wände leicht einzelne Theile der Fäden so weit herausgezogen, oder hineingeschoben werden mochten, dafs dadurch die Trennung in viel gröbere Abtheilungen verursacht wurde.

563

Eütscheidender sind diejenigen Beobachtungen, wobei Oel-Cjlinder in einer Auflösung von Alkohol und Wasser von gleichem specifischen Gewichte, zwischen zwei kreis- förmigen Scheiben oder Ringen schwebend dargestellt wur- den. Dieselben zeigten sich noch stabil, wenn ihre JLänge 3 bis 3,6 mal gröfser war« als ihr Durchmesser.

Auch dieses Resultat scheint dem aus der Rechnung hergeleiteten zu widersprechen; man tiberzeugt sich aber leicht, dafs die festen Scheiben oder Ringe die Stabilität des Cjlinders etwas vergröfsern niufsten. Unmittelbar an denselben konnte sich nämlich weder ein gröfster noch ein kleinster Querschnitt bilden, vielmehr mufste bei eintreten- der Formveränderung jene Wellenlinie an beiden Enden ' die urspröngliche cvlindrische Fläche schneiden. Zur wei- teren Ausbildung der Anschwellung und Verengung konnte daher die Flüssigkeit nicht in derselben Art zugezogen oder zurückgedrängt werden, wie in dem gleichen Theile eines unbegränzten Cjlinders geschieht. Der zwischen dem klein- sten Querschnitte und der nächsten Endfläche liegende Theil des Cyliuders konnte sich nur dadurch noch stärker rer- engen, dafs eine Strömung nach dem kleinsten Querschnitte eintrat. Die Flüssigkeit mufste sich also nach der Stelle hin bewegen, wo der stärkste Druck stattfand. In glei- cher Art konnte die Anschwellung am andern Ende nur dadurch zunehmen, dafs die Strömung über den gröfsten 't^uerschnitt hinaus, also über die Stelle, wo der Druck am kleinsten war, sich fortsetzte. Auf diese Art verhinderte der Druck der Oberfläche zum Theil die Bildung der Kno- ten, und die Trennung in Tropfen erfolgte nicht so leicht, als wenn der Cj linder bei gleicher Länge ganz frei gewe- sen wäre.

Obwohl hierdurch die Abweichung der Resultate der Beobachtung hinreichend aufgeklärt seyn dürfte; so drängt sich hierbei doch die wichtige Frage auf, ob die Spannung einer Oberfläche, die zwei Flüssigkeiten von einander trennt, der Summe der Spannungen beider freien Oberflächen gleich sey, oder ob die Flüssigkeiten, indem sie sich unmittelbar

36*

564

beriihren, schon durch MoleGuIar-Attraction auf einander

einwirken.

Die interessante Beobachtung Plateau' s über die ku- gelförmigen Endflächen eines flüssigen Cylinders, der zwi- schen zwei Ringen schwebt, führt tiicht zur Beantwortung dieser Frage, indem die Constante m, welche die Spannung der Oberfläche bezeichnet, in der Gleichung, welche die Form )enes flüssigen Körpers bedingt, gar nicht enthalten ist. Zwei Beobachtungen, die ich zu diesem Zwecke mit Was- ser und Rüböl und mit Quecksilber und Wasser anstellte, ergaben sehr abweichende Resultate, die sich durch die Verschiedenheit der specifischen Gewichte allein nicht er- klären lassen, vielmehr eine weit stärkere gegenseitige An- näherung und Einwirkung zwischen den beiden ersten, als den beiden letzten Flüssigkeiten zu beweisen scheinen. Nichts desto weniger stimmten die Beobachtungen doch darin Gbcr- ein, dafs eine Verminderung der Spannung jedesmal eintrat.

Die Messungen wurden mit dem Apparate ausgeführt, den ich früher (Abhandlungen der Academie der Wissen- schaften 1845 S. 71 ')) beschrieben habe. Zunächst mafs ich die Erhebung oder Senkung der schwereren Flüssigkeit zwi- schen zwei in einem Glaskästchen parallel und vertical auf- gestellten Planscheiben von Thonsciuefer, die jedesmal mit Wasser getränkt waren, also vom Wasser, aber nicht vom Oel und Quecksilber benetzt wurden. Während die schwe- rere Flüssigkeit im Kästchen blieb, gofs ich alsdann die leichtere darüber, so dafs von dieser die Planscheiben voll- ständig überdeckt wurden, und wiederholte die Messung an der gemeinschaftlichen Oberfläche.

Bei der ersten Beobachtung, die sich auf Brunnen- Was- ser und Rüböl bezog, betrug der Abstand beider Scheiben von einander 0,1003 Rheinländische Zoll. Das Wasser er- hob sich dazwischen vor der Ueberdeckung mit Oel 0,1275 Zoll, unmittelbar nach dem Zugiefsen des Oeles 0,3803 Zoll. Es senkte sich indessen sehr schnell, so dafs die Erhebung nach 10 Minuten nur noch 0,2908 Zoll betrug. Dagegen beobachtete ich die Erhebung des Oeles zwischen densel-

1) Annal. Bd. 67, S. 1.

565

ben Scheibeu, nachdem sie ToIIstSndig ausgetrocknet und mit Oel benetzt waren, zu 0,0953 Zoll. Der CubikzoU des Wassers wog 1,222 Loth, des Oelcs 1,116 Lotb; bei der^ Eintauchung in Oel wog daher der CubikzoU Wasser nur 0,106 Loth.

Hieraus ergiebt sich die Spannung eines 1 Zoll breiten Streifen der Oberfläche des Wassers gleich 0,00843 Loth, des Oeles 0,00606 Loth. Die Spannung der gemeinschaft- lichen Oberfläche beider müfste also, wenn keine gegen- seitige Einwirkung statt gefunden hätte, gleich 0,01449 Loth betragen: nach der Messung war sie aber Anfangs nur 0,00209 und später sogar nur 0,00161 Loth. Bei der star- . ken Adhäsion des Oeles benetzte dasselbe wahrscheinlich sehr bald in gewissem Grade die Scheiben, an welchen in der That, als ich sie herauszog, hin und wieder einzelne Oeltröpfchen hafteten. Die spätere Beobachtung dürfte da- her weniger zu berücksichtigen sejn. Es ergiebt sich aber schon aus der ersten, dafs die Spannung unmittelbar nach dem Hinzugiefsen des Oeles sich ungefähr auf den sieben- ten Theil ihres ganzen Werlhes reducirte.

Bei der andern Messung, die in allen Theilen mit gro- fser Schärfe ausgeführt werden konnte, indem eine Aende- rung nicht bemerkt und die Berührung der Nadelspitze sehr deutlich wahrgenommen wurde, betrug der Abstand der Scheiben, bei etwas veränderter Aufstellung derselben, ge« nau 0,1000 Zoll. Das Quecksilber zeigte bei zehnfacher Wiederholung der Messung im Mittel' eine Senkung von 0,0589 Zoll, und nach der Ueberdeckung mit Wasser im Mittel aus eben so vielen Beobachtungen eine Senkung von 0,0690 Zoll. Der CubikzoU Quecksilber wog in der Luft 16,577 Luft und unter Brunnenwasser 15,355 Loth. Hier- aus ergiebt sich die Spannung eines 1 Zoll breiten Streifen seiner Oberfläche gleich 0,05648 Loth. Ein gleicher Streik fen der gemeinschaftlichen Oberfläche von Quecksilber und Wasser sollte daher eine Spannung von 0,06491 Loth ha- ben: dieselbe betrug aber nur 0,06015 Loth. Es trat da- her auch hier ein Verlust ein, der jedoch so geringe war.

566

dafs die gemeinschartliche Oberfläche noch etwas starker gespannt blieb, als die des Quecksilbers vor dem Zagiefsen des Wassers war.

VII. lieber die Gränze der Stabilität eines flüssi^ gen Cy linders; fon J. Plateau.

In den Paragraphen 38 und 46 der ztceifen Reihe meiner experimentellen und theoretischen Untersuchungen über die Gleichgewichtsfiguren einer flüssigen Masse ohne Schwere ') weise ich theoretisch nach, dafs der Cjlinder za den Fi- guren des einer uuschweren flössigen Masse zukommenden Umdrehungs- Gleichgewichts gehört, und nachdem ich die Versuche beigebracht, mittelst deren ich diese Gattung von flüssigen Figuren verwirklichte, zeige ich, von diesen Ver- suchen ausgehend, dafs der flüssige Cjlinder nur dann sta- bil ist, wenn das Verhältnifs zwischen seiner Länge und seinem Durchmesser nicht über eine gewisse Gränze hin- ausgeht, deren Werth zwischen 3,0 und 3,6 liegt.

In einer der Berliner Academie vorgelegten Notiz ^ ) sucht Hr. Hagen diese Gränze theoretisch zu bestimmen, und er findet für ihren Werth die GrOfse 2^ = 2,8284 d. h. einen Werth, der beträchtlich unter dem kleinsten der bei- den Zahlen liegt, zwischen welchen nach meinen Versu- chen dieselbe Gränze liegen mufs. Da Hrn. Hag en's Re- sultat die Zulässigkeit meiner .Folgerung und die Tragweite der ihr zum Grunde liegenden Versuche zu verringern scheint; so glaube ich hier zeigen zu müssen, worin sich Hr. Hagen geirrt, obwohl ich mir die theoretischen Entwicklungen, in

1) mm. de facad, de BruxeiUs, T. ÄXiif, (die mögUdiÄ bald mit- getheiU werden wird. P.)

2) Siebe des vorbeifebenden A«i£MtK.

567

Betreff der StabilitätsgrSnze des Cyliuders, der dritten Reihe meiner Arbeit vorbehalteu mufs.

Zuvörderst mufs ich bemerken , dafs Hr. Hagen eins meiner Resultate nicht richtig anführt ' ). Nach diesem Ge- lehrten soll ich gesagt haben, dafs meine Cylinder „sieh noch stabil zeigten, wenn ihre Länge 3 bis 3,6 Mal grö- fser war als ihr Durchmesser '^ Nun aber zeigen die In meiner Abhandlung angeführten Versuche, dafs die Stabi- lität dieser Cylinder noch für das Yerhältnifs S existirt und für das Yerhältnifs 3,6 nicht niehr existirt, allein sie zeigen nichts für die dazwischen liegenden Verbältoisse, und es ergiebt sich daraus blofs der Schlufs, dafs der ge- naue Werth der Stabilitätsgränze zwischen den Zahlen 3 und 3,6 liegt, d. h. gröfser ist als die erste und kleiner als die zweite.

Nach Berichtigung dieses ersten Punktes schreite ic^ zu der von Hrn. Hagen angewandten theoretischen Me- thode. Sobald die Umwandlung des Cylinders beginnt, hat die geschlängelte Curve, welche die Meridianlinie der Figur ausmacht, nothwendig höchst schwache Krümmungen. Davon ausgehend, nimmt Hr. Hagen an, dafs jeder der eonvexen und concaven Theile dieser Curve als ein sehr kleiner Bogen anzusehen sey, „dessen Krümmungshalbmes- ser dem Radius des Kreises gleich ist, der seinen Seheitel - und seine beiden Endpunkte trifft '^ Den so erhaltenen Krümmungsradius gebraucht er alsdann, um die Drucke zu bestimmen, weiche die Flüssigkeit an den respectiven Mit- ten einer Anschwellung und einer Ei«seh«üfung auf sich selbst ausübt, und «m zu» Werth der Stabilitätsgränze durch die Betrachtung zu gelangen, dafs der Unterscjhied obiger beiden Drucke diesseits dieser kränze positiv und jenseits negativ seyn mufs. Allein die Voraussetzung des tirn. Hagen in Betreff des KrümmungsradhM ist keines^ w^s erlaubt, wie ich sogleich zeigen werde.

Mit Recht l»etrachtet Hr. Hagen die abwachsend con-

1) Doch sicher, wie auch fir. Plateau zugeben wird, oiclit mit Ab- «kht. . - -9, -

568

▼exen und concaven Axeo der Curre als yollkommen sym- metrisch (coDgrueut). Alleio daraus leuchtet ein, da(s die Curve eine grofse Analogie mit der Siousoide haben mufs. Wenn man nun in der Rechnung des Hrn. Hagen den von ihm angewandten Krümmungsradius ersetzt durch den des Scheitels von Bögen einer Sinusoide, so findet inap, als Werth der Stäbiiitätsgränze, die Gröfse n^ d. b. das Verhält nifs des Umfangs zum Durchmesser, nämlich 3,1416. Dieser Werth weicht beträchtlich von dem des Hrn. Ha- gen ab, und mufs a priori ^ nach der Form der Curve, für genauer gehalten werden.

Nun mufs ich sagen, dafs auch ich mich schon seit lange mit der theoretischen Untersuchung der Stäbiiitätsgränze beschäftigt, und mittelst einer strengen Methode wirklich als genauen Werth dieser Gräuze die Gröfse n gefunden habe. Dieser Werth liegt aber zwischen 3 und 3,6, und nimmt also den Platz ein, welchen ihm meine Versuche bezeichnet hatten. Wie schon oben gesagt, werde ich meine Methode in der dritten Reihe meiner Arbeit ausein- andersetzen.

Die Unrichtigkeit der Voraussetzung des Hrn. Hagen hat folgenden Grund. Sobald die Umwandlung beginnt und demzufolge die von der Generatrix des ursprünglichen Cjliuders auf der geschlängelten Curve aufgefangenen Bö- gen nur noch ungemein schwache Krümmungen besitzen, wird der osculirende Kreis des Scheitels eines von ihnen einen äufserst grofsen Radius haben, und folglich der Bo- gen dieses selben von obiger Generatrix aufgefangenen Krei- ses einen sehr geringen Theil der gesammteu Circumferenz ausmachen. Daraus folgt, dafs der erwähnte Bogen lu sei- ner ganzen Erstreckung sich ungemein wenig von dem der Curve entfernen wird. Es. scheint also auf dem ersten Blick, als könne man wie Hr. Hagen diesen Kreis mit Fug als denjenigen betrachten, der durch den Scheitel und die beiden Enden des Bogens geht. Allein wenn man erwägt, dafs der Bogen dieser Curve und der des wahren Oscula- tionskreises, beide, die Generatrix des Cjlinders unter sehr

569

spitzen Winkeln treffen, so begreift man, dafs, ungeachtet der grofsen Annäherung dieser Bögen, ihre respectiven au einer selben Seite des Scheitels liegenden Enden einen sehr merklichen Abstand von einander haben können. Um die Sache durch ein analoges, obwohl übertriebenes Beispiel klarer zu machen, betrachte man zwei Grade, die einan- der parallel und aufserordentlich nahe sind. Wie grofs diese Nähe auch sey^ so ist klar, dafs wenn man die bei- den Geraden durch eine dritte, zu ihnen schiefe, schneidet, die beiden Durchschnittspunkte sehr weit von einander ab- stehen können. Man sieht also, dafs bei unserer geschlän- gelten Curve, die Sehne des wahren Osculationskrcises sehr von der des Curvenbogens abweichen kann, und dafs folg- lich, wenn man, wie Hr. Hagen es thut, zum Krümmungs- radius des Scheitels dieses letzteren Bogens den Radius des Kreises nimmt, der durch diesen Scheitel und die bei- den Enden dieses Bogens geht, einem sehr beträchtlichen Fehler ausgesetzt ist. Mithin könnte Hrn. Hagen's Me- thode nur zu einem mehr oder weniger angenäherten, aber nicht zum richtigen Resultate führen.

Es giebt npch einen Punkt, über welchen ich nicht mit Hrn. Hagen übereinstimmen kann, nämlich die Erklärung, welche Derselbe in der angeführten Notiz von der gro- fsen Länge der Stücke liefert, in welche meine Quecksil- bercylinder zerfallen. Ich werde mich indefs hier nicht über diesen Gegenstand verbreiten, da sich die Aufgabe ausführlich in meiner Abhandlung behandelt findet.

570

VIII. Versuche, um zu erfahren, ob das TVasser

beim Maximum seiner Dichte oder nahe bei seinem

Gefrierpunkte eine FFirkung auf polarisirtes

Licht ausübe; pon BioL

( Cümpt. rend. T. XXX. p, 281. )

s

eit die Einwirkung gewisser FlOssigk eilen auf polarisirtes Licht bekannt ist, habe ich nadizusehen gesucht, ob nicht das Wasser eine derartige Wirkung teige, wenn es beim Erkalten den Gang seiner Erkaltung onikehrt oder wenn es zu Erstarren strebt. Da ich aber unter diesen Umstan- den keine Wirkung fand, so blieb ich bei dieser negati* ▼en Thatsache stehen, ohne mich mit derselben weiter zu befassen und ohne deren Erwähnung fQr nöthig zu halten. Allein im abgewichenen Sommer sagte mir ein sehr aus- gezeichneter englischer Gelehrter, dafs Londoner Physiker beim Maximum der Contraction merkliche Polarisations-£f* fecte wahrgenommen hätten, und diefs veranlafste mich meine Versuche im letztern Winter wieder vorzunehmen. Die Frage ist nicht so leicht zu entscheiden, wie man wohl im ersten Augenblick glauben könnte. Zunächst ist eine negative Thatsache viel schwerer festzustellen als eine positive, und tiberdiefs, wenn man fiber die Natur der Erscheinungen, welche muthmafslich in beiden Fällen auf* treten, könnte«, nachdenkt, so begreift man, dafs sie sich unter gewissen sehr zarten Umständen einstellen könnten, bei deren Abwesenheit aber man sie nicht sähe. In der That ist es kaum vorauszusetzen, dafs die Wassertheilchen bei 0^ oder 4^ eine individuelle Drehungs- Eigenschaft aus- üben, wenn sie nicht auch bei jeder andern, etwas höhe- ren Temperatur davon eine Anzeige gäben. Allein bei dem sonderbaren Uebergang von Zusammenziehung in Ausdeh- nung, so wie beim Herannahen der Gestarrung wäre es nicht aufser Wahrscheinlichkeit, dafs die Theilchen einer Wassermasse sich nach gewissen polaren Richtungen gegen

571

einander drehten. Wenn nun diese innerliche Bewegung in der ganzen Masse mit Stetigkeit und Bregeitnöfsigkeit ge- schähe, so könnte sie wohl fähig werden, nach Art der rasch abgekühlten oder zusammengeprefsten Gläser auf das polarisirte Licht einzuwirken. Hiernach wird man nur er- warten dürfen, sie zu beobachten bei ziemlich beträchtli- chen Wassermassen, die ihre Temperatur sehr langsam än- dern und vor aller äufseren Erschütterung, welche die frei- willige Anordnung ihrer Theilchcn stören könnte, geschützt würden. Ea wird auch nothwendig sejn, dafs der Polart- sations-Apparat, welcher die mit Wasser gefüllten Röh« ren enthält, vollkommen standfest sej während der gan- zen Dauer des Versuchs; denn die relatiye Verschiebung der Stücke, welche derselbe enthält, um die Reflexions- Ebene und den Hauptschnitt des zerlegenden Prisma in die verschiedenen respectiven Lagen zu versetzen, bewirken iu dem durchgehenden Lichte Verdoppelungen der Bilder, welche von der eingeschalteten Wassermasse hervorgebracht erscheinen könnten, während sie in Wirklichkeit blofs von den Störungen des Apparats herrührten. Diese letzte Be- dingung der absoluten Festigkeit würde nicht zu erreichen sejn bei der gewöhnlichen Construction , wo das reflecti- rende Glas und das zerlegende Prisma von Metallstiften getragen werden, die gesondert in einer und derselben Holztafel stecken. Denn da diese Verknüpfung verschie- denartiger Substanzen bei Aenderungen der Temperatur und des Feochtigkeitszustandes der Luft ungleiche Ein- wirkungen erleidet, so ist man oft genöthigt, das Zusam- menfallen der Polarisationsebene mit dem Hanptschnitt des Prisma zu berichtigen, und wenn man diese Vorsicht ver» nachlässigt, so ist man durch die Verrückung des Null- punktes des Apparats sehr faeträchllichen Fehlem ausge- setzt, zuweilen schon von einem Tag zum andern, und um so mehr bei Versuchen von sehr langer Dauer. Dieser Uebelstand ist nicht mehr vorhanden bei einem ganz me- tallenen Apparat, den Hr. Bianchi im vorigen Jahr für mich verfertigt hat, und ich Jiebeu dem alten in einem Zim-

572

mer des College de France aufgestellt habe. Deun da alle Theile, welche eioander entsprechen müssen, fest an einem starken Metallstab augebracht sind, so bleiben ihre relati- ven Lagen, einmal geregelt, vom Wiuter in den Sommer und umgekehrt vollkommen unverrtickt, selbst bei anhal- tender Prüfung mit einer doppeltdreheuden Platte von der empBndlichsten Construction ' )•

Mit diesem vervollkommneten Apparat habe ich den Ver- such angestellt, von dem ich jetzt die Academie unterhal- ten will, und ich glaube nicht, dafs er, mit hinreichender Sicherheit, anders anzustellen sej. Die übrigen Bedingun- gen, deren Nothwendigkeit ich bezeichnet habe, waren er- füllt, wie ich sogleicli angeben werde.

Das Beobachtungsrohr hat 502 Mllm. LSnge und 37 Mllm. inneren Durchmesser. Es fafst also 536 Cubikcentimeter, wodurch die dasselbe füllende Wassermenge grofs genug wird, um von Temperatur- Veränderungen nur laugsam er- griffen zu werden. Es ist inwendig ganz versilbert, so dafs das Wasser darin beliebig laug verweilen kann, ohne im Geringsten von Oxydation beschmutzt zu werden. Die mittlere Temperatur dieses Wassers wird in jedem Augen- blick durch ein Thermometer angegeben, dessen cjlindri- schcr Bebälter gleiche Länge wie die Röhre besitzt, und dessen herausragender Stiel rechtwinklig gebogen ist, da- mit der Beobachter die mit Diamaut aufgetragenen Cente- simalgrade leicht sehen könne. Der in der Röhre steckende Behälter geht durch ein kreisrundes Loch /(Fig. 11 Taf. IV) in der metallenen Fassung auf Seite des Auges, und wird inwendig gehalten durch ein kleines Silberrohr TT von gleichem oder wenig gröfserem Durchmesser als der seine.

J) Diese Platte, von Hrn. Solei 1 constrairt, ist 3,745 Mllm. dick. DieTs ist (las erste Glied der Reihe von aeqoidistanten Dicken, vrelcke diesen Systemen von eotgegengesetEten Drehungen sukomnit, um die Uebcr- gangsfarbe hervorzubringen, und dieses erste ist weit empfindlicher als * alle folgenden. Für das weitere Detail sehe man die Analyse ihrer op- tischen Eigenschaften in dem Compi. rend, de tAcad, (7. XXL p. 452) und in meiner Abhandlung über die lichtdrehenden EigenschaAen des Bergkrystalls {M^m. de VAcad. 7*. XX, p. 423).

573

Wenn er eingesteckt ist, verschliefst man das Loch darch einen zweckinäfsigen Kitt. Dieselbe Fassung hat ein zwei- tes Loch j, woran auswendig ein kleines Silberrohr it an- gebracht ist. Darin befindet sich eingekittet ein rechtwink- lig gebogenes Glasrohr, das sich oben zu einein Gefäfse VV erweitert und durch einen Stöpsel B verschlossen ist. Dieses Rohr ist bestimmt, den Uebcrschufs des Wassers aufzunehmen, wenn es sich ausdehnt, und das Fehlende zu ergänzen, wenn es sich zusammenzieht. So vorgerichtet wird die Metallröhre in die gleichfalls metallene Rinne ge- legt, die in Richtung des durchgehenden Lichtstrahls, im Polarisationsapparat befestigtest, und eine solche Conve- xität hat, dafs dieser Strahl längs ihrer Axe selbst durch die Röhre geht, wenn sie hineingelegt ist. Nur habe ich zu bemerken, dafs, beim Experimentiren, das Ausflufsgc- fäfs und der Thermometerstiel nicht in Einer Verticalebene liegen, wie in der Figur angegeben ist, um sie gesondert zu zeigen, sondern dafs sie von der Gesichtslinie RO ab- weichen, das erstere rechts, der andere links vom Beob- achter, so dafs die Linie li, welche die beiden Durch- schnittspunkte enthält, horizontal ist, wodurch die Licht- strahlen ungehindert durch das Centrum der Endgläser GG gehen. Der Nullpunkt des Polarisationsapparats ist zuvor geregelt durch eine doppeltdrehende Platte, welche wäh- rend des ganzen Versuchs in der Bahn des Lichtstrahls be- festigt bleibt; und wenn man sonach die Beobachtung be- ginnt bei einer beträchtlich höheren Temperatur als der, bei welcher man die Effecte speciell studiren will, z. B. bei 11 oder 12" C, so erkennt man, dafs dabei die ein- geschaltete Wassermasse die Polarisationsebene der durch« gelassenen Strahlen nicht wahrnehmbar ablenkt. Kaum habe ich nöthig zu sagen, dafs der Nullpunkt des Thermome- ters nicht vor, sondern nach dem es gekrümmt worden, be- stimmt werden mufs, und dafs, wegen seiner ungewöhnli- chen Form, diese Bestimmung lange nach seiner Anferti- gung, oder besser noch, sogleich wie man sich desselben bedient, vorgenommen werden mufs.

574

Der mit allen 80 eben beschriebeneu Vorsichtsinafsregeln angestellte Versuch wurde am 16. Oct. 1849 bei 11^5 Tempcralur des Innern Wassers begonnen und bis zum 19 Febr. dieses Jahres forlgesetzt. An jenem ersten Tage ivurde das mit Wasser gefüllte Bohr an dem in einem schwarzen Kasten (cabinet noir) stehenden Polarisations- Apparat befestigt und blieb so die ganze Zeit hindurch un- verrückt. Der Kasten selbst stand gegen Mittag in einem kleinen von Niemand betretenen Zimmer, dessen Fenster Tag und Nacht offen blieb. Ich selbst trat nur ein, um das Thermometer und den Zustand des durchgelassenen Lichtes mittelst der doppeltdrehenden Platte zu beobachten. Diefs geschah au jedem Tage zu bestimmten Stunden, und auch mehrmals an einem selben Tage, wann die Tempera- tur des Wassers sich den kritischen Punkten näherte, bei denen man besonders die Polarisations- Effecte studiren sollte. Am Schlufse dieser Note werde ich die Zahlen- werthe aller meiner Beobachtungen geben, hier will ich nur die Besultate anführen.

Die während dieses ganzen Winters nur beschränkten und durch die Umstände, unter welchen ich operirte, noch verminderten Veränderungen der Lufttemperatur bewirkten, dafs sich der thermometrische Zustand der in der Röhre enthaltenen Wassermasse nur äufserst langsam änderte und sich besonders sehr lange innerhalb der Gränzen hielt, wo ich ein näheres Interesse hatte, denselben zu verfolgen. So z. B. schwankte die Temperatur dieser Masse vom 23. No- vember bis zum l. Februar zwischen -|-6",3 und 2°,2. Bei dieser letzten Temperatur, die am 23. Jan. eintrat, sah ich eine fast gleiche Wassermasse, die ich, mit einem Ther- mometer darin, in einer offenen Eprouvette auf den Tisch des Apparates gestellt hatte, plötzlich zu einer festen Eis- masse gestehen, als sie leicht erschüttert wurde. Allein da ich sehr darauf achtete, weder meiner Bohre noch dem sie tragenden Apparat die leiseste Bewegung mitzulheiien, so hielt sich das Wasser bei 2'',3 flüssig, wodurch eine der Bedingungen, die ich am meisten zu verwirklichen wünschte,

575

eritillt wurde. Alleio weddr an diesem Tage, noch an ei-* nem der andern, ^n welchen die Temperatur sich so oift in der Nähe der beiden krisUschen Punkte +4" and erhielt, zeigte die doppeltbrechende Platte irgend eine Spar ▼on polarisirender Wirkung auf das durchgehende Licht. Nach der Länge der Zeit, während welcher ich diese Ef- fecte verfolgte, so wie nach allen Vorsichtsmafsregeln, die ich getroffen, um sie, wenn sie entständen, sichtbar zu machen, glaube ich zu dem Schlüsse berechtigt zu scyn, dafs das destillirte Wasser weder in der Nähe seines Con- tractionsmaximums noch bei seinem Erstarrungspunkt irgend eine wahrnehmbare Wirkung auf das polarisirende Licht ausübt.

(Wegen dieses negativen Resultats glauben wir auch die nun vom Hrn. Verf. mitgetheilten Zahlenwerthe fortlassen zu dürfen). P.

IX. Entgegnung auf die Bemerkung des Hrn. Miefs; von K. VF. Knochenhauer.

Wenn meine Ansichten über die Elektricität bei ander» Physikern keine Anerkennung finden, so kann ich das wohl bedauern, ohne mich jedoch weiter darüber zu beklagen, wenn aber der abweichenden Ansichten wegen die von mir angestellten Versuche verdächtigt werden, als wären sie verwickelt und willkührlich gedeutet, so glaube ich es der Wahrheit schuldig zu seyn, mich dagegen auszusprechen«

Die Versuche, die Hr. Riefs Bd. 80, S. 351, S. 353 am Ende und S. 357 anführt, sind genau in derselben Zch sammensetzung des Apparats angestellt worden, wie ich dergleichen Bd. 7^, S. 354 mitgetbeilt habe. Lasse ich also aus meinen Fortnein sämmtliche kleine Correctionen fort und übersehe die Ungleichheit der Flaschen^ so müssen sieb

576

nach ihnen die von Hrn. Riefs S. 257 beobachteten Er- wärinungcn wie 1:2:3:4 verhalten, sofern der Wider- stand in der Kette derselbe geblieben ist. Da sich aber nach den Beobachtungen selbst, verglichen mit S. 353, die Schlagweitcn von 0,8 bis 5,0 Linien änderten, so stieg der Widerstand (vergl. Bd. 79, S. 365 mit Bd. 78, S. 52) vou 1,06: 1,16:1,34 = 1,60 und die Erwärmungen können sich nur wie l : 1,86 : 2,36 : 2,65 verhalten, woför Hr. Riefs 1: 1,7 : 2,0 : 2,9 beobachtet hat. Die Differenzen mögen theils in der «Ungleichheit der Flaschen liegen, theils in der Be> Stimmung des Luftwiderstandes, tiber den ich im vorliegen- den Falle nach Bd. 79, S. 365 noch kein ganz sicheres Ur- thcil habe, jedenfalls sind sie der Art, dafs ich meine Beob- achtungen den neuen des Hrn. Riefs ohne Bedenken ge- genöbersetze.

' Ferner giebt Hr. Riefs S. 353 die Schlagweiten (bis auf -r*ffl^*"*cn) zu 0,4 1,0 1,7 2,55 Linien an, för die ich die Spannungs- Differenzen 11,25 bis 13,25 (wogen der Vn Linie.) 23,25 bis 25,25 37,25 bis 39,25 54,25 bis 56,25 X berechne; sie sollen nach meiner Formel im Ver- hältnifs von 1:2:3:4 stehen, geben mir also wiederum mit Röcksicht auf die genauere Weise, wie ich meine Ver- suche angestellt zu haben glaube, keinen hinreichenden Grund, die von mir aufgestellte Formel zurückzuziehen. Endlich führt Hr. Riefs folgende zwei Reihen von beob- achteten Erwärmungen an: 24,9—18,2 17,1—16,3 und 24,0 18,2 16,5 15,7, deren gegenseitiges Verhältnifs nach meiner Formel, wenn die einzelnen Flaschen einander gleich sind, 2:14^:14:14 oder 24:18:16:15 ist; da hier der Widerstand der Luft der Reihe nach etwas geringer wird und demnach die letzten beobachteten Zahlen im Ver- gleich zu den ersten gröfser ausfallen müssen, so finde ich abermals keinen Grund, die von mir zur Aufstellung der Formel benutzten Beobachtungen zu verwerfen. Ich weifs überhaupt nicht, warum Hr. Riefs nicht'lieber unumwun- den sagt, dafs ich aus gleichen Beobachtungen vou ihm abweichende Resultate ziehe, einmal weil ich in der vom

Fun-

577

Funken darchbrochenen Luftschicht einen Widerstand an- nehme, denn weil ich die Spannungs- Differenzen nicht, wie er, der Distanz der Kugeln am Funkenmesser propcH*- tional ansetze? Sollen denn die Beobachtungen bfifsen, .was die Berechnung verschuldet? ')

X. Veber den Leuchtenbergit; von August Breithaupt.

xxUe mir bis jetzt zu Gesicht gekommenen Abänderungen des Leuchtenbergits ^ sind nicht im ursprünglich frischen, sondern im weniger oder mehr verwitterten Zustande. Diefs geht besonders aus dem Umstairde hervor, dafs, wenn man die Lamellen zerbricht, auf dem dichten Bruche nicht der geringste Glanz mehr wahrzunehmen ist, während solcher bei allen frischen Mineralien aus der Ordnung der Glim- mer, welche in den dünnen Lamelle überhaupt nur mehr zerrissen als zerbrochen werden können, deutlich existirt Die Stücke der Freiberger Sammlung zeigen unverkennbar verschiedene Grade des Verwittertsejns, und solche Grade dürften auch durch die chemischen Analysen bestätigt sejn, denn indem Hr. Komon^n den Wassergehalt 8,62 Proc. fand, giebt Hr. Hermann denselben zu 12,5 Proc." an. Dessenungeachtet bleibt es sehr wahrscheinlich, dafs ein frischer Leuchtenbergit existire und dafs solcher ein selbst- ständiges Mineral sej.

Von dem Ripidolith von Schwarzenstein in Tjrol will ich noch anführen, dafs hier ein Exemplar existirt, welches, mit Beibehaltung der Kristallisation, in eineil serpeiOim' ähnlichen Körper umgewandelt ist, während der Pjroxen, welcher jenem als Unterlage dient, ganz frisch gebliebep.

1) Hr.^ßiefs haft nidit die Richtigkeit der Messungen bestrilten, sondehi nur ausgesprochen, dafs die Aufgabe, um die es sich handelte, eine an- bestimmte sey. * P,

Poggendorfi*s AnnaL Bd. hXXX. 37

578

XI. Ueber Höhenhesiimmungen durch den Sied- punkt des VFassers,

Xlr. Wisse hat in der Provinz Quito über den Sied- punkt des Wassers in Verschiedenen Höhen, verglichen mit dem Barometerstände, eine beträchtliche Reihe von Beob- achtungen gemacht, die in den AnnaL de chim. et de phys. Ser. IIL T. XXVIII. p. 118 ausführlich milgelheilt werden. Sie sind mit grofser Sorgfalt augestellt und die dazu ver- wandten Thermometer waren vorher im Laboratorium des College de France aufs strengste berichtigt. Es ist also in- feressant, sagt Hr. Regnault (/6. p. 123) diese Beob- achtungen zu Tergleichen mit den Zahlen der frGher von mir gegebenen Tafel, die tius directen Versuchen über die Spannkraft des Wassers hergeleitet ist ^ ). Ich habe die- sen Vergleich mit einigen, aufs Gerathewohl aus Hr. Wis- se's Beobachtungen genommenen Zahlen ausgeführt und gebe ihn in folgender Tafel. Die Uebereinstimmung ist so ▼ollkominen als man es nur wünschen kann, zumal HV. Wisse mit meiner Tafel nicht bekannt ist').

■'■'

Barome- ter, beob- achtet von Hrn.W.

Spann-

Zeil.

*

Ort.

Siedpunkt

kraft, be-

rerhnet

nach der

Tafel.

unter- schied.

0

mm

mm

mm

1817 Fcbr.?8

Gaayaquil

99,70

752,10

751,87

-+-0,23

1845 Apr. 12

Ghorrerita

97,96

706,86

706.24

-+-0,62

1845 Apr: 11

Penita

97,69

698.50

699.36

0;86

1847 Aug. 3

Mi'ndo

95,93

656,26

655,85

-+-0,41

1817 Aag. 21

Mindo

98,00

657,10

657.54

0,14

1845 März 31

I barra

92,96

587,14

587,53

0,39

1848 Apr. 20

Quito

90,95

545,15

544,75

-#-0,40

1849 Mai 26

Quito

90,91

544,18

543,93

-+-0,26

1849 Mai 16

EI. Corral

88,53

496,87

496,72

-#-0.15

1845 Jan. 15

Pichincha

85,16

4^5,81

435,78

-+-0,03

1849 Mai 15

dito Gipfel

84,83

430,29

430,15

-+-0,14

1 ) ^nnal de Mm. et de phjs, Ser, II i. T. Xir. p, 206.

^) Wie es scheint ist indje(s bei diesem Vergleich die Berichtigung wegen ^er Schwere unterlassen, obwohl sie lur einen Breiten - Unterschied wie der zwisclien Paris und dem Aeqnatoroiicht ganz unbeträchtlich ist. P.

V >:

579

XIL Notizei\ über Höhenmessungen mit dem Barometer; i^öm Academiker Kupffer.

(Aas dem BulUtin de la C lasse phjrs, math, de Vacad, de Su

Petersb, T, rUL)

JAegnauIt hat durch seine Untersuchungen über den Druck des Wasserdampfs der Methode, die Höben der Berge durch den Kochpunkt zu bestimmen, eine solche Sicher- heit gegeben, dafs wohl bald der transportable Kochpunkt- apparat das zerbrechliche Barometer auf allen fteisen ver- drängen wird, wo man nicht anders als zu Pferde fortr kommen kann. Es wird deshalb gewifs Manchem willkommen sejrn, hier eine Formel ^n finden, nach welcher solche Beob- achtungen mit grofser Leichtigkeit berechnet werden können.

Die Höhenunterschiede verhalten sich wie die Unter- schiede der Logarithmen der Barometerhöhen. Dasselbe Verhältnifs hat nahezu auch zwischen den Temperatur -Un- terschieden und den Druckhöhen des Wasserdampfes statt; die Höhenunterschiede müssen sich aber nahezu wie die Temperatur- Unterschiede verhalten.

Es sej f die Temperatur, in Centesimalgraden ausgedrückt, aber nicht von 0^ hinauf, sondern von 100° hinab gezählt, und z die Höhe des Standpunkts über demjenigen Punkt, wo der Kochpunkt des Wassers 100^ ist, oder wp die Barometerhöhe auf reducirt, = 760 Millm. ist, so hat man ziemlich nahe, wenn die Höhe nicht 150 Meter über-

steigt

i5 = 300 t.

Dabei ist die mittlere Temperatur der Luft zu 9'\3 an« genommen, die Barometerhöhen aber sind auf 0" reducirt worden. Folgende Tafel zeigt die Uebereinstimmung der empirischen Formel mit der genauen:

37*

">

580

#.

Höhe in Metern

nach approp. Fonwl.

genau be- redinet.

t.

Höhe in Metern

nach approp. Formel.

genau be- rechnet.

1 2 3

300 600 900

295 594 894

4 5

1200 1500

1196 1500

Da, wo der mittlere Barometerstand am Meere 760** beträgt, sind die berechneten Zahlen die Höhe über der MeeresflSche; wo das nicht der Fall ist, mufs man zu jeder berechneten Höhe eine constante Gröfse hinzufügen , un- geKhr 10 Meter ffir jedes Millimeter, um welches der mitt- lere Barometerstand gröfser ist als 760 Millm.

Nach der obigen Formel ist es leicht, das Thermome- ter so zu theilen, dafs es unmittelbar die Höhe des Stand- punktes über der Meeresfläche angiebt.

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